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CHARLES SUMNER. LL.D..
OF HOSTON.
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" For BcKilta relaUng to PoUtics wid
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HARVARD COLLEGE
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DIE
KUNSTDENKMÄLER
DER
RHEINPROVINZ
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DIE
KUNSTDENKMÄLER
DER
RHEINPROVINZ
IM AUFTRAGE DES PROVINZIALVERBANDES
HERAUSGEGEBEN
VON
PAUL CLEMEN
VIERTER BAND
I.
DIE KUNSTDENKMÄLER DES LANDKREISES KÖLN
^
DUSSELDORF
DRUCK UND VERLAG VON L. SCHWANN
1897
DIE
KUNSTDENKMÄLER
DES LANDKREISES
KÖLN
IM AUFTRAGE DES PROVINZIALVERBANDES DER RHEINPROVINZ
IN VERBINDUNG MIT
ERNST POLACZKK
BEARBEITET
VON
PAUL CLRMEN
MIT 16 TAFELN UND 89 ABBILDUNGEN IM TEXT
^
DÜSSELDORF
DRUCK UND VERLAG VON L. SCHWANN
1897
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ALLE RECHTE VORBEHALTEN
VORBEMERKUNG.
Mit der Beschreibung der Kunstdenkmäler des Landkreises Köln, die den
vierten Band eröffnet, betritt die Denkmälerstatistik nach dem Abschluss des Regie-
rungsbezirks Düsseldorf den 'Regierungsbezirk Köln und damit einen an Denkmälern
aller Art von der römisclien Zeit bis zum ausgehenden Rokoko ganz besonders
reichen Boden. Die Stadt Köln, für die die Vorarbeiten bereits begonnen haben, soll
erst am Schluss des ganzen Regierungsbezirks in einem eigenen Bande behandelt
werden, die Denkmäler des linksrheinischen und rechtsrheinischen Teiles des Regie-
rungsbezirkes werden voraussichtlich je einen stattlichen Band umfassen. Es besteht
die Absicht, die Beschreibungen der einzelnen Kreise fortan reicher und vollständiger
als bisher zu illustrieren: das vorliegende Heft erscheint deshalb schon mit einer
grösseren Zahl von Textabbildungen und der doppelten Zahl von Tafeln.
Der Schwerpunkt des vorliegenden Heftes liegt naturgemäss in der Würdigung
und Beschreibung der beiden Hauptdenkmäler, der Abteikirche zu Brauweiler und
des Schlosses zu Brühl. In der Darstellung . der Baugeschichte der letzteren konnte
sich der Bearbeiter im wesentlichen an die soeben in den Jahrbüchern des Ver-
eins von Altertums freunden im Rheinlande erschienene sorgfältige Monographie von
E. Renard anschliessen. Wie in den früheren Lieferungen musste darauf verzichtet
werden, über die römischen Strassen und Kanäle eigene Untersuchungen anzustellen;
diese Feststellungen müssen der späteren Einzelforschung vorbehalten bleiben.
Bei der Bearbeitung des vorliegenden Heftes ist zum erstenmale eine Arbeits-
teilung eingetreten. Vom Juni i896 bis Juli i897 ist Herr Dr. Ernst Polaczek
als wissenschaftlicher Hülfsarbeiter bei der Kommission für die Denkmälerstatistik
thätig gewesen. Der Unterzeichnete hat ausser der Einleitung die Orte Brauweiler
und Brühl bearbeitet, der ganze Rest des Kreises ist von Herrn Dr. Polaczek
selbständig bereist und bearbeitet worden. In der Art der Darstellung und der
technischen Bezeichnungen ist thunlichste Gleichmässigkeit angestrebt worden. Die
einzelnen Abschnitte sind zur Unterscheidung der Autoren durch [C] und [P.]
gekennzeichnet worden. Die Beschreibung des Römergrabes zu Weiden hatte Herr
Oberlehrer Dr. J. Klinkenberg in Köln zu übernehmen die Güte. Bei der Be-
schreibung der Archive konnte wieder die im Auftrage der Gesellschaft für rheinische
Geschichtskunde von Herrn Dr. Armin Tille durchgeführte Inventarisation der
kleineren Archive der Rheinprovinz benutzt werden.
Die Vorarbeiten wurden wirksam gefördert durch das Entgegenkommen des
Königl. Landrates des Kreises Kr)ln, Herrn Dr. von Dreyse. Der Dank der Be-
arbeiter gebührt weiterhin den sämtlichen Herren Pfarrern und Bürgermeistern des
Gebietes. Den ersteren lagen die Abschnitte über ihre Kirchen vor der Drucklegung
noch einmal zur Durchsicht vor.
VI VORBEMERKUNG
Das Oberhofmarschallamt Sr. Majestät des Kaisers und Königs ermöglichte bereit-
willig die eingehende Untersuchung und Aufnahme des Königlichen Schlosses Brühl.
