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HARVARD COLLEGE
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CHARLES SUMNER
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DIE
KUNSTDENKMÄLER
DER
RHEINPROVINZ
^^
DIE
KUNSTDENKMÄLER
DER
RHEINPROVINZ
IM AUFTRAGE DES PROVINZIALVERBANDES
HERAUSGEGEBEN
VON
PAUL CLEMEN
ZWEITER BAND
i.
DIE KUNSTDENKMÄLER DES KREISES REES
^
DUSSELDORF
DRUCK UND VERLAG VON L. SCHWANN
1892
DIE
KUNSTDENKMÄLER
DES KREISES
rep:s
IM AUFTRAGE
DES PROVINZIALVERBANDES DER RHEINPROVINZ
HERAUSGEGEBEN
VON
PAUL CLEMEN
MIT 6 TAFELN UND 75 ABBILDUNGEN IM TEXT
^
DUSSELDORF
DRUCK UND VERLAG VON L. SCHWANN
1892
PA 7<^5.// C^J
JAN 9 19Ui
/
ep-mr
ALLE RECHTE VORBEHALTEN
VORBEMERKUNG.
Waren die wichtigsten Kunstschätze des linksseitigen Uferlandes am deutschen
Niederrhein durch die Bemühungen Bkissei^s, Schoitens, Wolffs schon geraume
Zeit bekannt, so blieben die Denkmaler am rechten Ufer vergessen und unbeachtet
mit Ausnahme der Werke der Kleinkunst, die durch aus'm Weerth ihre Publikation
gefunden hatten. So sucht das vorliegende Heft seinen Schwerpunkt in der Dar-
stellung und erstmaligen Veröffentlichung der Denkmäler von Elten, Emmerich, Wesel.
Bei der Behandlung der zeitlich vor dem Mittelalter liegenden Erdwerke und Wall-
befestigungen musste eine gewisse Einschränkung eintreten. Die Frage nach Be-
stimmung und Ursprung dieser Anlagen kann nur im Zusammenhang mit der Er-
forschung der südlichen Kreise und der anstossenden westfälischen Grenzgebiete durch
eine zu erwartende systematische Untersuchung der ganzen Linie ihre Lösung finden.
Eine Reihe der kleineren Land^:ehren konnte bestimmt als mittelalterlich nachge-
wiesen werden; für die übrigen ergaben sich in der Frage, ob germanische, ob frän-
kische Stammesgrenzen, ob eine Fortsetzung des römischen limes, aus Profilen und
Fundgegenständen keinerlei klare und bestimmte Anzeichen. Das letzte Wort wird
hier erst der Spaten sprechen. So sind in die vorliegende Darstellung alle mutmass-
lich vormittelalterlichen Wallanlagen mit dem vorläufigen Namen der ,älteren Grenz-
wehren' bezeichnet, der wie das x in der Mathematik einer Grösse entspricht, die
erst noch gefunden werden soll.
In erster Linie ist der Verfasser dem Gründer und Verwalter des Niederrheini-
schen Museums für Orts- und Heimatskunde zu Wesel, Herrn Gymnasialoberlehrer
Karl Mummenthey, zu Danke verpflichtet, der seit dem Beginn der Bereisung des
Kreises im Sommer i89i mit unermüdlichem Eifer die Vollendung des Werkes zu
fördern bemüht war. Die Inventarisation erfreute sich der wirksamen Unterstützung
und persönlichen Teilnahme des Herrn Landrates Gescher, des Herrn Kreisbauinspek-
tors HiLLENKAMP, sowie des Bürgermeisters der Stadt Wesel, Herrn Dr. Fluthgraf.
Der Kommandant der Festung Wesel, Herr Generalmajor v. Carlowitz, gestattete
bereitwilligst die eingehende Aufnahme der der militärischen Verwaltung unterstehen-
den Gebäude. Dem kenntnissreichen Erforscher der Rheinebene von Wesel bis Elten,
Herrn Kaplan J. J. Sluyter in Rees, verdankt der Unterzeichnete eine Reihe wert-
voller Beiträge, Herrn Lehrer Gaecks in Krudenburg Nachrichten über Krudenburg
und Schwartzenstein.
' VI VORBEMERKUNG
Herr Generaldirektor Nering-Boegel in Isselburg und Herr August Lancelle
in Emmerich stellten in der liebenswürdigsten Weise ihre reichen Kenntnisse und ihre
Bibliotheken in den Dienst des Unternehmens. Herr Sylvester Festen zu Rees
I gestattete die Benutzung seiner reichen Sammlung älterer Flurkarten und Pläne. Bei
der Aufnahme der Willibrordikirche in Wesel fand der Verfasser weitgehende Unter-
[ Stützung bei Herrn Regierungsbaumeister Lehmgrübner; Herr Architekt Theodor
Gelsing in Emmerich stellte mit rühmenswerter Liberalität Aufnahmen der Münster-
kirche zu Emmerich und der Pfarrkirche zu Hochelten zur Verfügung. Bei der Be-
schreibung des Schatzes der Münsterkirche zu Emmerich stand Herr Domkapitular
ScHNÜT(iEN in Köln dem Verfcisser mit seinem sachkundigen Rat zur Seite.
Weiterhin gebührt der Dank des Verfassers Seiner Durchlaucht dem Fürsten
Nicolaus Leopold zu Salm -Salm in Anholt, Seiner Durchlaucht dem Fürsten Otto
Adalbert zu Salm - Horstmar in Koesfeld, der Freifrau Amalie von Widden-
^ HORST -SoNSFELD ZU Schloss Hueth, Herrn Bürgermeister Maassen zu Schermbeck,
dem Herrn Dechanten Troost, Herrn Pfarrer A engen voort und Herrn Kaplan Koth
zu Emmerich, den Herren Pfarrern Braam zu Hochelten, Henrichs zu Domick,
Wesselmann zu Haffen, Gietmann zu Haldem, Dr. Boelitz, Kisselstein und
Roelofs zu Wesel, Herrn Beigeordneten Müller, Herrn Dr. med. E. Eichelberg,
' Herrn Steuerrat Born, Herrn Architekten Otter, Herrn Sekondelieutenant Irgahn,
i Herrn B. Schmithals in Wesel, Herrn Geheimen Archivrat Dr. Harless und Herrn
^ Regierungs- und Baurat Hasenjäger zu Düsseldorf, Herrn Professor Dr. Nordhoff
! zu Münster i. W., Herrn Professor Dr. aus'm Weerth in Kessenich bei Bonn, Herrn
^ Dr. Firmenich -RicHARTz in Bonn, Herrn Rcligionslehrer Dr. Schölten in Kleve.
Die Abbildungen Nr. 5, 6, 9, i7, 25, 26, 2 7, 29, 3o, 3i, 36y 37, 57 sind nach Zeich-
nungen des Herrn Architekten Adolf Baum in Köln, Nr. 4i, 5o, 58, 65, 66, 67, 74, 75
nach Zeichnungen des Herrn Architekten Friedrich Pützer in Aachen, Nr. 10, 11,
12, i3, i4, i5, 32, 33y 34, 35 nach Zeichnungen des Herrn Architekten Theodor Gel-
sing in Emmerich, Nr. 59, 60 nach Zeichnungen des Herrn Kreisbauinspektors Hillen-
KAMP, Nr. 61, 62, 63, 64 nach Zeichnungen des Herrn Architekten Otter in Wesel,
Nr. I, 2, 3, 4, 18, i9, 21, 23, 42, 43, 48, 49, 5i, 52, 55, 56, 7o, 7i nach Zeichnungen und
Aufnahmen des Verfassers, Nr. 16, 47 nach Vorlagen des Herrn Professors aus'm
Weerth in Kessenich, Nr. 7, 8, 20, 22, 38, 39, 4o sowie die Tafeln I~VI nach Auf-
nahmen des Hofphotographen Anselm Schmitz in Köln hergestellt. Die Karte des
Kreises Rees hat Herr Landmesser Heinrich Künkler zu Bonn angefertigt.
Zu den Kosten der Drucklegimg haben der Kreis Rees und die Stadt Wesel
in Anerkennung des grossen Nutzens dieser Veröffentlichungen Beitrüge gespendet.
Bonn, im Dezember i892.
PAUL CLEMEN.
EINLEITUNG.
Der Kreis Rees bildet den nordöstlichen, zwischen den Rhein, die Provinz
Westfalen und das Königreich, der Niederlande hineingeschobenen Grenzstreifen des
Regierungsbezirks Düsseldorf. Er wird nördlich von der niederländischen Provinz
Gelderland, östlich von dem zum Regierungsbezirk Münster gehörigen Kreise Borken,
südlich von dem Kreise Ruhrort begrenzt, von dem er durch die Lippe getrennt
wird; jenseits des Rheines im Westen liegen die Kreise Moers und Kleve. Er um-
fasst die Städte Emmerich, Isselburg, Rees, Wesel nebst 4o Landgemeinden mit einer
Einwohnerzahl von (i89o) 65836 Seelen.
Das Hauptgebiet des Kreises gehörte zu dem ehemaligen Herzogtum Kleve,
das nach dem Erlöschen des klevischen Mannesstammes mit dem Herzog Johann
Wilhelm im Jahre 1624 durch den Düsseldorfer Vertrag an das Haus Brandenburg
gelangt war. Während der linksrheinische Teil von Kleve schon 1 794 an Frankreich
verloren ging, wurde das rechtsrheinische Gebiet erst 1806 an Frankreich abgetreten
und zum Grossherzogtum Berg geschlagen; die Stadt Wesel mit ihrem Rayon wurde
am 21. Januar 1808 französischer Besitz und mit dem Roerdepartement, Arrondisse-
ment Kleve, vereinigt. Durch das kaiserliche Dekret vom i4. Dezember 1810 wurden
die nördlich der Lippe gelegenen Teile des Grossherzogtums Berg dem französischen
Kaiserreich einverleibt und zu dem Departement Ober-Issel geschlagen, von dem
das Gebiet des jetzigen Kreises aber am 28. April 181 1 wieder getrennt wurde, um
dem neugebildeten Departement der Lippe als Arrondissement Rees zugeteilt zu
werden. Das Gebiet des ehemaligen Frauenstiftes Elten im Norden des Kreises,
dessen Territorialhoheit sich indessen nur über die Gemeinden Hoch- und Nieder-
Elten und den Eltenberg erstreckte, wurde 1802 durch den Reichsdeputationshaupt-
schluss an Preussen als Entschädigung für die Abtretung des linksrheinischen Kleve
überwiesen. Nach der Besetzung durch Frankreich im Jahre 1806 wurde die Prin-
zessin Laetitia, die Tochter Murats, durch kaiserliches Dekret zur Äbtissin ernannt
und stand dem Stift vor, bis es 181 1 von Napoleon aufgehoben und mit dem Lippe-
departement vereinigt ward.
Nachdem im November i8i3 die Heere der Verbündeten von diesem Besitz
genommen, wurde das Gebiet des Kreises drei Jahre lang von der provisorischen
Regierungs- Kommission zu Münster verwaltet, bis am 22. April 18 16 die Verwaltung
an die Königl. Regierung in Kleve überging. Durch den Grenztraktat vom 7. Oktober
18 16 wurden von dem Königreich der Niederlande die Gemeinden Klein -Netterden,
1
2 EINLEITUNG
Speiberg, Legmeer und Borghees an Preussen abgetreten, wogegen die ehemals Kle-
vischen Gemeinden s'Grävenward, Spyck, Lobith, Kysward und Bilandswerd an die
Niederlande kamen. Nachdem endlich im Jahre i823 die Bürgermeisterei Scherm-
beck von dem ehemaligen Kreise Dinslaken abgetrennt worden, war die Bildung des
Kreises Rees in seinem jetzigen Territorialstande vollendet.
Emmerich und Elten, zusammen mit den jetzt auf dem linken Rheinufer ge-
legenen Orten Kellen und Brienen, bildeten das ursprüngliche Archidiakonat Emme-
rich, das zvur Diöcese Utrecht gehörte. Alle übrigen Pfarreien gehörten zum Kölnischen
Dekanat Xanten. Schermbeck lag im Münsterischen Gebiet; als Filial der Kölnischen
Pfarrei Drevenack gehörte es aber zur Kölnischen Diöcese.
Von ihrem niederrheinischen Hauptwaffenplatze aus, Castra vetera auf dem
Fürstenberg bei Xanten, hatten die römischen Legionen ihre Züge nach dem Osten
imtemommen, zu beiden Seiten der Lippe liefen römische Heerstrassen hin, die alte
Lippemündung selbst war befestigt, ein ganzes System von Befestigungen, Grenzwehren
und Wällen erstreckte sich nach dem Osten zu.
Zur Zeit der ersten römischen Invasion hatten hier die Menapier ihre Sitze,
später, nach ihrer unglücklichen Wanderung über den Rhein, die Usipeten und die
Chamaver. Der ganze Landstrich, zumal die mittlere Hetter, stellte in den ersten
Jahrhimderten der christlichen Zeitrechnung ein meilenweites sumpfiges Terrain dar,
der westliche Streifen wurde durch den Ostrhein abgetrennt, der von Bislich durch
das Sonsfelder, Aspeler und Millinger Meer bis Elten führte; nach der jetzigen west-
fälischen Grenze zu zog sich undurchdringlicher Buschwald.
Unter der Herrschaft der Franken lief mitten durch den Kreis die Grenze
zwischen dem Herzogtum Ripuarien und der Grafschaft Hamaland. Zum Düffelgau,
dem nördlichsten Teile Ripuariens, gehörten Wesel, Bislich, Hamminkeln, Mehr,
HafTen, Haldem, zur Hetter, die eine Unterabteilung des DüfTelgaues darstellte, die
späteren Pfarrbezirke Bienen, Millingen, Praest, Domick, Vrasselt Den Nordzipfel mit
Elten, Emmerich, Kellen, Brienen nahm der mit dem ursprünglichen Archidiakonat
von Emmerich identische Gau Leomerike ein, der neben dem Isselgau und dem
Veluwegau zur Grafschaft Hamaland geschlagen war. Es war der Grenzstreifen der
Franken gegen die sächsische Bevölkerung, vom 6. Jahrhundert an zugleich ihr Kampf-
platz. Ungeheure weitausgedehnte Erdbefestigungen, Wälle und Wallburgen geben
noch Kunde von der Zeit der Stammeskämpfe am Niederrhein.
Unter den Kle vischen Grafen und Herzögen nahm das rechte Rheinufer teil
an den Blüteperioden einer grossartig gesteigerten Baulust. Von der Zeit an, da der
heilige Willibrord zuerst hier das Evangelium gepredigt, bis zum Ende des 12. Jahr-
hunderts entsteht ein monumentaler Bau neben dem andern. Nur zwei, das Münster
zu Emmerich und die Abteikirche zu Elten, haben den Stürmen der Zeit getrotzt,
die grosse Abteikirche zu Rees ist verschwunden, von der ehemaligen romanischen
Willibrordikirche zu Wesel sind erst in den letzten Jahren die Fundamente wieder
EINLEITUNG 3
aufgedeckt worden. Die zweite grosse Blütezeit der kirchlichen und profanen Archi-
tektur im iS. Jahrhundert begann mit der Herrschaft Adolphs II. von Kleve. Der
erste Klevische Herzog selbst ging mit seinem Beispiele voran: in Wesel, Schermbeck,
Isselburg errichtete er starke und umfangreiche Burgen, die Mauerringe und Befesti-
gungen aller seiner Städte erneuerte er; in seiner Regierungszeit liegen die Keime
jenes raschen Aufblühens der Städte und des Bürgertums, das seinen sprechendsten
Ausdruck in einer rein bürgerlichen Kunstthätigkeit fand: die grosse Kalkarer Bild-
schnitzerschule erhielt ihre Gegenstücke in Emmerich und Wesel. Für die kirchliche
Architektur am Ausgange dieser Periode bezeichnen die Höhepunkte die Aldegundis-
kirche zu Emmerich, die Matena- und die Willibrordikirche zu Wesel Die grossen
rechtsrheinische» Kirchenbauten sind nicht unversehrt auf uns gekommen wie der
Viktorsdom zu Xanten, die Nikolaipfarrkirche zu Kaikar. Die letzten Wellen des
niederländischen Bildersturms schlugen bis nach Emmerich, und die Weseler Kirchen,
wiewohl von der grossen Bewegung der Bilderstürmerei verschont, wetteifern in nüch-
terner Nacktheit mit den holländischen Domen. Die bewegliche Klage Vondels wird
lebendig, die der Dichter über den Untergang von SL Katharina in Amsterdam an-
stimmte: £gj^ Koninghs Bruit, na d'overrompelingh
Van eenig Rijck, berooft op hare staetsi
Van sluierpracht, gesteente, parle, en ringh,
En jammerlijck mishandelt, en geschonden.
Seit dem Ende des i4. Jahrhunderts erst war der ganze Landstrich nördlich
der Lippe mit Ausnahme von Elten Eigentum der Grafen von Kleve geworden. Die
Herrschaft Ringeriberg war schon 1257 an Kleve übergegangen, wie 1210 die Graf-
schaft Dinslaken; im Jahre i392 wurde endlich auch die Grafschaft Aspel, die sich
seit dem u. Jahrhundert im Besitz des erzbischöflichen Stuhles zu Köln befunden
hatte, an Kleve abgetreten. Wesel selbst gehörte zum Landdrostenamt Dinslaken,
das nördliche Gebiet zu den Amtmannschaften Rees und Hetter, Bislich, Emmerich
und Limmers.
Die spätere Geschichte des Kreises ist auf das engste mit den Schicksalen
der Stadt Wesel verknüpft, der eigentlichen Hauptstadt des Kreises, die durch ihre
kommerzielle und militärische Bedeutung die alte Landeshauptstadt Kleve rasch über-
flügelt hatte.
Ob Kleve gleich das Haupt, ist Wesel doch das Herz
In diesem Herzogtum, drum ist es auch umgeben
Mit einer starken Brust — man sieht es wieder leben
Durch reiche Nahrungs- Kraft nach überstandnem Schmerz,
singt der Magister Kayser in seinem Klevischen Pamass. Der Ort, ursprünglich eine
Villa im Besitz der Abtei Echtemach, später der Herzöge von Brabant, erst seit 11 63
im erblichen Banne der Grafen von Kleve, erscheint schon in der Mitte des 1 2. Jahr-
hunderts am Rheinhandel beteiligt, nach der Erhebung zur Stadt im Jahre I24i blüht
3
4 EINLEITUNG
er rasch empor, mit Freiheiten und Privilegien von den Grafen von Kleve freigebig
ausgestattet. Seit dem Jahre i35o war die Stadt Mitglied des Hansabundes. Wesel
bildete den Stapelplatz für das aus dem Süden kommende Holz- und Steinmaterial.
Um die Wende des i5. Jahrhunderts schuf hier eine blühende Bildhauerschule die
steinernen Kunstwerke, die noch die Pfeiler des Xantener Doms zieren. Am Beginn
des i6. Jahrhunderts lebte hier der Maler Johannes Jodoci, Apelleie artis pictor in-
signis, wie er in einem Kontrakt über sein Hauptwerk, den Hochaltar zu Werden, heisst.
Die von Tournai geflüchteten Wallonen führten i549 die Fabrikation von Tapisserien ein.
Am frühesten unter allen niederrheinischen Städten hat sich Wesel der Refor-
mation zugewandt, hier hatte schon i523 Adolf Ciarenbach gepredigt, i568 wurde
hier die erste reformierte Synode abgehalten. Damit war Wesel zur Hochburg und
zum Vorort der Reformation am Niederrhein geworden — die Stadt hat ihre Stellung
bis jetzt zu wahren gewusst. Am Ende des 16. Jahrhunderts beginnen ihre Leiden.
Zuerst im Jahre i586 die Pest, die über die Hälfte der Einwohnerschaft hinwegraffle,
dann' die Brandschatzungen von i586 und i588, endlich die Schrecknisse des fürchter-
lichen Jahres i598. Die Banden des Admirals Franz Mendoza, der durch das Jülicher
Land in's Klevische gezogen war, erschöpften alle Grausamkeiten gegen das unglück-
liche Land — die Schlösser zu Diersfordt, Bellinghoven, Groin, Empel, Hueth, die
Klöster Marienthal und Schiedenhorst wurden ausgeplündert und das flache Land
verheert. Im Jahre 16 14 wurde die Stadt wieder durch die Spanier eingenommen,
i672 von den Franzosen erobert. Der Handel versiechte, der Hafen versandete, der
feste Ring von Mauern und Bastionen drohte die kräftig aufstrebende Stadt in seiner
eisernen Umarmung zu ersticken: erst die Entfestigung Wesels im Jahre i89i hat eine
neue verheissungsvolle Zeit wirtschaftlicher Blüte eröffnet.
Unbedeutende Höhen von Diluvial -Ablagerungen ziehen sich wellenförmig als
Scheidegrenze zwischen der Rhein- und Isselniederung von Südosten nach Nord-
westen und erheben sich nur in dem Eltenberge zu einem stattlicheren, die Gegend
weithin beherrschenden Bergrücken. Der Boden der Niederung wechselt vom schwer-
sten Alluvialboden bis zum leichtesten Sandboden. Festes Gestein fehlt dem Kreise.
Nur in den Isselniederungen findet sich der Raseneisenstein in grosser Menge, auf
dem der Betrieb der Isselburger Hütte basiert. Wie in den Nachbarkreisen Kleve
und Moers war somit die Bauthätigkeit auf den Backstein und den Tuff" angewiesen,
für den der Rhein eine breite und bequeme Handelsstrasse darstellte.
EINLEITUNG
LITTERATUR.
I. Zusammenfassende Darstellungen. Egbert Hopp, Kurtze Beschreibung
des Landes sampt angehenckter Genealogia der Graffen und Hertzogen zu Cleve, Cleve
i655, 2. Aufl. Wesel i78i. Holland. Ausg.: Körte Beschryving van het geheele Land
van Cleve, Nymwegen i783. — W. Teschenmacher, Annales Cliviae, Juliae, Mon-
tium, Marcae, Westphalicae, Ravensbergae, Geldriae et Zutphaniae, Frankfurt u. Leipzig
i72i (abgekürzt mit: Teschenmacher, Ann.). — Henricus Gualterius Eskes,
Historie van het land van Cleve. Met een kleine beschrijvning van alle steden, dor-
pen, kloosters en kasteelen benevens eenen aanhang van Gelderland, Meurs en Raven-
steyn. — Matthaeus Broverius van Nidek en Isaac le Long, Kabinet van
Nederlandsche en Kleefsche outheden, bestaande in steden, dorpen, sloten, adelyke
huysen, kloosters, kerken, godshuysen, poorten, en andere voomaame stadts- en landt-
gebouwen, geopent door Isaac le Long, en in 3oo verscheide printtafereelen ver-
toont door Abraham Rademaker, Amsterdam i 732 (2. Ausg. Dortrecht i77i). —
J. DE Beijer, Het verheerlykt Kleefschland; of Kabinet van Kleefsche oudheden en
gezigten, van steden, dorpen, slotten, adelyke huizen, kerken, torens, poorten en
andere voornaame stad- en land-gebouwen in Kleefschland, Amsterdam i792. —
Christ. Friedr. Meyer, Ansichten einer Reise durch das Clevische und einen Teil
des Holländischen, Düsseldorf i797. — Aug. Christ. Borheck, Geschichte der
Länder Cleve, Mark, Jülich, Berg und Ravensberg, Duisburg 1800. — Ders., Archiv
f. d. Geschichte, Erdbeschreibung, Staatskunde und Altertümer der deutschen Nieder-
rhein. Lande, Elberfeld 1800, L- — Sommer, Handbuch der älteren und neueren
bäuerlichen Rechtsverhältnisse in dem ehemaligen Grossherzogtum Berg, Königl.
Westfäl. u. Französisch- Hanseatisch -Preussischen Provinzen in Rheinland -Westfalen,
Hammi83o. — F. v. Restorff, Topographisch-Statistische Beschreibung der Königl.
Preussischen Rheinprovinzen, Berlin i83o, S. 457. — W. von der Nahmer, Ent-
wickelung der Territorial- und Verfassungs Verhältnisse der deutschen Staaten an
beiden Ufern des Rheins, Frankfurt a. M. i832, S. 789. — O. v. Mülmann, Statistik
des Regierungsbezirks Düsseldorf, Iserlohn i864, I, S. 334, 365. — Statistische Dar-
stellung des Kreises Rees, nach amtlichen Quellen bearbeitet [unter Landrat Dön-
hoff], Wesel i863. — Benzenberg, Über Provinzialverfassung mit besonderer Rück-
sicht auf die vier Länder Jülich, Cleve, Berg und Mark, Hamm 18 19, 2 Bde. — J. A.
NijHOFF, Gedenkwaardigheden uit de geschiedenis van Gelderland door onuitgegeven
oorkonden opgehelderd en bevestigd, Amheim i83o — 1862, 6 Bde. (abgekürzt: Nij-
HOFF, Ged.). — Ders., Bijdragen voor vaderlandsche geschiedenis en oudheidkunde,
Amheim i837— 1856, 10 Bde. — Nieuwe reeks i858 — 1877, 9 Bde. — Provinzial-
Recht des Herzogthums Cleve ostseits Rhein und der Grafschaften Essen, Werden,
Elten, der Herrschaft Broich und Klein-Netterden, Berlin i837. — Scom, Samm-
lung der Gesetze und Verordnungen der ehemaligen Herzogtümer Jülich, Cleve-
6 EINLEITUNG
Berg, 2 Bde., Düsseldorf 1822. — F. H. W[estermann], Rückblick auf die Geschichte
des Herzogtums Cleve überhaupt und der Stadt Wesel insbesondere, Wesel i83o. —
J. F. Knapp, Regenten- und Volksgeschichte der Länder Cleve, Mark, Jülich, Berg
und Ravensberg von Karl dem Grossen bis auf die Vereinigung mit der Preussischen
Monarchie, Crefeld i836, 3 Bde. — F. Char, Geschichte des Herzogtums Cleve seit
der ersten historischen Kenntnis bis auf unsere Zeit, Cleve i845.
2. Römisch-germanische Urgeschichte. Friedrich Bird, Über die Be-
deutsamkeit der Gegend des Niederrheins zur Zeit der römischen Herrschaft, mit
besonderer Beziehimg auf Wesel und Umgegend, Wesel 1826. — C. v, W., Über die
Römerstrassen am rechten Ufer des Nieder-Rheins, von dem Winterlager Vetera aus-
gehend, zur Veste Aliso, über die pontes longi und zu der niederen Weser, Berlin
i834. — Spenrath u. Mooren, Altertümliche Merkwürdigkeiten der Stadt Xanten
und ihrer Umgebung, 2 Bde., (auch unter dem Titel: Geschichtsforscher und Bewahrer
der Altertümer am Niederrhein), Crefeld i837. — Fiedler, Geschichte und Alter-
tümer des unteren Germaniens und des Landes am Niederrhein, I. Römische Denk-
mäler der Gegend von Xanten und Wesel am Niederrhein und an der Lippe, Essen
1824. — Ders., Antiquarische Mitteilungen vom Niederrhein: Neue Mitteilungen des
Thüringisch -Sächsischen Altertumsvereins auf dem Gebiete historisch -antiquarischer
Forschungen I, 3, i834, S. 83. — A. Dederich, Beiträge zur Römisch -deutschen
Geschichte am Niederrhein, Emmerich i85o. — Ders., Geschichte der Römer und
Deutschen am Niederrhein, insbesondere im Lande der Chamaver oder Hamalande,
Emmerich i854. — Ders., Beiträge zur ältesten Geschichte des clevischen Landes zur
Zeit der Römerherrschaft und der Normannenfahrten : G}Tnnasialprogramm Emmerich
1860. — J. A. OoRT, Oude wegen en landweren in Limburg en aangrenzende ge-
westen, Leiden i884. — Alphabetische naamlijst, behoorende bij de kaart van de in
Nederland, Beigiß en een gedeelte der aangrenzende landen gevonden romeinsche,
germaansche of gallische oudheden, benevens de romeinsche en anderen oude wegen,
enz. begonnen door wylen C. J. C. Reuvens, voortgezet door C. Leemans en J. L.
F. Janssen, Leiden i845. — Dederich, Chorographisches, das Clevische Land und
die Stadt Cleve betreffend, aus der Zeit des Geographus Ravennas: Ann. h. V. N. II,
S. 23o. — Mooren, Über die Nachkommenschaft der ersten Ansiedler in der unteren
Rheingegend: Ann. h. V. N. XXXVI, S. i. — Jacob Schneider, Der Eltenberg und
Montferland bei Emmerich, Emmerich i845. — Ders., Neue Beiträge zur alten Ge-
schichte und Geographie der Rheinlande, Düsseldorf 1860 — i89o, Heft i — 14. Vor
allem Heft 2, Der Kreis Rees unter den Römern, Düsseldorf 1 868. — Ders., Die alten
Heer- und Handelswege der Germanen, Römer und Franken im Deutschen Reiche,
Düsseldorf 1882 — i89o, Heft i — 9. — W. Eng. Giefers, Römerspuren an der Lippe,
aufgedeckt von Fr. W. Schmidt, v. Zuydtwyck, L. Hölzermann und Fr. Hülsen-
beck, Paderborn 1868. — L. Hölzermann, Lokaluntersuchungen der Kriege der Römer
und Franken, sowie der Befestigungsmanieren der Germanen, Sachsen imd des spä-
teren Mittelalters, Münster i878. Dazu Westföl. Zs. XXXVI, S. 202. — W. Fricke,
EINLEITUNG 7
Geschichtlich -kritische Feldzüge durch das nordöstliche Westfalen, Minden i.W. i889.
— A. Fahne, Die Landwehr oder der limes imperii Romani am Niederrhein : Berg. Zs.
IV, S. I. — V. Veith, Römischer Grenzwall an der der Lippe: B. J. LXXXIV, S. i.
3. Territorialgeschichte. Johannes Blaspeil, Disputatio politica de du-
catu Cliviae, Harderwyk i65o. — Herm. Stangefeld, Annales circuli Westphalici,
sive opus chronologicum et historicum rerum omnium maxime notabilium sub hoc
seculo gestarum a Christo nato ad a. i596 deductum, Köln i656. — Vitus Frid.
A Seckendorf, Historia Lutheranismi, sive commentarius historicus et apologeticus
de Lutheranismo, Frankfurt u. Leipzig i692, 2 Bde. — Batavia sacra sive res gestae
apostolicorum vironun, qui fidem Bataviae primum intulerunt, in duas partes divisa,
Brüssel i7i4. — Johann Hobbeling, Beschreibung des ganzen Stifts Münster, Dort-
mund i742, S. &i. — Jod. Herm. Nunning, Monumentorum Monasteriensium decuria
prima, Wesel i747. — Cameralistische und historische Beiträge zur Beschreibung
des Lippeschen Landes: Neues westfälisches Magazin zur Geographie, Historie und
Statistik von P. F. Weddigen, HL Bd., Leipzig i792, Heft 9, S. 23. — B. Mensinck,
Die Cyriacusfeier zu Borken oder der Sieg über die Grafen von Geldern und seine
Verbündeten, Emmerich i844. — E. v. Schaumburg, Die Schlacht im Cleverhamm:
Ann. h. V. N. IX, S. 81. — Den Spaenschen ende Arragoenschen Spiegel, Rostock
i599. — Erschreckliche böse Zeitung dessen, kurtz nothwendig und wahrhafftiger
Bericht, was sich in den Niederlendischen Westphälischen Kreyss innerhalj^ drey
Monat zugetragen, Flugbl. von i599 (vgl. Beitr. z. Gesch. v. Stift u. Stadt Essen XIH,
S. 83). — J. D. V. Steinen, Westfälische Geschichte, Lemgo i7i5, 1, S. 333, 54o. —
W. Crecelius, Nachrichten - über den Einfall der Spanier in den niederrheinisch-
westfälischen Kreis i598: Berg. Zs. XXIV, S. 23. — Die Grafen und Herzöge von
Cleve: Lacomblet, Archiv für die Geschichte des Niederrheins IV, S. 385. — Über-
blick über die niederrheinisch - westfälische Territorialgeschichte bis zum Anfange des
iS.Jh.: Berg. Zs. II, S. 1. — Jos. Hansen, Westfalen und Rheinland im 1 5. Jahr-
hundert, I. Bd., Publikationen aus den Kgl. Preuss. Staatsarchiven XXXIV, Leipzig
1888. — E. V. Schaumburg, Die Begründung der Brandenburg. - Preuss. Herrschaft
am Niederrhein und in Westfalen und der Jülich - Clevische Erbfolgestreit, Wesel i859.
— Paul Hassel, Die Anfänge der Brandenburgischen Politik in den Rheinlanden:
Zs. für Preuss. Geschichte und Landeskunde IX, S. 32i. — Mestwerdt, Zur Clevi-
schen Geschichte in der Zeit der französischen Herrschaft (i794 — i8i4): Gymnasial-
programm Kleve i883. — Bartholdus van Akerlaecken, De oude, groote ende
warachtighe genealogien der hertogen van Gelre, Gulick, Cleve, Berge ende graven
van der Marck, Nimwegen i655. — Dederich, Neue Forschungen über die ältesten
Klevischen, Geldemschen und Zütphenschen Grafen: Gymnasialprogramm Emmerich
i864. — A. J. C. Kremer, De graven in Hameland en de oorsprong der graven van
Nassau, Gelre, Cleve en Zutphen, Amheim i873.
4. Zur Geschichte von Gelderland. Jon. van Someren, Herstelde oudt-
heyt ofte beschryvinghe van Batavia, wesende een gedeelte van't hertoghdom Gelre
8 EINLEITUNG
ende graafschap Hollandt, Nimwegen i6S7. — Hedendaagsche Historie of tegen-
woordige Staat van alle Volkeren. XIII. Beschrijving van Gelderland, Amsterdam
i74i. — Geographische beschrijving van de provincie van Gelderland, Amsterdam
i772. — J. Knippenberg, Historia ecclesiastica ducatus Geldriae, Brüssel i7i9, —
Continuatio historiae ecclesiasticae ducatus Geldriae, Brüssel 1806. — G. van Hasselt,
Kronijk van Amhem, Arnheim i79o. — Ders., Oorsprong van het hof van Gelder-
land, Arnheim i793. — Ders., Geldersche Bijzonderheden, Arnheim 1808. I. Oor-
sprong van het geslacht van Byland. — Ders., Stof voor eene Geldersche Historie
der heidenen, Arnheim i8o5. — W. A. van Spaen, Oordeelkundige inleiding tot de
Historie van Gelderland, Utrecht 1801 — i8o5, 4 Bde. — Ders., Historie van Gelder-
land, Utrecht i8i4. — L. A. J. W. Sloet, Bijdragen tot de Kennis van Gelder-
land, Arnheim i852 — 1855. — A. Ver Huell, Gelderland, Teekeningen en prenten
(nicht im Handel). Amhehn i883. — J. W. Staats Evers, Kronick van Amhem, I,
1233 — 1789; II, i789— 1868, Arnheim 1868— 1876. — Ders., Beschrijving van Am-
hem, Arnheim 1868. — Ders., Arnhem in en omstreeks i572, Arnheim i872. — Ders.,
Bijdragen tot de geschiedenis der regtspleging in Gelderland, bijzonder te Arnhem.
— Ders., Gelderland's voormalige steden (darunter s' Heerenberg), Arnheim i89i. —
R. A. Baron van Hoevell-Nyenhuis, Ludolf van s'Heerenberg, Heer van Hedel
en zijne Afstammelingen. — R. W. Tadama, De waarheid angaande Ludolf van den
Berg, ^mheim i847. — Willem graaf van dem Berg en zyne Tijdgenooten, Zütphen
i846. — C. A. Serrure, Histoire de la souverainete de s'Heerenberg, 2 Bde., Haag
u. Gent 1 85 9 — 1860.
5. Zur Kenntnis der benachbarten Archive und Sammlungen. J. A.
NijHOFF, Overzigt van het archief afkomstig van het graafschap Kuilenburg, Arn-
heim i836. — P. NijHOFF, Tijdrekenkundig register van oorkonden, bemstende in
hed oud- archief der gemeente Hattem, Arnheim i854. — Ders., Registers op het
archief, afkomstig van het voormalig hof des vorstendoms Gelre en graafschaps Züt-
phen, Arnheim i856. — Ders., Inventaris van het oud archief der gemeente Nij-
megen, Arnheim i864. — Ders., Inventaris van het oud archief der gemeente Am-
hem, Arnheim i864. — Über die kleineren Nachbararchive vgl. das Register der
Kronijk van het Historisch Genootschap gevestigd te Utrecht i877, p. 6. — Th. A.
J. Abeleven en A. M. van Voorthuysen, Catalogus van het Museum van oud-
heden te Nijmegen, Nymwegen i889. — J. W. Staats Evers, Catalogus van het
Amhemsche Museum van oudheden, Arnheim 1881. — Tadama, Verslag aver het
oude grafelijke Bergsche archief te s'Heerenberg, i843. — H. Keussen, Das fürstlich
hohenzollemsche Archiv zu s'Heerenberg bei Emmerich : Ann. h. V. N. XI, S. 1 7 1 .
Dazu Wd. Zs. I, S. 398.
6. Kirchengeschichte. Kurtzer und warhaflfter Bericht der Differentien
zwischen dem Herrn Churfürsten zu Brandenburg und dem Herrn Pfaltzgraffen zu
Newburg . . . über das Religionwesen in den Gülichschen, Clevischen und zugehörigen
Landen, i663, p. 36. — J. D. v. Steinen, Kurtze und generale Beschreibung der
8
EINLEITUNG
Refonnationshistorie des Hertzogtums Cleve, Lippstadt i727. — J. P. Berg, Refor-
mationsgeschichte der Länder Jülich, Cleve, Berg, Mark, Ravensberg, herausgegeben
von LuDW. Tross, Hamm 1826. — C. H. E. v. Oven, Über die Entstehung und
Fortbildung des evangelischen Cultus in Jülich, Berg, Cleve und Mark, Essen 1828. —
Ders., Die Presbyterial- und Synodal -Verfassung in Berg, Jülich, Cleve und Mark,
Essen 1829. — J. A. v. Recklinghausen, Reformationsgeschichte der Länder Jülich,
Berg, Cleve und Meurs, III. Bd. vop C. H. E. v. Oven, Solingen i837. — Heinrich
Heppe, Geschichte der evangelischen Kirche von Cleve -Mark und der Provinz West-
falen, Iserlohn 186 7. — Ed. Demmer, Geschichte der Reformation am Niederrhein
und die Entwickelung der evangelischen Kirche daselbst bis zur Gegenwart, Aachen
188S. — Max Lehmann, Preussen und die katholische Kirche seit i64o: Publikationen
aus den Kgl. Preussischen Staatsarchiven, Leipzig i878, I. — L. Keller, Die Gegen-
reformation in Westfalen und am Niederrhein: Publikationen aus den Kgl. Preussi-
schen Staatsarchiven, Leipzig i887, Bd. IX. u. XXXIII. — H. Qu. Janssen en J. J.
VAN Toorenenbergen, Acten van classicale en synodale vergaderingen der verstrooide
gemeenten in het land van Cleef, sticht van Keulen en Aken, i57i — 1589: Werken
der Mamix-Vereeniging, serie II, deel 2, Utrecht 1882. — Floss, Zum Clevisch-
Märkischen Kirchenstreit, Bonn i883. — X. G. Schneemann, Die preuss. Kirchen-
politik in Kleve -Mark: Stimmen aus Maria -Laach XXV, S. 29, 1 25, 5 11. — H. Ver-
loren VAN Themaat, Geschiedenis der Vicarien in de provincie Utrecht en der
geestelijke of gebeneficieerde goederen in het algemeen, na de Reformatie: Bijdragen
en mededeelingen van het historisch genootschap te Utrecht IV, p. 98.
7. Wasserstrassen und Deichrechte. Verzameling van rapporten verbaalen
en verdere stukken, betreffende de doorsnydingen en werken, welken, sedert de Con- •
ventie van den Jaare i77i, op de boven rivieren. tusschen Emmerik en Arnheim
zyn aangelegd, Haag i798, 3 Bde. — Grosses Kartenwerk über den Niederrhein von
F. Beijerinck, gez. von Hendrik van Straelen, Text: Explicatie behoorende bij
de Kaart der Boven -Rivieren, zamengestcld in de jaren i8o5 en 1806 door den land-
meter F. Beijerinck. — P. H. Kemper, Repertorium der literatuur van de water-
straat van Nederland, Haag i883. — Schlichting, Die Deiche am Niederrhein:
Erbkams Zs. für Bauwesen 1881, S. 283, 39i. — J. H. L. van der Schaaff, Oud-
Geldersche waterrechten: Gelderscher Volks-Almanak i867, p. 69. — Reglement op
het beheer der rivierpolders in de provincie Gelderland, Tiel 1880. — Der Rhein-
strom und seine wichtigsten Nebenflüsse von den Quellen bis zum Austritt des
Stromes aus dem Deutschen Reich. Eine hydrographische, wasserwirtschaftliche und
wasserrechtliche Darstellung, Berlin i889. — Aug. Chambalu, Die Strom Veränderungen
des Niederrheins seit der vorrömischen Zeit, Köln i892. — J. J. Sluyter, Rheinläufe,
Spycke, Uferhöfe, Furthe, Warde und Horste: Nrh. G. i883, S. I23 ff".; i884, S. 9 ff".
Vgl. weiterhin die Litteraturangabe unter Emmerich und Wesel und zu den
Kunstdenkmälem des Kreises Kleve.
lO EINLEITUNG
ABKÜRZUNGEN
für die häufiger genannten Werke.
Lacomblet, ÜB. — Th. J. Lacombleti Urkundenbuch fttr die Geschichte des Niederrheins, Dttssel-
dorf 1840—1857, 4 Bde.
Binterim u. Mooren, £. K. — Binterim u. Mooren, Die alte und neue Erzdiöcese Köln, in Dekanate
eingeteilt, Mainz 1828—1830, 2 Bde. Die 2. Aufl. unter dem Titel: Die Erzdiöcese Köln bis
zur französischen Staatsumwälzung, bearbeitet von Alb. Mooren I, Dflsseldorf 1892.
Binterim u. Mooren, D. C — Binterim u. Mooren, Rheinisch -westfälischer diplomatischer Codex,
Mainz 1830, 2 Bde.
Sloet, Oork. — L. A. J. W. Baron Sloet, Oorkondenboek der graafschappen Gelre en Zutfen tot
op den slag van Woeringen, 5. Juni 1288, 'sGravenhage 1872 — 1876.
B. J. — Jahrbücher des Vereinsf von Alterthumsfreunden im Rheinlande, I (1841)— XCII (1892).
Ann. h. V. N. — Annalen des historischen Vereins flir den Niederrhein, I (1855) — LIV (1892).
Berg. Zs. — Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, I (1868)— XXVII (1891).
WestfaL Zs. — [Westfälische] Zeitschrift fttr vaterländische Geschichte und Altertumskunde,
I (1888)— L (1892).
Picks Ms. — Monatsschrift für rheinisch -westfälische Geschichtsforschung und Alterthumskunde, heraus-
gegeben von Richard Pick, I u. II (1875, 76). — Monatsschrift fttr die Geschichte Westdeutsch.
lands, herausgegeben von dems., III (1877)— VII (1881).
Wd. Zs. — Westdeutsche Zeitschrift fttr Geschichte und Kunst, herausgegeben von Hettner und
Lamprecht, I (1882)— XI (1892).
Nrh. — Der Niederrhein. Wochenblatt fttr niederrheinische Geschichte und Altertumskunde, 1878,
1879, 1884—1886.
Nrh. G. — Niederrheinischer Geschichtsfreund, I (1879)— VI (1884).
Aus'm Weerth, Kd. — E. aus'm Weerth, Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den. Rhein-
landen, Leipzig 1857—1868, 5 Bde. Tafeln und Text.
Brambach, C. l. R. — W. Brambach, Corpus inscriptionem Rhenanarum, Elberfeld 1867.
«4Üy
lO
ASPEL.
Römische
Funde
Schloss
Litteratiir
RÖMISCHE FUNDE. Dicht vor dem jetzigen Kloster Aspel liegt noch ein
80 Fuss hoher kegelförmig aufgeworfener Hügel, von einem tiefen Graben umgeben,
ursprünglich durch einen Rundturm gekrönt, auf Flurkarten um i58o im Besitz des
Herrn Silvester Festen auf Pannofen bei Rees als ,dat ronde wehr und den Aspelsen
tom* bezeichnet (Schneider, Kr. Rees S. 55). Der römische Ursprung ist zweifelhaft.
Eine alte Strasse, vermutlich vom Monterberg herkommend, führt über Aspel direkt
nach Werth an der Issel (Schneider S. 4i) und weiter Aach Bocholt, wo sie in dem
Etappenlager endet (Schneider in Picks Ms. VI, S. 3o8. — Jahresbericht des West-
fälischen Provinzial Vereins für Wissenschaft und Kunst i878, S. 201). Vgl. Sluyter
in Nrh. G. 1880, S. 129. — Schneider ebenda S. i49.
SCHLOSS. Teschenmacher, Ann. p. 499. — Jon. Molanus, Natales Sanc-
torum Belgii, Leiden 1 595, Bl. i92^ — Gelenius, De magnitudine Coloniae, Köln
i645, p. 7i. — VAN Slichtenhorst, Geldersse Geschiedenissen, Amheim i659, V,
p. 59. — Dederich, Geschichte der Römer und Deutschen am Niederrhein S. 24i. —
Ders., Die h. Irmgardis : Ann. h. V. N. I, S. 64. — A. J. C. Kremer, De graven in
Hamaland, Amheim 18 73, p. 38. — J. J. Sluyter, Irmingardis, Gräfin von Aspel:
Nrh. G. 1880, S. 89. ■— Ders., Haus Aspel: Niederrhein. Volksbote 1886, Nr. 37. —
Hofesrecht von Aspel vom J. i499: v. Steinen, Gesch. der Grafschaft Mark, S. i776,
Nr. i5. — J. J. Sluyter, Das Hofrecht von Aspel: Nrh. G. VI, S. 66, 75.
Handschriftl. Qu. In der Kgl. Bibl. zu Berlin: Bericht van natuir unndt
eigenschafid der Rossgueder im ampt von Aspell im Cod. Boruss, fol. i5o.
Aspel war im 10. Jh. die Residenz von Godizo, Grafen von Aspel und Heim- Oeschichie
bach. Nach seinem Tode geriet es zeitweilig in den Besitz Balderichs, des Grafen
von Uplage und Germenseel, nach ihm an Gewehard, den zweiten Gemahl der Witwe
Godizos, endlich an die Gräfin Irmgardis (Lacomblet, U B. I, Nr. 242. Vgl. über sie
Kunstdenkmäler d. Kr. Kempen S. 125). Im J. loii wurde es durch Bischof Adel-
boldus von Utrecht belagert (Alpertüs, De diversitate temporum b. II, c. 3 : Mon.
Germ. SS. IV, p. 7io: . . . ex altera parte palude et stagno interiecto inaccessibilis
erat .... firmitatem loci et altitudinem turrium . . .).
Von io5o — 1392 befand es sich im Besitz des erzbischöflichen Stuhles zu Köln.
Das alte Schloss ging I237 zu Grunde, als der Graf von Kleve in das Kölnische
Gebiet einfiel und Aspel durch den Verrat seines Kastellans einnahm (Annal. Colon,
maximi, Mon. Germ., SS. XVII, p. 847 : castrum archiepiscopi Haspele, prope Res
sitiun, per traditionem castellani eiusdem castri cepit et confringit. Vgl. Sloet, Oork.
Nr. 6o5). Das Schloss war schon 1243 durch Lupert von Swansbule wieder neuerbaut
(Lacomblet, U B. II, Nr. 279), 1 249 wird die bisher Haldem inkorporierte Kapelle
mit Rees vereinigt (Düsseldorf, Staatsarchiv, Urk. Rees 25). Es bildete seitdem wieder-
holt ein Kölnisches Pfandobjekt: I289 wurde es cum turribus et portis an den Grafen
Adolph von Berg verpfändet (Lacomblet, U B. II, Nr. 865), i32i an Dietrich von
II
12 KREIS REES
Schiosi Kleve, i33i wieder eingelöst (Lacomblet, U B. III, Nr. i88, 258. — Mitteilungen aus
dem Stadtarchiv von Köln V, S. 77), i392 kam es wiederum an die Grafen von Kleve
(Lacomblet, U B. III, S. 968, Anm. 3; vgl. IV, Nr. 253. — Hansen, Rheinlande und
Westfalen im i5.Jh. I, Nr. 4o5. — Dazu Gert van der Schuren ed. Schölten
S. II 7. — Chron. degenealog.: Seibertz, Quellen III, S. 349. — Lacomblet, Archiv
IV, S. 262). Herzog Adolph von Kleve Hess es wider die Bestimmungen des Pfand-
Abbruch Vertrages verfallen (Hansen a. a. O. I, Urk. Nr. 73, 85) und i444 die Befestigungen
abbrechen. Im J. i47o bewilligt Herzog Johann von Kleve 200 Unkelsteine von dem
verfallenen Bau zu Aspel zum Mauerbau in Rees (Rees, Stadtarchiv, Urk. Nr. i35.
— Ratsprotokoll von i47o: Henrichs im Nrh. G. i883, S. 38), Im Besitz des späteren
Hauses Aspel finden sich die Herren von Töven (jetzt noch heisst ein Ackerkomplex
zwischen dem Aspeler Meer, dem Schmalen Meer und der Rees -Weseler Landstrasse das
Tövener Feld), von Lychendorp, von Hasselt, von Dungelen, von Schrieck (diese noch
i652 in den Rechnungen der Reeser Ziegeleien); 1682 wurde es im spanischen Erbfolge-
krieg in Brand geschossen, i85i von den Kreuzschwestem angekauft und in ein Kloster
verwandelt, dessen Kirche i856 eingeweiht ward (Niederrhein. Volksbote i856, Nr. 33).
Beschreibung Von dem älteren Bau sind nur noch Fundamente der Vorburg erhalten, die
unter dem jetzigen Hause liegen. Unter dem zweistöckigen, nach dem Brand von
1682 erneuerten und mit einer zwiebeiförmigen Haube mit Glockenstuhl versehenen
viereckigen Turm, der über der gewölbten Durchfahrt ein mit einer flachen Tonne
überspanntes Turmzimmer enthält, liegen die mächtigen Grundmauern eines Rund-
turmes, um den ein 9o cm breiter Gang im Halbkreis herumgeführt ist, der die unter-
irdische Vermittelung zwischen den beiden Trakten bildet. Unter dem älteren Teile
liegen vier mit Tonnengewölben überspannte kellerartige Gemächer, die durch schmale
Türen verbunden sind. Die beiden nach 1682 errichteten, im stumpfen Winkel an
den Thorturm stossenden zweistöckigen Gebäude entbehren aller architektonischen
Bedeutung.- Im linken Trakt einfache Stuckdecken und Malereien des 18. Jh.
Ältere Burg Der i444 abgebrochene Hauptteil der Burg lag auf der im jetzigen Park befind-
lichen, um 6 m künstlich aufgeschütteten Insel, die noch Fundamente einer Turm-
mauer zeigt und einer runden Cisteme. Das ganze Schloss ist in einer Zeichnung
auf einer Flurkarte um i58o im Besitz des Herrn Silvester Festen auf Pannofen bei
Rees erhalten. Vom Kirchhof 10 m nach Nordwesten entfernt befand sich eine Ere-
mitage, von der i85i noch die Fundamente sichtbar waren. In dem zur Bäckerei
eingerichteten Seitengebäude eine alte Herdplatte, 1,2? x 0,61 m gross mit der In-
schrift: M. H. c. z. c. H. I. B. (Maximilian Heinrich Churfürst zu Cöln Herzog in
Baiem t 1688). Vgl. Sluyter in der Niederrhein. Zeitung für Stadt und Land
i889, Nr. 47, 48.
BELLINGHOVEN.
Schloss
Geschichte
SCHLOSS. Das Schloss wurde von Dietrich von Bellinghoven erbaut und
i32 5 von diesem dem Grafen Dietrich VIII. von Kleve zum Offenhaus aufgetragen
(Lacomblet, U B. III, Nr. 208). Der Hof kam i48i in den Besitz derer von Bemsaw,
die i492 und i497 auch das Schloss kauften. Im J. i598 wurde es durch die Spanier
gänzlich ausgeplündert (J. D. v. Steinen, Westfäl. Geschichte, Lemgo i7i5, I, S. 333,
543, 563. — Publikationen aus den Kgl. Preuss. Staatsarchiven XXXIII, 3. Teil, S. 208.
— Berg. Zs. XXIV, S. 23) und wohl kurz nachher neuerbaut.
12
BIENEN
l3
Die letzte des Geschlechtes von Bernsaw, Margareta Gertrud Maria, heiratet Schioss
den Grafen Franz Kaspar Adrian von Schellardt, der noch i697 lebte. Zu Anfang
des i8.Jh. vom Marquis Wilhelm Adrian von und zu Hoensbroech angekauft, kam
es i773 an einen Herrn von Manger, weiter an die Familien Luyken, Münster und
Haniel. Die jetzige Besitzerin ist Fräulein Olga Haniel in Ruhrort.
Das Schioss (Fig. i) ist ein mächtiger zweistöckiger Bau, der, ähnlich wie Schioss Beschreibung
Ringenberg, auf einem regelmässigen rechteckigen von Gräben umgebenen Terrain
Fig. 1. Sehlots Bellinghoven.
gelegen ist Das Herrenhaus umfasst drei rechtwinkelig aneinander stossende Flügel,
in der Mitte erhebt sich der allein im Unterbau von der alten Burg stammende vier-
stöckige Turm, der mit einer geschweiften Haube und einer hölzernen Gallerie ab-
geschlossen ist. Der dritte Flügel neben dem Eingange ist niedriger und später
angebaut. An den beiden freien Seiten des Burgterrains erheben sich zwei kleine
viereckige Türmchen. Das Portal in dem grösseren Flügel wird von vier Pilastem
eingerahmt. Diese und die einfachen Stuckornamente zeigen die Formen des i8.Jh.
BIENEN.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. ss. Cosmae et Damiani m.). K.thoi.
^ ,. T-r ^1 M Pf«rrkircbe
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urk. von i5i5 an. — Hs. Chronik
von Pfarrer Wagelaar.
Die Kirche wird i332 zuerst genannt (Ann. h. V. N. LH, S. i48. — - Binterim Geschichte
u. Mooren, E. K. I, S. i83), das Patronatsrecht war mit Haus Anholt verbunden
(TiBUS, Gründungsgeschichte S. 210, Anm. 477).
i3
I i
KREIS REES
Kathol.
Pfarrkirche
Beschreibung
Inschriften
Hochftlur
Tau&tein
Im J. i366 war man mit dem Neubau beschäftigt — die Emmericher raubten
damals das Bauholz vom Kirchhof (Emmerich, Stadtarchiv, Urk. Nr. 39. — Wassen-
BERG, Embrica p. 94. — Dederich, Annalen der Stadt Emmerich S. in). Der ein-
schiffige Bau wurde von i5i5 — i5i6 in einen dreischiffigen verwandelt, das Mittel-
schiff mit neuen Gewölben versehen (Urk. i von i5i5 im Pfarrarchiv: behufs tym-
meringhe ons kerspel kerken), das südliche Seitenschiff trägt die Zahl i5i4. Die
Kirche wurde i856 neu verputzt, 1886 renoviert.
Der kleine dreistöckige Turm der dreischiffigen, 27,4o m langen, i i,5o m breiten
Kirche gehört noch dem i3. oder i4. Jh. an und zeigt im Oberstock eine schlichte
Gliederung durch Rundbogen. Das Material ist bis zum zweiten Stockwerk Tuff, im
obersten Geschoss Ziegel, das Erdgeschoss mit Backsteinabsteifungen versehen. Das
Mittelschiff besteht ganz aus Tuff, ebenso das südliche Seitenschiff, das nördliche
bis zu den Sohlbänken der Fenster, darüber Tuff mit Ziegelbändem, oben Ziegel.
Die achtseitigen aus der Mauerstärke konstruierten zwei Pfeilerpaare, die die durch
einfache Blenden belebten Scheidemauem tragen, entbehren der Basen und Kapitale.
Die Rippen der Stemgewölbe im Mittelschiff mit skulptierten Blattkapitälen auf 1 m
langen Dreiviertelssäulen, die mit einer Maske abschliessen. In den nach O gerade
abgeschlossenen Seitenschiffen zweiachsige Fenster und je ein Portal; im nördlichen
Seitenschiff die Rippen auf polygonalen Konsolen, im südlichen auf skulptierten Blatt-
konsolen, im Chor mit skulptierten Blattkapitälen auf Dreiviertelssäulchen, im Chor-
abschhiss in der Mitte abgebrochen.
Über dem nördlichen Seitenportal die Inschrift vom Anfang des 16. Jh. (Bin-
terim u. Mooren, E. K. I, S. i95. — Niederrhein. Volksbote i85o, Nr. 36. — Ann.
h. V. N. XI, S. i57, Anm.4):
OLIM SUNT OSSA BEENHORST OCCISAQUE FOSSA,
NAM TUNC PRAVORUM FUERAT SPELUNCA LATRONUM,
SIC SUMPSIT NOMEN EX OSSIBUS HIS SIBI BEENEN.
ANNO NONGENTO BEENEN ECCLESIAM FESTO LAMBERTI DEDICASSE MEMENTO
(9oo, i7. September).
Über dem südlichen Portal die Inschrift: int iaer ons heren mv^xiv ambrosii
(i5i4, 4. April).
Barocker unschöner Hochaltar mit handwerkmässiger Wiederholung des
jRu^easschen Bildes: Christus zwischen den Schachern, im Museum zu Antwerpen.
Im Aufsatz Auferstehung.
Taufstein, achtseitiges schlichtes Becken auf vierseitigem Untersatz, ohne
Plinthe, iS.Jh.
BISLICH.
Kathol.
Pfarrkirche
Geschiebte
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Johannis bapt).
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: 28 Urk. vom J. i4oo ab. — Einkünfle-
verzeichnis von i429 an. — Liber parochialis ecclesiae s. Johannis bapt. Bislicensis
i642. — Visitationsprotokolle von i7i6 ab.
Die Kirche wird zwischen 11 87 und Ii9i zuerst genannt (Düsseldorf, Staats-
archiv, Urk. Fürstenberg 5). Der Grundstock des Baues stammt aus dieser Zeit. Der
Turm wurde i47i errichtet (v. DoRTHsche Inschriftensammlung auf der Fahnen-
burg BL 99"). Nach der Zerstörung bei der Rheinüberschwemmung im J. 1688 (Visi-
tationsprotokoll von i7i6 im Pfarrarchiv: A. 1688 per inundantiam Rheni funditus
i4
BRUCKHEES
l5
eversa et profanata, modo autem per industriam meam ad multo nitidior praestan-
tiorque reaedificata) zum Teil erneuert. Gründlich restauriert im J. i885 durch Bau-
meister Hanemann in Münster.
Dreischiffiger Tuffbau, im Lichten 35,5m lang, 1 5,2 5 m breit, das Chor 7,4om
breit. Die ganze Anlage verrät die dreischiffige romanische Pfeilerbasilika des 12. Jh.
Jedem Mittelschiffgewölbe entsprechen jetzt zwei Seitenschiffgewölbe. Das Mittelschiff
war aber ursprünglich mit einer grossen, niedrigen, aus Tuff aufgeführten Tonne ein-
gedeckt, die erst i885 abgebrochen ward. Die Pfeiler haben Vorlagen erhalten, in
den Seitenschiffen ruhen die Rippen der hier nicht durch Gurte getrennten Gewölbe
auf Konsolen. Die Scheidemauem sind nur durch Horizontallisenen und Rundfenster
gegliedert Das Chor entstammt ganz dem i5.Jh., die Fenster sind zweiachsig, die
Rippen ruhen auf 2,5o m langen mit Masken abschliessenden Diensten. Nur die
Aussenmauer zeigt am Chorhaus noch den vorgekragten Rundbogenfries. Der drei-
stöckige Turm, an dessen Südseite ein neues achtseitiges Treppentürmchen angebaut
worden, besteht wie die Westfa^ade aus Backstein.
Hochaltar, vortrefflich geschnitzter modemer hölzerner Schnitzaltar von Langen-
berg in Goch, mit künstlerisch bedeutendem Aufbau.
Sakramentshäuschen von Sandstein, spätgothisch, vom Ende des i5.Jh., am
Fusse das gut durchgeführte Relief der Auferstehung. Der Schrank ist einfach von
Stabwerk umgeben. Der sehr hohe Aufsatz erhebt sich in drei Etagen, gekrönt durch
eine Fiale mit einem Pelikan.
In der Turmvorhalle eingemauert zwei Weih Wasserbecken des i5.Jh., das
eine mit gothischer Ornamentik, das andere mit dem Schweisstuch der h. Veronika.
Anbetung der Könige, interessantes deutsches Gemälde des 16. Jh., mit
weitgedehntem Hintergrund.
Guter kupferner Kronleuchter des 16. Jh., gekrönt durch einen Goliath mit
Schwert und Schild, unten mit Löwenkopf und Ring.
Kupferner Lavabokessel des 16. Jh., mit Köpfen an den Ausflussröhren.
Kasel mit alten Stäben um i5oo (beschnitten), in Plattstich und Lasurmanier,
die Figuren appliziert: Madonna, Petrus, Paulus, Jakobus, Ursula, Petrus, Johannes.
Glocken. Die erste von i458 mit der Inschrift: katerina ys myn naem,
MYN GHELUYT SY GODE BEQUAEM. MCCCCLVIII.
Die zweite i777 von Herman Spicker gegossen.
In der v. Dorth sehen Inschriftensammlung Bl. 112 sind eine grosse Zahl von
Epitaphien aufgeführt.
Im PFA RR HAUSE: Porträt des: Adolphus victoriosus I. dux Cliviae, fun-
davit Cartusiam prope Wesaliam, regnavit a. 54. ob. i448. Brustbild mit Schwert in
geschnitztem Rahmen, Kopie des i7.Jh. nach Original des i5.Jh.
Kathol.
Pfarrkirche
Beschreibung
Hochaltnr
Sakraments-
häuschen
Weihwasser-
becken
Gemälde
Kronleuchter
Lavabokessel
Kasel
Glocken
Epitaphien
Gemälde
BRUCKHEES.
RÖMISCHE FUNDE. Eine Urne mit Bronzespirale. Vgl. Reuvens, Leemans Römische
Funde
en Janssen, Romeinsche, Germaansche of Gallische oudheden p. i3. — Schneider
i. d. Ann. h. V. N. VI, S. 88.
HAUS BRUCKHEES, wahrscheinlich an der Stelle der zwischen 82? und h«us
Bruckhees
838 erwähnten villa Hese iuxta Embrica sita gelegen (Sloet, Oork. Nr. 28. — Re- Geschichte
I6
KREIS REES
Haus
Bruckhees
Beschreibung
Gemälde
gistrum libri praepositurae maioris ecclesiae Traiectensis p. 75), schon i336 (Dederich
S. 62) im Besitz des Geschlechtes de Bruychese erwähnt, i4i7 im Besitz des Junker
Wilhelm von der Leck, darnach in den Händen der Herren van Elss und der Familie
Rickers, seit i7o2 von Rickers, ein rittermässiges Gut mit adeligen Freiheiten (Dederich
S. 354). Der jetzige Besitzer ist Baron Thooft.
Das erhaltene Haus ein einfacher zweistöckiger Backsteinbau vom J. 1680, über
der Thür die Wappen der Familie Rickers (vor ihrer Nobilitierung), an den Haus-
ecken auf den Hinterpranken hockende Löwen als Schildhalter, an der Fac^ade sechs
durchlaufende Pilaster mit einfachen Kämpfern. An der Rückseite ein schlankes vier-
stöckiges Treppentürmchen.
Im oberen Saal sechzehn Gemälde aus der i. H. des 18. Jh., Brustbilder, zum
Teil vortreffliche Stücke, Porträts üppiger und stolzer Herren und Damen aus der
Familie von Rickers.
BRÜNEN.
Evangel.
Pfarrkirche
Geschichte
Fig. 2. Brünen. Portal der Pfarrkirche.
LSLi/
Fig. 3. Brttnen. Kapitale aus der Pfarrkirche
•EVANGELISCHE PFARR-
KIRCHE. TiBUS, Gründungsge-
schichte S. 2i3, ioo4, 1028. — Kle-
visches Heberegister: Ann. h. V. N.
XXXI, S. i33. — V. Reckling-
hausen, Ref.-Gesch. III, S. 2o3. —
E. Demmer, Gesch. der Reforma-
tion S. i555.
Zuerst genannt im J. 1 2? 1 : Suether
von Ringenberg schenkt das Patro-
nat der Pfarrkirche dem Frauen-
kloster zu Wesel (Lacomblet, U B.
II, Nr. 6o9. — Bestätigungsurk. bei
•^. WiLMANS, U B. III, Nr. 888, io65).
Der Patron der Kirche war der h.
Petrus, nur eine unverbürgte Über-
lieferung nennt den h. Liudger als
Gründer und Patron (TiBUS S. io29).
Brünen gehörte von Anfang an zum
Bistum Münster (TiBUS S. 2 13) und
zum Amte Bocholt, der langjährige
Streit zwischen Münster und Kleve
ward i572 so entschieden, dass
Brünen zum Territorium von Kleve
kommen, aber der geistlichen Juris-
diktion Münsters unterstehen solle
(Lacomblet, UB. IV, Nr. 575). Der
Turm und das nördliche Seitenschiff
gehören dem i3.Jh. an, das Lang-
haus ward inschriftlich i478 erbaut.
Seit i58o reformiert.
16
DIERSFORDT
l7
Zweischifliger Bau, 26,20 m lang, ii,3om breit. Evangei.
Der in drei Stockwerken sich erhebende Westturm ist in Tuff aufgeführt mit Beschreibung
Gusswerkkem und zeigt über einem schmalen Ziegelbande eine neue niedrige Pyra- Äusseres
midenhaube. In den beiden oberen Geschossen je drei rundbogige Blenden, im
obersten ein verwittertes Doppelfenster mit zwei gekuppelten Säulchen; im unteren
ein im Kleeblattbogen geschlossenes Portal (Fig. 2), in rotem Sandstein erneuert, mit
Ecksäulchen, romzuiischen Kapitalen und Rundstab, darunter die rundbogige Thür-
Öffnung, zur Seite zwei schlichte Blenden. Wendeltreppe in der Mauerstärke.
Langhaus und Seitenschiff sind gleichfalls von Tuff aufgeführt, am Seitenschiff
die Streben einmal, am Chor zweimal abgetreppt, mächtiges Sockelgesims und Hori-
zontallisene, die Sakristei später in Backstein angebaut. Über dem südlichen Seiten-
portal am Langschiff die Inschrift: anno domini i478.
Im Inneren ist die Turmhalle durch ein Gratgewölbe geschlossen, der Bogen
nach dem Langhaus zeigt romanische Kämpfer. Nach dem nördlichen Seitenschiff
zu zwei Rundsäulen und zwei Halbsäulen mit runder Basis und rundem Kapital. Im
Seitenschiff die Rippen auf Diensten, die an der Horizontallisene aufsetzten, die unter
den (ursprünglichen) Fenstern hinlief. Auf den Säulenkapitälen nach dem Mittelschiff
ein alter Dienst mit je einem durch einen Kopf oder einen Löwen gebildeten Kapital
(Fig. 3). An der Südseite des Mittelschiffes die Dienste mit polygonalem Kapital über
den Sohlbänken absetzend. Auf einem der Kapitale zwei Männchen mit einer Keule.
Glocke von i472 mit guter spätgothischer Kante und der Inschrift: sanctus
PETRUS VOCOR. ANNO DOMINI MCCCCLXXII. DUM TRAHOR, AUDITE. VOCO VOS AD
GAUDIA VITE. DEFUNCTOS PLANGO. VIVOS VOCO. FULGURA FRANGO. JOHAN VAN
DORPMUNDE GOIT MICH.
Inneres
Glocke
DIERSFORDT.
RÖMISCHE FUNDE. Schneider, Kr. Rees S. 67. In der Nähe sind zwei
römische Warten nachgewiesen, die eine südlich vom Hofe Schoikamp am Rande
des Diersfordter Busches, der Mittelhügel nur 4 m im Durchmesser, der Graben i m
breit, mit kreisförmigem Wall, 4o Schritt im Umfang; die andere nach Fluiren (am
Krähenberg, Flur 24) zu in Gestalt eines natürlichen kegelförmigen Hügels, der Hügel
9 m im Durchmesser, der Graben i,5 m breit. In der Fluirener Haide wurden rö-
mische Münzen entdeckt (Bird, Niederrhein S. 67. — Fiedler, Gesch. und Alter-
tümer S. i69). In Fluiren selbst ist die Burg Lippermünd anzunehmen — vor der
Veränderung des Stromlaufes zwischen i53o und i59o lag hier die Mündung — , wahr-
scheinlich schon ein römisches Kastell, als Brückenkopf und Vorwerk für Castra vetera
errichtet (Bird S. 38). Fundamente wurden daselbst noch i75o entdeckt (vgl. auch
Mooren, Altertümliche Merkwürdigkeiten der Stadt Xanten I, S. 63. — v. Veith,
Vetera castra S. i4. — Kunstdenkmäler d. Kr. Moers S. 75. — Fiedler, Beitr. zur
Geschichte Wesels S. 2).
Am Westende des Diersfordter Busches, der Kuphaide gegenüber, wurde schon
1801 und 1802 eine bedeutende Anzahl von Kannen und Urnen gefunden (Bird
S. 43). Die Heerstrasse, die von Bislich über Peddenberg nach Schermbeck führt, ist
jenseits Diersfordt in der sandigen Haide mit den drei Wällen noch deutlich sichtbar
(Schneider, Neue Beiträge XI, S. 8).
2
i7
Römische
Funde
Lippermünd
i8
KREIS REES
Römische
Funde
Grenzwehr
Römerstrasse
Von der von Mehr kommenden Grenzwehr sind die Reste von Wällen noch
ungefähr 200 m südlich der Bergefordt und etwa 100 m südöstlich von der Dryen-
kathe und südlich des Schoikamphofes sichtbar. Der mittlere Wall ist 4o m (so) breit,
die seitlichen Gräben 12 m breit und i — 2 m tief, von dem Eisgraben bis zur alten
Heerstrasse mit je zwei Reihen von Eichenstümpfen besetzt. Femer sind westlich
des Heerenberg -Denkmales dicht an der Chaussee drei Wälle von je 5 m Breite und
vier Gräben mit flachen Escarpen von je 3 m Breite erkenntlich.
