DIE
ÄTHERISCHEN OLE
VON
E. GILDEMEISTER UND FR. HOFFMANN.
DRITTE AUFLAGE
VON
E. GILDEMEISTER.
BEARBEITET IM AUFTRAGE DER
SCHIMMEL $ CO. AKTIENGESELLSCHAFT, MILTITZ bei LEIPZIG.
ERSTER BAND.
MIT 2WEI KARTEN UND ZAHLREICHEN ABBILDUNGEN.
VERLAG DER SCHIMMEL S CO. AKTIENGESELLSCHAFT
MILTITZ BEI LEIPZIG.
(FÜR DEN BUCHHANDEL: L. STAACKMANN, LEIPZIG)
1928.
Alle Rechte vorbehalten
Meinerti
hochverehrten Lehrer
OTTO WALLACH
in Dankbarkeit
zugeeignet.
Vorwort zur I. Auflage.
Der früher rein empirisch betriebenen Darstellung ätherischer
Öle ist erst innerhalb der letzten Jahrzehnte eine wissenschaftliche
Grundlage gegeben worden, die ihr ermöglicht hat, sich allmählich
zu einem selbständigen Zweige der chemischen Industrie aus-
zubilden. Wahrend des Übergangsstadiums, in dem sie sich auch
gegenwärtig noch befindet, haben die auf diesem Gebiete tech-
nisch und wissenschaftlich bahnbrechend vorgehenden Fabriken
ebenso wie diejenigen, welche die Erzeugnisse weiter verarbeiten,
vielfach unter dem Mitbewerb minderwertiger oder verfälschter
Produkte zu leiden, denn bedauerlicherweise ist das Verständnis
für die Beurteilung und Würdigung der Qualität und Reinheit
der so vielfach verwendeten ätherischen Öle noch nicht so ver-
breitet, wie es für Industrie, Handel und Gewerbe wohl wünschens-
wert wäre. Es hat dies hauptsächlich seinen Grund darin, daß
die Ergebnisse der neueren chemischen Forschung und ihre
Übertragung auf die Praxis noch nicht in geeigneter Form der
Allgemeinheit zugänglich gemacht worden sind.
Der Mangel an einem Werke, das vom modernen Stand-
punkte aus das gesamte Wissensgebiet der ätherischen Öle
erschöpfend und kritisch behandelt, veranlaßte die Firma
Schimmel § Co. in Leipzig, die Verfasser mit der Bearbeitung
eines diesen Anforderungen entsprechenden Buches zu beauf-
tragen, und stellte ihnen zu diesem Zwecke ihr in vieljährigem
Großbetriebe erworbenes Beobachtungsmaterial zur Verfügung,
wodurch die erfolgreiche Durchführung der Aufgabe wesentlich
erleichtert wurde.
Besonderer Wert wurde auf die Beschreibung der Eigen-
schaften und auf praktisch bewährte Prüfungsmethoden der
für den Handel wichtigen Öle gelegt, um den Konsumenten
in den Stand zu setzen, reine Öle von verfälschten und
gute von minderwertigen zu unterscheiden. Da die rationellen
Prüfungsverfahren auf der Kenntnis des physikalischen Ver-
VI
haltens und der chemischen Zusammensetzung der Öle beruhen,
so war es erforderlich, die Ergebnisse der wissenschaftlichen
Untersuchung eingehend zu erörtern. Hierbei sind Arbeiten, die
auf dauernden Wert keinen Anspruch machen können, sowie
veraltete Untersuchungsweisen, wie z. B. Farbreaktionen usw.,
unberücksichtigt geblieben.
In voller Würdigung der Bedeutung einer geschichtlichen
Grundlage für ein derartiges Werk, ist dieser eine ganz besondere
Berücksichtigung zuteil geworden und durch umfassende Quellen-
angaben dem Leser gleichzeitig der Weg zu weiterer Forschung
geebnet. Bei der Angabe von Büchertiteln und Zitaten sind der
Wortlaut und die Schreibweise möglichst genau nach den
Originalen wiedergegeben.
Die Verfasser dürfen somit wohl hoffen, mit diesem, wenn-
gleich hauptsächlich für praktische Zwecke bestimmten Buche,
doch auch dem wissenschaftlich Forschenden eine möglichst
vollständige, mit zahlreichen Literaturangaben versehene Über-
sicht alles bisher auf diesem Felde Geleisteten darzubieten.
An dem Werke hat in dankenswerter Weise Herr
Dr. C. von Rechenberg durch Bearbeitung des Kapitels:
„Theoretische Grundlage der Gewinnung der ätherischen Öle
durch Dampfdestillation" mitgewirkt. Ferner sind die Verfasser
Herrn Dr. J. Helle für seinen Beitrag „Die häufiger vor-
kommenden Bestandteile der ätherischen Öle" zu Dank ver-
pflichtet, ebenso Herrn Dr. J. Bertram, der die Freundlichkeit
hatte, uns beim Lesen der Korrekturen zu unterstützen und
uns vielfach mit seinen wertvollen Ratschlägen beizustehen.
Was den Anteil jedes Einzelnen der auf dem Titelblatte
genannten Herausgeber an der Bearbeitung anbetrifft, so ent-
stammen „Geschichtliche Einleitung" und alles auf die Geschichte
der ätherischen Öle und der Rohmaterialien bezügliche, sowie
die Beschreibung der Gewinnungsweise der amerikanischen Pro-
dukte und ein Teil der Angaben über Herkunft und Gewinnung
der Drogen der Feder von Dr. Friedrich Hoffmann, zurzeit
in Berlin wohnhaft, der gesamte chemische und übrige Teil ist
von Dr. Eduard Gildemeister bearbeitet worden.
Leipzig und Berlin, Juni 1899.
Vorwort zur IL Auflage.
Elf Jahre sind seit der Herausgabe der ersten Auflage ver-
gangen. In dieser Zeit sind auf dem Gebiete der ätherischen Öle,
sowohl wissenschaftlich wie praktisch, außerordentliche Fort-
schritte gemacht worden. Zahlreiche Untersuchungen haben
die Kenntnis der Bestandteile der ätherischen Öle vermehrt
und erweitert, die bis dahin unbekannte Zusammensetzung
einer stattlichen Reihe von Ölen ist aufgeklärt, neue chemische
Verbindungen, deren Vorkommen in ätherischen Ölen bisher
noch nicht festgestellt war, sind in großer Anzahl aufgefunden
worden. Die Praxis hat nicht gezögert, die Forschungs-
ergebnisse zu verwerten, sie auf die Untersuchungsmethoden
zu übertragen und diese weiter auszubauen. Durch Darstel-
lung neuer ätherischer öle ist deren Zahl bedeutend vermehrt
worden. Alle diese Gründe, sowie der Umstand, daß die erste
Auflage seit mehreren Jahren vergriffen ist, haben mich ver-
anlaßt, an die Bearbeitung der zweiten heranzugehen.
Da das Material zu sehr angewachsen war, um in einem
Bande bewältigt zu werden, erscheint das Werk jetzt in zweien.
Der erste nunmehr vorliegende Band enthält den gesamten
geschichtlichen Teil, einschließlich der Geschichte der einzelnen
Öle. Dieser Teil, der für die erste Auflage von dem leider
inzwischen verstorbenen Dr. Friedrich Hoffmann bearbeitet
worden war, ist im großen und ganzen unverändert geblieben
und hat nur wenige Ergänzungen erfahren. Der erste Band
enthält ferner die Beschreibung der Hauptbestandteile und die
Prüfungsmethoden der ätherischen Öle.
Neu hinzugekommen ist das Kapitel: „Gewinnung der Riech-
stoffe aus Blüten durch Extraktion, Enfleurage und Mazeration",
Darstellungsmethoden, die in den letzten zehn Jahren, besonders
in Südfrankreich, größere Bedeutung erlangt haben. Weg-
geblieben ist dagegen der Abschnitt: „Theoretische Grundlage
der Gewinnung der ätherischen Öle durch Dampfdestillation."
VIII
Dieser für die Fabrikation so wichtige Teil wurde während der
Bearbeitung durch Herrn Dr. C. von Rechenberg, da auch
andere nicht direkt mit den ätherischen Ölen zusammenhängende
Gebiete einbezogen werden mußten, so umfangreich, daß daraus
ein besonderes Buch entstand, das inzwischen unter dem Titel:
„Theorie der Gewinnung und Trennung der ätherischen Öle
durch Destillation (Grundzüge einer allgemeinen Destillations-
lehre)" im gleichen Verlage erschienen ist.
Für ihre Mitarbeit an dem Kapitel: „Hauptbestandteile der
ätherischen Öle", in das auch die wichtigsten künstlichen Riech-
stoffe aufgenommen worden sind, bin ich den Herren DDr.:
0. Wiegand, A. Reclaire, H. Köhler und W. Müller zu
großem Danke verpflichtet. Der Abschnitt: „Die Prüfung der
ätherischen Öle" ist von Herrn Dr. 0. Wiegand neu bearbeitet
worden. Alle genannten Herren haben sich, ebenso wie Herr
Dr. F. Rochussen, auch durch Lesen der Korrekturen verdient
gemacht.
Die von der I. Auflage her bekannten Tabellen sind er-
weitert, und außerdem ist eine neue aufgenommen worden, die
es ermöglicht, bei Anwendung von 1,5 g Öl, direkt aus der bei
der Verseifung verbrauchten Menge Halbnormal-Kalilauge, die
Esterzahl sowie den Prozentgehalt an Ester und Alkohol ohne
weitere Rechnung zu ermitteln. Diese Tabellen sind in einem
zweiten Exemplar dem Buche lose beigegeben, das speziell zum
Gebrauch im Laboratorium bestimmt ist.
In dem zweiten, später erscheinenden Bande werden die
einzelnen ätherischen Öle behandelt werden.
Miltitz bei Leipzig, im Juli 1910.
E. Gildemeister.
Vorwort zur III. Auflage.
In dem seit dem Erscheinen der zweiten Auflage verflossenen
Zeitraum von fast 18 Jahren sind wiederum so bedeutende Fort-
schritte in der Kenntnis der Zusammensetzung der ätherischen
Öle und ihrer Bestandteile zu verzeichnen gewesen, daß eine
Neubearbeitung des Werkes wünschenswert erschien.
Bei dem jetzt vorliegenden ersten Bande ist der seinerzeit
von dem verstorbenen Dr. Friedrich Hoffmann bearbeitete
geschichtliche Teil bis auf geringe Änderungen und einige
Zusätze unverändert geblieben.
Größere Umarbeitungen und Ergänzungen waren notwendig,
um das Kapitel „Hauptbestandteile der ätherischen Öle" dem
heutigen Stande der Wissenschaft anzupassen. Auch der Ab-
schnitt „Die Prüfung der ätherischen Öle" mußte wesentlich
erweitert werden, denn, veranlaßt durch die leider immer mehr
um sich greifenden, oft raffinierten Verfälschungen sind in-
zwischen zahlreiche, den weiteren Ausbau und die Verfeinerung
der Untersuchungsmethoden behandelnde Arbeiten erschienen.
Die Literatur ist vollständig bis Ende 1925 berücksichtigt
worden. Zum Teil konnten aber auch noch Arbeiten des
Jahres 1926, sowie während des Druckes -einige wichtige, 1927
veröffentlichte, verwertet werden. Aus den zahlreichen Hinweisen
auf die Originalliteratur wird auch der in der Praxis stehende
Chemiker Anregungen zu eigenem Forschen schöpfen können.
Den Herren DDr. K- Bournot, F. Rochussen und
O. Wiegand bin ich für das Mitlesen der Korrekturen und
für ihre wertvolle sachkundige Unterstützung meiner Arbeit zu
großem Danke verpflichtet.
Goslar, im März 1928.
E. Gildemeister.
Verzeichnis
der Abbildungen und Karten.
Abbildungen.
& Seite
1. Titelbild des Über de Arte Distillandi vom Jahre 1500 44
2. Dasselbe vom Jahre 1507 45
3. Titelbild eines Destillierbuchs aus dem Jahre 1629 63
4. Primitive Gewinnung von Terpentinöl 223
5—36. Altertümliche Destilliergeräte S. 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230,
231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240.
37—39. Neuere Destillierapparate 246, 247, 248
40—43. Florentiner Flaschen 250, 251
44, 45. Dampf-Destillier- und Rektifizierapparate 253, 254
46—52. Moderne Destillierapparate . . . 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262
53. Schematischer Aufriß einer Extraktionsbatterie 274
54. Vorderansicht einer Extraktionsanlage von Deroy Fils Aine' . . . 275
55. Grundriß „ „ „ „ „ „ . . . 276
56. Seitenansicht „ „ „ „ „ „ . . . 277
57. 58. Extraktionsapparat von Garnier 278, 279
59. Auftragen von Fett auf die Chassis 282
60. Enfleurage und Defleurage 283
61. Enfleurage unter Benutzung von Öl 285
62. Apparat zum Extrahieren der Pomaden mit Alkohol 287
63. Apparate für Mazeration und Trennung des Fettes von den Blüten
durch Zentrifugieren 289
64. Pyknometer von Ostwald 700
65. Pyknometer von Sprengel 701
66. Röhrchen zum Füllen des Pyknometers 702
67. Apparat zur Bestimmung des Erstarrungspunkts 707
68. Destillationskölbchen 709
69. Apparat zur Siedepunktsbestimmung von Paul und Schantz . . 710
70. Ladenburgkölbchen 712
71. Zylinderchen zur Löslichkeitsbestimmung 713
72. Verseif ungskölbchen 719
73. Acetylierungskölbchen 724
74. Cassiakölbchen 739
75. Kölbchen zur Bestimmung von Phenylacetaldehyd 741
76. Kurventafel zurEucalyptolbestimmung nach Kl eber u.v.Rechenberg 771
77. Apparat zur Halogenbestimmung in organischen Verbindungen . . 782
78. Apparat zur Bestimmung der Säurezahl II 798
KaYten.
Die Handelsstraßen im Altertum 6
Die Handelsstraßen im Mittelalter 10
Inhaltsverzeichnis.
I. Geschichtliche Einleitung
Seite
Der Gewürz- und Spezereihandel im Altertum und im
Mittelalter 3
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle 15
Geschichte einzelner ätherischer Öle 101
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte . . 221
II. Gewinnung der Riechstoffe aus Blüten durch
Extraktion, Enfleurage und Mazeration
Allgemeines 265
Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln 267
Extraktion mit einem nicht flüchtigen Lösungsmittel ... 280
III. Hauptbestandteile der ätherischen Öle,
natürliche und künstliche Riechstoffe
Allgemeines 293
Kohlenwasserstoffe
A. Aliphatische Kohlenwasserstoffe 301
a) Grenzkohlenwasscrstoffe 301
b) Ungesättigte Kohlenwasserstoffe 303
c) Olefinische Terpene 304
B. Aromatische Kohlenwasserstoffe 307
C. Alicyclische (hydroaromatische) Kohlenwasserstoffe, Terpene . . 312
a) Monocyclische Terpene 316
b) Bicyclische Terpene 341
c) Terpene unbekannter Konstitution 365
d) Reihe niederer Terpenhomologer 366
XIV
Seite
D. Sesquiterpene 367
a) Aliphatische Sesquiterpene 371
b) Monocyclische Sesquiterpene 372
c) Bicyclische Sesquiterpene 376
d) Tricyclische Sesquiterpene 392
e) Sesquiterpene unbekannter Konstitution 399
E. Diterpene 406
F. Triterpene und Tetraterpene 410
G. Azulene 411
Alkohole
A. Aliphatische Alkohole .... 413
a) Grenzalkohole 416
b) Ungesättigte aliphatische Alkohole 421
c) Aliphatische Terpenalkohole 421
B. Cyclische (aromatische) Alkohole 446
C. Alicyclische (hydroaromatische) Terpenalkohole 452
a) Monocyclische Alkohole 452
b) Bicyclische Alkohole 473
c) Tricyclische Alkohole . . . 485
d) Alkohole unbekannter Konstitution 486
D. Sesquiterpenalkohole 486
a) Aliphatische Sesquiterpenalkohole 487
b) Monocyclische Sesquiterpenalkohole 490
c) Bicyclische Sesquiterpenalkohole 490
d) Tricyclische Sesquiterpenalkohole 498
e) Sesquiterpenalkohole unbekannter Konstitution 500
E. Triterpenalkohole 504
Aldehyde
A. Aliphatische Aldehyde 504
a) Grenzaldehyde 505
b) Ungesättigte Aldehyde 508
c) Aliphatische Terpenaldehyde '. 509
B. Cyclische (aromatische) Aldehyde 524
C. Alicyclische (hydroaromatische) Aldehyde 541
D. Heterocyclische Aldehyde 542
E. Aldehyde unbekannter Konstitution 544
Ketone
A. Aliphatische Ketone 545
a) Grenzketone 545
b) Ungesättigte Ketone 54g
B. Aromatische Ketone 554
C. Alicyclische (hydroaromatische) Ketone ! . 555
D. Ketone mit 16- und 17-gliedrigen Kohlenstoffringen. . . . '. '. 594
XV
Seite
Phenole und Phenoläther 596
Chinone 625
Säuren 626
Ester 632
Lactone 652
Oxyde 658
Stickstoff- und schwefelhaltige Verbindungen
a) Allgemeines 667
b) Nitrite 668
c) Nitroverbindungen 672
d) Atnido- und Imidoverbindungen 678
e) Sulfide 684
f) Senföle 685
IV. Die Prüfung der ätherischen Öle
Allgemeines 693
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften
Spezifisches Gewicht 699
Optisches Drehungsvermögen 703
Brechungsvermögen 704
Erstarrungspunkt 706
Siedeverhalten und fraktionierte Destillation 709
Löslichkeit - 712
Viskosität 715
Chemische Prüfungsmethoden
Allgemeines 716
Verseifung 718
Acetylierung . 724
Formylierung 731
Bestimmung primärer Alkohole mittels Phthalsäureanhydrid . . 734
Quantitative Bestimmung von Alkoholen und Ketonen mit Hilfe
von Magnesiummethyljodid 735
Bestimmung von Aldehyden und Ketonen 737
Phenolbestimmung 752
Methylzahl 762
Cineolbestimmung 765
Blausäurebestimmung 770
Senfölbestimmuhg 774
Prüfung auf Schwermetalle 778
Prüfung auf Chlor 779
XVI
Seite
Der Nachweis einiger häufig vorkommender Verfälschungs-
mittel
Terpentinöl 787
Cedernholz-, Copaiva- und Gurjunbalsamöl 788
Alkohol .■ 789
Fettes Öl 790
Mineralöl, Petroleum 791
Chloroform 792
Zusätze zur Erhöhung des Estergehalts 792
Tabelle l zur Berechnung des Prozentgehaltes an Alkoholen der
Formel CioHisO, CioH ä aO, CisH^O und CisHj^O aus den
vor und nach dem Acetylieren gefundenen Verseif ungszahlen,
sowie an Essigestern dieser Alkohole 808
Tabelle II zur Ermittlung der Esterzahl (Säurezahl, Verseifungs-
zahl) sowie des Prozentgehaltes an Alkohol und Ester
unmittelbar aus den verbrauchten ccm ^ Kalilauge bei An-
wendung von 1,50 g Öl 822
Register 833
Geschichtliche Einleitung,
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I.
Der Gewürz- und Spezereihandel im Altertum
und im Mittelalter.
(Mit zwei Karten.)
Die ihres Wohlgeruches, ihres Wohlgeschmackes oder ihrer
Wirksamkeit wegen von alters her in Gebrauch genommenen
Pflanzenteile oder Pflanzenprodukte sind bis in die neuere Zeit
in ursprünglicher Form in getrockneter oder sonstiger für Halt-
barkeit und Versand zweckdienlicher Zubereitung in den Welt-
handel gekommen. Die wesentlichen, jene Eigenschaften be-
dingenden Bestandteile, deren Träger diese Rohstoffe (Drogen)
sind, die aromatischen flüchtigen Öle, die Harze, Gummiharze,
Bitterstoffe, Alkaloide und Glucoside sind erst mit dem Empor-
kommen naturwissenschaftlicher Kenntnisse und technischer
Fertigkeiten näher erkannt und schrittweise immer besser und
reiner aus den Pflanzengebilden dargestellt worden.
Unter diesen Produkten der Pflanzenwelt haben vor allen die
Gewürze und Spezereien von Anfang an den Bedürfnissen
und dem Wohlbefinden der Menschen gedient und deren Wert-
schätzung in besonderem Maße gefunden. Sie haben daher im
Völkerverkehr und im Welthandel immer einen hervorragenden
und einflußreichen Faktor gebildet. Nach mehrtausendjähriger
Kenntnis und Benutzung der Gewürze in der ursprünglichen
natürlichen Form ist es auch bei diesen schon im Mittelalter,
weit mehr aber in der Neuzeit gelungen, deren Hauptbestand-
teile, die ätherischen Öle, zu sondern und nutzbar zu machen.
Für die Besprechung der ätherischen Öle dürfte daher
ein kurzer geschichtlicher Rückblick auf die Herkunft und den
Handel der von frühester Zeit an bekannten und benutzten
Träger derselben, der Gewürze und Spezereien, um so mehr
1*
4 Geschichtliche Einleitung.
angebracht sein, als das historische Element auch auf diesem
Wissensgebiete eine schätzbare Grundlage für rechte Kenntnis ist.
Jede Forschung auf kulturgeschichtlichen Gebieten, wenn
sie nicht nur der Betrachtung einzelner Völker, sondern der
Gesamtheit der Menschheit gilt und bis auf die frühesten
historischen Urkunden zurückgeht, führt immer auf das wunder-
bare und Sagenreiche Morgenland, auf das mittlere Asien als
der traditionellen „Wiege der Menschheit" zurück. Dies gilt
auch für die Handelsgeschichte der ältesten Völker und in be-
sonderem Maße für die Herkunft und Verbreitung der Gewürze
und Spezereien.
Schon durch seine geographische Lage und topographische
Konfiguration ist Asien ein hochbegünstigtes Land. Es erstreckt
sich in mächtiger Breite vom Pol zum Äquator. Seine schönsten
und reichsten Länder, durchzogen von gewaltigen Höhenzügen
und Stromläufen, liegen unter Breitengraden, die durch Boden-
verhältnisse und Klima alle Bedingungen für eine üppige Vege-
tation gewähren. Die östlichen und südlichen Küstenländer sind
durch große, sich tief in das Inland erstreckende Meeresbuchten
zerklüftet, in die zahlreiche schiffbare Ströme von den fernen
Hochländern her nach langem Laufe durch wasserreiche Höhen-
züge und Fluren ausmünden. Ein von dem japanischen Insel-
reiche durch den malayischen Archipel bis Ceylon um das Fest-
land gruppierter Kranz zahlreicher, in urwüchsiger tropischer
Vegetationsfülle prangender Inseln gibt diesem gewaltigsten
Kontinente der Erde eine Mannigfaltigkeit und einen Reichtum
an eigenartigen Pflanzen und Pflanzenprodukten, wie sie kein
anderer besitzt.
Diese Vorzüge haben das südliche Asien und die es um-
grenzenden Inselgruppen seit dem Anfange der Mensch en-
geschichte zum ältesten Schauplatz des Völkerverkehrs und des
Handels gemacht, in dem die Gewürze und Spezereien jener
gesegneten Länder die hauptsächlicheren Tauschobjekte bildeten.
Sie gewannen durch ihren Wohlgeruch und ihren würzigen Ge-
schmack das Interesse der Menschen in dem Maße, daß sie
durch diese Eigenschaften nicht nur allgemeinen Gebrauch,
sondern auch im Religionskultus bei den Opferbräuchen der
meisten Völker Eingang und symbolische Bedeutung fanden.
Damit gewannen die Aromata an Wert und ihr Verbrauch ver-
Der Gewürz- u. Spezereihandel im Altertum u. im Mittelalter. 5
mehrte sich stetig mit der Zunahme des Wohlstandes und des
Wohllebens, sowie des Sinnes für Reinlichkeit und körperliches
Wohlbefinden.
Als Ausgangspunkt eines frühen Tausch- und Warenverkehrs
zwischen den ältesten Völkern des mittleren und südlichen Asiens
führen die in der neueren Zeit aufgefundenen Urkunden auf das
Ländergebiet zwischen dem Indus und dem Oxus. Attock,
Cabura, Bactra und Marakanda scheinen die ersten größeren Stapel-
und Verkehrsplätze des beginnenden Handels mit den morgen-
ländischen Naturprodukten, wesentlich Gewürzen und Spezereien,
edlen Metallen, Seide und Schmucksachen, gewesen zu sein.
Nach Attock kamen die Erzeugnisse des ostwärts liegenden, sich
frühe dem Völkerverkehr verschließenden chinesischen Reiches.
Von Attock am Zusammenflusse des Indus mit dem Kabul-
strome gingen die Karawanenstraßen über Cabura (der jetzigen
Hauptstadt Kabul von Afghanistan) nordwärts über Bactra,
Bokhara und Marakanda (Samarkand) nach den Oxusländern
und zu den Stämmen der Scythen, oder südwärts über Kanda-
har durch das Gebiet der Parther nach den Pylae Casp/ae
(Kaspisches Tor) und nach Ekbatana in Medien. Von dort über-
schritt der nach Babylon am Euphrat führende Landweg den
Tigris. In späterer Zeit, als der Verkehr sich auf dem Wasser-
wege entwickelt hatte, führte ein Umweg zu Lande über Susa
nach der Mündung des Tigris, um die Karawanengüter von hier
aus den Euphrat hinauf nach Babylon zu Wasser zu befördern.
Zwischen Attock und den späteren Hafenorten am Schwarzen
Meer und am Mittelmeer war das schon 3000 Jahre v. Chr.
bestehende Babylon im frühen Altertum der bedeutendste Durch-
gangs- und Handelsplatz für die von China und Indien west-
wärts gehenden Waren. Von Babylon aus führten die Karawanen-
straßen nordwärts durch Assyrien und Armenien zum Schwarzen
Meere (Pontus Euxinus) und westwärts durch Syrien zum Mittel-
ländischen Meere (Mare Internum) und durch Palästina nach
Ägypten. Trotz ihrer hochentwickelten Industrie schlössen die
Ägypter ihr Land gegen fremde Völker bekanntlich in ähnlicher
Strenge ab, wie es die Chinesen taten; daher fehlten in Ägypten
Handelsplätze, welche dem Zutritt fremder Kaufleute und dem
Transithandel offen standen.
6 Geschichtliche Einleitung.
Während der ersten Blütezeit der Babylonier, ungefähr 2000
bis 1000 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung, entwickelte
sich ein lebhafter Karawanenhandel, der sich von China, Indien
und Arabien bis nach Ägypten, Palästina, Syrien und dem Pontus
Euxinus erstreckte.
Zu besonderer Bedeutung gelangte in diesem Zeitalter durch
den Seeverkehr ihres südlichen Küstenlandes und begünstigt
durch die tiefen Einschnitte des Persischen Meerbusens und des
Roten Meeres, die Halbinsel Arabien. Ihre Bevölkerung trieb
schon frühzeitig lebhaften Zwischenhandel mit indischen und
ägyptischen Waren, die in arabische Häfen gelangten und von
diesen aus mit Karawanen nordwärts nach Babylonien, Syrien
und anderen Ländern gingen. Die hauptsächlichste Karawanen-
straße vom südwestlichen Arabien nach Babylon, Damascus und
Ägypten führte von Cane am Erythräischen Meere aus über Saba,
Macoraba, Hippos und Onne nach Elath (dem jetzigen Akaba)
an der nordöstlichen Spitze des Roten Meeres. Von dort ging
die Straße östlich vom Jordan über Petra, Kir Moab, Ammonitis
und Dan nach Damascus, nach Ägypten aber westwärts über
Azab, Axomis und Meroe.
Eine allmähliche aber im Laufe der Zeit sehr bedeutende
Erweiterung erfuhr der damalige Welthandel durch das ungefähr
15 Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung sich auf dem
schmalen Küstenstriche Syriens ausbreitende Volk der Phönizier.
Diese erwarben sich auf industriellen und Handelsgebieten eine
hervorragende, als Seefahrer aber eine dominierende Stellung
unter den Völkern ihrer Zeit. Die Phönizier waren das erste
weitstrebende und erfolgreiche Kolonialvolk des Altertums und
während vieler Jahrhunderte die hauptsächlichsten Inhaber und
Beherrscher des Seeverkehrs. Sie begründeten oder erweiterten
den Handel mit den Küstenvölkern des Mittelländischen Meeres,
drangen durch die „Säulen des Herkules" (Gibraltar) in das
Weltmeer hinaus und erschlossen die Produkte Madeiras, der
Kanarischen Inseln und der westlichen Küstenstriche Spaniens,
Frankreichs, des britischen Inselgebietes und des Nordlandes bis
zu den Bernsteingestaden des Baltischen Meeres.
Die Phönizier waren während ihrer nahezu eintausend] ährigen
hervorragenden Stellung im Seeverkehr die hauptsächlichsten
Vermittler des Warenaustausches zwischen den Völkern des
DIE HANDELSSTßASSBJ IM ALTERTUME.
(Der Gewürz- u. SpezereihanM tm AUatume l in Mittelalter^
Miui V. fceräkü IQ *fl 30 W 50 SO 10 60 HO 100 IM 110 180 1*0 UO 160 KP
Der Gewürz- u. Spezereihandel im Altertum u, im Mittelalten 7
Morgenlandes und des Abendlandes. Ihre Handelsemporien Sidon
und, vom 9. Jahrhundert an, Tyrus wurden zu Mittelpunkten des
damaligen Welthandels 1 ).
Der Seeverkehr der Phönizier erstreckte sich auch auf das
Rote und das Erythräische Meer und von diesen aus in den
Persischen Meerbusen. In diesem legten sie die Kolonien Arades
und Tylos auf den jetzigen Bahrein-Inseln an. Diese Städte
trieben vom 12. Jahrhundert bis zu ihrem Niedergange im 5. Jahr-
hundert vor Chr. bedeutenden Transithandel mit Waren von Indien
und Ceylon nach Babylon, Damascus, Tyrus und Sidon und nach
Ägypten. Eine Karawanenstraße führte von Gerra über Salma,
Thaema und Madiana nach Elath und von dort auf den älteren
Wegen nach Damascus, Tyrus und Sidon, sowie westwärts nach
Ägypten, während der Handel nach Babylon von Arados und
Tylos aus zu Wasser auf dem Euphrat oder Tigris ging.
Außer dem Schiffbau erreichten auch die Metall- und Glas-
industrie, die Färbekunst und andere Gewerbebetriebe bei den
Phöniziern eine hohe Entwicklung.
Eine ihrer zu großer Blüte und Machtentfaltung gelangten
Kolonien, das im jähre 846 vor Chr. gegründete Carthago, wurde
schon im Laufe des folgenden Jahrhunderts die bedeutendste
Rivalin des Mutterlandes.
Vom 6. bis 4. Jahrhundert vor Chr. erfuhr der Inlandhandel
des westlichen Asiens eine teilweise Verschiebung durch das
Emporkommen und die Macht des Perserreiches. Die alten,
durch die von den Persern beherrschten Länder führenden Ver-
kehrsstraßen wurden mit Sorgfalt gepflegt und vermehrt. Ein
weiterer Wandel in den alten Heerstraßen des transkontinentalen
Handels fand durch die Eroberungszüge der Griechen unter
Alexander dem Großen zu Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr.
statt, mehr aber noch durch die im Laufe des 4. und 5. Jahr-
hunderts nach Christus stattfindenden Völkerwanderungen.
Durch Kriegszüge und andere Störungen auf den alten Kara-
wanenstraßen wurde der Handel vielfach auf den Strom- und
Küstenverkehr gedrängt. Beim Wiedereintritt friedlicher Zu-
l ) Bekanntlich lieferten die Phönizier um das Jahr 1000 vor Chr. auch
dem Könige Salomo das Material zum Bau des Tempels in Jerusalem
(1. Könige Kap. 5, 9 und 10, und 2. Chronica Kap. 2 und 9).
8 Geschichtliche Einleitung.
stände scheint der Handel indessen immer wieder auf die her-
kömmlichen Karawanenstraßen zurückgekehrt zu sein.
Er erfuhr aber im Laufe der Zeit und besonders im 6. und
7. Jahrhundert nach Chr. Abkürzungen. So gingen unter anderen
die Produkte der Küstenländer Chinas und Indiens und der Inseln
der indischen Meere zum Teil zu Schiff über den Golf von
Bengalen und über Ceylon in die Handelsemporien des Per-
sischen Meerbusens oder des Roten Meeres, von wo sie durch
Küsten- und Stromverkehr auf dem Tigris oder Euphrat, oder
aber durch Karawanen weiter nordwärts oder westwärts be-
fördert wurden. Von den nördlicheren chinesischen oder indischen
Ländern gingen die Karawanen durch das heutige Ost-Turkestan
auf den S. 9 angegebenen ältesten Straßen durch die Oxusländer
nach dem Araxes. Anstatt nun auf diesem Flusse direkt zum
Phasis und dem Schwarzen Meere weiter befördert zu werden,
wurden die Waren aufwärts bis Artaxata und von dort durch
Karawanen durch Persien nach kleinasiatischen Häfen befördert.
Auch wftrde der alte Weg von Kandahar über den Mordrand
der iranischen Hochebene, ebenfalls durch persisches Gebiet
führend, von den Karawanen benutzt.
Zur Zeit des oströmischen Kaisers justinian im 6. Jahr-
hundert nach Chr., als unter dem Sturme der Völkerwanderung
das römische Weltreich in Trümmer ging, erlebte das Perser-
reich unter den Sassaniden eine neue Machtentfaltung. Diese
beherrschten das gesamte Ländergebiet vom Kaspischen bis zum
Arabischen Meere und von dem heutigen Afghanistan bis Syrien
und Armenien, sie verbesserten die alten Heerstraßen und Kara-
wansereien, hielten sie in gutem Zustande und förderten Handel
und Verkehr, allerdings im eigenen Interesse, indem sie diese
in die ihr Reich durchquerenden .Straßen lenkten. Der vieljährige
Wohlstand und große Luxus im römischen Weltreiche hatte den
morgenländischen Handel mit Gewürzen zu ungewöhnlicher Höhe
gebracht. Das damals bedeutendste abendländische Reich, das
oströmische mit der Hauptstadt Konstantinopel, wurde von den
Persern gezwungen, die nicht auf dem Seewege über das Mittel-
meer aus dem Orient kommenden Güter aus oder über Persien
zu beziehen und dafür erheblichen Transitzoll zu entrichten.
Die wichtigsten persischen Stapelplätze und Zollstätten waren
damals Artaxata am Araxes, Nisibis und südlich vom Tigris
Der Gewürz- u. Spezereihandel im Altertum u. im Mittelalter. B R^
Callinicum (Rakka) am Euphrat. Nach Artaxat» "ka*ngn _ die
Waren aus den Oxusländern über das Kaspiscn^JjrabJycBiaflji
Nisibis teils auf der südlich vom Kaspischen Meere"Tffift«*«is»
Karawanenstraße, teils von den Küstenländern längs des Per-
sischen Meerbusens auf dem Wasserwege des Tigris oder des
Euphrat. Auf den letzteren beiden Wegen gelangten während
nahezu fünf Jahrhunderten die Spezereien Chinas, Indiens und
des Malayischen Archipels über Ceylon, und zum Teil auch die
Arabiens in die Abendländer. Zu dieser Zeit entstand auch der
für die Folge so wichtige Levantehandel.
So lange das persische Reich bestand (bis in die Mitte des
7. Jahrhunderts nach Chr.), blieben die Versuche Justinians
und seiner Nachfolger, das Transitmonopol der Perser mit
Hilfe des überseeischen Handels von dem Durchgange durch
persisches Gebiet abzulenken, erfolglos. Es gelang ihnen nicht,
einen Seeverkehr zwischen Indien und Äthiopien anzubahnen,
weil persische Kaufleute die indischen* Märkte besuchten und
imstande waren, Inder und Chinesen von dem Verkauf ihrer
Waren an neue Kunden abzuhalten. Mit der Zeit jedoch gelang
es den Griechen, große Warenbezüge zu Schiff von indischen
Häfen und von Ceylon, besonders aber von den gewürzreichen
Küstenländern des Arabischen Meeres in die ihnen gehörenden
Hafenstädte Kolsum, Akaba und Berenice am Eingange des
Roten Meeres zu bringen.
Um diese Zeit gab es drei große Karawanenstraßen von
China nach dem Abendlande. Sie begannen in den Stromgebieten
des heutigen Hoang-ho und des Jang-tse-kiang und passierten
die Wüste Gobi. Von dieser aus führte die nördliche durch die
Oase Chami, dann nordwärts längs des Tien-schan Gebirges
durch die heutige Dsungarei am Balkasch-See und an der Stadt
Talas vorüber, dann dem Syr-darja-Flusse folgend zum Aral-See
und dem Kaspischen Meere.
Die mittlere Straße führte südlich vom Tien-schan Gebirge
durch das nördliche Ost-Turkestan durch die Städte Chami,
Turfan, Karaschar, Kutscha und Aksu nach Kaschgar, von dort
weiter über den Terekpaß nach Ferghana und durch die Städte
Samarkand, Bokhara und Merw nach Persien.
Die südliche Straße führte von der Wüste Gobi durch das
südliche Ost-Turkestan und die darin gelegenen Städte Chotan
10 Geschichtliche Einleitung.
und Jarkand, dann über die Hochebene von Pamir und durch
Afghanistan nach dem Pandschab (Indien) über die Pässe von
Bamian und Gazni nach Multan. Die auf diesem Wege zum
Abendlande gehenden Waren wurden von Multan den Indus
hinab nach Daybal und von dort mit den von Indien und Ceylon
kommenden Gütern auf dem Seewege weiter befördert.
Während des 7. und 8. Jahrhunderts nach Chr. trieben die
Araber bedeutenden Seehandel mit Indien und China, besonders
mit Gewürzen und Spezereien, die sie für den massenhaften
Gebrauch der luxuriösen Höfe der Kalifen und der byzantinischen
Kaiser lieferten. Die hauptsächlichsten Handelsemporien zwischen
China und Arabien befanden sich damals auf der Halbinsel
Malakka, wohin auch die Produkte von Java und anderen Sunda-
inseln gebracht wurden. Später konzentrierte sich dieser Handel
in der wahrscheinlich auf der Ostküste von Malakka gelegenen
Stadt Kalah. Im 10. Jahrhundert nach Chr. bestand zwischen
Kalah und der Stadt Siraf an der Ostküste des Persischen Meer-
busens ein regelmäßiger von Arabern wie von Chinesen unter-
haltener Handelsverkehr. Die Chinesen durchquerten von der
ISordspitze der Insel Sumatra bis Ceylon den Golf von Bengalen.
Auch siedelten sich arabische Kaufleute auf der Malabarküste,
auf Ceylon und in den indischen Küstenstädten an. Daybal an der
Mündung des Indus war vom 8. bis 10. Jahrhundert nach Chr.
der bedeutendste Handels- und Hafenort Indiens. Es war das
hauptsächlichste Emporium für die Produkte des Indusgebietes
und des Pandschab einerseits und Mesopotamiens, Persiens und
Arabiens anderseits. Für die Erzeugnisse der nördlichen Länder
Indiens war Multan am Dschelamstrotne im Pandschab der erste
größere Sammelplatz, überdem ein von den Hindus verehrter und
vielbesuchter Wallfahrtsort.
Ferner wurden vom 8. Jahrhundert an Suhar und Maskat am
Eingange zum Persischen Meerbusen, neben Daybal, bedeutende
Konkurrenzhäfen für den indischen und chinesischen Handel mit
den Abendländern, während Aden am Eingange zum Roten Meere
der wichtigste Hafen und Handelsort für die Waren von Yemen,
Hedschas, Äthiopien und Ägypten wurde.
Außerdem führten Karawanenwege von Indien nach Per-
sien durch Seistan, und ein anderer führte über Gazni und Kabul
nach Afghanistan.
DIE HANDELSSTRASSEN IM MITTELALTER
(Der Gwfa- u SjOTefaiiB kiKttiM u k itttlalta.)
Der Gewürz- u. Spezereihandel im Altertum u. im Mittelalter. 1 1
Um den um die Mitte des 14. Jahrhunderts .vor Chr. von den
ägyptischen Pharaonen Sethos I. und Ramses II. schon einmal
hergestellten Seeweg vom Roten zum Mittelländischen Meere
wiederzugewinnen, versuchte der Pharao Necho gegen Ende des
7. Jahrhunderts vor Chr. einen neuen Kanal von Bubastis am
ISil nach Patumos am arabischen Meerbusen zu bauen; er wurde
aber erst um das Jahr 500 vor Chr. von Darius Hystaspis
vollendet und von den Ptolomäern erweitert und verbessert, war
aber vor Anfang der christlichen Zeitrechnung wieder versandet.
Unter dem Kalifen Omar wurde der Kanal im 7. Jahrhundert
nach Chr. von Kairo aus zum Roten Meere nochmals hergestellt,
bestand dann aber kaum ein Jahrhundert.
Sonst aber gab es vom 7. bis zum 12. Jahrhundert nach Chr.
mehrere Landwege über die heutige Enge von Suez. Der erste
folgte der Richtung des alten versandeten Kanals vom Roten
Meere nach Kairo, von wo aus die Güter auf dem Nil und auf
Seewegen weiter gingen. War ein Passieren der Waren durch
Alexandrien nicht erforderlich, so wurde die kürzere Route über
den Isthmus von Kolsum nach Pelusium (Faramiah) vorgezogen.
Damascus und Jerusalem waren damals bedeutende Handelsplätze,
in denen auch ein Austausch der morgenländischen Waren mit
den dorthin kommenden Kaufleuten von Mekka einerseits und von
Tripolis, Beirut, Tyrus und Akkon andererseits stattfand.
Syrien und Ägypten waren vom 7. bis zum 12. Jahr-
hundert nach Chr. Ausgangspunkte für einen regen Seeverkehr
längs der nordafrikanischen Küste bis nach Marokko und Spanien;
besonders bedeutend wurde dieser Handel für Gewürze und
Spezereien, obwohl er eine Zeit lang durch religiöse Gebote der
Mohammedaner gegen den Verkehr mit christlichen Völkern be-
schränkt wurde. Ebenso blühte er bald bei den Griechen,
die Gewürze und Spezereien, darunter wohl auch schon Rosen-
wasser und aromatisierte fette Öle von Antiochien, Alexandrien
und Trapezunt nach Konstantinopel, Thessalonich und Cherson
holten. Trapezunt war schon im 10. Jahrhundert nach Chr. ein
bedeutender Stapelplatz für die Drogen Indiens und Arabiens,
sowie für die Wohlgerüche Persiens. Die Griechen bezogen
aber nur den eigenen sehr bedeutenden Bedarf an diesen Luxus-
produkten, ohne damit weiteren Handel mit anderen Völkern
zu treiben.
12 Geschichtliche Einleitung.
Vom 10- bis. 15. Jahrhundert nach Chr. lag der Mittelmeer-
handel größtenteils bei italienischen Städten. Im 10. und 11. Jahr-
hundert waren Bari, Salerno, Neapel, Gaeta, und vor allem
Amalfi, Pisa und Venedig die Hauptträger dieses Handels. Der
zu hoher Blüte gelangte Levantehandel hatte vom 12. bis zum
15. Jahrhundert seinen Schwerpunkt in Venedig und Genua. In
der Levante selbst war vom 12. bis 13. Jahrhundert während der
Kreuzzüge Akkon an der Küste von Palästina der bedeutendste
Handelsplatz. Als auch diese Stadt als letzter Besitz der Christen
im Jahre 1291 in die Hände der Mohammedaner fiel, wurden
Famagusta auf Cypern, für längere Zeit auch Lajazzo an der
Meeresbucht von Alexandrette, bis zum 15. Jahrhundert die Haupt-
handelsplätze in der Levante. Die letztere Hafenstadt war ein
Knotenpunkt des Verkehrs der abendländischen und der aus Asien
kommenden Kaufleute.
Bagdad und Basra am Euphrat, bis dahin die Hauptstapel-
plätze für den Transithandel, verloren gegen Ende des 13. Jahr-
hunderts ihre mehrere Jahrhunderte währende kommerzielle
Bedeutung an die neu emporsteigende Hauptstadt Persiens,
Tebriz, in der Nähe des Kaspischen Meeres. Als Ägypten im
13. und 14. Jahrhundert die feinen indischen Gewürze und
Spezereien hoch besteuerte, wurde ihr Überlandtransport mehr
und mehr durch Persien über Bagdad oder Tebriz nach Lajazzo
und Trapezunt abgelenkt.
Im Persischen Meerbusen wurde während des 14. Jahr-
hunderts nach Chr. die Inselstadt Ormuz ein Emporium der von
Indien und Ceylon nach dem Abendlande gehenden Waren und
behauptete diese Stellung bis zur Eroberung durch die Portu-
giesen im Anfange des 16. Jahrhunderts. Die wichtigeren Häfen
längs der Westküste Indiens waren damals Mangalore, Calicut
und Quilon. Zu diesen gelangten aus dem Hinterlande Ingwer,
Zimt, Cardamomen, Pfeffer, Nelken, Muskatnüsse, Sandelholz,
Aloeholz, Indigo usw. in großer Menge, sowie von chinesischen
Häfen und den Inseln der Indischen Meere reiche Zufuhren an
diesen und ähnlichen Drogen.
Am Ende des 13. und am Anfange des 14. Jahrhunderts
nach Chr. wurde der direkte Verkehr, und zwar mehr zu Lande
als zu Wasser, zwischen Europa und China sehr rege. Die
Karawanenstraßen durch das mittlere Asien waren unter dem
Der Gewürz- u. Spezereihandel im Altertum u. im Mittelalter. 13
Schutze der Mongolen im allgemeinen sicher, und es war den
Europäern auch der größere Teil des chinesischen Reiches zu-
gänglich. In diese Zeit fällt auch der Aufenthalt des ersten
europäischen Weltreisenden Marco Polo in China, Indien und
den Inseln des Indischen Ozeans.
Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts verminderte sich durch
Unruhen und Eroberungszüge in Zentralasien der Überland-
verkehr mit China. Tebriz blieb aber noch bis zur Auffindung
des Seeweges um Afrika zu Ende des 15. Jahrhunderts für den
Transithandel ein bedeutender Verkehrsort. Die Eroberung Kon-
stantinopels durch die Türken im Jahre 1453 ermöglichte es
ihnen, den Handel der Italiener über Trapezunt und die Krim zu
unterbrechen und bald völlig abzuschneiden. Auch Cypern ver-
lor um jene Zeit die frühere Bedeutung für den Levantehandel.
Dagegen hob sich der Handel Ägyptens am Ende des 14.
und im Laufe des 15. Jahrhunderts nochmals bedeutend. Anstatt
Aden wurde Dschidda, der Hafen Mekkas, der hauptsächlichste
Knotenpunkt des Handels aus den indischen Meeren mit dem
Abendlande. Von hier aus wurden schwere Waren zu Wasser,
leichtere durch Pilgerkarawanen bis Tor auf der Sinaihalbinsel
befördert. Ein Teil dieses Handels wurde wegen der hohen
Besteuerung durch die Ägypter zeitweilig nach Syrien abgelenkt.
Dieser Verkehr entwickelte sich durch die Einnahme von Lajazzo
durch die Türken im Jahre 1347, sowie durch die Eroberung der
Krim im 15. Jahrhundert noch für kurze Zeit weiter.
So erfuhren im Laufe mehrerer Jahrtausende der Handels-
verkehr der Völker Asiens und später auch Afrikas und Europas
und ihre im Laufe langer Zeiträume entstandenen Verkehrs-
straßen manchen Wandel. Als endlich mit der Umschiffung
Afrikas durch die Portugiesen im Jahre 1498 nach Chr., durch
die Eroberung von Ormuz, dem Schlüssel zum Persischen Meer-
busen, und durch ihren ausgedehnten Seeverkehr die herkömm-
lichen Handelswege nach dem Abendlande größtenteils auf neue
Bahnen übergingen, verminderte sich nach und nach der alte
Karawanentransport. Die einstigen wohlgepflegten Heerstraßen
verfielen im Laufe späterer Jahrhunderte, die Schiffe der Meere
ersetzten die herkömmlichen „Schiffe der Wüste", die Kamele
der Karawanenzüge.
14 Geschichtliche Einleitung.
Vom 1 6. Jahrhundert an wurde das Meer die bevorzugte Heer-
straße des Weltverkehrs. Damit verlor auch der für viele Jahr-
hunderte blühende und die Handelsmetropolen Italiens und anderer
Mittelmeerländer bereichernde Levantehandel an Bedeutung.
Zahlreiche Trümmer prachtvoller Bauwerke von einstmals
mächtigen Städten und Handelsplätzen, und die von dem Sande
der Jahrhunderte bedeckten Spuren ehemaliger Heerstraßen und
Karawansereien auf den weiten Höhen- und Steppenländern des
westlichen Asiens und der arabischen Halbinsel bekunden der
Nachwelt die einstmalige Größe und Handelsblüte der meistens
nur noch dem Namen nach in der Geschichte fortlebenden Völker.
Die dem Welthandel als erste Grundlage dienenden Gewürze
und Spezereien der Länder des südlichen Asiens und der Insel-
reiche der indischen Meere aber haben ihren Wert über allem
Wandel der Menschengeschichte unvermindert forterhalten. Der-
selbe würzige Zimt, die Nelken, Muskatnüsse und Cardamomen,
der Pfeffer und Ingwer und andere von alters her gebrauchte
und hochgeschätzte Gewürze, Weihrauch und Myrrhe, Benzoe
und ähnliches Räucherwerk, Campher, Sandel- und Aloeholz und
andere in immer größerer Anzahl in Gebrauch gelangte wohl-
riechende Pflanzenstoffe gedeihen nach Jahrtausenden in den
sonnigen Ländern und Inseln des Morgenlandes noch heute in
urwüchsiger Fülle.
Sie werden aber nicht mehr in langen Karawanenzügen über
die asiatischen Hochländer und Steppen dem Abendlande zu-
geführt, sondern durch die schmucken Segler und eilenden Dampfer
der Weltmeere und durch die Güterwagen auf den die Kontinente
umspannenden Stahlschienen in alle Länder getragen, um in ur-
sprünglichem Zustande oder in konzentrierter, durch die Destillier-
apparate der modernen chemischen Industrie geläuterter Form,
in der Hütte wie im Palast, den Menschen nutzbar zu sein.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle.
Wie sich jeder Zweig auf dem weiten Gebiete naturwissen-
schaftlicher Forschung im Laufe der Zeit von dem Stamme des
gemeinsamen Ursprunges gesondert hat, so ist das auch bei
den in diesem Buche behandelten Pflanzenprodukten der Fall.
Ist die rechte Kenntnis und Verwertung der in neuerer Zeit als
ätherische Öle bezeichneten Pflanzenstoffe auch erst in späteren
Zeitaltern gewonnen worden, so ist deren Bedeutung wohl schon
der Wahrnehmung der ältesten Völker nicht entgangen. Gewiß
zogen nicht nur die Anmut und Farbenpracht der Blüten, sondern
auch die Mannigfaltigkeit der Wohlgerüche der im südlichen
Asien in reicher Fülle prangenden Vegetation die Wißbegierde
nicht weniger an, als die Benutzung der Pflanzen für die Zwecke
der Ernährung oder der Bekleidung. Und gerade die dem Ge-
ruchs- und Geschmackssinne auffallenden würzigen Pflanzen und
Pflanzengebilde dürften schon frühzeitig als besonders wertvolle
Stoffe die Aufmerksamkeit der Menschen in besonderem Maße
auf sich gezogen und zu ihrer Verwertung, Gewinnung und Be-
arbeitung für längere Aufbewahrung angeregt haben.
Zwar berichten die ältesten Urkunden der Geschichte über
die Anfänge menschlicher Gewerbtätigkeit nur von den Her-
stellungsweisen der für die Jagd, für die Bebauung des Acker-
bodens und für die Sammlung und Zubereitung der Nähr- und
Nutzstoffe erforderlichen Gerätschaften, indessen dürften die Er-
fordernisse der Selbsterhaltung, sowie auch des Wohlbefindens,
die Findigkeit der Menschen schon früh auf die Nutzbarmachung
des Feuers für die Zubereitung von Nahrungsmitteln und die
Gewinnung von Naturprodukten hingeleitet haben. Es mag langer
Zeiträume bedurft haben, bis das Feuer für die Dauerbarmachung
16 Geschichtliche Einleitung.
von weniger haltbaren Nähr- und Nutzstoffen oder für die
Scheidung des Angenehmen vom Widerlichen zur Anwendung
kam, und bis es gelang, von dem nach der Mosaischen Urkunde
schon seit der Sintflut bekannten edlen Weine den belebenden
„Weingeist", sowie von den Gewürzen und Balsamen das „sub-
tile Prinzip", das Aroma, auszutreiben und zu sondern. Das aber
bekunden schon die ältesten Dokumente der Geschichte, daß die
Gewürze zu den frühesten Tausch- und Handelsartikeln des
Altertums gehörten, und daß sie als den Göttern angenehme
Naturprodukte zu Weihopfern im religiösen Kultus und zur Ein-
balsamierung der Toten gebraucht wurden.
Gerade dieser Gebrauch der Gewürze und aromatischen
Pflanzengebilde durch die im Altertum als Förderer und Träger
der Naturkenntnis hervorragenden Klasse der Priester legt die
Wahrscheinlichkeit nahe, daß ihr Können und Wissen schon
frühzeitig auch auf die Gewinnung und Zubereitung der zum
Opferdienste und zur Einbalsamierung benutzten Spezereien ge-
richtet war. Ob dafür und für die Darstellung der aromatischen
Prinzipien, also unserer jetzigen ätherischen Öle aus den Pflanzen,
Anfänge schon vor der Zeit der Hindus und der Ägypter gemacht
worden sind, läßt sich aus den ältesten Urkunden nicht erkennen;
selbst die Bibel enthält bei ihrer sonstigen großen Reichhaltig-
keit hinsichtlich der Gebräuche des jüdischen Volkes keine
anderen Angaben als die, welche eine Kenntnis und den Gebrauch
der Gewürze und Spezereien der verschiedenen Länder bekunden.
Die frühe Gewinnung und Verarbeitung der gewöhnlichsten
Metalle läßt aber auf eine ebenso frühe und mannigfache Be-
nutzung von Feuerherden und Kochgerätschaften schließen, die
wohl auch allmählich zu primitiven Versuchen für die Gewinnung
des Weingeistes vom Weine, des „Geistes" von gegorenem Honig
und Fruchtsäften, der aromatischen Prinzipien von Gewürzen,
Balsamen und Harzen und damit zu den ersten Stadien der
Destillierkunst geführt haben dürften.
In der Geschichte werden die Anfänge der kulturellen Ent-
wicklung in die von einem milden Klima und einer üppigen, an
würzigen Produkten reichen Pflanzenwelt begünstigten Berg-
länder des mittleren und südlichen Asiens gelegt. Unser Wissen
über die ersten in diesen Ländern erstandenen Völker beruht
auf sagenhaften Überlieferungen. Über ihre gewerblichen und
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 17
technischen Leistungen ist der Nachwelt wenig sichere Kunde
verblieben.
Der Zeit nach sind wahrscheinlich die Chinesen und die
Arier die ältesten Völkerstätnme. Durch eine sehr frühzeitige
und verhältnismäßig hohe gewerbliche und kulturelle Entwicklung
sowie durch hinterlassene Kunstwerke und Schriftstücke, haben
aber die Ägypter zuerst klare und feste Gestalt unter den
frühesten Völkern des Altertums gewonnen und stehen dadurch
im allgemeinen an den Portalen der Geschichte.
Wohl haben die Chinesen und Inder auf gewerblichen und
vielleicht auch auf naturwissenschaftlichen Gebieten bedeutende
Fertigkeiten erlangt, sie haben aber durch ihren Abschluß gegen
die Außenwelt und durch die Geheimhaltung des eigenen Wissens
und Könnens einen wenig nachhaltigen Einfluß auf andere Völker
ausgeübt. Die ältesten Zeugnisse über naturkundige Fertigkeiten
sind die in der Sanskritliteratur der Inder überkommenen Schriften
der Ayur-Vedas (Buch der Lebenskunde) des Charaka und
Susruta 1 ). Über das Alter dieser Dokumente fehlen, wie bei
so vielen Schriften des frühen Altertums, sichere Anhaltspunkte.
Möglich, daß sie erst in späterer Zeit nach Überlieferungen
niedergeschrieben worden sind 2 ); aus ihnen ist indessen die
Annahme zulässig, daß die Inder die Gärung, primitive Destilla-
tionsgeräte und damit gewonnene Destillate kannten. Als destil-
lierte Öle sind in dem Werke Rosenöl, Schönus(Andropogon)öl
und Calmusöl erwähnt -5 ).
') Susrutas Ayur-vedas, id est medicinae systema a venerabili D'han-
vantare demonstratum a Susruta discipulo compositum. Nunc pnmum ex
Sanscrita in Latinum sermonem vertit, introductionem, annotationes et rerum
wdicem ad/ec/t Dr. Fr. Hessler, Erlangae 1844.
The Susruta, or System of medicine, taught by Dhanvantari and
composed by Ais disciple Susruta. Published bySriMadhusudana- Gupta,
Prof. of medicine at the Sanscrit College at Calcutta. Calcutta 1835. 2 Vol.
') Lassen, Indische Altertumskunde. 1. Aufl., Band 2, 551.
J. F. Royle, An essay on the antiquity of Hindoo medicine. London
1837. Deutsche Ausgabe von Wallach und Heusinger, Das Altertum der
indischen Medizin. Kassel 1839. S. 45.
Allan Webb, The historical relations of ancient tiindöo witb Greek
medicine. Calcutta 1850. p. 45.
Zeitschrift der Deutsch. Morgenland. Gesellsch. SO (1876), 617 und 31
(1877) 647.
a ) Susruta's Ayur-vedas. Editio Hessler. Erlangae 1844, p. 111 u. 130.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 2
lg Geschichtliche Einleitung.
Aus den Dokumenten der alten Perser ergibt sich, daß
auch diesen die Destillation und Destillationsgeräte bekannt
waren 1 ).
Das Volk, über dessen Pflege von Gewerben, Künsten und
Wissenschaften wir die früheste sichere Auskunft besitzen, sind
die Ägypter, deren Geschichte nahezu bis auf 4000 jähre vor
der christlichen Zeitrechnung zurückgeht. In dieser langen
Kulturentwicklung gelangten Gewerbe, Künste und ein bis nach
Indien, Babylonien, Syrien, Äthiopien und anderen Ländern
gehender Handel wohl erst allmählich auf die noch von der
Nachwelt bewunderte Höhe. Die Ägypter waren wohlvertraut
mit der Gewinnung und Bearbeitung der Metalle, der Herstellung
und Benutzung von Feuerherden und Destillierapparaten, der
Destillation des Weines und des Cedernharzes 4 ). Sie kannten
die Bereitung der Soda, des Alauns, des Essigs 3 ), der Seife,
des Leders und waren bewandert in der Herstellung und
dem Gebrauche von Farben und in der Glasindustrie. Die
Ägypter benutzten das Cedern(Terpentin)öl 4 ), das Kolophonium 8 ),
und gewannen pflanzliche Aromata, vielleicht schon als destil-
lierte Öle.
Die Denkmäler der Baukunst, die in den Pyramiden ge-
fundenen Mumien, die gewerblichen Kunstwerke bekunden die
Kultur der Ägypter noch mehr, als die wenigen verbliebenen,
der ältesten Zeit ihrer Geschichte angehörenden schriftlichen
*) Gebri de aichemia libri tres. Argentorati arte et impensa. Io. Grie-
ningeri anno 1529.
Chr. G. Schmieder, Geschichte der Alchemie. Halle 1832, S. 34.
2 ) Aetii medici graeci ex veteribus medfc/nae tetrabiblos. Editio Aldina.
Veneti 1547, toi. 10.
3 ) 4. Buch Mose Kap. 6, 3.
*) Herodoti bistor/ae II, 85.
Pedanii Dioscoridis Anazarbei, De materia medica libri quinque.
Editio Kühn-Sprengel. Lipsiae 1829. Lib. 1, cap. 34, 39, 80, 95, 97.
Plinii Secundi, Naturalis bistoriae libri 37. Über 15, cap. 6 u. 7,
und über 16, cap. 22.
Scribonii Largi, Compositiones medicamentorum. Editio Schneider,
p. 323.
Theophrasti Eresii opera, quae supersunt omnia. Jiistoria plantarum.
Editio Wimmer. Parisii 1866. Liber 9, cap. 3.
D ) Pedanii Dioscoridis Anazarbei, De materia medica libri quinque.
Editio Kühn-Sprengel. Lipsiae 1829. Vol. 1, p. 660 und Vol. 2, p. 639.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 19
Urkunden. Auch im Schiffbau und im Handelsverkehr mit be-
nachbarten Ländern haben die Ägypter schon Bedeutendes ge-
leistet.
Wie die Schriften der Ägypter meistens verloren gegangen
sind, so sind auch die von ihnen wohl entwickelten Gewerbe
und Kunstfertigkeiten der Naehwelt zum Teil abhanden gekommen
und erst in späteren Zeitaltern von neuem wieder erworben
worden. Wie weit die Naturerkenntnis der Ägypter mit ihrem
technischen und gewerblichen Können im Einklang stand, läßt
sich aus der literarischen Hinterlassenschaft weit weniger er-
mitteln, als dies für ihre astronomischen und mathematischen
Kenntnisse und für die auf den Gebieten des Landbaues, der
Architektur und kunstgewerblicher Leistungen möglich ist. Es
ist indessen nicht außer Acht zu lassen, daß für die im Alter-
tum vorhandene Gewerbe- und Kunstfertigkeit, selbst auf den
Gebieten der Metalle, des Glases, der Färberei usw., der Besitz
wirklicher theoretischer Kenntnisse keine unerläßliche Voraus-
setzung war. Haben sich die Hindus, die Ägypter, die Assyrer,
die Babylonier und die Phönizier im Laufe der Jahrhunderte
diese auch nur mangelhaft angeeignet, so haben sie, wie die
alten Chinesen, auf allen praktischen Gebieten, bei guter Natur-
beobachtung, Bedeutendes geleistet. Die Ägypter vor allen waren
während und auch noch nach ihrer Blütezeit die Lehrer anderer
Völker, und gleich einem letzten Abendrot leuchteten die letzten
Bildungsstätten Ägyptens noch lange in das klassische Zeitalter
der Hellenen und der Römer hinaus.
Die naturwissenschaftlichen Kenntnisse und die technischen
und künstlerischen Leistungen der Hebräer und der Griechen,
und mittelbar auch noch der Römer, wurzelten in ägyptischer
Kultur und entsprangen ägyptischen Quellen. Allein die Griechen
waren, wie die Juden, in ihrer Naturauffassung weniger für
praktische Ziele als für das Ideale veranlagt, sie experimentierten
nicht und waren nicht auf die gewerbliche Ausnutzung der
erworbenen Naturerkenntnis bedacht. Die hellenischen Natur-
philosophen und Schriftsteller sammelten, ordneten und bewahrten
das überkommene Wissen, ohne es der praktischen Verwertung
zuzuführen oder in der Richtung Neues hinzuzufügen.
Die Griechen waren aber mit den von den Ägyptern über-
kommenen Künsten wohl bekannt, sie kannten die Gewinnung
2*
20 , Geschichtliche Einleitung.
und Bearbeitung der Metalle, die Glasbereitung und andere
Gewerbe, trieben indessen meistens Tauschhandel mit Natur-
produkten. Die aus dem Orient bezogenen Gewürze waren
auch bei ihnen für Räucherungen, für kosmetische und sanitäre
Zwecke geschätzt, ob aber die von den Ägyptern und Persern
wohl schon in primitiver Weise -betriebene Destillation auch
den ■ Griechen bekannt oder von ihnen ausgeführt wurde, ist
aus der Literatur nicht ersichtlich. Es ist dies indessen nicht
unwahrscheinlich, da die Arzneikunst und Schönheitspflege bei
den Griechen kaum weniger in Ansehen stand als bei den
Ägyptern. Bei der Neigung der späteren Griechen für Wohl-
gerüche und zum Luxus in Kleidung und Nahrung waren
Spezereien bei ihnen viel in Gebrauch. Die gepriesenen Düfte
des Morgenlandes, vor allen des Sandelholzes (gula iväixa),
durften bei Festgelagen nicht fehlen. Die Griechen bezogen
daher durch Tauschhandel die Aromata ihrer Zeit, überließen
indessen in späterer Zeit deren Herbeischaffung und den See-
handel anderen Völkern.
Als sich die hellenische Kultur westwärts ausbreitete und
die Grundlage der römischen wurde, da gingen nicht nur das
naturwissenschaftliche Vermächtnis des Morgenlandes, sondern
auch griechischer Geist und griechische Methode in der Natur-
anschauung auf das emporstrebende Abendland über. Die Römer
erweiterten auf ihren Eroberungszügen die Kenntnis der Natur-
produkte des Orients; diese gelangten auf den herkömmlichen
Handelsstraßen und schließlich durch Schiffsverkehr nach dem
glanzvollen Rom. Die feinsten Gewürze des Orients fanden
ihren Weg nicht nur in die Küchen, sondern auch als wohl-
riechende, der Sinneslust dienende Salben, Balsame, Räucher-
werke und Parfüme in die Luxusstätten der römischen Aristo-
kratie. Ob dafür nur aromatisierte fette und nicht auch einige
nach ägyptischen und persischen Traditionen destillierte Öle
Verwendung gefunden haben, ist aus der Literatur der Römer
nicht mit Sicherheit zu erkennen. Wohl aber ist anzunehmen,
daß sie nicht nur in der Kochkunst, sondern auch in den Künsten
der Bereitung feiner Toilettepräparate, aromatischer Salben und
Ole Bedeutendes geleistet haben. Wie gut und umfassend um
jene Zeit die Naturkunde und auch die Drogenkunde gepflegt
wurden, geht unter den verbliebenen Schriften der Römerzeit
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 21
vor allen aus denen des Dioscorides 1 ), des Plinius 2 ) und
des Claudius Galenus*) hervor.
Wohl hatten die Römer treffliche Beobachter der Naturdinge
und gleich gute Kompilatoren des Wissens der eigenen Zeit und
der Vorzeit, im allgemeinen aber kamen sie wenig über die
äußere Erkenntnis der Dinge und über das überlieferte Wissen
hinaus und haben an der praktischen Ausgestaltung und Be-
reicherung der Naturwissenschaften, der Arzneikunde und der
Destillierkunst nur geringen Anteil gehabt.
Als dann nach dem Niedergange der hellenischen und
römischen Kultur eine Jahrhunderte lange Winterstarre in dem
Kulturleben der Menschheit eintrat, da dürften auch viele der
früheren Errungenschaften auf gewerblichen und Kunstgebieten
l ) Pedanius Dioscorides war für die Drogenkunde der erste be-
deutendere Schriftsteller des christlichen Zeitalters. Zu Anfang des ersten
Jahrhunderts in Anazarbus im südöstlichen Teile Kleinasiens geboren, bereiste
er als Arzt mit den römischen Heeren verschiedene Länder. Die in der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts von ihm verfaßte Arzneimittellehre ist das
gründlichste derartige Werk des Altertums und galt bis weit in das Mittel-
alter als maßgebende Autorität, die in Vorlesungen auf den Universitäten
bis zur Zeit Luthers noch kommentiert wurde, wie das in Wort und Schrift
noch von Melanchton und Valerius Cordus um die Mitte des 16. Jahr-
hunderts an der Universität zu Wittenberg geschah.
Von den von Dioscorides in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts
verfaßten Schriften sind vor allen von Wert die fünf Bücher „De materia
medica" und die als 6. und 7. Buch jenen hinzugefügte „Alexipharmaca et
theriaca" (Mittel gegen Pflanzen- und Tiergifte). Diese und andere, mehr apo-
kryphe Schriften sind im Laufe der Jahre vielmals und in vielen Sprachen
herausgegeben und erläutert worden. Einige der ältesten Ausgaben sind ein
in der Bibliothek in Leyden befindliches Manuskript in arabischer Sprache,
etwa um das Jahr 940 nach Chr. verfaßt, eine sehr seltene griechische Aus-
gabe, gedruckt apud Aldum Manutmm, Veneti 1499, und eine lateinische
von J. Allemannum de Mcdemblich, gedruckt in Colle 1503. Einige der
besseren Übersetzungen und Kommentare sind:
Pedaniä Dioscoridis Anazarbensis: de materia medica libri QU/'nque.
Jano Coronario medico physico interprete. Basiliae 1529.
Valerii Cordi Simesusii Annotationes in Pedanii Dioscoridis Anazarbei
de materia medica libros quingue, fange aliae Quam antea sunt fiaec sunt
emu/gatae. Ejusdem historia stirpium libri quatuor, et de artificiosis extrao
tionibus Über etc. Translatio Ruellii. Francofurtum ad Moenum 1549. Editio
Gessnerii 1561.
Pedaniä Dioscoridis Anazarbei de medicinale materia medica libri sex.
Joanno Ruellio Suessionensi interprete. Accesserunt priori editioni Valerii
22 Geschichtliche Einleitung.
mehr oder weniger abhanden gekommen sein. Auf der Grenz-
scheide des Altertums und des Mittelalters trat eine neue Kultur-
epoche der Menschheit in die Welt. Sonderbarerweise wurden
zurzeit die Mohammedaner die Vorboten einer neuen Zivilisation,
obwohl sie in dem Glauben, daß der Koran die ganze mensch-
liche Weisheit umfasse, die überlieferten Kunst- und Literatur-
schätze mit Feuer und Schwert zerstört haben sollen. Das
arabische Volk hat zu der späteren sogenannten arabischen
Kulturperiode nur wenig beigetragen. Diese hatte ihre Wurzeln
in der ägyptischen Schule von Alexandrien, von der die griechische
Geistesbildung durch die Vermittlung der Syrer und Perser, sowie
durch die der kleinasiatischen Griechen zu dem späteren Völker-
konglomerate der Mohammedaner gelangte. Dieses umfaßte fast
alle von ihnen während des 8. und 9. Jahrhunderts unterworfenen
Völker von den „Säulen des Herkules" im Westen bis zu dem
„Meere der Finsternis" im Osten, wie die Araber Gibraltar und
den Indischen Ozean nannten. Sie verstanden es, die unter-
Cordi Simesusii Annotatianes doctissimi in Dioscoridis de medica materia
libros Euricii Cordi Judicium de berbis et simplicibus medicinae; ac eorum
quae apud medicos controverruntur explicatio. Francofurti 1543.
Petri Andreae Matthioli Opera quae extant omnia. Commentarii in
sex libros Pedacei Dioscoridis de materia medica. Veneti 1554.
UbSoxIov *J loaxogldov 'At'aXie^ßtw^ ?t£gi iU/p iaT(itx!}tt ßtfJkia oder Pedacei
Dioscoridis Anazarbei opera quae extant omnia. Ex nova interpretatione.
Jani-Antonii Saraceni, Lugduni Medici, Francofurti 1578 und 1598.
Eine lateinische Übersetzung der libn de materia medica des Dios-
corides war schon im Jahre 1478 und eine griechische Ausgabe um nahezu
dieselbe Zeit in Köln erschienen.
Eine neuere auch für diese Arbeit benutzte Ausgabe der Materia medica
des Dioscorides ist die in der Kühnschen Sammlung: Medicorum graecorum
Opera quae extant erschienene Bearbeitung von Prof. Curtius Sprengel.
Leipzig 1829. Band 25; in zwei Teilen. Der erste Teil enthält: „De Materia
medica Iibri quinque", der zweite Teil: „Liber de venenis eorumque pre-
cautione et medicamentione" (p. 1—338) und „Commentarius in Dioscori dem"
(p. 340—675).
*) Plinii Secundi Naturalis Historiae libri 37. Recognovit atque indi-
cibus instruxit Ludoviciis Janus. Lipsiae 1859.
Die Mehrzahl der in dieser Schrift gemachten Zitate bezieht sich auf
die Ausgabe von Littre. 2 Bände. Paris 1877.
s ) Claudii Galeni Opera omnia. Editio Kühn in 20 Bänden. Lipsiae
1821—1823. Darunter besonders: De simplicium medicamentomm tempera-
turis et facu/tatibus Iibri XI.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 23
jochten Völker dem Islam zuzuwenden, und da der Koran nicht
nur das religiöse, sondern auch das bürgerliche Gesetzbuch war,
so gelangten mit ihm auch die arabische Sprache und Schrift-
weise von Land zu Land. Sie wurde die gemeinsame Sprache
der Bekenner des Islam und zum Teil auch die Schriftsprache der
damaligen gebildeten Welt, ähnlich wie es später die lateinische
Sprache für das christliche Mittelalter wurde.
Durchdrungen von den Vorstellungen der griechischen Ge-
lehrten der alexandrinischen Schule erlebte das Studium der
Naturwissenschaften bei den Arabern vom 9. Jahrhundert an
eine Wiedergeburt. Mathematik, Astronomie, Alchemie und
Medizin fanden rüstigen Weiterbau, und bei dem Hange des
Mohammedanismus zum Wunderglauben reiften mit den Fort-
schritten in den Naturwissenschaften die Alchemie und Magie
oder Nekromantie, in enger Beziehung zur vermeintlichen Metall-
verwandlung und zur Arzneikunst, jenen wunderlichen, die ge-
samte Menschheit Jahrhunderte lang durchdringenden mythischen
Glauben an den Stein der Weisen und an eine Universalarznei,
welche Elend und Krankheit aus der Welt bannen sollten.
Vor allen war es der einflußreichste und hervorragendste
Gelehrte seiner Zeit Geber (Dschabir), der diesen Wunder-
glauben entwickelte und für viele Jahrhunderte festigte 1 ). Zur
Zeit als Bagdad, Bassora und Damascus Hauptpunkte des
damaligen Handels waren, gab es kein Volk, welches gewandter
und produktiver in Gewerben und Künsten und auch in der
Naturkunde war als die Araber. Ihre Handelsbeziehungen
x ) Gebri „Summa perfectioms magisterii." Ex bibliotheca vaticana
exemplan. Gedani 1682. Lib. IV, p. 156 — 178. — Alchemiae Gebri Arabis
libri excud. Joh. Petrius, Nuerembergensis, Bernae 1545. Lib. 2, cap. 12. —
Torbert Bergmann „De primordiis chemiae." Upsala 1779. § 3D und § 4C.
Editio Hebenstreit. Lipsiae 17S7.
Neben den ursprünglich in arabischer Sprache geschriebenen Schriften
Gebers sind in der Folgezeit unter diesem berühmten Namen weitere und
vermutlich erst später in griechischer und lateinischer Sprache verfaßte Werke
als von Geber herstammend bis zur Heuzeit angenommen worden. M. Berthe-
lot hat indessen (Introduction ä l'6tude de Ja chimie des anciens et da
moyen-äge Paris 1889, und ftevue des deux mondes, 15. September und
1. Oktober 1893) den apokryphen Charakter dieser Schriften, darunter auch
der „Summa, perfectionis magisterii" (nachweislich nicht vor der Mitte des
14. Jahrhunderts geschrieben) nachgewiesen.
24 Geschichtliche Einleitung.
erstreckten sich nahezu bis zu allen damals bekannten Ländern,
und die Verbreitung, Benutzung und Kenntnis der Gewürze und
Spezereien des Morgenlandes, sowie die Bereicherung der Heil-
mittelkunde fand durch sie große Förderung.
Bei der geschickten Verwertung und dem regen Weiterbau
des überkommenen Wissens haben die Araber mit der herme-
tischen Kunst auch die Destillierkunst eifrig betrieben und wesent-
lich gefördert 1 ).
Schon die im 4. Jahrhundert nach Chr. lebenden alexandrini-
schen Gelehrten Synesios von Ptolomais 8 ) und Zosimos von
Panopolis 3 ) haben die Destilliergeräte und Destillierweisen der
Ägypter anschaulich beschrieben, und der zu Anfang des 6. Jahr-
hunderts nach Chr. in Konstantinopel lebende Arzt und Schrift-
steller Ae'tius von Amida beschrieb die Bereitung empyreu-
matischer Öle durch absteigende Destillation (Destfllatio per
descensum)*). Über diese und die Destillatio per ascensum
oder aufsteigende Destillation wurde schon von Geber berichtet.
Nach Portas Angabe in seiner um das Jahr 1567 verfaßten
Schrift „De destillatione") h ), sowie auch nach den Angaben
*) Hermannus Conringius, De hermetica Aegyptiorum vetere et
Paracelsiorum nova medicina libri duo. Helmstadt 1648. Lib. II, cap. 4.
Torbert Bergmann, Historiae chemiae medium seit obscurum aevum.
Editio Hebenstreit. Lipsiae 1787, Vol. 4.
Schmieders Geschichte der Alchemie. Halle 1832, S. 85 und folgende.
a ) Synesii Tractatus chymicus ad Dioscoridem. In Fabricii biblia
graeca. Tom. 8.
*) „Et quid plura moramur? Unus Zosimos Panopolites Hbro ns^t. d(>ydia>v
xai «afiivoiv loculente ad oculos nobis sistit antiquorum illa vasa destilla-
tionibus accommodata; postquam enim jussisset candidatos artis id agere ut
ipsis ad manus esset ßLxoe -belixos acoXijv öaTQ&xivoe XoTtäe xai äyyoi OTetrSmarov,
mandassetque i?rl äxpa r&v awMjvenr ßixovs iielov ftsydXove sta^sfe tjcifret/Ytt, '4ca
firi $ay&oiv &7tb rfje d-fyfirjsr toq iSSaos tandem, ut clarius sese explicit, ipsas
vasorum figuras appingit, quarum nonnullas licet rudiori manu exaratas ex
bibliotheca regis christianisslmi, et illa D. Marci Venetiis, libuit hie in gratiam
curiosorum adjicere." (O. Borrichius „Hermetis Aegyptiorum et chemi-
camm sapientia" ab Hermanni Conringii animadversionibus vindicata.
Hafniae 1674, p. 156).
Ausführliche Angaben über die Destillationsberichte des Zosimos finden
sich auch in Höf ers Histoire de Ja chimie. 2. Edit. 1866. Tom. 1, p. 261—270.
4 ) Aetius „ßtßXla lar^mä, UotcüSexa", Libri medicinales sedeeim. Editio
Aldina 1533, fol. 10. — Siehe auch Anmerkung 1, S. 74.
") Siehe S. 48, Note 3.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 25
anderer Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, haben die arabischen
Ärzte und Laboranten zur besseren Abkühlung des Destillates
das Kühlrohr (Serpentina) und für die Destillation des Weines
eine Art fraktionierter Destillation eingeführt 1 ).
Die Araber übertrugen das medizinische und alchemistische
Wissen und den Mystizismus der hermetischen 3 ) Künste ihrer
Zeit auf das südwestliche Europa, sie waren die vornehmsten
Begründer und Förderer der für Jahrhunderte geltenden Lehre der
Transmutation der Metalle, der Erschließung einer „Quintessenz"
aus den Gebilden ' der organischen Natur, des in unzähligen
Experimenten gesuchten „Jap/s philosophorum". Durch diesen
in die ärztliche und theosophische Welt des Mittelalters hinein-
getragenen Glaubenssatz und durch das damit herbeigeführte
Forschen nach imaginären Phantomen legten die Araber den
Grund für den auf empirischem Wege allmählich gewonnenen
Erwerb praktischer chemischer Kenntnisse und zahlreicher Tat-
sachen und Produkte, die unerläßliche Bausteine für das spätere
chemische Wissen wurden. Die Araber begründeten im Laufe
des 9. und 10. Jahrhunderts als Pflanzstätten der Forschung
und der Gelehrsamkeit die Hochschulen zu Cordova, Sevilla
und Toledo, die von Wißbegierigen und Adepten aller Länder
besucht wurden, um Medizin, Magie und Nekromantie zu studieren.
Die Arzneimittelkunde und damit auch die Destillier kunst
der Araber erreichte ihre höchste Entwicklung und reichhaltigste
Literatur vom 8. bis zum 1 1 . Jahrhundert. Über die beträcht-
liche Anzahl der Schriftsteller, deren Werke mehr oder weniger
vollständig der Nachwelt verblieben sind, besteht indessen hin-
sichtlich ihrer Lebenszeit und Schriften keine sichere Über-
lieferung; von den letzteren sind viele apokryph und die wirk-
lichen Verfasser nicht mit Sicherheit bekannt. Die darüber
bestehenden Angaben der betreffenden Geschichtsliteratur stehen
vielfach in Widerspruch, und nicht wenige Zeitangaben variieren
um ein oder mehrere Jahrhunderte.
Die für die Geschichte der Destillation als urkundliche Quelle
wichtigsten Schriften der arabischen Kulturepoche begannen mit
x ) Siehe Abbildung S. 45.
a ) Die Bezeichnung „spagyrische" Kunst (von o7t&co und äysi^o) ist erst
zur Zeit des Paracelsus in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Brauch
gekommen.
26 Geschichtliche Einleitung.
denen Gebers um das 9. Jahrhundert nach Chr. Vom 12. Jahr-
hundert an wandten sich die arabischen Laboranten ganz der
Metallveredelung, dem Suchen nach dem lapis philosophorum zu.
Während dieser etwa vierhundertjährigen Epoche der vorzugs-
weise der Arzneimittelkunde geltenden Naturforschung haben es
die Araber in der Destillierkunst und der Herstellung destillierter
Wässer und mancher destillierter Öle offenbar zu einer beträcht-
lichen, später wieder abhanden gekommenen Fertigkeit gebracht.
Diese Kenntnis der Destillation, der Destilliergeräte und der De-
stillate bekundet die erhaltene medizinische und alchemistische
Literatur vielfach.
Seit der Zeit der Ägypter zeigt zuerst wieder Geber in den
verbliebenen Fragmenten seiner Schriften, wie schon auf S. 24
erwähnt, eine für jene Zeit gute Kenntnis der Destillation, der
trockenen sowohl wie der mit Wasser, und zwar aus Glas-
geräten und solchen aus glasiertem Ton. Nächst Geber war
wohl Mesue der Jüngere, dessen Lebenszeit zwischen dem 8.
und 10. Jahrhundert nach Chr. angegeben wird, der früheste unter
den bedeutenderen arzneikundigen arabischen Schriftstellern. Es
ist nicht unwahrscheinlich, daß es mehrere Autoren dieses Namens
gegeben hat, und daß auch andere ihre Schriften unter diesem
berühmten Namen veröffentlicht haben, oder daß in späterer Zeit
Verwechslungen der Namen und der Schriften stattgefunden haben.
Mesues bedeutendste und für viele Jahrhunderte als das
maßgebende Arzneibuch geltende Schrift war das^ Antidotarium
seu Grabaddin medicamentorum compositorum libri XII. In dem
12. Kapitel „De o/e/s" 1 ) ist auch die Gewinnungsweise der Öle
beschrieben. Die Mehrzahl waren aromatisierte mit fetten Ölen
bereitete, nur Wacholderholz- und Erdpechöl wurden durch
trockene Destillation dargestellt und diese genau beschrieben.
Nach Bergmanns Angabe soll Mesue auch destilliertes Rosen-
und Bernsteinöl gekannt haben'-).
J ) Editio Veneti 1502, fol. 80.
a ) „Mesue medicamentorum plurimorum inventione magnam famatn et
nomen evangelistae pharmacopolarum consecutus est; durantque hodie nunc
in officinis nostris compositiones nonnullae, quae ille primus descripsit." —
„Mesue aquam destillatam rosarum, oleum ex succino et lateribus tamquam
veteribus nota memorat." (Torbert Bergmann, Historiae chemiae medium
seu obscuram aevum. Editio Hebenstreit Lipsiae 1787, p. 7).
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 27
Für die Kenntnis und den Gebrauch destillierter Wässer
und Öle in jenem Zeitalter liegen aber auch Angaben anderer
ärztlicher Schriftsteller vor. So erwähnt Ibn Chaldün % daß das
destillierte Rosenwasser im 8. und 9. Jahrhundert ein bedeutender
Handelsartikel der Perser gewesen sei. Nonus Theophanes 2 ), im
10. Jahrhundert Arzt des Kaisers Michael VIII. in Konstantinopel,
empfahl das Rosenwasser als Heilmittel, und der im 9. Jahrhundert
lebende syrische Arzt Serapion (Janus Damascenus) und der
etwa ein Jahrhundert später lebende Arzt des Kalifen Ebn Attaf in
von Marokko, Avenzoar 8 ), benutzten Rosenwasser als Augen-
heilmittel und Rosenölzucker für innerlichen Gebrauch. In dem
aus dem 11. Jahrhundert herrührenden medizinischen Werke des
arabischen Arztes Abn Dschafar Achmed, welches Synesius
von Konstantinopel ins Griechische übersetzt hat, sind Rosen-
wasser, Rosenöl und Campher unter den gangbaren Arznei-
mitteln genannt 4 ).
War Geber der erste bedeutendste der arabischen medizi-
nischen Schriftsteller, der mit der Destillation bekannt war, so
bekunden die Schriften des etwa drei Jahrhunderte später leben-
den Abulcasis eine sehr genaue Kenntnis derselben, die zu
der Annahme berechtigt, daß die Destillation von den Arabern
eifrig betrieben wurde. Das von ihm verbliebene, unter dem
Namen „Über servitoris" bekannte Werk 5 ) enthält eine so an-
*) Notices et extraits des manuscr/pts de la bibliotheque imperiale ä
Paris 1862. Tom. 19, p. 364.
2 ) Nonus Theophanes. Editio Bernardi. Praefatio ad Synesius: de
febribus. Amstelodami 1749. Cap. 28, p. 112.
a ) Liber Theizir Dahalmodana Vahaltadabi r prooemiiim Averrhoi
Cordubensis ab Jacobo Hebraeo. Anno 1281. Colliget Veneti 1553. Liber 7,
fol. t. Lib. 5, cap. 9, fol. 44.
4 ) Synesius de febribus. Editio Bernardi. Amstelodami 1749, p. 58
und 240.
s ) Die Schriften der arabischen Ärzte und Laboranten jenes Zeitalters
sind hauptsächlich noch in einer im jähre 1502 in Venedig gedruckten Kollektiv-
Ausgabe vorhanden, welche im Anschlüsse an Mesues Hauptwerk und an
das Antidotarium Nicolai Kommentare desselben und einige andere Schriften
von Zeitgenossen enthält Die Titel der einzelnen Werke dieses Folianten sind :
„Uni Joannis Mesue Liber de consolatione medicinarurn simpli-
cium et correctione Operationen! earvm canones universales: cum
expositione preclarissimi media' magistri Bondinl de lentiis feliciter
incipiunt" (fol. 2—31.)
28 Geschichtliche Einleitung.
schauliche und klare Beschreibung der Destillation, daß schon
der schwedische Chemiker und Geschichtsschreiber der Chemie,
Torbert Bergmann, diesen Bericht als einen der ersten und
besten bezeichnete 1 ).
Die Beschreibung der Destillation von Wasser, von Essigsäure
und von Alkohol lautet im Auszuge aus Abulcasis Schrift 2 )
folgendermaßen:
„Modus faciendi aquam rosatam. Operatio ejus est secundum quatuor
modos . . . Sed modum operationis ejus, quae fit cum aqua et igne Hgno-
tum, ego monstrabo secundum formam, quam faciunt reges Abarach. Et hie
est modus ejus. Facias berchile parvum in domo ampla, cujus fundus et
latera sint ex plumbo, adeo discreta simul solidata, ut aqua non possit egredi
ab eo: et facias tibi coopertorium ex vitro cum sagacitate, vel ex terra
vitreata, et in eo forma secundum formam vasorum destillationis, vel secun-
dum quantitatem magnitudinis berchilis, vel parvitatem ejus, secundum volun-
tatem tuam faciendi multam, vel paucam aquam rosatam. Deinde pone ollam
magnam ex aere vel cachabum post parietem, juxta quam posuisti berchile
secundum formam ollae balnei, et construe eam super furnum, et berchile sit
„Additiones Petri Apponi medici clarissimi, et Francisci de Pede-
montium." (fol. 31—90.)
joannis Mazareni filii Mesue Orabaddin medicinamm particularium
ineipit. (fol. 91—266.)
„Antidotarium Nicolai cum expositionibus, et g/ossis clarissimi ma-
gistri Platearii." (fol. 267—293.)
„Expositio Janis de Santo Amando supra antidotarii Nicolai ineipit
feiieiter." (fol. 294—330.)
„Tractatus de synonymis quid pro quo." (fol. 331 — 334..)
„Liber Servitoris seu libri XXVIII Bulchasin Ben-aberazerin:
translatus a Simone januensi: interprete Abraamo Judeo Tortuosiensi."
(fol. 334—335.)
„Uni Saladini ate esculo Servitati prineipis Tarenti physici principalis
compendii aromatiorum opus fe/ic/ter ineipit" (fol. 346 — 354.)
Quae omnia supradieta hiefinem habent ad /andern dei. Veneti impressa
anno Domini 1502, die 23 Junii.
Älteste Einzelausgaben dieser Werke datieren bis zum Jahre 1471, also
bis zur frühesten Zelt der Einführung der Buchdruckerkunst zurück.
*) „Describuntur in hoc Iibro praeter alia, destillationis modus triptex,
aquae, aceti et väni destillatio, alembici et Cucurbitae quatuor generum,
vitrei, fictiles vitro incrustati, plumbei et aenei commemorantur." — Torbert
Bergmann „Historiae chemiae medium seu obscurum aevum." Editio
Hebenstreit. Lipsiae 1787.
*) Liber Servitoris seu iibri XXVIII Bulchasin Ben-aberazerin: trans-
latus a Simone Januensi: interprete Abraamo Judeo Tortuosiensi 1471. —
Editio Veneti 1502, fol. 339 b, 341b und 342.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. jßQ
constitutum super furnum, Jnferius ab olla, ita quod apijgKjfetNiJecalore ignis
berchilis ad ollam. Et facias caminam cum foraminibuS/Vtt*3<j2B-T;
fumus extra domum egredi, ita quod fumus totus e domJ «JlftyiSp^^'TOSi.
noceat aquae rosatae. Deinde imple ollam ex aqua, quae sit in pl
juxta ollam, sicut est puteus balnei, et accende ignem sub ea, quousque
bulliat aqua bene. Deinde dimitte venire aquam per canale, quod fecisti per
discretionem ad berchile, deinde pone aliam aquam frigidam in ollam ex
puteo, sicut in olla balnei sit et constitue in berchile canale, per quod egre-
diatur aqua quando fuerit plenum, et sit exitus ejus extra domum, deinde
pone Cucurbitas sive ventres, et sunt vasa destillatoria in foraminibus berchilis;
et stringe cum panno lini discrete, ita quod bene sedeant in foraminibus suis,
et vapor aquae non egrediatur extra. Similiter, et capita eorum stringes cum
panno lini ... Et operatio ejus quae sit in terra nostra est servior et brevior,
quam illa, quam dixi. Et est, quod accipias ollam ex aere sicut est illa
tinctorum, et pone post parietem, et pone super eam coopertorium discrete
factum, cum foraminibus in quibus ventres ponuntur, et pone in eo ventres
cum sagacitate, et postea imple ollam aqua . . . Operatio ejus sine aqua et
cum igne carbonum est, quod facias furnum quadrum, aut rotundum, et habeat
coopertorium superius, super quod stabunt ventres ex terra vitreata, ut possint
sustinere ignem, et quando accendentur carbones, et incipiet aqua rosata
destillare, Claude os furni, et dimitte foramina aperta, per quae fumus egrediatur.
„Modus alius cui vult destillare paucam aquam. Accipe ollam ex aere,
et imple eam aqua, et pone super lanem ignem, et pone super os ejus cooper-
torium perforatum foraminibus duobus vel tribus vel pluribus aut paucioribus
ventribus, secundum quod poterit capere coopertorium ollae, et sint ventres
ex vitro . . ."
„Modus albificandi acetum . . . Construe athanor simile Uli, in quo
destillatur aqua rosacea, at superpone ei vas destillatorium ex vitro, vel ex
terra vitreata et imple tres partes ex aceto bono, et quarta pars vasis superius
Sit vacua, ne cum ebullierit acetum, effundatur extra; deinde operi vas cum
vase aliquo superius, sicut novisti habente nasum, sicut sit in aqua rosacea;
et fac ignem levem non fortem, nam si esset fortis, non fieret acetum album
tantae albedinis, et est necesse, ut acetum, quod distillatur, sit ex uvjs albis,
darum, et aere, in fine acredinis, quia tunc distillatur album et purum."
„Secundum hanc diseiplinam potest destillari vinum, quod vult ipsum
destillare."
Das von den Arabern vom 8. bis 12. Jahrhundert nach Chr.
von neuem und mit großem Geschick in Arbeit genommene
Gebiet der Heil- und Arzneikunde und damit die besonders durch
Destillation bewirkte Erschließung pflanzlicher und animalischer
Stoffe hat die Destillierkunst in jenem Zeitalter wohl zum haupt-
sächlichen Betriebe in den alchemistischen und ärztlichen Werk-
stätten gemacht. Es kann daher kaum bezweifelt werden, daß,
ungeachtet der vielfach wohl unfertigen Destillierweisen, bei
der Destillation der gebräuchlicheren, an flüchtigem Öl reichen
30 Geschichtliche Einleitung.
Pflanzen und Pflanzenprodukte die Absonderung solcher Öle der
Wahrnehmung der wißbegierigen Laboranten nicht entgangen sein
kann. Bei der völligen Unkenntnis der Natur der fetten wie der
destillierten Öle und in dem Glauben, daß das destillierte Wasser
der Träger der „subtilen" Potenzen der Stoffe sei, mögen die
öligen Absonderungen aus jenem als fettartige oder grobe Ab-
scheidung gering geschätzt worden sein und wenig Beachtung
gefunden haben. Sie haben, wie aus der damaligen Literatur
ersichtlich, nur in geringer Zahl Anwendung gefunden.
Vom 1 1 . Jahrhundert an trat die Begier nach Erwerb und
das Suchen nach Metallveredelung und dem lapis philosophorum
bei den Arabern mehr und mehr in den Vordergrund, und von
da an verlief sich die arabische Naturforschung auf Abwege und
in die illusorische Spekulation der hermetischen Künste. Nach
der Mitte des 12. Jahrhunderts scheint es unter den Arabern be-
deutende gelehrte Ärzte und Naturkundige nicht mehr gegeben zu
haben. Mit der Eroberung von Bagdad im Jahre 1258 durch die
Mongolen hörten die arabische Herrschaft und geistige Blütezeit
auf, nur in Spanien verblieb noch arabische Kultur für einige Zeit,
und diese fand in der zu Ende des 9. Jahrhunderts gegründeten
Schule von Salerno, südlich von Neapel, am tyrrhenischen Meere,
auch in Italien noch längeren und fruchtbaren Nachhall.
Während der Kreuzzüge, vom Ende des 1 1 . bis zum Ende
des 13. Jahrhunderts, fand zwischen den Kreuzfahrern und ihrem
Gefolge und den Völkern des Morgenlandes zeitweise im fried-
lichen Verkehr eine so vielfache Begegnung statt wie nie zuvor.
Es läßt sich wohl annehmen, daß die Kreuzfahrer dabei nicht?
nur mit den Produkten der Levante, darunter den Agrumen-
früchten usw., sondern auch mit den Gebräuchen, dem Gewerbe-
betriebe und der Kunstfertigkeit der Mohammedaner bekannt
geworden sind und sich diese zur Verwertung daheim zum Teil
angeeignet haben. Vieles davon mag dadurch im Abendlande
Einführung und Pflege gefunden haben, was den Arabern selbst
bei der Überflutung durch rohe Nomadenvölker bald abhanden
gekommen ist. So mögen unter anderen auch die Destillierkunst
und die Kenntnis der herkömmlichen Destilliergeräte im Laufe
der Zeit im Abendlande verbreitet worden sein.
Als die Woge der unter den Impulsen des Islam und der
Signatur der arabischen Kultur emporgestiegenen Völkerbewegung
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 31
im 13. Jahrhundert niedersank, als das zusammenhanglose Völker-
konglomerat der arabischen Herrschaft vor dem Andränge der
Mongolen und später der Türken verfiel, da wandte sich die
naturwissenschaftliche und ärztliche Forschung mehr und mehr
der Theosophie zu und flüchtete sich in die Abgeschiedenheit
der Klöster und in entlegene Wohnstätten. Die dem Mystizismus
und dem Wunderglauben verfallene alchemistische oder von da
an vielfach als spagyrische Kunst bezeichnete Naturforschung
verlor die von den Arabern erfolgreich betretene Bahn und verlief
sich auf Abwege. Sie verblieb Jahrhunderte lang in den Fesseln
theosophischer Befangenheit und des Suchens nach dem iapis
philosophorum, nach der Verwandlung unedler Metalle in Gold
und nach der „Quintessenz" als einer Panacee für Gesundheit
und Lebensverlängerung. Damit verlor auch die Destillierkunst
die bis dahin befolgte Richtung bis zum Wiedereintritt ärztlicher
Forschung im Zeitalter der Reformation. Paracelsus (geb. 1493,
gest. 1541) führte das alchemistische Streben und Wirken wieder
auf die rechte Bahn, verwies die spagyrische Kunst aus den Werk-
stätten der Dilettanten, Magier, Mönche und Schwarzkünstler in die
der Ärzte und begründete wieder eine neue, naturwissenschaftliche
Ziele anstrebende Epoche der Alchemie, die der Iatrochemie. Aus
dieser fruchtbaren Periode, in welcher das chemische Wissen
allseitige Bereicherung und Klärung erfuhr, erwuchs auch die
Pharmazie. Indessen war auch diese Entwicklung eine sehr all-
mähliche und, im Laufe von nahezu vier Jahrhunderten, wechselvolle.
Während die Destillation des Weines wahrscheinlich schon
den Indern und Ägyptern bekannt war, ist die erste bestimmte
Kunde über die Kenntnis der Alkoholdestillation aus einer aus dem
8. Jahrhundert stammenden apokryphen Schrift eines mythischen
Schriftstellers Marcus Graecus „Über ignium ad comburendos
hostes" ersichtlich. Eine darin für „brennbares Wasser" gegebene
Anweisung lautet: „Nimm schwarzen Wein, füge hinzu fein ge-
pulverten Schwefel, Weinstein und gewöhnliches Salz und bringe
dies alles in ein Destilliergefäß, so wirst du beim Destillieren
brennbares Wasser erhalten." Dem in der Pariser Bibliothek und
in der Münchener Universitäts-Bibliothek befindlichen Texte dieser
Schrift ist noch hinzugefügt: „In folgendem besteht die Kraft
und Eigentümlichkeit des brennbaren Wassers: Tauche einen
Leinwandlappen in dieses und zünde ihn an, so entsteht eine
32 Geschichtliche Einleitung.
große Flamme. Befeuchtet man den Finger mit diesem Wasser
und hält ihn ans Feuer, so wird er wie eine Kerze brennen,
ohne eine Verletzung zu erfahren."
In demselben Werke hat Marcus Graecus auch die Destil-
lation des Terpentinöls aus Terpentin mittels einer Destillierblase
beschrieben 1 ) und es in dem Glauben, daß es dem Weingeist
nahe verwandt sei, ebenfalls als aqua ardens bezeichnet. Diese
für beide brennbaren Destillate gemeinsam gebrauchte Bezeich-
nung hat sich lange erhalten. Wohl erst im Anfange des 17. Jahr-
hunderts wurde ein bestimmter Unterschied zwischen beiden
erkannt, indessen hat sich die Bezeichnung „Spiritus terpentini"
bis auf unsere Zeit erhalten.
Weitere Erwähnungen der Weingeistdestillation finden sich
in Schriften des 12. Jahrhunderts. Von diesen möge noch die
Angabe in einer um dieselbe Zeit verfaßten Schrift „Schlüssel
zur Färberei" erwähnt werden. Sie ist eine Sammlung technischer
Vorschriften, teils griechischen teils römischen Ursprungs mit
arabischen Zusätzen. Die auf Weingeist bezügliche Stelle lautet
in deutscher Übersetzung: „Erhitzt man starken Wein mit Salz
in einem für solche Zwecke gebräuchlichen Gefäße, so erhält
man ein entzündbares Wasser, welches verbrennt, ohne den
Stoff, auf dem es brennt, zu verzehren."
War mit dem Untergange der arabischen Kultur wohl auch
die von ihr geförderte Destillierkunst in der Folgezeit ziemlich
in Vergessenheit gekommen, so scheint zuerst wieder die Al-
koholdestillation im besonderen darauf zurückgeführt zu haben.
Die von den Arabern hergestellten besseren Destilliergeräte, die
von ihnen eingeführte Kühlung mittels Schlangenrohr (serpentina)
und Kühlfaß hatten sich wohl erhalten und wurden wahrschein-
lich zuerst wieder für die Gewinnung des Weingeistes, des „ge-
brannten Weines" verwendet.
Daß unter den als „Gebrannte Wässer" bezeichneten Destil-
lationsprodukten der „Weingeist" durch seine belebende Wirkung
frühzeitig beachtet und geschätzt wurde, liegt nahe. Galt er
doch als die höchste Potenz des edlen Weines und fand daher
*) „Recipe terebinthinam et destilla per alembicum aquam ardentem quam
impones in vino cui applicatur candela et ardebit ipsa." (E Hbro ignium ad
comburendos hostes.)
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 33
in der Medizin schnell Gebrauch. Der Kardinal Vitalis de
Furno aus Basel, Bischof von Albano, erklärte im Anfange des
14. Jahrhunderts den Weingeist für eine wahre Panacee 1 ) und
der Bischof Albertus Magnus von Regensburg (Albert von
Bollstädt, geb. 1193, gest. 1280 n. Chr.) beschäftigte sich ein-
gehend mit der Weingeistdestillation, welche er auch in seinen
Werken genau beschrieben hat. Arnoldus Villanovus (Arnold
de Bachuone, geb. 1235, gest. 1312 n. Chr.), welcher den aus
arabischen Schriften übertragenen Namen „Alkohol" für den
Weingeist vielleicht zuerst in die deutsche Nomenklatur ein-
geführt hat, beschrieb in seinem Werke „De conservanda juven-
tute" die Gewinnung in folgender Weise: „Man gewinnt das
gebrannte Wasser, auch aqua v/tae genannt, durch Destillation
des Weines oder der Weinhefe. Es ist der subtilste Teil des
Weines. Einige sagen, daß es „das immerwährende Wasser",
oder auch in Anbetracht der erhabenen Art seiner Darstellung,
daß es das „Goldwasser" der Alchemisten sei. Seine Vorzüge
sind wohlbekannt. Es heilt eine große Anzahl von Krankheiten,
verlängert das Leben und verdient daher aqua v/tae genannt
zu werden" 9 ).
Auch mit der Destillation des Terpentinöls 8 ) und des Ros-
marinöls 4 ) war Villanovus wohl vertraut. Sein oleum mirabile
bestand hauptsächlich aus einer weingeistigen Lösung von Ros-
marin- und Terpentinöl, welche Mischung von ihm oder" seinen
Schülern als äußerliches Heilmittel und später mit Weglassung
des Terpentinöls als Parfüm eingeführt wurde und Jahrhunderte
lang unter dem Namen „Ungarisches Wasser" eine beliebte
Spezialität blieb.
Raymund Lullus (geb. 1234, gest. 1315), des Villanovus
berühmtester Schüler, beschrieb in der zweiten Hälfte des 1 3. Jahr-
hunderts die Destillation des „aqua vitae ardens" aus dem Wein
und seine Läuterung, die unter Zusatz von gebrannter Potasche
') Vitalis de Furno Pro conservanda sanitate über utilissimus.
Editio Manget. Geneve 1531. Cap. 2, p. 12.
a ) Arnoldi Villanovi Opera, omnia. Verreti 1505. Über de vinis, p.558.
s ) Arnoldi Villanovi Breviarium practicae, prooemium in operis Omni-
bus cum N. Taurelli in quosdam libros annotationibus. Basiliae 1587, p. 1055.
*) Arnoldi Villanovi Opera omnia. Veneti 1505. Liber de vinis,
p. 589—590.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 3
34 Geschichtliche Einleitung.
als Entwässerungsmittel viermal wiederholt werden mußte l ), um
eine Flüssigkeit zu erhalten, die ohne Hinterlassung von Feuchtig-
keit verbrennt. Er sagte von dem Weingeist: „Est consolatio
ultima corporis human/" 2 ).
Den mehrmals rektifizierten Weingeist nannte man in der
damaligen alchemistischen Sprechweise: „Mercurium vegetabile",
„Argentum vivum vegetabile", „Coelum philosophorum"*), und
war geneigt, ihn als eine die Metallverwandlung bewirkende
Potenz und als erste Stufe zur Erlangung des Japis philoso-
phorttm, des „magisterium magnum", zu betrachten*).
Daß der „gebrannte Wein" schon gegen die Mitte des
14. Jahrhunderts ein gangbarer Handelsartikel und ein miß-
brauchtes Genußmittel war, ergibt sich aus einer Sammlung
städtischer Verordnungen der Stadt Frankfurt a. M. vom Jahre
1360 6 ). Der Rat der Stadt Nürnberg verbot im Jahre 1496 den
Verkauf des „gepranndt weynes" an Sonn- und Festtagen"), und
auch in anderen deutschen Städten ergingen ähnliche Verord-
nungen, so in Hessen unter dem Landgrafen Philipp im Jahre
1524 7 ), zu Frankfurt a. M. im Jahre 1582 und 1605 s ) und in
Spanien 9 ). Auch wurde die Darstellung des Branntweins aus
Getreide als ein pietätloser Mißbrauch erachtet und als eine straf-
*) „Accipe vinum rubrum vel album, et Sit de meliore quod potent
reperiri, vel saltem capias vinum, quod non sit acetosum quo vis modo,
neque partim, neque minimuni, et destilla aquam ardentem, sicut consuetum
est per cannas brachiales aeris et postea rectificata illam quater ad majorem
rectificationem." (Raimundi Lulli Majoricae, Philosoph! acutissimi, de
secretis naturae vire Quinta essentia libri duo. Anno 1541.)
s ) Raymundi Lulli Testamentum novissimum. Mangets Bibliothcca
chemica curiosa. Basiliae 1572. Vol. 11, p. 792.
a ) Euonymi Philiatri Kostbarer theurer Schatz. Vol. 1, p. 99.
4 ) Rairnundi Lulli Testamentum novissimum. In Mangets Biblio-
theca chemica curiosa. Basiliae 1572. Vol. 1, p. 792 und 808.
*) Henrlci Christian! Senckenberg SeJecta juris et historiarum.
Francofurti 1734. Tom. 1, p. 44.
") J. Baader, Nürnberger Polizeiordnungen aus dem 13. bis 15. Jahr-
hundert, S. 264.
') Joh. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen. Leipzig
1786—1795.
8 ) Joh. F. Gmelin, Geschichte der Chemie. Gattingen 1797. Bd. 1, S. 360.
°) Christophoro a Vega „De arte medendi". Lugduni 1564. Pars 2,
cap. 2, p. 237.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 35
bare Verfälschung des gebrannten Weines mehrfach verboten 1 ).
In Schweden wurde der Branntwein unter König Erich XIV. um
das Jahr 1565 als ein vermeintliches Gegengift gegen die Pest
eingeführt 2 ).
In deutschen Apotheken machte man um die Mitte des
16. Jahrhunderts einen Unterschied zwischen dem stärkeren
Spiritus vini rectificatissimus und zwischen dem schwächeren
Spiritus vini rectificatus Simplex, und im weiteren zwischen
beiden und Branntwein (aqua arde/7s) a ). In der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts scheinen Italien und besonders Modena
und Venedig die nördlicheren Länder mit Weingeist versorgt
zu haben 4 ).
Aus dem von dem Nürnberger Professor der Arzneikunst,
Philipp Ulstad, in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ver-
faßten „Coelum philosophorum" 6 ) ergibt sich, wie vertraut man
schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts auch mit der Verwendung
des Weingeistes war. Er diente schon zur Konservierung von
Fleisch, zur Verbesserung von abgestandenem Wein, zum Aus-
ziehen von Gewürzen und Pflanzenstoffen und damit zur Ge-
winnung und Verwertung weingeistiger Lösungen von ätherischen
Ölen, aromatischen Harzen und Balsamen.
Vom 13. Jahrhundert an nahm der Gebrauch der destillierten
aromatischen (gebrannten) Wässer als Arzneimittel zu. Bei der
Destillation aromatischer, ölreicher Pflanzenstoffe wurde die Ab-
sonderung stark riechender, ölartiger Teile auf oder unter dem
*) Jon. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen. Leipzig
1786—1795.
2 ) P. J. Bergius, Tal om Stockholm för ar sedaji och Stockholm nu
förtiden, S. 100—101. B. Bergius, Tal om iäfcerheter. T. 1, S. 32—33.
Jon. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen. Leipzig
1786—1795.
ä ) Möhsen, Geschichte der Wissenschaften. 1810, S. 488-498.
*) Alex. Tassoni Pensieri divers/. Venezia 1676, S. 317 und 352.
A. Baccius, De natural! vinorum historia et vinis Italiae et conviviis
antiguorum. I. vii. acc. de facticiis vinis et cerevisiis, de omni vinorum usu.
Roma 1596 und 1598.
B ) Philippi LMstadii Coelum philosophorum, seu über de secretis
naturae, id est, quomodo ex rebus omnibus quinta essentia paretur. Argen-
torati 1528 et 1562 — Augustae Trebocorum 1530 — Lugduni 1540 und 1553 —
Parisii 1543 — Francofurti 1600.
3*
36 Geschichtliche Einleitung.
wäßrigen Destillate wahrgenommen. Allem Anscheine nach fanden
diese Absonderungen nach wie vor wenig Berücksichtigung, auch
wurden die Pflanzenstoffe vor der Destillation meistens mit Wein
oder aqua vitae angefeuchtet, oder durch längeres Digerieren
mit Wasser in Gärung gebracht und erst dann destilliert. Durch
den Weingeistgehalt des Destillates wurde dann die Abscheidung
von Öl vermindert oder ganz ausgeschlossen. Auch wurden
durch die wunderliche Art der als „Zirkulation" bezeichneten
vorangehenden Digestion der Pflanzenstoffe das Aroma und der
Weingeist zum größeren Teile in die Luft getrieben und schließ-
lich geringwertige „gebrannte Wässer" erhalten.
Dennoch haben einige der bedeutenderen Laboranten und
Schriftsteller jenes Zeitalters destillierte Öle gut unterschieden
und beschrieben; so haben Arnoldus Villanovus 1 ) und Ray-
mund Lullus 2 ) besonders die Destillation des Terpentinöls, des
Rosmarinöls und des Salbeiöls, Sancto Amando 8 ) die des
Bittermandelöls, des Rautenöls und des Zimtöls und Sala-
dinus von Aesculo*) die des Rosenöls und Sandelholzöls be-
schrieben. Auch bekunden die Schriften ihrer Zeitgenossen
mehrfach die Kenntnis dieser und anderer destillierter Öle, ohne
jedoch ihre Benutzung in der Arzneikunst oder den Gewerben
zu erwähnen.
Mit den epochemachenden Erfindungen und Entdeckungen
des 14. und 15. Jahrhunderts trat auch für die Naturwissen-
schaften und ihre praktische Verwertung ein geschichtlicher
Wendepunkt von alter zu neuer Zeit ein. Durch die Wieder-
erfindung des Kompasses wurde die Auffindung der Seewege
nach der neuen Welt jenseits des Atlantic und um Afrika nach
Ostindien und dem Indischen Archipel möglich gemacht. Das
*) Arnoldi Vülanovi Opera omnia. Veneti 1505. Über de vinis,
fol. 589—590.
*) Raimundi Lulli, „Exper/menta nova" in Mangets Bibtiotheca
chemlca curiosa. Genf 1702. Vol. 5, fol. 829.
*) Expositio Joannis deSan et o Amando supra Antidotarium Nicolai
ineipit felfciter. In der Ausgabe mit Mesues Werken. Veneti 1502, fol. 228
und Additiones fol. 85, 86. 87.
*) Compendium aromatforum. Saladini, prineipis Tarenti dignissimi,
medici diligentis, correctum et emendatum. Bononae 1488. Editio Veneti 1471,
1488 und 1502, fol. 349 b.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 37
Zeitalter der Renaissance und der Reformation hatte den blinden
Autoritätsglauben scholastischer und dogmatischer Überlieferung
und morsch gewordene Doktrinen auf den Gebieten der Natur-
kunde, besonders auf denen der Medizin und Alchemie wankend
gemacht. Die im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts auch dies-
seits der Alpen stattfindende Gründung von Universitäten, und
endlich die Erfindung der Buchdruckerkunst zu Ende des 15. Jahr-
hunderts, die auf die Erfindung der Holzschneidekunst im 14. Jahr-
hundert gefolgt war, erschlossen von neuem die Literaturschätze
der Vorzeit.
Bis dahin waren alle Bücher nur durch handschriftliche
Vervielfältigung verbreitet worden. Es läßt sich daher wohl an-
nehmen, daß vieles Erforschte nur in engen Kreisen und keines-
wegs allen Fachgelehrten und Forschern bekannt wurde. Vieles
wurde daher wohl zusammenhanglos und unvermittelt von ein-
zelnen vollbracht, was andern längst bekannt war, so daß in
der Folgezeit die Feststellung der ersten Ermittelung vielmals
unausführbar geworden ist. Auch ging bei der Tradition von
Generation zu Generation, von Land zu Land und von einer
Sprache in die andere wohl manches früher Erforschte und
Erkannte und in Manuskripten Verzeichnete verloren, oder blieb,
ungenügend vermittelt, der Folgezeit unklar oder unverstanden.
Überdem bestand bei den Alchemisten des Mittelalters die
Tendenz, ihre Schriften durch eine dem Mystizismus der spa-
gyrischen Kunst und ihrer Gelehrsamkeit angemessene dunkle
und allegorische Sprachweise auszuzeichnen, damit sie nur dem
Eingeweihten zugänglich und verständlich sei. Im Streben und
Suchen nach dem lapfs philosophorum wurde eine mystische
Sprachweise oftmals auch wohl deshalb gewählt, um eigene Un-
wissenheit und Unvermögen zu verbergen oder die angestrebte
Lösung des Geheimnisses anderen nicht zu erleichtern, während
aber jeder in der Abgeschiedenheit mittelalterlicher Werkstätten
wähnte, daß andere es schon besäßen.
Erst mit der allmählichen Einführung des Buchdrucks werden
zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Schriften der Vorzeit mehr
und mehr Gemeingut der Natur- und Schriftkundigen. Bis dahin
aber, und selbst noch in späterer Zeit, kam manches zuvor Be-
kannte und von einzelnen Betriebene wieder abhanden, bis es
von neuem entdeckt wurde. Dazu gehören auch die Destillier-
38 Geschichtliche Einleitung.
weisen und Destilliergeräte. Auf diesem Wissens- und Gewerbs-
gebiete läßt sich aus den vielfach apokryphen Schriften des
Altertums annehmen, daß die schon in frühen Zeitaltern be-
triebene primitive Destillierkunst mehrfach wohl bei manchen,
räumlich und zeitlich oft weit getrennten Völkern, einen eigen-
artigen Ursprung gefunden hat. Häufig fehlt jeder Nachweis
eines mittelbaren Überganges dieser Künste von dem einen zum
anderen Volke, und wo ein solcher stattgefunden haben mag,
da scheint die Übermittlung weniger zu technischer Fertigkeit
anleitend, als vielmehr nur anregend gewesen zu sein.
Auch finden sich bei einzelnen Völkern in ihrem gewerb-
lichen Emporkommen, sowie in ihren literarischen Leistungen
zeitweise Kultur etappen, die mit ihrem materiellen Gedeihen und
ihren politischen Wandlungen in ursächlicher Beziehung stehen,
und die nur bei einer gleichzeitigen Kenntnis und Berück-
sichtigung dieser zum vollen Verständnis gelangen. Dabei sind,
wie meistens in der Geschichte, materielles und nationales Ge-
deihen mit geistiger und industrieller Leistung in der Regel
gleichzeitig in Erscheinung getreten.
Hinsichtlich der Erschließung der Naturstoffe der Erkenntnis
und der Trennung ihrer Bestandteile und der Verwertung dieser
Errungenschaften in der Arzneimittel- und Heilkunde, trat zur
Reformationszeit, besonders durch den Einfluß von Paracelsus
und anderen Forschern, eine neue Epoche ein, mit der auch
die Destillierkunst wieder auf rechte Bahnen geleitet wurde,
auf denen sie zunächst dem Arzneimittelwesen und bald auch
den Gewerben nutzbar wurde und im Laufe der Zeit wichtige
Produkte in immer größerer Fülle erschloß. Nächst der Alkohol-
gewinnung waren dies zunächst die für nahezu drei Jahrhunderte
in der Arzneikunst allgemein gebrauchten und hoch geschätzten
destillierten (gebrannten) aromatischen Wässer und damit auch
die erst weit später bekannter gewordenen destillierten Öle.
Die von den Ägyptern und später von den Arabern ziemlich
entwickelte Destillierkunst war im Laufe des 12. und 13. Jahr-
hunderts 1 ) nur vereinzelt gepflegt worden und zum größten Teil
in Vergessenheit gekommen, sodaß Methoden und Geräte mehr
oder weniger wieder von neuem ermittelt oder in Gang gebracht
*) Siehe S. 18, 26, 28.
Allgemeine Geschichte der ätherischen öle. 39
werden mußten. Dafür trugen zu Ende des 13. und Anfang
des 14. Jahrhunderts besonders die Arbeiten und Lehren der
hervorragendsten Adepten ihrer Zeit bei, des Kardinals Vitalis
de Furno von Basel (gest. 1327), des Bologneser Lehrers
Thaddeus (Taddeo Alderotti, geb. 1215, gest. 1303) und der
Mediziner Arnoldus Villanovus (Arnold de Bachuone von
Villeneuve oder Villanova, geb. 1235, gest. 1312) und Raymun-
dus Lull us (geb. 1235, gest. 1315). Damit zogen auch die
Destilliergeräte wieder in die ärztlichen und die alchemistischen
Werkstätten ein und gewannen fortan zunehmend Bedeutung und
Vervollkommnung. Als die Apothekerkunst sich mehr und mehr
von der ärztlichen sonderte, und als Apotheken in größerer An-
zahl entstanden, fand die Destillierkunst in deren Laboratorien
Eingang. Durch die sorgfältige Pflege, die ihr hier zu Teil wurde,
entwickelte sie sich zu der später zu hoher Bedeutung gelangten
Industrie der Gewinnung der ätherischen Öle.
Es liegt daher nahe, daß die Ergebnisse und Fortschritte
der Destillierkunst fortan vorzugsweise in der Literatur der
Arzneimittellehre zum Ausdruck kamen, wie dies ja zuvor schon
in den erwähnten Arzneibüchern der Vorzeit, "den Antidotarien,
dem Grabaddin und anderen der Fall war. Mit dem Beginn des
Buchdruckes nahm die Zahl dieser Arzneibücher zu. Sie ge-
währen zwar Auskunft für die Zeitbestimmung der Einführung
der Drogen und destillierten Wässer und haben deshalb für die
Geschichte der Arzneikunde bleibendes Interesse, sind indessen
weniger ergiebige Quellen für den geschichtlichen Nachweis über
die Gewinnung und Einführung der destillierten Öle.
Dennoch ist die mittelalterliche Arzneimittel-Literatur dafür fast
die einzige Auskunftsquelle.
Von der großen Anzahl der Schriften dieser Literatur sind
dafür drei Kategorien von gleich großem Werte, die Antidotaria
und späteren Dispensatoria oder Arzneibücher, die vom Ende des
15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts vorherrschenden Destillier-
bücher, und die von nahezu derselben Zeit an in Gebrauch kommen-
den Spezerei- und Apotheker -Taxordnungen einzelner Städte.
Wie schon S. 20 erwähnt, ist es bei den Angaben über
„destillierte" Öle in den Schriften des Altertums und Mittel-
alters erforderlich, diese Bezeichnung nicht ohne weiteres in
40 Geschichtliche Einleitung.
dem heutigen Sinne aufzufassen. Daß bei dem Abkochen oder
dem kalten oder warmen Abpressen von Samen, Früchten und
anderen Pflanzenteilen oftmals wohlriechende Öle erhalten wurden,
war schon im frühen Altertum bekannt und für die Herstellung
aromatischer Öle und Salben benutzt worden. Indessen fehlte
über die Natur dieser sowie der von den Indern, Ägyptern und
späteren Völkern wahrscheinlich schon durch wirkliche Destil-
lation erhaltenen Öle bis zum 17. Jahrhundert jedes rechte Wissen.
Ebensowenig bestanden klare Begriffe über die Unterschiede
fetter ausgepreßter und destillierter aromatischer Öle.
Die Bezeichnung „Destillation" war bis weit in das Mittel-
alter hinein ein Kollektivbegriff für die kunstmäßige Darstellung
pflanzlicher oder animalischer Auszüge und deren vermeintliche
Verfeinerung unter Benutzung verschiedenartiger Herstellungs-
weisen; Wärmequellen und Gerätschaften, und der Anwendung
des Mazerierens, Digerierens, Kolierens, Filtrierens, Auspressens,
manchmal auch unter Anwendung von Gärungs- und Fäulnis-
prozessen 1 ). Im allgemeinen aber sind die in der älteren Literatur
als Öle oder selbst als destillierte Öle bezeichneten Produkte,
mit Ausnahme von Terpentin- oder Cedernöl, meistens als fette
Öle anzusehen, welche durch kunstmäßige Behandlung (soge-
nannte Destillation) mit den betreffenden Pflanzen oder Pflanzen-
teilen aromatisiert worden waren und für arzneiliche Zwecke
oder Salben aller Art gebraucht wurden.
Ob daher die in der Ayur-Vedas als destillierte Öle er-
wähnten Rosen-, Andropogon- und Calmusöle solche in Wirklich-
keit gewesen sind, läßt sich nicht mehr entscheiden. Dasselbe
gilt hinsichtlich der von späteren Schriftstellern mehrfach er-
wähnten Lavendel-, Rosmarin-, Salbei- und anderen Öle. Wie
zuvor bemerkt, mag die Destillierkunst bei verschiedenen Völkern
und in verschiedenen Zeitaltern wieder außer Gebrauch oder in
Vergessenheit gekommen sein.
Sind aller Wahrscheinlichkeit nach den Indern und Baby-
loniern, besonders aber den Ägyptern die Destillierkunst und
destillierte Öle schon bekannt gewesen, so bestand zu Anfang
der christlichen Zeitrechnung eine klare Unterscheidung zwischen
destillierten, und aromatisierten fetten Ölen nicht. Da diese
') Siehe S. 36.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 41
hauptsächlich zum Zwecke der Reinlichkeit und des körper-
lichen Wohlbefindens, sowie im religiösen Kultus zur Ölung und
zu Salbungen, ferner zur Einbalsamierung zur Verwendung kamen,
so mag seitens der Priester den weit einfacher darstellbaren
fetten aromatisierten Ölen der Vorzug gegeben sein. In Über-
einstimmung damit steht auch die für die Bereitung von Rosenöl,
als eines vermeintlich „destillierten Öles" gemachte Angabe des
Dioscorides und Plinius aus dem 1. Jahrhundert. Der erstere x )
gibt dafür folgende, von Plinius?) nachgeschriebene Beschreibung:
„Man koche 5 l jt Pfund zerquetschten und mit Wasser durchgearbeiteten
Juncus odorattts (pxoivös &v&oe, wahrscheinlich Andropogon schoenanthus L.)
in 20 V* Pfund Ol unter stetem Umrühren. Dann wird durchgeseiht und die
Blumenblätter von 1000 nicht feuchten Rosen werden mit den zuvor mit
wohlriechendem Honig gesalbten Händen in das Öl gedrückt. Nachdem man
eine Nacht hat stehen lassen, wird das Öl abgepreßt. Wenn sich alle Un-
reinigkeiten in dem Öl abgesetzt haben, wird das Öl in ein anderes Gefäß
abgegossen und die abgepreßten Rosenblätter werden von neuem mit 8 1 /» Pfund
frischem Öl Übergossen, dann wird nach eintägigem Stehen wieder abgepreßt.
Dieses Öl ist das Oleum secundariam. Will man dies bis zur dritten und
vierten Mazeration fortsetzen, so gießt man obenso oft Öl auf die Rosen und
preßt jedesmal aus. Auf diese Art wird das Unguentum primarium, secun-
darium, tertiarum und quartarium bereitet.
Man muß aber den Becher jedesmal zuvor mit Honig bestreichen. Will
man die Mazeration zum zweiten Male wiederholen, so tut man in das zuerst
ausgepreßte Öl dieselbe Menge frische, nicht feuchte Rosenblätter, knetet
sie mit den mit Honig überstrichenen Händen und preßt sie aus. Auf ähn-
liche Weise verfährt man zum zweiten, dritten und vierten Male mit Auspressen
und tut jedesmal von Kelchen befreite Rosenblätter hinzu. Hierdurch wird
das Öl viel stärker. Bis zum siebenten Aufguß kann das Öl gebraucht werden,
aber nicht weiter. Auch muß man das Öl sorgfältig von dem wäßrigen Safte
absondern, denn es verdirbt, wenn von diesem etwas zurückbleibt" 3 ).
Ein destilliertes Öl ist jedoch schon im 1. Jahrhundert sicher
bekannt gewesen, nämlich Terpentinöl, dessen eigentümliche
Darstellung, nebst dem dazu benutzten Apparate im Kapitel
„Destillierweisen und Destilliergeräte" beschrieben ist.
*■) Petri Andreae Matthioli Opera quae extant omnia: hoc est Commen-
tarii in sex libris Pedacei Dioscoridis Anazarbei de materia medica. Post
diversamm editionum coJlat/otiem infinitis locis aucti. De ratione destilfandi
aquas ex omnibus planus; et quomodo genuin/ odores in ipsis aquis con-
servari possint. Veneti 1544 — Basiliae 1565. Liberi, cap. 53.
*) Plinii Secundi Naturalis nistoriae libri. Liber XIII, cap. 2.
3 ) Deutsche Übersetzung aus Dioscorides Werken in Trommsdorffs
Journ. der Pharm. 11 (1803), 112.
42 Geschichtliche Einleitung.
Bei der frühzeitigen Bekanntschaft älterer Völker und später
der Araber mit destillierten Ölen kann wohl bezweifelt werden,
daß bei der im 15. Jahrhundert eifrig betriebenen Destillation
aromatischer Pflanzen und Spezereien die sich auf den „ge-
brannten Wässern" abscheidenden Ölanteile der Wahrnehmung
entgangen seien. Diese scheinen indessen vorerst als grobe
oder nebensächliche Absonderung geringe Beachtung und keine
Verwendung gefunden zu haben. Waren doch die wirksamen
Wässer das alleinige Objekt dier Destillation. Obwohl eine
Anzahl destillierter Öle bis dahin in Schriften erwähnt und
offenbar bekannt waren, führte eine der ältesten Listen gang-
barer Drogen und Spezereien der Stadt Frankfurt a. M. vom
Jahre 1450 3 ) noch keine destillierten Öle an. Dagegen zählte
ein ähnliches Verzeichnis derselben Stadt vom Jahre 1582 schon
42 s ) solche Öle auf.
An der Wende des 15. Jahrhunderts erhielten die Destillier-
kunst und die Destillation aromatischer Wässer einen für ihre
Zeit bemerkenswerten Ausdruck und nachhaltige Förderung durch
die im Jahre 1500 erfolgte Veröffentlichung eines eigenartigen
ersten größeren „Destillierbuches" von dem Straßburger Arzte
Hieronymus Brunschwig (geboren um das Jahr 1450, ge-
storben gegen 1534). Es ist mit zahlreichen Abbildungen, selbst
in kolorierten Ausgaben, damaliger Destillieröfen und Geräte,
sowie der zur Destillation der „gebrannten Wässer" gebräuch-
lichen Arzneipflanzen versehen. Die Titelblätter des in zwei
voluminösen Folianten gedruckten, im Jahre 1500 und 1507 er-
schienenen, für die Geschichte der Destillation und der destillierten
Öle interessanten Werkes sind nach photographischer Wieder-
gabe, auf Seite 44 und 45, in nahezu halber Größe beigedruckt.
Der erste Band des Buches enthält 212 paginierte Blätter
(424 Seiten), der zweite Band 344 Blätter (688 Seiten). Es galt
wesentlich den Bereitungsweisen der damals allgemein gebrauchten
*) Ita sunt nomina med.icina.rum simplicium sive materialium quae ad
apotftecam reqttirentur. Jn genere et in specie. Von Prof. F. A.Flückiger unter
dem Titel „Die Frankfurter Liste" als Sonderdruck im Jahre 1873 herausgegeben.
a ) Register aller Apothekischen Simplicien und Cotnpositen, so in den
beiden Messen zu Frankfurt am Main durch Materialisten, Kauffleut, Wurzel-
träger, Kräutler und durch die Apotheker daselbst verkauft werden. Frank-
furt a. M. 1582.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 43
und viel gepriesenen 1 ) „gebrannten Wässer", von denen Ge-
brauchsanweisungen mit Beschreibung der Wirkungsweise auf-
geführt werden. Außerdem sind noch Vorschriften für zahlreiche
„gebrannte Weine", Lebenselixiere und einfache und zusammen-
gesetzte Öle und Balsame gegeben.
Wie gering damals die Berücksichtigung der destillierten
Öle war, ergibt sich aus der Tatsache, daß bei der offenbar
guten Kenntnis und großen praktischen Erfahrung des Verfassers
in Destillationsarbeiten im ersten Bande nur ein destilliertes Öl,
das oleum spicae% und im zweiten noch weitere drei, oleum
terebinthinae v ), oleum ligni Juniperi*) und oleum rosmarini 6 )
genannt und beschrieben werden.
1 ) Das Lob der „geprannten Wässer" geschah damals in Prosa und in
Versen. Von sachkundigen Autoren waren die hervorragenderen Schriften:
Loblied vom branntewein. Wenn der geprant wein nutz sey oder
schad. un wie er gerecht oder falschlig gemacht sey. getruckt zu Bambergk
von marxen Ayrer. Unnd Hannsen Pernecker in dem Zinkenwerd. in
1493 jar. Abgedruckt in: Joh. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der
Erfindungen. Leipzig 1786— 1795. Bd. 2, Abt. 2, S. 277— 288.
Michael Schrick, Nützlich Büchlein von Kunst und Tugend der ge-
prenten Wassern, getruckt am 28. Mai zu Nürnberg 1517. Neu aufgelegt im
Jahre 1529 und 1601.
Von Hubertus Barlandius in Namur: Epistoia medica de aquarum
destillatarum facultatibus. Antwerpiae 1536.
Vom Canonicus Remacüus Fuchsius in Lüttich: fiistoria omnium
aquarum, quae in commune hodie practicantium sunt usu, vires et recta
destillandi ratio. Parisii 1542 — Veneti 1542.
2 ) Vol. 1, fol. 72. „Das krut von de lateinischen lavendula und in tüt-
scher zungen lavender genannt, ist ein krut gemeiniglich yedertnan bekant,
doch so ist syn zweigestalt, das ein von den lateinischen spicuia und von
den tütschen spie genant, des viel wachsen ist in dem lant provinz. Zu dyser
zyt ouch in tütscher nation glich dem gemeinen lavender, von des blumen ein
öl wird gemachet mit putrisieren un dystilliren genannt oleum de spica."
8 ) Vol. 1, fol. 33, cap. 25. Für das Terpentinöl ist auch eine Rektifikation
durch wiederholtes Ausschütteln mit Wasser, Rosenwasser oder Wein und
durch schließliches Destillieren beschrieben.
*) Vol. 2, fol. 289.
B ) Vol. 2, fol. 52 und oleum benedictum compositum (fol. 53). Beide
sind Destillate aus Rosmarin, Terpentin, Weihrauch, Mastix, Ammoniac-Gummi,
Galbanum, Opopanax, Nelken und Zimt.
Im Vol. 1, über 4, fol. 271—272 wird außerdem die Bereitung einer An-
zahl aromatischer Balsame (ätherischer Ölgemenge) durch Destillation von
Harz- und Gewürzgemengen unter Zusatz von Terpentinöl beschrieben.
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utr «anct dßatbte aöent in Ocm jar 1507.
fig. 2.
46 Geschichtliche Einleitung.
Der mit dem Wissen seiner Zeit in Einklang stehenden
Ansicht über das Wesen und die Produkte der Destillation
gibt Brunschwig in der Einleitung zum ersten Bande seines
Destillierbuches in folgender Weise treffenden Ausdruck: Das
Destillieren ist nichts anderes, als das Subtile vom Groben und
das Grobe vom Subtilen zu scheiden, das Gebrechliche oder Zer-
störbare unzerstörbar, das Materielle unmateriell, das Leibliche
geistig, das Unschöne schöner zu machen."
So verworren die Begriffe über die Natur der Bestandteile
der destillierten Pflanzenstoffe und der Destillate waren, so
war die Technik der Destillation, wie sich aus dem folgenden
Kapitel ergibt, zu Anfang des 16. Jahrhunderts wohl entwickelt.
Um so mehr ist es befremdend, daß bei der offenbar vielseitigen
und mit Sorgfalt betriebenen Destillation aromatischer Wässer
aus so ölreichen Pflanzenteilen wie den Umbelliferenfrüchten,
den Mentha- und anderen Labiatenarten, den Wacholderfrüchten,
den Nelken, Zimt und anderen Ölreichen Gewürzen, die Ab-
sonderung eigenartiger, zuweilen erstarrender oder auf dem
Boden des Wassers sich ansammelnder nicht wässriger „subtiler"
Anteile von den Laboranten nicht wahrgenommen wurde, und
das um so mehr, als der ausgesprochene Zweck aller Destillation
die Trennung und Gewinnung des Flüchtigen, des Subtilen, der
„Quinta essentia" aus den rohen Pflanzenstoffen und Natur-
produkten war, und als solche ölartigen Absonderungen schon
in früheren Zeitaltern bekannt und in deren Schriften beschrieben
worden waren.
Hierin ist wohl die Ursache für viele Unklarheiten der An-
sichten und für den Mangel an rechter Beobachtung und Auf-
fassungsweise über die Natur der Destillationsprodukte zu suchen.
Den unbestimmten, ursprünglich nur für Weingeist 1 ) geltenden
Begriff einer „Quinta essentia" übertrug man ohne weiteres auf
aromatische und empyreumatische Öle, ja sogar auf Essigsäure a )
und andere Produkte der Destillation.
*) Liber de arte destillandi. Vol. 1, toi. 18 u. 19. Die Gewinnung des
Weingeistes nicht nur durch Destillation von Wein, sondern auch durch die
gegorenen Honigs (vol. 2, liber 1, cap. 14 u. 28), gegorener Fruchtsäfte (vol. 2,
cap. 18), sowie durch Gärung und Destillation aus Kräutern, Wurzeln und
Blumen (vol. 2, cap. 19) waren Brunschwig wohlbekannt.
s ) Ebenda Vol. 2, cap. 26.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 47
Das seinerzeit offenbar allgemein beachtete Brunschwig-
sche Werk wurde der Vorläufer und gab die Anregung für eine
Reihe anderer ähnlicher, im Laufe des 16. Jahrhunderts heraus-
gegebener Destillierbücher. Diese bekunden den Höhepunkt des
in der damaligen Heilkunde und dem Arzneiwesen waltenden
Glaubens an die Allmacht der „gebrannten Wässer" und an die
wunderbare Wirkung der durch Destillation gewonnenen, „sub-
tilsten" Kräfte in den Naturkörpern. Von diesen Büchern sind
durch den Ruf ihrer Verfasser und durch ihren Einfluß auf die
Entwicklung der Destillierkunst, auf die bessere Darstellung,
sichere Kenntnis und größere Berücksichtigung der destillierten
Öle besonders erwähnenswert die Werke der folgenden Prakti-
kanten und Autoren des 16. Jahrhunderts:
Philipp Ulstad, Arzt und Professor der Medizin in Nürn-
berg (zu Anfang des 16. Jahrhunderts) 1 ), Walter Hermann Reiff
(Ryff), Wundarzt in Straßburg (in der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts) 2 ), Pierandrea Matthioli (geb. 1501 in Siena, gest. 1577
in Trient) 3 ), Remaclius Fuchs (geb. 1510 in Limburg, gest. 1587
in Brüssel) 4 ), Valerius Cordus (geb. 1515 in Simshausen in
Hessen, gest. 1544 in Rom) 4 ), Conrad Gesner (Euonymus
*) Philippi Ulstad ii Coelum Philosophorum, scu über de secretis na-
turae tractatus, id est, quomodo ex rebus omnibus Quinta essentia paretur.
Argentorati 1526 u. 1528 — Augustae Treboc. 1530 — Lugduni 1540 u. 1553
— Parisii 1543 — Francofurti 1600.
2 ) H. Gualtherus Ryff, Neu gross Destillirbuch wohl gegründeter künst-
licher Destillation. Francofurti 1556. (Siehe S. 49.)
8 ) Petri Andreae Matthioli Medici Caesarii et Femandi Archiducis
Austriae, Opera, quae extant omnia: hoc est Commentarii in sex libris Pedacei
Dioscoridis Anazarbei de materia medica. Post diversarum editionum
colfationem infinit/s locis auctf: De ratione destillandi aquas ex omnibus
plantis; et quomodo genuin/' odores in ipsis aquis conservari possint.
Veneti 1544 — Basiliae 1565.
*) Remaclii Fuchsü liistoria omnium aquarum, quae in commune
hodie practicantium sunt usu, vires et recta destillandi ratio. Veneti 1542
— Parisii 1542.
B ) Valerii C o r d i Simcsusii Annotationes in Pedacei Dioscoridis
Anazarbei de materia medica iibros quinque, ionge aliae quam ante bac
sunt emulgatae. Ejusdem historiae stirpium libri quatuor, et de artificiosis
extractionibus über. Tiguri 1540.
Dieses Werk wurde nach dem Tode des Valerius Cordus von Conrad
Gesner in Zürich mit eigenen Zusätzen (Horti Germaniae) und mit An-
merkungen in mehreren Auflagen (1557, 1561 und 1583) herausgegeben.
48 Geschichtliche Einleitung.
Philiatrus, geb. 1516, gest. 1565 in Zürich), 1 ), Adam Lonicer
(geb. 1528, gest. 1586) 2 ), Giovanni Baptista della Porta (geb. 1537,
gest. 1615 in Rom) 3 ), Geronimo Rossi (Hieronymus Rubeus,
geb. 1539 in Ravenna, gest. 1607 in Rom) 4 ), C. C. Kunrath
(um die Mitte des 16. Jahrhunderts) 8 ) und Jacob Besson (um
die Mitte des 16. Jahrhunderts) ).
Von ihren Schriften hatten nächst dem Brunschwigschen
Destillierbuche die von Ulstad und Ryff die Priorität und sind
von anderen vielfach zitiert worden, wie auch die Abbildungen
aller dieser Werke während des 16. Jahrhunderts vielleicht schon
Vorbildern arabischer Quellen, durchweg aber den Abbildungen
der beiden Bände Brunschwigs und des demnächst ältesten
Buches von Ulstad entnommen worden sind.
Etwa 25 Jahre nach dem Erscheinen des Brunschwigschen
Buches fand das eben genannte, kleinere Destillierbuch des
*) Thesaurus Euonymi Philiatri, de remediis secretis; über physicus,
medicus et partim etiam chymicus et oeconomicus in vinorum divers/' sapores
Apparatur, medicis et pharm acopoiis omnibus praecipue necessarfus. Tiguri
1552. Liber I. De destillatione ejusque differentiis in genere. Auetor est
Conradus Gesnerus. Tiguri.
Der Titel der deutschen Bearbeitung dieses Werkes ist: Ein kostlicher
Schatz Euonymi Philiatri darinn enthalten sind viel heimlicher guter stuck
der artzney, verteutscht durch Jon. Rud. Landenberger. Zürich 1555.
2 ) Adami Loniceri, der Arzney Doctor und weiland Ordinarii Primarii
Physici zu Francfurt am Meyn, Kräuterbuch und künstliche Conterfeyungen
der Bäumen, Stauden, Hecken, Kräutern, Getrayde, Gewürzen und nützlichen
Kunst zu destilliren ... — Auf das allerfleissigste Übersehen, corrigirt und
verbessert durch Petrum Uffenbachium, Ordin. Physicus in Francfurt am
Meyn. Ulm, anno dei 1551, 1573 und 1589.
3 ) Joh. Baptistae Portae Neapolitani Magiae Naturalis libri viginti, in
quibus scientiarum naturalium divitiae et deliciae demonstrantur. Jam de
novo, ab omnibus mendis repurgati, in lucem prodierunt. Liber deeimus:
Destillat, destillata ad fastigia virium sustollit. Ravennae 1565 — Ant-
werpiae 1567 — Neapoli 1589 — Hanoviae 1619.
*) Hieronymi Rubei Ravennatis De destillatione liber, in quo stillati-
tiorum liquorum, qui ad medicinam faciuntur, methodus ac vires explicantur.
Ravennae 1580 und 1582, Basiliae 1581 und 1585.
°) C. C. Cunrathii Medulla destiJIatoria et medica, oder Bericht, wie
man den Spiritus vini zur Exultation bringen soll. Leipzig 1549.
6 ) Jacobi Bessonii, De absoluta ratione extrahendi aquas et olea ex
medicamentis simplieibus a quodam empirico aeeepta et a Bessonio locu-
pletata, experimentis confirmata. Tiguri 1559. — In französischer Bearbeitung
Paris 1573.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 49
Nürnberger Arztes Philipp Ulstad kaum geringere Verbreitung 1 ).
Es erschien im Jahre 1526 in Straßburg und wurde bald in Paris,
Leiden, Frankfurt usw. nachgedruckt.
Das Buch gibt in 57 Kapiteln Anweisungen für die Gewinnung der
vermeintlichen Quinta essentia durch die weiterhin erwähnten wunderlichen
Zirkulier- und Destillierweisen und Geräte. Die weitschweifigen Erklärungen
über die Natur des „fünft Wesens" sind eine Umschreibung der herkömmlichen
auch von Brunschwig <S. 43) erörterten damaligen Ansicht über Destillation
und Destillationsprodukte. Im allgemeinen aber ist das Endprodukt aller von
Ulstad beschriebenen umständlichen Prozeduren zur Trennung des Geistes
aller Körper vom „irdischen Ding", zur Gewinnung der Quinta essentia, und
diese selbst, nichts anderes als mehr oder weniger starker Weingeist, der durch
pflanzliche oder animalische Stoffe aromatisiert ist, oder selbst weingeisthaltige
essigsaure Metallösungen (aurum potabiie). Alle Pflanzenstoffe, auch Äpfel,
Birnen, Kirschen usw., Menschenblut, Harn und andere „subtile animalische
Dinge" werden durch umständliche „Digestion" und „Zirkulation" in den später
beschriebenen Gefäßen längerer Gärung und „Putrefaktion" unterworfen, und
schließlich wird „der Geist" abdestilliert und vielmals rektifiziert.
Dafür und für eine Anzahl berühmter aquae v/'tae gibt das Buch Vor-
schriften und genaue Unterweisung für deren Bereitung»- und Destillationsweise.
Da alle diese Destillate (Quintae essentiae) stark weingeist-
haltig sind, so fehlte auch Ulstad, obwohl die aquae vitae
aus Wein mit stark aromatischen Spezereien und Pflanzenteilen
destilliert wurden, jede Kenntnis und im Buche auch jede Er-
wähnung von destillierten Ölen.
Die Bedeutung, welche die Werke von Brunschwig und
Ulstad heute noch für die Geschichte der Destillation haben,
liegt in der eingehenden und sorgfältigen Beschreibung und bild-
lichen Darstellung der damaligen Destillationsweisen und Geräte.
Etwa 56 Jahre nach dem Brunschwigschen Destillierbuche
und 28 Jahre nach der ersten Ausgabe des „Coelum Philoso-
phorum" von Ulstad gab der Straßburger Arzt Walter Reiff
J ) Philippi Ulstadii, patris nobilis Coelum Philosophorum seu über
de secretis naturae, id est: quomodo non so/um e vino, sed etiam ex omnibus
metallis, fructibus, radicibus, fierbis etc. Quinta essentia, s/Ve aqua vitae,
ad conservationem humani corporis educi debeat. Argentor. 1526 und 1528 —
Lugduni 1540 und 1553 — Parisii 1543 — August. Treboc. 1553 — Francofurti 1600.
Der Titel der deutschen Übersetzung war: Dess Edlen und Hocherfahrenen
Herrn Philippi Ulstadii von Nürnberg Büchlein von Heimligkeiten
der Natur, jetzund verdeutischt. Frankfurt am Mayn 1551.
Die in Paris im Jahre 1547 erschienene französische Übersetzung hatte
den Titel: Le Ciei des phiiosophes ou secrets de la nature. Paris 1547.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 4
50 Geschichtliche Einleitung.
(Gualtherus Ryff) 1 ) ein drittes derartiges und für lange Zeit
hochgeschätztes Destillierbuch heraus. Es hatte folgenden Titel:
New gross Destillirbuch, wohl gegründeter künstlicher Destillation,
sampt underweisung und bericht, künstlich abzuziehen oder Separiren die
fürnemste destilllrte Wasser, köstliche aquae vit&e, Quirttam essentiam, heil-
same oel, Balsam und dergleychen vielgüter Abzüge. Recht künstlich und
viel auff bequeme art dann bisher, auch mit bequemerem Zeug der Gefäss
und Instrument, des ganzen Destillirzeugs von Kreutern, Blumen, Wurzeln,
Früchten Gethier und anderen stucken, darinnen natürliche feuchte und Ele-
mentische krafft, einfach oder mancherley gestalt vermischt und componirt;
durch H. Gualtherum Ryff, Medicum £j chirurgum Argentinensem, getruckt
zu Frankfurt a./m. bei Christian Egenolff's seligen Erben im jar 1556.
Dieses Buch ist mit zahlreichen kolorierten Abbildungen
von Pflanzen, von Öfen und Destilliergeräten versehen und ist
in kerniger Weise mit guter Sachkenntnis geschrieben, infolge-
dessen es offenbar großes Ansehen, weite Verbreitung und mehr-
fache Nachahmung gefunden hat. Schon in der Vorrede im-
ponierte der Verfasser durch furchtlose Kritik zeitgenössischer
Autoren, besonders des damals als Reformators der Arzneikunde
geltenden Theophrastus Paracelsus 2 ). Der 197 Folio-Blätter
(394 Seiten) umfassende Foliant ist in vier Abschnitte geteilt.
Der erste, 52 Seiten umfassende Teil gilt der Erklärung und
Beschreibung der Destillierkunst und der dazu dienlichen Geräte,
der zweite und dritte Teil gier Herstellungs- und Wirkungsweise
der destillierten Wässer, und der vierte Teil der Bereitung der
Aquae vitae, der Öle und Balsame.
*) Lebte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
B ) Ryff sagt darin unter anderem: „Es wird die hochlöbliche Artznei
nit aus Kräutterbü ehern oder aus schlechtem teutschen schreiben gelernet,
wie leyder jetzo solche kunst nit in geringen missbrauch kompt viles teutsches
unförmiges Schreibens halber, welches auch von etlichen die grossen name
in medicina haben wollen geschieht. Aus solchem schreiben will dann jeder
arztniren und geschieht dardurch, dass der gemein man und etliche geachte
leut iren leib anvertrawen einem Zanbrecher, Juden, Moench und alten vetteln.
Dann bei diesen gilt mehr das geschwetz und der rhüm, dann die wäre kunst.
Wie da sagt das Carmen:
Saepe rüdes tantum facit ostentat/o doctos,
Saepius haec rudibris nomina magna dedit.
Das ist: Kannst du dich dapffer geben aus,
Mit rhüm und schwatz hoch prangen raus,
So wirst du haben rhüm und gunst,
Ob du gleich seist ein esel sunst."
Allgemeine Geschichte der ätherischen Ole. 51
Die Erklärung der Destillation lautet noch ähnlich der 56 Jahre
früher von Brunschwig gegebenen (fol, 45), ist indessen aus-
führlicher:
„Die rechte gründliche Distillation an ir selbs ist nichts anders, dann ein
abzug der natürlichen feuchten von gewechs, oder andere irdischen materi, durch
gewalt der hitz abgezoge oder abgetricbc. Solche herrliche kunst ist den alten
Griechischen ärzten und Philosophen unbekannt gewesen und ein neuer fundt und
aufbringens der nachkommenden, zum theyl erdacht und nützlich erfunden von
wegen der zartigkeit der menschen diser zeit, so allein, was in auch wohlschmecket,
für nützlich achten dann zu dem dass solche künstliche Abstractiones,
oder gedestillierte wasser, öl, aguae vitae, und andere dergleichen stuck sehr
nützlich und künstlich, also, dass sie ir gewaltige Wirkung, welche sie vermögen in
menschlichem cörper zu erzeygen, ganz augenscheinlich darthun und wirken
Es haben aber die natürlichen Philosoph! solche kunst des Destillierens
erstlich abgenommen in nachfolgung der natur, welche natur in der grossem
weit durch krafft und macht der Sonnen und hitz die dämpff in der erden
vorborgen, fürnemlich von wasser und feuchtigkeyt auffzeuchet, oder auff-
treibet bis in die mitler region des luffts, von welcher sie zusammen getriben
werden in einn nebel und wölken, so sich dann der selbig zerspreytet und
schmelzet in Regen, Schnee oder Hagel, fallet er widerum herab zur erden. . . .
Solche natürliche abziehung der feuchte von eim ding und gewechs
haben unsere vorfahren abgenommen aus obgemelter Wirkung. Haben also
die materi, von welcher sie solche feuchte haben abziehen wollen, in ein
grösser Geschire, so unden in die runde weit mit einem bauch zusammen
gethon, welches Instrument sich in der proportion der Spheren, darinnen
wasser und erdreich versammelt, vergleicht wirt. So nun solche feuchte von
der unterlegten hitz verdünnert und gesubtiliert, wird sie obersich getrieben, wo
sich solche aufsteigende vapores wider erkületen unnd von der kelte gedensiert,
sich dann in wasser zerlassende oder zerschmelzend, welcher durch solchs ober-
gefess bequemlicher aussgeführt, gesammelt und zu mancherley nutzbarkeyt
behalten und gebraucht werde." (New gross Destillirbuch, fol. 175 — 189.)
Der letzte Teil des Buches behandelt unter anderem auch
„von rechter bereytung künstlicher Destillation etlicher fürnemer
öle", das sind die zum Teil mit Wein destillierten Öle von
Myrrha, Styrax liquidus, Sagapenum, Opopanax, Ammoniacum,
Styrax calamita, Sacocolla, Benzoe, Ladanum, Galbanum, Terpen-
tin, Mastix, Sandarak, Guajakholz, Rosmarin, Spik, Anis, Nelken,
Zimt, Macis, Safran und aus verschiedenen Gewürzmischungen
destillierte Öle 1 ) (Balsame).
*) Es kann sich hierbei zum Teil nicht um eigentliche Öle gehandelt haben,
sondern nur um aromatisiertes Wasser oder Spiritus. Denn eine Anzahl der
genannten Stoffe, wie beispielsweise Benzoe, Guajakholz und Safran liefern
selbst bei der Destillation im Großen kein flüchtiges Öl oder nur Spuren davon.
4*
52 Geschichtliche Einleitung.
Bei dem Spik- oder Lavendel-Öl (fol. 186) ist erwähnt, daß
es „gemeyngklich aus der Provinz Frankreich zu uns gebracht
wird, in kleine glässlin eingefaßt und theuer verkaufft" 1 ).
Wie wenig aber auch Ryff die Natur der flüchtigen Öle
erkannte und wie primitiv deren Gewinnungsweise noch war,
ergibt sich aus der auf fol. 187 und 188 seines Destillierbuches
beschriebenen Anweisung, „wie man von etlichen starken guten
gewürz köstliche öle destilliren soll". Dabei wird für die Be-
reitung besonders guter Öle von Nelken, Muskatnuß, Macis und
Safran empfohlen, diese Gewürze zerstoßen mit rektifiziertem
Weingeist zu destillieren, und wenn die „Geister" heraus sind
und Öl zu destillieren beginnt, soll die Masse herausgenommen
und zwischen erwärmten Metallplatten das Öl abgepreßt werden.
Dieses Öl soll dann durch „Zirkulation" rektifiziert werden, bis
es klar wird.
Unter den weiteren, um die Mitte des 16. Jahrhunderts er-
schienenen, die Arzneipflanzen und die Gewinnung der des-
tillierten Wasser einschließlich der Destillationsweisen und Ge-
räte behandelnden größeren Werken sind die schon erwähnten
von Matthiolus und Lonicer durch ihren Gehalt und zahlreiche
Abbildungen beachtenswert.
Der erstere widmet in seinem umfassenden Werke 2 ) der
Destillation ein reich illustriertes Kapitel: „De ratio destillandi
aquns ex omnibus plant/s", hat aber destillierte Öle nur bei-
läufig berücksichtigt.
Adam Lonicer dagegen hat in seinem um das Jahr 1551
verfaßten Kräuterbuche 8 ) auch die Destillation der Öle zum Teil
*) In dem um das Jahr 1563 von Gualtherus Ryff herausgegebenen Buche
„Reformirte Apothek" befindet sich (fol. 191) im weiteren die interessante
Angabe: „Bei der Destillation der Lavendelblüthen schwimmt gemeiniglich
oben ein schön wohlriechend öl. In der Provinz in Frankreich um Narbona,
wo solche Gewächse haufenweise wachst, wird sie in sonderlicher Weise
destillirt, wie man denn dort auch solch oel von anderen nutzbaren und
wohlriechenden kräutern, blumen, fruchten und wurzeln abziehen mag."
Diese Angaben sind geschichtlich von Interesse, weil sie in der
deutschen Literatur wohl die erste sichere Bekundung der offenbar schon zu
Anfang des 16. Jahrhundert bestehenden Industrie ätherischer Öle in Frank-
reich sind.
a ) Siehe S. 47 Note 3.
3 ) Siehe S. 48 Note 2.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 53
beschrieben und für sie ein besseres Verständnis bekundet. In
der Vorrede des Buches (S. 1 und 2) wird gesagt:
„Dieweil der Gebrauch der gebrannten Wasser so von allerhand Kräutern
und Gewächsen durch die Kunst der Destillirung abgezogen werden, an allen
Orten so gar gemein ist, dass auch die geringsten Leute sich der Destillirung
befleissigen, deswegen habe ich es vor gut angesehen, eine kurze Einleitung
und Bericht des Destillirens zu beschreiben. Zudem werden viel herrliche
und kräfftige Öhle von Gewürzen und Samen, als von Zimmer, Nägelin,
Anis und dergleichen anderen vielen mit merklichem Mutzen der Kranken
durch das Destilliren zu Wege gebracht 1 ). .... Diese Kunst des Destillirens
ist fast eine neue, und nicht gar alte Erfindung, den alten griechischen und
lateinischen Medicis unbekannt und gar nicht in Gebrauch gewesen."
Für die allgemeinere Einführung destillierter Wässer und
weingeistiger aromatischer Destillate in das Arzneiwesen hatte
das Brunschwigsche Destillierbuch am Anfange des 16. Jahr-
hunderts offenbar eine nachhaltige Anregung ebenso wie für
die technische Vervollkommnung der Destillierkunst gegeben.
Es scheint fast, als hätten die Kräuter- und Destillierbücher
während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die damaligen
meistens aus grauer Vorzeit stammenden Antidotarien bald über-
flügelt. Die soeben genannten Schriften erfuhren im Laufe des
16. Jahrhunderts eine Anzahl von Wiederdrucken und Nach-
drucken in verschiedenen Städten im In- und Auslande.
Die durch umfassendes Wissen und literarische Tätigkeit
hervorragenderen Fachgelehrten dieser Zeit waren die schon ge-
nannten Valerius Cordus und Conrad Gesner. Ihre Schriften
erschienen um und nach der Mitte des 16. Jahrhunderts und
gewannen bald um so mehr Ansehen und behördliche Aner-
kennung, als sie nach dem Vorbilde der zuvor erschienenen
Werke hergestellt waren und diese durch gründlicheres Wissen,
klarere Darstellung und vielfache Bereicherung übertrafen.
Valerius Cordus (geb. 1515 zu Simshausen in Oberhessen,
gest. 1544 zu Rom), dessen Vater Professor der Medizin in
Marburg war, studierte dort Arzneikunde, erhielt im jähre 1531
das akademische Baccalaureat und ging in demselben Jahre nach
Wittenberg, um die Vorlesungen Melanchthons zu hören. Er
erhielt dort bald die venia docendi und las über die „Materia
*) Mächst der zuvor erwähnten Verwendung von Rosenöl und einigen
anderen destillierten Ölen als „Ölzucker" im Altertum dürfte diese Angabe
eine der ersten über den arzneilichen Gebrauch destillierter Öle sein.
54 Geschichtliche Einleitung.
medica" des Dioscorides. Diese Vorträge scheint Cordus
niedergeschrieben zu haben; sie wurden fünf Jahre nach seinem
Tode vonRuellius in Frankfurt a. M. in deutscher Übersetzung
herausgegeben. Conrad Gesner in Zürich (geb. 1516, gest. 1565),
ein durch vielseitige Gelehrsamkeit und literarische Tätigkeit
ausgezeichneter arzneikundiger Schriftsteller, gab im jähre 1561
(vielleicht schon 1557) die von Cordus hinterlassen en Kommen-
tare zum Dioscorides und andere wissenschaftliche Schriften,
wahrscheinlich mit vielen eigenen Hinzufügungen, und mit Bei-
gabe einer eigenen Schrift heraus 1 ). Nur ein botanisches Werk,
die Historia plantarum, eine Beschreibung der in der Arznei-
kunde gebrauchten Pflanzen (ein Foliant von 224 Seiten mit
vielen Abbildungen) scheint Cordus selbst im fahre 1540 heraus-
gegeben zu haben.
Die „Annotationen' des Valerius Cordus haben für die
Geschichte der Destillation der ätherischen Öle teils durch das
Ansehen und den Einfluß ihres Autors, teils durch dessen treff-
liche Sachkenntnis und durch die Zeit des Erscheinens in einem
wissenschaftlich und literarisch so produktiven Jahrhundert her-
vorragende Bedeutung. Hatten Brunschwigs Destillierbücher
hinsichtlich der Technik der Destillation einen Rückschritt von
dem Wissen und Können des arabischen Zeitalters bekundet,
so hatten Ulstad, Ryff und Matthiolus diese Laborantenkunst
1 ) Der Titel dieses Folianten ist: In hoc volumine continentur Valerii Conti
Simesusfi Annotationes in Pedacii Dioscoridis Anazarbei de medica
materia Jibros quinque longe aliae quam antea sunt hac sunt evulgatae.
Ejusdem Val. Cordi Historiae stirpium iibri quatuor posthumi
nunc primum in Iucem editi, adjectis etiam stirpium iconibus et brevissimis
Annotatiuncuiis. Sylva qua rerum fossiliutn in Germania plurimarum.
Metallorum, Lapidum et Stirpium aliquot rariorum not/ciam brevissime
persequitur, nunc hactenus Visa.
De artificiosis extractionibus liber. — Compositiones medici-
nales aliquot non vulgares. — Hie accedunt Stockhornii et Nessi in
Bernatium fielvetiorum ditione montium, et nascentium in eis stirpium,
descriptio Benedicti Aretü, Graecae et Hebraicae linguarum in schola
Bernensi professoris clarissimi. Item Conradi Gesneri De Hortis Ger-
maniae über recens una cum descriptione Tulipae Turcarum, Chamaecerasi
montan/', Chatnaeopiti, Chamaenerü et Conizoidis. — Omnia summo studio
atque industria doctissima atque excellentis vir! Conr. Gesneri medici
Tigurina collecta et praefationibus iltustrata. — 1561 Argentorati exeudebat
Joslas Rihelius.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 55
wieder gefördert, und ihre Schriften, sowie die des Adam Lonicer
und anderer Zeitgenossen, hatten während dieser Ära der des-
tillierten Wässer und „aquae vitae" das Destiüierwesen wieder
klarer gestellt und manche Destilliergeräte der Vorzeit der Ver-
gessenheit entzogen oder verbessert, oder neue hergestellt.
Auf diesem Boden führten Cordus und Gesner das er-
worbene Wissen und die technische Fertigkeit weiter; bei der
kurzen Lebenszeit des ersteren setzte der letztere die in gemein-
samem Streben vollbrachten Arbeiten fort und gelangte auch in
der Folge zu gereifteren Resultaten.
In den „Armotationes" bespricht Cordus in dem „Über
de artiflciosis extractionibus" in der Abteilung „de destillatione
oleorum" (fol. 226) die Natur der durch Auspressung und der
durch Destillation gewonnenen „Extrakte" von Pflanzen. Hin-
sichtlich der öligen Pflanzenbestandteile unterscheidet Cordus
die durch Auspressen erhaltenen dickflüssigen, zähen, fetten Öle
(oleum crassum, viscosum, terrestre), wie die Öle der Samen
und Nüsse, von denen manche auch geistiger (aerea) Art sind
und sich von „irdischen" Substanzen durch Destillation trennen
lassen. Als Beispiel für die erstere Gruppe führt Cordus eine
Anzahl der gewöhnlicheren fetten Öle an, für die der destillierten
Öle die des Carpobalsams 1 ), der Cardamomen, der Cubeben, des
Pfeffers, der Nelken, des Zimts, der Macis, der Muskatnüsse,
des Aloeholzes und der gangbarsten Umbelliferenfrüchte wie
Angelica, Ligastrum, Libanotus, Pastinaca, Carvum, Cuminum,
Ap/'um, Petroselinum, Pimpinella, Anis, Fenchel und Anethum.
Bei der Beschreibung der Eigenschaften der destillierten
Öle erwähnt Cordus auch die auffallende Eigenschaft des Anis-
und Fenchelöls, butter- oder spermacetartig zu erstarren, und
des Zimt- und Nelkenöles, im Wasser unterzusinken.
Die Destillationsweise der flüchtigen Öle hat Cordus in
diesem Werke (fol. 229) mit Beifügung der Abbildung eines von
ihm dafür eigens konstruierten gläsernen Kolbens und Helmes
in präziser Weise 9 ) beschrieben.
') Carpobalsamum hießen die früher arzneilich gebrauchten Früchte von
Ba/samea meccanensis Gleditzsch (Baisamodendron Opobalsamum Kunth).
*) „Eliciuntur haec olea per destillationem in arena, ita ut tusa aromata
aut semina injiciantur in cucurbitam vitream luto intectam optime, una autem
vice ad unc. iii injiciantur, et sint trita secundum capacitatem Cucurbitae,
56 Geschichtliche Einleitung.
Das die „Annotationen des Valerius Cordus an Gehalt
und Bedeutung hinsichtlich der Destillierkunst noch übertreffende
Werk war das von Conrad Gesner in lateinischer Sprache
wahrscheinlich schon um das Jahr 1550 herausgegebene Buch
Thesaurus Euonymi Philiatri:
„De remed/is secretis. Liber physicus, medicus et partim et/am chy-
micus et oeconomicus in vinorum divers/ saporis appa.ra.tu, medicis et
pfiarmacopolis omnibus praecipue necessarius. Quem praeter haec qua
antea prelo commissa fuere, quam phtrimis fomacum figuris et auximus
et iüustravimus. Tiguri 1552 — Lugduni 1557—1566 — Francof. 1578.
Schon im Jahre 1555 erschien eine deutsche Bearbeitung
dieses Buches unter dem Titel:
„Ein kostlicher theurer Schatz des Euonymus Phillatrus,
darinnen behalten sind vil heymlicher gütter stuck der arzney, fümemmlich
aber die art und eygenschafften der gebrannten wasseren und ölen, wie man
dieselbigen bereiten solle: desgieychen yeder wasseren und ölen art und
eygenschafft, nutz und brauch. Item alles mit schönen lieblichen figürlinen
angezeigt unnd Item wie man mancherley weyn bereiten solle, auch den ab-
gestandenen durch hilff der gebrannten wasseren, gewürtzen unnd anderley
materi widerumb helffen möge für die äugen gestellt, ganz lustig, nutzlich
und gut allen Alchemisten, haushalten: insbesonders den Balbiererern,
Apothekern und allen liebhaberen der Arztney. — Erstlich in Latin be-
schrieben durch Euonymum Philiatrum, unn newlich verteutscht durch
infundatur deinde ad vi Hb. aquae clarissimae ac misceto diligenter. Pone
deinde cucurbitam in capellam aptam fornaci et arena imple, et non attingat
fundum, sed intersit arena. Cucurbitae impone alembicum vitreum, cujus
rostrum desinat in stanneam vel ferream fistulam (stanno forte addendum)
intus et foris illitam; ea fistula transeat in obliquum per vas quod habet in
se aquam frigidam, ut inter destillandum egrediens cum oleo liquorum refri-
geretur, Claude juncturas accurate, madefacto papyro vel linteo et suppone
exceptorium. Postea accende ignem lentum et vide ne nimium surgat et
ebulliat in alembicum, quod in Cucurbita continetur. Semina enim quaedam
ut anisum propter raritatem substantiae suae, simulque viscosum largiter
ebulliunt, ideo non statim alembicum imponere debemus, sed posteaquam
bullas excitari videris et vaporem sursum ferri. Quod cum fiet depone
alembicum et immisso bacillo agita, ita resolvetur in vaporem spuma, quae
postea mediocri igne moderari, compesci et excitari potest. Quo facto im-
pone rursus alembicum, et circumlutatio satis, ac destiHari sine cessatione,
donec conjeceris nulluni amplius intus contineri oleum: quod visu et gustu
statim percipies: nam cum gustu destillantes guttae non amplius resiplent
injecti aromatis saporem, desistendum est ne aroma fundo Cucurbitae inhae-
reat et exuratur. Deinde segrega contentum in destillata aqua oleum Opti-
mum, quo potes artificio. Porro notandum est, quaedam ex his oleis aquae in-
natare, quaedam fundum petere." (De artificiosis extractionibus, vol. 2, fol.226.)
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 57
Johannem Rudolphum Landenberger zu Zürich: vormals in Teutsche sprach
niemals gesähen. Getruckt in Zürich bei Andrea und Jacobe- den Gessneren
gebrüder im jar als man zalt von Christi unseres Heylands geburt 1555." 1 )
Im Jahre 1583 erschien, ebenfalls in Zürich, mit einem un-
veränderten Abdruck dieses Buches ein von Conrad Gesner
geschriebener und nach dessen im Jahre 1565 erfolgtem Tode
von Caspar Wolf in dem ursprünglichen lateinischen Texte
herausgegebener, von Jacob Nüscheler ins Deutsche über-
tragener zweiter Teil dieses Buches unter folgendem Titel:
Ander Theil des Schatzes Euonymi von allerhand künstlichen und
bewerten ölen, wasseren und heymlichen Arzneyen, sampt ihrer ordentlichen
bereytung und dienstlichen Figuren. Erstlich zusammen getragen durch Herrn
Doctor Cunrat Gesner, Demnach von Caspar Wollten der Arzneyen Doctor.
Zürich; in Latin beschrieben und in Truck gefertiget, jetzt aber newljch von
Johann Jacobo Nüscheler Doctoren, in Tütsche Sprach vertolmetschet. 1583.
Im Vergleich mit dem etwa 50 bis 65 Jahre früher ge-
schriebenen Destillierbuche Brunschwigs bekunden Gesners
Schriften, besonders der zweite Teil, einen beträchtlichen Fort-
schritt in der Technik der Destillation und in der Kenntnis der
destillierten Öle. Die erste deutsche Ausgabe vom Jahre 1555
enthält mehrere Kapitel „von den destillirten ölen" (S. 212 — 249)
und von „Balsamen und anderen kostlichen krefftigen und artig
zusammen gesetzten Ölen" (S. 249—273). In diesen ist die
Destillation einer Anzahl von Ölen mit Abbildung der Destillier-
gefäße beschrieben, so des Spikenblumen-(Lavendel-)öls, des
Rosmarinöls, des Rautenöls, des Zimtöls, des Nelkenöls, des
Muskatnußöls und „anderer gleichen stucken", sowie auch (S. 217
und 247) des Wacholder-Beeren- und -Holzöles durch destillatio
per ascensum und durch destillatio per descensum. Von Gummi-
harzen und Harzen sind die destillierten Öle des Ammoniacums,
der Benzoe, des Galbanums, des Ladanums, der Myrrhe, des
Opopanax, des Styrax liquidus und calamita, des Mastix und
*) Dieses berühmte Buch erlebte für mehr als ein Jahrhundert eine be-
trächtliche Anzahl von Nachdrucken und fand offenbar eine große Ver-
breitung. In englischer Übersetzung von Morvyng erschien es im Jahre
1559 unter dem Titel: New book of distillation called the treasure of
Euonymus. London 1559, 1564, 1565. Eine französische Obersetzung er-
schien im Jahre 1555 in Lyon.
Das von Gesner gewählte Pseudonym dürfte von evonymus, Spindel-
baum oder Pfaffenhütchen und phUiatros, ¥&°e iar^ös, Freund der Arznei-
kunst hergenommen sein.
58 Geschichtliche Einleitung.
des Terpentins beschrieben. Auch die Öle von Guajak- und
Sandelholz und einiger anderer Hölzer und Rinden sind erwähnt
(S. 244 — 247) und deren Destillation beschrieben.
Im zweiten im Jahre 1583 erschienenen Teile, der offenbar
mehr eine bereicherte Neuausgabe des ersten ist, sind nahezu
dieselben Gegenstände und Abbildungen enthalten.
Wie sehr indessen auch Gesner noch in den traditionellen
Begriffen über die Natur der Destillationsprodukte befangen war,
ergibt sich aus folgender in der Vorrede der ersten deutschen
Ausgabe enthaltenen Anpreisung der Destillation als einer Kunst,
mittels der aus den Arzneistoffen
„die aller reinest, edelst, kreffligst und durchtringest Substanz, so die arzet
nennen, das fünfft wäsen (quinta essentia), von der unreinen, groben, yrdischen,
unnützen und untaugliche Substanz abgesünderet und ausgezogen werden."
Und weiter heißt es:
„demnach so findest du in diesem buche vergriffen die fürträfflichen
und tugendreychen stuck und arznyen, so die künstler, arzet und Alchymisten
als sundere geheimnüssen und secret der natur, mit großem fleyss verborgen
und verhalten habend: als da sind die wohlriechenden wasser, die öl die
aus kreüteren, gewachsen, blümen, fruchten und wurzeln gezogen und separirt
werden."
Auf eine bessere Kenntnis der destillierten Öle selbst läßt
indessen folgende Angabe im ersten Bande (S. 103) schließen:
„Lass ordentlich destilliren in wärmer äschen, von der absünderung
und Scheidung des Öls vom erdreych, so wirst du sähen von den selbigen
materi, so auf diese art destillirt wirdt, ein feyn lauter, schön und klaar
wasser und 61 herabf Hessen, welches in im hatt de lufft oder des Iuffts eigen-
schafft, und das wasser, das ist die Substanz unn das wäsen, so das Element
lufft und wasser in im hatt."
Die Verworrenheit der Begriffe über destillierte und durch
fette Öle extrahierte aromatische Öle läßt sich indessen auch
noch in Gesners wie in Cordus Schriften mehrfach wahr-
nehmen. So werden in dem als „destillierte Öle" bezeichneten
Kapitel zuweilen drei bis vier Darstellungsweisen ein und des-
selben „destillierten" Öles beschrieben, darunter neben der an-
gegebenen Bereitung durch Destillation auch die durch Abkochung
oder Digerieren (Zirkulation) mit fetten Ölen, so z. B. für Rosenöl
(pag. 224 und 236), für Lavendelöl (pag. 337), für Mairan, Myrrhen
und andere Öle (pag. 332).
Auch empfehlen die Gesn ersehen Anweisungen für die
Destillation der Öle vielfach noch eine zuvorige Anfeuchtung des
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 59
Pflanzenmateriales mit Weingeist (aqua vitae). Die Öle werden
als eine „feiste Feuchtigkeit" bezeichnet, welche den „Kräutern,
Blüten und Wurzeln innewohnt". Solche Blüten, welche einen
zarten Duft haben, wie Rosen, Jasmin usw., werden schichten-
weise mit anderen völlig geruchlosen Blüten oder Blättern in
die Destillierblase gepackt, damit diese das Aroma aufnehmen
und an das Destillat leichter abgeben.
Neben manchen trefflichen Anweisungen enthalten Gesners
Schriften auch Beschreibungen von Destillierweisen, welche den
völligen Mangel einer klaren Unterscheidung zwischen aroma-
tischen fetten und destillierten Ölen bekunden. So gibt Euony-
mus Philiatrus unter anderen folgende Anweisung für die
Bereitung der destillierten Öle einiger Spezereien, namentlich aus
Nelken, Muskatnuß, Macis, Benzoe, Storax, Myrrhe, Safran usw.:
„Die Specerei wird grob gepulvert, dann mit aqua vitae durchfeuchtet
und in den gläsine retorte gethan und bei gelinder Wärme destillirt. Wenn
das 61 anfahrt zu fliessen, so nimm die materi der specereyen aus dem
kolben und thus in sin säcklin, welches wohl verbünde sye mit einem faden,
und trucks aus under einer prassen. Also dass du beide bläch der prassen
wohl heiss machest. Und also gebürt es sich das ausgetruckt öl destilliren,
rectificiren und circuliren, damit auff diese weis das rein lauter öl werde
geschieden von der groben yrdischen materi. Demnach mag man wohl widerumb
die häpffen putrificiren und digeriren mit dem vorgemeltem aqua vitae, so
von anderem abgesünderet worden. Unn zum letzten widerumb destilliren."
Hierbei wurde die Destillation im Beginne unterbrochen und
das mit ätherischem Öle durchdrungene fette Öl abgepreßt und von
diesem alsdann durch Destillation das ätherische Öl gesondert 1 ).
Für die Gewinnung des ätherischen Öles von Blumen gibt
Philiatrus folgende Anleitung:
„Die Blumen der Spicken oder des Lavender solt du eine kurze Zeyt
lang sonnen in einer grossen gläsinen retorte und darnach ein wasser in
einem alembik darvonnen destilliren und abziehen. Dieses Wasser durch
den ganzen Sommer gesetzt an ein warme statt an die Sonnen, so treybt
es für und für öl über sich, welches öl du allwägen solt von dem wasser
separiren und absündern mit einem fäderlich und dasselbe fleyssig behalten
in einem gläsinen guttern*) wohl vermacht und verstopfet." 8 )
Als letzter bedeutender Praktiker, Gelehrter und Schrift-
steller zur Zeit der Herrschaft der Destillierbücher gilt der viel-
*) Ein köstlicher theurer Schatz etc. Ausgabe 1555, fol. 215— 217.
s ) Flasche.
°) Ein köstlicher theurer Schatz etc. Ausgabe 1555, fol. 222.
60 Geschichtliche Einleitung.
seitig gebildete neapolitaner Edelmann Giovanni Battista della
Porta (geb. 1537, gest. 1615). Von dessen in 20 Büchern
hinterlassenen Werken 1 ) sind zwei Jiber de destillatione" und
Jiber de vinis" für die Geschichte der destillierten Öle insofern
von erheblicher Bedeutung, als Porta von allen seinen genannten
allerdings älteren Zeitgenossen die klarsten Ansichten über die
Destillation und die Destillationsprodukte hatte. Beide etwa
um das Jahr 1563 geschriebenen Bücher zeichnen sich vor den
ähnlichen Schriften seiner Vorgänger durch umfassendere Sach-
und Literaturkenntnis und durch Originalität in Forschung und
Darstellung aus.
Porta unterscheidet bestimmt und klar zwischen fetten,
ausgepreßten und destillierten Ölen, beschreibt ihre Gewinnungs-
weise sowie die Destillation der aromatischen Wässer und die
Trennung der flüchtigen Öle vom Wasser und die dafür dien-
lichen Geräte. Allein auch bei diesem selbständig denkenden
und aufgeklärten Praktikanten ist die Bezeichnung Destillation
noch der traditionelle Inbegriff mancherlei Absonderungs- und
Extraktionsweisen von Pflanzenstoffen; ebenso verbleibt Porta
noch bei der gemeinsamen Bezeichnung von Öl für einzelne
hygroskopische Präparate z. B. oleum ex salibus, oleum ex
tartaro, oleum ex soda usw.
Wie sehr indessen auch Portas Anschauungsweise über
das Wesen der Destillation und über die dabei und durch Wärme
herbeigeführten Vorgänge mit denen seiner Zeitgenossen in Ein-
klang stand, bekundet die Vorrede zu dem zehnten Buche (pag. 367)
„De destillatione" seiner „Magiae naturalis libri" 3 ).
*) Jo. Baptistae Portae, Neapolitani, Magiae naturalis libri viginti, in
quibus scientiarum naturalium divitiae et de/iciae demonstrantur. /am de
novo, ab ownibus mendis repurgatj, in lucem prodierunt. Romae 1563 —
Antwerp. 1564 — Hanoviae 1619.
s ) „lam ad artes deventum est, et a distillatione duximus sumendum
initium neotericorum inventum, res mira ultra mortalem sortem laudanda,
non quae a sciolis et vulgaribus usurparä solet, nam verum esse corrumpunt,
destruuntque sed ad causarum gnaris pertractata. Docet enim haec ars ad-
mirabilis, ut gravia corpora ftant Spiritus et subliment et Spiritus crascescant
ac corpora evadant Rerum vires, quae mole obrutae concultatae, suis veluti
in loculis delitescentes puriores, tenuioris et absque ulla impurioris materiae
accessione e plantis, metallicis, lapidibus et gemmis elicere, easque veluti
non sua forte contentas, nobiliores in sublime educere, ac veluti in coelum
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 61
Diese und eine Anzahl anderer weniger bekannter Kräuter-
und Destillierbücher des 16. Jahrhunderts waren damals die
hauptsächlichsten Handbücher für den Betrieb der Arzneikunde
und der Herstellung der durch Destillation gewonnenen Wässer,
Öle und weingeistigen Destillate. Sie hatten die zum Teil aus
ferner Vorzeit überkommenen Arzneibücher (Antidotaria) zuerst
ergänzt, später ersetzt Der sich allmählich vorbereitende Über-
gang von den Destillierbüchern zu den Arzneibüchern, fortan
Dispensatoria genannt, fand vorerst Ausdruck in dem Erscheinen
einiger diesen Wandel bezeichnenden Werke. Dazu gehören als
erster Anstoß das wohl älteste deutsche Arzneibuch von Ortolff
Meydenberger 1 ) und später die Schriften von Otto Brunfels
{geb. 1488, gest. 1534) 2 ), von Leonhard Fuchs (geb. 1501, gest.
1566) 3 ) und von W. H. Ryff (lebte in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts)*).
Obwohl die Destillierkunst durch Beobachtung und Erfahrung
allmählich in Methoden und Geräten verbessert worden war, hatte
in der Arzneikunst durch die von Paracelsus (geb. 1493, gest.
1541) angeregte Rückkehr zu chemischen Heilmitteln die Allein-
herrschaft der destillierten Wässer nach und nach abgenommen.
Damit verminderte sich die einstige Bedeutung der Kräuter- und
Destillierbücher und das Ansehen der „gebrannten Wässer" im
Arzneiwesen. An ihrer Stelle aber gewannen die allmählich in
Gebrauch kommenden destillierten (gebrannten) Öle größere
Bedeutung und kamen als wesentliche Objekte der Destillation
sustollere, poterimus chymisticis organis plantarum virtutes investigare et
melius quam veteres gustu. Quid igitur majus poterit excogitari. Matura
est res producere, ac viribus dotare, artis est productas nobilitare, ac multi-
plicibus viribus ditare. Accedat lector ytXouaü'fc, a natura secretorum per-
scrutator, nam distillationes haudquaquam inglorius tractabit. Primo aquas
et olea extrahemus, mox esse tincturas, elixires, sales et ejusmodi similia.
Mist um quodammodo in elementa dissolvere, ac singula puriora reddere,
varias et adversantes, suas facultates separare et elicere, ut ex voto uti
possimus, aliaque, quae scisse et novisse non paenitebit."
l ) Ortolff von Bayrland. Arzneibuch. Hie fahet an eyn büchelin
von manigerley Artzeney. Mainz 1485.
a ) Spiegel der Arznei. Straßburg 1532. — Reformation der Apotheken.
Straßburg 1536.
°) De componendorum miscendorumque medicamentorum ratione. 1549.
*) Reformirte deutsche Apothek- Frankfurt a. M. 1563.
62 Geschichtliche Einleitung.
mehr und mehr zur Geltung; und das vorerst in dem Arznei-
wesen und in der Apothekerkunst. Dies vollzog sich gleich-
zeitig mit dem Übergange der Destillierbücher zu den Arznei-
büchern. Dieser Wandel fand gegen Ende des 16. Jahrhunderts
statt und wird, obwohl längst vorbereitet, geschichtlish meistens
mit dem Erscheinen des Dispensatorium Noricum des Valerius
Cordus im Jahre 1546 identifiziert.
Cord us (geb. 1515, gest. 1544) hielt sich von Wittenberg
aus besuchsweise öfter bei seinem Onkel, dem Apotheker Ralla,
von 1532 bis 1560 Besitzer der Salomo-Apotheke in Leipzig,
auf und scheint dort die Destillierkunst und die Anfertigung
chemisch-pharmazeutischer Präparate mit Interesse betrieben zu
haben. Auf Rallas Anregung und mit dessen Mithilfe sammelte
Cordus bewährte Vorschriften zur Anfertigung destillierter
Wässer und anderer pharmazeutischer Präparate, welche Ralla
veröffentlichte.
Diese Kompilation, weit mehr aber seine Vorlesungen über
die Materia medica des Dioscorides und seine im Jahre 1540
veröffentlichte „Historia Plantarum", hatten den Ruf des jungen
Gelehrten begründet. Während seiner botanischen Streifzüge
durch Deutschland scheint Cordus um das Jahr 1541 auch
nach Nürnberg gekommen zu sein und dort in ärztlichen Kreisen
verdiente Beachtung gefunden zu haben. Im Jahre 1542 be-
auftragte der Rat der Stadt Nürnberg ihn mit der Abfassung
eines Dispensatoriums für die städtischen Ärzte und Apotheker.
Cordus erfüllte diese Aufgabe mit Beihilfe seines Onkels Ralla
und eines befreundeten, berufstüchtigen Apothekers, Caspar
Pfruend in Torgau. Das Buch fand den Beifall des Nürnberger
Rates und wurde im Jahre 1546, also zwei Jahre nach dem Tode
des Cordus, in Nürnberg gedruckt 1 ). Die ersten beiden schnell
l ) Pharmacorum omnium, quae quidem in usu sunt, conficiendo-
rum ratio. Vu/go vocant Dispensatorium pharmacopolarum. Ex
omni genere bonorum authorum, cum veterum tum recentium collectum, et
scholiis utilissimis illustratum. in quibus obfter, plurium simplicium, Jhac-
tenus non cognitorum vera noticia traditur. Authore Valerio Cordo. Item
de collectione repositione et duratione simplicium. De adulterationibus quo-
rundam simplicium. Simplici aliquo absolute scripto, quid sid accipiendum,
'AvrtßoZM/iava, id est, Succedanea, sive Quid, pro Quo. Quälern virum
Pharmacopolam esse conveoiat. Cum indice copioso. Norimbergae, apud
Joh. Petreium.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle.
63
Fig. 3.
64 Geschichtliche Einleitung.
aufeinander folgenden Auflagen tragen kein Datum. Erst die
dritte Nürnberger Auflage trägt die Jahreszahl 1548. Das Buch
schien als maßgebendes Arzneibuch allgemein Aufnahme zu
finden, und seine Originalausgabe sowie eine von Conrad Gesner
mit Zusätzen versehene spätere Bearbeitung wurden vielfach
nachgedruckt.
Dieses in Kürze „Dispensatorium Noricum" genannte,
gewöhnlich, wenn auch nicht ganz mit Recht 1 ) als erstes
deutsches Arzneibuch geltende Werk hat bis zu Ende des
17. Jahrhunderts Geltung behalten, obwohl es diese nach etwa
20 Jahren mit einem zweiten ähnlichen Werke, der Augsburger
Pharmakopoe von Adolf Occo, teilen mußte 2 ).
Ungeachtet der während des 16. Jahrhunderts herrschenden
und noch weit in das 17. Jahrhundert reichenden Unklarheit und
Verworrenheit über das Wesen der Destillationsprodukte und
der destillierten Öle gewannen die Darstellung und allmählich
auch ihr Gebrauch in der Arzneikunst, in den Gewerben, sowie
auch im Haushalt mehr und mehr Boden. Unter den ärztlichen
Laboranten und Schriftstellern scheint der in Andernach im
Jahre 1487 geborene und im Jahre 1574 als Professor der Me-
dizin in Straßburg gestorbene Johann Winther !S ) sich besonders
durch die mit Interesse und Sorgfalt betriebene Gewinnung
einer größeren Anzahl der gewöhnlichen destillierten Öle verdient
gemacht zu haben.
Überhaupt fand die Destillation aromatischer Wässer und
Öle von nun an hauptsächlich in Apothekerlaboratorien statt,
*) Siehe S. 61.
a ) Pharmacopoea seit Medicamentarium pro Republica Augu-
stana. Author Adolphus Occo. Augusta Vindelicorum 1564.
Auch von diesem Arzneibuch erschienen bis zum Jahre 1734 in steter
Reihenfolge viele Nachdrucke und Neudrucke. Von diesen trugen spätere
zum Titel den Beisatz „reformata" , „renovata et aucta".
Der große und mehr als 1 1 /a Jahrhundert dauernde Absatz dieser beiden
Arzneibücher erklärt sich einerseits dadurch, daß sie an Stelle der veralteten
Antidotaria und der die Anforderungen der erweiterten Arzneikunst nicht
mehr befriedigenden Destillierbücher für die Praxis zweckdienlichere, um-
fassendere Kompilationen darboten, und andererseits durch die im Laufe des
16. und 17. Jahrhunderts schnell zunehmende Begründung von Apotheken.
") Guintheri Andemacei Liber de veter/ et nova . medicina tum
cognoscenda tum facienda. Basiliae 1571.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 65
wo auch die Destilliergeräte im Laufe der Zeit mancherlei Ver-
besserungen erfuhren 1 ).
Für das geschichtliche Studium der Einführung der destil-
lierten Öle in Arzneiwesen, Gewerbe und Handel sind daher
außer den genannten Nürnberger und Augsburger Pharmakopoen
fortan die maßgebenden Arzneibücher und noch mehr die vom
16. Jahrhundert an eintretenden städtischen Taxordnungen für
den Betrieb des Arzneiwaren- und Spezereihandels zuverlässige
Auskunftsquellen, wie das in neuerer Zeit die Preislisten des
Großhandels und der Fabrikanten sind.
Auf Grundlage dieser Dokumente 2 ) haben die früher bekann-
ten, meistens noch im Gebrauch gebliebenen ätherischen Öle im
Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts in folgender Zeit, wenn nicht
die erste Verwendung, so doch die erste gesetzlich bekundete
Einführung in den Handel gefunden.
Von destillierten*) Ölen waren in Gebrauch 4 ):
Bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts:
Benzoeöl, Calmusöl, Cedernholzöl, Costusöl, Mastixöl, Rosenöl,
Rosmarinöl, Salbeiöl, Spiköl, Terpentinöl, Wacholderholzöl, Weih-
rauchöl, Zimtöl.
*) Das auf S. 63 stehende Faksimile des Titelblattes eines solchen
Apothekerbuches der /?es publica. Gorficensis vom Jahre 1629 ist charakteri-
stisch durch das auf ihm hervortretende Oberwiegen der Destillier- und
Zirkulationsgeräte, sowie durch den Ausdruck des in den alten Apotheken-
laboratorien waltenden Ordnungssinnes.
2 ) Die, außer den zuvor genannten Destillierbüchern, für diese über-
sichtliche Zusammenstellung berücksichtigten Arzneibücher sind die Aus-
gaben des Dispensatorium Noricum aus den Jahren 154-6, 1552, 1559, 1563, 1580,
1589, 1592 und 1612, die der Pharmacopoea Augustana aus den Jahren 1580,
1597 und 1640, und das Dispensatorium Brandenburgicum vom Jahre 1698.
Von der großen Anzahl städtischer Taxordnungen sind dafür besonders
herbeigezogen die der folgenden Städte: Berlin 1574 — Frankfurt a. M.
aus den Jahren 1582, 1668, 1710 — Nürnberg aus den Jahren 1552, 1613,
1624, 1644, 1652 —Worms 1582 — Straßburg 1586 —Wittenberg 1599,
1632 — Halberstadt 1607, 1697 — Halle 1643, 1700 — Ulm 1649 —
Bremen 1644, 1664 — Dresden 1652 — Leipzig 1669, 1689, 1694.
3 ) Bei der Schwierigkeit der genauen Feststellung der Bereitungsweise
der fraglichen Öle und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß man früher
unter einem destillierten Öl häufig etwas anderes verstand als heute, ist es
nicht ausgeschlossen, daß sich unter den genannten auch eine Anzahl Olea
cocta oder infusa befinden.
*) Einzelne Öle, welche ihrer giftigen Eigenschaften halber von dem freien
Verkehr ausgeschlossen waren, wie z. B. Bittermandelöl, Kirschlorbeeröl usw.,
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 5
36 Geschichtliche Einleitung.
Dazu kamen:
Vom Jahre 1500 bis 1540:
Aloeholzöl, Angelicaöl, Anisöl, Cardamomenöl, Carpobalsamöl 1 ),
Cubebenöl, Feldkümmelöl, Fenchelöl, Kümmelöl, Libanotisöl, Liebstöckel-
öl, Macisöl, Muskatnußöl, Pastinaköl, Pimpinellöl, Pfefferöl (von Piper
nigrum), Sellerieöl, Sandelholzöl, Wacholderbeeröl, Wacholderteeröl
{Oleum cadinam).
Vom Jahre 1540 bis 1589:
Alantöl, Ammoniakgummiöl, Andomöl (Marrubiutn vulgare), Anime-
öl, Asafoetidaöl, Basilicumöl, Bdelliumöl, Bergmelissenöl {Melissa
calaminthä), Bergthytnianöl (Thymus acrnos), Bernsteinöl, Citronenöl,
Corianderöl, Costiveröl, Dillöl, Dostenöl, spanisches Dostenöl, Elemiöl,
Galbanumöl, Galgantöl, Guajakholzöl, Kamillenöl, römisches Kamillenöl,
Krauseminzöl, Ladanumöl, Lavendelöl, Limonenöl, Löffelkrautöl, Lorbeer-
Öl, Marumverumöl, Mairanöl, Melissenöl, Menthaöle, Möhrensamenöl,
Mutterkrautöl {Matricaria partbenium), Mutterkümmelöl, Myrrhenöl,
Nelkenöl, Opopanaxöl, Petersilienöl , Pfefferöl (von Piper Iongum),
Pfefferkrautöl (Satureja hortensis), Poleiöl, Pomeranzenschalenöl, Rain-
farnöl, Quendelöl, Rautenöl, Rhodiumholzöl, Safranöl, Sagapenöl,
Sandaracöl, Sassafrasöl, Schwarzkümmelöl, Storaxöl, Tacamahacöl,
Thymianöl, Veilchenwurzelöl, Wermutöl, Ysopöl, Zittwerwurzelöl.
Vom Jahre 1589 bis 1607:
Kerbelrübenöl {Chaerophyllum buJbosum), Pfefferminzöl, Sadebaumöl,
weißes Senföl, Sesiliöl, Zittwerblütenöl.
Vom Jahre 1607 bis 1652:
Ingweröl, Lebensbaumöl, Marienblattöl {Tanacetum ba/samita).
Vom Jahre 1652 bis 1672:
Bärenklauöl {fieracleum sphondylium), Cascarillöl, Cypressenöl,
Gartenkerbel öl (Anthriscus cerefoiium), Kunigundenkrautöl (Eupatorium
cannabinum), schwarzes Senföl.
Vom Jahre 1672 bis 1708:
Baldrianwurzelöl, Bergamottöl , Beifußöl, Buchsbaumöl, Meister-
wurzelöl, Neroliöl, Templinöl (Pinus pumiliö).
Vom Jahre 1708 bis 1730:
Bittermandelöl, Cajeputöl.
sind aus den Taxen, und da sie arzneiliche Verwendung damals noch nicht
fanden, auch aus den Arzneibüchern ausgeschlossen. Die beiden genannten Öle
waren aber schon vor der Mitte des 16. Jahrhunderts bekannt, Bittermandelöl,
wahrscheinlich nur vereinzelt, schon im Mittelalter. Öle tierischen Ursprungs
sind in diesem Verzeichnis unerwähnt geblieben.
x ) CarpobaJsamum sind die früher arzneilich gebrauchten Früchte von
Balsamea meccanensis Gleditsch (Balsamodendron opobalsamu'm Kunth).
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 67
Mit dem Übergange des Betriebes der Destillierkunst in die
Apothekenlaboratorien oder auch infolge des von neuem über-
handnehmenden Strebens nach Metallveredlung und der Auf-
findung des seit Jahrhunderten gesuchten Iapis philosophorum,
trat zu Anfang des 17. Jahrhunderts ein Wandel in der Richtung
alchemistischer Tätigkeit ein. An Stelle der Destillieröfen traten
mehr und mehr die Schmelz- und Sublimieröfen, und die For-
schung wandte sich wieder den mineralischen und metallischen
Stoffen zu, um das edle Gold und die in den organischen Ge-
bilden vergeblich gesuchte Panacee für die Erhaltung der Jugend
und der Gesundheit in jenen zu suchen.
Die seit Jahrhunderten unternommenen Versuche, gewöhnliche
Metalle in Gold umzuwandeln, und das Suchen nach einer Quinta
essentia durch die Trennung des „Subtilen und Geistigen" vom
„Groben und Irdischen" durch Destillation und Sublimation,
führte die chemische Forschung unausgesetzt zu falschen Schluß-
folgerungen. Der Plan und die Ausführung der alchemistischen
Arbeiten, ihr Endzweck und die Erklärung der dabei stattfindenden
Vorgänge waren vielfach von irrigen Doktrinen geleitet. Die
Ergebnisse waren dementsprechend unsicher und oftmals Sache
des Zufalls, und das chemische Wissen war ein Truggebäude
ohne inneren Zusammenhang. So erheblich auch die Summe der
Fortschritte während des 16. und 17. Jahrhunderts erscheinen mag,
so waren sie nur in empirischer Weise gewonnene unfertige
Glieder für eine spätere Gestaltung der Chemie. Zu diesen
gehörten auch manche in der Folge sehr nützlich gewordene
chemische Präparate und destillierte Öle. Wie man in jenen
als höchste und letzte Potenz in den Gebilden der Natur die
Herstellung des lapis philosophorum suchte, so hoffte man
auch in diesen die quinta essentia als wahre Panacee für
Wiederherstellung der Gesundheit und Lebensverlängerung zu
finden. Jede klare Vorstellung über die Natur der destillierten Öle
fehlte. Glaubten doch Philipp Ulstad nnd andere aufgeklärte
Forscher und Laboranten des 16. Jahrhunderts, in dem Weingeist
diese quinta essentia gefunden zu haben. Jeder wirkliche oder
scheinbare Erfolg spornte nicht nur die Spagyriker und Al-
chemisten, zu denen damals auch die Mehrzahl der ärztlichen
und pharmazeutischen Laboranten gehörte, zu rastlosem Nach-
jagen nach dem vermeintlich nahezu erreichten Phantome an,
5*
58 Geschichtliche Einleitung.
sondern festigte auch den traditionellen Glauben an die Existenz
jener imaginären Potenzen.
■ Bei dem eifrigen Betriebe und den mancherlei Fortschritten
der Destillierkunst während des 16. Jahrhunderts verblieb in-
dessen das Verständnis für die Natur der erhaltenen Produkte im
Banne überkommener doktrinärer und theosophischer Ansichten,
In diese Zeit fielen dann die tiefen Schatten hinein, welche die
Schrecken des dreißigjährigen Krieges auf das kulturelle und
geistige Leben Deutschlands warfen. Diese Deutschland vor allen
Ländern schwer heimsuchenden Religionskämpfe zerstörten Wohl-
stand und Gedeihen und lähmten für nahezu ein Jahrhundert
das wissenschaftliche und gewerbliche Leben der Nation. Über-
kommenes Wissen und Können in Künsten und Gewerben ging
vielfach verloren, Aberglaube und die spagyrische Kunst erstarkten
von neuem, und die abstrakte Alchemie erlebte, gleich ihrer
ersten Blütezeit in der arabischen Welt, ihre letzte Fruchtreife
im christlichen Zeitalter.
Während in jenen Zeiten in Europa und besonders in
Deutschland die destillierten Wässer hauptsächlich als. Arznei-
mittel angewandt wurden, war in Asien der Gebrauch wohl-
riechender Drogen tierischen und pflanzlichen Ursprungs und
daraus hergestellter Wässer oder damit imprägnierter fetter und
vereinzelter ätherischer Öle bei religiösen Zeremonien und zu
Parfümeriezwecken ziemlich verbreitet. Interessante Angaben
hierüber finden sich in den „Ain-i-Akbari", den Annalen des
Kaisers Akbar(1542 — 1605), die gegen Ende des 16. Jahrhunderts
von seinem Historiographen Abul FazI in persischer Sprache
geschrieben sind 1 ).
Aloeholz, das früher eine große Rolle spielte, wurde zer-
kleinert in die Erde gegraben, wobei das minderwertige verfaulte,
während der harzreichere Anteil, das reine Aloeholz, übrig blieb.
Es diente mehrfachen Zwecken: als Arznei, zum Parfümieren
und Räuchern, als insektenvertreibendes Mittel u. a. Das Öl des
Holzes, Chuwah genannt, wird destiHiert, indem das zerkleinerte
Holz mit Wasser in eine Tonflasche gegeben wird, deren Hals
mit einem zweiten, mit Wasser beschickten Gefäß verbunden
l ) David Hooper, Die Wohlgerüche bei den Moguls. Calcutta Review,
Oktober 1904. — Bericht von Schimmel 8 Co., Oktober l»0fi, 82.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 69
wird. Ein gelindes Feuer treibt das Öl in die Vorlage über, das
zur Entfernung des rauchigen Geruchs mehrere Male (je öfter,
desto besser) mit Wasser gewaschen wird. Über die Geschichte
des Rosenöles, das seinen Weg über Persien nach Indien fand,
wird berichtet, das die Gemahlin des Kaisers Jehanger in den
mit Rosenwasser gespeisten Kanälen der kaiserlichen Gärten auf
der Oberfläche eine dünne Haut wahrnahm, die sie sammeln
ließ. Dem abgeschöpften wohlriechenden Öl gab sie den Namen
ihres Gemahls Atr-i-Jehängiri. Andere Wässer, so aus Orangen-
und Jasminblüten dargestellte, werden unter dem Sammelnamen
Araq zusammengefaßt. Den Riechgräsern Andropogon schoe-
nanthus, A. muricatus und A. laniger begegnen wir unter den
Namen Rus und Abir Izkhir. Von Harzen werden als bekannt
erwähnt Storax, Benzoe, Weihrauch und Ladanum. Dieses wird
richtig als ein aus „cyprischen und chaotischen Bäumen" (Cistus)
gewonnener Körper beschrieben. Außerdem wird es aus den
Barten von Ziegen gewonnen, die an Cistussträuchern entlang
gestrichen sind; diese Qualität gilt als die beste.
Der Campher soll zuerst in einem nicht weit von Ceylon
gelegenen Lande gefunden worden sein. Auch ein mit Campher
parfümiertes Surrogat war bekannt, durch das „gewissenlose
Leute sich auf Kosten anderer bereicherten". Auch der Borneo-
campher war hochgeschätzt.
Von untergeordneter Bedeutung erscheinen die außerhalb
Indiens gewonnenen Riechstoffe Veilchenwurzel, Wurmsamen
und Patchouliblätter.
Von tierischen Wohlgerüchen werden erwähnt Ambra, Zibet
und Moschus.
Damals war in Deutschland alles Sinnen und Trachten auf
die künstliche Herstellung des Goldes gerichtet, und das 17. Jahr-
hundert war dort reicher an Goldmachern als die beiden vor-
hergegangenen. Manche Fürstenhöfe, an denen Geldnot herrschte,
waren die fruchtbaren Böden, auf welchem Adepten und Spagy-
riker die geheime Kunst betrieben. Von diesen aber erzielten
nur sehr wenige praktische Erfolge, wie das dem vermeintlichen
Goldmacher Bö ttger (geb. 1685, gest 1719) gelang, der anstatt-
Gold die Kunst des Porzellanmachens erfand. Auf chemischem
Gebiete vollbrachte das 17. Jahrhundert mit seiner allgemeinen
70 Geschichtliche Einleitung.
Verarmung und Zerfahrenheit im wissenschaftlichen und prak-
tischen Verkehr nur wenig. Fürsten, Gelehrte und Ärzte und
alle Klassen der damaligen gebildeten Welt waren offene oder
geheime Anhänger und Gläubige des Phantoms der Transmuta-
tion der Metalle.
Dieses, alles andere chemische Forschen überwuchernde und
zurückdrängende Streben scheint in Deutschland auch für die
Destillierkunst eine längere Stagnation herbeigeführt zu haben.
Sie wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts nur von wenigen fern
von dem Kriegsgetümmel auf deutschem Boden wirkenden
Forschern und Laboranten gepflegt. Diese waren besonders
Joh. Baptista van Helmont in Brüssel (geb. 1577, gest. 1644),
Johann Rudolf Glaub er in Amsterdam (geb. 1604, gest. 1668),
Nicolas Lemery in Paris (geb. 1645, gest. 1715) und Wilhelm
Homberg in Paris (geb. 1652, gest. 1715).
In dieser Zeit wurden auch dem Wasser in der Destillier-
blase Salze zugesetzt, z. B. Kochsalz, Pottasche, Alaun, Wein-
stein. Das Wasser sollte dadurch schwerer werden, so daß die
Pflanzenteile sich nicht so leicht auf den Boden festsetzen und
festbrennen könnten. Jedenfalls fand man auch, daß dadurch
in manchen Fällen eine Erhöhung der Ausbeute eintrat. Der
von Glaub er empfohlene Salzsäurezusatz muß dagegen als eine
Verirrung bezeichnet werden.
Auch mit diesen vermeintlichen Verbesserungen verblieb
die Destillierkunst am Schlüsse des für sie im allgemeinen sterilen
17. Jahrhunderts auf dem Boden empirischen Experimentierens.
Ebensowenig wurde sie gefördert durch die zu Ende des Jahr-
hunderts von J. J. Becher (geb. 1635, gest. 1681) begründete und
von G. E. Stahl (geb. 1660, gest. 1734) vervollständigte, das
gesamte chemische Wissen für mehr als ein Jahrhundert be-
herrschende Phlogistontheorie. War diese letzte große Über-
gangsperiode der theoretischen Chemie auch eine geistvolle
und fruchtbare, ihre zu Ende des 18. Jahrhunderts eintretende
Reformation wohl anbahnende, so fehlte ihr für die Auf-
klärung der Zusammensetzung der ätherischen Öle jede Grund-
lage. Waren doch selbst die elementaren Bestandteile der
'Luft und des Wassers, ja die Natur der Elemente der Erd-
und Mineralgebilde bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts erst teil-
weise ermittelt.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 71
Mit der Vervollkommnung und der allgemeinen Benutzung
der Destillationsgeräte in den Apothekenlaboratorien nahm die
Technik der Destillation aromatischer Pflanzenstoffe und die
Herstellung der Destillationsprodukte im Laufe des 18. Jahr-
hunderts wieder neuen Aufschwung. Die destillierten Öle wurden
in größeren Mengen und wohl auch in besserer Qualität dar-
gestellt, und- ihre Verwendung nahm nicht nur im Arzneiwesen,
sondern auch im Haushalt und in den Gewerben zu. So waren
beispielsweise nach Auskunft der vorhandenen Literatur und
später der Spezerei- und Arzneiwaren-Taxen deutscher Städte
im Jahre 1500 ungefähr 13 destillierte Öle bekannt, im Jahre 1540
34 und im Jahre 1589 schon etwa 108. Das Dispensatorium
Noricum des Valerius Cordus führte in seiner ersten Ausgabe
im Jahre 1543 3 destillierte Öle auf, in der Ausgabe vom Jahre
1552 5, vom Jahre 1563 6 und in der Ausgabe vom Jahre 1589
56 destillierte Öle. Im Jahre 1708 waren ungefähr 120 destil-
lierte Öle in den damaligen Taxordnungen aufgeführt.
Die Reindarstellung einer Anzahl wohlriechender destillierter
Öle und die Fertigkeit durch geeignete Mischung aus ihnen an-
genehme Wohlgerüche herzustellen, trugen nicht nur zur Ver-
besserung der Gewinnungs- und Destillierweisen der Öle, sondern
auch zu ihrer vermehrten Benutzung bei. Die langsam er-
wachsende Industrie der Öldestillation, wie sie nach beiläufigen
Angaben in einigen der zuvor erwähnten Destillierbücher für
Lavendel- und RosmarinÖl in der Provinz von Frankreich (Pro-
vence) schon im 15. und 16. Jahrhundert bestanden zu haben
scheint 1 ), schuf wohl auch die ebenso allmählich erstehende In-
dustrie der Parfümerien. Wie das „Ungarische Wasser", ein
weingeistiges Destillat von frischem Rosmarin 2 ), im 16. Jahr-
hundert, und der „Karmeliter Geist", ein weingeistiges Destillat
von Melisse und Lavendel 3 ), im 17. Jahrhundert als die ersten
Anfänge dieser Industrie gelten können, so gab die um das
Jahr 1725 durch Johann Maria Farina in Köln eingeführte, nicht
nur durch die treffliche Kombination pflanzlicher Wohlgerüche,
sondern auch durch die Güte der dafür verwendeten destillierten
Öle erfolgreiche Eau de Co/ogne-Fabrikation die Anregung für
*) Siehe S. 52.
B ) Siehe S. 33.
s ) Siehe Geschichte des Lavendel- und Spiköles.
72 Geschichtliche Einleitung.
die Herstellung mehrerer Öle 1 ) von bester Qualität. Diese Vor-
läufer in der Parfümerie-Kunst schienen bald allgemeinere Wert-
schätzung gefunden zu haben, infolgedessen sie allmählich zu der
schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hoch entwickelten
Parfümerie-Industrie emporwuchs.
Mit der zunehmenden Wichtigkeit der destillierten Öle und
ihrer allgemeineren Verwendung trat man im Laufe des 18. Jahr-
hunderts auch der Erkenntnis ihrer Natur und Bestandteile
näher. Der im Anfange des 18. Jahrhunderts an der Universität
zu Leiden als Lehrer der Medizin, der Botanik und der Chemie
tätige, ausgezeichnete Gelehrte Hermann Boerhave (geb. 1668,
gest. 1738) stellte in seinem um das Jahr 1728 verfaßten Lehr-
buche der Chemie 2 ), der vollständigsten und klarsten Darstellung
des gesamten chemischen Wissens seiner Zeit, den Lehrsatz
auf, daß die flüchtigen Öle aus zwei Elementen beständen, einem
gröberen harzartigen, in Wasser unlöslichen Teile (mater) und
einem höchst subtilen, kaum wägbaren, ätherischen, an sich
vielleicht gasförmigen Teile (Spiritus rector). Von dem ersteren
Teile nahm man an, daß er allen destillierten Ölen gemeinsam
und an sich einheitlich sei, daß die charakteristischen Geruchs-
und Geschmacksunterschiede der verschiedenen Öle aber durch
den zweiten Bestandteil, den jedem Öle eigenartigen Spiritus
rector" bedingt und daß dieser wasserlöslich und das wesent-
liche und charakteristische Prinzip der Öle sei, welches ihnen
und den destillierten Wässern Geruch, Geschmack und Wirk-
samkeit erteile. Die durch Luft- und Lichtzutritt erfolgende
Veränderung resp. Verharzung der flüchtigen Öle schrieb man,
in Übereinstimmung mit dieser Theorie, dem Entweichen des
„spiritus rector" zu 3 ).
1 ) Siehe Geschichte des Melissenöles.
2 ) Elemente, chemiae, quae anniversa.no labore docuit in publicis priva-
tisque schoh's, Hermannus Boerhave. Tomus primus, gar continet his-
toriam et artis theoriam. Tomus secundus, qui continet operationes chemicas.
Lugduni Batavorum 1732 — Londini 1732, 1735 — Parisii 1732, 1733, 1753 —
Ltpsiae 1732 — Basiliae 1745 — Veneti 1746, 1759.
*) „In hoc autem oleo essentiali rursus subtilissämus, volatilis, paucus,
acerrimas, vix ponderandus, spiritus iterum complectltur illud omne, quod
huic toti oleo dabat hanc vim; eoque ablato nihil in oleo .... Inquisivi in
pondus spirituum, invenire non potui est." (Boerhaves Eiementa chemiae)
Tom. 2, p. 124—131.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 73
Diese Anschauungsweise steht wohl in ursächlicher Be-
ziehung zu dem durch das ganze Mittelalter und bis zum
17. Jahrhundert waltenden Glauben an die subtilen Eigenschaften
und Wirkungsweise der aromatischen Pflanzenstoffe und ihrer
Wasserdestillate (gebrannte Wässer). Bei der Annahme der
Wasserlöslichkeit des „Spiritus rector" mußten diese Destillate
die wirksamen und heilkräftigen Prinzipien der flüchtigen Pflanzen-
aromata in höchster Potenz enthalten. Boerhaves Lehrsatz
über die dualistische Konstitution der flüchtigen Öle fand daher
als der schließlich rationellste Aufschluß für den Jahrhunderte
langen Glauben an die wunderbare Heilkraft der „gebrannten
Wässer", und als ein vollgültiger Beleg für ihre Beibehaltung
in der Heilkunst allgemeine Annahme. Bei der Aufstellung der
antiphlogistischen Nomenklatur im Jahre 1787 wurde daher der
spiritus rector noch als zutreffend anerkannt und unbeanstandet
als arome bezeichnet.
Die ersten Chemiker, die in ihren Schriften die Ansicht
über die dualistische Natur der flüchtigen Öle verließen und
zu der Annahme zurückkamen, daß Geruch und Geschmac"k
ihnen im Ganzen zukomme, waren der Professor der Medizin
in Halle F. A. C. Gren 1 ) und der ausgezeichnete Chemiker Ant.
Francois de Fourcroy a ) in Paris, von denen der erstere im Jahre
1796, der letztere im Jahre 1798 die Unhaltbarkeit der Ansicht
Boerhaves dartaten. Auch einer der bedeutendsten medi-
zinischen und chemischen Forscher seiner Zeit, der Professor
Friedrich Hoff mann in Halle (geb. 1660, gest. 1743), ein Zeit-
genosse Boerhaves, der die flüchtigen Öle mit großer Sorgfalt
dargestellt und beobachtet hat 3 ) schloß sich dessen Ansichten
nicht ohne Vorbehalt an. Hoffmann, ein vielseitiger und un-
befangener Forscher und Schriftsteller, war sich über die Natur
und Bestandteile der Öle indessen noch ebensowenig klar wie
x ) Grens Grundriß der Chemie nach den neuesten Entdeckungen ent-
worfen und zum Gebrauch akademischer Vorlesungen eingerichtet. Halle 1796.
Bd. 2, S. 217.
a ) Annales de chimie 25 (1798), 232 und Fourcroy, Systeme des
connaissances chimiques. Paris 1801.
8 ) FredericiHoffmannii Opera omnia pbysico-medica.. Denuo revisa
correcta et aucta. In sex tomos distributa. Genevae 1740 — 1761 — Veneti
1745, 17 Volumina — Neapel 1753, 25 Volumina.
74 Geschichtliche Einleitung.
seine Zeitgenossen. Er unterschied durch Auspressung, durch
„destillatio per ascensum" und „per descensum" x ) erhaltene
Öle und hielt den „Schwefel" für ein Grundprinzip der Öle, von
denen die bituminösen und empyreumatischen am reichsten an
Schwefel wären 2 ). Auch glaubte er die Farbe und den Geruch
der Öle durch den größeren oder geringeren Schwefelgehalt
bedingt.
Von Interesse dürfte aus der eingehenden Behandlung der
fluchtigen Öle in Hoffmanns Laboratorium und in seinen
Werken unter anderem die von ihm zuerst gewonnene Ansicht
sein, daß der bis dahin für ein flüchtiges organisches Salz ge-
haltene Campher ein geronnenes ätherisches Öl sei 8 ), sowie die
von ihm gemachte Wahrnehmung, daß die meisten im damaligen
Handel befindlichen destillierten Öle mit Terpentinöl, Oleum vini,
Alkohol und fetten Ölen verfälscht seien 4 ). Auch ermittelte
Hoff mann die Ausbeute vieler Vegetabilien an ätherischen
Ölen 5 ) und das spezifische Gewicht der meisten damals ge-
bräuchlichen Öle ).
Zu Anfang des 18. Jahrhunderts galt die Destillation als
eine bekannte und allgemein geübte Laboratoriumarbeit. Das
damalige Interesse wandte sich besonders der Ermittlung der
Ausbeute an ätherischem Öle aus den Vegetabilien und den
Eigenschaften der Öle zu. Dazu hatte wohl die von Glauber
befürwortete Destillation und die Rektifikation zur Entfärbung
und Auffrischung durch Alter dunkel gewordener Öle mittels
verdünnter Salzsäure Anregung gegeben.
*) „Destillatio per ascensum" entspricht der jetzt allgemein gebräuch-
lichen Destillationsweise, bei der die Dämpfe im Destillationsgefäß aufwärts
steigen und oberhalb abgeleitet werden. Bei der „destillatio per descensum"
werden die Dämpfe gezwungen, abwärts durch das Destillationsmaterial zu
gehen, um in das unter dem Destflliergefäß stehende Auffangegefäß zu ge-
langen. (Siehe Geschichte der Destillierweisen und der DestilHergeräte.)
2 ) Ebenda Tom 4. Liber 1, p. 449—451.
s ) Ebenda Liber 72. Observatio 13, p. 44—50.
*) Frederici Hoffmannii Opera, omnia physico-medica. Denuo revisa
correcta et aucta. In sex tomos distributa. Genevae 1740-1761 — Veneti 1745,
17 Volumina — Neapel 1753, 25 Volumina. Liber 67. Observatio 2, p. 9 — 11.
B ) Ebenda Liber 65. Observatio 1, p. 1—9. „De o/eis dest/'J/atis inquc
eorttm destii/atione observanda."
e ) Ebenda Liber 72. Observatio 8, p. 27-30. „Oravitas specifica o/eorum."
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 75
Den Ansichten Glaubers 1 ) und seiner Zeitgenossen trat
Friedr. Hoffmann entgegen; er erklärte die Benutzung des
spiritus salis*) oder der verdünnten Schwefelsäure 3 ) oder den
Zusatz von Pottasche, Weingeist und Alaun*) für die Destillation
der Öle für zwecklos, billigte aber den des Kochsalzes. Er
motivierte diesen Brauch durch die Erklärung, daß es „sehr
richtig sei, Salz bei der Destillation hinzuzusetzen, weil es die
Trennung der Ölteilchen befördere und Fäulnis verhindere. Ferner
machte es das Wasser schwerer, so daß das Pflanzenmaterial
nicht zu Boden sinkt und anbrennt; endlich reinige Salz 'das
Destillat" 5 ).
Auch kehrte man bei manchen Pflanzenstoffen, z. B. bei
Wacholderbeeren, Wermut, Salbei und anderen Kräutern, zu
dem im 15. und 16. Jahrhundert üblichen Verfahren der zuvorigen
Gärung der Vegetabilien, zuweilen unter Zusatz von Honig und
Hefe 8 ), oder zur zu vorigen Durchfeuchtung mit Weingeist 7 )
zurück. Gewiß erreichte man damit eine größere Ausbeute an
weingeisthaltigem Öle, ohne daß man diese Verdünnung des
Destillates durch Alkohol zu erkennen schien.
Die „absteigende Destillation" (destillatio per descensum)
wurde von Hoffmann für die Bereitung einzelner spezifisch
schwerer Öle, wie Zimt- und Nelkenöl, als die bessere Destillier-
weise wohl in dem Glauben empfohlen, daß die hierdurch dunkel-
*) Johanni Rudolphi Glauberii Furni novi philosophicf. Lugduni Bata-
vorum 1648 — Amstelodami 1648 — Prag 1700. Pars 1, p. 35, 36 et 41,
et pars 3, p. 30.
a ) Ebenda Pars 1, p. 36. Rohe, durch Destillation von Kochsalz mit
Alaun oder Schwefelsäure bereitete Salzsäure.
s ) Crells Chem. Journ. 8 (1780), 30. — Pfaffs System der Materia
medica. 1815. Bd. 4, S. 50.
*) Glauberii Furni novi philosophici. Lugduni Batavorum 1648. —
Prag 1700. Pars 1, p. 38 et pars 3, p. 31.
6 ) Fr. Hoffmannii Opera omnia physico- medica. Supplementum
secundum. Geneve 1760. Pars 1, p. 730.
«) Berlinisches Jahrbuch für Pharmacie 1804, 380.
') Demachy, Laborant im Großen, oder die Kunst die chemischen Pro-
ducte fabrikmäßig zu verfertigen. Aus dem Französischen übersetzt, mit
Zusätzen versehen von Samuel Hahnemann, der Arzneikunde Doctor und
Physikus des Amtes Gommern. Leipzig 1784, S. 238.
76 # Geschichtliche Einleitung.
farbigen, vermeintlich schwefelreicheren Öle, gehaltvoller und
besser seien 1 ).
Mit der Zunahme des Gebrauches der destillierten Öle stellten
sich von der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts an auch für diesen
Zweig der Laboratoriumindustrie weitergehende Handelsinteressen
ein. Es galt nicht nur gute, sondern auch gewinnbringende Pro-
dukte in besser konstruierten Destillierblasen herzustellen. Zur
Anleitung dafür erschienen neuere „Destillierbücher"*), welche
mit denen früherer Zeit wenig mehr als diesen Titel gemein hatten ;
und welche nicht nur der Destillation „gebrannter Wässer" allein,
sondern mehr der der flüchtigen Öle und zum Teil auch des
Weingeistes galten. Damit aber stellte sich auch das wissen-
schaftlich interessante und geschäftlich wichtige Problem der
möglichst größten Ausbeute der Pflanzenstoffe an Öl ein.
Mach dem Vorgange von Johann Winther 3 ), von Boerhave
und Fr. Hoffmann richteten sich die Arbeiten über destillierte
Öle im Laufe des 18. Jahrhunderts unter anderem auf die Er-
mittlung des Ergebnisses der Destillation der gangbaren aroma-
tischen Pflanzenstoffe an Öl. In dieser Richtung waren die
Arbeiten des Professors der Medizin, Botanik und Chemie an
der Universität zu Frankfurt a. d. Oder, Joh. Friedr. Cartheuscr
(geb. 1704, gest. 1769)*), des Berliner Apothekers Caspar Ncu-
*) Fr. Hoffmannii Opera omnia physico-medica. Tom. 4. Observa-
tionum selectiorum libri. 1717. Liber 1, p. 449 — 451. — Supplementum
secundum. 1760. Pars 1, p. 730.
s ) Von diesen waren die bedeutenderen:
Die zum allgemeinen Gebrauch wohl eingerichtete Destill irkunst.
Auch die Bereitung verschiedener destillierter Wässer und Öle. Von
G. H. Burghart. Breslau 1736. — Neue Auflage mit vielen Zusätzen von
J. Christian Wiegleb. 1754.
Das Brennen der Wasser, Öle und Geister. Wohleingerichtete
Destillierkunst und neue Zusätze. Von G. H. Burghart. Breslau 1748.
Trait6 raisonn6 de la distillation, ou Ja d/stillation röduite en principes
avec un trait6 des odeurs. Par De/ean. Paris 1753. — Deutsche Ausgabe,
Altenburg 1754.
Trait6 des odeurs, Suite du traitä de la distillation. Par De/ean.
Paris 1764.
' ") Siehe S. 64.
*) Cartheusers Arbeiten über destillierte Öle sind enthalten in seinen:
Fundaments materiae medicae. Francofurt. ad Viadr. 1738 und
Pariser Ausgabe 1752.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 77
mann (geb. 1683, gest. 1737) 1 ) und der Pariser Apotheker Claude
Joseph Geoffroy (geb. 1685, gest. 1752), und Guillaume Francois
Rouelle (geb. 1703, gest. 1770) s ), von besonderem Werte.
Diese ermittelten durch sorgfältige, allerdings nur mit ein-
fachen Destillierapparaten und im kleinen Maßstabe angestellte
Destillationen die Ausbeute der gebräuchlicheren Pflanzenstoffe
an flüchtigem Öle. Die von ihnen gewonnenen und in ihren
Schriften oder in Zeitschriften veröffentlichten Resultate ihrer
Untersuchungen 3 ) sind in die gesamte Fachliteratur ihrer und der
Folgezeit übergegangen und haben bis zum Anfange des vorigen
Elementa Chymiae dogmatico-experimentalis, una cum synopsi
Materiae medfcae sefecü'orfs. Hallae 1736. Editio secunda pr/ore Ionge
emendatior.
Dissertatio chymico-physica de genericis quibusdam plantarum
principiis hactenus neglectis. Francof. ad Viadr. 1754. Editio secunda 1764.
Dissertatio physico-chemica medica de quibusdam Materiae
medicae subjectis exarat. ac publice habet nunc Her, resus. Francof. ad
Viadr. 1774.
Dissertationes nonnullae selectiores physico-chemicae ac
medicae, varii argumenti post novam /ustrationem ad prelum revocat.
Francof. ad Viadr. 1778.
Pharmacologia theoretico-practica praelectionibus academicis
accommodata. Berolini 1745.
*) Caspar Neumanns Arbeiten über destillierte Öle finden sich im
zweiten Bande seiner: Chymia medica dogmatico-experimentalis,
oder Gründliche mit Experimenten bewiesene Medizinische Chemie.
Herausgegeben von Christ. Heinr. Kessel. 4 Bände. Züllichau 1749 — 1755.
a ) Geoffroys und Rouelles Arbeiten über flüchtige Öle befinden sich
in den Jahrgängen 1730 bis 1760 der Memoires de l'academie royale des
Sciences de Paris.
3 ) Die im Laufe des 18. Jahrhunderts bis zum Jahre 1789 gemachten
Beobachtungen über die Ausbeute und die Eigenschaften der destillierten
Öle hat Remler in Erfurt in tabellarischer Zusammenstellung im Jahre 1789
in Erfurt herausgegeben.
Eine gleiche, auch den Ursprung der Öle in Berücksichtigung ziehende
tabellarische Zusammenstellung hat Raybaud in Paris bei Gelegenheit der
Pariser Industrie-Ausstellung im Jahre 1833 im Journal de Pharmacie, August
1834 (in deutscher Bearbeitung in Buchners Repert. der Pharm. 51 (1835),
54) veröffentlicht. Eine weitere zeitentsprechende Bearbeitung dieses Gegen-
standes und besonders der Darstellung und Ausbeute der Öle wurde noch-
mals im Jahre 1850 und 1855 von G. H. Zeller im „Jahrbuch für praktische
Pharmacie und verwandte Fächer" und demnächst im Sonderabdruck („Studien
über ätherische Öle", Landau 1850, und „Ausbeute und Darstellung der
ätherischen Öle", Stuttgart 1855) veröffentlicht.
78 Geschichtliche Einleitung.
Jahrhunderts als maßgebend gegolten. Diese sowie aridere
Arbeiten über die Öle fanden durch das umfassende und für lange
Zeit allgemein gültige Dispensatorium des englischen Arztes und
Chemikers William Lewis 1 ) Eingang in die englische Literatur.
Wie sehr zu Ende des 17. und im Laufe des 18. Jahrhunderts
das Interesse für die Natur und Zusammensetzung der destil-
lierten Öle, wesentlich wohl durch die Anregung einer Anzahl
von Universitätslehrern, zunahm, und wie diese Öle mehr und
mehr in Untersuchung gezogen wurden, ergibt sich, außer aus
den Arbeiten der genannten Forscher, aus der beträchtlichen
Anzahl von Untersuchungen, welche als Gegenstand von Disser-
tationsarbeiten an deutschen Universitäten ausgeführt wurden 2 ).
*■) The new Dispensatory: Containing the theory and practice of
pharmacy, a description of medicinal simples, according to their virtues
and medicinal qualities, the description, use and dose of each artic/e usw.
Intended as a correction and improvement of Quincy. London 1753.
*) Von diesen sind am meisten zu berücksichtigen:
1670. De oleorum destillatorum natura et usu in genere. Dissertatio ab
David Kellner. Helmstadii.
1696. De o/eis destiliatis. Dissertatio ab Henrico Rosenberg. Jenae.
1744. De oieis destiliatis empyreumaticis. Dissertatio ab Christian Lindner.
Francofurti ab Viadrum.
1744. De saie volatili oleoso solido in oieis aethereis nonnunquam reperto.
Dissertatio ab Fr. Günther. Francofurti ad Viadrum.
1745. De oieis vegetabiiium essentiaübus. Dissertatio ab A. Fr. Walther.
Lipsiae.
1746. De spiritti rectore in regno animali, vegetabili et fossil/', atmos-
phaerico. Dissertatio ab Gottfried de Xhore. Leidae.
1747. De oleorum destillatorum usu multiplice principue in castris. Disser-
tatio ab Joh. Paul Ziegler. Altorfii.
1748. Dissertatio chemica inauguralis sistens dosimasiam concretiontim in
nonnuliis oieis aethereis observatarum ab F. Hagen. Regiomontanae.
1752. De oieis essentiaübus aethereis eorumque modo operandi et usu.
Dissertatio ab Johann Friedr. Vangerow. Hallae.
1759. De oieis destiliatis aethereis. Dissertatio ab Fr.W. Eiken. Helmstadii.
1 765. De partibus oleorum aethereorum constitutivis. Dissertatio ab Johannes
Christ. Schmidtius. Jenae.
1765. De partibus oleorum aethereorum constitutivis. Dissertatio ab
J. Fr. Faselius. Jenae.
1765. De oieis vegetabiiium essentiaübus, eorumque partibus constitutivis.
Dissertatio ab W. B. Trommsdorff. Erfurti.
1778. De adulterationibus oleorum aethereorum. Dissertatio ab K. W. Chr.
Müller. Goettingen.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 79
Alle diese Untersuchungen wurden indessen noch auf Grund-
lage falscher Prämissen vollzogen und konnten zu rechten Resul-
taten nicht gelangen. In den Doktrinen der Chemie stand man
bis nahezu zum Ende des "18. Jahrhunderts noch in dem Banne
der Phlogistontheorie, und für die Konstitution der flüchtigen
Öle bestanden Boerhaves und Hoffmanns Glaubenssätze
nahezu ebensolange fort. Bekanntlich wurden die Elemente des
Wassers erst im Jahre 1766, die der atmosphärischen Luft im
Jahre 1774 entdeckt und die Phlogistontheorie erst um das Jahr
1785 endgültig abgetan.
Wie unfertig die Begriffe über die chemische Natur der
ätherischen Öle selbst noch zur Zeit Scheeles waren, ergibt sich
unter anderem aus einer im Jahre 1765 von der Universität Jena
honorierten Dissertation 1 ), welche folgende Hauptsätze aufstellte:
„Die wesentlichen Bestandteile der destillierten Öle sind zweierlei Art,
feste und flüssige. Zu den ersteren gehören Schwefel oder Phlogiston, Erde
und Salze, zu den letzteren Luft, Feuer und Wasser. Für das Vorhandensein
der ersteren spricht die Entzündbarkeit der Öle, denn alles was mit Flamme
brennt, enthält reichlich Schwefel oder Phlogiston. Sodann spricht die Farbe
und die Färbung der Öle dafür. Manche sind gelb, andere grün oder blau;
beim Alter verdunkeln die Farben. Jede Färbung aber rührt bekanntlich von
Schwefel- oder Phlogistonanteilen her. Solche Öle haben einen durch-
dringenden Geruch, der nur durch den Gehalt von flüchtigen salinen Schwefel-
teilen verursacht wird, sie enthalten daher Schwefel oder Phlogiston in
genügend großen Mengen.
Mit der Zeit verwandeln diese Öle sich in eine harzartige Masse, was
ohne Phlogiston nicht denkbar ist.
Die ätherischen Öle brennen immer mit stark rußender Flamme; aller
Ruß aber besteht aus Erde, Salz, Wasser und Phlogiston. Mit Salpetersäure
behandelt lassen sie Erde und Kohle zurück.
Manche Öle haben ein größeres spezifisches Gewicht als Wasser; das
hängt von deren größerem Gehalte an Erdbestandteilen und Salzen ab."
Bei den mit dem Anfange des 18. Jahrhunderts beginnenden
Beobachtungen über die Eigenschaften der ätherischen Öle und
ihr Verhalten gegen chemisch stark wirkende Substanzen er-
gaben sich zunächst nur oberflächliche Einblicke in ihre Natur.
Viele von diesen Versuchen blieben indessen resultatlos, so
unter anderem der von dem ausgezeichneten Chemiker Wilhelm
Homberg (geb. 1652, gest. 1715) um das Jahr 1700 durch wieder-
*) De partibus o/eoram aethereorum constitutivis. Dissertatio inau-
guralis per Johannes Christianus Schmidtius. Jenae d. 30. Maerz 1765.
80 Geschichtliche Einleitung.
holte Destillation flüchtiger Öle über Kreide und gebrannten
Kalk 1 ) unternommene.
Zu besserer Erkenntnis kam man auf dem Wege der Be-
obachtung. Man lernte die, vereinzelt schon im Mittelalter, dann
aber von Valerius Cordus im Jahre 1539, von Joh. Kunkel im
Jahre 1685, von J. H. Link im Jahre 1717, von Friedr. Hoff-
mann im Jahre 1701, von Caspar Neumann im Jahre 1719
und von anderen bemerkte kristallinische Abscheidung bei der
längeren Aufbewahrung mancher destillierter, und die butter-
artige Erstarrung einzelner Öle bei Temperaturerniedrigung ge-
nauer kennen. Man hielt die kristallinischen festen Anteile für
ein flüchtiges Salz, später für einen jedem Öle eigenartigen
Campher, wohl auch zuweilen für Benzoesäure 2 ). Fr. Hoffmann
erklärte die Erstarrung des Rosenöls, des Anis- und Fenchelöls
durch die Bildung einer geronnenen Modifikation der Öle, während
Caspar Neumann im Jahre 1719 und Cl. J. Geoffroy im Jahre
1726 die aus den flüchtigen Ölen bei längerem Stehen sich
ausscheidenden Kristalle für Campher ansahen 8 ). Solche be-
obachteten Caspar Neumann im Thymian-, Cardamomen- und
Majoranöl*), H. D. Gaubius in Leiden im Jahre 1770 im Pfeffer-
minzöl 5 ), J. C. Wiegleb im Jahre 1774 im Macisöl"), Arezula
im Jahre 1785 im Lavendel-, Rosmarin-, Salbei- und Majoranöl 7 ).
Alle hielten diese kristallinischen Ausscheidungen für Campher-
arten, nur J. C. Wiegleb erklärte sie für „besonders geartete
brennbare Salze" 8 ).
l ) Memoires de l'acad6mie royale des sciences de Paris. 1700, p. 298
und 1701, p. 129, und Chem. u. botan. Abhandlungen der Acad. d. Wissensch.
zu Paris. Übersetzt von Steinwehr. Bd. 3, S. 155—157.
*) Hagen, Dissertatio chemica inauguralis sistens dosimasiam, con-
cretionum in nonnuliis oleis aethereis observatarum. Regiomontanae 1748.
P. J. Macquers Dictionnaire de Chymie. Paris 1766. Deutsche Ober-
setzung von ). G. Leonhardi. Leipzig 1781. Bd. 4 S. 465, Anmerk. 9.
°) M6moires de l'academie royale des sciences de Paris. 1726, p. 95.
*) De sa/ibus a/calino fixis et camphora. Berolini 1727, p. 105.
B ) Adversariorum varii argumenti Über unus. Leidae 1771. Sectio 7,
p. 99— 112.
ü ) Vogels Lehrsätze der Chemie. Mit Anmerkungen herausgegeben von
J. C. Wiegleb. Weimar 1775. § 342.
') Resultate) de las experlencas hachas sobre alcartfor de Murcia con
Ifcencia. En Segovia 1789.
8 ) Siehe Anmerkung 6.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 81
Die Einwirkung von starken Säuren auf ätherische Öle war
um das Jahr 1663 schon von J. R. Glauber untersucht worden 1 ).
Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden mehrfach Beobachtungen
darüber bekannt, so über die Wechselwirkung zwischen starker
Salpetersäure und destillierten Ölen von Olaus Borrichius im
Jahre 167P), von J. P. Tournefort im Jahre 1698 8 ), von Hasse
im Jahre 1783 4 ); über die Reaktion mit Schwefelsäure von Joh.
Kunkel im Jahre 1700 5 ) und von W. Homberg im Jahre 1701 8 ).
Eingehendere Versuche über die Einwirkung von starken Säuren
auf ätherische Öle wurden von Friedrich Hoff mann 7 ) und von
Cl. J. Geoffroy im Jahre 1726 8 ) und von G. F. Rouelle im
Jahre 1747 9 ) angestellt. Bei der Destillation der Öle mit starker
Salzsäure, besonders wo sich diese möglichst wasserfrei erst
entwickelt, glaubte man Verbindungen der Öle mit Salzsäure zu
erhalten. Eine solche kannte schon Homberg' ) im Jahre 1709.
Die Darstellung einer bestimmten derartigen Verbindung, des
vermeintlich künstlichen Camphers, gelang aber erst dem Apo-
theker Kindt 11 ) in Eutin im Jahre 1803 durch Einwirkung von
Salzsäuredämpfen auf Terpentinöl.
Auch wurden um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Lös-
lichkeitsverhältnisse und die Farbe der destillierten Öle berück-
sichtigt. Von diesen Untersuchungen waren die von Macquer
im Jahre 1745 veröffentlichten Studien über die Löslichkeit destil-
lierter Öle in Weingeist 12 ) die eingehendsten, während Wilh.
*) R. Glauberii Prosperitas Oermaniae. Amstelod. 1656.
*) Acta medica et philosophica ffaffnienses. 1671, p. 133.
3 ) ffistoria regiae scientiarum academiae. Autore du Hamel. Parisii
1701, p. 495.
*) Crells Neueste Entdeckungen in der Chemie 9 (1783), 38. — Crells
Chem. Annalen 1 (1785), 417.
8 ) Laboratorium chimicum. Hamburg 1716, p. 347.
e ) Chem. botan. Abhandlungen der königl. Acad. der Wissensch. in Paris.
Übersetzt von Steinwehr. 1, 720.
') Observatorium physico-chimicarum seJectiorum. 1712. Liber III, p. 123.
8 ) Memoires de l'academie royale des sciences de Paris. 1726, 95.
») Ebenda 1747, 45.
") Chem. botan. Abhandl. d. königl. Acad. d. Wissensch. in Paris.
Übersetzt von Steinwehr. 8, 155 — 167.
ll ) Trommsdorffs Journ. d. Pharmazie 11 II. (1803), 132.
1S ) Memoires de l'academie royale des sciences de Paris. 1745, 4.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 6
82 Geschichtliche 'Einteilung.
Homberg 1 ) im Jahre 1707 und Jacob J. Bindheim a ) in Moskau
im Jahre 1788 Untersuchungen über die Ursache der verschie-
denen Farben und des Farbenwechsels der Öle unternahmen.
Der letztere gelangte zu dem Schlüsse, daß die Farbe von dem
mehr oder minder großen Gehalte an Harz herrühre, welches
bei der Destillation mit übergerissen wird, weshalb auch die
dunkelfarbigen Öle harzreicher zu sein pflegen. Auch wurde
von Bindheim die Ausbeute an ätherischem Öl, besonders bei
Kamillen und Pfefferminz, bei der Destillation größerer Mengen
der Vegetabilien ermittelt.
Margueron studierte im Jahre 1793 und 1794 die Wirkung
des Frostes auf ätherische Öle und beobachtete besonders das
Erstarren und die Bildung von Kristallen und kristallinischen
Absätzen bei einer Reihe der gangbarsten Öle 8 ).
Wie schon auf S. 70 bemerkt, gewährte die Phlogiston-
theorie für die Erforschung der organischen Körper und so auch
der ätherischen Öle in keiner Weise einen Anhaltspunkt oder
eine Grundlage. Als Cavendish um das Jahr 1766 die Elemente
des Wassers ermittelt und Scheele und Priestley während
der Jahre 1 77 1 4 ) bis 1774 den Sauerstoff entdeckt hatten, bahnte
sich durch Lavoisiers Arbeiten und geistvolle Interpretationen
allmählich der Abfall von der Phlogistondoktrin und der Über-
gang zu der von diesem und zeitgenössischen Chemikern aus-
gehenden neuen Lehre der chemischen Zusammensetzung der
irdischen Stoffe an. Die Reform der chemischen Wissenschaft
eröffnete auch für die Erforschung der ätherischen Öle neue
Bahnen. Diese zu den schwierigeren Gebieten der organischen
Chemie gehörende Gruppe von Pflanzenprodukten fand auch
hinsichtlich ihrer elementaren Zusammensetzung allmählich sach-
kundige Aufklärung.
x ) Chem. botan. Abhandl. d. königl. Acad. d. Wissensch. in Paris. Über-
setzt von Steinwehr. Bd. 3, S. 155—167.
s ) Crells Chem. Annal. 1788 II, 219 u. 488.
s ) Journ. de Chim. et de Phys. 2 (1794), 178. — Crells Chem. Annal.
1J95 II, 195, 310 und 430.
*) A. E. von Nordenskiöld, Scheeles nachgelassene Briefe und
Aufzeichnungen. Stockholm 1892. S. XXI, 86, 408, 458 u. 466. — Pharm.
Rundschau (rieuyork) 11 (1893), 28 u. 48.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 83
Die ersten von den neuen Anschauungen beeinflußten Unter-
suchungen dürften die der holländischen Chemiker Deimann,
Troostwyck, Bond und Lauwerenburg 1 ) gewesen sein, welche
den Dampf ätherischer Öle durch glühende Eisenrohre leiteten
und die entstehenden Gase untersuchten. Gleichzeitig machten
sie den kühnen Versuch einer synthetischen Darstellung der Öle
durch Einwirkung von Chlor auf das sogenannte ölbildende
Kohlenwasserstoffgas.
Die erste Untersuchung eines ätherischen Öles, welche auf
Grund der neuen Lehre ausgeführt wurde und wissenschaftlichen
Wert hat, ist die von Houton-Labillardiere 2 ) ausgeführte
Elementaranalyse des Terpentinöls, durch welche das bei allen
Terpenkohlenwasserstoffen (Hemiterpenen, Terpenen, Sesqui- und
Polyterpenen) bestehende Verhältnis von fünf Kohlenstoff- zu
acht Wasserstoffatomen erkannt wurde.
Wie schon auf Seite 80 erwähnt, wurden die im Laufe der
Zeit oft beobachteten kristallinischen Ausscheidungen aus äthe-
rischen Ölen als Campher bezeichnet und auch meist als iden-
tisch mit Laurineencampher angesehen (was in einzelnen Fällen
wirklich zutraf), weil sie mit diesem manche Eigenschaften, wie
die Flüchtigkeit, die Löslichkeit in Alkohol und fetten Ölen, die
Brennbarkeit mit rußender Flamme, gemeinsam hatten. Gegen
die summarische Bezeichnung Campher für die festen Ab-
scheidungen wandte sich Berzelius mit folgenden Worten:
„Einige Schriftsteller haben alle festen flüchtigen Öle Campher genannt.
Dies hat indessen den großen Übelstand, daß man dadurch der wohlbekannten
Benennung einer allgemein angewendeten Substanz eine andere Bedeutung,
als sie von alters her hatte, beilegt, und deshalb glaubte ich den Gebrauch
des Wortes Campher in dieser Beziehung gänzlich verwerfen zu müssen."
Berzelius führte dann weiter aus, daß die flüchtigen Öle
ein ähnliches Verhalten wie die fetten zeigen, daß sie wie diese
ein Gemenge mehrerer Öle von ungleichem Erstarrungspunkt
sein können, und daß es unter Umständen glücke, einige in ein
erstarrendes, bei gewöhnlicher Temperatur festes Öl und in ein
bei niedrigerer Temperatur flüssiges zu trennen. Man könne
*) Journ. de Chim et de Phys. 17»* II, 178. — Crells Chem. Annal.
1795 n, 195, 310 u. 430.
*) Journ. de Pharmacie 4 (1818), 5.
6*
84 Geschichtliche Einleitung.
daher diese Bestandteile durch analoge Namen wie bei den
fetten Ölen von einander unterscheiden, indem man das feste
„Stearopten" und das flüssige „Elaeopten" (von it%\]v<'>v
flüchtig, ovtaQ Talg und llalov Öl) nenne 1 ).
Dieser beachtenswerte Vorschlag hatte nur den Erfolg, daß
man fortan die festen Abscheidungen ätherischer Öle abwechselnd
Stearopten und Campher nannte. Selbst heutigen Tages sind
noch Bezeichnungen wie Cederncampher, Cubebencampher und
Wacholdercampher in Gebrauch.
In der mißbräuchlichen Anwendung des Wortes Campher
gingen Soubeiran und Capitaine 2 ) später sogar noch weiter
und nannten die flüssigen Chlorwasserstoffadditionsprodukte von
Terpenen „flüssige Campher". Da man gefunden hatte, daß der
Campher Sauerstoff enthielt, wurde die Bezeichnung Campher
auch noch auf die sauerstoffhaltigen, nicht festen Anteile flüch-
tiger Öle ausgedehnt.
Mit der Analyse einiger Stearoptene begann Dumas anfangs
der dreißiger Jahre seine Untersuchungen über die ätherischen
Öle. Wenn auch bis dahin schon eine ganze Reihe besonders
auffälliger Erscheinungen an einzelnen Ölen beobachtet und be-
schrieben worden war, so fängt eine planmäßige Untersuchung
der Bestandteile erst mit Dumas an.
In seiner im Jahre 1833 erschienenen Abhandlung: „Über
die vegetabilischen Substanzen, welche sich dem Campher nähern
und über einige ätherische Öle" 8 ) teilt Dumas letztere in ver-
schiedene Gruppen ein und unterscheidet:
1) solche, die nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff be-
stehen, wie das Terpentin- und Citronenöl;
2) sauerstoffhaltige, wie Campher und Anisöl;
3) solche, welche wie das Senföl Schwefel 4 ) und wie das
Bittermandelöl Stickstoff enthalten.
') Berzelius, Lehrbuch der Chemie. 3. Aufl. 1837. Bd. 6, S. 580.
a ) Liebigs Annalen S4 (1840), 311.
s ) Ebenda 6 (1833), 245.
*) Der Schwefelgehalt des Senföls war 1819 von Thibierge kjuurn. de
Pharm. 5 [1829], 20, 439 u. 446. — Trommsdorffs Neues lourn. der Pharm. 4= II.
[1820], 250) erkannt worden. Auf die eigentümliche Erscheinung der Schwefel-
wasserstoffentwicklung bei der Destillation mancher Umbelliferenfrüchte wie
Kümmel, Dill, Fenchel usw. hatte L. A. Planche in Paris im Jahre 1820 auf-
merksam gemacht. (Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 7 I [1823], 356.)
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 85
Bei der Elementaranalyse des festen Pfefferminzöls, des
Camphers und des festen Anisöls fand er für diese die Zu-
sammensetzung C 4 H 10 V2O, C s H 8 VsO und C B H 8 7 2 0. Man braucht
nur zu verdoppeln, um die unseren heutigen Anschauungen ent-
sprechenden Formeln zu erhalten.
Von sauerstofffreien Ölen analysierte Dumas Terpentinöl
und die Kohlenwasserstoffe des Citronenöls und bestätigte die
von Houton-Labillardiere erhaltenen Resultate. In den Jahren
1833 — 1835 veröffentlichte Dumas weitere Abhandlungen, teil-
weise in Gemeinschaft mit Pelouze und Peligot. Sie beziehen
sich auf den künstlichen Campher (Pinenchlorhydrat), auf Senföl,
Zimtöl, Terpentinhydrat, Irisöl, Pfefferöl, Wacholderbeeröl und
andere Öle.
Fast gleichzeitig mit der ersten Publikation von Dumas
gaben Blanchet und Seil 1 ) die Resultate ihrer im Liebigschen
Laboratorium ausgeführten Untersuchungen bekannt, die sich
zum großen Teil auf dieselben Substanzen erstreckten, über die
Dumas gearbeitet hatte.
Das bemerkenswerteste Ergebnis dieser Forschungen ist
wohl die Erkenntnis der Identität der FenchelÖl- und Anisöl-
Stearoptene.
Einige Jahre später (1837) erschien die im hohen Grade
wichtige und interessante Arbeit von Liebig und Wöhler über
das Bittermandelöl 2 ). Schon im Jahre 1802 hatten Schrader
und Vauquelin im Destillat der bitteren Mandeln Blausäure
entdeckt. Im Jahre 1822 hatte Robiquet gezeigt, daß das
ätherische Öl in den Mandeln nicht präexistiere, und hatte
zusammen mit Boutron-Charlard 1830 das Amygdalin
dargestellt. Es war ihnen aber nicht gelungen, aus diesem
Körper Bittermandelöl zu gewinnen. Hier setzte die Unter-
suchung von Lieb ig und Wöhler ein, durch die bewiesen
wurde, daß durch Einwirkung des Emulsins Amygdalin in Benz-
aldehyd, Blausäure und Zucker gespalten wird. Am Schlüsse
ihrer Abhandlung wiesen sie darauf hin, daß die Bildung des
ätherischen Senföls zu der des Bittermandelöls in naher Be-
ziehung stehe, da der vom fetten Öl befreite Senfsamen keinen
J ) Liebigs Annalen 7 (1833), 154.
») Ebenda 22 (1837), 1.
86 Geschichtliche Einleitung.
Geruch besitze, und erst die Gegenwart von Wasser diesen
hervorrufe.
Die Untersuchung des Senf Öls durch Will 1 ) im Jahre 1844
bestätigte diese Annahme durchaus.
Das Interesse der Chemiker wandte sich jetzt der Unter-
suchung der durch Einwirkung von Salzsäure auf verschiedene
Terpene entstehenden teils flüssigen, teils festen Chlorhydrate,
der Erforschung des Terpinhydrats und dessen Spaltungspro-
dukten zu.
Das Studium der hierher gehörigen Arbeiten wird dadurch
erschwert, daß Gemische von oft drei bis vier Substanzen für ein-
heitliche Körper angesehen und als solche beschrieben wurden 3 ),
und daß fast jeder Autor, unbekümmert um andere Arbeiten,
eine eigene Nomenklatur anwandte 8 ).
Im Jahre 1803 hatte der Apotheker Kindt*) das feste Pinen-
monochlorhydrat entdeckt und es für „künstlichen Campher" er-
klärt, eine Ansicht, die auch von Trommsdorff 6 ) geteilt wurde.
Die wirkliche Zusammensetzung dieser Verbindung ermittelte
Dumas im Jahre 1833. Bei dem Studium desselben Körpers
hatten nun Blanchet und Seil gefunden, daß beim Einleiten
von Salzsäuregas in Terpentinöl sich neben dem festen auch
ein flüssiges Chlorhydrat bilde.
Das feste Dipentendichlorhydrat (salzsaures Citronenöl von
Blanchet und Seil, oder künstlicher Citronencampher von
Dumas) war im Jahre 1807 von Thgnard entdeckt worden.
Mit der Untersuchung dieser und ähnlicher Verbindungen
beschäftigten sich Soubeiran und Capitaine (Terpentinöl),
Deville (Terpentinöl, Elemiöl), Schweizer (Carven) und Ber-
l ) Liebigs Annalen 52 (1844), 1. Vollständige Aufklärung der sich bei
der Senfölbildung abspielenden Vorgänge brachten erst die erneuten Unter-
suchungen von Wirl und Körner im Jahre 1863. Liebigs Annalen 12.">
(1863), 257.
B ) Diese Verwirrung hat bis in die neueste Zeit gedauert, bis Wallach
Klarheit in die sehr verwickelten Vorgänge brachte.
s ) Die geschichtliche Entwicklung dieses Teils der Terpenchemie ist von
E. Kremers „Terpene und Terpenderivate, ein Beitrag zur Geschichte der
ätherischen Öle" (Pharm. Rundschau, [Neuyork.] 9 [1891], 55, 110, 159, 217,
237 und 10 [1892], 10, 31, 60) beschrieben worden.
*) Trommsdorffs Joum. der Pharm. 11 IL (1803), 132.
5 ) Ebenda 135.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 87
thelot 1 ) (Terpentinöl). Die Entstehung des Terpinhydrats und
die Einwirkung von Säuren auf dieses studierten hauptsächlich
Wiggers, List, Deville und Berthelot 2 ).
Eine in dieselbe Periode fallende Veröffentlichung von Ger-
hardt und Cahours 3 ) (1841) ist insofern von Interesse, als in
ihr eine Definition der ätherischen Öle gegeben wird, die sich
mit den noch heute gültigen Ansichten ungefähr deckt. Die
Abhandlung ist auch deshalb wichtig, weil darin neue Unter-
suchungsweisen bekannt gegeben werden. Über die Öle im all-
gemeinen sagen diese Autoren:
„Es gibt in der Tat nur sehr wenige, welche sich kristallisiert erhalten
lassen; die meisten sind flüssig und bestehen aus Gemengen von zwei und
selbst drei eigentümlichen Stoffen, die man nur selten durch Destillation bei
verschiedenen 'Temperaturen für sich erhält."
Die Trennung der einzelnen Körper wird von ihnen durch
Auskristallisieren des festen Bestandteils bewirkt, ferner dadurch,
daß man den leichter siedenden Kohlenwasserstoff durch Destil-
lation des rohen Öles bis 20 — 30° unter seinem Siedepunkte
isoliert 4 ). Allein auf diese Weise kann der Kohlenwasserstoff
nicht ganz von sauerstoffhaltigen Beimengungen befreit werden,
weshalb man ihn mit schmelzendem Ätzkali behandelt. Aber
auch die Sauerstoff enthaltenden Anteile werden der Behandlung
mit schmelzendem Kali unterzogen und so aus CuminÖl (Römisch
Kümmelöl) Cuminsäure, aus BaldrianÖl Baldriansäure erhalten.
1 ) Für die spätere Zeit sind zu nennen: Oppenheim (1864), Hell und
Ritter (1884), Bouchardat und Lafont (1886) und schließlich Wallach
(1884—1887).
2 ) Denselben Gegenstand verfolgten weiter Oppenheim (1864), Fla-
witzky (1879), Tilden (1878/79), Bouchardat und Voiry (1887). Auch
hier war es wiederum Wallach, der durch exakt ausgeführte Versuche die
Einwirkung einzelner Säuren in verschiedenen Konzentrationen auf Terpin-
hydrat studierte und die hierbei entstehenden Körper identifizierte.
s ) Liebigs Annalen 38 (1841), 67.
*) Die fraktionierte Destillation war bei der Untersuchung der ätherischen
Öle schon etwas früher gebräuchlich. Schon im Jahre 1838 hat Walter
Pfefferminzöl der „gebrochenen Destillation" unterworfen (Gmelin, Handbuch
der Chemie, IV. Aufl. Bd. 7a, S. 404). Im Jahre 1840 spricht Völckel (Liebigs
Annalen 35 [1840], 306) von „fraktionierter Destillation". Selbst Blanchet
und Seil benutzten schon im Jahre 1833 die Fraktionierung mit Wasserdampf
zur Trennung und fanden, daß bei so destilliertem Citronenöl das zuerst Über-
gehende bei 167° C, das Letzte bei 173° siedet.
38 Geschichtliche Einleitung.
Eines nicht weniger kräftigen Mittels bedienten sich Roch-
leder, Persoz, Laurent und Gerhardt, um einen Einblick
in die Natur der ätherischen Öle zu gewinnen. Sie oxydierten
entweder das Öl selbst oder einzelne Fraktionen mit Chrom-
säure oder Salpetersäure. Ihre Versuche erstreckten sich auf
Baldrianöl, Salbeiöl, Anisöl, Sternanis- und Fenchelöl, Römisch
Kümmelöl, Zimtöl, Rainfarnöl und Estragonöl. Die aus den
Oxydationsprodukten gezogenen Schlüsse waren teils richtig,
teils falsch. So hatte zum Beispiel Gerhardt auf die Identität
der von Laurent durch Oxydation des Estragonöls erhaltenen
Dragonsäure mit Anissäure hingewiesen und behauptet, Es-
tragonöl und AnisÖl seien „absolut identisch". Die Schluß-
folgerung war falsch, denn das Anethol des Anisöls ist Para-
methoxypropenylbenzol, während im Estragonöl Paramethoxy-
allylbenzol x ) die Entstehung von Anissäure bei der Oxydation
veranlaßt.
Bei diesem Oxydationsverfahren war es aber unmöglich zu
entscheiden, ob ein nach der Oxydation erhaltener Körper
schon vorher in dem Öle war oder nicht. So wurde mehrfach
Campher in oxydierten Ölen gefunden, der, obwohl er, wie
z. B. beim Baldrian- und Salbeiöl, von Borneol herrührte, als
ursprünglicher Bestandteil angesehen wurde. Es müssen schon
Persoz Zweifel über die Zulänglichkeit der auf den Oxydations-
resultaten aufgebauten Schlüsse erstanden sein, denn er ließ
es unentschieden, ob im Rainfarnöl der Campher im Öle
selbst vorhanden gewesen sei oder nicht. Tatsächlich enthält
Rainfarnöl schon von Anfang an Campher 2 ), der widerstands-
fähiger gegen Oxydationsmittel ist als die übrigen Bestandteile
des Öles.
Von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung der
Chemie der ätherischen Öle sind die in die Zeit vom Jahre 1852
bis 1863 fallenden Arbeiten Berthelots gewesen, die haupt-
sächlich die Kohlenwasserstoffe der ätherischen Öle zum Gegen-
stand der Untersuchung hatten.
*■) Es wurde dies zuerst im Laboratorium von Schimmel § Co. (Bericht
von Schimmel § Co. April 1892, 17) gefunden und später von Grimaux
(Compt. rend. 117 [1893], 1089) bestätigt.
•) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1895, 34.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 89
Berthelot 1 ) studierte in erster Linie den Kohlenwasserstoff
des Terpentinöls und die aus dem Chlorhydrat entstehenden
Isomeren und Polymeren. Aus dem Pinenchlorhydrat erhielt er
durch Erhitzen mit stearinsaurem Baryt oder benzoesaurem
Natron einen neuen Kohlenwasserstoff, den er das „eigentliche
Camphen" 2 ) nannte (unser heutiges Camphen) und das je nach
dem angewandten Terpentinöl oder dem salzsäureentziehenden
Mittel entweder inaktiv oder rechts- oder linksdrehend erhalten
wurde.
Berthelot unterscheidet folgende Kohlenwasserstoffe:
1. Terebenten (I-Pinen) aus französischem Terpentinöl, links-
drehend 8 ), Siedepunkt 161° Gibt ein linksdrehendes Mono-
chlorhydrat sowie unter geeigneten Bedingungen ein inaktives
Dihydrochlorid (Dipentendichlorhydrat).
2. Terecamphen (1-Campben) aus dem Terebentenchlorhydrat,
optisch aktiv, linksdrehend, bei 45° schmelzend und bei 160°
siedend. Bildet mit Salzsäure ein rechtsdrehendes Chlorhydrat.
3. Australen (d-Pinen) aus amerikanischem Terpentinöl, Siede-
punkt 161°, rechtsdrehend wie sein Chlorhydrat. Sein Verhalten
gegen Salzsäure ist dem des Terebentens analog.
4. Austracamphen (d-Camphen) aus Australenchlorhydrat, ent-
spricht dem Terecamphen.
5. Inaktives Camphen (i-Camphen) kann durch entsprechende
Behandlung aus den Chlorwasserstoffverbindungen sowohl des
Terebentens wie des Australens erhalten werden.
6. Tereben*), bei 160° siedend.
*) Compt. rend. 55 (1862), 496 u. 544; auch Liebigs Annalen, Suppl. II
(1862,63), 226.
a ) Soubeiran und Capitaine hatten die Bezeichnung Camphen für
alle Kohlenwasserstoffe C 6 H 8 angewandt. (Liebigs Annalen 34 [1840], 311.)
s ) Das Rotationsvermögen der ätherischen Öle wurde zuerst von B. Bio t
im Jahre 1817 an französischem Terpentinöl (Memoires de l'academie des
sciences 13 [1817]), später auch an Citronenöl beobachtet. Bei dem Terpen-
tinöl wurde Linksdrehung, bei Citronenöl Rechtsdrehung festgestellt. Im Jahre
1843 fand Leeson in London, daß das amerikanische Terpentinöl, ein dem
französischen entgegengesetztes Rotationsvermögen besitzt, eine Beobachtung,
die bald darauf von Pereira und Guibourt bestätigt wurde. Pereira
führte die Bezeichnung laevo-gyrate une dextro-gyrate für links- und rechts-
drehend ein. (Pharrnaceutical Journ. I. 5 [1845], 70.)
*) Dieser von Berthelot für einen einheitlichen Kohlenwasserstoff ge-
haltene Körper besteht nach Riban aus einem Gemisch von Terpen, Cymol
und Campher. Power und Kleber wiesen im Tereben Camphen, Dipenten,
Terpinen und Cymol nach. (Pharm. Rundschau [Neuyork] 12 [1894], 16.)
90 Geschichtliche Einleitung.
Die genannten sechs Kohlenwasserstoffe sind isomer und
haben die Formel C 10 H 18 .
Die folgenden sind mit den ersteren polymer:
1. Ein flüssiger bei 250° siedender Kohlenwasserstoff, welcher wahr-
scheinlich Sesquitereben C lB H ä4 ; ist
2. Das Ditereben (Devilles Colophen) CsoHsb, eine gegen 300 c
siedende inaktive Flüssigkeit
3. Verschiedene Polyterebene CionHion, Flüssigkeiten von immer
zunehmender Zähigkeit, ohne Rotationsvermögen, deren Siede-
punkt zwischen 360° und der Dunkelrotglühhitze liegt.
Berthelot fährt dann, nachdem er die Bildungsweisen der
einzelnen Kohlenwasserstoffe besprochen hat, fort:
„In der Tat ist nach den bekannten Tatsachen der Kohlenwasserstoff
CioHie, wenn in gewissen unter seinen natürlichen Zuständen — dem als
Terebenten z. B. — genommen, der Ausgangspunkt für zwei Reihen:
1. einer einatomigen, der Campholreihe 1 ) (Monochlorhydrate oder
Chlorwasserstoffsäure-Campholäther CioHuCl, Camphene Ci H 10 ,
Campholalkohole Ci Hi S O) ;
2. einer zweiatomigen, der Terpilreihe (Dichlorhydrate Ci HisCl a ,
Terpilen CioHia, Hydrate CioH 20 Oa).
Jede dieser beiden Reihen bildet eine größere Gruppe, welche sich
wieder in sekundäre Reihen (Australen, Terebenten usw.) teilt, deren parallele
und isomere Glieder sich zu zweien entsprechen; jede hat als Typus einen
inaktiven Kohlenwasserstoff, nämlich in der ersten Gruppe das Camphen und
in der zweiten das Terpilen."
Einen ähnlichen, aber viel weniger detaillierten Klassifikations-
versuch machte kurz darauf Gladstone 2 ), nachdem er bei einer
großen Anzahl ätherischer Öle das spezifische Gewicht, den
Brechungsindex und das Drehungsvermögen ermittelt hatte. Er
isolierte aus verschiedenen Ölen die Kohlenwasserstoffe durch
fraktionierte Destillation, reinigte sie durch Sieden über Natrium
und teilte sie in drei große Gruppen:
1. solche mit dem Siedepunkt 160 — 170°; sie besitzen die Zu-
sammensetzung CioHie;
2. Kohlenwasserstoffe, deren Siedepunkt zwischen 249 und 260°
liegt; sie entsprechen der Formel Ci 5 H at ;
3. die letzte Gruppe wird durch Colophen C S oH S s vom Siedepunkt
315° repräsentiert.
l ) Berthelot änderte den Namen Borneol in Camphol um. — Liebigs
Annalen 110 (1859), 368. — Nach Compt. rend. 47 (1858), 266.
a ) Journ. ehem. Soc, 17 (1864), 1. Als Fortsetzung erschien acht Jahre
später eine zweite Arbeit Ebenda 25 (1872), 1.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 91
Um diese Zeit wurde auch der Name „Terpen" in die Wissen-
schaft eingeführt. Er scheint von Kekule" herzurühren, in dessen
Lehrbuch der organischen Chemie (1866) Bd. II 437 sich folgender
Passus befindet:
„ — andrerseits das Terpentinöl und die zahlreichen mit ihm isomeren
Kohlenwasserstoffe, welche im allgemeinen als Terpene bezeichnet werden
mögen."
Von großer Bedeutung für die Erenntnis der molekularen
Struktur der Terpene wurden die Untersuchungen von Barbier,
Oppenheim und Kekule, durch die nahe Beziehungen der
Terpene zum Cymol nachgewiesen wurden.
Fast gleichzeitig erhielten Barbier 1 ) und Oppenheim 2 )
durch Erhitzen des aus dem Terpin gewonnenen Dibromids, für
sich oder mit Anilin, Cymol. Kekule 3 ) gelangte durch Ein-
wirkung von Jod auf Terpentinöl zu demselben Kohlenwasser-
stoff. Hieraus glaubte er schließen zu dürfen, daß im Terpen-
tinöl sechs Kohlenstoffatome in ähnlicher Weise gebunden seien
wie im Benzol, und daß an zwei dieser ringförmig gebundenen
Kohlenstoffe die Seitenketten, Methyl und Propyl, in derselben
relativen Stellung wie im gewöhnlichen Cymol 4 ) angelagert seien.
Diese Anschauung ist lange herrschend gewesen, und erst
die Arbeiten der neueren Zeit haben Tatsachen zu Tage ge-
fördert, die sich mit ihr nicht in Einklang bringen lassen.
Hiermit hatte die Frage nach der Konstitution der Terpene
begonnen, für welche die von Bouchardat 6 ) im Jahre 1875 ent-
deckte Synthese eines Terpens — Polymerisierung von Isopren
CjH s zu Dipenten C l0 H ia — von großer Wichtigkeit wurde.
In demselben Jahre fand Tilden 6 ), daß der Kohlenwasser-
stoff des Terpentinöls mit Mitrosylchlorid eine schön kristalli-
sierende Verbindung gibt.
Zusammen mit Stenhouse wandte er diese Reaktion auf die
Terpene aus Salbeiöl, Pomeranzenöl, Citronenöl und Bergamottöl
') Compt. rend. 74 (1872), 194.
"-) Berl. Berichte 5 (1872), 94.
3 ) Ebenda 6 (1873), 437.
*) Die Kekul6sche Campherformel ging aus denselben Erwägungen hervor.
s ) Compt. rend. 80 (1875), 1446.
°) Journ. ehem. Soc. 28 (1875), 514. — Ebenda 31 (1877), 554. — Pharma-
ceutical Journ. HL 8 (1877), 191.
92 Geschichtliche Einleitung.
an und machte deren Verhalten gegen Mitrosylchlorid zur Grund-
lage einer neuen Einteilung, worüber er sich folgendermaßen
äußerte:
„Die natürlichen Terpene sind farblose Flüssigkeiten, deren spezifisches
Gewicht von ungefähr 0,84 bis ungefähr 0,86 schwankt. Man kann sie in
folgende zwei Gruppen einteilen:
1. Terpentingruppe. Siedepunkt 156 — 160°. Schmelzpunkt der
Nitrosoderivate 129°. Die Terpene dieser Gruppe geben kristalli-
nisches Terpinhydrat.
2. Orangengruppe. Siedepunkt 174—176°. Schmelzpunkt der
Nitrosoderivate 71°. Diese Kohlenwasserstoffe geben (nach
Wiggers Verfahren) kein festes Terpinhydrat 1 ).
Die zu jeder Gruppe gehörenden Flüssigkeiten sind allotrope Modi-
fikationen von demselben Kohlenwasserstoff, die sich voneinander durch ihr
verschiedenes Verhalten gegen polarisiertes Licht unterscheiden. Es wird
sich jedoch bei weiterer Untersuchung wohl herausstellen, daß die Terpene
von mehreren verschiedenen Pflanzen wirklich identisch und nicht isomer
sind. Dies ist wahrscheinlich bei den Terpenen des französischen Terpentins
und dem des Salbeiöls der Fall und ebenso bei den Terpenen des Orangen-,
Bergamott- und Citronenöls."
Die Voraussage Tilden s, daß sich die Zahl der Terpene als
weit geringer herausstellen würde, als man nach den damals
vorliegenden Literaturangaben hätte annehmen müssen, hat sich
in vollem Umfange bestätigt. Seine Klassifizierung war jedoch
unzureichend, da durch sie nur der kleinere Teil der Terpene ein-
gruppiert werden konnte; auch war das Material zu einem solchen
Versuch noch viel zu wenig gesichtet, da die Chemie der ätheri-
schen Öle zur damaligen Zeit noch eine fast zusammenhanglose
Reihe von Einzelbeobachtungen darstellt, deren Studium durch
die willkürliche Nomenklatur bedeutend erschwert wurde. Nur
durch eine planmäßige Durchforschung des ziemlich ungeordneten,
wüsten Gebiets konnte man zu einem klaren Überblick gelangen.
Daß man heute imstande ist, die große Anzahl von Ter-
penen und ihren Abkömmlingen scharf zu unterscheiden, ist in
erster Linie den auf ausgezeichneten Experimentaluntersuchungen
basierten Forschungen O.Wallachs, des Schöpfers der modernen
Terpenchemie, zu verdanken.
Wegen der Unmöglichkeit, die innerhalb eines geringen Tempe-
raturintervalls siedenden Terpene durch fraktionierte Destillation
4 Diese Angabe ist irrtümlich,; Dipenten und Limonen geben ebenfalls
Terpinhydrat Vergl. Flückiger, Arch. der Pharm. 222 (1884), 362.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 93
zu trennen und in reinem Zustande zu isolieren, arbeitete Wal-
lach Methoden aus, die mit Hilfe kristallisierter Derivate den
sicheren Nachweis der einzelnen Terpene auch in Gemischen
mit anderen ermöglichten. Als erst die Anzahl der einzelnen
Individuen zu übersehen war, konnte mit Erfolg an das Studium
der Beziehungen der Terpene zueinander, der stattfindenden
Übergänge, der Erforschung des Zusammenhangs mit den sauer-
stoffhaltigen Abkömmlingen, sowie an die Konstitutionsfragen
herangetreten werden.
Diese Aufgabe ist insofern als gelöst zu betrachten, als die
Charakterisierung der Terpene keine besonderen Schwierigkeiten
mehr bietet und die meisten Übergänge klargestellt sind. Die
Konstitution ist zu einem großen Teile, wenn auch noch nicht
überall, sicher ermittelt.
Wallach begann seine ausgedehnten, noch jetzt andauern-
den Forschungen im Jahre 1884 mit der Untersuchung des Wurm-
samenöls (Oleum cinae)^) und schon im Jahre 1887 war er im-
stande zu zeigen, daß die Anzahl der natürlich vorkommenden
Terpenverbindungen weit geringer ist, als man bis dahin annahm.
Mit Hilfe gut kristallisierter Derivate, von denen die Tetrabro-
mide, die Additionsprodukte von Halogenwasserstoff und anorga-
nischen Stickstoffverbindungen, wie Nitrosochloride, Nitrosate,
Nitrosite und Nitrite, sowie besonders auch die sich davon ab-
leitenden Nitrolamine hervorzuheben sind, konnte zum Teil eine
Trennung und Reindarstellung der Terpene ermöglicht werden,
während durch weitere Abwandlungen aus ihnen ganz neue
Körperklassen erhalten werden konnten. So ließen sich bald
acht Terpene scharf voneinander unterscheiden, für die Wallach
folgende Nomenklatur einführte: Pinen, Camphen, Limonen,
Dipenten, Sylvestren, Terpinolen, Terpinen und Phellandren. Zu
diesen kamen im Verlaufe der weiteren Untersuchungen noch
x ) Die Wall achschen Abhandlungen sind in folgenden Bänden von
Liebigs Annalen erschienen: 225, 227, 230, 238, 239, 241, 245, 246, 252, 253,
258, 259, 263, 264, 268, 269, 270, 271, 272, 275, 276, 277, 278, 279, 281, 284,
286, 287, 289, 291, 296, 300, 302, 305, 306, 309, 312, 313, 314, 315, 319, 323,
324, 327, 329, 331, 332, 336, 339, 340, 343, 345, 346, 347, 350, 353, 356, 357,
359, 360, 362, 363, 365, 368, 369, 374, 379, 381, 384, 388, 389, 392, 394, 395,
396, 397, 399, 403, 408, 414, 418, 437. — Einzelne finden sich auch in den
Berl. Ber. 28 (1890) bis 42 (1909).
94 Geschichtliche Einleitung.
einige hinzu, z. B. Fenchen. Ebenso wurden die Sesquiterpene,
wenn auch weniger ausgedehnt, in den Kreis der Betrachtungen
gezogen und drei von ihnen gut charakterisiert, nämlich Cadinen,
Caryophyllen und Cloven. Die zur Anwendung kommenden Reak-
tionen wurden meist zunächst an einfacheren Körpern studiert,
wodurch eine Reihe von Abhandlungen entstand, die sich z. B. auf
Amylen, Inden, Methylinden, Anethol, Isosafrol usw. erstreckten.
Mit dem Studium der Kohlenwasserstoffe ging natürlich eine
systematische Untersuchung der viel reaktionsfähigeren sauerstoff-
haltigen Terpenverbindungen Hand in Hand, über deren Natur fast
noch weniger feststand. Auch sie wurden in ähnlicher Weise wie
die Terpene durch kristallisierte Derivate scharf charakterisiert.
Die genetischen Beziehungen, die zwischen den Terpenen
selbst sowie zwischen diesen und den sauerstoffhaltigen Ver-
bindungen bestehen, wurden durch Ausführung einer großen Zahl
von gegenseitigen Übergängen gezeigt, was für die Erkenntnis
der Konstitutionsverhältnisse von größter Bedeutung war und
wodurch neben zahlreichen neuen auch durch ihr Vorkommen
in ätherischen Ölen interessante Körper dargestellt wurden, z. B.
Methylheptenon. Hier seien nur kurz die zwischen einigen
Terpenen, Terpinhydrat, den Terpineolen, den Gliedern der
Carvonreihe, Cineol, sowie dem ersten synthetischen Terpen-
oxyd, dem Pinol und Pinolhydrat bestehenden Beziehungen her-
vorgehoben, ferner seien erwähnt die bis in die neueste Zeit
reichenden Arbeiten über das Terpinen und dessen Derivate, die
Terpinenole, Terpinenterpin und Terpinencineol, und ihre Be-
ziehungen zu Sabinen und Thujen. Ein Kapitel für sich bilden die
ausgedehnten Untersuchungen in der Campher- und Fenchonreihe,
die durch Auffindung des letzteren Ketons in seinen verschiedenen
optisch isomeren Formen ermöglicht wurden und zur Darstellung
zahlreicher Derivate geführt haben; ebenso schlössen sich an die
Entdeckung des Thujons eingehende Untersuchungen an.
Als durch die Spaltung des Pulegons das 1,3-Methylhexanon
ein leicht zugänglicher Körper wurde, setzt die große Reihe von
Untersuchungen auf dem Gebiete der alicyclischen Verbindungen
ein, die meist in engem Zusammenhange mit denen der Terpen-
körper stehen, da der Verlauf einer Reaktion öfters an diesen
einfacher gebauten Körpern studiert wurde, um dann auf die
komplizierter zusammengesetzten Terpenkörper übertragen zu
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 95
werden. Ferner dienten diese einfacher gebauten Körper, die
auch, wie z. B. Isopropylhexenon, Nopinon, Sabinaketon, mehrfach
aus anderen Terpenkörpern dargestellt waren, zur Ausführung
von Synthesen von Terpenkörpern. Hierbei wurden in zahl-
reichen Arbeiten studierte Kondensationsmethoden, besonders die
mit Bromfettsäureestern herangezogen und so z. B. die Synthese
der Menthene, des Phellandrens, Terpinens, /S-Pinens, Fenchens,
sowie homologer Terpene und Terpenkörper ausgeführt.
Einen breiten Raum nehmen in den Wal lachschen Unter-
suchungen auch die zur Entwirrung der gerade in der Terpen-
gruppe herrschenden verwickelten Isomerieverhältnisse unter-
nommenen speziellen Arbeiten in Anspruch, die sich auf Studien
über Razemie, optisches Drehungsvermögen, Molekularrefraktion,
Ringsprengung, Ringschließung, Ringerweiterung, Hydratation u. a.
teils physikalischer, teils chemischer Natur erstrecken.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse seiner eigenen Unter-
suchungen auf dem Gebiet der alicyclischen Kohlenwasserstoffe
gibt Wallach in seinem Buche „Terpene und Campher" 1 ), das
1909 in erster, und 1914 in zweiter Auflage erschienen ist.
Nachdem bereits durch die ersten Wallachschen Arbeiten
die Hauptschwierigkeiten bei der Untersuchung ätherischer Öle
hinweggeräumt waren, entwickelten auch andere Chemiker auf
diesem Felde ihre erfolgreiche Tätigkeit.
Die im Jahre 1893 begonnenen Arbeiten A. v. Baeyers, die
in den Bänden 26 — 34 der Berichte der deutschen chemischen Ge-
sellschaft veröffentlicht sind, haben ebenfalls die Ermittlung der
Konstitution der Terpene und ihrer Verwandten zum Gegenstand.
Umfaßte das Arbeitsgebiet Wallachs und v. Baeyers vornehm-
lich Körper mit ringförmig gebundenen Atomkomplexen, so
wandte sich Semraler zunächst denen mit offener Kette zu.
Semmler hatte die interessante Entdeckung gemacht, daß einige
in ätherischen Ölen häufiger vorkommende Alkohole und Alde-
hyde, wie Geraniol, Länalool, Citral und Citronellal, zu den ali-
phatischen Verbindungen gehören. Er fand, daß sie gerade so
wie die ringförmigen, leicht in Cymol überzuführen sind. Später
erstreckten sich die Untersuchungen Semmlers auf beinahe alle
Gebiete der Chemie der ätherischen Öle, auf Terpene (Sabinen,
*) Leipzig, Verlag von Veit § Comp.
96 Geschichtliche Einleitung.
Camphen, Phellandren, Dipenten), Sesquiterpene, Ketone, (Men-
thon, Thujon, Pulegon, Fenchon, Camphenilon). Unter anderen
klärte Sem m ler die Konstitution des Buccucamphers, des San-
talols und des Myrtenols auf. Ihm verdanken wir die Kenntnis
vieler bisher unbekannter Bestandteile des Eberwurzel-, des ost-
indischen Sandelholz, des Pilea-, des Ayapanaöles und anderer.
Die Resultate dieser Arbeiten sind fast alle in den Berichten der
deutschen chemischen Gesellschaft 1 ) veröffentlicht worden.
in den Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts fallen
die erfolgreichen Untersuchungen Tiemanns und seiner Mit-
arbeiter über das Iron, den Hauptbestandteil des Irisöles, die in
ihrem weiteren Verlauf zur Synthese des Ionons, des künstlichen
Veilchenaromas, führten. Im Anschluß hieran veröffentlichte
Tiemann zahlreiche Abhandlungen, die die Chemie des Citrals
zum Gegenstand hatten.
Neuerdings hat sich L. Ruzicka mit der Frage der Kon-
stitution der Terpenverbindungen, besonders der höheren, ein-
gehend und erfolgreich beschäftigt. Seine zahlreichen Abhand-
lungen sind in den ersten Jahrgängen der Schweizer Zeitschrift:
„Helvetica chimica acta" veröffentlicht worden.
Außer den genannten Gelehrten waren und sind noch gegen-
wärtig zahlreiche in- und ausländische Chemiker an der Unter-
suchung einzelner Öle und der Erforschung der Konstitution der
Terpene und ihrer sauerstoffhaltigen Derivate beteiligt. Diese
Arbeiten sind, soweit sie sich auf die Zusammensetzung der
ätherischen Öle beziehen in dem speziellen Teile dieses Buches
angeführt worden.
Die Konstitutionsbestimmungen der Terpenabkömmlinge ge-
hören wegen der großen Veränderlichkeit und besonders wegen
der häufig stattfindenden Umlagerungen und Übergänge zu den
schwierigsten Aufgaben der organischen Chemie. Ein typisches
Beispiel hierfür bietet der Campher.
Obwohl der Campher im reinen Zustande dem Forscher in
ungeheurer Menge zur Verfügung stand, ist es doch erst nach
einer Arbeit von mehreren Jahrzehnten, während der gegen 30
Strukturformeln aufgestellt wurden, gelungen, in der Bredtschen 2 )
*) Bert. Berichte 28 (1890) bis 50 (1917).
8 ) Bredt, Versammlung D. Naturf. u. Ärzte, Braunschweig 1897. Liebigs
Annaten 314 (1901), 388.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. 97
Campherformel einen allgemein anerkannten Formelausdruck zu
finden, der schließlich durch Komppas Synthese des Camphers
glänzend bestätigt wurde 1 ).
Es ist noch kurz der Buch-Literatur seit Anfang des vorigen
Jahrhunderts zu gedenken.
So lange die Gewinnung der ätherischen Öle noch größten-
teils in den Apothekenlaboratorien stattfand, wurde auch die
Beschreibung und die Anleitung zur Darstellung von den phar-
mazeutischen Handbüchern und Pharmakopöe-Kommentaren
gegeben. Ebenso geschah die Veröffentlichung der Resultate
wissenschaftlicher und praktischer Studien hauptsächlich in phar-
mazeutischen, weniger in rein chemischen Fachzeitschriften. Als
mit Anfang der vierziger Jahre sich die Fabrikation der äthe-
rischen öle von den Apotheken trennte, sonderte sich auch die
Literatur, und es entstanden über die ätherischen Öle besondere
Werke. Die auf S. 77, Anm. 3 erwähnten Schriften Zellers 2 )
waren zuerst im „Jahrbuch für praktische Pharmacie" erschienen,
ehe sie in Sonderdruck herauskamen.
Bei Zeller finden wir eine Zusammenstellung der Ausbeuten,
sowie die notdürftigste Beschreibung der physikalischen Eigen-
schaften der Öle und ihres Verhaltens gegen Reagenzien. In
dem später erschienenen Buche von Maier 3 ) werden auch die
wissenschaftlichen Untersuchungen berücksichtigt. Die Ge-
winnungsweisen und die Destillation wurden eingehend von
Mierzinski 4 ) beschrieben. Ein ähnliches kleines Werk rührt
von Askinson 5 ) her. Hier sind ferner zu nennen die in vielen
l ) Komppa und Hirn, Berl. Berichte 36 (1903), 4332.
*) G. H. Zell er, Studien über die ätherischen Öle. I. Heft. Des chemi-
schen Teils erster Abschnitt. Landau 1850. — II. Heft. Die physischen und
chemischen Eigenschaften der officinellen ätherischen Öle. Stuttgart 1855. —
III. Heft. Die Ausbeute und Darstellung der ätherischen Öle aus officinellen
Pflanzen. Stuttgart 1855.
s ) Dr. Julius Maier, Die ätherischen Öle, ihre Gewinnung, chemischen
und physikalischen Eigenschaften, Zusammensetzung und Anwendung. Stutt-
gart 1867.
*) Dr. Stanislaus Mierfinski, Die Fabrikation der ätherischen Öle
und Riechstoffe. Berlin 1872.
s ) Dr. George William Askinson, Die Fabrikation der ätherischen
Öle. Wien 1876.
Gildemeister, Die ätherischen öle. I. 7
98 Geschichtliche Einleitung.
Auflagen erschienene „Toflettenchemie" von Hirzel 1 ), sowie das
in verschiedene Sprachen übersetzte Werk von Piesse 8 ).
Die Forschungsergebnisse der ersten Zeit der Wal lach sehen
Aera enthält das vortreffliche Handbuch von Bornemann 3 ),
während die zwei Bände umfassende „Odorographia" von Sa wer*)
den Schwerpunkt auf die botanische Seite legt
Die Monographie der- Terpene von F. Heusler Ä ) faßt die
ganze zerstreute Literatur zu Ende des vorigen Jahrhunderts zu-
sammen. Das Werk wurde von F. J. Pond") im Jahre 1902, er-
wettert und ergänzt, in englischer Übersetzung herausgegeben.
Auf die Sesquiterpene beschränkt sich eine kleine Schrift von
O. Schreiner').
Kurz nach dem Erscheinen der I. Auflage von E. Gilde-
meister und Fr. Hoffmann, Die ätherischen Öle, kam ein ähn-
liches Werk in französischer Sprache von Charabot, Dupont und
Pillet 8 ) heraus, sowie in Englisch ein solches von E. J. Parry").
Hauptsächlich mit künstlichen, aber auch mit natürlichen
Riechstoffen beschäftigten sich eine Anzahl kleinere Schriften von
J. M. Klimont 30 ), E. Charabot 11 ), P. Jeancard et C. Satie 13 ),
G. Cohn 1 *) und R. Knoll 14 ), während das Laboratoriumsbuch
x ) Dr. Heinrich Hirzel, Die Toiletten-Chemie. Leipzig 1864 und später.
a ) S. Piesse, The Art of Perfumery. London 1862 und später.
s ) Dr. Georg Bornemann, Die flüchtigen Öle des Pflanzenreichs, ihr
Vorkommen, ihre Gewinnung und Eigenschaften, ihre Untersuchung und Ver-
wendung. Weimar 1891.
*) J. CH. Sawer, Odorographia. London 1892—1894.
B ) Dr. Fr. Heusler, Die Terpene. Braunschweig 1896.
a ) The Chemistry of the Terpenes by F. Heusler. Authorized Trans-
lation by Francis J. Pond. Carefully revised, en/arged and corrected. Phila-
delphia 1902.
') O. Schreiner, The Sesquiterpenes. A Monograph. Milwaukee 1904.
S J E. Charabot, J. Dupont et L. Pillet, les huiles essentielles et
Ieurs prineipaux constituants. Paris 1899.
°) Ernest J. Parry, The Chemistry of Essential Oils and Perfumes.
London 1899. — 11. Aufl. 1908. — III. Aufl. 1918. — IV. Aufl. 1921.
10 ) J. M. Klimont, Die synthetischen u. isolierten Aromatica. Leipzig 1899.
") E. Charabot, Les Parfüms artificiels. Paris 1900. — E. Charabot
und C. L. Gatin, Le Parfüm chez la Plante. Paris 1908. — E. Charabot,
Les Principes odorants des ve'ge'taux. Paris 1912.
") P. Jeancard et C. Satie, Abrägö de Ja Ch/'mie des Parfüms.
Paris 1904.
ia ) G. Cohn, Die Riechstoffe. Braunschweig I. Aufl. 1904. II. Aufl. 1924.
") R. Knoll, Synthetische und isolierte Riechstoffe und deren Dar-
stellung. Halle 1908.
Allgemeine Geschichte der ätherischen Öle. QÖ
für die Industrie der Riechstoffe von O. Simon 1 ) aMssebJießlich
der Analyse gewidmet ist.
Unentbehrlich für den wissenschaftlich arbeitenden -tejgefl
Chemiker sind die ausgezeichneten Bearbeitungen der in Fragt
kommenden Gebiete von C. Harries 8 ) und von O. Aschan 3 )
Das große, in den Jahren 1905—1907 in 4 Bänden er-
schienene Werk Semralers 4 ), Die ätherischen Öle, behandelt
ausführlich mit sehr zahlreichen Literaturangaben sämtliche in
ätherischen Ölen aufgefundene Bestandteile und wäre somit wohl
zutreffend als Chemie der Bestandteile der ätherischen Öle zu
bezeichnen. Das Wallach'sche Werk: Terpene und Campher
ist bereits auf S. 95 genannt worden. Schließlich sind noch zu
erwähnen kleinere Werke über die ätherischen Öle von Durvel le 5 ),
Leimbach 6 ) und Wagner 7 ).
Eine fortlaufende Übersicht über alle Fortschritte und Vor-
gänge auf dem gesamten Gebiet der ätherischen Öle und Riech-
stoffe geben die seit 50 Jahren erscheinenden Berichte von
Schimmel 8j Co. 8 ), die auch in Englisch und Französisch heraus-
gegeben werden.
Ähnlich in Inhalt und Anordnung war das von 1900 bis 1920
regelmäßig (zum Teil auch in Deutsch) erschienene Bulletin
seien t/f/que et industriel de la Maison Roure-Bertrand Fils
de Grasse.
Im Laufe der Zeit sind auch eine Anzahl von Zeitschriften
entstanden, deren Inhalt den ätherischen Ölen, den Riechstoffen
und der Parfümerie gewidmet ist. Die wichtigsten sind folgende:
Deutsche Parfümerie-Zeitung. Berlin. Seit 1915.
Die Riechstoffindustrie. Berlin. Seit 1926.
x ) O. Simon, Laboratoriumsbuch für die Industrie der Riechstoffe.
Halle I. Aufl. 1908. II. Aufl. 1920.
2 ) C. Harries, Einkernige hydroaromatische Verbindungen einschließlich
der Terpene und Campherarten. Erschienen im Lehrbuch der organischen
Chemie von Victor Meyer und Paul Jacobson. Leipzig 1902.
3 ) O. Aschan, Chemie d. alicyclischen Verbindungen. Braunschweig 1905.
*) F. W. Semmler, Die ätherischen Öle nach ihren chemischen Bestand-
teilen unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung. Leipzig
1906—1907.
B ) J. P. Durvell e, Fabrication des Essences et des Parfüms. Paris 1908.
8 ) R. Lelbach, Die ätherischen Öle. Halle 1910.
') A. Wagner, Die ätherischen Öle. Leipzig 1925.
8 ) Im Buchhandel durch L. Staackmann (Abteilung: Kommission), Leipzig.
7*
100 Geschichtliche Einleitung.
American Perfumer and Essential CHI Record. New York.
Seit 1906.
Perfumery and Essential Oil Record. London. Seit 1910.
La Parfumerie moderne. Lyon. Seit 1910.
Les Parfüms de France. Grasse. Seit 1923.
Rivista Italiana delle Essenze e dei Profumi. Mailand.
Seit 1919.
Profumi Italici. Sanremo. Seit 1923.
Die außerordentliche Bereicherung unserer Kenntnis der
ätherischen Öle in den letzten 40 Jahren hat fördernd und be-
fruchtend auf die Praxis gewirkt, und so läuft der Entwicklung
der Wissenschaft ein kräftiger Aufschwung der Industrie der
ätherischen Öle und künstlichen Riechstoffe parallel. Neben
älteren Fabriken, denen die Arbeitsstätten zu klein geworden
waren, und deshalb bedeutend vergrößert werden mußten, ent-
standen in dieser Periode eine ganze Anzahl neuer Fabrikations-
betriebe im In- und Auslande.