Bei der Bearbeitung von Brauweiler wurde der Unterzeichnete wesentlich unter-
stützt durch den aus Brauweiler gebürtigen Herrn Kaplan Bernhard Lingnau,
der nicht nur als kundiger Cicerone diente, sondern auch das von ihm gesammelte
Material mit rühmenswerter Liberalität in den Dienst des Unternehmens stellte.
Auch für andere Orte hat Herr Lingnau wiederholt kleinere Beiträge geliefert und
Mitteilungen gemacht. Die ausführliche Monographie, die Herr Lingnau über die
Abtei vorbereitet, wird hoffentlich bald für dieses wertvolle Denkmal die verdiente ein-
gehende Würdigung bringen. Herr Major E. v. Oidtman in Spandau hatte wiederum
die Güte, durch heraldische und genealogische Notizen, sowie durch Beiträge zur Ge-
schichte der Burgen und Güter die Bearbeiter zu unterstützen. Weiterhin sind die
Verfasser zu Dank verpflichtet der Frau Professor J. KocKS, geb. Freiin von Geyr-
ScHWEPPENBURG in Bonn, Herrn Geheimen Justizrat von Kempis zu Kentenich,
Herrn Rittmeister a. D. Josef von Groote in Hermülheim, Herrn Assessor a. D.
Pauli in Gross -Königsdorf, Herrn Theodor Fühlinc; in Horbell, den Herren Dom-
kapitular Schnütgen und P. Stephan Beissel S. J. in Köln, dem Direktor des Pro-
vinzialmuseums in Bonn, Herrn Professor Dr. Klein, dem Direktor des Kunstgewerbe-
museums in Köln, Herrn Dr. von Falke, dem Direktorialassistenten am Museum
Wallraf- Richartz zu Köln, Herrn Dr. Kisa, dem Konservator der Königl. Bibliothek
in Brüssel, Herrn Pieter van den Gheyn, den Herren Dechanten Bertram in
Brühl und Ropertz in Ehrenfeld, dem Herrn Schulrat Dr. Beck in Brühl, den Herren
Pfarrern Bircken in Frechen, Causemann in Merkenich, Maassen in Brauweiler,
RoPOHL in Esch, Schmitz in Straberg, Vollrath in Gross - Königsdorf, Herrn Diözesan-
baumeister Heinrich Renard in Köln, Herrn Bürgermeister Bender in Worringen,
dem Königl. Schlosskastellan Herrn Stürmer in Brühl.
Die Abbildungen Nr. i, 2, 3, 27, 33, 53 — 57, 59, 60 — 62, 64—67, 69, 7o, 72
bis 85, 88 sind nach Zeichnungen des Strassburger Dombaumeisters L. Arntz ange-
fertigt, Nr. 5, 11, i3, i4, 21, 38 nach Zeichnungen des Herrn Architekten Friedrich
Pützer in Darmstadt, Nr. 4, 7, 8, 10, 12, i5, 16, 22, sowie Tafel I und VI nach
Zeichnungen des verstorbenen Architekten Heinrich Wiethase in Köln, Nr. 68
nach einer Zeichnung des Herrn Hugo Leven in Düsseldorf, Nr. 6 und 9 nach den
unter der Leitung des Herrn Geh. Baurats Dr. Meydenbatjer in der Messbildanstalt
für Denkmalaufnahmen zu Berlin hergestellten Photographien, Nr. i7 — 20, 28—32, 39,
4o, 42—48, 5i, 52, 7i, 86, 87, sowie die Tafeln H— V, VH— XHI, XV, XVI nach
Aufnahmen des Herrn Hofphotographen Anselm Schmitz in Köln, Nr. 58 nach einer
Aufnahme des Herrn Dr. Polaczek, Nr. 23—26 nach Vorlagen des Herrn Professors
aus'm Weerth in Kessenich. Die Karte des Kreises Köln hat Herr Landmesser
Heinrich Künkler zu Bonn angefertigt.
Der Kreisausschuss des Kreises Köln hat in einsichtsvoller Würdigung des
dauernden Nutzens der Denkmälerstatistik zu den Kosten des vorliegenden Heftes
einen Beitrag bewilligt.
Bonn, im September i897.
PAUL CLEMEN.
EINLEITUNG.
Der Landkreis Köln ist der nördlichste Teil der linksrheinischen Hälfte des
Regierungsbezirkes Köln; seine Grenzen bilden im Norden der Kreis Neuss, im
Westen die Kreise Bergheim und Euskirchen; im Süden der Kreis Bonn. Gegen-
über, auf dem rechten Rheinufer, liegen die Kreise Solingen und Mülheim a. Rhein.