Die Römerstrasse von Bislich her (Schneider S. 44. — Ders., Heer- u. Handels-
wege Vni, S. I. — C. V. MüFFLiNG, Über die Römerstrassen S. 2 7), der ,Hooge Weg',
ist jetzt ausgebaut, setzt sich neben der erwähnten Grenz wehr am Veen nach Fluiren
fort und läuft nach der Grenzwehr am Isselerbruch, die sie bei Huvermannshof er-
reicht. Die Strasse von Lippmannshof her (Schneider S. 47) ist bei Vonschenhof
und bei Schoikampshof noch sichtbar, durchschneidet die Wesel -Reeser Chaussee auf
der Ellerschen Haide und führt weiter auf Hamminkeln zu.
Fig. 4. Schloss Diersfordt.
Schloss
Geschichte
SCHLOSS. Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv zu Köln: Museum Alfte-
rianum LXVI, fol. i53.
Das Schloss wird im i4. Jh. als adeliges Haus genannt. Hilla, die Tochter des
Ritters Dirk von Hessen, brachte es an Adolf von Wylach, der es i4oi von Graf
Dietrich von der Mark nach dem Tode Stevens von der Kemnaden (Bird, Bedeut-
samkeit der Gegend des Niederrheins S. 37) zu Lehen empfing. Diesem folgte i443
sein Sohn Dierck, i498 Adolf, dann wieder ein Dietrich, Adolf und Dietrich von Wilich
und Diersfordt. Des letzteren Tochter Johanna brachte das Schloss dem Elbert von
Palant auf Selem zu. Ihre Tochter Johanna heiratete Johann Hermann Herrn von
Wilich und brachte so Diersfordt und Selem zurück an Dirk von Wilich. Johann
Hermann starb 1680, sein Nachfolger war Dietrich, dessen Nachfolger wieder Dietrich
von Wilich, der es bei seinem Tode i73i seiner Tochter hinterliess, die 1 7 46 Wilhelm
Helmer von Grapendorp heiratete. In der 2. H. des 18. Jh. wurde das Schloss, das
wie Bellinghoven, Groin, Empel, Hueth und die Schlösser südlich der Lippe unter
dem Admiral Franz Mendoza im J. i598 durch die Spanier gänzlich ausgeraubt
(J. D. V. Steinen, Westph. Geschichte, Lemgo i7i5, I, S. 543. — Berg. Zs. XXIV,
S. 23) und zum zweiten Male am 23. Okt. 162 1 erstürmt worden war (Düsseldorf,
18
DIERSFORDT
l9
Staatsarchiv, Cod. A. So, vol. VII, Bl. ii5b), im Äusseren und Inneren von Alexander
Hermann von Wilich umgebaut Im J. i83i ging das Schloss von den Wilich an
den Grafen Anton von Stolberg über. Jetziger Besitzer Graf Friedrich zu Stolberg-
Wemigerode.
Das Schloss liegt mitten im alten Rhein auf einem erhöhten Terrain, das mit
doppelten, 20 m breiten durch einen Zwischenraum von 35 m getrennten Gräben um-
geben ist. Die Wirtschaftsgebäude liegen ihm getrennt gegenüber, ursprünglich, wie
im Haag und in Wissen (Kunstdenkmäler d. Kr. Geldern S. 28, io5), eine eigene
Vorburg. Erhalten ist von dem alten Bau nur ein dreistöckiges Backsteingebäude des
i5. Jh. mit vorstehenden Giebeln, bestehend aus zwei grösseren und einem schmäleren
und niedrigeren Stockwerk. An der dem Graben zugekehrten Ausserimauer eine Reihe
weit vorstehender Träger, auf denen ursprünglich ein hölzerner Wehrgang aufsass.
Das Herrenhaus war ursprünglich ein fast quadratischer Bau mit drei Türmen. Bei
der Erneuerung im 18. Jh. wurde der ganze südliche Teil angefügt, der Turm dem
nördlichen entsprechend dreistöckig errichtet, aber nicht eingebimden, nach den
Gräben zu ein breiter Balkon. Der Mittelbau ist zweistöckig mit fünf Fenstern Front,
die Türme haben niedrige geschweifte Hauben erhalten. Die alte Gestalt zeigen
zwei im Schloss befindliche Gemälde des l7. u. 18. Jh., das eine mit Gärten und
weiter Umgebung.
Die im Hof freigelegene Kapelle ist ein interessanter Rokokobau aus Back-
stein mit Haustein von i775. Der Fac^ade, die sich über dem hohen Sockelgesims auf-
baut, tritt ein Risalit mit zwei Halbsäulen vor, die den mit Metopen und Triglyphen
gegliederten Architrav tragen. Vierseitiges Türmchen mit gewölbtem Dach und rüben-
förmiger Spitze. Der Aufbau zur Seite noch mit barocken Voluten. Über dem Portal
die Inschrift: Alexander Hermann reichsfreiherr von wylich, herr von diers-
FORT, SEHLEM, WYLACK, BIESENHORST, ERBHOFMEISTER DES HERTZOGTUMS CLEVE,
DROST ZU ISERLOHN UND ALTENA, COADJUTOR DES DEUTSCHEN ORDENS ZU UTRECHT,
DES JOHANNITER ORDENS RITTER, ERBAUTTE DIESE KIRCHE ZUR EHRE GOTTES MDCCLXXV.
Vgl. V. Recklinghausen, Ref. -Gesch. III, S. 2i7.
Das Schloss ist von prachtvollen Waldungen umgeben, von den alten Park-
anlagen sind noch die herrlichen Alleen erhalten. Die Lindenallee vor dem Schlosse
ist mindestens i5o Jahre alt, die Rosenallee besteht aus 1802 Buchen, die Veenallee,
deren Buchen i53 Ringe zählten, musste leider i883 geschlagen werden.
Im Inneren eine Reihe von Zimmern und Sälen mit Stuckdecken und Stuck-
leisten des 18. Jh., mit der ganzen steifen Magerkeit des deutschen Rokoko und
beginnenden Klassizismus ausgestattet. Die Wände eines nach N gelegenen zwei-
fenstrigen Zimmers sind mit grau in grau gemalten Leinwandgemälden bedeckt, die
Geschichte von Eros und Psyche darstellend, vortreffliche Arbeiten unter französi-
schem Einflüsse aus der Schule Davids — die liebliche und reizvolle Schönheit der
Formen tritt bei dem Mangel aller Farbe nur noch mehr hervor. Ein links vom Ein-
gang gelegenes Wohnzimmer mit mythologischen Einzelfiguren auf farbigem Grunde.
Die übrigen Räume sind nur mit schmalen Leisten verziert
Das Schloss enthält eine ganze Sammlung von Porträts des i7. u. 18. Jh., zum
grössten Teil Bildnissen derer von Wylich, ziemlich gleich grossen Brustbildern. Als
besonders wertvoll zu nennen die Porträts des i759 verstorbenen Generalfeldmarschalls
Christoph Wilhelm von Kalckstein, der Elisabet Helene Brandtin von Lindau, geb. Gans
von Putlitz, i675 — i72i, und der Christophora Eva Lucretia von Kalckstein, geb.
Brandtin von Lindau, i7oo — 1729, die beiden letzteren i722 von Antoine Pesne gemalt.
i9
Schloss
Beschreibung
Kapelle
Umgebung
Einrichtung
Gemälde
KREIS REES
DORNICK.
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Bcsuhreibung
Tabernakel
Taufstein
Skulpturen
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. JoH. Bapt.).
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: 3o Urk. vom J. i4oo an, Heberegister.
— Im Stiftsarchiv zu Xanten: Visitationsprotokolle von i754 (Reg. IV, c).
Der Ort wird zwischen 1188 und Ii9i zuerst erwähnt (Sloet, Oork. Nr. 372,
429), die Kirche zuerst i332 (Ann. h. V. N. LH, S. i46; vgl. Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 255; II, S. 5; Düsseldorf, Staatsarchiv, Urk. Emmerich, S. Martin 37o),
doch bestand schon im i3.Jh. ein Bau, von dem noch der Unterbau des Turmes
erhalten ist. Im i5.Jh. ein Langhaus angebaut, i59o wurde dieses durch die Staatischen
verbrannt, nur der Chor blieb stehen (Notiz des Lehrers JOH. Schaüstein vom J. i784
im Pfarrarchiv). Im i7.Jh. wurde dafür 'ein mächtiges weitausladendes Querschiff ein-
gefügt, dem der Turm direkt vortritt.
Kreuzförmiger Bau, i9,8o m lang, der Chor 6,22 m breit, das Querschiff i8,65 m,
die Turmhalle 4,68 m.
Der dreistöckige Backsteinturm hat einen neuen Mantel erhalten. Die unteren
beiden Geschosse gehören noch dem romanischen Bau an und sind durch Vertikal-
lisenen und Rundbogenfries gegliedert, im zweiten Stock vermauerte romanische
Doppelfenster mit Sandsteinsäule. An der Südseite ein aus fünf Seiten des regel-
mässigen Achtecks konstruierter Treppenturm angebaut.
Der Chor gehört dem gothischen Bau des i5. Jh. an, er enthält einachsige
Fenster, seine Rippen ruhen mit Blattkapitälen auf durchgeführten Diensten. Das
flachgedeckte Kreuzschiff ist innen durch einfache Blenden belebt, nach N und S je
ein grosses spitzbogiges Fenster.
Tabernakel in Gestalt eines schlichten Wandschrankes mit einfacher Stab-
werkgliederung, 2. H. des i5.Jh.
Taufstein (Abb! aüs'm Weerth, Kd. Taf. IV, 8. — Ann. h. V. N. III, S. 45),
1,8 m hoch, von Sandstein, 2. H. des i5.Jh., achtseitiger Schaft mit einfachen Blenden
auf quadratischer Plinthe, an vier korrespondierenden Seiten des achtseitigen Beckens
in Basreliefs die Erschaffung der Eva, Beschneidung, Taufe Christi, Kreuzigung, an
den übrigen mit Vierpässen verziert. Die unteren Seiten des Beckens mit reichem
Masswerk verziert. Eng verwandt dem Taufstein in Ginderich (Kunstdenkmäler d. Kr.
Moers S. 21), aber sauberer in der Ausfuhrung.
Madonna, 1,20 m hoch, um i49o — i5oo, bedeutendes Werk aus der Schule
von Emmerich, neu polychromiert, ursprünglich Leuchterfigur, auf Kopf mit Halb-
mond stehend. Der zierliche Kopf setzt scharf gegen den Hals ab, der Oberkörper
ist überschlank, zart, biegsam, weich, durch das grosse in etwas gebrochenen Parallel-
falten herabsinkende Gewand trefflich durchmodelliert, mit den zierlichen und doch
runden, etwas gespreizten Fingern hält sie das nackte Kind mit der Traube.
S. Anna selbdritt, derbe, kräftig ausgeführte Gruppe um i5oo, ähnlich der
im Münster zu Emmerich (s. u.).
S. Ludgerus, steife Einzelfigur aus der 2. H. des i5. Jh. mit energischen Zügen,
mit Stab und Kirchenmodell.
S. Agnes und S. Antonius, neu polychromierte Holzfiguren um i520, beide
knieend und anbetend, ursprünglich zur Seite einer Mittelfigur aufgestellt.
20
DREVENACK 2 1
Glocken: I. JOHANNIS IS min NAEM, min GELUEIT IS VOER GODT BEQUAEM. ICmhol.
DEN LEVENDIGEN ROEP ICK, DIE DOEDEN OVERLUEI (so) ICK l544. GlLkln
2. JOSEPHUS, DONATUS. ALEXIUS PETIT ME FECIT A. l782.
3. MARIA ELISABETHA. ALEXIUS PETIT ME FECIT A. l783.
HAUS WENGE (Dederich, Annalen Emmerichs S. 35i) lag ehemals an der Haus Wenge
Mündung des alten Rheins in den Hauptstrom, im Besitz derer von Wischel, von
Wylack, von der Recke, im J. i6o6 noch bewohnt (Urk. im Pfarrarchiv), im i7.Jh.
vom Rhein weggespült.
DREVENACK.
RÖMISCHE UND GERMANISCHE ANLAGEN. Über die Steeger Römi.ch« u.
_, 1 r 1 Germanische
Burgwart vgl. unter Schermbeck. Die grosse äusserste ältere Grenzwehr führt von AnUgen
Loikum über Huvermannshof nach Peddenbei^ nördlich von Drevenack (Schneider,
Kr. Rees S. 32). Sie ist am besten erkennbar nördlich der Landstrasse nach Pedden-
berg am Südrand der schwarzen Haide (der Weg führt kurz hinter Buddendick, süd-
lich der Strasse und Haus Klotz, im rechten Winkel nach N ab). Über die Gestalt
der Landwehr vgl. ausführlich unter Loikum. Karten bei Schneider a. a. O. und bei
V. Veith i. d. B. J. LXXXIV, Taf. i. Ausserdem angegeben auf der Charte des
Herzogthimis*Cleve von F. L. Güssefeld, Nürnberg i 777.
Ausserdem lief von Obrighoven auf Drevenack zu ein Arm einer weiteren Grenz-
wehr, deren Ansatz an jene erstere nicht nachweisbar, die aber in der Aufnahme der
Obrighovener Landwehren vom J. i735 (Wesel, Stadtarchiv, caps.35i, Nr. 5) deutlich
mit vier und fünf Gräben eingezeichnet ist.
EVANGELISCHE PFARRKIRCHE. Schon I29i unter den Besitzungen Evangci.
des Johanneshospitals zu Wesel en^ähnt (Lacomblet, U B. II, Nr. 9i4), noch i38o Geschichte''
als capella genannt (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 267), erst im i5. Jh. als ecclesia
(ebenda II, S. i8), Mutterkirche von Neuschermbeck und Tochterkirche von Spellen ^
(TiBUS, Gründungsgeschichte S. 224), ursprünglich dem h. Sebastian geweiht.
Zweischiffiger Backsteinbau des iS.Jh., 2i,9om lang, ii,25m breit (das östliche Beschreibung
Joch des niedrigeren nördlichen Seitenschiffes vom J. i85i), zwei vierseitige Pfeiler
mit abgefassten Kanten, die Rippen auf Maskenkonsolen ruhend. Der dreistöckige aus
unregelmässigen Grauwackebruchsteinen aufgeführte Westturm stammt noch aus dem
i3.Jh., im Oberstock ein romanisches Doppelfenster mit Mittelsäule und Würfel kapital.
Glocken. Die erste von i52o mit der Inschrift: anno domini mcccccxx. Glocken
SANCTUS JOHANNES. SANCTE- SEBASTIANE, TUIS FAMULIS PETE DONA SALUTIS ET TEM-
PESTATIS PROFUGE SATHANICAS. WOLTERUS WESTERHUIS ME FECIT.
Die zweite mit der Inschrift: in honorem et gloriam dei et ecclesiae usum
CONFICI FECERUNT THOMAS METMAN INVARIATAE AUGUSTANAE CONFESSIONIS PASTOR.
ANNO 1623 JOSEPH JULLIEN ME FECIT. BERNT KOLCKMAN KERCKMESTER. EVERHARD
SCHULT ZU LOOSEN, HERMAN THO LUIL, JOHAN SCHOL, BERNDT MOLLMAN, PROVISOREN.
Zwei frühmittelalterliche Memoriensteine des 9. — 10. Jh.; eingemauert (Ann. Memonensteine
h. V. N. IV, S. 264):
^ -f im iD
SEPTEMBRIS
e ADAiELIT
LAICA
(quarta idus Septembris obiit Adahelit laica).
21
2 2 KREIS REES
Evmigel. mi KAL. MARX e
Pfarrkirche
GERSWIDT LAIC
^ ANIMA EIUS
SIT IN PACE AM.
(quarta Kai. Martii obiit Gerswidt laica, änima eius sit in pace. Amen. Nicht A ß).
Schio.s SCHLOSS. Ann. h. V. N. XXXI, S. i32. Das castellum de Dravewinkel wird
unter den Lehen genannt, die Kleve von Köln hielt (zwischen i3ii und i3i4), es
wird zuerst 12? 7 (Urk. i. d. Farragines des Gelenius VIII, fol. 459, Köln, Stadtarchiv)
und 1284 (Lacomblet, Archiv IV, S. 387) erwähnt. Reste nicht vorhanden.
EMMERICH.
Littcmtur Teschenmacher, Ann. p. i45. — Hopp, Kurtze Beschreibung S. 95. — M.
Merian, Topographia Westphaliae p. 25. — Blaeu, Theatrum urbium Belgiae regiae
II. — Abraham Säur, Stätte- Buch p. 45o. — M. Z. van Boxhorn, Theatr. Holland,
p. 333. — E. Wassenberg, Embrica, sive urbis Embricensis descriptio, Kleve i667,
Ausgabe mit und ohne Karte. — Ders., E panegyricis et prosphoneticis miscellanea,
S. P. Q. Embricensi dedicata, Brüssel i649. — Menso Alting, Notitia Germaniae
inferioris, Amsterdam i7oi, II, p. 48. — Jurata pacta et contractus super advocatia
et protectione capituli et civitatis Embricensis, o. J., nach i6o9 (erhalten i. d. Farra-
gines des Gelenius XX, fol. 573, Köln, Stadtarchiv). — Het juichende Emmerik over
den herstelden vrede, gesloten te Hubertsburg in Saxen, Amsterdam i763. — A. van
Slichtenhorst, XIV boeken van de Geldersse geschiedenissen, Amheim i654, p. 356,
420. — Andries Schoemaker, Körte Beschrijving van het Graafschap en Hertogdom
Kleef. Met de Afbelding der meeste Steden van dat Hertogdom, i728 mit Abb. —
Reize längs den Neder-Rhijn over het Loo . . ., Keulen, Dusseldorp tot Bon, Kampen
i785, p. 45. — Matth. Brouerius van Nidek en Jsaac le Long, Kabinet van
Nederlandsche oudheden VI, p. 29i. — Fran^ois Halma u. Matth. Brouerius
VAN Nidek, Tooneel der verenigde Nederlanden en onderhorige Landschappen,
Leeuwarden i725, I, p. 281. -— Franc. Xav. Merbeck, Emmerik, Emmerich 1824
(Übersetzung von Wassenberg mit Fortsetzung bis zum i9. Jh.). — Andreas Dede-
RiCH, Annalen der Stadt Emmerich, Emmerich i867. — Verzameling van rapporten
verbaalen en verdere stukken betreffende de doorsnydingen en werken, welken
tusschen Emmerik en Amhem zyn aangelegd, Haag i798, 2 Bde. — A. TiBUS, Der
Gau Leomerike und das Archidiakonat von Emmerich in seiner ursprünglichen Aus-
dehnung und kirchlichen Einrichtung, Münster i877. — Ders., Zur Geschichte der
Stadt Emmerich. Eine bedeutsame alte Urkunde herausgegeben und erklärt, Münster
1882. Dass. i. d. Nrh. G. 1881, S. i53 flf., 1882, S. 6 ff. — v. Mülmann, Statistik I,
S. 4i4. — W. DiLLENBURGER, Geschieh te des Gymnasiums zu Emmerich: Programm
des Gymna.siums, Abt i u. 2, i846 u. i848, 3. Abt. von J. Klein i853. — Fr. Reiffen-
BERGii e soc. Jesu presbyteri historia societatis Jesu ad Rhenum inferiorem, Köln
i764. — Krafft, Aufzeichnungen des Schweizer Reformators Bullinger über sein
Studium zu Emmerich und Köln i5i6 — 1522. Dazu Sybels Histor. Zs. XXIV, S. 206.
— R. Heinrichs, Der niederrheinische Humanist und Schulmann Matthias Breden-
bach (Rektor in Emmerich seit i533), Frankfurt a. M. i89o. — J. Koehler, Rück-
blick auf die Entwickelung des höheren Schulwesens in Emmerich. Festschrift zur
22
EMMERICH
23
Erinnerung an die Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Gymnasiums, Emmerich
1882. — B. Liesen, Zur Klostergeschichte Emmerichs bei Beginn des 16. Jh.: Beilage
zum Osterprogramm des Kgl. Gymnasiums zu Emmerich i89i. — Der Name Emrica
und nicht Embrica: Weddigens Westphäl. Magazin zur Geographie, Historie und
Statistik III, i787, S. 285. — Dahlmann, Emmerich: L. Lerschs Niederrheinisches
Jahrbuch für Geschichte, Kunst und Poesie i843, S. i. — Jac. Schneider, Die älteste
Geschichte von Emmerich bis zur Mitte des i3.Jh.: Ann. h. V. N. VI, S. 9i; vgl-
XIII, S. 278; XV, S. 247. — Dederich, Zur Urgeschichte von Emmerich: 33 Artikel
im Emmericher Bürgerblatt vom 9. Nov. i85i bis 28. Okt. i852; Kreisblatt des Kreises
Rees i85i, Nr. 92 ff. — Ders., Geschichte von Emmerich bis zur Erhebung zur Reichs-
stadt: Emmericher Bürgerblatt i859, Nr. 102, io4; 1860, Nr. i — 5. — Ders., Über die
Namen : Picks Ms. IV, S. 7 1 6. — Ders., Zur Topographie von Emmerich : Picks Ms.
V, S. 243. — Ders., Die alte Herrschaft der Hekeren: Ann. h. V. N. XVI, S. 2o9.
— Ders., Die ältesten Trümmer des Rittergeschlechts der Hekeren: Picks Ms. VII,
S. 5oi. — Ders., Der Emmericher Goliath: Emraericher Bürgerblatt t863, Nr. 3, 4. —
Ders., Der Goliath von Emmerich: Picks Ms. I, S. 281; VI, S. 182. — Ders., Die
Gräfin von Wartenburg oder Katschen Rickers aus Emmerich: Emmericher Bürger-
blatt i863, Nr. i9 — 21. — Ders., Emmericher Annalen von i5o8 — i5o9: Ann. h.V. N.
XLVIII, S. 188. — Ders., Kriegsereignisse in den J. i598 u. i599: Emmericher Bürger-
blatt i863, Nr. 9 — 1 3.
Handschrift 1. Qu. Im Stadtarchiv (inventarisiert und als Depositum dem
Staatsarchiv zu Düsseldorf übergeben): 333 Urk. von I233 — 1778, i4 aus dem i3.,
58 aus dem i4.Jh. Im Nachtrag (von Nr. 284 an) Urk. des Nonnenklosters Marien-
kamp, des Jesuitenkollegs, des Kreuzherrenkonvents.
Historische Handschr.: Privilegienbuch der Stadt, Pap. kl. fol., enthaltend
die auf Verfassung und Gerechtsame der Stadt bezüglichen Urk. von 1233 — 1522,
116 BL, Bl. 58 — 7o die privilegia eccl. coli. s. Martini Embricensis, die Ordnung up
die geistlichen cloester vom 5. März i5o7; eine weistümliche Aufzeichnung: van Dycken,
geschrieben Anfang des 16. Jh. (A. 54»). — KoUektaneen der Stadt, Pap. fol., ge-
schrieben von Canon. Peter Rossmeulen, mit Kopien von Urk., Rechtsgewohn-
heiten, Statuten von 1233 — 1699 (A. II). — Arnoldus Berck, De antiquitate oppidi
Embricensis, i7.Jh. (A. 44). — Liber diversorium, Pap. fol. 352 Bl., Kopiar von Urk.,
Erlassen, Heberegistem, Steuerlisten von i377 — 161 2, dazu Aufzeichnungen über Ge-
treidepreise und Brotgewicht (A. III), ähnliche auch A. I, fol. i3. — Copiae diver-
sarum literarum continentium de rescriptis opidi Embricensis i438 — 1649, Pap. fol.
(A. IV). — Bürgerbuch der Stadt mit Bürgerlisten von i427 — 1663 und vorausgeschick-
tem Statut und Eidesformular (A. V). — Der ghevangen buek, ind helt in, wat schoide
ind verluys die stat van Emrik ind oir burger by oren heren tot voil tyden heben
gehadt, Urk. und Aufzeichnungen von i447 — i45o, über die der Stadt von den Landes-
herren zugefügten Verluste, Pap. fol. 32 Bl. (A. V). — Der visscher boeck: ind helt
in, wo die visscher tot Emrik dat water tot Emrik hörende van ailtz bevischt hebn, mit
weisttimlichen Aufzeichnungen über die Fischereigerechtsame der Stadt im Rhein und
den Streit mit Griethausen i444 — 1449, Statuten der Fischersodalität von i499 etc.
(A. 7). — Tolboek, Sammelband, Pap. 24 Bl. von i388 — i4o6, mit Aufzeichnungen über
Donnerbüchsen, Gewichte, Steuern, Gerechtsame, Zollrollen etc. (A. 8). — Gildeboek
der Schippers -Gilde von 1627 mit Statuten, Erlassen und Listen der Brüder (A. 9).
Hansasachen (B. i — 8) von i496 an, Recesse von i5o7 an mit Abschriften
älterer Stücke von i3o7.ab, Korrespondenzen in Hanseatischen Angelegenheiten von
Littertl tur
Handschriftl.
Quellen
Düsseldorf
23
24 KREIS REES
Handschrifti. i572 — 1628. — Rentmeistcrei- und Kämmereirechnuneren von i57i an, Ratsprotokolle
Quellen ° .. » r
von 1627 an, SchöfFengerichtsprotokolle von i523 an. — Über die Akten vgl. Ilgen,
Rhein. Archiv S. i45. Drei Urbare bei Lamprecht, Verzeichn. rhein. Urbarialien S. 4i.
Emmerich In Emmerich selbst noch aufbewahrt: Maass- und Proportionirliche Delinea-
tion aller unterm Richter Ampt Emrich gehörigen Bow- und Weylandereyen etc. sambt
darin erfindtlichen Adlichen Häusern und garten, i724 vom Geometer Theod. Bucker
gefertigt. — Katasterkarten der Bauernschaft Huthum, i8.Jh. — Briefe der Hanse-
städte Wesel, Köln, Lübeck an Emmerich von i569 an.
Köln Im Stadtarchiv zu Köln; Plebiscita oppidi Embricensis vulgari lingua exposita
et approbata (Farragines des Gelenius XI, fol. 329).
Xanten Im Stift sarchiv zu Xanten: Dick - Ordnungh des Fürstendoms Cleve von
i575 (Pels V, Bl. i9).
Ansichten und Ansichten und Pläne.
**"* I. Ansicht von Wemei HoUar (Ann. h. V. N. XXXIII, S. i73).
2. Ansicht im Städtebuch von Braun u. Hogenberg II, pl. 34, 3o,5 xi7,7 cm.
3. Stich bei P. Bertius, Rerum German. commentar., Amsterdam i632, III,
p. 52 2, Ansicht vom Rhein aus, bez.: embrick, i8,9xi4cm.
4. Gemälde im Rathause, i7.Jh. (s.u.).
5. Stich bei M. Merian, Topographia Westphaliae p. 25, doppelseitige An-
sicht, 3ix8,6cm, oben auf einem Band mit der Inschrift: embrica. Emmerich i647.
Darunter das Wappen. Am linken Ufer das Fort Uranien.
6. Stich bei Merian p. 72. Ansicht vor der Befestigung, 3ixi9,6cm, bez.:
EMBRICA. Emmerich mit Wappen.
7. Grosser Plan bei Je. Blaeu, Theatr. urb. Belgiae regiae, Köln i659,
II. am Ende.
8. Stich nach Braun u. Hogenberg, 21,2X27 cm, bez.: statt emmerich
VON GRAFF MORITZEN EINGENOMMEN UND BESETZT. Geller 1 6 14.
9. Grosser Plan um i63o, bez. : emmeryck, quer fol.
ig. Plan von G. C, Stich bei Wassenberg, 59x4 1,2 cm, bez. oben: stadt
EMMERICH, rechts imd links das alte und neue Siegel. Ungenaue Aufnahme aus der
Vogelperspektive, gegenüber Fort Oranien.
11. Seltener Stich des i7.Jh., 1 2,5x8,8 cm, Ansicht vom Rheine, bez. oben:
embrica decora, im Vordergrunde Ufer mit Fähre.
12. Ansicht der Übergabe an die Franzosen am 10. Juni i672, gez. v. Beaulieu,
gestochen von Ä le Clerc, 43 x 33 cm (Muller, Beredeneerde Beschrijving I, Nr. 2356).
i3. Grundriss bei Lieuwe van Aitzema, Historien onses tyds beheizende saken
van Staat en oorlogh, Amsterdam i685, I, p. 298.
i4. — 17. Vier Stiche von A. Rademaker im Kabinet van Nederlandsche en
Kleefsche Gudheden VI, p. 29 1, Nr. 289—292.
18. — 21. Vier kolorierte Zeichnungen vom J. i737 von /. de Beijer im Besitz
von Herrn Aug. Lancelle zu Emmerich: ryngesicht langens de stadt emmerik.
RYNGESICHT, EMMERIK EN DE MÜNSTER KERCK. DE ST. MARTINUS KERCK TE EM-
MERIK. MARKT TOT EMMERIK.
2 2. — 28. Acht Stiche von Paul van Liender nach J. de Beijer vom J. i74o in
Het verheerlykt Kleefschland pl. 34 — 37.
29. Stich des 18. Jh., i5,4xio,8cm, Ansicht vom Rhein, bez. oben auf Band
mit: emmerick, im Vordergrund Ufer mit einzelnen Reitern.
24
EMMERICH
25
RÖMISCHE UND GERMANISCHE FUNDE. Römischeu.
T-N n • 1 ' • r>> • 1 • -«/r 1 • Germanische
Dem Steinalter gehören einige Steinwerkzeuge an, zwei Messer, das eine aus Funde
Feuerstein, das andere aus Serpentin, noch im Gymnasium zu Emmerich (Ann.
h. V. N. VI, S. 86).
Über die römischen Münzfunde vgl. Reuvens, Leemans en Janssen, Romein-
sche, Germaansche of Gallische Oudheden in Nederland, Belgie enz. p. 26. — Fiedler,
Geschichte und Altertümer des unteren Germaniens S. i7i. — Westphäl. Magazin IX,
S. 27o. — MiNOLA, Übersicht S. 344. — B. J. IX, S. 2i3. Angeblich auch ein Apollo-
kopf und zwei römische Schilder hier gefunden (GusE, Kurze Beschreibung zweier
Schilder, Dessau i784), aber zweifelhaft, vgl. Schneider i. d. Ann. h. V. N. VI, S. ii4.
Über die Römerstrasse von Emmerich nach Elten vgl. Schneider, Kr. Rees Strassen
S. 35. Die Hauptstrasse hiess von Elten bis kurz vor Vrasselt der ,Hellweg*. In
Vrasselt ging sie rechts ab durch das Dorf und zog sich links von der Chaussee in die
Fig. 5. Emmerich Grundriss der Aldegundiskirche.
Felder. Sie geht weiter durch den Millinger Bruch und durchschneidet bei der Prinzen-
brücke die Landwehr. Bis nach Haldern sind alle Spuren verschwunden (vgl. dort).
Germanische Gräber wurden in dem Nierenberg, zehn Minuten östlich von Gräber
Emmerich, i854 bei Anlage des Eisenbahndammes abgetragen, entdeckt mit roh aus
Erde geformten, leicht gebrannten braun grauen Urnen, nur Knochenreste enthaltend.
Vgl. Janssen i. d. B. J. IX, S. 37; XXIII, S. i73. — Schneider i. d. Ann. h. V. N. VI,
S. 89, ii4; i. d. B. J. XXII, S. i4o. — Ders., Kr. Rees S. i5. Vgl. B. J. LXI, S. i7o.
ALDEGUNDISKIRCHE. Kabinet van Nederlandsche oudheden VI, p. 3o5 . a 1 d e g u n d i s
— Wassenberg p. i53. — Merbeck p. 93. — Schneider i. d. Ann. h. V. N. VI, uttcratur
S. II o. — A. TiBUS, Das Alter der Kirchen zum h. Martinus und zur h. Aldegundis
in Emmerich, Münster 1 875. Dazu Ann. h. V. N. XXVIII, S. 35i. — Patrocinium
der h. Aldegundis: Nrh. G. i883, S. i75.
Handschriftl. Qu. Im Kirchenarchiv: Annotatio. r. d. pastoris, officialis et
canonici Embricensis Petri Rosmeulen de eccles. S. Aldegundis Embricae incepta
a. i7oo die 20. Julii.
Die Aldegundiskirche ist die ursprüngliche Pfarrkirche von Emmerich, zugleich Geschichte
die ursprüngliche Tauf kirche des Sprengeis, an ihr residierte der Archipresbyter oder
25
26
KREIS REES
Alde£^undis<
kirche
Neubau
Westturm
Beschreibung
Turm
der Archidiakon, der eben ihr Pleban war und dies bis ii45 blieb. Im J. Ii45 heisst
sie parochialis ecclesia vetus (TiBUS, Zur Geschichte der Stadt Emmerich S. i4), noch
bis in das i4. Jh. vetus ecctesia — olde kerk (Sloet, Oork. Nr. 348, 562, 629, 972. —
Wassenberg, Embrica p. i58. — Urk. von i333 im Archiv zu Domick). Ausführlich
TiBUS, Alter der Kirchen S. 22, 39. — Ders., Gau Leomerike S. 65, 74.
Die alte Aldegundiskirche bestand noch, durch den Brand von i439 beschädigt
und notdürftig wiederhergestellt (Urk. vom J. i45o im Archiv zu Schloss Hueth), im
J. i478 (Lacomblet, U B. IV, Nr. 4oi), und zwar selbständig: im J. i439 hatte der
Pfarrer Heinrich von S. Aldegundis die Inkorporation seiner Pfarrkirche in das S. Mar-
tinsstift für unnötig und unvorteilhaft erklärt (Emmerich, Stadtarchiv in Düsseldorf,
Urk. Nr. 9o). Der vollständige Neubau nach einem bald erweiterten Plane erfolgte
im J. i483 unter Herzog Johann Adolph von Kleve. Wassenberg berichtet p. i53:
Hac vero ecclesia parochiali civica, vel incendio absumpta vel civium Embricensium
crescente numero et monasteriorum quorundam templis decore iam surgentibus ob
angustiam destructa, longe amplissima a. i483 . . cum artificiosa et ob altitudinem spec-
tabili ac admirabili quadam turre sub eiusdem divae Aldegundis patrocinio exstructa
est. Vgl. Th. Ray, Animae illustres Juliae, Cliviae p. 59.
Der West türm, der Stolz der Stadt — ,bij den welken geen toren, van Straats-
burg of tot den Ocean toe in hoogte te vergelijken was* sagt Merbeck — , wurde am
2. Sept. i65i vom Blitz getroffen und brannte aus, die stehen gebliebenen Mauern
wurden am i9. Dez. 1660 durch einen heftigen Sturmwind umgeworfen und zerstörten
einen Teil des Schiffes, im J. 1661 wurde das Mauerwerk wiederhergestellt (Merbeck
p. 98). Der Turm erhielt bei der gründlichen Restauration im J. i854 eine neue pyra-
midenförmige Haube, ohne dass man die Vorbilder der erhaltenen holländischen
Türme beachtet hätte.
Der imponierende Turm (Fig. 6) ist aus Tuff aufgeführt und erhebt sich in zwei
Stockwerken auf quadratischer Grundfläche, um dann in das Achteck übergeführt zu
werden, ähnlich dem Turm der Kirche zu Apierbeck bei Horde. Im unteren Ge-
schoss das grosse Hauptportal mit steinernem Mittelpfosten und Stabwerkeinfassimg
(in Haustein erneut). In der Auskehlung der Gewände stehen zwei dünne Rund-
säulchen, deren Blattkapitäle ehemals Figuren trugen. Das Portalfenster ist fünfachsig
mit verstärktem Mittelpfosten, im Abschluss erneutes Masswerk mit Fischblasenmotiven.
Zur Seite je eine grosse einachsige spitzbogige Blende mit ausgekehlten Gewänden.
Auf dem Portalsturz die (erneute) Inschrift: anno domini mcccclxxxiii is dit
WERCK angelaecht. ANNO DOMINI MDCCCLIV IS DIES WERCK DEM ALTEN GLEICH
erneuert. Der erste Stock schliesst mit einem kleinen in Haustein erneuerten Klee-
blattbogenfries ab; der zweite Stock, der drei zweiachsige Fenster mit Fischblasen-
motiven zeigt, mit dem gleichen Fries, über dem sich aber eine aus Haustein erneute
Gallerie mit vier Eckpfeilern und Fialen erhebt. Den Kanten des achtseitigen dritten
Geschosses treten Dreiviertelssäulen vor, mit einem Kapital gekrönt, die einen übereck
gestellten Halbpfeiler tragen, auf dem wiedenmi der Wasserspeier ruht. Die Wand-
fiächen selbst werden durch einen gestelzten KJeeblattbogenfries abgeschlossen und
durch eine grosse spitzbogige Blende eingerahmt, innerhalb derselben eine zweiachsige
Blende mit Hausteinachsen und Masswerk, das mittlere Feld als wirkliches Licht durch-
gebrochen. Die Krönung bildet eine achtseitige Gallerie mit acht Pfeilern und Fialen,
die die neue achtseitige Turmhaube umgeben. Südlich ist an den Turm ein Back-
steintreppentürmchen angebaut, das in drei Stockwerken bis zur Mitte des zweiten
Turmgeschosses reicht.
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EMMERICH
27
Aldegundig.
kirche
Fig. 6. Emmerich. Turm der Aldegundiskirche.
Das Langhaus ist aus Backstein aufgeführt. Die Pultdächer der Seitenschiffe Langhaus
setzen direkt unter dem Satteldach des Mittelschiffes auf, sind aber flacher als dieses,
über dem Chor ein kleiner achtseitiger Dachreiter von Zinkblech. Die sieben Joche
der Seitenschiffe zeigen nach Aussen zweiachsige Fenster mit abfallenden Sohlbänken,
zweimal abgetreppte Strebepfeiler und Horizontallisenen. Die beiden Westjoche sind
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28
KREIS REES
Aldegund
kirche
Inneres
Chor
Hochaltar
s- abgeschrägt. Die Strebepfeiler des dritten Joches von W aus sind übereck gestellt —
ein Beweis für die spätere, ursprünglich nicht geplante Anfügung der Joche neben
dem Turm. Nach dem ursprünglichen Plane sollte der Turm an die Stelle des jetzigen
ersten Westjoches nach dem Turm treten, dessen Gewölbe tiefer als die der übrigen
Mittelschiffjoche ist und anderen Grundriss zeigt. Noch ehe man aber an die Fun-
damentierung der Ostpfeiler des ursprünglich geplanten Turmes ging, wurde der Plan
geändert: der Westturm ward um ein Joch nach W gerückt und an die (bereits
vollendeten) Seitenschiffe je zwei Joche mit abweichender Gewölbezeichnung angefügt
Dies auch der Grund für die auffallend langgestreckte Form des Grundrisses. Gleich-
zeitig mit den neuen Seitenjochen sind die Seitenchörchen und der Chor. Die ersteren
liegen mit ihrem Dach tiefer als die Seitenschiffe : niedrige mit Schiefer verkleidete ver-
tikale Flächen verdecken den Übergang. Die Streben sind an den Seitenchörchen
zweimal, am Hauptchor dreimal abgetreppt. An der Südseite des Chores ist ein kleiner
aus fünf Seiten des regelmässigen Achtecks konstruierter Treppenturm eingefügt, der
auf das Dach führt. Die moderne Sakristei, als eigener Kapellenbau errichtet, liegt
völlig frei an der Südseite der Kirche.
Im Inneren (Grundriss Fig. 5) öffnet sich die durch ein Stemgewölbe mit
grossem Mittelloch eingewölbte Turmvorhalle mit einem riesigen Spitzbogen gegen
das Mittelschiff. Der Turm ruht auf zwei mächtigen Pfeilern, die ehemals vorhandenen
oder nur geplanten Nord- und Südmauem fehlen. In das südliche der abgeschrägten
Westjoche ist der kleine Treppen türm eingebaut. Im Mittelschiff ruhen die Rippen
der reichgegliederten Stern- und Netzgewölbe durchweg mit länglichen skulptierten
Kapitalen mit zwei Reihen Blätter auf i m langen Diensten, die zur Seite der Gurte
mit Köpfen abschliessen. Die sechs Pfeilerpaare mit niedrigen polygonalen Basen
werden durch zwei durcheinander geschobene Rechtecke mit ausgerundeten Kanten
gebildet. Die Arkaden sind einfach abgefasst, die Scheidemauem unbelebt In den
Seitenschiffen, die zwei Drittel der Höhe des Mittelschiffes haben, wechseln Stem-
gewölbe mit einfachen Kreuzgewölben, Die Rippen ruhen mit skulptierten Blattkapi-
tälen, kleiner als die im Mittelschiff und nur mit einer Reihe Blätter versehen, auf l m
langen Diensten mit Menschenköpfen auf Konsolen. Zweiachsige Fenster mit altem
verschiedenen Masswerk, Horizontallisenen die Sohlbänke fortsetzend. In den beiden
Seitenchörchen ruhen alle Rippen ohne Dienste auf Konsolen, die aus Blattkapi-
tälen mit unten angesetztem Menschenkopf bestehen.
Der Chor zeigt im Chorhaus zwei Stemgewölbe und im Abschluss ein fein-
gezeichnetes Netzgewölbe. Die scharfprofilierten Rippen mit neuaufgesetzten ver-
goldeten Rosetten setzen mit länglichen skulptierten Blattkapitälen auf Dreiviertels-
säulchen auf, die im Chorabschluss bis zu der unter den Fenstersohlbänken sich hin-
ziehenden Lisene herabgeführt sind, an der Seite nach i m Länge mit einer Konsole
abschliessen, die durch die Halbfigur eines ein Spruchband haltenden Engels gebildet
wird. Nach den beiden Seitenchörchen hin öffnen sich zwei niedrige Spitzbogen mit
ausgemndeten Arkaden. Im Abschluss drei zweiachsige Fenster mit altem Masswerk,
das mittlere von innen versetzt
Die Wirkung der Kirche wird stark beeinträchtigt durch die bedeutende Auf-
schüttung des Bodens, auf dem sie steht Das Missverhältnis von Höhe und Länge,
durch die ursprünglich nicht beabsichtigte Erweiterung nach W bedingt, wird dadurch
noch verstärkt. Von monumentaler Wirkung ist nur der Westturm.
Hochaltar, um vier Stufen erhöht, schöner Barockaltar mit gutem Abschluss.
Das Mittelfeld flankiert von zwei gewimdenen Säulenpaaren. Gemälde der Kreuzi-
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EMMERICH
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gung, dunkles, recht gutes Werk der 2. H. des i7.Jh. Im Aufsatz stehend S. Aide- Aidcgundis
gundis, rechts und links je ein grosser posaunenblasender Engel in Jünglingsgestalt.
Auf dem Aufsatz balancieren Engelsfiguren.
Chorstühle, 4,9om lang, siebensitzig auf jeder Seite ohne Rücklehne, um i45o.
Die Armlehnen ausgeschweift wie an den Chorstühlen der Münsterkirche mit kleinen
Chorstühle
Fig. 7 und 8. Emmerich. Aldegundiskirche. S. Agnes und S. Katharina vom Meister von Emmerich.
Säulchen und starken, durchweg durch Krabben gebildeten Knäufen. Die Miseri-
kordien mit Tierfiguren, einzelne erneut. Die Vorderseiten der Pulte mit schUchten
Riefelungen. Die Wangenstücke barock.
Die Holzskulpturen der Aldegundiskirche sind von hoher Bedeutung für die Skulpturen
Geschichte der Kaikar -Emmericher Bildschnitzerschule.
29
3o KREIS REES
Aidegundis- S. Agnes (Fig 7), i,4o m hoch, mit langen, zur Seite des feinen zierlichen
Köpfchens mit dem kleinen Mund, dem hohen runden Hals herabfallenden Locken,
schmalschulteriger Figur mit kleinen Brüsten, in der zierlichen Hand ein Buch haltend.
Der an den Schultern eng anliegende Mantel ist in einem schönen und monumen-
talen Faltenwurf um den ganzen Unterkörper herumgelegt. Rechts neben ihr ein
springendes Lämmchen.
S. Katharina (Fig. 8), i,4om hoch, das Gegenstück zur vorigen von demselben
Meister mit schönem überaus lieblichen Antlitz, in der Linken eine Palme haltend,
in der Rechten das Schwert mit dem Rad auf den König setzend, wie die h. Agnes
neu polychromiert. Der leicht nach links ausgebogene Körper ist in ein langes bis
zum Knöchel herabsinkendes Gewand gehüllt, um den Oberkörper eng, doch mit
Längsfalten anschliessend, die Formen vortrefflich durchmodelliert. Äusserst zierliche,
graziöse Hände. Beide Figuren sind Stücke ersten Ranges von einem ausserordent-
lichen Liebreiz der Erscheinühg, alle Formen fliessend und geschwungen ohne irgendwie
süsslich zu werden.
Zwei Madonnen figuren, i,5om hoch, von einem Marienleuchter wie in
Kaikar (Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 73), Kempen (Kunstdenkmäler d. Kr. Kem-
pen S. 74) und anderswo, zwei Halbfiguren stehend auf einem menschlichen Kopf,
auf dem linken Arm das winzige nackte Kind und zugleich eine Traube, in der
Rechten ein (ergänztes) Scepter haltend. Die Madonna mit kleinem spitzen Mund,
langem Hals, hohem schmalschultrigen, kleinbrüstigen Oberkörper, sehr zierlichen
Händen. Die beiden Figuren der hh. Agnes und Katharina bilden die Hauptwerke
des Meisters von Emmerich, vielleicht identisch mit dem i49i genannten beldensnider
Rabe van Eymerick (B. J. LHI, S. 62). Von demselben Meister im erzbischöflichen
Museum zu Utrecht eine i,32 m hohe Madonnenstatuette, auf beiden Armen ein
nacktes Kind mit einer Traube haltend (Kronleuchterhalbfigur, ganz im Stil der
Emmericher Madonna), in der ehemaligen Sammlung August Hartel in Strassburg die
66 und 69 cm hohen Holzfiguren der hh. Katharina und Barbara (Auktionskatalog
Heberle i89o, Nr. 4i7 u. 4i8, Taf. 6), weiterhin die Madonna zu Hüthum (s. u.).
Fünf 1,20 m hohe Holz figuren aus einer grösseren Serie, Albertus Magnus
mit Buch und Mitra, S. Christoph mit vortrefflicher Behandlung von Haar und Bart,
Jakobus mit Muschelhut, Stab und Buch, Johannes der Evangelist und S. Sebastian,
tüchtige aber ziemlich nüchterne Arbeiten um i5oo.
S. Katharina, 75 cm hoch mit hoher Krone, in der Linken ein Buch, in der
Rechten ehemals das Schwert. Unter ihren Füssen zusammengekauert ein König
Vortreffliche Figur aus dem Ende des iS.Jh.
S. Antonius imd ein bärtiger Heiliger mit Buch, in Flammen stehend (ganz
ähnliche Skulpturen in Harlem, bischöfliches Museum Nr. 77), tüchtige Skulpturen
vom Anfang des iS.Jh.
Pieta, 65 cm hoch, Anfang des 16. Jh., neu polychromiert, hart, die Mutter
den dürren Leichnam des Sohnes auf den Knieen haltend und sein Haupt mit der
rechten Hand stützend.
S. Anna, die neben ihr sitzende kleinere Maria aus einem Buche lesen lehrend,
steife 9o cm hohe Holzgruppe um 1 5 00.
Kruzifixus, 9o cm hoch, i7.Jh., aus braunem Holz, der straffe sehnige Körper
in seiner pathetischen Haltung sehr sorgfältig durchgeführt.
Christus triumphans, barocke Figur, neu übermalt, in der Linken das Kreuz,
die Rechte erhebend, mit kühn freiflattemdem Mantelzipfel.
3o
EMMERICH
3l
Kopie der Kreuzabnahme Christi von Rubens in wirklicher Grösse.
Gemälde: Joseph und Maria auf Holz, lebensgrosse Figuren, sehr verblichen,
2. H. des i7.Jh., vlämisch.
Gemälde der Anbetung der Hirten mit in den Wolken schwebenden Engeln.
Tüchtiges ehemaliges Altarblatt in lebensgrossen Figuren, i7.Jh.
Gemälde der Himmelfahrt Maria, i7. Jh., vlämisch, beschädigt. Unten die
Jünger um das Grab versammelt, oben Maria von Engeln getragen emporschwebend.
Grabsteine. 28 Platten, meist aus Blaustein, als Flurbelag in der Turmhalle
imd im Langhaus, meist völlig ausgetreten und unleserlich. Erkennbare Inschriften:
1. IND lAER DNS HEREN MCCCCXXXVI UP DEN XII. DACH IN DEN MERZE STARFF
KATHERINA VAN RISVVICK. BID VOER SE. (l436, 12. MärZ.)
2. A. l593 DEN 3l. MAII ||'| FICK VAN DER STEGEN ! ' j I MEISTER DER STAT
DOESBORCH. A. 9l GARTRUIT VAN DER STRATEN SIN HUISFROW. In der Mitte: EVER-
HARDT VAN DER STECHEN. WENDELINA SOEREN SEIN HUISFROW OP DACH PONTIANII
(i9. November) anno i599. elisbet bruins.
3. JACOBUS INGEN GADEM VICARIUS ECCLES. OB. l5l4 8. DEC. (DeDERICH S. 364).
Monstranz, 82,5 cm hoch, von vergoldetem Silber, eines der grössten und
prächtigsten Werke der klevischen Hofgoldschmiedekunst, um 1 5oo. Auf sechsblätte-
rigem reichprofilierten Fuss und sechsseitigem Aufsatz mit Eckstreben, dessen einzelne
Felder zwischen zwei durchbrochenen gothischen Fenstern je einen musizierenden
Engel enthalten, erhebt sich der Schaft mit dem durch sechs rhombenförmige Rosetten
verzierten Knauf Der Glascylinder ist flankiert von zwei auffällig breiten Strebe-
systemen, aus je drei Strebepfeilern bestehend, durch Bogen und Nasen verbunden,
links Petrus, rechts Paulus. Der sechsseitige Aufsatz ruht auf einer durch eine Balu-
strade abgeschlossenen Platte. Den sechsseitigen Baldachin tragen sechs gänzlich frei-
stehende Strebepfeiler. In der Mitte Christus als Weltenrichter, zwischen Maria, Jo-
hannes dem Täufer, und zwei posaunenblasenden Engeln. Unter den Kielbögen je
ein Engelchen, zur Seite Johannes der Evangelist und S. Katharina. In der Krönung
die neue Statuette der h. Aldegundis. Wertvolle edelsteinbesetzte Lunula. An der
Monstranz ehemals befestigt eine ovale Medaille mit zwei Porträts und den Inschriften:
joanes wilhel. d. g. d. jul. clivi. et mon. Revers: antho. d. g. d. jul. cl. et
MONT. NAT. LOT.
Ciborium, 54 cm hoch, von vergoldetem Silber, um 1600, mit späten und sehr
reichen Renaissanceformen. Auf dem runden Fuss drei getriebene Darstellungen:
Jesus und die Samariterin, Isaak und Rebekka am Brunnen, Moses das Wasser aus
dem Felsen schlagend. Auf der Kuppe in Kartouchen zwischen Fruchtstücken und
Engelsköpfchen die entsprechenden typologischen Scenen: Abraham und die drei
Engel bei Tisch, Abraham und Melchisedech, das Passahmahl der Juden. Auf dem
Deckel in drei ovalen Feldern der Fall Jerichos, der Mannahregen, die grosse Wein-
traube. Auf acht freistehenden Säulen ruhende Baldachinen, darunter doppelseitige
Madonnenstatuette, dartiber Kruzifix. Drei Marken, nur eine erkenntlich: F in ge-
wöhnlichem spitzen Schild.
Kelch, 20,5 cm hoch, von i5o4, auf achtseitiger Rose mit der Inschrift:
S. QUIRINS BROEDERSCAP HEBBEN DESEN KELCK GEAUCHT (?) INT lAER ONS HEREN
MCCCCC ENDE IUI.
Kelch, 2 1 cm hoch, von vergoldetem Silber, Anfang des i7.Jh.
Kelch, 21 cm hoch, auf sechsseitiger Rose, von der S. Annabruderschaft
gestiftet.
Aldegundis*
kirche
Gemälde
Grabsteine
Monstranz
Ciborium
Kelche
3l
32
KREIS REES
Aldegundis
kirche
Glockea
Münster-
kirche
Litteratut
HandschriftL
Quellen.
Emmerich
Glocken. Die gröbste von i498, i,45 m hoch, umgeben von einem kleeblatt-
besetzten Fries, die Worte getrennt durch Rosetten und stilisierte Lilien. Inschrift:
QUANDO RENASCEBAR FUERAM VOCITATA MARIA
UNDE MED SONITU FUGIUNT HOMINI NOCITURA
CLERUS ED (so) SANCTA VISITAT ET LAICUS
GERHARDUS DE WOU ME FECIT ANNO DOMINI MCCCCXCVIII.
Die zweite von i498, i,32 m hoch, mit der Inschrift: aldegundis vocor. ma-
TREM SEQUOR ET VOLO LAÜDES, UT POPULUS CHRISTO CONVENIENS CELEBRET. GER-
HARDUS DE WOU ME FECIT ANNO DOMINI MCCCCXCVIII.
Die dritte von i337 mit der Insthrift in auf Blättchen aufgesetzten Majuskeln:
SUM NUNCUPER. B. MARIA. DEFUNCTOS PRODO, VOCO VIVOS, FULMINA PELLO, NAMQUE
SONO PLACIDA (so). NOSTRI FECERE CONCIVES HIC FIERI ME ANNO M TER^ TER'^ SEP-
TEM SUPERADDE.
MÜNSTERKIRCHE S. MARTIN. Wassenbergp.57. — Merbeck p.2 7.
— Kabinet van Nederlandsche oudheden VI, p. 3oi. — Dederich S. 45. — Kölner
Domblatt i844, S. iio. — G. Kinkel u. Pieper im Evangel. Kalender, Jahrbuch f.
i857, Berlin i856. — V. Quast i. d. Zs. f. christl. Archäologie und Kunst II, S. i88.
— G. Kinkel, Gesch. d. bildenden Künste S. i43, 233. — Lot2, Kunsttopographie I,
S. i96. — Ann. h. V. N. II, S. 43. — aus'm Weerth, Kd. II, S. 3. — B. J. LIII,
S. 46. — A. Dederich, Beitr. zur röm. deutschen Gesch. am Niederrhein. Zum Besten
des Reparaturbaues der Münsterkirche, Emmerich i85o, S. 8i. — Sauerland, Emme-
richer Annalen des Joh. Schölten mit Kalendarium der Emmericher Martinskirche von
i5o8 — i5o9: Ann. h. V. N. XLVIII, S. i88. — Eyck tot Zuylichem, Kort overzigt
van den bouwtrant der middeleeuwsche Kerken in Nederland: Berigten van het histo-
risch gezelschap te Utrecht i849, II, p. 67, 92. — H. W. Brewer, Some churches in
the neighbourhood of Cleves : Transactions of the Royal Institute of British architects
new. ser. VII, i89i, p. 3o7, Grundriss Fig. i36.
HandschriftL Qu. Im ehemaligen Stiftsarchiv, jetzt Pfarrarchiv: Kopiar
von 234 BL, Perg. fol. in Perg.-Bd., geschrieben Anfang des i5.Jh., fortgesetzt bis ins
i6.Jh., der alte Teil von 1284 — i4i2, bez.: In isto libro continentur copiae litterarum
redituum ecclesiae Embricensis. Wichtige Quelle. — Specificatio reddituum, censum et
proventum altarium conscripta manu d. Jacobi Veboet confratris, Pap. 4^ in Perg.-Hülle,
38 Bl., Ende des i5.Jh. — Nomina eorum, qui contribuerunt pro restauratione eccle-
siae s. Martini collapsae a. i37o. Wichtig für die Baugeschichte, enthält die Namen
aller Schenkgeber von i37o an, von verschiedenen Händen. Beginnt: A. MCCCLXX
fuit haec memoria incepta. Dit zyen dyghene, dy erfenisse habben ghegheven te volst
ter tymeringhe. — Copia libri statutorum ecclesiae collegiatae S. Martini Embricensis,
Pap. 4^ min. in Lederband, geschr. i56o ad usum d. Conradi Harenbergh. Von 3o"
an Abschriften von Urkunden von i4i4 ab, darnach: De stabilibus pactis et partibus
duorum vel plurimorum canonicorum Embricensium, quia libri quidam sunt robusti
quidam perditi et neglecti ex iniuria vel potius malignitate temporis. Sammlungen
histor. und biograph. Notizen und liturg. Miscellen. — Copien Buich vour den aelden
Vuirdischen Fundationen vnde Stifftongen, Pap., 4^ i6o9 durch Jon an van Vuirden
geschrieben. — Legerboeck von Theodor Oerinck, Pastor von S. Aldegund, i678.
— Protocollum capituli Embricensis i672 incipiens, Pap. fol. — Kalendarisches Ver-
zeichnis der Toten und Sterbetage, um i5oo, wertvoll für die Lokalgeschichte. —
Kirchenrechnungen der Martinikirche, i5i4, Pap. 4®, defekt — Aktenheft, betr. den
Versuch der Reformierten, i68o die Kirche S. Martini zu erwerben. — Niederdeutsche
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EMMERICH
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Hs. der Dialoge des Cäsar von Heisterbach, Ende des iS.Jh. — Über drei Urbare
vgl. Lamprecht, Verzeichnis rheinischer Urbarialien S. 8.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 582 Urk. von ii3i — i7o5, 2 aus dem 12.,
i7 aus dem i3.,. 298 aus dem i4., i4i aus dem i5., 93 aus dem 16. Jh. — Kopiar
von Urk. über die Übertragimg der Jurisdiktion an den Grafen von Geldern 1233
(B. 122). — Ges. Nachrichten der Privilegien, Statuten und Disziplinen des Kapitels
vom i4. — 19. Jh. (B. R. XXV, i). — Ges. Nachrichten über die Vikarien der Martini-
und Aldegundiskirche (B. R. XXV, 4). — Ältere Einkünfteregister der Kirchenfabrik-
Miinster-
kirche
Düsseldorf
Fig. 9. Emmerich. Ansicht der Müiisterkirche
Thesaurarie (B. R. XXV, 20). — Rechnungen des Martinikapitels i583 — i7oo (B. R.
XXV, 47). — Register und Rechnungen in 2 Konvoluten (B. R. XXV, 46). Vgl.
Ilgen, Rhein. Archiv S. 74. — C. A. H. Burkhardt, Hand- und Adressbuch der
deutschen Archive I, S. 20.
Im Archiv des Hoogen Raad van Adel zu 'sGravenhagc: Liber memoriarum 'sGravcnhagc
inter canonicos Embricenses, scriptus per me Andream Iserem, vicarium s. Michaelis
a. i53o (van SPAENsche Sammlung, portefeuille Nr. 73).
In der Bibliothek des Sir Thomas Phillips zu Cheltenham: Cod. 12 244, 4®, Cheitcnhnm
iS.Jh., Fundatio fratrum Embric.-Clivorum.
Im Stadtarchiv zu Köln: Insignia coUegiatae ecclesiae S. Martini Embricensis Köln
von 1233 ab (Farragines des Gelenius XI, fol. 323).
33
34
KREIS REES
Münster- Im Besitz des Herrn Pflaum auf der Fahnenburg bei Düsseldorf: Beschreibung
Fahnenburg ^^ Chorcs, der Epitaphien etc. in der v. Dorth sehen Inschriftensaramlung Bl. i59, i63.
Eiberfeid In der Bibliothek des Bergischen Geschichtsvereins zu Elberfeld: Copia sta-
tutorura coli. eccl. d. Martini Embricensis von Adam Löwerman i66i, 4®, 36 1 S.
(Hs. 26). — Requisitiones manuum ac locationes ... in et ad curtes Asterloo et
Eramerick 1^72.
ü
Fig. 10 Emmerich. Grundriss der Münsterlurche.
Geschichte Die Martinikirche ist die zweite Kirche der Stadt, sie war eine Abzweigung des
Pfarrbezirks der S. Aldegundiskirche. Die erste Erwähnung findet sie in einer Urk. vom
J. Ii45 (TiBUS, Zur Geschichte von Emmerich S. 2, i5. — Nrh. G. 1881, S. i53), in
der Theodorich, Abt von Kamp, den durch die Nachlässigkeit des Propstes Rutger
verschuldeten Einsturz der Kirche rügt. Es ist bezeichnend für die an Zerstörungen
überreiche Geschichte des Baues, dass an ihrer Spitze die Nachricht von einem Zu-
sammenbruch steht. Die Kirche stand damals noch kein Jahrhundert: die Krypta
stammt aus der Mitte oder der 2. H. des 11. Jh. und da die doppelten Seitenkapellen
einen gemeinsamen Plan verraten, ist der ganze Ostteil in seiner ursprünglichen An-
lage dieser Zeit zuzuweisen (der Hochchor, eminentior locus, bestand schon 11 45).
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EMMERICH
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Die Kirche scheint nach der ruina und destructio des J. 1 145 in grösserem Umfange
als Kreuzkirche mit zwei Westtürmen wiederhergestellt. Wassenberg p. 58 nennt sie
pulcherrima, magnifica, amplissima, e topho vivoque lapide in formam crucis structa,
quatuor aequales partes exhibens, cum duabus turribus in frontispicio respicente Rhe-
num, qui tum longius ab urbe fluxit (Ähnlich Merbeck p. 29).
Aber schon nach wenig Jahren begann die Zerstörung. Im J. 122? hatten die
Bürger einen Graben mitten durch die Immunität des Kapitels und die Häuser der
Kanonichen gezogen (Wassenberg p. 65. — Dederich S. 9o. — Ann. h. V. N. VI,
S. 100): der Rhein brach sich stürmisch eine neue Bahn und wälzte seine Fluten
direkt auf die Südwestecke der Kirche zu; in den Verheerungen der J. i233 — 1237.
ging der westliche Teil der Kreuzkirche zu Grunde.
Schon im Laufe des i4.Jh. wurden eine Reihe Neubauten durchgeführt. 'Eine
weite Ausdehnung nach W war durch den veränderten Rheinlauf für alle Zeiten ver-
boten: die Westfagade mit den flankierenden Türmen war verloren. Von dem Lang-
haus ward nur ein Joch ausser der
Vierung bewahrt und dieses mit ei-
nem grossen Tuffgiebel nach W ab-
geschlossen, an der Südwestecke ward
wohl schon damals ein kunstvolles
Krippwerk und der mächtige Eis-
brecher erbaut.
Am Ende des i4.Jh. erfolg-
ten neue Zerstörungen durch den
Rhein. Die Hs. des Stiftsarchivs
berichtet ausführlich darüber: a. d.
MCCCLXX, cum ecclesia Embri-
censis in structuris et edificiis pate-
retur ruinam ... Es beginnt eine
neue Bauperiode; im J. i4o5 ver-
leiht Innocenz VII. den ersten Ab-
lass für alle, die zum Bau beisteuern
(Düsseldorf, Staatsarchiv, S. Martin, Urk. Nr. 335). Vom Beginn des i5. Jh. giebt sich
die Absicht kund, den Bau anstatt nach W nach N zu verlängern. Von hohem Wert
für die Baugeschichte sind zwei Urkunden aus den J. i4i4 und i424, die den Zu-
stand der Kirche ziemlich genau beschreiben. Die erste, vom Bischof Friedrich
von Utrecht ausgestellt (Düsseldorf, Staatsarchiv, S. Martin, Urk. Nr. 355. — Lacom-
BLET, ÜB. II, S. 118, Anm. 2): Cum igitur — ipsa ecclesia collegiata ac parochialis
s. Martini Embricensis a retroactis temporibus citra et adhuc per continuos Reni flu-
minis ibidem pusillo relicto littore decurrentis noxios effluxus in edificiis ac turribus
suis proch dolor devastata cemitur et periculosius infestatur, adeo quod non solum
conservatione sed etiam reformatione novae turris sive campanilis pro campanis pul-
sandis indigeat necessarie sumptuosis; quinimo nisi sibi singulis annis non modicis
subveniatur laboribus et expensis, ipsa propter dicti fluminis infestatione penitus tendat
ad ruinam. In der zweiten (Düsseldorf, Urk. 366. — Lacomblet, U B. II, S. 118) be-
richtet das Kapitel: Cum ipsa Embricensis ecclesia dudum tam per ignis incendia
perhorrenda quam propter pemiciosissimos Reni fluminis voraginales discursus, bases
eiusdem a longis retroactis temporibus hiemalium siquidem glacierum quamsepius
terribili permixta congerie non cessanter sed dictim periculosius conquassantes, adeo
Fig. 11. Emmerich. Grundriss der KryptA der Münsterkirche.
Münster-
kirche
Zerstörung
Neubauten
Zerstörungen
35
8*
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KREIS REES
Brand
Bau des
Südwestteils
Münster, dcvastata extitit, quod nedum tectis aut muralibus suis viciata, sed et turribus quon-
kirche ^ ^
dam celsis magnaque fundi emunitatis parte pusillo scilicet trium vel quatuor tantum
passuum littore relicto deabsortis lamentabiliter corrosa fide discemitur oculata ....
Necessitate igitur non modica perurgente tectis pro posse taliter qualiter reformatis
atque navis ex altera ipsius ecclesie parte dicto flumine remotiore turris seu cam-
panilis fundamentis procuratis, necnon contra dictum Reni fluminis impulsum mire
sumptuoso defensionis lignorum quamplurimorum conglutinatorum ingenio non sine
magnorum trabium ad hec sociatorum propugnaculo studiosius applicato . . .
Der Bau schritt rasch nach Norden vor, aber die grosse Feuersbrunst in der Nacht
vom 3o. auf den 3i. Mai i439 zerstörte dafür den ganzen hinteren südwestlichen Teil
aufs neue. Die Hs. des Stiftsarchivs enthält zum Beginn die Eintragung: Incendit
posterior pars ecclesiae divi Martini Embricensis cum maxima ruina post aut circa
mediam noctis festi salvatoris d. n. Jesu Christi i439 (nach der Chronik des Johann
Kerkhörde: Deutsche Städtechroniken XX, I, S. 62, erfolgte der Einsturz des Kerke-
tom durch Überschwemmung).
Der nördliche Teil mit dem Turme scheint um die Mitte des i5. Jh. vollendet
gewesen zu sein und zwar zunächst einschiffig, doch war bereits für eine Erweiterung
nach Westen Sorge getragen.
Im J. 1488 hören wir wieder von Bauten an dem Südwestteil (Urk. von Papst
Eugen IV. vom J. i488 im Stiftsarchiv), der Westgiebel war wieder aufgeführt und
ausgeflickt worden. Gegen das Ende des Jahrhunderts wurde dann auch die geplante
Erweiterung des Nordschiffes nach Westen durchgeführt und ein südwestliches Seiten-
schiff nicht, wie früher geplant, nur neben dem LangschifF, sondern auch neben dem
Turm selbst errichtet. In der i. H. des 16. Jh. ward der Südgiebel der Kirche auf-
geführt. Im Laufe des i7.Jh. wurde sodann der ganze ältere romanische Teil einem
Umbau unterzogen, die Apsis mit langen spitzbogigen Fenstern versehen, alle Ge-
wölbe erneuert. Das westliche Seitenschiff des Nordarmes wurde erst im i9.Jh. ab-
gebrochen.
Nachdem schon i863 durch den damaligen Kreisbauinspektor Cuno durch Slüler
revidierte Aufnahmen mit Kostenanschlag hergestellt worden waren, wird die Kirche
seit i874 unter Leitung des Architekten Theodor Gehing in Emmerich einer einsichts-
vollen und gründlichen Restauration unterzogen.
Der ältere romanische Bau war aus Tuff aufgeführt. Der allein noch voll-
RomanischerBiiUg^j^^jg erhaltene östliche Teil (im Grundriss Fig. 10 tiefschwarz), aus Chorhaus mit
Apsis bestehend, zeigt am Chorhaus nach Süden und Norden eine Gliederung durch
drei grosse Rundbogenfenster mit doppelt abgetreppten Gewänden. Unter ihnen liegt
eine zweite Reihe von je drei kleineren Rundbogenblenden, die im Süden durch das
Dach der Seitenkapelle verdeckt sind. Der Chorabschluss ist aus fünf Seiten des
regelmässigen Achtecks konstruiert und war ursprünglich wohl durch drei oder fünf
schmale rundbogige Fenster erleuchtet, die schmalen Flächen sind unter dem Dach
mit einem Rundbogenfries verziert. Bei dem Umbau des i7.Jh. wurden drei grosse
spitzbogige Fenster eingebrochen, derart, dass die Mitte der seitlichen Fenster gerade
auf einen der stumpfen Winkel zu stehen kam.
Im Norden und Süden sind an das Chorhaus die niedrigeren Seitenkapellen
B und C angebaut, die in einen ein wenig eingerückten dreiseitigen Chorabschluss
nach Osten auslaufen. Die nördliche Kapelle zeigt an der Nordseite die Gliederung
durch drei grosse Rundbogenblenden im oberen Geschoss und eine im unteren Ge-
schoss; das Pultdach, dessen Spuren erkennbar sind, fehlt. Die südliche Seitenkapelle
Restauration
Beschreibung
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EMMERICH
37
ist im J. i877 ganz neu aufgemauert worden, aber streng nach dem alten Muster, in
die Südwand sind zwei Rundbogenfenster gebrochen worden.
Im Inneren ist der Chor A um fünf Stufen nach dem Mittelschiff zu erhöht und
mit einem flachen Tonnengewölbe überspannt, das aus Holzverschalung besteht. Der
Ansatz der alten Wölbung ist direkt über der erneuten auf dem Kirchenboden sicht-
bar; an dem Absatz der Aussenmauern sind in jene mächtige ausladende Steine ein-
gebunden, die der alten Tonne als Träger dienten. Dieses Gewölbe lag aber unter
den auf der Nord- und Südseite befindlichen Fenstern, die auch im Inneren als Blenden
erkennbar, sind. Ihre Bedeutung ist rätselhaft. Einen praktischen Zweck konnten sie
nicht haben. Ihr Ursprung scheint dieser zu sein: Bei der Anlage der romanischen
Kreuzkirche mussten alle vier Arme, um die Gesamtwirkung nicht zu zerstören, gleich-
hoch sein. Für das Chorhaus brauchte man aber diese Höhe nicht; um nun die
Münster
kirche
Chor
Fig 12 Emmerich. Längsschnitt der Münsterkirche
^gt^
Langmauem einerseits zu beleben, andererseits zu entlasten, wurden die sechs Blenden
eingefügt, die dieser Annahme nach von vornherein nicht als Fenster geplant waren.