Die Fortschritte in der Erforschung der Zusammensetzung und
der Eigenschaften der ätherischen Öle haben auch den weiteren
Ausbau der Analyse zur Folge gehabt. Deshalb sind auch die
Anforderungen der einzelnen Arzneibücher an die ätherischen
Öle präzisiert und verschärft worden. Auch werden vielfach nicht
nur reine, sondern an wirksamen Bestandteilen möglichst reiche
Öle verlangt. Die große Verschiedenheit der Ansprüche, die
von den einzelnen Pharmakopoen an die ätherischen Öle ge-
stellt werden, beweist, daß ihre Zusammensetzung und die
Schwankungen, denen sie als Naturprodukte unterworfen sind,
noch nicht genügend erforscht sind, und daß auch die Prüfungs-
methoden noch zu wünschen übrig lassen. Trifft dies nun schon
bei den arzneilich gebrauchten Ölen zu, die doch zu den am
besten gekannten gehören, so ist dieser Mangel bei den nicht
offizineilen und seltener gebrauchten noch fühlbarer. Die bis-
herige wissenschaftliche und technische Entwicklung unseres
Gebietes berechtigt indes zu der Hoffnung, daß die noch vor-
handenen Lücken in absehbarer Zeit ausgefüllt und auch die in
der Folgezeit auftauchenden Probleme in befriedigender Weise
gelöst werden.
Geschichte einzelner ätherischer Öle.
Terpentinöl.
Die aus dem Terpentin (Harzbalsam) verschiedener Arten
der Abietineen durch Destillation gewonnenen Öle sind schon
im Altertum als Ttiaoe/.cuov 1 ) und erst später als Terpentinöl
bekannt und mit dem dabei erhaltenen Kolophoniumharze be-
sonders von seefahrenden Völkern gebraucht worden. Bei der
frühen hohen Entwicklung der Firnis- und Lackindustrie der
Chinesen und Japaner dürften auch dort destillierte Coniferen-
öle schon in früher Zeit gewonnen worden sein. Jedenfalls
scheinen in primitiver Weise dargestellte Abietineenöle von allen
ätherischen Ölen zuerst gewerblich und technisch in Gebrauch
gekommen zu sein.
Der Name Terpentinöl ist wohl erst zur Zeit der griechi-
schen Kultur, und zwar, gleich früheren Bezeichnungen wie
Cedernöl usw., als Kollektivname für Abietineenöle gebraucht
worden. Er entstammt der persischen Sprache-) und dürfte von
dem Harzsafte der cyprischen Pistacie, Pistacia Terebinthus L.
abgeleitet sein.
Die Terpentinölgewinnung hat in geschichtlicher Zeit ihren
Anfang wahrscheinlich in den Gebieten des Kaukasus und
seiner südwestlichen Ausläufer und erst im Mittelalter im mitt-
leren und später auch im nördlichen Europa genommen. Die
nordamerikanische Terpentinölindustrie hat sich in den mit
*) Herodoti Historiae. Lib. II, 85. — Dioscorides, De materia
medica, Lib. I, 34, 39, 80. Editio Kühn-Sprengel 1829. 1, 98. — Plinius,
Naturalis historiae libri, Lib. XV, cap. 6—7 und Lib. XVI, cap. 22.
2 ) Flückiger, Pharmakognosie, III. Aufl., S. 77.
102 Geschichtliche Einleitung.
Nadelwaldungen bedeckten atlantischen Südstaaten, namentlich
Virginien und Karolina, seit dem Anfange des 18. Jahrhunderts
entwickelt 1 ).
Da das rohe Terpentinöl im Haushalte und im Religionskultus
kaum Verwendung fand, so ist es in der frühesten Literatur nur
selten berücksichtigt worden. Auf seine Erwähnung in älteren
Schriften ist bereits auf S. 18, 32, 33 und 41 hingewiesen
worden. Seitdem es auch in der Arzneikunde in Gebrauch kam,
enthalten auch die mittelalterlichen Destillier- und Arzneibücher
Angaben darüber. Nächst der Erwähnung des Terpentinöls auf
S. 33 und 36 von den im 13. Jahrhundert lebenden A. Villa-
novus und R. Lullus, führten es im 15. Jahrhundert in ihren
Schriften auf: Saladinus von Asculo 2 ) und der Kanonikus
Johann von Santo Amando zu Doornyk 8 ), und im 16. Jahr-
hundert Walter Ryff*), Conrad Gesner 6 ), Joh. Baptista Porta"),
Valerius Cordus') und Adolphus Occo 8 ).
Die bis zum Anfange des 17. Jahrhunderts geltende ähnliche
Bezeichnung von Alkohol und Terpentinöl als „aqua ardens"
und „Spiritus" ist bereits auf S. 32 erwähnt worden; der Name
*) Prof. Peter Kalms Reise nach dem nördlichen Nordamerika im Jahre
1748—1749. Göttinger Sammlung neuer und merkwürdiger Reisen zu Wasser
und zu Lande. 3 Bände. Gättingen 1754. Bd. 2, S. 418, 566; Bd. 3, S. 293
305, 523.
Johann David Schöpf, Reise durch einige der mittleren und südlichen
Staaten von Mordamerika in den Jahren 1783—1784. 2 Bde. Erlangen 1787
Bd. 2, S. 220, 223, 273.
F. A. Michaux, Histoire des arbres forestiers de l'Am6rique septeri-
trionale. Paris 1810.
a ) Saladini Asculani Compendium aromatariorum. Veneti 1488. Index.
s ) Expositio Janis de Santo Amando supra antidotarii Nicolai incipii
feliciter. „Oleum de terebinthina fit similiter per sublimationem, et est darum
ut aqua fontis ... et ardet ut ignis graecus cum oleo benedicto usw." In
der Ausgabe des auf Seite 27, Note 4 genannten Werkes vom Jahre 1589
fol. 228 b.
*) Gualtherius Ryff, New groß Destillirbuch wohl gegründeter künst-
licher Destillation. Francofurti 1556, fol. 180.
B ) Ein köstlicher theurer Schatz Euonyrni Philiatri darinnen enthalten
sind vil heymlicher guter stück der artzney. Editio 1555. Vol. 1, p. 238.
e ) Gio Batt. Portae Mag/'ae naturalis libri viginti. Editio 1589.
7 ) Dispensatorium Noricum. 1546.
s ) Pharmacopoea pro Repubiica Augustana. 1564.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 103
Spiritus terpenthinae hat sich in volkstümlicher Sprachweise
bis zur Gegenwart erhalten. Als „huile aetheree" scheint das
Terpentinöl zuerst im Jahre 1700 bezeichnet worden zu sein.
Die ersten Untersuchungen galten wesentlich dem Verhalten
des Öles bei niedriger Temperatur. Margueron 1 )" will im Jahre
1794 bei der Abkühlung von Terpentinöl auf —22° R. kristalli-
nische Erstarrung beobachtet haben. Kristalle waren auch
schon im Jahre 1727 von Cl. Jos. Geoffroy beim Abkühlen der
Dämpfe im Halse der Retorte, bei der Destillation des Öles
bemerkt worden. Wie alle erstarrenden Bestandteile destillierter
Öle bezeichnete man auch diese nadeiförmigen, vermutlich aus
Pinolhydrat bestehenden Kristalle zu jener Zeit als Terpentin-
„campher".
Bei Gelegenheit der Darstellung des sogenannten Liquor ant-
arthriticus Pottii, bei welcher Chlorwasserstoff in Terpentinöl
geleitet wird, erhielt der Apotheker Kindt in Eutin 2 ) im Jahre
1803 eine feste kristallinische Masse 8 ), die er für künstlich dar-
gestellten Campher hielt. Die Verbindung wurde von Gehlen*)
und von Dumas 8 ) näher untersucht. Die erste Elementar-
analyse des Terpentinöls wurde im Jahre 1817 von Houton-
Labillardiere 8 ) ausgeführt. In demselben Jahre wurde auch
an Terpentinöl zuerst das Rotationsvermögen eines ätherischen
Öles bestimmt.
Amerikanisches Terpentinöl.
Der Ursprung der mächtigen Terpentinindustrie der Ver-
einigten Staaten ist in den gewaltigen Nadelholzwäldern der
Staaten Nord- und Süd-Karolina, Georgia und Alabama zu suchen.
Die Produkte dieser Industrie waren bis zur Mitte des vorigen
Jahrhunderts nur Teer und Pech, welche wesentlich beim Schiff-
bau und beim Schiffahrtsbetriebe gebraucht, und daher mit dem
*) Journ. de Chim. et de Phys. 3 (1794), 178. — Crells. Chem. Annal. 1795
II. 195, 310 u. 430.
a ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 11 II. (1803), 132.
3 ) Pinenmonochlorhydrat, C10H17CI.
4 ) Gehlens AUgem. Journ. für die Chemie 6 (1819), 462—409.
s ) Annal. de Chim. et Phys. II. 52 (1833), 400. — Liebigs Annalen 9
(1834), 56.
*) Journ. de Pharm. II. 4 (1818), 5.
104 Geschichtliche Einleitung.
Namen „Naval stores" 1 ) bezeichnet wurden 2 ). Die Herstellung
von Terpentinöl und Kolophonium scheint erst nach der Mitte des
18. Jahrhunderts in Nord-Karolina und Virginien begonnen zu
haben. Der als sorgfältiger Beobachter bekannte schwedische
Reisende Prof. Peter Kalm durchforschte die atlantischen Pro-
vinzen der damaligen britischen Kolonie von Quebec bis Virgi-
nien während der Jahre 1749 und 1750, berichtete indessen nur
über die Bereitung von Teer und Pech*). Erst spätere Reisende
und Berichte erwähnen die Gewinnung von Terpentin, Terpen-
tinöl und Kolophonium in Karolina, z. B. auch Dr. Johann David
Schöpf, welcher die atlantischen Staaten im Jahre 1783 bis 1784
von Kanada bis Florida 4 ), und Francois Andre" Michaux, der
etwa zwanzig Jahre nach dem längeren Aufenthalte seines Vaters,
des bekannten Botanikers Andre" Michaux in Nordamerika, dieses
im Anfange des vorigen Jahrhunderts bereist hat 5 ).
Der Verbrauch von Terpentin, Terpentinöl und Kolophonium
beschränkte sich indessen bis zu dem Jahre 1820 nur auf die
damals noch geringfügigen Bedürfnisse der inländischen Industrie.
Die Ausfuhr von Öl und Harz nach England war unbedeutend.
Bis zum Jahre 1830 hatte die Terpentingewinnung ihren Sitz auf
*) Ober die Geschichte der „Naval Stores Industry" siehe auch Schorger
u. Betts, U. St. Dep. of Agriculture, Bulletin No. 229, Washington, 1915.
'-) Die früheste Erwähnung des Bezuges von Teer und Pech und der
Gewinnung von Terpentin in Virginien befindet sich im Bande 1 der „Cafendar
of State Papers. Colonial Serfes" für die Jahre 1574 bis 1660 in der „Public
ftecord office" in London. Dieser Band enthält aus dem Jahre 1610 „In-
structions for suche thinges as are to be sente from Virginia" und dabei
ein gedrucktes Heftchen „The Booke of the Commodities of Virginia." — In
beiden sind unter den Produkten der Provinz Virginia auch Pech, Teer, Harz
und Terpentin genannt, und die erstere Liste enthält eine kurze Angabe über
die noch heute gebräuchliche Gewinnungsweise des Terpentins. (Dan. Han-
bury, in Proceed. Americ. Pharm. Ass. 19 [1871], 491).
s ) Reise nach dem nördlichen Nordamerika im Jahre 1748 bis 1750 von
Prof. Peter Kalm in „Göttingsche Sammlung neuer und merkwürdiger Reisen
zu Wasser und zu Lande." Göttingen 1754—1764. Bd. 2, S. 418, 474; Bd. 3,
S. 305, 523.
*) Reise durch einige der mittleren und südlichen Vereinigten Nordameri-
kanischen Staaten in den Jahren 1783 und 1784 von Dr. Johann David Schöpf.
Erlangen 1788. Bd. 2, S. 141, 247—252.
s ) Histoire des arbres forest/ers de l'Am6rique septentrionale, par
F. Andre Michaux. Paris 1810. Tom. 1, p. 73.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 105
den Küstengebieten zwischen dem Tarflusse im Norden und dem
Cape-Fairflusse im Süden des Staates Nord-Karolina mit den
Hafenstädten New Bern, Wilmington und Washington in Nord-
Karolina als Stapelplätzen. Die Destillation des Terpentins wurde
in gußeisernen Destilliergefäßen betrieben.
Zu Anfang der dreißiger Jahre erfuhr die Verwendung von
Terpentinöl in der Großindustrie _ eine bedeutende Erweiterung.
Es geschah dies vor allem durch den ausgiebigeren Gebrauch
der Ölfarben und damit durch das Emporkommen der Firnis-
und Lack-, sowie der Kautschukindustrie, und endlich dujxh die
vom Jahre 1839 an erfolgte Einführung einer Mischung von
Terpentinöl mit Alkohol unter verschiedenen Bezeichnungen, wie
Camphin usw., als Beleuchtungsmaterial. Dieses war bis zur
Einführung von Petroleum (i\erosene) um das Jahr 1860 das
billigste Beleuchtungsmittel. Im weiteren hatte der Verbrauch
des Terpentinöls durch die im Laufe der dreißiger Jahre durch
Comstock, Hancock, Macintosh, Chaffee und besonders
durch Lüdersdorff eingeführten Zubereitungsweisen in der
Kautschukindustrie beträchtlich zugenommen.
Dieser bedeutend vermehrte Konsum von Terpentinöl führte
im Jahre 1834 die Vergrößerung der Terpentinindustrie und eine
ergiebigere Gewinnungsweise des Öles durch die Einführung
besserer, und zwar kupferner Destilliergeräte herbei, wodurch
auch gleichzeitig das Kolophonium in besserer Qualität gewonnen
wurde 1 ). Die Ausfuhr amerikanischen Terpentinöles und Kolo-
phoniums nach England und in den Welthandel nahm aber erst
gewaltige Dimensionen an nach der Aufhebung des Einfuhrzolles
in England im Jahre 1846, erlitt indessen während der vierjährigen
Industrie- und Handelsstockung im Bürgerkriege in den Jahren
1861 bis 1865 eine Unterbrechung.
Bis zum Jahre 1837 bestand in Karolina die Meinung, daß
die südwärts gelegenen großen Kieferwaldungen wegen des
Bodenunterschiedes und der klimatischen Verhältnisse für die
Terpentingewinnung weniger günstig seien. 1 Im genannten Jahre
angestellte größere Versuche ergaben indessen den Irrtum dieser
Ansicht, und die Terpentinindustrie verbreitete sich bei der
*) The forests, forest lands and forest producta of Eastem North
Carolina. By W. W. Ashe. Raleigh N. C. 1894.
106 Geschichtliche Einleitung.
großen Nachfrage und der zunehmenden Spekulation sehr schnell
nach Süd-Karolina und Georgia, und späterhin auch nach Ala-
bama, Louisiana und Mississippi 1 ), Mit der Einführung leichter
transportabler Kupferdestillierblasen wurde auch die Destillation
mehr und mehr an den Produktionsorten ausgeführt, so daß
die „Terpentinfarmen" fortan anstatt des Terpentins die fertigen
Produkte, Öl und Kolophonium, nach den Küstenstapelplätzen
lieferten. Bei der großen Steigerung des Konsums an Terpen-
tinöl fand zeitweilig eine starke Überproduktion an Harz (Kübel -
harz und Kolophonium) statt, die mit einer empfindlichen Ent-
wertung Hand in Hand ging.
Die Mißverhältnisse glichen sich zu Ende der sechziger
Jahre wieder aus. Durch die Vergrößerung der Produktions-
gebiete trat schließlich auch eine Überproduktion an Öl ein, die
um so empfindlicher war, als mit der allgemeinen Einführung
des Petroleums als Beleuchtungsmaterial, sowie auch für andere
bisher vom Terpentinöl gedeckte Zwecke, beträchtliche Ver-
brauchsquellen desselben aufhörten. Andrerseits aber gewannen
Verwendung und Konsum von Kolophonium in verschiedenen Ge-
werben und Industriezweigen neue und sehr große Absatzgebiete.
Die Terpentinindustrie in den amerikanischen Südstaaten
entwickelte sich weiter mit der Verbilligung der Verkehrswege
durch Eisenbahnbau und der Benutzung schiffbarer Wasserwege
zu den gewaltigen Dimensionen ihres derzeitigen Betriebes.
Französisches Terpentinöl.
Die Terpentingewinnung aus der Seestrandkiefer P/nus
Pinaster Solander muß im Südwesten Frankreichs schon in
frühen Zeiten betrieben worden sein 2 ), denn man hat an der
dortigen Küste mehrfach versteinerte Baumstämme gefunden,
an denen die für die Harzung charakteristischen Verwundungen
sichtbar waren. Aus geschichtlicher Zeit ist bekannt, daß nach
Urkunden aus den Jahren 1382 und 1383 dem Captal de Buch
*) Carl Mohr, The timber pines of the Southern United States. Wash-
ington 1897, p. 69. — Die Gewinnung und Verarbeitung des Terpentins im
Süden der Ver. Staaten. Pharm. Rundschau (Neuyork) 2 (1884), 187.
a ) O. A. Oesterle, Die Harzindustrie im Südwesten von Frankreich.
Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 11 (1901), 217.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 107
Archambault de Grailly von König Richard II. von England
erlaubt worden war, auf seinem Gebiete Harzmärkte abzuhalten.
Wahrscheinlich sind die Anpflanzungen der Strandkiefer ursprüng-
lich zum Schutze der Dünen angelegt worden. Die dauernde
Festlegung dieser gelang erst nach vielen mißglückten Versuchen
zu Ende des 18. Jahrhunderts. Das von dem Ingenieur Bre"mon-
tier ausprobierte Verfahren, den Sand zu besäen, wird noch
heute vom Staate ausgeübt.
Die jetzt noch übliche Methode, den aus den Bäumen fließen-
den Terpentin in irdenen Töpfen aufzufangen, rührte von Hector
Serres (1836) und von Hugues (1840) her.
Die Destillation des Terpentinöles wird in Frankreich seit
dem Jahre 1783 betrieben 1 ).
Terpentinöl aus venetianischem (Lärchen-) Terpentin.
Der Lärchenterpentin war schon den Römern wohlbekannt
und findet in dem Werke des Zeitgenossen Caesars," Vitruvius*),
sowie in denen des Dioseorides 3 ), des Plinius 4 ), Galen und
Cord us 5 ) Erwähnung, im Mittelalter gehörte der Lärchenterpentin
zu den geschätzteren Balsamarten; den Namen venetianischer Ter-
pentin erhielt er im 15. Jahrhundert 8 ), als er von Venedig aus, dem
damaligen Mittelpunkte des Drogenmarktes, in den Handel kam.
Lärchenöl (Oleum Laricis) wird zuerst erwähnt in den
Werken von Matthiolus 7 ) und Conrad Gestier 4 ).
Terpentinöl aus Kanadabalsam.
Die erste Erwähnung des in Amerika den Eingeborenen wohl
seit langem bekannten Kanadabalsams geschah in europäischen
Reiseberichten von dem in den Jahren 1606 bis 1607 Kanada
% ) Les corps gras industriels S4 (1908), 179.
2 ) Marcus V. P. Vitruvius, „Z>e architsctura" Vol. 2, p. 9.
3 ) Dioseorides, De materia medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel 1829, Bd. 1, S. 95.
*) Plinius, Naturalis historiae libri 39. Li ttrös Ausgabe. Cap. XVI, 575.
B ) Hist. plant. Hb. 3, cap. 23, S. 186.
a ) Flückiger, Pharmakognosie, III. Aufl., S. 80.
') Petri Andreae Matthioli Opera quae extant omnia, Edit. 1598, tom. I,
p. 103.
8 ) Euonymi Philiatri Ein köstlicher Schatz. Zürich 1555, S. 289.
108 Geschichtliche Einleitung.
bereisenden Marc Lescarbot 1 ). Er bezeichnete den Balsam als
gleichwertig mit dem venetianischen. In Europa scheint Kanada-
balsam indessen erst im 18. Jahrhundert auf den Markt gelangt
zu sein 2 ).
Cypressenöl.
Cypressenöl war bereits im Jahre 1672 (vgl. S. 66) bekannt.
Es wurde im Jahre 1892 von J. M. Bravo 8 ) als Mittel gegen
Keuchhusten empfohlen und 1894 von Schimmel § Co. 4 ) im
Großen hergestellt und in den Handel eingeführt. Im Leipziger
Kinderkrankenhaus von Geheimrat Professor Dr. Soltmann bei
einer großen Anzahl von Patienten ausgeführte Versuche *) be-
stätigten die außerordentliche Wirksamkeit des Öles bei Keuch-
husten.
Wacholderbeeröl.
Wacholderbeeröl wurde als Oleum de granis Juniperi 1521
in der Ratsapotheke in Braunschweig vorrätig gehalten ). Seine
Darstellung ist von Valerius Cordus') 1546 beschrieben worden.
Die Ausbeute der Wacholderfrüchte an ätherischem Öle er-
mittelten Cartheuser s ) und Spielmann 9 ).
Das destillierte Wacholderholzöl ist in mittelalterlichen
Destillierbüchern mehrfach erwähnt und in den Arzneibüchern
und Taxen des 16. Jahrhunderts gleichzeitig mit dem destillierten
Öle der Früchte aufgeführt worden 10 ).
*) M.Les carb ot, Histoire de la Nouvelie-France. 1612. Edit. Ed. Tross.
Paris 1866, p. 805, 811, 820.
2 ) Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie, S. 92.
a ) Deutsche Medizänal-Zeitung IS (1892), 45. Nr. 4.
4 ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1894, 70 und April 1895, 22.
s ) O. Soltmann, Keuchhusten und Cypressenöl. Therapie der Gegen-
wart. März 1904.
a ) Flückiger, Pharmakognosie, III. Aufl., S. 898.
') Valerii Cordi Dispensatorium Nor/cum, p. 404.
8 ) Fundamenta materiae medicae 1738, Vol. 2, p. 346.
") Ebenda Vol. 2, p. 272.
10 ) Saladini Compendium aromatariorum. 1488. Index. — H.Gualther.
Ryff, New gross Destilllrbuch wohl gegründeter künstlicher Destillation.
Francof. 1556, fol. 181. — Val. Cordi Dispensatorium Noricum. 1546. —
Ein köstlicher Schatz Euonymi Philiatri. Editio 1555, p. 228, 232, 306.
— Van Helmont, Ortus medicinae vel opera et opuscula omnia. Editio
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 109
Das empyreumatische, durch trockene Destillation gewonnene
Wacholderteeröl, Kadeöl, Oleum Cadinum, das wohl nur
selten aus dem Holze des eigentlichen Wacholders, Juniperus
communis, vielmehr aus dem von /. oxycedrus hergestellt wurde,
war schon zur Zeit der Römer bekannt 1 )- Seine Darstellung
beschreibt Mesue der Jüngere 2 ), der im Jahre 1015 starb.
Sadebaumöl.
Der Sadebaum ist schon von den Römern arzneilich und in
der Tierheilkunde gebraucht worden 8 ), wie denn auch der Name
„Sabina" von dem nordöstlich von Rom gelegenen Berglande
der Sabiner entnommen sein dürfte. Auch Dioscorides 4 ) und
PHnius 6 ) erwähnen die Pflanze. Karl der Große trug im
9. Jahrhundert durch Aufzählung des Strauches in seinem „Capi-
tu/are" zu seiner Kultur im Norden der Alpen bei"). Auch in
den Schriften der Äbtissin Hildegard von Bingen*) ist Sade-
baum als Heilmittel erwähnt, ebenso von dem im 12. Jahrhundert
Lugdunensis 1648. De febribus. Cap. IV, p. 33. — Schnellenberg,
Artzneybuch. Königsberg 1556, p. 35. — Estimatio matenae med/cae in usum
publicum civitatum Marchiae Brandenburgensis. Autore Matthaeo Flacco.
Berolini 1574. — Frankfurter Taxe. 1582.
') Dioscorides, De Materia medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 102. — Plinii Naturalis historiae libri. Cap.
XXIV, 36. Editio Littre 1887. Vol. 1, p. 142. — Scribonlus Largus,
Compositiones medicamentorum. Editio Helm reich 1887, p. 47, 55, 56. —
Joannes Actuarius, De medicamentorum compositione, J. Ruellio inter-
prete. Basiliae 1540, fol. 30. — Matthaeus Platearius in „Circa instans",
in Choulants Handbuch der Bücherkunde für die ältere Medizin zur Kenntnis
der griechischen, lateinischen und arabischen Schriften. 2. Aufl. Leipzig
1841, S. 229.
8 ) Mesue, Antidotarium seu Orabbadin medicamentorum libri XII.
Caput 12, „De oleis". Vgl. S. 26.
") Marcus Porcius Cato, De re rustica, p. 70. — Editio Misard,
p. 25. — Meyers Geschichte der Botanik. Bd. 1, S. 344.
*) Pedanii Dioscoridis Anazarbei De Materia medica libri quinque. —
Editio Kühn-Sprengel 1829, Vol. I, p. 104.
s ) Plinii Naturalis historiae libri. Cap. XV11, 21 und cap. XXIV, 61. —
Editio Littr6 1877. Vol. 1, p. 623 und vol. 2, p. 149.
6 ) Capitulare de viliis et cortis imperialibus.
7 ) Hildegardis Abbatissae Subtilitatum diversarum naturarum creatu-
rarum libri novem. — Editio Migne 1885, p. 1145.
110 Geschichtliche Einleitung.
lebenden Otto von Meudon (Macer Floridus) unter den von
ihm gepriesenen 77 Heilmitteln 1 ).
In England scheint der Strauch schon vor der Eroberung
durch die Normannen kultiviert und benutzt worden zu sein 4 ).
Zur Zeit des allgemeinen Gebrauches der destillierten (ge-
brannten) Wässer wurde auch Aqua sabinae dargestellt, und es
ist in den auf S. 42 bis 60 genannten bekannteren Destillier-
büchern aufgeführt.
Das destillierte Öl findet sich zuerst in der Taxordnung der
Stadt Frankfurt a. M. vom Jahre 1587 erwähnt und wurde zu
Ende des 17. Jahrhunderts von Joh. Begnin'us beschrieben 3 ).
Über die Ausbeute an Öl scheint zuerst Friedrich Hoff mann
um das Jahr 1715*) Versuche angestellt zu haben; G. W.Wedel
untersuchte das Öl mit den Hilfsmitteln seiner Zeit im Jahre
1707 s ). Die erste chemische Untersuchung führte Dumas im
Jahre 1834 aus 8 ).
Libanon Cedernöl.
Nach Herodot und Diodor wurde bei den Ägyptern Cedernöl
zum Einbalsamieren von Toten verwendet; auch Plinius er-
wähnt oleum cedrinum und seinen Gebrauch zum Konservieren
von Leichen 7 )- Die Darstellung dieses Öles nach Herodot,
Dioscorides und Plinius ist am Anfang des folgenden Kapitels
(S. 223) beschrieben worden. Ob dies indessen das Öl der
Libanonceder (Cecfrus libani Barr.) gewesen ist, kann zwar ver-
mutet werden, dürfte aber kaum mit Sicherheit festzustellen sein.
x ) Macer Floridus, De viribus herbarum una cum Wa/afridi Stra-
bonis, Ottonr's Cremonensis et Joann/s folcz carminibus sitni/is argu-
menti. Neapoli 1487. — Editio Choulant, Lipsiae 1832.
") Cockayne, Leechdoms, wortcunning and Starcraft of earJy Eng-
land. 1865, Vol. 2, p. 12.
*) Jofrannis Begnini Tyroceynium chymicum, in Joh. Hartman nii,
Opera omnia medico-chymica congesta atque pluribus aucta a Conrado
Johrenio. Francofurti ad Moenum 1600. Vol. III, p. 27.
*) Fr. Hoffmannii Opera omnia-physico-medica. Über 65, Obser-
vatio 1, De o/eis destillatis inque eorum destWatione observanda.
*) G.W.Wedel, Dissertatio de Sabina. Jenae 1707.
«) Liebigs Annalen 15 (1835), 159.
') Herodot II, 85. — Diodor, Hb. I, 91. Nach R. Sigismund
Die Aromata. Leipzig 1884, S. 5.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 111
Der Baum ist seines dauerhaften Holzes wegen im alten
Testament oft erwähnt worden 1 ).
Andropogon (Cymbopogon)öle.
Die aromatischen Grasarten, die uns gegenwärtig eine An-
zahl wertvoller ätherischer Öle, z. B. Palmarosa-, Gingergras-,
Citronell-, Lemongras- und Vetiveröl liefern, sind schon im Alter-
tum ihres Wohlgeruches halber zur Aromatisierung von Wein
und der Tonbecher zum Trinken desselben, der sogenannten
„Rhodischen Becher" 2 ), sowie zur Bereitung wohlriechender Salben
und Öle 8 ), zu Räucherungen im Religionskultus und bei Fest-
gelagen zur Bereitung von Lagerstätten gebraucht worden. Diese
Grasarten sind in Sanskritschriften, im alten Testamente 4 ) und
in anderen Dokumenten des Altertums unter verschiedenen Be-
zeichnungen erwähnt worden. Die in den Bibelübersetzungen und
anderen alten Schriften unter den Spezereien und Salbölen*) mehr-
fach genannten Narde, Stakte, Schönos usw. scheinen zuweilen
auch als gleichbedeutende Bezeichnung für die wohlriechenden
Andropogongräser und deren Wurzeln gegolten zu haben. Von
diesen dürfte im Altertum Andropogon laniger Desf. die be-
kannteste Art gewesen sein, da sie im nördlichen Indien, in
l ) In den Schriften des alten Testamentes sind Coniferennutzhfllzer viel-
mals und unter Namen genannt und übersetzt worden, welche für die wirk-
liche Herkunft der Hölzer nicht immer zutreffend sein mögen. Bei Cedern-
ünd Tannenholz mag im allgemeinen wohl die Libanonceder gemeint sein.
Solche Angaben sind z. B.: 3. Mose, Kap. 14, V. 4. — 1. Könige, Kap. 4.
V. 33; Kap. 5, V. 6, 8, 10; Kap. 6, V. 9, 15, 18, 20, 26; Kap. 7, V. 2, 3, 7,
12, 14; Kap. 10, V. 27. — 2. Chronica, Kap. 2, V. 8; Kap. 3, V. 5, 9. —
Jesaias, Kap. 14, V. 8; Kap. 37, V. 24, 60, 61. — Hesekiel, Kap. 27, V. 2. —
2. Samuelis, Kap. 6, V. 5. — Sacharja, Kap. 11, V. 1 — 2. — Offenbarung
Johannis, Kap. 18, V. 12.
s ) Athenaei Naucratitae Deipnosophistarum. Lib. XV, p. 472. — Plinii
Naturalis historiae libri. Lib. V, p. 64, 65 und lib. XIV, p. 15. — Horatii
Carmwa. XII, 16—17:
lf Nardo vina tnerebere
Nardi parvus onyx eliciet cadum."
*) Dioscorides, De materia medica libri quinqtte. Lib. I, p. 52. —
Plinii Naturalis historiae libri. Lib. XIII, p. 2.
4 ) 2. Mose, Kap. 30, V. 34. — Hohe Lied, Kap. 4, V. 13—14.
8 ) Wilhelm Mowack, Lehrbuch der hebräischen Archäologie. Freiburg
1894. Bd. 1, S. 133.
112 Geschichtliche Einleitung.
Tibet, Persien und Arabien bis Ägypten, Nubien und Äthiopien
verbreiteter war als die anderen Arten. Ursprünglich 1 ) aber und
in neuerer Zeit gilt der Name Narde nur für die aromatischen
Wurzeln der in dem nordindischen Himalaya einheimischen, zur
Familie der Valerianaceae gehörigen Nardostachys Jatamansi HQ.
und allenfalls auch für die der in den europäischen Alpen ein-
heimischen Valeriana celtica L.
Die griechischen und römischen Schriftsteller verstanden
unter den als '§olvog oder o%olvog, auch als Juncus bezeichneten
Spezereien wahrscheinlich dieselben aromatischen Andropogon-
arten®). Im Abendlande scheinen diese niemals angepflanzt oder
in getrockneter Form eingeführt worden zu sein.
Die erste Erwähnung der Andropogongräser 3 ) von euro-
päischen Reisenden befindet sich in den Werken von Garcia
da Orta*), van Rheede tot Draakenstein — um die Mitte
des 17. Jahrhunderts Statthalter der Holländisch-Ostindischen
Kompagnie auf der Malabär-Küste 5 ) — und von G. E. Rumpf
(Rumphius, auch Plinius indicus), in der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts holländischer Statthalter auf Amboina"). Die
erste Probe destillierten Andropogonöles, nämlich Lemongrasöls,
soll im Jahre 1717 von den Molukken nach Europa gelangt sein').
Die Destillation dieser Öle im Großen und ihre Einführung in
den Welthandel und in die Industrie scheint indessen erst im
Jahre 1820 begonnen zu haben. In diesem Jahre erwähnt der
längere Zeit als Direktor des botanischen Gartens in Calcutta
lebende Botaniker William Roxburgh das Lemongrasöl als
*) Dioscorides, De materia medica Jlbri quinque. Lib. I, 6 u. 77.
*) Dioscorides, De materia medica libri quinque. Lab. I, p. 2, 16, 17.
Editio Kühn-Sprengel 1829. Vol. 1, p. 30. — Plinii Naturalis historiae
libri. Lib. XII, p. 26, 59, 62 und lib. XIII, p. 2.
3 ) Eingehend ist die Geschichte der einzelnen Gräser behandelt von
Otto Stapf. „The Oii-Grasses of India and Ceylon." Bulletin of Miscellan-
eous Information Royal Botanic Gardens, Kew. 1906. Mr. 8, S. 297.
*) Garcias ab Horto, Colloquios dos simples e drogas he cousas
medicinais da Inda, e assi dalguas frutas achadas nella ande se tratam. 1563.
B ) Van Rheede, Hortus indicus malabaricus. Amstelodami 1678 — 1703.
«) Rumphius, Herbarium amboinense. Amstelodami 1741—1755.
J) Ephemerides naturae curiosorum. 5 — 6cent. London (1717). Appendix,
p. 157. — Medical and Physical Transactions. London. Vo). 1 (1825), p. 367
und Vol. 3 (1827), p. 231.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 113
von den Molukken kommend 1 ). Im jähre 1832 gelangte die erste
größere Handelssendung dieses Öles nach London. Seitdem hat es,
sowie das Palmarosaöl und etwas später auch das Citronellöl, in
der Parfümerie und besonders in der Seifenindustrie zunehmend
Verwendung gefunden. Infolge der immer größer werdenden
Nachfrage ist die Kultur des Citronellgrases auf Ceylon bedeutend
ausgedehnt und im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts
auch auf Java mit großem Erfolge eingeführt worden.
Caltnusol.
Die Calmuswurzel ist als Gewürz und Arzneimittel schon
in den Schriften des Altertums genannt worden, so in der Ayur-
Vedas*), im alten Testamente 8 ) und anderen ältesten Dokumenten.
Auch in den naturwissenschaftlichen Schriften der Griechen und
Römer*) ist Calrnus mehrfach erwähnt worden. Im Mittelalter
machte man noch einen Unterschied zwischen asiatischem und
europäischem Calmus; später wurden Handelssorten verschiedener
Länder unterschieden. Odoardo Barbosa 8 ) erwähnt um das
Jahr 1511 Calmus unter den aus dem südlichen Indien nach
Portugal eingeführten Spezereien, und Matthias Lobelius aus
Flandern (i ) erklärte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
den über Venedig nach Antwerpen gelangenden Calmus für besser
als den aus Siebenbürgen und Rußland kommenden. Rheede
lieferte zuerst eine gute Abbildung der Pflanze 7 ).
% ) Roxburgh, Flora indica, edited by Carey andWallich. 1820—24.
Calcutta. Vol. 1, p. 280.
a ) Seite 17, Note 1. — Royle, Essay on the antiquity of Jiindoo Medicine.
London 1837, p. 28 und 34.
a ) 2. Mose, Kap. 30, V. 23. — Jesaias, Kap. 43, V. 24. — Hesekiel.
Kap. 27, V. 19. — Hohe Lied, Kap. 4, V. 14.
*) Agatharchides, De man Erythraeo, p. 97. — Theophrasti fiis-
toria plantarum Lib. 9. 7. — Dioscorides, De materia medica. Lib. 1, 17
und 52. Editio Kühn-Sprengel, pag. 11. — Plinii Naturalis historiae libri.
Lib. XII. 12, 48. Lib. XXV, 100. — Plutarchi Moralia. Isis et Osiris. —
Strabonis Geographica XVI, 4.
5 ) Ramusio, Della navigationi et viaggi. Veneria, 1554, fol. 413 — 417.
— Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876, S. 15.
e ) Mathiae de Lobel et Petri Penae Nova stirpium adversaria. London
1576, pag. 29.
7 ) Hortus indicus malabaricus. Amstelodamo. 1678 — 1703. Vol. XI
(1692), Tab. 48 u. 49.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 8
114 Geschichtliche Einleitung.
In Polen 1 ) soll Calmus im 13. Jahrhundert und in Deutsch-
land 2 ) erst im 16. Jahrhundert gepflanzt worden sein und von da
an weitere Verbreitung gefunden haben*). Auch in Nordamerika
ist Calmus einheimisch und, wenn auch nicht allgemein, von Nova
Scotia bis Florida und westwärts bis Minnesota, Iowa und Kansas
verbreitet. Er wurde von Botanikern zuerst von Joh. David Schöpf
im Jahre 1783 in Pensylvania und New Jersey beobachtet*).
Das destillierte Calmusöl ist in Apotheker- und Spezereitaxen
zuerst in der Taxe der Stadt Frankfurt vom Jahre 1582 und im
Dispensatorium Nor/cum vom Jahre 1589 aufgeführt worden. Die
Ausbeute an ätherischem Öle bei der Destillation des Wurzelstocks
wurde zu Anfang des 18. Jahrhunderts von Fr. Hoff mann 5 ),
Caspar Neumann") und um die Mitte des 18. Jahrhunderts von
Joh. Friedr. Cartheuser 7 ) ermittelt. Die ersten Untersuchungen
des Öles scheinen von Joh. Ad. Wedel 8 ) im Jahre 1718, und von
Joh. Barth. Trommsdorff im Jahre 1808 e ) gemacht worden zu
sein. Spätere Untersuchungen sind von Martius 10 ) im Jahre 1832,
von Schnedermann 11 ) im Jahre 1842, von J. H. Gladstone 1 *) im
Jahre 1863, von A. Kurbatow 1 *) im Jahre 1873 ausgeführt worden.
l ) Rostafinski, Florae Pofoniae Prodromus 1873, p. 12. — Clusius,
T^ariorum plantarum hfstoria. Antwerpiae 1601, fol. 230 und 232.
ä ) Bock, Teutsche Speiskammer. Strassburg 1550, S. 104. — Matthioli
Commentarii in Dioscoridem. 1544. Editio 1565, p. 20. — )oach. Catnerarius,
Hortus medicus et philosophicus. Francofurti 1588, p. 5.
8 ) Die Annahme, daß Calmus erst seit dem Jahre 1574 durch Charles de
l'Escluse (Clusius), welcher vom Jahre 1573 — 1588 in Wien lebte, von dort
aus durch botanische Gärten und anderweitig verbreitet worden sei (Luerssen,
Handbuch der systematischen Botanik. Bd. 2, S. 320), dürfte bei der Verbreitung
der Pflanze bis in weit entlegene Gegenden nicht durchweg zutreffend sein.
(Engler u. Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien. T. II. Abt. III, S. 118.)
*) Schöpf, Materia medica americana. Erlangae 1787.
s ) Fr. Hoffmannii Opera, omnia physico-medica. 1740. Liber 65. Ob-
servatio 1.: De o/eis destiJJatis atque eorum destilJatione observanda. p. 8.
8 ) Casp. Neumann, Chymia medica dogmatico-experimentalis. Editio
Kessel. 1749. Vol. 2, p. 272.
') Siehe Seite 76, Note 4.
s ) Joh. Adolf Wedel, De Calamo aromatico. Dissertatio. Jenae 1718.
°) Trommsdorffs Journal der Pharmazie 18 IL (1809), 122.
10 ) Liebigs Annalen 4 (1832), 264 u. 266.
") Ebenda 41 (1842), 374.
* s ) Journal ehem. Soc. 17 (1864), 1 ff. ; Ref. Jahresb. f. Chem, 188S, 546 u. 547.
1S ) Liebigs Annalen 173 (1874), 4.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 1 1 5
Safranöl.
Der Safran ist schon in der Literatur des Altertums unter den
Spezereien, sowie als Arznei- und Färbemittel oftmals erwähnt
worden 1 ). Zur Zeit der Araber wurde seine Kultur besonders
in Persien 2 ) und in Spanien 8 ) gepflegt. Die Kreuzzüge trugen
wohl auch zur Einführung der Pflanze im Abendlande bis nach
England hin bei*). Im Levantehandel spielte Safran unter den
kostspieligeren Spezereien eine erhebliche Rolle und wurde als
wichtiges Objekt für Zoll und wegen der Überhandnehmenden
Verfälschung mit den Blüten von Carthamus tinctorius und
anderen Pflanzenteilen vielmals Gegenstand strenger gesetzlicher.
Verordnungen 8 ). Der Safranhandel gewann im Mittelalter solche
x ) Hohe Lied Salomonis, Kap. 4, V. 14. — Homeri Ilias, 14, 348. —
Dioscorides, De Materia. medica libri quinque. Editio Kuhn-Sprengel.
Vol. 1, 39. — Plinii Naturalis historiae libri. Lib. XXI, 17 u.81. — Virgilli
Georgica. Lib. IV, 1 09. — A 1 e x. Tr a 1 1 i a n i medici libri duodecitn, graece etlatine.
Basiliae 1556. Deutsche Ausgabe von Th. Puschmann. Wienl878. — Matthaeus
Platearius, „Circa instans" in Choulants Handbuch der Bücherkunde für
die ältere Medizin zur Kenntnis der griechischen, lateinischen und arabischen
Schriften. 2. Aufl. Leipzig 1841, S. 299. — Hehn, Kulturpflanzen und Haus-
tiere in ihrem Übergange aus Asien nach Griechenland und Italien. 3. Aufl. 1877,
S.225— 231. — Liber pontificalis. Editio Duchesne. Paris 1886. Vol. 1, p. 177.
") Istachri, Buch der Länder. Deutsch von Mordtmann, S. 87, 93, 124
und 126. — Edrisi, G6ograptiie, traduite par Am6dee Jaubert. 1836, p. 168
und 192. — Meyer, Geschichte der Botanik. Bd. 3, S. 282, 284, 299. —
Bretschneider, Chinese Botanical Works. Foochow 1870, p. 15. — Ibn
Baitar, Tratte des Simples. Edit. Leclerc. 1881. Vol. 2, p. 209.
3 ) Le Calendrier de Cordoue de Fann6e 961. Leyde 1873. p. 33, 109.
*) Conrad et Wald mann, Traite du Safran du Gätinais. Paris 1846,
p. 20. — Morant, tiistory and Antiquities of Essex. 1768. Vol. 2, p. 545.
— Revue pharrnaceutique. 1858, p. 58. — Douglass, Philosophical Trans-
actions. November 1728, p. 566.
5 ) Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch-
venetianischen Handelsbeziehungen. Stuttgart 1887, S. 35. — Mone, Zeitschrift
für die Geschichte des Oberrheins 5 (1854), 28. — Warnkönig, Histoire de la
Flandre. Vol. 4 (1851), S. 449. — Flückiger, Schweizerische Wochenschrift für
Pharmazie 19 (1881), 109. — Falke, Geschichte des deutschen Handels. 1859.
Bd. I, S. 269. — Eiben, Zur Lehre von der Warenfälschung. Dissertatio. Tübingen
1 881 , S. 37. — Flückiger, Beiträge zur älteren Geschichte der Pharmazie in Bern.
1862, S. 6. — Roth, Geschichte des Nürnbergischen Handels. 1802. Bd. 4,
S. 221. — Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen. 1784. Bd.2,
S. 88 u. 91. — Peters, Aus pharmazeutischer Vorzeit. 1899. Bd. 2, S. 225—229.
8*
116 Geschichtliche Einleitung.
Bedeutung, daß sich in manchen größeren deutschen Städten die
Gewürz- und Spezereihändler als „Safranzünfte" zu besonderen
Gilden vereinigten 1 ).
In den Vereinigten Staaten von Mord-Amerika scheint der
Safran durch deutsche Einwanderer in der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts eingeführt worden zu sein. Peter Kalm fand
im Jahre 1748 Safrankulturen in der Nähe von Philadelphia und
in New Jersey 2 ), und Joh. David Schöpf im Jahre 1783 solche
bei Lancaster in Pennsylvania 3 ).
Das zuerst von Walter Ryff*) und Conrad Gesner 5 )
erwähnte und in städtischen Preisregulationen in der Nürnberger
Taxe vom Jahre 1613 aufgeführte SafranÖl ist wegen des äußerst
niedrigen Gehalts des Safrans an ätherischem Öl wohl sicher
nur ein oleum infusum gewesen. Der Gehalt des Safrans an
ätherischem Öl scheint zuerst im Jahre 1670 ermittelt worden
zu sein*). Eine Untersuchung des Safrans und seiner Bestand-
teile unternahmen Bouillon Lagrange und Vogel im Jahre 1810 7 ).
Im Jahre 1821 untersuchte Henry den Farbstoff des Safrans
und kam dabei zu der Annahme, daß die Ausbeute an ätherischem
Öle bei der Destillation fast doppelt so groß sei, wenn dem
Destillationswasser auf jede Unze trockenen Safrans 8 Unzen
Kochsalz und 4 Unzen Kalilauge zugesetzt werden 8 ).
Zitwerwurzelöl.
Die Zitwerwurzel ist im 6. und 7. Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung von Aetius, Paulus Aegineta und anderen Schrift-
stellern als aus Indien kommend, wo sie längst in Gebrauch war,
*) Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876, S.46u.66.
s ) Prof. Peter Kai ms Reise nach dem nördlichen Nordamerika im Jahre
1748—1749. Göttingen 1754. Bd. 3, S. 135.
s ) Joh. David Schöpf, Materia medica Amerfcana potissimum regni
vegetabiJis. Erlangae 1787.
*) Gualtherus Ryff, Neu groß Destillirbuch. 1556, fol. 188.
s ) EuonymusPhiliatrus, Ein köstlicher Schatz. Zürich 1555, fol. 222.
B ) Joh. Ferd. Hertodt, CrocoJog/a. Dissertatio. Jenae 1671.
') Annales de Chimie 80 (1811), 185. — Trommsdorffs Journ. der Pharm.
21 I. (1812), 206.
8 ) Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 6 (1822), 65. — Berliner Jahr-
buch 1. Pharm. 24 (1822), I. 160.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 117
erwähnt worden. Im Abendlande wurde sie im Anfange des 8. Jahr-
hunderts bekannt 1 ). Seitdem ist Zedoaria unter den Gewürzen 2 )
und in den Formeln von Arzneibüchern 8 ), sowie von Reisenden
unter verschiedenen Namen 4 ) oftmals genannt.
Im Mittelalter scheint Zedoariawurzel hauptsächlich von der
Malabarküste aus in den Handel gekommen zu sein 6 ).
Das destillierte Zedoariaöl ist zuerst in der Berliner Taxe
vom Jahre 1574 6 ) und in denen der Städte Worms und Frank-
furt a. M. vom Jahre 1582 sowie im Dispensatorium Nor/cum
vom Jahre 1589 genannt. Spätere Ermittelungen über die Aus-
beute der Wurzel an ätherischem Öl und über dessen Eigen-
schaften sind von Caspar Neumann^, von Dehne 8 ) und von
E. F. Geoffroy 9 ) gemacht worden.
Galgantol.
Galgantwurzel ist in China wohl schon im Altertum benutzt
und bereits in der/tyz/r-l/ec/asSusrutas 10 ) sowie von Plutarch 11 )
l ) Niccolö de Conti. In Kunstmanns Kenntnis Indiens im 15. Jahr-
hundert. München 1863, S.48. — Odoardo Barbosa, Delle navigationi et viaggi.
Venetia 1554, p. 413 u. 417. — Meyer, Geschichte der Botanik. Bd. 2, S. 421.
a ) Guerard, Polyptique de I'abbS Irminon tt, Statuta antiqua. abbatiae
St. Petri Corbeinensis. Paris 1844. — W. Heyd, Geschichte des Levante-
handels. 1879. Bd. 1, S. 104.
3 ) 1. G. Eckhart, Commentarii de rebus Franciae orientalis et episco-
patus Wirceburgensis. Wirceburgi 1729. Tom. II, p. 980. — F. A. Reuss,
Walafridi Strabi tlortulus. Wirceburgi 1834, p. 73.
*) Zituar. Zodear. Zitewar. Citowart. Citoal. Cytoal. Zerumbet.
B ) Kunstmanns Kenntniss Indiens im 15. Jahrhundert. 1863, S. 48. —
Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876, S. 15.
a ) Estimatio materiae inedfcae . . . in gratiam et usum publicum civi-
tatum Marchiae Brandenburgensis. Autore Matthaeo Flacco. Berolini 1574.
') J. I. Göttlings Almanach für Scheidekünstler 1783, 118.
8 ) Lorenz Crells Chemisches Journal 3 (1779), 20.
°) E. F. Geoffroy, Tractatus de materia medica. Paris 1757. Vol. 3, p. 265.
") Seite 17, Note 1.
") Plutarchi Moraiia. Jsis et Osiris. Galgant ist unter den von den
Ägyptern des Altertums gebrauchten Räuchermitteln genannt. Nach Tschirch,
Handb. d. Pharmakognosie, Bd. II, S. 1070, beruht diese Angabe auf einer
falschen Übersetzung des Wortes «tfsrspos in Bährs deutscher Ausgabe der
Moraiia. Tschirch glaubt nicht, daß man den Cyperus babylonicus der
späteren Griechen auf Galgant beziehen kann.
118 Geschichtliche Einleitung.
erwähnt worden. Bei den arabischen Ärzten fand sie auch arznei-
liche Verwendung und wurde wesentlich wohl dadurch im Abend-
lande bekannt und eingeführt. Die im 9. und 10. Jahrhundert
lebenden Ärzte Rhazes, Avicenna, Alkindi 1 ) usw. erwähnen
in ihren Schriften den Galgant als geschätztes Heilmittel, und
über seine Einfuhr berichten der zu Ende des 9. Jahrhunderts
in Mesopotamien lebende arabische Geograph Ibn Kurdadbqh 2 )
und im Anfang des 12. Jahrhunderts der sizilianische Geograph
Edrisi 8 ). Auch in der Handelsschrift „Della decima" usw.
des florentinischen Kaufmanns Pegolotti aus der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts ist die Galgantwurzel, und zwar in zwei
Sorten, als leichte und schwere, beschrieben 4 ). Marco Polo
berichtet von dem Anbau der Pflanze in China und Java s ). Auch
der portugiesische Arzt Garcia da Orta in Goa beschrieb
im Jahre 1563 zwei Sorten Galgantwurzeln, eine kleinere von
China kommend und eine größere von Java 9 ). Die erste gute
Abbildung derselben wurde von Rumpf im Jahre 1754 ver-
öffentlicht').
In der deutschen Literatur ist die Wurzel mindestens seit
dem 8. Jahrhundert bekannt und als arzneilich gebrauchte Droge
erwähnt worden. Unter den Bestandteilen eines Rezeptes in
einem arzneiwissenschaftlichen Manuskripte in der Würzburger
*) Macer Floridus, De viribus herbarum. Neapel 1487. Editio Chou-
lant. 1832, Kap. 70. — Ibn Baitar, Traiti des Simples. Editio Ledere.
Vol. 2, p. 61.
*) Le livre des routes et des provinceSf par Ibn Khordadbeh, traduite
par B. de Meynard; en Journal asiatique, Ser. VI, Tom. 5 (1865), p. 294.
3 ) Geographie d' Edrisi, traduite par A. Jaubert. 1836. Tom. 1, p. 51.
*) Francesco Balducci Pegolotti, La pratica della mercatura scritta.
In Pagninis Della decima e delle a/tre gravezze, della moneta usw. Lisboa
e Lucca. 1766, p. 296 u. 375.
*) Pauthier, Le livre de Marco Polo. 1865, p. 522 u. 561.
°) Garcias ab Horto, Colloquios dos simples e drogas he cousas
tnedicinais da India. Goa 1563. Colloquio 24. — Während jetzt nur noch
die kleinere Wurzel Radix galangae minoris von Alpinia officinaram Hance
in Gebrauch und in den Handel kommt, war früher auch die weniger aroma-
tische Radix galangae majoris von Alpinia Galanga Willd. gangbar. Diese
kam hauptsächlich von Java. Siehe auch: Daniel Hanbury, Science papers.
1876, p. 370.
') G. E.Rumphius, Herbarium amboinense usw. Amstelodami 1741 —
1754. Vol. 5, Tab. 63.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 119
Universitätsbibliothek aus dem 8. Jahrhundert 1 ) ist auch Galgant-
wurzel genannt. Der um die Mitte des 9. Jahrhunderts lebende
Bischof Salomo III. von Konstanz erwähnte in einem Formel-
buche ebenfalls Galgant 2 ); auch ist die Wurzel von dem im
12. Jahrhundert lebenden salernischen Gelehrten Matthäus
Platearius 8 ) und von der Äbtissin Hildegard in Bingen*) als
Arzneimittel gepriesen worden.
Im Dispensatorium Noricum fand Galgant Aufnahme. Das
ätherische Öl scheint aber erst später destilliert worden zu sein.
Ingweröl.
Die Ingwerwurzel scheint schon bei den Chinesen und Indern
als Gewürz gebraucht worden zu sein. In chinesischen Arznei-
büchern, in der Ayur-Vedas Susrutas, sowie in der Sanskrit-
literatur 5 ) und später im Talmud ist Ingwer mehrfach erwähnt
worden. Die Griechen und Römer 6 ) erhielten ihn auf dem
Handelswege durch das Rote Meer und nahmen deshalb Arabien
als das Herkunftsland der Wurzeln an. Im 3. Jahrhundert zählte
man indessen den Ingwer schon zu den durch das Rote Meer
über Alexandrien kommenden indischen Produkten 7 ). Bei den
Römern wurde der Ingwer bald ein beliebtes Gewürz 8 ). In
') Würzburger Universitätsbibliothek Manuscriptes Mp. th. fol. 146. —
Abgedruckt in F. A. Reuss, Walafridi Strabi tiortulus. Wirceburgi 1834,
p. 37. D. G. ab Eckhart, Commentarii de rebus Franciae Orientalis et ep/'s-
copatus Wirceburgensis. Wirceburgi 1729. Vol. 2, p. 980, Glossae Theotiscae.
2 ) Dümmler, Formelbuch des Bischofs Salomo von Constanz. In
„St. Gallische Denkmäler aus der Karolingischen Zeit". Zürich 1859, S. 37.
3 ) „Circa instans." Liber de simplice mediana. In Choulants Hand-
buch der Bücherkunde für die ältere Medicin. 2. Aufl. Leipzig 1841. p. 229.
*) Hildegardis Abbatissae Subtilitatum diversarum naturarum crea-
turarum libri novem. In Migne, Patrologiae Cursus completus. Trom. 197.
Lutetia Parisiorum. 1855, p. 1134 u. 1158.
n ) Nach E. v. Lippmann (Chem.-Ztg. 1925, Nr. 134 u. 135) wird Ingwer
in dem um 300 v. Chr. verfaßten „Arthasästra" des Kautüya genannt.
ö ) Dioscorides, De Materia medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 2, p. 300.
") Vincent, Commerce and Navigation of the Ancients in the Indian
Ocean. 1807. Vol. 2, p. 695. — Meyer, Geschichte der Botanik. Bd. 2, S. 167.
8 ) Apicius Caelius, De re coquinaria libri decem. Editio Schuch.
Heidelberg 1867. S. 36, 45, 68, 98, 105, 138, 139, 142, 165.
120 Geschichtliche Einleitung.
Deutschland 1 ) und Frankreich 2 ) scheint er im 9. Jahrhundert 'und
in England im 10. Jahrhundert Eingang gefunden zu haben 8 ).
Marco Polo, Pegolotti, Barbosa und Niccolo Conti haben
auf ihren Reisen in den Küstenländern und Inseln des südwestlichen
Asiens größere Klarheit über die Herkunft des Ingwers gewonnen *).
Schon im 13. Jahrhundert kam der Ingwer entweder frisch (zenzeri
verdfjj in Zucker eingemacht (giengiaro confetto) oder getrocknet
in den Handel, und Alexandrien galt den Abendländern lange als
der bevorzugte Markt für den Einkauf dieser Delikatesse R ).
Unter den zollpflichtigen Handelsartikeln findet sich der
Ingwer im Mittelalter oftmals erwähnt, so im |ahre 1 1 73 in Acre
in Palästina«), im Jahre 1221 in Barcelona 7 ), 1228 in Marseille»)
und 1296 in Paris*). Auch in einem sehr alten, allerdings apo-
kryphen deutschen Arzneibuche aus dem 12. Jahrhundert befindet
sich in verschiedenen Vorschriften schon Ingwer 10 ).
l ) Cless, Landes- und Kulturgeschichte von Württemberg. 1807. Bd. 2,
S. 260. — In der Vorschrift eines in der Würzburger Bibliothek befindlichen
(Mp. th. f. 146) Kodex aus dem 8. Jahrhundert ist neben Zimt, Costus, Nelken,
Pfeffer und Qentian auch Ingwer angegeben. Der Titel des als Manuskript
vorhandenen Kodex ist: J. G. ab Eckhardt, Commentarii de rebus Franciae
orientalis et episcopatus Wirceburgensis, Oiossae Theotiscae. — Die be-
treffende Vorschrift ist auch abgedruckt in 'der Schrift von F. A. Reuss,
Walafridi Strabi Hortulus. Wirceburgi. 1834, S. 73.
a ) W. Heydt, Levantehandel im Mittelalter. 1879. Bd. 1, S. 103, Note 3.
3 ) Pharmacographia. p. 635. — Rogers, History of Agriculture and
Pr/ces in England. 1866. Vol. 1, p. 629.
*) Le livre de Marco Polo, publi6 par Pauthier. 1865. Vol. 2, p. 381,
488. — Pegolotti, in Pagninis Del/a decima e de/le altre gravezze, delia
moneta e della mercatura de' Fiorentini fino al secolo XVI. Lisboa e Lucca
1766, p. 360. — Od. Barbosa. Editio Ramusio, Delle navigationi et viaggi.
Venetiae 1554, p. 311 und 323. — Niccolö Conti, India in the 15. Century.
Edition Major, London 1857. — Kunstmann, Kenntnis Indiens im 15. Jahr-
hundert. München 1863.
B ) Pegolotti, Editio Pagnini. Della decima usw. S. 298 und 317.
B ) Recueil des Histonens des Croisades. Lois 1843. Tom. 2, p. 176.
') Capmany, Memorias historicas sobre Ja Marina Cotnmercio y Artes
de Ja Ciudad de Barcelona. Madrid 1779. Vol. 2, p. 3.
8 ) M6ry et Guindon, fiistoire des Actes de la MunicipalitS de Mar-
seille. 1841. Tom. 1, p. 372.
°) Revue arch6ologique. Paris 1852. Tom. 9, p. 213.
10 ) Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher aus dem 12. und 13. Jahrhundert;
in Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften 4S (1863), 124,
138, 159. — Haeser, Geschichte der Medizin. 1875. Bd. 1, S. 663.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. J21
Nach Westindien und Mexiko wurde der Ingwer durch die
Spanier um die Mitte des 16. Jahrhunderts verpflanzt 1 ), und schon
im Jahre 1547 wurde Ingwer von Jamaika 2 ), im Jahre 1585 von
St. Domingo und im Jahre 1654 von Barbados nach Spanien
verschifft 8 ).
Die erste Erwähnung des destillierten Ingweröls findet sich
in einer Spezereitaxe der Stadt Kopenhagen vom Jahre 1672.
Die Ausbeute der Wurzel an ätherischem Ol bei der Destillation
scheint zuerst im Laufe des 18. Jahrhunderts von Caspar Neu-
mann*), J. A. Gesner 6 ), iE, F. Geoffroy") und Friedrich Car-
theuser 7 ) ermittelt worden zu sein.
Die erste gute Abbildung des Zingiber officinale Roscoe
hat H. A. Van Rheede um das Jahr 1670 veröffentlicht 8 ).
CardamomenÖl.
Die Kapselfrüchte verschiedener, auf den Inseln des ost-
indischen Archipels einheimischer Elettaria- und Amomum-Arten
(Familie der Zingiberaceae) , die Cardamomen, scheinen schon
im Altertum in Verkehr und Gebrauch gekommen zu sein. Car-
damomen sind bereits in der Ayur- Vedas von Susr Utas 8 ) unter
dem Namen Ela erwähnt, und die Ägypter brauchten nach
Plutarchs 10 ) Angabe zu Räucherungen im Religionskultus unter
anderen Gewürzen auch Cardamomen.
*) Monardes, Historia medicinal de las cosas que se traen de nu-
estras Indias occidentales que sirven en medicina. Sevilla 1574, p. 99. —
Editio Clusius. Antverpiae 1593, pag. 309.
s ) Renny, fiistory of Jamaica. London 1807, p. 154.
3 ) Ca/endar of State Papers. Cofonial ser/es 1574 — 1660. London
1860, p. 4.
*) Chymia medica dogmatlco- experimentalis. Editio Kessel. 1749.
Vol. 2, p. 638.
B ) Jon. Alb. Gesneri Dissertatio de Zingibere. Altdorf 1723, p. 18.
6 ) Tractatus de materia medica. Paris 1757. Vol. 2, p. 265.
') Elementa Chymiae dogmatico-experimentalis una cum synopsi Ma~
teriae medicae sefectioris. Halae 1736. Vol. 2, p. 62.
8 ) Hortus indicus malabaricus. Amstelodami 1678 — 1708. Vol. 2, p. 24,
Tab. 12.
9 ) Siehe S. 17, Note 1.
i0 ) Plutarchi Moral ia. Isis et Osiris.
122 Geschichtliche Einleitung.
Spätere Schriftsteller gebrauchten für Cardamom die syno-
nymen Bezeichnungen Amomis, Amomum und Card-amomum 1 ).
Trotz der Anzahl der aus dem südlichen Ostindien von alters
her in den Handel gebrachten Gewürze läßt sich mit Wahr-
scheinlichkeitannehmen, daß diese Bezeichnungen nur dem Carda-
mom gegolten haben. Dioscorides 8 ), Theophrast 3 ), Plinius*),
Scribonius Largus und Alex. Trallianus 15 ) erwähnen stets
gemeinschaftlich Cardamom und Amom, meistens neben Pfeffer, -
Nelken und Muskatnuß. Auch zur Zeit des größten römischen Luxus
während des 3. und 4. Jahrhunderts war Cardamom eins der be-
vorzugten Gewürze 8 ). Der arabische Reisende Masudi ') bezeich-
nete um das Jahr 912 Cardamom, Cubeben, Muskatnuß, Nelken,
Campher, Sandelholz und Aloeholz als hinterindische Produkte.
Der sizilianische Geograph Edrisi 8 ) machte in der Mitte des
12. Jahrhunderts einen Unterschied zwischen Ceylon- und China-
Cardamom, auch erwähnteer, sowie Barbosa 9 ) und Pegolotti 10 ),
daß die Spezereien zu jener Zeit über Aden und Alexandrien
*) Diese Identifizierung der Namen bestand bis zum Ende des 18. Jahr-
hunderts fort; so ist z. B. Cardamom in Murrays „Apparates Medicamen-
torum" (Göttingen 1790) und in ähnlichen Werken jener Zeit noch unter der
Bezeichnung Amomum Card&momum aufgenommen.
*) Dioscorides, De materia medica Iibri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. Leipzig 1829. Vol. 1, p. 14.
*) Theophrasti Eresii opera, quae supersunt omnia. Historia plan-
tarum. Editio Wimmer. Parisiis 1866, p. 147.
*) Plinli Naturalia historiae 1/bri. Üb. XII. 28, 29. — Editio Littre.
Paris 1877, Vol. 1, p. 482, 483.
s ) Alexandri Tralliani media iibri XII. Baslliae 1556. Editio Pusch-
mann. 1878. Vol. 2, p. 354.
6 ) Apicius Caelius, De re coquinaria Iibri X. Editio Schuch. Heidel-
berg 1867, p. 36, 45, 64, 98, 105, 139, 142, 165. — Hieronymi Opera omnia.
Editio Migne PatroJogiae cursus completus. Vol. 2, p. 297.
7 ) Ali el-Masudi, Pmiries d'Or. Editio Meynard u. Courteille. Paris
1861—1877. Vol. I, p.341.
8 ) Q6ographie d'Edrisi, traduite par Amed6e Jaubert. 1836 — 1840.
Vol. 1, p. 51, 341.
9 ) Libro di Odoardo Barbosa. In Ramusios „Delle navigationi et
viaggi". Venetia 1554, fol. 413—417. — Editio Hakluyt Society in London:
Description of tbe Coasts ofEast Africa and Malabar. 1866, p. 59, 64, 147, 154.
10 ) Francesco Balducci Pegolotti, La pratica della mercatura. In
Pagninis Del/a decima e del/e aitre gravezze, della moneta e della mer-
catura de' Fiorentini fino al seculo XVI. Lisboa e Lucca 1766, p. 57.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 123
und, als das Königreich Jerusalem bestand, auch über Accon 1 )
in den abendländischen Handel gelangten.
Man kannte damals schon wildwachsende und kultivierte
Cardamomen 2 ), Garcia da Orta 8 ) unterschied einen weniger aroma-
tischen größeren Cardamom von Ceylon von einer kleineren
gewürzreicheren Sorte; auch zur Zeit des Valerius Cordus wurde
der malabarische Cardamomum minus dem als minderwertiger
geltenden größeren Cardamom vorgezogen*).
Die ersten zutreffenden Abbildungen der Elettaria carda-
momum wurden von dem Statthalter der Holländisch-Ostindischen
Kompanie auf der Malabarküste Henry van Rheede 8 ) und von
dem aus Hanau gebürtigen, auf Amboina lebenden Kaufmann
und Botaniker Georg Eberhard Rumpf 6 ) veröffentlicht.
Das ätherische Cardamomenöl war schon um das Jahr 1540
von Valerius Cordus 7 ) destilliert worden. Die Ausbeute des Samens
an Öl wurde von Caspar Neumann 8 ), von C. Ph. Martius 8 ), von
joh. Friedr. Cartheuser und von J. R. Spielmann 10 ) ermittelt.
*) Beugnot, Assfes de Jerusalem. Paris. Vol. 2, p. 175.
2 ) Pegolotti, Cardamomi salvatichi, domestici. pag. 211 u. 296 in der
in Note 10 auf S. 122 genannten Schrift.
s ) Garcias ab Horto, Colloquios dos simples e drogas he cousas
medicinais da India, e assai da/guas frutas achadas neffa ande se tratam. 1563.
Bearbeitet von Carolus Clusius im Jahre 1567 unter dem Titel: Aromatum et
Simplicium aliquot medicamentorum apud Indos nascentium htstoria : primum
quidem Lusitanica hngua Sicdoyixws conscripta, aD. GarciaabHorto, Pro-
regis Indiae Medico: Deinde latino illustrata a Carolo Clusio Atrebate. Ant-
verpiae, pag. 98. Die portugiesische Originalausgabe wurde im Jahre 1872 von
F. A. von Varnhagen im Neuabdruck herausgegeben. In dieser pag. 51, 6.
*) Valerius Cordus, Dispensatorium Noricum. Editio Paris, p. 40, 76,
77, 115, 157, 158.
8 ) Van Rheede, Hortus indicus malabaricus, cum notis et commentariis
Johanni Commelini. Amstelodami 1678-1703. Vol.XI(1692),Tab.4-5: Elettari.
6 ) Rumphius, Herbarium Amboinense (fiet Amboiniscbe Kruidboek).
Editio Johanni Burmanni. Amstelod. 1741—1755. Vol. 5, S. 152 u. Tafel 65.
Amomum Cardamomum. (Dieses Werk war von Georg Eberhard Rumpf
schon im Jahre 1690 vollendet, wurde aber erst nach seinem Tode im Jahre
1741 veröffentlicht.)
'•) Valer. Cordus, De artificiosis extractionibus. 1561, fol. 226.
s ) Caspar Neumann, Chymia medica dogmatico-experimentalis. Editio
Kessel. 1749. Vol. 1, p. 328.
°) J. CS. Schweiggers Journal für Chemie u. Physik 3 (1811), 311.
10 ) Jacob R. Spielmann, Cardamomi historia etvindiciae. Argentator.1762.
124 Geschichtliche Einleitung.
Paradieskörneröl.
Die Paradieskörner wurden früher vielfach als Gewürz ver-
wendet und waren in den Apotheken als Grana Paradisi,
Sem/na Cardamomi majoris oder Piper Melegueta bekannt.
Paradieskörneröl wurde von Porta 1 ) zu Anfang des 17. Jahr-
hunderts dargestellt und medizinisch verwendet.
Pfefferöl.
Der Pfeffer ist eins der frühest bekannten Gewürze, welches
schon in der Sanskrit- und altindischen Literatur genannt worden
ist 3 ). Im vierten vorchristlichen Jahrhundert erwähnt Theo-
phrast 8 ) den Pfeffer, und Dioscorides*) und Plinius 5 ) unter-
schieden schon ' schwarzen, weißen und langen Pfeffer und
zählten den ersteren zu den wichtigsten Gewürzen ihrer Zeit.
Am Ende des 1. Jahrhunderts gab es in Rom schon besondere
Lagerhäuser (horreae piperatariae) für diese kostbare Ware.
Der Per/plus des erythräischen Meeres, ein wahrscheinlich
aus dem Jahre 76 n. Chr. stammendes Warenverzeichnis aus
Alexandria 6 ), erwähnt als Ausfuhrplätze des Pfeffers Orte, die
früher nachweislich auf der vorderindischen Westküste zwischen
Mangalore und Cochin bestanden haben.
Auch im Abendlande fand der Pfeffer frühzeitig Eingang.
In welcher Menge er trotz seines hohen Preises schon im An-
fang des 5. Jahrhunderts Handelsware war, ergibt sich aus der
Angabe, daß der weströmische Kaiser Honorius an den West-
gotenkönig Alarich im Jahre 408 n. Chr. unter anderem 3000
l ) Porta, De Destillatione. Romae 1608. Lib. IV, c. 4,
a ) Vgl. auch: Pepper, a note on its history, Perfum. Record 7 (1916), 48.
s ) Theophrasti Eresii opera quae supersunt omnia. IX. 20. — Editio
Wimmer. Vol. 1, p. 162; Vol. 2, p. 476.
*) Dioscorides, De materia medica Jibri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 298.
8 ) PHnii Naturalis historiae Jibri. Lib. XII, 14. — Editio LittrS. Vol. 1,
p. 478.
*) Fabricius, Der Periplus des Erythräischen Meeres von einem Unbe-
kannten. Griechisch und Deutsch. Leipzig 1883, S. 188. — Vincent, Commerce
and Navigation of the Ancients in the lndian Ocean. London 1807. Vol. 2,
p. 458 u. 754.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 125
Pfund Pfeffer als Tribut bei der Belagerung Roms zahlte 1 ). Der
Pfeffer behielt bis zum späten Mittelalter hohen Wert und diente
daher vielfach anstatt der Edelmetalle zur Begleichung von
Tributentrichtung, als Zahlungsmittel bei Abgaben, Renten und
Zöllen, als Lösegeld, zu kostbaren Geschenken und als Erb-
schaftsobjekt 2 ). Unter den Geschenken west- und oströmischer
Kaiser an Päpste stand unter den kostbaren Gewürzen der
Pfeffer meistens voran. Nach einem Privileg des merovingischen
Königs Chilperich II. vom Jahre 716 n. Chr. bezog das Kloster
Corbie im südlichen Frankreich unter anderen Waren auch Pfeffer,
Nelken, Zimt und Spica als jährliche Revenue 3 ). Bonifacius,
der „Apostel der Deutschen", erhielt von römischen Prälaten
mehrmals Spezereien für Räucherungen, darunter auch Pfeffer,
als Geschenk*).
Marco Polo traf um das Jahr 1290 den Pfeffer in reich-
licher Menge auf den Inseln des malayischen Archipels und auf
den Küstenländern Indiens an, wo er ein wichtiger Handelsartikel
nach China war 5 ).
Der hohe Preis und die zunehmende Nachfrage nach Pfeffer
waren nicht zum geringsten ein Motiv für die Aufsuchung eines
Seeweges nach Ostindien. Nachdem dies den Portugiesen unter
Vasco da Gama im Jahre 1498 gelungen war, und nach der
bald stattfindenden Verbreitung des Anbaues des Pfefferstrauches
auf mehreren Inseln des malayischen Archipels trat mit der Zeit
eine weit größere Produktion und Zufuhr und eine Preisernied-
rigung, infolgedessen auch ein zunehmender Konsum des Pfeffers
ein. Die Bedeutung des neuen Seeweges gegenüber der damals in
höchster Blüte stehenden Handelsrepublik Venedig wurde beson-
ders wahrnehmbar, als portugiesische Schiffe mit Pfeffer beladen
J ) Zosimi Comitis et exadvocati fisci Historiae novae Hbri Septem.
Basiliae. Lib. V, cap. 41. — Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im
Mittelalter. — Hodgkin, Italy and her Invaders. London 1880, p. 347.
*) Wilh. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879.
Bd. 1, S. 99; Bd. 2, S. 458 u. 754.
3 ) Pardessus, Diplomata, chartae usw. Paris 1849. Tom. 2, p. 309. —
W. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. Bd. 1, S. 99.
*) Jaffe, Bihliotheca rerum germanicarum. Berlin 1866. Vol. 3, p. 156,
157, 199, 218 und 231.
s ) W. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. Bd. 1,
S. 634.
126 Geschichtliche Einleitung.
im Jahre 1504 auf der Themse in London und am 21. Januar 1522
im Hafen von Antwerpen einliefen. Trotz der Bemühungen der
venetianischen Handelsfürsten 1 ) wurde der Pfefferhandel von jener
Zeit an bis nahezu zum 1 8. Jahrhundert portugiesisches Monopol.
Wie hoch diese Ware im Mittelalter geschätzt wurde, bekundet
die Tatsache, daß der Pfeffer als Symbol des gesamten Gewürz-
handels galt; schon in Rom hießen die Gewürzkrämer Piperarn,
und später in Frankreich Pebriers, und in England Pepperers*).
Das destillierte Pfefferöl dürfte bei der viel betriebenen
Destillation der gangbaren Gewürze wohl schon im Mittelalter
bekannt gewesen sein; zuerst erwähnt wurde es von Saladin 3 )
und beschrieben von Valerius Cordus*) und später von Giov.
Batt. Porta"). Eine Beschreibung der Destillation des Öles gab
zuerst Winther von Andernach 6 ), der um das Jahr 1550 die Öle
von Pfeffer, Zimt, Nelken usw. destillierte. In den Arzneibüchern
ist das Öl zuerst in der Ausgabe des Dispensatorium Noricum
vom Jahre 1589, in der Apothekertaxe der Stadt Berlin vom
Jahre 1574 und der von Frankfurt vom Jahre 1582 aufgezählt
worden. Auch Rheede beschrieb Pfefferöl im Jahre 1688 7 ).
Die ersten Untersuchungen der Bestandteile des Pfeffers
wurden von Caspar Neumann 8 ) und von H. D. Gaubius")
ausgeführt, später von Willert 10 ), Oerstedt 11 ) und Pelletier 1 -).
*) W. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. Bd. 2,
S. 502—527.
s ) Ebenda Bd. 2, S. 634—640.
8 ) Saladini Asculani Compendium aromatariorum. Venetii 1488. Index.
*) Val. Cordi Annotationes in Pedacei Dioscoridis Anazarbei de ma-
teria medica libros quinque. De artificiosis extractionibus. Editio Gesner,
Argentorati. 1561, fol. 226.
°) Portae Magiae naturalis libri viginti. Liber de destillatione. 1567,
pag. 379. Editio 1589, p. 184.
e ) Guintheri Andernacensi de mediana, veteri et nova. Basil. 1571,
p. 630—635.
') H. A. van Rheede tot Draakestein. Hortus indicus malabaricus.
Vol. 7, p. 14. „Oleum ex pipere destillatum levem p/per/s odorem spirans,
saporis partim acris".
8 ) C. Neumann, Gründliche mit Experimenten erwiesene Chymie. Editio
C H. Kessel. 1749. Bd. 2, Abt. 4, S. 9.
') Gaubü Adversariontm varii argumenta liber unus. \17\. Cap. 5, p. 55.
10 ) Trommsdorfts Journ. der Pharm. 20 II. (1811), 44.
") Schweigers Journ. für Chemie und Physik 29 (1819), 80.
") Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 6 IL (1822), 233.
Geschichte einzelner ätherischer Öle- 127
Pfefferöl aus langem Pfeffer.
Der lange Pfeffer war schon im Altertum als Gewürz und
Arzneimittel in Gebrauch und ist in mittelalterlichen Schriften
mehrfach in Drogenverzeichnissen erwähnt 3 ), ist indessen wohl
niemals allgemein in Gebrauch gewesen und in neuerer Zeit mehr
und mehr außer Benutzung gekommen.
Das destillierte Öl des langen Pfeffers wurde in Apotheker-
taxen zuerst im Jahre 1589 erwähnt und fand im Dispensatorium
Noricum vom Jahre 1589 Aufnahme. Die erste Untersuchung
des langen Pfeffers unternahm Winckler 2 ) im Jahre 1827.
Cubebenol.
Der Cubebenpfeffer ist als Gewürz wahrscheinlich in China
und Indien schon im Altertum 3 ), als Heilmittel aber erst zur
Zeit der Araber gebraucht worden*). Die im 9. und 10. Jahr-
hundert der christlichen Zeitrechnung lebenden Reisenden Kur-
dadbah 5 ) von Mesopotamien und Masudi 8 ) von Bagdad zählten
die Cubeben zu den wichtigeren Gewürzen, und der im Anfange
des 12. Jahrhunderts lebende sizilianische Geograph Edrisi 7 )
erwähnte sie unter den über Aden eingeführten Gewürzen. Die
Äbtissin Hildegard 8 ) und der dänische Kanonikus Henrik
*) Macer Floridus, De viribus herbarum una cum Walafridi Strabo-
nis, Othonis Cremonensis et Johannis Folcz carminibus similis argumenti.
Editio Choulant. Lipsiae 1832, p. 114. — Simon Januensis. Synonyma
medicinae seu C/avis sanationis. Veneti 1510. — Bonaini Statut/' inediti
de/ia cittä di Pisa. 1857. Vol. 3, p. 492. — Kunstmann, Kenntnis Indiens
im 15. Jahrhundert. München 1863, p. 40. — Saladini Compendium aromata-
riorum, Bononiensi 1488. Index.
2 ) Aren, der Pharm. 26 (1828), 89.
3 ) Alexandri Tralliani Opera. Edit. Puschmann. Vol. 2, p. 396.
*) Paulus Aegineta. — Editio Fr. Adams. London 1847. Vo!. 3,p.455.
5 ) Khordadbeh, Le livre des routes et des provinces par Barbier de
Meynard im Journal asiatique 5 (1865), 294.
6 ) Meynard et de Courteille, Prairies d'Or. Paris 1861—1877. Tom. I,
p. 367 und Tom. IV, p. 78.
') Amed€e Jaubert, Geographie d'Edrisi. 1836. Tom. 1, p. 51 und 89.
s ) Hildegardis Abbatissae Subtilitatum diversaxum naturartim crea-
turarum Libri novem. Editio Migne. Pstrologiae cursus completus. Tom.
197 (1855), p. 1147. — Meyer, Geschichte der Botanik. Bd. 3, S. 537.
128 Geschichtliche Einleitung.
Harpestreng 1 ) beschrieben die Cubeben als geschätztes Arznei-
mittel. Im 13. Jahrhundert waren Cubeben als Gewürz und als
Arzneimittel in Europa allgemein bekannt und vielfach in Ge-
brauch; als solche und als zollpflichtige Droge sind sie in ärzt-
lichen Schriften und städtischen Taxen vom 14. Jahrhundert an
erwähnt worden 4 ).
Später nahm die Verwendung der Cubeben als Gewürz
sehr ab, und sie kamen nahezu in Vergessenheit, im Anfange
des vorigen Jahrhunderts aber auf Anregung englischer Ärzte
wieder in Gebrauch 8 ).
Die Cubeben wurden zuerst im Jahre 1704 von G. Wedel*),
bald darauf von Caspar Neumann ), im Jahre 1810 von
Trommsdorff "), und im Jahre 1821 von Vauquelin 7 ) unter-
sucht.
Das ätherische Cubebenöl war schon Valerius Cordus 8 )
vor dem Jahre 1540 bekannt; in den Taxen ist es zuerst in
der der Stadt Frankfurt a. M. vom Jahre 1582 angegeben.
*) Harpestreng, danske Laegebog fra det trettende Aarhundrede,
foerste Gang utgivet efter et Pergamenthaandskrift. Kioebenhaven. 1826, p.62.
2 ) Monumenta Qildhallae Londoniensis, Liber albus 1, p. 230. — Cap-
many, Memorias historicas sobre Ia Marina, Commercio y Artes de !a Ciu-
dad de Barcelona. 1779, p. 44. — Bourquelot, Etudes sur /es voires de
la Champagne. M6moires etc. de l'Institut. Tom. 5 (1865), p. 288. — Sala-
dini Compendjum aromatariorum. 1488. — Hans Folcz, Confectbuch vom
Jahre 1480. In Choulants Handbuch der Bücherkunde für die ältere Me-
dicin. 1832, S. 188. — Rogers, JHistory of Agriculture and Prices in Eng-
land. Vol. 1, p. 627; Vol. 2, p. 544. — Liber niger Scaccarii. London 1771.
Vol. 1, p. 478. — Val. Cordus, Dispensatorium Noricum. Edit. 1548, p. 76,
77 und 327. — Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876,
15, und „Die Frankfurter Liste" im Aren, der Pharm. 201 (1872), 441 und 211
(1877), 101.
a ) Dictionary of the Indian Islands. London 1856, p. 117.— Edinburgh
Medicai and Surgical Journal. 1818. XIV, p. 32. — M6rat et de Lens,
Dictionnaire universel de materia medica. Tom. 5 (1833), p.-331.
*) G. Wedel, De cubeb/s. Dissertatio. Jenae 1705.
5 ) Caspar Heumann, Lectiones chymici de safibus alkalinofixis et de
camphora. Berlin. 1 727.
*) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 20 I. (1811), 69.
') Trommsdorffs Taschenbuch für Chemiker und Pharmazeuten 1822, 195.
8 ) Valerii Cordi Annotationes in Pedacei Dioscoridts de medica
materia fibrös quinque Jonge afiae quam antea sunt hac sunt evulgat&e,
1561, f ol. 226.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 129
Betelöl.
Wann und von wem Betelöl zuerst destilliert wurde, ist
nicht bekannt. Jedenfalls dürfte die Darstellung des Öles durch
Kemp 1 ) im Jahre 1885 nicht die erste gewesen sein. Durch
eine oberflächliche Untersuchung des Siambetelöles im Labora-
torium von Schimmel § Co.*) im Jahre 1887 war die Anwesen-
heit eines zwischen 250 und 260° siedenden Phenols festgestellt
worden, dessen Reaktionen mit denen des Eugenols überein-
zustimmen schienen. Eykman 8 ), der im Jahre 1888 ein von
ihm selbst auf Java destilliertes Betelöl untersuchte, fand darin
kein Eugenol, wohl aber ein neues Phenol, dem er den Namen
Chavicol beilegte. Bei einer erneuten Prüfung im Laboratorium
von Schimmel $ Co. stellte es sich heraus, daß Siambetelöl
weder Eugenol, noch Chavicol enthält, sondern ein drittes, bis
dahin noch unbekanntes, dem Eugenol isomeres Phenol, das
von Bertram und Gildemeister*) Betelphenol genannt wurde.
Birkenrindenöl (Wintergrünöl).
Nächst dem Terpentinöl gehören das Sassafras-, das Winter-
grün- und das Birkenrindenöl zu den zuerst in den Vereinigten
Staaten gewonnenen ätherischen Ölen. Die Ähnlichkeit des
Birkenrindenöles im Gerüche und Geschmack mit dem der
Gaultheria procumbens war schon vor dem Jahre 1818 be-
kannt 5 ), die chemische Identität des Hauptbestandteils aber
wurde erst im Jahre 1843 durch Wm. Procter jr. in Phila-
delphia 6 ) ermittelt. Als später der Bedarf an Wintergrünöl
bedeutender wurde und diese Pflanze weniger leicht und reich-
lich zu beschaffen war, wurde die Birkenrinde zur gemeinsamen
Destillation mit Wintergrün herbeigezogen oder allein ohne
x ) Dymock, Warden and Hooper, Pfiarmacographia indica. Part. VI,
p. 188.
*) Bericht von Schimmel $ Co., Oktober 1887, 34.
») Chem. Ztg. 12 (1888), 1338.
*) Journ. f. prakt. Chem. II. 89 (1889), 349.
B ) Bigelow, American MedicaJ Botany. Boston 1818. Vol. 2, p. 28
und 241.
a ) Americ. Journ. Pharm. 15 (1843), 241.
Gildemeister, Die Etherischen Öle. I. 9
|30 Geschichtliche Einleitung.
dieses dazu verwendet 1 ), so daß das Wintergrünöl des Handels in
neuerer Zeit meistens lediglich aus der Rinde von Betula lenta L.
gewonnen wird.
Hopfenöl.
Der Hopfen ist schon im Mittelalter zur Aromatisierung
von Gerstenbier gebraucht und in der Literatur schon vom
8. Jahrhundert an erwähnt worden 4 ). Arzneiliche Anwendung
haben der Hopfen und die Hopfendrüsen, das Lupulin, erst in
neuerer Zeit gefunden. Das Lupulin wurde dafür im Jahre 1820
von dem Neuyorker Arzte Ives s ) in Vorschlag gebracht.
Das ätherische Hopfenöl ist aus den Drüsen, wie es
scheint im Jahre 1821, von Payen und Chevallier 4 ) zuerst
destilliert worden.
Sandelholzöl.
Das Sandelholz von Santalum album L. war wegen seines
eigenartigen Geruches schon im Altertum in Indien und in China
hoch geschätzt. Es war dort von den Nutzhölzern das dauer-
hafteste, weil es von den die meisten Holzarten ze/nagenden
weißen Ameisen gemieden wird und diente den Buddhisten zur
Anfertigung der Götzenbilder und allerhand Tempeldekorationen
sowie in China und Indien bis zur Gegenwart noch zu Räuche-
rungen im Religions- und Totenkultus.
Sandelholz ist schon in der frühesten Sanskritliteratur 15 )
und wahrscheinlich auch in der chinesischen erwähnt, scheint
*) Betula lenta und Gaultheria procumbens wachsen in waldigen Berg-
gegenden der nördlichen atlantischen Staaten der Union vielfach gemeinsam.
In einem von George W. Kennedy in Pottsville, Pa., im Bande 54 (1882), pag. 49
des Americ. Journal of Pharmacy veröffentlichten Berichte über die Wintergrünöl-
industrie in Pennsylvanien macht dieser darauf aufmerksam, daß bei dem Ein-
sammeln des Rohmaterials der Preis der Birkenrinde nur 7? von dem der
Wintergrünblätter betrug, daß aber die Ausbeute an Öl von der Rinde nur 0,25 %,
dagegen vom Wintergrün 0,80 \ beträgt. Danach ist die Gewinnung des Öles
aus der Birkenrinde mehr als doppelt so vorteilhaft, wie die aus Wintergrün.
2 ) Flückiger and Hanbury, Pharmacographia. 1879, S. 551.
s ) Sil Hm ans Journal of Sciences and Arts 1820, 302.
*) Journ. de Pharmacie 8 (1822), 214 u. 533.
s ) Wohlriechendes Sandelholz wird nach E. v. Lippmann (Chem.-Ztg.
1985, Nr. t34 u. 135) in dem „ Arthasästra" des Kautilya 300 v. Chr. als
abgäbe- und zollpflichtige Ware genannt.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 131
indessen wenig in den Produktenaustausch Indiens und Chinas
mit den Völkern des Morgenlandes gelangt zu sein. Den
Ägyptern indessen war das Sandelholz 17 Jahrhunderte vor der
christlichen Zeitrechnung bekannt. Sie bezogen es aus den
Punt oder Phun genannten Ländern zwischen dem jetzigen
Golf von Aden und dem persischen Meerbusen 1 ). Ob es aber
weißes oder rotes Sandelholz war, wissen wir nicht 2 ).
Seit der christlichen Zeitrechnung findet sich die erste
Erwähnung des Sandelholzes in dem um die Mitte des 1. Jahr-
hunderts geschriebenen Periplus des roten Meeres 8 ) und im
5. Jahrhundert in den Schriften des Kosmas Indikopleustes*).
Von der Zeit an ist das Holz von einer Anzahl von Schrift-
stellern und Reisenden beschrieben worden, so im 9. Jahr-
hundert von Avicenna 8 ), im 10. Jahrhundert von Serapion 6 )
und von Masudi'), im 11. Jahrhundert von Constantinus
Africanus in Salerno 8 ) und im 13. Jahrhundert von Marco
Polo 9 ). Saladin von Ascoli 10 ) beschrieb im 15. Jahrhundert
') Dfimichen, Die Flotte einer ägyptischen Königin. Leipzig 1868. —
Dünlichen, Historische Inschriften. 1869. — Dümichen, Aegypten. 1880,
S. 100. In Onckens Allgem. Weltgeschichte. — Lieblein, Handel und
Schiffahrt auf dem roten Meere in alten Zeiten. Christiania 1886, S. 21
und 31. — Quatremere, M6moires gäographiques et historiques sur
l'Egypte. 1811. Vol. 2, p. 3b6— 375.
2 ) Tschirch, Handb. d. Pharmakognosie Bd. II, S. 961.
3 ) Periplus maris ErythraeL Editio Fabricius. Leipzig 1883, S. 75. —
Vincent, Commerce and Navigation of the Artcients in the Indian Ocean.
London 1807. Vol. 2, p. 378.
*) Christiana topographia, in Mignes Patroiogiae cursus compietus.
Series graeca. Vol. 88, p. 574 u. 446. — Lassen, Indische Altertumskunde.
Bd. 3, S. 40. — Meyer, Geschichte der Botanik. Bd. 2, S. 388.
°) Avicennae libri in re medica omnes; latine redditi ab I. Paulo
Mongio et I. Costaeo recogniti. 2. Vol. Venetis 1564. „Canon medicinae"
Lib. IL tractat. II, cap. 656.
8 ) Liber Serapionis aggregatus in medicinis simplicibus. Mediolani 1 473.
') Ali el Masudi, Les Prairies d'Or, texte et traduite par Meynard
et P. de Courteille. 9 Vol. (im arabischen Urtexte beendigt im Jahre 984).
Paris 1861—1877. Vol. 1, p. 222.
s ) Constantini Africani Opera omnia. Basiliae 1536. Liber de gra-
dibus, p. 369.
°) Pauthier, Le Jivre de Marco Polo. Paris 1865. Tom. 2, p. 580.
10 ) Compendium aromatariorum Saladini principis tarenti dignissimi
medici d/I/genter correctum et emendatam. 1488.
9*
132 Geschichtliche Einleitung.
weißes, gelbes und rotes 1 ) Sandelholz; dasselbe geschah um
das Jahr 1511 von Barbosa 2 ), der noch angab, daß das weiße
und das gelbe Holz von der Malabarküste kämen und zehnmal
so teuer seien als das rote. Rumpf 3 ) gab im Jahre 1741 die
erste gute Abbildung des Baumes.
In mittelalterlichen Schriften und den späteren Destillier-
büchern ist Sandelholz selten berücksichtigt worden, weil das
ätherische Öl erst in neuerer Zeit in Gebrauch gekommen ist
und arzneiliche Anwendung gefunden hat. Seine Destillation
ist von Saladin*), von Conrad Gesner 8 ) und von Friedrich
Hoff mann*) ausgeführt worden. Caspar Neumann und
Dehne') ermittelten die Ausbeute an Öl und P. Chapoteaut 8 )
untersuchte es zuerst.
Auf Ceylon soll destilliertes Sandelholzöl schon im 9. Jahr-
hundert zur Einbalsamierung der Leichen der dortigen Fürsten
gebraucht worden sein 8 ).
Sternanisol.
Wegen ihrer eigenartig gestalteten, aromatischen Früchte
sind die Sternanisbäume wohl von alters her bekannt gewesen
*) Vielleicht schon vor der Zeit des Mittelalters wurde das Holz des
im südlichen Ostindien und den Philippinen einheimischen, der Familie der
Leguminosae angehörenden Baumes Pterocarpus santalinus L. seines roten
Farbstoffes halber gebraucht. Da es aus denselben Ländern wie das wohl-
riechende Sandelholz kam, scheint es anfangs mit diesem für verwandt
gehalten und daher ebenfalls als Sandelholz bezeichnet worden zu sein.
Dieser Irrtum und die gleiche Benennung sind geblieben und die beiden
ganz verschiedenartigen Hölzer sind von manchem Schriftsteller ungenügend
auseinandergehalten und oftmals zusammen gruppiert worden, so z. B. noch
in der Frankfurter Liste vom Jahre 1450. Garcia da Orta bemerkte diesen
Irrtum und suchte ihn, indessen erfolglos, aufzuklären (Ab Horto, Col/o-
quios dos simples e drogas he cousas medicinais da India, e assf dalguäs
frutas achadas nella ande se tratam. 1563. Varnhagens Abdruck 1872,
S. 188. — Editio Carolus Clusius 1539, p. 68.)
*) Ramusio, Delle navigationi et viaggi. Venetia 1554, fol. 357, 6.
3 ) Rumphii Herbarium Amboinense. Amstelodami 1741. Vol. 2, p. 42.
*) Compendium aromatariorum Saladini. 1488, fol. 349.
6 ) Ein köstlicher Schatz Euonymi Philiatri. 1555, pag. 246.
") Frederici Hoffmannii Observatorium physico-cbemicarum selec-
tiorum. Halae 1722. Llb. III. Observ. I, p. 69.
') Crells Chemisches Journal 3 (1780), 18.
") Bull. Soc. Chim. II. 37 (1882), 303.
") Flückiger and Hanbury, Pharmacogmphia. II. Edit., 599.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 133
und berücksichtigt worden. In der chinesischen Literatur scheint
über ihre Nutzanwendung wenig angeführt zu sein. Unter der
Dynastie der Sung, zwischen den Jahren 970 bis 1127 n. Chr.,
hatten mehrere südliche Provinzen Chinas Sternanisfrüchte als
Tribut zu liefern 1 ). Nach Europa scheint die Frucht zum ersten
Male im Jahre 1578 von den Philippinen durch den Weltumsegier
Thomas Cavendish gebracht und in London in den Handel
gelangt zu sein. Dort lernte sie im Jahre 1589 der Professor
Carolus Clusius von Leyden kennen und beschrieb sie unter
dem Namen Anisum phUippinarum insularum*). Nach einer
Angabe Redis soll Sternanis allerdings schon um die Mitte
des 16. Jahrhunderts unter dem Namen Foeniculum sinense im
italienischen Drogenhandel bekannt gewesen 8 ) zu sein, ist aber
wohl erst um die Mitte des 17. Jahrhunderts benutzt worden.
Das ätherische Sternanisöl ist schon im Laufe des 18. Jahr-
hunderts destilliert worden, hat aber erst im 19. größere Ver-
wendung gefunden. Der Sternanis wurde auf seine Bestand-
teile und seinen Gehalt an ätherischem Öle nahezu gleichzeitig
von Caspar Neumann und Friedr. Cartheuser*), später im
Jahre 1818 von W. Meissner 5 ) untersucht.
Ylang-Ylangöl.
Ylang-Ylangöl wird erst seit dem Anfang der sechziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts auf der Philippinen-Insel Luzon
gewonnen. Der erste, der sich mit der Darstellung des Öles
befaßte, war der deutsche Apotheker F. Steck 8 ) in Manila,
der Onkel von Pablo Sartorius, dessen Namen eine bekannte
% ) Bretschneider, Study and value of Chinese botanical works.
Foochow 1870, p. 14.
*> Clusii Rariomm plantarum historia. Antwerp. 1601, p. 202.
s ) Redi, Experienze naturali. Firenze 1671, p. 119. Tavola. 2. —
Lateinische Ausgabe: Redi, Experimenta circa res dfversas naturales,
speciatim Was, guae ex India adferuntur. Amstelodami 1675, p. 172.
4 ) F. A. Cartheuser, Elementa chymiae-medicae dogmatico-experi-
mentalis; una cum synopsi materiae medicae select/oris. Halae 1736.
Vol. 2, p. 327.
s ) Chemische Untersuchung des Sternanis. Buchholz Taschenbuch für
Scheidekünstler und Apotheker auf das Jahr 1818 und 1819, 1.
•> Pharm. Zentralh. 9 (1868), 46.
134 Geschichtliche Einleitung.
Spezialfirma für Ylang-Ylangöl lange Zeit getragen hat. Zu den
ersten bedeutenderen Destillateuren der damaligen Zeit gehörten
J. Witte und v. Westernhagen.
In Europa hat besonders der Apotheker F. Rigand 1 ) in
Paris zur Verbreitung des Öles beigetragen. Es wurde aber
erst in weiteren Kreisen bekannt durch die Pariser Welt-
Ausstellung im Jahre 1878, auf der das Öl durch Oskar
Reymann und Adolf Rönsch aus Manila ausgestellt wurde.
Macis- und Muskatnußol.
Die alte Literatur enthält keine bestimmte Kunde über die
Kenntnis oder den Gebrauch der Muskatnüsse im Altertum.
Auf Macis deutende Angaben in älteren Schriften, wie in denen
von Plautus, Scribonius Largus, Dioscorides, Plinius,
Galen usw., können auch ebensowohl auf die aromatische
Rinde des ostindischen Baumes Ailanthus malabarica DC. 2 )
bezogen werden. Die Früchte sind im Abendlande wahrschein-
lich erst durch arabische Ärzte eingeführt worden 3 ).
Um das Jahr 1 1 80 sind Muskatnüsse unter den in Accon, dem
Hafen des südlichen Syriens, eingeführten indischen Spezereien 4 )
angeführt, und im Jahre 1158 befanden sich „nuces muscatarum"
aus Alexandrien im Handel von Genua 5 ). Sie scheinen damals als
geschätztes Räuchermittel gebraucht worden zu sein 8 ). Von der
Zeit an wurden die Muskatnüsse auf allen größeren Warenmärkten
bekannt und kamen schnell als eins der kostbarsten Gewürze
und Spezereien in Gebrauch. Ihre wirkliche Herkunft scheint
aber erst im Anfange des 16. Jahrhunderts durch die Reisenden
Lodovico Barthema und Pigafetta 7 ) bekannt geworden zu sein.
1 ) Pharm. Zentralh. 7 (1866), 478.
2 ) A costa, Tractato de las drogas y medicinas de las Indias orien-
tales. Burgos 1578, p. 40. — Merat et De Leus, Dict. de Materia
medica. 1832. Vol. 4, p. 173.
s ) Vgl. auch Nutmeg and Mace. A note on their History. Perfum.
Record 7 (1916), 76.
*) Recuell des Historiens des Croisades. Lois. 1843, S. 173. — W. Heyd,
Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. Bd. 2, S. 624.
5 ) Historia Patriae monument. Chartae H. Torino 1853, fol. 514.
8 ) Petrus de Ebulo, Carmen da motibus siculis. Basiliae 1746, p. 23.
') R a m u s i o , Delle navigationi et viaggi. Venetia 1 554, fol. 1 83 u. fol . 389 b.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 135
Zu dieser Zeit machten die Portugiesen bei der Besitznahme
der Gewürzinseln die Muskatnüsse mit den anderen dort ein-
heimischen Gewürzen zum Handelsmonopol. Als ein Jahrhundert
später, im Jahre 1605, die Portugiesen von den Holländern ver-
trieben wurden, suchten diese die Produktion und den Handel
auf wenige Inseln, besonders auf Banda und Amboina, zu be-
schränken und vernichteten zu diesem Zwecke auf den bisher
ertragreichsten Inseln die Muskat- und andere gewürztragende
Bäume und Sträucher und verboten deren Verpflanzung und
Kultur 1 ). Dieses Verbot wurde erst im Jahre 1863 aufgehoben.
Im Jahre 1769 gelang es den Franzosen, den Muskatnußbaum
nach Mauritius zu verpflanzen, und im Anfang des vorigen Jahr-
hunderts begannen die Engländer seine Kultur in Benkulen
(Sumatra) und Penang.
Die Muskatnüsse und Macis gehörten bis zur neueren Zeit
zu den teuersten Gewürzen und sind erst nach Einführung der
Kultur der Bäume in holländischen, englischen und französischen
Kolonien in reichlicher Menge produziert und damit auch billiger
geworden.
Das destillierte Muskatnuß- und Macisöl war den Verfassern
der um und nach der Mitte des 16. Jahrhunderts erschienenen
Destillierbücher wohl bekannt. Valer. Cordus 9 ), Walter Ryff 3 ),
Conrad Gesner 4 ), Porta 5 ), Winther 6 ) und andere haben die
Öle mehrfach erwähnt.
Das destillierte Macis- und das Muskatnußöl sind in den
Apothekertaxen zuerst in der von Berlin vom Jahre 1574 und
von Frankfurt und Worms vom Jahre 1582 und in der Aus-
gabe des Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589 aufgeführt
worden.
*) Hasskarl, Neuer Schlüssel zu Rumpfs Herbarium amboinense.
Halle 1866. Vol. 2, p. 17.
s ) Valer. Cordi Annotationes in Pedanii Dioscoridis de Materia me-
dfca Hbri V. De artificiosis extractionibus über. 1540, fol- 226.
s ) Gualtherius Ryff. New gross Destillirbuch. Editio Frankfurt am Main
1556, fol. 181. 1888.
*) Euonymi Philiatri Ein köstlicher Schatz etc. 1555, S. 215.
& ) Portae Magiae naturalis Hbri 20. Liber de destillatione. Pars 1,
p. 378.
") Guintheri Andernacei de medicina veterr et nova. Basiliae 1571,
p. 630—635.
136 Geschichtliche Einleitung.
Die ersten Untersuchungen dieser Öle wurden von Caspar
Neumann 1 ), Conrad Mich. Valentini 2 ) und Bonastre*)
gemacht.
Campheröl.
Campher ist in China schon im Altertum gewonnen und
benutzt worden. Seine erste urkundliche Erwähnung scheint
sich in dem um 300 v. Chr. verfaßten Artha^ästra des Kautilya*)
zu befinden. Später ist er in Schriften des arabischen Fürsten
Imru-1-Kais aus dem 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung*),
sowie im Koran selbst aufgeführt, nach welchem Campher als
ein Kühlungsmittel der Getränke der Seligen im Paradiese gilt").
Aetius von Amida erwähnt im 6. Jahrhundert den Campher als
Arzneimittel'). Bei der Plünderung des Sassaniden- Palastes
des Königs Choroes II. in Madain im Jahre 636 wurde neben
Moschus, Ambra, Sandelholz und anderen Spezereien des Morgen-
landes auch viel Campher erbeutet 8 ). Als später arabische
Schiffer und Kaufleute nach Indien und China segelten, lernten
sie nicht nur die Hauptstapelplätze kennen, die der Campher
passierte, um vom südöstlichen Asien aus in die Mittelmeer-
länder zu gelangen, sondern auch seine Herkunftsstätten. So
wurden die arabischen Kaufleute und Ärzte mit den verschiedenen
Campherarten bekannt, die teils aus China, teils von Sumatra in
den Handel kamen. Auch Marco Polo lernte im 13. Jahrhundert
den Campher (Borneocampher?) auf Sumatra und Borneo kennen 9 ).
*) Keumann, Chymia medica dogmatico-experimentalis. Züllichau 1749,
Bd. 2, T. 3, S. 437.
a ) Macis vulgo sed perperam, Muskatenblume dicta. Dissertatio.
Giessen 1719.
3 ) Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 8 II (1824), 231.
4 ) E. von Lippmann, Chem.-Ztg. 1926, Nr. 134 u. 135.
°) In Ibn Hagik al Hamdany handschriftlicher Beschreibung Arabiens,
S. 170, und Flückigers Pharmacognosie, S. 159.
°) Le Koran, traduit par Kasimirski. Chap. 75, V. 5 u. 6.
') Aetii ab Amida medicl graeci ex veteribus med/c/nae Tetrabiblos.
Editio Froben. Basiliae 1542, p. 926.
") Weil, Geschichte der Chalifen. Mannheim 1846, S. 75.
») Yule, Book of Ser Marco Polo. London 1891. Vol. 2, p. 185. —
Pauthier, Le //vre de Marco Po/o. Paris 1865. Vol. 2, p. 577. — Masudi,
Pra/ries d'Or. Editio Meynard et de Courteille. Paris 1861. Vol. 1, p. 367.
— Ritters Erdkunde von Asien. 1834. Bd. 3, S. 858—881.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 137
Hierzu ist zu bemerken, daß nach Tschirch 1 ) bei den alten
Schriftstellern unter Campher der Baroscampher (Borneocampher) 2 )
zu verstehen gewesen sei. Erst mit Ende des 16. Jahrhunderts
ersetzt der Laurineencampher den Baros- und Ngaicampher.
Die Gewinnung des Camphers in Japan ist wohl zuerst von
Engelbert Kämpfer 8 ) beschrieben worden. Wahrscheinlich haben
die Japaner das Herstellungsverfahren von den Koreanern gelernt.
Es soll zuerst in der Provinz Satsuma auf Kiuschiu eingeführt
worden sein und sich später auf das übrige Kiuschiu auf Schikoku
und auf andere Teile Japans ausgebreitet haben*). Das Alter der
Campherherstellung auf Formosa ist unbekannt. Klaproth 5 ), der
die Insel zu Anfang des vorigen Jahrhunderts besuchte, erwähnt
die Camphergewinnung als eine der bedeutendsten Industrien
Formosas. Seit der Besetzung der Insel durch die Japaner nahm
die Campherdestillation einen bedeudenten Aufschwung.
In der Arzneikunde war Campher, außer bei den Arabern,
im 11. Jahrhundert in Italien und im 12. Jahrhundert in Deutsch-
land in Gebrauch.
Campheröl kam zuerst nach Europa im Jahre 1884. Von
Schimmel § Co wurde in ihm als Hauptbestandteil Safrol auf-
gefunden und im Großen daraus hergestellt.
Cassiaöl und Ceylon Zimtol.
Die Cassiarinde Chinas und die Zimtrinde des indischen
Archipels gehören zu den am längsten bekannten und ge-
brauchten Gewürzen ; die Cassiarinde wird schon in den frühesten
chinesischen Kräuter- und Arzneibüchern, etwa 2500 Jahre vor
der christlichen Zeitrechnung, genannt 6 ) und scheint schon 17 Jahr-
*) Handb. der Pharmakognosie, Bd. IL, S. 1 133.
2 ) Zur Geschichte des Borneocamphers siehe G. de Ricci, Borneo,
Fancienne tle da camphre [Journ. d'Agriculture tropicale S (1903), 230]; ferner
J. Giglioli, La canfora italiana. Roma 1908, S. 18.
*) E. Kämpfer, Amoenitates exoticae. Lemgo 1712, p. 772. (Mit Ab-
bildung des Baumes.)
*) James W. Davidson, The Island of Formosa. London u. Neuyork 1903.
*) Klaproth, Memoires relatifs ä l'Asie. Paris 1824.
6 ) B retschneider, Ob the study and valuc of Chinese botanical works,
with notes on the histoiy of plants and geographica! botany front Chinese
soarces. Foochow 1870.
138 Geschichtliche Einleitung.
hunderte vor dieser in Ägypten in Gebrauch gewesen zu sein 1 ).
Sie ist in den meisten Schriften des Altertums, so auch in der
Sanskritliteratur und im alten Testament 8 ) neben anderen Speze-
reien, erwähnt worden. Als Ursprungsland wurden teils mythische
Länder, teils, wohl der üblichen Handelsstraßen wegen 8 ), Arabien
und Äthiopien genannt*). Zur Zeit der Hebräer lag der Zimt-
handel wesentlich in den Händen der Phönizier 6 ). Die phöni-
zischen Kaufherren scheinen die Vermutungen und irrigen An-
nahmen über die Heimat der gewinnbringenden Rinde in ihrem
Interesse unberichtigt gelassen zu haben, so daß ihre wirkliche
Herkunft Jahrhunderte lang unentschieden blieb.
Die Griechen und Römer kannten und gebrauchten Zimt;
durch die Araber wurde er auch dem Abendlande zugeführt und
wurde vom 8. Jahrhundert an ein wohlbekanntes, wenn auch
kostbares Gewürz, welches vielfach unter den Geschenken von
Fürsten unter sich oder an die Päpste genannt worden ist").
Während des 12. und 13. Jahrhunderts waren chinesischer und
Ceylon Zimt im Levantehandel 7 ) und in den Häfen des östlichen
x ) Dümichen, Die Flotte einer ägyptischen Königin. Leipzig 1868.
Schumanns kritische Untersuchungen über die Zimtländer. Ergänzungsheft
No. 73 zu Petermanns Mitteilungen. Gotha 1883, S. 11.
a ) 2. Buch Mose, Kap. 30, V. 23—24. — Psalm 45, 9. — Jeremias, Kap. 6,
V. 20. — Hesekiel, Kap. 27, V. 19. — Sprüche Salomonis, Kap. 7, V. 17. —
Hohe Lied Salomonis, Kap. 4, V. 14. — Jesus Sirach, Kap. 24, V. 20—21. —
Offenb. loh., Kap. 18, V. 13.
3 ) Geschichtliche Einleitung S. 6.
*) Dümichen, Die Flotte einer ägyptischen Königin. 1868. — Dümichen,
Historische Inschriften. 1869. — Dümichen, Ägypten, in Onckens Allgem.
Weltgeschichte. 1880, S. 100. — Herodoti Historiarum libri. Lib. 1, 107
und 110. Lib. 3, 110— 112. — Theophrasti Historia plantamm. Lib. 9, 4— 5.
— Arriani Anabasis Lib. 7, 20 — 21. — Fragments historicorum graecorum.
De mari Erythraeo p. 97. — Dioscoridis De medica materia libri quinque.
Lib. 1, 12—13. Editio Kühn-Sprengel 1829. Vol. 1, p. 23. — Pltnii Naturalis
historiae libri. Lib. 12, 41—43 u. 46. — Periplus mari Erythraei. Editio
Fabricius, 1883, p. 47 u. 51. — A. H. L. Heeren, Ideen über die Politik, den
Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der alten Welt. Göttingen
1796- Bd. 2, S. 611— 613. — Meyer, Geschichte der Botanik, Bd. 2, S. 86.
B ) S.6— 7. — Lassen, Indische Alterthumskunde. Bonn1847. Bd.1, S.280.
°) Liber pontificus. Editio Duchesne. Paris 1886. Vol. 1, p. 177. —
Pardessus, Diplomata chartae etc. Paris 1849. Vol. 2, p. 309. — Jaff6,
Bibliotheca. rerum Germanicantm. 1886. Vol. 3, p. 218.
7 ) Seite 12.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 139
Mittelmeeres gewöhnliche Handelsartikel und vom 15. Jahrhundert
an in den Apotheken gangbare Ware 1 ).
Als in späterer Zeit neben dem chinesischen auch der
teurere Ceylon Zimt in den Handel kam, wurden beide vielfach
verwechselt, und es scheint, daß erst Garcia ab Orta im Jahre
1536 beide Rindenarten bestimmt unterschieden hat a ). Die An-
gaben der Portugiesen, die auf ihrer Entdeckungsreise unter
Vasco da Gama im Jahre- 1498 Ceylon erreichten, erwähnen
auch Zimt als ein Produkt der Insel, ohne ihn indessen für besser
zu halten als den ihnen bekannten chinesischen Zimt 3 ). Später
war wohl der meiste auf dem Seewege über Ceylon nach den
Häfen des Erythräischen und Roten Meeres gelangende Zimt
chinesischer Herkunft. Der Ceylon Zimt wurde ursprünglich in
den Wäldern im Innern der Insel gesammelt und war der heutigen
durch Kultur veredelten und durch rationelle Schälung gewonnenen
Innenrinde keineswegs gleichwertig. Diese bessere Gewinnungs-
weise scheint zu Ende des 16. Jahrhunderts in Gebrauch ge-
kommen zu sein*). Nach der Besitznahme von Ceylon durch
die Holländer im Jahre 1556 führte einer der Gouverneure die
Zimtkultur mit so gutem Erfolge ein, daß die Holländer bald
eine feinere Rinde als die in den Wäldern von wildwachsenden
Bäumen gewonnene in solcher Güte und Menge lieferten, daß
sie den gesamten europäischen Bedarf zu decken vermochten 5 ).
Nach der Besitzergreifung der Insel durch die Engländer im
Jahre 1796 wurden der Zimtbau und -handel Monopol der Eng-
*) Fr. Bald. Pegolotti, La practica della mercatura. In Pagnini Della
decima e delle altre gravezze etc. Lisboa e Lucca. 1766, p. 27, 44, 49, 64.
— loh. de Garlandia, Dictionnaire. Editio Scheler in Lexigraphie latine
du 12. et 13. siede, p. 28.
2 ) Garcias ab Horto, Colloquios dos simples e drogas he cousas
medicinais da India. etc. 1563. Editio F. A. von Varnhagen. 1872, S. 63. —
Editio Clusius, Aromatum et simp/icium aliquot medicamentoriorum apud
Indos nascentium historia. Antverpiae 1593, p. 60.
s ) Odoardo Barbosa in Ramusios Delle navigationi et viaggi. 1554.
Editio Hakluyt Society, London 1866. „East Indies".
4 ) Leiters dl Filippo Sassetti a Francesco L di Medici, Storia dei
viaggiatori italiani, Livorno 1875, p. 367.
B ) J. A. Murray, Apparates medicaminum tarn simplicium quam prae-
paratorum et compositorum. 1787, Vol. 4, p. 421. — Nees von Esenbeck,
Amoenitates botanicae Bonnenses. 1823, Fase. 1.
140 Geschichtliche Einleitung.
Iisch-Ostindischen Kompanie. Dieses Monopol währte bis zum
Jahre 1833 1 ). Die damit eingeführte Erhebung eines beträcht-
lichen Ausfuhrzolles erschwerte den Handel, und dies veranlaßte
die Holländer, den Zimt auf Java und Sumatra anzubauen.
Als im Laufe des 1 5. Jahrhunderts die destillierten (gebrannten)
Wässer zum Arzneigebrauch allgemein bereitet 9 ) wurden, ist auch
ohne Zweifel die Zimtrinde zur Darstellung von Zimtwasser be-
nutzt worden. Der zu Ende des 15. Jahrhunderts lebende Kanonikus
St. Amando von Doornyk scheint außer Bittermandelöl, Rautenöl
und einigen anderen Ölen zuerst das Zimtöl destilliert zu haben 8 ).
Valerius Cordus hatte das Öl um das Jahr 1540 dargestellt*),
und es mag damals schon in der Arzneikunde Verwendung ge-
funden haben, so daß es in der ersten Ausgabe des Dispen-
satorium Nor/cum Aufnahme fand. Lonicer destillierte bald
darauf die Öle der Gewürze, darunter auch Zimtöl, in einem
neuen, eigenartigen Apparate 6 ). In Taxen ist Zimtöl zuerst in der
von Berlin vom Jahre 1574 und der von Frankfurt a. M. vom Jahre
1582 aufgezählt worden. Winther von Andernach ) destillierte und
beschrieb das Öl im Jahre 1570, und G. B. Porta im Jahre 1589 7 ).
Die ersten Beobachtungen beschränkten sich beim Zimtöl
wesentlich auf die sich bei längerem Stehen bildenden kristalli-
nischen Abscheidungen. Solche wurden unter anderem be-
schrieben von Ludovici 8 ) um das Jahr 1670 und später von
Slare in England 9 ), von Boerhave 10 ) und Gaubius 11 ) in
*) Sir James Emerson Tennent, Ceylon, an account of the island,
physical, historical and topographicat. 5 th Edit. London, 1860. Vol. 2, p. 164.
s ) Seite 41.
s ) Seite 36.
*) Valerius Cordus, De artificiosis-extractionibus /Her. Edit Gesner.
Argentator. 1561, fol. 226.
*) Siehe das Kapitel: Geschichte der Destillierweisen.
B ) Guintheri Andernacei Liber de veteri et nova medicina. Basiliae.
1571, p. 630—635.
7 ) G. B. della Porta, Über de destillatione. Romae 1563, fol. 75.
") Ephemerides medico-physicae Academiae naturalis. Curiosorum ob-
servationes 145, p. 378.
') Philo&ophical Transactions of the T{oyat Society of London. Vol. 3
(1686), p. 362.
") Boerhave, Elementa chemiae usw. Lugduni Batavoruml732. Vol. 1,
p. 106. — Vol. 2, p. 114 und 121.
") Gaubii Adversäriorum varii argumenta über unus. Leydael771, p.29.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 14t
Holland. Der letztere hielt die Kristalle für Campher, Du Menü 1 )
und Stockmann 8 ) hielten sie für Benzoesäure, Dumas und
Peligot 8 ) erkannten sie im Jahre 1831 als Zimtsäure. C. Ber-
tagnini stellte im Jahre 1852 den Zimtaldehyd rein dar*).
Der Gehalt der verschiedenen Cassia- und Zimtrinden an
ätherischem Öle wurde von G. W. Wedel 5 ) im Jahre 1707, von
Friedr. Cartheuser 6 ), von Caspar Neumann'), von Phil. F.
Gmelin 8 ) im Jahre 1763, von J. F. A. Göttling 9 ) um das Jahr
1803 und nahezu um dieselbe Zeit von Dehne 10 ) und nochmals
im Jahre 1813 von Buchholz 11 ) ermittelt.
Sassafrasöl.
Wie bei Birkenrindenöl 12 ) bereits erwähnt wurde, dürfte nächst
dem Terpentinöl das Sassafrasöl das in Nordamerika zuerst
destillierte ätherische Öl sein. Durch ihr angenehmes Aroma
war die Sassafras wurzelrinde unter dem Namen „Pavame" bei
den Eingeborenen als ein von alters her beliebtes Kaumittel,
als ein Zusatz zum Rauchtabak 18 ), als Gewürz zur Aromati-
sierung erfrischender Getränke, sowie als Heilmittel allgemein
im Gebrauch. Durch seinen eigenartigen Habitus soll der Sassa-
frasbaum schon den Spaniern bei ihrer ersten Landung auf
*) Buchners Repertor. der Pharmacie 5 (1819), 1. — Schweiggers Journal
für Chemie und Physik 21 (1819), 224.
s ) Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 14 (1827), 237.
3 ) Annal. Chim. et Phys. II. 57 (1834), 305. — Liebigs Annalen 14 (1835), 50.
*) Liebigs Annalen S5 (1853), 271.
6 ) Wedel, De cinnamomo. Dissertatio, Jenae 1707.
6 ) Cartheuseri Elementa chymiae dogmatico-experimenta/is. Halae
1736. Vol. 1, p. 127; Vol. 2, p. 109 u. 187.
7 ) Neumannii Chymia medica dogmatico-experimentalis. Editio
Kessel, Züllichau 1750. Vol. 2, pars 2, p. 20.
s ) Philipp F. Gmelin, De analepticis quibusdam nobilioribus et cinna-
momo. Dissertatio, Tübingen 1763.
9 ) J. F. A. Göttling, Analyse der Cassienzimtrinde. — Buchholz Taschen-
buch für Scheidekünstler und Apotheker 1804, 1.
10 ) Neues Bert. Jahrbuch für Pharmacie 1805, 289.
") Buchholz Taschenbuch für Scheidekünstler und Apotheker 1814, 1.
") S. 129.
1S ) C. S. Rafinesque, Medicina/ Flora or Manual of the Medica! Bo-
tany of the United States of North America. 1830. Vol. 2, p. 235.
142 Geschichtliche Einleitung.
Florida unter Ponce de Leon im Jahre 1512 und demnächst
unter de Soto im Jahre 1538 aufgefallen und für eine Art Zimt-
baum gehalten worden sein. Jedenfalls galt der Sassafrasbaum
seitdem als eine wertvolle Genuß- und Arzneipflanze 1 ). In Mexiko
war er schon frühzeitig als solche bekannt 2 ). Noch in der
ersten Hälfte dieses Jahrhunderts wurden Sassafras-Rinde, Blätter
und Blütenknopsen in den mittleren Unionstaaten anstatt des
chinesischen Tees gebraucht 3 ).
In Deutschland wurden Sassafras-Holz und Rinde als neue
amerikanische Droge unter dem Namen Lignum pavanum, Lig-
num floridum, Lignum Xylomarathrum (Fenchelholz) um das
Jahr 1582 benutzt*), und im Jahre 1610 kamen junge Sprößlinge
der Pflanze nach England und wurden dort kultiviert 5 ). Rinde
und Holz scheinen um das Jahr 1620 zuerst von Angelus Sala
aus Vicenza, der während der Jahre 1610 — 1639 als Leibarzt des
Herzogs von Mecklenburg in Schwerin lebte, destilliert worden
zu sein. Dieser bemerkte auch, daß das ätherische Sassafrasöl
schwerer sei als Wasser ). In der Pharm acopoea medico-physica
von Schröder in Frankfurt a. M. vom Jahre 1641 befindet sich
die Beschreibung der Destillation des Sassafrasöles, während
die Taxe der Stadt Frankfurt a. M. vom Jahre 1587 das Oleum
Hgni Sassafras schon unter den destillierten Ölen anführt. Auch
wurde das Sassafrasöl um das Jahr 1715 von Friedrich Hoff-
mann in Halle destilliert und als farblos und spezifisch schwer
beschrieben'). John Maud in England beobachtete im Jahre
1738 die Bildung von großen Kristallen von „Sassafrascampher"**).
*) Monardes, tiistoria mediana! de fas cosas que se traen de nues-
tras Indias occidentales qui sirven en medicina. Sevilla 1574, p. 51. Editfo
latina Clusii. Antverpiae 1593, p. 355— 359.
a ) (oannis de Laet, Americae utr/usque descriptio, Novus Orbis, seu
descriptionis Jndiae occidentalis libri 18 Lugduni ßatav. 1633, p. 215.
ä ) J. U. Lloyd, Historica.1 study of Sassafras. Pharmac. Era, (Neuyork)
20 (1898), 608.
*) Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmacie. Halle 1876,
S. 30—31.
5 ) Flückiger and Hanbury, Pharmacographia. 1879, p. 537.
8 ) Sala, Opera physico-medica. HydrelaeoJogia. Rostock 1639, p. 84.
') Fr. Hoffmannii, Observationes physico-chymicae. Observatio 1. De
oJeis destfllatis inque eorum destillatione observanda. p. 13 — 14.
8 ) Philosophical Transactions of the Royal Society. London, 8 (1809), 243.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 143
Die ersten Untersuchungen des Öles sind von Muschenbröck,
von Caspar Neumann 1 ) und von Dehne' 2 ), gründlichere aber
erst im Jahre 1869 von E Grimaux und I. Ruotte 8 ) ausgeführt
worden.
Nähere und bestimmte Angaben über den arzneilichen Ge-
brauch der Sassafrasrinde und des Holzes scheinen in der ameri-
kanischen Literatur zu fehlen, ebenso solche über die ersten
Anfänge der Destillation des Öles. Außer den erwähnten Mit-
teilungen von Monardes, De Laet und anderen befindet sich
eine der ersten Angaben darüber in der auf S. 101 (Note 7) ge-
nannten Liste der um das Jahr 1610 von der „Provinz Virginia"
nach England eingeführten Drogen, und mehr als ein Jahrhundert
später eine weitere Erwähnung von Sassafras in dem Reise-
berichte des schwedischen Botanikers Peter Kalm, welcher die
nord-atlantischen Teile der damaligen englischen Kolonie bis
Montreal und Quebec im Jahre 1748 — 1749 bereist hat. Erfand
den Sassafrasbaum in Pennsylvanien, New Jersey und Neuyork
sehr verbreitet*). Kalm erwähnt auch, daß Rinde und Holz des
Baumes zur Aromatisierung von Wurzelbier und von Brannt-
wein, sowie als Heilmittel allgemein gebraucht wurden. Bei der
Destillation des Branntweins wurden Rinde und Holz mit dem
Branntwein gemeinsam destilliert 5 ).
Schon bei den Indianern stand Sassafras als Blutreinigungs-
mittel in hohem Ansehen 6 ). Auch die späteren Kolonisten des
Landes benutzten Sassafras zur Bereitung ihrer Hausmittel.
Wann die Destillation des Öles in Amerika begonnen hat
ist unbekannt, wahrscheinlich erst zu Anfang des vorigen Jahr-
hunderts. Denn Joh. David Schöpf, ein erfahrener Arzt und
guter Beobachter, der die atlantischen Unionstaaten während
der Jahre 1783 und 1784 bereiste und die weite Verbreitung der
*) Caspar Neu mann, Chymia medica dogmatico-expen 'mentalis. 1749.
Vol. 2, pars 3, p. 248.
8 ) Pfaff, System der Materia medica. 1815. Bd. 4, S. 242.
3 ) Compt. rend. 68 (1869), 928.
4 ) Peter Kalm , Beschreibung der Reise nach dem nördlichen Nordamerika
im Jahre 1748 u. 49. Deutsche Übersetzung. Göttingen 1754. Bd. 3, S- 355.
°) Ebenda Bd. 2, S. 482.
e ) C. S. Rafinesque, MedicinaJ Flora or Manual of the Medical Botany
of the United States of North America. 1830. Vol. 2, p. 235.
144 Geschichtliche Einleitung.
Sassafrasbäume in seinem Reiseberichte mehrmals erwähnte,
scheint von einer Destillation des Sassafras noch nicht gehört
zu haben 1 ).
Lorbeeröl.
Der Lorbeerbaum, Laurus hobilis L., hat im klassischen
Altertum als Symbol des Sieges und Ruhmes hohe Bedeutung 2 ),
sonst aber keine andere Verwendung als die einer Schmuck-
pflanze gehabt. Im Mittelalter haben Rinde und Blätter arznei-
liche Anwendung gefunden.
Die durch Auskochen der Lorbeeren gewonnene, aus einem
Gemisch von fettem und ätherischem Öle bestehende Lorbeer-
butter (Oleum laurinum) wurde schon im Altertum gebraucht
und ist in der älteren Literatur unter den zu Salbungen und
arzneilich verwendeten Artikeln 8 ) und selbst unter den Speze-
reien 4 ) erwähnt worden. Sie war in der ersten Ausgabe des
Dispensatorium Noricum vom Jahre 1543 aufgenommen.
Das ätherische Öl der Lorbeerfrüchte scheint früher arzneilich
gebraucht worden zu sein und ist in der Frankfurter Taxe vom
Jahre 1582 und in anderen aus späterer Zeit erwähnt.
Löffelkrautol.
Das Löffelkraut galt im Mittelalter als ein Heilmittel gegen
Skorbut und ist als solches in älteren Arznei- und Destillier-
büchern erwähnt und von Joh. Wier B ) in einer Schrift über Skorbut
x ) Johann David Schöpf, Reise durch die mittleren und südlichen Ver-
einigten nordamerikanischen Staaten, nach Ost-Florida und den Bahama-
Inseln in den Jahren 1783—1784. Erlangen 1788. Bd. 1, S. 415.
*) Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergang aus Asien
nach Griechenland und Italien. 3. Aufl. 1877, S. 196—201.
s ) Dioscorides, De materia medica Iibri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 53. — Palladius, De re rustica. II. 7. Editio
Nisard, p. 554. — PHnii Naturalis historiae Iibri. Lib. 7. — Editio Littre".
Vol. 1, p. 548. — Hildegardis Abbatissae Physica. Editio Migne. Patro-
Jogiae Cursus completus. Vol. 197, 15, p. 1228,
*) DouSt-d'Arq, Comtes de PArgenterie des rois de France au
XIV™ siede. 1851. Vol. 1, p. 207.
") Joh. Wier (Piscinarius), Medicarum observationum rararum über.
Basiliae 1567, p. 32—34.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 145
im Jahre 1567 abgebildet worden. Das destillierte Löffelkrautöl
scheint seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bekannt und arznei-
lich in Gebrauch gewesen zu sein. Dieser war indessen nur
vereinzelt, denn das Öl ist in keiner Ausgabe des Dispensato-
rium Nor/cum, der Pharmacopoea Augustana und in Jon. Christ.
Schröders Pharmacopoea medico-physica von Frankfurt a. M.
angeführt worden. Später wurde es in Inventurverzeichnissen
von Apotheken in Braunschweig und Dresden vom Jahre 1640
und 1683 genannt 1 ) und im Anfange des 18. Jahrhunderts von
Friedr. Hoffmann in Halle destilliert und beschrieben.
SenföL
Der Senfsame war schon im Altertum bekannt und offenbar
aus dem einen oder anderen Grunde geschätzt, denn er ist im
neuen Testament mehrfach in symbolischem Sinne genannt
worden 2 ). Die erste Nutzanwendung scheint der Senfsame als
Gewürz s ) und später auch unter den äußerlich gebrauchten Arznei-
mitteln gefunden zu haben; als solches ist er von Theophrast 4 ),
Dioscorides 8 ), Plinius*), Scribonius Largus 7 ) und Alexander
Trallianus erwähnt worden. In den Schriften des Columella
findet sich die erste Anleitung zur Bereitung von Tafelsenf'').
Um das Jahr 800 n. Chr. bestanden Senfpflanzungen in der Nähe
von Paris"), und solche wurden im Capitulare Karls des Großen
vom Jahre 812 angeordnet 10 ). Von arabischen Anpflanzungen in
x ) Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876.
a ) Evang. Matthaei, Kap. 13, V. 31. — Evang. Lucae, Kap. 13, V. 18—19.
a ) Mommsen, Berichte der Sächsischen Gesellschaft der Wissen-
schaften. Leipzig 1851, p. 1 — 80.
*) Theophrasti Eresii opera, quae supersunt, omnia. Editio W immer
1866, p. 109.
5 ) Dioscoridis de materia medica libri quinque in Kühn-Sprengel,
Medicorum gmecorum opera quae ext&nt. 1829. Vol. 1, p. 52, 191 und 293.
a ) Plinii Naturalis historiae libri. Lib. 19, p. 54 und Lib. 20, p. 87.
') Scribonii Largi Compositiones medicamentorum. Editio Helm-
reich. 1887. 9, p. 56.
8 ) Columellae De re rustica et de arboribus. Editio Nisard. 1877,
p. 493.
") Gu6rard, Polyptique de J'abbS Irminon. Paris 1844, p. 716.
10 ) Capitulare de villis et cortis imperiaJibus. Erläutert von A. Thaer
in Fühlings Landwirtschaftlicher Zeitung. Berlin 1878, 241—260.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 10
146 Geschichtliche Einleitung.
Spanien 1 ) aus scheint die Senfkultur vom 10. Jahrhundert an in
Deutschland und Frankreich und von hier aus im 12. Jahrhundert
auch in England 2 ) Eingang gefunden zu haben.
Die erste Angabe, die auf eine Kenntnis des durch Destillation
mit Wasser entstehenden destillierten Senföles schließen läßt,
befindet sich in Portas Schriften 3 ) und später in einer solchen
von dem Pariser Apotheker Nie. le Febvre 4 ), indessen scheint
erst Boerhave das ätherische Senföl im Jahre 1732 dargestellt
und auf seine Eigenschaften aufmerksam gemacht zu haben*).
Den Schwefelgehalt des Öles erkannte Thibierge in Paris im
Jahre 1819 8 ); Jul. Fontenelle bestimmte im Jahre 1824 das schon
von Boerhave und Murray') beobachtete schwere spezifische
Gewicht und die Wasserlöslichkeit des Senföls 8 ).
Obwohl in der Praxis schon längst erkannt worden war,
daß der Senfsamen kein fertig gebildetes ätherisches Öl enthält,
so wiesen doch erst im Jahre 1825 Glaser 9 ), 1831 Boutron
und Robiquet 10 ) und unabhängig davon Faur£") sowie Gui-
bourt 12 ) nach, daß zur Senfölbildung Wasser notwendig sei.
Kurz darauf (1833) führten Dumas und Pelouze 13 ) die erste
Elementaranalyse aus und entdeckten die Verbindung des Senf-
*) Dozy, Le Ca/endrier de Cordue de i'annde 961. Leyde 1873.
ä ) Rogers, History of agricu/ture and prices in Eng/and. 1866, p. 223.
— Pharmaceutical Journal HI. 8 (1878), 852.
s ) Porta e Magiae naturalis libri viginti. Über de destiliatione. Rornae
1608, p. 153.
«) M. le Febvre, Trait6 de la Chymie. Paris 1660, Tom. 1.
5 ) Boerhave, Elementa chemiae, quae anniversario labore doeuit in
publicis privatisque schoJis. Lugduni Batavorum 1732. Editio Londini. 1732,
pars 2, p. 38.
«) Journ. de Pharm. 5 (1819), 20, 439 und 446. — Trommsdorffs Neues
Journ. d. Pharm. 4 II. (1820), 250.
') J. A. Murray, Apparates medicaminum tarn simpiieium quam prae-
paratomm et compositomm. Göttingen 1794. Vol. 2, p. 399.
*) Journ. de Chim. medicale 1 (1825), 130. — Trommsdorffs Neues Journ.
der Pharm. 15 II. (1827), 210.
•) Repert. f. d. Pharm. I. 22 (1825), 102.
10 ) Journ. de Pharm. II. 17 (1831), 294. — Geigers Magazin f. Pharm, und
Exper. Kritik 36 (1831), 64 u. 67.
u ) Journ. de Pharm. II. 17 (1831), 299 und 21 (1835), 464.
ls ) Journ. de Pharm. II. 17 (1831), 360.
1S ) Ann. de Chim. et Phys. II. 53 (1833), 181. — Liebigs Annalen 10
(1834), 324.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 147
öls mit Ammoniak (Thiosinamin). Daß die Entstehung des Senf öls
durch ein Ferment veranlaßt wird, fanden Boutron und Fremy 1 ).
Sie isolierten das Myrosin durch Ausziehen des Samens mit
Alkohol, und erhielten Senföl, als sie diesen Körper auf den
wäßrigen Auszug des vorher mit Alkohol extrahierten Senfs
einwirken ließen. Das Sinigrin (myronsaures Kali) wurde zuerst
von Bussy 2 ) dargestellt, der die in dieser Verbindung enthaltene
Säure „aeide myroniquef' nannte und alsdann in Gemeinschaft
mit Robiquet 8 ) die physikalischen Eigenschaften und das Ver-
halten des Senföls gegen Reagenzien ermittelte. Die Kenntnis
der chemischen Zusammensetzung wurde wesentlich durch Will 4 )
gefördert, der gleichzeitig mit Wertheim 8 ) das Senföl als
Schwefelcyanallyl ansprach.
Durch die Arbeiten von Ludwig und Lange®) wurde die
Existenz des Sinigrins bestätigt und dessen Zerfall bei der
Gärung in Senföl, Zucker und saures schwefelsaures Kali fest-
gestellt. Weitere Aufklärung der bei dieser Reaktion stattfinden-
den Vorgänge brachten die ausführlichen Studien von Will und
Körner 7 ).
Veranlaßt durch die künstliche Darstellung des Senföls aus
Allyljodid und Rhodankalium durch Zinin s ) sowie Berthelot
und de Luca 9 ), hatte man das Senföl als Ester der Thiocyan-
säure angesehen, dem jedoch, wie Oeser 10 ) hervorhob, ganz
andere und vom Senföl verschiedene Eigenschaften zukommen.
Die wahre Konstitution des Senföls als Ester der isomeren
Isothiocyansäure wurde durch Billeter 11 ), sowie durch Gerlich 12 )
erkannt, die zeigten, daß sich bei der oben erwähnten, zur Syn-
these benutzten Reaktion zunächst Rhodanallyl oder Thio-
*) Journ. de Pharm. II. 26 (1840), 48 u. 112. — Liebigs Annalen 34 (1840), 230.
s ) Journ. de Pharm. II. 26 (1840), 39. — Liebigs Annalen 34 (1840), 223.
s ) Journ. de Pharm. II. 26 (1840), 110.
*) Liebigs Annalen 52 (1844), 1.
B ) Liebigs Annalen 52 (1844), 54.
8 ) Zeitschr. f. Chemie und Pharm. S (1860), 430, 577.
') Liebigs Annalen 125 (1893), 257.
s ) Journ. f. prakt. Chem. 64 (1855), 504. — Liebigs Annalen 95 (1855), 128.
o) Compt. rend. 41 (1855), 21.
") Liebigs Annalen 1S4 (1865), 7.
») Berl. Berichte 8 (1875), 464 u. 820.
«) Berl. Berichte 8 (1875), 650. — Liebigs Annalen 178 (1875), 89.
10*
148 Geschichtliche Einleitung.
cyanallyl bildet, und daß sich dieses beim Erhitzen in das iso-
mere Isothiocyanallyl umlagert.
Zur Erklärung der hier vorliegenden Isomerie hatte A.W. Hof-
mann 1 ) zuerst die Ansicht ausgesprochen, daß bei den Thiocyan-
verbindungen der Kohlenstoff mit dem Stickstoff, beiden Isothio-
cyanverbindungen jedoch mit dem Schwefel direkt verbunden sei.
Da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen war, daß auch bei
der Senfölgärung aus Sinigrin zuerst Rhodanallyl entstände,
führte E. Schmidt 2 ) Gärungsversuche bei niedriger Temperatur
aus, durch die festgestellt wurde, daß selbst bei 0° neben Spuren
von Rhodanallyl direkt SenfÖl auftritt.
Die letzte in Bezug auf die Spaltung des Sinigrins noch
bestehende Unklarheit wurde durch die Untersuchung von
Gadamer") beseitigt, der nachwies, daß die Formel des Sini-
grins C 10 H lfl NS 2 KO 9 und nicht, wie Will und Körner ange-
nommen hatten, C 10 H 18 NS a KO 10 sei, und daß die Spaltung ge-
rade wie bei den übrigen Glucosiden unter Aufnahme von 1 Mol.
Wasser vor sich gehe.
Storaxöl.
Der Storax war schon unter den Spezereien des Altertums
bekannt und ist als solche von Herodot*), Theophrast 8 ) und
Dioscorides 8 ) erwähnt worden. Die mittelalterliche Literatur
hat Storaxarten verschiedener Herkunft gekannt, die zeitweise
auch arzneiliche Anwendung fanden.
Das ätherische Öl des Storax ist von Walter Ryff 7 ) von
Conrad Gesner 8 ) und aus dem mit Aqua vitae (Spiritus) an-
gefeuchteten Harze von Porta") destilliert worden.
l ) Bert. Berichte 1 (1868), 28.
a ) Berl. Berichte 10 (1877), 187.
a ) Arch. der Pharm. 236 (1897), 44.
*) Herodoti Historiarum librl. Lib. 3, 97 u. 107.
s ) Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Obergang aus Asien
nach Griechenland und Italien. Berlin 1877, S. 370.
°)Dioscoridis De materia medica libri qainque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. I, p. 82; II, p. 375.
') Gualtherius Ryff, New gross Destillirbuch. 1556, fol. 176.
8 ) EuonymiPhiliatri Ein köstlicher theurer Schatz. 1555. Vol. 1, S. 237.
9 ) Giov. Battistae Portae Magiae naturalis libri viginti. 1563. Über
de destillatione, p. 378.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 149
Ol aus amerikanischem Storax.
Zu den Drogen der neuen Welt, die nach der Entdeckung von
Amerika in Europa Berücksichtigung fanden, gehörte auch der
aromatische Balsam eines „Ocosotf" genannten Baumes aus Mexiko
und zentralamerikanischen Ländern, welcher dem seit alters be-
kannten Storax (Styrax liquidus) aus der Levante in nahezu allen
Eigenschaften ähnlich war. Wie bei diesem, so war man noch weit
mehr bei den amerikanischen Balsamarten (Tolu, Peru, Copaiva usw.)
lange Zeit über die Abstammung und Gewinnungsweise im un-
klaren und verwechselte oftmals Balsame verschiedener Herkunft.
Die ersten Beschreibungen des amerikanischen Storax finden
sich unter anderem in den Werken der in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts lebenden Nicolas Monardes 1 ), Garcia da
Orta 2 ) und Petrus Andr. Matthiolus 3 ).
Die erste Untersuchung des amerikanischen Storax führte
Bonastre 4 ) aus. Er erhielt bei der Destillation eines augen-
l ) Monardes, Historia mediana/ de las cosas que se traen de nues-
tras Indias occident&Ies qui sirven en mediana. Sevilla 1574, p. 121 — 123.
Editio latina Caroli Clusii. Antverpiae 1593, p. 44.
a ) Garcias ab Horto, Aromatum et simplicium aliquot medicamen-
torum apud Indos nascentium historia. Dewde latino sermone in epitomen
contracta . . . locupletionbus ab annotatiunculis illustrata a Carolo Clusio
Atrobate. Quarta Editio, castigator et aliquot locis auctior, Justus Bertra-
mus. Antverpiae 1593. — „Advehitur Hispalim, totius, non dicam Baeticae,
sed etiam Hispaniae celeberrimum emporium, o/ei quoddam genus ex America,
subrusi coloris, cujus mirabiles praedicant eftectus in omnibus uteri morbis.
Id oleum de Liquidambar nuncupant, ejus sane odoris fere, qui Styracis
odorem aemuletur. Id vero ex eo liquore expnmitur, quem de Ocosotl arbore
destillare Mexicana historia tradit in hunc modum : Inter arbores Mexicanas
memoratur et Ocosotl arbor praegrandis et venusta, foliis hederae simi/ibus.
Hujus liquor quem Liquidambar nuncupant, vu/nera curat, atque cum corticis
ipsius pollim permixtus, elegans odoratumque suffimentum praebef.
*) Petri Andreae Matthioli Opera quae extant omnia. Veneti 1554.
Deutsche Ausgabe 1598, Lib. 1, fol. 90. „Zu den Styraxarten gehört auch
ein aus Neu-Spanien und Westindien kommendes flüssiges Harz, welches bei
Einschnitten aus der Rinde großer Bäume mit epheuartigen Blättern ausfließt.
Diese Bäume heißen „Ocosotl". Die Eingeborenen kauen die Rinde mit dem
exsudierten Harze. Dieselbe ist angenehm wohlriechend und gibt beim Aus-
pressen ein dickes, ebenso riechendes Öl, Oleum liquidambar."
*) Journ. de Pharm. IL 16 (1830), 88; IL 17 (1831), 338. — Trommsdorffs
Neues Journ. der Pharm. 21 IL (1830), 242 und 24 II. (1832), 236.
150 Geschichtliche Einleitung.
scheinlich relativ frischen Balsams die hohe Ölausbeute von
7 Proz. Weitere Untersuchungen über den Storax wurden Ende
der fünfziger Jahre von Wm. Procter 1 ) und 1874 von W. L.
Harrison 2 ) gemacht.
Rosenöl.
Die Anmut und der Wohlgeruch der Rosenblüten haben
schon von frühester Zeit an ihre Wertschätzung und Benutzung
veranlaßt. Dies bekundet die gesamte ältere Literatur, und von
allen Blütendüften war der der Rosen wohl von jeher der be-
vorzugteste. In chinesischen und Sanskrit -Schriften ist der
Wohlgeruch der Rosen vielfach gepriesen, und mit Rosenduft
gesättigte Öle und Fette dienten im Religionskultus und zu
Balsamierungen aller Art im frühesten Altertum 8 ). So salbte
schon Aphrodite den Leichnam Hektors mit Rosenöl*), und
die Griechen und Römer feierten jährlich ein Rosenfest, an
dem die Gräber der Angehörigen mit Rosen bekränzt und ihre
Grabsteine mit Rosenöl gesalbt wurden 6 ). Von allem Blüten-
kultus war der der Rosen von alters her der vornehmste 8 ).
*) Americ. fourn. Pharm. 29 (1857), 261; 38 (1866), 33. — Proceed. Americ.
Pharm. Ass. 13 (1865), 16Q.
») Americ. Journ. Pharm. 46 (1874), 161—165. — Arch. der Pharm. 206
(1875), 541.
s ) In Palästina scheinen Rosen nicht kultiviert worden zu sein. Sie
sind in der Bibel nur wenige Male erwähnt. Die öfters genannte „Rose
von Jericho" (Anastatica hierochuntica L.) ist eine kleine, beim Trocknen
sich kugelförmig zusammenrollende Pflanze, die zu den Cruciferae gehört
und auf Wüstensand wächst (Weisheit Salom., Kap. 2, V. 8. — Hohe
Lied Salom., Kap. 2, V. 1. — Jes. Sirach, Kap. 24, V. 18; Kap. 50, V. 8. —
Apost. Gesch., Kap. 2, V. 8.) — Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Prof.
Tschirch in Bern beruht „die Rose" der Bibel auf einem Übersetzungsfehler.
Chabatzeleth ist wahrscheinlich Harzissus tazetta, ein in der Ebene von
Saron vorkommendes und dort häufiges Zwiebelgewächs. Die heute Rose
von Saron genannte Pflanze ist Cistus.
*) Homeri Mas. Kap. 23, V. 186. Dieses Rosenöl ist natürlich nur
ein fettes, mit Rosen hergestelltes Öl gewesen. Vgl. Tschirch, Pharma-
kognosie, Bd. II, S. 815.
") Friedländer, Sittengeschichte der römischen Kaiserzeit. 5. Auflage,
1881, S. 254.
«) Ferd. Cohn, Die Pflanze. Breslau 1882, S. 326— 335. — Flückiger,
Pharm. Rundschau (Neuyork) 12 (1894), 43, 91. — L. Reinhardt, Die Rosen
und ihre Herkunft. Prometheus 28 (1912), 641.
Geschichte einzelner ätherischer Ole. 15t
Die erste Beschreibung der Darstellungsweise des vormals
gebräuchlichen Rosenöls befindet sich in den Schriften des
Dioscorides 1 ). Es war lediglich ein stark aromatisiertes,
fettes Öl; und das gilt wohl für die Mehrzahl der bis weit in
das Mittelalter hinein gebrauchten und als Oleum rosarum,
Oleum rosatum oder rosaceum usw. bezeichneten Rosenöle.
Abgesehen von apokryphen persischen und anderen orien-
talischen Überlieferungen, befinden sich die ersten bestimmten
Angaben über die Destillation der Rosen und den Gebrauch des
Rosendestillates in den Schriften des arabischen Geschichts-
schreibers Ibn Chaldün, der angibt, daß das Rosenwasser
im 8. und 9. Jahrhundert n. Chr. ein bedeutender, bis China
und Indien gehender Handelsartikel gewesen sei 2 ). In einem
Zeremonienkodex des oströmischen Kaisers Constantin VII.
vom Jahre 946 n. Chr. wird persisches Rosenwasser als Schön-
heitswasser erwähnt 3 ), und im Anfang des 10. Jahrhunderts wurde
es von dem Kaiser Michael VIII., Nonus Theophanes*), als
Heilmittel gebraucht und empfohlen. Der im Anfang des
12. Jahrhunderts lebende Arzt des Kalifen Ebn Attafir von
Marokko, Avenzoar 5 ), und der gleichzeitig in Konstantinopel
lebende Arzt Joannes Actuarius 6 ) benutzten Rosenwasser
als Augenmittel und Rosenölzucker als inneres Heilmittel.
Um jene Zeit scheint Persien das meiste Rosenwasser
geliefert zu haben. Im 14. Jahrhundert wurde solches auch
von Mesopotamien aus versandt 7 ). Nach der Blütezeit des
Levantehandels betrieben Portugiesen und Holländer den Han-
*) Seite 41. — Dioseoridis De materia medica librf quinque. Editio
Kühn-Sprengel. 1829, Vol. 1, p. 56 u. 123 und Vol. 2, p. 399— 404.
s ) Notices et extraits des manuscrits de Ja bibliotheque imperiale
ä Paris. Tom. 19 (1862), p. 364. — Istachri, Das Buch der Länder. Editio
Mordmann. Hamburg 1754, S. 73.
*) Constantinus Porphyrogenitus, De ceremonibus antiquis byzant
Editio Reiske, Lipsiae 1751. Lib. II, cap. 15, p. 338.
*) Nonus Theophanes. Editio Bernardi. Praefatio ad Synesium:
de febribus. Amstelodami 1749, cap. 28, p. 112.
s ) Seite 27.
*) Actuarius, De medfcamentorum compositione. Joanne Ruellio
interprete. Basiliae 1540, p. 18, 19, 22, 31.
') Voyage d'Ibn Batontah. 1854, Tom. 2, p. 140. Traduite par
Defremery.
152 Geschichtliche Einleitung.
delsverkehr von den Häfen am persischen Meerbusen und von
Aden nach dem Abendlande sowohl wie nach Indien, und unter
ihren Handelsgütern bildete Rosenwasser einen beträchtlichen
Teil 1 ). Nach Spanien verbreitete sich die Rosen destillation im
10. Jahrhundert durch die Araber 2 ).
Durch das ganze Mittelalter hindurch waren daher die
Rosenkultur und die Destillation des Rosenwassers offenbar
ein viel betriebener und wichtiger Erwerbszweig Persiens. Bei
der großen Menge des dort jährlich destillierten Rosen wassers 3 )
ist das sich bei niedriger Temperatur butterartig abscheidende
Rosenöl schon frühzeitig erkannt und vermutlich zur Parfümie-
rung von Öl und Fett benutzt worden, falls nicht etwa das
persische Rosenwasser, wie es ja in früherer Zeit so oft ge-
schah, durch Destillation mit stark alkoholhaltigem Wein ge-
wonnen wurde 4 ).
Die erste Angabe über Rosenöl, die allenfalls auf destil-
liertes Öl bezogen werden könnte, befindet sich in dem Kalender
Haribs vom Jahre 961 n. Chr., in welchem eine zur Bereitung
von Rosenkonserve und Rosenwasser geeignete Zeit angegeben
wird 5 ). Saladin von Asculi 8 ), Leibarzt eines Fürsten von Tarent,
beschrieb in seinem gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts ver-
faßten „Compendium aromatariorum" die Destillation der Rosen
zum Zwecke der Gewinnung von Rosenwasser und Rosenöl.
Nach der Angabe Langles') soll destilliertes Rosenöl in
der von Mohammed Achem geschriebenen Geschichte der
Groß-Moguln vom Jahre 1525 bis 1667 zweimal in bestimmter
Weise erwähnt worden sein; ebenso soll dies in den Annalen
*) Carl Ritter, Erdkunde von Westasien. Bd. 8, S.745 u. Bd. 9, S. 1010.
a ) Calendrier rural d'Harib in Duran de la Malle, Climatologie
compar6e. Paris 1849, p. 65. — Dozy, Le Calendrier de Cordoue de
J'annäe 961. Leyde 1873.
8 ) Siehe S. 69.
*) In der Literatur fehlen darüber zutreffende Angaben; indessen liegt
eine derartige Annahme schon deshalb nahe, weil das persische Rosenwasser
im warmen Klima unbeschadet seiner Güte und Haltbarkeit den Versand bis
in ferne Länder mit tropischem Klima, wie Indien, China und Ägypten vertrug.
B ) Dozy, Le Calendrier de Cordoue de l'ann6e 961. Leyde 1873.
*) Saladini Asculani Compendium aromatariorum. Venetii 1488, fol. 349.
') L. Langles, F(echerches sur la dScouverte de l'essence de roses.
Paris 1804.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 153
des Mongolischen Reiches von dem venetianischen Arzte
Manucci 1 ), der 40 Jahre in Indien lebte, geschehen sein.
In unzweifelhafter Weise erwähnten Hieronymus Ru-
beus a ), Leibarzt des Papstes Clemens VII., um das Jahr 1574
das butterartige Rosenöl, und Porta 8 ) in seinen Schriften um
das Jahr 1563 und nochmals im Jahre 1604.
In der Apothekertaxe der Stadt Worms vom Jahre 1582
ist unter den durch Destillation gewonnenen Ölen auch Oleum
rosarum ■ verum aufgeführt*). Um dieselbe Zeit hat auch
Angelus Sala 5 ) die Destillation des Rosenöls beschrieben
und es treffend als „candiscente pinguidine, instar spermatis
ceti" bezeichnet J. C. Schröder ) zählte das Öl in seiner im
Jahre 1641 erschienenen Pharmakopoe unter die Olea destillata
usitatoria.
Persien scheint indessen noch bis über das 17. Jahrhundert
hinaus den Handel mit Rosenwasser und Rosenöl hauptsächlich
versorgt zu haben 7 ). Von dort aus aber hat sich im Laufe des
Jahrhunderts die Rosen-Kultur und Industrie bis Indien 8 ), Ara-
*■) Manucci, Histoire g6ne~rale de 1' Empire Monghol depuis sa for-
mation jusqu'ä präsent. Traduite par Catron. 2. Edit. p. 326 — 327.
2 ) Hieronymi Rubei, De destillatione Über, in quo stillatitiorum
hquorum, qui ad medicinam faciuntur, methodus ac vires explicantur.
Ravennae 1582. Sect. 2, Kap. 16, 102 und Kap. 5, p. 132.
3 ) Portae, Magiae naturalis libri viginti. — De destillatione Libri.
Romae 1563. Liber XX. — Omnium difficillime extractionis est rosarum
oleum atque in minima quantitate, sed suavissimi odoris.
*) Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. Halle 1876,
S. 37—41, 45, 47, 48, 49, 65.
B ) Angelus Sala, Opera medico-chymica, quae extant omnia. Franco-
furti 1647, p. 63, 79.
a ) J. C. Schröder, Pharmacopoea medico-physica. Ulm 1649. Lib. 2,
Kap. 70, p. 241.
') Chardin, Voyages en Perse. Amsterdam 1711. Tom. III, p. 178 u. 249.
— Kämpfer, Amoenitatum exoticarum politico-physico medicaram fasciculi
quinque, quibus continentur variae relationes, observationes et descriptiones
rerum Persicarum et ufterioris Asiae, multa attentione, in peregrinationibus
per Universum Orientem, col/ectae ab auctore. Lemgoviae 1712, p. 373. —
Olivier, Vbyage dans /'Empire Othoman etc. Paris 1807. Tom. 5, p. 367.
8 ) Über die Gewinnung von Rosenöl in Indien haben im Jahre 1782 zwei
damals in Calcutta lebende europäische Gelehrte Bericht erstattet, nämlich
Polier in „Asiatic P.e$earcnes" in Transactions of'the Society instituted in
BengeJ etc. Calcutta 1788. Vol. 1, Paper 17, und Don Monro in Trans-
154 Geschichtliche Einleitung.
bien, Tunis, Algier und Marokko südwärts und nach Kleinasien,
der Türkei und Bulgarien nordwärts verbreitet 1 ). Auch auf der
Insel Chios wurde zu Anfang des vorigen Jahrhunderts Rosenöl
in beträchtlicher Menge gewonnen und kam über Smyrna in
den Handel 2 ).
Der Anfang der für die Folge bedeutenden und höchst er-
giebigen Rosenkultur in Bulgarien scheint seit dem Beginne
des 17. Jahrhunderts und nahezu mit der Gründung der in Ost-
rumelien am südlichen Abhänge des Balkans gelegenen Stadt
Kezanlyk zusammenzufallen 8 ). Indessen hat die die persische
Rosendestillation beschränkende Rosenindustrie Bulgariens erst
im 19. Jahrhundert die bisher behauptete Bedeutung gewonnen;
ihr ist aber in neuester Zeit in Deutschland, Frankreich und
Anatolien eine gewisse Konkurrenz erstanden.
Rosenwasser und damit auch geringe Mengen Rosenöl sind in
nordeuropäischen Ländern und besonders in Frankreich, Deutsch-
land und England für volkstümlichen und arzneilichen Gebrauch
und für die Parfümerie seit dem 14. Jahrhundert destilliert worden.
Der Gewinn an dem erstarrenden Öle war indessen so gering,
daß das Rosenöl früher aus dem Orient und neuerdings aus den
Balkanländern bezogen wurde. Die französische Rosenkultur zum
Zwecke der fabrikmäßigen Gewinnung von Rosenöl hat erst um
die Mitte des vorigen Jahrhunderts begonnen und die deutsche
um das Jahr 1883*).
Bei dem hohen Preise und der leichten Möglichkeit der Ver-
fälschung des Rosenöles scheint diese schon im Ursprungslande
der Rosenindustrie, in Persien, im Laufe des 17. Jahrhunderts in
Gebrauch gekommen zu sein. Engelbert Kämpfer ) aus Lemgo,
der Persien während der Jahre 1682 — 1684 bereiste, erwähnte, daß
actions of tbe Society of Edinburgh. Vol. 2. Physical section 2. Ein Referat
über die von dem letzteren beschriebene Bereitungsweise befindet sich auch
in Trommsdorffs Journ. der Pharm. 1 IL (1794), 195.
*) Forbes Watson, Catalogue of the Indian Department Vienna Ex-
hibition 1873, p. 94. — Douglas, Pharmaceutical Journal III. 8 (1878), 811. —
H.vonSchlagintweit in Buchners Neuem Reperfcd. Pharm. 24 (1875), 129-143.
*) Olivier, Voyagedans /'Empire Othoman etc. Parisl807. Tom.5. p.367.
a ) Kanitz, Donau-Bulgarien. Leipzig 1877— 1879. Bd. 2, S. 111.
*) Flückiger, Pharm. Rundschau (Neuyork) 12 (1894), 92.
*) Engelbert Kämpfer, Amoenitatum exoticarum fasciculi etc. Lemgo-
Viae 1712, p. 373.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 155
den Rosenblüten bei der Destillation vielfach geraspeltes Sandel-
holz zur Verfeinerung des Destillate* hinzugesetzt werde. Diese
Beobachtung wurde im Jahre 1787 von Archibald Keir 1 ) in
Chatra im Ramgur bestätigt, während Polier 8 ) in demselben Jahre
in Kaschmir beobachtete, daß dort nicht Sandelholz, sondern ein
wohlriechendes indisches Gras (Ändropogon) zur Mitdestillation
der Rosen verwendet wurde.
Die Benutzung von Ändropogon schoenanthus L. zum Ver-
fälschen der Rosendestillate datiert somit, wenn man von der
Verwendung hierzu im Altertum 2 ) absieht, mindestens über ein
Jahrhundert. An Stelle des Grases wird in neuerer Zeit das
daraus in Indien destillierte Palmarosaöl als weit bequemeres
Verfälschungsmittel gebraucht.
Das im Orient schon frühzeitig als Parfüm verwendete Rosenöl
wurde, in zierliche Fläschchen gefüllt, ein gesuchter Handels-
artikel auf den Bazaren von Konstantinopel, Smyrna, der Levante
und des gesamten Orients. Es fand bald in weit größerer Menge
Absatz, als die Produktion zu liefern vermochte. Produzenten
und Händler lernten daher schon früh die Kunst, der Nachfrage
in genügender und gewinnbringender Weise zu begegnen; jene
durch geschickte Verwertung von Palmarosaöl als Zusatz bei
der Destillation der Rosen, diese durch eine weitere Verdünnung
mit indifferenten Ölen und Walrat, um den Erstarrungspunkt
inne zu halten.
Bittermandelöl.
Mandeln waren schon im Altertum bekannt und werden im
alten Testamente mehrmals erwähnt 8 ), ebenso von ägyptischen
und späteren griechischen und römischen Schriftstellern. Von
diesen haben Theophrastus*), Dioscorides 8 ), Scribonius
x ) Archibald Keir, „Asiatic Researches" in Transactions of the Society
instituted in Betigal, for inquiring into the history and antiquities, the arts,
sciences and literature of Asia. Calcutta 1788. Vol. 1, p. 309.
a ) Ebenda Vol. 1, p. 332.
s ) 1. Mose, Kap. 43, V. 11. — 4. Mose, Kap. 17, V. 8. — Pred. Salomo,
Kap. 12, V. 5. — Rosenmüller, Handbuch der biblischen Altertumskunde.
Leipzig 1831. Bd. 4, S. 263.
*) Theophrasti Historia plantarum. Lib. 1, cap. 11, 18.
8 ) Dioscoridis De materia medica Jibri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. Vol. !,• p. 155.
156 Geschichtliche Einleitung.
Largus 1 ), Plinius 2 ), Palladius 8 ), Celsus 4 ), Alexander
Trallianus 5 ), Platearius*) und andere bittere Mandeln be-
stimmt von süßen unterschieden. Auch im Mittelalter waren
beide Mandelarten in Gebrauch.
Das Bittermandelöl ist zuerst im 15. Jahrhundert in den
Schriften Saladins') im Jahre 1488 und im 16. Jahrhundert in
denen von Sancto Amando 8 ) erwähnt worden; indessen scheinen
die Destillate der bitteren Mandeln und Samen anderer Prunoideae
im Mittelalter und zur Zeit des allgemeinen Gebrauches destil-
lierter (gebrannter) Wässer geringe Berücksichtigung gefunden
zu haben. Auch ist es ungewiß, ob die Giftigkeit des Bitter-
mandelöls allgemein bekannt war. Sie scheint selbst von
Scheele 9 ) bei der Entdeckung der Cyan wasserstoffsäure im
Jahre 1782 nicht recht erkannt worden zu sein. Ihm entging
sogar die Ähnlichkeit des Geruches dieser Säure mit dem der
Bittermandel- und Kirschlorbeer-Destillate.
Das Bittermandelöl hat erst im Laufe der achtziger Jahre
des 1 8. Jahrhunderts wieder größere Berücksichtigung gefunden.
Trotz früherer dahin deutender Beobachtungen ,0 ) wurde es, wie
*) Scribonii Largi Compositiones medicamentorum. Editio Helm-
reich. 1887, p. 8.
2 ) Plinii Naturalis historiae /ibri. Lib. 16, cap. 22. Lib. 33, cap. 75. —
Editio Littr6. Vol. 2, p. 127.
3 ) Palladii De re rustica, in Nisards „Les agronomes latins". Paris
1877, p. 552.
*) Celsi De mediana /ibri VIII. Editio Vgdrenes „Traite de mSdecine"
de A. C. Celse. Paris 1876, p. 274.
s ) Alexandri Tralliani Medici Iibri XII. Editio Puschmann. Wien
1878. Bd. 2, S. 445.
e )Platearii Liber de simplice medicina. „Circa instans". Editio
C h o u 1 a n t.
') Saladini Compendium aromatariorum. Bononae 1488. Im Index der
Drogen.
") Expositio Joannis de Sancto Amando supra Antidotarium Nicolai
incipit feliciter. In der Ausgabe mit Mesues Werken. Veneti 1502, fol. 228,
und Additiones fol. 85—87.
9 ) Carl W. Scheeles physische und chemische Werke. Übersetzt von
Hermstaedt. Bd. 2, S. 331. — Flflckiger, Arch. der Pharm. 224 (1886),
388. — Pharm. Rundschau (Neuyork) 4 (1886), 211.
w ) Nach Angabe von A. Wynter Blyth in seinem Werke „Poisons",
London 1895, soll die Giftigkeit der Pfirsich- und Mandelkerne schon den
Ägyptern bekannt gewesen sein. — Mortimer in Philosophical Transactions
Geschichte einzelner ätherischer öle. 157
es scheint, zuerst im Jahre 1784 von Joh. Andr. Murray 1 ) in
Göttingen als erheblich giftig bezeichnet. Später geschah dies
auch in den Schriften anderer Zeitgenossen 2 ).
Der Cyanwasserstoffgehalt des Bittermandelöls wurde zuerst
im Jahre 1785 von dem Apotheker Joh. Christ. Wilhelm Rem ler s )
in Erfurt und im Jahre 1797 von Lucas*) in Arnstadt ver-
mutet, indessen erst im Jahre 1803 von dem Apotheker Böhm 5 )
in Berlin bestimmt erkannt und nachgewiesen. Von der Zeit
an wurde Bittermandelöl und sein Blausänregehalt Gegenstand
mehrfacher Untersuchungen, von denen die von Schaub 6 ),
Schrader 7 ) und Ittner 8 ) zu weiteren Ergebnissen führten, bis
Gay-Lussac)*), Robiquetund Vogel 10 ), Boutron-Charlard 11 )
und endlich Liebig und Wohler 12 ) und Winckler 18 ) völlige
(London) 37 (1731), 84 und 166. — Vater, Dissertatio de laurocerasi indole
venenata. Wittenbergae 1737. — Langrish, ExpSriences de mädecine sur
des an /mau x. Paris 1750. — Fontane, Traftä sur le venin de Ja vipbre, fe
laurier cerise usw. Fiorenze 1781 und Philosophical Transactions. London.
70 (1781), I. 210.
x ) J. A. Murray, Apparates medicaminum tarn simplicium quam prae-
paratorum et compositorum in praxeos adjumentum consideratus. Göttingen
1784. Vol. 3, p. 215, 220 und 259.
s ) Heyer, Crells chemische Annalen, Beiträge 1 (1793), 414, 415. —
Gilberts Annalen der Physik. Neue Folge 23, 220.
') Crells ehem. Annalen 1785, II. 433. — Göttlings Almanach für Scheide-
künstler und Apotheker 8 (1787), 136.
*) Ebenda 18 (1797), 101.
a ) Scherers Allgem. Journal der Chemie 10 (1803), 126. — Gilberts
Annal. der Physik 13 (1803), 503.
") Schaub, Dissertatio medico-ehymica sistens Laurocerasi qualitates
medicas ac venenatas usw. Marpurgi 1802.
') Trommsdorffs Journ. der Pharm. 11 I. (1803), 259 u. 262.
8 ) Über das Vorkommen der Blausäure im Öle der bittern Mandeln.
Schweiggers Journal für Chemie und Physik 24, 395. — F. von Ittner, Bei-
träge zur Geschichte der Blausäure, mit Versuchen über ihre Verbindungen
und Wirkungen auf den tierischen Organismus. Freiburg u. Constanz. 1809.
9 ) Poggendorffs Annalen der Physik. Neue Folge 23 (1831), 1 u. 138.
— Schweiggers Journal für Chemie und Physik 16 (1831), 1.
10 ) Journ. de Pharm. IL 8 (1822), 293. — Ann. de Chim. et Phys. 15
(1810), 29 und 21 (1822), 250. — Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 7 I.
(1823), 217.
») Ann. de Chim. et Phys. 44 (1837), 352. — Liebigs Annalen 26 (1838), 175.
IS ) Liebigs Annalen 22 (1837), 1.
") Repert. f. d. Pharm. II. 17 (1839), 156. — Pharm. Centralbl. 1839, 634.
158 Geschichtliche Einleitung.
Klarheit über die Entstehung und die Zusammensetzung des
Bittermandelöls brachten.
Die Trennung der Cyanwasserstoffsäure von dem Benz-
aldehyd im Bittermandelöl gelang zuerst Vogel im Jahre 1822
durch Behandeln des Öles mit Barytwasser. Liebig und Wöhler 1 )
führten dafür die noch jetzt übliche Methode des Ausschütteins
mit Eisenoxydulsulfat oder Eisenchlorid und Kalkmilch ein und
stellten somit reinen Benzaldehyd dar. Bertagnini 8 ) schlug
dafür Natriumbisulfitlösung vor.
Die Ausscheidung der Benzoesäure aus Bittermandelöl beim
Stehen an der Luft beobachtete Stange 3 ) in Pegau im Jahre 1823.
Kirschlorbeeröl.
Der Kirsch-Lorbeerbaum (Prunus laurocerasus L.) scheint
im südlichen Europa erst im Anfang des 16. Jahrhunderts be-
kannt geworden zu sein. Das Destillat der Blätter kam während
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in arzneilichen Gebrauch,
und seine giftige Wirkung wurde mehrfach beobachtet 4 ). Das
destillierte Ol scheint in Arzneibüchern erst um das Jahr 1780 8 )
Aufnahme gefunden zu haben. Seinen Gehalt an Blausäure er-
kannten nahezu gleichzeitig zu Anfang des 19. Jahrhunderts
Schaub 8 ) und Schrader 7 ) in Berlin.
Geranium- oder Pelargoniumöl.
Die in Süd-Afrika einheimischen, jetzt als Zierpflanzen bei
uns allgemein verbreiteten Pelargonien sind im Jahre 1690 in
x ) Liebigs Annalen 8 (1832), 252.
2 ) Ebenda 85 (1853), 183.
8 ) Repert f. d. Pharm. 1. 14 (1823), 329, 361 u. 16 (1824), 80.
*) Philosoph. Transact. (London) 87 (1731—1732), 84. — Abr. Vater,
Dissertatio de Laurocerasi indole venenata. Wittenbergae 1737. — Bergius,
Materia medica. Stockholm 1778, S. 401.
5 ) J. A. Murray, Apparates medicamimim tarn simplicium quam prae-
paratorum et compositorum usw. Göttingen 1784. Vol. 3, p. 213.
") D. Schaub, Dissertatio medico-chymica, sistens Laurocerasi quali-
tates medicas ac venenatas usw. Marpurgi 1802.
') Trommsdorffs Journ. der Pharm. 11, I. (1803), 259 u. 262.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 159
Europa eingeführt 1 ) worden- Ein ätherisches Öl 2 ) wurde aus
den wohlriechenden Blättern zuerst von Recluz 8 ) in Lyon im
Jahre 1819 durch Destillation mit Wasser erhalten. Der Anbau
wohlriechender Pelargonien zur Ölgewinnung geschah aber erst
1847 durch Demarson in Paris. Seitdem hat sich ihre Kultur
in Frankreich sehr verbreitet und ist später auch durch Chiris
und Monk in Algier eingeführt worden.
In Spanien wurden die Pelargonien in der Umgegend von
Valencia durch Robillard angepflanzt. Später ist ihr Anbau
auch in der Provinz Almeria bewerkstelligt worden.
Zu diesen Produktionsländern hat sich gegen Ende der
achtziger Jahre die Insel Reunion hinzugesellt. Wenig bedeutend
sind die Anpflanzungen auf Korsika.
Rautenöl.
Die Raute wird schon in der Bibel 4 ) erwähnt, und als Arznei-
pflanze bei Augenkrankheiten von Dioscorides 5 ), Plinius,
Columella") und Ovid 7 ) genannt. Diese Benutzung hat die
Pflanze, wie es scheint, auch im Mittelalter gefunden 8 ).
Die erste Erwähnung des Rautenöles (möglicherweise aber
des fetten) findet sich in Saladins Schriften 9 ). Conrad Gesner 10 )
destillierte das Öl um die Mitte des 16. Jahrhunderts, und es ist
in den Taxen der Städte Berlin vom Jahre 1574 und Frankfurt
l ) Piesse, The Art of Perfumery. IV. Edition, London 1879, p. 124.
s ) Dieses Öl ist nicht zu verwechseln mit dem fälschlich als „Indisches
Geraniumöl" bezeichneten Palmarosaöl von Andropagon schoenanthus L.
3 ) Pharmaceutical Journal I. 11 (1852), 325.
*) Evangel. Lucae, Kap. 11, V. 42.
*) Dioscoridis De materia rnedica libri quinque. Lib. III, Kap. 45 u.
52. — Editio Kühn-Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 391.
8 ) Columellae, De re rustica et de arboribus. Lib. 12, 7.
7 ) Ovidii, Rpmedia amorfs.
• s ) Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher aus dem 12. u. 13. Jahrhundert
Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 42 (1863),
137 u. 143. (Haeser, Geschichte der Medizin 1875. Bd. 1, S. 663.) —
Mi 1 to ns Paradise Lost. XI. L. 414:
„ — then purg'd with Euphrasy and ffue
The Visual nerve, for he had much to see."
*) Saladini Compendium aromatariorum. Bononae 1488. Index.
)0 ) Euonymi Philiatri, Ein köstlicher Schatz. 1555, fol. 226.
160 Geschichtliche Einleitung.
vom Jahre 1582 und im Dispensatorium Noricum vom Jahre
1589 aufgeführt.
Die Ausbeute der Raute an ätherischem Öl ermittelte zuerst
Cartheuser 1 ) im Anfang des 18. Jahrhunderts. Untersucht wurde
es von Caspar Neumann 3 ), von G. S. P. Mahl 8 ) in Rostock im
Jahre 1811, von Will 4 ) im Jahre 1840, Cahours") im Jahre 1845,
Gerhardt ) im Jahre 1848, C. G. Williams') im Jahre 1858,
W. Hallwachs' 8 ) im Jahre 1859, C. Harbordt 6 ) im Jahre 1862,
Giesecke") im Jahre 1870 und von E. v. Gorup-Besanez und
F.Grimm 11 ) im Jahre 1871.
Buccublätteröl.
Die aus dem südlichen Afrika stammenden Buccublätter
scheinen seit langem von den Eingeborenen arzneilich gebraucht
worden zu sein. Die Blätter kamen im Jahre 1820 von Kapstadt
aus über London in den europäischen Handel 12 ) und sind seit
dem Ende der zwanziger Jahre in die meisten Pharmakopoen
aufgenommen worden.
Das ätherische Buccublätteröl ist zuerst im Jahre 1827 von
R. Brandes 18 ) dargestellt worden.
Die Öle der Agrumenfrüchte.
Die zur Familie der jRutaceae, der Abteilung der Aurantieae,
gehörende Gattung Citrus stammt aus dem mittleren Asien. Die
x ) Joh. Friedr. Cartheuser, Fundamenta materiae medicae. Francof.
ad Viadr. 1738. Vol. 2, p. 129.
2 ) Casp.Neumanns Media Chemie. Ed. C.H.Kessel 1797. Vol. 2, S. 292.
3 ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 20 IL (1811), 29.
*) Lieblgs Annalen 35 (1840), 235.
s ) Thbse pr6sent6e a. tu taculte des sc/ences le 15. janv. 1845. Compt.
rend. 26 (1848), 262.
*) Lieblgs Annalen 67 (1848), 242.
') Liebigs Annalen 107 (1858), 374.
*) Liebigs Annalen 113 (1860), 107.
e ) Liebigs Annalen 123 (1862), 293.
10 ) Zeitschr. für Chemie 13 (1870), 428.
") Liebigs Annalen 157 (1871), 275.
12 ) R. Reece, Monthly Gazette of Health. London, Febr. 1821, p. 799.
la ) Arch. der Pharm. 22 (1827), 229.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 161
Anzahl der Varietäten der unter dem Kollektivnamen „Agrumen-
früchte" bekannten Citrusfrüchte deutet auf eine sehr alte Kultur.
Die Citrusbäume scheinen vom südlichen China, von Cochinchina
und Indien 1 ) her zuerst durch die Kriegszüge Alexanders des
Großen den abendländischen Völkern bekannt geworden zu sein,
und durch allmähliche Kultur über Persien und Medien west-
wärts Verbreitung gefunden zu haben. 2 ). Später haben wohl die
Römer und demnächst die Araber zur Verbreitung der Citrus-
bäume in den Küstenländern des Mittelmeeres bis Spanien und
Marokko beigetragen, und es haben diese und ihre Früchte im
Verlauf der Kreuzzüge auch bei den nördlich vom Mittelmeere
wohnenden Völkern Verbreitung und Pflege gefunden. Diese hat
sich dann auf alle Länder mit gemäßigtem und warmem Klima
erstreckt, so daß die Citrusbäume jetzt zu den verbreitetsten
Kosmopoliten der Kulturpflanzen gehören*).
Ob die Entstehung und Verbreitung der Citrusarten im Alter-
tum begrenzt war, oder ob die besonderen Abarten sich je nach
Bodenbeschaffenheit, KHma und Kulturweise allmählich ent-
wickelt haben, ist aus der Literatur nicht ersichtlich. Die ver-
schiedenen Namen der Agrumenfrüchte scheinen aus der Sans-
kritsprache in die Sprachen anderer und späterer Völker des
Altertums übergegangen zu sein. So kannten die Griechen und
Römer wohl Citronen, nicht aber Orangen, Bergamotten und
Limetten 4 ). Sie nannten die Citrone Nalum persicum, Malum
citratum oder citreum. Die Annahme, daß der Geruch der
Citronen, ähnlich wie der des Wacholders und der Ceder (yJÖQo^)
') Bretschneider, On the study and value of Chinese botanical works
with notes on the history ot plants and geographica! botany from Chinese
sources. Foochow 1870, p. 11 u. 12. — E. Bonavia, The cultivated Oranges
and Lemons of Jndia and Ceylon with researches into their origin and the
derivation of their names etc. London 1890.
s ) Brandis, Forest Flora ot Northwestern and Central India. 1874,
p. 50. — Hehn, Die Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Obergang aus
Asien nach Griechenland und Italien. Berlin. III. Aufl. 1877. — Alphonse de
Candolle, Origin of cultivated plants. 1885, p. 176.
s ) Vgl. auch S. Killermann, Die Citronen .und Orangen in Geschichte
und Kunst. Mitt. Gesch. Med. u. riaturw. 16 (1917), 342.
*) Scribonius Largus, Compositiones medicamentorum. Editio Helm-
reich. 1887, p. 65. — Oribasius, Medicinalia collecta. Lib. 1, Cap. 64. —
Palladi De re rustica. InNisards „Les agronomes Satins". Paris 1877, p.585.
Gildemeister. Die ätherischen Öle. I. 11
162 Geschichtliche Einleitung.
der griechischen Waldungen, Ungeziefer fernhalte, hat schon
bei den Griechen zur Übertragung dieses Namens auf den
„persischen", auch „medischen" Apfel als Malum cedreum,
Malttm citreum und zu der Bezeichnung Citrus (Citrus medica,
Citrus persica) Veranlassung gegeben 1 ).
Während des 8. bis 10. Jahrhunderts verbreiteten die Araber
die bittere Orange (Citrus bigaradia Risso) und die Citrone
(Citrus limonum Risso) von Oman und Mesopotamien nach
Syrien und Arabien. Die Kultur dieser Bäume erweiterte sich
von dort aus, namentlich während der Jahrhunderte der Kreuz-
züge, über die Mittelmeerländer bis Spanien und Marokko 2 ). Auf
Sizilien war der Baum schon im Jahre 1002 angebaut 8 ).
Die Schriften des 12. bis 14. Jahrhunderts bekunden vielfach
die allmähliche Verbreitung und Wertschätzung der Agrumen-
früchte. Der im 12. Jahrhundert lebende arabische Geograph
Edrisi*) beschrieb in seinen Reiseschilderungen von den afrika-
nischen Küstenländern des Mittelmeeres die Citrone, offenbar ohne
dort andere Agrumenfrüchte angetroffen zu haben, während solche
schon in Spanien kultiviert wurden 6 ). Jaques de Vitri"), der um
das Jahr 1225 Palästina bereiste, fand dort mehrere Arten vor.
*■) Theophrasti Jiistoria plantarum. Editio Wiramer. Vol. 1, lib. 4.
— Dioscoridis De materia medica libri quinque. I, 166. — Virgilii
Georg/ca. 2, 126:
„Media fert tristis succos tardumque saporem
Felicis tnali: quo non praesentius ullum,
Pocula si quando saevae infecere ndvercae."
Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergang aus Asien nach
Griechenland und Italien. Berlin 1877, S. 359.
a ) Ibn Baithar, Heil- und Nahrungsmittel. Übersetzt von So nthe im er.
1842. Bd. 2, S. 452.
•) Risso et Poiteau, Histoire et cu/ture des Orangers. Edition Du
Breuil. Paris 1872. — Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Über-
gang aus Asien nach Griechenland und Italien. 1877, S. 380—394. — Götze,
Beitrag zur Kenntnis der Orangengewächse. Hamburg 1874, S. 26— 29.
*) Geographien Edrisi, tradu/teparAm&d6e]a.ubert. 1836. Vol.l,p.l62.
B ) Ibn-al-Acram il Ishbilis in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
verfaßtes landwirtschaftliches Werk. In französischer Übersetzung „Livre
d'Agricu/ture" herausgegeben von Clement Mullet. Paris 1864.
6 ) „Limones, Citri et a/ia poma citrina . . . acidi seu pontici saporis
quae poma qrenges ab indigenis nuncupantur." Bongars, Gesta De/ per
Francos. Hanoviae 1611, fol. 1099.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 163
Der süße Pomeranzenbaum {Citrus aurantium Risso) wurde
im Jahre 1336 als Zierbaum in Nizza kultiviert, und im Jahre
1340 waren süße Orangen 1 ) (Arancio) in Venedig wohl bekannt 2 ).
„Arbores citronum" wurden im Jahre 1369 in Genua und auf
den ligurischen Küsten angepflanzt, und in einer im Jahre 1420
verfaßten Schrift werden als Ausfuhrartikel von Alexandrien auch
Limonen genannt. Im Jahre 1486 waren Limonenbäume schon
längs der Riviera 3 ) und im Jahre 1494 auf den Azoren kultiviert*),
während die süßen Orangen um das Jahr 1546 von dem Portu-
giesen Juano de Castro (von 1545 — 1548 Vizekönig von Indien)
von China aus nach Portugal gebracht und dort angepflanzt
wurden 6 ). Obwohl schon früher vereinzelt in Oberitalien an-
gebaut, scheinen die süßen Orangen alsdann erst von Portugal
aus im südlichen Europa Verbreitung gefunden zu haben. Der
Name „Portugallo" für Apfelsinen hat sich in Italien noch bis
jetzt forterhalten. Um das Jahr 1516 erwähnte der portugiesische
Reisende Barbosa") die Limonen als von der Malabarküste und
Ceylon kommende Früchte.
In Deutschland scheinen die Citrusarten erst im Laufe des
15. Jahrhunderts Eingang gefunden zu haben. Sie wurden nach
Conrad Gestiers 7 ) Angabe um die Mitte des 16. Jahrhunderts
als Zierpflanzen in Treibhäusern und Gärten kultiviert.
Der in neuester Zeit wieder als Heilmittel in Gebrauch ge-
kommene Citronensaft wurde als solches schon von römischen
*•) Für die Etymologie des Namens Orange siehe De Candolle, Origin
of the cultivated plants. 1885, p. 184. — W. Roxburgh, Flora Indica. Vol. 2
(1839), p. 392.
a ) Cecchetti, Archiv/o Veneto. Vol. 30 (1885), p. 63.
s ) Gallesio, TraitS du Citrus. Paris 1811, p. 89, 103 und 321.
*) Kunstmann, D. Hieronymus Münzers Bericht über die Entdeckung
der Guinea. Abhandlungen der histor. Klasse der bayerischen Akademie.
1855, S. 362.
5 ) Le Comte, Nouveaux mSmoires sur l'6tat de la Chine. 2. Edition.
Paris 1679. Tom. 1, p. 173. — Ferrari Hesperides seit de malorum aureorum
cultura et usu. Romae 1646, p. 425. — E. Bretschneider, History of
European botanical discoveries in China. London 1898. Vol. 1, p. 6.
6 ) Libro di Odoardo Barbosa, in Ramusios Delle navigationi et viaggi.
Venetia 1554, fol. 347b. — Götze, Beitrag zur Kenntnis der Orangen-
gewächse. Hamburg 1874, S. 24.
') Conrad Gesner, De hortis Germaniae über recens. Argentorati
1561, Lib. III.
11*
164 Geschichtliche Einleitung.
Ärzten geschätzt, und Alexander Trallianus 1 ) verordnete ihn
um die Mitte des 6. Jahrhunderts. Durch das „Antidotarium"*)
des arabischen Arztes Mesue wurde zuerst der Citronensirup
als Heilmittel eingeführt und die Vorschrift zu seiner Darstellung
von Valerius Cordus 8 ) im Jahre 1543 in sein Dispensatorium
Noricum aufgenommen.
Das in dem Zellgewebe der äußeren Rinde der Fruchtschalen
bei der Reifung reichlich abgesonderte ätherische Öl der Agrumen-
früchte quillt bei einer Verletzung der Ölzellen durch Reiben
oder Pressen hervor und wird in dieser Weise auch gewonnen.
Das Öl wurde mit der Einführung und Benutzung der Agrumen-
bäume wohl schon frühzeitig bekannt, ohne daß es irgend welche
Verwendung fand.
Die ersten Angaben über destilliertes Citronen- und Pome-
ranzenöl stammen von Conrad Gesner*) aus dem Jahre 1555;
dann folgen solche von Jaques Besson 5 ) aus dem Jahre 1571,
und von Porta 8 ) aus dem Jahre 1589. Der letztere beschrieb
die Bereitung des Citronen- und Orangenöles durch Destillation
der zerriebenen frischen Fruchtschalen. Gaubius 7 ) empfahl in
den sechsziger Jahren des 18. Jahrhunderts die gleiche Ge-
winnungsweise.
Die Methode der mechanischen Gewinnung der Agrumenöle
durch Zerreißen der Ölzellen der Fruchtschalen mittels Reibeisen
wurde im Anfang des 18. Jahrhunderts von Cl. Joh. Geoffroy 8 )
beschrieben, wahrscheinlich aber schon früher betrieben.
Die Varietät Citrus bergamia Risso scheint eine weit später
entstandene Kulturart zu sein. Die ersten Nachrichten über
*) Alexandri Tralliani medici libri XII graece et latine multo quam
antea aucttores et fntegr/ores usw. Basiliae 1556. — Editio Puschmann.
Wien 1878.
*) Siehe S. 26. — Gallesio, Trait6 du Citrus. Paris 1811, p.122, 247, 248.
s ) Dispensatorium Noricum. Editio 1548, p. 179, 273.
*) Euonymi Philiatri Ein köstlicher, teurer Schatz usw. Zürich 1555.
B ) Besson, L'art et moyen parfait de tirer huyles et eaux de tous
medicaments simples et oteagineux. Paris 1571.
•) Portae Magiae naturalis libri viginti. Romae 1563. Edit. Napoli
1589, p. 188.
') H. D. Gaubii Adversariorum varii argumenti Über unus. Leidae
1771, p. 31.
8 ) MSmoires de f'Acade'mie des Sciences de Paris. 1721, 159.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 165
Bergamottöl stammen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, und
zwar einerseits aus einer Apothekeninventur der Stadt Gießen
vom Jahre 1688 1 ), andrerseits aus einem im Jahre 1693 in
Lyon erschienenen Buche „Le pariumeur Frangois, par le Sieur
Barbe". In diesem wird die Bergamottfrucht als eine Birne be-
zeichnet, aus deren Fruchtschale das wohlriechende Öl durch
Zerreiben und Auspressen gewonnen wird. Auch wird darin
angegeben, daß der Name Bergamott dem türkischen Worte
Beg-är mü dt „Fürst der Birnen" entstamme. Diese Angabe
spricht dafür, daß die Bergamotte aus den östlichen Küstenländern
des Mittelländischen Meeres herstammt. I. G. Volkamer, Arzt
und Botaniker in Nürnberg, beschrieb in seinem im Jahre 1713
erschienenen Buche „Hesperides Norimbergenses" die „Limon
bergamotta" als „gloria limonum et fructus inter omnes nobi-
Ifssfmtis" 2 ). Er erwähnt, daß die Italiener aus der Fruchtschale
eine äußerst feine Essenz bereiten, daß aber der Name Berga-
mott keineswegs von der Stadt Bergamo in der Lombardei
herrühre, daß dort überhaupt keine Agrumenarten kultiviert
würden.
Auf einigen der westindischen Inseln sind Agrumen schon
vor dem Anfang des vorigen Jahrhunderts angebaut worden,
scheinen aber, abgesehen von der Insel Montserrat, entweder
nicht recht gediehen zu sein, oder nicht genügend sorgfältige
Pflege oder günstigen Boden gefunden zu haben. Beides ist
ihnen nach ihrer Einführung in die südlichen Unions-Staaten seit
ungefähr dem Jahre 1815 dort in reichem Maße zuteil geworden.
Sie haben die ergiebigste Kultur in Florida und Louisiana und
seit dem Ende der vierziger Jahre auch im südlichen Kali-
fornien gefunden.
In den städtischen Apothekerwaren- und Spezereitaxen sind
Citronen- und Orangenöl unter den destillierten Ölen zuerst in
der Stadt Frankfurt a. M. vom Jahre 1582 aufgeführt. Beide Öle
waren in das Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589 und in
die Pharmacopoea Augustana vom Jahre 1613 aufgenommen.
Bergamottöl scheint, wie eben erwähnt, erst ungefähr um das
Jahr 1690 in Gebrauch gekommen zu sein.
*) Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. Halle 1 876, S. 72.
") Hesperides Norimbergensis, 1713. Liber III, cap. 26, p. 156, b.
166 Geschichtliche Einleitung.
Im Jahre 1786 stellte Rem ml er 1 ) in Erfurt Versuche über
die Gewinnung von Harz aus Citronenöl an, und Liphard 2 ) gab
um dieselbe Zeit an, daß Citronenschalen mehr Öl geben, wenn
man sie bis zum Beginne der Fäulnis stehen läßt.
Der Apotheker Heyer 8 ) in Braunschweig erhielt im Jahre
1789 bei starker Abkühlung von Bergamottöl Kristalle, die er
Bergamottcampher nannte.
Orangenblütenöl.
Das bittere Orangenblüten- oder Neroliöl war schon im
16. Jahrhundert bekannt, und seine Destillation ist zuerst von
Porta 4 ) beschrieben worden. Es scheint etwa ein Jahrhundert
später, um das Jahr 1680, durch die Herzogin Flavio Orsini,
Prinzessin von Neroli in der Nähe Roms, unter dem Namen
Neroli-Essenz zum Modeparfüm geworden zu sein 5 ). Seines
feinen Wohlgeruches halber hat das Öl seine Wertschätzung
unvermindert behauptet, und auch das destillierte Orangen-
blütenwasser, Aqua Naphae 6 ), ist zur Arornatisierung von
Speisen, Konfekt und Getränken, sowie für Toilettezwecke mehr
und mehr in Gebrauch gekommen. Die Destillation des Orangen-
blütenöls wurde im Jahre 1806 von Benatius 7 ) besprochen.
Das Öl wurde im Jahre 1825 von Bonastre 8 ) und 1828 von
Boullay 8 ) untersucht.
») Göttlings Taschenbuch für Scheidekünstler 1786.
a ) Crells Chemische Annalen 1787 IL, 250.
3 ) Ebenda 1789 I, 320.
*) Jo. Batt. Portae, ISeapolitanae Magiae naturalis libri viginti usw.
Romae 1563, fol. 118.
8 ) Menagio, Origini deJJa lingua Italiana. 1685. — Dictionnaire de
Tr6voux. Paris 1771. Vol. 6, p. 178.
°) Der Name Naph6 oder Naphore stammt wahrscheinlich aus Languedoc.
(Risso et Poiteau, Histoire naturelle des Orangers. Paris 1818. Edition
Du Breuil 1872, S. 211.) — Orangenblütenwasser wurde in deutschen
Apothekenlaboratorien schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts destilliert.
(Simonis Paulli Qaadripartitum botanicum de simplicium medicamentorum
facultatibus usw. Argentorati 1667, p. 385.)
') Berl. Jahrbuch der Pharm. 1806, 256.
a ) Journ. de Pharm. II. 11 (1825), 529.
») Journ. de Pharm. II. 14 (1828), 496. — Trommsdorffs Heues Journ.
der Pharm. 19 I. (1829), 226.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 167
Myrrhenöl.
Die Geschichte der Myrrhe ist von der des Weihrauchs un-
trennbar. Beide entstammen denselben Ländern, haben vom
frühen Altertum an in dem Religionskultus der ältesten Völker
als vornehmste Spezerei und Räucherwerk gemeinsame Verwen-
dung gefunden und im Spezereiverkehr eine hervorragende Be-
deutung gehabt. Myrrhe und Weihrauch sind daher in den ältesten
Schriften fast immer zusammen erwähnt; als ihr Herkunftsland
galten das mythische Arabien und die Küstenländer am Südende
des roten Meeres, in ägyptischen Urkunden „Punt" oder „Phun"
genannt 1 ). Beide Harze sind bei der Erwähnung der feinsten
Spezereien zum Gebrauch bei Rauchopfern, Balsamierungen und
Salbungen 2 ) in Sanskritschriften, in den Vedas, in der Bibel 3 ),
*) Agatharchides. In Geograph/ Graeci minores. — „De man Ery-
thraeo", p. 87. — Arrianos, Anabasis, lib. VII, 20 u. 22. — Diodori Bib-
Jiotheca historica. Lib. 19, cap. 24. — Kosmas Indopleustes, Topographia
Christiana in Mignes Patrologiae cvrsus compfetus. Series Graeca. 1860.
Vol. 88, p. 374. — G. A. Haggenmacher, Ergänzungsheft zu Petermanns
Geographischen Mitteilungen. 1876, 19. — I. M. Hildebrandt, im Sitzungs-
berichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. 19. November
1878, S. 195. — K. Niebuhr, Beschreibung von Arabien. Kopenhagen 1772,
S. 282 u. 286. — H. Brugsch-Bey, Geschichte Aegyptens unter den Pharaonen.
1877, S. 109, 110, 113, 281, 314. — Revoil, Voyages au Cap des Aromates.
Paris 1880, S. 136, 134, 227, 255, 259, 276, 283.
s ) Für das heilige Salböl der Hohenpriester im hebräischen Ritual war die
„edelste Myrrhe" (2. Mose Kap. 30, V. 23) vorgeschrieben, welche von selber
ausfließend (Hohelied Kap. 5, V. 5 u. 13), daher auch Tränen- oder fließende
Myrrhe (Stakte) (2. Mose Kap. 30, V. 34) genannt wurde. Die Frauen der per-
sischen Könige und die Gewänder der Könige wurden mit Myrrhe parfümiert
(Buch Esther Kap. 2, V. 12. — Psalmen Kap. 45, V. 9. — Sprüche Salomonis 5,
Kap. 7, V. 17), und als köstlichste Spezerei wurden Myrrhe und Weihrauch von
den Weisen aus dem Morgenlande dem neugeborenen Könige der Israeliten dar-
gebracht (Evang. Matthäi Kap. 2, V. 11). — Römische Soldaten labten Christum
auf Golgatha mit Wein und Myrrhen (Evang. Marci Kap. 15, V. 23) und Wicodemus
brachte Myrrhe zum Einbalsamieren seines Leichnams (Evang. Joh. Kap. 19, V.39).
B ) 2. Mose Kap. 30, V. 23; Kap. 37, V. 25. — Psalmen Kap. 45, V. 9. —
Sprüche Salomonis 5, Kap. 7, V. 17. — Hohelied Salomonis 5, Kap. 1, V. 13;
Kap. 3, V. 6; Kap. 4, V. 14 und Kap. 5, V. 5 u. 13. — Evang. Marci Kap. 15,
V. 23. — Evang, Matthäi Kap. 2, V. 11. — Evang. Johannis Kap. 19, V. 39. —
Was in der Bibel als Myrrhe bezeichnet wird, ist nicht dasselbe wie das,
was man unter der Myrrhe der Arzneibücher versteht Holmes, The Myrrh
of Commerce, Ancient and Modem. Pharmaceutical Journ. 91 (1913), 116.
158 Geschichtliche Einleitung.
im Koran, im Papyrus Ebers und in den Werken griechischer,
römischer und arabischer Schriftsteller viel genannt und oftmals
miteinander verwechselt worden 1 ). Nach dem Verschwinden der
alten Opferbräuche verringerte sich auch die Verwendung beider
Harze. Nur die römisch- und die griechisch-katholische Kirche
behielten ihren Gebrauch, namentlich den des Weihrauchs, selbst
bei den Gottesgerichten der Inquisition, bei 2 ).
Mit dem Aufhören der Benutzung als Räucherungsmittel
im Altertum beschränkte sich die Verwendung der Myrrhe fortan
mehr auf das Gebiet der Arzneikunde, der Parfümerie und der
Kosmetik und gewann damit in den Destillier- und Arzneibüchern
des Mittelalters erhebliche Bedeutung.
Das destillierte Myrrhenöl war Walter Ryff 3 ), Valerius
Cordus*) und Conrad Gesner 6 ) wohl bekannt. In den Arznei-
und Spezereitaxen ist es zuerst in der der Stadt Frankfurt a. M.
vom Jahre 1587 und unter den Arzneibüchern im Dispensa-
torium Noricum vom Jahre 1589 aufgenommen worden.
Beobachtungen über die Gewinnungsweise und Ausbeute
von Myrrhenöl wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts von
x ) Angaben über die Herkunft und Geschichte der Myrrhe und des Weih-
rauchs befinden sich unter anderm noch in folgenden Schriften: Papyrus
Ebers der Leipziger Universitätsbibliothek und der königl. Bibliothek zu
Berlin. — Herodoti Historiarum Hbri IX. Lib. III, 107. — Theophrasti
Historia plantarum Lib. IX, cap. 4. — Plutarchi Moralia Isis et Osiris.
V. 383. — Diodori Bibliotheca historica Lib. V, cap. 41 und Lib. XIX,
cap. 94. — Luciani Opera, Drapetui, p. 1. — Athenaei Dipnosophistarum
libri XV, p. 101 und 464. — Apulei Metamorphoseon Lib. 8 und Lib. 10. —
Dioscoridis De materia medica libri V. Lib. 1, cap. 24, 78 und 81. Ed.
Kühn-Sprengel 1829. Vol. 1, p. 78. — Plinii Naturalis historiae libri.
Lib. XII, 15, 16, 30—35 u. Lib. XIV, 15. — Dümichen, Geschichte des alten
Aegyptens. In Onckens Allgemeiner Weltgeschichte. Grabpal. d. Petam.
Bd. 2, S. 12 — 34. — Per/plus maris Erythraei. Lib. IX, cap. 4. — Vincent,
Commerce and Navigation of the Ancients in the Indian Ocean. London 1807,
Vol. 2, p. 316 u. 698. — Chishull, Antiquitates Asiaticae. London 1728,
p. 71. D. Hanbury, Science Papers 1876, p. 378—382. — Vgl. auch
Sigismund, Die Aromata. Leipzig 1884, S. 6—13.
a ) Runge, Adjurationen, Exorcismen, Benedictionen bei Gottesgerichten.
In Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Bd. 12 (1859), H.5.S. 187.
*) H. Gualtherus Ryff, New gross Destillirbuch. 1545, fol. 275b.
*) Valerii Cordi De artificiosis extractionibus. De destillatione oleorum.
Tiguri 1540, p. 216.
5 ) Euonymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. Zürich 1555, p. 237.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 169
Fr. Hoff mann 1 ), Caspar Neumann 2 ), J. R. Spielmann 8 ),
Thielebein*) und später von Braconnot 5 ), Pelletier 6 ) und
Rudolf Brandes 7 ) gemacht.
Weihrauchol.
Wie die geographische Herkunft die gleiche ist, so fällt
auch die Geschichte des Weihrauchs mit der der Myrrhe nahezu
zusammen, nur scheint der Weihrauch als Kaugewürz und als
Räuchermittel noch frühzeitiger als Myrrhe gebraucht worden zu
sein. Das Alter dieses Gebrauches deuten außer den schon bei
der Myrrhe erwähnten Literaturquellen 8 ) auch neuere geschicht-
liche Forschungen an*). Die allgemeinste und größte Verwendung
hat der Weihrauch im Religionskultus der meisten Völker des
Altertums gefunden. Sein Gebrauch ist auch in den Ritus der
römisch- und der griechisch-katholischen Kirche übergegangen.
In besonders hohem Ansehen standen Räucherungen mit Weih-
rauch entweder für sich 10 ) oder gemeinsam mit Myrrhe 11 ) und
anderen Spezereien im Tempeldienste der Hebräer. Diese Waren
] ) Frederici Hoff mann ii Observationes physico-chemrcarum selectiores.
Halae 1722. Vol. 1, p. 20.
s ) Caspar Neu mann, Medizinische Chemie. Edit. Kessel. 1749 — 1755.
Bd. 2, S. 375.
s ) J. R. Spiel mann, Institutrones chemiae praelectiombus academicfs
accommodatae. Argentorat. 1763, p. 221.
*) Crells Neueste Entdeckungen in der Chemie 2 (1781), 118.
6 ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 18 I. (1809), 149.
e ) Untersuchungen der Gummiharze. Annales de chimie 68 (1808), 18
und 80 (1811). — Bull, de Pharm. 4 (1812), 54. Schweiggers Journal für
Chemie und Physik & (1812), 245.
') Buchholz Taschenbuch für Scheidekünstier u. Apotheker. 1819, 125.
") Siehe S. 167 u. 168.
■) Cruttendon, in Transactions of the Bombay Geographical Society.
Vol. 7 (1846), p. 121. — Chishull, Antiquitates Asiaticae. London 1728,
p. 65 — 72. — Harris, The Highlands of Abyssinia. Description of the
Frankincense tree in Guardafui. London 1844.
10 ) 2. Mose Kap. 30, V. 34. — 3. Mose Kap. 2, V. 1, 2, 15, 16; Kap. 5,
V. 11; Kap. 6, V. 15. — 1. Chronica Kap. 10, V. 29. — Hohe Lied Salomonis
Kap. 4, V. 14. — Jesaias Kap. 43, V. 23; Kap. 60, V. 6. — Jeremias Kap. 6, V. 20.
— Evang. Matthäi Kap. 2, V. 11.
") Siehe S. 167 Note 3 und S. 168 Note 1.
170 Geschichtliche Einleitung.
wurden ihnen durch die Phönizier zugeführt 1 ). Auch fand um
jene Zeit der Austausch des Weihrauchs auf Karawanenwegen
nach Persien und Babylonien statt 2 ), wie überhaupt der Handel
mit Weihrauch und Myrrhe auf den Verkehr der Küstenländer
des Roten Meeres einen erheblichen Einfluß hatte.
Herodot 3 ), Plutarch*), Theophrast 5 ) und Athenaeos 6 ),
später Strabon'), Dioscorides 8 ) und Plinius 8 ), sowie
Arrian 10 ) bekunden unter anderm in ihren Schriften die Be-
deutung des Weihrauchs 11 ).
Das destillierte Weihrauchöl war schon zur Zeit des Valerius
Cordus bekannt, fand aber in der Literatur selten Berücksich-
tigung. In den Destillierbüchern des 16. Jahrhunderts ist Weih-
rauch nur als einer der vielen Bestandteile bei der Destillation
der zusammengesetzten Balsame erwähnt worden, unter anderm
auch von Gesner 12 ). Weihrauchöl findet sich als Oleum thuris
zuerst in der Apothekertaxe der Stadt Berlin vom Jahre 1574
und im Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589.
Die älteren Untersuchungen des Weihrauchs über den Ge-
halt an ätherischem Öl, sowie über die Eigenschaften des Öles
wurden meistens gemeinsam mit den gleichen Untersuchungen
des Myrrhenöles gemacht und auf die bedeutenderen ist auf S. 168
und 169 verwiesen worden.
*) S. 7. — Movers, Das phönicische Altertum. 1856. Bd. 3, S. 99 u. 299.
a ) Sprenger, Die alte Geographie Arabiens. Bern 1875, S. 212, 218,
219, 230, 264, 282, 284, 299, 308.
*) Herodoti Historiarum libri IX. Editio Rawlinson 1858. Vol. 2, p. 488.
*) Flückiger, Pharmakognosie. 1891, S. 50.
B ) Theophrasti Eresii Opera quae supersunt omnia. Historia plan-
tarum Liber IV, cap. 4 und Liber IX, cap. 4. — Editio Wim m er Vol. 1,
p. 66 u. 143.
a ) Athenael Dipnosophistarum libri XV, p. 253, 289 u. 309.
') Strabonis Geographica. Lib. 16, cap. 4. — Meyer, Botanische Er-
läuterungen zu Strabo. Königsberg 1852, S. 137 — 139. — Meyers Geschichte
der Botanik. Königsberg 1855. Bd. 2, S. 88.
8 ) Dioscoridis De materiamedica libri quinque. Edit.Kühn-Sprengel.
Vol. 1, p. 24.
9 ) Plinii Naturalis historiae libri. Lib. XII, p. 41. Editio Littrö, S. 489.
10 ) Periplus maris Erythmei. In Caroli Mülleri Geograph! Graeci mi-
nores. Paris 1855. Vol. 1 , S. 264— 265.
") Hebräisch Lebonah, lateinisch Thus (von 3-iew, opfern).
1S ) Euonymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. 1555, p. 163.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. \"J\
Spezielle Beobachtungen über die Bestandteile des Weih-
rauchs und über das Öl haben Joh. E. Baer 1 ) im Jahre 1787
und Johnston 5 ) im Jahre 1839 veröffentlicht. Die erste Unter-
suchung des Öles machte Stenhouse 8 ) im Jahre 1840.
Elemiöl.
Die aus der Zeit der Römer herrührenden Angaben über
Elemi beruhen wesentlich auf Vermutungen*). In Europa scheint
Elemi im Laufe des 15. Jahrhunderts bekannt geworden 6 ) und
für äußere Heilmittel in Gebrauch gekommen zu sein 8 ), indessen
in so vereinzelter Weise, daß zur Zeit des Valerius Cordus über
das „Resina elemnia" wenig bekannt war 7 ). Eine regelmäßige
Zufuhr von philippinischem Elemi nach Europa scheint erst un-
gefähr seit dem Jahre 1820 stattgefunden zu haben 8 ).
Das destillierte Elemiöl wurde in die Pharmacopoea Augustana
des Jahres 1613 aufgenommen, ebenso in die Frankfurter Pharma-
kopoe des Jahres 1649 8 ).
Die erste Bestimmung der bei der Destillation erhaltenen
Ausbeute an ätherischem Öle machte Caspar Neu mann 10 ) um
das Jahr 1730; später haben Manjeau 11 ) und Bonastre 12 )
diese Untersuchung wiederholt.
x ) Dissertatio. Erlangae 1787.
2 ) Philosoph. Transact. London 1889, 301.
*) Liebigs Annalen 35 (1840), 306.
*) Flückiger, Pharmakognosie. III. Aufl., S. 88. — Flückiger and
Hanbury, Pharmacographia, p. 147.
B ) Monardes, Historia medicinal de las cosas que se traen de nuestras
Indias occidentales qui sirven en medicina. Sevilla 1574. — Editio Clusii
1593, p. 315. — W. Piso, Historia naturalis et medica occidentalis 1658,
p. 122. — Ray, Historia plantarum 1704. Vol. 3. Appendix p. 60 u. 67. —
B. Pomet, Histoire des drogues. Paris 1694, p. 261.
8 ) Winkelmann, Urkundenbuch der Universität Heidelberg 1886. I,
125. 32. — Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876,
S. 26. — Flückiger, Die Frankfurter Liste 1872, S. 16.
') Valeriä Cordii Historia stirpium. Lib. 4, cap. 97, p. 208.
s) Arch. der Pharm. 17 (1826), 72.
*) Schröder, Pharmacopoea medico-physica. Ulm 1649, p. 194.
10 ) Caspar Neumann, Chymia medica dogmatico-experi mentalis. Editio
Kessel. 1749. Vol. 2, S. 403— 405.
") Journ. de Pharm. 10 (1824), 199.
la ) Journ. de Pharm. 9 (1823), 45—49. Trommsdorffs Neues Journal d.
Pharm. 7 I. (1823), 368.
172 Geschichtliche Einleitung.
Linaloeöl.
Seit dem 18. Jahrhundert sind wohlriechende Hölzer aus
Mexiko und Französisch Guayana unter dem Namen Aloeholz
in den Handel gelangt, weil man sie anfangs für identisch
mit dem früher bekannten Aloeholz 1 ) hielt. Mexikanisches
') Der Name Aloeholz oder Adlerholz scheint im Altertum ein Kollek-
tivname für wohlriechende Hölzer verschiedener Herkunft (vgl. J. Möller,
Lignum Alo§s und Linaloebolz. IL Mitteil., Pharm. Post 1898) gewesen zu
sein, hauptsächlich aber dem harzreichen Holze von AquiJaria agallocba
Roxb. (Familie der Tbymelaeaceae) gegolten zu haben. Es gehörte mit dem
Sandelholz zu den schon im Altertum gebrauchten Spezereien. Bei den
Indern hieß es „Ahalia" oder „AhaJoth", bei den Griechen äUip auch äytiX-
%o%ov. Die Araber nannten es al-oed „das Holz" oder agaluchin. Diese
Bezeichnung gab Veranlassung zu der portugiesischen: pao de aqttila, diese
wieder zu der lateinischen lignum aquilae; (Boorsma, Ober Aloeholz und
andere Riechhölzer. Bull, du DSpatt. de l'Agriculture aux Indes NSer-
landaises. Nr. VII. [Pharmacologie III] Buitenzorg 1907, S. 1, Anm. 4.) —
Sprüche Salomonis Kap. 7, V. 17. In Luthers (Psalm 45, V. 9. Hohe
Lied Salomonis Kap. 4, V. 14. — Evang. Johannis Kap. 19, V. 39 usw.) und
den englischen Bibelübersetzungen ist es mit Aloeholz übersetzt worden.
Sein Wert ist im Altertum sehr hoch gewesen, sodaß es zu den kostbarsten
Geschenken gehörte. Aus ägyptischen Urkunden, welche 17 Jahrhunderte
vor der christlichen Zeitrechnung datieren, ergibt sich, daß Aloeholz, Sandel-
holz und Cassiarinde auch bei den alten Ägyptern in hoher Wertschätzung
standen und auf dem Seewege über das Rote Meer bezogen wurden. (Lieblein,
Handel und Schiffahrt auf dem Roten Meere in alten Zeiten. Christiania
1886, S. 31.) Erst zur Zeit der Kreuzzüge scheint Aloeholz in den Mittelmeer-
handel gelangt zu sein. Während der Herrschaft der oströmischen und
später der griechischen Kaiser in Konstantinopel und zur Blütezeit des Levante-
handels gehörte es zu den gangbaren Spezereien des Orients (W. Heyd,
Geschichte des Levantehandels im Mittelmeer. 1879. Bd. 1, S. 181, 191, 256,
418, 423; Bd. 2, S. 9, 153, 559.) Marco Polo fand das Holz um das Jahr 1290
als einen der vornehmsten Wohlgerüche in China und Indien. (Le //'vre de
Marco Polo. Edition Pauthier. Paris 1865, p. 532.) Ein seit dem 16. Jahr-
hundert unter dem malayischen Namen Kalambak von Cochinchina und
Siam in den Handel gebrachtes Aloeholz stammt von dem der Familie der
Leguminosen angehörenden Baume Aloexylon agallochum DC. Dessen Holz
hat mit dem der Aquilaria agallocba Roxb. Ähnlichkeit und war lange Zeit
als Lignum aloes oder Lignum Agalli veri für Parfümerie- und arzneiliche
Zwecke in Gebrauch. _Echtes Aloeholz ist nach MöUer geruchlos, enthält
also kein ätherisches Öl. Ein unter den destillierten Ölen einer Spezereitaxe
der Stadt Ulm vom Jahre 1596 genanntes Oleum ligni aloes (Reichard, Bei-
träge zur Geschichte der Apotheken. Ulm 1825, S. 208) muß daher aus
einem anderen Holze destilliert worden sein.
Als echtes Aloeholz ist auch dasjenige von Gonystylus Miquelianus
T. et B. anzusehen. (Fam. der Thymelaceen.) In europäischen Ländern ist
Aloeholz nicht mehr in Gebrauch, es findet jedoch in Britisch-Indien, in
China und im niederländischen Archipel auch heute noch ausgedehnte Ver-
wendung. (Boorsma loc. cit, S. 2.)
Geschichte einzelner ätherischer Ole. 173
Linaloeöl wurde zuerst im Jahre 1866 von Mexiko nach Frank-
reich und 1867 nach London 1 ) eingeführt. Guayana-Linaloeholz
kam in den siebziger Jahren zum ersten Male nach Marseille,
wo es auf Öl verarbeitet wurde. Das Öl wird in Cayenne
selbst erst seit 1§93 destilliert.
Cascarillol.
Die Cascarillrinde scheint in der ersten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts von den Bahamainseln, wo die Stammpflanze Croton
eluteria Bennett einheimisch ist, nach Europa gebracht zu sein 3 ).
Die Rinde wurde von den Ureinwohnern der genannten Inseln
zu Räucherungen und als Zusatzmittel zu Tabak gebraucht.
Gegen Ende desselben Jahrhunderts wurde die Rinde in Deutsch-
land medizinisch verwendet. In der Taxe der Apotheken von
Minden von 1691 wird sie als Cortex Chinae de China nova
und in der Taxe von Gotha aus dem Jahre 1694 als Cortex
Chinae novae seu Schacorillae aufgeführt 3 ).
Cascarillol ist zuerst in der Taxa universalis, Nürnberg 1747,
unter der Bezeichnung Oleum Schaquerillae genannt 4 ). An-
gaben über Ausbeute an ätherischem Öl und dessen spezifisches
Gewicht machte Trommsdorff 8 ) i. J. 1833.
Mastixöl.
Mastix gehört zu den schon im Altertum besonders zu
Räucherungen, Einbalsamierungen und zur Geschmacksver-
besserung des Weines gebrauchten Gewürzen und ist mit diesen
vielfach gemeinsam in der Literatur erwähnt worden ö ). Auch im
*) Vgl. E. M. Holmes, Perfum. Record 1 (1910), 57.
s ) Flückiger and Hanbury, Pharmacographia II. Ed., p. 561.
s ) Flückiger, Pharmakognosie. HI. Aufl., S. 612.
*) G. Fendler, Inaug. Dissertat. Rostock 1900, S. 2.
6 ) Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 26 II. (1833), 136.
6 ) Hesekiel Kap. 27, V. 17. — Herodoti Historiarum Ubri. Lib. IV, 177.
— Theophrasti ffistoria plantarum, Lib. IX, cap. 1 und 4. — Plinii Natu-
ralis historiae libri. Lib. XII, cap. 36. Editio Littre" Vol. 1, p. 487. — Plu-
tarchii Moralia, Isis et Osiris. Editio Parthey. 1850, p. 143 und 276. —
Avicennae Libri in re medica omnes. Venetiis 1546. Lib. 11, cap. 462. —
Palladii De re rustica. Editio Hisard. 1877, S. 626.
174 Geschichtliche Einleitung.
Mittelalter zählte der Mastix von Chios, Cypern 1 ) und Samos 8 )
zu den geschätzten Spezereien, er wurde als Kaumittel und zur
Bereitung zusammengesetzter Balsame vielfach gebraucht und
ist daher in arabischen und in späteren Arznei- und Destillier-
büchern meistens unter den Namen Granomastice*), zuweilen
auch gemeinsam oder in Verwechslung mit Weihrauch als Thus
berücksichtigt worden*).
Destilliertes Mastixöl, und zwar wahrscheinlich durch trockene
Destillation gewonnenes, findet sich zuerst um die Mitte des
15. Jahrhunderts erwähnt 5 ). Solches empyreumatisches Mastixöl
ist auch in der Inventur der Ratsapotheke zu Braunschweig vom
Jahre 1518 verzeichnet*). Ryff 7 ) und Gesner 8 ) destillierten
Mastix mit Wein. In Apothekertaxen ist Mastixöl zuerst in der
von Berlin vom Jahre 1574, in Arzneibüchern in der Pharma-
copoea Augustana vom Jahre 1580 und im Dispensatorium
Nor/cum vom Jahre 1589 aufgeführt worden. Später kam das
Öl nahezu ganz außer Gebrauch. Neuerdings wird es in der
Türkei zur Herstellung eines Likörs verwendet.
Gurjunbalsamöl.
In Indien war Gurjunbalsam schon seit langer Zeit in
Gebrauch. In Europa wurde die Aufmerksamkeit auf den Gurjun-
balsam im Jahre 1811 durch Franklin 9 ) und im Jahre 1813 durch
l ) W. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. Bd. 2,
S. 617.
a ) Geographie d'Edrisi, traduite par AmädSe Jaubert 1836. Tom. 2,
p. 27. — Meyer, Geschichte der Botanik. 1856. Bd. 3, S. 299.
•) Guerard, Polyptique de Pabb6 Irminon. Paris 1844. Tom. 2, p. 336.
— Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher aus dem 12. und 13. Jahrhundert.
Im Sitzungsberichte der kaiseri. Akademie der Wissensch. zu Wien. 42 (1863),
110—162. (Haeser, Geschichte der Medizin 1875. Bd. 3, S. 663).
*) Über die Geschichte des Mastix siehe auch: Dr. H. Banning, „Die
wirtschaftliche Bedeutung der Pistazienbäume in, der Türkei", Aren. f. Wirt-
schaftsforschung im Orient 1917, Heft 3/4.
s ) Saladini Compendium aromatariorum. Venetii 1488. Index.
6 ) Flückiger, Pharmakognosie. 1891, S. 119.
') Gualtherius Ryff, New gross Destillirbuch. 1345, fol. 181.
8 ) Euonymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. 1550, p. 237.
") Franklin, Tracts on the dominions of Ava. London 1811, p. 26.
Geschichte einzelner ätherischer Ole. 175
Wm. Ainslie 1 ) gelenkt, indessen wurde seine Herkunft und Ge-
winnungsweise erst um das Jahr 1827 durch Wm. Roxburgh 8 )
genau beschrieben. Die dem Copaivabalsam ähnliche Wirkung
des Gurjunbalsams war in Indien schon seit dem Jahre 1812
durch den Arzt O'Shaughnessy 3 ) bekannt geworden. Auch
gewann der Balsam in Indien einen bedeutenden Ruf als Mittel
gegen Lepra (Aussatz) und später in England in der Derma-
tologie*).
Ladanumol.
Das schon im Altertum 8 ) als Raucher- und Einbalsamierungs-
mittel gebrauchte Ladanumharz ist ein Exsudat der in Klein-
asien, auf Kreta, Cypern und einigen anderen Inseln an der Küste
Kleinasiens einheimischen Sträucher Cistus creticus L., Cistas
ladaniferus L. (Familie der Cistaceae) und anderer. Es war bis
zum Anfange des vorigen Jahrhunderts eine ihres Wohlgeruches
halber geschätzte, offizineile Droge und ist neben den seit alters
bekannten Spezereien Storax, Myrrhe und Weihrauch in der
Literatur oft erwähnt 6 ) und mehrfach, besonders in den Bibel-
übersetzungen mit Galbanum verwechselt worden 7 ). Nachdem
es zeitweilig außer Gebrauch gekommen war, wird es neuerdings
wieder mit Vorliebe in der feinen Parfümerie verwendet.
Das anfangs mit Wein oder Weingeist (aqua vitae) destil-
lierte Ladanumol war schon Walter Ryff s ), Conrad Gesner«),
*) Wm. Ainslie, Materia medica of Hindoostan. Madras 1813, p. 186.
*> Roxburgh, Planta of the coast of Coromande/ 1828. Vol. 3, p. 10
und tab. 113.
*> Bengal Dispensatory, Calcutta. 1842, p. 22.
*) Pharmaceutical Journal III. 5 (1875), 729.
B ) Herodoti liistoriarum libri novem. Üb. III, 107, 112.
°) Plinii Naturalis historiae libri. Lib. XII, cap. 37 und 44. — Dios-
coridis De materia medica libri quinque. Lib. I, cap. 23. Edit. Kühn-
Sprengel 1829, S. 120. — Doüet d'Arcq, Comptes de l'Argenterie des
rois de France. 1851, p. 19. — Heyd, Geschichte des Levantehandels im
Mittelalter. 1879. Bd. 2, S. 614. — Schrader, Monatsberichte der Berliner
Akademie der Wissenschaften 1881, 413. — Thiselton Dyer, Pharmaceutical
Journal III. 15 (1884), 301 und 16 (1885), 386 und 779.
') W. Smith, Dictionary of the Bible. London. Vol. 2 (1863), p. 450. —
Rosenmüller, Handbuch der biblischen Altertumskunde. Bd. 4 (1830), S. 156.
8 ) Gualtheri Ryff, New gross Destillirbuch. 1545, fol. 179.
*) Euonymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. 1555, p. 237.
176 Geschichtliche Einleitung.
Hierdnymus Rubeus 1 ) und Porta 3 ) bekannt. Es wurde in
Arzneibüchern zuerst in das Dispensatorium Nor/cum vom Jahre
1589 und in die Pharm acopoea Augustana vom Jahre 1613
aufgenommen.
WeiOzimtöl.
Die Weißzimtrinde von Canella alba Murray wurde anfangs,
als sie mit anderen Drogen aus der neuen Welt nach Europa
gebracht wurde, für eine Zimtrindenart gehalten, später aber mit
anderen arzneilich gebrauchten Rinden verwechselt, so besonders
mit der Wintersrinde von Drimys Winter/ Forst. Clusius*)
in Leyden beschrieb die Canellarinde im Jahre 1605, Dale 4 ) er-
wähnte im Jahre 1690 ihre Verwechslung mit der Wintersrinde,
und Pomet ) verwechselte im Jahre 1694 die Canellarinde mit
der von Cinnamödendron corticosum Miers ) von St. Thomas,
die später mehrmals für Wintersrinde gehalten worden ist, so
noch auf der Pariser Ausstellung im Jahre 1855.
Das ätherische Öl der Canellarinde wurde wahrscheinlich
zuerst im Jahre 1707 von Sloane in England und dann im
Jahre 1820 von Henry') destilliert, scheint indessen keine
Anwendung gefunden zu haben. Es wurde von Meyer und
von Reiche 8 ) im Jahre 1843, später von Bruun") und von
Williams 10 ) untersuch L
*) Hieronymi Rubei Ravennatis De desti/latJone über, in quo stillati-
tiorum liquorum, qui ad medicinam faciuntur, methodus a.c vires explicantur.
Basiliae 158t. Cap. 5, fol. 146.
a ) Portae Magiae naturalis iibri viginti. 1564, 387.
a ) Caroli Clusli Exoticomm libri decem. Antverpiae 1605, p. 78.
*) Dale, Pharmacoiogia seu manuductio ad M&teriam medicam. London
1693, p. 432.
s ) Pierre Pomet, Jiistoire gSnSraJe des Drogues. Paris 1694. Tom. 1,
p. 130.
a ) Aonals and Magazine of Natural History, May 1858. — Miers, Con-
tributions to Botany. Vol. 1, p. 121. — Grisebach, Flora of the British
West Indian Islands. Vol. 1, p. 109.
7 ) Tromtnsdorffs Taschenbuch f. Chemiker und Pharmazeuten 24 (1821),
101. — Berlin. Jahrbuch d. Pharm. 24 (1821), I. 166.
8 ) Liebigs Annalen 47 (1843), 224.
u ) Proceed. Wisc. Pharm. Assoc. 1898, 36.
10 ) Pharm. Rundschau (Neuyork) 12 (1894), 183.
Geschichte einzelner ätherischer Ole. J77
Nelkenöl.
Die Nelken gehören mit dem Zimt, der Muskatnuß und dem
Pfeffer zu den am längsten bekannten Gewürzen 1 ) und sind als
solche in der chinesischen, der indischen und der Sanskrit-
Literatur erwähnt worden 2 ), sonderbarerweise aber nicht in der
ägyptischen und hebräischen. In der europäischen Literatur
scheinen sie zuerst in der römischen genannt worden zu sein 8 ).
Unter den Geschenken, die der römische Kaiser Con-
stantin um das Jahr 315 an den Bischof Silvester sandte,
befanden sich unter anderen Gewürzen auch „Cariophylaef ri )
und in der um das Jahr 545 verfaßten Christiana topographia
des Kosmas Indiopleustes werden Nelken als aus China und
Ceylon kommende Ware aufgeführt ).
Der um dieselbe Zeit lebende römische Arzt Alexander
Trallianus 8 ) benutzte die damals in Rom vielgebrauchten Nelken
auch als Arzneimittel, und der ein Jahrhundert später lebende
griechische Arzt Paulus Aeginatas beschrieb sie als Gewürz
und Arzneimittel'). Dies ist im weiteren aus der Literatur des
8., 9. und 1 0. Jahrhunderts ersichtlich 5 ), nur bestand im Abend-
') Vgl. auch: C/oves, A note on their history and distribution. Perfum.
Record 7 (1916), 20.
») Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. Bd. 1, S.90
und 99; Bd. 2, S. 593. — Schumann, Beiträge zur Kenntnis der Etymologie
und Geschichte der Gewürznelke. Jahrbuch des botanischen Gartens und
Museums in Berlin. Bd. 3 (1881—1884), S. 119—140.
s ) Plinäi Naturalis historiae libri. Liber XII, cap. 15. „Est etiam nunc
in India piperis grani simile quod vocatur garyophyllon, grandius fragil iusque.
Tradunt in Indico Iuco id gigni. Advehitur odoris gratia."
*) Liber pontifica/is, seu de gestis Romanorum Pontificum. Romae 1724.
Vol. 1, p. 94. — Editio Duchesne. Paris 1886. Vol. 1, p. 177.
B ) Christiana topographia. Editio Migne, Patroiogiae cursus completus.
Series Graeca 1850. Bd. 88, S. 446.
6 ) Alexandri Tralliani Opera. Editio Puschmann. Bd. 1, S. 430 und
613; Bd. 2, S. 290 u. 545.
*) „Caryophyllum quasi dicas nucifolium, ... ex India veluti flores
cujusdam arboris festucacei et nigri sunt . . . odorati acres." Pauli Aeginati
Opera, a Joanne Guintero Andernaco conversa. Lib. VII: De re medica,
cap. 3, p. 299 b. — Compendii med/ci Septem. Editio Paris 1532.
8 ) Benedictes Crispus, Poematicum medicum. Editio Migne, Patro-
iogiae cursus. 1850, Vol. 89. — Pardessus, Diplomata, Chartae etc. Paris
1849. Vol. 2, p. 309. — W. Heyd, Geschichte des Levantehandels. 1879.
Bd. 1, S. 99. — Recaeii des historiens des croisades. Lois 1843, S. 173.
Gildemeister, Die etherischen Ö1e. I. 12
178 Geschichtliche Einleitung.
lande für lange Zeit Unsicherheit über ihre Abstammung. Die
Molukken und deren Produkte wurden erst besser bekannt nach
der Eröffnung des direkten Seeweges durch die Portugiesen zu
Ende des 15. Jahrhunderts und besonders durch die Reiseberichte
von Ludowicio de Barthema von Bologna 1 ) und dem Gefährten
Magellans, Pigafetta 2 ), welche beide die Nelkenbäume und
die Einsammlung des Gewürzes, jener im Jahre 1504, dieser im
Jahre 1521, aus eigner Anschauung schilderten.
Vom Beginn des 16. bis zu dem des 17. Jahrhunderts lag
der Nelkenhandel nahezu gänzlich in den Händen der Portu-
giesen. Nach deren Vertreibung durch die Holländer im Jahre
1605 versuchten diese ihn für sich zum Monopol zu machen.
Zu diesem Zwecke zerstörten sie die Nelkenpflanzungen auf den
Molukken mit Ausnahme der auf der Insel Amboina befind-
lichen 8 ).
Es gelang aber dem französischen Gouverneur der Inseln
Bourbon und Mauritius, Poivre, im Jahre 1769 Nelken- und
Muskatnußbäume von Amboina aus dorthin zu verpflanzen 4 ).
Von dort aus gelangten solche 1793 auch nach französisch
Guyana (Cayenne), Martinique, St. Vincent, Domingo und
Trinidad und nahezu um dieselbe Zeit auch nach Zanzibar 5 ).
Nach Europa scheinen Nelkenbäumchen als Zierpflanze zu
Anfang des 16. Jahrhunderts nach Venedig gekommen zu sein ).
Bei den hohen Preisen der Nelken kamen schon zu Anfang des
15. Jahrhunderts die nach dem Abpflücken der Blüten abge-
*) W. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. Bd. 2,
S.296.
ä ) R am u s i o , Raccolta delie navigationi et viaggi. Venetia 1 554, f ol. 404 b.
Edit. Hakluyt Society, London 1874, p. 134.
B ) Hasskarl, Neuer Schlüssel zu Rumpfs Herbarium amboinense. 1866.
Vol. 2, S. 17.
*) Tessier, Sur l'importation du giroflier des Moluques aux /s/es de
France, de Bourbon et de SecbeHes, et de ces r'sfes ä Cayenne. Observa-
tion sur /a physique. Paris. Juillet 1779.
s ) Las Co/onias espafio/es, /slas Pilipinas. Madrid 1880, S. 72 u. 122.
— Guillain, Documenta sur I'histoire, ia g6ogmpbie et /e commerce de
PAfrique orienta/e. Paris 1856. Tom. 3, p. 318. — Annales de Chim. et Phys.
I. 7 (1790), 1—21.
°) Conrad Geisner, Horti Germaniae. 1562, fol. 288.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 179
schnittenen aromatischen Blütenstiele in den Handel 1 ); diese
scheinen aber hauptsächlich zur Verfälschung des Nelkenpulvers
gedient zu haben 2 ), indessen erwähnt Porta in seinen Schriften
auch ein aus Nelkenstielen destilliertes Öl 3 ).
Das Nelkenöl scheint zuerst im 15. Jahrhundert destilliert
worden zu sein, wahrscheinlich aber, wie andere Gewürzöle, mit
Wein oder unter Zusatz von Weingeist. Diese Destillationsweise
wurde von Walter Ryff 4 ), von Conrad Gesner 3 ) und von Adam
Lonicer 6 ) und anderen beschrieben. Gesner erwähnt auch die
Destillation des Öles „per descensum" 1 ). Das reine Öl wurde
aber bald darauf von Valerius Cordus 8 ), von Winther von
Andernach 9 ) und von Porta 10 ) destilliert. In der ersten Aus-
gabe der Pharmacopoeia Augustana vom Jahre 1564 wird
Nelkenöl bei der Aufzählung der „Olea aromatica" erwähnt.
Im Dispensatorium Nor/cum fand es erst in der Ausgabe vom
Jahre 1589 Aufnahme. In Apothekertaxen wurde es zuerst in der
der Stadt Berlin vom Jahre 1574 angeführt 11 ).
*) Pegolotti, Della decima e delle aJtre gravezze imposte dal comune
di Firenze. 1766. Vol. 3, p. 98. — Luciano Banchi, / porti della maremma
Senese durante la republica. Archivio storico italiano. XII. parte 2 (1880),
p. 90. — Bonaini, Statut/ inediti della cittä di Pisa. Firenze 1857. Vol. 3,
p. 106. — Henschel, Janus. Breslau 1846. Bd. 1, S. 40.
4 ) Baader, Nürnberger Polizeiverordnungen aus dem 13. bis 15. Jahr-
hundert. 1861, S. 19 und 139. — Flückiger, Zur älteren Geschichte der
Pharmazie in Bern. Schaffhausen 1862, S. 21.
3 ) Baptistae Portae Magiae naturalis libri viginti. Lider de destillati-
one. Edit. Romae. 1608, p. 75.
*) Gualtherus Fyff, New gross Destillirbuch. 1545, fol. 88.
•) Euonymi Philiatri Köstlicher theurer Schatz. Zürich 1555, p. 227,
232. Editio 1557, p. 288.
e ) Adami Loniceri Kräuterbuch und künstliche Conterfeyungen. Editio
Peter Uffenbach. 1551, S. 546.
') Euonymi Philiatri Köstlicher theurer Schatz. Editio 1557, p. 288.
s ) Val. Cordus, De artificiosis extractionibus über. Argentorati 1561,
p. 266.
8 ) Guintheri Andernaci Liber de veteri et nova medicina. Basiliae
1571, fol. 630—635.
10 ) Jo. Baptistae Portae Magiae naturalis libri viginti. Liber de destii-
latione. Antverpiae 1567, p. 184 u. 379.
") Estimatio materiae medicae utriusque genus . . . in gratiam et usum
publicum civitatum Marchiae Brandenburgensis. Autore Matthaeo Flacco.
Berolini anno 1574.
12*
180 Geschichtliche Einleitung.
Die Ausbeute der Nelken an destilliertem Öl bestimmten
Boerhave x ); Friedr. Hoffmann 2 ), Caspar Neumann 8 ) und
H. Trommsdorff*). Boerhave machte darauf aufmerksam,
daß bei der Destillation wesentlich deshalb verschiedene Aus-
beuten erhalten würden, weil die Nelken manchmal durch aus-
destillierte und wieder getrocknete Nelken verfälscht seien 6 ).
Bonastre 8 ) erkannte im Jahre 1827 die saure Natur des
Nelkenöls und untersuchte die mit Alkalien entstehenden salz-
artigen Verbindungen des Eugenols. Ettling und Lieb ig 7 )
wiesen zuerst darauf hin, daß neben der „Nelkensäure" noch
ein indifferenter Körper im Öle enthalten sei. An den älteren
Untersuchungen, die sich meist nur auf das Eugenol erstreckten,
beteiligten sich hauptsächlich Dumas (1833) 8 ), Böckmann
(1838)°), Calvi (1856) X0 ), Brüning (1857)"), Williams (1858) 12 ),
Hlasiwetzund Grabowski (1866) 18 ) und Erlenmeyer (1866) u ).
Cajeputöl.
Das Cajeputöl scheint erst zur Zeit der Besitznahme der
Molukken durch die Holländer zu Anfang des 17. Jahrhunderts
nach Europa gelangt zu sein. Die ersten genauen Nachrichten
über die Herkunft dieses Öles wurden durch den in Amboina
*) Hermannus Boerhave, Elementa. chemiae, quae anniversario labore
docuit in publicis privatisgue scholis. 1732. Vol. 2, p. 114.
a ) Frederici Hoff mann ii Observationum physico-chetnicarum sefectio-
rum. Y122. Vol. 1, p. 11. — De c&ryophyllis aromaticis. Halae 1701.
3 ) Caspar Neumann, Chymia medica dogmatico-experimentalis. Editio
Kessel. 1749.
4 ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 23 II (1814), 23.
6 ) Pfaff, System der Materia medica. 6 (1821), 433.
") Journ. de Pharm. II. 13 (1827), 464 u. 513; Poggendorffs Annalen 10
(1827), 609 u. 611.
') Liebigs Annalen 9 (1834), 68.
s ) Ann. de Chim. et de Phys. II. 53 (1833), 165. — Liebigs Annalen 9
(1834), 68.
e ) Liebigs Annalen 27 (1833), 155.
10 ) Ebenda 09 (1856), 242.
") Ebenda 104 (1857), 202.
") Ebenda 107 (1858), 238.
ia ) Ebenda 139 (1866), 95.
") Zeitschr. f. Chemie 9 (1866), 95.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 181
lebenden Pastor Valentyn 1 ) und durch den als angesehenen
Kaufherrn ebendort ansässigen und im Jahre 1702 gestorbenen
Georg Eberhard Rumpf von Hanau bekannt. Dieser war ein
eifriger Pflanzensammler und Verfasser der ersten Flora der Insel
Amboina 2 ). Nach Rumpfs Angabe 3 ) waren die Malayen und
Javaner lange vor der Besitznahme der Molukken, der Banda-
und der Sundainseln mit dem Cajeputöl bekannt und brauchten
es als schweißtreibendes Mittel. In Europa scheint das Öl an-
fangs keine Verwendung gefunden zu haben. Die ersten Angaben
über eine solche stammen von einem Arzte J. M. Lochner in
Nürnberg und dem Apotheker Joh. Heinr. Link in Leipzig. Der
erstere erwähnte das Öl im Jahre 1717*), der letztere hatte es
um dieselbe Zeit als Novität von einem aus Ostindien zurück-
gekehrten Schiffsarzte gekauft ). Seitdem fand das Cajeputöl
auch in Deutschland arzneiliche Benutzung, Einführung in Apo-
theken 6 ) und Erwähnung in Apothekertaxen und Arzneibüchern.
Es blieb indessen noch für längere Zeit selten und teuer 7 ), und
erst um das Jahr 1730 scheinen größere Mengen des Öls über
Amsterdam in den europäischen Handel gelangt zu sein 8 ). Es
wurde in Deutschland zuerst Oleum Wittnebianum genannt nach
einem Kaufmann E. H. Wittneben aus Wolfenbüttel, der viele
*) VerhandJ. van der Geschiedenissen en Zaaken in Amboina. Vol. 3,
p. 193.
2 ) G. E. Rumphii Herbarium amboinense, plurimas complectens
arbores frutices, herbas, p/antas terrestres et aquaticas, quae in Amboina
et ad/acentibus reperiuntur insulis . . . (Het Amboinsche /(ruid boek).
Dieses Werk wurde erst 40 Jahre nach dem Tode Rumpfs von dem
Professor der Botanik Johann Burmann in Amsterdam in 6 Foliobänden
mit 587 Tafeln vom Jahre 1741 — 1755 herausgegeben. Darin über Cajeputöl
Bd. 2, S. 72.
a ) Ebenda Bd. 2, Kap. 26.
*) Academiae Natural. Curiosor. Ephemerides Centuri V, VI. Nürnberg
1717, p. 157.
*) Sammlung von Natur und Medizin, wie auch von Kunst- und Literatur-
geschichten. Leipzig und Budissin. 1719, S. 257.
a ) Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876,
S. 88 u. 90.
') Abraham Vater, Catalogus variorum exoticorum rarissimorum. Witten-
bergae 1726.
8 ) Schendus van der Beck, De Indiae rarioribus. Acta natural. Curiosor.
Vol. 1. Appendix 1725, p. 123.
182 Geschichtliche Einleitung.
Jahre in Batavia gelebt und das Öl in deutschen Schriften als
wertvolles Heilmittel empfohlen hatte 1 ).
In Frankreich und England fand das Cajeputöl erst im An-
fange des vorigen Jahrhunderts Anwendung.
Die ersten näheren Angaben über die einfache Destillations-
weise des Cajeputöls auf den Molukken stammen von dem fran-
zösischen Reisenden Labillardiere 2 ), der die Insel Buru im
Jahre 1792 besuchte. Die Benutzung kupferner Destillierblasen
und Kühlrohre führte zu der fernerhin beibehaltenen Grünfärbung
des Öles durch einen geringen Kupfergehalt. Die Ursache dieser
Färbung wurde zuerst von den Apothekern Hellwig 3 ) in Stralsund
im Jahre 1786, Joh. Friedr. Westrumb 4 ) in Hameln im Jahre 1788
und Trommsdorff 6 ) in Erfurt im Jahre 1795 nachgewiesen 8 ).
Eucalyptusöl.
Das am längsten bekannte Eucalyptusöl ist das von Euca-
lyptus piperita Sm. Es wurde 1788 von dem Wundarzt
D. Considen 7 ) hergestellt, der über das Öl an Sir Josef Banks
schrieb und gleichzeitig eine Probe davon einsandte. Dasselbe
Öl wird 1790 von J. White 3 ) erwähnt. Im Jahre 1853 wurde
von dem Botaniker Ferdinand von Müller ) der Regierung von
*) Für diese Bezeichnung des Öles trug wesentlich bei die unrichtige
Angabe in dem von I. C. Götz im Jahre 1731 in Nürnberg veröffentlichten
„Commercium litterarium", in welchem Wittneben als Entdecker des Caje-
putöles genannt wird. Dieser Irrtum wurde erst 20 Jahre später in der in
Kote 4 auf Seite 178 erwähnten Dissertation Martinis berichtigt.
3 ) Travels in the East Indian Archipelago. London 1868, p. 282.
3 ) Crells Chem. Annalen 1786 H, 141.
*) Joh. F. Westrumb, Kleine physikalisch -chemische Abhandlungen
Leipzig 1788. Bd. 2, Heft 1.
B ) Trommsdorffs Journ. der Pharm, 2 I. (1795), 115.
*) Einige frühere Arbeiten über das Cajeputöl sind: D. Martini, D/sser-
tatio epistolaris, qua. de oleo Wittnebiano seit /(a/epeit ejusque saiuberrimis
effectibus exponit. Guelpherb. 1751. — Joh. Fr. Cartheuser, De oleo ca/e-
puti. Dissertatio physico-chemica. Erfurt 1754.
') Maiden, Chemlst and Druggist 66 (1905), 220. — Bericht von
Schimmel § Co. April 1905, 28.
*) Journal of a Voyage to New South Wales by John White. Surgeon-
General to tiie Sett/ement, published 1790.
*) Ferd. v. Müller, Eucalyptographia. Melbourne 1879. — Ferd.
v. Müller, Select Extra-Tropical P/ants. IX. Edit. Melbourne 1895, p. 184.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 183
Victoria die Destillation der Blätter der Eucalypten empfohlen.
Bosisto 1 ), der Destillationsversuche mit getrockneten Blättern
in London gemacht hatte, setzte die erste Fabrik in Australien
im Jahre 1854 in Betrieb 2 ) und ist deshalb als der Begründer
dieser jetzt so umfangreichen Industrie anzusehen.
In den deutschen Handel kam australisches Eucalyptusöl,
ohne botanische Herkunftsbezeichnung, um das Jahr 1866. Es
dürfte wohl größtenteils das Destillat von Eucalyptus amygdattna
gewesen sein.
Eucalyptus globulus war im Jahre 1792 von Labillardiere
auf Tasmania entdeckt und im Jahre 1856 durch Ramel in Europa
eingeführt worden 3 ). Das Öl dieser Spezies wurde im Großen
zuerst in Südfrankreich, Algier und Kalifornien gewonnen und
bildet erst seit Anfang der achtziger Jahre einen regelmäßigen
Handelsartikel.
Corianderöl.
Die nahezu in allen Klimaten kultivierte Corianderpflanze,
Coriandrum sativum L., war schon in der vorchristlichen Zeit
als Küchengewürz in Gebrauch 4 ). Als solches ist die Coriander-
frucht in Sanskritschriften, in der Bibel 5 ) und in späteren römi-
schen Schriften mehrfach erwähnt worden 6 ). Auch sind Coriander-
früchte in altägyptischen Grabdenkmälern aus dem 10. vorchrist-
lichen Jahrhundert unter Opfergaben aufgefunden worden 7 ).
l ) Bosisto, Transact. Royal Soc. Victoria 1861—64.
"-) Bericht von Schimmel & Co. Oktober 1886, 13.
3 ) Bentley, On the characters, properties and uses of Eucalyptus
Globulus. London 1854. — Sawer, Odorographia. London 1894. Vol. 2, p. 241.
*) Prosper Alpinus, De plantis Aegypti l/'ber. Venetii 1591. Cap.42,p.6t.
s ) 2. Mosis Kap. 16, V. 31. — 4. Mosis Kap. 11, V. 7.
e ) Theophrasti Opera quae supersunt omnia. Historia plantarum.
Lib. 6. 4. Editio Wimmer. 1866, p. 117. — Dioscoridis De materia me-
dica libri quinque. Editio Kühn-Sprengel 1829, p. 410. — Plinii Natu-
ralis historiae. Lib. XIX, 35 und XX, 82. Editio Littre. Vol. 1, p. 729 und
Vol. 2, p. 33. — Catonis De re rustica Libri XII, cap. 119 u. 157. Edit Nisard,
p. 34 u. 54. — Columellae De re rustica. cap. 10 u. 11. Editio Nisard,
p. 414, 442. — Palladii De re rustica. Lib. III, 24. Lib. IV, 9. Editio Nisard,
p. 567 u. 583.
') G. Schweinfurth, in Berichte der deutsch, botan. Gesellschaft. 2
(1884), 359.
184 Geschichtliche Einleitung.
Unter den von Karl dem Großen 1 ) zum Anbau empfohlenen
Nutzpflanzen ist auch Coriander erwähnt, scheint aber, wie bei
den Arabern, so bei den Deutschen im Mittelalter nur wenig
berücksichtigt worden zu sein. Die Frucht findet erst in den
Arznei- 2 ) und Destillierbüchern des 16. Jahrhunderts wieder Er-
wähnung, obwohl sie als Küchengewürz hin und wieder ge-
braucht wurde 3 ).
Das destillierte Corianderöl scheint zuerst im 1 6. Jahrhundert
von Porta unter der damals üblichen Anfeuchtung der Früchte
mit „aqua vitae" gewonnen worden zu sein*). Es ist in der
Taxe der Stadt Berlin vom Jahre 1574 und in der Ausgabe des
Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589 aufgeführt worden.
Das Corianderöl wurde im Jahre 1785 von Hasse 6 ), im
Jahre 1835 von Trommsdorff 8 ), im Jahre 1852 von A. Kawalier 7 )
im Jahre 1881 von B. Grosser 8 ) untersucht. Wirkliche Auf-
klärung über seine Zusammensetzung brachten erst die Arbeiten
von Semmler (1891) und von Barbier (1893).
Cuminöl.
Der aus dem Orient stammende römische oder Mutter-
Kümmel, von Cuminum cyminum L., ist neben dem gemeinen
Kümmel als Gewürz im Altertum gebraucht worden. Beide sind
unter sich, sowie mit dem Samen des Schwarzkümmels, Nigella,
in der Literatur und in Übersetzungen, so auch in der der Bibel,
oftmals verwechselt worden 8 ). Nach Angabe im Papyrus Ebers
sollen Cumin- und Kümmelfrüchte in ägyptischen Gräbern ge-
*) Siehe Note 10, Seite 145.
a ) K. Regel, Das mittelhochdeutsche Gothaer Arzneibuch. 1873, S. 13.
a ) Hirsch, Danzigs Handels- und Gewerbe-Geschichte. Leipzig 1858,
S. 243.
*) Jo. Bapt Portae Magiae naturalis Iibri viginti. Lib. X. „De de-
sü'JJatione". Romae 1608, p. 379.
5 ) Crells Chemische Annalen 1785 I, 422.
8 ) Arch. der Pharm. 52 (1835), 114.
7 ) Liebigs Annalen 84= (1852), 351; Journ. für prakt. Chem. 58 (1853), 226.
8 ) Bert. Berichte 14 (1881), 2485.
9 ) Jcsaias Kap. 28, V. 25—27. — Rosenmüller, Handbuch der biblischen
Altertumskunde. Leipzig 1830. Bd. 4, S. 100. — Plinii Naturalis historiae
libri. Lib. 19, cap. 8.
Geschichte einzelner ätherischer Ole. 185
funden worden sein. Öioscorides 1 ) beschreibt beide. In Spanien
wurden Cumin und Kümmel von den Arabern im 12. Jahrhundert
angebaut 8 ), und die Früchte sind gemeinschaftlich in Marktver-
ordnungen der flandrischen Stadt Brügge vom Jahre 1304 3 ) und
der Stadt Danzig im Anfange des 15. Jahrhunderts*) genannt.
Im Jahre 716 wurde Cuminsamen unter den an das normannische
Kloster Corbie 8 ) zu entrichtenden Tributgegenständen erwähnt.
Der Geograph Edrisi erwähnte zu Anfang des 13. Jahrhunderts
beide Früchte als Produkte von Marokko und Algier*). In Eng-
land wurden beide zu Ende des 13. Jahrhunderts 7 ) und in
Deutschland im 15. Jahrhundert gebraucht 8 ).
Das ätherische CuminÖl ist in den Taxen von Berlin vom
Jahre 1574 und von Frankfurt vom Jahre 1582 und in der Ausgabe
des Dispensatorium Nor/cum vom Jahre 1589 aufgeführt worden.
Petersiliensamenol.
Petersilie war schon beim Beginn der christlichen Zeit-
rechnung als Küchengewürz und vielleicht auch als Heilmittel
bekannt 9 ). Zu ersterem Zwecjke wurde die Pflanze im Capitulare
x ) Dtoscoridis De materia medica Hbri quinque. Editio Kßhn-
Sprengel 1829. Vol. 1, 407.
a ) Ibn-al-Awam, Livre d'agriculture, tradtrit par Clement-Mullet.
1864. Vol. 2, p. 242 und 244.
s ) Warnkönig, Histoire de 1a Flandre. 1836. Vol. 2, p. 512 und Vol. 4,
p. 449.
*) Hirsch, Danzigs Handels- und Gewerbsgeschichte. Leipzig 1858,
S. 243.
B ) Pardessus, Diplomata Chartas etc. Paris 1849, p. 307.
a ) Edrisi, Description de l'Atrique et de l'Espagne, traduit parDozy
et De Goeje. Leyde 1866, p. 75, 97, 150.
') Rogers, fffstory of Agriculture and Prices in Engiand. 1876. Vol. 1,
p. 631 and Vol. 2, p. 543 — 547. — Riley, Monumenta Quildhalli Londoniensis.
1859, p. 324.
8 ) Thomas, Fontego de/ Tedeschi in Venezfa. 1874, p. 252.
*) Di o sco ri di s De materia medica Hbri quinque. Edit. Kühn-Spr engel.
1829. Vol. 1, p. 413. — Pltnii Naturalis historiae Hbri. Lib. XX, cap. 47.
Editio Littre\ Vol. 2, p. 18. — Apicius Caelius, in Meyers Geschichte
der Botanik. Bd. 2, S. 242- — Dierbach, Flora Apiciana. 1831, S. 52. —
Mach Tschirch, Pharmakognosie, Bd. IL S.1259, entsprach das „Petroselinon"
von Plänius und Dioscorides wahrscheinlich nicht unsrer Petersilie.
186 Geschichtliche Einleitung.
Karls des Großen vom Jahre 812 1 ), und zu letzterem von der
Äbtissin Hildegard 2 ) im Anfang des 12. Jahrhunderts empfohlen.
Das destillierte Petersilienwasser war während der Zeit der
„gebrannten Wässer" ein Heil- und Hausmittel und ist in den
Destillierbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts vielfach beschrieben
worden 3 ).
Das destillierte Petersilienöl scheint erst um die Mitte des
16. Jahrhunderts in Gebrauch gekommen zu sein. Es ist im Dis-
pensatorium Noricum in der Ausgabe vom Jahre 1589 aufgeführt.
Das in dem Öle enthaltene, bei niedriger Temperatur kri-
stallisierende Apiol ist schon im Jahre 1715 von dem Apotheker
Heinrich Christian Link in Leipzig*) und im Jahre 1745 von
A. Fr. Walther beobachtet worden 5 ).
Das Öl aus dem frischen Kraute und den Früchten wurde
im Jahre 1754 von Pabitzky 8 ) dargestellt. Ferner wurden das
Öl und die daraus abgeschiedenen Kristalle von Dehne 7 ), Bolle s )
und Bley*) erwähnt. Die erste Elementaranalyse des „Peter-
siliencamphers" ist von Blanchet und Seil 10 ), seine weitere
Untersuchung von Löwig und Weidmann 11 ) ausgeführt worden.
Kümmelöl.
Die in Europa und Asien kultivierte Kümmelpflanze, Carum
carvi L., ist mit den ihr nahestehenden, als Küchengewürz
dienenden Doldenpflanzen schon im Altertum gebaut und ge-
*) Capitulare de villis et cort/s imperialibus. Anno 812. Erläutert von
A. Thaer in Fühlings Landwirtschaftlicher Zeitung. Berlin 1878, 241—260.
-) Hildegardis Abbatfssae Subtililatum diversarum natu ramm
creaturarum libri novem. Editio Migne. Patrologiae cursus completus.
Paris 1855, p. 1158.
s ) Hieronymus Brunschwig, Liber de arte desti/Iandi. 1500, fol. 87.
*) Sammlung von Natur und Medicin, wie auch von Kunst- und Literatur-
geschichten. Leipzig und Budissin. 1716.
°) A. Fr. Walther, De o/efs vegetabilium essentfa/fbus. Dissertatio.
Leipzig 1745, p. 17.
°) Braunschweiger Anzeiger 1764, 1205.
') Crells chemisches Journal 1778, I. 40.
s ) Arch. der Pharm. 29 (1829), 168.
°) Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 14 IL (1827), 134.
") Liebigs Annalen 6 (1833), 301.
») Liebigs Annalen 32 (1839), 283.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 187
braucht worden 1 ). Sie ist, mit diesen gemeinsam oder auch in
Verwechslung mit der einen oder anderen in der alten Literatur 2 )
vielfach genannt worden,- ebenso in den mittelalterlichen Arznei-
und Destillierbüchern. Im Anfang des 12. Jahrhunderts wurde
Kümmel von den Arabern in Marokko 8 ) und in Spanien gebaut*).
Um dieselbe Zeit pries die Äbtissin Hildegard 5 ) den Kümmel
unter den Heilmitteln, und er wurde als solches in den deutschen
Arzneibüchern des 12. und 13. Jahrhunderts aufgeführt 8 ). In
England war die Pflanze im 13. Jahrhundert gebaut und als
Küchengewürz in Gebrauch 7 ).
In städtischen Spezereitaxen wird Kümmel zuerst in der der
Stadt Brügge 8 ) im Jahre 1304 genannt und in der Mitte des
15. Jahrhunderts in der der Stadt Danzig 9 ).
Das destillierte Kümmelöl ist zuerst in den Taxen von Berlin
vom Jahre 1574 und von Frankfurt vom Jahre 1589, sowie im
Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589 erwähnt worden.
*) Siehe auch Cuminöl auf Seite 184. Plinii Naturalis historiae libri.
Lib. XIX, cap. 8. „Condimentorum omnium stomachi fastidiis cummum ami-
cissimum." — Tschirch sagt in seinem Handbuch der Pharmakognosie
Bd. II, S. 1098: „es ist zweifelhaft, ob das careum des Plinius unser Kümmel
war, da in Karien kein Kümmel wächst, ebensowenig wie in Griechenland".
2 ) Jesaias Kap. 28, V. 25 u. 27. — Evang. Matthäi Kap. 23, V. 23. —
Dioscoridis De materia medica libri quinque. Editio Kühn-Sprengel.
1829. Vol. 1, p. 406. — Plinii Naturalis historiae libri. Lib. XIX, 49.
Edit. Littre. Vol. 1, p. 736. — Palladii De re rustica. Lib. XII, p. 51. —
Editio Nisard, Les agronomes latins. Paris 1877, p. 486.
3 ) Edrisi, Description de l'Afrique et de l'Espagne. Texte arabe avec
une traduction, par Dozy et De Goeje. Leyde 1866, p. 75, 97, 150.
*) Ibn-el-Baitar, Djämi el-mufnd&t (Sammlung der Rohstoffe). Über-
setztvon Sontheimer. 1840. Bd.2, S.368. — Leclercs Uebersetzung. Vol.3,
S. 164, 197, 198. — Ibn-al-Awam, Livre d'agricuJture, traduit par Clement-
Mull et 1864. Vol. 2, p. 242 u. 244.
s ) Hildegardis Abbatissae Subtilitatum diversarum naturarum crea-
turarum libri novem. Editio Migne. 1855, p. 1158.
a ) Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher aus dem 12. u. 13. Jahrhundert.
Sitzungsberichte der kais. Akad. der Wissenschaften in Wien. 1863, S. 14.
(Häser, Geschichte der Medizin. 1875. Bd. 1, S. 663.)
7 ) Meddygon Myddfai. Pubhshed at Llandovery. 1861, p. 158, 354. —
Rogers, History of Agriculture and Prices in England. 1876. Vol. 1, p. 631
und Vol. 2, p. 543—547.
*) Warnkönig, Histoire de la Flandre. 1 836. Vol. 2, p. 512 und Vol. 4, p. 449.
s ) Hirsch, Danzigs Handels- und Gewerbegeschichte. Leipzig 1858, S. 243.
188 Geschichtliche Einleitung.
Ajowanöl.
Ajowan 1 ) scheint zuerst im Jahre 1549 nach Europa ge-
bracht worden zu sein 3 ). Im Jahre 1693 wurde er in London
zu medizinischen Zwecken gebraucht 3 ). Im Jahre 1773 wird er
von Percival 4 ) in England erwähnt.
Anisöl.
Anis gehört zu den schon im Altertum bekannten und ge-
brauchten Gewürzpflanzen. Er ist in den Vedas und der Bibel 6 )
erwähnt. Den Anbau des Anis in Ägypten und auf Kreta be-
kunden die Schriften desDioscorides, Columella und Plinius 6 )
und seinen arzneilichen Gebrauch zu derselben Zeit die Schriften
des Scribonius Largus, Marcellus Empiricus und Alexander
Trallianus. Palladius 7 ) gab im 4. Jahrhundert Anweisung für
den Anbau der Anispflanze. Um das Jahr 970 lieferten Vorder-
asien und die Küstenländer des Mittelmeeres 8 ) Anis und im
12. Jahrhundert auch Spanien®). Karl der Große förderte
durch sein Capitulare vom Jahre 812 den Anbau von Anis im
Norden der Alpen 10 ). In London wurde Anis im Jahre 1305
unter den zollpflichtigen Gewürzen aufgeführt 11 ), und im Anfang
*) Flückiger and Hanbury, Pharmacographia. London 1879, p. 303.
a ) Anguillara, SempJici Vinegia. 1561, p. 130.
a ) S. Dale, Pharmacologia seit manuductio ad Mater! am medicam.
London 1693, p. 211.
4 ) Essays, Medical and Experimental IL (1773), p. 226.
6 ) Evang. Matthäi Kap. 23, V. 23. (In den englischen Bibelübersetzungen
ist Anis angegeben, während Luther Dill übersetzt hat. Vgl. S. 196, Note 9.)
6 ) D i os coridisDe materiamedicalibriquinqae.fid'ilio Kühn -Sprenge 1.
1829. Vol. 1, p. 405. — Columellae De re mstica in Nisards Les agro-
nomes Jatins. Paris 1877. — Plinii Naturalis historiae libri. Lib. XX, 72—73.
7 ) Palladii De re rustica libri XIV. Lib. III, 14 und lib. IV, 9. In
Nisards Les agronomes latins. Paris 1877, p. 569 und 583.
8 ) Codex Vindobonensis, sive Abn Mansur Mowafic (Alherri) tiera-
tensis liber fundamentarum Pharmacoiogiae. Ed. F. R. Seligmann. Wien
1859, p. 21.
8 ) Ibn-al-Awam, Livre d'agricuiture, traduit par Clement-Mullet.
1864. Vol. 2, p. 249.
10 ) A. Thaer, Uebersetzung und Erläuterung des Capitulare. In Fühlings
Landwirtschaftlicher Zeitung. Berlin, Aprilheft 1878, S. 241—260.
") R. Thomson, Chronicles of London Bridge. 1827, p. 156.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 189
des 16. Jahrhunderts wurden Anis und Fenchel in England
kultiviert 1 ).
Das destillierte Anisöl war seines Erstarrungsvermögens wegen
wohl schon so lange wahrgenommen worden, wie Anis zur Her-
stellung des Aniswassers destilliert worden ist Die Destillation des
Öles ist aber erst in den Schriften von Hieronymus Brunschwig 2 ),
Ad. Lonicer 8 ), Walter Ryff*), Conrad Gesner 8 ), Hieronymus
Rubeus 8 ) und Porta 7 ) beschrieben worden. Valerius Cordus 8 )
machte im Jahre 1540 auf die leichte Erstarrungsfähigkeit des
Öles aufmerksam. Nahezu ein Jahrhundert später beschrieb Robert
Boyle nochmals die „butterartige" Erstarrung des Anisöles®).
In Arzneibüchern und Taxen ist Anisöl zuerst in der Phar-
macopoea Augustana vom Jahre 1580, dem Dispensatorium
Nor/cum vom Jahre 1589 und der Berliner Taxe von Matthaeus
Flacco vom Jahre 1574 aufgeführt worden.
Die ersten Untersuchungen des Anisöles unternahmen Th. de
Saussure 10 ) im Jahre 1820, Dumas 11 ), sowie Blanchet und
Seil 12 ) im Jahre 1833, A. Cahours 18 ) im Jahre 1841, A. Laurent 1 *)
und Gerhardt 15 ) im Jahre 1842. Gerhardt nannte das Stea-
*) Boorde, „Dyetary of heith." 1542. — Rßprinted for the Early
English Text Society. London 1870, p. 284.
ä ) Hieronymus Brun seh w ig, Liber de arte destillandi. De simplieibus.
Anno 1500, fol. 45.
3 ) Siehe S. 52.
4 ) Gualtherus Ryff, New gross Destillierbuch. Frankfurt a. M. 1567, fol. 186.
6 ) Euonymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. Zürich 1555,
p. 227 und 301.
e ) Hieronymi Rubei Über de destiliatione, in quo stillatitiomm liquo-
rum, qui ad medicinam faciuntur, methodus ac vjres explicantur. Basiliae
1581. Cap. 5, p. 113 und 143.
? ) Giov. Bapt. Porta e Magiae naturalis Jibri viginti. Romae 1563, p. 379.
8 ) Valerii Cordi De artificiosis extractionibus liber. Editio Gesner.
Argentorati 1561, fol. 226.
") R. Boyle, Historia fluiditatis. London 1661, p. 15.
10 ) Annal. de Chim. et Phys. II. 13 (1820), 280 ; Schweiggers Journal für
Chem. und Phys. 29 (1820), 165.
") Liebigs Annalen 6 (1833), 245.
") Ebenda 6 (1833), 287.
") Ebenda 41 (1842), 56 und 56 (1845), 177.
") Ebenda 44 (1842), 313.
«) Ebenda 44 (1842), 318 und 48 (1843), 234. — Journ. f. prakfc Chetn. 86
(1845), 267.
190 Geschichtliche Einleitung.
ropten des Anisöles Anethol und Cahours wies nochmals auf
die schon früher von Blanchet 1 ) erkannte Identität der Stearop-
tene des Anis- und Fenchelöles hin,
Fenchelöl.
Fenchel war schon den Chinesen, Indern und Ägyptern,
wesentlich wohl als Küchengewürz, bekannt. In den Bibelüber-
setzungen fehlt jede Erwähnung desselben, während die Pflanze
in der römischen Literatur im Anfange der christlichen Zeit-
rechnung 2 ) und in den Arznei- und Destillierbüchern des späteren
"Mittelalters als Garten- und Arzneigewächs oft genannt worden
ist 3 ). Zu jener Zeit scheint Fenchel mehr gebaut und gebraucht
worden zu sein, als Anis.
Das Fenchelöl ist wohl seit der Zeit der Darstellung der
destillierten aromatischen Wässer bekannt. Im 16. Jahrhundert
scheint es unter den Heilmitteln neben dem Fenchelwasser in
Gebrauch gekommen zu sein; seine Bereitung wurde von
Brunschwig*) und von Porta 8 ) beschrieben. In den Städte-
l ) Liebigs Annalen 41 (1842), 74.
a ) Theophrasti Eresii Opera quae supersunt ornnia. De causis plan-
taren. Edit. Wimmer. Vol. VI, 10, 3, S. 16, 18, 99, 101, 310. — Dios-
coridis De materia medica libri quinque. Ed. Kühn-Sprengel. 1829.
Vol. 1, p. 406, 417. — Columella, De re rustica in Nisards Les agronomes
latins. Paris 1877. üb. V, cap. 10, p. 303. — Plinii Naturalis historiae libri
XXXVII. Lib. XX, 95, 96. Editio Littre - . Vol. 1, p- 334 und Vol. 11, p. 39. —
Palladii De re rustica, Ed. Nisard, Les agronomes iatins. 1877. Lib. III.
14, p. 568 und lib. XII. p. 486.
3 ) Capitulare de vi/iis et cortis imperialibus Karls des Grossen vom
Jahre 812. Übersetzt und erläutert von A. Thaer in Fühlings Landwirt-
schaftlicher Zeitung. Aprilheft 1878, S. 241—260. — Walafridi Strabonis
ffortulus. In Choulants Macer Floridus, De viribus herbarum. 1832,
p. 148. — Ibn-al-Awam, Livre d'agricuJture, traduit par Cl 6m ent-Mull et.
1864. — Ibn-Baitar, Sammlung der Rohstoffe. Editio L. Ledere, Trait6
des Simples. Paris 1881. Vol. II, p. 164. — Hildegardis Abbatissae Sub-
tilitatum diversarum naturarum creaturarum Libri novem, Editio Migne.
1855, fol. 1154 und 1156. — Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher aus dem
12. und 13. Jahrhundert. Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissensch. in
Wien 42 (1863), 142. (Häsers Geschichte der Medizin. 1875. Bd. 1, S. 663.)
*) Hleronymus Brunschwig, Liber de arte destillaadi. De simplieibus.
1500, fol. 47.
*) Giov. Baptistae Portae De destillatione libri IX. Romae 1563, S. 379.
Geschichte einzelner ätherischer Ole. 191
taxen von Spezerei- und Arzneimitteln ist es zuerst in denen der
Stadt Berlin vom Jahre 1574 und von Frankfurt a. M. vom Jahre
1582 und in den Pharmakopoen in der Pharmacopoea Augustana
vom Jahre 1570 und dem Dispensatorium Nor/cum vom Jahre
1589 genannt worden.
Frühere Untersuchungen des Fenchelöles sind ausgeführt
worden im fahre 1779 von Heyer 1 ) in Braunschweig, im Jahre
1792 von Gertinger 9 ) in Eperies in Ungarn und im Jahre 1793
von Göttling in Jena und Giese in Dorpat. Weitere Beobach-
tungen, die sich, wie die eben erwähnten, hauptsächlich auf das
Anethol beziehen, sind von Buchner 8 ) und von Goebel gemacht
worden. Blanchet und Seil 4 ) erkannten im Jahre 1833 die
Identität der Stearoptene des Fenchelöles und des Anisöles,
was Cahours 5 ) später bestätigte. Wallach untersuchte das
Fenchon, den für Fenchelöl so charakteristischen Körper, der
wegen seiner Ähnlichkeit mit Campher auch großes theoretisches
Interesse erlangt hat.
Liebstocköl.
Als Küchengewürz und vielleicht auch für Heilzwecke wurde
der Liebstock schon zur Zeit der Römer kultiviert und gebraucht e ).
Sein Anbau diesseits der Alpen ist wohl wesentlich durch das
Capitulare Karls des Großen vom Jahre 812 veranlaßt worden.
Um dieselbe Zeit wurde die Pflanze unter den nutzbaren Garten-
pflanzen von Walafried Strabo und Macer Floridus 7 ) gepriesen.
Die mittelalterlichen deutschen Arzneibücher, von dem der Äb-
tissin Hildegard aus dem 12. Jahrhundert an, erwähnen den
*) Crells Chem. Journal 3 (1780), 102.
2 ) Göttlings Almanach für Scheidekünstler und Apotheker 14 (1793), 149.
3 ) Buchners Repert. f. die Pharm. 15 (1823), 163.
*) Liebigs Annalen 6 (1833), 287.
5 ) Liebigs Annalen 41 (1842), 74 und Journ. für prakt. Chem. 24 (1841), 359.
6 ) Dioscoridis De materia med/'ca libri quinctue. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 400. — Columellae De re rustica Hbri XII.
Lib. XII, 51. — Meyer, Geschichte der Botanik. 1855, Bd. 2, S. 74.
') Walafridi Strabonis Hortulus. In Choulants: Macer Floridus,
De viribus herbarum una cum Walafridi Strabonis, Othonis Cremonensis
et Joannis Folcz carminibus similis argumenti. Lipsiae 1832, p. 141 — 156.
— Meyer, Geschichte der Botanik." 1855. Bd. 3, S. 425.
192 Geschichtliche Einleitung.
Liebstock unter verschiedenen, teils entstellten Namen. Auch
in den späteren Destillierbüchern sind die Destillate der Lieb-
stockwurzel genannt worden 1 ).
Angelicaöl.
Die Angelica scheint erst seit dem 15. Jahrhundert als Ge-
würzpflanze in Gebrauch gekommen zu sein 8 ), zuerst wohl zur
Bereitung des „gebrannten" Angelicawassers, dessen Darstellung
im Brunschwigschen 8 ) und in späteren Destillierbüchern be-
schrieben ist.
Das aus Angelicafrüchten destillierte Öl ist erst in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewonnen und zuerst in der
Taxe der Stadt Frankfurt vom Jahre 1582 aufgeführt worden.
Ebenfalls aus Früchten hergestellt war das Oleum Angelicae
des Dispensatorium Viennense von 1737, der Pharmac. Wirtem-
bergica von 1771 und der Pharmac. Helvetica von 1771*).
Angelicawurzelöl ist von L. A. Buchner 8 ) im Jahre 1842,
von F. Beilstein und E. Wiegan d im Jahre 1882«), von
L. Naudin im Jahre 1883 ') und von G. Ciamician und
P. Silber im Jahre 1896 8 ) untersucht worden.
Asantol.
Asant oder Asa foetida wurde im Altertum als Gewürz und
Heilmittel gebraucht und ist als solches in Sanskrit- und anderen
Schriften, z. B. auch im Susruta (S. 17) genannt. Bei den Ägyptern
und Hebräern scheint der Asant keine Verwendung gefunden zu
x ) Hieron. Brunschwig, Über de arte destillandi. De simplicibus.
1500, fol. 70.
*) Valerii Cordi Historia de planus. Lib. 11, cap. 135, fol. 158. —
Flückiger, Dokumente zur Geschichte der Pharmazie. 1876, S. 23, 46, 54,
63, 72, 83, 85. — Petri Andreae Matthioli Commentarii in sex Ifbros Ped.
Dioscoridis De materia medica. Veneti 1554, fol. 1169.
s ) Hieronymus Brunschwig, Über de arte destillandi. De simplicibus.
1500, fol. 20.
*) Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie, Bd. 2, S. 915.
B ) Buchners Repert. f. d. Pharm. 76 (1842), 167.
") BerT. Berichte 15 (1882), 1741.
<) Bull. Soc. Chim. IL 39 (1883), 114.
8 ) Berl. Berichte 29 (1896), 1811.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 193
haben. Das Silphion der Griechen = Laserpititim der Römer
ist nach Garcia (De aromatibus) identisch mit Asa foetfda 1 ).
Spätere Erwähnung desselben als Gewürz findet sich erst wieder
in den Schriften des persischen Geographen Istachri 2 ) aus dem
10. Jahrhundert, des sizilianischen Geographen Edrisi 3 ) aus dem
12. Jahrhundert und als Heilmittel in den Schriften von Ibn
Baitar*) aus dem 11. und von Platearius ) aus dem 12. Jahr-
hundert. In einem Zolltarif von Pisa aus dem Jahre 1305 wird
Asant als Einfuhrartikel erwähnt, welcher von Aden aus über
das Rote Meer in den Mittelmeerhandel gelangte 8 ). Die Her-
kunft und Abstammung des Asants wurde erst von Engelbert
Kämpfer 7 ) aus Lemgo in den Jahren 1684 — 1685 ermittelt.
In den mittelalterlichen Destillierbüchern ist Asant nicht für
sich, wohl aber als Zusatz zur Destillation spirituöser Balsame
gebraucht worden 8 ). Das ätherische Asantöl findet sich allem
Anscheine nach zuerst in der Taxe der Stadt Straßburg vom
Jahre 1685 aufgeführt.
Galbanumöl.
Galbanutn scheint bei den orientalischen Völkern und so
auch bei den Israeliten die erste Anwendung zu Rauchopfern
und zu Räucherungen gefunden zu haben'). Theophrast 10 ) und
*) Sigismund. Die Aromata. Leipzig 1884, S. 45.
a ) Istachri, Buch der Länder. Übersetzt von Mordtmann. Hamburg
1745, S. 111.
3 ) Geographie d' Edrisi, traduite par A. Jaubert. Vol. 1 (1836), p. 450.
— Meyer, Geschichte der Botanik. 1856. Bd. 3, S. 298.
*) Ibn Baitar, Tratte" des Simples. In Notices et extraits des Manu-
Scripts de la Bibliothbque nationale. Paris. Tom. 1, p. 447. — Leclerc,
Histoire de la mSdecine arabe. Paris 1874. Vol. 1, p. 553.
*) Matth. Platearius, Liber de simplici medicina. (Circa instans.) In
L. Choulant, Handbuch der Bücherkunde für die ältere Medizin. Leipzig
1841, S. 299.
8 ) Bonaini, Statuti inediti deJJa cittä di Pisa. 1857. Vol. 3, p. 106.
') Kämpfer, Amoenitatum exoticamm fascicu/i etc. Lemgoviae 1712,
p. 535—552.
s ) Conrad Gesner, Anderer Theil des Schatzes Euonymi von aller-
hand künstlichen und bewerten Ölen etc. Herausgegeben von Caspar Wolf f.
Zürich 1583, fol. 163.
*) 2. Mose Kap. 30, V. 34. — Jesus Sirach Kap. 24, V. 21.
10 ) Theophrasti Historia plantarum. Lib. IX, cap. lu.2.
Gildemeiüter, Die ätherischen Öle. I. 13
194 Geschichtliche Einleitung.
Virgil 1 ) kannten es schon, und Dioscorides 2 ) und Plinius 8 )
gaben Syrien als Herkunftsland an. Um das Jahr 176 n. Chr.
gehörte Galbanum zu den indischen Spezereien, die auf dem
Durchgange durch Alexandrien zollpflichtig waren*).
Im Mittelalter finden sich nur spärliche Angaben über Gal-
banum; es wird unter den Spezereien des im Jahre 1360 in
England gefangenen Königs Johann von Frankreich 8 ), im Jahre
1503 als Handelsartikel von Venedig nach London 6 ) und im
Jahre 1581 in einem französischen Tarif) erwähnt. In der ärzt-
lichen Literatur des frühen Mittelalters, sowie in der arabischen
wird Galbanum als Gewürz und Heilmittel vielfach genannt.
Destilliertes Galbanumöl wurde schon von Walter Ryff 8 ),
von Conrad Gesner 8 ) und von Hieronymus Rubeus 10 ) dar-
gestellt. Es wurde in das Dispensatorium Nor/cum des Jahres
1589 und in die Pharmacopoea Augustana vom Jahre 1580 auf-
genommen und war in Apotheker- und Spezereitaxen um das
Jahr 1560 aufgeführt. Frühere oberflächliche Untersuchungen des
Öles wurden von Caspar Neumann um das Jahr 1728 11 ), von
x ) Virgilii Georgica. Lib. HI, p. 415.
„Disce et odoratam stabulis accendere cedrum,
Galbaneoque agitare gravi nidore chelydros."
s ) Dioscoridis De materia medtea libri. Lib. III, 87. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 437.
3 ) Plinii Naturalis historiae libri. Lib. XII, cap. 25 u. 56 und Lib. XXIV,
cap. 5 u. 13.
*) Vincent, Commerce and Navigation of the Ancients in the Indian
Ocean. London 1807, p. 692. — Meyer, Geschichte der Botanik. 1855. Bd. 2,
S. 167.
B ) Doüet d'Arcq, Comptes de l'Argenterie des rois de France. 1851,
p. 236.
6 ) Pasi, Tariffa de Pesi e Misure. Venetiae 1503, fol. 204.
') Fontanon, Edicts et Ordonnances des rois de France. 1585. Tom. 2,
p. 388.
") Gualtherus Ryff, New gross Destillirbuch. 1545, fol. 179. — Siehe
auch S. 51.
8 ) Siehe S. 57. — Euonymus Philiatrus, Ein köstlicher theurer Schatz.
1555, p. 237.
10 ) Hieronymi Rubei Liber de destillatione. Basiliae 1581. Cap. 5,
p. 148.
") Caspar Neu mann, Cbymia medica dogrnatico-experimentalis. Editio
Kessel. 1749, S. 422. — Zimmermann, Praelectiones chemicae. Berlin
1740, S. 853.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 195
Walther in Leipzig 1 ) um das Jahr 1744, von Fiddichow 2 ) im
Jahre 1815 und von W. Meissner 8 ) im Jahre 1816 ausgeführt.
Ammoni akgum miöL
Das durch Insektenstiche aus Dorema ammoniacum Don
(Peucedanum ammoniacum H. Baillon) und mehreren Ferula-
Arten ausfließende und an der Luft erhärtende Gummiharz wurde
schon im Altertum zu Räucherungen, zur Einbalsamierung und
wahrscheinlich auch für Heilzwecke gebraucht. In der älteren
Literatur sind die Pflanze und das Gummiharz öfter erwähnt
worden, und Dioscorides*) und Plinius 5 ) geben an, daß deren
Name von der Gewinnung des Gummiharzes in der lybischen
Wüste in der Gegend des Tempels des Jupiter Ammon her-
stammen soll. Die Beschreibung, die Dioscorides von der
Pflanze gibt, stimmt am besten auf die in Barka (Cyrenaica)
vorkommende Ferula marmarica Ascherson et Taub. Später
wurde das afrikanische Ammoniacum durch das von Dorema
ammoniacum Don stammende verdrängt, und die arabischen
Übersetzer des Dioscorides, die zum Teil Perser waren,
haben irrtümlicherweise den persischen Namen Uschaq auch
auf das afrikanische Ammoniakgummi übertragen 8 ). Eine der
frühesten Erwähnungen des Ammoniacums ist die in den
„Alexandrinischen Zolltafeln" für indische Waren, welche während
der Jahre 176 bis 180 n. Chr. unter den römischen Kaisern
Marcus Aurelius und Commodorus aufgestellt wurden 7 ).
Persisches Ammonacum wurde im 10. und 11. Jahrhundert in
den Schriften der Ärzte Isaac Judaeus s ) und Alhervi in
*■) A. F. Walther, De oleis vegetabilium csscntialrbus. Dissertatio.
Lipsiae 1745.
a ) Berl. Jahrbuch der Pharmazie 1816, 230.
s ) Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 1 I. (1817), 3.
4 ) Dioscoridis De materia medica libri quinque. Edit. Kühn-Sprengel
1829. Vol. 1, p. 439.
s ) Plinii Naturalis historiae libri. Liber XII, cap. 25.
") O. Stapf, Kew Bull. 1907 (Nr. 10), 375. Bericht v. Schimmel § Co.
April 1908, 12.
') Meyer, Geschichte der Botanik. 1885. Bd. 2, S. 167.
8 ) Isaaci Judaei, Opera omnia. Lugduni 1515. Lib. II, cap. 44. In
Choulants Handbuch der Bücherkunde für die ältere Medicin. Leipzig 1841.
13*
196 Geschichtliche Einleitung.
Bochara 1 ) unter dem persischen Namen Uschak als Heilmittel
genannt. Andere ältere und neuere Arzneibücher, so die von
Scribonius Largus, von Alexander Trallianus usw., erwähnen
Ammoniakgummiharz als gangbare Droge.
Das Ammoniakgummiöl wurde schon von Walter Ryff 2 ),
Val. Cord us und Caspar Gesner 8 ) destilliert und ist in der
frankfurter Taxe des Jahres 1587 und im Dispensatorium Noricum
vom Jahre 1589 aufgeführt.
Altere Untersuchungen des Öles wurden im Jahre 1808 von
Buchholz*) in Erfurt und von Calmeyer") in Hamburg im
Jahre 1809 von H. Braconnot ) und im Jahre 1814 von Hagen')
in Königsberg angestellt.
Dillol.
Die Früchte des Dills waren schon im Altertum bekannt 8 ).
Die Pflanze wird mit anderen Küchengewürzpflanzen schon in
Sanskritschriften und der Bibel») genannt und scheint sich, wie
Fenchel, Anis und Kümmel, früh über die Länder Europas ver-
breitet zu haben. Im 10. Jahrhundert wurden diese Gewürz-
pflanzen auch schon in England gebaut 10 ).
l ) F. R. Seligmann, Codex Vindobonensis. Liber fundamentorum Phar-
macologiae. 1830, p. 35.
s ) Gualtherus Ryff, New gross Destiltirbuch. 1567, fol. 177b. — Siehe
auch S. 51.
3 ) Siehe S. 57. — Euonymi Philiatri, Ein köstlicher theurer Schatz.
1555, p. 237.
*) Buchholz, Taschenbuch für Scheidekünstler und Apotheker 1809, 170.
5 ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 17 II. (1808), 82.
•) Ann. de Chim. 68 (1808). — Trommsdorffs Journ. der Pharm. 18 I.
(1809), 202.
7 ) Berl. Jahrbuch d. Pharmazie 1815, 95.
s ) Dioscoridis De materia medica Jibri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 405.
°) Evangelium Matthäi Kap. 23, V. 23. In englischen Bibelübersetzungen
ist seitWicklif [1380] das Wort &i'rj&ov rn st Anis übersetzt worden. Luther
übersetzte richtiger „Dill", und in Griechenland wurde dieser immer unter
ävr)frov verstanden. (Langkavel, Botanik der späteren Griechen. Berlin
1866, S. 39.)
™) Herbarium ApuJeii. In Leechdoms, Wortcuntiing and Starcratt of
early England, ed/ted by Cockayne. London 1864. Vol. 1, p. 219, 235, 237,
281, 293. — Populär Names of British plants. London 1870.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 197
In den Destillierbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts ist
auch die Destillation von Dill mehrfach erwähnt 1 ). In deutschen
Apotheker- und Spezereitaxen ist Dillöl zuerst in der der Stadt
Frankfurt a. M. vom Jahre 1587 genannt worden.
Wintergrünol.
Die Destillation des Wintergrünöls aus Gaultheria*) pro-
cumbens L. dürfte wohl in Nordamerika, abgesehen von der
des Terpentinöles, neben der der Sassafrasrinde (S. 141) und
der Birkenrinde (S. 129) in den ersten Dezennien des vorigen
Jahrhunderts begonnen haben, und zwar in den Staaten Penn-
sylvania, New Jersey und Neuyork. Anfangs haben diese Aro-
matika als beliebte Kaumittel, sodann zur Bereitung von er-
frischenden Getränken und von Hausmitteln gedient, besonders
der von jeher in Amerika viel gebrauchten vermeintlichen Blut-
reinigungsmittel. Als dann die Gewinnung der ätherischen Öle
gelang, wurden diese anstatt der wäßrigen Drogenauszüge viel-
fach benutzt. Für die Geschichte der Einführung des Winter-
grün- und Sassafrasöles war diese Verwendung insofern von
erheblicher Bedeutung, als beide seit Anfang des vorigen Jahr-
hunderts in den Vereinigten Staaten für volkstümliche Heilmittel
(sogenannte Patentmedizinen) vorzugsweise benutzt wurden, und
als die Herstellung dieser Mittel schnell allgemeine Anwendung
und erstaunlichen Konsum gewannen. - Damit erwuchs auch
eine größere Nachfrage nach diesen Ölen. Für Wintergrünol
entstand diese besonders durch eine der ältesten und für mehr
als ein halbes Jahrhundert erfolgreichsten Volksmedizinen in
den Vereinigten Staaten, des im Jahre 1815 auf den Markt
*) Hieronymus Brunschwig, Liber de arte destillandi. 1500, fol. 40.
ä ) Auf Kalms Veranlassung wurde die Pflanze nach dessen Rückkehr
nach Schweden, zu Ehren des ihm im Jahre 1749 in Quebec bekannt ge-
wordenen französischen Arztes und Pflanzenfreundes Dr. Gaulthier, von
Linne" Oaultheria procumbens genannt. Kalm, der die Pflanze in demselben
Jahre in Herbarium-Exemplaren von John Bartram in Philadelphia erhalten
hatte, hielt sie mit diesem für eine Trientalis. (Peter Kalms Reise nach dem
nördlichen Nordamerika im Jahre 1748—1749. Göttingen 1754. Bd. 3, S. 283,
421, 477, ,515 und 533.)
198 Geschichtliche Einleitung.
gebrachten „Swaim's Panacea" 1 ), das stark mit Wintergrünöl
aromatisiert war.
Für andere Zwecke scheint Gaultheriaöl damals noch nicht
gebraucht worden zu sein. Die erste Erwähnung des Öles in
der Literatur findet sich in einem von dem Arzte Dr. Bigelow 2 )
in Boston im Jahre 1818 herausgegebenen botanischen Werke,
in dem das Gaultheriaöl als ein gangbarer Artikel der Apotheken
genannt, sowie auch erwähnt wird, daß dieses Öl außer in Gaul-
theria auch in Spiraea ulmaria, der Wurzel von Spiraea lobata
und besonders in der Rinde von Betula lenta vorkommt. In
Pharmakopoen fand das Öl zuerst Aufnahme in der der Ver-
einigten Staaten vom Jahre 1820. Der arzneiliche Gebrauch des
Öles wurde aber erst allgemein, als im Jahre 1827 seine Ver-
wendung zu dem genannten, damals volkstümlichsten Spezifi-
kum von der medizinischen Gesellschaft in Neuyork bekannt
gemacht war*).
War die Ähnlichkeit der ätherischen Öle der Gaullheria
procumbens L. und der Rinde der Betula lenta L. schon vor dem
Jahre 1818 a ) bekannt, so wurde die Identität ihres Hauptbestand-
teils wissenschaftlich erst im Jahre 1842 fast gleichzeitig durch
Wm. Procter jr.*) in Philadelphia und von A. A. Th. Cahours 6 )
in Paris nachgewiesen. Von der Zeit an wurde das Öl nicht
mehr durchweg aus Wintergrün, sondern oftmals gemeinschaft-
lich aus diesem und Birkenrinde, oder nur aus dieser destilliert.
Das Öl fand immer größere Verwendung als Aroma für pharma-
zeutische und kosmetische Präparate und als Arzneimittel ") und
wurde ein bedeutender Handelsartikel.
*) Dieses Mittel war eine Nachahmung des im Anfange des vorigen Jahr-
hunderts von dem Pariser Apotheker Boiveau mit großem Erfolge vertriebenen
Geheimmittels f(ob de Laffecteur. Ein Buchbinder Swaim in Philadelphia wurde
im Jahre 1811 durch dieses Mittel geheilt, es gelang ihm, dessen Vorschrift zu
erhalten, und er brachte es in ähnlicher Zusammensetzung und mit dem Ersatz
von Sassafrasöl durch Gaultheriaöl in den Handel. (Pharm. Review 16 [1898], 179.)
s ) Jacob Bigelow, American MedicaJ Botany, Boston 1818. Vol. 2, p. 28.
*) Pharm. Review 16 (1898), 179. — Americ. Journ. Pharm. S (1831), 199.
*) Americ. Journ. Pharm. 14 (1842), 21 1. — Liebigs Annalen 48 (1843), 66.
a ) Annal. de Chim. et Phys. III. 10 (1844), 327—358 und Liebigs Annalen
48 (1843), 60i 52 (1844), 327.
") New York Medical Record 22 (1882), 505. — Squibbs Ephemeris
(New York) 3 (1892), 950.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 199
Das Methylsalicylat wird als künstliches Wintergrün^g^!'
dem Jahre 1886 von der Firma Schimmel § Co. im Großea
dargestellt und in den Handel gebracht. Es ist von der Phar-
makopoe der Vereinigten Staaten vom Jahre 1890 unter die offi-
zineilen Arzneimittel aufgenommen worden.
Rosmarinöl.
Rosmarin war bei den Griechen und Römern 1 ) und später
bei den Arabern 2 ) hoch geschätzt. Jene verwendeten den
blühenden Rosmarin neben dem Lorbeer als Schmuckpflanze im
Religions- und Heldenkultus. Da die Pflanze weder als Heil-
mittel noch anderweitig praktische Verwertung fand, so ist sie
in der mittelalterlichen Literatur wenig berücksichtigt worden.
Sie nimmt zuerst wieder eine hervorragende Stellung ein unter
den im Capftulare Karls des Großen vom Jahre 812 zum An-
bau empfohlenen 73 Nutzpflanzen und in dem im 12. Jahrhundert
von Matthäus Platearius 3 ) verfaßten Drogenverzeichnis.
Die ersten Angaben über die Destillation des Rosmarins
befinden sich in den Schriften des Arnoldus Villanovus*) aus
dem 13. Jahrhundert. Er destillierte, wahrscheinlich für arznei-
liche Zwecke, Terpentinöl und Rosmarinöl. Ein weingeistiges
Destillat beider oder nur des Rosmarins gelangte unter dem
Namen „Ungarisches Wasser" als eins der ersten volkstümlichen
Parfüms zu jahrhundertelanger Berühmtheit 6 ). Raimund Lullus 6 ),
*■) Dioscoridis De materia medica libri guinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829, p. 424.
*) Ibn el Baitar, Liber magnae coltectionis simplicium alimentorum et
medicamentorum. Übersetzt von Jos. Sontheimer. Stuttgart 1840. Bd.l,S.73.