Das Gebiet der Stadt Köln mit dem breiten Gürtel der Vororte und eingemeindeten
Ortschaften schneidet von Osten her in den Landkreis ein; dafür gehört noch zu
ihm die kleine Enklave Kalk hinter Deutz. Der Kreis umfasst die Stadt Kalk nebst
26 Landgemeinden und hat eine Einwohnerzahl (i89o) von 66210 Seelen.
In den Rheinniederungen und auf dem nach Westen ansteigenden Plateau, in
dem ehemals dem ausgerotteten Stamm der Eburonen angehörenden Gebiet, waren
seit dem Jahre 38 v. Chr. die Ubier angesiedelt, zunächst als Grenzwächter an der
Militärgrenze. Um den Beginn unserer Zeitrechnung entsteht dann in Köln ein römisches
Lager; aber erst nachdem im Jahre 5o n. Chr. auf Veranlassung der Agrippina an
Stelle des Lagers eine Veteranenkolonie gegründet worden war, wuchs Köln zur wirk-
lichen Hauptstadt Germaniens heran. Das Ubierland wurde der römischen Kolonie
untergeordnet.
Köln war der Mittelpunkt eines grossen, vielfach verzweigten Netzes von Haupt-
und Nebenstrassen. Die grosse linksrheinische Heerstrasse von Mainz nach Xanten
durchschneidet der ganzen Länge nach den Kreis, im Norden zwischen Köln und
Neuss-Grimlinghausen bildete Worringen an ihr einen festen Stützpunkt. In südwest-
licher Richtung führte die grosse Strasse, die Köln mit Trier verband, in ziemlich
gerader Linie über Hermülheim und Liblar nach Zülpich; die dritte Hauptstrasse,
die den Rhein mit der Maas verknüpfte, lief fast schnurstracks über Thorr und Jülich
auf Maastricht zu. Noch eine andere Schöpfung der römischen Ingenieure ist im
Gebiete des Kreises erhalten, der kunstvolle Aquädukt, der die Stadt und die Villen-
kolonien am Vorgebirge mit dem besten kalkhaltigen Wasser aus der Eifel versorgte.
Die Wasserleitung, die zum kleinen Teil überirdisch auf Pfeilern, zum grösseren Teil aber
unterirdisch als Kanal geführt ist, nimmt ihren Ausgang im Thale der Urft unterhalb
Nettesheim in der hohen Eifel, führt dann zunächst westlich und, hinter Lüftelberg
scharf gegen Norden abbiegend, am Vorgebirge bis Hermülheim und von dort weiter
nach Köln. In diesen Hauptkanal mündet bei Hermülheim noch ein Nebenkanal,
der sogenannte Hürther Kanal, der südwestlich von Hürth im Quellgebiet des
Hürther Baches seinen Ausgangspunkt hat. Endlich scheint auch der Stotzheimer
i
2 EINLEITUNG
Kanal sein Wasser in die von Hermülheim nach Köln führende Leitung abgegeben
zu haben. Auf den Ostabhängen des Vorgebirges um Köln herum lagen kleine
römische Ansiedelungen, Villen und Landgüter; vereinzelte Funde sind allenthalben
im ganzen Gebiete des Kreises, die meisten bei Merkenich und Worringen, gemacht
worden. Das Römergrab bei Weyden, fast unversehrt mit seiner Ausstattung bis auf
unsere Tage erhalten, giebt das beste Beispiel eines solchen unterirdischen Mauso-
leums im ganzen ehemals römischen Deutschland.
Unter der Herrschaft der Franken wird Köln zum Mittelpunkt des Königreiches
Ripuarien, das Gebiet des jetzigen Kreises gehört zum Kölngau. Königliche Re-
sidenz und zugleich Bischofssitz erhält Köln bald seine alte Bedeutung als eigent-
liche Hauptstadt des Niederrheins zurück. Die unter dem Schutze der Kölner
Bischöfe und Erzbischöfe aufblühenden Stifter von S. Gereon, S. Ursula, S. Kunibert,
S. Severin, die ausserhalb der alten römischen Ummauerung gelegen waren, die Kirchen
von Gross S. Martin, Maria im Kapitol, S. Cäcilia erhielten reichen Besitz in der
Nachbarschaft und in den Dörfern des Vorgebirges. Vor allem ward das Stift S. Maria
im Kapitol, das durch Plectrudis, die Gemahlin Pipins von Heristal, errichtet ist,
aufs reichste mit Ländereien in der Umgebung Kölns begabt. Von Köln aus erfolgte
die Christianisierung des Landes, von Köln aus auch die Gründung der ersten Kirchen,
die zum Teil noch in merowingische und karolingische Zeit ihren Ursprung zurück-
führen dürfen. Den Kölnischen Stiftern, Abteien und Klöstern blieb die Mehrzahl
der Pfarrkirchen auch inkorporiert bis zum Anfang dieses Jahrhunderts.