Die nördlich vom Chor gelegene um 1 1 Stufen erhöhte Kapelle B ist mit einer
aus kleinen Tuffsteinquadem errichteten Tonne eingewölbt, die Apsis mit einem Ge-
wölbe von weit grösseren Blöcken, nach Osten ist später ein grosses viereckiges Fenster
eingebrochen worden. Die südliche als Sakristei dienende Kapelle C ist mit einer neuen
Tonne versehen worden.
Unter dem Chor liegt die dreischiffige Krypta (Grundriss Fig. ii) mit ihren
beiden vertieften Nebenkapellen. Die vierfach verschiedene Höhenlage macht den
Querschnitt (Fig. i3) dieses Ostteiles zu einem baulich höchst interessanten. Den Ab-
stieg vermitteln die unter der nördlichen und südlichen Seitenkapelle gelegenen Unter-
kapellen, gegen das Langhaus um 6 Stufen vertieft, ehemals gegen dieses geöffnet.
Die südliche scheint schon im i6. Jh. bei der Errichtung der endgültigen südlichen
Abschlussmauer des Südarmes vermauert worden zu sein, um vor dem Eingang einen
Altar aufzustellen; nur eine kleine Öffnung neben diesem ist übrig geblieben. Die
nördliche Seitenkapelle zeigt die Formensprache des i4.Jh. im Inneren: zwei Kreuz-
Krypta
37
38
KREIS REES
Münster-
Icirche
gewölbe, deren Rippen auf polygonalen Kapitälchen ruhen, in den Ecken auf Menschen-
köpfen, die um eine Stufe erhöhte halbrunde Apsis mit Ostfenster ist von einem go-
thischen Sterngewölbe überspannt; den Schlufsstein verziert das Lamm mit der Kreuzes-
fahne. Die südliche Kapelle ist in ihrer westlichen Hälfte mit einem rippenlosen
Kreuzjoch überspannt, der östliche Teil beim Umbau erneut und mit einem dreifachen
Betongewölbe auf Eisenkonstruktion versehen worden.
Die eigentliche Krypta selbst wird von flachen Kreuzgewölben ohne Gurte
und Rippen umspannt. In ihrem östlichen Teil ist sie durch fünf Rundbogenfenster
Fig. 13. Emmerich. Querschnitt des Ostteils der Münster kirche.
mit Stark nach innen abgeschrägten Gewänden erhellt, die sich nach unten als Blenden
fortsetzen (zur Zeit bis zur Höhe von 1,20 m mit Backsteinen versetzt). An den übrigen
Seiten und an der Westwand nur grosse rundbogige Blenden. An den Wänden 65 cm
breite Pilaster mit einfachen Kämpfern. Die Gewölbe ruhen auf drei Paaren von
Bündelpfeilern (Fig. i4) die durchweg verschieden sind. Es sind meist Haustein-
monolithe. Sie haben alle dieselbe niedrige, 4o cm hohe Basis, aus 1 5 cm hoher
Plinthe und zwei -Wülsten bestehend, ihre Höhe ist i,73 m ohne Basis und Kapital,
das letztere ist mit dem Kämpfer 45 cm hoch. Der Boden war ehemals um 63 cm
angeschüttet. Das erste Pfeilerpaar besteht aus vier nebeneinander gestellten Säulen,
die ein aus vier Würfelkapitälen gebildetes Kapital tragen. Das zweite Paar besteht
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EMMERICH
39
^
^
i_
A
~
5 t
1
L
aus acht nebeneinander gestellten und einen Kern umgebenden Halbsäulchen mit einem
ähnlichen Kapital, das dritte Paar aus Säulen mit i6 Riefelungen und einfachen Würfel-
kapitalen. Alle Kapitale tragen die gleiche Deckplatte und sind nach unten mit einem
Rundstab abgeschlossen. Die Krypta besass — wie die zu Hersfeld und zu Abding-
hof — zwei Eingänge, von Norden und Süden, nur der südliche ist erhalten: durch
die i,8o m starke Mauer führt eine Treppe von 12 Stufen hernieder. Die Krypta
steht zusammen mit den Krypten von Vreden und Freckenhorst unter dem Fonnen-
einflusse der Abdinghofer Krypta (J. B. Nordhoff, Die Baugenealogie der Abdinghof-
schen Krypta zu Pader-
born: B.J. LXXXXIII,
S. 116, 123).
In der Apsis noch
der alte romanische Flur-
belag aus der Mitte des
12. Jh. (Fig. i5) fast voll-
ständig erhalten, beste-
hend aus wechselnden
Platten von weissem und
blauem Namurer Stein
mit der Inschrift: DE[di-
catum h]oc altare Do-
mino IN HONOREM SANC-
TAE MARIAE ET OMNIUM
JUSTORUM, ein durch sein
Alter höchst merkwürdi-
ges Werk. Ober die ganze
Gruppe dieser Flurmosai-
ken vgl. Deschamps DE
Pas, Essai sur le pavage
des eglises anterieurement
au quinzieme siecle: An-
nal. archeol. XI, p. 55;
XII, p. i37. — Alfred
Rame, Etudes sur les car-
relagesemailes: Ann. arch.
XII, p. 281. — Ed. de
Barthelemy, Notice sur quelques carrelages histories, Paris i852. — aus'm Weerth,
Der Mosaikfussboden von St. Gereon zu Köln, Bonn i874.
Der Westteil des ehemaligen romanischen Baues zeigt im Äusseren nichts
mehr von romanischen Mauern. Der Westgiebel ist ganz von Tuff aufgeführt, der
Unterbau von Backstein erneut. Das grosse dreiachsige Fenster zeigt erneutes zier-
liches Masswerk mit feinprofilierter zwölfspeichiger Rose und ist zu zwei Fünfteln
versetzt. Die Nord- und Südmauer des Westarmes sind aus Backstein errichtet. Der
südliche Giebel ist geschweift, mit Horizontallisenen und kleinen Türmchen versehen
und zeigt die Formen der 1 . H. des 1 6. Jh. (Fig. 9).
Im Inneren (Grundriss Fig. 10) gehören noch die Vierungspfeiler dem alten
romanischen Bau an, mit Ausnahme des nordwestlichen Pfeilers, der bei einer der
Zerstörungen durch den Rhein zusammenbrach. Die Vierungspfeiler zeigen einfache
i '."jt I I I I i I I I I j:
^«IHD
Fig. 14. Emmerich. Säulen der Krypta.
Münster-
kirche
Flurbelag
Westteil
Inneres
39
4o
KREIS REES
Münster-
kirche
Kämpferprofile, die um die in den Ecken der Vierung D herablaufenden Dienste ver-
kröpft sind. An dem nordwestlichen Pfeiler bricht dieser Dienst in halber Höhe mit
einer spätgothischen traubenförmigen Konsole ab. Der ehemalige südliche Kreuzarm
und das Westjoch sind ebenso wie die Vierung D mit einer flachen, an den Seiten
geneigten hölzernen Decke überspannt, die beiden westlichen Seitenjoche haben neue
flache Decken mit eingespannten Schienen erhalten. An der Westseite des ehemaligen
südlichen Kreuzarmes sind die alten romanischen Gesimse in der Höhe der Horizon-
tallisene der Westwand erhalten, nach Süden schliesst er mit zwei grossen dreiachsigen
Fig. 15. Emmerich. Romanischer Flurbebg im Chor der Münsterktrche.
Nordteil
Turm
gothischen Fenstern ab. Der Westarm ist von dem südlichen Seitenjoch durch einen
niedrigen 96 cm breiten Spitzbogen getrennt, der unter dem früheren (sichtbaren)
älteren Bogen eingespannt worden ist. Der an der Südwestecke befindliche runde
Eisbrecher F ist durch einen als Rumpelkammer dienenden Raum zugänglich.
Das i5,6om lange, 10,12 m breite nördlicheSchiff bildet mit dem Turm eine
weit einheitlichere Anlage für sich. Der in drei Stockwerken sich erhebende mächtige
Backsteinturm* ruht auf einem hohen Sockel mit Hausteinabdeckung und ist in
den beiden unteren Geschossen durch je drei spitzbogige zweiachsige Blenden mit
altem schönen Masswerk belebt (zum Teil ausgebrochen). Das ursprüngliche Haupt-
portal mit steinernem Mittelpfosten lag ehemals nach N unter dem grossen dreiachsigen
4o
EMMERICH
4l
Mittelfenster, jetzt ist im O ein kleines Portal mit Kielbogen angefügt. Das zweite Münster.
Stockwerk schliesst mit einer in ihrer wirkungsvollen Einfachheit überraschenden über-
deckten Gailerie auf einer Rundbogenfriesvorkragung ab, auf jeder Seite mit je zehn
zweimal abgetreppten Rundbogenfenstern. An der Südostecke ist das achtseitige
Treppentürmchen bis zur Höhe des zweiten Geschosses heraufgeführt, um dessen
Kopf die Gailerie herum verkröpft ist. Es findet seine Fortsetzung von der Mitte
der Südseite des dritten Stockwerkes aus, das über einem mit drei Rundfenstern ver-
zierten Sockel durch drei Spitzbogenblenden belebt ist.
Das nördliche Schiff selbst zeigt im Äusseren an der Ostseite dreiachsige Nördi. Schiff
Fenster und zweimal abgetreppte Strebepfeiler aus Tuff, nur im oberen Drittel aus
Backstein bestehend. An der Westseite erscheint der rohe nicht vernarbte Ansatz
des weggebrochenen Seitenschiffes. Die mittlere in der Westmauer befindliche Säule
stand ursprünglich ganz frei. Die beiden Arkaden ihr zur Seite sind beim Abbruch
einfach mit Backsteinen versetzt worden. Das Seitenschiff setzte sich auch westlich
vom Turme fort, wo über den Blenden die Ansätze von zwei Kreuzjochen sichtbar sind.
Im Inneren ist der Turm mit einem ausserordentlich reichen Stemgewölbe ver- inneres
sehen, dessen Rippen mit skulptierten Blattkapitälen auf ganz kurzen Dienststumpfen
ruhen, die mit einem Knopf abschliessen. Nach W und O ist die Mauer durch eine
grosse spitzbogige Blende belebt, die eine zweite aufnimmt, im N spendet das mäch-
tige dreiachsige in der Mitte bereits einmal geschlossene Portalfenster mit seinem
Fischblasenmasswerk Licht. Die Turmhalle öffnet sich nach dem Nordschiffe mit
einem dessen Höhe erreichenden Bogen (Gurtbreite 2,2 5 m). Die drei Sterngewölbe
des Nordschiffes ruhen mit ihren Rippen an der Ostseite auf 60 cm langen Diensten
mit skulptierten Blattkapitälen, die mit Menschenköpfen abschliessen, an der West-
seite werden sie von vier Rundsäulen, aus Haustein und Backstein aufgemauert, ge-
tragen, von denen die beiden mittleren ehemals vollkommen freistanden, die beiden •
anderen nur als Halbsäulen hervortraten. Auf den Säulen sitzt ohne weiteres ein
Halbpfeiler auf, dem zwei kleine Dienste mit skulptierten Blattkapitälchen zur Seite
treten, auf denen die Diagonalrippen ruhen, während die Gurtrippen direkt aus den
Halbpfeilem hervorwachsen.
Hochaltar, um i7oo, barocker Aufbau von feinen, dekorativ wirkungsvollen Hochaiur
Formen, lediglich in dunkelem braunen Holze, von je drei Säulen flankiert mit den
Holzfiguren der hh. Martinus und Willibrord. Im Aufbau Christus das Kreuz tragend.
Chorstühle (Fig. 16. — Abb. und Details bei aus'm Weerth, Kd. Taf IV, 1—6; Chorstühie
I, S. 8. — V. Quast i. d. Zs. f christl. Archäol. u. Kunst II, S. 161), zweireihig auf
jeder Seite, hinten je zehn, vorn acht Sitze, 8,20 m lang, 3,5o m hoch, in die Mauer
eingelassen, die hintere Wand aus einem Balken. Die Rückwand mit vorgekragtem
Baldachin, der mit einem ganz einfachen Profil abschliesst (die alte Balustrade ver-
schwunden). Über den Sitzen zieht sich zunächst eine Reihe von Feldern hin, die
durch gewundene Säulchen getrennt sind, nach oben durch einfache Stabwerkverzie-
rung abgeschlossen, ähnlich wie in Kaikar (Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 7 i, Fig. 36),
aber bei weitem nicht so fein, die Stäbe nicht gerundet, sondern in einer Art von
Laubsägearbeit. Die obere Reihe mit einer Reihe von Wappentafeln mit prächtig
stilisierten Helmdecken, die wie gothisches Blattwerk gekerbt und leicht geschwungen
sind, zwischen ihnen ehemals auf Baldachinen kleine Holzfigürchen (verschwunden). Die
Wappen beziehen sich auf die Ahnen des Geschenkgebers, des Stiftspropstes Grafen
Moritz von Spiegelberg, dessen Wappen, der Hirsch, in der Mitte erscheint, zur Seite
die Wappen von Hoya, von der Lippe, von der Mark, von Sachsen, von Oldenburg.
4i
42
KREIS REES
Münster*
kirche
W
3
a
42
EMMERICH
43
Die Wangenstücke der hinteren Reihe sind nach dem Altar zu durchbrochen
und schliessen nach vom mit einer gewundenen Säule ab, die ehemals eine Statuette
trug. Die obere Hälfte zeigt spätgothisches Gitterwerk, die untere Blendfenster mit
den späten Motiven des Kielbogens und der Fischblase. An den westlichen Wangen-
stücken rechts die Figur der h. Magdalena, links Johannes der Täufer. Die Arm-
lehnen sind ausgebaucht und von polygonalen Säulchen getragen. Auf dem ge-
schw^ungenen Teil sitzt eine Krabbe auf, noch häufiger aber ein hockendes Menschen-
oder Tierfigürchen.
Die Wangenstücke der vorderen Reihe zeigen die Gestalten der vier Kirchen-
väter. Nach dem Mittelgange zu nur gothisches Stabwerk. Interessant die acht Ab-
schlussgruppen der Zargenstücke, auf den äusseren je zwei Geschöpfe einen Schild
mit den Leidenswerkzeugen Christi haltend, wilde Männer, Löwen, Hunde, Adler.
Auf den inneren: ein Adler im Kampf mit einer Bestie, zwei kämpfende Hunde, zwei
Bären einen Bienenstock zwischen sich haltend und Honig naschend, zwei Affen einen
kleinen Hund zwischen sich haltend.
Die Miserikordien übertreffen durch ihren Formenreichtum die allerübrigen
niederrheinischen Chorstühle. Es sind zunächst hockende Tierfiguren, dann wie in
Kempen, Straelen und Kleve Scenen aus der Tierfabel : Fuchs und Gans, Katze und
Mäuse, ein Knabe, den Schweinen Rosen vorwerfend.
Die Zeit der Entstehung, i486, giebt die Inschrift auf zweien der Wangenstücken:
ANNO DOMINI MCCCCLXXXVi. Sie sind eine Stiftung des Propstes Grafen Moritz von
Spiegelberg (Wassenberg p. 55), der bereits i483 starb (Dillenburger, Gesch. des
Gymnasiums S. il). Die Emmericher Chorstühle sind die reichsten und ausgedehn-
testen ihrer Gattung am Niederrhein, sie haben nicht die monumentale Wirkung des
Xantener Gestühls (Kunstdenkmäler d. Kr. Moers S. io8), noch die Feinheit der
figürlichen Durchbildung der Klever Chorstühle (Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. io7),
aber sie übertreffen jene durch die geistreiche Mannigfaltigkeit der Tierbilder und die
Schönheit der omamentalen Felder. Fast vollständig identisch mit den Emmericher
Chorstühlen sind die vom gleichen Meister i5o9 gearbeiteten in der Abteikirche zu
Kappenberg (A. Nagel i. d. Zs. f Bauwesen XXXI, 1881, Bl. 60, S. 438).
Kupferner Taufbrunnen, Gelbguss, aus der Mitte des 16. Jh. (aus'm Weerth,
Kd. Taf. II, 4; I, S. 5. — Katalog der Ausstellung der kunstgewerblichen Altertümer
zu Düsseldorf 1880, S. i95, Nr. 755"). Das Becken i m hoch, der Aufsatz 1,20 m.
Runder Fuss mit vier gewundenen, besonders angehefteten Löwenfüssen. Das Becken,
an den Seiten abwechselnd mit Rosetten und Engelsköpfchen besetzt, wird getragen
von vier Stützen, die in geflügelte weibliche Oberkörper auslaufen. Der Aufsatz wird
getragen von vier mit Knäufen und Ausbauchungen versehenen Renaissancesäulen,
darunter: S. Willibrordus, S. Martinus, S. Paulus und ein Bischof. Als Krönung die
Taufe Christi in massiven Figuren. Johannes, Christus und der die Gewänder hal-
.tende Engel sind in der Haltung hart und steif, in der Haarbehandlung primitiver
als die sonstigen menschlichen Figuren und stammen wohl von älteren Gussformen.
Niederländischer Guss, verwandt dem künstlerisch bedeutenderen und älteren Tauf-
becken in Herzogenbusch (Hezenmans, De St.-Janskerk te 'sHertogenbosch, 1866,
p. i63) und vor allem dem i527 gegossenen Taufbecken in der S. Walburgiskirche
zu Zutphen (hier gleichfalls für die krönende Gruppe ältere Formen benutzt), den
Taufbrunnen in Notre Dame zu Hai (Reusens, Elements d'archeol. ehret. II, p. 33 1),
Notre Dame zu Diest und Saint Pierre in Löwen (1888 auf der kunsthistorischen
Ausstellung in Brüssel. — Beissel i. d. Stimmen aus Maria Laach XXXVI, S. 56).
Münster,
kirche
Würdigung
Taufbrunnen
43
44
KREIS REES
Knizifixus
Münster- Hicrzu ein schöner schmiedeeiserner Krahn des i6.Jh. mit fünf gut stilisierten
Krahn eisemcn Blumen auf der horizontalen Tragstange (ähnlich in Herzogenbusch).
Roman. Leuchter Romanischer Lcuchtcr (Fig. i7) von Bronze, 1,20 m hoch, aus dem 12. Jh.,
ein interessantes und durch die einfache und wirkungsvolle edle Form sich besonders
zur Nachbildung empfehlendes Werk. Der Fuss auf drei Löwenklauen, über denen sich
kopfartige Knäufe erheben. Die drei Seitenfelder sind geteilt und mit je einem Paar
verschlungener Ungeheuer in Rankenwerk verziert. Der Schaft besteht aus einzelnen
Cylindern und Knäufen, die auf eine eiserne Stange aufgesetzt sind. Ähnliche Formen
bei Reusens, Elements d archeol. ehret. I, p. 429.
Hölzerner bekleideter Kruzifixus (Fig. 18. — aus'm Weerth, Taf. H, 5;
I, S. 5. — Ann. h. V. N. HI, S. 46), 80 cm hoch, auf einem i,25 m hohen Holzkreuze,
eine der frühesten erhaltenen grossen plastischen Darstellungen. Der Corpus ist aus
Eichenholz geschnitzt und
war ehemals mit vergol-
detem Silberblech verklei-
det, das in einzelnen Blät-
tern getrieben und aufge-
stiftet war. Nur am Kopf,
der zur Aufnahme von
Reliquien bestimmt war,
erhalten. Die Hände und
Füsse mit Kupferblech
überzogen. Das Kreuz ist
mit dünnen Streifen von
vergoldetem Kupferblech
bekleidet mit frühroma-
nischen Palmetten friesen.
Der bärtige Kopf würdig
und feierlich mit grossen
offenen Augen, der Kör-
per in Ärmeltunika mit
Gürtel. Das Werk ist
ebensowenig eine karo-
lingische Arbeit wie das Kruzifix von Obernkirchen (G. Schönermark i. d. Zs. f.
Christi. Kunst I, S. 3i3), sondern gehört der 2. H. des 1 1. Jh. an. An eine Darstellung
der h. Wilgefortis (Dederich S. i47. — Ann. h. V. N. XXIV, S. 326) ist hier nicht
zu denken. Verwandt dem Kruzifix in S. Maria in Lyskirchen zu Köln (Fr. Bock,
Das heilige Köln, Taf. 36, io4).
Holzfigur des h. Christophorus in der Turmhalle, dem Eingange gegenüber
in beinahe doppelter Lebensgrösse, in der alten Polychromierung geschickt erneut,.
Ende des iS.Jh. Mit bis zu den Knieen nackten Beinen, die Linke auf einen
Stamm gestützt, auf der rechten Schulter das Kind mit der Weltkugel tragend, in
den Hüften und Weichen dürftig durchgebildet, der Kopf mit sorgfältig behandeltem
Haar und Bart.
Madonnenbild, 1,10 m hoch, auf Halbmond, am Eingang des Chores, ur-
sprünglich gutes und feinempfundenes Werk von der Mitte des i5. Jh., aber stark
überarbeitet.
Pieta, 92 cm hoch, neu polychromiert, steif, Ende des iS.Jh.
Fig. 17. Emmerich. Romanischer Leuchter in der Münsterkirche.
Weitere]
Skulpturen
44
EMMERICH
45
Am Triumphbogen ein lebensgrosser Kruzifixus, neu polychromiert, auf Münster-
neuem Kreuz, mit schönem auf die rechte Schulter gesenkten lockenumwallten Kopf
und weicher Behandlung des Fleisches vom Anfang des 16. Jh.
Kleine Figur des h. Willibrordus in halber Lebensgrösse vom Ende des i5. Jh.,
neu polychromiert.
Holzgruppe, um i5oo: S. Franziskus vor dem Kruzifixe knieend, neu poly-
chromiert.
In der SÜdl. Unter- 1 ^ "^ ^~ 1 Wandgemälde
k a p e 1 1 e finden sich die un-
deutlichen Reste eines Cy-
klus von Wandgemälden
aus der Mitte des 12. Jh.
An der Nordmauer erkenn-
bar: Christus vor Pilatus.
Pilatus sitzt mit gespreizten
Beinen auf seinem Thron,
in der Linken ein Spruch-
band, die Rechte halb er-
hoben, mit Spitzhaube. Vor
ihm Christus nimbiert, von
zwei Häschern gehalten, in
blauem Untergewand mit
rotem über die linke Schul-
ter geworfenen Mantel, die
Hände flach nach vom ge-
halten. Die Kriegsknechte
um ihn mit jüdischen Spitz-
hüten, Spiessen und Stan-
gen. An der Südmauer:
Christus in der Vorhölle.
Rechts Adam als Patriarch
mit weissem Haar und Bart,
neben zwei anderen nack-
ten Figuren, ihnen die Linke
entgegenstreckend,Christus
mit der Rechten die Kreuz-
fahne über die Schulter hal-
tend. Der Grund blau, in
der Mitte hell, am Rande
ein dunkeler Streifen. Die erdigen Töne sind fast verblichen: das Inkarnat braunrot
mit weissen Lichtem.
Im Chor an der Südseite die Einzelfiguren des h. Martinus zu Ross, graziöse
jugendliche Gestalt, und des h. Willibrordus mit Stab und Kirche, an der Nordseite
der untere Teil einer Kreuzigung, links Maria und Johannes, rechts der Hauptmann
und die Kriegsknechte, starke schwarze Vorzeichnungen mit leichten Übermalungen,
beide aus dem l4.Jh., aber von verschiedenen Händen.
Epitaph im Stile der älteren Epitaphien im Kreuzgange von Xanten (Kunst- Epitaphien
denkmäler d. Kr. Moers S. i44)', von i5i9, am Turmpfeiler, im Bildersturm verstümmelt,
Flg. 18. Emmerich. Hölzerner Kruzifixus in der MüDsterkirche.
45
46
KREIS REES
Leuchter
Relief
Münster- mit gutem Basrelief der Verklärung Christi. Inschrift: d. wesselus huninck, huius
kirche
SACRAE AEDIS CANON. ET SENIOR, HIC SITUS EST ET IPSIUS PATER. OB. AN. MDXIX
NAT. DO. (25. Dezember).
Daneben das Epitaph der am 2 7. Mai i585 verstorbenen Agnes de Groot (ab-
gedruckt Wassenberg p. 87).
An dem Pfeiler links vom Chor das Epitaph des am 24. Juli i433 hier ver-
storbenen Herzogs Gert von Schleswig (Wassenberg p. 87. — Dederich S. 182):
INT lAER ONS HEREN MCCCCXXXIII OP
SUNTE lACOPES AVENT DO STAERF HER-
TOGHE GEERT VAN SLESWUG (so) GREVE
TO HOLSTEN TO STARMEREN UND TO
SCHOWENBORCH. BID VOER DE ZILE.
Zwei spätgoth. getriebene Messing-
leuchter des i5.Jh., 4i cm hoch, mit
drei Knäufen von reinen und schönen
Formen. In der südlich vom Chor be-
findlichen Sakristei werden die folgenden
Kunstwerke aufbewahrt:
Relief in weissem Marmor (Fig. i9),
südfranzösische Arbeit vom Anfang des
i5. Jh., 46X25 cm, ursprünglich poly-
chromiert und vergoldet. Unten eine
langgestreckte Figur auf dem Sterbelager,
die Hände flach über der Brust gefaltet,
rechts vor ihr eine Gestalt mit Tonsur,
Buch und Spruchband ohne Inschrift
(Maria und Petrus?). Darüber Gottvater
thronend, beide Hände halb erhoben,
in seinem Scliosse das Kreuz mit dem
Leib Christi, zur Seite Engel, Rauch-
fässer schwingend.
Holztafel mit dem Porträt des Bern.
Louwerman vom J. i592 in Halbfigur,
durch das Fenster rechts Aussicht auf
die Stadt mit der Münsterkirche. Unter-
schrift: ADM. R. D. BERN. LOUWERMAN,
AD S. MARTINUM EMBRICAE DECANUS,
SOCIETATEM JESU PRIMUS IN HANG UR-
BEM ET DOMUM SUAM SUSCEPIT A. l592, 1 4. APRILIS. (WaSSENBERG p. 77, 84. —
W. Dillenburger, Gesch. des Gymnasiums S. i.)
wiiHbrordi-Arche Wil 1 ibrord i - A rch c (Taf I. — Fig. 20. — aus'm Weerth, Kd. Taf III, 1, 2;
Text I, S. 7. — V. Quast i. d. Zs. f. christl. Archäologie und Kunst II, S. 186. —
Ann. h. V. N. III, S. 46; VI, S. 1 10).
Der alte Schrein 35,5 cm breit, 33 cm hoch, Gesamthöhe 62 cm, Gesamtlänge
49 cm. Die Arche, eines der wertvollsten und jedenfalls das früheste und interessan-
teste Goldschmiedewerk des Niederrheins, gehört in ihrer jetzigen Gestalt drei ver-
schiedenen Zeiten an. Den Grundstock bildet der alte Reliquienschrein auf einem
ausgehöhlten Kern von Eichenholz, der die Reliquien birgt, zum Teil in Säckchen
Gemälde
Fig. 19. Emmerich. Relief in der Münsterkirche.
Schrein
46
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46
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Münster, mit gutcm Ba
kirche
SACRAE AEDi:
NAT. DO. (25.
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Gemälde
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Willibrordi-Archc
Schrein
BEM
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Tafel I.
Emmerich. Willibrordiarche in der Münsterkirche.
EMMERICH
47
von gelbem arabischem Seidendamast des 9. oder lo. Jh. mit dem Muster eines grossen
Vogels eingenäht. Die Vorderseite des taschenförmig gestalteten Kernes ist bedeckt
mit vergoldetem Silberblech, das in getriebener Arbeit die vier Evangelistensymbole
zeigt, die Körper stark eingedrückt — die Flügel und Mähnen sind mit dem Schlicht-
hammer in auffallender Weise geriefelt. Breite Bänder von Goldblech mit Goldfiligran
und Edelsteinen in Kästchen fassung, darunter einzelne römische Gemmen und ein
byzantinischer Glasfluss umrahmen die einzelnen Felder. Die Rückseite (Fig. 20) zeigt
eine Rotkupferplatte, die mit Schmelzfirnis (email brun, der braune Grund mit Leinöl
Munster-
kirche
Fig. 20. Emmerich. Rückseite der Willibrordi-Arche.
überzogen und gebrannt, die gravierten Linien darnach vergoldet) in der Mitte Christus
am Kreuze zeigt, mit Kreuznimbus, bärtig (der untere Körper durch das Schloss ver-
deckt), zur Seite wiederum die Evangelistensymbole. Über Christus steht: jesvs naza-
RENVS REX JVDAEORVM. Umschrift: he svnt reliqvlk qvas sanctvs vvillibrordvs
ROME A PAPA SERGIO ACCEPiT ET EMBRiKAM (?) TRANSPORTA VIT. Von den Schmalen
Seitenflächen sind nur die oberen mit Rosettenmustern versehenen getriebenen ver-
goldeten Silberblechstreifen alt, die unteren im 16. Jh. erneuert.
Um das J. i4oo erhielt die Arche einen Aufsatz in Gestalt einer Kreuzigungs-
gruppe aus vergoldeten gegossenen Silberstatuetten. Um i52o endlich wurde die Arche
zur Monstranz eingerichtet (die lunula wurde am alten Schrein befestigt) und mit einem
6 cm hohen durchbrochenen silbernen Untersatz mit gothischen Gitterfenstern, kleinen
Aufsatz
47
48
KREIS REES
Münster-
kirche
Würdigung
massiven Apostelfigürchen und Zinnen brüstung versehen, der von drei knieenden Engels-
figuren getragen wird, nur die mittlere mit Flügeln und einem Spruchbande: ecce panis
ANGELORUM. Türmchen bilden die hinteren Stützen. Um den Fuss der alten Arche
wurde ein Fries von gebogenen und verschnittenen Laubornamenten gelegt, mit auf-
gelötetem Draht zur Nervenbildung, das Ganze technisch virtuos durchgeführt. Gedrehte
Metallkördeichen halten den ganzen Bau wie Anker zusammen.
Der in der Inschrift genannte Papst kann nur Sergius I. (678 — 7oi) sein, der
Zusatz S. bei Willibrordus
deutet auf eine Anferti-
gung nach seinem Tode
(739). Die Arche gehört in
ihrer ursprünglichen Form
noch dem 8. oder 9. Jh. an
und steht in einer Linie
mit den stilistisch nahe ver-
wandten merowingischen
Goldschmiedearbeiten, vor
allem dem Reliquienkäst-
chen in St. Benoit-sur-
Loire (Bulletin monumen-
tal XLVI, p. 854), dem
Reliquiar Pippins von Aqui-
tanien im Schatze zu Con-
ques (Ch. de Linas i. d.
Gazette archeologiqueVIII,
p.37, pl. 6, 37, 38) und dem
Reliquiar von Herford (Ch.
de Linas, Emaillerie, me-
tallurgie, toreutique, cera-
mique, Paris i88i, p. io9),
deren getriebene Arbeiten
mit der Emmericher Arche
technisch übereinstimmen.
Auch das Goldfiligran und
die Fassung der Steine wei-
sen auf das 8. oder 9. Jh.,
Vgl. P. Clemen, Merow. u.
Karol. Plastik: B. J. XCII,
S. 4o. Die Rückseite gehört
wohl der gleichen Zeit an: das email brun, das allerdings erst im ii.Jh. (Schnütgen
in Kunst und Gewerbe XX, i886, S. i94) weitere Verbreitung erhält (die Technik be-
schrieben bei Theophilus, Schedula diversar. artium 1. III, c. 7o, ed. Ilgen p. 279),
kommt doch schon im 9. Jh. vor, so auf dem Deckel des Wessobrunner Kodex in
München (W. A. Neumann, Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg
S. 54), die Zeichnung der Rückseite weist, zumal durch die stilistische Übereinstimmung
mit frühkarolingischen und merowingischen Bilderhandschriften, auf diese Zeit. Die
paläographische Untersuchung der Inschrift bietet keine bestimmten Fingerzeige: die
reine und runde Form der Kapitalen weist nur auf die Zeit vor dem ii.Jh.
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Fig. 21. Emmerich Silberner Kalvarienberg in der Münsterkirche.
48
EMMERICH
49
Eine hochinteressante Notiz enthält Pels in seinem Sammelband V, Bl. i92
(Xanten, Stiftsarchiv) : Anno 1 6o4 Embricae in templo S. Martini post summum altare
repertum fuit antiquissima tabula quadratis et vix legibilibus literis his versibus:
ANTISTES PRIMUS WILLIBRORDUS, QUOD BENE SCIMUS,
CONSECRAT IN MISSA CORPUS CHRISTI, QUOD IN ISTA
ARCA SERVATUR A CUNCTIS ET VENER ATUR.
D DUO CC, QUANDO DEUS INCOLA TERRAE,
ADDE QUASI NUMERO SEPTUAGINTA DIES.
Die Inschrift ungenau auch Wassenberg p. 55. —
Düsseldorf, Staatsarchiv, Cod. A. 36, Bl. 46« und
A. 44, Bl. 6». — Merbeck p. 27. Auf der Willi-
brordi -Arche beschworen die Grafen und Her-
zöge die Privilegien der Stadt (Düsseldorf, Staats-
archiv, Urkunde Emmerich 4 1).
Kalvarienberg (Fig. 21), 44,5 cm hoch,
von vergoldetem Silber, nur der Kruzifixus ge-
gossen und unvergoldet, die übrigen Figuren und
der Fuss getrieben. Das durch schöne Umrisse
ausgezeichnete Werk gehört der Zeit um i45o bis
i46o an, der Fuss entstammt dem 16. Jh. Hinter
Christi Haupt und am Fusse des Kreuzes Me-
daillons mit Reliquien. Auf dem Fuss in Email
die Wappen derer von Loö und von Honnepel
(wahrscheinlich Wessel von Loß zu Vonderen und
seine Gemahlin Margaretha von Honnepel gen.
Impel), geschenkt von Petrus de Mera (Wassen-
berg p. 55).
Silberne Madonnenstatuette um i48o
(Fig. 22), 28 cm hoch, auf sechsseitigem Fuss, ge-
trieben. Ein vortreffliches Werk : die Mutter senkt
das von freifliessenden Locken umwallte Köpf-
chen auf die rechte Schulter, beide Arme tragen
das nackte Kind, das in der Rechten einen Apfel
hält. Eckiger Falten^oirf, die Rückseite etwas
flach. Auf dem Fuss emailliertes Wappen: roter
Hirsch in Silber, das Wappen des Schenkgebers,
Grafen Moritz von Spiegelberg (Merbeck p. 26),
der i483 starb.
Armreliquiar, 52 cm hoch, um i52o, von vergoldetem Rotkupfer und Silber,
ruhend auf einem von vier aufgesprungenen Pinienäpfeln getragenen Fuss. Der Arm
steif aufgerichtet, die realistisch durchgebildete Hand (die Falten genau ausgeprägt)
ausgestreckt. Spätgothisches Fenster mit Fischblasenmasswerk. Inschrift: R. D. pr. d.
JOHANNES INGENWINKEL, XANCTENSIS ET DAVENTRIENSIS PRAEPOSITUS ET ARCHIDIA-
CONUS Huius ECCLESiAE, ME FiERi FECiT ET DANAViT i52,:|. (Katalog der Ausstellung
der kunstgewerblichen Altertümer in Düsseldorf 1880, S. i77, Nr. 7o3«.)
Silbernes Reliquiar, 37 cm hoch (Fig. 23), um i5io, ähnlich dem zu Elten
(s. u.). Der Fuss in Gestalt einer sechsblätterigen Rose graviert mit spätgothischen,
mit dem Zirkel gezeichneten Ornamenten, ebenfalls sechsseitiger Knauf. Der mittlere
Münster-
kirche
Inschrift
Fig. 22. Emmerich.
Silb. Mndonnenstatuette in der Münsterkirche
Kalvarienberg
Madonnen-
statuette
Reliquiare
49
So
KREIS REES
Münster«
kirche
Kelch
Weihrauchfass
Paremente
horizontale Glascylinder mit runden Abschlufsstücken, die unter Baldachinen die zier-
lichen massiv silbernen Figuren der hh. Thomas und Bartholomäus ent-
halten. Die Stütze und der Aufsatz durch reiches gebogenes und ver-
schnittenes Laubwerk gebildet. In dem krönenden Baldachm die Gestalt
des h. Matthias. Auf dem Fuss die Marke und das Beschauzeichen:
Reliquienkästchen von Rotkupfer, um iSoo, i4 cm hoch, i5,2 cm lang, 7,8 cm
breit, Kirchenform, getragen von vier kleinen Löwen, aussen im Feuer vergoldet, innen
mit Zinkblecheinsatz, ganz einfach gra-
viert, auf den Deckel aufgesetzt ein An-
hänger des 16. Jh. Inschrift: wilhel-
MUS BIERMAN PRESBITER FIERI ME FE-
ciT (Katalog der Ausstellung der kunst-
gewerblichen Altertümer zu Düsseldorf
1880, S. 188, Nr. 73o).
Turmreliquiar, 36 cm hoch, von
Silber, nach i5oo, im Glascylinder in
Goldblech gefasst eine Kreuzpartikel, zur
Seite zwei Streben mit Fialen, Abschluss
mit durchbrochener sechsseitiger Haube.
Turmreliquiar von schlechtver-
goldetem Kupfer mit silbernem Aufsatz,
auf achtseitiger Rose ein achtseitiger
Aufbau mit durchbrochenen Wänden
und achtseitigem Türmchen.
Rokokoreliquiar, Silber, 4o,5 cm
hoch, 18. Jh.
Kelch von vergoldetem Silber, als
Willibrordskelch bekannt, i4,2 cm hoch;
die Kuppa hat i3 cm Durchmesser (Abb.
AUS'M Weerth, Kd. Taf II, 6, 6«; I,
S. 6. — Lab arte, Hist. des arts indu-
striels, Album II, pl. i46. — Katalog
der Ausstellung der kunstgewerblichen
Altertümer zu Düsseldorf 1880, S. i38,
Nr. 572, 573), aus der Mitte des i3. Jh.
(nicht früher). Runder Fuss und runder
Knauf mit einfachen getriebenen Blatt-
ornamenten, in drei Reihen von der
Mitte ausgebreitet. Die gleichzeitige Patene hat i5 cm Durchmesser.
Weihrauch fass, 23 cm hoch, von Silber getrieben, Anfang des 16. Jh. (Katalog
der Ausstellung der kunstgewerblichen Altertümer zu Düsseldorf 1880, S. i95, Nr. 755).
Violette Kasel (neuer Stoff), mit alten Stäben, um i5oo. Auf dem Gabelkreuz
auf gemusterten Goldgrund die Verkündigung und Einzelfiguren unter Baldachinen
mit gothischen Eselsrücken: Augustinus, Johannes, Kornelius, Paulus, in Plattstich, für
die Gesichter der Leinengrund ausgespart. Auf der Vorderseite einfache Kölner Borde.
Niederrheinische Arbeit.
Violette Kasel (neuer Stoff), mit schmalen Stäben mit dürftiger Stickerei der
I. H. des 16. Jh.: Christus am Kreuz.
Fig. 23. Emmerich. Reliquienbehälter in der Münsterkirche.
5o
EMMERICH
5l
Kapelle in rotem Sammetbrokat, vom Anfang des i7.Jh., mit reliefartig auf-
gelegtem Granatapfelmuster abwechselnd in gerippter und Veloursmusterung auf glattem
geköperten Satingrund. Die Kasel mit Streifen in schwerer goldener Bouillonstickerei
auf Sammetgrund versehen, in der Mitte Christus am Kreuz in Applikation und mit
engem Plattstich bedeckt.
Glocken. Die grösste 1,20 m hoch von i434. Inschrift: maria. mccccxxxiiii.
CUM SONG LONGE JHESUS NAZARENUS REX JUDEGRUM MARTINI PRECIBUS FUGAX GENUS
OMNE MALORÜM.
Die zweite von i434 mit der Inschrift: Quos vocG, salva, rege; mala dum
SONO QUEQUE PRECANTE WILBRORDO PELLE PIE CRISTE JHESU NAZARENE. MARIA.
MCCCCXXXIIII.
Die dritte von i5o8 mit der Inschrift: anno dgmini mv^viil jesüs maria
JOANNES.
Im PFARRHAUSE. Gemälde: Triptychon von Holz, gutes niederlän-
disches Werk vom J. i596, in der Mitte Christus am Kreuz zwischen Maria und
Johannes vor dunkelem landschaftlichen Hintergrund, auf den Flügeln der Donator mit
dem h. Franziskus, seine Gattin mit der h. Katharina. Inschrift auf dem Holzrahmen:
A. l596 DIE 22. OCT. GEHT CLARISSIMUS CGNSULTISSIMUSQUE VIR MR. FRANCISCUS
VAN NESSE HARLEMENS. J. V. L. ET IN SENATU HGLLANDIAE PHILIPPI CATHGLICI REGIS
QUONDAM CAUSARUM REVISOR, CUIUS ANIMA REQUIESCAT IN SANCTA PACE.
Grosses Porträtstück, lebensgross, Kniefiguren, darstellend zwei alte Frauen
und zwei Männer zu Tisch sitzend, in scharfer Charakteristik, vom J. i692. Inschrift;
CONVIVIUM FRATRUM ET SGRGRUM lUBILATORUM DEPICTUM A. l692. EMERICUS KRIET,
PETRONELLA KRIET, THOMAS KRIET, LEIDE EBBEN.
EVANGELISCHE KIRCHE. Dederich S. 462. — Wassenberg p. 261.
— V. Recklinghausen, Ref. -Gesch. III, S. 248.
Handschriftl. Qu. Im Archiv der evangelischen Gemeinde: Kort verhaal
van den aanvang en verderen bloy onser Emmeriksche gereformeerde gemeente.
Alles uit oude gedenkschriften en boeken byeen gezamelt, Handschrift um i73o. Vgl.
W. ViELHABER i. d. Theologischen Arbeiten a. d. Rheinisch -Wissenschaftl. Prediger-
verein VII, S. 9i. — Protokollbücher von i574 an.
Eine reformierte Gemeinde wird zuerst i574 erwähnt. Die neue Kirche wurde
im J. i697 begonnen- und den i4. April i7i5 eingeweiht (Dederich S. 467). Der
Architekt war Arnold van der Leen,
Die Kirche ist ein schwerfälliger Backsteinbau auf quadratischer Grundlage mit
wenig vorspringenden Risaliten, schlichten, holzverkleideten flachen Giebeln und einem
achtseitigen Dachreiter mit hölzernem offenen Gockenstuhl und geschieferter Haube
über der Vierung. Im Inneren sind durch zwei freistehende vierseitige ungegliederte
Pfeiler zwei mit Gratgewölben überspannte quadratische niedrige Kapellen in den
Ecken abgetrennt, deren Gurte auf einfachen Kämpfern ruhen. Die grossen in zwei
Reihen gestellten Fenster der Aussenmauern sind nach innen leicht ausgeschrägt.
Die Decke wird durch zwei ineinandergeschobene Tonnengewölbe von Bretterver-
schalung gebildet Nur der gut profilierte stark betonte Architrav verleiht dem Ab-
schluss der Wände einige Wirkung.
Kanzel, frei in der Mitte stehend mit geschnitztem durchbrochenen Geländer
und wirkungsvollem Schalldeckel, messingener Pulthalter und zwei drehbare Leuchter.
Grosser holländischer Messingkronleuchter, um i7oo, eines der grössten
bekannten Exemplare mit drei Reihen von je acht Armen. Drei kleinere ebensolche
mit doppelköpfigem Adler.
4*
5i
Mfinster.
kirche
Glocken
Pfarrhiius
Gemälde
Evang el.
Kirche
HandschriftL
Quellen
Geschichte
Beschreibung
Kanxel
Kronleuchter
52 KREIS REES
Evangei. InschriftcTi am Architrav: anno domini mdcxcvii ex senioribus curatores
Inschriften «UIUS OPERIS FUERUNT: JACOBUS MULLER J. U. D. ET CONSUL, HENRICUS KNOPS, GYS-
BERTUS SMITH. ARCHITECTUS ARNOLDUS VAN DER LEEN. — ANNO MDCXCVII PASTORES
ECCLESIAE REFORMATAE EMB. CURATORES HUIUS OPERIS FUERUNT JOH. MARTINUS
CRAMER ET JACOBUS TRIBOLER.
Schifferbank Schifferbank im Ostteile, an der Rücklehne blühender Baum in rundem
Schild, von i7i5, auf der Lehne als Abschluss eine hölzerne Arche Noeh, darüber
reichverzierter schmiedeeiserner zweiarmiger Rokokoleuchter mit meisterhaft durch-
geführten fein gearbeiteten Ranken, inschriftlich vom J. i773.
Pesihaus PESTHAUS (Dederich S. 38o), 1606 in der Nähe des alten, i576 errichteten
Pesthauses Bellenhorststrasse Nr. 49 erbaut, mit hübschem Renaissance - Sandsteinsturz
und der Inschrift: limodochium scholae embric. hac domo auctum a. d. 1606.
Armenhäuser Von den ARMENHÄUSERN, deren Emmerich durch fromme Stiftungen
eine ganze Fülle besass (genaue Aufzählung bei Dederich S. 362 ff.), sind noch eine
Reihe erhalten, schlichte einstöckige Bauten mit Inschriften. Dife Vurdenschen Häuser
(Neuer Steinweg 3i3) tragen die Inschrift: dese armenhuiser, van her wilhem
VAN VURDEN ANNO l525 GESTIFT ENDE FUNDIRT, SYN ANNO l6o7 WEDERUMB REPA-
RIRT ENDE VERNIET WORDEN.
Augustines.en. AUGUSTINESS EN KON VENT S. AGNES. Wassenberg p. i59. —
k o nvent
Merbeck S. loi. — Dederich S. 239.
Quellen Handschriftl. Qu. Im Besitz des Herrn Ferdinand van Rossum: Chronik
des Klosters, i5o3 vollendet, bezeichnet: Dat leven ende wanderinghe der eerwer-
digher goddienstichgher susteren toe Embrich van sente Agniten cloester, welch cloester
ghesticht en ghefondiert is int jaer ons heren MCCCC en XIX. Herausgegeben von
B. Liesen: Zur Klostergeschichte Emmerichs: Beilage zum Osterprogramm des Kgl.
Gymnasiums zu Emmerich i89i. Über Akten im Staatsarchiv zu Düsseldorf vgl. Ilgen,
Rhein. Archiv S. 74.
Der im J. i4i9 gestiftete, i46i der Regel des h. Augustinus, i475 der 3. Regel
des h. Franziskus unterstellte, 18 il aufgehobene Konvent war der grösste der Stadt
und bestand aus zwölf grossen Gebäuden. Im J. 1820 abgebrochen; der Platz, auf
dem er stand, heisst der Nonnenplatz.
Kreuzherren. KREUZ H ER REN KLOST ER. C. R. Hermans, Annales canon. regul.s.
Augustini ord. s. crucis, Herzogenbusch i858, II, S. 39o, 39i; III, S. 162, i94, 6i5. —
Wassenberg p. 180. — Merbeck p. 112. — Ann. h. V. N. IX, S. 3oi. — Dederich
S. 3o7 ausführlich. Vgl. Ilgen, Rhein. Archiv S. 3o7. Errichtet im J. i478 durch
Heinrich Sessinck (Düsseldorf, Staatsarchiv, S. Martin, Urk. 446. — Lacomblet, U B.
IV, Nr. 4oi), die Kapelle im J. i482 erbaut, i483 das Kloster. Die Kirche i83i ab-
gebrochen. In dem unter dem Prior Heinrich Gissens i789 gebauten neuen Flügel
des Klosters befindet sich jetzt das Amtsgericht.
Kloster KLOSTER MARIENKAMP. Wassenberg p. i99. — Merbeck p. 122.
amp — Dederich S. 242. — Programm des Emmericher Gymnasiums i848, S. 5o. Über
Urkunden im Staatsarchiv zu Düsseldorf vgl. Ilgen, Rhein. Archiv S. 74.
Im J. i475 gestiftet (Ecke der Baustrasse und Paterstege, an der Stelle des Kon-
viktgebäudes), im J. i6o7 dem Jesuitenkollegium abgetreten, 18 18 abgebrochen. Die
Jesuitenschule war i592 gegründet worden (Dederich S. 4o7, 5o3). Handschriftliche
Quellen zur Geschichte der Jesuiten in Emmerich bieten Cod. A. i55 des Staatsarchivs
zu Düsseldorf, Memoriale benefactorum i592 — 1642 und Cod. Boruss. hist. 4®, 21 der
Kgl. Bibliothek zu Berlin: Teschenmacher, Ann. eccles. reformat. Cliviae p. 792.
52
EMMERICH
53
STADTMAUERN. Im J. iiSS war Emmerich zur Reichsstadt erhoben worden Stadtmuucm
(Lacomblet, UB. II, Nr. i9i), noch im selben Jahr begann die Einschliessung der Erster Bau
Stadt durch Mauern, die bis 1237 dauerte (Sloet, Oork. Nr. 608. — Lacomblet,
UB. II, Nr. 227. — Schneider i. d. Ann. h. V. N. VI, S. 100). Auf der Landseite
standen drei Thore, das Steinthor, Löwenthor und Wasserthor (Dederich S. 86),
1247 wurden neue Gräben angelegt, i353 wird die Steinpforte (Düsseldorf, Staats-
archiv, S. Martin, Urk. 7i), i389 die Wehrpforte zuerst genannt (Düsseldorf, Staats-
archiv, Cod. A. 8).
Nach den vergeblichen Belagerungen im J. i5i9 und 1621 durch Herzog Karl Verstärkungen
wurden die Werke 1 534 verstärkt (Dederich S.3i6. — Nijhoff, Ged. VI, III, Nr. i773:
graven ind wallen gemaickt, van der Steenpoirte äff wes ain die Vallop, ind idt meeyste
deel van eenen stenen bolwerck ain der Steynpoirten, ind een gantze steen bolwerck
ain die Leuwpoirten gemaickt, haemeyen dair buyten gehangen, dairtoe moelen). Vgl.
Fig. 24. .^Emmerich. Die Leeuwport im J. 1745.
auch A. VAN Slichtenhorst, Geldersse geschiedenisse p. 42o: . . . hameyboomen met
yzere bouten ende dwarsse houten. In den J. i598 und i599 hatte die Stadt durch
die Spanier zu leiden, 16 1 4 wurde sie von Moritz von Nassau besetzt (Wassenberg
p. 245) und neu befestigt. Er legte acht Bollwerke an, das Rheinthor-, Steinthor-,
Oranien-, Nassau-, Löwenthor-, Blasbalg-, Landwehr- und Wasserthor -Bollwerk,
dazwischen Ravelins, oberhalb der Stadt eine Redoute, gegenüber auf dem linken
Rheinufer das Fort Oranien, das schon i665 von den Generalstaaten geschleift ward.
Im J. i672 verstärkt, i794 durch Vandamme bombardiert.
Nördlich von der Münsterkirche setzt sich die Stadtmauer an der Nordwestecke
des Westschiffes fort in der Höhe von 7 — 8 m. Nach 55 Schritt ein nach innen offener,
mit einer leichten Vorkragung versehener Halbrundturm, daneben in der Richtung nach
Süden ein versetztes rundbogiges Portal. Um 2 5 Schritt südlich von der Sakristei ein
viereckiger Vorsprung, der ehemals einen Turm trug (hinter der Dechantei). Die Stadt-
mauer nach dem Rhein zu ist allenthalben von Häusern durchbrochen, die zum Teil
auf der Mauer errichtet sind. Ein Turm ist nur noch erhalten in dem Hause Am
Reste
53
54
KREIS REES
Christophs
thor
Alte Thore
Burg
Stadtmauern Rhein 77o ®/^, dreistöckig, von Backsteinen, mit zierlichem durcheinandergeschobenen
Rundbogenfries unter dem Dach. Der Stumpf eines ehemaligen Halbturmes in dem
Hause des Herrn Lancelle (Am Rhein 77 1) mit der verwitterten Jahreszahl i4i4. An
der Nordseite ist die Stadtmauer in dürftigen Resten und in einer sehr geringen Höhe
(3 m) mit inneren schmalen Streben erhalten.
Das CHRISTOPHSTHOR enthält an der Innenseite in einer Blende ein
Überlebensgrosses, neu polychromiertes vortreffliches Steinbild des h. Christophorus
vom Anfang des i6.Jh. Der Heilige, mit der Rechten auf einen Stamm gestützt,
die Linke eingestemmt, auf der linken Schulter das Kind, schreitet mühsam aufrecht,
unter seinen linken Arm hält er ein Männchen festgedrückt, ein zweites in der Gürtel-
tasche. Gut durchgearbeiteter Kopf mit auf starke Schattenwirkung berechneter Be-
handlung von Haar und Bart
Eine Vorstellung der Jossen Emmericher Aussenthore geben die Stiche Paul
van Lienders nach den Zeichnungen /. de Beijers im Verheerlykt Kleefschland, Taf 35,
I, 2. Die Steen Poort wie die Leeuw Poort (Fig. 24) bestehen hier aus einem mittel-
alterlichen Doppelthor, einem viereckigen Backsteinturm mit achtseitigen Ecktürmchen
und einem äusseren Thor von zwei achtseitigen Türmchen. Vor dieser Befestigung
liegt ein neues, von Moritz von Nassau im Halbrund errichtetes Thor.
BURG (Dederich S. i3o, 344). Im J. i355 stellt Reinold III. von Geldern
dem Grafen Johann von Kleve anheim, ,eene borg doen tymberen an dye stat van
Emberike' (Lacomblet, U B. III, Nr. 543). Im J. i37o ist der Bau vollendet (La-
comblet, U B. III, Nr. 7i6, I002. — Nijhoff, Ged. II, Nr. i72). Der einzige Rest
der Burg ist der grosse viereckige Turm des jetzigen Postgebäudes.
RATHAUS (Dederich S. i87, 347), unter Herzog Adolf erbaut, einst mit
vielen Statuen verziert und mit hohem Türmchen. Im Ratssaale befand sich eine
Tafel mit den auch sonst vorkommenden Versen (Wassenberg p. 243. — Die In-
schrift mit einigen Abweichungen auch Berlin, Kgl. BibL, Cod. Boruss. 4°, 201, Bl. 32*>):
Die eyn Stadt suUen regieren
sullen dese punten hantieren,
eyndrechtich sijn met trouwen
gemeyn urbaer aenschouwen,
oer vryheyt niet laeten breecken,
om gemeyn urbaer duck spreecken,
die Stadt bevelen den vroden,
gemeyn gelt naw hoeden,
en keyren ter meister baten,
toe vrienden halden die omsaten,
dat recht halden alle gelijck,
wall den armen als den rijck,
vast te halden oer Statuten,
en den quaden werpen uten.
getru sijn oeren herren,
Dit sijn der alder wijser leeren,
waer eyn gebryckt van desen,
daer steet die Stadt in vreesen.
Diligite iustitiam vos qui iudicatis terram.
Sapient I. Anno 1 5 64.
Rnthaus
Inschrift
54
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54 KRKIS RLES
Stadtmauern .•"•'., " ' ,. «Irci '■!".;. v<ni ßüi kstirinen, mit zirrlu'ht-ni (Im •'
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• :••• 1.' .'i-'. Ilr \iu Rht in 77 i ') inil der v». r .viucrt-n
• • ' •: • •' ''iiiautr n\ dmUi-^f ii Kr.^ioh Liiiil in c'iw •
Christophs. .. * "' ^-Tlh'R cntl-.'jlt ;in d«-: Iniicuscit» .•
thor , ,. , ..,.,,.
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' -.'-aF :■.::' i«T K "i ndt .ui! ^^'•^.«■ >.hattenwirl.
! : . : .' und H 11.
Alte Thore \ • : '"'Üuno ^' , .'M-^-^srll Kninirri- I.« i -^ ':>-' ntliorr << i
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'1 ncuos, v(«n ^' ":*• - .i X. ^^au in I' i f an^ frrirhtclo
Burg i:l i<(i (Pu'iK- ' -. 1 '5v.. .3 U Im j. ' ': 5 ^tMlt " Rcii « '
•■''. ^'i-.iU'i) T"h ;• !■ v<j- f\!< \«- aii'iH?'!^ .!•• I •• !-• ri: d'M-n tvmln'
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• T'i, r 1'. idi. X:. ; ':, i ,^o2 S-\\: '• ;• < Jrd II Xr. l7.*'
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Rnthaus K A 1 H A l *> i 1 >i t)». i* ... .1 S. ' ^7, ,^ * ' ^ a'-t-T Il.TZ«>g Ad.".
I .^t'it'i-u v(./'trt und. mit h 'l.«M'i '] i j..i '■.■ r. im KnNv,. ••
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EMMERICH
55
Im Sitzungssaal Gemälde (Taf. II), Holz, darstellend sechs klevische Herzöge
nach älteren Originalen, die genau kopiert sind. Genau das gleiche Bild wie im Rat-
hause zu Kleve (Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. Ii6) und zu Rees, besser erhalten
als das erste, besonders der Hintergrund: die Stadt Kleve mit dem Schloss. Dar-
gestellt sind: Adolphus Victoriosus, Johannes I. Bellicosus, Johannes II. Dux Cliviae,
Johannes III. Dux Cliviae, Wilhelmus Dux Cliviae, Johannes Wilhelmus Dux Cliviae.
Es sind wahrscheinlich Kopien der ursprünglich im Klever Schloss bewahrten gleich-
Ra thnus
Gemälde
^— ^=^ --s^'^^^^ß^
Fig. 25. Emmerich. Die Baronie.
zeitigen Porträts (Buggenhagen, Nachrichten über die zu Kleve gesammelten Alter-
tümer S. 42).
Gemälde, die Stadt darstellend, Leinwand i,83x 1,02 m, vom Rhein aus. Die
Befestigung ziemlich gut erhalten, die alte Schule neben der Münsterkirche wie auf
dem Stich von i647.
Porträt des Grossen Kurfürsten, Wiederholung des im Klever Rathause be-
findlichen (Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 1 17). Der Kurfürst steht ganz gerüstet, die
Linke in die Seite gestemmt, die Rechte mit dem Marschallsstab auf den Krönungs-
mantel gestützt. Im Hintergrund Feldlager.
55
56
KREIS REES
Rathnus
Bnronie
Hof
von Holland
StadtwMge
Backstein»
häuser
Renaissance
häuser
r'^^
Grosses allegorisches Gemälde der gleichen Zeit, koloristisch bedeutende
Leistung. Dargestellt die Massigkeit und die Gerechtigkeit in zwei schönen lebens-
grossen Frauengestalten en face. Unterschrift: convenimus ambae.
DIE BARON IE (Fig. 25. — Dederich S. 349), so genannt nach dem Baron
von Droste - Vischering, der sie am Ende des i7. Jh. kaufte, ursprünglich im Besitz
der Herren von Hoen und von Dorth, 1822 im Besitz der Aldegundis- und Martini-
kirche; der jetzige Besitzer ist Herr Hessling. Das zu Beginn des 16. Jh. in seiner
gegenwärtigen Gestalt errichtete Haus giebt eine Vorstellung von den untergegangenen
Emmericher Burgen, dem Haus von Aswijn, der Burg der Herren von Rijswijk und
der Zwaluwenburg. Der malerische Bau (Baustrasse Z^) liegt völlig frei zwischen
Gärten und der Stadtmauer und besteht aus einem langen zweistöckigen Backstein-
trakt mit geschwungenem Giebel und kleinen Klötzchenfriesen und zwei kleinen ein-
stöckigen Anbauten mit abgetreppten
Giebeln.
Nach der Strasse zu liegt ein ein-
stöckiger Vorbau (Baustrasse 39) mit
einem durch einen flachen Bogen abge-
schlossenen Durchgang und der Jahres-
zahl 1662.
HOF VON HOLLAND (Fig. 27),
mächtiger Backsteinbau vom J. i65o, vier-
stöckig, mit zwei Stockwerken in dem
sechsmal abgetreppten Giebel, der sich
imponierend dem Markt zuwendet Por-
tal mit Renaissance -Hausteineinfassung,
flankiert von zwei hockenden Löwen als
Schildhaltem. Inschrift and i65o in
Eisenankem. Ein entsprechender Giebel
in Ziegelrohbau nach dem Rhein zu.
Jetzige Besitzerin Frau Witwe Kreunen.
A LT E S T A D T WA G E (Altenmarkt
445) mit einer skulptierten Wage, den
Eimern des Stadtwappens und der In-
schrift: A. D. i548. Besitzer Herr W. Th.
Hövelmann.
Dem 16. Jh. gehören noch eine grössere Reihe malerischer BACKSTEIN-
HÄUSER an, von schwerfälligen, etwas gedrückten Verhältnissen, meist mit grossem
Hausflur und abgetreppten Giebeln. So Kirchstrasse 348, der Giebel viermal ab-
getreppt mit durchlaufenden Lisenen und übereck gestellten Pfeilerchen, Gasthaus-
strasse 555, 724, 745, 747.
Unter den RENAISSANCEBAUTEN vom Ende des 16. und Anfang des
i7. Jh. sind vor allem drei hervorzuheben. Das Löwenstein sehe Haus in der Stein-
strasse Nr. 7 60 mit siebenmal abgetreppten Giebeln und zwei dem Satteldach vor-
tretenden Ziergiebeln mit geschweifter Hausteineinfassung, das ganze ein mächtiger,
in der Strasse in seiner Wirkung unterdrückter Bau. Das Portal i79o erneut Sodann
Neuer Steinweg 339 mit dem der Ölstrasse zugekehrtem einfacheren Renaissancegiebel
in verwitterter geschwungener Sandsteineinfassung (Abb. Westdeutsches Gewerbeblatt I,
S. 779). Endlich das Haus Am Rhein 771^4 ^it prächtigem Renaissancegiebel, der
Fig. 26. Emmerich. Vorderer Giebel von der Baronie.
56
EMMERICH
57
Oberstock gegliedert durch vier Pilaster, die mittleren mit jonischen Kapitalen, die
äusseren auf Konsolen mit Köpfen ruhend. Der feinabgestufte, künstlerisch durch-
geführte Aufsatz zeigt in dem oberen Medaillon einen grossen skulptierten Kopf.
LANDWEHREN. Das Emmericher Gebiet wird im engeren und weiteren Landwehren
Umkreis von Landwehren umschlossen, die sämtlich erst dem Mittelalter entstammen. ^dor'^H^t«*
Die Landwehr von Klein- Netterden bis Meghelen bildete die Bezirksgrenze des
Amtes in der Hetter. In der ,Palinge tho unde ind amptz in der Hetter* vom J. i542
(Bröring i. d. Ann. h. V. N. XI, S. i7o) genau beschrieben. Zuerst genannt in
einer Urkunde von i37o (Ar-
chiv zu Hueth, Fase. B. 3o.
— Ann. h. V. N. XI, S. i6o,
Anm. 1 ). A. Tibus, Der Gau
Leomerike S. 43 erklärt den
Ausdruck ,in hengemunde* in
der Urkunde von 1242 bei
Sloet, Oork. Nr. 629 für
Grenzwall (aus haga und
mundi), der den Gau Leo-
merike und das fränkische
Hamaland von dem Herzog-
tum Ripuarien trennte. ,In
hengemunde* ist aber ein
Schreibfehler Sloets für ,et
hengemunde' (richtig bei La-
COMBLET, U B. II, Nr. 266
und in der alten Abschrift
in Emmerich, Archiv von
S. Martin) — hengemunde
heisst hier nur Erbschaft
(Bischof Otto'III. von Ut-
recht verleiht den Erbschafts-
zehnten in Netterden). Die
östl. Grenze des Amtes (auf
der Schneider sehen Karte
nicht angegeben) wurde durch
die ,tote Lander* von Esser-
den gebildet (J. J. Sluyter
i. Nrh. G. i879, S. i3; 1880,
S. 43; i884, S. 10). . Sie beginnt bei dem Rees zunächst liegenden Haus der Bauer-
schaft Esserden ,am Donk', in Gestalt eines Wasserweges, der die Rees - Emmericher
Ländstrasse begrenzt, am Wege von Rees nach Millingen sich nach links wendet und
sich schliesslich mit dem aus dem ,schmalen Meere* kommenden Wasserwege vereinigt,
um mit demselben zusammen in das Millinger Meer zu gehen. Die ,tote Lander* war
von i4i5 — 1459 die Grenze des Reeser Pfarrbezirkes, ist jetzt noch ungefähr die
Grenze der Bürgermeisterei Rees, bildete die Grenze zwischen Amt Aspel und Amt
Hetter und zwischen den Deichschauen Rees und Oberhetter. Die kleineren zwischen
Rees und Emmerich gelegenen Landwehren sind überhaupt erst im i7.Jh. gezogene
Weidegrenzen (Düsseldorf, Staatsarchiv, Kopiar B. 186, Urk. des i7. Jh.: dese graefl'
^^4ß^
Fig. 27. Emmerich. Hof von Hollnnd.
Tote Lander
57
58 KREIS REES
Landwehren hor langhs mct de jonge dorne hegge en prellingen . . . dese graeflf heeft een jonge
hegge en prellingen, maer geen aerdwalle).
Landwehr nach Zwischen dem Emmericher Gebiete und dem Territorium der Herren von dem
Berge zog sich eine Landwehr hin, die noch in dem Abwässerungsgraben zwischen
dem Klosterberge und dem Bremerschen Wege, vom alten s'Heerenbergischen Wege
bis zur neuen s'Heerenberger Landstrasse zwischen der sogen. Nollenburg und dem
van Nossum sehen Hause erhalten ist. Sie fand ihre Fortsetzung von der Baal sehen
Mühle nach der Löwenmühle vor dem Löwenthor und hinter dem ehemaligen Nieren-
berge nach der grossen Landwehr (Lander). Vgl. Dederich S. 88. Dieser Graben,
fossatiun Embricense, wird schon I237 genannt (Urk. bei Wassenberg p. 5i, 253. —
Ann. h. V. N. XI, S. 89), er wird i4i7 wieder erwähnt und endlich i534 verstärkt
(NijHOFF, Ged. VI, III, Nr. i773. — Lacomblet, U B. IV, Nr. 533). Von Tibus
(Alter der Kirchen von Emmerich S. 5o) kaum richtig als der Stadtgraben gedeutet.
Landwehr Eine zweite Landwehr hatte Herzog Adolph von Kleve errichtet, die einen
Teil des grossartigen Befestigungssystemes bildete, mit dem er sein Land umgab (Gert
VAN DER Schuren ed. Schölten S. i37. — Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 120).
Im J. i4i7 trifft Lieff von Stutwick mit Emmerich einen Vergleich wegen des Zuges
und der Unterhaltung des Landwehrgrabens (Stadtarchiv, Urk. 68), i435 schliesst die
Stadt mit Wilhelm van der Leeke, Herrn ten Berge einen Vertrag über die Unter-
haltung der Landwehr an der Holtsteege (Stadtarchiv, Urk. 84 von i437 mit wört-
licher Einrückung der älteren). Herzog Adolf beurkundet i439 einen neuen Vergleich
zwischen Stadt und Junker Wilhelm von der Berge -Bylant über Graben und Reinigen
der Landwehr, das auf demselben stehende Holz, sowie Errichtung und Unterhaltung
von Notbrücken (Stadtarchiv, Urk. 92, 93; Urk. i3o von i469). In einer Urkunde vom
J. i49o (Stadtarchiv, Urk. i44) wird diese Landwehr ausdrücklich ,des Herzogs Schlag*
genannt — zwischen der Riet und der herzoglichen Landwehr wird in diesem Jahr
eine dritte Landwehr und Gracht genannt. Der von Netterden bis Emmerich durch
Herzog Adolf gezogene Kanal ,die Lander* (Landwehr) genannt, vertilgte die Vallog-
schen Sümpfe und bereitete die grosse Fruchtbarkeit des Hetterdistriktes vor (Wassen-
berg p. io3. — Dederich, Geschichte der Römer und Deutschen S. 10).
EMPEL.
Haus Empei HAUS EMPEL. Sluyter, Haus Empel*. Sonntagsbeilage zur Rhein. -Westfäl.
Volkszeitung i89o, Nr. 10 — 17.
Geschichte Als ältester Besitzer des Hauses erscheint der Ritter Bemard von Rees im J. 1 24o
(Köln, Stadtarchiv, Mus. Alfterianum LXVII, fol. i67. — Mooren i. d. Ann. h. V. N.
Xni, S. 2 7o), 1256 wird es als Emple genannt (Lacomblet, U B. H, Nr. 425), im
folgenden Jahrhundert besitzen es die Herren von Hönnepel; Lutzo von Hönnepel
stiftet i339 in der Kapelle zu Empel eine Vikarie (Düsseldorf, Staatsarchiv, Urk. Rees
108). Im J. i349 und i356 erkennt Rutger von Hönnepel die Burg als Offenhaus
und Lehen des Kölner Erzstiftes an (Lacomblet, U B. III, Nr. 474, 563). Sara von
Hönnepel, die Tochter Rutgers und der Elisabet von Hetterscheid bringt i48i das
Schloss an ihren Gatten Heinrich von Diepenbroick, das Geschlecht heisst seitdem
auch von der Impel oder von Empel (Niederrhein. Volksbote i85i, Nr. 24). Im
J. i598 wurde von den Spaniern der Vorhof niedergebrannt und das Schloss ausge-
58
EMPEL
59
plündert (Publikationen aus dem Königl. Preuss. Staatsarchiv XXXIII, II, S. 208. — Haus Empei
J. D. V. Steinen, Westphäl. Gesch. I, S. 544. — Berg. Zs. XXIV, S. 23). In der Mitte
des 18. Jh. verkauft der Reichsgraf Friedrich v. Grondsfeld und Diepenbroick Empel
an Christoph Ludwig v. Seckendorf ; es folgen als Besitzer die von Meier, von Oppeln,
von Raesfeld, seit i83o die Familie von Weiler. Der jetzige Besitzer ist Herr Ober-
förster Eduard von Weiler.
Der ,Heidenturm* zu Empel wurde vor 1826 abgebrochen, er erhob sich auf Beschreibung
einem Pfahlrost in vier Stockwerken in der Höhe von 100 Fuss, die drei unteren
Geschosse waren gewölbt, das obere hiess der Heidentempel, in der Mauerstärke eine
Treppe. Der Bau war entschieden nicht römisch, sondern eine frühmittelalterliche
Heidenturm
Fig. 28. Hiitu Empel. Porul.
Anlage (Bird, Über die Bedeutung der Gegend des Niederrheins, Wesel 1826, S. 65.
—■ Bröring i. d. Ann. h. V. N. XI, S. i45).