3 ) Matthaei Platearii Liber de simplici medicina. In Choulants
Handbuch der Bücherkunde für die ältere Medizin usw. Leipzig 1841, S. 229.
4 ) Arnoldi Vi 1 1 an o vi Opera omnia. Cap. De vinis. Veneti 1 595, p-589 — 590.
8 ) Seite 33 und 71. — Sapata, Mirabilia seu secreta medico-chirurgi
per D. Spleissiom. Ulm 1696, p. 49.
e ) „Postquam singülorum individuorum dictorum lentissimo igne aquas
destillatae fuerit, amoto priori recipiente aquam destillatam optime occlu-
sam servabis et annexo altero recipiente augebis ignem ut deinde destHIet
oleum cujusque, quod proiicias, quia nihil valet, excepto eo quod e rore
marin o extraxeris, quod servabis, cum in se aliquid virtutis contineat."
Raimundi Lulli Experimenta novissima. In Magnets Bibliotheca chemica
curfosa. Genevae 1702. Vol. 1, fol. 829.
200 Geschichtliche Einleitung.
des Villanovus Schüler, beschreibt in seinen Schriften die
Destillation des Rosmarinöls noch genauer.
Rosmarinöl war daher eins der im Mittelalter viel gebrauchten
und in den Schriften oft genannten destillierten Öle. Es wird
in dem Index des Kompendiums von Saladin 1 ) zu Ende des
15. Jahrhunderts und in den Werken von Brunschwig 2 ), Ryff 8 ),
Gesner*), Porta*) und anderen beschrieben und in Apotheker-
und Spezereitaxen des 15. Jahrhunderts erwähnt. In mehreren
Destillier- und Arzneibüchern des 14. und 15. Jahrhunderts ist
auch ein empyreumatisches Rosmarinöl aufgeführt worden 6 ).
Eine der ersten Untersuchungen des Rosmarinöls ist die
von dem Pariser Apotheker Cl. J. Geoffroy 7 ) im Jahre 1720.
Ein Jahrhundert später wurde es gründlicher von Th. de Saus-*
sure 8 ) und im Jahre 1837 von R. Kane ) untersucht. Cart-
heuser 10 ) ermittelte um das Jahr 1734 die Ausbeute an Öl.
Der sogenannte Rosmarincampher wurde zuerst von Joh.
Kunkel 11 ) in Berlin im Jahre 1685 und ein Jahrhundert später
(1785) von Arezula 18 ) in Cadix beobachtet. Proust stellte ihn
im Jahre 1800 dar 18 ).
*) Saladini Asculani Compendiam aromatariorum. Venet. 1488. Index.
a ) Siehe S. 43 und 51.
3 ) Gualtherus Ryff, New gross Destillirbuch. 1545, S. 186.
*) S. 56. — Euonymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. 1555,
S. 226, 249, 273.
s ) Joh. Bapt. Portae PJagiae naturalis libri viginti. Liber de destii/a-
tione, p. 385.
e ) Christ, Lindner, De oleis destiJ/atis empyreumaticis. Dissertatio,
Francofurti ad Viadrum. 1744.
7 ) Memoires de l'Academie des sciences de Paris. 1721, p. 163.
8 ) Annales de Chim. et de Phys. IL 13 (1820), 278.
°) Transact. of the Royal Irish Acad. 18, 135. — Journal f. prakt. Chem.
15 (1838), 156.
10 ) Fr. Cartheuser, Elementa Chymiae dogmatico-experimentalis, una
cum synopsi Materiae medicae selectioris. Halae 1736. IL, p. 83 und 106.
") Joh. Kunkel, Probierstein. Fünf curiose chymäsche Tractatlein nebst
einer Vorrede. Frankfurt a. d. O. und Leipzig 1721, S. 397.' „Mein gnädigster
Kurfürst hat mir einsten des alten verstorbenen Thurnhäusers Apothek
geschenkt, darinne noch viele OJea destiUata seynd, die noch so frisch, als
wenn sie diese Stund destilliret wären. Darunter ist ein Gläslein mit o/eo
Anthos, darinne ein Sal angeschossen ist."
") S. 80. — Arezula, F(esuItado de Jas experiencfas hechas sobre el
alcanfor de Murcia. con licencia. Segovia 1789, p. 8.
M ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 8 IL (1800), 221.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 201
Lavendel- und Spiköl.
Die Destillate der verschiedenen Lavendelarten sind von
alters her mit dem Namen Spiköl bezeichnet worden. Erst
seit Ende des 16. Jahrhunderts begann man eine Unterscheidung
zwischen Spiköl und Lavendelöl zu machen 1 ).
Im Altertum dürfte hauptsächlich die in den Küstenländern
des Mittelländischen Meeres einheimische, durch ihre aroma-
tischen, violettroten Blütenbüschel ausgezeichnete Lavandula
Stoechas L. zur Gewinnung von Spiköl benutzt worden sein.
Das in den Schriften des Dioscorides 2 ), Plinius 8 ), Scri-
bonius Largus 4 ) und anderer Zeitgenossen erwähnte Spik- oder
Stöchasöl 5 ) ist wohl nur fettes, aromatisiertes Öl gewesen,
wie Rosen- und Nardenöl und andere im Altertum gebräuchliche
wohlriechende ÖIe e ).
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die griechischen Kolo-
nisten, die Phokäer aus Kleinasien, die um das Jahr 600 v. Chr.
die Küsten des jetzigen Golfs von Lyon besiedelten und Mar-
seille gründeten, mit anderen Pflanzen ihrer Heimat auch die
Lavandula Stoechas mitbrachten und in den südfranzösischen
Küstenländern einführten, von wo sie sich bald auch über Spanien
verbreitete. Allem Anscheine nach wurde dort die Stoechas
neben der Spike (Lavandula sp/caj im Mittelalter mehr gebraucht
als die erst später benutzten Lavandula vera und Lavandula lati-
l ) F. de Gingins-Lassaraz, Histoire des Lavandes. Geneve et
Paris 1826.
a ) Dioscoridis De materia medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 15, 17, 35, 40, 62, 508, 542.
3 ) Plinii Naturalis Historiae libri 37.
4 ) Scribonii Largi Compositiones medicamentorum. Editio Helm-
reich. Leipzig 1887, p. 72. Meyer, Geschichte der Botanik. 1855. Bd. t, S.33.
s ) Die im Altertum gebräuchliche Lavandula Stoechas wurde wohl einer
vermeintlichen Geruchsähnlichkeit halber mit dem als Räuchennittel und
Spezerei ebenfalls geschätzten Rhizom der Valerianacee Nardostachys Jata-
mansi DC. verwechselt. Diese wurde Nardus indica, jene Spica Nardi
und im Mittelalter Nardus italica, auch Nardus ceJt/ca genannt Ihre Blüten
waren in Arzneibüchern als FJores stoechados arabicae aufgeführt. (Came-
rarius, Horius medicus et philosophicus. Francofurti 1588, p. 164.) Siehe
auch Nardostachys.
8 ) S. 40, 150 und 214.
202 Geschichtliche Einleitung.
fof/'a 1 ). Auch der Name Lavandula stammt aus dem späteren
Mittelalter und aus Italien.
Die Spike, zuweilen auch Narde genannt, wurde schon im
frühen Mittelalter von Ärzten der Alexandrinischen Schule ge-
braucht. In abendländischen Arzneibüchern wurde sie zur Her-
stellung eines Augenmittels von der Äbtissin Hildegard 8 )
empfohlen. Auch dienten die Spiken- oder Nardenblumen schon
im 14. Jahrhundert zur Füllung aromatischer Ruhekissen für
Gesunde und Kranke*). Brunschwig erwähnt Spike als eine
allgemein bekannte Pflanze*).
Das destillierte Spiken- oder Mardenöl ist wohl schon im
15. Jahrhundert bekannt gewesen. Es ist außer dem Cedern-
(Terpentin)öl das einzige destillierte Öl, welches Hieronymus
Brunschwig in seinem Destillierbuche vom Jahre 1500 als Oleum
de Spica aus dem Lande „Provinz" (Provence) erwähnt hat ).
AuchSaladin nannte zu Ende des 15. Jahrhunderts destilliertes
Nardusöl °).
Valerius Cordus führt in seinem Dispensatorium Nor/cum
vom Jahre 1543 nur drei destillierte Öle an: Terpentinöl, Wachol-
derbeeröl und Spiköl 7 ). Ryff beschrieb in seinem etwas früher
verfaßten Destillierbuche die Destillation von „Spik und anderen
fürnemen Ölen" und fügte die Angabe hinzu, daß „das Spiken-
oder LavendelÖl gemeygklich aus der Provinz Frankreich ge-
bracht wird in kleinen glässlin eingefaßt und theuer verkaufft").
■) M. Platearius, Liber de simplici mediana. (Circa instaiis) in
Choulant, Handbuch der Bücherkunde für die ältere Medizin. 2. Aufl.
Leipzig 1841, p. 299.
s ) Hildegardis Abbatissae Subtiiitatum diversarum naturarum creatu-
ramm libri novem. Editio Migne. 1855, p. 1140 und 1143.
s ) Douet d'Arcq, Comptes de PArgenterie des rois de France. 1874.
Vol. 2, p. 148.
4 ) Hieronymus Brunschwig, Liber de arte destillandi. De simplicibus.
1500, fol. 72.
B ) Ebenda fol. 72. — Siehe S. 43.
*) Saladini Compendium aromatariorum. Venet. 1488. Index.
^) Dispensatorium Noricum. Autore Valerio Cordo. Editio Paris 1548,
p. 439. „Ex majori lavendula quae spica vocatur, apud nos majoribus sump-
tibus fit quam in GaJJja Narbonensi, ideo potius emendum est a mercatoribus
qui Hlud e Qal/ia atferunt."
8 ) Gualtherus Ryff, New gross Destillirbuch, fol. 186. — Siehe Seite 52.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 203
Im 16. Jahrhundert wurden die Lavendelarten auch schon in
Deutschland 1 ) und England 2 ) kultiviert.
Conrad Gesner gebrauchte nur noch den Namen Spiköl
und beschrieb die Destillation der Spikblumen 8 ), während Giov.
Bapt. Porta 4 ) zu Ende des 16. Jahrhunderts auch die Destillation
der Lavendelblüten schilderte und die Vorzüge des Öles des
französischen Lavendels besonders hervorhob.
Über die Gewinnungsweise des französischen Spik- bzw.
Lavendelöls enthält ein Werk des Direktors der Laboratorien
der Pariser Civilhospitäler Joh. Frances Demachy 8 ) vom Jahre
1773 eine interessante Angabe, welche wesentlich noch mit der
auf S. 51 erwähnten Darstellung des Öles übereinstimmt.
*) Conrad Gesner, De Mortis Oermaniae über recens. Argentorati 1561,
fpl. 264.
2 ) Meddygon Myddfai. Edit. John Pughe. Llandovery 1861, p. 287.
*) „Die Blümlein der Spiken oder des Lavanders solt du eine kurze zeyt
lang sonnen in einer grossen gläsinen retorte und darnach ein wasser in
einem Alembik darvonnen destilliren und abziehen. Dieses Wasser durch
den ganzen Sommer gesetzt an eine warme statt an die Sonnen so treybt
für und für öl über sich, welches öl du allwägen solt von dem wasser sepa-
riren und absündern mit einem fäderlin und dasselbe fleiyssig behal im einer
gläsinen gutteren (Flasche) wohl vermachet und verstopfet" Thesaurus Eu-
onymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. Zürich 1555, S. 222.
*) Giov. Batt. della Porta, Magiae naturalis Hbri viginti. Liier de
destillatione. Romae 1567, fol. 87. „ . . . e spica fragrantior excipitur, est
illud quod ex Oailia provenit." — Ebenda p. 54 und 78: „tanta odoris fra-
grantia ut omnes fiores odoris jucunditate provocet"
5 ) „Dieses Öl welches fast ebenso gemein ist, als das Terpentinöl, mit
dem es fast alle Schriftsteller verwechseln, oder in Verdacht gestanden haben,
es werde damit verfälscht, wird auf freiem Felde von Schäfern und anderen
Hirten in Languedoc und Provence verfertigt."
„Wenn die Gattung Lavendel, wilder Lavendel oder Aspic genannt,
welcher auf Hügeln und Wiesen dieser Provinzen häufig wächst, in Blüte ist,
gehen die Schäfer zur Stadt um bei den Kaufleuten, die mit dem Öle handeln,
eine große kupferne Blase mit verzinntem Hute, und einem etwas hohen
Dreifuß zu holen. Säe lagern sich in einer Wiese neben einem Bache und
destillieren das Spiköl folgender Gestalt. Sie schneiden die blühenden Spitzen
der Spike ab, füllen die Blase damit, gießen Wasser hinzu, setzen den Hut
dicht auf, zünden mit trockenen Kräutern ein gutes Feuer unter dem Dreifuß,
und fangen in einer großen gläsernen Flasche dasjenige auf, was strählings
herüber läuft. Wenn sie herüber gezogen haben, was die Erfahrung ihnen
gelehrt hat, wieviel die Ladung einer Blase gibt, so leeren sie sie aus, füllen
mit frischen Blumen und fangen wieder an zu destillieren. Sie tun dies von
204 Geschichtliche Einleitung.
In Arzneibüchern ist Oleum splcae schon im 13. Jahrhundert
genannt worden 1 ), es hat aber erst in der ersten Ausgabe des
Dispensatorium Noricum vom Jahre 1543 Aufnahme gefunden;
in der Ausgabe vom Jahre 1589 ist neben diesem und anderen
ätherischen Ölen auch Oleum lavandulae .aufgeführt. Die
Pharmacopoea Augustana von Adolphus Occo enthält bis zur
Ausgabe vom Jahre 1613 nur Oleum sp/cae, erst von da an
außerdem noch Oleum lavandulae.
Spiköl ist in den ältesten Arzneiverzeichnissen und Tax-
ordnungen deutscher Städte aufgeführt, daneben findet sich
Oleum lavandulae erst in der Frankfurter Taxe vom Jahre 1582 2 ).
Die Angaben von Demachy und anderen Schriftstellern seiner
Zeit stimmen mit den Behauptungen späterer Autoren, daß das im
18. Jahrhundert im Handel befindliche Spiköl wohl durchweg ein
Destillat oder Gemisch von Terpentin- und Lavendelöl war, überein 8 ).
Die Ausbeute an Öl bei der Destillatton von Spik- und
Lavendel bluten scheint zuerst von W. Lewis*) und Friedr. Cart-
heuser 6 ) ermittelt worden zu sein. Der sogenannte „Lavendel-
Ort zu Ort bis die Blütezeit vorüber ist. Sie füllen das abgesonderte Öl in
lederne Schläuche. Wenn der Sommer vorüber ist, kommen die Destillateure
zur Stadt, überliefern ihren Apparat dem Eigentümer und verkaufen ihm zu
sehr mäßigem Preise die Frucht ihrer Nebenstunden, welcher reiner Profit
für sie ist. Sie lassen zuweilen absichtlich Wasser im Öle, was man ihnen
für Öl bezahlen würde, wenn man nicht die Vorsicht brauchte, die Schläuche
einige Tage aufgerichtet Hegen zu lassen, ehe man das Öl ausfüllt; öffnet
man nun, so kommt das Wasser zuerst heraus."
„Dieses Öl ist im Gerüche nicht eins der feinsten, dennoch aber vom
Terpentinöle durch eine gelbliche Farbe und seinen Lavendelgeruch ver-
schieden. Die Firnißmaler brauchen viel davon."
J. F. Demachy, L'art du destillateur des eaux fortes. Paris 1773-
Deutsche Ausgabe „Laborant im Grossen" von Samuel Hahnemann.
Leipzig 1784. Bd. 1, S. 250.
*) Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher des 12. und 13. Jahrhunderts.
In den Sitzungsberichten der Wiener Akad. der Wissensch. 1863. Bd. 42, S. 124.
ä ) Register aller apothekischen Simplicien und Compositen, so in den
beiden Messen zu Frankfurt a. M. durch die Materialisten, Kauffleut, Wurzel-
träger, Kräutler, auch durch die Apotheker daselbst verkaufft werden. 1582.
s ) Dulk, Commentar zur Pharmacopoea Borussica. 3. Aufl. 1833, Bd. 1,
S. 643.
*) Wm. Lewis, 7Xe new Dispensatory. London 1746.
8 ) F. Cartheuser, EJementa chymicae dogtnatico-experimentalis. Hai ae
1736. Vol. 2, p. 133 und 149.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 205
campher" wurde von Arezula 1 ) um das Jahr 1785 und von
Proust im Jahre 1800 beobachtet. Die ersten Untersuchungen
des Lavendelöles sind von Th. de Saussure 3 ) ausgeführt worden.
Salbeiöl.
Salbei scheint schon zur Zeit der Römer als Arzneipflanze
in Ansehen gestanden zu haben 8 ) und war unter den von Karl
dem Großen zum Anbau empfohlenen Pflanzen 4 ). In dem Des-
tillierbuche Brunschwigs vom Jahre 1500 ist für die Destillation
des Salbeiwassers ein Unterschied zwischen großer und kleiner
Salbei gemacht ) und es wird in ihm auch das Kunigundenkraut
(Eupatorium) als wilde Salbei bezeichnet und zur Destillation
vorgeschrieben 6 ).
Das destillierte Salbeiöl 7 ) ist zuerst in der Taxe der Stadt
Worms vom Jahre 1582 erwähnt und in das Dispensatorium
Noricum vom Jahre 1589 aufgenommen worden. Die Destillation
des Öles ist um das Jahr 1688 von Begninus 8 ) beschrieben,
und die Ausbeute der Blätter an ätherischem Öle wurde von
Wedel 9 ) im Jahre 1715 und von Friedrich Cartheuser 10 ) um
das Jahr 1732 ermittelt. Cl. J. Geoffroy beobachtete im Jahre
1720 in dem Öl ein auskristallisiertes Stearopten, das er Salbei-
x ) Arezula, Resultado de las experiencias hechas sobre el a/canfor
de Murcia con licencia. Segovia 1789.
B ) Annal. de Chim. et Phys. 4 (1790), 318; IS (1792), 273; 49 (1804), 159.
s ) Theophrasti Historia plantarutn. Liber 6, cap- 2. — Dioscoridis
De materia medica libri guinque. Editio Kühn-Sprengel 1829. Vol. 1,
p. 381. Vol. 2, p. 510.
*) Capitulare de villis et cortis imper'mlibus. Anno 812. Übersetzt und
erläutert von A. Thaer in Fühlings Landwirtschaftlicher Zeitung. Aprilheft
1878, S. 241—260.
8 ) Brunschwig, Liber de arte destillandi. De simplicibus. 1500,
fol. 103.
6 ) Ebenda fol. 117.
') Siehe S. 36.
s ) Johannis Begnini Tyrocynium chymicum. In Joh. Hartmannii
Opera omnia medico-chymica congesta atque pluribus aucta a Conrado
Johrenio. Francofurti ad Moenum. 1690. Vol. III, p. 27.
°) Wedel, Dissertatio de Sa/via. Je«ae 1715.
*°) Cartheuser, Etementa chymicae dogmatico-experimentalis, un& cum
synopsi Materiae medicae selectioris. Halae 1736. Vol. 2, p. 87.
206 Geschichtliche Einleitung.
campher nannte 1 ); dieses wurde im Jahre 1789 von Arezula 2 )
in Cadix nochmals beobachtet und beschrieben.
Die erste Untersuchung der Salbeiblätter scheint Misch 3 )
in Riga im Jahre 1810 gemacht zu haben, während das Salbeiöl
zuerst im Jahre 1829 von Herberger*) und im Jahre 1841 von
F. Rochleder 8 ) untersucht worden ist.
Melissenöl.
Ihres Wohlgeruches halber wurde die Melisse schon von
den Griechen, Römern und Arabern 9 ) und auch im Mittelalter in
Italien, Deutschland 7 ) und Skandinavien 8 ) angepflanzt.
Zur Zeit der destillierten Wässer vom 15. bis 17. Jahrhundert
war das Melissenwasser ein gangbarer Artikel. Das Melissenöl,
das aber sicher kein reines Destillat gewesen ist, scheint erst
um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Gebrauch gekommen zu
sein. Es findet sich zuerst in der Taxe der Stadt Frankfurt a. M.
vom Jahre 1582 und im Dispensatorium Noricum vom Jahre
1589 erwähnt.
Wie ein Rosmarindestillat im 16. Jahrhundert ein Vorläufer
der Eau de Cologne des 18. und 19. Jahrhunderts war, so war
ein wohlriechendes Destillat von Melisse, Citronenschale und
Lavendel im 17. Jahrhundert und später ein sehr beliebtes Parfüm
und Erfrischungsmittel. Es wurde von Karmeliter-Mönchen in
Paris im Jahre 1611 eingeführt und erlangte als Karmelitergeist,
*■) Mömoires de l'Acadämie royale des sciences de Paris. 1721, p. 163.
a ) Arezula, ffesultado de /as experiencias hechas sobre el alcanfor
de Murcia con licencia. Segovia 1789, p. 8.
a ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 20 II. (1811), 7.
*) Buchners Repert. f. d. Pharm. 34 (1830), 131.
s ) Liebigs Annalen M (1842), 4.
•) Dioscoridis De materia medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829, S. 453. — Platearius, Circa instans. Edit. Choulant.
1841. Vol. 1, p. 299. — Macer Floridus, De viribus herbarum etc. 1832.
Editio Choulant, p. 64. — Plinii Naturalis historiae libri 37. Üb. XX, 45;
Lib. XXI, 86. Editio Littre\ 1877. Vol. 2, p. 18 u. 66. — Varro, De agri-
culttira Lib. III, 16. Editio Nisard, p. 149. — Meyer, Geschichte der Bo-
tanik. Bd. 1, S. 362.
7 ) Conradi Gesneri De Mortis Germaniae über recens. 1561, fol. 267b.
8 ) Henrik Harpestreng, Danske Laegebok. Kopenhagen 1826, p. 118.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 207
Eau des Cannes, großen Ruf 1 ). Später wurde das weingeistige
Destillat als Spiritus Melissae compositus in die Arzneibücher
aufgenommen.
Frühere Untersuchungen des Melissenöls sind von Schultz 2 )
im Jahre 1739, von Friedr. Hoffmann 8 ) um nahezu dieselbe
Zeit und von Dehne*) im Jahre 1779 gemacht worden.
Isopöl.
Das Isopöl wurde früher arzneilich gebraucht und ist in
den Arzneitaxen von Berlin vom Jahre 1574 und von Frankfurt
vom Jahre 1582 aufgeführt.
Bohnenkrautöl.
Das Bohnenkrautöl ist schon in der Frankfurter Taxe von
1582 unter den arzneilich gebrauchten flüchtigen Ölen genannt.
Dostenöl.
Der Dosten gehörte schon im Altertum zu den Gewürz-
pflanzen 5 ). Die in der Lutherschen Bibelübersetzung gebrauchte
Bezeichnung „Ysop" galt nicht für Hyssopus, sondern für Ori-
ganum 6 ). Das ätherische Öl desselben wurde im späteren Mittel-
alter gebraucht und ist in den deutschen Taxen des 16. Jahr-
hunderts aufgeführt.
Thymianöl.
Thymian war als Küchengewürz schon im Altertum bekannt
und in Gebrauch, es dürfte aber wohl nicht Thymus vulgaris,
sondern Thymus capitatus L. oder Th. acinos und andere
l ) Siehe S. 71.
s ) Schultz, Dissertatio de Melissa. Halae 1739.
s ) Fried. Hoffmannii Observationum physico-chemicarum selectiorum.
Halae 1722— 1736. Lib. III, p. 19.
4 ) Crells Chemische Annalen S (1780), 29.
5 ) Prosper Alpinus, De planus Aegypti über. Veneti 1591, cap. 20.
— Dioscoridis De materia medica libri quinque. Editio Kühn-Sprengel
1829. Vol. 1, p. 374. — 1. Könige Kap. 4, V. 33. — 2. Mose Kap. 12, V. 22. —
3. Mose Kap. 14, V. 4. — 4. Mose Kap. 19, V. 6 und 18.
6 ) Rosenmüller, Handbuch der biblischen Altertumskunde. 1830.
208 Geschichtliche Einleitung.
Thymus-Arten gewesen sein 1 ). Theophrast, Dioscorides,
Plinius und Columella 2 ) unterscheiden Thymian vom wilden
Thymian oder Quendel (Thymus serpyJlum L.), während im
Mittelalter eine bestimmte Sonderung zwischen beiden nicht
bei allen Schriftstellern bestanden zu haben scheint. Wohl aus
diesem Grunde bezeichnete Valerius Cordus 8 ) den Thymian als
Thymus nostras.
Obwohl Thymian in der Heilkunde immer nur eine un-
bedeutende Verwendung gefunden hat, findet er sich, wie das
daraus destillierte Öl, seit dem 16. Jahrhundert als offizineil in den
meisten Arzneibüchern und in den Apotheker- und Spezereitaxen.
Das Öl war ins Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589 auf-
genommen.
Der Thymiancampher (Thymol) wurde zuerst von Caspar
Neumann*) im Jahre 1719 und von Friedr. Cartheuser 8 ) im
Jahre 1754 beobachtet und von Lallemand ) im Jahre 1853
untersucht und Thymol genannt.
Menthaöle.
Verschiedene Minzarten, deren botanische Abstammung
nicht mehr festzustellen sein dürfte, waren schon im Altertum
bekannt und wurden als Küchengewürz 7 ) und zum Teil wohl
x ) Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie, Bd. 2, S. 1167. Die Er-
wähnung des Thymians in der Bibel beruht nach Tschirch (ebenda) auf
einer falschen Obersetzung.
2 ) Dioscoridis De tnateria medica libri guinqtte. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 385. — Plinii Naturalis historiae libri 37.
Lib. XXI, 31. — Columellae De re rustica. Editio Nisard. 1877, p. 446.
s ) Val. Cordi Historiae plantarum. Editio C. Gesneri. Argentorati 1561,
p. 136.
*) Philosophie. Transactions of the Royal Soc. of London. 1724, 1725,
1733, 1734. — Chymia medica dogmatico-experimentalis 2, 282, und
Lectiones chymiae de salibus alcalinofixis et de camphora. Berlin 1727,
p. 135—137.
5 ) Cartheuser, De sale volatile oleoso soJido in o/eis athereis non-
nunquam reperto. Dissertatio. Francofurto 1774. — Cartheuser, Materia
medica. Vol. 2, p. 115.
8 ). Journal de Pharm, et Chim. III. 24 (1853), 274; Compt. rend. 87
(1853), 498.
') Prosp^r Alpinns, De planus Aegypti über. Venetil591. Cap.42, p. 61.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 209
auch als Heilmittel schon von den Ägyptern 1 ), Hebräern») und
den Römern 8 ) gebraucht. Ähnliche Verwendung scheinen die
Minzen bei den alten Deutschen gefunden zu haben. Unter den
73 nützlichen, zum Anbau empfohlenen Pflanzen des im Jahre
812 erlassenen Capitulare Karls des Großen*) sind drei Minzen
genannt, unter diesen auch „Mentha Menthastrum und Sisym-
brium", wahrscheinlich wirkliche Menthaarten (Mentha crispa) 6 ).
In den Schriften der Äbtissin Hildegard vom Jahre 1160 sind
„Bachmyniza, Myntza major, Rossmyntza und Römische
Myntza" erwähnt 8 ). In dem aus dem Anfange des 15. Jahr-
hunderts stammenden Gothaischen Arzneibuche*) ist auch „Cruse-
mynte" angeführt.
Wie damals jeder erkennbare, feste Unterschied zwischen
den willkürlich bezeichneten Minzen fehlte, so sind auch ver-
schiedene Minzarten ohne nähere Charakterangaben in den
Destillierbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts für die Bereitung
destillierter Wässer gebraucht worden 8 ). Auch die in den Taxen
und älteren Arzneibüchern aufgeführten Minzöle lassen auf eine
Unsicherheit der Herkunft von bestimmten Arten schließen.
So gibt z. B. die Berliner Taxe vom Jahre 1574 nur Oleum
menthae an, die Frankfurter vom Jahre 1582 Oleum menthae,
Oleum polemii und Oleum pulegii.
*) G. Schweinfurth, Ober Pflanzenreste aus altägyptischen Gräbern,
in Berichte der deutsch, botan. Gesellschaft 2 (1884), 366.
a ) Evang. Matthaei Kap. 23, V. 23. — Evang. Lucae Kap. 11, V. 42.
3 ) Dioscoridis De materia medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. p. 383. — Plinii Naturalis historiae libri. Lib. 19, cap. 8:
„Grato mentha mensas odore percurrit in rusticis dapibus." Lib. 20, cap. 14:
„Mentbae ips/'us odor animum excitat, et sapor aviditatem in cibis; fdeo
embammatum misturae familiaris." — Columellae De re rust/ca, Lib. XI, 3.
Editio Nisard, „Les agronornes Latins." Paris 1877. p. 445.
*) Capitulare de viJlis et cortis imperialibus. Übersetzt und erläutert von
A. Thaer in Fühlings Landwirtschaftl. Zeitung. Aprilheft 1878, S. 241—260.
°) Meyer, Geschichte der Botanik. 1856. Bd. 3, S. 406.
a ) Hildegardis Abbatissae Subtilitatum diversarum naturarum crea-
turaram libri novetn. Editio Migne. 1855, S. 1161.
7 ) Karl Regel .Das mittelhochdeutsche Goth, Arzneibuch. Gotha 1 873, S. 21.
8 ) Hieronymus Brunschwig, Über de arte destillandi. De simplici-
bus 1500, fol. 75b. — Val. Cordus, Dispensatorium Noricum. Editio
Parisiis. 1548, p. 77, 284, 285, 378, 381, 418, 4t9, 432. — Gesner, De Hortis
Qermaniae über recens. 1561.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 14
210 Geschichtliche Einleitung.
Pfefferminzöl.
Ob unter den im Mittelalter gebrauchten Minzen die heutige
Pfefferminze war, läßt sich nicht mehr ermitteln. In dem ältesten
deutschen Destillierbuche, dem Liber de arte destillandi vom
Jahre 1 500 x ), sind für die Destillation arzneilich gebrauchter Wässer
Mentha aquatica, Mentha rubra, Mentha balsamica, Mentha
sarracenica und Mentha crispa als wohl unterschiedene Arten,
indessen ohne jedwede Charakterisierung angegeben. Ob diese
Arten mit den heute benutzten teilweise übereinstimmen, ist eben-
falls nicht sicher bekannt. Die einzigen bisher ermittelten, mehrere
Jahrhunderte alten Exemplare von Mentha piperita befinden sich
im Herbarium des British Museum in London. Sie hatte der
englische Naturforscher John Ray im Jahre 1696 aus der Graf-
schaft Hertfordshire im südlichen England erhalten und als
Mentha palustris, „Peper Mint", beschrieben 2 ). Die gut konser-
vierten Pflanzen stimmen in allen wesentlichen Merkmalen mit
der noch jetzt in Mitcham in der Graftschaft Surrey unweit
London kultivierten Pfefferminze überein 8 ). Die Kultur der
Pfefferminze in Mitcham scheint um die Mitte des 18. Jahrhunderts
begonnen zu haben und war am Ende des Jahrhunderts schon
bedeutend; indessen wurde die Destillation des Pfefferminzöles
bis zum Jahre 1805 nicht in Mitcham, sondern in London
betrieben*).
Die englische Pfefferminzindustrie erreichte ihren Höhepunkt
um das Jahr 1850, von wo an die amerikanische Konkurrenz
einen bemerkbaren Rückgang der Produktion in England herbei-
führte 5 ).
Auf dem Kontinent scheint die Pfefferminze zur Öldestillation
nicht früher als in England kultiviert worden zu sein. Sie wurde
nach Angabe des Botanikers David Gaubius in Leiden um das
Jahr 1770 im Utrechtschen Hortus botanicus gezüchtet 8 ). Dieser
erwähnt auch schon den aus dem Öle durch Abkühlung ge-
J ) Brunschwig, Liber de arte destillandi. De simplicibus. 1500, fol.75.
s ) Jöhn Ray, Historia plantarum. London 1704. Vol. III, p. 284.
s ) Flückiger, Pharmakognosie. III. Aufl. 1891, S. 726.
*) Lysons, Environs of London. 1800, p. 254.
6 ) Chemist and Druggist 1891, 405.
6 ) Pharm. Zentralh. 58 (1917), 221.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 211
wonnenen „Camphora europaea menthae piperitidis" (Menthol) 1 ).
Inzwischen war auch die Bestimmung der Pflanze als Mentha
piperita durch Linne erfolgt.
Um diese Zeit wurde die Pfefferminze auch schon in Deutsch-
land kultiviert und wurde nach dem Vorgange der Londoner
Pharmakopoe, welche sie im Jahre 1721 als „Mentha piperitis
sapore" aufgenommen hatte, in Arzneibüchern und botanischen
Werken berücksichtigt. Zur besseren Kenntnis in Fachkreisen
scheint eine Abhandlung über die Pfefferminze von Knigge bei-
getragen zu haben 2 ).
Die älteste Pfefferminzkultur hat Japan besessen. Sie soll
schon vor Beginn der christlichen Zeitrechnung ihren Anfang
genommen haben, und selbst Menthol (Hakuku, Hakka) soll
nach Flückiger dort nahezu ebensolange gewonnen worden und
als Heilmittel In Gebrauch gewesen sein 3 ). Die Worte Hakuku
und Hakka bedeuten jedoch nach Naojiro Inouye 4 ) nicht
Menthol, sondern Pfefferminze. In dem ältesten medizinischen
Werke Japans, dem Daiso-Rui-Shu-Ho (806 — 809) ist Pfeffer-
minze noch nicht aufgeführt. Die Pflanze wird jedoch in dem
von Tamba Yasuyori i. J. 984 zusammengestellten Shin-J-Ho
unter der Bezeichnung Megusa (Me = Auge, gusa = Kraut)
erwähnt, weil ein Augen wasser daraus dargestellt wurde. Wann
Pfefferminzöl in Japan zuerst destilliert worden ist, ist unbekannt.
Der Export des Öles hat erst im Jahre 1873 begonnen.
In Nordamerika' 5 ) hat die Industrie der Pfefferminzölgewinnung
im Jahre 1816 in Wayne County im Staate Newyork angefangen.
Von hier breitete sie sich nach Ohio und von dort im Jahre 1835
nach St. Joseph County in Michigan aus. Der südwestliche Teil
dieses Staates war 45 Jahre der größte Pfefferminz bauende
Distrikt der Vereinigten Staaten. Später wurden Anbau und
Destillation im nördlichen Indiana aufgenommen. Da der Wett-
*) Hieronymi Davidii Gaubii Adversariorum varii argumenti Kber unus.
Leidae 1771, p. 99— 112.
a ) Knigge, De mentha piperi 'tiefe commentatio. Dissertatio. Erlangae 1 780.
s ) Flückiger, Pharmakognosie. 1891, S. 726.
*) Bericht von Schimmel § Co., Oktober 1908, Anhang.
*) A.M.Todd, V. Internat. Kongreß f. angew. Chem. Berlin 1903, Referate
der Sekt. IVa, 58. — Alice Henkel, U. S. Dep. of Agricult Bur. of Plant Ind.
Bull. No. 90, Part 111.
14*
212 Geschichtliche Einleitung.
bewerb mit den günstigeren westlichen Gegenden auf die Dauer
nicht möglich war, hat die Gewinnung von Pfefferminzöl zu An-
fang dieses Jahrhunderts in Wayne County und Ohio ganz auf-
gehört. Seit 1908 wird die Pfefferminzkultur auch in den an
der Westküste Nordamerikas gelegenen Staaten Oregon und
Washington betrieben, wo Klima und Boden hierfür außerordent-
lich günstig sind 1 ).
Poleiöl.
Als Polei ist in Europa Mentha pulegium L. (Pulegium
vulgare Mill.), von der es auch eine Anzahl von Bastarden gibt,
seit dem Mittelalter und vielleicht schon früher 8 ) arzneilich in
Gebrauch gewesen 3 ). Das destillierte Oleum pulegfi war schon
in der Frankfurter Taxe vom Jahre 1582 erwähnt und scheint,
wie die Pflanze und ihre Destillate, im 16. und 17. Jahrhundert
arzneilich verwendet worden zu sein.
Patchouliöl.
Nach E. M. Holmes*) erschienen die Patchouliblätter im
europäischen Handel zuerst im Jahre 1826 5 ). 1844 berichtet
J. Pereira") über einen Verkauf der Blätter in London, die zu-
nächst zum Parfümieren von Textilien verwandt werden, um
diesen den eigentümlichen Geruch der echten indischen Fabrikate
zu verleihen.
Die Patchoulipflanze wurde zuerst beschrieben und abgebildet
von Pelletier-Sautelet in Mem. de la Soc. Roy. des Sciences
d'Orleans, V, Nr. ö 7 ).
*) Journ. Atneric. pharm. Assoc. 13 (1923), 782.
a )Dioscoridis De materia medica h'bri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829, S. 377.
3 ) Pfeiffer, Zwei deutsche Arzneibücher des 12. und 13. Jahrhunderts.
Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wissensch. Bd. 42 (1863), II, S. 137.
(Es ist indessen nicht ausgeschlossen, daß sich das dort und früher erwähnte
Poleiöl auf Quendelöl von Thymus serpyllum bezieht.)
*) Perfum. Record 4 (1913), 369.
=) J. J. Virey, Journ. de Pharm. 12, 2 (1826), 61.
e ) Pharmaceutical Journ. I. 4, 808.
') Siehe auch Pharmaceutical Journ. I. 8 (1849), 574.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 213
Basilicumöl.
Basilicumöl scheint seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in
Gebrauch gewesen zu sein. Es ist in der Frankfurter Taxe vom
Jahre 1582 und im Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589
unter den ätherischen Ölen aufgeführt. Destilliertes Basilicum-
wasser wurde schon im 15. Jahrhundert angewendet 1 ).
Baldrianol.
Baldrian war schon im Altertum unter dem Namen Phu
bekannt und ist in älteren Schriften, so in denen des Diosco-
rides 2 ) und Plinius beschrieben und später von Isaac Judaeus 8 ),
Constantinus Af ricanus*) und anderen Schriftstellern des Mittel-
alters unter den Heilmitteln erwähnt worden. Beide gebrauchten
zum ersten Male den Namen Valeriana. In einer Arzneimittel-
liste der ärztlichen Schule von Salerno werden Phu, Amantilla
und Valeriana als identisch genannt 5 ). Im 1 1 . Jahrhundert aber
scheint nur noch der Name Valeriana in Gebrauch gewesen zu
sein 8 ), wenngleich der Name Phu sich bis zum 15. Jahrhundert
in der Literatur erhalten hat 7 ).
Im Mittelalter muß der Geruch der Baldrianwurzel ziemlich
beliebt gewesen sein, da sie zum Aromatisieren von Zimmern,
Kleidern und Wäsche 8 ), wie die Wurzel der Valeriana celtica L.
und der Nardostachys Jatamansi DC. (Nardus indica) im
*■) Hieronymus Brunschwig, Liber de arte destillandi. De simplicibus.
fol. 27.
2 ) Dioscoridis De materia. medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. 1, p. 20 u. 348.
3 ) Isaac Judaeus, Opera omnia. Lugduni 1545, cap. 45. „Fa, M est
Valeriana, melior rubra et tenuis."
*) Steinschneider in Rohlfs Archiv für Geschichte der Medizin.
1879, S. 96. ,JFu, id est Valeriana; naturam habet sicut Sp/ca Nardi."
5 ) S. de Renzi, Collectio Salemitana. Alphita, 1854. ID, p. 271—322.
6 ) Cockayne, Leechdoms, Wordcunning and Starcraft of Early England.
1866. III. 6, 136.
7 ) Saladini Competidium aromatariorum. Bononae 1488. Index.
8 ) Turner, New Herball. 1568. Part 3, p. 76. — Langhams Garden
of Health. 1633, p. 598.
214 Geschichtliche Einleitung.
Altertum verwendet wurde 1 ). Wie allgemein der Gebrauch der
Wurzel besonders bei den Deutschen war, ergibt sich aus
der großen Anzahl volkstümlicher Namen für sie, von denen
schon die Äbtissin Hildegard 2 ) im 12. Jahrhundert und Hiero-
nymus Brunschwig 8 ) zu Ende des 15. Jahrhunderts Verzeich-
nisse gaben.
In den Destillierbüchern des 16. Jahrhunderts sind Vor-
schriften für Destillate der Baldrianwurzel mittels Wasser oder
Wein enthalten.
Das destillierte Baldrianöl wurde von Friedr. Hoff mann,
Herrn. Boerhave und Cl. J. Geoffroy teils aus trockener, teils
aus frischer Wurzel gewonnen 4 ). Später beschrieb auch Graberg
in Braunschweig das Öl 5 ), und J. B. Trommsdorff untersuchte
im Jahre 1808 die Wurzel 8 ) und nannte im Jahre 1830 die in dem
Destillationswasser enthaltene Säure Baldriansäure').
Öl von Nardostachys Jatamansi.
Das Rhizom der im Himalayagebiete Nordindiens einheimi-
schen, der Familie der Valerianaceae angehörenden Nardostachys
Jatamansi DC. (Patrinia Jatamansi Wallich) und Nardostachys
grandiflora DC. hat einen schwach an Moschus, stärker an
Patchouli erinnernden Geruch. Dieser eigenartige Wohlgeruch
fand im Altertum um so größere Wertschätzung, als die Wurzel
ein beschränktes Herkunftsgebiet hatte. Sie diente besonders
zur Herstellung parfümierter Fette für Salbung und Ölung und
scheint als eins der kostbarsten Aromata gegolten zu haben 8 ).
*■) Dioscoridis De materia medica libri quinque. Editio Kühn-
Sprengel. 1829. Vol. l", p. 7 und Vol. 2, p. 348. — Brunschwig, Liber de
arte destillandi. De simplicibus. 1500, fol. 39 u. 106.
a ) Hildegardis Abbatissae Subtiiitatum diversarum naturarum creatu-
rarum libri novem. Editio Migne, p. 1187.
s ) Brunschwig, Liber de arte destillandi. De simplicibus. 1500,
fol. 39.
*) Pf äff , System der Materia medica. Bd. 4 (1815), S. 172.
s ) Lorenz Crell, Die neuesten Entdeckungen in der Chemie 6 (1782), 123.
°) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 18 I. (1809), 3.
') Trommsdorffs Neues Journ. der Pharm. 2* I. (1832), 134.
s ) Hohe Lied Salomonis Kap. 1, V. 12; Kap. 4, V. 13, 14. — Ev. Marci
Kap. 14, V. 3—5. — Ev. Johannis Kap. 12, V. 3—5. — Horatii carmina. Lib. IV,
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 215
In späterer Zeit sind außerhalb Indiens andere aromatische
Pflanzenteile zum Ersatz der indischen Narde (Spikenarde) in
Gebrauch gekommen und nicht selten mit ihr verwechselt worden,
vor allem die Moschuswurzel von Ferula Sumbul Hook. fil. und
später die Wurzel der Valeriana celtica L. 1 ).
Der ursprüngliche Name war hebräisch Nerd, griechisch
(von der Sanskritbezeichnung abstammend) vdqdog, vaQÖ6cra%vs,
lateinisch Nardus indica, Nardus splca, Spica Nardus, arabisch
Senubol (Ähre). Der Name wurde später bei den verschieden-
sprachigen Völkern wohl auf ähnliche oder andersartige Aromata
übertragen, oder es wurden diese mit Narde verwechselt. Im
ersten jlahrhundert der christlichen Zeitrechnung unterschied
Dioscorides 2 ) schon zwischen Nardus indica, syrica und
celtica und verstand unter „Phu"*) wahrscheinlich teils Narde,
teils Valeriana. Scribonius Largus*) erwähnte als ähnlich
riechend Nardus indica, Nardus celtica, Stoechas, Nardus italica,
Spica Nardi (auch für Lavandula-Arten gebraucht) und indisches
Gras (Andropogon- Arten) 5 ).
In der mittelalterlichen Literatur wurde die ursprüngliche
Narde nur noch einmal unter den kostbaren Räuchermitteln beim
carm. 13, V. 16 — 17. Es war römischer Brauch, bei Festmahlen die Gäste nicht
nur mit Blumen zu bekränzen, sondern auch mit Narde zu salben:
„Cur non sub alta vel platano, vel hac
Pinu jacentes sie temere, et rosa
Canos odorati capillos,
Dum licet, Assyriaque Nardo
Potamus uneti."
(Horatii Carmina. Lib. 2, carm. 11.)
l ) Sir Wm. Jones, On the Spikenard of the ancients in „Asiatic h\e-
searches" in Transactions of the Society instituted in BengaJ, for inquiring
into the history and antiquities, the arts, sciences and literature of Asia.
Calcutta 1789. Vol. 2. (London Edition p. 416.) — Roxburgh, Additional
remarks on the Spikenard of the ancients. Ebenda vol. 4, p. 97. — A. Meu-
nissier, Parfüm, moderne 15 (1922), 255; Bericht von Schimmel 8 Co.
1923, 128.
s ) Dioscorädis De materia medicä libri quinque. Edit.Kühn-Sprengel.
1829. Vol. 1, p. 15—17.
s ) Ebenda p. 20.
*) Scribonii Largi Compositiones medicamentorum. EditioHelmreich.
Leipzig 1887, p. 72.
5 ) Siehe S. 111, 202.
216 Geschichtliche Einleitung.
Einzüge des Kaisers Heinrich VI. in Rom erwähnt 1 ). In mittel-
alterlichen Destillier- und Arzneibüchern ist indische Narde nicht
mehr genannt worden, mehrfach dagegen Spica und Spikenard*).
Alantol.
Wasserdestillate der Alantwurzel wurden schon im Mittel-
alter arzneilich gebraucht 8 ). Das „Oleum radids helenii" ist
zuerst in der Frankfurter Taxe vom fahre 1582 erwähnt.
Römisch-Kamillenöl.
Bei der Ähnlichkeit einiger Anthemis-, Chrysanthemum-
und Matricaria-Arten ist es nicht mehr nachweisbar, welche
davon von den Griechen und Römern kultiviert und gebraucht
wurden, und welche Pflanze mit der Bezeichnung Anthemis in
den Schriften des Dioscorides*), Plinius, Tragus 8 ) und an-
derer Schriftsteller gemeint ist. Nach Gesners 8 ) Angabe kam
die römische Kamille aus Spanien nach Frankreich und Deutsch-
land. Größere Berücksichtigung und arzneilichen Gebrauch
scheint sie zuerst in England gefunden zu haben, in dessen
südlichen Teilen die Anthemis nobilis L. verbreitet ist und kul-
tiviert wird. Auch im 16. und 17. Jahrhundert wurden die ver-
schiedenen Kamillenarten von Schriftstellern und wahrscheinlich
auch in der Praxis nicht genau auseinandergehalten.
Der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts lebende Hie-
ronymus Beck (Tragus) 6 ) nannte die Pflanze Chamomilla
nobilis, und der in der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts
lebende Joachim Camerarius, welcher die Pflanze als Zier-
pflanze in den Gärten Roms gefunden hatte, bezeichnete sie
x ) Petrus D'Ebulo, Carmen de motibus siculis. Basiliae 1746, p. 23. —
Flückiger and Hanbury, Pharma.cogra.phia. 1879, p. 503.
a ) Hieronymus Brunschwig, Liber de arte destW&ndi. De simplicibus.
1500, fol. 72. — Siehe S. 215, Note 1.
s ) Ebenda fol. 19.
*) Dioscoridis De materia medica libri quinque. EditKühn-Sprengel.
1829, p. 4S2.
■) Hieronymus Tragus, De stirpium maxitne earum qttae in Germania
nostra. nascuntur commentarium libri tres. Argen!:.' 1552, fol. 149.
9 ) Conradi Gesneri De Hort/s Germaniae liber recens. 1561, fol. 253.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 217
zuerst als Römische Kamille 1 ). In den Destillierbüchern des
16. Jahrhunderts scheint die gemeine Kamille vor der römischen
so sehr bevorzugt zu sein, daß die letztere für arzneiliche Zwecke
nicht oder nur wenig benutzt wurde, während sie in England
fast ausschließlich als Chamomile Flower in Gebrauch war.
Kamillenöl.
Die gemeine Kamille, Matricaria chamomiHa L., hat bei
den Griechen und Römern arzneiliche Anwendung gefunden und
ist in deren Literatur mehrfach erwähnt worden 8 ). Auch im
Mittelalter wurden Kamillenblüten gebraucht und geschätzt.
Brunschwig 3 ) beschrieb ihre Destillation.
Das wegen seiner blauen Farbe auffallende Öl scheint seit
der Mitte des 15. Jahrhunderts bekannt gewesen zu sein. Saladin
erwähnt es in seiner Heilmittelliste*), und der Arzt Joachim
Camerarius 8 ) in Nürnberg gewann es im Jahre 1588. Conrad
Gesner 6 ) und Porta 7 ) destillierten das Öl .unter Anfeuchtung
der Blüten mit Aqua vitae (Spiritus).
Destilliertes Kamillenöl ist zuerst unter dem Namen Oleum
matricariae in der Taxe der Stadt Berlin vom Jahre 1574 auf-
geführt worden.
Die blaue Farbe des Kamillenöles schrieb man anfangs einem
aus den Destilliergefäßen herrührenden Kupfergehalte zu, bis
Simon Paulli und Christoph Herford in Kopenhagen im Jahre
1664 nachwiesen, daß das Öl auch bei der Destillation aus
Glasgefäßen eine tiefblaue Farbe hat s ).
*•) Flückiger and Hanbury, Pharma.cogra.phia. 1879, p. 383. — Ca-
mer arii Hortus medicus et philosophicus. Francofurti 1588, p. 39.
*) Dioscoridis De materia medica /ihr/ quinque. Edit. Kühn-Sprengel.
1829, p. 482—483. — Plinii Naturalis historiae libri. Liber XXII, 26. Edit
Littre. Vol. 11, p.82.— Palladii De re rustica. Editio Nisard. 1877, p. 608.
s ) Hieronymus Brunschwig, De arte desti/iandi. 1500, fol. 38.
*) Saladini Asculi Compendium aromatariomm. Venetii 1488. Index.
Nach Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie, Bd. 2, Abt 2, S. 987 war
das von Saladin erwähnte Öl jedenfalls ein Oleum infusttm.
5 ) Camerarii Hortus medicus et philosophicus. Francofurti 1588, p. 39.
") Euonymi Philiatri Ein köstlicher theurer Schatz. 1555, p. 222.
*) Gio. Battistae Portae De destillatione. Romae 1608, p. 83.
8 ) Simonis Paulli Quadripartitum botanicum de simp/icium medica-
mentorum tacultatibus, etc. Argent 1667, p. 425.
218 Geschichtliche Einleitung.
Durch Dampfdestillation im Großen ist Kamillenöl erst um
das Jahr 1882 von dem Apotheker Franz Steer 1 ) in Kaschau
in Ungarn gewonnen worden.
Die erste Untersuchung von Kamillenöl machte 2 eil er 2 ) im
Jahre 1827.
Rainfarnöl.
Das destillierte Wasser der Rainfarnblätter und Blüten war
im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts ein gangbares Arznei-
mittel 8 ). Das destillierte Öl ist zuerst in der Taxe der Stadt
Frankfurt a. M. vom Jahre 1582 und in dem Dispensatorium
Nor/cum vom Jahre 1589 genannt.
Die erste Untersuchung des Öles ist von J. Persoz 1 ) im
Jahre 1841 ausgeführt worden.
Wermutöl.
Wermut soll schon den Ägyptern im 16. Jahrhundert vor
der christlichen Zeitrechnung bekannt gewesen sein ft ). Auch im
alten Testament 8 ) ist die Pflanze mehrmals erwähnt worden. Ob
die jetzige Artemisia absinthium L. oder eine andere ähnliche
Artemisiart im frühen Altertum gebraucht und in späteren Schriften
als Wermut übersetzt worden ist, läßt sich nicht entscheiden.
In der Literatur der Griechen und Römer hat Wermut selten
Berücksichtigung gefunden, ist aber in den Schriften des Dios-
corides erwähnt worden 7 ). Im 9. Jahrhundert ist Wermut als
Heilmittel von Walafried Strabus 8 ) und im 12. Jahrhundert von
*) Buchners Repert. f. d. Pharm, öl (1837), 85.
a ) Ebenda 25 (1827), 467.
8 ) Hieronymus Brunschwig, Liber de arte destill and i. De simplicibus.
1500, fol. 94.
*) Compt. rend. 13 (1841), 436; Journ. für prakt. Chem. 25 (1842), 55, 60.
») Papyrus Ebers, Jahresbericht f. Pharm. 1880, 26. — Flückiger,
Pharmakognosie. 1891, S. 686.
") 5. Mose Kap. 29, V. 18. — Sprichwörter Salomos Kap. 5, V. 4. —
Prophet Arnos Kap. 5, V. 7 und Kap. 6, V. 12. — Jeremias Kap. 9, V. 15; Kap.
23, Y. 15. — Klagelieder Jeremiae Kap. 3, V. 15 u. 19.
') Dioscotidi&Deniateriajnedicalibriquinque. Edit. Kühn-Sprengel.
1829. Vol. 1, p. 367.
8 ) Walafridi Strabi Hortulus. De viribus herbarum. Editio Choulant
1832, p. 147.
Geschichte einzelner ätherischer Öle. 219
der Äbtissin Hildegard 1 ) gepriesen worden. Von der Zeit an
wurde er in Arzneibüchern hin und wieder genannt, er fehlt aber
in den meisten Destillierbüchern des 16. Jahrhunderts, obwohl
die Pflanze deren Verfassern bekannt 2 ) und von Brunschwig
destilliert worden war 3 ).
Das destillierte Wermutöl war Porta 1 ) um das Jahr 1570
bekannt, und es ist von ihm die blaue Farbe des Öles beschrieben
worden. Das Öl wurde zuerst von Fr. Hoff mann in Halle
untersucht und zu arzneilichem Gebrauche empfohlen 8 ). Später
haben Cl. J. Geoffroy«), Fr. Kunzemüller'), Buchholz 8 ) und
Margueron ) das Öl untersucht.
Costuswurzelöl.
Die Costuswurzel von Saussurea Iappa Clarke, die von den
Chinesen seit den ältesten Zeiten für zeremonielle Zwecke und zu
Räucherungen verwendet wurde, erwähnen nach E. M. Holmes 10 )
Theophrastus (370 v. Chr.), Plinius (um 50 n. Chr.) und
Arrianus aus Alexandria (um 60 n. Chr.). In Indien war sie
schon i. J. 300 v. Chr. bekannt, denn sie wird im Arthäsästra
des Kautilya 11 ) als zoll- und abgabepflichtige Ware aufgeführt.
Die bei den Griechen xoctog genannte Wurzel war im Altertum
x ) Hitdegardis Abbatissac Subtilitatum diversarum naturamm crea-
turarum Jibri novem. Edition Migne Patrologiae cursus completus. 1855,
p. 1171.
*) Conradi Gesneri De Mortis Qermaniae über recens. 1561, fol. 243.
3 ) Hieronymus Brunschwig. Liber de arte destillandi. De simplicibus.
1500, fol. 112. — Brunschwig bezeichnete und unterschied die zur Destilla-
tion des Wermutwassers gebräuchlichen Arten als Absynthium ponticum,
Absynthium cretensis, Absynthium marinum. — Siehe auch Murrays Appa-
ratus Medicaminum. Göttingiae 1766. Vol. 1, p. 118.
*) Portae De destillatione libri IX. Romae 1608, p. 79.
5 ) Friedr. Hoffmannii Observationum physico-chemicarum seJecti-
ontm libri. Halae 1722. Lib. III. Observ. I, p. 9 et 355.
6 ) Memoires de I'acadSmie des sciences de Paris 1721.
') Crells Chem. Annalen 1784, 206.
*) Göttlings Almanach für Scheidekünstler und Apotheker 1785, 101.
8 ) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 5 H. (1798), 202.
10 ) Chemist and Druggist 100 (1924), 413; Bericht von Schimmel § Co.
1925, 17.
") v. Lippmahn, Chem. Ztg. 1925, No. 134 u. 135.
220 Geschichtliche Einleitung.
als Spezerei und zur Bereitung eines dem Nardenöle ähnlichen
Salbungsöles 1 ), sowie auch als Heilmittel hochgeschätzt Dios-
corides 2 ) unterschied zwischen weißem arabischem, indischem
und schwarzem syrischem Costus. Garcia 8 ) erwähnt, daß
Costus in Kleinasien, Syrien, Arabien und Persien gebraucht
werde, daß er aber nur in Indien wachse. Nicht zu verwechseln
mit der Costuswurzel ist die oft als Costus dulc/s bezeichnete
Rinde von CaneJIa alba.
*) S. 214. — W. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter.
1879. Bd. 1, S. 90 und Bd. 2, S. 580. — Dymock, Materia medica of Western
Jndia. 1885, p. 449.
a ) Dioscatidis De materiamed/ca I/bri gu/nque. Edit. Kühn-Sprengel,
1829. Vol. 1, p. 15 u. 29.
3 ) R. Sigismund, Die Aromata. Leipzig 1884, S. 34.
Geschichte der Destillierweisen
und der Destilliergeräte.
Ein kurzer geschichtlicher Rückblick auf die Genesis der
Destillierweisen und der Destilliergeräte, von der primitiven
„Cucurbita", dem „Alembic" und „Berchile" bis zu den Dampf-
und Vakuurnapparaten unserer Zeit, gewährt nicht minder als
die im vorigen Kapitel in Betracht gezogenen literarischen Doku-
mente einen Einblick in die allmähliche Entwicklung der De-
stillierkunst und der Gewinnungsweisen der destillierten Öle,
sowie ein besseres Verständnis dafür, welch' lange und wechsel-
volle Bahn auch dieser scheinbar moderne Industriezweig bis
zur jetzigen technischen und wissenschaftlichen Vollendung zu
vollbringen hatte 1 ).
Bekanntlich galt am Anfange der Menschengeschichte das
Feuer als etwas Übernatürliches, als ein von Prometheus aus
der hehren Götterwelt auf die Erde gebrachter Götterfunke, den
die Menschen von jeher im Religionskultus benutzt haben.
Wurde das Feuer von den ältesten Stämmen der Perser als ein
göttliches Element verehrt, so benutzten es die Chinesen im
frühesten Altertum für die Entwicklung einer wenn auch primi-
tiven, so doch bewundernswerten Industrie, und die Heilige Schrift
berichtet in ihren ältesten Urkunden, daß Tubal-Kain „ein Meister
in allerlei Erz- und Eisenwerk" gewesen sei 2 ), und daß zur Er-
bauung des babylonischen Turmes Backsteine gebrannt worden
*) Es sei hier hingewiesen auf die 191 1 erschienene Schrift von H. Seh elenz
„Zur Geschichte der pharmazeutisch-chemischen Destilliergeräte", die von
Schimmel § Co. dem Bericht April 1911 als Sonderbeilage beigegeben wurde.
Im Buchhandel durch Julius Springer, Berlin, zu beziehen.
*) 1. Buch Mose Kap. 4, V. 22.
222 Geschichtliche Einleitung.
seien 1 ). Nach der apokryphen Urkunde Ayur-Vedas 2 ) wurden
von den Indern schon frühzeitig nicht nur Schmelz- und Brenn-
öfen sondern auch Destillieröfen benutzt, und diese haben in
der langen und hochentwickelten Kulturepoche der Ägypter viel-
fachen Gebrauch gefunden.
Von der Zeit der Araber an und durch das ganze Mittel-
alter hindurch galt die Erschließung der irdischen Stoffe und der
pflanzlichen und tierischen Gebilde durch Schmelz-, Sublimier-
und Destillieröfen als die edle und „subtile" Werktätigkeit des
mehr als zehn Jahrhunderte fortbestehenden Trachtens nach der
Auffindung des „Steins der Weisen". Dieser sollte nicht nur
zur Verwandlung unedler Metalle in Gold, sondern auch zur Ge-
winnung einer „Quinta essentia" für die Wiederherstellung und
Erhaltung der Gesundheit und für die Verlängerung des Lebens
dienen. Die für diese hermetischen Künste und alchimistischen
Zwecke im Laufe langer Zeiträume gebrauchten Feuerherde, Ge-
fäße und Gerätschaften haben daher nicht nur an sich, sondern
auch als wesentliche Hilfsmittel der Technik Wert. Sie gewähren
eine interessante Illustration des von alters her und in mannig-
facher Form durch alle Jahrhunderte fortbestehenden Bestrebens
nach der Aufschließung und innersten Erkenntnis der Matur-
körper durch mittelbare oder unmittelbare Einwirkung der Wärme
in Schmelzöfen, in Sublimieröfen und in Destillieröfen. Die
ersteren beiden dienten dem Suchen nach dem „lapis philoso-
phorutn", die letzteren mehr für die Auffindung der „Quinta
essentia" aus organischen Gebilden. Als letzte Hypothese in
dieser langen Epoche praktischer Bestrebungen und theoretischer
Spekulation gestaltete sich die Doktrin vom Phlogiston, mit deren
Beseitigung die Jahrtausende währenden Wunderlehren und
Glaubenssätze über die elementare Natur der materiellen Ge-
bilde der Erde am Ende des 18. Jahrhunderts zum Abschluß
gelangten.
Die erste aus den Schriften des Altertums überkommene,
allerdings wohl erst im Mittelalter bildlich dargestellte, sichere
Angabe, welche auf eine Art primitiver Destillation schließen
läßt, ist die Erwähnung der Gewinnungsweise von Cedernöl,
*) 1. Buch Mose Kap. 11, V. 3.
a ) Siehe Seite 17.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte.
223
itiooilcuov (Terpentinöl?), in den Schriften des Herodot, Dios-
corides und Plinius 1 ). Es soll aus dem Harze durch Aus-
kochen in Wasser in einem offenen, tönernen Kessel in der
Weise gewonnen worden sein, daß über quer darüber gelegte
Holzstäbe Schichten von Wolle ausgebreitet wurden, in welchen
sich die aufsteigenden Dämpfe verdichteten (Fig. 4). Die Wolle
wurde von Zeit zu Zeit durch frische ersetzt und die gesättigte
durch Ausdrücken mit den Händen aus-
gepreßt, auch wurde das sich auf der
Oberfläche des Wassers ansammelnde
Öl abgehoben.
Von den bei den Ägyptern ge-
bräuchlichen Destilliergefäßen 4 ) sind
wohl manche auf die Araber über-
gegangen und von diesen nachge-
ahmt und verbessert worden. Zu den
ältesten Schriften, die über Destillier-
weisen und Destilliergeräte Auskunft
geben, gehören die des im ersten Jahr-
hundert unserer Zeitrechnung lebenden
griechischen Arztes Dioscorides 3 )
aus Anazarbus in Cilicien und des im
5. Jahrhundert nach Chr. in Konstanti-
nopel lebenden griechischen Gelehrten
Zosimos*) von Panopolis. In einer in der Leidener Bibliothek
befindlichen handschriftlichen arabischen Übersetzung des Liber
de materia medica von Dioscorides sind, wie wohl auch im
Fig. 4.
*) Herodoti Historiae. Lib. II, 85. — Dioscorides, De materia me-
dica. Lib. I, 34, 39, 80. — Plinius, Historia naturalis. Lib. 15, cap. 6 — 7
und Lib. 16, cap. 22. „E pice fit, quod pissinum appellant, quum coquitur,
velleribus supra habitum ejus expansis, atque ita expressis .... color oleo
fulvus". _
a ) Ägyptische und griechische Destilliergeräte, die hauptsächlich der
Destillation des Quecksilbers dienten, aus dem III. und IV. Jahrhundert sind
abgebildet in Dujardin, L'art de Ja Disti/Jation. Paris 1900. Diese Abbil-
dungen stammen aus einem Manuskript der Markusbibliothek in Venedig aus
dem Ende des X. Jahrhunderts; sie sind entnommen dem Buche von Berthe-
lot: Introduction ä 1 'Etüde de /a Chimie des Anciens et du Moyen-äge. 1889.
3 ) Siehe S. 21.
*) Usfi öpydvtov xcu, xaftivcov (von Geräten und Ofen). Siehe S. 24.
224
Geschichtliche Einleitung.
griechischen Urtexte, schon Destillationsherde und Geräte, darunter
die Cucurbita und der alembic, erwähnt und beschrieben worden 1 ).
Wie in der ältesten Mythologie und den Schriftzeichen der
frühesten Völker Täerbilder als symbolische Zeichen gedient
haben, so sind auch im Altertum bei
der Herstellung von Schmucksachen
und von allerhand Gebrauchsgegen-
ständen und Geräten vielfach Tier-
gestalten die Vorbilder gewesen. Das-
Fig. 5.
Fig. 6.
selbe scheint auch für die Gestaltung primitiver Digerier- und
Destilliergefäße stattgefunden zu haben. Eine derartige bildliche
Darstellung ist aus den Schriften des Zosimos und wahr-
Fig. 7.
Fig. 8.
scheinlich auch aus anderen in die der Araber und aus diesen im
weiteren in mittelalterliche alchemistische Werke übergegangen 2 ).
x ) Auszüge aus dieser wie aus weit späteren arabischen Schriften des
Rhases und eine unbedeutende Abbildung eines arabischen Destillierappa-
rates sind von Prof. E. Wiedemann im 32. Bande (1878), 575 der „Zeit-
schrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft" veröffentlicht worden.
a ) Joannis Rhenani, Medici, So/Is e pateo emergentis: sive disser-
tationis chymia. technice practica, mater/a lapidis philosophici et cl&vis operum
Paracelsi, qua abstmsa implicantu'rdeticientiasupplentur. Francofurti 1613,
Pars 1. Theoremata chymio technfca.
Geschichte der Destillierwelsen und der Destilliergeräte.
225
Das Vorbild des einfachen Kolbens ist die Gestalt des
Straußes 1 ) (Fig. 5), das der Retorte die einer Gans (Fig. 6)
oder eines Pelikans 8 ) (Fig. 7) gewesen. Für Kolben (Cucurbita)
und Helm (alembicus) diente
die Gestalt des Bären 3 ) (Fig. 8).
Eine verbesserte Form dieses
einfachen Destilliergerätes findet
sich in den Schriften Gebers 4 )
und Abulcasis 6 ). Der letztere
beschrieb nicht nur gläserne,
sondern auch aus glasiertem Ton
gefertigte Destilliergefäße (Fig. 9)
und eine Art fraktionierter De-
stillation zum Zwecke „besserer
Abkühlung und Trennung sub-
p ll tl l llll l llllllllllll | | l l l lilllllll)IIHIIIII I HIH [ IH IIIIHII!IIIIIIHIIimiltllH)li1
Fig. 9
Fig 10.
tiler Geister" durch das Übereinanderstellen mehrerer Destillier-
helme (alem-bices ), Fig. 10).
*) „phiala est vas vitreum ex ventre in modum sphaerae rotundo gra-
cilem canalem in proceritatem etnittens."
s ) „pelicanus est vas circulatorium e figura pelicani pectus suum rostro
fodientis, pullosque suos refarcientis nuncupatum, amplo ventre sensim in
angustiis Collum vergente, quod retortum et curvatum os rursus in ventrem
immittit."
s ) „Cucurbita est vas plerumque turbinatum, in Cucurbitae vel pyri for-
mam utero turgescens. Cucurbita cum suo alembico juncta ejusmodi est."
*) Gebri Summa perfectionis magisterii. Gedanl 1682.
B ) Siehe S. 27.
e ) Liber servitoris Bulchasin-Ben-aberazerin. Venetiae 1471. Lib. 27,
p. 247. „Modus alius cui vult destillare paucatn aquam. Accipe ollam ex aere,
et imple eam aqua, et pone super lanetn ignis, et pone os ejus coopertorium
pcrforatum foraminibus duobus vel tribus vel pluribus, aut paucioribus ventribus,
secundum quod potent capere coopertorium ollae, et sint ventres ex vitro "
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 15
226
Geschichtliche Einleitung.
Aus den Schriften von Geber und Abulcasis und des
zwischen beiden im 9. Jahrhundert nach Christus in Bagdad
lebenden ausgezeichneten Arztes und Schriftstellers Rhases (EI
Räzi) ergibt sich, daß die Araber schon im 8. Jahrhundert einen
Unterschied der Destillation über freiem Feuer, aus dem Wasser-
bade und aus dem Aschenbade machten 1 ). Geber 2 ) hat beide
Methoden genau beschrieben.
Der bologneser Arzt und
Alchemist Joh. Costaeus 8 )
von Lodi empfahl zur besseren
Abkühlung den Schnabel des
Alembic durch kaltes Wasser
abzukühlen (Fig. 11 u. 12) und
zur Verfeinerung der Destil-
late das Wasserbad (balneum
Fig. 11.
Flg. 12.
Mariae, Fig. 13) und das Sandbad (balneum arenae, Fig. 14)
zu verwenden.
Unter den von den Arabern hinterbliebenen Schriften enthält
das genannte Werk des Abulcasis treffende Beschreibungen
damaliger Destillierweisen und Destilliergeräte*).
Durch den vom 14. Jahrhundert an zunehmenden Betrieb
der Destillation des „gebrannten Weines" gewannen besonders
*) Das Buch der Geheimnisse des Abu Bekr Ben ZakarTjä Er-Räzi.
Fleischers Katalog No. 266. Leipziger Stadtbibliothek. Codex K. 215.
*) Gebri Summa perftctionis magisterii, cap. 50. Ex bibliotheca
vaticana exemplari. Gedani 1682.
3 ) Mesue, SimpJicfa et composita, et antidotarii novem posteriores
sectiones adnotationes. Venetiae 1602.
*) Siehe S. 28.
Geschichte der Destilllerweisen und der Destilliergeräte. 227
die zur Abkühlung der Dämpfe dienenden Teile mancherlei
Verbesserungen. Das Schnabelrohr des Helmes oder seine Ver-
längerung wurde entweder gerade, oder zu einer Spirale (Schlangen-
rohr, Serpentina) gebogen, durch ein Faß geleitet und in diesem
mit Wasser gekühlt. Diese schon den Arabern bekannte An-
ordnung wurde damals allgemein für die Destillation des Weines
und gegorener Pflanzensäfte gebraucht. Als Betspiele derartiger
Destillierapparate sind „die mancherley Kühlungen der Teutschen
und Welschen Weinbrenner" in den Destillierbüchern der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts, namentlich in Brunschwigs,
Ulstads, Ryffs und Lonicers Schriften textlich und bildlich
beschrieben. In diesen ist ein schon mit vielem Geschick kon-
Fig. 13. Fig. 14.
struierter Destillierapparat erwähnt, dessen Blase, Helm und
äußerer Kühlmantel aus Kupferblech gefertigt waren. Die Form
dieser kopfartigen Erweiterung des Helmes mit dem an den
unteren offenen Rändern dicht auf die Blase lutierten äußeren
Mantel gab zu dem Namen „Mohrenkopf" Veranlassung. Die
Kühlung geschah durch stets erneutes durch den äußeren Mantel
strömendes kaltes Wasser (Fig. 15).
Als die vollkommenste Kühlungsweise für die Destillation
des Weingeistes (aqua vitae) galt die von den Arabern über-
kommene, deren Abbildung Brunschwig als Titelbild des zweiten
Bandes seines im Jahre 1507 erschienenen Destillierbuches ge-
wählt hat und welche auf S. 45 wiedergegeben ist. Die wellen-
linig gewundenen, aufwärts steigenden Verbindungsrohre (ser-
pentinae) zwischen den beiden Retorten (Cucurbitae) und Vor-
15*
228
Geschichtliche Einleitung.
lagen (receptacula) passieren an den Kreuzungen ein mit kaltem
Wasser gefülltes Rohr. Die Kühlung ist für die Verdichtung
des gesamten Dampfes zu gering. Das Schlangenrohr wirkt
daher als Dephlegmator und verstärkt den Alkoholgehalt des
Destillates. Das hebt auch Brunschwig richtig hervor:
„diweil die Geister, so über sich getrieben werden, vil reyner und sub-
tiler seind, denn in solchem aufsteigen alles, so schwer, irdisch oder fleg-
matisch ist, nit hinauf kommen mag. Darumb die Geyster des weins am
flüchtigsten über sich, aber anderer materi, so mehr mit flegmatischer feucht
behafft, under sich getrieben werden." 1 )
Fig. 15.
Weit langsamer und schwerfälliger scheint sich die Vervoll-
kommnung der Gerätschaften für die Gewinnung der „gebrannten
Wässer" und der bis dahin erst wenig berücksichtigten und
benutzten destillierten Öle vollzogen zu haben. Bei der leich-
teren Verflüchtigung des Weingeistes galt das Wasser als „die
ander Substanz, so der ersten subtilen am nächsten und gleich-
förmigsten ist", das Öl aber als „die feist und ölig Substanz,
*) Hieronymus Brunschwigs De arte de&tfflandi. Vol. 2, Über 1.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte. 229
die man abzeuchen und separiren muss mit sterkerer und hef-
tigerer hiz". Bei derartiger Annahme hatte sich der Glaube
gefestigt, daß das Flüchtige und Subtile die Materie zur Purifi-
kation möglichst durchdringen und erschöpfen (resolvieren)
müsse. Es wurden daher für die sogenannte Zirkulation wunder-
liche Geräte und Wärmequellen zur Erreichung dieser Zwecke
erdacht, welche alle indessen auf ein längeres Digerieren und
eine unabsichtliche Verflüchtigung des oftmals durch Gärung
gebildeten Weingeistes, sowie des Aromas hinausliefen.
Die „Zirkulation" galt daher nicht nur als Inbegriff, sondern
auch als ein wesentlicher und vorbereitender Teil der Destillation.
Man glaubte dadurch die schließlich zu destillierenden Pflanzen-
und Tierstoffe zur Veredlung des „geistigen Wesens" und für
Fig 16. Fig. 17.
dessen leichtere und bessere Trennung vorzubereiten und zu
„purifizieren". Es wurden dazu verschiedenartige, vielfach nach
symbolischen Vorbildern geformte Gefäße gebraucht. Die ein-
fachen „Circulatoria" waren gewöhnliche Glaskolben, Retorten
mit verschiedenartig gebogenen Schnäbeln, auch sogenannte
Harngläser, bei den alten Ärzten für die Diagnose sehr wesent-
liche Gefäße.
Als eine vollkommenere und die „Geister" besonders ver-
feinernde Art der Zirkulation galt die in den mit Rückfluß-
rohren versehenen „Pelikan"- (Fig. 16) und Doppel- oder Zwillings-
Zirkulatorien 1 ) (Fig. 17) ausgeführte.
% ) „duota est vas circulatorium a duabus auribus, vel viro utrumque
brachium lateribus applicatum habente, dictum, hujus inferior pars est in
modutn Cucurbitae, cui impositus est aletnbicus in summo canalem habens;
in loco autem conneviente duobus rostris incurnatis et in cucurbitam a capi-
tello humorem, condensatum ducentibus praeditum."
230
Geschichtliche Einleitung.
Noch absonderlicher als die Gestalt der „Circulatoria" war
die für die oft von Gärungs- oder Fäulnisprozessen begleitete
Zirkulation angewendete Wärmezufuhr. Es wurden dafür nicht
nur das Wasserbad {balneum Mariae, Fig. 18) und das Aschen-
Fig. 18.
Flg. 19.
{balneum per cinerem, Fig. 19), sondern auch das Sonnen-
bad {destillatio solis, Fig. 20) gebraucht. Auch wurden die
Zirkulationsgefäße in gärenden Brotteig eingesenkt und mit
diesem im Ofen erwärmt (destillatio panis), oder sie wurden
in faulenden, mit Wasser an-
gefeuchteten Pferdedung einge-
bettet, welcher in Gruben auf
ungelöschten Kalk geschichtet
war {destillatio per ventrem
equinum, Fig. 21).
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Fig. 20.
Fig. 21.
Als außer der Weingeistdestillation auch die der arzneilich
benutzten aromatischen Wässer in Gebrauch kam, bereitete die
Abkühlung der Dämpfe erhebliche Schwierigkeit, weil eine be-
trächtlichere Hitze für die Destillation erforderlich wurde. Auch
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte.
231
brannte schwereres, auf dem Boden der Destillierblase liegendes
Pflanzenmaterial leicht an, wodurch das Destillat einen brenz-
lichen Geruch und Geschmack bekam. Bei starker Hitze trat
eine bedenkliche Überhitzung der meistens aus Blei oder Zinn
konstruierten Helme und Abflußrohre ein, während bei An-
wendung von mäßiger Hitze die Ausbeute an Destillat ungenügend
blieb. Zur Überwindung dieser Nachteile und, um das Zurück-
fließen des im Helme verdichteten Destillats zu vermeiden, sowie
Fig. 22.
zur Verstärkung der Luftkühlung, konstruierte man schon im
15. Jahrhundert den als Rosenhut (Fig. 1 S. 44 u. Fig. 22) be-
kannten Helm. Dieser hatte an der Basis in der Höhe des
Schnabels eine innere um den Helm in gleicher Höhe herum-
laufende Rinne, durch die das sich an den oberen Wandungen
des Helmes verdichtende und ablaufende Wasser zum Schnabel
hinaus in die Vorlage 'geleitet wurde. Der Rosenhut bildete somit
einen an sich wenig wirksamen Luftkühler, der seinen Zweck
weit weniger erfüllte, als der für die Weingeistdestillation ge-
brauchte „Mohrenkopf" (S. 228, Fig. 15).
232
Geschichtliche Einleitung.
Der erste Übergang zu einer besseren, durch kaltes Wasser
bewirkten Abkühlung bei der Bereitung der destillierten Wässer
bestand darin, den Kopf des Helmes (alembic) mit einer Rinds-
blase zu umhüllen, an deren "unterem, fest gebundenem Teile ein
hölzerner Ablaufhahn eingefügt wurde. Das damit hergestellte
haubenartige Bassin (Fig. 23) wurde mit durchströmendem Wasser
kühl gehalten. In ähnlicher Weise wurde auch der Helm mittels
eines beckenartigen, durch Lu-
tieren angefügten oder ange-
schmolzenen, metallenen Auf-
satzes umgeben. Mit durch-
laufendem kaltem Wasser ließ
sich der Helm gut kühlen
(Fig. 24). Durch eine bei dem
„Rosenhut" (S. 231, Fig. 22)
Fig. 23.
Fig. 24.
beschriebene innere horizontal laufende Rinne lief auch hier das
an den inneren Wandungen des Helmes abgekühlte Destillat in
das Auffangegefäß.
In Walter Ryffs um die Mitte des 16. Jahrhunderts verfaßtem
Destillierbuch 1 ) sind Destillierapparate mit Kühlrohren, welche
durch Gefäße mit kaltem Wasser geführt sind, beschrieben und
abgebildet. Der erste Apparat hat, vom Helme ausgehend, zwei
Abzugsröhren (Fig. 25), die durch ein Faß" mit Wasser hindurch-
geleitet sind. Indessen erklärt schon Ryff diese Kühlweise als
*) Siehe S. 50.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte.
233
ungenügend und empfiehlt dafür die Kühlung durch ein Schlangen-
rohr in zwei verschiedenen Formen (Fig. 26 und 27), für deren
Gebrauch er folgende Erklärung gibt:
Fig. 26.
„Die Spiritus sollen durch sonderliche Instrument recht digerirt oder
gekult, und von der unmessigen hitz und erbrennung solcher geyster ab-
gezogen werden, als nemlich mit den rören so mit vilen krümmen durch
ein wasser geht, von irer seltsamen krümme wegen Serpentma genannt, das
234 Geschichtliche Einleitung.
ist Schlangenrör. Solcher rören empfahen die erhitzigten geyster, so von der
werme aufgetrieben werden, und füret sie durch die vile krumb lini, und
wider durch das wasser damit sie genügsamlichen gekület werden .... Zu
einem Destillatlonsgeräthe nit allein in der Abstraction der Spiritus oder
geyster, sondern auch zu mancherley Destillation, als nemlich der Emacerirten
oder wol erhitzigten, Purificirten oder Dirigirten Weckholderbeer, Stichas-
blumen, Spie, Lawendel, und anderer dergleychen öliger, hitziger und feyster
geweehs und Wurzeln, von welcher wir das oe! abziehen wollen, darumb
schaff dir ein küpfferin oder idin kessel zu pestilliren durch den datnpff des
hitzigen Wassers. Auf diesen kessel lass dir einen heim bereiten von
guter erden, innerhalb und außerhalb wol verglasurt. Dieser heim sol sich
auf den kessel wohl schliessen, also dass es nit möge ausriechen
Dieser heim sol oben ein loch haben, darin du die rören oder Serpentine
stecken, und auch auf das best vermachen mögest, welches Serpentin durch
ein wasser gericht sol werden, das allezeit kalt sei, damit die geyster, so fast
Fig. ZT.
rein und subtil, ganz leichtlich zu verhitzigt und verbrennt werden, on underlass
kühlung und erquickung empfahen. Solch Serpentin magstu nach mancherley
art und manier bereyte, also dass die geyster under sich oder ober sich
getrieben werden 1 )."
Einen absonderlich konstruierten Apparat (Fig. 28) für die
Destillation aromatischer Wässer und Öle empfahl Adam Lonicer
in seinem im Jahre 1573 erschienenen Kräuter- und Destillier-
buche. Die Beschreibung in Uffenbachs Übersetzung lautet:
„Von Gewürzen und allerhand Saamen, als von Nägelein, Zimmet,
Muskatnuss, Anissamen, Römisch Kümmel, Wisskümmel, Fenchelsaamen und
dergleichen, kann man mancherley edle und köstliche Öle abziehen. Und
dieweil solche Öle nun sehr gemein im Gebrauch seien habe ich die Form
und Weise der gemeinen Instrument und Ofens, sammt der Destillation
hiebey gesetzt (Fig. 28). Man bereitet einen gemeinen Destillirofen, wie zu
>) W. Ryff, New gross Destillirbuch , wohl begründeter Destillation.
Frankfurt a. M. 1567, fol. 21.
Geschichte der Destilllerweisen und der Destilliergeräte.
235
einem einfachen ba/neo Mariae pflegt gemacht werden, darin, setze man ein
kupffern Blase so ziemlich grosz ist, dasz sie eine gemeine Masz oder sechs
haltet. Solcher Blasen Hals oder Mund sol oben handbreit weit sein, und
über den Ofen herausgehen. Darauff stürtzet oder decket man ein kupffern
Hut, so wol darin einschliesset. Solcher Hut soll oben ein Rörlin haben so
eines Fingers dick weit ist und eines halben Fängers lang über sich gehet.
Daran steckt man die blechen Rören, so uff die art, wie folgende Figur auss-
weiset, bereitet sein, dass sie gehet in ein andern kupffern Kolben, so auch
einen Hut mit einem Rörlin oben hat Darauff setzet man ein andere auch
Fig. 28.
dergleichen blechen Rören oder Serpena in welche durch ein Vasz, in ein
Fürfegerglasz, darin die destillirte Materie fliesset, ausgehet- So man nun
von Gewürtze oder von Samen die OJea distillirn will, sol man die kupffern
Blase so in dem Brennofen stehet halb vol Brunnenwasser füllen, und dar-
nach die Gewürtze oder Samen, darvon man die OJea abziehen will wol zer-
stoszen, derselben ein Pfund oder zwei darin thun. Die Instrument oder
Rören an allen Orten, da sie zusammen gesteckt werden, wol gehab mit
Ochsenblasen und Meel verwaren, und das Feuer undermachen. Erstlich
sanfft und darnach je lenger je hefftiger regieren. Solche Distillation gehet
geschwind naher, in drei oder vier Stunden. Wann nun die beste Spiritus
236
Geschichtliche Einleitung.
also herausz geflieszen und abgelaufen sein, sol man das Oleum so oben
in dem Glasz schwimmet, sauber darvon in ein besonder Gläszlin geschäcklich
absondern." 1 )
Endlich wurde schon von den Arabern und wahrscheinlich
noch weit früher die, wenn mit Feuer geheizt wurde, unserer
sog. „trocknen Destillation" in der Wirkung ziemlich gleichende
„absteigende Destillation" für empyreumatische Öle und für Teer-
öle benutzt. Sie wurde zur Zeit des
Wiederaufkommens der Destillierkunst
auch für die Gewinnung der Öle man-
cher Hölzer, Rinden und Gewürze an-
gewendet; vor allem wurden von alters
her Wacholderholz und später auch
Franzosenholz, Zimt, Nelken, Macis
und andere Gewürze durch diese Art
„Under sich Destillation" (destillatio
per descensum) destilliert. Der Ofen
enthielt in der Mitte eine Scheidewand
mit einer zentralen Öffnung, in welcher
ein mit einem unteren schnabelartigen
Loche versehener Topf eingehängt oder eingemauert war. Auf
die in die obere Wölbung des Ofens mündende Öffnung wurde
Fig. 29.
Fig. 30.
Fig. 31.
ein rundes Drahtnetz gelegt, und ein zweiter mit der zu destil-
lierenden trocknen Substanz gefüllter Topf wurde mit der Mündung
1 ) Adami Loniceri Kräuter Buch und künstliche Conterfeyungen
sammt der schönen und nützlichen Kunst zu destilliren. Von Petrus Uffen-
bach in's Teutsche übertragen. Ulm 1703, S. 18 — 19.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergerate.
237
auf die des unteren auflutiert. Die Erhitzung geschah dann
durch ein um den oberen Topf angebrachtes Feuer (Fig. 29).
Auch grub man den unteren Topf in die Erde und feuerte um
den auf diesen in derselben Weise gefügten oberen Topf.
Für die „destillatio per descensum" im kleinen Maßstabe
wurden auch Glasgefäße mit seitlicher Erhitzung (Fig. 30), ja für
manche leicht destillierbare Stoffe auch durch Sonnenwärme
{destillatio solis, Fig. 31) erhitzte gebraucht. In späterer Zeit und
bis zur Gegenwart geschieht die Darstellung empyreumatischer Öle
sowie der feineren Teerarten in gußeisernen oder Steingutzylindern.
Wie der Titel einiger der erwähnten älteren Schriften über
die Konstruktion der Herde und Öfen „de fornacibus constru-
endis" bekundet, wandte man, abge-
sehen von den Zeitaltern der Ägypter
und Araber, im Mittelalter auch der
Bauart der Destillieröfen wiederum
größere Aufmerksamkeit zu. Die De-
stillierbücher des 1 ö.Jahrhunderts geben
dafür textlich und bildlich umfassende
und gute Auskunft. Außer den damals
gebräuchlicheren, in den Figuren 11,
12, 15, 18, 22, 24, 25 und 26 veran-
schaulichten Destillierapparaten, wurde
zu Ende des 16. und während des
1 7. Jahrhunderts der sogenannte „Faule
Heinz" oder^4f/7a/7or(von u-D-uvaros un-
vergänglich), von Ulstad „furnus
Acediae" genannt (Fig. 32), bevorzugt
und für die Destillation der Wässer und Öle am meisten ge-
braucht. Er enthielt über einer gemeinsamen Feuerung drei
oder mehr Destillierkolben mit Rosenhuthelm (S. 231, Fig. 22).
Die Feuerung endete in ein zentrales eisernes, kupfernes oder
Steingutrohr, dessen obere Mündung durch einen Deckel ver-
schlossen werden konnte. Durch seitlich neben der Feuerung
angebrachte Schieber konnte die Zuströmung der Hitze beliebig
unter jede Destillierblase oder Retorte geleitet und damit die
Destillation geregelt werden.
Für massenhafte Destillation in vielen einzelnen Retorten
oder Kolben scheinen nach Art der sogenannten Galeerenöfen
F,g 32.
238
Geschichtliche Einleitung.
auch größere Kapellenöfen in Gebrauch gewesen zu sein. Ihre
Abbildungen und Beschreibungen in manchen Destillierbüchern
des 16. Jahrhunderts dürften indessen mehr die Möglichkeit
als die Wirklichkeit der Ausübung darstellen. Die Abbildungen
dieser Öfen gingen von einem Destillierbuch in das andere über,
haben indessen in der Praxis wohl kaum Anwendung gefunden.
Unter anderen sind sie auch ausführlich in Text und Bild in
Matthiolus' und Lonicers zuvorgenannten Werken beschrieben
und abgebildet, entweder terrassenförmig (Fig. 33) oder bienen-
korbartig (Fig. 34) gebaut. Diese letztere Form mit den seitwärts
eingesetzten oder zwischen den Kacheln eingelassenen Destillier-
retorten und deren Gebrauchsweise beschreibt Matthiolus in
folgenden Worten 1 ):
Fig. 33.
„Ultima hac fornace utuntur Veneti ac Neapolitani, qui vitreis aletn-
bicis abundant. In aqua una tantum die et nocte, sicco ignis calore, ellciunt
quae ultra centutn libras. Fornax rotunda est, ut ex imagine hie appieta
apparet, fornaeibus, quae in Genuanorum visuntur vaporariis, omnino similis.
Continet haec circumcirca numerosa fictilia, intrinsecus vitro incrustata,
urinalis formam referentia et diligente sane artificio argillaceo luto aggluti-
nata, quibus singulis per rotum fornacis ambitum singuli adduntur vitrei
alembici, e quorum vertice ex globulo ad hoc parato, reeipientia crassius-
culo funiculo ad alligata, pendent. Calefit haec fornax eodem modo, quo
Germanicorum vaporariorum fornacis. Atquedum ignis vehemens est, vacua
relinquunt vasa, donec parumper remittatur, ne violento calore plantae et
■) Petri Andreae Matthioli Opera quae extant omnia. Supplementum :
De ratione destilJandi aguas ex Omnibus planus : et quomodo genuin! odores
in ips/s aquis conservari possint. Basilia 1565, p. 5.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte.
239
flores exurantur. Tunc itaque plures ministri, qui hoc tantum artificio aluntur,
obstructo undique fornacis ostio, ne conclusus expiret calor, herbas fictilibus
injäciunt, et simul vitreos applicant alembicos. Atque in hunc modum copi-
osas eliciunt aquas et olea, quae longe meliores habentur, quam quae plum-
beis conficiuntur instrumentis, quodnullam metallorum contrahunt infectionem."
Fig. 34.
Haben auch die Verfasser der Destillierbücher des 16. Jahr-
hunderts der Reihe nach das bahnbrechende Werk von Brun-
schwig, besonders hinsichtlich der Abbildungen, als Vorbild
genommen, so bekunden ihre Schriften doch vielfach eine
erhebliche Verschiedenartigkeit der Anschauungsweisen, der prak-
tischen Fertigkeit und Erfahrung und der Originalität ihres
240
Geschichtliche Einleitung.
Wissens und Könnens. Bei dem geringen Verkehr im öffent-
lichen Leben arbeiteten und wirkten die meistens weit von ein-
ander entfernt und ohne näheren Verkehr lebenden Laboranten
und Schriftsteller, jeder in seiner Sphäre und Weise, oft wenig
vertraut mit den Schriften der Vorzeit und mit den Arbeiten der
Zeitgenossen. Das bekunden in unverkennbarer Weise auch
hinsichtlich der Destillierweisen der aromatischen Wässer und
Öle die im Laufe der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ver-
faßten Werke von Philipp Ulstadt, Walter Ryf f , Adam Lonicer,
Valerius Cordus und Conrad Gesner. Alle diese fußten wesentlich
auf Hieronymus Brunschwigs Schriften, dennoch standen ihre
Ansichten über das Wesen der Destillation und über die Art
und Weise der Destilliermethoden und Destilliergeräte weder mit
denen Brunschwigs, noch mit denen ihrer Zeitgenossen in
Übereinstimmung.
Fig. 35.
F,g. 36.
Wie wenig praktische Erfahrung und Belesenheit in der
Fachliteratur bei den hervorragendsten Laboranten jener Zeit in
ihren Arbeitsweisen und Schriften zuweilen zu finden war, ergibt
sich unter anderem aus der Konstruktion der Destilliergefäße
So benutzte und empfahl zum Beispiel der theoretisch so kundige
Valerius Cordus 1 ), ungeachtet längst bekannter, rationeller De-
stillierapparate, als ein besonders kunstfertiges und zweckdien-
liches Destilliergefäß „ein Kolb mit einem angeschmelztem
Helm" (Fig. 35), während sein Zeitgenosse Conrad Gesner 2 ) für
*■) Valerii Cordi Annotationes in Pedacei Dioscoridis de Materia
medica Ubros quinque. Liber de artificiosis extractionibus. Liber II. De
desti/fatione oleorum. Anno dei 1540, p. 229.
a ) Thesaurus Euonymi Philiatri, Ein köstlicher Schatz usw. Zürich
1555, fol. 216. Wie man möge Oel separiren und abziehen von den Spece-
reyen, Blumen und Samen. Ausgabe vom Jahre 1583, S. 206.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte. 241
denselben Zweck einen seit längerer Zeit gebrauchten Destillier-
ofen benutzte (Fig. 36).
Wie befangen indessen die Ansichten auch dieses theoretisch
und praktisch gleich gebildeten und erfahrenen Mannes über
das Wesen der Destillation der ätherischen Öle noch waren, er-
gibt sich aus folgenden im Auszuge wiedergegebenen Beschrei-
bungen Gesners über die Gewinnung destillierter Öle und des
Weingeistes aus Wein:
„Die Specerey (Nelken, Muscatnuss, Safran, Macis, Benzoe, Myrrha,
Storax usw.) wird grob gepulvert, dann mit aqua, vitae durchfeuchtet und bei
gelinder Wärme destillirt wenn das Öl anfahrt zu fliessen, so nimm
die materi der specereyen aus dem Kolben und thus in ein säcklin, welches
wohl verbünde sye mit einem faden, und trucks aus under einer prassen.
Also dass der beide bläch der pressen wohl heiss machest. Und also ge-
bührt es sich das ausgetruckt öl zu destilliren, rectificiren und circuliren,
damit auff diese weis das rein lauter öl werde geschieden von der groben
yrdischen materi. Demnach mag man wol wiederumb die häpffen putrificiren
und digeriren mit dem vorgemelten aqua vitae, so von anderem abgesün-
deret worden. Unn zum letzten wiederumb destilliren." 1 )
Hierbei wurde die Destillation im Beginne unterbrochen, das mit
ätherischem Öle durchdrungene fette Öl abgepreßt, und von dem
Rückstande durch Destillation nochmals ätherisches Öl gesondert.
Für die Gewinnung des ätherischen Öles von Blumen gibt
Conrad Gesner folgende Anleitung:
„Die Blumen der Spicken oder des Lavender solt du eine kurze Zeit lang
sonnen in einer grossen gläsinen retorte und darnach ein Wasser in einem
alembik darvonnen destilliren und abziehen. Dieses Wasser durch den ganzen
Sommer gesetzt an eine warme statt an die Sonnen, so treybt es für und für
61 über sich, welches öl du allwägen solt von dem wasser separiren und
absündern mit einem fäderlich (Federfahne) und dasselbe fleyssig behalten
in einem gfäsinen guttern (Flasche) wohl vermacht und verstopfet."*)
Für die Destillation läßt Gesner Anis- und andere Umbelli-
feren-Früchte zerstoßen und mit Wein durchfeuchten (fol. 227).
Wacholderbeeren werden per descensum destilliert, und das ge-
wonnene empyreumatische Öl durch destillatio per ascensutn
rektifiziert (fol. 231).
Als ein Beispiel der unfertigen Ansichten über die Natur
der Destillation und der Destillationsprodukte mag noch eine
*) Thesaurus Euonymi Philiatri, Ein köstlicher Schatz usw. Zürich 1565,
fol. 215—237.
*) Ebenda fol. 222.
Gildemciater, Die ätherischen Öle. I. 16
242 Geschichtliche Einleitung.
von Ulstad 1 ) gegebene und auch von Gesner 8 ) benutzte An-
weisung für die Rektifikation des Weingeistes angeführt werden.
„Wann weyn zwey oder drey mal fleyssig und ordentlich destillirt sein
wird, so nimm einen reinen und dünnen Schwamm und zerhauwe denselbigen
in so grosse stuck, welche in der grosse sygend, dass sy oben für an allen
orten inwendig der kolbensmogind anrüren. Der selbig schwamm sol ange-
bunden werde und mit zweyen oder dreye schnürlinen, welche für den kolbe
härausreichind, damit so du demnach einen heim darauf setzest, die schwamm
nit mögind an boden des destilliergefesses fallen, und dieselbigen schwamm
sollend vorhin in baumöl gesetzt werden, und demnach wiederum ein wenig
ausgetruckt, damit nicht etwan das baumöl in den kolben herabtrieffe, und
der materi so man zum destilliere genomme hat, vermischt werde und wann
du jm also thon hast, so setz ei heim darauff welcher allenthalben verstriche
seyge, damit kein dampft nirgends heraus gan möge. Unnd durch diesen
schwamm werdend die aufgetribenen geyster des aquae vätae simplicis seer
wesentlich und feyn destilliert. Also was grober unreiner, yrdischer und un-
gedöuwter materi und Substanz ist, mag von wägen dess Öls nicht durch den
schwamm gan und durchtringen. Und so du den gebrannten weyn auff diese
weys und art zu destillieren zu hand nimbst, so wirst du mer in einem ab-
zug scharfen, dann sunst in dreyen."
So wenig ergiebig, wie schon zuvor erwähnt, das von den
vernichtenden Stürmen des Dreißigjährigen Krieges gelähmte
17. Jahrhunderts für die Weitergestaltung der Destillierkunst und
anderer technisch -wissenschaftlicher Gewerbe im allgemeinen
war, so wendete sich doch das Bemühen der wenigen tätigen
Laboranten neben der Vervollkommnung der Geräte auch mit
besserem Verständnis der der Destillierweisen zu. Wie das
Destillierbuch Brunschwigs und die seiner Nachfolger ein Ab-
bild der praktischen und theoretischen Kenntnisse des 16. Jahr-
hunderts einerseits, und andererseits der Irrtümer und Unfertig-
keiten der Laboranten darbot, so gewährte auch das mehr als ein
Jahrhundert später verfaßte Destillierbuch des hervorragendsten
Praktikers des 17. Jahrhunderts, Rudolph Glauber 8 J, ein nicht
minder anschauliches Bild der Destillierweisen und Geräte der
Laboranten der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Waren
auch Glaubers Tätigkeitsgebiet in Laboratorienarbeiten und
das in seinen Werken berücksichtigte Material umfassender, so
*) Coelum Philosapborum seu über de secretis naturae. Argentor. 1528.
a ) Thesaurus de remediis secretis. Vol. 1 , f ol. 68. Tiguri 1552.
3 ) Johanni Rudolphi Glauberi Fumi novi Philosophie! oder Beschreibung
der neu erfundenen Destillirkunst Amsterdam 1648 — Leiden 1648 — Prag 1700.
Geschichte der Destilllerweisen und der Destilliergeräte. 243
beschäftigte er sich doch auch mit der Destillation aromatischer
Pflanzen, der Gewürze und Spezereien. Dabei scheinen er und
seine Zeitgenossen besonders auf die Verbesserung der Destilla-
tionsweisen zur Erzielung höherer Ausbeuten bedacht gewesen
zu sein. Es wurde dafür, wie schon auf S. 70 erwähnt, in
durchaus rationeller Weise ein Hilfsmittel durch die Erhöhung
des Kochpunktes des zur Destillation verwendeten Wassers* ge-
wählt. Dies wurde durch Zusatz von Salzen erzielt. Eine
eigentümliche Destillierweise der ätherischen Öle unter Salz-
säurezusatz beschreibt Glauber folgendermaßen:
„Fülle einen gläsernen Kolben voll mit Cinnamomum oder anderem
Holz, Samen, Macis etc. und glesse darauf so viel Spiritus salis 1 ), dass es
das lignum bedecke, setze solchen mit einem alembic in das Sandbad, gieb
Feuer, dass der Spiritus sa/is koche, so steigt mit wenig pblegmate alles
Ol über, denn der Spiritus salis durchdringet wegen seiner Schärfe das
lignum, macht das Ol ledig, dass es desto lieber übersteiget. Also wird
auff solche Weise das Ol nicht wegen grosser Menge des Wassers ver-
schmieret und verlohren sondern in kleinen Gläsern mit wenig Wasser auf-
gefangen und separiret Auf solche Weise mit dem Spiritus salis
kann man aus allen theuerbaren Vegetabilibus ihr liebliches Öl mit Nutzen
machen. Desgleichen können auch alle Gummi und Harze, wie Mastix, Oli-
banum etc. in klare Olea durch Hülff des Spiritus sah's destillirt werden." 4 )
Zur Entfärbung und Verbesserung der destillierten Öle, so-
wie zur Auffrischung durch Alter dunkel gewordener Öle, z. B.
Zimt-, Nelken- und Macis-Öl, beschreibt Glauber dann weiter
ihre Rektifikation per retortam mit Spiritus salis 3 ).
Für die Destillation der Vegetabilien mit Salz und verdünnter
Salzsäure gibt Glaub er folgende Anweisung:
„Die olea aromatum seminum, f forum, herbarum, radicum, lignorum etc.
werden gemacht, indem die Samen gemahlen, die Blumen, Kräuter und
Wurzeln kleingehackt, die Hölzer geraspelt und mit soviel Wasser angefüllt
werden, dass dieselben wohl darinnen schwimmen und maceriren können
und noch feuchtigkeit genug bleibe, damit dieselben bei der Destillation nicht
anbrennen und statt eines lieblichen ein brenzliches Öl erhalten werde.
Trockene Samen, Blumen, Kräuter, Wurzeln und Hölzer müssen zuvor etliche
Tage in dem Wasser stehen und sich erhitzen, ehe säe können destillirt werden,
und muß auch das Wasser zu den trockenen Species gut gesalzen werden,
dadurch dieselben erweichen und ihre olea desto lieber von sich geben. Zu
*) Unreine, durch Destillation von Kochsalz mit Schwefelsäure oder
Alaun bereitete Salzsäure.
*) Glauberi Fttmi novi pbilosophici. Edit Prag 1700, Teil 1, S. 35—36.
s ) Ebenda Teil 1, S. 39—43.
16*
244 Geschichtliche Einleitung.
denen noch grünen Gewächsen ist es nicht nöthig; doch kann es auch nichts
schaden, denn das Wasser kann durch Hülfe des Salzes desto heisser werden,
dadurch die O/ea desto lieber steigen, und hilfft auch viel dazu dass man
Weinstein und Alaun zuthut, welche der Destillation nicht wenig Beförderniss
thun. Wenn dann die Species ihre Zeit in dem gesalzenen Wasser gestanden
und wohl durchbissen seyn, thut man dieselbe in das Destillirfass etc., so
gehet mit dem Wasser, wenn es kochet, des Kraut's, Samen's oder Holzes
Ol herüber, und wiewohl auf diese Weise durch Hülff des Salzes vielmehr
übergehet, als mit süssem Wasser allein, so bleibt doch noch viel zurück,
welches vom Wasser nicht hat ledig gemacht und übergetrieben werden
können. Dieserhalben der beste Weg ist, solche o/ea mit Nutzen zu machen,
durch den Spiritum sa/is zu destillire, wie im ersten Buch gelehrt." 1 )
Glaubers Autorität galt bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts,
und die von ihm in seinen verschiedenen Schriften befürworteten
Destillierweisen wurden von seinen Zeitgenossen und in der
Folge angewendet, so daß Boerhave und Friedr. Hoffmann
und gleichzeitig und später lebende Forscher die destillierten Öle
noch mit Benutzung von Kochsalz oder anderen Salzen, oder
mit Salzsäure bereiteten.
Vielleicht durch die Beobachtung eines Metallgehaltes de-
stillierter Wässer und Öle, besonders bei der Destillation mit Be-
nutzung von Säuren, fing man im Laufe des 18. Jahrhunderts
an, auch das Material der Destilliergefäße wieder mehr zu be-
rücksichtigen und bei den ebengenannten Destillationsweisen
Glas- oder glasierte Tongefäße an Stelle von Metallgefäßen zu
verwenden. Schon im 15. Jahrhundert scheinen manche Labo-
ranten wahrgenommen zu haben, daß die aus Metallblasen und
Kühlern gewonnenen Destillate oftmals metallhaltig waren. So
warnte unter anderen Joh. Krafft 2 ) (Crato von Kraftheim,
geb. 1519, gest. 1585) vor dem Gebrauche kupferner Destillier-
gefäße, und der berühmte Pariser Arzt Ambroise Pare* 8 ) (geb. 1510,
gest. 1590) vor der Benutzung bleierner Helme und Kühl-
rohre, welche „darin übergetriebene gebrannte Wasser oft ganz
milchig machen". Der bolognesische Arzt und Professor Benedetto
Vettori 4 ) aus Faenza (Victorius Faventinus, geb. 1481, gest.
*) Glaub eri, Furni novi philosophici. Edit. Prag. Teil 3, S. 30.
B ) Crato von Kraftheim, Conciliorum et epistolamm libri vii. Franco-
furti 1589. Vol. t, fol. 190.
s ) Les Oeuvres de M. Ambroise Par6, conseiller et premier Chirurgien
du roy. Paris 1575. Editio latina par Jean Haultin. Parisii 1582, p. 746.
*) Victorii Faventini Practicae magnae de morbis curandis ad tirones,
tomi duo. Veneti 1562. Tom. 1, cap. 21, fol. 144.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte. 245
1561) erklärte um das Jahr 1555, daß Wasser bei der Durch-
Ieitüng durch bleierne Röhren bleihaltig und damit giftig werde.
Auch diese Beobachtungen scheinen, wie so viele andere
im Destillierwesen, entweder nur wenigen bekannt geworden
oder unberücksichtigt geblieben und wieder vergessen worden
zu sein, denn Helme und Kühler aus Blei und Zinn fanden bei
der Benutzung von Kupferblasen oder Glas- und Steingutretorten
allgemeine Verwendung, selbst als im 17. und 18. Jahrhundert
mit angesäuertem Wasser destilliert wurde.
Wie schon im vorigen Kapitel erwähnt, fand die Destillation
der ätherischen Öle und die Konstruktion der Destilliergeräte
größere Pflege und Förderung bei ihrem allgemeinen Übergang
in die Apothekenlaboratorien. Diese waren bis zu den ersten
Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Bereitungsstätten der arz-
neilich und gewerblich gangbaren destillierten Öle. Nur einzelne,
in manchen Ländern oder Florengebieten leicht darstellbare und
in der Parfümerie- und Seifenindustrie viel gebrauchte Öle, wie
Lavende!-, Rosmarin-, Rosen- und andere Öle wurden schon
seit dem 16. Jahrhundert mit primitiven landläufigen Destillier-
geräten in größerer Menge gewonnen 1 ). Die in den Apotheken-
laboratorien gebrauchten und in Frankreich, Spanien, Italien
und Bulgarien gangbaren „Wanderdestilliergeräte" (alambics
voyageants) bestanden aus kupfernen Blasen mit Kupfer- oder
Zinnhelm und zinnernen, verschiedenartig gestalteten Kühlrohren.
Einer der besseren für die Gewinnung der ätherischen Öle
während des 18. Jahrhunderts gebrauchten Destillierapparate war
eine im Wasserbade hängende Zinn- und Kupferblase mit Benutzung
des Mohrenkopfes (Fig. 15, S.228), des Rosenhutes (Fig.22, S.231)
und des Schlangenrohres zur Abkühlung. Eine Abbildung (Fig. 37)
und Beschreibung dieses Apparates ist von dem Direktor der Apo-
thekenlaboratorien der Pariser Zivilhospitäler, Francois Demachy
(geb. 1728, gest. 1803), im Jahre 1784 veröffentlicht worden 2 ).
1 ) Siehe S. 51, 150, 199 u. 201.
2 ) J. F. Demachy, L'art du destillateur des eaux fortes. Paris 1773. —
In deutscher Bearbeitung: Herrn Demachy's Laborant im Grossen, oder
die Kunst, die chemischen Produkte fabrikmässig zu verfertigen. In 3 Theilen.
Mit Dr. Struves Anmerkungen und einem Anhange einiger Abhandlungen des
Apothekers Wiegleb. Aus dem Französischen übersetzt und mit Zusätzen
versehen von Samuel Hahnemann, der Arzneikunde Doctor und Physicus des
Amts Gommern. 3 Bände. Leipzig 1784. Bd. 1, S. 192—198 und Tat 2, Fig. 1.
246
Geschichtliche Einleitung.
Der kupferne Kessel v dient als „Marienbad", welches durch die Hand-
haben ss gedreht und durch das Seitenröhrchen m mit frischem Wasser ver-
sehen werden kann. Die zinnerne Blase d ruht durch den aufgelöteten
Kupferring n auf dem Rande h des Kessels. Der untere Hals q des Rosen-
hutes b ruht bei n auf dem oberen Rande der Blase. Um die untere Peri-
pherie des Rosenhutes läuft die Rinne c, in welcher sich das an den Wan-
dungen des Hutes abgekühlte und herunter rinnende Destillat sammelt und
mit übergehenden unverdichteten Dämpfen durch das Rohr c—u und den
Schlangenkühler abströmt.
Der als Kühler für den Rosenhut b dienende Mohrenkopf a ist an den
Hals des Hutes k angelötet. Das in dem Mohrenkopf während der Destil-
lation erwärmte Wasser läuft durch die obere Rinne e ebenso schnell ab, als
mittels Zuströmen von kaltem Wasser eine Erneuerung des Kühlwassers ver-
anlaßt wird.
Fig. 37.
Seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts bemühte man sich,
die Konstruktion der Destillierapparate zu vereinfachen und zu
verbessern, besonders hinsichtlich der Kühlvorrichtungen und
zur Vermeidung des Anbrennens der Pflanzenstoffe auf dem
Boden der Blase bei Destillation über freiem Feuer. Solche
Verbesserungen erfolgten besonders von dem Apotheker Jon.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte. 247
Gottfr. Dingler 1 ) in Augsburg während der Jahre 1815—1820,
von Smithson Tennant 2 ) im Jahre 1815, und von Henry Tritton»)
im Jahre 1818, beide in England. Der letztere versuchte die
Destillation bei niedriger Temperatur durch Einstellung einer
Luftpumpe in das Abzugsrohr. Der um jene Zeit gangbarste
Destillierapparat für die Gewinnung ätherischer Öle war der
beistehend (Fig. 38) abgebildete.
Die Dampfdestillation wurde im Jahre 1826 von H. Zeise*)
und für ätherische Öle besonders von van Dyk 5 ) in Utrecht
empfohlen, und dadurch ihre Einführung wohl wesentlich ge-
fördert. 'Der letztere demonstrierte, daß die „ätherischen Öle,
Fig. 38.
welche durch Dampf allein aus den Pflanzenstoffen gewonnen
werden, sich von den über freiem Feuer bereiteten durch
hellere Farbe und reineren Geruch unterscheiden. Das Nelkenöl,
mit Dampf destilliert, sei nahezu farblos, das Zimtöl hell stroh-
gelb und das Pomeranzenschalenöl wasserhell" 8 ).
*■) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 11, I (1803), 241 und Buchners
Repert. für die Pharm. 3 (1817), 137 u. 6 (1819), 142.
2 ) Philosoph. Transact of the Royal Soc. of London 1815. — Repertory
of Arts. London, Sept. 1815.
3 ) Annais of Philosophy. June 1818. — Buchners Repert für die
Pharm. 6 (1819), 98.
4 ) H. Zeise, Beiträge zur Nutzanwendung der Wasserdämpfe. Pamphlet
Altana 1826. — Aren, der Pharm. 16 (1828), 69.
s ) Buchners Repert. für die Pharm. 29 (1828), 94.
«) Ebenda 29 (1828), 110.
248
Geschichtliche Einleitung.
Die erste Dampfdestillation in größerem Maßstabe im phar-
mazeutischen Laboratorium scheint in der alten „Apothecary's
Hall" in London eingeführt worden zu sein 1 ).
In Deutschland fand die Dampfdestillation auch für die Be-
reitung der ätherischen Öle in Apothekenlaboratorien Eingang
durch die Einführung des von dem Mechaniker und Zinngießer
Johann Beindorff 2 ) in Frankfurt a. M. um das Jahr 1826 kon-
F.g. 39.
struierten Dampfdestillationsapparates (Fig. 39). Bei diesem, bald
mehrfach verbesserten Apparate war die Destillation ätherischer
Öle mit gespannten Dämpfen ausführbar. Auch hatte eine ver-
besserte Kühlvorrichtung vor dem Schlangenrohre den Vorteil
voraus, daß sie sich auseinandernehmen und somit auch im
Innern leicht reinigen ließ.
1 ) Buchners Repert. für die Pharm. 29 (1828), 112 u. 133.
2 ) Geigers Magazin für Pharmazie usw. 11 (1829), 174 u. 291. —
Buchners Repert. für die Pharm. 83 (1830), 436.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte. 249
Für die Gewinnung der ätherischen Öle im Kleinbetrieb
verblieben die auf dem ursprünglichen Beindorffschen Dampf-
destillierapparat begründeten Einrichtungen fortbestehen, bis die
Großindustrie auch auf diesem Gebiete zur Alleinherrschaft ge-
langte und die Produkte von einer Güte und zu Preisen her-
stellte, mit welchen der Kleinbetrieb nicht in Wettbewerb ver-
bleiben konnte.
Von den für die Trennung und Absonderung der Öle vom
Wasser seit langem gebräuchlichen Vorrichtungen hat sich die
„Florentiner Flasche" in verschiedenartiger Gestaltung und Größe
bewährt. Sie ist wohl schon im Mittelalter in Gebrauch ge-
kommen; eine ihren Prinzipien entsprechende Trennungsweise
von Öl und Wasser ist, wie es scheint, zuerst von Porta 1 ) in
der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts folgendermaßen be-
schrieben worden:
„Wenn man den Pflanzenstoffen das Öl entzieht, müssen diejenigen
Körper, welche gleichzeitig mit dem Wasser in das Aufnahmegefäß über-
gehen, sorgfältig getrennt werden, damit die Kraft des Öles, welches einen
Oberfluß an Phlegma enthält, nicht abgeschwächt wird. Deshalb muß das
Öl geläutert werden, damit es seine volle Kraft behält. Dies geschieht durch
Destillation und Trennung. Man mischt das erst gewonnene Destillat wieder
und gießt es in eine im Dampfbade (in balneo Marine) wohl eingestellte
Retorte und destilliert langsam über. Das reine Öl wird auf der Oberfläche
des Destillats schwimmen. Die Trennung desselben vom Wasser ist eine
mühsame Arbeit. Zu diesem Zwecke sind indessen so kunstvolle Gefäße
erfunden worden, daß sich Wasser und Phlegma vom Öle wohl trennen lassen.
Das dafür dienende gläserne Gefäß ist oben offen und erweitert sich nach
unten zu trichterartig. Das Wasser, Phlegma und Öl werden tropfenweise in
diese Flasche gebracht, dabei geht das Öl nach oben. Man schließt die
seitwärts angebrachte kleine untere Rinnenöffnung mit dem Finger, durch
gelindes Öffnen läßt man das Wasser unten abgehen, das Öl sammelt sich
oben über der durch den Finger schließbaren Öffnung. Damit trennt man
das Öl vom abfließenden Wasser. Man transferiert alsdann das Öl in ein
anderes Gefäß.
Man hat noch ein anderes Trennungsgefäß für denselben Zweck erfunden.
Es ist bauchig, hat einen engen Hals und in dessen Mitte eine schnabel-
*) Joh. Baptistae Portae, Neapolitani Magiae naturalis libri viginti, in
quibus scientiarum naturalium divitiae et deliciae demonstrantur. lam de
novo, ab omnibus mendis repurgatr, in lucem prodiemnt Romae 1565.
Antwerp. 1567. Editio Hanoviae 1619. Über decimus: Destillat, destilJata
ad fastigia virium sustollit. p. 367 — 412.
250
Geschichtliche Einleitung.
förmige Abflußrinne. Das mit Wasser gemischte Ol wird in dieses Gefäß
gegossen, das Wasser bleibt unten, das Öl sondert sich auf dessen Oberfläche,
steigt in den Hals, dann läßt man tropfenweise Wasser zufließen, und das
Öl wird rein aus dem Schnäbelchen auströpfeln. Bei anderen wird sich das
Öl auf dem Boden ansammeln, und das Wasser wird oben ablaufen. Durch
Baumwolle (Lampendocht) läßt sich oben verbleibendes Wasser abziehen, und
das reinste Öl bleibt zurück." 1 )
Wie auch andere Erkenntnisse und Verbesserungen im De-
stillationswesen nicht allen bekannt oder nur von einzelnen be-
rücksichtigt wurden und über kurz oder lang wieder vergessen
waren, so scheint dies besonders bei der Florentiner Flasche
der Fall gewesen zu sein. Sie ist vom Anfange des 17. Jahr-
Fig. 40.
Fig- 41.
hunderts an bis zum Jahre 1823 mehrmals wiedererfunden worden.
So wurde die Flasche etwa 100 Jahre nach Portas Beschreibung
zu Ende des 17. Jahrhunderts von Wilhelm Homberg von neuem
beschrieben und eingeführt 2 ), um, allem Anscheine nach, noch-
*) „ • • ■ ■ Quomodo oleum ex aquis separemus — aliud separatorium
vas ad idem ingenuosissime excogitatum est tenuet venter vasis, collum an-
gustum est, cujus medio rostellum affixum est. Transfundatur in vas oleum
aqua remistum, occupat aqua fundum, oleum supra collum: guttatim aquam
addes, donec oleum ascendat ad rostellum, ex pernento, inclinato vase, des-
cendet purissimum oleum et purgatum, ubi aliquid evacuastl, sensäm aquam
addendo, ascendit oleum ad canaliculam coq.; iterum inclinato, reliquum
transfundas. Si vero oleum subsidet, aqua super adlatur, ut multories eveniet,
in latam fideliam vel quodcunq.; vas impositum, gossipino licineo adaptato,
aqua foras transmeabit, oleum purissimum quod superest, in fundo residebit."
a ) Philippe u. Ludwig, Geschichte der Apotheker. 1858, S. 513.
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte.
25t
mals für geraume Zeit in Vergessenheit zu kommen. Ein Jahr-
hundert später, im Jahre 1803, wurde die Florentiner Vorlage-
flasche für die Destillation ätherischer Öle abermals von dem
Augsburger Apotheker Johann Gottfried Dingler 1 ) und dann
nochmals im Jahre 1823 als etwas Neues von dem Apotheker
Samuel Peetz in Pest 9 ) empfohlen.
Die älteste, schon von Porta beschriebene Konstruktion
der Florentiner Flasche war lange im Gebrauch. Das Öl wurde
mittels eines aus Lampendocht bestehenden porösen Saughebers
in ein Fläschchen übergeführt (Fig. 40). Später wurde auch die
in Fig. 41 abgebildete Florentiner Flasche gebraucht. Die in
neuerer Zeit im Großbetriebe gebrauchte Flasche ist größer; sie
mm
Fig. 42.
Vorlage für leichtes Öl.
Fig. 43.
Vorlage für schweres Öl.
ist verschieden armiert, je nachdem das gewonnene Öl leichter
(Fig. 42) oder schwerer (Fig. 43) als Wasser ist. Im ersten Falle
wird das Öl durch das im oberen Stutzen angebrachte Glas-
oder Zinnrohr abgelassen, im zweiten, durch den am unteren
Stutzen mit einem durchbohrten Kork befestigten Zinnhahn.
Es sind im Laufe der Zeit verschiedenartig konstruierte Auf-
fangegefäße für die Sonderung der ätherischen Öle vorgeschlagen
worden, die indessen die Florentiner Flasche nicht verdrängen
konnten. Der erste dieser Apparate wurde im Jahre 1825 von
Amblard in Paris 3 ) angegeben. Er bestand in einem konisch
zugespitzten, oben und unten offenen Glasrohre, welches in einem
hohen Glas-Mischungszylinder mittels eines oben angebrachten
"■) Trommsdorffs Journ. der Pharm. 11 II. (1803), 242.
s ) Buchners Repert. für die Pharm. 14 m. (1823), 481.
3 ) Bulletin des travaux de la SocietS de Pharm. Paris, Mai 1825, p. 247.
252 Geschichtliche Einleitung.
Korkringes eingehängt wurde. Dieser Zylinder war oben mit
einem Abzugsröhrchen versehen. Das Öl sammelte sich in
dem Glasrohre an und konnte aus diesem bei Schließung der
unteren engeren Öffnung beliebig ausgegossen werden.
Die ätherischen Öle, welche die in Frankreich schon im
Laufe des 18. Jahrhunderts entwickelte Parfüm erieindustrie in
größeren Mengen verbrauchte, wurden noch im ersten Viertel
des vorigen Jahrhunderts in den herkömmlichen primitiven
Destillierblasen gewonnen und durch Rektifikation gereinigt. In
Deutschland wurden dafür hauptsächlich die in Fig. 38 und 39
abgebildeten Apparate gebraucht. Während in Frankreich be-
sonders Lavendelöl, Rosrnarinöl, Pomeranzenblütenöl und andere
wohlriechende Öle (Essences), und in der Türkei Rosenöl ge-
wonnen wurden, lieferten Deutschland und Ungarn Kümmel-,
Fenchel-, Anis-, Coriander-, Calmus-, Pfefferminz-, Krauseminz-,
Baldrian-, Kamillen- und andere arzneilich und gewerblich ge-
brauchte Öle. Im südlichen Frankreich, besonders in den See-
alpen entwickelte sich schon seit Anfang des vorigen Jahrhunderts
eine größere Industrie der Öle, sonst aber wurden die haupt-
sächlich arzneilich gebrauchten Öle meistens in Apotheken-
laboratorien gewonnen. Nach und nach begründeten einzelne
Apotheker und Drogisten in den für die Arzneipflanzenkultur
besonders günstigen Gegenden, so in Thüringen, an der Saale
und der Elbe, in Sachsen, Böhmen und Franken, auch in Ungarn,
nach kleinem Anfange größere Unternehmungen für die Ge-
winnung von ätherischen Ölen. Indessen haben nur wenige
längeren Bestand gehabt. Wie in chemischen und anderen In-
dustriezweigen, trat an die Stelle dieser Kleinbetriebe überall die
kundigere und leistungsfähigere Großindustrie. Diese hat seit
der Mitte des vorigen Jahrhunderts auch auf dem Gebiete der
ätherischen Öle die herkömmlichen Destüliermethoden und Destil-
liergeräte Schritt für Schritt durch bessere ergänzt und vervoll-
kommnet und hat, Hand in Hand mit den wissenschaftlichen
und technischen Fortschritten, einerseits diesen selbst Anregung
und Förderung gegeben und anderseits die Resultate für die
Wissenschaft und für sich nutzbar gemacht.
Die früheren, einfachen Apparate gewannen in den Fabrik-
stätten der Großindustrie der ätherischen Öle eine andere Ge-
Geschichte der Destillierweisen und der Destilliergeräte. 253
stalt. Die herkömmlichen kleinen Destillierapparate wurden durch
größere und rationeller konstruierte ersetzt, die nicht nur eine
völligere Erschöpfung der Vegetabilien und damit eine größere
Ausbeute, sondern auch Öle von besserer Qualität ergaben.
Die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in den Fabriken
gebräuchlichen Apparate waren die für Wasserdestillation und
Fig. 44.
die für die trockene Dampfdestillation eingerichteten Destillier-
blasen.
Die Destillierblase des ersteren Apparates (Fig. 44) ist
eine einfache Vorrichtung für Destillation von Vegetabilien in
Wasser, sowie auch für die Rektifikation roher Öle durch Dampf.
Die Blase wird mittels eines am Boden einmündenden, vielfach
durchbohrten Ringes d durch gespannten Dampf oder direkt
254
Geschichtliche Einleitung.
durch Einströmen des Dampfes in den unteren Doppelmantel B
geheizt. Das Destillationswasser läuft während der Destillation
immer wieder durch das Rohr F in die Blase zurück.
Bei der Destillation mit trocknem Wasserdampf (Fig. 45)
wird die Blase mit den Vegetabilien ohne Wasserzusatz gefüllt,
und es wird mit von unten nach oben hin durchströmendem Dampf
destilliert. Diese oder ähnlich konstruierte Dampfdestillierblasen
werden auch jetzt noch für die Destillation mancher Öle ge-
braucht, nur wird statt des schlangenförmigen Kühlers häufig
ein Röhrenkühler verwendet.
Fig. 45.
Die Fabrikation der ätherischen Öle hatte sich mit Be-
nutzung dieser Destillierapparate seit der Mitte des vorigen Jahr-
hunderts allmählich aus einem Gewerbe zu einem Zweige der
chemischen Industrie entwickelt, besonders in einzelnen Betrieben
im mittleren Deutschland und im südlichen Frankreich.
Mit dem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über-
raschend schnellen Emporkommen der Parfümerie-lndustrie nahm
der Verbrauch und der Handel der ätherischen Öle einen un-
vorhergesehenen Aufschwung. Wissenschaftliche und technische
Errungenschaften, Handelsinteressen und geschäftliche Kon-
kurrenz führten alsdann in enger Zusammenwirkung und schneller
Folge zur Herstellung rationellerer Destillationsmethoden und zur
Konstruktion von Destillierapparaten größter Dimensionen für
die Massenproduktion.
Geschichte der DestilHerweisen und der Destilliergeräte. 255
Wie die Theorie und die Praxis der heutigen Destillierkunst
in ihrer Anwendung auf die Gewinnung der ätherischen Öle,
so hat auch die allmähliche Entwicklung der dafür dienenden
Destilliergeräte ein beträchtliches geschichtliches Interesse. Ein
Rückblick von den heutigen, nachstehend in einer Anzahl von
Abbildungen zur Anschauung gebrachten Destillierapparaten aus
der größten deutschen Fabrik, läßt kaum noch irgend einen Zu-
sammenhang mit ihren Prototypen wahrnehmen. Jedes der
früheren Destilliergefäße, vor allem aber jeder der modernen
Riesenapparate, ist ein Glied der langen Kette der Entwicklung
der Destillierkunst, die sich besonders schnell in den letzten
Jahrzehnten vollzogen hat. Fast jeder dieser Apparate ist ge-
wissermaßen eine aus den Ruinen unmittelbarer Vorgänger er-
standene Neuschöpfung.
Unter den verschiedenen Zweigen der modernen chemischen
Industrie, in welcher Deutschland zur Zeit die erste Stelle ein-
nimmt, hat auch die Fabrikation der ätherischen Öle und syn-
thetischen Riechstoffe eine kaum geahnte Bedeutung erlangt
und sich durch hervorragende Leistungen eine maßgebende
Stellung erworben.
256
Geschieh ll ich e Einleitung*
Fig. 4fi.
Moderner Destillier- und Rctftifmcnpparab
Gtschichto der Dc-sti II i erweisen und der De»£lll1crgeräte.
257
FLfl. 47.
DestULier- und Rektifizierapparat.
Gildein-fistej-, Die Ätherischen Qk. t.
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253
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Geschichtliche Einleitung.
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Gewinnung der Riechstoffe
aus Blüten
durch Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
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Die gebräuchlichste Gewinnungsmethode der ätherischen Öle
ist die Destillation mit Wasserdampf 1 ). Dies Verfahren liefert
nicht nur die besten Ausbeuten und die reinsten Produkte,
sondern man kommt bei ihm auf dem billigsten Wege mit einer
verhältnismäßig einfachen Apparatur zum Ziel; auch kann man
leicht und ohne viel Handarbeit große Mengen von ätherischen
Ölen erzeugen. In einzelnen Fällen führt die Destillation aber
nicht zum gewünschten Erfolge, und zwar dann, wenn die hohe
Temperatur des Wasserdampfes empfindliche Riechstoffe zerstört,
oder wenn die Menge des im Destillationsmaterial enthaltenen
Öls relativ gering und dieses noch obendrein in Wasser leicht
löslich ist. Man erhält dann durch Destillation im günstigen
Falle ein wohlriechendes Wasser, aus dem aber durch das in
dem in Anm. 1 genannten Werke beschriebene Kohobations-
verfahren kein ätherisches Öl gewonnen werden kann.
Es sind gerade die wohlriechendsten Pflanzenteile, nämlich
die Blüten, die sich häufig nicht für die Wasserdampfdestillation
eignen. Um die Riechstoffe, die ihnen den zarten Duft verleihen,
darzustellen, wendet man daher andere Verfahren an, indem man
entweder die ätherischen Öle mit flüchtigen Lösungsmitteln oder
mit Fett auszieht oder sie von Fett absorbieren läßt.
Man unterscheidet:
A. Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln.
B. Extraktion mit nicht flüchtigen Lösungsmitteln, d. h. Fetten,
1. ohne Anwendung von Wärme: Enfleurage.
2. in der Wärme: Mazeration.
*) Die Wasserdampfdestillation, die in diesem Buche nicht beschrieben
ist, bildet den Gegenstand eines besonderen, von Prof. Dr. C. von Rechen-
berg herausgegebenen Werkes: Einfache und fraktionierte Destillation in
Theorie und Praxis. Mit zahlreichen Abbildungen und Tabellen. Miltitz bei
Leipzig 1923. Selbstverlag von Schimmel § Co. Für den BuchhandeLjIurch
L. Staackmann, Leipzig.
266 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
Welche von den genannten Arbeitsweisen sich bei den
einzelnen Blütenarten am besten zur Gewinnung der in ihnen
enthaltenen Duftstoffe eignet, hat man in Südfrankreich durch
langjährige Erfahrung festgestellt.
Man wendet die Extraktion mit flüchtigen Lösungs-
mitteln an bei Rosen, Parma- und Viktoriaveilchen, Orangen-
blüten, Jasmin, Tuberosen, Jonquillen, Cassie und Reseda, seltener
bei Nelken, Maiglöckchen, Heliotrop, Flieder, Levkojen, Narzissen,
Mimosen und Hyazinthen 1 ). Auf dieselbe Weise stellt man aus
dem sogenannten „Mousse de chene", das aus der Flechte Evernia
prunastri besteht, ein konkretes Öl her.
Die Enfleurage gibt die besten Ergebnisse bei Jasmin,
Tuberosen, Jonquillen, Maiglöckchen und Reseda.
Das Mazerationsverfahren endlich benutzt man bei Rosen,
Orangenblüten, Veilchen, Cassieblüten und Maiglöckchen.
Wie man sieht, lassen sich einige der aufgeführten Blüten,
z. B. Rosen, Cassie und Veilchen, erfolgreich entweder mit flüch-
tigen Lösungsmitteln oder mit warmem Fett behandeln. Es hatte
sich schon längst herausgestellt, daß Jasmin und Tuberosen bei
diesen beiden Methoden ganz ungenügende Ausbeuten geben,
während nach dem Enfleurageverfahren sehr befriedigende Re-
sultate erzielt werden. Auf diesen Umstand machte zuerst
Passy 2 ) aufmerksam und gab für das verschiedene Verhalten
der einzelnen Blütenarten folgende Erklärung:
„Die Blüten teilen sich in zwei Kategorien, von denen die eine, zu der
die Rosen und Orangen gehören, ihren Duftstoff fertig enthalten. Bei der
anderen, zu der z. B. Jasmin und Tuberosen zu rechnen sind, ist kein äthe-
risches Öl oder nur unbedeutende Mengen davon fertig gebildet vorhanden.
Diese produzieren aber fortwährend Riechstoffe, durch die Lebenstätigkeit der
Zelle. Tötet man nun die Blüten durch Petroläther oder warmes Fett, so
hört natürlich die an den Lebensprozeß gebundene Bildung von ätherischem
Öl auf. Legt man die abgeschnittene Blume auf Fett, so lebt sie noch eine
ganze Weile weiter und entsendet Düfte in die Luft, aus der sie dann während
des Enfleurageprozesses von dem Fett absorbiert werden."
Bei der experimentellen Nachprüfung dieser Hypothese kam
Hesse 8 ) zu dem überraschenden Resultat, daß bei Jasmin die
Ausbeute an ätherischem Öl bei der Enfleurage vier- bis fünf-
*) Perfum. Record 5 (1914), 136.
») Compt rend. 124 (1897), 783; Bull. Soc. chim. III. 17 (1897), 519.
») Berl. Berichte 34 (1901), 293, 2928; 86 (1903), 1465; 87 (1904), 1462.
Extraktion mit flüchtigen LSsungsmitteln. 267
mal 1 ) so groß ist wie bei der Extraktion mit flüchtigen Lösungs-
mitteln. Bei den Tuberosen ist das Verhältnis noch günstiger.
Aus diesen wertvollen Untersuchungen geht hervor, daß sich der
Riechstoff bei Jasmin und Tuberose während der Dauer der
Enfleurage stets von neuem, wie Hesse annimmt, durch fer-
mentative Spaltung von in den Blüten enthaltenen Glucosiden,
bildet und von dem Fett absorbiert wird. Diese Hypothese, die
auch E. Charabot 2 ) vertritt, muß aber noch durch Experimental-
untersuchungen gestützt und bewiesen werden. Es ergibt sich
hieraus die Überlegenheit der Enfleurage gegenüber dem Extrak-
tionsverfahren für einzelne Blütensorten. Bei anderen Blüten trifft
dies jedoch nicht zu; so lieferten nach Hesse und Zeitschel s )
1000 kg Orangenblüten bei der Enfleurage rund 100, bei der
Mazeration 400 und bei der Destillation mit Wasserdampf 1200 g
Öl (von denen ca. 400 g in das Wasser übergehen).
A. Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln.
Der Erste, der die Verwendung flüchtiger Lösungsmittel zur
Extraktion von Blüten vorgeschlagen hat, war Robiquet. In
einer im Jahre 1835 erschienenen Abhandlung 4 ) führt er aus,
daß einige Pflanzen, wie z. B. Jonquille, Jasmin, Heliotrop und
Tuberose, trotz ihres lieblichen Geruchs, auf die gewöhnliche
Weise mit Wasserdampf behandelt, kein ätherisches Öl liefern.
Er fand, daß man den Riechstoff der Jonquillen durch Ausziehen
mit Äther und Verdunsten dieses niedrig siedenden Lösungsmittels
*) Hierzu bemerkt H. von Soden (Deutsche Parf.-Ztg. 11 [1925], 149),
daß nach seinen Erfahrungen, die sich auf die Bestimmungen des aus der
Extraktion von mehreren 1000 kg Jasmtnblüten gewonnenen ätherischen Öls
stützen, das Ausbeuteverhältnis zwischen Enfleurage und Extraktion mit
flüchtigen Lösungsmitteln auf 2,5 : 1 zurückgehe.
a ) Perfum. Record 12 (1921), 194.
") Joum. für prakt. Chem. IL 64 (1901), 245.
*) Recherches sar I'arome de la. jonquille. fourn. de Pharm. 21 (1835),
335; Buchners Repert. f. d. Pharm. 54 (1835), 249; Pharm. Zentralbl. 1835, 553.
268 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
gewinnen könne. Im folgenden Jahre stellte L. A. Buchner 1 ),
angeregt durch den erfolgreichen Versuch Robiquets, fest, daß
die Extraktion mit Äther auch bei anderen Blüten mit leicht ver-
gänglichem Aroma, z. B. denen von Philadelphias coronarius,
Tilia europaea und Reseda odorata gut ausführbar sei. In der-
selben Weise verfuhr Favrot 2 ), als er im Jahre 1838 die Duft-
stoffe der „flores Acaciae" (also wohl von Robinia pseudacacia?)
sowie der Blüten von Syringa vulgaris mit Äther auszog.
Sehr eingehend beschäftigte sich Millon 8 ) in Algier mit der
Extraktion von Blüten durch flüchtige Lösungsmittel. Er empfahl
zu diesem Zweck Äther, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Holz-
geist und die flüchtigsten Anteile des Benzins.
Millon brachte die Blüten in einen „appareil ä döp/acement" , füllte
mit Äther auf und erneuerte diesen nach 10 bis 20 Minuten. Das nach Ver-
dampfen des Lösungsmittels erhaltene Extrakt bewahrte er offen auf, weil er
glaubte, daß der Zutritt der Luft günstig auf den Riechstoff wirke. Es ist
dies aber nur eine Täuschung; wird nämlich das Lösungsmittel nicht sehr
sorgfältig unter Zuhilfenahme des Vakuums entfernt, so riecht man die ge-
ringsten Spuren noch, wenn das Extrakt in einem geschlossenen Gefäße auf-
bewahrt wird. Es war Millon nicht unbekannt, daß die Hauptmenge des
Extrakts aus Pflanzenwachs besteht, das in Alkohol fast unlöslich ist, und
er bestimmte aus der Gewichtsdifferenz des Extrakts, vor und nach der Be-
handlung mit Alkohol, die Menge des in ihm enthaltenen Riechstoffs.
Auch auf die Bedeutung der Tageszeit für die Ernte machte Millon
aufmerksam. Nelken müssen nach zwei- bis dreistündiger intensiver Besonnung,
Rosen des Morgens, wenn sie vollständig aufgeblüht sind, Jasminblüten vor
Sonnenaufgang geerntet werden. Cassie riecht für ein geübtes Organ ver-
schieden, je nachdem die Blüte morgens, mittags oder abends gesammelt ist.
Zur Extraktion werden von Millon empfohlen: Orangenblüten, Tuberosen,
Heliotrop, Levkojen und Narzissen.
Die Verwendung des jetzt allgemein gebräuchlichen Petrol-
äthers an Stelle von Äther ist von H. Hirzel 4 ) in Leipzig
vorgeschlagen worden; seine zu diesem Zwecke konstruierten
Apparate waren bereits im Jahre 1864 in Frankreich, England,
Osterreich und mehreren Staaten Deutschlands patentiert Das
*) Versuche zur Extraktion von Blüten mit Äther. Buchners Repert. f.
d. Pharm. 56 (1836), 382.
a ) Journ. de Chim. mSd. 1888, 221; Pharm. Zentralbl. 1888, 442.
3 ) Memoire sur la nature des Parfüms et sur quelques f/eurs caltivables
ei? AJgdrie. Journ. de Pharm, et Chim. III. 80 (1856), 407; Compt. rend. 48
(1856), 197. F
*) Hirzels Toiletten-Chemie. III. Aufl. Leipzig 1874, S. 77.
Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln. 269
Problem, die Extraktion unter Verwendung von Äther, Schwefel-
kohlenstoff, Chloroform und Petroläther zu einem technisch
brauchbaren Verfahren zu gestalten, versuchte auch um dieselbe
Zeit A. Piver 1 ). Die Benutzung von Methylchlorid als Lösungs-
mittel befürwortete Camille Vincent 3 ).
Zu Anfang der siebziger Jahre arbeitete Louis Roure 8 ) ein
Verfahren aus, durch Extraktion von Blüten höchst konzentrierte
Parfüms in Gestalt alkohollöslicher Produkte zu gewinnen, die
als „Essences concretes" im Jahre 1873 auf der Wiener Welt-
ausstellung erschienen. Einen sehr komplizierten Apparat ließ
sich Laurent Naudin 4 ) 1875 patentieren, der unter anderem
auch gestattete, die Destillation des mit Riechstoff beladenen
Lösungsmittels im Vakuum vorzunehmen.
Industrielle Anwendung findet das Verfahren der Extraktion
von Blüten mit flüchtigen Lösungsmitteln erst seit 40 bis 45 Jahren.
Massignon errichtete zu dieser Zeit eine Extraktionsanlage in
Cannes, deren Apparate den in der Zuckerindustrie gebräuch-
lichen Diffuseuren nachgebildet waren. Das mit dem Blumen-
duft gesättigte Lösungsmittel wurde in einer Vakuumdestillier-
blase verdampft. Als Extraktionsmittel versuchte Massignon
zuerst Äther, Schwefelkohlenstoff, Methylchlorid und Benzol,
schließlich kam er zu der Überzeugung, daß für seine Zwecke
ein gereinigter Petroläther vom spez. Gewicht 0,650 am ge-
eignetsten sei. Später verkaufte Massignon seine Fabrik und
seine Patente an Leon Chiris. Allmählich wurden weitere
Fabriken mit Blütenextraktionsanlagen ausgerüstet, und gegen-
wärtig zählt man in Grasse über 15 größere derartige Betriebe 5 ).
In Deutschland werden von Schimmel $ Co. in Miltitz und von
Heine § Co. in Gröba Blüten, hauptsächlich Rosen, mit flüchtigen
Lösungsmitteln extrahiert. In Jaffa errichtete Garnier eine Fabrik
zur Extraktion von Cassieblüten und in Kara-Sarlii bei Karlovo
in Bulgarien eine solche, um Rosen nach der Extraktionsmethode
zu behandeln. Auch ist in ISeu-Kaledonien eine Anlage zum
*) Ebenda S. 79.
*) Piesse, Chimie des parfums. 1903, S. 69.
s ) Berichte von Roure-Bertrand Fils Oktober 1900, 27.
*) Bull. Soc. chäm. II. 88 (1882), 586 bis 600.
B ) Mit Abbildungen versehene Beschreibungen der hauptsächlichsten
■Grasser Fabriken finden sich in Perfum. Record 12 (1921), 197 bis 222.
270 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
Extrahieren von Cassie und anderen, hierzu auf der Insel an-
gebauten Blumen eingerichtet worden. Weitere Extraktions-
betriebe bestehen in Beirut (Lautier Fils), in Ägypten und auf
Reunion (Garnier).
Die praktische Ausführung des Verfahrens der Extraktion
mit flüchtigen Lösungsmitteln zerfällt in vier Teile:
1. Wahl und Reinigung des Lösungsmittels.
2. Methodische Erschöpfung der Blüten.
3. Verdampfung des Lösungsmittels und Gewinnung des mit
Riechstoffen beladenen Blütenwachses (cire parfumee).
4. Wiedergewinnung des Lösungsmittels.
1. Wahl und Reinigung des Lösungsmittels. Das in
den meisten Fällen angewandte Lösungsmittel ist Petroläther
(Benzin) vom spez. Gewicht 0,650 (15°); man reinigt ihn durch
aufeinanderfolgende Behandlung mit Schwefelsäure und Natron-
lauge, wäscht mit Wasser aus und fraktioniert über festem
Paraffin in einer mit Kolonne versehenen Blase, um die leichtesten
und schwersten Anteile zu entfernen. Seltener benutzt man
Benzol, da dies den Nachteil hat, stark gefärbte Extrakte zu
geben. Schwefelkohlenstoff ist unbrauchbar, weil er stets einen
unangenehmen Geruch hinterläßt. Ebensowenig hat sich Tetra-
chlorkohlenstoff bewährt. Der Verwendung des Äthers steht
sein hoher Preis im Wege.
2. Methodische Erschöpfung der Blüten. Die Extrak-
toren der feststehenden Extraktionsapparate sind zylindrische
Gefäße von verschiedener Größe, in der Regel von etwa 500 Litern
Inhalt, in die 3 bis 4 zur Aufnahme der Blüten bestimmte, niedrige
Zylinder aus Drahtgeflecht oder gelochtem Blech übereinander-
gesetzt werden. Die Extraktören sind luftdicht durch einen ab-
nehmbaren Deckel verschließbar und werden in verschiedener
Weise so aufgestellt, daß das Lösungsmittel mit Hilfe einer
Pumpe zwischen den einzelnen Gefäßen zirkulieren kann. Sie
stehen im Kreise oder in Reihen und sind entweder sämtlich
nebeneinander (Fig. 54, S.275) oder in zwei Etagen übereinander
angeordnet (Fig. 53, S. 274).
Nachdem von jeder Füllung 3 bis 4 Auszüge (Iavages) ge-
macht sind, werden die Blüten durch neue ersetzt, was in der
Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln. 271
Regel nach 24 Stunden geschieht, so daß das Extraktionsmittel
jedesmal 6 bis 8 Stunden mit den Blüten in Berührung bleibt.
Nur wenn während der hohen Ernte die Zeit drängt, wechselt
man die Blüten alle 8 oder sogar alle 4 bis 5 Stunden, erzielt
aber dann eine unvollständige Erschöpfung des Materials.
Jede Blütenfüllung wird in der Regel dreimal extrahiert,
seltener zwei- oder viermal. Man nimmt zur dritten (oder letzten)
Extraktion frischen Petroläther, zur zweiten Extraktion solchen,
der zu einer früheren dritten gedient hat und zur ersten Extrak-
tion (also zu den frischen Blüten) solchen, der einmal zur zweiten
und einmal zur dritten Extraktion benutzt worden ist. Jeder
Auszug wird in einem besonderen Behälter aufgefangen.
Ob dieselbe Blütenmenge zwei-, drei-, viermal oder noch
öfter extrahiert wird, hängt von der Art der zu behandelnden
Blüten und von der Ansicht des betreffenden Fabrikanten ab.
Ebenso sind die Meinungen darüber verschieden, wie häufig man
denselben Petroläther benutzen kann, ehe man ihn der Destil-
lation unterwirft.
In einzelnen Fällen hat man, um die Ausbeute zu erhöhen,
die Extraktoren zum Anwärmen eingerichtet, dabei aber nur
eine größere Ausbeute an Pflanzen wachs, nicht aber an Riech-
stoffen erzielt.
Nach Lindet und Fondart 1 ) wird die Ausbeute beträchtlich
gesteigert, wenn die Pflanzenteile vorher sorgfältig zerkleinert
werden. Es wurde festgestellt, daß fein zerriebene Rosen- und
Jasminblütenblätter bei der Extraktion mit Petroläther 33 °[o
mehr ätherisches Öl als die ganzen Blütenblätter lieferten. Die
Qualität der Riechstoffe wurde durch diese Behandlung nicht
verändert.
Von Vorteil soll es nach dem französischen Patent von
Lautier Fils Nr. 5S4273 2 ) (vom 15. 10. 1923) sein, wenn man
vor der Extraktion aus Blüten, Blättern und andern Pflanzen-
teilen das Wasser mittels hygroskopischer, auf das Parfüm nicht
einwirkender Stoffe, wie wasserfreies Natriumsulfat, Magnesium-
sulfat, Natriumcarbonat, aus den Pflanzenteilen entfernt.
*) Compt. rend. Acad. Agr. France 1924, 169; Chimie et Industrie 12
(1924), 724; Bericht von Schimmel § Co. 1925, 134.
*) Chem. Zentralbl. 1915, II. 1394.
272 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
3. Verdampfung des Lösungsmittels. Man arbeitet in
einer oder mehreren Blasen unter Atmosphärendruck oder im
Vakuum. Gewöhnlich läßt man das Lösungsmittel zunächst in
einer großen Blase unter Atmosphärendruck verdampfen, bis die
Temperatur fast zu dem Punkt gestiegen ist, bei dem der Duft
des Riechstoffes an Feinheit einbüßen würde, dann setzt man
die Verdampfung in einer Vakuumblase fort und beendigt sie
schließlich in einem Glaskolben.
Die letzten Spuren des Lösungsmittels werden entfernt,
indem man in die geschmolzene Wachsmasse kleine Mengen
absoluten Alkohols einführt, wodurch ein stürmisches Aufwallen
entsteht.
Die so erhaltenen Blütenextrakte werden als „konkrete Öle"
{essences concrdtesj bezeichnet. Die daraus in der unten be-
schriebenen Weise hergestellten alkoholischen Auszüge heißen
„Blütenextraits" (extraits aux fleurs) und die nach Entfernung
des Alkohols verbleibenden reinen Öle „Qu/ntessences" 1 ).
4. Wiedergewinnung des Lösungsmittels. Bei der
Kostspieligkeit des Lösungsmittels sucht man durch zweck-
entsprechende Vorkehrungen Verluste möglichst zu vermeiden.
Deshalb benutzt man recht große und gut gekühlte Schlangen,
um die Dämpfe aus den Blasen, Extraktoren und Reservoiren
zu kondensieren. Auch muß das Auspuffrohr der Vakuumpumpe
mit einem gut wirkenden Kühlsystem verbunden werden. Arbeitet
man ohne Vakuum, so sind die Petrolätherverluste geringer,
allein das Verdampfen unter Atmosphärendruck hat den bereits
erwähnten Nachteil, daß die gegen Wärme sehr empfindlichen
Blumendüfte durch die höhere Temperatur leiden.
Das nach beendigter Extraktion den Blüten noch anhaftende
Lösungsmittel entfernt man, indem man in die durch Rohre mit
dem Kühler verbundenen Extraktoren direkten Dampf einleitet,
oder indem man die Blüten aus den Extraktionsgefäßen in eine
Blase füllt und dort das flüchtige Exträktionsmittel mit Wasser-
dampf abtreibt.
Ausbeuten. Diese wechseln sehr stark, je nach dem an-
gewandten Lösungsmittel, der Temperatur, bei der man arbeitet,
und der Dauer der Extraktion.
l ) \ea.nca.Tdet$atie,A6r6gecfe/a Chimie des Parfüms. Parisl904, S.12.
Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln. 273
Es werden bei der Extraktion mit Petroläther bei gewöhn-
licher Temperatur an konkreten Ölen erhalten von je 1 kg:
Viktoria -Veilchen . . . . 1,5 bis 1,8 g
Rosen 1,7 „ 2,5 ,
Orangen bluten ..... 2,0 „ 4,0 ,
Jasmin 1,6 „ 2,25 ,
Cassie 3,5 „ 5,0 ,
Reseda 1,3 „ 1,5 ,
Entfernung des Pflanzenwachses aus den konkreten
Ölen. Zu diesem Zwecke behandelt man die erhaltenen Extrakte
(essences concretes) mit starkem Alkohol durch mehrtägiges
Schütteln in Glasflaschen, meist unter Anwendung von Schüttel-
maschinen (batteases). Dann trennt man den Alkohol vom Un-
gelösten und kühlt ihn längere Zeit unter 0° ab; das dadurch
ausgeschiedene Wachs beseitigt man durch Filtrieren, setzt eine
Kochsalzlösung zur Flüssigkeit und hebt den obenauf schwim-
menden Riechstoff ab, aus dem man, wenn notwendig, die letzten
Spuren Alkohol im Vakuum entfernt.
Da sich beim Schütteln mit Alkohol das Pflanzenwachs
zusammenballt und dann seine riechenden Bestandteile nur sehr
schwer abgibt, so mischt man nach dem Vorschlage Massignons 1 )
das Pflanzenwachs mit einem geruchlosen und sehr harten Mineral-
wachs, wodurch man eine Masse erhält, die im Mörser zerkleinert
werden kann und die beim Behandeln mit Alkohol in diesem
suspendiert bleibt und sich leichter ausziehen läßt.
Beschreibung der Arbeitsweise in der in Fig. 53 S. 274 abgebildeten
Extraktionsbatterie.
In der schematischen Zeichnung sind die Extraktoren mit Et und JS S
bezeichnet. Sie haben einen Inhalt von etwa 500 1 und sind innen durch
3 bis 4 Siebböden aus gelochtem Blech oder durch Drahtkörbe abgeteilt. An
dem luftdicht schließenden Deckel sind zwei Rohre angebracht, von denen
das eine zum Einführen des Lösungsmittels, das andere zur Entlüftung des
Apparats dient Die Rohre haben ein biegsames Endstück und können durch
Schrauben leicht auf dem Deckel befestigt werden. Der Boden des Extrak-
tors verläuft schwach konisch, was ein vollständiges Entfernen des Lösungs-
mittels durch das in der Mitte angebrachte Rohr ermöglicht.
*) P. Jeancard, Volatile solvente applied to flowers. The American
Perfumer 1 (1907), 10.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 18
274
Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
S stellt einen Kühler dar, in dem die entweichenden Dämpfe verdichtet
werden; das Kondensat sammelt sich bei Kund fließt in das Reservoir R4.;
die nicht kondensierten Gase und die Luft entweichen durch das Rohr s.
Si und S" sind die zu den Blasen A und A t gehörigen Kühler.
A, eine größere Blase zur Destillation unter Atmosphärendruck, ist mit
einem Glasrohr zur Beobachtung des Flüssigkeitsstandes und einem Thermo-
meter versehen. Das Destillat geht durch den Kühler 5 t in das Reservoir /?«,
den Destillationsrückstand läßt man in das Gefäß R" fließen.
Ai ist eine Vakuumblase, die durch ein Wasserbad geheizt werden kann.
Man füllt sie, indem man die Flüssigkeit aus R" einsaugt. Das vom Riech-
Fig. 53.
Schematäscher Aufriß einer Extraktionsbatterie.
Stoff getrennte Lösungsmittel befindet sich in R'", von wo es durch die
Zirkulationspumpe nach den großen Behältern geschafft wird.
Rt, Rt, Ra, Ri sind 4 Vorratsgefäße von ungefähr 2000 1 Inhalt, mit
Flüssigkeitsständen und Entlüftungsrohren ausgerüstet und mit der Pumpe
und den Extraktoren durch das Rohrsystem verbunden.
Das Füllen der Extraktoren geschieht von R' aus, wohin das betreffende
Lösungsmittel jedesmal aus den anderen Reservoiren mit Hilfe der Pumpe P
geschafft wird. Am oberen Teile ist ein Überlauf angebracht.
Die Rohre sind durch eine starke Linie bezeichnet. An allen Apparaten
und an den Kreuzungspunkten der Rohre befinden sich Hähne mit einem
oder mehreren Durchgängen.
Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln.
275
276
Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
2.
3
CTO
n>
3
o
o
13
OH.
HD
3.
Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln.
277
Das gereinigte Lösungsmittel tritt durch das Rohr /f ein und fließt in
die Behälter fa, ^?s, /?*, die bis zu ungefähr */s vollgefüllt werden. Dann bringt
man die Blüten auf die Siebe der Extraktoren £i, befestigt die Deckel,
schraubt die Zufluß- und Entlüftungsrohre an und läßt das Lösungsmittel aus
7?' in die drei Extraktoren £i laufen, bis es die Blüten vollständig bedeckt.
Dann füllt man die drei Extraktoren Et und bedeckt die Blumen mit dem
Fig. 5o.
Seitenansicht der Extraktionsanlage von Deroy Fils A?ne\ Paris.
Lösungsmittel aus den oberen Extraktoren, deren Blüteninhait darauf mit
neuem Lösungsmittel zusammengebracht wird. In dieser Weise werden die
Blüten gewöhnlich dreimal hintereinander extrahiert. Diese drei Extraktionen
macht man in 24 Stunden, nur wenn man sehr eilig ist, in 8 Stunden oder
gar in 4 bis 5 Stunden.
Die von jeder Extraktion erhaltene Flüssigkeit wird getrennt aufbewahrt,
der Behälter Fb. enthält die erste Extraktion, und wenn der Petroläther ge-
278
Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
nügend mit Riechstoff beladen ist, destilliert man ihn in der großen Blase A,
dann unter vermindertem Druck in der Blase A± und schließlich in einem
Glaskolben ab.
Von den ausgezogenen Blüten läßt man das Lösungsmittel gut abtropfen
und destilliert säe dann in einer großen Blase mit Wasserdampf, um den ihnen
noch anhaftenden Petroläther zu gewinnen.
Der oben beschriebene Extraktionsapparat hat jedoch verschiedene
Mängel. Zunächst dauert es geraume Zeit, bis der ruhig in dem Apparat
stehende Petroläther in die stark wasserhaltigen Pflanzenteile eindringt und
sie erschöpft. Sodann können sich, beispielsweise bei nassen Rosen, Klumpen
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werden. Endlich nimmt die Wiedergewinnung des am Extraktionsmaterial
zuletzt noch anhaftenden Lösungsmittels durch Destillation mit Wasserdampf
eine ziemlich lange Zeit in Anspruch. Um diesen Übelständen abzuhelfen,
ist man zu Apparaten übergegangen, in denen während der Extraktion Blüten
und Lösungsmittel gegeneinander bewegt werden.
Ein solcher, von Charles Garnier erfundener Apparat, in dem die in
einer rotierenden Trommel befindlichen Blüten fortwährend durch eine Petrol-
ätherschicht durchgeführt werden, ist in der vorigen Auflage dieses Buches
abgebildet und beschrieben worden. Im Laufe der Zeit hat Garnier 1 ), ge-
x ) Franz. Patent No. 585199 vom. 30. 10. 1923.
Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln.
279
stützt auf langjährige Erfahrungen, den Extraktor noch wesentlich verbessert.
Die Vorteile des neuen Apparats, der aus verzinktem Eisenblech hergestellt
werden kann, bestehen in den niedrigen Anschaffungskosten, Anwendung einer
verhältnismäßig kleinen Menge Lösungsmittel und Zeitersparnis durch schnelles
Füllen und Entleeren, bei kurzer Extraktionsdauer.
Der Apparat hat die Form einer Trommel, die um eine durch sie hin-
durchgehende horizontale Achse drehbar ist (Fig. 57 u. 58). Die Trommel ist
durch gelochte Scheidewände (9, 10, 11, 12, 13, 14, 15) in vier große (2, 3, 4, 5)
und drei kleinere (6, 7, 8) Abteilungen geteilt. Die großen, zum Aufnehmen
der Blüten bestimmten Abteilungen haben je ein Mannloch (20, 21, 22, 23)
Fig. 58.
zum Füllen und Entleeren des Extraktionsgutes. An den Abteilungen 6
und 7 sind Hähne (23, 24) zur Entleerung der Flüssigkeit angebracht. Soll
das erschöpfte Material von dem noch anhaftenden Lösungsmittel befreit
werden, so verbindet man den bei stillstehender Trommel oben befindlichen
Hahn mit einem Kühler und leitet durch die hohle Welle (26) Dampf in
den Apparat.
Die Wirkungsweise des Apparates ist folgende: Nachdem die Abteilungen
2, 3, 4 und 5 mit Blüten gefüllt sind, läßt man das Lösungsmittel bis etwa
zu der Stelle, die in Fig. 58 mit 28 bezeichnet ist, einfließen. Bei der Drehung
der Trommel tauchen nun alle 4 Abteilungen hintereinander in die Flüssigkeit
ein. Ist nach einiger Zeit das Material erschöpft, so zieht man die Flüssig-
keit ab und entfernt die letzten Spuren durch eingeleiteten Dampf.
280 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
Ein anderer Apparat, der ebenfalls zur Extraktion von Riechstoffen mit
flüchtigen Lösungsmitteln aus Blüten, dient, ist von J. A. Hugues 1 ) be-
schrieben worden.
In einem großen Extraktionskessel sind an zwei endlosen Ketten eine
Anzahl von Kästen angebracht, die, wie bei einer Baggermaschine, von oben
nach unten und von unten nach oben einen ständigen Kreislauf machen können.
Der Kessel enthält am Boden die für die Extraktion notwendige Menge
Flüssigkeit, wie Petroläther, Schwefelkohlenstoff oder Äthylidenchloräd, in die
der jeweils unterste Kasten ganz eintaucht. Die mit durchlöcherten Böden,
Deckeln und Zwischenwänden versehenen Kästen werden mit den auszu-
ziehenden Drogen gefüllt und andauernd so lange durch das Extraktionsmittel
gezogen, bis dieses mit dem Riechstoffe gesättigt ist. Mierauf entfernt man
die Hauptmenge des Lösungsmittels durch ein Rohr, das am untern Ende des
großen Kessels angebracht ist, und gewinnt aus der Flüssigkeit die Riechstoffe
durch Destillation. Was an Lösungsmitteln von der Droge zurückgehalten
wird, kann durch Destillation aus dem Apparat direkt wieder gewonnen und
zu den folgenden Extraktionen verwendet werden. Das Verfahren soll wegen
der geringen Verluste an Lösungsmitteln andern Methoden vorzuziehen sein.
B. Extraktion
mit einem nicht flüchtigen Lösungsmittel.
1. Ohne Anwendung von Wärme: Absorption oder
Enfleurage ä froid.
Das für diejenigen Blüten, die auch im abgeschnittenen
Zustande fortwährend ätherische Öle produzieren (s. S. 266), in
Anwendung kommende Absorptionsverfahren (kurz „Enfleurage"
genannt) beruht auf der Fähigkeit von Fetten oder fetten Ölen,
das verduftende Öl der Blüten aufzunehmen und festzuhalten
und wird in verhältnismäßig sehr primitiver Weise ausgeführt.
Es kommt praktisch, wie schon S. 266 erwähnt, in Betracht für
Jasmin, Tuberose, Jonquille, Maiglöckchen und Reseda.
Man benutzt zur Enfleurage sogenannte „Chassis", d. h.
Holzrahmen von etwa 5 cm Höhe und 50 bis 80 cm im Quadrat,
die in ihrer Mitte eine Glasplatte tragen. Letztere wird beider-
seits mit einer etwa 3 mm hohen Fettschicht bestrichen, wobei man
ringsherum einen etwa 4 cm breiten Rand läßt (Fig. 59, S. 282),
*) Franz. Patent No. 508085 vom 23. 12. 1919.
Extraktion mit einem nicht flüchtigen Lösungsmittel. 281
worauf auf eine dieser Fettschichten die Blüten (ohne Kelche)
gestreut werden (enfleurer) (Fig. 60, S. 283). Zur Vergrößerung
der Oberfläche des Fettes zieht man meist noch mit einem
Spatel gitterartige Furchen. Derartig präparierte Chassis werden
über mannshoch (etwa 35 bis 40 Stück) aufeinander gestellt, so
daß sich die Blüten überall in einer Art Kammer zwischen zwei
Fettschichten befinden, die die Duftstoffe aufnehmen. Je nach
der Art der Blüten bleiben diese verschieden lange auf den
Chassis liegen, und zwar Jasmin 24 Stunden, Jonquille 48 Stunden
und Tuberose 72 Stunden; die letzteren Blüten werden außerdem
im geschlossenen Zustande auf das Fett gebracht und öffnen
sich erst hier; bringt man sie bereits geöffnet auf die Chassis,
so sind sie schon am nächsten Tage verdorben (pourri). Haben
die Blüten die genügende Zeit auf den Chassis gelegen, so werden
sie durch Abklopfen oder mit den Fingern entfernt (defleurer)
(Fig. 60, S. 283), und die Chassis nunmehr von neuem beschickt,
aber in umgekehrter Weise, indem jetzt die Blüten auf diejenige
Fettschicht gestreut werden, die vorher als obere diente, damit
sich das Fett möglichst gleichmäßig mit den Duftstoffen belädt.
Diese Prozedur kann nun beliebig oft wiederholt werden, bis das
Fett genügend Öl aufgenommen hat. Hiernach richtet sich der
Preis der „Pomade" (pommade franga/se), die um so teurer
ist, je öfter das Fett mit Blüten behandelt worden ist; gewöhn-
lich geschieht das etwa 30 mal.
Lautier Fils in Grasse haben sich ein Verfahren 1 ) schützen
lassen, nach dem die Chassis schnell und leicht mittels Maschinen
vorbereitet, das heißt mit Fett bestrichen und mit den Blüten be-
streut werden. Letztere fallen automatisch durch einen Trichter
auf die mit der Fettschicht überzogenen Chassis, die während-
dessen auf einem Bande ohne Ende unter dem Trichter entlang
gezogen werden.
Um das zeitraubende Abnehmen der Blüten mit den Fingern
zu umgehen, waren bei einigen Fabriken in Grasse Netzgeflechte
aus Seide, Zwirn oder feinen Metallfäden in Gebrauch, die man
bei den Chassis zwischen Fett und Blüten legte, was sich aber
nicht bewährt hat. Lautier Fils 2 ) benutzen jetzt eine Maschine,
*) Franz. Patent Mr. 524595 vom 7. 9. 1921.
*) Perfum. Record 9 <1918), 326. — Parfüm, moderne 12 (1919), 4-
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Extraktion mit einem nicht nächtigen Lösungsmittel
283
284 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
die mit Saugluft die Blüten vom Fett entfernt. Außer größerer
Sauberkeit soll dies Verfahren bei geringerem Fettverlust sechs-
mal schneller zum Ziele führen als die bisherige Handarbeit.
Die Gewinnung einer guten Pomade ist in erster Linie von
der Beschaffenheit des Fettes abhängig, dessen Reinigung mit
der größten Sorgfalt geschehen muß. Da Schweinefett zu weich
und Rinderfett zu hart ist, verwendet man zur Enfleurage ein
Gemisch beider, beispielsweise ein solches von 40 Teilen Rinder-
mit 60 Teilen Schweinefett, oder man nimmt in den heißesten
Monaten ein Gemenge von gleichen Teilen beider Fettsorten.
Das Fett frischgeschlachteter Tiere wird in Stücke geschnitten,
und alle schlecht riechenden und unreinen Teile werden entfernt.
Das für gut Befundene wird zerkleinert, in einem besonderen
Apparat zu einer gleichmäßigen Masse zerrieben und von Häuten,
Fasern, Gewebeteilen und sonstigen Verunreinigungen getrennt.
Dann wird die Masse, zur Entfernung anhaftenden Blutes, unter
Zusatz von Wasser mit Hilfe eines Mühlsteines solange gemahlen,
bis das ablaufende Wasser klar bleibt. Nun wird das Fett bei
möglichst gelinder Temperatur in einem mit Dampfheizung ver-
sehenen doppelwandigen Gefäße mit etwas (0,15 bis 0,3 °/o) Alaun
zusammengeschmolzen. Dieser Zusatz bewirkt ein leichtes Koa-
gulieren von Unreinigkeiten, die an die Oberfläche steigen und
mit einem Schaumlöffel abgeschöpft werden. Jetzt überläßt man
die geschmolzene Masse einige Zeit der Ruhe und filtriert, wenn
sich das Wasser abgesetzt hat, durch ein leinenes Tuch. Das
so erhaltene reine Fett wird, um es vor dem Ranzigwerden zu
bewahren, noch mit verschiedenen Zusätzen versehen. Man
digeriert es etwa 1 Stunde lang mit Orangenblüten (nach Pille t
250 g pro 1 kg Fett) a ) oder auch — seltener — mit Rosenwasser
(etwa 40 g pro 1 kg Fett) unter gleichzeitigem Zusatz von Benzoe
(1 bis 3 g pro kg Fett) 2 ). Hierauf überläßt man das Gemenge
mehrere Stunden der Ruhe und zieht das klare, wasserfreie Fett
vorsichtig in- die Vorratsgefäße ab. Das geschieht im Mai, zur
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1900, 34.
*) VgI.S.Piesse, Chimie des Parfüms, Paris 1 897, S. 59, 60; J.P.Durvelle,
Fabrication des Essences et des Parfüms. Paris 1908, S. 77. Siehe auch
Jeancard et Satie, Recherches analytiques sur quelques essences de f asm in
(Bull. Soc. chim. IIL 23 [1900], 555) und Hesse, Ober ätherisches Jasmin-
blütenöl (Bert. Berichte 34 [1901], 291).
Extraktion mit einem nicht Flüchtigen Lösungsmittel.
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286 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
Zeit der Orangenblüte. Das so behandelte Fett (Je corps pre-
parej soll vorzüglich haltbar sein. Bisweilen verfährt man auch
einfacher, indem man das auf die vorhin beschriebene Weise ge-
reinigte Fett mit Benzoe (axonge benzoinee) oder mit Tolubalsam
(axonge toluinee) digeriert, oder indem man es einige Augen-
blicke mit Pappelknospen (axonge populinee) erhitzt.
Das hier besprochene Verfahren ist das fast allgemein ge-
bräuchliche. In vereinzelten Fällen benutzt man einen anderen
Fettkörper, nämlich Olivenöl oder Paraffinöl, die natürlich auch
von tadelloser Beschaffenheit sein müssen, aber vorher nicht
besonders präpariert werden. Früher wurde in Südfrankreich
hauptsächlich Behenöl (von Moringa pterygosperma Gärtn.), das
nur sehr wenig zum Ranzigwerden neigt, verwendet, es wurde
aber später mit einem so hohen Zoll belegt, daß es nicht mehr
benutzt werden konnte 1 ). Paraffinöl hat vor den Fetten den Vorteil
unbegrenzter Haltbarkeit, kommt aber trotzdem aus dem weiter
unten angegebenen Grunde weniger zur Anwendung. Bei den
Chassis treten dann an die Stelle der Glasplatten Drahtgitter,
auf die mit den betreffenden Ölen getränkte wollene Tücher ge-
legt werden, die man mit den Blüten bestreut. Im übrigen ver-
fährt man wie oben beschrieben. Das parfümierte Öl, „fiuile
franqaise", „Huile parfumee", „Huile antique", wird schließlich
mittels hydraulischer Pressen aus den Tüchern herausgepreßt.
A. Verley 2 ) hat vorgeschlagen, (Franz. Patent Nr. 488359)
das Fett auf den Chassis durch pulverisierte Holz- oder Tier-
kohle zu ersetzen. Die Aufarbeitung geschieht wie beim Fett,
indem man den absorbierten Riechstoff einfach mit Alkohol aus
der Kohle auswäscht. Man hat noch nichts darüber gehört, ob
sich dies Verfahren, das einen großen Fortschritt bedeuten würde,
in der Praxis bewährt hat.
Die Gewinnung des reinen Öls aus der Pomade oder der
„Huile francaise" geschieht in ähnlicher Weise wie bei den
konkreten Ölen. Die Pomade wird mit starkem Alkohol aus-
gezogen, entweder einfach durch längeres Schütteln in Glas-
flaschen oder im Fabrikbetriebe mit Hilfe von Apparaten, wie
sie Fig. 62 zeigt. Die zylinderförmigen Gefäße haben in ihrem
x ) He ekel, Revue des eultures coloniales 5 (1901), 258.
») Parfüm, moderne IS (1920), 71.
Extraktion mit einem nicht flüchtigen Lösungsmittel,
287
288 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
Innern ein Rührwerk, das auf mechanische Weise in Bewegung
gesetzt wird und für eine gleichmäßige Vermischung des Fettes
mit dem Alkohol sorgt. Die letzten Fettanteile werden auch
hier durch Ausfrieren entfernt. Aus den so gewonnenen „Ex-
traits aux fleurs" erhält man nach Beseitigung des Alkohols
die „Essences" 1 ).
Das zurückbleibende Fett ist zur Enfleurage nicht mehr
brauchbar und findet unter dem Namen „corps epuise" in der
Seifenindustrie Verwendung. Die benutzten Blüten enthalten
noch etwas Riechstoff und werden bisweilen genau wie frische
Blüten der Extraktion mit Kohlenwasserstoffen unterworfen, wobei
man etwa 1 bis 1,2 g Extrakt aus i kg verarbeiteter Blüten er-
hält, der als „Absolue de Chassis" bezeichnet wird.
Nach Hesse 2 ) ist die Enfleurage mit Fett in jeder Beziehung
der mit Paraffinöl vorzuziehen, da, wie vergleichende Versuche
ergeben haben, Paraffinöl eine geringere Aufnahmefähigkeit für
die Duftstoffe besitzt als Fett, wodurch die Ausbeuten an Öl
geringer ausfallen. Bei Enfleurage mit Fett lieferten 1000 kg
Jasminblüten 1784 g ätherisches Öl, bei Enfleurage mit Paraffinöl
nur 1053 g Öl 8 ). Darüber, ob sich Phthalsäureester, dessen
Verwendung zur Enfleurage von Hesse (D. R. P. 251 237) vor-
geschlagen wurde, bewährt hat, ist nichts bekannt geworden.
Pneumatische Methode. Zur Verbesserung des Enfleurageverfahrens
ist schon vor längerer Zeit die sogen. „Pneumatische Methode" von A. Piver*)
vorgeschlagen worden, die darin besteht, daß man einen Luft- oder noch besser
indifferenten Gasstrom (CO») zunächst durch die Blüten und dann durch eine
Absorptionsflüssigkeit (flössiges Fett oder Alkohol) leitet, wobei das Gas die
Duftstoffe mitführt, die dann von der betreffenden Flüssigkeit aufgenommen
werden. Die Apparate sind derartig eingerichtet, daß das Gas mehrmals
hindurchpassiert. Das Verfahren soll den Vorzug haben, daß das Fett mit
den Blüten nicht in Berührung kommt und Verluste an Fett daher aus-
geschlossen sind, resp. daß man die Verwendung von Fett überhaupt umgehen
und direkt zu den „Extraits aux tleurs" gelangen kann; praktisch ausgeübt
worden ist es wohl niemals.
x ) Jeancard et Satie, Abr6g6 de la Chimie des Parfüms. Paris
1904, S 13.
*) Bert. Berichte M (1901), 293 ff.
s ) Bei der Extraktion mit Petroläther liefern nach Hesse 1000 kg Jasmin-
blüten nur ca. 178 g flüchtiges Öl. Vgl. Berl. Berichte 33 (1900), 1589.
*) Der Piversche Absorptionsapparat ist in Wagners Jahresbericht 1864,
S. 499 abgebildet.
Extraktion mit einem nicht fluchtigen Lösungsinrtrel.
289
Hg, 63,
Apparate für Mazeration und Trennung des Fettes von den Bluten durch Zentrifugen >
Schimmel § Co*
GLUl- messt er, nie ätherischen ÖE*. i.
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290 Extraktion, Enfleurage und Mazeration.
2. Extraktion mit einem nicht flüchtigen Lösungsmittel
in der Wärme:
Infusion, Mazeration oder Enfleurage ä chaud.
Bei diesem Verfahren benutzt man als Extraktionsmittel
gereinigte (vgl, S. 284) tierische oder pflanzliche Fette (Rinder-
fett, Schweinefett, Olivenöl) oder auch Paraffinöl. Letzteres
eignet sich weniger dazu, da, wie schon bei dem Enfleurage-
verfahren erwähnt, sein Absorptionsvermögen für Duftstoffe ge-
ringer ist als das der Fette. Auch festes Paraffin (Smp. 66°)
findet bisweilen Anwendung. Mit diesem erhält man Produkte,
die selbst in den Tropen fest bleiben und zu ihrer Versendung
keiner besonderen Gefäße bedürfen.
Die zu extrahierenden Blüten werden in das flüssige, auf
etwa 50 bis 70° erwärmte Fett hineingebracht, indem man sie
entweder direkt in das geschmolzene Fett einträgt oder, in
Säckchen aus feiner Leinwand eingebunden, in das Fett hinein-
hängt. Die Extraktionszeit wechselt je nach der Art des Pflanzen-
materials und dauert bis zu 48 Stunden. Das Aroma der Pomade
ist um so feiner, je kürzer die Pflanzenteile mit dem Fett
in Berührung bleiben; andernfalls gehen auch noch andere, den
Geruch beeinträchtigende Stoffe in das Fett über. Mach der
Extraktion wird das Fett unter Anwendung hydraulischer Pressen
oder durch Zentrifugieren (Fig. 63, S. 289) von den Pflanzenteilen
befreit und nunmehr mit neuen Blütenmengen behandelt; das
wird 10 bis 15 mal wiederholt 1 ), bis das Fett die gewünschte
Geruchsstärke besitzt. Die so gewonnenen Blütenauszüge führen
die gleichen Bezeichnungen wie die beim Enfleurageverfahren
erhaltenen und werden in derselben Weise auf ätherisches Öl
verarbeitet. Auch hier findet das mit Alkohol behandelte Fett
nicht von neuem Verwendung, sondern wird unter dem Namen
„corps epa/se" an die Seifenindustrie abgegeben.
Man wendet dies Verfahren bei Veilchen, Rosen, Orangen-
blüten, Maiglöckchen u. a. an, während Jasmin, Tuberose, Jonquille
wegen der geringeren Ausbeute nicht so behandelt werden.
x ) Nach Labbg im Durchschnitt 6 bis 8 mal. H. Labbä, Essais des
Huiles essentielles. Paris 1900, S. 11.
Hauptbestandteile
••
der ätherischen Ole, natürliche
und künstliche Riechstoffe.
Die ätherischen Öle sind im Pflanzenreiche sehr verbreitet,
besonders sind es die Phanerogamen, in denen sie vorkommen,
doch sind auch aus einigen Kryptogamen ätherische Öle ge-
wonnen worden.
In den meisten Fällen finden sich die Öle fertig gebildet
in den verschiedenen Organen der Pflanze, in Blättern, Blüten,
Früchten, Stengeln und Wurzeln vor, abgesondert entweder in
Drüsenhaaren oder in kanalförmigen, interzellularen Behältern;
nur einige wenige entstehen erst durch Spaltung anderer von
den Pflanzen gebildeter Verbindungen, wie das Bittermandelöl
aus dem Amygdalin, Senföl aus Sinigrin. Über ihre Entstehung
und ihre Beziehungen zu den übrigen Bestandteilen des pflanz-
lichen Organismus ist nichts Genaues bekannt, nur soviel steht
fest, daß sie während des Lebensprozesses gebildete Aus-
scheidungen sind, die für den direkten Stoffwechsel keine
Bedeutung mehr haben. Damit sind sie aber für die Pflanze
selbst nicht nutzlos geworden, vielmehr geben sie ein wirk-
sames Mittel ab, die für die Bestäubung notwendigen Insekten
anzulocken oder die Pflanze vor Angreifern zu schützen.
Einige ätherische Öle verdanken ihre Entstehung den Haut-
drüsen. Das Sekret entsteht im subkutikularen Drüsenraum
aus einer harzbildenden Membran, der „resinogenen Schicht"
Tschirchs 1 ).
Im allgemeinen hat sich die Anschauung eingebürgert, daß
die pflanzlichen Sekrete Abbauprodukte des Stoffwechsels sind;
Tschirch und auch Tunmann 2 ) vertreten dagegen den Stand-
punkt, daß die Sekrete zu ganz bestimmten und zu ganz ver-
schiedenen biologischen Zwecken aufgebaut werden. Welche
*) Tschirch, Harze und Harzbehälter, Bd. II, Leipzig 1906, S. 1142.
*) Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 18 <1908), 491 bis 540; 24 (1914), 262.
— Bericht von Schimmel $ Co. April 190», 119; April 1915, 81.
294 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Substanzen am Aufbau der Sekrete hauptsächlich beteiligt
sind, ist ungewiß. Die Annahme, daß die Gerbstoffe das Bil-
dungsmaterial für Sekrete liefern, findet nach Wilke 1 ) keine
durchgreifende Unterstützung, da kein Sekret konstant von
Gerbstoff begleitet ist und somit keine konstanten genetischen
Beziehungen festzustellen sind.
Einheitliche chemische Verbindungen sind die ätherischen
Öle nicht, sondern Gemische von Substanzen, die den ver-
schiedensten Körperklassen angehören.
Die aus einzelnen Organen derselben Pflanze gewonnenen
Öle sind häufig verschieden zusammengesetzt und zeigen infolge-
dessen auch mehr oder weniger stark voneinander abweichende
Eigenschaften. Beispielsweise hat das Öl aus den Wurzeln des
Zimtstrauchs eine ganz andere Zusammensetzung als das der
Zimtrinde, das wiederum nur wenig Ähnlichkeit mit dem Blätteröl
hat. Aber auch die aus denselben Teilen derselben Pflanze
dargestellten Öle weisen häufig beträchtliche Unterschiede auf,
die durch einen mehr oder weniger fortgeschrittenen Reife-
zustand oder durch klimatische oder Bodenverhältnisse zu er-
klären sind. Selbst aus demselben Material können oft durch
Änderung des Destillationsverfahrens verschiedene Öle erhalten
werden.
Verwendung finden die ätherischen Öle und Riechstoffe in
den verschiedensten Zweigen der Industrie; wir erwähnen nur
die Seifen- und Parfümerie-Fabrikation, die Likör- und Nahrungs-
mittel-Gewinnung. Der desinfizierenden Wirkung einzelner Be-
standteile wegen werden sie auch in der Bakteriologie, Medizin
und Zahnheilkunde gebraucht. Manche Riechstoffe dienen direkt
als Arzneimittel oder als Ausgangsmaterial zur Gewinnung thera-
peutisch wichtiger Körper. Nicht unerwähnt darf bleiben die
vielfache Anwendung der ätherischen Öle in der Mikroskopie.
Unter den Bestandteilen eines ätherischen Öles findet sich
häufig einer, der der hauptsächliche Träger des Geruches und
somit auch der wertvollste Teil des Öles ist; das Bestreben,
diesen in möglichst konzentriertem und reinem Zustande dar-
zustellen, dürfte wohl zuerst den Anstoß zur wissenschaftlichen
*) Wilke, Über die anatomischen Beziehungen des Gerbstoffes zu den
Sekretbehältern der Pflanze. Dissertation, Halle 1883.
Allgemeines. 295
Untersuchung der ätherischen Öle gegeben haben. Diese konnte,
solange die organische Chemie noch in ihren Anfängen war,
nicht von großem Erfolge sein; erst durch die mit dem Fort-
schreiten der Wissenschaft Hand in Hand gehende Verbesse-
rung der Untersuchungsmethoden erhielt man einen Einblick in
die Natur der ätherischen Öle und damit auch die Gewißheit,
daß man es bei ihnen mit einer Menge komplizierter Verbin-
dungen zu tun habe. Wie allmählich durch systematische For-
schung, namentlich in neuerer Zeit, das Gebiet erschlossen
wurde, ist im geschichtlichen Teile gezeigt worden; im nach-
folgenden sollen die Ergebnisse der Forschung, soweit sie die
in ätherischen Ölen vorkommenden, genügend charakterisierten
Verbindungen betrifft, mitgeteilt werden, wobei gelegentlich auch
einige nur auf synthetischem Wege gewonnene Verbindungen
erwähnt werden. Aus naheliegenden Gründen mußte eine ein-
gehende Schilderung ihres chemischen Verhaltens unterbleiben,
es ist vielmehr nur das berücksichtigt, was zur Abscheidung,
Erkennung und Identifizierung der einzelnen Verbindungen von
Bedeutung ist. Wegen weiterer Auskunft sei auf die größeren
Handbücher der organischen Chemie verwiesen. Von beson-
derem Nutzen wird allen denen, die sich mit der wissenschaft-
lichen Untersuchung ätherischer Öle beschäftigen, das klassische
Werk Otto Wallachs 1 ) „Terpene und Campher", sowie das
von Semmler 3 ) verfaßte, ausführliche Handbuch sein, das in
der zur Zeit der Herausgabe schon sehr zahlreichen Literatur
über die Bestandteile von ätherischen Ölen einen Überblick
und eine schnelle Orientierung ermöglicht, besonders auch,
da es nicht nur einzelne Klassen, sondern die gesamten, in
ätherischen Ölen beobachteten Verbindungen eingehend be-
spricht. Von zusammenfassenden Werken sei empfohlen die
vortreffliche „Chemie der alicyclischen Verbindungen" von
O. Aschan, Braunschweig 1905, sowie in Meyer u. Jacobson
„Organische Chemie", Bd. II, 1. Teil, das von C. Harries be-
arbeitete Kapitel „Einkernige hydroaromatische Verbindungen,
l ) O. Wallach, Terpene und Campher. Zusammenfassung eigener
Untersuchungen a. d. Gebiet der alicyclischen Kohlenstoffverbindungen.
2. Aufl. Leipzig 1914.
*) F. W. Semmler, Die ätherischen Öle nach ihren chemischen Be-
standteilen. Leipzig 1906—1907.
296 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
einschließlich Terpene und Campherarten". Leipzig 1902. Hierzu
sind in demselben Lehrbuch, Bd. II, 4. Teil, im Jahre 1924 Nach-
träge erschienen.
Die Zerlegung eines ätherischen Öles ist insofern mit
Schwierigkeiten verknüpft, als die meisten seiner Bestand-
teile flüssig sind und also im allgemeinen nur — falls sie
unzersetzt flüchtig sind — durch fraktionierte Destillation von-
einander getrennt werden können. Ehe man jedoch an die
Ausführung dieses Verfahrens geht, empfiehlt es sich, das
Untersuchungsobjekt einer Vorprüfung zu unterziehen, da die
dabei erhaltenen Resultate manchmal eine Vereinfachung des
Untersuchungsganges möglich machen. Die Vorprüfung er-
streckt sich zunächst darauf, die physikalischen Eigenschaften
und Konstanten sowie die elementare Zusammensetzung des
betreffenden Öles zu ermitteln und ferner festzustellen, ob bei
Anwendung gewisser Gruppenreagenzien die auf die Anwesen-
heit eines Vertreters der einen oder anderen Körperklasse
deutenden Erscheinungen eintreten oder nicht.
Unter den physikalischen Konstanten sind es besonders
das spezifische Gewicht, die optischen Eigenschaften und das
Verhalten der Öle in der Kälte und Wärme, welche Schlüsse
auf die Zusammensetzung gestatten. So deutet ein spezifisches
Gewicht unter 0,90 auf die Anwesenheit großer Mengen von
Terpenen oder Verbindungen hin, die der Fettreihe angehören.
Das Öl von Pinus Sabiniana mit d is „ 0,70, Rautenöl mit
d ia . 0,833 bis 0,850 und Heracleumöl mit d l5 .0,87 bis 0,88 sind
diejenigen unter den ätherischen Ölen, welche das niedrigste
spezifische Gewicht besitzen; sie bestehen der Hauptsache nach
aus aliphatischen Verbindungen. Pomeranzenöl, dessen Haupt-
bestandteil das Terpen Limonen ist, hat das spezifische Gewicht
0,848 bis 0,857, das fast ganz aus Kohlenwasserstoffen C 10 H 16
der Terpenreihe zusammengesetzte Terpentinöl ein solches von
0,850 bis 0,875. Ist das spezifische Gewicht, wie es bei der
Mehrzahl der ätherischen Öle zutrifft, dagegen höher als 0,90,
so liegt meist ein Gemisch verschiedener Klassen von Verbin-
dungen vor, während, wenn es über 1,0 steigt, die Anwesen-
heit von Körpern der aromatischen Reihe, oder, falls das Öl
schwefel- oder stickstoffhaltig befunden wird, von Sulfiden,
Nitrilen oder senfölartigen Verbindungen wahrscheinlich ist.
Allgemeines. 297
Die optischen Eigenschaften, Polarisation und Brechung,
sind, solange es sich nicht um reine Verbindungen oder den
Nachweis einer Verfälschung handelt, weniger verwertbare Merk-
male; aus der optischen Aktivität läßt sich nur der Schluß
ziehen, daß Verbindungen mit einem asymmetrischen Kohlen-
stoffatom vorliegen, während hohes Brechungsvermögen auf
das Vorhandensein von Körpern mit Doppelbindungen hinweist,
wodurch eventuell Schlüsse ermöglicht werden, ob aliphatische
oder cyclische und bicyclische Verbindungen vorliegen.
Manche ätherischen Öle scheiden, wenn sie einer niederen
Temperatur ausgesetzt werden, einen ihrer Bestandteile in kris-
tallinischer Form ab; einige sind sogar bei Zimmertemperatur
mit Kristallen durchsetzt, wie z. B. Rosenöl, oder haben butter-
artige Beschaffenheit, wie Irisöl, Moschuskörneröl und andere.
Derartige mit dem Namen „Stearoptene" oder „Campher" be-
zeichnete Ausscheidungen sind meist paraffinartige Körper,
höhere Glieder der Fettsäurereihe, wie Laurinsäure, Myristin-
säure, Palmitinsäure, oder aromatische oder alicyclische Ver-
bindungen; eine Ausnahme macht allein das Methylnonylketon
des Rautenöles.
Die meisten ätherischen Öle beginnen, wenn sie sich bei
Atmosphären druck unzersetzt destillieren lassen, oberhalb 150°
zu sieden; ausgenommen sind die schwefelhaltigen und solche
ätherischen Öle, die, wie z. B. das Destillationsprodukt des
Terpentins von Pinus Sabiniana oder das Öl von Pittosporum
resiniferum, der Paraffin- oder Olefinreihe angehörende Kohlen-
wasserstoffe von niedrigem Siedepunkt enthalten. Bei Abwesen-
heit sauerstoffhaltiger Verbindungen deutet eine Siedetemperatur
unter 200° auf Terpene, eine solche zwischen 250 und 280° auf
Sesquiterpene, über 300° auf Polyterpene.
In ihrer elementaren Zusammensetzung weisen die äthe-
rischen Öle keine große Mannigfaltigkeit auf. Sie enthalten alle
die Elemente Kohlenstoff und Wasserstoff, zu denen sich bei
den meisten noch Sauerstoff in größerer oder geringerer Menge
gesellt; seltener finden sich Stickstoff und Schwefel oder diese
beiden Elemente zugleich. Über die An- oder Abwesenheit von
Sauerstoff kann nur eine quantitative Prüfung, eine Elementar-
analyse, entscheiden; ein geringer Gehalt an diesem Element,
bis zu etwa 5 %, läßt auf hohen Gehalt an Kohlenwasserstoffen
298 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
schließen. Das Vorhandensein von Schwefel, den man durch
Oxydation mit konzentrierter Salpetersäure, am besten im ge-
schlossenen Rohre, in die leicht nachzuweisende Schwefelsäure
überführt, zeigt Senföle, Sulfide oder Polysulfide an. Stickstoff-
haltige Verbindungen werden durch Erhitzen mit Kalium oder
Natrium in Cyanverbindungen umgewandelt und durch die
Berlinerblau -Reaktion kenntlich gemacht; etwaiger Stickstoff-
gehalt ätherischer Öle rührt meist von Nitriten her, nur wenn
gleichzeitig auch Schwefel vorhanden ist, liegen senfölartige
Verbindungen vor, die sich in der Regel schon durch einen
charakteristischen Geruch verraten.
Ist man sich über die elementare Zusammensetzung eines
Öles klar, so kann man sich durch Anwendung einiger Rea-
genzien Gewißheit verschaffen, ob bei der genaueren Unter-
suchung auf die eine oder andere Körperklasse Rücksicht zu
nehmen ist oder nicht.
Zeigt das Öl saure Reaktion, so enthält es entweder Säuren
oder Phenole (geringe Mengen freier Fettsäuren kommen hin
und wieder als Zersetzungsprodukte von Estern vor); größere
Merigen geben sich durch die Volumverminderung zu erkennen,
die das Öl beim Schütteln mit Carbonatlösung oder Lauge er-
leidet. Verseift man eine Probe des Öles mit alkoholischer
Kalilauge von bekanntem Gehalte, so läßt sich durch Zurück-
titrieren mit Säuren leicht ermitteln, ob Alkali gebunden worden
ist; enthält das Öl keine freien Säuren oder Aldehyde, so ist
das Alkali zur Verseifung eines Esters oder Aufspaltung eines
Lactons verbraucht worden. Alkoholische Verbindungen können
durch Kochen mit Acetanhydrid in Acetate umgewandelt werden;
ob solche gebildet wurden und mithin Alkohole im Unter-
suchungsobjekte enthalten sind, sieht man daran, daß die nach
der Acetylierung zur Verseifung nötige Menge Alkali größer
geworden ist, als sie vorher war. Aldehyde und manche
Ketone geben beim Schütteln mit Alkalibisulfitlösung kristal-
linische Abscheidungen oder beim Behandeln mit Hydroxylamin
oder Semicarbazid in alkoholisch -wäßriger Lösung stickstoff-
haltige, im Wasserdampfstrom meist schwer flüchtige Verbin-
dungen. Äther, die in Gestalt von Phenoläthern manchmal
vorkommen, können durch eine qualitative Probe nach dem
Zeis eischen Verfahren nachgewiesen werden.
Allgemeines. 299
Haben diese Reaktionen die Anwesenheit der einen-löaer
anderen Verbindung dargetan, so kann man sich die~Ü"hter^
suchung dadurch vereinfachen, daß man diejenigen Bestandteile
des Öles, die sich ohne Destillation entfernen lassen, von den
übrigen — vorausgesetzt, daß diese durch das beabsichtigte
Abscheidungsverfahren nicht verändert werden — trennt und
dann nur das zurückbleibende Öl der Fraktionierung unterwirft.
Es ist aber wohl zu beachten, daß diese Abscheidung eines Be-
standteiles fast niemals vollständig ist, da durch die begleitenden
Verbindungen stets ein Teil des betreffenden Körpers der Reak-
tion entzogen wird; bei der Destillation des nicht reagierenden
Rückstandes muß man immer noch auf kleine Mengen jener
Verbindungen rechnen. So lassen sich Aldehyde und einige
Ketone durch Schütteln mit Bisulfitlösung — gegebenenfalls
unter Zusatz von etwas Alkohol, um das Eintreten der Reak-
tion zu beschleunigen — abtrennen und nach entsprechender
Reinigung der kristallinischen Doppelverbindung (durch mehr-
faches Waschen mit Alkohol und Äther) nach deren Zerlegung
mit Alkalien oder verdünnten Säuren in ziemlich reinem Zu-
stande gewinnen. Freie Säuren und Phenole gehen beim Schüt-
teln der Öle mit wäßrigen Laugen in der Kälte in Lösung und
können aus den alkalischen Flüssigkeiten, die vorher durch
Ausschütteln mit Äther von indifferenten Verbindungen befreit
worden sind, durch verdünnte Säuren abgeschieden werden;
liegen Gemische von Säuren und Phenolen vor, so trennt man
sie durch Carbonatlösung. Basische Verbindungen, z. B. Indol
oder Anthranilsäureester, können auf entsprechende Weise mit
verdünnten Säuren ausgeschüttelt werden. Lactone liefern beim
Erwärmen mit alkoholischem Alkali Salze der entsprechenden
Oxysäure und werden aus deren Lösungen durch Säurezusatz
als Oxysäuren der Lactone gefällt; gleichzeitig vorhandene
Ester werden verseift, Aldehyde und Ketone aber verändert
und teilweise zerstört. Schwefelhaltige Verbindungen kann man
oft als Quecksilberverbindungen ausfällen oder als Thioharn-
stoffe isolieren.
Kann man keine der im vorstehenden erwähnten Ab-
kürzungen der Untersuchung vornehmen, so unterwirft man
das — bei- Estergehalt zweckmäßig vorher verseifte — Öl der
fraktionierten Destillation, entweder bei gewöhnlichem oder bei
300 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
vermindertem Druck. Die dabei gebräuchlichen Apparate und
Methoden müssen als bekannt vorausgesetzt werden; als guter
Wegweiser für die Destillation im Vakuum ist die Anschütz-
sche Broschüre 1 ) über diesen Gegenstand zu empfehlen. Die
nach sorgfältiger Fraktionierung erhaltenen einzelnen Fraktionen
prüft man in der schon angegebenen Weise auf in ihnen ent-
haltene Verbindungen, wobei der durch Erfahrung geübte Ge-
ruch wesentliche Dienste zu leisten vermag, und sucht die
Bestandteile, wenn möglich, durch kristallisierte Derivate zu
reinigen und zu identifizieren.
Ketone, die sich nicht mit Bisulfit verbinden, wie z. B.
Menthon, Campher, Fenchon, führt man in die Oxime oder
Semicarbazone über; letztere haben vor den Oximen, die bei
der Behandlung mit Säuren vielfach eine Umlagerung erleiden,
den Vorzug, daß sich aus ihnen in den meisten Fällen die
Ketone zurückgewinnen lassen. Bei einzelnen Ketonen, wie
beispielsweise bei Carvon und Pulegon, kann man ihre Eigen-
schaft, Verbindungen tfiit Natriumsulfit einzugehen, zur Ab-
scheidung benutzen.
Alkohole werden durch ihre Fähigkeit, Ester zu bilden
oder mit Phenylisocyanat (Carbanil) Phenylurethane zu geben,
charakterisiert. Ihre Reinigung kann meist durch schwer flüch-
tige Ester einbasischer Säuren, wie Benzoesäure, oder durch
die sauren Ester zweibasischer Säuren, wie Bernsteinsäure,
Phthalsäure u. a. erfolgen; .bei manchen primären Alkoholen
läßt sich auch die Eigenschaft, mit wasserfreiem Chlorcalcium
kristallisierte, durch Wasser zersetzbare Verbindungen zu liefern,
zur Abscheidung verwerten.
Kohlenwasserstoffe endlich befreit man durch mehrmals zu
wiederholende Behandlung mit metallischem Natrium von den
meisten sauerstoffhaltigen Verbindungen; destilliert man unter
vermindertem Druck, so ist bei niedrig siedenden Kohlenwasser-
stoffen die Anwendung der flüssigen Legierung von Kalium mit
Natrium zu empfehlen.
Terpenkohlenwasserstoffe reagieren mit Quecksilbersalzen,
wie Mercurichlorid oder Mercuriacetat, in Methylalkohol oder
Wasser gelöst, bei gewöhnlicher Temperatur unter Bildung von
*) Die Destillation unter vermindertem Druck. 2. Aufl. Bonn 1895.
Kohlenwasserstoffe. 301
Terpenquecksilberverbindungen, während sich andere Kohlen-
wasserstoffe indifferent verhalten. [Vgl. Taus z, Zeitschr. f . angew.
Chem.33 (1919), I. 233; Bericht von Schimmel Q Co. 1930, 122.]
Was nun die in ätherischen Ölen vorkommenden Verbin-
dungen selbst betrifft, so gehören sie teils der aliphatischen,
teils der aromatischen und alicyclischen Reihe an und verteilen
sich auf eine ganze Anzahl Körperklassen. Eine große Ver-
breitung besitzen die Kohlenwasserstoffe, hauptsächlich die-
jenigen der Formel C 10 H 16 ; von größerer Bedeutung sind in-
dessen die sauerstoffhaltigen Körper, weil sie meist die Träger
des charakteristischen Geruches des betreffenden Öles sind.
Außer den Kohlenwasserstoffen hat man in ätherischen Ölen
Alkohole, Aldehyde, Säuren, Ester, Ketone, Phenole, Phenol-
äther, Lactone, Chinone und Oxyde, ferner noch Basen, Sulfide,
Mercaptane, Nitrile und Senföle gefunden.
Kohlenwasserstoffe.
A. Aliphatische Kohlenwasserstoffe.
a) Grenzkohlenwasserstoffe.
Das niedrigste bisher in ätherischen Ölen aufgefundene Glied
der Grenzkohlenwasserstoffe C n H m+2 ist das normale Heptan,
C 7 H 16 (Sdp. 98,5 bis 99°; d 15 . 0,6880), das neben geringen Mengen
anderer Verbindungen durch Destillation des Harzsaftes der in
Kalifornien verbreiteten Pinus Sabiniana und P. Jeffrey! sowie
aus den Früchten von Pittosporum resiniferum gewonnen worden
ist. Auch im Nadelöl von Pinus Sabiniana und im Holz-
terpentinöl von Pinus Jeffrey/' ist n-Heptan nachgewiesen worden.
Die höheren Glieder der Grenzkohlenwasserstoffe und auch
wohl der Olefine kommen ziemlich häufig im Pflanzenreiche vor;
sie bilden die wachsartigen Überzüge und Ausscheidungen auf
Blättern, Blüten, Samen usw. In ätherischen Ölen begegnet man
ihnen seltener, was seinen Grund in ihrer Schwerflüchtigkeit hat.
302 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Sie scheiden sich manchmal beim Abkühlen der Öle in kristal-
linischer Form aus oder bleiben bei der fraktionierten Destillation
im Rückstande; nur beim Rosenöl und Kamillenöl ist der Gehalt
an Paraffinen so groß, daß das Öl bereits bei mittlerer Tem-
peratur erstarrt. Es ist zweifelhaft, ob diese Kohlenwasserstoffe
stets einheitlich sind; in der Mehrzahl dürften sie, wie es
besonders beim Rosenöle nachgewiesen ist, Gemische von Homo-
logen sein. Das ist um so eher anzunehmen, als ihre Schmelz-
punkte selten mit denjenigen bereits bekannter Kohlenwasser-
stoffe übereinstimmen. Man erhält sie gewöhnlich, mit Ausnahme
der kohlenstoffärmeren Glieder, die, wie das Heptan, flüssig
sind, als weiße, geruchlose, blättrig-kristallinische Massen, die
in kaltem Alkohol schwer, in heißem Alkohol und den übrigen
organischen Lösungsmitteln leicht löslich sind. Sie zeichnen sich
durch ihre außerordentliche Beständigkeit gegen konzentrierte
Säuren und Oxydationsmittel in der Kälte aus.
Außer dem bei etwa 35° schmelzenden Rosenstearopten,
das sich durch Destillation im Vakuum in zwei Anteile vom
Schmelzpunkte 22° und 40 bis 41° zerlegen läßt, sind auch
sonst Paraffine (oder Olefine) besonders in Blütenölen gefunden
worden. Es wurden Paraffine mit folgenden Schmelzpunkten
isoliert aus:
Öl von /(aempferfa galanga, Smp. 10°, Pappelknospenöl,
Gemenge homologer Paraffine mit den Smp. 53 bis 68°, Gagelöl
(Nonakosan), Smp. 63 bis 64°, Walnußblätteröl, Smp. 61 bis 62°,
Birkenknospenöl, Smp. 50° bzw. 48°, Hanföl, Smp. 63 bis 64°,
Sassafrasblätteröl, Smp. 58°, Apfelöl, C s0 H e2 , Smp. 63° bzw.
63,5 bis 64°, Pfirsichöl aus frischen Früchten, Smp. etwa 52°,
Pelargoniumöl, Smp. 63°, Öl von Boronia pinnata, Smp. 64 bis
65°, Öl von B. safrolifera, Smp. 64 bis 65°, Öl von B. thujona,
Smp. 64 bis 65°, Öl von Eriostemon Crowei, Smp. 64 bis 65°,
Jaborandiblätteröl, Smp. 28 bis 29°, Neroliöl (Aurade), Smp. 55°,
Öl von Evodia simplex, Smp. 80 bis 81°, Öl von Tilia europaea,
Smp. 54 bis 56°, Öl einiger C/stus- Arten, Smp. 64°, Öl von
Leptospermum Liversidgei, Smp. 62 bis 63°, Öl von Eucalyptus
acervula, Smp. 55 bis 56°, Öl von E. Smithii, Smp. 64°, Öl von
Backhousfa myrtifolia, Smp. 62 bis 63°, Öl von Homoranthus
virgatus, Smp. 65 bis 66°, Seefenchelöl, Smp. 63YKümmelkrautöl,
Smp. 64 °, Dillöl, Smp. -64°, Wintergrünöl (von Betula und Gaul-
Kohlenwasserstoffe. 303
theria), Smp. 65,5°, Verbenaöl, Smp. 62,5°, Öl aus Linaria
vulgaris, Smp. 57 bis 59°, Öl aus Antennana dio/'ca, Smp. 64
bis 66°, Öl von Helichrysum angustifolium, Smp. 67°, Römisch
Kamillenöl, Smp. 63 bis 64° bzw. 64°, KamillenÖI, Smp. 53 bis
54° bzw. 52 bis 54°, Öl von Chrysanthemum cinerariaefolium,
Smp. 64° bzw. 54 bis 56°, Öl von Artemisia Afra (Triakontan),
Smp. 66°, Öl von A. maritima var. Stechmanni, Smp. 55 bis
58°, Öl von Tussilago farfara, Smp. 57 bis 59°, Arnikablütenöl,
Smp. 63° bzw. 62°.
Außerdem hat man Paraffine festgestellt im Öl der Blüten
von Spiraea- und Turnera-Arten, im Kerbelöl, im Hollunder-
blütenöl, im Öl von Monarda didyma, von Inula viscosa u. a.
b) Ungesättigte Kohlenwasserstoffe.
Von olefinischen Kohlenwasserstoffen ist bisher nur das
Octylen, C S H 19 (Sdp. 123 bis 124°; d 0,7275; n D 1,4066), im
Bergamott- und Citronenöl nachgewiesen worden; vielleicht
kommt es auch im LinaloeÖl vor. Das wegen seiner nahen
Beziehungen zu den Terpendn interessante Isopren (Hemi-
terpen), C 6 H 8 , ist nur als Zersetzungsprodukt des Kautschuks
oder Terpentinöls beobachtet worden.
Nach Wallach sowie nach Ruzicka ist die Entstehung
nicht nur der eigentlichen Terpene, sondern auch der Sesqui-,
Di- und Triterpene und des Kautschuks als durch Aneinander-
lagerung von Isopren-Molekülen vorstellbar.
In guter Ausbeute (bis 60 %) erhält man Isopren nach Staudinger und
Klever 1 ), wenn man Dipenten- oder Limonendampf in verdünntem Zustande
auf hohe Temperaturen erhitzt. Terpentinöldämpfe liefern nur wenig Isopren.
iff-Pinen eignet sich bedeutend besser als «-Pinen als Ausgangsmaterial zur
Gewinnung von Isopren.
Harries und Gottlob 8 ) haben zur Zersetzung des Limonens und
anderer Terpene durch glühende Metalldrähte eine sogenannte Isoprenlampe
konstruiert, mit deren Hilfe sie aus Pinen nur etwa 1 % Isopren, aus käuflichem
Carven aber etwa 50 % fast reines Isopren gewannen. Reines Isopren hat nach
Harries») die Eigenschaften: d ao 0,6804; n D4 i=, 1,42267; Sdp. 36 bis 37°.
*) Berl. Berichte M (1911), 2212.
s ) Liebigs Annalen 38S (1911), 228.
3 ) Ebenda 157.
304 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Zum Nachweis des Isoprens verfährt Aschan 1 ) in folgender Weise:
Er versetzt eine kleine Menge der Isoprenfraktion in einem Probierröhrchen
unter Eiskühlung mit wenig gepulvertem, wasserfreiem Aluminiumchlorid,
wobei bald unter schwachem Aufkochen eine gelatinöse gelbliche Fällung
entsteht, in die sich später die ganze Flüssigkeit verwandelt. Mit Pentan
oder Isopentan gemengt reagiert Isopren nicht auf diese Weise.
c) Olefinische Terpene.
In ätherischen Ölen hat man ferner der Formel C n H an 4
entsprechende Kohlenwasserstoffe mit drei Doppelbindungen
gefunden, die, in der Zusammensetzung mit den Terpenen überein-
stimmend, sich von diesen durch niedrigeres spezifisches Gewicht,
sowie geringeres Brechungsvermögen unterscheiden. Diese von
Semmler als „olefinische Terpene" bezeichneten Körper
zeigen große Neigung zum Verharzen, namentlich wenn sie bei
gewöhnlichem Druck destilliert werden.
Myrcen.
C 10 H ia . Mol.-Gew. 136.
Der erste dieser olefinischen Kohlenwasserstoffe wurde von
Power und Kleber 3 ) im Bayöl gefunden und Myrcen genannt;
später ist es im formosanischen Lemongrasöl, im Hopfenblütenöl,
im Öl von ßarosma venusta,
^rj s \C:CH-CH 2 -CH s -C-CH:CH 2 >m Galbanumöl, im Öl von
LM » * JL H Xanthoxylum ovalifolium
,.,,,,. ... . .. 2 , ,. und im Vorlaufe des Öls
2-Methyl-6-methylen-octadien-(2,7). , . . ...
von Lippia citnodora nach-
gewiesen worden. Wahrscheinlich kommt es auch im west-
indischen Lemongrasöl, im Öl von Houttuynia cordata und im
Linaloeöl vor. Barbier fand Myrcen in den Dehydratations-
produkten des Linalools. Die Wasserabspaltung erfolgt zweck-
mäßig durch Erhitzen des Linalools mit kleinen Mengen Jod 3 ).
Die Eigenschaften des Myrcens werden wie folgt angegeben:
l ) Öfversigt af Finska Vet-Soc. Förh. B8 (1915), A, Nr. 1, S. 74; Bericht
von Schimmel § Co. 1919, 129.
a ) Pharm. Rundsch. (New York) IS (1895), 61.
") Brooks und Humphrey, Journ. Americ. ehem. Soc. 40 (1918), 822.
Kohlenwasserstoffe. 305
Sdp. Sdp. (20 mm) d^o n n
Power u.Kleber 1 ) 167° 67 bis 68° 0,8023 1,4673
Semmler 2 ) . . . 17t bis 172° 67 bis 68° — 1,4673
Enklaar 8 ). . . .166 bis 168° — 0,8013 1,4700 (bei 19°)
Durch Reduktion mit Natrium und Alkohol nach Semmler
entsteht aus Myrcen Dihydromyrcen, C^H^, eine mit Lina-
loolen identische Flüssigkeit mit folgenden Eigenschaften : Sdp. 1 71 ,5
bis 173,5°, d 0,7802, n D 1,4501 (Semmler)*). Enklaar gibt an:
Sdp. 167 bis 169° (korr. bei 770 mm), d 15 . 0,7852, n D17 . 1,4514.
Aus Dihydromyrcen stellte Enklaar ein bei 88° schmelzendes
Tetrabromid dar.
Power und Kleber erhielten aus Myrcen bei der Hydra-
tation mit Eisessig und Schwefelsäure bei 40° nach dem Bertram-
schen Verfahren 5 ) ein lavendelartig riechendes Acetat, das beim
Verseifen, nach ihrer Meinung, Linalool lieferte. Dagegen hielt
Barbier 8 ) das Hydratationsprodukt für einen neuen Alkohol,
den er Myrcenol nannte. Dieses kommt auch im Hopfenöl
und als Acetat im Öl von Barosma venusta vor. Enklaar
(loc. cit.) erhielt aus Myrcenol ein bei 68° schmelzendes,
kristallinisches, von dem des Linalools verschiedenes Phenyl-
urethan. Myrcenol hat nach Enklaar folgende Konstanten:
Sdp. 99° (10 mm), d 15 „ 0,9032, n m5 , 1,4806.
Durch Erhitzen im Einschmelzrohr auf 250 bis 260° läßt
sich Myrcen in «-Camphoren (Smp. des Chlorhydrats 129 bis
130°) umwandeln. Diese Reaktion ist vorzüglich zum Nachweis
des Myrcens geeignet 7 ). Auf dem Wege über Isopren läßt sich
Myrcen in /?-Myrcen 8 ) überführen, einen Kohlenwasserstoff, der
als Zwischenprodukt der Polymerisation von Isopren zu Kautschuk
aufzufassen ist.
x ) Pharm. Rundsch. (New York) 13 (1895), 61.
*) Bert. Berichte S4 (1901), 3126.
s ) Over Ocimeen en Myrceen, Eene Bijdrage tot de kennis van de ali-
phatische Terpenen. Inaug.-Dissert, Utrecht 1905.
*) Bert. Berichte 84 (1901), 3126.
s ) D.R.P. 67255.
8 ) Compt. rend. 132 (1901), 1048; Bull. Soc. chim. III. 25 (1901), 687.
^ Semmler und Jonas, Berl. Berichte 46 (1913), 1566.
8 ) Ostromysslenski und Koschelew, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 47
(1915), 1928; Chern. Zentralbl. 1916, I. 1068, 1136.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 20
306 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Durch wäßriges Kaliumpermanganat wird Myrcen zu Bern-
steinsäure oxydiert. Bei der Oxydation mit Permanganat in
Aceton bei 56° entsteht eine Säure, deren Bleisalz in Rauten
kristallisiert, während die entsprechende aus Ocimen erhaltene
Säure ein in Nadeln kristallisierendes Bleisalz liefert 1 ). Der
Nachweis des Myrcens gelingt auch durch Darstellung des oben
erwähnten Dihydromyrcens, sowie nach Enklaar durch das
Dihydromyrcentetrabromid vom Smp. 88°. Myrcen polymerisiert
sich leicht zu Dimyrcen, das durch Bildung eines sich bei 163°
zersetzenden Nitrosits ausgezeichnet ist.
Ocimen.
C 10 H 16 . Mol.-Gew. 136.
Dieses aliphatische Terpen ist mit Myrcen isomer und hat
nach Enklaar 2 ) wahrscheinlich die Formel:
CH 2 :CCH a -CH 2 -CH:C-CH:CH s
2,6-Dimethyloctatrien-(l ,5,7).
Es wurde von van Romburgh im Öl von Ocimum basilicum
entdeckt und ist auch im Öl von Homoranthus flavescens und
Ocimum gratlssimum nachgewiesen worden; vielleicht ist es
auch im Öl- der Früchte von Evod/a rutaecarpa, im Öl von
Homoranthus v/rgatus und im Estragonöl enthalten. Sdp. 73
bis 74° (21 mm); d 22 o 0,794; d 18 . 0,801; n D 1,4861.
Das bei der Reduktion mit Natrium und Alkohol entstehende
Dihydroocimen ist identisch mit Dihydromyrcen.
Enklaar erhielt aus Ocimen bei der Hydratation nach
Bertram») Ocimenol [Sdp. 97° (10mm); d„. 0,901 ; n D1 ,. 1,4900],
das ein bei 72° schmelzendes Phenylurethan liefert.
Beim Erhitzen entsteht aus Ocimen AI lo ocimen:
H H H H
H 3 C.C:C-C:C-C:C-CH 3 ,
CH a CH fi
*a
• x ) Enklaar, Chemisch Weekblad 21 (1924), Nr. 9; Bericht von Schimmel
$ Co. 1926, 207.
2 ) Chem. Zentralbl. 1026, I. 34/4.
s ) D.RP. 67255.
Kohlenwasserstoffe. 307
dessen Konstanten etwas höhere Werte als die des Ocimens auf-
weisen: Sdp. 81° (12 mm), d 16 „0,8182, n D 1,5296. Bei der Oxy-
dation von Ocimen mit Kaliumpermanganat in Aceton erhält man
ein charakteristisches, von dem aus Myrcen zu gewinnenden
verschiedenes Bleisalz (s. unter Myrcen).
Außerdem sind noch aliphatische Terpene gefunden worden
im Hopfenöl 1 ), im Öl des indischen Hanfs (Cannabis indica)-),
im Sassafrasblätteröl 3 ), im Aburachanöl (Lindera praecox), im
Öl von Xanthoxylum Aubertia, im Rosmarinöl*) und im Smymaer
Origanumöl 8 ).
Zu erwähnen ist auch das Vorkommen eines olefinischen
Kohlenwasserstoffes (Smp. 27 bis 28°) im Jaborandiblätteröl.
B. Aromatische Kohlenwasserstoffe.
Ein Kohlenwasserstoff der aromatischen Reihe von der Zu-
sammensetzung C 13 H 10 ist von Lunge und Steinkauler 8 ) in
dem aus den Nadeln der Mammutfichte, Sequoia gigantea,
erhaltenen ätherischen Öle gefunden und Sequoien genannt
worden. Es sind blättrige Kristalle mit rötlicher Fluorescenz,
die bei 105° schmelzen und bei 290 bis 300° (unkorr.) sieden,
die aber mit keinem der bisher bekannten Kohlenwasserstoffe
der gleichen Zusammensetzung, wie Fluoren usw., identisch sind.
Mit Pikrinsäure entsteht ein Additionsprodukt, das in roten
Nadeln kristallisiert.
Bemerkenswert ist auch das in einem Nelkenstielöl, im Öl
einer Storaxrinde und im Irisöl beobachtete Vorkommen von
Naphthalin, das durch seinen Schmelzpunkt (79 bis 80°),
seinen Siedepunkt (218°) und sein bei 149° schmelzendes Pikrat
leicht zu charakterisieren ist.
l ) Chapman, Journ. ehem. Soc. 67 (1895), 54.
*) Journ. ehem. Soc. 69 (1896), 539.
s ) Bericht von Schimmel § Co. April 1896, 71.
*) Arch. der Pharm. 235 (1897), 585.
s ) Gildemeister, Arch. der Pharm. 233 (1895), 184.
«) Berl. Berichte 13 (1880), 1656; 14 (1881), 2202.
20*
308 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Styrol.
C 8 H 8 . Mol.-Gew. 104.
Der einfachste aromatische Kohlenwasserstoff mit un-
gesättigter Seitenkette, der sich in ätherischen Ölen findet, ist
das wahrscheinlich durch Zerfall von Zimtsäure entstehende
Styrol (Vinylbenzol), das in den verschiedenen Storaxölen (auch
im Öl aus Hondurasbalsam) und im Xanthorrhoea-
5r H harzöl nachgewiesen worden ist.
HC< ^CH Styrol äst eine farblose, stark lichtbrechende
Hci[ Jch Flüssigkeit von angenehmem Gerüche, die sich
cch-ch k e ' ' än g erem Aufbewahren, schneller beim Er-
wärmen oder in Berührung mit Säuren, zu
einer festen, durchsichtigen, glasartigen und geruchlosen Masse,
Metastyrol, (C s H 8 ) n , polymerisiert. Jeder Polymerisation läuft in
homogenen Systemen als Gegenreaktion eine Depolymerisation 1 )
zuwider, so daß schließlich ein Gleichgewicht Monomeres ^ Poly-
meres entsteht.
Über seine Eigenschaften finden sich folgende Angaben:
Sdp. 144 bis 144,5° 2 ). — Sdp. 140° (760 mm), d 20 . 0,9074,
n« 1, 54030 3 ). — Sdp. 146,2°, d fl „0,9251 4 ), d^0,90595, n D 1,54344 5 ).
Reines Styrol ist optisch inaktiv; verdünnte Salpetersäure
oder Chromsäuregemisch oxydieren es zu Benzoesäure; bei der
Reduktion liefert es Äthylbenzol.
Zum Nachweis des Styrols benutzt man das gut kristalli-
sierende Styroldibromid, C a H 6 CHBr-CH 2 Br, das man durch
Eintropfenlassen von Brom (17 T.) in eine mit dem doppelten
Volumen Äther hergestellte Lösung des Kohlenwasserstoffes
(10 T.) erhält 8 ). Beim Verdunsten des Äthers bleibt das Bromid
in Kristallen zurück, die nach dem Umkristallisieren aus 80 °/oigem
Alkohol den Smp. 74 bis 74,5° besitzen.
*) Stobbe, BerL Berichte 47 (1914), 2701.
*) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel °j Co.
*) Brühl, Liebigs Annalen 236 (1886), 13.
*) Weger, Ebenda 221 (1883), 69.
*) Nasini u. Bernheimer, Gazz. chim. ital. 15 (1885), 59; Jahresber.
d. Chem. 1885, 314.
") Zincke, Liebigs Annalen 216 (1883), 288.
Kohlenwasserstoffe. 309
p-CymoI.
C t0 H 14 . Mol.-Gew. 134.
Von den als Cymol bezeichneten Kohlenwasserstoffen C l0 H x4
sind für die Chemie der ätherischen Öle bloß die m- und p-Ver-
bindung von Bedeutung. Während man m-Cymol nur als Zer-
setzungs- oder Abbauprodukt (Kelbe, trockne
Destillation des Kolophoniums; Wallach, Wasser- ch s
entziehung aus Fenchon; Baeyer, Abspaltung <~
von Wasserstoff aus Sylvestren) beobachtet hat, hc^Nch
ist p-Cymol ein öfter vorkommender Bestandteil [ I]
ätherischer Öle. Hcli^i'CH
Es ist bisher in folgenden ätherischen Ölen C
gefunden worden: im schwedischen und russischen H S C-CH-CH S
Terpentinöl, im Öl von Cupressus sempervirens,
im amerikanischen Wurmsamenöl, im Sternanisöl, Muskatnußöl,
Boldoblätteröl, Ceylon-Zimtöl, Seychellen-Zimtrindenöl, Casca-
rillöl, Citronenöl, Weihrauchöl, Pagsainguinöl (Canarium vil-
Iosum), im Öl von Canarium Cumingii, Agonis f/exuosa,
Eucalyptus haemastoma, im Ajowanöl, Corianderöl, Cuminöl,
im Öl von Cicuta v/rosa, Seefenchelöl, Angelicawurzelöl, im Öl
von Prostanthera cineolifera, in den Ölen von Monarda punc-
tata, M. fistulosa, Satureja hortensis, S. montana, S. thymbra,
im Triester, Smyrnaer und cyprischen Origanumöl, im Öl von
Majorana onites, im Salbeiöl, in den Ölen von Thymus vul-
garis, Th. serpyllum, Th. capitatus, Th. striatus, im spanischen
Thymianöl, im Öl von Mosla grosserrata und M. japonica.
Aber ebenso wie das m-Cymol ist p-Cymol auch oft als
Umwandlungsprodukt erhalten worden, z. B. aus Pinen, Terpinen,
Cuminalkohol, Laurineencampher, Sabinol, Thujon, Carvenon,
Dihydrocarvon, Carvon und Citral.
Das als Seifenparfüm Verwendung findende „Thymen",
womit man die Kohlenwasserstoffe des Ajowanöls bezeichnet,
besteht, neben einigen Terpenen, in der Hauptsache aus Cymol
(s. unter Ajowanöl).
Früher meinte man, daß alle Terpene Hydroderivate des
Cymols seien; diese Auffassung ist indessen nicht zutreffend.
Erwähnenswert ist, daß einige Verbindungen der Formel C 10 H 16 O
310 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
durch Wasserentziehung in p-Cymol umgewandelt werden können,
z. B. Campher und Citral.
Nach einem Patent der Rheinischen Campherfabrik 1 ) gewinnt man
p-Cymol aus den bei der Campherfabrikation erhaltenen, bei etwa 175°
siedenden Abfallterpenen oder aus den bei 175° und bei 160° siedenden
Fraktionen von schwedischen und polnischen Terpentinölen (Kienölen) durch
Chlorieren. Ferner erhält man Cymol al3 Nebenprodukt bei der Darstellung
von Sulfitcellulose; nach Klason*) besteht das am finde des Prozesses im
Kocher erhaltene ätherische Öl zu etwa 95 % aus Cymol. In einer Aus-
beute von 10% wird p-Cymol nach Bert 8 ) erhalten, wenn man 1 Mol.
Magnesium-Tolylbromid auf eine ätherische Lösung von 1 Mol. Isopropyl-
sulfat wirken läßt.
Cymol ist eine farblose, angenehm riechende Flüssigkeit.
Sdp.175 bis 176°, d 16 . 0,8602 *). — Sdp. 175,2 bis 175,9° (752 mm),
df;0,8551, n D 1,48456»). — Sdp. 173,5 bis 174,5° (763 mm),
d 18 . 0,8595, d 20 . 0,8588, n D l,479 6 ).
An einem aus Campher dargestellten Präparat wurde im
Laboratorium von Schimmel 8j Co. ermittelt: Sdp. 174,5 bis
176° (761 mm.), d ls . 0,863, n ms . 1 ,4901 5.
K. v. Auwers und Kolligs') sind der Ansicht, daß die
physikalischen Eigenschaften von Kohlenwasserstoffen der Benzol-
reihe von der Darstellungsweise abhängen. Für p-Cymol fanden
sie bei jedem nach einer anderen Methode hergestellten Präparat
andere Werte, Bert 8 ) hält aber sein aus Thymol gewonnenes
Cymol für vollkommen rein. Es hatte folgende Kennzahlen:
Sdp. 175 bis 176°, d 2 4 °° 0,857, n D20 . 1,4917.
Der reine Kohlenwasserstoff ist optisch inaktiv; durch
verdünnte Salpetersäure und Chromsäuregemisch wird er zu
p-Toluylsäure und schließlich zu Terephthalsäure oxydiert.
Kaliumpermanganat greift ihn nur schwer an; deshalb können
mit Cymol gleichsiedende Terpene durch Behandeln mit ver-
dünnte Permanganatlösung in der Kälte entfernt werden. Etwa
anwesendes Cineol, das bei derselben Temperatur siedet, kann
*) D.R.P. 319162 und 319163.
*) Bert. Berichte 38 (1900), 2343.
8 ) Compt. rend. 176 (1923), 840.
*) Widmann, Berl. Berichte 24 (1891), 452.
B ) Brühl, Berl. Berichte 26 (1892), 172.
») Wolpian, Pharm. Zeitschr. f. Rußl. 36 (1896), 115.
') Berl. Berichte 55 (1922), 3872.
s ) Bull. Soc. chim. IV. 87 (1925), 1251.
Kohlenwasserstoffe. 31 1
mit Hilfe der Bromwasserstoffverbindung abgetrennt werden.
Zum Nachweis führt man das Cymol mit konzentrierter heißer
Kaliumpermanganatlösung in p-Oxyisopropylbenzoesäure (Smp.
155 bis 156°) über, die durch Erwärmen mit verdünnter Salz-
säure unter Wasserabspaltung p-Isopropenylbenzoesäure (Smp.
160 bis 161°) und beim Kochen mit konzentrierter Salzsäure
eine isomere Säure vom Smp. 255 bis 260°, die Isopropenyl-
benzoesäure, liefert 1 ). Zur Darstellung der Oxyisopropylbenzoe-
säure hat Wallach 2 ) folgende Vorschrift gegeben: Je 2 g des
möglichst rein dargestellten Kohlenwasserstoffes werden mit
einer Lösung von 12 g Kaliumpermanganat in 330 g Wasser
auf dem Wasserbade am Rückflußkühler unter häufigem Um-
schütteln erwärmt; nach beendeter Oxydation wird das Filtrat
von den Manganoxyden eingedunstet und der Salzrückstand mit
Alkohol ausgekocht. Das in Alkohol lösliche Kaliumsalz wird
in wäßriger Lösung mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt. und
die ausgeschiedene Säure aus Alkohol umkristallisiert.
Charakteristisch für Cymol ist ferner die Entstehung von
Sulfonsäuren beim Behandeln des Kohlenwasserstoffs mit kon-
zentrierter Schwefelsäure, wobei sich sowohl 1,2,4- und 1,3,4-
Cymolsulfonsäure als auch Disulfonsäure bildet 8 ). Die erst-
genannte Säure liefert ein Sulfamid vom Smp. 115° und gibt
beim Schmelzen mit Alkali Carvacrol; aus der 1,3,4-Cymol-
sulfonsäure, deren Sulfamid bei 149,9° schmilzt, erhält man bei
gleicher Behandlung Thymol 4 ).
*) R. Meyer u. Rosicki, Liebigs Annalen 219 (1883), 282.
») Ebenda 264 (1891), 10.
s ) Schorger, Journ. ind. eng. Chemistry 10 (1918), 258; Bericht von
Schimmel 8 Co. 1919, 59.
*) M. Phillips, journ. Americ. ehem. Soc. 4ß (1924-), 686; Bericht von
Schimmel § Co. 1925, 172.
312 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
C. Alicyclische (hydroaromatische) Kohlen-
wasserstoffe oder Terpene.
Die in den ätherischen Ölen hauptsächlich vorkommenden
Kohlenwasserstoffe sind alicyclisch. Weitaus die Mehrzahl besitzt
die Zusammensetzung Ct H 16 und gehört der Klasse der Terpene
mit ringförmiger Anordnung der Kohlenstoffatome an. Über
ihre Entstehung im Organismus der Pflanze ist nichts Sicheres
bekannt; vielleicht stehen sie in Beziehung zu den sauerstoff-
haltigen Verbindungen C 10 H 18 O mit offener Kohlenstoffkette,
da man aus diesen durch Wasserabspaltung künstlich Kohlen-
wasserstoffe C 10 H ie erzeugen kann, oder sie bilden sich auch
aus Kohlenhydraten oder Eiweißstoffen. Bemerkenswert ist, daß
der Terpengehalt eines ätherischen Öles um so größer ist, je
weniger weit die Pflanze entwickelt war, als sie der Destillation
unterworfen wurde.
Die Mehrzahl der bisher bekannt gewordenen Kohlenwasser-
stoffe der Terpenreihe findet sich in der Natur fertig gebildet.
So sind a- und /?-Pinen, Camphen, Limonen, Dipenten, Terpinolen,
o- und y-Terpinen, a- und ^-Phellandren, Caren und Sabinen
sicher nachgewiesen. Mit Ausnahme des inaktiven Terpinens
und Terpinolens kommen diese Kohlenwasserstoffe meist in
beiden optisch aktiven Formen vor. Sylvestren scheint nach
den neuesten Untersuchungen nicht als solches in ätherischen
Ölen vorzukommen, sondern bildet sich erst bei der Isolierung
aus diesen.
Die Terpene in reinem Zustande aus Fraktionen der
ätherischen Öle abzuscheiden, ist oft nicht möglich, da man
häufig mit zu geringen Mengen Material arbeiten muß. Man
kann sich darauf beschränken, die zwischen 150 und 180°
siedenden Anteile durch wiederholte Destillation über Natrium
und möglichst sorgfältige Fraktionierung von sauerstoffhaltigen
Körpern zu befreien. Die Terpene lassen sich meistens noch
weiter trennen, da die bicyclischen Kohlenwasserstoffe in den
Temperaturgrenzen von 150 bis 170°, die monocyclischen von
170 bis 180° sieden. Beide Klassen weisen auch erhebliche
Unterschiede in der Molekularrefraktion auf. Nach Ermittlung
Kohlenwasserstoffe. 313
der physikalischen Konstanten können jedenfalls schon bestimmte
Schlüsse auf die Natur des vorliegenden Kohlenwasserstoffs ge-
zogen werden, die dann die Darstellung von zur Charakterisie-
rung geeigneten Derivaten ermöglichen, die unter den einzelnen
Kohlenwasserstoffen näher beschrieben sind.
Mit Diäthyloxoniumsulfat 1 ), einem Gemisch der theoretischen
Mengen von absolutem Äther und Schwefelsäuremonohydrat,
reagieren Terpene in der Weise, daß dabei sowohl Alkohole als
auch Kohlenwasserstoffe entstehen.
Die synthetische Darstellung der Terpene sowie der Sesqui-
terpene ist in Anbetracht des komplizierten Baues der einzelnen
Moleküle und der leichten Umwandlung in Isomere mit Schwierig-
keiten verknüpft. Einheitliche Körper werden selten erhalten,
neben dem Hauptprodukt entsteht häufig noch ein Gemisch von
mehreren Isomeren. Die folgende Zusammenstellung über die
Synthese oder die künstliche Darstellung der Kohlenwasser-
stoffe macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es werden
daher auch in jeder Gruppe nur die bekanntesten erwähnt.
1. Abspaltung von Wasser aus Terpen- und
Sesquiterpenalkoholen.
a-Terpineol — > Dipenten 2 )
/-Terpineol — *• Terpinolen 8 )
Terpinenol-4 — > Terpinen*)
Dihydrocarveol — »- Limonen, Isolimonen 5 ), Terpinen u )
Borneol ) ^ . -
, u . } — >- Camphen ')
Isoborneol r
Fenchylalkohol 1 _ p h s \
Isofenchylalkohol J "**
*) Aschan, Meddelanden frän K. Vetenskapsakademiens Nobelinstitut 5
(1919), N» 8; Bericht von Schimmel $ Co. 1919, 130.
3 ) Wallach, Liebigs Annalen 230 (1885), 265; 275(1893), 104; 291 (1896), 361.
s ) Wallach, ebenda 868 (1909), 10.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1909, 120.
*) Tschugaeff, Berl. Berichte 33 (1900), 735.
•) Wallach, ebenda 24 (1891), 3984; Liebigs Annalen 275 (1893), 113.
') Wallach, Liebigs Annalen 230 (1885), 233. — Bertram u. Walbaum,
Journ. f. prakt Chem. II. 49 (1894), 8.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 284 (1895), 331.— Bertram u. Helle, Journ.
f. prakt. Chem. II. 61 (1900), 298. — Tschugaeff, Chem. Ztg. 24 (1900), 542.
314 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Pinocampheol — ■> «-Pinen L )
Cedrol - — > Cedren 2 )
Maalialkohol — > Maalisesquiterpen s )
Caryophyllenalkohol >■ Cloven *).
II. Abspaltung von Wasser aus Ketonen.
Campher > p-Cymol 5 )
Fenchon > m-Cymol e ).
III. Abspaltung von Ammoniak aus Basen.
Carvenylamin *■ Terpinen ^
Thujylamin >■ Thujen 8 )
Carylamin — >■ Carvestren '•')
Phellandrendiamin — *- p-Cymol 10 ).
IV. Abspaltung von Halogenwasserstof fen.
Dipentendichlorhydrat — > Dipenten 11 )
Terpinendichlorhydrat — *■ Terpinen 1S )
Sylvestrendichlorhydrat — »- Sylvestren 1S )
Bornylchlorid ——*■ Camphen 14 )
Monochlorcarvenen — >■ Terpinen ")
Cadinendichlorhydrat — *■ Cadinen 1 ")
J ) Tschugaeff, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 30 (1908), 1324. — Gilde-
meister u. Köhler, Wallach-Festschrift, Göttingen 1909, S. 136.
-) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1904, 20.
") Ebenda Oktober 1908, 79.
*) Wallach, Liebigs Annalen 271 (1892), 294.
5 ) Fittica, ebenda 172 (1874), 307.
") Wallach, ebenda 275 (1893), 157; 284 (1895), 324.
') Harries u. Majima, Berl. Berichte 41 (1908), 2516.
8 ) Wallach, Liebigs Annalen 272 (1893), 111; 286 (1895), 99.
") Baeyer, Berl. Berichte 27 (1894), 3486. — Baeyer u. Villiger,
ebenda 31 (1898), 1402; vgl. Semmler, ebenda 84 (1901), 717.
10 ) Wallach, ebenda 324 (1902), 276.
") Wallach, Terpene u. Campher. 2. Aufl. Leipzig 1914, S. 88.
la ) Wallach, Liebigs Annalen 350 (1906), 148.
1S ) Wallach, ebenda 280 (1885), 243, 270.
") Wallach, ebenda 230 (1885), 233.
15 ) Semmler, Berl. Berichte 41 (1908), 4474; 42 (1909), 522.
1S ) Wallach, Liebigs Annalen 288 (1887), 84; 271 (1892), 297.
Kohlenwasserstoffe. 315
Limonentetrabromid — +\ U ™ onet }l}
lp-Cymol 2 )
Pinendibromid — >■ Cymol 3 ).
V. Abspaltung von Kohlendioxyd aus Säuren.
r a-Pinen *)
Nopinolessigsäure — > ^-Pinen
[ Fenchen
Säure aus Sabinaketon und Bromessigester — > /J-Terpinen 5 )
Bromcamphancarbonsäure — >■ Bornylen 8 ).
VI. Synthese mit Hilfe der Grignard-Reaktion.
^Msopropylhexenon >■ c-Phellandren 7 )
o-Kresol — *■ a-Terpinen s ).
VII. Ringschließung unter Wasserabspaltung.
a) Aus aliphatischen Terpenalkoholen:
Linalool — >- Dipenten*) und Terpinen 9 )
Geraniol — >■ Dipenten 10 ).
b) Aus aliphatischen Terpenaldehyden:
Citral — *- p-Cymol 11 ).
VIII. Polymerisation von Kohlenwasserstoffen.
Isopren > Dipenten 12 )
Valerylen > Dipenten 15 ).
*) Godlewsky u. Roshanowitsch, Journ. russ. phys.-chem. Ges 31
(1899), 209.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 264 (1891), 21.
*) Wallach, ebenda 264 (1891), 9.
*) Wallach, ebenda 363 (1908), 1; 36S (1909), 1.
5 ) Wallach, ebenda 357 (1907), 68; 862 (1908), 285.
e ) Bredt, ebenda 366 (1909), 46.
7 ) Wallach, ebenda 359 (1908), 283.
8 ) Auwers u. v. d. Heyden, Berl. Berichte 42 (1909), 2404.
9 ) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chetn. II. 45 (1892), 601.
10 ) Bertram u. Gildemeister, ebenda II. 49 (1894), 194.— Tiemann
u. Schmidt, Berl. Berichte 2S (1895), 2137.
"■) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 28 (1895), 2134.
ls ) Tilden, Journ. ehem. Soc. 45 (1884), 410. — Bouchardat, Compt.
rend. 80 (1875), 1446; 87 (1878), 654; 89 (1879), 361, 1117.
") Bouchardat, Bull. Soc. chim. IL 33 (1880), 24.
316 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
IX. Totalsynthesen.
Neben den von Wallach 1 ) aus Ketonen mit Hilfe des
Bromessigesters und seiner Homologen ausgeführten Synthesen
seien besonders noch erwähnt diejenige des 4 2,4 -Menthadiens
aus der Succinylbernsteinsäure von v. B a e y e r 2 ) , die des
Dipentens 3 ) und Carvestrens *) von Perkin jun. und die
Synthesen Komppas in der Campherreihe 5 ).
Terpene bzw. terpenartige Substanzen sollen in einer Reihe
von Rohpetroleumölen nachgewiesen sein, so im galizischen, im
russischen u. a. Auf Grund neuerer Untersuchungen kommt
aber Tausz e ) zu der Ansicht, daß im Gegensatz zu den vielen
Literaturangaben in den Roherdölen einfache Terpene und
terpenartige Kohlenwasserstoffe nicht vorkommen.
a) Monocyclische Terpene.
Limonen.
C 10 H 18 . Mol.-Gew. 136.
Limonen ist ein sehr verbreitetes Terpen; es findet sich
in den ätherischen Ölen außer in der rechts- und linksdrehenden
auch in der racemischen Modifikation, die Dipenten
H 2 C[/'
H ä cl
, genannt und gewöhnlich als besonderer Kohlen-
c Wasserstoff aufgeführt wird.
^jCH d-Limonen ist enthalten im Öl von Dacrydium
CH 2 Franklin!, Agathis alba, im Öl der Zapfen von
\/ Taxodium distichum, im Öl der Blätter von Athro-
i taxis selaginoides, Callitris verrucosa, C. glauca,
» • . « q arenosa, C. calcarata, C. Drummondii, C. Muel-
lerr, C. Macleayana, im Öl der Nadeln und Zweige von Libocedrus
decurrens, im virginischen CedernblätterÖl, Gingergrasöl, im Öl
1 ) Wallach, Terpene u. Campher. 2. Aufl. Leipzig 1914, S. 157.
2 ) Berl. Berichte 26 (1893), 232.
s ) Joum. ehem. Soc. 85 (1904), 654.
*) Ebenda 91 (1907), 480.
B ) Liebigs Annalen 368 (1909), 110; S70 (1909), 209.
*) Zeitschr. f. angew. Chem. 32 (1919), I. 233.
Kohlenwasserstoffe. 317
von Cymbopogon sennaarensis, Campheröl, Kuromojiöl, im
falschen Campherholzöl von Hernandia peltata, im Öl aus den
Früchten von Pittosporum undulatum, im japanischen Pfefferöl,
Buccoblätteröl, Pompelmusöl, Pomeranzenschalen-, Citronen-,
Bergamott-, Mandarinenöl, italienischen und westindischen Li-
mettöl, Neroli- und Petitgrainöl, Cedroöl, Elemiöl, im Öl von
Rhus cotinus, Melaleuca ericifolia, Sellerieöl, Kümmelöl, im Öl
von S/um latifoiium, Fenchelöl, Meisterwurzöl, Dillöl, im Öl aus
dem Kraut von Lophanthus rugosus, Nepeta japonica, Monarda
punctata, Ocimum viride und im Erigeronöl.
1-Limonen ist gefunden worden im -Edeltannenzapfen- und
-nadelöl, im Terpentinöl von Ab/es excelsa, A. pindrow, im
Douglasfichtennadelöl, im Oregonbalsatnöl aus dem Kernholz,
im finnländischen (?) und russischen Terpentinöl, Terpentinöl von
Pinus ponderosa, P. pinea, P. monophylla, P. serotina, im Öl
der Nadeln und jungen Triebe von Pinus excelsa, P. Sabiniana,
im Öl von Callitris verrucosa, C arenosa, C. intratropica,
C. gracilis, C. calcarata, C. rhomboidea, C. tasmanica, C.
Muelleri, Cymbopogon coloratus, C. caes/us, C. nervatus, im
amerikanischen Wurmsamenöl, Sternanisöl, im Öl von Monodora
myristica, im Seychellen-Zimtrindenöl, im Öl von Eucalyptus
Staigeriana, im Verbenaöl, im Öl von Bystropogon or/gan/fol/'us,
im amerikanischen und japanischen Pfefferminzöl, amerikanischen
und russischen Krauseminzöl, amerikanischen Poleiöl, im Öl von
Mentha canadens/s, Calamintha umbrosa, Perilla nankinensis,
Tagetes glandulifera und im Goldrutenöl.
Limonen von nicht bekannter Drehungsrichtung ist nach-
gewiesen worden im Öl der Blätter von Pherosphaera Fitz-
geraldi (?), im Douglasfichtennadelöl, im Holzterpentinöl von
Pinus ponderosa, P. ponderosa scopulorum, P. monophylla,
Callitris oblonga (?), C. robusta, im Blätteröl von Alpinia nutans,
in einem Fagaraöl, im Rautenöl, Öl von Citrus reticulata,
Myrrhenöl, Boswellia -Terpentinöl, im Öl von Melaleuca pauci-
flora (?), Eucalyptus megacarpa, Monarda fistulosa, Ocimum
pilosum, Callistemon Ianceolatus und C. viminalis.
Auch auf synthetischem Wege ist Limonen wiederholt dar-
gestellt worden.
Man kann d-Limonen in ziemlicher Reinheit durch frak-
tionierte Destillation von Pomeranzenschalen- oder Kümmelöl,
318 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
1-Limonen in gleicher Weise aus Edeltannenzapfen öl darstellen.
Der sorgfältigst gereinigte Kohlenwasserstoff besitzt angenehm
citronenartigen Geruch. Die physikalischen Konstanten sind
etwa folgende: Sdp. 175 bis 176°, d 16 . 0,850, n D20O 1,475.
Für I-Limonen aus Fichtennadelöl fand Wallach: Sdp. 175
bis 176°, d 20 . 0,846, n Dä0 . 1,47459 l ).
Das Drehungsvermögen ist sehr hoch, wechselt aber mit der
Darstellung; als höchste Ablenkung für den natürlich vorkom-
menden Kohlenwasserstoff wurde im Laboratorium von S ch im mel
§ Co. für ein im Vakuum fraktioniertes d-Limonen aus Kümmelöl
[b]d ■+- 123° 40' beobachtet; ein von Godlewski und Roshano-
witsch 2 ) dargestelltes synthetisches Limonen zeigte [a] D +125°36'.
Über das Tetrabromid gereinigtes d-Limonen hatte folgende
Konstanten : d 1B . 0,8497, a D + 1 04° 4', [a] D + 122° 28', n D20 . 1 ,47446.
Für 1-Limonen aus Fichtennadelöl hat Wallach 8 ) [a] D — 105° (in
Alkohol- oder Chloroformlösung) angegeben; an 1-Limonen aus
Tannenzapfenöl wurden im Laboratorium von Schimmel § Co.
folgende Kennzahlen beobachtet: Sdp. 176,5°, d 16 „ 0,8472,
a D — 1 01 ° 1 0', [a] D — 119,41°, n ni0 . 1 ,47303.
v. Braun und Lemke*) erhielten aus den in Äther ge-
lösten Tetrabromiden mit Magnesium und etwas Jod nach der
üblichen Reinigung folgende Präparate: d-Limonen d*T 0,8411,
[»W + 126 8,4' und 1-Limonen d?°- 0,8422, [a] D20O — 122° 6',
wovon ersteres als absolut reiner, einheitlicher Kohlenwasserstoff
angesehen werden kann 6 ).
Die beiden Limonene verhalten sich chemisch vollkommen
gleich, sie geben dieselben, sich nur durch die Drehungsrichtung
unterscheidenden Derivate; durch Mischen von d- und 1-Limonen
entsteht Dipenten, das sich auch bildet, wenn die optisch aktiven
Limonene auf höhere Temperatur erhitzt oder mit Säuren behandelt
x ) Liebigs Annalen 246 (1888), 222.
4 ) Journ. russ. phys.-chem. Ges. 31 (1899), 209; Chem. Zentralbl. 1899, 1. 1241.
3 ) Liebigs Annalen 246 (1888), 222; Wallach u. Conrady, ebenda 252
(1889), 145.
4 ) Bert. Berichte 66 (1923), 1562.
5 ) Escourrou [Chimie et Industrie 1* (1925), 519; Chem. Zentralbl. 1926,
I. 823J meint auf Grund von Beobachtungen, die er bei der Reduktion und
Oxydation von Limonen aus Pomeranzenöl machte, daß die Drehung eines
reinen Limonens mehr als 130° betragen müsse.
Kohlenwasserstoffe. 319
werden. Säuren bewirken in der Kälte oft Wasseranlagerung
unter Bildung von Terpineol und Terpinhydrat, warme Säuren
spalten aber aus diesen Produkten beim Erwärmen wieder
Wasser ab unter Bildung von Kohlenwasserstoffen. Konzentrierte
Schwefelsäure verwandelt Limonen in Cymol. In völlig trocknem
Zustande absorbiert Limonen ein Molekül Halogenwasserstoff
unter Bildung von Limonenmonochlorhydrat, das bei der Be-
handlung mit Natriumacetat aktives « -Terpineol liefert 1 ); nur
bei Gegenwart von Feuchtigkeit findet Addition zweier Moleküle
Halogenwasserstoff statt, und es entstehen dabei die auf S. 323
beschriebenen Derivate des Dipentens.
Limonen nimmt 4 Atome Brom auf und bildet damit das
bei 104 bis 105° schmelzende, optisch aktive Limonentetrabromid
(s. S. 320). Durch Addition von ISitrosylchlorid entstehen
jeweils zwei physikalisch isomere (a- und ß-) Nitrosochloride 2 ),
die in ähnlicher Weise wie Pinennitrosochlorid dargestellt und
durch Chloroform, in dem sie verschieden löslich sind, getrennt
werden können. Die Nitrosochloride verhalten sich chemisch
vollkommen gleich, sie gehen beide durch Salzsäureentziehung
mit alkoholischem Alkali in das bei 72° schmelzende Carvoxim
über und liefern bei der Umsetzung mit Basen dieselben (zwei
Reihen) Nitrolamine 8 ), von denen zu erwähnen sind das a- und
£-Nitrolpiperidin, Smp. 94° und 110°, das u- und ,3-Anilid,
Smp. 112° und 153°, und das «-Nitrolbenzylamin vom Smp. 93°.
Auch das oben genannte Limonenmonochlorhydrat liefert ein
ISitrosat.
Durch verdünnte Permanganatlösung wird Limonen in den
gesättigten vieratomigen Alkohol Limonetrit (Smp. 191,5 bis 192°)
übergeführt*); die sonstigen, bei Oxydationen von Limonen ent-
stehenden Produkte bieten wenig Charakteristisches.
Bei der Autoxydation des Limonens wird nach Blumann und
Zeitschel ) nicht die Doppelbindung, sondern eine benachbarte
Methylengruppe angegriffen unter Bildung von Carveol und Carvon.
1 ) Semmler, Berl. Berichte 28 (1895), 2190. — Wallach, Liebigs Annalen
350 (1906), 154.
2 ) Wallach, Liebigs Annalen 252 (1889), 109.
3 ) Wallach, ebenda 270 (1892), 172.
4 ) Wagner, Berl. Berichte 28 (1890), 2315.
s ) Berl. Berichte 46 (1913), 1178.
320 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Ipatiew 1 ) erhielt bei der Reduktion von Limonen durch
Einleiten von Wasserstoff unter Druck bei Gegenwart von
Kupferoxyd oder reduziertem Kupfer schließlich Menthan, C 10 H 20 .
Beim Schütteln mit Platinmohr in einer Wasserstoffatmosphäre
entsteht nach Vavon 2 ) Dihydrolimonen = d-Carvomenthen, C 10 H tg .
Zelinsky 8 ) leitete d-Limonen im schwachen Kohlensäure-
strom über Palladiumasbest bei einer Temperatur von 180 bis
185°. Das gewonnene Produkt, dessen elementare Zusammen-
setzung dieselbe wie die des Limonens war, bestand zu etwa 2 /s
aus p-Cymol und zu V* aus Menthan.
Die bei der Kontaktwirkung des Palladiums aus zwei Mole-
külen Limonen abgespaltenen Wasserstoffatome reduzierten
mithin die ungesättigte Bindung nicht im Kern der dritten Molekel,
sondern auch in deren Seitenkette.
Das am bequemsten zur Identifizierung zu verwendende Deri-
vat des Limonens ist das Tetrabromid; um es darzustellen, ver-
dünnt man nach Wallachs Angabe 4 ) die auf Limonen zu
prüfende, möglichst reine Fraktion mit etwa dem vierfachen
Volumen Eisessig und setzt der gut gekühlten Lösung so lange
tropfenweise Brom hinzu, wie dieses unter Entfärbung auf-
genommen wird; die sich nach längerem Stehen ausscheidenden
Kristalle werden abgesaugt und aus Essigester um kristallisiert.
Sie sind im Gegensatz zu denen des Dipententetrabromids meist
glattflächig, weich und biegsam 8 ). Der Schmelzpunkt des reinen
Tetrabromids liegt bei 104,5°, die spezifische Drehung in Chloro-
formlösung beträgt +73,27 und —73,45°.
Zu berücksichtigen ist bei der Darstellung des Tetrabromids,
daß es nicht auf Anwendung absolut wasserfreier Reagenzien
ankommt, diese geben vielmehr zur Bildung eines nicht kristalli-
sierenden Tetrabromids Veranlassung; trotzdem ist das kristalli-
sierte Produkt als das normale Bromid anzusehen 8 ). Alkohol
und Äther als Verdünnungsmittel anzuwenden, wird von Wallach
widerraten, da sie die Entstehung flüssiger Nebenprodukte ver-
*) Berl. Berichte 48 (1910), 3546.
s ) Compt rend. 153 (1911), 1675.
3 ) Berl. Berichte 67 (1924), 2058.
*) Liebigs Annalen 239 (1887), 3.
») Wallach, Liebigs Annalen 227 (1885), 279.
») Wallach, ebenda 26A (1891), 14.
Kohlenwasserstoffe. 321
anlassen; der gleiche Übelstand tritt auch ein, wenn die Terpen-
fraktionen wenig einheitlich sind.
Kleine Abänderungen in der Darstellungsweise sind von verschiedenen
Seiten empfohlen worden. Baeyer und Villiger 1 ) benutzen als Verdünnungs-
mittel ein Gemisch von 1 Vol. Amylalkohol und 2 Vol. Äther und tropfen
das Brom unter Abkühlen ein; in dem Maße, wie der Äther verdunstet, soll
sich alsdann das Tetrabromid abscheiden.
Power und Kleber 8 ) lassen die auf Limonen zu prüfende Fraktion so
lange in ein abgekühltes Gemisch von Eisessig und Brom eintropfen, bis ein
nur noch geringer Überschuß an Brom vorhanden ist, entfärben dann mit
wäßriger Lösung von schwefliger Säure und fällen das Bromid mit Wasser;
sie wollen auf diese Weise die bei der sonst üblichen Bromierungsart stets
zu beobachtende Bildung von Bromwasserstoff vermeiden und verhindern,
daß nichtkristallisierende Bromide aus isomeren Terpenen gebildet werden.
Eine Vereinigung beider Methoden ist schließlich von Godlewsky*)
empfohlen worden, der vorschreibt, die Lösung des Terpens in einer Mischung
gleicher Gewichtsteile Amylalkohol und Äther in ätherische Bromlösung, die
während der Dauer der Reaktion mit Eiswasser zu kühlen ist, eintropfen
zu lassen.
Dipenten.
C 10 H 16 . Mol.-Gew. 136.
In der Natur ist die optisch inaktive Modifikation des
Limonens, das Dipenten, oft, aber nicht so häufig wie Limonen,
beobachtet worden. Außerdem ist zu berücksich-
tigen, daß nachgewiesenes Dipenten sich infolge ch,,
der Darstellungsweise oder durch langes Erhitzen c
der Öle beim Fraktionieren aus ursprünglich vor- H c/\xh
handenem Pinen oder Limonen gebildet haben * | j
kann. Dipenten ist in folgenden Ölen aufgefunden HjC\^/CH s
worden: Im Öl von Pherosphaera Fitzgeraldi (?), im CH
Kopalöl von Agathis alba (?), im Rottannennadelöl, h 8 CC:CH 2
im Rindenöl von Abies concolor, im Öl von Abies
excelsa und A. pindrow (?), im Öl des Terpentins verschiedener
Pinusarten, im Kienöl, im Kiefernholz, im Kiefernterpentinöl,
im schwedischen und russischen Terpentinöl, im sibirischen
*) Bert. Berichte 27 (1894), 448.
*) Pharm. Rundschau (New York) 12 (1894), 160; Arch. der Pharm. 232
(1894), 646.
*> Chem. Zig. 22 (1898), 827.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 21
322 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Fichtennadelöl, im Nadelöl von Pinus heterophylla, P. Lam-
bertiana, P. contorta, im Nadel- und Zapfenöl von P. palustris,
P. ponderosa, im Terpentinöl von P. longifolia, im Öl von
Cryptomeria japonica, Callitris verrucosa, C. glauca, C. are-
nosa, C. intratropica, C calcarata, C. rhomboidea (?), C. ro-
busta (?), C. tasmanica, C. Drummondii, C. Macleayana (?),
Libocedrus decurrens, Cupressus torulosa, im Holzöl von
Chamaecyparis Lawsoniana, im Palmarosaöl, Lemongrasöl,
Citronellöl, Gingergrasöl, im Öl von Cymbopogon caesfus,
/(aempfer/a ethelae, Amomis j'amaicensis, Cardamomenöl,
Cubebenöl, Pfefferöl, Gagelöl, Sternanisöl, Muskatnußöl, Boldo-
blätteröl, Kuromojiöl, Zimtblätter- und -wurzelöl, Campheröl,
Campherblätteröl, Massoirindenöl, Apopinöl, im Kohobationsöl
des Cayenne-Linaloeöls, im Öl von Liqui dambar formosana,
in den Produkten der trocknen Destillation des Holzgummis
„Guttin" von Gua/acum officinale, im japanischen Pfefferöl, im
Öl von Fagara xanthoxyloides, Wartaraöl, Buccoblätteröl, Ber-
gamottöl, Limettblätteröl, Neroliöl, ChinottoÖl (?), Pompelmusöl,
Myrrhenöl, Weihrauchöl, ZJosive///a-Terpentinöl, Elemiöl, Öl von
Canarium villosum, Borneocampheröl, Myrtenöl, Öl von Melaleuca
erlcifolia, M. pauciflora (?), M. erubescens, M. hypericifolia,
Callistemon lanceolatus, C. viminalis, Eucalyptus megacarpa,
Corianderöl, Cuminöl, Ajowanöl, Fenchelöl, Seefenchelöl, Meister-
wurzöl, Öl von Pycnanthemum lanceolatum (?), Satureja mon-
tana, S. thymbra, Origanum vulgare var. viride, Thymus capi-
tatus, im amerikanischen Poleiöl, im Öl von Ocimum viride (?),
im Kessowurzelöl, Goldrutenöl, im Öl von Euthamia caroliniana,
Artemisia glutinosa (?), im Shö-Gyüöl und Yu-Juöl.
Abgesehen von seiner Bildung aus gleichen Teilen d- und
1-Lirnonen wird es synthetisch durch Polymerisation des un-
gesättigten aliphatischen Kohlenwasserstoffes Isopren, C 6 H g ,
sowie neben Terpinen durch Wasserentziehung aus den ali-
phatischen Alkoholen Linalool und Geraniol erhalten; es ent-
steht aber auch durch Isomerisierung anderer Kohlenwasser-
stoffe Ct H ld , z. B. Pinen, Limonen, Phellandren, sowie aus
sauerstoffhaltigen Verbindungen durch verschiedene Umwand-
lungen, so z. B. aus Cineol, Terpineol und Terpinhydrat. Auch
wurde Dipenten neben Cineol und Limonen bei der Umsetzung
des Fenchylamins mit salpetriger Säure erhalten.
Kohlenwasserstoffe. 323
Das relativ reinste Dipenten erhält man bei der trocknen
Destillation des Kautschuks; nach Beseitigung des isopren-
haltigen Vorlaufes wird die von 172 bis 178° siedende Fraktion
mehrmals einer sorgfältigen fraktionierten Destillation über
Natrium unterworfen. Dabei kann etwa mit anwesendes, gleich-
siedendes Cineol an der starken Erhöhung des spezifischen
Gewichts erkannt werden. Ein weniger reines Präparat entsteht
aus Dipentendichlorhydrat durch Salzsäureabspaltung mit Anilin
oder Natriumacetat und Eisessig 1 ) oder aus kristallisiertem
Terpineol durch Wasserabspaltung mit Kaliumbisulfat 2 ).
Von Limonen unterscheidet sich Dipenten in seinen phy-
sikalischen Eigenschaften nur durch die optische Inaktivität;
der Siedepunkt ganz reinen Dipentens ist wohl derselbe wie der
des Limonens, doch hat man beim Aufsuchen des Dipentens
in Kohlenwasserstoffgemischen die etwas höher als Limonen
siedenden Fraktionen zu berücksichtigen 3 ). Spezifisches Ge-
wicht und Brechungsexponent stimmen mit den für Limonen
ermittelten Daten völlig überein. Für Dipenten aus Kautschuk
ist im Laboratorium von Schimmel 8{ Co. gefunden worden:
Sdp. 175 bis 176°, d a0 . 0,844, n B20 . 1,47194.
Dipenten ist verhältnismäßig beständig, denn durch Erhitzen
geht es nicht in einen isomeren Kohlenwasserstoff C 10 H 18 über,
sondern liefert Polymere; dagegen wandelt alkoholische Schwefel-
säure es beim Erwärmen in Terpinen um. Seine Derivate sind
inaktiv und können sowohl aus Dipenten selbst, als auch durch
Vereinigung äquivalenter Mengen der entsprechenden optisch
aktiven Verbindungen des Limonens erhalten werden ; sie weisen
gegen die der aktiven Limonene einige kleine Unterschiede auf,
namentlich in ihren Schmelzpunkten. Gegen Halogenwasser-
stoff, Brom und Nitrosylchlorid verhält sich Dipenten wie die
aktiven Limonene; die mit zwei Molekülen Halogenwasserstoff
entstehenden festen Additionsprodukte existieren in zwei ver-
schiedenen Formen, der eis- und trans-Modifikation*), von denen
*) Wallach, Liebigs Annalen 239 (1887), 3; 245 (1888), 196. Vgl. dazu
Tilden und Williamson, Journ. ehem. Soc. 68 (1893), 294.
9 ) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 109.
s ) Wallach, ebenda 286 (1895), 138; Berl. Berichte 40 (1907), 600.
*) Baeyer, Berl. Berichte 26 (1893), 2861.
21*
324 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
die niedriger schmelzende und leichter lösliche als cis-Form
bezeichnet wird. Die höher schmelzende trans-Form ist die
beständigere, sie bildet sich stets, wenn die Reaktion unter
Erwärmung verläuft; in der Kälte entstehen meist beide
Formen zugleich. Da man gewöhnlich die trans-Form erhält,
so beziehen sich die folgenden Angaben nur auf diese Ver-
bindungen. Dipentendichlor-, -dibrom- und -dijodhydrat entstehen
sowohl aus Limonen wie Dipenten, wenn die abgekühlten
Lösungen dieser Kohlenwasserstoffe in Äther, Eisessig usw. mit
den betreffenden Halogenwasserstoffen gesättigt werden; beim
Verdunsten des Lösungsmittels oder Verdünnen mit Wasser
scheiden sich die Verbindungen als bald kristallisierende Öle
ab. Da Terpinen analoge Verbindungen liefert, so können die
entstandenen Dihalogenhydrate sich gegenseitig am Kristalli-
sieren hindern, da Gemische von ihnen oft ganz bedeutende
Schmelzpunktsdepressionen verursachen. Eine Trennung der
Dipenten- und Terpinendihalogenhydrate kann unter Berück-
sichtigung der verschiedenen Beständigkeit gegen verdünntes
Alkali ausgeführt werden 1 ).
Das Dipentendichlorhydrat schmilzt bei 50°; es kann aus
seiner alkoholischen Lösung durch vorsichtigen Zusatz von
Wasser kristallisiert erhalten werden; das Dibromhydrat bildet
rhombische, atlasglänzende Tafeln und hat den Smp. 64°, das
Dijodhydrat kristallisiert in verschiedenen Formen und schmilzt
bei 77 bis 81°. Aus allen diesen Verbindungen läßt sich durch
Entziehung von Halogenwasserstoff Dipenten regenerieren; durch
Schütteln der Halogenderivate mit verdünntem Alkali entstehen
a-Terpineol und Terpinhydrat.
Die Nitrosylchloridverbindung ist, wie beim Limonen, so
auch beim Dipenten in zwei physikalisch isomeren Modifikationen
(a und ß) bekannt, die löslicher sind als die der aktiven Kompo-
nenten, und die beide beim Abspalten von Salzsäure mit alkoholi-
schem Kali inaktives Carvoxim vom Smp. 93° liefern; bei der
Umsetzung mit Basen entstehen aus den Nitrosochloriden je zwei
Nitrolamine, von denen die Nitrolpiperidine bei 154 und 152°,
die Anilide bei 125 und 149° und das besonders charakteristische
a-ISitrolbenzylamin bei 110° schmelzen. Auch ein Mitrosat des
*) Wallach, Liebigs Annalen 350 (1906), 160.
- Kohlenwasserstoffe. 325
Dipentens und des aus diesem, wie bei Limonen angegeben,
erhältlichen Monochlorhydrats ist bekannt 1 ).
Die zum Nachweis des Dipentens gewöhnlich benutzte Ver-
bindung ist das Tetrabromid 2 ), dessen Darstellung aus Dipenten
in der gleichen Weise erfolgt, wie es für Limonentetrabromid be-
schrieben wurde; es bildet sich auch, wenn konzentrierte Lösungen
gleicher Gewichtsmengen d- und 1-Limonentetrabromid gemischt
werden 3 ). Die Kristalle unterscheiden sich durch ihren Habitus
— Dipententetrabromid ist im Gegensatz zum Limonentetrabromid
stets in der Vertikalzone schilfartig gestreift und auffallend
spröde — , die Schwerlöslichkeit und den höheren Sehmelzpunkt
— 124 bis 125° — wesentlich von denen der Limonenverbindung.
Zur Identifizierung eignet sich das oben erwähnte Nitrosochlorid
mit dem zugehörigen Nitrolbenzylamin, die Überführung des
Nitrosochlorids in Carvoxim, sowie das S. 324 beschriebene
Dichlorhydrat.
Wenn Gemenge von Limonen und Dipenten vorliegen, was
häufiger der Fall sein dürfte, so ist zu beachten, daß sich die
Dipentenderivate im allgemeinen zuerst abscheiden.
Terpinolen.
C 10 H ie . Mol.-Gew. 136.
Dieses Terpen ist bisher nur auf syntheti- CH 3
schem Wege erhalten worden, doch will Clover 4 )
es in einem Manila-Elemiöl aufgefunden haben,
wobei er eine allmähliche Umwandlung in Di-
penten beobachtete. Auch ist seine Anwesenheit
im Corianderöl wahrscheinlich gemacht 5 ). Nach
Escourrou*) ist Terpinolen im Pomeranzenöl
enthalten. Er schließt dies aus dem Verhalten
eines aus süßem Pomeranzenöl gewonnenen Limonens bei der
Hydrierung und Ozonisierung.
l ) Wallach, Liebigs Annalen 245 (1888), 258.
») Wallach, ebenda 227 (1885), 278.
*) Wallach, ebenda 246 (1888), 226.
*) Philippine Journ. of Sc. 2 (1907), A. 17.
Ä ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1909, 33.
•) Chimie et Industrie 14 (1925), 519; Chem. Zentralbl. 1926, I. 519.
326
Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Der Siedepunkt des Terpinolens liegt bei etwa 185 bis 187°.
Als charakteristische Derivate sind anzuführen das bei 116°
schmelzende Tetrabromid und das Dibromid vom Smp. 69 bis 70°.
Mit Halogenwasserstoff entstehen aus Terpinolen die ent-
sprechenden Dipentenderivate. Bei der Oxydation mit Kalium-
permanganat erhält man den bei 148 bis 150° schmelzenden
Terpinolen-erythrit, C 10 H ia (OH) 4 -f- H a O.
Terpinolen bildet sich nach A. Mailhe 1 ), wenn man Terpin
im Glasrohr bei 310 bis 320° über Aluminium leitet. Es lieferte,
bei 500 bis 550° über Kupfer geleitet, eine aus Benzol, Cyclo-
hexan, Toluol, Methylcyclohexan, m-Xylol und m-Cymol be-
stehende Flüssigkeit und ein Gas, das 27% Alkylene, 15 °/o
Paraffine, 18% Methan und 40 °/o Wasserstoff enthielt.
Sylvestren.
C 10 H 18 . Mol.-Gew. 136.
J ö -Caren. i-Sylvestren (= Carvestren). ^*-Caren.
<
CHa
CH a
H»C
Sylvestren, A s - und ^*-Caren stehen in naher Beziehung
zueinander. Wie Rao und Simonsen 2 ) gefunden haben, kommt
Sylvestren, das bisher als Bestandteil zahlreicher ätherischer
Öle angesehen wurde, als solches nicht in der Natur vor, es
bildet sich vielmehr erst bei der Isolierung aus den ätherischen
Ölen. Durch Einleiten von trockner Salzsäure in Caren oder
carenhaltige Fraktionen entsteht nämlich Sylvestrendihydro-
chlorid, und auf diese Weise hatte man bisher aus der Bildung
dieser bei 72° schmelzenden Verbindung auf die Anwesenheit
von Sylvestren geschlossen. Die früheren Sylvestrenfunde müssen
daher, soweit dies noch nicht geschehen ist, nachgeprüft werden.
x ) Journ. Usines Gaz 47 (1923), 370; Journ. chem.Soc. 126 (1924), I. 865.
*) Journ. ehem. Soc. 127 (1925), 2494; 117 (1920), 570.
Kohlenwasserstoffe. 327
d-^ 3 -Caren kommt vor im indischen Terpentinöl von Pinus
longifolia und P. Merkusii und in den Nadelölen von Pinus
sylvestris und P. pumilio.
4*-Caren ist im Öl von Andropogon iwarancusa nach-
gewiesen worden 1 ).
d-Sylvestren hatte man seinerzeit mit Hilfe der Salzsäure-
verbindung festgestellt im schwedischen und finnischen Kienöl,
im schwedischen und finnischen Terpentinöl, in verschiedenen
Kiefernadelölen im Öl der Zweige und Nadeln von Libocedrus
decurrens und im Cypressenöl, i-Sylvestren im russischen
Terpentinöl von Pinus sflvestris, 1-Sylvestren im Öl von Dacry-
odes hexandra, Sylvestren von nicht bestimmter Drehung im
Wacholderrindenöl und im Abfallöl von der Herstellung der
Sulfitzellulose (?).
d-4 s -Caren ist ein farbloses Öl von charakteristischem,
süßlichem Geruch 2 ). Sdp. 168 bis 169° (705 mm); d|§| 0,8586;
a D + 7,69°; n D80 . 1,469. Im Gegensatz zu Sylvestren wird es
von Chromsäuregemisch nicht angegriffen. Es bildet weder ein
festes Nitrosochlorid noch ein Nitrosit, wohl aber ein kristalli-
siertes Nitrosat, das sich bei 147,5° zersetzt. Mit trocknem
Chlorwasserstoff behandelt, bildet Caren Sylvestrendichlorhydrat,
mit wäßriger Salzsäure Dipentendichlorhydrat. Bei der Oxydation
mit Kaliumpermanganat in der von Baeyer und Ipatiew 8 ) zur
Gewinnung von Caronsäure angewandten Darstellungsweise
wurde schließlich trans-Caronsäure erhalten.
«-J 4 - Caren hat nach Simmonsen 4 ) folgende Eigenschaften:
Sdp. 1 65,5 bis 1 67° (707 mm), d££ 0,8552, j>] 80 . +62,2°, n D80 . 1 ,1 ,474.
Sylvestren wird in ziemlich reinem Zustand erhalten, wenn
man aus einer carenhaltigen Fraktion das Dichlorhydrat darstellt
und dieses durch Kochen mit Anilin 5 ), Diäthylanilin 6 ) oder mit
Natriumacetat und Eisessig 7 ) zerlegt.
*) Anmerkung während der Korrektur: d-A s - und d-4 4 -Caren kommen im
deutschen Kieferwurzelöl, d-d s -Caren auch im Terpentinöl aus deutschem Scharr-
harz und im deutschen Balsamterpentinöl vor. Semmler und v. Schiller,
Berl. Berichte 60 (1927), 1591.
2 ) Siehe Note 2 auf S. 326.
s ) Berl. Berichte 29 (1896), 2796.
*) Joum. ehem. Soc. 121 (1922), 2292.
R ) Wallach, Liebigs Annalen 230 (1885), 243.
•) Haworth u. Perkin, Journ. ehem. Soc. 104: (1913), 2234.
') Wallach, Liebigs Annalen 289 (1887), 25; 245 (1888), 197.
328 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Man sättigt die mit dem gleichen Volum trocknem Äther verdünnte
Fraktion mit ganz trocknem Chlorwasserstoff, destilliert nach etwa zweitägigem
Stehen den ÄtheT ab und bringt den Rückstand durch starke Abkühlung zum
Kristallisieren. Der Kristallbrei wird auf porösen Tonplatten von öligen Bei-
mengungen befreit und das zunächst aus dem gleichen Gewicht Alkohol um-
kristallisierte Hydrochlorid durch fraktionierte Krystallisation aus Äther, in
dem es schwerer löslich ist als die entsprechende Dipentenverbindung,
gereinigt; der Schmelzpunkt des reinen Dichlorhydrats liegt bei 72° 1 ).
Zu beachten ist, daß bei gleichzeitiger Anwesenheit von
Dipenten oder solchen Terpenen, die bei der Einwirkung von
Salzsäure in Dipentendichlorhydrat übergehen, Gemische von
Chlorhydraten erhalten werden, deren Schmelzpunkt um so
niedriger liegt, je größer der Gehalt an Dipentendichlorhydrat ist.
Der auf die oben erwähnte Weise aus dem Chlorhydrat
abgeschiedene Kohlenwasserstoff ähnelt in seinen physikalischen
und chemischen Eigenschaften sehr dem Unionen. Wie dieses
hat er einen angenehmen, an Citronenöl erinnernden Geruch,
und sein spezifisches Gewicht und Siedepunkt stimmen fast
völlig mit denen des Limonens überein.
Atterberg, der Entdecker des Sylvestrens, ermittelte für
dies Terpen: Sdp. 173 bis 175°, d ie . 0,8612, [«] D16= + 19,5° 2 ).
Wallach gibt folgende Konstanten an: Sdp. 176 bis 177°,
d le „0,851, n D l,47799 3 ). Sdp. 175 bis 176°, d s0 .0,848, [a] B + 66,32°
(in Chloroform), n B 1,47573*).
Schimmel § Co. 8 ) fanden für das aus dem Chlorhydrat
des Dacryodesöls abgeschiedene 1-Sylvestren: Sdp. 172 bis 180°,
d 16 „ 0,8604, « D — 45° 0', Bao . 1 ,47838. Ein ebenfalls aus dem
Chlorhydrat erhaltenes d-Sylvestren siedete größtenteils von 178
bis 182°; d 16 . 0,8659; a B + 54°17'; n D20 . 1 ,47936.
Haworth und Perkin 6 ) erhielten aus einem synthetisch
gewonnenen 1-Sylvestrendichlorhydrat vom Smp. 70 bis 72° und
der spezifischen Drehung or D — 21,8° beim Zerlegen mit Diäthyl-
anilin ein 1-Sylvestren von folgenden Eigenschaften: Sdp. 176
bis 178°, d 19 . 0,848, a D — 68,2°, nj> 1,476t.
*) Wallach, Liebigs Annalen 280 (1885), 241; 239 (1887), 25.
a ) Bert. Berichte 10 (1877), 1206.
■) Liebigs Annalen 245 (1888), 198.
*) Ebenda 252 (1889), 149.
B ) Bericht von Schimmel 8s Co. April 1914, 48.
a ) Journ. ehem. Soc. 104 (1913), 2234.
Kohlenwasserstoffe. 329
Eine sehr charakteristische Reaktion des Sylvestrens ist die
tiefblaue Färbung, die in Gegenwart von Essigsäureanhydrid
nach Zugabe von einem Tropfen konzentrierter Schwefelsäure
eintritt. Diese tiefblaue Farbe haben weder Wallach 1 ) bei
Kiefernadelöl noch Bertram und Walbaum 2 ) bei schwedischem
Kiefernadelöl noch Umney 8 ) bei schottischem Kiefernadelöl noch
Mörner*) bei den Ölen von Pinus sllvestris, Pinus pumilio
und Pinus ab/es (?) deutlich erhalten. Hierin ist wohl ein
weiterer Beweis dafür zu erblicken, daß das aus diesen Ölen
erhaltene Sylvestren nicht als solches darin ursprünglich vor-
handen war.
Das Dibromhydrat des Sylvestrens schmilzt bei 72°, das
Dijodhydrat bei 66 bis 67°. Beim Behandeln der Dihalogen-
hydrate mit verdünnter Kalilauge entsteht das bei 135 bis 136°
schmelzende Sylveterpin, C 10 H 1S (OH) S , neben Sylveterpineol,
C 10 H 17 OH, vom Sdp. 210 bis 214°*), Verbindungen, die den aus
Dipentendichlorhydrat auf gleiche Weise erhaltenen entsprechen.
Über die Struktur und weitere Derivate des Sylvestrens siehe
auch Haworth, Perkin u. Wallach 8 ).
Beim Erhitzen auf 250° wird Sylvestren polymerisiert, es
wird aber weder hierbei, noch bei der Einwirkung alkoholischer
Schwefelsäure in isomere Terpene umgewandelt; dieser Kohlen-
wasserstoff ist also einer der beständigsten der Terpenreihe.
Wie Limonen, so besitzt auch Sylvestren zwei durch Addition
von Halogenwasserstoff, Brom oder Nitrosylchlorid ganz oder
teilweise lösbare Doppelbindungen. Ein eigentümliches Ver-
halten zeigt das Dichlorhydrat, das im Gegensatz zum inaktiven
Dipentendichlorhydrat optisch aktiv (rechtsdrehend) ist und bei
der Abspaltung des Halogenwasserstoffs aktives Sylvestren ent-
stehen läßt. Das Tetrabromid, in derselben Weise wie das des
Limonens dargestellt, schmilzt bei 135 bis 136°, doch erhält
man es sehr schwer in fester Form, wenn, wie es meist bei
Terpenfraktionen der Fall ist, auch andere Kohlenwasserstoffe
*) Liebigs Annalen 239 (1887), 24.
s ) Arch. der Pharm. 281 (1893), 299.
*) Pharmaceutical Journ. 56 (1895), 167.
*) Svensk farm. Tids. 1909, 317 und 1918.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 857 (1907), 72.
") Liebigs Annalen 899 (1913), 155.
330
Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
zugegen sind. Reines Sylvestren gibt beim Behandeln mit Amyl-
nitrit und Salzsäure ein bei 106 bis 107° schmelzendes Nitroso-
chlorid, das beim Umsetzen mit Benzylamin eine Nitrolaminbase
vom Smp. 71 bis 72° bildet.
Perkin *) hat über die Cyclohexen-3-carbonsäure sowohl i- wie
d-Sylvestren synthetisch dargestellt. Zusammen mit Haworth*)
hat derselbe Gelehrte auch die Synthese des 1-Sylvestrens aus-
geführt (S. 328).
Terpinen.
C 10 H
t8 . Mol.-Gew.
136.
CH S
i
CH B
CH,
1
1
C
HaC/^ScH
II
c
H a c/\
CH S
1
c
HC.-^NcH»
C
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CH
HsC \X
c
CH
HaCk s/ CH
C
t
CH(CrW,
CH(CH,) S
CH(CH S ) S
a
ß
r
Unsere Kenntnis über das Vorkommen von Terpinen in
ätherischen Ölen war bis vor nicht langer Zeit sehr beschränkt,
da als einziges exaktes Charakteristikum für die Anwesenheit dieses
Kohlenwasserstoffs in einem Öle, neben den auch von anderen
Kohlenwasserstoffen gebildeten Terpinendihalogeniden , nur das
Anlagerungsprodukt mit salpetriger Säure in Frage kam. Man
bezeichnete bisher als Terpinen einen Kohlenwasserstoff, der
bei der Einwirkung von salpetriger Säure ein Nitrosit vom
Smp. 155° bildet. Der künstlich dargestellte Kohlenwasserstoff
ist ein Gemisch von 2 Isomeren, von Wallach o- und y-Terpinen
genannt, dessen Zusammensetzung mit der Darstellungsmethode
wechselt.
Das Terpinen ist zuerst von E. Weber 3 ) im Öl der langen
Ceylon -Cardamomen aufgefunden worden; später konnte es
dann mit Hilfe des Nitrosits vom Smp. 155° noch im Zittwer-
*) Journ. ehem. Soc. 91 (1907), 480; Proceed. ehem. Soc. 26 (1910), 97.
ä ) Journ. ehem. Soc. 108 (1913), 2225.
s ) Liebigs Annalen 288 (1887), 107.
Kohlenwasserstoffe. 331
samenöl, Manila - Elemiöl , Dillkrautöl und Majoranöl nach-
gewiesen werden. Erst die Untersuchungen im Laboratorium
von Schimmel $ Co. 1 ) zeigten, daß beide, von Wallach als
Bestandteile des künstlichen Terpinens gekennzeichnete Kohlen-
wasserstoffe auch in ätherischen Ölen enthalten sind, und zwar
wurde «-Terpinen aufgefunden im Sadebaumöl, amerikanischen
Wurmsamenöl, Corianderöl, im Öl von Ocimum viride und im
Sho-Gyüol; y-Terpinen im Citronenöl, Corianderöl, Ajowanöl,
SeefenchelÖl, spanischen Thymianöl, im Öl von Mosla japonica,
Ocimum viride und im Sho-Gyüöl. Terpinen (ohne nähere
Angaben) ist nachgewiesen worden im Öl von Cupressus
torulosa, Xanthoxylum budrunga, Slenocalyx pitanga, Euca-
lyptus megacarpa und Artemisia glutinosa (?).
Reines a-Terpinen (l-Methyl-4-isopropylcyclohexadien-l,3)
ist von v. Auwers und Hinterseber 3 ) synthetisch aus 1-Methyl-
4-isopropylhexadien-l,3-on-2 durch Kochen mit alkoholischem
Kali hergestellt worden, wofür Roth und v. Auwers 8 ) angeben:
Sdp. 65,4 bis 66,0° (13,5 mm), d^ 0,8353, n D18 , 9 , 1,47942.
Künstlich wird Terpinen erhalten durch Einwirkung von Säu-
ren auf Kohlenwasserstoffe wie Pinen, Dipenten und Phellandren
oder auf sauerstoffhaltige Verbindungen wie Linalool, Geraniol.Ter-
pineol,Terpinenol,Terpinenterpin,Terpinhydrat, Dihydrocarveol und
Cineol, ferner durch Abspaltung von Halogenwasserstoffsäure aus
den Terpinenhalogeniden und durch besondere Umsetzung aus
Carvenylamin, Carvenon, Methyldichlormethyl-ketodihydrobenzol
und o-Kresol. Besonders geeignet zur Darstellung von «-terpinen-
reichen Präparaten sind die Synthesen von Sem ml er 4 ) und
Auwers 8 ). Reine Produkte erhält man aber auch hier nicht, so-
daß die Konstanten nur annähernde Gültigkeit haben. Wallach«)
fand für ein Terpinen, das er durch Einwirkung von Methyl-
magnesiumjodid auf Sabinaketon erhielt, nach mehrfacher Destil-
lation über Natrium, folgende Konstanten: Sdp. 174 bis 179°,
d 22 „ 0,842, n D 1,4719 und für ein durch Erhitzen des Hydro-
*) Gildemeister u. Müller, Wallach-Festschrift, Göttingen 1909, S. 443.
») Berl. Berichte 48 (1915), 1375.
») Liebigs Annalen 407 (1915), 157.
*) Berl. Berichte 41 (1908), 4474; 42 (1909), 522.
s ) Ebenda 43 (1909), 2404, 2424.
a ) Liebigs Annalen 862 (1908), 301; vgL auch 374 (1910), 171.
332 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Chlorids mit Anilin erhaltenes Präparat 1 ): Sdp. 179 bis 181°,
d 20 „ 0,846, n B 1,4789.
Schimmel § Co. beobachteten für eine aus a- und y-Ter-
pinen bestehende Fraktion des Corianderöls: Sdp. 177 bis 178°,
d 15 . 0,8485, a D + 0°32', n Dt0 . 1,47650.
Eine große Ähnlichkeit hat Terpinen mit Dipenten. Durch
Einwirkung von Halogenwasserstoffsäuren entstehen die Terpinen-
halogenhydrate, die denen des Dipentens zum Verwechseln ähn-
lich sind. Es existieren eis- und trans-Modifikationen, von denen
nur die letzteren für die Charakterisierung in Frage kommen,
weil die cis-Verbindungen flüssig sind.
Das Terpinendihydrochlorid schmilzt bei 51 bis 52°, das
Dihydrobromid bei 58 bis 59°, das Dihydrojodid bei 76°. Von
den isomeren Dipentenverbindungen können sie durch die beim
Mischen von gleichen Teilen entstehenden starken Schmelz-
punktsdepressionen unterschieden werden. Durch Kochen des
Hydrochlorids mit Basen erhält man ein Gemisch von mehreren
Kohlenwasserstoffen. Beim Schütteln mit verdünnter Kalilauge
entstehen neben eis- und trans-Terpin, Terpinenterpin (Smp. 137
bis 138°), Terpinenol-4 und y-Terpinenol.
Einwirkung von Brom auf Terpinen liefert nur flüssige Ver-
bindungen. Ein Nitrosochlorid konnte nicht erhalten werden.
Durch Addition von salpetriger Säure entsteht das Terpinen-
nitrosit vom Smp. 155°, das bei der Umsetzung mit Basen
wie Piperidin und Benzylamin Nitroiamine liefert, von denen
das Nitrolpiperidin bei 153 bis 154°, das Nitrolbenzylamin bei
137° schmilzt. Durch vorsichtige Reduktion mit Zinkstaub und
Eisessig lassen sich das Terpinennitrosit und die Nitrolamine
zu Carvenon reduzieren; bei Anwendung energischer wirkender
Reduktionsmittel, wie z. B. Natrium und Alkohol, geht die Reduk-
tion leicht weiter unter Bildung von Tetrahydrocarvon und Tetra-
hydrocarvylamin. Mach Wallach ist das Nitrosit ein Derivat
des a-Terpinens, aus dem durch Oxydation mit Permanganat die
i-or.a'-Dioxy-e-methyl-ce'-isopropyladipinsäure vom Smp. 188 bis
189° entsteht, deren Lacton bei 72 bis 73° schmilzt. Bei weiterer
Oxydation erhält man aus dieser Säure Dimethylacetonylaceton
(Semicarbazid-Verbindung, Smp. 201 bis 202°; Dioxim, Smp. 137°).
l ) Liebigs Annalen 360 (1906), 149.
Kohlenwasserstoffe. 333
Aus y-Terpinen entsteht bei der gleichen Oxydation der
Erythrit C^H^OH)« vom Smp. 237°. Durch Einwirkung ver-
dünnter Schwefelsäure erhält man hieraus Carvacrol und Thymol.
Zum Nachweis von Terpinen in ätherischen Ölen untersucht
man die Fraktion vom Sdp. 175 bis 185°. Einen Anhalt gibt in
diesem Falle schon die Entstehung von Terpinendihydrochlorid
vom Smp. 52° bei Einwirkung von gasförmiger Salzsäure auf
die Eisessiglösung des Kohlenwasserstoffes, denn Thujen und
Sabinen sowie Terpinenol und Terpinenterpin, die ebenfalls
dieses Chlorid bilden, sieden teils niedriger, teils höher. Sehr
geeignet zum Nachweis ist das Terpinennitrosit 1 ), das wie folgt
dargestellt wird:
3 ccm der entsprechenden Kohlenwasserstofffraktion werden in einem
engen Reagensglas mit l 1 /* cctn Eisessig und 4 1 /* ccm Wasser versetzt; man
gibt dann unter guter Kühlung eine konzentrierte wäßrige Lösung von 1,5 g
Natriumnitrit in kleinen Portionen hinzu, wodurch der Kohlenwasserstoff eine
grünliche Farbe annimmt. Wenn die salpetrige Säure vollständig absorbiert
ist, entsteht eine rötlichgelbe Färbung; man impft jetzt zweckmäßig mit einem
Kriställchen reinen Nitrosits, um eventuell eintretenden Übersättigungserschei-
nungen vorzubeugen. Die nach einiger Zeit abgeschiedenen Kristalle wäscht
man mit Wasser und Petroläther und kristallisiert sie aus Alkohol um
(Smp. 155°).
Ein exakter Nachweis für die Anwesenheit der einen oder
der anderen Terpinenmodifikation kann nur durch die Oxyda-
tion mit Permanganat erbracht werden. Wallach 2 ) verfährt
folgendermaßen :
7 g des Kohlenwasserstoffs werden in einer Kupferblase mit 33 g Kalium-
permanganat, 14 g Kaliumhydroxyd, 400 g Eis und 400 ccm Wasser eine Stunde
hindurch auf der Schüttelmaschine durchgeschüttelt. Dann wird nicht ver-
brauchter Kohlenwasserstoff abgeblasen, vom Braunstein abfiltriert und die
Oxydationslaugen unter Einleiten von Kohlendioxyd auf dem Wasserbade zur
Trockne verdampft, mit Alkohol extrahiert und der nach dem Entfernen des
Alkohols hinterbleibende Rückstand mit möglichst wenig heißem Wasser auf-
genommen und der Kristallisation überlassen. Es scheidet sich ein Kristall-
brei aus, der abfiltriert und mit wenig kaltem Wasser nachgewaschen wird.
Die Kristalle werden auf Ton gestrichen und aus der 15- bis 20-fachen Menge
25% igen Alkohols umkristallfsiert. Der Schmelzpunkt des so erhaltenen
Produkts, des oben genannten Erythrits, liegt bei 235 bis 236°, bei schnellerem
*) Über die Konstitution des Terpinennitrosits s. Wallach, Liebigs
Annalen 356 (1907), 233 und Wieland und Reindel, ebenda 424 (1921), 92.
*) Liebigs Annalen 362 (1908), 297; Vgl. auch Gildemeister u. Müller,
Wall ach- Festschrift, Göttingen 1909, S. 443.
334 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Erhitzen bei 237 bis 238°. Es ist in Äther, Ligroin, Essigester und Chloroform
wenig löslich, auch schwer löslich in kaltem Alkohol und in Wasser, leichter
in den heißen Lösungsmitteln. Die vom Erythrit abgesaugte Oxydationslauge
wird zuerst mit Essigester ausgeschüttelt, dann in der Kälte mit verdünnter
Schwefelsäure übersättigt, einmal mit Äther durchgeschüttelt und schließlich
erschöpfend mit Essigester extrahiert. In den Essigester geht eine Säure,
welche nach geeigneter Konzentration der Lösung auskristallisiert und dann
noch einmal aus der etwa 6-fachen Menge Wasser umkristallisiert wird. Die
Säure, «, «'-Dioxy-a-methyl-a'-isopropyladipinsäure, schmilzt bei 189 01 ) unter
Wasserabgabe.
Sehr leicht, und zwar schon in der Kälte, wird Terpinen von
Chromsäuregemisch (nach Beckmanns Vorschrift bereitet) an-
gegriffen und völlig zerstört; dieses Verhalten läßt sich ver-
werten, wenn es sich darum handelt, Terpinen aus Gemischen
mit Pinen, Camphen, Limonen, Terpinolen, Cineol und Pinol zu
entfernen, da diese Verbindungen gegen das Oxydationsmittel in
der Kälte ziemlich beständig sind.
Crithmen.
C 10 H 16 . Mol.-Gew. 136.
Francesconi und Sernagiotto 2 ) fanden dieses Terpen,
dem sie die nebenstehende Formel zuerteilen, im italienischen
Seefenchelöl, besonders in den um 113 bis 115°
(30 mrn) siedenden Anteilen. Es hat folgende
Eigenschaften: Sdp. 178 bis 180° (759 mm);
d xs . 0,8679; n D 1,4806. Es gibt ein a-Nitrosochlorid
vom Smp. 101 bis 102° und ein /3-Nitrosochlorid vom
Smp. 103 bis 104°. Ein festes Tetrabromid wurde
hc-c-ch nicht erhalten. Das Nitrolpiperidin schmilzt bei
138°, das Nitrolbenzylamin bei 103 bis 104'. Ferner
liefert das Crithmen ein Nitrosit (Smp. 89 bis 90°) und ein Nitrosat
(Smp. 104 bis 105°). Durch die Bildung von trans-Terpinen-
dichlorhydrat (Smp. 52") beim Einleiten von Salzsäuregas in die
essigsaure Lösung erwies sich das Crithmen als ein Derivat des
p-Cymols. Delepine und de Belsunce 3 ) haben weder das
*) Vgl. Henry u. Paget, Journ. ehem. Soc. 119 (1921),1714; 123(1923), 1878.