Erst zu Beginn des ii. Jahrhunderts entsteht mitten im Gebiet des jetzigen
Landkreises eine Abtei, die bald mit den grossen Kölner Klöstern an Bedeutung
wetteifert. Der Pfalzgraf Ezo, der Schwiegersohn Kaiser Ottos IL, stiftet im Jahre io24
ein Benediktinerkloster zu Brauweiler: der Abt Poppo von Stablo legte den Grund-
stein. Schon in der Mitte des Jahrhunderts wird ein Neubau notwendig, der im
Jahre 1061 vollendet ist. In sechs Bauperioden wächst die Abteikirche empor; erst
in unserem Jahrhundert ist der Bau in der Gestalt, wie der letzte mittelalterliche Bau-
meister ihn ersonnen, zu Ende geführt worden, mit den sechs Türmen die ganze
Gegend beherrschend. Ein Denkmal von hervorragender kunstgeschichtlicher Bedeu-
tung: der Westbau voll von archaischen Einzelheiten, die noch Anklänge an karolin-
gische Kunstübung zeigen, der Ostbau in den freiesten Formen des entwickelten rhei-
nischen Übergangsstiles aufgeführt. Die Fülle der Wand- und Deckenmalereien in
Kirche und Klostergebäuden erhöht noch den Wert der ganzen Anlage. Von grösse-
ren kirchlichen Bauten kommt nur die Pfarrkirche von Rheinkassel neben der Abtei-
kirche von Brauweiler noch in Betracht; die übrigen romanischen Kirchen des Be-
zirkes, zu Gleuel, Esch, Lövenich, Sinthern, Rodenkirchen sind von geringerer Be-
deutung.
Die Pfarrkirchen unseres Kreises gehörten bis zum Jahre i8o4, mit Ausnahme
der im Aargauer Dekanate gelegenen Pfarre Schwadorf, zur Christianität Bergheim.
EINLEITUNG 3
Das alte Dekanat Bergheim, das ausser dem Kölngau den Kuzzichgau und einen
Teil des Mülgaues umfasste, war eines der grössten der Erzdiöcese — es zählte im
18. Jahrhundert nicht weniger als 122 Pfarr- und Filialkirchen, der Dompropst zu
Köln fungierte als Archidiakon. In den Jahren 1801 — 1821 gehörten die Kirchen des
Gebietes zu dem neuerrichteten Bistum Aachen; seitdem durch die Bulle de salute
animarum vom 16. Juli 1821 das Aachener Bistum aufgehoben worden ist, sind sie wieder
der Kölner Erzdiöcese zugeteilt. Durch die neue Dekanatseinteilung von 182? wurden
die beiden Dekanate Lövenich und Brühl geschaffen: dem ersteren wurden die Pfarren
Brauweiler, Esch, Geyen, Grosskönigsdorf, Junkersdorf, Lövenich, Merkenich, Poul-
heim,- Rheinkassel, Siemersdorf, Sinthern, Stommeln, Weiler, Widdersdorf, Worringen
zugewiesen, dem zweiten die Pfarren Bachern, Berrenrath, Berzdorf, Brühl, Buscübell,
Effem, Fischenich, Frechen, Gleuel, Hermülheim, Hürth, Immendorf, Kendenich,
Meschenich, Pingsdorf, Rodenkirchen, Schwadorf, Stotzheim, Sürth, Vochem.
In den erbitterten Kämpfen zwischen Otto IV. und Philipp von Schwaben um
die Wende des 12. und 1 3. Jahrhunderts wurde das ganze Gebiet der Nachbarschaft
von Köln hart mitgenommen: im Jahre i2o4 wurden die Klostergebäude von Brau-
weiler zum grössten Teil zerstört. Die Mehrzahl der am ganzen Vorgebirge entlang
errichteten Burgen, Herrenhäuser und festen Sitze führt ihren Ursprung erst in die
Zeit nach jener Zerstörungsperiode zurück. Es sind zum Teil stadtkölnische Ge-
schlechter, die hier ihre Güter und Sommersitze haben. Ältere Reste sind nur in
Fischenich, Haus Hemmerich, Effem erhalten — die übrigen gehören späteren Bau-
perioden an.
Um seiner Macht gegen die immer kräftiger aufstrebende Stadt Köln zwei
Stützpunkte zu schaffen, errichtete der Kcilner Erzbischof Sifrid von Westerburg am
Ende des 13. Jahrhunderts im Norden und im Süden des Kreises, zu Worringen und
zu Brühl zwei feste Schlösser. In Brühl hatten die Kölner Erzbischöfe schon Jahr-
hunderte lang einen grossen Hof besessen; der Schlossbau zog sich in die Länge,
erst 1298 unter dem Erzbischof Wikbold von Holte wurde die umfangreiche Burg
vollendet, die von nun an nebst der befestigten Stadt der Sammelpunkt der erzbischöf-
lichen Truppen in dem langen Kampfe wider die Stadt Köln wurde. Die von Hein-
rich von Virneburg aufs neue befestigte Burg wurde schon i3i8 von der Stadt Köln,
die mit dem Erzbischof von Trier, dem König Johann von Böhmen und den Grafen
von Hennegau, Holland, Jülich, Berg und Sayn verbündet war, vergebens bestürmt.