Dem alten Bau gehört noch ein runder Backsteinturm mit sechsseitigem Pyra-
midendach an, der nördlich an den Haupttrakt stösst; in der westlichen Verlängerung
zeigt sich von diesem ein Mauerrest. Der aus zwei rechtwinkelig aneinanderstossenden
Flügeln bestehende zweistöckige Hauptbau ist i57o umgebaut worden; er zeigt nach
dem Hofe einen starken Architrav mit Zahnschnitt. In der Ecke ist nach dem Hofe
zu ein prächtiger Renaissanceerker (Fig. 29) vom J. i57o angebaut, dreiteilig mit
kanelierten Pilastem, am oberen und unteren Ende mit Masken, auf reich verzierten
Trägem; der muschelförmige Aufsatz gestützt durch zwei Faune mit Bocksfüssen.
Inschrift: anno domini i57o. libet got deinen hern über alles, und deinen
NEHESTEN ALS DICH SELBS.
Alter Bau
Erker
59
6o
KREIS REES
Haus Empel
Porul
Im J. i7oo erhielt der Schlosshof einen neuen Abschluss (Fig. 28) durch eine
geschweifte Mauer, die mit dem östlichen runden Backsteinturm in Verbindung ge-
setzt ward. Auf der Brüstung je sechs Büsten römischer Imperatoren, feiste runde
Köpfe. Das wirkungsvolle Portal fassen zwei hohe bossierte Pfeiler ein, die von zwei
sitzenden Minerven gekrönt werden, hässliche Figuren mit groben Köpfen. Dem
fny't-y^'i
Fig. 29. Haus Empel vom Hofe aus.
Portal gegenüber ein zweites Halbrund, in das die alte Lindenallee einmündet, die
von einem vorderen Rondel direkt auf das Thor zuführt.
Zwei grössere von demselben Bildhauer gefertigte Skulpturen, ehemals in Empel
aufgestellt, ein Krieger zu Ross und eine vom Pferde sinkende Amazone befinden
sich jetzt im Schlosshof zu Anholt. Es sind sehr dürftige Wiederholungen der Gruppen
im Palazzo Famese in Rom.
60
HAFFEN
6l
HAUS GROIN. Bröring i. Ann. h. V. N. XI, S. i59. — Sluyter, Haus Haui Groin
Groin: Niederrh. Volksbote 1 886, XXXVH, Nr. 26. — Ders. i. Nrh. G. i879, S. i33;
1880, S. 5, i3, 21.
Als ältester Besitzer erscheint i44o Theodoricus von Groin (Anniversar des Geschichte
Kreuzherrenklosters Marienfrede bei Dingden). Auf Elisabet von Hönnepel, gen. Impel,
Erbin zu Groin, t i579, folgen die von Eickell und von Diepenbroick. Im J. i598
durch die Spanier geplündert (Berg. Zs. XXIV, S. 23). Nach einer Mitteilung von
Gerhard Johann von Eickell, Herrn zu Groin und Eyll vom J. i663 (Rees, Stadtarchiv),
hatte Groin damals 1 5o Jahre unbewohnt gestanden, es wurde durch Johann Hermann
Freiherm von Diepenbroick, t i694, abgebrochen. Auf einer Flurkarte vom J. i574, Untergang
im Besitz des Herrn Sylvester Festen im Pannofen bei Rees, ist Groin abgebildet als
langes zweistöckiges Gebäude mit zwei gothischen Seitengiebeln, in der Mitte ein
runder Turm, der Wirtschaftshof und der Thorbau abgetrennt und von Gräben umgeben.
Die Gemeinde Groin grenzt nach Norden an die Gemeinde Huri, von welcher Landwehr
sie durch die das Bett des ehemaligen Rheinstromes durchziehenden Aspel - Empeler
Landwehr getrennt wird.
HAFFEN.
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
RÖMISCHE FUNDE. Bei dem Meckenhof, eine Viertelstunde von der Römische
Kirche, wurden in den zwanziger Jahren Urnen, Thränenkrüge und Münzen gefunden
(Fiedler, Römische Denkmäler S. 1 1 2. — Bird, Bedeutsamkeit des Niederrheins
S. 62. — B. J. XXXVI, S. 84. — Nrh. G. 1880, Nr. 22). Die Strasse von Haffen nach
Wesel hiess noch i58o ,Heerstrait*.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Lamberti m.). Fundationen
der Kirche: Nrh. G. 1880, S. i4i; 1882, S. i34. — J. J. Sluyter, Das verschwundene
Renen: Nrh. G. 1 883, S. 25, 33. — Ders. i. d. Rheinisch -Westfälischen Volkszeitung,
Unterhaltungsbeilage 1888, Nr. 11.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Gute Pfarrchronik, i842 von Wilhelm
Cruse geschrieben. — 11 Perg.-Urk. von i594 an.
Der Ort wird io3i zuerst als Hafti genannt (Falcke, Trad. Corb. p. 458). Die
ursprüngliche Pfarre war Reinen, Reenen, Reene (Binterim u. Mooren, E. K. I,
S. 1 94), das von den Fluten des Rheines allmählich weggespült ward (Tibus, Grün-
dungsgeschichte S. 210, von der der , Kirchenkamp* noch erhalten ist). Im J. 1229
und 1246 wird sie im Besitz des Stiftes Xanten erwähnt (Binterim u. Mooren, D. C.
I, S. i99, 227. — Bröring i. Ann. h. V. N. XI, S. i54, 162). Im J. i452 wird die
Kirche von Renen zum letzten Male erwähnt; die Pfarrkirche zu Haffen muss aber
schon vor dieser Zeit erbaut sein, denn in einer Urkunde vom J. i446 wechseln die
Ausdrücke ,Pfarre Haffen' und ,Pfarre Renen'. Von i63o — 1633 war sie vorübergehend
von den Protestanten eingenommen (Chronik Johann Düsseldorfs im Stiftsarchiv
zu Xanten. — v. Recklinghausen, Ref -Gesch. III, S. 2i5. — E. Demmer, Geschichte
der Reformation S. 5i).
Schlichter zweischiffiger Bau, 22,5o m lang, 12,25 m breit, von Backstein, mit Beschreibung
dreistöckigem, im zweiten und dritten Stock mit grossen spitzbogigen Blenden ver-
zierten Turm. Im Inneren zwei polygonale Pfeiler mit abgefassten Kanten und
Diensten nach N und S, denen an den Aussenmauem ebensolche Dreiviertelssäulchen
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62
KREIS REES
Kathol.
Pfarrkirche
Taufstdn
Skulptur
Wandgemälde
Kelch
Monstranz
Haus
Aversforth
Austuttung
entsprechen. Polygonale Kapitälchen, Horizontallisenen unter den einachsigen Fenstern,
skulptierte Schlufssteine, das nördliche Seitenschiff halb so hoch wie das Mittelschiff.
Taufstein, altes sechsseitiges Becken des iS.Jh., der Fuss neu.
Gute neu polychromierte Figur der Maria Magdalena, um i520, aus der
Schule von Kaikar.
Wandgemälde (Fig. 3o u. 3i) an den Scheidemauem, vom Anfang des iS.Jh.,
i852 entdeckt, i856 vom Maler Büchtemann modernisiert (Sluyter i. Niederrh. Volks-
boten i856, Nr. 3i). Der Charakter des i5. Jh. ist durch die Restauration verloren,
nur in Haltung und Bewegung bewahrt. Dargestellt die zwölf Apostel mit ihren
Symbolen in lebensgrossen Einzelfiguren von grosser Vornehmheit mit bedeutenden
bärtigen Köpfen, unter dem Einflüsse der Schule von Köln entstanden.
Romanischer Kelch von vergoldetem Silber, Anfang des i3.Jh. (aus'm Weerth,
Kd. Taf XXI, 6, 60). Bedeutendes Werk von schönen Verhältnissen. Auf den runden
Fuss vier Medaillons mit je vier Nägeln aufgestiftet, mit den in hohem Relief ge-
triebenen Darstellungen der
Verkündigung, der Geburt
Christi, der Kreuzigung, der
drei Frauen am Grabe. Zwi-
schen den Medaillons gra-
viert je die Halbfigur eines
ein Rauchfass schwingenden
Engels. Der Knauf einfach
mit zehn Rippen. Ganz ver-
wandte Werke in S. Aposteln
zu Köln (Fr. Bock, Das hei-
lige Köln, S. Aposteln Taf 28,
Fig. 92) und im Germani-
schen Museum zu Nürnberg
(Anzeiger f Kunde d. deut-
schen Vorzeit N. F. XX, i873,
Sp. 162).
Gothische Monstranz aus der 2. H. des i5.Jh., der Fuss mit sechsseitiger
Rose, interessanter durchbrochener runder Knauf mit Masswerk, zur Seite des Glas-
cylinders drei Strebepfeiler mit musizierenden Engeln und kleinen Heiligenfigürchen.
Sechsseitiger Aufsatz und kegelförmiger, n\it einem Kruzifix abschliessender Helm.
Über ein verschwundenes Bild des h. Christoph vgl. Baudri, Organ für
Christi. Kunst VIII, S. 76. — G. W. van Heukelum, Van sunte Cristoffels beeiden,
Utrecht i865, p. 7.
HAUS AVERSFORTH, im J. i677 erbaut, ursprünglich im Besitz der Familie
von Manjel, jetzige Besitzerin Frau van Achthoven. Kleiner niedriger zweistöckiger
Backsteinbau mit geschweiften und abgetreppten Giebeln, mit kleinem Wirtschaftshof,
von wohlerhaltenen Gräben umgeben, über dem Portal das preussische Wappen. Vor
der Brücke eine malerische Lindenrotunde. Im Garten ein Paar barocke Steinfiguren.
Die einfache Ausstattung des 18. Jh. ist fast vollständig erhalten. Im Erdgeschoss
Kamin mit Stuckarbeit: Trophäen und Putten. Eine Reihe mittelmässiger Porträts
von vlämischen und holländischen Meistern des i7. u. 18. Jh., darunter zwei recht gute
Klniestücke in alten geschnitzten Rahmen und das Bildnis eines jungen Mannes mit
langem goldenen Gelock und rotseidenem Mantel in Jagdkostüm. Einige gute Stillleben.
I^Pialus-
;gi3ni)rFag"
Fig. 30 u. 31. Haffen. Wandgemälde in der kathol. Pfarrkirche.
62
Kathol.
Pfarrkirch
Taufstda
Skulptur
Wandgemälc
Kelch
Monstr
Hai:
Avers'
Autsts
r
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CO
(U
2
IS
'03
HALDERN
63
HALDERN.
GERMANISCHE UND RÖMISCHE FUNDE. Germanische Gräber
mit gegen dreissig rohen Urnen bei Haldem entdeckt (Bröring i. d. Ann. h. V. N.
XI, S. i47. — BiRD, Über die Bedeutsamkeit der Gegend des Niederrheins S. 63,
Taf. I, C, Nr. i — 3), jetzt im Provinzialmuseum zu Bonn. Eine römische Schanze, be-
stehend aus natürlichem Sandhügel mit kreisförmigem Wall von 6o Schritt Umfang
findet sich nördlich von Haldem (Schneider, Kr. Rees S. 65). Die Römerstrasse von
Elten her (vgl. u.) wird bei Haldem wieder sichtbar und folgt bis Kapellen der Rich-
tung der heutigen Chaussee. Hinter Kloppenberg sind in östlicher Richtung die Reste
der Römerstrasse zu verfolgen bis zum Durchschnitt auf der Landstrasse von Wesel
nach Hamminkeln.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Georgi m.). J. Stürm, Über
Haldern: Nrh. G. i88o, S. 23. — Tibus, Gründungsgeschichte S. 2i9.
Die Kirche war im i3. Jh. eine Kapelle mit pfarrlichen Rechten (Eskes im Kerke-
lyk Leesblad ten dienste der catholyke Nederlanders II, Nr. XI, Art. 4. — Ann. h. V. N.
IV, S. 256), hervorgegangen aus der Kapelle zu Aspel (Ann. h. V. N. XI, S. i47, i64).
Das Patronat besass seit 1229 die Kapitelskirche zu Rees (Düsseldorf, Staatsarchiv,
Urk. 22, 25), i3i8 wird sie zuerst als Pfarre erwähnt (Lacomblet, U B. III, Nr. i7i).
Der Turm der Kirche stammt aus dem i3. Jh., das Langhaus und die obere Hälfte
des Turmes wurden im i5. Jh. neu aufgesetzt, die Gewölbe und die Turmhaube nach
dem Brand von i672 erneuert.
Vierstöckiger Turm, bis über die Hälfte aus Tuflf bestehend, im Erdgeschoss
mit dreimal abgetrepptem im Spitzbogen geschlossenen Portal, zur Seite zwei schmale
spitzbogige Blenden. Im zweiten Stockwerk vier mit Kleeblattbögen geschlossene
Blenden, im dritten vier Rundbogenblenden. Die Vertikallisenen über diese hinaus-
geführt, im vierten drei schlichte einachsige Spitzbogenblenden. Die schmäleren nörd-
lichen und südlichen Seitenflächen sind im Unterstock durch zwei grosse Blenden,
im zweiten imd dritten durch nur je drei Blenden belebt.
Das alte dreischiffige Langhaus wird zur Zeit durch einen dreischiffigen gothischen
Neubau von Wiethase erzetzt. Der alte Bau zeigt noch einen Teil der Aussenmauem
der romanischen Basilika von Tuflf, im N bis zu dem (von den Fenstern durchschnit-
tenen) romanischen Fries, im S bis zu der Horizontallisene unter den Fenstern. Der
übrige Teil in Backstein. Die Verhältnisse des Inneren sind schwerfällig und gedrückt
mit tiefen Gurtbögen, im Mittelschiff die Rippen mit skulptierten Blattkapitälen ehe-
mals auf Dreiviertelssäulen aufsetzend. Die Fenster und die Wölbungen der Seiten-
schiffe zeigen die rohen Formen des i7. Jh.
Triptychon vom alten Hochaltar, jetzt über der Sakristei aufbewahrt. Die
Mitteltafel 2,4o m breit, i,42 m hoch, Leinwand mit sehr starkem Kreidegrund auf
Holz aufgezogen, aufgeklappt 4,8o m breit, in altem schlichten Holzrahmen.
Auf dem Mittelbild (Taf. III) im Mittelfelde eine grosse figurenreiche Kreuzi-
gungsdarstellung. Christus und die Schacher an hohen Kreuzstämmen zufgehängt, den
Fuss des mittleren Kreuzes umklammernd Maria Magdalena, links im Vordergrunde
Maria, von Schmerzen überwältigt, zusammenbrechend, gestützt von Johannes, um-
geben von vier heiligen Frauen. Grosse Reitergmppe, darin zur Rechten der Haupt-
mann, mit der Rechten nach Christus weisend: Veri filius Dei erat iste, links Longinus
Germanische
u. Rftmiache
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Turm
Neubau
Triptychon
Mittelbild
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64
KREIS REES
Kathoi. mit dem Speer, rechts Stephaton mit dem Schwammstab zu Ross. Die Kostüme der
Reiter sind niederrheinische, besonders die Kappen und Filzhauben bezeichnend,
mehrfach der burgundische Hut. Zur Seite links Christus vor Pilatus, Kreuztragung,
rechts Kreuzabnahme und Höllenfahrt
Flügel Auf den Innenseiten der Flügel je vier Scenen. Links i. die Grablegung:
Der in Tücher gehüllte Leichnam wird in den steinernen Sarkophag gelegt, im Vorder-
grunde knieend Maria Magdalena. 2. Die Auferstehung: Christus steigt mit der Kreuz-
fahne aus dem Sarge, um den die vier Kriegsknechte schlummern, zwei derselben
halbwach mit Geberden des Erstaunens. 3. Die drei Frauen am Grabe: Im Vorder-
grunde Maria Magdalena mit dem Salbgefäss, diese allein nimbiert. 4. Christus er-
- scheint der Maria Magdalena im Garten. Der Garten, der Blumengrund und der
geflochtene Zaun im Hintergrunde sehr sorgfältig ausgeführt.
Rechts 1. Christus in Gethsemane, im Garten betend. Im Vordergrunde die
drei Jünger sehlummemd. 2. Gefangennahme Christi, die Häscher mit derben und
groben Köpfen. 3. Geisselung Christi in offener Halle mit Ausblick auf eine Land-
schaft. 4. Domenkrönung und Verspottung Christi, der eine Häscher mit burgundischer
Lappenmütze.
Die Aussenseiten der Flügel enthalten wiederum je vier Scenen. Rechts
1. Die Taufe Christi: Christus ganz nackt im Wasser, rechts Johannes, links ein weiss-
gekleideter Engel, Christi Gewand tragend. 2. Johannes von einer Kanzel herab pre-
digend, der König Herodes sich unwillig abwendend. 3. Johannes ist von einem
Kriegsknechte enthauptet worden, die Tochter des Herodes betrachtet nachdenklich
das Haupt in der Schüssel. 4. Herodes mit seiner Gattin an reichbesetzter Tafel.
Die Tochter setzt die Schüssel mit dem Haupte des Täufers vor ihm nieder.
Links vier Scenen aus der Legende eines Heiligen, i. Der Heilige zum Bischof
gekrönt. 2. Er verrichtet das erste Messopfer. 3. Er erweckt durch sein Gebet einen
Toten auf. 4. Er empfängt die Sterbesakramente, zu seinen Häupten Engel.
Wilrdigung Die Innenseiten sind auf Goldgnmd gemalt, die sehr stark beschädigten und
abgeblätterten Aussenseiten haben natürlichen ungemusterten Hintergrund. Die Farben
sind durchweg hell und licht, mit tiefen Schatten und scharfen Umrissen, in den Ge-
wändern besonders ein lebhaftes Rosa und ein frisches Grün, die Landschaft in Saft-
grün. Die Gestalten überschlank, mit sehr schmalen Schultern, auffallend langen Unter-
schenkeln, die Hände gelenkig schmal, mit hölzernen Fingern, die Gesichter teilweise
mit groben, stumpfen Nasen. Maria Magdalena regelmässig mit goldblondem durch-
gekämmten aufgelösten Haar, teilweise schwere gemusterte Brokatgewänder. Das be-
deutende Werk gehört der westfälischen Schule an, steht aber leicht unter nieder-
ländischem Einfluss; es hat grosse Verwandtschaft mit der Schule von Soest, insbe-
sondere der grossen Kreuzigungstafel Nr. 1222 im Museum zu Berlin. Verhandlungen
über den Erwerb des Bildes sind von Köln und Berlin eingeleitet.
Monstranz Monstrauz von vergoldetem Silber, 79,5 cm hoch, vom Anfang des 16. Jh.
(leicht restauriert). Der Mittelbau erhebt sich auf sechsseitiger Rose und sechsseitigem
Schaft mit doppeltem Strebesystem, in jedem zwei massive Heiligenfigürchen. Im Auf-
satz die Doppelfigur einer Madonna, darunter der h. Georg, den Drachen tötend. Das
Gerüst ganz im Geiste der Gothik, nur die Putten und Engelsfigürchen im Aufsatz
atmen Renaissancegeist.
Glocken Glocken (Nrh. G. 1880, S. 24). Alle drei mit der Inschrift: unter Bedienung
DES WOHLGEBORNEN HERREN DROSTEN FRIEDRICH WILHELM VON UND ZUR HOEVE,
HERREN ZU POLLWICK UND RESPEKTIVE PASTOREN PETREN HETTERSCHEIDT, KIRCHEN-
64
HAMMINKELN 65
MEISTEREN ABER DIDERTCHEN HENSELER UNDT OHTT BOUMANS. DOOR DAT VIER BIN Kathol.
ICK GEVLOTEN, PETER VAN TRIER EN RUTGER TECKEL HEBBEN MY GEGOTEN. ANNO "'' *'^° *
i673. Die grösste ausserdem mit der Inschrift: tria sunt omnia. jesus maria
JOSEPH. SALVATOR MUNDI, SALVA NOS. Die zweite : S. MARIA ORA PRO NOBIS. Die
dritte: s. georgi intercede pro nobis.
SCHLOSSSONSFELD. J. J. Sluyter i. d. Rheinisch -Westfälischen Volks- s c h i o . «
Zeitung 1888, Nr. 3i. — Fahne, Denkmale und Ahnentafeln in Rheinland und West-
falen III, S. i3i, t34. — Ders., Geschichte der Köln., Jülich, und Berg. Geschlechter I,
S. 46o; II, S. 206. — Strange, Beiträge z. Genealogie d. adel. Geschlechter, Heft XII.
— Das Stammschloss der schon I259 vorkommenden Herren von Suntfelde, seit i5oo
von den Herren von Wittenhorst zu Sonsfeld, später einfach Wittenhorst-Sonsfeld
genannt, lag am unteren Ende des Bellinghover-Sonsfelder Meeres in dem Winkel,
welchen die Haffensche Wardlei mit diesem Meere bildete. Eine dreifache Reihe
von Gräben umschhesst es. Das Schloss wurde in der i. H. des i8.Jh. abgebrochen,
weil König Friedrich Wilhelm I. dem Freiherm von Wittenhorst-Sonsfeld ein neues
Schloss zu bauen beabsichtigte, was dann unterblieb. Das innerhalb der Gräben
gelegene vierseitige Terrain ist 36 m breit und 44 m tief. Die Gerichtsbarkeit von
Sonsfeld, im klevischen Landtagsabschiede vom 23. Okt. i666 förmlich anerkannt, er-
streckte sich über Haus Sonsfeld und die Bauernschaften Helderlo, Sonsfeld, Witten-
horst und Töwen.
HAMMINKELN.
EVANGELISCHE PFARRKIRCHE. Klevisches Heberegister: Ann. h. ^Evngci.
V. N. XXXI, S. i34. — Nrh. G. i883, S. 87. — Tibus, Gründungsgeschichte S. 220, ^^■"^'"***
226. — V. Recklinghausen, Ref. -Gesch. III, S. 2o4.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urk. von i522 an. — Catalogus pastorum
von i582 an. — Lagerbuch des Pastors Wesseler von i77o.
Eine Pfarrkirche zu Hamminkeln wird bereits 11 54 und 11 7o genannt als Besitz Geschichte
von Xanten (Tibus S. 220. — Erhard, Cod. Nr. 299), dessen Rechte 1220 und 1225
noch ausdrücklich bestätigt werden (Binterim u. Mooren, D. C. I, S. i7i, i9i. —
Düsseldorf, Staatsarchiv, Urk. Xanten R. I, 34. — Sloet, Cork. Nr. 485). Die Kirche
ist anfangs des iS.Jh. erbaut, zwischen i6o9 und 1624 den Lutherischen und Refor-
mierten eingeräumt.
Schlichter zweischiffiger Tuff bau, 22,80 m lang, 7 m breit, aussen durchweg neu Beschreibung
verputzt, mit dreistöckigem, in den beiden oberen Geschossen mit je zwei spitzbogigen
Fenstern versehenem Westturm. Zwei achtseitige Pfeiler mit einfacher Basis trennen
das Mittelschiff von dem niedrigeren nördlichen Seitenschiff. Die Rippen ruhen im
Mittelschiff auf polygonalen Konsolen mit einem Kopf darunter, im Chor mit skulp-
tierten Blattkapitälen auf in der Höhe der Sohlbänke mit Köpfen abschliessenden
Diensten. Unter den Fenstern Flachbogenblenden.
Bei der Restauration wurden an der Scheidemauer Wandgemälde — jüngstes Wandgemälde
Gericht und Apostelfiguren — vorgefunden, die aber wieder überstrichen worden sind.
Glocke mit der Inschrift: Mathias elsner pastor ecclesiae reform atae. Glocke
JOHANNES WOLTERUS PASTOR AUGUSTANAE CONFESSIONIS. JOHANNES ISING ET ANTONI
BLANCKEN KIRCHMEISTERE ZU HAMMINCKEL ANNO l693.
6
65
66
KREIS REES
HOCHELTEN.
R ömische
Anlagen
Warte
Brunnen
Funde
Grenxwchr
Römers trauen
Ältere
Grenzwehren
Bisherige
Erwähnungen
RÖMISCHE ANLAGEN. Jacob Schneider, Der Eltenberg und Montfer-
land bei Emmerich. Ein Beitrag zur Geschichte des römischen Befestigungswesens
auf der rechten Rheinseite, Emmerich 1 845. — Ders., Kreis Rees S. 63. — Dederich,
Geschichte der Römer und Deutschen S. 54. — Janssen, Oudheidkund. Mededeel.
III, p. 244. — Reuvens, Leemans en Janssen, Alphabetische naamlijst p. 25. —
F. W. Schmidt i. d. Westfäl. Zs. XX, S. 260. — Brambach, C. I. R., Nr. i4i, i42.
Was schon Stephanus Pighius, Wassenberg, Teschenmacher, Fiedler an-
nahmen, ist durch Schneider nachgewiesen worden: dass auf dem Eltenberge, der
neben dem Fürstenberge bei Xanten, dem Monterberge bei Kaikar und dem Klever
Schlossberge die ansehnlichste Höhe darstellte, eine bedeutende römische Warte stand.
An der Nord- und der Westseite ist das Bergplateau abgestossen, an der Stelle, wo
eine Schlucht südlich nach dem Rheine zuläuft, um 20 Fuss. Die Warte korrespon-
dierte mit Montferland bei s'Heerenberg und dem Klever Schlossberge (vgl. B. J.
XXXIX, S. i73. — L. J. F. Janssen, Over de oudste vaderlandsche schansen, be-
paaldelijk de Huneschans aan het Udeler-Meer: Nijhoff, Bijdr. IV, p. 7i). Boll-
werke und Mauerreste sind nicht vorhanden, der einzige Rest ist der 72 m tiefe
Drususbrunnen, aus grossen Tuffsteinblöcken im Halbrund aufgeführt, das Becken
mit einem Durchmesser von i,5o m, die Einfassung 28 cm breit, dessen Wände in der
Tiefe aus festem Basalt bestehen. Der Schacht ist mehrmals ausgebessert worden;
der römische Ursprung freilich durch nichts bezeugt. An dem Brunnenhäuschen die
moderne Inschrift: m. drusi ger. imp. r. puteus. aed. a. xii. a. chr. Ein unter-
irdischer Gang in den Berg wurde i835 aufgedeckt.
Am westlichen Abhang sind Urnen und Thränenfläschchen, sowie Ziegel der
6. Legion gefunden (Schneider S. i9. — Gelderscher Volks -Almanak voor i842, p. 2o7),
dazu Münzen aus der frühen Kaiserzeit. Auf den im Osten und Nordosten von Elten
gelegenen Höhen, der Elten sehen Haide, wurden Urnen von verschiedener Grösse
gefunden, deren Zeit nicht festzustellen ist (Schneider, Kr. Rees S. i4, 69. — B. J.
XXXVI, S. 83). An der Südseite des Berges vorbei führt die erste der drei älteren
Grenzwehren im Kreise Rees, die am alten Rheinufer bei Hauberg beginnt und über
Borghees und Emmerich nach Huisberden und Till bei Kaikar sich zieht (Kunst-
denkmäler d. Kr. Kleve S. i48. — Schneider, Neue Beiträge VII, S. 5); der römische
Ursprung ist höchst zweifelhaft.
Die den Rhein entlang ziehende grosse Römers trasse ist von Babberich, wo
sie aus Holland austritt, über Elten, Emmerich, Vrasselt, Haldem, Mehrhoog bis Fluiren
in ihrem Laufe in der Hauptsache festgestellt — unsicher ist nur ihr Verlauf von der
Fluirener Haide an (vgl. unter Wesel). Zwischen Elten und Emmerich sind alle Reste
verschwunden. Eine zweite Römerstrasse setzt bei Hauberg über den Rhein und
geht über Elten nach Norden. Wallreste nahe der Grenze bei Sassenryck nachweisbar
(Schneider, Kr. Rees S. 34, 39).
Bei Elten beginnt zugleich der östliche Arm der älteren Grenzwehren, die
das Gebiet des Kreises Rees nach O zu durchschneiden. Er führt hart an der hollän-
dischen Grenze hin bis Netterden und weiter über Meghelen nach Isselburg, wo er
die Yssel erreicht. Diese Grenzwehren sind nacheinander von A. Fahne, Die Land-
wehr oder der limes imperii Romani am Niederrhein: Berg. Zs. IV, i867, S. 1,
66
HOCHELTEN 67
Schneider, Kr. Rees, 1868, S. 18, und v. Veith, Römischer Grenzwall an der Lippe: Römische
B. J. LXXXIV, i887, beschrieben worden, ohne dass einer auf den andern Rücksicht
genommen hätte. Alle drei sehen in diesen Wallanlagen den limes transrhenanus, mit
dem Germanicus zwischen 2 u. 4 n. Chr. das Land zwischen Aliso und den> Rhein be-
festigte (novis limitibus aggeribusque Tac, Ann. II, 7), den Tiberius im J.io (Velleius Fat.,
Hist. Rom. II, 120: aperit limites) und Germanicus im J. i4 n. Chr. {Tacitus, Ann. I, 5o:
limitem a Tiberio coeptum scindit) bei den Zügen nach O überschreiten mussten. Vgl.
über die Bestimmung der limites auch Fiedler, Rom. Denkmäler S. 166. — Schneider,
Neue Beiträge VII, S. 5; VIII, S. i9. — Ders., Heer- und Handelswege VI, S. 18.
Die Frage des römischen Ursprungs scheint nur für die äusserste und grösste Ursprung
an der Issel hingeführte Grenzwehr in Betracht zu kommen, obwohl gerade auch
hier die mit ihr in unmittelbarer Verbindung stehenden Wallbefestigungen, vor allem
bei den Schwienumshöfen und an der Fortsetzung der Grenzwehr südlich der Lippe
bei dem Hofe Bergerschult bei Hünxe, die beide entschieden nicht römisch sind, auf
Entstehung in germanisch-fränkischer Zeit hindeuten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass
die ältere römische Grenzwehr später als Stammesgrenze zwischen dem sächsischen
imd fränkischen Gebiete diente und zu ihrer Befestigung damals die Wallburgen hinter
der Grenzwehr angelegt wurden. Die römische Grenzwehr setzt indessen wahrschein-
lich erst bei Isselburg selbst ein; der Zug bis zur Quappenburger Landwehr ist mittel-
alterlichen Ursprungs (vgl. ausführlich unter Emmerich S. 57). Die Frage über die
Bestimmung der Grenzwehren wie der zu erwähnenden Wallburgen und ihren zeit-
lichen Ursprung muss bis zu einer systematischen Untersuchung der Befestigungsreste
am Niederrhein offen bleiben. Aus den dürftigen Ergebnissen der bisherigen Unter-
suchungen können weitgehende Schlüsse nicht gezogen werden.
EhemaUge ABTEIKIRCHE, jetzige KATHOLISCHE PFARRKIRCHE Abteikirche
(tit. s. Viti m.)
A. Fahne, Das fürstliche Stift Elten, Bonn i85o. — N. C. Kist, Het Necro- Litter«tur
logium en het Tijnsboek van het adelijk Jufferen-stift te Hoog- Elten, medegedeeld
uit het onuitgegeven oorspronkelijk handschrift; benevens eene Geschiedenis der abdij,
Leyden i853: Nieuw Archief voor Kerk. Geschiedenis van Kist en Roijaards II,
p. 7i. Dazu NijHOFF, Bijdragen voor vaderlandsche geschiedenis en oudheidkunde
X, p. 67. — P. NijHOFF, Tijdrekenkundige opgave van eenige oorkonden betreffende
het adelijk Jufferenstift te Elten: Bijdragen n. r. V, p. 42. — M. Z. van Boxhorn,
Theatr. Holland, p. 333. — Egb. Hopp p. 55. — Teschenmacher p. 201. — A. van
Slichtenhorst, XIV boeken van de Geldersse geschiedenissen, Arnheim i654, p. 27o.
— Menso Alting, Notitia Germaniae inferioris, Amsterdam i7oi, II, p. 7. — Fun-
dationes et fata monasterii Altenensis : Ant. Matthaeus, Veteris aevi analecta, Haag
i738, III, p. 425. — Matthaeus Brouerius van Nidek en Isaak le Long, Kabinet
van Nederlandsche en Kleefsche Oudheden, Dordrecht i77i, VI, p. 3i3 ausführlich mit
Abb. — Reize längs den Neder-Rhyn tot Bon, Kampen i785, p. 34. — Oudheden van
Utrecht III, p. 334. — L. Ph. C. van den Bergh, Handboek der middel-nederlandsche
Geographie, Leidem 85 2, p. 188. — W. Moll, Kerkgeschiedenis van Nederland voor
de Hervorming, Arnheim i864, I, p. 325. — W. A. Immink, Geschiedenis der vestiging
van de nieuwe evangelische gemeende te Elten bij Cleef, Amsterdam 1860, mit der
Geschichte der Abtei bis 1802, p. i5: Staatsregt van Ehen. — aus'm Weerth, Kd. I,
S. I. — Über den Namen: Joh. Is. Pontani et Petri Scriverii epistolae: Ant. Mat-
thaeus, Veteris aevi analecta II, Nr. 10, p. 382. — Über Münzen von Elten: v. Lede-
BUR, Allgem. Archiv IX, p. 242.
5»
67
68
KREIS REES
Abieikirche
Hnndschriftl.
Quellen
Elten
Düsseldorf
Arnheim
Geschichte
Handschrift 1. Qu. Im Pfarrarchiv: Descriptio situs castelli, abbatiae etc. et
illustris ecclesiae collegiatae montis Eltensis, von A. G. Goebels can. pastor. Interessante
Chronik, bis i79i geführt, mit Abschriften von Urkunden, darunter Kaiserurkunden
von Otto I. an, Verzeichnis der Fürstäbtissinnen seit 986, der Kanoniker seit I24i.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: i54Urk. von i3i5 — 1812. — Kartular des
16. Jh. (B. 59), voran BI. i — 6 kurze Geschichte, Abschr. von Kaiserurkunden etc. —
Über ein Urbar des i8.Jh. : Lamprecht, Verzeichnis rhein. Urbarialien S.S. — Über
die Akten Ilgen, Rhein. Archiv S. 42.
Im Provinzialarchiv zu Arnheim: Zeugenaussage über das Recht der Erb-
vogtei, das die Staaten über Hörige und Leute von Elten haben, vom J. i652 (P.
NijHOFF, Registers op het archief afkomstig van het voormalig hof des vorstendoms
Gelre, Arnheim i856).
Auf dem im J. 944 zuerst genannten Eltenberge (Sloet, Oork. Nr. 86. —
Stumpf, Kaiserurkunden Nr. 116. — Mon. Germ. Dipl. I, i4i, Nr. 59. — Köpke-
Fig. 32. Hocheltea. Grundriss der Stiftskirche
Dümmler, Otto L, S. i33) stiftet Graf Wichmann von Hamaland (Waitz, Über den
Grafen Wichmann: Anhang zu Dönniges, Kaiser Otto L, S. 2i9. — van Spaen, In-
leiding I, p. 37. — Dederich, Römer und Deutsche am Niederrhein S. 252. — L.
Driesen i. d. Westföl. Zs. XV, S. 4o) um das J. 963 eine Christo und dem h. Vitus
geweihte Abteikirche und ernannte dort seine älteste Tochter Luitgardis zur Äbtissin
(ein anderes Jahr im Chron. Cliv.: Seibertz, Quellen II, S. i49 und bei Alpertus,
De diversitate temporum 1. I, c. 1 : Mon. Germ. SS. IV, p. 7o2).
Die Schenkung wird am 29. Juni 968 (Lacomblet, U B. I, Nr. iio. — Mon
Germ. Dipl. I, 49 1, Nr. 358: monasterium sororum Deo sacratarum quod Wichmannus
comes in litore Reni in comitatu Hamelant, cuius nomen loci Eltena, et a fundamento
usque construxit et religioso deo sacratarum collegio multis suarum opum facultatibus
ditavit. — VAN Spaen I, p. 62. — Sloet, Oork. Nr. io3. — Bond am, Charterboek I,
Nr. 52) und am 3. August 97o (Mon. Germ. Dipl. I, 539, Nr. 397. — Lacomblet,
ÜB. I, Nr. 112. — Sloet, Oork. Nr. io4) von Otto I. und am i4. Dezember 973
von Otto II. (Mon. Germ. Dipl. II, 79, Nr. 67, — Lacomblet I, Nr. 11 5. — Sloet
Nr. 106) bestätigt. Dieselbe ward indessen durch die jüngere Tochter Wichmanns, Adela
und ihren Gemahl Balderich von Kleve angefochten, der zwischen 99o und 996 das
68
HOCHELTEN
69
Ht
Kloster erstürmte (Albertus, De diversitate temporum, 1. I^ c. I., Mon. Germ. SS. IV, Abteikirche
p. 7oo: Cum armata manu montem Eltnae subito occupat. Cum oppidani repentino
metu perculsi fuga salutem quaererent, in monasterio sc abdiderunt, expugnatoque
monasterio et iaculis altaribus traiectis ... — Vgl. KiST, Necrologium p. 53. —
Dederich, Römer und Deutsche am Niederrhein S. 261. — Sloet, Oork. Nr. 112).
Otto III. schlichtete zwar 996 den langen Streit (Lacom-
BLET, ÜB. I, Nr. 12 7. — Sloet, Oork. Nr. 116), aber auf die
Kunde von seinem Tode nahm Balderich aufs neue das Kloster
ein (Alpertus, 1. I, c. 4: rupit fidem et hostili manu adgressus
ad montem Eltnae, vallum, qui ecclesiam ad instar castelli am-
biebat, scidit familiamque omnem sibi servire coögit. — Sloet,
Oork. Nr. 125).
Heinrich II. regelte die Eltenschen Angelegenheiten, wahr-
scheinlich, als er im August 1002 in Nym wegen weilte (Böhmer,
Regesten Nr. 9o3. — Hirsch, Heinrich II, I, S. 288), erst 10 1 7
starb die unversöhnliche Feindin des Stiftes Adela (Vita Mein-
werci c. i4o: Mon. Germ. SS. XI, p. i35. — Necrologium Ab-
dinghovense: Eccard, Hist. genealogica princ. Saxoniae p. 33.
— Necrol. eccles. Colon, mai. : Boehmer, Fontes III, p. 343).
Die Kirche ward von der fünften Äbtissin Irmgardis ( 1 1 00
bis II 29) wieder aufgebaut und im J. 11 29 eingeweiht (Lacom-
BLET, U B. I, S. 201. — BiNTERIMU. MoOREN, D. C. I, S. Io6. —
Teschenmacher, Cod. dipl. p. 3o. — Erhard, Reg. hist. Westfal.
II, p. 5, Nr. i5i2). Nachricht über diesen Neubau gab eine In-
schrift im Giebel, die Lacomblet, U B. I, S. 2o3, Anm. i aus
den (verlorenen) Kollektaneen des Stiftsarchivs mitteilt; ihr Text
ist zwei Urkunden entnommen, die die Chronik von Goebels
im Pfarrarchiv mit einigen Abweichungen wiedergiebt : Dyt nae-
beschreven is die schriefft, die gehouwen is in den vyrkantigen
steen, stainde beneden in der gevelen der hallen: Notum sit
Omnibus Christi fidelibus, quod Wichmannus comes ecclesiam
hanc in honore beati Viti martiris edificavit, dilapsam Irmgardis
abbatissa felicis memoriae reedificavit et novissime diebus istis
Lotharius rex (ad) memoriam sui et contectalis (G. : conthoralis)
sue Richize (G.: Richwidis) donans ei singulis annis duo talenta
gravis monete de Tousburch (donans — Tousburch fehlt bei G.)
eam dotavit [Et ut hec traditio stabilis esset litterarum traditione
et sigilli impressione confirmavit.] Anno M^C^ vicesimo nono
dedicta est hec ecclesia a Lymaro Mindensi episcopo.
Im J. i585 ward das Kloster im holländischen Religions-
krieg durch die holländischen Truppen niedergebrannt und ver-
wüstet (Goebels, Descriptio p. 7. — Fahne S. 3S). Die Äbtissin Gräfin Agnes von
Limburg begann 161 4 den Wiederaufbau der Abtei und errichtete i634 eine Kapelle.
Die i639 von den Staatischen auf dem Eltenberge bei dem Gruthause angelegte Kapelle
ward i649 abgetragen und mit dem Material die Abtei um ein Stockwerk erhöht.
Die Kirche stand bis i67i verödet, die Gewölbe waren durchweg eingestürzt —
so zeigt sie noch der Stich von A. Radentaker im Kabinet van Nederlandsche Oud-
heden p. 3i3 (s. o. S. 67). Im J. i67i begann die Gräfin Maria Sophia von Salm-
Nv.;;
^i iL,
vr^^^\
Fi^. 33. HocheUcn.
Turm der Stiftskirche.
69
7o
KREIS REES
Westturm
Abtei kirchc Reiffcrscheid die Restauration (Inschrift s. u.), die i677 abgeschlossen war. Das Stift
ward im J. 1811 aufgehoben, nachdem die Prinzessin Laetitia, die Tochter Murats,
fünf Jahre lang als letzte Äbtissin über dasselbe regiert hatte. Die Kirche wurde
i889 durch Theodor Gelsing aus Emmerich restauriert.
Der mächtige, in fünf Stockwerken sich erhebende Westturm (Fig. ZZ) zeigt eine
reiche und mannigfaltige Gliederung durch Pilaster und Blenden, die Fenster sind mit
Ausnahme derjenigen in der Glockenstube vermauert. Tuff, nach W stark verwittert.
Im zweiten Geschoss ein kleines rundbogiges Fenster mit verwitterten romanischen Eck-
säulen. Im Inneren übereinander drei Klostergewölbe ohne Rippen mit einer steilen,
85 cm breiten Treppe in der Mauerstärke. Im dritten Stock in der Südwand merkwür-
dige Nischen zur Entlastung. Im obersten stark verjüngten Geschoss beträgt die Mauer-
dicke nur noch 60cm. Erneute achtseitige geschieferte Turmhaube. An der Südwestecke
des Turmes zwei 2,9o m lange strebenartige Ansätze verschwundener Baulichkeiten.
Das nördliche Seitenschiff öffnet sich nach W in einem i67i wieder aufgerich-
teten romanischen Portal, mit drei Rundsäulen mit Mittelring in den abgeschrägten
Nördl. Schiff
li I I I I i I I 1 I [ 1 i 1 1 M F=l>^
Fij^. 34. Hochelten. Längsdurchkchnitt der Stiftskirche
Gewänden, mit überkleisterten Würfelkapitälen, rechts und links je eine Säule mit
gewickeltem dreiteiligen Knauf. Über dem Portal das Wappen der Äbtissin Marie
Sophie von Salm-Reifferscheidt, auf der flachen Abdachung zwei dürre barocke Löwen,
im Tympanon eine barocke Kartouche mit der Inschrift: anno i67i haben die hoch-
WURDIGST UND HOCHGEBORNE FURSTINNE UND FRAUW FRAUW MARIA SOPHIA VON
GOTTESGNADEN ZU ELTEN, VREDEN UND BORCHORST ÄBTISSIN, GEBORNE GRAFFIN ZU
SALM UND REIFFERSCHEIDT, FRAW ZU BETBUHR, DYCK, ALFFTER UND HACKENBROICH,
DIESE ÜBER DIE ACHTZICH UND MEHR JAHREN VERWUESTETE UND RUINIRTE COLLEGIAT-
KIRCHE AUSS IHRO SELBST EIGENEN MITTELEN ZUR EHREN GOTTES WIEDER AUFF-
ERBAUWEN LASSEN.
Das nördliche Seitenschiff ist an der Nordseite bei der Restauration durch
starke Backsteinstrebepfeiler gestützt worden und hat dreiteilige romanische Fenster
mit erneuten Säulchen erhalten. Das gemeinsame Satteldach bei dieser Gelegenheit
in ein Sattel- und ein Pultdach zerlegt. Im S stösst an die Kirche eine vielfach ge-
flickte Tuffmauer mit vorgesetzten Backsteinstreben, zur Seite die Reste zweier gothischer
Pfeiler mit Blattkapitälen, der letzte Rest des Abteigebäudes (Fig. 32).
Das Innere (Fig. 34, 35) zeigt mit Ausnahme des spätgothischen mit schmalen
Rippen und gutgemeisselten Blattkapitälen versehenen Chores durchweg die schweren
7o
RÖCHELTEN
7l
Formen und die phantastischen Ornamente des romanischen Baues vom J. ii29. Die Abicikirche
drei, durch breite Gurte getragenen Kreuzjoche des Mittelschiffes haben gedrückte
Kreuzgewölbe ohne Rippen. Der Ansatz der alten Gewölbe ist über den jetzigen
noch auf dem Söller erkennbar. Die Gurte ruhten ursprünglich auf mächtigen dicken
Säulen; bei dem Umbau vom J. i67i wurden an der Südseite die beiden östlichen
Säulen durch zwei aus fünf Seiten des regelmässigen Achteckes konstruierte Pfeiler
mit polygonalen Kämpfern und Basen ersetzt. Die Gliederung der Südwand ist nur
noch im östlichen Joch erkennbar.
Die nördliche Scheidemauer ruht auf zwei starken rechteckigen Pfeilern, denen
nach N und S wiederum dicke Rundsäulen vortreten. Die dem Mittelschiff zugekehrten
Fi^. 39. Hochelten. Querschnitt der Stiftskirche.
entbehren der Basen, tragen aber prächtige romanische Kapitale, im Formenreichtum
denen im Grossmünster zu Zürich verwandt (F. Keller in den Mitteilungen der
antiquarischen Gesellschaft zu Zürich I, Taf ii, i3), die mitsamt dem Kämpfer um
den ganzen Halbpfeiler verkröpft sind. Die Grundform ist die des Würfels, der Kämpfer
ist durch eine frühromanische Ranke, einfachen oder doppelten Palmettenfries ver-
ziert, das Halbrund des Würfels selbst gefüllt durch basreliefartige Skulpturen von
pflanzlichen Ornamenten mit geriefelten und ausgekehlten Blättern oder durcheinander
geschlungenen Drachen. An den Ecken sind Blätter oder menschliche verzierte zähne-
fletschende Köpfe angebracht (Fig. 36).
Die Arkadenbögen (Fig. 34) werden im östlichen Joch von einer Säule mit ein-
fachem Würfelkapitäl getragen, im nächsten Joch nur von einem vierseitigen Pfeiler
mit schmalem Gesims, dem ein gleiches auf beiden Seiten des Bogens entspricht. Im
dritten Westjoch nur ein niedriger Bogen. Hier wird im Langschiff der Raum ein-
7i
72
KREIS REES
Abteikirchc genommen durch die hochinteressante alte Nonnenempore, die aus fünf einfachen
steinernen Säulen mit Wurzelkapitäl und breitausladendem Kämpfer besteht. Eine
ähnliche ehemals in S. Pierre zu Utrecht (F. W. M. Eyck van Zuylichem, Les eglises
romanes du royaume des pays-bas, Utrecht i858, pl. VI, 2, p. i4). Die Scheidemauern
selbst sind durch je zwei gekuppelte Blendfenster belebt, getrennt durch eine Mittel-
säule mit Würfelkapitäl imd reichprofilirtem Kämpfer. Die beiden Bogen sind von
einer rechtwinkeligen Blende eingeschlossen, nach oben mit einem schrägen Palmetten-
fries verziert (Fig. 37).
Im nördlichen Seitenschiff wurden bei der Erneuerung im J. i883 die Rund-
säulen nicht wieder eingesetzt, nur an den Tragpfeilem sind diese erhalten, gekrönt
Nördl.
SeitenschiflF
Fij^. 36. Hochelten. Kapitale aus dem Mittelschiff der Stiftskirche
Hochaltar
Chorstühle
Tau&tein
durch schwere Würfelkapitäle mit Tropfen in den Ecken. Der Eingang nach Westen
liegt um fünf Stufen erhöht, ebenso das östliche Joch, das nach dem Mittelschiff zu
mit einer barocken Holzgallerie abschliesst.
Hochaltar, barocker Holzaufbau vom Ende des i7. Jh., im Mittelfeld ein Ge-
mälde der Kreuzigung, darüber das Salm-Reifferscheid sehe Wappen. Über dem Bal-
dachin eine Strahlensonne mit der Taube, umgeben von sieben Engelsköpfchen, zur
Seite zwei allegorische Figuren.
Chorstühle, barock, viersitzig rechts und links, Kommunionbank, Kanzel,
von einfachen aber gutgezeichneten Formen, hässlich polychromiert
Taufstein des i3. Jh., nur das 18 cm hohe Becken mit 9o cm Seitenlänge er-
halten, mit verwitterten Skulpturen auf den Seiten, deutlich nur zwei symmetrisch mit
den Köpfen zusammengestellte Hunde. Der cylindrische Träger fehlt.
72
HOCHELTEN
73
Steinfigur des Abraham als Seelensammler (Fig. 38), i,o5 m hoch, rohe
Skulptur des 12. Jh. (bez. als h. Machutus), mit langgelocktem, vollbärtigem Kopf, en
face auf einem Throne sitzend, in eng anliegenden Gewändern mit eingekerbten Falten,
mit beiden Händen auf dem Schosse das kleine die Seele darstellende ganz bekleidete
Kind haltend, das die Linke auf die Brust legt und den Kopf aufwärts hebt. Die
beiden Köpfe ganz überarbeitet, die Gruppe roh überschmiert.
Pieta des 18. Jh. an der Südseite, davor ein guter schmiedeeiserner 1,20 m hoher
Kerzenhalter mit feinem Fuss und geschwungenem Rankenabschluss.
Das bedeutendste Werk des Eltener Schatzes war das grosse Kuppelreliquiar,
das von Elten über Domick und Anholt in die Sammlung Soltykoff zu Paris und von
Abteikirche
Steinfigiir
Pieto
Kerzenhlliter
Schatz
mme
_,^gaa
Fig. 37. Hochelten. Romanische Friese aus dem Mittelschiff der Stiftskirche.
da für 53 55o Franken in das South-Kensington Museum zu London kam (Cattois i. d.
Annal. archeol. XX, p. 3o7; XXI, p. io5, i48; XXIL p. 5. — Abb. Labarte, Hist. des
arts industriels III, p. 42; Album pl. 43. — Ferd. de Lasteyrie, Hist. de l'orfevrerie,
Paris i875, p. 121. — Garnier, Hist. de la verrerie p. 4i7. — Catalogue de la collec-
tion Soltykoff 1861, Nr. i32. — Eleventh Report of the Science and Art Departe-
ment of the Committee of Council on education, London i864, p. i93. — Baudri,
Organ für christl. Kunst III, S. i95). Über die Wanderungen und den Ursprung
B. Sammler in Alte und Neue Welt, Einsiedeln 1880, S. 10. — Niederrhein. Volks-
bote I.Jan. 1 864. — Sluyter i. d. Niederrhein. Zeitung i889, Nr. 53. Das aus der
Wende des 12. u. i3.Jh. stammende Reliquiar ist fast identisch mit dem im Weifen-
schatz befindlichen (W. A. Neumann, Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-
Lüneburg, Wien i89i, S. i76, i78). Erhalten sind die folgenden Werke des Schatzes:
73
74
KREIS REES
Abteikirche
Statuette
Reliquiare
1. Statuette des h. Michael, aus Silberblech getrieben, nur die Haare und
die Ränder der Rüstung vergoldet, ohne den Holzfuss 56 cm hoch (Fig, 39), eine
schlanke zierliche Gestalt, mit beiden Händen dem Drachen zu seinen Füssen den
Speer in den Rachen stossend, der Kopf realistisch durchgeführt mit derber Nase und
hässlich vorstehendem Kinn. Auf dem Drachen ein Medaillon mit der Umschrift: lucia
DE KERPEN ABBAJISSA Und dem emaillierten Wappen der Stifterin. Von i4oo — i42o.
2. Armreliquiar, 46 cm hoch, mit in Silber getriebener Hand. Der vergoldete
Fuss mit gutgefassten Steinen um den unteren Rand, ruhend auf drei kleinen knieenden
Engelsgestalten. Die Säume mit
aufrecht stehendem Blattwerk
verziert. Der Ärmel — durch
das Gitter Durchsicht auf einen
eingelegten Armknochen — ist
mit leichten Gravierungen be-
deckt. Die drei ersten ausge-
streckten Finger mit Ringen.
3. Sechsseitiges Reliquiar
in Monstranzenform, 53,5 cm
hoch, von vergoldetem Silber
(Abb. aus'm Weerth, Kd.
Taf. n, 2). Eines der treff-
lichsten Werke des Schatzes
aus der i. H. des i5. Jh. Auf
dem durch eine sechsseitige
Rose gebildeten, am Rande
ä jour durchbrochenen Fuss
erhebt sich eine Kugel von
braunem Achat, über ihr der
sechsseitige Schaft, am Knauf
sechs runde Pasten mit Email-
rosetten. Die sechs Seiten des
Gehäuses, mit einem Klee-
blattbogen abgeschlossen, sind
mit blauem Email gefüllt, vor
ihnen in massiven vergoldeten
Figürchen (zum Teil verloren)
je eine Scene aus der Passions-
geschichte. An den Ecken
Strebepfeiler mit Statuetten von auf Drachen stehenden Königen unter Baldachinen.
Der sechsseitige freie Turmaufsatz trug ursprünglich wohl eine kleine Kreuzigungsgruppe.
4. Reliquiar, 42 cm hoch, aus leicht vergoldetem Silber, auf sechsseitigem Fuss
und sechsseitigem Schaft, der Knauf mit acht Rosetten. Das sechsseitige Gehäuse
mit einfachen gravierten gothischen Fenstern, i. H. des i5.Jh.
5. Reliquiar, 38 cm hoch, Silber, in Monstranzenform, nach i4oo, auf sechs-
seitiger Rose, in der Mitte als Cylinder ein geschnittener (älterer) Bergkrystall, gefasst
mit ringförmigen Verzierungen, zwei Streben zur Seite und einfacher Aufsatz.
6. Reliquiar, 4o cm hoch, auf rundem, an der Seite gitterartig durchbrochenen
Fuss, der Knauf zwischen sechs kleinen fialengeschmückten Streben mit sechs nmden
Fig. 38 Hochelten. Steinfigur des Abraham rU Seelensammler.
74
RÖCHELTEN
75
Emailpasten verziert; unter dem kegelförmigen mit einem Kreuz abschliessenden Helm Abtei kir che
ein orientalisches Fläschchen aus Bergkrystall geschnitten.
7. Reliquiar, 21 cm hoch, von Silber, auf sechsseitiger Rose mit einfachem
Knauf, unter dem sechsseitigen Pyramidendach ein achtseitiges Krystallgehäuse, oben
und unten von zwei Silberstreifen mit aufgelötetem Filigran eingefasst.
8. Reliquiar, 27 cm hoch, von Silber, von der gleichen Form wie Nr. 4 u. 5,
auf dem sechsseitigen Stern ein von drei dünnen Streben eingefasster Glascylinder
mit einem Fläschchen de oleo Mariae.
9. Reliquiar, 21 cm hoch,
Silber, auf sechsseitigem Stern,
Glascylinder mit Reliquien des
h. Vincentius, auf dem Helm eine
antike Gemme mit dem Bildnis
einer römischen Kaiserin.
IG. Reliquiar, 36 cm hoch,
Silber, i. H. des i5.Jh. (Abb.
Aus*M Weerth, Kd. Taf. H, 3.
— Labarte, Histoire des arts
industriels, Album VI, pl. i47,
Nr. i7), auf sechsseitiger spitz-
blätteriger Rose, auf dem Fusse
leichte Gravierungen gothischer
Blätter, sechsseitiger Knauf mit
kleinen runden Rosetten. Als
Mittelstück ein liegender Krystall-
cylinder mit dreiteiligem Aufsatz,
in der Mitte ein übereck gestell-
ter, mit dem Kruzifixus gekrönter
Pfeiler, seitlich zwei mit Fialen
gekrönte, durch Vergitterungen
verbundene Streben. Ähnliche
Formen wie dieses in Emme-
rich (Abb. 23), Werden, Saint -
Jacques zu Löwen (Reusens,
Elem. d^archeol. chretienne H,
p. 378), in der Sammlung Spitzer
in Paris (Collection Spitzer I,
p. i33, Nr. ii5).
11. Reliquiar, 21cm hoch, in Gestalt eines liegenden Cy linders, der auf vier
silbernen Beinen mit Füssen ruht, oben ein vierseitiges Türmchen mit Kreuz. An
den runden Abschlussfeldern die Figuren der Madonna und des h. Viktor. Angehängt
ein graviertes und emailliertes Wappen. Entspricht dem Reliquiar in S. Ursula zu Köln
(Fr. Bock, Das heilige Köln, S. Ursula, Taf VI, 25).
12. Krystallreliquiar (Fig. 4o), io,5 cm hoch, in Gestalt eines aus Krystall
geschnittenen Fisches, orientalische Arbeit des 1 1 . Jh., Ende des 1 4. Jh. in Deutsch-
land, mit vergoldetem Kopf und drei silbernen Füssen versehen.
i3. Muschelreliquiar, 27,5 cm hoch, Silber, um i5oo, auf sechsblätterigem
ovalen Fuss eine Perlmutterschale mit ovalem Silberdeckel, auf der die Inschrift gra-
Fig. 39. Hochelten. Silbersutuette des h. Michael.
75
76
KREIS REES
Abieikirche viert Steht: HIER IN IS BEHALDEN VAN SUNT MATHIIS. Darüber eine Krystallkugel
mit der massiven Statuette des Heiligen mit Hellebarde und Buch.
i4. Reliquiar in Krugform, 34 cm hoch, auf einfachem runden Silberfuss eine
Kokosnuss mit silbernem Deckel, auf dem mit ausgebreiteten Flügeln, ein Kreuz in
den Armen, ein massiver vergoldeter Engel kniet, i. H. des i6. Jh.
i5. Hornreliquiar, 24 cm hoch, 37 cm lang, Ende des i5. Jh. Ein schwarzes
Hom von zwei silbernen Bändern umschlungen, mit gravierten Distelblattmotiven,
zwischen denen die zwölf Könige Judas sitzen, getragen von zwei Paar Füssen mit
Fi^. 40. Köchelten Kryttallrellquiar.
Pektornle
Adlerklauen. Als Abschluss die massive Doppelfigur der Madonna mit dem Kinde,
treffliche Statuette mit stark ausgebogener Hüfte. Auf dem Deckel ein rundes Me-
daillon mit der in der Zeichnung vortrefflichen Gravierung der Krönung der Maria.
Inschrift: sellof (?) daert help sancta anna.
i6. Agraffen. Frühgothisches Pektorale (Taf. IV), aus dem Anfang des i4.Jh.
silberne Platte von i4cm Durchmesser, mit einem dünnen vergoldeten Plättchen belegt,
voll leichter architektonischer Gravierungen. Auf den Eckblättem aufgestiflet silberne
Rosetten. In der Mitte unter einem dreiteiligen vorgekragten gothischen Baldachin die
prächtige schlanke Figur des h. Vitus, in der Linken die Palme in der Rechten das
Schwert, zu seinen Füssen der Hund, zur Linken Wappen des Heinrich von Berg (t i3 1 2)
76
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RÖCHELTEN
77
Monstmns
zur Rechten das der Hedwig von Randerath (t i3o5), in den edlen Linien der Zeich- Abieikirche
nung und der reizvollen Ausführung ein Meisterwerk der Goldschmiedekunst.
i7. Kreisrundes Pektorale von i5 cm Durchmesser, Ende des i4.Jh., der Rand
vergoldet, in der Mitte in Silber getrieben Christus zwischen Maria und Johannes auf
einem mit grünem Email bedeckten Berge stehend. Wappen des Wilhelm von Bronck-
horst (t um i38o) und der Gräfin Kunigunde von Moers. Stilistisch verwandt der
Agraffe im bischöflichen Museum zu Münster (Nr. 73) und im Münsterschatz zu Essen.
i8. Pektorale (Taf. IV) mit geschwungenem Rahmen, i3,8 cm im Durchmesser,
vergoldetes Silber. Das Mittelfeld gefüllt durch eine Burg in reicher Architektur, in
stärkstem Relief herausgearbeitet, in der Mitte des geöffneten Thores steht ein Schild-
träger, von dem linken Turm über ihm beugt sich ein Mann herunter (Kunsthisto-
rische Ausstellung zu Köln i876, Nr. 60 1, falsch als aus Kempen stammend bezeich-
net). Verwandtes Stück mit Scenen der Kindheitsgeschichte Christi in der ehemaligen
Sammlung Felix zu Leipzig (Katalog Nr. 61 7, Atlas Taf. i3). Die Darstellung und
die Einrahmung des Mittelfeldes erinnert auffällig an die grossen Monilien Lud-
wigs I. von Ungarn im Domschatz zu Aachen, die zwischen i34o und i367 und
zwar wohl in Klausenburg gefertigt wurden (Abb. Pulszky, Radisics et Mulinier,
Chefs d'oeuvre d'orfevrerie ayant figure a l'exposition de Budapest I, p. 23. —
Jos. Hampel, Die Metallwerke der ungarischen Kapelle im Aachener Münsterschatze:
Zs. des Aachener Geschichts Vereins XIV, S. 54. — Ders. in Archaeologiai Ertesitö
1888, p. i93).
i9. Monstranz, 59 cm hoch (Abb. aus'm Weerth, Kd. Taf. I, i. — Labarte,
Album II, pl. i47, Nr. i5), aus vergoldetem Silber, i. H. des i5. Jh., auf geschweiftem,
mit Rosetten besetzten Fuss ein sechsseitiger Schaft und sechsseitiger Knauf mit weit-
hervorstehenden silbernen Rosetten. Der mittlere Glascylinder, in dem ein knieender
Engel die Lunula trägt, flankiert von zwei leuchtertragenden Engeln und einem aus je
zwei Pfeilern bestehenden doppelten Strebesystem, im oberen Aufbau die Madonna
mit dem Kind. Auf dem Untersatz und dem Aufsatz des Glascylinders aufgestiftete
silberne Rosetten.
20. Kelch, 21 cm hoch (Abb. aus'm Weerth, Kd. Taf. II, i. — Grösser mit
Details bei Chr. W. Schmidt, Kirchenmobel und Utensilien Taf. 7), die Cuppa mit
einem oberen Durchmesser von i3,2 cm, von vergoldetem Silber, um i3oo. Der runde
Fuss von i4,8 cm Durchmesser trägt fünf Medaillons mit den getriebenen Darstellungen
des Kruzifixus und der vier Evangelistensymbole, die Zwickel zwischen ihnen mit
feinstem Filigran ausgefüllt, den runden Schaft umgeben fünf kleine getriebene Engels-
figürchen. Der runde Knauf zeigt frühgothische Masswerkverzierung in fünf Feldern.
Die Kuppe ohne Schmuck.
21. Patene, von vergoldetem Silber, 1 7,8 cm im Durchmesser, mit vertiefter
sechsblätteriger Rose dazu gehörig.
22. Einfaches silbernes Weihrauchschiffchen des 16. Jh.
23. Silbernes Reliquienkreuz des 18. Jh., 29 cm hoch, mit leichten Gravie-
rungen, in der Mitte ein älteres Kreuz von Bergkrystall mit einer Kreuzpartikel, am
Fusse die Marke br.
24. Barockes silbernes Kruzifix, i,o5cm hoch, auf Ebenholzfuss.
25. Spätgothisches silbernes Weih rauch fass, 24 cm hoch, von der gewöhn- Weihrauchfa«
liehen Kapellenform, aber fein ausgearbeitet, nach den Seiten zu durchbrochene
Fenster, die untere Hälfte graviert (Abb. aus'm Weerth, Kd. Taf. I, 2. — Labarte,
Album II, pl. 147, Nr. 12).
Kelch
Patene
Weihrauch-
schiflfchen
Keliquienkreiu
Kruzifix
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78
KREIS REES
Abtetkirche
Weihwasser.
ke««el
Pfarrhaua
Skulpturen
Äbtissinnen'
wohnuns
Inschrift
26. Weihwasserkessel aus dem Anfang des i5. Jh., mit Halbfiguren von
Engeln als Schildhaltem (Abb. aus'm Weerth Taf. I, 4. — Otte, Handbuch der
Kunstarchäologie I, S. 262). — Das von aüs'm Weerth, Kd. Taf. 1,3—3«» abgebildete
Reliquiar mit Krystallcy linder und der Umschrift: margriet en agkes van kerpek
gesustere ist seitdem verschwunden.
Im PFARRHAUSE; Polychromierte Terrakottatafel (Abb. aus'm Weerth,
Kd. Taf I, 5), 3 1 X 4o cm, in neuem Holzrahmen, mit der Darstellung der Verkün-
digung, meisterhafte Arbeit um i5oo (G>'psabguss von Haas in Kleve). Maria sitzt
rechts auf einer Bank, ein Buch im Schoss, die Rechte vor der Brust, auf dem Tisch
links vor ihr ein Spruchband. Von links der Engel mit einem Stab in der Rechten,
durch das geöfihete Fenster stiehlt sich von links oben ein Sonnenstrahl nach dem
Ohr der Jungfrau. Fast dasselbe Relief an der Domthür zu Konstanz.
Holztäfelchen, 38xi4cm, Ende iS.Jh., h. Anna selbdritt, handwerkmässig.
Das grosse zweistöckige Gebäude der ehemaligen ÄBTISSINNENWOH-
NUNG mit fünf Fenstern Front, abgewalmten Dach, viermal abgetrepptem Giebel über
dem Portal mit einem Löwen als obersten Schildhalter, südlich von der Kirche am Ab-
hang gelegen, die ganze Landschaft beherrschend, trägt die Inschrift: anna saxome
Fürstin zu essen, custerin zu elten, gravin zu salm und reiferschedt i667.
An der westlich davon gelegenen Wirtschaft des H. Geerlings die Inschrift:
MARIA FRANCISCA, DERO KEYSERLICHEN HOCHGRAFF. UND FREYWELTLICHEN STIFF-
TERN ELTEN UND VREDEN DECHANTINNE UND PRÖBSTINNE, GEBORNE GRAFFINNE ZU
MANDERSCHEYDT UND BLANCKENHEIM, FRÄULLEIN ZU JUNCKENROEDT, DAUN UND ERPE.
HUETH.
Schloss
HandschriftL
Quellen
Geschiebte
SCHLOSS. HandschriftL Qu. Im Archiv der Unterherrschaft Hueth, dem
Staatsarchiv zu Düsseldorf übergeben: 446 Urk. von i3o4 — 1799 in 24 Packeten und
65 Aktenkonvolute, betreffend die Jurisdiktion Hueth, Bienen, Ossenberg, Wenge,
Praest, Domick, Wehl, sowie den Lehnshof zu Hueth. — Lehnsbuch des Hauses
Hueth, angelegt i692, weitergeführt bis i792, 336 Fol. — Nachrichten und Akten über
das Fürstentum Minden, das Ravensbergische, Akten des Kriegsminister v. Borke. —
Verzeichnisse der Bibliothek, der Kunstsammlimg und des Archives i77o — i79i. —
Rechnung des Drosten zu Gennep über Erbauung der dortigen Burg i5i2 — i5i8
(II. C, i). — Schatzregister des Amtes Hetter i559 (IL C, 2). — Verheerung von
Uedem 1 685— 86 betr. (IL C, 12). — Akten über die Erbauung des Amphitheaters
und Fontainenhauses zu Kleve i73i (IL C, 38. Vgl. Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve
S. 1 19). Über die Akten vgl. Ilgen, Rhein. Archiv S. i4o. — Ann. h. V. N. XI, S. 25o.
— Lamprecht, Verzeichnis rhein. Urbarialien S. 43.
Im Stadtarchiv zu Köln: Kurze Chronik im Mus. Alfterianum LXVII, fol. i54.
Das Schloss wurde in der Mitte des i4.Jh. von Rutger von Hekeren erbaut
(über das Geschlecht Dederich i. d, Ann. h. V. N. XVI, S. 2o9; Picks Ms. VII,
S. 5oi) und von diesem i364 dem Erzbischof Engelbert III. von Köln als Lehen und
Offenhaus aufgetragen (Lacomblet, U B. III, Nr. 656). Im i5.Jh. kam es an Adolph
von Wilich, dessen zweiter Sohn Giddert die mittlere Huetische Linie der Wilich
stiftete. Sein Sohn war Christoph, sein Enkel Otto, sein Urenkel Christoph von Wilich,
der die Linie der Grafen von Wilich und Herren von Lottum fortsetzte. Sein Sohn
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HUETH
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Johann Sigismund, sein Enkel Philipp Karl, von dessen Söhnen Johann Christoph Schioi«
Graf von Wilich und Lottum Herr zu Hueth ward und i727 zu Hueth begraben
wurde. Im J. i598 war das Schloss durch die Spanier ausgeplündert, die Ställe und
Wirtschaftshöfe niedergebrannt worden (Berg. Zs. XXIV, S. 23). Um i74o kaufte
Friedrich Wilhelm Freiherr von Borke das Schloss an, es folgten ihm im Besitz die
Herren von Galen, die Grafen von der Recke, endlich die Herren von Widdenhorst-
Sonsfeld. Die jetzige Besitzerin ist Freifrau Amalie von Widdenhorst - Sonsfeld.
Das Schloss (Fig. 4i) zerföllt in Herrenhaus und Vorburg und liegt auf einem Beschreibung
rechteckigen von Gräben eingeschlossenen Burgterrain. Von dem alten Bau des
i4.Jh. stammen noch der mittlere und östliche Haupttrakt mit dem gewaltigen runden
Fig. 41. Schiost Hueth.
Eck türm, mit 2,5o m starken Mauern, im Inneren ein sechsseitiges Kuppelgewölbe
mit zierlichem Schlufsstein und sehr hübschen polygonalen Konsolen, darunter ein
mit einer flachen Kuppel überspanntes Verliess. In der Ecke führt in der Mauer-
stärke eine Wendeltreppe empor. Östlich stiess an den Haupttrakt ehemals ein langer
bis zum Ende der Hauptburg geführter Seitenflügel an, der nur zur Hälfte erhalten
ist. Im Erdgeschoss, dessen Mauern i,5o m stark sind, befinden sich drei Kreuz-
gewölbe ohne Rippen mit Gurten, von dem abgebrochenen Teile sind noch die keller-
artigen Gewölbe des Erdgeschosses erhalten, mit mächtigen Tonnengewölben und schiefs-
schartenartigen Fenstern nach beiden Seiten. Über den Küchenräumen des Ostflügels
ein hoher Saal, der Königssaal, i89i umgebaut. Der Hauptbau ist in der 2. H. des
i8. Jh. mit dem Westflügel erneut und mit abgewalmtem gebrochenen Dach mit flachem
Holzgiebel versehen worden. Der der Fa(;:ade vortretende, noch i742 erhaltene Treppen-
turm wurde abgebrochen, alle gothischen Giebel niedergelegt.