*) Atti R. Accad. dei Lincei, Roma (5), 22, I (1913), 231, 312, 382.
s ) Bull. Soc. chim. IV. 23 (1918), 24.
Kohlenwasserstoffe, 335
Nitrosit noch das Nitrosat des Crithmens fassen können, für das
Nitrosochlorid haben sie den Smp. 110°, für das Nitrolpiperidin
148° festgestellt. Longuet 1 ) fand für das Nitrosochlorid den
Smp. 111 bis 112°; Nitrolpiperidin, Smp. 149 bis 150°; Nitrol-
benzylamin, Smp. 106 bis 107°; Nitroldiäthylamin, Smp. 56°;
Nitrosat, Smp. 106 bis 107°. Das von Murayama im Öl von
Mosla japonica und einigen andern ätherischen Ölen auf-
gefundene und als Moslen bezeichnete Terpen ist nach Longuet
mit Crithmen identisch 3 ).
Moslen.
C 10 H 19 . Mol.-Gew. 136.
Diesen Kohlenwasserstoff fand Murayama 8 ) zuerst im Öl
von Mosla japonica; später stellte er auch sein Vorkommen im
Ajowanöl und im Öl von M. grosserrata fest. Das neue Terpen
wurde in einer bei 59 bis 60° (10 mm) oder bei 173 bis 175°
(gew. Druck) siedenden Fraktion nachgewiesen, die aus einem
mit Alkalilauge vom Thymol befreiten Öl gewonnen war.
D 18 . 0,8528, n D 1,48228, Nitrosochlorid, Smp. 111°, Nitrolpiperidid,
Smp. 142 bis 143°, Nitrolanilid, Smp. 126 bis 128°, Dihydro-
chlorid, Smp. 52°, Nitrosat, Smp. 114°.
Durch Behandlung des Nitrosochlorids mit Natrium in alko-
holischer Lösung erhielt Murayama die Verbindung (C 10 H 18 ) 3 N 3 O,
gelbe Nadeln, Smp. 52 bis 53°, und das in verdünntem Alkohol
schwerer lösliche Produkt (C t0 H ls ) 2 N 8 , orangegelbe Blättchen,
Smp. 85 bis 87°, deren Identität mit Azo-p-cymol nachgewiesen
wurde. Der gelbe Körper vom Smp. 52 bis 53° ist nach
Murayama identisch mit Azoxy-p-cymol. Moslen ist ein Dihydro-
cymol, das höchstwahrscheinlich zwei Doppelbindungen im
Benzolkern besitzt.
Longuet 2 ) hält Moslen für identisch mit Crithmen.
») Bull. Sciences phannacol. 32 (1925), 65; Chem. Zentralbl. 1925, I. 1985.
s ) Anmerkung bei der Korrektur: „Neuerdings haben Fr. Richter und
W. Wolff [Berl. Berichte 60 (1927), 477] nachgewiesen, daß im Crithmen nur
y-Terpinen vorliegt." Demnach wären sowohl Crithmen als auch Moslen aus
der Literatur zu streichen. Hiergegen sprechen jedoch die Unterschiede in
den Schmelzpunkten der Nitrolbenzylamine und -piperidine.
") Journ. pharm. Soc. Japan 1921, Nr. 475.
336 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Phellandren.
C 10 H ia . Mol.-Gew. 136.
Phellandren gehört zu den in der Natur ziemlich verbreiteten
Kohlenwasserstoffen C 10 H 18 ; es kommt in verschiedenen Modi-
fikationen vor, und zwar ver-
CH a CH a steht man nach Wallach 1 ) ganz
q c allgemein „unter Phellandren
HCr^NcH H Cf/NiCH einen Kohlenwasserstoff Ci H la ,
, || und I der in Berührung mit N 2 O a in
HaC X/ CH HjCv^^CH einem indifferenten, wasserfreien
CH CH Lösungsmittel (Ligroin) und bei
H„C-CH-CH 3 H,C-CH-CH 3 einer Temperatur unter 0°, also
a ß unter Bedingungen, unter denen
Umlagerungen nach Möglichkeit
ausgeschlossen sind, sofort ein wohlcharakterisiertes Nitrit ab-
scheidet".
Sowohl a- wie /S-Phellandren kommt in der Natur in beiden
optischen Modifikationen vor, und zwar: d-a-Phellandren im
GingergrasÖl, Gagelöl (?), Ceylon- und Seychellen-ZimtÖl, im Öl
von Boswellia serrata, im Elemiöl, Schinusöl, Bitterfenchelöl,
spanischen Dillkrautöl und im Öl von Daphnandra aromatfca,
1-a-Phellandren im Sternanisöl, Wartaraöl, im Öl von Xantho-
xylum alatum, Eucalyptus d/ves, E. phellandra, im austra-
lischen Eucalyptusöl, im Öl von Lantana camara und Nelaleuca
acuminata.
d-/S-Ph ellandren ist im Öl von Bupleurum iruticosum,
im Sternanisöl und Wasserfenchel öl, l-(*-Phellandren im Ter-
pentinöl von Pinus contorta und im japanischen Pfefferöl nach-
gewiesen worden; ferner ist /^-Phellandren, unbekannt von
welcher Drehungsrichtung, im Öl von Roubieva multifida, im
Seychellen-Zimtöl, CitronenÖl, Schinusöl, im Öl von Eucalyptus
amygdalina, von Seseli Bocconi, im italienischen Seefenchelöl
und wahrscheinlich auch im Corianderöl und Cuminöl enthalten.
Aus den sonstigen über das Vorkommen von Phellandren
in ätherischen Ölen gemachten Angaben ist meist nicht ersicht-
*) Liebigs Annalen 386 (1904), 10.
Kohlenwasserstoffe. 337
lieh, um welches Phellandren es sich handelt Am häufigsten
dürfte jedoch das a-Phellandren vorkommen, und zwar scheint
es, als ob es meist von kleinen Mengen /tf-Phellandren begleitet
ist, so daß hier ähnliche Verhältnisse herrschen wie beim Vor-
kommen von «- und ß-P'men. Außer in den genannten Ölen
ist Phellandren in folgenden aufgefunden worden:
Als d-Phellandren im sibirischen Fichtennadelöl, Öl
aus dem Holz von Caesalpinia sappan, Angelicawurzelöl und
Meisterwurzöl.
Als l-Phellandren im Rottannennadel öl, im Hadelöl von
Ab/es concolor, A. magnifica, Pinus contorta, im Latschen-
kieferöl, im Öl der Samen von Monodora grandiflora, im
Pimentöl, Baybeerenöl von den Bermuda-Inseln, im Öl von
Melaleuca acuminata, M. bracteata, Eucalyptus Andrews/,
E. Gunnii und im Krauseminzöl.
Ohne Angabe der Drehungsrichtung: im Öl von Pinus
Lambertiana (?), Juniperus phoenicea, Andropogon laniger,
Curcumaöl, Ingweröl, Öl von Amomis jamaicensis, Costus-
wurzelöl, Aschantipfefferöl, Pfefferöl, Magnoliaöl, Öl von Mono-
dora myristica, Blätteröl von Cinnamomum Oliven' (?), Rinden-
Öl von C. peduneulatum, Zimtwurzelöl, Campheröl, Sassafras-
blätteröl, im Öl von Liquidambar formosana (?), Geraniumöl,
Weihrauchöl, Öl von Eucalyptus acervula, aemenoides, austra-
Uana, angophoroides , campanulata, capitellata, coeeifera,
coriacea, crebra, Dawsoni, Delegatensis , dives, fastigiata,
Fletcheri, fraxinoides, haemastoma, linearis, loxophleba, Lueh-
manniana, macrorrhyncha, melanophloia, meliodora, micro-
theca, nigra, nova-angl ica, obliqua, oreades, ovalifolia, o. var.
lanceolata, phlebophylla, platypus, pulverulenta, radiata, regnans,
Risdoni, robusta, rostrata, siderophloia, sideroxylon var. pallens,
Sieberiana , stellulata, taeniola, viminalis, virgata, vitrea, im
deutschen und englischen Dillöl, Ajowankrautöl, Pfefferminzöl,
Öl von Mosla japonica, Eupatorium capillifolium, Goldrutenöl,
Hundefenchelöl und Wermutöl.
Die Phellandrene gehören zu den unbeständigsten Terpenen,
daher dürfen phellandrenhaltige Öle, wenn es sich um Gewinnung
und Nachweis dieser Kohlenwasserstoffe handelt, nie wiederholt
bei Atmosphärendruck destilliert werden, sondern sie sind am
besten im Vakuum zu fraktionieren.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. i. 22
338 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Synthetisch wurde a - Phellandren von Harries und
Johnson 1 ), sowie von Wall ach *) erhalten, doch liegen auch
hier keine unzweifelhaft reinen Substanzen vor. Die einzigen
kristallisierten Derivate, die Nitrosite, sind zur Regenerierung
der Phellandrene nicht geeignet; sie zersetzen sich wohl beim
Behandeln mit Alkali 3 ), es bildet sich aber dabei kein Kohlen-
wasserstoff C 10 H 16 . Man muß sich also mit der Erlangung mög-
lichst phellandrenreicher Fraktionen begnügen, und zwar nimmt
man die gegen 170 bis 178° siedenden Anteile; auf solche be-
ziehen sich auch die für Phellandren angegebenen Eigenschaften.
Von den für die Phellandrene beobachteten Konstanten
seien folgende erwähnt:
\-a- Phellandren aus Öl von Eucalyptus amygdalina 4 ):
Sdp. 173 bis 175° (754 mm), 50 bis 52° (5 mm), d 1RO 0,848,
«3 — 84° 10', n mo „ 1 ,47694. Aus Öl von Eucalyptus dives 6 ):
Sdp. 67 bis 68° (22 mm), df^ 0,8425, [«] D20 . — 112,76°,
n BaB o 1,4725.
d-a-Phellandren aus Gingergrasöl 6 ): Sdp. 44 bis 45° (4 mm),
175 bis 176" (754 mm), d 16 . 0,8565, « I) + 40 o 40'.
d-«-Phellandren aus Elemiöl'): Sdp. 61° (11 mm), d lfl0 0,844,
n D19 . 1,4732.
/?-Phellandren aus Wasserfenchelöl : Sdp. 57° (11mm), d 20 „ 0,8520,
n B20 „ 1,4788») und d„. 0,848, [a]j, + 14°45', n D1B . 1,4759"). 0-PheI-
landren aus Öl von Bupleurum fruticosum besitzt ein spezifisches
Drehungsvermögen von etwa — f- €>5° 10 ).
Die optische Drehung des Phellandrens ist sehr veränderlich;
sie wird durch Einwirkung des Sonnenlichtes herabgesetzt 11 ).
*) Berl. Berichte 38 (1905), 1832.
*) Liebigs Annalen 359 (1908), 283.
») Wallach, Liebigs Annalen 2S7 (1895), 374; 33« (1904), 30.
4 ) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co.
*) Smith, Hurst u. Read, Journ. ehem. Soc. 123 (1923), 1657.
8 ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1904, 52.
') Wallach, Liebigs Annalen 336 (1904), 12.
«) Ebenda 336 (1904), 43.
*) Ebenda 340 (1905), 2.
10 ) Francesconi u. Sernagiotto, Gazz. chim. ital. 46 (1916), I. 119;
Chem. Zentralbl. 1916, I. 973.
") Bacon, Philippine Journ. of Sc. 4 (1909), A. 101.
Kohlenwasserstoffe. 339
Wie schon erwähnt, ist Phellandren wenig beständig 1 ),
schon beim Erwärmen auf seine Siedetemperatur polymerisiert
es sich; leichter noch wird es durch Einwirkung von Säuren
in inaktive Isomere umgewandelt, so durch Halogenwasserstoff
in Dipenten, durch alkoholische Schwefelsäure in Terpinen.
Francesconi und Sernagiotto 2 ) erhielten aus ^Phel-
landren durch Behandlung mit alkoholischer Salzsäure neben
einem öligen Produkt auch Terpinendichlorhydrat vom Smp.
51 bis 52°.
Durch Oxydation mit Kaliumpermanganat entsteht aus
a-Phellandren die ölige a-Oxy-0-isopropylglutarsäure, die durch
weitere Oxydation mit Bleisuperoxyd und Schwefelsäure in Iso-
propylbernsteinsäure übergeht. Die aus /S-Phellandren entstehen-
den entsprechenden Oxydationsprodukte sind a-Oxy-tf-isopropyl-
adipinsäure bzw. a-Isopropylglutarsäure 3 ).
Wallach 4 ) erhielt durch Oxydation von /J-Phellandren mit
l°/oiger Kaliumpermanganatlösung neben A 2 - Isopropylcyclo-
hexenon, «-Isopropylglutarsäure, Isobuttersäure und ein öliges
Glykol, das durch Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure
Tetrahydrocuminaldehyd und etwas Dihydrocuminalkohol lieferte.
Durch Oxydation mit Luftsauerstoff entsteht aus ,J- Phellandren
-dMsopropylcyclohexenon 6 ).
Das durch Addition von salpetriger Säure entstehende
Phellandrennitrit wird zur Identifizierung beider Phellandrene
benutzt. Jedes von ihnen bildet je zwei Nitrite, die sich, wie
Schreiner«) zuerst nachwies, durch ihre Schmelzpunkte unter-
scheiden. Will man sich schnell vergewissern, ob in einem Öle
Phellandren enthalten ist, so wird eine Mischung aus 5 ccm
des Öles und 10 ccm Petroläther mit einer Auflösung von 5 g
Natriumnitrit in 8 g Wasser unterschichtet und die zur Ent-
wicklung der salpetrigen Säure nötige Menge (5 ccm) Eisessig
*) Die Konstanten von l-a-Phellandren (d uo 0,8496; « DK o —62=35') waren
beim Aufbewahren in ganz gefüllten braunen Flaschen im Keller nach etwa
8 Jahren umgeändert in diso 0,8550 und «umo — 58°38'.
9 ) Gazz. chim. ital. 44 (1914), II. 456; Chem. Zentralbl. 1915, I. 892.
») Semmler, Bert. Berichte 36 (1903), 1749.
*) Liebigs Annalen 340 (1905), 12.
s ) Ebenda 343 (1905), 29.
*) PharmaceutJcal Archives 4 (1901), 90.
22*
340 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
unter Umschütteln allmählich zugesetzt; der entstehende volu-
minöse Kristallbrei wird mit Hilfe einer Luftpumpe abgesaugt,
erst mit Wasser, dann mit Methylalkohol gewaschen und durch
mehrmaliges Lösen in Chloroform und Fällen mit Methylalkohol
gereinigt 1 ). Die löslichsten Anteile des Nitrits, das sich aus
zwei verschiedenen Formen zusammensetzt, gehen hierbei aber
verloren. Besonders, wenn es sich darum handelt, nachzu-
weisen, welches Phellandren vorliegt, führt man die Reinigung
besser unter Anwendung von Aceton aus a ). Durch fraktioniertes
Fällen mit Wasser läßt sich das Nitrit des a-Phellandrens in
Anteile vom Smp. 112 bis 113°, bzw. 113 bis 114° und 105°, das
des ,ff-Phellandrens in solche vom Smp. 102° und 97 bis 98° zer-
legen, denen allen ein verschiedenes Drehungsvermögen zu-
kommt, die aber zum Teil sowohl in den rechts- als links-
drehenden Formen dargestellt sind.
Baker und Smith 8 ) versetzen zum Nachweis des Phel-
landrens 3 ccm gesättigte Natriumnitritlösung mit 2 ccm Öl
und fügen dann vorsichtig, ohne umzuschüttein, etwa 8 bis
10 Tropfen Eisessig hinzu.
Die Phellandrennitrite lassen sich im Gegensatze zum Ter-
pinennitrosit mit Basen nicht zu Nitrolaminen umsetzen. Bei
der Behandlung des «-Phellandrennitrits mit Natriumalkoholat
entsteht Nitro-e-phellandren, das sich durch Reduktion mit Hilfe
von Zink und Eisessig zu Carvotanaceton und Dihydrocarvylamin
reduzieren läßt; bei energischer Reduktion mit Natrium in alko-
holischer Lösung entstehen Tetrahydrocarvon und Tetrahydro-
carvylamin *). Bei der Umsetzung von ß- Phellandrennitrit mit
Natriumalkoholat entsteht Nitro-/?-phellandren ; dieses liefert bei
der Reduktion Dihydrocuminaldehyd (Smp. des Semicarbazons
200 bis 202°), Tetrahydrocuminylamin und Cuminylamin.
/tf-Phellandren liefert, wie Francesconi und Sernagiotto
gezeigt haben, in alkoholischer Lösung bei Gegenwart von alko-
holischer Salzsäure, nicht* aber in Eisessig, ein Nitrosochlorid,
dessen Ausbeute um so größer ist, je niedriger das Drehungs-
vermögen des Phellandrens ist. a D im Mittel für I-^-Phellandren
*) Wallach und Gildemeister, Liebigs Annalen 246 (1888), 282.
») Wallach, ebenda 336 (1904), 13.
8 ) A research on the Eucalypts. Sydney 1902, S. 262.
*) Wallach, Liebigs Annalen 836 (1904), 30, 44.
Kohlenwasserstoffe. 341
— 206°. Es läßt sich durch Kristallisation in zwei Isomere
spalten, das a-Nitrosochlorid (a D — 175°; Smp. 101 bis 102°) und
das /S-Nitrosochlorid (« B —285°; Smp. 100°). Das Nitrosochlorid
liefert bei der Zersetzung mit Eisessig <d 2 ' 5 -Dihydrocuminaldehyd
und Carvacrol, sowie durch sekundäre Oxydationswirkung des
Hydroxylamins Cuminaldehyd. Das kristallisierte Nitrosochlorid
des /S-Phellandrens ist also ein Gemisch zweier Strukturisomerer.
Das Nitrosobromid des /3-Phellandrens ist ein weißer, kristal-
linischer, unbeständiger Körper. «-Phellandren gibt kein kri-
stallinisches Nitrosochlorid.
Geeignet für den Nachweis des ^-Phellandrens ist noch
die Oxydation mit Hilfe von l°/oigern Kaliumpermanganat, wo-
bei ein sirupöses Glykol (Sdp. 150° bei 10 mm) 1 ) entsteht, das
beim Erwärmen mit verd. Schwefelsäure Dihydrocuminalkohol
und Tetrahydrocuminaldehyd (Sdp. 220 bis 230°; d ao „ 0,93;
n D20 . 1,4903; Smp. des Semicarbazons 204 bis 205°) liefert.
Nebenbei entstehen Isopropyl-l-cyclohexen-2-on-4, a-Isopropyl-
glutarsäure und Isobuttersäure.
b) Bicyclische Terpene.
a-Pinen.
C 10 H ia . Mol.-Gew. 136.
a-Pinen ist außerordentlich verbreitet und kommt sowohl
inaktiv wie in den beiden optisch aktiven Formen vor. Während
Blütenöle arm an Pinen sind, ist es in
Blätter-, Rinden- und Holzölen häufiger i 8
zu finden. Es bildet den Hauptbestandteil c
der unter dem Namen „Terpentinöle" im HC- - ^- CH
Handel vorkommenden Destillate aus dem j -d^cf
Harzsaft verschiedener Pin us- Arten. Das Ha cl * JcH a
französische und spanische Terpentinöl ^^ch
enthält in der Hauptmenge l-«-Pinen, das
amerikanische und griechische vorwiegend die rechtsdrehende
Modifikation, obgleich auch amerikanische Terpentinöle bekannt
sind, die links drehen oder beinahe inaktiv sind.
») Wallach, Liebigs Annalen 340 (1905), 12.
342 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Der Kohlenwasserstoff d-a-Pinen (das Austraten Berthe-
lots) kommt vor, außer im amerikanischen, griechischen und
russischen Terpentinöl, im birmesischen Terpentinöl, Terpentinöl
von Pinus silvestris, im deutschen, galizischen, polnischen und
schwedischen Kienöl, Sulfatterpentinöl, Öl von Pherosphaera
Fitzgeraldi, Agathis alba, A. robusta, Abies pindrow, im
Lärchennadelöl, im deutschen und schwedischen Kiefernadelöl,
Öl von Pinus Lambertiana, P. excelsa, P. Massoniana, im
Zirbelkiefernadelöl, Öl von Pinus monophylla, P. Gerardiana,
P. ponderosa. scopulorum, im Öl der Zapfen von P. palustris,
Öl von Pinus halepensis, P. insularis, Öl aus den Mädeln von
Sequoia gigantea, Öl der Blätter von Cryptomeria japonica,
Zapfenöl von Taxodium distichum, Öl der Blätter von Actino-
strobus pyramidalis, im Öl von Callitris glauca, C. robusta,
C. verrucosa, C. intratropica, C. gracilis, C. calcarata, C. tas-
manica, C. Drummondii, C. Muelleri, C. oblonga, C. Maclea-
yana, Sandarakharzöl, Öl von Libocedrus Bidwillii, Öl aus
Blättern und Zweigen von Thuja plicata, T. orientalis, Cypressenöl,
Öl von Chamaecyparis Lawsoniana, Ch. obtusa (formosanisches
Hinokiholzöl), Öl aus den Nadeln und Beeren von Juniperus
phoenicea, J. taxifolia, russischen Calmusöl, Öl von Alpinia
malaccensis, Galgantöl, SternanisÖI, Öl von Calycanthus floridus,
C. occidentaüs, Ylang-Ylangöl, Muskatnußöl, Öl von Doryphora
Sassafras, Daphnandra aromatica, Campheröl, Campherblätteröl,
Apopinöl, Perseaöl, Öl aus den Früchten von Pittosporum undu-
latum, Chiosterpentinöl, Öl von Eriostemon Crowei, Boronia
citriodora, B. safrolifera, Weihrauchöl, Öl von Boswellia serrata,
Canarium villosum, C. strictum, Mastixöl, Borneocampheröl,
Myrtenöl, Öl von Eugenia Smithii, Chekenblätteröl, Öl von
Leptospermum flavescens, L. Liversidgei, f^unzea corifolia, Callis-
temon viminalis, Melaleuca Deanei, M. ericifolia, M. genisti-
folia, M. nodosa, M. uncinata, Niaouliöl, Öl von Darwinia
grandiflora, Backhousia angustifolia, B. sciadopbora, Baeckea
Gunniana, Eucalyptus acaciaeformis, E. acervula, E. botryoides,
E. dextropinea, E. Gunnii, E. Rodwayi, E. unialata, E. vernicosa,
E. viminalis, Homoranthus flavescens, H. virgatus, Hypericum
perforatum, Ajowanöl, Corianderöl, Möhrenöl, Cuminöl, Asantöl,
Galbanumöl, Fenchelöl, Seefenchelöl, Wasserfenchelöl (?), Ros-
marinöl, Öl von Monarda fistulosa, Thymus mastichina, Reunion-
Kohlenwasserstoffe. 343
Basilicumöl, Öl von Solidago nemoralis, Schafgarbenöl und
Yu-Juöl.
I-a-Pinen (Terebenthen Berthelots) ist enthalten im Öl
von Dacrydium Franklinii, Phyllocladus rhomboidalis, fran-
zösischen Terpentinöl, Terpentinöl der Rottanne, Fichtennadelöl,
Nadelöl von Picea nigra und P. alba, Oregonbalsamöl von
Pseudotsuga mucronata, Douglasfichtennadelöl von Pseudotsuga
glauca und Ps. Douglasii, Canadabalsamöl von Abies balsamea
und A. amabilis, Öl aus Nadeln und Zweigen sowie Rindenöl
von Abies concolor, Nadelöl von Abies canadensis, Edeltannen-
nadel- und -zapfenöl, Balsamtannennadelöl, sibirischen Fichten-
nadelöl, Nadelöl von Pinus strobus, P. exceisa, P. ponderosa,
Zapfenöl von P. ponderosa, im Öl aus Nadeln und Zweigen von
P. palustris, im englischen Kiefernadelöl, Latsch enkiefernadelöl,
Öl von P. iaricio Pallasiana, Seestrandkieferknospenöl, Öl von
P. heterophyila, P. Lambertiana (auch im Zapfenöl), P. Sabiniana,
P. contorta, P. clausa, Callitris tasmanica, C. Muelleri, im Nadelöl
und Rindenöl von Libocedrus decurrens, im Wacholderrindenöl,
Öl von Juniperus taxifolia, Cymbopogon javanensis, Cubebenöl (?),
Haselwurzöl, Öl von Asarum arifolium, Calycanthus floridus,
C. occidentalis, Ceylonzimtöl, Zimtblätteröl, Weißzimtöl, Öl von
Umbellularia californica, Re"union-Geraniumöl, Rautenöl, Öl von
Eriostemon Crowei, Petitgrainöl, Citronenöl, Neroliöl, Öl von
Boronia safrolifera, Weihrauchöl, Dacryodesharzöl, CajeputÖI,
Öl von Eucalyptus carnea, E. laevopinea, E. phlebophylla,
E. Wilkinsoniana, Petersiliensamenöl, Öl von Sese/i Bocconi,
Öl der Früchte von Selinum Monnieri, Öl aus Blättern und
Zweigen von Vitex trifolia, Lavendelöl, Öl von Monarda tistu-
losa, Majoranöl, amerikanischen Poleiöl, r\rauseminzöl(?), franzö-
sischen Pfefferminzöl, Baldrianöl, Kessowurzelöl, Öl von Solidago
nemoralis, Parthenium argentalum, Acbillea millefolium und
im Gouftöl (Artemisia campestris var. odoratissima).
i-a-Pinen findet sich im Citronenöl, Weihrauchöl, Mastixöl,
Corianderöl, Cuminöl, amerikanischen Pfefferminzöl, Zittwer-
samenöl und im Öl von Murraya exotica var. ovatifolia.
ö-Pinen ist häufig nachgewiesen worden, ohne daß Angaben
über die Drehungsrichtung gemacht sind. So im venezianischen
und norwegischen Terpentinöl, Sulfitterpentinöl, finnländischen
Kienöl, Öl aus den Nadeln und Zweigen von Abies exceisa,
344 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Larix americana, Pinus pinaster, P. longifolia, P. edulis,
P. monophylla, P. ponderosa (Holzterpentinöl), im Kiefern-
balsam von P. sfJvestris, Öl von Callitris rhomboidea, Thujaöl,
Öl von Cupressus torulosa, Wacholderbeeröl, Sadebaumöl, Ma-
ticoöl, Pileaöl, canadischen Schlangenwurzelöl, Boldoblätteröl,
Blätteröl von Atherosperma moschatum, Zimtwurzelöl, im Öl
der Rinde und Blätter von Cinnamomum Oliven', C. glanduli-
ferum, Pichurimbohnenöl (?), Sassafrasöl, Öl von Lindera praecox,
Lorbeerblätteröl, Massoirindenöl, Öl von Liquidambar formo-
sana, japanischen Pfefferöl (?), Pompelmusöl, Bergamottöl, in
einigen El emiölen, Myrrhenöl, Schinusbeerenöl , im Öl von
Backhousia myrtifolia, Angophora Baker/', Leptospermum
flavescens, Melaleuca gibbosa, M. erubescens, Eucalyptus
acmenoides, affinis, aggregata, albens, amygdalina, ango-
phoroides, apiculata, Baeuerleni, bicolor, Bosistoana, Bridgesi-
ana, Cambagei, camphora, capiteliata, cinerea, cneorifolia,
conica, cordata, corymbosa, crebra, dealbata, dives, dumosa,
eugenioides, exfmia, fastigiata, Fletcheri, fraxinoides, globulus,
goniocalyx, gracilis, hemilampra, hemiphloia, intermedia, inter-
texta, lactea, longifolia, Luehmanniana, Macarthuri, macror-
rhyncha, maculata, maculosa, Maideni, melanophloia, melli-
odora, microcorys, microtheca, Morrisii, nova-anglica, odorata,
oleosa, ovalifolia, o. var. lanceolata, paniculata, pendula, pilularis,
polyanthema, polybractea, populifolia, propinqua, pulverulenta,
punctata, p. var. didyma, quadrangulata, radiata, resinifera,
Risdoni, robusta, Rossii, rostrata, r. var. borealis, rubida, saligna,
siderophloia, sideroxylon, s. var. pallens, Smithii, squamosa,
stricta, Stuartiana, tereticomis, tessellaris, trachyphloia, umbra,
viridis und Woollsiana, im französischen Petersilienöl, Meister-
wurzöl, Salbeiöl, Öl von Ramona stachyoides, Thymus capitatus,
Satureja thymbra, Majorana onites, Ysopöl, Öl von Mosla
faponica, Spiköl, Goldrutenöl, Öl von Solidago odora (?),
Melichrysum stoechas (?) und Artemisia tridentata.
Pinen (ohne jede nähere Bezeichnung) ist ferner fest-
gestellt worden im Öl von Athrotaxis selaginoides, Cymbopogon
sennaarensis (?), Alpinia galanga, im Gagelöl, Mastixblätteröl,
im Öl von Dryobalanops aromatica, Agonis flexuosa, Eucalyptus
platypus, E. Muelleri, E. Perriniana, E. megacarpa, E. cocci-
fera (?) und Prostanthera cineolifera (?).
Kohlenwasserstoffe. 345
Da stark drehendes a-Pinen wenig oder kein Nitrosochlorid
liefert, so muß aus der Bildung dieses Körpers eigentlich auf das
Vorhandensein von i-Pinen geschlossen werden. In der obigen
Aufstellung über das Vorkommen von d- und 1-Pinen wäre also,
da in den meisten Fällen der Pinennachweis durch das Nitroso-
chlorid in einer mehr oder weniger stark drehenden Fraktion
geführt wurde, die Anwesenheit von i-Pinen anzunehmen und
der endgültige Beweis für die optisch aktiven Pinene erst noch
durch die Darstellung der aktiven Pinonsäuren zu erbringen.
Hieraus geht hervor, wie wünschenswert es ist, die früheren Unter-
suchungen, unter Berücksichtigung der neueren für Pinen aus-
gearbeiteten Nachweismethoden, zu wiederholen. (Vgl. S. 352.)
a-Pinen ist eines der wenigen Terpene, die in verhältnis-
mäßig reinem Zustande gewonnen werden können; man erhält
es durch Umsetzung des festen Pinennitrosochlorids mit Anilin
in alkoholischer Lösung 1 ). Ein derartig gewonnenes a-Pinen,
das immer optisch inaktiv ist, zeigt folgende Eigenschaften:
Sdp. 155 bis 156°, d 90 „ 0,858, n D21 . 1,46553 2 ).
An einem aus dem Nitrosochlorid regenerierten a-Pinen
wurden im Laboratorium von Schimmel § Co. folgende Kon-
stanten beobachtet: Sdp. 154,5 bis 155°, d 16 , 0,8634, « D + 0,
n D20 . 1 ,46644.
Ebenfalls in inaktiver Form ist es durch Zersetzung des
Pinocamphylxanthogensäureesters darstellbar 8 ). Gildemeister
und Köhler 4 ) erhielten bei der Zersetzung des d-Pinocamphyl-
xanthogensäureesters aktives d-a-Pinen, das aber mit einem
anderen Terpen verunreinigt war. Durch Einhalten besonderer
Versuchsbedingungen ist es Wallach 9 ) gelungen, l-«-Pinen aus
Nopinolessigsäure darzustellen.
In den meisten pinenhaltigen Ölen dürften Gemische von
d- und I-Pinen zugegen sein. Die Drehungsrichtung der Pinen-
fraktionen würde dann vom Überwiegen der einen oder anderen
Modifikation abhängen. Zur Darstellung der optisch aktiven
x ) Wallach, Liebigs Annalen 252 (1889), 132; 258 (1890), 343.
*) Wallach, ebenda 258 (1890), 344.
*) Tschugaeff, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 89 (1908), 1324; Chem.
Zentralbl. 1»08, I. 1179.
*) Wal lach- Festschrift. Göttingen 1909, S. 436.
B ) Liebigs Annalen 868 (1909), 1.
346 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Modifikationen des «-Pinens geht man daher zweckmäßig von
Pinenfraktionen mit hoher Drehung aus, wobei jedoch zu
beachten ist, daß die hohe Drehung eventuell durch Camphen
bedingt sein kann. Man reinigt die unter 160° siedenden Anteile
durch fraktionierte Destillation über Natrium, bis die erhaltenen
Kohlenwasserstoffe im Siedepunkt und den übrigen Eigenschaften
mit i-a-Pinen übereinstimmen. Die höchsten bisher beobachteten
Drehungen sind:
für d-«-Pinen aus griechischem Terpentinöl:
[«LH- 48,4° (Sdp. 155 bis 156°; d 2B . 0,8542; n DM . 1 ,4634) »),
[a] D + 46,73° (Sdp. 156° bei 760 mm; d 15 . 0,8642; n D20 . 1,46565) 2 ),
für d-a-Pinen aus Holzöl von Chamaecyparis Lawsoniana:
[«] D + 51,52° *),
für 1-o-Pinen aus französischem Terpentinöl:
[«W — 43,48° (Sdp. 153,5 bis 154,5° bei 760 mm; d „ 0,8748;
iW 1,4690)*),
für 1-a-Pinen aus dem Öl von Eucalyptus laevopinea:
[«U- 48,63° (Sdp. 157°; df 0,8626) s ).
a-Pinen ist eine farblose, leicht bewegliche Flüssigkeit, die,
wie alle Terpene, bei längerem Stehen unter Autoxydation Sauer-
stoff aus der Luft aufnimmt und teilweise verharzt. Kohlensäure,
Schwefeldioxyd und Ammoniak werden von Pinen absorbiert. Es
wird leicht in andere Terpene umgewandelt; so geht es durch
erhöhte Temperatur "(250 bis 270°) oder durch feuchte Salzsäure
in Dipenten oder dessen Dichlorhydrat, durch alkoholische
Schwefelsäure in Terpinolen und Terpinen, wahrscheinlich über
die Zwischenstufe des Dipentens, über. Durch Einwirkung von
trocknen Halogen Wasserstoff säuren verwandelt sich »-Pinen in
Derivate des Camphers, welche Reaktion für die synthetische
Darstellung dieses Körpers von großer Bedeutung geworden ist.
Bei Gegenwart von Wasser und Sauerstoff bildet sich aus
Pinen Pinolhydrat (Sobrerol), C 10 H 18 O a , das sich manchmal aus
*) Vezes, Bull. Soc. chim. IV. 5 (1909), 932.
3 ) Gildemeister und Köhler, Wallach-Festschrift. Göttingen 1909,
S. 434; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1909, 126.
*) Schorger, Journ. änd. eng. Chemistry 6 (1914), 631.
*) Pariselle, Compt. rend. 172 (1921), 1496.
e ) Smith, Journ. and Proceed. of the Royal Soc. of Pi. S. Wales 32
(1898), 195; Bericht von Schimmel Sf Co. April 1899, 22.
Kohlenwasserstoffe. 347
alten Terpentinölen in Kristallen abscheidet, Verbenol, C 10 H 19 O,
und Verbenon, C 10 H 14 O. Die aktiven Formen des Pinolhydrats
schmelzen bei 150°, die inaktiven bei 130,5 bis 131°. Das i-Pinol-
hydrat nimmt sehr leicht Wasserstoff auf unter Bildung einer
Verbindung C 10 H 20 O 2 (Smp. 139 bis 140°). Beim Kochen mit
Säuren entsteht aus Pinolhydrat das charakteristisch riechende
Oxyd Pinol, C 10 H w O. In Berührung mit verdünnten Mineralsäuren
geht Pinen in Terpinhydrat, C 10 H 18 (OH) 2 ,H 2 O (Smp. 116 bis 117°),
über, wobei sich als primäres Produkt Terpineol bildet, das
auch aus Pinen bei der Hydratation mit Schwefelsäure und
Eisessig entsteht.
Beim Schütteln mit 3- bis 5-°/oiger Schwefelsäure wird
Pinen nur langsam angegriffen 1 ). Eine geeignete Methode zur
Hydratation des Pinens besteht, wie Barbier und Grignard
mitteilen 5 ), in der Einwirkung einer 50°/ igen wäßrigen Lösung
von Benzolmonosulfosäure auf in Eisessig und Acetanhydrid
gelöstes Pinen.
Ipatiew 8 ) reduzierte l-«-Pinen durch Einleiten von Wasser-
stoff unter Druck (bis zu 110 — 112 Atm.) bei Gegenwart von
Kupferoxyd als Katalysator; das Reaktionsprodukt war jedoch
nicht einheitlich; bei der Verwendung von Eisen als Katalysator
fand keine Reduktion statt.
Beim Einleiten von Wasserstoff in eine absolut ätherische
Lösung von 1-e-Pinen bei Gegenwart von Palladiumschwarz
glaubte Zelinsky 4 ) einen isomeren Kohlenwasserstoff erhalten
zu haben, den er Isopinen nannte, der aber nicht mit dem
Isopinen Aschans 5 ) identisch ist. Wie Fr. Richter und
W. Wolff 8 ) feststellten, ist das „Isopinen" Zelinskys ein
Gemisch von a-Pinen und Pinan. Ganz anders verhält sich
a-Pinen gegenüber Palladiumschwarz, wenn es im Laufe von
4 Wochen unter ganz schwachem Druck der Einwirkung von
Wasserstoff ausgesetzt wird; es entsteht dabei Hydropinen.
x ) Wal 1 a ch , Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1908, Sitzung v. 8. Febr., S. 20.
*) Compt. rend. 145 (1907), 1425; Bull. Soc. chim. IV. 3 (1908), 139;
5 (1909), 512, 519.
3 ) Berl. Berichte 4$ (1910), 3546.
*) Ebenda M (1911), 2782.
«) Ebenda 40 (1907), 2250.
°) Ebenda 59 (1926), 1733.
348 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Oxydationsmittel wirken verschieden auf Pinen ein;
während bei Anwendung konzentrierter Salpetersäure die Re-
aktion mitunter so heftig verläuft, daß Entzündung eintritt, gibt
verdünnte Salpetersäure, ebenso wie Chromsäuregemisch, über
Pinolhydrat oder Pinol hinweg neben niederen Fettsäuren und
anderen Produkten schließlich Terephthalsäure, C s H a 4 , Terpenyl-
säure, CsH^C^ und Terebinsäure, C 7 H 10 O 4 . Wesentlich andere
Ergebnisse liefert Kaliumpermanganat; ganz verdünnte Perman-
ganatlösung veranlaßt, wie die Untersuchungen von Wagner 1 )
gezeigt haben, vornehmlich die Bildung neutraler Oxydations-
produkte. Bei Anwendung konzentrierter Lösung entsteht, neben
anderen Verbindungen, eine einbasische Ketonsäure C 10 H ia O 3 ,
die Pinonsäure 2 ), die einerseits schließlich ebenfalls Terebinsäure,
andrerseits auch dieselben Abbauprodukte liefert, die bei der
Oxydation von Abkömmlingen des Camphers auftreten.
Je nach der optischen Beschaffenheit des Ausgangsmaterials
entsteht die Pinonsäure in aktiver ([«] D in Chloroformlösung
-f- oder —88 bis 90°) oder inaktiver Form. Die inaktive Form
hat den Schmelzpunkt 103 bis 105°; das Oxim schmilzt bei 150°;
von den aktiven Formen schmelzen die Säuren bei 69,5 bis 70,5°,
die Oxime bei 129° und die Semicarbazone bei 203 bis 204°.
Bei der Umlagerung mit Schwefelsäure entsteht Methoäthyl-
heptanonolid, dessen aktive Formen bei 46 bis 47° schmelzen,
während die inaktive den Schmelzpunkt 63 bis 64° zeigt.
Diese Verbindungen eignen sich zur Charakterisierung der
verschiedenen Modifikationen des a-Pinens. Bei der Einwirkung
von Ozon auf Pinen entstehen Ozonide, die bei der Spaltung
mit Wasser Pinonsäure geben 3 ).
Bei der Oxydation von Pinen mittels Mercuriacetat entsteht
nach Henderson und Agnew*) Sobrerol und 8-Oxycarvotan-
aceton. In eisessigsaurer Lösung wirkt 30 °/o iges wäßriges Wasser-
stoffsuperoxyd bei 40 bis 60 "nach Henderson und Sutherland 6 )
x ) Berl. Berichte 27 (1894), 2270; 29 (1896), 881.
2 ) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 28 (1895), 1345; 39 (1896),
529, 3027. — Baeyer, Berl. Berichte 29 (1896), 22, 326, 1907, 1923, 2775. —
Gildemeister u. Köhler, Wall ach -Festschrift. Göttingen 1909, S. 426.
a ) Harries und Meresheimer, Berl. Berichte 41 (1908), 38.
*) Journ. ehem. Soc 96 (1909), 289.
5 ) Ebenda 101 (1912), 2288.
Kohlenwasserstoffe. 349
derartig oxydierend, daß als Reaktionsprodukte Verbindungen
entstehen, die sich nicht mehr vom Pinenring ableiten lassen.
Durch Kochen von Pinen mit Trioxymethylen und Eisessig, Ver-
seifen und Fraktionieren erhielt Prins 1 ) rlomopineol.
Mit der Synthese des Pinocamphons und des a-Pinens aus
monocyclischen Verbindungen brachten Ruzicka und Trebler 3 )
den Nachweis, daß die von Wagner aufgestellte, bisher aber
noch nicht restlos bewiesene Pinenformel richtig ist.
a-Pinen ist ein ungesättigter Kohlenwasserstoff mit einer
durch Addition lösbaren Doppelbindung, der leicht in Derivate
des Camphers übergeführt werden kann. Durch Einleiten von
trocknem Chlorwasserstoff oder Bromwasserstoff in völlig trocknes
und abgekühltes Pinen entstehen z. B. Halogenide des Borneols, von
denen das Chlorid „Pinenchlorhydrat" (Pinenhydrochlorid, Bornyl-
chlorid), C 10 H 16 HC1, seines campherartigen Geruchs wegen „künst-
licher Campher" genannt, bei 125 bis 127°, das Bromid, C 10 H ie HBr,
bei 90° schmilzt, die beide durch Abspaltung von Halogenwasser-
stoff in Camphen übergehen. Das wahre Pinenmonochlorhydrat
hat Wallach durch Umsetzung des Homonopinols mit Phosphor-
pentachlorid erhalten. Läßt man Brom in trocknen Lösungs-
mitteln auf Pinen einwirken, so wird ein Molekül Brom unter
Entfärbung glatt aufgenommen; bei weiterem Zusatz erfolgt die
Aufnahme nur noch sehr langsam, und gleichzeitig tritt Brom-
wasserstoffentwicklung auf. Aus dem durch Addition eines Mole-
küls Brom an Pinen entstehenden Reaktionsprodukt läßt sich durch
Destillation mit Wasserdampf ein bei 169 bis 170° schmelzendes
Dibromid gewinnen 8 ), das in besserer Ausbeute bei der Behandlung
von Pinen mit unterbromiger Säure entsteht und wahrscheinlich
auch ein Campherderivat ist 4 ). Beim Abspalten von Bromwasser-
stoff mittels Anilin geht das Dibromid in Cymol über, während
es beim Behandeln mit Zinkstaub in alkoholischer Lösung ein
Terpen vom Smp. 65 bis 66°, das Tricyclen, liefert 5 ).
• Der Nachweis von c-Pinen in einem Öle läßt sich durch
das Nitrosochlorid und die Oxydationsprodukte erbringen. Voraus-
>) Chem. Zentralbl. 1919, III. 1001.
s ) Helvet chim. act 4 (1921), 666.
3 ) Wallach, Liebigs Annalen 364 (1891), 8.
*) Wagner u. Ginzberg, Bert. Berichte 29 (1896), 890.
B ) Godlewsky u. Wagner, Chem. Ztg. 21 (1897), 98.
350 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
gesetzt, daß das Pinen keine hohe Drehung zeigt, läßt es sich
am besten kennzeichnen durch das Nitrosochlorid sowie durch
die durch Umsetzung mit Basen daraus gewinnbaren Nitrolamine.
Für die Darstellung des Nitrosochlorids hat Wallach 1 ) folgende
Vorschrift gegeben:
Ein Gemenge von je 50 g Terpentinöl (gleichgiltig ob rechts- oder links-
drehend), Eisessig und Äthylnitrit 2 ) (bequemer ist die Anwendung von Amyl-
nitrit) 8 ) wird durch Kältemischung gut abgekühlt und in dasselbe nach und
nach 15 ccm rohe (33 %>ge) Salzsäure eingetragen. Das Nitrosochlorid scheidet
sich bald kristallinisch ab und wird ziemlich rein erhalten, wenn es mit Hilfe
einer Wasserstrahlpumpe abgesaugt und gut mit Alkohol gewaschen wird;
aus dem Filtrat scheidet sich bei längerem Stehen in der Kälte noch etwas
Nitrosochlorid aus.
Vorteilhaft in Bezug auf die Ausbeute ist es, mit geringen
Mengen zu arbeiten, da sich nur dann die für einen günstigen
Verlauf der Reaktion notwendige niedrige Temperatur innehalten
läßt; als Nebenprodukt bildet sich in großer Menge Pinol, C 10 H la O.
Eine bessere Ausbeute erhält man nach Ahlström und Aschan 4 ),
wenn man in das Gemisch aus Terpentinöl, Eisessig und Äthylnitrit unter
Eis- und Kochsalz -Kühlung bis zur Sättigung trocknen Chlorwasserstoff
einleitet.
Sehr gut bewährt zur Darstellung von Nitrosochloriden der Terpen- und
Sesquiterpenreihe hat sich die Methode von Ehestädt 8 ), bei der man fol-
gendermaßen verfährt: Terpentinöl wird mit dem gleichen Volumen Petrol-
äther, Eisessig oder Äther verdünnt. In diese mit Eis sehr gut zu kühlende
Lösung werden direkt die Gase eingeleitet, die entstehen, wenn man eine
konz. Natriumnitritlösung in 32% ige rohe Satzsäure (einhalbmal mehr als die
theoretische Menge) sehr langsam eintropfen läßt. Nicht umgekehrt, da sonst
die Ausbeute sehr gering ist. Nachdem etwa ein Drittel der Natriumnitrit-
lösung verbraucht ist, beginnt das Pinennitrosochlorid sich in schönen
Kristallen auszuscheiden, und die Mischung bildet zum Schluß einen Brei.
Das Nitrosochlorid bildet weiße Blättchen, die sich ziemlich
leicht in Chloroform lösen und aus dieser Lösung durch Methyl-
alkohol abgeschieden werden können. Der Schmelzpunkt der um-
») Liebigs Annalen 245 (1888), 251; 258 (1889), 251.
s ) Man erhält dieses durch Zufließenlassen einer Mischung aus 200 g
konzentrierter Schwefelsäure, 1,51 Wasser und 100 g Alkohol zu einer mit
100 g Alkohol versetzten Auflösung von 250 g Natriumnitrit in 1 1 Wasser;
das sich sofort bei der Reaktion bildende Äthylnitrit muß in gut gekühlten
Vorlagen verdichtet werden.
s ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1908, 52.
*) Berl. Berichte 39 (1906) 1445, Anmerkung.
») Bericht von Schimmel § Co. April 1910, 165.
Kohlenwasserstoffe. 351
kristallisierten Verbindung, die ebenso wie die daraus erhaltenen
Derivate optisch inaktiv ist, liegt bei 103°, doch sind auch höhere
Schmelzpunkte (bis zu 115°) gefunden worden. Nach Beobach-
tungen Baeyers 1 ) ist das Pinennitrosochlorid eine Bisnitroso-
verbindung (C 10 ri 1B Cl) 2 N 2 O 2 , die in ätherischer Lösung durch
Salzsäure in Hydrochlorcarvoxim umgelagert wird 2 ); durch Ab-
spaltung von Salzsäure mit alkoholischem Kali geht es in das
als Oximidoverbindung erkannte 3 ) Nitrosopinen (Smp. 132°)*)
über, während aromatische Basen, wie Anilin und Toluidin,
unter Bildung von Amidoazoverbindungen inaktives Pinen liefern.
Anders verhält sich das Nitrosochlorid gegen Basen der Fett-
reihe und solche, die deren Charakter besitzen, wie z. B. Benzyl-
amin und Piperidin; mit primären Basen sowie mit Piperidin
erfolgt Umsetzung zu Nitrolaminen; die sekundären Basen, wie
Diäthylamin, hingegen bewirken Abspaltung von Salzsäure und
Bildung von Nitrosopinen, für das L. Ruzicka und R Trebler 5 )
eine den neuesten Forschungen Rechnung tragende Formel auf-
gestellt haben.
Daß das stark drehende a-Pinen nicht leicht ein Nitroso-
chlorid bildet, erklärt Lynn' 5 ) durch die außerordentlich leichte
Löslichkeit des optisch aktiven a-Pinennitrosochlorids in den
üblichen organischen Lösungsmitteln. Zu seiner Bereitung ver-
fährt Lynn wie folgt:
Man vermischt gleiche Volumina Pinen, Äthylnitrit und absoluten Alkohol
und kühlt sie in einem Kältegemisch. Sodann fügt man die berechnete Menge
absolut — alkoholischer Salzsäure hinzu und hält die Temperatur unter — 5°.
Nach etwa einer halben Stunde werden die Kristalle abfiltriert. Statt abso-
luten kann man auch 95% igen Alkohol verwenden.
Nach Zusatz von einem oder zwei Volumen Alkohol ließ Lynn das
Filtrat bei — 10° stehen. Nach einiger Zeit schieden sich farblose, durch-
scheinende Kristalle aus, die durch Waschen mit kaltem Alkohol gereinigt
wurden. Das aktive «-Pinennitrosochlorid schmilzt bei 81 bis 81,5°; es dreht
in derselben Richtung wie das angewandte Pinen. Optisch aktives a-Pinen-
x ) Berl. Berichte 28 (1895), 648.
ä ) Ebenda 29 (1896), 12.
•) Urban u. Kremers, Americ. ehem. Journ. 16 (1894), 404.— Baeyer,
Berl. Berichte 28 (1895), 646. — Mead u. Kremers, Americ. ehem. Journ. 17
(1895), 607.
*) Wallach u. Lorentz, Liebigs Annalen 268 (1891), 198,
*) Helvet. chim. act 4 (1921), 566.
*) Journ. Americ. ehem. Soc. 41 (1919), 361.
352 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
nitrosochlorid ist unlöslich in Wasser, löst sich bei 20° in 200 Teilen Alkohol
oder 50 Teilen Heptan und ist leicht löslich in Pinen, Chloroform, Äther,
Aceton, Äthylacetat, Pyridin, Äthylnätrit, Benzol und fetten Ölen. Die Kristalle
sind weniger beständig als die des inaktiven Produkts.
Da die Nitrosochloride verschiedener Terpene sehr ähnliche
Schmelzpunkte haben und außerdem ziemlich leicht zersetzlich
sind, eignen sie sich weniger zur Charakterisierung als die
durch Kristallisationsfähigkeit und Beständigkeit ausgezeichneten
Nitrolamine; diese sind in großer Anzahl dargestellt worden,
jedoch benützt man vorzugsweise die durch Umsetzung mit
Benzylamin oder Piperidin entstehenden Verbindungen. Zu ihrer
Darstellung 1 ) setzt man das Nitrosochlorid mit einem Über-
schuß der in Alkohol gelösten Base durch Erwärmen auf dem
Wasserbade um und scheidet das entstandene Nitrolamin durch
Zusatz von Wasser aus; der Schmelzpunkt des Pinennitrol-
piperidins liegt bei 118 bis 119°, der des Nitrolbenzylamins
bei 122 bis 123°. Der Schmelzpunkt der aktiven Verbindungen
liegt bei 84° und 144 bis 145°.
Zu bemerken ist, daß, wie bereits mitgeteilt ist, die Aus-
beute an Nitrosochlorid umso geringer wird, je stärker das op-
tische Drehungsvermögen des Ausgangsmaterials ist 2 ). Wenn
sehr stark drehende Pinenfraktionen vorliegen, bedient man sich
zum Nachweis daher vorteilhafter der oben erwähnten Pinonsäure.
100 g Pinen werden mit 233 g Kaliumpermanganat und 3 1 Wasser
unter Eiskühlung geschüttelt. Aus der Oxydationslauge erhält man
dann, nach Entfernung des nicht angegriffenen Kohlenwasser-
stoffs und der entstandenen neutralen Produkte durch Aus-
schütteln mit Äther, beim Ansäuern mit verdünnter Schwefel-
säure die Pinonsäure. Zum Nachweis von Pinen überhaupt
genügt schon die Charakterisierung der Säure durch Darstellung
des Semicarbazons (Smp. 204°). Will man dagegen aktives
Pinen neben inaktivem feststellen, so ist es nötig, die Säure in
reiner Form zu isolieren, was durch Fraktionieren im Vakuum
(Sdp. 168° bei 12 mm Druck) in den meisten Fällen gelingt
Die Darstellung der bereits beschriebenen Derivate der Säuren
x ) Wallach, Liebigs Annalen 245 (1888), 253; 253 (1889), 130.
•) Tilden, Journ. ehem. Soc. N. S. 15 (1877), 554; 85 (1904), 759. — Kre-
mers, Pharm. Rundsch. (Neuyork) 18 (1895), 135.— Gildemeister u. Köhler,
Wallach-Festschrift, Göttingen 1909, S. 433.
Kohlenwasserstoffe. 353
und die Bestimmung des optischen Drehungsvermögens ver-
vollständigen den Nachweis.
Kleine Mengen a-Pinen lassen sich nach Agnew und
Croad 1 ) durch Oxydation mit Mercuriacetat zu Sobrerol (Smp.
131°) und 8-Oxycarvotanaceton (Smp. des Semicarbazons 175°)
nachweisen.
fJ-Pinen.
C 10 H 1B . Mol.-Gew. 136.
/?-Pinen (Nopinen) kommt neben a-Pinen in den Terpentin-
ölen vor, außerdem auch im r\ienöl, sibirischen Fichtennadelöl
und Yu-Juöl. Ferner ist es nachgewiesen
im Öl von Agathis alba, Ab/es exce/sa, h*
A.pindrow, im Sulfitterpentinöl, galizischen _ c ^
Kienöl, im Öl von Pinus Lambertiana, H* c r"^ ^ Ol
P. edulis, P. longifolia, P. ponderosa, CH 8 \ C '
P. ponderosa scopulorum, im Nadelöl von H c l 3 ' iq H
P. palustris, P. halepensis, P. insularis, ^„"
P. Gerardiana, im Muskatnußöl, Seychellen-
Zimtrindenöl, Citronenöl, Borneocampheröl, im Öl von Canarium
villosum, Leptospermum flavescens, Backhousia angustifolia, im
Corianderöl, Cuminöl, Galbanumöl, Ysopöl, spanischen Thymianöl,
Schafgarbenöl, im Öl von Artemisia campestris var. odoratis-
sima (?) (Gouftöl) und A. tridentata.
d-|3-Pinen ist im Sulfatterpentinöl aufgefunden worden.
1-jtf-Pinen ist nachgewiesen in dem aus Splintholz gewonnenen
Terpentin (Oregonbalsam) und dem Nadelöl der Douglasfichte,
Pseudotsuga Douglas//, im Öl aus Mädeln und Rinde von
Ab/es concolor, in den Nadelölen von A. magn/fica und A. pin-
drow, im Öl aus Nadeln, Zweigen und Zapfen von Pinus Lam-
bertiana, im Rottannenterpentin, im Terpentinöl von Pinus clausa,
im Nadelöl von P. heterophylla, im Nadel- und Zapfenöi von
P. palustris, und im Petitgrainöl.
Auf synthetischem Wege ist /S-Pinen von Wallach 4 ) dar-
gestellt worden. Er ging von Nopinon aus, das er mit Brom-
essigester zu Nopinolessigester kondensierte, der durch Behand-
lung mit Acetanhydrid /J-Pinen liefert.
x ) Analyst 87 (1912), 295: Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1912, 99.
2 ) Liebigs Annalen 363 (1908), 1.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. J. 23
354 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Als Eigenschaften wurden ermittelt: Sdp. 164 bis 166°,
d 18 . 0,8650, a D — 19°29' (aus Ysopöl), n D „. 1,47548 l ).
Wallach 2 ) bestimmte an zwei, zu verschiedenen Malen
dargestellten, synthetischen Produkten: Sdp. 163 bis 164°,
d 22 . 0,8675, a D — 22° 5', n Dft . 1,4749. — Sdp. 162 bis 163°,
d 2a „ 0,8660, a D — 22° 20', n DM . 1 ,4724 ■).
Bei der Hydratation mit Eisessig-Schwefelsäure entsteht aus
£-Pinen in der Hauptsache Terpinen 3 ). Dupont*) erhielt bei der
Hydratation von ^f-Pinen mittels Essigsäure in Gegenwart von
Benzolsulfosäure nur a-Terpineol und eine kleine Menge Borneol.
/S-Pinen liefert kein Nitrosochlorid. Mit trocknem Chlor-
wasserstoff in ätherischer oder Eisessiglösung erhält man aus
/?-Pinen ein Gemenge von Dipentendichlorhydrat und Bornyl-
chlorid. Durch Einwirkung von salpetriger Säure entsteht
Nitroso-f?-Pinen , das bei der Reduktion in Amidoterebenten
übergeht. Dieses gibt bei der Behandlung mit salpetriger
Säure einen Alkohol, der bei der Oxydation mit Chromsäure
Tetrahydrocutninaldehyd (Smp. des Semicarbazons 201 bis 203°)
und Cuminsäure (Smp. 115°) liefert 5 ). Von «-Pinen ist /t?-Pinen
besonders leicht durch die Oxydationsprodukte zu unterscheiden.
Bei der Oxydation mit Permanganat entsteht aus ihm, neben einem
bei 76 bis 78° schmelzenden Glykol und neben Nopinon, als wich-
tigstes Produkt die durch ihr schwerlösliches Natriumsalz leicht
zu isolierende, bei 126 bis 127° schmelzende Nopinsäure. Um
/f-Pinen nachzuweisen, oxydiert man am besten die zwischen
160 und 170° siedende Fraktion nach der von Wallach 8 ) für die
Darstellung des nopinsauren Natriums angegebenen Vorschrift.
Je 300 g Pinen werden mit einer Auflösung von 700 g Kaliumpermanganat
in 91 Wasser unter Zusatz von 150 g Natriumhydroxyd auf der Schüttel-
maschine durchgeschüttelt. Die Flüssigkeit erwärmt sich dabei erheblich, und
die Oxydation ist in etwa 20 Minuten beendet, während ohne Zusata von Alkali
etwa 12 Stunden erforderlich sind, bis das Permanganat verbraucht ist. Nun
wird nicht angegriffener Kohlenwasserstoff im Dampfstrome abgeblasen, vom
*) Bericht von Schimmel $ Co., April 1908, 119.
2 ) Liebigs Annalen 868 (1908), 10.
3 ) Wallach, Liebigs Annalen 86S (1908), 1.
4 ) Chimie et Industrie S (1922), 555; Chem. Zentralbl. 1928, 11. 1258.
*) Pesci und Bettelli, Gazz. chim. ital. 16 (1886), 337. — Wallach,
Liebigs Annalen 846 (1906), 246.
a ) Wallach, Liebigs Annalen 366 (1907), 228.
Kohlenwasserstoffe. 355
Braunstein abfiltriert und die Oxydationsflüssigkeit unter Einleiten von Kohlen-
säure auf etwa 3 1 eingedampft. Wach dem Erkalten kristallisiert nopinsaures
Natrium aus, das abgesaugt und durch Umkristallisieren gereinigt wird.
G. Brus 1 ) fand, daß (beim Arbeiten ohne Zusatz von Alkali) die Ausbeute
an Glykol und Nopinon um so größer, die an riopinsäure um so kleiner ist, je
schneller und bei je höherer Temperatur die Reaktion verläuft. Die Bildung von
riopinsäure wird begünstigt, wenn man in das Reaktionsgemisch unter kräftigem
Schütteln Kohlensäure einleitet und auf diese Weise das entstehende, die Reak-
tion beschleunigende Kaliumhydroxyd sofort an die Säure bindet. Die Oxyda-
tion erfolgt dann bei einer Temperatur von unter 40° im Verlaufe von zwei
Stunden. Die Ausbeute an riopinsäure beträgt 35 bis 40%.
Die freie Nopinsäure aus 1-jS-Pinen hat folgende Eigenschaften :
Smp. 126°, d 17 . 0,781, [a] D — 15,64° (in ätherischer Lösung).
Zur weiteren Charakterisierung kann die Nopinsäure durch
Oxydation mit Bleisuperoxyd oder Permanganat in schwefel-
saurer Lösung in Nopinon übergeführt werden, ein Keton, das
zu verschiedenen interessanten Synthesen von Terpenen und
Terpenabkömmlingen gedient hat. Von den Derivaten dieses
Ketons sind zu erwähnen: das Semicarbazon vom Smp. 188°,
die Benzylidenverbindung vom Smp. 106 bis 107° und die durch
Einleiten von HCl in die alkoholische Lösung des Ketons ent-
stehende Verbindung C 18 H 20 OC1 3 vom Smp. 148°.
ö-Pinen und /?-Pinen können voneinander durch ihre ver-
schiedene Löslichkeit in verdünntem Alkohol getrennt werden 2 ).
Sabinen.
C 10 H 1() . Mol.-Gew. 136.
Dieser dem £-Pinen in mancher Hinsicht h a
ähnliche Kohlenwasserstoff ist in der rechts- 9
drehenden Form im Sadebaumöl, im indischen HCp Ncm
Wacholderöi, im Pileaöl und im Öl von Cupressus h 2 cI Jch s
torulosa aufgefunden worden. 1-Sabinen kommt ^^
auch im Sadebaumöl und im Öl von Xanthoxylum r _JL H _ CH
budrunga vor; es ist identisch mit dem Xan- 3 s
thoxylen Semmlers 8 ). i-Sabinen bildet einen Bestandteil des
*) Compt. rend. 179 (1924), 501; Chem. Zentralbl. 1924, 11. 2519.
*) Austerweil, Chem. Ztg. 50 (1926), 5. — D.R.P. 427418. Chem.
Zentralbl. 1926, IL 1100.
3 ) Simonsen u. Rau, Indian Forest Rec. 9 (1922), 111; Bericht von
Schimmel h Co. 1923, 86.
23*
356 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Öls von Murraya Koenigii. Keine Angaben über die optische
Drehung finden sich bei dem im Ceylon-Cardamomenöl, Majoranöl,
im Sho-Gyuöl und in den Ölen von Thuja gigantea und Mosla
japonica (?) aufgefundenen Sabinen.
Als Konstanten für Sabinen sind angegeben: Sdp. 162
bis 166°, d.O. 0,840, « D + 63°, n D 1,466. l ) Sdp. 163 bis 165°,
d, . 0,842, « D + 67,5°, n D 1.4678. 2 )
Schimmel § Co. ermittelten bei der Fraktionierung einer
größeren Menge Sabinens aus Sadebaumöl folgende Eigenschaften:
20 0/0 vom Sdp. 162 bis 163°, d 18 „ 0,8481, a D + 59°30',
49°/o „ „ 163 „ 164°, d 16 . 0,8480, « D + 63°50',
31°/o „ „ 164 „ 165°, d 18 o 0,8482, a D + 68°54'.
Ein aus Sabinaketon über Methylsabinaketol dargestelltes
synthetisches Sabinen 3 ) hatte die Eigenschaften: Sdp. 163°
(750 mm), d is . 0,8455, n D 1,46681.
Das von Agnew und Croad*) im Sadebaumöl gefundene
1-Sabinen zeigte: Sdp. 162 bis 166°, d ä0 . 0,8468, [a] DX60 — 42,5°.
Besonders hervorzuheben ist das niedrige spezifische Ge-
wicht, durch das sich Sabinen von ähnlich siedenden Kohlen-
wasserstoffen unterscheidet.
Durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure geht Sabinen
in Terpinen über, mit Halogenwasserstoff entstehen die be-
treffenden Terpinendihalogenhydrate, durch Schütteln mit ver-
dünnter Schwefelsäure in der Kälte bilden sich aus Sabinen
aktives Terpinenol-4 und Terpinenterpin (s. u. Terpinenol). Bei
der Reduktion nach Paal erhält man aus Sabinen Dihydro-
sabinen C 10 H 18 . Die Oxydation mit Permanganat verläuft analog
wie beim /S-Pinen. Das bei 54° schmelzende und unter 15 mm
Druck bei 148 bis 150° siedende Sabinenglykol hat Semmler
zum Nachweis von Sabinen benutzt. Einfacher und sicherer
ist jedoch der von Wallach empfohlene Nachweis mittels des
bei der Oxydation in Gegenwart von freiem Natriumhydroxyd
entstehenden schwerlöslichen sabinensauren Natriums 5 ). Die
*) Semmler, Berl. Berichte 33 (1900), 1464.
*) Wallach, Liebigs Annalen 350 (1906), 163.
3 ) C. Drotschmann, Inauguraldissertation, Breslau 1924; Bericht von
Schimmel § Co. 1925, 173.
*) Analyst 37 (1912), 295; Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1912, 99.
*) Wallach, Liebigs Annalen 359 (1908), 266.
Kohlenwasserstoffe. 357
freie Sabinensäure schmilzt bei 57°. Genau wie Nopinsäure
läßt sie sich zu einem Keton C 9 H 14 0, dem Sabinaketon, oxy-
dieren, das ebenfalls als Ausgangsmaterial für Synthesen in
der Terpenreihe Verwendung gefunden hat. Das Semicarbazon
schmilzt bei 141 bis 142°. Mit Chlorwasserstoff entsteht aus
Sabinaketon in methylalkoholischer Lösung ein Monohydro-
chlorid C„H 16 OCl mit dem Smp. 77 bis 78°, während in Eisessig-
lösung eine Verbindung C l8 H 29 OCI 8 vom Smp. 124° erhalten wird.
Natriumhypobromit oxydiert das Sabinaketon zu Thujadicarbon-
säure, deren Schmelzpunkt bei 142 bis 143° liegt.
Durch Oxydation von Sabinen mit Chromylchlorid in der
Kälte erhielten Henderson, Robertson und Brown 1 ) die
feste Additionsverbindung C 10 H 1(i 2CrO 2 Cl a , ein graues Pulver,
das sich in feuchter Luft und mit Wasser zersetzt.
Bei langsamer Oxydation von Sabinen in Eisessiglösung
mit 30 °/oiger wäßriger Wasserstoffsuperoxydlösung entstehen
nach Henderson und Robertson 2 ) zwei isomere Verbindungen
von der Formel C 10 H 16 O(OH 2 ) (Smp. 172 und 174°), anscheinend
Sabinenglykolanhydride.
Camphen.
C 10 H 18 . Mol.-Gew. 136.
Camphen ist der einzige im festen Zustande in der Natur
vorkommende Kohlenwasserstoff C 10 H 16 ; trotzdem ist es nur
selten gelungen, ihn aus einem äthe-
rischen Öl als kristallisierten Körper CH
abzuscheiden. In dieser Form ist H s Cf C\ s
1-Camphen aus dem sibirischen Fichten- j CH S i s
nadelöl isoliert worden; auch aus dem H s cl - C=CH S
Vorlauf des Ceylon-Citronellöls konnten Chi
Schimmel § Co. festes Camphen ge-
winnen. Der Kohlenwasserstoff findet sich im Pflanzenreich in
beiden optisch aktiven Modifikationen:
Als d-Camphen (Austracamphen Berthelots) im Cypressen-
öl, sibirischen Fichtennadelöl, Blätteröl von Alpinia mutans,
Ingweröl, Muskatnußöl, Campheröl, Citronen- und Apfelsinen-
x ) Journ. ehem. Soc. 121 (1922), 2717.
=) Ebenda 123 (1923), 1849.
358 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Petitgrainöl, süßen Orangenblütenöl, Öl von Eucalyptus globu-
lus und Spiköl;
als 1-Camphen (Terecamphen Berthelots) 1 ) im Öl der
Nadeln von Ab/es concolor, der Zapfen von PJnus Lambertiana,
P. palustris, der Mädeln und Zweige von P. palustris, P. con-
torta, P. heterophylla, im Terpentinöl von P. clausa, im ameri-
kanischen und russischen Terpentinöl, Öl der Zweige von
Juniperus phoenicea, Ceylon-Citronellöl, Öl von Cymbopogon
caesius, Scheihöl, Citronenöl, Neroliöl (?), Baldrianöl, Kessoöl,
Öl von Artemisia herba-alba und von Chrysanthemum sinense
var. japonicum.
Außerdem wurde Camphen gefunden im Kopalöl von Agathis
alba, in der Harzessenz, im DouglasfichtenÖl, galizischen Kien-
61, Wacholderbeeröl, Wacholderrindenöl (?), im Beerenöl von
Juniperus excelsa, japanischen Terpentinöl, Yellow Pineöl, im
Öl der Wurzelstöcke von Pinus silvestris und P. nigra, im
AburachanÖl, im Öl von Monodora grandiflora, im CalmusÖl,
japanischen Zimtöl, Seychellen-Zimtrindenöl, im Öl von Cinna-
momum glanduliferum (?), Lindera praecox, Liquidambar for-
mosana, Orixa Japonica, Bergamottöl, Weihrauchöl, Öl von
Phus cotinus, im Borneocampheröl, Fenchelöl, Öl der Früchte
von Selinum Monnieri, Öl der Blätter und Zweige von Vitex
trifolia, Öl von Meriandra dianthera, Ysopöl, Rosmarinöl,
spanischen Thymianöl, Costuswurzelöl und Yu-Juöl.
Künstlich erhält man Camphen auf verschiedene Weise,
hauptsächlich durch Abspaltung von Halogenwasserstoff aus
Bornylchlorid oder -bromid (aus Pinen oder Borneol); am
bequemsten bereitet man es aus Isoborneol durch Wasser-
entziehung mit Zinkchlorid, doch erhält man auf diesen Wegen
meist auch Gemenge verschiedener Kohlenwasserstoffe.
Gurwitsch 5 ) erhielt Camphen aus Pinen durch Einwirkung
von Floridin (Floridaerde) unter Kühlung. Nach Umkristallisieren
aus Alkohol lag der Schmelzpunkt bei 48 bis 50°.
Chlorfreies, festes Camphen gewinnt man nach E. Meyer
und W. Claasen 8 ), indem man die Alkalisalze niederer Fett-
*) Als Terecamphen wird mitunter auch jedes aus Pinen chlorhydrat
dargestellte Camphen bezeichnet.
a ) Zeitschr. f. physik. Ctiera. 107 (1923), 235.
•> D.R.P. 418057 (1924); Chem. Zentralbl. 1926, I. 234.
Kohlenwasserstoffe. 359
säuren in Gegenwart von Phenolen oder Naphtholen auf Pinen-
chlorhydrat einwirken läßt. Zum Beispiel wird ein Gemisch von
technischem Phenol, geschmolzenem Kaliumacetat und Pinen-
chlorhydrat bis zur beendeten Umsetzung unter gutem Rühren
am Rückflußkühler erhitzt und hierauf aus dem "Ölbad das
Camphen zusammen mit der freigewordenen Essigsäure über-
destilliert, bis sämtliches Camphen übergegangen ist. Beim
Versetzen des Destillats mit Kaliumcarbonatlösung scheidet sich
das Camphen in einer Ausbeute von 96°/o der Theorie über
der Salzlösung ab.
Camphen stellt eine weiße, krümelig-kristallinische, schwach
campherartig riechende Masse dar, die zur Sublimation neigt,
sonst aber gegen Luft und Licht bedeutend beständiger ist, als
die übrigen Terpene. Da es in festem Zustande erhalten wird
und durch Lösen in Alkohol und vorsichtigen Zusatz von Wasser
von flüssigen Beimengungen befreit werden kann, so ist es eines
der wenigen Terpene, die in ziemlicher Reinheit darstellbar sind.
Als Konstanten werden folgende angegeben:
Für Camphen aus Borneol-Bornylchlorid:
Smp.48bis49°, Sdp. 160 bis 161 01 ); d«. 0,850, n D4S= 1,4555 *);
Smp. 53,5 bis 54°, d^T 0,83808, n D88 , a „ 1,4531 4 s );
für Camphen aus Pinen-Bornylchlorid:
Smp. 51 bis 52°, Sdp. 158,5 bis 159,5°, d* 1 .' 0,84224,
n DM . 1,45514*);
für Camphen aus Isoborneol:
Smp. 50°, Sdp. 159 bis 160° 3 ), 56° bei 15 mm.
Nach Aschan 6 ) zeigten absolut reine Camphenproben
folgende Eigenschaften :
I. Aus dem Hydrochlorid des amerikanischen Terpentinöls:
Smp. 43 bis 43,5°, Sdp. 158 bis 158,5°, d^ 0,8486, [o] Die .
+ 17,95° (20,025 °/o ige Benzollösung), n De0 „ 1 ,46048.
*) Wallach, Liebigs Annalen 230 (1885), 234.
*) Wallach, ebenda 245 (1888), 210.
") Brühl, Berl. Berichte 25 (1892), 164.
*) Brühl, ebenda 25 (1892), 162.
s ) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. II. 49 (1894), 8.
«) Liebigs Annalen 398 (1913), 299.
360 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
IL Aus dem Hydrochlorid des griechischen Terpentinöls : Smp.
46 bis 47°, Sdp. 157,2 bis 157,9° (742 mm), df~ 0,8446, [o] D „.
+ 74,55° (50,065 °/o ige Lösung in Benzol), n Bfi0 . 1,45641.
Das spezifische Gewicht und der Brechungsindex des Cam-
phens würde, bezogen auf eine Temperatur von 20°, einem Wert
für d von etwa 0,870 und für n D von etwa 1,470 entsprechen.
Tsakalotos und Papaconstantinou 1 ) geben für reines
d-Camphen an: Smp. 42,7°, Sdp. 157,6° (745 mm), [«] DS8 .+ 83,5°
(10°/oige Lösung in Alkohol) und [«] D2S . -+- 84,05° (10°/oige Lö-
sung in Benzol).
Das Drehungsvermögen des künstlich aus Pinen- oder
Borneol-Bornylchlorid dargestellten Kohlenwasserstoffs schwankt
je nach dem Drehungsvermögen des Ausgangsmaterials und nach
der Höhe und Dauer der bei der Umsetzung angewendeten
Temperatur; so erhielten Bouchardat und Lafont 2 ) bei der
Umsetzung von 1-Pinen-Bornylchlorid ([a]^ — 28°30') mit Kalium-
acetat in alkoholischer Lösung bei 150 bis 170° Kohlenwasser-
stoffe, deren Rotationsvermögen [«] D zwischen — 80° 37' und
— 30°30' lag.
Für ein aus Borneol-Bornylchlorid gewonnenes d-Camphen
beobachtete Kachler 8 ) [a] DS6 =+20° (100,3 mm).
Camphen lagert sich nicht so leicht in Isomere um wie
andere Terpene; zwar wird es auch durch längeres Erhitzen
auf höhere Temperatur oder durch Behandlung mit wasser-
entziehenden Mitteln wie Chlorzink, Phosphorsäureanhydrid oder
konzentrierter Schwefelsäure verändert, es entstehen aber dabei
Zersetzungsprodukte, welche nicht der Formel C 10 H la entsprechen.
Als Terpen mit einer Doppelbindung liefert Camphen Addi-
tionsprodukte, sowohl mit Halogenen (Smp. des Dibromids
91 bis 91,5°), als auch mit Halogenwasserstoffen, dagegen nicht
mit Nitrosylchlorid ; jedoch sind einige teils direkt, teils auf Um-
wegen gewonnene Verbindungen des Camphens mit Oxyden des
Stickstoffs bekannt.
Das wahre, bisher unbekannte Camphenchlorhydrat, d. h. das
primäre Salzsäureadditionsprodukt des Camphens, entsteht aus
l ) Journ. de Pharm, et Chim. VII. 14 (1916), 97.
l ) Compt. rend. 104 (1887), 694; Bull. Soc. chim. IL 47 (1887), 439.
*) Liebigs Annalen 197 (1879), 97.
Kohlenwasserstoffe. 361
diesem beim Einleiten von Salzsäure in die ätherische Lösung,
wobei man sorgfältig einen Überschuß an Säure vermeiden muß 1 ).
Es bildet schneeweiße Kristalle vom Schmelzpunkt 125 bis 127°,
besitzt einen starken mentholartigen Geruch und ist nur kurze
Zeit unverändert haltbar; es kann auch nicht ohne weitgehende
Veränderung umkristallisiert werden.
Leitet man in eine ätherische Camphenlösung überschüssige
Salzsäure, so bildet sich Isobornylchlorid vom Smp. 158°, das
früher irrtümlich als Camphenchlorfiydrat bezeichnet wurde. Es
entsteht außerdem durch Umlagerung des wahren Camphen-
chlorhydrats, durch Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf
Borneol oder durch Sättigen einer alkoholischen Lösung von
Isoborneol mit Salzsäure. Isobornylchlorid ist stereoisomer mit
Bornylchlorid (= Pinenchlorhydrat) vom Smp. 125 bis 127°.
Oxydationsmittel, wie Permanganat, Salpetersäure, Chrom-
säuregemisch und Ozon wirken nicht in gleicher Weise auf den
Kohlenwasserstoff ein. Aschan 2 ) erhielt bei der Oxydation von
Camphen verschiedenster Herkunft mit Kaliumpermanganat (und
zwar die einzelnen Reaktionsprodukte immer in den gleichen
Mengenverhältnissen) als Hauptprodukt Camphensäure, nebenbei
entstanden Camphenilon, Camphenglykol , Camphenilsäure und
wasserlösliche Säuren. Als Nebenprodukt tritt bei der Oxydation
des Camphens nach Komppa 8 ) Ketopinsäure auf, die bei 233,5
bis 234,5° schmilzt.
Salpetersäure oxydiert Camphen zur dreibasischen Camphoyl-
säure (Marsh und Gardner), C 10 H., 4 O 6 (Bredt's Carboxyapo-
camphersäure, Smp. 202°); daneben entstehen geringe Mengen
Camphenilon, C 9 H w O; Chromsäuregemisch liefert in der Haupt-
sache Campher neben wenig Camphersäure und anderen Pro-
dukten. Durch Oxydation mit Ozon gelangt man zu Camphenilon.
Bei der Oxydation mit Wasserstoffsuperoxyd erhielten
Henderson und Sutherland*) als Hauptprodukt eine ein-
basische Säure von der Formel C B H 1B -C0 2 H (Smp. 95°), die sie
zunächst Camphylsäure nannten, später aber als Camphenansäure*)
*) Meerwein u. van Ernster, Berl. Berichte 68 (1920), 1815.
») Liebigs Annalen 383 (1911), 39.
ä ) Berl. Berichte 44 (1911), 863.
*) Journ. ehem. Soc. 99 (1911), 1539.
5 ) Proceed. ehem. Soc 27 (1911), 279.
362 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
bezeichneten, da der erste Name bereits für eine andere Säure von
Perkin eingeführt ist Außerdem bildeten sich als Oxydations-
produkte Camphenilon, Isocarnphenilanaldehyd, eine Verbindung
C e H 16 O s , Camphenglykol und ein bei 69° schmelzender Körper.
Bei der Reduktion des Camphens erhielt Lipp 1 ) zwei
Isomere, ein flüssiges Isocamphan und eine feste Modifikation
vom Smp. 65 bis 67°.
Alle diese Derivate eignen sich aber nicht gut zur Charak-
terisierung des Camphens. Hat man schon ziemlich reine, stark
camphenhaltige Fraktionen, so kann man den Kohlenwasserstoff
in Gestalt seines Chlorhydrats (siehe S. 361) abscheiden; besser
aber ist Camphen durch die Überführung in Isoborneol nach-
zuweisen. Nur wenn neben dem Camphen Pinen in größerer
Menge vorhanden ist, läßt sich der Nachweis auch auf diese
Weise schlecht führen, weil das mit dem Isoborneol zugleich
entstehende inaktive Terpineol ersteres in Lösung erhält und
eine Trennung des Gemisches nur unvollkommen gelingt
Zur Umwandlung des Camphens in Isoborneol 2 ) werden
100T. Camphenfraktion mit 250 T. Eisessig und 10 T. 50°/oiger
Schwefelsäure unter öfterem Umschütteln 2 bis 3 Stunden lang
auf 50 bis 60° erwärmt; das anfangs in zwei Schichten getrennte
Gemisch wird schließlich homogen und nimmt schwach rötliche
Färbung an. Nach beendeter Reaktion scheidet man das gebildete
Acetat durch Wasser ab, wäscht es wiederholt und verseift es
durch Erwärmen mit einer Auflösung von 50 g Kalihydrat in
250 g Alkohol. Nach Entfernung des Alkohols fällt das Isoborneol
auf Zusatz von Wasser zum Rückstande als krümelige Masse
aus, die durch Umkristallisieren aus Petroläther gereinigt wird.
Der Schmelzpunkt des Isoborneols liegt bei 212°; die Bestimmung
muß jedoch wegen der außerordentlichen Sublimationsfähigkeit
des Isoborneols im beiderseits zugeschmolzenen Kapillarröhrchen
vorgenommen werden. Zur weiteren Charakterisierung des Iso-
borneols kann auch noch seine Bromalverbindung vom Smp. 71
bis 72° herangezogen werden, die allerdings schwer kristallisiert
und daher nicht recht geeignet zum Nachweis ist.
*) Liebigs Annalen 362 (1911), 265.
s ) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. II. 49 (1894), 1. —
rieben Isoborneol bildet sich auch etwas Borneol. Aschan, Berl. Be-
richte 40 (1907), 4923.
Kohlenwasserstoffe. 363
Zu bemerken ist, daß dieses Isoborneol stets auch Borneol
(gegen 20 %) enthält. Die Phenylurethane beider Alkohole
schmelzen bei 138 bis 139°.
Während man früher annehmen mußte, daß Camphen in
verschiedenen Modifikationen vorkomme 1 ), ist Asch an s ) auf
Grund seiner Untersuchungen der Ansicht, daß das Camphen
ein einheitlicher Körper ist. Ebenso glaubt Lipp*), durch seine
Versuche die Einheitlichkeit des Camphens aus Isoborneol be-
wiesen zu haben.
Fenchen.
C l0 H ie . Mo!.-Gew. 136.
Ein strikter Beweis dafür, daß sich Fenchen in ätherischen
Ölen findet, ist bisher noch nicht erbracht worden, man hat nur
aus der Bildung von Fenchylalkohol aus
Terpenfraktionen, die um 160° siedeten, CH
auf das Vorkommen von Fenchen ge- H S C- -—" j C=CH 2
schlössen; so erhielten Bouchardat H a C-CCH 3
und Tardy 4 ) aus einem Öl von Euca- Hs c j ^rU
lyptus globulus ein Terpen, das beim CH
Erhitzen mit Benzoesäure Fenchylalkohol D-l-Fenchen.
lieferte. Als dieselben Autoren fran-
zösisches Terpentinöl mit Schwefelsäure (V 10 seines Gewichts)
versetzten und dann das Reaktionsprodukt mit einem Überschuß
von alkoholischer Kalilauge im Autoklaven auf 150° erhitzten,
entstand u. a. ein ziemlich lösliches Kaliumsalz, das durch Zusatz
von Wasser in Kaliumbisulfat und d-Fenchylalkohol zerfiel 5 ).
Da nach Austerweil c ) sowohl aus a- wie aus ,^-Pinen beim
Erhitzen mit organischen Säuren Fenchen und Fenchenderivate
entstehen, so ist die Fenchylalkoholbildung beim Eucalyptusöl
wahrscheinlich auf das anwesende Pinen zurückzuführen. Es
erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, daß auch Fenchen unter
J ) Wallach, Liebigs Annalen 857 (1907), 79.
2 ) Ebenda 383 (1911), 1.
*) Ebenda 382 (1911), 265-
*) Compt. rend. 120 (1895), 1418.
B ) Ebenda 125 (1897), 113.
•) Chem.-Ztg. 50 (1926), 5; Chem. Zentralbl. 1926, I. 2050.
364 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
die natürlich vorkommenden Terpene einzureihen ist, weshalb es
auch hier kurz erwähnt werden möge.
Künstlich ist Fenchen durch Wasserentziehung aus Fenchyl-
alkohol oder durch Salzsäureabspaltung aus Fenchylchlorid dar-
gestellt worden 1 ); auch wurde es aus Nopinon, einem Abbau-
produkte des j?-Pinens, auf synthetischem Wege gewonnen 2 ).
Durch Umsetzung von Fenchylamin mit salpetriger Säure erhielt
Wallach 3 ) in der Hauptsache ein bei 156 bis 157° siedendes
Fenchen mit den Konstanten: d 19 „ 0,869, « D — 32° 12', n D19 „ 1 ,4724.
Durch eine Totalsynthese des a-Fenchens haben Komppa
und Roschier*) die oben angeführte, von Wallach aufgestellte
Fenchen-Formel sichergestellt. Sie gingen vom rac.-a-Fencho-
camphoron aus, das sie mit Methylmagnesiumjodid in trockenem
Äther behandelten. Bei der Hydrolyse des Reaktionsproduktes
erhielten sie einen Alkohol, der bei der Destillation unter Atmos-
phärendruck Wasser abspaltete unter Bildung von rac.-a-Fenchen 5 )
vom Sdp. 154 bis 156°; df-0,8660; n D20 „ 1,47045.
Die Isomerieverhältnisse sind bei diesem Kohlenwasserstoff
sehr kompliziert, und kaum eins der auf verschiedene Weise er-
haltenen Fenchene dürfte ein einheitlicher, reiner Kohlenwasserstoff
gewesen sein. Selbst bei gleichmäßiger Darstellungsweise ergaben
sich Schwankungen in den Konstanten, besonders im Drehungs-
vermögen. Neben semicyclischen Fenchenen existieren auch solche
mit der doppelten Bindung im Ring, deren Siedepunkt bedeutend
tiefer liegt. Für das nur in flüssigem Zustande bekannte, im Geruch
an Camphen erinnernde Fenchen sind als Konstanten ermittelt:
Sdp. 154 bis 155°, d 18 . 0,8660, n D18 „ 1,4693.
Sdp. 155 bis 156°, d lg „0,8670, n^g. 1,47047°), « D +21 ').
Bei wiederholten Versuchen ist im Laboratorium von
Schimmel § Co. gefunden worden: Sdp. 154 bis 156° (765mm),
d 15 , 0,8660 bis 0,8665, n Dl6 . 1 ,46733 bis 1,46832.
*) Wallach, Liebigs Annalen 263 (1891), 149.
s ) Wallach, ebenda 357 (1907), 53; 363 (1908), 3.
3 ) Ebenda 362 (1908), 180.
*) Ann. Acad. Scient. Fennicae. Serie A. Bd. X 3 (1916), 3; Chem.
Zentralbl. 191!, I. 751.
5 ) Vgl. auch Komppa, Zeitschr. f. angew. Chem. 39 (1926), 952.
8 ) Wallach, Liebigs Annalen 300 (1898), 313.
') Wallach, ebenda 802 (1898), 376.
Kohlenwasserstoffe. 365
Aus dem oben erwähnten 1-Fenchen (a D — 32° 120 stellte
Wallach 1 ) ein rechtsdrehendes Dibromid dar, das bei 87 bis 88°
schmolz und die spez. Drehung + 42,83° zeigte. Ein aus d-Fenchen
erhaltenes Dibromid (das Fenchen war aus 1-Fenchon aus Thujaöl
dargestellt) schmolz gleichfalls bei 87 bis 88°. Ein Gemisch gleicher
Teile der Bromide zeigte nach dem Umkristallisieren den Smp. 62° 2 ).
Sonst gibt Fenchen aber weder mit Halogenen noch mit
Halogenwasserstoffen oder Nitrosylchlorid charakteristische Ad-
ditionsprodukte, die zum Nachweis herangezogen werden könnten;
dagegen läßt es sich in derselben Weise, wie beim Camphen
angegeben ist, mit Eisessig und Schwefelsäure zu einem Alkohol
C 10 H ls O, Isofenchylalkohol (Smp. 61,5 bis 62°), hydratisieren,
der mit Phenylisocyanat ein bei 106 bis 107° schmelzendes
Phenylurethan liefert 8 ).
Aus den semicyclischen Fenchenen entstehen bei der Oxy-
dation mit Kaliumpermanganat Oxyfenchensäuren, die durch
schwerlösliche Natriumsalze ausgezeichnet sind.
Isofenchen. Das von Bertram und Helle 4 ) aus Iso-
fenchylalkohol erhaltene Isofenchen wurde von Wallach 5 ) als
D-d-Fenchen erkannt.
Mit Isofenchen identisch sind Isofenchylen, Fenchylen und
6-Fenchen.
c) Terpene unbekannter Konstitution.
Dacryden.
C io H io- Mol.-Gew. 136.
Dieses bisher unbekannte Terpen bildet den Hauptbestand-
teil des Öles von Dacrydium Franklinü 6 ). Das Dacryden siedet
bei 165 bis 166° (korr.); d 29 „ 0,8524; « D + 12,3°; n D22 . 1,4749;
es gibt ein Nitrosochlorid vom Smp. 120 bis 121°.
*) Wallach, Liebigs Annalen 362 (1908), 182.
s ) Ebenda 199.
8 ) Bertram u. Helle, Journ. f. prakt. Chem. IL 61 (1900), 293; Bericht
von Schimmel & Co. Oktober 1898, 55; April 1900, 57.
«) Journ. f. prakt Chem. IL 61 (1900), 303.
B ) Liebigs Annalen 362 (1908), 193. '
*) Baker u. Smith, A Research on the Pines of Australia, Sydney 1910,
S. 397.
366 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Terpen aus Evodia rutaecarpa.
Aus dem flüchtigen Öl der Früchte von Evodia rutaecarpa
haben Asahina und Kashiwaki 1 ) ein neues Terpen isoliert,
das sie Evoden nennen. Bei der Reaktion mit Hilfe von
Platinschwarz liefert es Dimethyloctan, woraus seine Verwandt-
schaft mit Myrcen hervorgeht; es bildet ein Dihydroprodukt,
dessen Tetrabromid flüssig bleibt, während das Tetrabromid des
Dihydromyrcens bei 88° schmilzt. Das Evoden siedet bei 67°
(20 mm); d 0,799; n 1,4843.
Die Benennung Evoden für das neue Terpen ist unzulässig,
denn schon 1911 haben Semmler und Schoßberger 2 ) ein
neues Sesquiterpen aus dem Öl von Xanthoxylum Aubertia
Evoden genannt. (Vgl. S. 376.)
d) Reihe niederer Terpen-Homologer.
Santen = Norcamphen.
C 9 H 14 . Mol.-Gew. 122.
Es sei hier eines mehrfach aufgefundenen Kohlenwasser-
stoffs, des Santens, gedacht, der seiner Zusammensetzung
nach ein niederes homologes Terpen
^^Hl darstellt. Sein Vorkommen wurde be-
H 3 CC^""^ "~~i CH S obachtet im ostindischen Sandelholzöl,
i CHjj | im sibirischen Fichtennadelöl, im Nadelöl
H s c-C- I i cn a der deutschen und schwedischen Fichte
~~~~q^"^ oder Rottanne und im deutschen Edel-
tannennadelöl.
Als Konstanten werden angegeben: Sdp. 31 bis 33° (9 mm),
d, .0,863, « D ±0°, n D l,46658 s ). Sdp. 140°, d lfl „0,8698, a D + 0°,
iW,. 1,46960*).
Durch Hydratation mit Eisessig-Schwefelsäure nach dem
Verfahren von Bertram geht der Kohlenwasserstoff in einen
bicyclischen gesättigten Alkohol, das Santenol (Tr-ISorborneoI,
*) Joum. pharm. Soc. of Japan; Pharm. Weekblad 1916, 181; Apotheker-
Ztg. 31 (1916), t IS.
s ) Bert. Berichte 44 (1911), 2885.
*) Semmler, Berl. Berichte 40 (1907), 4595.
4 ) Aschan, Berl. Berichte 40 (1907), 4920.
Kohlenwasserstoffe. 367
Sdp. 195 bis 196°; Smp. 97 bis 98°) üben Durch Salzsäureab-
spaltung" aus dem durch Chlorierung des Norborneols dargestellten
Norbornylchlorid bezw. Norisobornylchlorid erhielt Semmler 1 )
Norcamphen, das sich als identisch mit Santen erwies.
Santen bildet mit Aschans Oxoniumreagens 2 ) ein Gemisch
von a- und fS-Santenol. Die Bildung des Santens durch Wasser-
abspaltung aus et- und /?-Fenchocamphorol 3 ) erfolgt durch Er-
hitzen dieses Alkohols mit wasserfreiem Kalium bisulfat im Kohlen-
säurestrom auf 190°; d^ 0,8720; « D 0°; n Dl7 , 1,4657; Sdp. 140
bis 142°. Ruzicka und Liebl*) gewannen Santen auch durch
Wasserabspaltung mit Kaliumbisulfat aus Santenol.
Charakteristische Derivate sind das Nitrosochlorid, Smp. 109
bis 110°, das Chlorhydrat, Smp. 80 bis 81°, das Tribromid, Smp. 62
bis 63°, und das Nitrosit, Smp. 124 bis 125°. Zum Nachweis
wird von Semmler das Tribromid vorgeschlagen, das jedoch
nach Aschans Beobachtungen bei der Darstellung aus Santenen
verschiedener Herkunft wechselnde Schmelzpunkte aufweisen
soll. Das Nitrosit hält Aschan zum Nachweis für besser ge-
eignet. Als weiteres Derivat zur Identifizierung führen Semmler
und Bartelt 1 ) das Santenglykol (Smp. 197°; Sdp. 135° bei 10mm)
an, das durch vorsichtige Oxydation des Kohlenwasserstoffes
mit Kaliumpermanganat in Acetonlösung erhalten wird.
D. Sesquiterpene.
Neben den Terpenen C 10 H la finden sich in den höher —
und zwar zwischen 250 und 280° — siedenden Fraktionen vieler
ätherischen Öle andere, der Formel C 1B H 24 entsprechende,
Sesquiterpene genannte Kohlenwasserstoffe, von denen eine
große Anzahl isoliert, die zum Teil neuerdings genauer unter-
sucht worden sind.
Einige Öle bestehen fast ausschließlich aus Sesquiterpenen,
meistens spielen sie aber in den Ölen, wenigstens was den
') Berl. Berichte 41 (1908), 128.
*) Siehe S. 313.
") Ruzicka u. Liebl, Helvet. chim. acta 6 (1925), 267.
*) Berl. Berichte 41 (1908), 866.
368 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Geruch anbetrifft, nur eine nebensächliche Rolle; sie werden so
oft angetroffen,- daß sie zu den am häufigsten vorkommenden
Bestandteilen der ätherischen Öle gezählt werden müssen.
Auch künstlich sind Sesquiterpenkohlenwasserstoffe aus
den sie in den ätherischen Ölen vielfach begleitenden Alkoholen
C 15 H 28 dargestellt worden, die zu ihnen in demselben Ver-
hältnis stehen wie z. B. Terpineol, C 10 H ls O, zum Kohlenwasser-
stoff C 10 H 16 .
Die Siedetemperatur der Sesquiterpene liegt im allgemeinen
zwischen 250 und 280°, ihre Dichte zwischen 0,84 und 0,93, in
der Regel über 0,90; sie sind meist ein wenig gefärbt und dick-
flüssiger als die Terpene, sind von schwachem Geruch, verharzen
z.T. ebenso leicht wie die Terpene und lösen sich schwer in
Alkohol. Als ungesättigte Kohlenwasserstoffe addieren sie
Halogene, Halogenwasserstoff, NOCI, N g O s und N a 4 , vereinzelt
damit kristallisierte Verbindungen bildend, die zur Identifizierung
benutzt werden können.
Man unterscheidet 1. aliphatische, 2. monocyclische, 3. bicy-
clische, 4. tricyclische Sesquiterpene, mit 4, 3, 2 und 1 Doppel-
bindung; die Gruppen 3 und 4 zerfallen noch in Untergruppen.
1. aliphatische
2. monocyclische
3. bicyclische
a) Caryophyllen-J
gruppe J
b) Cadinengruppe „ 0,917
4. tricyclische /r „ 0,910 bis 0,935 1,49 bis 1,50 64,45
a) d-Santalengruppe „ 0,91
b) Cedrengruppe „ 0,935
c) Copaengruppe „ 0,91
Was die Konstitution der Sesquiterpene anbetrifft, so hatte
Wallach 1 ) schon 1887 die Vermutung ausgesprochen, daß
einzelnen dieser Kohlenwasserstoffe ein naphthalinähnliches
Skelett zugrunde liege, und Semmler 2 ) hatte bereits naphthalin-
ähnliche Formeln aufgestellt, doch ist der erste Konstitutions-
*) Liebigs Annalen 239 (1887), 49.
a ) Berl. Berichte 36 (1903), 1037.
diso
n D MoI.-Refr.
/Tetwa 0,84 bis 0,86
1 ,53 69,5
17 » 0,871 bis 0,89
1 ,49 67,76
/= „ 0,90 bis 0,92
1,50 bis 1,51 66,15
Kohlenwasserstoffe. 369
beweis für ein Sesquiterpenderivat, das aliphatische Farnesol,
C 15 H 26 0, erst 1913 von Kirschbaum 1 ) geführt worden.
Sesquiterpene lassen sich zu Terpenen und wahrscheinlich
auch zu Isopren aufspalten; so erhielten Sem ml er und
Jacubowicz*) aus /S-Gurjunen Terpinen.
Die erste Synthese eines tricyclischen Sesquiterpens gelang
Wallach 3 ), der durch Wasserabspaltung aus dem Dicyclopen-
tylcyclopentanol, C ie H 8e O, das Dicyclopentylcyclopenten, C^H^
darstellte. Kurz darauf haben Semmler und Jonas*) die
Synthese eines monocyclischen Sesquiterpens ausgeführt, indem
sie durch Erhitzen von Myrcen mit Isopren im Einschmelzrohr
Cycloisoprenmyrcen gewannen.
Wenn es sich gleichzeitig um Konstitutionsbestimmungen
handelt, so ist die Synthese mit Hilfe der Grignardschen
Reaktion ein sicherer Weg. Sie
wurde von Semmler, Jonas HaC^^-CHs
und Rönisch 6 ) angewandt, die C
durch Einwirkung von Isoamyl- CH fMk^CH,
magnesiumjodid auf d-Carvon h«C """ ""- ch CH
eine Verbindung C 1B H 2e O er- ;' ;
hielten, die sofort Wasser ab- j-jd - J- 'ch-
spaltete unter Bildung eines mono- c-CH s CH*
cyclischen Sesquiterpens, des Iso- Isoamyl-o-dehydrophellandren.
amyl-a-dehydrophellandrens.
Eine dankenswerte Bereicherung unserer Kenntnisse über
die Konstitution der Sesquiterpene haben uns die wertvollen
Arbeiten L. Ruzickas 6 ) und seiner Mitarbeiter gebracht, die in
zahlreichen Abhandlungen seit 1921 in der Zeitschrift Helvetica
chimica acta erschienen sind.
Ruzicka stellt die Theorie auf, daß alle Terpene, Sesqui-
terpene und Diterpene bis zum Kautschuk durch Aneinander-
lagerung von Isopren -(C 6 H g )- Molekülen gebildet werden. Vgl.
') Berl. Berichte 46 (1913), 1732.
s ) Ebenda 47 (1914), 2252.
») Liebigs Annalen 889 (1912), 183.
*) Berl. Berichte 46 (1913), 1569.
B ) Ebenda 46 (1913), 1569; 47 (1914), 2080.
•) Eine gute Übersicht über die bis 1923 erschienenen Arbeiten Ruzickas
gibt Klingemann in Zeitschr. f. angew. Chem. 36 (1923), 317.
Gtldcraeister, Die ätherischen öl«. I. 24
370 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
auch S. 303. Durch verschiedenartige Zusammenlegung der
Isopren-Teile entstehen die einzelnen Verbindungen. Hierdurch
wird auch das regelmäßige Auftreten der Isopropylgruppe er-
klärt. Ist die Theorie richtig, so kommen nur Formeln inbe-
tracht, die der so erfolgten Entstehung der Terpenverbindungen
Rechnung tragen.
Als außerordentlich fruchtbar hat sich eine Reaktion er-
wiesen, die Ruzicka zur Konstitutionsermittlung der Sesqui-
terpene anwandte. Er dehydrierte sie durch Erhitzen mit Schwefel
und erhielt dabei in vielen Fällen Naphthalinkohlenwasserstoffe,
woraus geschlossen werden muß, daß den betreffenden Sesqui-
terpenen ein naphthalinähnliches Skelett zugrunde liegt.
Die Reaktion verläuft entweder nach der Gleichung:
CA + 3 S = C 1S H 18 (Cadalin) +3H 2 S
oder C 1B H a4 + 3S = C 14 H 16 (Eudalin) -f 2 H 2 S + CH 3 SH
Es wird also bei der Bildung des Eudalins eine Methylgruppe
derSesquiterpenverbindung abgespalten. Cadalin ist 1 ,6-Dimethyl-
4-isopropylnaphthalin, Eudalin ist 3-lsopropyl-5-methyl-naphthalin.
Die Richtigkeit der Formeln wurde durch Synthesen bestätigt.
CH»
C CH CH CH
CH
CH
/Nc/Xch ch/\ C /\ch
JCH
^.c^c-ch, ch ]> ch c k v / c \/
C CH CH C
I I
CH CH S
CHs CHs
Cadalin. Eudalin.
Die Eigenschaften dieser beiden Kohlenwasserstoffe sind folgende :
Sdp. d n D Mol.-Refr.
Cadalin 291 bis 292° 0,9792 1,5851 67,7
Eudalin 280 bis 281° 0,9734 1,5847 63,31
Zur Kennzeichnung der Naphthalinkohlenwasserstoffe benutzt
Ruzicka die mit Pikrinsäure und mitTrinitroresorcin entstehenden,
gut kristallisierenden Additionsverbindungen. Die Pikrate ent-
stehen, wenn man den Kohlenwasserstoff zu einer heiß gesättigten
alkoholischen Lösung von 1 Mol. Pikrinsäure zufügt, worauf die
Kohlenwasserstoffe. 371
Masse nach kurzer Zeit fast vollständig erstarrt. Die Styphnate
fallen beim Versetzen der Kohlenwasserstoffe mit 1 Mol. Trinitro-
resorcin in alkoholischer Lösung als gelbe Nadeln aus. Smp. des
Cadalinp'ikrats 115°, des Cadalinstyphnats 138°, des Eudalin-
pikrats 90 bis 91°, des Eudalinstyphnats 119 bis 120°.
Durch Behandlung einfacher Terpene (Unionen und Terpinen)
mit Schwefel, wobei p-Cymol erhalten wurde, hatte Ruzicka
nachgewiesen, daß durch die Dehydrierungsmethode die Anord-
nung der Kohlenstoffatome im Molekül nicht verändert wird, und
daß sie demnach für Konstitutionsbestimmungen brauchbar ist.
Beim Erhitzen mit Schwefel entstand Cadalin aus den Sesqui-
terpenen der Cadinengruppe : Cadinen, Calamen, Zingiberen, Iso-
zingiberen und dem Sesquiterpen aus dem Alkohol des Java-Ci-
tronellöls. Dieselbe Behandlung lieferte Eudalin bei Eudesmen,
Eudesmol und Selinen, hingegen wurden keine Pikrate erhalten
bei Caryophyllen, Santalen, Cedren, Patchoulen und anderen.
Aus dem Verhalten der letztgenannten Sesquiterpene muß
nach Ruzicka gefolgert werden, daß bei ihnen eine naphthalin-
ähnliche Atomgruppierung nicht vorliegt.
a) Aliphatische Sesquiterpene.
Sesquicitronellen.
C 18 H 24 . Mol.-Gew. 204.
Schimmel 8j Co. 1 ) hatten 1899 im Ceylon-Citronellöl ein
Sesquiterpen mit dem niedrigen spezifischen Gewicht 0,8643
(15°) nachgewiesen. Mit diesem Körper ist wahrscheinlich ein
aliphatisches Sesquiterpen C 1S H 44 identisch, das Sem ml er und
Spornitz 2 ) im Java-Citronellöl gefunden haben, und das sie
Sesquicitronellen nannten. Schimmel 8j Co. hatten seinerzeit
das Sesquiterpen von Methyleugenol durch häufiges Waschen
mit 60 und 70%igem Alkohol getrennt. Dasselbe Verfahren
wandten S emmier und Spornitz auf eine Sesquiterpen-Fraktion
des Java-Citronellöls an. Durch häufiges Fraktionieren ließ sich
aus dem über Natrium destillierten Produkt das Sesquicitronellen
*) Bericht Oktober 1899, 19.
») Bert. Berichte 46 (1913), 4025.
24*
372 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
in reinem Zustande isolieren. Es zeigte die Daten: Sdp. 138 bis
140° (9 mm), d so , 0,8489, a D + 0°36', n D 1,53252. Auffälligerweise
wurde die Molekular-Refraktion zu 74,53 gefunden, während sich
für C 18 H 24 /r69,6 berechnet. Eine derartig hohe Exaltation ist
auch an dem aliphatischen Terpen Ocimen beobachtet worden.
Die Reduktion des Sesquicitronellens mit Natrium und
Alkohol führte zu Dihydrosesquicitronellen, C 16 H 2a . Aus der
Tatsache, daß sich das Sesquiterpen mit Hilfe vpn Natrium und
Alkohol reduzieren läßt, geht hervor, daß es, ebenso wie Myrcen
und Ocimen, zwei konjugierte Doppelbindungen enthält. Das
Dihydrosesquicitronellen siedet bei 131 bis 133° (12 mm): d 20 .
0,8316, « D ±0°, n D 1,4800. Mit Platin und Wasserstoff wurde
aus dem Sesquiterpen Octohydrosesquicitronellen, C 1S H 32 , er-
halten: Sdp. 1 15 bis 117° (9 mm), d 20 .0,7789, « D + 0°, n D 1,43518.
Mit Hilfe von konzentrierter Ameisensäure läßt sich das Sesqui-
citronellen zu einem cyclischen Sesquiterpen (Cyclosesqui-
citronellen) invertieren. Mit Natrium und Alkohol kann das
invertierte Sesquiterpen nicht mehr reduziert werden, woraus
geschlossen wird, daß der Ringschluß mit Hilfe einer der Doppel-
bindungen unter Aufhebung der Konjugation stattgefunden hat.
b) Monocyclische Sesquiterpen e.
Bisabolen (Limen 1 )).
C 16 H, 4 . Mol.-Gew. 204.
Das Bisabolen ist zuerst von Tucholka 2 ) im Bisabol-
Myrrhenöl aufgefunden worden. Sein Name wurde dann auf
andere, mit ihm identische Sesquiterpene, die früher unter ver-
schiedenen Bezeichnungen beschrieben worden waren, übertragen.
Es kommt vor, außer im Bisabol-Myrrhenöl, im sibirischen
FichtennadelÖl, Cardamomwurzelöl, im Ol von Piper Volkensii
und von Murraya exotica var. ovatifoh'a, im Campheröl, Limettöl,
Citronenöl, Bergamottöl, Opopanaxöl und westafrikanischen
Sandelholzöl.
*) Das von Burgess und Page im Limettöl aufgefundene Sesquiterpen
Limen ist identisch mit dem damals bereits bekannten Bisabolen.
a ) Aren, der Pharm. 236 (1897), 292.
Kohlenwasserstoffe. 373
Für den aus Citronenöl herausfraktionierten Kohlenwasser-
stoff fanden Gildemeister und Müller 1 ): Sdp. 110 bis 112°
(4 mm), d„. 0,8813, a D — 41° 31', n D20 . 1,49015, und für das in-
aktive Sesquiterpen, das aus dem Trichlorhydrat durch Abspal-
tung von HCl mittels Natriumacetat und Eisessig erhalten worden
war: Sdp. 261 bis 262° (751 mm), a D +0°, d 16 . 0,8759, n M0 . 1,4901.
Für den aus synthetischem Bisabolentrichlorhydrat rege-
nerierten Kohlenwasserstoff gibt Ruzicka 2 ) an: d 0,871, n D 1,492,
CH S CH 2 CH S
I H I
C CH a C CH S C CH a
HC CH CH 3 H a C CH CH ä H 2 C C CH a
H a C CH 3 C— CH, H 8 C CH S C— CH s H a C CH» C— CH 8
CH CH CH CH
CH CH
C C C
/\ /\ /\
H 3 C CH 3 HgC CH 3 HaC CH 3
«-Bisabolen. .^-Bisabolen. /-Bisabolen.
Mol.-Refr. /a 67,99 und für das aus Natur- CH 3
Produkten isolierte Bisabolen 0,871 bis 0,873, c CH
n D 1,490 bis 1,493. ^TV^
Bisabolen bildet mit Salzsäure ein bei HsC ' y H CH *
79 bis 80° schmelzendes Trichlorhydrat, h 4 C CH S C— CH,
C 15 H 24 3F1C1, das nach Tucholka optisch \ N^/X
aktiv ([«] D (+ oder — ?) 35° 17' in Chloro- *["' CHs Cl
formlösung), nach Gildemeister und CO
Müller inaktiv ist. Aus dem Bisabolen h 9 C CH»
konnte weder ein festes Mitrosochlorid, Bisabolentrichlorhydrat.
noch ein Nitrosit oder Nitrosat erhalten
werden. Es addiert 6 Atome Brom. Ob das von Schmidt
und Weilinger 8 ) aus dem Öl von Piper Volkensü erhaltene
Hexabromid vom Smp. 154° ein Derivat des Bisabolens ist,
muß noch festgestellt werden.
l ) Wallach-Festschrift; Göttingen 1909, S.448; Bericht von Schimmel § Co.
Oktober 1909, 50.
*) Helvet. chim. acta 8 (1925), 263.
s ) Bert. Berichte 89 (1906), 652.
374 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Durch Reduktion des Bisabolens mit Wasserstoff bei Gegen-
wart von Platinmohr erhielten Semmler und Rosenberg 1 )
Hexahydrobisabolen (Hexahydrolimen), für das sie folgende Daten
ermittelten: Sdp. 123 bis 125° (8 mm), d ao . 0,8244, a B + 0°, n D
1,45423. Das Hexahydrobisabolen ist das erste bekannte Hexa-
hydrosesquiterpen.
Zur Charakterisierung des Bisabolens ist das Trichlorhydrat,
das man durch Einleiten von gasförmiger Salzsäure in die ätherische
Lösung des Sesquiterpens erhält, gut geeignet. Es scheidet sich
nach dem Verdunsten des Äthers in schönen Kristallen ab, die durch
Umkristallisieren aus Alkohol weiter gereinigt werden können.
Ruzicka glaubt, daß im regenerierten und wohl auch im
natürlichen Bisabolen ein Gemisch von 3 isomeren Kohlenwasser-
stoffen vorliegt, die alle dasselbe Trichlorhydrat geben.
Zingiberen.
C 16 H, 4 . Mol.-Gew. 204.
Dieses zuerst von Tresh s ) im Ingweröl aufgefundene Sesqui-
terpen ist später von v. Soden und Rojahn 3 ), von Schreiner
und Kremers*), von Semmler und Becker") sowie von
Ruzicka 6 ) untersucht worden. Schreiner und Kremers er-
mittelten für Zingiberen folgende Eigenschaften:
Sdp. etwa 270° (unter Zersetzung), 160 bis 161° (32 mm),
d 20 . 0,8731 , [a] r — 73,38°, n D 1 ,49399.
Semmler und Becker 8 ) stellten fest: Sdp. 128 bis 129° (9 mm),
d 20 . 0,8684, n D 1,4956, Mol.-Refr. Gef. 68,37, Ber. f. C 15 H 2i /„ 67,86.
Ruzicka*) fand für Zingiberen: Sdp. 137 bis 139° (17 mm),
d£° 0,8733, n Die . 1,4984, a D — 60°.
Zingiberen ist nach Semmler und Becker") ein mono-
cyclisches Sesquiterpen mit drei doppelten Bindungen, von
denen sich die eine in der Isopropylgruppe befindet, während
die beiden anderen in der langen Seitenkette liegen. Wird
das Zingiberen in alkoholischer Lösung mit Natrium redu-
*) Berl. Berichte 46 (1913), 768.
*) Pharmaceutical Journal III. 12 (1882), 243.
*) Pharm. Ztg. 45 (1900), 414.
4 ) Pharmaceutical Archives 4 (1901), 63; Chem. Zentralbl. 1901, IL 1226.
s ) Berl. Berichte 46 (1913), 1814.
8 ) Helvet chim. acta 5 (1922), 352.
Kohlenwasserstoffe. 375
ziert, so bildet sich monocyclisches Dthydrozingiberen (Sdp.
122 bis 125° bei 7 mm; d 20 , 0,8557; [«] D ^37°; n D 1,4837):
Mol.-Refr. 68,36 ber. f. C 16 H 2a f% 68,25. Hieraus geht hervor,
daß sich im Zingiberen zwei benachbarte Doppelbindungen
befinden, und da die Reduktion verhältnismäßig leicht vor
sich geht, darf man -annehmen, daß die Konjugation in der
Seitenkette steht. Die Anwesenheit von drei Doppelbindungen
im Zingiberenmolekül wird durch die Reduktion mit Platin und
Wasserstoff zu monocyclischem Hexahydrozingiberen (Sdp. 128
bis 130° bei 11 mm; d 20 „0,8264; [a^— 10°12'; n D 1,4560) dar-
getan. Durch Einleiten von Salzsäuregas in die ätherische Lösung
des Zingiberens erhält man das bereits erwähnte Dihydrochlorid
vom Smp. 169 bis 170°, das sich nicht mehr vom monocyclischen
Zingiberen, sondern vom bicyclischen Isozingiberen ableitet.
Invertiert man nämlich Zingiberen durch 6 stündiges Turbinieren
mit Schwefelsäure in eisessigsaurer Lösung, so erhält man Iso-
zingiberen (Sdp.ll8bis 122°bei7mm; d s0 . 0,9118; [a] D — 51°36';
n D 1,5062), aus dem sich beim Einleiten von Salzsäuregas das Di-
hydrochlorid vom Smp. 169 bis 170° bildet. Aus dem Dihydrochlorid
kann man das Isozingiberen durch Kochen mit alkoholischer Kali-
lauge wiedergewinnen. Isozingiberen liefert bei der Reduktion mit
Platin und Wasserstoff bicyclisches Tetrahydroisozingiberen:
Sdp. 123 bis 123,5° (10 mm), d M . 0,8822, [«] D + 4°36', n D 1,4791.
Für Zingiberen und Isozingiberen stellten Semmler und
Becker folgende Formeln auf:
MaC \ c /" CH *
CH CH*
HaC-CH CH
Zingiberen.
Hiernach steht das Isozingiberen zum Zingiberen in dem-
selben Verhältnis wie das Limonen zum Myrcen.
Sowohl Zingiberen wie Isozingiberen liefern, wie Ruzicka
zeigte, Cadalin, wodurch sich die Stellung der beiden an der rechten
Seite der obigen Formeln stehenden Methylgruppen als nicht richtig
erweist.
CH,
H.,C N
-CH ä
HtC/
CH CH S
/ \h' X |CH 2
Hsd,
H S C
in L
CH CH CH S
Isozingiberen.
376 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Im Öl von Thymus striatus wiesen Leone und Angelescu 1 )
4,5°/o eines zwischen 250 und 260° siedenden, monocyclischen
Sesquiterpens nach; d 1B . 0,875 bis 0,89, Mol.-Refr. 67,76.
Semmler und Schoßberger ä ) fanden im Öl von Xantho-
xylum Aubertia ein monocyclisches Sesquiterpen, das sie Ev öden
nannten. Sdp. 119 bis 123° (9 mm), d 20 „*0,8781, a D — 58°, n D
1,49900.
Auch im Campheröl ist nach Ruzicka und Stoll s ) ein
monocyclisches Sesquiterpen enthalten.
c) Bicyclische Sesquiterpene.
Cadinen.
C 16 H 24 . Mol.-Gew. 204.
Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe und der Sesquiter-
pene überhaupt, ist das sehr verbreitete Cadinen, das in beiden
optischen Modifikationen in ätherischen Ölen vorkommt.
d-Cadinen ist bisher gefunden worden im Atlascedernöl,
im Nadelöl von Ptnus contorta, im Terpentinöl von P. edulis
und von P. monophylla, im Aburachanöl und wahrscheinlich im
westindischen Sandelholzöl.
I-Cadinen im Kadeöl, nach dem es benannt ist, im Öl von
Pinus cembra, im Cypressenöl, Cubebenöl, Paracotorindenöl,
Angosturarindenöl und Cedrelaholzöl.
In den meisten Mitteilungen über das Vorkommen des
Cadinens ist die Drehung nicht angegeben, so beim Öl von
Pherosphaera Fitzgeraldi, Dacrydium biforme (?), Holzöl
von D. Franklinii (?) Rottannennadelöl, Cedernblätteröl, Cedern-
holzöl, deutschen und schwedischen r\iefernadelöl, Latschen-
kieferöl, Holzterpentinöl von Pinus monophylla, Nadelöl von
P. heterophylla, P. palustris, Zapfenol von P. palustris, Öl von
Athrotaxis selaginoides (?), Cryptomeria faponica (Blätter öl und
Holzöl), formosanischen Hinokiholzöl, Callitris Macleayana (?),
») Gazz. chim. ital. 52 (1922), I. 152.
a ) Berl. Berichte 44 (1911), 2885.
3 ) Helvet chim. acta 7 (1924), 260.
Kohlenwasserstoffe. 377
Chamaecyparis Lawsoniana, Wacholderbeeröl, Beerenöl von
Juniperus phoenicea, Holzöl von /. oxycedrus, Sadebaumöl,
Lemongrasöl, Pfefferöl, Cubebenöl, BeteIöI,Ylang-YIangöl,Campher-
öl, Campherblätteröl, Öl von Daniella thurifera, Öl von Amorpha
fruticosa, Fagara xanthoxyloides (?), Murraya exotica, Weihrauch-
Öl, Calantasholzöl, Öl von Kjinzea coritolia (?), Asa foetidaöl,
Galbanumöl, amerikanischen Pfefferminzöl, Öl von Mosla japo-
nica, Patchouliöl, Goldrutenöl, Öl von Artemlsia annua und
Wermutöl.
Nach Lepeschkin 1 ) wird reines Cadinen erhalten, wenn
man Cadinendichlorhydrat mit Natriumäthylat behandelt, wäh-
rend beim Kochen mit Eisessig und Natriumacetat -) nebenbei
auch das isomere Isocadinen 3 ) entsteht. Dieses (Sdp. 125
bis 128° [12 mm]) bildet sich auch bei der Behandlung von
Cadinen mit Schwefelsäure und Eisessig nach Bertram und
Walbaum*). Auch längeres Erhitzen auf 200° wirkt verändernd
auf Cadinen ein; es entsteht dabei ein isomerer Kohlenwasser-
stoff (Sdp. 145 bis 148° [20 mm]; dfP 0,9061; [c] D — 2,80°;
n D20 1,5041).
Für Cadinen, das durch Erhitzen des Dichlorhydrats mit
Natriumacetat und Eisessig gewonnen war, fand Wallach 5 ):
Sdp. 272° (unkorr.), 274 bis 275°, d 20 . 0,918, [«] n — 98,56°,
n D 1, 50647 6 ). Schimmel 8j Co. ermittelten: Sdp. 271 bis 273",
d 1B . 0,9215, [c] D — 105°30'.
Grimal 7 ) gibt für d-Cadinen aus dem Atlascedernöl an:
Sdp. 273 bis 275 °, d 0,9224, n DM . 1,5107, [h] dm . + 48°7'. Das
aus dem rechtsdrehenden Chlorhydrat nach Wallach mittels
Natriumacetat in Eisessiglösung regenerierte Cadinen zeigte
folgende Konstanten: Sdp. 274 bis 275°, d 0,9212, n D ., . 1,5094,
[°U + 4 ? °55'.
*) Journ. russ. phys.-chetn. Ges. 40 (1908), 698; Chem. Zentralbl. 1908,
IL 1354; Chem.-Ztg. 38 (1914), 276.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 2S8 (1887), 84.
3 ) Über die vermutliche Konstitution des im Kadeöl aufgefundenen Iso-
cadinens (Sdp. 124 bis 128° [12 mm]; d^0,918; tw 1,515) s. Henderson
u. Robertson, Journ. ehem. Soc. 129 (1926), 2811.
*) Henderson u. Robertson, fourn. chem. Soc. 125 (1924), 1992.
s ) Liebigs Annalen 271 (1892), 303.
e ) Ebenda 252 (1889), 150; 271 (1892), 297.
') Compt. rend. 185 (1902), 582 u. 1057.
378 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Henderson und Robertson 1 ) fanden für aus dem Chlor-
hydrat (aus Cubebenöl) abgeschiedenes Cadinen: Sdp. 134 bis 136°
(11 mm), d^O.9189, J>]„ g — 125,2°, n D20 . 1,5079.
Das optische Drebungsvermögen ist recht schwankend. Bei
verschiedenen in der Natur vorkommenden Sesquiterpenen, die
man als aktive Formen des Cadinens angesprochen hat, ist es
noch nicht klargestellt, ob sie mit Cadinen wirklich identisch
sind, oder ob sie erst bei der Einwirkung von Salzsäure in
Cadinenderivate Übergegangen sind, wie z. B. bei den Sesqui-
terpenen des westindischen Sandelholzöls und des afrikanischen
Copaivabalsamöls. Das letztere enthält nämlich das rechts-
drehende tricyclische Sesquiterpen Copaen, das bei der Ein-
wirkung von Salzsäure in linksdrehendes Cadinendihydrochlorid
übergeht. Ob das auch beim westindischen Sandelholzöl der
Fall ist, ist noch nicht festgestellt Bemerkenswert ist, daß
der rechtsdrehende Kohlenwasserstoff aus Atlascedernöl Derivate
des d-Cadinens liefert.
Löst man Cadinen in überschüssigem Chloroform oder Eis-
essig und setzt dann einige Tropfen konzentrierter Schwefel-
säure hinzu, so färbt sich die Lösung nach dem Umschütteln
zuerst intensiv grün, dann blau und beim Erwärmen rot ä ).
Mit Nitrosylchlorid und mit Stickstofftetroxyd gibt- Cadinen
kristallisierte Additionsprodukte. Das in nur geringer Menge
entstehende Nitrosochlorid schmilzt bei 93 bis 94°, das Nitrosat,
das in besserer Ausbeute erhalten wird, bei 105 bis 110°.
Besonders charakteristisch sind die mit zwei Molekülen
Halogenwasserstoff entstehenden kristallisierten Additionspro-
dukte, von denen namentlich das Dichlor- und Dibromhydrat
zur Identifizierung benutzt werden.
Zur Darstellung des Dichlorhydrats werden die zu unter-
suchenden, zwischen 260 und 280° siedenden Fraktionen mit
dem doppelten Volumen Äther verdünnt und unter Kühlung mit
Chlorwasserstoffgas gesättigt; nach längerem Stehen wird der
Äther durch Destillation teilweise entfernt, und nach dem
völligen Verdunsten des Lösungsmittels scheiden sich im Rück-
stande Kristalle des Dichlorhydrats aus, die durch Aufstreichen
*) Journ. ehem. Soc. 125 (1924), 1992.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 288 (1887), 87.
Kohlenwasserstoffe. 379
auf poröse Tonplatten und Waschen mit Alkohol von öligen
Beimengungen befreit und aus rissigester, in welchem sie in
der Wärme leicht löslich sind, umkristallisiert werden. Der
Schmelzpunkt der reinen Verbindung liegt bei 117 bis 118,5°;
sie ist optisch aktiv, [a] D ■— 37°27' in einer 5°/oigen Chloro-
formlösung.
Auch unter Benutzung von Eisessig, der mit Salzsäure-
gas in der Kälte gesättigt ist, läßt sich das Dichlorhydrat
bereiten; diese Methode der Darstellung — Versetzen einer
Eisessiglösung des Sesquiterpens mit einer Eisessiglösung des
betreffenden Halogenwasserstoffes — empfiehlt sich zur Ge-
winnung des Dibromhydrats (Smp. 124 bis 125°) und Dijod-
hydrats (Smp. 105 bis 106°).
Das bei der Behandlung von Cadinendichlorhydrat in
Eisessiglösung mit Silberacetat entstehende Reaktionsprodukt
lieferte nach Erhitzen mit methylalkoholischer Kalilauge wahr-
scheinlich ein Cadinenglykol C 15 H 2a (OH) 2 (Smp. 194 bis 195°),
einen ungesättigten Alkohol, anscheinend Cadin ol C 15 H„ s (OH)
und Cadinen. Cadinol gab mit Eisessig und Salzsäure Cadinen-
dichlorhydrat und mit Brom anscheinend ein Bromdibromid
C ls H 2B OBr 3 , das sich am Licht zu einer schwarzen, teerigen
Masse zersetzte a ).
Was die Konstitution des Cadinens anbetrifft, so hatten
Semmler und Stenzel 3 ) eine Formel vorgeschlagen, die eine
naphthal in artige Anordnung der Kohlenstoffatome zeigte. Der
Beweis dafür wurde später von Ruzicka und Stoll 8 ) durch
katalytische Dehydrierung des Cadinens mit Platinschwarz im
Hochvakuum bei 300° geführt, wobei Cadalin erhalten wurde.
Durch dehydrierenden Abbau des Cadinens mit Braunstein und
57 °/oiger Schwefelsäure erhielten sie Trimellithsäure, Mellophan-
säure und Benzolpentacarbonsäure. Ferner wurde durch Ozoni-
sation des Cadinens in Eisessig und nach dem Verestern der
sauren Ozonidspaltprodukte ein nicht reiner Dicarbonsäure-
diäthylester, ungefähr von der Zusammensetzung C 19 H ao 6 oder
C 19 H 32 O e gewonnen, der noch alle Kohlenstoffatome des Cadinens
x ) Henderson u. Robertson loc. cit.
a ) Bert. Berichte 47 (1914), 255.
s ) Helvet. chitn. acta 7 (1924), 84.
380
Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
aufwies. Auf Grund dieser Ergebnisse gelangte Ruzicka zu
dem Schluß, daß die Kohlenstoff doppelbindungen des Cadinens
in verschiedenen Ringen sitzen, und daß dem Kohlenwasserstoff
die Formeln I oder II zuzuschreiben sind. Vielleicht stellt das
in der Natur vorkommende, sowie das aus dem Dichlorhydrat
vom Schmelzpunkt 117° regenerierte Cadinen ein Gemisch der
beiden Verbindungen I und II dar. Das Cadinendichlorhydrat ist
jedenfalls als einheitliche Verbindung der Formel III aufzufassen.
CH a
CH S
CH 3
j
CH CH
i s c/x;h/^
9
CH
CH CH
h i C| // x:h/ >
2
CH S
t
CH CH S
H 2 C,/^CH/NcH a
H ° C V iH \j C <CH
C/ C CH ä
HC \/ CH \y
C CH
C— CH S
2
HC
x/ CH \/^
C CH
C-
CH 3
CH
HsC/^CHs,
CH
HaC/^CHs
CH
H 8 c/\CH 3
(I) A-Cadinen.
(I
) «-Cadinen.
(III) Cadinendichlorhydrat.
Sesquiterpen aus Ysopöl.
Ein bicyclisches Sesquiterpen C 1B H M
vom Cadinentypus
konnten Ruzicka 1 ) und Mitarbeiter aus Ysopöl isolieren. Sie
geben folgende Konstanten an: Sdp. 125° (12 mm), d^ 0,91 16,
n B17 . 1,5012.
Caryophyllen.
C ls H a4 . Mol.-Gew. 204.
Das in ätherischen Ölen ziemlich verbreitete bicyclische
Sesquiterpen, das man zunächst für einheitlich hielt, ist wohl
in allen bisher bekannten Fällen ein Gemisch von mehreren
Isomeren, die man als a- und /J-Caryophyllen bezeichnet. Die
a-Form ist optisch inaktiv, die /J-Form ist aktiv und ist sowohl
in der rechts-, wie in der linksdrehenden Modifikation auf-
gefunden worden. Das von Deußen 2 ) durch Erhitzen einer
alkoholischen Lösung von /S-Caryophyllennitrosit erhaltene
*) Helvet chim. acta 6 (1923), 856.
2 ) Journ. f. prakt. Chem. IF. 90 (1914), 324.
Kohlenwasserstoffe. 381
/-Caryophyllen*) ist bisher noch nicht in der Natur nach-
gewiesen,
a-Caryophyllen kommt vor im Melken- und Nelkenstielöl,
im Zimtblätter-, Hopfen- 2 ), Pappel knospen- und Para-Copaiva-
balsamöl.
d-£-CaryophyIlen findet sich im Nelken- und Nelkenstiel-
öl, im Öl von Lantana camara, im afrikanischen Copaivabalsam-
öl und vielleicht im Zimtblätteröl,
l-/S-Caryophyllen im Nelken- und Nelkenstielöl, im Para-
Copaivabalsam-, Hopfen- und Ceylon -Zimtöl, sowie im Öl von
Murraya /(oenigif.
/S-Caryophyllen (ohne Angabe der Drehungsrichtung) hat
man festgestellt im Zimtblätter-, Hopfen-, westindischen Sandel-
holz- und Maracaibo-Copaivabalsamöl.
Caryophyllen (als Gemisch der verschiedenen Formen)
wurde gefunden im Pfeffer-, Betel-, Seychellen-Zimt- (?), Zimt-
wurzel-, Weißzimt-, Gagel- (?), Campherblätter-, Aburachan-,
Piment-, Lavendel-, span. Thymian- und Schafgarbenöl, ferner
in den Ölen des flüssigen und festen Lagambalsams, sowie
von Mosla japonica und Artemisia annua.
In reinem Zustande haben sich u- und l-/S-Caryophyllen
bisher nicht darstellen lassen ; die Angaben über ihre phy-
sikalischen Eigenschaften beziehen sich auf Ölanteile, die durch
wiederholtes Fraktionieren gewonnen waren. Nur d-,^- Caryo-
phyllen kann man aus einer festen Verbindung rein abscheiden.
Das bequemste Ausgangsmaterial für dieses Sesquiterpen sind
Nelken- und Nelkenstielöl, wobei zu bemerken ist, daß das nur
durch Destillation aus Nelkenöl dargestellte Caryophyllen meist
etwas Aceteugenol 3 ) enthält, von dem es durch Verseifen mit
alkoholischem Kali befreit werden kann. Im Sesquiterpen aus
Nelkenstielöl findet sich dagegen diese Verunreinigung nicht.
Für aus Nelkenöl dargestelltes Caryophyllen fanden: Wal-
lach 8 ): Sdp. 258 bis 260°, d 15 . 0,9085, n D 1,50094.
Erdmann*): Sdp. 119 bis 120° (9 mm), 123 bis 124° (13 mm),
258 bis 259° (752 mm), d a4 . 0,9038.
x ) Es wurde früher von Deußen als Isocaryophyllen bezeichnet.
a ) Das «-Caryophyllen des Hopfenöls wurde früher Humulen genannt.
a ) Liebigs Annalen 271 (1892), 298.
*) E. Erdmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 146.
382 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Kremers 1 ): d s0 . 0,9032, [a] M0 . — 8,74°, n D20 . 1,50019.
Walbaum und Hüthig 8 ) bestimmten für Caryophyllen aus
Ceylon-Zimtöl: Sdp. 260 bis 261°, d 16 , 0,9047, a D — 7° 20'.
Ein von Schimmel $ Co. 8 ) aus Nelkenstielöl gewonnenes
Caryophyllen hatte: Sdp. 259 bis 261°, d 1B „ 0,9064, c D — 7°45',
[a] D — 8,55°, n D20 . 1,50003, Mol.-Refr. 66,53.
Für /-Caryophyllen ermittelte Deußen*): Sdp. 124,5 bis
125° (14 mm), «—22,22°.
Die Konstitution der Caryophyllene ist trotz vieler zu ihrer
Ermittlung unternommener Untersuchungen von Wallach 8 ),
Schreiner und Kremers 6 ), Deußen'), Semmler und
Mayer 8 ), Haarmann 11 ) und anderer noch nicht endgültig
bestimmt. Jedenfalls ist von Ruzicka festgestellt, daß das
Caryophyllen keinen Hydronaphthalinring besitzt. Diesem Um-
stand Rechnung tragend, hat Busse 10 ) für ß- und y-Caryophyllen
Formeln aufgestellt, die mit der auf S. 369 erwähnten Hypothese
Ruzicka's über die Konstitution der Sesqüiterpene im Einklang
CH„
t
CH a
i
l
C
1
C
c/ CHs
H a Ci
HC'
1 ,CH— CH a
\CH a
-iC— CH B -
CH
/^-Caryophyllen.
r-<
Caryophyllen.
?CH ä
CH 3
*) Pharmaceutical Archives 1 (1898), 211.
s ) Journ. f. prakt. Chem. II. 66 (1902), 54.
3 ) Bericht von Schimmel Q Co. Oktober 1910, 173.
*) Journ. f. prakt Chem. II. 90 (1914), 324.
s ) Liebigs Annalen 271 (1892), 287, 294, 295; 27» (1894), 391.
a ) Pharmaceutical Archives 1 (1898), 211 j 2 (1899), 296; Proceed.
Americ. Pharm. Ass. 47 (1899), 158.
7 ) Liebigs Annalen 356 (1907), 1; 369 (1908), 245; 36» (1909), 41;
Berl. Berichte 42 (1909), 376, 680; Liebigs Annalen 374 (1910), 111;
388 (1912), 136; Journ. f. prakt. Chem. II. 90 (1914), 324; Copaivabalsame
und ihre Verfälschung. Leipzig 1914.
s ) Berl. Berichte 36 (1903), 1038; 43 (1910), 3451; 44 (1911), 3657;
45 (1912), 1393.
°) Ebenda 42 (1909), 1062; 43 (1910), 1505.
10 ) Arbeiten des Wissensch. Chem. Pharmazeut. Instituts, Moskau 1924,
Heft 10, S. 83.
Kohlenwasserstoffe- 383
stehen und durch die sich auch die Bildung sämtlicher von
S emmier erhaltenen Abbauprodukte erklären läßt').
Durch Einwirkung von Nitrosylchlorid auf Caryophyllen aus
Nelkenstielöl entsteht ein Nitrosochlorid, das bei ungefähr 160°
schmilzt, aber durch fraktionierte Kristallisation in inaktives
«-Caryophyllennitrosochlorid (Smp. 177°) und aktives ^-Caryo-
phyllennitrosochlorid (Smp. 159°) zerlegt werden kann. Diesen
beiden Formen entspricht ein von 12,6 bis 128° schmelzendes
ß-Nitrolbenzylamin und ein /J-Nitrolbenzylamin vom Smp. 172 bis
173°, die sich natürlich auch beide bilden, wenn man von
dem Nitrosochloridgemisch ausgeht. Von den aus den Nitroso-
chloriden durch Chlorwasserstoffabspaltung entstehenden ISitroso-
caryophyllenen schmilzt die a-Form bei 116°, die /?-Form bei
120 bis 121°.
MitSalpetrigsäureanhydrid ist aus Caryophyllen ein in blauen
Nadeln kristallisierendes, optisch aktives Nitrosit (Smp. 115°)
erhalten worden, das sich bei der Einwirkung von Lösungsmitteln
leicht in andere Verbindungen umlagert. Ferner ist auch ein
aktives Caryophyllennitrosat bekannt, das aus Caryophyllen durch
Einwirkung von Amylnitrit und Salpetersäure oder auch durch
Oxydation des blauen Nitrosits mit Chromsäure dargestellt werden
kann. Sein Schmelzpunkt liegt bei 130,5°. Aus Caryophyllen
erhaltene Nitrosate mit anderen Schmelzpunkten leiten sich ver-
mutlich von der «-Form ab.
Als Schreiner und Kremers 2 ) gasförmige Salzsäure auf
Caryophyllen einwirken ließen, entstand ein in Nadeln kristal-
lisierendes Dichlorhydrat vom Smp. 69 bis 70°. Es äst, wie
Schimmel 8j Co.") nachwiesen, optisch aktiv (aus 1-Caryophyllen
rechtsdrehend) und gibt bei Behandlung mit Natriumäthylat bei
höherer Temperatur ein tricyclisches, linksdrehendes Sesquiterpen.
Arbeitet man aber, wie Semmler und Mayer zeigten, unter Ver-
wendung von Natriummethylat bei möglichst gelinder Wärme, so
erhält man aus anfangs linksdrehendem Kohlenwasserstoff ein
stark rechtsdrehendes bicyclisches Caryophyllen. Man kann daraus
schließen, daß im ursprünglichen Caryophyllen ein Gemisch der
*) Bemerkung während der Korrektur: Nach Deufien sind diese beiden
Formeln nicht richtig. Journ. f. prakt. Chem. IL 114 (1926), 63.
*) loc. cit.
s ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1910, 173.
384 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
rechts- und linksdrehenden Modifikation vorliegt. Beim Durch-
schütteln des Dichlorhydrats mit verdünntem wäßrigem Alkali
wurde von Schimmel § Co. neben einem Kohlenwasserstoff ein
flüssiger Alkohol C 15 H 2e O und ein in Nadeln kristallisierendes, bei
167 bis 168° schmelzendes Glykol, C 16 H 2S 8 , das Caryoterpin,
erhalten.
Durch Oxydation des Caryophyllens mit Permanganat ent-
steht nach Deußen und nach Haarmann, neben einem Glykol
C 14 H 22 4 vom Smp. 120°, eine Ketosäure C 10 H ie O 3 , deren
Semicarbazon bei 186° schmilzt, eine einbasische, bei 179,5 bis
180,5° schmelzende Säure C 8 H s 4 und ein neutraler Körper
C 10 H 18 O s vom Smp. 145 bis 146°. Die sich bei der Oxydation
bildenden flüssigen Säuren gehen bei weiterer Oxydation in
Dimethylbernsteinsäure über.
Bei der Ozonisierung des Caryophyllens wurden von S e m m 1 e r
und Mayer 1 ) saure und neutrale Spaltungsprodukte erhalten.
Zu den ersteren gehörte eine Ketocarbonsäure C ia H ls 3
(Sdp. 183 bis 187* bei 11,5mm; Smp. des Semicarbazons 183°)
und eine Diketocarbonsäure C 14 H a2 4 (Sdp. 229 bis 232° bei
11,5 mm). Die neutralen Oxydationsprodukte waren ein Keton
C 10 H 18 O (Sdp. 73 bis 76° bei 11,5 mm; Smp. des Semicarbazons
176°), ein Diketon C ia H ä0 O 2 (Sdp. 137 bis 142° bei 9 mm; Smp.
des Semicarbazons 219°) und ein Diketoaldehyd C 14 H 22 O a
(Sdp. 181 bis 184° bei 13 mm). Bei der Oxydation mit Salpeter-
säure lieferte die Ketocarbonsäure C 1:l ri 18 O g eine Dicarbonsäure
C 9 H 14 4 vom Sdp. 222 bis 225° (13 mm), die Caryophyllen-
säure. Sie ist flüssig und zeigt große Übereinstimmung mit
der Pinsäure, gibt aber, im Gegensatz zu dieser, ein Anhydrid
(Sdp. 152 bis 158° bei 10 mm).
Dihydrocaryophyllen entsteht nach Deußen, wenn man
Caryophyllen mit Palladium und Wasserstoff behandelt, während
mit Platinmahr (Semmler und Mayer) Tetrahydrocaryophyllen
gewonnen wird.
Bei der Einwirkung von Eisessig-Schwefelsäure erhält man
ein Hydrat C 16 H 2g O (Caryophyllenalkohol) vom Smp. 94 bis 96°.
Dieser Alkohol, dessen Phenylurethan bei 136 bis 137° schmilzt,
ist optisch inaktiv.
*) loc. cit.
Kohlenwasserstoffe. 385
Bemerkenswert ist, daß man durch Wasserabspaltung aus
dem Caryophyllenalkohol nicht wieder zum Caryophyllen, sondern
zu einem ihm isomeren, tricyclischen Kohlenwasserstoff C 10 H a4 ,
dem Cloven (s. S. 398) gelangt, das sich in seinen Eigenschaften
wesentlich vom Caryophyllen unterscheidet, aber noch nicht in
ätherischen Ölen gefunden worden ist.
Bei dem Nachweis des Caryophyllens hat man zu berück-
sichtigen, daß sich das Nitrosochlorid und Nitrosat von einem
anderen Kohlenwasserstoff ableiten als das Nitrosit. Es ist daher
zweckmäßig, das Nitrosochlorid oder Nitrosat sowie das Nitrosit
darzustellen.
Zur Gewinnung des Nitrosochlorids gibt man zu einer gut gekühlten
Mischung von 5 ccm Caryophyllen, 5 ccm Essigester, 5 ccm Alkohol und
5 ccm Äthylnitrit 5 ccm alkoholische Salzsäure. Am Sonnenlicht scheidet
sich dann bald das Nitrosochlorid aus.
Zur Bereitung des Witrosits gibt man zu einer Mischung von 5 ccm
Caryophyllen, 12 ccm Petroläther und 5 ccm einer gesättigten Natriumnitrit-
lösung vorsichtig 5 ccm Eisessig, worauf in der Kälte das Nitrosit aus-
kristallisiert.
Um das Nitrosat zu erhalten, fügt man zu einem gut gekühlten Gemisch
von 5 ccm Caryophyllen, 5 ccm Eisessig und 5 ccm Äthylnitrit vorsichtig eine
Lösung von 5 ccm konzentrierter Salpetersäure in 5 ccm Eisessig. Nach be-
endeter Reaktion setzt man Alkohol hinzu; nach 2 Stunden scheidet sich
das Nitrosat aus.
Sehr bequem ist die Darstellung des Caryophyllenalkohols: man löst
hierzu 25 g Kohlenwasserstoff in einer Mischung von 1000 g Eisessig, 25 g
konzentrierter Schwefelsäure und 40 g Wasser und erwärmt das Ganze längere
Zeit auf dem Wasserbade. Die leicht flüchtigen Produkte entfernt man durch
Wasserdampf, und man erhält dann durch Destillation den reinen Alkohol.
Leichter und rascher erhielten Asahina und Tsukamoto 1 )
Caryophyllenalkohol durch Einwirkung eines Gemisches von ab-
solutem Äther und Schwefelsäuremonohydrat auf Caryophyllen.
Die Genannten gewannen dabei zwei Hydratationsprodukte CisH 28 0,
die sie mit «- und /»-Caryophyllenalkohol bezeichneten. Die ,3-Verbindung
wurde durch Destillation des Rohproduktes in sodaalkalischer Lösung, die
«-Verbindung hierauf nach dem Ansäuern des Rückstandes ebenfalls durch
Destillation erhalten. Der /3-Caryophyllenalkohol (Smp. 94 bis 95°; [«] D — 5.8°;
Phenylurethan, Smp. 135°) erwies sich als identisch mit dem bereits bekannten
Caryophyllenalkohol. Der «-Caryophyllenalkohol (Smp. 117°; Phenylurethan,
Smp. 180°) dagegen war optisch inaktiv. Der von den Verfassern nach der
Bertramschen Methode dargestellte Caryophyllenalkohol hatte die Konstanten:
Smp. 94 bis 95°, [«] D — 6,4°, Phenylurethan, Smp. 135°.
l ) Journ. pharm. Soc. of Japan, Juni 1922.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 25
386 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Einen empfindlichen Nachweis des /S-Caryopbyllens gibt
Deußen an. Beim Erhitzen des /?-Caryophyllennitrosits ([a] B +
1661,1°) mit Ligroin bildet sich neben Dehydrocaryophyllennitrosat
eine Verbindung, die sich durch Lösen in Aceton und Ausfällen
mit Petroläther reinigen läßt. Sie kristallisiert in reinem Zustande
in weißen Nadeln (Smp. 159°). Dieselbe Verbindung entsteht
beim Einleiten von Salpetrigsäuregas in eine ätherische Lösung
von Caryophyllen. Dabei tritt bald Blaufärbung ein und beim
längeren Einleiten fällt eine voluminöse, gelblichweiße Substanz
aus, während die Blaufärbung verschwindet. Durch vorsichtiges
Umlösen aus Aceton oder warmem Essigester wird eine Ver-
bindung in Form von wohl ausgebildeten, weißen, seidenartigen
Mädeln vom Zersetzp. 159 bis 160° erhalten. Durch die Ver-
brennung wurde die Zusammensetzung C ]2 H 19 N g O B ermittelt.
Seltnen.
C 16 H a4 . Mol.-Gew. 204.
Ciamician und Silber 1 ) hatten im Selleriesamenöl ein
Sesquiterpen aufgefunden, das, wie Schimmel 8f Co. 2 ) fest-
stellten, mit keinem der bekannten identisch war, und dem diese
den Namen Selinen gaben.
Es ist zu etwa20°/o im Selleriesamenöl enthalten und kann
aus den von 265 bis 273° siedenden Anteilen durch Fraktionieren
gewonnen werden. Der natürlich vorkommende Kohlenwasser-
stoff ist nach Semmler und Risse 8 ) ein Gemenge von viel (t-
und wenig a-Verbindung. Beide geben dasselbe Dichlorhydrat
vom Smp. 72 bis 74°. Das daraus mit Hilfe von Natriumäthylat
regenerierte Selinen hatte folgende Eigenschaften 3 ): Sdp. 268
bis 272°, d 18 . 0,9232, d 20 .0,9196, a D +49°30', n Dao . 1,50483.
Wurde die Salzsäure-Abspaltung mit methylalkoholischer
Kalilösung bewirkt, so verhielt sich der Kohlenwasserstoff fol-
gendermaßen 8 ): Sdp.l28bis 132°<11 mm), d 20 . 0,9190, a D + 61°36',
n D 1 ,50920.
Das Dichlorhydrat erhält man durch Einleiten von Salzsäure-
*) Berl. Berichte- 80 (1897), 492, 501.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1910, 96.
3 ) Berl. Berichte 45 (1912), 3301, 3725; 46 (1913), 599.
Kohlenwasserstoffe. 387
gas 1 ), das zweckmäßig mit 3 Teilen Luft verdünnt ist 2 ), in die
ätherische Lösung des Sesquiterpens. Feine Nadeln vom Smp.
72 bis 74°, [«] D -f 18° (in 4,07°/oiger Chloroformlösung).
Bei der Reduktion- des Selinens mit Platin und Wasserstoff
entsteht Tetrahydroselinen, bei der Oxydation mit Ozon
werden ein Diketon C 18 H s0 O 2 und eine
Diketomonocarbonsäure C 14 H 23 4 er- ^u^V«
halten. X/ \ /\*
Durch Behandeln des Dichlor- CH HaC j f | CHs
hydrats mit Kalkmilch gewinnt man ch*/ C-HCn / CH V CH
einen bicyclischen, einfach ungesättig- ^ " ^h s C
ten Alkohol C 1b H 2b O, das Selinenol. '
Sdp. 155 bis 160° (19 mm), d 90 . 0,9627,
a D + 52° 36', n D 150895. Es geht durch Reduktion mit Platin und
Wasserstoff in Dihydroselinenol über, das sich gut zum Nachweis
von Selinen eignet.
Nach Ruzicka und Stoll 3 ) kommt dem a-Selinen auf
Grund ihrer Untersuchungen und der anderer Forscher die
obenstehende Formel mit dem Kohlenstoffskelett des Eudesmol-
typus zu.
Eudesmen.
C 16 H 24 . Mol.-Gew. 204.
Aus dem Eudesmol, einem in Eucalyptusölen häufig vor-
kommenden, bicyclischen, ungesättigten Sesquiterpenalkohol er-
hält man durch Wasserentziehung*) Eudesmen, C 15 H 81 .
Das aus seinem Dihydrochlorid vom Smp. 79 bis 80°
regenerierte Eudesmen hat nach Sem ml er und Risse 5 ) fol-
gende Eigenschaften: Sdp. 122 bis 124° (7 mm), d 20 . 0,9196,
[a] D +54° 6', n D 1,50874.
Ruzicka, Meyer und Mingazzini 6 ) fanden für Eudesmen,
das durch Kochen von Eudesmol mit konz. Ameisensäure dar-
x ) Bericht von Schimmel 8j Co. April 1910, 96.
*) Berl. Berichte 45 (1912), 3301, 3725; 46 (1913), 599.
") Helvet. chim. acta 5 (1922), 926; 6 (1923), 846.
*) Semmler und Tobias, Berl. Berichte 46 (1913), 2028.
6 ) Ebenda, 2303.
") Helvet chim. acta 5 (1922), 362.
25*
388 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
gestellt war: Sdp. 132 bis 136° (15 mm), d^ 0,9175, n Dl9 „ 1,5134,
«d +52,6°.
Das oben erwähnte Dihydrochlorid entsteht durch direkte
Anlagerung von Chlorwasserstoff an Eudesmen oder durch
Schütteln des Eudesmols mit Chlorwasserstoff-Eisessig.
Bei der Dehydrierung des Eudesmens mit Schwefel 1 ) ent-
steht Eudalin, wodurch seine Zugehörigkeit zu den bicyclischen
Sesquiterpenen erwiesen ist.
Ob das aus Eudesmol erhaltene Eudesmen identisch ist
mit dem Sesquiterpen gleichen Namens, das von Penfold 2 ) in
verschiedenen australischen Ölen gefunden ist, muß erst noch
festgestellt werden.
Eudesmen ist enthalten in den Ölen von Leptospermum
flavescens, L. grandi'f/orum und L. odoratum und wahrscheinlich
auch in den Ölen von Homoranthus flavescens, M. virgatus
und im Araucarienöl.
(3-Santalen.
C 15 H M . Mol.-Gew. 204.
Von den beiden im ostindischen Sandelholzöl vorkommenden
Sesquiterpenen, die als «- und /?-Santalen bezeichnet werden,
ist die a-Verbindung tricyclisch (s. S. 392), während die ^-Ver-
bindung der bicyclischen Reihe angehört.
Als Konstanten des /S-Santalens wurden gefunden:
Sdp. 261 bis 262° (unkorr.), 263 bis 264° (korr.), d . 0,9139,
e D —28,55° (Guerbet) 8 ); Sdp. 125 bis 127° (9 mm), d 20 „ 0,892,
a D — 35°, n D 1,4932 (Semmler)*); Sdp. 125 bis 126° (7 mm),
d 20 „ 0,8940, a D — 41° 3', n D80 . 1 ,49460, Mol.-Refr. 66,53, berechnet
für C 1S H 24 /^ 66,16 (Schimmel § Co.) 5 ).
/?-SantaIen addiert zwei Mol. Salzsäure unter Bildung eines
flüssigen Dihydrochlorids 8 ). Das Nitrosochlorid existiert in zwei
l ) Helvet chim. acta 5 (1922), 362.
a ) Journ. and Proceed. Royal Soc of N.S W. 54 (1921), 197; 56 (1923),
193, 197; Perfum. Record 13 (1922), 82.
a ) Compt. rend. 130 (1900), 417, 1324; Bull. Soc. chim. III. 28 (1900),
217, 540.
*) Berl. Berichte 40 (1907), 3321; 43 (1910), 1893.
s ) Bericht von Schimmel S Co. Oktober 1910, 107.
6 ) v. Soden u. Müller, Pharm. Ztg. 44 (1899), 259.
Kohlenwasserstoffe. 389
isomeren Formen, die bei 152° und 106° schmelzen, und denen
zwei Nitro! piperidine vom Smp. 101° und 104 bis 105° entsprechen.
Durch Oxydation mit Ozon entsteht ein bicyclischer Aldehyd.
Die Konstitution des /S-Santalens ist unbekannt. Es ist nach
S emmier ein bicyclisches, zweifach ungesättigtes Sesquiterpen.
Einen hydrierten Naphthalinring enthält es wahrscheinlich nicht.
Isosantalene. Die durch Wasserabspaltung aus den
Santalolen entstehenden Kohlenwasserstoffe sind von den Santa-
lenen verschieden. Chapoteaut 1 ) erhielt aus dem Rohsantalol
zwei Kohlenwasserstoffe C 18 H S4 vom Sdp. 260° und C 1H H as vom
Sdp. 245°. Guerbet 2 ) bezeichnete die Kohlenwasserstoffe aus
den beiden Santalolen als Isosantalene und gibt t an für:
a-Isosantalen Sdp. 255 bis 256°, a D + 0,2°.
(?-Isosantalen Sdp. 259 bis 260°, « D +6,1°.
Es ist zweifelhaft, ob diese Kohlenwasserstoffe überhaupt
zu den Sesquiterpenen gehören.
Sesquicatnphen.
C 16 H 24 . Mol.-Gew. 204.
Dieses Sesquiterpen wurde von S emmier und Rosen-
berg 8 ) im Campheröl nachgewiesen. Sdp. 129 bis 133° (8 mm),
d 20 „ 0,9015, a D +3°, n D 1,50058. Es ist bicyclisch, doppelt un-
gesättigt (Mol.-Refr. 66,61, berechnet für C 15 H ä4 C 66,153) und
liefert kein festes Salzsäureanlagerungsprodukt.
Calamen.
C 18 H 2il . Mol.-Gew. 204.
Aus einer Fraktion des Calmusöls vom Sdp. 130 bis 135°
(12 mm) gewannen S emmier und Spornitz 1 ) ein Sesqui-
terpen C 1S H 24 , das sie Calamen nennen, und das nach dem Kochen
über Natrium folgende Eigenschaften hat: Sdp. 123 bis 126°
(10,5 mm), d|£ 0,9224, c D + 5°, n D 1,50572. Ruzicka 5 ) fand für
') Bull. Soc. chim. IL 87 (1882), 303.
ä ) Ebenda III. 2S (1900), 543.
*) Bert. Berichte 46 (1913), 768.
*) Ebenda 46 (1913), 3700.
*) Helvet. chim. acta 5 (1922), 348, 358.
390 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
den Kohlenwasserstoff: Sdp. 127 bis 130° (14 mm), df§° 0,9231,
n^o« 1,5023. Durch Behandlung mit Wasserstoff 1 ) bei Anwesen-
heit von Platinmohr wurden zwei Doppelbindungen gesättigt
unter Bildung von Tetrahydrocalamen, C 15 H 98 , vom Sdp. 123
bis 125° (10 mm); df§° 0,8951; « D ±0°; n D l',48480. Calamen
gibt kein festes Hydrochlorid ; beim Dehydrieren mit Schwefel
erhielten Ruzicka und seine Mitarbeiter 9 ) den Naphthalin-
kohlenwasserstoff Cadalin, womit bewiesen ist, daß Calamen
ein bicyclisches Sesquiterpen der Cadinengruppe ist.
Guajen.
C ls H ä4 . Mol.-Gew. 204.
Durch Abspaltung von Wasser mittels Chlorzink aus dem
Guajol, einem von Schimmel § Co. 3 ) aus Guajakholzöl iso-
lierten Sesquiterpenalkohol , erhielten Wallach und Tuttle 4 )
ein neues Sesquiterpen, das in seinen Eigenschaften mit keinem
der bekannten übereinstimmte.
Sdp. 124 bis 128° (13 mm); d 90 . 0,910; n D 1,50144.
A. G an dur in 8 ) stellte das Sesquiterpen nach der Tschugaeff-
schen Xanthogenatmethode aus Guajol dar und gibt dafür an :
Sdp. 124° (11 mm), dg 0,9133, dfr° 0,8954, [a] D2B . — 66,11°,
n DäS . 1,49468, Mol.-Refr. 66,46.
Gadamer und Amenomiya") erhitzten Guajol, das nach
Semmler und Risse 7 ) ein bicyclischer Alkohol ist, mit Kalium-
bisulfat, und geben für das Guajen an: Sdp. 123 bis 124° (9 mm),
df„- 0,9085, [o] D — 40,35°, n D20 . 1 ,50049, Mol.-Refr. 66,2. — Sdp.
128 bis 130° (12 mm), d^° 0,9115, « D — 16,8°, n D19 . 1,5022 s ).
Das Guajen ist jedenfalls bicyclisch; die von Ruzicka 8 )
vorgenommene Dehydrierung mit Schwefel gab keinen Auf
schluß über das dem Guajen zugrunde liegende Skelett.
») Berl. Berichte 46 (1913), 3700.
a ) Helvet. chim. acta 5 (1922), 348, 358.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1892, 42; April 1893, 33.
*) Liebigs Annalen 279 (1894), 396.
") Berl. Berichte 41 (1908), 4363.
6 ) Arch. der Pharm. 241 <1903), 43.
') Berl. Berichte 46 (1913), 2305.
8 ) Helvet. chim. acta 6 (1923), 861.
Kohlenwasserstoffe. 391
Atractylen.
C 16 H a4 . Mol.-Gew. 204.
Dieses in ätherischen Ölen noch nicht aufgefundene Sesqui-
terpen erhielten Gadamer und Amenomiya 1 ) durch Einwir-
kung von wasserentziehenden Mitteln auf den Sesquiterpen-
alkohol Atractylol. Sdp. 125 bis 126° (10 mm); d ia „ 0,9154;
n D20 . 1,50893. — Sdp. 108 bis 109' (3 mm); dff 0,9189; [a]^.
+ 78,35°; n n 1,51 795 3 ).
Durch Abspaltung von Salzsäure mittels Anilin aus dem
aus Atractylol dargestellten flüssigen Dichlorhydrat entsteht
ein vom Atractylen verschiedener Kohlenwasserstoff.
Durch katalytische Reduktion von Atractylen gewann
Takagi 2 ) Tetrahydroatractylen, eine schwach, aber angenehm
riechende Flüssigkeit von fast denselben Eigenschaften wie
Tetrahydromachilen (s. Machilen). Sdp. 129 bis 130° (10 mm);
d»; 0,9030; [*]„„. + 36,99°; n Dtl . 1,49589.
Machilen.
C 15 H S4 . Mol.-Gew. 204.
Aus Machilol, einem bicyclischen, tertiären Sesquiterpen-
alkohol, den er aus dem Öl von Machilus r\usanoi Hayata
gewonnen hatte, erhielt Takagi 2 ) beim Erhitzen mit Ameisen-
säure Machilen, C 15 H 24 . Sdp. 120° (3 mm); dfSr'0,9109; [c] D „ 3 o
+ 58,73°.
Durch Reduktion des Machilols mit Wasserstoff und Platin
wurde Tetrahydromachilen (s. Atractylen) erhalten.
Machilen ist nicht einheitlich, sondern wahrscheinlich ein
Gemisch von zwei Isomeren.
Sesquiterpen aus dem Öl von Origanum vulgare.
Angelescu 3 ) gewann aus der höchstsiedenden Fraktion
des Öls von Origanum vulgare durch Destillation über metal-
*) Arch. der Pharm. 341 (1903), 33.
a ) Journ. pharm. Soc. Japan 1921, Nr. 473 (IL Mitteilung); Bericht von
Schimmel § Co. 1922, 45.
*) Gazz. chim. ital. 52 (1922), II. 157; Bericht von Schimmel $ Co. 192S, 56.
392 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
lischem Natrium ein zwischen 245 und 250° siedendes, bicyc-
Hsches Sesquiterpen in einer Ausbeute von 12,5% mit den
Konstanten: d*^ 0,91 12, n Dls . 1,49833, Mol.-Refr. 66,15.
Zu den bicyclischen Sesquiterpenen sind noch folgende zu
rechnen :
Sesquiterpen I aus Baumwollkrautöl 1 ). Sdp. zwischen
250 und 260°; d 16 . 0,9109; n mo . 1 ,4978.
Sesquiterpen aus dem Öl von Cymbopogon caes/us
(Inchigrasöl) a ). dfr' 0,9064 ; a D80 „ — 12°; n D80 . 1 ,5005 ; flüssiges
Dibromid und flüssiges Monohydrobromid.
Sesquiterpen aus Maticoöl 8 ). Sdp. 138 bis 139° (17 mm);
d 0,914; n DS1 . 1,512537; Mol.-Refr. 66,52.
d) Tricyclische Sesquiterpene.
a-Santalen.
C^H^. Mol.-Gew. 204.
Im ostindischen Sandelholzöl kommen neben den beiden
Santalolen auch zwei, von Guerbet 4 ) <x- und /S-Santalen (siehe
Seite 388) benannte Sesquiterpene vor.
Die Eigenschaften des a-Santalens sind:
Sdp. 252 bis 252,5° (unkorr.), 253 bis 254° (korr.), d . 0,9134,
ß D — 13,98° (Guerbet).— Sdp. 118 bis 120° (9 mm), d s0 , 0,8984,
ajj— 15°, n E 1,491 (Sem ml er) ).— Sdp. 1 18° (7 mm), 252° (753 mm),
d 15 . 0,9132, a D — 3°34', n D18 „ 1 ,49205, Mol.-Refr. 64,87, berechnet
für C 15 H 24 /= 64,45 (Schimmel 8j Co.) 8 ).
or-Santalen verbindet sich mit Salzsäure zu einem flüssigen
Chlorid; mit Nitrosylchlorid entsteht ein Nitrosochlorid vom
Smp. 122°, dessen Nitrolpiperidin bei 108 bis 109° schmilzt.
*) Power u. Chesnut, Journ. Americ. ehem. Soc. 47 (1925), 1751.
a ) Moudgill, Chem. Zentralbl. 1926, I. 515.
") Thoms, Arch. der Pharm. 247 (1909), 591.
*) Compt rend. 130 (1900), 417, 1324; Bull. Soc. chim. III. 23 (1900),
217 u. 540.
5 ) Berl. Berichte 40 (1907), 3321.
«) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1910, 107.
Kohlenwasserstoffe. 393
Die Wallachsche Methode der Nitrosochloriddarstellung
ist in diesem Falle ungeeignet. Gute Ausbeuten erhielten
Schimmel 8j Co. x ) dagegen bei Benutzung des von Ehe-
städt 2 ) angegebenen Verfahrens. Das erhaltene Nitrosochlorid
schmolz bei 112 bis 117°. Beim Hydratisieren von «-Santalen
entsteht ein nach Cedernholz riechender, tertiärer Alkohol
C 15 H 28 ] ). Durch Oxydation des Santalens mit Ozon erhielt
Semmler das auch bei der Oxydation des a-Santalols ent-
stehende bicyclische Ek-
santalal vom Sdp. 1 12 bis J>l B
116° (9 mm), d 90O l,00, a D CH 2 - ^
+ ca. 4°, n D 1,4872.
a- Santalen ist nach N >C=CH
Semmler tricyclisch, ein- a
fach ungesättigt; es liefert
beim Dehydrieren keinen Naphthalinkohlenwasserstoff (Ru-
zicka) 8 ). Ihm kommt obenstehende Konstitutionsformel zu.
Cedren.
C 1S H 24 . Mol.-Gew. 204.
Das aus Cedernholzöl durch fraktionierte Destillation in
einer Ausbeute von 60 bis 70 % zu gewinnende Sesquiterpen
Cedren hat folgende Eigenschaften 4 ): Sdp. 262 bis 264°, Sdp.
123 bis 126° (12 mm), d 1B „ 0,935 bis 0,938, « D —47° bis —61°,
n D 1,501 bis 1,502.
Bei dem aus Cedrol durch Wasserabspaltung erhaltenen
Cedren wurden folgende Werte festgestellt 5 ): Sdp. 262 bis 264°,
Sdp. 116 bis 117° (10 mm), d ls . 0,9366, d äoo 0,9342 bis 0,9345,
« D —80° bis —86°, n D20 o 1,49798 bis 1,49817.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1910, 107.
») Siehe Seite 350.
«) Helvet. chim. acta 5 (1922), 928; 6 (1923), 854.
J ) Rousset, Bull. Soc. chim. III. 17 (1897), 485. — v. Soden u. Ro-
jahn, Berl. Berichte 37 (1904), 3353. — Semmler u. Hoffmann, ebenda 40
(1907), 3521. — Semmler u. Risse, ebenda 45 (1912), 355. — Semmler
u. Mayer, ebenda 1384.
°) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1904, 20, und April 1910, 36. —
Semmler u. Spornitz, Berl. Berichte 45 (1912), 1553.
394 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Man war sich lange Zeit darüber im unklaren, ob künst-
liches und natürliches Cedren identisch seien, bis S emmier
und Spornitz durch Vergleichung der beiderseitigen Oxydations-
produkte nachwiesen, daß beide als gleich anzusehen sind, nur
scheint dem natürlichen Cedren noch eine kleine Menge eines
isomeren Sesquiterpens beigemengt zu sein.
Aus dem natürlichen Cedren entsteht nach Semmler und
Hoffmann bei der Oxydation mit Chromsäure in Eisessig-
lösung Cedron, C I6 H 24 0, vom Sdp. 148 bis 151° (11 mm), das
durch Reduktion in einen Alkohol Isocedrol übergeht (Sdp.
148 bis 151° bei 9 mm). Durch Oxydation mit Permanganat in
Acetonlösung erhält man ein Glykol, C, 5 H 2e O ä , vom Smp. 160 01 ),
ein Diketon oder einen Ketoaldehyd, C 16 H 24 2 , dessen Semi-
carbazon bei 234° schmilzt, und eine Cedrenketosäure, C 15 H 2i 3
(Semicarbazon, Smp. 245°; Oxim, Smp. 180 bis 190°).
Bei der Oxydation mit Ozon in Eisessig wurden im wesent-
lichen dieselben Verbindungen gewonnen. Semmler und
Risse erhielten dabei ein Keton C 14 H 24 oder C 14 H 22 (Smp.
des Semicarbazons 218°) und einen Ketoaldehyd C 1B H 24 O a .
Von sauren Oxydationsprodukten wurde eine Säure C l5 H 24 3 ,
die Cedrenketosäure, isoliert, die bei der Oxydation mit
27°/o'ger Salpetersäure die Cedrendicarbonsäure, C 14 H ä2 4
(Smp. 182,5°), liefert. Die Darstellung dieser Säure ist ein
vorzügliches Erkennungsmittel für die Anwesenheit des Cedrens
in ätherischen Ölen.
Beim längeren Erhitzen mit wasserfreier Ameisensäure wird
Cedren zu einem isomeren, ungesättigten Kohlenwasserstoff vom
Sdp. 114 bis 118° (9 mm) umgelagert 2 ).
Die Konstitution des Cedrens, das ein tricyclisches Sesqui-
terpen ist, ist noch unbekannt. Semmler 8 ) nimmt in ihm einen
bicyclischen Ring an, der seinerseits mit einem zweiten Sechs-
ring verbunden ist.
Ruzicka 4 ) erhielt beim Dehydrieren des Cedrens mit
Schwefel keinen Naphthalinkohlenwasserstoff.
*) Nach A. Chiris (Les Parfüms de France 1925, 168) schmilzt das
Glykol in ganz reinem Zustande bei 167,5 bis 168°.
a ) Robertson, Kerr u. Henderson, Journ. ehem. Soc. 127 (1925), 1944.
s ) Berl. Berichte 45 (1912), 358 u. 47 (1914), 2558.
*) Helvet. chim. acta 6 (1923), 854.
Kohlenwasserstoffe. 395
Gurjunen.
C 15 H 24 . Mol.-Gew. 204.
Nach den Untersuchungen von Deußen und Philipp 1 )
enthält Gurjunbalsamöl zwei Sesquiterpene, das a- und ,1-
Gurjunen, und durch Oxydation des Öls entsteht ein durch
ein Semicarbazon charakterisiertes Keton, das Gurjunenketon.
Semmler, Spornitz und Jakubowicz 2 ) haben nun gefunden,
daß Roh -Gurjunen zu etwa 67% aus stark linksdrehendem
Tricyclengurjunen (a-Gurjunen) und zu etwa 33 % aus stark
rechtsdrehendem tricyclischem Gurjunen vom Cedren -Typus
besteht. Um dieses Tricyclogurjunen (/S-Gurjunen) rein darzu-
stellen, wurde das Rohgurjunen in Eisessiglösung mit Chrom-
säure behandelt, wobei die ursprüngliche Linksdrehung (« D — 55°)
in Rechtsdrehung überging. Durch Wiederholung der Oxydation,
zuletzt mit Kaliumpermanganat in Acetonlösung, wurde eine
Fraktion erhalten, die nach der Destillation über Natrium
folgende Eigenschaften besaß: Sdp. 120 bis 123° (13 mm),
d 0,9348, a D +74,5°, n D 1,50275. Es liegt hier das reine rechts-
drehende tricyclische Gurjunen vom Cedren-Typus vor, das die
Autoren Tricyclogurjunen nennen. Bei der Oxydation dieses
Sesquiterpens entstand das von Deußen und Philipp be-
schriebene Gurjunenketon in vorzüglicher Ausbeute. Es gelang
den Autoren, das aus dem Semicarbazon (Smp. 237°) mit Phthal-
säureanhydrid wiedergewonnene Keton in festem Zustande dar-
zustellen: Smp. 43°, Sdp. 163 bis 166° (10 mm), d 20 „ 1,017,
« l( + 123°, n D 1,52700.
Durch fraktionierte Destillation des Rohgurjunens wurde
ein Sesquiterpen erhalten von den Eigenschaften : Sdp. 1 1 4 bis
116° (10 mm), d 20 .0,918, « D — 95°, n D 1,5010. Diese Fraktion
besteht aus ziemlich reinem Tricyclengurjunen (a- Gurjunen).
Später zeigten Ruzicka, Pontalti und Balas 8 ), daß die
Mittelfraktion der aus Gurjunbalsam gewonnenen tricyclischen
Sesquiterpene beim Erhitzen mit Schwefel ein blau gefärbtes,
dehydriertes Produkt (Sdp. 120 bis 150° [12 mm]) lieferten, aus
*) Liebigs Annalen 374 (1910), 105.
s ) Berl. Berichte 47 (1914), 1029, 1141.
*) Helvet. chim. acta 6 (1923), 863.
396 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
dem kein Pikrat gewonnen werden konnte. Demnach lag kein
Naphthalinkohlenwasserstoff vor. — Auch die Dehydrierung eines
nach Deußen und Philipp 1 ) aus dem Chlorhydrat der Gur-
junene regenerierten, bicyclischen Kohlenwasserstoffs lieferte
keinen Naphthalinkohlenwasserstoff.
Sherndal 2 ) hatte angegeben, daß durch Einwirkung von
konzentrierter Schwefelsäure und Essigsäureanhydrid auf Gur-
junen blaue Öle in kleinen Mengen gewonnen werden können.
Als geeignetere und weit bessere Ausbeuten liefernde Methode
für die Darstellung von blauem Öl aus Gurjunen erwies sich nach
Herzenberg und Ruhemann 3 ) die katalytische Dehydrierung
mit einem Nickelkatalysator bei 320° und noch besser bei 400
bis 410°. Aus dem tiefblau gefärbten Katalysat wird reines
Azulen (siehe dieses S. 411) über das farblose Ferrocyanat
und das schwarzblau gefärbte Pikrat vom Smp. 116 bis 117°
erhalten.
Auf diese Weise wiesen diese Autoren auch die Gegenwart
von azulenbildenden Sesquiterpenen vom Gurjunentypus im
Braunkohlen-Generatorteer nach.
Longifolen.
C 1B H., 4 . Mol.-Gew. 204.
Aus der bei 149 bis 155" (36 mm) siedenden Fraktion des
indischen Terpentinöls von Pinus longifolia gewann Simon sen 4 )
durch , öftere Destillation das tricyclische Sesquiterpen
d-Longifolen als farbloses, etwas viskoses Öl mit schwachem,
nicht unangenehmem Geruch und folgenden Eigenschaften:
Sdp. 254 bis 256° (706 mm), 150 bis 151° (36 mm), dfgj 0,9284,
[«]„ + 42,73°, np.ao. 1,495, Mol.-Refr. 64,15. Mit den Halogen-
wasserstoffen lieferte d-Longifolen schön kristallisierende
Derivate; der Schmelzpunkt des Hydrochlorids lag bei 59 bis
60°, der des Hydrobromids bei 69 bis 70° und der des Hydro-
jodids bei 71°.
l ) Liebigs Annalen 869 (1909), 56; 374 (1910), 105.
*) Journ. Americ. ehem. Soc S7 (1915), 1537.
s ) Berl. Berichte 58 (1925), 2249.
4 ) Journ. ehem. Soc. 117 (1920), 570.
Kohlenwasserstoffe.
397
CH
Die höheren Fraktionen des Öles von Pinus I^hasya
enthalten nach Simonsen und
Rau 1 ) ein mit d-Longifolen iden-
tisches Sesquiterpen. ,« Jl " u ;)C^ incn.C>CH
Auf Grund weiterer Unter-
suchungen gibt Simonsen 2 )
dem Longifolen mit Vorbehalt
die nebenstehende Formel.
CH,\
HC
CH 8
C-CH.CH 2
C 1 S H 2 4
Copaen.
Mol.-Gew. 204.
Im afrikanischen Copaivabalsamöl hatten Schimmel 2{ Co. 3 )
ein linksdrehendes Sesquiterpen gefunden, dessen Eigenschaften
von denen des Cadinens stark abwichen, das aber beim Ein-
leiten von gasförmigem Chlorwasserstoff in seine ätherische
Lösung Cadinendichlorhydrat lieferte. Zum Vergleich seien die
Konstanten beider nebeneinander gestellt.
^ .^ Sdp. dmo [«] D n Da oo Mol.-Refr.
Weues Sesquiterpen
(Copaen) 246 bis 251° 0,9077 — 13° 21' 1,48943, 64,97
Cadinen 271 „ 273° 0,9215 — 105°30' 1,50647, 66,02
Der neue Kohlenwasserstoff wurde von Sem ml er und
Stenzel 4 ) näher untersucht und Copaen genannt. Durch
Reduktion mit Platin und Wasserstoff in absolut ätherischer
Lösung bildete es Dihydrocopaen, C ls H, fl (Sdp. 118 bis 121° bei
12 mm); die Oxydation mit Ozon führte zu Copaenketosäure.
Sie hat die Zusammensetzung C ls H 24 O a und bildet einen Methyl-
ester vom Sdp. 182 bis 185° (14 mm). Auch durch Oxydation
mit Kaliumpermanganat in wässerigem Aceton liefert das Copaen
Copaenketosäure. Ihr Semicarbazon schmilzt bei 221°. Die
Oxydation der Copaenketosäure mit alkalischer Bromlösung
führte zu einer Dicarbonsäure C ia H 18 O it der Copaendicarbonsäure.
Copaen ist ein tricyclisches Sesquiterpen mit einer Doppel-
bindung, das durch Salzsäureanlagerung leicht in das bicyclische
l ) Journ. Soc. ehem. Ind. 42 (1923), A.29.
a ) Journ. ehem. Soc. 128 (1923), 2642.
s ) Bericht von Schimmel k Co. April 1914, 44.
*) Berl. Berichte 47 (1914), 2555.
398 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Cadinen, dem ein hydrierter Naphthalinkern zugrunde liegt, über-
geht. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß sich auch das Copaen
auf den Naphthalintypus zurückführen läßt.
Cloven.
C 16 H a4 . Mol.-Gew. 204.
Durch Wasserabspaltung mittels Chlorzink oder Phosphor-
pentoxyd erhielt Wallach 1 ) aus dem aus Caryophyllen durch
Hydratisierung dargestellten Caryophyllenalkohol das in äthe-
rischen Ölen bisher noch nicht aufgefundene Cloven.
Sdp. 261 bis 263°; d 18 . 0,930; n D18 , 1 ,50066 ; Mol.-Refr. 64,77.
Durch Hydratisierung geht Cloven nicht wieder in Caryo-
phyllenhydrat über. Um es nachzuweisen, ist man daher auf den
Vergleich der physikalisch enKonstanten angewiesen. Genvresse 2 )
erhielt durch Einwirkung von Paraformaldehyd auf Cloven einen
Alkohol C 16 H 2S CH s 0H (Sdp. 170° [12 mm]; d . 1,001; a B — 7°40'
[in einer 6,03 °/o igen Chloroformlösung]; n D 1,508), der zur
Charakterisierung auch nicht geeignet sein dürfte.
Heerabolen.
C 16 H a4 . Mol.-Gew. 204.
Ein wahrscheinlich tricyclisches Sesquiterpen ist von
O. v. Friedrichs 3 ) im HeerabolmyrrhenÖl aufgefunden und
von ihm Heerabolen genannt worden. Sdp. 130 bis 136°
(16 mm); d 20 „ 0,943; a D — 14° 12'; n D20 . 1,5125; Mol.-Refr. 64,98.
Ein gut charakterisiertes Bromid konnte ebensowenig wie ein
festes Nitrosochlorid oder Nitrosat erhalten werden, mit Salzsäure
entstand dagegen ein bei 98 bis 99° schmelzendes Dihydrochlorid.
Zu den tricyclischen Sesquiterpenen sind noch zu rechnen:
Ein Kohlenwasserstoff C 16 H 24 aus dem Terpentinöl von
P/nus Thunbergii mit den Eigenschaften: Sdp. 105 bis 106°
(2 mm), d ia . 0,9370, a r + 43,5°, n D 1,5055*).
l ) Liebigs Annalen 271 (1892), 292.
a ) Compt. rend. 138 (1904), 1228.
3 ) Arch. der Pharm. 245 (1907), 208.
4 ) Shinosaki, Journ. ehem. Ind. Tokyo 21 (1918), 763; 22 (1919), 451;
Journ. Soc. ehem. Jndustry 38 (1919), A21; A877.
Kohlenwasserstoffe. 399
Ein Sesquiterpen (Sdp. 92 bis 93° [2,5 mm]; d lfi . ftWÖÄ
[«] D + 47,31° [in Äther]; n D20 „ 1,5031), das aus chinesiscnem
Terpentinöl erhalten worden war, und das ein in Nadeln kristal-
lisierendes Monohydrochlorid vom Smp. 58 bis 59° gab l ).
Ein Sesquiterpen (Sdp. zwischen 260 und 280°; d 16 . 0,9276,
[«] D - 12,5°; n D30 . 1,4981), das in den flüchtigen Bestandteilen
der Baumwollpflanze enthalten ist 2 ).
e) Sesquiterpene unbekannter Konstitution.
Sesquiterpen aus Kadeöl.
Im Kadeöl kommt neben Cadinen nach Tröger und Feld-
mann 3 ) ein zweites, inaktives Sesquiterpen vom Sdp. 250 bis
260° vor. N. Lepeschkin*) erhielt bei der Behandlung des Kade-
öls mit Salzsäure neben Cadinendichlorhydrat ein flüssiges Chlorid
und gibt für das daraus gewonnene Sesquiterpen an: Sdp. 262 bis
266° (760 mm), 135 bis 140° (20 mm), d^ 0,9204, n D20 „ 1,5159.
Kristallisierte Derivate sind nicht erhalten worden. Erhitzen
mit Jodwasserstoff auf 200° führte nach Lepeschkin zu einem
vielleicht mit Humulen B ) identischen Sesquiterpen (Sdp. 250 bis
258°; d^; 0,8946; n D20 „ 1,4972), welches aber nach Schindel-
meiser 6 ) ein Gemisch von Tetrahydrocadinen, Cadinen und
einem neuen, optisch inaktiven Sesquiterpen sein soll. Nach
Ansicht von Schindelmeiser enthält das Sesquiterpen Lepesch-
kin s noch Cadinen, und ersterer gibt für das reine Sesquiterpen
folgende Konstanten an: Sdp. 263 bis 265°, d., , 0,908, a v + 0°,
n D 1,5006.
Henderson und Robertson 7 ) stellten aus Kadeöl ein
Sesquiterpen (Sdp.l24bis 128° [12mm]; d 1 // 0,9182; [a] Hg — 21,9°;
1*020° * »51 6 6) dar, das Kaliumpermanganatlösung in der Kälte rasch
entfärbte.
*) Shinosaki u. Ono, Journ. ehem. Ind. Tokyo 23 (1920), 45, Chem.
Abstracts 14 (1920), 2928.
a ) Power u. Chesnut, Journ. Americ. chem. Soc. 47 (1925), 1751.
*) Arch. der Pharm. 236 (1898), 692.
*) Journ. russ. phys.-chem. Ges. 40 (1908), 126; Chem. Zentralbl. 1908, 1. 2040.
8 ) Humulen besteht hauptsächlich aus «-Caryophyllen.
«) Journ. russ. physichem. Ges. 40 (1908), 181; Chem. Zentralbl. 1908, IL 598.
') Journ. chem. Soc. 125 (1924), 1992,
400 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Sesquiterpen im Öl aus der Rinde von Ocotea usambarensis.
Das in diesem Öle vorkommende Sesquiterpen hat nach
Schmidt u. Weilinger 1 ) folgende Eigenschaften: Sdp. 136 bis
142° (12mm), d ao .0,915, a D + 7°46', n D 1,505. Durch Einwirkung
von Salzsäure entsteht ein Dichlorhydrat (Smp. 116 bis 117°),
das mit Cadinendichlorhydrat nicht identisch ist.
Caparrapen.
Caparrapen ist ein von Tapia 2 ) aus dem Caparrapiol,
einem im ätherischen Öl des Caparrapibalsams vorkommenden
Sesquiterpenalkohol, durch Wasserabspaltung erhaltenes Sesqui-
terpen. Der Kohlenwasserstoff ist eine farblose Flüssigkeit, die
sich am Licht rasch gelb färbt. Als Konstanten werden angegeben:
Sdp. 240 bis 250°, d 1B „0,9019, [a] D — 2,21°, n 1,4953. Durch Ein-
leiten von Salzsäure in die Eisessiglösung des Sesquiterpens
entsteht ein aktives Dichlorhydrat vom Smp. 83°.
Heveen.
Dieses Sesquiterpen entsteht neben Isopren und Dipenten
bei der trocknen Destillation von Kautschuk oder Guttapercha 8 ).
So liefern 5 Kilo Parakautschuk 4 ) ungefähr 250 gr. Isopren,
2000 gr. Dipenten und 600 gr. Heveen *). In geringer Menge
bilden sich dabei noch Polyterpene. Bouchardat gibt den
Siedepunkt zu 255 bis 265° an. Mit Salzsäure soll ein leicht
zersetzliches Monochlorid C 18 H a4 HCl entstehen.
Aromadendren.
Aromadendren nennen Baker und Smith 6 ) ein Sesqui-
terpen, das sie in zahlreichen Ölen von Eucalyptus- Arten auf-
») Berl. Berichte 89 (1906), 652.
s ) Bull. Soc. chim. III. 19 (1898), 638.
3 ) Williams, Jahresber. d. Chem. 1860, 495 ; vgl. auch Beilstein, Hand-
buch d. organ. Chem. 3. Aufl. Bd. 3, S. 538.
*) G. Bouchardat, Bull. Soc. chim. 11.24(1875), 108. Vgl. A. Bouchardat,
Liebigs Annalen 27 (1838), 30; Himly, ebenda 27 (1838), 40.
6 ) Der Name Heveen wurde dem Kohlenwasserstoff von Bouchardat
nach der Kautschuk liefernden Hevea guianensis gegeben.
*) Journ. and Proceed. Roy. Soc. of N.S.W. 86 (1901), 124; Bericht von
Schimmel § Co. Oktober 1902, 31.
Kohlenwasserstoffe
401
gefunden haben, das aber auch in den Ölen verschiedener
Leptospermum-Arten, im Angophora-Öl und wahrscheinlich auch
im Terpentinöl von Pinus Lambertiana vorkommt.
Als Eigenschaften werden angegeben: Sdp. 260 bis 265!,
123 bis 126° (10 mm), d ia . 0,910, d 19 , 0,9249, « D — 6,2°, n D 1,4967
bis 1,5063.
Feste Derivate sind nicht erhalten worden. Der Nachweis
in den genannten Ölen wurde nur durch Vergleichung der Kon-
stanten und durch folgende Farbreaktion geführt Löst man zwei
Tropfen Aromadendren in 2 bis 3 ccm Eisessig und gießt Brom-
dämpfe in das Reagenzglas, so färbt sich die Lösung beim
Schütteln carmoisinrot, die Farbe geht bald in violett und schließ-
lich in indigoblau über.
Die Stellung des Aromadendrens im System der Sesqui-
terpene muß noch festgestellt werden.
In der nachfolgenden Tabelle sind ätherische Öle aufgeführt,
in denen Sesquiterpene gefunden wurden, die mit keinem der
bekannten identifiziert werden konnten. In vielen Fällen ist aber
auch nur aus dem Siedepunkt und anderen physikalischen Eigen-
schaften auf die Gegenwart von Sesquiterpenen geschlossen
worden, ohne daß ein Beweis für eine solche Annahme vorläge.
Sesquiterpen 1 )
aus
Ageratumöl
Amomfs jamaJcensis
Amorpha fruticosa . .
Blätteröl
Angelicawurzelöl . . .
Angosturarindenöl . .
(Galipen)
Aralia nudicaulis,
Rhizom (Aralien) . .
Sdp.
diso
260°
-
245 bis 290°
0,932
250 bis 260°
0,916
240 bis 270°
255 bis 260°
0,912
(19°)
260 bis 270°
0,9086
(20°)
»D
n D
—
1,50652
+ 0°
1,50513
7 bis —8°
1,49936
Bemerkungen
Mit HCl leicht
zersetzliche, flüssige
Produkte.
4 Die Literaturnachweise finden sich in den späteren Bänden bei der
Beschreibung der ätherischen Öle.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 26
402
Hauptbestandl
eile der
ätherischen (
Di e.
Sesquiterpen 1 )
aus
Sdp.
djj°
*r>
"d
Bemerkungen
Baiaobalsamöl ....
261 bis 262,4°
0,9104
+ 116,4°
1,4956
(30°)
160 bis 165°
(50 mm)
—
-9,2°
Boldoblätteröl
265 bis 275°
—
— 7°
-
Borneocampheröl . . ■
256 bis 260°
102°
(4 bis 5 mm)
0,92
— 137° 12'
1,50111
255 bis 257°
178 bis 181°
(100 mm)
0,911
(20°)
[«] D +23,49°
«
260 bis 265°
185 bis 190°
(100 mm)
0,924
(20°)
[«1+7,36°
■
Cedernöl, Himalaya .
262 bis 265°
0,9276
+ 14° 36"
1,5170
151 bis 153°
(15°)
(20°)
(19 mm)
Citronellöl, Ceylon . .
272 bis 275°
0,912
+ 5° 50'
—
(Schweres Sesqui-
170 bis 172°
terpen)
(16 mm)
264°
(Conimen)
266 bis 268°
0,9335
Md + 15,19°
1,5041
Mit HCl flüssige
262 bis 263°
-
links
—
Cupressus torulosa .
195 bis 200°
0,9162
Hd*o-15,9
1,507
(100 mm)
(30°)
(30°)
Dacrydiutn cupressi-
num
152 bis 157°
(40 mm)
Wd + 17,81°
Eucalyptus gJobulus
—
__
—
Btcychsch, Cadinen-
Fagara xan thoxyloides
170 bis 180°
(14 mm)
0,9214
(14°)
r«] D +4°i6'
—
typus.
240 bis 310°
—
—
—
Addiert 1 Mol. HCl.
Finn. Fichtenharz*) . .
—
—
—
—
Dihydrochlond,
Smp. 85 bis 86°.
') Die Literaturnachweise finden sic"h in den späteren Bänden bei der
Beschreibung der ätherischen Öle.
s ) As chan, Chem. Zentraibl. 1918, I. 284.
Kohl enwas serstoff e.
403
Sesquiterpen 1 )
aus
Sdp.
d uo
°D
"d
Bemerkungen
230 bis 240°
0,932
(20°)
— 27,12'
1,4922
Dihydrochlorid,
Smp. 51°.
. II
138 bis 140°
(12bisl5mm)
—
—
—
Addiert 4 Br, keine
HCI-VerbindtiHg.
, „ HI
Hamamelis virginiana
259 bis 260°
0,8970
+ 14,88°
1,4916
Diüydro Chlorid,
Smp. 118°, aber kein
Cadinendinydro-
chlorid.
Hanföl (Cannaben) . .
256 bis 258°
0,9298
(0°)
[«1,-10,81°
—
Festes Hydrochlorid.
Hanfharzöl
258 bis 260°
0,898
(18°)
[«] D -8,6°
-
Kessowurzelöl
260 bis 280°
—
-
Lantana camara I . .
127°(Hmm)
0,8961
(Sr)
[«Wo +16,1°
Nitrosit, Smp. 136°.
„ H - -
253 bis 255°
0,8984
[«]d»o-2°6'
1,4945
(30°)
Lavendelöl
1 30 J (15 mm)
—
—
Leptospermum Liver-
0,9024
—
1,5052
Libocedrus decurrens
(Librocedren)
260 bis 280°
0,9292
(20°)
+ 6,4°
1,4994
Hydrochlond,
Smp. 132 bis 133°.
Linaloeöl, mexicanisch
130 bis 140 J
(10 mm)
~
' ""
Addiert 4 Br
Lorbeerbeerenöl . . .
gegen 250°
0,925
— 7,227°
Maticoöl von Piper
acutifolium var.
subverbascifo/ium .
0,916
(20°)
10° 50'
1,50542
Meisterwurzöl
Meialeuca. pauciflora
260 bis 270°
0,9364
+ 8,5°
1,5004
Dihydrochlorid,
Smp. 157 bis 157,5=.
Melaleuca trichosta-
chya (?)
_
0,934
-
1,4985
Moaodora. grandiflora
260 bis 270°
0,9138
+ 24°
1,50513
151 bis 154°
(15 mm)
0,911
(21°)
+ 30,4°
J ) Die Literaturnachweise finden sich in .den späteren Bänden bei der
Beschreibung der ätherischen Öle,
26*
404
Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Sesquiterpen 1 )
aus
Sdp.
diso
"D
n D
Bemerkungen
Nardastachys Jata-
mansi (?)
250 bis 254°
0,932
Nepeta cataria ....
245 bis 255°
0,912
(23°)
- 10,61°
1,494
Ocotea usambarensis
136 bis 142°
(12 mm)
0,915
(20°)
+ 7°46'
1,505
Dihydnnhlorid,
Smp. 116 bis 117°
Pappelknospenöl . . .
Parthenium argen-
121 bis 122°
(8 mm)
130 bis 140°
(17 mm)
0,9135
0,9349
05°)
+ 21,22°
M» -21 ° 24'
1,504
1,496
Chlorhydrat, Smp.
87°, Bromhydrat,
Smp. 117°.
Patchouliöl I
264 bis 265°
0,9335
-58° 45'
II
273 bis 274°
0,930
+ 0°45'
-
Pfttosporum undu-
263 bis 274°
0,910
±0°
1,5030
264 bis 270°
0,9072
(24°)
+ 3°14'
Sandarakharzöl ....
260 bis 280°
0,9386
--
1,5215
Sulfitterpentinöl. . . .
136 bis 138°
(9 mm)
—
—
Addiert 2 ßr.
Taxodium distichum
(Cypressen)
218 bis 220°
(35 mm)
0,9647
(18°)
[«] D + 6°53'
1,5240
Addiert 2 Br.
Terpentinöl, finnisches
Verbenaöl, spanisch .
260 bis 263°
256 bis 264°
0,9187
(20°)
0,9121
— 14° 42'
1,49431
Dihydrochlond,
Smp. 117 bis 118°.
Copaen?
Vetiveröl (Vetiven I) .
123 bis 130°
(16 mm)
0,9355
(20°)
+ 2° 16'
1,51126
(Vetiven II) .
137 bis 140°
(16 mm)
0,9321
(20°)
-10°12'
1,51896
Wacholderrindenöl . .
(Junipen)
256,5 bis 257°
(767 mm)
0,9401
(20°)
Wn +41,05°
1,50289
Hydrochlorid,
Smp 58,5°.
Wintersrindenöl . . .
(Winteren)
260 bis 270°
0,9344
(13°)
+ 11,2°
-
Flüssiges Hydro-
chlorid.
Zittwersamenöl ....
255°
0,9170
—
l ) Die Literaturnachweise finden sich in den späteren Bänden bei der
Beschreibung der ätherischen Öle.
Kohlenwasserstoffe.
405
Von künstlich dargestellten Sesquiterpenen, die mit keinem der
näher charakterisierten identisch sind, sind folgende zu nennen:
Sesquiterpen
Sdp.
aus
dii-,0
«D
"d
Bemerkungen
Cary ophyl lendichl or-
hydrat vom Smp. 69
bis 70 01 )
—
0,9191
(20°)
- 35,39°
1,49801
| Das Sesquiterpen soll
1 Ähnliche Konstanten be-
| sitzen' wie das neben Ca-
Cu beben camph er s ) . .
- .-
Sesquiterpenalkohol v.
1 dinen Im CnbebenGl vor'
^ommendeSesquiterpen.
Eucalyptus globulus 3 )
I Sesquiterpen
102 bis 103°
0,8956
55°48°
1,49287
(6 mm)
(15°)
(20°)
247 bis 248°
(748 mm)
II Sesquiterpen
265,5 bis 266°
0,9236
-1-58° 40'
1,50602
(750 mm)
(15°)
(20°)
Gonystylol*)
137 bis 139°
(17 mm)
0,9183
(17°)
+ 40'
Mol.-Rcfr gcf. 66,7.
«-Hederagenin 8 ) . . . .
245 bis 255"
—
1,5303
(Efeu-Glucosid)
Ltdumcampher") . . .
264°
0,9349
_
(Ledol)
(752 mm)
(0°)
0,9237
<19 J )
Maalialkohol 7 )
270,8 bis 271"
0,9190
Hd+131,99 8
1,52252
Mol -Refr gcf. 67,08.
(754 mm)
(15")
(20")
Patchoulialkohol") . .
255 bis 256"
0,9334
(15")
36" 52'
*) Schreiner u. Kremers, The Sesquiterpenes, Milwaukee 1904, S. 108.
2 ) E. Schmidt, Berl. Berichte 10 (1877), 188.
s ) Bericht von Schimmel § Co. April 1904, 46.
4 ) Eyken, Recueil des trav. chim. des P. B. 25 (1906), 44; Chem.
Zentralbl. 1906, I. 842.
fi ) van der Haar, Aren, der Pharm. 250 (1912), 434.
e ) Rizza, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 1887, 319; Bert. Berichte 20
(1887), Ref. 562.
7 ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1908, 80.
8 ) Ebenda April 1905, 75.
406 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Weder durch physikalische Konstanten noch durch Derivate
gekennzeichnete Sesquiterpene sind in folgenden ätherischen
Ölen gefunden oder vielleicht auch nur vermutet worden.
Öl von Alpinia nutans, Amorpha fruticosa, Angophoraöl,
Öl von Backhousia myrtifolia, ßarosma venusta, Basilicumöl,
Öl von Blumea balsamifera, Braunkohlenteeröl 1 ), Öl von Boronia
citriodora, B. pinnata, B. thujona, Cajeputöl, Öl von CaJHtris
robusta, C verrucosa, Daphnandra aromatica, Doryphora
Sassafras, Edeltannennadelöl, Öl von Elionurus tripsacoides,
Eucalyptus acervula und vielen anderen Eucalyptus- Arten,
Fenchelöl, Hemlocktannennadelöl, Öl von /(aempfer/a Ethelae,
Leptospermum scoparium, Lorbeerblätteröl, Öl von Melaleuca
er/c/fol/a und anderen Me/a/euca-Arten, Quendelöl, Schafgarbenöl,
Öl von Stenocalyx Pitanga, franz. Terpentinöl und Terpentinöl
von Picea exce/sa.
E. Diterpene.
Während Abkömmlinge der Diterpene, C 20 H 8a , nämlich die
Fichtenharzsäuren 9 ), die als Diterpencarbonsäuren aufzufassen
sind, als natürliche Pflanzenbestandteile in großen Mengen vor-
kommen, finden sich Diterpene nur selten in ätherischen Ölen
vor, und es sind von ihnen nur ganz wenige Vertreter genauer
untersucht worden. Ziemlich groß ist hingegen die Anzahl der
synthetischen Diterpene, die durch Polymerisation aus Terpenen
oder Terpenderivaten, meist mit stark wirkenden sauren Mitteln
oder durch Hitze erhalten worden sind. 3 )
Um die Mannigfaltigkeit der Entstehung von Diterpenen zu
zeigen, seien einige der dabei angewandten Verfahren aufgeführt:
Durch Erhitzen von Myrcen auf 300° entsteht nach Harries 4 )
*) Herzenberg u. Ruhemann, Berl. Berichte &8 (1925), 2249.
2 ) Nach Ruzicka (Helvet. chim. acta 5 [1922], 317) ist Abietinsäure ein
Derivat des Diterpens Trimethyl-isopropyl-dekahydro-phenanthren, C S oH 3 s.
s ) Eine geschichtliche Übersicht über die älteren Arbeiten geben mit
zahlreichen Literaturangaben Kondakow u. Saprikin in Bull. Soc. chim.
IV. 37 (1925), 918.
*) Berl. Berichte 35 (1902), 3264-.
Kohlenwasserstoffe. 407
sowie nach Semmler und Jonas 1 ) Dimyrcen (Nitrosit; Tetra-
chlorhydrat, Smp. 129 bis 130°). Kondakow und Saprikin 6 )
stellten das schon durch frühere Untersuchungen bekannte Ko-
lophen her, indem sie Terpentinöl oder Pinen mit Schwefelsäure
oder Eisessig-Schwefelsäure behandelten oder Pinen mit Limonen-
hydrochlorid oder Terpineol erhitzten. Frankf orter 8 ) erhielt
Dipinen, als er aus Pinendijodid Jod durch Sonnenlichtbestrahlung
abspaltete. Ein Diterpen bildete sich, wie Aschan*) zeigte, beim
Behandeln von /5-Pinen oder Camphen mit Diäthyloxoniumsulfat.
Losanitsch 9 ) gewann mit Hilfe der Elektrosynthese bei der
stillen elektrischen Entladung aus Pinen, Camphen und Limonen
di- und polymolekulare Kondensationsprodukte. Roberts 8 ) er-
hielt ein Diterpen, als er die alkoholische Lösung von Dipenten-
dihydrochlorid oder -bromid mit molekularem Silber oder Kupfer
schüttelte. Auch bei längerem Schütteln von a-Phellandren,
Limonen, Pinen oder Cineol mit sirupöser Phosphorsäure ent-
stehen nach Carter, Smith und Read') 40 bis 75% Diterpene.
Die Diterpene sind dicke, zähe, mit Wasserdämpfen schwer
flüchtige Flüssigkeiten, die bei Luftdruck über 300° sieden; d 20 „
meist von 0,92 bis 0,95 schwankend. Die künstlich erhaltenen
fluoreszieren und schmecken bitter. Die Konstitution der synthe-
tischen ist von der der natürlichen Diterpene verschieden. Erstere
kann man auffassen als Substitutionsprodukte eines Terpens (zwei
Terpenmoleküle sind nur an einer Stelle verbunden). Bei den
natürlichen Diterpenen sind die Sechsringe an mindestens zwei
benachbarten Atomen miteinander verschmolzen, sie gehören
somit zu den hydrierten Naphthalin- oder Phenanthrenderivaten"').
Wohldefinierte Derivate sind aus synthetischen Diterpenen
nicht erhalten worden, mit Ausnahme des bei 129 bis 130°
schmelzenden Tetrachlorhydrats, das Semmler und Jonas aus
Dimyrcen (siehe unter Camphoren, S. 408) gewinnen konnten.
*) Berl. Berichte 46 (1913), 1566.
s ) Bull. Soc. chim. IV. 37 (1925), 1045.
8 ) Americ. Journ. Pharm. 85 (1913), 53.
*) Meddelanden frän K. Vetenskapsakademiens Nobelinstitut 5 (1919),
Nr. 8; Bericht von Schimmel § Co. 1919, 130.
») Chem. Zentralbl. 1914, II. 612.
6 ) Journ. ehem. Soc. 127 (1925), 2421.
') Journ. Soc. chem. Ind. 44 (1925), T.543.
*) Kondakow u. Saprikin loa cit.
408 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Camphoren.
C ao H S3 . Mol.-Gew. 272.
Die höchstsiedenden Anteile des Campheröls enthalten eine
Kohlenwasserstofffraktion, aus der durch Einleiten von Salzsäure-
gas in ätherischer Lösung ein Tetrahydrochlorid (Smp. 129 bis
131°) entstand. Der aus dem Hydrochlorid wiedergewonnene
Kohlenwasserstoff zeigte folgende Daten: Sdp. 177 bis 178°
(6 mm), d 20 . 0,8870, « D + 0°, n D 1,50339. Durch die Verbrennung
wurde die Zusammensetzung C 20 H 8a ermittelt; auch der für die
Mol.-Refr. gefundene Wert (90,6) stimmte auf die Formel C 20 H 32 f~
(90,48). Es liegt hier also ein monocyclisches Diterpen vor, das
Semmler und Rosenberg 1 ) «-Camphoren genannt haben.
Das regenerierte a-Camphoren bildet wiederum ein Hydrochlorid
vom Smp. 129 bis 131°.
Neben c-Camphoren enthalten die höchstsiedenden Campher-
Ölanteile noch ein zweites Diterpen, das ß- Camphoren. Sdp.
170 bis 180° (7 mm), d so . 0,930, [«] D ±0°; Mol.-Refr. 88,61, ber. f.
C 20 H 8ä f% 88,77. Das Hydrochlorid dieses Diterpens bleibt flüssig.
«-Camphoren läßt sich leicht synthetisch aufbauen. Semmler
und Jonas 2 ) erhitzten Myrcen 4 Stunden lang im Einschmelz-
röhr auf 250 bis 260° und erhielten dabei
s\* in einer Ausbeute von 50% eine Fraktion
H a C CH vom Sdp. 175 bis 195° (8 mm), aus der ein
C cV CH * festes Chlorwasserstoffanlagerungsprodukt
/V CH ° (Smp. 129 bis 130°) erhalten wurde. Der
H *9 *f H synthetische Kohlenwasserstoff ist mit
HjC. CH„ C /CH 3 «-Camphoren identisch. Das aus dem
HC CH CH * Hydrochlorid wiedergewonnene Diterpen
1 I H zeigt dieselben Konstanten wie das natür-
J^\y 2 liehe a-Camphoren und liefert wiederum das
CH 3 CH* Tetrahydrochlorid vom Smp. 129 bis 130°.
«-Camphoren Die von Ruzicka und Stoll 3 ) zur Auf-
toii). kiärung der Konstitution unternommenen
Untersuchungen führten zum Ziele. Aus den Oxydationsprodukten
des Octahydro-a-Camphorens ging hervor, daß «-Camphoren" ein
l ) Berl. Berichte 46 (1913), 768.
*) Ebenda 1566.
*) Helvet. chim. acta 7 (1924), 271.
Kohlenwasserstoffe. 409
p-disubstituiertes Hydrobenzolderivat ist. Durch wiederholtes
Kochen des a-Camphorens mit Ameisensäure entstehen zwei
tricyclische Isomere.
Das a-Camphoren hat nach Ruzicka und Stoll die auf
S. 408 stehende Formel, mit der die untersuchten Umsetzungen
sowie die physikalischen Konstanten dieses Diterpens und seiner
Isomerisationsprodukte im Einklang stehen.
Cryptomeren.
C 20 H aä . Mol.-Gew. 272.
Aus den von 180 bis 200° (15 mm) siedenden Fraktionen
des Blätteröles von Cryptomeria japonica isolierte So Uschida 1 )
ein Diterpen C S0 H 82 , das a-Cryptomeren. Smp. 61°; Sdp. 198"
(15 mm); 345° (gew. Druck); [«] D20O — 34,32° (4,69% ige Lösung
in Chloroform). Es addierte kein Jod und erwies sich dadurch als
ein gesättigter Körper. Mit Brom lieferte es kein kristallinisches
Derivat. Durch Einleiten von Salzsäuregas wurde es in ein
Isomeres vom Smp. 211 bis 212° verwandelt, das /^-Cryptomeren.
Dacren.
C 20 H 32 . Mol.-Gew. 272.
In dem Öl von Dacrydium biforme fand Goudie 2 ) einen
kristallinischen Körper C 80 H S2 (Smp. 91°; Bromid C 20 H Si Br 4 ,
Smp. 110°), der sich als Diterpen mit einer olefinischen Bindung
erwies und von Goudie „Dacren" genannt wurde.
Diterpen aus dem Öl von Dacrydium cupressinum.
C 20 H 32 . Mol.-Gew. 272.
Nach Mc. Dowall und Finlay 3 ) besteht das Öl von Da-
crydium cupressinum größtenteils aus einem gesättigten penta-
cyclischen Diterpen. Smp. 55,5°; Sdp.320°; [«] u 58,7° (die Richtung
der Drehung ist nicht angegeben). Es reagierte weder mit Brom
noch mit Kaliumpermanganat. Bei der Destillation ging ein Teil des
Diterpens in eine isomere Verbindung vom Schmelzpunkt 92° über.
*) Journ. Americ. ehem. Soc. 38 (1916), 687.
a ) Journ. Soc. ehem. Ind. 42 (1923), T. 357.
s ) Ebenda 44 (1925), T. 42.
410 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Phyllocladen.
CsofV MoL-Gew. 272.
Diesen Kohlenwasserstoff fanden Baker und Smith 1 ) im
Destillationsrückstand des Öles von Phyllocladus rhomboidalis
als kristallin isches, farbloses Diterpen (Smp. 95°; [g] d -f- 16,06 °),
das gegen Brom und Permanganat beständig, also gesättigt ist.
Von Kaliumbichromat wird es kaum angegriffen, wohl aber von
Chromsäure in essigsaurer Lösung. Mit konzentrierter Salpeter-
säure lieferte es eine unscharf bei li5 bis 120° schmelzende
Nitroverbindung.
F. Triterpene und Tetraterpene.
Aus dem Amyrin des Elemiharzes, das ein Gemisch mehrerer
Alkohole C so H 50 O darstellt, sind von Vesterberg 2 ) drei ver-
schiedene Triterpene C^H^ durch Wasserabspaltung erhalten
worden.
d-<r-Amyrilen, Smp. 134"; Sdp. 285° (unkorr., 15 mm);
«j, -[-109,48°.
l-a-Amyrilen, Smp. 193 bis 194°; [a] D — 104,9°.
,3-Amyrilen, Smp. 175 bis 178 6 ; £«] D + 112,19°.
Aus Lupeol, einem Cholesterin artigen, in der Natur sehr
verbreiteten Alkohol, C 30 H 50 O, entsteht nach Vesterberg und
Nöjd*) durch Wasserabspaltung das Triterpen:
Lupeylen, Smp. 173 bis 174°.
Das von Zinke und Unterkreuter 4 ) im Dammarharz ge-
fundene, von 165 bis 195° schmelzende Triterpen
itf-Dammarosen, ist wahrscheinlich ein Gemisch mehrerer
Verbindungen 5 ).
1 ) Baker u. Smith, A Research on the Pines of Australia, Sydney
1910, S. 416.
2 ) Berl. Berichte 20 (1885), 1242; 23 (1888), 3186; 34 (1889), 3834, 3836;
2« (1891), 3834; Liebigs Annalen 438 (1921), 250.
8 ) Berl. Berichte B9 (1926), 660.
4 ) Monatsh. f. Chem. 3» (1918), 867; Chem. Zentralbl. 1»18, III. 12.
s ) Berl. Berichte 59 (1926), 660.
Kohlenwasserstoffe. 41 j
Dizingiberen, C 80 H 4S , wurde von Semmler und Becker 1 )
in den Produkten aufgefunden, die beim Erhitzen des Zingiberens,
C 10 H 24) mit Isopren im Einschmelzrohr erhalten worden waren.
Sdp. 260 bis 280° (11 mm); d 20 .0,9287; [«] B — 5°; n^ 1,5187.
Bei den auf S. 407 erwähnten Polymerisierungsversuchen
von Terpenen erhielten Kondakow u. Saprikin ein Triterpen
vom Sdp. 250 bis 255° (11 mm); « D — 1°30' (in Benzollösung),
und ein zwischen 75 und 90° schmelzendes Tetraterp en.
G. Azulene.
C 16 H XS . Mol.-Gew. 198.
Der zahlreiche ätherische Öle mehr oder weniger intensiv
blau färbende Bestandteil ist schon frühzeitig Gegenstand der
Untersuchung 3 ) gewesen, aber erst in neuester Zeit war man
imstande, ihn rein herzustellen, so daß man zwar seine Zu-
sammensetzung aber noch nicht seine Konstitution bestimmen
konnte.
Der von Piesse 8 ) Azulen genannte blaue Kohlenwasser-
stoff findet sich im Kamillen-, Schafgarben-, Römisch Kamillen-,
Cubeben-, Campher-, deutschen und japanischen Baldrian-, Saga-
penum-, Wermut-, Galbanumöl, im Ol von Artemisia arborescens,
in vielen Eucalyptus- und anderen Ölen, sowie im Braunkohlen-
teeröl*). Am reichlichsten ist Azulen im Kamillenöl enthalten;
seine Menge beträgt etwa 5%.
Der Kohlenwasserstoff entsteht aus Guajol '*) bei der Behandlung
mit wasserentziehenden Reagenzien, beim Erhitzen des Gurjunens
unter Druck 8 ) oder mit Schwefelsäure und Essigsäureanhydrid 7 )
') Berl. Berichte 46 (1913), 1814.
2 ) Gladstone, Journ. ehem. Soc. 17 (1864), 1. — Kachler, Berl.
Berichte 4 (1871), 36.
3 ) Cornpt. rend. 57 (1863), 1016; Chem. News 8 (1863), 245, 273; Chem-
Zentralbl. 1864, 320.
*) Herzenberg u. Ruhemann, Berl. Berichte 58 (1925), 2249.
5 ) Wallach, Liebigs Annalen 379 (1894), 396.
a ) Semmler u. Jakubowicz, Berl. Berichte 47 (1914), 2252.
') Sherndal, Journ- Ametic ehem. Soc. 87 (1915), 167, 1537.
412 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
und bei der Dehydrierung des Guajens oder Dihydroguajens
mit Schwefel 1 ).
Azulen löst sich in starken Mineralsäuren, wie Schwefel-
und Phosphorsäure auf und wird aus der Lösung durch Zusatz
von Wasser unverändert wieder abgeschieden 2 ). Es bildet ein
Pikrat 2 ) und ein Styphnat 1 ), ferner ein Ferrocyanat (beim
Schütteln mit einer wässrigen FerrocyanwasserstofflÖsung) 3 ),
das sich mit verdünnter Natronlauge wieder zerlegen läßt. Alle
diese Verbindungen können zur Abscheidung des Azulens aus
Ölen und zu seiner Reindarstellung benutzt werden. Azulen
siedet unter gewöhnlichem Druck unter Zersetzung bei 295 bis
300° (Sherndal), unzersetzt im Vakuum bei 135,6° (1,1 mm)
und bei 167 bis 168,4° (11 mm)*).
Ruzicka 1 ) unterscheidet verschiedene Azulene.
1. Chamazulen, im Kamillen- und Schafgarbenöl und auch
im Braunkohlenteer 8 ) enthalten,
2. Guaj azulen, aus Guajen gewinnbar, und
3. Eucazulen, erhältlich durch Dehydrierung der Sesqui-
terpene aus Öl von Eucalyptus globulus; es ist vorläufig als
verschieden von 1 und 2 anzusehen.
Chamazulen, Sdp. 159° (11mm); d£° 0,9881; Pikrat, Smp.
114 bis 115°; Styphnat, Smp. 95 bis 96°;
Guajazulen, Sdp. 164° (11 mm); d*!" 0,9759; Pikrat, Smp.
122°; Styphnat, Smp. 105 bis 106°.
Eucazulen, Pikrat, Smp. 118 bis 120°; Styphnat, Smp.
122 bis 123°.
Die Elementaranalysen der drei Azulene stimmten auf die
Formel C 1B H 1S .
Bei der Hydrierung, die R. E. Kremers 4 ) und Augspurger*)
mit kolloidalem Palladium ausführten, die sich aber nach Ruzicka
am glattesten mit Platinschwarz in Essigesterlösung vollzieht,
werden Octohydroazulene erhalten, und zwar siedet die Octo-
hydroverbindung des Chamazulens bei 119° (11 mm), während
die des Guajazulens bei 123 bis 125° (11 mm) siedet.
') Ruzicka u. Rudolph, Helvet. chim. acta 9 (1926), 118.
a ) Sherndal, Journ. Americ. ehem. Soc. 37 (1915), 167, 1537.
a ) Herzenberg u. Ruhemann, Berl. Berichte 58 (1925), 2249.
*) R. E. Kremers, Journ. Americ. ehem. Soc. 45 (1923), 717.
6 ) Science N. S. 42 (1915), 100.
Alkohole. 4f3
Reduziert man Azulen mit Natrium und Amylalkohol, so
entsteht Hexahydroazulen.
Die Oxydation des Azulens mit Permanganat führt zu
Kohlendioxyd und zu einem Gemisch von niederen Fettsäuren.
Absorptionsspektra von den blauen Ölen sind mehrfach
untersucht worden, wie z. B. von Hock 1 ) und von Tschirch
und Hohenadel 8 ). Auf Grund dieser Untersuchungen nahm
man an, daß die Blauöle identisch seien oder doch nahe Be-
ziehungen zueinander haben.
Die Absorptionsspektra der Azulene verschiedenen Ursprungs
wurden von R. E. Kremers, von Herzenberg und Ruhemann
sowie von Ruzicka miteinander verglichen. Der letztgenannte
Autor fand, das die Spektra des Chamazulens und des Guajazulens
praktisch identisch sind, daß aber aus diesen Untersuchungen
auf die Konstitution der Azulene bestimmte Schlüsse nicht ge-
zogen werden können.
Von der Konstitution wissen wir nur soviel, daß im Azulen
kein aromatischer Ring vorhanden ist.
Alkohole.
A. Aliphatische Alkohole.
Von gesättigten einwertigen Alkoholen der Fettreihe sind
nur verhältnismäßig wenige in ätherischen Ölen nachgewiesen
worden. Sie kommen seltener, und zwar meist nur die niederen
Glieder, im freien Zustande, aber häufig an Fettsäuren gebunden,
vor; das Auftreten freier Alkohole und freier Fettsäuren ist in
den meisten Fällen auf eine Zersetzung oder Verseifung vor-
handener Ester während der Destillation zurückzuführen. Es kann
allerdings auch vorkommen, daß in einem Destillat freie Alkohole
gefunden werden, wenn das Destillationsmaterial Kohlenhydrate
enthält und vor der Verarbeitung eine gelinde Gärung durch-
*) Arch. der Phacm. 221 (1883), 17.
J ) Ebenda 23S (1895), 278
414 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
gemacht hat; so ist z. B. Äthylalkohol im Destillat kurze Zeit
gelagerter Rosenblätter beobachtet worden.
Die Darstellungsweisen dieser Alkohole sind die gewöhn-
lichen. In der Praxis dienen zur Herstellung, besonders der
höheren Glieder, vielfach ätherische Öle, die den betreffenden
Alkohol als Ester enthalten. Sehr brauchbar ist das Verfahren
von Bouveault und Blanc 1 ), nach dem sich primäre Alkohole
durch Reduktion der Ester der zugehörigen Säuren mit Natrium
und Alkohol bilden.
Die Eigenschaften der aliphatischen Alkohole ändern sich
mit der Zunahme der Kohlenstaffatome ziemlich beträchtlich
und sind, soweit das nötig erschien, im folgenden angegeben.
Identifizieren lassen sich die einzelnen Alkohole, sowohl
die aliphatischen wie auch die andern, durch ihre Konstanten,
sowie durch die Oxydationsprodukte. Von Derivaten seien, als
besonders für die Terpenalkohole charakteristisch, die Phenyl-
urethane genannt, die man durch Vermischen gleicher Teile von
Phenylisocyanat und dem betreffenden Alkohol erhält; sie scheiden
sich beim Stehen des Gemisches in kristallinischer Form ab.
In einigen Fällen, zumal wenn der Alkohol leicht Wasser abspaltet,
besteht das Reaktionsprodukt aus Diphenylharnstoff, Smp. 235°, oder aus
einem Gemisch von diesem mit dem Phenylurethan, wie beispielsweise beim
Linalool. Um dessen Phenylurethan zu erhalten, verluhren Wal bäum und
Hüthig") folgendermaßen: 2 bis 3 g Linaloolfraktion wurden mit etwas mehr
als der berechneten Menge Phenylisocyanat etwa 1 Woche lang verschlossen
sich selbst überlassen, worauf das mit Kristallen durchsetzte Reaktions-
gemisch kurze Zeit mit Wasserdampf destilliert wurde, um die nicht in Reak-
tion getretenen öligen Bestandteile zu entfernen. Nach dem Erkalten wurde
der aus Diphenylharnstoff und dem Phenylurethan bestehende Rückstand
abfiltriert, getrocknet und einige Male mit Petroläther ausgekocht. Hierdurch
erzielte man leicht eine Trennung der neuen Verbindung von dem in Petrol-
äther fast unlöslichen Diphenylharnstoff. Nach dem Verdunsten des Lösungs-
mittels hinterblieb das Linalylphenylurethan in nadeiförmigen Kristallen, die
nach dem Umkristallisieren aus verdünntem Alkohol bei 65° schmolzen.
Auch Weehuizen 8 ) benutzt die Schwerlöslichkeit des Diphenylharnstoffs
in Petroläther, um eine Trennung von den gebildeten Urethanen herbeizuführen.
Man löst 1 g des Terpenalkohols oder Phenols in etwa 6 bis 10 ccm einer
Petroleumfraktion vom Sdp. 170 bis 200°, fügt die nötige Menge Phenyliso-
*) D.R.P. 164294. Vgl. auch Compt. rend. 13ft (1903), 1676; 137 (1903), 60.
a ) Journ. f. prakt. Chem. II. 67 (1903), 323.
*) Rec. trav. chim. Pays-Bas 87 (1918), 266. — Bericht von Schimmel $ Co.
1919, 140.
Alkohole. 415
cyanat zu und läßt das Gemisch 1 /i bis 1 Stunde lang kochen; zuweilen ist
ein längeres Erhitzen notwendig. Einige der Phenylurethane sind auch in
der siedenden Petroleumfraktion schwer löslich; man setzt in diesem Falle
10 bis 20 % des Volumens an absolutem Alkohol zu. In der Kälte scheiden
sich die Urethane aus; zum Umkristallisieren verwendet man dieselbe Petro-
leumfraktion.
Mit Linalool, das sich nach Walbaum und Hüthig, wie oben gezeigt,
in das Phenylurethan überführen läßt, und mit Geraniol erzielte Weehuizen
keine guten Ergebnisse, was wahrscheinlich auf das zu lange und zu hohe
Erhitzen zurückzuführen ist.
Wenn es, wie beim Dihydrocuminalkohol 1 ), nicht gelingt,
ein Phenylurethan zu erhalten, so kann man statt des Phenyl-
isocyanats das a-Naphthylisocyanat verwenden und gelangt so
zu Naphthylurethanen 2 ).
Beim Vermischen molekularer Mengen der beiden Komponenten tritt ge-
wöhnlich (z. B. beim Geraniol) starke Erwärmung ein, und das Ganze erstarrt
nach etwa 12 Stunden zu einer festen Masse. Bleibt das Produkt flüssig
(z. B. beim Terpineol), so behandelt man es mit Wasserdampf und kocht es
mit Petroläther (wie oben beschrieben) aus.
Das Gemisch aus Linalool und Naphthylisocyanat muß etwas erwärmt
werden, damit die Reaktion eintritt. Die rohen Naphthylurethane kristallisiert
man aus verdünntem Methylalkohol um.
Verschiedene Naphthylurethane von Terpenalkoholen, aromatischen Alko-
holen und Phenolen sind von Neuberg und Hirschberg 3 ) dargestellt worden.
Zum Nachweis und zur Kennzeichnung von Terpenalkoholen
kann man sich auch der Allophanate bedienen.
Es war bekannt, daß durch Einwirkung von gasförmiger Cyansäure auf
primäre und sekundäre Alkohole neben kleineren Mengen von Urethanen vor
allem Allophanate gebildet werden. Wie A. B6hal*) fand, läßt sich die
Reaktion auch auf tertiäre Alkohole anwenden. Insbesondere können Phenole
und Terpenalkohole auf diesem Wege nachgewiesen werden.
Um die charakteristischen Allophanate zu gewinnen, leitet man gas-
förmige Cyansäure in den Alkohol und wäscht das Reaktionsprodukt mit
Äther. Nachdem der überschüssige Alkohol und die nebenbei entstehenden
Urethane entfernt worden sind, wird der Rückstand aus heißem Alkohol,
Benzol oder Aceton umkristallisiert.
Die Allophanate sind kristallinische, geruchlose, in kaltem Äther sehr
wenig, in kaltem Alkohol schwach lösliche Körper. Die Allophanate der
tertiären aliphatischen Alkohole, ebenso der Phenole, werden durch kochendes
Wasser unter Bildung von Kohlensäure, Harnstoff und Alkohol verseift. Unter
*) Walbaum und Hüthig, Journ. f. prakt Chem. II. 71 (1905), 459.
2 ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1906, 32.
3 ) Biochem. Zeitschr. 27 (1910), 339.
*) Compt rend. 168 (1919), 945.
416 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
den Terpenalkoholen, die sich sonst normal verhalten, nimmt Linalool 1 ) eine
Sonderstellung ein.
Für viele Terpenalkohole sind auch die Glucoside zur Identi-
fizierung geeignet.
E. Fischer und Raske J ) stellten die Glucoside des Menthols und
Bomeols dar, indem sie /S-Acetobromglucose bei Gegenwart von Silbercarbonat
auf die Alkohole einwirken ließen. Die hierbei erhaltenen entsprechenden Tetra-
acetyl-glucoside wurden dann zur Gewinnung der reinen Glucoside verseift.
E. Fischer und Helferich 8 ) schüttelten zur Darstellung des ^-Geraniol-
d-glucosids Geraniol mit Acetobromglucose in Äther mit Silberoxyd. Durch
Verseifen des entstandenen Tetraacetyl-/?-geraniol-d-glucosids (Smp. 29 bis
30°) mit Bariumhydroxyd wurde das jtf-GeranioI-d-glucosid CieHsgO« -f- H s O
(Smp. 58°) erhalten.
Auf dieselbe Weise wie Fischer und Raske hat Hämäläinen*) eine
Anzahl ß- Glucoside der Terpenalkohole gewonnen. Sämtliche Glucoside
werden von Mineralsäuren und von Emulsin gespalten.
Das «-Glucosid des Menthols stellten E. Fischer und Bergmann ) dar.
a) Grenzalkohole (gesättigte).
Methylalkohol, CH 3 OH, tritt oft bei der Wasserdampf-
destillation pflanzlicher Stoffe unter den Destillationsprodukten
auf, und zwar findet er sich wegen seiner leichten Löslichkeit
in Wasser häufig nur in den Destillationswässern, meist zu-
sammen mit Furfurol und Diacetyl e ). Es ist anzunehmen, daß
sich diese drei Körper während der Destillation durch Zer-
setzungsvorgänge aus der Cellulose des Rohmaterials bilden. Bis
jetzt ist Methylalkohol nachgewiesen worden im Destillations-
wasser des Kopalöls, Cypressenöls, Sadebaumöls, Vetiveröls,
Irisöls, der Rameh-BIätter {Boehmeria spec. div.) und anderer
Blätter, des Sappanblätteröls, im Öl aus den Blättern von
Indigofera galegoides, in den Blättern des Guatemala-Indigos,
l ) Siehe Seite 422, Anm.
a ) Berl. Berichte 42 (1909), 1465.
s ) Liebigs Annalen 383 (1911), 68.
*) Biochem. Zeitschr. 49 (1913), 398; 50 (1913), 209, 220; 58 (1913), 423. —
Chem, Zentralbl. 191S, 1. 1604, 1925; 1913, II. 869.
s ) Berl. Berichte 50 (1917), 711.
e ) Methylalkohol ist neben Formaldehyd anscheinend ein häufiger Be-
standteil der Blätter. Er wurde von Nicloux (Bull. Soc. chim. IV. IS [1913],
935, 939; Chem. Zentralbl. 1913, IL 1776 und 1777) in denen des Efeus und
von Evonymus nachgewiesen.
Alkohole. 417
im Pfirsichöl, Cocablätteröl , Baumwollkrautöl , in den Destil-
lationswässern des westindischen Sandelholzöls, Teeöls, Melken-
öls, des Öls von Eucalyptus atnygdalina, des Bayöls, Kerbel-
öls, Angelicaöls, Pastinaeöls, Bärenklauöls, des Öls aus den
Früchten von Heracleum giganteum, von Monarda fistulosa,
Datura stramonium, des Ageratumöls und des Schafgarbenöls.
Außerdem als Myristat im Irisöl, als Benzoat im Tuberosen-
öl (?) und Ylang-Ylangöl, als Cinnamat im Wurzelöl von
Alpinia malaccensis und im Wartaraöl, als Salicylat im Tube-
rosenpomadenöl, Birkenrindenöl, Canangaöl, Rautenöl, Cassie-
blütenöl, Teeöl, Wintergrünöl und außerdem in zahlreichen Pflanzen
(siehe unter Salicylsäuremethylester), als Anthranilsäureester im
Neroli- und Jasminöl, als Methylanthranilsäureester im Man-
darinenöl.
Identifiziert werden kann der Methylalkohol durch den
Sdp. 64°, die Dichte 0,810 bei 1-5°, sowie durch die Über-
führung in Jodmethyl, in den bei 54° schmelzenden neutralen
Oxalester oder in den Benzoesäure- oder Salicylsaureester.
Äthylalkohol, C a H fi OH. Als normaler Bestandteil äthe-
rischer Öle ist Äthylalkohol nur vereinzelt beobachtet worden,
nämlich im Vorlauf des Indigoferaöls, im Öl von Datura
stramonium, im Öl aus den Früchten von Morinda citrifolia,
im Schafgarbenöl und in den Destillationswässern von Euca-
lyptus amygdalina, Kerbelöl, Angelicaöl, Pastin aeöl und von
Neracleum giganteum. Sein Vorkommen im Destillat von in
Gärung übergegangenen Rosenblättern wurde schon oben er-
wähnt. Im veresterten Zustande findet er sich als Butyrat im
Bärenklauöl und im Öl von Heracleum giganteum, als Caprinat
im Cognacöl und als Cinnamat im Storaxöl und im Kaempferiaöl.
Eine wesentliche Rolle spielt Äthylalkohol als eins der am
meisten gebrauchten Verfälschungsmittel ätherischer Öle.
Nachgewiesen wird er durch seine Konstanten (Sdp. 78°;
d 15 „ 0,794) sowie durch Überführung in Äthyljodid oder Jodoform.
n-Butylalkohol, CH 3 (CH 3 ) 2 CH„OH, kommt als Ester im
Römisch Kamillenöl vor. Er hat bei 20° das spezifische Ge-
wicht 0,810 und siedet bei 117°; sein Phenylurethan schmilzt
zwischen 55 und 56° 1 ).
*) Blaise, Bull. Soc. chim. III. 29 (1903), 327.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 27
418 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Isobutylalkohol, ^ 8 >CHCH 3 OH, ist nach H. G. Smith
im Destillationswasser von Eucalyptus amygdalina enthalten.
Sein Siedepunkt liegt bei 108,4°, das spez. Gewicht bei 0,8003
(18°); er liefert ein bei 80° schmelzendes Phenylurethan 1 ).
Amylalkohol, CJVCH 2 OH ist im Apfelöl und im Baum-
wollkrautöl nachgewiesen worden, und zwar durch Oxydation
zu Baldriansäure und Analyse des Silbersalzes der Säure.
Isoamylalkohol, CH 8 >CHCH 2 CH a OH, ist frei ein Bestand-
teil des Java-Citronellöls, des Reunion-Geraniumöls *), des Öls
von Eucalyptus globulus, E. amygdalina, des Lavendelöls und
französischen Pfefferminzöls. Verestert kommt er vor im Öl
von Eucalyptus globulus, E. aggregata, im Römisch Kamillenöl
und im Cognacöl.
Sein zum Husten reizender Geruch, der Siedepunkt 131°,
das bei 52 bis 53° schmelzende Phenylurethan sowie die
Oxydation zu Isovaleraldehyd und Isovaleriansäure lassen ihn
leicht erkennen.
n-Hexylalkohol, CH^CHg^CHaOH, ist als Ester im Wurm-
farnöl, Bärenklauöl und im Öl von Heracleum giganteum
enthalten. Er siedet bei 157° und hat das spez. Gewicht
0,8204 (20°). Bei der Oxydation liefert er Capronsäure, Sdp. 205°.
Aktiver Hexylalkohol (/?, ß-Methyläthylpropylalkohol)
^ s >CHCH 2 CH ä OH,
findet sich als Angelicasäureester im Römisch Kamillenöl. Er
ist durch seine Rechtsdrehung bemerkenswert, [a] D -\- 8,2°;
d 16 „ 0,829; Sdp. 154°. Chromsäuregemisch oxydiert ihn zu der
bei 196 bis 198° siedenden aktiven Capronsäure.
Heptylalkohol. Von Heptylalkoholen wurde Methyl-
n-amylcarbinol, rH rH . 3 ^>CHOH, von Masson 8 ) im
Nelkenöl nachgewiesen. Er gibt folgende Konstanten an:
M Blaise, Bull. Soc. chim. 111. 29 (1903), 327.
a ) Es ist nicht sicher festgestellt worden, ob hier gewöhnlicher Iso-
amylalkohol vorliegt.
s ) Compt rend. 149 (1909), 630.
Alkohole. 419
Sdp. 157 bis 158°, d . 0,8344. Durch Oxydation mit Chrom-
säuregemisch geht der Alkohol in Methyl-n-amylketon (Smp. des
Semicarbazons 122 bis 123°) über, was zu seinem Nachweis be-
nutzt werden kann. Hierzu eignet sich auch der Brenztrauben-
säureester, dessen Semicarbazon bei 118 bis 119° schmilzt
n-Octylalkohol, CH 8 (CH 2 ) a CH 2 OH, kommt vielleicht in
freiem Zustande im Bärenklauöl und im Öl von Heracleum
giganteum vor, worin er sich auch als Acetat befindet Als
Propionat (?) ist er im Pastinacöl gefunden worden, als Butyrat
im Wurmfarnöl und Pastinacöl, als Isovalerianat im Wurm-
farnöl, als Capronat, Caprinat und Laurinat im Bärenklauöl.
Der Nachweis erfolgt durch die Konstanten (Sdp. 196 bis 197°;
d ie = 0,8278) sowie durch Oxydation zu Octylaldehyd (dessen
/S-Naphthocinchoninsäure bei 234° schmilzt) oder zu Capryl-
säure vom Smp. 16,5° und Sdp. 232 bis 234°.
d-Äthyl-n-amylcarbinol, CoHgCHtOHJCgH^, wurde von
Schimmel § Co. 1 ) im japanischen Pfefferminzöl aufgefunden.
Der aus dem Phthalat zurückgewonnene Alkohol zeigte die
Konstanten: Sdp. 56° (3,5 mm), d is „ 0,8279, a D +6 17',
n D2 o° 1 »42775. Nach der Destillation bei gewöhnlichem Druck
waren die Eigenschaften: Sdp. 178,5 bis 179,5°, d ]B . 0,8276,
a D -f- 6°26', n D20 o 1,42755. Bei der Oxydation mit Natrium-
bichromat und Schwefelsäure wurde Capronsäure erhalten.
Synthetisch stellten Schimmel Sj Co. 2 ) diesen Alkohol
dar, indem sie Capronaldehyd mit Äthylmagnesiumjodid in
Reaktion brachten. Das synthetische i-Äthyl-n-amylcarbinol
hatte die Konstanten: Sdp. 176 bis 177,5°, d is . 0,8286,
n DS0 . 1,42785, Mol.-Refr. 40,55, saurer Phthalester, Smp. 65
bis 65,5°.
n-Nonylalkohol, CH 3 (CH,) 7 CH 2 OH, ist als Caprylsäure-
ester im süßen Pomeranzenöl aufgefunden worden. Er siedet
unter gewöhnlichem Druck bei 213,5° und hat einen rosen-
artigen, dem des Citronellols verwandten Geruch. Stephan 8 )
gibt für den durch den Phthalester gereinigten Alkohol folgende
Eigenschaften an:
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1912, 101.
s ) Ebenda April 1913, 79.
*) Journ. f. prakt. Chem. IL «2 (1900), 532.
27*
420 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Sdp. 98 bis 101° (12 mm), d lä . 0,840*), « B ± 0°, n D18 . 1,43582.
Identifizieren kann man den Nonylalkohol durch seine Oxy-
datibnsprodukte (Nonylaldehyd und Pelargonsäure, Smp. 12,5°),
sowie durch das bei 62 bis 64° schmelzende Phenylurethan.
Ein sekundärer Nonylalkohol, Methyl-n-heptyl-
carbinol, ~„ .„£" 8 >CHOH, ist von Power und Lees 3 )
CH S (CH 2 )/
in einem algerischen Rautenöl und von Masson 8 ) im Melken-
Öl aufgefunden worden. Seine Eigenschaften werden folgender-
maßen angegeben:
Sdp. 198 bis 200° (765 mm), dj# 0,8273, a D (50 mm) — 3°44'
(Power und Lees); Sdp. 195 bis 196°, d , 0,8399 (Masson).
Man kann ihn kennzeichnen durch Oxydation zum Methyl-
n-heptylketon und dessen Überführung in das Semicarbazon
(Smp. 118 bis 119°). Mit Brenztraubensäure bildet er einen
bei 126 bis 127° (16 mm) siedenden Ester, dessen Semi-
carbazon bei 117° schmilzt.
Den optischen Antipoden dieses Methylheptylcarbinols fanden
Haller und Lassieur 1 ) im ätherischen Kokosnußöl. Seine Kon-
stanten waren: df.- 0,823, « D +2°, n Dll . 1 ,4249, Mol.-Refr.44,8. Bei
der Oxydation mit Chromsäuregemisch entsteht Methylheptylketon.
Decylalkohol, C 10 H 2S O, ist im Moschuskörneröl festgestellt
worden.
Undecylalkohol. Ein sekundärer Undecylalkohol, Methyl-
n-nonylcarbinol rH /rH . S /CH OH, «ist gleichfalls in dem vorher
erwähnten algerischen Rautenöl beobachtet worden. Power und
Lees 2 ) geben für den gereinigten Alkohol folgende Konstanten an:
Sdp. 231 bis 233 °, a D (25 mm) — 1°18'.
Nachgewiesen wird er durch Oxydation zum Methyl-n-nonyl-
keton (Smp. des Oxims 46°; Smp. des Semicarbazons 123 bis 124°).
Im Trawasblätteröl wies vanRomburgh 5 ) ebenfalls I-Methyl-
n-nonylcarbinol (« D — 5°40') nach. Dagegen stellten Haller und
l ) Reiner synthetischer Nonylalkohol hat diso 0,830. Beobachtung im
Laboratorium von Schimmel fy Co.
3 ) Journ. ehem. Soc. 81 (1902), 1592.
■) Compt. rend. 149 (1909), 630.
«) Ebenda 151 (1910), 697.
fl ) Kontnkl. Akad. Wetensch. Amsterdam, Sitzung vom 28. X. 1911, S. 325.
Alkohole. 421
Lassieur 1 ) im ätherischen Kokosnußöl rechtsdrehendes Methyl-
nonylcarbinol fest, das folgende Eigenschaften hatte: d-^ 0,827,
« D + 1° 10', n D2a . 1,4336, Mol.-Refr. 54,1. Die Oxydation mit
Chromsäuremischung führte zu einem Keton, dessen Semi-
carbazon bei 120 bis 122° schmolz.
Cetylalkohol, C 16 H 34 0, der bisher nur im tierischen Organis-
mus aufgefunden worden ist, ist nach Semmler, Jonas und
Ron i seh 3 ) ein Bestandteil des Ammoniakgummiöls.
b) Ungesättigte aliphatische Alkohole.
Von niederen Gliedern der ungesättigten aliphatischen Alko-
hole sind zu nennen : Der im Teeblätteröl enthaltene Alkohol C 8 H as O,
der vielleicht als ein Hexylenalkohol anzusehen ist.
ß-y-Hexenol (Hexen-3-ol-6), CH 8 - CH 2 • CH : CH • CH 2 ■ CH 2 OH,
wurde als freier Alkohol im spanischen Thymianöl aufgefunden;
sein Phenylessigsäureester ist im Nachlauf des japanischen
Pfefferminzöls nachgewiesen worden. Das ^-j'-HexenoI hat
folgende Konstanten: Sdp. 55 bis 56° (9 mm), 156 bis 157° bei
mittlerem Atmosphärendruck, d 15 „ 0,8508, er D — 0° 10', n Ba0 „ 1 ,48030.
Der Geruch des Alkohols erinnert in großer Verdünnung an
Gras und frisches Laub.
Der im Gaultheriaöl vorkommende Alkohol C s H 18 ist
vielleicht als ein Octylenalkohol anzusehen.
Undecylenalkohol, C^H^O, findet sich als Undecen-l-oI-10
im Trawasblätteröl vor. Sdp. 233°; d 10 , 0,835. Bei der Oxy-
dation mit Chromsäure und Schwefelsäure entsteht ein Keton,
dessen Semicarbazon bei 113° schmilzt, bei der Oxydation mit
Kaliumpermanganat dagegen 2-Ketodecylsäure
c) Aliphatische Terpenalkohole.
Von weit größerem Interesse als die genannten sind die
aliphatischen Terpenalkohole C 10 H ls O, Linalool, Geraniol und
Nerol, sowie der gleichfalls ungesättigte Alkohol mit offener
*) Compt. rend. 151 (1910), 697.
*) Bert. Berichte 50 (1917), 1832.
":>
422 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Kohlenstoffkette C 10 H ao O, Citronellol, die sowohl frei, als auch
in Gestalt von Estern in ätherischen Ölen vorkommen und
wegen ihres Wohlgeruches wichtige Bestandteile dieser sind.
Linalool.
C l0 H 18 O. MoL-Gew. 154.
Das Linalool 1 ) („Licareol" Barbiers), das ziemlich ver-
breitet ist und in beiden optischen Modifikationen vorkommt,
bildet den Hauptbestandteil
i s der Linaloeöle. Die mexi-
M K L V ,, CH . C H a -CH 2 -C-CH:CH 2 kanischen Linaloeöle ent-
qj^ halten d- und 1- Linalool,
während bei den Cayenne-
Linaloeölen bisher nur linksdrehendes Linalool beobachtet worden
ist. Außerdem ist es enthalten als d-Linalool im canadischen
Schlangenwurzelöl, Muskatnußöl, Schiuöl, Wartaraöl, süßen Pome-
ranzenöl, ätherischen Kakaoöl, CorianderÖl und Ammoniakgummi-
Öl; als 1-Linalool im Öl von Amomis famaicensis, Ylang-Ylangöl,
Champacablütenöl, Schiuöl, Ceylon-Zimtöl, Blätteröl von Cinna-
momum Loureirii, Lorbeerblätteröl, Sassafrasblätteröl, Rosenöl,
Reunion-Geraniumöl, Öl von Skimmia laureola, Bergamottöl,
Neroliöl, Petitgrainöl, Citronenöl, italienischen Limettöl, sizi-
lianischen Lavendelöl, Spiköl, Thymianöl, Öl von Thymus masti-
china, Majorana onites, Spanisch Hopfenöl, Muskateller Salbeiöl,
deutschen und französischen Basilicumöl, Öl von Ocimum
canum und im russischen Krauseminzöl. Bei einigen anderen
Ölen, in denen Linalool nachgewiesen wurde, fehlen Angaben
über Drehungsrichtung des Alkohols; es sind dies Terpentinöl
von Pin us Jeffrey/, Citronellol (?), Öl von r\aempferia ethelae,
Hopfenöl, Champacaöl (unechtes), Rindenöl von Cinnamomum
pedunculatum, Wurzelöl von Cinnamomum Loureirii, Seychellen-
Zimtöl, Öl von Ocotea pretiosa (?), Kuromojiöl, GoldlackblütenÖl,
l ) Da Linalool unter den Terpenalkoholen insofern eine Sonderstellung ein-
nimmt, als es mit Cyansäure kein kristallinisches AHophanat (siehe S. 416) wie
andere Alkohole gibt, glaubt A. B6hal [Bull. Soc. chim. IV. 25 (1919), 452],
CH daß Linalool kein Alkohol, sondern ein
CH„\ C __ CH CHg . CHa . c^CHa-^CHa Oxyd mit nebenstehender Konstitutions-
CH S / " xy formel sei.
Alkohole. 423
Pfirsichöl, Öl von Robfnia pseudacacia, Fagara xanthoxylofdes,
Orixa japonica, Barosma venusta, Toddaliaöl, Pompelmus-
blätteröl, Pompelmusschalenöl, Limettblätteröl, Mandarinenöl,
Öl von Jasminum odoratissimum, Mentha aquatica, Ocimum
sanctum, Tagetes minuta und Gardeniaöl. Als Acetat kommt
Linalool vor im Sassafrasblätteröl, Rindenöl von Cinnamomum
pedunculatum, Bergamottöl, Petitgrainöl, Citronenöl, Neroliöl,
italienischen Limettöl, Jasminblütenöl, Lavendelöl, Muskateller
Salbeiöl, Blätteröl von Mentha citrata, Gardeniaöl, als Butyrat im
Lavendelöl, als Isobutyrat im Ceylon-Zimtöl und als Isovalerianat
im Sassafrasblätteröl. Auch findet es sich verestert im Hopfenöl.
Das in der Parfümerie vielfach verwendete Linalool wird stets
durch fraktionierte Destillation, meist aus Linaloeölen, hergestellt.
Je nach dem Ausgangsmaterial und der Art der Darstellung
werden Präparate erhalten, die in ihren Eigenschaften geringe
Unterschiede aufweisen; bei der Beurteilung der Reinheit eines
Präparates kann man folgende Daten zugrunde legen:
Sdp. 197 bis 199°, 85 bis 87° (10 mm), d 18 . 0,870 bis 0,875,
n D20 o 1,4630 bis 1.4690 1 ). Sdp. 198 bis 199° (760 mm), 88,3 bis
89,5° (13 mm), d„. 0,870, n D20 . 1,4668 2 ).
Im Laboratorium von Schimmel § Co. wurden an tech-
nischen Präparaten eigener Fabrikation folgende Konstanten
beobachtet:
Sdp. 198 bis 200°, 69 bis 71° (4 mm), d 16 . 0,866 bis 0,873,
« D —3° bis —18° und +9° bis +13°, n D20 „ 1,461 bis 1,465,
löslich in 10 bis 15 Vol. 50 °/ igen, in 4 bis 5 Vol. 60 ü / igen
und in 1 bis 2 Vol. 70°/ igen Alkohols.
Will man den erhaltenen Alkohol von indifferenten Ver-
bindungen, z. B. Terpenen, befreien, so kann man ihn nach dem
von Tiemann 3 ) angegebenen Verfahren durch Einwirkung von
Phthalsäureanhydrid auf die Natriumverbindung des Linalools in
das Natriumsalz des sauren Phthalsäureesters überführen, das
in Wasser löslich und durch alkoholisches Kali verseif bar äst;
das regenerierte Linalool muß der alkoholisch-alkalischen Lösung
mit Äther entzogen werden, da es, wie die Abnahme des Drehungs-
x ) Stephan, Journ. f. prakt. Chem. II. 58 (1898), 110.
a ) Gildemeister, Aren, der Pharm. 2SS (1895), 179.
*) Bert. Berichte Sl (1898), 837.
424 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Vermögens beweist, Veränderungen 1 ) erleidet, sobald es aus der
alkalischen Flüssigkeit mit Wasserdampf übergetrieben wird.
Tiemann gibt für sein auf diese Weise gereinigtes Linalool an:
Sdp. 86 bis 87° (14 mm), d M . 0,8622, n D 1,46108.
Reines Linalool, das durch Spaltung des Linalylphenyl-
urethans {Smp. 64°) von Schimmel 8; Co. a ) gewonnen wurde,
sott bei 199 bis 2*00° und hatte d 1B „ 0,8666, a D — 17°41', n M . 1 ,46238.
Bei ihrem durch Synthese (siehe später) erhaltenen Linalool
stellten Ruzicka und Fornasir 8 ) fest: Sdp. 194 bis 197°
(720 mm), 86 bis 88° (13 mm), d 15 „ 0,8649 und 0,8654.
Das Drehungsvermögen ist nicht feststehend; als höchste
Ablenkungen wurden bisher beobachtet für 1-Linalool aus Limettöl
[a] D — 20° 7'*), für d-Linalool aus süßem Pomeranzenschalenöl
Md + 19° 18' s ). In den meisten Fällen und besonders bei schwach
drehenden Präparaten dürfte es sich immer um Gemische der
beiden optischen Modifikationen handeln, wobei die im Überschuß
vorhandene den Ausschlag gibt.
Paolini und Divizia*) versuchten, Linalool mit Hilfe der
Strychninsalze des sauren Linalylphthalats in die aktiven Kom-
ponenten zu zerlegen, fanden aber nur ganz niedrige Werte,
für [a] D + 1,70° und —1,60°.
Durch Umlagerung läßt sich Linalool, allerdings nur in
inaktivem Zustande, gewinnen, wenn Geraniol mit Wasser im
Autoklaven auf 200" erhitzt 7 ) oder wenn das durch Einwirkung
von Salzsäure auf Geraniol entstehende Linalylchlorid mit alko-
holischem Kali oder Silbernitrat behandelt wird 8 ). Über seine
Bildung aus geranylphthalestersaurem Natrium vgl. S. 434.
x ) Diese Veränderungen scheinen chemischer Natur zu sein und nicht auf
einer Inversion zu beruhen. Die Drehung des 1-Linalools wird beim Kochen
mit Kali nicht geändert. Charabot, Bull. Soc. chim. III. 21 (1899), 549.
2 ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1911, 139. — Das Linalylphenyl-
urethan dreht im gleichen Sinne wie das dazu gehörige Linalool. [«] D — 12,2°.
s ) Helvet. chim. acta 2 (1919), 188.
4 ) Gildemeister, Arch. der Pharm. 233 (1S95), 179.
e ) Stephan, Journ. f. prakt Chem. II. 62 (1900), 529.
«) Rend. della R. Accademia dei Lincei, Roma (5), 23 (1914), II. 171.
Chem. Zentral«. 1915, I. 606.
7 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1898, 25.
8 ) Tiemann, Berl. Berichte 81 (1898), 832. — Berichte von Roure-Bertrand
Fils Oktober 1909, 27.
Alkohole. 425
Linalool entsteht auch, wie Power und Kleber 1 ) zeigten,
durch Anlagerung von Wasser an Myrcen nach dem Bertram-
schen Hydratationsverfahren.
Ein direkter Aufbau des Linalools aus einfachen Verbin-
dungen ist Ruzicka und Fornasir 2 ) mit Hilfe der von Nef
entdeckten Reaktion zwischen Natriumacetylenverbindungen und
Ketonen gelungen.
Sie lösten Methylheptenon in absolutem Äther, versetzten es in der
Kälte mit einer Suspension von Natriumamid in Äther und leiteten in das
gut gekühlte Gemisch einen langsamen Strom gereinigten Acerylens ein. Es
wurde dabei in einer Ausbeute von etwa 80 \ Dehydrolinalool erhalten.
Die Reduktion des Dehydrolinalools zu Linalool geschieht durch Zugabe von
Natrium zur Lösung des Dehydrolinalools in Äther; nach Aufhören der Wasser-
stoffentwicklung wurde Wasser zugesetzt bis zur Lösung des Natriums.
Das dabei entstandene Linalool hatte die richtigen Konstanten (s. oben).
Das Pherrylurethan schmolz bei 63 bis 65°.
Durch diese Synthese wurde die Richtigkeit der auf S. 422
aufgeführten Tiemann-Semmlerschen Formel [2,6-DimethyI-
octadien-(2,7)-ol-(6)] bestätigt.
Als ungesättigter Alkohol mit zwei Doppelbindungen zeigt
auch Linalool Additionsreaktionen, es verbindet sich mit Brom und
mit Halogenwasserstoffsäuren. Mit diesen entstehen'unter Wasser-
abspaltung dieselben Verbindungen, die auch aus Geraniol erhalten
werden 3 ). Linalylchlorid, C 10 H 17 CI (Sdp.94bis96° [6mm]), Linalyl-
bromid, C 10 H i7 Br (Sdp. 102 bis 103° [6 mm], d 1B . 1,1 1450, n D 1,507).
Die ungesättigte tertiäre Natur dieses Alkohols prägt sich
in seinem Verhalten gegen Reagenzien aus; während Alkalien
in der Kälte wenig auf ihn einwirken, wird er durch organische
Säuren entweder in Geraniol, Nerol oder, besonders bei Gegen-
wart geringer Mengen Schwefelsäure, in Terpineol umgewandelt,
während Mineralsäuren unter Wasserabspaltung oder Wasser-
anlagerung Verbindungen mit ringförmiger Struktur bilden. So
entsteht beim Schütteln mit 5-prozentiger Schwefelsäure Terpin-
hydrat 4 ), beim Erhitzen mit .Eisessig und Acetanhydrid Geranyl-
acetat, das Acetat des dem angewendeten Linalool entgegengesetzt
l ) Pharm. Rundsch. (New York) 18(1895), 60. — Vgl.aber unter Myrcen, S.305.
a ) Helvet. chim. acta 2 (1919), 182.
s ) Dupont u. Labaune, Berichte von Roure-Bertrand Fils Oktober 1909,
21 ; April 1910, 42.
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 28 (1895), 1837.
426 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
drehenden festen Terpineols 1 ), sowie Nerylacetat 2 ). Ameisen-
säure führt Geraniol bei mittlerer Temperatur (20°) ebenfalls in
die Ester des Ausgangsmaterials und des diesem entgegengesetzt
drehenden festen Terpineols über; in gelinder Wärme hingegen
(60 bis 70°) findet Wasserabspaltung und Bildung der Kohlen-
wasserstoffe Dipenten und Terpinen statt 3 ).
Gegen die einzelnen Oxydationsmittel verhält sich Linalool
verschieden. Mit ganz verdünnter Permanganatlösung bilden
sich wahrscheinlich zunächst, unter gleichzeitiger Wasser-
anlagerung, mehrwertige Alkohole, die nicht im reinen Zustande
isolierbar sind und bei weiterer Oxydation mit Permanganat
oder Chromsäuregemisch in Aceton und Lävulinsäure gespalten
werden*). Oxydiert man Linalool nur mit Chromsäuregemisch,
so erleidet es durch das saure Oxydationsmittel zunächst eine
Umlagerung und wird dann in den Aldehyd des Geraniols, Citral,
übergeführt ); die Oxydation geht aber meist noch weiter und
man erhält nebenbei Abbauprodukte des Citrals, nämlich Methyl-
heptenon, Lävulinsäure usw. Das von Bertram und Walbaum*)
bei der Oxydation mit Wasserstoffsuperoxyd beobachtete kristal-
lisierte Derivat hat sich als Terpinhydrat erwiesen, das seine
Entstehung wohl in erster Linie dem Gehalt des Wasserstoff-
superoxyds an Mineralsäure verdankt.
Durch Überleiten von Linalooldämpfen über aktiviertes
Kupfer bei 130 bis 140° erhielt Enklaar 6 ) einen Kohlenwasser-
stoff C 10 H 18 , der wahrscheinlich mit Myrcen identisch ist. Sdp. 62°
(14 mm), d lg o 0,802, n^.1,47.
Beim Erhitzen mit Schwefel auf 160° entstehen aus Linalool
und Linalylacetat schwefelhaltige Verbindungen, dieH. Erdmann 7 )
„Thiozonide" genannt hat. Das Monothiozonid des Linalylacetats,
das wahrscheinlich die Zusammensetzung C^H^O^S., besitzt, ist
ein schwarzbrauner Sirup von eigenartigem Geruch. Mit Salzen
und Sulfiden der Schwermetalle entstehen in geeigneten Lösungs-
l ) Stephan, Journ. f. prakt. Chem. II. 58 (1898), 109.
s ) Zeitschel, Berl. Berichte 89 (1906), 1780.
3 ) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. II. 45 (1892), 601.
*) Tietnann u. Semmler, Berl. Berichte 28 (1895), 2130.
") Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. IL 45 (1892), 599.
») Chem. Weekblad 9 (1912), 68-, Chem. Zentralbl. 1912, I. 726.
') Liebigs Annalen 362 (1908), 137.
Alkohole. 427
mittein Niederschläge, von denen die Goldverbindung besonders
charakteristisch ist. Linalool scheint mit beiden Doppelbindungen
zu reagieren unter Bildung eines Dithiozonids, das aber nicht
isoliert werden konnte, da unter Abspaltung von Schwefel-
wasserstoff die Verbindung C 10 H 1S OS 6 entstand.
Beim Behandeln mit Reduktionsmitteln, wie Natrium oder
Zinkstaub, nimmt Linalool keinen Wasserstoff auf, verliert aber
sehr leicht seinen Sauerstoff unter Bildung des zweifach ungesät-
tigten Kohlenwasserstoffs Linaloolen (identisch mit Dihydro-
myrcen), C 10 H 18 ; dieser entsteht, wenn Linalool mit Natriummetall
in alkoholischer Lösung behandelt oder mit Zinkstaub auf 220
bis 230° erhitzt wird 1 ). Einen Kohlenwasserstoff C 10 H 1S , höchst-
wahrscheinlich Cyclolinaloolen, erhielt Chapman 3 ) bei der
Destillation von dem aus der Leber von Dornhaien, Spinaciden,
erhaltenen Spinacen über Natrium. Die Eigenschaften stimmen
mit den für Cyclolinaloolen in der Literatur^) angegebenen gut
überein*).
Durch Reduktion des Linalools mit Hilfe von Nickel und
Wasserstoff erhielt Enklaar 6 ) außer 2,6-Dimethyloctan auch
2,6-DimethyloctanoI-6,
CH 3 • CH(CH S ) ■ (CH„), • C(OH)(CH 3 ) • CH 2 - CH 3 ,
was die Richtigkeit der von Tiemann und Semmler aufgestellten
Formel bestätigt.
Barbier und Locquin") haben die Hydrierung des Linalools
mit Platin und Wasserstoff vorgenommen, die bei niedriger
Temperatur verläuft, und als Reaktionsprodukt ebenfalls 2,6-Di-
methyloctanol-6 erhalten.
Die Ester des Linalools sind, soweit sie für die ätherischen
Öle in Betracht kommen, mehr oder weniger stark und angenehm
riechende Flüssigkeiten, die sich bei Atmosphärendruck nicht
1 ) Semmler, Berl. Berichte 27 (1894), 2520.
2 ) Journ. ehem. Soc. 111 (1917), 56; 113 (1918), 458.
3 ) Berl. Berichte 27 (1894), 2521; 34 (1901), 3128; Bericht von Schimmel
§ Co. April 1902, 91.
4 ) Dieser Befund ist sehr interessant, denn er zeigt die Verwandtschaft
eines Kohlenwasserstoffs tierischer Herkunft mit den bisher ausschließlich
als Produkte pflanzlichen Ursprungs bekannten Terpenen.
6 ) Berl. Berichte 41 (1908), 2083; Recueil des trav. chim. des P.-B. 27
(1908), 411; Chem. Zentralbl. 1908, IL 1926.
6 ) Compt. rend. 158 (1914), 1554.
428 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
unzersetzt destillieren lassen ; ihre synthetische Darstellung stößt
insofern auf Schwierigkeiten, als Linalool gegen Säuren ziemlich
empfindlich ist und Umlagerungen erleidet, so daß die beim
Kochen von Linalool mit Säureanhydriden oder nach dem Ver-
fahren des Deutschen Reichs- Patents 80711 erhaltenen Produkte
wohl der Hauptsache nach aus Estern des Linalools bestehen,
daneben aber auch solche des Geraniols und Terpineols enthalten.
Der mit Geranioläthyläther identische Linalooläthyläther
(Sdp. 192°) wurde von Dupont und Labaune 1 ) aus Äthyl-
bromid und Linaloolnatrium, das man mit Hilfe von Natriumamid
darstellte, erhalten.
Zur Identifizierung des Linalools geeignete Verbindungen sind
das Phenylurethan 2 ) vom Smp. 65 bis 66° und das a-Naphthyl-
urethan 2 ) vom Smp. 53°. Zum weiteren Nachweis kann man
das Linalool durch Oxydation in Citral überführen und dieses
durch die von Doebner entdeckte Citryl-£-naphthocinchoninsäure
charakterisieren (s. Citral). Bei gleichzeitiger Gegenwart von
Citral oder Citronellal werden diese vorher durch die Bisulfit-
verbindung abgeschieden.
Zur quantitativen Bestimmung von Linalool empfehlen Jeancard und
Satie"), das betreffende Öl vor der Acetylierung mit einem indifferenten
Mitte] zu verdünnen, ein Verfahren, das schon mehrere Jahre vorher von
ßoulez vorgeschlagen und in Schimmels Berichten eingehend besprochen
worden ist*).
Geraniol.
C 10 H ls O. Mol.-Gew. 154.
Der dem Linalool isomere, sich von ihm aber durch optische
Inaktivität, höheren Siedepunkt und höheres spezifisches Ge-
u q wicht unterscheidende Alko-
H 3 C )>C:CH-CH 8 -CH 2 C-CH 3 hol C 10 H 18 O, Geraniol („Le-
3 „ JJ. ,-rj ^u monol" von Barbier und
Bouveault; „Rhodmol" von
Erdmann und Huth und von Poleck) findet sich im freien
wie veresterten Zustande ziemlich häufig in ätherischen Ölen.
a ) Berichte von Roure-Bertrand Fils April 1910, 42.
*) Siehe S. 414, 415.
s ) Americ. Druggist 56 (1910), 42. Nach Journ. Soc. ehem. Industry 29
(1910), 296.
*> Bericht von Schimmel § Co. April 1907, 127.
Alkohole. 429
Er macht den Hauptbestandteil des Palmarosaöles sowie des
deutschen und türkischen Rosenöles aus und ist in beträcht-
lichen Mengen im Geranium-, Citronell- und Lemongrasol ent-
halten. Außerdem ist Geraniol gefunden worden im Öl von
Pseudotsuga Douglas//, Callitris gracilis (?), C. intratropica,
C. rhomboidea, C. tasmanica, im Nachlauf von Sadebaumöl, im
formosanischen Citronellöl, im Öl von Cymbopogon coloratus,
C. javanensis, C. caesius, im Gingergrasöl, im Öl von Amom/'s
jamaicensis, im canadischen Schlangenwurzelöl, Ylang-YlangÖl,
Champacablütenöl, Muskatnußöl, Öl von Ocotea pretiosa (?),
Sassafrasblätteröl, Bellaryblätteröl, Aburachanöl, Lorbeerblätteröl,
Zimtblätteröl, Kuromojiöl, Goldlackblütenöl, Apfelöl, BlätterÖl von
Potentilla davurica (?), in Tetrantheraölen (?), im CassieblütenÖl
(von Acacia cavenia und A. Farnesiana), japanischen Pfefferöl,
Öl von Boronia pinnata, Pompelmusöl, Neroliöl, Petitgrainöl,
mexikanischen und Cayenne-Linaloeöl, Öl von Darwinia fasci-
cularis (?), Öl von Eucalyptus acervula, E. Macarthuri, E. Stai-
geriana, E. citriodora, Leptospermum Liversidgei, Angophora
Baker/, Stenocalyx pitanga, Corianderöl, Jasminblütenöl, Verbena-
öl, Spiköl (?), Lavendelöl, Öl von Ocimum canum,Pycnanthemum
Ianceolatum, spanischen Thymianöl, Gouftöl und Shö-Gyüöl.
Verestert kommt Geraniol vor als Acetat im Nadelöl von Callitris
glauca, Palmarosaöl, Lemongrasol, Sassafrasblätteröl, Kuromojiöl,
Citronenöl, Petitgrainöl, Öl von Eucalyptus Macarthuri, E. Stai-
geriana, Leptospermum Liversidgei, Öl von Darwinia fascicularis,
Lavendelöl, als Isovalerianat im Sassafrasblätteröl, als n-Capronat
im Palmarosaöl und Lavendelöl und als Tigltnat im Geraniumöl.
/?-Geranylglucosid haben Bourquelot und Bridel 1 ) in der
Pelargoniumpflanze (P. odoratissimum) nachgewiesen. Den-
selben Forschern ist es auch gelungen, dieses Glucosid syn-
thetisch zu gewinnen. £?-Geraniol-d-glucosid (Smp. 58°) hatten
E. Fischer und Helferich' 2 ) bereits früher dargestellt.
Geraniol gibt als primärer Alkohol mit wasserfreiem Chlor-
calcium eine kristallisierte, in Lösungsmitteln wie Äther, Ligroin,
Benzol, Chloroform, unlösliche Doppelverbindung- 5 ), die durch
*) Compt. rend. 157 (1913), 72; Journ. de Pharm, et Chim. VII. 8
(1913), 204.
a ) Liebigs Annalen 388 (1911), 68.
s ) Jacobsen, Liebigs Annalen 157 (1871), 234.
430 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Wasser wieder in Chlorcalcium und Geraniol zerlegbar ist; diese
Eigenschaft ermöglicht in einfachster Weise die Darstellung
chemisch reinen Geraniols (s. unten). Auch mit Magnesium-
chlorid, Calcium- und Magnesiumnitrat entstehen kristallisierte
Verbindungen x ).
Zur Isolierung des Geraniols aus Gemischen mit Kohlen-
wasserstoffen u. s. w. sind noch verschiedene andere Verfahren
angegeben worden. Sie laufen alle darauf hinaus, daß man ent-
weder durch Einwirkung von Phthalsäureanhydrid auf dieNatrium-
verbindung des rohen Geraniols 2 ) oder durch Erwärmen von
Geraniol im Wasserbade mit Phthalsäureanhydrid ohne Lösungs-
mittel 8 ) oder in Benzollösung 1 ) den sauren Phthalsäureester des
Geraniols darstellt und entweder diesen selbst oder sein Natrium-
salz, das man in reinem Zustande aus dem kristallisierten Silber-
salz gewinnen kann, durch alkoholisches Kali verseift. Die
genannten Verfahren besitzen indessen vor der Chlorcalcium-
Methode keine Vorzüge, sie sind im Gegenteil umständlicher und
liefern durchaus kein reineres Produkt als diese.
Das auf die eine oder andere Weise dargestellte reine
Geraniol ist eine optisch inaktive, farblose, rosenartig riechende,
ölige Flüssigkeit, die sich bei längerem Aufbewahren unter Luft-
zutritt durch Sauerstoffaufnahme verändert, wobei auch der
Geruch leidet. Die Eigenschaften des Alkohols werden wie folgt
angegeben:
Sdp. 110 bis 111° (10 mm), 121° (18 mm), 230° bei Atmo-
sphärendruck 4 ). — Sdp. 120,5 bis 122,5° (17 mm), d 20 . 0,8894 (1),
n D20 o 1 ,4766 «). — Sdp. 1 1 0,5 bis 111° (korr., bei 1 mm), d^ 0,881 2 7 ),
d 16 . 0,880 bis 0,883, n D17 , 1,4766 bis 1.4786 8 ).
An eigenen, im Großbetrieb hergestellten Präparaten fanden
Schimmel § Co.:
*) Bericht von Schimmel 8} Co. April 1895, 38.
a ) Tiemann u. Krüger, Berl. Berichte 29 (1896), 901.
s ) H. u. E. Erdmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 15.
4 ) Flatau u. Labbe, Compt. rend. 126 (1898), 1725; Bull. Soc. chim.
III. 19 (1898), 633. — Stephan, Journ. f. prakt. Chem. II. 60 (1899), 248.
s ) Bertram u. Gildemeister, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 508.
8 ) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 26 (1893), 2711.
') H. w. E. Erdmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 3; Berl. Be-
richte 31 (1898), 359, Anm. t.
s ) Stephan, Journ. f. prakt. Chem. II. 58 (1898), 110; 60 (1899), 244.
Alkohole. 43]
Sdp. 229 bis 230° (757 mm), 114 bis 115° (12 mm), d 18 . 0,883
bis 0,886, n D20 . 1,476 bis 1,479, löslich in 8 bis 15 Vol. 50°/oigen
und in 2,5 bis 3,5 Vol. 60°/oigen Alkohols.
Als primärer Alkohol geht Geraniol bei der Oxydation in
den zugehörigen Aldehyd Citral über und kann aus diesem
durch Reduktion wieder erhalten werden 1 ); da Citral synthetisch
darstellbar ist, so ist damit auch Geraniol in die Reihe der
synthetisch zu erhaltenden Verbindungen getreten.
Mit Hilfe der von Sabatier und Senderens 3 ) angegebenen
Reaktion, die in der katalytischen Wirkung von Kupfer auf primäre
Alkohole bei hoher Temperatur besteht, erreichte Bouveault 8 )
eine glatte Überführung des Geraniols in Citral.
Durch Isomerisierung entsteht (neben Terpineol und Nerol)
Geraniol oder dessen Acetat aus Linalool, wenn dieses mit Acetan-
hydrid längere Zeit erhitzt wird*); umgekehrt kann Geraniol durch
Erhitzen mit Wasser im Autoklaven auf 200° (bei höherer Tem-
peratur bilden sich Kohlenwasserstoffe und deren Polymerisations-
produkte) wieder in Linalool zurückverwandelt werden 5 ). Wenn
Salzsäure auf ein im Wasserbade erwärmtes Geraniol-Toluol-
Gemisch einwirkt, so bildet sich Linalylchlorid 8 ), das mit Silber-
nitratlösung Linalool liefert 7 ). Hierdurch läßt sich erklären, daß
Tiemann 7 ) durch Behandlung der bei der Einwirkung von Salz-
säure auf Geraniol entstehenden Reaktionsprodukte mit alko-
holischem Kali Linalool erhielt.
Mit dem von Dupont u. Labaune erhaltenen Linalylchlorid ist in der
Hauptsache ein Chlorid identisch, das Forster und Cardwell 8 ) beim Zu-
sammenbringen von Geraniol mit Pyridin und Thionyl Chlorid gewonnen haben,
und das als Geranylchlo/id anzusehen ist. Es bildet eine farblose, wie
Hopfen riechende Flüssigkeit: Sdp. 103° (14mm), d S6 o 0,918, n D 1,4741, Mitrosat
Smp. 101°. Neben dem Geranylchlorid entsteht ein Kohlenwasserstoff Ci Hi 6
x ) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 828.
-) Compt. rend. 136 (1903), 738, 921, 983.
3 ) Bull. Soc. chim. IV. 3 (1908), 119.
4 ) Bouchardat, Compt. rend. 116 (1893), 1253. — Tiemann u.Semmler,
BerLBerichte 26 (1893), 2714. — Stephan, Journ.f.prakt Chem. II. 58 (1898), 111.
«) Bericht von Schimmel $ Co. April 1898, 25.
°) Das Linalylchlorid von Dupont und Labaune ist nicht rein, sondern
enthält wahrscheinlich Geraniolderivate.
T ) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 832. — Dupont u. Labaune,
Berichte von Roure-Bertrand Fils Oktober 1909, 27.
s) Journ. chem. Soc. 10S (1913), 1338.
432 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
vom Sdp. 174 bis 176°: d aeo 0,836, n D 1,4725, Nitrosat, Smp. 131°. Durch Er-
hitzen des Geranylchlorids mit Natriumalkoholat bildete sich Geranyläthyl-
äther, eine schwach rosenartig riechende Flüssigkeit vom Sdp. 115° (19 mm),
daso 0,864, n D 1,4662. (Dupont und Labaune geben für den Äther den Sdp.
218° an.) Die Reduktion der Geranylchlorids in 50 7 iger Essigsäure mit Zink-
staub führte zu einem Kohlenwasserstoff Ci Hi 8 (Sdp. 161°; ds BO 0,768; n D 1,4458,
Nitrosat, Smp. 95° unter Zersetzung), der vielleicht Dihydromyrcen (Linaloolen)
ist. Durch Erhitzen einer alkoholischen Lösung von Geranylchlorid mit
Matriiimacetessigester erhielten Forster und Cardwell den Geranylacet-
essigsäureäthylester, eine angenehm riechende Flüssigkeit vom Sdp. 180°
(16 mm), daio 0,962, n D 1,4688. Durch Kochen dieses Esters mit einer Lösung
von Bariumhydroxyd in verdünntem Alkohol entsteht ein Keton, das Geranyl-
aceton, das mit dem Dihydropseudojonon Kerschbaums identisch ist.
Durch Umsetzung von Geranylaceton mit Magnesiumbrombenzol resultiert
der tertiäre Alkohol Homogeranylphenylmethylcarbinol, eine farblose,
fast geruchlose Flüssigkeit vom Sdp. 206° (19 mm). Der aus Natriummalon-
säureester und Geranylchlorid erhaltene Geranylmalonsäureäthylester
ist zweifellos dasselbe Produkt wie das von Dupont und Labaune 1 ) be-
schriebene.
Im allgemeinen ist Geraniol nicht in dem Maße durch Säuren
veränderbar wie Linalool, doch kann durch saure Reagenzien
eventuell Ringschluß unter Bildung von Cyclogeraniol erfolgen.
Durch Kochen mit Acetanhydrid wird es quantitativ in das Acetat
übergeführt, aber nicht isomerisiert. Beim Schütteln mit ver-
dünnter Schwefelsäure wird es, ebenso wie Linalool, jedoch
schwieriger, in Terpinhydrat umgewandelt' 2 ). Konzentrierte
Ameisensäure wirkt, wie Kaliumbisulfat oder Phosphorsäure-
anhydrid, wasserentziehend auf Geraniol; während durch Kalium-
bisulfat ein Kohlenwasserstoff mit offener Kohlenatomkette ent-
stehen soll 15 ), bilden sich durch die anderen Reagenzien Terpene,
durch Ameisensäure a-Terpineol, Dipenterf und Terpinen 4 ). Will-
stätter und Mayer 8 ) hydrierten Geraniol mittels Platinmohr und
Wasserstoff und erhielten ein Gemisch von 2,6-Dimethyloctan
und 2,6-Dimethyloctanol-8. Dieselben Produkte erhielt Enklaar 8 )
bei der Reduktion nach der S ab ati ersehen Methode, wobei
1 ) Berichte von Roure-Bertrand Fils April 1911, 3.
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 28 (1895), 2138.
3 ) Semmler, Berl. Berächte 24 (1891), 683.
*)Bertram u. Gildemeister, fourn. f. prakt Cham. II. 49 (1894), 195;
53 (189*6), 236. — Stephan, ebenda 60 (1899), 244.
5 ) Berl. Berichte 41 (1908), 1475.
6 ) Ebenda 2083.
Alkohole. 433
außerdem noch ein nicht näher charakterisierter, cyclischer
Alkohol C 10 H 20 O entstand.
Alkalien wirken in der Kälte kaum auf Geraniol ein;
wird es dagegen mit einer konzentrierten alkoholischen Alkali-
lösung auf 150° erhitzt, so soll sich nach Barbier 1 ) unter
Kohlensäureabspaltung ein tertiärer Alkohol, C„H 18 0, bilden;
diese Angabe beruht indessen auf einem Irrtum, denn der ent-
stehende Alkohol ist Methylheptenol, C 8 H ie 2 ).
Die durch Addition von Brom und Einwirkung von Halogenwasserstoff
auf Geraniol entstehenden Verbindungen sind meist flüssige und ziemlich
leicht veränderliche Körper, doch kann ein kristallisiertes, bei 70 bis 71°
schmelzendes Tetrabromid dargestellt werden 8 ).
Wie schon auf S. 431 angegeben ist, liefert auch Geraniol
bei der Oxydation mit Chromsäuregemisch zunächst einen Alde-
hyd, Citral, C 10 H 19 O*), unter besonderen Versuchsbedingungen
kann jedoch auch Methylheptenon erhalten werden 5 ). Daneben
treten aber weitere Abbauprodukte des Citrals auf, sodaß der
Übergang durchaus nicht quantitativ erfolgt. Beim Schütteln
mit ganz verdünnter Permanganatlösung bilden sich wahr-
scheinlich zunächst mehrwertige Alkohole, die durch Chrom-
säuregemisch zu Aceton, Lävulinsäure und Oxalsäure oxydiert
werden 6 ). Da Geraniol optisch inaktiv und ein primärer Alkohol
ist, hat man ihm, gestützt auf das Ergebnis der Oxydation, die
Formel eines 2,6-Dimethyl-octadien-(2,6)-ols-(8) (Terpinolenform)
CH 8 • C(CH S ) : CH ■ CH 2 • CH 2 • C(CH 3 ) : CH • CH 3 OH
zugeschrieben 7 ). Wie Citronellol kann auch Geraniol Natrium-
bisulf it anlagern, und zwar 2 Moleküle, da es 2 Doppelbindungen
enthält 8 ).
Aus den Oxydationsversuchen, die sie auf verschiedene Weise
ausführten, folgern A. Kötz und Th. Steche 9 ), daß Geraniol
*) Compt. rend. 126 <1898), 1423.
a ) Bericht von Schimmel Sj Co. Oktober 189S, 68. — Tiemann, Bert.
Berichte Sl (1898), 2991.
*) v. Soden u. Treff, Berl. Berichte 39 (1906), 913.
*) Semmler, Berl. Berichte 23 (1890), 2965; 24 (1891), 203.
») Semmler, ebenda 26 (1893), 2720.
a ) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 28 (1895), 2130.
7 ) Ebenda 2132.
s ) Labbe, Bull. Soc. chim. III. 21 (1898), 1079.
9 ) Journ. f. prakt. Chem. IL 107 (1924), 193.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 28
434 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
entweder ein Gemisch der Terpinolenform mit der Limonenform :
CH 2 : C(CH a ) • GH 2 • CH 2 • CH 2 • C(CH 3 ) : CH - CH g OH
darstellt oder aber nur aus der Limonenform besteht. Weitere
Untersuchungen darüber werden in Aussicht gestellt.
Das Vorkommen von Estern des Geraniols in ätherischen
Ölen ist bereits auf S. 428 erwähnt. Da Geraniol gegen Säuren
ziemlich beständig ist, können seine Ester künstlich aus Säure-
anhydriden und Geraniol allein, oder aber aus Säurechloriden
und Geraniol unter Zusatz von Pyridin 1 ) dargestellt werden. Die
Fettsäureester sind durchweg flüssig und um so schwächer im
Gerüche, je größer das Molekül des in ihnen vorhandenen Säure-
restes ist. Das Formiat und das Acetat sind bei den später
besprochenen Estern näher beschrieben.
Von den sonstigen Estern des Geraniols sind noch der Diphenylcarbamin-
säureester und der saure Phthalsäureester erwähnenswert, weil beide kristal-
lisieren und der erstere ein zur Identifizierung des Geraniols sehr geeignetes
Derivat ist (s.S. 435), während die Phthalestersäure (Smp. 47°)*) zur Dar-
stellung reinen Geraniols benutzt werden kann. Zu beachten ist, daß geranyl-
phthalestersaures Natrium bei der Destillation mit Wasserdampf zum Teil in
Linalool übergeht 3 ). Auch ein Tetrabromid der Phthalestersäure ist bekannt,
das bei 114 bis 115° schmilzt; das Silbersalz der Phthalestersäure schmilzt
bei 133°. Bei der Darstellung dieser Säure arbeitet man zweckmäßig in Benzol-
lösung; höhere Temperatur ist zu vermeiden, da sonst das Geraniol völlig
zerstört wird. Weiterhin verdienen noch Erwähnung : Geranyl-a-naphthylurethan
(Smp. 47 bis 48°), Geranyl-dM-naphthylurethan (Smp. 105 bis 107°) und das
bei 124° schmelzende Geranylphenylurethan.
Handelt es sich darum, aus einem geraniolhaltigen Öle das Geraniol als
solches abzuscheiden, so verfährt man nach Bertram und Gildemeister 1 )
folgendermaßen: Gleiche Teile Öl und staubfein gepulvertes Chlorcalcium
werden sorgfältig miteinander verrieben; das Gemisch, das sich infolge der
eintretenden Reaktion auf 30 bis 40° erwärmt, wird in einem Exsiccator einige
Stunden lang an einen kühlen Ort gestellt Die entstandene feste Masse wird
alsdann zerkleinert, mit wasserfreiem Äther, Benzol oder niedrig siedendem
Petroläther zerrieben, auf ein Filter gebracht und mit Hilfe einer Wasser-
Strahlpumpe durch mehrmaliges Waschen mit Äther usw. von den nicht an
Chlorcalcium gebundenen Anteilen befreit. Das so erhaltene Gemenge von
Geraniol-Chlorcalcium und überschüssigem Chlorcalcium wird durch Wasser
") H. u. E. Erdmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 14; Berl.
Berichte 31 (1898), 356.
"> Flatau u. Labbe, Compt. rend. 126 (1898), 1725.
3 ) Stephan, Journ. f. prakt Chem. II. «0 (1899), 252.
*) Journ. f. prakt. Chem. II. 53 (1896), 233; 56 (1897), 507.
Alkohole. 435
zerlegt, das abgeschiedene Ol mehrmals mit warmem Wasser gewaschen und
schließlich mit Wasserdampf destilliert.
Die Abscheidung des Geraniols aus Gemischen nach diesem Verfahren
erfolgt nicht quantitativ, außerdem muß das zu verarbeitende Öl mindestens
zu einem Viertel aus Geraniol bestehen. Wenn man nur über geringe Mengen
Material verfügt, so benutzt man zur Charakterisierung besser das zuerst
von Erdmann und Huth 1 ) zu diesem Zwecke empfohlene Diphenylurethan
des Geraniols (CoHs^NCOOCioHi,. Zur Darstellung geben die Genannten
folgende Vorschrift-): 1 g Öl, 1,5g Diphenylcarbaminchlorid und 1,35 g Pyridin
werden zwei Stunden lang im kochenden Wasserbade erhitzt; das Reaktions-
produkt wird mit Wasserdampf behandelt und der beim Erkalten erstarrende
Rückstand aus Alkohol umkristallisiert. Ist gleichzeitig mit dem Geraniol viel
Citronellol vorhanden, so ist es schwer, ein reines Präparat zu erhalten, da
Citronellol ebenfalls ein, allerdings flüssig bleibendes Diphenylurethan liefert;
man gewinnt in diesem Falle zunächst Urethane von niedrigerem Schmelz-
punkt (40 bis 50 °), die erst nach mehrmaligem Umkristallisieren aus Alkohol
das reine Diphenylurethan des Geraniols vom Schmelzpunkt 82,2" liefern.
Will man Geraniol noch weiter charakterisieren, so kann man es durch
Oxydation in Citral und dieses in die Citryl-/3-naphthocinchoninsäure über-
führen (s. Citral); hierzu muß der Alkohol aber schon ziemlich rein sein und
darf namentlich kein Linalool enthalten, da dieses durch Oxydation mit Chrom-
säuregemisch gleichfalls Citral liefert. Ist neben dem Geraniol Citral zugegen,
so muß letzteres zerstört werden, was z. B. durch Behandlung mit schwefliger
Säure erreicht werden kann.
Eine Umwandlung von Geraniol in Citronellol ist auf dem
Umwege über die Geraniumsäure möglich; diese wird zu Citro-
nellsäure reduziert, die dann in Citronellol übergeführt wird* 5 ).
Hiermit ist bewiesen, daß Citronellol Dihydrogeraniol ist.
Nerol.
C 10 H ls O. Mol.-Gew. 154.
Nerol ist ein dem Geraniol stereoisomerer Alkohol. Der
Beweis dafür, daß die Isomerie
nicht auf Strukturverschiedenheit 3 \q : CH • CH., • CH • C • CH 3
beruht, wurde von Blum an n HjC/ HO-CH -CH
und Zeitschel 4 ) durch die Fest-
stellung erbracht, daß bei der Oxydation von Geraniol und von
*) Journ. f. prakt. Chem. II. 58 (1896), 45.
2 ) Ebenda 56 (1897), 28.
s ) Tiemann, Bert. Berichte 31 (1898), 2899. — Bouveault u. Gour-
mand, Compt. rend. 188 (1904), 1099.
*)BerI. Berichte 44(1911), 2591. Vgl.auchZeitschel, ebenda 39 (1906),1780.
28*
436 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Nerol unter gleichen Bedingungen dieselben Abbauprodukte,
Aceton, Lävulinsäure und Oxalsäure in annähernd gleichen
Mengenverhältnissen erhalten werden.
Nerol wurde im Jahre 1902 von Hesse und Zeitschel 1 )
im Neroliöt, in dem es hauptsächlich als Acetat vorkommt, auf-
gefunden. In der Folgezeit wurde es nachgewiesen im Ceylon-
CitronellÖl, Java-Canangaöl, Champacablütenöl, Goldlackblütenöl,
Rosenöl, im Öl von Robinia pseudacacia (?), im Bergamottöl,
Petitgrainöl, mexikanischen Linaloeöl, Myrtenöl, französischen
Lavendelöl, im Öl von Helichrysum angustifolium und im
spanischen Wermutöl.
Zur Darstellung des Alkohols dient entweder das Heli-
chrysumöl 2 ), das 30 bis 50 °/o. davon als Acetat enthält, oder
das Petitgrainöl 3 ).
Synthetisch wird Nerol durch Einwirkung von Essigsäure-
anhydrid auf Linalool neben Geraniol und Terpineol erhalten*);
es bildet sich femer in geringer Menge (ca. 5 °/o) bei der Reduktion
von Citral.
Verley 5 ) behandelt zur Gewinnung von Nerol eine Lösung
von Geraniol in der Kälte mit einer Mineralsäure, am besten
mit Jodwasserstoffsäure. Nach dem Waschen mit Natrium-
carbonat und dem Abdestillieren des Lösungsmittels wird die
Jodverbindung mit einer Lösung von Natriumhydroxyd in Al-
kohol erwärmt und das Rohprodukt über den Phthalsäureester
gereinigt.
Die Reindarstellung von Nerol ist sehr schwierig. An einem
besonders gereinigten Präparat wurde bestimmt: Sdp. 226 bis 227°
(755 mm), 125° (25 mm), d 16 . 0,8813, « D ±0°«). Behal 7 ) fand für
ein durch Verseifen des Allophanats erhaltenes Nerol: Sdp. 115
bis 117° (17 mm), d 1B „ 0,881, « D +0°, n ms „ 1,47539.
% ) Journ. f. prakt. Chem. II. 66 (1902), 502.
2 ) Heine S Co., D. R. P. 209 382.
3 ) v. Soden u. Zeitschel, Berl. Berichte S6 (1903), 265; Heine § Co.,
D. R. P. 150495.
*) Zeitschel, Berl. Berichte 89 (1906), 1780; Heine § Co., D. R. P.
165894—96.
8 ) Revue des produits chimiques 21 (1918), 352. — Engl. Pat. 127575;
Chem. Zentralbl. 1922, IL 1171.
•) v. Soden u. Treff, Chem. Ztg. 27 (1903), 897.
') Bull. Soc. chim. IV. 25 (1919), 452.
Alkohole. 437
Das ISerol besitzt einen angenehmen, rosenähnlichen Geruch
und zeigt im chemischen Verhalten eine große Ähnlichkeit mit
Geraniol. Beim Schütteln mit verdünnter Schwefelsäure liefert
es leicht Terpinhydrat, durch Oxydation entsteht entweder Citral
selbst oder ein wie dieses riechender Aldehyd. Gegen Ameisen-
säure ist es, wie Geraniol, bei höherer Temperatur sehr un-
beständig. Mit Chlorcalcium bildet es keine kristallisierte Doppel-
verbindung, es kann also von Geraniol wenigstens annähernd
getrennt werden. Zum gleichen Zweck eignen sich die Diphenyl-
urethane infolge ihrer verschiedenen Löslichkeit in gewissen
Lösungsmitteln (Petroläther, Methylalkohol).
Von Derivaten seien erwähnt das bei 118 bis 119° schmel-
zende Tetrabromid *), das bei 52 bis 53° schmelzende Diphenyl-
urethan 2 ) und das bei 101,5° schmelzende Allophanat 8 ).
Citronellol.
C 10 H S0 O. Mol.-Gew. 156.
Citronellol ist zuerst von Dodge*) durch Reduktion von
Citronellal aus Citronellol erhalten worden. Das so dargestellte
Citronellol ist, wie
das Ausgangsmate- L ""^C • CH„ • CH„ • CH„ • CH • CH, • CH, OH
rial, rechtsdrehend. n s C/ •
1 «xn • 1 A, Limonenform. *-n 8
In ätherischen Ölen
istderAtkoholmehr- n "3^^ CH.CH..CH.OH
fach nachgewiesen H S C/ ' ' - H
worden, und zwar * Terpinolenform CH 3
in beiden optisch (Rhodinol Barbiers),
aktiven Modifikationen in den Geraniumölen und im Öl von
Eucalyptus cftriodora, als 1-CitronelIoI im Öl des roten Harzes von
Xanthorrhoea Preissii, im Rosenöl und im Öl von Pelargonium
graveolens, als d- Citronellol im Java- Citronellol, im Öl von
Barosma pulchellum und im spanischen Verbenaöl; auch im
Sadebaumöl, im formosanischen Citronellol, im Öl von Cymbo-
*) v. Soden u. Treff, Berl. Berichte 39 (1906), 907.
2 ) v. Soden u. Treff, Chem. Ztg. 27 (1903), 897.
3 ) Behal, Bull. Soc. chim. IV. 26 (1919), 452.
*) Americ. ehem. Journ. 11 (1889), 456.
438 -Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
pogon javanensis, Boronia citriodora (frei und als Ester),
Stenocalyx pitanga, im Sho-Gyüöl und im Öl von Leptospermum
scoparium (als Zimtsäureester) ist Citronellol beobachtet worden.
Es finden sich also neben dem freien Alkohol auch dessen Ester
in ätherischen Ölen.
Die früher als „Rhodinol" 1 ) oder „Reuniol" 2 ) beschriebenen
Alkohole waren, wie spätere Untersuchungen ergeben haben,
Gemische des Citronellols mit Geraniol. Auch das „Roseol" von
Markownikoff und Reform atsky 3 ), das den Hauptbestandteil
des Rosenöls ausmachen sollte, hat sich als Gemisch von Citro-
nellol und Geraniol erwiesen. Barbier und seine Mitarbeiter,
besonders Bouveault, halten daran fest, daß* der im Pelar-
goniumöl und im Rosenöl vorkommende linksdrehende Alkohol
C 10 H 20 O von dem gewöhnlichen d-Citronellol verschieden ist und
nicht nur dessen linksdrehende Modifikation darstellt. Bouveault 4 )
beansprucht daher für diesen Alkohol auch weiterhin den Namen
„Rhodinol". Die über diesen Gegenstand erschienenen Arbeiten
von Hesse 5 ), Wallach und Naschold 6 ), Erdmann und Huth 7 ),
Bertram und Gildemeister 8 ), Tiemann und Schmidt 9 ) hatten
die Frage noch nicht völlig zu klären vermocht.
Die späteren Untersuchungen machen es wahrscheinlich, daß
weder das „Citronellol" noch das „Rhodinol" ganz einheitlich
zusammengesetzt sind, und daß jenes hauptsächlich aus der
Limonenform [2,6-Dimetbyl-octen-(l)-ol-(8)] des Citronellols, dieses
überwiegend aus derTerpinolenform [2, 6-Dimethyl-octen-(2)-ol-(8)]
besteht.
*) Eckart, Afch. der Pharm. 229 (1891), 355; Berl. Berichte 24 (1891),
4205. — Barbier u. Bouveault, Compt. rend. 117 (1893), 177, 1092; 118 (1894),
1154; 119 (1894), 281, 334; 122 (1896), 530, 673.
3 ) Hesse, Journ. f. prakt. Chem. II. 50 (1894), 472.
s ) Ebenda II. 48 (1893), 293; Berl. Berichte 23 (1890), 3191; 27 (1894),
Ref. 625.
4 ) Bull. Soc. chitn. III. 23 (1900), 458.
6 ) Journ. f. prakt. Chem. II. 50 (1894), 472.
6 ) Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1896, Sitzung vom 8. Februar; Chem.