Schloss und Stadt bildeten dann lange Zeit das Pfandobjekt und den Streit-
apfel zwischen der Stadt Köln und ihrem Erzbischof. Walram von Jülich befestigte
beide aufs neue im Jahre i348 mit starken Türmen und Vorwerken. Im Jahre i476
war Brühl der letzte feste Platz, in dem sich der Erzbischof Ruprecht halten konnte
— am 26. Juli musste er Brühl an den Domdechanten Landgrafen Hermann von
Hessen, den Administrator des Erzstifts, abtreten. Der Landgraf, der vier Jahre später
selbst den erzbischöflichen Thron bestieg, Hess die Stadt den hartnäckigen Wider-
4 EINLEITUNG
Stand nicht entgelten. Er errichtete in Brühl ein Kloster des Franziskanerordens und
erbaute die Klosterkirche, die für ihn und seine Nachfolger zugleich zur Grabeskirche
ward. Noch am Ende des 16. Jahrhunderts Hess der Kurfürst Salentin Graf von
Isenburg das Schloss mit beträchtlichem Aufwand aufs neue herstellen.
Die beiden unheilvollsten Kriege, die das Erzstift verheerten, der Truchsessische
und der französisch-holländische Krieg, nahmen in Brühl ihren Ausgang: hier ent-
spann sich das Verhältnis zwischen Gebhard Truchsess Graf von Waldburg und der
schönen Agnes von Mansfeld, hier ward im Jahre i672 der Allianz vertrag zwischen
dem Kurfürsten Maximilian Heinrich und Ludwig XIV. unterzeichnet
In dem Truchsessischen Kriege diente Brühl wieder den Truppen des Gebhard
Truchsess als Stützpunkt, bis im Jahre i583 der Herzog Friedrich von Sachsen-Lauen-
burg die Veste mit List einnahm. Nach der Schlacht auf der S. Tönis-Haide im
Jahre i642 durchzogen die französisch - hessisch - weimarischen Truppen das ganze
Niederstift; fünf Jahre lang hausten die Hessen im Lande, noch im Jahre vor dem
ersehnten Friedensschlüsse wurde Brt\hl von den Hessen eingenommen und vollständig
ausgeplündert.
Im französisch -holländischen Kriege durchzogen kaiserliche, spanische, hollän-
dische Truppen hintereinander den Kurstaat. Am i5. November i673 wurde Brühl
durch den Prinzen von Oranien besetzt. Von dem Koadjutor Wilhelm Egon Kardinal
von Fürstenberg gerufen. Überschwemmte fünfzehn Jahre später ein französisches Heer
unter dem Marschall d*Humieres das Erzstift Im Juni i689 ward die französische
Besatzung in Brühl durch die Alliierten, die vereinigten kaiserlichen, brandenburgischen,
hannoverschen, holländischen und münsterischen Truppen eingeschlossen. Das Schloss
wurde durch das Bombardement zerstört, die Besatzung zur Übergabe genötigt, die
Mauern und Wälle der Stadt wurden geschleift. Das ist das Ende der Festung Brühl.
Unter dem kunstsinnigen Kurfürsten Clemens August entstand im nächsten
Jahrhundert in Brühl eine ganz neue Schöpfung. Ein festes Schloss hatte keine Be-
deutung mehr; die eigentliche Residenz der Erzbischöfe war dauernd nach Bonn
verlegt worden, dafür hatte schon Joseph Clemens die Errichtung einer Sommer-
residenz mit weiten Parkanlagen geplant, wie er sie auf seinen Reisen in Frankreich
bewundem gelernt hatte. Erst der Neffe und Nachfolger Clemens August konnte
den Plan ausführen. Vierzig Jahre nahm der Bau in Anspruch; Schlaun, Neumann,
Leveilly hatten nacheinander die Leitung der Bauten; Cuvillies, Roth, Brillie gaben
ihr Bestes fiir die Innenausstattung. So ist das Schloss zu einer der reifsten und
reichsten Leistungen des Rokoko in Deutschland ausgewachsen; alle Richtungen und
Strömungen dieser liebenswürdigen dekorativen Kunst von dem feinen und graziösen
Flächenschmucke des Regencestiles bis zu den kalten und verständigen Formen
des beginnenden Klassizismus sind hier in ausgezeichneten Denkmälern vertreten.