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8o
KREIS REES
Schioss Die Vorburg besteht wie in Gastendonk (Kunstdenkmäler d. Kr. Kempen S. 122)
und Winnenthal (Kunstdenkmäler d. Kr. Moers S. 72) aus zwei Seitenflügeln und runden
Ecktürmchen mit Kegeldächem und kleinen Backsteinfriesen. Der südwestliche Turm
und der westliche P'lügel gehören dem älteren Bau an — der Flügel zeigt denselben
kleinen Backstein fries an dem etwas vorgekragten zweiten Stockwerk wie der Ostflügel
des Herrenhauses, der Turm hat ein gedrücktes Kuppelgewölbe und eine Mauer-
stärke von 1,60 m.
Die alte Gestalt des Hauses zeigt eine im Archiv aufbewahrte kleine Zeich-
nung vom J. i667 (Fig. 43) und ein Stich von Paul van Liender nach einer Zeich-
nung von J. de Beijer vom J. i742 in Het verheerlykt Kleefschland pl. 38, i. Gleich-
zeitiger Grundriss auf einer Katasterkarte der Herrlichkeit Bienen von i74i in der
Bürgermeisterei Vrasselt (Fig. 42. Der Grundriss der jetzigen Gebäude punktiert ein-
gezeichnet).
Die Haupträume tragen noch die Spuren der Rokokoausstattung, die das Schioss
unter den Grafen von Borke in der 2. H. des 18. Jh. erhalten. Die Bibliothek im
ersten Stock ist fast unberührt bewahrt geblieben. In dem links neben der Eingangs-
halle gelegenen Saale vlämische
Gobelins aus der 2. H. des
i7.Jh. mit dem Wappen derer
von Borke, darstellend Landschaft
mit Schlössern, im Vordergrund
Bauemscenen. Der Hauptsaal
enthält Rokoko -Ausmalungen.
Ein Kamin im Westflügel trägt
dreimal die (erneute) Inschrift:
ANNO i4io in Rokoko - Umrah-
mung. Eine grössere Anzahl tüch-
tiger Familienporträts des 1 7. und
i8. Jh. ist durch das Schioss zer-
streut, darunter Kniestücke des
Kriegsministers Grafen von Borke mit seinen beiden Frauen Auguste und Helene, ein
grosses Bild Ludwigs XIV., Friedrich Wilhelm I., ein interessantes Porträt Friedrichs
des Grossen im Alter von vierzehn Jahren mit Perücke.
Fig. 42. Hueth.
Lageplan vom J. 1741
Fig. 43. Hueih.
Zeichnung vom J. 1667.
HÜTHUM.
Kapelle
Geschichte
Beschreibung
Triptychon
Skulpturen
KAPELLE (tit. s. Georgii m.).
Der Ort wird zuerst 1206 genannt (Dederich, Ann. S. 602) und liegt auf dem
Territorium der alten Herrschaft van Hekeren. Die Kapelle wurde i767 unter C. Geve-
lieng erbaut
Einschiffiger flachgedeckter Backsteinbau des 18. Jh., 1808 restauriert.
Niederländisches Triptychon der i. H. des 16. Jh., gutes Werk mit feinen Einzel-
figuren, stark abgeblättert. In der Mitte die Anbetung der Hirten, auf den Seiten-
flügeln die Verkündigung und die Anbetung der drei Könige.
Madonna, 1,20 m hoch, um i48o — i49o, Holz, vortreff'liches und feines Werk
der Emmericher Schnitzschule, den Figuren in S. Aldegundis zu Emmerich nahe ver-
80
ISSELBURG 8l
wandt. Die Madonna, eine sehr schlanke Gestalt, mit hochsitzenden, nur leise ange- Kapelle
deuteten Brüsten, schmalem Köpfchen, langem, dünnen Hals, und lang herabfallenden
an den Schläfen festgedrückten Locken, hält auf dem linken Arm das Kind im Hemd-
chen mit einer Traube in der Linken, mit der Rechten nach dem Apfel (erneut)
fassend, den ihm die Mutter darbietet, der reiche Faltenwurf in grossen charakteristi-
schen Motiven.
S. Barbara, 85 cm hoch, Holz, mit Buch und Turm, Arbeit der Kalkarer
Schule vom Ende des i5.Jh.
Madonna und S. Johannes, 9o cm hoch, handwerkmässige Arbeiten um i5oo.
ISSELBURG.
M. J. Kaiser, Parnassus Clivensis, Kleve i7o4, HI, S. 218. — A. Lohmann, Littemtur
Geschichtliche Nachrichten über Isselburg, ein Rückblick beim Neubau der katho-
lischen Pfarrkirche, Isselburg i878. — Wilh. Fischer, Geschichtliches aus und über
Isselburg nebst einigen geschichtlichen Nachrichten über die evangelische Gemeinde
daselbst, Wesel 1860. — v. Mülmann, Statistik I, S. 427.
RÖMISCHE FUNDE. Bei Isselburg erreicht der äussere östliche Arm der Römische
älteren Grenzwehren, der von Elten über Netterden und Meghelen kommt, die Issel.
Er heisstim Anfang bis Quappenburg die Quappenburger Lcmdwehr und erscheint
als einfacher Wall mit zwei Gräben (Schneider S. 2 7). Der ganze Wall bis Issel-
burg scheint nicht über das 12. Jh. zurückzugehen und bildete die Bezirksgrenze der
Hetter (s. o. S. 57 u. 66). In Isselburg mündet zugleich der nur dürftig erhaltene
zweite Strang der Grenzwehr, der über Hülshorst und Fuhrmannshof in fast gerader
Linie südlich nach Capellen zu führt. Der auf der Schneider sehen Karte einge-
zeichnete Verbindungswall von Isselburg nach Schiedenhorst ist nirgends mehr sicht-
bar, im oberen (nördlichen) Teile läuft in der Richtung desselben ein einfacher Ent-
wJlsserungsgraben, die wallartigen Anschüttungen bei Schiedenhorst bezeichnen das
alte Rheinbett vor dem J. 1000. Bei Haus Heidkamp, eine Viertelstunde von Issel-
burg in der Richtung auf Haldern, befindet sich ein natürlicher Sandhügel mit kreis-
runder Schanze von 4o Schritt Umfang (Schneider, Kr. Rees S. 58).
EVANGELISCHE PFARRKIRCHE. Die Reformation wurde i57o ein- Evan^ei.
geführt (J. v. Steinen, Ref.-Gesch. S. 56. — Lohmann S. 9. — Fischer S. 26. —
V. Recklinghausen, Ref.-Gesch. III, S. 2o9). Die ältere lutherische Kirche ging
1624 zu Grunde (Inschrift s. u.), der zweite Bau, schon i7o7 ein ,sehr schlechtes und
geringes Gebäu* genannt, ging i779 zu Grunde. Der Neubau wurde t832 vollendet,
nachdem 1828 die beiden Gemeinden vereinigt worden waren.
Von dem älteren Bau steht nur der i777 errichtete Turm, von Backstein, vier-
stöckig, mit einfachen Blenden. Der anstossende Saalbau ist ganz schlicht und flach-
gedeckt. An einem Balken die Inschrift: anno 1624 den 24. febrü. hat das his- Inschrift
panische volck diese stad ausgeraubt und gantz abgebrandt ohn zwei Häuser.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Bartholomaei ap.). Kathoi.
TT« -, • f Ti • T^ ti • /. !• 1 T^ , - ,. Pfarrkirche
In Isselburg stand im i5. Jh. eme Kapelle mit pfarrlichen Rechten, für die cesciiichte
der Herzog von Kleve das Präsentationsrecht besass (Lohmann S. 8). Im J. i785
wurde eine neue Kirche erbaut und diese von i877 — 18 79 durch einen schönen
einschiffigen Kreuzbau von August Rincklake und Kaspar Pickel ersetzt.
6
81
82
KREIS REES
Kathol.
Pfarrkirche
Skulpturen
Glocke
Burg
Bc.
festigungen
Christus, Maria und Johannes, 7o cm hoch, roh Eiche, um i5oo. Maria
und Johannes von grossartiger Schönheit der edlen Gewandung, Maria mit krampf-
haft gefaltenen Händen, Johannes mit einer Rolle in der Rechten, die Linke erstaunt
erhebend, alle drei Figuren etwas ausgeschwungen, die Nasen auffällig aufgebogen.
Glocke mit der Inschrift: me fudit g. voigt. isselburg i78i.
BURG. Herzog Adolph von Kleve errichtete im J. i44i auf Klevischem Ge-
biete in der Hetter eine starke Burg, ,dye Ysselborch*, um mit ihr gegen das an-
grenzende Kölnische Gebiet
einen stärkeren Rückhalt zu
haben (Gert van der Schu-
ren ed. Schölten p. i37.
— Cronicon de genealogia:
Seibertz, Quellen III, S. 36i.
— Teschenmacher, Ann.
p. i83. — Hopp p. 9i. —
Lacomblet, U B. IV, Nr. 253).
Den Einwendungen des Köl-
ner Erzbischofes zum Trotz
blieb die Burg stehen (J. Han-
sen, Rheinlande und Westfalen
im i5.Jh. I, Urk. 73, 85, 4o7).
Schon i448 wurde sie von Her-
zog Adolph seinem ältesten
Sohne Johann abgetreten (La-
comblet, U B. IV, Nr. 285).
Das Bollwerk, das ,tuschen
den Weerde ind der Yssel-
borch* errichtet war, wurde
i45o von den Münsterschen
erobert (Gert van der Schu-
ren p. i73). Die Burg blieb
als adeliger Sitz bestehen, im
J. i6oo den Herren von Me-
verden zuständig (Köln, Stadt-
archiv, Museum Alfterianum
LXVII, fol. i74), bis sie 1624
bei der Zerstörung durch
die Spanier zu Grunde ging
(v. Schaumburg, Begründung der Brandenburg. - Preuss. Herrschaft am Niederrhein
S. 74, i87). Das neu aufgebaute Schloss bewohnten die kurfürstlich Brandenburgi-
schen Drosten von der Hetter,- deren letzter, Herr van der Hove, 168 1 starb. An der
Stelle des Schlosses liegt jetzt die Villa des Herrn Nering-Boegel, Generaldirektors
der Isselburger Eisenhütte.
BEFESTIGUNGEN. Die Stadt ist wahrscheinlich gleichzeitig mit der Er-
bauung der Burg und der Erteilung der Privilegien (Teschenmacher, Ann. p. i83)
von Herzog Adolph i44i befestigt worden. Nach einer Katasterkarte des 18. Jh. im
Bürgermeisteramte besass sie vier Rundtürme und drei Thore, die ,groosse Port*, die
jBohwen - Port* und die ,Issel - Port*. Die Mauer war ursprünglich 20 Fuss hoch und
Flg. 44. Isselburg. Rundturm der ehemaligen Befestigung.
82
KRUDENBURG 83
5 Fuss dick. Im J. 1624 wurde die Stadt durch die Spanier eingenommen und bis Be.
auf zwei Häuser niedergebrannt, i672 durch die Franzosen demoliert, endlich i697
durch eine Feuersbrunst wieder in Asche gelegt. Erhalten sind nur zwei der Rund-
türme. Zunächst einer der malerischen Ecktürme des Mauerringes an der Nordseite
der katholischen Kirche (Fig. 44), dreistöckig, von Backstein, mit Zinnenkranz, und
ein zweiter dreistöckiger als Mühlenturm mit einfacher Schiefsscharten des i7.Jh.
KRUDENBURG.
SCHLOSS. Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv zu Wesel (jetzt in Dussel- Schioi»
dorf): Historische relatio wegen des freyadlichen hausses Crudenburg, Pap. fol. (Caps. 342,
10). — Im Besitz des Herrn E. Benninghoff zu Krudenburg: Chronik vom J. i735.
Die Burg wird i338 von Dietrich zu dem Berge, wohnhaft auf Haus Bcrgschult Ge«chichte
bei Hünxe, dem Grafen Dietrich IX. zu Lehen aufgetragen, i'363 verkauft sie Graf
Johann als Offenhaus an Ritter Rutger von Boetzlar (Lacomblet, U B. III, Nr. 638),
i392 belehnt Dietrich von der Mark mit dem Schlosse den Ritter Goswin Stecke.
Im J. i47o erbt es Carda von Gehmen, die Gattin seines Sohnes. Durch ihre zweite
Heirat kommt es i5o2 an Graf Johan von Holtstein- Schaue nburg, i64i an Alexander
Freiherm dann Grafen von Velen und zu Megen. Im J. i683 kommt es an Johann
Sigismund Freiherm von der Heiden, den Gemahl der Anna Magdalena von Velen, 1 734
durch Heirat an August Friedrich Freiherrn von Grävenitz, i783 an Sigismund Karl
Ludwig Freiherm von Strünkede. Im J. 1826 ging das Haus über an die Familie
Benninghoff, in deren Besitz es sich noch heute befindet.
Von dem ehemals ,in quadro massiv gebauten* Schloss steht nur der alte Turm,
der aber i664 erneut worden ist (Inschrift: a. g. v. v. i664: Alexander Graf von Velen),
die übrigen Gebäude wurden i596 durch den Grafen Adolf von Holtstein - Schauen-
burg erneut (Bird, Bedeutsamkeit der Gegend des Niederrheins S. 54). Der Bau war
eine durchaus regelmässige Anlage — das Herrenhaus abgetrennt im Wasser liegend
hinter der rechtwinkeligen Vorburg.
HAUS SCHWARZENSTEIN. Ausführlich A. Fahne, Das Geschlecht Hhus
«« -r^ , , .. «r^ -r-r-r ^ -^ ^ « -, « ScH warzcMtcin
Mumm, Düsseldorf 1880, III, S. 273, 3o8— 3i8.
Das Haus war ein alter landtagsfähiger Sitz im Herzogtum Kleve, ursprünglich
freies Erbe, nur einige Stücke Lehen der Herrschaft Krudenburg. Im J. i429 ver-
kaufen Philipp von Schwarzenstein imd seine Gattin Aleid das Haus an Sueder von
Ringenberg, dieser i454 an Elisabeth aus dem Edelgeschlecht Stecke, Goswin Stecke,
ihr Erbe i468 an Rötger Amelong. Haus und Burg blieben im Besitz des in Wesel
ansässigen Geschlechtes Amelong, bis i5i4 Roeloff Mumm aus Amheim die Besitzung
erwarb. Roeloff liess das verfallene Schloss wiederherstellen, in den Händen seiner
Familie blieb es bis i7o2, wo es durch Heirat mit der Witwe des Johann Mumm an
Johann Bernhard von Rethrath kam. Das Schloss wechselte rasch die Besitzer, kam
i7i3 an Johann Franz von Crone, i7i6 an Johann Sigismund von der Heiden, i724
an Georg Joachim von Blankenburg, i735 an August Friedrich von Grävenitz, i739
an Johann Sigismund von Struenkede, danach an die Viktor, Loehr, Schneider, bis
es i776 wieder an ein altes Weseler Geschlecht, die Familie Eichelberg, gelangte.
Jetziger Besitzer ist Herr Dr. med. Eichelberg in Wesel. Das auf dem rechten Lippe-
ufer gelegene Schloss wurde vor drei Jahren abgebrochen und durch einen Neubau
S3
84
KREIS REES
Haus ersetzt Nur der alte i8m hohe Turm erhalten, an dem sich das Mumm sehe Wappen
mit der Jahreszahl i5i7 befindet. Auf der Karte von Arnold Mercator vom J. i576,
,Hauss Schwartzestein*, sind neben dem Turm zwei rechtwinkelig aneinanderstossende
Trakte sichtbar.
LOIKUM.
J^rJ
Fig. 40. Erd«rerk bei den Schtrienumshöfen. Grundriss.
Römi.che«. RÖMISCHE UND GERMANISCHE ANLAGEN. Die äusserste und
Anlagen bedeutendste der älteren Grenzwehren des Kreises führt von Isselburg bis Werth an
der Issel entlang, biegt bei den Schwienumshöfen südlich von Loikum im stumpfen
Winkel nach Südsüdost und führt in gerader Linie, immer der Issel folgend, auf
Huvermannshof zu, wo sie nach Osten ausbiegt und über Peddenberg nach Scherm-
84
LOIKUM
85
beck weiterläuft (vgl. über den weiteren Lauf unter Drevenack und Schermbeck und Römische u.
Schneider, Kr. Rees S. 22). Bis nach Loikum besteht die Grenzwehr in einem Wall An Ingen
mit zwei Gräben. Der um das Wertherbruch (ehemals ein See) herumführende WaU
heisst noch jetzt der Seewall. Nördlich des Schwieniunshofes, wo die Strasse von
Loikum nach Hamminkeln sie durchschneidet, ist das Profil deutlich sichtbar. Der
Wall hat hier noch die sehr bedeutende Breite von 8,5o m bei einer Höhe von 3,5o m.
Hinter dem Schwienumshofe besitzt sie drei Wälle mit vier Gräben, weiterhin vier
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Fig. 46k Erdwerk bei den Schwienumshöfen.
Wälle mit fünf Gräben. Die Grenzwehren sind eingezeichnet in die Katasterkarten
von Loikum vom J. i733 (im Besitz von S. Festen zu Rees), der südliche Teil bei
Huvermannshof ist genau aufgenommen in den J. i735 u. i794 (Wesel, Stadtarchiv,
Karten caps. 35 t, Nr. 5, 16). In der ältesten Karte der Lackhausener Landwehr von
Huvermannshof, bis zum Uhlengatt an der Issel beim Funder erscheinen bis Huver-
mannshof nur zwei Gräben, dann sechs, vom Brünenschenbruch an wieder vier und
fünf Nördlich, nach Hamminkeln zu, sind sechs Gräben eingezeichnet bis zum Schmitt-
hausener Baum. Die Hamminkelner Strecke beschrieben schon in der Ringelbergischen
Brock-Ordnungh vom J. i388 (Düsseldorf, Staatsarchiv, Weselscher Privilegienband
A. 80, B1.32«).
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KREIS REES
Römisch« u.
Germanische
Anlagen
Kathol.
Pfarrkirche
Beschreibung
Taufstein
Glocken
Bei dem Schwinumshof (jetzt Schwieningshof, aber schon in Urk. von i5i5
Schwinumshof genannt: Wesel, Stadtarchiv, Rep. II, caps. i9,i) befindet sich in un-
mittelbarer Verbindung mit der Grenzwehr und der Issel eine riesige Erdbefestigung,
die entschieden nicht römisch ist (Abb. 4i u. 42). Sie besteht aus zwei ovalen Erd-
aufschüttungen, die beide von einem halbrunden Wall umgeben waren (der eine nord-
westlich jetzt in zwei Stücke zerrissen). Der ausgehobene Boden lag in der Höhe
der Isselsohle, (jetzt der Wasserzufluss durch eine Schleuse am nördlichen Ende re-
guliert). Die Wälle erheben sich noch bis zu 3 m Höhe. Die ganze Befestigung ist
jetzt mit fast undurchdringlichem Buschholz bestanden. Die Anlage ist entschieden
nicht römisch, sondern gehört wie die Befestigung am Hof Bergschult bei Hünxe
(Grundriss i. d. Kunstdenkmälem d. Kr. Ruhrort) und der bei dem Ickter Hof bei
Hain (Grundriss i. d. Kunstdenkmälem d. Kr. Düsseldorf) gelegenen Schanze der
germanisch-fränkischen Periode an. Wünschenswert wäre die Durchschneidung der
beiden Haupthügel durch Versuchsgräben (Bericht a. d. Kgl. Regierung in Düsseldorf
vom 28. August i873 s. N. 336 1. — Korr. -Blatt des Gesamtvereins der deutschen
Geschichtsvereine XV, S. 39. — v. Mülmann, Statistik I, S. 42 7. — Schneider, Neue
Beiträge IV, S. 26, Fig. 9 schematisch).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit s. Antonii abb.). Nrh. G. i883,
S. 96. Loikum war Filiale von Hamminkeln (Bröring i. d. Ann. h. V. N. XI, S. i64),
eine Kirche bestand schon im i4.Jh., Ende des iS.Jh. erfolgte ein Neubau.
Zweischiffiger schlichter Backsteinbau, 2o,4o m lang, io,4o m breit, in den letzten
Jahrzehnten nach Osten verlängert (der alte Teil nur 9,i5 m lang). Dreistöckiger West-
turm, im Obergeschoss mit zwei Spitzbogenblenden, nördlich ein achtseitiges Treppen-
türmchen angebaut. Im Inneren zwei ehemals achtseitige Pfeiler mit niedrigen Basen,
die Rippen auf polygonalen Konsolen ruhend, die Scheidemauer ungegliedert.
Taufstein aus Namurer Blaustein, Ende des i3.Jh., rundes Becken mit vier
Köpfen auf Mittelcylinder mit vier Ecksäulen, die auf Tierköpfen mit grossen Augen
und fletschendem Maul stehen, an jeder Seite drei ornamentierte Medaillons (Kunst-
denkmäler d. Kr. Kempen S. 16. — Korr. -Blatt des Gesamtvereins XV, S. 39).
Glocken, i. soli deo gloria. johann schweys me fecit monasterii i73i.
2. i ! I VOS VOCAT HAEC SACRATA TIBI PATRONE TUERE [?] ANTONI ET PULSA
NOXIA QUAEQUE [p]rOCUL. ME FUDERUNT CHRISTIAN ET RÖTGERUS VOIGT FRATRES
A. l773. W. RECHTMAN PASTOR, H. MEYERING KIRCHMEISTER.
MARIENTHAL.
Augustiner-
kloster
Quellen
Geschichte
Ehemaliges AUGUSTINERKLOSTER. Tibus, Gründungsgeschichte S. 223,
io3i. — JoDOCUS Hermann Nünning (i675 — 1753), Monumentorum Monasterien-
sium decuria I, p. 248.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Protokollbuch mit Chronik aus dem
i9.Jh. — Taufregister von i7io an. — Kopiar des Klosters Marienbaum (Kunst-
denkmäler d. Kr. Moers S. 34).
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Kopiar (B. i3i), fol., 444 Bl., geschrieben
i5ii durch den Notar Goswin Averbach, mit Urkunden von I295 ab, mit Index;
wichtig. — Kopiare B. i3ia und B. i3i^. — Specificatio omnium redituum (Reg. i67).
Das Augustinerkloster Marienthal (sanctae Mariae in valle) war 1253 von Sueder
von Ringenberg in einem Ort, qui dicitur Beylere, an der Haie und Issel, gestiftet
86
MEHR
87
Kloster*
kirche
worden (Lacomblet, U B. II, Nr. 459). Im J. I256 scheint die Einweihung statt- Augustiner,
gefunden zu haben (Wilmans, U B. III, Nr. 599. — Tibus S. io3i). Es war geweiht
der Jungfrau Maria, dem Ev. Johannes imd dem h. Vincentius.
Im J. i323 kauft das Kloster von Theodor von Lankeren eine Wiese, ,der
lüttiker Beylardt* genannt, i345 wird Kirche und Kloster dorthin verlegt Von i587
bis i592 hatte der Orden vorübergehend das Kloster verlassen, P. Augustinus Ulrici
stellte es i6i9 — 1643 wieder her. Im J. i839 die Kirche als Parochialkirche der
Katholiken der Umgegend anerkannt.
Die ehemalige KLOSTERKIRCHE, jetzige PFARRKIRCHE (tit. assumpt.
b. Mariae v.) ist ein einschiffiger gothischer Backsteinbau von i345, 36,3o m lang,
8,35 m breit. Die westliche Parade zeigt wie die Minoriten kirche in Puisburg eine
grosse Portalblende, über dem im Flachbogen geschlossenen Eingang auf gothischen
Kapitalen drei interessante Steinfiguren, um i4oo, die Madonna zwischen einem Bischof
mit Buch und einer weiblichen Heiligen in Dreiviertellebensgrösse. Die Rippen im
Chor auf dünnen, im Langhaus auf stärkeren Dreiviertelssäulchen mit polygonalen
Kapitälchen, das erste und dritte Paar nur i m lang und mit Konsole abschliessend.
Schlichte einachsige Fenster, nur nach Osten ein zweiachsiges.
Die südlich an den Chor anstossende Sakristei, mit grossen Kreuzgewölben,
bildet einen Teil des ursprünglichen Kapitelsaales. Von dem Anfangs des i7. Jh. her-
gestellten Kreuzgang ist eine Seite mit sechs durch Gurte getrennten Jochen erhalten.
Chorstühle, zweiachsig auf beiden Seiten, Mitte des i5.Jh., hinten vier, vorn
drei Sitze, grösste Länge 2,9o m. Die Rückwand mit einfachen Füllungen, die Wan-
dungen mit Pfeilerchen und Krabben, die Miserikordien mit grinsenden Mönchs-
köpfen als Konsolen. An den hinteren Wangenstücken die vier grossen Kirchen-
väter in Basrelief.
Lebensgrosse Kreuzigungsgruppe, Holz, derb, neu polychromiert, Ende des
i4. Jh.; hochinteressante Skulptur. Christus mit magerem Körper und fest angezogenem
Lendentuch: in den Schlufsstücken des Kreuzes die Evangelistensymbole in Basrelief.
Maria die Hände vor der Brust gefaltet, den Kopf vom Schleiertuch bedeckt, schmal-
schulterige Figur mit schmalem Gesichtchen und weichem, fleischigen Kinn. Johannes
beide Hände mit schmerzlichem Erstaunen zur Seite erhebend, weniger gelungen.
Sitzfiguren der Madonna und Gottvaters, in überreicher Gewandung, Ende
des i5.Jh., 65 cm hoch.
Lebensgrosser thronender Christus in hartem Faltenwurf, Ende des i5.Jh.,
die Rechte segnend erhoben, in der Linken die Weltkugel.
Holzbild eines h. Bischofs, um i5oo, Almosen austeilend.
Zwei Kupferleuchter des i5.Jh.
CborstOhle
Skulpturen
Leuchter
MEHR.
RÖMISCHE UND GERMANISCHE ANLAGEN. Bei dem Bauerngut Rämi.ch. u.
-_ ,., , ft '11 ... 1 1. 1 - j rr> 111 Germmiische
Krusdik wurde 1822 em hoher viereckiger, angebhch römischer Turm abgebrochen, Anlagen
nach der Beschreibung bei Bird (Bedeutsamkeit der Gegend des Niederrheins S. 59)
scheint es vielmehr ein mittelalterlicher Rest gewesen zu sein. Über den römischen
Münzfund von Mehrhoog^vgl. Schneider, Heer- und Handelswege VI, S. 21. — B. J.
LXXIV, S. i9o.
87
88
KREIS REES
R ömischc u.
Germanische
Anlagen
Grciizwehren
Kathol.
Pfarrkirche
Beschreibung
Turm
Inneres
Kanzel
Memoriensteine
An die erste der älteren Grenzwehren, die von Hauberg über Emmerich nach
Huisberden und Till führt (s. o. S. 66) setzt zwischen Hechelten und Voorthuysen die
äussere und bedeutendste Grenzwehr an, die nach Osten an Netterden und Meghelen
vorbei führt. Von Meghelen aus läuft der erste westliche Arm in südöstlicher Rich-
tung über Millingen, Empel, Mehr nach Diersfordt (Schneider, Neue Beiträge VH,
S. 6, vgl. ausführlich unter Diersfordt S. i8). Die Wehr besteht aus Hauptwall mit 3,4 m
Kronenbreite und Seitenwall von i ,9 m Kronenbreite, der zweite Seitenwall ist zerstört.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Vincentii m.). Nrh. G. i883,
S. 96. — J. Mooren, Über einige christliche Denkmäler am Niederrhein: Ann. h. V-
N. II, S. 38, 43.
Zuerst im J. i332 erwähnt (Ann. h. V. N. LH, S. i47), Tochterkirche von Haffen-
Reenen (Chronik Johann Düsseldorfs im Stiftsarchiv zu Xanten).
Die Kirche wurde um i5oo von Tuff neu erbaut. Der reichgegliederte vier-
stöckige Turm, bis zur Höhe des dritten Geschosses mit übereck gestellten viermal
abgetreppten Streben zeigt ein durch die beiden unteren Stockwerke durchgehendes
zweiachsiges Portal fenster. Die drei oberen Stockwerke sind von Vertikallisenen mit
Rundbogenfries eingerahmt, im dritten Geschoss eine einachsige gothische Blende, im
vierten zwei Doppelfenster mit Mittelpfeiler. Im Norden ein aus fünf Seiten des regel-
mässigen Achtecks konstruiertes Treppentürmchen.
Der 34,1 3 m lange, i3,52 m breite dreischiffige spätgothische Bau zeigt im -Inne-
ren vier Paare von viereckigen, an den Kanten abgefassten Pfeilern, denen nach dem
Mittelschiff zu ein Dienst vortritt. Die Turmhalle öffnet sich mit einem hohen Bogen
gegen das Mittelschiff. Die Gewölbe sind durchweg einfache Stemgewölbe. Im Chor
ruhen die Rippen mit Blattkapitälen auf Diensten, die unter den Sohlbänken mit
einem Kopf abschliessen, am westlichen Ende des Chorabschlusses treten den alten
Diensten noch zwei kurze 8o cm lange Dienste zur Seite. Die Scheidemauem ent-
behren der Gliederung. In den niedrigen Seitenschiffen ruhen die Rippen mit poly-
gonalen Deckplatten auf Blattkapitälchen, die mit einem skulptierten Kopf abschliessen.
Nach Osten ist an die beiden Seitenschiffe in der 2. H. dieses Jahrhunderts je ein wei-
teres Joch angefügt und die Mauer nach dem Chorhaus hin durchbrochen worden.
Kanzel, vom Anfange des i6. Jh., sechsseitiges Gehäuse mit gothischem Stabwerk
und den Namen der vier Evangelisten, im i8.Jh. mit Untersatz versehen, restauriert.
Frühmittelalterliche Memoriensteine des 9. — lo. Jh., an der Aussenseite ein-
gemauert (Ann. h. V. N. III, S. 39, 5o, i74; IV, S. 262), in die Inschriftfläche des ersten
ein Kreuz geschlagen: + ili ID mr
OBIIT /vv
lverad-
LAICA
(ante diem tertium Idus Martii obiit Vulverad laica).
+ VI • IDVS
novembris
benIi., zdo
ET FILIA El
REGINLIND
MIGRAVER- T
AD X RM -f
(+ Ante diem sextum idus Novembris Ben . . zdo et filia eins Reginlind migraverunt
ad Christi requiem). Über die ganze Gruppe dieser Memoriensteine Ann. h. V. N.
IV, S. 261, — Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. i49, i5o.
88
MILLINGEN
89
RYS WICKSHOF (J. J. Sluyter, Schrieck und Ryswick: Nrh. G. 1880, S. 26). Ry.wickshof
Der Sitz der im i5.Jh. zuerst genannten Familie von Ryswick liegt auf der ehemaligen
Insel Laerward bei Hagenshof, um i5oo aus dem Besitz derer von Laer^'ard an
Amt von Dunen übergehend, dessen Tochter Mechtild 1 536 den Humanisten Konrad
Heresbach heiratete, der hier bis i576 lebte. Heresbach baute i538 ein neues Land-
haus, seit i7o5 im Besitz der Familie Wurmius, späterhin der Familien Hövelmann,
Haase und Althof in Dinslaken. Der jetzige Besitzer ist Herr Johann Baumann, der
i876 das neue Gebäude aufgeführt hat. Inschriften bei Sluyter a. a. O.
MILLINGEN.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Quirini m.). Nrh. G. i883, S. 1 10.
Die Kirche zu Millingen ist die älteste im Kreise: schon 7 20 wird eine basilica
domnae nostrae Mariae in der dem Grafen Ebroin gehörigen villa Millingi genannt
(BoNDAM, Charterboek I, Nr. 2. — Sloet, Oork. Nr. 6. — Würth-Paquet, Table
analytique Nr. 33. — Vgl. Dederich i. d. Ann. h. V. N. II, S. 253, 264. — van
Spaen, Inleiding I, p. i7. — Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. i46). Durch die Neben-
einanderstellung mit Nütterden, Cleverham, Donsbrüggen, Mehr ist es wahrscheinlich,
dass hier Millingen im Kreise Rees, nicht Millingen in der Düffel genannt wird (Sloet,
Oork. Nr. i3. — Cod. Lauresham. dipl. I, p. 112. — van den Bergh, Geographie
p. 2o5). Im J. io69 bestätigt Papst Alexander II. der Abtei von Echtemach die
Kirche (Mittelrh. ÜB. I, Nr. 369, 622. — Sloet, Oork. Nr. i79, 3 10). Im J. 1120
untersteht sie der Scholasterie zu Xanten (Xanten, Stiftsarchiv, Lib. rub. fol. i7^; Pels
IV, fol.4o7, Urk. R. I, i. — Binterim u. Mooren, D. C. I, S. 85). Die Kirche zu
Beginn des iS.Jh. als Säulenbasilika erneut, späterhin ein breiterer Ostteil angefügt.
Das Patronat gehörte dem Hause Empel (TiBUS, Gründungsgeschichte S. 211).
Die 27,5om lange, i9,75 m breite dreischiffige Kirche besteht aus zwei deutlich
getrennten Teilen. Der ältere Teil ist aus Tuff erbaut, der spätere nur bis zu den
Sohlbänken der Fenster aus Tuff, darüber aus Backstein, der vierstöckige Turm ist
vom ersten Drittel des zweiten Geschosses ab in Ziegel aufgemauert. Im Turm durch
die beiden Untergeschosse durchgeführt das grosse Portal fenster, die beiden oberen
Stockwerke mit je drei einachsigen Blenden. Südlich ist ein aus fünf Seiten des
regelmässigen Achtecks konstruiertes, bis zur Höhe des zweiten Stockwerkes reichen-
des Treppentürmchen aufgeführt.
Das alte Langhaus trugen Säulen mit einfachen runden Kapitalen, von denen
nur ein Paar erhalten ist, die Rippen ruhen im Mittelschiff auf aus Laubwerk ge-
bildeten, mit Köpfen abgeschlossenen Konsolen, an den Scheidemauem spitzbogigc
Blenden. Der neue Chor mit zwei rechtwinkelig abgeschlossenen Seitenchörchen in
der Form von Kreuzarmen, an das nördliche eine kleine Backsteinkapelle angefügt.
Die Rippen ruhen mit skulptierten Blattkapitälen auf i m langen Diensten.
Sakramentshäuschen von Sandstein (vortreffliche Abb. bei aus'm Weerth,
Kd. Taf. V, i), um i5oo. Auf vierseitigem Schaft erhebt sich das vierseitige Gehäuse,
an den drei freien Seiten mit Eisengittem, eingefasst von Stabwerk, in der Auskehlung
mit Rosetten besetzt, gekrönt von Wimpergen, darin die Sitzbilder der Madonna,
Johannes d. Ev., des h. Quirinus. Der vierseitige durchbrochene Aufsatz mit fünf kleinen
Heiligenfigürchen steigt in zwei Stockwerken auf. Reste alter Bemalung und Vergoldung.
Kathol.
Pfnrrkirche
Beschreibung
Sakraments«
häuschen
89
9o
KREIS REES
Kathol.
Pfarrkirche
Taufotdii
Epiuph
Kronleuchter
mj
U\
■Jß&i'W^.
Ciborium
Glocken
Fig. 47. Millingen. Sakramentshäuschen.
An der Südseite merkwürdigerweise ein zweites
Sakramentshäuschen, einfacher im Aufbau, aber
geistreicher in der Einzel durchbildung (Fig. 47. —
aus'm Weerth, Kd. Taf. V, 3).
Der achtseitige reichprofilierte Schaft läuft oben
in einen vierseitigen Pfeiler aus: Ecksäulchen mit
Kielbögen flankieren ihn. Das Gehäuse ist von ein-
fachem Stabwerk eingerahmt, an den Seiten die
Figuren der hh. Quirinus und Johannes Ev. Der
weit vorgek ragte viereckige Baldachin ist übereck
aufgesetzt und auf jeder Seite mit fünf durcheinander-
geschobenen freigearbeiteten Kielbogen abgeschlossen.
In der Mitte des überaus luftigen mit einer Pyra-
mide abgeschlossenen Aufsatzes erhebt sich eine ge-
wundene Säule.
Achtseitiger Taufstein, 1,20 m hoch, Ende des
1 5. Jh., mit kelchartigem Becken, an den acht Seiten
je ein dreiachsiges Fenster mit reichem Masswerk.
Um den oberen Rand ein fein gemeisselter Fries.
Epitaph von Henricus ab Elverick und Sibylla
domicella a Rasfeit, Mitte des 16. Jh., mit Alliance-
wappen in Renaissancerahmen (Nrh. G. 1881, S. 3).
Spätgothischer kupferner Kronleuchter des
16. Jh., ähnlich dem zu Goch (Kunstdenkmäler des
Kreises Kleve S. 3i), mit unten acht, oben vjer
Armen, abschliessend unten mit einem Löwenkopf,
oben mit einem knieenden Engel als Schildhalter,
vortreffliches reiches Werk von glücklichsten Ver-
hältnissen.
Ciborium (Abb. aus'm Weerth, Kd. Taf V, 2),
aus der i. H. des iS.Jh., schöne durch die Reinheit
der Formen wertvolle niederrheinische Goldschmiede-
arbeit mit sechsseitigem reichprofilierten und gravier-
ten, auf Löwen ruhenden Fuss, das Gehäuse mit
den gravierten Einzelfiguren von sechs Propheten in
charaktervoller einfacher Zeichnung, hoher turmartiger
Aufsatz mit grossem Kruzifix. Jetzt zur Monstranz
eingerichtet mit grosser Lunula.
Glocken. Die grösste von i5o9 mit schöner
spätgothischer Kante und zwei Reliefbildem des
h. Quirinus: SUM tuba magna dei divi sub nomine
PATRIS QUIRINI, POPULLOS (so) AD SUA TEMPLA VO-
CANS. WALTERUS WE.STERHUS MEFECITA.D. MCCCCCIX.
Die zweite von i429 mit der Inschrift: sancte
QUIRINUS IS MIN NAEM, DAT VOSC (?) GADE SIU BE-
QUAEM. AVE MARIA. ANNO DOMINI MCCCCXXIX.
Die dritte i696 von Pe/er von Trier gegossen,
i875 in Gescher umgegossen.
9o
NIEDERELTEN
9l
Die vierte von i5o9 mit der Inschrift: anne per merita cuiüs cum nomine
FUNGENS CLANGOREM DEDERO, DEUS ADVERSANTIA TOLLE. A. D. MDIX.
JUNKERMANNSHOF, am rechten Ufer des ehemaligen Ostrheins (SLUYTERjunicermunns.
i. Nrh. G. 1881, S. 2), altertümlicher, ursprünglich von Gräben umgebener Backsteinbau
des 16. Jh., an der Fa^ade das Elverick-Raesfeldsche AUiancewappen mit der Unter-
schrift: ANNO l565 3o. MAY.
hof
NIEDERELTEN.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Martini ep.). Als Pfarrkirche Kaihoi.
zuerst im J. i3i3 erwähnt (Düsseldorf, Staatsarchiv, Urk. Emmerich, S. Martin 26),
die Kirche um i45o neuerbaut, i864 — 1865 restauriert.
Dreischiffiger gothischer Bau mit Pfeilern und eingebautem Westturm, der untere Beichrdbung
Stock des Turmes, die südliche Aussenmauer, die Hälfte der nördlichen Aussenmauer
von Tuff', alles übrige von Backstein. Der dreistöckige Turm ist durch sehr stark
vortretende übereck gestellte Strebepfeiler gestützt und enthält im Erdgeschoß über
dem Doppelportal mit steinernem Mittelpfosten ein grosses dreiachsiges Portalfenster,
in den beiden oberen Stockwerken je zwei zweiachsige Blenden mit altem Haustein-
masswerk von reichen späten Formen, über dem abschliessenden Rundbogenfries eine
erneute Hausteingallerie mit i|i kleine Fialen auslaufenden Pfeilern. Die südlichen
Seitenschiffe zeigen aussen zweimal abgetreppte Streben und eine Horizontallisene.
Im S ist i865 an das südliche Seitenschiff* eine hohe zweistöckige Kapelle angebaut.
Das nördliche Seitenschiff" schliesst mit einem kleinen Chor ab und ist an der Nord-
westecke abgeschrägt.
Im Inneren ruhen die Gewölbe auf zwei freistehenden Pfeilerpaaren, deren inneres
Grundriss aus zwei durcheinandergeschobenen Rechtecken mit ausgerundeten Kanten
besteht, auf 75 cm hohen polygonalen Basen, aber ohne Kapitale. Die Diagonalrippen
ruhen in der Höhe der Scheitel der Arkadenbögen auf kleinen polygonalen Konsölchen.
Die Rippen der durch Gurte getrennten Kreuzgewölbe in den Seitenschiffen ruhen
mit polygonalen Platten auf kleinen Konsolen. Die Fenster der Seitenschiflfe sind
durchweg zweiachsig. In dem durch sieben zweiachsige, in der Mitte schon einmal
geschlossene Fenster erhellten Chor ruhen die Rippen mit skulptierten Blattkapitälen
auf Dreiviertelssäulen. Der eingebaute Turm wird von zwei mächtigen Pfeilern ge-
tragen, deren 3, 1 5 m breite Bogenöffhung nach dem Mittelschiff" viermal abgetreppt
ist, die Kanten noch besonders ausgerundet. Zur Seite zwei kleinere von Kreuz-
gewölben überspannte Joche.
Glocken. Die erste von i5i2: in honore beatissime anne matris marie Glocken
ET SANCTI VITI PATRONI NOSTRI CAMPANA NOBILISSIME ABATTISSE ELSA (?) RENY (?)
COMITISSE CONVENTUS ELTENSIS ME FECIT PER SEGEWINUM HATYSEREN (?) ANNO MV^
ET DUODECIMO.
Die zweite von i473: maria heit ig, den levendigen roep ig, den doden
BESCREV IC, HAGEL ENDE DONRE BREGK IC. MCCCCLXXIII. GERIT VAN WOU.
Von dem i679 gegründeten FRANZISK ANESSEN KLOSTER steht nur Kloster
noch die 1681 errichtete sieben Joch lange einschiffige Klosterkirche, ein Backsteinbau
mit grossen vermauerten spitzbogigen Fenstern. Die anstossenden Klostergebäude
dienen als Volksschule. Nachrichten in der Handschriftlichen Chronik von Goebels
(Hochelten, Pfarrarchiv) und bei Dederich, Annalen S. 4o5.
92
KREIS REES
PRAEST.
KathoL
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Hochalur
Chorgestühl
Piscina
Tau&tein
Lavabokcssel
Wandma lercien
Glocken
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (tit. s. Johannis bapt.). J. J. Sluyter
i. d. Rhein. -Westföl. Volkszeitung 1888, Nr. 10.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Lagerbuch, Ende des i7.Jh. von Pastor
Hermann Spaen geschrieben. Die Kirche trat an die Stelle der schon i332 (Ann.
h. V. N. LH, S. i46; zuerst erwähnt 11 20: Binterim u. Mooren, D. C. I, S. 86. —
Sloet, Oork. Nr. 335) genannten Pfarrkirche zu Sulen, das allmählich vom Rhein
hinweggespült wurde (vgl. darüber Niederrhein. Volksbote i863, Nr. 4, 5. — Nrh. G.
i879, S. i3). Im J. i45i wurde die Kirche nach dem landeinwärts gelegenen Alden-
sulen verlegt, endlich i5oi in Praest eine neue gebaut (Tibus, Gründungsgeschichte
S. 210). Im Lagerbuch die Notiz: Postquam ecclesia nostra propter Rhenum ex
Rosow in Aldenzuelen translata est, iterum propter Rhenum ex Aldenzuelen in
Praest sub r. d. pastore Henrico Roost translata est et i5oi dominica post octavam
assumptionis b. M. v. (29. August) consecrata.
Schlichter einschiffiger Bau, 23 m lang, 7,55 m breit, mit dreistöckigem West-
turm, die beiden oberen Stockwerke mit Vertikallisenen und Rundbogenfries, ähn-
lich wie die Pfarrkirche von Mehr, das obere mit zwei Doppelfenstern, das mittlere
mit einer zweiachsigen Blende, das untere mit dem Portal fenster, im Norden an-
stossend ein aus fünf Seiten des regelmässigen Achtecks konstruierter Treppenturm.
Das Material ist bis zur Höhe des ersten Geschosses am Turm und am Langhaus
Tuff, darüber Backstein. Im Inneren drei schmale Kreuzjoche und Stemgewölbe als
Abschluss. Einachsige Fenster, die Rippen ruhen auf 3o cm langen mit Konsolen
abschliessenden Dreiviertelssäulchen.
Barocker Hochaltar des i7. Jh. Als Mittelbild Gemälde der Taufe Christi,
im Aufsatz schlechte Verkündigung. Rechts und links zwei kleine 65 cm hohe Holz-
figuren eines h. Bischofs und der h. Katharina, mittelmässige^ Leistungen der Emme-
richer Schnitzschule.
Spätgothisches Chorgestühl, sieben Sitze auf jeder Seite, 2,4o m lang, von
i523. Auf dem einen hinteren Wangenstück das Wappen Christi, gehalten von Greif
und Affe, darunter: anno mcccccxxiii., auf dem anderen die Verkündigung Maria,
als Abschluss Simson den Löwen zerreissend. Das Pult sehr einfach mit figurierten
Zargenstücken.
Piscina hinter dem Altar in der Ostwand des Chores, auf zwei Säulen ruhender
steinerner Rundbogen.
Einfacher sechsseitiger kelchförmiger Taufstein des i5. Jh.
Kupferner Lavabokessel des 16. Jh.
Reste von Wandmalereien, die man vor 20 Jahren aufdeckte, wurden wieder
übertüncht (Zs. für christl. Archäol. und Kunst I, S. 39).
Glocken. Die grösste von i633 mit der Inschrift: anno millesimo sexcen-
TESIMO TRICESIMO TERTIO NOMEN EGO A CHRISTI ASSUMO PRAECONE JOHANNES. OFFI-
CIUM EST PLANGAM ET QUEMQUE VOCABO MEUM. DAGOBERTUS (so) EGIDII EXPENSIS
SIMON HELLINGH FECIT. HEINRICH WILHELM VON DER HOEVEN, HEER ZU POLWICH UND
LICHTENBERGH, DROST IN DIE HETTER ETC. ETC., RUTGERUS TUCKINGH RICHTER DA-
SELBSTEN. GOERT VAN ROSSOM, DERICK PERSICKMAN, PASTOR UND KERCKMEISTER AL-
HIER IN PRAEST.
92
REF.S
93
Die zweite von i694: erneuert im jähr i694 unterm hochwolg. Herren
CONRADO VON DE REECKE, GERICHTSHERREN IN PRAEST UND DORNICK. PASTORE
THEODOR BITTER XANTENSI, THEOD. ELBERS UND JOHAN SCHMITZ KIRCHMEISTREN, ZUM
DINST DER KIRCHEN ZU PRAEST.
Von dem HAUSE OFFENBERG, einst einem stattlichen Rittersitz, im i6. Jh.
erbaut, bestehen nur noch die Gräben. Das erhaltene Vorgebäude ist Tagelöhner-
wohnung. Zwei Ansichten vom J. i745 in Het verheerlykt Kleefschland pl. 29, i. 2;
Gnmdriss auf der Karte von Offenberg, Praest undDomick in der Bürgermeisterei Vrasselt.
Hftus
Offenberg
REES.
Erich Liesegang, Recht und Verfassung von Rees, Trier i89o (Ergänzungs- uttemtur
heft VI zur Wd. Zs.). — Abraham Säur, Stätte-Buch. — Teschenmacher, Ann.
p. i72. — Hopp p. 86. — Broverius van Nidek, Kabinet van Nederlandsche Out-
heden, Amsterdam i733, VI, p. 278. — v. Mülmann, Statistik I, S. 444. — Cort ver-
hael van de handelingen tot Rees anno MDCXXXV in Junio tusschen den paepe
Stalenum ende Egbert Grim, Pastor van de kercke Christi uyt Groot Britannien, Wesel
i635. — Reize längs den Neder-Rhyn tot Bon, Kampen i785, p. 5i. — Zur Chronik
der Stadt Rees: Niederrhein. Volksbote 1860, Nr. 32, 34, 36, 37. — J. J. Sluyter,
Über das Wappen der Stadt Rees: Nrh. i878, S. i5. — Ders., Name Ursprung und
Alter von Rees: Nrh. i878, S. 61; i879, S. 21. — Ders., Der Bär von Rees: Nrh.
i879, S. 6, 37. — Ders., Das älteste Siegel der Stadt Rees: Nrh. i878, S. 112, ii4;
Abb. bei Endrulat, Niederrh. Städtesiegel V, Nr. i9, 20. — Ders., Die todte Lander
von Esserden, Beitrag zur Geographie von Rees: Nrh. G, i879, S. 22. — Ders., Ein
Beschluss des Reeser Magistrats von i457: Nrh. G. 1880, S. 43. — Ders., Der Sankti-
Spiritus- Armenhof zu Rees: Nrh. G. 1881, S. i72. — Ders., Die Rynwickstrasse zu
Rees: Nrh. G. 1882, S. 73. — Ders., Der Geldersche Kaaj und der weisse Turm zu
Rees: Nrh. G. i883, S. i4. — Ders., Das verschwundene Rhenen bei Rees: Nrh. G.
i883, S. 25. — Ders,, Verzeichnis sämtlicher Bürgermeister seit i394: Nrh. G. i884,
S. i59. — Ders., Die Einnahme von Rees durch die Franzosen i652: Niederrhein. Volks-
bote i885, 12. Dez. — Schölten, Beiträge zur Geschichte der Stadt Rees: Nrh. G.
1881, S. 44. — L. Henrichs, Zur Geschichte der Stadt Rees (Stadtrechtsbestimmungen):
Nrh. G. i883, S. 4, 38, 47. — Sluyter, Das Edelgeschlecht von Rees: Nrh. G. i878,
S. i3o, i46, i58. — Ders., Henricus Gualterius Eskes von Rees: Nrh. G. i879, S. 78.
— Ders.. Die Familie de Ciaer: Nrh. G. 1882, S. 3. — Schölten, Anna le Ciaire:
Nrh. G. 1882, S. 102. — De S. Dentlino puero confessore Resae in Clivia: Acta Sanc-
torum i4. Juli III, p. 689. — Der h. Dentlinus zu Rees: Nrh. G. i883, S. 65. — Sein
Patrocinium: Nrh. G. i883, S. i75.
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv (inventarisiert von Dr. R. Schölten):
210 Urkunden von 11 42 an (die älteste gedruckt Ann. h. V. N. XI, S. 168). — Land-
tagsakten von i58o ab, defekt. — Flurkarten des Amtes Rees vom» J. i734. — Vgl.
Wd. Zs. I, S.393. — Berg. Zs. V, S. i89. — C. A. H. Burkhardt, Handbuch der
deutschen Archive I, S. 62. — Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Stadtrechte, iS.Jh.
(A. 248).
Ansichten und Pläne, i. Grosser Plan der Befestigungen bei Jo. Blaeu, Ansichten
Theatr. urb. Belgiae regiae, Köln i659, II, am Ende.
Handichriftl
Quellen
93
94
KREIS REES
Ansichten
Germanische
Funde
2. Grundriss der Festung bei Merian, Topographie der Niederlande p. 282.
3. Stich von A. Rademaker vom J. i632 bei Broverius van Nidek, Kabinet
van Nederlandsche outheden VI, p. 2 78, Nr. 288.
4. Grosses Gemälde der Einnahme von Rees durch Ludwig XIV. im Schlosse
zu Versailles (Vorzimmer zum Spiegelsaale), nebst der Reeserschanz, bez.: la prise
de rees. 18. Juni i672.
5. Stich der Belagerung von i672, von h Clerc.
6. Stich der Einnahme von Rees von Jeremias Wolff nach Zeichnung von Joh.
Aug. Connnus in Vorstellung einiger Conquestes Ludovici XIIII Königs in Frankreich
und Navarren, 28,7 x 26 cm.
7. Plan der Stadt mit kolorierter Ansicht vom J. i737 von / S, Bucher im
Besitz des Herrn Sylvester Festen zu Rees (Fig. 48).
8. Kolorierte Federzeichnung der Stadt, gez. von. C. T. Trott, i764, 72X49 cm,
im Rathause, bez. : LA ville rees etant occupe par les FRANgois dans la Situ-
ation DE l'anne i762, genau angegeben die Befestigungen der einzelnen Thore.
GERMANISCHE FUNDE. Bröring, Alte Gräber, ein Beitrag zur Ge-
schichte der Stadt Rees und Umgegend : Ann. h. V. N. XI, S. 1 4o. Auf dem Wanwicker
Y\%, 48. Rees. Ansicht der Stadt vom J. 1737 im Besiu des Herrn Sylvester Festen zu Rees.
K'nthol.
Pfarrkirche
Litteratur
Handschriftl.
Quellen
Felde, eine Viertelstunde von Rees, wurde seit i838 ein grosser, wie es scheint germani-
scher oder frühchristlicher Begräbnisplatz aufgedeckt, bestehend aus einer Reihe von Gru-
ben, teils frei geworfen, teils mit Mauerwerk geputzt oder mit Pfählen durchsetzt, mit
Knochenresten, Asche, Kohlen und Waffen (die letzteren verschwunden, eine genauere
Bestimmung also unmöglich). Auf dem Felde lag bis i59o eine Kapelle zum h. Georg.
Ehemalige KOLLEGIATKIRCHE, jetzige PFARRKIRCHE (tit. assumpt.
b. Mariae v.).
EsKES im Kerkelyk Leesblad ten dienste der catholyke Nederlanders II, Nr. XI,
Art. 4. — J. J. Sluyter, Die ehemalige Kollegiatkirche und die jetzige Pfarrkirche
zu Rees: Nrh. i878, S. i8i; i879, S. 25. — Ders., Irmingard, Gräfin von Aspel:
Nrh. G. 1880, S. 83, io5. — Ders., Stiftungsurkunde der Pfarrstelle: Nrh. G. i884,
S. 45. — Bröring i. d. Ann. h. V. N. XI, S. i54. — Irmgardis, eine Reliquie aus
deutscher Vorzeit: Niederrhein. Volksbote i85o, Nr. 3i, 34, 36, 39; i85i, Nr. 6, 11, 12.
— Die h. Irmgardis: Rhein. Kirchenblatt i85i, Nr. 3o.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden von ii9o ab (die älteste ge-
druckt Ann. h. V. N. XI, S. i69). — Verzeichnisse der Vikarieneinkünfte von i542 ab.
— Armenrechnungen von 1666 ab. — Taufregisler von i633 an, Trauregister von
1627. — Kirchliche Notizen über Rees und Umgegend, i842 angelegt von Stephan
van Haag, fortgeführt von J. J. Sluyter.
94
REES
95
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: S21 Urkunden von io4i — 1774. — Kopiar,
i5i Bl., von i5i2 (B. i85), bez. Registrum capittuli Reessensis, mit Index. — Memorien-
register, Pap. fol. (A. 237) von i529, mit Kalendar, Präsenzbuch und Heberegister, am
Schluss Kopiar. — Vier Memorienregister, i5.Jh. i37 Bl. 4« (A. 211), i5. Jh. i35 Bl.
4« (A. 212), iS.Jh.3iBl. fol. (A. 2i3), 16. Jh. 4» (A. 2i4). —Über die Akten Ilgen,
Rhein. Archiv S. 11 9. Über sieben Urbare Lamprecht, Verzeichnis rheinischer Ur-
barialien S. 29.
Als Stifterin und Erbauerin der Reeser Koliegiatkirche nennt die Tradition die
Gräfin Irmgardis von Aspel, die im J. loio (nach Teschenmacher, Ann. p. i72, vgl.
NoRRENBERG, Geschichte von Süchteln S. S) den Bau begann und ihn io4o abschloss.
Im Chor der alten Kirche befand sich unter dem Bild der h. Irmgardis die Inschrift:
ANNO MILLENO CHRISTI PARITER QUADRAGENO
CONDIDIT HOC TEMPLUM FOELIX YRMGARDIS AMENUM
OBTULIT IDQUE PIE QUOD PROTEGAT IPSA MARIE.
(Teschenmacher a. a. O. — Nrh. G. i878, S. 181. — Nach Lacomblet, U B. I,
S. to9, Anm. i dieselben Verse im Liber memoriarum zu Rees, wahrscheinlich gemeint
die Hs. A. 237 zu Düsseldorf, Staatsarchiv, wo die Verse sich von einer Hand des
i7. Jh. finden). Die Schenkungen werden schon von Erzbischof Anno II. von Köln
(io56 — io75) und seinen Nachfolgern bestätigt (Lacomblet, U B. I, Nr. 222, 242, 397).
Den alten Bau zerstörte der Brand vom J. I24S (Hopp p. 98).
Ein Neubau wurde wahrscheinlich sofort in Angriff genommen. Der Chor ge-
nügte im i5. Jh. dem Bedürfnis des Kapitels nicht mehr und wurde durch einen
grösseren gothischen Chor i4S8 ersetzt. Am Chor befand sich das Chronikon:
eXstrVCtVs ChorVs est MarIae reLIqVIsqVe patronIs,
ChrIsto LaVs et Eis parIter trIbVantVr honores (i458).
Ausserdem befand sich am Chor ,oben im Bogen dess Geweihs* die Inschrift
(Düsseldorf, Staatsarchiv, Hs. A. 94):
QUADRINGENTENO MILLENO CUM L ET OCTO
FIT NOVUS ISTE CHORUS, lUBILANDO RITE CANORUM (so),
LAUS HING FELICI SIT CREBRA DEI GENITRICI,
POSTEA CENTENO QUADRENO CALCE NOVATUR.
Die Holländer, die von 16 14 — 1672 Rees besetzt hielten, nahmen 1628 die
Kirche in Besitz, zerstörten die Altäre bis auf einen, übertrugen die Grabsteine in
die 1622 erbaute reformierte Kirche und machten aus dem Chor ein Zeughaus. Der
Lettner wurde abgebrochen, i6S7 das Tabernakel, das schönste im Klever Lande,
als Steinmaterial verkauft, i665 auch der Chorumgang und die Heiligengeistkapelle
niedergerissen. Erst i672 wurde die Kirche wieder den Katholiken übergeben.
Nachdem 181 1 vier Pfeiler zusammengestürzt waren, begann man 181 7 mit dem
Abbruch der ganzen Kirche und ersetzte sie durch einen im Schinkel sehen Geist ge-
haltenen Neubau, der 1828 eingeweiht wurde.
Die Kirche war neben dem Xantener Dom die bedeutendste Anlage des Klever
Landes. Sie hatte fünf Schiffe und war auf zwei Westtürme berechnet, von denen
nur der nördliche ausgeführt war (Düsseldorf, Staatsarchiv, Urk. 85 von i329). Der
später angefügte Chor, nur aus Hochchor und Umgang bestehend, überragte das
Mittelschiff um ein bedeutendes. Sie besass eine Krypta mit einem Altar des h. Jo-
hannes Ev., der noch i388, i442 und i462 genannt wird (Nrh. i879, S. 26).
Die alte kostbare Ausstattung ist in unverantwortlicher Weise verschleudert
worden. Der kupferne Leuchter auf dem Hochchor, mit zwölf Armen, ein jeder mit
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Zerstörung
Abbruch
Vfilrdtgaag
95
96
KREIS REES
Kathol.
Pfarrkirche
Neubau
Skulpturen
einer Apostelstatuette als Kerzenhalter, wurde als Metall verkauft (Nrh. i878, S. i89).
Die Kirche besass einen grossen Hochaltar, ,auf welchem das Leben und Leiden Christi
sehr künstlich ausgeschnitten zu sehen ist* (Schütte, Hs. im Besitz von Dr. Schölten,
§ 262, vgl. Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 9o), die Gruppen sind verkauft worden,
einzelne der Flügel im Pfarrhause (s. u.). Einen Grabstein des Arndt van Bucholt er-
wähnt Fahne, Dynasten von Bocholt, Cod. dipl. S. i5o. Das Epitaphium des i579
verstorbenen Henr. Uranius bei Hüpsch, Epigrammatographia I, S. 47.
Die im Inneren nicht
wirkungslose Kirche ist
dreischiffig , die Seiten-
schiffe sind flach gedeckt,
das Mittelschiff von einer
.Tonne überspannt, auf die
eine Kasettierung aufgemalt
ist. Fünf Säulenpaare mit
vergoldeten korinthischen
Kapitalen tragen die Decke.
Die drei gleich hohenSchiffe
haben jedes an der Ostseite
Apsiden, in der Mittelapsis
vier hohe Pilaster mit ko-
rinthischen Kapitalen. An
der Westfai^-ade zwei hohe,
mit rhombischen Hauben
eingedeckte Türme.
Madonnenbild (Figur
49), 1,10 m hoch, Holz,
neu polychromiert, Sitzbild
von grosser Feierlichkeit
und Würde auf reich ver-
ziertem gothischen Thron,
die Madonna mit Krone
und Scepter (beide erneut)
in d. Rechten, ganz flachem
Oberkörper, steif aufrecht
sitzend, auf ihrem linken
Knie das mit einem langen
Hemdchen bekleidete
ebenfalls gekrönte Kind.
Die Figur ist das älteste und bedeutendste der niederrheinischen Madonnenbilder
dieser Gattung, aus der Mitte des i4.Jh., am nächsten verwandt dem zu Kleve
(Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 97), ähnliche zu Ginderich (Kunstdenkmäler d. Kr.
Moers S. 21) und zu Weeze (Kunstdenkmäler d. Kr. Geldern S. 98). Das Bild wurde
bei den — schon i32 2 vorkommenden, die letzte i838 — feierlichen Prozessionen
mit den darin aufbewahrten Reliquien getragen. Niederrhein. Volksbote i85i, Nr. 12.
— J. J. Sluyter i. Nrh. i878, S. 93.
Hölzerne Gruppe des h. Georg zu Ross, den Drachen tötend, mit der knieen-
den Königstochter, interessantes fast lebensgrosses Werk der Kalkarer Schnitzschule
Fi^. 49. Rees. Madonnenbild in der kathol. Pfarrkirche.
96
^1
(auf dem Speicher, Aufstellung in der Kirche wünschenswert) um i53o, in alter Poly-
chrpmierung, von grossem Wurf.
Figur einer knieenden Heiligen, i,o6 m hoch, mit lang herabfliessenden Locken
und turbanartiger Haube, die Arme abgebrochen, vortreffliches Stück der Kalkarer
Schnitzschule um i53o.
Lebensgrosser Christus, Anfang des i6. Jh., im heiligen Grabe liegend, steif, in
alter Bemalung.
Ciborium, 64,5 cm hoch, aus vergoldetem Rotkupfer, vom J. .i396, dem Millinger
(s. o. S. 9o) verwandt. Der achtseitige stemenförmige Fuss ruht auf kleinen Löwen.
Die Felder graviert, vier mit den Evangelistensymbolen. Die übrigen omamental, auf
einem der Donator mit dem Kruzifix: domine Miserere mei. Jede der acht Seiten
des mit Eckpfeilerchen und Fialen versehenen Gehäuses zeigt unter einem gothischen
Bogen eine der acht Seligpreisungen, der Grund ausgestochen, die Figuren ganz flach,
gleichsam nur an den Rändern modelliert und graviert. Den Aufsatz bildet ein acht-
seitiger mit einem Kruzifix abschliessender Turm. Inschrift: ANjfO domini mcccxcvi
V. KAL. marcii (26. Februar) obiit Johannes de colonia canonicus reyssensis
ET EIUS BONIS PROCURATUM EST HOC VAS, CUIÜS ANIMA REQUIESCAT CUM OMNIBUS
lUSTIS IN SANCTA FACE. AMEN.
Monstranz (Abb. aus'm Weerth, Kd. Taf. IV; I, S. 12), 9i,S cm hoch, vom
Anfang des 1 6. Jh., das reichste und, sowohl durch die gelungenen Verhältnisse wie
die feine Durchführung bedeutendste Werk der klevischen Hofgoldschmiedekunst, der
Monstranz in S. Aldegundis zu Emmerich (s. o. S. 3i) verwandt. Auf dem a jour
durchbrochenen Fuss erhebt sich der sechsseitige reichverzierte Schaft ohne Knauf,
mit aufstrebenden Rippen versehen. Zur Seite des Glascylinders zwei Strebesysteme,
in eine Fülle von Fialen, zum Teil gewunden, auslaufend. Nach innen je ein Engel
mit dem Spruchband, nach aussen zwei grosse und drei kleine Heiligenfiguren. Den
unteren Abschluss dieser Seitenbauten bildet verschnittenes spätgothisches Laubwerk
mit dem Paradiesesapfel. Über dem Baldachin Christus mit dem Kreuz in den Armen,
im Aufsatz aus Kelchen herauswachsend sechs Engel mit den Leidenswerkzeugen.
Der Turmhelm schliesst mit einem Kreuz ab.
Kupferner romanischer Leuchter des i3.Jh., auf drei Füssen mit Löwenklauen,
von höchst einfachen, aber wirkungsvollen Formen.
Kupferner Leuchter des i4. Jh., 26,5 cm hoch.
Barocker getriebener Kelch mit der Inschrift: s. albericus Fischer professus
NEO-CELLAE FIERI FECIT ANNO l7l7.
Ciborium, 33 cm hoch, barock, getrieben.
Kapelle der 2. H. des i7.Jh., von rotem Sammet, auf den mit Goldkördeichen
ein Granatapfelmuster aufgenäht ist (derselbe Stoff in Wesel s. u.) mit Stäben in nieder-
rheinischer Stickerei um i54o — i57o, ein Geschenk derer von Loe und von Haes,
der violetten Kapelle Siberts von Riswick im Dom zu Xanten verwandt (Kunst-
denkmäler d. Kr. Moers S. i38, Taf VIII). Die Stickereien in Überfangstich in Lasur-
manier und Plattstich. Auf der Rückseite der Kasel der erste Tempelgang Maria,
die Verkündigung, Visitatio, Geburt Christi, Anbetung der Könige, das Pfingstfest,
zu Unterst die merkwürdige Darstellung der Vermählung Christi mit der knieenden
h. Brigitta. Der Zwischenraum zwischen den einzelnen Medaillons gefüllt durch ge-
schwungene Ranken. Auf der Vorderseite die Krönung Maria, ihre Himmelfahrt,
Maria und Maria Magdalena, S. Augustinus und S. Brigitta. Der Chormantel enthält
auf den Stäben je fünf grosse Medaillons, rechts die Verklärung Christi, Christus und
Kathol
Pfurrkirche
Ciborium
Monstnni
Leuchter
Kelch
Ciborium
Parnmente
97
98
KREIS REES
Kathol.
Pfarrkirche
Glocken
Evangel.
Kirche
Glocken
Pfarrhaus
Gemälde
die grosse Sünderin, Christus und die Samariterin, Darstellung Christi im Tempel,
Beschneidung. Links die Auferstehung, die Kreuztragung, Christus am Ölberg, der
Einzug in Jerusalem, Christus und Nikodemus, die Darstellungen getrennt durch sym-
metrische Arabesken. Die spätere Kappe (gleichzeitig mit dem Stoff) zeigt ein grosses
von zwei Engeln getragenes Mittelmedaillon mit der h. Brigitta, der die Madonna
erscheint. Die Dalmatiken mit den Brustbildern von Heiligen.
Kasel des i7.Jh. von rotem Sammet mit breiten Stäben in silberner und gol-
dener Bouillonstickerei auf rosa Seidengrund. Dazu ein Velum mit goldener Bouillon-
stickerei und guter Goldspitze.
Kasel von neuem Stoff mit Stäben der Mitte des i7. Jh., Stickereien in engstem
sorgfältigstem Plattstich, mit dem Faden modelliert, nach malerischen Kompositionen,
ohne den Charakter des Stoffes zu berücksichtigen, in den Farben vorzüglich erhalten.
Auf dem Kreuz : die Kreuzigung, Dornenkrönung, Kreuztragung, Geisselung, Christus am
Ölberge, auf dem Stab die Auferstehung, Christus und Maria Magdalena, die Jünger
von Emmaus, der imgläubige Thomas. Genau J. J. Sluyter i. Nrh. G. i879, S. 53.
Glocken. Die grösste i789 von Christian Voigt in Isselburg gegossen, mit
längerer Aufschrift
Die zweite von i64i mit der Aufschrift: door dat vier ben ik gevloeten,
PETER VAN TRIER ENDE JOHANN PHILIPPSEN HEBBEN MY GEGOETEN. IK ROEP DE
GEMEENDE TEZAMEN, GM TE PRIESEN EN TE LOEVEN GODES NAMEN. PETER COEST,
TYDLIKER BOERGERM BESTER, ANTONIUS MOMM ENDE JOHANN SELLER, TYDLIKE KERK-
MEESTERS, ANNO 161I.
Die dritte von i782, die vierte von i789.
Das Messglöckchen im Dachreiter i4o4 gegossen, i859 von Petit und Edel-
brock umgegossen.
EVANGELISCHE, ehemals REFORMIERTE KIRCHE, 1624 erbaut,
merkwürdiger fiachgedeckter Backsteinbau, mit vier Säulen in der Mittelachse, die spitz-
bogige Arkaden tragen, die Querbalken auf zierlichen Kragsteinen ruhend. Bossiertes
Portal mit den Marken und den Namen der Steinmetzen Hermen Bolte und Johan
Christian. Über dem Portal in Kartouche die Inschrift: jesus mat. 21. mein haus
IST EIN BETHAUS. PSALM 2 7. EINS BITTE ICH VOM HERREN, DAS HETTE ICH GERNE,
DAS ICH IM HAUSE DES HERN BLEIBEN MÖGE MEIN LEBENLANG ZU SEHWE DIE SCHONE
GOTTESDIENSTE DES HERREN UND SEINEN TEMPEL ZU BESUCHEN. Vgl. Nrh. G. I880,
S. 8i. — VON Recklinghausen, Ref. -Gesch. III, S. 211.
Glocken, aus der katholischen Pfarrkirche stammend (Nrh. i878, S. 186. —
Nrh. G. i879, S. 58). Die grössere von i483 mit der Inschrift: gherardus de wou
ME FECrr MCCCCLXXXIII. MARIA IS MIN NAEM.
Die kleinere mit der Inschrift: door dat vier ben ik gevloeten, peter van
TRIER HEEFT MY GEGOETEN l646.
PFARRHAUS, ehemals Ulffts Hof, Sitz des Geschlechtes von Ulfft, das hier
und auf Schloss Lakhausen bei Empel ansässig war, alter Edelhof in Backstein, be-
stehend aus Mittelbau und zwei Seitenflügeln, 16. Jh., mit abgetreppten und einfach
geschweiften Giebeln.