Zentralbl. 1896, I. 809.
') Journ. f. prakt. Chem. II. 53 (1896), 42.
8 ) Ebenda II. 49 (1894), 185; vgl. auch Bericht von Schimmel Ej Co.
Oktober 1894, 23; April 1895, 37.
9 ) Berl. Berichte 29 (1896), 903; 30 (1897), 33.
Alkohole. 43g
Die von Bouveault 1 ) vertretene Auffassung von der Kon-
stitution der beiden isomeren Alkohole gründet sich auf das
verschiedene Verhalten der zugehörigen Aldehyde (vgl. hierüber
bei Citronellal). Derselben Ansicht sind auch Harri es und
Himmelmann 2 ).
Barbier und Locquin 3 ) ist es nun gelungen, das Limonen-
Citronellol in Terpinolen-Citronellol überzuführen.
Als sie, vom Essigester sowohl des gewöhnlichen d-CitronelloIs wie des
1-Citronellols (Rhodinols aus Geranium- oder Rosenöl) ausgehend, Chlor- oder
Bromwasserstoff in Eisessiglösung an die doppelte Bindung anlagerten, erhielten
sie, wie zu erwarten, dasselbe Anlagerungsprodukt nach der Gleichung:
CH 8 • C ■ CH 2 • CH a - CH» ■ CH ■ CH S • CH 2 OH
CM, CH S
Lim.-Citronellol. +HX = CH s -CX-CH s CH 2 -CH s CH-CH 3 CH 3 OH
CHs CHs
CH S • C : CH ■ CH 2 - CH a • CH • CH 2 ■ CHsOH
CH 3 CHs
Terp.-Citronellol.
Die Halogenwasserstoffverbindung gibt bei der Behandlung mit Natrium-
acetat in Eisessiglösung und darauffolgender Verseifung, je nach dem Aus-
gangsmaterial, das d- oder 1-Rhodinol. Außerdem entsteht bei dieser Reaktion
das 3,7-Dimethyloctandiol, das Citronellolhydrat oder -glykol von Tiemann
und Schmidt 4 ). Wesentlich einfacher ist die Darstellung des Glykols, wenn
man Citronellol mit 30 %iger Schwefelsäure längere Zeit schüttelt. Beim
Kochen mit 5%ig e r Schwefelsäure gibt das Glykol wieder Wasser ab unter
Umwandlung in Rhodinol. Der so gewonnene Alkohol soll sehr viel rosen-
ähnlicher riechen als das Citronellol, das dagegen fast ohne Geruch sein soll.
Weiter wird als Beweis für die Verschiedenheit des Rhodinols
vom Citronellol angeführt, daß ersteres bei der Oxydation einen
Aldehyd, das Rhodinal, liefert, dessen Oxim zum Unterschied
vom Citronellaloxim unter der Einwirkung von Essigsäureanhydrid
nichLetwa Citronellsäurenitril und weiter mit alkoholischem Kali
Citronellsäure gibt, sondern in Übereinstimmung mit Bouveaults
früherem Befund, Acetylmenthonoxim. Die umgekehrte Reaktion,
Rhodinol in Citronellol überzuführen, ist nicht gelungen.
Bei der Oxydation geht Lim.-Citronellol zunächst in den
Aldehyd Citronellal, C 10 H 18 O, über, der durch Reduktion mit
*) Loc. cit. und Compt. rend. 138(1904), 1699; vgl. auch ebenda 122(1896), 737.
*) Berl. Berichte 41 (1908), 2187, 2192.
■) Compt rend. 157 (1913), 1114.
4 ) Berl. Berichte 29 (1896), 907.
440 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Natriumamalgam wieder in den Alkohol umgewandelt werden
kann; der Übergang in den Aldehyd erfolgt indessen ebenso-
wenig wie beim Geraniol quantitativ, meistens erhält man weitere
Oxydationsprodukte wie Citronellsäure usw. 1 ). Wird Citronellol
durch kalte verdünnte Permanganatlösung zunächst hydroxyliert
und der entstehende mehrwertige Alkohol mit Chromsäuregemisch
weiter oxydiert, so erhält man als Spaltungsprodukte Aceton und
/?-Methyladipinsäure, letztere je nach dem angewandten Ausgangs-
material mehr oder weniger optisch aktiv oder inaktiv mit dem-
gemäß schwankendem (von 82 bis 96°) Schmelzpunkt.
Durch Ozon wird Citronellol in ein Ozonid C 10 H X9 (OH)O 3
übergeführt 8 ).
Kötz und Steche 8 ) führten durch gelinde Oxydation Citro-
nellol mittels Benzoepersäurelösung in Oxydocitronellol C 10 H„ O s
(Sdp. 139 bis 140° [13 mm]) und dieses durch Hydratation mit
Wasser und wenig verdünnter Schwefelsäure in Dioxycitronellol
C 10 H 22 O s (Sdp. 188 bis 189° [13 mm]) über. Als Oxydationsprodukte
des Dioxycitronellols wurden bei vorsichtiger Behandlung mit
Kaliumpermanganat Ameisensäure, bei Behandlung mit Chromsäure
Aceton, Essigsäure und ^-Methyladipinsäure (Smp. 86°) festgestellt.
Die als Abbauprodukt bei der Oxydation des Citronellols
auftretende Ameisensäure kann nur aus der Limonenform und
niemals aus der Terpinolenform dieses Alkohols entstanden
sein. Dadurch wird bewiesen, daß das Citronellol mindestens
zu einem Teile in der Limonenform vorliegt. Offen bleibt noch
die Frage, ob der Alkohol aus einem Gemisch der beiden
Formen oder nur aus der reinen Limonenform besteht, und als
Folgerung daraus, ob bei der Oxydation nach Tietnann und
Sem ml er die Limonenform nur in unbeachtete Oxydations-
produkte (Kohlensäure und Essigsäure) übergeht, oder ob sie
sich teilweise in die Terpinolenform umwandelt.
Citronellol wird durch Nickel im Wasserstoffstrom zu Di-
hydrocitronellol reduziert 4 ).
*) Tietnann u. Schmidt, Bert. Berichte 30 (1897), 34.
*) Harries, Bert. Berichte 46 (1912), 942.
") Journ. f. prakt. Chem. II. 107 (1924), 193.
*) Haller u. Martine, Compt. rend. 149(1905), 1298.— Rupe u. Rinder-
knecht, s.Anm.2aufS.441. — Vgl. auch v.Braun u.Kaiser, Berl. Berichte 56
(1923), 2268.
Alkohole. 441
Künstlich läßt sich Citronellol aus dem zugehörigen Aldehyd
Citronellal durch Reduktion mit Natriumamalgam und Eisessig 1 ),
oder mit Natrium und Eisessig in absolutem Alkohol oder mit
Wasserstoff und Nickelkatalysator 2 ) gewinnen.
Technisch wird Citronellol dargestellt durch Reduktion des
Citronellals mit amalgamiertem Aluminium 8 ).
Die Reduktion des Geraniols zu Citronellol ist auf ver-
schiedene Weise ausgeführt worden, z. B. von Hesse*) durch
Einwirkung von Natrium auf Geraniol, oder von Paal 6 ) durch
Behandeln des Geraniols mit Wasserstoff und Platin oder
Palladium. Grignard und Escourrou 6 ) wendeten zu dem-
selben Zweck Platinschwarz oder Nickel an.
Auch Citral wird in Gegenwart von Palladium durch Wasser-
stoff zu Citronellol reduziert').
Reduziert man Geraniumsäureester mit Natrium und Alkohol,
so gelangt man ebenfalls zu Citronellol 8 ).
Erwähnenswert ist noch, daß durch Reduktion mittels
gärender Hefe aus Citronellal Citronellol erhalten wurde*).
Nach einem Patent der Farbenfabriken vorm. Friedr.
Bayer S; Co. 10 ) wird Terp.-Citronellol gewonnen, wenn man
Magnesium - Methylheptenylhalogenid auf Derivate des Äthylen-
glykols einwirken läßt und die so erhaltenen Organomagnesium-
verbindungen in üblicher Weise zersetzt.
Unter der Annahme, daß das natürlich vorkommende oder
durch Reduktion gewonnene d- oder i- Citronellol der Haupt-
sache nach aus der Limonenform, das linksdrehende Citronellol
aus Geranium- und Rosenöl im wesentlichen aus der Terpinolen-
*) Dodge, Amenc. ehem. Journ. 11 (1889), 463; Tiemann u. Schmidt,
Berl. Berichte 29 (1896), 906; Erdmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 38.
a ) Rupe u. Rinderknecht, Helvet. chim. acta 7 (1924), 541.
s ) Vgl. Hesse in Ulimann, Enzyklopädie der technischen Chemie,
Bd. IX, S. 573.
*) D.R.R 256716.
B ) D.R.P. 298193.
«) Bull. Soc. chim. IV. 87 (1925), 542.
*) Skita, Berl. Berichte 42 (1909), 1634.
*) Bouveault u. Gourmand, Compt. rend. 138 (1904), 1699. Vgl. auch
Barbier u. Locquin loc. cit.
") Meuberg u. Mayer, Biochem. Zeitschr. 71 <1915), 174.
") D.R.P. 423544 (1924). Chem. Zentralbl. 1926, 1. 3635.
442 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
form besteht, sollen hier die Eigenschaften dieser beiden Gruppen
aufgeführt werden, wobei zu berücksichtigen ist, daß es sich
wohl in keinem Fall um ganz reine Substanzen handelt.
1. Lim.-Citronellol.
Durch Reduktion aus Citronellal 1 ) entstanden: Sdp. 117 bis
118° (17 mm), d 17>8 . 0,8565, W^ + V, n D 1,45659.
Ausjava-Citronellöl: Sdp. 109° (7mm), 103 a (5mm), d 16 .0,8604
bis 0,8629, a D -+- 2°7' bis + 2°32', n ms= 1,45651 bis 1 ,45791 2 ).
Aus Citronellal mit Hilfe von Nickel: Sdp. 110,5 bis 111,5°
(10 mm), d^ 0,8501, [a] D + 4,!4° 3 ).
2. Terp.-Citronellol.
Aus Rosenöl nach dem Phosphortrichlorid -Verfahren dar-
gestellt, siedet unter 15 mm Druck bei 113 bis 114°, hat
d 20 . 0,8612, n D 1,45789 und dreht 4° 20' nach links 4 ).
Für den aus Reunion-Geraniumöl nach einem dem Wal lach-
schen ähnlichen Verfahren gewonnenen Alkohol ist angegeben:
Sdp. 225 bis 226° (764,5 mm), d 1B „ 0,862, a n — 1°40',
n D22 . 1,4561 P).
Aus Geraniumöl: Sdp 225 bis 226° (764,5 mm), d 16 . 0,862
bis 0,869, «j, schwach links, bis — 2°, n D20o 1,459 bis 1,463,
löslich in etwa 1,5 Vol. 50°/oigen und in 3 bis 4 Vol. 60°/oigen
Alkohols 2 ).
Aus Geraniol (mit Hilfe von Platinschwarz), nach Grignard
und Escourrou 6 ) im wesentlichen aus Terp.-Citronellol be-
stehend: Sdp. 107 bis 108° (12 mm), d 14 , 0,8513, n m4 = 1,5147.
Ein durch Reduktion von Citronellal, das über die Bisulfit-
verbindung sorgfältig gereinigt worden war, erhaltenes — von
Geraniol freies — Citronellol, das nach Ansicht von Prins 7 )
ein Gemisch der beiden Isomeren darstellt, hatte: d 1B „ 0,867 bis
0,869, n Bä0 , 1,4586 bis 1,4589.
Citronellol riecht, ebenso wie Geraniol, angenehm rosen-
artig, aber weniger herb als dieses. Die Terpinolenform soll,
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 906.
J ) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co.
s ) Rupe u. Rinderknecht loc. cit.
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 923.
s ) Bericht von Schimmel & Co. April 1898, 62.
") Bull. Soc. chim. IV. 37 (1925), 542.
') Chem. Zentralbl. 1919, 1. 348.
Alkohole. 443
nach Ansicht vieler, den feinen Rosengeruch in weit höherem
Maße besitzen, als die Limonenform.
Durch Untersuchung kohlenstoffärmerer und -reicherer, dem
Citronellol analog zusammengesetzter Verbindungen kamen
v. Braun 1 ) und seine Mitarbeiter zu dem Schluß, daß die
optischen Isomeren eines gegebenen Stoffes verschieden auf
die Geruchsnervensubstanz reagieren. Nach Richter 8 ) sind
diese Versuche aber nicht beweisend, da von verschiedenen
Ausgangsstoffen ausgegangen worden war.
Die Rotationsdispersion der optisch aktiven Verbindungen
des Citronellols ist von Rupe und Rinderknecht 8 ) untersucht
worden.
Citronellol ist in chemischer Beziehung bedeutend be-
ständiger als Geraniol und wird beim Erwärmen mit Alkali
nicht angegriffen; beim Schütteln mit 10- bis 30 °/oiger Schwefel-
säure geht es durch Wasseranlagerung in einen zweiatomigen
Alkohol, das Citronellolhydrat oder -glykol 4 ), über. Auf seine
Beständigkeit gegen Phosphortrichlorid in der Kälte, Phthal-
säureanhydrid und Ameisensäure in der Wärme und die ver-
einte Wirkung von Wärme und Druck bei Gegenwart von
Wasser sind verschiedene Verfahren zur Trennung von anderen
Alkoholen gegründet worden. Erwähnenswert ist auch, daß sich
schweflige Säure und Natriumbisulfit an die doppelte Bindung
des Citronellols anlagern 8 ).
Da die häufig zusammen vorkommenden Alkohole Geraniol und Citro-
nellol weder für sich, noch nach der Umwandlung in Ester, durch fraktionierte
Destillation zu trennen sind, so hielt es schwer (besonders da auch das
Chlorcalcium-Verfahren eine quantitative Trennung nicht ermöglicht) reines
Citronellol zu erhalten. Dies gelang zuerst Wallach 6 ), der beobachtete,
daß Geraniol beim Erhitzen mit Wasser im Autoklaven auf 250° unter
Bildung von Kohlenwasserstoffen völlig zersetzt wird, während Citronellol
unverändert bleibt. Ein von Tiemann und Schmidt 1 ) angegebenes Tren-
x ) v. Braun u. Kaiser, Bert. Berichte 56 (1923), 2268; v. Braun u.
Gössel, ebenda 57 (1924), 373.
s ) Zeitschr. f. angew. Chem. 88 (1925), 1200.
3 ) Helvet. chim. acta 7 (1924), 541; 8 (1925), 169.
«) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 907.
») Labb6, Bull. Soc. chim. III. 21 (1899), 1079. — J. Dupont u. Labaune,
Berichte von Roure-Beftrand Fils April 1913, 3.
8 ) Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1896, Sitzung vom 8. Februar.
7 ) Berl. Berichte 29 (1896), 921.
444 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
nungsverfahren beruht darauf, daß Geraniol in ätherischer Lösung durch
Phosphortrichlorid teils in Kohlenwasserstoffe, teils in Geranylchlorid, Citro-
nellol dagegen in einen chlorhaltigen sauren Phosphorigsäureester über-
geführt wird, der sich in Alkalien löst und daher leicht von den anderen
Verbindungen zu trennen ist; das durch Verseifen des Esters erhaltene rohe
Citronellol wird durch Destillation mit Wasserdampf gereinigt. Eine Tren-
nung gelingt auch dann, wenn man das Gemisch der beiden Alkohole mit
Phthalsäureanhydrid auf 200° erhitzt; dabei wird das Geraniol zerstört, während
das Citronellol in den sauren Phthalsäureester verwandelt wird, dessen Natrium-
salz in Wasser loslich ist und durch alkoholisches Kali verseift werden kann.
Walbaum und Stephan 1 ) erhitzen das Alkoholgemisch mit starker Ameisen-
säure, wobei ebenfalls Zersetzung des Geraniols eintritt und Citronellol in das
Formiat übergeht. Auch durch Erhitzen mit Benzoylchlorid auf 140 bis 160°
kann nach Barbier und Bouveault*) das Geraniol zerstört werden.
Die Ester des Citronellols, von denen das Acetat sicher
auch in ätherischen Ölen vorkommt, sind leicht durch Be-
handeln des Alkohols mit den entsprechenden Säureanhydriden
zu gewinnen. Weiteres hierüber siehe im Kapitel Ester.
Der beim Erhitzen von Citronellol mit Phthalsäureanhydrid
entstehende saure Phthalsäureester ist zum Unterschiede von
dem des Geraniols flüssig, gibt aber ein gut kristallisierendes
Silbersalz, aus dem sich reines Citronellol regenerieren läßt 8 ).
d-Citronellol-d-Glucosid bildet einen Sirup; seine Tetra-
acetylverbindung schmilzt bei 30° 4 ).
Die Charakterisierung des Citronellols erfolgt durch seine
Oxydation zu Citronellal (s. d.), das durch Überführung in die
Citronellyl-^-naphthocinchoninsäure oder in das bei 84° schmel-
zende Semicarbazon 3 ) nachzuweisen ist. Bei Abwesenheit von
Geraniol kann Citronellol durch das bei 125 bis 126° schmel-
zende Silbersalz der Citronellylplithalestersäure als solches er-
kannt werden. Der Nachweis durch den Citronellylbrenztrauben-
säureester, dessen Semicarbazon bei 110 bis 111° schmilzt, kann
auch bei Gegenwart von Geraniol ausgeführt werden.
*) Berl. Berichte 83 (1900), 2307.
2 ) Compt. rend. 12*2 (1896), 530.
s ) Erdmann u. Huth, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 41.
*) Mamäläinen, Biochem. Zeitschr. 49 (1913), 398; Chem. Zentralb!.
1913, I. 1604.
») Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 80 (1897), 34; 81 (1898), 3307.
Es sind aber auch noch anders schmelzende Semicarbazone bekannt. Siehe
unter Citronellal.
Alkohole. 445
Zur Unterscheidung der Unionen- von der Terpinolenform sind mög-
licherweise die Allophanate brauchbar. Natürliches, rechtsdrehendes Citro-
nellol (Limonenform?) gab einen Ester vom Smp. 104 bis 105°, während
das durch katalytische Reduktion von Geraniol erhaltene Citronellol, das in
der Hauptsache aus der Terpinolenform bestand, ein Allophanat vom Smp.
111 bis 111,5° lieferte 1 ).
Zur quantitativen Bestimmung von Citronellol in Gemischen
mit anderen Alkoholen benutzt man seine schon erwähnte Be-
ständigkeit gegenüber konzentrierter Ameisensäure; während die
anderen Alkohole hierbei zerstört werden, geht das Citronellol
unter gewissen Bedingungen in das Formiat über. Näheres
hierüber siehe im Kapitel: „Die Prüfung der ätherischen Öle".
Von anderen in ätherischen Ölen aufgefundenen Alkoholen,
die als aliphatische Verbindungen aufzufassen sind, sind folgende
zu erwähnen:
Androl 3 ) ist ein Alkohol genannt worden, der die gleiche
Zusammensetzung hat wie Citronellol, und der den charak-
teristischen Geruch des Wasserfenchels (Oenanthe phellan-
driurn) zu bedingen scheint. Außer an seinen Konstanten
(Sdp. 197 bis 198°; d lfi .0,858; a D — 7°10'; n D30 . 1,44991) kann
er durch das bei 42 bis 43° schmelzende Phenylurethan erkannt
werden. Über die Konstitution ist nichts Näheres bekannt.
Uncineoh C 10 H 18 O, nennen Baker und Smith !l ) einen
Alkohol, den sie in den über 197° siedenden Anteilen des
Cajeputöls (von Melaleuca uncinatä) gefunden haben. In reinem
Zustande besteht der Alkohol aus schneeweißen Kristallnadeln
(Smp. 72,5°; [e] D + 36,99° in alkoholischer Lösung).
Ferner ist ein rosenartig riechender Alkohol in den
um 230° siedenden Fraktionen des Wasserfenchelöls 2 ) auf-
gefunden worden, der ein bei 87 bis 90° schmelzendes Phenyl-
urethan liefert. Im Patchouliöl *) hat man ebenfalls einen
Alkohol von rosenähnlichem Geruch nachgewiesen, über den
aber keine eingehenderen Angaben vorliegen.
x ) Escourrou, Les Parfüms de France 1925, 98; Grignard u.
Escourrou, Bull. Soc. chim. IV. 37 (1925), 542.
a ) Berächt von Schimmel $ Co. Oktober 1904, 94.
s ) Journ. and Proceed. of the Royal Soc. of N. S. Wales 41 (1907), 196.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1904, 73.
446 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
B. Cyclische (aromatische) Alkohole.
Benzylalkohol.
C 7 H s O. Mol.-Gew. 108.
Dieser durch seine vielfache Anwendung in der Parfümerie
wichtige Alkohol ist im freien Zustande im Tuberosenöl, Champaca-
r OH blütenö l> Ylang-Ylangöl, Goldlackblütenöl, in den
6 5 " - ' Cassieblütenölen (von Acacia Farnesiana und
Acacia cavenia), im Öl von Robinia pseudacacia, Nelkenöl und
Jasminöl aufgefunden worden; möglicherweise kommt er auch
in geringer Menge im Kirschlorbeeröl vor. Als Acetat findet er
sich im Ylang-Ylangöl, Hyazinthenöl, Jasminöl und Gardeniaöl,
als Benzoat im Tuberosenblütenöl, Ylang-Ylangöl, im Perubalsam
und Tolubalsam, als Cinnamat im Storaxöl sowie in den beiden
eben genannten Balsamen, als Salicylat im Ylang-Ylangöl und
als Phenylessigsäureester im Neroliöl.
Man stellt ihn dar durch Erhitzen von Benzylchlorid mit
Wasser und frisch gefälltem Bleioxyd auf 100° oder durch längeres
Kochen des Chlorids mit Wasser oder Pottaschelösung. Auch
kann man nach dem Vorschlag von Cannizzaro 1 ) Benzyl-
chlorid mit Kaliumacetat umsetzen und das entstandene Benzyl-
acetat verseifen. Eine andere Gewinnungsmethode ist die Be-
handlung von Benzaldehyd mit Alkali, wobei er zur Hälfte
oxydiert und zur Hälfte reduziert wird. Zur Entfernung der
letzten Spuren Benzaldehyd schüttelt man den abgeschiedenen
Alkohol vor der Destillation mit Bisulfitlösung durch, man muß
dann aber die zurückbleibende schweflige Säure mit Alkali aus-
waschen, da der Benzylalkohol sonst durch Einwirkung der
sich bildenden Schwefelsäure zum großen Teil in Benzyläther
übergeführt wird-).
Benzylalkohol ist eine farblose, frisch dargestellt schwach
aromatisch riechende Flüssigkeit, die beim Stehen an der Luft
infolge von Oxydation Bittermandelölgeruch annimmt. Sdp. 205°;
*) Liebigs Annalen 96 (1855), 246.
s ) Meisenheimer, Berl. Berichte 41 (1908), 1420.
Alkohole. 447
d 15 . 1 ,0495 bis 1,0505; n^^ um 1,540. Er löst sich schon in etwa
35 Vol. Wasser, in 8 bis 9 Vol. 30 °/oigen und in 1,5 Vol. 50 °/oigen
Alkohols. Alle übrigen Lösungsmittel lösen ihn in jedem Verhältnis.
Da er, wie erwähnt, aus Benzylchlorid hergestellt werden kann,
so ist bei der Prüfung auf Reinheit auch auf die Abwesenheit von
Chlorprodukten zu achten (vgl. hierüber im Kapitel: „Die Prüfung
der ätherischen Öle").
Bei der Oxydation entstehen Benzaldehyd und Benzoesäure.
Die Lösungen von Benzylalkohol verlieren in Glas, das Alkali abgibt,
schnell ihre anästhesierende Wirkung und reagieren nach einigen Monaten
alkalisch.
Für die Zersetzung des Benzylalkohols, die auch in neutraler und
schwach essig- oder salzsaurer Lösung vor sich gehen soll, gibt Messner 1 )
folgende Erklärung: Es findet anscheinend gleichzeitig ein Reduktions- und
ein Oxydationsvorgang statt, und zwar geht ein Molekül Benzylalkohol unter
Abgabe von Sauerstoff in Toluol über, während ein anderes Molekül Benzyl-
alkohol den abgegebenen Sauerstoff unter Bildung von Benzaldehyd und
Wasser aufnimmt (2 QHg ■ CH a OH = CeH 5 CHO -f- C e H,-CH a -+- H s O). Licht,
organische und anorganische Verunreinigungen des Wassers oder des Benzyl-
alkohols können den Vorgang beschleunigen.
Charakteristische Derivate sind das bei 78° schmelzende
Phenylurethan 2 ) und die Phthalestersäure, Smp. 106 bis 107" 3 ).
Auch das Semicarbazon des Brenztraubensäureesters (Smp. 176°) 4 )
dürfte hierzu geeignet sein. Das /*-Benzyl-d-glucosid schmilzt von
123 bis 125°.
Kleinere Mengen von Benzylalkohol weist man nach Pfau 5 ) als Dibenzyl-
oxalat, und zwar in folgender Weise nach: Etwa 0,03 g gepulvertes wasser-
freies Kaliumcarbonat, 10 Tropfen der zu untersuchenden Fraktion (mehr,
wenn der Gehalt an Benzylalkohol weniger als 50 u /o beträgt) und 5 Tropfen
Diäthyloxalat werden in einem Reagensglase gelinde über der Flamme erwärmt.
Nach spätestens einer Minute, wenn das Reaktionsgemisch fest oder gelb
wird, kühlt man etwas ab, gibt 2 ccm Wasser hinzu und erwärmt, bis der
feste Körper (Dibenzyloxalat) wieder geschmolzen ist. In dem dann zuletzt
auf Eis wiederum abgekühlten Glase setzt sich das Dibenzyloxalat als eine
feste Kruste ab, die aus Alkohol umkristallisiert werden kann. Der Schmelz-
punkt des so gewonnenen Körpers betragt gewöhnlich 79 bis 80°; reines
Dibenzyloxalat schmilzt zwischen 80,5 und 81°. Sind keine anderen primären
*) Pharm. Zentralh. 63 (1922), 1.
2 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1899, 27, Anm.
°) Ebenda Oktober 1908, 15.
*) Masson, Compt, rend. 149 (1909), 630.
ä ) Perfum. Record 16 (1925), 190.
448 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Alkohole, die flüssige, kaum in Alkohol lösliche Oxalate bilden und das
Dibenzyloxalat am Auskristallisieren hindern, zugegen, dann lassen sich leicht
30% Benzylalkohol nachweisen. Anderenfalls ist es ratsam, den Benzyl-
alkohol zunächst mit Phthalsiureanhydrid zu isolieren.
Benzylalkohol findet auch Verwendung als Lokalanästhetikum
und in der mikroskopischen Technik als Intermedium.
Phenyläthylalkohol.
C s H 10 O. Mol.-Gew. 122. *
Phenyläthylalkohol, der bei der Herstellung synthetischer
ätherischer Öle Verwendung findet, ist als Bestandteil des Nadelöls
r H th cm OH < * er Aleppoföhre, des Rosenöls (besonders
U a rt 5 -L.n 2 - tn 8 un. - n getrockneten Rosenblättern), des Reunion-
Geraniumöls und des Neroliöls beobachtet worden. Im Rosen-
und Neroliöl scheint er auch als Benzoesäure- und Phenylessig-
säureester enthalten zu sein.
Künstlich kann er durch Reduktion von Phenylacetaldehyd
mit Natriumamalgam 1 ) oder nach einem Bouveault und Blanc
patentierten Verfahren 9 ) durch Reduktion von Phenylessigsäure-
estern mit Natrium und absolutem Alkohol dargestellt werden.
Für ein nach letzterer Methode erhaltenes, durch die Chlorcalcium-
verbindung gereinigtes Präparat wurde im Laboratorium von
Schimmel § Co. gefunden:
Sdp. 220 bis 222° (740 mm), etwa 104° (12 mm), 93° (6 mm),
d u . 1,0242, n M0 . 1,53212.
Bei technischen Produkten liegen die beiden letzteren Werte
nach den bisherigen Beobachtungen innerhalb folgender Grenzen:
d 16 . 1,023 bis 1,027, n D90 . 1,530 bis 1,535.
Phenyläthylalkohol bildet eine farblose, optisch inaktive
Flüssigkeit von äußerst mildem und schwachem Geruch, der
mit der Zeit einen etwas honigartigen Charakter annimmt, infolge
teil weiser Oxydation des Alkohols zu Phenylacetaldehyd. Er
ist leicht löslich in allen bekannten Lösungsmitteln ; von 50 °/ igem
Alkohol sind 2, von 30 °/ igem etwa 18 Vol. zur Lösung erforderlich,
selbst Wasser löst ihn im Verhältnis von etwa 1 : 60. Seine
*) Radziszewski, Berl. Berichte 9 (1876), 372.
a ) D. R. P. 164294. Vgl. auch Compt. rend. 186 (1903), 1676 und
137 (1903), 60.
Alkohole. 449
ziemlich beträchtliche Löslichkeit in Wasser ist die Ursache,
weshalb sich im Rosenöl nicht die dem Gehalt der Blätter ent-
sprechende Menge Phenyläthylalkohol, sondern nur ein kleiner
Bruchteil davon findet; die Hauptmenge des Alkohols geht in
die Destillations wässer über und ist hieraus infolge der starken
Verdünnung nicht durch Kohobation abzuscheiden.
Mit wasserfreiem Chlorcalcium vermag Phenyläthylalkohol
eine feste Verbindung zu bilden, die zu seiner Reinigung benutzt
werden kann. Durch Oxydation mit Chromsäuregemisch entstehen
Phenylacetaldehyd und Phenylessigsäure, daneben kann sich
auch der bei 28° schmelzende Phenylessigsäureester bilden.
Zum Nachweis des Phenyläthylalkohols eignen sich das Phenyl-
urethan (Smp. 80°), das Diphenylurethan (Smp. 99 bis 100°)
und die Phthalestersäure (Smp. 188 bis 189°).
Die isomeren, bisher noch unbekannten optisch aktiven Methylphenyl-
carbinole (sek. Phenyläthylalkohole) sind von Holmberg 1 ) beschrieben worden.
Für den d-Phenyläthylalkohol gibt er folgende Daten an: Sdp. 98,5 bis 99°
(20mm), ö~ 1,018, «dioo+5,00 . Bei dem Versuch, den I-Phenyläthylalkohol aus
d-Phenyläthylamin darzustellen, war weniger gut gekühlt worden. Der Erfolg
war, daß der entstandene Alkohol nur " D n° — 4,40° zeigte. Es ist also
unzweifelhaft, daß bei der Bildung von Phenyläthylalkohol Racemisierung
stattfindet, und zwar um so mehr, je höher die Temperatur während der
Reaktion ist.
Phenylpropylalkohol.
C 9 H 12 0. Mol.-Gew. 136.
Der normale Phenylpropylalkohol (Dihydrozimtalkohol) ist als
Zimtsäure ester in einigen Harzen und Balsamen nachgewiesen
worden, so in der Sumatrabenzoe, ~ ,_, -,, -,_, .-,, ^. u
im orientalischen und amerikanischen B -
Storax und in dem oft fälschlich als weißer Perubalsam bezeich-
neten Hondurasbalsam. Wahrscheinlich ist auch sein Vorkommen
als Cinnamat im Xanthorrhoeaharz und als Acetat im Cassiaöl.
Der aus den genannten Harzen und Balsamen abgeschiedene
Phenylpropylalkohol ist stets von Zimtalkohol begleitet, von dem
er durch Fraktionieren nicht vollständig getrennt werden kann.
Nach einem der Firma Schimmel 8f Co. 2 ) patentierten Ver-
») Berl. Berichte 45 (1912), 997.
») D. R.P. 116091; Chem. Zentralbl. 1901, I. 69.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 29
450 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
fahren gelingt seine Reindarstellung durch Behandeln des Alkohol-
gemisches mit der gleichen Menge konzentrierter Ameisensäure
in der Wärme, wobei der Zimtalkohol verharzt, während der
Phenylpropylalkohol in das Formiat übergeht, das mit Wasser-
dampf übergetrieben und sodann verseift wird.
Auf synthetischem Wege erhält man den Phenylpropyl-
alkohol durch Reduktion von Zimtalkohol mit Natriumamalgam
bei Gegenwart von viel Wasser 1 ) oder nach dem Verfahren
von Bouveault und Blanc 3 ) .durch Reduktion von Zimtsäure-
ester oder von Benzylacetessigester mit Natrium und absolutem
Alkohol.
Phenylpropylalkohol ist eine farblose, dicke Flüssigkeit von
schwachem, eigenartigem Geruch, der dem des Zimtalkohols
etwas ähnlich ist und an gewisse Hyazinthenarten erinnert. Er
ist in den gewöhnlichen Lösungsmitteln leicht löslich, außerdem
löst er sich in jedem Verhältnis in 70 °/ igem Alkohol, ferner in
1,5 Vol. 60- und in ca. 3 Vol. 50°/ igem Alkohol; in Wasser ist
er noch nicht im Verhältnis 1 : 300 löslich. Von Konstanten
geben Schimmel § Co. in dem oben erwähnten Patent folgende
an: Sdp. 235° und 119° (12 mm), d l5 . 1,007.
Bei der Oxydation mit Chromsäure in Eisessiglösung liefert
er Hydrozimtsäure (Smp. 49°). Bequemer läßt er sich identifi-
zieren durch das bei 47 bis 48° schmelzende Phenylurethan 3 ).
Zimtalkohol.
C e H 10 O. Mol.-Gew. 134.
Der früher auch als Styron bezeichnete Zimtalkohol ist
bisher in ätherischen Ölen nur im veresterten, nicht im freien
ph rH ph ph PiH Zustande aufgefunden worden. Als
C 6 n 6 • un : cn • L,n 2 un. Acetat ist er jm Cassiaöl, als Cinnamat
(Styracin) besonders im Storax, ferner im Hyazinthenöl (?),
Xanthorrhoeaharz, Perubalsam und Hondurasbalsam enthalten.
*) Rügheim er, Liebigs Annalen 172 (1874), 123. Vergleiche auch
Hatton und Hodgkinson, Chetn. News 48 (1881), 1930; Chetn. Zentralbl.
1881, 407.
2 ) D.R.P. Nr. 164294.
*) Walbaum, Berl. Berichte 33 (1900), 2300, Anm.
Alkohole. 451
Man kann ihn aus Storax durch Verseifen des darin ent-
haltenen Styracins darstellen. Auf synthetischem Wege erhält
man ihn durch Reduktion von Zimtaldehyddiacetat und Verseifen
des entstandenen Zimtalkoholessigesters 1 ), durch Reduktion von
Zimtaldehyd mit aktiviertem Magnesium 2 ) oder mit Aluminium-
äthylat oder Magnesiumchloräthylat 8 ).
Zimtalkohol bildet lange, feine, weiße Nadeln von hyazinth-
artigem Geruch. Sie schmelzen bei etwa 33° zu einer farblosen,
stark lichtbrechenden Flüssigkeit, die bei 257,5° (758 mm) und 117°
(5 mm) siedet. Sein spezifisches Gewicht liegt bei fj£ zwischen
1,01 und 1,03. In Wasser ist er schwer löslich (etwa t : 250),
ebenso in Petroläther, in allen übrigen Lösungsmitteln löst er
sich dagegen leicht. Von 30°/ o igem Alkohol sind etwa 50 bis
60 Vol., von 50 °/ igem 4 bis 5 Vol. und von 60 °/ igem ungefähr
2 Vol. zur Lösung erforderlich.
Zimtalkohol liefert bei der Oxydation mit Platinschwarz
Zimtaldehyd, bei stärkerer Oxydation Zimtsäure (Smp. 133°)
und schließlich Benzaldehyd und Benzoesäure. Durch Reduktion
mit Natriumamalgam bei Gegenwart von viel Wasser kann er
in Phenylpropylalkohol übergeführt werden.
Charakteristische Derivate sind das bei 90 bis 91,5° schmel-
zende Phenylurethan und das bei 97 bis 98° schmelzende Di-
phenylurethan 4 ). Letzteres verdient hier insofern den Vorzug vor
dem Phenylurethan, als es einen schärferen Schmelzpunkt hat.
Das Zimtalkohol-a-naphthylurethan 6 ) schmilzt bei 119 bis 120°.
Der Cinnamylmethyläther 8 ) siedet bei 227° und 117° (16 mm),
d . 1,0037. Cinnamyläthyläther hat die Konstanten: Sdp. 127 bis
129° (17 mm), d . 0,9938.
*) Barbier u. L6ser, Bull. Soc. chim. 111. 33 (1905), 858. — Vgl. hierzu
Pauly, Schmidt u. Böhme, Berl. Berichte 57 (1924), 1327 und Hill u.
Nason, Journ. Americ. ehem. Soc. 46 (1924), 2236.
a ) Bad. Anilin- u. Sodafabr., D. R. P. 384351; Chem. Zentralbl. 1924,
I. 2398.
*) Meerwein ü. Schmidt, Liebigs Annalen 444 (1925), 221.
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1910, 174.
») Biochem. Zeitschr. 27 (1910), 339.
s ) Bull. Soc. chim. IV. 11 (1912), 648:
29*
452 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
C. Alicyclische (hydroaromatische) Alkohole.
a) Monocyclische Alkohole.
Dihydrocuminalkohol oder Perillaalkohol.
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 152.
Dieser Alkohol ist im Laboratorium von Schimmel § Co. 1 )
im Gingergrasöl gefunden worden, sowohl in freiem wie in ver-
estertem Zustande und in beiden optischen Modifikationen. Ferner
ist er nachgewiesen worden im Sadebaumöl, im Öl von Cym-
bopogon nervatus, C. caesius, Bergamottöl, Monarda fistulosa
und im Krauseminzöl (hauptsächlich als Ester).
Der Alkohol bildet ein farbloses, ziemlich dickflüssiges Öl
von eigenartigem, an Linalool und Terpineol erinnerndem Geruch.
Von Geraniol, seinem Begleiter im Gingergrasöl, läßt er sich
nur schwierig trennen. Am besten gelingt die Isolierung, wenn
man das Alkoholgemisch mit 2 Teilen 90°/oiger Ameisensäure
auf dem Wasserbade auf 80° anwärmt 2 ), wobei nur das Geraniol
zerstört wird. Walbaum und Hüthig 8 ) geben
CHsOH für zwei so gereinigte Präparate folgende Kon-
C stanten an:
HCr^ScH Sd P" 226 bis 227 ° < 767 mm )' 92 bis 93 ' 5 °
| a (5 mm), d ia . 0,9510, « D — 13° 18', n DM . 1,49629. —
HaC \/ CHa Sd P- 228 bis 229 ° ( 755 mm )> 94 bis 96 ° ( 4 bis
CH 5 mm), d u . 0,9536, « D -f- 12° 5', n Dg0 „ 1,49761.
H a c— C=CH S Für den durch Reduktion von Perillaaldehyd
mit Eisessig und Zinkstaub erhaltenen Alkohol
wurde gefunden: Sdp. 1 19 bis 121° (1 1 mm), d 20= 0,9640, n D 1,49964,
[o] D - 68,5°*). Smp. des c-Naphthylurethans f46 bis 147° s ).
') Bericht von Schimmel § Co. April 1904, 53; Oktober 1904, 41;
Walbaum u. Hüthig, Joum. f. prakt. Chem. II. 71 (1905), 464.
*) Stärkere Ameisensäure und höhere Temperatur sind zu vermeiden,
da der Alkohol sonst unter Wasserabspaltung in Cymol übergeht; das findet
auch in geringem Maße trotz der obigen Vorsichtsmaßregeln statt.
8 ) Loc. cit. 466.
4 ) Semmler u. Zaar, Berl. Berichte 44 (1911), 52, 460.
B ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 190ß, 33.
Alkohole. 453
Semmler und Zaar 1 ) stellten die Identität des Dihydro-
cuminalkohols mit Perillaalkohol fest, der die Formel (S. 452)
eines ^'"^-Dihydrocuminalkohols besitzt.
Durch Oxydation mit Chromsäure entsteht Dihydrocumin-
aldehyd, dessen Semicarbazon bei 198 bis 198,5° schmilzt, und
Dihydrocuminsäure vom Smp. 130 bis 131°. Beim Behandeln des
Alkohols mit Phosphorpentachlorid wird ein Chlorid C 10 H 18 C1
erhalten, das bei der Reduktion mit Natrium Limonen liefert.
Terpineole.
C 10 H i 8 O. Mol.-Gew.
154.
CH 8
|
CH a
1
CH 3
1
1
C
C-OH
C-OH
M a C
1 T H
H B C/ \CH S
H S C|/^
CH 2
H a C
v JcH s
CH
HaCk. yCHs
CH
t
HsC V
C
CH S
H a C— C(OH)-
■CH S
t
HsC — C^CH a
II
HsC — C — CH«
a-T
'erpineol.
/S-Terpineol.
y-Terpineol.
Bei der Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure oder
0-Chinolinsulfosäure 2 ) auf Terpinhydrat (s. S. 464) entsteht das
flüssige Terpineol des Handels, das nicht einheitlich, sondern
ein Gemisch isomerer Verbindungen C 10 H lg O ist, unter denen
das bei 35° schmelzende «-Terpineol vorherrscht. Daneben sind
noch nachgewiesen das bei 32° schmelzende ß- Terpineol 3 ) und
das flüssige Terpinenol-1*). Das flüssige Handelsterpineol ent-
steht auch durch Einwirkung wäßriger Lösungen von Sulfosäuren,
z. B. Toluolsulfosäure, auf Pinen 8 ).
ß-Terpineol.
In der Natur ist augenscheinlich nur das einheitliche feste,
entweder optisch inaktive oder aktive a-Terpineol, dessen Kon-
stitution durch die Arbeiten von Wallach 1 ), Wagner 2 ), Semmler
*) Semmler u. Zaar, Berl. Berichte 44 (1911), 52, 460.
2 ) Marchand, Engl. Patent 153 605 v. 19.1.22; Chem.ZentraIbl.1921,11.359.
3 ) Stephan u. Helle, Bert. Berichte 85 (1902), 2U7.
*) Wallach, Liebigs Annalen 356 (1907), 218; 362 (1908), 269.
s ) D. R. P. 223795; Chem. Zentralbl. 1910, IL 512.
454 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
und Tiemann 8 ) aufgeklärt wurde, zu finden; obwohl flüssige Ter-
pineole aus ätherischen Ölen isoliert worden sind, so ist es
dennoch sehr wahrscheinlich, daß auch diese in festem Zustande
zu gewinnen sein werden.
Festes d-a-Terpineol hat man im russischen Terpentinöl,
Malabar-Cardamomenöl, süßen Pomeranzenöl, Petitgrainöl, Nerolt-
51, Cayenne- und linksdrehenden mexikanischen Linaloeöl und im
Liebstockwurzelöl beobachtet; im Malabar-Cardamomenöl kommt
es wahrscheinlich größtenteils als Acetat vor, nur verestert ist es
im Cypressenöl enthalten, und zwar als Acetat und Valerianat (?);
in flüssiger Form ist es aus Majoranöl abgeschieden worden.
Festes 1-a-Terpineol wurde gefunden im Oregonbalsamöl,
im Nadelöl von Abies pindrow, im Holzterpentinöl von Pinus
palustris, im Öl der Mädeln und Triebe von Pinus excelsa, im
Öl von Cymbopogon caes/us, Campheröl, Blätteröl von Cmna-
momum glanduliferum, Zimtblätteröl, Citronenöl, im rechts-
drehenden mexikanischen Linaloeöl, Limettöl, Borneocampheröl
und Niaouliöl, in letzterem auch als Valerianat; in flüssigem
Zustande wurde es isoliert aus dem canadischen Schlangen-
wurzelöl, dem Rindenöl von Ocotea usambarensis und frei und
verestert aus Zittwersamenöl.
i-ot-Terpineol ist in fester Form aus Geraniumöl und Cajeputöl,
in dem es auch als Acetat vorkommt, abgeschieden worden; in
flüssiger Form wurde es aus Muskatnußöl, Boldoblätteröl und
Erigeronöl erhalten.
a-Terpineol ist ferner nachgewiesen im Öl von Callitris
gracilis (?), Kuromojiöl, Öl von Robinia pseudacacia, Öl von
Melaleuca erubescens, Callistemon lanceolatus, C. viminalis (?),
Backhousia angustifolia, Leptospermum flavescens var. lepto-
pbyllum und im Yü-Jüöl.
Außerdem finden sich Mitteilungen über das Vorkommen von
Terpineol, ebenfalls ohne nähere Angaben über die Drehung.
Das gilt für folgende Öle: Wasseröl von Boldoblättern, Campher-
*) Liebigs Annalen 275 (1893), 103, 150; 277 (1893), 110; 291 (1896), 342;
Berl. Ber. 28 (1895), 1773. \ FuBnoten , und 2 gehören zur letzten
s ) Berl. Berichte 27 (1894), 1652, 2273. J Zeile auf Seite 453.
3 ) Semmler, Berl. Berichte 28 (1895), 2189. — Tiemann u. Semmler,
ebenda 28 (1895), 1778. — Tiemann u. Schmidt, ebenda 1781. — Tiemann,
ebenda 29 (1896), 2616.
Alkohole. 455
blätteröl, Öl von Boswellia serrata, Melaleuca Deanei (?),
M. ericifolia, M. pauciflora (?), Lavandula stoechas (?), Gar-
deniaöl, Baldrianöl und Kessowurzelöl. Wahrscheinlich ist es
auch als Acetat im deutschen Kiefernadelöl enthalten.
Künstlich soll sich festes inaktives Terpineol vom Smp. 30
bis 32°, nach einer Angabe von Bouchardat und Voiry 1 ), bei
der Einwirkung ganz verdünnter Schwefelsäure auf Terpin bilden,
es ist aber noch nicht festgestellt, ob es sich hier um a- oder
p-Terpineol handelt. Die Darstellung der festen optisch aktiven
Modifikationen des <*-Terpineols geschieht aus d- oder 1-Limonen-
monobromhydrat durch Kochen mit Silberoxyd oder Bleioxyd
nach dem von Sem ml er 2 ) angegebenen Verfahren oder nach
Wallach 3 ) durch Schütteln von Limonenmonochlorhydrat mit
verdünnter Kalilauge oder durch Schütteln von Homonopinol mit
verdünnter Schwefelsäure 4 ). Am einfachsten kann man die aktiven
Formen als Acetate durch gleichzeitige Einwirkung von Eisessig
und Schwefelsäure (s. bei Camphen, S.362) auf die Limonene oder
Eisessig und Zinkchlorid auf die Pinene 6 ) erhalten. Erwähnens-
wert ist ferner die Bildung optisch aktiver fester Terpineole aus
Linalool durch Acetanhydrid oder Ameisensäure 8 ), sowie des
festen inaktiven Terpineols aus Geraniol und Ameisensäure " ! ).
Das feste inaktive a-Terpineol, das den charakteristischen
Fliedergeruch des flüssigen nur in geringerem Maße besitzt und
in organischen Lösungsmitteln sehr leicht löslich ist, hat folgende
Eigenschaften: Smp. 35° 8 ), Sdp. 217 bis 218° (760 mm), 104 bis
105° (10 mm), d 1B . 0,935 bis 0,940, n D20 . 1,48084»).
Im Laboratorium von Schimmel 8f Co. wurde beobachtet:
Smp. 35°, Sdp. 85° (3 mm), d ls . (unterkühlt) 0,9386, n D20 „ 1,48268.
Für ein synthetisch aus Homonopinol durch Schütteln mit
verdünnter Schwefelsäure dargestelltes, stark aktives a-Terpineol
*) Compt. rend. 104 (1887), 996.
s ) Berl. Berichte 28 (1895), 2189.
3 ) Lieblgs Annalen 360 (1906), 154.
«) Ebenda 360 (1908), 98.
») Ertschikowsky, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 28 (1896), 132; Bull.
Soc. chlm. III. 16 (1896), 1584.
«) Stephan, Journ. f. prakt. Chem. II. 58 (1898), 109.
7 ) Stephan, ebenda 60 (1899), 244.
8 ) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 104.
*) Stephan, Journ. f. prakt. Chem. IL 58 (1898), 110; 60 (1899), 244.
456 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
fand Wallach 1 ): Smp. 37 bis 38°, Sdp. 218 bis 219°, [«] B — 106 c
in 16,34°/oiger ätherischer Lösung.
Die optische Aktivität ist schwankend; die höchsten be-
obachteten Ablenkungen für natürlich vorkommendes Terpineol
sind für d-Terpineol aus Pomeranzenschalenöl [a] D -f-95°9' 2 ), für
I-Terpineol aus Linaloeöl [a] D — -27°20' s ). Die höchste Drehung
zeigte ein künstlich dargestelltes 1-Terpineol, nämlich [a] D — 117,5° 4 ).
Die Zerlegung von d-l-«-Terpineol in die optischen Antipoden gelang
Füller und Renyon , l auf folgendem Wege: Über das saure d-1-Terplnyl-
phthalat wurde 1-Brucin- und 1-Strychnin-l-terpinylphthalat einerseits und
1-Morphin- und l-Cinchonidin-d-terpinylphthalat andrerseits gewonnen. Die
Zerlegung dieser Salze mit verdünnter Säure führte zu den reinen sauren
d- und 1-a-Terpinylphthalaten ([«] D ±36,7°, c = 5, in alkoholischer Lösung),
die bei der Hydrolyse mit alkoholischer Kalilauge reines d- und l-«-Terpineol
(["1»»° ±100,5°; Smp. 36,9 und 37°) ergaben"). d-«-Terpineol (Phenylurethan,
Smp. 109,5°; Nitrosochlorid, Smp 107 bis 108°).
Für das flüssige Handelsprodukt, das nur zum Teil aus «-Ter-
pineol besteht und außerdem noch /J-Terpineol und Terpinenol-1
enthält, wurden von Schimmel § Co. an eigenen Präparaten
folgende Konstanten ermittelt: Sdp. 217 bis 219°, d 16 „ 0,935 bis
0,940, k d ± 0°, n M0 . 1,479 bis 1,485, löslich in etwa 9 Vol.
50°/oigen, 3 bis 5 Vol. 60°/oigen und ungefähr 2 Vol. 70°/oigen
Alkohols. Mit Petroläther soll es sich in jedem Verhältnis klar
mischen, d. h. es soll frei von Wasser sein.
In chemischer Hinsicht verhalten sich die inaktive wie aktive
Modifikation des a-Terpineols völlig gleich; die Schmelzpunkte
der Derivate sind allerdings teilweise verschieden:
Inaktive Form Aktive Form
Schmelzpunkt .... 35° 37 bis 38°
Nitrosochlorid . ... 112 bis 113° 107 „ 108°
Nitrolpiperidin . ... 159 „ 160° 151 „ 152°
Methoäthylheptanonolid 64° 46 „ 47°
*) Liebigs Annalen S60 (1908), 89.
ä ) Stephan, Journ. f. prakt. Chem. 11. 62 (1900), 530.
s ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1905, 46.
*) Ertschikowsky, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 38 (1896), 132; Bull.
Soc. chim. HI. 16 (1896), 1584.
B ) Journ. chem. Soc. 125 (1924), 2304.
") Vgl. auch Paolini, Gazz. chim. ital. 55 (1925), 804, 812; Chem.
Zentralbl. 1926, I. 3597, 3598.
Alkohole. 457
a-Terpineol ist ein tertiärer, ungesättigter Alkohol, der mit
Brom, Salpetrigsäureanhydrid, Stickstofftetroxyd und Nitrosyl-
chlorid Additionsprodukte liefert, von denen das mit der letzt-
genannten Verbindung erhaltene, sowie die durch Umsetzung mit
Basen daraus entstehenden Nitrolamine zur Charakterisierung sehr
geeignet sind (s. S.459). Terpineol-d-Glucosid schmilzt gegen 1 10°,
Smp. des wasserhaltigen Produkts 106 bis 108° (s. S. 416).
Das flüssige Dibromid gibt bei Behandlung mit Bromwasser-
stoff-Eisessig ein öliges Tribromid, aus dem durch weitere Bro-
mierung das bei 124° schmelzende Dipententetrabromid entsteht.
Durch die Halogenwasserstoffsäuren entstehen die ent-
sprechenden Dipentendihalogenderivate, von denen das sich
beim Schütteln mit konzentrierter Jodwasserstoffsäure bildende
Dijodhydrat C 10 H 18 J 2 (Smp. 77 bis 78°) mit zum Nachweis von
Terpineol benutzt werden kann 1 ). Gegen Mineralsäuren und
auch einige organische Säuren ist der Alkohol ziemlich un-
beständig; während er beim Schütteln mit verdünnter Schwefel-
säure in Terpinhydrat übergeht 2 ), wird ihm beim Kochen damit
unter Bildung von Terpinen, neben wenig Dipenten und Cineol,
Wasser entzogen. Ähnlich wirken Kaliumbisulfat, das haupt-
sächlich Dipenten, ferner Phosphorsäure, die neben geringen
Mengen Terpinen und Cineol hauptsächlich Terpinolen, und
Oxalsäure, die ebenfalls Terpinolen liefert 3 ). Auch Essigsäure-
anhydrid wirkt, namentlich beim Erwärmen, wasserentziehend
unter Bildung von Dipenten, so daß es ohne besondere Vorsichts-
maßregeln nicht möglich ist, durch Kochen damit Terpineol
quantitativ zu verestern*). Näheres über Terpinylacetat siehe
im Kapitel Ester.
Durch Oxydation mit verdünnter Permanganatlösung geht
Terpineol zunächst in einen mehrwertigen Alkohol C 10 H 20 O 3 ,
1,2,8-Trioxymenthan (Smp. der inaktiven Verbindung 122°) über,
aus dem durch Oxydation mit Chromsäuregemisch ein Keto-
*) Wallach, Liebigs Annalen 280 (1885), 265.
a ) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 28 (1895), 1781.
3 ) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 104. — Baeyer, Berl. Berichte
27 (1894), 447.
*) Ginsberg, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 29 (1897), 249; Chem. Zen-
tralbl. 1897, IL 417; Bericht von Schimmel 8; Co. Oktober 1897, 69. Vgl.
auch im Kapitel „Die Prüfung der ätherischen Öle" unter „Acetylierung".
458 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
lacton C 10 H le O s (Smp. der aktiven Verbindung 46 bis 47°, der
inaktiven 64°) entsteht, dessen Studium die Ermittlung der oben
angegebenen Konstitution des Terpineols, die danach als die
eines /^-Terpen-S-ols angenommen wird, wesentlich gefördert
hat. Bei energischer Oxydation des Terpineols sowohl, als auch
des Ketolactons mit Chromsäuregemisch oder Salpetersäure
bilden sich Terpenyl- und Terebinsäure 1 ).
Als ein bequemes Verfahren zum Abbau ungesättigter hexa-
cyclischer Ringverbindungen zu Benzolkohlenwasserstoffen hat
es sich erwiesen, die einfach ungesättigten Alkohole, die Ter-
pineole, in Eisessiglösung mit 1 Mol. Brom zu versetzen, die
Lösung bis zum Aufhören der Bromwasserstoffentwicklung zu
kochen und den entstandenen Kohlenwasserstoff dann mit Dampf
überzutreiben. Aus a-Terpineol erhält man auf diese Weise
p-Cymol 2 ).
Haller und Martine 3 ) hatten Terpineol im Wasserstoff-
strom bei Gegenwart von reduziertem Nickel zu Hexahy'dro-
cymol reduziert. Durch Einhalten anderer Versuchsbedingungen
hat B6hal*) aus Terpineol vom Smp. 35°, gleichgültig, ob es
optisch aktiv war oder nicht, ein tertiäres Menthol (Hydro-
terpineol) erhalten von den Eigenschaften: Sdp. 99 bis 100°
(17 mm), 206 bis 208° (Atmosphärendruck), d 90 . 0,912, a^ + O ,
n ms „ 1,46874, Mol.-Refr. 47,6, ber. für C 10 H 20 O 47,53. Sein Phenyl-
uretban schmolz bei 94 bis 95°.
i-a-Terpineol (Smp. 35°) liefert bei der Reduktion mit Hilfe
von Palladium und Wasserstoff p-Menthanol-8 (Sdp. 209 bis 210°;
d a0 . 0,905; n^g,,. 1,4629), dessen Phenylurethan bei 115 bis 116°
schmilzt *).
Besonderes Interesse bietet das Terpineol insofern, als es
durch das Tribromid und das Nitrosochlorid hindurch in Derivate
des Carvons übergeführt werden kann 8 ).
*) Wallach, Liebigs Annalen 277 (1893), 117, 120; 291 (1896), 345; Berl.
Berichte 28 (1895), 1775.— Tiemann u. Mahla, Berl. Berichte 29 (1896), 928;
Tiemann, ebenda 2616.
9 ) Wallach, Liebigs Annalen 399 (1913), 166.
3 ) Compt. rend. 140 (1905), 1298.
*) Ebenda 150 (1910), 1762.
a ) Wallach, Liebigs Annalen 881 (1911), 55.
8 ) Wallach, ebenda 281 (1894), 140; 291 (1896), 346.
Alkohole. 459
Die Hydroxylgruppe des Terpinols reagiert mit Phenyliso-
cyanat, wenn beide Verbindungen gemischt und einige Zeit bei
Zimmertemperatur stehengelassen werden; manchmal scheiden
sich zunächst Kristalle von Diphenylharnstoff ab, von denen man
das flüssig gebliebene Gemisch durch Aufnehmen mit kaltem,
wasserfreiem Äther oder besser mit leicht siedendem Petroläther
befreien kann. Nach vorsichtigem Abdunsten des Lösungsmittels
scheidet sich das Urethan in feinen Nadeln aus; aus Alkohol
umkristallisiert, besitzt die inaktive Verbindung den Smp. 113 01 ).
Die aus optisch aktivem Terpineol gewonnene Verbindung ist
ebenfalls optisch aktiv. Auch das bei 147 bis 148° schmelzende
a-Naphthylurethan 2 ) kann man zur Identifizierung benutzen;
Neuberg und Hirschberg 3 ) geben für a-Terpineol-a-naphthyl-
urethan den Schmelzpunkt 151 bis 152° an; zur Charakterisierung
des Terpineols besonders geeignet erweist sich das Nitrosochlorid.
Die Darstellung des Nitrosochlorids erfolgt nach Wallach*) in der
Weise, daß man zu einer Lösung von 15 g Terpineol in 15 ccm Eisessig
11 ccm Äthylnitrit und nach starkem Abkühlen in einer Kältemischung unter
Umschütteln und tropfenweise eine Auflösung von 6 ccm Salzsäure im
gleichen Vol. Eisessig zugibt; nach beendeter Reaktion fällt man durch Eis-
wasser das gebildete Nitrosochlorid aus, das sich ölig abscheidet, aber bald
kristallinisch erstarrt. Das feste Produkt kann durch Umkristallisieren aus
heißem Essigester oder Methylalkohol gereinigt werden und schmilzt dann
bei 112 bis 113°. Die aktive Verbindung schmilzt bei 107 bis 108°.
Durch Umsetzung mit Piperidin in alkoholischer Lösung
entsteht aus dem Nitrosochlorid das Terpineolnitrolpiperidin,
CioH^OHJNONCjH^, das in Äther schwer löslich ist und
aus heißem Methylalkohol in Nadeln vom Smp. 159 bis 160°
kristallisiert. Diese Angabe Wallachs bezieht sich auf ein aus
optisch inaktivem Terpineol gewonnenes Präparat; das Nitrol-
piperidin aus aktivem Ausgangsmaterial schmilzt einige Grade
niedriger, nämlich bei 151 bis 152° 6 ).
Mit Anilin bildet sich in gleicher Weise das Terpineolnitrol-
anilin vom Smp. 155 bis 156°.
x ) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 104.
s ) Bericht von Schimmel 2j Co. Oktober 1906, 33.
3 ) Biochem. Zeitschr. 27 (1910), 339.
*) Liebigs Annalen 277 (1893), 120; 860 (1908), 90.
B ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1897, 9. — Wallach, Liebigs
Annalen 360 (1908), 90.
460 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Bei der Erwärmung von Terpineolnitrosochlorid mit Semi-
carbazidsalz und Kaliumacetat erhält man reichliche Mengen
des 8-Oxydihydrocarvonsemicarbazons 1 ) sowie ein wenig
Hydrazodicarbonamid.
Erhitzt man überschüssiges i-Terpineol längere Zeit mit dem
Anhydrid der Phthalsäure, Bernsteinsäure oder Camphersäure,
so entstehen die sauren Ester in guter Ausbeute 2 ). Nur muß
die Reaktionstemperatur unterhalb 100° gehalten werden. Das
saure Phthalat des i-Terpineols schmilzt bei 117", das saure
Succinat bei 45°.
Für den Nachweis von Terpineol in Gemengen mit anderen Alkoholen
und zur Trennung des Terpineols von anderen Alkoholen eignet sich die
Benzoylierung bei Gegenwart von Pyridin nach Deninger"). Hierbei reagieren
nur primäre und sekundäre Alkohole, während tertiäre Alkohole wie Terpineol
und Linalool unverändert bleiben und durch Wasserdatnpfdestillation von den
gebildeten, meist sehr schwer flüchtigen Benzoesäureestern der anderen
anwesenden Alkohole getrennt werden können. Man rechnet auf 1 Teil
Alkoholfraktion 1,5 Teile Benzoylchlorid und 3 Teile Pyridin und arbeitet bei
möglichst niedriger Temperatur (Kältemischung), was besonders auch bei der
Zersetzung des überschüssigen Benzoylchlorids mit Wasser zu beachten ist.
Der Zusatz des Benzoylchlorids hat allmählich (tropfenweise 1) zu geschehen.
Bei Abwesenheit von Linalool kann Terpineol einerseits durch Darstellung
seines Phenylurethans vom Smp. 112 bis 113° nachgewiesen, andrerseits
durch mehrtägiges Schütteln mit 5 %iger Schwefelsäure in Terpinhydrat vom
Smp. 116 bis 117° übergeführt werden. Wenn Linalool zugegen ist, führt
der Nachweis von Terpineol durch vorsichtiges Erhitzen des Gemisches mit
starker Ameisensäure, wobei in der Hauptsache Linalool zersetzt wird, zum Ziele.
f3-TerpineoI.
Wie schon bei «-Terpineol erwähnt wurde, entsteht ^-Terpineol
neben a-Terpineol bei der Einwirkung von verdünnten Säuren
auf Terpinhydrat. In ätherischen Ölen hat man es bisher noch
nicht nachweisen können. Es ist in seiner inaktiven Form von
Schimmel Sj Co.*) aus den bei 212 bis 215° siedenden Fraktionen
des Handelsterpineols durch Ausfrieren erhalten worden und
bildet bei 32 bis 33° schmelzende Nadeln: Sdp. 209 bis 210°
(752 mm), d 16 . 0,923 (in überschmolzenem Zustande), n Dao . 1,47470.
*) Rupe u. Altenburg, Berl. Berichte 43 (1910), 3471.
ä ) Pickard, Lewcock u. Yates, Proceed. ehem. Soc. 29 (1913), 127.
s ) Berl. Berichte 28 (1895), 1322.
«) Bericht von Schimmel $ Co. April 1901, 79; Stephan u. Helle,
Berl. Berichte 85 (1902), 2147.
Alkohole. 451
Von Derivaten seien hier erwähnt das Nitrosochlorid (Smp.
103°) x ), das Nitrolpiperidin (Smp. 108°), das Nitrolanilin (Smp.
110°) und das Phenylurethan (Smp. 85 °), Durch Oxydation des
/S-Terpineols mit Permanganat entsteht p-Menthantriol-(1, 8, 9) vom
Smp. 118°. /S-Terpineol-d-glucosid (wasserfrei) schmilzt unscharf,
das wasserhaltige Produkt schmilzt bei 80,5 bis 82,5°; Smp. der
Tetraacetylverbindung 114 bis 116° (s. S. 416).
/?-Terpineol läßt sich über Tetrahydro-p-acetyltoluol, das man
mit Magnesiumjodmethyl in Umsetzung bringt, in «-Terpineol
überführen 2 ).
Wallach 8 ) erhielt aus /S-Terpineol durch Reduktion nach
Paal p-Menthanol-1 (tertiäres Carvomenthol). Hieraus entsteht
beim Erwärmen mit Chlorzink A ^Tetrahydro-p-cymol (Carvo-
menthen), ein limonenartig riechender Kohlenwasserstoff. Das
Nitrosochlorid des Carvomenthens liefert mit Piperidin ein
Nitrolpiperidin (Smp. 159°), aus dem sich durch Chlorwasserstoff-
entziehung ein festes Oxim bildet. Das aus diesem Oxim
regenerierte und über das Semicarbazon (Smp. 177 bis 178°)
gereinigte Keton ist i-Carvotanaceton (Smp. des Oxims 93 bis 94°),
das also auf diesem Wege synthetisch dargestellt werden kann.
y-TerpineoI.
y-Terpineol (/d 4 < S) -Terpenol, ^ 4<s, -Menthenol-l) ist bisher noch
nicht sicher in der Natur nachgewiesen worden, scheint aber
in kleinen Mengen im Öl der Blätter von Cupressus tomlosa
enthalten zu sein. Baeyer 4 ) erhielt es durch Reduktion des
durch Bromierung von Dipentendihydrobromid entstehenden Tri-
brom-l,4,8-terpans. Ferner entsteht es aus Terpin beim Erhitzen
mit Oxalsäure oder Phosphorsäure 5 ).
Bei der Oxydation ") mit Kaliumpermanganat gibt <d 4(8) -Terpenol
Trioxyterpan-1 ,4,8.
*) Wallach, Llebigs Annalen 345 (1903), 128; vgl. auch Wallach, Terpene
und Campher, 2. Aufl., S. 305.
a ) Liebigs Annalen 414 (1917), 204.
s ) Ebenda 381 (1911), 58.
*) Bert. Berichte 27 (1S94), 443.
6 ) Ebenda 715.
6 ) Ebenda 28 (1895), 2296.
462 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
y-Terpineol bildet, aus Äther umkristallisiert, dicke, bei 69 bis
70° schmelzende Prismen, die einen angenehmen Fliedergeruch
besitzen. Um y-Terpineol nachzuweisen, kann man es in das
Acetat überfuhren, dessen blaues Nitrosochlorid bei 82° schmilzt.
Terpinenol-1.
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 154.
Auch dieser Alkohol ist bisher noch nicht in ätherischen Ölen
aufgefunden worden. Von Interesse ist sein Vorkommen im
Vorlauf des flüssigen Handelsterpineols x ). Syn-
thetisch wurde er von Wallach 2 ) aus JMso-
propylhexenon dargestellt.
,CH a Sdp. 208 bis 210°, d„. 0,9265, n 018 . 1,4781 1 ).
Mit Halogenwasserstoffsäuren geht der Al-
kohol in Terpinenderivate über und durch Oxy-
dation mit verdünnter Permanganatlösung in 1,3,4-
' Trioxyterpan vom Smp. 120 bis 121°, aus dem
durch weitere Oxydation a,a'-Dioxymethylisopropyladipinsäure
vom Smp. 189° und durch Erwärmen mit Säuren ein Gemisch
von p-Cymol und ^-Menthenon (Semicarbazon, Smp. 224 bis 225°) 8 )
entsteht. Diese Verbindungen können auch zum Nachweis
des Alkohols herangezogen werden.
Terpinenol-4.
C 10 H ia O. Mol.-Gew. 154.
Dieser in seinem Bau und seinen Eigenschaften dem a-Ter-
pineol sehr ähnliche Alkohol leitet sich vom Terpinen ab. Er
CHa ist in der Natur im Cypressenöl, Wacholderbeeröl,
<~ Ceylon-Cardamomenöl, Muskatnußöl, Majoranöl,
H c/SsCH spanischen Thymianöl, Zittwersamenöl und Sh6-
sv "i Gyüöl aufgefunden worden. Möglicherweise ist
HsC \/ CHs er auch im Öl von Cupressus torulosa ent-
C- OH halten. Synthetisch kann er in aktiver Form
H S C— CH— CH 8 durch Schütteln von Sabinen, Sabinenhydrat und
') Wallach, Liebigs Annalen 856 (1907), 218.
a ) Ebenda 362 (1908), 280.
3 ) A '-Menthenon-f) ist u. a. im japanischen Pfefferminzöl, im Öl von
Cymbopogon sennaarensis, Andropogon Iwarancusa u. Eucalyptus dfves nach-
gewiesen worden.
Alkohole. 463
Thujen 1 ) mit verdünnter Schwefelsäure erhalten werden 2 ), in
inaktiver Form entsteht er, wie bereits S. 332 erwähnt wurde, durch
Schütteln von Terpinendichlorhydrat mit verdünnter Kalilauge.
Die Eigenschaften der aktiven Verbindung sind: Sdp. 209
bis 212°, d 19 . 0,9265, « D -+-25°4', n D19= 1,4785 a ). Nagai*) gibt
dafür an: Sdp. 208 bis 210°, d lt . 0,9415, « D1X „ + 24,50° und
Sdp. 210 bis 212°, d 1JO 0,948, g d11 „ + 24,30°.
Für die inaktive Verbindung wurde ermittelt: Sdp. 212 bis
214°, d 0,9290, n D l,4803 s ).
Der Alkohol ist nur in flüssiger Form bekannt. Sein Geruch
ist weniger angenehm als der des Terpineols. Bei Behandlung
mit Halogenwasserstoff in Eisessiglösung entstehen die ent-
sprechenden Terpinendihalogenderivate, durch Schütteln mit ver-
dünnter Schwefelsäure erfolgt Bildung von Terpinenterpin, Smp.
137°. Da diese Hydratation erheblich schwieriger erfolgt als die
von Terpineol zu Terpinhydrat, so können auf diesem Wege
beide Alkohole getrennt werden.
Nach Nagai 6 ) schmelzen das Nitrosochlorid bei 111 bis 112°,
das Nitrolpiperidin bei 172 bis 174°, das Phenylurethan bei 71
bis 72° und das a-Naphthylurethan bei 105,5 bis 106,5°.
Bei der Oxydation mit verdünnter Permanganatlösung liefert
das ^-TerpinenoM in der Hauptsache 1,2,4-Trioxyterpan,
C 10 H 17 (OH) 3 , [a] D etwa +21,5°, das kristallwasserhaltig bei 116
bis 117°, wasserfrei bei 123 bis 129° schmilzt. Diese Verbindung
spaltet sich bei der Destillation mit Salzsäure in Carvenon (Smp.
des Semicarbazons 200 bis 201°), neben wenig Cymol; bei der
weiteren Oxydation mit alkalischer Permanganatlösung entsteht
ein Gemenge von aktiver und inaktiver a,a'-Dioxy-a-methyI-a'-iso-
propyladipinsäure, C 10 H lg O s , Smp. 205 bis 206° und 188 bis
189°, die leicht in mit Wasserdampf flüchtige Dilactone über-
l ) Dieses Terpen, das bis dahin in der Natur nicht aufgefunden worden
war, bildet als d-«-Thujen den Hauptbestandteil des aus dem Gummiharz von
Boswel/ia serrata gewonnenen Öles.
a ) Wallach, Liebigs Annalen 356 (1907), 215; 360 (1908), 94, 97; 362
(1908), 279; Berl. Berichte 40 (1907), 594.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 856 (1907), 215.
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1915, 44.
s ) Liebigs Annalen 850 (1906), 155.
*) Investigations of the Sh8-Gyü and Yu-Ju Oils produced in Formosa.
Monopoly Bureau, Government of Formosa. Taihoku 1914.
464 Hauptbestandteile der ätherischen öle.
gehen, die bei 63 bis 64° und 72 bis 73° schmelzen. Durch
energische Oxydation kann die Dioxysäure zu w-Dimethylacetonyl-
aceton {Smp. des Dioxims 137°, des Semicarbazons 201 bis 202°)
abgebaut werden.
Terpinhydrat.
C lo H 20 O a -+- H a O. Mol.-Gew. 190.
Terpinhydrat ist eine für die Theorie und Geschichte der
Terpenchemie wichtige Verbindung, der auch technisch als Aus-
gangspunkt für die Darstellung des Ter-
pineols eine große Bedeutung zukommt
(vgl. S. 453). Es bildet sich leicht aus
HaCj^ ^jCHs Terpentinöl beim Stehen mit säurehaltigem
Hscl Jch 8 Wasser und ist durch eine große Kristalli-
^/ sationsfähigkeit ausgezeichnet, weshalb es
! schon früh beobachtet wurde. Terpinhydrat
h s C-C(OH)-ch s wjrd nach Marchand 1 ) fast quantitativ in
Kristallen gewonnen, wenn man ein Gemisch von Terpentinöl
(1 Teil) und 23°/oiger Schwefelsäure (2 Teile) in einer Stickstoff-
oder Kohlensäure-Atmosphäre 90 Stunden lang kräftig schüttelt.
Nach älteren Angaben soll Terpinhydrat im Cardamomen-
und Basilicumöl vorkommen, jedoch liegen hierüber Beobachtungen
aus neuerer Zeit nicht vor. Jedenfalls ist das Terpinhydrat
nicht von vornherein im Öle vorhanden gewesen, sondern hat
sich erst bei längerer Aufbewahrung gebildet.
Terpinhydrat schmilzt bei 116 bis 117°. Beim Erhitzen gibt
es Wasser ab, unter Bildung von wasserfreiem Terpin: Smp. 104
bis 105°, Sdp. 258° (korr.) s ).
Nach Ciavera 8 ) liegt der Schmelzpunkt von frisch kristalli-
siertem Terpinhydrat bei raschem Erhitzen bei 118,2°. Terpin
schmilzt bei 104,7°.
Terpin existiert in zwei raumisomeren Formen, die zueinander
im Verhältnis der eis- und trans-Isomerie stehen; nur cis-Terpin
ist befähigt, ein Hydrat zu bilden*).
J ) E. P. 153606; Journ. Soc. ehem. Ind. 40 (1921), A. 716.
3 ) Wallach, Liebigs Annalen 2S0 (1885), 248.
3 ) Anal. Fis. Quim. 20 (1922), 243. Mach Journ. Soc. ehem. Ind. 41
(1922), A. 877.
4 ) Baeyer, Berl. Berichte 26 (1893), 2865.
Alkohole. 465
Läßt man auf Terpinhydrat in der Wärme Jod einwirken,
so tritt nach Casanova 1 ) zunächst Oxydation und Bildung von
Jodwasserstoff ein. Sodann reagiert der Jodwasserstoff unter
Substitution von Jod; als Endprodukt der Reaktion bildet sich
Dijodmenthan.
Dihydrocarveol.
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 154.
Dihydrocarveol ist im Kümmelöl 2 ) enthalten. Das krause-
minzartig riechende Acetat dieses Alkohols ist von Nelson 8 )
im amerikanischen Krauseminzöl aufgefunden worden. Künstlich
hat man Dihydrocarveol dargestellt aus Carvon
I " durch Reduktion mit Natrium und Alkohol oder
5P durch Reduktion von Carvoxim, wobei das ge-
HjC^ VhOH bildete Dihydrocarvylamin bei der Behandlung
J<
'\/
j_ ^^ folgenden Eigenschaften: Sdp. 224°, d 2ä » 0,935,
H s O JcHa m 't salpetriger Säure Dihydrocarveol liefert.
\/ Dihydrocarveol ist eine Flüssigkeit mit
HaC— C = CH 2 n ^ 1>48 506 (für Dihydrocarveol aus Dihydro-
carvylamin)*). Sdp. 112° (14 mm), 224 bis 225° (gew. Druck),
d ao . 0,927, n D 1,48168 (für Dihydrocarveol aus Carvon) 8 ).
Im Laboratorium von Schimmel 8J Co. wurden an einem
aus Kümmelöl isolierten Dihydrocarveol folgende Konstanten
beobachtet: Sdp. 100 bis 102° (7 bis 8 mm), d 18 , 0,9368, a D
— 6° 14', n D20 . 1,48364«).
Dihydrocarveol ist in demselben Sinne aktiv wie das zur
Darstellung verwendete Carvon.
Durch Oxydation mit Chromsäure in Eisessig 7 ) entsteht
Dihydrocarvon (Sdp. 221 bis 222°; d 19 o 0,928; n D 1,47174). Das
Dihydrocarvon aus d-Dihydrocarveol ist linksdrehend, das aus
1-Dihydrocarveol ist rechtsdrehend. Das zugehörige aktive Di-
J ) Boll. Chim. Farm. 49 (1910), 957; Chem. Zentralbl. 1911, I. 731.
3 ) Bericht von Schimmel & Co. April 1905, 50.
s ) U. S. Dep. of Agriculture, Bureau of Chem., Circular N» 92; Bericht
von Schimmel & Co. April 1912, 75.
*) "Wallach, Bert. Berichte 24 (1891), 3990.
») Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 111.
8 ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1905, 51.
') Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 115.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 30
H.Cj // \
H,cLJ
466 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
hydrocarvoxim schmilzt bei 88 bis 89°, das inaktive bei 1 15 bis 1 16°.
Diese Oxydation kann zur Charakterisierung des Dihydrocarveols
herangezogen werden; außerdem ist zum Nachweis das Phenyl-
urethan brauchbar; die aktive Form schmilzt bei 87°, die inaktive
bei 93" 1 ). Smp. des d-Dihydrocarveol-d-Glucosids 164 bis 165° 2 ).
Pulegol.
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 154.
Dieser Alkohol wurde von Paolini 8 ) durch Reduktion von
reinem Pulegon in alkoholischer Lösung mittels
i 3 Natrium gewonnen. Aus dem Wasserdampf-
5\* destillat des Reaktionsprodukts konnte Paolini
CH a mit Hilfe des sauren Phthalesters einerseits
CHOH und mit Hilfe der Strychninverbindung ander-
seits 1-Menthol, d-Menthol und 1-Pulegol (Smp. 44
ii bis 47°; [«] D — 54°6') voneinander trennen und
H ' C ~ C_CHs isolieren.
Über den Phthalsäureester ließ sich ganz reines 1-Pulegol
(Smp. 46°; Sdp. 209 bis 210°; [a] D — 54°50') gewinnen.
Isopulegol.
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 154.
Isopulegol ist noch nicht in ätherischen Ölen nach-
gewiesen worden. Es entsteht aus Citronellal bei dessen Be-
handlung mit Säuren. Hierauf dürfte wohl eine
i s Beobachtung von Schimmel 8j Co. 4 ), daß sich
5\ bei der Destillation des Öls von Barosma pul-
H,Cf Nch« chellum der Geruch nach Isopulegol bemerkbar
Ich OH machte, zurückzuführen sein.
Isopulegol siedet bei 91° (13 mm); d 17i6 „ 0,9154,
l « D — 2°40', n D 1,47292*). Das Acetat siedet bei
HsC_c-CHa 104 bis 105° (10 mm)«).
™»V-f IV
H s clJc
*) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 112.
a ) Siehe Seite 416.
3 ) Rend. della R. Accademia dei Lincei, Roma 28 (1919), II. 190; Chem.
Zentralbl. 1922, I. 1230.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1909, 98.
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 9U.
a ) Barbier u. Leser, Compt. rend. 124 (1897), 1309.
Alkohole. 467
Optisch reines 1-Isopulegol 1 ) zeigt [a] D20 „ — 22,2 ° ; das
saure Phthalat schmilzt bei 106°.
Bei Gelegenheit von Versuchen, die eine Umlagerung von
Isopulegol in Pulegol bezweckten, behandelten Schimmel $ Co. 2 )
Isopulegol mit wäßrigen und alkoholischen Lösungen von Alkalien.
Überraschende Resultate ergab die Einwirkung von Natrium-
äthylat, und zwar insofern, als statt der Bildung des erwarteten
Pulegols zwei hier nicht vorauszusehende Reaktionen eintraten:
einmal die Absprengung der ungesättigten Seitenkette unter
Bildung von Methylcyclohexanol und anderseits die Aufspaltung
des Sechsrings zwischen den Kohlenstoffatomen 3 und 4 unter
Entstehung von Citronellol. Was die Aufspaltung des Iso-
pulegols zu Citronellol betrifft, so ist eine derartige Umwand-
lung eines alicyclischen Terpenalkohols in einen olefinischen
von besonderem Interesse.
Bei der Reduktion bilden die 1- und d-Isopulegole 1- und
d-Neomenthol 3 ), die beide durch Oxydation in 1-Menthon über-
geführt werden können.
Um Isopulegol nachzuweisen, oxydiert man es zu Iso-
pulegon 4 ) und charakterisiert dieses Keton durch das Oxim
(Smp. der aktiven Verbindung etwa 121°, der inaktiven etwa
140°) oder das Semicarbazon (Smp. der aktiven Verbindung
172 bis 173°, der inaktiven 182 bis 183°).
/^-Menthenol-S (Piperitol).
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 154.
Dieser Alkohol kommt nach Baker und CH S
Smith in den Piperiton (z^-Menthenon-S) ent- c
haltenden Eucalyptusölen, besonders reichlich im h 2 C / ^.CH
JCHOH
Öl von E. radiata Sieb., vor. Das aus diesem Öl
hergestellte Piperitol -1 ) hatte die Eigenschaften: ä \S*
Sdp. 95 bis 96° (10 mm), d 22 . 0,9230, o D — 34,1°, CH
1,4760, Mol.-Refr. 47,04, berechnet für h 8 C-CH— CH S
*) Pickard, Lewcock u. Yates, Proceed. ehem. Soc. 29 (1913), 127.
Vgl. auch Jburn. ehem. Soc 117 (1920), 1248.
s) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1913, 86.
*) Pickard, Journ. ehem. Soc. 117 (1920), 124S.
4 ) Wallach, Liebigs Annalen 366 (1909), 251.
s ) Baker u. Smith, A research on the eucalypts. 2. Aufl. 1920. S.390.
30*
468 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
C 10 H 18 O/f 47,14. Mittels Kaliumbichromat wurde es zu Piperiton
oxydiert. Umgekehrt aber ließ sich Piperiton nicht durch
Reduktion in Piperitol überführen.
Menthol.
C 10 H 20 O. Mol.-Gew. 156.
Menthol (Pfefferminzcampher) findet sich in der links-
drehenden Modifikation als Hauptbestandteil der Pfefferminz-
öle; auch das Öl von Hyptis suaveolens besteht
i s zum großen Teil aus Menthol, dessen Drehungs-
9F richtung aber noch nicht festgestellt worden ist.
H S C
/\
CH S Aus Pfefferminzöl scheidet sich Menthol beim
H,cL JcHOH Abkühlen in Kristallen aus, bei hohem Menthol-
Y^h gehalt oft schon bei gewöhnlicher Temperatur.
i Spuren von Menthol sind auch im Reunion-
H,C— CH— CH S Geraniumöl nachgewiesen worden. Im Pfeffer-
minzöl ist Menthol außerdem als Acetat und Isovalerianat ent-
halten, sowie als Ester einer Säure C 8 H 13 2 . Künstlich erhält
man Menthol durch Reduktion des Menthons und Pulegons 1 ),
und zwar entsteht bei Überschuß an naszierendem Wasserstoff
aus Menthon nur Menthol; bei Anwendung von Lösungsmitteln,
welche selbst keinen Wasserstoff mit Natrium entwickeln, bildet
sich nebenher Menthopinakon. 1- und d-Menthon geben nach
beiden Verfahren, auch bei Änderung der Temperatur, ein
stark linksdrehendes Mentholgemisch, aus dem sich 1-Menthol,
Smp. 43,5°, außerdem aber schwach rechtsdrehendes Isomenthol,
[°L> + 2 °> Smp. 78 bis 81°, abscheiden läßt 2 ).
I-Menthol kristallisiert in farblosen, dem hexagonalen System
angehörenden Nadeln oder Säulen. Es ist durch starken Pfeffer-
minzgeruch und kühlenden Geschmack ausgezeichnet
Nach Wright 3 ) kristallisiert 1-Menthol je nach der Temperatur in
wenigstens vier verschiedenen Formen, die er als «-, ß-, y- und ^-Menthol
unterscheidet. Davon ist nur die a-Form, das gewöhnliche Menthol, zwischen
0° und ihrem bei 42,5° liegenden Schmelzpunkt beständig. Die andern drei
Formen sind monotropisch und schmelzen niedriger: die /S-Form bei 35,5°,
') Beckmann u. Pleissner, Liebigs Annalen 262 (1891), 30, 32.
s ) Beckmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 55 (1897), 19, 30.
») Journ. Americ. chem. Soc. 39 (1917), 1515.
Alkohole. 469
die y-Form bei 33,5° und die <?-Form bei 31,5°. Die nicht stabilen Formen
verwandeln sich beim Stehen schließlich alle in die stabile «-Form. Die
#-Form geht über die ß- in die «-Form über.
Die physikalischen Konstanten werden wie folgt angegeben:
Smp. 42,3°; Sdp. 212,5° (korr., 742 mm); d^ 0,890 für
festes, dfi%¥- 0,8810 für geschmolzenes, [a]^ g . — 49,86° eben-
falls für geschmolzenes Menthol 1 ). — Sdp. 215,5° (758 mm);
«Dsi» — 43° 45' für Menthol in überschmolzenem Zustande 2 ).
— Smp. 43°; [a] DS0 „ — 49,35° (in 20%iger alkoholischer Lö-
sung), — 50,59° (in 10°/o\ger alkoholischer Lösung) 8 ); n C4a ,
1,4479*). — Smp. 43 bis 43,5°; d|g 0,8859 (überschmolzen);
Wb —49,04° (in 52,37°/oiger alkoholischer Lösung); |>] D — 49,1°
(in 20,09 °/oiger alkoholischer Lösung) 3 ). — Smp. 42 bis 43°;
Sdp. 216° (760 mm); d^ 0,900; « Dll . —43,75°; [a] D — 48,5° im
überschmolzenen Zustand; n Dg7 . 1,45412 = n Baoo 1,46096 8 ).
Menthol ist ein gesättigter sekundärer Alkohol, der durch
Wasserentziehung mit Kaliumbisulfat, Chlorzink usw. in der
Hauptsache in den Kohlenwasserstoff zl s -p- Menthen, C 10 H 1S ,
übergeht. Auch durch Destillation mit 1 oder 2 % konzentrierter
Schwefelsäure erhält man aus Menthol Menthen vom Sdp. 165
bis 168°. Beim Erhitzen mit 4 bis 5 % verdünnter Schwefel-
säure (1 : 2) bildet sich ebenfalls Menthen. Die durch Ersatz
des Hydroxyls durch Halogen entstehenden Verbindungen sind
flüssig und wenig charakteristisch. Durch Reduktion mit Jod-
wasserstoff und Phosphor entsteht Hexahydrocymol, C 10 H ä0 T ),
bei der Oxydation mit Chromsäuregemisch das zugehörige
linksdrehende Keton C 10 H lg O, Menthon 8 ). Bei Anwendung von
Kaliumpermanganat als Oxydationsmittel erhält man dieselben
Verbindungen, die auch bei der Oxydation des Menthons auf-
treten, die Ketomenthylsäure und die bei 88 bis 89° schmelzende
x ) Long, Chem. Zentralbl. 1892, II. 525.
a ) Power u. Kleber, Pharm. Rundschau (Neuyork) 12(1894), 162; Aren,
der Pharm. 232 (1894), 647, 653.
») Beckmann, Liebigs Annalen 250 (1889), 327; Journ. f. prakt. Chem. II.
55 (1897), 15.
*) Brühl, Bert. Berichte 21 (1888) 457, Tabelle.
s ) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co.
«) Zeitschel u. Schmidt, Bert. Berichte 59 (1926), 2302.
') Berkenheim, ebenda 25 (1892), 688.
8 ) Beckmann, Liebigs Annalen 250 (1889), 325.
470 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
£-Methyladipinsäure. Nach diesen bei der Oxydation erhaltenen
Ergebnissen hat man dem Menthol die obenstehende Formel
gegeben, die durch die von Jünger und Klages 1 ) bewirkte
Überführung des Menthons in 3-Chlorcymol bestätigt worden ist.
Daß Menthol durch Erhitzen mit wasserfreiem Kupfersulfat auf
250 bis 280° Cymol liefert, hatte schon früher Brühl gefunden 2 ).
Menthol geht beim Erhitzen mit reduziertem Kupfer auf
etwa 230° in Thymol über 8 ). Bei der Reduktion des Thymols
nach Sabatier und Senderens entsteht ein kompliziertes
Gemisch, das i-Menthol und i-NeomenthoI enthält 4 ).
Von Estern des Menthols sind eine große Anzahl dargestellt
worden. Das oben erwähnte Acetat und das Isovalerianat sind
später im Abschnitt „Ester" näher beschrieben. Betreffs anderer
Ester sei auf eine Abhandlung Tschugaeffs 8 ) verwiesen, der
besonders auch das Drehungsvermögen berücksichtigte.
Mit Chloral gibt Menthol nach einer Mitteilung Monteils 6 )
zwei flüssige Verbindungen, Chloralmono- und -dimenthol. Beide
entstehen durch Zusammenschmelzen der berechneten Mengen
der Komponenten.
Menthol zu identifizieren dürfte bei seinen besonderen physi-
kalischen Eigenschaften kaum Schwierigkeiten bieten ; sonst kann
man zu diesem Zwecke das durch Einwirkung von Phenyliso-
cyanat entstehende Menthylphenylurethan benutzen. Diese zuerst
von Leuckart dargestellte Verbindung schmilzt bei 111 bis 112°
und ist in demselben Sinne optisch aktiv wie das Ausgangs-
material; durch Erhitzen mit Natriumäthylat ist sie zerlegbar,
doch findet dabei Inaktivierung des Menthols statt'). Menthol-
cf-naphthylurethan schmilzt bei 126°, ßr-1-Menthol-d-glucosid bei
159 bis 160 os ).
Weitere Derivate, durch die sich Menthol leicht charakteri-
sieren läßt, sind das durch Erwärmen mit Benzoesäureanhydrid
*) Berl. Berichte 29 (1896), 314.
*) Ebenda 24 (1891), 3374.
■) Brunei, Compt. rend. 150 (1910), 1528.
4 ) Pickard u. Littlebury, Journ. ehem. Soc. 101 (1912), 109.
«> Berl. Berichte 31 (1898), 364.
8 ) l'Union Pharm. Nach Zeitschr. d.allg. österr. Apoth.Ver.46(1908), 272.
') Beckmann, Journ. f. prakt., Chem. IL 55 (1897), 29.
8 ) E. Fischer u. Bergmann, Berl. Berichte 50 (1917), 711.
Alkohole. 47 \
entstehende Menthylbenzoat, das im Wasserdampfstrome schwer
flüchtig ist und bei 54,5° schmilzt 1 ), der Oxalsäuredimenthylester
vom Smp. 67 bis 68°, der Bernsteinsäuredimenthylester, Smp. 62°,
der Phthalsäuremonomenthylester vom Smp. 1 10° und der Phthal-
säuredimenthylester vom Smp. 133°.
Ein Gemisch von Menthol und Menthon kann in der Weise
getrennt werden, daß man letzteres oximiert und das gebildete
Menthonoxim durch Ausschütteln mit verdünnter Schwefelsäure
aus der ätherischen Lösung entfernt 2 ).
Die quantitative Bestimmung des Menthols geschieht durch
Acetylierung.
Zur Prüfung von Menthol auf etwaigen Ölgehalt ist es ratsam, es zwischen
Schreibpapier zu pressen und nicht, wie gewöhnlich empfohlen wird, zwischen
Filtrierpapier, denn auf letzterem heben sich event. Ölflecke weniger deutlich ab.
Als Verfälschungsmittel sind im Menthol a-Bromcampher 3 )
und Acetanilid*) festgestellt worden.
Isomere Menthole.
Über die Lage der Isopropyl- und Hydroxylgruppe bei den
stereoisomeren Mentholen gehen die Meinungen noch auseinander.
Vavon 5 ) vertritt die Ansicht, daß diese Gruppen beim Menthol
in trans-Stellung, beim Neomenthol in cis-Stellung zu einander
stehen. Zeitschel und Schmidt 6 ) hingegen nehmen in der
Formel des Menthols die räumlich entferntere Lage der Hydroxyl-
gruppen und tertiären H-Atome und in der Formel des Meo-
menthols die nähere Lage an.
1. Inaktives Menthol (identisch mit p-Thymomenthol von
Brunei')) ist die racemische Form des 1-Menthols und läßt sich
mit Hilfe der Brucin- und Cinchoninsalze des sauren Phthalats
in 1- und d-Menthol zerlegen"). dl-Menthol schmilzt bei 34°,
"•) Beckmann, Liebigs Annalen 262 (1891), 31 j Journ. f. prakt. Chem. II.
55 (1897), 16.
a ) Beckmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 55 (1897), 17.
s ) Bericht von Schimmel £j Co. April 1912, 140.
4 ) Ebenda Oktober 1918, 81.
s ) Bull. Soc. chim. IV. 39 (1926), 666; Chem. Zentralbl. 1926, IL 198.
•) Berl. Berichte 59 (1926), 2298.
7 ) Compt. rend. 140 (1905), 252.
a ) Pickard u. Littlebury, Journ. chem. Soc. 101 (1912), 109.
472 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
sein Phenylurethan bei 104°. Sdp. 216° (760 mm); d{£ 0,904;
n Dao . 1,461 50 1).
Zur technischen Herstellung von inaktivem Menthol erhitzt die Rheinische
Kampferfabrik*) Thymol in Gegenwart von Nickel, Kobalt, Platin oder Palla-
dium als Katalysator mit Wasserstoff unter Druck, wonach sich aus dem
Gemisch von dl-Menthol und einem Isomeren beim Erkalten das erstere ab-
scheidet Das Isomere wird durch Dehydrierung mit Kupfer- oder Nickeloxyd
in Menthon übergeführt Das Menthon wird alsdann für sich allein oder unter
Zusatz von neuen Mengen Thymol der katalytischen Hydrierung unterworfen.
Das flüssige Menthol kann man auch dadurch in inaktives Menthol vom
Smp. 34° umwandeln, daß man es mit Mentholnatrium oder Mentholkalium
auf Temperaturen über 100°, zweckmäßig 200 bis 300°, erhitzt.
Auf ganz ähnliche Weise stellen Howard and Sons und
Blagden 3 ) aus Thymol oder Piperiton (^l 1 -Menthenon-3) oder
Menthon durch katalytische Reduktion mit Hilfe eines Nickel-
katalysators dl-Menthol dar.
2. d-Neomenthol, ein Reduktionsprodukt des Thymols,
kommt in geringer Menge im japanischen Pfefferminzöl vor
und entsteht durch Erhitzen von 1-Menthon mit Isopropylalkohol
und Aluminiurn-isopropylat, wobei ein Austausch der Oxydations-
stufen stattfindet 4 ). Eigenschaften: Flüssig, Sdp. 98° (16 mm),
d 0,90, [a] D + 19,69° s ). — Sdp. 212° (760 mm), dfä 0,903,
«u + 17,7° 4 ). Smp. des Phenylurethans 108° 4 ).
3. 1-Neomenthol wurde ebenfalls bei der Reduktion des
Thymols erhalten. Flüssig; Sdp. 105° (21 mm); d^ 0,8995;
n DS0 . 1 ,46031 ; [o] D18 . — 1 9,62° 8 ).
4. dl-NeomenthoI ist die Racemform der beiden aktiven
Neomenthole. Es ist identisch mit dem Menthol, das Beck-
mann durch Hydrolyse des 1-Menthylphenylurethans mit Na-
triumäthylat bei 150° erhalten hatte. Smp. 51°; Sdp. 212°
(760 mm); d^£ 0,903; n D 1,46040*). Das Phenylurethan schmilzt
bei 114°, das saure Succinat bei 67 bis 68°, das saure Phthalat
bei 175 bis 177° s ).
l ) Zeitschel u. Schmidt, loc. cit.
a ) Engl. Pat 189450; Chem. Zentral«. 1923, II. 746. — Franz. Pat 558979;
Chem. Zentral«. 1928, IV. 880. — Engl. Pat. 231 827; Chem. Zentral«. 1927, 1. 359.
') Engl. Pat 213991; Chem. Zentral«. 1925, I. 1369. — Engl. Pat 238314;
Chem. Zentralbl. 1927, I. 359.
*) Zeitschel u. Schmidt, loc. cit.
s ) Pickard u. Littlebury, loc. cit
Alkohole. 473
5. Isomenthol. Es entsteht in geringer Menge bei der Re-
duktion des 1-Menthons mit Natrium in Äther, oder durch Be-
handeln von d-Isomenthylamin mit salpetriger Säure. Smp. 83°;
[«]„ +25,6°*).
Read, Robertson und Cook 2 ) gewannen dl-lsomenthol
(Smp. 53,5°; saures Phthalat, Smp. 107 bis 108°) durch Be-
handeln von dl-Isomenthylamin-hydrochlorid mit Natriumnitrit in
wäßriger Lösung bei 70°.
b) BicycHsche Alkohole.
Sabinol.
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 152.
Sabinol ist im Sadebaumöl teils frei, teils als Acetat ent-
halten; wahrscheinlich kommt es auch im Cypressenöl vor.
Die Eigenschaften des aus Sadebaumöl _ H
isolierten Sabinols sind: Sdp. 210 bis 213°, 11
105 bis 107° (20 mm) 5 ); Semmler*) gibt an: £
d ao „ 0,9432, n D 1,488. — Sdp. 95° (9 mm); »OHC,/ \ch
d 16 „ 0,9480; « D +7°27'; n D20 „ 1,48905; löslich hÄ Jch,
in 2 Vol. 70°/oigen Alkohols ). Paolini und Y
Rebora 6 ) fanden für Sabinol, das sie über c _ch— ch
das' saure Phthalat (Smp. 94 bis 95°) gereinigt
und durch Verseifung wiedergewonnen hatten, folgende Eigen-
schaften: Sdp. 208°, d w . 0,9518, [«] D + 7 56', n D18 . 1,4895.
Durch Oxydation mit Permanganat in verdünnter Lösung bildet
sich Sabinolglycerin (Smp. 152 bis 153°), aus dem bei weiterer
Oxydation a-Tanacetogendicarbonsäure entsteht (Smp. 140°).
Diese Reaktion kann zum Nachweis des Sabinols dienen.
Bei der Reduktion von Sabinol durch freien Wasserstoff
bei Gegenwart von Chlorpalladium erhielt Wallach 7 ) neben
') Beckmann, Berl. Berichte 42 (1909), 846.
s ) Journ. ehem. Soc. 1927, 212.
3 ) Bericht von Schimmel 81 Co. Oktober 1895, 40.
*) Berl. Berichte SS (1900), 1459.
B ) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel $ Co.
8 ) Atti. R. Accad. dei Lincei, Roma (5) 25 (1916), II. 377; Chem. Zen-
tralbl. 1917, I. 752.
') Hachr. K- Ges. Wiss. Göttingen 1919, 321.
474 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Kohlenwasserstoff einen linksdrehenden, sekundären Alkohol, der
bei vorsichtiger Oxydation wesentlich 1-Thujon lieferte. Hen-
derson und Robertson 1 ) bekamen bei der Behandlung von
Sabinol mit Wasserstoff in Gegenwart von aktivem Nickel bei
170 bis 175° Thujan (Sdp. 157 bis 160°) und einen zweiten ge-
sättigten Kohlenwasserstoff (Sdp. 161 bis 163°), der wahrscheinlich
mit dem von Wallach erhaltenen identisch ist. Bei Anwendung von
kolloidalem Palladium entstand Dihydrosabinol = Thujylalkohol.
Sabinol-d-Glucosid schmilzt wasserfrei bei etwa 91 ° 2 ).
Zum Nachweis von Sadebaumölvergiftungen benutzt Hämä-
lainen 8 ) die Eigenschaft des Sabinols, im Organismus zum Teil
an Glucuronsäure gepaart zu werden und im Harn als Sabinol-
glucuronsäure zu erscheinen. Diese Säure liefert ein wohl-
charakterisiertes Strychninsalz, das mit zwei Molekülen Wasser
kristallisiert und bei 196 bis 197° schmilzt.
Pinocarveol.
C 10 H l8 O. Mol.-Gew. 152.
Dieser bicyclische Alkohol, dessen Konstitution vielleicht
durch untenstehende Formel zum Ausdruck kommt, ist höchst
wahrscheinlich im Nachlaufe des Öles von Eucalyptus glo-
bulus enthalten*). Künstlich kann er aus
Pinylaminacetat oder -nitrat durch Um-
setzung mit salpetriger Säure dargestellt
werden 5 ).
Für den aus Eucalyptusöl isolierten
,-CH s Alkohol gibt Wallach (loc. cit.) folgende
Konstanten an: Sdp. 92° (12 mm), d 20 „
0,9745, n B30 . 1,49630;
für künstliches Pinocarveol: Sdp. 215 bis 218°, d 2ä „ 0,978,
n D2S . 1,49787.
Zum Nachweis eignet sich das Phenylurethan vom Smp. 82
bis 84° (ein kleiner Teil schmilzt bei 95°).
*) Journ. ehem. Soc. 123 (1923), 1713.
s ) Chem. Zentralbl. 1918, I. 1926.
3 ) Biochem. Zeitschr. 41 (1912), 241; Chem. Zentralbl. 1912, II. 555.
*) Wallach, Liebigs Annalen 346 (1906), 227.
B ) Wallach, ebenda 277 (1893), 149.
Alkohole. 475
Myrtenol.
C 10 H 16 O. Mol.-Gew. 152.
Myrtenol, C l0 H lfl O, nennen v. Soden und Elze 1 ) einen
Alkohol, den sie, hauptsächlich als Essigester, im Myrtenol
gefunden haben. Er bildet einen bei 116°
schmelzenden sauren Phthalester, aus dem
man den Alkohol als farbloses Öl von
Myrtengeruch wiedergewinnen kann. Die
Konstanten sind : Sdp. 220 bis 22 1 ° (751 mm),
79,5 bis 80° (3,5 mm), d 15 , 0,985, a D + 49°25'.
Das Myrtenol (Sdp. 222 bis 224 c ;
102,5 [9 mm]; d 20O 0,9763; a D + 45°45';
n D 1,49668) ist von Semmler und Bartelt 2 ) näher untersucht
worden.
Mit Phosphorpentachlorid wurde ein Chlorid CioHi 6 Cl gewonnen, das
bei der Reduktion mit Alkohol und Natrium Pinen lieferte. Auf Grund dieser
Tatsache stellten Semmler und Bartelt für Myrtenol die oben mitgeteilte
Formel auf. Bei der Oxydation mit Chromsäure entsteht der Aldehyd Myrtenal
C, HuO (Sdp. 87 bis 90° bei 10 mm; d 80O 0,9876; n D 1,50420), der durch ein
bei etwa 230° schmelzendes Semicarbazon und ein Oxim vom Smp. 71 bis
72° gekennzeichnet ist. Myrtenol kanq durch Oberführung in die Phthal-
estersäure (Smp. 114 bis 115°) sowie durch Oxydation zu Myrtenal charak-
terisiert werden.
Myrtenal ist von Semmler und Zaar 3 ) im falschen Campherholzöl, das
mit dem Öl von Hernandia peltata^) identisch ist, aufgefunden worden. Das
gereinigte Myrtenal hatte die Eigenschaften: Sdp. 89 bis 92° (11 mm),
020=0,9859, [«] D + 13,6°, n D 1,50618.
Borneol.
C 10 H ls O. Mol.-Gew. 154.
Borneol kommt frei in beiden optisch aktiven Modifika-
tionen, verestert meist nur in der linksdrehenden vor. Der von
Dryobalanops camphora, D. longifolia und D. Becarii stam-
mende Borneo- Campher besteht aus d- Borneol, während der
*) Chem. Ztg. 29 (1905), 1031.
s ) Berl. Berichte 40 (1907), 1363.
*) Ebenda 44 (1911), 815.
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1815, 54.
476 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Ngai-Campher (oder Ngai-fen) 1 ) von ßlumea balsamifera ganz
oder teilweise aus der linksdrehenden Modifikation besteht.
d-Borneol ist außerdem gefunden worden im Öl von
Callitris glavca, im Siam-Cardamomenöl, Muskatnußöl, Weih-
rauchöl, Lavendelöl, Rosmarinöl und Spiköl.
1-Borneol im Nadelöl von Ab/es concolor, A. magnifica,
im Terpentinöl von A. canadensis, im Öl der Nadeln und
•Zweige von Pinus Lambertiana und P. palustris, im Zapfenöl
von P. palustris, im Nadelöl von P. heterophylla, im Yellow
Pineöl, Thujaöl, Holzöl von Chamaecyparis Lawsoniana,
Citronellöl, Öl von Cymbopogon caesius, canadischen Schlangen-
wurzelöl, Corianderöl, Baldrianöl, Kesso-
wurzelöl, Mutterkrautöl und Öl von Arte-
misia frigida.
Auch wird über das Vorkommen des
Borneols noch öfters berichtet, ohne daß
die Drehungsrichtung angegeben ist. So
findet es sich im Lärchennadelöl, Öl aus
den Nadeln und Zapfen von Picea rubens,
Cedernblätteröl, Chiosterpentinöl, Douglas-
fichtennadelöl, Terpentinöl von Cedrus libanotica, Pinus brutia,
Nadelöl von Pinus ponderosa (?), P. excelsa, Öl von Callitris
verrucosa, C. intratropica, C. rhomboidea (?), Nadelöl von
Libocedrus decurrens, Ingweröl, Öl von Piper camphoriferum,
Aristolocbia reticulata, Calycanthus floridus, C. occidentalis,
Campheröl, Zimtwurzel- und -blätteröl, Öl von Persea pubes-
cens (?), Aburachanöl, Salbeiöl, Thymianöl, Öl von Eupatorium
capillifolium, Solidago odora, Goldrutenöl, Schafgarbenöl, Edel-
schafgarbenöl und Öl von Artemisia arborescens 2 ).
Verestert, und zwar als Acetat, kommt Borneol vor im
Edeltannennadelöl, Edeltannenzapfenöl (?), Rottannennadelöl,
Latschenkieferöl, deutschen und schwedischen rv'efernadelöl (?),
Hemlocktannennadelöl, Öl aus den Nadeln und Zapfen von
Picea canadensis und P. rubens, Öl aus den Nadeln und Zweigen
x ) Bericht von Schimmel § Co. April 1896, 74; 1919, 149.
s ) Auch in einem tierischen Produkt, dem Bibergeil oder Castoreum
ist neuerdings 1-Borneol aufgefunden worden. Bericht von Schimmel $ Co.
1927, 135.
Alkohole. 477
von Larix americana, Öl aus den Zweigspitzen von Abies
canadensls, Schwarzfichtennadelöl, Balsamtannennadelöl, sibi-
rischen Fichtennadelöl, Lärchennadelöl (?), Nadelöl von CaUitris
glauca, Corianderöl, Öl von Satureja thymbra, Thymus capi-
tatus, Baldrianöl, Kessowurzelöl und Goldrutenöl, als Butyrat
im Baldrianöl und als Isovalerianat im Baldrianöl und Kesso-
wurzelöl.
Reines 1-Borneol erhält man am bequemsten durch Verseifen
des im sibirischen Fichtennadelöl enthaltenen Bornylacetats.
Künstlich läßt sich Borneol aus d- oder 1-Campher durch
Reduktion mit Natrium in alkoholischer Lösung 1 ) oder in in-
differenten Lösungsmitteln 3 ) erhalten; das so dargestellte Borneol
ist jedoch niemals rein, sondern ein Gemisch von Borneol und
Isoborneol, einem dem Borneol stereoisomeren Alkohol, und
zwar bildet sich in alkoholischer Lösung weniger Isoborneol
als bei Verwendung indifferenter Lösungsmittel; im letzteren
Falle erhält man nebenher noch etwa 5 °/o Campherpinakon 8 ).
Aus dem Gemisch der beiden Borneole läßt sich aber dennoch
reines Borneol abscheiden, wenn man es acetyliert oder ben-
zoyliert und das sich beim Abkühlen ausscheidende kristalli-
sierte Bornylacetat und -benzoat verseift. Auch aus dem Pinen
(Terpentinöl) kann Borneol erhalten werden, entweder als Ester
durch Erhitzen mit Säuren, z. B. Benzoesäure, Oxalsäure,
Trichloressigsäure *) und anderen, oder durch Überführen in
Bornylchlorid und weitere Umwandlung dieser Verbindung direkt
in Borneol oder in Campher und Isoborneol (s. u. Camphen).
/9-Pinen kann durch ähnliche Behandlung zur Camphersynthese
verwendet werden 5 ).
Nach Haller ) entsteht Borneol, wenn man auf Pinen
Tetrabrom-, Tetrajod- oder Tetrafluorphthalsäuren einwirken läßt
und die gebildeten Dibornylester verseift.
Durch Behandeln von Terpentinöl mit Tetrachlorphthalsäure
*) Wallach, Liebigs Annalen 230 (1885), 225.
s ) Beckmann, Beri. Berichte 21 (1888), Ref. 321.
*) Beckmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 55 (1897), 36.
*> Murayama u. Abe, Journ. pharm. Soc. of Japan 192S, Nr. 498, S. 637.
Nach Journ. Soc. chem. Ind. 48 (1924), B. 33.
s ) Austerweil, Chem. Ztg. 50 (1926), 5; Engl. Pat. 222141.
8 ) Chem. Zentralbl. 1928, IV. 724.
478 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
erhält man den Dibornylester dieser Säure, aus dem man durch
Verseifen isoborneolfreies Borneol gewinnt 1 ).
Reines Borneol bildet, aus Ligroin kristallisiert, glänzende
Blättchen oder Tafeln, die dem hexagonalen System angehören 8 ).
Es besitzt einen dem Campher etwas ähnlichen, an Ambra er-
innernden Geruch; der Schmelzpunkt liegt bei 203 bis 204° (bei
isoborneolhaltigen Präparaten bei 206 bis 208°), der Siedepunkt
bei 212°. Wie Campher, so ist auch Borneol schon bei gewöhn-
licher Temperatur flüchtig, aber nicht in dem Maße wie jener.
Das spez. Gewicht des d-Borneols wird von Plowman 8 ) zu
1,011, für 1-Borneol zu 1,02 angegeben.
Das Drehungsvermögen des d-Borneols fand Beckmann*)
zu + 37,44°; in Übereinstimmung damit stehen die Angaben
von Haller 8 ), welcher für den aus dem kristallisierten Acetat
wiedergewonnenen Alkohol [a] D -j- 37,63° ermittelte. Natürliches
I-Borneol besitzt nach Beckmann [a] B — 37,74°*), nach Haller
[a] D — 37,77°*); ein etwas höheres Drehungsvermögen, nämlich
[a] D — 39°35', wurde für das unter dem Namen Ngai-fen vor-
kommende 1-Borneol beobachtet 6 ). Meist ist das in den ätherischen
Ölen enthaltene Borneol aber mehr oder weniger racemisiert.
Die rechts- und die linksdrehende Modifikation des Borneols
verhalten sich chemisch völlig gleich.
Borneol ist zwar ein gesättigter Alkohol, dennoch bildet er
lose Additionsprodukte mit Brom und Halogenwasserstoff '),
die sich aber nicht zur Charakterisierung eignen; andrerseits
können durch Einwirkung von Halogenwasserstoff, besser von
Halogenphosphor, auch die entsprechenden Bornylhalogenide er-
halten werden, die man jedoch zweckmäßiger aus Pinen gewinnt.
Als sekundärer Alkohol geht Borneol bei der Oxydation zunächst
in das zugehörige Keton C 10 H la O, Campher, über; ein Drehungs-
wechsel findet dabei nicht statt. Werden die Dämpfe von Borneol
*■) D. R. P. Anm. F. 47011, ausgelegt am 12. 1. 1932.
2 ) Traube, Journ. f. prakt. Chem. IL 49 (1894), 3.
a ) Pharmaceutical Journal 33 (1874), 711.
*) Liebigs Annalen 260 (1889), 353; Journ. f. prakt. Chetn. II. 55 (1897), 33.
*) Compt. rend. 109 (1889), 30; s. auch Hall er, Compt. rend. 112 (1891),
143, Über den Einfluß des Lösungsmittels auf das Rotationsvermögen.
") Bericht von Schimmel § Co. April 1895, 74.
') Wallach, Liebigs Annalen 230 (1885), 226.
Alkohole. 47g
über auf 250 bis 300° erhitztes Kupferoxyd geleitet, so bildet
sich Campher. Bei 300° verläuft die Reaktion quantitativ. Er-
hitzt man stärker, so wird die Ausbeute kleiner, und schließlich
bildet sich bei 420 bis 430° ein Gemisch von Terpenkohlenwasser-
stoffen. Bei' Verwendung von stark wirkenden oder sauren Oxy-
dationsmitteln können auch Oxydationsprodukte des Camphers,
wie Camphersäure usw., oder Oxydationsprodukte des Camphens
auftreten. Gegen wasserentziehende Mittel, wie Chlorzink und
verdünnte Schwefelsäure, ist Borneol sehr beständig 1 ), es unter-
scheidet sich dadurch wesentlich von dem ihm isomeren Iso-
borneol; führt man es durch Phosphorpentachlorid in Bornyl-
chlorid, das sich nicht unzersetzt Umkristallisieren läßt, über und
entzieht diesem durch Kochen mit Anilin Salzsäure, so entsteht
Camphen. Bornylchlorid läßt sich in guter Ausbeute gewinnen
durch Behandeln pinenhaltiger Öle mit Thionyl- oder Sulfuryl-
chlorid und einer organischen Säure 2 ).
Aus Borneol sind zahlreiche Äther und Ester dargestellt,
die zum Teil kristallisieren und zur Charakterisierung verwertet
werden können. Das Formiat, Acetat, Valerianat und Benzoat
sind im Abschnitt „Ester" beschrieben.
Nach L. Schmidt") erhält man Bornyl- und Isobornylester organischer
Säuren in guter Ausbeute und ohne Nebenprodukte, wenn man diese Säuren
mit Pinen oder pinenhaltigen Ölen unter Zusatz von Bortrioxyd erhitzt.
Durch Erhitzen von Borneol mit Kali auf 250 bis 280° er-
reichte Guerbet 4 ) eine fast vollständige direkte Überführung in
Camphol- und Isocampholsäure.
Zum Nachweis des Borneols in ätherischen Ölen benutzt
man die bei ca. 205 bis 215° siedende Fraktion, aus der sich
das Borneol häufig schon beim Abkühlen ausscheidet.
Zur Charakterisierung dient das durch Einwirkung von
Carbanil entstehende Bornylphenylurethan, das bei 138 bis 139°
schmilzt 5 ) und in demselben Sinne optisch aktiv ist wie das
Borneol, aus dem es dargestellt wurde; ferner sind das bei 29°
*) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. II. 49 (1894), 8.
a ) D. R. P. 397314; Chem. Zentralbl. 1934, II. 1134.
a ) D.R.P. 401870 und 406768; Chem. Zentralbl. 1925, I. 229 u. 1908.
4 ) Compt rend. 147 (1908), 70; 14S (1909), 98.
*) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt Chem. IL 49 (1894), 5.— Das
Phenylurethan des Isoborneols hat denselben Schmelzpunkt!
480 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
schmelzende Acetat sowie die durch Vereinigung von Borneol
mit Chloral und Bromal entstehenden Additionsprodukte, von
denen das des Chlorais bei 55 bis 56° 1 ), das des Bromais bei
105 bis 106° 2 ) schmilzt, zum Nachweis des Borneols zu benutzen.
Das I-Borneol-a-naphthylurethan schmilzt bei 132°. d-Borneol-
d-Glucosid bildet Nadeln vom Smp. 134 bis 136°; 1-Borneol-
d-GIucosid schmilzt bei 138 bis 141°. Schließlich kann man
auch Borneol durch Oxydation mit Beckmannscher Chrom-
säuremischung in Campher überführen und diesen durch sein
Oxim, Smp. 118 bis 119", identifizieren.
Hin und wieder kommt man in die Lage, ein Gemisch von
Borneol und Campher trennen zu müssen. In diesem Falle führt
man nach einem von Haller 3 ) angegebenen Verfahren durch Er-
wärmen des Gemisches mit Bernsteinsäureanhydrid das Borneol
in den sauren Bernsteinsäureester über, dessen Natriumsalz in
Wasser löslich ist und somit leicht vom Campher getrennt
werden kann; an Stelle von Bernsteinsäureanhydrid läßt sich
auch Phthalsäureanhydrid verwenden. Wie ein Versuch gezeigt
hat, reagiert Borneol auch schon in Benzollösung mit Phthal-
säureanhydrid. Bei zweistündigem Erhitzen auf dem Wasserbad
waren 70 °/o in Reaktion getreten. Die beim Erhitzen mit Benzoe-
säure- oder Stearinsäureanhydrid entstehenden Ester des Borneols
sind schwer flüchtig und können durch Destillation mit Wasser-
dampf von Campher befreit werden. Man kann aber auch den
Campher in sein Oxim überführen und dieses dem Gemisch
durch Schütteln mit etwa 25°/oiger Schwefelsäure entziehen.
Zur quantitativen Borneolbestimmung kann man die — mög-
lichst konzentrierte — Lösung des Gemisches in einem geeigneten
Lösungsmittel (Xylol) acetylieren und durch Feststellung der
Esterzahl den Alkoholgehalt ermitteln.
Ist Isoborneol zugegen, so kann man dieses durch Erhitzen
mit Benzoesäure, Benzoesäureanhydrid oder Stearinsäure in
Camphen überführen und das Borneol aus dem gebildeten Ester
regenerieren. Ferner wird durch V*- bis 1 /a stündiges Erhitzen
mit einer Mischung von 20 % Schwefelsäure und 80 °/o Methyl-
*) Hall er, Compt. rend. 112 (1891), 145.
*) Minguin, Compt rend. 116 (1893), 889; Bertram u. Walbaum
geben loc. cit 98 bis 99° an.
s ) Compt. rend. 108 (1889), 1308.
Alkohole. 481
alkohol nur das Isoborneol 1 ) in den Methyläther übergeführt. Zur
Unterscheidung vom Isoborneol ist auch das von Tschugaeff an-
gegebene Verhalten der beiden Alkohole gegen Salpetersäure sehr
geeignet 3 ). Borneol entwickelt mit konzentrierter, reiner Salpeter-
säure rote Dämpfe, während reines Isoborneol diese nicht gibt.
Henderson und Heilbron 8 ) empfehlen zur Unterscheidung des
Borneols vom Isoborneol die Darstellung der p-Nitrobenzoate
dieser Alkohole. Das Bornyl-p-nitrobenzoat schmilzt bei 137°, das
Isobornyl-p-nitrobenzoat bei 129°. Von Oxydationsmitteln wird
Borneol leichter angegriffen. Zu beachten ist auch, daß die Borneol-
derivate durchweg schwerer löslich sind als die Isoborneolderivate.
Durch Behandlung von Camphenhydrochlorid mit Kalkmilch
stellte Asch an 4 ) ein neues, Camphenhydrat genanntes Borneol
dar, das aus einer harten, weißen Kristallmasse besteht, die bei
142° schmilzt und bei 205° siedet. Smp. von sublimierter Sub-
stanz 150 bis 151°.
Ebenso wie Camphenchlorhydrat setzen sich auch Bornyl- und Isobornyl-
chlorid mit Kalkmilch um. Während sich jedoch aus Bornylchlorid fast in
quantitativer Ausbeute Camphenhydrat bildet, liefert Isobornylchlorid fast nur
Camphen neben wenig Camphenhydrat. Da das Verhalten des Camphen-
chlorhydrats in der Mitte liegt, so nimmt Aschan 8 ) an, daß es ein Gemenge
zweier Chlorhydrate, des «- und /?-Camphenchlorhydrats, darstellt, von denen
die «-Verbindung bei der Behandlung mit schwachen Alkalien Camphenhydrat
und die ^-Verbindung Camphen liefert.
Die Isomerieverhältnisse des Methylcamphenilols und Camphenhydrats
sind von Aschan 6 ) klargelegt worden; diese Alkohole sind in demselben
Verhältnis geometrisch isomere Körper wie Borneol und Isoborneol.
Der Geruch des Camphenhydrats ist gleichzeitig schimmel-
und mentholartig. Charakteristisch für den neuen Alkohol ist
die Leichtigkeit, mit der er Wasser abspaltet, wobei Camphen
zurückgebildet wird. Die Abspaltung erfolgt schon beim Schütteln
mit warmen verdünnten Mineralsäuren, beim Kochen mit Eis-
essig und zuweilen schon bei der Destillation.
*) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. 11. 49 (1S94), 8. —
Hesse, Berl. Berichte 39 (1906), 1144.
a ) Chem. Ztg. 26 (1902), 1224.
a ) Proceed. chem. Soc. 29 (1913), 381.
4 ) Berl. Berichte 41 (1908), 1092.
*) Liebigs Annalen 3SS (1911), 1.
■>) Ebenda 410 (1915), 222.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 31
482 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Isoborneol.
C 10 H 18 O. Mol.-Gew. 154.
Diesen bei der Reduktion von Campher neben Borneol ent-
stehenden stereoisomeren Alkohol erhält man auch durch Hydra-
tisierung von Camphen 1 ). Der Schmelzpunkt liegt nach Bertram
und Walbaum bei 212° (im zugeschmolzenen Röhrchen). Der
Siedepunkt läßt sich nicht bestimmen, da der Alkohol zu sub-
limieren beginnt, bevor sein Siedepunkt erreicht ist. [a] D — 0°26'
(15,12 %ige alkoholische Lösung). Das Phenylurethan schmilzt
bei 138 bis 139° (es hat denselben Schmelzpunkt wie Borneol-
phenylurethan !) und bildet mit alkoholischem Kali Isoborneol
zurück. Der Schmelzpunkt des Isoborneol-ß-naphthylurethans
liegt bei 129°. Das Isobornylchlorid läßt sich nicht unzersetzt
Umkristallisieren und besteht hauptsächlich aus /^-Camphenchlor-
hydrat. r-Isoborneol-d-Glucosid schmilzt wasserfrei bei 143 bis
144,5°. Wie Semmler und Mayer 2 ) gefunden haben, wird
Camphen beim Kochen mit Ameisensäure am Rückflußkühler
quantitativ in IsoBornylformiat umgewandelt. Die Konstanten
des Esters waren: Sdp. 91 bis 93° (11 mm), d 20 o 1,005, n D 1,4726.
Nach Wesson 3 ) werden Isobornylester und Camphen gewonnen,
indem man ein Gemisch aus einer Carbonsäure und Pinenhalogen-
hydrat mit Zink (nicht wesentlich mehr als 5 °/o des angewandten
Pinenhalogenhydrats) erhitzt.
Thujylalkohol.
C 10 H lg O. Mol.-Gew. 154.
CHg
CH Der in ätherischen Ölen vorkommende Thujyl-
Hc/ / '\ CHOH 0< * er Tanacetylalkohol ist, ebenso wie der durch
Reduktion von Thujon*) erhaltene, ein Gemisch
mehrerer stereoisomerer sekundärer Alkohole,
C die sich auch durch ihre physikalischen Kon-
H 3 C-CH— CH 5 stanten unterscheiden.
HiC X / CHs
x ) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. II. 49 (1894), 1.
s ) Berl. Berichte 44 (1911), 2012.
a ) Americ. Pat. 1372382; Chem. Zentral bl. 1921, II. 1063.
*) Semmler, Berl. Berichte 25 (1892), 3344. — Wallach, Liebigs
Armalen 272 (1893), 109.
Alkohole. 483
Thujylalkohol ist enthalten im Wermutöl, und zwar teils
frei, teils an Essigsäure, Isovaleriansäure und vielleicht auch an
Palmitinsäure gebunden. Außerdem ist er in den Ölen von
Thuja plicata, Boronia thüjona (?) und Artemisia arborescens
nachgewiesen worden.
Zur Reindarstellung kann man nach Paolini und Divizia 1 )
die Phthalestersäuren benutzen. Sie fanden für den aus ver-
schiedenen Ausgangsmaterialien auf diese Weise erhaltenen
Thujylalkohol: Sdp. 206 bis 207°, d 0,9229 bis 0,923, a B + 50,01°
bis +114,67°, n D 1,4625 bis 1,4758.
Tschugaeff und Fomin 2 ) reinigten den sauren Phthalester
über das Cinchoninsalz, aus dem dann der reine Alkohol isoliert
wurde. d-Thujylalkohol hatte: d^£ 0,91 87, [k] d + 116,93°. 1-Thujyl-
alkohol war fest, Smp. 28°, [e] D20 . — 9,12°.
Um den Alkohol nachzuweisen, kann man ihn mit Chrom-
säure oxydieren und aus dem entstandenen Thujon das Oxim
oder Semicarbazon darstellen.
Fenchylalkohol.
C 10 H ls O. Mol.-Gew. 154.
Fenchylalkohol, dem nach Sem mler die untenstehende Formel
zukommt, findet sich in dem Öl 3 ), das man durch Wasserdampf-
destillation aus Wurzelstümpfen gewinnt,
die nach dem Abhauen des Stammes noch CHs
mehrere Jahre in dem Erdboden gesteckt C
haben, ferner in dem Öl, das aus dem H a C | C<^
harzreichen Kienholz von P/nus palustris ch 8
(Yellow Pine Oil) erhalten wird. H s c' ^ | ! C< CHa
Nach neueren Untersuchungen scheint " CH *"" s
der Alkohol auch in dem Öl von Lavandula
stoechas vorhanden zu sein. Künstlich stellt man ihn dar durch
Reduktion von Fenchon. Nach Barbier und Grignard 4 ) entsteht
Fenchylalkohol neben anderen Alkoholen durch Hydratisierung
*) Atti R. Accad. dei Lincel, Roma [5] 2S (1914), II. 226; Chem. Zentralbl. 1915,
I. 607. — Paolini, Gazz. chim. ital. 42 (1912), I. 41 ; Chem. Zentralbl. 1912, 1. 1011.
2 ) Berl. Berichte 45 (1912), 1293.
3 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1910, 107.
4 ) Bull. Soc. chim. IV. 5 (1909), 512, 519.
31*
484 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
von französischem Terpentinöl. Diese Forscher nehmen an, daß
er aus anwesendem /3-Pinen gebildet wird.
Der durch Reduktion von aktivem Fenchon erhaltene aktive
Fenchylalkohol zeigt ein dem Ausgangsmaterial entgegengesetztes
Drehungsvermögen.
Wallach gibt für ihn folgende Eigenschaften an: Sdp. 201°,
d 80= 0,933, [ C ] D — 10,35 D1 ), Smp. 45° 2 ). Bertram und Helle«)
fanden: Smp. 45 °, Sdp. 201 bis 202°, [a] D — 10,9°.
Einen sehr reinen Fenchylalkohol vom Smp. 49° gewannen
Nametkin und Seliwanoff *), indem sie rohen Fenchylalkohol
mit Phthalsäure dehydratisierten und die nach dem Abdestillieren
des entstandenen dl-Fenchens hinterbleibende Fraktion einer
besonderen Behandlung mit Phthalsäureanhydrid unterwarfen.
Ein Alkohol vom Smp. 45° ist nicht rein und enthält eine ölige
Beimengung, wahrscheinlich eine stereoisomere Verbindung.
Für optisch reinen 1-FenchylalkohoI geben Pickard, Lewcock
und Yates 6 ) an: [«] D20 „ — 15,5°.
Der aus dem Yellow Pine Öl isolierte dl-Fenchylalkohol besaß
folgende Konstanten: Smp. 33 bis 35°, Sdp. 202^5 203°, [a] D I 0°.
Ein von Wallach durch Mischen von d- und 1-Fenchylalkohol
erhaltenes inaktives Produkt zeigte denselben Schmelzpunkt.
Durch Reduktion von d-Fenchon ([«] Da0 o +62,62°; d™ ° 0,9460) mit Natrium
in alkoholischer Lösung erhielten Kenyon und Priston ) ein Gemisch von
a~ und ^-Fenchylalkohol im Verhältnis 9:1. Aus dem Gemisch wurde über
das saure Phthalat reiner «-Fenchylalkohol (Sdp. 94° [20 mm]; Smp. 47";
Msaai — 15,04°) und über das p-Nitrobenzoat reiner ^-Fenchylalkohol (Sdp. 91°
[18 mm]; Smp. 3 bis 4°; [a] BM i —27,97°) gewonnen. Bei der Oxydation
mit Chromsäure gaben die beiden Alkohole ein mit dem Ausgangsmaterial
identisches d-Fenchon. Wenn auch die Alkohole dieselbe Drehungsrichtung
aufwiesen, so zeigten ihre Derivate doch optische Eigenschaften von entgegen-
gesetztem Charakter: Die Überführung des «-Fenchylalkohols in neutrale
Ester ergab beträchtlich stärker linksdrehende, die Umwandlung des ^-Fenchyl-
alkohols in neutrale Ester bedeutend weniger linksdrehende Verbindungen.
Beim Fenchyl-p-nitrobenzoat wurde die Drehung der /S-Verblndung sogar
positiv («d-)-13,5 ); «-Fenchyl-p-nitrobenzoat hatte « D — 23,2°.
*) Liebigs Annalen 26S (1891), 145.
3 ) Ebenda 284 (1895), 331.
3 ) Journ. f. prakt. Chem. IL 61 (1900), 295
*) Ebenda 106 (1923), 25.
s ) Proceed. chem. Soc. 3» (1913), 127.
") Journ. chem. Soc. 127 (1925), 1472.
Alkohole, 485
Durch Wasserabspaltung mit Kaliumbisulfat 1 ) werden aus
dl-Fenchylalkohol erhalten: 1-a-Fenchen, d-£-Fenchen, Isofenchylen
und Cyclofenchen.
Zum Nachweis des aktiven Fenchylalkohols benutzt man
die bei 145 bis 145,5° schmelzende Fenchylphthalestersäure und
das Phenylurethan vom Smp. 82 bis 82,5°. 1-Fenchylalkohol-
d-glucosid schmilzt wasserfrei bei 130 bis 132°*). Von den
inaktiven Derivaten schmilzt die Phthalestersäure niedriger (bei
143°) und das Phenylurethan höher (bei 88° ungefähr) als die
entsprechenden aktiven Derivate. Das Oxalat der optisch aktiven
Formen schmilzt bei 92 bis 93,5°, das des inaktiven Fenchons
bei 100,5 bis 101,5° s ). Auch die Oxydation zu Fenchon und
die Charakterisierung dieses Ketons läßt sich zur Identifizierung
benutzen.
Der Isovaleriansäureester des Fenchylalkohols ist unter dem
Namen Fenchyval im Handel. Den Fenchylester der p-Nitro-
benzoesäure erhält man beim Erhitzen von 4 Teilen Fenchyl-
alkohol und 5 Teilen p-Nitrobenzoylchlorid; er schmilzt bei
108 bis 109°.
c) Tricyclische Alkohole.
Teresantalol.
C 10 H 16 O. Mol.-Gew. 152.
Der einzige bisher bekannte tricyclische Terpenalkohol, das
Teresantalol, der von Semmler und CH
Bartelt 4 ) durch Reduktion des Me- H0 .HC-(CH)C l~"~ CH
thylesters der Teresantalsäure dar- * ^
gestellt worden war und wahrschein- „ _ _, '
lieh die nebenstehende Konstitution ^~~th
besitzt, ist von Schimmel 8f Co. ä )
im ostindischen Sandelholzöl aufgefunden worden. Sdp. 95 bis
98°; Smp. 113°; [«].„ + 1 1°58").
') Qvist, Liebigs Annalen 417 (1918), 278.
s ) Literatur siehe S. 416.
s ) Qvist, loa cit.
*> Berl. Berichte 40 (1907), 3103.
s ) Bericht von Schimmel 8f Co. Oktober 1910, 106; April 1911, 105.
486 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
d) Alkohole unbekannter Konstitution.
Olibanol.
QoH^O. Mol.-Gew. 152.
Nach Fromm und Klein 1 ) gibt es verschiedene Olibanole.
«-Olibanol findet sich im Weihrauchöl; Sdp. 117 bis 119°
(22 mm), 210 bis 211° (gewöhnlicher Druck); d u . 0,9504. Bei
der Oxydation mit Permanganat liefert es keine Pinononsäure.
Durch Reduktion von a-Olifaanol mit Natrium und Alkohol
entsteht ein Dihydro- Olibanol, C 10 H i8 (Sdp. 100 bis 102°
bei 25 mm).
/S-Olibanol ist von Fromm und Autin 2 ) ebenfalls aus
Weihrauchöl gewonnen worden. Es entsteht beim Erhitzen von
«-Olibanol über den Siedepunkt durch Umlagerung. Bei der
Oxydation mit Permanganat entsteht Pinononsäure. Beim Ver-
such, /J-Olibanol zu reduzieren, wurde neben harzigen Produkten
nur das unveränderte Ausgangsmaterial gewonnen.
y-OlibanoI wurde aus einem anderen terpenhaltigen Oli-
banumöl, das im Vakuum destilliert wurde, erhalten 2 ). Sdp. 114
bis 116° (15 mm), d 18 „ 0,9502. Die Substanz, die sich nicht wie
«-Olibanol reduzieren und in die /S-Verbindung durch Erhitzen
überführen ließ, gab bei der Oxydation eine flüssige Säure und
reagierte nicht mit Semicarbazid.
D. Sesquiterpenalkohole.
Entsprechend den aliphatischen und cyclischen Sesquiter-
penen unterscheidet man auch Sesquiterpenalkohole mit offener
Kette und solche mit ringartiger Bindung. Wie unter den alipha-
tischen Terpenverbindungen hauptsächlich die Träger blumen-
artiger Gerüche zu finden sind, so zeichnen sich die aliphatischen
Sesquiterpenalkohole Farnesol und Nerolidol, im Gegensatz zu
*} Liebigs Annalen 425 (1921), 213.
*) Ebenda 401 (1913), 253.
Alkohole. 487
den cyclischen, die mehr holzartig riechen, durch einen zwar
schwachen, aber angenehmen, balsamischen, blumenartigen Ge-
ruch aus, der besonders in der Verdünnung hervortritt und
lange anhaftet.
a) Aliphatische Sesquiterpenalkohole.
Farnesol.
C 16 H 9B 0. Mol.-Gew. 222.
s ^>C:CHCH 3 CH 2 .C:CH-CH 2 CH 3 .C:CH.CH a OH
CH
3
CH 3 CH S
Wie das Formelbild zeigt, ist das Farnesol als der dem
Geraniol entsprechende Alkohol der Sesquiterpenreihe anzusehen.
Er ist teils frei, teils als Ester enthalten im Ceylon-Citronellöl,
Palmarosaöl, Maiblumenöl 1 ), Java-Canangaöl, Resedablütenöl 1 ),
Rosenöl, Akazienblütenöl 1 ), Perubalsamöl, Tolubalsamöl, Öl von
Robinia pseudacac/'a, Neroliöl, Lindenblütenöl, Moschuskörneröl
und Syringenblütenöl ').
Eigenschaften. Sdp. 160° (10 mm); d 18 „ 0,885; « D +0°;
n r , 1.48809 1 ). — Sdp. 160° (10 mm); d 18 . 0,885; n D 1,488 2 ). —
Sdp. 149" (4mm); d in .0,894; « D + 0° s ). — Sdp. 140 bis 141°
(3 bis 4 mm); d 14 „ 0,8934; « lP +0°; n D20 „ 1,48991 4 ). — Für Farnesol,
das aus racNerolidol dargestellt war, fand Ruzicka'') d^°- 0,8908,
n r>2o° ^ .4890 und für das aus d-Merolidol gewonnene d^ 0,8954,
n m8 , 1,4924.
Die Konstitution des Farnesols wurde von M. Kerschbaum 8 )
aufgeklärt 7 ). Durch Wasserabspaltung entsteht Farnesen. Bei
der Oxydation mit Chromsäure bildet sich der Aldehyd Farnesal
(Semicarbazon, Smp. 133 bis 135°). Über das Oxim und das
*) Kerschbaum, Berl. Berichte 46 (1913), 1732.
a ) Haarmann u. Reimer, D.R.P. 149603; Chem. Zentralbl. 1904, 1. 975.
3 ) v. Soden u. Treff, Berl. Berichte 37 (1908), 1095.
4 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1914, 71.
5 ) Helvet chim. acta 6 (1923), 492.
a ) loc. cit.
') Über abweichende Ansichten über die Konstitution des Farnesols vgl.
Verley, Bull. Soc. chim. IV. 35 (1924), 606.
488 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
entsprechende Nitrit gelangt man zur Farnesensäure. Bei der
Verseifung des Farnesennitrits entsteht neben Farnesensäure
und Essigsäure in einer Ausbeute von 50°/o das Keton Dihydro-
pseudojonon.
Den weiteren Beweis für die Richtigkeit der Konstitutions-
formel haben C. Harries und R. Haarmann 1 ) durch den Abbau
des Farnesols und die dabei erhaltenen Spaltprodukte erbracht.
Betreffs der stereochemischen Verhältnisse des Farnesols,
die 4 Raumisomere möglich erscheinen lassen, weist Ruzicka
darauf hin, daß zwischen den einzelnen Farnesolpräparaten aus
Moschuskörneröl, Orangenblütenöl, Ceylon - Citronellöl, Java-
Canangaöl, dl-Nerolidol und d-Nerolidol merkliche Unterschiede
bestehen. Demnach ist es wahrscheinlich, daß die Farnesole
verschiedener Herkunft auch aus verschiedenen stereoisomeren
Modifikationen oder Mischungen solcher bestehen. Welche
Formen in den einzelnen Präparaten enthalten sind, kann vor-
läufig noch nicht mit Sicherheit entschieden werden.
Feste Derivate des Farnesols sind bis jetzt noch nicht er-
halten worden. Über die Synthese des Farnesols siehe unter
Nerolidol.
Nerolidol.
c i 6 H a6 0. Mol. -Gew. 222.
Wahrscheinliche Formel :
fH OH
CH s ^C:CH.CH 2 -CH 2 -C:CH.CH 2 -CH ä -C-CH:CH,
CH 3 CH 3
Man kann sich nach Ruzicka 2 ) das Nerolidol als durch
Anlagerung eines Isoprenrestes an Linalool entstanden denken.
Nerolidol ist in den hochsiedenden Anteilen des Ofangen-
blütenöls s ) und im Perubalsamöl*) aufgefunden worden. Sdp. 276
bis 277°, 128 bis 129° (6 mm); d0,880; a D + 13°32' 2 ). — Sdp.
125 bis 127° (4 bis 5 mm); d 1B . 0,8801; « D -|-12 48'; n DM . 1,48023 *).
— Ruzicka fand für reines Nerolidol aus Perubalsam: Sdp. 96
*) Berl. Berichte 46 (1913), 1737.
s ) Helvet chim. acta 6 (1923), 483, 492.
*) Hesse u. Zeitschel, Journ. f. prakt. Chem. II. 66 (1902), 504.
4 ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1914, 75.
Alkohole. 489
bis 98° (0,2 mm), d M . 0,878, c D + 13°36', n D22 . 1,4786 *). —
Phenylurethan, Smp. 37 bis 38° a ). Das Thomssche Peruviol 3 )
ist ein nicht ganz reines Nerolidol gewesen.
Bei der Oxydation des Nerolidols mit Chromsäure erhielt
Ruzicka Farnesal (Semicarbazon, Smp. 134°). Durch Erhitzen
mit Essigsäureanhydrid in einer Kohlensäureatmosphäre wird
Nerolidol in Farnesol 4 ) umgelagert, daneben entsteht Farnesen.
Eine Totalsynthese des rac. Nerolidols und Farnesols hat
Ruzicka 6 ) ausgeführt. Er kondensierte das aus Geranylchlorid
und Acetessigester gewonnene or-/3-Dihydropseudojonon mit
Natriumamid und Acetylen und erhielt in fast quantitativer Aus-
beute Homogeranyl-äthenylmethylcarbinol = Dehydro-dl-nerolidol
(Sdp. 146 bis 147° bei 12 mm). Dieses Carbinol lieferte bei der
Behandlung mit Natrium in feuchter Ätherlösung das Homo-
geranylvinyl-methylcarbinol = rac. Nerolidol.
Doremol. Dieser aliphatische Sesquiterpenalkohol •) kommt
als Acetat in den hochsiedenden Fraktionen des Ammoniacumöls
vor. Der freie Alkohol siedete bei 145 bis 155° (12 mm);
d 20 „ 0,8723, « D -f3°30', n D20 „ 1,47216. Durch Reduktion mit Platin
und Wasserstoff bildete sich zunächst Dihydrodoremol und so-
dann Tetrahydrodoremol.
Zahlreicher als die aliphatischen sind die cyclischen Sesqui-
terpenalkohole. Im Vergleich zu den Sesquiterpenen ist das
Mengenverhältnis, in dem sie in den Ölen enthalten sind, kleiner;
es gibt aber auch Öle, wie z. B. das ostindische Sandelholzöl, die
fast gänzlich aus Sesquiterpenalkoholen bestehen. Viele von
diesen, besonders die tertiären Verbindungen, zeichnen sich
durch ein großes Kristallisationsvermögen aus, so daß sie sich
manchmal in kristallisiertem Zustande freiwillig aus den Ölen
abscheiden. Man bezeichnete solche Ausscheidungen früher mit
*■) Helvet. chim. acta 6 (1923), 483, 492.
2 ) Bericht von Schimmel S Co. April 1914, 75.
8 ) Arch. der -Pharm. 237 (1899), 274.
*) Vgl. auch M. Naef § Co. Schweiz. Pat. 105710; Chem. Zentralbl. 182«,
I. 1294.
5 ) Vgl. auch M. Naef $ Co. Schweiz. Pat. 104335; Chem. Zentralbl. 1926,
I. 1293.
e ) Semmler, Jonas u. Roenisch, Berl. Berichte 50 (1917), 1823.
490 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
dem allgemeinen Namen „Campher", worauf die noch jetzt zu-
weilen gebräuchliche Benennung einzelner dieser Verbindungen
zurückzuführen ist.
Für die kristallisierten Sesquiterpenalkohole ist der Schmelz-
punkt eine charakteristische Konstante. Auch bietet ihre Ab-
scheidung aus den Ölen nur selten Schwierigkeiten, da sie in
den meisten Fällen durch Auskristallisieren geschieht. Zur
Isolierung der flüssigen Sesquiterpenalkohole ist man dagegen
ausschließlich auf die fraktionierte Destillation angewiesen, wobei
sie unter gewöhnlichem Druck um etwa 300° übergehen.
Dem chemischen Verhalten nach unterscheidet man primäre,
sekundäre und tertiäre Sesquiterpenalkohole, während man sie
nach ihrer Konstitution in monocyclische, bicyclische und tricyc-
lische einteilt. Hierzu kommen noch Verbindungen der Formel
C15H24O und C ia H 22 0, die zu den ersterwähnten jedenfalls in
engster Beziehung stehen.
b) Monocyclische Sesquiterpenalkohole.
/J-Elemol. Dieser in der Natur nicht vorkommende Ses-
quiterpenalkohol entsteht durch Umlagerung aus dem bicyclischen
or-Elemol, das auf S. 495 beschrieben ist.
c) Bicyclische Sesquiterpenalkohole.
Betulol, C 10 H 24 O, findet sich in freiem Zustande und als
Acetat im Birkenknospenöl. Der Alkohol kann über die Phthalester-
säure abgeschieden und rein erhalten werden. Sdp. 284 bis 288°
(743 mm); 138 bis 140° (4 mm); d 16 „ 0,975; a D — 35°; n D etwa
1,501791). — Sdp. 157 bis 158° (13 mm); d le . 0,977; a D — 26°30' ;
n Dlfl . 1.5150 2 ). Schimmel § Co. s ) fanden für gereinigtes Betulol:
Sdp. 158° (7 mm), d ia . 0,9777, c D — 19°46', n Dä0 . 1,51385.
Betulol läßt sich quantitativ verestern. Für das Acetat gibt
Semmler an: Sdp. 158 bis 165° (10 mm), d 20 ,0,9854, a D — 12°,
n D30 . 1,4962. v. Soden und Elze fanden: Sdp. 142 bis 144"
(4 mm), d 15 . 0,986.
x > v. Soden u. Elze, Berl. Berichte 88 (1905), 1636.
a ) Semmler, Jonas u. Richter, Berl. Berichte öl (1918), 417.
s ) Bericht von Schimmel § Co. 1918, 8.
Alkohole. 49 ]
Bei der Reduktion mit Platin und Wasserstoff in absolut-ätherischer
Lösung liefert Betulol gesättigtes Tetrahydrobetulol, dsH^O : Sdp. 153 bis 158°
<14 mm), di ao 0,9415, «d — 6° 48', n Dls0 1,4908. Betulol läßt sich durch Be-
handlung mit Phosphorpentachlorid in Petroläther leicht in Betulylchlorid
überführen, eine Flüssigkeit vom Sdp. 160 bis 170° (11 mm); d 210 1,0145.
«- und ß-Santalol.
C 1B H 24 0. Mol.-Gew. 220.
Im ostindischen Sandelholzöl (von Santa/um album) findet
sich als Hauptbestandteil ein Gemenge zweier primärer, unge-
sättigter Alkohole,
die als «- und (i- H * c CH C(CH s )CH 2 CH 2 CH:C(CH,)-CH s OH
Santalol bezeichnet CH c
1 1 (1 oi-oantalol
werden, und von Mi L ' _„ . ...
, ' , HC , C-CHs nach Semmler 1 ).
denen dem ersteren '- '
jedenfalls eine tri- w *
cyclische, dem zweiten eine bicyclische Struktur zukommt.
Quantitativ überwiegt die a-Verbindung. Auch im westaustra-
lischen Sandelholzöl ist vielleicht Santalol enthalten. Für zwei
Rohsantalole gibt Semmler 2 ) folgende Konstanten an:
Sdp. 161 bis 168° (10 mm), d, . 0,973, « D — 21°, n D 1,50974,
d J(S . 0,9762, a v -18°30', n D 1,50974. — v. Soden 5 ) hat als Grenz-
werte aufgestellt: d lso 0,976 bis 0,978, « D — 16°30' bis — 20°. —
Im Laboratorium von Schimmel § Co. wurden an Santalol
eigener Fabrikation folgende Werte beobachtet: d 1B . 0,973 bis
0,982, « D — 14° bis — 24°, n D90 . 1,504 bis 1,509, bei 20° löslich
in 3 bis 4 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Für die beiden Modifikationen des Santalols sind folgende
Eigenschaften verzeichnet:
«-Santalol: Sdp. 300 bis 301° (760 mm), 162 bis 163°
(13 mm), d .0,9854, o D — 1,2°«). — Sdp. 301 bis 302° (752 mm),
155° (8 mm), d 16 . 0,977 6 ).
*) Berl. Berichte 43 (1910), 1893.
a ) Ebenda 40 (1907), 1132.
*) Pharm. Ztg. &* (1909), 251.
4 ) Guerbet, Compt. rend. 130 (1900), 1326.
») v. Soden, Arch. der Pharm. 238 (1900), 362.
492 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
,3-Santalol: Sdp. 309 bis 310° (760 mm), 170 bis 171°
(14 mm), d „ 0,9868, a B — 56°*).
Optisch reines a- und ^-Santalol haben Paolini und
Divizia 2 ) gewonnen, indem sie das Strychninsalz des sauren
Santalylphthalats durch fraktionierte Kristallisation reinigten
und dann verseiften. Auf diese Weise erhaltenes «-Santalol
hatte: Sdp. 159° (10 mm), d 16 . 0,979, « D + l°10', n Dle . 1,499.
Für /?-Santalol wurde gefunden: Sdp. 168 bis 169° (10 mm),
d 16 . 0,9729, a D — 42° 0', n D19 . 1,5092.
Hinsichtlich seines chemischen Verhaltens ist Santalol von
verschiedenen Seiten eingehend untersucht, so daß eine große
Anzahl von Derivaten bekannt ist. Durch Oxydation mit Chrom-
säure entsteht der Aldehyd Santalal, C 16 H SS! 0, dessen Semicar-
bazon bei etwa 230° schmilzt 8 ); Oxydation mit Permanganat in
Acetonlösung führt in der Hauptsache zu Tricycloeksantalsäure,
CuH ia O„ Smp. 71 bis 72° 4 ).
Bei der Reduktion des tricyclischen «-Santalols mit Platin und Wasser-
stoff in Eisessig erhielten Semmler und Risse") bicyclisches Tetrahydro-
santalen (Sdp. 115 bis 116° bei 9mm; j>] D +5°36'; n D 1,46908). Es ist
also bei dieser Reduktion nicht nur die Hydroxylgruppe durch Wasserstoff
ersetzt worden, sondern sogar eine Ringsprengung eingetreten.
Die Reduktion des bicyclischen ^-Santaiols führte nicht zu einem einheit-
lichen Produkt. Das Santalol war wahrscheinlich zum Teil in ein Gemisch von
Tetrahydrosantalen mit wenig Hexahydrosantalen übergeführt worden, was darauf
hindeutet, daß das bicyclische Santalol auch monocyclisches Santalol enthielt.
Ober die Konstitution der Santalole hat Semmler 8 ) eingehende Studien
gemacht, deren Resultate kurz folgende sind: Das niedriger siedende «-Santalol
ist dem höher siedenden jff-Santalol gegenüber einfach ungesättigt tricyclisch,
während letzteres zweifach ungesättigt bicyclisch ist. Die Oxydation mit
Kaliumpermanganat ergab eine Säure C ls Hi S O s , die tricyclisch war, und die
Oxydation mit Ozon den zugehörigen Aldehyd C ls Hi S 0; die Säure wurde
Eksantalsäure, der Aldehyd Eksantalal genannt. Die Eksantalsäure
ist ein Derivat der Teresantalsäure, also auch das «-Santalol ein Derivat der
letzteren. Wenn aber das Santalen und das «-Santalol Derivate der Teresantal-
') Guerbet, loc. cit.
ä ) Chem. Zentralbl. 1915, I. 606.
*) Semmler u. Bode, Berl. Berichte 40 (1907), 1126. — Von Schimmel
5 Co. (Bericht 1921, 44) wurde bei verschiedenen Präparaten ein Smp. von
215 bis 219° beobachtet.
*) Semmler u. Bode, Berl. Berichte 40 (1907), 1133.
8 ) Ebenda 46 (1913), 2306.
•) Ebenda 43 (1910), 1898.
Alkohole. 493
säure sind, die ihrerseits dem Campher-Typus angehört, so ist damit die Kon-
stitution eines Teils der Sesquiterpene bezw. der Sesquiterpenalkohole erwiesen:
ein Teil der Sesquiterpene und Sesquiterpenalkohole leitet sich vom Campher-
Typus ab.
Über die quantitative Bestimmung des Santalols siehe in
dem späteren, die Prüfung der ätherischen Öl behandelnden
Abschnitt unter „Chemische Prüfungsmethoden".
Santalcampher. Eine Santalcampher genannte Verbin-
dung C 16 H 24 0„ ist aus dem Öl des südaustralischen Sandel-
holzes (Santalum Preissianum) abgeschieden worden ; sie schmilzt
bei 104 bis 105 01 ).
Maroniol. Jeancard und Satie 2 ) isolierten aus Guyana-
Sandelholzöl einen tertiären (?) Alkohol, Maroniol, mit den
Konstanten: Sdp. 155 bis 159° (20 mm), d ä8= 1,0378, « — 6°,
löslich in 1,6 Vol. 70°/° igen und in 6,5 Vol. 60% igen Alkohols.
Atractylol, C 16 H a „0, scheidet sich aus dem aus den Wurzeln
von Atractylis ovata erhaltenen Öle aus 8 ). Smp. 59°; Sdp. 290
bis 292° (760 mm), 162° (15 mm); n D 1,51029 bis 1,51101. Es
ist optisch inaktiv, sein Geruch soll an Maiblumen erinnern. Eine
Lösung in Chloroform färbt sich mit einigen Tropfen Schwefel-
säure rotbraun, später tritt Violettfärbung ein. Es erfolgt leicht
Wasserabspaltung unter Bildung von Atractylen.
Aus Atractylol gewann Takagi 4 ) durch Reduktion mit Wasserstoff und
Platin in Eisessig Dihydroatractylol (CisHasO; [«] D1JO + 14,9°).
Atractylol steht in naher Beziehung zu Machilol.
Machilol, C la H 2B 0, ist ein bicyclischer, tertiärer Sesqui-
terpenalkohol, der von Takagi 4 ) aus dem Öl vom Holz der
Lauracee Machilus /(usano/ isoliert wurde. Smp. 79 bis 80°,
Sdp. 160° (14 mm), [«] D2S „ + 42,87°.
Durch Reduktion mit Wasserstoff und Platinschwarz wurde Dihydro-
machilol, Ci H 28 O, erhalten (Smp. 82 bis 83°; Sdp. 157 bis 158° [14 mm];
[»Wo + 1 6,43°). Oxydation des Machilols mit Kaliumpermanganat lieferte
') Bericht von Schimmel S; Co. April 1891, 49; Oktober 1891, 34.
*) Perfum. Record 2 (1911), 79.
■*) Gadamer u. Amenomiya, Arch der Pharm. 241 (1903), 22.
*) Journ. pharm. Soc. Japan 1921, Nr. 473 (II. Mitteilung); Bericht von
Schimmel § Co. 1922, 45.
494 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Di(hydr)oxymachilol = Machilenglycerin, eine Verbindung, die sich als
identisch mit a-Di(hydr)oxyatractyIol erwies, das der Autor durch Oxydation
von Atractylol mit Kaliumpermanganat darstellte. Atractylol und Machilol
besitzen nach Takagi dasselbe Skelett und sind nur durch die Stellung der
Doppelbindung und der Hydroxylgruppe voneinander verschieden.
Aus den Ergebnissen der Oxydation des Machilols mit Ozon
und mit Permanganat in Acetonlösung sowie der Dehydrierung
mit Schwefel schließt Takagi 1 ), daß dem Sesquiterpenalkohol
die Konstitution eines l-Äthyliden-7-oxyisopropyl-dekahydro-
naphthalins zukommt.
Guajol, C 1S H S8 0. Dieser Sesquiterpenalkohol ist im Öl des
Holzes von Bulnesia Sarmienti und in dem „f^a/oe garoe"*)
genannten Holze enthalten. Außerdem ist er nachgewiesen
worden im Öl aus dem Holze von Callitris glauca, C. intra-
tropica, C. Macleyana, im Ladanumöl (?) und im Bärwurzkrautöl (?).
Guajol ist nach Semmler und Mayer 8 ) ein bicyclischer Sesqui-
terpenalkohol mit einer Doppelbindung.
Seine Eigenschaften sind: Smp. 91°, Sdp. 288", Sdp. 147 bis
149° (9 mm), ff DM .— 29,8°, d^0,9714, n D20 . 1,5100, Mol.-Refr.
68,35, ber. /^68,07. Blass*) gibt als kristallographisch-optische
Eigenschaften an: trigonalpyramidal, a:c= 1:0,54959. Voll-
kommene prismatische Spaltbarkeit. Härte etwa 4. Sehr schwache
positive Doppelbrechung.
Durch Hydrierung des Guajols in eisessigsaurer Lösung
mit Wasserstoff bei Gegenwart von Platin erhielten Semmler
und Risse B )*Tetrahydroguajen. Sdp. 118 bis 119° (7 mm);
d 20 0,8806; a r -f-10°36'; n D 1,47840.
Für Guajylmethyläther, durch die Einwirkung von Jodmethyl
auf Kaliumguajolat dargestellt, ermittelte Gandurin 8 ) folgende
Eigenschaften: Sdp. 141 bis 143° (9 mm), d£ 0,9513, d^ 0,9332,
[«W — 31,81°, n mM . 1,48963.
») Journ. pharm. Soc. Japan 1924, Nr. 514, S. 1; Chem. Zentralbl. 1936,
I. 1715.
s ) Eyken, Recueit des trav. chim. des P.-B. 25 (1906), 40, 44; Chem.
Zentralbl. 1906, I. 841.
a ) Bert. Berichte 45 (1912), 1390.
*) Inaug. Dissert., Breslau 1910; Chem. Zentralbl. 1910, IL 871.
8 ) Berl. Berichte 46 (1913), 2305.
6 ) Ebenda 41 (1908), 4362.
Alkohole. 495
Der Sesquiterpenalkohol aus dem /(a/oe garoe besitzt etwas
vom Guajol abweichende Eigenschaften. Die Wasserabspaltung
erfolgt bei Guajol schwerer und führt zu blaugefärbtem Guajen.
Der früher Champacol 1 ) genannte Körper ist mit Guajol
identisch.
Über die Versuche zur Feststellung des dem Guajol bezw.
Guajen zugrunde liegenden Skeletts siehe unter Guajen, S. 390.
Amyrole, C 15 H 2i O und C 16 H 2e O, wurden in dem aus Amyris-
Arten gewonnenen westindischen Sandelholzöl aufgefunden und
bilden jedenfalls ein Gemisch zweier Verbindungen von obigen
Formeln. Bei Veresterungsversuchen tritt leicht Wasserabspal-
tung ein.
Fusanole, C 18 H 24 0. Diese Alkohole sind bicyclische Ver-
bindungen mit zwei doppelten Bindungen und Isomere des
Santalols. Sie kommen im westaustralischen Sandelholzöl 2 ) vor.
a-Fusanol:Sdp.l46bis149 o (5mm);d ia .0,9775;[a| Ba6 .+5,7°;
n Dte . 1,5060.
(tf-Fusanol: Sdp.153 bis 155° (5 mm); d ls .0,9753; [«] D26 c+26°;
n D26 . 1,5100.
Die Fusanole lieferten Phenylurethane.
Elemol, C 16 H afl O. «-Elemol ist nach Jansch und Fantl 3 )
ein bicyclischer 4 ), einfach ungesättigter, tertiärer Sesquiterpen-
alkohol. Er kommt in den hochsiedenden Fraktionen des Manila-
Elemiöls vor. Die Konstanten sind: Smp. 46°, Sdp. 142 bis 143°
(10 mm), d 21 , 3 =0,941 12, « D20(B . — 2,73° (50 mm-Rohr), n DS1 , r l ,49788,
Mol.-Refr. 69,13. Beim Benzoylieren des a-Elemols und Verseifen
des Benzoats ging der Alkohol in das isomere flüssige, zwei
Doppelbindungen enthaltende j?-Elemol über, das sich als
identisch mit dem von Semmler und Liao 5 ) gefundenen Elemol
*) Wallach, Liebigs Annale« 279 (1894), 395.
s ) Rao u, Sudborough, Journ. Ind. Inst. Science 5 (1923), 163; Chem.
Zentralbl. 1924, I. 1282.
3 ) Berl. Berichte 56 (1923), 1363.
*) Anm. bei der Korrektur. Ruzicka u. Pfeiffer haben neuerdings
(Helvet. chim. acta 9 [1926], 81) einwandfrei festgestellt, daß «-Elemol ein
monocyclischer, tertiärer Alkohol ist
5 ) Berl. Berichte 49 (1916), 794; 50 (1917), 1286.
496 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
erwies. Demzufolge war der von diesen Autoren aus dem
Elemiöl über das Benzoat gewonnene monocyclische Sesqui-
terpenalkohol Elemol kein Naturprodukt, sondern ein sekundäres
Produkt und erst beim Benzoylieren aus dem ursprünglich im
Öl enthaltenen festen «-Elemol durch Umlagerung entstanden.
Die Konstanten des monocyclischen ji?-Elemols sind: Sdp.
152 bis 156° (17 mm), d 20 . 0,9411, [«] D — 5°, n D 1,5030, Mol.-
Refr. 69,73. Mit Hilfe von Platin und Wasserstoff wurde es
schnell zu Tetrahydroelemol, C 18 H S0 O, reduziert, aus dem
durch Behandlung mit wasserentziehenden Mitteln Tetrahydro-
elemen (C^H^) entsteht.
Eudesmol, C 16 H 28 0, ist in den Ölen von Leptospermum
flavescens und Araucaria Cookii und im Öl mancher Euca-
lyptusarten aufgefunden worden. Nach Semmler und Tobias 1 )
ist Eudesmol ein bicyclischer, ungesättigter Sesquiterpenalkohol
mit den Konstanten: Smp. 78 bis- 84°, Sdp. 156° (10 mm),
d 20 . 0,9884, |a] D20 „4-3r21' (12 °/oige Lösung in Chloroform),
n Dä0 . 1,516, Mol.-Refr. 67,85. »Semmler und Mayer-) fanden
Mol.-Refr. 67,99, Burke und Scalione 8 ) 68,001. Die Reduktion
des Eudesmols mit Wasserstoff und Platinmohr führte zu Di-
hydroeudesmol, einem Alkohol vom Smp. 82°, Sdp. 155 bis
160" (12,5 mm). Eudesmol geht beim Kochen mit 90°/oiger
Ameisensäure in Eudesmen über: Sdp. 129 bis 132° (10 mm),
d 20 . 0,9204, [a] Dt0 . + 49°, n D10 . 1,50738.
Als Reduktionsprodukt eines besonders gereinigten Eudes-
mols vom Smp. 84° mit Platin und Wasserstoff in Eisessiglösung
wurde von Semmler und Risse 4 ) Tetrahydroeudesmen
erhalten: Sdp. 116 bis 117° (5,5 mm), d 20 „ 0,8896, [g] d + 11° 48',
n D 1,48425.
Bei der Dehydrierung mit Schwefel nach der Methode von
Ruzicka*) entsteht der Naphthalinkohlenwasserstoff Eudalin,
C 14 H ]e , ein weiterer Beweis, daß Eudesmol ein bicyclischer
Terpenalkohol ist.
l ) Berl. Berichte 46 (1913), 2026.
ä ) Ebenda 45 (1912), 1390.
3 ) Journ. ind. eng. Chemistry 7 (1915), 206.
*) Berl. Berichte 46 (1913), 2303.
s ) Helvet. chim. acta 5 (1922), 361.
Alkohole. 497
Sesquiterpenalkohol aus Nelkenstielol, C 16 H 2a O. Seine
Konstanten sind nach Semmler und Mayer 1 ): Sdp. 138 bis 140°
(8 mm), d 20 . 0,9681, a D - 17°, n D 1,5010, Mol.-Refr. 68,18.
Sesquiterpenalkohol aus Selleriesamenol, C 1B H 28 0.
Ruzicka und Stoll 2 ) stellten im Selleriesamenol Sesquiterpen-
alkohole bicyclischer Natur fest, die sich wahrscheinlich nicht
vom Hydronaphthalinring ableiten.
Sesquiterpenalkohol aus Ysopöl, C 1B H 26 0. In deutschem
Ysopöl fanden Ruzicka, Pontalti und Balas 3 ) neben etwas
primärem oder sekundärem Alkohol in der Hauptsache einen
tertiären, bicyclischen Sesquiterpenalkohol vom Cadinentypus.
Sdp. 150 bis 152° (12 mm), grünes, dickflüssiges Öl.
Sesquiterpenalkohole C ls H 21 und C 16 H se O aus Campheröl.
Die höchstsiedenden Fraktionen des Campheröls bestehen,
wie L. Ruzicka und M. Stoll*) fanden, neben Sesqui- und Di-
terpenen in der Hauptsache aus Alkoholen.
Aus der zwischen 146 und 165° (12 mm) siedenden Sesquiterpenalkohol-
fraktion wurde über das Benzoat (Sdp. 175 bis 176° [2 mm]) ein Gemisch
verschiedener Alkohole, hauptsächlich der Formel Ci B H 2 gO, erhalten. Teils
aus diesem Gemisch, teils aus der bei 140 bis 170° (12 mm) siedenden
Fraktion isolierten die Forscher mittels der Phthalestermethode einen primären
bicyclischen Alkohol CibH 28 (Sdp. 156 bis 158° [12mm]) von unbekanntem
Kohlenstoffgerüst, je einen sekundären bicyclischen Alkohol Ci 6 H 2S
(Sdp. 160 bis 162° [12 mm]) und CiH a4 (Sdp. etwa 154 bis 155° [12 mm]),
von denen mindestens einer zur Untergruppe der hydrierten Naphthalinderivate
vom Cadinentypus gehörte, und zwei tertiäre bicyclische Alkohole
CuHjseO (Sdp. 156° [12 mm]), die den beiden Untergruppen der hydrierten
Naphthalinderivate vom Cadinen- und Eudesmoltypus angehörten (Gewinnung
von Cadalin und Eudalin bei der Reduktion mit Schwefel).
Sesquiterpenalkohole aus Zimtblätteröl, C 15 H 2a O.
S. Glichitch 8 ) isolierte aus der Sesquiterpenfraktion des Zimt-
blätteröls durch Behandlung mit Phthalsäureanhydrid * drei
bicyclische Sesquiterpenalkohole der Zusammensetzung
C 10 H 28 O, und zwar 1. einen primären Alkohol (Cinnamol),
*) Berl. Berichte 45 (1912), 1392.
2 ) Helvet. chim. acta 6 (1923), 852.
s ) Ebenda 855.
*) Ebenda 7 (1924), 260.
6 ) Les Parfüms de France 1925, 124.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 32
498 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Sdp. 130 bis 135° (2,5 mm), ein dickes, gelbes, anhaltend
und angenehm riechendes Öl — Oxydation mit Chromsäure in
Essigsäure gab einen stark riechenden Aldehyd — , 2. einen
sekundären Alkohol (Foliol), Sdp. 133 bis 135° (2,5 mm),
ein gelbes, noch dickeres Öl von ähnlichem aber schwächerem
Geruch — die Oxydation mit Chromsäure in Essigsäure lieferte
ein weniger stark riechendes Keton — , 3. einen tertiären Alkohol
(Combanol), Sdp. 115 bis 116° (1,5 mm), ein sehr viskoses, gelbes,
im Geruch an gewisse Wachsarten erinnerndes Öl. Sein Phenyl-
urethan war, ebenso wie das der beiden andern Alkohole, flüssig.
Beim Erhitzen mit konzentrierter Ameisensäure färbte sich Com-
banol violett und bildete das entsprechende Sesquiterpen (Com-
banen), Sdp. 126 bis 127° (10 mm), « D18 . — 28° 20', ein farbloses,
sehr schwach riechendes, an Citronellalhydrat erinnerndes Öl
mit roten, nicht kristallisierbaren Chlor- und Bromhydraten.
d) Tricyclische Sesquiterpenalkohole.
Cedrol (Cederncampher, Cypressencampher), C 16 H a6 0, ist
im Cedernholzöl (von Juniperus virginiana), im Öl von Juniperus
procera, f. chinensis (?), im Cypressenöl und im Öl einer Cun-
ninghamia und von Origanum smyrnaeum (?) in der rechts-
drehenden Form aufgefunden worden. Smp. 86 bis 87°; Sdp. 291
bis 294° (gew. Druck) ; 1 57 bis 1 60 ° (8 mm) ; d-|<£ 1 ,0056 ; [a^ + 9 ° 3 1 '
(in Chloroformlösung),- n Da0 .1 ,4824; Mol.-Refr, 66,46. Mit Phosphor-
pentoxyd oder Ameisensäure behandelt, spaltet es leicht Wasser
ab unter Bildung von Cedren. Das Phenylurethan schmilzt bei
106 bis 107 01 ).
Cedrol bildet ein Chromat 2 ), das aus klaren, gelbroten,
schmalen Prismen besteht, die bei 115° zu einer schwarzen
Flüssigkeit schmelzen. Dieser tertiäre Alkohol läßt sich auf die
gewöhnliche Art nicht quantitativ acetylieren. Die kristallo-
graphisch-optischen Eigenschaften des Cedrols sind 8 ): Optisch
aktiv, rechtsdrehend, rhombisch, 0,98385 : 1 : 0,70502, Härte etwa 2,
vorzügliche Spaltbarkeit nach {00l}, weniger deutliche nach {lio},
positive Doppelbrechung.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1906, 72; April 1910, 36.
*i Wienhaus, Berl. Berichte 47 (1914), 322.
") Blaß, Chem. Zentralbl. 1910, II. 872.
Alkohole. 4^g
Semmler und Mayer 1 ) haben im Cedernholzö^jrch-ei»en
primären Sesquiterpenalkohol, das Cedrenol, CißH^ÖijgeTnmren.
Der über das Acetat gereinigte Alkohol besitzt folgende Eigen-
schaften: Sdp. 166 bis 169° (9,5 mm), d 90 , 1,0083, b D20 „ + O°,
n D20 . 1,5212. Cedrenyl Chlorid siedet bei 150 bis 165° (10 mm)-
d 20 . 1,001.
Außer dem Cedrenol wiesen dieselben Autoren noch einen
gesättigten tertiären Alkohol, das Pseudocedrol (C 15 H ge O) im
Cedernöi nach. Er siedet bei 147 bis 152° (10 mm) und bildet ein
zähflüssiges Öl von den Eigenschaften: d ao , 0,9964, c D20 .-|-21,5°,
n D20 . 1,5131. Bei der Einwirkung von Ameisensäure auf Pseudo-
cedrol resultierte Cedren.
Cedrol und Pseudocedrol sind chemisch identisch, aber
physikalisch isomer.
Vetivenol, C 15 H 24 0. Dieser primäre tricyclische, einfach
ungesättigte Alkohol kommt im Vetiveröl vor. Sdp. 170 bis 174°
(13 mm); d 20 „ 1,0209; a D + 34°30'; n D 1,52437; Mol.-Refr. 65,94.
Bei der Reduktion entsteht Di hydro vetivenol, C ls H„ e O, vom
Sdp. 176 bis 179° (17 mm).
Außerdem findet sich im Vetiveröl auch ein bicyclisches
Vetivenol. Beide Vetivenole sind auch in dem Reunion-Vetiveröl
enthalten. Die Reduktion des rohen Vetivenols aus Re"unionöl
mit Wasserstoff bei Gegenwart von fein verteiltem Platin führte
anscheinend zu tricyclischem Dihydrovetivenol und bicyclischem
Tetrahydrovetivenol. Ein geringer Teil des Vetivenols war dabei
zu einem Kohlenwasserstoff reduziert worden.
Maticocampher, C 1B H ae O, ist früher, aber in neuerer Zeit
nicht mehr, aus dem Öl von Maticoblättern in dicken, hexagonalen,
bei 94° schmelzenden Säulen erhalten worden, [u]^ — 28,73° in
Chloroformlösung. Durch mehrstündiges Erhitzen mit 50°/oiger
Schwefelsäure erfolgt Wasserabspaltung.
Cubebencampher, C 16 H a8 0, soll sich aus Cubebenöl ab-
scheiden, wenn dieses längere Zeit der Einwirkung von Luft
ausgesetzt wird. Die Verbindung dreht links, schmilzt bei etwa
68 bis 70° und siedet bei 248° unter Wasserabspaltung. Diese
Abspaltung erfolgt auch auf andere Weise überaus leicht.
*) Berl. Berichte 45 (1912), 786.
32*
500 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Sesquiterpenalkohol aus Eucalyptusöl, Globulol 1 ),
C 16 H se O. Aus dem Öl von Eucalyptus globulus wurde von
Schimmel $ Co. 8 ) ein Sesquiterpenalkohol C 15 H 2e O mit nach-
stehenden Eigenschaften isoliert: Smp. 88,5°, Sdp. 283° (755 mm),
[o] D -35°29' (in Chloroformlösung).
Bei der Wasserabspaltung bildeten sich zwei voneinander
verschiedene Sesquiterpene.
Ledol, Ledumcampher, C ls H B0 O, wird aus dem Sumpf-
porschöl erhalten. Er ist ein tertiärer Sesquiterpenalkohol und
bildet lange, farblose, nadeiförmige Prismen vom Smp. 105° und
dem Sdp. 281°. Die alkoholische Lösung ist schwach rechts-
drehend. Auf den Organismus wirkt die Verbindung als ein
Nervengift. Die Überführung in das Sesquiterpen Leden geht
mit großer Leichtigkeit vor sich.
Ledol bildet ein Chromat vom Smp. 92 ° s ).
Patchoulialkohol (-campher), C 16 H 28 0, bildet einen geruch-
losen Bestandteil des Patchouliöls, aus dem er in Kristallen vom
Smp. 56° abgeschieden werden kann. Er ist stark linksdrehend,
[a] D — 97° 42' (in Chloroformlösung). Ebenso wie eine flüssige
Verbindung aus dem gleichen Öle, die etwas schwächer dreht;
spaltet er leicht Wasser ab unter Bildung von PatcRoulen.
Semmler und Mayer*) berechneten für Patchoulialkohol
d^° 1,0284, n DS0 „ 1.5245; als Mol.-Refr. fanden sie 66,19, die einem
tricyclischen Alkohol entspricht. Patchoulialkohol ist auf die
gewöhnliche Art nicht quantitativ acetylierbar. Er liefert ein
beständiges Chromat 6 ).
e) Sesquiterpenalkohole unbekannter Konstitution.
Die Sesquiterpenalkohole sind in den ätherischen Ölen außer-
ordentlich verbreitet, aber häufig als nebensächliche Bestand-
teile, die nur in kleinen Mengen vorhanden sind. Sie sind dann
meist nur nebenbei erwähnt und einer eingehenden Untersuchung,
*•) Semmler u. Tobias, Bert. Berichte 46 (1913), 2026.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 190i, 45.
a ) Wien haus, Berl. Berichte 47 (1914), 330.
*) Bert. Berchte 45 (1912), 1390.
») Wienhaus, ebenda 47 (1914), 322.
. Alkohole. 501
die augenblicklich noch große Schwierigkeiten bietet und nur mit
größeren Substanzmengen ausgeführt werden kann, nicht unter-
zogen worden. Im folgenden sollen noch eine Anzahl von Ölen
aufgeführt werden, in denen Sesquiterpenalkohole entweder direkt
nachgewiesen sind, oder bei denen die Forschungsergebnisse auf
deren Gegenwart schließen lassen.
Nadolol von Ab/es pindrow, aus dem Simonsen 1 ) zwei
isomere Sesquiterpenalkohole C 15 H a4 isolierte.
Atlascedernöl.
Öl der Blätter von Cryptomeria japonica. Nach So
Uchida 2 ) enthält das Öl einen Sesquiterpenalkohol C 16 H aa O
vom Sdp. 284 bis 286°, d|fg- 0,9623, [a] D16 . + 16,76° (5<>/oige
Lösung in Chloroform), n D2a>8 . 1,5048.
Öl des Holzes von Cryptomeria japonica. Kimura 3 ) wies
in dem Öl einen Sesquiterpenalkohol nach, den er Cryptomeriol
nennt. Sdp. 162 bis 163° (10 mm), d 0,964, [«] D — 37°5'.
Cypressenöl. Enthält nach Schimmel § Co.*) einen
flüssigen Sesquiterpenalkohol C tr> H 2a O vom Sdp. 136 bis 138°
(4 bis 5 mm).
Wach ol der beer öl. Verbindung vom Smp. 165 bis 166°.
Wacholderrindenöl. Mattsson 6 ) gewann aus diesem Öl
einen festen Sesquiterpenalkohol C 15 H Oi 0, „Juniperol". Weiße
Kristalle. Smp. 106,8 bis 107,2° (korr.), df£ 1,0460, [ß] D20 .+ 17,81°
(in Alkohol) bis +18,39° (in Chloroform), n D 1,519. Beim Er-
hitzen mit 60°/oiger Schwefelsäure spaltete der Alkohol Wasser
ab unter Bildung von „Juniperen", C 15 H 29 .
Vetiveröl.
Öl von Andropogon Iwarancusa. Sesquiterpenalkohol vom
Sdp. 176 bis 177° (31 mm).
Öl von Cymbopogon sennaarensis. Sesquiterpenalkohol
C ia H 2e O vom Sdp. 170 bis 175° (21 mm), 280 bis 285° (gew. Druck),
d 1B .0,9544, a I)2i .+ 10°48'. Er läßt sich nicht quantitativ acetylieren.
Inchigrasöl. Sesquiterpenalkohol C 1S H 28 0.
l ) Indian Forest Rec. 8 (1922), 368.
») Journ. Americ. ehem. Soc. 38 (1916), 687.
a ) Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 19 (1909), 369.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1918, 45.
5 ) Bidrag tili kännedom af Finlands natur och folk. Utgifna af Finska
Vetenskaps-Societeten. H. 72. Nr. 1. Helsingfors 1913.
502 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Calmusöl. Semmler und Spornitz 1 ) fanden in rus-
sischem Calmusöl einen Sesquiterpenalkohol C 16 H a4 0, „Ca-
lamenol".
Zitwer würze 1 öl. Aus den von 140 bis 166° (7 mm)
siedenden Anteilen dieses Öles isolierte Bacon 2 ) einen Sesqui-
terpenalkohol, der das charakteristische Aroma des Öles ver-
ursacht. Kristalle vom Smp. 67°, d|£ 1,01, «»±0°.
Paradieskörneröl.
Ingweröl. Brooks 8 ) fand darin einen Sesquiterpenalkohol
C^HjgO, Zingiberol, der dem Öl den milden charakteristischen
Geruch verleiht Der Alkohol siedet bei 154 bis 157° (14,5 mm)
und spaltet beim Erhitzen Wasser ab unter Bildung eines Kohlen-
wasserstoffs C 18 H S4 vom Sdp. 255 bis 257°.
Öl von Piper Lowong. Kristalle vom Smp. 164°.
Öl von Cafycanthus occidentalis. Nach Scalione 4 ) ent-
hält das Öl Sesquiterpenalkohole.
Ylang-Ylangöl. Kristalle vom Smp. 138°.
Paracotorindenöl.
Öl von Daphnandra aromatica.
Campheröl. Semmler und Rosenberg 8 ) wiesen in der
Fraktion vom Sdp. 150 bis 170° (10 mm) einen Sesquiterpen-
alkohol, „Sesquicamphenol", nach.
Öl von Nectandra Caparrapi.
Aburachanöl. Enthält nach Shinosaki 6 ) einen Sesqui-
terpenalkohol C ls H 2e O.
Lorbeerblätteröl.
Copaivabalsamöle.
Öl der Früchte von Amorpha fruticosa. Enthält nach
Shinosaki und Hoshino 7 ) einen bei 118° schmelzenden Sesqui-
terpenalkohol.
') Berl. Berichte 46 (1913), 3700.
a ) Philippine Joum. of Sc. 5 (1910), A. 261.
*) Joum. Americ. ehem. Soc. 38 (1916), 430.
«) Joum. ind. eng. Chemistry 8 (1916), 729; Journ. Soc. ehem. Industry
35 (1916), 978.
B ) Bert. Berichte 46 (1913), 768.
•) Journ. ehem. Ind. Japan 24 (1921), 444; Joum. Soc. ehem. Ind. 4* (1921),
A. 674.
T J. ehem. Ind., ToMo 21 (1918), 774; Joum. Soc. ehem. Industry 38
(1919), A. 27; Perfum. Record 10 (1919), 89.
Alkohole. 503
Pelargoniumöl.
Angosturarindenöl.
Öl von Skimmia laureola.
Neroliöl.
Öl von Boswellia serrata.
Opopanaxharzöl.
Maaliharzöl. Enthält nach Schimmel 85 Co. 1 ) einen
Sesquiterpenalkohol C 1S H 28 0, den Maalialkohol (Smp. 105°).
Er gibt ein Chromat vom Smp. 111°.
Cascarillöl.
Öl von Aralia nudlcaulis.
Stinkasantöl.
Galbanumöl. In diesem Öl haben Semmler und Jonas 4 )
einen tertiären Sesquiterpenalkohol C 1B H aa O aufgefunden, den
sie Cadin ol nennen. Er spaltet leicht Wasser ab unter Bildung
von Cadinen.
Spanisches Verbenaöl. Schimmel § Co. 8 ) wiesen in
diesem Öl einen Sesquiterpenalkohol nach: Sdp. 124 bis 126°
(3 bis 4 mm), d ls . 0,9717, a D — 7°52', n D20 „ 1,50101.
Öl von Calamintha Nepeta.
Spanisch Hopfenöl.
Baldrianöl.
Öl von Blumea baisam ifera.
An dieser Stelle seien auch noch einige alkoholische Be-
standteile ätherischer Öle mit mehr als 15 Kohlenstoffatomen
im Molekül erwähnt, nämlich das im Curcumaöl enthaltene
Turmerol, C 19 H og O (Sdp. 285 bis 290°; d„. 0,9016;
H D + 23,52°).
Dimyristylcarbinol (C 18 H 27 ) 2 CHOH, im Apfelöl nachge-
wiesen. Smp. 81,5 bis 82°; Acetylverbindung Smp. 44 bis 46°.
Malol C 80 H 48 O 8 , ebenfalls aus Apfelöl isoliert. Smp. 280
bis 282° bei langsamem Erhitzen, 284 bis 285° bei schnellem
Erhitzen. Diacetylmalol Smp. 199 bis 200°.
l ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1908, 79.
*) Berl. Berichte 47 (1914), 2068.
3 ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1918, 105.
504 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Ein aus dem Öle von Erythroxylon monogynum isolierter
Alkohol C a0 H 8a O (Smp. 117 bis 118°; [«] D + 32°28' in Chloro-
formlösung). Er läßt sich quantitativ zu einem bei 72 bis 73°
schmelzenden Acetat verestern.
E. Triterpenalkohole.
Amyrin ist im Elemiharze {wahrscheinlich Manila-Elemr) als
Gemisch zweier einwertiger Alkohole, des a- und /J-Amyrins,
enthalten, die beide der Formel C^ri^Ori entsprechen. Zur
Trennung und Reindarstellung dieser Triterpenalkohole benutzten
Vesterberg und Westerlind 1 ) eine Methode, die auf der Ge-
winnung und Verseifung der Benzoate beruhte. Die aus heißem
Ligroin mehrmals umkristallisierten reinen Benzoate schmolzen
bei 192° (a-Verbindung) und bei 230° (/3-Verbindung). Das durch
Verseifen des ct-Benzoats gewonnene reine a-Amyrin schmolz
bei 176° 2 ). Bei der Oxydation mit Eisessig und Chromsäure
entstand nach Zinke 8 ) und Mitarbeitern das Keton «-Amyranon
(identisch mit dem c-Amyron Vesterbergs), Smp. 124°; Oxim,
Smp. 234*. a-Amyrin scheint ein gesättigter, sekundärer Alkohol
zu sein.
Aldehyde.
A. Aliphatische Aldehyde.
Wenn man von den in diesem Abschnitt an späterer Stelle
aufgeführten aliphatischen Aldehyden Citral und Citronellal ab-
sieht, die in ätherischen Ölen ziemlich häufig vorkommen, so
bildet diese Klasse von Aldehyden, wenigstens was ihre Menge
anbetrifft, nur einen untergeordneten Bestandteil der ätherischen
l ) Lfebigs Annalen 428 (1922), 243.
*) Nach Zinke und Mitarbeitern Smp. 183 bis 184°. Monatsh. f. Chem.
41 (1920), 264.
*) Monatsh. f. Chem. 42 (1921), 439.
Aldehyde. 505
Öle. Trotzdem sind sie oft von großer Bedeutung, da der
für einige Öle charakteristische Geruch durch die Gegenwart
sehr geringer Mengen dieser Aldehyde verursacht wird. Infolge
dieser Eigenschaft spielen sie auch, wie z. B. Nonyl- und Decyl-
aldehyd, bei der Herstellung synthetischer Öle eine wichtige Rolle 1 ).
Die niederen Glieder, die sich jedenfalls manchmal erst
während der Wasserdampfdestillation bilden 2 ), findet man, wie
wir es auch schon bei den Alkoholen sahen, besonders in den
Destillationswässern oder in den bei der Fraktionierung der Öle
zuerst übergehenden Anteilen gelöst. Ihre Gegenwart verrät
sich häufig schon durch einen stechenden Geruch. Isoliert
werden sie am besten mit Hilfe von Bisulfit. Niedere Aldehyde
sind z. B. enthalten im Ingweröl, Kessowurzelöl, Sabadiüsamenöl,
Bärlauchöl, Schafgarbenöl, Öl von Eucalyptus globulus und
anderen.
Die künstliche Herstellung der Fettaldehyde geschieht nach
den allgemeinen Methoden der organischen Chemie. Eine
interessante Darstellungsmethode für Aldehyde beschrieben
Sabatier und Mailhe 8 ). Sie leiten die Dämpfe einer Fettsäure
vermfscht mit einem Überschuß an Ameisensäuredämpfen über
auf 250 bis 300° erhitztes Titanoxyd, wobei sich aus der Fett-
säure der entsprechende Aldehyd bildet, während Kohlenmono-
und -dioxyd entweichen.
a) Grenzaldehyde (gesättigte).
Formaldehyd» H-CHO. Die Anwesenheit von Formaldehyd
ist in verschiedenen Ölen oder deren Destillationswässern meist
durch Farbreaktionen ermittelt worden, z. B. im Shö-Gyüöl, im
Öl von Persea pubescens (?), Datura stramonium (?), Schaf-
garbenöl, im Destillationswasser des Kopalöls, des Öls von
Monarda fistulosa. Da aber alle Beweise für das Vorkommen
von Formaldehyd in Pflanzen nach Th. Curtius und H. Franzen 4 )
bis dahin unzulänglich waren, so müßten die bisherigen Angaben
l ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1912, 138.
*) Acetaldehyd ist aber, wie Power u. Chesnut (Jouitl Americ. ehem.
Soc. 42 [1920], 1525) gezeigt haben, bereits als solcher in den Äpfeln enthalten.
8 ) Compt. rend. 154 (1912), 561.
*) Berl. Berichte 45 (1912), 1715.
506 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
durch das von den genannten Autoren eingeschlagene Verfahren
nachgeprüft werden. Die in Frage kommenden Aldehyde werden
nach Entfernung der flüchtigen Säuren durch Oxydation mit
Silberoxyd in die entsprechenden Säuren verwandelt, und in dem
so erhaltenen Säuregemenge wird die nunmehr etwa vorhandene
Ameisensäure nachgewiesen.
Acetaldehyd, CH s -CHO, ist ziemlich oft beobachtet worden,
namentlich in Samenölen, besonders bei Verarbeitung größerer
Ölmengen, so im Vorlauf von finnländischem Kienöl, im Irisöl,
Campheröl, Apfelöl, Pfirsichöl, Anisöl, Kümtnelöl, Rosmarinöl {?),
Pfefferminzöl und im Öl von Datura stramonium. Sein Nach-
weis kann durch die Farbreaktion ') mit Dimethylamin und Nitro-
prussidnatrium geschehen.
Propionaldehyd, C 2 H 6 -CHO, wurde im Vorlauf eines finn-
ländischen Kienöls nachgewiesen.
Butyraldehyd, C a H, -CHO, siedet bei 75° und kommt im
kalifornischen Eucalyptus globulus-Ö\, im Cajeputöl und im Öl
von Monarda fistulosa vor. Zum Nachweis kann man das
p-Nitrophenylhydrazon •) vom Smp. 91 bis 92° benutzen.
Valeraldehyd, C 4 H 9 -CHO, kommt wahrscheinlich im Ivaöl
vor; er wurde isoliert, aber nicht mit Sicherheit identifiziert.
lsovaleraldehyd, QHg-CHO, kann oft schon an seinem
unangenehmen, zum Husten reizenden Geruch erkannt werden
und dürfte im Cajeputöl, Niaouliöl, im Öl von Eucalyptus
rostrata, E. globulus sowie im Nelkenöl enthalten sein. Außer-
dem hat man lsovaleraldehyd gefunden im Java-Citronellöl, ost-
indischen Sandelholzöl, Cayenne-Linaloeöl (?), kalifornischen
Eucalyptusöl, Lavendelöl (?), Ol von Monarda fistulosa, im ameri-
kanischen und französischen Pfefferminzöl und im Kessoöl {?).
Charakterisiert werden kann er durch Oxydation zu Isovalerian-
säure. lsovaleraldehyd siedet bei 92°. Das Thiosemicarbazon
schmilzt bei 52 bis 53° 8 ).
1 ) Rimini, Chem. Zentralbl. 1898, II. 277. — Vgl. auch Power u.
Chesnut, Journ. Americ. chem. Soc. 42 (1920), 1511.
2 ) Dakin, Journ. of biol. Chem. 4(1908), 235; Chem. Zentralbl. 1908, 1. 1259.
") Neuberg u. Neimann, Berl. Berichte 85 (1902), 2052.
Aldehyde. 507
Capronaldehyd (Hexylaldehyd, Hexanal), C^H^-CHO, siedet
bei 131° und ist jedenfalls im Öl von Eucalyptus globulus ent-
halten, auch bedingt er wahrscheinlich in Gemeinschaft mit Butyr-
und Valeraldehyd den unangenehmen, kratzenden Geruch mancher
Eucalyptusöle 1 ). Smp. des Nitrobenzhydrazons 115 bis 116°»).
Heptylaldehyd, C 6 H 18 CHO (Heptanal, Önanthaldehyd,
Önanthol) hat den üblichen Fettaldehydgeruch und nach
Schimmel $ Co. die Konstanten: Sdp. 153 bis 155° (759 mm),
d 10O 0,822 bis 0,826, « D ±0°, n^. 1,412 bis 1,414, löslich in ca.
12 Vol. 50 °/oigen Alkohols und löslich in 4 Vol. 60 °/oigen Alkohols.
n-Octylaldehyd, C 7 H 15 CHO, ist im Lemongrasöl und viel-
leicht im Citronenöl enthalten. Er besitzt einen kräftigen, an
Önanthol erinnernden Geruch. Schimmel &t Co. 8 ) stellten an
einem aus Octylalkohol dargestellten, durch die Bisulfitverbindung
gereinigten Präparat folgende Eigenschaften fest: Sdp. 60 bis
63° (10 mm), d ia „ 0,827.
Semmler*) macht über den Aldehyd folgende Angaben:
Sdp. 60 bis 61° (9 mm), d s0 . 0,8211, n D 1,41955, Smp. des Oxims
60°, Smp. des Semicarbazons 101°.
Die Octyl-ß-naphthocinchoninsäure bildet feine, weiße, bei
234° schmelzende Kristalle. Mit Jodphosphonium verbindet sich
Octylaldehyd zu einer bei 1 15,5° schmelzenden Verbindung. Das
n-Octylaldehydthiosemicarbazon schmilzt bei 94 bis 95°*).
n-Pionylaldehyd, CgH^-CHO, ist ein Bestandteil des
Lemongrasöls, Iriswurzelöls, Ceylon- und Seychellen-Zimtöls, des
deutschen Rosenöls, Mandarinenöls und wahrscheinlich auch des
CitronenÖls. Die Konstanten eines aus Rosenöl abgeschiedenen
Aldehyds sind: Sdp. 80 bis 82° (13 mm), d 16 . 0,8277, n me . 1 ,42452 %
Bei der Oxydation liefert er Pelargonsäure vom Sdp. 252
bis 253°. Charakterisiert ist der Aldehyd durch sein bei 69°
schmelzendes Oxim und das Semicarbazon vom Smp. 100°.
Das n-Nonylaldehydthiosemicarbazon schmilzt bei 77 ° 5 ).
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1888, 18.
») Ebenda 1918, 41.
») Ebenda April 1899, 25.
4 ) Berl. Berichte 42 (1909), 1161.
») Schorger, Joum. ind. eng. Chemistry 6 (1914), 541.
«) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1900, 56.
508 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
In Bulgarien ist ISonylaldehyd auch als Verfälschungsmittel
für Rosenöl benutzt worden.
n-Decylaldehyd, CgH 19 -CriO, kommt im Edeltannennadelöl,
Terpentinöl von Pinus Jeffrey/, Sadebaumöl, Lemongrasöl, Iris-
wurzelöl, Ingweröl {?), Ol von Fagara xanthoxyloides (?), süßen
Pomeranzenöl, Mandarinenöl, Neroliöl, Cassieblütenöl, Corianderöl
und Balanöl (?) vor. Als Konstanten eines aus süßem Pome-
ranzenöl isolierten Decylaldehyds werden von Stephan 1 ) an-
gegeben : Sdp. 207 bis 209° (755 mm) unter geringer Zersetzung,
93 bis 94° (12 mm), d 18 . 0,828, n B1B . 1,42977.
Decylaldehyd aus Lemongrasöl zeigte: Sdp. 80 bis 81°
(6,5 mm), d 18 o 0,8361 2 ).
Charakteristische Derivate sind die durch Kondensation mit
/S-Naphthylamin und Brenztraubensäure entstehende Naphtho-
cinchoninsäure vom Smp. 237°, das Oxim, Smp. 69°, das Semi-
carbazon, Smp. 102°, das n-Decylaldehydthiosemicarbazon, Smp.
99 bis 100° s ), und die sich durch Oxydation bildende n-Caprin-
saure, Smp. 30 bis 31% Sdp. 267 bis 269° (753 mm).
Decylaldehyd wurde zum Verfälschen von Rosenöl benutzt.
Laurinaldehyd, C^H,,- CHO, ist im Edeltannennadelöl und
vielleicht im Öl von Chamaecyparis Lawsoniana und Rautenöl
enthalten. Bei gewöhnlicher Temperatur ist er fest; er oxydiert
sich schon an der Luft zu der bei 43° schmelzenden Laurin-
säure. Das Semicarbazon schmilzt bei 101,5 bis 102,5°.
Acetylformaldehyd CH s COCHO (Brenztraubensäure-
aldehyd) ist im Destillationswasser des Manila-Kopals gefunden
worden. Smp. des Osazons 135°.
b) Ungesättigte Aldehyde.
«,/S-Hexylenaldehyd (/S-Propylacrolein), CH 8 • CH 2 • CH a • CH :
CHCHO, haben Curti us undFranzen 4 ) aus grünen Pflanzen-
blättern durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Das Destillat
*) Journ. f. prakt. Chem. II. 62 (1900), 525.
a ) Bericht von Schimmel 8s Co. Oktober 1905, 43,
') Seh orger, Journ. ind. eng. Chemistry 6 (1914), 541.
*) Liebigs Annalen 390 (1912), 89.
Aldehyde. 509
wurde mit einer alkoholischen Lösung von m-Nitro-benzhydrazid
(m-Nitro-benzoylhydrazin) versetzt, wobei sich ein bei 167°
schmelzendes Hydrazon bildete. Aus dem Hydrazon ließ sich
ein Aldehyd gewinnen, der bei der Oxydation mit Silberoxyd
a,/S-Hexylensäure gab, woraus hervorgeht, daß der Aldehyd
a./S-Hexylenaldehyd ist. Nachgewiesen wurde dieser Aldehyd in
den Destillaten der Blätter von: Adlerfarn, Pappel, Weide, Wal-
nuß, Hainbuche, Haselnuß, Birke, Alnus incana, Schwarzerle,
Rotbuche, Edelkastanie, Eiche, Ulmus campestris, Polygonum
sachalinense, Himbeere, Akazie, Lupine, Klee, Steinklee, Ahorn,
Roßkastanie, Weintraube, Aegopodium podagraria, Eiche, Syringa
vulgaris, Vinca minor, Sambucus nigra und «S. racemosa.
Synthetisch wurde der «.^-Hexylenaldehyd durch katalytische
Reduktion der Dämpfe von c,/?-Hexylensäure mit Ameisensäure
in Gegenwart von erhitztem Manganoxydul durch Schimmel
§ Co. 1 ) hergestellt. m-Nitrobenzhydrazon, Smp. 167 bis 168°,
Semicarbazon, Smp. 172 bis 173°.
c) Aliphatische Terpenaldehyde.
Wichtiger als die erwähnten Aldehyde sind die aliphatischen
Terpenaldehyde Citral, C 10 H 16 O, und Citronellal, C^H^O, die
auch wegen ihrer Beziehungen zu anderen, namentlich alko-
holischen Bestandteilen der ätherischen Öle bemerkenswert sind,
sowie eine Anzahl aromatischer Aldehyde, von denen namentlich
Benzaldehyd und Zimtaldehyd zum Teil in recht beträchtlichen
Mengen vorkommen.
Citral.
C 10 H 16 O. Mol.-Gew. 152.
Citral ist zuerst im Laboratorium von Schimmel Sf Co.
von J. Bertram 2 ) im Öle von Backhousia citriodora auf-
gefunden, und da er sich als mit dem citronenartig riechenden
Bestandteile des Citronenöles identisch erwies, Citral genannt
worden 3 ). In größerer Menge ist er, außer im Backhousiaöl,
*) Bericht von Schimmel § Co. 1918, 41.
a ) Ebenda Oktober 1888, 17.
a ) Über die Geschichte des Citrals siehe Tiemann, Berl. Berichte 31
(1898), 3278.
510 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
im Lemongrasöl enthalten, und ferner kommt er vor im Java-
Citronellöl, im Öl einer unbekannten Andropogon-Art, im Öl
von Cymbopogon coloratus, C. jävanensis, im formosanischen
Lemongrasöl, im Öl von Alpinia alba, Ingweröl, im Frucht-, Rinden-
und Blätteröl von Tetranthera citrata, Kobuschiöl, japanischen
Zimtöl, May-Changöl von Lhsea citrata (?), Sassafrasblätteröl,
Erdbeerblätteröl, deutschen Rosenöl, japanischen Pfefferöl, Öl aus
den Blättern und Zweigen des
8 ^>C : CH • CH a ■ CH 2 • C - CH 8 süßen Orangen- und Citronen-
H 3 C X " HC-CHO baumes, Cedroöl, westindischen
i~-^ i ir- s ii Lämettöl, Mandarinenöl, Pome-
Citral a (Geranial). * „, _ , ... Ä .
ranzenol (?), Pompelmusol, Ol
HsC >C:CH.CH 2 -CH 2 CCH 8 von C/irus hystrix, Mayöl
H 3 C X OHC-C-H von C#typt r ' an tl ies paniculata,
„.„ , . , M 1N Bayöl, Pimentöl, Salamöl, Öl
Citral b (Neral). J ' , ^ t _ 1 . ' .
von Eucalyptus patenttnervis,
E. Staigeriana, E. vitrea (?), Leptospermum flavescens var.
citratum, L. Liversidgei, Verbenaöl, Öl von Monarda citriodora,
Melissenöl, Öl von Perilla citriodora und Ocimum pilosum.
Das natürlich vorkommende Citral ist ein Gemisch von
zwei Isomeren, in dem in der Regel die Menge des Citrals a,
gegenüber der des Citrals b bei weitem überwiegt.
Citral ist ein dünnflüssiges, schwach gelblich gefärbtes,
optisch inaktives Öl von durchdringendem Citronengeruch, das
unter Atmosphärendruck nicht ganz unzersetzt bei 228 bis 229°
siedet. Seine Eigenschaften werden wie folgt angegeben: Sdp. 110
bis 112° (12 mm), 117 bis 119° (20 mm), 120 bis 122° (23 mm),
d 16 „ 0,8972, n D 1,4931, d S4 . 0,8844, n D 1,48611*).
Beobachtungen im Laboratorium von Schimmel 8; Co. haben
für den durch die Bisulfitverbindung oder die Hydrosulfonsäure-
verbindung sorgfältigst gereinigten Aldehyd die folgenden Werte
ergeben :
Für Citral aus Lemongrasöl: Sdp. 110 bis 111° (12 mm),
d t6 o 0,893, n D170 1,4901 5 *).
Für Citral aus Citronenöl: Sdp. 92 bis 93° (5 mm), d 1B » 0,8926,
n D20 „ 1,48853.
x ) Berl. Berichte 26 (1893), 2709.
s ) Bericht von Schimmel § Co. April 1899, 72.
Aldehyde. 51 1
Für Citral aus dem Öl der Früchte von Tetranthera citrata:
d 18 „ 0,8941 , n D20 . 1 ,48767.
An Handelspräparaten eigener Fabrikation stellten Schimmel
§ Co. fest: d u . 0,892 bis 0,895, n^, 1,487 bis 1,489, löslich in
5 bis 7 Vol. 60% igen Alkohols.
Außerdem wurde von Tiemann 1 ) bestimmt:
Für Citral a: Sdp. 118 bis 1 19° (20 mm), d 20 .0,8898, n D 1,4891,
Für Citral b: Sdp. 117 bis 118° (20 mm), d 20 „ 0,8888, n D 1,49001.
Man gewinnt das Citral im großen aus LemongrasÖI durch
Zersetzen der daraus erhaltenen Bisulfitverbindung mit Soda.
Citral entsteht bei der Oxydation von Geraniol*) oder
Linalool 8 ) im Chromsäuregemisch, durch katalytische Einwirkung
von reduziertem Kupfer auf Geraniol bei höherer Temperatur 4 ) und
bei Behandlung von Geraniol in Gegenwart eines Katalysators
bei 230 bis 300° unter vermindertem Druck mit Sauerstoff 6 ). Auf
rein synthetischem Wege ist Citral durch Destillation des Calcium-
salzes der Geraniumsäure mit Calciumforrniat gewonnen worden 6 ).
Gegen Säuren und saure Agentien ist es sehr empfindlich,
und es wird dadurch weitgehend verändert; es läßt sich z. B.,
ebenso wie viele seiner Derivate, leicht in cyclische Verbin-
dungen überführen. Verdünnte Schwefelsäure und Kalium-
bisulfat wirken sehr energisch unter Wasserabspaltung und
Bildung von Cymol ein 7 ). Auch Alkalien greifen das Citral an;
beim Kochen mit Kaliumcarbonatlösung wird es in Acetaldehyd
und Methylheptenon, CgH^O, gespalten 8 ).
Citral geht durch Reduktion mit ISatriumamalgam in essig-
saurer Lösung in Geraniol über 9 ), mit Wasserstoff und Palladium
reduziert 10 ) gibt es Citronellol, Citronellal und einen dimolekularen
5 ) Berl. Berichte S2 (1899), 117, 120; 33 (1900), 880.
a ) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 3311.
s ) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. 45 (1892), 599. —
Barbier, Bull. Soc. chim. III. 9 (1893), 803.
4 ) Bouveault, Bull. Soc. chim. IV. 8 (1908), 119.
5 ) Moureu u. Mignonac, Compt. rend. 171 (1920), 652.
8 ) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 827.
') Semmler, Berl. Berichte 24 (1891), 204.
a ) Verley, Bull. Soc. chim. III. 17 (1897), 175; Tiemann, Berl. Berichte
32 (1899), 107.
9 ) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 828.
10 ) Skita, ebenda 42 (1909), 1634.
512 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Aldehyd C s0 H 84 O a vom Smp. 57°. Durch katalytische Hydrierung
von Citraf bei 190° und vermindertem Druck und unter Ver-
wendung von Nickel erhielt R. Escourrou 1 ) inaktives Citronellal
(Semicarbazon, Smp. 80 bis 81°). Bei der biochemischen
Reduktion durch Hefe 5 ) wird Citral vorwiegend zu Geraniol
hydriert. Eine eigentliche Gärung ist für die Verwirklichung
der Reaktion nicht nötig, sie erfolgt auch bei der einfachen
Digestion des Citrals mit Hefe.
Durch Oxydation mit gelinden Oxydationsmitteln, z. B. Silber-
oxyd in ammoniakalischer Lösung, bildet sich die ähnlich wie
höhere Fettsäuren riechende, flüssige Geraniumsäure C 10 H ie O s s ).
Bei energischer Oxydation mit Chromsäuregemisch entsteht
Methylheptenon, das bei weitergehender Oxydation mit Kalium-
permanganat und Chromsäuregemisch in Aceton und Lävulin-
säure zerfällt*).
Beim Ozonisieren liefern beide Modifikationen des Citrals
Ozonide, die sich beim Erwärmen mit Wasser in Lävulinaldehyd
und Aceton spalten 6 ). Auf Grund dieser Ergebnisse ist zu
schließen, daß die beiden Citrale nicht stellungsisomere, sondern
raumisomere Verbindungen sind, deren Konstitution durch die
eingangs aufgeführten Formeln gekennzeichnet ist 8 ).
Andrerseits lassen sich nach Verley 7 ) die beiden Citrale
durch Kochen mit l°/ iger Natronlauge in zwei verschiedene
Methylheptenone (s. S. 552) umwandeln, von denen die dem
Citral a entsprechende «-Verbindung bei der Oxydation nur Spuren
von Aceton liefert, während aus der /J-Verbindung die theoretische
Menge dieses Ketons entstehen soll. Bestätigten sich diese An-
gaben, so müßte man auch für die beiden Citrale den Methyl-
heptenonen angepaßte Formeln annehmen, somit läge dann bei
ihnen keine Stereoisomerie, sondern eine Stellungsisomerie vor.
Die technisch wichtigste Citral -Verbindung, zu deren Ge-
winnung die Hauptmenge des hergestellten Citrals verwandt
*) Chimie et Industrie 14 (1925), 519.
3 ) Neuberg u. Kerb, Biochem. Zeitschr. 92 (1918), 111.
3 ) Semmler, Beri. Berichte 28 (1890), 3556; 24 (1891), 203.
*) Tiemann u. Semmler, ebenda 26 (1893), 2718.
s ) Harri es u. Himmelmann, ebenda 40 (1907), 2823.
•) Tiemann, ebenda 38 (1900), 877.— Zeitschel, ebenda 89 (1906), 1782.
') Rev. des produits chim. 21 (1918), 352; Chem. Zentralbl. 1919, I. 922.
Aldehyde. 513
wird, ist das durch Kondensation mit Aceton zu erhaltende
Keton C 18 H ao O, Pseudojonon. Es geht beim Erwärmen mit ver-
dünnter Schwefelsäure in eine dem Iron des Irisöles isomere
Verbindung, Jonon, über (s. unter Jonon).
Von den Verbindungen des Citrals sind die Bisulfit- und
Sulfitverbindungen ebenfalls von Belang, weil sie zur Abscheidung
des Aldehyds aus ätherischen Ölen und zu seiner Reindarstellung
dienen. Die sich dabei abspielenden Vorgänge sind einiger-
maßen verwickelt 1 ).
Enthält die Natriumbisulfitlösung Essigsäure oder nicht zu
große Mengen freier schwefliger Säure, so scheidet sich beim
Schütteln mit ihr bei niedriger Temperatur die schwer lösliche,
normale, kristallisierte Doppelverbindung C 9 H 15 - CH(OH)SO B Na ab,
die durch Natriumcarbonat oder Natronlauge nicht quantitativ
gespalten werden kann. Läßt man die kristallisierte Verbindung
in gelinder Wärme mit überschüssiger Bisulfitlösung stehen,
so löst sie sich unter Bildung eines „labilen" Dihydrodisulfon-
säurederivats des Citrals, C 9 H 17 -(S0 8 Na) a -CHO, das nicht mehr
durch Alkalicarbonat, wohl aber durch kaustisches Alkali Citral
regeneriert. Steigt die Temperatur bei der Lösung der kristalli-
sierten Verbindung zu hoch, so läßt sich auch durch kaustisches
Alkali kein Citral mehr aus der Flüssigkeit abscheiden, es hat
sich dann das Natriumsalz eines „stabilen", nicht spaltbaren
Dihydrodisulfonsäurederivats gebildet; dieses entsteht unter Ab-
spaltung von Citral ebenfalls, wenn die normale Bisulfitverbindung
in Wasser verteilt und längere Zeit mit Wasserdampf behandelt
wird, bis sie in Lösung gegangen ist. Wird die Lösung des
spaltbaren citraldihydrodisulfonsauren Natriums mit Citral ge-
schüttelt, so nimmt sie dieses auf und geht in das durch
Alkalien leicht zerlegbare citralhydromonosulfonsaure Natrium,
C 9 H 16 .(SO s Na).CHO, über.
Das erwähnte „labile" dihydrodisulfonsaure Natriumsalz
des Citrals entsteht auch, wenn man eine wäßrige Lösung von
Natriumsulfit mit Citral schüttelt:
C H 15 CHO+2Na 2 SO 8 4-2H 2 O-C 8 H 17 (SO 8 Na) 9 CHO + 2NaOH.
*) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 36 <1893), 2708; Tiemann,
ebenda 31 (1898), 3310. — Vgt. auch Romeo, Gazz. chim. ital. 48 <1918), I.
45; Chem. Zentralbl. 1918, II. 1827.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 33
514 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Da das bei der Reaktion frei werdende Natriumhydroxyd
das Citral aus der eben gebildeten Verbindung wieder abscheiden
würde, so muß man das entstandene Alkalihydrat durch verdünnte
Essigsäure, Schwefelsäure oder ein saures Salz, wie Natrium-
bisulfit oder Natriumbicarbonat, binden. Man verfährt nach
Tiemann 1 ) zweckmäßig folgendermaßen:
Eine durch wenig Phenolphthalein rot gefärbte Auflösung von 350 g
Natriumsulfit, Na a SO B + 7H s O, in 1 1 Wasser wird mit 100 g reinem Citral
geschüttelt, indem man die eintretende stark alkalische Reaktion immer von
neuem durch allmählich hinzugefügte, titrierte, etwa 20%ige Schwefelsäure
aufhebt. Man beobachtet die Vorsicht, die Lösung immer hellrot gefärbt,
d. h. schwach alkalisch zu lassen, da sich sonst vorübergehend die in saurer
Lösung ausschließlich entstehende, schwer lösliche, normale Natriumbisulfit-
doppelverbindung des Citrals abscheidet.
Die Verbindungen des Citrals mit Hydroxylamin, Phenyl-
hydrazin und Ammoniak sind sämtlich flüssig und daher zur
Charakterisierung des Citrals nicht zu verwerten; das Oxim geht
durch Wasserabspaltung mit Acetanhydrid in das Nitril der
Geraniumsäure über. Durch Einwirkung von Semicarbazid ent-
stehen mehrere gut kristallisierende Semicarbazone 2 ), die sich
unter bestimmten Bedingungen 8 ) in Verbindungen von gleich-
bleibendem Schmelzpunkt, 164° und 171°, zerlegen lassen und
daher zur Identifizierung des Citrals zu benutzen sind (s. später).
Da Citral einen durchdringenden Geruch besitzt, so wird man
meist schon durch diesen auf seine Anwesenheit in ätherischen
Ölen hingewiesen werden; zum Nachweis sucht man den Aldehyd
durch seine feste Bisulfitverbindung abzuscheiden und das aus
dieser regenerierte Citral durch Kondensation mit Brenztrauben-
säure und /tf-Naphthylamin in die von Doebner*) entdeckte
a-Citryl-£-naphthocinchoninsäure zu verwandeln. Zur Überführung
in diese Verbindung hat der Genannte folgende Vorschrift gegeben:
12 g Brenztraubensäure und 20 g Citral (oder des betreffenden Öles)
werden in absolutem Alkohol gelöst, zu der Lösung 20 g ß -Naphthylamin,
ebenfalls in absolutem Alkohol gelöst, hinzugegeben und die Mischung etwa
3 Stunden im Wasserbade am Rückflußkühler gekocht. Nach dem Erkalten
l ) Berl. Berichte 81 (1898), 3317.
s ) Wallach, Berl. Berichte 28 (1895), 1957. — Tiemann u. Semmler,
ebenda 2133. — Tiemann, ebenda 31 (1898), 821, 2315.
a ) Tiemann, ebenda 3331.
*) Ebenda 27 (1894), 354, 2026.
Aldehyde. 515
wird die in kristallinischem Zustande abgeschiedene Citrylnaphthocinchonin-
säure abfiltriert und durch Waschen mit Äther gereinigt; ist die Säure zu
stark verunreinigt, so löst man sie in Ammoniak und scheidet sie aus der
filtrierten Lösung durch Neutralisieren mit Essigsäure ab. Der so erhaltene
reine Körper kristallisiert aus Alkohol in gelben Blättchen; sein Schmelz-
punkt ist von Doebner 1 ) zu 197° angegeben worden, er liegt jedoch etwas
höher und wird leicht bei 200° oder wenig darüber gefunden.
Zu beachten ist bei der Darstellung der Naphthocinchonin-
säure, daß bei geringem Gehalte an Aldehyd, also Citral, die
durch Zersetzung eines Teiles der angewandten Brenztrauben-
säure zu Acetaldehyd verursachte Bildung von a-Methyl-/?-naphtho-
cinchoninsäure stattfindet; diese schmilzt erst bei 310° und ist
in Alkohol schwerer löslich als die Citrylnaphthocinchoninsäure,
sie bleibt also beim Auskochen der rohen Naphthocinchonin-
säure im Rückstande.
Ferner ist zu berücksichtigen, daß, wenn neben Citral andere
Aldehyde zugegen sind, sich gleichzeitig auch die von diesen
abstammenden Naphthocinchoninsäuren bilden; so hat Doebner
in Fraktionen des Citronenöles neben der Citryl- auch die Citronellyl-
/2-naphthocinchoninsäure (Smp. 225°) gefunden.
Wie schon oben erwähnt, setzt sich das in der Natur vor-
kommende Citral aus zwei, jedenfalls stereoisomeren Formen
zusammen, die von Tiemann Citral a und Citral b genannt
wurden. Ersterem entspricht das bei 164° schmelzende Semi-
carbazon, zu dessen Darstellung man folgendermaßen verfährt:
Zu einer Auflösung von 5 Teilen Citral (oder der zu prüfenden Fraktion)
in 30 Teilen Eisessig setzt man eine Lösung von 4 Teilen Semicarbazidchlor-
hydrat in wenig Wasser; nach kurzer Zeit scheiden sich erhebliche Mengen
eines Semicarbazons in Nadeln aus, das nach zwei- bis dreimaligem Um-
kristallisieren aus Methylalkohol scharf bei 164° schmilzt. Aus der von
diesem Semicarbazon abfiltrierten Mutterlauge laßt sich die bei 171° schmel-
zende Verbindung des Citrals b gewinnen 2 ). Gemische der beiden .Semi-
carbazone zeigen Schmelzpunkte, die zwischen 130 bis 171° hegen.
Als weitere Derivate sind zu nennen das bei 107 bis 108°
schmelzende Thiosemicarbazon und das bei 190 bis 191° schmel-
zende Semioxamazon.
Ein gut kristallisierendes, zum Nachweis geeignetes Derivat
des Citrals ist die durch Kondensation mit Cyanessigsäure
l ) Loc. cit; Berl. Berichte 31 (1898), 1891; vgl. ebenda 3197, 3327.
! ) Tiemann, Bert. Berichte 81 (1898), 3331 ; 82 (1899), 1 15; 33 (1900), 877.
33*
516 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
entstehende Citrylidencyanessigsäure, C e H 1B • CH : C(CN) • COOH,
vom Smp. 122°.
Um sie darzustellen, setzt man einer Auflösung von einem Molekül
Cyan essigsaure in etwa dem dreifachen Gewicht Wasser zwei Moleküle Natrium-
hydroxyd (als 30 %'ge Natronlauge) und ein Molekül Citral zu; beim Schütteln
löst sich dieses, wenn es rein ist, völlig auf. Aus der klaren oder durch
Ausschütteln mit Äther gereinigten Lösung scheiden Säuren die Citryliden-
cyanessigsäure kristallinisch oder als bald erstarrendes Öl aus; durch Lösen
in Benzol und Fällen mit Ligroin ist sie in derben, gelben Kristallen zu erhalten 1 ).
Da sich das Citral b mit Cyanessigsäure langsamer kon-
densiert als Citral a, so kann dies Verhalten zu einer Trennung
der beiden Modifikationen benutzt werden. Die Citrylidencyan-
essigsäure a schmilzt bei 122°, die b-Form bei 94 bis 95° 2 ).
Ein gleichfalls festes Kondensationsprodukt bildet Citral mit
Acetylaceton, hellgelbe Warzen vom Smp. 46 bis 48° 3 ).
Kondensationen von Citral mit Acetessigester finden nach
Knoevenagel 4 ) unter Wasserabspaltung statt, und zwar je
nach den Versuchsbedingungen entweder zu gleichen Molekülen
Citral und Acetessigester unter Bildung von Citrylidenacetessig-
ester oder von einem Molekül Citral mit zwei Molekülen Acet-
essigester zu Citrylidenbisacetessigester.
Tiemann 5 ) hat empfohlen, den Nachweis des Citrals in der
Weise zu führen, daß man es durch Kondensation mit Aceton
in Pseudojonon überführt und dieses durch sein Semicarbazon
identifiziert; dies Verfahren ist jedoch umständlicher als die
Darstellung der Citrylnaphthocinchoninsäure, so daß man dieser
Methode des Nachweises wohl stets den Vorzug geben wird.
Eine Trennungsmethode für Citral, Citronellal und Methyl-
heptenon ist unter letzteren beiden Verbindungen erwähnt.
Citral ist nicht quantitativ acetylierbar, auch nicht in Xylol-
lösung (1 + 4).
Semmler und Schofiberger 6 ) haben die Einwirkung von Essigsäure-
anhydrid auf Citral studiert. Sie wiesen nach, daß dabei eine Wanderung
der einen Doppelbindung des Citrals in die konjugierte Stellung stattfindet.
*) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 3329.
3 ) Tiemann, ebenda 33 (1900), 880.
3 ) K. Wedemeyer, Ober Kondensationen mittels aromatischer Basen
usw. Inaug.-Dissert., Heidelberg 1897, S. 24.
4 ) Journ. f. prakt Chem. IL 97 (1918), 288.
B ) Berl. Berichte 81 (1898), 822.
°) Ebenda M (1911), 991.
Aldehyde. 517
Das Enol-Citralacetat siedet bei 118 bis 126° (10 mm); dgoo 0,9420,
n D 1,5010, Mol.-Refr. ber. für den Ester Ci a H 18 O ä /r 58,02, gef. 60,60. Als Neben-
produkt war Citraldiacetat entstanden. Bei der Reduktion des Enol-Citral-
acetats mit Natriumamalgam und Methylalkohol bildete sich ein Alkohol, der
sich als verschieden von Geraniol und Nerol erwies und der Isogeraniol
genannt wurde. Die Eigenschaften dieses Alkohols sind: Sdp. 102 bis 103°
(9 mm), dsoo 0,8787, n D 1,47325. Das Diphenylurethan schmolz bei 73°.
Citronellal.
C 10 H ls O. Mol .-Gew. 154.
Li monenform H.Cy. . CH „ . C H 2 • CH„ • CH • CH 2 - CHO
(echtes Citronellal). H S C- " |
CH 3
Terpinolenf orm H,Cv c _ CH CH c CH CH ^ CHQ
(Rhodmal). H 3 C/ I
CH 3
Der zweite in ätherischen Ölen vorkommende aliphatische
Terpenaldehyd mit zehn Kohlenstoffatomen ist das Citronellal
(anfänglich von Schimmel § Co. „Citronellon" genannt), C 10 H ls O,
das gelegentlich als Begleiter des Citrals auftritt und dessen
Dihydroderivat ist. Citronellal ist optisch aktiv, ist aber mit einer
einzigen Ausnahme nur in der rechtsdrehenden Modifikation
gefunden worden; wahrscheinlich ist Citronellal mit geringem
Drehungsvermögen ein Gemisch beider optisch aktiven Formen.
Ebenso wie Citronellol ist das natürlich vorkommende
Citronellal als ein Gemenge zweier Aldehyde der Limonen-
[2,6-DimethyI-octen-(l)-al-(8)j und der Terpinolenform [2,6-Di-
methyl-octen-(2)-al-(8)] anzusehen.
d-Citronellal ist gefunden worden im Citronellol, Öl von
Barosma pulchellum, Eucalyptus maculata var. citriodora,
E. dealbata und Melissenöl; 1-Citronellal im „Java lemon olie".
Außerdem ist Citronellal im Rindenöl von Tetranthera polyantha
var. citrata, im japanischen Pfefferöl, im Öl von Leptospermum
flavescens var. citratum, L. Liversidgei und im Öl aus frischen
Samen und Blättern von Ocimum pilosum nachgewiesen worden,
doch fehlen hier Beobachtungen über die Drehungsrichtung.
Auch im Citronenöl und im Mandarinenöl ist es enthalten.
Die Isolierung dieses Aldehyds aus den citronellalreichen
Ölen (Citronellol, Öl von Eucalyptus maculata) bietet keine
518 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Schwierigkeiten, da Citronellal leicht in Form seiner kristalli-
sierten Bisulfitverbindung abzuscheiden ist. Da Citronellal so-
wohl durch Säuren wie durch Alkalien stark angegriffen und
weitgehend verändert wird, wendet man zur Zersetzung der
Bisulfitverbindung Alkalicarbonat an. Künstlich ist Citronellal
durch Oxydation des primären Alkohols Citronellol C 10 H 30 O zu
erhalten, doch ist die Ausbeute in diesem Falle noch geringer
als bei der Überführung jdes Geraniols in Citral; auf diese
Weise wird aus 1-Citronellol des Rosenöls die von Bouveault
Rhodinal genannte, linksdrehende Terpinolenform des Aldehyds
gewonnen.
Bei der Aufspaltung des Menthonoxims zu aliphatischen
Verbindungen ist Wallach auch zu einem, von ihm als „Mentho-
citronellal" bezeichneten Aldehyd C XO H 1S gelangt, der große
Ähnlichkeit mit dem natürlich vorkommenden Citronellal besitzt,
aber nicht mit ihm identisch ist 3 ).
Citronellal siedet nach Tiemann und Schmidt 2 ) unter
Atmosphärendruck bei 205 bis 208°, unter 25 mm Druck
bei 103 bis 105°; d 17 , t . 0,8538; n D 1,4481. Für ein aus der
umkristallisierten Natriumbisulf itdoppelverbindung regeneriertes
Citronellal gibt Tiemann 3 ) folgende Werte an: Sdp. 203 bis204°,
89 bis 91° (14 mm), d 17lB= 0,8554, n D 1,4461, Mol.-Refr. 48,00.
Das optische Drehungsvermögen [cc] D wurde von E.Kremers' 1 )
zu +8,19° gefunden, doch ist später für ein durch die Bisulfit-
verbindung gereinigtes Präparat [a] D ■+■ 12° 30' bestimmt worden 5 ).
An technischen Präparaten eigener Darstellung wurde im
Laboratorium von Schimmel £j Co. beobachtet: Sdp. 205 bis
208° (gew. Druck), 72 bis 73° (4,5 mm), d 15 „ 0,855 bis 0,860,
« D + 10 bis +11°, n D20 . 1,444 bis 1,452, löslich in 5 bis 6 Vol.
70°/ o igen Alkohols.
Ein aus „Java lemon olie" abgeschiedenes Citronellal hatte
folgende Eigenschaften: Sdp. 205 bis 208°, d ls . 0,8567, a D — 3°,
n D20 , 1,44791«).
*) Liebigs Annalen 278 (1894), 317; 296 (1897), 131.
s ) Berl. Berichte 29 (1896), 905.
") Ebenda 82 (1899), 818.
*) Americ. ehem. Journ. 14 (1892), 203.
s ) Tiemann u. Schmidt, loa cit.
") Bericht von Schimmel § Co. April 1903, 21.
Aldehyde. 519
Für die beiden Isomeren gibt H. J. Pr ins 1 ) .Konstanten an, die so
stark von den von andern Forschern beobachteten Werten abweichen, daß
Schimmel fij Co. a ) glauben, daß hier stark mit Isopulegol verunreinigte
oder verharzte Produkte vorgelegen haben.
Schon beim bloßen Lagern kann Citronellal tiefgehende Veränderungen
erleiden, worauf bereits Labb6 s ) hingewiesen hat. In einem Falle war dabei
unter Selbsterhitzung auf 120° ein braunes Öl entstanden, das nach Isopulegol
roch und folgende Konstanten aufwies*): di eo 0,9270, «o — 1°15', no»,, 1,4724,
S.Z. 1,8, E.Z. 2,7, E.Z. nach Acetylierung 108,3 = 32,4% Isopulegol, löslich
in jedem Vol. 90 "/oigen Alkohols. Der Gehalt an Citronellal betrug nur noch
1 %. Da auch der Isopulegolgehalt verhältnismäßig gering ist, so geht hieraus
hervor, daß bei der spontanen Zersetzung in der Hauptsache Polymerisations-
produkte entstanden sind.
Citronellal ist ein einfach ungesättigter Aldehyd, der bei der
Reduktion mit Natrium am algam in alkoholischer, durch Zusatz
von Essigsäure stets schwach sauer zu haltender Lösung
wieder in Citronellol, C lo H 20 O, übergeht 5 ). Auch bei phyto-
chemischer Reduktion mit Hilfe von Hefe erhielten Neuberg
und Mayer 6 ) aus Citronellal d-Citronellol. Wie Citral, so ist
auch Citronellal sehr empfindlich gegen Alkalien und auch gegen
Säuren; während aber Citral bei der Behandlung mit Alkali in
Acetaldehyd und Methylheptenon gespalten wird, verharzt Citro-
nellal. In Berührung mit Säuren bildet sich aus Citral unter
Wasserabspaltung der Kohlenwasserstoff Cymol; Citronellal geht
dagegen in eine sauerstoffhaltige Verbindung der gleichen Zu-
sammensetzung C 10 H ls O, Isopulegol 7 ) (vgl. S. 466), über, die mit
dem durch Reduktion aus Pulegon entstehenden Alkohol C 10 H 18 O,
Pulegol, isomer ist und durch Oxydation ein in natürliches Pulegon
umwandelbares Keton C 10 H ie O, Isopulegon, liefert, dessen Semi-
carbazone nach Harries und Roeder 8 ) bei 173 (a-Modifikation)
und 183° (^-Modifikation) schmelzen. Dieser Ringschluß des
Citronellals zu Isopulegol erfolgt überaus leicht, so daß das käuf-
liche Citronellal, wenigstens wenn es durch die Bisulfitverbindung
*) Chem. Weekblad 14 (1917), 692.
2 ) Bericht von Schimmel $ Co. 1918, 143.
3 ) Bull. Soc. chim. III. 21 (1899), 1023.
•*) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co.
") Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 906.
e ) Biochem. Zeitschr. 71 (1915), 174.
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 913; SO (1897), 22.
8 ) Berl. Berichte 32 (1899), 3367.
520 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
gereinigt wurde, stets Isopulegol enthält 1 ). Die Umwandlung von
Citronellal in Isopulegol verläuft nach Prins 2 ) leicht bei der Be-
handlung dieses Aldehyds mit 85 bis 90 °/ iger Ameisensäure oder
80°/ iger Phosphorsäure. Die Überführung in Isopulegol kann
auch zur quantitativen Bestimmung von Citronellal benutzt werden.
Vgl. hierüber im Kapitel: „Die Prüfung der ätherischen Öle".
Gegen Natriumbisulfit verhält sich Citronellal ähnlich wie
Citral; außer der kristallisierten normalen Doppel verbin düng mit
einem Molekül NaHSO s , in der das Bisulfit sich an die Aldehyd-
gruppe angelagert hat, liefert es auch Hydrosulfonsäurederivate
mit einem oder zwei Molekülen NaHSÖ 8 , in denen eine An-
lagerung an die Doppelbindung, im letzten Falle auch an die
Aldehydgruppe stattgefunden hat 8 ). Nur aus der erstgenannten
Verbindung läßt sich Citronellal wiedergewinnen, während es
aus den Hydrosulfonsäurederivaten weder durch Soda noch
durch Alkalihydrat regeneriert werden kann. Mit neutralem Sulfit
reagiert Citronellal ebenfalls unter Bildung eines nicht zerleg-
baren Hydrosulfonsäurederivats, die Reaktion tritt aber nur ein,
wenn man von Anfang an einen starken Kohlensäurestrom in
das Gemisch einleitet oder allmählich eine andere Säure in
genügender Menge hinzufügt. Dieses Verhalten des Citronellals
kann zu seiner Trennung von Citral benutzt werden, das auch
mit neutralem Sulfit ohne weiteres in Reaktion tritt; nur muß
man Sorge tragen, daß das bei der Umsetzung frei werdende
Natriumhydrat in dem Maße, wie es sich bildet, neutralisiert wird.
Eine weitere Trennungsmethode gründet sich darauf, daß
Citronellal nur mit einer konzentrierten Lösung von Natrium-
sulfit und Natriumbicarbonat reagiert, während Citral dies auch
mit einer verdünnten Lösung tut 4 ).
Da Methylheptenon auch mit einer konzentrierten Lösung
von Natriumsulfit und Natriumbicarbonat nicht reagiert, so ist
damit gleichzeitig ein Weg zur Befreiung des Citronellals von
etwa beigemengtem Methylheptenon gegeben 6 ).
*) Tiemann, Berl. Berichte 82 (1899), 825; Labbe, Bull. Soc. chim. III.
21 (1899), 1023.
*) Chem. Weekblad 14 (1917), 627.
=) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 3305.
*) Tiemann, ebenda 32 (1899), 815. ■
s ) Ebenda 834.
Aldehyde. 521
Ebenso wie beim Citronellol waren auch beim Citronellal die
Meinungen lange Zeit darüber geteilt, ob in den Citronellalen ver-
schiedener Herkunft völlig identische oder aber nur isomere Pro-
dukte vorliegen. Während u. a. Tiemann und Schmidt sowie
Schimmel § Co. ersteres annahmen, traten Barbier und
Bouveault 1 ) für letztere Auffassung ein. Sie behaupten, daß das
Citronellal aus Citronellol eine andere Konstitution (die erste
Formel, S. 517) hat als das durch Oxydation von Rosenöl-Citronellol
dargestellte (die zweite Formel) und geben letzterer Verbindung
den besonderen Namen „Rhodinal". Sie begründen ihre Auffassung
damit, daß Rhodinal durch Umlagerung in Menthon übergeht,
CH S CH,
l l
CH CH
H a Cf\CH 2 HaC^ NcH a
H S C^ 'CHO H S C!. JCO
CH
CH
II I
HsC— C— CH S H a C— CH— CH,
Rhodinal. Menthon.
während sich Citronellal in Isopulegol umlagert.
CH S
l
CH
H S C
H ä C
CHs HaC
CHO
\
CH a
l
HgC=C — CHg
Citronellal.
Den Übergang des Rhodinals in Menthon hielten Tiemann
und Schmidt 2 ) für nicht erwiesen. Nach ihren Untersuchungen
war das von Barbier und Bouveault beschriebene Rhodinal-
semicarbazon ein Gemenge von racemischem Citronellal- mit
wenig Isopulegonsem icarbazon, während das vermeintliche Men-
thonsemicarbazon die racemische Isopulegonverbindung ist.
x ) Compt. rend. 122 (1896), 737; Bouveault u. Gourmand, ebenda
188 (1904), 1699; Bouveault, Bull. Soc. chim. III. 2$ (1900), 458.
a ) Berl. Berichte 30 (1897), 38.
522 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Ferner sprach für die Einheitlichkeit des Citronellals die
Tatsache, daß es ein konstant bei 84° schmelzendes Semi-
carbazon lieferte, das durch Umkristallisieren nicht in Kompo-
nenten von verschiedenen Schmelzpunkten gespalten werden
konnte 1 ).
Nach den Untersuchungen, die Harries und Himmel-
mann 2 ) über das Verhalten des Citronellals und seiner Derivate
gegen Ozon anstellten, ist jedoch nicht mehr daran zu zweifeln,
daß sich das natürliche rechtsdrehende Citronellal aus einem
Gemisch der beiden, eingangs durch die Formeln gekenn-
zeichneten Verbindungen zusammensetzt.
Harries, der durch seine früheren Ozonisierungen zu diesem Schluß
gekommen war, hatte versucht, das erwähnte Semicarbazon durch Umkristalli-
sieren in die Komponenten zu spalten, es konnte aber keine Veränderung
des Schmelzpunktes festgestellt werden. Als aber das Semicarbazon mit
Ozon behandelt wurde, bildete sich ein Ozonid, das bei der Spaltung zwei
Semicarbazone lieferte. Ferner entstanden dabei Ameisensäure, Kohlensäure
und Acetonsuperoxyd. Die beiden Semicarbazone wurden identifiziert als
Methyloctanonalmonosemicarbazon, das dem normalen oder echten Citro-
nellal entspricht, und als das Semicarbazon des Halbaldehyds der y-Methyl-
adipinsäure, das sich vom Rhodinal ableitet. Hiernach berechnet sich das
Mengenverhältnis vom Citronellal zum Rhodinal: 60 °/ Citronellal gegenüber
40 u / Rhodinal.
Bei vorsichtiger Oxydation mit Silberoxyd entsteht aus dem
Citronellal die zugehörige, ölige Citronellsäure 8 ), C 10 H ls O 2 .
Energische Oxydation mit Permanganat, Chromsäure oder Ozon
liefert die gleichen Produkte wie beim Citronellol, also Aceton
und jS-Methyladipinsäure*). Bei der Autoxydation im direkten
Sonnenlicht bei Gegenwart von Sauerstoff liefert Citronellal
nach Sernagiotto 6 ) Essigsäure, £-Methylhexylsäure, Menthon,
ein Keton C 10 H a8 O, Isopulegol, Aceton, /?-Methyladipinsäure und
Dioxycitronellsäure.
Bei der Reduktion mit Natriumamalgam geht Citronellal,
wie bereits erwähnt, in Citronellol über. Zur technischen Dar-
stellung von Citronellol, wozu die Hauptmenge des aus Citronellol
isolierten Citronellals verwendet wird, bedient man sich, wie bei
*) Harries, Liebigs Annalen 410 (1915), 1.
*) Berl. Berichte 41 (1908), 2187.
3 ) Semmler, Bert. Berichte 24 (1891), 208; 26 (1893), 2256.
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 908.
5 ) Atti R. Accad. dei Lincei, Roma (5) 24 (1915), 850.
Aldehyde. 523"
Citronellol ausgeführt ist, als Reduktionsmittel des amalgamierten
Aluminiums.
Mit Hydroxylamin bildet Citronellal ein flüssiges Oxim, das
durch Wasserentziehung in das Nitril der Citronellsäure übergeht 1 );
auch das Phenylhydrazon ist ölig. Das mit Semicarbazid ent-
stehende Semicarbazon ist, soweit die bisherigen Beobachtungen
zeigen, einheitlich und eignet sich gut zur Identifizierung des
Citronellals; es scheidet sich quantitativ ab, wenn eine alkoholische
Lösung des Aldehyds mit einer Auflösung von Semicarbazidchlor-
hydrat und Natriümacetat geschüttelt wird. Die rohe Verbindung
wird durch Umkristallisieren aus Chloroform und Ligroin in weißen,
bei 82,5 bis 84° schmelzenden Blättchen erhalten 2 ). Die racemische
Form schmilzt bei 96°, das Thiosemicarbazon bei 54 bis 55°.
Wie Citral, so liefert auch Citronellal mit Brenztraubensäure
und £-Naphthylamin eine Naphthocinchoninsäure 8 ), die zum
Nachweis zu benutzen ist; dargestellt wird sie in gleicher Weise,
wie für die Verbindung des Citrals angegeben ist. Die rohe
«-Citronellyl-/i-naphthocinchoninsäure wird aus salzsäurehaltigem
Alkohol umkristallisiert, das erhaltene Chlorhydrat in Ammoniak
gelöst und das Ammonsalz durch Essigsäure zerlegt; die so
gereinigte Verbindung kristallisiert aus verdünntem Alkohol in
farblosen Nadeln und schmilzt bei 225°. Beim Erhitzen über
ihren Schmelzpunkt geht sie unter Kohlensäureabspaltung in das
Citronellyl- ( tf-naphthochinolin über, eine aus verdünntem Alkohol
oder Ligroin in seidenglänzenden Nadeln vom Smp. 53° kristalli-
sierende Base.
Schneller als durch die Naphthocinchoninsäure kann Citronellal
durch das Semicarbazon (s. o.) identifiziert werden.
Durch Kondensation von Citronellal mit Aceton entsteht
Citronellylidenaceton, das ein bei 167° schmelzendes Semicar-
bazid-Semicarbazon liefert 4 ). Die, wie unter Citral angegeben,
dargestellte Citronellylidencyanessigsäure 5 ) schmilzt bei 137 bis
*) Semmler, Berl. Berichte 26 (1893), 2255.
3 ) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 30 (1897), 34; Tiemann,
ebenda 31 (1898), 3307.
3 ) Doebner, Berl. Berichte 27 (1894), 2025.
4 ) Rupe u. Lotz, Berl. Berichte 36 (1903), 2796; Rupe u. Schlochoff,
ebenda 4377.
5 ) Tiemann, Berl. Berichte 32 (1899), 824.
524 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
138° und liefert ein charakteristisches, schwer lösliches Natrium-
salz, das auch zur Trennung von Citral benutzt werden kann.
Für die vor vielen Jahren von ihm hergestellte Citronellalphosphorsäure 1 )
hat F. D. Dodge später auf Grund weiterer Arbeiten 8 ) die Bezeichnung Iso-
pulegolphosphinsäure vorgeschlagen. Sie ist eine starke, einbasische Säure
und liefert eine Reihe wohldefinierter Salze. Smp. 181 bis 182°. Ihre Struktur
ist noch recht unsicher. Jedenfalls ist die Isopulegolphosphinsäure ein
charakteristisches Derivat des Citronellals.
Über die quantitative Bestimmung des Citronellals 3 ) siehe im
Kapitel „Die Prüfung der ätherischen Öle" sowie auch bei der Be-
schreibung von Citronellöl und dem Öl von Eucalyptus citriodora.
Cypral, C ls H 20 O, nennt Od eil*) einen neuen aliphatischen (?)
Aldehyd, den er aus dem Öl des Holzes von Taxodium disti-
chum Rieh, gewann. Sdp. 182 bis 185° (35 mm), d-JP 0,9469,
a D rechts, n D20 . 1 ,5040. Die Molekularrefraktion deutete auf die
Anwesenheit von 2 Doppelbindungen hin.
B. Cyclische (aromatische) Aldehyde.
Benzaldehyd.
C 7 H a O. Mol.-Gew. 106.
Benzaldehyd ist ein öfter vorkommender Bestandteil äthe-
rischer Öle. Er verdankt seine Existenz der Spaltung gewisser
in den betreffenden Pflanzenteilen enthaltener Glu-
coside, die in Benzaldehyd, Glucose und Blausäure
zerfallen. Solche Glucoside sind Amygdalin, Lauro-
cerasin, Prulaurasin und Sambunigrin.
Das Bittermandelöl besteht fast ganz, Wild-
kirschenrindenöl und Kirschlorbeeröl größtenteils
aus Benzaldehyd; außerdem ist dessen Vorkommen
festgestellt worden im Champacaöl, Ceylon-Zimt- und Zimtblätteröl,
Cassiaöl, Seychellen-Zimt- und Zimtblätteröl, im Öl der Rinde von
*) Americ. ehem. Journ. 12 (1890), 553.
*) Journ. Americ. ehem. Soc. S7 (1915), 2756.
s > Vgl. auch Pfau, Perfum. Record 16 (1925), 183; Bericht von Schimmel
$ Co. 1926, 55.
*) Journ. Americ. ehem. Soc. 38 (1911), 755.
Aldehyde. 525
Prunus sphaerocarpa, P. padus, im Indigoferaöl, römischen und
französischen Cassieblütenöl, Neroliöl, Cajeputöl, Niaouliöl und
im Patchouliöl.
Benzaldehyd oder seine Muttersubstanz, das Amygdalin, sind
ferner enthalten in Teilen der folgenden Pflanzen: Sambucus
nigra, Chrysophyllum- Arten, Gymnema latifolium, Pygeum
parviflorum, P. latifolium, Homalium tomentosum, Memecylon-
Arten, Schleicheria trijuga, Anacyclus officinarum, A. peduncu-
latus, Pyrus foliosa, Davallia brasiliensis, fiydrangea Lind-
leyana, H. Thunbergii, r\ageneckia angustifolia, /f. oblonga,
Lucuma deliciosa, L. mammosa, L. multiflora, Peraphyllum
ramosissimum u. anderen.
Die Blüten von Prunus sphaerocarpa und die Champignon-
Arten Psalliota campestris und P. arvensis riechen nach Benz-
aldehyd. Fast immer ist neben Benzaldehyd auch Blausäure
vorhanden (vgl. bei Blausäure, wo sich eine Zusammenstellung
aller bei der Destillation Benzaldehyd und Blausäure liefernden
Pflanzen befindet).
Als Ausgangsmaterial für die künstliche Darstellung des
Benzaldehyds dient das im Steinkohlenteer enthaltene Toluol,
C 6 H a CH 3 . Man führt es entweder in Benzylchlorid, C e H s -CH 2 Cl,
oder in Benzalchlorid, C fl H 6 -CHCl 3 , und diese Verbindungen
dann weiter in Benzaldehyd über.
Benzaldehyd ist eine farblose Flüssigkeit und hat den cha-
rakteristischen Geruch von zerkleinerten, angefeuchteten bittern
Mandeln. Im Gegensatz zu dem blausäurehaltigen Bittermandel-
öl ist er verhältnismäßig unschädlich 1 ). In den gewöhnlichen
Lösungsmitteln ist er leicht löslich; Wasser nimmt ihn im Ver-
hältnis von etwa 1:200 auf. Sein Siedepunkt wird zu 179°
angegeben. Nach Beobachtungen im Laboratorium von Schim-
mel ^Co. sind seine Konstanten: Sdp. 177,3° (733 mm), 45°(5mm),
d 16 „ 1,050(1, 0495) 2 ) bis 1,055, <* D ±0°, n DM . 1,544 bis 1,546, löslich
in 8 Vol. 50-, 2,5 bis 3 Vol. 60- und 1 bis 1,5 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Von den zahlreichen Derivaten, die besonders durch Aus-
führung von Aldehyd- und Kondensationsreaktionen dargestellt
*) Bericht von Schimmel Sj Co. Oktober 1893, 27.
*) Nach Treff [Zeitschr. f. angew. Chem. 39 (1926), 1307] ist das spez.
Gewicht des chlorfreien Benzaldehyds ursprünglich 1,049; durch die schnell
eintretende Oxydation liegt es aber meist höher.
526 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
worden sind, kommen für die Identifizierung hauptsächlich in
Betracht: die Bisulfitverbindung, das bei 214° schmelzende Semi-
carbazon und das bei 156° schmelzende Phenylhydrazon.
Schon durch den Sauerstoff der Luft wird Benzaldehyd
rasch zu Benzoesäure oxydiert, die, z. B. beim Aufbewahren
des Aldehyds in nicht ganz gefüllten Flaschen, oft aus-
kristallisiert. Ein Zusatz von 10°/o Spiritus wirkt konservierend,
ein geringerer beschleunigt die Oxydation 1 ).
Durch Einwirkung des Lichts auf Benzaldehyd entsteht ein
Trimeres des Benzaldehyds (Smp. 245 bis 246°) und ein iso-
meres Trimeres vom Smp. 144 bis 145° 2 ). Bei der Autoxyda-
tion des Benzaldehyds bildet sich intermediär Benzoylwasser-
stoffsuperoxyd C e H 5 .COOOH.
Wegen der Gefahr der Selbstentzündung des Benzaldehyds
bei Transporten wird empfohlen, als Packmaterial statt der
Holzwolle Kieselgur, Schamottemehl oder Kaolin zu verwenden.
Der künstliche Benzaldehyd enthält von seiner Darstellung
her meist mehr oder minder große Mengen gechlorter Produkte,
die seinen Geruch und Geschmack beeinträchtigen und ihn für
feinere Parfümerien und zur Likörfabrikation ungeeignet machen.
Durch sorgfältige Reinigung gelingt es, den Aldehyd vollständig
chlorfrei zu machen. Von einem guten Präparat ist unbedingt
zu fordern, daß es chlorfrei ist. Hierauf ist bei der Prüfung zu
achten (vgl. im Kapitel: „Die Prüfung der ätherischen Öle").
Cuminaldehyd.
C 10 H 19 O. Mol.-Gew. 148.
Cuminaldehyd (p-Isopropylbenzaldehyd, Cuminol) ist in äthe-
rischen Ölen wiederholt beobachtet worden. Er bildet den Haupt-
CHO bestandteil des Cuminöls und ist außerdem noch
C gefunden worden im Boldoblätteröl, Ceylon-Zimtöl,
HC ^\ CH Cassieblütenöl, japanischen Pfefferöl, Myrrhenöl,
I den Ölen von Eucalyptus haemastoma, E. hemi-
HCs^/CH phloia, E. odorata, E. oleosa, E. popu/ffera, im
C Wasserschierlingöl und im Öl von Prostanthera
H a CCH-CH s cineolifera.
l ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1895, 47.
3 ) Ciamician u. Silber, Berl. Berichte M (1911), 1558.
Aldehyde. 527
Der durch die Bisulfitverbirfdung gereinigte Aldehyd hat
folgende Eigenschaften: Sdp. 235,5°, d lS . 0,9818, o„ ± 01 )-
Sdp. 232° (760 mm), 109,5° (13,5 mm)*); d ls . 0,972 8 ).
Das Semicarbazon des Cuminaldehyds schmilzt bei 210 bis
211°, das Phenylhydrazon bei 126 bis 127°, das Oxim bei 58
bis 59°; bei der Oxydation entsteht Cuminsäure vom Smp. 115°.
Ein Verfahren zur Gewinnung von p-Cuminaldehyd durch Synthese beruht
nach L. Bert*) darauf, daß man, ausgehend vom Isopropylalkohol, p-Isopropyl-
phenylglyoxylsäure mit Anilin erhitzt. Durch Umlagerung und Zersetzung des
Reaktionsprodukts erhält man p-Cuminalanilin und hieraus den p-Cuminaldehyd.
Phenylacetaldehyd.
C 8 H 8 0. Mol.-Gew. 120.
Obwohl dieser Aldehyd als Bestandteil ätherischer Öle
nicht nachgewiesen ist, sei er hier erwähnt, da er infolge seines
hyazinthenartigen Geruchs in der Parfümerie
Anwendung findet. Seine Darstellung kann auf /^
verschiedene Weise erfolgen, meist geht man HC |[ | CH
dabei von Phenyl-a-chlormiichsäure, Phenyl- hc'I Jch
a-brommilchsäure oder c-Bromstyrol aus. j;
Zehl s ) benutzt zur Gewinnung als Ausgangs- !„ . CHO
material das Dibromid des Methyl cinnamats. Eine
interessante Synthese des Phenylacetaldehyds und einiger seiner
Homologen hat Späth 6 ) gefunden. Bei Einwirkung von Alkyl-
(Aryl-)Magnesiumhaloiden auf Äthoxyacetal entstehen nebenbei
Vinyläther, die beim Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure über
den unbeständigen Vinylalkohol zum Aldehyd verseift werden.
Die substituierten Phenylacetaldehyde sind angenehm riechende
Körper, die gegen Säuren und Alkalien sehr empfindlich sind.
Reiner Phenylacetaldehyd ist eine farblose Flüssigkeit von
äußerst intensivem, an Hyazinthen erinnerndem Geruch. Auf
die Haut gebracht, färbt er diese nach kurzer Zeit gelb.
x ) Perkin, Journ. ehem. Soc. 69 (1896), 1199.
a ) Anschütz u. Reitter, Die Destillation unter vermindertem Druck.
Bonn 1895. Seite 73.
3 ) Kopp, Liebigs Annalen 94 (1855), 319.
*) Bull. Soc. chim. IV. 87 (1925), 1409.
s ) Bull. Soc. ind. Mulhouse 83 (1913), 805.
«) Monatsh. f. Chem. 86 (1915), 1; siehe auch ebenda 35 (1914), 332.
528 Hauptbestandteile der ätherischen Ote.
Radziszewski 1 ) gibt für derf Aldehyd folgende Konstanten an:
Sdp. 205 bis 207°, d 1,085. Schimmel § Co. haben ermittelt:
Sdp. 80° (11 mm), d lfi „ 1,0315 bis 1,0521, a D ± 0°, n D20 . 1,52536
bis 1,53370, löslich in etwa 3 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Stobbe und Lippold 2 ) bestimmten für reinen rektifizierten
monomeren Phenylacetaldehyd Sdp. 88° (18 mm), n D20 „ 1 ,52204.
Bei der Reduktion mit Hilfe von Palladiumchlorür erhielten
Skita und Ritter") aus Phenylacetaldehyd beim Einleiten von
Wasserstoff unter 5 Atmosphären Druck nicht unbedeutende
Mengen Phenyläthylalkohol (Sdp. 108 bis 110°; d 18 , 1,038).
Phenylacetaldehyd oxydiert sich leicht zu Phenylessigsäure,
durch Oxydation mit Salpetersäure geht er in Benzoesäure über. Er
neigt außerdem sehr dazu, sich zu polymerisieren '), und läßt sich
daher nur schwierig unverändert aufbewahren. Bei seiner Unter-
suchung ist auf etwaigen Halogengehalt zu prüfen, der von den Aus-
gangsmaterialien herrühren und ein Zeichen ungenügender Rein-
heit sein würde (vgl. im Kapitel: „Die Prüfung der ätherischen Öle").
Zur quantitativen Bestimmung von Phenylacetaldehyd nach
der Bisulfitmetbode benutzt man Kölbchen mit am Boden an-
geschmolzenem graduierten Rohr, da die nichtaldehydischen
Teile sich am Boden ansammeln*).
Methylphenylacetaldehyd («-Phenylpropionaldehyd),
c *]>CH-CHO, auch Hydratropaaldehyd genannt, hat die Kon-
stanten: Sdp. 79 bis 80° (8 mm), d 16 . 1,0062, n D20< , 1,51673. Sein
Geruch ist stechend und liegt etwa zwischen dem des Aceto-
phenons und dem des Phenylacetaldehyds.
Zimtaldehyd.
C 9 H s O. Mol.-Gew. 132.
Zimtaldehyd kommt vor im Öl von Cinnamomum Burmanni,
im Ceylon-Zimtöl, Zimtblätteröl, ZimtwurzelÖl, japanischen Zimt-
öl, Cassiaöl, Myrrhenöl, im Öl von Ceanothus velutirws, Mela-
') Berl. Berichte 9 (1876), 372.
3 ) Journ. f. prakt. Chetn. II. 90 (1914), 277.
*) Bert. Berichte 43 (1910), 3393.
4 ) Reclaire, Perfum. Record 14 (1921), 341. Siehe auch unter „Che-
mische Prüfungsmethoden".
Aldehyde. 529
leuca bracteata und im Patchouliöl. Das im Wurzelstock von
Nuphar luteum enthaltene Alkaloid Nupharin liefert mit Silico-
wolframsäure ein Salz, das durch Barytwasser unter Abspaltung
von Zimtaldehyd zersetzt wird. Zimtaldehyd
wird durch Kondensation von Benzaldehyd
mit Acetaldehyd gewonnen.
Er bildet eine gelbe Flüssigkeit von HC (
charakteristischem Zimtölgeruch, die sich ,., _.,. „, „.._
nach den von Schimmel b, Co. an eigenen
Präparaten gemachten Feststellungen folgendermaßen verhält:
Sdp. bei Atmosphärendruck etwa 252° unter teilweiser Zer-
setzung, 128 bis 130° (20 mm), 118 bis 120° (10 mm), d 16 . 1,054
bis 1,058, a D +0°; sein Brechungsindex, n B2tl . 1, 61949 1 ), ist der
höchste bei ätherischen Ölen beobachtete. Bei starker Abküh-
lung erstarrt der Aldehyd zu einer festen, hellgelben Masse,
die bei — 7,5° wieder schmilzt. Er löst sich in etwa 25 Vol.
50 °/oigen Alkohols u. m., ferner in etwa 7 Vol. 60- und in 2 bis
3 Vol. 70 °/oigen Alkohols; in Petroläther ist er so gut wie unlöslich.
Zimtaldehyd reagiert sowohl mit saurem, als auch mit
neutralem Sulfit. Bei der Abscheidung durch die Bisulfit-
verbindung ist ein Überschuß an Bisulfitlauge zu vermeiden,
da sich bei der Einwirkung eines zweiten Moleküls Bisulfit die
wasserlösliche Verbindung C 6 H 6 • C 2 H 8 (SO s Na) • CH(OH)SO s Na
bildet. Sonstige, für die Identifizierung geeignete Derivate sind
das Semicarbazon, Smp. 208°, das Phenylhydrazon, Smp. 168°,
das p-Bromphenylhydrazon, Smp. 143°, und die schon durch Ein-
wirkung von Luftsauerstoff entstehende Zimtsäure, die bei weiterer
Oxydation in Benzaldehyd und Benzoesäure übergehen kann.
Durch katalytische Hydrierung mit Hilfe von Platin oder
Palladium wird Zimtaldehyd stufenweise zu Hydrozimtaldehyd
und Phenylpropylalkohol (Hydrozimtalkohol) reduziert 2 ), während
bei Anwendung von aktiviertem Magnesium oder Aluminium-
äthylat Zimtalkohol (s. S. 451) entsteht. Dieser Alkohol wird
auch gebildet, wenn man Zuckerlösung mit Hefe in Gärung
versetzt und dann Zimtaldehyd zufügt*).
») Brühl, Liebigs Annalen 235 (1886), 18, 31.
») Ski'ta, Berl. Berichte 48 (1915), 1486, 1685.
s ) Röna, Biochem. Zeitschr. «7 (1914), 137.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 34
530 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Bei künstlich dargestelltem Zimtaldehyd ist darauf zu achten,
daß die Präparate vollkommen chlorfrei sind, da ein Chlorgehalt
ein Zeichen von ungenügender Reinheit ist. Über den Nachweis
von Chlor sowie über die quantitative Bestimmung von Zimt-
aldehyd vgl. im Kapitel: „Die Prüfung der ätherischen Öle".
Hydrozimtaldehyd (Phenylpropylaldehyd)
C 6 H B CH g -CH 2 CHO
ist im Ceylon-Zimtöl gefunden worden. Er riecht angenehm
blumenartig, etwas an Jasmin und Flieder erinnernd. Sdp. 221
bis 224° (744 mm), 104 bis 105° (13 mm); d ia „ 1,03; löslich in
etwa 2 Vol. 70°/oigen Alkohols; Oxim, Smp. 93 bis 94,5°; Semi-
carbazon, Smp. 127°. Er geht beim Stehen an der Luft in Hydro-
zimtsäure über und entsteht durch katalytische Reduktion aus
Zimtaldehyd (s. diesen).
Außer den eben erwähnten aromatischen Aldehyden sind
noch eine Reihe anderer aufzuführen, die im Benzolkern durch
Hydroxyl oder Alkoxyl substituiert sind. Obwohl sehr verbreitet,
kommen sie doch meist nur in geringer Menge in Pflanzen vor.
Infolge ihrer wertvollen Eigenschaften als Riechstoffe werden die
meisten von ihnen auch synthetisch dargestellt, worüber eine
reichhaltige Patentliteratur existiert.
Salicylaldehyd.
C,H e O,. Mol.-Gew. 122.
Salicylaldehyd (o-Oxybenzaldehyd) findet sich in kleinen
Mengen im Cassiaöl, ferner im Öl von Sp/raea-Arten (S. ulmaria,
S. ////pendula, S. dig/tata, S. lobata), in den
/^. Blättern von Homa/ium tomentosum, in Cord/a
HC f I H asperrima (?) und im Öl von Crepis foetida.
Hcl JcOH Als schädlichen Bestandteil des Ackerbodens
q? w ill Skinner x ) den Salicylaldehyd in Böden aus
CHO verschiedenen Teilen der Vereinigten Staaten
nachgewiesen haben.
Seine Darstellung geschah früher durch Oxydation des
Salicylalkohols, der durch Spaltung des in den Weidenrinden
') Chem. Ztg. 37 (1913), 1485.
Aldehyde. 531
enthaltenen Glucosids Saligenin entsteht; jetzt gewinnt man
ihn nach der bekannten Synthese von Reimer undTiemann 1 )
durch Einwirkung von Chloroform und Alkalilauge auf Phenol.
Nach Loomis 2 ) erhält man Salicylaldehyd, indem man
saures bordisalicylsaures Natrium mit Natriumamalgam in Gegen-
wart von Natriumsulfit oder -bisulfit behandelt.
Nach den Angaben eines andern amerikanischen Patents 3 )
werden Salicylaldehyd und Salicylsäure gewonnen, wenn man
o-Kresoldämpfe in Gegenwart eines Metalloxydes als Katalysator
mit einem Sauerstoff enthaltenden Gase oxydiert.
Salicylaldehyd siedet nach Perkin*) bei 197°, hat das
spezifische Gewicht d 1B . 1,1698 und ist in den gewöhnlichen
Lösungsmitteln leicht löslich, in geringer Menge auch in Wasser;
letztere Lösung wird durch Eisenchlorid tief violett gefärbt.
Sowohl die Phenolnatur (Löslichkeit in Alkali), als auch der
Aldehydcharakter (Bisulfitverbindung) können zur Isolierung be-
nutzt werden. Bei der Reduktion entsteht Saligenin, Smp. 86°,
bei der Oxydation Salicylsäure, Smp. 155 bis 156°. Das Oxim
schmilzt bei 57°, das Phenylhydrazon bei 96°, das p-Bromphenyl-
hydrazon bei 171 bis 172°. Mit Wasserstoffpersulfid bildet Salicyl-
aldehyd o-Oxyphenylcarbithiosäure.
Von besonderer Wichtigkeit ist der Salicylaldehyd dadurch,
daß er als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Cumarin dient.
Anisaldehyd.
C 8 H a Cv Mol.-Gew. 136.
Der auch unter dem Namen Aubepine bekannte CHO
Anisaldehyd (p-Methoxybenzaldehyd) entsteht durch C
Oxydation von Anethol und wird daher besonders HCi^ j.CH
in alten anetholhaltigen Ölen, wie Anis-, Sternanis- _ || c
und Fenchelöl aufgefunden. Nachgewiesen ist er ?^
ferner im Extrakt der Tahiti -Vanille, im römischen |
und französischen Cassieblütenöl, im Öl von Pelea O-CH«
madagascarica, Barosma venustum und Boswellia serrata. Der
Geruch der Blüten von Goldlack, Crataegus oxyacantha, Pirus
*) Berl. Berichte 9 (1876), 824.
») Am. Pat 1 427400.
B ) Am. Pat. 1380277.
*) Journ. ehem. Soc. 69 (1896), 1200.
34*
532 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
communis, Sorbus aucuparia, Viburnum tinus und Erica arborea
läßt vermuten 1 ), daß auch in diesen Anisaldehyd vorkommt, doch
ist der chemische Beweis hierfür noch nicht erbracht.
Die künstliche Darstellung erfolgt durch Oxydation von
Anethol mit verdünnter Salpetersäure oder Chromsäuremischung
oder durch Methylierung von p-Oxybenzaldehyd; auch p-Kresöl-
methyläther dient als Ausgangsmaterial zur Gewinnung von
Anisaldehyd. Das durch die Bisulfitverbindung gereinigte Pro-
dukt ist eine farblose bis gelbe, bei 248° (korr.) 2 ) siedende
Flüssigkeit, die im Geruch dem blühenden Weißdorn (Crataegus
oxyacantha) ähnelt. An im Großbetrieb hergestellten Produkten
haben Schimmel Sj Co. folgende Konstanten beobachtet: Sdp.
106 bis 107° (5 mm), d l8 . 1,127 bis 1,130, a D ±0°, n Dao . 1,571
bis 1,575, löslich in 7 bis 8 Vol. 50°/oigen Alkohols, löslich in
etwa 300 Teilen Wasser mit geringer Opalescenz. Der Er-
starrungspunkt des Anisaldehyds liegt um 0° herum. Der
Aldehyd kann charakterisiert werden durch Oxydation zu Anis-
säure (Srnp. 184°), in die er bei unzweckmäßiger Aufbewahrung
schon leicht von selbst übergeht; ferner durch Überführung in das
Semicarbazon, Smp.203 bis 204°, oder in die Oxime, von denen die
eine Modifikation bei 63°, die andere bei 132° schmilzt. Das p-Brom-
phenylhydrazon besteht aus weißen Blättchen vom Smp. 150°,
Anisaldehyd-l,4,5-xylyIhydrazon bildet gelbliche Blättchen vom
Smp. 1 17°, das Piperylhydrazon des Anisaldehyds schmilzt bei 54°.
Im Handel vorkommender „kristallisierter Anisaldehyd" ist
ein Gemenge von anisaldehydschwefligsaurem Natrium und Soda.
Es enthält etwa 50 °/° Anisaldehyd und löst sich in etwa 60 Teilen
Wasser.
p-Methoxyzimtaldehyd.
Ci H 10 O 2 . Mol.-Gew. 162.
p-Methoxyzimtaldehyd (p-Cumaraldehydmethyläther) ist von
Daufresne 8 ) im Esdragonöl gefunden worden. Die Konstanten
l ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1908, 16.— Verschaff elt, Chem.
Weekblad 1908, Nr. 25, 1; Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1908, 167;
Chem. Zentralbl. 1911, H. 281.
*) Perkin, Journ. chem. Soc 69 (1896), 1200.
3 ) Etüde de l'essence d'estragon et de quelques deYives de l'estragol.
These, Paris 1909; Compt. rend. 145 (1907), 875; Bull, des Sciences pharma-
cologiques, Januar 1908, 11; Bericht von Schimmel § Co. April 1908, 31.
c
HCrfScH
41 J
CH
Aldehyde. 533
sind folgende: Sdp. 170° (14 mm), d „ 1,137. Das Semicarbazon
schmilzt bei 222°, das Oxim bei 154°.
Die Bisulfitverbindung ist ziemlich schwer zerlegbar. Durch
Oxydation mit Kaliumpermanganat (in saurer o-CH
Lösung) entsteht Anissäure, während die
Oxydation mit Silberoxyd zur Bildung von
p-Methoxyzimtsäure (Smp. 170°) führt.
Der Aldehyd ist identisch mit dem nach HC'i J<
Scholtz und Wiedemann 1 ) auf syntheti- c
schem Wege dargestellten Produkt. CH-CH-CHO
o-Methoxyzimtaldehyd.
C 10 H 10 O 2 . Mol.-Gew. 162.
o-Methoxyzimtaldehyd (o-Cumaraldehydmethyläther) kommt
bisweilen im chinesischen Zimtcassienöl 2 ) als Stearopten vor und
scheidet sich in fester Form aus den Nach-
laufen von Cassiaöl aus. Smp. 45 bis 46°; y\
Sdp. etwa 295° unter teilweiser Zersetzung, MC (f CH
160 bis 161° bei 12 mm. Er färbt die Haut HC 1 ! Jc-OCH s
intensiv gelb und ist sehr zersetzlich, selbst q^
bei Ausschluß von Luft und Licht. Oxydation ch-CHCHO
mit Permanganat führt zu o-Methoxybenzoe-
säure, Smp. 99°, die durch Kochen mit Jodwasserstoffsäure in
Salicylsäure übergeht. Mit Silberoxyd bildet sich /tf-Methyl-
cumarsäure vom Smp. 182 bis 183°. Das Oxim schmilzt bei
125 bis 126°, das Phenylhydrazon bei 116 bis 117°.
Vanillin.
C s H s 3 . Mol.-Gew. 152.
Das Vanillin, der Methyläther des Protocatechualdehyds, ist
im Pflanzenreiche außerordentlich verbreitet, wird aber meist
nur in sehr geringen Mengen angetroffen. In freiem Zustande
scheint es nicht von Anfang an in den Pflanzen enthalten zu
sein, sondern bildet sich wahrscheinlich erst durch Fermentierung
l ) Bert. Berichte 86 (1903), 853.
*) Bertram u. Kürsten, Journ. f. prakt. Chem. IL 51 (1895), 316.
Hcl Jc-0-<
534 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
aus einem Glucosid. Der Aldehyd ist der charakteristische Be-
standteil der Vanilleschoten. Außerdem wurde er in den Blüten
von Gymnadenia albida, Nigritella suaveolens, im Harz einer
Styrax- Art aus Peru, im Öl von Spiraea
i u ulmaria, im Perubalsamöl , im Guajakharz,
C Nelkenöl, Pastinakwurzelöl, im Cabureiba-
nCf^CH baisam und Baumwollkrautöl aufgefunden.
-CH Vanillin scheint in der Holzsubstanz vieler
Pflanzen vorzukommen und kann oft, eventuell
T nach vorheriger entsprechender Behandlung
0H des Pflanzenmaterials, durch den charakteristi-
schen, angenehmen Geruch erkannt werden. Von Pflanzen oder
Pflanzenmaterial, in denen sein Vorkommen nachgewiesen oder
anzunehmen ist, sind weiterhin zu nennen: Siam-Benzoeharz,
Asa foetida, Umbelliferen-Opopanax, das Überwallungsharz von
Lärchen und Zirbelkiefern, Mate-Tee, Kartoffelschalen und -Blüten,
frische Lindenrinde, Buchenrinde, Kork, Dahlienknollen, Spargel-
sprossen, Schwarzwurzelblüten, roher Rübenzucker und Wasser-
extrakt des Samens von Lupinus albus. Auch in den bei der
Cellulosefabrikation abfallenden Sulfitlaugen, sowie durch Er-
hitzen von Holzmehl mit Wasser unter Druck auf 180° kann
Vanillin in kleinen Mengen erhalten werden.
Sullivan 1 ) will Vanillin im Erdboden, in Weizenkeimlingen
und Weizenkörnern, in moderndem Eichenholz, im Fruchtfleisch
und in den Fruchtschalen der Ananas und in mit heißem Wasser
erhaltenen Auszügen von Rasengras nachgewiesen haben, jedoch
wird ein exakter chemischer Beweis dafür nicht angegeben.
Wegen seines angenehmen Geruchs wird Vanillin als Ersatz
für Vanille, besonders in der Konditorei, Schokoladenfabrikation
und Nahrungsmittelindustrie in noch immer steigenden Mengen
gebraucht. Die zuerst angewandte künstliche Darstellung aus
dem Kambialsaft der Coniferen 8 ) wurde sehr bald durch billigere
Verfahren ersetzt. Heute kommen als Ausgangsmaterial für die
Vanillinfabrikation Isoeugenol, Protocatechualdehyd und Guajacol
in Frage 3 ).
l ) Journ. ind. eng. Chemistry 6 (1914), 919.
s ) Tiemann u. Haarmann, Bert. Berichte 7 (1874), 613. D.R.P.576, 27992.
') Auf die in Anwendung gekommenen Verfahren kann hier nur in aller
Kürze eingegangen werden. Ausführlicheres findet sich bei Ullmann, Encyclo-
Aldehyde. 535
Bei der zunächst versuchten Oxydation des Eugenols aus
Nelkenöl mit Permanganat *) oder mit Ozon 2 ) waren die Aus-
beuten ungenügend, die sich aber bedeutend besserten, als man
das Eugenol in Isoeugenol umlagerte, dieses acetylierte und das
Acetat mit Chromsäure oxydierte 8 ). Hierbei ist ein Zusatz von
Sulfanilsäure 4 ) oder einer aromatischen Aminocarbonsäure 6 ) vor-
teilhaft. Aus dem entstandenen Acetvanillin wird das Vanillin
durch Verseifung gewonnen.
Die Ozonisierung des Isoeugenols nimmt man nach Spurge 6 )
in Gegenwart von Bisulfitlösung vor, durch die das gebildete
Vanillin sofort gebunden wird. Über die bei der Ozonisierung
günstigste Temperatur und Konzentration des Ozons sind ein-
gehende Versuche angestellt worden'). Auch die elektrolytische
Oxydation des Isoeugenols zu Vanillin ist verschiedentlich ver-
sucht worden 8 ).
Von Safrol ausgehend kann man über Isosafrol, Heliotropin
und Dichlorpiperonalchlorid 9 ) zum Protocatechualdehyd gelangen,
der bei der Methylierung 10 ) Vanillin gibt.
Endlich wird auch Guajacol als Ausgangsmaterial für die
Vanillinfabrikation benutzt, wie zahlreiche Patente dartun. Man
kondensiert z.B. Guajacol und Formaldehyd mit p-Nitrosodimethyl-
anilin und spaltet aus der erhaltenen p-Aminodimethylanilin-
Verbindung das Vanillin ab 11 ). Nach dem neuesten Verfahren der
Aktien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikation 12 ) gewinnt man Vanillin,
pädle der technischen Chemie, Bd. 9 (1921), S. 587 ff. Vgl. auch einen Artikel
von P. May in Perfum. Record 15 (1924), 351, in dem die wichtigsten Gewinnungs-
arten des Vanillins beschrieben werden.
l ) Erlenmeyer, Bert. Berichte 9 (1876), 273; Tiemann, ebenda 422.
*) Verley, D. R. P. 97620.
3 ) Haarmann § Reimer, D. R. P. 57568.
4 ) Franz Fritzsche $ Co., D. R. P. 207 702.
s ) Sievers, Givaudan $ Co., Schweiz. Pat 89053.
s ) D. R. P. 192565.
7 ) Briner, Patry u. de Luserne, Helvet chim. acta 7 (1924), 62.
s ) Fichter u. Christen, Helvet. chim. acta 8 (1925), 334; Schweiz.
Pat. 108703.
8 ) Fittig u. Remsen, Liebigs Annalen 159 (1871), 147. — Schimmel
SCo., D.R.P. 165727.
10 ) Bertram, D.R.P. 63007. — Sommer, D.R. P. 122851.
») Engl. Pat. 161 679.
") Engl. Pat 219676.
Hcl Jc-0-<
534 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
aus einem Glucosid. Der Aldehyd ist der charakteristische Be-
standteil der Vanilleschoten. Außerdem wurde er in den Blüten
von Gymnadenia albida, Nigritella suaveolens, im Harz einer
Styrax- Art aus Peru, im Öl von Spiraea
i u ulmaria, im Perubalsamöl , im Guajakharz,
C Nelkenöl, Pastinakwurzelöl, im Cabureiba-
nCf^CH baisam und Baumwollkrautöl aufgefunden.
-CH Vanillin scheint in der Holzsubstanz vieler
Pflanzen vorzukommen und kann oft, eventuell
T nach vorheriger entsprechender Behandlung
0H des Pflanzenmaterials, durch den charakteristi-
schen, angenehmen Geruch erkannt werden. Von Pflanzen oder
Pflanzenmaterial, in denen sein Vorkommen nachgewiesen oder
anzunehmen ist, sind weiterhin zu nennen: Siam-Benzoeharz,
Asa foetida, Umbelliferen-Opopanax, das Überwallungsharz von
Lärchen und Zirbelkiefern, Mate-Tee, Kartoffelschalen und -Blüten,
frische Lindenrinde, Buchenrinde, Kork, Dahlienknollen, Spargel-
sprossen, Schwarzwurzelblüten, roher Rübenzucker und Wasser-
extrakt des Samens von Lupinus albus. Auch in den bei der
Cellulosefabrikation abfallenden Sulfitlaugen, sowie durch Er-
hitzen von Holzmehl mit Wasser unter Druck auf 180° kann
Vanillin in kleinen Mengen erhalten werden.
Sullivan 1 ) will Vanillin im Erdboden, in Weizenkeimlingen
und Weizenkörnern, in moderndem Eichenholz, im Fruchtfleisch
und in den Fruchtschalen der Ananas und in mit heißem Wasser
erhaltenen Auszügen von Rasengras nachgewiesen haben, jedoch
wird ein exakter chemischer Beweis dafür nicht angegeben.
Wegen seines angenehmen Geruchs wird Vanillin als Ersatz
für Vanille, besonders in der Konditorei, Schokoladenfabrikation
und Nahrungsmittelindustrie in noch immer steigenden Mengen
gebraucht. Die zuerst angewandte künstliche Darstellung aus
dem Kambialsaft der Coniferen 8 ) wurde sehr bald durch billigere
Verfahren ersetzt. Heute kommen als Ausgangsmaterial für die
Vanillinfabrikation Isoeugenol, Protocatechualdehyd und Guajacol
in Frage 3 ).
l ) Journ. ind. eng. Chemistry 6 (1914), 919.
s ) Tiemann u. Haarmann, Bert. Berichte 7 (1874), 613. D.R.P.576, 27992.
') Auf die in Anwendung gekommenen Verfahren kann hier nur in aller
Kürze eingegangen werden. Ausführlicheres findet sich bei Ullmann, Encyclo-
Aldehyde. 537
phenylhydrazon, Smp. 148 01 ), und das p-Nitrophenylhydrazon,
Smp. 223° 1 ).
Durch kräftige Oxydation wird das Vanillin in Vanillinsäure,
Smp. 207°, übergeführt; durch mildere Oxydationsmittel wie Eisen-
chlorid, Persulfat oder auch durch Einwirkung des Lichts ent-
steht Dehydrodivanillin [C 8 H a (CHO) (OCH 8 ) (OH)] 2 , Smp. 305°. Die
sich in Lösungen von Vanillin in Alkohol und Glycerin bildende
kristallinische Abscheidung ist nach Dodge 2 ) Vanillin-Glycerid
(Smp. 160 bis 162°), eine Verbindung, die durch Wasser wieder
in ihre Komponenten gespalten wird.
Zahlreich sind die Farbreaktionen, die mit Vanillin erhalten und oft zu
seinem Nachweis herangezogen werden. Es wird aber nicht immer berück-
sichtigt, daß auch andere Verbindungen ähnliche Färbungen geben, und daß
Verunreinigungen die Farbtöne beeinflussen. Am bekanntesten ist die Reaktion
mit Phloroglucin und Salz- oder Schwefelsäure, durch die mit bestimmten
Klassen organischer Verbindungen typische Färbungen hervorgerufen werden.
Nach Haussier 8 ) sollen sich mit Hilfe von Phloroglucin noch 0,000005 g
Vanillin durch deutliche Rosafärbung und mit p-Phenylendiaminchlorhydrat
noch 0,0000005 bis- 0,0000008 g Vanillin durch schwache Gelbfärbung beim
Eindunsten nachweisen lassen.
Zum mikrochemischen Nachweis des Vanillins ziehtNessler 4 )
sein Verhalten bei der Sublimation mit .heran; es bildet sich dabei
ein Beschlag von Tröpfchen, an deren Rande Aggregate von
mehr oder weniger deutlichen Prismen entstehen, die zu weiteren
Reaktionen benutzt werden. Zur quantitativen Bestimmung eignet
sich aber das Sublimationsverfahren nicht, da sich beim längeren
Erhitzen auf 105° aus dem Vanillin nicht flüchtige Zersetzungs-
produkte bilden 8 ).
Mit alkoholischer oder wäßriger Zehntel- oder Halbnormal-
Kalilauge läßt sich Vanillin nur ganz annähernd quantitativ
bestimmen, da der Farbenumschlag mit Phenolphthalein schlecht
zu erkennen ist: die anfangs farblose alkoholische Lösung wird
beim Titrieren schließlich tief gelb und nimmt dann am Ende
der Reaktion einen schwach rötlichen Farben ton an 6 ).
*) Phillips, Analyst 48 (1823), 367.
s ) Journ. Americ. ehem. Soc. 44 (1922), 1405.
s ) Zeitschr. f. anal. Chem. 53 (1914), 363, 691.
*) Chem. Zentralbl. 1901, II. 601.
s ) Wichmann, Journ. Ass. offic agric. Chem. 4 (1921), 479; Bericht von
Schimmel § Co. 1932, 106.
«) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1915, 55; 192», 111.
538 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Über die quantitative Bestimmung des Vanillins vgl. das Kapitel „Die
Prüfung der ätherischen Öle".
Die mitunter beobachteten epidemieartig aufgetretenen Vergiftungen
nach dem Genuß von Speisen, die mit Vanille oder Vanillin zubereitet waren,
sind niemals durch das ungiftige Vanillin 1 ) verursacht worden. Wahrscheinlich
hat es sich in den meisten Fällen um Paratyphosen a ) gehandelt.
Vanillin kommt häufig verfälscht in den Handel; als Fäl-
schungsmittel sind bisher darin nachgewiesen worden: Acetiso-
eugenol, Antifebrin, Benzoesäure, Salicylsäure, Cumarin, Terpin-
hydrat, Weizengrieß, Natriumsulfat, Magnesiumsulfat und Zucker.
Für die Prüfung kommen in erster Linie sein Schmelzpunkt, die
Löslichkeit in Wasser, Alkohol und Äther und sein Verhalten
gegen Bisulfit in Frage. Aus der Bisulfitlösung wird das Vanillin
am besten so regeneriert, daß man die Lösung ansäuert, zum
Sieden erhitzt und nach dem Erkalten ausäthert.
p-Methoxysalicylaldehyd (2-Oxy-4-methoxy-benzaldehyd)
= o-Vanillin (CH 3 -0)(HO)C e H 3 -CHO ist im Chlorocodonwurzel-
öl und im Öl der Wurzeln von Decalepls Hamiltonii nach-
gewiesen worden. Sein Schmelzpunkt liegt bei 41°, der des
Oxims bei 137 bis 138°.
Methylvanillin (Dimethylprotocatechualdehyd) ist im Öl
von Cymbopogon javanensis nachgewiesen worden. Smp. 42°;
Sdp. etwa 270°; d 1,151; n 1,551. Das Phenylhydrazon schmolz
bei 110 bis 112°.
Bourbonal, Verovanil, Vanaldol (Protocatechualdehyd-m-
äthyläther) bildet im reinen Zustande nach Umkristallisieren aus
Wasser Schüppchen vom Smp. 77,5°. Gemische von Bourbonal
und Vanillin sind unter verschiedenen Namen (Bourvanil, Vanillo-
dine) im Handel.
Heliotropin.
C 8 H e 8 . Mol.-Gew. 150.
Diese auch unter dem Namen Piperonal bekannte Ver-
bindung ist der Methylenäther des Protocatechualdehyds. Sie
ist nur in ganz geringen Mengen im Blütenöl von Spiraea
*) Preuße, Zeitschr. f. physiolog. Chem. 4 (1880).
*) Gersbach, Klin. Wochenschr. 3 (1924), 1278; Bericht von Schimmel
$ Co. 1925, 127.
Aldehyde. 539
ulmaria, Robinia pseudacac/a und im Öl von Monarda fistu-
losa (?) nachgewiesen worden.
Das von Busse 1 ) vermutete Vorkommen in den Früchten
einiger Vanillearten ist noch sehr zweifelhaft 2 ). Ebenso ist
nichts darüber bekannt, ob der Heliotropingeruch mancher Blüten,
z. B. der des Heliotrops, auf das Vorhandensein von Heliotropin
zurückzuführen ist.
Als Ausgangsmaterial für die künstliche Darstellung des
Piperonals diente früher Piperin, jetzt wird es auf wesentlich
billigere Weise durch Oxydation von Isosafrol mit Chromsäure
oder mit Ozon s ) erhalten.
Heliotropin bildet farblose, glänzende, heliotropartig riechende
Kristalle, die bei 35 bis 36° schmelzen und bei 263° sieden. In
Alkohol, Äther und ähnlichen Lösungsmitteln ist es leicht löslich,
schwer in kaltem Wasser, leichter in siedendem;
aus heißem Wasser kann es in zolllangen Kristallen |
erhalten werden. Bei etwa 12° löst es sich in C
Wasser im Verhältnis von etwa 2:1000. In HC,| X<
Glycerin ist es sehr wenig löslich, etwas besser HC [| v
in Paraffinöl, verhältnismäßig leicht (etwa 6°/o) c
dagegen in Olivenöl; in 70°/oigem Alkohol löst es i
sich bei einer Temperatur von -f- 10° zu etwa 5°/o.
Als Aldehyd vereinigt sich Heliotropin mit Bisulfit. Durch
Reduktion entsteht Piperonylalkohol, Smp. 51°, durch Oxydation
Piperonylsäure, Smp. 227,5 bis 228°. Andere Derivate sind
die Monobromverbindung, Smp. 129°, die Mononitroverbindung,
Smp. 94,5°, das Anilid, Smp. 65°, das Thiosemicarbazon,
Smp. 185°, das Semicarbazon, Smp. 224 bis 225% das p-Brom-
phenylhydrazon, Smp. 155°, und das Piperylhydrazon, Smp. 65
bis 67.°.
Wird Heliotropin unter Zusatz von einem Tropfen kon-
zentrierter Schwefelsäure in Acetanhydrid gelöst, so erhält man,
nach Blanksma 4 ), Piperonylidendiacetat, farblose Krystalle vom
CH
CO
CH 2
*) Arbeiten a. d. Kaiserl. Ges.-Amt 15 (1898 bis 1899), 108.
a ) Wal bäum, Wallach-Festschrift. Göttingen 1909, S. 649; Bericht von
Schimmel^ Co. Oktober 1909, 141.
8 ) Nagai, Journ. ehem. Soc. 122 (1922), I. 839.— Briner, v. Tscharner
u. Paillard, Helvet. chim. acta 8 (1925), 406.
*) Chem. Weekblad 7 (1910), 713.
540 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Smp. 80°, die auch in einer sehr labilen, bei 51° schmelzenden
Modifikation auftreten.
Verrührt man eine Lösung von Piperonal in Aceton mit
Wasser und versetzt die Emulsion mit 40°/oiger Natronlauge,
so bildet sich Piperonalaceton 1 ) vom Smp. 107 bis 108°. Durch
Schütteln einer Lösung von Piperonalaceton mit Wasserstoff
unter gewöhnlichem Druck in Gegenwart von kolloidalem Pal-
ladium bildet sich Piperonylaceton (Smp. 55°, Sdp. 164 bis 165°
bei 12 mm), das einen charakteristischen, angenehmen Blumen-
geruch besitzt.
a-Homoheliotropin, das bereits von Semmler und
Bartelt 2 ) und auch von Harries und Adam 3 ) über das
Safrolozonid dargestellt worden war, gewann Nagai*), indem
er Safrol in einem Gemisch von 1 Vol. Tetrachlorkohlenstoff,
Tetrachloräthan oder Chloroform und 3 Vol. Petroläther mit
2- bis 3°/oigem Ozon behandelte. Durch Rühren der Eisessig-
lösung des Ozonids mit Wasser und Zinkstaub wurde der
Aldehyd in einer Ausbeute von 60 bis 65 °/o erhalten. a-Homo-
heliotropin, ein hellgelbes, heliotropinähnlich riechendes, leicht
verharzendes Öl, hatte die Konstanten: Sdp. 131 bis 133°
(8 mm), d^£ 1 ,2654, n Dlv 1 ,5547, Oxim, Smp. 1 1 9°, Semicarbazon,
Smp. 175 bis 176°, Phenylhydrazon, Smp. 176°.
Erwähnenswert ist auch, daß dem Heliotropin antipyretische
und antiseptische Eigenschaften zukommen, und daß es als Gegen-
mittel bei Strychninvergiftungen dienen kann.
Hefiötropin muß an einem kühlen, dunklen Orte aufbewahrt
werden, da es sich unter dem Einfluß von Licht und Luft allmählich
unter Gelb- bis Braunwerden zersetzt 5 ).
Zur Prüfung auf Verfälschungen (eine solche mit Terpin-
hydrat ist kürzlich beobachtet worden) kann man, außer dem
Schmelzpunkt und der Löslichkeit, auch das Verhalten des
Piperonals gegen Bisulfit heranziehen, mit dem es leicht in
Reaktion tritt.
l ) Berl. Berichte 49 (1916), 675.
a ) Ebenda 41 (1908), 2751.
s ) Harries, Untersuchungen über Ozon. Berlin 1916, S. 390.
4 ) Journ. Faculty of Engin., Tokyo Imper. University IS (1923), 189.
5 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1904, 132.
Aldehyde. 541
C. Alicyclische (hydroa romatische) Aldehyde.
Das Vorkommen dieser Klasse von Aldehyden in ätherischen
Ölen tritt gegenüber dem anderer Bestandteile sehr zurück.
Perillaaldehyd.
(Dihydrocuminaldehyd.)
Cio H i<A Mol.-Gew. 150.
Dieser Aldehyd ist in linksdrehender Modifikation aus dem
Öl von Perilla nankinensis, in rechtsdrehender Form aus dem
Öl von Hernandia peltata (Faux camphrier) isoliert
worden. Er hat einen cuminartigen Geruch und die
Eigenschaften 1 ): Sdp. 91° (4,5 mm), 104° (9 mm),
235 bis 237° (750 mm), d 20 . 0,9645, d 16 . 0,9685,
« D — 146°, [a] D — 150,7°, n^. 1 ,50693. Semmler
und Zaar 2 ) fanden für Perillaaldehyd die Kon-
stanten: Sdp. 104 bis 105° (10 mm), d 18 . 0,9617,
[a] D — 146°, n D 1,50746, Mol.-Refr. 46,40 (ber. f.
C 10 H 14 O/7 45,52). Das Semicarbazon schmilzt bei 199 bis 200°,
das linksdrehende Oxim hat den Schmelzpunkt 102°, das Phenyl-
hydrazon schmilzt bei 107,5°. Sowohl mit aufgeschlämmtem
Silberoxyd als auch mit Hilfe von Beckmannscher Chromsäure-
lösung wird der Aldehyd zu der entsprechenden Säure oxydiert.
Sie bildet zarte, weiße Schüppchen vom Smp. 130° 1 ).
Durch Reduktion mit Zinkstaub in Essigsäure wird aus dem
Perillaaldehyd der zugehörige Perillaalkohol (= Dihydrocumin-
alkohol) erhalten. Sdp. 119 bis 121° (11 mm), d 20 . 0,9640, [a] D
— 68,5°, n D 1,49964. Dieser gibt ein Chlorid, das, wenn man es
mit Natrium und Alkohol reduziert, Limonen liefert, woraus
hervorgeht, daß dem Perillaaldehyd das Skelett des Limonens zu-
grunde liegt.
*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1910, 136.
a ) Bert. Berichte 44 (1911), 52.
542 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Phellandral.
(Tetrahydrocuminaldehyd.)
C 10 H le O. Mo1.-Gew. 152.
Der Aldehyd, dem höchstwahrscheinlich die nebenstehende
Formel zukommt, findet sich in geringer Menge im Wasser-
fenchelöl und in dem Öl einiger zu den „Box-
i und Mallee"-Gruppen gerechneten Eucalypten, wie
ß^ z. B. Eucalyptus hemiphloia.
V "iCH Sdp. 89° (5 mm); d 18 . 0,9445; a D — 36°30';
JcH 2 nD2o°*»4911 ')• An der Luft oder durch Silberoxyd
c oxydiert sich der Aldehyd leicht zu der ent-
l sprechenden, bei 144 bis 145° schmelzenden
H a C— CH-CH* Säure c i0 H 16 O 2 , während bei der Oxydation mit
verdünnter Permanganatlösung als Hauptprodukt eine zwei-
basische Säure C 9 H 1B 4 vom Smp. 70 bis 72° entsteht.
Von Derivaten des Phellandrals sind zu nennen das Oxim,
Smp. 87 bis 88°, das Semicarbazon, Smp. 202 bis 204°, und das
Phenylhydrazon, Smp. 122 bis 123°.
Über einen Tetrahydrocuminaldehyd, der bei der Perman-
ganat- Oxydation aus /^-Phellandren gebildet wird, und der in
seinen Eigenschaften mit dem Phellandral übereinstimmt. Vgl.
Wallach, Liebigs Annalen 340 (1905), 15.
H*Cj' / \(
H a cl J<
D. Heterocyclische Aldehyde.
An dieser Stelle sei auch noch ein heterocyclischer Aldehyd
erwähnt, das
Furfurol.
C 6 H 4 2 . Mol.-Gew. 96.
Sein Vorkommen in ätherischen Ölen dürfte der vereinten
Wirkung von Wärme und Säure auf die Zellsubstanz oder andere
Kohlenhydrate des verarbeiteten Rohmaterials bei Gegenwart von
Wasser zuzuschreiben sein 2 ).
x ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1904, 91; Oktober 1906, 71.
*) Ebenda Oktober 1899, 36.
Aldehyde. 543
Da der Aldehyd in Wasser ziemlich löslich ist (bei 13° in
1 1 Teilen Wasser), so ist er meistens in den Destillationswässern
oder Vorläufen enthalten.