Ein ausgedehnter Park im Stile Lenotres, mit grossen Terrassen, Wasserkünsten, ge-
schnittenen Laubgängen, chinesischen Häusern, Einsiedeleien, umgab das Schloss;
EINLEITUNG 5
dazu kamen zwei kleine Jagdschlösser in der Nähe, Falkenlust und Entenfang, der
Reiherbeize und der Entenjagd gewidmet. Falkenlust konnte wie Klcin-Trianon eine
vollständige Hofhaltung für sich aufnehmen. Als Staffage gehört zu diesen Schöpfungen
die bunte und lebenslustige Hofgesellschaft des prachtliebenden Kurfürsten, wie sie
in den gleichzeitigen Quellen, den Berichten über die Hoffestlichkeiten, den Memoiren
Casanovas abkonterfeit ist. Allenthalben im ganzen Kreise wirkt das Beispiel des
baueifrigen Kurfürsten nach : Schallmaur, Arff sind Zeugnisse der durch ihn geweckten
Baulust.
Mit dem Einzug der Franzosen in Köln am 6. Oktober i794 war das Kur-
fürstentum Köln zertrümmert. Der letzte Erzbischof und Kurfürst starb nach sieben
Jahren in Wien. Im Frieden zu Basel wurde i795 das ganze linke Rheinufer an die
Franzosen abgetreten. Das Gebiet des jetzigen Landkreises Köln wurde dem zum
Roerdepartement gehörigen Arrondissement Köln zugewiesen. Die Fremdherrschaft
währte bis zum Jahre i8i4. Es folgte durch zwei Jahre hindurch die Verwaltung
des provisorischen Generalgouvernements vom Niederrhein, bis sie im April 1816 an
das Oberpräsidium in Köln übergeben wurde. Die Grenzen des Landkreises Köln
sind seitdem nur einmal verschoben worden, als im Jahre 1888 die Eingemeindung
der im Umkreis von Köln gelegenen Orte in den Stadtkreis Köln erfolgte.
Eine neue Bauperiode brachte für die grossen Denkmäler im Kreise das 1 9. Jahr-
hundert. Brühl war kurze Zeit noch der Hauptort des neuen Fürstentums Eckmühl,
das dem Marschall Davoust als Dotation überwiesen war — aber der Verfall nahm
schnell zu: im zweiten Jahrzehnt des Jahrhunderts schon wurden die Nebengebäude
abgebrochen, das grosse Schloss war mit seinen öden Räumen allmählicher Zerstö-
rung preisgegeben, und nur ein Zufall verhinderte, dass es ein ähnliches Schicksal
hatte wie die benachbarte Sommerresidenz der Bergischen Fürsten, Bensberg. Erst
in den achtziger Jahren erfolgte die notwendige Wiederherstellung. Zur gleichen Zeit
wurde auch der Ausbau der ehrwürdigen Benediktinerabteikirche in Brauweiler zu
Ende geführt, so dass diese beiden Hauptdenkmäler des Kreises dem kommenden
Jahrhundert, wenigstens in ihrem Bestände auf lange Zeit hinaus gesichert, überliefert
werden können.
Die grössere östliche Hälfte des Kreises besteht aus Alluvium, dem ehemaligen
breiten Rheinbett, das aber schon vor dem Eintritt in die historische Zeit dem Strome
abgewonnen war. Im Westen zieht sich ein höher gelegenes Plateau aus Diluvium
hin, den Abhang nach Osten bildet das Vorgebirge; durch die Diluvialbildungen
treten allenthalben am Abhang bei Hermülheim, Hürth, Kierberg, Vochem kleine
Inseln rheinischer Braunkohle zu Tag. Brauchbare Baumaterialien boten weder der
Alluvialboden noch die aus Gerolle, Sand, Lehm und Löss bestehenden Diluvial-
bildungen, so dass die Baukunst auf das am Niederrhein übliche eingeführte Bau-
material angewiesen war: vom 1 1. Jahrhundert an auf den Tuff, der aus den Brüchen
des Brohlthales auf dem Rhein nach Norden verfrachtet wurde, — ebendaher kam
O EINLEITUNG
der Basalt, dazu aus dem Siebengebirge Trachyt. Sandsteine bot die nahe Kifel;
der römische Eifelkanal lieferte das kostbare Material des Kalksinters, ausserdem das
Gussmauerwerk, das bei verschiedenen romanischen Bauten und bei der Fischenicher
Burg Verwendung gefunden hat. Im Laufe des i5. Jahrhunderts geht auch die Gegend
um Köln zum Backsteinbau über. [C]
LITTERATUR.