Im Pfarrhause: Flügel des ehemaligen Hochaltars, acht Tafeln, 92X37 cm
gross (auseinandergesägt), um 1S20 von einem stark unter fränkischem Einflüsse stehen-
den westfälischen Nachahmer des Dünwegge (Scheibler i. d. Zs. f. bild. Kunst XVIII,
S. 61). Auf den Vorderseiten die Legende der hh. Crispinus und Crispinianus in vier
Darstellungen, mit reichgegliederter sehr fein durchgeführter Landschaft. Der Maler
98
REES 99
wagt sich an schwierige koloristische Probleme: bei der Darstellung, wie der nackte Pfarrhaus
Leichnam des h. Crispinus auf einem Mühlsteine schwimmend angetrieben wird, spiegebi
sich die Leiche, die Brücke und alle Zuschauer im Wasser. Ein anderes Bild giebt
das kulturhistorisch bemerkenswerte Interieur einer Schuhmacherwerkstatt
Die Aussenseiten sind in einer Art Grisaillemalerei ausgeführt, nur das Fleisch
farbig. Vier grosse Einzelfiguren der Madonna, Christi und zweier Apostel mit vor-
züglicher, in grossen Motiven arrangierter Gewandung und bedeutenden Köpfen.
Im SPITAL die Mittelbilder zweier niederländischer Trip ty che n aus dem Spitai
Anfang des 1 6. Jh. Das erste aus der Antwerpener Schule, darstellend Christus am G«"»*^^ «
Kreuz, darüber Gottvater zwischen Engeln, um den Kruzifixus schwebend drei Engel
mit Kelchen, den Kreuzesfuss umklammernd Maria Magdalena, links Maria, rechts
Johannes, zur Linken die Kreuztragung, zur Rechten die Grablegung. Im Hinter-
grund Felslandschaft und Stadt.
Das zweite mit einer Taufe Christi, wertvolles Werk vom Anfang des i6. Jh.,
den Harlemer Gemälden verwandt, in der Ausführung der Landschaft Jan Joest nahe-
stehend (vgl. Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 59). Christus steht gebückt im Wasser,
links kniet Johannes, am Ufer ein Engel mit den Gewändern. Von rechts eine Gruppe
von sieben Pharisäern mit phantastischen Kopfbedeckungen, • in den Wolken Gott-
vater. Den Hintergrund bildet eine mit vollendeter Kunst durchgeführte offene Land-
schaft mit Bergen und Felsengruppen.
Die SAMMLUNG des Herrn Kaplans J. J. Sluyter enthält eine Reihe mittel- Sammlung
massiger Gemälde, darunter zwei gute Kniefiguren der hh. Barbara und Ursula, um
i5oo (übermalt) und vier niederrheinische Holztafeln, um iS3o, mit dem Abendmahl,
der Himmelfahrt, dem Pfingstfest und der Gefangennahme Christi.
NONNENKLOSTER vom dritten Orden des h. Franziskus. Niederrhein. Nonnen-
Volksbote i8Si, Nr. 42.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 87 Urkunden von
1436 — 1794. — Kopiar B i86, Pap. fol., i78 Bl.
Erbaut im J. i436, i459 die Kirche eingeweiht, dem h. Johannes Ev., der h. Ursula
und ihren Gefährtinnen geweiht. Die Kirche (in der Fallstrasse) von i8i7 — 1828 als
Pfarrkirche benutzt, 1828 nebst den Klostergebäuden zur kathol. Volksschule einge-
richtet. Erhalten die östliche Chorwand und der Dachreiter.
RATHAUS (Fig. 5o). Das alte Rathaus, das i4o6 zuerst genannt wird (Stadt- Rathaus
archiv, Urkunde 63), ward um die Mitte des iS. Jh. durch einen Neubau ersetzt; im
J. i45o wird ein Haus zwischen dem Kirchhof und altem Rathaus abgebrochen, um
dem Neubau Platz zu schaffen (Stadtarchiv, Urkunde I25. — R. Schölten, Papst
Eugen IV. u. d. Klevisphe Landesbistum S. 3o). Restauriert i869 und i872 von Cuno.
Der spätgothische dreistöckige imponierende Tuffbau ist die wirkungsvollste,
wenn auch nicht die symmetrischste Anlage neben den niederrheinischen Stadthäusern
zu Kaikar, Rheinberg, Wesel. Der hohe Unterbau zeigt nach der Marktseite keinerlei
Gliederung. Die Durchfahrt ist durch drei Stemgewölbe eingedeckt mit durcheinander
geschobenen Rippen, die ehemals auf skulptierten Köpfen ruhten. Die Freitreppe an
der Marktfa<^ade ist bei der Restauration des J. i872 gänzlich erneut worden. Der
Bau hat nach dem Markt sieben, nach dem Kirchhof fünf Achsen. Die Fenster haben
einfache Steinkreuze, die oberen Quadrate mit Vierpass, über der mittleren Thür ein
gedrückter Eselsrücken mit einer Kreuzblume, darunter das Reeser Wappen (erneut).
Um das Dach läuft ein vorgekragter Zinnenfries, die Zinnen mit Hausteinabdeckung,
7*
99
!00
KREIS REES
Rathmis die VorkragungcH mit in Haustein erneuten Nasen. An den Ecken auf Pendentifs
achtseitige Ecktürmchen. An der Ostseite erhebt sich ein stattlicher achtseitiger Glocken-
turm, gleichfalls mit einem vorgekragten nasenbesetzten Fries unter dem Dache. Der
Turm trug ehemals einen achtseitigen geschweiften Helm mit offener achtseitiger
V
Fig. 50. Rees. KAthnus.
Glocken
Laterne, bei der Restauration durch einen reichen Aufbau mit Nachahmung hollän-
discher Formen ersetzt.
Glocken. Die Stundenglocke an dem i67i von Hennan Jacobs zu Emmerich
gefertigten Uhrwerk trägt die Inschrift: verbum domini manet in eternum. An-
tonius DE BORCH TOT UTRECHT ME FECiT A. D. i56i. Die Viertelstundenglocke von
loo
1
i
REES
lOt
i56.) mit der Inschrift: A. D. mccccclxiii goet wellem hachman my toe clef.
ONSE HAEP STET IN DEN NAM DES HEREN: PSAL. LXVI.
Bildnis des grossen Kurfürsten in ganzer Figur, die Linke eingestemmt, in der
Rechten den Marschallstab. Ähnlich dem Porträt in Kleve (Kunstdenkmäler d. Kr.
Kleve S. ii7).
Holztafel mit den Brustbildern von sechs Klevischen Herzögen, nach älteren
gleichzeitigen Porträts, Wiederholung der gleichen Tafel in Kleve und Emmerich (s. o.
S. 55, Taf. H). '
Bildnis des Kurfürsten Friedrich I., in ganzer Figur, mit der Rechten auf das
Klever Schloss im Hintergrunde weisend, das dort mit Vorbau und drei Türmen sicht-
bar ist, bez. unten rechts: j. D. fecit i699.
Vier zinnerne Ratsherrenkrüge mit den Wappen von Rees.
Zwei grosse eichene mit Eisenbändem beschlagene Laden des i5. Jh., zwei-
händiges Richtschwert des i6. Jh.
Kupferner Siegelstempel (genau Sluyter i. Nrh. i878, S. 112, ii4) rund,
68 cm Durchmesser, mit dem h. Petrus, zur Seite eine kräftige Fiale, darüber ein
Rathaus
Gemälde
Krüge
Laden
Schwert
Siegel
Fig. 51. Rees. Reste der Stadtbefestigtingen.
Wimperg, Umschrift: sigillüm sivitatis (so) ressensis., i3.Jh. (auf dem hölzernen
Griff die (neuere) Zahl 1272.
STADTBEFESTIGUNGEN. Im J. 1228 gestattet der Kölner Erzbischof
Heinrich von Molenark, dass die Bürger von Rees ihre Stadt befestigen und verleiht
ihnen dieselben Privilegien wie denen von Neuss (Stadtarchiv, Urk. 2). Die Befestigung
wurde sofort auf der Rheinseite begonnen, I289 musste zur Sicherung gegen den
Strom noch eine besondere Rheinmauer aufgeführt werden (Urk. i3). In der i. H.
des i4. Jh. wurden die Werke verbessert und verstärkt, die Kölner Erzbischöfe ge-
währen hierzu i32 2 und i334 besondere Freiheiten (Urk. i9, 26). Schon i465 und
wieder i569 wurden die Befestigungen durch Rheindurchbruch beschädigt (Br. van
NiDEK, Kabinet van Nederlandsche Outheden VI, p. 278).
Erst von den Holländern, die von i6i4 an Rees besetzt hielten, wurde die
Stadt von 161 6 an in eine Festung nach dem niederländischen System verwandelt
(M. Merian, Topographia Westphaliae p. 58. — Em. van Meteren, Niederländische
Historien, Amheim i6i4, I, p. 1108). Über die Belagerung vom J. i672 vgl. Petrus
Valkenier, 't verwerd Europa I, p. 4i3.
Von den inneren Befestigungen sind noch die vier Thoranlagen erhalten.
Von dem früher dreiteiligen Dellthor an der Post steht nur noch ein Mauerrest.
Das Rheinthor ist ein einfacher zweistöckiger Backsteinbau vom J. 1600 mit ge-
Be.
festigungen
Thorc
101
I02
KREIS REES
festf u"n wundener tonnengewölbter Durchfahrt, über dem Portal die Wappen von Kleve und
Rees und die Inschrift:
OCCUPAT HISPANUS RESAM DUM LONGIUS AEQUO,
GERMANUS MILES ME QUATIT HISCE GLOBIS.
FORMA QUA PLACUI CUNCTIS AESTATE SEQUENTI
HAC ME RESSENSES RESTITUERE PATRES.
Das Krahnthor nach dem Rhein zu ist ein schlichter zweistöckiger Bau mit
verwitterten Wappen, ehemals mit zwei Kreuzgewölben in der Durchfahrt. Von dem
Fallthor nach Nordosten ist in der Fallstrasse nur eine grosse spitzbogige Blende
in der Mauer erhalten.
Rondci An der Südostecke der Stadt bildete ein gewaltiges 8 m hohes, vorgeschobenes
Bollwerk, das ,RondelS jetzt mit Linden bestanden, den Stützpunkt und zugleich
einen Eisbrecher, daneben ein zierliches sechsseitiges Wächtertürmchen mit vorge-
kragtem Backsteinfries und späterer Haube, dem ein gleiches an der Südwestseite der
Stadt entspricht. Diese Befestigung wurde schon i47o unter Herzog Johann von Kleve
begonnen (Stadtarchiv, Urk. i35).
Türme Von der ältesten Befestigung sind zwei Türme bemerkenswert, deren Technik
ganz mit der am Zollturm zu Rheinberg übereinstimmt (Kunstdenkmäler d. Kr. Moers
S. 58). Die am Südostende der Stadt gelegene Turmmühle zeigt im Unterbau
sechs Reihen von grossen bossenartigen Basaltblöcken, dazwischen eine Reihe Back-
steine mit kleinem Haustein-Sockelgesims. Der in der Mitte der Rheinseite (Fig. 5i)
der Fähre gegenüber gelegene Toelderstorn zeigt fünf Reihen Basalt, getrennt durch
je eine Reihe von Backsteinen. An seiner Westseite setzte ehemals mit Pendentifs
ein sechsseitiger Treppenturm auf. . In dem nach Westen angrenzenden, hier bis zur
ganzen Höhe von 6 m erhaltenen Teile der Stadtmauer drei grosse Entlastungsbögen.
Die Mauer zum Teil mehrmals eingerückt, der obere Rand wieder vorgekragt mit
kleinem Klötzchenfries. Unregelmässige Abstufungen und Streben.
Landwehren LANDWEHREN. Das Reeser Bruch (Reisserbroek), an der linken Seite des
Ostrheines gelegen, ursprünglich ein grosser Sumpf, durch Anlegung mehrerer be-
deutender Abzugsgräben entwässert, ist mit Ausnahme der der Stadt Rees zugewen-
deten westlichen Seite mit Landwehren von 6o — 8o Fuss Breite umgeben, bestehend
aus drei Gräben und zwei zwischenliegenden, teilweise mit Pappeln bepflanzten Wällen
(onse landweren: Urk. v. i4S7 : Nrh. G. i88o, S. 43). Auf Merkators Karte des Herzog-
tums Kleve findet sich ein ähnliches Grabenwerk auf der Reeser Seite des Bruches.
Vgl. im übrigen S. 57 und 66.
RINGENBERG.
Evangel.
Kirche
EVANGELISCHE KIRCHE. Die capella in Castro Ringenberg gehörte
ursprünglich zur Pfarrei Dingden (TiBUS, Gründungsgesch. S. 21 5), später war sie
Filiale von Hamminkeln (Binterim u. Mooren, E. K. II, S. 5). Vgl. v. Reckling-
hausen, Ref.-Gesch. III, S. 2o4.
Schlichter achteckiger Backsteinbau des i7. Jh. mit kleinen Fenstern. Sie er-
hält einen eigenartigen m^erischen Schmuck durch die grossen hölzernen Epita-
phien der Herren von Spaen, zum Teil von künstlerischer Komposition mit schönen
Trophäen.
102
RINGENBERG
io3
1. Epitaph von Alexander, Freiherm von Spaen und Ringenberg, Herrn zu
Moylandt, Till, Hamminkeln etc., Churfiirstlich Brandenburgischer Geheimer Estats-
und Kriegsrat, General-Feldmarschall, Clevisch- und Märkischer Regierungspräsident,
t 25. Okt. i692.
2. Epitaph von Frau Anna von Wilich o. J.
3. Epitaph von Johanna Reichsfreifrau von Spaen und Ringenberg, t 2. Nov. 1 7o5.
4. Epitaph von Alexander Bernhard Reichsfreiherrn von Spaen, Herrn zu Ringen-
berg, Kgl. Preuss. Generallieutenant von der Cavallerie und Drost der Aemter Goch,
Gennep und Asperden, geb. 24. Dez. i669, t ii- Dez. i745.
5. Grabstein des Generahnajors Alexander Zwederus a Spaen, t 3. Nov. i768.
6. u. 7. Zwei Epitaphien von ungenannten Mitgliedern der Familie von Spaen,
t den 4. Sept. i676 und 4. Aug. i67i.
Evanffel.
Kirche
Epitaphien
Flg. 52. Schloss Ringenberg.
SCHLOSS. Teschenmacher p. i8i. — Schölten im Anhang zu Gert van
DER Schuren S. 24o. — Tibus, Gründungsgeschichte S. 216, 1024. — Schloss und
Herrschaft Ringenberg und deren Besitzer: v. Ledebur, Archiv XII, S. 58. — Fahne,
Geschichte der Köln., Jülich! und Berg. Geschlechter II, S. 118.
Handschriftl. Qu. In der fürstlichen Rentkammer zu Koesfeld: 20 Ur-
kunden von i656 ab. — Bericht über das castrum Ringenberg vom J. 166 1, latein und
deutsch, mit eingerückten Urkunden von 1257 ab (Abschrift im Bürgermeistereiarchiv
zu Ringenberg).
Im Stadtarchiv zu Köln: Kurze Geschichte im Museum Alfterianum LXVIII,
Bl. i79.
Das castrum Ringenberg war in der i. H. des i3. Jh. von den Dynasten von
Dingden erbaut worden (Niesert, Münster. U B. II, S. 448. — Binterim u. Mooren,
D. C. I, S. i36. — V. Ledebur, Archiv X, S. 43; XI, S. 29o), die von I223— 1242 ab-
wechselnd unter dem Namen de Dingede und de Ringelenberg, seit 1242 nur mehr
Schloss
Erbauung
io3
lo4
KREIS REES
Schiois unter dem letzten Namen erscheinen (Tibus, Gründungsgeschichte S. I025). Im J. 1247
trug Sueder sein Schloss dem Erzbischof Konrad zu Lehen auf (Lacomblet, U B. II,
Nr. 322), 1257 verkaufte er es dem Bischof Otto II. von Münster (Wilmanns, UB. III,
Nr. 618).
BesUier Die Tochter Sueders III. von Ringenberg, Beatrix, ward 1257 mit Diedrich
Luf, Enkel des Grafen Dietrich VI. von Kleve, verlobt (Schölten S. i96. Unrichtig
Fig. 53.
Schloss Ringenberg am Ende des 17. Jh. nach einer Zeichnung im Besitz des Fürsten Otto Adalbert zu Salm-Horstmar.
Teschenmacher p. i8i). Dadurch kam slot ind lant van Ringhenberch an Kleve
(Gert VAN DER Schuren p. 53. — Chronica comitum: Seibertz, Quellen II, S. 212);
1 264 belehnte Bischof Gerhard von Münster den Dietrich Lof (Wilmanns, U B. Nr. 736),
i29o ward dies von Rudolf von Habsburg Dietrich VIII. bestätigt (Teschenmacher
a. a. O.). Der Streit über das Schloss zwischen Herzog Adolf von Kleve und Bischof
Arnold von Münster ward i437 durch Herzog Philipp von Burgund beigelegt (L. Drie-
SEN i. d. Westfäl. Zs. XV, S. i98). Im J. i396 war das Schloss an Bernhard von Wisch,
io4
SCHERMBECK
io5
i442 an Rütger von Hönnepel (Hansen, Westfalen und Rheinland im iS.Jh.: Pub- Schioss
likationen a. d. Kgl. Preuss. Staatsarchiv XXXIV, S. 434), i46o an Otto von Wylich,
vor i466 an Heinrich von Batenburg (Lacomblet, U B. IV, Nr, 332), i5i3 an Die-
drich von Wylack, i538 an Theodor von Hetterscheydt, i562 pfandweise an Wilhelm
Quad, Herrn zu Reckum (Museum Alfterianum LXVIII, Bl. i79), i57o an Johann von
Aldenbockum, i574 an Wilhelm Quad von Wickerad gekommen. Ende des i6.Jh. ward
es zum Sitz eines Drostenamtes eingerichtet. Im J. 1629 wurde das Schioss von den Zerstörung
Holländern unter Hauterive eingenommen und im Laufe des dreissigjährigen Krieges
völlig zerstört (Hopp S. 79). Kurfürst Friedrich Wilhelm übergab das ,ruinirte, demo-
lierte, auch ganz und gar zum Steinhauffen verfallene Haus* i648 dem Jakob von Spaen
als Mannlehen (F. H. W., Rückblick auf die Geschichte des Herzogtums Kleve S. 2i4),
dessen Nachfolger Alexander von Spaen das Schioss 1661 von Grund auf neuerbaute. Neubau
Der jetzige Besitzer ist Fürst Otto Adalbert zu Salm-Horstmar.
Das Schioss (Fig. 62) zeigt durchweg die Formen des i7. Jh. Es ist ein mit Beschreibung
grosser Regelmässigkeit auf dem alten erhöhten fast quadratischen Burgterrain errich-
teter Bauj bestehend aus einem Mitteltrakt und zwei Seitenflügeln, an den Ecken
flankiert von hohen dreistöckigen Rundtürmen mit flachen Zwiebelhauben. An den
anderen beiden Ecken des Quadrates entsprachen diesen viereckige Türme, ähnlich
wie in Schioss Bellinghoven, von denen nur die Umfassungsmauern noch erhalten
sind. Der ehemalige Haupteingang mit grossem Portal und Freitreppe von zehn
Stufen befand sich im Mitteltrakt, der jetzt unbewohnt liegt, über den Zugängen zu
den Seitenflügeln schmale niedrige Giebel, an dem einen das von Spaensche Wappen. ,
Auf den Schornsteinen dieses Flügels sehr schöne schmiedeeiserne Aufsätze für Wetter-
fahnen mit der Zahl 1661.
Eine kolorierte Federzeichnung im Besitz des regierenden Fürsten zu Salm-Horst-
mar (Fig. 53) vom Ende des i7.Jh. zeigt das Schioss noch mit sämtlichen Vorbauten.
SCHERMBECK.
RÖMISCHE UND GERMANISCHE RESTE. Die grosse am rechten RömUche u.
Ufer der Lippe hinführende Römerstrasse lief von Lippmannshof am Rhein über Reste
Kapellen nach der Steeger Burgwart und weiter südlich zwischen Schermbeck und
der Lippe vorüber nach Haltern zu (beste Karte bei v. Veith i. d. B. J. LXXXIV,
Taf. I. — Vgl. Schneider, Die römischen Militärstrassen an der Lippe: Neue Bei-
träge XI, S. 7).
Zwischen Drevenack und Schermbeck befindet sich hart am Ufer der Lippe die Steege» Burgwart
als , Steeger Burgwart* bezeichnete Wallbefestigung (Fig. 54). Sie besteht aus einer
gegen die Lippeniederung vorspringenden umwallten Landzunge, ursprünglich von der
Lippe umflossen, die durch einen Doppel wall und einen 35 Schritt entfernten Vor-
wall vom Festland abgeschnitten ist. Die ganze Befestigung ist 200 m lang \jgid 75 m
breit, ,von einer Cohorte zu verteidigen, bei einem Lagerraum für drei Cohorten'
(v. Veith i. d. B. J. LXXXIV, S. 8). Da der gegenüber liegende Uferrand gleichfalls
befestigt ist, so kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dass das Werk zur Deckung
der über die Lippe führenden Brücke angelegt ist (Hölzermann, Lokaluntersuchungen
über die Kriege der Römer und Franken S. 72, mit ungenauer Aufnahme Taf. X).
Vgl. auch Fiedler, Römische Denkmäler S. i72. — Schneider i. d. Korr. -Blatt des
ICD
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KREIS REES
Römische u
Germnnixche
Reste
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Fig. S4. Steeger Burgwart bei Schermbeclc.
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Gesamtvereins der deutschen Geschichtsvereine XV, S. 39. — Jul. Evelt, Beiträge
zur Geschichte der Stadt Dorsten und ihrer Nachbarschaft: Westfäl. Zs. XXIII, S. i. —
Th. Bergk, Zur Geschichte und Topographie der römischen Rheinlande S. 23, A. 2.
— J. AsBACH i. d. B. J. LXXXV, S. i4. — Kunstdenkmäler d. Kr. Moers S. 74.
Die Wallburg wird jetzt von der Venlo-Hamburger Bahn durchschnitten. Die
Anlage ist jener der Iburg bei Driburg, dem Brunberg bei Höxter, dem Lager bei
io6
SCHERMBECK
io7
ßorkeloh und den übrigen westfillischen Wallbefestigungen verwandt (Aufnahmen bei
Hölzermann a. a. O. und W. Fricke, Geschichtliche kritische Feldzüge durch das
nordöstliche Westfalen, Minden i889, S. 98 if.). Vor allem stimmt sie in Grundriss
und Profilen mit der Aseburg und der Burg bei Rüssel überein, die Schuchhardt
(Drei Römerkastelle an der Hase: Mitteilungen des historischen Vereins zu Osnabrück
i89i, S. 3iS) bestimmt als römisch anspricht. Auffallend ist allerdings noch die An-
lage der Vorburg und der Mangel eines fundamentierten Mauerringes (Wochenschrift
für klassische Philologie i892, 8. Juni). Bei Schermbeck selbst erhob sich am Fusse
des bösen Berges ein wahrscheinlich römischer Wart türm, in Gestalt eines quadra-
tischen Hügels mit abgestumpften Ecken (jetzt zerstört — Abb. bei Hölzermann
S. 89, Taf XX), ganz entsprechend der Anlage der Hügel bei Gartrop (Abb. i. d.
Kunstdenkmälem d. Kr. Ruhrort), der Hohenburg bei Nordherringen und dem Hügel
bei Gündewigs Hofe bei Lippborg (Schmidt i. d. Westföl. Zs. X, S. 284). Zwei ähn-
liche Hügel waren bis vor wenigen Jahren noch östlich von Krudenburg auf einer
ehemaligen Lippeinsel sichtbar, mit verfaulten Holzpfilhlen an der Südseite. Bei der
Römische u.
Germanische
Reste
Wartturm
Fig. 5SS. Schermbeck. Grundriss der evangel. P&rrkirche.
Grenxwehren
Abtragung des einen Hügels wurden 7 — 9 Urnen gefimden (Mitteilung des Herrn
Lehrers Gaecks in Krudenburg). Vgl. Schneider, Neue Beiträge V, S. 24; XI, S. 5.
Die äusserste und grösste der älteren Grenzwehren führt von Peddenberg bei
Drevenack bis Kleinchen bei Schermbeck, wo sie, noch vor dem Orte, in spitzem Winkel
nach Süden abbiegt und bei dem Hause Brüggemann über die Lippe setzt (Schnei-
der, Kr. Rees S. 32. — Über die Fortsetzung: Kunstdenkmäler d. Kr. Ruhrort unter
Galen und Hünxe. — Profile bei Hölzermann, Taf. VH, i u. 2).
EVANGELISCHE PFARRKIRCHE. Tibus, Gründungsgeschichte S. 11 33,
1285. -— Nrh. G. i883, S. i59. — v. Recklinghausen, Ref.-Gesch. IV, S. 200.
In dem i4i7 zuerst genannten Neu-Schermbeck (Lacomblet, UB. IV, Nr. io5)
bestand eine Kapelle als Filiale von Drevenack, die, nachdem dieses zur selbständigen
Pfarre geworden, gleichfalls zur Pfarrkirche tit. s. Georgii erhoben ward. Die Kirche
wurde im Anfang des i5. Jh. erbaut. Im benachbarten Alt-Schermbeck, jetzt zur Provinz
W^estfalen gehörig, schon 799 genannt, bestand eine der ältesten Kirchen des Landes,
die katholisch blieb, während Schermbeck um i58o den Lutheranern eingeräumt ward.
Zweischiffiger gothischer Baclcsteinbau (Fig. 55), im Lichten i8,7om lang, io,5om Beschreibung
breit, mit dreistöckigem Westturm in Backstein und Hausteineckverklammerung mit
Evangel.
Pfarrkirche
Geschichte
io7
io8
KREIS REES
p?^*JJ^* V vierseitigem Dach. Dieser zeigt im Erdgeschoss nach W das grosse Portal mit Portal-
fenster, nach N und S je zwei einachsige spitzbogige Blenden, in den oberen Ge-
schossen ist er durch einfache Blenden belebt.
Inneres
Hochaltar
Würdigung
I
I
Im Inneren ruht die Scheidemauer, die durch einfache spitzbogige Blenden
gegliedert ist, auf zwei Rundsäulen mit 85 cm Durchmesser ohne Basis mit einfach
profiliertem Kapital, auf denen schmale abgefasste Halbpfeiler ruhen, deren polygonale
Kämpfer die Rippen der Gewölbe tragen, die an der Nordseite auf einfachen poly-
gonalen Konsolen ruhen. Im südlichen Seitenschiff die Rippen an der Aus.senmauer
auf polygonalen Konsolen, an den Säulen auf dem Kapital. Nach S zwei neue Seiten-
portale. Im Chor die Rippen auf polygonalen Konsölchen, die Fenster ohne Mass-
werk. Die Turmhalle öffnet sich in einem Bogen von der Höhe des Mittelschiffes.
Hochaltar. Roher Rokokoaufbau mit stümperhaftem Bild der Kreuzigung.
Darunter ein grosses Triptychon auf Eichenholz mit Goldgrund, das Mittelfeld
2,i6 m breit, i,6o m hoch, mit der Jahreszahl i5o6, leider schwer beschädigt, die
Rückseiten völlig abgeblättert,
an den Innenseiten, zumal über
den Bretterfugen, die Farbe
völlig abgesprungen.
Auf der Haupttafel in der
Mitte die Kreuzigung. Christus,
das Haupt gesenkt am Kreuz
zwischen den grausam zu-
sammengekrümmten Schachern,
über dem zur Linken ein Engel,
über dem zur Rechten ein
Teufel. Links im Vordergrunde
eine Gruppe von drei Frauen,
in der Mitte Maria zusammen-
brechend und von Johannes
gestützt. Rechts eine ent-
sprechende Gruppe von zwei Pharisäern. Hinter dem Kreuz eine grosse Reitergruppe,
zum Teil in prachtvoller reicher Gewandung, von links sticht Longinus mit der Lanze
in die Seite Christi. Im Vordergrunde rechts als Seitengruppe: Grablegung und Sal-
bung des Leichnams Christi. Der Hintergund mit offener Landschaft und der Stadt
Jerusalem zeigt in kleineren Gruppen den Tod des Verräters, die Kreuztragung, die
Kreuzann agelung, die Kreuzabnahme.
Auf den Innenseiten der Flügel rechts die Gruppe der Auferstehung, im
Hintergrunde die Höllenfahrt, und das Pfingstfest in einer offenen Halle, im Hinter-
grunde Ausblick auf die Himmelfahrt. Auf einer Säule die Inschrift: i5o6. Links im
Vordergrunde Christus vor Pilatus, im Hintergrande die drei kleineren Scenen der
Gefangennahme, Geisselung und Domenkrönung. Auf den kleinen oberen Tafeln
S. Komelius und S. Hubertus. Auf den Rückseiten der Flügel rechts S. Georg den
Drachen tötend, links die Verkündigung Maria, auf den kleinen Tafeln S. Georg und
S. Antonius.
In etwas matten verhältnismässig hellen, aber fein zusammengestimmten Farben
gemalt. Die Köpfe zum Teil mit scharfem Realismus charakterisiert, vor allem die
breiten Gesichter ältlicher Personen mit unrasiertem Kinn, oft eine dicke gleichsam
geschwollene Nase (Fig. 56). Das Inkarnat bleich und ungesund. Tüchtige mit grossem
Fig. 86. Schermbeck. Köpfe aus dem Hochaltar von 1506.
108
SCHERMBECK
io9
Geschick komponierte Arbeit eines westfälischen Meisters aus der nächsten Nähe des
Heinrich Dünwegge, auch verwandt mit dem grossen Altarwerk aus Amelsbüren in der
Sammlung des Kunstvereins zu Münster (Nr. 8i — 83), der Tafel Nr. i37 in der Gallerie
zu Budapest und dem Tafelbild zu Maria in der Schnurgasse in Köln (Phot. Schmitz).
Dazu gute Holzpredella mit spätgothischen Schnitzereien.
Sandstein-Epitaph des Johann und der Katharina Areck vom J. i645, an
dfer Nordseite des Chores, wirkungsvolles und wohlerhaltenes Barockmonument. In
dem von zwei Marmorsäulen mit korinthischen Kapitalen eingefassten Mittelfeld
knieen einander gegenüber links Johannes Areck auf einem Kissen, in spanischem
Mantel und Kragen, rechts seine Gattin Katharina von Loe in Kragen und Haube,
beides schwerfällige und etwas unförmliche Figuren, darüber ein Halbrund mit einer
Darstellung der Auferstehung in Basrelief. Über dem Architrav ein Aufsatz mit einer
vortrefflichen Reliefdarstellung des jüngsten Gerichtes, gekrönt von einem durch-
brochenen Giebel, auf dessen Abdeckungen rechts und links je ein Putto ruht, in
der Mitte eine Figur der Charitas. Über den Säulen je eine allegorische weibliche
Figur. Die obere und die untere Darstellung von Wappen eingefasst, die unteren
mit den Unterschriften: recken, kemnade, schulenburg, wittenhorst, langen,
SCHUNGEL, HARDENBERG, DRACHENFELS, BÖTZELER, ALDENBUCKUM, SMULLING, HON-
SELER, BILANDT, DORFT, LANGERADT, HEKEREN, HORST, KEUNER.
Unter den Figuren die Inschrift: memoriae et honori joannis areck theo-
DORI ARECK, MARSCALCI MARCH. ET CONSIL. ILLUSTRISSIMI PRINCIP. JUL. CUV. ET
MUNT., SATRAPAE IN UNNA ET CAMEN, ET MECHTILD. AB OSSENBROCH FILII, VIRI UT
STEMMATIS SPLENDORE ITA VARIAR. RER. SCIENTIA NOBIUSSIMI, AULICI CAROLI FRED.
CUV. DUCIS, QUI ROMAE IN EIUS ULNIS EXPIRAVIT ANNO 75., DIGNISSIMI LEG ATI GUIL.
PRINC. CLIV. PATRIS AD ALB. FRED. BORUSSIAE DUCEM, SATRAPAE VESAL. DINSL. ET
SCHERMB., ILLUSTRISSIMO PRINC. JUL. ET MUNT. EIUSQUE H. F. JOANNS GUIL. A CON-
SimS INTIMIS, NOBILISSIMAE CATH. A LOE IN FONDERN MARITI, THEODORI ET GUIL.
ARECK FRATRUM PARENTIS, QUI PIE OBIIT XII. JAN. ANNO MDCVL, CUM VIXISSET
ANNOS LX, PRAEFUISSET CONSILIIS PRINC. XIX, IN CONIUGIO FLORUISSET XXIV. CATH.
A LOE IN FONDERN CUM SUPERSTITIBUS FILIIS P. C.
Inschrift Stein, 54x4ocm gross, an der Nordseite des Chores eingemauert
mit Chronikon in roten und schwarzen Kapitalen, in dem je zwei Zeilen zusammen-
gehören und jedesmal i7o4 ergeben.
IsTO gerVVInVs tVMVLo IaCet eCCe sVpInVs
serVat AT absqVe soLo seCVLa Laeta poLo
CLarVs IVre bonVs VIDV\e CVnCtIsqVe patronVs
pVpILLo Vt frater peCtore CoiDe (?) (corde) patkr
ILLe IVVentVtIs reCtor MonItorqVe saLVtI
CVsTos eCCLesIae fVLsIt VbIqVe pIe.
nVnC reqVIeM stratVs pLorat post fVnera n.\tVs
ABRAE (so) gerVVInVs possIDe atqVe sInVs.
C ♦ * B.
Weitere Inschriften in der v. Dorth sehen Inschriftensammlung auf der Fahnen-
burg, Bl. 357—365.
Holztafel vom J. i596 mit den zehn Geboten, zu unterst ein Putto mit Stunden-
uhr und Totenkopf. Links und rechts Wappen der Herren von Loe und von Reck.
Grabstein des am 12. Januar 1606 gestorbenen Johan von der Recke.
Glocken. Die grösste mit der In.schrift: johan petit et filius johan petit
ME fuderunt in hunx i744.
Evangel.
Pfarrkirche
EpiUph
laaehrift
Inschriftstein
Holztafel
Grabstein
Glocken
io9
HO
KREIS REES
JLrungel.
Pfarrkirche
Reformierte
Kirche
Schloss
Die zweite mit drei Inschriften: i. SOLI deo gloria. als mich ein puls und
SCHLAG VOM TON UND KLANG GEBRACHT, SO HAT EIN SCHICKSAL AUCH AUFS NEUE
MICH GEBRACHT. 2. K. M. I. H. EISCHER. GERHARD TITZHOF. EBERH. GOGGEN. AUGUST
V. BERGEN. P. KOSTEN. J. HALFMAN. J. G. CRAMER. J. W. BAROP. PASTORES AMBR.
BOLL (so). 3. GOTT ERHALTE DIESE KLOCKE, DAS SIE UNS ZUM HIMMEL LOCKE. GE-
GOSSEN DURCH VOIGT l766.
Frühere REFORMIERTE KIRCHE, jetzige SCHULE, kleiner achtseitiger
Barockbau von Backstein, auf dem Dach ein vierseitiges geschiefertes Türmchen.
SCHLOSS. Klevisches Heberegister: Ann. h.V. N. XXXI, S. i33. Das Schloss
wurde von Herzog Adolf IL von Kleve erbaut und i4i7 zuerst genannt (Lacomblet,
U B. IV, Nr. io5); im J. i42o erhielt der um die Burg entstandene Ort Weichbilds-
rechte. Es war wiederholt Klevische Residenz (Hansen, Rheinland und Westfalen im
i5.Jh. I, Nr. i47 von i445) und Sitz eines Richters, der dem Landdrostenamt Dins-
laken unterstand (Mülmann, Statistik S. 338). Von der alten Burg ist nur in der Nord-
ostecke ein niedriger Turm erhalten aus Haustein auf quadratischer Grundlage und
das ehemals mit einer Zugbrücke versehene Thorgebäude.
SCHLEDENHORST.
Kloster Ehemaliges CISTERCIENSERI NN EN KLOSTER. Teschenmacher, Ann.
p. 182. — Mooren, Kloster Schiedenhorst bei Rees: Ann. h. V. N. XIII, S. 29o. —
J. J. Sluyter i. Nrh. i878, S. i3o, iSi. — Ders. i. d. Rheinisch -Westfäl. Volkszeitung
1888, Nr. 3o. — Heimatskunde 1880, S. 98.
Handschriftl. Qu. Im Stiftsarchiv zu Xanten: Kurze Chronik bei Pels
I, fol, 358. — Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 4o Urk. von i24o — 1796. Über
die Akten Ilgen, Rhein. Archiv S. I23.
Getchichte Bernhard von Rees schenkt sein Gut bei Empel in der Schiedenhorst, auf dem
er eine Kirche gegründet, an das Kloster Gevelsberg, die Schenkung wird i24o be-
stätigt (Ann. h. V. N. XIII, S. 293, Urk. i). Von Gevelsberg aus wird hier ein Cister-
cienserinnenkloster gegründet. Abt Heinrich von Schaag stellte i459 die klösterliche
Zucht wieder her. Im J. i598 von den Spaniern geplündert und verwüstet (J. D.
V. Steinen, Westföl. Gesch., Lemgo i7i5, I, S. 533, 544. — Berg. Zs. XXIV, S. 23).
Die Kirche wurde nach der Aufhebung im J. 1802 abgebrochen, nur die Fundamente
Reste sind noch sichtbar. Von den Klostergebäuden steht nur noch die Priorswohnung.
VR ASS ELT.
Römische
FunHe
Kapelle
RÖMISCHE FUNDE. Eine Urne mit einer Konstantinsmünze gefunden
(Janssen i. d. B. J. IX, S.37. — Schneider i. d. Ann. h. V. N. VI, S. 88).
KAPELLE (tit. s. Antonii abb.).
Im J. 12 18 zuerst genannt (Düsseldorf, Staatsarchiv, Urk. Emmerich, S. Martin 5).
Im J, i37o als Tochterkirche von S. Aldegundis in Emmerich gestiftet und i37i ein-
geweiht (Bröring i. d. Ann. h. V. N. XI, S. i58. — Dederich, Annalen S. 322. —
110
WERTHERBRUCH — WESEL m
Wassenberg p. i57). Einschiffige Kapelle, der Ostteil aus dem i8.Jh., der West- K.pcii«
teil modern.
Holzfigur des h. Antonius, i. H. des i5. Jh., 60 cm hoch, schmalschulterig mit Skuipmr
feinen Gewandmotiven.
Zwei Kupferleuchter, 27,5 cm hoch, 16. Jh. Leuchter
WERTHERBRUCK
EVANGELISCHE PFARRKIRCHE. Fr. Reigers, Einige Vorbemer- Evangei.
kungen über die Herrschaft Werth: Westfäl. Zs. XLV, S. i. Filial von Haldem, mit ^^'"^»'*^**'
diesem vor i3i8 von Rees abgetrennt (Tibus, Alter der Kirchen in Emmerich S. 39).
Erbaut in der 2. H. des i5. Jh., als Pfarrkirche 1 547 erwähnt (Düsseldorf, Staatsarchiv,
B i85, Bl. II 7*), i58o von den Reformierten eingenommen, 1888 im Inneren renoviert.
Zweischiffiger Backsteinbau, 25,7o m lang, I2,i5m breit, mit dreistöckigem West- Bcickrcibung
türm, der im Untergeschoss ein vermauertes Westportal, im zweiten drei, im dritten
zwei Blenden zeigt Die Streben sind am Mittelschiff zweimal, am nördlichen Seiten-
schiff einmal abgetreppt. Im Inneren zwei einfache Pfeiler. Die Rippen ruhen im
Chor auf skulptierten Engelsfigürchen als Konsolen, in der nördlich anstossenden
Sakristei wie im Seitenschiff zur Seite der Gurte auf Blattkonsolen, im Hauptschiff -
mit Blattkonsolen auf langen Diensten. Die Nordfenster zum Teil vermauert, alle
Fenster des Masswerkes beraubt.
WESEL.
1. Allgemeine Darstellungen. P. Th. A. Gantesweiler, Chronik der Littewur
Stadt Wesel (vom J. i795), Wesel 1881. Dazu v. Sybels Histor. Zs. XLVIII, S. i48. Dtfi^duSSen
— [Bernhardus Crachtius], Oratio de coniuratione quorundam Catelinarum in
urbem Vesaliam, Wesel i64o. — Teschenm acher, Ann. p. i42. — Egbert Hopp
S. 45. — Hermann Ewichius, Vesalia, sive civitatis Vesaliensis descriptio, Wesel 1668.
Dazu Berg. Zs. I, S. i77. —^ M. Merian, Topographia Westphaliae p. 72. — Joh.
Nie. Sellius, Vesalia obsequens sive inauguratio Friderici Guilielmi, marchionis Bran-
denb., Wesel l669. — Ders., Panegyris sive Vesalia gratulans domino Friderico Guil-
elmo, Wesel 1686 fol. — Ausführliche Beschreibung der Stadt Wesel: WestßLl. Magazin
für Geographie, Historie und Statistik, ed. P. F. Weddigen, Bielefeld i786, 7. Heft,
S. i65. — SoüTERius, Dancksegginge van weghen de groote Victorie over de ver-
maerde Stadt Wesel o. J. — Reize längs den Neder-Rhyn tot Bon, Kampen i785,
p. 56. — V. MüLMANN, Statistik I, S. 457. — aus'm Weerth, Kd. II, S. 9. — Lotz,
Kunsttopographie I, S. 622.
2. Politische Geschichte. Waerachtighe Beschrijvinghe van het belegeren PoHtUche
ende innemen der Stadt Wesel, Utrecht 161 4. — Kort ende waerachtigh verhael van
de heerlycke ende onvoorsiene Viktorie, deur't veroveren van de stercke Stadt van
Wesel, s'Gravenhage 1629. — Eeenige consideratien op de inneminge van Wesel,
«^Gravenhage 1629. — A. Schmidt, Beschreibung der Affaire bey der Königl. Preuss.
Festung Wesel am 9. Nov. i794, Berlin i795. — Der frohe Tag. Ein Vorspiel zur
III
112
KREIS REES
Littcmtur
Innere
Geschieh te
Kirchen»
geschichte
Feier des Geburtsfestes unseres Königs, Wesel i798. — Prolog zur Feifer des Ge-
burtstags unseres Königs Friedrich Wilhelm III., Wesel 1 799. — Von dem spanischen
Feste zu Wesel: Weddigens Westphäl. Magazin zur Geographie, Historie und Sta-
tistik III, i787, S. 484. — B. W. Lambrecht, Leer-rede op den jaerlykschen Gedenk-
tag van de verlossing der stad Wesel mit de onderdrucking der Spänjarden, ujtge-
sproken den i9. Augustus i8o4, Wesel i8o4. — Ein spanisches Bussfest in Wesel:
Berg. Zs. XII, S. 87. — Friedrich Bird, Das spanische Blut, oder die Eroberung
von Wesel den i9. Aug. 1629, Wesel o. J. — R. Goecke, Napoleon I. in Wesel; Zs.
für preuss. Geschichte und Landeskunde XV, S. 9o. — Ders., Der Tod der elf Schill-
schen Offiziere in Wesel, ebenda XV, S. 95. — F. H. W., Rückblick auf die Geschichte
des Herzogtums Kleve überhaupt und der Stadt Wesel im Besonderen, Wesel i83o. —
J. N. Perwez, Defense des officiers de la troupe de Schill ou justification de Schill
et de ses adherens, Lüttich i8i4, Wesel i835. — Fr. Fiedler, Die Enthüllung des
Denkmales bei Wesel am 3i. März i83S. — Ders., Die Verurteilung und Hinrichtung
der elf preussischen Offiziere vom Schill sehen Corps, Wesel i835.
3. Innere Geschichte. Fiedler, Beiträge zur Geschichte Wesels. Inschriften.
Jahresbericht des Gymnasiums i848. — Die ältesten Privilegien der Stadt: Kreis-
Anzeiger von Wesel 16. Febr. i859. — Privilegien und Statutenbuch Wesels vom J. 1628:
WiGANDS Archiv für die Geschichte und Altertumskunde Westfalens IV, S. 4o5. —
V. Kamptz, Die Provinzial- und statutar. Rechte der Preuss. Monarchie III, S. 74. —
Riccius, Entwurf von .Stadtgesetzen S. i84. — Frensdorff, Dortmunder Statuten
und Urteile, Beil. XV. — L. v. Ledebur, Über die Weinschenken in Wesel : Anzeiger
für Kunde der deutschen Vorzeit N. F. i858 V, S. 342. — Drei Huldigungstage der
Stadt Wesel: Berg. Zs. II, S. I24. — Wolters, Das Stadtrecht von Wesel: Berg. Zs,
IV, S. 33. — Die villa Wiselensis u. d. curtis Wiselensis: Berg. Zs. V, S. i85. — Die
Statuten des Wullenampts zu Wesel aus dem J. i426: Berg. Zs. IX, S. 77. — Wald-
weistum: Lacomblet, Archiv III, S. 262. — Klevisches Heberegister: Ann. h. V. N.
XXXI, S. 128. — Reinhold, Verfassungsgeschichte Wesels im Mittelalter: Gierkes
Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte XXIII, Breslau 1888.
Dazu Litterar. Centralblatt 1888, Nr. 45. — W. Harless, Zur Geschichte der Stadt
Wesel, insbesondere ihrer Schöffengeschlechter: Berg. Zs. XXIV, S. 57. — Franz
Fiedler, Aus der Geschichte des Klevischen Landes vor und nach dem 25. März i6o9,
Wesel i859. — Zur Geschichte der Stadt: Berg. Zs. XXIV, S. 57. — Peter Minnewit
aus Wesel: Berg. Zs. IV, S. 2o9. — Die .Beguinenhäuser. Wesels: Berg. Zs. IV, S. 85.
4. Kirchengeschichte. Theodorus Strackius, Historia ecclesiastica et
reipublicae Vesaliensis, vorgedruckt d. Vindiciae catholicae pro catechismi Palatino-
Belgici perpetua et constanti orthodoxia, Arnheim i53i. — Reformatio d. episcopi
Hermanni archiep. Colon, pro ministris verbi Dei in ecclesia S. Willibrordi, Köln i544.
Gedruckt zu Marburg i545. — Jaspar a Jennep, Epitome, Wahrhaftige Beschreibung
der vornehmsten Händel, die in geist- und weltlichen Sachen vom J. i5oo — 1559
sich zugetragen haben, Köln i559. — Predicatie voor de wonderbare veroveringhe
der Stadt Wesel, Leeuwarden i63o. — Wern. Teschenmacher, Repetitio brevis catho-
licae et orthodoxae religionis, quae singulari Dei beneficio ante seculum a papatu re-
formata in Cliviae, Juliae, Montium ducatibus . . . tradita est, Wesel i63S. — Ders.,
Catholicae et orthodoxae in Cliviae, Juliae, Montium, Marchiae et Ravensbergiae pro-
vinciarum religionis integro seculo successionis auctarium, in quo Conradi Heresbachii
vita exhibetur, Wesel i635. — Gründlicher Bericht über das Kirchen- und Religions-
wesen in den Fürstentümern Gülich, Kleve u. Berg o. O. u. J. (i649). — Th. Strackius,
112
WESEL Il3
Historia anabaptistica Conrad! Heresbachii, Amsterdam i657. — Christ. Cochius, Littemtur
Christlicher Seegens -Wunsch an die Gemeine der Stadt Wesel bey meiner Valet-
Predigt, Colin a. d. Spree i687. — Hermann Hamelmann, Historia renati evangelii
per Westphaliam und Continuatio histor. eccles. oder Historia renati evangelii in aula
Vesaliensi, Dusseldorpiensi etc. i. d. Opera genealogico-historica Herm. Hamelmanni,
ed. E. Cas. Wasserbach, Lemgo 1 7 1 1 . — Abgenöhtigte Antwort eines zeitlichen
Minis terij in der Evangel. Ref. Gemeine zu Wesel auf des Ernst Christoph Hochmann
de Hochenau Defensional-Schrifft, zusamt einem historischen Bericht "vom Schaden
und Nutzen der Kirchen-Spaltungen oder Sekten, Wesel i7io. — Friedens -Warheit,
das ist christliche Gedanken über eine unter dem Namen des Reformirten Ministerii
zu Wesel anno i7io aussgegangene Schriflft. Von einem Liebhaber der Warheit und
des Friedens, Frankfurt i7ii. — Recepisse des beim christlichen Consistorio Refor-
mirter Gemeine alhie zu Wesel am 3i. Martii i7io eingereichten hochmännischen
Handschreibens, Wesel i7ii. — Ernst Salomon Cyprianus, Historia Evangelica,
Gotha i7o9. — Val. Ernst Loescher, Ausführliche Historia motuum zwischen den
Evangelisch-Lutherischen und Reformierten, Frankfurt und Leipzig ilzS — 24, 3 Bde.
— JoH. Tom. Brosius, Annales Juliae Montiumque comitum, marchioniun et ducum,
Köln i73i, 3 Bde. — Adriaan J. Gravesande, Tweehondert jarige gedachtnus van
het eerste synode der nederlandsche Kerken gehouden te Wesel d. 3. Nov. i568,
Middelburg i769.
J. G. Sardemann, Geschichte der Reformation der Stadt Wesel vom Anfang
der Kirchenverbesserung bis zu Ostern i54o, Wesel i84o. — Ders., Zur Geschichte
der Armenpflege in der evangelischen Kirche: Bonner Monatsschrift i849 (Weseler
Armenordnungen von i58i u. i6i4). — Ders., Das Diakonissenamt in der reformier-
ten Gemeinde zu Wesel von i575 — i6io: Fliedners Armen- und Krankenfreund i8S4.
— Ders., Johann Brantius, Rektor an der höheren Schule in Wesel iS84 — 1620: Zs.
des Berg. Geschichtsvereins IV, S. 1 1 5. — Ders., Geschichte der ersten Weseler Klasse,
oder der reformierten Gemeinden des ehemal. Herzogtums Kleve, besonders ihres pres-
byterialen Lebens gegen Ende des 16. Jh., Wesel i859. Dazu C. Krafft i. d. Theolog.
Arbeiten a. d. rheinisch -wissenschaftlichen Predigerverein III, S. i44. — Albrecht
Wolters, Reformationsgeschichte der Stadt Wesel bis zur Befestigung ihres Bekennt-
nisses durch die Weseler Synode, Bonn 1866. Dazu v. Sybels Historische Zs. XXIV,
S. 206; Zs. für preussische Geschichte und Landeskunde VI, S. 284. — Ders., Konrad
von Heresbach und der Klevische Hof seiner Zeit nach neueren Quellen, Elberfeld
i867. — Die Versuche der Ultra -Protestanten in Wesel, Wesel o. J. — C. Krafft,
Über die Quellen der Geschichte der evangelischen Bewegung am Niederrhein zur Zeit
der Reformation im 16. Jh.: Theolog. Arbeiten I, S. i. — Ders., Zur rheinischen Mar-
tyrologie: ebenda VIII, S. i3o. — Ders. Über Clarenbach: ebenda V, S. 1. — Ders.,
Geschichte der beiden Märtyrer der evangelischen Kirche Ad. Clarenbach und Peter
Fliesteden, Elberfeld 1886. — J. H. WiTiHOF, Conrad Heresbachs Leben: Wöchentliche
Duisburger Adresse- und Intelligenzzettel i744, Nr. 3o ff. — J. F. Janssen, De neder-
landsche hervormden in Kleefschland, voral te Wezel in de XVI. eeuw: Archief voor
Kerkel. geschied. V. deel. — H. Graisz, Bericht über die Wiedertäufer zu Wesel:
Berg. Zs. I, S. 385. — C. Krafft, Der Niederländer Heinrich Bomelius zu Maer und
Wesel als Historiker: Picks Ms. II, S. 224. — J. P. Berg, Ref.-Gesch., Hamm 1826,
S. 3. — Ed. Demmer, Geschichte der Reformation am Niederrhein, Aachen i885,
S. 2. — V. Recklinghausen, Ref.-Gesch. III, S. 85, 87, 94, io7, 200. — H. Heppe,
Geschichte der evangelischen Kirche von Kleve-Mark, Iserlohn i867, III, S. 12.
8
113
li4
KREIS REES
Handschriftl.
Quellen
Sudtarchiy
Littcwttir 5. Schulgeschichte. Placaet inhoudende verbot ende condemnatie van der
Schulgeschichte Universityt ende Schole van Wezele nu al nieuwe opgericht in den lande van Cleve,
ghegeven te Brussele den VII. in Maerte int jaer i544, Wesel i544. — Quirini
Rheinerii Alemarii, Ludi litterarii Ves. rectoris programma de schola Ves. publica,
Wesel i54S. Dazu J. G. Sardemann, Über einige im i6. Jh. in Wesel gedruckte
Schriften: Berg. Zs. II, S. 358. — Pierre Dubournais, Uecole des filles ou societe
charitable etc. etablie dans cette ville sous le nom de Jungfrauen -Verein, Wesel i836.
— JuL. Heidemann, Vorarbeiten zu einer Geschichte des höheren Schulwesens in
Wesel, i5i6 — iS43: Gymnasialprogramm Wesel i853. — Kleine, Geschichte des
Weseler Gymnasiums. Festschrift zur Einweihung des neuen Gymnasialgebäudes,
Wesel 1882. — Nachricht über das Schulmeisterseminarium zu Wesel: Weddigens
Westphäl. Magazin II, i786, Heft 8, S. 3i7. .
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv (dem Staatsarchiv zu Düsseldorf über-
geben): 2S00 Urk. von I24i — 1859. Über die Akten ausführlich Ilgen, Rhein. Archiv
S. i49. Die gesamten Archivalien sind in Kapseln eingeordnet. Repertorium vom
J. i79i vom Stadtsekretär Conrad Duden (enthält noch die aus dem Archiv der
evangelischen Gemeinde in Wesel abgegebenen Archivalien). — Stadtrechnungen
(Rep. II, i7 — 28) vom J. i342 ab, vollständig erhalten (es fehlen nur i444 u. i473).
— Ratsprotokolle (Rep. II, i — 11) von i47o — 1476, i484 — i5i4, 1820 — 1549, i553
bis i564, von i568 ab vollständig (Ratsprotokolle von i5i6 — 1601 in den v. Dorth-
schen Hsn. Düsseldorf, Staatsarchiv, A. 5o, Bd. 21 u. 22). — Libri missivarum (Rep. II,
12 — 16) von i496 — 1499, von i5i8 ab vollständig. — Magistratsedikte von i687 ab
vollständig (Rep. II, 3i). — Leprosenhausrechnungen von i4i8 ab (Rep. III, 18). —
Rechnimgen des h. Geist -Hospitals von i47i ab (Rep. III, 22). — Rechnungen des
S. Johannis-Gasthaus von i427 ab (Rep. III, 36).
An histor. Handschr.: i. Ältestes Bürgerbuch (caps. 38, 4), 57 Bl. Perg.
von i3o8 — 1383, mit Urk. von i322 ab, einigen Privilegien und Ratsbeschlüssen (vgl.
Reinhold S. 2), beginnend: Titulus libri discrecionis oppidi Weselensis. — 2. Bürger-
buch von i3o8 — 1678 (caps. 38, 5), 162 Bl. Perg., das ältere i35o ablösend, vorwiegend
Aufzeichnungen der ?. H. des i4.Jh. enthaltend, mit Rentenverzeichnis, Kopiar und
einzelnen histor. Nachrichten. — Catalogus consulum et questorum Vesaliensium de
a. I29i — i7o2, von J. Beitzer (caps. 38, 6). — Privilegienbuch des Hendrich ter
Smitten Amoldi vom J. i659 (caps. 249, 1 1). — Privilegien der Stadt und Urkunden-
auszüge von 1 539 — 1563, i24i — 1522, defekt, Pap. (caps. 249, 1 2). — Arnold von
Anrath, Über die Begebenheiten im Herzogtum Kleve von i586 — 1621, 4^ Pap.
(caps. 342, 16). Dasselbe in dem Sammelband v. Dorths, Düsseldorf, Staatsarchiv,
A- 5o, Bd. VII. — Privilegia et statuta Wesaliensium von 1277 — i48i, Hs. Pap.,
iS.Jh., 8^ 49 Bl. (A. 81)! — Statuten und Privilegienbuch, i5.Jh., 4^ i43 BL, voran-
gehend: Spiegel des raids (A. 8i*). — Privilegien von i277 — 1446, spätere Verordnun-
gen, i5. Jh., 46 Bl, beginnend: Wat vur und ha die Grauen imd Hertogen van Cleve
der Stadt Wesel verlehent unnd gegeuen (A. 80). — Sammelband von Anton von
DoRTH i64S, ,Privilegia imd vryheiden, welche die graven und hertzoghe van Cleve
der Stadt Wesell gegeben haben, wie auch noch unterschiedene ordinancien und be-
felchen mehr*, am Schluss von Bl. 297 an annalistische Aufzeichnungen (A. 79).
Unter den Akten: Caps. i9o, 1 — 3 Akta wegen der Stadt Landwehren 18. Jh.
— Caps. i69 Klöster und Stifter, Privilegien des Johanniterordens (i), der Domini-
kaner (4), Karthäuser (9), Augustiner (5, 6), Prämonstratenser (7). — Caps. 3oi, i
Akta über Haus Wylack und seine Demolition im J. i587. — Caps. 3i9 — 338 Akta
Historische
Hsjidschriften
Il4
WESEL
115
über Zünfte und Innungen. — Caps. i55 — 167 Landtagssachen iS86 — i79i. — Caps.
357 — 369 Akta über den siebenjährigen Krieg. — Caps. 35 1 — 353 Pläne und Abbil-
dungen, darunter zehn Karten der Feldmark vom J. i543.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Handschriftliche Sammlungen des Predigers
Anton v. Dorth zu Wesel um i65o (A. 5o, 22 4®-Bde.), äusserst wichtige Materialien-
sammlung. Inhaltsangabe bei Ilgen, Rhein. Archiv S. 162. Bd. VII enthält Auszüge
aus dem Diarium des Heinrich von Weseken über Klevische Begebnisse von i596
bis i632. Abdruck von Auszügen wünschenswert. — Privilegien der Stadt von 1277
bis i347, Hs. des i5. Jh. (A. i35). — Privüegien, Hs. des 16. Jh. (A. 247).
Im Stiftsarchiv zu Xanten: Akta auswärtiger Klöster 4—6, 16. Jh., mit Ab-
schrift von Urk. des i5. u. 16. Jh. — Kopiebuch der Privilegien der Stadt Wesel vom
J. i524, beginnend mit dem J. 1277 (fis. 97). — Notaljilia de civitate Wesaliensi ex
manuscriptis rev. d. Johannis Dusseldorflf praep. Xant. (Sammelband Pels I, B1. 445),
mit kurzer Chronik des 16. Jh., zumal über die Kirchen.
Im Stadtarchiv zu Emmerich: Verhandlungen und Recesse der Hansestädte
zu Wesel, Mai i554 (B. ad 2).
In der Herzogl. Bibl. zu Wolfenbüttel: Christliche Konfession der Stadt
Wesel (Cod. 8. 6. Ang. f.). Vgl. Westfäl. Zs. XIII, S. 292.
Im Stadtarchiv zu Köln: Privilegien von Wesel, halb vermodertes Heft des
16. Jh., 67 Bl. mit Index, bez.: Hier navolghen die Privilegien van Wesel. Geschrieben
per me Hermannum Heissmann Berckensem a. i529 (Farragines des Gelenius XVI,
Bl. 28). — Urk. von 1277—1469 m Original und Abschrift (Farragines VIII, Bl. 459).
Im Geh. K. K. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien: Sammelband 645
(Reichssachen i36), i7. Jh., fol., i52 BL, Bl. i38: Instruktion und Memorialis unnd
Punkten, warin die Statt Nieder Weesell wegen der op den Rhein unnd Lippen-
stroom . . . abgangk der commercien beschweert worden (Westßll. Zs. XLII, S. 1S6).
In der Kgl. Bibl. zu Berlin: Cod. Boruss. 4®, 201, Weselscher Stadt Privile-
gien, i5.Jh., Pap. 35 BL, Privilegien von 1277, am Schluss Magistratsbeschlüsse von
i35o und niederrheinisches Gedicht über die Richter und Regenten der Stadt. —
Cod. Boruss. oct. H. EwiCHii 1. Enchiridium collectaneorum de statu patriae Cliviae
nostrae sub Romanis, mit einer Reihe von Inschriften.
Im Besitz des Herrn Pflaum auf der Fahnenburg b^i Düsseldorf: Inschriften-
sammlung Antons v. Dorth, Pap., 4^, mit vollständigen Abschriften aller in Wesel
befindlichen Inschriften und Epitaphien, wichtig für die Stadt- und Kulturgeschichte.
Veröffentlichung wünschenswert.
In der BibL des Berg. Geschichtsvereins zu Elberfeld: Auszüge aus den
Weseler Ratsprotokollen, Bouterweks Collectanea minora, Bd. VI. — Eine (ver-
lorene) Beschreibung der Stadt Wesel von Arnold van Lehnhof, bis 1680 im Besitz
von Johann Mauritz zu Vliessingen, erwähnen Adrian J. Gravesande, Tweehondert-
jarige gedachtnus p. 98 und J. P. Berg, Ref. -Gesch. S. XXXI.
Ansichten und Pläne:
i. Stich bei Braun u. Hogenberg, Beschreibung und Contrafaktur der vor-
nembster Stät der Welt, Köln iSU, I, pL 23, 46,7 x 11,8 cm, S. Willibrordikirche noch
mit hohem Turm.
2. Ansicht aus der Vogelperspektive ebenda IV, pl. i9, 47,6x34,5 cm, rechts
unten in Kartouche bez.: hermannus hammelman. wesalia in ducatu clivensi,
XJRBS CLARA OPIBUS, DIGNITATE, AEDIFICIIS ET MERCATURA, QUAM NAVIGIO IN FLU-
mine rheno exercet (Abb. Fig. 68).
Littenitur
DOsseldorf
Xanten
Emmerich
Wolfenbüttel
Köln .
Wien
Berlin
Fahnenburg
Elberfeld
Ansichten und
Pläne
Il5
Il6 KREIS REES
Ansichicn und 3. Plan von A. Merkator, bez.: eygentliche Beschreibung und Gelegenheit
Pläne
DER STATT WESELL MIT IHREN VORSTETTEN, ALLES IN PLATTER FORMEN GESTALT
DURCH ARNOLD MERKATOR, ANNO l582 D. I. JULI.
4. Abbildung des Steenweghs mit dem Hause Wylack vom J. i587, kolorierte
Zeichnung, 64x46 cm (abgebildet Gantesweiler, Taf. zu S. 32, Original im Nieder-
rhein. Museum).
5. Plan der Stadt Wesel vom Ingenieurkapitän Abraham van Nieveit i6ii (Stadt-
archiv, Caps. 35 1, 2).
6. Abbildung von Wesel mit dem Staatischen Lager bei W. Baudart van
Deynse, De Nassausche Oorlogen, Amsterdam 161 5, Nr. 223.
7. Abbildung bei P. Berti us, Rer. German. libri III, Amsterdam i632, p. 7 00,
i9,5xi4cm, Ansicht vom Rhein.
8. Ansicht von W, Hollar bei M. Merian, Topographia Westphaliae p. 7i,
3 1,7X1 1,5 cm, Ansicht vom Rhein, am linken Ufer der Zeichner, bez.: vesalia.
WESEL, w. HOLLAR DELiN. (Ann. h. V. N. XXXIII, S. i73. — G. Parthey, Wenzel
Hollar, Berlin i8S3, S. 188, Nr. 9oo. — Vgl. auch J. B. Engelmann, Der erneuerte
Merian, 1826, S. 34i).
9. Ansicht von Wesel mit Windmühle rechts, 54 x 93 cm, Unterschrift: zu wesel,
Nr. 20 der Folge ,Amoenissimae effigies i635* von W. Hollar {knn. h. V. N. XXXIII,
S. i74. — Fehlt bei Parthey).
10. Plan der Befestigung von Wesel, bez.: vesalia, nieder wesel, mit zwei
Wappen, 3i,7 x i9,5 cm, bei Merian p. 7i.
11. Stich von Fr. Hogenberg, bez.: kaart v. wesel, belegerd door spinola
(Muller, Beredeneerde Beschrijving van Nederlandsche historieplaten I, p. 57, Nr. 432).
12. Plan der Befestigungen, 3 1,6X23,5 cm, ohne eingezeichnete Häuser (Fig. 69),
bez.: VESALIA, w. hond. fec. Rechts der Rhein mit dem ältesten Kastell (überein-
stimmend mit Plan Nr. 10).
i3. Grosser Plan, 33X25 cm, von H. Hondius, mit holländischer und franzö-
sischer Beschreibung.
i4. Plan der Stadt, 52,3 x 41,2 cm, mit Einzeichnung der Gebäude aus der
Vogelperspektive, bez. rechts oben in Kartouche: vesalia vulgo wesel, rechts unten
F. de wit excudit amstelodami, rechts: lips fort.
i5. Karte der Umgebung von Wesel vom J. 1620 von N, Geilkerck, 27 x 76 cm,
bez.: eygentl. afbeeld v. h. legher v. e. h. m. heeren staten (Muller I, Nr. i424).
16. Dieselbe kleiner, 22x27 cm, von C.J, Visscher, mit der Unterschrift: wäre
afbeeld. V. H. GEHEELE leger D. E. H. HEEREN STATEN (MULLER I, Nr. l425).
i7. Derselbe Plan, 22 x 28 cm, von C.J. Visscher, bez.: afbeeld v. d. stercke
STADT wesel (Muller I, Nr. 1426).
18. Vierteiliger Plan vom J. 1620, 27x35 cm, von P.v.d.Keere, bez.: beschrij-
VINGE DER 3 LEGERS (MULLER I, Nr. l42 7).
i9. Abbildung der Einnahme durch Spinola, 3ox4i cm, Stadtplan mit franzö-
sischer Auslegung A — O (Muller, Suppl. i29i E).
20. Plan der Festung, 18 x 1 2,8 cm, mit dem Rhein und Burich, links Feldlager, bez. :
ABRISS des STADISCHEN FELDT LAGERS VNTER PRINTZ MORITZEN VON ORANIEN (l64o).
21. Grundriss, 27x22 cm, mit breiter Beschreibung am Rande, bez.: eigent-
liche ABBILDUNG UND GRÜNDTLICHE VERZEICHNUS DESS LAGERS DER HERRN STADEN
UNTER DEM COMMANDO . . . DESS HERR MAÜRITII.
116
WESEI. Il7
22. Grundriss mit Umgebung 39,6X27,6 cm, links Abbildung der Einnahme Ansichten und
durch van Dieden, rechts Kartouche mit: de wyt vermaerde Stadt wesel door
VERRASSCHINGE DES NACHTS ALDUS VEROVERT . . . D. l9. AUG. 1029, geStOchen VOn
67. / Visscher (F. Muller I, p. 222, Nr. i64o).
23. Nachstich, 36,S x 2? cm, mit einfacherer Kartouche aus Kommelyn, Fre-
derick Hendrick van Nassauw, i65i.
24. Nachstich, 34,3x2 7,2 cm, im Gegensinne, wohl von D. Stoop, aus Komme-
lyn, Ausgabe von i652.
25. Grundriss mit Umgebung, 25,8 x 23,5 cm, am Ufer die ,Grose Schantz', ,Lips
Fort* und ,Burick* oben rechts Kartouche, verkleinerter Nachstich nach CLJ. Visscher.
26. Profil der Stadt, 1 1 x 42 cm, bez. : wesel gewonnen i 9. aug. 1629 (Muller I,
Nr. i646).
2 7. Plan der Stadt, 23,2 xiS cm, oben rechts Kartouche, lange holländische und
französische Unterschrift: kort verhael van de veroveringe der stadt wesel
DP den i9. AUG. 1629 . . . Amsterdam, bei Cl. J. Visscher 1629.
28. Grundriss bei Lieuwe van Aitzema, Historien onses tyds beheizende saken
van Staat en oorlogh, Amsterdam i685, I, p. 25o.
29. Grosser Plan der Befestigungen bei Jo. Blaeu, Theatr. urb. Belgiae reg.,
Köln i6S9, II, am Ende.
30. Ansicht der Stadt, i4,4x7,2cm, von der Rheinseite, dicht gedrängt, vom
J. i699, in Meissners Thesaurus.
3i. Grosser Plan der erweiterten Befestigungen, 60,2 x46,S cm, bez. rechts oben:
PLAN VERITABLE DE LA VILLE ET CITADELLE DE WESEL l727, Amsterdam, chez
Covens et Mortier.
32. Plan von Wesel nach i738, wobey eine Specifikation gefüget ist, was annoch
bei der Fortification nach dem allergnädigst approbirten Projekt übrig bleibet (Archiv
der Kgl. Fortifikation Nr. 7).
ZZ. Handzeichnung: Plan der Citadelle van Wezel, zoo als de zelve gebleven
is by het sligten der stads werken in de jaare i756, von / H. Camp, 47X28 cm
(Niederrhein. Museum).
34. Handzeichnung: S7x4o cm, Plan de la ville, citadelle et environs de Wesell,
18. Jh. (Niederrhein. Museum).
RÖMISCHE FUNDE. Nach Ewichius war Wesel ein Dorf der Menapier, Römische
am Caösischen Walde gelegen imd Lupia genannt. Wesel war aber wahrscheinlich
weder unter den Römern noch unter den Germanen ein bedeutender Ort, auch nicht
mit Lippermund identisch (Bird, Bedeutsamkeit des Niederrhein, S. 28), denn seine
Lage an zwei Flüssen erhielt Wesel erst durch den zwischen i53o und i59o ver-
änderten Rheinlauf. Lippermund lag wahrscheinlich an der Stelle von Fliu-en (Funde
dort: Bird S. 3i. — B. J. III, S. i5. — Korr.-Blatt des Gesamtvereins XV, S. 39,
s. o. S. i7). Reste des alten Rheinlaufes sind noch das Bellinghovener, das Hagener,
das Sonsfelder, das Bartels und das Aspeler Meer; weiterhin das Empeler und das
Millinger Meer.