Man hat Furfurol nachgewiesen im Öl der Nadeln von Abies
magnifica, A. concolor, im Rindenöl von A. concolor, im Douglas-
fichtennadelöl, im Öl der Nadeln und Zweige von
Pinus Lambertiana, im Zapfenöl von P. Lamber- HC ] j] CH
tfana, P. ponderosa, im Nadelöl von P. palustris, hcI Je- CHO
im Kienöl, im Öl der Nadeln und Zweige von q
P. contorta, P. heterophylla, Libocedrus decur-
rens, im Kadeöl, Sarsaparillwurzelöl, im Öl von Buphane disticha,
Iris versicolor, im Irisölvorlauf, im Öl von Caulopbyllum thalic-
troides, im Ceylon-Zimtöl, Apfelöl, im Blütenöl von Trifolium
incarnatum, T. pratense, im Petitgrainöl, im Öl von Evonymus
atropurpureus, im Nelkenöl 1 ), Bayölvorlauf, im Öl von Oenantbe
crocata, Apocynum androsaemifolium, Convolvulus scammonia,
im Lavendelölvorlauf, im Öl von Bystropogon mollis (?), im
Kaffeeöl, Schafgarbenöl, Löwenzahnwurzelöl und Yu-Ju-Öl. Ferner
ist Furfurol gefunden worden in den Destillationswässern von Copal-
öl, Cypressenöl, Sadebaumöl, Vetiveröl, Irisöl, Cayenne-Linaloe-
holzöl, westindischem Sandelholzöl, Moschuskörneröl, Nelkenöl,
Nelkenstielöl, Kümmelöl und Angelicaöl. Des Interesses wegen
erwähnen wir auch das von E. Erdmann 2 ) beobachtete Vor-
kommen von Furfurol neben Furfuralkohol im ätherischen Öl der
gerösteten Kaffeebohnen. Diese Körper stammen nach Gräfe 3 )
aus der Rohfaser der Kaffeebohnen und wahrscheinlich haupt-
sächlich aus den Hemicellulosen der verdickten Endospermzellen.
Der Siedepunkt der reinen Verbindung ist 160,5° (742 mm),
die Dichte d^ 1,1594. Bei der Oxydation entsteht Brenzschleim-
säure vom Smp. 132 bis 133°. Von Derivaten des Furfurols sind
zu nennen: das Phenylhydrazon, Smp. 97 bis 98°, das Semi-
carbazon, Smp. 197°, und das Semioxamazon, Smp. 264°. Der
Nachweis erfolgt am bequemsten durch die bekannten Farb-
reaktionen mit ,$-Naphthylamin und mit p-Toluidin oder salz-
saurem Anilin.
*) Im Nelkenöl kommt auch o-Methyl- und ein Dimethylfurfurol vor.
*) Bert. Berichte 85 (1902), 1851.
3 ) Monatsh. f. Chem. 38 (1912), 1389.
544 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
An dieser Stelle sei auch eine Verbindung erwähnt, die Kondo
und Yamaguchi 1 ) aus dem Öl von Perilla citriodora gewonnen
haben. Sie hat die empirische Formel C 10 H 14 O und wurde von
den Autoren Perillen genannt, eine Bezeichnung, die irreführend
wirkt, da sie auf einen Kohlenwasserstoff, nicht aber auf ein
Furfuranderivat schließen läßt. Das sogenannte Perillen (Sdp. 185
bis 186°; d 0,9017; a^Q"; n D21 = 1,4705) ist eine farblose, wohl-
riechende Flüssigkeit, die all-
HC fi | C ' CH3 mählich braun wird und wahr-
Hol lc-CH s -CH B C(CH s ):CH 2 scheinlich nebenstehende Kon-
O stitutionsformel hat.
E. Aldehyde unbekannter Konstitution.
Cryptal, C 10 H ia O, nennen Baker und Smith einen neuen
Aldehyd aus dem Öl von Eucalyptus hemiphloia. Der Aldehyd
gibt mit Natriumbisulfit keine feste Verbindung; die flüssige
Verbindung wird durch Soda nicht zersetzt. Seine Konstanten
sind: Sdp. 98 bis 100° (10 mm), 221° (760 mm), d 30 . 0,9431,
a D —76,02°, n Da0 . 1,4830, Semicarbazon Smp. 176 bis 177°, Oxim
und Hydrazon waren flüssig.
Cryptal aus dem Öl von Eucalyptus polybractea hatte die
Eigenschaften: d a0 . 0,9443, a B — 49,7°, n D20 o 1,4849, Semicarbazon
Smp. 180°. Das Oxim und das Hydrazon waren flüssig.
Eine Erklärung für die Verschiedenheit der Konstanten geben
die Autoren nicht an.
Aldehyd C 10 H ie O aus Lemongrasöl. Sdp. 68° (6 mm);
d 16 . 0,9081; a D -t-0°50'; n D20 . 1,45641. Schmelzpunkt des Semi-
carbazons 188 bis 189°.
Aldehyd C 10 H 16 O aus Gingergrasöl. Sdp. 221 bis 224°
(754mm), 76 bis 78° (5mm); d 15 . 0,9351; a D ±0°; n D20 , 1,47348.
Bei der Reduktion entsteht ein Alkohol C 10 H 18 O, dessen Phenyl-
urethan bei 100 bis 101° schmilzt. An der Luft oxydiert sich
x ) Journ. pharm. Soc. of Japan teß (1919), 263. Nach Journ. ehem. Soc. 116
(1919), 492.
Ketone. 545
der Aldehyd zu der Säure C 10 H ie O 2 , Smp. 106 bis 107°, die auch
aus den Verseifungslaugen des GingergrasSls isoliert worden ist.
Derivate: Oxim, Smp. 115 bis 116°, Semicarbazon, Smp. 169 bis
170°, Semioxamazon, Smp. 244 bis 245°, Phenylhydrazon, Smp. 63°,
jtf-Naphthocinchoninsäure, Smp. 261°.
Ketone.
A. Aliphatische Ketone.
Aliphatische Ketone sind in den ätherischen Ölen nur in
geringer Anzahl vertreten; meist sind es Methylketone, die durch
ihre Bisulfitverbindungen isoliert werden können. Die niederen
Glieder sind wasserlöslich und werden deshalb besonders in den
Vorläufen und den Destillationswässern angetroffen.
a) Grenzketone (gesättigte).
Aceton, CH 8 • CO • CH 8 . Bei der Gewinnung ätherischer
Öle, namentlich aus Blättern, hat man häufig das Auftreten von
Aceton beobachtet. Wahrscheinlich entsteht das Keton erst
während der Destillation, doch ist die Reaktion, der es seinen
Ursprung verdankt, unbekannt. Nachgewiesen wurde es im
Terpentinöl von Ab/es excelsa, im Atlascedernöl, finnländischen
Kienöl, russischen Terpentinöl, im Terpentinöl von Pinus laricio
Pallasiana, im Cocablätteröl, Nelkenöl, Öl von Datura stramo-
nium, im Destillationswasser von Kopalöl, Öl von Monarda fistu-
Josa, amerikanischen Pfefferminzöl, Patch ouliblätter- und Schaf-
garbenöl. Ferner hat man es in Gemeinschaft mit Blausäure
bei der Destillation vieler Pflanzen beobachtet. So bei Triglochin
maritima' 1 ), Thalictrum aquilegifolium, Nandina dornest ica,
Phaseolus lunatus, P. mungo, Linum usitatissimum, L. perenne,
Hevea brasiliensis, H. Spruceana, Jatropha angustidens, Manihot
Bankensis, M. Glaziovii, M, palmata, M. utilissima, Passiflora
*) Greshoff, Pharm. Weekblad 45 (1908), 1165; Chera. Zentralbl. 1908,
II. 1446.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 35
546 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
alata, P. coerulea, P. edulis, P. ioetida, P. hybrida, P. laurifolia,
P. maculata, P. prfnceps, P. quadrangularis, P. suberosa, Tac-
sonia spec. und T. van -VoIxemfP).
Aceton siedet bei 56,5° und hat die Dichte d 1(t „ 0,79945.
Charakteristische Derivate sind das p-Bromphenylhydrazon,
Smp. 94°, und das Oxim, Smp. 59 bis 60°. Mit Jod-Jodkalium-
lösung erfolgt Ausscheidung von Jodoform.
Methyl-n-amylketon, CH 8 -CO-(CH 2 ) 4 -CH 3 , ist im ätherischen
Palmkernöl und in den niedrig siedenden Anteilen des Nelkenöls
enthalten und für den charakteristischen Geruch dieses Öles von
Bedeutung. Auch im Ceylon-Zimtöl ist die Verbindung nach-
gewiesen worden. Sdp. 151 bis 152°; d , 0,8366. Das Semi-
carbazon schmilzt bei 122 bis 123°.
Äthyl-n-amylketon, CH 3 -CH 2 -CO-(CH s ) 4 -CH 8 , kommt im
Vorlauf des französischen Lavendelöls vor. Sdp. 169,5 bis 170°;
d 16 .0,8254; n^o 1,41536; Semicarbazon, Smp. 117 bis 117,5°.
Es reagiert nicht mit Bisulfit. Die Oxydation mit Chromsäure
führt zu n-Capronsäure a ).
Methyl-n-heptylketon f CH 3 -CO-(CH 2 ) e -CH s , bildet häufig
den Hauptbestandteil des algerischen und des sizilianischen
Rautenöls von Rata bracteosa und findet sich außerdem in
geringer Menge im ätherischen Kokosnußöl, Palmkernöl, im
deutschen, französischen und spanischen Rautenöl, im Öl von
Xanthoxylum aflanthoides und im Nelkenöl. Es ist ein farb-
loses Öl von angenehmem, rautenartigem Geruch.
Für aus Rautenöl abgeschiedenes Methylheptylketon werden
folgende Eigenschaften angegeben:
Smp. —17°, Erstp. — 19°, Sdp. 85 bis 90° (7 mm), 95,8 bis
102° (24 mm), d 20 „ 0,831 78 3 ). — Erstp. —15°, Sdp. 193 bis
194° (740 mm), d s0 „ 0,821*). — Sdp. 194,5 bis 195,5° (763 mm),
df£0,8296 5 ). — Sdp. 194 bis 196°, 80 bis 82° (15 mm)«).
*) Greshoff, Aren, der Pharm. 244 (1906), 665.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1903, 42; Oktober 1903, 43.
3 ) Thoms, Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 11 (1906), 16.
*) v.Soden u. Henle, Pharm. Ztg. 4« (1901), 277.
B ) Power u. Lees, Journ. ehem. Soc. 81 (1902), 1588.
8 ) Ho üben, Berl. Berichte 86 (1902), 3588.
Ketone. 547
Es reagiert nur langsam mit Bisulfit. Schmelzpunkt des
Semicarbazons 118 bis 119° oder 119 bis 120°. Durch Oxydation
mit Hypobromit entsteht n-Caprylsäure.
Methyl-n-nonylketon, CH 8 - CO • (CH S ) 8 . CH S , ist seit langem
als hauptsächlicher Bestandteil des gewöhnlichen, aus Frankreich
und Spanien stammenden Rautenöls bekannt, während es in
Rautenölen algerischer und sizilianischer Herkunft gegenüber
Methylheptylketon meist eine untergeordnete Rolle spielt. Als
Ausgangsmaterial dient gewöhnlich das spanische Öl, dem das
Keton durch Ausfrieren oder mittels Bisulfit entzogen wird. Ferner
ist Methyl-n-nonylketon nachgewiesen worden im ätherischen Palm-
kernöl, Kokosnußöl, im Öl von Houttuynia cordata, Xanthoxylum
ailanthoides, Fagara xanthoxyloides und im jaborandiblätteröl.
Methylnonylketon ist bei Zimmertemperatur flüssig und
besitzt einen ähnlichen Geruch wie Methylheptylketon. Die von
verschiedenen Autoren ermittelten Konstanten sind: Sdp. 226°
(766 mm), 230,65° (korr.), 122 bis 123° (24 mm, korr.) 1 ). —
Smp. +13,5°, Erstp. +12°, Sdp. 223 bis 224° (774 mm), 99°
(7 mm), d 20 . 0,82623 2 ). — Sdp. 230 bis 231° (740 mm) 3 ). —
Sdp. 229 bis 233° (759 mm), nach Regenerierung aus dem Semi-
carbazon 231,5 bis 232,5° (761 mm), d**.' 0,8263*). — Erstp. + 13°,
Sdp.228 bis 230°, 120° (20mm), 11 8° (18 mm), d 15 ,0,8295, d 20 „0,8263 s ).
Bei einem synthetisch dargestellten Produkt fanden v. Gorup-
Besanez und Grimm 6 ): Smp. 4- 15 bis 16°, Sdp. 224°, d 1Ti6 „0,8295.
Das Oxim schmilzt bei 46 bis 47°, das Semicarbazon bei 123
bis 124°. Mit Hypobromit entsteht n-Caprinsäure.
Beim Erhitzen mit amalgamiertem Zink und Salzsäure wird
n-Undekan gebildet vom Sdp. 193 bis 195°; d, , 0.741.
Methyl - n - undecylketon, CH 8 ■ CO • C^H.-,,,, ist in einer
zwischen 260 und 265° siedenden Fraktion des ätherischen
Kokosnußöls gefunden worden. Aus dem Semicarbazon (Smp. 121
bis 122°) freigemacht, bildete es eine weiße Masse vom Smp. 29°.
•) Carette, Journ. de Pharm, et Chim. IL 10 (1899), 256.
a ) Thoms, loc. cit. 8.
*) v. Soden u. Henle, loc cit.
*) Power u. Lees, loc. cit
») Houben, loc. cit. 3590.
") Liebigs Annalen 157 (1871), 279.
35*
548 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Diacetyl, CH 8 * CO ■ CO ■ CH 8 . Dieses öfters in ätherischen
Ölen beobachtete aliphatische Diketon verdankt, wie Furfurol,
seine Entstehung jedenfalls einer während der Destillation vor
sich gehenden Zersetzung gewisser Pflanzenstoffe. Da es ziem-
lich wasserlöslich ist, so findet man es in Vorläufen oder in
Kohobationswässern, in denen es sich oft schon durch seine
gelbgrüne Farbe und seinen chinonartigen Geruch verrät.
Meistens kommt Diacetyl gleichzeitig mit Methylalkohol und
Furfurol vor. Es ist beobachtet worden im Vorlauf eines
finnischen Kienöls, im Kohobationswasser vom Cypressenöl,
Sadebaumöl, Vetiveröl, Irisöl, westindischen Sandelholzöl, Bay-
öl, Kümmelöl und im Vorlauf der Destillationswässer von
Angelicawurzeln.
Der Sdp. ist 87,5 bis 88°, die Dichte 0,9734 bei 22°.
Charakteristische Derivate sind das Monophenylhydrazon vom
Smp. 133 bis 134°, das durch Oximierung daraus entstehende
Diacetylhydrazoxim, Smp. 158°, und das bei 243° schmelzende
Osazon. Erwärmt man eine alkoholische Lösung von Diacetyl
mit überschüssigem Hydrazinhydrat, so bildet sich Dimethyl-
bishydrazimethylen, das aus Benzol in feinen, bei 158° schmel-
zenden Nadeln kristallisiert. Zum Nachweis des Diacetyls kann
auch die Überführung in Trimethylglyoxalin benutzt werden 1 ).
b) Ungesättigte Ketone.
Methylheptenon.
C 8 H 14 0. Mol.-Gew. 126.
«-Methylheptenon * Sc • CH 2 ■ CH a ■ CH a • CO • CH S
HgC
^-Methylheptenon 8 )>C: CH • CH 2 • CH 2 • CO ■ CH 8 .
GH/
Größeres Interesse als die genannten gesättigten Ketone be-
sitzt das ungesättigte Methylheptenon, das sowohl als Bestand-
teil einiger ätherischer Öle auftritt, als auch als Zersetzungs-
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1900, 46.
Ketone. 549
produkt verwandter Verbindungen erhalten wird. Als Begleiter
der ihm nahestehenden Körper Linalool, Geraniol und Citral
kommt es im mexikanischen Linaloeöl, Citronell- und Lemon-
grasö.1 vor, ferner ist es im Citronen- und Palmarosaöl, im Öl
von Barosma pulchellum und im spanischen Verbenaöl nach-
gewiesen worden; es verdankt seine Entstehung offenbar einer
Zersetzung der obengenannten Verbindungen, die man auch
künstlich durch Oxydation herbeiführen kann. Es ist aus den
zwischen 160 und 180° siedenden Fraktionen der genannten Öle
leicht mit Hilfe seiner Bisulfitdoppelverbindung zu isolieren.
Als Umwandlungsprodukt ist es zuerst bei der trocknen
Destillation des Cineolsäureanhydrids 1 ), dann beim Verseifen des
Geraniumsäurenitrils 2 ) und als Oxydationsprodukt des Citrals 3 )
beobachtet und schließlich auch bei dessen Spaltung durch
Alkalien gewonnen worden 4 ); synthetisch ist es aus Amylen-
bromid und Acetylaceton 6 ), sowie aus dem Jodid des Aceto-
propylalkohols, Aceton und Zinkstaub 6 ) dargestellt worden.
Es ist eine farblose, leicht bewegliche und durchdringend
nach Amylacetat riechende, optisch inaktive Flüssigkeit, deren
physikalische Konstanten nicht ganz übereinstimmend angegeben
werden; Wallach fand für das aus Cineolsäureanhydrid ent-
stehende Keton: Sdp. 173 bis 174°, d 20 „ 0,8530, n D20 „ 1,44003 7 ).
Tiemann u. Krüger bestimmten für natürliches Methylheptenon:
Sdp. 170 bis 171° (760 mm), d 20 , 0,8499, n D 1,4380 s ); Verley
gibt für ein durch Spaltung aus Citral erhaltenes Präparat an:
Sdp. 168°, 84° (56 mm), d lt . 0,910 (!), n D31 . 1,437 9 ).
Nach Beobachtungen im Laboratorium von Schimmel 85 Co.
besitzt Methylheptenon, das aus Lemongrasöl isoliert und aus der
Bisulfitverbindung regeneriert worden war: Sdp. 173° (758 mm),
d lß . 0,855, n m0 „ 1,43805 10 ); ein aus Citral durch Kochen mit
l ) Wallach, Liebigs Annalen 258 (1890), 323.
*) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 2« (1893), 2721.
») Ebenda 2719.
*) Verley, Bull. Soc. chim. III. 17 (1897), 175.
») Barbier u. Bouveault, Compt. rend. 122 (1896), 1422.
o) Verley. Bull. Soc. chim. III. 17 (1897), 191.
') Liebigs Annalen 258 (1890), 325.
s ) Berl. Berichte 28 (1895), 2123.
•) Verley, loc. cit. 176.
10 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1899, 72.
550 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Kaläumcarbonatlösung bereitetes Präparat zeigte: Sdp. 173 bis
174°, d 15 . 0,8656; Sdp. 173 bis 174°, 67° (16 mm), d t0 . 0,8691,
n m4 „ 1,44345 >).
Durch mehrfache Destillation isolierte Escourrou 2 ) aus
Lemongrasöl die methylheptenonhaltige Fraktion: Sdp. 60 bis 61°
(10 mm), [«] D — 45° 20'.
Bei Anwendung des P aal sehen Reduktionsverfahrens mit
Hilfe von Palladium und Wasserstoff wird Methylheptenon nach
Wallach 8 ) sehr glatt zu Methylheptanon (Sdp. 164 bis 165°)
reduziert.
Methylheptenon geht bei der Reduktion mit Natrium in
alkoholischer Lösung sowie bei der phytochemischen Reduktion
durch Einwirkung von Hefe*) in den sekundären Alkohol C 8 H ia O,
Methylheptenol 6 ), über, der als Spaltungsprodukt des Geraniols,
sowie auch bei der Verseifung des Geraniumsäurenitrils auf-
tritt; es verbindet sich mit Bisulfiten zu kristallinischen Doppel-
verbindungen, mit Hydroxylamin und Phenylhydrazin zu flüssigen
Derivaten und mit Semicarbazid zu einem kristallisierten Semi-
carbazon, das zur Identifizierung benutzt werden kann. Durch
Einwirkung des Lichtes auf Methylheptenon bei Gegenwart von
Sauerstoff erhielten Ciamician und Silber 6 ) eine Reaktions-
masse, aus der sie Aceton, ein Ketoglykol, ein Oxydiketon,
Ameisensäure, Essigsäure und Lävulinsäure isolieren konnten.
Bei der Oxydation zerfällt Methylheptenon entsprechend der
Formel für /^-Methylheptenon in Aceton und Lävulinsäure, C 8 H 8 3 7 ) ;
wasserentziehende Mittel, wie Chlorzink usw., führen es in ein
Gemenge aus gleichen Teilen Xylol und Tetrahydroxylol über 8 ).
Methylheptenon ist leicht an seinem charakteristischen,
amylacetatartigen Geruch zu erkennen; zum Nachweis ver-
wandelt man es in das Semicarbazon, das zwar, wie beim Citral,
ein Gemisch von Isomeren zu sein scheint, aber dennoch mit
l ) Escourrou, Bull. Soc. chim. IV. 39 (1926), 1121.
J ) Recherches sur Ia methylheptenone naturelle. Lyon 1922.
3 ) Nachr. K- Ges. Wiss. Göttingen 1910, Sitzung vom 29. Oktober.
*) Neuberg u. Lewite, Biochem. Ztschr. 91 (1918), 257.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 171.
a ) Berl. Berichte 46 (1913), 3077.
') Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 28 (1895), 2128.
s ) Wallach, Liebigs Annalen 358 (1890), 326; 895 (1913), 74.
Ketone. 551
konstantem Schmelzpunkt erhalten wird, wenn man es nach
der von Tiemann u. Krüger 1 ) angegebenen Vorschrift bereitet.
Nach Angabe der Genannten soll man zu einer Mischung von 12 g
Methylheptenon und 20 ccm Eisessig eine Lösung von 12 g Semicarbazid-
chlorhydrat und 15 g Natriumacetat in 20 ccm Wasser geben und einige
Zeit (V 4 Stunde) stehen lassen; auf Zusatz von Wasser scheidet sich das
Semicarbazon als bald erstarrendes Öl aus, das nach dem Umkristallisieren
aus verdünntem Alkohol bei 136 bis 138° schmilzt
Ein zur Identifizierung ebenfalls gut geeignetes Derivat wird
erhalten, wenn man Methylheptenon bei Gegenwart von Natron-
lauge mit Brom behandelt 2 ); es bildet sich dabei durch An-
lagerung von unterbromiger Säure und gleichzeitige Substitution
die gut kristallisierende Verbindung C 8 H 12 Br a O • OH .
Zu ihrer Darstellung schüttelt man 3 g Keton mit einer Lösung von
3 g Natriumhydroxyd und 12 g Brom in 100 bis 120 ccm Wasser; die sich
zunächst als schweres, aber bald erstarrendes Öl abscheidende Verbindung
wird mit Äther aufgenommen, die Lösung mit verdünnter Natronlauge ge-
schüttelt und der bei ihrem Eindunsten bleibende Rückstand aus Ligroin,
unter Zugabe von Tierkohle, umkristallisiert. Der Schmelzpunkt der rein
weißen, bei längerem Aufbewahren sich allmählich zersetzenden Verbindung
liegt bei 98 bis 99°.
Zum Nachweis des Methylheptenons empfehlen Neuberg
und Lewite 8 ) die Darstellung des p-Nitrophenylhydrazons, das
hellgelbe Nadeln vom Smp. 103,5 bis 104° bildet.
Eine Methode zum Nachweis von Methylheptenon bei An-
wesenheit von Citronellal und Citral ist von Tiemann*) an-
gegeben worden. Sie beruht darauf, daß Methylheptenon weder
mit einer verdünnten, noch mit einer konzentrierten Lösung von
Natriumsulfit und Natriumbicarbonat reagiert, während die beiden
anderen Verbindungen dem Gemisch durch Schütteln mit diesen
Lösungen nacheinander entzogen werden können.
Das natürlich vorkommende Methylheptenon ist ein Gemenge
mehrer Isomerer, von denen nach Wallach 5 ) vier verschiedene
denkbar sind, die er als a-, ß-, y- und d-Form bezeichnet. Ab-
weichende Benennungen sind später durch französische Forscher
*) Berl. Berichte 28 (1895), 2124.
*) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 26 (1893), 2723.
3 ) Biochem. Zeitschr. «1 (1918), 257.
*) Berl. Berichte 32 (1899), 823.
B ) Liebigs Annalen 408 (1915), 183.
552 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
eingeführt, die hier beibehalten werden mögen, da sie den als
Citral a und b unterschiedenen Aldehyden entsprechen.
a-Methylheptenon (s. die Formeln auf S.548) = <5-MethyI-
heptenon Wallachs. Siedet bei 168° und entsteht nach Ver-
leys 1 ) Angaben, die allerdings nur sehr wenig durch genaue
experimentelle Daten gestützt werden, beim Kochen von Citral a
mit l°/oiger Natronlauge. Gibt bei der Oxydation nur Spuren
von Aceton und wird durch Erhitzen mit Alkalien in die ,2-Form
übergeführt 8 ).
/S-Methylheptenon = y-Methylheptenon Wallachs. Siedet
von 173 bis 174°. Ist im Lemongrasöl und andern Ölen ent-
halten und entsteht bei der trocknen Destillation von Cineol-
säureanhydrid, ferner beim Kochen von Citral b 1 ) mit Kalium-
carbonatlösung. Liefert bei der Oxydation die der Formel
entsprechende Menge Aceton.
Aus dem Verlauf der Ozonisation, bei der die Oxydations-
produkte quantitativ bestimmt wurden, schließen Grignard,
Doeuvre und Escourrou 8 ), daß die Methylheptenone natür-
lichen Ursprungs aus Citral und Lemongrasöl Gemische von
a- und /S-Methylheptenon sind und höchstens 25 % der «-Ver-
bindung enthalten. Verley*) erklärt aber diese Versuche nicht
für einwandfrei, da bei der Zersetzung der Ozonide partielle
intramolekulare Verschiebungen stattfinden könnten, die die
quantitativen Bestimmungen wertlos machen.
Artemisiaketon nennen Asahina und Yoshitomi 5 ) eine
auch schon von Imada 6 ) aus dem Öle von Artemisia annua
isolierte Verbindung C 10 H ia O. Ihr Semicarbazon schmolz bei
95 bis 96°. Das aus dem Semicarbazon regenerierte Keton
war inaktiv; Sdp. 182°; &g 0,8906; n D18 „ 1,4695. Es enthält
zwei Doppelbindungen und liefert dementsprechend bei der
Reduktion nach der Methode von Fokin-Willstätter ein
1 ) Rev. d. prod. chim. 31 (1918), 352; Chem. Zentralbl. 191», I. 922.
2 ) Escourrou, s. Note 1 auf S. 550.
s ) Compt. rend. 177 (1923), 669.
*) Bull. Soc. chim. IV. 36 (1924), 608, 1653.
") Journ. pharm. Soc of Japan 1917, 1 (Nr. 424).
e ) Yakugakuzasshi 1917, Nr. 524; Bericht von Schimmel $ Co. 1918, 6;
Chemist and Druggist 89 (1917), 376.
Ketone. 553
Tetrahydroderivat C^H^O (Sdp. 173°; d$? 0,8262; n D 1,42425),
das Tetrahydrqartemisiaketon, dessen Semicarbazon bei 134
bis 135° schmilzt. Es scheint aliphatischer Natur zu. sein.
Isoartemisiaketon. Neben dem Artemisiaketon haben
Asahina und Takagi 1 ) im Öl von Artemisia annua das Iso-
artemisiaketon nachgewiesen. Sdp. 182 bis 183°; d^° 0,8711;
[«] D ±0°; n m? . 1,4688; Mol.-Refr. 47,425 (ber. f. C 10 H 16 O/=47,45).
Das freie Isoartemisiaketon ähnelt in seinen physikalischen
Eigenschaften dem Artemisiaketon und bildet bei der kata-
lytischen Reduktion ein Tetrahydroderivat, das mit dem Tetra-
hydroartemisiaketon identisch ist. Auf Grund ihrer Beobach-
tungen kommen die Autoren zu dem Schluß, daß die beiden
Isomeren nur durch die Stellung der Doppelbindung verschieden
sind, und daß die Verbindungen folgende Konstitutionsformeln
haben: CHs CHs
CH„— C— CO— CH S — C< * CH S — C— CO— CH = C</Z7
i ^CH 2 i CH a
CHb=CH CHj=CH
Artemisiaketon. Isoartemisiaketon.
Doremon.
C lä H 26 0. Mol.-Gew. 122.
Dieses Keton wurde von Roenisch 2 ) aus Fraktionen des
Ammoniakgummiöls gewonnen. Durch wiederholte Destillation
gereinigt, siedete es bei 145 bis 155° (12 mm); d 20 „ 0,8765,
a D +3°30'; n DiS0 . 1,47160. Das Oxim schmilzt bei 88°, das
Semicarbazon bei 124°. Aus dem Oxim konnte das Keton
nicht wiedergewonnen werden. Durch Reduktion mit Natrium
und Alkohol entstand aus dem Doremon ein aliphatischer
Alkohol C 1B H 28 0, das Doremol vom Sdp. 145 bis 150° (12 mm);
d 20 . 0,8702; « D -f 3°; n D20 . 1,47130. Bei der Hydrogenisation mit
Platin und Wasserstoff bildete sich der gesättigte Alkohol
C i6 H M > das Tetrahydrodoremol, vom Sdp. 140 bis 145° (12 mm);
d^ 0,8403; a D + 2°48'; n D20 . 1,44817. Reduktion mit Platin und
x ) Journ. pharm. Soc. of Japan Mo. 464. 1920, 873; Bericht von
Schimmel $ Co. 1921, 9.
*) Untersuchung des Ammoniakgummiöls und synthetische Versuche
zur Aufklärung seiner Bestandteile. Inaug.-Dissert, Breslau 1916; Semmler,
Jonas u. Roenisch, Berl. Berichte 50 (1917), 1823.
554 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Wasserstoff führt Doremon in Tetrahydrodoremon über vom
Sdp. 142 bis 144° (12 mm); d s0 . 0,8434; « B -f- 1°24'; n D20 . 1,44803.
Bei der Behandlung mit Essigsäureanhydrid und Natrium-
acetat liefert das Doremonoxim ein Acetat, woraus hervorgeht,
daß ein Ketoxim vorliegt, denn aus Aldoximen entstehen beim
Behandeln mit Essigsäureanhydrid Nitrile.
Doremon ist das erste aliphatische Sesquiterpenketon, das
in der Natur aufgefunden worden ist.
B. Aromatische Ketone.
Diese Ketone spielen als Bestandteile von ätherischen Ölen nur
eine ganz untergeordnete Rolle. Zu erwähnen sind die folgenden:
Acetophenon, C 6 H 5 -COCH s . Smp. 20,5°; Sdp. 201 bis
202°, 94,5° (20 mm); d-Jg 1,0329; n D40 . 1,53418. Das Öl von
Stirlingia latifolia besteht fast ausschließlich aus Acetophenon.
(Oxim, Smp. 58 bis 59°.)
Methylacetophenon, CH g .C e H 4 -CO-CH 3 , Methyl-p-tolyl-
keton. Geruch an Weißdorn erinnernd, ähnlich dem des Anis-
aldehyds. Siedet in der Hauptsache zwischen 222 und 226°
(756 mm); d l6 „ 1,007 bis 1,014; n D20 „ 1,532 bis 1,537; löslich in
etwa 3 Vol. 60 % igen Alkohols.
o-Oxyacetophenon, CH ? ■ CO • C a H 4 • OH, und möglicherweise
sein Methyläther sind im Öle von Chione glabra enthalten.
Sdp. 160 bis 165° (34 mm). Mit Eisenchlorid entsteht eine tiefrote
Färbung, mit Bromwasser ein gelber, kristallinischer Niederschlag.
Das Oxim schmilzt bei 112°, das Phenylhydrazon bei 108°.
Beim Schmelzen mit Kali entsteht Salicylsäure (Smp. 155°).
Crataegon, CH a O • C a H 4 -CO • CH 3 , p-Methoxyacetophenon,
p-Acetylanisol. Sdp. 263° (760 mm), 158° (36 mm), 136° (10 mm);
Smp. etwa 37°; d 20 . 1,0990 (unterkühlt); n D20 . (unterkühlt) 1,55459;
löslich in 5 Vol. u. m. 50°/oigen Alkohols; auch in Wasser etwas
löslich. Oxim, Smp. 78 bis 80°; Semicarbazon, Smp. etwa 200°.
Ein anderes Präparat hatte die Konstanten: Erstp. +34,7°,
d 20 . 1,0997, d gB . 1,0959, « D ±0°, n BM „ 1,55489, löslich in 4 Vol.
5Ö°/oigen Alkohols u. m. (20°).
Ketone. 555
Anisketon (p-Methoxyphenylaceton), CH a -CO-CH 2 C 6 H 4 -OCH 8>
kommt vielleicht im russischen Anisöl, FenchelÖl und Bitter-
fenchelöl vor. Sdp. 263°; d „ 1,095; das Oxim schmilzt bei 72°,
das Semicarbazon bei 182°.
p-Methyl-J 3 -tetrahydroacetophenon ist von Roberts 1 )
im Himalaya-Cedernöl festgestellt worden.
C. Alicyclische (hydroaromatische) Ketone.
Carvon.
C 10 H 14 O. Mol.-Gew. 150.
Carvon kommt in seiner rechtsdrehenden Modifikation zu
etwa 50 bis 60 °/o im Kümmelöl vor, auch im Dillöl ist diese in
beinahe gleicher Menge enthalten. 1-Carvon ist
seltener und ist im Kuromojiöl und Krauseminzöl i 3
aufgefunden worden, während inaktives Carvon 9:
bis jetzt nur im Gingergrasöl nachgewiesen ist; HCj-^ ,CO
das Vorkommen von Carvon ist ferner festgestellt H 2 cl JcH s
worden im Öl von Taxodium dfstichum, spani- ^a\
sehen Dillkrautöl und in den Ölen von Mentha i
longifolia, M. aquatica und Tagetes minuta. s £
Carvon ist eine farblose, ausgesprochen nach Kümmel
riechende Flüssigkeit, die in starker Kälte erstarrt-). Aus
Kümmelöl dargestelltes, durch die Sulfitverbindung gereinigtes
d-Carvon hat nach Schimmel 8} Co. folgende Eigenschaften:
Sdp. 230° (755 mm), 91° (5 bis 6 mm), d 1B . 0,9645, « D + 59° 57',
"nac 1,49952. Aus Krauseminzöl abgeschiedenes, durch die
Sulfitverbindung gereinigtes 1-Carvon: Sdp. 230 bis 231° (763 mm),
d„. 0,9652, <* D — 59° 40', n DM . 1,4988, löslich in 17 Vol. 50 °/oigen
und in 4 Vol. 60°/° igen Alkohols.
Technische Präparate von d-Carvon zeigen : d 15 „ 0,963 bis
0,966, ßl) H-57 o 30' bis +60°, n^, 1,497 bis 1,500, löslich in
*) Journ. ehem. Soc. 109 (1916), 791.
*) Wallach, Liebigs Annalen 252 (1889), 129, Aum.
556 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
16 bis 20 Vol. 50°/oigen, in 4 bis 5 Vol. 60°/oigen und in 1,5
bis 2 Vol. 70% igen Alkohols.
Um das Keton aus einem Öl in reinem Zustande abzuscheiden,
kann man seine Eigenschaft benutzen, mit neutralem Natrium-
sulfit eine in Wasser lösliche Verbindung zu geben.
Das Öl wird mit der entsprechenden Menge einer konzentrierten wäßrigen
Natriumsulfitlösung geschüttelt und das bei der Reaktion frei werdende
Natriumhydroxyd von Zeit zu Zeit mit einer verdünnten Säure neutralisiert.
Ist der Prozeß beendet, so werden die nicht in Reaktion getretenen Anteile
durch mehrmaliges Ausäthern der Lösung entfernt und hierauf das Carvon
mit Natronlauge wieder abgespalten und mit Wasserdampf übergetrieben.
Dieses Verfahren kann auch zur quantitativen Bestimmung des Carvons
dienen (vgl. im Kapitel „Die Prüfung der ätherischen Öle").
Zur Reindarstellung kann man sich auch des Schwefel-
wasserstoffcarvons, (C 10 H a4 O) 3 • H 2 S, bedienen.
Beim Sättigen eines Gemisches aus 20 Teilen Carvonfraktion,
5 Teilen Weingeist und einem Teil Ammoniak (d 15 = 0,96) mit Schwefel-
wasserstoff scheidet sich Schwefelwasserstoffcarvon aus; nach
dem Absaugen und Umkristallisieren aus Methylalkohol wird es
durch Kochen mit alkoholischem Kali zerlegt und das regenerierte
Carvon durch Destillation im Wasserdampfstrom gereinigt. Eine
etwas modifizierte Darstellungsweise gibt u. a. Wallach 1 ) an.
Künstlich sind Carvon und seine Derivate auf verschiedenen
Wegen erhalten worden, doch würde ein näheres Eingehen auf
die Beziehungen, die zwischen Carvon, Pinen, Limonen, Pinol
und Terpineol bestehen, zu weit führen.
Carvon ist ein ungesättigtes Keton, das mit Salzsäure eine
flüssige 2 ) und mit Bromwasserstoff eine bei 32° schmelzende
Verbindung bildet 8 ); aus dieser entsteht durch Abspaltung von
Bromwasserstoff ein mit Carvon isomeres Keton C 10 H 14 O, das
Eucarvon*). Die durch Einwirkung von Brom aus dem Brom-
wasserstoffcarvon entstehenden Körper, wie das Tribromid,
C 10 H w O-HBr-Br 2 , das Tetrabromid, C 10 H 14 OBr 4 , und das Penta-
bromid, C 10 H ls OBr„, sind von Wallach 8 ) untersucht worden.
*) Liebigs Annalen 305 (1899), 224.
a ) Goldschmidt u. Kisser, Berl. Berichte 20 (1887), 487, 2071.
a ) Ebenda 2091; Baeyer, Berl. Berichte 27 (1894), 811.
4 ) Baeyer, Berl. Berichte 27 (1894), 811; Wallach, Liebigs Annalen
305 (1899), 234; 33» (1903), 94.
5 ) Liebigs Annalen 28« (1895), 119.
Ketone. 557
Carvon gibt mit Bisulfit Salze der Carvondihydrosulfonsäure
und addiert auch schweflige Säure. Mit Hydroxylamin liefert
es ein gut kristallisierendes Oxim 1 ), das, wenn es aus dem
optisch aktiven Keton gewonnen ist, bei 72 ° 2 ) schmilzt; durch
Vereinigung gleicher Mengen d- und 1-Carvoxim entsteht inaktives
Carvoxim vom Smp. 93°*).
Bei der Darstellung des Carvoxims ist darauf zu achten,
daß dabei kein allzu großer Überschuß von Hydroxylamin an-
gewandt wird, da sich sonst auch eine additionelle Verbindung
von Carvoxim mit Hydroxylamin, C 10 H 14 NOH • NH s OH (Smp.
174 bis 175°), bildet*). Wenn das frisch dargestellte Oxim nicht
alsbald erstarrt, kann man es manchmal durch Übertreiben mit
Wasserdampf zur Kristallisation bringen. Künstlich werden die
Oxime des Carvons aus Limonen- und Dipentennitrosochlorid
durch Abspaltung von Halogenwasserstoff erhalten 6 ). Phenyl-
hydrazin gibt mit Carvon ein bei 109 bis 110° schmelzendes
Phenylhydrazon 8 ), während Semicarbazid sich mit d- und 1-Carvon
zu Semicarbazonen verbindet, die bei 162 bis 163° schmelzen').
Das Semicarbazon des d-1-Carvons schmilzt im Gegensatz zum
d-1-Carvoxim niedriger als die aktiven Verbindungen, nämlich bei
154 bis 156° 8 ). Die bereits erwähnte Schwefelwasserstoff-
verbindung der aktiven Carvone schmilzt bei 210 bis 211°, die
des inaktiven Ketons bei 189 bis 190° 9 ).
Durch Einwirkung von überschüssigem, freiem Hydroxylamin
auf Hydrobromcarvon und darauf folgende Abspaltung von Brom-
wasserstoff entsteht Isocarvoxim, Smp. 142 bis 143° 10 ), das durch
l ) Goldschmidt, Berl. Berichte 17 (1884), 1578; Harries in Meyer-
Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie, Leipzig (1902), Bd. II. Teil 1 , S. 939.
*) Wallach, Liebigs Annalen 24« (1888), 226.
3 ) Wallach, ebenda 245 (1888), 268.
*) Wallach u. Schrader, Liebigs Annalen 279 (1894), 368.— Harries
u. Jablonski, Berl. Berichte 31 (1898), 1384; Harries, ebenda 1810.
D ) Goldschmidt u. Zürrer, Berl. Berichte 18 (1885), 2220. — Wallach,
Liebigs Annalen 245 (1888), 256, 268; 246 (1888), 226.
e ) Baeyer, Berl. Berichte 27 (1894), 811.— S.dazuGoIdschmidt, ebenda
17 (1884), 1578.
') Baeyer, ebenda 27 (1894), 1923.
8 ) Baeyer, ebenda 28 (1895), 640.
<*) Vgl. Deußen, Journ. 1. prakt. Chem. II. 90 (1914), 318.
") Goldschmidt u. Kisser, Berl. Berichte 20 (1887), 2073.
558 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
verdünnte Säuren in eine aromatische Base, das Carvolin,
übergeht 1 ).
Durch Reduktion mit Natrium in alkoholischer Lösung geht
Carvon nicht, wie zu erwarten wäre, in den Alkohol C^H^O,
Carveol, über, es werden vielmehr sofort 4 Wasserstoff atome unter
Bildung von Dihydrocarveol, C 10 H 18 O, aufgenommen (s. Seite 465).
Reduziert man mit Zinkstaub in alkoholisch-alkalischer Lösung,
so werden zwar 2 Atome Wasserstoff angelagert, aber die ent-
stehende Verbindung ist kein Alkohol, sondern ein Keton C ia H 18 0,
Dihydrocarvon*). Als Nebenprodukt entsteht ein bimolekulares
Keton, das a-Dicarvelon, Smp. 148 bis 149° 3 ). Bei der Reduktion
mit Hilfe von kolloidalem Palladium entsteht aus d-Carvon
1-Tetrahydrocarvon 4 ). Verwendet man Platin, so kann man die
schrittweise Bildung von d-Carvotanaceton, Tetrahydrocarvon
und Carvomenthol beobachten 6 ). Dieser Alkohol entsteht auch,
wenn man die Reduktion bei hoher Temperatur und starkem
Druck mit Nickeloxyd ausführt 6 ). Die elektrolytische Reduktion
des Carvons führte zu Dihydrocarvon').
Bei mehrmonatiger Einwirkung von Licht auf Carvon entsteht
ein isomeres Keton, der sogenannte Carvoncampher. Smp. 100°;
Sdp. 206,5°; Oxim, Smp. 126 bis 128°, Semicarbazon, Smp. 239° s ).
Beim Schütteln von Carvon mit 40 °/oiger Schwefelsäure
entsteht das bei 41 bis 42° schmelzende Oxydihydrocarvon 9 ).
Durch Kaliumpermanganat wird Carvon zu Oxyterpenylsäure,
C 8 H lg O B (Smp. 190 bis 192°), oxydiert 10 ). Hieraus und aus den
Oxydationsergebnissen, dieTiemann u. Semmler 11 ) bei Dihydro-
carveol und Dihydrocarvon erzielten, haben die Genannten für
') Goldschmidt, ebenda 26 (1893), 2086.— Wallach, Liebigs Annalen
346 <1906), 266.
a ) Wallach u. Schrader, Liebigs Annalen "279 (1894), 377.
*) Wallach u. Schrader, ebenda 380; Wallach, ebenda 305(1899), 223.
*) Wallach, ebenda 381 (1911), 64.
') Vavon, Compt rend. 15$ (1911), 68.
•) Ipatiew u. Balatschinsky, Berl. Berichte 44 (1911), 3461.
') Law, Journ. ehem. Soc. 101 (1912), 1544.
») Ciamician u.Silber, Berl. Berichte41 (1908), 1928.— Sernagiotto,
Gazz. chim. ital. 47 (1917), I. 153.
") Rupe u. Schlochoff, Berl. Berichte 38 (1905), 1719.
10 ) Best, Berl. Berichte 27 (1894), 1218. — Wallach, ebenda 1495.
u ) Berl. Berichte 28 (1895), 2148.
Ketone. 559
Carvon als wahrscheinlichste die obige, bereits früher von Wagner
aufgestellte Formel abgeleitet.
Durch Erhitzen mit Schwefelsäure, Salzsäure, Phosphor-
säure, Phosphoroxychlorid, Zinkchlorid oder Alkalien geht Carvon
in das Benzolderivat Carvacrol, C 8 H a -CH 8 W-OH [2] -C 3 H 7 i 4 i, über.
Erhitzen des Carvons für sich allein bewirkt diese Umlagerung
nicht 1 ). Eine ähnliche Atomverschiebung findet im Oxim des
Carvons statt, wenn es mit alkoholischer Schwefelsäure gekocht
oder mit einer starken Alkalilösung auf 230 bis 240° erhitzt wird;
dabei geht es in Carvacrylamin über 2 ). Beim Eintragen in konz.
Schwefelsäure wird Carvoxim in p-Amidothymol, Smp. 173 bis
174°, umgelagert 3 ).
Wird Carvon mit Ammoniumformiat erhitzt, so bildet
sich Dihydrocarvylamin*); dieselbe Verbindung entsteht, wenn
Carvoxim mit Natrium in alkoholischer Lösung reduziert wird 8 ).
Verbenon.
C 10 H l4 O. Mol.-Gew. 150.
Das Verbenon ist zuerst von Kerschbaum 6 ) im spanischen
Verbenaöl aufgefunden worden. Später wiesen es Blumann
und Zeitschel') im oxydierten Terpentin-
öl nach. Es ist als Autoxydationsprodukt ^ H »
des Pinens anzusehen und dürfte daher in CH
alten pinenhaltigen Ölen häufig zu finden HC CH
sein. Auch scheint das von Genvresse s ) c<cH a >*
durch Einwirkung von Stickoxyden auf Pinen h 2 C J CO
erhaltene „Pinenol" hauptsächlich aus Ver- CH
benon bestanden zu haben.
Verbenon ist eine dickliche, campher- und sellerieartig
riechende, in der Kälte kristallinisch erstarrende Flüssigkeit.
*) Richter, Chem.-Ztg. 4.7 (1923), 489.
a ) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 118; 279 (1894), 374.
3 ) Wallach, ebenda 279 (1894), 369.
*) Leuckart u. Bach, Berl. Berichte 20 (1887), 113. — Wallach,
ebenda 24 (1891), 3984.
*) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 119.
c ) Berl. Berichte 38 (1900), 889.
7 ) Ebenda 46 (1913), 1178; 54 (1921), 887.
8 ) Compt. rend. 130 (1900), 918.
560 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Es kann durch Autoxydation von rechts- oder linksdrehendem
Terpentinöl in der d- oder 1-Form erhalten werden.
Eigenschaften. Smp. +6,5°; Sdp. 227 bis 228°, Sdp. 100°
<16mm); d 16 . 0,981, d 20 . 0,9780; [«] D + 249,62"; n D18 . 1,4992s 1 ). —
Sdp. 233 bis 234° (740 mm), Sdp. 125° (37 mm); d 15 . 0,9795,
d 20 o 0,976; a D + 212°6'; n D20 . 1,49557 9 ).
Verbenon bildet ein Oxim vom Smp. 119 bis 120°; das
Semicarbazon zersetzt sich bei 200 bis 206°. Im autoxydierten
Terpentinöl findet sich auch Verbenol, das als Zwischenstufe bei
der Umwandlung des Pinens in Verbenon anzusehen ist. Bei der
katalytischen Hydrierung des Verbenons entsteht das gesättigte
Keton Verbanon C 10 H 16 O, dessen Oxim bei 88° schmilzt 2 ).
Pulegon.
C 10 H ie O. Mol.-Gew. 152.
Pulegon ist bisher nur in Ölen von Labiaten aufgefunden
worden, in denen es oft in großer Menge und häufig in Gemein-
schaft mit Menthol und Menthon vorkommt.
i 8 Poleiöl enthält etwa 80 °/° davon, auch Diptam-
S^ Dostenöl besteht zum großen Teil aus Pulegon,
H»Cf ^CHa außerdem ist es nachgewiesen worden in den
■ s j CO Ölen von Hedeoma pulegioides, Pycnanthemum
^g lanceolatum, Bystropogon origanifolius, Cala-
mintha nepeta, Mentha canadensis und im
japanischen Pfefferminzöl. In allen diesen Ölen
kommt es nur in der rechtsdrehenden Form vor. Im Majoranöl und
im Öl von Zi'ziphora clinopodiofdes hat man gleichfalls Pulegon
nachgewiesen, es fehlen hier aber Angaben über die Drehung.
Zur Reindarstellung des Pulegons schüttelt man Poleiöl, das
mit 7* Vol. Alkohol verdünnt ist, anhaltend mit Natriumbisulfit-
lösung 8 ) und zerlegt die erhaltene Bisulfitverbindung*) mit Soda.
Auch Natriumsulfit kann zur Abscheidung sowie zur quantitativen
Bestimmung (vgl. hierüber im Kapitel „Die Prüfung der ätherischen
!) Bert. Berichte 46 (1913), 1178; 54 (1921), 887.
*) Wienhaus u. Schumm, Liebigs Annalen 439 (1924), 20.
3 ) Baeyer, Bert. Berichte 38 (1895), 652.
*) Ober die Konstitution der Pulegonsulfosäure s. Wallach, Nachr.
K. Ges. Wiss. Göttingen 191», Sitz. v. 18. Juli, S. 321.
HjC
H 3 C— C— CH
Ketone. 561
Öle" unter Ketonbestimmung) benutzt werden. Reines Pulegon
entsteht auch bei der Spaltung des Semicarbazons durch Säuren.
Synthetisch ist Pulegon auf Umwegen aus Citronellal dar-
gestellt worden x ) ; ein anderes, mit dem natürlichen nicht identisches
Keton hat Wallach 2 ) bei der Kondensation von l,3^Methyl-
cyclohexanon mit Aceton erhalten.
Pulegon ist eine anfangs farblose, bei längerem Stehen
sich schwach gelblich färbende Flüssigkeit von an Menthon
erinnerndem, pfefferminzähnlichem, süßlichem Geruch.
Für das nur durch Destillation gereinigte Keton 8 ) fanden
Beckmann und Pleissner*): Sdp. 130 bis 131° (60 mm),
d s0 . 0,9323, [a] D -f- 22,89°, % 1,47018. Barbier ) gibt an: Sdp.
222 bis 223°, d 23 , 0,9293, [a] D +25° 15'. • Für das aus der
Bisulfitverbindung dargestellte Pulegon ermittelten Baeyer und
Henrich 6 ): Sdp. 100 bis 101° (15 mm), [a] D -j- 22,94°, und
Wallach 7 ): Sdp. 221 bis 222°, d 0,936, n D 1,4846.
Im Laboratorium von Schimmel § Co. wurde an technischen
Präparaten eigener Fabrikation beobachtet: d 1B . 0,939 bis 0,941,
cr D +20 bis +25°, n D20 . 1,484 bis 1,488, löslich in 4,5 Vol. 60-
und in 1,5 bis 2 Vol. 70% igen Alkohols. Für ein reines, aus der
Sulfitverbindung regeneriertes Präparat wurde bestimmt: Sdp. 224°
(750 mm), 93 bis 94° (8 bis 9 mm), 85° (5 mm), d 1B „ 0,9405,
« D + 20°48', n D20 . 1,48796.
Als ungesättigte Verbindung liefert Pulegon mit Brom ein
flüssiges Dibromid, aus dem durch Kochen mit Natriummethylat
Pulegensäure, C 10 H 16 O 2 , entsteht, von der sich eine große Reihe
von Derivaten ableitet, die als Ausgangspunkt für ausgedehnte
Untersuchungen gedient haben. Mit Chlor- und Bromwasserstoff
entstehen kristallisierende Additionsprodukte 8 ).
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 913; 80 (1897), 22.
*) Berl. Berichte 29 (1896), 1597, 2955; Liebigs Annalen 300 (1898), 267.
3 ) Hierbei ist zu berücksichtigen, daß das natürliche Pulegon von Iso-
pulegon (s. dieses) begleitet wird und nur durch BisulHtbehandlung von ihm
getrennt werden kann.
*) Liebigs Annalen 262 (1891), 3, 4, 20.
5 ) Compt. rend. 114 (1892), 126.
a ) Berl. Berichte 28 (1895), 653.
T Ebenda 1965.
") Beckmann u. Pleissner, Liebigs Annalen 262 (1801), 21. — Baeyer
u. Henrich, Berl. Berichte 28 (1895), 653.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 36
562 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Pulegon zeigt den Charakter eines Ketons; bei vorsichtiger
Reduktion mit Natrium in alkoholischer Lösung bildet sich jeden-
falls zunächst der Alkohol C 10 H as O, Pulegol 1 ), bei weiterer
Wasserstoffzufuhr entsteht das gesättigte 1-Menthol, C 10 H 20 O 2 ).
Als Skita und Ritter 8 ) Pulegon mit Palladium und Wasser-
stoff reduzierten, erhielten sie Menthon und wenig Menthol;
Jenison und R. E. Kremers*) gelangten bei derselben Arbeits-
weise zu I-Menthol und einem nicht identifizierten rechtsdrehenden
Keton. Die Hydrierung mit Nickeloxyd unter starkem Druck
und hoher Temperatur führte zu Menthen und Menthon 8 ).
Bei der elektrolytischen Reduktion entstehen verschiedene Pro-
dukte, je nachdem man in saurer oder alkalischer Flüssigkeit
arbeitet 8 ).
Durch Autoxydation im Licht bei Gegenwart von Sauer-
stoff 7 ) wird Pulegon in dieselben Spaltprodukte zerlegt, wie sie
bei der Permanganatoxydation 8 ) entstehen, nämlich in Aceton
und /S-Methyladipinsäure vom Smp. 84 bis 85°.
Wird Pulegon mit wasserfreier Ameisensäure oder mit Alkali
gekocht oder mit Wasser im Autoklaven auf 250° erhitzt, so
wird es unter Wasseraufnahme in Aceton und 1,3-Methylcyclo-
hexanon, C,H 12 0, gespalten 9 ).
Pulegon reagiert zwar mit Hydroxylamin, doch ist ein Oxim
des normalen Ketons noch nicht bekannt. Was man bisher
dafür hielt, ist Isopulegonoxim, da, wie Wallach 10 ) nachwies,
bei Gegenwart von Alkali und Hydroxylamin eine Isomerisation
des Pulegons zu (aktivem) Isopulegon eintritt. Gleichzeitig wird
das Pulegon hierbei durch das Alkali ziemlich weitgehend in der
oben angegebenen Weise hydrolytisch gespalten, so daß die
*■) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 914. — Über die
Reindarstellung des Pulegols s. Paolini, Rend. della R. Accad. dei Lincei,
Roma 28 (1919), II. 190; Chem. Zentralbl. 1922, I. 1230.
a ) Beckmann u. Pleissner, loc. cit. 30.
s ) Berl. Berichte 43 (1910), 3393.
*) Journ. Americ. pharm. Assoc. 15 (1926), 31.
5 ) Ipatiew u. Balatschinsky, Berl. Berichte 4A (1911), 3461.
') Law, Journ. chem. Soc. 101 (1912), 1016, 1544.
*) Sernagiotto, Chem. Zentralbl. 1916, I. 1147.
■) Semmler, Berl. Berichte 25 (1892), 3515.
9 ) Wallach, Liebigs Annalen 289 (1896), 338; 865 (1909), 24a
*») Liebigs Annalen 365 (1909), 240.
Ketone. 563
Ausbeute an Oxim sehr zu wünschen übrig läßt. Die besten
Resultate erhielt Wallach 1 ) nach folgender Vorschrift:
10 g Pulegon werden in 30 ccm absoluten Alkohols gelöst, eine Auf-
lösung von 30 g festem Kali in 20 ccm Wasser hinzugefügt und sodann eine
Auflösung von 10 g Hydroxylaminchlorhydrat in 10 ccm Wasser möglichst,
schnell eingetragen. Dabei ist aber darauf zu achten, daß bei diesen Operationen
die Temperatur der Reaktionsmasse 75° nicht überschreitet. Erst zuletzt wird
das Produkt noch etwa 10 Minuten lang auf dem Wasserbad auf 85° erwärmt
Nach dem Erkalten gießt man die Masse auf Eis und überläßt sie einige
Zeit sich selbst. Dann äthert man das Oxim, das sich gewöhnlich in großen
Flocken abscheidet, aus, destilliert von der abgehobenen ätherischen Lösung
den Äther ab und unterwirft den Rückstand der Dampfdestillation. Das mit
den Wasserdämpfen übergehende Oxim scheidet sich in der Vorlage sofort
in Form feiner Nadeln ab, die auf Asbest abfiltriert und umkristallisiert
werden. Aus Äther und Ligroin umkristallisiert, schmilzt es bei 120 bis 121°.
Durch häufiges Umkristallisieren aus Methylalkohol ist es Wallach gelungen,
den Schmelzpunkt schließlich auf 123 bis 124° zu bringen. Das Oxim ist
linksdrehend, [«limo — 25,833°. Beim Erwärmen des Oxims mit Oxalsäure
erhält man Isopulegon, während durch Erhitzen mit Schwefelsäure Pulegon
wiedergewonnen wird, indem die Schwefelsäure das Isopulegon wieder zu
Pulegon invertiert.
Außer diesem Oxim sind noch zwei weitere Reaktions-
produkte des Pulegons mit Hydroxylamin bekannt, nämlich
eine bei 155 bis 157° schmelzende, durch Anlagerung von
Hydroxylamin an die Doppelbindung im Pulegon entstehende
Verbindung C 10 H 16 O,NH 2 OH 2 ) und ein Dioxim (Oxaminooxim),
C 10 H 16 NOH-NH 2 OH, vom Smp. 118° a ).
Das durch Einwirkung von Semicarbazid auf Pulegon ent-
stehende Semicarbazon schmilzt bei 167,5 bis 168° 4 ). Es ist
in Äther schwer löslich. *
Schneller und einfacher soll nach Baeyer und Henrich 5 )
der Nachweis durch das charakteristische Bisnitrosopulegon zu
führen sein.
Um dieses darzustellen, versetzt man eine durch eine gute Kälte-
mischung abgekühlte Lösung von 2 ccm Pulegon oder pulegonhaltigen Öles
*) Liebigs Annalen 365 (1909), 244.
a ) Beckmann u. Pleissner, Liebigs Annalen 262(1891),6.— Wallach,
ebenda 365 (1909), 246.
s ) Semmler, Berl. Berichte 38 (1905), 146.
*) Wallach, Liebigs Annalen 865 (1909), 246.
B ) Berl. Berichte 28 (1895), 654; vgl. Baeyer u. Prentice, Berl. Be-
richte 2» (1896), 1078. — Gage, Pharm. Review 16 (1898), 413.
36*
H a cl Ji
564 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
in 2 com Ligroin und 1 ccm Amylnitrit mit einer ganz geringen Menge Salz-
säure; nach kurzer Zeit soll sich die Bisnitrosoverbindung in Gestalt feiner
Nadeln vom Smp. 81,5° abscheiden, die durch Aufstreichen auf poröse Ton-
platten und Waschen mit Petroläther rein zu erhalten sind; beim Umkristal-
lisieren zersetzen säe sich. Isopulegon gibt diese Reaktion nicht.
Isopulegon.
C 10 H ie O. Mol.-Gew. 152.
Das als Begleiter des natürlichen Pulegons in ätherischen
Ölen vorkommende Isopulegon kann, da es selbst damit keine
Verbindung eingeht, von jenem durch langandauernde Behand-
lung mit Bisulfitlösung getrennt werden. Grignard
CH» und Savard 1 ) stellten auf diese Weise einen Ge-
Ch halt von 16 bis 18°/o Isopulegon im natürlichen
H c/^Nch Pulegongemisch fest. Das Ergebnis der Ozoni-
sierung, d. h. der quantitativen Bestimmung der
Jco dabei entstehenden Mengen von Aceton (aus der
CH Isopropylidengruppe des Pulegons) und von Form-
H S C=C— CH S aldehyd und Ameisensäure (aus der Methylengruppe
des Isopulegons) bestätigten diesen Befund.
Isopulegon läßt sich in der auf S. 563 beschriebenen Weise
aus Pulegon über das Oxim darstellen. Außerdem kann man
es aus Pulegonhydrobromid durch Behandlung mit basischem
Bleinitrat gewinnen 4 ) oder durch Überführung des Citronellals
in Isopulegol (s. S. 519) und Oxydation dieses zu Isopulegon 3 ).
Während nach den beiden erstgenannten Methoden ein ein-
heitliches, aktives Produkt erhalten wird, entsteht bei der Um-
wandlung von Citronellal in Isopulegon ein Gemisch von aktivem
und inaktivem Keton, deren Mengenverhältnis zueinander je nach
den Versuchsbedingungen wechselt 4 ). Das aktive Isopulegon
liefert ein gleichfalls aktives Oxim vom Smp. 120 bis 121° (oder
x ) Compt. rend. 181 (1925), 589; 182 (1926), 422.
a ) Harries u. Roeder, Berl. Berichte 82 (1899), 3368.
*) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 30 (1897), 22; Tiemann,
ebenda 32 (1899), 825.
*) Wallach, Liebigs Annalen 365 (1909), 253. — Harries und Roeder
nahmen die Existenz zweier stereoisomerer Ketone, «- und ^-Isopulegon, an.
Berl. Berichte 82 (1899), 3362. Jenes ist mit dem aktiven, dieses mit dem
inaktiven Isopulegon identisch.
Ketone. 565
123 bis 124°, s. S. 563), das inaktive ein inaktives Oxim,
dessen Schmelzpunkt Wallach zu 138 bis 139° *) ermittelte.
Die Trennung der beiden Oxime gelingt nach Wallach am
besten durch häufiges Umkristallisieren aus Methylalkohol, worin
das niedrig schmelzende Oxim leichter löslich ist; es ist aber
nur schwer völlig frei von dem höher schmelzenden Oxim zu
erhalten und zeigt daher meist einen unscharfen Schmelzpunkt.
Dem aktiven Isopulegon entspricht ein in Äther leicht lösliches,
bei 172 bis 174° schmelzendes Semicarbazon, dem inaktiven
ein in Äther schwer lösliches vom Smp. 182 bis 183°.
Für ein ausd-Citronellal erhaltenes Isopulegon geben Tiemann
und Schmidt 9 ) folgende Eigenschaften an: Sdp. 90° (12 mm),
d„„. 0,9213, ß D + 10°l5', n D 1,4690.
Harries und Roeder 3 ) beobachteten an einem aus Pulegon-
hydrobromid gewonnenen Präparat: Sdp. 98 bis 100° (13 mm),
d iaiB . 0,9192, « D — 7° 8'.
Grignard und Savard 4 ) fanden für das reine natürliche
Keton, das, wie aus dem Ozontsationsversuch hervorging,
100°/oig war: Sdp. 78° (5 mm), d^- 0,9097, [«] D + 34,03 °,
n Di*° 1 »46332, Semicarbazon, Smp. 172°, Hydrobromid, Smp. 48°.
Für das nach dem Verfahren von Harries und Roeder
synthetisch hergestellte Isopulegon wurde festgestellt*): Sdp. 81°
(5 mm), d-^ 0,9097, [«] D — 7,13°, n DU . 1,46335. Semicarbazon,
Smp. 173 bis 174°.
Dihydrocarvon.
C 10 H 16 O. Mol.-Gew. 152.
Dieses Keton wurde im Laboratorium von Schimmel § Co. ä )
im Kümmelöl nachgewiesen.
Künstlich wird es erhalten aus Dihydrocarveol durch Oxydation
mit Chromsäure in Eisessiglösung 8 ) oder durch direkte Reduktion
l ) Harries und Roeder sowie Semmler fanden 143°, was Wallach
(loc. cit.) darauf zurückführt, daß diese Beobachter von aktiven Bestandteilen
ganz freie Präparate in Händen hatten.
") Berl. Berichte 30 (1897), 28.
3 ) loc. cit. 3371.
*) Compt. rend. 181 (1925), 589; 182 (1926), 422.
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1905, 50.
8 ) Wallach, Liebigs Annalen 275 (1893), 115.
WI 1
H*C(/\c
566 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
des Carvons mit Zinkstaub und Alkali oder Eisessig 1 ); nebenbei
entsteht immer ein wenig Dihydrocarveol.
Dihydrocarvon verbindet sich leicht mit Natriumbisulf it s ) und
läßt sich mit Hilfe dieser Verbindung in reinem Zustande gewinnen.
Es ist eine gleichzeitig nach Menthon und Carvon riechende
Flüssigkeit, für die Wallach (loc. cit.) folgende Eigenschaften
angibt: Sdp. 221 bis 222°, d 19 , 0,928, n E19 . 1,47174.
i " Die Drehung wechselt je nach dem Ausgangs-
ß** material; d-Carvon liefert linksdrehendes, 1-Carvon
■jCO rechtsdrehendes Dihydrocarvon.
JcHs Schimmel § Co. (loc. cit.) führen für ein
CH aus Kümmelöl isoliertes Dihydrocarvon folgende
i Konstanten an: Sdp. 221° (735,5 mm), d is „ 0,9297,
HsC-C-CH* « D _ 16° 18', n D20 „ 1,47107.
Als charakteristische Verbindungen sind zu erwähnen: Das
Dibromid, das sich nach Wallach 3 ) leicht bildet durch Ein-
tropfen von Brom in die Lösung von Dihydrocarvon in Eis-
essig-Bromwasserstoffsäure. Die aktiven Modifikationen des
Dibromids schmelzen bei 69 bis 70°, das razemische Gemisch
bei 96 bis 97°. Das aktive Oxim schmilzt bei 88 bis 89°, das
razemische Gemisch bei 115 bis. 116°. Die Oxime drehen in
demselben Sinne wie die zugehörigen Ketone*). Der Schmelz-
punkt des Semicarbazons wird von Wallach 6 ) zu 189 bis 191°,
von Harri es und Roeder 9 ) für ein mit Äther gewaschenes
Präparat zu 201 bis 202° angegeben. Zur Charakterisierung
des Dihydrocarvons können, neben den Konstanten, die erwähnten
Verbindungen dienen.
Carvotanaceton.
C 10 H ie O. Mol.-Gew. 152.
Im Öl der Komposite Blumea. Malcolmii 1 ) sind etwa 82 V
d-Carvotanaceton (J 8 -p-Menthenon-2) enthalten. Es wurde durch
*) Wallach u. Schrader, Liebigs Annalen 279 (1894), 377.
a ) Wallach, ebenda 275 (1893), 115.
s ) Ebenda 279 (1894), 389; 286 (1895), 127.
*) Ebenda 275 (1893), 117; 279 (1894), 381.
") Berl. Berichte 28 (1895), 1960.
6 ) Ebenda 32 (1899), 3372, Anm.
') Siraonsen u. Rau, Journ. ehem. Soc. 121 (1922), 876.
Ketone. 567
die Konstanten: Sdp. 227,5° (707 mm), [>] D80 . + 59,55° und durch
das Oxim (Smp.77°), das Semicarbazon (Smp. 173 CHj
bis 174°), das Oxamin (Smp. 95 bis 96°) und das £
bisher noch nicht dargestellte Phenylhydrazon j/\
(Smp. 91 bis 92°) charakterisiert. Die Oxydation HC [ | CO
des d-Carvotanacetons mit alkalischer Kalium- H*cL Jch,
permanganatlösung führte zu /?-IsopropyIglutar- ch
säure (Smp. 103 bis 104°). H S C— CH— CH
Campher.
C 10 H 16 O. Mol.-Gew. 152.
d-Campher, zum Unterschiede vom Borneocampher (d-Bor-
neol) auch Japan- oder Laurineencampher genannt, wird neben
Campheröl im Großen durch Destillation mit Wasserdampf aus
dem Holze von Cinnamomum camphora
gewonnen; d-Campher ist außerdem ge- J^
funden worden im Atherospermablätteröl, H s Cr" ~|CH S
Öl der Blätter von Alpinia nutans, Siam- jCH a — C— CH S !
Cardamomenöl, amerikanischen Wurm- H S C ^ j _^ CO
samenöl, Campherblätteröl, in den Ölen ^~c
der Blätter von Cinnamomum glanduli- CH
ferum u. C. Oliven, im Sassafrasöl, Apopin-
öl (?), Öl von Persea pubescens, Rosmarinöl, Spiköl, Öl von
Lavandula stoechas, L dentata, Ramona stachyoides, Majorana
onites, Meriandra benghalensis, Reunion-Basilicumöl, Öl von
Basilicum canum, Dalmatiner Salbeiöl; 1-Campher im Salbeiöl
von Salvia triloba und Salvia grandiflora (?), Öl von Artemisia
herba-alba, A. annua, A. cana (?), Mutterkrautöl, Rainfarnöl, Öl
von Blumea baisam ifera, Iva- und Schafgarbenöl; dl-Campher
im Öl von Chrysanthemum sinense var. japonicum. Auch liegen
noch einige Angaben über das Vorkommen des Camphers vor,
wobei aber die Drehungsrichtung nicht angegeben ist. So beim
Calmusöl, Öl von Alpinia galanga, Doryphora Sassafras, Caly-
canthus occidentalis, Öl von Piper camphon 'ferum, P. angusti-
folium var. ossanum, Zimtwurzelöl, Seychellen- Zimtrindenöl,
Yu-Juöl, Yama-nikkeirindenöl, Öl von Salvia cypria, Artemisia
afra und A. trifolium. Nach dem Geruch zu urteilen scheint
568 Hauptbestandteile der ätherischen öle.
auch der als Campher-Müchling bezeichnete Pilz Lactaria cam-
pfiorata 1 ) Campher zu enthalten.
Erwähnt sei auch, daß Campher vielleicht durch ein Tier,
Polyzonium rosalbum, ausgeschieden wird 2 ).
Synthetisch ist Campher durch trockne Destillation des
Blei- 8 ) oder Calciumsalzes*) der Homocamphersäure (Hallers
Hydroxycarnphocarbonsäure) erhalten worden; diese Synthese
war aber eine nur teilweise, da die Homocamphersäure aus
einem Derivat des Camphers dargestellt worden war. Von
Komppa 5 ) wurde später eine vollständige Synthese des Camphers
ausgeführt, indem es ihm gelang, auch die Camphersäure
synthetisch zu gewinnen. Die jetzt gültige Campherformel hat
J. Bredt 8 ) aufgestellt und bewiesen.
Campher läßt sich aus den Ölen oft schon durch Ausfrieren,
wenn nötig nach vorhergegangener Fraktionierung, abscheiden.
Er bildet eine körnig-kristallinische, farblose, durchscheinende
Masse, die sehr zur Sublimation neigt, sich in organischen
Lösungsmitteln leicht löst und einen charakteristischen Geruch
besitzt. Kleine Stückchen, auf Wasser geworfen, rotieren lebhaft,
eine Erscheinung, die durch die allerdings geringe Löslichkeit
des Camphers in Wasser zu erklären ist').
Seine Eigenschaften sind nach den verschiedenen Beob-
achtern folgende:
d 18 . 0,9853 (an 1-Campher bestimmt) 8 ); d^° 0,963; Smp. 176,3
bis 176,5°; Sdp. 209,1° (759 mm, Quecksilberfaden ganz im
Dampf) 8 ). — Smp. von besonders gereinigtem Campher 179° 10 ).
— Smp. 178,4°; [a] D +41,44° und — 42,76°"). — Smp. 175°;
*) Herrmann, Pharm. Zentralh. 49 (1908), 557.
s ) Cook, Chem. Zentralbl. 1801, I. 191.
3 ) Hai ler, Contrib. ä l'6tude du camphre. These, Nancy 1879. p. 34;
Bull. Soc. chim. III. 15 (1896), 324.
*) Bredt u. v. Rosenberg, Liebigs Annalen 289 (1896), 5.
») Berl. Berichte 8« (1903), 4332; 41 (1908), 4470; Liebigs Annalen 368
(1909), 110; 870 (1909), 209.
8 ) Berl. Belichte 26 (1893), 3047.
') Marcelin, Chem. Zentralbl. 1914, 1. 1048.
8 ) Chautard, Jahresb. d. Chem. 1863, 555.
») Foerster, Berl. Berichte 28 (1890), 2983.
") Salamon, Pharmaceutical Journ. 110 (1923), 432.
") Haller, Compt. rend. 105 (1887), 229.
betone. 569
Sdp. 204° 1 ). — Smp. 175°, Sdp. 204°; [a] D + 44,22° in 20°/oiger
alkoholischer Lösung 2 ).— [a] D1B „ in 10°/i>iger methylalkoholischer
Lösung + 43° 3 ).
In Wasser löst sich Campher in der Wärme schwerer als
in der Kälte. Die Löslichkeit ist bei gewöhnlicher Temperatur in
Wasser = 1:598, in Ringerscher Lösung (Lösung von Koch-
salz, Kaliumchlorid und Calciumchlorid in Wasser) 1 : 577. 4 )
Die spezifische Drehung des Camphers in Olivenöl bei ver-
schiedenen Konzentrationen ist von H. Malosse 5 ) bestimmt
worden, und über die verschiedenen Kristallformen aus alko-
holischer Lösung und aus Schmelzfluß hat F. Wallerant")
Beobachtungen angestellt.
Der Weltverbrauch von Campher ist außerordentlich groß,
namentlich werden zur Herstellung von Celluloidwaren enorme
Mengen verarbeitet, aber auch zur Fabrikation von rauchlosem
Pulver, zu Desinfektions- und medizinischen Zwecken findet er
ausgedehnte Verwendung. Dieser große Bedarf hat Veranlassung
zu seiner synthetischen Darstellung 7 ) aus Terpentinöl im Großen
gegeben, und die Aufgabe ist auch gelöst worden. Im allgemeinen
werden zwei Wege dazu eingeschlagen: Pinen wird entweder durch
Salzsäure in Bornylchlorid übergeführt, das überCamphen und Iso-
borneol in Campher umgewandelt werden kann, oder Pinen wird
hierzu direkt in Ester des Borneols bzw. Isoborneois verwandelt.
Der Campher hat von jeher das Interesse der Chemiker
erregt, und seine Literatur ist zu einem bedeutenden Umfange
angewachsen. Dem Zwecke dieses Buches entsprechend, sollen
hier nur die für seine Charakterisierung besonders geeigneten
Verbindungen berücksichtigt werden.
*) Landolt, Liebigs Annalen 189 (1877), 333.
s ) Beckmann, Liebigs Annalen 250 (1889), 353. — Über den Einfluß
der Natur des Lösungsmittels und der Konzentration auf das Drehungs-
vermögen s. Landolt loc. cit. u. Rimbach, Zeitschr. f. ph^sik. Chem. 9
(1892), 701.
*) Massy, Bull. Soc. pharm. Bordeaux 1911, 450.
*) Leo u. Rimbach, Chem. Zentral«. 1919, III. 562.
») Bull. Soc. chim. IV. 15 (1914), 358.
o) Compt. rend. 158 (1914), 597.
7 ) Eine gute Beschreibung der dabei angewandten Verfahren findet
sich in J. M. Klimont, Der technisch-synthetische Campher. Leipzig,
Otto Spamer, 1921.
570 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Seiner chemischen Natur nach ist der Campher ein Keton,
das sich nicht mit Bisulfit verbindet Hydroxylamin reagiert
damit unter Bildung des Oxims (s. u.), aus dem sich jedoch das
reine Keton nicht wieder erhalten läßt, da es beim Behandeln
mit Säuren Wasser ahspaltet und in das Amid oder die Nitrile
der Campholensäure, C 9 H 1S ■ CIS, übergeht.
Bei der Reduktion geht Campher unter Aufnahme von
Wasserstoff in den Alkohol C 10 H 18 O, Borneol, über; erfolgt
diese Anlagerung in indifferenten Losungsmitteln, so entsteht
neben wenig Isoborneol auch Campherpinakon, Smp. 157 bis
158° 1 ), während in alkoholischer Lösung wesentlich ein Gemisch
von Borneol und Isoborneol erhalten wird 2 ).
Die Oxydation mit Salpetersäure führt zur zweibasischen
Camphersäure, C 10 H lö O 4 (Smp. der aktiven Verbindung 187°,
der inaktiven 204 bis 205°), zur einbasischen Camphansäure,
C 10 H 14 O 4 , und weiterhin zur dreibasischen Camphoronsäure,
C„H 14 8 (Smp. 139°).
Wasserentziehende Mittel wirken sehr energisch auf Campher
ein; so entsteht durch Phosphorsäureanhydrid p-Cymol, durch
konzentrierte Schwefelsäure und Zinkchlorid bilden sich neben
diesem noch Carvenon (C 10 H ia O) und 4-Acetyl-l ,2-xylol. Bei
der Einwirkung von Jod wird Carvacrol erhalten.
Zur Identifizierung des Camphers benutzt man das Oxim.
Diese von Nägeli 8 ) entdeckte Verbindung stellt man am besten nach
dem Verfahren von Auwers*) dar, indem man eine Lösung von 10 T.
Campher in der 10- bis 20fachen Menge 90 %igen Alkohols mit einer Auf-
lösung von 7 bis 10 T. Hydroxylaminchlorhydrat und 12 bis 17 T. Natron-
lauge versetzt und solange im siedenden Wasserbade digeriert, bis sich der
auf Zusatz von Wasser zunächst ausgeschiedene Körper klar in Natronlauge
löst. Das durch Wasser ausgefällte Oxim wird aus Alkohol oder Llgroin
umkristallisiert; es schmilzt bei 118 bis 119° B ) und ist, wenn aus d-Campher
bereitet, linksdrehend, während das Oxim des 1-Camphers Rechtsdrehung
zeigt 8 ). In alkoholischer Lösung beträgt [«] D +41,3°.
*) Beckmann, Bert. Berichte 27 (1894), 2348; Liebägs Annalen 292
(1896), 1.
a ) Beckmann, Journ. f. prakt. Chem. U. 55 (1897), 35.
*) Berl. Berichte 16 (1883), 497.
*) Berl. Berichte 22 (1889), 605.
fi ) Bertram u. Wal bäum, Journ. f. prakt. Chem. II. 49 (1894), 10. —
Bredt u. v. Rosenberg, Liebigs Annalen 289 (1896), 6.
s ) Beckmann, Liebigs Annalen 260 (1889), 354.
Ketone. 571
Zum Nachweis des Camphers können ferner noch heran-
gezogen werden das bei 236 bis 238° schmelzende Semi-
carbazon, das p-Bromphenylhydrazon vom Schmelzpunkt 101 01 ),
die bei 80 bis 81° schmelzende Oxymethylenverbindung und die
Benzylidenverbindung, deren aktive Formen bei 95 bis 96° und
deren inaktive bei 78° schmelzen.
Hat man Campher neben Borneol nachzuweisen, so erwärmt man nach
Hai ler*) das Gemisch mit Bernsteinsäure- oder Phthalsäureanhydrid und
macht alkalisch, wodurch der entstandene saure Bomeolester in Lösung
geht Der Campher kann her alkalischen Lösung dann mit Äther entzogen
werden. Ferner kann man das Borneol z. B. mit Bernsteinsäure oder Stearin-
säure, in hochsiedende Ester überführen, von denen der Campher durch
Wasserdampfdestillation zu trennen ist. Nach einem anderen Verfahren wird
das Gemisch oximiert und das entstandene Campheroxim mit verdünnter
Schwefelsäure in Lösung gebracht. Durch Ausäthern wird aus dem Gemisch
das Borneol entfernt, doch muß die ätherische Lösung noch mehrfach mit
verdünnter Schwefelsäure behandelt werden, da der Äther auch etwas Campher-
oxim aufnimmt.
Von dem natürlichen oder Laurineencampher werden im
Großhandel verschiedene Sorten unterschieden 3 ):
1. „A tl - Qualität, aus Japan stammend und praktisch reiner
Campher. 2. „BB"-Qualität oder raffinierter Campher mit 98
bis 99 °/o reinem Campher. 3. „B"-Qualität, ein Rohprodukt
mit 95 °/o Campher. 4. Campher in Pulverform, der durch
Umkristallisieren von Campher in Campheröl erhalten wird.
Den Wassergehalt von rohem Campher bestimmen Lane und Lubatti*)
nach folgender Methode: 5 g roher Campher werden in ein Glasrohr von
25 mm Durchmesser gebracht, das zu einer Röhre von 4 mm verengt ist.
Letztere ist graduiert und am unteren Ende geschlossen. Auf der Stelle, an
welcher sich die Röhre konisch erweitert, ruht ein Drahtnetz aus Wickel, das,
mit etwas Watte versehen, als Filter dient. Für die Bestimmung werden
30 ccm Benzin mit Wasser gesättigt, zentrifugiert und vom abgeschiedenen
Wasser getrennt Dieses Benzin gibt man zu dem Campher in das Glas-
rohr und zentrifugiert das Ganze mehrere Minuten lang. Sämtliches Wasser
sammelt sich in der unteren Röhre an, an deren Einteilung der Prozentgehalt
direkt abgelesen wird.
Der synthetische Campher unterscheidet sich von dem
Laurineencampher durch sein opt. Drehungsvermögen. Während
*) Tiemann, Bert. Berichte 28 (1895), 2191.
*) Compt rend. 108 (1889), 1308.
*) Bericht von Schimmel § Co. 1928, 100.
4 ) Journ. Soc. ehem. Industry 39 (1920), T.50.
572 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
dieser ziemlich stark nach rechts dreht, ist der synthetische
inaktiv oder je nach dem Ausgangsmaterial schwach links- oder
rechtsdrehend. Man hat weiter zur Kennzeichnung der beiden
Camphersorten die Vanillin-Salzsäure-Reaktion herangezogen.
Nach ßohrisch 1 ) gibt der natürliche Campher beim vorsichtigen Er-
wärmen mit frisch bereiteter Vanillin -Salzsäurelösung (1:100) bei 30° eine
gelbe, bei 60° eine blaugrüne und bei 75 bis 80° eine indigoblaue Färbung.
Letztere bleibt auch nach dem Erkalten mehrere Stunden lang bestehen.
Synthetischer Campher gibt auf diese Weise Gelbfärbung, Nach mehrmaligem
Umkristallisieren zeigt der natürliche Campher» die Reaktion nicht mehr,
woraus geschlossen werden muß, daß sie durch geringe Verunreinigungen
des Camphers mit Campherölbestandteilen hervorgerufen wird.
Zur quantitativen Bestimmung des Camphers wird von
G. Zeiger 2 ) sowie von O. Aschan 8 ) das Semicarbazon vor-
geschlagen, das früher von Schimmel fij Co.*) zum qualitativen
Nachweis von Campher in einem ätherischen Öl angewandt
worden war. Aschan gibt dafür folgende Vorschrift:
1 g der zu prüfenden Substanz wird in einem Reagensglase in 2 g Eis-
essig gelöst und mit 1 g salzsaurem Semicarbazid und 1,5 g- wasserfreiem
Kaliumacetat versetzt Nach Mischen des Inhalts mit einem Glasstabe ver-
schließt man das Reagensglas mit einem Wattepfropfen und stellt es drei
Stunden lang in ein Wasserbad bei 70°. Nach dem Abkühlen gibt man
10 bis 15 ccm Wasser hinzu, rührt bis zur vollständigen Lösung der Salze
um und filtriert unter sorgfältigem Nachwaschen durch ein gewogenes Filter.
Der auf dem Filter bleibende Rückstand (Campher-Semicarbazon) wird bei
gewöhnlicher Temperatur getrocknet, mit Petroläther gewaschen und wiederum
bis zum konstanten Gewicht getrocknet. Aus der Gewichtszunahme a
des Filters berechnet sich der Camphergehalt nach folgender Gleichung:
209 : 152 «= a : x.
Fenchon.
C 10 H 16 0. Mol.-Gew. 152.
Eine dem Campher sehr ähnliche, aber bei gewöhnlicher
Temperatur flüssige Verbindung ist das Fenchon, das in äthe-
rischen Ölen in beiden optisch aktiven Modifikationen vorkommt;
d-Fenchon ist in Fenchelölen enthalten, während 1-Fenchon einen
*) Pharm. Zentralh. 48 (1907), 527, 777; 55 (1914), 1003.
») Chem. Zentralbl. 1924, II. 1835.
s ) Finska Apotekareföreningens Tidskrift 1925, S. 1925; Chemist and
Druggist 108 (1925), 425.
*) Bericht von Schimmel 8[ Co. Oktober 1918, 69.
Ketone. 573
Bestandteil des Thujaöls und des Öls von Artemisia frigida
ausmacht. Das d-Fenchon ist außerdem im Öl von Foeniculum
piperitum, Lavandula stoechas und L dentata aufgefunden
worden. Von dem im Öl von Thuja plicata und Lavandula
Burmanni nachgewiesenen Fenchon ist die Drehungsrichtung
nicht angegeben.
Zu seiner Reinigung 1 ) befreit man die fenchonhaltigen, bei
etwa 190 bis 195° siedenden Fraktionen durch Oxydation mit
konzentrierter Salpetersäure oder Permanganat-
lösung von Beimengungen; Fenchon ist gegen
Oxydationsmittel sehr beständig und wird hierbei
nur wenig angegriffen. Ist das Fenchon durch H B Ci'
diese Behandlung schon ziemlich rein geworden, HjC [
so erstarrt es in der Kälte und kann dann
durch Kristallisation und Entfernung der flüssig
bleibenden Anteile weiter gereinigt werden. Doch ist Fenchon
auf diese Weise von geringen Mengen Campher, der sich bei
dem Verfahren eventuell auch aus Borneolestern bilden kann,
nicht zu befreien. Methoden zur Trennung dieser beiden Ketone
sind weiter unten angegeben.
Das reine Fenchon ist eine wasserhelle, etwas ölige Flüssig-
keit, die einen intensiv campherartigen Geruch und bitteren Ge-
schmack besitzt. Seine physikalischen Eigenschaften werden von
Wallach 2 ) wie folgt angegeben: Smp. -1-5 bis 6°, d 19 = 0,9465,
d 93 o 0,943, [ß] ms = 4-71,97° und 66,94° (in alkoholischer Lösung) 8 ),
n D19 . 1,46306. Für ein aus dem Semicarbazon regeneriertes
d-Fenchon wurde von Wallach*) bestimmt: Sdp. 192 bis 193°,
d 18 . 0,948, |>] D + 62,76° und +68,43° (in 13,76 »oiger alko-
holischer Lösung), n Dlgo 1 ,46355.
Durch Reduktion entsteht aus dem aktiven Fenchon der
bei 45° schmelzende Fenchylalkohol, C 10 H 18 O 3 ); dabei findet
Drehungswechsel statt, so daß aus d-Fenchon sich 1-Fenchyl-
alkohol bildet und umgekehrt. Bei der Oxydation mit Per-
») Wallach, Liebigs Annalen 263 (1891), 130.
*) Liebigs Annalen 263 (1891), 131; 272 (1893), 102.
s ) Diese niedrige Drehung erklärt sich durch einen geringen Campher-
gehalt des verwendeten Präparats. Wallach, Liebigs Annalen 353 (1907), 215.
*) Liebigs Annalen 362 (1908), 195, Anm.
8 ) Ebenda 268 (1891), 143.
574 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
manganat liefert Fenchon neben Essig- und Oxalsäure Di-
methylmalonsäure, (CH 8 ) 8 C(CÖOH) 2 , Smp. 188 bis 189" 1 ), bei
Anwendung von konz. Salpetersäure auch Isocamphoronsäure
und Dimethyltricarballylsäure 2 ). Durch verdünnte Salpetersäure
entstehen auch zwei Nitrofenchone 8 ). Als J. Bredt 4 ) Fenchon
mit Chromsäure in Eisessiglösung oxydierte, erhielt er neben un-
verändertem Fenchon bis zu 20 % Diketofenchan = Ketofenchon.
Die Konstitution des Fenchons kommt durch die von
Semmler") aufgestellte Formel zum Ausdruck; sie wurde be-
wiesen durch die Totalsynthese des Fenchons, das Ruzicka 8 )
erhielt, als er den aus Methylcyclopentanoncarbonsäureester
erhaltenen Methylnorcampher methylier-te»
Fenchon entsteht auch durch Oxydation von Fenchylalkohol.
Wie Campher bei der Behandlung mit Phosphorsäure-
anhydrid p-Cymol liefert, so gibt Fenchon bei derselben Be-
handlung m-Cymol. • Durch Einwirkung von konzentrierter
Schwefelsäure geht Fenchon in 4-Acetyl-l,2-xylol über 7 ).
Semmler 8 ) stellte aus Fenchon durch Behandlung mit
Natriumamid ein bei 94° schmelzendes Dihydrofencholensäure-
amid dar.
Ebensowenig wie Campher verbindet sich Fenchon mit
Bisulfit, es ist aber auch gegen Phenylhydrazin indifferent; da-
gegen liefert es mit Hydroxylamin 9 ) ein Oxim, das man zweck-
mäßig nach der von Wallach 10 ) gegebenen Vorschrift darstellt.
Danach werden einer Lösung von 5 g Fenchon in 80 ccm absoluten
Alkohols eine Auflösung von 11 g Hydroxylaminchlorhydrat in 11 g heißen
Wassers und 6 g gepulverter Pottasche zugesetzt. Nach einigem Stehen
kristallisiert — namentlich wenn etwas Alkohol verdunstet — das Oxim aus,
das durch Umkristallisieren aus Alkohol, Essigester oder Äther zu reinigen ist.
*) Wallach, Liebigs Annalen 268 (1891), 134.
a ) Gardner u. Cockburn, Journ. ehem. Soc. 78 (1898), 708.
3 ) Nametkin, Ljubowkowa u. Chochriakowa, Chem. Zentralbl.
1923, III. 1012.
4 ) Journ. f. prakt. Chem. II. 106 (1923), 336.
s ) Chem. Ztg. 2» (1905), 1313; Berl. Berichte 39 (1906), 2581; 40 (1907), 439.
6 ) Berl. Berichte 50 (1917), 1362.
7 ) Marsh, Journ. chem. Soc. 75(1899), 1058. — Wallach, Liebigs Annalen
315 (1901), 295.
8 ) Berl. Berichte 89 (1906), 2578.
8 ) Wallach, Liebigs Annalen 263 (1891), 136.
") Ebenda 272 (1893), 104.
Ketone. 575
Die aktiven Formen haben den Smp. 164 bis 165°; die
inaktive Form schmilzt bei 158 bis 160°. Das Fenchonoxim
verhält sich insofern dem Campheroxim gleich, als es durch
Wasserabspaltung in die Nitrite der den Campholensäuren
isomeren Fencholensäuren, C 10 H 15 N, übergeht.
Bei der Darstellung von d- Fenchonoxim nach dem von
Rimini 1 ) angegebenen Verfahren (4- bis östündiges Erhitzen von
Fenchon, gelöst in Alkohol, mit Natriumhydroxyd in größerer
Menge und Hydroxylaminchlorhydrat) erhielt Delepine 9 ) ein
Oxim mit den Konstanten: Smp. 123°, [a] D -+• 129,3°. Zum
Unterschied von den bisher bekannten, nach der Wall ach sehen
Vorschrift erhaltenen d- oder 1-Fenchonoximen (Smp. 164 bis 165°;
[a] D + 48°) — den a-Fenchonoximen — bezeichnet Delepine das
Produkt vom Smp. 123° als /S-Fenchonoxim. Ein mit alkoholischer
Lauge erhitztes a-Fenchonoxim geht nicht in die /J-Form über.
Andrerseits verwandelt sich letztere unter gewissen Bedingungen
(z. B. Erhitzen der angesäuerten alkoholischen Lösung mit Salz-
säure oder Essigsäure oder längeres Stehenlassen der alkoho-
lischen Lösung) in die or-Verbindung. Einwirkung von Salzsäure
bei gewöhnlicher Temperatur auf /^-Fenchonoxim in alkoholischer
Lösung veranlaßt eine Steigerung des Drehungsvermögens von 129°
bis auf 170°, wahrscheinlich unter Bildung eines Salzes. Durch
Lösen des j?-Oxims in verdünnter Salzsäure und Wiederausfällen
mit Ammoniak wird die Drehung nicht merklich verändert.
Auf Grund dieser Beobachtungen gibt Delepine ein Ver-
fahren zur Identifizierung von Fenchon in einem Fenchon-
Camphergemisch :
Man führt das Gemisch nach Rimini in die Oxime über und isoliert
das entstandene /?-Fenchonoxim durch Verdünnen der alkalischen Lösung,
in der Campheroxim gelöst bleibt. Die optische Drehung des so erhaltenen
rohen /S-Fenchonoxims ist nach Delepines Erfahrungen immer größer als
+ 1 15°. Durch Isomerisation wird das /S-Oxim schließlich in die «-Ver-
bindung, deren Drehung etwa +45° betragt, umgewandelt
Das Sernicarbazon des Fenchons bildet sich nur außer-
ordentlich langsam. Ein bequemer Weg zu seiner Darstellung
ist von Wallach*) angegeben worden:
*) Gazz. chim. ital. 26, II. (1896), 502.
*) Bull. Soc. chim. IV. 85 (1924), 1330.
s ) Liebigs Annalen 353 (1907), 211.
576 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
10 g Semicarbazidchlorhydrat und 10 g Natriumacetat werden in 20 ccm
Wasser gelöst und mit dem Reagens eine Auflösung von 10 g Fenchon in
50 ccm Alkohol vermischt. Man läßt die klare Lösung bei gewöhnlicher
Temperatur mindestens zwei Wochen stehen und destilliert dann das Reak-
tionsprodukt mit Wasserdampf. Es geht Alkohol und unverbrauchtes Fenchon
über, während in dem Destillationsrückstande das in kochendem Wasser
nicht ganz unlösliche Semicarbazon teils auskristallisiert, teils in kompakter
Masse zurückbleibt Aus verdünnten alkoholischen Lösungen kristallisiert es
in scharf ausgebildeten, centimetergroßen, glänzenden, dicken rhombischen
Prismen, die bei 182 bis 183° schmelzen. Die inaktive Form schmilzt bei
172 bis 173° und besitzt geringeres Kristallisationsvermögen.
Da sich das Semicarbazon des Camphers viel schneller
bildet, so kann dieses Verhalten zur Abscheidung von Campher
aus Fenchon benutzt werden 1 ). Eine andere, von Semmler 9 )
angegebene Trennungsmethode beruht auf dem verschiedenen
Verhalten beider Ketone beim Kochen mit Natrium. Campher
reagiert dabei unter Bildung von Natriumcampher, während
Fenchon unverändert bleiben soll. Durch Untersuchungen
Wallachs 8 ) hat sich aber herausgestellt, daß auch Fenchon
beim Kochen mit Natrium nicht unverändert bleibt, sondern
schließlich ebenso vollständig umgewandelt werden kann wie
Campher, nur geht die Reaktion viel langsamer vor sich. Es
ist also zu beachten, daß bei einer Trennung des Fenchons vom
Campher durch Destillation über Natrium große Verluste eintreten.
Schließlich sei noch auf eine von Leroide 4 ) mit Hilfe von
Aluminiumchlorid ausgeführte Trennung hingewiesen.
Thujon.
C 10 H 16 O. Mol.-Gew. 152.
Thujon kommt in zwei physikalisch isomeren Formen vor,
nämlich als linksdrehendes a-Thujon und als rechtsdrehendes
^-Thujon (Tanaceton Semmlers). Die beiden Modifikationen
sind keine optischen Antipoden. Sie lassen sich durch ihre
Semicarbazone scharf auseinanderhalten und werden durch Be-
l ) Wallach, Liebigs Annalen 35S (1907), 213ff.
*) Berl. Berichte 40 (1907), 4591.
a ) Liebigs Annalen 369 (1909), 65.
*) Berichte von Roure- Bertrand Fils Oktober 1909, 38; Bericht von
Schimmel § Co. April 1910, 185.
Ketone. 577
handlung mit Alkali zum Teil ineinander verwandelt 1 ). Thujon
wurde gleichzeitig von Wallach 2 ) und Semmler 8 ) entdeckt,
und zwar von Wallach als linksdrehendes Thujon im Thuja-
öl, von Semmler als rechtsdrehendes Thujon im Rainfamöl.
Semmler nannte letzteres Keton Tanaceton, während Wallach
dieser rechtsdrehenden Form den Namen /S-Thujon gegeben hat
Außer in den genannten Ölen kommt Thujon noch in einigen
anderen vor, und zwar a-Thujon im Blätteröl von Thuja plicata,
im Salbeiöl und im Öl von Artemisia Barrelieri,
A. indica und Boronia thujona, /2-Thujon im Salbei-
öl, Öl von Artemisia Barrelieri, A. arborescens,
Boronia thujona, wahrscheinlich in dem Öl von
Pycnanthemum lanceolatum und besonders im
Wermutöl. Thujon ist ferner, unbestimmt, ob in
der einen oder andern Modifikation, gefunden
worden im Öl von Ramona stachyoides, Artemisia
serrata, A. selegensis und im Schafgarbenöl. Aus thujonreichen
Ölen, wie Rainfarnöl und dem Öle von Artemisia Barrelieri, läßt
sich das Keton bequem in Gestalt seiner Bisulfitverbindung ab-
scheiden, die beim Zerlegen mit Soda reines Thujon liefert. Zur
Darstellung der Bisulfitverbindung nimmt man Ammoniumbisulfit,
setzt zweckmäßig etwas Alkohol zu und läßt das Gemisch unter
öfterem Umschütteln längere Zeit stehen.
Thujon ist eine farblose, angenehm erfrischend riechende
Flüssigkeit. Für das aus der Bisulfitverbindung oder dem
Semicarbazon regenerierte Keton fand Wallach*): d 1B . 0,9175,
n D 1,45109, d 20 „ 0,916, n D 1,4507.
Ferner stellte er 5 ) fest für a-Thujon, das aus dem Semi-
carbazon durch verdünnte Schwefelsäure regeneriert war: Sdp.
200 bis 201°, d 0,912, « D — 5°13', n D22 o 1 ,4503. Wurde zum
Regenerieren Phthalsäureanhydrid angewandt, so beobachtete
man eine Drehung von [a] D — 10,23°. Für ,3-Thujon, das aus
dem Semicarbazon erhalten war, wurde {Vf D 4-76,16° gefunden.
Durch Alkali geht das «-Thujon äußerst leicht in /S-Thujon über,
*) Wallach, Liebigs Annalen 886 (1904), 249.
<*) Liebigs Annalen 272 (1893), 99.
3 ) Berl. Berichte 25 (1892), 3343.
*) Ebenda 28 (1895), 1965.
5 ) Liebigs Annalen 886 (1904), 263.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. J. 37
578 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
was eventuell bei der Feststellung der Natur eines zu unter-
suchenden Thujons zu beachten ist.
Schimmel § Co. fanden für /S-Thujon: d 15 . 0,9209 bis 0,9217,
tt:D _f_ 68°16' bis -f-70°58', n D20 . 1,44962 bis 1,45422, löslich in
etwa 10 Vol. 60% igen und in 2,5 bis 3 Vol. 70% igen Alkohols.
Zersetzt man das Semicarbazon des a-Thujons mit Phthal-
säureanhydrid und entfernt das abgespaltete Thujon durch einen
Wasserdampfstrom, so erhält man, wie Paolini 1 ) gefunden hat,
I-a-Thujon mit « D — 10°23'. Erwärmt man aber das Gemisch
von Semicarbazon und Phthalsäureanhydrid eine halbe Stunde
auf dem Wasserbad, so gewinnt man d-a-Thujon mit a D + 10°23'.
Beide Thujone gemischt, geben inaktives rac. Thujon.
Thujon ist ein gesättigtes Keton, jedoch wird es von Per-
manganat ziemlich leicht angegriffen. Brom wirkt substituierend.
Abweichend von Campher und Fenchon verbindet sich
Thujon, wie bereits erwähnt, mit Bisulfit. Mit Hydroxylamin
liefert es ein bei 54 bis 55° schmelzendes Oxim a ), das dem
j?-Thujon entspricht, während das Oxim des a-Thujons flüssig
ist. Das kristallisierte Oxim kann durch Einwirkung von Phos-
phorpentachlorid in ein bei 90° schmelzendes Isoxim 3 ). und
durch Erwärmen mit verdünnter alkoholischer Schwefelsäure in
Carvacrylamin übergeführt werden 4 ). Durch Umsetzung mit
Semicarbazidlösung 8 ) gibt das a -Thujon ein kristallisierendes
Semicarbazon, das bei 186 bis 188° 5 ) schmilzt. Außerdem
existiert eine amorphe, unscharf bei 110° schmelzende Modi-
fikation. Vom /J-Thujon leitet sich ein bei 174 bis 175° schmel-
zendes, hexagonales Semicarbazon ab, das von selbst in eine
stabile, bei 170 bis 172° schmelzende rhombische Form übergeht.
Durch Reduktion mit Natrium und Alkohol geht Thujon in
den zugehörigen sekundären Alkohol C 10 H 18 O, Thujylalkohol,
über 8 ), der bereits auf S. 482 besprochen worden ist. Bei der
l ) Chem. Zentralbl. 1926, I. 3600.
B ) Wallach, Liebigs Atinalen 277 (1893), 159. — Semmler, Berl.
Berichte 25 (1892), 3344.
») Wallach, Liebigs Annalen 286 (1895), 94; 886 (1904), 270.
*) Semmler, Berl. Berichte 25 (1892), 3352.
") Das gilt für die ganz reine Verbindung; gewöhnlich wird gefunden
184,5 bis 186°.
") Semmler, Berl. Berichte 25 (1892), 3344.
Ketone. 579
Hydrierung von Thujon mit Wasserstoff und Nickel bei 175 bis
180°*) entsteht Thujamenthon, C 10 H 18 O, ein Keton, das auch
durch Oxydation von Thujamenthol, C^H^O, erhalten werden
kann. Durch Wasserstoff und Palladium 2 ) läßt sich Thujon'
nicht reduzieren.
Bei der Oxydation von Thujon mit Permanganat in der
Kälte entsteht eine gesättigte Ketosäure C 10 H 19 O 8 3 ), die «-Thuja-
ketosäure (a-Tanaceton carbonsäure), Smp. 75 bis 76°, die sehr
leicht, z. B. durch Erwärmen oder durch Destillation im Vakuum,
in die isomere, ungesättigte ß-Thujaketosäure, Smp. 78 bis 79°,
übergeht. Durch Einwirkung von Hypobromit entstehen die ent-
sprechenden Dicarbonsäuren C„H 14 4 4 ), von denen die a-Säure
bei 141,5°, die ß-Säure bei 116 bis 118° schmilzt. Beide Keto-
säuren liefern bei der trocknen Destillation ein ähnlich wie
Methylheptenon riechendes Keton C 9 H 1B 0, das Thujaketon 5 ).
Ferner können die Ketosäuren zur <?-(w-)DimethyIlävuIinsäure,
Smp. 32°, abgebaut werden*).
a-Thujaketosäure findet sich in lange gelagertem Thujon
und in alten thujonh altigen Ölen 7 ) und kann leicht durch Aus-
schütteln mit Natronlauge daraus abgeschieden und gekenn-
zeichnet werden.
Wird Thujon in geschlossenen Röhren längere Zeit auf
280° erhitzt, so geht es in ein carvonähnlich riechendes, un-
gesättigtes Keton der gleichen Zusammensetzung C 10 H 16 O,
Carvotanaceton, über 8 ). Dieselbe Umwandlung scheint schon
bei längerem Sieden des Thujons vor sich zu gehen, wie aus
der Abnahme des Drehungsvermögens zu schließen ist. Ein
anderes isomeres, ebenfalls ungesättigtes Keton, Isothujon,
entsteht beim Erwärmen von Thujon mit verdünnter Schwefel-
») Godchot, Compt rend. 158 (1914), 1807.
ä ) Wallach, Liebigs Annalen 381 (1911), 85.
s ) Sem ml er, Bert. Berichte 25 (1892), 3347. — Wallach, Liebigs
Annalen 272 (1893), 111; Berl. Berichte 30 (1897), 423.
4 ) Sem ml er, ebenda 3346.
6 ) Wallach, Liebigs Annalen 272 (1893), 116; 275 (1893), 164.
6 ) Tiemann u. Semmler, Berl. Berichte 30 (1897), 429; 31 (1898), 2311.
7 ) Wallach, Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1919, Sitzung vom
18. Juli, S. 13.
a ) Semmler, Berl. Berichte 27 (1889), 895.
37*
580 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
säure 1 ). Durch Reduktion geht Isothujon in gesättigtes Thuja-
menthol über. Thujon wird beim Kochen mit einer Lösung
von Eisenchlorid in Carvacrol umgewandelt.
Auf Grund des physikalischen und chemischen Verhaltens hat
Semmler 2 ) für das Thujon die oben angegebene Konstitutions-
formel aufgestellt, die etwas später auch von Wallach*) an-
genommen worden ist.
Zur Charakterisierung des Thujons ist das Tribromid am
geeignetsten, das man nach Wallach*) am besten in der
Weise darstellt, daß man 5 g Thujon in einem großen Becher-
glase in 30 ccm Petroläther löst und zu dieser Lösung auf
einmal 5 ccm Brom gibt. Nach einigen Sekunden tritt eine
ziemlich heftige Reaktion unter beträchtlicher Entwicklung von
Brom Wasserstoff ein. Ist diese beendigt, so scheidet sich beim
Verdunsten des Lösungsmittels das Tribromid allmählich als
Kristallmasse aus, die durch Waschen mit kaltem Alkohol
von anhängendem Öle zu befreien und aus heißem Essig-
äther umzukristallisieren ist; der Schmelzpunkt der reinen
Verbindung liegt bei 121 bis 122°. Durch Umsetzung mit
methyl- oder äthylalkoholischem Kali können daraus Phenole
QoH^BrtOHMOCHg) und C a0 H 11 Br(OH)(OC 2 H e ) dargestellt
werden, von denen jenes bei 156 bis 157°, dieses bei 144 bis
145° schmilzt.
Zur Identifizierung der a- und /3-Form des Thujons bedient
man sich der oben näher beschriebenen Semicarbazone.
Infolge der in . Frankreich und der Schweiz erlassenen
Absinthverbote sind über den Nachweis von Thujon eine Reihe
von Arbeiten erschienen, aus denen hervorgeht, daß die bisher
vorgeschlagenen Erkennungsmethoden (Farbreaktionen) nicht mit
Unrecht stark angegriffen werden*).
*) Wallach, Liebigs Annalen "286 (1895), 101; 328 (1902), 334; Berl.
Berichte 28 (1895), 1958; 30 (1897), 26.
a ) Berl. Berichte SS (1900), 275, 2454.
*) Liebigs Annalen 838 (1902), 371.
*) Ebenda 275 (1893), 179; 286 (1895), 109.
8 ) Vgl. Bericht von Schimmel § Co. April 1907, 109; Oktober 1907, 98;
April 1908, 107; Oktober 1908, 131; April 1909, 90; Oktober 1909, 122;
Oktober 1911, 96. — Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm. 49 (1911),
337, 418, 507.
Ketone. 58 t
^-Menthenon-3 (Piperiton).
C 10 H 16 O. Mol.-Gew. 152.
Das menthonähnlich riechende Keton A '■-Menth enon-3 ist
zuerst von Wallach 1 ) im Jahre 1908 durch Dehydratation
von 1,3,4-Trioxymenthan dargestellt worden.
Schimmel § Co. 2 ) fanden es L J. 1910 im
japanischen Pfefferminzöl und später auch im
Campheröl. Die von Baker und Smith i. J. 1902
aus dem Öl von Eucalyptus dives gewonnene
Verbindung, die sie Piperiton nannten, und der
sie die Formel C 10 H lg O beilegten, wurde später
als ^ x -Menthenon-3 erkannt 3 ).
^-Menthenon-S ist ein charakteristischer Bestandteil der
Eucalyptusöle der „Peppermintgruppe", fast immer begleitet von
1-ß-Phellandren, und zwar findet es sich in den Ölen von Euca-
lyptus coriacea, E. Sieberiana, oreades, dives, radiata, Delega-
tensis, Andrews!, taeniola und apiculata (im letztgenannten
ohne Phellandren). Die Öle von Andropogon ivarancusa, Cymbo-
pogon sennaarensis und von Mentha pulegium var. hirsuta
enthalten ebenfalls Piperiton.
Während das synthetisch dargestellte Keton inaktiv ist,
kommt es in ätherischen Ölen auch in beiden aktiven Formen vor,
die aber sehr leicht, z. B. durch mehrstündiges Erhitzen auf
200° racemisiert werden.
Eigenschaften: Inaktives Menthenon. Sdp. 235 bis 237°;
d 19 . 0,9375; n B20 „ 1,4875*). Für das über das a-Semicarbazon
gereinigte racemische Keton wurde gefunden: Sdp. 113° (18 mm),
df^ 0,9331, a D ±0°, n M0 . 1,4845, und für d-Piperiton: Sdp. 116
bis 118,5° (20 mm), d^? 0,9344, [«] D20 . +49,13°, für 1-Piperiton:
Sdp. 109,5 bis 110,5° (15 mm), d^0,9324, [g] D20 . — 51,53° 5 ).
Bei vorsichtiger Oxydation des ^-Menthenons mit Per-
manganat entstehen außer Ameisensäure «-Oxy-a-methyl-ß'-äso-
*) Wallach, Liebigs Annalen 362 (1908), 271.
a ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1910, 79.
8 ) Baker u. Smith, A research on the Eucalypti 2. Aufl. 1920, S. 390.
— Bericht von Schimmel § Co. 1921, 24-, Anm. 4. — Givaudan § Co.,
Perfum. Record 12 (1921), 80.
*) Wallach, Liebigs Annalen 362 (1908), 271.
s ) Read u. Smith, Journ. ehem. Soc. 121 (1922), 1863; 123 (1923), 2267.
582 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
propyladipinsäure , a-Isopropyl-y-acetylbuttersäure , a-Isopropyl-
glutarsäure x ) und Diosphenol 8 ).
Bei Verwendung von Eisenchlorid als Oxydationsmittel ent-
steht Thymol 1 ).
Bei der Reduktion 3 ) des Piperitons mit Natrium und Alkohol
erhält man Isomenthol (Smp. 39 bis 41°); reduziert man mit
Wasserstoff in Gegenwart von Nickel, so wird Menthon gebildet;
die Reduktion auf elektrolytischem Wege führt zu Isomenthon.
Mit Hydroxylamin werden zwei isomere Oxime vom Smp. 118
bis 119° und 88 bis 89° *) und ein bei 164 bis 165° schmelzendes
Oxaminooxim erhalten 1 ).
Piperiton bildet zwei inaktive Semicarbazone vom Smp. 226
bis 227° und 174 bis 176° *). Es vereinigt sich leicht mit Natrium-
bisulfit oder -sulfit und kann mit Lauge aus diesen Verbindungen
wieder abgeschieden werden. Zur quantitativen Bestimmung
eignet sich das im Abschnitt: „Prüfung der ätherischen Öle"
beschriebene Verfahren von Burgess.
Piperiton wird neuerdings in großem Maßstabe zur tech-
nischen Gewinnung von Menthol und von Thymol verwendet.
Als Ausgangsmaterial dient hauptsächlich das Öl von Eucalyptus
dives.
Menthon.
C 10 H x8 O. Mol.-Gew. 154.
Menthon kommt in beiden optischen Modi-
fikationen in der Natur vor. Als d-Menthon hat
man es nachgewiesen im Öl von Barosma pul-
chellum und im Öl von Nepeta /aponica; als
1-Menthon im Reunion-Geraniumöl, im Öl von Pe-
largonium graveolens, im Buccoblätteröl, Pfeffer-
minzöl, Pennyroyalöl und den Ölen von Calamintha
nepeta und Micromeria japonica. Im Poleiöl (von
Mentha pulegiurri), im Öl von Bystropogon origanifolius und
im Cassieblütenöl (?) ist gleichfalls Menthon gefunden worden,
% ) Bericht von Schimmel $ Co Oktober 1910, 79.
! ) Roberts, Journ. ehem. Soc. 107 (1915), 1465.
a ) Hughesdon, Smith u. Read, Journ. Soc. ehem. Ind. 42 (1923), T. 339.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1910, 79. — Read u. Smith,
Journ. ehem. Soc. 121 (1922), 1863; 128 (1923), 2267.
Ketone. 583
in den betreffenden Arbeiten ist aber die Drehung nicht an-
gegeben.
Da sich Menthon nicht mit Bisulfiten verbindet und durch
fraktionierte Destillation allein von den begleitenden Verbindungen
nicht zu befreien ist, so kann es nur mit Hilfe seines Oxims oder
Semicarbazons aus den betreffenden Ölfraktionen isoliert werden;
es ist jedoch zu beachten, daß sich bei der Spaltung dieser
Verbindungen, die meist durch verdünnte Schwefelsäure bewirkt
wird, das Drehungsvermögen des Ketons ändert.
Durch Oxydation des natürlichen Menthols mit dem von
Beckmann empfohlenen Chromsäuregemischgelangt man leicht
zu reinem 1-Menthon mit normalem Drehungsvermögen 1 ).
Reines Menthon ist eine leicht bewegliche, wasserhelle Flüssig-
keit, die Pfefferminzgeruch und schwach kühlenden, bitteren Ge-
schmack besitzt. Für das aus Menthol durch Oxydation gewonnene
Keton fanden Beckmann 2 ): Sdp.207°, d 20 „0,8960, [>W — 28,18°,
n D12 . 1,4525 und ferner Binz: d 24 . 0,8934, [or] D240 — 27,67 ° 3 ).
Das aus dem Semicarbazon (Smp. 184°) regenerierte Menthon
besitzt nach Wallach: Sdp. 208°, d 0,894, n D 1,4496*). Im
Laboratorium von Schimmel 8{ Co. wurde beobachtet: d 16 . 0,894
bis 0,899, « D — 20°27' bis — 26°10', n D20 . 1,450 bis 1,451, lös-
lich in 3 Vol. 70 »/«igen Alkohols. — d 18 . 0,8971, a D — 26° 10',
[e] D -29,17°.
Da Menthon, wie aus der Formel ersichtlich ist, zwei
asymmetrische Kohlenstoffatome besitzt, so sind sechs stereo-
isomere Formen möglich. Man hat es daher häufig mit Gemengen
verschiedener, schwer zu trennender Modifikationen zu tun, die
sowohl durch Säuren wie durch Basen invertiert werden, was
durch Änderung des Drehungsvermögens zum Ausdruck kommt.
Erhitzt man 1-Menthon mit reduziertem Kupfer auf 200°, so bilden
sich über 50 °/o d-Menthon. Steigert man die Temperatur auf 300°,
so entsteht Thymol 8 ).
Wird 1-Menthon bei niederer Temperatur mit konzentrierter
Schwefelsäure behandelt, so geht es in das rechtsdrehende
*) Beckmann, Liebigs Annalen 260 (1889), 325.
a ) Ebenda, 327.
s ) Zeitschr. f. physik. Chem. 12 (1893), 727.
*) Berl. Berichte 28 (1895), 1963.
B ) Komatsu u. Kurata, Journ. Soc. chem. Ind. 44 (1925), B. 863.
584 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Isomere über 1 ). Auf diese Weise erhielt Beckmann schein-
bar ein d-Menthon von gleicher Drehungsintensität ([«] D -|-28,r)
wie das angewandte 1-Menthon ([a] D — 28,5°); es stellte sich
aber heraus, daß ersteres nicht der optische Antipode des
letzteren war, sondern aus einem Gemisch von unverändertem
1-Menthon mit einem stärker drehenden d-Isomenthon bestand.
Ein sehr hoch drehendes d-Isomenthon bekam er auf folgendem
Wege: Menthonoxim wurde reduziert, das dabei entstehende
Menthylamin mit salpetriger Säure behandelt und das gebildete
Menthol oxydiert. Das Isomenthon zeigte die spezifische Drehung
-f93,2° 3 ).
Beckmann ist der Ansicht, daß dieser Drehungswechsel
durch Behandlung mit Säuren unter intermediärer Enolisierung
erfolgt; dafür spricht auch die Beobachtung von Mannich und
Häncu 8 ), daß sich aus 1-Menthon ([«] D — 22,4°) durch längeres Er-
hitzen mit Acetanhydrid auf 240° der Ester des l-Methyl-4-metho-
äthylcyclohexen-(2 oder 3)-ols-3 (Sdp. 98° bei 1 1 mm ; a^ + 6,65°)
bildet, aus dem durch Verseifung ein rechtsdrehendes Menthon
(a D 4- 1,54° im 20 mm-Rohr) entsteht.
Über die Rotationsdispersion und die Inversion des I-Men-
thons sind von Großmann und Brauer*) eingehende Unter-
suchungen gemacht worden.
Bei der Reduktion mit Natrium in alkoholischer Lösung geht
es in den zugehörigen sekundären Alkohol 1-Menthol, C 10 H 20 O,
über; daneben entstehen geringe Mengen eines schwach rechts
drehenden Isomenthols, bei Verwendung indifferenter Lösungs-
mittel auch das bei 94° schmelzende Menthopinakon"). Ähnlich
verläuft die Reaktion, wenn man Wasserstoff und Platinmohr )
verwendet. Bei der elektrolytischen Reduktion 7 ) wird als Neben-
produkt Menthan erhalten. Über die technische Gewinnung von
Menthol aus Menthon siehe Menthol auf S. 472.
*) Beckmann, loc. cit. 334.
9 ) Berl. Berichte 42 (1909), 847.
3 ) Ebenda 41 (1908), 570.
*) Jotirn. f. prakt. Chem. IL 98 (1918), 9.
*) Beckmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 55 (1897), 18, 30. — Vgl. auch
Skworzow, Journ. de Pharm, et Chim. 103 (1911), 294.
") Vavon, CompL rend. 155 (1912), 286.
7 ) Schall u. Kirst, Zeitschr. f. Elektrochemie 29 (1923), 537.
Ketone. 585
Wird Menthon mit einer Lösung von Chromsäure in Eis-
essig oxydiert, so bildet sich zunächst eine flüssige Ketosäure
C x0 H ls O 8 (Keto- oder Oxymenthylsäure) 1 ), die bei weiterer Oxy-
dation mit Kaliumpermanganat oder Chromsäuregemisch in die
zweibasische /?-Methyladipinsäure (/S-Pimelinsäure Arths) 9 ) über-
geht, also in dasselbe Abbauprodukt, das auch aus Pulegon und
aus Citronellal entsteht.
Mit Hydroxylamin in alkoholisch-wäßriger Lösung kondensiert
sich das l r Menthon leicht zu dem bei 60 bis 61° schmelzenden
1-Menthonoxim* 1 ); die anderen Modifikationen des Menthons geben
höher schmelzende oder flüssige Oxime.
Wird das Oxim mit wasserentziehenden Mitteln behandelt,
so geht es in ein aliphatisches Nitril, C„H 17 CN, über, das bei
weiterer Umwandlung Verbindungen liefert, die große Ähnlich-
keit mit den Gliedern der Citronellalreihe aufweisen 4 ). Durch
Umlagerung mit konzentrierter Schwefelsäure entsteht aus dem
1-Menthonoxim ein Laktam, das Menthon isoxim, Smp. 119°°).
Semicarbazid reagiert auf Menthon unter Bildung des in
Nadeln kristallisierenden, bei 184° schmelzenden Semicarbazons 8 ).
Zu erwähnen sind auch das Thiosemicarbazon vom Smp. 155
bis 157° und das bei 177° schmelzende Semioxamazon.
Läßt man Isoamylnitrit und Salzsäure in der Kälte auf
Menthon einwirken, so bildet sich neben Bisnitrosomenthon,
(C 10 H 17 O-NO)„, Smp. 112,5°, das bei 103° schmelzende Oxim
der Ketomenthylsäure, des ersten Oxydationsproduktes des
Menthons 7 ).
Wirkt Brom (2 Mol.) auf Menthon (1 Mol.) in Chloroform-
lösung ein, so entsteht ein kristallisierendes Dibrommenthon,
l ) Beckmann u. Mehrländer, Liebigs Annalen 289 (1896), 368.
a ) Arth, Annales de Chim. et Phys. VI. 7 (1886), 433. — Beckmann u.
Mehrländer, Ioc.cit. 378.— Manasse u.Rupe, Berl. Berichte 27(1894), 1818.
3 ) Beckmann, Liebigs Annalen 250 (1889), 330. — Wallach, Liebigs
Annalen 277 (1893), 157; 278 (1894), 304.
*) Wallach, Liebigs Annalen 278(1 894), 308; 296 (1897), 120; 812(1900),171.
s ) Beckmann u. Mehrländer, Berl. Berichte 20 (1 887), 1508. — Wallach,
Liebigs Annalen 278 (1894), 304.
6 ) Wallach, Berl. Berichte 2S (1895), 1963. — Beckmann, Liebigs
Annalen 289 (1896), 366.
7 ) Baeyer u. Manasse, Berl. Berichte 27 (1894), 1913, 1914; s. auch
Baeyer u. Oehler, Berl. Berichte 29 (1896), 27.
586 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
C 10 H ia Br a O (Smp. 79 bis 80°), das durch Abspaltung von
Bromwasserstoff mittels Chinolin in Thymol überführbar ist 1 ).
Diese Umwandlungen, sowie auch die von Jünger und
Klages 3 ) bewirkte Überführung des Menthons in 3-Chlorcymol,
stehen im Einklang mit der ihm zugeschriebenen, obenstehenden
Formel, die auch die Verwandtschaft des Menthons mit dem
Pulegon zum Ausdruck bringt.
Um Menthon zu identifizieren, benutzt man entweder das
Semicarbazon oder das Oxim, deren Darstellung in üblicher
Weise erfolgt Zur weiteren Charakterisierung kann man das
Keton zu Menthol reduzieren und dieses in den Benzoesäure-
ester überführen (siehe Menthol). Über quantitative Menthon-
bestimmung siehe im Kapitel „Die Prüfung der ätherischen Öle"
unter Ketonbestimmung.
Tetrahydrocarvon.
C 10 H lg O. Mol.-Gew. 154.
1 -Tetrahydrocarvon (p-Menthanon-2, Carvomenthon) ist im
Öl von Blumea Ma/co/mii 3 ) zu etwa 16«/« enthalten und hat
CHs die Konstanten: Sdp. 218,5 bis 219° (705 mm),
• ^H Mdso- — 9,33°, 1-Oxim Smp. 96 bis 97°, Semi-
HC /\ C0 carbazon Smp. 194 bis 195°. Das Tetrahydro-
"~ carvon, das in seiner racemischen und auch in
JCHs der optisch aktiven Form bereits synthetisch ge-
CH wonnen wurde, war bis jetzt in der Natur noch
H 3 C— CH-CHs nicht aufgefunden worden.
H ' C U
Jonon.
C 13 H 20 O. Mol.-Gew. 192.
Dieser in der Natur bisher noch nicht mit Sicherheit nach-
gewiesene Veilchenriechstoff wurde zum ersten Male im Jahre 1893
von Tiemann und Krüger*) synthetisch dargestellt Seitdem
*) Beckmann u. Eickelberg, Bert. Berichte 29 (1896), 418.
») Berl. Berichte 2» (1896), 315.
a ) Journ. ehem. Soc. 121 (1922), 876.
*) Berl. Berichte 26 (1893), 2691.
Ketone. 587
ist zur Herstellung der „ Veilchenketone ", d. i. des Jonons und
seiner Homologen, eine große Zahl von Patenten erteilt worden.
CH*
C-CHg H s C|/\c-CH s
CHCH:CHCOCH s H»C
»
v Jc-CH : CH-CO-CH,
C
-Jonon. /\ /J-Jonon (Isojonon).
MsC CHg
Die Darstellung des Jonons beruht auf der Kondensation
des olefinischen Aldehyds Citral mit Aceton, unter Verwendung
alkalischer Reagenzien, zum olefinischen Keton Pseudojonon der
Formel C 18 H s0 O, das, unter der Einwirkung stark oder schwächer
saurer Mittel, bei niederer oder höherer Temperatur zu dem
ungesättigten, cyclischen, isomeren Keton, dem Jonon, um-
gewandelt wird.
S ^>C : CH - CH 2 • CH 9 - C : CH • CHO -+- CH 8 COCH s = H s O +■
Citral. CH g Aceton.
?! 8 >C : CH ■ CH 2 • CH. ■ C : CH • CH : CH • CO • CH S — Jonon.
CH 3 / 2 " i s '
CH 8
Pseudojonon.
Pseudojonon. Obwohl das Keton bei gewöhnlicher
Temperatur mit Natriumbisulfitlauge nicht reagiert, liefert es
doch damit bei längerem Erwärmen unter Lösung eine Hydro-
sulfonsäureverbindung 1 ). Diese kann zur Darstellung des reinen
Pseudojonons dienen, wenn sie durch öfteres Extrahieren mit
Äther oder dergl. von Verunreinigungen (Verharzungsprodukten)
befreit und dann aus ihr durch Alkali bei gewöhnlicher oder
niederer Temperatur das Keton abgeschieden wird.
Gereinigtes Pseudojonon bildet ein hellgelbes, stark licht-
brechendes, etwas dickflüssiges Öl von wenig charakteristischem
Geruch und folgenden Konstanten: Sdp. 143 bis 145° (12 mm),
d 20 „ 0,8980, n D t, 53346. Von charakteristischen Derivaten des
Pseudojonons ist das p-Bromphenylhydrazon zu nennen, das
bei 102 bis 104° schmilzt.
l ) Tiemann, Beri. Berichte 31 (1898), 842.
588 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Für die Invertierung des Pseudojonons zu Jonon kommen vor
allem konzentrierte Schwefelsäure, Phosphorsäure, Ameisensäure,
Oxalsäure, ferner verdünnte Mineralsäuren sowie Lösungen von
sauren Alkalisulfaten und Neutralsalze wie Natriumacetat und
Magnesiumsulfat (im Autoklaven) in Betracht, und zwar soll die
Einwirkung der ersteren bei niederer Temperatur kurze Zeit
erfolgen, während bei letzteren zur Jononbildung längeres Er-
wärmen erforderlich ist. Bei allen diesen Reaktionen entstehen
zwei Isomere, et- und /J-Jonon 1 ).
Jonon. Wie soeben erwähnt wurde, werden bei der Jonon-
fabrikation stets Gemenge von zwei Isomeren gebildet, und zwar
entsteht unter der Einwirkung konzentrierter Schwefelsäure oder
bei langer Behandlung mit verdünnten Säuren 2 ) ein zum großen
Teil aus /S-Jonon bestehendes Gemisch, während konzentrierte
Phosphor- und Ameisensäure fast nur a-Jonon entstehen lassen.
Gegen Bisulfitlauge verhält sich Jonon ebenso wie Pseudojonon,
wie denn auch die in Wasser leicht lösliche Hydrosulfonsäure-
verbindung sich sehr gut zur Reinigung von Jonon eignet.
/S-Jonon läßt sich aus der Bisulfitverbindung ohne weiteres
durch Destillation mit Wasserdampf abscheiden, a-Jonon erst
nach Zusatz von Lauge. Dieses Verhalten kann zur Trennung
der beiden Isomeren benutzt werden.
Jonon ist, frisch destilliert, ein fast farbloses Öl von
ausgesprochenem Cedernholzgeruch. Erst in sehr starker Ver-
dünnung, z. B. in dünner Spirituslösung, nimmt man den Geruch
der Veilchen wahr, der gleichzeitig etwas an den der Weinblüte
erinnert. Bemerkenswert ist noch die Eigenschaft des Jonons,
die Geruchsnerven zu betäuben.
Auch die durch die Hydrosulfonsäureverbindung gereinigten
Jonone unterscheiden sich je nach den zur Isomerisation des
Pseudojonons verwendeten Reagenzien beträchtlich in ihrem
Gehalt an a- und £-Jonon und weichen folglich auch in ihren
physikalischen Konstanten merklich voneinander ab. So führt
Tiemann 3 ) für reines, aus dem Gemisch der beiden Isomeren
x ) Vgl. Hibbert u. Cannon, Kondensation von Citral mit Ketonen
und Synthese einiger neuer Jonone. Journ. Americ ehem. Soc. 46 (1924), 119;
Chem. Zentralbl. 1924, I. 1025.
■) Tiemann, Berl. Berichte 81 (1898), 868, 870.
*i Berl. Berichte 31 (1898), 851.
Ketone. 589
bestehendes Jonon folgende Konstanten an: Sdp. 126 bis 128°
(10 mm), d 30 . 0,9351, n B 1,507, während Schimmel fy Co. an
eigenen Fabrikaten beobachteten: Sdp. 104 bis 109° (4 bis 5 mm),
d 18 o 0,9350 bis 0,9403, d 20 . 0,9335, n D20 „ 1,50335 bis 1,50510, lös-
lich in 2,5 bis 3,0 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Im Geruch von «- und /5-Jonon bestehen nur geringe, aber
immerhin für den Fachmann erkennbare Unterschiede; der von
a-Jonon ist frischer und duftiger als der seines Isomeren, der
dagegen etwas streng ist und mehr den Charakter des Veilchen-
blättergeruchs hat. Ersteres ist deshalb auch das bevorzugtere.
Für a-Jonon bestimmte Tiemann 1 ) folgende Eigenschaften:
Sdp. 123 bis 124° (11 mm), d 20 „ 0,932, n D 1,4980. Chuit 2 ) fand:
Sdp. 127,6° (12 mm), d 16 . 0,9338, n DXM . 1 ,50001 .
Das p-Bromphenylhydrazon, das sich zur Charakterisierung
von a-Jonon am besten eignet, schmilzt bei 142 bis 143°; es
wird in Eisessiglösung hergestellt und aus verdünntem Methyl-
alkohol oder Ligroin umkristallisiert. Das Semicarbazon schmilzt
bei 107 bis 108° und 137 bis 138°, das Thiosemicarbazon bei 121°,
das Oxim bei 89 bis 90°.
Die Konstanten des reinen /J-Jonons sind nach Tiemann 3 )
folgende: Sdp. 127 bis 128,5° (10 mm), d 1T . 0,946, n mT , 1,521;
nach Chuit 4 ): Sdp. 134,6° (12 mm), d 18 . 0,9488, n D1T , 6 . 1 ,52008.
/3-Jonon läßt sich am besten durch sein Semicarbazon 5 ) vom
Smp. 148 bis 149° identifizieren. Sein p-Bromphenylhydrazon
schmilzt bei 116 bis 118°, sein Thiosemicarbazon bei 158°, sein
Hydrazon bei 104 bis 105°; das Oxim ist flüssig.
«-Jonon wird von konzentrierter Schwefelsäure zu ^-Jonon
invertiert; umgekehrt läßt sich ^-Jonon, wenn auch schwerer,
durch alkoholisches Kali in jenes überführen.
Bei der Behandlung mit Permanganat wird a-Jonon zu Iso-
geronsäure, C e H 18 3 , /5-Jonon zu Oxyjonolacton, Ci H 16 O 3 , und
Geronsäure, C,H 16 3 , oxydiert 8 ).
*) Berl. Berichte 81 (1898), 876.
-) Rev. gen. de Chim. 6 (1903), 432; Chem. Zentralbl. 190t, I. 280.
3 ) Berl. Berichte Sl (1898), 871, 879.
4 ) loc. cit
5 ) Ober die Reinigung und Trennung der Jononsemicarbazone siehe
Tiemann, Berl. Berichte Sl (1898), 875, 1736.
•) Tiemann, Berl. Berichte 31 (1898), 857; 83 (1900), 3703, 3726.
590 Hauptbestandteile der ätherischen Öle,
a- und /S-Jonon geben bei der Hydrierung mit Hilfe
von Platinmetallen 1 ) zwei verschiedene Dihydrojonone, die bei
weiterer Zufuhr von Wasserstoff in dasselbe Tetrahydrojonon
übergeführt werden.
Zu homologen Jononen gelangt man, indem man entweder
Citral mit Homologen des Acetons 2 ) kondensiert und das er-
haltene homologe Pseudojonon in die jononderivate überführt,
oder durch Behandeln von Cyclocitral mit Acetonhomologen 8 ).
Aus Citral und Methyläthylketon erhält man die vier theoretisch
möglichen Isomeren, je nach der Art und der Konzentration
der bei der Umwandlung der PseudoVerbindung angewandten
Säuren entstehen hauptsächlich Methyljonone der a~ oder der
/S-Reihe, die man wiederum durch ihr verschiedenes Verhalten
zu Bisulf it trennen kann 4 ).
a-Methyljonon "a, in Bisulfit leichter löslich. Sdp. 137 bis
142" (15 mm); d soo 0,927; n DS0 . 1,5009; Semicarbazon, Smp. 144°.
a-Methyljonon b, in Bisulfit schwerer löslich. Sdp. 135
bis 140° (15 mm); d M „ 0,931; n Dao . 1,5003; Semicarbazon,
Smp. 202°.
£-Methyljonon a, in Bisulfit leichter löslich. Sdp. 145
bis 151° (15 mm); d 20 . 0,935; n^. 1,5097; Semicarbazon, Smp.
138 bis 139°.
/?-Methyljonon b, in Bisulfit schwerer löslich. Sdp. 135
bis 140° (15 mm); d^ 0,936; n D20 . 1,5073; Semicarbazon, Smp.
175 bis 176°.
Hydrierte Jonone oder Jononhomologe gewinnt man durch
Kondensation von Citronellal mit Aceton oder dessen Homo-
logen und Isomerisierung der entstandenen Dihydropseudo-
jonone mittels Säuren. Auch Acetylpseudo- und Acetyljonone
sind dargestellt worden.
Die physikalischen Eigenschaften eines Jononpräparats
lassen keinen näheren Schluß auf seine Reinheit zu. Um
es auf seinen Gehalt an reinem Jonon zu prüfen, muß man
die eventuell anwesenden, bei der Fabrikation entstehenden
Nebenprodukte entfernen.
"■) Skita, ebenda 46 (1912), 3312. — Ruzicka [Helvet. chim. acta 2 (1919),
352] erhielt bei der gleichen Behandlung nur Tetrahydrojonon.
s ) Haarmann u. Reimer, D.R.P. 150827; Chem. Zentralbl. 1904, I. 1379.
") Dieselben, D.R.P. 133768; Chem. Zentralbl. 1902, IL 613.
Ketone. 591
Zu dem Zwecke kocht man das betreffende Öl mit der
dreifachen Gewichtsmenge Natriumbisulfitlauge, deren freie
schweflige Säure durch verdünnte Sodalösung abgestumpft
worden ist, 10 bis 15 Stunden lang, je nachdem das Jonon
leicht oder langsam mit Bisulfit reagiert, am Rückflußkühler.
Der von Schmidt 1 ) vorgeschriebene Alkoholzusatz ist nach
Beobachtungen von Schimmel 8{ Co. überflüssig. Zur Ent-
fernung der nicht mit Bisulfitlauge reagierenden Anteile wird
nach dem Verdünnen mit Wasser viermal mit Äther extrahiert.
Liegt relativ reines Jonon vor, so tritt auf Wasserzusatz nur
schwache Trübung, im gegenteiligen Falle* Ölabscheidung ein.
Falls die extrahierten Anteile noch nach Jonon riechen, ist
eine nochmalige Behandlung nötig. Die Differenz zwischen
dem angewandten und extrahierten Öle gibt den Gehalt an
Jonon an. Die Konstanten des aus der Bisulfitlösung durch
Wasserdampfdestillation unter Zusatz von Lauge abgeschiedenen
Jonons sowie sein Semicarbazon oder p-Bromphenylhydrazon
lassen einen annähernden Schluß auf das gegenseitige Mengen-
verhältnis von ß- und /S-Jonon zu.
Es empfiehlt sich, Jononpräparate noch besonders auf
einen Gehalt an Spiritus zu prüfen, da derartig verfälschte
Produkte mehrfach angetroffen worden sind. Auch Phthal-
säureester wird als Verfälschungsmittel benutzt 2 ).
Da der Name Jonon gesetzlich geschützt ist, kommen
nach Ablauf der Patente Jononpräparate unter den Bezeich-
nungen Neoviolon, Novoviol, Iraldein, Violette, Veilchenöl,
Viorodon, Allovione, Irisolette, Iralia, Miovol, Jonardon, Violan,
ferner Methyljonone unter den Namen Novoviolon, Methyl-
violette, Iraline, Iridoline usw. in den Handel.
Iron.
C 18 H 20 O. Mol.-Gew. 192.
Iron ist bisher nur im Irisöl, dem ätherischen Öl der
Veilchenwurzeln (Iris florentina, 1. pallida, I. germanica), auf-
gefunden worden. Möglicherweise ist es auch im Goldlack-
l ) Zeitschr. f. angew. Chem. 18 (1900), 189.
*) Bericht von Schimmel Sl Co. 1919, 72.
592 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
blütenöl enthalten. Tiemann und Krüger 1 ) haben es zuerst
aus der Veilchenwurzel isoliert und als ein cyclisches, mit
Jonon isomeres Keton erkannt. Sie gewannen es durch Ex-
traktion der gepulverten Iriswurzel mit organischen Lösungs-
mitteln und WasserdampfdestiHation
s\* des erhaltenen Extrakts. Seitdem
H f | CH " CHs flüssiges Irisöl im Handel zu haben
Hcl JcH-CH:CH-COCH s ist, kann man Iron in einfacherer
C Weise hieraus durch fraktionierte
y\ Destillation gewinnen: es findet sich
n s «~ v-n, j n ^ er jj e j ^ mm rjj.ycj,. zw ischen
105 und 120° siedenden Fraktion. Zur Reinigung führt man es
in das Oxim oder Phenylhydrazon über, woraus es sich bequem
regenerieren läßt.
Iron ist ein farbloses Öl von eigenartigem, an Veilchen-
wurzel erinnerndem Geruch 2 ), der aber erst in starker Ver-
dünnung dem gewisser Veilchensorten gleicht. Tiemann und
Krüger (loc. cit.) geben für das sorgfältig gereinigte Keton
folgende Konstanten an: Sdp. 144° (16 mm), d„ , 0,939, c D etwa
+ 40°, n DS0 . 1,50113.
Schimmel $ Co. beobachteten an einem aus dem Natron-
salz der Phenylhydrazinsulfosäureverbindung 8 ) abgeschiedenen
Präparat: Sdp. 111 bis 112° (2 mm), d ls „ 0,9391, ß D +33°31',
n J)s0 „ 1,50173.
Zu seiner Charakterisierung eignet sich vortrefflich das
p-Bromphenylhydrazon, das nach Beobachtungen von Schim-
mel ß$ Co. bei 174 bis 175° schmilzt*). Es wird aus Methyl-
alkohol gereinigt. Das Ironthiosemicarbazon schmilzt nach
Chuit 8 ) bei 181°. Das Oxim kristallisiert schwer und schmilzt
bei 121,5°. Der von Schimmel § Co. bei 70 bis 80° ge-
fundene Schmelzpunkt des amorphen Semicarbazons •) läßt
vermuten, daß in ihm ein Gemisch isomerer Derivate vorliegt.
l ) Bert. Berichte 26 (1893), 2675.
s ) Tiemanns Beobachtung, daß Iron einen scharfen Geruch habe,
trifft nicht zu.
*) Vgl. das Jonongutachten von v. Baeyer, Berlin 1899, S. 22.
*) Tiemann und Krüger geben als Schmelzpunkt 168 bis 170° an.
*) Rev. gen. de Chim. 6 (1903), 433; Chem. Zentralbl. 1904, I. 281.
°) Vgl. hierzu Berl. Berichte 28 (1895), 1755.
Ketone. 593
Zur quantitativen Bestimmung des Irons werden nach A. v. Baeyer
50 g des betreffenden Öls oder Extraktes mit einer Lösung von 85 g
hydrazinbenzolsulfosaurem Natrium in 500 ccm Wasser, die mit 4 g konz.
Schwefelsäure angesäuert war, auf der Schüttelmaschine geschüttelt Nach
Stehen über Wacht wird die Lösung mit 6 g wasserfreiem Natriumcarbonat
alkalisch gemacht und mit soviel Ammoniumsulfat versetzt, daß nach dem
Schütteln mit Äther die Flüssigkeit sich gut in drei Schichten teilt, wozu
ungefähr 200 bis 250 g Ammoniumsulfat nötig sind. Tritt infolge eines zu
großen Zusatzes von Ammoniumsulfat Emulsion ein, so muß diese durch
Wasserzusatz wieder beseitigt werden. Es wird dann solange mit Äther
extrahiert, bis von ihm ölige Substanzen nicht mehr aufgenommen werden.
Die wäßrige Ammoniumsulfatlösung wird hierauf entfernt und die Seifen-
schicht mit einer Lösung von 70 g Schwefelsäure und 120 g Glaubersalz
in 800 ccm Wasser versetzt und der Dampfdestillation unterworfen. Das
übergehende Öl wird als Iron gerechnet.
Iron geht unter der Einwirkung von Jodwasserstoffsäure
unter Wasserabspaltung und Ringschluß in Iren, C 18 H 18 , einen
dem Jonen isomeren Kohlenwasserstoff, über.
Merling und Weide 1 ) ist es gelungen, Iron auf syn-
thetischem Wege darzustellen. Diese Synthese beruht auf der
Darstellung des *d*-CyclocitraIs, das, mit Aceton kondensiert,
Iron gibt. Danach wird Isopropylidenacetessigester mit Natrium-
acetessigester zu Isophoroncarbonsäureester kondensiert. Der
Ester dient zur Darstellung der <J-Chlorcyclogeranioladiencarbon-
säure und ^*-Cyclogeraniumsäure, die nach besonderem Ver-
fahren 2 ) in das zugehörige A *-Cyclocitral umgewandelt wird.
Was die Konstitution des Irons und seine Beziehungen zu
den Jononen anbetrifft, so ist L. Ruzicka 8 ) der Ansicht, daß
a- und ^-Jonon mit Iron nicht nur strukturisomer, sondern auch
stereoisomer sind, daß also neben einer verschiedenen Lage
der Ringdoppelbindung auch eine cis-trans-Isomerie besteht,
wobei für Iron die trans-, für die Jonone die cis-Gruppierung
der betreffenden Substituenten vorzuliegen scheint. Bei der
katalytischen Reduktion mit Platinmetallen bei gewöhnlicher
Temperatur erhielt er Tetrahydroiron und lieferte damit den
experimentellen Beweis, daß im Iron wirklich zwei Doppel-
bindungen vorliegen, wie bisher schon die Molekularrefraktion
vermuten ließ. Das Reduktionsprodukt ist indessen nicht, wie
1 ) Liebigs Annalen 866 (1909), 119.
2 ) Merling, Berl. Berichte *1 (1908), 2064.
s ) Helvet. chim. acta 2 (1919), 352.
Gilde meist er, Die ätherischen Öle. I. «3o
594 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
man nach -den bisher geltenden Formeln des Irons und des a~ und
/?-Jonons eigentlich erwarten sollte, mit dem bereits von Skita 1 )
dargestelljen Tetrahydrojonon aus o- und jS-Jonon identisch,
sondern unterscheidet sich von diesem außer .durch seine optische
Aktivität (Rechtsdrehung, wie das Iron selber) durch sein höheres
spezifisches Gewicht und den um etwa 14° höheren Siedepunkt.
D. Ketone mit 16« und 17gliedrigen
Kohlenstoffringen.
Im Anschluß an die in ätherischen Ölen pflanzlichen Ur-
sprungs vorkommenden Ketone seien hier noch zwei tierischen
Sekreten entstammende Ketone, die für die Parfümerie äußerst
wichtig sind, Muscon und Zibeton, beschrieben.
Muscon.
C 18 H 80 O. Mol.-Gew. 238.
Bei der Destillation von Moschus mit Wasserdampf werden
0,5 bis 2% eines flüchtigen Öls erhalten, das, wie H. Wal-
baum 2 ) gezeigt hat, zum größten Teil aus einem Keton C 10 H S0 O,
dem Muscon, besteht, einer Verbindung, die das eigentümliche
Aroma des Moschus bedingt. Muscon ist ein farbloses, dickes
Öl, das sich mit Alkohol in jedem Verhältnis mischt. Eigen-
schaften: Sdp. 327 bis 330°, 142 bis 143° (2 mm); d 16 . 0,9268;
« D — 10°6'; n D88 c 1.47900 2 ). Über das Semicarbazon gereinigtes
Muscon hat nach L. Ruzicka 8 ): Sdp. 130° (0,5 mm), d^° 0,9222,
[o] D — 13,01°, n M7 . 1,4802.
Muscon bildet ein bei 46° schmelzendes Oxim; das Semi-
carbazon schmilzt bei 133 bis 134°*).
Der bei der Reduktion von Muscon mit Natrium und Alkohol
entstehende Alkohol Muscol 3 ), C ie H a2 0, (Phenylurethan, Smp.
97 bis 98°) 4 ) gibt bei der Wasserabspaltung den ungesättigten
*) Berl. Berichte 45 (1912), 3314; siehe auch unter Jonon S. 590.
*) Journ. f. prakt. Chem. IL 78 (1906), 488.— D.R.P. 198660.
*) Helvet. chim. acta 9 (1926),. 715; 1008.
*) Journ. f. prakt. Chem. IL 113 (1926), 166.
Ketone. 595
Kohlenwasserstoff Museen 1 ). Beim Abbau des Muscons mit
Chromsäure erhielt Ruzicka 1 ) als Hauptprodukt ein Gemisch
zweier Dicarbonsäuren C ie H 80 O 4 (Smp. 68 bis 73°), deren Tren-
nung nicht gelang. Ferner entstand bei der Oxydation ein Ge-
misch von niedrigeren Dicarbonsäuren (Bernsteinsäure, Adipin-
säure, Korksäure, Sebacinsäure und Dekan-l,10-dicarbonsäure),
die durch fraktionierte Destillation der Methylester, Verseifung
der einzelnen Fraktionen, fraktionierte Kristallisation oder Fällung
der Kaliümsalze und fraktionierte Kristallisation der freien Säuren
getrennt wurden. Aus dem Verhalten des Muscons folgte, daß
der Ketogruppe in der Musconformel kein tertiäres Kohlenstoff-
atom benachbart sein konnte. Ferner deuteten die Abbauresultate
darauf hin, daß im Muscon eine fortlaufende Reihe von mindestens
10 Methylengruppen vorhanden sind. Auf Grund dieser und
weiterer Versuche, die zu beschreiben hier zu weit führen würde,
kam Ruzicka zu dem Schluß, daß dem Muscon die Formel des
,?-Methylcyclopentadecanons (die aber noch durch weitere Unter-
suchungen zu stützen ist) zukommt. Auch weist er darauf hin,
daß ähnlich der hypothetischen Ableitung des Zibetons aus der
Ölsäure das Muscon in der Palmitinsäure seinen Ursprung
haben könnte.
CH 8
CH-CH 2 (CH 2 ) 12 -CH. 2 -CH 3 (CH 2 ) 12 -CH • CH 3
(CH a )^^CO CH ä -COOH ~~* CO CH„
/t?-Methylcyclo- Palmitinsäure. Muscon.
pentadecanon.
Zi beton.
C 17 H au O. Mol.-Gew. 250.
Zibeton, der Geruchsträger des Sekrets der Zibetkatze, ist
zuerst von E. Sack 2 ) durch Extraktion des verseiften Zibets
mit Äther in einer Ausbeute von 2,5 bis 3,5 % erhalten worden.
Es bildet in reinem Zustand ein farbloses, fein moschusähnlich
riechendes Öl, das zu einer eisähnlichen Masse erstarrt.
Smp. 32,5° ; Sdp. 342° (741,5 mm), 204 bis 205° (17 mm) 2 ). —
*> Helvet chim. acta 9 (1926), 715; 1008.
2 > Chem.-Ztg. 39 (1915), 538.— D.RP. 279313.
38-
596 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Smp. 31°; Sdp. 145° (0,5 mm) 1 ). Semicarbazon, Smp. 185 bis 186°;
Oxim, Smp. 92°. Seine Konstitution hat L. Ruzicka 1 ) aufgeklärt.
Durch Hydrieren nach Paal-Skita erhielt er ein Dihydroderivat C«H, 2
(Smp. 63°; Semicarbazon, Smp. 191°). Das Dihydrozibeton ließ sich mit Benz-
aldehyd zum Ketonalkohol Cs^HssOa kondensieren, woraus durch Wasser-
abspaltung die Benzylidenverbindung C it H 3 «0 entstand. Bei der Oxydation
der Dihydroverbindung mit Chromsäure in Eisessig entstand eine Dicarbon-
säure CnHssO* (Smp. 110 bis 112°), die -sich als identisch mit der synthetisch
gewonnenen Pentadecan-l,15-dicarbonsäure erwies. Da ferner das bei der
Beckmannschen Umlagerung des Dihydrozibetonoxims entstandene Isoxim
CitHmON (Smp. 123 bis 124°) bei der Verseifung eine Aminosäure C^HasC^N
(Chlorhydrat, Smp. 153°) lieferte, folgte, daß die Ketogruppe im Ringe sitzen
mußte. Aus der Oxydation des Zibetons mit Kaliumpermanganat in der
Kälte zu der Ketodicarbonsäure CmHsoO* (8-Ketopentadecan-l , 15-dicarbonsäure)
ergab sich auch für die Kohlenstoffdoppelbindung eine cyclische Lage.
Energischere Oxydation der genannten Ketodicarbonsäure mit überschüssigem
Kaliumpermanganat führte zu Bernsteinsäure, Adipinsäure und Korksäure.
Ebenso entstanden bei der Spaltung der Ketodicarbonsäure mit Bromlauge
Korksäure als Hauptprodukf und daneben Bernsteinsäure, Pimelinsäure und
-Azelainsäure.
Auf Grund dieser Ergebnisse ließ sich
CM • (Cn s L ^ jjjg nebenstehende Formel für das Zibeton auf-
CH- (CH 2 )/ stellen, das als einfaches Umwandlungsprodukt
Zibeton. der Ölsäure anzusehen ist.
Phenole und Phenoläther.
Die Phenole und ihre Äther werden in ätherischen Ölen
häufig angetroffen und haben auch vielfach eine bedeutende
praktische Verwertung erlangt, was zu ihrer Darstellung im
Großbetriebe geführt hat. Thymol findet beispielsweise wegen
seiner antiseptischen Wirkung Verwendung, Anethol wird in der
Pharmazie und Likörfabrikation viel gebraucht, aus Eugenol
und Safrol werden die wertvollen Riechstoffe Vanillin und
Heliotropin bereitet.
Die einfacheren Vertreter dieser Verbindungen kommen in
den ätherischen Ölen seltener vor.
*) Helvet. chim. acta 8 (1926), 230; 10.(1927), 705.
Phenole und Phenoläther. 597
Thymol.
C 10 H 14 O. Mol.-Gew. 150.
Thymol (p-Isopropyl-m-kresol) wird häufig von Carvacrol be-
gleitet. Neben p-Cymol und Terpenen findet es sich in größter
Menge im Ajowanöl, und es kommt außerdem
vor im Öle von Ocimum viride, O. gratissimum, ( j' H *
Monarda punctata, Sature/a thymbra, S. obovata C
var. intricata, Origanum floribundum, O. hirtum, HCi^\ch
O. hirtum a a/bff/orum, O. vulgare, O. vulgare HC I JJcOH
var. viride, O. virens var. sicu/um, Thymus f
vulgaris, Th. striatus, Th. mastichina (?), Th. zygis, i
Th. capitatus, Quendel, Mosla japonica, Prostan- H * c— CH ~ CHs
thera cineolifera, Ptychotis verticillata und wahrscheinlich
canadischer Minze, Cunila origanoides und den in Nordafrika
vorkommenden Ptychotis-Arten P. ammi, P. trachysperma und
atlantica 1 ). Manchmal scheidet es sich aus den Ölen schon bei
gewöhnlicher Temperatur fest ab.
Thymol bildet farblose, durchsichtige, monokline oder hexa-
gonale, nach Thymian riechende Kristalle, die bei 50 bis 51,5°
schmelzen. Erstarrungspunkt 49 bis 50°. Siedepunkt 233 bis 234°
(749 bis 752 mm, Quecksilberfaden ganz im Dampf). Thymol-
kristalle sinken im Wasser unter, sind also schwerer als 1,
geschmolzenes Thymol ist dagegen leichter und schwimmt auf
der Oberfläche des Wassers; es kann erheblich unter seinen
Erstarrungspunkt abgekühlt werden, ohne fest zu werden. An
überschmolzenem Thymol hat Perkin 3 ) folgende spezifische
Gewichte ermittelt: d 4 . 0,9872, d 16 . 0,9790, d 90 . 0,9757, d 2S . 0,9723,
d 50 „ 0,9624. Den Brechungsindex (n D „ t(4 =) geben Nasini und
Bernheimer 8 ) zu 1,51893 an. Schimmel 8j Co. fanden:
d 18 o 0,9760 und n D20 . 1 ,52269 (überschmolzen).
Thymol ist nur wenig löslich in Wasser (1 : 1200) und in
Glycerin (1:1000), besser in Paraffinöl (etwa 1:20), leicht in
Weingeist, Äther, Chloroform, Benzol, Eisessig, flüchtigen und
fetten Ölen. Im Gegensatz zu Carvacrol wird die alkoholische
x ) Maire, Parfüm, moderne 1* (1921), 79.
a ) Journ. ehem. Soc. 69 (1896), 1183.
*) Gazz. chim. ital. 15 (1885), 59; Jahresber. d. Chem. 1885, 314.
598 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Lösung durch Eisenchlorid nicht gefärbt, dagegen zeigen die
beim Lösen von Thymol in konzentrierter Schwefelsäure ent-
stehenden Thymolsulfosäuren, C 6 H 2 (SO g H)(CH 8 )(C s H 7 )(OH), in
wäßriger Lösung mit Eisenchlorid Violettfärbung.
Als Phenol bildet Thymol mit Alkalien in Wasser lösliche
Salze und kann aus den ätherischen Ölen durch Schütteln mit
verdünnten (5- bis 10°/oigen) Laugen isoliert werden, ein Ver-
fahren, das auch zur quantitativen Bestimmung des Thymols
benutzt wird (vgl. im Kapitel „Die Prüfung der ätherischen Öle"
unter Phenolbestimmung). Über die Eigenschaft des Thymols,
beim Schütteln seiner Natriumverbindung mit Äther in diesen
überzugehen, s. unter Carvacrol, S. 601.
Von Derivaten des Thymols sind hervorzuheben das Phenyl-
urethan vom Smp. 107° und die durch Einwirkung von salpetriger
Säure entstehende Nitrosoverbindung vom Smp. 160 bis 162 Dl ).
Das Benzoylnitrosothymol, das sich zur Kennzeichnung eignet,
schmilzt bei 109 bis 110,5° 9 ). Durch Einwirkung von Jod auf
Thymol entsteht eine als „Aristol" bekannte, in der Medizin
vielfach verwendete Verbindung, über deren Konstitution 3 ) noch
keine Klarheit herrscht.
Behandelt man Thymol in Eisessiglösung mit Brom, so
entsteht nach H. Jost und F. Richter 4 ) Dibrom thymol. Oxy-
dation mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure führt das Thymol
oder dessen Nitroso- oder Amidoverbindung in Thymochinon,
Smp. 44 bis 46°, über 6 ).
Vor dem Weltkriege diente als Ausgangsmaterial für Thymol
ausschließlich das Ajowansamenöl (Thymolgehalt 45 bis 50 %)•
Während des Krieges sind auch Thytnianöl und das Öl von
Monarda punctata (Thymolgehalt etwa 44 bis 76 %) zu seiner
Herstellung herangezogen worden. Zu demselben Zweck wurde
das Öl von Ocimum viride empfohlen.
Gegenwärtig wird Thymol fast ausschließlich auf syn-
x ) Ober die Darstellung vgl. Klages, Berl. Berichte 32 (1899), 1518.
s ) Sherk (Fritzsche Brothers Fellow), Thesis. Wisconsin] 1920; Bericht
von Schimmel § Co. 1920, 161.
3 ) Messinger u. Vortmann, Berl. Berichte 22 (1889), 2316. —
Bougault, Journ. de Pharm, et Chim. VII. 11 (1918), 221.
*) Berl. Berichte S6 (1923), 119.
*) Bargellini, Gazz. chim. ital. 53 (1923), 234.
Phenole und Phenoläther.
thetischem Wege gewonnen, wozu eine ganze Anzahl von Melfrödea.
vorgeschlagen worden sind, z. B. die aus Dibrommenthoacf^^Bl^
Abspaltung von Bromwasserstoff mittels Chinolin 1 ), odef""ätfe"
Limonennitrosochlorid über Aminothymol 2 ).
Die technischen Gewinnungsweisen gehen entweder vom
Cymol, vom m-Kresol oder vom JMVIenthenon-S aus.
Die auf der Anwendung von Cymol beruhenden Verfahren
führen über das- Aminocymol. Dies wird nitriert, und in dem
nach Entfernung der Aminogruppe erhaltenen Nitrocymol ersetzt
man die Nitrogruppe durch Hydroxyl 3 ), oder man sulfuriert
das Aminocymol, diazotiert die entstandene Cymidinsulfosäure,
reduziert die Diazoverbindung mit Natriumbisulfit zu Cymidin-3-
oder -5-sulfosäure und gewinnt durch Oxydation mit Kupfer-
sulfat oder Eisenchlorid Cymol-3-sulfosäure, deren Natriumsalz
beim Schmelzen mit Natrium- oder Kaliumhydroxyd Thymol
liefert 4 ).
Auf der Umwandlung von m-Kreso! beruhen die Ver-
fahren der Badischen Anilin- und Sodafabrik 5 ) sowie von
Howard § Sons 8 ).
Neuerdings wird Thymol durch Oxydation von ^ 1 -Menthenon-3
(Piperiton) mit Eisenchlorid 7 ) in Eisessiglösung in größerem
Maßstabe hergestellt 8 ).
Wegen seiner antiseptischen und wurm widrigen Eigen-
schaften wird Thymol vielfach zu kosmetischen (besonders zu
Mundwässern) und medizinischen Zwecken verwendet. Große
Mengen werden zur Herstellung des bereits erwähnten Aristols
verbraucht.
Der Methyläther des Thymols ist im Seefenchelöl von
Crithmum maritimum enthalten.
») Beckmann u. Eickelberg, Berl. Berichte 29 (1896), 420.
a ) Wallach, Liebigs Annalen 245 (1888), 255. — Graybeal und
R. E. Kremers, )oum. Americ. pharm. Assoc. 11 (1922), 252.
a ) Amerik. Pat 1306512.
*) Amerik. Pat. 1432298; Phillips u. Gibbs, Journ. ind. eng. Chem. 12
(1920), 733. — Journ. Soc. chem. Ind. 41 (1922), A. 997.
5 ) D.R.P. 350809 u. 379952.
«) Engl. Pat. 197848. — D.R.P. 400969; Engl. Pat. 200151 u. 214866.
') Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1910, 82.
s ) Simmons u. Dyche-Teague, Perftim. Record 1± (1923), 256.
600 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Carvacrol.
C 10 H 14 O. Mol.-Gew. 150.
Carvacrol (p-Isopropyl-o-kresol) findet sich hauptsächlich in
Ölen von Labiaten. Bisher ist es nachgewiesen worden im Öl
von Athrotaxis selaginoides, Boldoblätteröl,
CH a Campheröl, Schinusöl, Ajowanöl, Öl von Lagoecia
Qcuminoides, Monarda punctata, M. fistulosa,
COH M. citriodora, Bohnenkrautöl, Öl von Satureja
CH montana, S. cuneifolia, S. obovata var. intricata,
Dostenöl (?), Triester, Smyrnaer, cyprischen und
HaC— CH— CH S syrischen Origanumöl, Öl von Origanum Bevani,
Thymianöl, Quendelöl, Öl von Thymus capitatus,
Th. Broussonetfi, Thymbra spicata, Majorana onites, Mosla
grosserata, Prostanthera cineolitera, Coleus amboinicus und
Pycnanthemum lanceolatum.
Künstlich kann es aus dem isomeren Carvon durch Be-
handeln mit Kalif Schwefel- oder Phosphorsäure, aus Campher
durch Erhitzen mit Jod, aus Cymolsulfosäure durch Verschmelzen
mit Kali, ferner aus einer Reihe von Terpenderivaten dargestellt
werden, z. B. aus Thujon, Carvenon, Carvotanaceton, Dihydro-
carvon, Nitrosopinen, Ketoterpin und Terpinenerythrit.
Carvacrol ist, frisch destilliert, ein farbloses, mit der Zeit
dunkler werdendes, dickflüssiges Öl, das in der Kälte erstarrt.
Die alkoholische Lösung wird durch Eisenchlorid grün gefärbt.
Als Konstanten werden angegeben: Smp. +0,5 bis +1°, Sdp.
236 bis 237° (korr.), d 15 . 0,981, n D 1.525 1 ). — Sdp. 119° (16 mm),
d 20 . 0,9782, n-p 1,5228 2 ). — Für Carvacrol aus Origanumöl fand
Gildemeister 8 ): Smp. 4-0,5°, Sdp. 235,5 bis 236,2° (742 mm),
d 1B . 0,980, d 20 „ 0,976, n DS0 . 1,52338 und für ein aus Carvon
bereitetes Präparat: Smp. +0,5°, Sdp. 236 bis 236,5° (742 mm),
d 16 o 0,983, d^. 0,979, n D90 „ 1,52295.
An technischen Präparaten eigener Fabrikation beobachteten
Schimmel § Co.: d ls „ um 0,98, o D ±0°, n D20 » 1,523 bis 1,525,
löslich in 2 bis 3 Vol. 70 "/oigen Alkohols.
x ) Jahns, Bert. Berichte 15 (1882), 817.
") Semmler, ebenda 25 (1892), 3353.
^ Arch. der Pharm. 238 (1895), 188.
Phenole und Phenoläther. 601
Wie Thymol kann auch Carvacrol den Ölen durch Aus-
schütteln mit Alkalilaugen entzogen und der Menge nach bestimmt
werden (vgl. im Kapitel „Die Prüfung ' der ätherischen Öle"
unter Phenolbestimmung). Zu beachten ist dabei, daß Carvacrol
(und auch Thymol) der alkalische^ Lösung durch Schütteln mit
Äther entzogen werden kann 1 ), und zwar geht aus einer
30- bis 40 °/oigen Natronlauge die Natriumverbindung des Car-
vacrols in den Äther, während bei Thymol unter denselben
Bedingungen das reine Phenol (ohne Natrium) ausgeäthert
wird 8 ). Bei Anwendung von 5 /oiger Natronlauge werden
sowohl Carvacrol wie Thymol ohne jegliche Natrium verbin düng
von dem Äther herausgeholt 8 ). Carvacrol läßt sich aus stark
alkalischer Lösung durch Destillation mit Wasserdampf ab-
scheiden, eine Eigenschaft, die von den Phenolen nur noch
Thymol zeigt*).
Anhaltendes mäßiges Erhitzen mit Ätzkali führt das Carvacrol
in die mit Wasserdämpfen leicht flüchtige, bei 93° schmelzende
Isooxycuminsäure, (CH„) 2 CH • C e H 8 (OH) • C0 2 H (4-Methoäthyl-
phenol-2-methylsäure-l), über 8 ). Bei der Oxydation mit Chrom-
säuregemisch entsteht Thymochinon, das in gelben Tafeln vom
Smp. 45,5° kristallisiert 6 ). Durch Reduktion nach Sabatier
und Senderens erhält man ein Gemisch zweier isomerer Alko-
hole, a- und ,5-Carvacromenthol, und aus letzterem durch Oxy-
dation mit Chromsäure i-Tetrahydrocarvon 7 ).
Auf synthetischem Wege wird Carvacrol dargestellt durch
Erhitzen von p-cymolsulfosaurem Natrium mit Natriumhydroxyd
im Autoklaven unter Druck 8 ) (wobei 6 bis 8 °/» Thymol ent-
stehen) oder ohne Druck 9 ).
Zum Nachweis des Carvacrols eignen sich das Phenyl-
l ) Jahns, Berl. Berichte 15 (1882), 817.
*) Störmer u. Kippe, ebenda 36 (1903), 3992.
s ) Sherk, Americ. Journ. Pharm. 98 (1921), 8.
*) Klages, Berl. Berichte 32 (1899), 1517.
B ) facobsen, Berl. Berichte 11 (1878), 573, 1061.
a ) Reychler, Bull. Soc. chim. III. 7 (1892), 34; Chem. Zentralbl.
1892, I. 380.
') Brunei, Compt rend. 141 (1905), 1245; 145 (1907), 1427. — Paolini,
Gazz. chim. ital. 55 (1925), 812; Chem. Zentralbl. 1926, 1. 3599.
8 ) Gibbs u. Phillips, Journ. ind. eng. Chem. 12 (1920), 145.
") Hixson u. McKee, ebenda 296.
602 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
urethan 1 ), Smp. 134 bis 135° bzw. 138° 2 ), das a-Naphthylurethan,
Smp. 287 bis 288° 3 ), das Benzoylrlitrosocarvacröl, Smp. 85 bis
87°*), sowie das Nitrosocarvacrol, zu dessen Darstellung man
am besten nach der Vorschrift von Klages 8 ) verfährt, indem
man Carvacrol in der vierfachen Menge bei 0° gesättigter alko-
holischer Salzsäure löst und in die mit Eis gekühlte Flüssigkeit
eine konzentrierte Natriumnitritlösung eintropfen läßt. Nach
einigen Minuten erstarrt die ganze Masse zu einem dicken Brei
der Nitrosoverbindung, die zunächst mit Wasser gewaschen und
dann aus verdünntem Alkohol umkristallisiert wird. Sie bildet
gelbe Nadeln vom Smp. 153°.
Carvacrol wird zu ähnlichen Zwecken verwendet wie Thymol.
Chavicol.
C 9 H 10 O. Mol.-Gew. 134.
Chavicol (p-Allylphenol) kommt in einzelnen Betelblätter-
ölen, im Bayöl, Ol von Barosma venusta und vielleicht im
Java-Citronellöl vor und besitzt stark antiseptische Eigenschaften.
Es ist eine farblose, bei etwa 237°
£" OH siedende Flüssigkeit, die nach Eykman 6 )
HCj^\CH d 18 . 1,033 und n D 1,5441 besitzt.
Hck Ich ^u seinem Nachweis werden aus den
C^CH-CH-CH durch Lauge abgetrennten Rohphenolen
' "" ä " 2 des Betelblätteröls die von 235 bis 240°
siedenden Anteile herausfraktioniert und durch Methylieren in
das auf S. 603 beschriebene Methylchavicol übergeführt, dessen
Identifizierung leicht gelingt. Die wäßrige Lösung von Chavicol
wird durch Eisenchlorid intensiv blau, die alkoholische kaum
blau gefärbt.
*) Goldschmidt, Berl. Berichte 26 (1893), 2086, Anm. — Weehuizen,
Pharm. Weekblad 1918, Mr. 45, S. 1470.
s ) Sherk, Americ. Journ. Pharm. 98 (1921), 8.
s ) Neuberg u. Hirschberg, Biochem. Zeitschr. 27 (1910), 339. — Nach
Sherk (s. Anm. 2) ist„die von Neuberg und Hirschberg erhaltene Ver-
bindung nur ein Zersetzungsprodukt von «-Naphthylisocyanat.
*) Sherk (Fritzsche Brothers Fellow), Thesis. Wisconsin 1920.
B ) Berl. Berichte 82 (1899), 1518.
a ) Ebenda 28 (1890), 862.
Phenole und Phenoiäther. 603
Methylchavicol.
C 10 H 13 O. Mol.-Gew. 148.
Methylchavicol (Estragol, Isoanethol, p-Allylanisol) ist zuerst
im Anisrindenöl aufgefunden worden- Ferner hat man es nach-
gewiesen im amerikanischen Holzterpentinöl, im Terpentinöl
von Pinus Jeffrey/, Sternanisöl, japanischen
Sternanisöl, Kobuschiöl (?), Öl von Persea c-0-CH s
gratissima, Clausena anisum-olens, Ba- HCf |]CH
rosma venusta, ßoswellia serrata, Bayöl, HC I | CH
Anisöl, Kerbelöl, Fenchelöl, Öl von Foeni- c^ch -ch-CH
cülum piperitum, Pseudocymopterus ani-
satus, deutschen, französischen und japanischen Basüicumöl, Öl
von Ocimum sanctum, Lophanthus anisatus, L. rugosus, Collin-
sonia anisata, Esdragonöl, Artemis ia biennis (?), A. glutinosa
und Solidago odora. Auf synthetischem Wege ist es durch
Einwirkung von Allylbromid auf p-Methoxyphenylmagnesium-
bromid dargestellt worden 1 ).
Methylchavicol ist eine farblose, optisch inaktive, schwach
anisartig riechende Flüssigkeit, die nicht den intensiv süßen
Geschmack wie Anethol besitzt. Es siedet bei 215 bis 216°
(korr.) 2 ) und hat bei 11,5° d 0,979 und n D 1,5244 3 ). Der aus
Esdragonöl, dem bequemsten Ausgangsmaterial zur Darstellung
von Methylchavicol, isolierte Äther hat nach Beobachtungen im
Laboratorium von Schimmel § Co. folgende Eigenschaften:
Sdp. 97 bis 97,5° (12 mm), 86° (7 mm), d 15= 0,9714 bis 0,972,
n D16 . 1,52355 bis 1,52380.
Zu charakterisieren ist das Methylchavicol durch seine Um-
wandlung in das feste Anethol beim Kochen mit alkoholischem
Kali oder durch Überführung in die bei 86° schmelzende Homo-
anissäure (p-Methoxyphenylessigsäure)*) mit Hilfe von dünner
Kaliumpermanganatlösung. Nebenbei bildet sich aber auch Anis-
säure vom Smp. 184°, was zu beachten ist, da letztere auch
aus Anethol entsteht. Die verschiedenen physikalischen Kon-
stanten der beiden Phenoläther dürften jedoch Verwechslungen
*) Tiffeneau, Compt. rend. 139 (1904), 481.
*) Grimaux, ebenda 117 (1893), 1091.
s ) Eykman, Bert. Berichte 28 (1890), 862.
*) Bertram u. Walbaum, Arch. der Pharm. 235 (1897), 179, 182.
604 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
ausschließen. Auch das bei 62,4° schmelzende Monobrommethyl-
chavicoldibromid *) kann zur Identifizierung benutzt werden.
Außer durch Kochen mit alkoholischem Kali wird Methyl-
chavicol durch Erhitzen mit Natriumäthylat unter Druck in
Anethol umgelagert.
Anethol.
C 10 H 15! O. Mol.-Gew. 148.
Das Anethol (p-Propenylanisol) macht den Hauptbestandteil
des Anis- und Sternanisöls aus und ist auch in beträchtlichen
Mengen im Fenchelöl enthalten; ferner ist
C-OCHs es nachgewiesen im Öl von Roubieva
HC|^\ch multifida, KobuschiÖl, Öl von Reha mada-
Hcl Ich gascarensfs, Nauligummiöl, Öl von Osmor-
c^ch-ch-CH rhiza longistylis, Myrrhis odorata und im
^ Seychellen-Basilicumöl.
Zu seiner Darstellung geht man gewöhnlich vom Anis-,
Sternanis- oder Fenchelöl aus, indem man es aus den Ölen
selbst oder aus entsprechenden Fraktionen durch Ausfrieren
abscheidet.
Synthetisch ist Anethol auf verschiedene Weise erhalten
worden, z. B. durch Einwirkung von Äthylmagnesiumjodid oder
-bromid auf Anisaldehyd 2 ).
Anethol bildet eine weiße, kristallinische, nach Anis riechende
und intensiv süß schmeckende Masse, die zu einer farblosen,
optisch inaktiven, stark lichtbrechenden Flüssigkeit schmilzt.
Seine Eigenschaften werden folgendermaßen angegeben: Smp. 21°,
d 2B . 0,986, n D18 „ 1,561 49 3 ); d lliS „ 0,999, n D l,4624 4 ). — Erstp.21,3°"').
Schimmel S[ Co. ermittelten an eigenen, im Großbetrieb
hergestellten Präparaten folgende Werte: Smp. 22,5 bis 23°,
Erstp. 21 bis 22°, Sdp. 233 bis 234° (751 mm), d 25 . 0,984 bis
0,986, n B2B . 1,559 bis 1,561, löslich in 2 bis 3 Vol. 90°/oigen
Alkohols.
l ) Hell u. Gaab, Berl. Berichte 29 (1896), 344.
a ) Hell u. Hofmann, Berl. Berichte 37 (1904), 4188.
8 ) Stohmann, Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Leipzig 1892, 318.
*) Eykman, Berl. Berichte 28 (1890), 862.
s ) Sanderson u. Jones, Journ. Soc ehem. Ind. 42 (1923), T. 1.
Phenole und .Phenoläther. 605
Von charakteristischen Bromderivaten des Anethols sind
das Anetholdibromid, CH 8 -O.C e H 4 -C 8 H s Br 2 , Smp. 67 01 ), und das
Monobromanetholdibromid, CH s -0-C 8 H s Br.C 8 H 8 Br 2 , Smp. 107
bis 108° 2 ), zu nennen, die sich je nach den Versuchsbedingungen
bei der Einwirkung von Brom auf Anethol bilden. Durch Be-
handlung des Anetholdibromids mit alkoholischem Kali in der
Kälte entsteht Anetholglykol, CH a • O • C 6 H 4 - C s H 6 (OH) 2 s ), das durch
20°/oiges Schwefelsäure in Anisketon übergeführt werden kann.
Das gleiche Glykol bildet sich auch beim Behandeln von
Anethol mit Mercuriacetat 4 ). Zu erwähnen sind auch Anethol-
nitrit, C 10 H lo O • N 8 , Smp. 121°"), und Anetholnitrosochlorid,
C 10 H ia O-NOCl, Smp. 127 bis 128° 6 ).
Mit verdünnter Salpetersäure liefert Anethol Anisaldehyd.
Bei der Oxydation mit Chromsäure geht es in Anisaldehyd und
Anissäure, mit Kaliumpermanganat in 4-MethoxyphenyIgIyoxyl-
säure, CH 3 • O • C e H 4 • CO • COOH (Smp. 89°), über, deren Oxim
bei 145 bis 146° schmilzt.
Durch Einwirkung von Licht und Luft 7 ) vermindert sich
allmählich das Kristallisationsvermögen des Anethols, und
schließlich erstarrt es überhaupt nicht mehr. Gleichzeitig wird
es dickflüssiger und nimmt eine gelbliche Farbe sowie einen un-
angenehmen, bitteren Geschmack an, der, ebenso wie der Geruch,
nicht mehr an Anis erinnert. Hand in Hand hiermit geht eine
Zunahme der Löslichkeit in verdünntem Alkohol und eine Er-
höhung des spezifischen Gewichts, das größer als 1 werden
kann. Diese Erscheinung ist auf die Bildung von Oxydations- 8 )
(Anisaldehyd, Anissäure) und anderen Produkten zurückzuführen,
von denen de Varda 9 ) eine Photoanethol genannte Verbindung
isolierte, die er für ein polymeres Anethol hielt. Nach Hoering
*) Hell u. v. Günthert, lourn. f. prakt. Chem. II. 52 (1895), 198.
ä ) Hell u. Gärtner, Journ. f. prakt Chem. II. 51 (1895), 424; Hell
u. v. Günthert, loa cit. 194.
s ) Varenne u. Godefroy, Compt. rend. 140 (1905), 591.
4 ) Balbiano u. Paolini, Berl. Berichte 85 (1902), 2997.
s ) Wallach u. H. Müller, Liebigs Annalen 332 (1904), 318.
a ) Dieselben, ebenda 326.
') Mach Grimaux verliert Anethol auch durch längeres Erhitzen seine
Kristallisationsfähigkeit Bull. Soc. chim. III. 15 (1896), 778.
.*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1904, 38.
*) Gazz. chim. ital- 21 (1891), 183; Chem. Zentralbl. 1891, I. 788.
606 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
und Gräle rt 1 ) trifft diese Annahme de Vardas nicht zu, das
Photoanethol ist vielmehr identisch mit Di-p-methoxystilben,
einer Verbindung, die sich durch große Unlöslichkeit auszeichnet
und vielleicht die Ursache ist, weshalb sich frisch dargestelltes
Anethol bisweilen beim Stehen trübt. Di-p-methoxystilben stellt
aus Eisessig oder Benzol umkristallisiert, glänzende Kristall-
blättchen vom Smp. 214 bis 215° dar, die sowohl fest wie in
Lösung eine blaue Fluorescenz zeigen. Wahrscheinlich bildet
sich das Di-p-methoxystilben nicht direkt aus Anethol, sondern
aus dem intermediär entstehenden Anisaldehyd.
Ein dimeres Anethol (C 10 H ls O) g , prismatische Nadeln,
Smp. 132°, ist von E. Puxeddu 2 ) durch Einwirkung von Eisen-
chlorid auf eine ätherische Anethollösung dargestellt worden.
Hydrochinonmonoäthyläther.
C 8 H 10 O a . Mol.-Gew. 138.
Hydrochinonmonoäthyläther (p-Oxyphenetol) kommt in ge-
ringer Menge im Sternanisöl vor. Er läßt sich synthetisch dar-
stellen durch Kochen von p-Diazophenetolsulfat
9; OH mit verdünnter Schwefelsäure 8 ) oder aus Hydro-
HCrj ^iCH chinon durch Erhitzen mit Äthyljodid und Kalium-
hcI Jch hydroxyd am Rückflußkühler*).
Y» CH Das synthetische Produkt bildet dünne,
atlasglänzende Blättchen, die in heißem Wasser
leicht löslich sind, bei 66° schmelzen und bei 246 bis 247°
sieden.
Thymohydrochinon
(Hydrothymochinon).
C 10 H w O 2 . Mol.-Gew. 166.
Das Vorkommen des Thymohydrochinons beschränkt sich
auf das Öl von Callitris quadrivalvis, das algerische Fenchelöl (?)
und die Öle von Monarda ffstulosa, M. punctata und Mosla
*) Bert. Berichte 42 (1909), 1204.
s ) Gazz. chim. ital. 50 (1920), I. 149; Chem. Zentralbl. 1920, III. 279.
3 ) Hantzsch, Joum. f. prakt. Chem. IL 22 (1880), 462.
*) Wichelhaus, Bert. Berichte 12 (1879), 1501, Anm.; vgl. Hesse, Ltebigs
Annalen 200 (1880), 254.
Phenole und Phenoläther. 607
grosserata. Künstlich erhält man es durch Behandlung von
Thymochinon mit schwefliger Säure 1 ).
Thymohydrochinon bildet vierseitige, glänzende Prismen, die
nach Carstanjen 1 ) bei 139,5°, nach Cia-
mician und Silber 5 ) bei 143° schmelzen ,
und bei 290° sieden; es löst sich ziemlich 9^
leicht in heißem Wasser, sehr schwer da- HCj^ \c-OH
gegen in kaltem. Durch Oxydation entsteht ho-cL Ich
Thymochinon. ^g
Der Dimethyläther des Thymohydro- Ah— th
chinons bildet den Hauptbestandteil des h s C-CH-ch b
Arnicawurzelöls, des Ayapanaöls sowie des Öls von Eupatorium
capillifolium. Er siedet bei 248 bis 250° und hat d 22 „ 0,998 8 ).
Allylbrenzcatechin.
C 9 H 10 O a . Mol.-Gew. 150.
In einem javanischen Betelblätteröl wiesen Schimmel 8j Co.*)
Allylbrenzcatechin nach, ein Phenol, das man bisher weder
auf synthetischem Wege dargestellt, noch
im Pflanzenreich angetroffen hatte. Es /^° H
findet sich in dem bei 137 bis 139° (4 mm) Hc/^C-OH
siedenden Anteil der dem Betelöl durch j^ c |i J CH
Schütteln mit verdünnter Natronlauge ent- q.cy\ CH:CH
zogenen Phenole und bildet, aus Benzol und
Petroläther gereinigt, lange, farblose, filzige Nadeln vom Smp. 48
bis 49° und Sdp. 139° (4 mm). Der Geruch ist ziemlich schwach
und erinnert entfernt an Kreosot. In Wasser und Alkohol ist
es leicht löslich, die alkoholische Lösung wird durch Eisen-
chlorid tief grün gefärbt. Eine alkalische Lösung des Phenols
färbt sich sehr schnell dunkelrot. Die Dibenzoylverbindung (nach
Schotten-Baumann dargestellt) schmilzt bei 71 bis 72°, die
Diacetylverbindung ist ein farbloses Öl vom Sdp. 229° (157° bei
7 mm). Bei der Methylierung mit Dimethylsulfat wird das Phenol
in Eugenolmethyläther übergeführt.
*) Carstanjen, Journ. prakt f. Chem. II. 8 (1871), 54.
*) Atti R. Accad. dei Lincei (5) 10, I. (1901), 96.
*) Reychler, Bull. Soc. chim. III. 1 (1892), 33.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1907, 13.
608 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Betelphenol.
C l0 H ie O 2 . Mol.-Gew. 164.
Betelphenol 1 ) (Allylguajacol) ist bisher nur im Betelöl ge-
funden worden, aus dem es sich auf die für Phenole übliche
Weise, durch Ausschütteln mit Natronlauge
isolieren läßt. Wahrscheinlich ist es aber
auch in geringer Menge im Campheröl ent-
halten 2 ). Es ist eine stark lichtbrechende
Flüssigkeit mit folgenden Eigenschaften:
Sdp. 254 bis 255°, 131 bis 133° (12 bis
13 mm), d 16 . l,067 s ). Sdp. 107 bis 109° (4 mm), d„. 1,0690,
n^. 1,54134 4 ).
Im Kältegemisch erstarrt es zu einer kristallinischen Masse,
die bei +8,5° schmilzt. Zum Nachweis dient die bei 49 bis
50° schmelzende Benzoylverbindung. Die Acetylverbindung
schmilzt bei — 5°; Sdp. 275 bis 277°. In alkoholischer Lösung
gibt Betelphenol mit Eisenchlorid eine intensiv blaugrüne Färbung.
Das durch Behandeln von Betelphenol mit Kali entstehende
Isobetelphenol schmilzt bei 96°.
Eugenol.
*C 10 M lä O a . Mol.-Gew. 164.
Das dem Betelphenol stellungsisomere Eugenol kommt
besonders in Myrtaceen und einigen Lauraceen vor. In größter
Menge ist es im Nelken- und Nelkenstielöl
J\° H enthalten, es findet sich aber auch im Öl
HC f^ V-' 0-0 ^ von Dacrydium Franklin!, Calmusöl, Java-
HcL Ich Citronellöl, Öl von Elionurus tripsacoides (?),
C^CHü-CHtCH, Gal S antö1 . Öl von Asarum arifolium, A.
Blumei, japanischen Stemanisöl, Kobuschiöl,
Ylang-Ylangöl, Canangaöl aus gelben Blüten, Muskatnußöl, Öl
x ) Die von den Entdeckern Betelphenol benannte Verbindung wurde später
■von anderer Seite mit dem wenig geschmackvollen Namen Chavibetol bezeichnet.
a ) Unveröffentlichte Beobachtung aus dem Laboratorium von Schim-
mel § Co.
*> Bertram u. Gildemeister, Journ. f. prakt. Chem. II. 39(1889), 350.
') Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1907, 13.
Phenole und Phenoläther. 609
von Doryphora Sassafras, Boldoblätteröl, Zimtblätteröl, Zimt-
wurzelöl, Rindenöl von Cinnamomum pedatinervium, Rinden-
und Blätteröl von C. pedunculatum, Seychellen-Zimtrindenöl, Öl
der Blätter und des Stammes von Cinnamomum Lourefrii,
Campheröl, Culilawanöl, Nelkenzimtöl (?), Mutternelkenöl, Öl
von Melaleuca bracteata, Sassafrasöl, Massoyrindenöl, Lorbeer-
blätteröl, Apopinöl, californischen Lorbeeröl, Shö-Gyü- und Yu-
Juöl, Rosenöl, Öl von Geum urbanum, Cassieblütenöl, Myrrhenöl,
Cascarillöl, Sasanquaöl, Weißzimtöl, Pimentöl, Pimentblätteröl,
Bayöl, Bermuda-Baybeerenöl, japanischen Basilicumöl, Öl einer
aus Mayotta stammenden Bas/I/cum-Art, Öl von Ocr'mum gra-
tissimum, Patchouliöl und Schafgarbenöl.
In den Pflanzen ist das Eugenol manchmal in Form eines
Glucosids 1 ) enthalten, das durch das Ferment Gease gespalten wird.
Eugenol ist eine schwach gelblich gefärbte, intensiv nelken-
artig riechende und brennend schmeckende, optisch inaktive
Flüssigkeit mit folgenden Eigenschaften:
Sdp.252° (749,5 mm), 123° (12 bis 13 mm) 2 ). — d 14lB . 1,072,
n D 1,5439*). —
Schimmel 8j Co. beobachteten an technischen Präparaten
eigener Fabrikation: d 1B , 1,071 bis 1,074, n D20 . 1,539 bis 1,542,
löslich in 5 bis 6 Vol. 50-, in 2 bis 3 Vol. 60- und in 1 bis
2 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Im Vakuum destilliertes und somit wasserfreies Eugenol hat ein etwas
niedrigeres spezifisches Gewicht (unter 1,072); es wird aber durch Schütteln
mit Wasser wieder schwerer. Vermutlich beruht diese Erscheinung auf einer
teilweisen Wasseranlagerung an die ungesättigte Seitenkette 4 ).
Eine Synthese des Eugenols ist von L. Claisen 3 ) aus-
geführt worden. Ausgehend vom Guajacol-o-carbonsäuremethyl-
ester, erhielt er durch Erhitzen mit Allylbromid den Allyläther-
methylester, der durch Umlagerung in den p-Allylguajacol-
carbonsäureester überging. Die freie Säure wurde durch Kochen
mit Dimethylanilin in Kohlensäure und Eugenol gespalten.
*) Z. B. in der Wurzel von Geum urbanum. Bourquelot u. Herissey,
Compt. rend. 140 (1905), 870; Journ. de Pharm, et Chim. VI. 21 (1905), 4SI.
*) Erdmann, Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 146.
*> Eykman, Berl. Berichte 23 (1890), 862.
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1903, 73, Anm. 2.
*) Liebigs Annalen 418 (1919), 69.
Gtldemeister, Die ätherischen Öle. I. 39
610 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Durch Erhitzen mit Kali wird Eugenol zu Isoeugenol (siehe
dieses) umgelagert.
Eugenol gibt mit Eisenchlorid in alkoholischer Lösung Blau-
färbung und liefert bei der Oxydation (am besten als Essigsäure-
ester) Vanillin und Vanillinsäure, neben geringen Mengen Homo-
vanillinsäure.
Zur Charakterisierung eignet sich der mit Benzoylchlorid
darstellbare Benzoesäureester vom Smp. 69 bis 70°, ferner
das Phenylurethan, Smp. 95,5 C1 ), und das Diphenylurethan,
Smp. 107 bis 108° 9 ). Von Bromderivaten verdienen das Dibromid,
C 10 H 12 Br 2 O B , Smp. 80°, und das Tetrabromid vom Smp. 118 bis
119° erwähnt zu werden. Über quantitative Bestimmung von
Eugenol vgl. im Kapitel „Die Prüfung der ätherischen Öle."
Eugenol wird sowohl in der Parfümerie wie in der Pharmazie
gebraucht, die bei weitem größten Mengen werden aber zur
Vanillinfabrikation verwendet.
Eugenolacetat
(Aceteugenol).
C 12 H 14 3 . Mol.-Gew. 206.
Meben Eugenol findet sich im Nelkenöl auch etwas Acet-
eugenol, CH 2 : CH • CH 3 - C a H 8 (0 ■ CH S ) • O • CO • CH 3 , nicht dagegen
im Nelkenstielöl. Für diese Verbindung, die vom Eugenol durch
Behandeln mit verdünnten Laugen in der Kälte befreit werden
kann, und die sich leicht durch Kochen von Eugenol mit dem
gleichen Teil Essigsäureanhydrid darstellen läßt, wurden folgende
physikalische Konstanten ermittelt:
Erdmann ■»): Smp. 29°, Sdp. 281 bis 282° (752 mm), 145 bis
146° (8,5 mm), d 1B „ 1,0842 (unterkühlt). — Schimmel S Co.*):
Smp. 29°, Sdp. 142 bis 143° (6 mm), d 16 „ 1,087, n Dao , 1 ,52069. —
Thoms 5 ): Smp. 30°, Sdp. 163 bis 164° (13 mm).
Durch Oxydation mit Kaliumpermanganat werden Acethomo-
vanillinsäure, Acetvanillin und Acetvanillinsäure erhalten.
*) Snape, Bert. Berichte 18 (1885), 2432.
a ) Herzog, Berl. Berichte 40 (1907), 1834.
s ) Journ. f. prakt. Chem. II. 56 (1897), 147.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 19*8, 51, Anm.
°) Arch. der Pharm. 241 (1903), 600.
Phenole und Phenoläther. 61 1
Methyleugenol.
C u H i4° 2 - MoL-Gew. 178.
Ein häufiger auftretender Begleiter des Eugenols ist dessen
Methyläther, das Methyleugenol (4-Allylveratrol), das im Öl von
Dacrydium Franklin/, Citronellöl, japani-
schen Calmusöl, Maticoöl (?), Betelöl, cana- C-O-CH»
dischen Schlangenwurzelöl, Haselwurzöl (?), HC[^j,C-0-CHa
Champacablütenöl (?), unechten Champaca- HC I H CH
öl, Paracotorindenöl, Öl der Blätter von \/ ch-ch
Atherosperma moschata, Doryphora Sassa-
fras, Rindenöl von Cinnamomum pedatinervium, C. Oliven',
Culilawanöl, Lorbeerblätteröl, kalifornischen Lorbeeröl, Cassie-
blütenöl, Öl von Evodia simplex, Xanthoxylum Aubertia, Bo-
ronia safrolifera, Bayöl, Pimentöl, Öl von Melaleuca leuca-
dendron und M. bracteata vorkommt.
Es besitzt einen etwas an Eugenol erinnernden, aber
schwächeren Geruch, siedet bei 248 bis 249° (128 bis 129° bei
11 mm) 1 ) und hat d lia 1,041 und n D 1,5373 2 ).
Im Laboratorium von Schimmel gj Co. wurde an tech-
nischen Präparaten ermittelt: d 18 . 1,04 bis 1,043, n DS0 = 1,532 bis
1,540, löslich in 4 bis 5 Vol. 60- und in 1 bis 2 Vol. 70 °/oigen
Alkohols.
Durch Kochen mit alkoholischem Kali entsteht Methyliso-
eugenol. Mit Brom liefert Methyleugenol das in schönen Nadeln
kristallisierende Tribrommethyleugenol (CH 3 0)X s H 2 Br-C 3 H 5 Br 2
vom Smp. 78 ° a ); durch Oxydation mit Kaliumpermanganat wird
es in die bei 179 bis 180°*) schmelzende Dimethoxybenzoesäure
(Veratrumsäure) übergeführt, die aber auch bei der Oxydation
des Methylisoeugenols erhalten wird. Beide Verbindungen sowie
das bei 125° schmelzende Methyleugenolnitrit 5 ) sind zum Mach-
weis des Methyleugenols geeignet.
x ) Bertram u. Gildemeister, Journ. f. prakt. Chem. II. 39 (1889), 354.
*) Eykman, Berl. Berichte 23 (1890), 862.
3 ) Wassermann, Jahresb. d. Chem. 1879, 520.— Bertram u. Gilde-
meister, Journ. f. prakt. Chem. II. 39 (1889), 354.
*) Siehe dazu Wallach u. Rheindorff, Liebigs Annalen 271
(1892), 306.
5 ) Wallach, Liebigs Annalen 271 (1892), 307.
39*
HC
612 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Isoeugenol.
CioHxaO^ Mol.-Gew. 164.
Durch Erhitzen von Eugenol mit überschüssigem Kali in
Substanz 1 ) oder in amylalkoholischer Lösung 2 ) oder durch Er-
hitzen von trocknem Eugenolkalium bei Luft-
ig " abschluß auf etwa 200° 8 ) entsteht das isomere
HC I j|C-0-CH 8 Isoeugenol, das auch im Ylang-Ylangöl,
II CH Champacaöl, Muskatnußöl, Öl der Blätter von
cch ch ch Cinnamomum pedunculatum und im Pichurim-
bohnenöl als Bestandteil aufgefunden wurde.
Seine Konstanten werden folgendermaßen angegeben: Sdp. 261°
(nicht korr.)*), d 18 . 1,09, n D l,5680 s ); Sdp. 111 bis 112° (3,5 mm),
d ls , 1,087 bis 1,091, n M0 . 1,570 bis 1,576, löslich in 5 bis 6 Vol.
50°/oigen Alkohols 8 ).
Ein aus technischem Isoeugenol durch mehrfaches Frak-
tionieren gereinigtes Präparat hatte: Sdp. 270° (750 mm), Smp.
etwa 18 bis 20°, d 16 . 1,0904, a n ±0°, n^,,,, 1 ,57590. Für ein
anderes wurde gefunden: Erstp. 17,3° (auf 17° unterkühlt),
d 1S o 1,0901, n B20 o 1,57568, löslich in 5 Vol. 50 °/oigen Alkohols
und mehr.
Reinstes Isoeugenol wurde von Schimmel 8$ Co.') in
großen, wasserhellen, bei 32° schmelzenden Tafeln erhalten.
Bis dahin war Isoeugenol nur als Flüssigkeit beschrieben worden,
die erst bei starker Kühlung erstarrt. Wenn man nicht annehmen
will, daß das gewöhnliche Produkt noch gewisse Mengen Eugenol
enthält, aus dem es dargestellt wird, so kann man den niedrigen
Schmelzpunkt auch damit erklären, daß ein Gemisch der beiden
stereoisomeren (malenoiden und fumaroiden) Formen vorliegt 8 ).
Das bei 32° schmelzende Isoeugenol wäre dann als das Ergebnis
>) Einhorn u. Frey, Berl. Berichte 27 (1894), 2455.
a ) Tiemann, Berl. Berichte 24 (1891), 2870.
") D.R.P. 179948.
*) Tiemann, Berl. Berichte 24 (1891), 2872.
s ) Eykman, Bert. Berichte 553 (1890), 862.
") Beobachtung im Laboratorium von Schimmel $ Co.
') Bericht von Schimmel $ Co. 1927, 138.
") Daß entsprechende isomere Formen auftreten können, haben P. H oering
und F. Baum, Berl. Berichte 43 (1909), 3076, im Falle des mit dem Isoeugenol
nahe verwandten Isosafrols bewiesen.
Phenole und Phenoläther. 613
völliger Umwandlung der einen Form in die alkalibeständige
andere anzusehen.
OCH, K ^H OCH s H, ,CH,
>^ZX
ho— c y ^CH
-<
und
Bei der Oxydation liefert Eugenol Vanillin und wird daher
in ausgedehntem Maße technisch verarbeitet.
Zum Nachweis geeignete Derivate findet man im Mono-
bromisoeugenoldibromid, Smp. 138 bis 139°, in dem bei 79
bis 80° schmelzenden Acetat, dem bei 103 bis 104° schmel-
zenden Benzoat und in dem Diphenylurethan vom Smp. 112 bis
113°. In alkoholischer Lösung gibt Isoeugenol mit Eisenchlorid
eine olivgrüne Färbung, während bei Eugenol Blaufärbung eintritt.
Methylisoeugenol.
C^H^O,. Mol.-Gew. 178.
Methylisoeugenol ist in den Ölen von Cymbopogon javanensfs
und Asarum arifolium aufgefunden worden. Künstlich wird es
durch Methylieren von Isoeugenol oder
durch Umlagern von Methyleugenol er- J\° CHs
halten. Eigenschaften. Sdp. 263° '); d lliB . HC<^ \cn.c
1,064; n D 1,5720° 2 ). Technisches Präparat: H C
nC-0-CH 3
uch
d„. 1,057 bis 1,060; n D20 . 1,565 bis 1,570; CCH-CH CH
löslich in 6,5 bis 7,5 Vol. 60°/oigen und 1,5
bis 2 Vol. 70°/oigen Alkohols*). Ein chemisch reines, im Vakuum
destilliertes Produkt zeigte: Erstp. -\- 4,5°, Smp. +5,5 bis 6,5°,
Sdp. 270° (760 mm), 136 bis 137° (8 mm), d«. 1,0568, n D15 . 1, 56732 s ).
Methylisoeugenol gibt ein charakteristisches Dibromid,
Smp. 101 bis 102°, und läßt sich zu Veratrumsäure oxydieren.
Safrol.
C 10 H 10 O s . Mol.-Gew. 162.
Das Safrol bildet den Hauptbestandteil des Sassafrasöls und
ist in beträchtlicher Menge im Campheröl, aus dem das in der
*) Ciamician u. Silber, Bert. Berichte 28 (1890), 1165.
a ) Eykman, Berl. Berichte 28 (1890), 852.
3 ) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co.
614 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Technik verwendete Safrol gewonnen wird, enthalten. Außerdem
ist es gefunden worden im Öl von Asarum arifolium, A. Blumei,
amerikanischen Wurmsamenöl, japanischen SternanisÖI, gewöhn-
lichen Sternanisöl (Spuren), Apopinöl, Ylang-
C-O— CH B Ylangöl (?), Muskatnußöl, im Öl von Dory-
HCj^ Jl c " phora Sassafras, Daphnandra aromatica,
HcL Ich Atherosperma moschata, Zimtblätteröl, Zimt-
c^ch-ch-CH wurze löi, Rindenöl von Cinnamomum Mer-
cadoi, im Öl von C. pedunculatum, C. Oli-
ven, C. gtandulifemm, C. parthenoxylon, Pichurimbohnenöl (?),
kalifornischen Lorbeeröl, Massoyrindenöl, Shö-Gyü- und Yu-juöl,
im Öl von Boronia safrolifera und Xanthoxylum ovalifolium.
Safrol, der Methylenäther des 4-Allylbrenzcatechins, ist eine
farblose, mit der Zeit gelblich werdende, optisch inaktive Flüssig-
keit, die beim Abkühlen zu einer Kristallmasse erstarrt und
folgende Eigenschaften hat: Erstp. etwa + 11°, Sdp. 91° (4 mm),
233° (759 mm), d 16 . 1,105 bis 1,107, n D20 . 1,536 bis 1.540 1 ). Eyk-
man 2 ) fand: Smp. +8°, Sdp. 229 bis 231° (unkorr.), d ls „ 1,0960,
d 12 . 1,110, n D 1,5420.
Der vorsichtigen Oxydation mit Kaliumpermanganat unter-
worfen, bildet sich zunächst ein Glykol (Smp. 82 bis 83°), das
bei weiterer Oxydation in a-Homopiperonylsäure,
(CH 2 O 9 )C H 3 .CH s -COOH (Smp. 127 bis 128°),
übergeht; oxydiert man mit Chromsäuregemisch, so erhält man
Piperonal (Heliotropin), Smp. 37 ", und Piperonylsäure,
(CH 2 2 )C 8 H 8 COOH (Smp. 228°).
Durch Reduktion mit ISatrium in alkoholischer Lösung, sowie
mit Nickel im Wasserstoffstrom geben sowohl Safrol als auch
das isomere Isosafrol ein Dihydroprodukt C 10 H a2 O 2 (Sdp. 228°)
und m-Propylphenol (Sdp. 228°) 3 ).
Beim Erhitzen mit Alkalien wird Safrol in Isosafrol über-
geführt, aus dem durch Oxydation das viel gebrauchte Heliotropin
(Piperonal) hergestellt wird. Safrol dient in der Seifenindustrie
zum Parfümieren von Haushaltungsseifen.
*) Beobachtungen im Laboratorium von Schimmel § Co.
s ) Recueil des trav. chim. des P. B. 4 (1885), 32; Berl. Berichte 28 (1890), 862.
3 ) Henrard, Chem.Weekblad 4(1907), 630; Chem. Zentralbl. 1907,11.1512.
— Ipatiew, Berl. Berichte 46 (1913), 3589.
Phenole und Phenoläther. 615
Isosafrol.
C 10 H 10 O s . Mol.-Gew. 162.
Isosafrol, das vielleicht im Ylang-Ylangöl vorkommt, entsteht
aus Safrol beim Kochen mit alkoholischem Kali, wobei die Allyl-
in die Propenylgruppe umgewandelt wird.
Eigenschaften: Sdp. 254 bis 254,5° ix 0- ?"*
(761 mm), 105 bis 106° (4 mm); d la . 1,1275; HC|^\c-0
n D „. 1,58066^). — Sdp. 253 bis 254°; d lli8 . HC L Jch
1,126 2 ). BeitechnischenPräparatenwurdefest- cch ch ch
gesteIlt:d 16 .l,124bisl,129,n Da0 .l,574bisl,580. ' *
Synthetisch ist Isosafrol hergestellt worden durch Erhitzen
von Piperonal mit Natriumpropionat und Propionsäureanhydrid 8 )
oder aus Piperonal mit Äthylmagnesiumjodid 4 ) oder -bromid 1 ).
Durch Bromieren in Petrolätherlösung wird ein Dibromid
(Smp. 52 bis 53°) 5 ), mit überschüssigem Brom ein Pentabromid
vom Smp. 196,5 bis 197° e ) erhalten. Bei der Oxydation mit
Chromsäure entsteht Piperonal, bei der Reduktion Dihydrosafrol
neben m-Propylphenol.
Zum Nachweis von Isosafrol eignet sich das bei 128°
schmelzende Nitrit 7 ).
Hoering und Baum h ) haben im technischen Isosafrol
zwei geometrisch-isomere Formen nachweisen können, die sie als
«- und /J-Isosafrol bezeichnen und von denen letzteres weitaus
überwiegt. Sie unterscheiden sich nur durch den Geruch und die
physikalischen Eigenschaften, die des a-lsosafrols liegen zwischen
denen des Safrols und ,i-Isosafro!s ; in chemischer Beziehung
konnte zwischen den beiden Isoverbindungen kein Unterschied
festgestellt werden.
Nach S. Nagai") handelt es sich hierbei um eine cis-trans-
Isomerie. Die labile cis-Form (Sdp. 242 bis 243°; d-"° 1,162
l ) Bericht von Schimmel Sj Co. April 1905, 45.
-) Eykman, Berl. Berichte 23 (1890), 859.
3 ) Moureu, Compt. rend. 122 (1896), 792.
*) Mameli, Chem. Zentralbl. 1904, II. 1567.
s ) Mannich u. Jacobsohn, Arch. der Pharm. 248 (1910), 166.
°) Hoering, Berl. Berichte 38 (1905), 3466; 40 (1907), 1101.
') Wallach u. H.Müller, Liebigs Annalen 332 (1904), 331.
8 ) Berl. Berichte 42 (1909), 3076.
s ) Journ. of the College of Engineering, Tokio 11 (1921), 83.
616 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
bis 1,168; n Dls . 1,5630 bis 1,5632; Pikrat, Smp. 68,5°) geht beim
Erwärmen in die stabile trans-Form (Sdp.247 bis 248°; d^ 1,1230
bis 1,1235; n^. 1,5730 bis 1,5736; Pikrat, Smp. 73,5 bis 74°) *) über.
In der Technik dient Isosafrol in der Hauptsache zur Her-
stellung von Heliotropin.
Myristicin.
CuH 12 8 . Mol.-Gew. 192.
Myristicin (4-Allyl-6-methoxy-l,2-methylendioxybenzol) 2 ) ist
im Muskat- und Macisöl, im Holzöl von Cinnamomum glan-
duliferum, im französischen Petersilienöl und im Dillkrautöl
aufgefunden worden. Zu seiner Charak-
C-O— CH S terisierung können folgende Angaben
HsCOC^^oo dienen:
HCL Jch Sdp. 171 bis 173° (40 mm), d*£
Ych ch-ch 1 ' 1 437 ' n ™- 1 ,54032, n D4a , B „ 1 ,52927 »).
a " * — Sdp. 149,5° (15 mm), d 19 . 1,1425 4 ).
Myristicin wird auch im Kältegemisch nicht fest. Durch
Bromieren entsteht Dibrommyristicindibromid,
(C 8 H 6 Br ä ).C B Br 2 (0 2 CH 2 ).(OCH s ), Smp. 130°,
durch Oxydation Myristicinaldehyd und Myristicinsäure (s. u.).
Beim Kochen von Myristicin mit alkoholischem Kali oder
beim Behandeln mit Natrium lagert sich die Allylgruppe in die
Propenylgruppe um, und es entsteht das feste Isomyristicin,
das im Macis- und Dillkrautöl vorkommt, und für das Power
und Salway 3 ) nachstehende Konstanten angeben: Smp. 44°,
Sdp. 166° (18 mm), n B46i6 „ 1,56661.
Charakteristische Derivate sind ein Dibromid vom Smp. 109°
und das Dibromisomyristicindibromid. vom Smp. 156°. Wie aus
Myristicin, entstehen auch aus dem Isomeren bei der Oxydation
*) Vgl. auch M. Mayer, Chem. Zentralbl. 1914, II. 475.
*) Nicht zu verwechseln mit dem „Myristicin" genannten Stearopten von
John und von Mulder, das bisweilen aus alten Ölen auskristallisiert und,
wie Flückiger [Pharmaceutical Journal III. 5 (1874), 136] nachwies, aus
Myristicinsäure besteht
») Power u. Salway, Journ. ehem. Soc. 91 (1907), 2054.
*) Thoms, Bert. Berichte 86 (1903), 3447.
Phenole und Phenoläther. 617
mit Permanganat Myristicinaldehyd, Smp. 130°, und Myristicin-
säure, Smp. 210°.
Beide Phenoläther geben auch Additionsprodukte mit sal-
petriger Säure, von denen sich eine Reihe von Derivaten ableitet.
Elemicin.
C 12 H 16 O s . Mol.-Gew. 208.
Elemicin (4-AlIyl-l, J 2,6-trimethoxybenzol) bildet den Haupt-
bestandteil des Manila-EIemiöls, in dem es von Semmler 1 ),
der ihm auch den Namen gegeben hat,
entdeckt wurde. Außerdem kommt es C-O-CH,
vor im Holzöl von Cinnamomum glan- H a C-0-c,-^\c-0-CH,
dulfferum und in den Ölen von Boronia HcL Jch
pinnata und Backhousia myrtifolia. Die xC. u ™ ^
Verbindung findet sich in den von 277
bis 280° siedenden Fraktionen des Elemiöls 2 ) Um daraus Elemicin
zu gewinnen, wird die Fraktion mit Ameisensäure V* Stunde am
Rückflußkühler gekocht, wobei, wie Semmler durch Versuche
mit Anethol und Safrol feststellte, die Allylverbindungen unan-
gegriffen bleiben, während Propenylverbindungen zerstört werden.
Ein auf diese Weise gereinigtes Elemicin zeigte folgende Eigen-
schaften: Sdp. 144 bis 147° (10 mm), d 10 . 1,063, n D 1,52848.
Synthetisch stellte Mauthner 8 ) Elemicin her, indem er
aus Dimethylpyrogallol und Allylbromid 2, 6-DimethyIpyrogallol-
allyläther gewann, der sich beim Erhitzen in 4-Oxy-3, 5-dimeth-
oxyallylbenzol umlagerte und durch Alkylierung mit Dimethyl-
sulfat Elemicin bildete.
Bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat in Acetonlösung
entsteht Trimethylgallussäure*), C^H^O,. Smp. 169°; Sdp. 225
bis 227° (10 mm).
Durch Erhitzen des Elemicins mit Natrium oder durch
Kochen mit alkoholischem Kali entsteht das mit Asaron stellungs-
isomere Isoelemicin, 4-Propenyl-l,2,6-trimethoxybenzol, ein
*) Berl. Berichte 41 (1908), 1768, 1918, 2183, 2556.
s ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1896, 95; April 1907, 30;
Oktober 1908, 39.
s ) Liebigs Annalen 414 (1917), 250.
*) Trimethylgallussäure ist im Öl von Boronia pinnata enthalten.
618 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Körper mit folgenden Eigenschaften: Sdp. 153 bis 156° (10 mm),
d„. 1,073, n D 1,54679.
Dieses Isoelemicin ist charakterisiert durch ein bei 88 bis 89°
schmelzendes Dibromid. Bei der Oxydation mit Permanganat
entsteht dieselbe Trimethylgallussäure wie beim Elemicin.
Asaron.
C ia H ie O s . Mol.-Gew. 208.
Das Asaron (4-Propenyl-l,2, 5-trimethoxybenzol) ist im
Haselwurzöl enthalten und auch im Calmusöl, Maticoöl und im
Öl von Asarum arifolium gefunden
C-0-CH s worden, aus denen es, falls es in
HCr^ |C-0-CH s größeren Mengen vorhanden ist, beim
H s C-0-cL Ich längeren Stehen auskristallisiert. Auch
}£~„ ~_, «„ auf synthetischem Wege ist Asaron
C-CH:CM-CHj "
dargestellt worden.
Die in reinem Zustande geruch- und geschmacklose Verbindung
besitzt folgende Eigenschaften: Smp. 61 01 ), d ir , 1,091, n D 1,5719*).
Durch Bromieren liefert es ein gut kristallisierendes Dibro-
mid, C 12 H 16 Br 2 3 , Smp. 86°, das beim Behandeln mit Natrium-
methylat in der Kälte in die bei 77,5° schmelzende Verbindung
(CH s O) 8 C 6 H 2 -CH(OCH 8 )-CHBrCH 3 übergeht.
Bei der Oxydation mit Chromsäure entsteht aus Asaron
Asarylaldehyd, C 10 H ls O i? Smp. 114°, der auch bei der Oxydation
mit Permanganat neben Asaronsäure (Trimethoxybenzoesäure,
(CH 8 -0) a C 8 H 2 -COOH, Smp. 144°) gebildet wird.
Als Derivate eines vierwertigen ungesättigten Phenols er-
scheinen die isomeren Apiole C 3 H 6 C a H(0 2 CH a )(OCH 8 ) 3 , die
nach ihrem Vorkommen als Apiol und als Dillapiol unterschieden
werden, sowie das Allyltetramethoxybenzol.
Apiol.
C lä H 14 4 . Mol.-Gew. 222.
Apiol (4-Allyl-3,6-dimethoxy-l,2-methylendioxybenzol) ist im
Petersiliensamenöl und dem Öle aus venezuelischem Campheröl
l ) Gattermann u. Eggers, Berl. Berichte 32 (1899), 290.
») Eykman, ebenda 28 (1890), 862.
Phenole und Phenoläther. 619
enthalten und scheidet sich daraus beim Abkühlen als feste
Masse ab. Das Vorkommen im Maticoöl ist ebenfalls beobachtet
worden. Mit der Untersuchung des Apiols haben sich besonders
v. Gerichten 1 ), Ginsberg 2 ), Cia-
mician und Silber 3 ) sowie Thoms 4 ) C-O— CH-j
beschäftigt. Von Ciamician und H,C-0-Cr^\c-0
Silber wurde die recht komplizierte hcL Jc-O-CH-
Konstitution dieses Körpers fast voll- cth ch-th
ständig aufgeklärt, aber erst Thoms *' "" f
ist es gelungen, die Frage endgültig dahin zu entscheiden, daß
der Verbindung die oben angegebene Formel zukommt.
Apiol bildet lange, farblose Nadeln von schwachem Peter-
siliengeruch und folgenden Konstanten: Smp. 30°, Sdp. 294
(gew. Druck), 179° (33 bis 34 mm) 5 ), d I4 „ 1,176, n D 1,5380«).
— Sdp. 296 bis 299° (755 mm, Quecksilberfaden ganz im
Dampf), d 16 „ 1,1788 (im überschmolzenen Zustand bestimmt),
« D +0° 7 ).
Apiol ist fast unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, Äther
und fetten Ölen. Mit Brom vereinigt es sich zu Tribromapiol,
(CH s -0). 2 C 6 Br(0 2 CH 2 )-C 3 H 6 Br„, Smp. 88 bis 89°. Die Oxydation
führt zu Apiolaldehyd und Apiolsäure (s. u.).
Das durch Umlagerung mittels alkoholischen Kalis erhaltene
Isomere, das Isoapiol, bildet monokline, bei 55 bis 56° schmel-
zende dünne Tafeln. Es sind 3 Bromderivate bekannt, ein
Monobromid vom Smp. 51°, ein Dibromid, Smp. 75", und ein
Tribromid, Smp. 120°.
Durch Oxydation mit Kaliumpermanganat entsteht aus dem
Isoapiol, wie aus dem Apiol, Apiolaldehyd, C ia H 10 O 8 , Smp. 102°''),
und Apiolsäure, C 10 H 10 O e , Smp. 175°. Beide Phenoläther ver-
binden sich auch mit salpetriger Säure.
% ) Berl. Berichte 9 (1876), 258, 1477.
ä ) Ebenda 21 (1888), 1192, 2514; 23 (1890), 323.
3 ) Ebenda 31 (1888), 913, 1621; 22 (1889), 2481; 23 (1890), 2283.
*) Ebenda 36 (1903), 1714.
*) Ciamician u. Silber, Berl. Berichte 21 (1888), 1622.
") Eykman, ebenda 23 (1890), 862.
7 ) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co.
a ) Er wird am besten durch Oxydation von Isoapiol mit Äthylnitrit erhalten.
Fabinyi u. Szßki, Berl. Berichte 50 (1917), 1335.
620 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
DUlapiol.
C 12 H U 4 . Mol.-Gew. 222.
Dillapiol kommt im Maticoöl, ostindischen, japanischen und
spanischen Dillöl sowie im Seefenchelöl vor. Es bildet eine dicke,
ölige Flüssigkeit, die unter gewöhnlichem
C-O-CH* Druck bei 285°, bei 1 1 mm Druck bei 1 62°
H s C-0-c/|C"° siedet 1 ). Die Konstitution der Verbin-
H s c-0-cL Ich düng kommt durch die nebenstehende
J^u ™ ,-,_, Formel zum Ausdruck, deren Richtigkeit
von Thoms 2 ) bewiesen wurde.
Durch Einwirkung von überschüssigem Brom auf Dillapiol ent-
steht ein in farblosen Prismen kristallisierender, bei 110° schmel-
zender Körper, C 12 H 18 Br 8 4 , das Dibromid des Monobromapiols 1 ).
Das durch Umlagerung erhältliche Dillisoapiol ist fest
und bildet monokline, bei 44° schmelzende Kristalle. Sein Siede-
punkt wurde zu 296° ermittelt. Schmelzpunkt des Tribromids
115° ö ). Durch Oxydation mit alkalischer Permanganatlösung
entstehen Dillapiolaldehyd, C 10 H 10 O 6 , Smp. 75°, und Dillapiolsäure,
C 10 H 10 O 6 , Smp. 151 bis 152°. Ob das Dillisoapiol gleichfalls in
der Natur vorkommt, ist noch nicht sicher nachgewiesen.
Allyltetramethoxybenzol.
C i8 H is°4:- Mol.-Gew. 238.
Aus einem französischen Petersiliensamenöl isolierte Thoms 1 )
einen Körper C 1S H 18 4 , den er als einen nach der nebenstehenden
Formel zusammengesetzten Phenoläther
CNO-CH 8 erkannte, und für den er folgende Kon-
H s c-0-C|^Nc-0-CH a stanten angibt: Smp. 25°, d. ;5 . 1,087,
HcL Jc-0-CH 3 n D25 „ 1,51462.
C-CH -CH-CH ^ e ' ^ er Oxydation mit Kalium-
permanganat' entsteht in guter Aus-
beute Tetramethoxybenzoesäure, C 6 H(OCH 8 ) 4 • COOH, eine in
langen Nadeln kristallisierende Verbindung vom Smp. 87° 5 ).
x ) Ciamician u. Silber, Berl. Berichte 29 (1896), 1800.
s ) Arch. der Pharm. 242 (1904), 344.
s ) Ober die verschiedenen Bromide s. Delepine u. Longuet, Bull.
Soc. chim. IV. 89 (1926), 1019.
*) Berl. Berichte 41 (1908), 2761.
5 ) Bignami u. Testoni, Gazz. chim. ital. 30 (1900), 1. 240.
Phenole und Phenoläther. 621
Die beiden folgenden Verbindungen, Diosphenol und Phlor-
acetophenondimethyläther, besitzen gleichzeitig die Eigenschaften
eines Phenols und eines Ketons.
Diosphenol.
c io H i 6 2 - Mol.-Gew. 168.
Diosphenol (Bucco- oder Buccucampher) ist ein Bestandteil
des Buccoblätteröls, der darin zuerst von Flückiger 1 ) beobachtet
worden ist. Es ist seitdem wiederholt Gegenstand der Unter-
suchung gewesen. Seine chemische Konstitution
wurde von Semmler und Mc. Kenzie 2 ) auf- | *
geklärt. Danach ist es ein cyclisch-hydriertes ^
Ketophenol von der nebenstehenden Formel. H 2 C/^^|CO-H
Der Gehalt der Buccoöle an Diosphenol h s cI Jco
wechselt mit der Stammpflanze; aus manchen ch
Ölen scheidet es sich schon bei gewöhnlicher 1
Temperatur kristallinisch ab, während andere nur nm-- , -n-v.ns
sehr wenig davon enthalten. Man gewinnt es aus den Ölen
entweder durch Ausfrieren oder durch Ausschütteln mit ver-
dünnter Lauge; im letzteren Falle ist zu beachten, daß das
Diosphenol beim Ausäthern der alkalischen Lösung zum Teil
in den Äther übergeht.
Diosphenol hat einen eigenartigen, minzigen Geruch und
bildet optisch inaktive, monokline Kristalle vom Smp. 83°. Bei
10 mm siedet es zwischen 109 und 110°, bei Atmosphärendruck
unter teilweiser Zersetzung bei 232°. Mit Eisenchlorid gibt es
eine dunkelgrüne Farbreaktion.
Synthetisch hat man Diosphenol erhalten durch Oxydation
von Oxymethylen-menthon, C u ri, 8 O s , wobei sich ein Diketon
C 10 H 16 O ä bildet, das durch Säuren oder Alkalien zu Diosphenol
invertiert wird 3 ). Es entsteht ferner aus Dibrommenthon *) oder
Dibromtetrahydrocarvon 9 ) durch Behandeln mit Kali, oder bei
der Oxydation von Menthon mit Eisenchlorid in 50 /o<ger Essig-
') Pharmaceutical Journal III. 11 (1880), 174, 219.
s ) Bert. Berichte 39 (1906), 1158.
3 ) Semmler u. Mc. Kenzie, loc. cit. 1169.
*) Cusmano, Chem. Zentralbl. 1914, I. 976.
s ) Cusmano u. Poccianti, ebenda II. 481.
622 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
säure 1 ), oder von ^-Menthenon-S 2 ) oder Carvenon 4 ) mit Kalium-
permanganat.
Diosphenol reagiert mit Essigsäureanhydrid und mit Benzoyl-
chlorid unter Bildung der betreffenden Ester, ferner liefert es
mit Carbanil ein Phenylurethan, das nach As ah in a und
Mituhori 1 ) bei 113° schmilzt. Die Ketongruppe zeigt wegen
der benachbarten Hydroxylgruppe nur geringe Reaktionsfähig-
keit, doch sind zwei Oxime bekannt, deren Schmelzpunkte von
Kondakow und Bjalobrzeski 8 ) zu 156°, von Semmler und
McKenzie (loc. cit.) zu 125° angegeben werden.
Durch Reduktion mit Natriumamalgam in alkalischer Lösung
entsteht der bei 159° schmelzende Alkohol C 10 H ls O 2 4 ). Reduktion
mittels Natrium und Alkohol führt neben i-Menthol zu einem
Glykol C 10 H 2o O 2 , das bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat
in ß-Isopropyl-n'-methyladipinsäure, Smp. 104°, übergeht 5 ).
Reduziert man mit Wasserstoff und Platin, so erhält man Oxy-
tetrahydrocarvon s ).
Charakteristisch für Diosphenol ist seine leichte Oxydier-
barkeit, worauf auch zurückzuführen äst, daß es Fehlingsche
Lösung, sowie ammoniakalische Silberlösung reduziert. Bei
der Oxydation mit Ozon erhielten Semmler und McKenzie
(loc cit.) a-Isopropyl-^-acetyl-n-buttersäure, Smp. 41°, während
mit Kaliumpermanganat eine bei 104 bis 105° schmelzende
Keto'säure C 10 H 14 O 8 gewonnen wird, die aus einer intermediär
gebildeten Säure C 10 H 18 O 4 durch Wasserabspaltung entsteht;
sie liefert ein bei 182° schmelzendes Monoxim. Als Cusmano')
Diosphenol mit Sauerstoff und Platinschwarz oxydierte, ent-
standen neben andern Verbindungen Oxybuccocampher, C 10 H 18 O 3 ,
Smp. 75 bis 76°, und die bereits erwähnte Ketosäure C 10 H 14 O.j
vom Smp. 104 bis 105°.
l ) Asahina u. Mituhori, Journ. pharm. Soc. of Japan Nr. 482; Chem.
Zentralbl. 1922, III. 362.
ä ) Wallach, Liebigs Annalen 437 (1924), 148.
*) Journ. f. prakt. Chem. II. 54. (1896), 437. Vgl. auch Asahina u.
Kuwada, Chem. Zentralbl. 1923, 1. 1391.
*) Shimoyama, Arch. der Pharm. 226 (1888), 413.
5 ) Kondakow u. Bachtschiew, Journ. f. prakt. Chem. II. 63 (1901), 61;
Semmler u. McKenzie, Berl. Berichte 39 (1906), 1162.
6 ) Cusmano, Chem. Zentralbl. 1922, III. 48.
') Chem. Zentralbl. 1924, I. 1921; II. 1085.
Phenole und Phenoläther. 623
Beim Erhitzen von Diosphenol mit konzentrierter Salzsäure
im Einschmelzrohr auf etwa 150 bis 180° entsteht quantitativ
Thymol neben wenig Carvacrol.
Erhitzen mit alkoholischem Kali im Einschmelzrohr auf
150 bis 160° liefert eine Alkoholsäure C^H^O,,; sie läßt
sich gut aus Wasser Umkristallisieren und bildet Nadeln vom
Smp. 94°.
Diosphenol ist leicht an seinen Eigenschaften zu erkennen.
Zu seinem Nachweis kann man auch sein Verhalten gegen
Fehlingsche Lösung und ammoniakalische Silberlösung heran-
ziehen. Von Derivaten könnten hierfür das Phenylurethan und
die eben erwähnte Alkoholsäure in Frage kommen.
Phloracetophenondimethyläther.
Der Phloracetophenondimethyläther wurde von Jonas x ) im
Öl von Blumea balsamifera und von Sem ml er und Schoß-
berger in den Ölen von Xanthoxylum
Aubertia und X. alatum gefunden. Die S$}
Verbindung läßt sich aus dem Öl durch H 3 CO-C,^ ,,C-OH
Natronlauge ausschütteln und fällt aus hcL Jc-co-ch»
der alkalischen Lösung auf Säurezusatz cO-ch
als fester, gelblicher Körper aus, der
nach wiederholtem Umkristallisieren aus Benzol oder Petroläther
farblos erhalten wird und bei 82 bis 83° schmilzt.
Phloracetophenondimethyläther ist schon früher von Fried-
länder und Schnell 2 ) auf synthetischem Wege erhalten und
später von v. Kostanecki und Tambor 3 ) genauer studiert
worden.
Von Derivaten sind bekannt das Oxim, Smp. 108 bis 110°,
die Acetylverbindung, Smp. 106 bis 107°, der Methyläther,
Smp. 103°, und ein gelbes kristallinisches Monobromid vom
Smp. 187°.
Durch Kondensation mit Benzaldehyd entsteht das 2-Oxy-4, 6-
dimethoxychalkon (Smp. 91 bis 92°).
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1909, 150.
2 ) Berl. Berichte 30 (1897), 2152.
s ) Ebenda 32 (1899), 2262.
624 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
ß-Naphtholäther.
CH CH
und
Zwei zum Parfümieren billiger Haus- und Toiletteseifen viel
gebrauchte Produkte sind der Methyl- und der Äthyläther
des /S-Naphthols, die beide unter dem Namen Nerolin im Handel
sind, bisweilen auch als Nerolin, altes Produkt, oder Jara-Jara
(Methyläther) und Nerolin, neues Produkt, oder Bromelia (Äthyl-
äther) unterschieden werden. Darstellen lassen sich die beiden
Äther, die bisher noch nicht in der Natur angetroffen worden
sind, durch mehrstündiges Digerieren von ß-Naphtholkalium mit
dem entsprechenden Halogenalkyl in methyl- oder äthylalkoho-
lischer Lösung 1 ). Nach einer anderen Methode 2 ) wird ein Gemisch
von 1 Teil 0-Naphthol, 3 Teilen Methyl- oder Äthylalkohol und
1 Teil Salzsäure längere Zeit im Autoklaven auf 150° erhitzt.
Einfacher ist eine ursprünglich von Henriques für die Dar-
stellung von a-Naphtholäthyläther benutzte Methode, die sich
nach Gattermann 3 ) auch sehr gut zur Herstellung von /S-Naph-
tholäthern eignet und darin besteht, daß man /S-Naphthol mit
dem betreffenden Alkohol und konzentrierter Schwefelsäure am
Rückflußkühler auf 125 bis 140° erwärmt, bei dem Methyläther
am besten unter geringem Druck.
Beide Äther bestehen aus farblosen Kristallblättchen, die
sich in Methyl- und Äthylalkohol verhältnismäßig schwer, in
den übrigen organischen Lösungsmitteln aber leicht lösen. Der
Geruch beider Äther ist stark und anhaftend, der des Äthyl-
äthers ist schwächer, aber feiner als der des Methyläthers. In
größerer Verdünnung riechen sie ähnlich wie Orangenblütenöl,
für das sie einen, wenn auch nicht vollgültigen, so doch billigen
Ersatz abgeben. Der Geruch des Äthyläthers wird auch, nicht
ganz treffend, als ananasartig bezeichnet, worauf der für dieses
*) Schaeffer, Liebigs Annalen 152 (1869), 286.
s ) Liebermann u. Hagen, Berl. Berichte 15 (1882), 1428.
s ) Liebigs Annalen 244 (1888), 72.
Chinone. 625
Produkt manchmal gebrauchte Marne Bromelia zurückzuführen
sein dürfte.
Von Konstanten findet man in der Literatur für 0-riaphthol-
methyläther: Smp. 72 01 ); Smp. 70°, Sdp. 274° 8 ); für /S-Naphthol-
äthyläther:Smp.37° 8 ), Sdp. 274 bis 275° *), 282° (korr.), d 40 .l,0547,
d B0 „ 1,051 «).
Chinone.
Thymochinon.
C 10 H 12 O 2 . Mol.-Gew. 164.
Der einzige in ätherischen Ölen vorkommende Vertreter der
Klasse der Chinone ist das Thymochinon, das im Öl des Holzes
von Callitris quadrivalvis und in den Ölen von
Monarda fistulosa und Mosla grosserata neben | *
Thymohydrochinon gefunden worden ist. Wahr- 9:
scheinlich ist daneben noch das Thymochinhydron, HCr^ ^CO
C 10 H 13 O 2 4- C 10 H 14 O 2 , das Additionsprodukt der oc l
beiden Verbindungen, vorhanden. c
Thymochinon kristallisiert in triklinen, gelben i
Tafeln, die bei 44 bis 46° schmelzen und bei 232° H <>C-CH-CH 3
sieden. Es entsteht durch Oxydation von Hydrothymochinon
oder von Amidothymol 6 ). Bei der Reduktion geht es in Hydro-
thymochinon über.
CH
*) Stadel, Liebigs Annalen 217 (1883), 43.
a ) Marchetti, Gazz. chim. ital. 9 (1879), 544; Jahresber. d. Chem. 1819, 543.
s ) Orndorff u. Kortright, Atneric. chem. Joum. 18 (1891), 162.
*) Liebermann u. Hagen, Berl. Berichte 15 (1882), 1428.
») Perkin, Journ. chem. Soc. 69 (1896), 1190.
*) Bargellini, Chem. Zentralbl. 192S, III. 918. — S. auch Hixon,
■ebenda 1360.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 40
626 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Säuren.
Das bei der Darstellung der ätherischen Ole durch Destillation
mit Wasserdampf gewonnene wäßrige Destillat enthält zuweilen
freie Fettsäuren, wie Essig-, Propion-, Butter- oder Baldriansäure,
die, ebenso wie Methyl- und Äthylalkohol, wohl Zersetzungs-
produkte von Estern sind, die in den der Destillation unter-
worfenen Pflanzenteilen enthalten waren. Da die niedrigen Glieder
der Fettsäuren in den Destillationswässern gelöst bleiben, werden
sie leicht übersehen. Unter Umständen -sind die Mengen nicht
unerheblich, wie z. B. aus einer Destillation von Bärenklausamen
hervorgeht, wobei aus 40 kg Samen 120 g Öl und aus dem
Destillationswasser über 30 g Essigsäure gewonnen wurden 1 ).
Obgleich die Menge der Säuren in den ätherischen Ölen
prozentual sehr zurücktritt, sind doch einige bekannt, die haupt-
sächlich aus Säuren zusammengesetzt sind, wie beispielsweise das
etwa 85°/o Myristinsäure enthaltende Irisöl, das Öl von Polygonum
persicaria, das zum größten Teile aus einem Gemisch von flüchtigen
Fettsäuren besteht 8 ), das mexikanische Baldrianöl, bei dem 89%
Baldriansäure ermittelt wurden 3 ), das Öl aus den Früchten von Mo-
rinda citri folla, dessen Säuregehalt90 %> beträgt *), und das Moschus-
körneröl, dessen Hauptmasse aus Palmitinsäure gebildet wird.
In der hier folgenden Zusammenstellung der verschiedenen
Säuren ist nicht berücksichtigt, ob sie in freiem Zustande oder
gebunden im Öle vorhanden sind, erstens, weil meistens die
genauen Angaben darüber fehlen, zweitens, weil man wohl in
der Mehrzahl der Fälle annehmen darf, daß die Anwesenheit von
freier Säure auf Zersetzung während der Destillation zurückzu-
führen ist. Man erhält die Säuren 6 ) in Form ihrer Salze, wenn
die betreffenden Öle verseift werden.
l ) Zincke, Liebigs Annalen 152 (1869), 21.
*) Horst, Chem. Ztg. 25 (1901), 1055.
3 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1897, 48.
*) van Romburgh, Koninklijke Akademie van Wetenschappen te
Amsterdam 1909, 17; Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1909, 78.
6 ) Über den Nachweis von Säuren durch ihre Phenacylester oder ihre
p-Halogenphenylacylbromide s. Rather u. Reid, Journ. Americ. ehem. Soc. 41
(1919), 75; Judefind u. Reid, ebenda 42 (1920), 1043;- Chem. Zentralbl. 191»,
III. 48; 1920, III. 310; Bericht von Schimmel § Co. 1921, 121.
Säuren. 627
Ameisensäure, H ■ COOH , ist nachgewiesen worden in
altem Terpentinöl (?), im Thujaöl, Nadelöl von Pinus ponderosa,
Sadebaum-, Manila-Kopalöl, Öl von Chamaecyparfs Lawsoniana,
Cymbopogon javanensis, Ceylon-Cardamomen-, Hopfen-, Caly-
canthus-, Ylang-Ylang-, Muskatnuß-, kalifornischen Lorbeeröl,
Öl aus den Früchten von Pittosporum undulatum, Apfelöl,
Myrrhenöl, Öl von Canarium villosum, Meisterwurzöl, Möhrenöl,
Öl aus dem Holz von Goup/a tomentosa 1 ), amerikanischen
Poleiöl, Öl von Monarda fistulosa, Ramona stachyofdes, Baldrianöl,
Edelschafgarben- und Schafgarbenöl, Wermutöl, Öl von Artemisia
frigida und im Destillationswasser der Öle von Pinus Sabini-
ana, Eucalyptus g/obulus, Aethusa cynapium, Micromeria Chamis-
son/s, Lippia scaberrima, Arnica montana und anderen Ölen.
Ameisensäure ist durch eine große Reduktionsfähigkeit aus-
gezeichnet. Um sie nachzuweisen, erwärmt man ihre mit Alkali
neutralisierte Lösung mit Quecksilberchlorid, wobei ein Mieder-
schlag von Quecksilberchlorür und Quecksilber entsteht. Das
Silbersalz entsteht, wenn man eine Lösung eines Formiates mit
Silbernitrat versetzt, es zersetzt sich jedoch beim Kochen mit
Wasser. (Unterschied von Essigsäure.)
Essigsäure, CH s -COOH, wird am häufigsten in den
ätherischen Ölen angetroffen; es müßten fast alle genannt
werden, wollte man sie hier aufzählen. Ihre Ester sind meist
durch einen besonders angenehmen Geruch ausgezeichnet und
finden deswegen vielfache Verwendung in der Parfümerie, so
vor allem Linalyl- und Geranylacetat. Einige Öle bestehen zu
einem erheblichen Teile aus Essigsäureestem, wie beispielsweise
Lavendelöl, Bergamottöl, Petitgrainöl, sibirisches Fichtennadelöl.
Um Essigsäure nachzuweisen, versetzt man die neutralisierte
wäßrige Lösung mit Silbernitrat und analysiert das aus Wasser
umkristallisierte Silbersalz. Dieses Verfahren eignet sich über-
haupt gut zum Nachweis der meisten Fettsäuren.
Von den übrigen Fettsäuren sind die folgenden in ätherischen
Ölen aufgefunden worden:
Propionsäure, C 2 H 6 -COOH, im Wurmfarnöl (?), Öl von
Cupressus torv/osa, Cajeput-, Pastinac- und Lavendelöl.
*) Dunstan u. Henry, Journ. ehem. Soc. 78 (1898), 226; Chem.
Zentralbl. 1898, I. 851, 1138.
40*
628 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
n-Buttersäure, C 8 H 7 -COOH, im Wurmfarnöl, Ol von
Callitris glauca (?), C. calcarata (?), Cymbopogon caesius,
C. javanensis, Ceylon- Citronellöl, Calmuskrautöl , Hopfenöl,
Knöterichöl, Muskatnußöl, Öl von Persea pubescens, Eucalyptus
globulus, Cajeputöl, Niaouliöl, PastinacÖl, Hundspetersilienöl,
Bärenklauöl, Öl von Heracleum giganteum, Lavendelöl, ameri-
kanischen Poleiöl, Öl von Monarda fistulosa, Baldrianöl, Schaf-
garbenöl, amerikanischen Wurmsamenöl und im Destillations-
wasser von Araucaria Cunninghamii, Lippia scaberrima und
Micromeria Chamissonis.
Isobuttersäure im Lorbeerblätteröl, Ceylon - Zimtöl (?),
Meisterwurzöl , Möhrenöl (?), Spanisch Hopfenöl (?), Arnika-
wurzelöl und Römisch Kamillenöl.
Isovaleriansäure (Isopropylessigsäure), C 4 H„-COOH, im
Wurmfarnöl (?), Cypressenöl, Citronellöl, Öl vom Cymbopogon
javanensis, Hopfenöl, Öl von Persea pubescens, Lorbeerblätteröl,
Öl aus den Früchten von Pittosporum undulatum, Geranium-
öl (?), Senegawurzelöl, Kakaoöl, Niaouliöl, Öl von Eucalyptus
goniocalyx, E. paludosa und E. saligna, Meisterwurzöl, im Holz
von Goupia tomentosa 1 ), Lavendelöl (?), amerikanischen Pfeffer-
minzöl, Krausem inzöl, Öl von Monarda f/stu/osa, Thymus masti-
china, Tabaköl, Baldrianöl, mexikanischen Baldrianöl, Kesso-
wurzelöl und Wermutöl, Schafgarbenöl und Öl von Artemisia
frig/da.
Methyläthylessigsäure, C 4 H 9 -COOH, im unechten Cham-
pacaöl, im Öl von Michel ia longifolia, im Angelicawurzelöl
und Kaffeeöl.
n - Hexylsäure, Capronsäurc, C s H 1:L -COOH, im Wurm-
farnöl (?), Öl von Juniperus phoenicea, Himalaya-Cedernöl,
Lemongrasöl, Palmarosaöl, Campheröl, Lorbeerblätteröl (?), Apfelöl,
Kakaoöl, Öl von Amomls jamaicensis, Bärenklauöl, PastinacÖl,
im Holz von Goupia tomentosa*-), Lavendelöl, Öl von Monarda
fistulosa und Öl aus den Früchten von Morinda citrifolia.
n-Heptylsäure, Önanthsäure, C 8 H ia ■ COOH, im Himalaya-
Cedernöl, Calmuskrautöl, Hopfenöl, Ol von Persea pubescens
und Artemisia frigida.
l ) Siehe Anmerkung auf Seite 627.
Säuren. 629
n-Octylsäure, Caprylsäure, C,H ls -COOH, im Wurmfarn-
Öl (?), Öl von Cupressus torulosa, Cryptomeria japonica, Andro-
pogon ivarancusa, Cympobogon favanensis, C. sennaarensis (?),
Hopfenöl, Muskatnußöl, Campheröl, Apfelöl, süßen Pomeranzen-
schalenöl, Öl von Murraya exotica var. ovatifolia (?), Kakaoöl,
amerikanischen Poleiöl, Öl aus den Früchten von Morinda citri-
folia, Öl von Artemisia herba-alba und A. frigida (?).
n-Nonylsäure, Pel argonsäure, C 8 H 17 COOH, im Wurm-
farn- und Hopfenöl.
n-Decylsäure, Caprinsäure, C 9 H 19 -COOH, Nadeln vom
Smp. 31°, im Öl von Chamaecyparis Lawsoniana, Andropogon
ivarancusa, Cymbopogon sennaarensis (?), Lemongrasöl, Hopfen-
öl, Kobuschiöl, Öl von Fagara xanthoxyloides, Kakaoöl, Bären-
klauöl, amerikanischen Poleiöl, Kamillenöl und Öl von Artemisia
herba-alba.
n-Undecylsäure, C 10 H 21 COOH, Schuppen vom Smp. 28,5°,
im Öl von Artemisia frigida.
n-Duodecylsäure, Laurinsäure, C u H ag -COOH, Nadeln
vom Smp. 43,6°, im Öl von Cupressus torulosa, Campheröl,
Lorbeerbeerenöl, Pichurimbohnenöl, Öl von Psoralea bitumi-
nosa (?), im Holz von Goupia tomentosa 1 ) und im Bärenklauöl.
n-Tetradecylsäure, Myristinsäure, C ig H s , - COOH,. Kristall-
blättchen vom Smp. 53,8°, im Muskatnußöl, Öl von Blumea
balsamifera (?) und im Iriswurzelöl.
n-Hexadecylsäure, Palmitinsäure, C 15 H 31 - COOH, Kristall-
schuppen vom Smp. 62°, im Vetiveröl, Öl von Andropogon ivaran-
cusa, Cymbopogon sennaarensis, Gagelöl, kanadischen Schlangen-
wurzelöl, Öl von Ficaria ranunculoides, japanischen Sternanisöl,
Öl der Samen von Monodora grandiflora, Öl von Cinnamomum
g/andu/iferum, Öl aus den Früchten von Pittosporum undula-
tum, Murraya /(oenigii, M. exotica var. ovatifolia, Xanthoxylum
piperitum, Myrrhenöl, Cascarillöl, Moschuskörneröl , Pimentöl,
Selleriesamenöl, Petersiliensamenöl, Meisterwurzöl, Möhrenöl, Öl
von Micromeria Chamissonis, Öl aus den Stengeln und Blättern
von Tagetes patula, Eberwurzöl, Arnikablütenöl, Wermutöl, Öl von
Blumea balsamifera (?) und Chrysanthemum cinerariaefoliumtf).
*) Siehe Anm. auf S. 627.
630 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
n-Octodecylsäure, Stearinsäure, C 17 H 86 ■ COOH, Blättchen
vom Smp. 69,2°, im Himalaya-Cedernöl und Cascarillöl.
Ungesättigte Säuren sind nur selten beobachtet worden.
Es kommen vor:
Methacrylsäure, CH ä : C(CH 8 ) • COOH , lange Prismen
vom Smp. 15 bis 16°, Sdp. 160,5°, wahrscheinlich im Römisch
Kamillenöl.
Angelicasäure, CH 3 • CH : C(CH) 8 ■ COOH , Smp. 45 bis 45,5 °,
Sdp. 185°, im Destillationswasser des Angelicawurzelöls und im
Römisch Kamillenöl.
Tiglinsäure, CH S - CH : C(CH g ) • COOH, Smp. 64,5°, Sdp. 1 98,5°,
im Geraniumöl.
Isopropyliden essigsaure, /?-/?- Dimethylacrylsäure (CH S ) 2
C: CH-COOH, im Meisterwurzöl.
Citroncllsäure, C 9 H 17 • COOH, im Java-Citronellöl, Aburachan-
öl (?) und Öl von Barosma pulchellum; d-Citronellsäure im Öl
von Pelargonium graveolens, i-Citronellsäure im Campheröl.
Ölsäure, C 8 H 17 ■ CH : CH • (CH a ), - COOH, Nadeln vom
Smp. 14°, Sdp. 223° (10 mm), im Irisöl und Kobuschiöl.
Von Oxysäuren sind nachgewiesen worden:
Oxymyristinsäure, C 14 H 28 3 , perlmutterglänzende Blättchen
vom Smp. 51°, im Sabadillsamenöl und Angelicasamenöl.
Oxypentadecylsäure, C ls H g0 O 8 , Mädelchen vom Smp. 84°,
im Angelicawurzelöl und vielleicht im japanischen Angelicaöl.
Nur ein einziges Mal hat man eine zweibasische Säure
als natürlichen Bestandteil eines ätherischen Öls gefunden,
nämlich
Bernsteinsäure, COOH • CH 2 CH a ■ COOH, im Holz von
Goupia tomentosa.
Teresantalsäure,C 10 H 14 O 2 , ist eine hydriert-cyclische Säure,
Smp. 157°, [«]„— 70°24' (in 25°/oiger Lösung); sie kommt im
Sandelholzöl vor.
Von aromatischen Säuren sind zu nennen:
Benzoesäure, C 6 H 6 • COOH, glänzende Blättchen vom
Smp. 121,4°, Sdp. 249° bei 760 mm, ist im Vetiveröl, Tuberosen-
Säuren. 631
blütenöl, Hyazinthenöl, Champacaöl, Ylang-Ylangöl, Zimtblätteröl,
Öl von Ocotea pretiosa, Cassiaöl, Wildkirschenrindenöl, Öl von
Daviesia Iatifolia, NeroKöl, Tolubalsamöl und Nelkenöl gefunden
worden.
Phenylessigsäure, C„H 6 ■ CH 2 - COOH, dünne Blättchen vom
Smp. 76,5°, Sdp. 265,5°, kommt im Neroliöl und japanischen
Pfefferminzöl vor.
Zimtsäure, C 8 H,.CH : CH-COOH, Smp. 133°, Sdp. 300°,
findet sich im öl von Alpinia galanga, A. nutans (?), Kaempferia-
öl, Xanthorrhoeaharzöl, Storaxöl, amerikanischen Storaxöl, Cassia-
öl, Perubalsamöl, WartaraÖl und Öl von Melaleuca bracteata.
Allozimtsäure ist im Öl von Alpinia malaccensis nach-
gewiesen worden.
Salicylsäure, HO-CeH^COOH, Smp. 155 bis 157°, ist als
Methylester außerordentlich verbreitet (s. S. 634), ist aber außer-
dem noch im Spicewoodoil , Calycanthusöl (?), Ylang-Ylangöl,
Cassiaöl-, Öl von Pittosporum undulatum, Goldlackblütenöl, im
amerikanischen Poleiöl, Öl von CoIHnsonia anisata, Solidago
nemoralis, Wermutöl und Schafgarbenöl nachgewiesen worden.
Anissäure, p-Methoxybenzoesäure, CHg-O-CjH^-COOH,
Smp. 184°, findet sich in der Tahiti -Vanille und ist in allen
Ölen anzutreffen, die, wie Anisöl, viel Anethol enthalten, aus
dem sie durch Oxydation entsteht.
Veratrumsäure, (CH,-0),C,H,-COOH + H 2 0, Smp. 179,5
bis 181°, ist im Sabadillsamenöl gefunden worden.
Methyläthercumarsäure, Methyl-p-cumarsäure, p-Methoxy-
zimtsäure, CH 3 - O - C 9 H 4 • CH : CH-COOH, kommt als Äthylester
im Kaempferiaöl vor.
Piperonylsäure, C e H 3 Q>CH a • COOH, ist im Campheröl
enthalten, Sedanonsäure, o-Valeryl-^'-tetrahydrobenzoesäure,
C 1S H 1S 3 , im Wurzelöl von Cnidlum officinale, Trimethyl-
gallussäure, C x0 H 13 O a , im Öl von Boronia pinnata und
Ambrettolsäure, Hexadecen-7-ol-16-säure-(l), Ci 6 H 30 O 3 , im
Moschuskörneröl.
632 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Ester.
Ester finden sich in fast allen ätherischen Ölen, für
deren Geruch sie oft von wesentlicher Bedeutung sind; auch
in der Parfümerie spielen sie wegen ihres meist angenehmen
Aromas eine große Rolle. Als Beispiele besonders esterreicher
Öle seien Bergamottöl, Lavendelöl, Geraniumöl, sibirisches
Fichtennadelöl und Römisch Kamillenöl genannt; vereinzelt be-
stehen die Öle auch fast nur aus Estern, wie z. B. die unter
dem Namen Wintergrünöl bekannten Destillate von Gaultheria
procumbens und Befula lenta, die etwa 99 °/o Methylsalicylat
enthalten. Der Machweis der Ester ist mit Ausnahme der-
jenigen, die bei gewöhnlicher Temperatur fest sind und sich
deshalb ohne Schwierigkeit isolieren lassen, nicht immer leicht.
Charakteristische Derivate, wie sie für Alkohole, Ketone und
Kohlenwasserstoffe bekannt sind, gibt es hier nur ausnahms-
weise, so daß man auf die fraktionierte Destillation und Cha-
rakterisierung der Verseifungsprodukte angewiesen ist. Dazu
kommt, daß die Siedetemperaturen von verschieden zusammen-
gesetzten Estern oft sehr nahe beieinanderliegen, so daß eine
Trennung durch Fraktionieren nicht möglich ist. Eine weitere
Schwierigkeit ist die, daß sich viele Ester bei der Destillation
unter gewöhnlichem Druck zersetzen, einige sogar schon bei
vermindertem Druck.
Synthetisch sind sie fast immer leicht zugänglich. Eine sehr
gebräuchliche Methode besteht darin, daß man in die eventuell
mit einem geeigneten Lösungsmittel verdünnte Mischung der
Komponenten trocknen Chlorwasserstoff einleitet. In vielen
Fällen ist dieses Verfahren aber wegen der Empfindlichkeit
mancher Säuren und Alkohole gegen Chlorwasserstoff nicht
anwendbar. Man kann dann dadurch zum Ziel kommen, daß
man Jodalkyl auf das Silbersalz der Säure einwirken läßt, oder
daß man von den Alkoholaten ausgeht und diese mit den
Anhydriden oder Chloriden der Säuren umsetzt. Oft genügt
auch schon einfaches Kochen des Alkohols mit dem Säure-
anhydrid; so kann man beispielsweise viele Alkohole quantitativ
in die Acetate überführen, indem man sie mit Essigsäureanhydrid
unter Zusatz von etwas wasserfreiem Natriumacetat kocht.
Ester. 633
Methylbenzoat.
C 8 H s 2 . Mol.-Gew. 136.
C a H 6 .CO-O.CH 8 .
Der auch unter dem Namen Niobeöl bekannte Benzoesäure-
methylester kommt im Ylang-Ylangöl und Cotorindenöl vor und
vielleicht auch im Nelkenöl und im Tuberosenblütenöl. Er bildet eine
farblose, optisch inaktive Flüssigkeit von kräftigem, angenehmem
Geruch. Sdp. 199,2° (746,4 mm); d „ 1,1026*); d$fc 1.0942 3 ).
Im Laboratorium von Schimmel $ Co. wurden folgende
Konstanten beobachtet: d 16 . 1,0935 bis 1,0955, n D20 „ 1,515 bis 1,518,
löslich in 4 Vol. 60- und in 1,5 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Charakteristisch für Benzoesäuremethylester ist, daß er
mit Phosphorsäure eine kristallinische Verbindung bildet 8 ); die
Benzoate der homologen Alkohole zeigen diese Eigenschaft nicht.
Methylbenzoat wird als Ersatz für Nelkenöl in der Mikro-
skopie 4 ) empfohlen.
Methylcinnamat.
Ci H 10 O 2 . Mol.-Gew. 162.
C 6 H 6 -CH:CHCOO-CH 8 .
Methylcinnamat oder Zimtsäuremethylester ist im Öl der
Wurzeln von Alpinia galanga, im Öl der Wurzeln und der
Blätter von Alpinia malaccensis, im Wartarasamenöl und im
Öl von Ocimum canum gefunden worden.
Zimtsäuremethylester bildet eine bei gewöhnlicher Tem-
peratur feste Substanz von eigentümlichem, intensivem Geruch.
Seine Eigenschaften sind: Smp. 33,4°, Sdp. 263° 5 ). — Smp. 36°,
Sdp. 259,6°, df.- 1,0415").
Schimmel 85 Co. 7 ) beobachteten an Zimtsäuremethylester
aus Wartaraöl: Smp. 36° und Sdp. 256° (745 mm), und an
technischen Präparaten eigener Fabrikation: Smp. 34 bis 36°,
*) Kopp, Liebigs Annalen 94 (1855), 307, 309.
ä ) Perkin, Journ. ehem. Soc. 69 (1896), 1174.
«) Raikow, Chem. Ztg. 24 (1900), 368.
*) P.Mayer, Zeitschr.f.wissensch.Mikrosk.u.mikrosk.Technik33(1916), 1.
5 ) Anschütz u. Kinnicutt, Berl. Berichte 11 (1878), 1220.
6 ) Weger, Liebigs Annalen 221 (1883), 74.
') Bericht von Schimmel § Co. April 1901, 62.
634 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
df£ 1,066 bis 1,069, dffl 1,070 bis 1,073, n DM . 1,565 bis 1,569,
n D40 „ 1,563 bis 1,566.
Zimtsäuremethylester löst sich leicht in den gewöhnlichen
organischen Lösungsmitteln, ebenso in Olivenöl und in Paraffinöl ;
von 70°/oigem Alkohol sind 2 bis 4 Vol. bei einer Temperatur von
30 bis 40 zur Lösung erforderlich. Bei 20° löst es sich in etwa 7 Vol.
Methylsalicylat.
C 8 H 8 3 . Mol.-Gew. 152.
0H-C 6 H 4 .C0-0-CH s>
Methylsalicylat (Salicylsäuremethylester, künstliches Winter-
grünöl) gehört zu den wichtigsten Riechstoffen und ist wegen
seiner antiseptischen Eigenschaften sehr geschätzt. Es ist
seit langer Zeit bekannt und, wie sich im Laufe der Jahre
herausgestellt hat, im Pflanzenreich außerordentlich verbreitet.
Auch ist sein Vorkommen nicht auf einen bestimmten Pflanzen-
teil beschränkt, vielmehr findet es sich bald hier, bald dort in
den Pflanzen von der Wurzel bis zur Blüte. Es bildet den
Hauptbestandteil des Gaultheria- und Birkenrindenöls und ist
außerdem nachgewiesen im Tuberosenblütenöl (aus Pomade), im
amerikanischen Wurmsamenöl, im Öl von Calycanthus occi-
dentalis, im Ylang-Ylangöl, im Öl von Paliuris australis, im
römischen und französischen Cassieblütenöl, im Rautenöl, Tee-
öl, Nelkenöl, im Öl von Viola tricolor, der Wurzel von Viola
odorata (?), sowie in den folgenden Pflanzen 1 ): Podocarpus
chinensis, P. Nageia, Gnetum gnemon ß ovalifolium, Casta-
nopsfs javanica, C. /'. var., C. Tungurrut, C. spec, Quercus
spec. div., Q. bancana, Q. glandulifera, Q.Junghuhnii, Q. pseudo-
moluccana, Q. spicata, Q. Teysmannii, Cecropia Schiedeana,
Cinocephalus ovatus, C. suaveolens, C. spec, Urostygma
acamptophyllum , Ficus elastica, F. Benjamina, F. B.
var. crassinerve, F. annulata, F. geniculata, F. piiosa, F. p.
var. chrysocannia, F. retusa var. nitida, F. xylophylla, Sloetia
sideroxylon, Streblus mavritianus, Gironniera subaequalis,
x ) Vgl. hierzu: van Romburgh, Verslag van 's lands plantentuin te
Buitenzorg 1897, 37; 1898, 29; 1899, 49; 1901, 58; Kremers u. James,
Pharm. Review 16 (1898), 100; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1899, 58 ;
Tailleur, Compt. rend. 182 (1901), 1235.
Ester. 635
Myristica intermedia, Unona discolor, Uvaria ovalifolia,
V. sphaerocarpa, Mithridatea tanburissa, Cinnamomum iners,
Nectandra angustifolia, Lindera benzoin, Parinarium spec,
Photinia serrata, Rubus sundaicus, Spiraea ulmaria, Connarus
spec, Acacia intsia, A. pluricapitata, A. sarmentosa, A. tener-
rima, A. mimosoides, Albizzia rufa, Bauhin ia sumatrana,
B. pyrrhaneura, Dalbergia Jaherrii, Guilandina Bonduc,
Papilionaiea mont Salak, Phanera Junghuhniana, Spatholobus
ferrugineus, Caesalpinia bonducella, Mucuna gigantea, Jbry-
throxylon coca, E. bolivianum, Canarium spec, Garuga spec,
Cipadessa subscandens, Polygala senega, P. s. var. latifolia,
P. Baldwini, P. variabilis, P. javana, P. oleifera, P. serpyllacea,
P. calcarea, P. vulgaris, Epirixanthes elongata, E. cylindrica,
Adenocrepis javanica, Antidesma diandrum, Agyneia multi-
flora, A. spec, Baccaurea spec, Cyclostemon macrophyllus,
Bridelia tomentosa, B. amoena, B. glauca, B. ovata, B. zey-
lanica, Croton ochrescens, Daphniphyllum glaucescens, Mappa
longestipulata, Mecostylis acalyphoides, Melanthesa racemosa,
M. rhamnoides, M. virgata, Phyllanthus littoralis, Rottlera
glaberrima, R. piliuscula, R. dispar, Elateriospermum Tokbrai,
Cluytia oblongifolia, Leiocarpus arboreus, L. spec, Pierardia
dulcis, P. spec div., Phyllanthus zeylanicus, Sphenodesme
Wallichiana, Trewt'a spec, Mangifera spec, Semecarpus spec,
Turpinia sphaerocarpa, T. spec, Capura alata, Salacia polyantha,
Colubrina nepalensis, Ventiloga oblongifolia, Zizyphus spec,
Leea aculeata, Vitis coffeocarpa, V. Linnaei, Harpullia imbricata,
H. spec, Meliosma pendula, Mischocarpus fuscescens, Elaeo-
carpus resinosus, Wormia triquetra, Thea chinensis, T. cochin-
chinensis, Calpandria lanceolata, fiydnocarpus Wightiana,
H. alpina, ff. venenata, Scolopia Roxburghii, Taraktogenos
Blumei, Alsodeia cymulosa, Viola tricolor, ffomalium tomen-
tosum, ff. javanicum, Carallia symmetria, Memecylon spec.
Nania vera, Barringtonia rubra, B. spicata, B. spec div.,
Monotropa hypopitys, Gaultheria fragrantissima, G, Ieuco-
carpa, Ardisia humilis, A. lurida, A. fuliginosa, A. macro-
phylla, A. purpurea, A. reclinata, A. sanguinolenta, A. speciosa,
Sideroxylon obovatum, Diospyros aurea, D. cauliflora, D. acu-
minata, D. Gardnerf, Symplocos spec div., 5. fascicufata,
Chionanthus elliptica, C, latifolia, C. montana, C. ramiflora,
636 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
C. spec, Allamanda Jiendersoni, Chilocarpus densiflorus,
C. denudatus, Melodinus laevigatus, M. orientalis, Landolphia
Watsonii, Aistoni a angustifolia, A. Hoedti, A. macrophylla,
A. villosa, A. spec, Hunteria corymbosa, Rauwolfia specta-
bilis, Cryptolepis laxiflora, Marsdenia tenacissima, Cordia
asperrima, Callicarpa hexandra, C. pentandra, Vitex Loureirii,
V. pubescens, BignoniaChamberlaynii , B.exoleta, B.bras iliensa,
B. velutina, Lagaropyxis gigantea, L. Lobbii, Millingtonia
hortensis, Spathodea caudata, S. campanulata, S. falcata,
S. stipulata, Stereospermum fimbriatum , S. suaveolens,
Tecoma stans, T. mexicana, Hexacentris cocc/nea, Nycto-
calos brunfelsiaeflorus, Thunbergia grandiflora, Canthium
palembanicum, C. spec, Gardenia Fitzalani, G. Schoemannii,
Nauclea spec, N. fagifolia, N. polycephala, Pavetta angusti-
folia, P. arborea, P. barbata, P. grandiflora, P. g. var. lutea,
P. g. var. aurantiaca, P. littorea, P. longiflora, P. rosea,
P. paludosa, P. longipes, P. spec, Petunga variabilis, P. spec,
Psychotria celastroides, P. robusta, P. undata, Wendlandia
spec, Anthocephalus cadamba, Coffea densiflora, C. lepido-
phloia, C. liberica, C. stenophylla, Griffithia acuminata,
G. eucantha, Mussaenda frondosa, M. officinalis, M. rufinervia,
Polyphragmon spec, Randia densiflora, R. dumetorum, R. uli-
ginosa, Sarcocephalus subditus, Scyphostachys coffeoides,
Viburnum sundaicum, Stifftia chrysantha und Vernonia arborea.
Der Ester kommt gewöhnlich nicht fertig gebildet, sondern
als Glucosid in den Pflanzen vor, so z. ß. im Monotropa hypo-
pitys, im Kraute von Gaultheria procumbens und in der Birken-
rinde als Gaultherin, aus dem er erst durch fermentative
Spaltung freigemacht wird. Das geht u. a. daraus hervor, daß
bei diesen Materialien die Ausbeuten an Methylsalicylat ganz
bedeutend steigen, wenn man sie vorher mehrere Stunden mit
Wasser durchfeuchtet stehen läßt. Bei vielen hierher gehörigen
Pflanzen enthält das Destillat aus frischem Material überhaupt
keinen Salicylsäuremethylester.
Künstlich erhält man den Ester durch Erhitzen von Methyl-
alkohol und Salicylsäure bei Gegenwart von konzentrierter
Schwefelsäure. Von der Firma Schimmel $ Co. wird das
Produkt seit däm Jahre 1886 im Großen dargestellt und als
künstliches Wintergrünöl in den Handel gebracht.
Ester. 637
Methylsalicylat bildet eine farblose, optisch inaktive Flüssig-
keit von starkem, eigentümlichem Geruch; über seine sonstigen
Eigenschaften liegen folgende Beobachtungen vor: Sdp. 217°
(730 mm) 1 ); Sdp. 223,7° (korr.), d . 1,1969, d 19 „ 1,1819*); Smp.
— 8,3° s ); Sdp. 222,2° (korr.), d 4 „ 1,1992, d 15 . 1,1890*).
An technischen Präparaten eigener Fabrikation ermittelten
Schimmel § Co^ d 16 „ 1,188 bis 1,191, n D20 „ 1,535 bis 1,538,
löslich in 6 bis 8 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Methylsalicylat löst sich in mäßig konzentrierter Kalilauge
zu leichtlöslichem Estersalz (Kaliummethylsalicylat) und kann
aus dieser Lösung durch verdünnte Säuren unverändert wieder
abgeschieden werden. Mit Natronlauge fällt schwerlösliches
Natriummethylsalicylat aus. Beim Erwärmen mit überschüssigem
Alkali werden beide Estersalze verseift, und nunmehr wird auf
Säurezusatz Salicylsäure abgeschieden.
Charakteristisch für Salicylate ist die mit Eisenchlorid ent-
stehende Violettfärbung.
Die Gelbfärbung, die der Salicylsäuremethylester bei Auf-
bewahrung im Tageslicht erleidet, ist vielleicht auf die Bildung
von p-Chinoncarbonsäuremethylester zurückzuführen 8 ).
Äthylacetat.
C 4 H s 2 . Mol.-Gew. 88.
CH 3 -CO.O.C 2 H 5 .
Das Vorkommen von Äthylacetat (Essigester) in ätherischen
Ölen ist bisher noch nicht festgestellt worden. Es existiert nur eine
Beobachtung von Göppert 6 ), wonach die Blumen von Magnolia
fuscata, besonders die schon abgefallenen Blumenblätter, einen
dem Äthylacetat täuschend ähnlichen Geruch entwickeln sollen.
Dieses technisch und vor allem pharmazeutisch wichtige Produkt
ist daher für den Riechstoffchemiker nur von untergeordneter Be-
deutung und soll aus diesem Grunde hier nur kurz beschrieben
*) Schreiner, Liebigs Annalen 197 (1879), 17.
*) Kopp, ebenda 94 (1855), 301, 302.
•) v. Schneider, Zeitschr. f. physlk. Chem. 22 (1897), 233.
*) Perkin, Joum. chem. Soc. 69 (1896), 1187.
*) Gibbs, Williams u. Pratt, Philippine Journ. of Sc. 7 (1912), A. 79.
8 ) Liebigs Annalen 111 (1859), 127.
638 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
werden: Essigester ist eine klare, neutrale Flüssigkeit von er-
frischendem Geruch. Er siedet bei etwa 76° und hat bei 15° ein
spez. Gewicht von 0,90 bis 0,91. Er ist mit den gewöhnlichen
organischen Lösungsmitteln in jedem Verhältnis klar mischbar
und seinerseits ein gutes Lösungsmittel für viele Substanzen.
18 Teile Wasser lösen 1 Teil Essigester und anderseits 28 Teile
Essigester 1 Teil Wasser.
Äthylbenzoat.
C 9 H 10 O 2 . Mol.-Gew. 150.
C 8 H 6 .CO-0-C a H 5 .
Ein Vorkommen des Benzoesäureäthylesters in der Natur hat
man bisher nicht beobachtet Der Geruch ist ähnlich dem des
Methylesters, nur etwas milder. Die Konstanten sind: Sdp. 21 1,2°
(729 mm), d ie . 1,0502 *); Sdp. 212,9° (745,5 mm) 2 ).
An eigenen, im Großbetrieb hergestellten Präparaten be-
obachteten Schimmel $ Co.: d 18 . 1,0515 bis 1,0536, n D20o 1,50501
bis 1,50790, löslich in 7,5 Vol. 60- und 2 Vol. 70°/oigen Alkohols.
Athylsalicylat.
C 9 H 10 Cy Mol.-Gew. 166.
OH-C 6 H 4 .COO-C 2 H 6 .
Salicylsäureäthylester bietet nur insofern Interesse, als er
in der Parfümerie Verwendung findet; in ätherischen Ölen
hat man ihn noch nicht angetroffen. Er ist eine farblose,
etwas schwächer als Wintergrünöl riechende Flüssigkeit, für
die Perkin 3 ) folgende Eigenschaften angibt: Sdp. 233,5 bis
234,0° (korr.), d 15 „ 1,1372. Schimmel 8j Co. fanden: Sdp. 234
bis 235° (743 mm), 91° (5 mm), d„. 1,1352, n D20 . 1,52338, d 18 . 1,1345
bis 1,1363, n D80 „ 1,521 29 bis 1,52381, löslich in 4 Vol. 80°/oigen
Alkohols.
Durch starkes Abkühlen kann er zum Erstarren gebracht
werden und schmilzt wieder bei + 1,3°*).
*) Litinemann, Liebigs Annalen 160 (1871), 208.
2 ) Kopp, ebenda 94 (1855), 309.
*) Journ. ehem. Soc. 69 (1896), 1176.
*)v. Schneider, Zeitschr. f. physäk. Chem. 19 (1896), 158.
Ester 639
Athylcinnamat.
C U H 1S S . Mol.-Gew. 176.
C H 6 • CH : CH • CO • O • C 2 H 5 .
Der Zimtsäureäthylester gehört zu den selteneren Bestand-
teilen ätherischer Öle, sein Vorkommen ist auf Kaempferiaöl,
Storaxöl und Sannaöl von Hedychium spicatum beschränkt.
Synthetisch erhält man ihn durch Einleiten von trocknem Chlor-
wasserstoffgas in die alkoholische Lösung von Zimtsäure. Er
bildet eine angenehm riechende, optisch inaktive, bei niederer
Temperatur erstarrende Flüssigkeit von folgenden Eigenschaften:
Smp. 12 D1 ); Sdp. 271° 2 ); d „ 1,0656, d 20<t ,„ 1 ,0498 s ). — Sdp. 195,5°
(103 mm), d 15 „ 1,0546*).
Schimmel 8j Co. beobachteten an technischen Produkten:
d 18 . 1,053 bis 1,055, n D20 . 1,559 bis 1,561, löslich in 4 bis 7 Vol.
70°/oigen Alkohols.
Amylsalicylat.
C lä H ia O s . Mol.-Gew. 208.
OH-C 8 H 4 -CO-0-C 5 H u -
Der auch unter dem Namen Orchidee, Trefle oder
Trefol bekannte Salicylsäureisoamylester ist zwar kein Bestand-
teil ätherischer Öle, findet aber in der Parfümerie vielfach Ver-
wendung und soll deswegen auch hier erwähnt werden. Er
bildet eine farblose bis gelbliche Flüssigkeit, deren stark aro-
matischer Geruch an den des Klees und mancher Orchideen
erinnert.
An selbst hergestellten Präparaten ermittelten Schimmel
§ Co.: Sdp. 276 bis 277° (743 mm), 151 bis 152° (15 mm),
d 16 „ 1,049 bis 1,056, c B schwach rechts, bis -+- 2°50', n D20 „ 1,505
bis 1,508, löslich in etwa 3 Vol. 90% igen Alkohols.
Der Ester ist nicht ganz leicht verseifbar; um ihn quantitativ
zu spalten, muß man ihn mit einem gehörigen Überschuß an
*) Wegener, Privatmitteilung von Friedländer, Liebigs Annalen 221
<1883), 75.
s ) Anschütz u. Kinnicutt, Berl. Berichte 11 (1878), 1220.
") Kopp, Liebigs Annalen 95 (1855), 320..
*) Perkin, Journ. ehem. Soc. 69 (1896), 1228.
640 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Alkali 2 Stunden auf dem Wasserbade erhitzen, was übrigens
auch bei den andern Salicylsäureestern empfehlenswert ist.
Außer als Riechstoff benutzt man Amylsalicylat auch als
Fixierungsmittel für feinere Gerüche. Auch therapeutisch ist es
mit Erfolg bei rheumatischen Affektionen verwendet worden 1 ).
Von den Amylestern der niederen Fettsäuren kommen
vor: das Formiat im Apfelöl, das Acetat im Bananen-, Apfel-,
Kakao- und Angophoraöl, das Propionat und Butyrat im
Kakaoöl, das Capronat und Caprylat im Apfelöl.
n-Butylbutyrat ist in einigen Eucalyptusölen, z. B. in dem
von E. Perriniana enthalten.
Linalylacetat.
C 13 H 20 O 2 . Mol.-Gew. 196.
CH 8 .CO-O.C 10 H 17 .
Linalylacetat, der wertvollste und charakteristische Bestand-
teil des Bergamottöls und Lavendelöls, ist auch sonst in äthe-
rischen Ölen ziemlich verbreitet Außer in den beiden genannten
Ölen hat man es bisher gefunden im kanadischen Schlangen-
wurzelöl (?), Öl von Cälycanthus occidentalis, Ylang-Ylangöl (?),
Sassafrasblätteröl, Rindenöl von Cinnamomum pedatinervium,
Pfirsichöl, Öl von Skimmia laureola, Petitgrainöl, Citronenöl,
Neroliöl, italienischen Limettöl, Ammoniacgummiöl (?), Öl von
Amomis jamaicensis, Jasminöl, Muskateller Salbeiöl (?), Öl aus
den Blättern von Mentha citrata, M. aquatica, Thymus mastichina,
Gardeniaöl und Esdragonöl (?).
Wegen der leichten Veränderlichkeit und Zersetzlichkeit
sowohl des Linalools als auch des Linalylacetats ist die künst-
liche Darstellung des Esters nicht ganz leicht und gelingt z. B.
nur sehr unvollkommen auf dem gewöhnlichen Wege der Ace-
tylierung, da sich das Linalool hierbei teils zersetzt, teils in
Terpineol, Geraniol und Nerol umlagert. Ein reines Linalyl-
acetat erhält man nach Tiemann*) durch Umsetzung von
Linaloolnatrium mit Essigsäureanhydrid.
*) Nach Pharm. Zentralh. 43 (1902), 637.
s ) Berl. Berichte 31 (1898), 839.
Ester. 641
Linalylacetat ist eine farblose, angenehm nach Bergamott-
öl riechende Flüssigkeit, deren optische Drehung je nach der
des angewandten Linalools rechts oder links ist. Hesse und
Zeitschel 1 ) fanden bei einem nach der Tie mann sehen
Methode dargestellten Linalylacetat: Sdp. 96,5 bis 97° (10 mm),
115 bis 116° (25 mm), etwa 220° unter Zersetzung (762 mm),
d 15 . 0,913, [ah— 6°35', Estergehalt 97,6 °/o.
An technischen Präparaten wurde festgestellt: d 15 „ 0,900
bis 0,912, « D je nach Drehung des angewandten Linalools links
oder rechts, n Dao . 1,451 bis 1,457, Estergehalt bis zu 100 °/o,
löslich in 3 bis 5 Vol. 70 °/oigen Alkohols.
Linalylbutyrat ist ein Bestandteil des Lavendelöls.
Geranylformiat-
c n H is°2' Mol.-Gew. 182.
HCO-O-C 10 H 17 .
Dieser — wahrscheinlich im Geraniumöl enthaltene — Ester
bildet sich schon bei längerem Stehen einer Auflösung von
Geraniol in kristallisierter Ameisensäure 2 ), besser noch unter
Zusatz einer geringen Menge Mineralsäure 3 ). Nach Tiemann
(Ioc. cit.) siedet der Ester bei 113 bis 114° (15 mm), nach
Bertram bei 104 bis 105° (10 bis 11 mm).
Schimmel &j Co. fanden für Handelspräparate mit etwa
91°/o Ester: d 15 . 0,924 bis 0,925, « D + 0°, n DM . 1,461 bis 1,465,
löslich in 10 Teilen 70°/oigen Alkohols und mehr.
Der Ester neigt, wie alle Formiate, sehr zur Zersetzung.
Geranylacetat.
C 1B H 20 O 2 . Mol.-Gew. 196.
OVCO-O-C^H,,.
Ebenso wie Linalylacetat kommt auch Geranylacetat ziem-
lich häufig in ätherischen Ölen vor. Es bildet den Hauptbestand-
teil des Öles von Darwinia fascicularis und wurde außerdem
*) Journ. f. prakt. Chem. II. 64 (1901), 256.
*> Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 907, Anm.
*> Bertram, D.R.P. 80711.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 41
642 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
gefunden im Öl von Callitris glauca, C. robusta, C. verrucosa,
C. calcarata, C. rhomboidea, C. Drummondii, C. arenosa (?),
C intratropica (?), C. tasmanica (?), Actinostrobus pyramidalis,
Ceylon-Citronellöl, Öl von Cymbopogon coloratus, Palmarosaöl,
Lemongrasöl, Sassafrasblätteröl, Kuromojiöl, GeraniumöT (?),
Petitgrainöl, Neroliöl, Öl von Boronia pinnata, Corianderöl,
Öl von Eucalyptus Staigeriana, E. Macarthuri, E. acaciaeformis,
E. dextropinea, E. acervula, E. Muelleri, E. regnans, E. urnigera,
Angophora Bakeri, Darwinia grandiflora, Stenocalyx pitanga,
Leptospermum Liversidgei und im Lavendelöl.
Künstlich erhält man Geranylacetat durch Erhitzen von
Geraniol mit Acetanhydrid und etwas entwässertem Natrium-
acetat. Für ein so gewonnenes Produkt fanden Bertram und
Gildemeister 1 ): Sdp. 242 bis 245° unter Zersetzung (764 mm),
127,8 bis 129,2° (16 mm), d 16 . 0,9174, n D16 „ 1,4628.
An technischen Präparaten eigener Fabrikation ermittelten
Schimmel § Co.: d 15 „ 0,910 bis 0,918, a D + 0°, n D20 , 1 ,460 bis
1,466, löslich in 5 bis 10 Vol. 70% igen Alkohols.
Geranylacetat hat einen angenehmen, kräftigen Blumen-
geruch, der dem des Linalylacetats verwandt ist.
Geranylbutyrat ist enthalten im Öl von Boronia pinnata
und Darwinia grandiflora (?), Geranylvalerianat im Öl von
Angophora Bakeri.
Citronellylformiat.
CnH^CV Mol.-Gew. 184.
HCO-O-C 10 H 19 .
Der Ameisensäureester des Citronellols ist noch nicht in
ätherischen Ölen aufgefunden worden. Er bildet sich leicht beim
Kochen von Citronellol mit dem doppelten Volumen starker
Ameisensäure 2 ) oder auch schon bei mehrtägigem Stehenlassen
einer Lösung von Citronellol in wasserfreier Ameisensäure 3 ).
Er ist eine leicht zersetzliche Verbindung, die nach Tiemann
u. Schmidt (loc. cit.) bei 97 bis 100° (10 mm) siedet.
1 ) Journ. f. prakt Chem. IL 49 (1894), 189.
2 ) Walbaum u. Stephan, Bert. Berichte 33 (1900), 2307.
a ) Tiemann u. Schmidt, Berl. Berichte 29 (1896), 907.
Ester. 643
An einem technischen Produkt mit 93,2 °/o Ester ermittelten
Schimmel 8j Co.: d 16 . 0,9105, « D — 1°9', n D20 . 1,45111, löslich
in 12,5 Vol. 70- und in 2,5 Vol. 80 °/oigen Alkohols.
Citronellylacetat.
C 12 H 29 O a . Mol.-Gew. 198.
CH 8 -CO-O-C 10 H I9 .
Citronellylacetat ist ein Bestandteil des Ceylon-Citronellöls,
sowie vielleicht des Geraniumöls und Ammoniakgummiöls, doch
ist das noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Künstlich ist es
leicht durch Behandeln von Citronellol mit Acetanhydrid zu
erhalten. Es ist eine farblose Flüssigkeit mit angenehmem,
schwach an Bergamottöl erinnerndem Geruch; es siedet unter
15 mm Druck nach Naschold 1 ) bei 121,5°; Tiemann und
Schmidt 2 ) geben folgende Eigenschaften an: Sdp. 119 bis 121°
(15 mm), d 17i5 , 0,8928, [«]„„*. + 2,37°, n D1M , 1,4456.
Im Laboratorium von Schimmel Sj Co. wurde gefunden:
d 15 . 0,895 bis 0,901, a D — 1°15' bis +2° 18', n D20 . 1,44287 bis
1,44891, Estergehalt 97 bis 100 °/o, löslich in 6 Vol. 70 °/oigen
Alkohols.
Citronellylbutyrat ist im Ceylon-Citronellöl enthalten.
Benzylacetat.
C 9 H 10 O 2 . Mol.-Gew. 150.
OVCO-O-CrVCfrhL,.
Benzylacetat ist ein Hauptbestandteil des Jasminblüten- und
Gardeniaöls. Auch ist es im Ylang-Ylang-, im Hyazinthen- und
im Shuei-Blütenöl von Jasminum odoratissimum enthalten.
Künstlich kann der Ester auf verschiedene Weise gewonnen
werden. Die einfachste Methode ist die Veresterung von Benzyl-
alkohol mit Essigsäureanhydrid oder die Behandlung von Benzyl-
alkohol mit Essigsäure bei Gegenwart von Schwefelsäure 3 ).
*) Beiträge zur Kenntnis aliphatischer Terpenverbin düngen. Inaug.-Dissert.
Göttingen 1896. S. 49.
*) Beri. Berichte 29 (1896), 907.
s ) Cannizzaro, Liebigs Annalen 88 (1853), 130.
41
644 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Wach Seelig 1 ) kocht man eine Mischung von Benzylchlorid,
Eisessig und geschmolzenem Kalium- oder Natriumacetat 29 bis
30 Stunden am Rückflußkühler, der mit einem Chlorcalciumrohr
zur Abhaltung von Feuchtigkeit versehen ist. Tiemann 8 ) geht
von Benzaldehyd aus, den er etwa 12 Stunden mit Zinkstaub
und Eisessig am Rückflußkühler im Sieden enhält.
Benzylacetat ist eine farblose, erfrischend nach Jasmin
riechende Flüssigkeit, die nach Hesse und Müller*) zwischen
215 und 216° siedet und die Dichte von 1,060 bei 15° hat.
An technischen Produkten ermittelten Schimmel fy Co.
folgende Konstanten: Sdp. 215° (760 mm), 95° (10 mm), 69°
(4 mm); d 16 „ 1,060 bis 1,062; n Da0 „ 1,501 bis 1,504; Estergehalt
98 bis 100 °/o; löslich in 2 Vol. 70°/oigem, 5 bis 6 Vol. 60 %igem,
20 Vol. 50°/oigem, 70 Vol. 40°/oigem, 120 Vol. 35°/oigem und
200 Vol. 30°/oigem Alkohol.
Der durch Verseifung bestimmte Gehalt an Benzylacetat ist
das hauptsächliche Kriterium für die Güte eines Präparats. Da
bei der Herstellung Benzylchlorid verwendet werden kann, so
muß auf Abwesenheit von gechlorten Produkten geprüft werden.
Weil Benzylacetat auch in verdünntem Alkohol leicht löslich
ist, ist es besonders geeignet für die Herstellung von Parfümerien
mit niedrigem Alkoholgehalt.
Benzylbenzoat.
Ci*Hi*O a . Mol.-Gew. 212.
C 6 H 6 .CO.O.CH 2 -C e H 6 .
Ein wesentlicher Bestandteil des Cinnameins oder Peru-
balsamöls ist der Benzoesäurebenzylester, der im übrigen nur
noch im Tuberosenöl, Ylang-Ylangöl und Tolubalsamöl vor-
kommt.
Um den Ester darzustellen, löst man nach Claisen*) lV 2 g
Natrium in der zur Lösung eben ausreichenden Menge Benzyl-
alkohol, gibt 200 g Benzaldehyd zu und erhitzt einige Tage im
"■) Journ. f. prakt Chem. 89 (1889), 162.
s ) Berl. Berichte 1» (1886), 355.
*> Ebenda 82 (1899), 744.
*) Ebenda 20 (1887), 649.
Ester. 645
Wasserbade. Man säuert mit Eisessig an, fällt mit Wasser aus
und destilliert. Wichtig ist hierbei, daß man ganz trockenen und
frisch destillierten Benzylalkohol und Benzaldehyd verwendet 1 ).
Benzylbenzoat bildet eine farblose, mit Wasserdampf schwer
flüchtige, etwas dickliche Flüssigkeit von schwachem Geruch;
bei niedriger Temperatur erstarrt es zu weißen, derben Kristallen,
die bei etwa 20° wieder schmelzen. Claisen 2 ) gibt als Eigen-
schaften an: Smp. 21°, Sdp. 323 bis 324°, d i8 „ 1,1224 (flüssig).
Im Laboratorium von Schimmel 8j Co. wurde beobachtet:
Smp. 19 bis 20°, Sdp. 156° (4,5mm), d M . 1,121 bis 1,125, n D30 .l,568
bis 1,570, löslich in 10 bis 12 Vol. 80- und in 1,5 bis" 2 Vol.
90°/oigen Alkohols.
Benzylbenzoat findet in der Parfümerie ausgedehnte Ver-
wendung als Fixierungs- und Lösungsmittel für andere, flüchtigere
Gerüche; u. a. benutzt man es zur Herstellung konzentrierter
Lösungen von künstlichem Moschus.
Benzylcinnamat.
C ia H 14 O ä . Mol.-Gew. 238.
C 6 H S • CH : CH ■ CO • O • CH 2 ■ C e H fi .
Der Zimtsäurebenzylester ist im Storaxöl, Tolubalsam und
Perubalsam nachgewiesen worden. Künstlich erhält man ihn
nach Grimaux 3 ) beim Kochen von Natriumcinnamat, Alkohol
und Benzylchlorid am Rückflußkühler. Er bildet weiße, glänzende,
aromatisch riechende Kristalle, die bei 39° schmelzen und sich
bei etwa 350° zersetzen 4 ). Er bleibt unter Umständen auch bei
einer Temperatur von 0° stundenlang flüssig; beim Erstarren
geht der Ester in eine strahlige Masse von wachsartigem Aus-
sehen über.
Im Laboratorium von Schimmel $ Co. wurde an einem
99,6 °/o Ester enthaltenden Präparate beobachtet: d=£ 1,1066 (über-
schmolzen), Smp. 36°, Erstp. 34,5°, Sdp. 195 bis 196° (5 mm),
löslich bei etwa 30° in 4 bis 6,5 Vol. und bei etwa 20° in 8 bis
11 Vol. 90°/oigen Alkohols.
*) Berkeley, Journ. ehem. Soc. 109 (1916), 522.
ä ) Loc. cit 647.
*) Compt. rend. 67 (1868), 1049.
*) Grimaux, ebenda 1051.
646 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Cinnamylciimamat.
C 18 H 16 O a . MoL-Gew. 264.
C e H 6 -CH:CH.CO-0-CH a -CH:CHC 6 H 6 .
Der unter dem Namen Styracin bekannte Zimtsäurezimtester,
C 18 H 16 O b , findet sich besonders im Storax und ist außerdem
im Hyazinthenöl (?), Xanthorrhoeaharz, Perubalsam, Honduras-
balsam und im Öl von Melaleuca bracteata (?) enthalten.
Im reinen Zustande bildet er blendend weiße Kristall büschel,
die bei 44° schmelzen 1 ), in Wasser unlöslich und in Alkohol
ziemlich schwer löslich sind; mit Wasserdampf ist der Ester
nur schwer flüchtig.
Von Derivaten ist ein bei 151° schmelzendes Dibromid,
C e H B -CH:CH-CO s ,Cri B -CHBr-CHBr.C 6 H e , zu erwähnen, das man
nach Miller 2 ) erhält, wenn man zu einer ätherischen Lösung
von Styracin so lange Brom zusetzt, bis sie nicht mehr entfärbt
wird. Das nach 24 Stunden abgeschiedene weiße Pulver wird
abfiltriert, mit Äther gewaschen und aus heißem Alkohol um-
kristallisiert.
Terpinylformiat.
CnH 18 2 . Mol.-Gew. 182.
H.CO-O.C 10 H 17 .
Terpinylformiat kommt vielleicht im Ceylon-Cardamomenöl
vor, doch ist das noch nicht sicher festgestellt. Auf künstlichem
Wege erhielt Lafont 3 ) den Ester, indem er zwei Teile 1-Terpen-
tinöl während einiger Wochen mit einem Teil kristallisierter
Ameisensäure stehen ließ. Das auf diese Weise entstandene
Produkt hatte folgende Konstanten: Sdp. 135 bis 138° (40 mm),
d „ 0,9986, [a] D — 69,25°.
Ein von Schimmel § Co. durch Einwirkung von Ameisen-
säure auf die gleiche Menge d-Pinen .unter Umrühren in der Kälte
hergestelltes Präparat hatte die Eigenschaften: Sdp. 95 bis 99°
(7 mm), d X6 . 0,9855, c D + 54 31', n DS0 „ 1,46885, S. Z. 0, E.Z. 286,5
= 94,1 °/o Ester, löslich in 6 Vol. und mehr 70°/oigen Alkohols.
*) Miller, Liebigs Annalen 188 (1877), 202.
•) Ebenda 189 (1877), 344.
3 ) Compt. rend. 106 (1888), 140; BulL Soc, chim. JL 49 (1888), 325.
Ester. 647
Terpinyl acetat.
C^H^O,. MoL-Gew. 196.
CH 3 .COO-C 10 H 17 .
Das Acetat des Terpineols ist enthalten im Cypressenöl,
Malabar-Cardamomenöl, Öl von Boswellia serrata, Cajeputöl,
Öl von Melaleuca trichostachya, M. gibbosa (?), M. pauciflora
und Vitextrifolia; vielleicht kommt es auch im sibirischen Fichten-
nadelöl und deutschen Kiefernadelöl sowie im Niaouliöl vor,
doch fehlen hierüber noch zuverlässige Beobachtungen.
Künstlich stellten Bouchardat und Lafont 1 ) Terpinylacetat
dar durch 64-stündiges Erhitzen von Pinen mit Essigsäure. Nach
Bertram 2 ) beschleunigt die Gegenwart einer geringen Menge
anorganischer Säure diese Reaktion außerordentlich. Auch aus
Terpineol und Acetanhydrid läßt sich der Ester unter gewissen
Bedingungen in guter Ausbeute erhalten.
Terpinylacetat ist eine farblose Flüssigkeit von süßlichem, an
Bergamottöl erinnerndem Geruch. Es ist je nach der Herkunft bald
rechts- bald linksdrehend oder auch inaktiv. Den Siedepunkt
fanden Bouchardat und Lafont (loc. cit.) bei 10 mm zu 110
bis 115°, bei gewöhnlichem Druck zu 220°; im letzteren Falle
trat teilweise Zersetzung ein. Lafont 3 ) bestimmte an einem
durch Erhitzen von 1 Vol. Citronenöl mit 1 V* Vol. Eisessig er-
haltenen Terpinylacetat: Sdp.l40°(40mm), d . 0,9828, [«] D + 52° 30'.
Im Laboratorium von Schimmel 8{ Co. wurden an tech-
nischen Präparaten mit einem Estergehalt von etwa 95 bis 98 °/o
folgende Eigenschaften festgestellt: Sdp. 87 bis 88° (3 mm), 90 bis
91° (4 mm); Sdp. 90 bis 94° (5 mm), d 16 „ 0,9544 bis 0,9656, a D ±0°,
n D20 . 1,464 bis 1,468, löslich in 4 bis 5 Vol. 70% igen Alkohols.
Terpinylacetat verseift sich ziemlich schwer; bei quantitativen
Bestimmungen muß man einen großen Überschuß von Lauge
(auf 1,5 ccm Öl 40 ccm Halbnormal-Kalilauge) anwenden und
drei Stunden lang erhitzen, da sonst zu niedrige Werte erhalten
werden. Fünfstündiges Erhitzen, wie es Reclaire 4 ) vorschlägt,
ist nicht notwendig 8 ).
•) Annal. de Chim. et Phys. VI. 16 (1889), 244.
a\ £j o p_ 67255
s ) AnnaLde Chim. et Phys. VI. 1« (1888), 153.
*) Deutsche Part.-Ztg. 12 (1926), 333.
*) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co-
648 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
a-Terpinylbutyrat ist vielleicht im Öl von Callitris gracilis
enthalten.
1-Terpinylnonylat ist ein Bestandteil des Nadelöls von
Ab/es pindrow.
Bornylformiat.
c ii H iaCV Mol.-Gew. 182.
H.CO-0-C XO H 17 .
Ameisensaures Borneol kommt im Baldrianöl und vielleicht
auch im Edelschafgarbenöl vor. Es entsteht aus Borneol und
Ameisensäure bei Gegenwart von etwas Mineralsäure 1 ) und
bildet eine farblose Flüssigkeit von kräftigem, angenehmem
Geruch. Je nach der Drehung des angewandten Borneols ist
der Ester rechts- oder linksdrehend. Von Konstanten finden
sich in der Literatur angegeben:
für d-Bornylformiat: Sdp. 225 bis 230° °-), 98 bis 99°
(15mm), d 15 „ 1,017 s ). — Sdp. 90° (10 mm), d 18 „l,013, « D + 31°,
n D1B „ 1,47078*). — Sdp. 106 bis 108° (21 mm), 90° (10 bis 1 1 mm),
d „ 1,027, d 2g . 1,009, [«] D + 48° 45' 5 ).
für 1- Bornylformiat: Sdp. 106 bis 108° (21 mm), d . 1,026,
d 22 . 1,009, [«] D — 48°56' (Behal, loc. cit). — Sdp. 97° (15 mm),
df^, 1,0058, [a] D — 40,46° «). — Sdp. 21 5°, [ß] B — 49° (4,55°/oige
Lösung in Alkohol) ').