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VERSDORFF, Archidioeceseos Coloniensis descriptio historico-poStica per ordines et
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Köln. Eine nötige Beilage zu des Herrn C. R. Büschings Erdbeschreibung, Frank-
furt a. M. i783. — Materialien zur geist- und weltlichen Statistik des niederrheinischen
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— Ders., Denkmale und Ahnentafeln in Rheinland und Westfalen, 6 Bde., Köln i876
bis i883. — Ders., Chroniken und Urkundenbücher hervorragender Geschlechter,
Stifter und Klöster, 5 Bde., Köln 1862 — 1880. — K. Simrock, Das malerische und
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EINLEITUNG 7
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strasse von Trier über Belgica bis Wesseling am Rhein und der Römerkanal am
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Steuernagel: B. J. XCVIII.
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Coloniensi libri quattuor, hoc est rerum ab electione Gebhardi Truchsesii in archi-
episcopum Coloniensem gestarum enarratio, Köln i584. — Theatrum Europaeum,
oder ausführliche und wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denkwürdigen Ge-
schichten, so sich hin und wieder in der Welt, fürnemblich aber in Europa und
Teutschlanden, sowohl im Religion- als Profanwesen vom Jahre Christi 161 7 zu-
getragen haben, beschrieben durch Joh. Phil. Abelinum, Frankfurt 1662 ff., 21 Bde.
— W. Thummermuth, Krumstab schleust Niemandt auss. Das ist: Documenta Stiffts
Cöllnischer Erb und Kunckel Lehen, i632. — Vollständige Sammlung deren die Ver-
fassung des hohen Erzstifts Colin betreffender Stücken, mit denen benachbahrten hohen
Landes -Herrschaften geschlossener Concordaten und Verträgen, dan in Regal- und
Cameral-Sachen, in Justitz- Policey- und Militair-Weesen vor- und nach ergangener
Verordnungen und Edicten, Köln i772, 2 Bde. — Erb-Landts Vereinigung des Rhei-
nischen Ertz-Stiffts Collen, welche im Jahr Christi i463 auffgericht, und nachgehendts
im Jahr i55o vom Ertz- Bischofen und Churfürsten Adolff mit einem Hochw. Thumb-
Capitul, und übrigen Ständen der Graffen, Ritteren und Städten zum gemeinen Besten
beständig emewert, und von denen nachgefolgten Ertz- Bischoffen bestättigt worden,
o. O. u. J. — F. E. V. Mering, Beiträge zur Geschichte der ehemaligen Churkölnischen
und Alt-Stadtkölnischen Verfassung bis i798 als dem Einführungsjahre der franzö-
sischen Gesetzgebung, Köln i83o. — F. Walter, Das alte Erzstift und die Reichs-
8 EINLEITUNG
Stadt Cöln, ihre geistliche und weltliche Verfassung und ihr Recht, Bonn 1866. —
J. H. Hennes, Der Kampf um das Erzstift Köln zur Zeit der Kurfürsten Gebhard
Truchsess und Ernst von Bayern, Köln i878. — M. Lossen, Der Kölnische Krieg,
Vorgeschichte i565-— i58i, Gotha 1882. — F. E. v. Mering und L. Reischert, Die
Bischöfe und Erzbischöfe von Köhi, 2 Bde., Köln 1 84 2— -i 844. — L. Ennen, Der
spanische Erbfolgekrieg und der Kurfürst Joseph Clemens von Köln, Jena i85i. —
Ders., Frankreich und der Niederrhein, oder Geschichte von Stadt und Kurstaat Köln
seit dem 3o jährigen Kriege bis zur französischen Occupation, Köln i855 — 1856, 2 Bde.
— Ders., Geschichte der Stadt Köln, 6 Bde., Köln i863. — Ennen und Eckertz,
Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 6 Bde., Köln 1860.
Die Chroniken der deutschen. Städte vom i4. bis ins 1 6. Jahrhundert, Bd. XII
bis XIV: Köln. Leipzig i875 — 1877.
Im übrigen zu vergleichen die Litteraturangaben zu Brauweiler und Brühl.
______ [C]
ABKÜRZUNGEN
für die häufiger genannten Werke.
Lacomblet, ÜB. — Th. J. Lacomblet, Urkundenbuch fttr die Geschichte des Niederrheins, Dttssel.
dorf 1840—1857, 4 Bde.
B Interim u. Mooren, E. K. — Binterim u. Mooren, Die alte und neue Erzdiöcese Köb, in Dekanate
eingeteilt, Mainz 1828—1880, 2 Bde. Die 2. Aufl. unter dem Titel: Die Erzdiöcese Köln bis
zur französischen Staatsumwälzung, bearbeitet von Alb. Mooren, 2 Bde., Düsseldorf 1892 — 1899.
Binterim u. Mooren, D. C. — Binterim u. Mooren, Rheinisch -westfälischer diplomatischer Codex,
Mainz 18B0, 2 Bde.
V. Recklinghausen, Ref.-Gesch. — v. Recklinghausen, Reformationsgeschichie der Länder Jülich,
Berg, Cleve, Meurs, Mark, Westfalen, Bd. I > 111, 1818—1887.
B. J. — Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande, Bonner Jahrbücher I (1841)
bis C (1896).