Östlich von der Stadt zeigt der Müssenberg eine 1860 entdeckte, gut erhaltene Befestigungen
kreisförmige Erd verschanzung (Wesels Vergangenheit und Zukunft S. 2). An der
Römerstrasse in der Nähe der Offenberger Mühle wurden i887 beim Aufwerfen einer
Grube angeblich die Grundmauern eines römischen Lagers entdeckt, das ein grosses
Viereck mit vier Türmen bildete. Riesenhafte Skelette und alle Arten von Waffen
wurden gefunden, Münzen, Haushaltungsgegenstände und Küchengeräte (Korr.-Blatt
Ii7
ii8
KREIS REES
Römische
Funde
Strassen
Landwehren
Dominikaner
kirche
HandschriftL
Quellen
Geschichte
des Gesamtvereins XXXV. S. 68. — Frankfurter Journal i887, Nr. i8i. — Korr.-Blatl
der Wd. Zs. VI, S. i53). Der Verbleib der Fundstücke ist nicht nachweisbar.
östlich von Wesel bei den Aaperhöfen überschreitet die von Köln kommende
Römerstrasse die Lippe und führt nordwärts nach Brünen (Schneider, Kr. Rees
S. 38, 48), Sie ist über Bocholt hinaus genau festgestellt durch die Untersuchungen
des Klosterkammerpräsidenten Herwig in Hannover (s. o. S. 1 1 . — Wochenschrift für
klass. Philologie i892, 8. Juni). An der Lippe ist sie noch sichtbar mit den drei paral-
lelen Wällen, dessen mittelster 8 — lo Fuss hoch und 12 — 14 Fuss breit ist. Zwischen
Obrighoven und Schwan trennt sich die grosse Römerstrasse nach Holland ab und führt
über Kapellen und Schoikamp nach Haldem und weiter nach Elten (s. o. S. 63, 66).
Die grosse am rechten Ufer der Lippe hinlaufende Römerstrasse führt von Castra vetera
über Lippmanshof, Kapellen nach der Steeger Burgwart (s. o. S. 106). Beste Karte von
V. Veith, B.J. LXXXIV, Taf. L Ausführlich Fr. Fiedler, Geschichte und Altertümer
des unteren Germaniens, Essen 1824, S. i64: Die römischen Linien an der Lippe.
Die Landwehren, die bis zum J. i855 in grosser Anzahl, jetzt nur noch in spär-
lichen Resten, Wesel umgeben, scheinen mittelalterlichen Ursprungs zu sein und sind
keinesfalls römisch (so Fahne i. d. Berg. Zs. IV, S. 16, wo genaue Beschreibung). Sie
werden zum ersten Male in dem 43. Privileg der Stadt vom J. i42i genannt und als
Gebietsgrenzen bezeichnet, als ,binnenste Landwehren' (Reinhold, Verfassungsgesch.
Wesels S. 11, A. 6), um in den Aufnahmen von iS93, i64o, i687, i735 regelmässig
als Grenzscheiden aufgezählt zu werden (Wesel, Stadtarchiv: Stadt Wesell Erben Buch
von denen umb Wesell gelegenen Ländereyen binnen der Landwehr i735. — Regle-
menten wegen des Brüchten -Wesens .... in der Stadt Wesel i687), i576 als ,alde
Grafft' (Fahne, Geschlecht Mumm IH, S. 329).
Ehemalige DOMINIKANERKIRCHE, jetzige KATHOL. PFARR-
KIRCHE (tit assumpt. s. Mariae v.). Westphäl. Magazin II, i788, 7, S. i7i. —
Gantesweiler S. 67. — Fiedler, Inschriften S. 3, 18.
Handschrift 1. Qu. Im Pfarrarchiv: Annales conventus Wesaliensis ord.
praed., geschrieben i72o von Prior Antonius Stoverman, von p. 61 ab von P. Chri-
stophorus Schwers, fol., 94 S., wertvolle und eingehende bis i72i geführte Chronik,
im i7.Jh. erweitert zu einer vortrefflichen sehr ausführlichen Kirchengeschichte, die
die politischen wie kirchlichen Verhältnisse Wesels und des Klever Landes eingehend
würdigt, von vier verschiedenen Händen bis 1801 weitergeführt — Im Stiftsarchiv
zu Xanten: Kurze Chronik des Klosters, Pels, Sammelbd. I, Bl. 35 1. — Im Staats-
archiv zu Düsseldorf: 20 Urk. von i436 — i7i3. — Kopiar B 2o3, vom J. i6i4,
mit Nachrichten über die Stiftung i354. Vgl. Ilgen, Rhein. Archiv S. I29.
Im J. I29i gestattete Graf Theoderich VIIL von Kleve die Niederlassung
(Chronik, Urkunde in Abschrift eingerückt), 1295 ward mit dem Bau der Kirche be-
gonnen imd diese I296 eingeweiht. Durch den Brand von i354 wurde das Kloster
zerstört, aber sofort wieder aufgebaut. Die Chronik berichtet: A. i354 VII. Augusti
civitas Wesaliensis media ex parte cum templo nostro et monasterio igne vastissimo
absumpta est, verum illustrissimi comitis de Marca Theoderici liberalissima donatione
et ope largissimisque impensis Ludovici de Foro, episcopi Fogiensis, et Theodorici de
Wischel, episcopi Naturensis, qui ambo ex hoc monasterio prodierant, de novo et in-
tegro aedificatur ac in pristinam formam redigitur. (Vgl. auch Chronica comitum:
Seibertz, Quellen II, S. 243.) Der neue Turm wurde im J. i773 errichtet. Das neue
Klostergebäude war i73i erbaut worden, nachdem i73o die nördliche Seitenmauer
eingestürzt war.
118
WESEL
Il9
Kanzel
Chorstühle
Pieta
Porträt
Grabsteine
Die Kirche ist ein überaus langgestreckter einschiffiger Backsteinbau, 5o,2o mDomUikaner.
lang, i2,4o m breit, der Chor i9,23 m lang. Das aus sechs Kreuzjochen bestehende Beschreibung
Langhaus zeigt völlig nach innen gezogene links 2 m, rechts 2,4o m tiefe Streben, die
mit rundbogigen Durchgängen versehen sind. Auf der Nordseite sind in die so ent-
stehenden tiefen Zwischenräume Emporen eingebaut. Nach Süden einachsige Fenster,
nach Westen über dem mit horizontalem Sturz geschlossenen Portal ein zweiachsiges
Portalfenster. Im Chorhaus ruhen die scharfprofilierten Rippen auf sehr einfachen
Konsolen, im Chorabschluss auf einfachen Diensten, an den Chorhaus und Chorab-
schluss trennenden Stellen auf drei Diensten mit einfachen polygonalen Kapitälchen.
Kanzel, sechsseitiges Rokokogehäuse des 18. Jh., mächtiger Baldachin mit ge-
schwungenen Balken, gekrönt von einem posaunenblasenden Engel.
Chorstühle, sechsseitig auf jeder Seite mit Rückwand, die Armlehnen in freier
Anlehnung an die gothischen Vorbilder gestaltet, Rokoko des 18. Jh.
Pieta, 7o cm hoch, Anfang des i5. Jh., schmalschulterige Madonna mit dem
steifen Leichnam Christi auf dem Schosse, durch Farbenüberzug verdorben.
Porträt Herzogs Adolph L von Kleve, Brustbild, Kopie des i7. Jh. nach
Original des iS.Jh., bez.: adolph herzog von cleve anno i44i. Übereinstimmend
mit den Kopien in Emmerich (s. o. S. 55), Rees (s. o. S. loi), Kleve (Kunstdenk-
mäler d. Kr. Kleve S. 116). Kostbarer geschnitzter hölzerner Rahmen aus gewunde-
nen Akanthusblättem mit dem Wappen von Kleve. Die Gebeine Adolphs von Kleve
nebst denen seiner Gattin Maria von Burgund, seiner Tochter Katharina, seiner
Schwester Katharina, der Mutter des Herzogs Wilhelm, Maria, wurden i59o von der
Karthause hierher übertragen (Chronik p. i7).
Der bei der Übertragung gelegte Grabstein (nördlich vom Hpchaltar) trägt die
Inschrift: anno mdxc, die xxviii. octob. e cartusia insulae reginae coeli in
HOC MONUMENTUM TRANSLATI FUERUNT ILLUSTRISS. PP. ADOLPHUS CLIVIAE DUX PRI-
MUS, MARIA BÜRGUNDA CONIUNX, CATHARINA FILIA, CATHARINA ADOLPHI SOROR,
MARIA GUILELMI PRINCIPIS MATER. PSL. XXIIIl (für XXV, l3): ANIMAE EORUM IN
BONIS DEMERENTUR ET SEMEN EORUM HEREDITET TERRAM.
Die Grabplatte des Grafen Dietrich vom J. i4o6 ist verschwunden. Die Chronik
berichtet p. 4: Anno i4o6, 25. Maij obiit illustrissimus comes Clivensis, ante summum
altare sepultus, cui superpositus lapis lamina cuprea comitis effigiem et insignia in
magna forma referente obductus, cum hac subscriptione :
Dederich de Marca vir nobilis hie iacet arca,
Natus Gelrensis, Arbarch (so), Marcaque Clivensis
Anno milleno quadringeno quoque sexto,
Urbani festo discessit. Rex memor esto
Atque Maria pia sit tibi propitia. Amen.
Die ehemalige Inschrift des Grabdenkmales der Herzogin Maria bei Fiedler,
Inschriften S. 22.
An der Nordseite des Chores befanden sich umfangreiche historische Gemälde
aus der Geschichte des Klosters von I29i — i3S4 in sechs Feldern mit interessanten
Unterschriften, die i7i5 erneut wurden (Chronik p. SS. — Fiedler, Inschriften S. 26).
In der Sakristei, die aus einem Teile des alten Kreuzganges besteht:
Kelch, um i5lo — i52o, kostbare und wertvolle Arbeit der klevischen Hof-
goldschmiede, gleich der Monstranz in S. Aldegundis zu Emmerich (s. o. S. 3i), von
vergoldetem Silber, 21 cm hoch, mit sechsseitigem Schaft und reichem Knauf. Der
letztere mit wechselnden Pasten von blauem Email und Kry stall. Auf dem ä jour
Gemälde
Sukristei
Kelch
119
I20 KREIS REES
Dominikaner- durchbrochenen Fuss das Klevisch-Märkische Wappen. Auf den Blättern der sechs-
seitigen Rose in gegossenen, ciselierten und aufgelöteten Figuren die Kreuzigung,
Kreuzabnahme, Grablegung, Christus am ölberge, Christus vor Pilatus, die Kreuz-
tragung. Darüber in vortrefflich gezeichnetem Abschluss die hh. Maria Magdalena,
Agnes imd zwei Engel (Katalog der Ausstellung der kunstgewerblichen Altertümer zu
Düsseldorf 1880, S. i4o, Nr. 584. — Gute Abbildung mit Details bei Chr. W. Schmidt,
Kirchenmöbel und Utensilien Taf. 9. — aus*m Weerth, Kd. Taf. XXI, 8, 8").
paramente Kasel von rotem Genueser Sammetbrokat mit Granatapfelmuster auf goldenem
Grund, die Früchte, ursprünglich fris6s en or, stark beschädigt, im i7.Jh. beschnitten. Mit
vortrefflichen Stickereien aus der 2. H. des iS.Jh., die Figuren appliziert und in sorg-
fältigem Plattstich ausgeführt, überschlank, zierlich, mit eckig gebrochenem Faltenwurf.
Auf dem Kreuz die Madonna, Johannes der Täufer, die h. Barbara, auf dem Stab der
h. Jakobus und die h. Katharina. Mit den Wappen der Cuylenburg-Leck, Egmond,
Güterswyck und Bentheim. Stifter war hiemach ein Sprössling des Johan von Cuylen-
burg und Leck (t i452) und der Aleid von Güterswyck (t i448). Vgl. Bock, Ge-
schichte der liturgischen Gewänder I, S. 260.
Kasel von violettem Sammet mit in Goldkördeichen aufgenähtem Granatapfel-
muster (wie in Rees, s. o. S. 97) des i7. Jh., darauf gesetzt ältere Stäbe aus der i. H.
des i5. Jh., in trefflicher Zeichnung: auf dem Kreuz die Kreuzigung, S. Anna, S. Jo-
hannes Ev., S. Antonius, S. Katharina und S. Barbara, auf der Vorderseite S. Georg,
S. Maria Magdalena und eine stark beschädigte dritte Figur.
Kasel von grünem Sammetbrokat mit Granatapfelmuster auf ausgehobenem
Grunde, darauf eine breite Kölner Borde, von der Mitte des i5. Jh., mit den Einzel-
figuren: Regina coeli, S. Johannes, S. Agnes, S. Paulus, Jacobus, Matheus, Petrus und
den Wappen des Herzogs Arnold von Geldern -Jülich und «einer Gemahlin Katharina,
Tochter Herzog Adolfs von Kleve, deren Tochter Katharina (t i477) wahrscheinlich
die Stifterin war.
Violette Kasel mit alten Stäben, vom Ende des iS.Jh., die Figuren, ai^f ge-
musterten Goldfädengrund aufgesetzt und in Plattstich und Überfangstich ausgeführt,
beschnitten und stark beschädigt.
Kasel von neuem Stoff mit alten Stäben, um i5oo, je drei Heiligenfiguren in
Applikation.
Pt.i^erherrcn. FR ATERH ERREN KI RC H E, jetzige KATHOL. PFARRKIRCHE (tit.
s. Martini ep.). EwiCHius p. 26. — Gantesweiler S. 98. — Westphäl. Magazin II,
i786, 7, S. i72. — A. MiRAEUS, Regulae et constitutiones clericorum in congregationc
viventium, Antwerpen i638. — K. Hirsche in Herzogs Realencyklopädie f. Protestant.
Theologie II, i878, S. 7i4. 756.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Fr. M. Hagemann, Geschichte des
Fraterhauses zu Wesel, i872, Hs.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 38 Urkunden von i4o8 — 1777. — Über
die Akten Ilgen, Rhein. Archiv S. i3o.
Geschichte Gegründet i435 durch Johan von Collick, den Rektor des Fraterherrenkonvents
in Münster, dessen Schwester i436 ihr in der Niederstrasse belegenes Haus schenkte
(Xanten, Stiftsarchiv, Pels, Sammelbd. I, Bl. 355). Im J. i447 ward die Bewilligung
gegeben, eine dem h. Martinus geweihte Kapelle mit drei Altären zu bauen, 1 5 2 1
wurden die Fundamente zu der jetzigen Kirche nördlich der Ritterstrasse gelegt.
Beschrabung Der Ostteü der Kirche gehört noch dem alten dreischiffigen Backsteinbau von
i52i an, der Westteil ist in den letzten Jahrzehnten erneuert worden und ruht auf
120
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WESEL
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Chorstühle
je zwei freistehenden achtseitigen Pfeilern. Der lange Chor an der Südseite mit dreiFr«tcrh
grossen spitzbogigen Blenden, an der Nordseite mit Fenstern ohne Masswerk; im Chor-
abschluss drei zweiachsige Fenster mit erneutem Masswerk; die beiden alten gerad-
linig geschlossenen Seitenschiffjoche sind durch niedrige Bögen angeschlossen.
Hochaltar (Taf. V), interessantes Schnitz werk der Kalkarer Schule, wahrschein- Hochaltar
lieh von einheimischen Weseler Meistern um i5io gefertigt, voll von starkem Realis-
mus, der dem feierlichen Vortrag des Ganzen indessen keinen Eintrag thut, neben
dem Annenaltar zu Kaikar (Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 66) das einzige nieder-
rheinische Altarwerk in lebensgrossen Figuren. Bedeutende, energisch durchgearbeitete
Köpfe und reiche, doch nicht barocke Gewandung. Die Skulpturen neu polychromiert
in imschönem neuen Aufsatz. In der Mitte die Grablegung. Der Leichnam Christi
von den beiden Alten in den Sarg gelegt, hinter diesem Maria mit zwei Frauen, links
Johannes, rechts Maria Magdalena. An der Vorderseite des Sarges drei Medaillons
in Hochrelief: Christus erscheint der Maria, der Maria Magdalena, Christus bei den
Jüngern von Emmaus; links die Beweinung des Leichnams Christi, der im Schosse
des Johannes ruht. Zur Rechten, schmerzhaft die Hände ringend, Maria, über sie ge-
beugt Maria Magdalena. Zur Seite die beiden Alten von der mittleren Darstellung.
Den hinteren Abschluss bildet die pyramidenförmig aufsteigende Gruppe der Kreuz-
abnahme in kleineren Figuren. Rechts die Auferstehung. Christus, in der Linken
die Kreuzesfahne, mit dem Bahrtuch bekleidet, steigt aus dem Sarg, um den fünf
Kriegsknechte schlummern, nur einer mit einer Geste des Erstaunens. Im Hintergrund
die Gruppe der Himmelfahrt.
Chorstühle, viersitzig auf beiden Seiten, 2,85 m breit, nach i5oo, Baldachin
mit erneutem Abschluss. Die Armlehnen mit Pfeilerchen unter und über der ge-
schweiften mit einem Krabbenknauf besetzten Wandung. Der Schmuck ganz auf die
Wangenstücke verlegt: in der unteren Hälfte spätgothische Blenden mit Rose im
Masswerk, gothischen Distelblumen in den Zwickeln, in der oberen Hälfte die frei-
stehenden Figuren der vier grossen Kirchenväter, die Rückseite flach behandelt.
Lebensgrosse Holzfigur des h. Martinus, vorzügliches frühes Werk der Kölner
Schule um i45o, vom Stil der Kalkarer Arbeiten weit entfernt, in der Linken einen
Stab, mit der Rechten dem Bettler zur Seite einen Mantel reichend, sehr schmal-
schulterigc hagere Gestalt, ältlicher durchgeistigter Kopf mit fein durchgearbeitetem
Kinn und Hals.
Gemälde, Holz, Christus Kranke heilend, gutes vlämisches italienisierendes
Werk der i. H. des i6. Jh.
Vor dem Altar Grabstein: anno i699 20. Junii obiit nobilis et generosus
DOMINUS JOANNES CLANT QUONDAM DUM VIVERET IN EXERCITU SERENISSIMI ELEC-
TORIS BRAND. SUPREMUS VIGILIARUM PRAEFECTUS. R. I. P.
In der Sakristei: Sechs Holztafeln, 48 x 69 cm, niederrheinische Bilder, um
i52o, unter westfälischem Einflüsse, mit Darstellungen aus der Leidensgeschichte Christi.
Kupferleuchter des iS. Jh., 34 cm hoch, mit breiter flacher unterer Schale,
getragen von drei stark stilisierten Löwen, langer dünner stiftartiger Aufsatz, hoch-
interessantes Stück von seltenen Formen. Ähnliche bei Viollet-le-Duc, Dict. rais.
du mobilier franc^ais II, p. 60.
Kupferleuchter des i5. Jh., 3o cm hoch, auf drei Löwen ruhend, mit reichen
Knäufen, die Kerzendelle mit Zinnenkranz von der gewöhnlichen Form.
Messingleuchter, 36,5 cm hoch, ohne Löwen, von i5oi, mit der Inschrift: me
FRATER WILHELMUS NAGEL AD ALTARE SANCTE CRUCIS EMIT ANNO DOMINI MCCCCCI.
Skulptur
Gemälde
Grabstein
Gemälde
Leuchter
121
122 KREIS R££S
Fraterherren. Rcnaissancckelch, 23 cm hoch, Ende des i6. Jh., von vergoldetem Silber,
j^^ig,, Fuss mit sechsseitiger Rose, die Blätter zu Medaillons eru-eitert mit den getriebenen
Darstellungen: Verkündigung, Geburt Christi, Anbetung der Könige, Kreuzigung imd
den typologischen Darstellungen der Opferung Isaaks imd der ehernen Schlange. Um
den runden Knauf die Inschrift: grate pro parentibus fratris adriani de wiell.
Gleichzeitige Patene (Katalog der Ausstellung der kunstgewerbl. Altertümer zu Düssel-
dorf 1880, S. i43, Nr. 588, 589).
LarabokeMci Kupfemer Lavabokessel des i5.Jh., mit Köpfen an den Ausfiussrohren.
Paramente Kasel von (emeutcm) rotem Sammet mit gestickten Stäben, um i49o, auf dem
Kreuz die Kreuzigung, Maria, Johannes, Johannes der Täufer, Petrus, Agnes, auf dem
Stab Andreas, Jakobus, Katharina auf einem Grund von Goldfäden in Überfangstich
appliziert und in Plattstich ausgeführt, von guter Zeichnung.
Kasel von (erneuter) violetter Seide mit schlecht restaurierten Stäben, um i5oo.
Kasel von hellblauem Lyoner Seidenstoff mit eingewebten Silberblumen, um i7oo.
Der Stifter hatte ausdrücklich die Pflege der Buchmalerei im EUoster gewünscht
und empfohlen. Die Annalen des Dominikanerklosters (Archiv der Dominikanerkirche)
berichten p. 5 : hac expressa addita conditione, ut manuum labore victum et amictum
sibi compararent, libros nempe sacros in membranis a se quoque factis quam nitide
describerent et operimentis suis impingerent Von den gemalten Handschriften des
Klosters ist keine mehr an Ort und Stelle erhalten, wohl aber enthält die Bibliothek
die vierbändige, 1 48 1 cura optimorum Johannis de Colonia Nicolai Jenson zu Venedig
auf Pergament gedruckte Postilla venerabilis fratris Nicolai de Lyra mit prachtvollen
venetianischen Randverzierungen und Gemälden (beschrieben in den Bilderhand-
schriften der Rheinprovinz).
Matenakirche M AT ENA KI RC HE. EwiCHius p. 23. — Gantesweiler S. 76. — Westphäl.
Magazin II, i786, 7, S. i68. — [Arnoldus van Leenhof], Treur-en Trost-Lied by
gelegenheid van het droevige, nogtans seer geluckige instorten van de Matenase tooren
en waardoomiym een derde gedeelte van het seer eierlyke verwelffel der Kercke is
ingeslagen, Wesel i7o3. — Ders., Vreugde galm over de Wederopbouving van den
tooren der Matenasche Kerk, Wesel i7i2.
Handschrifti. Handschriftl. Qu. Im Archiv der evangel. Gemeinde: Originalurkunde
betr. die Erhebung der Matenakirche zur Parochialkirche von i429 (B. 62, 3, 4).
— Instrumentum consecrationis alt. Antonii et Nicolai i429 (B. 62, 5). — Donatio
Heinrich Schnellardts an S. Antonii Capelle i4o7 (B. 62, 6). — Akten über die Re-
paratur des eingestürzten Gewölbes i775 (B. XXV, 4). — Akten über die Reparatur
vom J. i843 (B. 24 u. 25). — Rechnungen der Matenakirche (B. 33) i. R. i434 bis
i468, Perg. schmal foL, 2. i469 — i5oo, Pap. schmal fol, 3. 1591— i53o (für iS3o die
Willibrordikirchenrechnung eingeheftet), 4. iS3i — 1S60, 5. i56i — i58o, 6. i58i — i6o5,
7. 1606— 1636, gross fol. Von den folgenden fehlen nur i6S9, i687, 1688, i7oo, i7o3,
i7o5 — i7o8.
Allgemeine historische Quellen. Denkwürdige Sachen, betreffend unsere
Stadt- und Landsachen, gecoUekteerd durch Bernhardum Brantium (B. 65, i), 4®,
9l8 S. mit Register. Dokumente aus der Reformationszeit. — Underscheidliche not-
wendige Religions -Artikeln, allen frommen Hertzen der Augsburgischen confession
zugethan nutzlich zu lesen (Hauptmomente aus der Geschichte der lutherischen Ge-
meinde zu Wesel bis i89o), 4® (B. 65, 2). — Dokumente und Excerpte, betr. die
Stadt i5i7 — 1567 (B. 65, 3). — Index Brantianus, Foliobd., mit den Hauptdaten
der politischen und kirchlichen Geschichte des klevischen Landes bis i599 (B. 65, 5).
122
WESEL
123
Geschichte
— Ewichii über de originibus gentium Cli- ' Matcnakirche
viam, Juliam, Geldria m, Montes, Marchiam
colentium. Bl. i«: Sum Hermanni Ewichii
Vesaliensis i635. Das Ewich guth schafft
rechten muht (B. 65, 4). — Schöffenbriefe
i35o — i7oo (B. 62, 18). — Urkunden,
Rechte, Privilegien der Stadt Köhi, betr.
das von ihr ausgeübte Patronat in der
vormals reformierten Gemeinde (A. 8). —
Sehr ausführliches Aktenmaterial zur Ge-
schichte der evangelischen Gemeinden, der
lutherischen Gemeinden 1 626 — 1600 (A.3),
i525 — 1635 (B. VI, 4), 1600— i8i7 (A. 4,
5), der reformierten Gemeinde i525 — 181 7
(A. 6), der reformierten Gemeinde der
Wallonen, Engländer und Franzosen zu
Wesel 1544—1 806 (A. 7), über das Weseler
Glaubensbekenntnis i56i — 63 (B. II, i). —
Acta generalia, Kirchensachen i525 — 1802
(B. VI, 1 —3). — DreiFoliobde. Pap. (B. 64,
I, 2, 3) Sammlung von Aktenstücken, betr.
das reformierte Kirchenwesen i5o7 — 1632,
i59o— 1597, i598— 1620.
Die Kirche in der Vorstadt Matena
entstand aus einer den hh. Nikolaus und
Anton geweihten KAPELLE, die bereits
i352 erbaut war. Sie ist noch erhalten
als besonderer Bau nordwestlich von der
Kirche, schlichter einschiffiger Backstein-
bau mit hübschem Blendfenster an der
Westfa^ade (Ewichius p. 23. — Fiedler,
Inschriften S. 16).
Im i5.Jh. machte das Wachsen der
Bevölkerung einen umfangreichen Neubau
notwendig. Im J. i429 ward die Kapelle
zur Pfarrkirche erhoben (Archiv B. 6, 2,
3, 4) und noch im selben Jahre mit dem
Bau begonnen, der aber erst in der 2. H.
des i5. Jh. eine' Förderung erfuhr. Im
J. i47o ward mit dem Turm begonnen,
der i474 bis zur Balustrade fertig stand,
die Gewölbe des südlichen Seitenschiffes
wurden i477 fertiggestellt, der Chor i5o8
(Gantesweiler S. 78).
In den J. 1623 (Souterius, Dank-
segginge p. 29) und i7o3 ward die Turmhaube zerstört, das erste Mal durch Brand,
das zweite Mal durch einen Sturmwind, der zugleich einen Teil der Kirche beschädigte,
erst i7i2 ward die Haube wiederhergestellt (Leenhof a. a. O.).
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Neubau
Fig 57. Wesel. Turm der Matenakirche.
Zerstörungen
123
124
KREIS REES
M» tenakirche
Beschreibung
Turm
Lnnghflus
Inneres
Chor
Epitaphien
Die längst schadhaften Gewölbe im Mittelschiff stürzten i775 zusammen (Archiv
B. XXV, 4); von i757 — 1763 diente die Kirche als französisches Mehlmagazin, i835
wurden die Seitenschiffgewölbe herausgeschlagen, weil die Widerlager nach aussen
gewichen waren; bei der gründlichen Reparatur von i843 wurden sie durch Gewölbe
von Holzverschalungen mit Mörtelverputz ersetzt.
Die Matenakirche ist ein dreischiffiger gothischer Bau von 59,6o m Länge und
23,9o m Breite, das Mittelschiff 9,75 m breit, die Turmvorhalle 9,6o m im Geviert und
besteht aus Backstein, mit Ausnahme der aus Tuff aufgeführten Westfa^ade.
Der eingebaute West türm (Fig. 57) tritt um 20 cm vor und ist in dem ganzen
hohen unteren Stockwerk mit einem Mantel von grossen unregelmässigen Haustein-
blöcken umgeben, nur bis zu der unteren Horizontallisene ist dafür Tuff eingetreten.
Das ganze untere Geschoss wird von der riesigen Portalblende eingenommen, deren
Gewände viermal abgetreppt sind und vier durchlaufende Rundstäbe zeigen. Die Ge-
wände, die zum grossen Teil aus schlechtem Brauneberger Kalkstein hergestellt sind,
sind gänzlich verwittert. Vermauertes Doppelportal mit Mittelpfosten und horizontalem
Sturz, darüber Portalblende mit fünf freien Achsen, in der Mitte bereits einmal ge-
schlossen, das obere Masswerk ausgebrochen. Die beiden oberen mit einem ver-
witterten Tuffmantel versehenen Stockwerke sind durch je drei zweiachsige Blenden
mit altem Mass werk (Fischblasenmotive) belebt, die oberen Mittelblenden durch Fenster
ersetzt. Der Turm wird durch eine steinerne Gallerie abgeschlossen mit vier vierseiti-
gen Pfeilern auf jeder Seite, die nach unten in Halbpfeilem ihre Fortsetzung finden,
die wiederum auf Säulen ruhen, unter denen hockende menschliche Figuren Kon-
solen bilden. Die Balustrade und die achtseitige Haube in Eisenkonstruktion erst
1882 aufgesetzt. An der Nordseite ein eingebautes achtseitiges Treppentürmchen von
Tuff. Die Westfa^ade zeigt zur Seite des Turmes je ein zweiachsiges Fenster.
Das Langhaus ist aus Backstein errichtet, die Streben zweimal abgetreppt, unter
den Fenstersohlbänken eine Horizontallisene. Das Masswerk erneut Die nördlichen
und südlichen vom Turm gelegenen Joche zeigen auch äusserlich die spätere Ein-
fügung, die Strebepfeiler zeigen eine abweichende Gestalt und Quaderverklammerung.
In dem schmalen Obergaden des Mittelschiffes ovale Fensterlöcher. An der Südseite
des Chores ein vierstöckiges Treppentürmchen, über dem ersten Stockwerk aus dem
Viereck ins Achteck übergeführt.
Im Inneren ruhen die Scheidemauem auf sieben Paaren achtseitiger Pfeiler
mit einfachen Basen, denen nach Norden und Süden eine Dreiviertelssäule vortritt,
die mit polygonalen Kapitälchen abschliesst. Die Arkadenbögen sind reich profiliert,
die Scheidemauem belebt durch eine ^Horizontallisene und eine zweiachsige Blende, im
Masswerk mit einem Vierpass, der als Fenster äusserlich in dem schmalen Obergaden
des Mittelschiffes erscheint. Die zweiachsigen Fenster der Seitenschiffe zeigen im er-
neuten Masswerk Fischblasenmotive, an den Aussenmauem Dreiviertelssäulen, die den
Diensten an den Aussenseiten der Pfeiler entsprechen. Der Turm ruht auf zwei mäch-
tigen vielfach und reich profilierten Pfeilern, die Bögen sind mit Backsteinen versetzt
Im Chor fünf grosse zweiachsige, in der Mitte bereits einmal geschlossene Fenster,
das nördliche über dem Eingange zur Sakristei gelegene in der unteren Hälfte als
Blende behandelt Unter den Fenstern im Flachbogen geschlossene Blenden, die Drei-
viertelssäulchen in den Ecken abgeschlagen.
Eine Reihe von steinernen Epitaphien, darunter reich vergoldet mit Wappen
und Trophäen, des am 3o. April i736 verstorbenen Generalmajors Christoph von
Bardeleben und des am 28. August i733 verstorbenen Conrad Wilhelm von der Mosell.
124
WESKL
125
Verschwundene Inschriften bei Fiedler, Inschriften S. i6, und in der von Matenakirche
DoRTH sehen Inschriftensammlung auf der Fahnenburg Bl. 283. Die berühmten Chor-
stühle (EwiCHius p. 24: fratrum sedilia artificiosissimis sculpturis omata), sind nicht
erhalten, ebensowenig wie eine wohl von Arndt von Lorenwert um i488 gemalte Tafel
(Nordhoff i. d. B. J. LIII, S. 62).
Glocke, i,i5m hoch, mit schöner plastischer Fruchtguirlande und den Wappen
von Preussen und Wesel. Inschrift: Johann swys me fecit anno t7o3.
Inschriften
Glocke
■^«#^<-
Fig. 58. Wesel. Choransicht der WiUibrordikirche.
WILLIBRORDIKIRCHE. B. Lohmann, Die WiUibrordikirche in Wesel, wiiiibrordi.
Wesel i865. — Baur, Rede bei der Grundsteinlegung zum Ausbau der Wiiiibrordi- utteratur
kirche zu Wesel am Lutherfeste den 11. November 1 883, Wesel 1 883. — Ewichius
p. i9. — Gantesweiler S. 56. — Westphäl. Magazin II, i786, 7, S. 166. — Prisac
im Kölner Domblatt i844, Nr. 100. — Tibus, Die Pfarre Cleve, Kleve i878, S. i5,
23 ff. — LoTZ, Kunsttopographie I, S. 622. — Otte, Kunstarchäologie II, S. 3o5.
Handschriftl. Qu. Im Archiv der evangel. Gemeinde: Versattungen,
d. i. Gemeindebeschlüsse, was jeder zum Bau der WiUibrordikirche beitragen soll,
i424 — 1473, Pap., schmal fol. (B. XXVI, i). — Versatinge, wat malk ellix jars geuen
sal to tymmeringen der kerken i447 (B. XXVI, i*). — In dit buk sint sunte Wil-
Handschriftl.
Quellen
125
126
KREIS REES
Wiiiibrordi. biords brieve van oirre renten registrirt, Perg. fol., i5. Jh., 64 BL, mit den Urkunden
von i3ii an (B. XXVI, 2). — Rhentten van heuschem und lendern S. Wiiiibrordi,
Perg., ausserdem Stiftungsbriefe und Memorien, i5.Jh. (B. XXVI, 3). — S. Wiiiibrordi
Briefe und Rentenbuch, 16. Jh., Pap., Verschreibungen zu gunsten der Kirche von
i399 an (B. XXVI, 4). — Lager und Copienbuch der Kirchen S. Wiiiibrordi Brieff
und Siegel, Pap., i7. Jh. (B. XXVI, 5). — Rentenbuch des 16. Jh., Perg. (B. XXVI, 5«).
— Rechnung Diedrichs ther Heyden, was ich zu dem Gestühl in S. Willibrord em-
pfangen und ausgegeben anno 1606 (B. XXII, 12). — Rechnungen der S. Willibrordi-
kirche, wichtige Quelle für die Baugeschichte: B. 37. i. Rechnungen von i4oi — i44o,
2. i44i— 1484, Perg. schmal fol., 3. i485— t5o9, Pap., 4. i5io— i5i9, 5. i52o— 1535,
6. i536 — i56o, 7. i56i — 1585, 8. i586 — i6i5. Von den späteren fehlen nur 1660,
166S — i67o, 1675—1677, i697.
Im Stiftsarchiv zu S. Martin in Emmerich: Fundationsbüchlein der i534
gestifteten vicaria S. Mariae in der Willibrordikirche.
Urgeschichte Eine Kirche bestand in der villa Wisele schon im ersten Jahrtausend. Der Codex
aureus Eptemacensis bringt zu einer Urkunde Karl Martells die Eintragung: De
ecclesia Wesele in eodem pago sita eadem firmamus (Heidemann i. d. Berg. Zs. V,
S. 188), die auf Verhältnisse vor dem J. io65 Bezug nimmt, denn in diesem Jahre
giebt Heinrich IV. die Kirche in der villa Wesele und alles was in dieser villa zu
Echtemach gehört, der genannten Abtei zurück (reddere). Vgl. Mittelrhein. U B. I,
Nr. 4i5. — Reinhold, Verfassungsgeschichte Wesels S.S.
Auf dem 1122 von ihnen dem neugegründeten Kloster Kappenberg geschenkten
Hofgut Wesel (Binterim u. Mooren, D. C. I, S. 97. — Erhard, Regesta hist. West-
faliae I, Nr. 449) hatten die Grafen Gottfried und Otto von Kappenberg um 112$
ein Prämonstrsftenserkloster errichtet (Xanten, Stiftsarchiv, Pels I, fol. 359. — Bin-
terim u. Mooren, D. C. I, S. 100, i35. — Gantesweiler S. 27. Vgl. Chronica co-
mitum: Sei bertz, Quellen II, S. 166. — Tibus, Die Pfarre Kleve S. i5, 24), das ii53
bestätigt ward (Erhard, Reg. II, S. 32, Nr. i795).
Romanischer Bau Der Ort War rasch herangewachsen, sodass schon nach wenig Jahren mit dem
Bau einer grösseren, wie die im Ostteil aufgefundenen Fundamente beweisen, ziemlich
umfangreichen romanischen Pfarrkirche begonnen werden konnte, die 1181 durch den
Erzbischof Philipp von Heinsberg eingeweiht ward (Gantesweiler S. 58). Die Pfarr-
kirche lag mit einem Teile der Stadt auf dem Grunde des Herrenhofes, eines ur-
sprünglich fränkischen Salhofes (Ann. h. V. N. XXXI, S. 128). Im J. 1261 schenkt
Lof, der Bruder des Grafen von Kleve, die Pfarrkirche, 1277 Graf Dietrich von Kleve
auch das Patronat der Kirche an das Prämonstratenserkloster (Lacomblet, U B. IV,
Nr. 668, 673. — Binterim u. Mooren, D. C. I, S. 336. — Urk. von I277 im Original
i. d. Farragines des Gelenius VIII, fol. 459, Köln, Stadtarchiv).
Etwa gleichzeitig mit den Entwürfen zum Neubau der Matenakirche ward unter
dem baulustigen Herzog Adolph der Plan zu einem umfassenden gothischen Neubau ge-
fasst, der i424 begann (Archiv B. XXVI, i). Zunächst ward zu Beginn des i5.Jh. ein Er-
weiterungsbau notwendig. Nach dem Ausweis der Kirchenrechnungen wurde i4o6 bis
i4i4 durch Meister Geliss, den Schöpfer des Rathauses, die Chorkammer erbaut, i4i2
der Kirchhof angelegt (Lohmann S. 8). Der Plan zu einem vollständigen gothischen Neu-
bau kam erst in der 2. H. des i5. Jh. zur Durchführung. Man begann mit der Westseite.
Neubau Im J. i47o, gleichzeitig mit. dem Bau des Matenakirchturms, wurde der Turm
errichtet, nach den Abmessungen des Turmes der Salvatorkirche zu Duisburg. Die
Nordostseite der Kirche war i5o6 vollendet nach der Inschrift, die sich an der Nord-
Pläne zum
Neubau
126
WESEL 12?
ostecke (an der Stelle des Kirchhofes) befindet (s. u.), die nördlichen Seitenschiffe wiiiibrordi.
nach der Jahreszahl im Gewölbe i5o9. Die libraria sive bibliotheca (Ewichius p. 20)
Hess Konrad von Heresbach errichten.
Im J. i52i war der stattliche Nordgiebel vollendet (Ewichius p. 20. — Gantes-
WEiLER S. 60), der südliche wurde unter der Regierung des Herzogs Johann III. von
Kleve (1S21 — 1537) fertig gestellt. Ewichius berichtet p. 20: At quamquam septentrio-
nalis extremi lateris transtra fuerant perfecta, frontispicio tarnen altissimo, et quod
Italici mirarentur architecti quodque dempta omni caetera structura per se consistere
posset, exomata ibi est ecclesia, a. i52i sumptibus a civitate tum propriis tum collectis
extraneis per commendationem Carthusianorum prati Vesaliensis, Coloniae eiusque in
dioecesi erogati eo adhibitis.
Im J. 1622 wurde der Grundstein zu den ,Siebenkapellen', dem Chorumgang Bau des Chores
gelegt in Gegenwart des Herzogs Johann III. von Kleve (Lohmann S. 8). Kurz darauf
geriet indessen der Bau ins Stocken. Der Chorumgang wurde nie ausgeführt, die
Rundsäulen des Hochchores wurden durch Ziegelmauem verbunden — auch das
Mittelschiff und die Kreuzarme blieben unvollendet und ohne Gewölbe, von den
Strebebögen waren nur die Ansätze vorhanden.
Nachdem schon 1626 der Sturm einen Teil des Turmes niedergeworfen hatte Beschädigungen
(Chronik von Dietrich Westhoff: Deutsche Städtechroniken XX, S. 42o), ward der
Turm i594 vom Blitz getroffen und brannte bis auf das Mauen^'erk ab (Gantesweiler
S. 58), an seiner Stelle ward die niedrige noch heute erhaltene Holzhaube gesetzt.
Die Altäre wurden 161 2 entfernt (Berg. Zs. II, S. 83), i658 ein geschmackloser
Eingang an der Marktseite angebracht mit der Inschrift (Gantesweiler p. 66):
DA, BONE CHRISTE, TUI SINT TUTA SACRARIA TEMPLI,
non claudenda piis, nunc ADAPERTA PIIS.
VERBA SONENT AETERNA PATRIS TUA SYMBOLA, CHRISTE,
HIC HABITENT POPULI VOTA PRECESQUE SIMUL.
Die ersten Schritte zur Restauration geschahen i858 durch eine vollständige Restaumtion
Aufnahme des Baues seitens des damaligen Kreisbaumeisters Giersberg in Kleve. Im
J. 1868 wurde Architekt Flügge in Essen mit der Anfertigung eines Entwurfes für den
Ausbau betraut. Nachdem i878 der Geh. Oberbaurat Giersberg und Professor Bergan
und 1880 der Geh. Oberbaurat Adler abermals in Gutachten für die Erhaltung des
Baudenkmals eingetreten waren, wurde 1880 auf Grund des Flügge ^chcn Entwurfes,
aber unter wesentlichen Vereinfachungen, nach Anweisungen des Geh. Oberbaurates
Adler das Bauprojekt aufgestellt. Die Restaurationsarbeiten begannen i883 und sind
noch nicht abgeschlossen. Die neugebildete Hütte der Willibrordikirche erhielt einen
festen geschulten Arbeiterstamm durch Übernahme einer Anzahl von Steinmetzen, Ver-
setzen! und Polierern von der Kölner Hütte. Die Gesamtkosten von i 37 1000 Mark
wurden aufgebracht durch einen Zuschuss von 27oooo Mark aus dem allerhöchsten
Dispositionsfonds, einen Beitrag der Provinz von 5 0000 Mark und der evangelischen
Gemeinde zu Wesel von 120000 Mark; 100 000 Mark ergaben Sammlungen und Haus-
kollekte, den Rest von 83 1 000 Mark die mit Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers
veranstalteten Lotterien. Die örtliche oberste Bauleitung führte von 1882 — 1885 der
damalige Regierungsbaumeister Schröder, von i885 — 1887 der Kreisbauinspektor Bau-
rat Hertens, i887 der Regierungsbaumeister Mecum, von i887 ab der Kreisbauinspektor
Hillenkamp. 7a\x besonderen Bauleitung war ihnen der schon an den Entwurfsarbeiten
in hervorragendem Masse beteiligte Architekt Otter beigegeben, seit i889 ausserdem
der Regierungsbaumeister Lehmgrübner
127
J
128
KREIS REES
Willibrordi- Der romanische Bau (Hillenkamp i. d. Rhein. -Westfäl. Volksztg. vom 3i. Juli
Romanischer Bau ^^^0 ^^t noch in den Fundamenten innerhalb der gothischen Anlage in einzelnen
Resten erhalten (in den Grundriss Fig. 59 eingezeichnet). Der Boden lag etwa 2 m imter
dem jetzigen Fussboden, in der Höhe des Pflasters der Niederstrasse.
Die Westfront bestand aus fünf Schichten von Basalt und Tuflf, war mit Tuff-
steinen bekleidet. Ecken und sonstige Hauptbauteile bestanden aus Quadern und be-
arbeiteten Werkstücken. Die innerhalb des Chores gelegene halbrunde Apsis war an
den Schranken mit einer zierlichen Säulenstellung geschmückt; die nur 5 cm starke
Wandfiillung bestand aus Werksteinplatten, vielleicht aus Tuffstein.
Von Resten der reichen Absidenarchitektur sind noch erhalten ein ausserordent-
lich schön gegliedertes und mit vortrefflich ausgeführtem romanischen Blattwerk ge-
schmücktes Sockelstück, von edelster Zeichnung, die Basis mit Eckblatt (Fig. 6o).
Weiterhin ein etwas grösseres Säulenkapitäl mit gut gearbeitetem romanischen Blatt-
werke, femer der Ansatz eines halbrunden Wandsäulchens mit einem Knauf.
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4 »
Fig. 99. Wesel. Fundamente der romanischen Willibrordikirche.
Weatturm
Seitenschiffe
Die Willibrordikirche ist im Lichten 64,5o m lang und 36 m breit. Der in
zwei ausserordentlich hohen Absätzen sich erhebende 5o m hohe West türm zeigt im
Unterstock das riesige fünfachsige Portalfenster mit reich profilierten, fünf durch-
laufende Rundstäbe aufweisenden Gewänden, eine grosse Rose im Masswerk. Über
dem horizontalen Sturz des Portals selbst mit einfach gegliederten steinernen Mittel-
pfosten befindet sich zunächst ein rechtwinkeliges verblendetes Feld, rechts und links
ursprünglich je drei Figürchen, von denen nur die Konsolen erhalten sind. Der
Unterstock zeigt, abweichend von den verwandten Bauten des Matenakirchturms und
des Salvatorkirchturms in Duisburg, zur Seite des Mittelfensters noch je zwei ein-
achsige Blenden, wodurch die Wirkung des ersteren etwas abgeschwächt wird. Der
Oberstock wird durch je drei lange zweiachsige Blenden belebt, deren einzelne Felder
durch einfache nasenbesetzte Bogenabschlüsse in drei Teile zerlegt werden. Nörd-
lich erhebt sich ein achtseitiges eingebautes Treppentürmchen. Ein 46 m hoher
kupferner Helm ist in der Ausführung begriffen.
Die Seitenschiffe sind nach Westen durch einfache Blenden belebt Die Lang-
seiten zeigen zunächst neben dem Turm zwei schmale Joche mit je zwei zweiachsigen
Fenstern, nur an der Südwest- und Nordwestecke eine freiaufsteigende Fiale (Grundriss
Fig. 63). Die Südwestecke ist unten leicht abgefasst. Es folgen sodann nach Osten
128
WESEL
129
Südportal
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ZU drei weitere Joche bis zum Querarm. Im ersten Joch der Südseite das prächtige, wiiiibrordi-
den ganzen omamentalen Formenreichtum der Spätgothik atmende Südportal, das
die ganze Wandfläche einnimmt Über dem im Flachbogen geschlossenen Portal
ein krabbenbesetzter Eselsrücken, und zwei halbe, an die Strebepfeiler angelehnte
Kielbögen, der mittlere in die Mittelachse der Portalfenster auslaufend, die wiederum
mit Kielbögen geschlossen sind. Alle Bogen sind an der unteren Seite mit einem
maschenartigen Geflecht von Distelblattranken besetzt, die Blüten symmetrisch ein-
ander gegenübergestellt. Der obere Teil des Portal fensters mit reich profilierten
Wandungen, das Masswerk in nasenbesetzten Rund- , ,
Stäben. Drei kleine Baldachine und Konsolen fiir
Figuren. Rechts und links je zwei Fialen, das innere
Paar an den Innen- und Südseiten mit einer Nische
für eine Figur. Die weiteren Joche westlich und öst-
lich von dem Querarm mit dreiachsigen Fenstern.
In den unmittelbar an den Querarm grenzenden
Jochen ist je ein Licht der Fenster durch das
Treppentürmchen und den Strebepfeiler eingenom-
men. Die Seitenschiffjpche sind mit eigenen an
den Aussenseiten abgewalmten Satteldächern ein-
gedeckt. Das Strebesystem besteht aus zwei Bögen
mit in gleicher Achse liegenden einfach ausgehöhl-
ten Wasserrinnen, die den Schub der Mittelschiff*-
gewölbe aufnehmen, und zwei freistehenden Pfeilern,
der innere äusserst einfach, der äussere über dem
um den ganzen Bau herumgeführten ziemlich hohen
Sockelgesims dreimal abgetreppte Strebepfeiler ge-
krönt von übereck gesetztem kleinen Pfeiler mit
einer Mittel- und vier Eckfialen; einfache Steinrinne
als Wasserspeier. Das südliche Seitenschiff* läuft in
ein Halbchörchen aus mit zweiachsigen Fenstern,
das eine Licht des östlichen durch den Strebepfeiler
des Chores verdeckt
Die Südseite des südlichen Querarmes wird
von kräftigen zweimal abgetreppten Strebepfeilern
eingerahmt, mit kleinen Giebeldächern, über denen
mit Fialen abgeschlossene übereck gestellte Pfeiler
sich erheben. Hinter dieser Fiale erhebt sich sodann ein zweiter gleichfalls oben mit
einer übereck gestellten Fiale abschliessender Pfeiler. Über dem durch einen horizon-
talen Sturz geschlossenen Portal ein dreiachsiges Portalfenster, in der unteren Hälfte
als Blende behandelt. Über dem in der Höhe des Dachrandes der Seitenschiffe
durchlaufenden Horizontalgesims dann das imponierende fünfachsige Südfenster mit
stärkerem Mittelpfosten, in den beiden unteren Bogen je zwei Vierpässe, die Rose
mit Fischblasen- oder Seifenblasenmotiven. Die reichen Auskehlungen der Fenster-
gewände vermeiden stark hervortretende Stabprofile und behalten die Gestalt des
Kreissegments bei. Der abschliessende Kielbogen läuft in eine hohe Kreuzblume aus,
die die den Giebel abschliessende Gallerie noch überragt. Ausserordentlich reich und
originell ist die Blendenarchitektur des Giebels, der an den Schrägseiten durch eine
schräg aufsteigende^ nach unten mit einem Kleeblattbogenfries besetzte Blendbalustrade
9
129
SüdUcher Giebel
Fig. 60. Weael.
Details der romanuchen WilUbrordikirche.
i3o
KREIS REES
Willibrordi.
kirche
Nord seit«
Nördl. Giebel
Fig. 61. Wesel. Nördlicher KreuzschifTsgiebel der WilUbrordikirche.
verziert ist und in eine Fiale
ausläuft. Die dreieckige Fläche
wird durch drei Spitzbogen-
blenden belebt, über denen sich
zwei dicht mit Krabben besetzte
Kielbögen erheben, die wieder-
um mit einem Kielbogen ab-
schliessen. An der Westseite
des Querarmes erhebt sich ein
aus vier Seiten des Sechsecks
konstruierter Treppenturm,* um
den das Dachgesims der Seiten-
joche verkröpft ist; über einer
Reihe von Fenstern dann eine
durchbrochene Gallerie. Der
obere, etwas eingerückte Auf-
satz mit zwei Horizontallisenen,
kleinen Giebelchen und Wasser-
speiern an den Ecken des sechs-
seitigen Pyramidendaches.
Die Nordseite ist der Süd-
seite entsprechend behandelt.
Das äusserste östliche Joch ist
als Sakristei ausgestaltet und in
zwei Stockwerken errichtet, die
äusserste Eckfiale im Nordosten
zugleich als Schornstein benutzt.
Die Fenster sind an der Nord-
und Ostseite der Sakristei durch
beide Stockwerke in einen Rah-
men gesetzt und nur in der
Trennung der beiden Geschosse
abgeschlossen. An dem Eck-
pfeiler im Nordosten die In-
schrift:
DA REQUIEM CUNCTIS DEUS HIC
ET UBIQUE SEPULTIS,
UT SINT IN REQUIE PROPTER TUA
VULNERA QUINQUE. 1 5o6.
Die Nordseite (Fig. 6i) des
nördlichen Querarms ist wie die
Südseite ausgebildet. In den
mit schärferen Hohlprofilen ver-
sehenen Gewänden des Portals
''- erhebt sich in der mitt-
leren Auskehlung noch
je eine schlanke Rund-
säule, in ein Kapital
i3o
WESKL
l3l
auslaufend als Träger für eine Steinfigur. Der Giebel weicht von dem südlichen etwas wiiiibrordi
ab. Nicht drei, sondern zwei grosse Blenden, darüber ein einziger krabbenbesetzter
Kielbogen. Der Abschluss der schrägen Flächen gleicht dem des Südgiebels, nur sind
hier noch mehr Fialen angebracht, die die schräge Linie hinaufklettern.
Der Obergaden des Chores (Fig. 62) schliesst mit der durchbrochenen, in den Chor
einzelnen Abschnitten durchweg verschieden ausgestalteten Balustrade ab, die um den
ganzen Bau einschliesslich der Querarme herumgeführt ist, an den Ecken am Chor
kleine Fialen mit Wasserspeiern, unter der Gallerie ein feingegliedertes Hohlstabprofil.
Der siebenseitige Chorum-
gang, mit einfachen ein-
achsigen Fenstern, wird von
einer durchlaufenden stei-
nernen Gallerie mit wech-
selndem Masswerk abge-
schlossen. An den Ecken
die dreimal abgetreppten
Strebepfeiler mit ziemlich
massivem, an den Aussert-
wänden mit leichter Blen-
denarchitektur geschmück-
tem Aufsatz, dem kleine
mit übereck gestellten Fi-
alen gekrönte Pfeiler vor-
treten. Die leicht und ele-
gant geschlagenen Strebe-
bögen überführen denSchub
der Gewölbe des Chores von
jeder Ecke nach je zwei
Ecken des Umganges, die
Wasserspeier sind im Ge-
gensatz zu den Seiten-
schiffen hier reicher als
Tierfiguren, Hunde und
Drachen ausgebildet, unter
denen noch je ein Löwen-
kopf sitzt.
Im Inneren (Grund-
riss Fig. 63) ruht der Turm
auf zwei mächtigen sehr reich gegliederten Pfeilern, deren scharfe Profile in den Ar-
kadenbögen ihre Fortsetzung finden, während die an den Ecken stehenden Dienste
als Träger der Rippen dienen. Besonders glänzend entfaltet sich die Wirkung dieser
Gliederung von Westen, der Turmvorhalle aus gesehen: dem durch das Westportal
Eintretenden erscheint das Innere eingefasst von einem zweiten ausserordentlich reichen
Rahmen. Die Turmhalle selbst ist mit einem Kreuzgewölbe überdeckt und zeigt nach
Norden und Süden zu je ein dreiachsiges Blendfenster.
Im Langhaus treten den das Mittelschiff tragenden Säulen, die der Kapitale Langhmu*
entbehren, je ein alter und zwei junge Dienste nach dem Mittelschiff zu vor, die mit
einem gemeinsamen Kapital unter polygonaler Deckplatte abschliessen und die Rippen
i3i ■
Fig. 62. Wesel. Obergaden des Chores der Willibrordikirche.
Inneres
Turm
l32
KREIS REES
Willibrordi.
kirche
Fig. 63. Wesel. Grundriss der Willibrordikirche.
I32
WESEL
l33
der drei Kreuzgewölbe tragen. Die Scheidewände sind belebt durch Horizontallisenen wiiiibrordi.
und zweiachsige, bis zu zwei Dritteln der Höhe nur als Blenden behandelte Fenster,
in der Mitte bereits einmal geschlossen.
Die die Seitenschiffe trennenden Säulen sind völlig rund mit einfacher runder Stützen
Basis und schmalem Kapital unter polygonaler Platte. An der Nordseite bestehen
diese Kapitale aus spätgothischen stark unterarbeiteten Blattkränzen wie in den Chor-
umgängen, an der späteren Südseite aus einer liegenden Renaissanceguirlande, die
mit Bändern umschnürt ist. An den inneren Säulenreihen setzen die Rippen der
inneren Seitenschiffgewölbe mit einem reich skulptierten Blattkapitäl auf einer i m
langen Dreiviertelssäule auf, die mit einem einfachen Knauf abschliesst. Die beiden
ersten südlichen Joche der äusseren südlichen Seitenschiffe sind sehr einfache Kreuz-
gewölbe, die übrigen und die inneren weit reicher gestaltet. Die den Diagonalrippen
zur Seite tretenden Nebenrippen zeigen die für den Niederrhein typische Art des Auf-
sitzens auf kleinen nasengeschmückten Spitzbogen, Knäufen oder skulptierten Köpfchen,
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Fig. 64. Wesel. Steinmetzieichen aus der Willibrordikirche.
um das für das Auge störende Zusammenströmen von allzuviel Linien in einem Punkte
zu verhindern.
Das Querschiff wird aus drei grossen von Stemgewölben überdeckten, durch Querschiflf
Gurte getrennten Jochen gebildet. Nach N und S je ein fünfachsiges, nach O und
W zu je zwei fünfachsige Fenster nebeneinander, diese in der Mitte bereits einmal
geschlossen. Den Querarmen zugewendet, an den äusseren Säulen wiederum wie im
Mittelschiff und Chor drei mit einem Kapital abschliessende Dienste. Die Vierung
ruht auf vier kräftigen zwölfseitigen Pfeilern, auf 75 cm hoher Basis und mit zierlichen
jungen Diensten an den Ecken, die bis zur Höhe hinaufgeführt sind. Die Pfeiler
enthalten in sauberer Ausführung eine Reihe von Steinmetzzeichen (Fig. 64).
Der Ostteil der Kirche zeichnet sich durch einen grösseren Formenreichtum Osttcii
aus. Der Chor wird von acht Säulen getragen, denen nach innen, wie im Mittel-
schiff, ein alter und zwei junge Dienste vortreten, die mit einem reich skulptierten
Kapital' mit freigearbeitetem Blattwerk abschliessen, darüber ein schmaler Kämpfer.
Die Rippenansätze sind bis zur Trennung der Rippen aus einem Stein gebildet und
tief in die Mauer eingebunden, um hier wirksam den Schub aufzunehmen. Reiche
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i34
KREIS REES
Willibrordi
kirche
Chorumgang
Gewölbe
Stemgewölbe mit oflfenen Schlufssteinen. Die Fenster des Obergadens sind fiinfachsig
mit einem starken Mittelpfosten, altem, überall verschiedenem Masswerk, meist mit
Fischblasenmotiven, das untere Drittel der Fenster versetzt. Im Abschluss selbst nur
zweiachsige Fenster.
Der Chorumgang zeigt in dem erst in der letzten Restauration angefügten Teile
(im Grundriss Fig. 63 sind alle neuen Bauteile schraffiert) einfache Gewölbe mit hüb-
schen Rosetten, die Rippen in den Ecken teilweise mit Überschneidung; reicher und
kühner smd die Gewölbe der älteren Teile ausgestaltet. Die Ecksäule der ersten
inneren nördlichen Seitenkapelle (zugleich Ecksäule der mit einem Sterngewölbe über-
spannten Sakristei) schliesst mit einem rundumgeführten reizvoll behandelten skulptier-
ten Blattkapitäl unter polygonaler Platte ab. An den Aussenmauem sind je ein alter
und zwei junge Dienste herabgeführt, mit reich skulptiertem Blattkapitäl abschliessend,
an den freien Säulen setzen die Rippen auf einer fünfteiligen Konsole auf. Über
dem mit Rundstäben profilierten Ein-
gang zur Sakristei eine dreiachsige
Blende, neben ihr führt eine kleine
rundbogige Thür zu dem hier aufstei-
genden Treppenturm. Das erste nörd-
liche Stemgewölbe des Umganges zeigt
in den Ecken spitz zulaufende, nach
unten gerichtete, völlig freigearbeitete
omamentale Blumen (Fig. 65), in der
Mitte als eine Art zweites freischweben-
des Gewölbe ein nur aus dem Gerippe
bestehender überaus kühner achtseiti-
ger Stem aus acht, mit doppelten Klee-
blattbögen besetzten flachen Rimd-
bögen gebildet. Das nächste Gewölbe
ist einfacher, nur mit hübscher Mittel-
rosette, das dritte wieder mit einem
ähnlichen vierseitigen freischwebenden
Stern und dreiseitigen meisterhaft aus-
geführten Rosetten. An der Südseite
ist das äussere östliche Gewölbe mit dreiseitigen Rosetten besetzt, in der Mitte mit
einem grösseren, von vier Fischblasen erfüllten Medaillon (mit Resten von Wand-
malereien s. u.). Das zweite und erste Gewölbe wurde durch einfache Sterne ge-
bildet, mit Mittelmedaillon und vier- und dreiseitigen Rosetten besetzt.
Die westlich an die Sakristei anstossende nördliche Seitenkapelle zeigt ein in
der Durchfühmng noch vollendeteres freischwebendes Rippennetz, das aber nicht
unter ein anderes gespannt ist. Zierliche Krabben und Blüten, die Blätter immer
mehrmals gewunden und gedreht, von vortrefflicher Ausfühmng, fünf skulptierte Schlufs-
steine, der mittlere mit einem Wappen (der Fischergilde?), die übrigen mit knieenden
Engelsfiguren in reicher faltiger Gewandung, die Leidenswerkzeuge Christi tragend,
ursprünglich polychromiert. Das südliche Seitenchörchen stützen drei Säulen mit frei-
gearbeiteten Kapitälchen unter polygonaler Platte (Fig. 66 u. 67). Von der westlichen
Säule laufen nach beiden Seiten reich profilierte Gurte hin, nach O findet sich ein
fein gemeisseltes Konsölchen, auf dem die Rippen mhen. Die zwei Joche trennen-
den Rippen sind durchweg etwas kräftiger und schwerer gehalten als die übrigen.
Fig. 6S. Wesel.
Rosette aus dem Choruragang der Willibrordikirche.
i34
WESEL
I3S
Das Gewölbe in der ersten Seitenkapelle von W aus ist verhältnismässig einfach mit Wiiiibrordi-
grossem mittleren Medaillon und Rosetten, die Rippen selbst hier schon vielfach ge-
schwungen und ausgerundet. In der zweiten ein fast völlig freischwebendes Rippen-
netz unter das eigentliche Gewölbe gezogen. Die in die Wölbungen eingebundenen
Rippen sind schön geschwungen und spiralförmig gewunden, überdies sehr reich pro-
filiert, das untere freischwebende Netz mit acht im Flachbogen geschwungenen Haupt-
rippen und freigearbeiteten Blumen und Rosetten. Eine gewundene mit Zickzackmuster
versehene Säule verbindet den Mittelpunkt des freien Gewölbes mit dem massiven
Gewölbescheitel. In diese ist ein Eisenhalter eingeschraubt, ausserdem sind eine Reihe
senkrechter eiserner Bänder eingesetzt. Die aus Backstein aufgemauerten Kappen haben
sich teilweise sehr stark gesetzt und gelockert, so dass grosse Lücken entstanden sind.
Die den Hochchor umgebenden steinernen Chorschranken sind in den ersten
westlichen Interkolumnien rechts massiv und geschlossen, links mit sechs Blenden ver-
sehen, im oberen Teil mit nasenbesetzten Rundbogenfenstem mit je drei gewundenen
Chorschranken
Fig. 66 u. 67. Wesel. Kapitale aus den Chorkapellen der WilUbrordikirche.
senkrechten Eisenstangen. Die nächsten beiden östlichen Interkolumnien enthalten
in der Mitte eine Thür, an der Südseite mit zwei kleinen Engelsfigürchen, an der
Nordseite mit einfachen Frührenaissanceomamenten an den Kragsteinen des horizon-
talen Sturzes. Rechts und links von der Thür je drei rundbogige Fenster, in jedem
drei alte gewundene Eisenstäbe.
Das Material des Baues bildete ursprünglich in den Hausteinarbeiten am Altes Material
Äusseren Baumberger Stein aus der Nähe von Münster i. W. ; die Gewände, Pfosten
imd Masswerke der Blenden am Turm bestanden aus Tuff, die Gesimse, einige grosse
Konsolen, das Gewände des Westportales und die Eckquadern der Turm kanten aus
Drachenfelser Trachyt. Alle äusseren Mauerflächen waren mit Tuffsteinen in Ziegel-
format verblendet Im Inneren bestehen die Säulen und Dienste aus Ruhrsandstein,
die beiden östlichen Turmpfeiler sind mit einem starken Hausteinmantel aus Drachen-
felser Trachyt umkleidet, der Kern besteht aus Ziegel- und Tuffmaterial. Die Kapitale,
Konsolen, die Rippen und die grossem Druck ausgesetzten Anfänger der Stemgewölbe
bestanden aus Tuff.
Bei der Restauration erwies sich die Tuffsteinverblendung bis zu einer Tiefe Neues Material
von 3 — S cm als so ausgewettert, dass ein blosses Abscharrieren unmöglich erschien.
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i36
KREIS REES
WiUibrordi
kirche
Würdigung
Lettner
Orgel
um eine gesunde Mauerfläche zu schaffen. So musste die ganze Verblendung erneuert
werden. Für die Herstellung der Aussenarchitektur wurde Obemkirchener Sandstein
gewählt, für alle neuen Architekturteile im Inneren Udelfanger Sandstein, für die Rippen
der neuen Gewölbe Brohlthaler Tuff, nur für die Anfänger der Gewölbe wieder Udel-
fanger Material.
Die Willibrordikirche ist nächst dem Dome zu Xanten die bedeutendste gothische
Anlage des Niederrheins und die glänzendste Leistung der unter holländischem Ein-
flüsse stehenden ostklevischen Bauschule, die ihren Ausdruck in S. Salvator zu Duis-
burg, in S. Willibrord und der Matenakirche zu Wesel, im Langschiff des Xantener
Domes, in S. Aldegundis zu Emmerich findet, im Gegensatz zu der westklevischen durch
Kaikar, Kleve, Kranenburg, Goch, Geldern, Straelen vertretenen Schule. Der Haupt-
unterschied der beiden Baugruppen liegt in Material und der dadurch bedingten
Verschiedenheit der Formensprache: die westklevische hat ausschliesslich Backstein-
bauten aufzuweisen, die ostklevische beinahe ausschliesslich Hausteinbauten. In der
Anlage der Kreuzkirche mit mächtigen Kreuzgiebeln gleicht die Willibrordikirche der
Salvatorkirche zu Duisburg, sie übertrifft aber alle Genossinnen in der Ausgestaltung
des Chores, in dem sich sowohl der kölner wie der holländische Einfluss, vor allem
das Vorbild der Groote Kerk zu Arnheim zeigen. Wie am Dom zu Utrecht, an der
Stephanskirche zu Nymwegen oder an der St. Janskerk .zu Herzogenbusch war ein
Kapellenkranz geplant, dessen Fundamente bei der Restauration unter dem Strassen-
pflaster blossgelegt wurden, dessen Herstellung jedoch unterblieb. Vor allem sind die
Formen des Westturmes charakteristisch für diese Gruppe von Bauten: zu unterst ein
riesiges Portalfenster, wie es ausserdem an der Matenakirche und der Salvatorkirche
in fast den gleichen Abmessungen wiederkehrt, und dann der eigentümliche Abschluss
der Turmgallerie, deren Pfeiler auf Halbpfeilern, diese wieder auf Säulen mit Kragsteinen
ruhen, ein ganz speziell holländisches Motiv, wie es vor allem an der Walburgiskerk
zu Zutphen und der Nieuwe Kerk zu Delft sich zeigt. Die enge Verwandtschaft mit
Duisburg ist urkundlich beglaubigt: man nahm für den Turm die Abmessungen des
Salvatorkirchturms zum Vorbild. Von der grössten Vollkommenheit und Schönheit der.
Zeichnung und Durchführung — leider nicht von der grössten Solidität — sind die
anmutigen und kühnen Gewölbe im Ostteil, in denen jede Rosette mit auserlesenem
Geschmack gezeichnet ist. Ähnliche freischwebende Gewölbenetze finden sich noch
an der Stadtkirche zu Pirna (Steche, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und
Kunstdenkmäler Sachsens, Pirna S. 62, Taf. 6), in St. Leonhard' zu Frankfurt a. M., in
der Schlosskirche zu Meisenheim, vor allem in der Pfarrkirche zu Ingolstadt (Dohme,
Geschichte der deutschen Baukunst S. 18S. — Abb. bei Riehl und v. Bezold, Die
Kunstdenkmale des Königreichs Bayern, I, Atlas).
Lettner, interessantestes durchbrochenes gitterartiges Holzschnitzwerk des Died-
7 ich ther Hey den (Archiv B. XXII, 12) vom J. l6o4 (EwiCHius p. 21. — Gantesweiler
S, 62), in fünf Felder zerfallend, ein jedes mit fünf oder drei Stützen, die aus wechseln-
den kanellierten geschwellten Säulen oder kanellierten Säulen mit mittlerem Knauf be-
stehen. Die Felder getrennt durch kanellierte Pilaster, darüber ein schmales Kapital
mit Eierstab, am Unterbau eine schön modellierte Kartouche mit rundem Mittelschild,
verziert mit Putten und Fruchtranken. Den oberen Abschluss bildet ein weit vor-
gekragter Architrav, auf der unteren Seite kasettiert. An der Westseite lehnen sich
an den Lettner die einfachen sechssitzigen Renaissance -Chorstühle an.
Orgel von i645 (Gantesweiler S. 62. — Ewichius p. 21), interessanter und
durch die guten Verhältnisse wirkungsvoller dreiteiliger Aufbau.
i36
WESEL
l37
Willibrordi
kirche
Rpitaphieii
Grosses Epitaph des i574 verstorbenen Otto von Münchhausen* im südlichen
Querarm, Stein, ursprünglich polychromiert, im Aufsatz die Alliancewappen von Münch-
hausen und von Rheden, der krönende Architrav mit dem geschweiften durchbroche-
nen Giebel getragen von Kriegergestalten als Karyatiden, zur Seite je eine sitzende
allegorische weibliche Figur. Das Mittelfeld wird von kanellierten Säulen flankiert,
diesen zur Seite eine männliche Karyatide. In der Mitte die Inschrift: nobilitate
VIRTUTE AC pietate praestanti ottoni a munchausen, hilmari, viri domi
MILITIAEQUE EXIMII, GERMANIAE DECORIS F. FRATRES MOERENTES H. M. M. FRATRI
AMORIS ERGO P.
NOBILIS HOC SAXO TEGITUR MUNCHAUSIÜS HEROS
OTTO, VESALII DIGNUS HONORE SOLI,
QUEM VIX EMENSUM VITAE TRIA LUSTRA DUOQUE
SUSTULIT IMMERITA PARCA MALIGNA NECE.
HEI MIHI QUAM PRAESTANS PIETATIS IMAGO PATERNAE,
QUOD DECÜS ILLUSTRI IN STIRPE FUTURUS ERAT,
QUAM PATER HILMARUS PRIUS ILLUSTRAVERAT ARMIS
AGMINA DUCENDO BELGICA ET AUSTRIACA,
QUAM PORRO ILLUSTRANT VARIIS VIRTUTIBUS ISTAEC
JUSTA SUO FRATRI QUI MONUMENTA LOCANT.
HING VIVET PATER HILMARUS, HING FILIUS OTTO,
HING VIVENT FRATRES LAUDIBUS USQUE SUIS.