Im Laboratorium von Schimmel 8j Co. wurde an einem
technischen Produkt mit 98,8 °/o Ester bestimmt: Sdp. 85 bis 86°
(7 mm), d 16 . 1,0126, a D — 47°32'.
Bornylacetat.
C ia H S0 Cv Mol.-Gew. 196.
CH 3 .CO-O.C 10 H 17 .
Dieser Ester bildet einen charakteristischen Bestandteil der
meisten Coniferenöle, kommt aber außerdem auch noch in einigen
anderen Ölen vor. Als d-Acetat findet er sich im Nadelöl von
Callitris glauca, C. robusta, C. verrucosa, C. gracilis, C. calcarata,
l ) Bertram, D.R.P. 80711.
*) Bruylants, Berl. Berichte 11 (1878), 455.
s ) Bertram u. Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. II. 49 (1894), 7.
*) Dieselben, Aren, der Pharm. 281 (1893), 305.
5 ) B6hal, Annal. de Chim. et Phys. VII. 20 (1900), 421.
8 ) Tschugaeff, Berl. Berichte 81 (1898), 1775.
7 ) Minguin u. de Bollemont, Compt rend. 1S4 (1902), 609.
Ester. 649
als 1-Acetat im Edeltannennadelöl, im Öl aus den Zweigspitzen von
Ab/es canadensis, A. concolor, Balsamtannennadelöl, sibirischen
Fichtennadelöl, Corianderöl, Baldrianöl, Kessowurzelöl und Schaf-
garbenöl. Auch in den folgenden Ölen ist der Ester noch nach-
gewiesen worden, doch fehlen hier Angaben über die Drehungs-
richtung : Edeltannenzapfenöl (?), Öl der Zapfen und j ungen Sprossen
von Ab/es pindrow, Öl von A. Nordmanniana, Latschenkieferöl,
Öl aus den Zapfen und Nadeln von Picea canadensis, P. rubens,
P. orientalis, Pinus densiflora, Öl aus den Zweigen und Nadeln
von Larix americana, Libocedrus decurrens, deutschen und
schwedischen Kiefernadelöl (?), Schwarzfichtennadelöl, Öl von Cal-
litris arenosa (?), C. intratropica, C. Drummondi, Aleppoterpentin,
Öl von Satureja Thymbra, Thymus capitatus und Goldrutenöl.
Die künstliche Darstellung von Bornylacetat bietet keine
Schwierigkeiten, es bildet sich beispielsweise, wenn man Borneol
in der gewöhnlichen Weise acetyliert, oder wenn man eine Lösung
von Borneol in wasserfreier Essigsäure bei Gegenwart von etwas
Schwefelsäure erhitzt 1 ).
Es ist der einzige bisher bekannte Fettsäureester des Borneols,
welcher kristallisiert; aus Petroläther erhält man ihn in schönen,
rhombisch hemiedrischen Kristallen, die bei 29° zu einer farblosen
Flüssigkeit schmelzen 2 ). Geschmolzenes Bornylacetat kann im
unterkühlten Zustande lange Zeit flüssig bleiben. Nur die aktiven
Ester sind fest, i-Bornylacetat ist flüssig. Das Aroma ist typisch für
den Tannenduft und verleiht diesem das Kräftige und Frische.
Die optische Drehung des Esters entspricht der des zugehörigen
Borneols. Als sonstige Eigenschaften werden angegeben : Smp. 29 \
Sdp. 98° (10 mm), Sdp. 90 bis 91° (4 mm), d 15 , 0,991, « D — 38° 21',
n ms . 1,46635 8 ). — Sdp. 106 bis 107° (15 mm)*). — Sdp. 107°
(15mm), d^0,9855, [a] D — 44,40° 5 ). — d X5 . 0,9908, « D — 43°40',
n D20 . 1,46387; d 16 . 0,9912, a D — 43° 40', n D20 , 1 ,46446, löslich in
2,7 Vol. 70 °/oigen Alkohols; Smp. 28,5°, d 1B . 0,9912, ßl)19 „ + 40 o 28 ,
n D20 . 1,46397, löslich in 3 Vol. 70°/oigen Alkohols 8 ).
*) D. R. P. 80711.
a ) Bertram u. Walbaum, Arch. der Pharm. 331 (1893), 304.
3 ) Dieselben, ebenda 305.
*) Dieselben, Journ. f. prakt Chem. II. 49 (1894), 7.
5 ) Tschugaeff, Berl. Berichte 31 (1898), 1775.
8 ) Beobachtungen von Schimmel § Co.
650 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
An zwei flüssigen Handelsprodukten ermittelten Schimmel
§Co.: d 1B= 0,9905, « D — 2°22' und d 15O 0,9901, a B + 29°4'.
Für den Nachweis des Bornylacetats kommt die zwischen
220° und 230° siedende Fraktion in Betracht. Man kühlt stark
ab und impft mit etwas festem Bornylacetat. Führt das nicht
zum Ziel, so verseift man und identifiziert die Komponenten.
Bornylisovalerianat.
C 14 H 2e O a . MoL-Gew. 238.
C 4 H 6 .CO.O.C 10 H 17 .
Bornylisovalerianat kommt im Öl von Selinum Monnieri,
im Kessowurzelöl und Baldrianöl vor, bei den beiden erst-
genannten in der linksdrehenden Form. Synthetisch erhält man
es durch Veresterung von Borneol mit Isovaleriansäure. Es ist
eine farblose, aromatische, zugleich nach Baldrian und Borneol
riechende und schmeckende Flüssigkeit, die nach Bruylants 1 )
bei 255 bis 260° siedet.
An technischen Präparaten nTit etwa 90 °/o Ester fanden
Schimmel §Co. folgende Werte: d 16 , 0,954 bis 0,955, « D - 34° 16'
bis — 35° 31', nj,^. etwa 1,462, löslich in ungefähr 4 Vol. 80 °/oigen
Alkohols.
Auch bei diesem Ester ist zur quantitativen Verseifung ein
dreistündiges Erhitzen mit einem großen Überschuß von Kali
erforderlich; auf 1,5 g Bornylisovalerianat nimmt man zweck-
mäßig 30 ccm alkoholische Halbnormal- Kalilauge 2 ).
Dem Bornylisovalerianat, das auch unter dem Namen Borny val
im Handel ist, werden gute Wirkungen bei nervösen Beschwerden
aller Art, speziell bei nervösen Herzbeschwerden nachgerühmt;
auch auf den Appetit soll es anregend wirken.
Menthylacetat.
C ls H 22 O a . Mol.-Gew. 198.
CH s -CO.O-C 10 H lfl .
Menthylacetat, eine pfefferminzähnlich riechende Flüssig-
keit, ist bisher nur im Pfefferminzöl beobachtet worden. Es
*) Berl. Berichte 11 (t878), 456.
a ) Bericht von Schimmel §r Co. 1917, 93.
Ester. 651
läßt sich leicht gewinnen durch Kochen von Menthol mit
Acetanhydrid und etwas Natriumacetat. Seine Eigenschaften
sind: Sdp. 227 bis 228°, df£0,925, [a] D — 79,26° »). — Sdp. 113°
(1 9 mm), [a] D — 79,2° -). — d 15 . 0,9296 bis 0,9299, « D — 72° 47' bis
— 73° 18', n D20 . 1,44669 bis 1,44892, löslich in etwa 15 Vol. 65-
und in etwa 6 Vol. 70% igen Alkohols 8 ).
Menthylisovalerianat.
C 16 H 2S 2 . Mol.-Gew. 240.
C,H 9 -CO-O.C 10 H 19 .
Bisher ist dieser Ester nur im amerikanischen Pfefferminzöl
gefunden worden. Er bildet eine farblose Flüssigkeit, deren
Geruch die beiden Komponenten erkennen läßt. Künstlich erhält
man ihn leicht durch Veresterung von Menthol mit Isovalerian-
säure. An so dargestellten technischen Produkten ermittelten
Schimmel^ Co.: d 15 „0,9067 bis 0,9099, a D — 56° 28' bis —57° 40',
n D30 . 1,44610 bis 1,45000, löslich in 5 bis 9 Vol. 80°/oigen Alko-
hols. Estergehalt 95 bis 100%.
Zu beachten ist auch hier die schwere Verseifbarkeit des
Esters. Bei quantitativen Bestimmungen muß mit einem gehörigen
Überschuß von Alkali 6 bis 8 Stunden auf dem Wasserbade
erhitzt werden, und zwar sind für 1,5 g Isovaleriansäureester
60 ccm alkoholischer Halbnormalkalilauge erforderlich*).
Menthylisovalerianat, das, gemischt mit 30°/o Menthol als
„Validol" im Handel ist, wird als Analepticum und als Antiner-
vosum empfohlen, außerdem soll es sich als Mittel gegen die
Seekrankheit und gegen Madenwürmer (Oxyuren) bewährt haben.
*) Kishner, Journ. russ. phys.-chem. Ges. 27 (1895), 480.
s ) Stadnikow, Chem. Zentralbl. 1916, I. 1067.
*) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel Es Co.
*) Bericht von Schimmel § Co. 1917, 93.
652 Hauptbestandteile der ätherischen Ule.
Lactone.
Aus der Klasse der Lactone sind verschiedene Vertreter
in ätherischen Ölen aufgefunden worden. Das geruchlose Ber-
gapten, C 12 H 8 4 , im Bergamottöl, das Citropten oder Li mettin,
Ciihi 10 O 3 . im Limett- und Citronenöl, in den Fruchtschalen von
Fagara xanthoxyloides und in den Früchten von Ruta graveolens,
isomer mit ihm das Xanthotoxin, in den Fruchtschalen und
im Öl der Früchte von Fagara xanthoxyloides, ferner im Rautenöt
und in den Früchten von Ruta chalepensis. Ein Lacton C 12 H 18 0.
(isomer mit Sedanolid) ist im Öl der Wurzeln von Cnidium offi-
cinale, ein solches der Zusammensetzung C M H ss O Ä im Öl der
Blätter von Cryptomeria faponica, ein solches der Formel
C 10 H l6 O s im Pfefferminzöl, Ambrettolid, C ia H 28 2 , im Moschus-
körneröl und Angelicawurzelöl enthalten. Alantolacton ist
ein Bestandteil des Alantwurzelöls, und Cumarin verleiht sehr
vielen Pflanzen seinen charakteristischen Duft.
An dieser Stelle sollen nur die beiden zuletzt genannten
Lactone besprochen werden, die übrigen werden bei den
betreffenden Ölen abgehandelt.
Cumarin.
C 9 H 6 2 . Mol.-Gew. 146.
Cumarin (o-Oxyzimtsäureanhydrid), das riechende Prinzip
des Waldmeisters (Asperula odorata), ist im Pflanzenreich
ziemlich verbreitet. Es wurde zuerst in den
unter dem Namen Tonkabohnen bekannten
Früchten von Dipteryx odorata beobachtet,
worin es auch in relativ größter Menge ent-
halten ist. Später fand man es im Wald-
meisterkraut, ferner in den Datteln, im
Cassiaöl, Perubalsam, in den Salikoundabohnen von Copaifera
salikounda, im Lavendelöl, in den Knollen von Vitis sessf/f-
fotta, im Harz und in der Rinde von Ceratopetalum apetalum
sowie in den folgenden Pflanzen: Adiantum pedatum, A. peru-
Lactone. 653
vianum, A. trapezi forme , Alopecuras geniculatus (?), An-
thoxanthum odoratum, Cinna arundinacea, HierochloS alpina,
ff. austra/is, ff. borealis, H. redolens, ff. rariflora, ff. odorata,
Phoenix dactylifera, Milium eifusum, Aceras .anthropophora,
Angraecum fragrans (Fahamblätter) , Nigritella angustifotia,
Orchis fusca, O. militaris, O. purpurea, O. simia, O. odora-
tissima, O. coriophora, Herniaria glabra, Achlys triphylla,
Prunus mahaleb, P. avium, P. fruticosa, P. fruticosa x
cerasus, Ruta graveolens, Dipteryx qppositifolia, D. pteropus,
Melilotus alba, M. altissima, M. hamata, M. leucantha, M. offi-
cinaiis, M. arvensis, Chrysophyllum imperiale, Myroxylon-
Arten, Myrospermum frutescens, Amburana Claudii, Tabebuia
cassinoides, Stenolobium stans, Peristrophe angustifotia, Alyxia
stellata, Melittis melissophyllum, Galium tn'florum, Sperma-
coce semierecta, Liatris odoratissima, iL spicata, Ageratum
mexicanum, A. conyzoides, Eupatorium ayapana, E. tripli nerve,
E. africanum (?), Chrysanthemum segetum und Macrosiphonia
Vefamo 1 ). Als melilotsaures Cumarin findet es sich in Lindsaya
cultrata und im Steinklee (Melilotus officinalis).
Ob Cumarin frei im Pflanzenreich vorkommt, ist zweifelhaft.
Manche Pflanzenteile, die im frischen Zustand geruchlos sind,
riechen nach dem Verwelken, nach der Narkose oder der Be-
handlung mit ultraviolettem Licht oder, nachdem sie dem Frost
*) Literatur: Bley, Arch. der Pharm. 142 (1857), 32; Poulsen, Bot.
Zentralbl. 15 (1883), 415; Lojander, Just Jahresbericht 1887, Bd. 1. 181; Molisch
u. Zeisel, Berichte d. deutsch, botan. Gesellschaft 6 (1888), 353; Greshoff,
Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 9 (1899), 214; Peckolt, Zeitschr. d. allg.
österr. Apoth. Ver. 81 (1893), 829; Molisch, Apotheker Ztg. 17 (1902), 45,
137; Busse, Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 14 (1904), 205; Peckolt,
ebenda 45 und 22(1911), 24; Senft, Pharm. Zentralh. 45 (1904), 599; Tschirch,
ebenda 46 (1905), 803; Bericht von Schimmel § Co. April 1889, 46; Oktober
1889, 58; AprH 1890, 51; Oktober 1900, 40; April 1902, 96; Simonis, Die
Cumarine. Stuttgart, Ferd. Enke 1916; Czapek, Biochemie der Pflanzen,
IL Aufl., Jena 1921, Bd. 3, S. 472; Guerin u. Goris, Compt. rend. 170(1920),
1067,- O. v. Lippmann, Berl. Berichte 58 (1920), 2072; Bourquelot u.
He>issey, Compt. rend. 170 (1920), 1145; Herissey u. Delauney, Journ.
de Pharm, et Chim. VII. 25 (1922), 298; v. Lingelsheim, Chem. Zentralbl.
1927, I. 1984; Derselbe, Festschrift Alexander Tschirch 1926, S. 149. Chem.
Zentralbl. 1927, I. 2914.
654
Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
oder Ammoniakdämpfen ausgesetzt waren, nach Cumarin.
Zweifelsohne ist es meist als Glucosid vorhanden, wie vielfache
Untersuchungen dargetan haben. Im Steinklee und in Lindsaya.
cultrata ist das Cumarin an Melilotsäure gebunden (vgl. S. 653).
Bemerkenswert ist der starke Cumaringeruch, der beobachtet
worden ist bei den sogenannten „Hexenbesen", die bei Prunus-
Arten durch parasitische Pilze hervorgerufen werden 1 ).
Cumarin bildet farblose, glänzende Blättchen oder rhombische
Säulen von angenehmem, gewürzhaftem Geruch und bitterem
Geschmack. In sehr starker Verdünnung gibt es den Geruch
des frischen Heues wieder. Der Smp. liegt nach Zwenger und
Dronke bei 67° 9 ); Schimmel § Co. beobachteten an besten
Handelspräparaten 69 bis 70°. Es läßt sich unzersetzt subli-
mieren und siedet bei 290,5 bis 291 ° s ).
Cumarin löst sich nur schwer in kaltem, besser in sieden-
dem Wasser, leicht in Alkohol, Äther und Petroläther, auch ist
es löslich in flüchtigen, fetten Ölen, Mineralölen, Vaseline und
in Glycerin. Über seine Löslichkeit in Alkoholen verschiedener
Konzentration haben Schimmel $ Co. folgende Beobachtungen
gemacht*).
Es lösen:
100 Teile Alkohol
bei
0° C.
bei
16 bis 17° C.
bei
29 bis 30° C.
von 90 Vol .-Prozent
7,1 Teile
13,7 Teile
42,5 Teile
,, 80
6,0 „
12,3 „
38,3 „
» 70
4,4 „
9,1 „
26,0 „
„60
3,2 „
6,0 „
16,0 „
„ 50
1,7 „
3,4 ,,
8,9 „
„ 40
0,7 „
1,5 „
3,9 „
„ 30
0,3 „
0,6 „
1,7 „
» 20 „
0,2 „
0,4 „
0,8 „
„ 10
0,15 „
0,25 „
0,5 „
100 Teile Wasser
0,12 Teile
0,18 Teile
0,27 Teile
*) Hegi, 111. Flora von Mitteleuropa, Bd. IV, 2, S. 1056.
s ) Liebigs Annalen 123 (1862), 148.
') Perkin, Liebigs Annalen 147 (1868), 232
*) Bericht von Schimmel & Co. April 1899, 74.
Lactone. 655
Beim Kochen mit konzentrierter Kalilauge wird Cumarin in
die bei 207 bis 208° schmelzende o-Cumarsäure,
HO ■ C 6 H 4 • CH : CH ■ COOH,
aufgespalten, während es beim Schmelzen mit Kalihydrat Salicyl-
säure (Smp. 156 bis 157°) liefert. Durch Reduktion mit Wasser-
stoff unter Druck in Gegenwart von Nickelkatalysatoren entsteht
Dihydrocumarin oder Melilotin 1 ). Reduziert man mit Natrium-
amalgam, so erhält man Melilotsäure, HO ■ C a H 4 • CH ä • CH 2 - COOH,
Smp. 81°, mit Natrium und Alkohol dagegen einen Phenol-
alkohol, o-Oxydihydrozimtalkohol, dessen Benzoylverbindung bei
99 bis 100° schmilzt 2 ). Mit Brom gibt Cumarin ein bei 100°
schmelzendes Dibromid 3 ). Mit Natriumbisulfitlösung entsteht ein
wohlcharakterisiertes Sulfonsäurederivat C 9 H e O-NHSO s -H 2 0*).
Zur technischen Gewinnung des Cumarins führen ver-
schiedene Wege. Während es früher zeitweise auch aus Liatris-
blättern gewonnen wurde, kommt jetzt nur die synthetische
Herstellung für die Erzeugung des in großen Mengen verwen-
deten Riechstoffs in Frage.
Die älteste Synthese ist die von Perkin 8 ), der Cumarin
durch Einwirkung von Acetanhydrid und Natriumacetat auf
Salicylaldehyd erhielt. Knoevenagel 9 ) stellt durch Kondensation
von Salicylaldehyd und Malonsäure mit Pyridin Cumarincarbon-
säure dar, die beim Erhitzen in Kohlensäure und Cumarin zer-
fällt. Nach Raschig') gewinnt man Cumarin, indem man
in der Seitenkette dichlorierten o-Kresolester mit Natriumacetat
erhitzt und das Reaktionsprodukt im Vakuum destilliert. Erhitzt
man o-Cumarsäure mit geringen Mengen von Quecksilbersalzen,
so entsteht nach einem Patent der LG. Farbenindustrie A.-G. s )
bis zu 75°/o der theoretischen Ausbeute an Cumarin. Wegen
weiterer Bildungsweisen des Cumarins sei auf das in Anm. 1,
S. 653 genannte Werk von Simonis verwiesen.
l ) Tetralin G. m. b. HL, D. R. P. 355650.
J ) Semmler, Bert. Berichte 39 (1906), 2856.
3 ) Perkin, Liebigs Annalen 157 (1871), 116-
*) Dodge, Journ. Americ. ehem. Soc. 38 (1916), 446.
8 ) Berl. Berichte 8 (1875), 1599.
") D. R. P. 164296.
») D.R.P. 223684.
■) D.R.P. 440341.
656 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Da Cumarin leicht und ohne Zersetzung sublimiert und
mikrochemisch zu identifizieren ist, so kann man dies Verfahren
zu seinem Nachweis in Pflanzenteilen anwenden 1 ).
Zur quantitativen Bestimmung des Cumarins hat E. Obermayer*)
folgende Methode ausgearbeitet: Man stellt sich eine verdünnte Cumarin-
lösung her, von der man eine etwa 0,005 g Cumarin entsprechende Menge
verwendet, gibt 25 ccm wäßrige 20 % ige ZinksulfatlSsung, ferner 25 ccm
Zehntelnormal-Kaliumpermanganatlösung und soviel Wasser hinzu, daß das
Volumen etwa 150 ccm beträgt. Bei konzentrierten Lösungen verwendet man
so viel, daß die Lösung 0,005 bis 0,01 g Cumarin enthält, versetzt die Lösung
mit 50 ccm Zinksulfatlösung und 50 ccm Zehntelnormal-Permanganat und
verdünnt mit destilliertem Wasser auf 150 ccm. Sodann wird der Kolben-
inhalt vom beginnenden Sieden an 10 Minuten gekocht. Der entstandene
Niederschlag wird durch einen Goochtiegel abfiltriert und mit destilliertem
Wasser gewaschen. Zum Rltrat gibt man Zehntelnormal-Oxalsäure in kleinem
Oberschuß und 25 ccm Schwefelsäure (d 1 ,067), erwärmt auf 60 bis 70° und
titriert mit Kaliumpermanganat zurück. Die nach diesem Verfahren erhaltenen
Werte geben nur 95,39 % des gesamten Cumaringehalts an und sind daher
mit dem Faktor 1,04835 zu multiplizieren. Das Verfahren wird vereinfacht,
indem man den Zinkmanganatniederschlag nicht abfiltriert, sondern die nach
dem Kochen angesäuerte Flüssigkeit mit soviel Zehntelnormal-Oxalsäure ver-
setzt, daß sich der Niederschlag auflöst Man erhält allerdings auf diese
Weise weniger genaue Resultate, und die gefundene Cumarinmenge ist mit
dem Faktor 1,01562 zu multiplizieren.
Cumarin und seine Lösungen sind an einem kühlen, dunklen
Ort aufzubewahren. Durch die Einwirkung des Lichtes tritt
schon in einigen Wochen Gelbfärbung ein unter Polymerisation
des Cumarins zu Dihydrodicumarin, Smp. 262° 3 ), einer geruch-
losen, in Alkohol schwer löslichen Verbindung. Außerdem wurde
die Bildung von Salicylaldehyd und Salicylsäure festgestellt.
Zur Prüfung des Cumarins auf Reinheit dient in erster Linie
sein Schmelzpunkt, dann auch sein Verhalten gegen die ver-
schiedenen Lösungsmittel. Mit konzentrierter Schwefelsäure
gibt reines Cumarin eine farblose Lösung, die selbst bei Wasser-
badtemperatur kaum gefärbt wird. Es sind wiederholt Ver-
fälschungen mit Natriumsulfat, Terpinhydrat, Magnesiumsulfat
und Acetanilid beobachtet worden. Ein Verfahren zur quanti-
*) Nestler, Chem. Zentralbl. 1901, II. 601.
*) Zeitschr. f. anal. Chem. 52 (1913), 172; Chem. Zentralbl. 1913, I. 1464;
Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1918, 1 14.
") Ciamician u. Silber, Bert. Berichte S5 (1902), 4130; 86 (1903), 4266;
47 (1914), 642.
Lactone. 657
tativen Bestimmung von Cumarin neben Vanillin und Acetanilid
haben Winton und Bailey 1 ) angegeben.
Verwendet wird Cumarin in der Seifen- und Parfümerie-
fabrikation (New Mown Hay, Heuduft), zum Aromatisieren von
Tabak, in der Essenzenherstellung (Maiweinessenz) und als
Fischbetäubungsmittel.
Alantolacion.
C 15 H 20 Cv Mol.-Gew. 232.
Das im Handel unter dem Namen Helenin 2 ) oder auch
Alantcampher bekannte Alantolacton bildet den Hauptbestand-
teil des Alantwurzelöls (von Inula helenium).
Die Verbindung wurde ursprünglich von yO
Kallen 8 ) als Alantsäureanhydrid bezeichnet, 14 *°\co
Bredt und Posth 4 ) erkannten aber die Lacton-
natur dieses Körpers und änderten den Namen dementsprechend
in Alantolacton um.
Das Lacton bildet, aus verdünntem Alkohol umkristallisiert,
farblose, prismatische, bei 76° *) schmelzende Nadeln von
schwachem Geruch und Geschmack. Es sublimiert schon bei
mäßigem Erwärmen und siedet bei 275° unter teilweiser Zer- ,
setzung; unter 10 mm Druck geht es bei 192° über*). Es ist
selbst in heißem Wasser kaum löslich, leicht dagegen in Alkohol,
Äther, Chloroform, Eisessig, Benzol und Petroläther. In Natrium-
carbonat ist es in der Kälte unlöslich. Beim Erwärmen mit
verdünnten Alkalien löst es sich zu Salzen der entsprechenden
*) Pharmaceutical Journal 75 (1905), 476.
9 ) Mit dem Namen Helenin werden nicht weniger als drei verschiedene
Körper bezeichnet. Gerhardt [Annal. de Chim. et Phys. IL 72 (1839), 163
u. III. 12 (1844), 188; Liebigs Annalen 34 (1840), 192 u. 52 (1844), 389] nannte
sein allerdings noch unreines Alantolacton Helenin und Kallen [Berl.
Berichte 6 (1873), 1506; vgl. auch Kallen, Über Alantolacton und die An-
lagerung von Blausture an ungesättigte Lactone, Inaug.-Dissert. Rostock, 1895]
versteht darunter einen Körper, der neben Alantolacton in geringer Menge
im Alantöl vorkommt. Endlich wird das in der Alantwurzel enthaltene Inulin
manchmal auch Helenin genannt. Das Helenin des Handels ist fast reines
Alantolacton.
*> Berl. Berichte 9 (1876), 154.
*) Liebigs Annalen 285 (1895), 349.
s ) Die Handelspräparate schmelzen meist etwas niedriger.
Qildemeister, Die ätherischen Öle. I. 42
658 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Oxysäure, der Alantsäure, C 14 H 20 -OH-COOH, auf; aus diesen
Lösungen fällt beim Ansäuern mit Mineralsäure das Lacton
wieder aus. Charakteristische Derivate des Alantolactons sind
das Monochlorhydrat, Smp. 117°, das Monobromhydrat, Smp. 106°,
das Dichlorhydrat, Smp. 127 bis 134°, und das Dibromhydrat,
Smp. 117°.
In geringer Menge wird das Alantolacton von einem Körper
begleitet, den Kallen Helenin nannte und der später von Sprinz 1 )
isoliert und genauer studiert wurde. Auf Grund seines chemischen
Verhaltens und der dem Alantolacton gleichen prozentischen
Zusammensetzung, C 1B H ao O s , nennt Sprinz diesen Körper
Isoalantolacton. Es bildet im reinen Zustande weiße, bei
115° schmelzende Kristallprismen, die sich in Benzol, Äther,
Chloroform und absolutem Alkohol lösen. Aus heißer Natron-
lauge läßt es sich im Gegensatz zum Alantolacton unverändert
Umkristallisieren, erst nach etwa 5- bis 6-stündigem Kochen geht
es in das Natriumsalz der Isoalantolsäure über, die auf Zusatz
von Salzsäure ausfällt. Beim Schmelzen verwandelt sie sich unter
Wasserverlust wieder in Isoalantolacton.
Anwendung findet das Alantolacton in der Medizin als inneres
Antisepticum. Dem Urin zugesetzt, soll es ihn noch in einer
"Verdünnung von 1 : 10000 vor Fäulnis schützen.
Oxyde.
Oxyde hat man in ätherischen Ölen nur vereinzelt angetroffen.
Von synthetisch hergestellten Oxyden sind dagegen verschiedene
bekannt, so vor allem das in naher Beziehung zum Pinen stehende
Pinol, C 10 ri lfl O. Es tritt als Nebenprodukt bei der Dar-
stellung von Pinennitrosochlorid auf und bildet sich auch beim
Erwärmen von Pinolhydrat (Sobrerol) mit verdünnter Schwefel-
säure 2 ) oder von Terpineoldibromid mit Natriumalkoholat 3 ).
*) Arch. der Pharm. 239 (1901), 201.
a ) Wallach, Liebigs Annalen 259 (1890), 315.
3 ) Derselbe, ebenda 277 (1893), 115.
Oxyde. 659
Ein aktives Pinol erhält man nach Wagner und Slawinsky 1 ),
wenn man Pinen mit unterchloriger Säure behandelt und das ent-
stehende cis-Pinolglykol-2-chlorhydrin in weingeistiger Lösung mit
Zinkstaub erhitzt.
Pinol ist eine bei 183 bis 184° siedende Flüssigkeit von cineol-
und campherartigem Geruch. d 20 . 0,9455; n Da0 . 1,47096. Es ist
sehr beständig gegen Reduktionsmittel und läßt sich über Natrium
unzersetzt destillieren; durch Oxydation mit Permanganat oder
verdünnter Salpetersäure geht es in Terebinsäure (Smp. 175 bis
176°) über. Mineralsäuren wirken auf Pinol unter Bildung von
Cineol ein. Mit Brom liefert es ein bei 94° schmelzendes
Dibromid, das zu seinem eventuellen Nachweis geeignet ist.
CH 3
i
Ein anderes künstlich hergestelltes Oxyd ist das
1,4- Cineol, das sich neben Terpinenol
beim Erwärmen der beiden isomeren 1,4- ^5L_^
Terpine mit Oxalsäure bildet. Es ist eine H S C>— ' j ,CH*
bei 172 bis 173° siedende Flüssigkeit, die , O |
im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Cineol H 2 c' ' 'CH a
beim Abkühlen nicht erstarrt. — d 0,897; c
n D 1,4485*). d u . 0,9010; n D19 . 1,4479«). H a -CCH-CH a
Eine Anzahl Oxyde von Terpenen und Terpenabkömmlingen
hat N. Prileschajew 4 ) durch Oxydation mit Benzoylhydro-
peroxyd dargestellt, das auf folgende Weise reagiert:
C e H 6 -COOOH + >C:C< = C e H 5 COOH ^ >C— C- v
Er versetzte die berechnete Menge der betreffenden Sub-
stanz mit der auf 0° abgekühlten Lösung des Benzoylhydro-
peroxyds. Je nachdem 1 oder 2 Mol. des Peroxyds auf 1 Mol.
des Terpenderivats angewandt werden, entstehen Mono- oder
Dioxyde. Auf diese Weise wurden erhalten: Die Mono- und
Dioxyde von Linalool, Geraniol und Limonen und die Monoxyde
von Citral, Citronellal und Pinen.
*) Berl. Berichte 32 (1899), 2070.
*) Wallach,*Liebigs Annalen 356 <1907), 205.
*) Derselbe, ebenda 392 (1912), 62.
4 ) Berl. Berichte 43 (1909), 4811. Chem. Zentralbl. 1912, II. 2090.
42
660 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Linalooloxyd.
C 10 H ls O 2 . MoL-Gew. 170.
Von den bisher genannten Oxyden ist das Linaloolmonoxyd
das einzige in ätherischen Ölen vorkommende. Schimmelte o. 1 ),
rH die es im mexikanischen
HC S i 8 Linaloeöl auffanden, geben
* ^>C:CH-Cri 2 -CH 2 -C-CHCH 2 a i s Konstanten für die sich
8 OH X durch ihren muffigen, et-
was an Fenchylalkohol und
Campher erinnernden Geruch deutlich von Linalool unter-
scheidende Verbindung an: Sdp. 193 bis 194°, 63 bis 65° (4 mm),
71 bis 73,5° (6 bis 7 mm), d 1B . 0,9431 bis 0,9442, a D — 5° 52'
bis —5° 46', n Dao „ 1,45191 bis 1,45221.
Für das künstliche Präparat fand Prileschajew 2 ): Sdp. 197
bis 198° (758 mm), dffi 0,9520, n m6 . 1,45567.
Linalooloxyd bildet nach monatelangem Stehen mit Phenyl-
isoeyanat ein Phenylurethan vom Smp. 58,5 bis 60° l ).
Calameon, C 16 H SB 2 , ist in den hochsiedenden Bestand-
teilen des Calmusöls 8 ) enthalten. Kristalle vom Smp. 128°.
Durch Einwirkung von Brom entstehen C 16 H ai Br, C 1B H 20 Br 2
und C 15 H ts Br 4i . Salzsäureadditionsprodukt, Smp. 119°, Benzoat,
Smp. 155°. Oxydation mit Permanganat führt zur Calameon-
säure, C ia H 24 4 + H 2 0, Smp. 153°.
Dicitronelloxyd, C 20 H 81 O, fand K- E. Sporn itz 4 ) in den
hochsiedenden Anteilen des Java-CitronellÖls. Sdp. 182 bis 183°
(12 mm), df£ 0,9199, <x D — 4°, n D 1,49179. Beim Kochen mit
Acetanhydrid und Natriumacetat bildete es keinen Ester, spaltete
mit konzentrierter Ameisensäure kein Wasser ab und wurde
bei der Behandlung mit Natrium und Alkohol nicht verändert
Sowohl die Elementaranalyse als auch die Molekulargewichts-
bestimmung stimmten auf die Formel C S0 H 34 O. Das Dicitronell-
*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1912, 80.
ä ) Siehe S. 659, Anm. 4.
*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1899, 8. — v. Soden u. Rojahn,
Pharm. Ztg. 46 (1901), 243. — Thoms u. Beckstroem, Bert. Berichte 34
(1901), 1021; 85 (1902), 3187; Ber. d. deutsch, pharm. Ges. 12 (1902), 257.
4 ) Ber!. Berichte 47 (1914), 2478.
Oxyde- 661
oxyd wird in eisessigsaurer Lösung bei Gegenwart von Platin-
mohr durch Einleiten von Wasserstoff unter Druck oder durch
Einleiten von Wasserstoff in die ätherische Lösung bei An-
wesenheit von Platinmohr leicht zu Tetrahydrodicitronelloxyd,
C 20 H S8 O, reduziert: Sdp. 180 bis 185° (11,5 mm), dg! 0,9001,
n-j, 1,47457. Durch Einleiten von trocknem Salzsäuregas in die
ätherische Lösung des Dicitronelloxyds wird ein Monohydrochlorid
vom Smp. 107,5° erhalten. Durch Kochen mit alkoholischer
Kalilauge geht das Hydrochlorid in ein Oxyd C 20 H 3i O, das Iso-
dicitronelloxyd, über.
Das sogenannte
Carlinaoxyd, C ia H I0 O, das den Hauptbestandteil des Eber-
wurzöls ausmacht, ist wohl kein Oxyd, sondern wahrscheinlich
ein Phenyl-l-c-furyl-3-allen 1 ). Sdp. 167 bis 168° (20 mm),
d^ 1,066, or D ±0°, n D 1,586. Bei der Oxydation mit Kalium-
permanganat entsteht quantitativ Benzoesäure, durch Reduktion
mit Natrium und Alkohol Tetrahydrocarlinaoxyd, C 13 H 14 0, das
durch Oxydation mit Kaliumpermanganat in j'-Phenylbuttersäure
(Smp. 52°) übergeführt wird.
Cineol.
C 10 H ls O. Mol.-Gew. 154.
Cineol (Eucalyptol) ist sehr verbreitet. Es bildet den Haupt-
bestandteil des Öls von Eucalyptus globulus, des Cajeputöls,
Niaouliöls sowie des Wurmsamenöls und ist
außerdem in größerer oder geringerer Menge
aufgefunden worden im amerikanischen Holz-
Terpentinöl, Java-Lemon olie, Safranöl, Zitwer-
wurzelöl, Galgantöl, Öl von Alpinia galanga,
A. alba, A. nutans, Ceylon-, Bengal-, Malabar-
und Kamerun - Cardamomenöl , Cardamomen-
wurzelöl, Öl von Aframomum angustifolium,
/(aempfer/a ethelae, Ingweröl, Paradieskörner- h s c/ CH s
öl (?), Öl aus den Früchten von Amomum
mala, Maticoöl, Betelöl, Gagelöl, Sternanisöl, Japanischen Stern-
anisöl, Magnoliaöl, Kobuschiöl, Champacaöl, Öl von Calycanthus
x ) Semmler, Bert. Berichte 89 <1906), 726; Semmler u. Ascher,
ebenda 42 (1909), 2355.
662 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
floridus, C. occidentalis, Daphnandra aromatica, Boldoblätteröl,
Campheröl, Öl aus den Blättern von Launts camphora, Yu-Juöl,
Zimtwurzelöl, Rindenöl von Cinnamomum Oliven, Blätteröl von
C. glanduliierum und C. pedunculatum, Nikkeiöl, Apopinöl,
Lorbeerblätterol, Lorbeerbeerenöl, Blätteröl von Tetranthera poly-
antha var. citrata, Öl von Umbellularia californica, Rindenöl von
Ocotea usambarensis, Kuromojiöl, Cayenne-Linaloeöl, Öl von
Persea pubescens, Lindern praecox, Parthenoxylonöl, Trawas-
blätteröl, Öl von Hemandia peltata, Carquejaöl, Rautenöl, Öl
von Cathetus fasciculata, Weißzimtöl, Myrtenöl, Chekenblätteröl,
Pimentöl, Öl von Amomis jamaicensis, Melaleuca acuminata,
M. Deanei, M. ericifolia, M. erubescens, M. genistifolia, M. gib-
bosa, M. hypericifolia, M. linarüfolia, M. nodosa, M. pauci-
flora, M. thymifolia, M. trichostachya, M. uncinata, Eucalyptus
acervula, E. acmenioides, E. afiinis, E. albens, E. amygdalina,
E. Andrewsi, E. angophoroides, E. apiculata, E. australiana,
E. Baeuerleni, E. Behriana, E. bicolor, E. Bosistoana, E. botry-
oides, E. Bridgesiana, E. Cambagei, E. campanulata, E. cam-
phora, E. capitellata, E. carnea, E. cinerea, E. citriodora, E.
cneorifolia, E. coccifera, E. conica, E. cordata, E. coriacea,
E. corymbosa, E. crebra, E. Dawsoni, E. dealbata, E. dumosa,
E. eugeniofdes, E. fastigita, E. fraxinoides, E. goniocalyx,
E. gracilis, E. Gunnii, E. haemastoma, E. hemilampra, E. hemi-
phloia, E. intermedia, E. lactea, E. laevop/nea, E. linearis, E.
longifolia, E. Luehmanniana, E. macrorrhyncha, E. maculata,
E. maculosa, E. Maideni, E. melanophloia, E. melliodora, E.
microcorys, E. microtheca, E. Morrisii, E. Muelleri, E. nigra,
E. nova-anglica, E. obliqua, E. odorata, E. oleosa, E. oreades,
E. ovalifolia, E. o. var. lanceolata, E. paludosa, E. paniculata,
E. pendula, E. Perriniana, E. phlebophylla, E. piperita, E. poly-
anthema, E. polybractea, E. populifolia, E. propinqua, E. pul-
verulenta, E. punctata, E. p. var. didyma, E. quadrangulata,
E. radiata, E. regnans, E. resinifera, E. Risdoni, E. robusta,
E. Rodwayi, E. Rossei, E. rostrata, E. r. var. borealis, E. rubida,
E. saligna, E. siderophloia, E. sideroxylon, E. s. var. pallens,
E. Smiihii, E. squamosa, E. stricta, E. Stuartiana, E. taeniola,
E. tereticornis, E. t. var. linearis, E. tessellaris, E. trachy-
phloia, E. unialata, E. umbra, E. vemicosa, E, viminalis, E.
v. var. u virgata, E. viridis, E. vitrea, E. Wilkinsoniana,
Oxyde. 663
E. Woolsiana, Backhousia angustifotia, Baeckea Gunniana,
Callistemon lanceolatus, C. vimfnalis, Leptospermum flaves-
cens var. leptophyllum, Stenocalyx pitanga, Agonis flexttosa,
spanischen Verbenaöl, Öl der Blätter von Vitex agnus castus,
V. trffolia, Rosmarinöl, Lavendelöl, Spiköl, Öl von Lavandula
dentata, L. pedunculata, L. Stoechas, Salbeiöl, Öl von Salvia
cypria, im spanischen Majoranöl, amerikanischen, französischen
und russischen Pfefferminzöl, Krauseminzöl, Java- und Reunion-
Basilicumöl, Öl von Oc/mum sanctum, O. pilosum, O. canum,
Thymus vulgaris, Th. mastichina, Ramona stachyoides, Pro-
stanthera cineolifera, Meriandra dianthera, Blurnea balsami-
fera, Osmitopsis asteriscoides (?), Schafgarbenöl, Ivaöl, Beifußöl,
Öl von Artemisia frigida, A. herba-atba, A. Leudoviciana,
A. annua, Inula viscosa, Pluchea foetida, Yamakoshoblätteröl
und Yomugiöl.
Die Abscheidung des Cineols aus cineolreichen Ölen, wie
dem von Eucalyptus globulus, ist nicht schwierig, zumal
das durch fraktionierte Destillation möglichst rein dargestellte
Cineol die Eigenschaft besitzt, in der Kälte zu kristallisieren.
Handelt es sich um den Nachweis und die Isolierung kleiner
Mengen Cineol, so benutzt man die Chlor- oder besser die
Bromwasserstoffverbindung, die beim Zerlegen mit Wasser
Cineol liefert.
Als Umwandlungsprodukt entsteht Cineol beim Kochen von
Terpineol oder Terpinhydrat mit verdünnten Säuren.
Reines Cineol ist eine farblose, optisch inaktive, campher-
ähnlich riechende Flüssigkeit, die in der Kälte kristallisiert. Für
das mit Hilfe der Chlorwasserstoffverbindung dargestellte Cineol
fand Wallach 1 ): Sdp. 176°, d 20 . 0,9267, n D 1,45839.
An im Großbetrieb hergestellten Präparaten beobachteten
Schimmel § Co.: Erstp. um +1°, Smp. zwischen 1 und 1,5°,
Sdp. 176 bis 177° (764 mm), d ls . 0,928 bis 0,930, n M0 . 1,454 bis
1,461, löslich in etwa 12 Vol. 50°/oigen, etwa 4 Vol. 60°/oigen
und in 1,5 bis 2 Vol. 70°/oigen Alkohols. In kaltem Wasser ist
Cineol leichter löslich als in warmem; bei 1,5° lösen sich in
100 g Wasser 0,64 g, bei 50° nur 0,19 g 2 ).
x ) Li©bigs Annalen 245 (1888), 195.
») Earle, Journ. Soc. ehem. Industry 37 (1918), 274 T.
664 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Cineol liefert charakteristische lose Additionsprodukte mit
Brom, Jod, Chlor und Bromwasserstoff 1 ), Phosphorsäure, Arsen-
säure, Cumarsäure 2 ), a- und /?-Naphthol, Phenol, Brenzkatechin,
Thymol 8 ), o- 4 ), m-, p-Kresol, l,5-Dioxynaphthalin a ), Jodol und
Resorcin, die teilweise zur Isolierung und Charakterisierung zu
benutzen sind, und von denen sich besonders die Resorcin-
verbindung auch zur quantitativen Bestimmung des Cineols
eignet (s. hierüber im Kapitel „Die Prüfung der ätherischen Öle").
Durch Einwirkung wasserentziehender Mittel geht Cineol in
Dipenten" 1 ) über, kann aber auch durch entsprechende Behand-
lung sofort in Dipentenderivate verwandelt werden; so z. B.
entsteht Dipentendijodhydrat schon beim Einleiten von trocknem
Jodwasserstoff in Cineol. Cineol gibt mit Jodkaliumlösung und
Salzsäure ein Produkt von der wahrscheinlichen Zusammen-
setzung C 10 H 18 O-J 2 + C 10 H 18 O-HJ, das als Cineoldijodiddijodhydrat
bezeichnet wird 6 ). Der Sauerstoff im Cineol befindet sich in
Oxydbindung, daher reagiert diese Verbindung weder mit Hydroxyl-
amin, Phenylisocyanat noch Phenylhydrazin, ebensowenig wirkt
Natrium in Alkohol darauf ein; aus demselben Grunde läßt sich
Cineol über Natrium unzersetzt destillieren.
Bei der Oxydation mit Kaliumpermanganatlösung in der
Wärme bildet sich die zweibasische Cineolsäure'), C 10 H ta O a ,
vom Smp. 196 bis 197°; das durch Einwirkung von Acetanhydrid
aus dieser entstehende Cineolsäureanhydrid liefert bei der
trocknen Destillation Methylheptenon, C 8 H 14 0.
Gegen Reduktionsmittel ist Cineol sehr beständig. Molle")
fand hierzu nur Jodwasserstoff brauchbar. Bei einstündigem
Erhitzen auf 220 bis 225° im geschlossenen Rohr unter Zusatz
von metallischem Quecksilber als jodbindendem Mittel erhielt er
x ) Liebigs Annalen 225 (1884), 300, 303; 230 (1885), 227; 246 (1888), 280.
a ) Cohn, Pharm. Zentralh. 53 (1912), 32.
*) Bellucci u. Grassi, Chem. Zentralbl. 1014, I. 884.
*) Tustlng Cocking, Perfum. Record 11 (1920), 281, 363.
■) Wallach u. Brass, Liebigs Annalen 225 (1884), 310.
8 ) Fromm u. Fluck, Jodhaltige Abkömmlinge des Cineols. Ebenda
405 (1914), 175.
') Wallach u. Gildemeister, ebenda 24ß (1888), 268.
**) Über die Zusammensetzung des ätherischen Lorbeeröls und zur
Kenntnis seines Hauptbestandteils, des Cineols. Inaug.-Dissert., Basel 1904,
62. Vgl. auch Thoms u. Molle, Arch. der Pharm. 242 (1904), 181.
Oxyde. 665
einen Cineolen genannten Kohlenwasserstoff C 10 H 18 (Sdp. 165
bis 170°; d 18 „ 0,8240; « D ± 0°; n D 1,45993) und einen polymeren
Kohlenwasserstoff (C 10 H ie ) n .
Cineol hat einen charakteristischen Geruch, durch den
man meist schon auf diese Verbindung aufmerksam wird. Zum
schnellen Nachweis eignet sich besonders die von Hirschsohn 1 )
angegebene Reaktion mit Jodol, die in der Weise angestellt wird,
daß man in einigen Tropfen des zu prüfenden Öls unter gelindem
Erwärmen etwas Jodol auflöst; ist viel Cineol vorhanden, so
scheidet sich die aus gleichen Molekülen der Komponenten
bestehende kristallisierte Doppelverbindung alsbald aus; bei
einer Lösung von 1 Teil Cineol in 20 bis 30 Teilen Phellandren
vergeht bis zur Abscheidung eine halbe Stunde 2 ). Der Schmelz-
punkt der aus Alkohol oder Benzol umkristallisierten Verbindung
liegt bei etwa 112° 3 ).
Will man das Cineol als solches isolieren, so sättigt man die
mit etwa dem gleichen Volumen Petroläther verdünnte Fraktion
unter guter Kühlung mit trocknem Bromwasserstoff; der sich
alsbald abscheidende, kristallinische, weiße Niederschlag wird
abgesaugt und mit Petroläther gewaschen. Das so erhaltene,
ziemlich beständige Hydrobromid schmilzt bei 56 bis 57° und
ist durch Wasser leicht in Cineol und Bromwasserstoff zu spalten.
Bei genügendem Cineolgehalt kann man auch mit Vorteil
Resorcin zur Abscheidung benutzen. Zu diesem Zwecke wird
die betreffende Fraktion mit der gleichen bis doppelten Menge
einer 50 °/oigen Resorcinlösung verrührt und die — event. nach
Zusatz von etwas festem Cineolresorcin — entstandene, aus
1 Mol. Resorcin und 2 Mol. Cineol zusammengesetzte Additions-
verbindung 4 ) abgesaugt, zwischen Filtrierpapier abgepreßt und
mit Alkali zersetzt. Cineolresorcin bildet nadeiförmige Kristalle,
die bei ungefähr 80° schmelzen und sich in Alkohol, 'Äther und
Benzol leicht, in Petroläther und Wasser aber sehr schwer
lösen. Es ist wesentlich beständiger als das gleichfalls zur
Abscheidung benutzte Additionsprodukt von Cineol mit Phosphor-
säure, zersetzt sich aber auch allmählich beim Liegen an der
*) Pharm. Zeitschr. f. Rußland 32 (1893), 49, 67.
*) Earle, Journ. Soc. ehem. Industry 87 (1918), 274T.
s ) Bertram u. Walbaum, Arch. der Pharm. 285 (1897), 178.
*) Baeyer u. Villiger, Berl. Berichte 35 (1902), 1209.
666 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Luft — schneller im Vakuum — unter Abgabe von Cineol,
sodaß schließlich nur noch Resorcin vorhanden ist. Dieselbe
Spaltung kann man wahrnehmen beim Erhitzen der Verbindung
mit Wasser oder Petroläther 1 ), auch schon beim Auswaschen
mit diesen Mitteln. Trocken und gut kristallisiert erhält man
Cineolresorcin beim Umkristallisieren von 1 Teil Resorcin aus
10 Teilen Cineol (Baeyer u. Villiger, loc. cit).
Zur weiteren Charakterisierung kann man die durch Oxy-
dation mit Kaliumpermanganat in der Wärme entstehende Cineol-
säure heranziehen.
Dem Cineol kommen antiseptische Eigenschaften zu. Es
findet in der Medizin sowohl äußerliche wie innerliche Anwendung,
als wurmabtreibendes Mittel ist es aber nach H. Brüning 2 )
wirkungslos. Toxische Wirkungen von Cineol oder Eucalyptusölen
wurden nur nach dem Einnehmen größerer Mengen beobachtet.
Cineol ist zum Sterilisieren von Catgut empfohlen worden 3 ).
Ascaridol.
C 10 H 16 O a . Mol.-Gew. 168.
Das von Schimmel § Co. 4 ) im amerikanischen Wurm-
samenol aufgefundene Ascaridol hat nach Wallach 5 ) die
nebenstehende Formel. Es besitzt einen
widerlich betäubenden Geruch und unan-
^, ^ genehmen Geschmack. d ls . 1,0079; a^ — 4° 14';
* n D , o 1,47431 ; Sdp. 83° (4 bis 5 mm); unter
gewöhnlichem Druck läßt sich Ascaridol
w r- V !<-« nicht destillieren, denn es zersetzt sich,
riaU--^ I ~—(-rl
schon ehe es den Siedepunkt erreicht, mit
explosionsartiger Heftigkeit, die häufig von
Feuererscheinung begleitet ist.
Bei der Oxydation mit Ferrosulfatlösung entsteht, wie
E. K- Nelson 6 ) zeigte, ein Glykol C 10 H a8 8 , das durch ein
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1907, 32.
*) Zeitschr. f. experiment. Path. u. Therap. 11 (1912), 154.
3 ) Goris, Bull. Sciences pharmacolog. 28 (1916), 67.
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1908, 112.
s ) Liebigs Annalen 892 (1912), 59.
e ) Journ. Americ. ehem. Soc. 33 (1911), 1404.
Stickstoff- und schwefelhaltige Verbindungen. 667
bei 136 bis 137° schmelzendes Benzoat gekennzeichnet ist. Mit
Permanganat oxydiert, liefert das Glykol zwei Säuren vom
Smp. 116,5 bis 117° und von 186 bis 187" 1 ). Letztere ist nach
Wallach wahrscheinlich mit inaktiver a,a'-Methylisopropyl-
a, a'-dioxyadipinsäure identisch.
Dem Ascaridol sind die wurmwidrigen Eigenschaften des
amerikanischen Wurmsamenöls zuzuschreiben. Über die quanti-
tative Bestimmung des Ascaridols siehe unter „Amerikanisches
Wurmsamenöl".
Stickstoff- und schwefelhaltige
Verbindungen.
Stickstoff- und schwefelhaltige Verbindungen treten häufig
bei der Destillation solcher Pflanzenteile auf, die Eiweißkörper
(Protoplasma) oder diesen ähnliche Substanzen in größerer Menge
enthalten, so besonders bei der Verarbeitung frischer Kräuter
oder Samen. Die leicht flüchtigen Verbindungen Ammoniak,
Trimethylamin, Schwefelwasserstoff und Blausäure entweichen
bei der Destillation zum größten Teil gasförmig; in kleineren
Mengen lösen sie sich im überdestillierenden Wasser oder gehen
mit den Bestandteilen des betreffenden ätherischen Öles, bei
dessen Bereitung sie sich bilden, Verbindungen ein.
Ammoniakentwicklung findet bei der Destillation vieler
Drogen statt, so z. B. bei der von Cubeben, Pfeffer, Piment,
Ingwer u. a. Möslinger 2 ) fand Ammoniak in den Destillations-
wässern des Bärenklauöls.
Narkotisch riechende Basen beobachteten Schimmel 8j Co.
bei Kümmelöl und den Ölen anderer Umbelliferenfrüchte 3 ) sowie
bei Patchouliöl 4 ) und dem Öl von Barosma pulchellum"').
x ) Joum. Americ. ehem. Soc. 38 (1911), 1404.
*) Liebigs Annalen 185 (1877), 37.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1905, 50.
4 ) Ebenda April 1904, 73; April 1906, 62.
6 ) Ebenda April 190», 97.
668 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Nitrile.
Blausäure.
Als Hauptvertreter der Nitrile ist das der Ameisensäure,
die Blausäure, HCN, zu nennen. Ihr ungemein häufiges Vor-
kommen im Pflanzenreich läßt sich entweder durch die Annahme
erklären, daß sie beim Aufbau von Eiweiß eine Rolle spielt oder
ein Abbauprodukt von diesem darstellt 1 ). Im Laufe der Zeit ist
Blausäure in sehr vielen Fällen in Pflanzenteilen nachgewiesen;
uns können an dieser Stelle nur diejenigen Pflanzen interessieren,
die Blausäure in Verbindung oder zusammen mit einem äthe-
rischen Öl, d. i. Benzaldehyd, liefern. Treten diese beiden Ver-
bindungen zusammen auf, so ist wohl in fast allen Fällen die
Blausäure in der Pflanze als Glucosid vorhanden gewesen.
Blausäure und Benzaldehyd liefern: Pteris aquilina, Davallia
brasiliensis, Panicum maximum, P. muticum, Ximenia ameri-
cana, Hydrangea Lindleyana, H. Thunbergii, Amelanchier alni-
folia, A. canadensis, A. vulgaris, Chamaemeles coriacea, Cra-
taegus orientalis, C. oxyacantha, Eriobotrya japonica, Nuttallia
cerasiformis, Osteomeles spec, Photinia arbutifo/ia, P. Bentha-
miana, P. serrulata, P. variabilis, Pirus americana, P. aria,
P. aucuparia, P. cydonia, P. germanica, P. japonica, P. malus,
P. mespilus, P. pinnatifida, P. ringo, P. spectabilis, P. tormi-
nalis, Prunus adenopoda, P. americana, P. amygdalus, P. al-
leghaniensis, P. armeniaca, P. avium, P. Besseyi, P. Capollin,
P. caroliniana, P. cerasus, P. chamaecerasus, P. divaricata,
P. domestica, P. Javanica, P. laurocerasus, P. Iusitanica, P, nana,
P. occidentalis, P. padus, P. paniculata, P. pendula, P. penn-
sylvanica, P. puddum, P. serotina, P. sphaerocarpa, P. spinosa,
P. subhirtella, P. undulata, P. virginiana, P. macrophylla,
P. persica, Cormus foliosa, Cotoneaster afiinis, C. bacillaris,
C. buxifolia, C. Francheti, C. frigida, C. horizontalis, C. inte-
gerrima, C. microphylla, C. multiflora, C. panosa, C. thymae-
folia, Peraphyllum ramosissimum, Hamalium tomentosum,
Kiageneckia angustifolia, /(". oblonga, Exochorda Alberti, r\erria
l ) Rosenthaler, Biochem. Zeitschr. 184 (1922), 215, 225.
Nitrile. 669
japonica, Neviusia alabamensis, Pygeum africanum, P. lati-
folium, P. pariflorum, Spiraea aruncus, S. japonica, S. /(ne/fffJ,
S. Lindleyana, S. prunifolia, S. sorbifolia, Rhodotypos kerrioides,
Stranvaesia g/aucescens, Indigofera galegoides, V/c/a angusti-
folia, V. canadensis, V. hirsuta, V. macrocarpa, V. sativa, Coryno-
carpus laevigata, Schleicheria trijuga, Echinocarpus Sigun,
Lucuma Bonplandia, L. mammosa, L. pomifera, L. multiflora,
L deliciosa, Memecylon spec, Chrysophyllum spec, Meremia
latifolia, Ipomoea dissecta, f. sinuata, I. vitifolia, Gymnema
latifolium, Linaria stricta, Sambucus nigra, S. ebulus, Plec-
tronia dicocca, Chardinia xeranthemoides, Xeranthemum
annuum, X. cylindricum, Centaurea asper a, Anacyclus offi-
cinarum und A. pedunculatus.
Der Nachweis der Blausäure kann in der gewöhnlichen
Weise durch die Berlinerblau-Reaktion erfolgen. Das zu unter-
suchende Pflanzengewebe wird zerrieben, mit Wasser ein-
gemaischt, mazeriert, mit Schwefelsäure angesäuert und destilliert.
Um alle Blausäure überzutreiben, ist oft eine mehrstündige
Destillation erforderlich 1 ). Eine kleine Menge des Destillats
wird mit ein paar Tropfen Natronlauge durchgeschüttelt, sodann
werden einige Tropfen oxydhaltiger Eisenvitriollösung hinzu-
gefügt und nach abermaligem kräftigem Durchschütteln wird die
Flüssigkeit mit verdünnter Salzsäure angesäuert. Nach erfolgter
Lösung des Eisenoxyduloxydniederschlags tritt bei Gegenwart
von Blausäure der charakteristische blaue Niederschlag von
Berlinerblau auf.
Zur schnellen Orientierung über den etwaigen Blausäuregehalt einer
Pflanze läßt sich eine Beobachtung von Mirande 3 ) verwerten, wonach aus
Pflanzen, die komplexe Blausäureverbindungen enthalten, bei der Einwirkung
von Anaestheticis Blausäure frei wird, die man am besten mit Natriumpikrat-
papier a ), das durch Blausäure rot gefärbt wird, nachweist
Ein anderes Verfahren ist von Rosenthaler 4 ) vorgeschlagen worden,
das auf der Umsetzung von Blausäure mit Jod zu Jodwasserstoff und Jodcyan
beruht. Man gibt zu einer Anschüttlung von Stärkekörnchen mit Wasser
etwas Jodlösung und läßt auf die blaue Anschüttlung ein wenig von dem zu
untersuchenden Pflanzenbreä wirken. Nach kurzer Zeit werden die Stärke-
1 ) Aisberg u. Black, Chem. Zentralbl. 1922, II. 502.
2 ) Compt rend. 149 (1909), 140.
s ) Guignard, ebenda 143 (1906), 552.
*) Schweiz: Apoth.-Ztg. 60 (1922), 477.
670 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
kömchen entfärbt, wenn Blausäure vorhanden ist. Da auch andere in den
Pflanzen vorhandene flüchtige Stoffe, z. B. ätherische Öle, Jod zu addieren
vermögen, so empfiehlt es sich, das trockene Pflanzenmaterial vor der Unter-
suchung mit Äther zu behandeln.
Um Spuren von Blausäure in Pflanzen nachzuweisen, leitet man mehrere
Stunden einen starken Luftstrom durch den Pflanzenbrei und treibt die Blau-
säure in eine Lösung von Quecksilberchlorid über. Aus dieser Lösung wird
die Blausäure dann durch Zusatz von Jodkalium und Durchleiten von Kohlen-
säure oder Erhitzen mit Natriumbicarbonat frei gemacht. Wichtig ist beim
Nachweis so geringer Mengen Blausäure, daß man jede Erwärmung der
Pflanzenteile vermeidet, da Mitrate oder Nitrite in Gegenwart von Pflanzen-
säuren mit Kohlenhydraten oder andern oxydablen Stoffen in der Wärme
Spuren von Blausäure bilden.
Zum Nachweis von Blausäure in mikroskopischen Schnitten scheint das
Verfahren mit Stärkekörnchen und Jod brauchbar zu sein. Diese Methode hat
den Vorteil, daß die Einwirkung der Enzyme auf Glucoside nicht gehindert wird,
so daß auch als Glucosid vorhandene Blausäure 1 ) nachgewiesen werden kann.
Über die quantitative Blausäurebestimmung vgl. im Kapitel
„Die Prüfung der ätherischen Öle".
Die Blausäure ist in den betreffenden Pflanzenteilen meist
nicht frei, sondern in Form von Glucosiden enthalten, von
denen das Amygdalin am häufigsten vorkommt.
Das Amygdalin ist in den Pflanzen von dem Enzym Emulsin
begleitet, das bei Gegenwart von Wasser die Spaltung in Benz-
aldehyd, Glucose und Blausäure bewirkt:
C, H 17 NO U ■+■ 2H„0 = C a H 5 • CHO -f- HCN + 2C 6 H ia O„.
In neuerer Zeit hat man sich viel mit dem Amygdalin und
seiner Hydrolyse durch Emulsin beschäftigt. Die ziemlich
komplizierten Verhältnisse können hier aber nicht besprochen
werden, weshalb auf die Originalliteratur 3 ) verwiesen wird.
L ) Über die Empfindlichkeit der verschiedenen Blausäureaktionen vgl.
Anderson, Journ. Soc. ehem. Industry 36 (1917), 195 und Kolthoff, Pharm.
Weekblad 54 (1917), 1 157; Apotheker-Ztg. 32 (1917), 529; Bericht von Schimmel
§ Co. 1918, 108.
2 ) Van Rijn, Die Glycoside, Berlin 1900; Walker, Journ. ehem. Soc
83 (1903), 472; Dakin, Journ. ehem. Soc. 85 (1904), 1512; Bourquelot u.
Hgrissey, Journ. de Pharm, et Chim. VI. 26(1907), 5; Caldwellu. Courtauld,
Journ. ehem. Soc. 91 (1907), 666, 671; Herissey, Journ. de Pharm, et Chim.
VL 26 (1907), 194, 198; Aren, der Pharm. 245 (1907), 638, 641; Feist, ebenda
246 (1908), 206, 509; Rosenthaler, ebenda 365; Auld, Journ. ehem. Soc.
93 (1908), 1251, 1276; Rosenthaler, Arch. der Pharm. 246 (1908), 710;
Biochem. Zeitschr. 14 (1908), 238; 11 (1909), 257; Auld, 'journ. ehem. Soc.
Nitrile. 671
Außer Amygdalin sind noch viele andere Glucoside bekannt,
die alle bei der Hydrolyse Blausäure liefern, es sind: Corynocarpin,
Dhurrin, Gynocardin, Laurocerasin, Linamarin (= Phaseolunatin),
Lotusin, Manihotoxin, Prulaurasin, Prunasin, Sambunigrin und
Vicianin.
Weitere in ätherischen Ölen vorkommende Nitrile sind die
der Phenylessigsäure, der Phenylpropionsäure und der Vinyl-
essigsäure.
Phenylessigsäurenitril, Benzylcyanid , C a H a - CH 2 • CN,
bildet nach A.W. Hof mann den Hauptbestandteil des Kapuziner-
kressenöls 1 ) sowie des Öles von Lepidium sativum*) und ist
außerdem wahrscheinlich auch im Neroliöl enthalten.
Gadamer 3 ) stellte später fest, daß Hofmanns Beobachtung
für Kapuzinerkressenöl nur bedingt richtig ist. Der eigentliche
Hauptbestandteil dieses Öles ist nämlich Benzylsenföl, und nur
bei unzweckmäßiger Arbeitsweise bildet sich das als Zersetzungs-
produkt aufzufassende Phenylessigsäurenitril. (Näheres hierüber
vgl. bei Kapuzinerkressenöl.)
Phenylessigsäurenitril siedet bei 231 bis 232° und hat bei ,
18° das spezifische Gewicht 1,0146. Durch Verseifen geht es
in Phenylessigsäure (Smp. 77°) über.
95 (1909), 927; Feist, Arch. der Pharm. 247 (1909), 226, 5-12; Bourquelot,
Journ. de Pharm, et Chim. VI. 29 (1909), 576; Tutin, Journ. ehem. Soc. 95
(1909), 663; Walker u. Krieble, ebenda 1369, 1437; Rosenthaler, Arch.
der Pharm. 248 (1910), 105, 534; 350 (1912), 298; 251 (1913), 56, 85; 263 (1925),
563; Schweiz. Apoth.-Ztg. 60 (1922) vom 14. 9.; Schweiz. Wochenschr. f. Chem.
u. Pharm. 57 (1919), 571; Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 30 (1920), 13;
Krieble, Journ. Americ. chem. Soc. 34 (1912), 72; Bourquelot u. Herissey,
Journ. de Pharm, et Chim. VII. 6 (1912), 246; Armstrong u. Horton, Chem.
Zentralbl. 1912, II. 1292; Bredig u. Fiske, Biochem. Zeitschr. 46 (1912), 7;
Bridel, Journ. de Pharm, et Chim. VII. 7 (1913), 27, 65; E. Fischer u. Berg-
mann, Berl. Berichte 50 (1917), 1047; Bau, Chem. Zentralbl. 1917, I. 1101;
Bourquelot, Journ. de Pharm, et Chim. VII. 17 (1918), 359; Karrer, Nägeli
u. Lang, Helvet. chim. acta 3 (1920), 573; Kuhn, Berl. Berichte 56 (1923),
857; Kuhn u. Sobotka, ebenda 57 (1924), 1767; C. Oppenheimer, Die
Fermente und ihre Wirkungen. 5. Aufl. Leipzig 1924.
l ) Berl. Berichte 7 (1874), 518.
*) Ebenda 1293.
3 ) Arch. der Pharm. 237 (1899), 111.
672 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Phenylpropiotisäurenitrü, C e H„ • CH 8 • CH 2 ■ CN , ist der
wesentliche Bestandteil des Brunnenkressenöls (Nasturtium
officinale) 1 ). Es siedet bei 261° und läßt sich durch Alkali in
die bei 47° schmelzende Phenylpropionsäure überführen.
VinyIessigsäure(Crotonsäure)nitril, Allylcyanid,
CH s :CH.CrVCN,
ist stets spurenweise im Senföl 2 ) enthalten, kann aber, besonders
bei sorgloser Fabrikation, hierin auch in größerer Menge als Zer-
setzungsprodukt von Isothiocyanallyl auftreten. Da Cyanallyl
sehr leicht ist (d 17>6 „ 0,835), so würde sich ein größerer Gehalt
des Senföls an dieser Verbindung durch Abnahme des spezifischen
Gewichts verraten.
Nitroverbindungen.
Nitrobenzol.
C H 6 NO a . Mol.-Gew. 123.
Diese unter dem Namen Mirbanöl bekannte Verbindung, die
in gewaltigen Mengen, hauptsächlich für die Teerfarbenindustrie,
hergestellt wird, spielt auch in der Parfümerie und der Seifen-
industrie eine Rolle als billiges Ersatzmittel für Bittermandelöl.
Die Beschaffenheit des Präparats ist von der Reinheit des an-
gewandten Benzols abhängig; in der Riechstoffindustrie wird nur
das sogenannte leichte Nitrobenzol (spez. Gew. 1,2) verwendet,
das man, wenn notwendig, noch durch Destillation über Natrium-
hydroxyd von den letzten Verunreinigungen befreien kann.
Nitrobenzol ist eine schwach gelbliche, mit der Zeit dunkler
werdende, stark lichtbrechende Flüssigkeit, deren Geruch dem
des Bittermandelöls ähnlich ist. Es ist nur wenig löslich in
Wasser, leicht dagegen in Alkohol, Äther, Benzol usw. Mit
Wasserdämpfen ist es leicht flüchtig. In der Kälte erstarrt es
*) A. W. Hofmann, loc. cit. 250.
ä ) Seine Anwesenheit in einem indischen Senföl wurde durch eine Unter-
suchung wahrscheinlich gemacht. Bericht von Schimmel & Co. Oktober
1911, 113.
Nitroverbindungen. 673
und schmilzt nach Linebarger 1 ) wieder bei +3,6°. Friswell 3 )
gibt folgende Eigenschaften an:
Erstp. +5°, Sdp. 209° (korr., 760 mm), d 1 *- (fest) 1,3440,
d^T (flüssig) 1,2220, d-JP 1,21 16.
An Handelspräparaten wurde von Schimmel § Co. ge-
funden: Erstp. H- 5,5°, Smp. +5,6°, Sdp. 208 bis 209° (741 mm),
d 15 . 1,20 bis 1,21, a D ±0°, n B20 „ 1,552 bis 1,553, löslich in 1 Vol.
90°/oigen und in etwa 4,5 Vol. 80°/oigen Alkohols.
Für die Beurteilung der Reinheit eines Nitrobenzols ist der
Erstarrungspunkt maßgebend, dessen Bestimmung man in dem
bei der Prüfung von Anethol usw. verwendeten Apparat (siehe
im Kapitel: „Die Prüfung der ätherischen Öle") ausführt. Man
kühlt das zu untersuchende Präparat auf 0° ab und impft mit
etwas festem Nitrobenzol. Der Erstarrungspunkt einer guten
Handelsware liegt zwischen +5 und -\-b° 3 ).
Mit Hilfe der Erstarrungspunkts- Bestimmung haben Simpson und
Jones*) ein Verfahren ausgearbeitet, nach dem es möglich sein soll, den
Prozentgehalt eines Mirbanöls an reinem Nitrobenzol quantitativ festzustellen.
Da keinerlei Urteile von anderer Seite über die Brauchbarkeit dieser Methode
vorliegen, so sei hier nur auf sie hingewiesen.
Ein gutes, zum Parfümieren von Seifen brauchbares Nitro-
benzol muß „seifenecht" sein, d. h. beim Kochen mit 15%iger
Kalilauge darf es diese nicht färben. Eine Gelb- bis Braun-
färbung der Kalilauge deutet auf die Gegenwart anderer Nitro-
produkte (Nitrotoluol) hin. Zur Ausführung der Probe werden
2 bis 3 ccm Nitrobenzol in einem weiten Reagensglas mit der
doppelten Menge Kalilauge 2 Minuten lang im lebhaften Sieden
erhalten, wobei ein Eindampfen der Flüssigkeit zu vermeiden
ist. Während des Kochens muß man gleichzeitig etwas schütteln,
da die Flüssigkeit sonst leicht herausgeschleudert wird.
Die beim Kochen nicht probehaltigen ISitrobenzols auf-
tretende Gelb- bis Braunfärbung verschwindet allmählich beim
Erkalten und tritt bei nochmaligem Kochen nicht mehr ein.
Um Nitrobenzol nachzuweisen, reduziert man es mit Zinn
und Salzsäure oder Zink und verdünnter Schwefelsäure zu Anilin.
*) Americ. ehem. Journ. 18 (1896), 437.
") Journ. ehem. Soc. 71 (1897), 1011.
*) Bericht von Schimmel $ Co. 1»20, 99.
*) Journ. Soc. ehem. Industry 38 (1919), T. 325.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 43
674 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Letzteres erkennt man leicht daran, daß seine wäßrige Lösung
bei vorsichtigem Zusatz von Chlorkalklösung violett gefärbt wird,
und daß die mit einem Überschuß von verdünnter Schwefelsäure
bereitete Lösung auf Zusatz von Kaliumbichromat einen dunkel-
grünen bis schwarzen Niederschlag gibt, der sich in siedendem
Wasser oder in Weingeist mit blaugrüner Farbe löst. Die* erst-
genannte Reaktion ist empfindlicher.
Quantitativ läßt sich das Nitrobenzol bestimmen, indem man
das durch Reduktion erhaltene Anilin mit Bromwasser titriert 1 ).
Nitrobenzol ist ein starkes Gift; es sind Fälle bekannt, wo
20, ja sogar 7 bis 8 Tropfen den Tod verursachten 2 ). Schon
die Berührung der Haut mit Nitrobenzol kann gefährlich werden.
In einem Artikel über das Nitrobenzol als Gift im Gewerbe und zu ver-
brecherischen Zwecken beschreibt J. R. Spinner 8 ) zahlreiche durch diesen
gefährlichen Körper verursachte Vergiftungsfälle. Das Nitrobenzol gelangt auf
drei verschiedenen Wegen in den Körper, durch den Mund, durch die Lungen
und durch die Haut Die Gefährlichkeit der Nitrobenzolaufnahme durch die
Haut wird vielfach verkannt. Sie erfolgt aber überall da, wo Nitrobenzol als
Zusatz zu andern Stoffen gebraucht wird, die auf der Haut Anwendung finden,
wo Massen mit den Händen bearbeitet werden, die Nitrobenzol enthalten,
wenn Gegenstände, die mit der Haut in Berührung kommen, wie namentlich
die Schuhe, mit nitrobenzolhaltigen Ledermitteln, Cremes, Schmieren, Wichsen,
behandelt werden. Zu Unrecht steht Nitrobenzol in dem Rufe eines Abortivums.
Künstlicher Moschus.
Der natürliche Moschus verdankt seinen Geruch einem
Muskon genannten Keton C 16 H 80 O, das auf Seite 594 be-
schrieben worden ist. Etwas ganz anderes ist nun der so-
genannte künstliche Moschus. Zwischen ihm und dem Natur-
produkt besteht nur eine gewisse Ähnlichkeit der Gerüche,
wie man sie häufiger beobachten kann, so z. B. zwischen
Nitrobenzol und Bittermandelöl. Im einen wie im andern
Falle ist das Ersatzmittel chemisch völlig verschieden von dem
betreffenden Naturprodukt und gibt daher auch dessen Geruch
nur bis zu einem gewissen Grade richtig wieder. Gegenwärtig
kennt man eine ganze Anzahl von moschusartig riechenden Ver-
bindungen, die größtenteils hochnitrierte tert.-Butyltoluole und
x ) Tellera, Chem. Zentralbl. 1925, I. 554.
s ) Kobert, Lehrbuch der Intoxicationen. Bd. II, S. 799. Stuttgart 1906.
s ) Pharm. Zentraih. 54 (1913), 871.
Nitroverbindungen. 675
tert.-Butylxylole sind oder zu diesen in naher Beziehung stehen.
Charakteristisch für diese Verbindungen ist die tertiäre Butyl-
gruppe (die eventuell auch durch die Isobutylgruppe ersetzt
werden kann); treten an ihre Stelle andere Gruppen, so ent-
stehen nur schwach oder gar nicht nach Moschus riechende
Körper 1 ). Durch besonders starken Moschusgeruch zeichnen
sich im allgemeinen die Verbindungen mit zwei oder drei Nitro-
gruppen aus, auch kann unbeschadet der Geruchsstärke eine
der drei Nitrogruppen durch die Cyangruppe, Aldehydgruppe,
Halogen oder einen Säurerest vertreten sein; je nachdem eine
derartige Gruppe eingetreten ist, spricht man von Cyanidmoschus,
Aldehydmoschus, Halogenmoschus und Ketonmoschus.
Für praktischen Gebrauch kommen von den vielen moschus-
artig riechenden Verbindungen gegenwärtig nur drei in Betracht:
der Xylol-, der Keton- und der Ambrettemoschus.
1. Xylolmoschus, Trinitro - tert.-butyl- m-xylol,
C ia H 15 6 N 8 ; C 6 (CH s ) 2 [C(CH 8 ) 8 ](N0 2 ) 3 . Man erhält ihn durch
Kondensation von Isobutylchlorid und m -Xylol mittels Alu-
miniumchlorid und Nitrieren des Reaktionsproduktes. Bei der
Kondensation findet eine Umlagerung der Isobutylgruppe in die
tertiäre Butylgruppe statt. Er bildet gelblich-weiße Nadeln, die
bei 105 bis 106° 2 ) bzw. bei 112 bis 113° schmelzen.
Diese verschiedenen Schmelzpunkte beruhen nach W. Treff 3 ) wahr-
scheinlich darauf, daß der Xylolmoschus in zwei verschiedenen Kristallformen
existiert. Beide sind ineinander überführbar. Beim Umkristallisieren aus Spiritus
erhält man bald die niedriger-, bald die höherschmelzende Modifikation. Wird als
Kristallisationsmittel Benzin, Äther, Benzol oder Toluol genommen, so schmilzt
die Verbindung bei 112 bis 113°. Erhitzt man einen bei 105° schmelzenden
Xylolmoschus (der meist erst bei 112 bis 113° klar geschmolzen ist), nach dem
Erkalten und Erstarren nochmals, so schmilzt er jetzt erst bei 112 bis 113°.
Reclaire*) empfiehlt, den Xylolmoschus vor der Schmelzpunktbestimmung
zu pulvern und im Exsiccator zu trocknen, um konstante Werte zu erhalten.
*) Vgl. hierzu Baur, Berl. Berichte 24 (1891), 2832; 81 (1898), 1344;
Baur u. Bischler, ebenda 32 (1899), 3647; Baur, ebenda 33 (1900), 2567;
Fisch, Parfüm, moderne 12 (1919), 129; Perfum. Record 12 (1921), 222;
Noelting, Der künstliche Moschus. Chimie et Industrie 6 (1921), 719;
Chem. Zentralbl. 1922, IL 750; Battegay u. Kappeier, Bull. Soc. chim. IV.
35 (1924), 683, 989.
s ) Ellis, Perfum. Record 11 (1920), 396.
s ) Zeitschr. f. angew. Chem. 39 (1926), 1307.
*) Deutsche Parf.-Ztg. 12 (1926), 333.
43*
676 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
2. Ketonmoschus, Dinitro-tert.-butyl-acetyl-m-xylol,
C 14 H 18 5 N 2 ; C a (CH 3 ) 2 [C(CH p ) 8 ](N0 2 ) a -CO-CH 8 , Stnp. 136 bis
137°, löslich in Alkohol, Äther, Benzol usw., schwieriger in
Ligroin und 60 %iger Essigsäure. Er bildet sich durch Kon-
densieren von Acetylchlorid mit tert-Butyl-m-Xylol bei Gegen-
wart von Aluminiumchlorid und Nitrieren des entstehenden
Kondensationspro dukts .
3. Ambrettemoschus, Dinitro-isobutyl-m-kresol-
methyläther, C 12 H ia O e N 9 ,
C e H(CH s )(OCH a )<N0 2 ) 2 • CH ä - CH(CH 8 )„
Smp. 84 bis 86 Q .
Von weiteren Moschuspräparaten seien folgende erwähnt:
Trinitro-tert-butyltoluol, C 6 H(CH s )[C(CH s ) 8 ](NO a ) 8 , hat
insofern ein besonderes Interesse, als es die zuerst (unter dem
Namen „Tonquinol" und „Muse Baur") in den Handel gebrachte
moschusartig riechende Verbindung ist. Kristallisiert aus Alko-
hol in gelblichweißen Nadeln, die bei 96 bis 97° schmelzen.
Trinitro-tert.-butyläthylbenzol,
C,H(C,H.)[C(CH 8 )J(MO a )„
soll sich in Alkohol leicht losen und deshalb schwer kristallisiert
zu erhalten sein.
Dinitro-tert-butyljodxylol, CJ (CH 3 ) 2 [C(CH 8 ) 3 ](N0 3 ) 2I
entsteht beim Nitrieren von tert.-Butyljodxylol und bildet gelbe,
bei 105° schmelzende Kristalle.
Di nitro- tert-butylxylyl Cyanid, Cyanidmoschus,
C 8 (CH 8 ) 2 CN[C(CH 8 ) 8 ](N0 2 ) 2 .
Prismatische Kristalle vom Smp. 110°.
Dinitro-tert.-butylx"ylylaldehyd, " Aldehydmoschus,
C 8 (CH 3 ) 2 [C(CH 8 ) 3 ](NO ä ) 2 -CHO, löslich in Alkohol und Benzol,
kristallisiert aus Ligroin in tafelförmigen, schwach gelben Kri-
stallen vom Smp. 112°.
Dinitro-tert-butyl-acetyltoluol, Methyldinitrobutyltolyl-
keton, C 6 H(CH 8 )[C(CH 8 ) g ](NO a ) 2 .CO.CH 3 , breite Nadeln vom
Smp. 131°.
Nitroverbindungen. 677
Dinitro-tert-butyl-butyryl-xylol,
C 6 (CH 8 ) 2 [C (CH 8 ) 8 ] (MO,), • CO ■ C S H, ,
ist das Propylketon des Dinitro-tert.-butylxylols, Smp. 128°.
Dinitro-tert-butyl-valeryl-xylol,
C e (CH 8 ) 9 [C (CH 3 ) 3 3 (NO s ) 2 ■ CO • C t H 9 ,
bildet, aus Alkohol umkristallisiert, lange, schwach gelbe Mädeln
vom Smp. 151°.
Der künstliche Moschus lost sich nicht in Wasser und ist
im allgemeinen auch nur schwer löslich in Alkohol. Als ge-
eignetes Lösungsmittel zur Herstellung haltbarer, relativ konzen-
trierter Lösungen sind Cinnamein und Benzylbenzoat empfohlen
worden. Mach Koehler 1 ) nimmt dieses von Moschus „Baur"
und Ketonmoschus bei gelindem Erwärmen bis zu 20 % auf und
hält sie selbst bei -f- 10° noch in Lösung; auch auf Zusatz von
wasserfreiem Alkohol tritt keine Ausscheidung ein. Mann 2 ) will
sogar mit Cinnamein 50% ige haltbare Lösungen erhalten haben.
Nach Schimmel $ Co. 3 ) besitzen beide Lösungsmittel ziemlich
dasselbe Lösungsvermögen, Benzylbenzoat eher noch ein etwas
größeres als Cinnamein. Jedenfalls kommt es hierbei auch
darauf an, was für ein Moschusprodukt verwendet wird.
Verfälscht wird der künstliche Moschus häufig mit Acet-
anilid; früher kamen sogar als „Moschus Baur" Präparate in
den Handel, die nach eigener Angabe der Fabrikanten zu 90 %
aus Antifebrin bestanden. Auch Verfälschungen mit Zimtsäure
sind beobachtet worden. Die genannten Zusätze können schon
durch Behandeln mit heißem Wasser von dem darin unlöslichen
Moschus getrennt werden, andere werden sich durch ihre leichtere
Löslichkeit in Alkohol zu erkennen geben, in dem, wie gesagt,
die künstlichen Moschusprodukte ziemlich schwer löslich sind.
Antifebrin kann durch die Isonitril- und Essigsäurereaktion
charakterisiert werden.
l ) Pharm. Ztg. 49 (1904), 1083.
a ) Seifensieder-Ztg. u. Revue über die Harz-, Fett- u. Ölindustrie 33
(1905), 112; Bericht von Schimmel § Co. April 1905, 123.
3 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1905, 124.
678 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Amido- und Imidoverbindungen.
Indol.
C s H,Tt Mol.-Gew. 117.
Indol, dessen Vorkommen im tierischen Organismus als
Produkt der Darmverdauung schon seit langem bekannt ist,
und von dem man weiß, daß es vielfach von
Bakterien aus eiweißhaltigem Substrat 1 ) ge-
bildet wird, ist erst neuerdings bei Phanero-
gamen beobachtet worden, und zwar zuerst
von Hesse 2 ) als Bestandteil des Jasmin-
blütenöls, ferner im Neroliöl.
Außerdem hat man es in verschiedenen Pflanzenteilen (meist
nur durch Farbreaktionen) nachgewiesen, häufig in besonders
wohlriechenden Blüten, und zwar von Caladium- Arten 1 ), in
Jonquillenblüten, Goldlack, Blüten von JRobwia pseudacacia,
Blüten der Citrus- Arten: C. aurantium, decumana, japonica,
limonum, nobilis, trifoliata, medica, limetta^), Blüten von
Murraya exotfca 8 ), Hevea brasiliensis 1 ), Visnea mocanera 6 ),
Coffea liberica, C. robusta, C. abeocuta*) und JRandia for-
mosana, ferner im Holz von Celtis reticulosa.
Indol bildet glänzende, weiße Blättchen, die sich aber unter
dem Einfluß von Licht und Luft sehr bald dunkel färben. Der
Smp. liegt bei 52°, der Sdp. bei 253 bis 254° (korr.). Es löst
sich leicht in heißem Wasser und ist mit Wasserdämpfen
flüchtig. Das gewöhnliche Handelsprodukt hat einen äußerst
widerwärtigen, fäkalartigen Geruch; erst nach sorgfältiger Reini-
gung erhält man ein Präparat, dessen Geruch nicht gerade
unangenehm ist und besonders in der Verdünnung blumigen
Charakter zeigt.
*) Czapek, Biochemie der Pflanzen, II. Aufl. Bd. 3, S. 356.
a ) Berl. Berichte 32 (1899), 2612.
s ) Weehuizen, Pharm. Weekblad 45 (1908), 1325.
*) Sack, ebenda 48 (1911), 307, 775.
s ) Borzi, Rendiconti della R. Accad. dei Lincei Roma V. 13. 1 (1904), 372.
Amido und Imidoverbindungen. 679
Lösungen von Oxalsäure 1 ) oder von p-Dimethylaminobenz-
aldehyd 3 ) werden von Indol rot, ein mit konz. Salzsäure be-
feuchteter Fichtenspan wird kirschrot gefärbt. Beim Schuttein
einer ätherischen Lösung von Indol mit einer wäßrig-alkoholischen
Lösung von Natriumbisulfit entsteht ein Hydrosulfonsäurederivat,
das, aus Methylalkohol umkristallisiert, aus weißen, seideglänzen-
den Blättchen besteht 3 ).
Zur Isolierung des Indols ist das Pikrat (lange, rote, stark
glänzende Nadeln) am besten geeignet. Hesse*) gibt für den
Nachweis und die quantitative Bestimmung des Indols folgende
Vorschrift:
Das rohe Blütenöl wird mit etwa 10% Pikrinsäure versetzt
und bis zur Auflösung des beim Zusatz der Pikrinsäure ent-
stehenden Niederschlages auf etwa 50 bis 60° erwärmt. Zu der
erkalteten Lösung, aus der sich ein reichlicher Niederschlag von
Indolpikrat abscheidet, wird ein großer Überschuß von Petrol-
äther gesetzt, wobei ein aus Indolpikrat und dem größten Teil
der unverbrauchten Pikrinsäure bestehender, kristallinischer, je
nach dem Gehalt an Indolpikrat mehr oder weniger rot gefärbter
Niederschlag ausgeschieden wird. Der Niederschlag wird ab-
filtriert, mehrfach mit Petroläther gewaschen, mit Ammoniak
oder Sodalösung erwärmt, die Lösung nach dem Erkalten mit
Äther extrahiert und der Verdampfungsrückstand der ätherischen
Lösung mit Wasserdämpfen destilliert. Man erhält dadurch das
gesamte, im Blütenöl befindliche Indol in fast reinem Zustande.
Den Nachweis von Indol in Blüten kann man nach Weehuizen 5 ) so
führen, daß man die zerquetschten Blüten etwa 5 Minuten lang mit Alkohol
extrahiert und im Filtrat etwas Vanillin oder p-Dimethylaminobenzaldehyd
löst, worauf nach Zusatz einiger Tropfen konz. Salzsäure die charakteristischen
roten Färbungen auftreten. Da nun Phloroglucin auch diese Farbreaktion gibt,
*) Borzi, loc. cit.; Verschaffelt, Rec. trav. bot. Neerland. 1 (1904).
Vgl. auch Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1905, 121.
a ) Weehuizen, Pharm. Weekblad 45 (1908), 1325; Chem. Zentral bl.
1908, II. 1747; Steensma, Zeitschr. f. physiol. Chem. « (1906), 15;
Gautier u. Nogier, Compt rend. Soc. biol. vom 19. Dez. 1908, Ref. Bull.
Soc. chirn. IV. 5 (1909), 256. Vgl. auch Bericht von Schimmel § Co.
April 1909, 142 und Oktober 1909, 213.
*) Hesse, loc. cit. 2615.
*) Loc. cit. 2612.
*) Loc. cit.
680 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
so muß man, wenn die Gegenwart von Phloroglucin vermutet wird, so ver-
fahren, da« Filtrierpapier oder Glaswolle, die mit einer l°/oigen Lösung von
Vanillin in einem Gemisch gleicher Volumina Alkohol und konz. Salzsäure
getränkt sind, längere Zeit dem von den Blüten ausgeatmetem Duft aus-
gesetzt werden. Durch Trocknen bei gewöhnlicher Temperatur tritt dann die
Rotfärbung auf.
Skatol.
C 9 H B N. Mol.-Gew. 131.
Skatol (/S-Methylindol) ist im Zibet 1 ) und im Holz von Celtis
reticulosa und C. Durand//*) sowie in dem „P/s/" genannten
Holz von Nectandra-Artcn a ) nachgewiesen
SP worden. Es bildet weiße, bei 95° schmelzende
M | i| C — l C ' CH * und bei 265 bis 266 ° siedende Blättchen von
hc ns. Jk J CH starkem Fäkalgeruch. Das Chlorhydrat,
^C\/, 2C 8 H 9 N-HC1, schmilzt bei 167 bis 168°,
die Pikrinsäureverbindung kristallisiert aus
Benzol in dunkelroten, glänzenden Nadeln vom Smp. 172 bis 173°*).
Die Lösung von p-Dimethylaminobenzaldehyd wird durch Skatol
blau gefärbt 6 ).
Skatol findet, ebenso wie Indol, Verwendung bei der Her-
stellung künstlicher Blumengerüche.
Anthranilsäuremethylester,
C 8 H 9 2 N. Mol.-Gew. 151.
Zu den basischen Bestandteilen ätherischer Öle zählt der
Anthranilsäuremethylester, der im jähre 1894 von H. Walbaum
Ch ' m Neroliöl entdeckt und später im Tuberosenöl,
HC /Ssch Jonquillenblütenöl, Champacablütenöl (?), Ylang-
I Ylangöl, Goldlacköl, Öl von Ffobiniapseudacacia,
HC \V CNHä spanischen Orangenblütenöl, süßen Pomeranzen-
CCOO-CHs schalenöl, westindischen Limettöl(?), Bergamott-
*) Walbaum, Bert. Berichte 33 (1900), 1903.
2 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1908, 80; April 1914, 124.
a ) Sack, Pharm. Weekblad 48 (1911), 307; Chem. Zentralb]. 1911, I, 1367.
*) Beobachtung im Laboratorium von Schimmel § Co.
e ) Weehuizen, Pharm. Weekblad 45 (1908), 1325.— Steensma.Zeitschr.
f. physiol. Chem. 47 (1906), 25. — Gautier u. Nogier, Compt. rend. Soc. biol.
vom 19. Dez. 1908; Ref. Bull. Soc. chim. IV. 5 (1909), 256. — Vgl. auch Bericht
von Schimmel $ Co. April 1909, 142; Oktober 1909, 213.
Amido- und Imidoverbindungen. 681
blätteröl, im Traubensaft von V/t/s Ja&rusca 1 ), Jasmänblütenöl und
Gardeniaöl nachgewiesen wurde. Nach dem Geruch zu schließen,
müssen auch die Blüten von Lathyrus odoratus, Philadelphus
coronarius und von verschiedenen Äpfelsorten den Ester enthalten.
Synthetisch läßt er sich leicht gewinnen durch Einleiten von Salz-
säuregas in die methylalkoholische Lösung von Anthranilsäure.
Anthranilsäuremethylester bildet große, flächenreiche Kristalle,
die in festem Zustande und in Lösung, besonders in alkoholischer,
prachtvoll blau fluoreszieren. Einmal geschmolzen, bleibt er selbst
bei niedriger Temperatur lange Zeit flüssig. Der Geruch des
unverdünnten Esters ist nicht sehr lieblich, aber ganz charak-
teristisch; im verdünnten Zustande erinnert er an den Duft der
Orangenblüte. Die Konstanten der aus Neroliöl isolierten Ver-
bindung sind:
Erstp. 24°, Smp. 24 bis 25°, Sdp. 132° (14 mm), d ia . 1,168
(überschmolzen) 2 ).
Der Ester ist leicht löslich in Alkohol, Äther und verdünnten
Mineralsäuren, ziemlich löslich in Wasser und flüchtig mit Wasser-
dampf.
Von Derivaten sind zu nennen das Pikrat, gelbe Nadeln
vom Smp. 103,5 bis 104° 8 ), das Benzoat, Smp. 99 bis 100°*) oder
100 bis 102° 5 ), sowie das Thiophenylketotetrahydrochinazolin,
das sich quantitativ beim Erhitzen von Anthranilsäuremethyl-
ester mit Phenylsenföl auf 100 bis 120° bildet. Die Verbindung
ist leicht löslich in Natronlauge, sehr schwer in Alkohol, schmilzt
oberhalb 300° und sublimiert schon bei 160 bis 170°.
Aus den ätherischen Ölen läßt sich der Ester leicht isolieren
durch Ausschütteln mit verdünnter Schwefelsäure, wobei ein in
der Kälte auskristallisierendes Sulfat entsteht, das durch Um-
kristallisieren aus Alkohol gereinigt und durch Soda wieder zer-
legt werden kann 6 ).
*) Power u. Chesnut, Joum. of Agricult. research 23(1923), 47; Bericht
von Schimmel $ Co. 1923, 20. — Joum. Americ. ehem. Soc. 43 (1921), 1741.
a ). Wal bäum, Journ. f. prakt. Chem. II. 59 (1899), 352.
») Freundler, Bull. Soc. chim. III. 81 (1904), 882. Im Laboratorium von
Schimmel § Co. wurde gefunden 105 bis 106°.
*) Erdmann, Berl. Berichte 82 (1899), 1216.
") Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1908, 81.
*) Walbaum, loc. cit.
682 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Hesse und Zeitschel 1 ) benutzen dieses Sulfat zur quan-
titativen Bestimmung des Anthranilsäureesters, indem sie
folgendermaßen verfahren: Etwa 25 g des betreffenden Öles
werden in 2 bis 3 Teilen trocknem Äther gelöst, die Lösung
wird in einer Kältemischung auf mindestens 0° abgekühlt und
dann unter stetem Umrühren tropfenweise ein kaltes Gemisch
von 1 Vol. konzentrierter Schwefelsäure und 5 Volumen Äther
zugefügt, bis kein Niederschlag mehr entsteht 2 ). Der Nieder-
schlag wird auf einem Filter gesammelt und bis zur Geruch-
losigkeit mit trocknem Äther ausgewaschen, sodann löst man
ihn in Wasser, event. unter Zusatz von etwas Alkohol, und
titriert, ohne vorher zu filtrieren 8 ), mit Halbnormal-Kalilauge.
Werden bei Anwendung von s g Öl a ccm Lauge verbraucht, so
ist der Prozentgehalt des Öls an Anthranilsäuremethylester
a- 3,775
s
Die Lösung wird nun mit überschüssiger Halbnormal-Kali-
lauge versetzt und eine halbe Stunde auf dem Wasserbade er-
hitzt. Die nicht zur Verseifung gebrauchte Lauge wird mit
Halbnormal-Schwefelsäure zurücktitriert. Der Prozentgehalt an
Ester berechnet sich aus der Formel:
b-7,55
*
s
wo b die zur Verseifung gebrauchten ccm Halbnormal-Kalilauge
bedeutet, a muß doppelt so groß sein wie b.
Bei dieser Methode werden neben Anthranilsäuremethylester
auch andere basische Verbindungen (Methylanthranilsäuremethyl-
ester) mitbestimmt.
Zur Vermeidung dessen hat E. Erdmann 1 ) ein anderes Verfahren vor-
geschlagen, bei dem er die Eigenschaft des Anthranilsäuremethylesters ver-
wertet, als primäre aromatische Base Azofarbstoffe zu bilden. Der Ester
*) Berl. Berichte 34 (1901), 296.
a ) Nach Laloue (Bericht von Roure Bertrand Fils April 1910, 53; Bull.
Soc. chim. IV. 7J1910], 1101) ist es zur Schonung der andern Ölbesrandteile
vorteilhaft, das Öl mit 6 Vol. Äther zu verdünnen und die Fällung dann bei
— 4° vorzunehmen. Aus demselben Grunde soll auch das Filtrat mit Eis-
wasser gekühlt werden.
3 ) Hesse u. Zeitschel, Journ. f. prakt. Chem. II. 64 (1901), 246. Anm.
*) Berl. Berichte 35 (1902), 24.
Atnido- und Imidoverbindungen. 683
wird aus dem ätherischen Öl mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure
ausgeschüttelt, die saure Lösung mit einer 5 %igen Natriumnitritlösung diazotiert
und mit einer alkalischen Lösung von ,3-Naphthol (0,5 g /S-Naphthol in 0,5 ccm
Natronlauge [mindestens 30 %ig] und 150 ccm Wasser unter Zusatz von 15 g
kohlensaurem Natron gelöst) titriert. Der dabei entstehende Farbstoff fällt
unlöslich aus, und durch Tüpfelproben läßt sich der Endpunkt der Reaktion
genau erkennen. Nach Hesse und Zeitschel 1 ) hat das Erdmannsche
Verfahren den Nachteil, daß die Isolierung des Esters aus dem Öl nicht
quantitativ ist.
Scott 3 ) kam bei der Nachprüfung zu folgendem Ergebnis: 1. Oberein-
stimmende Resultate wurden nur erhalten, wenn die Menge des vorhandenen
Alkalis gleich der theoretisch notwendigen war oder nur einen geringen Über-
schuß darstellte. Der durch die Löslichkeit des Farbstoffes in der alkalischen
Lösung verursachte Fehler war am kleinsten bei der Verwendung von Natrium-
bicarbonat an Stelle von Natriumcarbonat oder Natronlauge. Ganz vermieden
wurde der Fehler, wenn man eine 0,2 % ige «- oder /S-Napbthollösung in
30 % igem Äthylalkohol verwendete. 2. Mit einer bestimmten Menge A-Naphtol
reagierten etwa 5 % mehr als die theoretische Menge diazotiertes Methyl-
anthranilat, für a-Naphthol wurde annähernd die berechnete Menge gebraucht.
3. Diazotierte man zu langsam, so verbanden sich sowohl «- wie ANaphthol
mit übermäßig großen Mengen Methylanthranilat. Während Er d mann eine
Zeitspanne von 10 Minuten für das Diazotieren gestattet, sollte nach Scott
1 Minute genügen. 4. Scharfe Endpunkte der Reaktion wurden nur erhalten
mit ziemlich starken Methylanthranilatlösungen, 0,5 g Methylanthranilat war
das Minimum der genau titrierbaren Menge. 5. Die Titration erwies sich als
mühsam und zeitraubend.
Um kleinste Mengen Methylanthranilat zu bestimmen, bediente sich
Scott einer als Standard dienenden Farbskala, die er auf folgende Weise
erhielt: 0,000005, 0,00001 usw. bis 0,00025 g reinstes Methylanthranilat wurden
30 Sekunden lang in 100 ccm Flüssigkeit mit 1 ccm Normal-Salzsäure und
0,5 ccm 0,5 7 igen Natriumnitrits diazotiert; hierauf wurde die Flüssigkeit in
ein Gemisch von 0,5 ccm 2 % iger alkoholischer a-Naphthollösung und 3 ccm
Normalnatriumnitrit (?) gegeben. Das Maximum der Färbung entwickelte sich
in 15 Minuten und blieb mehrere Stunden konstant.
Unter Beobachtung der angegebenen Richtlinien untersuchte Scott eine
Reihe verschiedener Traubensäfte und fand, daß sie in 1000000 Teilen 0,11
bis 1,49 Teile des Esters enthielten.
Will man Anthranilsäuremethylester neben Methylanthranil-
säuremethylester bestimmen, so empfiehlt es sich, das Hesse-
Zeitschelsche mit dem verbesserten Erdmannschen Verfahren
zu kombinieren.
l ) Berl. Berichte 35 (1902), 2355.
a ) Journ. ind. eng. Chem. 15 (1923), 732. — Vgl. auch Power, Journ.
Americ. chem. Soc. 48 (1921), 377.
684 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
Methylanthranilsäuremethylester.
C.HuO.N. Mol.-Gew. 165.
Methylanthranilsäuremethylester findet sich im Mandarinen-
und Mandarinenblätteröl, wahrscheinlich im Öl von /(aempferia
ethelae und vielleicht auch im Rautenöl.
£^ Ebenso wie Anthranilsäuremethylester zeigt
HC f| ^]CH Methylanthranilsäuremethylester sowohl un-
Hcl Jc-PiH-CH s verdünnt als auch in Lösungen blaue Fluores-
C^CO.OCH z enz - Die Konstanten des aus dem Man-
darinenöl isolierten Körpers sind:
Smp. 18,5° bis 19,5°, Sdp. 130 bis 131° (13 mm), d lB . 1,120*).
An einem synthetischen Produkt mit 98 °/o Ester ermittelten
Schimmel § Co.: Erstp. 17,8°, Smp. 18 °, d 20 .l,1238, c D + 0°,
n D20 „ 1,57963, löslich in 10 Vol. 70- und in 3 Vol. 80 > ige Alkohols.
Außer durch seine Konstanten kann man den Ester noch
durch die Verseifungsprodukte charakterisieren. Die Methyl-
anthranilsäure kristallisiert aus Alkohol in weißen, prismatischen
Kristallen, die bei 179° schmelzen und in Lösung blau fluoreszieren.
Die quantitative Bestimmung des Esters in ätherischen Ölen
geschieht auf dieselbe Weise nach der Hesse-Zeitschelschen
Methode, wie sie bei Anthranilsäuremethylester auf S. 682 be-
schrieben worden ist.
Aus den Früchten von Evodia rutaecarpa isolierten Asahina
und Kashiwuki 2 ) eine kristallinische Substanz vom Smp. 278°,
das Evodiamin, das beim Erwärmen mit alkoholischer Kali-
lauge in eine Base C^H^Ng und Methylanthranilsäure zerfiel.
Sulfide.
Von Sulfiden tritt Schwefelwasserstoff, H 8 S, häufig bei
der Destillation von Samen auf, so z. B. bei der Verarbeitung von
Anis und besonders von Kümmel. Im Öl des schwarzen Senfs
*) Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. II. 62 (1900), 136.
ä ) Journ. pharm. Soc. of Japan; Pharm. Weekblad 1916, 187. Nach
Apotheker-Ztg. 31 (1916), 115 u. Perfum. Record 7 (1916), 13; Bericht von
Schimmel § Co. Oktober 1916, 30.
Senföle. 685
sind geringe Mengen von Schwefelkohlenstoff, CS 2 , enthalten.
Beide Produkte entstehen wohl infolge von Zersetzungsprozessen.
Ferner ist Dimethylsulfid, (CH S ) 2 S, Sdp. 37°, im ameri-
kanischen Pfefferminz öl, im Reunion- und afrikanischen Gera-
niumöl x ) und in einem sich anormal verhaltenden Senföl indischer
Herkunft aufgefunden worden. Spuren eines Merkaptans hat
man im Bärlauchöl (von Allium ursinum) beobachtet, während den
Hauptbestandteil dieses Öles Vinylsulfid (C 2 H 3 ) 2 S, (Sdp. 101°;
d 0,9125) und dessen höhere Schwefelungsstufen ausmachen.
Weitere ungesättigte Sulfide und Polysulfide, darunter wahr-
scheinlich Allyldisulfid, (C 3 H 6 ) 2 S S , und Allylpropyldisulfid,
C S H 8 -S 9 -C 8 H 7 , kommen neben anderen schwefelhaltigen Ver-
bindungen im Knoblauch-, Zwiebel- und Asantöl vor.
Alle diese Verbindungen sind durch einen höchst wider-
wärtigen, anhaftenden Geruch ausgezeichnet. Sie sollen in den
Pflanzen zum Teil in glucosidartiger Bindung vorhanden sein.
Hingewiesen sei an dieser Stelle auf eine von Hartwich 2 )
veröffentlichte Zusammenstellung von Pflanzen, bei denen das
Vorkommen von schwefelhaltigen ätherischen Ölen nachgewiesen
oder aus dem Geruch anzunehmen ist.
Senföle.
Eine besondere Gruppe bilden die durch ihren scharfen
Geruch ausgezeichneten Ester der Isothiocyansäure, die allgemein
als Senföle bezeichnet werden; ihr typischer Repräsentant ist
das gewöhnliche Allylsenföl, das hier an erster Stelle besprochen
werden soll.
Allylsenföl.
CH 2 : CH • CH 2 • M : CS. Mol.-Gew. 99.
Allylisothiocyanat, Isothiocyanallyl, Allylsenföl oder schlecht-
hin Senföl genannt, bildet den Hauptbestandteil des ätherischen
Öls der Senfsamen und ist außerdem aus folgenden Pflanzen
isoliert worden: Alliaria officinalis, Capseüa bursa pastoris*),
*■) Bericht von Schimmel h Co. April 1909, 50.
») Apotheker-Ztg. 17 (1902), 339.
3 ) Blanksma (Chem. Zentralbl. 1915, I. 262) erhielt bei der Destillation
der Hirtentäschelpflanze kein Senföl.
686 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
Cardamme- und S/symbrium-Arten, Cochlearia armoracia, Bras-
sica oleracea subvar. cauliflora (Blumenkohl), Slnapis arvensis
und Thlaspi arvense.
Das Senföl kommt im Senfsamen und den übrigen hier ge-
nannten Pflanzen nicht frei vor, sondern in Form eines Sinigrin
genannten Glucosids (myronsaures Kali), das durch die Wirkung
des eiweißartigen Ferments Myrosin bei Gegenwart von Wasser
in Senföl, d-Glucose und Kaliumbisulfat gespalten wird:
C 10 H ie NS 2 KO 9 -f- H 2 = C a H 6 NCS 4- C e H 12 O a ■+■ KHSCv
Neben dieser Reaktion finden noch andere statt, die die
Ursache für zwei im natürlichen Senföl nie ganz fehlende Sub-
stanzen, Cyanallyl und Schwefelkohlenstoff, sind.
Oberhalb 70° wird das Myrosin zerstört und dadurch un-
wirksam; bei einer Einwirkungstemperatur von 6 bilden sich
neben Allylsenföl auch Spuren des isomeren Rhodanallyls
CgHg-S-CM 1 ). Von Interesse ist auch eine von Guignard 8 ) ge-
machte Beobachtung, wonach aus Sinigrin enthaltenden Pflanzen
unter dem Einfluß von Quecksilberdampf, Schwefelkohlenstoff
oder Anaestheticis Senföl frei wird.
Auf chemischem Wege gewinnt man das Senföl durch
Destillation von Allyljodid oder Allylbromid mit alkoholischem
Rhodankalium oder auch durch trockne Destillation dieser Ver-
bindung mit einer äquivalenten Menge eines allylschwefelsauren
Salzes. Durch den Einfluß der Wärme findet eine Umlagerung
der Rhodangruppe in die Isothiocyangruppe statt.
Allylsenföl ist ein farbloses, mit der Zeit gelblich werdendes,
optisch inaktives Öl von sehr stechendem, zu Tränen reizendem
Geruch. Auf die Haut gebracht wirkt es heftig brennend und
blasenziehend, die Dämpfe sind besonders für die Lungen außer-
ordentlich schädlich. Es löst sich in etwa 8 Vol. 70°/oigen
Alkohols und ist mit 90 °/°igem Alkohol nahezu in jedem Ver-
hältnis (etwa 0,5 ccm und mehr) klar mischbar, ebenso mit
Äther, Amylalkohol, Chloroform, Benzol und Petroläther. In
Wasser ist es nur sehr wenig löslich.
Sdp. 150,7° (728,9 mm); d 10il . 1,0173»).
x ) E. Schmidt, Berl. Berichte 10 (1877), 187
a ) Compt rend. 149 (1909), 91.
s ) Kopp, Uebigs Annalen 98 (1856), 375.
Senföle. 687
Nach Beobachtungen im Laboratorium von Schimmel 85 Co.
an im Großbetrieb hergestellten, synthetischen Präparaten sind
die Eigenschaften des Allylsenföles: Sdp. in der Hauptsache 151
bis 153° (760 mm), 30,2° {5 mm), d 18 . 1,020 bis 1,025, n D20 . 1,527
bis 1,531.
Beim Mischen kleiner Mengen Senföl mit dem doppelten
Volumen konzentrierter Schwefelsäure entsteht unter stürmischer
Entwicklung von Kohlenoxysulfid l ) und schwefliger Säure 2 )
schwefelsaures AHylamin, C 8 ri 5 NH 2 H S! .SO i , das als klare, wenig
gefärbte, unter Umständen erstarrende Flüssigkeit im Reagens-
rohr zurückbleibt. Als ungesättigte Verbindung addiert Senföl
Brom unter Bildung eines öligen, mit Wasserdämpfen flüchtigen
Dibromids C 8 H 6 Br 2 NCS.
Das zum Nachweis des Senföls geeignetste Derivat ist der
/NH • C 8 H 5
Allylthioharnstoff (Thiosinamin), SC<^ " , rhombische, bei
74° schmelzende Prismen, die einen schwach lauchartigen Ge-
ruch und Geschmack besitzen und in Wasser, Alkohol und
Äther leicht löslich sind. Die Verbindung bildet sich beim Ver-
setzen von Senföl mit überschüssigem Ammoniak und etwas
Alkohol; gelindes Erwärmen beschleunigt die Reaktion. Der
Allylthiocarbaminsäurebornylester (aus Borneolnatrium und Allyl-
senföl und Zersetzen der Natrium Verbindung mit verdünnter
Säure) schmilzt bei 59 bis 60° 3 ). Charakteristische Derivate
des Senföls sind außerdem das Phenylallylthiosemicarbazid,
Smp. 118° 4 ), und der Ditolylthioharnstoff vom Smp. 158° ä ).
Über die quantitative Bestimmung von Senföl vgl. im Kapitel
„Die Prüfung der ätherischen Öle".
Am Licht färbt sich Senföl nach und nach rötlichbraun,
während sich an der Gefäßwandung ein schmutzig orangegelber,
aus Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Schwefel bestehender
Körper in Form einer dünnen Haut abscheidet.
Durch längere Berührung mit Wasser oder mit Schwer-
metallen, wie Kupfer, Silber, Zinn, Quecksilber, tritt Zersetzung
*) A. W. Hofmann, Berl. Berichte 1 (1868), 182.
*) Flockiger, Aren, der Pharm. 19« (1871), 214.
*) Roshdestwensky, Chem. Zentralbl. 1910, I. 910.
*) Blanksma, ebenda 1915, 1. 262.
6 ) Rossi, ebenda 667.
<j88 Hauptbestandteile der ätherischen Öle.
des Senf öls unter Bildung von Cyanallyl (Sdp. 118°) ein, die
Metalle vereinigen sich mit dem abgeschiedenen Schwefel zu
Sulfiden. Auch mit Äthylalkohol setzt sich Senföl allmählich
zu halbgeschwefeltem Allylurethan um:
/ISHC 3 H S
C 8 H 6 NCS + C 2 H 5 OH = CS
\0C a H e
Hierin ist die Ursache zu suchen, weshalb Senfspiritus mit der
Zeit an Wirkung verliert.
Woher der im Senföl (auch im künstlichen Öle) stets an-
zutreffende Schwefelkohlenstoff stammt, ist noch nicht ganz auf-
geklärt. Zwar bildet sich, wie aus den angestellten Versuchen
hervorgeht 1 ), bei einstündigem Kochen von Senföl mit Wasser
am Rückflußkühler kein Schwefelkohlenstoff, wohl aber tritt dieser
Körper neben Kohlensäure in nachweisbaren Mengen auf, wenn
Wasser mit Senföl im zugeschmolzenen Rohr, also unter Druck,
auf 100 bis 105° mehrere Stunden lang erhitzt wird. Man kann
annehmen, daß das Senföl im Moment des Entstehens reaktions-
fähiger ist, und daß das Wasser unter den gegebenen Verhält-
nissen eine Zersetzung im Sinne der folgenden Gleichung veranlaßt.
2C g H 5 NCS + 2H 2 = 2C 8 H 5 NH S + C0 3 + CS 2 .
Schwefelkohlenstoff bildet sich auch bei gewöhnlicher Tem-
peratur bei längerer Berührung von Senföl mit Wasser.
Außer diesem Hauptvertreter der Senföle sind noch einige
andere zu nennen, die hier nur kurz beschrieben werden sollen.
Propenylisothiocyanat. Isothiocyanpropenyl,
CH 3 CH:CHN:CS,
soll nach Pomeranz 2 ) in kleinen Mengen im Senföl vorkommen.
Für das künstliche Öl glaubt er das dadurch bewiesen zu haben,
daß bei der Oxydation neben viel Ameisensäure auch etwas
Essigsäure entstanden war.
Sekundäres Butylsenföl, CH S CH 2 .CH(CH S )N : CS, das
Isothiocyanat des sekundären Butylalkohols, bildet den Haupt-
bestandteil des ätherischen Löffelkrautöles von Cochleana offi-
*) Gadamer, Aren, der Pharm. 285 (1897), 53.
s ) Liebigs Annalen 351 (1907), 354.
Senföle. 689
cinalis und ist außerdem im Kraut von C danica, Cardamine
amara und C. pratensis nachgewiesen worden. Auch dieses
Senföl kommt nicht fertig gebildet in den Pflanzen vor, sondern
in Form eines Glucocochlearin genannten Glucosids 1 ).
Sek.-Butylsenföl ist eine optisch aktive, farblose Flüssigkeit
von dem charakteristischen Geruch des Cochleariaöls. Sdp. 159,5°,
d, 2 „ 0,944 2 ). Beim Erhitzen mit Ammoniak auf 100° bildet sich der
optisch aktive, bei 137° schmelzende Thioharnstoff. In alkoholischer
Lösung verliert das Öl allmählich seine ursprüngliche Schärfe,
wahrscheinlich, ebenso wie Allylsenföl, infolge Bildung eines halb-
geschwefelten Urethans. Mit Phenylhydrazin bildet «-sek.-Butyl-
senföl Phenyl-a-sek.-Butylthiosemicarbazid vom Smp. 135 3 ).
Das im Handel befindliche, sogenannte „künstliche Löffel-
krautöl" ist Isobutylsenfol, (CH a ) 2 CH-CH 3 -N : CS, und daher
mit jenem nicht identisch. Es siedet bei 162° und liefert einen
bei 93,5° schmelzenden Thioharnstoff.
Crotonylsenf öl, CH S : CH . CH 2 • CH S • M : CS (?), ist, gleichfalls
in Form eines Glucosids, in den Rapssamen (Brassica napus)*)
und im chinesischen Colzasamen von Brassica campestris
chinoleifera n. sp. Viehoever 9 ) enthalten. Es wird in Freiheit
gesetzt, wenn man diese mit dem an Myrosin besonders reichen
weißen Senf einmaischt und der Wasserdampfdestillation unter-
wirft. Ter Meulen") gelang es, das von ihm Gluconapin genannte
Glucosid in allerdings nicht ganz reiner Form abzuscheiden.
Crotonylsenföl ist eine farblose, stark lichtbrechende Flüssig-
keit, deren Geruch an Meerrettich und Allylsenföl erinnert. Sdp.
174° unter geringer Zersetzung; d^ 0,993. Mit alkoholischem
Ammoniak erhält man den bei 64° schmelzenden, in feinen Nadeln
kri stallisi eren den Thi oh arnstof f .
Auf die Gegenwart von Crotonylsenföl im Raps wurde man
zuerst dadurch aufmerksam, daß Rapskuchen bei Tieren Ver-
*) TerMeuJen, Recueil des trav. chim. des P.-B. 24 (1905), 444. Nach
Chem. Zentralbl. 1905, II. 1255.
a ) A. W. Hofmann, Bert. Berichte 7 (1874), 513.
3 ) Blanksma, Chem. Zentralbl. 1915, I. 261.
*) Sjollema, Recueil des trav. chim. des P.-B. 20 (1901), 237. Mach
Chem. Zentralbl. 1901, II. 300.
*) Viehoever, Journ. Americ. pharm. Assoc. 10 (1921), 16.
6 ) Recueil des trav. chim. des P.-B. 24 (1905), 444. Nach Chem. Zen-
tralbl. 19U5, II. 1255.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 44
690 Hauptbestandteile der ätherischen Ole.
giftungserscheinungen hervorriefen. Mit den von Hofmann *)
und von Charon 2 ) künstlich dargestellten Crotonylsenfölen ist
das der Rapssamen nicht identisch, sondern nur isomer. Ein
Crotonylsenföl unbekannter Konstitution, dessen Thiocarbamin-
säurebornylester bei 55 bis 56° schmolz, fanden Schimmel
£f Co. 3 ) in einem aus indischer Senfsaat gewonnenen Senföl,
das sich unnormal verhielt.
Benzylsenföl, C 8 H 8 -CH 2 -N :CS, entsteht bei der fermen-
tativen Spaltung des in der Kapuzinerkresse (Tropaeolum mafus)
enthaltenen Glucosids Glucotropaeolin, C 14 H ls KNS 2 9 +xH a O, das
sehr wahrscheinlich auch in der gewöhnlichen Kresse (Lepidium
sativum) vorkommt*). Es hat einen scharfen Kressengeruch,
bildet mit Ammoniak einen bei 162° schmelzenden Thioharn-
stoff und mit Phenylhydrazin das bei 158° schmelzende Phenyl-
benzylthiosemicarbazid B ).
Phenyläthylsenföl, C 8 H 5 CH 2 -CH 2 -N:CS, ist im ätherischen
Brunnenkressenöl (Nasturtium officinale) und im Öl von Bar-
baraea praecox und Brassica rapa var. rapifera enthalten und
bildet den Hauptbestandteil des Resedawurzelöls. Rettichartig
riechende Flüssigkeit; Sdp. 141 bis 142° (13 mm); d 1B „ 1,0997;
n DS0 . 1,59023; Smp. des Thioharnstoffs 137° a ).
p-Oxy benzylsenföl, OH-C e H 4 -CH 2 -rS : CS. Das im weißen
Senf vorkommende Glucosid Sinaibin, C^H^NüSsC^,,, liefert
bei der Einwirkung von Myrosin neben d-Glucose und Sinapin-
bisulfat ein Senföl obiger Zusammensetzung. Dieses Sinalbin-
senföl verflüchtigt sich mit Wasserdämpfen nur spurenweise,
daher hat mit Wasser angeriebener weißer Senf zwar einen
scharfen Geschmack, ist aber fast geruchlos.
l ) Berl. Berichte 7 (1874), 514.
*) Annal. Chim. Physiol. VII. 17, 262. Mach Chem. Zentralbl. 1901, II. 300.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1910, 114.
*) Gadamer, Arch. der Pharm.287 (1899), 510; Berl. Berichte 32 (1899), 2338.
") Blanksma, Chem. Zentralbl. 1915, I. 262.
e ) Ein Verfahren zur Darstellung von Phenyläthyl-, Phenylpropyl-, Phenyl-
butyl-, Benzhydryl- und Anisylsenföl ist von J. von Braun, Befl. Berichte 4&
<1912), 2188, angegeben worden.
Die Prüfung
der ätherischen Öle.
44*
Um Wiederholungen bei den einzelnen Ölen, die in den
folgenden Bänden dieses Werkes beschrieben sind, zu vermeiden,
erscheint es zweckmäßig, die allgemein angewandten Methoden
der Untersuchung und die häufigsten Verfälschungsmittel in einem
besonderen Abschnitt kurz zu besprechen.
Die Verfälschung der ätherischen Öle, die so alt wie die
Fabrikation selbst sein dürfte, hatte anfangs eine gewisse Be-
rechtigung, da bei den unvollkommenen technischen Einrichtungen
früherer Zeiten häufig Zusätze von fettem Öl, Terpentinöl oder
Alkohol notwendig waren, um den Pflanzen das riechende Prinzip
zu entziehen. Später aber behielt man diese Beimischungen
noch bei, als man bereits gelernt hatte, die reinen Öle dar-
zustellen.
Noch vor sechzig Jahren war es beispielsweise üblich, Cori-
ander unter Zusatz von Pomeranzenöl zu destillieren und das
Destillat als Corianderöl in den Handel zu bringen. Da man
jetzt ohne Schwierigkeiten reines Corianderöl herstellen kann,
so muß ein mit Pomeranzenöl gewonnenes Produkt als ver-
fälscht und sein Verkauf unter Verschweigung der Beimischung
als Betrug angesehen werden.
Die Verfälschung braucht nicht immer durch Zusatz eines
minderwertigen Körpers zu geschehen, sie besteht auch manchmal
darin, daß einem Öle der wertvollere Bestandteil teilweise entzogen
wird. Es ist im Effekt ganz dasselbe, ob einem Kümmelöl vom
spezifischen Gewicht 0,910 soviel Carvon entnommen wird, daß
ein Öl vom spezifischen Gewicht 0,890 übrig bleibt, oder ob
durch Zusatz von Limonen zu demselben Öle das gleiche Resultat
erzielt wird.
Fänden die Verfälschungen selbst meist ihre hinreichende
Erklärung in der Einträglichkeit und dem pekuniären Vorteil
für den Fälscher, so ist doch nicht zu leugnen, daß häufig
694 Die Prüfung der ätherischen Öle.
auch die Verständnislosigkeit des Konsumenten und vor allem
die Sucht, möglichst billig zu kaufen, Schuld an der schlechten
Beschaffenheit manches Öles sind. Nicht selten mag der Pro-
duzent dadurch zum Fälschen veranlaßt worden sein, daß er
für reine Ware zu angemessenem Preise keine Käufer fand,
während sein fälschender Konkurrent bei billigeren Preisen ein
gewännbringendes Geschäft machen konnte.
Die Hauptursache für die große Verbreitung, die die Ver-
fälschung der ätherischen Öle zeitweise gefunden hat, ist darin
zu suchen, daß ihre Entdeckung in früherer Zeit meist sehr
schwierig, oft aber ganz unmöglich war.
In der Erkennung von Verfälschungen sind, dank der Ent-
wicklung der Terpenchemie, große Fortschritte zu verzeichnen.
Man ist heute imstande, bei den meisten ätherischen Ölen, auf
Grund der Kenntnis ihrer Zusammensetzung nicht nur die ver-
fälschten von den reinen zu unterscheiden, sondern auch deren
Qualität zu beurteilen. Dies geschieht durch Ermittlung der
Menge des wesentlichsten oder wichtigsten Bestandteils. Man
bestimmt daher bei Lavendelöl, Bergamottöl, Petitgrainöl und
anderen den Gehalt an Estern; beim Thymianol, Nelkenöl,
Pimentöl, Bayöl und Spanisch- Hopf enöl ermittelt man den
Phenolgehalt, beim Cassiaöl und Lemongrasöl die Menge des
Aldehyds, beim Kümmelöl die Menge des Carvons. Beim Sandel-
holzöl zeigt die Analyse, wieviel Santalol, beim Palmarosaöl,
wieviel Geraniol das Öl enthält. Die Qualität findet bei den
genannten Ölen in dem Prozentgehalt an wirksamen Körpern,
wie Estern, Phenolen, Aldehyden, Ketonen und Alkoholen, ihren
zahlengemäßen Ausdruck.
Bei einer zweiten Klasse von Ölen, deren Zusammensetzung
ebenfalls genügend bekannt ist, ist eine Qualitäts- oder Gehalts-
bestimmung noch nicht möglich. Es liegt dies einesteils daran,
daß der Wert nicht durch einen einzigen Bestandteil, sondern
durch das Zusammenwirken mehrerer bedingt wird, andernteils an
der Unvollkommenheit der chemischen Untersuchungsmethoden.
Man ist bei diesen Ölen in der Regel allein auf die Fest-
stellung der normalen Beschaffenheit und des Fehlens häufig
gebrauchter Verfälschungsmittel angewiesen. Solche Öle sind
beispielsweise Citronenöl, PomeranzenÖl, Rosmarinöl und Spiköl,
die man besonders auf Terpentinöl zu untersuchen pflegt.
Allgemeines. 695
Die unvollständige Kenntnis der Zusammensetzung und die
Mangelhaftigkeit der Prüfungsweisen lassen bei vielen Ölen auch
heute noch keine auf rationeller chemischer Grundlage beruhenden
Untersuchungen zu. Die ganze Prüfung besteht bei dieser Klasse
von Ölen in der Ermittelung der physikalischen Konstanten. Da
bei allen häufiger gebrauchten Ölen durch jahrelange Beobach-
tungen für das spezifische Gewicht, das Drehungsvermögen, die
Löslichkeit usw. Durchschnitts- und Grenzzahlen festgestellt sind,
so machen Abweichungen von diesen den Untersucher auf Ver-
fälschungen aufmerksam.
Das physikalische Verhalten ist überhaupt sehr geeignet,
fremde Zusätze schnell anzuzeigen; deshalb sollte bei der Unter-
suchung ätherischer Öle, ganz gleichgültig, ob diese praktischen
oder wissenschaftlichen Zwecken dient, stets mit der Feststellung
der physikalischen Eigenschaften begonnen werden. Hierauf
wendet man die besonderen chemischen Methoden, wie Ver-
seifung, Acetylierung, Aldehyd- und Phenolbestimmung an und
prüft endlich, wenn es angezeigt erscheint, auf Terpentinöl, fettes
Öl, Alkohol, Petroleum oder fremde Ester.
Selbstverständlich muß, da meist auch die praktische Ver-
wertung eines Öls in Frage kommt, gleichzeitig mit der physi-
kalischen und chemischen Untersuchung, die Prüfung des Geruchs
und des Geschmacks erfolgen, denn diese sind ja gerade die Eigen-
schaften, wegen derer die ätherischen Öle in der Parfümerie,
in der Seifen- und Nahrungsmittelindustrie, in der Bonbon- und
Likörfabrikation und in der Medizin Verwendung finden.
Es sei hier auf eine Reihe von Arbeiten hingewiesen, die sich mit dem
Geruchsproblem in physiologischer, chemischer und praktischer Beziehung
befassen :
E. Erdmann, Über den Geruchsinn und die wichtigsten Riechstoffe
(Zeitschr. f. angew. Chem. 1900, 103). — H. Zwaardemaker, Die Physiologie
des Geruchs, Leipzig 1896. Die Riechkraft von Lösungen differenter Konzen-
tration (Arch. f. Anatomie u. Physiologie, Physiol. Abtlg. 1900, 415). Die
Kompensation von Geruchsempfindungen (ebenda 1900, 423). Geruch [Ergeb-
nisse der Physiologie 1 (1902), 896]. Riechen und Schmecken (Arch. f.
Anatomie und Physiologie, Physiol. Abtlg- 1903, 120; Bericht von Schimmel
8f Co. Oktober 1904, 111). Präzisions-Olfaktometrie (Arch. f. Laryngologie
Bd. 15, Heft 2; Bericht von Schimmel 8j Co. Oktober 1904, 109). Geschmack
[Ergebnisse der Physiologie 2, 2 (1903), 699]. Eine bis jetzt unbekannt
gebliebene Eigenschaft des Geruchssinnes (Arch. f. Anatomie u. Physiologie,
Physiol. Abtlg. 1904, 43; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1904, 113).
696 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Die Empfindung der Geruchlosigkeit (Untersuchungen aus dem physiologischen
Laboratorium 5. Reihe IV, II, 376; Bericht von Schimmel 8j Co. Oktober 1904,
111). Odorimetrie von prozentischen Lösungen und von Systemen im
heterogenen Gleichgewicht (Untersuchungen aus dem physiologischen Labo-
ratorium 5. Reihe IV, II, 387; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1904, 109).
Über die Proportionen der Geruchskompensation (Arch. f. Anatomie u.
Physiologie, Physiolog. Abtlg. 1907, 59; Bericht von Schimmel £f Co. April 1908,
178). Die vektorielle Darstellung eines Systems von Geruchskompensationen
(Arch. f. Anatomie u. Physiologie, 1908, 51 ; Bericht von Schimmel § Co.
Oktober 1908, 166). — E. Sack, Riechstoffe und Geruchsempfindung [Chem.
Ztg. 29 (1905), 1298; Bericht von Schimmel 8? Co. April 1906, 106]. — G. Woker,
Struktur und Geruch usw. [Journ. phys. Chem. 10 (1906), 455; Bericht von
Schimmel § Co. April 1907, 121]. — Ober den Geruch der Heiligkeit [Chemist
and Druggist 71 (1907), 897; Bericht von Schimmel 8s Co. April 1908, 177].
— J. van derHoeven Leonhard, Riechschärfen und Farbsinnabweichungen
[Die Umschau 12 (1908), 367; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1908, 166]
— G. Austerweil u. G. Cochln, Konstitution und Geruch org. Verbindungen
[Compt. rend. 150 (1910), 1693, Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1910,
147]. — Pommier, Apparat zur Beurteilung von Riechstoffen [Parfüm, moderne
3 (1910), 110; Bericht von Schimmel $ Co. April 1911, 160]. — B. Foerster,
Der Geruch [Wochenschr. f. Brauerei 28 (1911), 356]. — H. Teudt, Erklärung
der Geruchserscheinungen I [Biol. Centralbl. 33 (1913), 716; Bericht von
Schimmel $ Co. April 1914, 120]. — Weiß, Erregung der Geruchsorgane durch
Riechstoffe [Deutsche Parf.-Ztg. 1 (1915), 77; Bericht von Schimmel § Co.
Oktober 1915, 74]. — H. Henning, Psychologische Untersuchungen über
den Geruch [Zeitschr. f. Psychologie 73 (1915), 161; 74 (1916), 305; 75 (1916),
177; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1916, 110]. — R. Marchand,
Beziehungen zwischen Konstitution und Geruch [Deutsche Parf.-Ztg. 1 (1915),
232, 243, 287; Bericht von Schimmel 8j Co. Oktober 1916, 118]. — E. J. Parry,
Die Klassifizierung der Gerüche [Perfum. Record. 7 (1916), 129]. — H.Henning,
Der Geruch, Leipzig 1916 (Bericht von Schimmel 8j Co. Oktober 1917, 129).
— Derselbe, Der Chemismus des Geruchs [Deutsche Parf.-Ztg. 3 (1917),
125; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1917, 135]. — J. V. Dubsky, Geruch
und chemische Konstitution [Deutsche Parf.-Ztg. 2 (1916), 297, 348; Bericht
von Schimmel § Co. Oktober 1917, 135]. — A. Durand, Theorie des Riechens
[Compt. rend. 166 (1918),_129, 532; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1918,
128]. — H. Henning, Änderung eines Geruchs bei verschiedener Konzen-
tration und über Geruchsmischung [Deutsche Parf.-Ztg. 3 (1917), 151, 162; Bericht
von Schimmel § Co. Oktober 1918, 129]. — C. van Dam, Neue Form des
Olfactometers [Arch. Nöeriand. Physiol. 1 (1917), 660; Bericht von Schimmel
§ Co. Oktober 1918, 130]. — J. H. Krem er, Adsorptionserscheinungen bei
Riechstoffen. Ebenda 715; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1918, 130].
— H. Teudt, Erklärung der Geruchserscheinungen II [Prometheus 30 (1919),
201, 209; Bericht von Schimmel Sf Co. Oktober 1919, 112]. — H. Heller,
Der Duft als analytisches Kennzeichen [Deutsche Parf.-Ztg. 5 (1919), 91;
Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1919, 113]. — H. J. Prins, Geruch
fHandelingen van het XVI te Nederlandsch Natuur- en Geneeskundig Congres
Allgemeines. 697
gehouden op 12, 13 en 14 April 1917 te s'Gravenhage, Sub-Sect. Scheikunde»
S. 205; Bericht von Schimmel 8; Co. Oktober 191», 114]. — Th. H. Durrans,
Geruch und chemische Konstitution [Perfum. Record 10 (1919), 104, 266;
Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1919, 115, 1920, 114]. — H. Heller,
Duft und Geruch [Prometheus 1918 Nro 47 u. 48; Bericht von Schimmel $ Co.
Oktober 1919, 120]. — L. Ruzicka, Grundlagen der Geruchschemie [Chem.
Ztg. 44 (1920) 93, 129; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1920, 112]. —
M. Fournie, Ein Olfaktometer [Parfumerie moderne 11 (1918), 143; Bericht
von Schimmel 8; Co. 1920, 115], — V. C. Allison u. S. H. Katz, Odorometer
[Journ. ind. eng. Chem. 11 (1919), 131; Bericht von Schimmel § Co. Oktober
1920, 115. — Th. H. Durrans, Geruch und Parti al Valenzen [Perfum. Record
11 (1920), 391; Bericht von Schimmel 8s Co. April 1921, 101]. — A. Tschirch,
Die Riechstoffe und das Riechen [Schweizerische Apotheker-Ztg. 59 (1921),
Nr. 17 bis 20, Bericht von Schimmel § Co. 1922, 130]. — F. B. Hofmann,
Über den Geruchsinn [Zeitschr. f. Biologie 73 (1921) H. 1, 2, 3 u- 4; Bericht
von Schimmel 8; Co. 1922, 131], — H. Heller, Ober einen historischen
Beitrag zur Theorie der Geruchsempfindung [Deutsche Parf.-Ztg. 7 (1921), 83,
123; Bericht von Schimmel &; Co. 1922, 132]. — H. Zwaardemaker, Prüfung
des Geruchsorgans von Versuchspersonen [Perfum. Record 12 (1921), 308;
Bericht von Schimmel &; Co. 1922, 133]. — O. Wallach, Bemerkungen zum
chemischen Teil des Buches von Hans Henning: „Der Geruch". Bericht von
Schimmel Sj Co. 1922, 167 — 184. — A. Tschirch, Chemische Theorie des Riech-
prozesses [Schweiz. Chemiker Ztg. 1922, 105, 117, 141; Bericht von Schimmel
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Bericht von Schimmel $ Co. 1927, 176]. — J. von Braun und W. Haensel,
Einfluß der molekularen Asymmetrie auf den Geruch [Berl. Berichte 59 (1926),
1999; Bericht von Schimmel Ss Co. 1927, 185].
Bei der Geruchsprüfung eines Ölmusters ist es sehr
wünschenswert, eine Probe echten, tadellos destillierten Öles
zum Vergleich zu haben. Man bringt je einige Tropfen des
echten und des zu prüfenden Öls auf Streifen von Filtrierpapier
und vergleicht sie, indem man abwechselnd an beiden riecht.
Diese Riechprobe wiederholt man an demselben Streifen von
Zeit zu Zeit und kann auf diese Weise sowohl leichtflüchtige
wie schwerflüchtige fremde Zusätze erkennen.
Leider vermögen wir unserer Geruchs- und Geschmacks-
empfindung durch die Sprache nur einen sehr unvollkommenen
Ausdruck zu verleihen; außerdem sind Geruchs- und Geschmacks-
vermögen rein subjektive und dazu bei den einzelnen Individuen
noch verschieden ausgebildete Fähigkeiten. Die mit dem Geruchs-
und Geschmackssinn gemachten Wahrnehmungen lassen sich
nicht wie andere Beobachtungen durch Ziffern ausdrücken oder
vergleichen. Es kann daher eine Verfälschung durch den Geruch
zwar subjektiv erkannt aber nicht objektiv bewiesen werden.
Eine gute Nase ist bei der Prüfung trotzdem von großem Werte,
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften.
da sie oft die Untersuchung in kürzester Zeit auf den richtigen
Weg leitet.
Schlecht destillierte (mit Brenz- oder Blasengeruch behaftete)
oder nachlässig aufbewahrte, sonst aber unverfälschte Öle sind
meistens ausschließlich durch den Geruch, seltener durch die
anderen Untersuchungsweisen als solche zu erkennen.
Die Feststellung der physikalischen
Eigenschaften.
Spezifisches Gewicht. Wegen seiner leichten Bestimm-
barkeit ist das spezifische Gewicht die bei den ätherischen Ölen
am häufigsten ermittelte und deshalb am besten gekannte Eigen-
schaft. Selbst bei den selteneren und wenig untersuchten Ölen
finden sich meist Angaben über ihre Dichte. Da ferner von den
gebräuchlicheren Ölen die zulässigen Maximal- und Minimal-
zahlen feststehen, so gehört die Bestimmung des spezifischen
Gewichts zu den wichtigsten und dabei bequemsten Unter-
suchungen. Das spezifische Gewicht eines Öles ist innerhalb
gewisser Grenzen veränderlich und abhängig, außer von dem
Alter, von der Destillationsart sowie der Herkunft und dem
Reifezustande des verarbeiteten Pflanzenmaterials. Die Größe
der Schwankungen ist bei den einzelnen Ölen so verschieden,
daß sich darüber keine allgemeinen Regeln aufstellen lassen.
Beim normalen Bergamottöl liegt z. B. das spezifische Gewicht
zwischen 0,881 und 0,886. Die Differenz zwischen der größten
und der geringsten Dichte beträgt also hier nur fünf Stellen in
der dritten Dezimale. In der Regel liegen aber die Grenzzahlen
bedeutend weiter auseinander.
Die meisten Öle sind leichter, einige jedoch auch schwerer
als Wasser, besonders solche, die größere Mengen sauerstoff-
haltiger Bestandteile der aromatischen Reihe enthalten (z. B.
WintergrünÖl, Nelkenöl, Sassafrasöl). Das niedrigste spezifische
Gewicht von allen ätherischen Ölen hat das Öl von Pinus Sabi-
niana mit 0,6962, das höchste WintergrünÖl mit 1,188.
700
Die Prüfung der ätherischen Öle.
Die Bestimmung geschieht zweckmäßig mit einer Senkwage
nach Mohr oder Westphal 1 ), da die mit diesem Instrument
erzielte Genauigkeit bei richtiger Handhabung hinreichend ist.
Die damit erhaltenen Werte sind bis auf die dritte Dezimale zu-
verlässig. Bei genaueren Untersuchungen, oder wenn nur kleine
Mengen eines Öls zur Verfügung stehen, bedient man sich mit
Vorteil der Pyknometer, von denen besonders die von Ostwald
(Fig. 64) oder die von Sprengel (Fig. 65) angegebene Form
empfohlen werden kann. Aus praktischen Gründen ist es ratsam,
die kapillaren Rohre beider-
seits mit Marken (a und b)
zu versehen und etwas auf-
wärts zu biegen, wie aus den
Abbildungen ersichtlich ist.
Zum Aufhängen an die Wage
dient der Platindraht c. Zum
Verschließen der Kapillaren
kann man aufgeschliffene Glas-
hütchen (d, e) benutzen. Die
Pyknometer verdienen den
Vorzug auch bei dickflüssigen
Ölen, in denen die Senkkörper
der Wagen nicht genügend
leicht beweglich sind, um
genaue Resultate zu ermög-
lichen. Die Kapillaren der
Pyknometer müssen dann
natürlich verhältnismäßig weit sein, da sonst das Füllen und
Entleeren mit Schwierigkeiten verknüpft ist. Zur Bestimmung
des spezifischen Gewichts muß man, außer dem Gewicht des
vollkommen trocknen, leeren Pyknometers, seinen „Wasserwert"
kennen. Hierzu bringt man das mit destilliertem Wasser gefüllte
Pyknometer in ein Wasserbad von bestimmter Temperatur
(gewöhnlich + 15° C), läßt es darin etwa eine Viertelstunde, bis
es die Temperatur des Wasserbades vollständig angenommen
hat, stellt in der Zwischenzeit durch Hinzufügen oder Heraus-
Fig. 64.
*) Besonders zu empfehlen ist die zweiachsige Senkwage mit stählernen
Angriffspunkten von F. Sartorius in Göttingen.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften.
701
nehmen von Wasser auf beide Marken ein und ermittelt so-
dann das genaue Gewicht. Diese beiden Werte, die hier P x
(Gewicht des Pyknometers) und P 9 (Gewicht des mit Wasser
gefüllten Pyknometers) genannt sein mögen, werden ein für
allemal für das betreffende Pyknometer festgestellt; P s — P x ist
der Wasserwert W des Pyknometers. Will man nun das spe-
zifische Gewicht eines Öles ermitteln, so hat man nur nötig,
das mit diesem gefüllte Pyknometer zu wägen. Das Temperieren
Fig. 65.
und Einstellen geschieht in derselben Weise wie soeben be-
schrieben. Hat das mit Öl gefüllte Pyknometer ein Gewicht von
P s , so ist das spezifische Gewicht des Öles
s Pa- P x
W
Zum bequemen Einsaugen und Ausblasen des Öles dient
ein auf eine der Kapillaren passend aufgeschliffenes Röhrchen
von der in Fig. 66 abgebildeten Form. Bei dickflüssigen Ölen
wird das Einfüllen und Entleeren durch Erwärmen erleichtert.
Das spezifische Gewicht ist natürlich von der Temperatur
abhängig. Für die Bestimmung wählt man aus Zweckmäßigkeits-
gründen gewöhnlich + 15° C. und bezieht die Werte auch auf
702 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Wasser von dieser Temperatur 1 ). Nach diesem Prinzip sind die
in Deutschland gebräuchlichen Instrumente geeicht, so beispiels-
weise die Wagen von Mohr und Westphal. Hur bei den Ölen,
die bei +15° zu dickflüssig oder ganz oder teilweise erstarrt
sind, bestimmt man die Dichte bei einem entsprechend höheren
Wärmegrade, bezieht sie aber trotzdem auf Wasser von 15°, so
daß die erwähnten Instrumente ohne weiteres auch zur Ermitt-
lung des spezifischen Gewichts bei anderen Temperaturen be-
nutzt werden können.
Wie Versuche 2 ) ergeben haben, ändert sich das
spezifische Gewicht der ätherischen Öle bei Zugrunde-
legung von Wasser von 15° um 0,0007 bis 0,0008
pro Grad Celsius, also im Durchschnitt um 0,00075.
Unter Zuhilfenahme dieses Faktors kann man das
spezifische Gewicht leicht auf jede gewünschte Tem-
peratur umrechnen. War die Beobachtungstemperatur
höher, so sind für jeden Temperaturgrad 0,00075 zu
dem gefundenen spezifischen Gewicht hinzuzuzählen,
war sie niedriger, so ist der entsprechende Wert in
Abzug zu bringen.
In ähnlicher Weise kann man sich helfen, wenn
die bei verschiedenen Temperaturen bestimmten spe-
zifischen Gewichte nicht auf Wasser von 15°, sondern
auf Wasser der gleichen Temperatur bezogen sind
wie das Öl. In diesem Falle beträgt der durchschnitt-
liche Unterschied nach den Feststellungen von Schreiner und
Downer 3 ) zwischen 15 und 25° 0,00064 für jeden Temperaturgrad.
*) In diesem Buche gelten, wenn nichts anderes bemerkt ist, die An-
gaben des spezifischen Gewichts für eine Temperatur von -f-15° C, bezogen
auf Wasser von 15°.
s ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1905, 86. — Hiermit in Ober-
einstimmung ermittelten Baker u. Smith (A research of the Eucalypts.
Sydney 1902, S. 253) für Eucalyptusöle, daß die Erniedrigung der Dichte für
1° Temperaturerhöhung 0,00075 beträgt. Auf Grund von Beobachtungen, die
er an etwa 45 verschiedenen flüchtigen Ölen gemacht hat, gibt K. Irk [Pharm.
Zentralh. 55 (1914), 831] für die Änderung des spezifischen Gewichts für 1° C.
an: zwischen d^ und dj£ rund 0,0008, zwischen dg? und dg| rund 0,0007,
zwischen <%g und dgf rund 0,0006.
s ) Pharm. Archives 4 (1901). 165. Vgl. auch Bericht von Schimmel § Co.
April 1906, 73.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften. 703
Selbstverständlich können die durch Umrechnung erhaltenen
Werte nur auf annähernde Richtigkeit Anspruch machen; für
genaue Bestimmungen ist es unerläßlich, das spezifische Gewicht
bei der betreffenden Temperatur zu nehmen.
Optisches Drehungsvermögen. Das optische Drehungs-
vermögen ist eine so charakteristische Eigenschaft der meisten
ätherischen Öle, daß seine Bestimmung bei der Prüfung niemals
unterlassen werden sollte. Besonders geeignet hierzu ist der
Halbschatten-Polarisationsapparat nach Lippich 1 ), mit zwei-
oder dreiteiligem Polarisator. Die beste Kreisteilung für den
vorliegenden Zweck ist die in Grade und Minuten und zwar
derart, daß die Teilung vom Nullpunkt beiderseits bis 180°
geht. Läßt die dunkle Farbe eines Öles die Beobachtung
im 100 mm langen Rohre, welches man gewöhnlich benutzt,
nicht zu, so verwendet man ein solches von 50 oder von
20 mm Länge und rechnet die so erhaltenen Werte durch
Multiplikation mit 2 oder mit 5 auf 100 mm Rohrlänge um.
Inaktive Substanzen prüft man, wenn es ihre Farbe zuläßt,
in Rohren von 200 mm Länge, um auch kleine Ablenkungen
noch scharf erkennen zu können. Wenn keine besondere
Temperaturangabe gemacht ist, so ist Zimmertemperatur ge-
meint. Im allgemeinen ist es nämlich nicht nötig, wenn auch
wünschenswert, die Ablesung bei einer bestimmten Temperatur
vorzunehmen, da die natürlichen Schwankungen im Drehungs-
vermögen eines Öles meist beträchtlich größer sind als die
Unterschiede, die durch Temperaturschwankungen innerhalb
weniger Grade hervorgerufen werden. Ausnahmen hiervon
machen Citronen- und Pomeranzenöl, bei denen schon geringe
Temperaturänderungen die Drehung verhältnismäßig stark be-
einflussen. Es ist, um vergleichbare Zahlen zu erhalten, not-
wendig, bei diesen beiden Ölen den Drehungswinkel bei +20°
zu bestimmen oder auf diese Temperatur umzurechnen. Näheres
hierüber findet sich bei der Beschreibung dieser Öle im
speziellen Teile.
x ) In bezug auf die Handhabung des Polarisationsapparates muß auf das
bekannte Werk von H. Landolt, „Das optische Drehungsvermögen orga-
nischer Substanzen", IL Aufl., Braunschweig 1898, verwiesen werden.
704 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Im folgenden ist mit a D der im 100 mm langen Rohre bei
ISatriumlicht direkt abgelesene Drehungswinkel, mit [a] D das
nach der Formel
r t a
berechnete spezifische Drehungsvermögen bezeichnet, wobei 1
die Rohrlänge in Dezimetern und d das spezifische Gewicht der
Flüssigkeit ausdrückt.
Feste Substanzen sind zur Bestimmung der Drehung in
•einer inaktiven Flüssigkeit zu lösen. Die Berechnung kann auf
-verschiedene Weise erfolgen, je nachdem man auf die Kon-
zentration c (d. h. die Anzahl Gramme aktiver Substanz in
100 ccm Lösung) oder den Prozentgehalt p (d. h. die Anzahl
Gramme aktiver Substanz in 100 g Lösung) Bezug nimmt;
nn diesem Falle muß man auch das spezifische Gewicht der
Lösung (d) kennen. Dreht die Lösung a Grad, so ist die spe-
zifische Drehung des betreffenden Körpers:
r , 100« __ 100a
L«Jd— !. c — j.p.d'
Die aus Lösungen abgeleitete spezifische Drehung ist bei
den meisten Substanzen nicht ganz konstant, sondern ändert
-sich mit der Natur des Lösungsmittels, der Konzentration und
der Temperatur 1 ). Es ist daher notwendig, mit der spezifischen
Drehung hierüber Näheres anzugeben, also beispielsweise zu
.schreiben: [a] D20 = + 10° in 43,5°/oiger alkoholischer Lösung.
Brechungsvermögen. Zur Prüfung der ätherischen Öle ist
verschiedentlich die Bestimmung des Brechungsindex n D empfohlen
worden. Bekanntlich bestehen zwischen chemischer Konstitution
und Brechungsvermögen gewisse Beziehungen, und aus der Größe
des Brechungsindex lassen sich in vielen Fällen Schlüsse auf
die Anzahl und die Lagerung der. doppelten Bindungen ziehen.
Um brauchbare Resultate zu erhalten, sind aber chemisch ein-
"heitliche und besonders sorgfältig gereinigte Körper notwendig.
Da die Brechungskoeffizienten der Bestandteile der ätherischen
*) Über den Einfluß der Lösungsmittel auf das Drehungsvermögen vgl.
Landolt, Liebigs Annalen 189 (1877), 31t; Rimbach, Zeitschr. f. physik.
•Chem. 9 (1892), 701.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften. 705
Öle im großen und ganzen nur wenig voneinander verschieden
sind, so sind sie bei den Ölen zum Nachweis von Verfälschungen
lange nicht so gut geeignet wie andere Konstanten. So be-
einflußt beispielsweise ein Zusatz von Terpentinöl das Brechungs-
vermögen des Citronenöls nur sehr wenig, verändert aber das
Drehungsvermögen ganz bedeutend 1 ).
Trotzdem wird der Brechungsindex in vereinzelten Fällen
eine wertvolle Ergänzung der übrigen Konstanten bilden können,
so daß seine Bestimmung nicht grundsätzlich zu unterbleiben
braucht. Bei Besprechung der Öle werden wir auch in vielen
Fällen auf diese Konstante Rücksicht nehmen und Grenzwerte
angeben.
Sehr empfehlenswert für die Bestimmung ist das Pu lfr ich sehe
Refraktometer. Die Beobachtung geschieht bei Natriumlicht.
Die Änderungen, die der Brechungsindex mit der Temperatur
erleidet, sind bei den einzelnen Ölen etwas verschieden- und
betragen im Durchschnitt etwa 0,00035 2 ) bis 0,00046 8 ) für einen
Temperaturgrad. Sie sind insofern bemerkenswert, als der
Brechungsindex ätherischer Öle innerhalb ziemlich enger Grenzen
schwankt, nämlich zwischen 1,43 (Rautenöl, Cognacöl) und 1,61
(Cassiaöl). Es ist daher bei der Bestimmung genau auf die
Temperatur zu achten. Gewöhnlich beobachtet man bei 20°,
nur da, wo es die Konsistenz eines Öles nicht zuläßt, wie z. B.
bei Rosenöl, wählt man eine höhere Temperatur; n D20O bedeutet
also Brechungsindex für Natriumlicht bei 20° C. Eine Um-
rechnung mit Hilfe des oben angegebenen Faktors gibt nur an-
nähernde Werte und ist für genaue Bestimmungen unzulässig.
Mit dem Alter des Öles nimmt der Brechungsindex infolge
der Bildung von Oxydations- oder Polymerisationsprodukten zu,
nur ausnahmsweise, wie z.B. beim Anethol 4 ), wird er niedriger.
l ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1893, 50.
a ) Ebenda Oktober 1910, 151.
a ) Harvey u. Wilkie, Chemist and Druggist 76 (1910), 442. — Mach
K. Irk [Pharm. Zentralh. 55 (1914), 831] beträgt die auf 1° entfallende Änderung
für eine Temperatur zwischen 15 und 20° im Mittel 0,00043, zwischen 10 und
15° 0,00043, zwischen 20 und 30° 0,00045 und zwischen 10 und 30° 0,00044,
im Durchschnitt also 0,00044. Seine Beobachtungen sind an 50 verschiedenen
Ölen gemacht worden.
*) Vgl. Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1904, 38.
Ali
706
Die Prüfung der ätherischen Öle.
Erwähnt seien hier noch das spezifische und das mole-
kulare Brechungsvermögen, obgleich sie nur für chemisch
einheitliche Körper in Betracht kommen.
Das spezifische Brechungsvermögen oder die
Brechungskonstante wird ausgedrückt durch die Formel
1
rv-
■1»)
d '*
in der d das spezifische Gewicht ist, das bei derselben Temperatur
ermittelt wurde wie der Brechungsindex. Durch Multiplikation
des spezifischen Brechungsvermögens mit dem Molekulargewicht
erhält man das molekulare Brechungsvermögen oder die
Molekularrefraktion. Die Molekularrefraktion einer flüssigen
Kohlenstoffverbindung ist gleich der Summe der Atom-
refraktionen der Elemente.
Die früher gebräuchlichen Atomrefraktionen, die Landolt, Brühl und
Conrad! aufgestellt hatten, waren nicht für alle vier Linien Ha, Hß, H/ und
D an ein urld demselben Material beobachtet worden. Auch waren sie mit
den abgerundeten Molekulargewichten (H = 1) berechnet worden, was bei
wasserstoffreichen Verbindungen einen Unterschied von 0,1 ausmachen kann.
Aus diesen und andern Gründen hat F. Eisenlohr*) eine Neuberechnung der
Atomrefraktionen vorgenommen. Die von ihm für die D-Linie gefundenen
Werte sind in folgender Tabelle wiedergegeben:
Tabelle der Atomrefraktionen für die D-Linie:
Gruppe CH S ....
Kohlenstoff ....
Wasserstoff ....
Carbonylsauerstoff
Äthersauerstoff . .
Hydroxylsauerstoff
CH a
C
H
O"
O
4,618
2,418
1,100
2,211
1,643
1,525
Chlor
Brom
Jod
Äthylenbindung .
Acetylenbindung
Cl
Br
I
r
F
5,967
8,865
13,900
1,733
2,398
Erstarrungspunkt. Bei einzelnen Ölen, nämlich beim
Anis-, Sternanis-, Fenchel- und Rautenöl, gibt der Erstarrungs-
punkt einen guten Anhalt für die Beurteilung der Qualität. Bei
den ersten drei Ölen zeigt ein hoher Erstarrungspunkt einen
') Die obige Formel ist von Lorenz und Lorentz aufgestellt worden,
die ältere, Gladstonesche Formel
■1
gibt nicht immer konstante Werte.
ä ) Zeitschr. f. physik. Chem. 75 (1910), 585; Chem. Zentralbl. 1911, Ia. 624.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften.
707
großen Gehalt an Anethol, bei Rautenöl einen solchen an
Methylnonylketon an.
Der Schmelzpunkt ist auch vereinzelt für die Bewertung
der genannten Öle empfohlen worden, er eignet sich hierzu aber
weniger, weil diese Ole ja keine einheitlichen Verbindungen,
sondern Gemenge sind und daher nicht scharf und plötzlich
durch die ganze Masse schmelzen, sondern zunächst erweichen
und erst bei weiterem Erhitzen allmählich
in eine klare Flüssigkeit übergehen. Die
Folge davon ist natürlich, daß sich kein
bestimmter Punkt, sondern nur ein Tem-
peraturintervall angeben läßt, bei dem das
betreffende Öl schmilzt. Der Erstarrungs-
punkt ist demgegenüber scharf und gut zu
beobachten.
Die Bestimmung des Erstarrungspunktes
kann sehr gut in dem bekannten Beck-
mannschen Apparat zur Bestimmung des
Molekulargewichts aus der Gefrierpunkts-
erniedrigung ausgeführt werden. Einige
kleine Abänderungen machen ihn für unsern
Zweck besonders geeignet. Sie bestehen
hauptsächlich in der Beseitigung der die
Übersicht über den Quecksilberfaden des
Thermometers beeinträchtigenden Korkver-
bindungen. Der im Laboratorium von
Schimmel § Co. 1 ) benutzte Apparat hat
die aus Fig. 67 ersichtliche Form. Das
Batterieglas A dient zur Aufnahme der
Kühlflüssigkeit oder des Kältegemisches. Das in dem Metall-
deckel hängende starkwandige Probierrohr B bildet einen Luft-
mantel um das Gefrierrohr C und verhindert das vorzeitige
Erstarren des zu prüfenden Öles. Das Gefrierrohr C ist oben
weiter und wird an der Stelle enger, wo es auf dem Rande
des Rohres B aufliegt. Zur Fixierung von C sind im Rohre B,
etwa 5 cm unter seinem oberen Ende, drei nach innen gerichtete
Glaseinstülpungen angebracht. Das in halbe Grade eingeteilte
Y< der wirklichen Gröfie
Fig. 67.
*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1898, 49.
45*
708 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Thermometer wird in einer Metallscheibe durch drei Federn, in
denen es sich leicht verschieben läßt, festgehalten.
Zur Ausführung der Bestimmung füllt man das Batterieglas,
je nach dem gewünschten Grade der Abkühlung, mit Wasser
und Eisstückchen oder auch nur mit zerkleinertem Eis; nur
ausnahmsweise wird es nötig sein, eine aus Eis und Kochsalz
hergestellte Kältemischung anzuwenden. Dann gießt man in
das Gefrierrohr so viel von dem zu untersuchenden Öle, daß
es etwa 5 cm hoch darin steht, und bringt das Thermometer,
das an keiner Stelle die Wand berühren darf, in die Flüssigkeit.
Während des Abkühlens ist das überkaltete Öl vor Erschütte-
rungen, die ein vorzeitiges Erstarren 1 ) hervorbringen könnten,
zu schützen. Ist das Öl genügend unterkühlt, so sucht man
durch Reiben und Kratzen mit dem Thermometer an der Gefäß-
wand die Kristallisation einzuleiten. Sollte das nicht gelingen,
so bringt man ein Kristallenen von erstarrtem Öl oder etwas
festes Anethol oder bei Rautenöl Methylnonylketon in die Flüssig-
keit, worauf das Erstarren unter starker Wärmeentwicklung vor
sich geht. Das Festwerden beschleunigt man durch fortwährendes
Rühren mit dem Thermometer, dessen Quecksilberfaden schnell
steigt und endlich ein Maximum erreicht, das man den Erstar-
rungspunkt des Öles nennt.
Eine genügende Unterkühlung des Öles ist erforderlich,
weil das Erstarren sonst zu langsam vor sich geht und die
Beobachtung dadurch erschwert wird. Anderseits dürfen die
Öle aber auch nicht zu stark unterkühlt werden, da die Re-
sultate sonst zu niedrig ausfallen. Praktisch brauchbare Werte
erhält man, wenn man um etwa 5° unterkühlt. Anzuraten ist,
stets unter denselben Bedingungen zu arbeiten, um die ver-
schiedenen Qualitäten der einzelnen Öle von einem einheitlichen
Gesichtspunkte aus beurteilen zu können. Schimmel § Co.
unterkühlen folgendermaßen :
Anethol auf +16° Sternanisöl auf +10°
Anisöl „ +12° Fenchelöl „ +3°.
Unter Umständen wird es angezeigt sein, direkt anzugeben,
bis auf welchen Temperaturgrad das Öl abgekühlt worden ist.
*) Ein zu frühes Erstarren findet häufig dann statt, wenn das Öl nicht ganz
klar filtriert ist, da suspendierte Staubpartikel die Veranlassung dazu geben können.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften.
709
Die Erstarrungspunktsbestimmung, die zur Ermittlung des
Cineolgehalts in Eucalyptusölen dienen kann 1 ), ist auf S. 769
beschrieben worden.
Es mag noch erwähnt sein, daß man auch bei Rosenöl von
einem Erstarrungspunkt spricht, hierunter aber die Temperatur
versteht, bei der es Paraffinkristalle abzuscheiden beginnt, wenn
es langsam abgekühlt wird.
Siedeverhalten und fraktionierte Destillation. Da die
ätherischen Öle Gemenge verschieden siedender Substanzen sind,
so kann von dem Siedepunkt
eines ätherischen Öls, wie das
häufig geschieht, streng genom-
men, nicht gesprochen werden.
Man redet daher richtiger von
einer Siedetemperatur und be-
zeichnet damit das Temperatur-
intervall, innerhalb dessen das
Öl bei der einmaligen Destillation
aus einem gewöhnlichen Siede-
kölbchen mit genügend weitem
seitlichen Rohr (Fig. 68) ohne
Anwendung einer Fraktioniervor-
richtung übergeht. Von größter
Wichtigkeit ist hierbei, daß der
ganze in Betracht kommende
Quecksilberfaden vom Dampf der
Flüssigkeit umspült ist, ein Um-
stand, der häufig vernachlässigt wird, was zu fehlerhaften
Resultaten führt. Man befestige das Thermometer möglichst
derart, daß sich der betreffende Siedepunktsgrad wenig oberhalb
des Abflußrohres befindet, doch ist natürlich darauf zu achten,
daß die Quecksilberkugel nicht etwa in die Kugel des Kolbens
oder gar in die Flüssigkeit hineinragt. Um letztere Übelstände
zu vermeiden, benutzt man zweckmäßig Thermometer mit ver-
kürzter Skala.
Fig. 68.
x ) C. Kleber u. W. v. Rechenberg, Journ. f. prakt. Chem. 101 (1921),
171 ; Bericht von Schimmel $ Co. 1921, 25; 1926, 51.
710
Die Prüfung der ätherischen Öle.
KüMer
Von großer Bedeutung ist weiterhin das Tempo der Destil-
lation, das man am besten so einrichtet, daß in der Minute
40 bis höchstens 60 Tropfen fallen 1 )- Bei zu schneller Destil-
lation findet, besonders wenn das seitliche Abflußrohr nicht die
genügende Weite hat, durch Drosselung des Dampfes eineErhöhung
des Druckes und ein Ansteigen der Temperatur statt. Die Folge
davon ist, daß man den betreffenden Siedepunkt zu hoch findet.
Zur Vermeidung des lästigen
Stoßens" der Siedeflüssigkeit
gibt man in den Kolben einige
Tariergranaten oder, noch besser,
in kleine Stückchen zerbrochene
Glaskapillaren 3 ).
Zur Ausführung genauer Siede-
punktsbestimmungen empfehlen
Th. Paul und K. Schantz 3 )
den in Fig. 69 abgebildeten Ap-
parat, den sie folgendermaßen
beschreiben :
Thermontrter " , '
Mamffrvlir-
Mamf/nanttl
Abflussrohr
jSiedegefäss
In das Siedegefäß, das aus einem
starkwandigen Probierrohr von etwa
18 cm Höhe und 20 mm lichter Weite
besteht, wird eine ungefähr 3 cm hohe
Schicht von Tariergranaten von 2 bis
2,5 mm Korngröße gebracht und hierauf
wird so viel von der zu prüfenden
Flüssigkeit zugefügt, daß ihre Ober-
fläche ungefähr 3,5 cm über den Granaten liegt. Hierzu sind etwa 15 ccm
erforderlich. Auf diesem Siedegefäß wird mittels eines Korkes oder Schliffes
der Siedeaufsatz befestigt. Er besteht aus einem Dampfrohr von etwa 1 1 mm
Fig. 69.
*) Bei der Bestimmung des Destillationsrückstandes von Cassiaöl muß
man so schnell wie irgend möglich destillieren, da sonst eine Zersetzung
des Zimtaldehyds unter Verharzung eintritt. Vgl. Treff, Zeitschr. f. angew.
Chem. 89 (1926), 1308.
s ) Nach W. Treff [Zeitschr. f. angew. Chem. 26 (1926), 1308] können
Siedestein chen aus zerstoßenen Tonscherben, die früher zur Verhinderung
des Siedeverzugs empfohlen wurden, unter Umständen starke Zersetzungen
herbeiführen. Beispielsweise wurden bei Anwendung von Tonscherben bei
einer Destillation von Linalool 30 % in Terpene übergeführt.
s ) Paul u. Schantz, BerL Berichte 47 (1914), 2285; Aren, der Pharm.
351 (1919), 87.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften. 711
lichter Weite und 23 cm Höhe, dessen oberer Teil von dem angeschmolzenen
Dampfmantel von etwa 20 mm Weite und 20 bis 22 cm Lange umgeben Ist.
Dieser Dampfmantel ist an der Stelle, wo er mit Hilfe des Korkes im Probier-
glas befestigt ist, etwas verjüngt. Die ringförmige Anschmelzstelle, die in der
Abbildung als ringförmige Zwischenwand bezeichnet ist, teilt den Dampf-
mantel in einen oberen und einen unteren Teil und liegt etwa 14 cm über
dem unteren Rande des Dampfrohres. Das obere, etwas verjüngte Ende des
Dampfmantels ist mit einem Kork verschlossen, in dem das Thermometer
befestigt wird. Unmittelbar über der ringförmigen Zwischenwand ist ein Ab-
flußrohr für die kondensierte Flüssigkeit angebracht, die auf diesem Wege in
das Siedegefäß zurückfließen kann. Dieses Abflußrohr ist vor dem Einmünden
in den unteren Teil des Dampfmantels etwas nach unten gebogen, damit sich
ein Tropfen Flüssigkeit darin sammeln kann, die das Aufsteigen von Dampf
durch dieses Abflußrohr verhindert Auf der gegenüberliegenden Seite des
Dampfmantels befindet sich der etwas nach oben gebogene Seitenstutzen,
in welchem der Kühler mittels eines Korkes oder Schliffes befestigt wird. Die
Mantellänge des Kühlers beträgt ungefähr 10 cm. Das Siedegefäß steht in
der Mitte einer Asbestplatte, die an dieser Stelle eine runde Öffnung von
2 cm Durchmesser hat. Diese Öffnung ist von unten durch ein Messing-
drahtnetz verschlossen. Die Asbestplatte ist so groß zu wählen (etwa von
10 cm Durchmesser), daß die strahlende Wärme des Brenners vom Thermo-
meter abgehalten wird. Es empfiehlt sich, besonders bei über 100 Grad sie-
denden Flüssigkeiten, das Siedegefäß mit einem Luftmantel von 5 cm Durch-
messer und 22 cm Höhe zu umgeben. Das Thermometer ist so weit in das
Dampfrohr einzuführen, daß der Quecksilberfaden vollständig vom strömenden
Dampf umgeben ist. Die Flammenhöhe ist so zu regeln, daß die Flüssigkeit
eben lebhaft siedet.
Die bloße Bestimmung der Siedetemperatur ist in erster
Linie für einheitliche Verbindungen von Bedeutung, bei der
Prüfung ätherischer Öle wird dagegen eine fraktionierte
Destillation bessere Dienste leisten, wobei die einzelnen
Fraktionen getrennt aufgefangen, ihrer Menge nach bestimmt
und eventuell näher untersucht werden.
Die von verschiedenen Beobachtern gemachten Angaben
über die innerhalb bestimmter Grade überdestillierenden Mengen
desselben Öls stimmen selten überein, weil die Resultate sowohl
durch die Form des Siedekolbens als auch durch die Destillations-
geschwindigkeit und den Barometerstand stark beeinflußt werden.
Deshalb ist es notwendig, bei der Untersuchung von gewissen
Fraktionen einzelner Öle Kölbchen von bestimmten Abmessungen
zu benutzen und eine bestimmte Destillationsgeschwindigkeit ein-
zuhalten. Zur Prüfung von Citronenöl, Rosmarinöl und Spiköl
werden von Schimmel § Co. Ladenburgsche Kölbchen in der
712
Die Prüfung der ätherischen Öle.
in Fig. 70 angegebenen Größe angewandt 1 )- Bei den genannten
Ölen destilliert man von 50 ccm 5 ccm in der Weise über, daß
in der Sekunde etwa 1 Tropfen fällt, und prüft das Destillat im
Polarisationsapparat, wie es bei den einzelnen Ölen näher be-
schrieben ist.
Sollen aus einem Öl einzelne Bestandteile isoliert werden,
so muß die fraktionierte Destillation häufig wiederholt werden,
wobei man zweckmäßig einen der bekannten Fraktionieraufsätze
anwendet. Es empfiehlt sich, zur
Vermeidung von Zersetzungen,
oberhalb 200° siedende Anteile
im Vakuum zu fraktionieren.
Ester enthaltende Öle sind vor
dem Fraktionieren zu verseifen,
da die sich beim Sieden leicht
abspaltenden Säuren die Fraktio-
nierung stören und verändernd
auf die Bestandteile des Öls ein-
wirken können.
Im übrigen sei auf das Ka-
pitel „Fraktionierte Destillation
im Laboratorium" in dem Werk
von C. von Rechenberg, Ein-
fache und fraktionierte Destil-
lation 2 ), verwiesen, in dem die
Apparatur für die Destillation bei
gewöhnlichem und vermindertem
Luftdruck eingehend beschrieben ist, und das auch Siedepunkts-
tabellen der Bestandteile der ätherischen Öle bei verschiedenen
Drucken enthält.
Fig. 70.
Löslichkeit. Die ätherischen Öle sind in den gewöhnlichen
organischen Lösungsmitteln, wie absolutem Alkohol, Äther,
Chloroform, Benzol, Eisessig, Essigester, Schwefelkohlenstoff usw.
sowie in konzentrierten Lösungen gewisser Salze, wie Natrium-
*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1898, 46.
*) Verlag von Schimmel § Co., Miltitz bei Leipzig 1923. Für den Buch-
handel durch L. Staackmann, Leipzig.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften. 713
salicylat und -benzoat 1 ), leicht löslich. Die Hervorhebung dieser
gemeinsamen Eigenschaft ist bei der Beschreibung der einzelnen
Öle unterblieben. Eine Erscheinung, die manchmal fälschlich
für eine unvollständige Löslichkeit angesehen wird, sei hier
erwähnt. Es ist die beim Mischen einiger Öle mit Petroläther,
Paraffinöl 2 ), Benzol oder Schwefelkohlenstoff zu beobachtende
Trübung, die von dem geringem Wassergehalt, den die Öle
von ihrer Darstellung her besitzen, veranlaßt wird. Je sauer-
stoffretcher ein Öl ist, desto mehr Wasser vermag es zu lösen,
und desto stärker trübt es sich dann mit den genannten Lösungs-
mitteln 3 ). Die Trübung tritt nicht ein, wenn man das
Öl vorher mit wasserfreiem Natriumsulfat vollständig
getrocknet hat.
Obwohl sich alle Öle in absolutem Alkohol leicht
lösen, ist nur ein Teil in verdünntem Alkohol voll-
ständig löslich. Für die letztere Kategorie wird diese
Eigenschaft zu einem praktischen und schnellen
Prüfungsmittel. Das schwerlösliche Terpentinöl ist
z. B. auf diese Weise in den in 70°/oigem Alkohol*)
löslichen Ölen nachweisbar. Die Löslichkeitsbestim-
mung ist sehr einfach. Man bringt in ein graduiertes Flg ' 71 "
Zylinderchen (Fig. 71) 7s bis 1 ccm des zu prüfenden Öls und
setzt von dem Alkohol in kleinen Portionen so lange unter
l ) Die Eigenschaft 2ahlreicher Sal2e, die Löslichkeit von in Wasser
unlöslichen oder schwerlöslichen Stoffen beträchtlich zu erhöhen, bezeichnet
C. Neuberg (Sitzungsberichte der Preuß. Akademie der Wiss. Berlin 1916,
S. 1034) als Hydrotropie. In diesem Sinne hydrotropische Substanzen sind
z. B. die Salze der Salicylsäure, der Benzoesäure, der Benzolsulfosäure, der
Naphthoesäuren und ihrer Derivate, der Thiophencarbonsäure, der Brenz-
schleimsäure, der Phenylessigsäure und homologer fettaromatischer Säuren
sowie der Säuren aus der hydroaromatischen Reihe. Die Hydrotropie äußern
die genannten Stoffe gegen wasserunlösliche Substanzen der allerverschiedensten
Stoffklassen, wie Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Aldehyde, Ketone, Ester,
Nitroverbindungen, Basen, Alkaloide, Proteine, Farbstoffe, Stärke sowie Fette.
a ) Eine Ausnahme macht Zimtaldehyd, der in Petroläther und in Paraffinöl
so gut wie unlöslich ist. Infolgedessen lösen sich auch Cassiaöl und Ceylon-
Zimtöl nur schwer oder unvollständig in den genannten Medien.
3 ) Mischt man ein sauerstoffreiches Öl, wie Bergamottöl, mit einem
terpenreichen, wie Terpentinöl oder Pomeranzenöl, so trübt sich die Mischung
ebenfalls durch Wasserausscheidung.
*) Die Angaben beziehen sich in diesem Buche stets auf Volumprozente.
714 Die Prüfung der ätherischen Öle-
kräftigem Umschütteln hinzu, bis Lösung erfolgt. Löst sich
ein unter normalen Verhältnissen lösliches Öl nicht, so kann
man manchmal aus der Art der Trübung und der Ausscheidung
des nicht löslichen Teils Schlüsse auf die Verfälschung ziehen.
Petroleum schwimmt beispielsweise oben auf dem 70 p /oigen
Alkohol, während sich fettes Öl in Tropfen am Boden absetzt.
Zur Prüfung ätherischer Öle dienen Alkohole der verschie-
densten Stärken. In der nachstehenden Tabelle sind die bisher
in Anwendung gekommenen aufgeführt mit gleichzeitiger Angabe
der für ^ gültigen spezifischen Gewichte 1 ).
Volumprozente d—
69 0,8928
70 0,8904
80 0,8642
82 0,8586
85 0,8499
90 0,8343
95 0,8165
98 0,8040
Über die Erniedrigung des spezifischen Gewichts der zu
den Löslichkeitsbestimmungen am meisten angewandten Alkohole
bei Temperaturerhöhung gibt die folgende Tabelle Auskunft.
Volum- . Differenz A Differenz A
Prozente a "° pro Grad a "° pro Grad d80 °
70 0,8904 0,0008 0,8820 0,0008 0,8781
80 0,8642 0,0009 0,8551 0,0008 0,8512
90 0,8343 0,0009 0,8256 0,0008 0,8215
95 0,8165 0,0008 0,8085 0,0008 0,8045
Um das Vorrätighalten von Alkoholen verschiedener Stärke
zu umgehen, hat Dowzard 2 ) ein anderes Prüfungsverfahren vor-
geschlagen, das sich zwar nicht eingeführt hat, das aber immerhin
erwähnenswert ist. Danach werden genau 5 ccm Öl in 10 ccm
absoluten Alkohols (d 15 , 6 „ 0,799) gelöst und zur Lösung aus einer
Volumprozente
d SS
30
0,9656
40
0,9521
50
0,9347
56
0,9226
60
0,9139
62
0,9094
65
0,9025
68
0,8953
*} Nach K. Windisch, Tafel zur Ermittelung des Alkoholgehaltes von
Alkohol -Wassermischungen aus dem spezifischen Gewicht Berlin 1893.
s ) Chemist and Druggist 57 (1900), 169.
Die Feststellung der physikalischen Eigenschaften. 715
Bürette unter Umschwenken tropfenweise so viel Wasser hinzu-
gelassen, bis dauernde Trübung erfolgt. Die Anzahl der hierzu
verbrauchten ccm Wasser wird mit 100 multipliziert, das Pro-
dukt ist die Löslichkeitszahl („solubility value")- Bei Berga-
mottöl ermittelte Dowzard zwischen 220 und 290.
Eine von Gattefossfi*) vorgeschlagene Änderung besteht darin, daS
mit Hilfe eines Tropfenzählers zu 3 Tropfen Öl in 30 Tropfen 93 %igem
Spiritus so lange Wasser zugeträufelt wird, bis eine Trübung bestehen bleibt.
Die so gefundene Tropfenzahl ist der gesuchte Löslichkeitskoeffizient, der um
so höher ist, je leichter sich das betreffende Öl löst. Der Hauptunterschied
von dem Dowzardschen Verfahren liegt darin, daß dieser absoluten Alkohol
anwendet.
Viskosität. Die Bestimmung der Viskosität als Prüfungs-
methode für ätherische Öle ist zuerst von Dowzard 3 ) in Vor-
schlag gebracht worden, sie hat sich aber nicht bewährt und
nie praktischen Wert erlangt. Als Grund für das Versagen sehen
Querzigh und Moreschini 3 ) die Mangelhaftigkeit der bisher
dazu benutzten Apparate an und schlagen ein von Scarpa
konstruiertes Instrument vor, das brauchbare Resultate liefern
soll und den Vorteil bietet, daß man mit kleinen (5 oder selbst
1 ccm) Flüssigkeitsmengen arbeiten kann.
Auch de Jong und van Harpen 4 ) vertreten die Ansicht,
daß sich die Messung der Viskosität von ätherischen Ölen
bei geeigneter Verbesserung der Methode und der Apparate als
wertvolles Hilfsmittel für die Prüfung erweisen wird. Nach den
Erfahrungen, die Schimmel &; Co. 5 ) mit der Viskositätsbestim-
mung an Citronell- und Citronenölen machten, ist diese Unter-
suchungsmethode nicht empfehlenswert, da sie leicht zu Trug-
schlüssen führt.
*) Parfüm, moderne 8 (1910), 97.
a ) Chemist and Druggist 57 (1900), 169.
s ) Rendiconti della Soc. chim. ital., fasc. XIII (1913); Bericht von
Schimmel $ Co. Oktober 1913, 122.
*) Berichten van de Afd. Handelsmuseum van het Koloniaal Instituut 192S,
Nr. 13; Rec. trav. chim. Pays-Bas 48 (1924), 687; Chem. Zentral«. 1924, IL 2797.
5 ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1901, 26; 1924, 19; 1925, 143.
716 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Chemische Prüfungsmethoden.
Die rationelle Prüfung eines ätherischen Öls auf chemischem
Wege ist nur dann möglich, wenn seine Zusammensetzung oder
doch wenigstens seine Hauptbestandteile bekannt sind. Die
chemische Untersuchung muß möglichst darauf gerichtet sein,
die als wertvoll erkannten Komponenten zu isolieren und quanti-
tativ zu bestimmen. Die Prüfungsmethoden haben sich also
der Analyse des Öls anzupassen. Wäre diese eigentlich selbst-
verständliche Voraussetzung schon früher allgemein anerkannt
gewesen, so wären wohl jene Untersuchungsmethoden, die man
als quantitative Reaktionen bezeichnet, wie beispielsweise die
Jodabsorption, oder die Maumenesche Schwefelsäureprobe, die
bei den fetten Ölen gute Resultate geliefert hatten, nicht ohne
weiteres auf die ätherischen Öle übertragen worden.
Die fetten Öle sind eine Gruppe chemisch nahe verwandter
Körper; sie sind Glyceride der Fettsäure- und Ölsäurereihe.
Die Bestandteile der ätherischen Öle hingegen gehören den
verschiedensten Körperklassen an. Unter ihnen finden sich
Terpene, Sesquiterpene, Paraffine, Alkohole, Aldehyde, Ketone,
Phenole, Äther, Oxyde und Ester. Kann es deshalb wunder-
nehmen, wenn die bei den fetten Ölen brauchbaren Prüfungs-
weisen bei den ätherischen Ölen versagen? Oder hat es Sinn,
die fetten und ätherischen Öle denselben Reaktionen zu unter-
werfen, nur weil sie die gemeinsame Bezeichnung „Öle" führen?
Die Anwendung der Hü bischen Jodadditionsmethode auf die
ätherischen Öle ist von Barenthin 1 ), Kremel 2 ), Williams 8 ),
Davies*), Snow 5 ) und in abgeänderter Form von Huerre 8 )
empfohlen worden. Durch Gegenüberstellung der von den ein-
zelnen Beobachtern erhaltenen Resultate konnte es Cripps')
*) Arch. der PHarm. 224 (1886), 848.
a ) Pharm. Post 21 (1888), 789, 821.
*) Chem. News 60 (1889), 175.
*) Pharmaceutical Joum. III. 19 (1889), 821.
Ä ) Ebenda III. 20 (1889), 4.
") Joum. de Pharm, et Chim. VII. 20 (1919), 216; Chem. Zentralbl. 1920,
IL 406; Bericht von Schimmel § Co. 1920, 95.
■>) Chem. News 60 (1889), 236.
Chemische Prüfungsmethoden. 717
nicht schwer fallen, die gänzliche Unbrauchbarkeit dieser Methode
darzutun. Daran ändert der Umstand wenig, daß immer wieder
vereinzelte Analytiker für die Methode eintreten 1 ).
Die Verwendung von Brom an Stelle des Jods wurde zuerst
von Levallois 2 ) und von Klimont 3 ) vorgeschlagen. Sie ist
später wieder von Vau bei 4 ) sowie von Moßler*) empfohlen
worden, doch ist sie schon deswegen von sehr problematischem
Wert, weil man bei der Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung
ätherischer Öle oft kein Urteil darüber haben wird, mit welchen
Verbindungen das Brom eigentlich reagiert. Sie wird daher
bestenfalls ein Notbehelf bleiben.
Nach der Maumeneschen Probe") wird das zu untersuchende
fette Öl in einem bestimmten Verhältnis mit konzentrierter
Schwefelsäure gemischt und die dabei stattfindende Temperatur-
erhöhung gemessen. Ihre Anwendung auf ätherische Öle ist
von Williams 7 ) sowie von Duyk s ) befürwortet worden, sie hat
aber in die Praxis ebensowenig Eingang gefunden wie die
vorhergenannten Proben.
In dieselbe Kategorie wie diese Methoden gehören auch die
vielfach empfohlenen Farbreaktionen, die darin bestehen, daß
beim Zusammenbringen von irgend einem chemischen Agens,
meist Schwefelsäure oder Salpetersäure, mit einem ätherischen
Öle irgend eine Färbung hervorgerufen wird, die in den seltensten
Fällen auf einen bestimmten chemischen Vorgang zurück-
*) Sangle-Ferriere u. Cuniasse, Journ. de Pharm, et Chim. II. 17
(1903), 169; Bericht von Schimmel Sl Co. April 1903, 83. — Hudson-Cox
u. Simmons, Analyst 29 (1904), 175; Pharmaceutical Journal 72 (1904),
861; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1904, 81. — Worstail, Journ.
Soc. ehem. Industry 28 (1904), 302; Bericht von Schimmel $ Co. Oktober
1904, 87. — Harvey, Journ. Soc. ehem. Industry 23 (1904), 413; Bericht von
Schimmel 8j Co. Oktober 1904, 88.
a ) Compt rend. 99 (1884), 977.
3 ) Chem.-Ztg. 18 (1894), 641.
*) Zeitschr. f. öff. Chem. 11 (1905), 429; Chem. Zentralbl. 1906, I. 199;
Bericht von Schimmel § Co. April 1906, 60.
■) Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. 45 (1907), 223, 235, 251, 267, 283,
299; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1907, 118.
") Compt. rend. 92 (1881), 721.
*} Chem. News 61 (1890), 64; Chem. Zentralbl. 1890, I. 736.
8 ) Bull, de l'Academie roy. de mfidec. de Beigique. 1897; Journ. de
Pharm, et Chim. VI. 7 (1898), 244; Chem. Zentralbl. 1898, I. 860.
718 Die Prüfung der ätherischen Ole.
zuführen ist. Da die entstehenden Farbnüancen schwer zu
beschreiben sind, häufig ineinander übergehen und daher leicht
Veranlassung zu Irrtümern geben können, so sind die Farb-
reaktionen im allgemeinen als unbrauchbar zu bezeichnen. Es
ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß in dem einen oder anderen
speziellen Falle eine Farbreaktion bei der Erkennung von Ver-
fälschungen gute Dienste leisten kann, besonders dann, wenn
es sich um die Charakterisierung gewisser, aus den Ölen
abgeschiedener Einzelbestandteile (z. B. Cadinen, Sylvestren)
handelt. Als beweisend ist sie allein aber niemals anzusehen.
Außer den aufgezählten Prüfungsweisen sind im Laufe der
Zeit noch viele andere vorgeschlagen worden, die aber ebenso-
wenig wie jene eine praktische Bedeutung erlangt haben. Es
sollen hier nur solche Methoden besprochen werden, die sich
bei der Untersuchung ätherischer Öle wirklich bewährt haben.
Die Verseifung. Durch die wissenschaftliche Untersuchung
ist festgestellt worden, daß die ätherischen Öle vielfach ester-
artige Verbindungen enthalten, deren Komponenten Alkohole,
gewöhnlich der Zusammensetzung C 10 H 18 O oder C 10 H 20 O, einer-
seits und Säureradikale der Fettsäurereihe andrerseits sind.
Die fast ausnahmslos wohlriechenden Ester sind häufig als
die wichtigsten Bestandteile der Öle zu betrachten. So ist das
Linalylacetat der Träger des Geruchs im Bergamottöl; derselbe
Ester findet sich auch im Lavendelöl und kommt neben anderen
Verbindungen auch im Petitgrainöl vor.
Die in verschiedenen Fichtennadelölen aufgefundenen Ester
des Borneols sind an der Bildung des Fichtenaromas wesentlich
beteiligt. Menthylacetat wird in den Pfefferminzölen angetroffen
und der Geranylester der Tiglinsäure in den verschiedenen
Geraniumölen.
Die quantitative Bestimmung der Ester ist für die Be-
urteilung der Öle immer wertvoll, selbst dann, wenn die Ester
für den Geruch von nur untergeordneter Bedeutung sind. Viel
wichtiger aber und geradezu die einzige rationelle Methode zur
Qualitätsprüfung ist die Bestimmung in den Fällen, wo die Ester
die Träger des charakteristischen Geruchs sind, wie beim Berga-
mottöl und beim Lavendelöl. Die Bestimmung geschieht nach
der Methode der quantitativen Verseifung, wie sie bei der Analyse
Chemische Prüfungsmethoden.
719
der Fette schon lange angewandt wird. Ihre Anwendung auf
die ätherischen Öle ist zuerst von A. Kremel 1 ) angeregt worden.
Praktische Bedeutung erlangte dieser Vorschlag erst, als man
durch die wissenschaftliche Forschung die ISatur der verseifbaren
Verbindungen kennengelernt hatte.
Kremel unterscheidet Säurezahl (S. Z.), Esterzahl (E. Z.)
und Verseifungszahl (V. Z.). Die Säurezahl drückt aus, wieviel
mg KOH notwendig sind, um die in 1,00 g Öl enthaltene Menge
freier Säure zu neutralisieren. Die Esterzahl gibt das zur Ver-
seifung des in 1,00 g Öl enthaltenen Esters verbrauchte Kali in
Milligrammen an. Die Verseifungszahl ist die
Summe von Säurezahl und Esterzahl. Die äthe-
rischen Öle enthalten mit wenigen Ausnahmen,
wie z. B. Irisöl, Geraniumöl und Vetiveröl, nur
sehr geringe Mengen freier Säure, nur alte, zum
Teil verdorbene Öle pflegen etwas höhere Säure-
zahlen aufzuweisen. Es ist anzuraten, bei der
Prüfung der Öle nicht einfach die Verseifungszahl
festzustellen, sondern Säurezahl und Esterzahl
getrennt zu bestimmen, da es vorgekommen ist,
daß den Ölen zur scheinbaren Erhöhung des
Estergehalts Säuren zugesetzt waren.
Es sei erwähnt, daß in allen Ölen, die
Aldehyde enthalten, die Esterbestimmung durch
Verseifung nicht ausgeführt werden kann, da
dabei ein durch die Zersetzung der Aldehyde
bedingter, mit der Dauer der Einwirkung steigender Mehr-
verbrauch von Alkali stattfindet, der aber keine Auskunft über
die Menge des zerstörten Aldehyds gibt
Fehler in der Bestimmung treten auch bei Gegenwart von
Phenolen ein, die deshalb vor der Verseifung durch Ausschütteln
mit verdünnter (3- bis 5 °/<>iger) wäßriger Lauge zu entfernen
sind, wenn man nicht in solchen Fällen überhaupt auf die Fest-
stellung des Estergehalts verzichten will.
Die Verseifung führt man mit Hilfe von alkoholischer Halb-
normal-Kalilauge in einem 100 ccm haltenden, weithalsigen
Kölbchen aus Kaliglas aus (Fig. 72). Ein etwa 1 m langes, durch
Hg 72.
l ) Pharm. Post 21 (1888), 789, 821.
720 Die Prüfung der ätherischen Ole.
einen durchbohrten Stopfen gestecktes Glasrohr dient als Rück-
flußkühler. In ein solches Kölbchen wiegt man 1,5 bis 2 g Öl
auf 1 cg genau ab, verdünnt mit ungefähr der doppelten Menge
säurefreien, starken Alkohols und neutralisiert nach Zusatz einiger
Tropfen alkoholischer Phenolphthaleinlösung vorsichtig mit Halb-
normal-Kalilauge. Die Reaktion ist beendet, sobald die auftretende
Rotfärbung beim Umschwenken des Gefäßes nicht sofort wieder
verschwindet; eine später wieder eintretende Entfärbung rührt
daher, daß das überschüssige Alkali verseifend auf den Ester
einwirkt.
Man hat gefunden 1 ), daß sich der Alkohol bei Gegenwart von Phenol-
phthalein als Indikator wie ein Alkali verbrauchender Stoff verhält. Dies hat
seinen Grund nicht in einem Säuregehalt des Alkohols, sondern In der um-
lagernden Wirkung des Alkohols auf Phenolphthalein. Bei Titrierungen in
weingeistiger Lösung ist daher der Alkaliverbrauch des Alkohols vorher fest-
zustellen und bei der Berechnung in Abzug zu bringen. Die Korrektur kann
in dieser Weise angebracht werden, weil der Alkaliverbrauch eines wäßrigen
Alkohols annähernd dem Alkoholgehalt proportional ist. Auch kann man so
verfahren, daß man den Alkohol vorher mit Kalilauge unter Zusatz von
Phenolphthalein „neutralisiert".
Nach dem Abstumpfen der Säure, wozu oft nur 2 bis
3 Tropfen Halbnormal-Kalilauge nötig sind, fügt man 10 ccm
oder auch mehr 2 ) Lauge hinzu, erhitzt das Kölbchen, nach Zu-
gabe einiger Siedesteinchen oder besser in kleine Stückchen zer-
brochener Glaskapillaren mit aufgesetztem Kühlrohr eine Stunde
oder länger (siehe unten) auf dem Dampf bade 3 ), läßt dann erkalten
*) R. Wegscheid er, Über den Einfluß des Äthylalkohols auf den Farben-
umschlag des Phenolphthaleins, Zeitschr. physik. Chem. 100 (1922), 532.
s ) In den meisten Fällen genügen 10 ccm, nur bei Ölen mit hohem
Estergehalt (Romisch Kamillenöl, Wintergrünöl) muß man 20 bis 30 ccm Lauge
nehmen, um einen genügenden Überschuß davon zu haben, worauf sehr zu
achten ist. Aus dem gleichen Grunde nehme man auch bei unbekannten
Ölen wenigstens 20 ccm Lauge zur Verseilung. Bei reinen Estern ist je nach
der Größe des Moleküls und der Anzahl der Carboxylgruppen noch mehr
erforderlich, z. B. zur Verseifung von 2 g Methylformiat 67 ccm Halbnormal-
Kalilauge.
a ) Das von Helbing (Helbings Pharmacological Record Mr. 30, S. 4)
angewandte Verseifungsverfahren im geschlossenen Gefäße, also unter Druck,
lieferte, wie die von Schimmel 8j Co. angestellten Versuche ergaben, für
Bergamottöl um 1 bis 2 % höhere Resultate als die Verseifung im offenen
Kölbchen. Der Grund hierfür ist der, daß Linalool bei der Verseifung unter
Verbrauch von Kali angegriffen wird, während es beim Kochen im offenen
Chemische Prüfungsmethoden. 721
und titriert den Überschuß von Lauge mit Halbnormal-Schwefel-
säure zurück. In solchen Fällen, wo der Farbenumschlag schlecht
zu erkennen ist, wie z. ß. bei Kamillenöl, Wermutöl u. a., ver-
dünnt man den Kol beninhalt zweckmäßig mit 50 ccm oder auch
mehr Wasser.
Eine wesentliche Abkürzung der Verseifungsdauer erreicht man nach
Slack 1 ), wenn man zur Herstellung der Kalilauge nicht Äthylalkohol,
sondern Benzylalkohol verwendet; bei Lavendelöl war die Versetfung schon
nach 5 Minuten langem Kochen vollständig beendet. Es hängt dies damit
zusammen, daß sich der Prozeß hier bei einer wesentlich höheren Temperatur
abspielt, denn Äthylalkohol siedet bei 78° und Benzylalkohol bei 205°. Infolge-
dessen findet die Verseifung auch nicht, wie sonst, auf dem Wasserbade statt,
sondern es muß über freier Flamme gekocht werden. Man verwendet entweder
eine Halbnormallösung oder eine Mormallösung. Da Benzylalkohol selbst
manchmal eine geringe Säure- und Esterzahl aufweist, so sind diese nötigen-
falls zu bestimmen und bei der Berechnung zu berücksichtigen, besonders
dann, wenn er außerdem zum Verdünnen des Öls benutzt wird. Nach der
Verseifung läßt man die Mischung abkühlen, verdünnt mit einer entsprechenden
Menge neutralisierten Methylalkohols und titriert dann mit Halbnormal-Säure
zurück.
Auch butylalkoholische Kalilauge, die sich bei fetten Ölen, Feiten und
Wachsen bewährt hat, kann wohl bei der Analyse schwer verseifbarer
ätherischer Öle Verwendung finden 2 ).
Was die Verseifungsdauer bei Anwendung von äthylalko-
holischer Halbnormal-KalÜauge anbetrifft, so genügt für die
meisten Ester eine viel kürzere Zeit als eine Stunde. Bei
Bergamottöl ist die Reaktion schon in 10 Minuten beendet. Um
auf alle Fälle sicher zu gehen und stets unter denselben Be-
dingungen zu arbeiten, erhitzt man aber länger, was keinen
schädlichen Einfluß hat 8 ).
Kölbchen keine Veränderung erleidet. Später bestätigten Helbing und
Passmore [Chemist and Druggist 47 (1895), 585], daß die Verseifung im
offenen Gefäße am Rückflußkühler der Autoklavenverseifung vorzuziehen sei.
Ebensowenig scheint die sogenannte kalte Verseifung, die außerdem noch
den Nachteil des größeren Zeitaufwandes hat, bei den ätherischen Ölen
angebracht zu sein, da nach Henriques [Zeitschr. f. angew. Chem. 10
(1897), 399] Linalool nach 12 stündiger Einwirkung des Alkalis die V. Z. 4,2,
Geraniol bei derselben Behandlung eine solche von 2,8 lieferte.
*■) Chemist and Druggist 87 (1915), 67a
") Vgl. Pardee, Hasche u. Reid, Journ. ind. eng. Chem. 12 (1920),
481 ; Bericht von Schimmel § Co. 1920, 95.
*) Vgl. Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1895, 16.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 46
722 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Nur einige Ester brauchen zur vollständigen Verseifung
nicht nur ein längeres Sieden, sondern auch einen gewissen
Überschuß an Alkali 1 ).
Bei Anwendung von 1,5 g Öl sind zu erhitzen:
Menthylacetat 1 1 /a Stdn. mit 20 ccm alkohol. Halbn.-Kalilauge
Terpinylacetat 3 „ „ 40 „ „ „ „
Bornylisovalerianat 3 „ „ 30 „ „ „
Menthylisovalerianat 6 „ „ 60 „ „ „ „
Reclaire*) bestimmte die Verseifungszahl einiger Isovalerianate
nach 1-, 2-, 3-, 5- und 6stündigem Kochen mit einer der Verseifungszahl ent-
sprechenden Menge überschüssiger alkoholischer Halbnormal- und Normal-
kalilauge. Aus den Versuchen ging hervor, daß Isoamylisovalerianat, Äthyl-,
Benzyl-, Cännamyl-, Geranyl-, Lauryl-, Octyl-, Phenyläthyl- und Santalyliso-
valerianat ebenso leicht verseift wurden wie die meisten Acetate, Butyrate usw.
Hingegen waren Citronellylisovalerianat und vor allem Bornyl- und Menthyl-
isovalerianat schwerer verseifbar. Die Valerianate andrer sekundärer Alkohole,
wie die des Methylheptenols, des Cyclohexanols und des Phenylmethylcarbinols
erwiesen sich als leicht verseifbar. — Auf Grund seiner Versuche empfiehlt
Reclaire bei der Verseif ung und Bestimmung von Valerianaten alkoholische
Normalkalilauge an Stelle von alkoholischer Halbnormal-Kalilauge zu ver-
wenden (20 ccm für 1,5 g Ester) und die Verseifungsdauer auf 2 Stunden
auszudehnen. Eine Ausnahme machen Bornyl- und Menthylisovalerianat, die
mit alkoholischer Normalkalilauge — wie oben ausgeführt auch mit Halbnormal-
lauge — erst nach 3- bzw. östündigem Kochen vollständig- verseift werden.
Die Berechnung des Ergebnisses der Verseifung geschieht nach
folgender Formel: Q _ .
^' £• 28 a
E. Z. = - •
V. Z. J s
Hierin bedeutet a die Anzahl der verbrauchten ccm alkoholischer
Halbnormal-Kalilauge und s die angewandte Ölmenge in Grammen:
Hat man von einem Bergamottöl 1,50 g angewandt und zum Neutrali-
sieren der freien Säure 0,1 ccm, zur Verseifung 6,0 ccm Halbnormal-Kalilauge
gebraucht, so ist
die Säurezahl (S.Z.) = 2& '°' i = 1,87,
1,5
die Esterzahl (E. Z.) = ~^- = 1 12,0 und
1,5
die Verseifungszahl (V. Z.) = - %ffl' 1 _ + ^°? = 113,87 = 1,87 -f- 112,0.
1,5
*) Bericht von Schimmel $ Co. 1917, 93.
=) Deutsche Parf.-Ztg. 10 (1924), 189.
Chemische Prüfungsmethoden. 723
Aus der Esterzahl läßt sich der Gehalt an Ester oder
Alkohol nach folgenden Formeln berechnen:
•'• Ester = J W1?' °/. Alkohol = ^Sl.
Hierbei bedeutet m das Molekulargewicht des betreffenden
Esters, tn ± das des zugehörigen Alkohols und b die Basicität
der zugehörigen Säure.
Für die am häufigsten in den ätherischen Ölen anzutreffenden
Alkohole, C 10 H 18 O (Geraniol, Unalool, Borneol, Isopulegol),
C 10 H 20 O (Menthol, Citronellol), C 18 H 34 (Santalol), C 18 H 2e O
(Cedrol), und deren Essigester lauten die Formeln:
1. C 10 H 18 O: o/o Essigester = E, %^ 196 ; % Alkohol = E '^ 154
E.Z.156
560 ' '" " 560"
E. Z.-262 „, E.Z.-220
2.
C H O-
v -10* , 20 v ' •
°/o
3.
C 15 H 24 0:
o/o
4.
C 16 H 2e O:
o/o
560
E.Z.-198
560
E.Z.-264
560
%
Alkohol
=
%
it
=
°/o
ti
—
o/o
»*
=
560
E.Z.222
560
Der Faktor b ist hier in Wegfall gekommen, da Essigsäure
einbasisch ist.
Bei dem oben als Beispiel angeführten Bergamottöl, dessen Ester aus
Linalylacetat (CH 8 COOCi Hi 7 ) und dessen Alkohol aus Linalool (Ci Hi 8 O)
besteht, ergeben sich hiernach folgende Werte:
% Linalylacetat = 112 ^ 196 = 39,20,
<% Linalool = 112 ^ 154 = 30,80.
Unter Umgehung der Esterzahl findet man den Prozentgehalt
an Ester und Alkohol direkt nach folgenden Gleichungen:
o/o Ester = 2^- b -; •/. Alkohol = *£k.
Die einzelnen Buchstaben haben hier dieselbe Bedeutung
wie in den vorhergehenden Formeln.
Für die oben angeführten Alkohole C 10 H ls O, C 10 H 80 O, C lB H 2i O
und C 1B H 2B befindet sich am Schluß dieses Kapitels auf S. 808
eine Tabelle (I), die den der gefundenen Esterzahl entsprechenden
46*
724
Die Prüfung der ätherischen Öle.
Prozentgehalt des Öles an Essigsäureester 1 ) oder Alkohol direkt
angibt. Der Gebrauch der Tabelle ist ohne weiteres klar. Hat
man bei Bergamottöl die Esterzahl 112 gefunden, so sucht man
diese Zahl in der mit C 10 H 18 O überschriebenen Abteilung auf
und findet in der die Überschrift „Acetat" führenden Kolonne die
den Prozentgehalt des Bergamottöls an Linalylacetat angebende
Zahl 39,20. Diese 39,20 °/o Acetat entsprechen, wie aus der nächsten,
„Alkohol" überschriebenen Kolonne hervorgeht, 30,80 °/o Linalool.
Um für die genannten Alkohole überhaupt
jede Rechnung zu ersparen, haben wir noch eine
weitere Tabelle II (S. 822) beigegeben, aus der die
Esterzahl (Säurezahl, Verseifungszahl) sowie der
entsprechende Gehalt an Acetat und Alkohol un-
mittelbar aus der Anzahl der verbrauchten ccm
Halbnormal- Kalilauge ersehen werden können,
wenn genau 1 ,50 g Öl in Arbeit genommen werden.
Acetylierung. Viele ätherische Öle enthalten
als wichtige Bestandteile Alkohole verschiedener
Zusammensetzung, z. B. Borneol, Geraniol, Ter-
pineol, Linalool, Thujylalkohol, Menthol, Citronellol
und Santalol. Zur quantitativen Bestimmung kann
man ihr Verhalten gegen Essigsäureanhydrid, mit
dem sie sich beim Erhitzen zu Essigsäureestern
umsetzen, benutzen. Als Beispiel für den Reaktions-
verlauf sei die Bildung des Geranylacetats angeführt:
C l0 H t! OH + (CH 3 CO) ä O = CH 3 CO 2 C 10 H 17 + CH 3 CO a H.
Zur Acetylierung 5 ) werden 10 ccm des Öles mit dem gleichen
Volumen Essigsäureanhydrid 8 ) unter Zusatz von etwa 2 g ge-
schmolzenem Natriumacetat und einigen Siedestein chen in einem
mit eingeschliffenem Kühlrohr versehenen Kölbchen (Fig. 73)
1 Stunde auf dem Sandbade im gleichmäßigen Sieden erhalten.
Nach dem Erkalten setzt man zu dem Kolbeninhalt etwas Wasser
und erwärmt unter mehrmaligem Umschütteln l /± Stunde auf
Fig 73.
x ) Bei Geraniol auch an Tiglinat. Tab. I, S. 821.
s ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1894, 65.
*) Zum Abmessen sind Pipetten mit doppelt durchbohrtem Glashahn
recht brauchbar.
Chemische Prüfungsmethoden. 725
dem Wasserbade, um das überschüssige Essigsäureanhydrid zu
zersetzen, scheidet nach abermaligem Erkalten das Öl im
Scheidetrichter ab und wäscht es so lange mit Wasser oder
besser Kochsalzlösung aus, bis die Reaktion neutral ist 1 ).
Da bei Anwendung von chlorhaltigem Essigsäureanhydrid die Be-
stimmungen des Alkoholgehalts zu hoch ausfallen, hat man auf die Qualität
jenes zu achten. Nach Salimon') enthält 80 % iges Anhydrid meist Acetyl-
chlorid, während 91 %iges frei davon sein soll. Man bestimmt Essigsäure-
anhydrid nach Reclaire 8 ) durch Titration mit carbonatfreier Lauge in
folgender Weise: 10 g Essigsäureanhydrid werden mit 75 ccm kohlensäure-
freiem Wasser V* Stunde lang auf dem Wasserbade unter Rückfluß erhitzt.
Von der nach dem Abkühlen mit kohlensäurefreiem Wasser auf 500 ccm
gebrachten Lösung werden 50 ccm mit carbonatfreier Halbnormal-Kalilauge
titriert. Als Indikator dient Phenolphthalein. Gute Resultate werden nur erhalten,
wenn man carbonatfreie Lauge und kohlensäurefreies Wasser verwendet.
Von dem mit wasserfreiem schwefelsaurem Natron ge-
trockneten, acetylierten Öle werden 1,5 bis 2 g nach dem auf
Seite 719 beschriebenen Verfahren mit 20 ccm 4 ) alkoholischer
Halbnormal-Kalilauge verseift, nachdem man vorher die etwa
noch vorhandene freie Säure sorgfältig neutralisiert hat. Die
der Esterzahl entsprechende prozentuale Menge Alkohol, bezogen
auf das ursprüngliche, nicht acetylierte Öl, ist aus der am Schluß
dieses Kapitels auf Seite 808 beigefügten Tabelle l 5 ) zu ersehen,
die nach folgender Formel berechnet ist:
■• sl • m
<7o Alkohol im urspr. Ol = 20 . (s _ a . ,021) '
m = Molekulargewicht des betreffenden Alkohols,
a = verbrauchte ccm Halbnormal-Kalilauge,
s = angewandte Menge acetylierten Öls in Grammen.
') Man kann auch so verfahren, daß man die freie Säure vorher mit
Sodalösung abstumpft und hierauf bis zur neutralen Reaktion auswäscht.
Hierbei wirkt aber störend, daß sich die Sodalösung bisweilen schlecht von
dem Öle trennt, so daß der oben angegebene Weg vorzuziehen ist.
2 ) Perfum. Record 18 (1922), 357.
3 ) Ebenda 148.
4 ) Bei ölen mit sehr hohem Alkoholgehalt, wie z. B. bei Citronellölen,
empfiehlt Treff [Zeitschr. f. angew. Chem. 39 (1926), 1309], damit ein ge-
nügender Überschuß von Alkali vorhanden ist, 30 ccm Lauge anzuwenden.
9 ) Bei Verwendung von genau 1,50 g acetylierten Öls findet man den
Alkoholgehalt in der auf S. 822 befindlichen Tabelle II direkt aus der Anzahl
der verbrauchten ccm Halbnormal-Kalilauge.
726 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Um aus den verbrauchten ccm Halbnormal-Kalilauge den
Alkoholgehalt zu berechnen, kann man sich der Formeln bedienen:
a-7,7
° /o C " H «° = s — a^021 '
0/ p H n <*~ /,Q
/o v- 10 n 20 vj — s __ a . 0j0 21
Aus der Acetylierungszahl (E. Z. nach Actig. oder A. Z.)
findet man den Alkoholgehalt durch die Formeln:
0/ /"* i_i /-* /v. z.. • / , I
1° "-ic n is^ — 28 — A.Z. -0,021"'
/u ^ O n 20 u — 28 — A.Z. -0,021 '
Hierbei wird, wie besonders hervorgehoben sein soll, nicht
darauf Rücksicht genommen, daß ein Teil des Alkohols eventuell
schon von vornherein verestert im Öle vorkommt. Ein geringer
Estergehalt des ursprünglichen Öls kann in der Praxis meist
unberücksichtigt bleiben, da die hierdurch verursachte Fehler-
quelle nur klein ist. Handelt es sich aber um größere Ester-
mengen oder um genauere Bestimmungen, so muß der Fehler
ausgeschaltet werden.
Hierzu ermittelt man nach der untenstehenden Gleichung den
Prozentgehalt an freiem Alkohol und addiert hierzu die sich aus der
Esterzahl ergebende Menge an verestertem Alkohol. Die Summe
gibt den wahren Prozentgehalt des Öls an Gesamtalkohol an.
°/o freier Alkohol = Alkohol im ursprünglichen Öl x M — pM,
worin E t den als Acetat berechneten Estergehalt des ursprüng-
lichen Öls und E 2 den Estergehalt des acetylierten Öls bedeutet.
Der Gehalt an verestertem Alkohol und an Alkohol im ur-
sprünglichen Öl ist auf Grund der Esterzahlen aus der oben
erwähnten Tabelle 1 zu ersehen.
Anstelle des Faktors M — pM kann man auch die "Werte
(l — -^M oder M — p-M setzen. Hierbei bedeuten a. x und a 2 die
für je 1,5 g ursprüngliches und acetyüertes Öl verbrauchten
ccm -j- KOH und Ez x und Ez 2 die Esterzahlen des ursprüng-
lichen und des acetylierten Öls.
Chemische Prüfungsmethoden. 727
Hat man beispielsweise bei einem Pfefferminzöl eine Ester-
zahl von 26,43 und nach der Acetylierung eine Esterzahl von
173,57 (== 55,59 % C 10 H 20 O) gefunden, so erfährt man den
wahren Gehalt an Gesamtmenthol folgendermaßen:
V freies Menthol = 55,59 Q—^^) = 47,13 >,
",o gebundenes Menthol == 7,36 °/ ,
°/o Gesamtmenthol = 47,13 + 7,36 = 54,49%.
Demselben Zweck dienen noch die folgenden Formeln. Die
von Charabot 1 ) aufgestellte lautet:
u 'o Alkohol im ursprünglichen Öl = , m .\ .f * „
K & .. m + 42 — 0.42E
E = °/o Ester im acetylierten Ol,
e = °/o „ „ ursprünglichen Öl,
m = Molekulargewicht des Alkohols.
Nach Tusting Cocking 2 ) ist der Prozentgehalt des ur-
sprünglichen Öls an freiem Alkohol
(EZ a — EZ t ) ■ m
"(1333 — EZ 2 ) - 0,42 *
In dieser Formel 3 ) bedeutet:
EZ X die Esterzahl des ursprünglichen Öls,
EZ a die Esterzahl des acetylierten Öls,
m das Molekulargewicht des betreffenden Alkohols.
Zwei weitere von L. S. Glichitch 1 ) aufgestellte Formeln
gestatten außer dem freien Alkohol auch den Gesamtalkohol
zu berechnen.
°/o Freier Alkohol = on -. — — — rnvsi\
20 -(s — a 2 - 0,021)
m-a 2 • (s — a x • 0,021 )
2Ö~s~-~(s — a>- 0,021)
x ) Bull. Soc. chim. III. 23 (1900), 187.
4 ) Perfum. Record 9(1918), 37.— Vgl. Bericht von Schimmel 8 Co. 1918, 104.
3 ) In der Originalarbeit sind die Atomgewichte auf O = 16 bezogen;
wir haben (in Obereinstimmung mit den übrigen aufgestellten Formeln) die
abgerundeten Atomgewichte benutzt Die dadurch bedingte kleine Differenz •
ist für das Resultat belanglos. Aus dem gleichen Grunde sind auch die
Buchstaben andere als im Original.
4 ) Bull. Soc. chäm. IV. 33 (1923), 1284.
728 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Es bedeuten: s = angewandte Ölmenge (ursprüngliches
wie acetyliertes Öl);
a x = die für s g ursprünglichen Öls ver-
brauchten ccm Halbnormal-Kalilauge;
a 2 = die für s g acetylierten Öls verbrauchten
ccm Halbnormal-Kalilauge;
m = Molekulargewicht des Alkohols.
Die amerikanische Pharmakopoe (10. Ausgabe von 1926)
läßt die Berechnung nach folgender Gleichung ausführen:
., _ ,.„,_,■ •• i- u r\i a-m(l— e-0,0021)
°/o Gesamtalkohol im ursprünglichen Ol = - oq.Vs a-0Q21) '
a = verbrauchte ccm Halbnormal-Kalilauge,
m = Molekulargewicht des Alkohols,
e = Estergehalt des ursprünglichen Öls,
s = angewandte Menge acetylierten Öls in Grammen.
Aus rein praktischen Erwägungen haben wir in den folgenden
Bänden die Angaben über den Gehalt an Gesamtalkohol durch-
gehends ohne Rücksicht auf die im ursprünglichen Öle vor-
handenen Ester gemacht, also die Werte angeführt, die sich
direkt aus der Esterzahl des acetylierten Öls ergeben. Für
die Praxis wird diese Zahl im allgemeinen genügen, denn nur
bei esterreichen Ölen, wie z. B. den Geraniumölen, treten er-
.hebliche Unterschiede ein. In den Fällen, wo die Feststellung
des wirklichen Gehalts an Gesamtalkohol erwünscht ist, läßt
sich das leicht mit Hilfe der vorstehend angegebenen Formeln
nachholen.
Die Umsetzung des Alkohols mit Essigsäureanhydrid erfolgt
quantitativ bei Borneol, Isoborneol, Geraniol 1 ), Menthol 9 ) und
Santalol und ermöglicht eine genaue Bestimmung dieser Körper.
Weniger günstig liegen die Verhältnisse bei tertiären Alkoholen,
wie Linalool und Terpineol, da sie sich beim Kochen mit
Acetanhydrid teilweise unter Wasserabspaltung und Bildung von
Terpenen zersetzen.
*■) Bertram u. Gildemeister, Journ. f. prakt. Chem. IL 49 (1894), 189.
s ) Power u. Kleber, Pharm. Rundsch. (Neuyork) 12 (1894), 162; Arch.
der Pharm. 288 (1894), 653.
Chemische Prüfungsmethoden. 729
Man kann jedoch auch bei diesen Alkoholen vergleichbare Zahlen er-
halten, wenn stets dieselbe Menge Essigsäureanhydrid angewandt und dieselbe
Zeitdauer des Erhitzens eingehalten wird. Beim Linalool wurde als günstigstes
Resultat nach zweistündigem Kochen ein um 15 % zu niedriger Alkoholgehalt
gefunden 1 ). Terpineol verhält sich gegen Essigsäureanhydrid folgendermaßen:
Dauer des Kochens: Gebildetes Terpinylacetat :
10 Minuten 51,2%
30 „ 75,5 %
45 „ 84,4 %
2 Stunden 77,9 %•
Ein längeres Erhitzen als 45 Minuten übt also beim Terpineol schon
einen schädlichen Einfluß aus.
Besser werden die Ergebnisse, wenn man den Vorschlag
von Boulez 2 ) befolgt und, etwa im Verhältnis 1:5, ein Ver-
dünnungsmittel anwendet. Hierzu eignet sich Terpentinöl oder
besser Xylol, das bei dem Acetylierungs- und Verseifungsprozeß
vollkommen unverändert bleibt, während Terpentinöl eine, wenn
auch geringe, Acetylierungszahl gibt; letztere ist selbstverständ-
lich bei der Berechnung in Abzug zu bringen. Gleichzeitig muß
aber die Dauer der Acetylierung erheblich verlängert werden.
Schimmel Sj Co. 8 ) stellten ein Maximum an Esterbildung bei
5 bis 7 stündigem Kochen fest. Weiteres Erhitzen bewirkt
wieder eine Esterabnahme, wie aus den nachfolgenden Tabellen
ersichtlich ist.
Zufriedenstellende Werte erhält man aber auch auf diese
Weise nur beim Terpineol, während die Genauigkeit bei der
Linaloolbestimmung noch sehr zu wünschen übrig läßt. Die
von Boulez angeblich beobachtete quantitative Umsetzung
des Linalools beruht, wie Schimmel § Co.*) nachgewiesen
haben, auf einem Fehler bei der Berechnung.
I. 20 Teile Linalool + 80 Teile Xylol.
Dauer d. Acetylierung: 3 Stdn. 5 Stdn. 7 Stdn. 12Stdn. 20Stdn.
EZ.: 53,3 60,4 63,0 63,3 51,6
%C 10 H 18 O: .... 15,3 17,4 18,2 18,3 14,8
Gefunden auf 100 Teile
angew. Alkohols . . 76,5 87,0 91,0 91,5 74,0
') Bericht von Schimmel § Co. April 1898, 38.
s ) Les corps gras 33 (1907), 178; Bull. Soc. chim. IV. 1 (1907), 117.
*) Bericht von Schimmel § Co. April 1907, 129.
*) Ebenda 127.
730 Die Prüfung der ätherischen Öle.
II. 20 Teile Terpineol + 80 Teile Xylol.
Dauer d. Acetylierung: 3 Stdn. 4 Stdn. 5 Stdn. 7 Stdn. 12 Stdn.
EZ.: 55,2 67,7 68,8 68,1 65,1
<YoC 10 H ls O: .... 15,8 19,6 20,0 19,8 18,8
Gefunden auf 100 Teile
angew. Alkohols . . 79,0 98,0 100,0 99,0 94,0
Für die quantitative Bestimmung tertiärer Alkohole, wie Ter-
pineol und Linalool, gibt Boulez 1 ) neuerdings folgende Vorschrift,
bei der bei stärkerer Verdünnung noch länger gekocht wird.
Man gibt in einen 250 ccm fassenden Kolben 1 g der zu
untersuchenden Probe und 22 g m-Xylol, ferner 40 g Essig-
säureanhydrid, 3 g geschmolzenes Natriumacetat und erhitzt
das Gemisch ungefähr 9 Stunden zum Sieden. Nach dem Er-
kalten und nach Zugabe von 50 g Wasser wird die Mischung
noch eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbade erwärmt, die
Xylollösung von der wäßrigen Schicht getrennt und ein einziges Mal
mit heißem Wasser gewaschen. Hierauf trocknet man die Xylol-
lösung mit wasserfreiem Natriumsulfat, filtriert sie und bestimmt
von etwa 5 g des Filtrats in der üblichen Weise die Esterzahl.
Hierzu ist zu bemerken, daß bei Verwendung von nur 5 g
Filtrat, die kaum V* g Substanz entsprechen, eine merkliche
Fehlerquelle vorhanden sein dürfte.
Eine weitere Bestimmung tertiärer Alkohole findet sich auf
Seite 733.
Ebenso wie bei der Verseifung beeinflussen auch bei der
Acetylierung Phenole und Aldehyde die Reaktion ungünstig.
Bei Vorhandensein größerer Mengen müssen diese Bestandteile
daher vorher aus den Ölen entfernt werden, wenn man deren
Alkoholgehalt ermitteln will. Eine Ausnahme hiervon macht
Citronellal, das beim Acetylieren in Isopulegylacetat über-
geführt wird und infolgedessen auf die gleiche Weise wie ein
Alkohol bestimmt werden kann 3 ). Es sind aber hier für die
*) Bull. Soc. chim. IV. 35 (1924), 419.
B ; Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1896, 34. Mach Untersuchungen
von Semraler ist es wahrscheinlich, daß alle Aldehyde mit einer der CHO-
Gruppe benachbarten CH- oder CH S -Gruppe mit Essigsäureanhydrid unter
Bildung von Monoestern reagieren, wobei ein Obergang des Aldehyds in eine
Enolform anzunehmen ist. Für verschiedene derartige Aldehyde hat Semmler
Chemische Prüfungsmethoden. 731
Acetylierung wie für die Verseifung je zwei Stunden
erforderlich, auch ist wichtig, daß die richtige Menge Natrium-
acetat hinzugesetzt wird, nämlich etwa 2 g auf je 10 ccm Öl
und Essigsäureanhydrid.
Aber selbst bei Einhaltung dieser Bedingungen werden nicht
immer übereinstimmende Werte erhalten. Es ist dies, wie
Reclaire und Spoelstra 1 ) annehmen, auf den Umstand zurück-
zuführen, daß durch die Bildung von Citronellalenolacetat und
Citroneüalenoldiacetat stets wechselnde Mengen davon im Ace-
tylierungsgemisch zurückgehalten werden, die die Analysen-
resultate beeinflussen. Diese Verhältnisse sollen im zweiten Bande
bei Citronellöl ausführlich behandelt werden.
Verley und B öl sing 2 ) haben die Acetylierungsmethode
dadurch zu vereinfachen gesucht, daß sie das Öl mit einer be-
kannten Menge Essigsäureanhydrid bei Gegenwart von Pyridin
verestern, die nicht an Alkohol gebundene Essigsäure zurück-
titrieren und so den Alkoholgehalt ermitteln. Das Verfahren hat
sich aber zur Bestimmung von Terpenalkoholen nicht bewährt;
bessere Resultate erhält man dagegen bei Phenolen, weswegen
es höchstens zur Bestimmung der letzteren in Frage kommt
(vgl. S. 756).
Ebenso sind Versuche, die Schryversche Phenolbestim-
mungsmethode (S. 754) auch für Alkohole zu benutzen, fehl-
geschlagen J ).
Formylierung. Wie schon (S. 445) erwähnt wurde, geht
Citronellöl beim Kochen mit Ameisensäure in das Formiat über,
während andere Terpenalkohole meist hierbei unter Wasser-
abspaltung in Terpene umgewandelt oder vollkommen zersetzt
werden 4 ). Die Reaktion verläuft aber, wie sich später 3 ) heraus-
dies experimentell bewiesen; auch bei der Umwandlung von Citronellal in
Isopulegylacetat geht nach Semmlers Beobachtungen dem Ringschluß die
Bildung von Enolacetat voran. Berl. Berichte 42 (1909), 584, 963, 1161, 2014.
x ) Berichten van de Afdeeling Handelsmuseum van de Kon. Vereeniging
Koloniaal Instituut. 1927. Nr. 31. Vgl. auch Perfum. Rec'ord 18 <1927), 130.
2 ) Berl. Berichte 34 (1901), 3354.
s ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1904, 133.
*) Ebenda April 1901, 50; Oktober 1904, 82.
5 ) Ebenda Oktober 1913, 60. — Simmons, Pharmaceutical Journ. 91,
<1913), 143.
732 Die Prüfung der ätherischen Ole.
gestellt hat, nicht ganz quantitativ, indem einerseits der das
Citronellol begleitende Terpenalkohol, z.B. Geraniol, teilweise in
Ester übergeführt wird, andrerseits aber auch das Citronellol
zu hohe Werte liefert. Trotzdem ist die Methode der Formylierung,
so lange man keine bessere hat, zur ungefähren Bestimmung
von Citronellol in den Geraniumölen und im Rosenöl anwendbar,
wenn man sich genau an die Vorschrift hält.
Die Formylierung geschieht in der Weise, daß man in dem
oben beschriebenen Acetylierungskölbchen 10 ccm Öl mit dem
doppelten Volumen 100°/oiger Ameisensäure (d^ 1,221) eine
Stunde lang auf dem Wasserbade erhitzt oder auf dem Sand-
bade 1 ) in gelindem Sieden erhält; im ersteren Falle muß die
Mischung öfter umgeschüttelt werden. Nach dem Erkalten wird
der Kolbeninhalt mit Wasser verdünnt und bis zur neutralen
Reaktion ausgewaschen. Die weitere Bestimmung geschieht wie
unter Acetylierung angegeben.
Der Gehalt an Citronellol ergibt sich aus folgender Formel :
0/oC A = S -=^OT4
Hierin bedeutet a die Anzahl der verbrauchten ccm alkoholischer
Halbnormal-Kalilauge und s die Menge des zur Verseifung ver-
wendeten formylierten Öls in Grammen.
Auf das ursprüngliche Vorhandensein von verestertem
Citronellol wird bei dieser Formel keine Rücksicht genommen
(vgl. unter Acetylierung S. 726). Vor dem Formylieren braucht
das Öl nicht verseift zu werden, denn Geranylacetat verhält
sich dabei wie Geraniol.
Die Terpenalkohole verhalten sich beim Kochen mit Ameisen-
säure verschieden; während Terpineol fast vollständig in Terpene
und Wasser gespalten wird, werden Linalool und Geraniol teil-
weise verestert, Citronellol, Menthol und Borneol jedoch nahezu
vollständig in die Formiate übergeführt 2 ).
Auffallend ist, daO bei der Formylierung von Citronellol zu
hohe (106 bis 116,5°/<>0 Werte gefunden werden, die um so
höher sind, je frischer das Citronellol ist.
*) Simtnons [Perfum. Record 12 (1921), 398] zieht das Erhitzen auf dem
Wasserbade vor.
ä ) Simtnons, Analyst 40 (1915), 491.
Chemische Prüfungsmethoden. 733
Um die sich hierbei abspielenden Vorgänge aufzuklären, formylierte
Pfau 1 ) je 100 g Citronellol (Sdp. 105° [7,5 mm], 6 Monate alt) durch ein-
stündiges Kochen mit je 200 ccm 100 %iger und 85 %iger Ameisensäure
und zerlegte die entstandenen formylierten Produkte (E. 2. 295,2 = 96,4 %
und E. Z. 263,0 = 84,3 % Citronellol)" in 6 und 5 Fraktionen. Dabei stellte
sich heraus, daß bei der Formylierung des Citronellols im Durchschnitt ent-
Mit 100 o/o ig« ssure Mit 85%iger Säure
Terpene und Citronellol ... 1 % 3 %
Citronellylformiat 20 % 30 %
Citronellolglykolmonoformiat *) 35 % 40 %
Citronellolglykoldiformiat 3 ) - . 29% 12%
Polymerisierter Rückstand . . 15 % 15 %
Citronellylformiat gab bei der gleichen Behandlung ein Produkt mit
folgender Zusammensetzung: Unverändertes Citronellylformiat 35%, Citronellol-
glykoldiformiat 50%, polymerisierter Rückstand 15°/ .
Eine Formylierung in abgeänderter Form wird von
Glichitch 4 ) zur Bestimmung tertiärer Alkohole, besonders von
Linalool mittels Eisessig-Ameisensäureanhydrid, empfohlen.
In eine mit Glasstopfen oder auch gutem Korkstopfen ver-
schließbare Flasche bringt man 15 ccm Anhydridgemisch (s.S. 734)
und 10 ccm des zu prüfenden Öls, schüttelt tüchtig um und
stellt die gut verschlossene Flasche dann sogleich in ein Becken
mit Eiswasser, das nicht mehr erneuert wird. Das Gemisch
kühlt auf diese Weise ganz langsam ab und bleibt nun noch
3 bis 4 Tage bei Zimmertemperatur (20 bis 25°) stehen 5 ).
Der Inhalt der Flasche wird hierauf in 50 ccm kaltes Wasser
gegossen, gut durchgeschüttelt und, ohne zu erwärmen, 2 Stunden
der Ruhe überlassen. Schließlich wird das esterifizierte Öl nach-
einander mit 50 ccm Wasser, 50 ccm 5°/oiger Natriumbicarbonat-
lösung und noch zweimal mit je 50 ccm Wasser ausgewaschen,
getrocknet und dann in der üblichen Weise verseift, wobei aber
zu beachten ist, daß mit einem beträchtlichen Überschuß von
Lauge gearbeitet und die Dauer der Verseifung auf 1 V 2 Stunden
l ) Journ. f. prakt. Chem. II. 102 (1921), 276.
s ) d uo 0,9651 ; «d + 1 ° 46'; n Dua 1,4488.
s ) d^o 0,9976; « D + l°33'; n DISO 1,4425.
*> Les Parfüms de France, Mr. 6 v. 30. VII. 1923, 30; Bull. Soc. chim. IV.
88 (1923), 1284.
B ) Nach 3 Tagen ist die Esterifizierung meist beendet; längeres Stehen
der Mischung oder ein größerer Überschuß von Anhydridgemisch sind ohne
Nachteil.
734 Die Prüfung der ätherischen Ole.
ausgedehnt werden muß, damit die event. vorhandenen kleinen
Mengen Terpinylacetat ebenfalls vollständig verseift werden.
Das seiner Zeit von B6hal eingeführte Anhydridgemisch
wird nach diesem folgendermaßen bereitet: 1 Teil 100% ige
Ameisensäure (d 20 . 1,22) wird langsam in 2 Teile 100%iges,
chlorfreies Essigsäureanhydrid eingegossen, wobei die Temperatur
unter +15° zu halten und jede Spur Feuchtigkeit fern zu halten
ist. Sobald die Mischung fertig ist, wird sie ganz allmählich
innerhalb von 15 Minuten auf 50° gebracht und dann sofort
stark abgekühlt. Das so hergestellte Gemisch ist farblos und
enthält ungefähr 68°/o Essig-Ameisensäureanhydrid. Es kann
in einer Glasstöpselflasche aufbewahrt werden.
Bei den vorbeschriebenen Operationen kommen folgende
chemische Umsetzungen in Betracht:
CH 3 CO\ CHXCk
3 >0 + HCOOH = CH s COOH + 3 >0
CH 8 ccr Heer
CH 3 CO x
ROH + 3 >0 = HCOOR + CHXOOH
HOX
Der Alkohol geht also in das Formiat über.
Die Berechnung geschieht nach der Formel:
a-M
°/o Alkohol im ursprünglichen Öl
20 (s—a- 0,014)
M — Molekulargewicht des Alkohols,
a = verbrauchte ccm Halbnormal-Kalilauge,
s = angewandte Menge des formylierten Öls.
Bestimmung primärer Alkohole mittels Phthalsäure-
anhydrid. Nachdem festgestellt worden war, daß primäre
Alkohole, wieGeraniol, Citronellol, Benzylalkohol und dieSantalole
auf Phthalsäureanhydrid unter geeigneten Bedingungen quantitativ
unter Bildung von sauren Estern einwirken 1 ), haben Schimmel
§ Co. 2 ) hierauf ein Verfahren zur Bestimmung dieser Alkohole
in ätherischen Ölen gegründet.
Zur Ausführung werden etwa 2 g Phthalsäureanhydrid (genau
gewogen) und 2 g des zu untersuchenden Öls mit 2 ccm Benzol
*) Vgl. Stephan, Journ. f. prakt. Chem. II. 60 (1899), 248.
s ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1912, 39 bis 42.
Chemische Prüfungsmethoden. 735
zwei Stunden in einem Kolben, wie er zu Acetylierungen benutzt
wird, auf dem Wasserbad unter öfterem Umschwenken erwärmt»
dann erkalten gelassen und mit 60 ccm wäßriger Halbnormal-Kali-
lauge 10 Minuten geschüttelt. Der Kolben ist während des Durch-
schütteins mit einem eingeschliffenen Glasstopfen verschlossen.
Nach dieser Zeit ist alles Anhydrid in neutrales phthalsaures.
Kali und der saure Geraniolester in sein Kalisalz übergeführt
worden. Nun wird das überschüssige Alkali mit Halbnormal-
Schwefelsäure zurücktitriert. Zieht man dann von der Menge
Alkali, die dem eingewogenen Phthalsäureanhydrid entspricht,
die für den Versuch verbrauchte Menge ab, so erfährt man,
wieviel Alkali dem an Phthalsäure gegangenen Geraniol äqui-
valent ist, woraus der Prozentgehalt an Geraniol zu berechnen ist.
Für den glatten Verlauf der Reaktion ist es notwendig, daß das Phthal-
säureanhydrid von guter Beschaffenheit ist. Hiervon kann man sich leicht
überzeugen, wenn man es mit Benzol schüttelt (etwa im *Verhältnis 1:10 bei
40°). Heines Phthalsäureanhydrid geht dabei vollkommen in Lösung, während
vorhandene Phthalsäure ungelöst zurückbleibt Gegebenenfalls läßt sich dieses
Verhalten gegen Benzol zum Reinigen des Präparats benutzen.
Das Verfahren ist, weil Phthalsäureanhydrid mit Citronellal
nicht reagiert, besonders zur Bestimmung von Geraniol in Citronell-
ölen angewandt worden, wobei 1 bis 3 °/o zu hohe Werte erhalten
wurden 1 ).
Eine abgeänderte Methode wird von Radcliffe und Chadderton 2 ) vor-
geschlagen. 25 ccm einer Lösung von 50 g Phthalsäureanhydrid in 250 ccm
Pyridin läßt man mit 2 bis 3 g der zu untersuchenden Probe 18 Stunden lang
bei Zimmertemperatur stehen. Hierauf gibt man zu dem Gemisch 25 ccm
Wasser und 10 Tropfen Phenolphthaleinlösung und titriert mit Normal-Kali-
lauge. Mit reinem Geraniol wurden etwa um 2 bis 2,4 "<„, mit reinem Citro-
nellol um 3,1 bis 3,4 % zu niedrige Werte erhalten.
Es muß sich in der Praxis zeigen, welchen von den beiden
Phthalsäureanhydrid-Verfahren der Vorzug zu geben ist.
Quantitative Bestimmung von Alkoholen und Phenolen
mit Hilfe von Magnesiummethyljodid. Die Methode beruht
auf der Umsetzung des Magnesiummethyljodids mit hydroxyl-
haltigen Verbindungen : R • OH + CH 8 • MgJ = CH 4 + R • OMgJ. Aus
dem Volumen des sich entwickelnden Methans ermittelt man
J ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1913, 39 bis 42.
a ) Perfum. Record 17 (1926), 352.
736 Die Prüfung der ätherischen Ole.
die Menge des vorhandenen Alkohols oder Phenols. Zerevi-
tinaff 1 ) stellte durch entsprechende Untersuchungen fest, daß
sowohl primäre und sekundäre als auch tertiäre Alkohole oder
Phenole mit Magnesiummethyljodid quantitativ reagieren, daß
aber andrerseits in ätherischen Ölen mitunter vorhandene Ketone,
wie Campher, Fenchon und Menthon, mit dem Reagens keine
Gasentwicklung geben- Aktiv verhalten sich die Ketone Aceton,
Cyclohexanon und Cyclopentanon, von denen die zwei letzteren
aber in ätherischen Ölen nicht vorkommen und Aceton sich nur
in einigen wenigen Ölen, wie im Nelkenöl, in sehr geringer Menge
findet. Sind in dem zu untersuchenden ätherischen Öle freie
Säuren vorhanden, so muß man den Säurekoeffizienten bestimmen,
die Säurehydroxylzahl berechnen und letztere von der ermittelten
gesamten Hydroxylzahl (°/o OH) des ätherischen Öls abziehen.
Zur Bestimmung der Alkohole und Phenole genügen 0,2 bis 0,3 g
des sorgfältig getrockneten Öls, das in etwa 15 ccm Toluol oder
Xylol gelöst wird. Die Berechnung des Prozentgehaltes an
Hydroxylgruppen und an Alkoholen und Phenolen wird nach
folgenden Formeln ausgeführt, in denen V das Volumen des aus-
geschiedenen Methans, auf 0° und 760 mm Druck reduziert und
in Kubikzentimetern ausgedrückt, S das Gewicht der zu unter-
suchenden Substanz in Grammen ist:
o/ oh 0,0 00719-V-17-100 V
°/o OH = j^r-g — 0,0764 g-,
für die Alkohole C 10 H lg O (Geraniol, Linalool, Borneol, Terpineol)
o, ah, u i 0,000719- V- 154- 100 n ™ V
°/o Alkohol = — r^— ö = 0,692 -~-,
lo-o o
für die Alkohole C 1(> H 2D (Menthol, Citronellol)
o/o Alkohol = 0,000719 .V-156. J00 _ V
lÖ-o O
für die Phenole C 10 H 14 O (Thymol, Carvacrol)
% Phenol =
für Eugenol C 10 H 12 O s
./• Phenol = O.00O719.V.150.100 _ V
./. Eugenol = P^pOTi^l^lOO = ^ V
Zeitschr. f. analyt. Chem. 68 {1926), 321.
Chemische Prüfungsmethoden. 737
Die Versuchsergebnisse stimmten untereinander und mit den
bekannten Werten im allgemeinen gut überein. Den bei der
Alkoholbestimmung des Geranium- und Pfefferminzöls nach der
Acetylierungsmethode gewonnenen Werten kamen die nach der
magnesiumorganischen Methode erhaltenen Zahlen sehr nahe. Beim
Linaloeöl hingegen ermittelte Zerevitinoff mit seinem Verfahren
73% Linalool gegen 66% Linalool mit der Acetylierungsmethode.
Diese Differenz beruhte nach ihm darauf, daß sich die tertiären Al-
kohole nicht vollkommen acetylieren lassen. Vielleicht ist aber von
Zerevitinoff das Boulezsche (s.S. 729) Verfahren, das höhere
Werte gibt, nicht bei der Linaloolbestimmung angewandt worden.
Bestimmung von Aldehyden und Ketonen. Das Problem
einer allgemein gültigen Bestimmungsmethode für Aldehyde
und Ketone ist bis jetzt noch nicht befriedigend gelöst, obgleich
mehrfach versucht worden ist, solche Verfahren auszuarbeiten.
Die Bemühungen scheitern stets daran, daß sich die einzelnen
Aldehyde und Ketone nicht gleich gut mit den betreffenden
Reagenzien umsetzen und jedesmal immer nur einige von ihnen
quantitativ in Reaktion treten. Der erste derartige Versuch rührt
von Benedikt und Strache 1 ) her; nach ihrer Methode wird
der Aldehyd- und Ketongehalt ätherischer Öle durch Bestimmung
des Carbonylsauerstoffs ermittelt. Man erwärmt das zu unter-
suchende Öl mit einer gewogenen Menge Phenylhydrazin, trennt
nach einiger Zeit das gebildete Hydrazon durch Filtrieren und
oxydiert im Filtrate das unveränderte Phenylhydrazin mit siedender
Fehlingscher Lösung. Dabei scheidet sich aller Stickstoff des
nicht in Reaktion getretenen Phenylhydrazins gasförmig ab. Aus
dem Volumen des aufgefangenen Stickstoffs läßt sich die Menge
des nicht verbrauchten Phenylhydrazins berechnen. Hieraus
ergibt sich, wieviel in Reaktion getreten ist, und somit auch die
Menge des vorhandenen Ketons oder Aldehyds. Als Carbonyl-
zahl wird der in 7 10 Prozenten ausgedrückte Gehalt an Carbonyl-
sauerstoff bezeichnet.
x ) Monatsh. f. Chem. 14 (1893), 270. Die Methode hat Watson Smith
jun. dadurch zu verbessern versucht, daß er zum Übertreiben des Stickstoffs
nicht, wie Benedikt und Strache, Dampf, sondern einen Kohlensäurestrom
verwendet. Chem. News 93 (1906), 83. Mach Chem. Zentralbl. 1906, I. 1289.
Vgl. auch Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1906, 105.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. *<
738 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Die Methode gibt bei Bittermandelöl (Benzaldehyd), Cuminöl
(Cuminaldehyd) und Rautenöl (Methylnonylketon) ziemlich gute
Resultate. Bei Cassiaöl, Kümmelöl, Fenchelöl und Citronenöl
fallen die Bestimmungen jedoch viel zu niedrig aus 1 ), wahr-
scheinlich, weil hier die Einwirkungsdauer zu einer quantitativen
Umsetzung nicht genügt.
Ähnlich verhält es sich mit einem von Rother 2 ) aus-
gearbeiteten Verfahren, das auch nur in einigen Fällen wirklich
zufriedenstellende Zahlen gibt. Es besteht gleichfalls darin,
daß man die Aldehyde und Ketone durch Zusatz bestimmter
Mengen freien Phenylhydrazins in Phenylhydrazone überführt,
abweichend von der soeben beschriebenen Methode bringt man
aber das überschüssig zugesetzte Phenylhydrazin mit Jod in
Reaktion und titriert darauf das unverbrauchte Jod mit Thiosulfat-
lösung zurück.
Diese unbefriedigenden Ergebnisse lassen sich vielleicht
auf die Empfindlichkeit des Phenylhydrazins gegen Sauerstoff
zurückführen. Dadurch, daß man, wie Ardagh und Williams 3 )
es vorschlagen, ausgekochtes Wasser anwendet und in einer
Stickstoffatmosphäre arbeitet, wird die Oxydation des über-
schüssigen Phenylhydrazins vermieden (siehe auch S. 745).
Die Konzentration der Wasserstoff- Ionen muß durch Zusatz
von Dinatriumphosphat konstant gehalten werden.
Ein von Lautenschläger*) ausgearbeitetes Verfahren zur Bestim-
mung von Aldehyden und Ketonen, nach welchen sich Hydrazin mit
aromatischen Aldehyden zu Aldazinen umsetzt und der Überschuß an Hydrazin
jodometrisch bestimmt wird, hat die darauf gesetzten Hoffnungen in keiner
Weise erfüllt*). Auch Rosenthaler und Seiler 6 ) fanden, daß weder das
Originalverfahren noch vielfache Abänderungen brauchbare Resultate ergaben,
und zweifeln an dem quantitativen Verlauf der Umsetzung.
Man ist also nach den bisherigen Erfahrungen je nach den
Aldehyden und Ketonen auf verschiedene Bestimmungsarten an-
gewiesen, von denen im folgenden die für die Praxis wichtigsten
*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1893, 48.
') Die Bestimmung der Aldehyde und Ketone zur Beurteilung ätherischer
Öle. Inaug. Dissert., Dresden 1907.
*) Journ. Americ. ehem. Soc. 47 (1926), 2983.
4 ) Aren, der Pharm. 256 (1918), 81.
B ) Bericht von Schimmel § Co. 1918, 93.
6 ) Zeitschr. f. analyt Chem. 62 (1923), 385; Chem. Zentralbl. 1923, IV. 102.
Chemische Prüfungsmethoden.
739
angeführt werden sollen. Die Bestimmungen erfolgen meist dem
Volumen nach oder titri metrisch, seltener gewichtsanalytisch.
Die bekannteste und am häufigsten von allen zur Ausführung
kommende Methode ist die
a) ALDEHYDE. Bisulfitmethode. Sie wurde im Jahre 1890 *)
von Schimmel § Co. zunächst für die Bestimmung von Zimt-
aldehyd in Cassiaöl eingeführt und spielt jetzt
eine wichtige Rolle bei der Bewertung zimt-
aldehyd- und citral haltiger Öle. Das Verfahren
beruht darauf, daß sich sowohl Zimtaldehyd
wie Citral in heißer konzentrierter Natrium-
bisulfitlösung als sulfonsaure Salze 2 ) lösen und
dadurch den Ölen quantitativ entzogen werden
können, während die nichtaldehydischen Öl-
anteile ungelöst zurückbleiben. Aus der ab-
sorbierten Ölmenge ergibt sich der Gehalt der
Öle an Aldehyd.
Zur Ausführung der Bestimmung benutzt man
ein besonderes Glaskölbchen (Cassiakölbchen,
Aldehydkölbchen, Fig. 74) von ungefähr lOO.ccm
Inhalt, das mit einem etwa 13 cm langen Hals
von 8 mm lichter Weite versehen ist, der in
Vio ccm eingeteilt ist. Der ganze Hals faßt
etwas über 6 ccm; der Mullpunkt der Skala be-
findet sich ein wenig oberhalb der Stelle, wo
der Kolben in den Hals übergeht.
In dieses Kölbchen bringt man mit Hilfe einer Pipette
genau 10 ccm 3 ) des zu prüfenden Öls, setzt die gleiche Menge
einer ungefähr 30°/oigen Lösung von Natriumbisulf it*) (saures
schwefligsaures Natron) hinzu, schüttelt um, und stellt es in
Fig. 74.
L ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1890, 12.
*) Über die Konstitution der Aldehyd- und Keton-Bisulfite s. Raschig
u. Prahl, Liebigs Annalen 448 (1926), 265.
s ) Von Ölen mit einem Aldehydgehalt unter 40 % nimmt man entweder
nur 5 ccm zur Bestimmung oder aber man benutzt Kölbchen, deren Hals
etwas über 10 ccm faßt und eine Einteilung von bis 10 trägt
*) Es ist darauf zu achten, daß die Lösung nicht zu viel freie schweflige
Säure enthält, da das die Reaktion verlangsamt. Nötigenfalls muß die Lösung
durch vorsichtigen Zusatz von Natriumcarbonat etwas abgestumpft werden.
47*
740 Die Prüfung der ätherischen Öle.
ein kochendes Wasserbad. Nachdem das anfangs entstehende
Gerinnsel flüssig geworden ist, fügt man nach und nach unter
fortwährendem Erwärmen im Wasserbade und häufigem Um-
schütteln so viel Bisulf itlösung hinzu, bis das Kölbchen zu stark
drei Vierteln gefüllt ist Dann erwärmt man noch einige Zeit
im Wasserbade, bis keine festen Partikel mehr in der Flüssigkeit
schwimmen, die Salzlösung mit einem klaren Öl überschichtet
und der Geruch nach Aldehyd verschwunden ist. Durch Auf-
füllen mit Bisulfitlösung wird das Öl sodann in den Kolbenhals
gebracht, wobei man durch zeitweises leichtes Beklopfen und
Drehen des Kölbchens um seine Längsachse dafür sorgt, daß
etwa noch an der Glaswand haftende Öltropfen an die Ober-
fläche steigen. Nach dem Erkalten wird die Ölmenge sorgfältig
abgelesen. Die Anzahl ccm der nichtaldehydischen Bestandteile
wird von 10 abgezogen und dadurch der Aldehydgehalt des
Öles festgestellt. Durch Multiplikation mit 10 erfährt man den
Gehalt in Volumprozenten. Zur Umrechnung in Gewichtsprozente
ist die "Zahl mit dem spezifischen Gewicht des betreffenden
Aldehyds zu multiplizieren und das erhaltene Produkt durch
das spezifische Gewicht des Öles zu dividieren.
Wie schon erwähnt, ist dieses Verfahren zur quantitativen
Bestimmung von Zimtaldehyd und Citral im Gebrauch, die dabei
als sulfonsaure Salze in Lösung gehen. Es kann aber auch bei
denjenigen Aldehyden verwandt werden, deren Bisulfitverbindungen
als solche in Wasser löslich sind. Hierzu gehören beispiels-
weise Benzaldehyd, Anisaldehyd und Phenylacetaldehyd.
10 ccm des betreffenden Aldehyds werden in einem Aldehyd-
kölbchen mit 40 bis 50 ccm 30 °/o iger Natriumbisulfitlösung
geschüttelt, und das Reaktionsprodukt wird nach Zugabe von
Wasser (nicht Bisulfitlösung!) unter Erwärmen in Lösung gebracht.
Die nicht in Reaktion getretenen Ölanteile werden durch weiteren
Zusatz von Wasser in den Kolbenhals getrieben und der Menge nach
bestimmt, sobald die Lösung Zimmertemperatur angenommen
hat; bei längerem Stehen kristallisiert die Bisulfitverbindung oft
wieder aus.
Einige ätherische Öle, wie beispielsweise Ceylon-Zimtöl und
die terpenfreien Citronen- und Pomeranzenöle, enthalten sowohl
Aldehyde, die sulfonsaure Salze bilden, als auch solche, deren
Bisulfitverbindungen in Wasser löslich sind. Bei den .genannten
Chemische Prüfungsmethoden.
741
rn
Ölen hat es sich als zweckmäßig erwiesen, daß man die Aldehyd-
bestimmung auf folgende Weise ausführt:
10 ccm Öl werden im Cassiakölbchen mit 20 ccm Bisulfitlauge bis
zur Bildung der Bisulfitverbindung durchgeschüttelt und dann im Wasser-
bade unter wiederholtem Umschütteln erwärmt. Sobald keine festen
Partikel mehr vorhanden sind, setzt man nochmals 20 ccm
Bisulfitlauge hinzu und verfährt wiederum wie oben, um
auch die letzten Anteile des Aldehyds zu binden. Hierauf
füllt man das Kölbchen so weit mit destilliertem Wasser,
daß die Flüssigkeit nahezu bis zum Halsansatz steht, und
erhitzt nun ohne umzuschüttein so lange im Wasser-
bade, bis alles Öl sich an der Oberfläche gesammelt hat
und nachträglich entstandene feste Bestandteile wieder ver-
schwunden sind. Erst dann bringt man das Öl durch weiteres
Nachfüllen von Wasser in den Kolbenhals und liest seine
Menge nach dem Erkalten ab. Bei Ceylon-Zimtölen erfolgt
dieses letzte Machfüllen unter Umständen zweckmäßig mit
Kochsalz! ösung.
Da die quantitative Bestimmung von Phenylacet-
aldehyd nach der Bisulfitmethode im Cassiakölbchen mit
Schwierigkeiten verknüpft ist und leicht ungenau wird — die
spezifisch schweren, nicht aldehydischen (polymerisierten) Teile
des Phenylacetaldehyds bleiben am Boden des Kölbchens — ,
empfiehlt R e c 1 a i r e *) das Verfahren in folgender Weise
abzuändern :
In ein Kölbchen von etwa 100 ccm Inhalt (vgl. Fig. 75)
bringt man 5 ccm Phenylacetaldehyd, 20 bis 25 ccm 30% ige
Hatriumbisulfitlösung, schüttelt das Gemisch einige Minuten
und setzt das Kölbchen hierauf ins Wasserbad. Mach einiger
Zeit fügt man allmählich kochendes Wasser zum Gemisch, bis
der anfangs gebildete feste Bestandteil völlig gelöst ist. Dann
gibt man noch mehr Wasser hinzu; der nicht aldehydische
Teil setzt sich in der unteren graduierten Röhre ab, in der
sein Volumen nach dem Erkalten abgelesen werden kann. rig 75.
Dem Bisulfitverfahren sehr nahe steht die
Sulfitmethode, der die Beobachtung zu Grunde liegt, daß
gewisse Aldehyde und Ketone 2 ) mit neutralem Natriumsulfit
wasserlösliche Verbindungen bilden unter gleichzeitiger Abspaltung
von Natriumhydroxyd. Da letzteres auf den chemischen Vorgang
*) Perfum. Record 14 (1921), 341.
a ) Von hydroaromatischen Aldehyden und Ketonen scheinen mit neutralem
Natriumsulfit alle diejenigen zu reagieren, die eine doppelte Bindung in
«./^-Stellung zur Aldehyd- oder Ketongruppe besitzen.
742 Die Prüfung der ätherischen Ole.
im entgegengesetzten Sinne wirkt, so muß es von Zeit zu Zeit
in dem Maße, wie es sich bildet, mit einer verdünnten Säure
neutralisiert werden. Auf die Verwendbarkeit dieser Reaktion
zu quantitativen Bestimmungen hatte zuerst Tiemann 1 ) bei
Gelegenheit seiner Studien über Citral aufmerksam gemacht.
Sadtler 2 ) behauptete später, daß sich dieses Verfahren ganz
allgemein zur quantitativen Bestimmung für gesättigte und un-
gesättigte Aldehyde der aliphatischen sowie der aromatischen
Reihe eigne und auch für einige Ketone anwendbar sei; die von
ihm ausgearbeitete Methode, nach der das freiwerdende Alkali
mit Halbnormal-Salzsäure titrimetrisch bestimmt wird, hat aber
den Nachteil, daß eine scharfe Titration der Natriumsulfitlösung
nicht möglich ist, sodaß sich der Endpunkt der Reaktion nur
ungefähr ermitteln läßt. Genaue Resultate sind also damit nicht
zu erhalten 3 ).
Praktische Bedeutung hat das Sulfitverfahren erst in seiner
jetzigen, von Burgess*) angegebenen Form erlangt. Man ver-
fährt folgendermaßen:
5 ccm des zu untersuchenden Öles werden in einem Cassia-
kölbchen 8 ). mit einer frisch bereiteten gesättigten (40% igen)
Lösung von kristallisiertem neutralem Natriumsulfit und einigen
Tropfen Phenolphthaleinlösung versetzt und im Wasserbade unter
häufigem Umschütteln erwärmt. Das bei der Reaktion frei-
werdende Natriumhydroxyd wird von Zeit zu Zeit mit verdünnter
Essigsäure (1 : 5) nahezu neutralisiert 6 ), bis bei weiterem Erwärmen
*) Berl. Berichte 81 (1898), 3317.
2 ) Americ. Joum. Pharm. 76 (1904), 84; Journ. Soc. ehem. Industry 23
(1904), 303; Journ. Americ. ehem. Soc. 27 (1905), 1321.
3 ) Vgl. auch B. G. Feinberg, 8 th International Congress of Applied
Chemistry, Washington and New York 1912, Vol. I, 187; Bericht von Schimmel
$ Co. April 191S, 121.
*) Analyst 39 (1904), 78.
s ) Burgess verwendet hierzu Kölbchen von 200 ccm Inhalt, die sich von
den gewöhnlichen Casslakölbchen durch einen seitlich angebrachten, bis zum
Boden des Gefäßes reichenden Tubus (zum Einfüllen der Flüssigkeiten) unter-
scheiden. Die gewöhnlichen Cassiakölbchen sind aber viel bequemer und
zweckmäßiger, doch empfiehlt es sich, solche von 200 ccm Inhalt zu ver-
wenden und die Bestimmung wegen der größeren Genauigkeit mit 10 ccm Öl
auszuführen.
•) Das Abstumpfen des freiwerdenden Alkalis kann nach de Jong auch
durch Natriumbicarbonat erfolgen. Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1908, 77.
Chemische Prüfungsmethoden. 743
selbst nach Zusatz von neuer Natriumsulfitlösung keine Rötung
mehr eintritt. Hierauf wird das nicht absorbierte Öl durch Nach-
füllen von Wasser in den Kolbenhals gebracht und sein Volumen
nach dem Erkalten genau abgelesen. Durch Multiplikation der
absorbierten Ölmenge mit 20 ergibt sich der Gehalt an Aldehyd
oder Keton in Volumprozenten.
Wenn diese Methode auch bei weitem nicht so allgemein
anwendbar ist 1 ), wie Sadtler und auch Burgess behaupten,
so ist sie doch in einigen Fällen brauchbar, wo die Bisulfit-
methode versagt. Ihre Hauptbedeutung dürfte darin liegen, daß
hiermit die Möglichkeit gegeben ist, Carvon und auch Pulegon 2 )
quantitativ zu bestimmen, von denen besonders jenes glatt
und schnell mit neutralem Natriumsulfit reagiert. Bei Pulegon
geht die Reaktion erheblich langsamer vor sich, hier vergehen
bisweilen mehrere Stunden, bis der Prozeß beendet ist
Zufriedenstellende Ergebnisse erhält man auch bei Citral
und Zimtaldehyd, doch ist zu beachten, daß hier die Werte
von den nach der Bisulfitmethode erhaltenen etwas abweichen
können, wenn außer den genannten Aldehyden noch andere
zugegen sind. Das ist beispielsweise bei Lemongrasöl der Fall,
wo nach der Bisulfitmethode stets höhere Werte gefunden werden
als nach der Sulfitmethode, weil neutrales Natriumsulfit nur mit
Citral reagiert, während Bisulfit außerdem auch mit den anderen
im Lemongrasöl vorkommenden Aldehyden sowie mit einem Teil
des Methylheptenons in Reaktion tritt. Es ist daher empfehlens-
wert, bei Angaben über den Aldehydgehalt in Ölen auch stets
die Methode zu nennen, nach der der Gehalt ermittelt worden ist.
Welcher von den beiden Methoden im Einzelfalle der Vorzug
zu geben ist, hängt ganz von der jeweiligen Beschaffenheit des
Öles ab Ein Vorteil der Sulfitmethode soll nach Burgess darin
bestehen, daß an der Trennungsfläche von Öl und Wasser keine
kristallinischen Ausscheidungen auftreten, wie das manchmal bei
der Bisulfitmethode vorkommt, und wodurch ein scharfes Ablesen
der Ölschicht unmöglich wird. Schimmel $ Co. beobachteten
a ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1805, 105.
a ) Wird das pulegonhaltige Pennyroyalöl (amerikan. Poleiöl von Hedeoma
pulegioides) mit Sulfit behandelt, so gehen außer Pulegon auch 1 -Methyl-
3-cyclohexanon, 1-Menthon und d-Isomenthon in Lösung. Bennett, Perfum.
Record 9 (1918), 208.
744 Die Prüfung der ätherischen Ole.
demgegenüber, daß sich derartige Ausscheidungen auch bei dem
Sulfitverfahren zeigen.
Bei einem von Ripper 1 ) herrührenden Verfahren wird nach
dem Schütteln des Aldehyds mit Bisulfitlösung der Überschuß
an Bisulfit bei niedriger Temperatur mit Jodlösung zurücktitriert.
Wie Dodge 8 ) gefunden hat, verfährt man dabei am zweckmäßigsten
folgendermaßen: 0,15 g Aldehyd werden in eine Flasche gewogen, die genau
25 ccm einer etwa Fünftelnormal-Bisulfitlösung enthält, und durch leichtes
Schütteln in Lösung gebracht. Die Flasche wird verschlossen, l 1 /» bis
2 Stunden in Eiswasser gestellt, und sodann die eiskalte Lösung unter Be-
nutzung von Stärke als Indikator mit Zehntelnormal-Jodlösung titriert. In der-
selben Weises wird ein blinder Versuch ausgeführt und aus der Differenz der
Gehalt an Aldehyd berechnet. Als Endpunkt der Reaktion gilt, wenn die
blaue Farbe einige Sekunden bestehen bleibt. Dodge fand hiemach bei
reinen Benzaldehyden zwischen 94,8 und 99,0 %-
Oft ist es erwünscht, die Aldehyde aus ihren Verbindungen
mit Bisulfit oder neutralem Sulfit zu regenerieren.
Da Ätzalkalien verharzend auf Aldehyde einwirken, so umgeht man ihre
Anwendung, soweit das möglich ist, und zersetzt Bisulfitverbindungen mit
kohlensauren Alkalien ; der Aldehyd wird dann mit Wasserdampf übergetrieben.
Die mit neutralem Sulfit erhaltenen Reaktionsprodukte von Aldehyden lassen
sich nicht mit kohlensauren, sondern nur mit Ätzalkalien spalten. Um eine
Wirkung des Ätzalkalis auf den Aldehyd soweit wie möglich zu verhindern,
vermeidet man hier alles Erwärmen, schüttelt vielmehr den Aldehyd mit Äther
aus, den man am besten gleich von vornherein zusetzt, um den freiwerdenden
Aldehyd sofort von dem Äther aufnehmen zu lassen und so der Einwirkung
des Alkalis zu entziehen.
Zur Bestimmung kleiner Mengen von Aldehyden eignet
sich weder das Bisulfit- noch das Sulfitverfahren, da die damit
erhaltenen Resultate nur auf 1 bis 2 %> genau sind und die
Fehler daher bei Vorhandensein nur geringer Aldehydmengen
zu groß sein würden. Es kommen hierfür die im folgenden
beschriebenen Bestimmungsmethoden in Betracht.
Bestimmung der Aldehyde als Phenylhydrazone.
Phenylhydrazin ist, nachdem Denner*) seine Verwendung hierzu
vorgeschlagen hatte, von He"rissey 4 ) zur Bestimmung kleiner
') Monatsh. f. Chem. 21 (1900), 1079.
3 ; 8 th International Congress of Applied Chemistry, Washington and
New York, 1912. Bd. XVII, S. 15.
s ) Zeltschr. f. anal. Chem. 29 (1890), 228.
*) Journ. de Pharm, et Chim. VI. 23 (1906), 60.
Chemische Prüfungsmethoden. 745
Mengen von Benzaldehyd herangezogen worden, wobei in fol-
gender Weise verfahren wird:
50 cem der zu prüfenden Lösung, die nur soviel Benzaldehyd enthalten
soll, daß die ' abgeschiedene Phenylhydrazonmenge 0,1 bis 0,25 g beträgt,
werden mit einer Lösung von 0,5 cem frisch destilliertem Phenylhydrazin und
0,25 cem Eisessig in 50 cem Wasser versetzt und das Ganze 20 bis 30 Minuten
im siedenden Wasserbade erwärmt Das gebildete Phenylhydrazon filtriert
man nach 12 Stunden durch einen gewogenen Gooch-Tiegel, wäscht mit
20 cem kalten Wassers nach und trocknet im Vakuumexsikkator.
In ähnlicher Weise verfahren Denis und Dun bar 1 ) sowie
Geiger 3 ), der empfiehlt, das Phenylhydrazin zur Vermeidung
von Oxydation in einem Wasserstoffstrom zu destillieren und in
einer Wasserstoffatmosphäre aufzubewahren.
Sehr bewährt hat sich die C. Klebersche Phenylhydrazin-
methode 3 ), besonders bei der quantitativen Bestimmung von
Citral in Citronenölen, aber auch bei Benzaldehyd, Citronellal,
Cuminaldehyd und Methyl nonylketon*). Ihr liegt die Beobachtung
zugrunde, daß sich Phenylhydrazin bei Benutzung von Äthyl-
orange als Indikator mit Mineralsäuren scharf titrieren läßt, und
daß es mit Aldehyden und Ketonen Hydrazone bildet, die auf
Äthylorange neutral reagieren. Da sich die Phenylhydrazin-
lösung sehr schnell zersetzt, so wird sie am besten stets frisch
bereitet; jedenfalls sollte keine Lösung zur Verwendung kommen,
die über einen Tag alt ist. Das Phenylhydrazin wird, wenn not-
wendig, vorher im Vakuum destilliert.
Nach der von Schimmel § Co. 5 ) etwas abgeänderten Vor-
schrift werden etwa 2 g Öl mit 10 cem einer frisch bereiteten
2 °/o igen alkoholischen Phenylhydrazinlösung gemischt und
1 Stunde lang in einer mit Glasstopfen verschlossenen Flasche
von etwa 50 cem Inhalt der Ruhe überlassen. Sodann werden
20 cem Vio Normal-Salzsäure hinzugefügt und die Flüssigkeit
durch gelindes Umschwenken gemischt. Nach Zusatz von 10 cem
Benzol wird kräftig durchgeschüttelt, die Mischung in einen
Scheidetrichter gegossen und die nach kurzer Zeit der Ruhe
*) Journ. ind. eng. Chemistry 1 (1909), 256; Chem. Ztg. Repert. 33(1909), 281.
s ) Journ. Americ. chem. Soc. W (1918), 1453. — Vgl. auch Hastings,
Journ. Americ. pharm. Assoc. 12 (1923), 771.
8 ) Americ. Perfumer 6 (1912), 284.
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 191S, 42.
^ Ebenda April 1»12, 65.
746
Die Prüfung der ätherischen Öle.
sich gut abscheidende, 30 ccm betragende saure Schicht durch
ein kleines Filter filtriert.
20 ccm dieses Filtrats werden nach Zusatz von 10 Tropfen
Äthylorangelösung (1:2000) mit Vk> Normal - Kalilauge bis zur
deutlichen Gelbfärbung titriert und hieraus die für 30 ccm Filtrat
erforderlichen ccm Vi° Normal -Kalilauge berechnet- Zur Er-
mittlung des Wertes der Phenylhydrazinlösung wird in gleicher
Weise ein blinder Versuch ohne Öl ausgeführt. Ergibt sich für
30 ccm Filtrat im ersteren Falle ein Verbrauch von a und im
letzteren von b ccm Vk> Normal-Kalilauge, so ist die in der an-
gewandten Ölmenge (s Gramm) enthaltene Menge Citral äquivalent
a — b ccm 1 /io Normal -Kalilauge. Da nun 1 ccm Vio Normal-
Kalilauge 0,0152 g Citral entspricht, so ergibt sich der Prozent-
gehalt des Öls an Citral aus folgender Formel:
(a — b)-1,52
s
Das Ausschütteln mit Benzol hat den Zweck, die auf Zusatz
der Salzsäure trübe gewordene Lösung wieder zu klären. Es läßt
sich dann beim Titrieren der Farbenumschlag besser erkennen.
In der folgenden Tabelle sind die Resultate zusammengestellt, die nach
dieser Methode bei Mischungen von bekanntem Gitralgehalt gefunden wurden,
und die die Brauchbarkeit der Methode deutlich erkennen lassen :
Gefunden
2 1
Gehalt de
4%
r Lösung
6%
6,2 7o
5,9 7o
6,0 7„
7,3 %
2,4 u /o
2,0 %
4,1 %
4,0 %
3,9 %
6,9 %
7.0 %
7.1 %
Wie Parry 1 ) angibt, führt das Klebersche Verfahren nur
dann zu genauen Resultaten, wenn der Aldehyd- oder Ketongehalt
des zu untersuchenden Öls 10% nicht übersteigt
Guten Erfolg hatte Feinberg 2 ) bei der Bestimmung
der Aldehyde als p-Nitrophenylhydrazon nach Alberda
*) Parfüm, moderne 15 (1922), 185.
2 ) & h International Congress of Applied Chemistry, Washington and
New York, 1912. Vol. I, 187.
Chemische Prüfungsmethoden. 747
van Ekenstein und Blanksma 1 ). Er verfährt beim Benz-
aldehyd wie folgt:
25 ccm einer l°/oigen Benzaldehydlösung (in 12%iger Essigsäure) werden
mit 50 ccm Wasser verdünnt und mit 30 ccm 30 %iger Essigsäure versetzt,
die das zweifache der berechneten Menge p-Nitrophenylhydrazin enthalten.
Nach 5 Stunden wird der Niederschlag durch einen Go och tiegel filtriert und
so lange mit 10 %iger Essigsäure ausgewaschen, als noch nach Zusatz von
Alkali eine deutliche Färbung auftritt. Sodann wird der Niederschlag bei
105 bis 110° getrocknet und gewogen. Durch Multiplikation mit 0,44 findet
man den Gehalt an Benzaldehyd. Auch hier muß die im Benzaldehyd an-
wesende Benzoesäure durch Titration ermittelt und von der angewandten
Benzaldehydmenge abgezogen werden. Im Durchschnitt wurden etwa 99 %
Benzaldehyd gefunden. Für Salicylaldehyd bleibt die Vorschrift dieselbe, nur
kann man schon nach einer Stunde filtrieren (Faktor 0,4747).
Für Vanillin und Anisaldehyd gibt Feinberg folgende Anweisung. 0,5 g
Aldehyd löst man nötigenfalls in wenig Alkohol und Essigsäure und versetzt
die mit 75 ccm Wasser verdünnte und erwärmte Lösung tropfenweise unter
fortwährendem Umschütteln mit einer Lösung von p-Nitrophenylhydrazin in
Doppeltnormal-Salzsäure. Nach V ä Stunde wird im Gooch -Tiegel filtriert und
mit Doppeltnormal-Salzsäure und weiterhin so lange mit Wasser ausgewaschen,
bis mit Silbernitrat nur noch eine schwache Opalescenz entsteht. Zur Bestimmung
des Anisaldehydgehalts dient der Faktor 0,50188, für Vanillin 0,5353.
Zur quantitativen Bestimmung von Vanillin und auch von
Anisaldehyd (nach Feinberg)*) eignen sich nach Hanuä 3 ) seine
Verbindungen mit /S-Naphthylhydrazin sowie besonders mit
p-Bromphenylhydrazin. Auf 1 Teil Vanillin verwendet man
2 bis 3 Teile des Hydrazins. Die Reaktionsprodukte werden
nach 5 Stunden in einem Goochtiegel gesammelt, ausgewaschen
und bei 90 bis 100° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
Auch für die Bestimmung von Vanillin neben Piperonal gibt Hanus 4 )
eine Methode an, die auf der Kondensation des Vanillins durch Platinchlor-
wasserstoffsäure beruht, wobei vermutlich Dehydrodivanillin entsteht. Unter
bestimmten, von Hanus genau beschriebenen Versuchsbedingungen reagiert
Vanillin quantitativ, während Piperonal unverändert bleibt.
Eine quantitative Trennung von Vanillin, Cumarin und Acetanälid haben
Winton und Bailey 5 ) veröffentlicht.
*) Receuil trav. chim. des P.-B. 34 (1905), 33; Chem. Zentralbl. 1915, 1. 1277.
a ) Siehe S. 746, Anm. 2.
8 ) Zeitschr. Untersuch, der Nahrungs- u. Genußmittel 3 (1900), 531;
Chem. Zentralbl. 1900, II. 693.
*) Zeitschr. Untersuch, der Nahrungs- u. Genußmittel 3 (1900), 657;
Chem. Zentralbl. 1900, II. 1165.
6 ) Pharmaceutical Journal 75 (1905), 476.
748 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Zum Kachwels und zur Bestimmung von Vanillin sind noch eine Anzahl
von Verfahren vorgeschlagen worden, die, obwohl sie an dieser Stelle nicht
besprochen werden können, doch erwähnt werden sollen. Um die Bestimmung
von Vanillin in Vanilleextrakten handelt es sich bei Hiltner 1 ), Dox und
Plaisance (Thiobarbitursäure)*), Estes (Mercurinitrat) 3 ), Wichmann (Blei-
zahl) 4 ) und Doherty (Farbreaktionen mit Bromwasser und Ferrosulfat)*).
v. Fellenberg 6 ) verwendet zur Bestimmung von Vanillin eine Farbreaktion
mit konz. Schwefelsäure und Isobutylalkohol; H6rissey u. Delauney')
benutzen dazu die Eigenschaft des Vanillins, mit Oxydationsmitteln, besonders
mit Eisenchlorid einen Niederschlag von Dehydrodivanillin zu geben. Phillips*)
empfiehlt eine volumetrische Methode, die auf Bildung einer Anhydroverbindung
aus Vanillin und p-Toluidin beruht, und ein gravimetrisches Verfahren, in dem
er das Vanillin als Semicarbazon bestimmt.
Bestimmung der Aldehyde als Oxime. Weniger gute
Ergebnisse als die im Vorhergehenden besprochenen Methoden
mit Hilfe von Phenylhydrazon liefert — besonders bei der Citral-
bestimmung im Citronenöl — nach Schimmel ©; Co.") und
nach Parry 10 ) das zuerst von Walther 11 ) angegebene und später
von Bennett 12 ) verbesserte Verfahren zur Bestimmung von
Aldehyden mit Hydroxylamin.
Eine Mischung von 20 ccm Citronenöl mit 20 ccm alkoholischer
(80°/oiger Alkohol) Halbnormal-Hydroxylaminchlorhydratlösung
wird mit 8 ccm alkoholischer Normalkalilauge und 20 ccm aldehyd-
freien starken Alkohols versetzt und x / 2 Stunde lang am Rück-
flußkühler gekocht. Nach dem Erkalten verdünnt man mit
250 ccm Wasser, die man zum Teil zum Ausspülen des Rück-
flußkühlers benutzt, und neutralisiert die noch als Hydroxylamin-
chlorhydrat vorhandene Salzsäure unter Anwendung von Phenol-
') U. S. Bur. Chem. Bull. 152 (1912), 135; 162 (1913), 83.
a ) Americ. |ourn. Pharm. 88 (1916), 481.
3 ) |ourn. ind. eng. Chemistry 9 (1917), 142.
4 ) journ. Ass. offic. agric. Chem. 4 (1921), 479; Americ. Perfumer 16
(1921), 301.
5 ) Journ. and Proceed. Royal Soc. of M.S.W. 57, 157; Chem. Ztg. 45
(1921), 687.
6 ) Mitteil. Lebensmittelunters, u. Hyg. 6 (1915), 267.
') Journ. de Pharm, et Chim. 28 (1923), 257.
*) Analyst 48 (1923), 367.
9 ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1909, 154.
10 ) Parfüm, moderne 15 (1922), 185.
") Pharm. Zentralh. 40 (1899), 621; 41 (1900), 614.
") Analyst 84 (1909), 14; Chem. Zentralbl. 1909, I. 593.
Chemische Prüfungsmethoden. 749
phthalein als Indikator. Das nicht an Citral gebundene Hydroxyl-
amin wird nunmehr mit Halbnormal -Schwefelsäure in der
Weise titriert, daß man die Endreaktion durch Tüpfelproben mit
einer sehr verdünnten Methylorangelösung feststellt. Auf gleiche
Weise verfährt man bei einem blinden Versuch ohne Citronenöl,
um den Titer der Hydroxylaminlösung zu bestimmen. Aus der
Differenz der bei beiden Versuchen verbrauchten ccm Halb-
normal-Schwefelsäure ergibt sich die Menge des in Reaktion
getretenen Hydroxylamins und durch Multiplikation mit 0,076
die des Citrals.
Die Methode soll nach Bennett und Donavan 1 ) brauchbar
sein zur Bestimmung von Formaldehyd, Benzaldehyd, Zimtaldehyd
und Aceton. Wie Bennett 2 ) hervorhebt, ist absolute Reinheit
der Reagenzien erforderlich, damit bei der Titration ein scharfer
Farbumschlag eintritt.
Citronellal-Bestimmung. Die Bestimmung des Citronellals
geschieht durch Acetylierung (vgl. S. 730). Die Bisulfitmethode
ist hier deswegen nicht anwendbar, weil sich das sulfonsaure
Salz des Citronellals in der Bisulfitlauge sehr schwer löst und
die wäßrige wie die ölige Schicht derart durchsetzt, daß eine
auch nur annähernd genaue Ablesung der letzteren unmöglich
ist. Auch die Sulfitmethode ist hierzu nicht geeignet, wenn es
auch gelingt, das Citronellal allmählich in Lösung zu bringen,
indem man längere Zeit erwärmt und ohne Rücksicht auf ein-
tretende Alkaliabspaltung von Zeit zu Zeit Essigsäure zusetzt.
Zimtaldehyd-Bestimmung. Zur Bestimmung von Zimt-
aldehyd eignet sich außer der Bisulfitmethode auch eine von
Hanus 3 ) empfohlene gewichtsanalytische Methode, die sehr
exakte Resultate liefert und besonders dann am Platze ist, wenn
nur kleine Mengen Öl zur Verfügung stehen. Bei Ceylon-Zimt-
ölen weichen die Resultate allerdings von den nach der Bisulfit-
methode erhaltenen, selbst wenn letztere in Gewichtsprozente
umgerechnet werden, noch um 4 bis 5°/o ab, was offenbar auf
die Anwesenheit der übrigen im Ceylon-Öl enthaltenen Aldehyde
*) Analyst 47 (1922), H6;*Journ. Soc. ehem. Ind. 41 (1922), A. 391.
*) Perfum. Record 13 (1922), 196.
s ) Zeitschr. Unters, der Nahrungs- u. Genußmittel 6 (1903), 817. Vgl.
auch Bericht von Schimmel § Co. April 1904, 16.
750 Die Prüfung der ätherischen Öle.
zurückzuführen ist, die bei dem Bisulfitverfahren gleichzeitig
mitbestimmt werden 1 ).
HanuS scheidet den Zimtaldehyd als Semioxamazon,
CO-NHN:CH.CH:CH.C 6 H B
CO-NH 2 ,
ab und verfährt in folgender Weise:
0,15 bis 0,2 g Öl werden in.einem Erlenmeyer-Kolben von etwa 250 ccm
Inhalt mit 85 ccm Wasser versetzt und durch Schütteln fein verteilt. Es ist
zweckmäßig, das Öl vor dem Wasserzusatz in 10 ccm Alkohol von 95 bis
96 Volumprozenten zu lösen, um eine feinere Verteilung des Öls herbei-
zuführen und so zu verhindern, daß etwa ein Teil des Zimtaldehyds durch
das Semioxamazon umhüllt und dadurch der Reaktion entzogen wird. Sodann
fügt man die anderthalbfache Menge Semioxamazid*) hinzu, das in 15 ccm
heißen Wassers gelöst wurde, schüttelt die Mischung 5 Minuten lang tüchtig
durch und läßt sie unter zeitweiligem Umschütteln 24 Stunden stehen;
besonders während der ersten 3 Stunden ist das Umschütteln öfter zu wieder-
holen. Das flockig abgeschiedene Semioxamazon wird durch einen mit
Asbest beschickten, getrockneten und gewogenen Gooch-Tiegel filtriert, mit
kaltem Wasser gewaschen und hierauf bei 105° bis zur Gewichtskonstanz
(oder nach Eder und Schneiter*) 2 Stunden bei 140 bis 150°) getrocknet.
Ist a die gefundene Menge Zimtaldehydsemioxamazon und s die angewandte
Ölmenge, so ergibt sich der Prozentgehalt an Zimtaldehyd aus folgender Formel :
a • 60,83
s
Diese Methode ermöglicht es auch, den Aldehydgehalt einer
Zimtrinde zu ermitteln, wofür Hanu§ eine spezielle Vorschrift
angibt.
b) rvETONE. Von Ketonen lassen sich, wie schon erwähnt,
Carvon und Pulegon nach der Sulfitmethode quantitativ be-
stimmen. Das ist besonders für jene Verbindung von Be-
deutung, da sich hier der Mangel einer brauchbaren Bestimmungs-
methode unangenehm fühlbar machte.
Ein Vorjahren von Kremers und Schreiner 4 ) empfohlenes
Verfahren, nach dem das Carvon in sein Oxim übergeführt, durch
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1904, 18.
a ) Ober die Darstellung vgl. Kerp u. Unger, Berl. Berichte 30 (1897),
585 und Weddige, Journ. f. prakt Chem. 10 (1874), 196.
3 ) Annali di Chim. applicata 15 (1925), 320.
*) Pharm. Review 14 (1896), 76. Vgl. auch Alden u. Nolte, Pharm.
Archives 2 (1899), 81 und Kremers, Journ. So c. chem. Industry 20 (1901), 16.
Chemische Prüfungsmethoden. 751
Wasserdampfdestillation von den übrigen Bestandteilen getrennt
und dann zur Wägung gebracht wird, gibt leider nur sehr un-
genaue Resultate, da der Punkt, bei dem die Wasserdampf-
destillation abgebrochen werden muß, schwer zu treffen ist und
infolgedessen eine scharfe Trennung des — auch etwas flüchtigen —
Carvoxims von den übrigen Ölanteilen unmöglich wird. Auch
eine von Walther 1 ) vorgeschlagene Titriermethode unter Be-
nutzung von Hydroxylamin hat keine praktische Bedeutung erlangt,
obwohl sie später von Nelson 3 ) nochmals empfohlen worden ist.
Menthon. Es ist bis jetzt noch nicht gelungen, Menthon auf
direktem Wege quantitativ zu bestimmen. Man ist daher immer
noch auf eine zuerst von Power und Kleber 8 ) ausgeführte
indirekte Methode angewiesen, indem man das Keton durch
Reduktion mit Natrium und Alkohol in Menthol überführt und
dieses der Menge nach bestimmt. Hierbei werden zwar, wie
sich an Gemischen von bekanntem Menthongehalt ergeben hat,
nur annähernde Werte erhalten, doch dürften sie für die Praxis
in den meisten Fällen genügen. Die Bestimmung geschieht auf
folgende Weise: 15 ccm Öl werden in einem Rundkolben mit etwa
der vierfachen Menge absoluten Alkohols verdünnt*), und nach
Aufsetzen eines Rückflußkühlers in die zum Sieden erhitzte
Lösung ganz allmählich 5 bis 6 g metallisches Natrium ein-
getragen. Wenn alles Natrium verbraucht ist, läßt man erkalten,
verdünnt stark mit Wasser und säuert mit Essigsäure an. Sodann
wird das Öl im Scheidetrichter von der wäßrigen Flüssigkeit
getrennt, zur völligen Entfernung des Äthylalkohols mehrmals
mit Kochsalzlösung gewaschen und schließlich mit entwässertem
Natriumsulfat getrocknet. Durch Acetylieren ermittelt man nun
den Mentholgehalt des ursprünglichen und des reduzierten Öls
und erfährt hierdurch, wieviel Menthol aus dem im ursprünglichen
Öle vorhandenen Menthon entstanden ist, woraus sich weiter
*) Chem.-Ztg. Repert. 28 (1899), 264. Siehe S. 748.
*) U. S. Dep. Agricult. Bur. Chem. Bull. Nr. 137 (20. 7. 1911), S. 186. —
Bericht von Schimmel $ Co. April 1912, 148.
*) Pharm. Rundsch. (Neuyork) 12 (1894), 162; Arch. der Pharm. 232
(1894), 655.
*) Absoluter Alkohol ist wasserhaltigem vorzuziehen, weil die Reduktion
vollständiger wird und das Natriumalkoholat besser gelöst bleibt. Beck-
mann, Journ. f. prakt. Chem. II. 55 (1897), 18.
752 Die Prüfung der ätherischen Öle.
der Menthongehalt berechnen läßt. Enthält das ursprüngliche
Öl rrjj /« Gesamtmenthol und das reduzierte m 2 °/o, so ergibt
sich der Prozentgehalt des ursprünglichen Öls an Menthon aus
der Formel: , v *- Ä
(m 2 — nQ-154
156
Jonon. Über die quantitative Bestimmung von Jonon vgl.
S. 591.
Methylheptenon läßt sich nach der Kleberschen Methode
mit Phenylhydrazin quantitativ bestimmen 1 ).
Phenolbestimmung. Zur Bestimmung von Phenolen hat
sich in der Praxis am besten das zuerst von Gildemeister 2 )
für Thymianöl angegebene Ausschütteln mit verdünnter Natron-
lauge bewährt, weil es leicht ausführbar und für praktische Zwecke
hinreichend genau ist. Da fast alle Phenole mit Alkalien wasser-
lösliche Verbindungen bilden, so ist das Verfahren ganz allgemein
für ätherische Öle anwendbar, nur muß man, wie Schimmel § Co. 8 )
feststellten, je nach der Art der zu bestimmenden Phenole den
Verdünnungsgrad der Lauge 4 ) verschieden wählen. Bei Thymol
und Carvacrol enthaltenden Ölen (Ajowanöl, Thymianöl, Spanisch
Hopfenöl) benutzt man, wie Gildemeister (loc. cit.) das seinerzeit
schon vorgeschlagen hatte, eine 5% ige Lauge, während man
eugenolhaltige Öle (Nelkenöl, Nelkenstielöl, Pimentöl, Bayöl,
Zimtblätteröl) mit einer 3% igen ausschüttelt. Verwendet man
im letzteren Falle eine stärkere Lauge, so fallen die Resultate
zu hoch aus, indem die Lauge im Verein mit dem Eugenolalkali
lösend auf die Nichtphenole einwirkt, speziell auf deren sauerstoff-
haltigen Anteile. Bei hohem Eugenolgehalt kann es vorkommen,
daß sich die Öle in der 5°/oigen Lauge vollständig lösen. Ganz
zu verwerfen ist aus diesem Grunde auch der von Umney 5 )
*) Bericht von Schimmel $ Co. April 1913, 42.
*) Hager, Fischer und Hartwich, Kommentar zum Arzneibuch für
das Deutsche Reich, 3. Ausgabe. Berlin 1892, 1. Auflage, Bd. II, S. 377.
8 ) Bericht von Schimmel § Co. April 1907, 126.
*) Es sei noch besonders hervorgehoben, daß es gleichgültig ist, ob man
Natronlauge oder gleichprozentige Kalilauge anwendet, nur braucht man in
letzterem Falle wegen des höheren Molekulargewichts des Kaliumhydroxyds
etwas mehr Lauge.
*) Pharmaceutical Journ. III. 25 (1895), 951.
Chemische Prüfungsmethoden. 753
gemachte Vorschlag, zur Eugenolbestimmung von Nelkenöl 10°/oige
Kalilauge zu verwenden, wobei stets um 10 bis 12 °/o zu hohe
Resultate erhalten werden. Der naheliegende Gedanke, die Phenol-
bestimmung stets mit 3 °/oiger Lauge auszuführen, ist nicht durch-
führbar, da sich herausgestellt hat, daß Thymol und Carvacrol
bei einer derartigen Konzentration der Lauge nicht quantitativ
aufgenommen werden.
Die Bestimmung geschieht auf folgende Weise: In einem
reichlich 100 ccm fassenden Cassiakölbchen (Fig. 74, S. 739)
versetzt man 10 ccm Öl mit soviel 3- oder 5°/oiger Natronlauge,
daß das Kölbchen zu etwa */s gefüllt ist, und schüttelt die Mischung
wiederholt kräftig durch. Den nicht in Reaktion getretenen Ölanteil
bringt man durch Nachfüllen von weiterer Lauge in den Kolben-
hals und sorgt durch zeitweises leichtes Beklopfen und Drehen
des Kölbchens dafür, daß an der Glaswand etwa noch haftende
Öltropfen möglichst vollständig in die Höhe getrieben werden.
Nachdem sich die gesamten Nichtphenole oberhalb der Lauge
angesammelt haben, was erst nach mehreren Stunden der Fall
ist, liest man deren Volumen genau ab. Durch Subtraktion der
gefundenen Zahl von 10 ergibt sich die von der Lauge auf-
genommene Ölmenge und durch Multiplikation mit 10 der Phenol-
gehalt des Öls in Volumprozenten.
Bei Nelkenölen wird die Mischung gleichzeitig 10 Minuten
lang auf dem Wasserbade erwärmt, um das darin enthaltene
Eugenolacetat (Aceteugenol), das für die Bewertung des Öls von
der gleichen ■ Bedeutung ist wie das freie Eugenol, zu verseifen
und dadurch mitzubestimmen.
An Stelle des Cassiakölbchens kann man auch eine genügend
große Bürette benutzen. Da diese aber meist nicht über 60 ccm
fassen, so sind sie nur bei Bestimmungen mit 5°/oiger Lauge
brauchbar, denn sonst könnte es vorkommen, daß das Alkali
nicht zur Bindung des gesamten Phenols ausreicht. Bei Nelken-
ölen wird man schon deswegen ein Cassiakölbchen wählen, um
die Mischung auf dem Wasserbade erwärmen zu können.
Will man das betreffende Phenol abscheiden, um es näher
zu charakterisieren, so trennt man die phenolhaltige Laugen-
schicht von dem darauf schwimmenden Öle, filtriert sie zur
Entfernung der letzten Ölanteile durch ein angefeuchtetes Filter
aus gehärtetem Filtrierpapier und säuert mit verdünnter Schwefel-
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 48
754 Die Prüfung der ätherischen Öle.
säure an. Das abgeschiedene Phenol wird ausgeäthert, die
mit entwässertem Natriumsulfat getrocknete ätherische Lösung
in ein Abdampfschälchen gebracht, und der Äther verdunstet.
Das zurückbleibende Phenol kann durch geeignete Derivate weiter
identifiziert werden; Thymol gibt sich dadurch zu erkennen, daß
es beim Abkühlen nach einiger Zeit entweder von selbst oder
nach Hineinwerfen eines Thymolkriställchens fest wird.
Die Bestimmungsweise der Phenole mit Hilfe von verdünnter
Natronlauge ist von Reti 1 ) so abgeändert, daß sie auch dann
angewandt werden kann, wenn man nur eine kleine Menge eines
Öls zur Verfügung hat.
Als Absorptionsgefäß dient ein im wesentlichen dem Gerberschen
Butyrometer nachgebildeter Apparat, den Reti „Phenolometer" nennt. Die
Ausbauchung des Apparats faßt 20 ccm, die 9 cm lange Verjüngung von
etwa 3,5 mm lichter Weite ist in V 100 ccm geteilt. Der Skalenbereich er-
streckt sich über 0,8 ccm. Zur Ausführung der Bestimmung pipettiert man
in das Phenolometer 1 ccm Öl, dann so viel verdünnte Natronlauge (bei
thymol- und carvacrolhaltigen Ölen 5 %ige, bei eugenolhaltigen 3 %ige), wie
nötig ist, um beim späteren Umkehren des Apparats die obere Flüssigkeits-
grenze in den Skalenbereich zu bringen, Nachdem man die Flüssigkeiten
durch wiederholtes Neigen und Schütteln gemischt hat, zentrifugiert man
sie drei Minuten lang. Luftblasen dürfen nicht vorhanden sein. Nach dieser
Zeit haben sich die Nichtphenole im Meßbereich der Skala vollständig und
kta<* abgeschieden, so daß ihre Menge abgelesen werden kann. Mit diesem
in kurzer Zeit ausführbaren Verfahren soll man zuverlässige und mit der
alten Methode übereinstimmende Werte erhalten. Voraussetzung ist, daß
die Pipette mit der Skala des Apparats übereinstimmt, und daß eine gleich-
mäßige und hinreichende Abflußzeit beachtet wird. Bei der Bestimmung von
Nelkenöl empfiehlt Reti, zur Verseifung des auch vorhandenen Acetyleugenols
die Lauge auf 70 bis 80° erwärmt in den Apparat zu geben und nach dem
Erkalten zu zentrifugieren.
Eine Phenolbestimmungsmethode, die ebenfalls bei kleinen
Ölmengen brauchbar ist, rührt von Schryver 2 ) her. Nach ihr
werden nur die frei vorhandenen Phenole bestimmt; sie ist aber
nur bei solchen Ölen anwendbar, die keine Alkohole, Aldehyde
und r\etone enthalten, also im Grunde genommen nur bei solchen,
die aus einem Gemisch von Phenolen und Kohlenwasserstoffen
bestehen 3 ).
*) Chem. Ztg. 69 (1925), 306; Annali di Chim. applicata 15 (1925), 317.
*) Journ. Soc. chem. Industry 18 (1899), 553.
*) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1904, 133.
Chemische Prüfungsmethoden. 755
Schryver verwertet die Eigenschaft des Natriumamids,
NaNH 2 , mit Phenolen in der Weise zu reagieren, daß der
Wasserstoff der Phenolgruppe durch Natrium unter gleich-
zeitiger Bildung von Ammoniak ersetzt wird. Letzteres wird
an Säure gebunden und durch Titration bestimmt.
Die Ausführung ist folgende:
Etwa 1 g Natriutnamid wird zu feinem Pulver zerrieben, zwei- oder dreimal
mit etwas Benzol durch Dekantieren gewaschen und in einen 200 ccm haltenden,
weithalsigen Kolben gebracht, der mit einem Scheidetrichter und einem schräg
nach oben gerichteten Kühler verbunden ist. In diesen Kotben bringt man
50 bis 60 ccm thiophenfreies Benzol und kocht auf dem Wasserbade, indem man
gleichzeitig trockne, von Kohlensäure befreite Luft mit einer Wasserluftpumpe
durch den unter die Oberfläche der Flüssigkeit eintauchenden Scheidetrichter
saugt. Nach zehn Minuten langem Kochen sind die letzten an Natriumamid etwa
haftenden Spuren von Ammoniak vertrieben. Eine mit dem Kühler verbundene
Vorlage wird mit etwa 20 ccm Normal-Schwefelsäure beschickt. Nun läßt man
eine Lösung von 1 bis 2 g des zu untersuchenden Phenols oder ätherischen
Öls 1 ) langsam durch den Scheidetrichter zu der siedenden, aus Natriumamid
und Benzol bestehenden Mischung laufen, spült den Scheidetrichter mit etwas
Benzol aus und saugt so lange trockne Luft durch den siedenden Inhalt des
Apparates, bis alles Ammoniak in der Vorlage absorbiert ist, wozu gewöhnlich
fünf Viertelstunden notwendig sind. Schließlich wird die überschüssige Schwefel-
säure in der Vorlage mit Natriumcarbonati ösung titriert, wobei man Methylorange
als Indikator benutzt. Das Resultat wird in Prozenten des Phenols ausgedrückt
oder aber, besonders bei unbekannten Phenolen, durch die Hydroxylzahl. Als
Hydroxylzahl (Hydroxyl value) bezeichnet Schryver die Anzahl Kubikzenti-
meter Normal-Schwefelsäure, die notwendig ist, um das von 1 g der Substanz
unter den obigen Bedingungen entwickelte Ammoniak zu neutralisieren.
Nach einer von A. Hesse 9 ) empfohlenen Methode lassen
sich sowohl Phenole, als auch besonders Ester von Phenol-
carbonsäuren, wie z. B. Salicylsäureester, bestimmen. Man löst
das zu untersuchende Öl, eventuell nach vorheriger Verdünnung
mit einem indifferenten Mittel (Benzylalkohol), in 3 Teilen wasser-
freien Äthers, kühlt ab und setzt sodann vorsichtig alkoholische
Halbnormal-Kalilauge hinzu, worauf sich vorhandene Phenole
oder Phenolcarbonsäureester als Kaliumsalze kristallinisch ab-
scheiden. Die Kristalle werden abfiltriert, mit trocknem Äther
gewaschen und mit Kohlensäure zerlegt. Die dadurch in Frei-
heit gesetzten Phenole oder Ester können der Menge nach
*) Wegen der großen Reaktionsfähigkeit des Amids mit Wasser müssen
-die Öle absolut trocken sein.
a ) Chem. Zeitschr. 2 (1903), 434.
48
756 Die Prüfung der ätherischen Öle.
bestimmt werden. Will man, namentlich bei kleineren Mengen,
das Alkali in der ausgeschiedenen Verbindung titrimetrisch be-
stimmen, so ist ein zu großer Überschuß von Kalilauge zu ver-
meiden, da es sonst vorkommen kann, daß sich neben den
Kaliumsalzen auch Alkali in fester Form abscheidet.
Einem Verfahren von Verley und Bölsing 1 ) liegt die Be-
obachtung zugrunde, daß sich Phenole mit Essigsäureanhydrid
in der Kälte sofort unter lebhafter Reaktion umsetzen, wenn
gleichzeitig Pyridin zugegen ist. Die nebenbei entstehende Essig-
säure wird sogleich vom Pyridin gebunden. Da sich Pyridin
gegen Phenolphthalein neutral verhält, so kann die nicht an
Phenol gebundene Essigsäure titrimetrisch festgestellt werden.
Zur Bestimmung werden etwa 3 g Öl mit 25 ccm eines Gemisches von
120 g Essigsäureanhydrid und 880 g Pyridin in einem 200 ccm fassenden
Kölbchen ohne Kühler 15 Minuten auf dem Wasserbade erwärmt Nach dem
Erkalten versetzt man mit der gleichen Menge Wasser (zur Überführung des
noch unveränderten Essigsäureanhydräds in Essigsäure bzw. Pyridinacetat)
und titriert sodann unter Benutzung von Phenolphthalein als Indikator die
nicht an Phenol gebundene Essigsäure zurück. Auf dieselbe Weise ermittelt
man den Essigsäuregehalt des erwähnten Gemisches und erfährt durch
Subtraktion die' zur Bindung des Phenols verbrauchte Essigsäuremenge,
woraus sich weiter der Gehalt des Öles an Phenol berechnen läßt.
Als Ester vorhandenes Phenol, wie beispielsweise Eugenol-
acetat im Nelkenöl, wird nach dieser Methode nicht mitbestimmt.
Außerdem ist zu beachten, daß die betreffenden Öle keine
Alkohole enthalten dürfen, da diese unter den angegebenen Ver-
hältnissen in derselben Weise reagieren wie Phenole.
Bei der Nachprüfung 3 ) des Verfahrens zeigte es sich, daß
genaue Resultate damit nicht zu erhalten sind.
Über die Bestimmung von Phenolen mit Hilfe von Magnesium-
methyljodid siehe S. 735.
Außer diesen allgemein für Phenole gültigen Bestimmungs-
methoden sind noch einige spezielle bekannt, die hier ebenfalls
näher beschrieben werden sollen.
Zur Bestimmung von Thymol und Carvacrol in äthe-
rischen Ölen haben Kremers und Schreiner 3 ) ein Verfahren
% ) Berl. Berichte 84 (1901), 3354.
s ) Bericht von Schimmel § Co. April 1901, 51. — van Urk, Pharm.
Weekblad 58 (1921), 1265; Chem. Zentralbl. 1921, IV. 1145.
s ) Pharm. Review 14 (1896), 221.
Chemische Prüfungsmethoden. 757
ausgearbeitet. Es ist eine Modifikation der von Messinger und
Vortmann 1 ) empfohlenen Methode und beruht darauf, daß diese
Phenole in alkalischer Lösung von Jod als rote Jodverbindungen
abgeschieden werden, und daß man die im Überschuß zugefügte
Jodmenge nach dem Ansäuren der Flüssigkeit mit Natriumthio-
sulfatlösung zurücktitrieren kann. Jedes Molekül Thymol oder
Carvacrol erfordert 4 Moleküle Jod zur Fällung.
Die Ausführungsform für Thymol, die sich etwas von der
für Carvacrol unterscheidet, ist folgende:
5 ccm des zu untersuchenden Öles werden abgewogen, in
eine in l /io ccm geteilte, mit Glasstopfen versehene Bürette
gebracht und mit ungefähr dem gleichen Volumen Petroläther
verdünnt. Nach Hinzufügen von 5°/oiger Natronlauge schüttelt
man kräftig um und läßt absetzen. Sobald dies geschehen ist,
läßt man die Lauge in einen Meßkolben von 100 ccm Inhalt,
laufen und wiederholt die Ausschüttlung mit Lauge so oft, als
noch eine Verminderung des Ölvolumens eintritt.
Die alkalische Thymollösung wird mit 5°/oiger Natronlauge
auf 100 ccm, oder, wenn es notwendig sein sollte, auf 200 ccm
aufgefüllt.
Zu 10 ccm dieser Lösung wird in einem Meßkolben von
500 ccm Inhalt Vio Normal-Jodlösung in geringem Überschuß
zugefügt, wobei das Thymol als dunkelbraun gefärbte Jod-
verbindung ausgefällt wird. Um sich zu vergewissern, ob die
zugesetzte Jodmenge hinreichend ist, entnimmt man dem Kolben
einige Tropfen der Flüssigkeit und fügt im Reagensrohr einige
Tropfen Salzsäure zu. Bei genügender Jodmenge zeigt die
Flüssigkeit die braune Jodfarbe, im andern Falle ist sie durch
ausgeschiedenes Thymol milchig. Ist Jod im Überschuß an-
wesend, so wird die Lösung im Meßkolben mit verdünnter
Salzsäure angesäuert und auf 500 ccm verdünnt. In 100 ccm
der vom Niederschlage abfiltrierten Flüssigkeit bestimmt man die
Menge des überschüssigen Jods durch Titration mit 1 /io Normal-
Natriumthiosulfatlösung s ) .
*) Berl. Berichte 23 (1890), 2753.
s ) Über eine Abänderung der Arbeitsweise, bei der an Stelle von Natron-
lauge Natriumbicarbonaüosung verwendet wird, siehe Wilkie, Journ. Soc.
ehem. Industry SO (1911), 398 und Redman, Weith u. Brock, Journ. ind.
eng. Chemistry 6 (1913), 831.
758 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Zur Berechnung werden die verbrauchten Kubikzentimeter
mit 5 multipliziert und von der Anzahl der angewandten Kubik-
zentimeter Jodlösung abgezogen, woraus sich die Menge des
durch Thymol verbrauchten Jods ergibt.
Jedes Kubikzentimeter verbrauchter V« Normal-Jodlösung
entspricht 0,0037528 x ) g Thymol.
Aus der in der alkalischen Lösung gefundenen Thymolmenge
ist der Prozentgehalt des ursprünglichen Öls leicht festzustellen.
Die Reaktion verläuft nach der Gleichung:
C 10 H 14 O + 4J + 2NaOH = C 10 H 12 J s O + 2NaJ + 2H 2 0.
Bei der Bestimmung des Carvacrols muß man eine .kleine
Abänderung eintreten lassen, weil sich das Carvacroljodid
milchig ausscheidet. Um einen Niederschlag zu erhalten, wird
die Mischung nach dem Hinzufügen des Jods kräftig geschüttelt
und filtriert. Erst nachdem dies geschehen ist, säuert man die
Flüssigkeit mit Salzsäure an und verfährt genau so wie beim
Thymol. Die Berechnung bleibt dieselbe.
Eine Methode zur maßanalytischen Bestimmung des Thymols,
die der von Koppeschaar 2 ) zur Bestimmung des Phenols an-
gegebenen nachgebildet ist, ist von E. Zdarek 3 ) beschrieben
worden.
In einem Kölbchen mit eingeriebenem Stöpsel werden für je 0,1 g Thymol
20 com Bromsalzlösung (3,571 g MaBrO« -1- 12,178 g NaBr:ll) und 4 ccm
rauchende Salzsäure zugegeben, etwa 5 Minuten tüchtig geschüttelt, nach
Zugabe von 10 ccm KJ-Lösung (125 g KJ : 1 1) und Stärkelösung sofort mit
Natriumthiosulfatlösung (9,76 g krist. Na a S s O a : 1 1) auf Farblosigkeit titriert.
Es wird ein Thymoltetrabromid gebildet, das unter den angegebenen Ver-
suchsbedingungen beständig genug ist, um die Titration des Thymols mit
genügender Genauigkeit zu ermöglichen.
Zur Bestimmung des Thymols kann man nach H. Elion*)
sowie A. Seidell 5 ) wie folgt verfahren:
0,1 bis 0,5 g Thymol werden in einer 300 ccm fassenden Flasche in
1 bis 2 ccm Tetrachlorkohlenstoff gelöst und mit 100 ccm Wasser versetzt.
l ) Die Zahl 0,0037528 gilt für O = 16; für H = 1 ist sie 0,00372175.
ä ) Zeitschr. f. anal. Chem. 15 (1876), 233.
3 ) Ebenda 41 (1902), 227; Chem. Zentralbl. 1902, II. 75.
J ) Recueil trav. chim. des P.-B. II. 7 (1888), 211; Journ. Americ. chem.
Soc. 39 (1917), 1513.
6 ) Americ. chem. Journ. 47 (1912), 508.
Chemische Prüfungsmethoden. 759
Sodann werden Bromdämpfe in die Flasche geleitet, und zwar so lange, bis
nach dem Umschütteln die braune Farbe bestehen bleibt. Nach einer halben
Stunde werden 5 ccm Schwefelkohlenstoff und gleich darauf wäßrige 20 %ige
Kaliumjodidlösung im Überschuß zu der Mischung gegossen. Das frei
gewordene Jod wird mit Zehntelnormal -Thiosulfatlösung titriert. Sodann
wird 2 %ige wäßrige Kalium jodatlösung hinzugefügt und wiederum das frei
gewordene Jod titriert. Das bei der zweiten Titration verbrauchte Thiosulfat
entspricht der angewandten Menge ThymoL 1 ccm Zehntelnormal-Thiosulfat-
lösung = 0,007506 g Thymol.
Eine Methode zur Bestimmung von Eugenol im Nelkenöl
hat Thoms 1 ) angegeben. Das Verfahren beruht auf der Ab-
scheidung des Eugenols als Benzoylverbindung und hat den
wesentlichen Vorzug, daß man sich durch eine Schmelzpunkts-
bestimmung gleichzeitig von der Identität und Reinheit des
abgeschiedenen Phenols überzeugen kann. Thoms hat die
Methode später dadurch abgeändert und erweitert 2 ), daß er die
unter Umständen störend wirkenden Sesquiterpene vor dem
Zusatz des Benzoylchlorids entfernt und bei der Bestimmung
auch auf das als Acetat im Nelkenöl enthaltene Eugenol Rück-
sicht nimmt.
Bestimmung des Gesamteugenols. In einem etwa
150 ccm fassenden Becherglase werden 5 g Nelkenöl mit 20 g
15°uiger Natronlauge Übergossen und durch \ 2 stündiges Er-
wärmen auf dem Wasserbade verseift. Den Inhalt des Becher-
glases gießt man noch warm in einen kleinen Scheidetrichter
mit kurzem Abflußrohr und bringt nach vollkommener Trennung
der beiden Flüssigkeitsschichten die Eugenolnatriumlösung in
das Becherglas zurück. Die im Scheidetrichter verbleibenden
Sesquiterpene werden noch zweimal mit je 5 ccm 15"oiger
Natronlauge gewaschen und die Laugen mit der Eugenolnatrium-
lösung vereinigt. Hierzu setzt man nun 6 g Benzoylchlorid und
schüttelt kräftig um, bis das Reaktionsgemisch gleichmäßig ver-
teilt ist. Die Esterbildung vollzieht sich unter starker Erwärmung
in wenigen Minuten. Überschüssiges Benzoylchlorid zerstört
man durch kurzes Erwärmen auf dem Wasserbade. Nach dem
Erkalten fügt man 50 ccm Wasser hinzu, erwärmt, bis der
kristallinisch erstarrte Ester wieder ölförmig geworden ist, und
x ) Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 1 (1891), 278.
s ) Arch. der Pharm. 241 (1903), 592.
760 Die Prüfung der ätherischen Ole.
läßt abermals erkalten. Man filtriert nun die überstehende klare
Flüssigkeit ab, übergießt den im Becherglase zurückgehaltenen
Kristallkuchen von neuem mit 50 ccm Wasser, erwärmt bis
zum Schmelzen des Esters wiederum auf dem Wasserbade,
filtriert nach dem Erkalten und wiederholt das Auswaschen in
gleicherweise nochmals mit 50 ccm Wasser. Das überschüssige
Natron sowie das Natronsalz sind dann entfernt.
Nachdem etwa auf das Filter gelangte Kristallblättchen
in das Becherglas zurückgebracht worden sind, wird das
noch feuchte Benzoyleugenol sogleich mit 25 ccm Alkohol von
90 Gewichtsprozent übergössen und auf dem Wasserbade unter
Umschwenken erwärmt, bis Lösung erfolgt ist; das Umschwenken
des vom Wasserbade entfernten Becherglases wird solange fort-
gesetzt, bis das Benzoyleugenol in kleinkristallinischer Form aus-
kristallisiert ist. Das ist nach wenigen Minuten der Fall. Man
kühlt sodann auf eine Temperatur von 17° ab 1 ), bringt den Nieder-
schlag auf ein Filter von 9 cm Durchmesser und läßt das Filtrat
in einen graduierten Cylinder laufen. Es werden bis gegen 20 ccm
desselben mit dem Filtrate angefüllt; man verdrängt die auf dem
Filter noch im Kristallbrei vorhandene alkoholische Lösung durch
soviel Alkohol von 90 Gewichtsprozent, daß das Filtrat im ganzen
25 ccm beträgt, bringt das noch feuchte Filter mit dem Nieder-
schlag in ein Wägegläschen (dieses war vorher mit dem Filter
bei 101° getrocknet und gewogen) und trocknet bei 101° bis zum
konstanten Gewicht. Von 25 ccm 90 % igen Alkohols werden
bei 17° 0,55 a ) g reines Benzoyleugenol gelöst, welche Menge dem
Befunde hinzugezählt werden muß.
Bezeichnet a die gefundene Menge Benzoesäureester, b die
angewandte Menge Nelkenöl (gegen 5 g) und filtriert man 25 ccm
alkoholischer Lösung vom Ester unter den oben erläuterten Be-
dingungen ab, so findet man den Prozentgehalt des Nelkenöls
an Eugenol nach der Formel:
4100 -(a + 0,55)
67- b
*) van Urk [Pharm. Weekblad 26 (1925), 668] empfiehlt, das Becherglas
vor dem Filtrieren mindestens 15 Minuten lang in einem Wasserbad von 17°
stehen zu lassen.
*) Dieser Faktor ist nach van Urk zu niedrig, weil bei seiner Benutzung
um 4% zu niedrige Resultate erhalten werden sollen.
Chemische Prüfungsmethoden. 76 t
Diese Formel ergibt sich aus den beiden Gleichungen:
(Benzoyleugenol) (Eugenol)
268 : 164 = (a + 0,55): Gefundene Menge Eugenol.
Eugenol = "*-(« + ft») .
Daher b : 164 ^ + °' 55 ) = 100:x.
_ 1 64- (a + 0,55) -100 __ 4100 • (a + 0,55)
268-b ~ 67-b
Bestimmung des freien Eugenols. 5 g Nelkenöl werden
in 20 g Äther gelöst und diese Lösung in einem Scheidetrichter
schnell mit 20 g 15 %iger Natronlauge ausgeschüttelt. Die
Eugenolnatriumlösung bringt man hierauf in ein Becherglas,
wäscht den die Sesquiterpene enthaltenden Äther noch zweimal
mit je 5 g Natronlauge der gleichen Stärke nach, erwärmt die
vereinigten alkalischen Lösungen zum Austreiben des gelösten
Äthers auf dem Wasserbade und benzoyliert sodann in der oben
angegebenen Weise.
Hierdurch läßt sich sowohl das freie wie das als Ester im
Nelkenöl enthaltene Eugenol ermitteln. Natürlich kann man die
Thomssche Methode auch für jedes andere eugen ölhaltige Öl
anwenden, vorausgesetzt, daß es keine freien Alkohole enthält.
Eine titrimetrische Methode von H. W. van Urk 1 ) zur Be-
stimmung des Eugenolgehaltes von Nelkenöl und andern äthe-
rischen Ölen beruht darauf, daß man das Eugenol in die
Natriumverbindung überführt, diese aus der alkalischen Lösung
mit Bromnatrium ausfällt und das überschüssige Alkali durch
Titrieren ermittelt. Man bringt 1 g Öl, genau gewogen, in einen
trocknen, mit Glasstopfen versehenen Kolben zusammen mit
25 ccm einer 3 °/»'g e " Natriumhydroxydlösung, schüttelt schnell
um, gibt 22 g Natriumbromid hinzu, schüttelt anhaltend 5 Minuten
lang, läßt noch V* Stunde unter bisweiligem Umschütteln stehen,
filtriert die Mischung und titriert 20 ccm des Filtrats mit Halb-
oder Fünftel-Normalsalzsäure unter Verwendung von Methyl-
orange als Indikator. Gegen Ende der Titration wird etwas
Äther zugefügt, um eine durch Nichtphenole verursachte Trübung
*) Pharm. Weekblad 62 (1925), 667; Chem. Zentralbl. 1925, IL 1393.
762 Die Prüfung der ätherischen Ole.
zu beseitigen. Vom Titrationswert wird das Ergebnis eines genau
gleichen Leerversuchs ohne Bromnatrium, wobei die durch dessen
Auflösung bewirkte Volumvermehrung zu berücksichtigen ist,
abgezogen. Hieraus ergibt sich die Menge des gebundenen NaOH,
aus der die Eugenolmenge zu berechnen ist. Zur Filtration ist
stets ein Filter von 9 cm Durchmesser zu verwenden, um die
durch das Papier zurückgehaltene Alkalimenge gleich zu erhalten.
Berechnungsbeispiel: 1 g Eugenol verbrauchte für 20 ccm
Filtrat 18,6 ccm HCl von "' N.
Volumvermehrung beim Auflösen des Natriumbromids von
25 ccm auf 32 ccm
^Xl8,6x -^— X 164 = 959 mg Eugenol
20 o
Korrektion für das in Lösung 4f .
gebliebene Eugenol: ^ gq - „ = 99,9 °/o.
Vorteile seiner Methode sind nach van Urk, daß sie in
einer halben Stunde auszuführen ist, und daß etwa vorhandene
Alkohole nicht stören, was nach den Verfahren von Thoms und
von Verley und Bölsing unter Umständen der Fall sein kann.
Methylzahl. Eine Anzahl ätherischer Öle enthält als wich-
tige Bestandteile Methyl- und Äthyläther von Phenolen und Säuren,
deren Alkylgruppen nach der Zeiselschen Methode 1 ) bestimmt
werden können. Benedikt und Grüßner 2 ) haben die quan-
titative Methoxylbestimmung zur praktischen und wissenschaft-
lichen Untersuchung der ätherischen Öle empfohlen und ihre
Brauchbarkeit an einer Reihe von Beispielen gezeigt. Sie be-
zeichnen als Methylzahl die Zahl, die angibt, wieviel mg Methyl
1 g Substanz beim Kochen mit Jodwasserstoffsäure abspaltet.
Dabei wird Äthyl, Propyl und Isopropyl durch die äquivalente
Menge Methyl ersetzt gedacht. Die gewonnene Menge Jodsilber
wird also in allen Fällen auf Methyl umgerechnet.
Die durch Kochen von 0,2 bis 0,3 g des zu untersuchenden
Öls mit Jodwasserstoffsäure (vom spez. Gew. 1,70, der man nach
*) Monatsh. f. Chem. 6 (1885), 989.
a ) Chem. Ztg. 18 (1889), 872, 1087.
Chemische Prüfungsmethoden. 763
Herzig 1 ) 8% Essigsäureanhydrid zusetzt) entstehenden Dämpfe
von Jodmethyl werden in einem geeigneten Apparat zunächst durch
erwärmtes Wasser geleitet, in dem etwas Phosphor suspendiert
ist, damit etwa mitgerissene Joddämpfe zurückgehalten werden.
Nachdem das Jodmethyl diese Vorlage passiert hat, wird es von
einer alkoholischen Silbernitratlösung aufgefangen und das aus-
geschiedene Jodsilber gewogen.
Für die Ausführung dieser Bestimmung sind bequeme
Apparate von L. Ehmann 2 ) und von H. Decker 8 ) zusammen-
gestellt worden.
Gregor 4 ) hat vorgeschlagen, die Suspension des Phosphors
in Wasser durch eine Lösung von je einem Teil Kaliumbicarbonat
und arseniger Säure in 10 Teilen Wasser zu ersetzen, wodurch
man nicht nur die Joddämpfe, sondern auch etwa mit über-
gerissene Jodwasserstoffsäure unschädlich macht. Zum Auf-
fangen des Jodmethyls wendet Gregor eine mit Salpetersäure
angesäuerte Vio-Normal-Silbernitratlösung an und titriert die zur
Fällung von Jodsilber nicht verbrauchte Silbermenge nach Volhard
mit Vio-Normal-Rhodankaliumlösung zurück.
Nach Weishut 5 ) ist ein Zusatz von Phenol zur Jodwasserstoffsäure
(3 ccm Phenol auf 10 ccm Säure) in den Fällen empfehlenswert, wo bei der
gewöhnlichen Art der Ausführung der Methoxylbestimmung keine brauch-
baren Zahlen erhalten werden. Bei einer Temperatur über 45° ist Phenol
mit H] in jedem Verhältnis mischbar.
Man verfährt in der Weise, daß man zuerst die Substanz, dann das
geschmolzene Phenol und zuletzt die HJ in das Methoxylkölbchen bringt.
Wie aus den mitgeteilten Vergleichszahlen hervorgeht, ist der Phenol-
zusatz sehr viel besser als der früher von Herzig für den gleichen Zweck
empfohlene Zusatz von Essigsäureanhydrid.
Klemenc") führt die Bestimmung des abgespaltenen Jodalkyls anders
aus. Er benutzt die leichte Zersetzlichkeit der Jodalkyle bei hoher Temperatur,
indem er die Jodalkyle über glühenden Bimsstein leitet, wobei Zersetzung
unter Abscheidung von Jod eintritt, das dann mit Thiosulfat titriert wird.
Die Silbernitratlösung ist hierbei also ganz ausgeschaltet, außerdem soll die
Zeit, in der das Resultat erhalten werden kann, auf mindestens die Hälfte
vermindert sein.
*) Monatsh. f. Chem. 9 (1888), 544.
2 ) Chem. Ztg. 14 (1890), 1767.
") Bert. Berichte 86 (1903), 2895.
*) Monatsh. f. Chem. 19 (1898), 116.
s ) Ebenda 38 (1912), 1165.
8 ) Ebenda 34 (1913), 901.
764 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Über die Methoxylbestimmung mit Hilfe von Pyridin siehe
Kirpal und Bühn 1 ) sowie Hewitt und Jones 2 ).
Von den durch Benedikt und Grüßner untersuchten Ölen
gaben keine Methylzahl: Wermutöl, Bittermandelöl, Angelicaöl,
Bergamottöl, Kümmelöl, Citronenöl, Copaivabalsamöl, Corianderöl,
Cubebenöl, Elemiöl, Eucalyptusöl, Geraniumöl, Wacholderbeeröl,
Kirschlorbeeröl, Lavendelöl, Krauseminzöl, Pfefferminzöl, Weih-
rauchöl, Latschenkieferöl, Sadebaumöl, ostindisches und west-
indisches Sandelholzöl, Terpentinöl und Baldrianöl.
Hohe Methylzahlen lieferten Anisöl, Sternanisöl und Fenchelöl
wegen ihres Gehalts an Anethol und Methylchavicol, Nelkenöl,
Nelkenstielöl und ZimtblätterÖl wegen ihres Eugenolgehalts. Bei
Wintergrünöl wird die hohe Methylzahl durch das Methylsali-
cylat, bei Petersilienöl durch das Apiol und bei Calmusöl durch
das Asaron 8 ) veranlaßt.
Die Bestimmung ist nur bei ganz spiritusfreien Ölen an-
wendbar, da Äthylalkohol selbst eine Methylzahl gibt, woraus
hervorgeht, daß man dieses Verfahren auch zum quantitativen
Nachweis von Alkohol bei denjenigen Ölen benutzen kann, die
im reinen Zustande keine Methoxylgruppen enthalten*).
*) Berl. Berichte 47 (1914), 1084.
a ) Journ. ehem. Soc. 115 (1919), 193.
s ) Thoms u. Beckstroem, Berl. Berichte 36 (1902), 3191.
*) Die Methylzahlen einiger der von Benedikt und Grüßner unter-
suchten Öle können nur durch einen Gehalt an Alkohol erklärt werden. Es
ist sehr zu bedauern, daß die physikalischen Eigenschaften der untersuchten
Öle nicht mit angegeben sind und man deshalb deren Reinheit nicht beurteilen
kann. Bei dem in der angeführten Abhandlung mit rir. 22 bezeichneten Ceylon-
Zimtöl berechnen Benedikt undGrüßner aus der gefundenen Methylzahl 25,7
einen Gehalt von 28,1 % Eugenol. Da reines Ceylon-Zimtöl nur 4 bis 8 %
Eugenol enthält, so geht aus der Bestimmung hervor (vorausgesetzt, daß die
Methylzahl von dem Eugenol allein herrührt), daß das Öl mit dem eugenol-
reichen ZimtblätterÖl verfälscht war. Aus diesem Beispiel ersieht man, daß
die mitgeteilten Methylzahlen mit Vorsicht aufzunehmen sind. Es wäre daher
eine dankenswerte Aufgabe, die Bestimmungen an Ölen, deren Reinheit vorher
auf andere Weise festzustellen wäre, zu wiederholen, um dieser Methode die
für praktische Zwecke notwendige Unterlage zu verschaffen. Für die wissen-
schaftliche Untersuchung ätherischer Öle ist die Methoxylbestimmung außer-
ordentlich wertvoll, da sie Auskunft gäbt über das Vorhandensein oder das
Fehlen von Phenoläthern oder Säureestern, die eine Methyl-, Äthyl- oder
Propylgruppe enthalten.
Chemische Prüfungsmethoden. 765
Cineolbestimmung. Zur quantitativen Bestimmung des
Cineols sind außer der fraktionierten Destillation verschiedene
Methoden empfohlen worden, die sich alle darauf gründen, daß
Cineol mit gewissen anderen Verbindungen Additionsprodukte
zu bilden vermag. Wir lassen die Beschreibung der einzelnen
Verfahren hier folgen.
1. Destillationsmethode 1 ). Das zu untersuchende Öl wird fraktioniert
und die in Intervallen von 2 zu 2 Graden aufgefangenen Fraktionen in ein
gutes Kältegemisch gestellt und bis auf — 15 bis — 18° abgekühlt Dann
versucht man sie durch Schütteln oder Berühren mit einem Cineolkristall
zum Erstarren zu bringen. Der nach einstündigem Stehen im Kältegemisch
flüssig bleibende Anteil wird durch eine in eine feine Spitze ausgezogene
Pipette abgesaugt. Man erhält bei einiger Übung eine fast trockne Kristall-
masse, von der man die letzten Flüssigkeitsspuren durch mehrfaches Durch-
einanderschütteln der Kristalle entfernen kann. Das geschmolzene Cineol
aller Fraktionen wird vereinigt und gewogen.
Da ein gewisser Teil des Cineols in dem Terpen gelöst bleibt, so läßt
sich auf diese Weise nicht alles abscheiden. Die Methode ist deshalb nur
dann anwendbar, wenn es sich darum handelt, unter mehreren Ölen das cineol-
reichste herauszufinden.
2. Bromwasserstoffmethode. In eine durch eine Kältemischung
stark abgekühlte Lösung von 10 ccm Öl in 40 ccm leichtsiedendem Petrol-
äther (Sdp. 35 bis 40°) leitet man so lange absolut trockne Bromwasser-
stoffsäure ein, als noch ein Niederschlag entsteht. Das gebildete, reinweiße
Bromwasserstoffcineol (CtoHisO-HBr) saugt man schnell mit der Saugpumpe
ab und wäscht mit kaltem Petroläther nach. In die abgesogene Flüssigkeit
leitet man von neuem Bromwasserstoffsäure ein, saugt den etwa gebildeten
Niederschlag für sich ab und vereinigt ihn dann mit der Hauptmenge.
Zur Entfernung des Petroläthers wird das Bromwasserstoffcineol eine
Viertelstunde lang in einem Vakuum belassen, sodann mit wenig Alkohol
in ein Cassiakölbchen gespült und durch Wasser zersetzt. Das abgeschiedene
Cineol bringt man durch weiteren Wasserzusatz in den Kolbenhals und liest
die Menge des Öles an der Skala ab. Durch Multiplikation mit 10 ergibt
sich der Cineolgehalt des angewandten Öles in Volumprozenten.
3. Phosphorsäuremethode 2 ), Vorschrift der amerikanischen Pharma-
copöe (U. S. Ph.). 8. Auflage. 10 ccm Öl werden in 50 ccm Petroläther gelöst
*) Helbings Pharmacological Record No. VIII, London 1892.
a ) Das Verfahren rührt, wie diese Firma mitteilte, von F. H. Faulding
§ Co. In Adelaide her. Zuerst beschrieben wurde es von Helbing u. Pass-
more (Helbings Pharmacological Record No.XXIV, London 1893), die aber kein
Verdünnungsmittel anwandten. Kebler [Americ. Journ. Pharm. 70 (1898), 492]
-versuchte dadurch eine Verbesserung herbeizuführen, daß er das abgeschiedene
und ausgepreßte Cineolphosphat mit Wasser zersetzte und die Säure mit Normal-
766 Die Prüfung der ätherischen Öle.
und zu der stark gekühlten (Kältemischung) Lösung allmählich unter Umrühren
konzentrierte Phosphorsäure hinzugesetzt, bis die sich abscheidende, weiße
Verbindung (Ch>Hi 8 O-HsP0i) einen gelblichen oder rötlichen Farbenton an-
nimmt. Sodann wird die Kristallmasse mit der Saugpumpe abgesogen, mit
Petroläther gewaschen, durch Abpressen 1 ) zwischen Tonplatten von den letzten
flüssigen Anteilen befreit und mit Wasser zersetzt. Das abgeschiedene
Cineol wird volumetrisch bestimmt und das Resultat auf Volumprozente
umgerechnet
Die britische Pharmakopoe gibt für die Eucalyptolbestimmung folgende
Vorschrift:
10 ccm Öl werden mit 4 bis 5 ccm Phosphorsäure vom spez. Gewicht
1.750 (~) in einem in ein Kältegemisch eingestellten Gefäß gut durch-
gemischt, das entstandene feste Additionsprodukt in ein Stück feinen Kalikos
eingeschlagen und dann zwischen einigen Lagen Filtrierpapier scharf ab-
gepreßt. Der Preßkuchen wird mit warmem Wasser zersetzt und das auf
diese Weise wieder frei gewordene Eucalyptol dem Volumen nach bestimmt.
Die Bromwasserstoff- wie die Phosphorsäuremethode leiden
an dem Übelstande, daß die Additionsverbindungen mit Cineol
ziemlich leicht zersetzlich sind, wodurch ihre quantitative Ab-
scheidung erschwert wird. Infolgedessen sind, wie Schimmel
§ Co. 2 ) durch Versuche an Gemischen von bekanntem Cineol-
gehalt feststellten, die nach diesen beiden Methoden erhaltenen
Resultate unzuverlässig, z. T. weichen sie sogar ganz erheblich
von der Wirklichkeit ab. Immerhin wird die Brom Wasserstoff -
methode bei Gegenwart nur geringer Cineolmengen von Nutzen
sein können, da hier sämtliche übrigen Methoden versagen.
4. Die Arsensäuremethode. Von Turner und Holmes 3 ) ist die
Verwendung von Arsensäure, die ebenso wie die Phosphorsäure eine feste
Verbindung*) mit Cineol gibt, zur Cineolbestimmung herangezogen worden.
Sie wurde auch in die 9. Ausgabe (1916) der Amerikanischen Pharmakopoe
aufgenommen, ist aber in der 10. Ausgabe (1926) nicht mehr enthalten.
alkali titrierte. Bedenkt man, wie schwer die dickflüssige Phosphorsäure aus
dem zähen Cineol-Phosphorsäurekuchen quantitativ zu entfernen ist, so kann
man auch dieser Abänderung kein großes Vertrauen entgegenbringen.
*) Die Schwierigkeiten, die sich bei der Cineolbestimmung nach der
Phosphorsäuremethode ergeben, soll man nach Shapter [Perfum. Record 15
(1924), 423] vermeiden können, wenn man die Additionsverbindung mittels
einer durch Kältemischungen leicht bei tiefer Temperatur zu haltenden Presse
abpreßt.
2 ) Bericht von Schimmel § Co. 1917, 30.
3 ) Perfum. Record 6 (1915), 20. — Vgl. Bericht von Schimmel Sf Co.
Oktober 1915, 11.
*) E. Merck, D.R.P. 132606.
Chemische Prüfungsmethoden. 767
5. Die Cresineolmethode. Beilud' und Grassi 1 ) hatten die
Eigenschaft des Cineols, mit einer Reihe von Phenolen, wie a- und /J-Naphthol,
o-, m- und p-Kresol, Brenzkatechin, Thymol u. a. Additionsverbindungen zu
bilden, untersucht: Unter Verwendung des Anlagerungsprodukts von Cineol
an o-Kresol, das er Cresineol nennt, hat T. Cocking 8 ) ein Verfahren
gegründet, nach dem er auf kryoskopischem Wege den Cineolgehalt von
Eucalyptusöl in folgender Weise quantitativ bestimmt: 3 g Eucalyptusöl werden
mit 2,1 g o-Kresol gemischt. Aus dem Erstarrungspunkt dieser Mischung
wird mit Hilfe einer graphischen Tabelle der gesuchte Wert ermittelt.
6. Die Naphtholmethode. Zur Bestimmung des Cineols bedient sich
Walker*) des «-Naphthols, das sich mit Cineol ebenso wie das o-Kresol
in molekularen Verhältnissen verbindet. Vor dem Kresol hat das a-Naphthol
den Vorzug, eine nicht hygroskopische Doppelverbindung mit Cineol zu geben.
Das Walkersche Verfahren beruht ähnlich wie die Methode von Cocking 4 )
darauf, daß man die Probe mit a-Naphthol mischt und die Erstarrungspunkte
der Gemische bestimmt.
7. Die Oxydationsmethode von Dodge*). Sie beruht auf der
verhältnismäßig großen Beständigkeit von Cineol gegen Kaliumpermanganat
und wird in der Weise ausgeführt, daß man das betreffende Öl unter Eis-
wasserkühlung mit einer nach und nach zuzusetzenden 5 bis 6 %igen Kalium-
permanganatlösung schüttelt, bis ein Überschuß davon vorhanden ist. Das
dabei zurückbleibende Eucalyptol wird der Menge nach bestimmt und durch
Feststellung der Konstanten auf seine Reinheit geprüft.
Schimmel $ Co. 8 ) kamen bei der Nachprüfung der Methode zu ganz
ungenügenden Resultaten.
8. Resorcinmethode. Im Laboratorium von Schim-
mel S Co. 7 ) ist ein Verfahren ausgearbeitet worden, welches
darauf beruht, daß Cineol mit Resorcin ein in überschüssiger
konzentrierter Resorcinlösung lösliches Additionsprodukt bildet.
Man verfährt folgendermaßen: 10 ccm Öl werden in einem
1 00 ccm fassenden Cassiakölbchen (Fig. 74, S. 739) mit so viel
50°/oiger Resorcinlösung versetzt, daß das Kölbchen zu etwa */ 4
gefüllt ist- Die Mischung wird 5 Minuten lang tüchtig durch-
*) Gazz. chim. ital. 43 (1913), II. 712; Chem. Zentralbl. 1914, I. 884.
ä ) Perfum. Record 11 (1920), 281. — Vgl. Bericht von Schimmel 8j Co.
1921 65.
' 3 ) j'ourn. Soc. ehem. Ind. 42 (1923), T. 497.
*) Vgl. Cocking, Perfum. Record 15 (1924), 10.
*) Journ. ind. eng. Chem. 4 (1912), 592; 6 (1914), 863.
e ) Bericht von Schimmel $ Co. April 1918, 56; April 1915, 74.
') Ebenda Oktober 1907, 31 j Wiegand u. Lehmann, Chem. Ztg. 3ä
(1908), 109; Bericht von Schimmel § Co. April 1908, 44.
768 Die Prüfung der ätherischen Öle.
geschüttelt, der nicht in Reaktion getretene Anteil des Öls durch
Nachfüllen von Resorcin in den Kolbenhals gebracht, und durch
öfteres Drehen und Beklopfen des Cassiakölbchens sorgt man
dafür, daß auch die an den Gefäßwandungen haftenden Öl tropfen
an die Oberfläche steigen. Nachdem sich die Resorcinlösung
vollständig geklärt hat, was meist erst nach mehreren Stunden
der Fall ist, liest man das abgeschiedene Ölvolumen ab und
findet durch Subtraktion von 10 den Cineolgehalt des angewandten
Öls, der dann durch Multiplikation mit 10 in Volumprozenten
ausgedrückt wird. Sehr cineolreiche Öle verdünnt man zweck-
mäßig vorher mit dem gleichen Volumen Terpentinöl, da das
Cineolresorcin sonst bisweilen auskristallisiert, so daß die ganze
Flüssigkeit erstarrt und die Bestimmung vereitelt wird.
In der vorstehenden Form ist das Verfahren nur bei solchen
■Ölen anwendbar, die neben Cineol keine nennenswerten
Mengen sauerstoffhaltiger Körper (Alkohole, Aldehyde)
enthalten, da das Resorcin diese ebenfalls löst und die Resultate
dann zu hoch ausfallen. In allen anderen Fällen nimmt
man die Bestimmung nicht mit dem ursprünglichen Öl
vor, sondern mit der Cineol-Fraktion. Zu diesem Zwecke
werden 100 ccm Öl aus einem Ladenburgschen Dreikugel-
kolben (Fig. 70, S. 712) in der Weise destilliert, daß in der
Sekunde etwa ein Tropfen fällt Die zwischen 170 und 190°
siedenden Anteile, die das gesamte Cineol des Öls enthalten,
werden gesondert aufgefangen und dem Volumen nach bestimmt.
Man ermittelt sodann den Cineolgehalt dieser Fraktion in der
oben beschriebenen Weise und rechnet ihn auf das ursprüng-
liche Öl um.
Die Fraktionierung hat den Nachteil, daß man dazu ver-
hältnismäßig viel Öl gebraucht. Da nun die erwähnten sauerstoff-
haltigen Verbindungen hauptsächlich aus Alkoholen 1 ) bestehen,
so kann man nach einem Vorschlag von Schimmel &i Co. 2 )
den Gehalt des Öls an acetylierbaren Bestandteilen feststellen
und ihn von dem in Resorcin gelösten und auf Prozente um-
gerechneten Ölanteil in Abzug bringen. Die Differenz stellt
dann den wirklichen Gehalt an Cineol dar.
*) Terpineol bildet z. B. einen wesentlichen Bestandteil des Cajeputöls.
2 Bericht von Schimmel 8} Co. Oktober 1915, 15.
Chemische Prüfungsmethoden. 769
Sicherer und auch für alle Fälle empfehlenswerter ist es,
das Cineol als feste Resorcinverbindung abzuscheiden, diese
zu zersetzen und das Cineol dem Volumen nach zu bestimmen.
Schimmel § Co. teilen in ihrem Bericht 1926, 52 mit, daß sie
seit Jahren den Cineolgehalt ätherischer Öle nur noch mit Hilfe
des festen Resorcin- Additionsprodukts ermitteln. Die Vorschrift
hierfür lautet:
10 ccm Öl werden mit 20 ccm 50%iger Resorcinlösung
vermischt und die — ev. nach Zusatz von etwas festem Cineol-
resorcin — entstandene Kristallmasse zu einem gleichförmigen
Brei verrührt. Sodann wird scharf abgesaugt und zur Ent-
fernung der letzten Ölspuren zwischen Rltrierpapier abgepreßt
Der Preßkuchen wird in einem Becherglase unter vorsichtigem
Erwärmen mit Alkalilauge zersetzt und die Flüssigkeit schließlich
quantitativ in ein Cassiakölbchen gebracht, wobei man sich
eines Trichterchens mit langem, bis zum Boden des Kolbchens
reichenden Rohr bedient. Mach dem Auffüllen wird das Volumen
des abgeschiedenen Cineols abgelesen und durch Multiplikation
mit 10 der Gehalt in Volumprozenten festgestellt.
Bei einem Cineolgehalt von weniger als 70 % ist das Öl
vor der Bestimmung mit der gleichen Menge Cineol zu ver-
mischen, da die Resultate sonst zu niedrig ausfallen.
Das zur Bestimmung verwendete Resorcin kann wieder regeneriert werden,
indem man die vorher von d&m nicht in Reaktion getretenen Ol getrennte
Lösung mit Wasserdampf behandelt, wobei das Cineol überdestilliert. Die
zurückbleibende Resorcinlösung wird eingedampft; das so wiedergewonnene
Resorcin kann zu neuen Bestimmungen benutzt werden.
9. Bestimmung des Cineol-Gehalts in Eucalyptus-
ölen durch den Erstarrungspunkt nach C. Kleber und
W. v. Rechenberg 1 ). Verwendet wird dazu ein Glasrohr, das
zur Vermeidung allzuschneller Abkühlung und Erwärmung doppel-
wandig ist und direkt in die Kältemischung eingesetzt wird.
Das von Schimmel § Co. benutzte Rohr 2 ) hat eine Länge von
18 cm, einen äußeren Durchmesser von 3 und einen inneren
Durchmesser von 2 cm. Eine im oberen Teil angebrachte Öffnung
*) Journ. f. prakt Chem. IL 101 (1921), 171; Bericht von Schimmel § Co.
1981, 25.
") Unter Umständen genügt auch der auf S. 707 beschriebene und ab-
gebildete Erstarrungspunktsbesriminungs-Apparat
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. *°
770 Die Prüfung der ätherischen Öle.
stellt die Verbindung des Zwischenraumes mit der äußeren Luft
her. Die Außenwand trägt etwa 5 cm vom oberen Rande ent-
fernt 3 Ausstülpungen, die dazu dienen, das Gefrierrohr beim
Einhängen in die Kältemischung zu stützen. Um ein Beschlagen
der Innenwandungen zu verhüten, gibt man etwas gekörntes
Chlorcalcium oder einige Tropfen konzentrierte Schwefelsäure in
den Zwischenraum. Ein Evakuieren desselben ist weniger zweck-
mäßig, da dann die Abkühlung zu viel Zeit in Anspruch nimmt.
Für die Untersuchung bringt man etwa 10 ccm Öl in das
Gefriergefäß und stellt zunächst den ungefähren Erstarrungs-
punkt auf die übliche Weise fest, wobei man eine aus Eis und
Kochsalz bereitete Kältemischung benutzt. Nachdem das Öl
wieder geschmolzen ist, beginnt nunmehr die eigentliche Be-
stimmung. Als Erstarrungspunkt hat hier, ähnlich wie bei Rosenöl,
die Temperatur zu gelten, bei der die Kristallisation eben einsetzt.
Das Glas wird dabei zeitweise aus der Kältemischung heraus-
genommen, die Flüssigkeit mit dem Thermometer umgerührt und
zum Einleiten der Kristallisation etwa 1° oberhalb des zu er-
wartenden Erstarrungspunktes ein Cineolkriställchen zugesetzt.
Für eine Reihe der vorkommenden Konzentrationen haben
Kleber und v. Rechen berg die Erstarrungspunkte in einer
Tabelle angegeben, aus der sich der gesuchte Wert berechnen
läßt. Schimmel 8j Co. 1 ) haben auf Grund dieser Tabelle die
umstehende graphische Darstellung (Fig. 76) angefertigt, die
ohne weiteres ein Ablesen des Cineolgehaltes ermöglicht.
Auch hier sind Öle mit weniger als 70 % Cineol vorher mit
der gleichen Menge Cineol zu versetzen.
Blausäurebestimmung. Der qualitative Blausäurenach-
weis wurde schon auf S. 669 besprochen. Quantitativ bestimmt
man die Säure am besten auf gewichtsanalytischem Wege:
Etwa 1 g Öl wird genau abgewogen und in der 10- bis 20fachen
Menge Alkohol gelöst. Die Lösung versetzt man zunächst mit
10 g chlorfreier alkoholischer Ammoniaklösung, um das Phenyl-
oxyacetonitril aufzuschließen, da sonst nur ein Teil der vor-
handenen Blausäure bestimmt werden würde 2 ). Nach kurzem
Stehen fügt man eine wäßrige Lösung von Silbernitrat hinzu und
*) Bericht von Schimmel $ Co. 1926, 51.
s ) Kremers u. Schreiner, Pharm. Review 14 (1896), 196.
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772 Die Prüfung der ätherischen Öle.
säuert mit Salpetersäure an 1 ). Nachdem sich die Flüssigkeit
geklärt hat, sammelt man das Cyansilber auf einem getrockneten
und gewogenen Filter, wäscht es sorgfältig mit Wasser aus und
trocknet es bei 100° bis zum konstanten Gewicht. Hat man
s Gramm Öl angewandt und a Gramm Cyansilber gefunden, so
ergibt sich der Prozentgehalt des Öls an Blausäure aus
folgender Formel: a . 20 149
°/o HCN = a M,lw ■
' s
Bequemer, aber weniger genau, weil die Endreaktion nur
schwierig mit der nötigen Sicherheit zu erkennen ist, ist die
Vielhabersche 2 ) maßanalytische Bestimmungsmethode. Das für
Bittermandelwasser häufig angewandte Liebigsche Verfahren
ist beim Öle ganz unbrauchbar.
Die Bestimmung geschieht folgendermaßen: Eine genau
gewogene, etwa 1 g betragende Menge Öl wird mit etwa 10 ccm
Wasser angeschüttelt und zur Spaltung des vorhandenen Cyan-
hydrins mit etwas frisch gefälltem Magnesiumhydroxyd versetzt.
Nach Zusatz von 2 bis 3 Tropfen 10 %iger Kaliumchromatlösung
titriert man langsam mit Vio-Normal-Silberlösung — unter fort-
währendem Schütteln, um das Öl in innige Berührung mit der
Mischung zu bringen — , bis die rote Farbe des Silberchromats
das Ende der Reaktion anzeigt. Jedes ccm Vio-Normal-Silber-
nitratlösung entspricht 0,0027018 g Blausäure. Den Prozent-
gehalt ermittelt man nach der Formel:
Q/oHCN=°' 27018 - b .
' s
Hierbei bedeutet b die Anzahl der verbrauchten ccm Vio-Nor-
mal-Silbernitratlösung und s die zur Bestimmung verwendete
Ölmenge in Grammen.
Für die Praxis dürfte die maßanalytische Methode im all-
gemeinen genügen. Sie ist von der amerikanischen Pharmakopoe
(U. S. Ph.) zur Feststellung des Blausäuregehalts von Bitter-
x ) Bei starkem Blausäuregehalt scheidet sich aus der ammoniakalisch-
alkoholischen Lösung auf Zusatz von Silbernitrat sehr bald ein feinkristal-
Hnischer Niederschlag von Silbercyanid-Ammoniak, NH 8 AgCri, aus. Um dem
zuvorzukommen, muß das Ansäuern mit Salpetersäure unmittelbar nach
Zusatz der Sllbernitratjösung geschehen.
s ) Arch. der Pharm. 218 (1878), 408.
Chemische Prüfungsmethoden. 773
mandelöl aufgenommen worden. Die U. S. Ph. gibt als Faktor
0,002684 an. Die Unterschiede rühren daher, daß bei obiger Be-
rechnung die Atomgewichte auf O = 16 bezogen sind, während
die U. S. Ph. sie auf H — 1 bezieht.
Auf zwei weitere volumetrische Bestimmungsmethoden sei
hier hingewiesen.
Die erste ist zuerst von L. W. Andrews 1 ) beschrieben
worden. Sie beruht darauf, daß sich Blausäure mit Mercuri-
chlorid nach der Gleichung 2HCN + HgCl a = Hg(ClS) 2 + 2 HCl
umsetzt. Es wird die dabei entstandene freie Salzsäure mit
p-Nitrophenol als Indikator mittels 1 /io-Normal-r\alilauge titriert.
Das Umständliche dieser Methode besteht in der von Andrews
angegebenen Vorschrift, die Flüssigkeit nach dem Versetzen mit
Sublimatlösung eine Stunde lang stehen zu lassen. Ein anderer
Nachteil ist der undeutliche Farbenumschlag des ISitrophenols.
Besser läßt sich nach Rosenthaler 2 ) die Farbenänderung be-
obachten, wenn man Jodeosin als Indikator verwendet. Auch
fand dieser Autor, daß man bei ganz kurzer Einwirkung ebenso-
gute Ergebnisse erhält.
Zur Titration sind erforderlich: 1. Vio-Normal-Kalilauge und
Vio-Normal-Schwefelsäure. 2. Jodeosin (0,2°/oige alkoholische
Lösung) nebst Äther. 3. Sublimatlösung.
Zur Bestimmung verfährt man folgendermaßen: Man versetzt die zu
untersuchende Flüssigkeit, die am besten 1 % Blausäure enthält, mit Jodeosin-
lösung, neutralisiert mit Lauge oder Säure, bis die Lösung gerade noch Rosa-
färbung zeigt, fügt Sublimatlösung hinzu und titriert sofort mit Lauge zurück,
bis die Farbe wieder erscheint. Ob man genügend Sublimatlösung zugesetzt
hat, erkennt man daran, daß sich die fertig titrierte Flüssigkeit nach Zusatz
von einigen Tropfen Sublimatlösung nicht mehr entfärbt Tritt dies ein, so
setzt man mehr Sublimatlösung zu und titriert nochmals mit Kalilauge. Hat
man übertitriert, so gibt man einen Oberschuß von Säure hinzu und titriert
wieder zurück. 1 ccm 1 /io-Mormal-KaliIauge = 2,7018 mg Blausäure.
Die Bestimmung der Gesamt-Blausäure in Flüssigkeiten, die freie Blau-
säure und Benzaldehydcyanhydrin enthalten, bietet keine Schwierigkeiten.
Man neutralisiert wiederum gegen Jodeosin, versetzt mit einem Überschuß
von Vio-Normal-Kalilauge, schüttelt eine Minute kräftig durch, setzt Sublimat-
lösung zu und schüttelt nochmals eine Minute. Sodann gibt man Säure bis
zur Entfärbung hinzu und titriert zuletzt mit Lauge bis zum Endpunkt (der
ursprünglichen Rotfärbung). In allen Fällen, in denen man es mit Lösungen
*) Americ. ehem. Journ. 80 (1903), 187.
s ) Arch. der Pharm. 248 (1910), 529.
774 Die Prüfung der ätherischen Öle.
von unbekannter Stärke zu tun hat, ist es ratsam, nach Beendigung der
Titration nochmals Lauge und Sublimatlösung hinzuzufügen und nach 5 Minuten
langem Schütteln nochmals zu titrieren. Man berechnet auf Grund folgender
Gleichungen: HCN + KOH = KCN + H e O. — C e H 6 CHOHCN + ROH =
KCN + C.H a CHO + H*0. — 2 KCN + HgCU = Hg(CN) a + 2 KCl.
Bei der Bestimmung der freien Blausäure neben Benzaldehydcyanhydrin
genügt es nicht, die neutralisierte Lösung mit Sublimat zu versetzen und mit
Alkali zu titrieren. Man findet dann immer zu hohe Resultate, weil Nitril
durch das zutropfende Alkali zersetzt wird. Am besten arbeitet man wie folgt:
Man läßt die zu untersuchende Lösung in einen Scheidetrichter, in dem
sich etwa 20 ccm gesättigter neutraler Natriumsulfatlösung befinden, laufen
und neutralisiert, nachdem man 50 ccm Äther und 10 Tropfen Jodeosinlösung
zugesetzt hat Eventuell ausfallendes Natriumsulfat wird durch Wasserzusatz
in Lösung gebracht. Sodann gibt man Sublimatlösung hinzu, trennt, nachdem
man kräftig umgeschüttelt hat, die wäßrige Flüssigkeit in ein Glas ab und
schüttelt die im Trichter zurückbleibende Lösung einmal mit 20 ccm und
dann nochmals mit nur wenig Natriumsulfatlösung aus. Die ausgeschüttelte
Säure wird wie sonst mit Alkali titriert
Einem andern von L. Rosenthaler 1 ) ausgedachten Verfahren
liegt die Umsetzung der Blausäure mit Mercurinitrat nach der
Gleichung: Hg(NO s ) a H- 2 HCN = Hg(CN) 2 -+- 2HNO s zugrunde.
Das überschüssige Mercurinitrat wird mit Rhodanammonium-
lösung (mit Ferriammoniumsulfat als Indikator) titriert.
Zur Bestimmung braucht man eine */w> normale Mercurinitratlösung, eine
x /u> normale Ammoniumrhodanidlösung und eine gesättigte, mit etwas Sal-
petersäure versetzte Ferriammoniumsulfatlösung. Die Blausäure enthaltende
Flüssigkeit läßt man in die überschüssige Quecksilberlösung hineinlaufen,
verschließt das Gefäß, in dem man die Titration vornimmt, und schüttelt
kräftig um. Ob genügend Mercurinitrat zugesetzt ist, erkennt man daran,
daß die Flüssigkeit nicht mehr nach Blausäure riecht. Durch Sättigen der
Flüssigkeit mit chlorfreiem Alkalinitrat läßt sich eine Verschärfung der Um-
schläge erzielen. 1 ccm ± /ia normal Hg(NO a ) a = 2,7018 mg HCN.
Zur Bestimmung der Blausäure neben Benzaldehydcyanhydrin eignet
sich die Methode nicht
Auf eine von Runne 2 ) veröffentlichte kritische Besprechung
aller zur Bestimmung von Blausäure in Bittermandelwasser
vorgeschlagenen gewichts- und maßanalytischen Methoden sei
des Interesses wegen aufmerksam gemacht.
Senfölbcstimmung. Den Gehalt an Senföl kann man ent-
weder dadurch ermitteln, daß man es als Thiosinamin zur
*■) Arch. der Pharm. 249 (1911), 253.
*) Apotheker-Ztg. 24 (1909), 288, 297, 306, 314, 325, 333, 344, 356.
Chemische Prüfungsmethoden. 775
Wägung bringt, oder besser durch Umsetzung mit ammoniakali-
scher Silberlösung, wobei ebenfalls intermediär Thiosinamin
entsteht, das dann aber gleich, unter Abscheidung von Schwefel-
silber, weiter zerlegt wird. Im letzteren Falle unterscheidet man
wieder eine gravimetrische Bestimmung (Wägung des ausge-
schiedenen Schwefelsilbers) und eine titrimetrische (Verwendung
von Vio-Normal-Silbernitratlösung und Zurücktitrieren des über-
schüssigen Silbernitrats). In der Praxis ist fast nur dieses
titrimetrische Verfahren im Gebrauch, doch sollen der Voll-
ständigkeit wegen auch die beiden anderen Methoden hier be-
schrieben werden.
Thiosinaminmethode 1 ). Schüttelt man 3 g Senföl und 3 g Weingeist
mit 6 g Ammoniakflüssigkeit in einem Kölbchen zusammen, so klärt sich
das Gemisch nach einigen Stunden in der Kälte <rasch bei 50°) und gibt
gewöhnlich ohne Färbung Kristalle von Thiosinamin. Von den Kristallen
gieße man die gelbe Mutterlauge ab und dampfe letztere nach und nach auf
dem Wasserbade ein, indem man erst dann wieder eine neue Menge Flüssig-
keit zugibt, wenn der Ammoniakgeruch verschwunden ist. Alsdann bringe
man auch die Kristalle in das Abdampfschälchen und erwärme dieses,
nachdem man auch den letzten Inhalt des Kölbchens noch mit Weingeist in
das Schlichen gespült hat, auf dem Wasserbade, bis keine Gewichtsabnahme
mehr stattfindet. Das in dieser Weise erhaltene, 3,25 bis höchstens 3,5 g
(entsprechend einem Gehalt von 92,6 bis 100°/„ Isothiocyanallyl) betragende
Thiosinamin ist nach dem Erkalten eine bräunliche, bei 70° schmelzende
Kristallmasse mit lauchartigem, durchaus nicht scharfem Gerüche. In 2 Teilen
warmen Wassers löst sich die Masse zu einer blaues Lackmuspapier nicht ver-
ändernden Flüssigkeit von etwas bitterem, nicht nachhaltigem Geschmack auf.
Zu beachten ist, daß hierbei vorhandener Schwefelkohlenstoff mit als
Thiosinamin bestimmt wird, da er mit Ammoniak nach der Gleichung reagiert :
CS S + 4NH 3 = (NHJSCN + (NH 4 ) S S,
Schwefelkohlenstoff Ammoniak Rhodanammoniutn Schwefelammonimn
und die entstehenden Produkte beim Eindampfen größtenteils im Rückstande
bleiben. Beträgt dieser mehr als 3,5 g, so ist ein unzulässiger Schwefel-
kohlenstoffgehalt wahrscheinlich, besonders wenn die Masse nach Schwefel-
ammonium riecht.
Berechnen läßt sich der Prozentgehalt an Isothiocyanallyl nach der Formel:
a - 85,34
s
Hierbei bedeutet a die gefundene Thiosinaminmenge und s die an-
gewandte Senfölmenge in Grammen.
l ) Vorschrift des Deutschen Arzneibuchs III. 1890
776 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Kretnel 1 ) hat vorgeschlagen, Ammoniak von bestimmtem
Gehalt zu verwenden und die zur Thiosinaminbildung nicht ver-
wendete Menge durch Titrieren mit Halbnormalsäure zu ermitteln.
Über . die Brauchbarkeit dieser Methode scheinen praktische
Erfahrungen nicht vorzuliegen.
Bestimmung mit ammoniakalischer Silberlösung.
a) Titrimetrische Methode. Etwa 5 g (genau gewogen)
•einer Lösung von 1 g Senföl in 49 g Spiritus werden in einem
100 ccm fassenden Meßkolben mit 50 ccm 1 /io-Normal-Silbernitrat-
lösung und 10 ccm Ammoniakflüssigkeit (d 16 , 0,960) versetzt. Den
Kolben versieht man mit einem als Rückflußkühler dienenden, 1 m
langen Steigrohr und erhitzt ihn 1 Stunde lang auf dem lebhaft
siedenden Wasserbade. Sodann kühlt man auf Zimmertemperatur
ab, füllt mit Wasser bis zur Marke auf, schüttelt durch und filtriert.
50 ccm des FHtrats werden nach Zusatz von 6 ccm Salpetersäure
(d 15 . 1,153) und etwas Perriammoniumsulfatlösung mit Vio-Normal-
Rhodanammoniumlösung titriert, bis eben bleibende Rotfärbung ein-
tritt. Um die im ganzen in Reaktion getretene Menge Silberlösung
zu erfahren, ist die Anzahl der verbrauchten ccm Rhodanammonium-
lösung zu verdoppeln und das Produkt von 50 zu subtrahieren.
Haben s Gramm der alkoholischen Senföllösung a ccm Vio-Normal-
Silbernitratlösung verbraucht, so ist der Prozentgehalt des Öles
an Isothiocyanallyl
Der sich hierbei abspielende Prozeß ist folgender: Zunächst
entsteht durch Einwirkung von Ammoniak auf Senföl Thiosinatnin :
^NHC S H B
CSNC 8 H 5 + NH 8 = 6: S
^NH 2
dieses wird durch Silbernitrat in ammoniakalischer Lösung in
Allylcyanamid und Schwefelwasserstoff gespalten:
-NHC S H 8
C:S = CNNHC 8 H 5 + H 8 S.
NsH.
l ) Pharm. Post 21 (1888), 828.
Chemische Prüfungsmethoden. 777
Der Schwefelwasserstoff verbindet sich mit dem vorhandenen
Silberoxyd zu Ag s S. Im Zusammenhang läßt sich der Prozeß
durch nachstehendes Formelbild veranschaulichen:
CSNC 8 H B + 3NH S + 2 AgNO s = Ag s S + CNNHC S H 6 -+- 2NH 4 NO s .
Das Prinzip dieser Methode stammt von E. Di et er ich 1 ),
der jedoch die Bestimmung gravimetrisch durch Wägung des
Schwefelsilbers vornehmen ließ (s.u.). Gadamer 2 ) übertrug sie
dann auf die Maßanalyse. Entsprechend der Dieterichschen
Vorschrift wurde die Mischung aber nicht erwärmt, sondern blieb
24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur stehen. K. Dieterich 3 )
sowohl wie Firbas*) machten darauf aufmerksam, daß die Um-
setzung des Thiosinamins mit Silbernitrat nach 24-stündigem
Stehen in der Kälte noch nicht vollständig ist, und daß nur
dann richtige Werte erhalten werden, wenn man die Mischung
nach dem Stehen noch einige Zeit erwärmt. Kuntze 5 ) stellte
später fest, daß bei gewöhnlicher Temperatur neben Schwefel-
silber stets mehr oder weniger von der Silberverbindung des
Allylsulfocarbaminsäureäthylesters entsteht, wobei für 1 Mol.
Senföl 1 Atom Silber in Betracht kommt, während zur Bildung
des Schwefelsilbers für 1 Mol. Senföl 2 Atome Silber erforderlich
sind. Die Folge davon ist, daß man weniger Silbernitratlösung
gebraucht als bei vollständiger Umsetzung, und daß mithin die
Resultate zu niedrig ausfallen.
Vermieden wird die Ausscheidung von Thiourethansilber da-
durch, daß man bei höherer Temperatur arbeitet, und zwar erhält
man nach Kuntze die besten Resultate, wenn man wie oben
angegeben verfährt und die Mischung sogleich 1 Stunde lang auf
dem Wasserbade erhitzt. Eine Reduktion der Silberlösung beim
Kochen mit Alkohol ist nach den von Kuntze angestellten Ver-
suchen nicht zu befürchten.
b) Gravimetrische Methode. Wie schon erwähnt, rührt
die Bestimmung des Isothiocyanallyls mit ammoniakalischer
*) Helfenberger Annalen 1886, 59.
a ) Arch. der Pharm. 237 (1899), 110. Vgl. auch Arch. der Pharm. 246
(1908), 59, Anm. 2.
•) Pharm. Ztg. 45 (1900), 768.
*) Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. 58 (1904), 222.
s ) Arch. der Pharm. 246 (1908), 58.
778 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Silberlösung von E. Dieterich (loc. cit) her, der aber den Gehalt
dadurch feststellt, daß er das abgeschiedene Schwefelsilber zur
Wägung bringt. K- Dieterich 1 ) 'hat das Verfahren später etwas
modifiziert. Man verfährt zunächst genau wie bei der titrimetri-
schen Methode, nur braucht man natürlich keine eingestellte
Silberlösung anzuwenden. Nachdem sich der Niederschlag gut
abgesetzt hat, sammelt man ihn durch Filtrieren der heißen
Flüssigkeit auf einem vorher nacheinander mit Ammoniak, heißem
Wasser, Alkohol und Äther gewaschenen, getrockneten and ge-
wogenen Filter, wäscht ihn mit heißem Wasser lege artis aus,
verdrängt die wäßrige Flüssigkeit mit starkem Alkohol und
diesen wieder mit Äther. Der so behandelte Niederschlag wird
bei etwa 80° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Der Prozent-
gehalt des Öles an Isothiocyanallyl ergibt sich aus der Formel:
a • 39,995
s
a = Menge des gefundenen Schwefelsilbers in Grammen,
s = angewandte Senfölmenge in Grammen.
Nach Kuntze (loc. cit.) soll man bei dieser Methode auch
dann brauchbare Werte erhalten, wenn man die Mischung ohne
zu erwärmen 24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur stehen
läßt. Obgleich, wie oben angeführt, unter diesen Umständen
neben Schwefelsilber auch Thiourethansilber entsteht, so ist das
doch nur von unbedeutendem Einfluß auf das Resultat, da die
Molekulargewichte dieser beiden Verbindungen (248 und 252) nahe
beieinander liegen. Wie wir gesehen haben, können bei der titri-
metrischen Methode dadurch erhebliche Fehler zustande kommen.
Über die kritische Prüfung der wichtigsten Methoden zur
Bestimmung des Senföls berichtet Frerichs, und zwar über
Arbeiten von Wehrmann, Wegener, Braunwarth und Meyer
im Archiv der Pharmazie 253 (1915), 30(6—27.
Prüfung der ätherischen Öle auf Schwermetalle (Pb
und Cu): 10 ccm Öl werden mit 10 ccm Wasser, das 1 Tropfen
Salzsäure enthält, durchgeschüttelt, das Wasser dann wieder
vom Ol getrennt und mit Schwefelwasserstoffwasser versetzt:
es darf sich dabei nicht dunkel färben.
*) Helfenberger Annalen 1900, 182.
Chemische Prüfungsmethoden. 779
Nach der Amerikanischen Pharmakopoe verfährt man in der
Weise, daß man die Mischung nicht trennt, sondern sogleich
Schwefelwasserstoff einleitet: weder Öl noch Wasser dürfen sich
dunkel "färben.
Prüfung auf Chlor. 1. QUALITATIVE PRÜFUNGSMETHODEN.
Eine bei der Untersuchung von Bittermandelöl und Kirsch-
lorbeeröl, sowie verschiedenen Präparaten wichtige Prüfung ist
die auf das Vorhandensein gechlorter Produkte. Während es
sich bei den beiden Ölen darum handelt, etwaige Verfälschungen
mit dem gewöhnlichen technischen Benzaldehyd nachzuweisen,
gibt uns diese Prüfung bei den betreffenden Präparaten Aus-
kunft über deren Reinheitsgrad. Die hauptsächlichsten hierher-
gehörigen Verbindungen sind Benzylalkohol, Benzaldehyd, Phenyl-
äthylalkohol, Phenylacetaldehyd, Zimtaldehyd, synthetischer Cam-
pher, Benzylbenzoat und Benzylacetat.
Sogenannte Beilsteinsche Probe. Ein an einem Platin-
draht befestigtes Kupferoxydstückchen wird mit dem Öl befeuchtet
und in den äußeren Teil einer Bunsenflamme gehalten. Sobald
der Kohlenstoff verbrannt ist, beobachtet man bei Gegenwart
von Chlor eine grüne bis blaugrüne Färbung der Flamme, die
durch verdampfendes Chlorkupfer verursacht wird, und deren
Intensität und Dauer von der Menge des Chlors abhängt.
Zum Nachweis von Chlor in ätherischen Ölen oder organischen
Präparaten ist die Beilsteinsche Probe nicht zu empfehlen, da
es auch chlorfreie organische flüchtige Kupferverbindungen
gibt, die die Flamme blaugrün färben, wie dies z. B. H. Kunz-
Krause 1 ) bei Kupferbenzoat beobachtet hat, das sich beim
Erhitzen von Benzoesäure mit Kupferoxyd bildet. Da nun Benz-
aldehyd beim Stehen an der Luft leicht in Benzoesäure über-
geht, so kann leicht ein Chlorgehalt durch die Flammenfärbung
vorgetäuscht werden. Andrerseits ist sie weniger genau als die
„Verbrennungsmethode". Zum Nachweis von Chlor im künstlichen
Campher ist die Beilsteinprobe nach K.Stephan 2 ) aber geeignet
Kalkprobe. Das zu prüfende Öl wird innig mit etwa der
zehnfachen Menge chlorfreien gebrannten Marmors 3 ) verrieben
*) Apotheker-Ztg. 80 (1915), 141.
s ) Vgl. Lohmann, Berichte d. deutsch, pharm. Ges. 1» (1909), 222.
") Statt des Marmors kann man auch chlorfreie calcinierte Soda verwenden.
T80 Die Prüfung der ätherischen Öle.
ind die Mischung einige Zeit schwach im Tiegel geglüht. Etwa
vorhandenes Chlor wird hierbei an Kalk gebunden. Man löst
n Salpetersäure und prüft die filtrierte Lösung in der üblichen
Weise mit Silbernitrat.
Da durch das Glühen im offenen Tiegel leicht Verluste an Öl
antstehen können, ist sie wenig genau und ziemlich umständlich.
Verbrennungsmethode 1 ). Sie ist die geeignetste von
allen vorgeschlagenen Verfahren. Nur muß die dafür gegebene
Vorschrift genau innegehalten werden. Sie besteht darin, daß
man das betreffende Öl verbrennt und die Verbrennungsprodukte
auf Salzsäure prüft. Ein etwa 5x6 cm großes, fidibusartig
zusammengefaltetes Stück Filtrierpapier wird mit dem Öle ge-
tränkt, der Überschuß an letzterem abgeschleudert und das Papier
in eine kleine Porzellanschale gebracht, die in einer größeren
von etwa 20 cm Durchmesser steht. Man zündet das Papier an
und stürzt schnell ein bereit gehaltenes, etwa 2 Liter fassendes,
innen mit destilliertem Wasser befeuchtetes Becherglas darüber.
Die Größenverhältnisse müssen so gewählt sein, daß der Rand
der größeren Schale den des Becherglases noch etwas überragt
Nach dem Erlöschen der Flamme läßt man das Becherglas noch
eine Minute darüber und spült sodann die Verbrennungsprodukte,
die sich an den feuchten Wandungen des Becherglases nieder-
geschlagen haben, mit wenig (10 ccm) destilliertem Wasser auf
ein Filter. Das mit einigen Tropfen Salpetersäure angesäuerte
Filtrat muß auf Zusatz von Silbernitratlösung klar bleiben.
Verfährt man genau wie angegeben, so verbrennen dabei
ungefähr 0,4 g Öl. Es läßt sich noch 1 Tropfen Monochlorbenzol
in 50 g Benzaldehyd mit aller Schärfe erkennen, was einem
ungefähren Chlorgehalt von 0,03 % entspricht. Der Sicherheit
wegen mache man aber stets die Gegenprobe mit einem reinen
Destillat, da Täuschungen vorkommen können, wenn das Wasser
und die Gefäße nicht vollständig frei von Salzsäureverbindungen
sind. Vor der Kalkprobe hat sie den Vorzug, bequemer und
schneller ausführbar zu sein, besonders dann, wenn man viele
Öle zu prüfen hat.
Bei blausäurehaltigen Ölen kann unter Umständen die Blau-
säure zu Irrtümern Veranlassung geben, indem unverbrannte
l ) Vgl. Bericht von Schimmel § Co. April 1890, 29 und Oktober 1904, 57.
Chemische Prüfungsmethoden. 781
Blausäure von den Verbrennungsprodukten mitgerissen und von
dem an der Innenwandung des Becherglases befindlichen Wasser
aufgenommen wird. Bei der Prüfung mit Silbemitrat tritt dann
auch bei reinen Ölen eine Trübung ein, die aber nicht durch
AgCl, sondern durch AgCN hervorgerufen ist. Zum Unterschied
von AgCl verschwindet die durch AgCN verursachte Trübung,
wenn man die Flüssigkeit vorsichtig bis nahe zum Sieden erwärmt.
2. QUANTITATIVE CHLORBESTIMMUNGSMETHODEri. In einer
verhältnismäßig großen Ölmenge enthaltene Spuren von Chlor
lassen sich nach der bekannten Cariusschen Methode nicht
quantitativ bestimmen. Nach Carius wird eine bestimmte
Menge des Öles mit rauchender Salpetersäure bei Gegenwart
von Silbernitrat im Einschmelzrohr erhitzt und das dabei ge-
bildete Chlorsilber gewogen. Es wurde daher im Laboratorium
von Schimmel § Co. 1 ) von h\. Rübke 2 ) ein Verfahren aus-
gearbeitet, das verhältnismäßig schnell ausführbar ist und
sichere und genaue Resultate liefert. Es beruht darauf, daß
der bei der Verbrennung einer gewogenen Menge einer chlor-
haltigen organischen Substanz entstehende Chlorwasserstoff
vollständig durch verdünnte Kalilauge absorbiert und durch
Titrieren ermittelt wird.
Die Anordnung des der Bestimmung dienenden Apparates 3 ) veranschau-
licht die beigefügte Zeichnung, zu der zu bemerken ist, daß nur die U-Röhren
E und F an den beiden einander zugewandten Schenkeln durch je eine
Klammer am gleichen Stativ und zwar in solcher Höhe befestigt werden,
daß Erlenmeyerkolben von 500 ccm Inhalt unter die Ablaßhähne gesetzt
werden können.
Der wichtigste Teil des Apparates ist die zur Verbrennung dienende
Lampe A, deren flaschenförmiger Behälter etwa 20 ccm faßt. Der Hals besitzt
zwei Glasschliffe, und zwar ist außen die Kappe B aufgeschliffen, die für die
Wägungen aufgesetzt wird, während in den Hals ein am unteren Ende schwach
verdicktes Glasrohr eingeschliffen ist, in das ein zweites Glasröhrchen hinein-
paßt, das kurz unterhalb seines oberen Endes eine geringe Verdickung auf-
weist, um ein Hindurchgleiten zu verhindern. Dieses Röhrchen hat einen
inneren Durchmesser von etwa 2 mm und nimmt den Asbestfaden auf, der
als Docht dient Auf den oberen Teil des Glasrohres ist ein kurzes Metall-
gewinde aufgepaßt, das eben herübergeschoben werden kann und dann leicht
auf die Verdickung des Glasrohres aufgedrückt wird, damit es festsitzt. Der
*) Bericht von Schimmel $ Co. 1920, 67; 1931, 56; 1922, 95; 1939, 96.
*> Zeitschr. f. angew. Chem. 36 (1923), 156.
s ) Der Apparat wird von der Firma F. Hugershoff in Leipzig hergestellt.
782
Die Prüfung der ätherischen Öle.
dreiarmige Glockenträger ist auf dem Gewinde leicht drehbar und trägt die
halbkugelförmige Glasglocke mit etwa 6 mm weiter Öffnung.
Vor Ausführung einer quantitativen Bestimmung wird der betreffende Benz-
aldehyd zunächst qualitativ auf seinen Chlorgehalt geprüft, um einen Anhalts-
punkt für die zu verbrennende Menge zu bekommen. Alsdann wird der
Apparat für die quantitative Bestimmung in folgender Weise zusammengesetzt:
2°
Fig. 77.
Apparat zur Halogen-Bestimmung in organischen Verbindungen. (D. R. G.M.)
Die beiden zur Absorption des gebildeten Chlorwasserstoffgases dienenden
U-Rohre werden zu etwa s /* ihrer Länge mit Glasperlen gefüllt und mit je 25 ccm
chlorfreier 1 /io-Mormal-Kalilauge beschickt, wobei zu beachten ist, daß die Flüssig-
keit in die nicht bauchig erweiterten Schenkel gegeben wird, um die in ihnen
befindlichen Perlen nach Möglichkeit zu benetzen. Die U-Rohre werden nun
durch die gut eingepaßten Korkstopfen des kurzen Kugelaufsatzes miteinander
verbunden. Das lediglich zur Kontrolle dienende Gläschen H wird mit etwa
10 ccm Wasser gefüllt, an den Kugelaufsatz G angefügt und dieser auf das
U-Rohr F aufgesetzt; alsdann wird H mit der Wasserstrahlpumpe verbunden.
Chemische Prüfungsmethoden. 783
Zuletzt wird der Verbrennungszylinder D an das U-Rohr E angefügt und probe-
weise mit dem zur Aufnahme der Lampe dienenden Gefäß C durch den über
C geschoheaen Gummistopfen verschlossen.
Da durch Versuche festgestellt wurde, daS bei Ausführung der Ver-
brennung keinesfalls die fast stets chlorhaltige Laboratoriumsluft, sondern
frische Außenluft durch den Apparat zu saugen ist, die zweckmäßig vorher
von Wasserdampf befreit wurde, so wird C durch ein kurzes Schlauchstück
mit einer mit konzentrierter Schwefelsäure beschickten Waschflasche ver-
bunden, deren zweiter Stutzen an ein durch eine Fensteröffnung nach außen
reichendes Glasrohr angeschlossen wird.
Zur Prüfung des Apparats auf gutes # Schließen der Stopfenverbindungen
wird mit der Wasserstrahlluftpumpe ein lebhafter Luftstrom hindurchgesaugt;
folgen hierbei — gleiche Rohrweite vorausgesetzt — die Luftblasen in der
Waschflasche einander mit derselben Schnelligkeit wie im Gläschen H, so
ist der Apparat in gebrauchsfähigem Zustand.
Der zu prüfende chlorhaltige Benzaldehyd wird jetzt in das Lämpchen
gefüllt und dieses nach dem Aufsetzen des Glasrohres, aus dem der Asbest-
docht etwa 2 mm weit herausragt, durch die Glaskappe B verschlossen und
gewogen.
Alsdann wird das Lämpchen nach vorsichtigem Abstellen der Luftpumpe
in das abgenommene Gefäß C gesetzt, mit diesem unter den Zylinder D ge-
bracht, der Benzaldehyd entzündet und gleichzeitig ein gelinder Luftstrom
durch den Apparat gesaugt Durch eine nötigenfalls vorzunehmende Drehung
des Glockenträgers wird die Höhe der Flamme auf etwa 6 — 8 mm eingestellt,
wobei darauf zu achten ist, daß keinerlei Rußbildung erfolgt. Bei dieser
Flammengröße verbrennt in der Stunde etwa 1 g Benzaldehyd. Der Stopfen
von C wird dann fest in den Zylinder D eingesetzt und, falls die Verbindung
mit dem Waschgefäß für die durchzusaugende Luft gelöst wurde, diese wieder-
hergestellt. Durch eine über den Verbindungsschlauch geschobene Klemm-
schraube kann die Luftzufuhr geregelt werden, denn es hat sich als zweck-
entsprechend erwiesen, die Wasserstrahlpumpe recht kräftig wirken zu lassen,
um ein durch das Machlassen der Saugkraft bewirktes Erlöschen der Flamme
zu verhindern. Der Luftstrom ist als ausreichend anzusehen, wenn an der
Wandung des Verbrennungscylinders keine Wasserbildung auftritt; er beträgt
dann etwa 1 1 in der Minute.
Sollte bei länger andauernden Verbrennungen nach einiger Zeit die
Flammengröße infolge Verkohlung der Dochtspitze erheblich nachlassen, so
wird das Gefäß C mit der Lampe herausgenommen, nachdem zuvor die Saug-
pumpe zum Teil zugeschraubt wurde, um beim Öffnen des Apparates ein
Übersteigen der Absorptionsflüssigkeiten zu vermeiden. Die Lampe wird in
der beschriebenen Weise gewogen, der Asbestfaden mit einer Pinzette 2 bis
3 mm weit herausgezogen und die verkohlte Spitze mit einer Schere ab-
geschnitten. Durch eine zweite Wägung wird der dadurch entstandene
Gewichtsverlust ermittelt und nach der Zusammensetzung des Apparates die
Verbrennung fortgeführt.
Ist eine genügende Menge Benzaldehyd verbrannt (bis zu 10 bis 12 g
bei sehr geringem Chlorgehalt), so wird die Lampe herausgenommen und
784 Die Prüfung der ätherischen Öle.
das Gewicht der verbrauchten Benzaldehydmenge ermittelt. Nachdem in-
zwischen noch einige Zeit ein mäßiger Luftstrom durch den Apparat gesaugt
worden ist, 15st man die Verbindung mit dem Kugelaufsatz und stellt die
Wasserstrahlpumpe ab.
Nach dem Abnehmen des andern Kugelaufsatzes sowie des Verbrennungs-
zylinders wird der Inhalt der U-Rohre in die darunter gesetzten Crlenmeyer-
kolben entleert und der Zylinder D zweimal mit je etwa 15 ccm Wasser
ausgespült, das in das U-Rohr E zu geben ist. Alsdann wird mit Hilfe einer
Spritzflasche der obere Teil der U-Rohre gut abgespült und nach jedesmaligem
Schließen der Klemmschrauben viermal soviel Wasser in die Rohre gegeben,
daß. die Glasperlen eben davon bedeckt werden. Die Gesamtmenge der Flüssig-
keiten wird dann etwa je 350 ccm betragen. Nach Zugabe von einigen chlor-
freien Siedesteinchen wird auf einem Asbestdrahtnetz bis zu einer bei 100 ccm
angebrachten Marke eingedampft und nach dem Abkühlen nach Zugabe eines
Tropfens Phenolphthaleinlösung mit chlorfreier Halbnormal- Schwefelsäure
genau neutralisiert. Nach Hinzufügen von 5 Tropfen Kaliumchromatlösung wird
zuerst der Inhalt des U-Rohres JF mit 1 / s <rNormal-Silbernitratlösung bis zum
Auftreten der Silberchromatfärbung versetzt, well hier nur einige Tropfen
erforderlich sind, und alsdann der Inhalt des U-Rohres E auf den gleichen
Farbenton titriert. Zur Ermittlung des möglicherweise vorhandenen Chlor-
gehalts von Wasser und Reagenzien wird ein blinder Versuch unter denselben
Bedingungen angestellt, der in der Regel den gleichen Silbernitratverbrauch
wie der Inhalt des U-Rohres F erfordert; ein Beweis dafür, daß die gebildete
Chlorwasserstoffsäure im U-Rohr E vollständig absorbiert wurde.
Bezeichnet man den Verbrauch an V'o-Normal-Silbernitratlösung (l ccm
= 0,00071 g Chlor), vermindert um den blinden Versuch, mit a und die an-
gewandte Menge Benzaldehyd mit s, so berechnet sich der Chlorgehalt nach
der Formel: „ nnT<
x chior = ^mi.
Eine weitere Methode zur quantitativen Bestimmung
von Chlor in Benzaldehyd, die im Prinzip dem soeben be-
schriebenen Verfahren entspricht, rührt von J. Voigt 1 ) her.
Sie beruht auf der Verbrennung des Benzaldehyds in einer eigenartig
konstruierten Lampe unter Verwendung von Wasserstoff und Sauerstoff. Die
Lampe besteht aus einem beiderseits geschlossenen zylindrischen Gefäß, in
das nahe am einen Ende ein zur Wasserstoffzufuhr bestimmtes Rohr mündet,
während durch das andere Ende das innen rechtwinklig nach oben gebogene
Abgangsrohr hindurchführt, das mit einer eingekitteten Quarzkapillare in dem
erweiterten Teil des pipettenförmigen Verbrennungsrohres endigt. Ein das Ab-
gangsrohr umschließender, an die Lampe angeschmolzener Stutzen ermöglicht
einerseits die Verbindung mit dem kurzen Ende des pipettenförmigen Verbren-
nungsrohres durch ein Schlauchstück und andrerseits durch ein angeschmolzenes
Zuleitungsrohr das Einleiten von Sauerstoff in das Verbrennungsrohr.
*) Zeitschr. f. angew. Chemie 35 (1922), 654.
Chemische Prüfungsniethoden. 785
Während also der Wasserstoff in die Lampe gelangt, wird der Sauerstoff
mit Umgehung der Lampe direkt in das aus schwer schmelzbarem Glase her-
gestellte Verbrennungsrohr geleitet Das längere Ende dieses Verbrennungs-
rohres kann durch ein Schlauchstück mit einer Vorlage verbunden werden,
die zur Aufnahme und Bestimmung des gebildeten Wassers erforderlich ist
(s. u.). Zum Erhitzen des Apparates dienen ein größerer, unter dem Bauch
des Verbrennungsrohres befindlicher, und 8 kleinere Gasbrenner, von denen 3
nebst der Lampe in einem Luftbade und 5 unter dem mit gekörntem Fiatrium-
carbonat zu beschickenden längeren Ansatz des Verbrennungsrohres an-
geordnet sind.
Das Natriumcarbonat wird bereitet, indem man reines, wasserfreies Salz
in etwa 3 mm starker Schicht auf einer Glasplatte ausbreitet und gleichmäßig
leicht befeuchtet. Es bilden sich nach kurzer Zeit harte Platten, die in
2 bis 3 mm große Körner zerkleinert werden. Beim Erhitzen verlieren die
Körnchen wieder Wasser und bilden dann ein poröses, sehr aufnahmefähiges
Absorptionsmittel.
Für die Ausführung der Analyse 1 ) sind folgende Vorschriften
genau zu beachten:
Die mit einer gewogenen Menge Benzaldehyd gefüllte Lampe nebst dem
auf etwa 15 cm Länge mit gekörnter Soda beschickten Verbrennungsrohr werden
in den Ofen gelegt und durch ein Schlauchstück verbunden. Die Lampe wird
oben an die Wasserstoff- und unten an die Sauerstoffflasche (möglichst mit
Reduzierventilen) angeschlossen, unter Zwischenschaltung von Waschflaschen
zwecks Beobachtung der Geschwindigkeit der durchströmenden Gase. Eine
Verwechslung der Anschlüsse kann zu heftiger Explosion führen.
Zur Entwässerung der Soda wird sodann ein lebhafter Sauerstoffstrom
durch den Apparat geleitet und die Soda durch die darunter angeordneten
5 Brenner vorsichtig erhitzt, bis keine Wasserdämpfe mehr entweichen. Nach
dem Erkalten im Sauerstoffstrom schließt man das Sauerstoffventil und läßt
3 Minuten lang Wasserstoff durch die Lampe streichen. Hierauf wird der
Wasserstoffstrom abgestellt und durch 3 Minuten langes Durchleiten von
Sauerstoff der Wasserstoff aus dem Verbrennungsrohr verdrängt (längeres
Durchleiten ist zu vermeiden, da sonst Explosion möglich ist!). Nun werden
sofort wieder die Brenner unter der Soda und die große Flamme unter dem
Bauch des Verbrennungsrohres angezündet. Hierbei tritt fast augenblicklich
Erglühen des Glases ein, worauf beim Anstellen des Wasserstoffstromes das
Wasserstoffflämmchen an der Kapillare erscheint. Der große Brenner wird
alsdann wieder geschlossen. Zwecks Verdampfung des Benzaldehyds werden
jetzt die Brenner innerhalb des Luftbades zunächst mit ganz winzigen Flämmchen
entzündet und bei einstweilen noch geöffnetem Deckel des Luftbades die Flammen
nach und nach vergrößert.
Die Gaszufuhr wird dergestalt geregelt, daß eine bis knapp in die Mitte
des Bauches ragende blendende Flamme entsteht. Rußbildung ist durch
*) Den dazu erforderlichen Apparat liefert die Firma E. Lasser, Gries-
heim a. Main, Taunusstraße.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 50
786 Die Prüfung der ätherischen Ole.
genügende Sauerstoffzufuhr zu verhindern. Der Endpunkt der Verbrennung
gibt sich durch Abnehmen der Leuchtkraft der Flamme und das Auftreten
einzelner Flecke in der Lampe zu erkennen. Den Rest des Aldehyds läßt man
im nunmehr geschlossenen Luftbad verdampfen und dann den Apparat nach Ab-
stellen des Wasserstoffs und sämtlicher Brenner im Sauerstoffstrom erkalten.
Alsdann wird das Verbrennungsrohr herausgenommen und mit der Spitze
nach unten über einem Becherglas festgeklammert. Durch Eingießen von
wenig verdünnter Salpetersäure wird die Soda gelöst und mit wenig Wasser
nachgespült, so daß die Flüssigkeitsmenge etwa 50 ccm ausmacht. Das etwa
vorhandene Chlor wird mit V 10 n-Silbernitratlösung nach Volhard titriert.
Da nun aber auf Grund vieler Versuche festgestellt wurde, daß Wasser-
stoff in Stahlflaschen stets Spuren Chlor (0,003 g im Kubikmeter) enthält,
macht sich eine entsprechende Korrektur erforderlich, die eine gewisse Fehler-
quelle mit sich bringt. Zur Ermittlung dieses Chlorwertes des Wasserstoffs
dient, weil die Chlormenge dem bei der Verbrennung aus dem Wasserstoff
gebildeten Wasser proportional ist, die Bestimmung des Wassers in der an-
fangs erwähnten Vorlage, doch ist von der ermittelten Wassermenge das aus
dem Wasserstoff des Benzaldehyds gebildete Wasser in Abzug zu bringen.
Der Vorteil der Methode von Voigt gegenüber dem Ver-
fahren von Rübke liegt in einer Zeitersparnis, denn eine Be-
stimmung, bei der bei nicht zu geringem Chlorgehalt 10 bis 12 g
Benzaldehyd verbrannt werden, nimmt nebst allen Vorarbeiten
und der Titration nur 3 bis 3Vs Stunden in Anspruch. Dafür
erfordert aber die Methode von Voigt bei einer verhältnismäßig
kostspieligen Apparatur einen nicht unbedeutenden Verbrauch
an Wasserstoff, Sauerstoff und Gas, wobei noch zu bemerken
ist, daß bei Außerachtlassung gewisser Vorsichtsmaßregeln un-
angenehme Explosionen stattfinden können.
Aus diesen Gründen wird für die Verwendung in Unter-
suchungslaboratorien dem Rübkeschen Verfahren der Vorzug
zu geben sein, weil hier die Zeitdauer der Bestimmung gegen-
über der Kostspieligkeit eine untergeordnete Rolle spielt, zumal
während der stundenlangen Verbrennung nur eine gelegentliche
Beobachtung des Apparates erforderlich ist.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel. 787
Der Nachweis einiger häufig
vorkommender Verfälschungsmittel.
Terpentinöl. Das früher am meisten angewandte Ver-
fälschungsmittel, das Terpentinöl, wird jetzt zur Verfälschung weit
weniger häufig benutzt. Bisweilen kann es schon durch seinen
charakteristischen Geruch erkannt werden, vornehmlich bei Ölen,
die kein Pinen, das ja den Hauptbestandteil des Terpentinöls
bildet, enthalten. Im allgemeinen bewirkt seine Gegenwart Ver-
änderungen des spezifischen Gewichts, der Löslichkeit, der Siede-
temperatur und des optischen Drehungsvermögens. Hierbei ist
zu beachten, daß es sowohl rechts- wie linksdrehende Terpentin-
Öle gibt. Statt Terpentinöl dient oft auch leichtes Campheröl
(s. dieses) als Verfälschungsmittel.
Der strikte Nachweis von Terpentinöl oder leichtem Campher-
öl (das ja auch zum Teil aus Pinen besteht) 1 ) in Ölen, die im
reinen Zustande kein Pinen enthalten, wird durch die Isolierung
und Kennzeichnung des Pinens geführt. Man fraktioniert die
um 160° siedenden Bestandteile heraus und stellt nach dem
auf Seite 349 beschriebenen Verfahren das Pinennitrosochlorid
sowie das Pinennitrolbenzylamin oder Pinennitrolpiperidin dar.
Bei stark drehenden Fraktionen weist man das Pinen besser
durch Oxydation zu Pinonsäure nach (Seite 352), da die Aus-
beute an Nitrosochlorid um so geringer ist, je stärker das
Pinen dreht.
Enthält ein Öl schon an und für sich Pinen, so ist ein
Terpentinölzusatz durch den Vergleich der physikalischen Eigen-
schaften der niedrigst siedenden Fraktion des verfälschten
mit dem entsprechenden Anteil eines reinen Öls zu erkennen.
l ) Das Nichtauffinden von Pinen ist natürlich kein Beweis für das Fehlen
von leichtem Campheröl, da bei diesem auch pinenfreie oder -arme Fraktionen
vorhanden sein können.
50
788 Die Prüfung der Etherischen Ole.
Cedernholz-, Copaiva- und Gurjunbalsamöl. Diese drei
Öle dienen wegen ihrer Billigkeit und ihres schwachen Geruchs
öfter zur Verfälschung anderer Öle. Sie lassen sich aber durch
ihre von vielen ätherischen Ölen stark abweichenden physi-
kalischen Eigenschaften, nämlich die Schwerlöslichkeit in 70
bis 90°/oigem oder noch stärkerem Alkohol, das hohe spez.
Gewicht (über 0,900), die oberhalb 250° liegende Siedetempera-
tur und endlich durch ihr Dreh ungs vermögen in den meisten
Fällen ohne Schwierigkeit erkennen.
Alle drei Öle drehen mehr oder weniger stark nach links.
Bei Copaivabalsamöl liegt der Drehungswinkel a n zwischen
— 7 und — 35° x ), bei Cedernholzöl zwischen — 25 und — 44°
und bei Gurjunbalsamöl zwischen — 35 und — 130° (!).
Auf chemischem Wege lassen sich bis jetzt nur Cedern-
holz- und Copaivabalsamöl nachweisen. Zu diesem Zwecke
wird das Öl der fraktionierten Destillation unterworfen und die
um 260° siedende Fraktion genauer untersucht. Das im Cedern-
öl enthaltene Cedren läßt sich durch Oxydation mit Kalium-
permanganat oder mit Ozon in die Cedrenketosäure (Sdp. 200
bis 220° (10 mm) überführen, die dann bei weiterer Oxydation
entweder mit alkalischer Bromlösung oder mit Salpetersäure
die feste Cedrendicarbonsäure vom Smp. 182,5° liefert 5 ).
Das im Copaivabalsamöl enthaltene Caryophyllen kann als
Caryophyllenhydrat, Smp. 94 bis 96° (s. S. 385) charakterisiert
werden.
Für den Nachweis von Gurjunbalsamöl ist die Beobachtung
von Deussen und Philipp 8 ) verwertbar, wonach die bei der
Oxydation mit Kaliumpermanganat in Acetonlösung entstehenden
indifferenten Anteile eine bei 12 mm zwischen 170 und 180°
siedende Fraktion enthalten, die ein bei 234° schmelzendes
Semicarbazon, C ie H a7 N 3 0, gibt*).
*) Afrikanische Copaivabalsamöle, deren Gegenwart durch den Nachweis
von Cadinen (s. Seite 378) erkannt werden kann, sind rechtsdrehend ; nach
den bisherigen Beobachtungen liegen die Werte zwischen -f-16°50' und
+ 22°26\ Auch sollen rechtsdrehende Gurjunbalsamöle vorkommen.
s ) Semmler u. Risse, Berl. Berichte 45 (1912), 355.
*) Liebigs Annalen 869 (1909), 56.
*) Auf diese Weise wurde von Schimmel in einem Fall der Nachweis
einer Verfälschung von Rosenöl mit Gurjunbalsamöl geführt. Bericht von
Schimmel $ Co. April 1912, 104.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel. 789
Alkohol. Der Zusatz von Alkohol zu einem ätherischen
Öle hat immer die Erniedrigung des spezifischen Gewichts zur
Folge. In Wasser fallende Tropfen eines spiritushaltigen Öles
bleiben nicht klar und durchsichtig, wie dies bei reinen Ölen
der Fall ist, sondern werden undurchsichtig und milchig getrübt.
Zur vorläufigen Prüfung auf Alkohol kann man die
Fuchsin- und die Tanninprobe anwenden.
Zur Fuchsinprobe werden 5 ccm Öl im Wasserbade einige
Zeit in einem Reagensglas erwärmt, das lose mit einem Watte-
pfropfen verschlossen ist, an dessen Unterseite sich ein Körnchen
Fuchsin befindet. Bei Gegenwart von Alkohol wirken die ent-
weichenden Dämpfe lösend auf das Fuchsin ein und die Watte
färbt sich an der Fuchsinstelle rot. Man muß aber beim Erwärmen
vorsichtig sein, da auch Öldämpfe das Fuchsin lösen und die
Watte rot färben.
Zur Ausführung der Tanninprobe bringt man eine Kleinig-
keit Tannin in ein trockenes Reagensglas, fügt 10 bis 15 Tropfen
des zu prüfenden Öls hinzu, schüttelt durch und stellt einige
Zeit beiseite. Bei Abwesenheit von Spiritus bleibt das Tannin
vollkommen pulverig, während es am Boden des Reagensglases
mehr oder weniger stark anhaftet, wenn Spiritus zugegen ist.
Ein Gehalt von 5 °/<> Spiritus zeigt sich auf diese Weise schon
deutlich an, der Geübte wird sogar noch geringere Mengen zu
erkennen vermögen. Bei höherem Spiritusgehalt kommt es
schließlich zur Lösung des Tannins, und zwar bei dem einen Öl
eher als beim andern.
Zum direkten Nachweis des Alkohols erhitzt man das
verdächtige Öl bis zum beginnenden Sieden 1 ), fängt die zuerst
übergegangenen Tropfen in einem Reagensglase auf und filtriert,
um mitgerissene Öltröpfchen zu entfernen, durch ein mit Wasser
benetztes Filter. Das Filtrat macht man mit verdünnter Kali-
lauge stark alkalisch und versetzt es, nach dem Erwärmen auf
50 bis 60°, mit einer Lösung von Jod in Jodkalium bis zur
bleibenden Gelbfärbung. Bei Gegenwart von Alkohol scheiden
sich nach einiger Zeit auf dem Boden der Flüssigkeit Kristallenen
von Jodoform ab. Zu beachten ist hierbei, daß auch andere
x ) Durch Erwärmen auf dem Wasserbade wird nicht aller Spiritus aus-
getrieben.
790 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Körper, wie Aldehyde, Aceton und Essigester unter den angegebenen
Bedingungen Jodoform geben.
Größere Mengen von Alkohol lassen sich aus ätherischen
Ölen mit Wasser ausschütteln, aus dem der Alkohol wieder
durch Destillation ausgetrieben und durch die Jodoformreaktion
nachgewiesen werden kann. Nimmt man die Ausschüttlung in
einem graduierten Zylinder vor, so entspricht die Zunahme der
Wasserschicht ungefähr der Menge des Alkohols.
Statt Wasser verwendet man besser Kochsalzlösung oder,
nach Hager, Glycerin, weil bei diesen die beiden Schichten sich
besser trennen und eine genauere Ablesung möglich ist.
Die Größe des Alkoholgehalts kann man auch annähernd
berechnen, wenn man das spezifische Gewicht des Öls vor und
nach dem Ausschütteln mit Wasser bestimmt. Bezeichnet
d das spezifische Gewicht des Öls (bei 15°),
D das spezifische Gewicht des mit Wasser ausgeschüttelten
Öls und
s das spezifische Gewicht des Alkohols 1 ),
so ergibt sich der Spiritusgehalt des Öls in Prozenten aus der
FormeI: (D-d)-IOO
D — s
Wie bereits auf S. 764 erwähnt wurde, läßt sich der Alkohol-
gehalt eines Öls, das selbst keine Methylzahl gibt, durch die
Zeiselsche Methoxylbestimmungsmethode quantitativ bestimmen.
Fettes Öl. Mit fettem Öl oder mit Paraffinöl versetzte
ätherische Öle hinterlassen beim Verdunsten auf Papier einen
dauernden Fettfleck. Bei hochsiedenden und schwerflüchtigen
ätherischen Ölen bleiben jedoch manchmal ähnliche Rückstände,
die zu Täuschungen Veranlassung geben können. Fettes Öl
und Paraffinöl sind unlöslich in 90°/oigem Alkohol 2 ). Zur
Trennung beider von ätherischem Öl destilliert man dieses mit
Wasserdampf ab oder entfernt es durch Verdunsten in einem
*■) Die spezifischen Gewichte der verschiedenen Spiritusstärken sind auf
S. 714 angegeben.
*) Kur Rizinusöl I5st sich in 90%'gem Alkohol, ist aber unlöslich in
70%igem sowie in Petroläther. Erwähnt sei auch, daß Rizinusöl schwach
aktiv ist, <*& etwa -j-5°.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel. 791
offenen Schälchen auf dem Wasserbade, wobei zu berücksichtigen
ist, daß manche ätherische Öle, wie Bergamott-, Citronen-,
Pomeranzen-, Anis- und Sternanisöl, auch wenn sie nicht ver-
fälscht sind, einen Rückstand von mehreren Prozenten hinter-
lassen; dasselbe ist bei verharzten Ölen der Fall.
Da die fetten Öle zwischen 180 und 200 liegende Ver-
seifungszahlen geben, so kann die Menge des Fettzusatzes ent-
weder im Öle selbst oder im Destillationsrückstande durch Ver-
seifen annähernd quantitativ bestimmt werden. Zur quantitativen
Bestimmung eines Fett- oder Paraffinölzusatzes ist auch die
Destillation mit Wasserdampf geeignet. Die Verseifungszahl des
Rückstandes gibt dann weitere Auskunft darüber, ob das eine
oder andere Verfälschungsmittel vorliegt.
Qualitativ weist man im Rückstande das Fett durch Erhitzen
mit Kaliumbisulfat im Reagensglase nach. Stechende Dämpfe
von Acrolein zeigen seine Gegenwart an. Beim Entzünden des
Rückstandes auf einem Platinblech wird der charakteristische
Geruch von angebranntem Fett wahrnehmbar.
Mit Kokosfett verfälschte Öle erstarren ganz oder teilweise
im Kältegemisch. Kokosfett ist im Canangaöl, Citronellöl und
Palmarosaöl angetroffen und auf diese Weise ermittelt worden.
Mineralöl, Petroleum. Mineralöl, Paraffinöl, Kerosen, Petro-
leum und Petroleumfraktionen sind in Alkohol unlöslich und
deshalb in ätherischen Ölen ohne Schwierigkeit nachzuweisen;
außerdem sind sie meist durch ihr niedriges spezifisches Gewicht
zu erkennen. Mit Mineralöl versetztes Palmarosaöl löst sich nur
zum Teil in 70 % igem Alkohol. Behandelt man den unlöslichen
Rückstand mit 90°/oigem Alkohol, so bleibt ein Öl zurück, das
sich zwar anfangs mit konzentrierter Schwefelsäure oder Salpeter-
säure bräunt, in der Hauptsache aber gegen diese Säuren, ebenso
wie gegen Alkalien, beständig ist und beim Verseifen mit alko-
holischem Kali keine Verseifungszahl gibt.
Der Siedepunkt der Mineralöle ist verschieden. Die Kohlen-
wasserstoffe des Brennpetroleums sieden ziemlich gleich mit den
Terpenen. Niedriger siedende Fraktionen werden zuweilen zur Ver-
fälschung des Terpentinöls benutzt Höher, etwa um 250° sieden-
des Mineralöl ist im Citronellöl und im Gingergrasöl aufgefunden
worden. Die Petroleumfraktionen von niedrigem Siedepunkt
792 Die Prüfung der ätherischen Öle.
sind mit Wasserdampf leicht flüchtig, die höheren jedoch nicht
oder nur sehr wenig.
Ein Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Mineralöl
besteht darin, daß man das nach dem Wegoxydieren des äthe-
rischen Öls mit rauchender Salpetersäure Übrigbleibende wiegt,
wie es bei Terpentinöl beschrieben ist. Nach Herzfeld 1 ) eignet
sich zum Abscheiden des Mineralöls konzentrierte Schwefelsäure
besser als Salpetersäure, doch sind hierüber die Meinungen der
einzelnen Autoren sehr geteilt. (Näheres hierüber siehe im
zweiten Bande bei Terpentinöl.) Zu bemerken ist, daß einige
ätherische Öle, wie Rosenöl, Kamillenöl, Neroliöl und andere,
größere oder kleinere Mengen von Paraffinen als natürliche
Bestandteile enthalten.
Chloroform. Diese Verbindung, die früher einige Male in
ätherischen Ölen (z. B. im Cognacöl) aufgefunden worden ist,
läßt sich durch Destillation auf dem Wasserbade isolieren und
durch die Isonitrilreaktion nachweisen. Diese besteht darin, daß
man eine kleine Menge des verdächtigen Destillats mit einigen
Tropfen Anilin und alkoholischer Ätznatronlösung zusammen-
bringt und gelinde erwärmt. Bei Gegenwart von Chloroform
entstehen die äußerst widerwärtig und betäubend riechenden
Dämpfe des Benzoisonitrils.
Zusätze zur Erhöhung des Estergeh alts. Die Bewertung
mancher Öle, wie z. B. Bergamottöl und Lavendelöl, nach ihrem
Estergehalt hat verschiedentlich dazu geführt, solchen Ölen zur
scheinbaren Erhöhung des Estergehalts andere, billigere Ester
oder auch organische Säuren zuzusetzen. Beobachtet wurden
von derartigen Zusätzen bisher Benzoesäure, Salicylsäure,
Salicylsäuremethylester, Ölsäure, Diäthyloxalat, Di-
äthylsuccinat, Triäthylcitrat, Glycerinmono-, -di- und
triacetat, Äthyltartrat, Dimethyl- und Diäthylphthalat,
Benzylbenzoat und Terpinylacetat.
Die Säuren geben sich durch die Erhöhung der Säurezahl,
die bei den meisten Ölen sehr niedrig ist, zu erkennen. Aus
diesem Grunde wurde auch schon S. 719 darauf hingewiesen, daß
es zweckmäßig ist, Säure und Esterzahl der Öle getrennt zu
x ) Zeitschr. f. öö. Chem. 9 (1903), 454; Chem. Zentralbl. 1904, I. 548.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel. 793
bestimmen. Abscheiden lassen sich die Säuren dadurch, daß man
das betreffende Öl mit verdünnter Sodalösung ausschüttelt,
diese vom Öl trennt und dann mit einer Mineralsäure zersetzt.
Die als Fälschungsmittel in Betracht kommenden Ester sind
in zwei Gruppen zu scheiden:
Ester mit leicht flüchtigen Säuren (Terpinylacetat und
Glycerinacetate) und Ester mit schwer flüchtigen Säuren
(Bernsteinsäure-, Oxalsäure-, Weinsäure-, Citronensäure-, Zimt-
säure- und Phthalsäureester).
Bevor man an den Nachweis der einzelnen Ester herangeht,
empfiehlt es sich, zur schnellen Orientierung eine von Bennett
und Garratt 1 ) angegebene qualitative Prüfung auszuführen,
die sich darauf stützt, daß die Kalisalze gewisser organischer
Säuren in absolutem Alkohol unlöslich sind. Man verfährt
folgendermaßen: 1 ccm des zu prüfenden Öls wird in einem
Reagensglas mit 3 ccm einer etwa 10%igen Lösung von Kalium-
hydroxyd in absolutem Alkohol versetzt, die Mischung einige
Minuten in ein Wasserbad gestellt und dann der Abkühlung
überlassen. Zeigt sich innerhalb einer Stunde keine Abscheidung,
so ist anzunehmen, daß das Öl nicht mit Estern der Citronen-
säure, Weinsäure, Bernsteinsäure, Benzoesäure, Phthalsäure, Zimt-
säure und Oxalsäure verfälscht ist. Die genannten Autoren
haben die Methode mit den Äthylestern der angeführten Säuren
ausprobiert, indem sie diese in Mengen von 2,5 und 1 % zu
Bergamottöl und Lavendelöl hinzufügten. Sie fanden, daß Phthal-
säure besonders empfindlich reagiert, denn schon bei Gegenwart
von 1 % Äthylphthalat trat fast sofort eine kristallinische Fällung
ein. 2,5 % Äthylcinnamat gaben ebenfalls schnell eine Fällung,
bei 1 °/o zeigten sich nach einiger Zeit Kristalle. Bei 2,5 °/o
Äthylsuccinat bildete sich eine gelatinöse Masse, während bei
1 % eine kristallinische Fällung entstand. Citronen- und Wein-
säureester gaben Trübungen, die beim Stehen zu kristallinischen
Abscheidungen führten. Am wenigsten empfindlich zeigte sich
Benzoesäureester, bei 2,5 °/o trat die Fällung erst nach einiger
Zeit ein.
Diese Prüfungsweise, die sich in der Praxis gut bewährt
hat, kann bei Gegenwart von Benzoesäure- oder Zimtsäure-
*) Perfuin. Record 14 (1923), 359.
794
Die Prüfung der ätherischen Öle.
estern von ausschlaggebender Bedeutung sein, da diese Säuren
mit Wasserdampf flüchtig und in Wasser immerhin so weit löslich
sind, daß sie bei der Bestimmung der S. Z. II (siehe S. 797) der
Beobachtung entgehen können.
Ist nun die Vorprüfung ohne Ergebnis geblieben und besteht
der Verdacht auf zugesetzte künstliche Ester weiter, so unter-
sucht man auf Terpinylacetat und auf Glycerinacetat.
Nachweis von Terpinylacetat. In einer Reihe von Ver-
suchen ist durch Schimmel $ Co. 1 ) festgestellt worden, daß
bei reinem Linalylacetat die Verseifung mit alkoholischer Halb-
normal-Kalilauge schon nach V* stündigem Erhitzen auf dem
Wasserbad fast vollständig beendigt ist, während reines Terpinyl-
acetat in dieser Zeit nur teilweise verseift wird, so daß die Ester-
zahl bei längerer Verseif ungsdauer bedeutend zunimmt:
In folgender Tabelle sind diese Versuche zusammengestellt:
Dauer der Verseifung:
5 Mm.
15 Min.
30 Min.
45 Mm.
1 Std.
2 Std.
Linalylacetat E. Z.
Terpinylacetat „
Bergamottöl „
n +5 % Terpinylacetat „
i> "T" lO /o „ n
ii +25/0 n ii
191,5
108,2
80,3
82,5
79,9
78,8
217,5
166,8
94,5
94,8
96,4
100,6
223,2
209,7
97,3
101,2
102,8
108.1
223,7
233,4
97,5
102,1
105,2
116,4
223,1
246,8
97,8
104,7
108,3
119,0
224,7
262,7
98,5
107,2
112,5
126,8
Größer werden die Unterschiede noch, wenn man bei der
kurzen Verseifungsdauer in verdünnter Lösung und bei der
längeren Verseifungsdauer mit einem großen Überschuß von
Alkali arbeitet. Mach zahlreichen Versuchen haben Schimmel
$ Co. a ) für diese fraktionierte Verseifung nachstehende Vor-
schrift aufgestellt:
InVier getrennten Versuchen wird das im Verseifungskölbchen
genau gewogene Öl (zweckentsprechend je 1 ,5 g) mit etwa 5 ccm
Alkohol und einigen Tropfen alkoholischer Phenolphthaleinlösung
(1 : 1 00) vermischt und durch Titration mit Halbnormal-Kalilauge
zunächst die Säurezahl bestimmt. Sodann wird der Inhalt zweier
Kölbchen in bekannter Weise nach Zugabe von 10 ccm Halb-
l ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1910, 42.
*) Ebenda Oktober 1911, 115.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel.
795
normal-Kalilauge je eine Stunde lang auf dem Wasserbad ver-
seift. Der Inhalt des dritten Kölbchens wird mit 20 ccm Lauge
zwei Stunden lang gekocht und der des vierten Kölbchens mit
25 ccm neutralen und esterfreien 96 %igen Alkohols verdünnt
und mit 10 ccm Lauge eine Stunde lang verseift. Bei hoch-
prozentigen Ölen sowie bei künstlichen Estern nimmt man ent-
weder nur 1 g Substanz oder 30 und 20 ccm Lauge. Nach
beendigtem Sieden wird durch Einstellen in kaltes Wasser schnell
abgekühlt und dann sofort titriert.
Bei reinen Bergamott- und Lavendelölen betrug die Differenz
der Esterzahlen des zweistündigen und des „verdünnten" ein-
stündigen Versuches bis 3, höchstens 5, während die für die
beiden normalen Verseifungen ermittelten Esterzahlen etwa in
der Mitte lagen. Setzt man dem Öl Terpinylacetat zu, so wird
die Differenz größer, und zwar erhöht sich entsprechend dem
Gehalt an Terpinylacetat die Esterzahl der zweistündigen Ver-
seifung, während die des mit Alkohol verdünnten Öls nur wenig
ansteigt. Die Esterzahl der beiden normalen Verseifungen
hält ungefähr die Mitte. In folgender Tabelle stellen wir die
Werte zusammen, die wir für ein reines Bergamottöl und das
gleiche Öl nach Zusatz der angegebenen Mengen Terpinylacetat
ermittelt haben:
Halbnormal-Kalilauge :
10 ccm
20 ccm
10 ccm +
25 ccm Alk.
Differenz
der Spalten
2 und 3
Verseif ungsdauer :
1 Stunde
2 Stunden
1 Stunde
BergamottSl, rein ....
+ 2% Terpinylacetat
+ *%
+ 6%
+ 8%
+ 10 %
+ 15%
+ 20%
99,7
102,1
103,3
105,7
107,0
108,6
113,4
118,0
100,5
104,5
108,1
112,2
114,4
118,1
126,7
135,6
97,4
98,1
98,1
98,6
98,4
99,1
101,0
101,3
3,1
6,4
10,0
13,6
16,0
19,0
25,7
34,3
Ein Zusatz von 10°/» Terpinylacetat gibt somit eine Differenz
der Esterzahlen von 19 (bei einfacher halb- und einstündiger Ver-
seifung 5,5; vgl. die Tabelle auf S. 794) und ein Zusatz von nur
2 % einen Unterschied von 6,4, so daß auch derartig geringe
Verfälschungen auf diese Weise noch nachweisbar sein dürften.
796 Die Prüfung der ätherischen Ole.
NACHWEIS von GlycerinACETAT. Der Nachweis von Gly-
cerinacetaten, auf deren Verwendung als Fälschungsmittel zuerst
P. )eancard und C. Satie 1 ) und später Heine Sf Co. 2 ) aufmerk-
sam gemacht haben, beruht auf der verhältnismäßig leichten Lös-
lichkeit dieser Ester in Wasser. Wird ein mit diesen Estern ver-
fälschtes Öl in geeigneter Weise mit reinem oder noch besser
etwas alkoholhaltigem Wasser geschüttelt, so geht ein gewisser
Prozentsatz des darin enthaltenen Glycerinacetats in Lösung.
Durch nachfolgende Verseifung dieser wäßrigen Lösung mit Kali-
lauge kann dann aus dem Alkaliverbrauch die Menge des
zugesetzten Esters annähernd berechnet werden.
Zur Ausführung der Bestimmung werden nach Schimmel
8f Co. 8 ) in einem Scheidetrichter 10 ccm Öl mit 20 ccm 5% igen
Alkohols kräftig geschüttelt. Nach erfolgter Klärung der Schichten
werden 10 ccm des möglichst klaren FÜtrats nach der Neutrali-
sation mit Kalilauge mit 5 ccm Halbnormal-Kalilauge 1 Stunde
auf dem Wasserbade verseift. Bei reinem Bergamottöl wurden
.zur Verseifung dieser 10 ccm
0,08 ccm Halbnormal-Kalilauge = 2,2 mg KOH verbr.
Nach Zusatz von 1 % Glycerintriacetat wurden 0,58 ccm = 16,2 „ „ „
ii t, n ^ tt /o n i, i,4o n ^ 4U,U „ „ „
•> „ n 5 /o „ n 2,79 „ = 78,0 ,, „ „
1 g Glycerinmonoacetat = 1,46 g Linalylacetat
1 „ „ diacetat = 2,23 „
1 „ „ triacetat = 2,70 „ „
Ein Zusatz von 1 °/o Glycerintriacetat erhöht demnach den
Kali- Verbrauch um etwa 15 mg. Genau so liegen die Verhältnisse
auch bei andern Ölen.
Einen weiteren Weg zum quantitativen Nachweis von
Glycerinester in Bergamott- und Lavendelölen haben Hall und
Harvey*) mitgeteilt, der auf der direkten Abscheidung und
Bestimmung des Glycerins beruht. Sie verfahren folgendermaßen:
Eine bestimmte Menge (wenn möglich nicht weniger als 10 g) Öl wird
mit 50 ccm Alkohol vom spezifischen Gewicht 0,830 gemischt und mit Halb-
normal-Kalilauge verseift. Nach 1 stündigem Digerieren auf dem Wasserbade
*) Bull. Soc. chim. IV. 8 (1908), 155.
*) Seifensieder Ztg. 37 (1910), 750.
*) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1910, 43 und April 1911, 101.
*) Journ. Soc. ehem. Industry 82 (1913), 61.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel. 797
wird die Lösung mit Halbnormal-Salzsäure neutralisiert, auf dem Wasser-
bade zur Trockne verdampft, der Rückstand mit etwa 20 ccm Wasser versetzt
und dann zur Entfernung der öligen Anteile mit methylalkoholhaltigem Äther
extrahiert. Die Ätherlösung wird nochmals mit 10 ccm Wasser ausgeschüttelt,
dieses mit dem wäßrigen Extrakt vereinigt und das Ganze zur Sirupdicke ein-
gedampft. War das ursprüngliche Öl mit Glycerinester verfälscht, so enthält
der verbleibende Rückstand das zugehörige Glycerin, dessen Menge durch
Acetylieren bestimmt wird. Zu diesem Zwecke versetzt man den Rückstand
mit 3 g geschmolzenem Natriumacetat und 8 ccm Essigsäureanhydrid und
erhitzt 1 Stunde am Rückflußkühler. Darauf kühlt man ab, setzt dann 50 ccm
kochendes Wasser hinzu, bringt auf eine Temperatur von 80°, kühlt wieder
ab und filtriert schließlich das Ganze durch Machwaschen mit Wasser quanti-
tativ in ein andres Gefäß. Nach Zusatz einiger Tropfen Phenolphthaleinlösung
wird die überschüssige Essigsäure mit einer 5 bis 6 % igen Natronlauge lege
artis neutralisiert und die Mischung hierauf mit Halbnormal-Natronlauge ver-
seift, wobei man sie 15 Minuten lang gelinde am Rückflußkühler kocht.
Nach dem Erkalten wird der Überschuß an Lauge mit Halbnormal-Salzsäure
zurücktitriert und aus dem Alkaliverbrauch die Menge des Glycerins oder
Glycerinacetats berechnet (1 ccm Halbnormal-Natronlauge entspricht 0,01535 g
Glycerin und 0,03641 g Glycerinacetat). Es ist ratsam, nebenbei einen blinden
Versuch zu machen, für den man von der Halbnormal-Lauge 5 ccm verwendet
Hall und Harvey haben die Methode an Bergamott- und Lavendelölen, die
sie mit 2 und 5 % Glycerinacetat versetzt hatten, ausprobiert und sind dabei
zu sehr guten Resultaten gekommen.
Nachweis von Estern, deren Saurem mit Wasserdampf
schwer flüchtig sind. bestimmung der säurezahl ii. die
hierfür von Schimmel 8{ Co. 1 ) ausgearbeitete Untersuchungs-
methode beruht auf der nur ganz geringen Flüchtigkeit der in
diesen Estern enthaltenen Säuren mit Wasserdämpfen. Unter-
suchungen an reinem Bergamottöl haben ergeben, daß fast die
gesamte durch die Verseifung an das Kaliumhydroxyd gebundene
Säure nach dem Ansäuern der wäßrigen Lösung mit Schwefel-
säure mit Hilfe von Wasserdampf abdestilliert werden kann.
Zur Bestimmung der Verseifungszahl wird demnach bei reinen
Bergamottölen nur wenig mehr Kalilauge verbraucht als zur
Neutralisation der abdestillierten Säuren erforderlich ist. Zur
Ausführung der Bestimmung wird von 1,50 g Öl die Säurezahl
und Esterzahl ermittelt 2 ) und sodann der Inhalt des Verseifungs-
x ) Bericht von Schimmel § Co. Oktober 1910, 43.
s ) Der vor dem Zurücktitrieren des überschüssigen Alkalis sonst übliche
Wasserzusatz unterbleibt hier am besten, da er das Eindampfen der Flüssig-
keit unnötig verzögern würde.
798
Die Prüfung der ätherischen Öle.
kölbchens nach Zusatz einiger Tropfen Halbnormal-Kalilauge
zur Trockne verdampft. Der Rückstand wird in etwa 5 cctn
Wasser gelöst und mit 2 ccm verdünnter Schwefelsäure an-
gesäuert. Durch einen in dem mit Steigrohr versehenen Kolben a
(Fig. 78) entwickelten kräftigen Dampfstrom werden in die Vor-
lage c 250 ccm in der Weise abdestilliert, daß der Inhalt des an den
Fig. 78.
Destillationsaufsatz angesetzten Verseifungskölbchens b mit einer
kleinen Flamme auf etwa 10 ccm gehalten wird. Weiterhin werden
in gleicherweise nochmals 100 ccm übergetrieben. Das Destillat
wird nach Zusatz einiger Tropfen Phenolphthaleinlösung mit
Halbnormal-Kalilauge bis zur Rotfärbung titriert. Die ersten
250 ccm enthalten praktisch sämtliche flüchtige Säure, da die
folgenden 100 ccm gewöhnlich nur noch 1 bis 2 Tropfen
Lauge verbrauchen. Aus der zur Neutralisation des Gesamt-
destillats erforderlichen Menge Kalilauge wird „die Säurezahl II"
Nachweis häufig vorkommender VerfälschungsmiftelJ '-' ' v 799 Y
für die angewandte Gewichtsmenge Bergamottöl bereelmeL__Die
Differenz zwischen der Verseifungszahl verschieden^GAit^
suchter reiner Öle und der auf diese Weise bestimmterF5äär£!
zahl II schwankte laut nachstehender Zusammensetzung (Nr. 1
bis 8) von 5 bis 10 1 ), so daß Öle mit einer größeren Differenz
als verdächtig oder verfälscht bezeichnet werden müssen.
Bei Lavendelöl und Petitgrainöl beträgt die Differenz
höchstens 5. •
S.Z. E.Z. V.Z. S.Z. II
des Öls des Öls Di«.
Nr. 1 Bergamottöl 1,6 88,7 90,3 84,3 6,0
„2 „ 1,6 90,2 91,8 86,6 5,2
„3 , 2,0 101,1 103,1 97,0 6,1
„4 „ 2,3 112,3 114,6 107,7 6,9
„5 „ 2,4 100,0 102,4 95,7 6,7
„6 „ 2,3 96,1 98,4 91,8 6,6
„7 „ 2,1 98,3 100,4 95,1 5,3
„8 „ 2,0 98,2 100,2 90,8 9,4
„ 9 Bernsteinsäurediäthylester . . — — 638,4 7,3 631,1
„10 Citronensäuretriäthylester . . 0,8 602,6 603,4 7,0 596,4
„ 11 Oxalsäurediäthylester .... — — 753,0 7,2 745,8
Bergamottöl nach Zusatz von:
„ 12 1% Bernsteinsäurediäthylester 2,1 103,5 105,6 94,1 lt,5
„ 13 2% „ 2,1 109,9 112,0 93,1 18,9
„ 14 3 / „ 2,1 116,2 118,3 92,8 25,5
„ 15 4% „ 2,1 121,7 123,8 91,8 32,0
„ 16 5% „ 2,1 127,6 129,7 91,5 38,2
17 1% Citronensäuretriäthylester 2,1 103,4 105,5 94,1 11,4
18 2 u /o „ 2,1 109,1 111,2 92,8 18,4
19 1% Oxalsäurediäthylester . . — — 106,6 94,7 11,9
20 2% „ ■ • — — 113,3 92,5 20,8
21 2% Glycerintriacetat .... 2,1 111,2 113,3 108,7 4,6
22 4 u /„ Terpinylacetat 2,4 103,2 105,6 100,0 5,6
Bei den reinen Estern (Nr. 9 bis 11) beträgt der Unterschied
zwischen beiden Werten 596,4 bis 745,8. Ein Zusatz dieser Ester
zu Bergamottöl muß demnach die Differenz beider Zahlen des
verfälschten Öls entsprechend vergrößern (Nr.12 bis 20 der Tabelle).
Eine Fälschung mit Glycerintriacetat oder Terpinylacetat ist,
wie Nr. 21 und 22 zeigen, durch Destillation der Säuren nicht
nachweisbar, da bei diesen die Säure flüchtig ist, und daher die
Differenz innerhalb der für reine Öle bestimmten Grenzen liegt.
l ) Bericht von Schimmel § Co. April 1913, 150.
800 Die Prüfung der ätherischen Öle.
Reclaire 1 ) hat vorgeschlagen, die Untersuchung dadurch
zu beschleunigen, daß man nach erfolgter Esterbestimmung die
Verseifungslauge nicht erst eindampft, sondern sie sofort an-
säuert und die flüchtigen Säuren mit Wasserdampf übertreibt
Zum Ansäuern benutzt er nicht verdünnte Schwefelsäure, sondern
Phosphorsäure. Er folgt hiermit einem Vorschlag von Umney*),
der Schwefelsäure deswegen vermieden wissen will, weil sie
durch gewisse Ölbestandteile reduziert werden könnte, was dann
zu falschen Resultaten führen würde. Umney verwendet eine
etwa 3°/° ige Phosphorsäure und nimmt hiervon 10 ccm auf
ungefähr 2 g Öl. Reclaire hat das Verfahren an mehreren
Ölen, die mit kleinen Mengen Dimethylphthalat, Diäthyltartrat,
Diäthylsuccinat und Triäthylcitrat versetzt waren, ausprobiert
und gefunden, daß es genügend genaue Resultate gibt, und
daß man daher nicht nötig hat, die Verseifungslauge vorher
einzudampfen.
Wenn aber 3 ) wie z. B. bei Laurinsäure, eine mit Wasser-
dampf zwar langsam aber immerhin vollständig flüchtige Säure
vorliegt, so kann diese bei dem abgekürzten Verfahren doch
leicht übersehen werden, da sie sich eventuell in dem gleich-
zeitig übergehenden Öl löst und dadurch der Beobachtung ent-
geht. Säuren von der Art der Laurinsäure geben sich nämlich
dadurch zu erkennen, daß sie in Form von Öltropfen oder auch
als feste Partikelchen auf dem Destillat schwimmen. Auf diese
Weise ist man wiederholt Verfälschungen mit Laurinsäureester
auf die Spur gekommen.
Will man aber das Eindampfen vermeiden, so sollte man die
Verseifungslauge vor dem Ansäuern wenigstens mit Wasser-
dampf behandeln, um Öl und Spiritus daraus zu entfernen.
Bei Befolgung der ursprünglichen Vorschrift (Eindampfen)
oder bei vorheriger Behandlung der Verseifungslauge mit Wasser-
dampf ist es gleichgültig, ob man zum Ansäuern verdünnte
Schwefelsäure oder Phosphorsäure benutzt. Verfährt man da-
gegen nach den Angaben von Reclaire, so darf Schwefelsäure
nicht Verwendung finden, da sie eine geringe Esterifizierung der
ä ) Perfum. Record 14 (1923), 293.
s > Ebenda 5 (1914), 117.
3 > Bericht von Schimmel § Co. 1924, 124.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungamittel. 801
flüchtigen Säure mit dem vorhandenen Alkohol herbeiführt. Dies
ergibt sich daraus, daß auch bei unverfälschten Ölen mit voll-
kommen flüchtigen Säuren die Säurezahl II gegenüber der Ver-
seifungszahl viel zu niedrig ausfällt (Schimmel $ Co. haben
eine Differenz bis zu 13,3 statt 2,1 beobachtet!), während sie
bei Benutzung von Phosphorsäure zum Ansäuern die normale
Höhe erreichte.
Spezieller Nachweis von Citronensäureester. Wird ein
zu hoher Abdampfrückstand gefunden, so kann außer fettem Öl
auch Citronensäuretriäthylester (Triäthy leitrat) 1 ) in Frage kommen,
ein Verfälschungsmittel, das deshalb besonders gefährlich ist,
weil schon ein geringfügiger Zusatz den scheinbaren Ester-
gehalt des Öls nicht unbeträchtlich erhöht.
Ist nun ein Öl, z. B. Bergamottöl, wegen der Höhe seines
Verdampfungsrückstandes verdächtig, so bestimmt man von
diesem die Verseifungszahl. Hierbei wird auf eine etwaige, nach
einiger Zeit wieder eintretende Rötung der Flüssigkeit, die die
Folge nachträglicher Abgabe von Alkali aus dem zu Bergapten-
säure aufgespaltenen Bergapten ist, beim Titrieren keine Rück-
sicht genommen, vielmehr ist lediglich die erstmalige
Entfärbung maßgebend. Vermeiden kann man das Wieder-
auftreten der Rötung bis zu einem gewissen Grade dadurch,
daß man die Flüssigkeit vor dem Zurücktitrieren nicht mit
Wasser verdünnt.
Die Verseifungszahl des Abdampfrückstandes reiner Berga-
mottöle liegt zwischen 136 und 200, ein Zusatz von 1° o Triäthyl-
citrat erhöht die Verseifungszahl des Abdampfrückstandes um
47,7. Vergegenwärtigt man sich nun, daß 1 g Triäthylcitrat zur
Verseif ung dieselbe Menge Kali verbraucht wie 2,13 g Linalyl-
acetat, so erhöhen beispielsweise 2 °/o Citronensäureester den
Gehalt der Bergamottöle an Linalylacetat scheinbar um 4,3° o,
d. h. eine Menge, die unter Umständen genügt, um ein ester-
armes Öl scheinbar probehaltig zu machen.
Um die Citronensäure als solche nachzuweisen, kann man
die Kalkprobe anwenden.
*) O. Wiegand und K. Rübke, Verfälschung von Bergamottöl mit
Citronensäureester. Zeitschr. f. angew. Chem. 2S (1910), 1018. — Bericht von
Schimmel $ Co. Oktober 1910, 39.
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I. 51
802 Die Prüfung der ätherischen Ole.
Es werden etwa 2 g Öl oder der Abdampfrückstand von 5. g Öl mit
alkoholischem Kali verseift, die Lösungen mit Wasser verdünnt, mit Salzsäure
neutralisiert, der Alkohol auf dem Wasserbad entfernt und die Lösungen dann
ausgeäthert und filtriert. Man macht die Lösungen mit einer Spur Natron-
lauge schwach alkalisch, setzt dann einige Tropfen einer konz. Chlorcalcium-
lösung hinzu und erwärmt, wobei sich vorhandene Citronensäure durch einen
— manchmal erst nach einiger Zeit entstehenden — Niederschlag zu er-
kennen gibt.
Schärfer ist die Prüfung nach G. Deniges 1 ), bei der die
Citronensäure in Acetondicarbonsäure übergeführt wird, die ihrer-
seits eine schwer lösliche Quecksilberdoppelverbindung liefert.
Man verwendet dazu 10 ccm der obigen Lösung, die man mit
1 bis 1,5 g Bleisuperoxyd stark durchschüttelt, gibt 2 ccm
Mercurisulf atlösung 2 ) hinzu und filtriert. 5 ccm des Filtrats
werden zum Sieden erhitzt und dann unter Umschütteln tropfen-
weise so viel von einer 2 °/° igen Kaliumpermanganatlösung zu-
gesetzt, bis diese nicht mehr sofort entfärbt wird. Bei An-
wesenheit von Citronensäure tritt schon nach dem ersten Tropfen
ein flockiger, weißer oder hellgelber Niederschlag auf.
Diese Reaktion ist sehr viel empfindlicher als die Kalkprobe.
Bei einiger Übung kann man sogar durch Gegenproben mit Ölen
von bekanntem Citronensäureestergehalt dessen Menge in dem
zu prüfenden Ölte schätzungsweise feststellen. Man sei aber mit
dem Zusatz von Kaliumpermanganatlösung äußerst vorsichtig,
da sonst leicht Mangansuperoxyd abgeschieden wird, was zu
Verwechslungen mit dem obigen Niederschlag (Quecksilberdoppel-
verbindung der Acetondicarbonsäure) führen kann.
Bei der Prüfung von 6 verbürgt reinen Bergamottölen wiesen Schimmel
§ Co. 8 ) nach der Denigesschen Methode in 2 von diesen Ölen ebenfalls
Spuren von Citronensäure nach, die beim Pressen der Öle aus dem ciironen-
säurereichen Fruchtfleisch aufgenommen sein können; sie waren aber so gering,
daS sie praktisch gar nicht in Betracht kommen. Setzt man solchen Ölen
auch nur 1 % Triäthylcitrat zu, so erhält man bei der Denigesschen Probe
einen etwa zehnmal so starken Niederschlag. Außerdem zeigte der Abdampf-
rückstand dieser authentischen Öle niedrigere Verseif ungszahlen; betragen
diese über 200, so ist das betreffende Öl mindestens verdächtig.
*) Bull. Soc. ph. de Bordeaux 1898, 33.— Compt. rend. 128 (1899), 680;
Pharm. Zentralh. 39 (1898), 396.
s ) Zu bereiten aus 5 g Quecksilberoxyd, 20 ccm konz. Schwefelsäure
und 100 ccm Wasser.
s ) Bericht von Schimmel $ Co. Oktober 1910, 41.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel. 803
Spezieller Nachweis von Phthalsäüreester. Der ur-
sprünglich als Duftgrundlage dienende Phthalsäuredimethyl- oder
-diäthylester ist in neuer Zeit zu einem sehr beliebten Fälschungs-
mittel geworden. Schimmel § Co. 1 ) haben ihn in einem einzigen
Jahre an nicht weniger als 8 Ölen und Präparaten festgestellt. Es
waren dies: Anethol, Bergamottöl, Cassiaöl, Kümmelöl, Lavendel-
81, Pfefferminzöl, Ceylon-Zimtöl und Jonon. Die sichersten An-
zeichen bei stärkeren Verfälschungen sind Erhöhung des spe-
zifischen Gewichts und der Esterzahl.
Der Nachweis von Phthalsäüreester geschieht am ein-
deutigsten dadurch, daß man die Phthalsäure abscheidet, sie
durch Sublimation in das Anhydrid überführt und dieses durch
seinen Schmelzpunkt (128 bis 130°) identifiziert. Häufig wird
die Anwesenheit des Esters nur durch die Bildung von Fluorescein
mit Hilfe von Resorcin ermittelt. Eine von R. E. Andrew 3 ) hierfür
gegebene Vorschrift lautet: 10 ccm der zu untersuchenden Probe
werden mit 5 Tropfen einer 10°/oigen Natronlauge auf dem Dampf-
bade zur Trockene eingedampft, mit 0,5 ccm einer 50% igen
Resorcinlösung versetzt und wiederum zur Trockene eingedampft.
Zu dem noch warmen Rückstand gibt man 6 Tropfen konzentrierter
Schwefelsäure und hierzu nach dem Erkalten 1 ccm Wasser. Die
in ein Reagensglas gebrachte Lösung wird hierauf mit 5 ccm
einer 1 °/o igen Natronlauge versetzt. Je nach der Menge des
vorhandenen Phthalats (von 0,0002 g an) zeigt die Flüssigkeit
nunmehr gelblichgrüne bis grüne Fluorescenz.
Zum Nachweis von Phthalsäurediäthylester in ätherischen
Ölen ist nach Thoms 8 ) das. Fluoresceinverfahren nur in be-
schränktem Maße anwendbar. Bei Ölen, die, wie Nelkenöl,
Phenole enthalten, ist es nicht brauchbar, weil Resorcin sich
mit vielen Phenolen ebenfalls unter Bildung fluorescierender
Kondensationsprodukte vereinigt. Bei Anis-, Kümmel-, Zimt-
und Lavendelöl kann man eine Verfälschung mit 10°/o Phthal-
säurediäthylester auf folgende Weise leicht erkennen: 5 Tropfen
des Öls werden mit 20 ccm Alkohol und 10 ccm 5°/oiger Natron-
lauge auf dem Wasserbade zur Trockene verdampft. Sollten
*) Bericht von Schimmel § Co. 1919, 92.
s ) Journ. ind. eng. Chem. 15 (19233, 838.
s ) Apoth. Ztg. 40 (1925), 196; Chem. Zentxalbl. 1925, I. 2475.
51*
804 Die Prüfung der ätherischen Öie.
sich hierbei, wie beim Zimtöl, harzige Massen abscheiden, so
wird der Trockenrückstand mit 30 ccm Wasser aufgenommen
und die Lösung nach dem Filtrieren wieder zur Trockene ver-
dampft. Den Trockenrückstand versetzt man unter Kühlen mit
3 ccm konzentrierter Schwefelsäure, zu der kalten Mischung gibt
man 0,05 g reines, frisch sublimiertes Resorcin und erwärmt sie
fünf Minuten lang auf dem Ölbad auf 80 bis 85°. Gibt man
5 Tropfen dieser Mischung in ein Reagensglas, das 4 ccm 10°/oiges
Ammoniak und 6 ccm Wasser enthält, so wird keine grüngelbe
Fluorescenz auftreten, wenn das Öl frei von Phthalsäureester war.
Da in verschiedenen Ländern Phthalsäureester zum De-
naturieren von Spiritus verwendet wird, kommt der Chemiker
gelegentlich in die Lage, diesen oder damit hergestellte Parfüm-
mischungen auf den Ester hin zu prüfen. Eine zuverlässige
Methode hierfür ist nach Breithut und Apfelbaum 1 ) folgende:
10 ccm des zu untersuchenden Parfüms werden mit einer gesättigten
Lösung von Chlomatrium behandelt. In dem erhaltenen Gemisch trennt man
die Ölschicht durch Zentrifugieren ab. Die mit 5 ccm 10 °/»iger Natronlauge
versetzte wäßrige Schicht wird destilliert und der zur Trockene eingeengte
Destillationsrückstand nach dem Ericalten mit der gleichen Menge Phenol
gemischt, ein Teil dieser Mischung mit 5 oder 6 Tropfen konzentrierter
Schwefelsäure behandelt und 3 Minuten auf 160° erwärmt. Hierauf gibt man
1 ccm Wasser zu der geschmolzenen Masse und macht die Mischung mit
verdünnter Natronlauge alkalisch. Eine beim Ansäuern der Lösung ver-
schwindende und bei Zusatz von Alkali wieder auftretende Hotfärbung zeigt
die Anwesenheit von Phenolphthalein und somit auch die Gegenwart von
Diäthylphthalat in dem Parfüm an.
SPEZIELLER NACHWEIS VON LAURINSÄUREESTER. Dieses ge-
fährliche und augenblicklich recht häufig anzutreffende Ver-
fälschungsmittel kann nach einer Vorschrift der amerikanischen
Zollbehörde noch in Mengen von 1 /„ 2 ) nachgewiesen werden.
20 ccm des verdächtigen Öls werden mit Wasserdampf destil-
liert, hierauf mit Halbnormal-alkoholischer-Kalilauge eine Stunde
lang auf dem Wasserbade verseift, dann mit Salzsäure neutrali-
siert und zur Trockene eingedampft. Die wäßrige Lösung des
Rückstandes wird filtriert und mit Calciumchloridlösung versetzt.
Bei Gegenwart von Iaurinsaurem oder fettsaurem Kalium fallen
Flocken von Calciumlaurat oder fettsaurem Calcium aus. Zur
l ) Journ. ind. eng. Chem. 17 (1925), 534.
s ) Bericht von Schimmel § Co- 1927, 41. Anm.
Nachweis häufig vorkommender Verfälschungsmittel. 805
quantitativen Bestimmung wird der Niederschlag abfiltriert, wobei
das Filtrat mit Calciumchlorid auf etwa noch vorhandenes fett-
saures Kalium zu prüfen ist. Dann wird solange mit Wasser aus-
gewaschen, bis das Filtrat neutral und farblos abfließt. Hierauf
bringt man den Niederschlag in einen Scheidetrichter, säuert mit
Salzsäure an, schüttelt dreimal mit Äther aus und befreit diesen
durch Auswaschen mit Wasser von Chlorid. Die Waschwässer
werden noch einmal mit Äther ausgeschüttelt, die Ätherextrakte
in einem tarierten Gefäß vereinigt, und der Äther wird ab-
gedunstet. Zur Entfernung etwaigen Wassers fügt man zum
Schluß noch etwas Alkohol hinzu. Der Verdampfungsröckstand
bleibt über Nacht im Exsikkator und wird schließlich gewogen.
Durch Multiplikation des Gewichts mit 1,14 erfährt man den
Prozentgehalt an Laurinsäureester.
Romeo 1 ) stellte durch Kontrollversuche fest, daß man bei
diesem Verfahren auch mit authentischen Bergamottölen, ins-
besondere mit solchen von unreifen Früchten, Niederschläge von
Kalksalzen erhält, und daß die Anwesenheit minimaler Mengen
von Fettsäuren im Bergamottöl wahrscheinlich ist. Darum ist
er der Ansicht, daß die angeführte Methode zum Nachweis von
Fettsäureestern im Bergamottöl zu Irrtümern Anlaß geben kann.
Das Verfahren hat nach Romeo nur dann praktischen Wert,
wenn die vorhandenen Fettsäuren mindestens in Mengen von
mehr als 0,5 °/ vorhanden sind.
Laurinsäureester ist aber auch nach dem beschriebenen
Untersuchungsgang (S. Z. II) gut nachweisbar 2 ).
Prüfungsgang zum Nachweis sämtlicher Ester. Damit
bei der Untersuchung keiner der erwähnten Ester übersehen
wird, führt man zunächst die auf S. 793 angegebene qualitative
Prüfung aus und verfährt dann zweckentsprechend folgender-
maßen: Für die Verseif ung werden in der oben (Seite 794) an-
gegebenen Weise vier Versuche angesetzt. Beträgt die Differenz
der bei der fraktionierten Verseifung erhaltenen Esterzahlen mehr
*) Intorno alla pretesa falsificazione con Iaurato di etile delf essenza
di bergamotfo. Messina 1926.
ä ) Hiernach haben ihn Schimmel § Co. in verschiedenen Ölen auf-
gefunden, so z. B. in Bergamottöl (Bericht 1926, 45, 46), Lavendelöl (Bericht
1920, 39; 1923, 48; 1924, 55) und Rosenöl (Bericht 1926, 103).
806 Die Prüfung der ätherischen Öle.
als 5, so ist eine Verfälschung mit Terpinylacetat anzunehmen.
Der Zusatz ist aus der auf Seite 795 befindlichen Aufstellung
annähernd zu ersehen 1 ). Weiterhin ist aus einer der beiden
einstündigen Verseifungen die Säurezahl II durch Destillation
mit Wasserdampf zu bestimmen und mit der Verseifungszahl
(S.Z. + E. Z.!) zu vergleichen. Ist die Differenz größer als 5
(bei Bergamottöl größer als 10), so liegt eine Verfälschung mit
Estern schwerflüchtiger Säuren vor. Die betreffende Säure
dürfte, falls genügend Material zur Verfügung steht, unschwer
zu ermitteln sein. Die Prüfung auf Glycerinester ist Seite 796
beschrieben.
l ) Da eine zu große Differenz auch die Folge einer Verharzung sein kann,
so empfiehlt es sich, in zweifelhaften Fällen, den Versuch bei dem vorher mit
Wasserdampf rektifizierten Öl zu wiederholen. Dasselbe gilt auch für die
Säurezahl II.
Tabelle I
zur Berechnung des Prozentgehaltes an Alkoholen der
Formel C 10 H 18 O, C 10 H 20 O, C 1S H M und C lö H 26 aus
den vor und nach dem Acetylieren gefundenen Ver-
seifungszahlen, sowie an Essigsäuren dieser Alkohole.
Tabelle II
zur Ermittlung der Esterzahl (Säurezahl, Verseifungs-
zahl) sowie des Prozentgehaltes an Alkohol und Ester,
unmittelbar aus den verbrauchten ccm | Kalilauge, bei
Anwendung von 1 ,50 g Öl.
Tab
zur Berechnung des Prozentgehaltes an Alkoholen der Formel
Acetylieren gefundenen Verseifungszahlen,
c«,
H ia O
Ci H
üoO
Alkohol im
Alkohol im
E. Z.
Acetat
Alkohol
urspr. öl 1 )
Acetat
Alkohol
urspr. Öl i)
E. Z.
1
0,35
0,28
0,28
0,35
0,28
0,28
1
2
0,70
0,55
0,55
0.71
0,56
0,56
2
3
1,05
0,83
0,83
1,06
0,84
0,84
3
4
1,40
1,10
1,10
1,41
1,11
1,12
4
5
1,75
1,38
1,38
1,77
1,39
1,40
5
6
2,10
1.65
1,66
2,12
1,67
1,68
6
7
2,45
1,93
1,94
2,47
1,95
1,96
7
8
2,80
2,20
2,21
2,83
2,23
2,24
8
9
3,15
2,48
2,49
3,18
2,51
2,52
9
10
3,50
2,75
2,77
3,54
2,79
2,81
10
11
3,85
3,03
3,05
3,89
3,06
3,09
11
12
4,20
3,30
3,33
4,24
3,34
3,37
12
13
4,55
3,58
3,61
4,60
3,62
3,66
13
14
4,90
3,85
3,89
4,95
3,90
3,94
14
15
5,25
4,13
4,17
5,30
4,18
4,23
15
16
5,60
4,40
4,45
5,66
4,46
4,51
16
17
5,95
4,68
4,74
6,01
4,74
4,80
17
18
6,30
4,95
5,02
6,36
5,01
5,08
18
19
6,65
5,23
5,30
6,72
5,29
5,37
19
20
7,00
5,50
5,58
7,07
5,57
5,66
20
21
7,35
5,78
5,87
7,42
5,85
5,94
21
22
7,70
6,05
6,15
7,78
6,13
6,23
22
23
8,05
6,33
6,44
8,13
6,41
6,52
23
24
8,40
6,60
6,72
8,49
6,69
6,81
24
25
8,75
6,88
7,01
8,84
6,96
7,10
25
26
9,10
7,15
7,29
9,19
7,24
7,39
26
27
9,45
7,43
7,58
9,55
7,52
7,68
27
28
9,80
7,70
7,87
9,90
7,80
7,97
28
29
10,15
7,98
8,15
10,25
8,08
8,26
29
30
10,50
8,25
8,44
10,61
8,36
8,55
30
') Vgl. auch das au! Seite 726 bis 728 Gesagte.
eile I
809
C 10 H lg O, C tu H 20 O, C 1B H 2(l O und C 16 H aa O aus den vor und nach dem
sowie an Essigestern dieser Alkohole.
c«
H m O
CisH s «0
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl ')
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. öl ')
E. z.
1
0,47
0,39
0,39
0,47
0,40
0,40
1
2
0,94
0,79
0,79
0,94
0,79
0,79
2
3
1,40
1,18
1,18
1,41
1,19
1,19
3
4
1,87
1,57
1,58
1,89
1,59
1,59
4
5
2,34
1,96
1,97
2,36
1,98
1,99
5
6
2,81
2,36
2,37
2,83
2,38
2,39
6
7
3,28
2,75
2,76
3,30
2,78
2,79
7
8
3,74
3,14
3,16
3,77
3,17
3,19
8
9
4,21
3,53
3,56
4,24
3,57
3,59
9
10
4,68
3,93
3,96
4,71
3,96
3,99
10
11
5,15
4,32
4,36
5,19
4,36
4,40
11
12
5,61
4,71
4,76
5,66
4,76
4,80
12
13
6,08
5,11
5,16
6,13
5,15
5,20
13
14
6,55
5,50
5,56
6,60
5,55
5,61
14
15
7,02
5,89
5,96
7,07
5,95
6,01
15
16
7,49
6,29
6,36
7,54
6,34
6,42
16
17
7,95
6,68
6,77
8,01
6,74
6,83
17
18
8,42
7,07
7,17
8,49
7,14
7,23
18
19
8,89
7,46
7,57
8,96
7,53
7,64
19
20
9,36
7,86
7,98
9,43
7,93
8,05
20
21
9,83
8,25
8,38
9,90
8,33
8,46
21
22
10,29
8,64
8,79
10,37
8,72
8,87
22
23
10,76
9,03
9,19
10,84
9,12
9,28
23
24
11,23
9,42
9,60
11,31
9,51
9,69
24
25
11,70
9,82
10,01
11,79
9,91
10,10
25
26
12,16
10,21
10,42
12,26
10,30
10,51
26
27
12,63
10,60
10,83
12,73
10,70
10,92
27
28
13,10
11,00
11,24
13,20
11,10
11,34
28
29
13,57
11,39
11,65
13,67
11,49
11,75
29
30
14,04
11,79
12,06
14,14
11,89
12,17
30
i) Vgl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
810
Tabelle I
c„
,H ia O
Ciot"
üoO
Alkohol im
Alkohol im
E. Z.
Acetat
Alkohol
urspr. Öl !)
Acetat
Alkohol
urspr. Öl il
E. Z.
31
10,85
8,53
8,73
10,96
8,64
8,84
31
32
11,20
8,80
9,02
11,31
8,91
9,13
32
33
11,55
9,08
9,31
11,67
9,19
9,43
33
3+
11,90
9,35
9,59
12,02
9,47
9,72
34
35
12,25
9,63
9,88
12,37
9,75
10,01
35
36
12,60
9,90
10,17
12,73
10,03
10,31
36
37
12,95
10,18
10,47
13,08
10,31
10,60
37
38
13,30
10,45
10,76
13,44
10,59
10,90
38
39
13,65
10,73
11,05
13,79
10,86
11,19
39
40
14,00
11,00
11,34
14,14
11,14
11,49
40
41
14,35
11,28
11,63
14,50
11,42
11,78
41
42
14,70
11,55
11,93
14,85
11,70
12,08
42
43
15,05
11,83
12,22
15,20
11,98
12,38
43
44
15,40
12,10
12,51
15,56
12,26
12,68
44
45
15,75
12,38
12,81
15,91
12,54
12,97
45
46
16,10
12,65
13,10
16,26
12,81
13,27
46
47
16,45
12,93
13,40
16,62
13,09
13,57
47
48
16,80
13,20
13,69
16,97
13,37
13,87
48
49
17,15
13,48
13,99
17,32
13,65
14,17
49
50
17,50
13,75
14,29
17,68
13,93
14,47
50
51
17,85
14,03
14,58
18,03
14,21
14,77
51
52
18,20
14,30
14,88
18,39
14,49
15,07
52
53
18,55
14,58
15,18
18,74
14,76
15,38
53
54
18,90
14,85
15,48
19,09
15,04
15,68
54
55
19,25
15,13
15,77
19,45
15,32
15,98
55
56
19,60
15,40
16,07
19,80
15,60
16,28
56
57
19,95
15,68
16,38
20,15
15,88
16,59
57
58
20,30
15,95
16,68
20,51
16,16
16,89
58
59
20,65
16,23
16,98
20,86
16,44
17,20
59
60
21,00
16,50
17,28
21,21
16,71
17,50
60
61
21,35
16,78
17,58
21,57
16,99
17,81
61
62
21,70
17,05
17,88
21,92
17,27
18,11
62
63
22,05
17,33
18,18
22,27
17,55
18,42
63
64
22,40
17,60
18,49
22,63
17,83
18,73
64
65
22,75
17,88
18,79
22,98
18,11
19,04
65
66
23,10
18,15
19,10
23,34
18,39
19,34
66
67
23,45
18,43
19,40
23,69
18,66
19,65
67
68
23,80
18,70
19,70
24,04
18,94
19,96
68
69
24,15
18,98
20,01
24,40
19,22
20,27
69
70
24,50
19,25
20,32
24,75
19,50
20,58
70
') Vgl. auch das auf Seite 736 bis 728 Gesagte.
Tabelle I
811
Ci
,H«0
CisH
■o
E, Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl i)
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl»)
E. Z.
31
14,51
12,18
12,47
14,61
12,28
12,58
31
32
14,98
12,57
12,88
15,08
12,68
13,00
32
33
15,45
12,96
13,29
15,55
13,08
13,41
33
34
15,91
13,35
13,71
16,02
13,48
13,83
34
35
16,38
13,75
14,12
16,50
13,88
14,25
35
36
16,85
14,14
14,54
16,97
14,27
14,67
36
37
17,32
14,54
14,95
17,44
14,66
15,09
37
38
17,79
14,93
15,37
17,91
15,06
15,51
38
39
18,25
15,32
15,78
18,38
15,46
15,93
39
40
18,71
15,71
16,20
18,86
15,86
16,35
40
41
19,18
16,10
16,62
19,33
16,25
16,77
41
42
19,65
16,50
17,04
19,80
16,65
17,19
42
43
20,12
16,89
17,46
20,27
17,05
17,61
43
44
20,59
17,28
17,88
20,74
17,44
18,04
44
45
21,05
17,68
18,30
21,21
17,84
18,46
45
46
21,52
18,07
18,72
21,69
18,24
18,89
46
47
21,99
18,46
19,14
22,16
18,63
19,32
47
48
22,46
18,85
19,56
22,63
19,03
19,74
48
49
22,93
19,25
19,98
23,10
19,43
20,17
49
50
23,39
19,64
20,41
23,57
19,82
20,59
50
51
23,86
20,03
20,83
24,04
20,22
21,02
51
52
24,33
20,42
21,26
24,51
20,62
21,45
52
53
24,80
20,82
21,68
24,99
21,01
21,88
53
54
25,26
21,21
22,11
25,46
21,41
22,31
54
55
25,73
21,60
22,54
25,93
21,81
22,74
55
56
26,20
22,00
22,96
26,40
22,20
23,17
56
57
26,67
22,39
23,39
26,87
22,60
23,61
57
58
27,14
22,78
23,82
27,34
23,00
24,04
58
59
27,61
23,17
24,25
27,81
23,39
24,47
59
60
28,07
23,57
24,68
28,29
23,79
24,91
60
61
28,54
23,96
25,11
28,76
24,19
25,34
61
62
29,01
24,35
25,54
29,23
24,58
25,77
62
63
29,48
24,75
25,97
29,70
24,98
26,21
63
64
29,95
25,14
26,41
30,17
25,38
26,65
64
65
30,41
25,53
26,84
30,64
25,77
27,09
65
66
30,88
25,93
27,27
31,11
26,17
27,53
66
67
31,35
26,32
27,71
31,59
26,57
27,97
67
68
31,81
26,71
28,14
32,06
26,96
28,41
68
69
32,28
27,10
28,58
32,53
27,35
28,85
69
70
32,75
27,50
29,02
33,00
27,75
29,29
70
>) Vgl. auch das aut Seite 726 bis 728 Gesagte.
812
Tabelle I
Qu!
H ls O
CujH
noO
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. öl 1 )
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl»)
E. 2
71
24,85
19,53
20,62
25,10
19,78
20,89
71
72
25,20
19,80
20,93
25,46
20,06
21,20
72
73
25,55
20,08
21,24
25,81
20,34
21,51
73
74
25,90
20,35
21,55
26,16
20,61
21,83
74
75
26,25
20,63
21,85
26,52
20,89
22,14
75
76
26,60
20,90
22,16
26,87
21,17
22,45
76
77
26,95
21,18
22,47
27,22
21,45
22,77
77
78
27,30
21,45
22,78
27,58
21,73
23,08
78
79
27,65
21,73
23,09
27,93
22,01
23,39
79
80
28,00
22,00
23,40
28,29
2229
23,71
80
81
28,35
22,28
23,72
28,64
22,56
24,02
81
82
28,70
22,55
24,03
28,99
22,84
24,34
82
83
29,05
22,83
24,34
29,35
23,12
24,66
83
84
29,40
23,10
24,65
29,70
23,40
24,97
84
85
29,75
23,38
24,97
30,05
23,68
25,29
85
86
30,10
23,65
25,28
30,41
23,96
25,61
86
87
30,45
23,93
25,60
30,76
24,24
25,93
87
88
30,80
24,20
25,91
31,11
24,51
26,25
88
89
31,15
24,48
26,23
31,47
24,79
26,57
89
90
31,50
24,75
26,54
31,82
25,07
26,89
90
91
31,85
25,03
26,86
32,17
25,35
27,21
91
92
32,20
25,30
27,18
32,53
25,63
27,53
92
93
32,55
25,58
27,49
32,88
25,91
27,85
93
94
32,90
25,85
27,81
33,24
26,19
28,17
94
95
33,25
26,13
28,13
33,59
26,46
28,49
95
96
33,60
26,40
28,45
33,94
26,74
28.82
96
97
33,95
26,68
28,77
34,30
27,02
29,14
97
98
34,30
26,95
29,09
34,65
27,30
29,47
98
99
34,65
27,23
29,41
35,00
27,58
29,79
99
100
35,00
27,50
29,73
35,36
27,86
30,11
100
101
35,35
27,78
30,05
35,71
28,14
30,44
101
102
35,70
28,05
30,37
36,06
28,41
30,77
102
103
36,05
28,33
30,70
36,42
28,69
31,09
103
104
36,40
28,60
31,02
36,77
28,97
31,42
104
105
36,75
28,88
31,34
37,12
29,25
31,75
105
106
37,10
29,15
31,67
37,48
29,53
32,08
106
107
37,45
29,43
31,99
37,83
29,81
32,41
107
108
37,80
29,70
32,32
38,19
30,09
32,74
108
109
38,15
29,98
32,64
38,54
30,36
33,07
109
110
38,50
30,25
32,97
38,89
30,64
33,40
110
') Vgi. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
Tabelle I
813
t-is
H ä4
CisHasO
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl»)
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
E.Z.
71
33,22
27,89
29,46
33,47
28,15
29,73
71
72
33,69
28,28
29,90
33,94
28,54
30,17
72
73
34,15
28,67
30,34
34,41
28,94
30,61
73
74
34,62
29,07
30,78
34,89
29,34
31,06
74
75
35,09
29,46
31,22
35,36
29,73
31,50
75
76
35,56
29,85
31,66
35,83
30,13
31,95
76
77
36,03
30,25
32,10
36,30
30,53
32,40
77
78
36,49
30,64
32,54
36,77
30,92
32,84
78
79
36,96
31,03
32,98
37,24
31,31
33,29
79
80
37,43
31,43
33,43
37,71
31,71
33,74
80
81
37,90
31,82
33,87
38,19
32,11
34,19
81
82
38,37
32,21
34,32
38,66
32,50
34,64
82
83
38,84
32,60
34,77
39,13
32,90
35,09
83
84
39,30
33,00
35,22
39,60
33,30
35,54
84
85
39,77
33,39
35,66
40,07
33,69
35,99
85
86
40,24
33,78
36,11
40,54
34,09
36,44
86
87
40,70
34,18
36,56
41,01
34,49
36,90
87
88
41,17
34,57
37,01
41,49
34,88
37,35
88
89
41,64
34,96
37,46
41,96
35,28
37,80
89
90
42,11
35,36
37,92
42,43
35,68
38,26
90
91
42,57
35,75
38,37
42,90
36,08
38,71
91
92
43,04
36,14
38,82
43,37
36,47
39,17
92
93
43,51
36,53
39,27
43,84
36,87
39,63
93
94
43,98
36,92
39,73
44,31
37,26
40,09
94
95
44,45
37,32
40,18
44,79
37,66
40,55
95
96
44,92
37,71
40,64
45,26
38,05
41,01
96
97
45,39
38,10
41,10
45,73
38,45
41,47
97
98
45,85
38,50
41,55
46,20
38,85
41,93
9S
99
46,32
38,89
42,01
46,67
39,24
42,39
99
100
46,79
39,29
42,47
47,14
39,64
42,86
100
101
47,26
39,68
42,93
47,61
40,04
43,32
101
102
47,72
40,07
43,39
48,09
40,43
43,78
102
103
48,19
40,46
43,85
48,56
40,83
44,24
103
104
48,66
40,85
44,32
49,03
41,23
44,71
104
105
49,13
41,25
44,78
49,50
41,63
45,18
105
106
49,59
41,64
45,24
49,97
42,02
45,65
106
107
50,06
42,04
45,70
50,44
42,42
46,12
107
108
50,53
42,43
46,16
50,91
42,81
46,59
108
109
51,00
42,82
46,63
51,39
43,21
47,06
109
110
51,46
43,21
47,10
51,86
43,61
47,53
110
') Vgl. auch das auf Seite 726 his 728 Gesagte.
814
Tabelle I
Clo
H 18
Ciol"
soO
E.Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl»)
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl i)
E. Z.
111
38,85
30,53
33,30
39,25
30,92
33,73
111
112
39,20
30,80
33,62
39,60
31,20
34,06
112
113
39,55
31,08
33,95
39,95
31,48
34,39
113
IM
39,90
31,35
34,28
40,31
31,76
34,73
114
115
40,25
31,63
34,61
40,66
32,04
35,06
115
116
40,60
31,90
34,94
41,01
32,31
35,39
116
117
40,95
32,18
35,27
41,37
32,59
35,73
117
118
41,30
32,45
35,60
41,72
32,87
36,06
118
119
41,65
32,73
35,93
42,07
33,15
36,40
119
120
42,00
33,00
36,26
42,43
33,43
36,73
120
12t
42,35
33,28
36,60
42,78
33,71
37,07
121
122
42,70
33,55
36,93
43,14
33,99
37,41
122
123
43,05
33,83
37,26
43,49
34,26
37,75
123
124
43,40
34,10
37,60
43,84
34,54
38,08
124
125
43,75
34,38
37,93
44,20
34,82
38,42
125
126
44,10
34,65
38,27
44,55
35,10
38,76
126
127
44,45
34,93
38,60
44,90
35,38
39,10
127
128
44,80
35,20
38,94
45,26
35,66
39,44
128
129
45,15
35,48
39,27
45,61
35,94
39,78
129
130
45,50
35,75
39,61
45,96
36,21
40,13
130
131
45,85
36,03
39,95
46,32
36,49
40,47
131
132
46,20
36,30
40,29
46,67 •
36,77
40,81
132
133
46,55
36,58
40,63
47,02
37,05
41,16
133
134
46,90
36,85
40,97
47,38
37,33
41,50
134
135
47,25
37,13
41,31
47,73
37,61
41,84
135
136
47,60
37,40
41,65
48,09
37,89
42,19
136
137
47,95
37,68
41,99
48,44
38,16
42,53
137
138
48,30
37,95
42,33
48,79
38,44
42,88
138
139
48,65
38,23
42,67
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43,23
139
140
49,00
38,50
43,02
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43,58
140
141
49,35
38,78
43,36
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39,28
43,92
141
142
49,70
39,05
43,71
50,21
39,56
44,27
142
143
50,05
39,33
44,05
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39,84
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143
144
50,40
39,60
44,39
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40,11
44,97
144
145
50,75
39,88
44,74
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40,39
45,32
145
146
51,10
40,15
45,09
51,62
40,67
.45,67
146
147
51,45
40,43
45,44
51,97
40,95
46,02
147
148
51,80
40,70
45,78
52,33
41,23
46,38
148
149
52,15
40,98
46,13
52,68
41,51
46,73
149
150
52,50
41,25
46,48
53,04
41,79
47,08
150
") Vgl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
Tabelle I
815
c 1(
H m O
C 15 H
üsO
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkoholim
urspr. Öl 1 )
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. ÖIi)
E.Z.
111
51,93
43,60
47,57
52,33
44,00
48,00
111
112
52,40
44,00
48,04
52,80
44,40
48,47
112
113
52,87
44,39
48,50
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113
114
53,34
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114
115
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115
116
54,28
45,57
49,91
54,69
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50,36
116
117
54,74
45,96
50,39
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46,38
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117
118
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118
119
55,68
46,74
51,33
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47,18
51,80
119
120
56,14
47,14
51,81
56,57
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126
121
56,61
47,53
52,28
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47,97
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121
122
57,08
47,92
52,76
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48,36
53,24
122
123
57,55
48,32
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57,99
48,76
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123
124
58,01
48,71
53,71
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49,16
54,20
124
125
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49,10
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49,55
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125
126
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126
127
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127
128
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128
129
60,36
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56,11
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129
130
60,82
51,07
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130
131
61,29
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131
132
61,76
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57,55
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52,33
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132
133
62,23
52,25
58,03
- 62,70
52,73
58,57
133
134
62,70
52,64
58,52
63,17
53,12
59,06
134
135
63,16
53,03
59,00
63,64
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135
136
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136
137
64,10
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137
138
64,57
54,21
60,47
65,06
54,71
61,02
138
'139
65,04
54,60
60,96
65,53
55,11
61,51
139
140
65,50
55,00
61,45
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55,50
62,01
140
141
65,97
55,39
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55,90
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141
142
66,44
55,78
62,43
66,94
56,30
63,00
142
143
66,90
56,18
62,93
67,41
56,69
63,50
143
144
67,37
56,57
63,42
67,89
57,09
64,00
144
145
67,84
56,96
63,92
68,36
57,49
64,50
145
146
68,31
57,35
64,41
68,83
57,88
65,00
146
147
68,78
57,75
64,91
69,30
58,28
65,50
147
148
69,25
58,14
65,40
69,77
58,68
66,00
148
149
69,72'
58,53
65,90
70,24
59,07
66,50
149
150
70,18
58,93
66,40
70,71
59,46
67,00
150
i) Vgl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
816
Tabelle I
Cic
,H 18
C l0 H
soO
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl')
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl >)
E. z.
151
52,85
41,53
46,83
53,39
42,06
47,44
151
152
53,20
41,80
47,18
53,74
42,34
47,79
152
153
53,55
42,08
47,53
54,10
42,62
48,15
153
154
53,90
42,35
47,88
54,45
42,90
48,50
154
155
54,25
42,63
48,23
54,80
43,18
48,86
155
156
54,60
42,90
48,58
55,16
43,46
49,21
156
157
54,95
43,18
48,94
55,51
43,74
49,57
157
158
55,30
43,45
49,29
55,86
44,01
49,93
158
159
55,65
43,73
49,65
56,22
44,29
50,29
159
160
56,00
44,00
50,00
56,57
44,57
50,65
160
161
56,35
44,28
50,36
56,92
44,85
51,01
161
162
56,70
44,55
50,71
57,28
45,13
51,37
162
163
57,05
44,83
51,07
57,63
45,41
51,73
163
164
57,40
45,10
51,42
57,99
45,69
52,09
164
165
57,75
45,38
51,78
58,34
45,96
52,46
165
166
58,10
45,65
52,14
58,69
46,24
52,82
166
167
58,45
45,93
52,50
59,05
46,52
53,18
167
168
58,80
46,20
52,86
59,40
46,80
53,55
168
169
59,15
46,48
53,22
59,75
47,08
53,91
169
170
59,50
46,75
53,58
60,11
47,36
54,28
170
171
59,85
47,03
53,94
60,46
47,64
54,64
171
172
60,20
47,30
54,31
60,81
47,91
55,01
172
173
60,55
47,58
54,67
61,17
48,19
55,38
173
174
60,90
47,85
55,03
61,52
48,47
55,75
174
175
61,25
48,13
55,40
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48,75
56,12
175
176
61,60
48,40
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176
177
61,95
48,68
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177
178
62,30
48,95
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178
179
62,65
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179
180
63,00
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180
181
63,35
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58,34
181
182
63,70
50,05
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58,71
182
183
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50,33
58,33
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50,98
59,09
183
184
64,40
50,60
58,70
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51,26
59,46
184
185
64,75
50,88
59,07
65,41
51,54
59,84
185
186
65,10
51,15
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186
187
65,45
51,43
59,81
66,12
52,09
60,59
187
188
65,80
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188
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189
190
66,50
52,25
60,93
67,18
52,93
61,72
190
») Vgl. auch das auf Seite 726 bis 723 Gesagte.
Tabelle I
817
c„
H«0
CisH
üeO
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
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151
70,65
59,32
66,90
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59,86
67,51
151
152
71,12
59,71
67,40
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152
153
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153
154
72,05
60,50
68,40
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61,05
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154
155
72,52
60,89
68,90
73,07
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155
156
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156
157
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157
158
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158
159
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159
160
74,86
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160
161
75,33
63,25
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161
162
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162
163
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64,03
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73,62
163
164
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164
165
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170
171
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171
172
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172
173
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67,96
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173
174
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174
175
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175
176
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176
177
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177
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179
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179
180
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81,75
84,86
71,36
82,49
180
181
84,68
71,10
82,28
85,33
71,76
83,02
181
182
85,15
71,50
82,80
85,80
72,15
83,55
182
183
85,62
71,89
83,33
86,27
72,55
84,09
183
184
86,09
72,28
83,86
86,74
72,95
84,62
184
185
86,56
72,68
84,39
87,21
73,34
85,15
185
186
87,03
73,07
84,92
87,68
73,74
85,69
186
187
87,49
73,46
85.45
88,16
74,14
86,22
187
188
87,96
73,86
85,98
88,63
74,53
86,76
188
189
88,43
74,25
86,51
89,10
74,93
87,30
189
190
88,89
74,64
87,05
89,57
75,32
87,84
190
i) Vgl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
52
816
Tabelle I
Cic
,H 18
C l0 H
soO
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl')
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl >)
E. z.
151
52,85
41,53
46,83
53,39
42,06
47,44
151
152
53,20
41,80
47,18
53,74
42,34
47,79
152
153
53,55
42,08
47,53
54,10
42,62
48,15
153
154
53,90
42,35
47,88
54,45
42,90
48,50
154
155
54,25
42,63
48,23
54,80
43,18
48,86
155
156
54,60
42,90
48,58
55,16
43,46
49,21
156
157
54,95
43,18
48,94
55,51
43,74
49,57
157
158
55,30
43,45
49,29
55,86
44,01
49,93
158
159
55,65
43,73
49,65
56,22
44,29
50,29
159
160
56,00
44,00
50,00
56,57
44,57
50,65
160
161
56,35
44,28
50,36
56,92
44,85
51,01
161
162
56,70
44,55
50,71
57,28
45,13
51,37
162
163
57,05
44,83
51,07
57,63
45,41
51,73
163
164
57,40
45,10
51,42
57,99
45,69
52,09
164
165
57,75
45,38
51,78
58,34
45,96
52,46
165
166
58,10
45,65
52,14
58,69
46,24
52,82
166
167
58,45
45,93
52,50
59,05
46,52
53,18
167
168
58,80
46,20
52,86
59,40
46,80
53,55
168
169
59,15
46,48
53,22
59,75
47,08
53,91
169
170
59,50
46,75
53,58
60,11
47,36
54,28
170
171
59,85
47,03
53,94
60,46
47,64
54,64
171
172
60,20
47,30
54,31
60,81
47,91
55,01
172
173
60,55
47,58
54,67
61,17
48,19
55,38
173
174
60,90
47,85
55,03
61,52
48,47
55,75
174
175
61,25
48,13
55,40
61,87
48,75
56,12
175
176
61,60
48,40
55,76
62,23
49,03
56,48
176
177
61,95
48,68
56,13
62,58
49,31
56,85
177
178
62,30
48,95
56,49
62,94
49,59
57,23
178
179
62,65
49,23
56,86
63,29
49,86
57,60
179
180
63,00
49,50
57,22
63,64
50,14
57,97
180
181
63,35
49,78
57,59
64,00
50,42
58,34
181
182
63,70
50,05
57,96
64,35
50,70
58,71
182
183
64,05
50,33
58,33
64,70
50,98
59,09
183
184
64,40
50,60
58,70
65,06
51,26
59,46
184
185
64,75
50,88
59,07
65,41
51,54
59,84
185
186
65,10
51,15
59,44
65,76
51,81
60,21
186
187
65,45
51,43
59,81
66,12
52,09
60,59
187
188
65,80
51,70
60,19
66,47
52,37
60,97
188
189
66,15
51,98
60,56
66,82
52,65
61,35
189
190
66,50
52,25
60,93
67,18
52,93
61,72
190
») Vgl. auch das auf Seite 726 bis 723 Gesagte.
Tabelle I
819
C«
H si O
CjjsHsbO
E. Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl i)
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. ÖU)
E. z.
19t
89,36
75,03
87,58
90,04
75,72
88,38
191
192
89,83
75,42
88,12
90,51
76,12
88,92
192
193
90,30
75,82
88,65
90,98
76,51
89,46
193
194
90,77
76,21
89,19
91,46
76,91
90,00
194
195
91,24
76,60
89,73
91,93
77,31
90,54
195
196
91,70
77,00
90,27
92,40
77,70
91,09
196
197
92,17
77,39
90,81
92,87
78,10
91,64
197
198
92,64
77,78
91,35
93,34
78,50
92,18
198
199
93,11
78,17
91,89
93,81
78,89
92,73
199
200
93,57
78,57
92,44
94,28
79,29
93,28
200
201
94,04
78,96
92,98
94,76
79,68
93,83
201
202
94,51
79,35
93,53
95,23
80,08
94,38
202
203
94,98
79,75
94,07
95,70
80,48
94,93
203
204
95,44
80,14
94,62
96,17
80,87
95,48
204
205
95,91
80,53
95,17
96,64
81,26
96,03
205
206
96,38
80,92
95,72
97,11
81,66
96,59
206
207
96,85
81,32
96,27
97,58
82,06
97,14
207
208
97,32
81,71
96,82
98,05
82,45
97,70
208
209
97,79
82,10
97,37
98,52
82,85
98,25
209
210
98,25
82,50
97,92
99,00
83,25
98,81
210
211
98,72
82,89
98,48
99,47
83,64
99,37
211
212
99,19
83,28
99,03
99,94
84,04
99,93
212
213
99,66
83,67
99,59
100,41
84,44
100,49
213
214
100,12
84,07
100,14
214
i) Vgl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
52*
820
Tabelle I
CioHigO
CioHao^}
E.Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl*)
E. Z.
231
80,85
63,53
76,84
81,67
64,35
77,83
231
232
81,20
63,80
77,24
82,03
64,63
78,24
232
233
81,55
64,08
77,64
82,38
64,91
78,65
233
234
81,90
64,35
78,05
82,74
65,19
79,06
234
235
82,25
64,63
78,45
83,09
65,46
79,47
235
236
82,60
64,90
78,86
83,44
65,74
79,88
236
237
82,95
65,18
79,27
83,80
66,02
80,29
237
238
83,30
65,45
79,67
84,15
66,30
80,71
238
239
83,65
65,73
80,08
84,50
66,58
81,12
239
240
84,00
66,00
80,49
I 84,86
66,86
81,53
240
241
84,35
66,28
80,90
85,21
67,14
81,95
241
242
84,70
66,55
81,31
85,56
67,41
82,36
242
243
85,05
66,83
81,72
85,92
67,69
82,78
243
244
85,40
67,10
82,13
86,27
67,97
83,20
244
245
85,75
67,38
82,54
86,62
68,25
83,61
245
246
86,10
67,65
82,96
86,98
68,53
84,03
246
247
86,45
67,93
83,37
87,33
68,81
84,45
247
248
86,80
68,20
83,78
87,69
69,09
84,87
248
249
87,15
68,48
84,20
88,04
69,36
85,29
249
250
87,50
68,75
84,62
88,39
69,64
85,71
250
251
87,85
69,03
85,03
88,75
69,92
86,14
251
252
88,20
69,30
85,45
89,10
70,20
86,56
252
253
88,55
69,58
85,87
89,45
70,48
86,98
253
254
88,90
69,85
86,29
89,81
70,76
87,4«
254
255
89,25
70,13
86,71
90,16
71,04
87,83
255
256
89,60
70,40
87,13
90,51
71,31
88,26
256
257
89,95
70,68
87,55
90,87
71,59
88,69
257
258
90,30
70,95
87,97
91,22
71,87
89,11
258
259
90,65
71,23
88,40
91,57
72,15
89,54
259
260
91,00
71,50
88,82
91,93
72,43
89,97
260
261
91,35
71,78
89,25
92,28
72,71
90,40
261
262
91,70
72,05
89,67
92,64
72,99
90,83
262
263
92,05
72,33
90,10
92,99
73,26
91,27
263
264
92,40
72,60
90,52
93,34
73,54
91,70
264
265
92,75
72,88
90,95
93,70
73,82
92,13
265
266
93,10
73,15
91,38
94,05
74,10
92,57
266
267
93,45
73,43
91,81
94,40
74,38
93,00
267
268
93,80
73,70
92,24
94,76
74,66
93,44
268
269
94,15
73,98
92,67
95,11
74,94
93,87
269
270
94,50
74,25
93,10
95,46
75,21
94,31
270
•) V
jt. auch das
auf Seite 726
bis 728 Gesi
täte.
Tabelle 1
821
Ci H 18
CioH
soO
E.Z.
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl»)
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
E.Z.
271
94,85
74,53
93,54
95,82
75,49
94,75
271
272
95,20
74,80
93,97
96,17
75,77
95,19
272
273
95,55
75,08
94,40
96,52
76,05
95,63
273
274
95,90
75,35
94,84
96,88
76,33
96,07
274
275
96,25
75,63
95,28
97,23
76,61
96,51
275
276
96,60
75,90
95,71
97,59
76,89
96,96
' 276
277
96,95
76,18
96,15
• 97,94
77,16
97,40
277
278
97,30
76,45
96,59
98,29
77,44
97,84
278
279
97,65
76,73
97,03
98,65
77,72
98,29
279
280
98,00
77,00
97,47
99,00
78,00
98,73
280
281
98,35
77,28
97,91
99,35
78,28
99,18
281
282
98,70
77,55
98,35
99,71
78,56
99,63
282
283
99,05
77,83
98,80
100,06
78,84
100,08
283
284
99,40
78,10
99,24
—
—
—
—
285
99,75
78,38
99,68
—
—
—
—
286
100,10
78,65
100,13
—
—
—
—
Geranylti
glinat: C 4 H 7 COOC 10 H 17 .
E. Z.
Ester
E.Z.
Ester
E.Z
Ester
E. Z.
Ester
E Z.
Ester
1
0,42
21
8,85
41
17,28
61
25,71
81
34,13
2
0,84
22
9,27
42
17,70
62
26,13
82
34,55
3
1,26
23
9,69
43
18,12
63
26,55
83
34,98
4
1,69
24
10,11
44
18,54
64
26,97
84
35,40
5
2,11
25
10,54
45
18,96
65
27,39
85
35,82
6
2,53
26
10,96
46
19,38
66
27,81
86
36,24
7
2,95
27
11,38
47
19,80
67
28,23
87
36,66
8
3,37
28
11,80
48
20,23
68
28,65
88
37,09
9
3,79
29
12,22
49
20,65
69
29,08
89
37,51
10
4,21
30
12,64
50
21,07
70
29,50
90
37,93
11
4,63
31
13,06
51
21,49
71
29,92
91
38,35
12
5,05
32
13,49
52
21,91
72
30,34
92
38,77
13
5,47
33
13,91
53
22,33
73
30,76
93
39,19
14
5,90
34
14,33
54
22,75
74
31,18
94
39,62
15
6,32
35
14,75
55
23,18
75
31,61
95
40,04
16
6,74
36
15,17
56
23,60
76
32,03
96
40,46
17
7,16
37
15,59
57
24,02
77
32,45
97
40,88
18
7,58
38
16,01
58
24,44
78
32,87
98
41,30
19
8,01
39
16,44
59
24,87
79
33,29
99
41,72
20
8,43
40
16,86
60
25,29
80
33,71
100
42,14
n Vsl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
822
Tab
zur Ermittlung der Esterzahl (Säurezahl, Verseifungszahl) sowie
verbrauchten ccm —Kalilauge
ccm
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
CwHisO
C10H20O
r Kalilauge
Tiglinat
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urepr. ÖIi)
Acetat
Alkohol
Alkohol in
urspr. Öl']
0,1
1,87
0,79
0,65
0,51
0,51
0,66
0,52
0,52
0,2
3,73
1,57
1,30
1,02
1,02
1,32
1,04
1,04
o,s
5,60
2,36
1,96
1,54
1,54
1,98
1,56
1,57
0,4
7,47
3,15
2,61
2,05
2,06
2,64
2,08
2,09
0,5
9,33
3,93
3,26
2,56
2,58
3,30
2,60
2,61
0,6
11,20
4,72
3,92
3,08
3,10
3,96
3,12
3,14
0,7
13,07
5,50
4,57
3,59
3,63
4,62
3,64
3,68
0,8
14,93
6,29
5,22
4,10
4,15
5,28
4,16
4,21
0,9
16,80
7,08
5,88
4,62
4,68
5,94
4,68
4,74
1,0
1S,67
7,86
6,53
5,13
5,21
6,60
5,20
5,27
1,1
20,53
8,65
7,18
5,64
5,73
7,26
5,72
5,81
1,2
22,40
9,44
7,84
6,16
6,25
7,92
6,24
6,35
1,3
24,27
10,23
8,49
6,67
6,79
8,58
6,76
6,89
1,4
26,13
11,01
9,14
7,18
7,32
9,24
7,28
7,43
1,5
26,00
11,80
9,80
7,70
7,86
9,90
7,80
7,97
1,«
29.S7
12,59
10,45
8,21
8,40
10,56
8,32
8,51
IJ
31,73
13,37
11,10
8,72
8,94
11,22
8,84
9,05
1,8
33,60
14,16
11,76
9,24
9,48
11,88
9,36
9,60
1,9
35,47
14.95
12,41
9,75
10,02
12,54
9,88
10,15
2,0
37,33
15,73
13,06
10,26
10,56
13,20
10,40
10,70
3,1
39,20
16,52
13,72
10,78
11,11
13,86
10,92
11,25
2,2
41,07
17,31
14,37
11,29
11,65
14,52
11,44
11,80
2,3
42,93
18,09
15,02
11,80
12,20
15,18
11,96
12,36
2,4
44,30
18,88
15,68
12,32
12,75
15,84
12,48
12,91
2,5
46,67
19,67
16,33
12,83
13,30
1650
13,00
13,47
2,6
48,53
20,45
16,98
13,34
13,85
17,16
13,52
14,03
2,7
50,40
21,24
17,64
13,86
14,41
17,82
14,04
14,59
2,8
52,27
22,03
18,29
14,37
14,96
18,48
14,56
15,15
2,9
54,13
22,81
18,94
14,88
15,51
19,14
15,08
15,72
3,0
56,00
23,60
19,60
15,40
16,07
19,80
15,60
16,28
823
eile II
des Prozentgehaltes an Alkohol und Ester unmittelbar aus den
bei Anwendung von 1,50 g Öl.
CuHatO
CijH s «0
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
ccm
Antat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl')
2 Kalilauge
0,87
1,74
2,62
3,49
4,36
0,73
1,46
2,20
2,93
3,66
0,73
1,47
2,21
2,95
3,69
0,88
1,76
2,64
3,52
4,40
0,74
1,48
2,22
2,96
3,70
0,74
1,48
2,22
2,97
3,72
1,87
3,73
5,60
7,47
9,33
0,1
0,2
0,8
0,4
0,5
5,24
6,11
6,98
7,86
8,73
4,40
5,13
5,86
6,60
7,33
4,44
5,19
5,94
6,69
7,44
5,28
6,16
7,04
7,92
8,80
4,44
5,18
5,92
6,66
7,40
4,48
5,23
5,98
6,74
7,50
11,20
13,07
14,93
16 SO
'S 67
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
9,60
10,48
11,35
12,22
13,10
8,06
8,80
9,53
10,26
11,00
8,19
8,95
9,71
10,47
11,24
9,68
10,56
11,44
12,32
13,20
8,14
8,88
9,62
10,36
11,10
8,26
9,03
9,80
10,57
11,34
20 ^3
22,40
2<~ ;.,
1,1
1,2
1,3
1,4
1,5
13,97
14,84
15,72
16,59
17,46
11,73
12,46
13,20
13,93
14,66
12,00
12,77
13,54
14,32
15,09
14,08
14,96
15,84
16,72
17,60
11,84
12,58
13,32
14,06
14,80
12,11
12,88
13,66
14,45
15,23
3:, 7 3
33,i0
35,47
3t ,35
1,0
1,8
1,9
2,0
18,34
19,21
20,08
20,96
21,83
15,40
16,13
16,86
17,60
18,33
15,87
16,65
•17,43
18,21
19,00
18,48
19,36
20,24
21,12
22,00
15,54
16,28
17,02
17,76
18,50
16,01
16,80
17,58
18,37
19,17
39,20
41,07
42,93
44.S0
46,67
2,1
22
2,3
2,4
2,5
22,70
23,58
24,45
25,32
26,20
19,06
19,80
20,53
21,26
22,00
19,79
20,58
21,37
22,16
22,96
22,88
23,76
24,64
25,52
26,40
19,24
19,98
20,72
21,46
22,20
19,97
20,76
21,56
22,33
23,17
4S.53
50,40
52,27
54,13
56,00
2,7
2,8
2,9
a,o
i\ ir„i «««Vi A-3
irf Swt* 7?h hii 728 Gesaffte.
824
Tabelle 11
ccm
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
CioHigO
CioHfioO
= Kalilauge
Tighnat
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl >)
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl»)
8,1
57,87
24,39
20,25
15,91
16,63
20,46
16,12
16,85
3,2
59,73
25,17
20,90
16,42
17,20
21,12
16,64
17,42
3,3
61,60
25,96
21,56
16,94
17,76
21,78
17,16
17,99
3,4
63,47
26,75
22,21
17,45
18,33
22,44
17,68
18,56
3,5
63,33
27,53
22,86
17,96
18,90
23,10
18,20
19,14
3,6
67,20
28,32
23,52
18,48
19,46
23,76
18,72
19,71
v
69,07
29,11
24,17
18,99
20,03
24,42
19,24
20,29
3,8
70,93
29,89
24,82
19,50
20,60
25,08
19,76
20,87
3,9
72,80
30,68
25,48
20,02
21,18
25,74
20,28
21,45
4,0
74,67
31,47
26,13
20,53
21,75
26,40
20,80
22,04
±,1
76,53
32,25
26,78
21,04
22,32
27,06
21,32
22,72
4,2
78,40
33,04
27,44
21,56
22,90
27,72
21,84
23,20
4.»
80&
33,83
28,09
22,07
23,48
28,38
22,36
23,79
4,4
82,13
34,61
28,74
22,58
24,06
29,04
22,88
24,38
4,5
S4,00
35,40
29,40
23,10
24,65
29,70
23,40
24,98
4,6
S5.S7
36,19
30,05
23,61
25,24
30,36
23,92
25,57
4.7
S7,73
36,97
30,70
24,12
25,82
31,02
24,44
26,16
4,8
S9,60
37,76
31,36
24,64
26,41
31,68
24,96
26,76
4,9
91,47
38,55
32,01
25,15
27,01
32,34
25,48
27,36
5,0
93,33
39,33
32,66
25,66
27,60
33,00
26,00
27,96
M
95,20
40,12
33,32
26,18
28,19
33,66
26,52
28,56
5,2
97 07
40,91
33,97
26,69
28,79
34,32
27,04
29,16
5,3
98,93
41,69
34,62
27,20
29,39
34,98
27,56
29,77
5,4
!00,80
42,48
35,28
27,72
29,99
35,64
28,08
30,37
5,5
102,67
43,27
35,93
28,23
30,59
36,30
28,60
30,98
5,6
104,53
44,05
36,58
28,74
31,19
36,96
29,12
31,59
K>
106,40
44,84
37,24
29,26
31,80
37,62
29,64
32,21
5,8
WS, 27
45,63
37,89
29,77
32,40
38,28
30,16
32,83
5,9
110,13
46,41
38,54
30,28
33,01
38,94
30,68
33,44
6,0
112,00
47,20
39,20
30,80
33,62
39,60
31,20
34,06
6,1
113,67
47,99
39,85
31,31
34,24
40,26
31,72
34,68
6,2
115,73
48,77
40,50
31,82
34,85
40,92
32,24
35,30
6,3
117,60
49,56
41,16
32,34
35,47
41,58
32,76
35,92
6,4
119,47
50,35
41,81
32,85
36,09
42,24
33,28
36,55
6,5
121,33
51,13
42,46
33,36
36,71
42,90
33,80
37,18
6,6
123,20
51,92
43,12
33,88
37,33
43,56
34,32
37,81
6,7
125,07
52,71
43,77
34,39
37,96
44,22
34,84
38,44
6,8
126,93
53,49
44,42
34,90
38,58
44,88
35,36
39,07
6,9
128,80
54,28
45,08
35,42
39,20
45,54
35,88
39,71
7,0
130,67
55,07
45,73
35,93
39,83
46,20
36,40
40,35
Tabelle 11
825
CisHmO
Ci&HteO
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
ccm
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl')
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
2 Kalilaug
27,07
22,73
23,76
27,28
22,94
23,98
57,87
3,1
27,94
23,46
24,56
28,16
23,68
24,79
59,73
3,2
28,82
24,20
25,37
29,04
24,42
25,60
61,60
3,3
29,69
24,93
26,17
29,92
25,16
26,41
63,47
M
30,56
25,66
26,98
30,80
25,90
27,23
65,33
3,5
31,44
26,40
27,79
31,68
26,64
28,05
67,20
8,6
32,31
27,13
28,61
32,56
27,38
28,88
69,07
8,7
33,18
27,86
29,43
33,44
28,12
29,70
70,93
3,8
34,06
28,60
30,25
34,32
28,86
30,52
72,80
8,9
34,93
29,33
31,07
35,20
29,60
31,35
74,67
4,0
35,80
30,06
31,89
36,08
30,34
32,18
76,53
4,1
36,68
30,80 .
32,72
36,96
31,08
33,02
7S,40
4,2
37,55
31,53
33,55
37,84
31,82
33,86
80,27
4,3
38,42
32,26
34,38
38,72
32,56
34,70
S2J3
•M
39,30
33,00
35,22
39,60
33,30
35,54
34,00
4,5
40,17
33,73
36,05
40,48
34,04
36,38
$5,3:
1,6
41,04
34,46
36,89
41,36
34,78
37,23
$T,~5
V
41,92
35,20
37,73
42,24
35,52
38,07
S9 SO
4,8
42,79
35,93
38,58
43,12
36,26
38,92
51.47
4,9
43,66
36,66
39,42
44,00
37,00
39,78
93 33
5,0
44,54
37,40
40,27
44,88
37,74
40,64
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5,1
45,41
38,13
41,13
45,76
38,48
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46,28
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42,84
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50,65
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42,92
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51,92
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47,59
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5,9
52,40
44,00
48,04
52,80
44,40
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45,14
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6,1
54,14
45,46
49,79
54,56
45,88
50,24
115,73
6,2
55,02
46,20
50,67
55,44
46,62
51,13
117,60
6,3
55,89
46,93
51,55
56,32
47,36
52,02
119,47
6,4
56,76
47,66
52,44
57,20
48,10
52,92
121,33
6,5
57,64
48,40
53,32
58,08
48,84
53,82
123,20
6,6
58,51
49,13
54,21
58,96
49,58
54,72
125,07
6,7
59,38
49,86
55,11
59,84
50,32
55,62
126,93
6,8
60,26
50,60
56,01
60,72
51,06
56,52
128,80
6,9
61,13
51,33
56,91
61,60
51,80
57,43
130,67
7,0
— J C». 79A We 79S C,P>**ote.
826
Tabelle- II
ccm
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
CioHuO
CioHsoO
t Kalilauge
Tiglmat
Acetat
Alkohol
Alkoholim
urspr. Öl 1 )
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl')
7,1
t32,53
55,85
46,38
36,44
40,47
46,86
36,92
40,99
7,2
134,40
56,64
47,04
36,96
41,10
47,52
37,44
41,63
7,»
136,27
57,43
47,69
37,47
41,73
48,18
37,96
42,28
7,4
138,13
58,21
48,34
37,98
42,37
48,84
38,48
42,93
7,5
140,00
59,00
49,00
38,50
43,02
49,50
39,00
43,58
7,6
141,87
59,79
49,65
39,01
43,66
50,16
39,52
44,22
7,7
143,73
60,57
50,30
39,52
44,30
50,82
40,04
44,87
7,8
145,60
61,36
50,96
40,04
44,95
51,48
40,56
45,53
7,9
147,47
62,15
51,61
40,55
45,60
52,14
41,08
46,19
8,0
149,33
62,93
52,26
41,06
46,25
52,80
41,60
46,85
8,1
151,20
63,72
52,92
41,58
46,90
53,46
42,12
47,51
8,2
153,07
64,51
53,57
42,09
47,55
54,12
42,64
48,17
8,3
154,93
65,29
54,22
42,60
48,20
54,78
43,16
48,83
8,4
156,80
66,08
54,88
43,12
48,86
55,44
43,68
49,50
8,5
!5S,67
66,87
55,53
43,63
49,53
56,10
44,20
50,17
8,6
160,53
67,65
56,18
44,14
50,19
56,76
44,72
50,84
8,7
162,40
68,44
56,84
44,66
50,85
57,42
45,24
51,51
8,8
164,27
69,23
57,49
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51,51
58,08
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166,13
70,01
58,14
45,68
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58,74
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52,87
9,0
16S,00
70,80
58,80
46,20
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46,80
53,55
9,1
169.S7
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171,73
72,37
60,10
47,22
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173,60
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175,47
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48,88
56,29
9,5
177,33
74,73
62,06
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9,6
179,20
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49,28
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49,92
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9,7
181,07
76,31
63,37
49,79
57,61
64,02
50,44
58,36
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182,93
77,09
64,02
50,30
58,30
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59,06
9,9
1S4.SO
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64,68
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10,0
186,67
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66,00
52,00
60,46
10,1
188,53
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51,84
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66,66
52,52
61,17
10,2
190,40
80,24
66,64
52,36
61,08
67,32
53,04
61,87
10,3
192,27
81,03
67,29
52,87
61,78
67,98
53,56
62,58
■ 10,4
194,13
81,81
67,94
53,38
62,48
68,64
54,08
63,29
10,5
196,00
82,60
68,60
53,90
63,19
69,30
54,60
64,01
10,6
197,87
83,39
69,25
54,41
63,90
69,96
55,12
64,73
10,7
199,73
84,17
69,90
54,92
64,61
70,62
55,64
65,44
10,8
201,60
84,96
70,56
55,44
65,32
71,28
56,16
66,16
10,9
203,47
85,75
71,21
55,95
66,03
71,94
56,68
66,89
11,0
205,33
86,53
71,86
56,46
66,75
72,60
57,20
67,61
Tabelle 11
827
CibHmO
CisHsaO
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
ccm
Acetat
Alkohol
Alkohol, im
urspr. Öl 1 )
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urepr. ÖU)
2 Kalilaugi
62,00
52,06
57,81
62,48
52,54
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',1
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52,80
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10,5
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78,44
92,11
197,87
10,6
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78,46
92,29
94,16
79,18
93,13
199,73
10,7
94,32
79,20
93,31
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79,92
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201,60
10,8
95,19
79,93
94,33
95,92
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95,19
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10,9
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80,66
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96,80
81,40
96,22
205,33
11,0
828
Tabelle II
ccm
EZ.
(S.Z.;V.Z.)
CioHisO
C10H20O
r Kalilauge
Tiglinat
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl 1 )
Aceiat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl')
11,1
207,20
87,32
72,52
56,98
67,46
73,26
57,72
68,34
11,2
209,07
88,11
73,17
57,49
68,18
73,92
58,24
69,07
11,3
210,93
88,89
73,82
58,00
68,90
74,58
58,76
69,80
11,4
212,80
89,68
74,48
58,52
69,63
75,24
59,28
70,54
11,5
214,67
90,47
75,13
59,03
70,36
75,90
59,80
71,28
11,6
216,53
91,25
75,78
59,54
71,09
76,56
60,32
72,02
11,7
218,40
92,04
76,44
60,06
71,82
77,22
60,84
72,76
11,8
220,27
92,83
77,09
60,57
72,56
77,88
61,36
73,51
11,9
222,13
93,61
77,74
61,08
73,30
78,54
61,88
74,25
12,0
224,00
94,40
78,40
61,60
74,04
79,20
62,40
75,00
12,1
22ö,S7
95,19
79,05
62,11
74,79
79,86
62,92
75,75
12 2
227,73
95,97
79,70
62,62
75,53
80,52
63,44
76,51
12,3
229,60
96,76
80,36
63,14
76,27
81,18
63,96
77,26
12,4
231,47
97,55
81,01
63,65
77,02
81,84
64,48
78,02
12,5
233,33
98,33
81,66
64,16
77,77
82,50
65,00
78,79
12,6
235,20
99,12
82,32
64,68
78,53
83,16
65,52
79,55
12,7
237,07
99,91
82,97
65,19
79,29
83,82
66,04
80,32
12,8
23S,93
—
83,62
65,70
80,05
84,48
66,56
81,09
12,9
240,80
—
84,28
66,22
80,81
85,14
67,08
81,86
18,0
242,67
—
84,93
66,73
81,57
85,80
67,60
82,64
13,1
244 53
—
85,58
67,24
82,34
86,46
68,12
83,42
13,2
246,40
—
86,24 "
67,76
83,12
87,12
68,64
84,20
13,3
248,27
—
86,89
68,27
83,89
87,78
69,16
84,98
18,4
250 J 3
—
87,54
68,78
84,67
88,44
69,68
85,77
18,5
252,00
—
88,20
69,30
85,45
89,10
70,20
86,56
13,6
253,37
—
88,85
69,81
86,23
89,76
70,72
87,35
13,7
255,73
—
89,50
70,32
87,01
90,42
71,24
88,14
13,8
257,60
—
90,16
70,84
87,80
91,08
71,76
88,94
13,9
259,47
—
90,81
71,35
88,60
91,74
72,28
89,74
14,0
261,33
—
91,46
71,86
89,39
92,40
72,80
90,54
14,1
263,20
—
92,12
72,38
90,18
93,06
73,32
91,35
14,2
JS5.07
—
92,77
72,89
90,98
93,72
73,84
92,16
14,3
266,93
—
93,42
73,40
91,78
94,38
74,36
92,97
14,4
26S.S0
—
94,08
73,92
92,58
95,04
74,88
93,78
14,5
270,67
—
94,73
74,43
93,39
95,70
75,40
94,60
14,6
272,53
-
95,38
74,94
94,20
96,36
75,92
95,42
14,7
274,40
—
96,04
75,46
95,01
97,02
76,44
96,25
14,8
276,27
—
96,69
75,97
95,83
97,68
76,96
97,08
14,9
278,13
—
97,34
76,48
96,65
98,34
77,48
97,90
15,0
280,00
—
98,00
77,00
97,47
99,00
78,00
98,73
Tabelle II
829
CisHi^O
CisHaaO
E.Z.
<S.Z.;V.Z.)
ccm
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urepr. Öl')
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl')
2 Kalilauge
96,94
81,40
96,38
97,68
82,14
97,25
207,20
11,1
97,81
82,13
97,41
98,56
82,88
98,29
209,07
11,2
98,68
82,86
98,44
99,44
83,62
99,33
210,93
11,3
99,56
83,60
99,48
100,32
84,36
100,38
212,80
11,4
100,43
84,33
100,51
—
—
—
214,67
11,5
_
—
—
—
—
—
216,53
11,6
—
—
—
—
—
—
218,40
11,7
—
—
—
—
—
—
220,27
11,8
—
—
—
—
—
—
222,13
11,9
—
—
—
—
—
—
224,00
12,0
_
_
—
—
—
—
225,87
12,1
—
—
—
—
—
—
227,73
122
—
—
— '
—
—
—
229,60
12,3
—
—
—
—
—
—
231,47
12,4
—
—
—
—
—
—
2j3,33
12,5
—
—
—
—
—
—
23 -.,20
12,6
—
-
—
—
—
—
237 07
12,7
—
—
—
—
—
—
26S,v3
12,8
—
—
—
—
—
—
240,50
12,9
—
—
—
—
—
—
2-i 2 67
13,0
—
—
—
—
—
—
£. ~i ■■ ,~'j
18,1
_
_
—
—
—
—
2-: -ij
13,2
—
. —
—
—
2~z 2i
13,3
_
_
—
—
—
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13,4
-
—
—
-
-
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13,5
—
—
's ^ ' c ~
1S,6
_
_
—
—
s=- r j
13,7
—
' "* fn
18,8
.
—
—
—
25i -'."
13,9
—
—
—
—
—
—
26 1,33
14,0
_
—
—
263,20
14,1
—
—
—
265,07
14,2
__.
—
—
—
—
266,93
14,3
_
—
—
—
26S.SO
14,4
—
—
—
—
—
—
270,67
14,5
_
_
—
—
—
272,53
14,6
—
—
_
274,40
14,7
—
—
—
276,27
14,8
—
273, f 3
14,9
—
_^^0B££^
ywm**i-—
—
—
f Seite 726 bis
w£ E
280,00
1 15,0
il Vrf
. auch das au
V_-**" '
* ,fc v^
830
Tahelle II
ccm
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
QloHuO
CiorHoO
^Kalilauge
Tiglinat
Aeetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl»)
Aeetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl <)
15,1
15,2
^5,3
281,81
283,73
285,60
—
98,65
99,30
99,96
77,51
78,02
78,54
98,29
99,12
99,95
99,66
100,32
•
78,52
79,04
99,57
100,40
I Vgl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
->e<-
Tabelle II
831
- CuHsiO
CusHjäO
E.Z.
(S.Z.;V.Z.)
ccm
Acetat
Alkohol
Alkohol im
urspr. Öl i)
Acetat
Alkohol
AlkohoIJm
urspr. Öl 1 )
■z Kalilauge
—
—
__
281,87
283,73
285,60
15,1
15,3
i) Vgl. auch das auf Seite 726 bis 728 Gesagte.
Register.
Abe 477
Abn Dschafar Achmed 27
Ahsoluv tfe v/Kixttis 288
Ahaoiptiim <•'< ftoid 280
Abulcasis 27, 28, 225, 220
Abul J'azl fc8
Acetaldehyd ftött
Acotanilid als Verfälschungsmittel 471
Actiteugenol (SM)
Aceton 426, 43,'), 44t), 'Ah, 550, 562
Acctophenon 554
p-Acctyl.tniso! 554
Acetylformaldehyd 508
Acetylicrunj» 724
Acetyljonon 590
Acetylmcnthonoxim 4.»
Acetylpseudojonon 590
Ach cm 152
Acttiarius 151
Adam 540
Actius von Amida 24, 116, 136
Africanus 213
Agnew 348
u. Croad .'353
Agrumenöle, Geschichte 160
Ahlström u. Aschan 350
Ailaathus mnlabärica 134
Alnslie 175
Ajowanäl, Geschichte 188
Akbar 68
Aktiengesellschaft für Anilin-
Fabrikation 535
Alambics voyageants 245
Glldemel*ter, DI» ätherischen Öle, I.
Alantolacton 657
Alantöl, Geschichte 216
Alarich 124
Albertus Magnus 33
Aldehyd CioHuO aus Gingergrasöl 544
- CioHkjO aus Lemongrasöl 544
Aldehyde 504
- alicyclische 541
- aliphatische 504
- aromatische 524
- Bestimmung 737, 739
als Oxime 748
Phenylhydrazone 744
durch die Bisulfitmethode 739
- - Sulfitmethode 741
cyclische 524
heteroeyclische 542
- hydroaromatische 541
— unbekannter Konstitution 544
ungesättigte 508
Alden u. Nolte 750
A/embic 221, 224, 225, 232
Alhervi 195
Alicyclische Aldehyde 541
— Alkohole 452
— Ketone 555
— Kohlenwasserstoffe 312
Aliphatische Alkohole 413
Aldehyde 504
ungesättigte 421
— Ketone 545
— Kohlenwasserstoffe 301
— Sesquiterpene 371
— Terpenaikohole 421
53
834
Register.
Alkindi 118
Alkoholbestimmung durch Acetylierung
724
Formylierung 731
— mit Magnesiummethyljodid 735
Phthalsäureanhydrid 734
Alkohol, Nachweis 789
— Volumprozente und spezifisches Ge-
wicht 714
Alkohole 413
— alicyclische 452
— aliphatische 413
— — ungesättigte 421
— aromatische 446
— bicyclische 473
— cyclische 446
— hydroaromatische 452
— monocyclische 452
— tricyclische 485
— unbekannter Konstitution 486
AUoocimen 306
Allovione 591
p-Allylanisol 603
Allylbrenzcatechin 607
Allylcyanid 672
Allyldisulfid 685
Allylguajacol 608
p-Allylphenol 602
Allylpropyldisulfid 685
Allylsenföl 685
Allyltetramethoxybenzol 620
4-Allylveratrol 611
Aisberg u. Black 669
Altenburg 460
Amantilla 213
Amblard 251
Ambrettemoschus 676
Ambrettolsäure 631
Ameisensäure 627
Amenomiya 310, 391, 493
Amidoterebenten 354
Amidoverbindungen 678
Ammoniakgummi 51, Geschichte 195
Amomis 122
Amomum X22
Amygdalin 670
Amylacetat 640
Amylalkohol 418
Amylbutyrat 640
Amylcapronat 640
Amylcaprylat 640
Amylformiat 640
Amylpropionat 640
Amylsalicylat 630
Amyrilene 410
Amyrin 504
Amyrole 44)5
Anderson 670
Andrew 803
Andrews 773
Androl 445
Andropogon laniger 111
Andropogonöle, Geschichte 111
Anethol «04
Angelescu 391
Angelicaöl, Geschichte 192
Angelicasäure 630
Angelus Sala 142, 153
Anisaldehyd 531
— Bestimmung 740, 747
Anisketon 555
Anisöl, Geschichte 188
Anissäure 681
Annotationen 5+
Anschütz u. Kinnicutt 633, 639
Rettter 527
Anthranilsäureester, quantitative Be-
stimmung 682
Anthranilsäuremethylester 680
Antidotaria 39, 61
Antidotarium 26, 164
Apfelbaum 804
Apiol 618
Aqua N&phae 166
— vitae 227
Archambault de Grailly 107
Ardagh u. Williams 738
Arezula 80, 200, 205, 206
Argentum vivum vegetabite 34
Arnoldus Villanovus 33,36,39,102, 199
Aromadendren 400
— Farbreaktion 401
Aromatische Aldehyde 524
— Alkohole 446
— Ketone 554
— Kohlenwasserstoffe 307
Register.
835
Arrian 170, 219
Aftemisiaketon Äftä
Arth rm
Artluiaästra 136, 219
Asahina u. Kashiwaki 366, 684
Kuwada 622
Mituhorl 622
Takagl 553
Tsukamoto 385
Yo.shitomi 552
Asantöl, Geschichte 192
Asaron <UK
Ascaridol «Ott
Aschan 99, 295, 304, 313, 347, 350,
35»*, 361, 363, 366, 367, 402, 407,
481, 572
Aschans Oxoniumreagens 313, 367
Ascher t>61
Askinson 97
Athdiwr 237
Athenaeus 170
Äthyiacclat «17
Äthylalkohol 117
Äthylbcnzoat (KW
Äthylcinnamat <BW
d-Äthyl-n-amylcarbmol 410
Äthyl-n-amylketon 54(S
Äthylsallcylat <«8
Äthyltartrat als Verfälschungsmittel 792
Atractylen :tt>l
Atractylol 391, 41)8
Atterberg 328
Auhcpine 531
Augspurger 412
Austerweil 355, 363, 477
Autin 486
v. Auwers 331, 570
- u. v, d. Heyden 315
Hinterseber 331
-- — Kolligs 310
Avenzoar 27, 151
Avicenna 118, 129
Axonge benzoi'nGe 286
populinie 286
— to/umSe 286
Ayur-Vedas 17, 40, 117, 119, 121, 221
Azulen 396
Azulene 411
Azulenferrocyanat 412
Azulenpikrat 412
Azulenstyphnat 412
B
Bach 559
Bachtschlew 622
Bacon 502
Bad. Anilin- u. Sodafabr. 451, 599
Baer 171
v. Baeyer 95, 309, 314, 316, 323, 348,
351, 461, 464, 556, 557, 560, 592, 593
— u. Henrich 561, 562, 563
Ipatiew 327
Manasse 585
Oehler 585
Prentice 563
Villiger 314, 321, 665, 666
Bailey 657, 747
Baker u. Smith 340, 365, 400,410, 445,
467, 544, 581, 702
Balas 395, 497
Balatschinsky-558, 562
Balbiano u. Paolini 605
Balneum arenae 226
— Manae 226, 230
— per cinerem 230
Banks 182
Barbe 165
Barbier 91, 184, 305, 422, 433, 438, 511
— u.Bouveault 428, 438, 444, 521, 549
Grlgnard 347, 483
Leser 451, 466
Locquin 427, 439, 441
Barbosa 113, 120, 122, 132, 163
Barenthin 716
Bargellini 598, 625
Bartelt 367, 475, 485
Barthema 134, 178
Basilicumöl, Geschichte 213
Battegay u. Kappeier 675
Batteuse 273
Baum 612, 615
Baur 675
— u. Bischler 675
Becher 70
Becker 374, 411
53*
836
Register.
Beckmann 334, 468, 469, 470, 471, 473,
477, 478, 569, 570, 583, 585, 751
— u. Eickelberg 586, 599
— — Mehrländer 585
Pleißner 468, 561, 562, 563
Beckstroem 660, 764
Begnlnus 110, 205
B6hal 415, 422, 436, 458, 648, 734
Behenöl 286
Beilstein 192
Beilsteinsche Probe zum Chlornach-
wels 779
Beindorff 248
Belluccl u. Grassi 664, 767
de Belsunce 334
Benatius 166
Benedikt u. Grüßner 762, 764
— u. Strache 737
Bennett 733, 748, 749
— u. Donavan 749
Garratt 793
Benzaldehyd 524
— Bestimmung 740, 745, 747, 749
— Identifizierung 526
Benzoesäure 630
— als Verfälschungsmittel 792
Benzoesäureäthylester 638
Benzoesäurebenzylester 644
Benzoesäuremethylester 688
Benzolpentacarbonsäure 379
Benzylacetat 643
Benzylalkohol 446
Benzylbenzoat 644
— als Verfälschungsmittel 792
Benzylcinnamat 645
Benzylcyanid 671
Benzylsenföl 690
Berchile 221
Bergmann 28, 416, 470
Berkeley 645
Berkenheim 469
Bernheimer 308, 597
Bernsteinsäure 680
Bert 310, 527
Bertagnini 141, 158
Berthelot 87, 89, 147, 343, 357, 358
Bertram 306, 366, 425, 509, 535, 641,
647, 648
Bertram u. Gildemeister 129, .315,
430, 432, 434, 438, 60«, feil, 642, 728
— • - Helle 313, 365, 484
- Fürsten 533
— Walbaum 313, 315, 329, 359, 3fr2,
377, 426, 479, 480, 481, 482, 511, 570,
613, 648, 649,. 665
Berzelius 83
Besson 48, 164
Best 558
Bestimmung der Methylzahl 762
Siedetemperatur 711
— von Aldehyden 737, 739, 741, 744, 748
— — Alkoholen 724, 731, 734, 735
— — Anisaldehyd 740, 747
— - — Anthranilsäuremethylester 682
Benzaldehyd 740, 745, 747, 749
Blausäure 770
Campher 572
Carvacrol 756, 757, 758
Carvon 743, 750
Chlor in Benzaldehyd usw. 779,
780, 782
Cineol 765 bis 770
Citral 740, 743, 745, 748
— - Citronellal 730, 745
Cumarin 656
Cuminaldehyd 745
Estern 718
Eugenol 752, 759, 761
— — Jonon 591
Ketonen 737, 750
Menthon 751
— — Methylanthranilsäuremethylester
684
Methylheptenon 752
Methylnonylketon 745
Nitrobenzol 674
— Phenolen 735, 752, 755, 756
Phenylacetaldehyd 740, 741
Pulegon 743
Senföl 774
Thymol 752, 754, 756, 757, 758
Vanillin 747, 748
Zimtaldehyd 740, 743, 749
Betelöl, Geschichte 129
Betelphenol 608
Bettelll 354
Register.
837
Jetuiol UM
Jicyclische Sestjuiterpene »7«
Terpcne :M1
iigelow 198
iijjnami u. Testoni 620
Jilleter 147
lindheim 82
Jinz rm
■Jirkunrindenöl (Wintergrünöl),
Geschichte 129
iisabolen »7a
) Uschi er 675
tistiitroHopulegon 563
Jisulfitmethode zur Bestimmung der
Aldehyde 739
Jittermandelöl, Geschichte 155
Jjalobr/eski 622
Jlack 669
Mägden 472
ilaise 417, 418
il.mc 414, 4*8
Hauchet 85, 86, 186, 189, 191
ll.inksma 539, 685, 687, 689, 690, 747
Mass 494, 498
ilausaurc OliH
licstimiminji, quantitative 770
I uststcllung in Pflanzen 669
Nachweis in mikroskopischen Schnit-
ten 670
liley 186
Hlumann ii. /eitschel 319, 435,559
Blumenkohl 686
Blüu-nextraits 272
Hock 216
Bückmann 180
Bode 492
Boerhave 72, 140, 146, 180, 214, 244
Böhm 157
Böhme 451
Bohnenkrautöl, Geschichte 207
Bohrisch 572
Bolle 1S6
de Bollemont 648
B31sing 731
Bonastre 136, 166, 171, 180
Bond 83
Bonifacius 125
Bomemann 98
Borneol 354, 363, 475
Borneolglucoside 480
Bornylacetat 648
Bornylchlorld 349, 354
Bornylformiat 648
Bornylisovalerianat 6B0
Bornyval 650
Borrichius 81
Borzi 678, 679
Bosisto 183
Böttger 69
Bouchardat 91, 315, 400, 431
— u. Lafont 360, 647
Tardy 363
Voiry 455
Bouillon Lagrange 116
Boulez 729, 730
Boullay 166
Bourbonal 5S8
Bourquelot u. Bridel 429
— u Herissey 609
Boutron-Charlard 85, 146, 147, 157
Bourvanil 538
B o u v eau 1 1 428, 431 , 438, 439, 444, 511,
518, 521, 549
— u. Blanc 414, 448, 450
- — Gourmand 435, 441, 521
Boyle 189
Braconnot 169, 196
Brandes 160, 169
Brass 664
Brassica campestris chinofeifera 689
— napus 689
— oleracea subvar. caulitlora 686
Brauer 584
v. Braun 443, 690
— u. Kai'se.r 440, 443
— — Lemke 318
Braunwarth 778
Bravo 108
Brechungsindex 705
Brechungskonstante 706
Brechungsvermögen 704
— molekulares 706
— spezifisches 706
Bredt 96, 315, 361, 568, 574
— u. Posth 657
v. Rosenberg 568, 570
838
Register.
Breithut u. Apfelbaum 804
Brenztraubensäurealdehyd 508
Bridel 429
Briner, Patry u. de Luserne 535
— v. Tscharner u. Paillard 539
Brock 757
Bromaddition 717
«- Bromcampher als Verfälschungs-
mittel 471
Bromella 624
Brooks 502
— u. Humphrey 304
Brown 357
Brühl 308, 310, 359, 469, 529
Brunei 470, 471, 601
Brunfels 61
Brüning 180, 666
Brunschwig 42, 48, 189, 190, 192,
200, 202, 205, 214, 217, 227, 228,
240, 242
Brus 355
Bruun 176
Bruylants 648, 650
Buccocampher 621
Buccublätteröl, Geschichte 160
Buchholz 141, 196, 219
Buchner 191, 192, 268
Bühn 764
Burgess 582, 742, 743
— u. Page 372
Burke u. Scalione 496
Busse 382, 539
Bussy 147
n-Buttersäure 628
n-Butylalkohol 417
n-Butylbutyrat 640
Butylsenföl, sekundäres 088
Butyraldehyd 506
Cadalin 370, 375, 379, 390
Cadalinpikrat 371
Cadalinstyphnat 371
Cadinen 376
— Farbreaktion 378
Cadinenglykol 379
Cadinol 379, 503
Cahours 160, 189, 190, 191, 198
CajeputÖl, Geschichte 180
Calamen 389
Calamenol 502
Calameon <MK>
Calmeyer 196
Calmusöl, Geschichte 17, 11»
Calvi 180
Camerarius 216
Camphen 867
— Nachweis 362
Camphenansäure 361
Camphenchlorhydrat 360
/?-Camphenchlorhydrat 482
Camphonglykoi 361, 362
Camphenhydrat 481
Camphenilon 361, 362
Camphenilsäure 361
Camphensäure 361
Campher f><(7
— Identifizierung 570
— künstlicher 349
— Nachweis 571
— quantitative Bestimmung 572
— Synthese 568
— synthetischer 569
Campheröl, Geschichte 13b
Camphersäure 361
Camphersorten im Großhandel 571
Camphoren 40H
«-Camphoren 305
Camphoylsäure 361
Camphylsäure 361
Cannizzaro 446, 643
Cannon 588
Caparrapen 400
Capitaine 84, 86
Capitulare 1 09, 1 45, 1 85, 1 88, 1 9 1 , 1 99, 209
Caprinsäure ß'29
Capronaldehyd &07
Capronsäure 628
Caprylsäure 63»
Capsella bursa pastoris 685
Carboxy-apocamphersäure 361
Cardamine amara '689
— danica 689
— pratensis 689
Arten 686
Register.
839
Oird-iuiHunurn 122
Cardwell 431, 432
/1 !, -Caren «««
/1 4 -Caren 32«
Carette 547
Cnriophyhw 177
Cariussche Methode zum Chlornach-
weis 781
Carlinaoxyd <KM>
Caronsäure 327
Carvacrol 341, «W>
ans Carvon 559
Bestimmung 756, 757, 758
Carstanjen 607
Carter, Smith u. Read 407
CxrtfutrniM tlnctorius 115
Cartheuser 76, 108, 114, 121,123,133,
141, 100, 200, 204, 205, 208
Carvenon 332
Carvcol aus l.imonen 319
Carvestren - i-Sylvestren 326
Carvomcnthen -- Dihydrolimonen 320
Carvon 369, tV»r>
Bestimmung 743, 750
aus l.imonen 319
Oxydation 558
Reduktion 558
Cai voncampher 558
Carvatanaccton 340, "»(><!, 579
Carvoxim 557
Caryophyllen !W0
/'-Caryophyllen, Nachweis 386
Caryophyllenalkohol 384, 385
Caryoterpin 384
Casanova 465
Cascarillöl, Geschichte 173
Casslaöl, Geschichte 137
de Castro 163
Cavendish 82, 133
Cederncampher 4SÖ
Cedernöl, Nachweis 787
Cedren 808
Cedrendicarbonsäure 394
Cedrenketosäure 394
Cedrenol 499
Cedrol 393, 4flS
Cedron 394
Celsus 156
Cetylalkohol 421
Ceylon-Zi'mtöl, Geschichte 137
Chaffee 104
Chamazulen 412
Champacol 495
Chapman 307, 427
Chapoteaut 132, 389
Charabot 98, 267, 424
— Dupont u. Pillet 98
Charaka 17
Charon 690
Chassis 280
Chautard 568
Chavibetol 608
Chavicol «02
Chemische Prüfungsmethoden 716
Chesnut 392, 399, 505, 506, 681
Chilperich II. 125
Chinone 625
Chiris 269
Chlorbestimmung, quantitative 782
Chlornachweis 779
Chloroform, Nachweis 792
Chlorprüfung, Beils teinsche Probe 779
— Kalkprobe 781
— nach Carius 781
— Verbrennungsmethode 780
Chochriakowa 574
Christen 535
Chuit 589
Ciamician 192
— u. Silber 386, 526, 550, 558, 607,
613, 619, 620, 656
Cineol <561
1,4-Cineol 659
Cineolbestimmung, Arsenmethode 766
— Bromwasserstoffmethode 765
— Cresineolmethode 767
— Destillationsmethode 765
— durch den Erstarrungspunkt 769
— Naphtholmethode 767
■*- Oxydationsmethode 767
— Phosphorsäuremethode 765
— Resorcinmethode 767
Cineolen 665
Cinnamol 497
Cinnamylcinnamat 646
Cirva/atoria 229, 230
840
Register.
Citral 426, 428, 437, fiö»
— a und b 510, 515
— Bestimmung 740, 743, 745, 748
— Kondensationsprodukte 515, 516
— Machweis 514, 515, 516
— Oxydation 511, 512
— Reduktion 511
— Trennung von Qtronellal und Methyl-
heptenon 516
Citraldihydrosulfonsäure-derivate 513
Citralhydromonosulfosäure-derivate513
Citr,onellal 439, 444, 517
— Bestimmung 730, 745
— Identifizierung 523
— Isolierung 517
— Oxydation 522
— Reduktion 519, 522
— Trennung von Citral und Methyl-
heptenon 520
— Veränderung beim Lagern 519
— Verhalten gegen Natriumbisulfit 520
Citronellol 437
— Nachweis 444
Citronellolallophanat 445
Citronellolhydrat oder -glykol 439, 443
Citronellon 517
Citronellsäure 435, 630
Citronellylacetat 64$
Citroneliylbutyrat 643
Citronellylformiat <J4 - 3
CitronellyM-naphthocinchoninsäure
515, 523
Citronensäureester, Nachweis 801
Citrus /aponica 678
Citrus trifoliata 678
Citrylidencyanessigsäure 516
Citryl-/?-naphthocinchoninsäure 515
Claasen 358
Claisen 609, 644, 645
Ciavera 464
Cloven 385, 398
Clover 325
Clusius 133, 176
Cockburn 574
Cocking (s. auch Tusting) 727, 767
Coe/um philosophorum 34, 49
Coffea abeocuta 678
— liberica 678
Coffcü robuste 678
Cohn 98, 664
Columella 146, 159, 188, 208
Colzasamen 689
Combanol 497
Commodorus 195
Compendium aromatorttm 152
Comstock 104
Conrady 318
Considen 182
Constantin VI!. 151, 177
Constantinus Africanus 131
Conti 120
Cook 473, 568
Copaen 8»7
Copaendicarbonsäure 397
Copaenketosäure 397
Copaivabalsamöl, Nachweis 787
Cordus 47, 53, 55, 58, 62, 80, 102, 107,
108, 123, 126, 128, 135, lö4, IttS, 170,
171, 179, 189, 196, 202, 208, 240
Corianderöl, Geschichte 183
Corps epuisi 288, 290
Corynocarpin 671
Costaeus 226
Costus du /eis 220
Costuswurzelöl, Geschichte 219
Crataegon -V>4
Cresineol 767
Christiana topographia 177
Cripps 716
Crithmen 334
— = j'-Terpinen (?) 335
Croad 353, 356
Crotonsäurenitril (572
Crotonylsenföl <W!>
Cryptal 544
Cryptomeren 40!)
Cryptomerlol 501
Cubebencampher 495»
Cubebenöl, Geschichte 127
Cucurbita 22\, 224, 225
o-Cumaraldehydmethyläther 533
Cumarin 052
— quantitative Bestimmung 656
Cuminaldehyd 341, 52«
— Bestimmung 745
Cuminol 526
Register.
841
Cuminöl, Geschichte 184
Ctimins-iure 354
Cimünylamin 340
Cutiiasse 717
Curtius u. Franzen 505, 508
Cnsmano 621, 622
ii. Poccianti 621
Cyelische Aldehyde 52t
Alkohole 446
Cyclogeraniol 432
Cyclohexen-3-earbonsänre 330
Cyeloisoprenrnyrcen 369
Cyclolinaloolen 427
Cyclnsesquicitronellen 372
Cymol :MM>
Cypral »»24.
Cypressoncampher 498
Cypressenöl, Geschichte 108
C/apek 678
D
D.icren »0«
D.icryden !Mfc"i
Dakin 506
D.ile 176
/'-D.'tmmarosen 410
Dan fr es uc 532
Duvies 716
Decker 763
n-Decylaldehyd 50N
Decylalkohol 420
ii-I>ec.yls:inre 02!)
tiMIcumr 281
Dehne 117, 132, 141, 143, 186, 207
Dehydrocaryophyllennitrosat 386
Dehydroünalool 425
Del mann 83
Delatmey 748
Deltipine 575
- ii. de ßelsunce 334
— Longuet 620
Demachy 203, 245
Demarson 159
Deniges 802
Deninger 460
Denis u. Dunbar 745
Denner 744
Deroy Fils Aine 275
Destillatio panis 230
— per ascensum 24, 57, 74, 241
descensum 24, 57, 74, 75, 179,
236, 237
— per ventrem equinum 230
— solis 230
Destillation, fraktionierte 709, 711, 712
Destilliergeräte 221
Destillierweisen, Geschichte
Deußen 380, 381, 382, 383, 384, 386, 557
— u. Philipp 395, 396, 788
Deville 86, 87
Dhurrin 671
Diacetyl 416, 548
Dläthyloxalat als Verfälschungsmittel 792
Diäthyloxoniumsulfat 313, 367
Diäthylphthalat als Verfälschungsmittel
792
Diäthylsuccinat als Verfälschungsmittel
792
Dicitronelloxyd 660
Dicyclopentyl-cyclopentanol 369
Dicyclopentyl-cyclopenten 369
Dieterich 777, 778
Dihydrocarveol 465
Dihydrocarvon 465, 565
Dihydrocarvylamin 340
Dihydrocaryophyllen 384
Dihydrocitronellol 440
Dihydrocopaen 397
Dihydrocuminaldehyd 340, 341, 453, 541
Dihydrocuminalkohol 339, 341, 541
Dihydrocuminsäure 453
Dihydrojonone 590
Dihydrolimonen = Carvomenthen 320
Dihydromyrcen 305, 432
Dihydropseudojonon 432
Dihydrosabinen 356
Dihydrosesquicitronellen 372
Dihydrozimtalkohol 449
Dihydrozingiberen 375
Dillapiol 620
Dülisoapiol 620
Dillöl, Geschichte 196
Di-p-methoxystilben 606
Dimethylacetonylaceton 332
Dimethylbernsteinsäure 384
842
Register.
Dimethylfurfurol 543
2,6-Dimetbyloctan 427, 432
2,6-Dimethyloctanol 427, 432
Dimethylphthalat als Verfälschungs-
tnittel 792
Dlmethylsulfid 685
Dimyristylcarbinol 503
Dingler 247, 251
Diodor 110
Dioscorides 21, 41, 107, 109, 110,
122, 124, 134, 145, 148, 151, 155,
159, 170, 185, 188, 194, 195, 201,
208, 213, 215, 216, 218, 220, 223
Diosphenol «21
Dioxycitronellol 440
Dioxymethyladipinsäure aus «-Terpinen
332, 334
Dipenten 321, 426, 432
Dispensatoria. 39, 61
Dispensatorium Noricum 62, 64, 71,
114, 117, 119, 126, 127, 135, 140,
144, 145, 160, 164, 165, 168, 170,
174, 176, 179, 184, 185, 186, 187,
189, 191, 194, 196, 202, 204, 205,
206, 208, 213, 218
— Viennense 192
Diterpen aus Dacrydium cupressinum
409
Diterpene 406
Divlzia 424, 483, 492
Dizingiberen 411
Dodge 437, 441, 524, 537, 655, 744, 767
Doebner 514, 515, 523
Doeuvre 552
Doherty 748
Donavan 749
Doremol 489
Doremon 553
Dostenöl, Geschichte 207
Dowzard 714, 715
Dox u. Plaisance 748
Drehungsvermögen 708
Dronke 654
Drotschmann 356
Dschabir 23
Dumas 84, 85, 86, 103, 110, 141, 146,
180, 189
Du Menil 141
Dunstan u. Henry 627
n-Duodecylsäure <!21>
Dupont 354
— u. Lab atme 425, 428, 431, 432, 443
Durvelle 99
Duyk 717
Dyche-Teague 599
van Dyk 247
Earle 663, 665
Ebn Attafir 151
Eckart 438
van Eckenstein ti. Ulanksma 747
Edrisi 118, 122, 127, 162, 185, 193
Eggers 618
Ehestädt 350, 393
Ehmann 763
Eickelberg 586
Einhorn u. Frey 612
Eksantalal 393, 492
Eksantalsäure 492
Elemicin ($17
Elemiöl, Geschichte 171
Eiern ol 495
E/ettaria cardamormim 123
Ellion u. Seidell 758
Ellis 675
Elze 475, 490
van Ernster 361
Enfleurage 263, 280
— k chaud 290
— ä froid 280
Enfieurer 281
Enklaar 305, 306, 427, 432
Erdmann 381, 426, 543, 609, 610,681,
682
— H. u. E. 430, 434
— u. Huth 428, 435, 438, 444
Erlenmeyer 180, 535
Erstarrungspunkt 706
Ertschikowsky 455, 456
Erythrit dohMOH)* aus y-Terpinen 333
Escourrou 318, 325, 441, 445, 512,
550, 552
Essence concrbte 269, 272, 273
Essences 288
Register.
843
Essigcster <$87
Essigsäure «27
lister ߻2
Nachweis 797, 805
Estergehalt, Zusätze zur Erhöhung 792
Esterzahl 719
Estes 748
Estragol 603
Ettling 180
Eucalyptol (KU
Eucalyptusöl, Geschichte 182
Euearvon 556
Eucaxulen 412
Eudalin 370, 388, 4%
liudalinpikr.it 371
Eudalinstyphnat 371
Eitdcsmert !W7, 496
Eudosmol 387, ISNS
I.ugennl «0«
Bestimmung 753, 759, 761
Eugcnolacctat (HO
Eugonolmethyläther (»11
Eu ony tri us Pniliatrus 48, 56, 59
/'vtT/iiii prunastri 266
I.voden 366, «7«
Evodiamin 684
i\trait ,vix f/enrs 272, 288
Extradition 263
Extraktion mit einem nicht flüchtigen
Lösungsmittel 2H0
- flüchtigen Lösungsmitteln 267
Extraktionsbatterie, Beschreibung 273
Eyken 405, 494
Kykman 129, 602, 603, 604, 609, 611,
612, 613, 615, 618, 619
Fabinyi u. Sz6ki 619
Farbenfabriken vorm. Bayer $ Co.
441.
Farbreaktionen 717
Farina 71
Farneso! 369, 487
Faulding 765
Favrot 268
le Febvre 146
Feinberg 742, 746, 747
Feldmann 399
v. Fellenberg 748
Fenchelöl, Geschichte 190
Fenchen 363
#-Fenchen 365
yff-Fenchocamphorol 367
Fenchocamphoron 364
Fenchon 572
Fenchylalkohol 364, 483
Fenchylamin 364
Fenchylchlorid 364
Fenchylen 365
Feststellung der physikalischen Eigen-
schaften 699
Fettes Öl, Nachweis 790
Fichter u. Christen 535
Fiddichow 195
Finlay 409
Firbas 777
Fisch 675
Fischer u. Bergmann 416, 470
Helferich 416, 429
Raske 416
Fittica 314
Fittig u. Remsen 535.
Flatau u. Labb6 430, 434
Florentiner Flasche 249, 250
Floridus 191
Fluck 664
Flückiger 616, 621, 687
Foerster 568
Fokin-Willstätter 552
Foliol 497
Fomin 483
Fondart 271
Formaldehyd 505
Formylierung 731
Fourcroy 73
Fornasir 424, 425
Forster u. Cardwell 431, 432
Fraktionierte Destillation 709
Francesconi u. Sernagiotto 334,
338, 339, 340
Frankfurter 407
Franklin 174
Franzen 505, 508
Franz Fritzsche $ Co. 535
Fremy 147
844
Ke« ister.
Frerichs 778
Freundler 681
Frey 612
Friedländer 639
— u. Schnell 623
v. Friedrichs 398
Friswell 673
Fromm vi. Autin 486
I-luck 664
Klein 486
Fuchs, Leonhard 61
— Remaclius 47
Füller u. Kenyon 456
Furfurol 416, 542
Furmis Acedfae 237
Fusanole 4»B
Gaab 604
Gadamer 148, 671, 688, 690, 777
— u. Amenomiya 390, 391, 493
Gage 563
Galbanumöl, Geschichte 193
Galenus 21, 107, 134
Galgantöl, Geschichte 117
Gandurin 390, 494
Garcia da Orta 112, 118, 123, 139,
149, 193, 220
Gardner 361
— u. Cockburn 574
Garnier 269, 270, 278
Garrat 793
Gärtner 605
Gattefosse" 715
Gattermann 624
— - u. Eggers 618
Gaubius 80, 126, 140, 164, 210
Gautier u. Mogier 679, 680
Gay-Lussac 157
Geber 23, 24, 225, 226
Gehlen 103
Geiger 745
Genvresse 398, 559
Geoffroy 77, 80, 81, 103, 117, 121,
164, 200, 205, 214, 219
Geraniol 425, 428
— Diphenylcarbaminsäureester 434
— Phthalsäureester 434
Geraniumöl, Geschichte 158
Geranylacetat «41
Geranylaceteasigsäureäthytester 432
Geranyiaceton 432
Geranyläthyläther 428, 432
Geranylbutyrat r>42
Geranyl chlorid 431
Geranylformiat 041
^■Geranyljjlucosid 429
Geranylmalonsäwreäthyleater 432
Geranylvalerianat 642
Gerhardt 88, 160, 189, 657
v. Gerichten 619
Gerlich 147
Gersbach 538
Gertinger 191
Geruch 695
Gesättigte Ketone 545
Gesner 47, 53, 56, 58, 59, 102, 107,
116, 121, 132, 135, 148, 159, 163,
164, 168, 170, 174, 175, 179, 189,
194, 196, 200, 203, 216, 217, 240,
241, 242
Gibbs 591, 609
— Williams u. Pratt 637
Giese 191
Giesecke 160
Gildemeister 307, 315, 423, 424,430,
432, 434, 438, 608, 611, 642, 664,
728, 752
— u. Hoffmann 98
Köhler 314, 345, 346, 348, 352
Müller 331, 333, 373
Ginsberg 457
Ginzberg 349, 619
Gladstone 90, 114, 411
Glaser 146
Glauber 70, 242, 243
Glichitch 497, 727, 733
Globulol 500
Glucocochlearin 689
Gluconapin 689
Glycerinacetat, Machweis 796
Glycerinacetate als Verfälschungsmittel
792
Glykol aus yS-Phellandren 341
£-Pinen 354
Gtnelin 141
Register.
845
Godehot 579
Godefroy 605
Godlewsky 321
u. Roshanowitsch 315, 318
Wagner 349
Goebel 191
Goldschmidt 557, 558, 602
it. Kisscr 556, 557
Zürrer 557
Göppert 637
Goris 666
Göttling 141, 191
Gottlob 303
v. Gornp-Besanez 160
u. Grimm 547
Goudie 409
Clmirmancl 441, 521
Graborg 214
Grabowski 180
Gräfe 543
Grälert 605
Grassi 664, 767
Graybeal u. Kromers 599
Gregor 763
Gren 73
Grcrualdehyde 50Ö
Gren/.ilkohole 4M»
Greruketone 545
Gren/kohlenwasserstoffe #01
Grcshoff 545, 546
Griynard 347, 483
Doeuvre u. Escourrou 552
u. Escourrou 441
Savard 564, 565
Grimal 377
Grimaux 143, 603, 605, 645
Grimm 160, 547
Grosser 184
Großmann u. Brauer 584
Größner 762, 764
Guajazulen 412
Guajen »«0
Guajol 390, 404
Guafylmethyläther 494
Guerbet 388, 389, 392, 479, 491, 492
Guibourt 146
Guignard 669, 686
V. Günthert 605
Gurjunbalsamöl, Geschichte 174
— Nachweis 787
Gurjunen 895
/S-Gurjunen 369
Gurjunenketon 395
Gurwitsch 358
Guttin 322
Gynocardin 671
H
van der Haar 405
Haarmann 382, 384, 488, 534
— u. Reimer 487, 535, 590
Hagen 196, 624, 625
Hager 790
Hall u. Harvey 796
Ha Her 568, 571, 477, 478, 480
— u. Lassieur 420
Martine 440, 458
Hallwachs 160
Hämäläinen 416, 444, 474
Hancock 104
Häncu 584
Hantzsch 606
Hanus 747, 749
Harbordt 160
Harib 152
van Harpen 715
Harpestreng 128
Harri es 99, 295, 303, 406, 440, 522,
540, 557
- u. Adam 540
Gottlob 303
Haarmann 488
— — Himmel mann 439, 512, 522
Jablonski 557
Johnson 338
Majima 314
— — Neresheimer 348
Röder 519, 564, 565, 566
Harrison 150
Hartwich 685
Harvey 717, 796
— u. Wilkie 705
Hasche 721
Hasse 81, 184
Hastings 745
846
Register.
Hatton u. Hodgkinson 450
Haussier 537
Haworth u. Perkin 327, 328, 330
— u. Wallach 329
Hechel 286
Heerabolen 898
Heg! 654
Heilbron 481
Heine & Co. 269, 436, 796
Helbing 720
— u. Passmore 721, 765
Helenin «67
Helferich 416, 429
Heläotropin 538
— Verfälschung 540
Hell u. Gaab 604
Gärtner 605
v. Günthert 605
Hofmann 604
Helle 313, 365, 453, 460, 484
Hellwig 182
van Helmont 70
Henderson 394
— u. Agnew 348
Heilbron 481
Robertson 377, 378, 379, 399,
474
— Robertson u. Brown 357
— u. Sutherland 348, 361
Henle 546, 547
Henrard 614
Henrich 561, 563
Henriques 624, 721
Henry 176, 627
— u. Paget 334
Heptan 301
Heptanal 507
Heptylaldehyd 507
Heptylalkohol 418
n-Heptylsäure 628
Herberger 206
Herford 217
Herissey 609, 744
— u. Delauney 748
Herodot 110, 148, 170, 223
Herrmann 568
Herzenberg u. Rubemann 396,406,
411, 412, 413
Herzfeld 792
Herzig 763
Herzog 610
Jtiespen'des Norimbergewses 165
Hesse 266, 267, 288, 438, 441, 606,
678, 679, 755
— u. Müller 644
Zeitschel 436,488,641,682,683
Heterocycllsche Aldehyde 542
Heusler 98
Hevea brasHiensis 678
Heveen 40Ü
Hewitt u. Jones 764
n-Hexadecylsäure 628
Hexahydroazulen 413
Hexahydrobisabolen 374
Hexahydrozingiberen 375
Hexanal 507
Hexenol 421
Hexylaldehyd 507
n-Hexylalkohol 418
Hexylalkohol, aktiver 418
«.A-Hexylenaldehyd 508
Hexylenaikohol 421
n-Hexylsäure 628
v. d. Heyden 315
Heyer 166, 191
Hibbert u. Cannon 588
Hildegard von Bingen 109, 119, 127,
186, 187, 191, 202, 209, 214, 215
Hill u. Nason 451
Hiltner 748
Himmel mann 439, 512, 522
Hinterseber 331
Hirschberg 415, 459, 602
Hirschsohn 665
Hirzel 98, 268
Hixon 625
Hixson u. McKee 601
Hlasiwetz 180
Hock 413
Hodgkinson 450
Hoering 615
— u. Baum 612, 615
Grälert 605
Hoffmann 73, 80, 81, 110, 114, 132,
142, 145, 168, 180, 207, 214, 219,
244, 393, 394
Register,
847
Hof mann 148, 604, 671, 672,687,689,
690
Hohenadel 413
Holmberg 449
Holmes 212, 219, 766
Homberg 70, 81, 82
Homogeranyl-phenyl-methylcarbinol432
«-Homohellotropin 540
Homonopinol 349, 455
Homopineol 349
Honorhis 124
Hopfcnöl, Geschichte 130
Hülst 626
Hoshino 502
Houben 546, 547
Houtton-Labillardiere 83, 103
Howard Si Sons 599
u. Blagden 472
v. Hübl 716
Hudson-Cox u. Simmons 717
Huerre 716
Hughesdon, Smith u. Read 582
Hugues 107, 280
fitiife antiquc 286
frnn^uise 286
purftimöc 286
Humphrey 304
Hurst 338
Huth 428, 435, 438, 444
Hüthig 382, 414, 415, 452
Hydratropaaldehyd 528
Hydroaromatische Aldehyde &*1
Alkohole JEW
Ketone Rftß
— - Kohlenwasserstoffe 812
Hydrochinon-monoäthyläther 600
Hydrochlorcarvoxim 351
Hydropinen 347
Hydroterpineol 458
Hydrothymochinon 606
Hydrotrople 713
Hydrozimtaldehyd 529, 5*0
Hydrozimtalkohol 529
I
Ibn Baitar 193
— Chaldün 27, 151
— Kurdadbah 118
I. G. Farbenindustrie A.-G. 655
Illisch 206
Imidoverbindungen 678
Indol 678
Infusion 290
Ingweröl, Geschichte 119
Inouye 211
Ipatiew 320, 327, 347, 614
— u. Balatschinsky 558, 562
Iraldein 591
lralia 591
Iraline 591
Iridoline 591
Irisolette 591
Irk 702, 705
lron 591
Iron, quantitative Bestimmung 593
Isoalantolacton 658
Isoamylalkohol 418
Isoamyl-«-dehydrophellandren 369
Isoanethol 603
Isoapiol 619
Isoartemisiaketon 552
Isoborneol 358, 363, 482
Isoborneolglucosid 482
Isobornylchlorid 361, 482
Isobuttersäure 339, 341, 628
Isobutylalkohol 418
Isobutylsenföl 689
Isocamphan 362
Isocamphenilanaldehyd 362
Isocarvoxim 557
Isocedrol 394
Isoelemicin 617
Isoeugenol 612
Isofenchen 365
Isofenchylalkohol 365
Isofenchylen 365
Isogeraniol 517
Isomenthol 473, 584
Isomyristicin 616
Isopinen 347
Isopöl, Geschichte 207
Isopren 303, 369
p-Isopropenylbenzoesäure 311
Isopropylbernsteinsäure 339
J a -Isopropylcyclohexenon 339
Isopropyl-l-cyclohexen-2-on-4 341
848
Register.
«-Isopropylglutarsäure 339, 341
Isopropylidenessigsäure «80
p-Isopropyl-m-kresol 597
Isopropyl-o-kresol 600
Isopulegol m, 519, 520, 521
Isopulegon 564
Isosafrol 615
Isosantalene 389
Isothiocyanpropenyl «SS
Isothujon 579
Isovaleraldehyd 50(t
Isovaleriansaure 628
Isozingiberen 375
Istrachi 193
Ittner 157
J
Jablonski 557
Jacobsen 429, 601
Jacobsohn 615
Jacobson 295
Jahns 600, 601
Jakubowicz 369, 395, 411
James 634
Jansen u. Fantl 495
Janus Damascenus 27
Jara-Jara 624
Jeancard 98, 273
— u. Satie 493, 796
Jenison u. R E. Kremers 562
Jodabsorption 716
John 616
Jonas 305, 369, 407, 408, 421, 489, 490,
503, 553
Jones 604, 673, 764
Johnson 338
Johnston 171
Jonardon 591
de Jong 715
Jonon 586
— Prüfung 590
Jost u. Richter 598
Judaeus 195, 213
judefind 'U. Reid 626
Juncus 112
Jünger u. Klages 470, 586
Juniperol 501
K
Kachler 360, 411
Kaiser 440, 443
Kajoe garoo 495
Kallen 657
Kalm 104, 116, 143
Kamillenöt, Geschichte 217
— römisch, Geschichte 216
Kämpfer 137, 154, 193
Kane 200
Kappeier 675
Karl der Große 109, 145, 184, 18t-
188, 191, 199, 205, 209
Kashiwuki 366, 684
Kautilya 136, 219
Kautschuk, trockne Destillation 323
Kawalier 184
Kebler 765
Keir 155
Kekule 91
Kelbe 309
Kemp 129
Kenyon 456
— u. Priston 484
Kerb 512
Kerp u. Unger 750
Kerr 394
Kerschbaum 369, 432, 487, 559
Ketone 54f>
- alicyclische 555
- aliphatische 5*5
aromatische 554
Bestimmung 737, 750
- gesättigte 545
— hydroaromatische 555
— mit 16- und 17gliedrigen Kohlenstoff
. ringen 5SW
— ungesättigte 54S
Ketonmoschus 07«
Ketopinsäure 361
Kimura 501
Kindt 81, 86, 103
Kinnicutt 633, 639
Kippe 601
Kirpal u. Bühn 764
Kirschlorbeeröl, Geschichte 158
Kirst 584
Register.
849
Kishner 651
Kisser 556, 557
Klage» 470, 586, 598, 601, 602
Klaproth 137
Klason 310
Kleber 304, 305, 321, 425, 469, 728,
745, 751
• ii. v. Rechenberg 709, 769
Klemenc 763
Klever 303
Kltmont 98, 569, 717
Klinjjemann 369
Knißge 211
Knoll 98
Knoevenajjel 516, 655
Kobert 674
Koehler 677
Kohlenwasserstoffe, alicyclische 312
aliphatische 301
Aromatische 307
hydroaromatische 312
ungesättigte 303
Köhler 314, 345, 346, 348, 352
Kolligs 310
Kolthoff 670
Komatsu u. Kurata 583
Komppa 97, 316, 361, 568
ii. Koschier 364
Kond.ikow ti. Bachtsclnew 622
[Jjalobrzeski 622
- Saprikin 406, 407
Kondo u. Yamaguchi 544
Kopp 527, 633, 637, 638, 639, 686
Koppeachaar 758
Kömer 147, 148
Kortrlght 625
Koschelew 305
Kosmas Indikoplcustes 131, 177
v. Kostanecki u.Tambor 623
Kötz u. Steche 433, 440
Krafft 244
Kremel 716, 719, 776
Kremers 351, 374, 382, 383, 405, 412,
413, 518, 562, 599, 750
— u. Augspurger 412
James 634
- — Schreiner 750, 756, 770
Krüger 430, 549, 551, 586
Gildemeister, Die ätherischen Öle. I.
Kümmelöl, Geschichte 186
Kunkel 80, 81, 200
Kunrath 48
Künstlicher Campher 349
Kuntze 777
Kunzemüller 219
Kunz-Krause 779
Kurata 583
Kurbatow 114
Kurdadbah 127
Kürsten 533
Kuwada 622
Labaune 425, 428, 431, 443
Labbe 290, 430, 433, 434, 443, 519, 520
Labillardiere 182, 183
Lactone 652
Ladanumöl, Geschichte 175
De Laet 143
Lafont 360, 646, 647
Lallemand 208
Lalotie 682
Landolt 569, 703, 704
Lane u. Lubatti 571
Lange 147
Langles 152
Lapis philosophorum 25, 26, 31, 34,37,
67, 222
Lassieur 421
Lathyrus odoratus 681
Laurent 88, 189
Lauränaldehyd 508
Laurinsäure 629
Laurinsäureester, Nachweis 804
Laurocerasin 671
Lautenschläger 738
Lautier fils 270, 271, 281
Lauwerenburg 83
Lavendelöl, Geschichte 201
Lavoisier 82
Lävulinsäure 426, 433, 550
Law 558, 562
Ledol 600
Ledumcampher 500
Lees 420, 546, 547
Lehmann 767
54
850
Register.
Leimbach 99
Lemery 70
Lemke 318
Lemonol 428
Leo u. Rimbach 569
Lepeschkin 377, 399
Leroide 576
Lescarabot 108
L6ser 451, 466
Leuckart 470
— u. Bach 559
Levallois 717
Lewcock 460, 467, 484
Lewis 78, 204
Lewite 550, 551
Liao 495
Libanon-Cedernöl, Geschichte 110
Licareol 422
Liebermann u. Hagen 624, 625
Liebig 85, 157, 158, 180
Liebl 367
Liebstocköl, Geschichte 191
Limen 372
Limonen 816, 453
Limonetrit 319
Linaloeöl, Geschichte 172
Linalool 422
— Nachweis 428
Linalooläthyläther 428
Linaloolen 427, 432
Linalooloxyd 660
Linalylacetat 640
Linalylbutyrat 641
Linalylchlorid 431
Linamarin 671
Lindet u. Fondart 271
Linebarger 673
Link 80, 181, 186
Linnemann 638
Liphard 166
Lipp 363
Lippold 528
List 87
Littlebury 470, 471, 472
Ljubowkoya 574
Lobelius 113
Lochner 181
Locquin 439, 441
Löffelkrautöl, Geschichte 144
Lohmann 779
Long 469
Longifolen 8»«
Longuet 335, 620
Lonicer 48, 52, 140, 179, 189, 227, 234,
238, 240
Loomis 531
Lorbeeröl, Geschichte 144
Lorentz 351
Losanltsch 407
Löslichkeit 712
Lösllchkeitszahl 715
Lotusin 671
Löwig 186
Lubatti 571
de Luca 147
Lucas 157
Lüdersdorf 104
Ludovici 140
Ludwig 147
Lunge u. Steinkauler 307
de Luserne 535
M
Maalialkohol 503
Maceration 263, 290
Macer Floridus 110
Machilen 3»1
Machilol 493
Macintosh 104
Macisöl, Geschichte 134
Macquer 81
Magellan 178
Magisterium magnum 34
Mahl 160
Mahla 458
Maier 97
Mailhe 326
Maire 597
Majima 314
Malol 503
Malosse 569
Mameü 615
Manasse 585
— u. Rupe 585
Manihotoxin 671
Register.
851
Manjeau 171
Mann 677
Mannich u. Häncu 584
... — (acobsohn 615
Manucci 153
Marcelin 568
*Marcelhis Empiricus 188
Marchand 453, 464
Marchetti 625
Marco Polo 118, 120, 125, 131, 136
Marcus Aurellus 195
Marcus Ciraecus 31, 32
Margueron 82, 103, 219
Marlonol 41)8
Markownikoff u. Reformatsky 438
Marsh 574
u. Gardner 361
Martine 440, 458
Martins 114, 123
Massignon 269, 273
Masson 418, 420, 447
Massy 569
Mastixöl, Geschichte 173
Masudi 122, 127, 131
Maticocamphcr 49»
Matthioli 47, 52, 54, 107, 149, 238
Mattsson 501
Maud 142
M a ii m e nesche Schwefelsäureprobe
716, 717
Mauthner 617
Mayer 382, 383, 384, 393, 432, 441, 482,
494, 496, 497, 499, 500, 519, 616, 633
Mc. Dowall u. Finlay 409
Mc. Kee 601
McKenzie 621, 622
Meerwein u. van Ernster 361
Meerwein u, Schmidt 451
Mehrländer 585
Meisenheimer 446
Meißner 133, 195
Melissenöl, Geschichte 206
Mellophansäure 379
Menthan 320
p-Menthanol-8 458
Menthaöle, Geschichte 208
Menthen 562
^-Menthenol-3 467
/P-Menthenon-3 462, 581
Menthocitronellal 518
Menthol 468
Menthol, inaktives 471
Menthole, isomere 471
Mentholglucoside 470
Menthon 521, 562, 582
— Bestimmung 751
Menthylacetat 650
Menthylisovalerianat 651
Merck 766 '
Mercurium vegetabf/e 34
Merkaptan 685
Merling 593
— u. Weide 593
Messinger u. Vortmann 598, 757
Mesue 26, 164
Methacrylsäure 030
Methoäthylheptanonoiid 348, 456
p-Methoxyacetophenon 554
p-Methoxysalicylaldehyd 538
o-Methoxyzimtaldehyd 533
p-Methoxyzimtaldehyd 582
Methylacetophenon 554
/S-Methyladipinsäure 440, 470, 562
Methylalkohol 416
Methyl-n-amylketon 546
Methylanthranilsäuremethylester 684
— quantitative Bestimmung 684
Methyläthercumarsäure 631
Methyläthylessigsäure 628
Methylbenzoat 633
Methylcamphenilol 481
Methylchavicol 608
Methyl cinnamat 633
1,3-Methylcyclohexanon 562
Methyleugenol 611
Methylfurfurol 543
Methylheptenol 433
Methylheptenon 548
«-Methylheptenon 552
A-Methylheptenon 552
^■Methylheptenon 552
^-Methylheptenon 552
Methylheptenon, Nachweis 550, 551
— Oxydation 550, 552
— Reduktion 550
Methyl-n-heptylketon 546
54*
852
Register.
0-Methylindol 680
Methylisoeugenol <I1»
Methylj onone 590, 591
Methyl-n-nonylketon 54-7
— Bestimmung 745
Methylphenylacetaldehyd 528
Methylsabinaketol 356
Methylsali cylat ÖJJ4
p-Methyl-4"-tetrahydroacetophenon 555
Methyl-p-tolylketon 554
Methyl-n-undecylketon 547
Methylvanillin 538
Methylviolette 591
Methylzahl 762
Meudon HO
Meydenberger 61
Meyer 176, 387, 778
— u. Claasen 358
— — Jacobson 295
Rosicki 311
Michael VIII. 151
Michaux 104
Mieräinski 97
Mignonac 511
Miller 646
Milion 268
Mineralöl, Nachweis 791
Mingazzini 387
Mänguin 480
— u. de Bollemont 648
Miovol 591
Mirande 669
Mituhori 622
Mohrenkopf 231
Molle 664
Monardes 143, 149
Monocyclische Alkohole 452
— Sesquiterpene 372
— Terpene 81(6
Monteil 470
Moreschini 715
Moringa pterygosperma. 286
Mörner 329
Moschus, künstlicher 674
Verfälschung 677
Moslen 335
Möslinger 667
Moßler 717
Moudgil! 392
Moureu 615
— u. Mignonac 511
Mousse da c/tCt/c 266
Mulder 616
Müller 331, 333, 373, 388, 605, 615
v. Müller 182
Murayama 335
u. Abe 477
Murray 145, 157
Mttrmya oxotica 678
Muse Baur 676
Muschenbröek 142
Muscon 604, 674
Muskatnußöl, Geschichte 134
Myrcen 804, 369, 408, 425, 426
Myrcenol 305
Myristicin <U<f
Myristinsäure <tö!>
Myrrhenöl, Geschichte 167
Myrtenal 475
Myrtenol 475
N
Naef 8f Co. 489
Nagai 463, 539, 615
Nägeli 570
Nametkin, Ljubowkowa u.
Chochriakowa 574
— u. Seliwanoff 484
Naphthalin 307
Naphthalinkohlenwasserstoffe 370
/ff-Naphtholäthyläther 624
/?-Naphtholmethyläther 624
Narde 111, 202, 215
Nardostaehys Jatamansi 1 1 2
Öl, Geschichte 214
Nardtis indica 213
Naschold 643
Nasini u. Bernheimer 308, 597
Naudin 192, 269
Naval stores 104
Neimann 506
Nelkenöl, Geschichte 177
Nelson 465, 666
Neomenthole 472
Neoviolon 591
Register.
853
Neresheimer 348
Nerol 425, *M>
- Allophanat 437
Nerolidol 4M
Nerolin «24
Neroltetrabromid 437
Nestler 656
Neuberg 713
u. Hirsehberg 415, 459, 602
Kerb 512
Lewite 550, 55t
Mayer 441, 519
Neimann 506
Neumann, Caspar 76, 80, 114, 117, 121,
123, 126, 128, 132, 133, 136, 141, 143,
160, 168, 171, ISO, 194, 208
Ngai-Campher 47b
Nizni-tCti 476, 478
Nicloux 416
Nitnle IMW
Nitroben/ol «72
quantitative Bestimmung 674
Nitro-«-PheIlandren 340
NitroV'-Phellandren 340
Nitrosopinen 351
Nitroscw'-Pinen 354
Nitroverbindungen «72
Noeltiny 675
Nogier 679, 680
Nü|d 410
n-Nonylaldehyd 507
n-Nonylalkohol 41»
sec. Nonylalkohol 420
n-Nonylsäure 629
Nopinolessigester 353
Nopinolessigsäure 345
Nopinon 353, 354, 355, 364
Nopinsäure 354
•t-Norbomeol 366
Norcamphen 366
Novoviol 591
Novoviolon 591
Obermayer 656
Occo 64, 102
Ocimen 80«
Ocimenol 306
n-Octodecylsäure 680
Octohydrocamphoren 408
Octohydrosesquicitronellen 372
n-Octylaldehyd 507
n-Octylalkohol 419
Octylen 303
n-Octylsäure 629
Odell 524
Oehler 585
Oerstedt 126
Oeser 147
Öl, fettes, Nachweis 790
Öle, konkrete 272
Olefine 302
Olefinische Terpene 304
Oleum Wittnebianam 181
Olibanol 486
Ölsäure 630
— als Verfälschungsmittel 792
Önanthaldehyd 507
Önanthol 507
Önanthsäure 628
Ono 399
Oppenheim 91
Optisches Drehungsvermögen 708
OrangenblQtenöl, Geschichte 166
Orchidee 639
Orndorff u. Kortright 625
OrsinI 166
O'Shaughnessy 175
Ostromysslenskiu.Koschelew 305
Ovid 159
Oxoniumreagens 367
o-Oxyacetophenon 654
p-Oxybenzylsenföl 690
8-Oxycarvotanaceton 353
Oxyde 658
Oxydihydrocarvon 558
Oxydocitronellol 440
Oxyfenchensäuren 365
a-Oxy-/0-isopropyladipinsäure 339
Oxyisopropylbenzoesäure 31 1
p-Oxyisopropylbenzoesäure 31 1
«-Oxy-/S-isopropylglutarsäure 339
J e -8-Oxymenthenon-2 348
Oxymyristinsäure 680
Oxypentadecylsäure 680
p-Oxyphenetol 606
854
Register.
Paal 441
Pabitzky 186
Pag© 372
Paget 334
Palllard 539
Palladius 156
Palmitinsäure «29
Paollni 456, 466, 483, 562, 578, 601
— u. Dlvizia 424, 483, 492
Rebora 473
Paracelsus 31, 38, 50, 61
Paradieskörneröl, Geschichte 124
Paraffine 302, 303
Pardee, Hasche u. Reid, 721
Pare 244
Parfumerie de Saillans 282, 283,
285, 287
Pariselle 346
Parry 98, 746, 748
Passmore 721, 765
Passy 266
Patchoulialkohol 500
Patchoulicampher 500
Patchouliöl, Geschichte 212
Patry 535
Paul u. Schantz 710
Paulli 217
Paulus Aegineta 116, 177
Pauly, Schmidt u. Böhme 451
Payen u. Chevallier 130
Peetz 251
Pegolotti 118, 120, 122
Pelargoniumöl, Geschichte 158
Pelargonsäure Ö29
Peligot 85, 141
Pelletier 126, 169
Pelletier-Sautelet 212
Pelouze 85, 146
Penfold 388
Percival 188
Pereira 212
Perillaaldehyd 641
Perülaalkohol 541
Perillen 544
Perkin 316, 327, 328, 329, 330, 362, 527,
531, 532, 597, 625, 633, 637, 639,
654, 655
Persoz 88
Pesci u. Bettelli 354
Petersiliensamenöl, Geschichte 185
Petroleum, Machweis 7*91
Pfau 524, 733
Pfefferöl aus langem Pfeffer, Geschichte
127
Pfefferöl, Geschichte 124
Pfefferminzöl, Geschichte 210
Pfeiffer 495
Phammcopocn Airgiiataiiii 14f>, IWi,
171, 174, 176, 179, 184, 191, 194, 204
— medico-pliyak-Jt 142, 145
Phaseolunatin 671
Phellandnil ö42
Phellandren 8JW •
Phenol, Bestimmung 752
Phenolbestimmung mit Magnesium-
methyljodid 735
Natriumamid 755
nach Hesse 755
Verley u. Bölsing 756
Phenoläther MMt
Phenole 5«.»«
Phenolometer 754
Phenylacetaldehyd 449, 53 J
— Bestimmung 740, 741
Phenyläthylalkohol 44«
Phenyläthylsenföl «IM)
Phenylessigsäure 449, <l!ll
Phenylessigsäurenitril <S" I
Phenylhydrazinmethode von K I e b e r 74, r >
Phenylisothiocyanat <5N8
«-Phenylpropionaldehyd 528
Phenylpropionsäurenitril *SM
Phenylpropylaldehyd 530
Phenylpropylalkohol 44», 529
Philade/phus coronorius 681
Philipp 395, 396, 788
Phillips 311, 536, 537, 748
— u. Gibbs 599, 601
Phloracetophenondimethyläther <ött
Photoanethol 605
Phthalsäureester, Nachweis 803
Phu 213, 215
Phyllocladen 410
Pickard 467
— Lewcock u. Yates 460, 467, 484
Register.
855
Pickard u. Littlebury 470, 471, 472
Piesse 98, 411
Pigafetta 134, 178
Piiiet 284
«-Pinen 341
-- Nachweis 349
A-Pinen 303
Machweis 354
Pinenoi 559
Pinocamphon 349
Pinocamphylxanthogensäureester 345
Pinoearveol 47+
Pinol 347, «T>8
Pinolhydrat 346
Pinonsäure 348, 352
Pituis pitiustor 106
P/perarif 126
Piperitol 467
Pipcriton *">HI
Piperonal 538
Piperonalaceton 540
Piperonylaceton 540
Piperonyl.säure (KM
Pfstac/a terebinttitrs 101
Piver 269
Plaisancc 748
Platearius 119, 156, 193, 199
Plautus 134
Pleissner 468, 561, 562, 563
Plinius 21, 41, 107, 109, 110, 122, 124,
134, 145, 156, 159, 170, 188, 194,
195, 201, 208, 213, 216, 217, 223
Plowman 478
Plutarch 117, 121, 170 .
Poccianti 621
Poivre 178
Pol eck 428
Poleiöl, Geschichte 212
Pomade 281
Pomade frangaise 281
Pomet 176
Ponce de Leon 142
Pond 98
Pontalti 395, 497
Porta 24, 48, 60, 102, 124, 126, 135,
140, 146, 148, 153, 164, 176, 179,
184, 189, 190, 200, 203, 217, 219,
249, 251
Posth 657
Power 683
— u. Chesnut 392, 399, 505, 506,681
Kleber 304, 305, 321, 425, 469,
728, 751
Lees 420, 546, 547
Salway 616
Prahl 739
Pratt 637
Prentice 563
Preusse 538
Priestley 82
Prileschajew 659, 660
Prins 349, 442, 519, 520
Priston 484
Procter 129, 150, 198
p-Propenylanisol 604
Propionaldehyd 506
Propionsäure 627
i#-Propylacrolein 508
Proust 200, 205
Prulaurasin 671
Prunasin 671
Prüfung auf Chlor 779
— — Schwermetalle 778
— der ätherischen Öle 691
• - des Geruchs 695
--des Geschmacks 695
Prüfungsmethoden, chemische 716
Pseudocedrol 499
Pseudojonon 587
Pulegol 4«6
Pulegon 560
— Bestimmung 743
— Oxydation 562
Puxeddu 606
Q
Querzigh u. Moreschini 715
Quintessence 272
Quintessenz (Quinta essentia) 31, 46,
49, 67, 222
Quist 485
Radcliffe u. Chadderton 735
Radziszewski 448, 528
Raikow 633
856
Register.
Ralla 62
jRane/fa formosana 678
Rao u. Simonsen 326
Sudborough 495
Rapssamen 689
Raschig 655
— u. Prahl 739
Raske 416
Rather u. Reid 626
Rau(o) 355, 397, 566
Rautenöl, Geschichte 159
Ray 210
Raymund Lullus 33, 36, 39, 102, 199
Read 338, 407
— Robertson u. Cook 473
— u. Smith 581, 582
Rebora 473
fteceptaca/a 228
v. Rechenberg 709, 712, 769
Reclaire 528, 647, 675, 722, 725, 741
— u. Spoelstra 731
Recluz 159
Redman, Weith u. Brock 757
Reformatsky 438
v. Reiche 176
Reid 626, 721
Reiff (Ryff) 47, 48, 49, 54, 102, 116,
135, 148, 168, 174, 175, 179, 189,
194, 196, 200, 202, 227, 232, 240
Reimer u. Tiemann 531
Reindel 333
Reitter 527
Rem(m)ler 157, 166
Remsen 535
Reti 754
Reuniol 438
Reychler 601, 607
Reymann 134
Rhas(z)es 118, 226
van Rheede tot Drakenstein 112,
113, 121, 126
Rheindorff 611
RheinischeCampherfabrik31Q,472
Rhodinal 439, 517, 518, 521
Rhodinol 428, 438
Rhodischer Becher 111
Richter 443, 490, 559, 598
— u. Wolf! 335, 347
Riechstoffe, Gewinnung aus Blüten sWM
Rigaud 134
Rimbach 569, 704
Rimini 506, 574
Rinderknecht 440, 442, 443
Ringer sehe Lösung 569
Ripper 744
Risse 386, 387, 39Ü, 393, 394, 492, 494,
496, 788
Ritter 528, 562
Rizza 405
Roberts 407, 582
Robertson 357, 377, 378, 379, 399,
473, 474
— Kerr u. Henderson 394
Robillard 159
Robiquet 85, 146, 147, 157, 267, 26H
Rochleder 88, 206
Roeder 519, 564, 565, 566
Roenisch 553
Rojahn 374, 393, 660
van Romburgh 306, 420, 626, 634
Romeo 513
Römisch Kamillcnöl, Geschichte 216
R6na 529
Ron i seh 369, 421, 489, 553
Rönsch 134
R o s c h i e r ; 564
Rosenberg 374, 389, 408, 502
v. Rosenberg 568, 570
Rosenhut 231, 232
Rosenöl, Geschichte 17, 69, 150
Rosenthaler 668, 669, 773, 774
— u. Seiler 738
Roshanowitsch 315, 318
Roshdestwensky 687
Rosicki 311
Rosmarinöl, Geschichte 199
Rossi (Rubeus) 48, 153, 176, 189, 194
Rossi 687
Roth u. v. Auwers 331
Rother 738
Roure 269
Roure-Bertrand-Fils 99
Rousset 393
Roxburgh 112, 175
Rübke 781, 786, 801
Rudolph 412
Register.
857
Rtielle 77, 81
Rügheimer 450
Ruhemann ,"«6, 406, 411, 412, 413
Rumpf 112, 118, 132
Runnc 774
Ruotte 143
Rupe 5R5
ii. Altenburg 460
I.otz 523
Rinderknecht 440, 441, 442
Schlochoff 523, 558
Ruzicka 96, 303, 369, 370, 371, 373,
374, 380, 382, 389, 390, 393, 394,
406, 412, 413, 487, 488, 489, 496,
574, 590, 593, 595, 596
u. Pornasir 424, 425
I.iebl 367
Meyer u. Mingazzini 387
u. Pfeiffer 495
Pontalti ti. ßalas 395, 497
u. Rudolph 412
St oll 376, 379, 387, 408, 409, 497
Trebler 349, 301
Ryff s. Reiff.
Sabaticr 432
u. Mail he 505
Senderens 431, 470
Sabinaketon 331, 356, 357
Sabinen 35f>
Sabinenglykol 356
Sabinensäure 357
Sabinol 47»
Sabinolglucosid 474
Sablnolglucuronsäure 474
Sack 595, 678, 680
Sadebaumöl, Geschichte 109
Sadtler 742, 743
Safranöl, Geschichte 115
Safrol «1»
Saladin 126, 200, 202, 217
Saladinus von Aesculo 36, 102, 126,
131, 132, 152, 156, 159
Salamon 568, 725
Salbeiöl, Geschichte 205
Salomo III. 119
Salicylaldehyd 580
Salicylsäure 631
— als Verfälschungsmittel 792
Salicylsäureäthylester 638
Salicylsäureisoamylester 689
Salicylsäuremethylester 634
— als Verfälschungsmittel 792
Sambunigrin 671
Sancto Amando 36, 102, 140, 156
Sandelholzöl, Geschichte 130
Sanderson u. Jones 604
Sanglß-Ferriere u. Cuniasse 717
Santalcampher 493
«-Santalen 392
/S-Santalen 388
«- und ^-Santalol 491
Santen 366
Santenglykol 367
Santenol 366
Saprikin 406, 407, 411
Sartorius 133
Sassafrasöl, Geschichte 141
Satie 98, 493, 796
Säuren 626
Säurezahl 719
— II 797
de Saussure 189, 200, 205
Savard 564, 565
Sawer 98
Scalione 496, 502
Scarpa 715
Schaeffer 624
Schall u. Kirst 584
Schantz 710
Schau b 157, 158
Scheele 79, 82, 156
Schelenz 221
v. Schiller 357
Schimmel $ Co. 99, 108, 129, 137,
199, 269, 289, 308, 310, 313, 314,
318, 328, 331, 332, 338, 345, 350,
356, 357, 364, 371, 377, 382, 384,
386, 388, 390, 392, 393, 397, 405,
415, 419, 423, 424, 430, 431, 433,
442, 445, 447, 448, 449, 450, 451,
452, 455, 456, 459, 460, 465, 466,
467, 469, 471, 473, 475, 476, 478,
483, 485, 487, 488, 489, 490, 491,
492, 493, 498, 500, 501, 503, 505,
858
Register.
Schimmel Sj Co.
507, 508, 509, 510, 51t, 517, 518,
519, 521, 525, 526, 528, 529, 532,
535, 536, 537, 541, 542, 546, 548,
549, 555, 561, 565, 566, 572, 578,
581, 582, 583, 585, 589, 591, 592,
597, 599, 600, 603, 604, 605, 607,
608, 609, 610, 611, 612, 613, 614,
6t5, 617, 619, 623, 626, 633, 636,
637, 638, 639, 641, 642, 643, 644,
645, 646, 647, 648, 649, 650, 651,
654, 660, 663, 666, 667, 672, 673,
677, 680, 684, 687, 690, 705, 707,
711, 715, 720, 724, 729, 734, 745,
748, 752, 766, 767, 768, 769, 770, 780,
781, 788, 794, 796, 797, 801, 803, 805
Schindelmeiser 399
Schlochoff 523, 558
Schmidt 148, 315, 405, 425, 432, 438,
439, 442, 443, 444, 451, 454, 457,
466, 469, 471, 472, 479, 518, 519,
521, 522, 523, 561, 562, 564, 565,
591, 641, 642, 643, 686
— u. Weilinger 373, 400
Schnedermann 114
v. Schneider 637, 638
Schnell 623
Scholtz u. Wiedemann 533
Schönos 111
Schönusöl, Geschichte 17
Schöpf 104, 114, 116, 143
Schorger 311, 346, 507, 508
Schoßberger 366, 376, 516, 623
Schrader 85, 157, 158, 557, 558, 566
Schreiner 98, 339, 637, 750, 756, 770
— u. Kremers 374, 383, 405
Schröder 142, 145, 153
Schryver 731, 754, 755
Schultz 207
Schumm 560
Schwefelhaltige Verbindungen 667
Schwefelkohlenstoff 685
Schwefelwasserstoff 684
Schweizer 86
Schwermetalle, Prüfung auf 778
Scott 683
Scribonius 122, 134, 145, 155, 188,
196, 201
Sedanonsäure «(81
Seelig 644
Seiler 738
Selinen s$K«
Selinenol 387
Seliwanoff 484
Seil 85, 86, 186, 189, 190, 191
Semmler 95, 99, 184, 295, 304, 305,
314, 315, 319, 331, 339, 348, 355,
356, 366, 368, 388, 392, 394, 42.'»,
427, 430, 431, 432, 433, 454, 455,
473, 482, 483, 491, 492, 507, 511,
512, 513, 514, 522, 523, 549, 550,
551, 562, 563, 565, 574, 576, 577,
578, 579, 580, 600, 617, 055, 061,
730
- u. Ascher 661
Bartelt 367, 475, 485, 540
Becker 374, 375, 411
— Bode 492
— Hoff mann 393, 394
- — Jakubowicz 369, 411
— - - Jonas 305, 369, 407, 408, 503
— Jonas u. Richter 490
Rönisch 369, 421, 489, 553
— u. Liao 495
Mayer 382, 383, 384, 393, 482,
494, 496, 497, 499, 500
— — Mc. Kenzie 621, 622
Risse 386, 387, 390, 393, 394,
492, 494, 496, 788
Rosenberg 374, 389, 408, 502
— v. Schiller 327
— -- Schoßberger 366, 376, 516, 623
Sporn itz 371, 389, 393, 394,
395, 502
• Stenzel 379, 397
Tobias 387, 496, 500
2 aar 452, 453, 475, 541
Senföl, Bestimmung 774
— Geschichte 145
Senföle 685
Sequoien 307
Serapion 27, 131
S ernagiotto 334, 338, 339, 340, 558, 562
Serpentins 227
Serres 107
Sesquicamphen 389
Register.
859
Sesquicamphcnol 502
Sesquicitronellen 371
Sesquiterpen 1 aus ßaumwollkrautöl 802
H aus liaumwollkrautöl 8#»
aus Braunkohlengeneratorteer 396
chinesischem Terpentinöl 30»
Cymhopagon caesitts $92
Kadeöl 3ft»
Maticoöl »itä
Ocotea asambarensis 400
Orignnum vulgäre 891
Pinas Tlmnbergii #98
Thymus striuttts 376
Ysopöl 380
monoeyclisches aus Campheröl 376
Sesquiterpenalkohol aus Eucalyptusöl
Nelkenstielöl 497
Selleriesamenöl 497
Ysopöl 497
Scsqtiitcrpenalkohole 4W(!
aliphatische 4H7
aus Campheröl 497
Zimtblätteröl 497
bicyclische 490
monoeyclische 4!)ü
tricyclische 498
unbekannter Konstitution 500
Sesqniterpene X<*>7
aliphatische !171
bicyclische 5W<>
Konstitution 368, 370
monoeyclische 372
— - tricyclische 892
unbekannte aus verschiedenen Ölen,
Tabelle 401
-- unbekannter Konstitution 399
Shapter 766
Sherk 598, 601, 602
Sherndal 396, 411
Shimoyama 622
Shinosaki 389, 502
— u. Hos hin o 502
— - Ono 399
Siedepunktsbestimmung nach Paul u.
Schantz 710
Siedetemperatur eines ätherischen Öls
711
Siedeverhalten 709
Sievers u. Givaudan 8f Co. 535
Silber 192, 386, 526, 550, 558, 607,
613, 619, 620, 656
Simmons 717, 732
— u. Dyche-Teague 599
Simon 99
Simonis 655
Simons en 326, 396, 397, 501
— u. Rau 355, 397, 566
Simpson u. Jones 673
Sinaibin 660
Sinalbinsenföl 690
Siaapis arvensis 686
Slsymbrjum-Arten 686
Sjollema 689
Skatol 080
S kinner 530
Skita 441, 511, 529, 590, 594
— u. Ritter 528, 562
Skworzow 584
Slack 721
Slare 140
Slawinsky 659
Sloane 176
Smith 340, 346, 400, 407, 410, 445,
467, 544, 581, 582, 702, 737
— Hurst u. Read 338
Snape 610
Snow 716
Sobrerol 346, 348, 353
v. Soden 267, 491
— u. Elze 475, 490
Henle 546, 547
Müller 388
Rojahn 374, 393, 660
v. Soden u. Treff 433, 436, 437, 487
— — Zeitschel 436
Soltmann 108
Solubilfty value 715
Sommer 535
de Soto 142
Soubeiran 84, 86
So U(s)chida 409, 501
Späth 527
Spezifisches Gewicht 699
Spielmann 108, 123, 169
Spike nard 216
860
Register.
Spiköl, Geschichte 201
Spinacen 427
Spinner 674
Sp/'r/tus Mc/fssae compositus 207
Spoelstra 731
S p o r n i t z 37 1 , 389, 393, 394, 395, 502, 660
Sprinz 658
Spurge 535
Stadel 625
Stadnikow 651
Stahl 70
Stange 158
Stakte 111
Staudinger u. Klever 303
Stearinsäure «SO
Steche 433, 440
Steck 133
Steensma 679, 680
Steer 218
Steinkauler 307
Stenhouse 91, 171
Stenzel 379, 397
Stephan 419, 423, 424, 426, 430, 431,
432, 434, 444, 455, 456, 508, 642,
734, 779
— u. Helle 453, 460
Sternanisöl, Geschichte 132
Stickstoffhaltige Verbindungen iH\1
Stobbe 308
— u. Lippold 528
Stockmann 141
Stohmann 604
Stoll 376, 379, 387, 408, 409, 497
Storaxöl, amerikanisches, Geschichte 149
— Geschichte 148
Stornier u. Kippe 601
Strabo(n) 170, 191, 218
Strabus = Strabo
Strache 737
Styracin 646
Styrol 808
Styron 450
Sudborough 495
Sulfide 684
Sulfitmethode zur Bestimmung der
Aldehyde 741
Susruta 192
Sutherland 348, 361
Sylvestren SI26
— Farbreaktion 329
i-Sylvestren = Carvestren .'126
Sylveterpin 329
Sylveterpineol 329
Synesios 24
Sz<§ki 619
Tailleur 634
Takagi 391, 493, 494, 553
Tamba Yasuyori 211
Tanaceton ."»7(5
Tanacetylalkohol 482
Tapia 400
Tardy 363
Tausz 301, 316
Tellera 674
Tennant 247
Terebinsäure 348
Terephthalsäure 348
Teresantalol 4H,"»
Teresantalsäure 492, (KM
Ter Meulen 689
Terpenaldehyde, aliphatische ."><>»
Terpenalkohole, aliphatische 421
Terpen aus Lvodht rut.tvcar/m 36e>
Terpene !t12
- bicyclische 841
— olefinische 801
- Totalsynthesen 316
Terpensynthesen 313
Terpentinöl aus Kanadabalsam , Ge-
schichte 107
- französisches, Geschichte 106
Geschichte 101
Nachweis 787
venetianisches, Geschichte 107
Terpenylsäure 348
Terpinen 380
— Nachweis 333
Terpinenol-1 462
Terpinenol-4 356
Terpinenterpin 332, 356
Terpineol 347, 425, 432
— Nachweis 460
«-Terpineol 354, 468
/9-Terpineol 460
Register.
861
y-Terpineol 4<S1
Terpincol-d-Glucosid 457
Terpincole 4JMJ
Terpinhydrat 425, 426, 432, 437, 453, 464
Terpinolen »25
Terpinolenerythrit 326
Terpinylacetat ($47
■ als Verfalschungsmittel 792
Nachweis 794
«-Tcrpinylbutyrat 648
Terpinylformiat 640
1-Terpinylnonylat 648
Testoni 620
n-Tetradecylsaure ($29
Tetrahydroatractylen 391
Tetrahydrocalamen 390
Tetrahydrocarvon 332, 340, 58(5
Totrahydrocarvylamin 332, 340
Tetrahydrocaryophyllen 384
Tctraliydrocuminaldehyd 339, 341, 354,
542
Tetrahydrocuminylamin 340
Tetrahydroisozingiberen 375
Tctrahydrojonon 590
Tetrahydroinachilen 391
Tetrahydroselinen 387
Tetralin G.m.b.H. 655
Tctraterpene 410
Thaddcus 39
Thcnard 86
Theophanes 27, 151
Theophrast 122, 124, 145, 148, 155,
170, 193, 208, 219
Thibierge 146
Thioozonide 426
Thoms 489, 546, 547, 610, 616, 619,620,
759, 803
— u. Beckstroem 660, 764
— Molle 664
Thujadicarbonsäure 357
Thujen 463
Thujon 57»
--- Farbreaktionen 580
Thujylalkohol 482
Thymen 309
Thymianöl, Geschichte 207
Thytnochinon 625
Thymobydrochinon 60«
Thymol 470, 583, 597
— Bestimmung 754, 756, 757, 758
Thymolmethyläther 599
/*-Thymomenthoi 471
Tiemann 96, 423, 424, 431, 433, 435,
454, 458, 509, 511, 513, 514, 515,
516, 518, 520, 523, 531, 535, 551,
564, 571, 587, 588, 589, 592, 612,
640, 641, 644, 742
— u. Haarmann 534
Krüger 430, 549, 551, 586, 592
Mahla 458
Schmidt 315, 425, 432, 438,439,
442, 443, 444, 454, 457, 466, 518,"
519, 521, 522, 523, 561, 562, 564,
565, 641, 642, 643
— — Sem ml er 315, 348, 426, 427,430,
431, 433, 440, 454, 512, 513, 549,
550, 551, 558, 579
Tiffeneau 603
Tiglinsäure 630
Tilden 91, 315, 352
— u. Williamson 323
Tobias 387, 496, 500
Tonquinol 676
Tournefort 81
Trallianus 122, 145, 156, 164, 177, 196
Traube 478
Trebler 349, 351
Treff 433, 436,437, 487, 525, 675,710,725
Trefle 639
Trefol 639
Tresh 374
Triacontan 303
Triäthylcitrat als Verfälschungsmittel 792
Tricyclen 349
Tricyclengurjunen («-Gurjunen) 395
Tricyclische Sesquiterpene 392
Trlcydogurjunen (tf-Gurjunen) 395
Trimellithsäure 379
Trimethyigallussäure 617, 631
Trirerpenalkohole 504
Triterpene 410
Tritton 247
Tröger u. Feldmann 399
Trommsdorff 86, 114, 128, 173, 180,
182, 214
Troostwyck 83
862
Register.
Tsakalotos u. Papaoonstantinou
360
Tscharner 539
Tschirch 137, 293
— u. Hohenadel 413
Tschugaeff 313, 314, 345, 470, 481,
648, 649
— u. Fomin 483
Tsukamoto 385
Tucholka 372
Tunmann 293
Turmerol 503
Turner u. Holmes 766
Tusting Cocking (s. auch Cocking)
664, 727
Tuttle 390
U
Ulstad 35, 47, 48, 49, 54, 227, 240, 242
Umney 329, 752
Uncineol 445
Undecylalkohol 420
Undecylenalkohol 421
n-Undecylsäure G29
Unger 750
Ungesättigte Ketone 548
— Kohlenwasserstoffe S03
Unterkreuter 410
Urban u. Kremers 351
van Urk 756, 760, 761
Uschak 196
Valentini 136
Valentyn 181
Valeraldehyd 506
Valeriana ce/tica 112
Validol 651
Vanaldol 538
Vanillin 533
— Bestimmung 747, 748
neben Piperonal 747
— Darstellung 534
— Farbreaktionen 537
— Löslichkeit 536
— mikrochemischer Nachweis 537
— Trennung von Cumarin 747
Vanillin, Verfälschung 538
o-Vanillin 538
Vanillodine 538
de Varda 605
Varenne u. Godefroy 605
Vasco da öama 125, 13**
Vaubel 717
Vauquelin 85, 128
Vavon 320, 471, 558, 584
Veilchenketone 587
Veüchenöl 591
Veratrumsäure <1!H
Verben ol 347
Verbenon 347, .V>5>
Verley 286, 436, 487, 511, 512, 535,
549, 552
— u. Bölsing 731
Verovanil 538
Verschaffelt 532, 679
Verseifung 718
Verseif ungszahl 719
Vesterberg 410
— u. NBjd 410
Westerland 504
Vetivenol 4»«
Vettori 244
Vicianin 671
Victorius Faventinus 244
Viehoever 689
Villiger 314, 321, 665, 666
Vincent 269
Vinylessigsäurenitril «72
Vinylsulfid 685
Violan 591
Violette 591
Viorodon 591
Virgil 194
Viskosität 715
V/'snea rnocanera 678
Vitalis de Furno 39
Vitis Jabrusca 681
de Vitri 162
Vitruvius 107
Vogel 116, 157, 158
Voigt 784, 786
Volry 455
Volkamer 165
Vortmann 598
Register.
863
W
Wacholderbeeröl, Geschichte 108
WachoJderholz51, Geschichte 109
Wacholderteeröl, Geschichte 109
Wagner 99, 319, 348, 349, 454
n. Glnzberg 349
Slawinsky 659
Walbaum 313, 315, 329, 359, 362, 377,
425, 450, 479, 480, 481 , 482, 51 1 , 539,
570, 594, 595, 603, 648, 649, 665, 680,
681, 684
u. Hüthig 382, 414, 415, 452
Stephan 444, 642
Walker 767
Wallach 92, 93, 94, 191, 295, 303, 309,
311, 313, 314, 315, 316, 318, 319, 320,
323, 324, 325, 327, 328, 329, 330, 331,
332, 333, 336, 338, 339, 340, 341, 345,
347, 349, 350, 352, 353, 354, 356, 359,
363, 364, 365, 368, 377, 378, 381, 382,
398, 41 1 , 443, 453, 454, 455, 456, 457,
458, 459, 461 , 462, 463, 464, 465, 466,
467, 473, 474, 477, 478, 482, 484, 495,
514, 518, 542, 549, 550, 551, 552, 555,
556, 557, 558, 559, 560, 561, 562, 563,
564, 565, 566, 573, 574, 575, 576, 577,
578, 579, 580, 581 , 583, 599, 622, 658,
659, 663, 666, 667
u. Braß 664
Conrady 318
- Glldemeister 340, 664
- Lorentz 351
- Müller 605, 615
Naschold 438
Rheindorff 611
Schrader 557, 558, 566
Tuttle 390
Wallerant 569
Walther 186, 195, 748, 751
Wassermann 611
Weber 330
Weddige 750
Wedel 110, 114, 128, 141, 205
Wedemeyer 516
Weehuizen 414, 415, 602, 679, 680
Wegener 639, 778
Weger 308, 633
Wegscheider 720
Wehrmann 778
Weidmann 186
Weihrauchöl, Geschichte 169
Weilinger 373, 390, 400
Weishut 763
Weißzimtöl, Geschichte 176
Weith 757
Weide 593
Wertheim 147
Wermutöl, Geschichte 218
Wesson 482
Westerland 504
v. Westernhagen 134
Westrumb 182
Wichelhaus 606
Wichmann 537, 748
Widmann 310
Wiedemann 533
Wiegand 192
— u. Lehmann 767
Rübke 801
Wiegleb 80
Wieland u. Reindel 333
Wienhaus 498, 500
— u. Schumm 560
Wier 144
Wiggers 87
Will 86, 147, 148
Willert 126
Williams 160, 176, 180, 400, 637, 716,
717, 738
Williamson 323
Willstätter u. Mayer 432
Wilke 294
Wilkie 705, 757
Winckler 127, 157
Windisch 714
Wintergrünöl, Geschichte 129, 196
— künstliches 634
Winther 64, 126, 135, 140, 179
Winton u. Baüey 657, 747
Witte 134
Wittneben 181
Wähler 85, 157, 158
Wolff 335, 347
Wolpian 310
Worstall 717
864
Register.
Xylolmoschus 675
Yamaguchi 544
Yates 460, 467, 484
Ylang-Ylangöl, Geschichte 133
Yoshitomi 552
Zaar 452, 453, 475, 541
Zdarek 758
Zehl 527
Zeiger 572
Zeise 247
Zeisel 762
Zeitschel 267, 319, 426,435,436,488,
512, 559, 682, 683
— u. Schmidt 469, 471, 472
Zelinsky 320, 347
Zeller 97, 218
Zerevitinoff 736, 737
Zibet 680
Zibeton 6%
Zimtaldehyd 451, MW
Bestimmung 740, 743, 744
Reduktion 529
Zimtalkoho! 450, 529
Zimtöl, Ceylon, Geschichte 137
Zimtsäure 451, «31
Zimtsäureäthylester <Ht»
Zimtsäurebenzylestcr «46
Zimtsäuremethylester «Htet
Zimtsäurezimtester tt4«
Zincke 308, 626
Zingiberen 874
Zingiberol 502
Zinin 147
Zinke 504
-- u. Unterkreuter 4U)
Zirkulation 229
Zitwerwurzelöl, Geschichte IIb
Zosimos 24, 223, 224
Zürrer 557
Zwenger u. Dronke 654