VIX. AN. XXVL M.IIILD.XX,
DECESSIT AN. M.D.LXXIIII. XII. MAIL
Umgeben von den Wappen derer von Werpe, von Wede, von Hasberg, von
Steinberg, von Rutenberg, von Casterode, von Schulenburg, von Holte, von Barner,
von Gwicheld und zwei weiteren. Darunter auf einer von zwei schwebenden Gestal-
ten gehaltenen Tafel die Inschrift: dis monument habn die edle und ehrenfeste
HANS, STATIUS, HILMAR UND GORT VON MUNCHHAUSEN, GEBRÜDER, DES HERREN
OBRISTEN HILMARS SELIGEREN SÖHNE, OTTO VON MUNCHHAUSEN, IHREN LIEBEN BRUDER
SELIGEREN ZU EHREN SETZEN LASSEN, DER GELEBT 26. JAHR I8. WOCHEN 5. TAGE UND
ANNO l574 DEN 12. MAI SELIG IN CHRISTO ENTSCHLAFEN.
Denkstein des Peregrinus Bertie, Sohn des Grafen Richard Bertie und seiner
Gemahlin Katharina, Herzogin von Suffolk, geb. am 12. Okt i55S in Wesel; erneuert
1680 (Inschrift bei Fiedler, Inschriften S. i3. — Gantesweiler S. 63).
Epitaph des Konrad von Heresbach (t i4. Okt. i576) und seiner Gemahlin
Mechtilde von Dunen mit den Wappen und den Inschriften: conrado heresbachio
jurisc: mechtildi a dunen coniugi con. heresbacHii (Fiedler, Inschriften S. i4).
Eine sehr bedeutende Sammlung von Epitaphien, wichtig durch eine Reihe von
kirchengeschichtlich und litterargeschichtlich bedeutenden Namen, enthält die v. Dorth-
sche Inschriftensammlung auf der Fahnenburg Bl. i9i, 2o3, 283 — 348. Einige gedruckt
bei Fahne, Das Geschlecht Mumm I, S. 92.
Eine Reihe von vorhandenen Grabsteinen sowie einzelne Skulpturen sind zur
Zeit (während der Dauer der Restauration) unzugänglich.
Deckengemälde. Nach Hillenkamp, Was unter der Tünche sass: Rhein.- Deckengemälde
Westföl. Volkszeitung vom 3i. Juli i89i. Die Gewölbe waren, noch während am Chor
gebaut wurde, von den einzelnen Weseler Gilden und Zünften ausgemalt worden,
deren Embleme hier angebracht sind. In der nördlichen Seitenkapelle sind an den
Rippen die Schlufsstücke, Kreuzungen und Endblumen durch Gold, Grün, Rot, Gelb,
Schwarz und Blau hervorgehoben. In den Kappen Rankenbänder, die in kreuzblumen-
Inschriften
i37
i38
KREIS REES
Willibrordi.
kirche
Im Norden
Im Süden
Johanniter-
komthurei
Geschichte
Kirche
artige Blätterbildungen auslaufen: die Motive bilden frei und zierlich angeordnete
Stengel, Rohr- und Binsenkolben.
Das dem Kreuzschiff westlich zunächst belegene äussere nördliche Joch hat die
S. Sebastiani-Schützengilde im J. i5o9 ausmalen lassen. In dem äussersten nördlichen
Zwickel das Martyrium des h. Sebastian. Im nächsten Joch die Reste zweier männ-
licher Gestalten. In dem nach Westen anstossenden Joch haben die Schneider ihr
Wappen mit der grossen Schere angebracht. In der Mitte eine weibliche Heilige in
schöner Gewandung mit grossem Schleier. Die Blattomamente, die hier in der Art
von Makartbouquets aus den Ecken hervorwachsen, sind von einem ausserordent-
lichen Reichtum der Formen und graziösester Zeichnung — der Reichtum an Motiven
und phantastischen Blüten ist fast unerschöpflich.
Das zweite Gewölbe des inneren nördlichen Seitenschiffes ist von den Fleischern
ausgemalt. Als Schildhalter ihres Wappens erscheint ein stolzer rechtsgewendeter Adler
von prachtvoller heraldischer Zeichnung.
Von den beiden südlichen Seitenschiffen ist nur das innere durch reiche Malerei
ausgezeichnet. Das Rippenwerk farbig behandelt. Das äussere östliche Feld zeigt
in seinem Schlussringe die Sinnbilder der vier Evangelisten mit Namensinschriften.
Die den Schlussring bildende Rippe ist schwarz gefärbt, in den durch das Masswerk
gebildeten Fenstern die Symbole. Besonders reich waren die westlich vom Querschiff
gelegenen Joche bemalt, die Gewölbekappen jedoch so schadhaft, dass sie ersetzt
werden mussten. In dem zierlichsten Blattwerk schwebten Engelsfiguren mit Albe und
Stola bekleidet, die auf Spruchbändern Worte des Gloria hielten.
Im I. Joch in den vier Kappen: gloria in excelsis deo — et in terra
FAX HOMiNiBUS BONAE voLUNTATis. — LAUDAMUS TE. Bischof mit lockigem Haar,
Vespermantel und Hirtenstab. — benedicimus te.
Im 2. Joch : adoramus te — glorificamus te. — In den beiden letzten Kappen
nur Reste von Blattwerk.
Im 3. Joch : gratias agimus tibi. Der Engel mit goldenem Lockenhaar, die
grünlichen Flügel mit Pfauenaugen. — Engelkopf mit goldenem Haar. — domine
DEUS — REX CELESTIS.
Im 4. Joch: deus pater omnipotens. — domine fili unigenite — jesu
CHRiSTE — DOMINE DEUS. Der Schlussring zwischen dem 4. und S. Joch enthielt
das AGNUS DEi in Stein gearbeitet, mit der Kreuzfahne.
Im 5. Joch: filius patris — qui tollis peccata mundi, Miserere nobis.
— QUI TOLLIS peccata MUNDI — SUSCIPE DEPRECATIONEM NOSTRAM.
JOHANNITER KOMTHUREI, jetziges Proviantamt. EwiCHius p. 22.—
Gantesweiler S. 7o.
Handschr. Qu. Im Stiftsarch. zu Xanten: Acta auswärtiger Klöster 5, Pacht-
register des 16. Jh. — Im Proviantamt: Gesch. der Gebäude Acta 39 (tit. IX, sect. I, Nr. 2).
Das I29i vom Ratsherr Heinrich von Loenen gestiftete Franziskanerkioster ward
i3o7 auf Ansuchen Hermanns von Mainz den Johanniter-Malteserrittem übergeben,
die i4i8 durch ihren Ordensbruder Johann von Cruze eine Reihe ansehnlicher Gebäude
um die I29i errichtete Johanniskirche erbauen Hessen. Im J. 1806 ward die Johanniter-
kommende aufgehoben imd die Gebäude der Militäradministration überwiesen, 18 14
bei der Besitznahme Wesels zu Magazinen eingerichtet und 1820, 1822 und 1829 im
Inneren zu diesem Zwecke ausgebaut.
Die alte einschiffige Johanniskirche mit rechtwinkeligem Chorabschluss ist
nur in den Aussenmauem erhalten, die alten Fenster sind vermauert imd neue ein-
i38
WESEL
l39
gebrochen. Zweimal abgetreppte Streben, zum Teil ehemals nach innen gezogen. Johanniter-
Nach Osten zu (nach der Mühlenstrasse) fünf schmale Blenden im Giebel. Die fünf
grossen Kreuzgewölbe mit scharfprofilierten Rippen und skulptierten Schlufssteinen sind
über dem Speicher noch erhalten. An die Kirche ist i4i8 nach dem Hofe zu eine hohe
zweistöckige Sakristei angebaut worden, im Erdgeschoss mit zwei durch Gurten ge-
trennten Gewölben, das südliche ein zierliches Stemgewölbe, dessen Rippen auf Kon-
sölchen aufsetzen. Den Schlufsstein des nördlichen Joches bildet ein bärtiger Kopf.
Nach Westen stossen noch zwei niedrige mit Kreuzjochen überspannte Räume an,
nach Osten das Treppenhaus.
Der der Kirche gegenüber auf der Nordseite des Hofes gelegene Ordens- Remter
remter enthielt ehemals übereinander zwei grosse und geräumige Säle. Im oberen
Räume an der West- imd Ostseite je ein Kamin, der im Westen mit steinernem Aufsatz ;
die flache Balkendecke liegt auf Querbalken, die mit Wandbolen und Winkelbändem
auf Kragsteinen ruhen. Sieben Fenster mit Steinkreuzen an den Aussenseiten, in den
Fensterwandungen niedrige Sitze. An der Ostseite des grossen unteren Sitzungssaales
das 2,60 m breite, fast verblichene Wandgemälde der Kreuzigung, von i5oo, in fast Wandgemälde
lebensgrossen Figuren, gut in der Haltung, mit grossartigen Köpfen, die Nimben ur-
sprünglich mit Gold und Inschriften, landschaftlicher Hintergrund. An den Wänden
hatten die Komthure Franz von Sonnenburg und Johann Jakob von Pallandt i663
die Namen und Wappen sämtlicher Ordensmeister anbringen lassen. An der Ostseite
darunter die Inschrift:
PRO CHRISTI PUGNARE FIDE HOC SUNT ORDINE SCRIPTI
CONSUETI. VIVANT, TURCICA GENS PEREAT.
An dem fünfseitigen Treppenturm nach dem Hof zu eine Inschrifttafel mit
der Inschrift: anno domini mccccxviii fuit haec domus aedificata per fratrem
JOHANNEM CRUZE BALIVUM WESTPHALIAE .... DIVA VIRGO MELITENSIUM ORDINIS
COMMENDATOR. Darüber ein von zwei Engeln gehaltenes Band und die Wappen des
Johanniterordens und des Erbauers.
Untergegangene Klosteranlagen:
PRÄMONSTRATENSERKLOSTER AVERDORP, im J. 11 25 errichtet
(vgl. oben S. 126), im J. iS87 von den Bürgern mit der Vorstadt gleichen Namens zer-
stört (Bericht über die Niederreissung Wesels, Stadtarchiv, Ratsprotokoll vom 9. Juli
i587. — Bericht Caps. i44, Nr. 7, 22). Vgl. ausführlich Ewichius p. 18. — Gantes-
WEILER S. 29. — Sacri et canonici ordinis Praemonstratensis annales, Nancy i734, II,.
p. 1068. — J. D. V. Steinen, Kurze Beschreibung der hochadeligen Gotteshäuser
Kappenberg und Scheda wie auch des hochadeligen Stifts Avemdorp, Dortmund i74i,
S. 35. — J. Heidemann, Statut vom J. 1666: Berg. Zs. V, S. 201. — Binterim u.
Mooren, E. K. I, S. 12S.
AUGUSTINERKLOSTER. Ewichius p. 22. — Gantesweiler S. 74. —
Nrh. i879, S. 44. In der Ritterstrasse dem Fraterhause gegenüber gelegen, i325 als
Tochterstiftung des Klosters Marienthal angelegt, die Kirche i334 erbaut (Xanten,
Stiftsarchiv, Pels, Sammelbd. I, Bl. 353), i553 von Marienthal getrennt, 1628 die Kon-
gregation durch die holländische Besatzung vertrieben (Ann. d. Dominikanerklosters p. 5).
KARTHÄUSERKLOSTER AUF DER GRAFENINSEL. Teschen-
macher p. 296. — Gantesweiler S.36. — Nrh.G. 1882 S.49. — Ausfiihrlich R. Schöl-
ten, Das Karthäuserkloster Insula Reginae Coeli auf der Grave bei Wesel : Ann. h.
V. N LH, S. 61.
Kloster
Averdorp
Augustiner,
kloster
Karthäuser*
kloster
i39
l4o
KREIS REES
Karthauser-
klotter
Gründung
Kloster
Mariengarlen
Be.
festigungen
Quellen
Älteste
Befestigung
Erweiter ungs«
bnuten bis 1614
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 247 Urk. von i4i9
bis i793. — Kopiar B. i58, 292 Bl., geschrieben von Joannes Mauritius van deSandt
im J. 1682, mit Urk. von i4i9 ab. — Über die Akten Ilgen, Rhein. Archiv S. i3o.
Das Kloster ward von Herzog Adolph I. sofort nach seiner Standeserhöhung
im J. i4i7 begonnen und i4i9 am 2. Febr. dotiert. Der KJosterbau wurde i426 voll-
endet (Gert van der Schuren ed. Schölten p. io4), die einschiffige Kirche i428
eingeweiht. In den J. i583, i584 und i586 wurde das Kloster zerstört und verwüstet,
zuerst durch die Geusen, dann durch die Kölner, endlich durch die Moersischen;
i59o wurde die Kirche, nachdem die Gebeine der fürstlichen Persönlichkeiten in die
Dominikanerkirche überführt worden waren (s. o. S. 11 9), von den Weseler Bürgern
demoliert und abgetragen.
KLOSTER MARIEN GARTEN. (Ganteswfiler S. 9o. — Die Beguinen-
häuser Wesels: Berg. Zs. IV, S. 85.) Im J. i43i vom Magistrat in der Matena gestiftet,
16 12 aufgehoben; die i462 erbaute Kirche 16 12 den Wallonen überwiesen, 1629 von
den Jesuiten eingenommen, i774 auf Abbruch verkauft; die Klostergebäude 16 12 dem
Gymnasium überwiesen. Inschriften daselbst in der v. Dorth sehen Inschriftensamm-
lung Bl. i77.
BEFESTIGUNGEN. Ewichius p. 24 ausführlich.
Handschriftl. Qu. In der Kgl. Fortifikation zu Wesel: R. Pagenstecher,
Fortifikatorische Geschichte der Festung Wesel (i833 — 1835), Hs. weitergeführt von
Ingenieur- Hauptmann Schmidt. — Mappe mit 26 Plänen (vgl. oben S. 11 7). — Fran-
zösische Memoires über die Festung (Fach 26): Rapport sur les travaux et dispositions
ä faire pour mettre la place de Wesel en etat de siege, redige par l'ordre de S. E.
M. le Duc de Valmy i8o9. — Memoire rais. sur la Situation actuelle des fortifications
de Wesel i8i3. — Mem. sur les places de Wesel et d^Emmerich 1806. — Verzeichnis
der Kommandanten und Gouverneure von i6i4 an.
Die Geschichte der Festung Wesel giebt besser als die irgend einer anderen
niederrheinischen Stadt zugleich eine Entwicklung des rheinischen Befestigungsbaues
durch sechs Jahrhunderte.
1. Älteste Befestigung von i38S — 1S82. Mit dem J. i385 beginnt die Um-
mauerung der Altstadt; in diesem Jahre Hess der Stadtrentmeister Rudgerus Spare-
maker die alte Klosterpforte (Rheinthor) bauen, zugleich wurde die Mauer zwischen
Steinthor (am Ende der Niederstrasse) und Viehthor errichtet, i39i wurde das Stein-
thor als Innen thor aufgeführt, das Fischerthor und die alte Mauer zwischen Stein-
und Klosterthor angelegt, i392 ein viereckiger Turm auf dem Löwen thor errichtet
Das Viehthor wurde erst i4o3, das Kreuzthor i5oo erbaut.
Die Vorstadt Matena wurde im Anfang des 16. Jh. mit einem eigenen Mauer-
ring umzogen. Das alte Brünner Thor wurde i525, das Damische Thor i527 erbaut
Im J. i568 wurde das Rondel am Damischen Thore erbaut, i573 die alte Mauer zwischen
Löwen- und Kreuzthor abgebrochen und neu errichtet, i578 der Wall am Kreuzthor
angefangen, i58o fortgeführt und erweitert, i58i das Fundament zum Rondel am
Löwenthor gelegt. Abbildung dieser Befestigungen auf dem Plan von Hermann Hammel-
man (s. o. S. ii5 Nr. 2. — Fig. 68).
2. Erweiterungsbauten bis zum J. i6i4. Am 7. Mai i582 beschlossen die
in der Willibrordikirche versammelten Bürger, auf mehrfaches Anraten des Landes-
fürsten, die Stadt in eine Notfeste zu verwandeln.
Das Fiesgensbollwerk wurde sofort begonnen und noch im selben Jahre voll-
endet, die alten Türme repariert und die Gräben erweitert. Am i4. August i582 reichte
i4o
WESEL
l4l
der Fortressmeister Johann Kompütt drei Pläne ein, doch beschloss man am 21. August
nur, die zerfallene Festung zu reparieren. Den ,auf dem Steinwege* wohnenden Bürgern
wurde erlaubt, diese Vorstadt zu befestigen.
Das Kasemattenbollwerk wurde i583 erbaut (Kontrakt im Stadtarchiv).
Meister Amt Bayerschen errichtete es für 4ooo Karolin. Gulden, jedoch ohne Mauer-
arbeit; das Tausend Steine zu legen wurde für 48 Albus verdungen. Der Wall am
Kreuzthor wurde i584 — 1585 erbaut, der Wall zwischen Kloster- und Steinthor i586,
i587 der Stadtgraben vom Steinthor nach dem FlesgensboUwerke, i59o das Bollwerk
am Steinthore vollendet, i595 das neue Steinthor erbaut, i597 der Wall zwischen
Löwen- und Klosterthor, i598 der Graben von der Gurtspforte bis zur Stadtmauer.
Be-
festigungen
Fig. 68. Wesel. Ansicht der Stndt aus der Vogelperspektive von Hermann Hammelman vom J. 1572.
Im J. 1601 ward ein äusseres Brüner Thor von Holz erbaut, i6o4 das Bollwerk, i6o5
das Rondel an der Klosterpforte. Schon am i5. Aug. i592 reichte der herzogliche
Baumeister Joh. von Pasqualin drei neue Entwürfe ein : er verlangte geräumige Bastionen
mit langen Flanken, breiten und tiefen Gräben, einen breiten und gut bestrichenen
gedeckten Weg, hohe Kavaliere und breite Wallrücken — sie blieben unbeachtet wie
die am 6. Aug. 1611 vom Ingenieurkapitain Abraham van Nieveit eingereichten Pläne
(erhalten im Archiv Nr. 4).
3. Spanisch-Niederländische Befestifiruneen i6i4 — 1680. Die Spanier Spanisch. Nieder-
^ ^.TT . 1 . * lÄndische Bauten
legten i6i4 eine neue Befestigung an. Vor den alten Werken errichteten sie Aussen-
werke, am rechten Rheinufer eine grosse Schanze und gegenüber eine Redoute, die sie
durch eine Schiffsbrücke verbanden. Auch an der Lippe wurde eine grosse Schanze
errichtet. Zur Bewässerung der Festungsgräben gruben sie den Isselkanal. Die Nieder-
l4i
142
KREIS REES
Be-
festigungen
Umgettaltung
der Festung
länder, die 1629 Wesel eingenommen, vollendeten die Entwürfe der Spanier: i634
wurde das alte Brüner Thor geschlossen, und ein neues nicht weit davon mit Durch-
brechung des Walles erbaut, 1 64o wurde mit Meister Bemdt von Jülich ein Kontrakt
über die eingestürzte Kurtinenmauer zwischen den Bollwerken am Stein- und Fischer-
thor abgeschlossen.
4. Gänzliche Umgestaltung der Festung nach dem Systeme Vaubans
und Coehoms 1680 — 1763. Der grosse Kurfürst beabsichtigte, die Stadt auf das stärkste
zu befestigen nach den Grundsätzen Vaubans, Den Plan machte 1680 der Haupt-
mann Dupuy (Fig. 69). Im J. i687 wurde mit dem Bau der Citadelle begonnen, i696
Fig. 69. Wesel.
Grundriss der spanischen Befestigungen v. J. 1614 (punktiert eingezeichnet die Erweiterungsplaae Dupuys t. J.1680)«
Verminderung
der Werke
das Löwenthor demoliert, i728 das Mehlmagazin am Berliner Thor errichtet Im
J. i737 wurden verbraucht (Baumaterialienrechnung im Stadtarchiv): i85 Latten für
die Bedeckung der Pallisaden, 3 80 Stück Bord zur Ziegelei und zur Bedachung des
Klever Thores, 2125 Eichenbretter zu Brücken- und Laufdielen, io54zweizöllige eichene
Planken zur Reparatur der Citadellenbrücke, 4572 Malter Kalk, 680 Tonnen Cement,
S5o Kubik Fuss Hartstein, 1260000 Stück Ziegel, 100 000 Pallissaden, 7754 Pallissaden-
leisten. Von i689 — 1 72 1 war der Hauptmann von Corbin der Leiter der Festungsarbeiten,
seit i720 der berühmte de Bodt, der Erbauer des Berliner Thores (s. u.).
5. Verminderung der Werke nach dem siebenjährigen Kriege i763 — 1788.
Am 6. Juni i763 kam Friedrich IL nach Wesel und befahl Schleifung mehrerer Werke.
Die Contregarden vor den Bastionen 3, S, 6, 7, 8, das Ravelin vor dem Berliner
l42
WESEL
I43
Thor und sämtliche Lünetten, Enveloppen und der gedeckte Weg der Stadtbefestigung,
die äusserste Enceinte der Citadelle vom Berliner Thor bis zur Lippemündung wurden
eingeebnet.
6. Wiederherstellung der Werke i788 — 1806. König Friedrich Wilhelm IL
befahl am i3. Nov. i787 die Wiederherstellung. Der Major von Schaler arbeitete die
Pläne aus zur Anlage eines Ravelins vor dem Berliner Thor, des Glacis und des ge-
deckten Weges um die Stadtbefestigung, der Pallissadierung des gedeckten Weges,
zur Herstellung der Ravelins, Contregarden, Escarpen und Contrescarpen. Die Ar-
beiten wurden von i788 — 1806 vollendet.
7. Französische Anlagen 1806 — i8i4. Auf der Rheininsel wurde die Cita-
delle Bonaparte errichtet, auf dem linken Rheinufer die Citadelle Napoleon, später
Fort Blücher, deren Kosten allein 2 9o9i2o Frcs. betrugen. Wesel sollte nach Napo-
leons Plänen die nördliche Grenze des Reiches decken, Belgien und die linke Seite
der Rheinbundländer flankieren. Die Befestigung des rechten Rheinufers sollte als
Brückenkopf angesehen, in dieser Bestimmung erhalten und möglichst verbessert werden,
Be.
festigungen
Wieder,
herstellung
Franiösische
Anlagen
Fig. 70. Wesel. Innenansicht des Berliner Thores.
auf dem linken Ufer sollte eine neue Festung nebst Citadelle angelegt und die Büde-
richer Insel als der Kern des Ganzen betrachtet werden. Napoleon schreibt am
i7. März i8o9: La citadelle Bonaparte semble la partie la plus forte de la place de
Wesel et les choses ont ete arrangees pour que la citadelle de Wesel, la citadelle Bona-
parte et la citadelle Napoleon forment une place tres-forte. Ainsi l'ennemi ne s'amu-
sera pas ä prendre la ville, puisqu' apres l'avoir prise il n'aura rien du tout.
8. Erneuerungsbauten i8i4 — 1834.
An der i687 begonnenen Citadelle ist der i7i8 erbaute, 1823 erneute Thor- Ciudeiie
bau von architektonischem Interesse. Der der Stadt zugekehrte sehr wirkungsvolle
mit bossenartigen Querbändem versehene, ganz aus rotem Sandstein errichtete Mittel-
teil zeigt ein mächtiges Portal in einem Mittelrisalit zwischen zwei Halbsäulen, seitlich
an der Fa^ade je einen Pilaster, dazwischen grosse Nischen. Der stark betonte Ar-
chitrav mit der Attika, das hervortretende Sockelgesims heben die Umrisse nur noch
mehr hervor. Die Durchfahrt ist mit 372 Kreuzjochen überwölbt. Im Inneren treten
dem Mittelbau zwei Flügel zur Seite, die ähnlich wie das Berliner Thor im unteren
Stockwerk Arkaden enthalten.
An Stelle der 1S27 vollendeten Damischen Pforte ward i7i8 die grösste und Berliner Thor
künstlerisch bedeutendste der Weseler Thoranlagen begonnen, das Berliner Thor
i43
144
KREIS REES
Be-
festiguni^en
Geschichte
(Gantesweiler S. 47. — Westphäl. Magazin II, i786, 7, S. 2 77. — Antiquarius des
Rheinstroms II, S. 845. — Kleefsche Waterlust, Amsterdam i752, p. 238. — Fiedler,
Inschriften S. 24. — Corn. Gurlitt, Geschichte des Barockstiles und des Rococo in
Deutschland II, II, S. 4i4). Es wurde nach den Plänen von Jean de Bodi errichtet und
nach vierjähriger Arbeit i722 vollendet. Nach einem Bericht des Majors von Schöler
an König Friedrich Wilhelm II. vom 22. Dec. i787 betrugen die Kosten 7ooooThalcr.
Im J. i79i ward das Aussenthor seiner Attika mit der Inschrift und der krönenden
Skulpturen beraubt. Das Thor, mit einem für die damalige Zeit ausserordentlichen
Kostenaufwand hergestellt, galt im ganzen 1 8. Jh. und mit Recht als ein Meister-
werk der Ingenieurkunst. Der Baron Pöllnitz sagt in seinen Memoiren in einem am
I. Sept. i732 zu Kleve geschriebenen Briefe: Ce qui merite dans cette ville Fattention
Fig. 71. Wesel. Grundriss des Berliner Thores.
d'un voyageur, c'est la porte de Berlin, dont Mr. Bodt a donne les dessins. Je n'ai
rien vu ailleurs de plus beau et de plus parfait en ce genre, und der Chronist Wesels
nennt es ein Meisterstück in der Baukunst, das von Kennern mit Recht bewundert wird.
Würdigung Der künstlerische Wert des Bauwerkes liegt nicht so sehr in dem plastischen
Schmuck, der an der Aussenseite etwas akademisch gehalten ist, als in der vollendeten
Linienführung und den äusserst harmonischen wirkungsvollen Verhältnissen. Die beiden
geschweiften Flügel leiten das Auge von selbst zu dem mächtigen Mittelbau über, der
stämmige Aussenbau, abweisend und einladend zugleich in seinem pathetischen Skulp-
turenschmuck und seiner toskanischen Ordnung, erhält wiederum von den kahlen
Rückseiten der Flügel den passenden Hintergrund. Der interessante Bau, mit dem
die Namen dreier preussischer Herrscher verknüpft sind, konnte als ein geschicht-
liches Monument den künftigen Geschlechtem leider nicht intakt erhalten bleiben als
letzte glänzende Erinnerung an das eingeschlossene Wesel : die beiden Flügel mussten
i892 den Arbeiten der Stadterweiterung weichen. Er ist das letzte Werk aus der
i44
WESEL
145
preussischen Periode Jean de Bodt's (i67o — 1745), der hier an den Halbkreisarkaden »e.
einem seiner früheren Werke, dem Hofabschluss des Stadtschlosses zu Potsdam, folgte,
einem Motiv, das er selbst als Neuerung aus England, wahrscheinlich von der Gateway
am Queenscollege zu Oxford, eingeführt hatte (Corn. Gurlitt II, II, S. 378, 397, 4 lo.
— L. DussiEUX, Les artistes fran9ais ä l'etranger, Paris i856, p. 56).
Der Thorbau ist aus Backsteinen und Bentheimer Bruchstein errichtet. Der Beschreibung
der Stadt zugewendete nischenförmig ausgerundete Mittelbau (Fig. 7i) wird von Mittelbau
zwei 2,5o m breiten Risahten
flankiert, von denen eine Platte
mit einer Trophäe im Flach-
relief sich abhebt, darüber Tro-
phäen mit aufgepflanzten Har-
nischen. Über dem um den
ganzen Bau herumgeführten
stark vorgekragten Architrav
erhebt sich der reiche Skulp-
turenschmuck, zunächst eine
Trophäe, in der Mitte ein
Amazonenschild mit Medusen-
haupt und ein römischer Helm,
darüber zwei auf die Brüstung
gelehnte sich reckende stark
bewegte Gefangene, nur mit
einem Manteltuch, das lose um
ihre Glieder geschwungen ist,
bekleidet, zwischen ihnen in
einer Kartouche ein Schild mit
dem gekrönten Namenszug f. r.
und der Kette des Schwarzen
Adlerordens, darüber zwei Ad-
lerfänge und ein Busch von Pal-
menwedeln. Die ganze Gruppe
überaus wirkungsvoll, in der
Bewegung wie den Umrissen
gleich gelungen, unter Schlüter-
schem Einflüsse koncipiert, der
eine Gefangene direkt an die
Figur vom Denkmal des Grossen
Kurfürsten in Berlin erinnernd.
Die geschweiften Flügel mit je sieben 2,5o m breiten Bogen. Während die Flügel
grossen viereckigen Pfeiler selbst keine Kanten Verblendung zeigen, ist der Bogen von
einem Hausteinrahmen eingefasst, ebenso zieht sich um die Höhe der Pfeiler ein
Band herum. Als Schlufsstein eine Trophäe. In dem Umgang flache Gratgewölbe,
in den Seitenflügeln vorn je drei gedrückte Kreuzgewölbe mit Gurten dazwischen.
Die Durchfahrt besitzt eine Breite von 4,5o m, die mittlere Kuppel eine solche Durchfahn
von 8,20 m. Die erstere ist mit flachen Tonnen überspannt, in den seitlichen Wan-
dungen Halbrundnischen, mit einem Helm als Schlufsstein gekrönt. Die grosse flache
Mittelkuppel ist sehr sorgföltig aus im Kreise gelegten Ziegeln aufgemauert, durch
Fig. 72. Wesel. Au8s«iiansicht des Berliner Thores.
145
i46
KREIS REES
festigungen
Ausnenbnu
den ganzen Innenbau ist eine Horizontallisene gelegt. Die ganze Konstruktion der
Kuppel und der Durchfahrt ist äusserst beachtenswert durch die geneigte Richtung
des Ganzen, der alle horizontalen Profile folgen mussten : die Schwierigkeit der Kuppel-
bildung ist mit Virtuosität üben\unden.
Der Aussenbau (Fig. 72), dessen Wirkung durch den halb zugeschütteten Sockel
und die mangelnde Attika etwas beeinträchtigt ist, wird von einem Architrav gekrönt
mit Metopen und TrigK^^hen, in den ersteren Trophäen. Über dem mittleren Risalit
ist der Architrav weit vorgekragt, an den Seiten nur bandartig an den Mauern hin-
gezogen, während die kassetierte, an der Unterseite mit Tropfen versehene Deck-
platte weit vorsteht. Das Portal wird flankiert von zwei Paaren von dorischen Säulen
Fig. 73 Wesel. Ansicht des Klever Thores.
Skulpturen-
schmuck
mit flacher Basis auf hohem Sockel. Zwischen ihnen stehen zwei überlebensgrosse
Sandstein figuren, links die Minerva, auf den Schild gestützt, in der Rechten einen
Speer, das helmbekrönte Haupt nach innen gewandt, rechts Herkules, die Keule ge-
schultert, das Löwenfell, das ihm von der Schulter herabsinkt, über einen Eichenklotz
geworfen, mächtiges lockiges Haupt auf muskulösem Körper. Über ihnen zwei Flach-
reliefs. Links ein Adler der über einer bergigen Landschaft der durch die Wolken
brechenden strahlenden Sonne entgegen fliegt, mit der Inschrift: non soli cedit; rechts
ein ruhender Löwe, den mächtigen Kopf nach vom gekehrt, zwischen Lorbeer und
Eiche, mit der Inschrift: in ipsa quiete timendus. Im Tympanon des Portales ein
Relief, den Rhein und die Lippe darstellend, auf durch wehende Schilfwedel gebildetem
unruhigen Hintergrunde (nicht Neptun und Ceres). Das Relief ist flach und schwäch-
lich, die übrigen Skulpturen kräftig und tüchtig, wenngleich akademisch ausgearbeitet
Bis i792 ward der Aussenbau gekrönt von einer grossen Trophäe mit dem preussischen
146
WESEL
i47
Wappen, flankiert von zwei Gestalten der posaunenblasenden Fama, darunter auf der .Bc
'^'^ * festigungen
Attika die Inschrift: URBIS et ARCIS MUNIMENTA A FRIDERICO WILHELMO ELECTORE Ehemalige Atdka
BRANDENBURGICO SUSCEPTA, A FRIDERICO I. REGE BORUSSIAE AMPLIATA, FRIDERICUS
WILHELMUS BORUSSIAE REX, FRIDERICI I. FILIUS, FRIDERICI WILHELMI NEPOS, DIGNA
REGIO NOMINE MUNiFiCENTiA ABSOLVIT MDCCXXii (die Platte jetzt in einzelnen Stücken
auf dem alten Judenkirchhofe erhalten). Der ganze plastische Schmuck ist eine Ver-
herrlichung des brandenburgisch -preussischen Geistes.
Das KleverThor (Fig. 73) lag am Ende der Niederstrasse und stand an der Kiever Thor
Stelle des Steint hores, das i39o als Innen thor, im J. i395 als Aussen thor erbaut
Fig. 74. Wesel. Kommandantur.
worden war (GantesWeiler S. 4o). Es ward im J. 1 7oo errichtet. Die krönenden
Skulpturen wurden nie aufgesetzt, i757 und i763 von den Franzosen verstümmelt
und später verkauft.
Massiger gedrungener Barockbau auf schweren breiten Pfeilern, mit drei Durch-
gängen, mit flachen Gurten und gedrückten Grätengewölben, an den Aussenseiten sechs
Pilaster mit starken Bossagen, als Krönung der preussische Adler, an der Innenseite
ein flaches Giebelfeld mit einem i857 restaurierten Relief unter reichen profilierten
Gesimsen. Die Skulptur ist nach Erfindung wie Ausführung durchaus mittelmässig
und stellt eine Apotheose des prachtliebenden Kurfürsten Friedrich III. dar. Dieser
thront in der Mitte unter einem Baldachin auf einem Thron, über dem der Kurhut
angebracht, als römischer Imperator, den Kranz einem von links sich nahenden Krieger
i47
i48
KREIS REES
Rathaus
Geschichte
.Bc. reichend. Rechts neben ihm ein Putto mit Füllhorn, Minerva auf den Schild gestützt,
festiguns^en ,- - o »
Herkules auf dem Löwenfell, auf die Keule gelehnt, ein jugendlicher Mars, endlich
der ruhende Rhenus. In den Ecken rr)mische Kriegergestalten und Trophäen (die
Deutimg von Fiedler verkehrt).
Kommandantur KOMMANDANTUR, ehemals HERZOGLICHES SCHLOSS.
Geschichte Im J. i4i7 von Herzog Adolph errichtet gleich den Schlössern zu Dinslaken,
Kaikar, Isselburg, Schermbeck u. s. w. (Gert van der Schuren, ed. Schölten p. i37.
— Chronicon de genealogia: Seibertz, Quellen III, S. 36 1). Die Burg blieb die zweite
Klevischc Residenz; im J. i649 ward sie von dem Statthalter Fürsten Johann Moritz
von Nassau-Siegen ausgebaut und restauriert (L. Driesen, Leben des Fürsten Johann
Moritz von Nassau, Berlin 1 849, S. 295. — Georg Galland, Der Grosse Kurfürst
und Moritz von Na.ssau, Frankfurt i892, S. 43).
Beschreibiuig Von dem alten Bau (Fig. 74) ist noch der Haupttrakt erhalten, ein zweistöckiger
machtiger Backsteinbau mit fünfmal abgetrepptem Giebel und sechs Fenstern Front,
mit originellem Zinnenkranze, aufsitzend auf einem gestelzten, vorgekragten Rund-
bogenfries. — Der Dachrand befindet, sich direkt über den Kragsteinen. Das dem
Hofe zugekehrte stattliche Portal, von Pilastern eingerahmt, gekrönt von einem Architrav
mit Triglyphen und Giebel, stammt aus dem J. i649. Im unteren Stockwerk schlichte
Stuckdecken aus der Zeit des Fürsten Johann Moritz, in der Mitte mit dem Branden-
burgischen Adler.
RATHAUS (Fig. 75. — Ewichius p. 25. — Gantesweiler S. 8i. — Fiedler,
Inschriften S. 6. — Illustrierte Zeitung XXVIII, S. 4oi mit Abb.), an Stelle des alten
i354 abgebrannten Baues in den J. i39o — 1396 erbaut, die vordere und hintere Fa^adc
errichtet von Meister Gcliss (Ewichius p. 2 5). ,Meyster der stat en der kerken* war
damals Meister Conraet (Wcsef, Stadtarchiv caps. 38,5 Bl. i5i". — Düsseldorf, Staats-
archiv Hs. A. 79 BI. 3oo'>). Im J. l683 restauriert, die Freitreppe i698 hinzugefügt, das
Beschreibung Portal i74o emeut, i783 — 1784 die Fac^aden restauriert. Die dem Markt zugekehrte
dreigeschossige Hauptfac^ade zeigt eine Sandsteinverkleidung. Im Untergeschoss links
das Portal, zu dem die barocke Freitreppe hinaufführt, mit Eisengeländer und zwei
freistehenden als Leuchterträger dienenden Pfeilern mit den Wappen Wesels und
Preussens. Über den ziemlich tief herabgeführten Fenstern je eine oder zwei mit fein-
profiliertem Stabwerk eingefasste Blenden mit fächerblattförmigem, nasenbesetztem Ab-
schluss. Im zweiten Stockwerk über dem Portal ein grosses rundbogiges dreiteiliges
Fenster, darüber drei kleine Bogenfenster, zwischen ihnen zweimal, von Löwen ge-
halten, das Weseler Wappen. In den übrigen grossen Fenstern, die verschiedene Breite
besitzen, steinerne Pfosten. Den oberen Abschluss bilden Kielbögen, zwischen den
Fenstern je eine Konsole mit (erneuten) Steinfiguren deutscher Kaiser (ehemals
S. Maria, S. Anton, S. Christophorus. S. Willibrord, die h. drei Ktinige). Die unregel-
mässige Gliederung der Fenster findet im oberen dritten Geschoss und in der dariiber
sich erhebenden Attika ihre Fortsetzung, dort durch kleine Pilaster, die mit übereck -
gestellten Pfeilerchen und Fialen abschliesscn. Die Attika selbst ist durch schmale
Blenden belebt und durch einen Kleeblattbogenfries auf Kielbogen abgeschlossen.
Über dem Portal ein kleines achtseitiges Türmchen mit acht Rundfensterchen mit
Nasen, die Seitenfelder durch einen Rundbogenfries abgeschlossen, gekrönt durch eine
achtseitige geschweifte barocke Haube.
Rückseite Die dem Fischmarkte zugekehrte Rückseite des Rathauses wiederholt diese
Fenstergliederung in einfacheren Formen, nur entbehren die oberen Stockwerke der
Steinkreuze. Zwischen der ersten und zweiten Fensterreihe vier skulptierte Steine,
i48
WESF.L
149
R « t li a u s
Fig. 76. Wesel. Marktfa^nde des Rathauses.
I49
i5o
KREIS REES
Rathaus
Inschriften
Saal
Gerich ubild
Inschrift
Gemälde
das Weseler Wappen zweimal mit Adlern und je einmal mit Löwen und einem wilden
Mann als Schildhaltem.
An den Bogen des inneren Hofes die Inschriften: aedific. a. i39o. curia,
SI CURAE EST, PARIET TIBI CURIA CURAS, VIVIT SECURE, CUI NON EST CURIA CURAE.
RENOV. A. i683. Auf der anderen Seite: Votum et valedictio per xi. annos in
HAC URBE RECEPTORUM EXULUM 24. FEBRUARII l578. CONSERVA, DOMINE, VESALIAM
INCLYTAM HOSPITIUM ECCLESIAE TUAE.
Im zweiten Stockwerk ein grosser Saal mit alten querliegenden Tragbalken und
Stuckornamenten von i74o, im oberen Stock der Sitzungssaal, von Architekt Otter in
Wesel i883 mit erlesenem Geschmack neu hergestellt.
Gerichtsbild (Taf. VI. — Phot. Wilh. Meyer, Wesel), Holz, i,43 m breit,
1,21 m hoch. Eines der Hauptwerke des Meisters Heinrich Dünwegge aus Dortmund,
um 1 5 20, auf Bestellung des Rates von Wesel gemalt ( Woltm ann -Woermann, Ge-
schichte der Malerei S. 5oi mit Abb. — Janitschek, Geschichte der deutschen Malerei
S. 528. — Scheibler i. d. Zs. f. bildende Kunst XVIII, S. 60. — Kunstdenkmäler d.
Kr. Moers S, iii. — Fiedler, Inschriften S. 10), am nächsten verwandt dem gleich-
zeitigen, aus Kaikar stammenden Bild der h. Sippe im Museum zu Antwerpen (Nr. 1 23,
Photographie Nr. 94), auf dem einige Typen genau wiederkehren. Auf der oberen
Bank sitzen sechs Schöffen, alle bartlos, in der Mitte der Richter, in pelzverbrämtem
Goldbrokatgewand, die Kappe schief aufs Ohr gesetzt, sich lebhaft gestikulierend
zu dem Angeklagten wendend und auf das links oben sichtbare jüngste Gericht weisend.
Der Angeklagte steht zwischen dem Teufel und einem Dominikanermönch. Der Richter
redet den Angeklagten folgendermassen an:
siet hier beschüt wael, wat gy duit,
SWERT NIET VALSELICK UM TYTLICK GUET,
WANT GOT DE HEER, DIE WEIT DAT WAEL,
INT LESTE GERICHT HE U ORDELLEN SAEL.
Der Mönch spricht:
SWAER NIET VALSELICK, WAT GHI DUET,
GY VERLIEST GOT, DAT EWIGHE GUET.
Der Teufel spricht:
HALD UP DIE HANT, WILT Ü NIET SCAMEN,
SWERT IN ALRE DÜEVEL NAMEN.
Das Kolorit ist warm und leuchtend. Die Köpfe, in deren Charakteristik das
Hauptverdienst des Meisters liegt, sind durchweg mit der grössten Sorgfalt modelliert
und zum Teil prächtige Porträts ersten Ranges, alt, ernst, streng, mit finster zusammen-
gekniffenem Munde, unrasiertem Kinn.
Ein Pergamentstreifen mit Goldinschrift in Holzrahmen, Ende des iS.Jh.,
enthält die Mahnung an die Richter: respicite causas hominum et non personas,
VOS lUSTE lUDICANTES, UT lUSTICIA VESTRA STET IN STATERA, JUDICIUM [reCtjE IM-
PONITE.
Gemälde, Holz, 1,52 x62 cm, mit den Brustbildern der sechs Herzöge von
Kleve, im Hintergrund Stadt und Schloss Kleve, Wiederholung des in Kleve, Rees,
Emmerich (s. o. S. 55, Taf. II) befindlichen Stückes.
Porträt des Kurfürsten Johann Sigismund, 2,ioxi,3om, ganz gerüstet, mit
Scepter und Schwert, mit Perücke, Schnurrbart und Knebelbart, Geschenk des Kur-
fürsten vom J. i6i4 (F. H. W., Rückblick auf die Geschichte des Herzogtums Kleve
S. 128), i892 restauriert.
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WESEL I 5 I
Porträt des Kurfürsten Georg Wilhelm, 2,i7xi,37, in jugendlichem Alter, Rathaus
ganz gerüstet, in der Rechten den Marschallstab, Kurhut mit dem Scepter links auf
dem Tisch.
Porträt des Grossen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, 2,18 x i,35 m, in Rüstung
und Hermelinmantel, die rechte Hand auf das Scepter gestützt, die Linke in die
Seite gestemmt.
Porträt des Königs Friedrich L, 2,i6xi,36m, in Rüstung und Hermelin-
mantel, in der Rechten das Scepter, auf dem Tisch die Königskrone.
Porträt des Königs Friedrich Wilhelm L, in Lebensgrösse, mit Rüstung
und Hermelinmantel, in der rechten Hand das Scepter, daneben auf dem Tisch die
Königskrone.
Porträt des Königs Friedrich IL, i,37xi,o6m, Kniestück, in blauem Waffen-
rock, die linke Hand auf dem Degengriff, in der Rechten den Krückstock, der Drei-
master links auf dem Tisch.
Porträt des Königs Friedrich Wilhelm H., i,42 x i,iom, Kniestück, in blauem
reichgestickten Waffenrock, die rechte Hand hält den Federhut, die Linke zeigt auf
einen Monumentalbau im Hintergrunde.
Porträt des Königs Friedrich Wilhelm HL, i,3oXo,95m, Kniestück, in
blauem Waffenrock, in der rechten Hand Hut mit grossem Federbusch, die Linke
auf dem Degengriff', bez.: j. j. Rousseau fec. Kopie von te Peerdt.
Neuere Porträts von Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I.
Zwei Pokale von vergoldetem Silber, 36,5 cm hoch, mit i8,5 cm hohem Deckel, Pokale
im J. i578 der Stadt Wesel von den deutschen und französischen Niederländern ver-
ehrt, denen die Stadt während der religiösen Bedrückungen Schutz und Gastfreund-
schaft gewährte (Gantesweiler S. 259 mit Tafel. — Fiedler, Inschriften S. 6). Es
sind Meisterwerke der Kölner Goldschmiedekunst, von ausserordentlicher Schönheit
in Komposition und Aufbau und einer wundervollen Weichheit der Formen und
Schärfe der Umrisse in der Behandlung der getriebenen Arbeit. Auf hohem Fuss mit
reichverziertem, mit drei freien Henkeln versehenem Knauf, erheben sich die Kelche,
die mit Kartouchen, Festons und Masken verziert sind. Der Deckel mit drei Kar-
touchen mit Köpfen und Festons. Als Krönung die Gestalten von stehenden lang-
bärtigen Ratsherren mit Stab und Schild: hospes fui et collegistis me. mat. xxv.
CONSERVA DOMINE WESALIAM INCLYTAM HOSPITIUM ECCLESIAE TUAE. Auf dem Rand
des Deckels die Inschrift: amplissimo senatui populoque wesaliensi belgico-
GERMANi (auf dem zweiten: galli) propter puram evangelii professionem patria
PULSI OB ACCEPTUM IN PERSECUTIONE HOSPITAI.ITATIS BENEFICIUM HOC GRATI ANIMI
TESTIMONIUM D. D. A. EXiLii XI. ET CHRISTO NATO i578. Auf dem Mantel drei Scenen
in Basrelief, auf dem einen: I. Mose 18, I. Könige i7, Ev. Luc. i9, 2; auf dem anderen:
I. Mose i9, I, IL Könige 4, 8, Apostelgesch. 16, i4. Im Inneren der Deckel Relief:
Kampf zweier Reiter. An einem der Deckel befestigt eine Denkmünze mit der In-
schrift: REGIA RES IDEOQUE MEUM EST SUCCURRERE LAPSIS. Revers: VESALIA AB
HISPANO CONTRA lUS ET FIDEM OCCUPATA, DEI OPT. MAX. MANU, EXIGUIS QUIPPE
COPIIS, IMPERIO FRED. HENR. PR. ARAUS., DUM IPSE SILVAM DUCIS OPPUGNAT, EO MISSIS,
CAESO CAPTOQUE PRAESIDIO IN PRISTINAM LIBERTATEM RESTITUTA ET CUM ILLA SIMUL
PATRIA AB HOSTE, VISCERA EIUS INSIDENTE, LIBERATA EST XIX. SEXTIL. MDCXXIX.
Die beiden Becher tragen verschiedene Marken. Ihr Meister ist Gillis Sibrechi von
Köln (J. B. Nordhoff i. d. B. J. LXXVII, S. i5i. — Marc Rosenberg, Der Gold-
schmiede Merkzeichen, Frankfurt i89o, S. i38, Nr. 5o8).
i5i
!D2 KREIS REES
Biankenburger B L A N K EN B U R G E R HOF, jetziges GARNISON-LAZARETH, im
16. Jh. erbaut, ursprünglich im Besitz der Familie von J ackern, zu Anfang des 18. Jh. im
Besitz des Gouverneurs Generals von der Heiden, dann des Obersten von Blankenburg,
daher Blankenburger Hof genannt. Nach seinem Tode ging der Bau an die Familie
von Strünkede zu Krudenhurg über, von der es i776 die Kleve-Märkischen Landst'lnde
kauften. Im J. i892 zum grössten Teile abgebrochen,
ücschreibung Der ältere Bau des 16. Jh. zeigt nach dem alten Lazarethhof zu zwei geschweifte
Giebel mit Ecktürmchen, über den rechtwinkeligen Fenstern sichtbare Entlastungs-
bögen in Kielbogen form. An diesen Bau ist ein um i7oo errichteter Trakt angesetzt
mit zweistöckigem Treppenhaus. Der dem Hofe zugekehrten Fa(;ade tritt ein inter-
essanter durch zwei Pilaster gegliederter Risalit vor, unten in Haustein, oben in Back-
steinbossagen. An der Fa(^:ade auf Konsolen sechs Büsten römischer Imperatoren, um
i7oo, feiste Köpfe mit zusammengekniffenen Brauen, Theaterhelm und Schultermantel.
An der Rückseite des Gebäudes vier Trophäen.
Privaihäuscr Eiuc Reihe gothischer PRIVATHÄUSER des iS.Jh. sind noch in der Stadt
erhalten, vor allem Nr. i4o am Markt, die Giebel meist verputzt, die sich aber durch
nichts auszeichnen und weder die Originalität der Kai karer und Gocher, noch der
Emmericher Häuser erreichen. Einzelne derbe Stuckdecken des i7. u. 18. Jh. haben
sich, nur stark überstrichen, erhalten, vor allem in dem Hause des Herrn Carl Zaudy,
Breite Brückstrasse 260, eine Decke mit der Darstellung des Urteils Salomonis, ein
Werk von Jan Ilansche, dem Verfertiger der Decke im Hause ,Zum Grossen Kurfürsten'
in Kleve (Kunstdenkmäler d. Kr. Kleve S. 118 mit Abb.), weiterhin im Hause der
Herren W. Westhofl' (Breite Brückstrasse 266), J. Tenhaeff (Hohe Strasse 448), A.
Rigaud (Fischmarkt 1276), E. Boss (Grosser Markt i54), J. Ridder (Rheinstrasse
1298), bei Frau Tenbrink (Hohe Strasse 477), Voss (Breite Brückstrasse 2 76), Welsch
(Grosser Markt i54).
Am Entenmarkt lag das Haus der Bärss gen. Olischläger (mit 3 goldenen
Barschen in Blau), im i7.Jh. bekannt als das Haus des Gerhardt Stemenberg gen.
Düsseldorf, später nur HAUS DÜSSELDORF genannt, um i653 mit Glasgemälden
verziert, die römische Kaiser, Sibyllen und In.schriften enthielten (die Inschriften bei
Fahne, Denkmale und Ahnentafeln I, S. 88 — 92, 96).
Niederrhein. N I E D E R R H E I N ISCH ES MUSEUM für Orts- und Heimatskunde, im
J. i889 gegründet durch die Bemühungen von Karl Mummenthey, nach dem Vorbilde
der von ihm in Altena im Süderlande ins Leben gerufenen Stiftung. Die Samm-
lungen zerfallen in eine vorgeschichtliche und eine geschichtliche Abteilung, die erste
Süll in Fundstücken, Zeichnungen und Modellen die frühen Kulturperioden des Nieder-
rheins illustrieren, die zweite soll neben Werken der bildenden Kunst auch Äusserungen
des Gewerbefleisses, des niederrheinischen Lebens in Haus und Feld, Gemeinde und
Staat enthalten.
S-iramiungcn Das Museuin, dem bei der bedeutenden Zukunft Wesels auch eine über den
Umfang der kleinen niederrheinischen Sammlungen hinausgehende Ausdehnung be-
schieden ist, befindet sich erst in seinen Anfängen. Unter den im Gebäude der
früheren französischen Kirche vereinigten Altertümern befindet sich eine Kollektion
römischer Thongefässe aus Xanten (vgl. Kunstdenkmäler d. Kr. Moers S. 80), acht
graublaue Grabumen von der verschiedensten Form und Grösse, dann eine Reihe
von römischen Hcnkelkannen, weiterhin fünf bauchige graue Urnen, zum Teil geriefelt
und neun römische Töpfchen, Kännchen und Henkelkannen von gelblichem und grauem
Thon, ein germanisches Steinbeil von Diersfordt, römische Ziegelplatten etc.
l52
WESEL
i53
Sammlung
Küchel
Gemälde
Von späteren Gegenständen eine Anzahl interessanter eiserner und hölzerner Niederrhein
Laden und Truhen mit kompliziertem Schloss, vom Ende des i5. Jh., eine kleine
Wafifensammlung, Glasgemälde aus dem Hohehause, Hoheitszeichen vom Brüner Thor
mit dem preussischen Adler, allerlei schmiedeeiserne Arbeiten, eine 2 m hohe, 1,60 m
breite schmiedeeiserne Platte mit den Wappen Wesels und Preussens und der Inschrift :
VESALIA l69l. SUB AUSPICIIS V. CL. DD. COSS. PETRI BRAHM ET ANDEAE (so) KUHLEN
J. U. DRUM NECNON DD. QUAESTORUM HENRICl ALENDT ET HENRICI BAUMELSTER HAEC
LAMiNA POSITA. Endlich eine hübsche und geschmackvoll arrangierte Zusammen-
stellung älterer häuslicher Geräte vom Niederrhein. Die Sammlung der Bücher und
Karten enthält bereits wertvolles Studienmaterial für die Geschichte Wesels.
Die Privatsammlung des Herrn B. Küchel im Hotel Dornbusch enthält
eine Reihe bemerkenswerter Altertümer und Kunstwerke, die von dem Besitzer mit
auserlesenem Geschmack aufgestellt sind. Unter den Altertumsfunden zu nennen eine
i3 cm hohe Grabume mit merkwürdigen schraffierten Ornamenten. Weiterliin eine
bedeutende Sammlung von chinesischem, japanesischem, Delfter Porzellan, eine Reihe
von Schmucksachen, Medaillen, endlich eine Kollektion von Möbeln, Schränkchen
und Schnitzereien des i7. und 18. Jh.
Im Kasino des 8. westfäl. Infanterieregiments Nr. 57 befindet sich als Geschenk
des Prinzen Albrecht von Preussen seit i889 das i,35>^o93 m grosse Porträt (Knie-
stück) des Herzogs Ferdinand von Braunschweig, i762 von / G. Ziesenis gemalt, in
der Uniform des preussischen Infanterieregiments Nr. 5, das er von i755 — 1766 inne
hatte. Der Herzog ist in Lebensgrösse dargestellt, er stützt die Rechte auf den
Marschallstab und stemmt die Linke in die Seite, über der Uniform trägt er das
Johanniterkreuz und den Stern des englischen Bathordens. Das Bild stammt aus der
von den Franzosen geplünderten braunschweigischen Gemäldegallerie zu Salzdahlum.
Vor den Thoren der Stadt ist den hier am 16. Sept. i8o9 erschossenen Schill-
schen Offizieren ein Denkmal gesetzt. Es ist i833 nach Schinkels Zeichnung in Berlin
gegossen, wiegt 95 Centner und zeigt eine trauernde Borussia, auf den Richtblock
gestützt und den Schleier haltend, ihr gegenüber eine geflügelte Viktoria, mit der
Rechten einen Lorbeerkranz über das Richtbeil haltend. Auf der Rückseite: sie
STARBEN AI^ PREUSSEN UND HELDEN.
Ein grosses und prächtiges plastisches Werk, eines der Hauptwerke der Kaikar- Kaivarieiiberg
Xantener Schule, offenbar verwandt dem Berendonk sehen Stationsweg in Xanten (Kunst-
denkmäler d. Kr. Moers S. i o i ), war der bei dem Kloster Averdorp vor den Thore
der Stadt i5oi errichtete Kalvarienberg mit Stationen und Kapelle. Die Chronik
Dusseldorffs (Xanten, Stiftsarchiv, Pels I, Bl. 454) berichtet: Pulcherrimae devotionis
raonumentum fuit erectum et fundatum ad instar mcmtis Calvariae ad formam, latitu-
dinera, distantiam etc. Hierosilymitanam. Insigne erat sacellum et tria altaria, summum,
quod referebat depositionem Christi de cruce et sepulturam, apud fratres sive im
Fraterhause Kirch adservatur (der oben S. 1 2 1 beschriebene Hochaltar, vgl. Taf. V).
Versus civitatem et portam crucis Septem erant devotionis aedicula historias crucifixi
eiusque sanguineas geniculationes referentes. Ad portam Viesporte erat depicta sancta
Veronica strophyolo excipiendo sanguineos [jro nobis eflfusos sudores et benedictam
faciem. Der Kalvarienberg ward am 3. Jan. i5o! geweiht (Pels I, fol. 423. — Ewichius»
Vesalia p. 2?), er ist jetzt vor den Thoren von Dinslaken aufgestellt (Kunstdenkmäler
d. Kr. Ruhrort).
Schilldenkmal
i53
i54
KREIS REES KARTE
(iarfron
i54
I. Ortsregister.
(Die Starkeren Ziffern bezeichnen die Seite, wo über den Ort im Zusammenhange gehandelt wird.)
Seite
Aaper Höfe 118
Aldensulen 92
Altschermbeck 107
Anholt, Haus 13
Aspel-Empeler Landwehr 61
Aspel, Grafschaft 3
Aspel, Kloster 11
Aspel, Schloss II, 12, 63
Aspeler Meer 2, 12, 117
Averdorp, Kloster 139
Aversforth, Haus 62
Baalsche Mühle 58
Babberich 66
Bartelsmeer 117
Bellinghoven, Schloss 4, 18
Bellingho vener Meer 65, 117
Bergefordt 18
Bergerschult, Hof 67
Beylardt, der lüttike = Marienthal 87
Beylere ^ Marienthal 86
Bienen 13
Bilandtwerd 2
Bislich 3, 14, 17, 18
Bocholt 11, 118
Boi^hees vgl. Bruckhees.
Bremerscher Weg 58
Brienen 2
Bruckhees, Haus 2, 16, 66
Brüggemann, Haus 107
Brünen 16, 118
Brünenscher Bruch 85
Buddendick 21
Caßsischer Wald 117 !
Diersfordt, Schloss 4, 17, 88 I
Diersfordter Busch 17
Dlngden 102
Donsbrüggcn 89
Seite
Domick 2, 20, 93
Drevenack 2, 21, 107
Drevenack, Schloss 22
Diyenkathe 18
Düffelgau 2
Ellersche Halde 18
Eisgraben 18
Elten vgl. Hochelten und Niederelten.
Eltenberg 4, 66, 67
Eltensche Halde 66
Emmerich 1, 2, 3, 22, 58, 66, 88
Emmerich, Amtmannschaft 3
Emmerich, Archldiakonat 2
Empel, Schloss 4, 58, 88
Empeler Meer 117
Fluiren 17, 18, 66, 117
Fluirener Haide 17, 66
Fuhrmannshof 81
Funder 85
Gartrop 107
s'Grävenward 2
Grenzwehren 18, 21, 58, 61, 66, 81, 84, 85, 86,
88, 102, 107, 118
Groln, Haus 4, 61,
Haffen 2, 61, 88
Hagener Meer 117
Hagenshof 89
Haldem 2, 11, 63, 66, 81, 111, 118
Haltern 105
Hamaland, Gau 2
Hamminkeln 2, 18, 63, 65, 85, 102
Haubeiig 66, 88
Heerenberg - Denkmal 18
s'Heerenberger Weg, alter 58
Heerstrait, Römerstrasse 61
Heidkamp, Haus 81
Helderlo, Bauerschaft 65
i55
i56
KREIS REES
Seite
Hcllweif, Rönierstrasse 25
des Herzofjs Schlag, Landwehr 58
Hetter, Amtmannschaft 3
Hetter, Landstrich 2, 58, 81
Hocheltcn 25, 63, 66, 81, 88, 118
Holtstecgc 58
Hooge Weg, Römerstrasse 18
Hueth, Schloss 4, 78
Hüthum 80
Hülshorst 81
Huisberden 66, 88
Huri, Gemeinde 61
Huvermannshüf 18, 21, 84, 85
Isselburg 1, 3, 66, 67, 81, 84
Isselburg, Schloss 82
Isselburger Eisenhütte 82
Isseier Bruch 18
Isselgau 2
Junkermannshof 91
Kapellen 63, 81, 105, 118
Kellen 2
Klein -Netterden 1
Kleinchen 107
Kleve 3
Kleverham 89
Kloppeuberg 63
Klosterberg 58
Klotz, Haus 21
Krähenberg 17
Krudenburg, Schloss 83, 107
Krusdik, Bauerngut 87
Kuphaide 17
Kj'sward 2
Lackhausener Landwehr 85
Laerward, Insel 89
Spaldorf, Haus 17
Lander = grosse Landwehr 58
Landwehren s. CJrenzwehren.
Landwehr, grosse 58
Legmeer 2
Leomerike, Gau 2
Limmers, Amtmann schaft 3
Lippermünd, Burg 17, 117
Lippmannshof 18, 105, 118
Lobith 2
Löwenmühle hei Emmerich 58
Loikum 21, 84
Seite
Lupia ^ Wesel 117
Mariengarten, Kloster 140
Marienkamp, Kloster 52
Marienthal, Kloster 4, 86
Meckenhof 61
Meghelen 66, 81, 88
Mehr 2, 18, 87, 88, 89
Mehrhoog 66, 87
Millingen 2, 88, 89
Millinger Bruch 25
Millinger Meer 2, 117
Müsenberg bei Wesel 117
Netterden 58, 66, 81, 88
Niederelten 91
Nierenberg 25
Neuschermbcck 21, 107
Nollenburg 58
von Nassumsches Haus 58
Nütterden 89
Obrighoven 21, 118
Obrighovener Landwehren 21
OflFenberg, Haus 93
OflFenberger Mühle 117
Ostrhein, ehemaliger ' . 91, 102
Peddenberg 17, 21, 84, 107
Praest 2, 92, 93
Prinzenbrücke 25
Quappenburg 81
Quappenburger Landw^ehr 67, 81
Reene-Reinen = Reenen 61, 88
Recs 1, 2, 11, 12. 63, 93, 111
Rees, Amtmannschaft 3
Reeser Bruch 102
Rhein, alter 19. 81, 117
Riet, Landwehr 58
Ringenberg 102
Ringenberg, Herrschaft 3
Ringenberg, Schloss 103
Ripuarien, Herzogtum 2
Römerstrassen 11, 17, 18, 25, 58, 61, 63, 66,
81, 84, 105, 117, 118
Ryswickshof 89
Sassenryk , 66
Schermbeck 2, 3, 17, 84. 105
Schermbeck, Schloss 110
Schiedenhorst, Kloster 4. 81, 110
Schmales Meer 12
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VERZEICHNISSE
i57
Seite Seite
Schmitthausener Baum 85 Till 66, 88
Schoikamp, Hof 17, 18, 118 ^ Tövener Feld 12
Schwan 118 Uhlengatt 85
Schwarze Halde 21 ' Vallog'schc Sümpfe 58
Schwarzenstein, Haus 83
Schwieningshof = Schwienumshof 86
Schwienumshöfe 67, 84, 85, 86
Seewall, I^andwehr 85
Sonsfeld, Schloss 65
Sonsfelder Meer 2, 65, 117
Spelberie: 2
SpeUen 21
Spyck 2
Veen 18
Veluwegau 2
Vonschenhof 18
Voorthuysen 88
Vrasselt 2, 25, 66, 110
Wenge, Haus 21
Werth 11, 84
Werther Bruch 85, 111
Wesel 1, 2, 3, 4, 61, 63, 111
Steegcr Burgrwart 105, 118 I Xanten, Dekanat
Sulen 92
IL Sammlungen.
Küchel in Wesel
Niederrhein. Museum in Wesel
Seite
153
152
Sluyter, Kaplan in Rees .
Seite
99
III. Abbildungen im Text.
Seite
Fij^. 1. Bellinjjhoven, Schloss 13 Fiff. 15.
Fi^. 2. Brtinen, Portal der Pfarrkirche . 16
F'ifT. 3. Brünen, Kapitale a. d. Pfarrkirche 16 Fijr. 16.
Fifj. 4. Diersfordt, Schloss 18
Fijf. 5. Emmerich, Grundriss der Aide- Fijj. 17.
^undi.skirche 25
Fij2^. 6. Emmerich, Turm der Aldeg:undis- ' Fifr. 18.
kirche ' 27
Fiff. 7 u. 8. Emmerich, Aldejj^undiskirche, , Fißf. 19.
S. Agnes und S. Katharina vom
Meister von Emmerich 29 Fig. 20.
Fig. 9. Emmerich, Ansicht der Münster-
kirche 33 Fig. 21.
Fig. 10. Emmerich, Grundriss der Mün.ster-
kirche 34 Fig. 22.
Fig. 11. Emmerich, Grundri.ss der Krypta ,
der Münsterkirche 35 Fig. 23.
Fig. L2. Emmerich, Längsschnitt d. Münster-
kirche 37 Fig. 24.
Fig. 13. Emmerich, Querschnitt des Ostteils Fig. 25.
der Mtinsterkirche 38 Fig. 26.
Fig. 14. Emmerich, Säulen der Krypta . . 39 ,
Seite
Emmerich, Romanischer Flurhelag
im Chor der Münster kirche .... 40
Emmerich, Chorgestühl vom J. 1486
in der Münsterkirche 42
Emmerich, Romanischer Leuchter
in der Münsterkirche 44
Emmerich, Hölzerner Kruzifixus in
der Münsterkirche 45
Emmerich, Relief in der Münster-
kirche 46
Emmerich, Rückseite der WlUi-
brordi -Arche 47
Emmerich, Silberner Kalvarienberg
in der Münsterkirche 48
Emmerich, Silb. Madonnenstatuette
in der Münsterkirche 49
Emmerich, Reliquienbehälter in der
Münsterkirche 50
Emmerich, Die Leeuwport i. J. 1745 53
Emmerich, Die Baronie 55
Emmerich, Vorderer Giebel von
der Baronie 56
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i58
KREIS REES
Seite I
Fijf. 27. Emmerich, Hof von Holland ... 57 |
Fip. 28. Empel, Haus, Portal 59 j
Fig. 29. Haus Empel vom Hofe aus ... 60
Fig. 30 u. 31. Haffen, Wandgemälde in
der kathol. Pfarrkirche 62
Fig. 32. Hochelten, Grundriss der Stifts-
kirche 68
Fig. 33. Hochelten, Turm der Stiftskirche 69
Fig. 34. Hochelten, Längsdurchschnitt der
Stiftskirche 70
Fig. 35. Hochelten, Querschnitt der Stifts-
kirche 71
Fig. 36. Hochelten, Kapitale aus dem Mittel-
schiff der Stiftskirche 72
F'ig. 37. Hochelten, Romanische Friese aus
dem Mittelschiff der Stiftskirche . 73
Fig. 38. Hochelten, Steinfigur des Abraham
als Seelensammler 74
Fig. 39. Hochelten, Silberstatuette des h.
Michael 76
Fig. 40. Hochelten, Krystallreliquiar .... 76
Fig. 41. Hueth, Schloss 79
Fig. 42. Hueth, Lageplan vom J. 1741 . . 80
Fig. 43. Hueth, Zeichnung vom J. 1667 . 80
Fig. 44. Isselburg, Rundturm der ehemal.
Befestigung 82
Fig. 45. L o i k u m , Erdwerk bei den Seh wie-
numshöfen, Grundriss 84
Fig. 46. Loikum, Erdwerk bei den Schwie-
numshöfen, Querschnitte 85
Fig. 47. Millingen, Sakramentshäuschen . 90
Fig. 48. Rees, Ansicht der Stadt vom J.
1737 im Besitz des Herrn Sylvester
Festen zu Rees 94
Fig. 49. Rees, Madonnenbild in der kathol.
Pfarrkirche 96
Fig. 50. Rees, Rathaus 100
Fig. 51. Rees, Reste der Stadtbefestigungen 101
Fig. 62. Ringenberg, Schloss 103
Fig. 53. Schloss Ringenberg am Ende des
17. Jh. nach einer Zeichnung im
Seite
Besitz des Fürsten Otto Adalbert
zu Salm - Horstmar 104
Fig. 54. Schermbeck, Steeger Burgwart 106
Fig. 55. Schermbeck, Grundriss der evangel.
Pfarrkirche 107
Fig. 56. Schermbeck, Köpfe aus dem Hoch-
altar von 1506 108
Fig. 57. Wesel, Turm der Matenakirche . 123
Fig. 58. Wesel, Choransicht der Willibrordi-
kirche 125
Fig. 59. Wesel, Fundamente d. romanischen
WiUibrordikirche 128
Fig. 60. Wesel, Details der romanischen
WiUibrordikirche 129
Fig. 61. Wesel, Nördlicher Kreuzschif%iebel
der WiUibrordikirche 130
Fig. 62. Wesel, Obergaden des Chores der
WUlibrordikirche 131
Fig. 63. Wesel, Grundriss der WiUibrordi-
kirche 132
Fig. 64. Wesel, Steinmetzzeichen aus der
WiUibrordikirche 133
Fig. 65. Wesel, Rosette a. d. Chorumgang
der WiUibrordikirche 134
Fig. 66 u. 67. Wesel, Kapitale aus den Chor-
kapellen der WiUibrordikirche . . 135
Fig. 68. Wesel, Ansicht der Stadt aus der
Vogelperspektive von Hermann
Hammelman vom J. 1572 .... 141
Fig. 69. Wesel, Grundriss der spanischen
Befestigungen vom J. 1614 (punk-
tiert eingezeichnet die Erweite-
rungspläne Dupuys vom J. 1680) 142
Fig. 70. Wesel, Innenansicht des BerUner
Thores 143
Fig. 71. Wesel, Grundriss d. Berliner Thores 144
Fig. 72. Wesel, Aussenansicht des Berliner
Thores 145
Fig. 73. Wesel, Ansicht des Klever Thores 146
Fig. 74. Wesel, Kommandantur ...... 147
Fig. 76. Wesel, Marktfa^ade des Rathauses 149
IV. Tafeln.
Seite
Taf. I. Emmerich, Willibrordiarche i. d.
Münsterkirche 46
»■
Taf. II. Emmerich, Porträts der sechs kle-
K vischen Herzöge 55
Taf. in. Haldern, Mittelbild des Tripty-
chons 63
Seite
Taf. IV. Hochelten, Agraffen aus dem
Schatz der Stiftskirche 76
Taf. V. Wesel, Hochaltar in der Frater-
j herrenkirche 121
Taf. VI. Wesel, Gerichtsbild von Heinrich
Dünwegge im Rathause 150
iS8
Papier von J. W. Zanders in B.Gladbach.
Lichtdrucke von Ans. Schmitz, Hofphotograph in Kola.
Photocypien von Meisenbach, Ripfarth & Co. in Mitnchen.
Autotypien von Angerer & Göschl in Wien.
Druck von L. Schwann in Düsseldorf.
DIE
KUNSTDENKMÄLER
DER
RHEINPROVINZ
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