Ann. h. V. N. — Annalen des historischen Voreins für den Niederrhein, 1(1855) — LXIl (1895).
Picks Ms. — Monatsschrift für rheinisch-westfälische Geschichtsforschung und Altertumskunde, heraus.
gegeben von Richard Pick, I u. II (1875, 76). — Monatsschrift für die Geschichte Westdeutsch-
lands, herausgegeben von dems., 111(1877)— VII (1881).
Wd. Zs. — Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, herausgegeben von Hettner und
Lamprecht, 1(1882)— X (1891), von Hettner u. Hansen, XI— XV (1896).
Lacomblet, Archiv. — Archiv für die Geschichte des Niederrheins, I (1882), II (1857), III (1860),
IV (1863), V (1865), herausgegeben von Lacomblet, NF. I (1868), II (1870), herausgegeben
von Harless.
Nrh. — Der Niederrhein. Wochenblatt für niederrheinische Geschichte und Altertumskunde, 1878,
1879, 1884—1886.
Nrh. G. — Niederrheinischer Geschichtsfreund, 1(1879)— VI (1884).
Aus'm Weerth, Kd. — E. aus'm Weerth, Kunstdenkmäler des christlichen Mitlelahers in den Rhein-
landen, Leipzig 1857—1868, 5 Bde. Tafeln und Text.
Brambach, C. I. Rh. — W. Brambach, Corpus inscriptionem Rhenanarum, Elberfeld 1867.
Rosellen, Dek. Brühl. — Rob. Wilh. Rosellen, Geschichte der Pfarreien des Dekanates Brühl, Köln 1887.
BACH EM.
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
RÖMISCHE FUNDE. Ein Steinsarkophag, der vor einigen Jahren in einer
Sandgrube gefunden wurde, ist gegenwärtig im Hofe der Burg aufgestellt.
KATHOLISCHEPFARRKIRCHE(s.t.s. Mauritii). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 296. — Rosellen, Dek. Br. S. 26.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Lagerbuch von ilSi. — Vgl. Tille,
Obersicht S. 5.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses von i75i, Bl. 23. Vgl.
Kunstdenkmäler d. Kr. Grevenbroich S. 23.
Bereits in ziemlich früher Zeit scheint jeder der beiden Ortsteile — Ober- und
Unterbachem — eine Kirche für sich besessen zu haben. Schon der über valoris
spricht um i3oo von zwei Pastoren (Binterim u. Mooren a. a. O. I, S. 287). Das
Kollationsrecht besassen um das J. 1800 die Herren der Burg (Dumont, Descriptio
S. 4). Im J. i72o wurden beide Kirchen, wie eine auch von Rosellen a. a. O. S. 43
wiedergegebene Tradition berichtet, auf Andrängen des Gutsherrn, des Freiherm von
Geldern, niedergelegt. Zum Ersatz für sie erstand im darauf folgenden Jahre an Stelle
der oberen Kirche ein Neubau. Die Errichtung des Glockenturmes wurde erst im
J. 1808 in Angriff genommen.
Einschiffiger, unverputzter Backsteinbau mit eingebautem Westturm und poly- Beschreibung
gonalem Chorschluss. Länge im Lichten 22 m, Breite 10,20 m.
Die spitzgiebelige Westfa<;ade entbehrt fast jeglichen Schmuckes und auch die
Gliederung ist sehr kärglich. Das einstige Westportal ist jetzt an der Südseite ein-
gemauert, der Zugang zur Kirche erfolgt gegenwärtig von Westen durch eine kleine
(moderne) Vorhalle. Der Giebelansatz ist durch ein schwaches Gesims bezeichnet,
darüber ist die Mauer durch zwei flachbogig geschlossene Blenden, in denen zwei
entsprechend geformte Fenster sitzen, belebt. Der auf seiner ganzen Aussenfläche
geschieferte Turm steigt in drei Absätzen über dem Westgiebel auf und endigt in
einen achtseitigen Helm.
Auf jeder der beiden Langseiten sind fünf grosse, flachbogig geschlossene Fenster
angeordnet; das westliche ist im Norden wie im Süden verblendet und von einer
kreisförmigen Öffnung durchbrochen. Die an der Südseite eingemauerte rechteckige
Thürumrahmung zeigt leichte Spiralen- und Stabornamente. Die Thüre wie die
Fensterbänke und Gesimse sind von Haustein. Die hinteren Ecken des polygonalen
Chors sind durch Pilaster verstärkt.
Das Innere ist ein einfacher, von einem flachen Holzgewölbe überspannter
Saal; im Westen die vier Turmpfeiler, von denen zwei freistehen, zwei der Wand vor-
gelegt sind. Die Wandflächen sind durch Pilaster mit jonisierenden Kapitalen belebt.
Die Ausstattung gehört gleichfalls dem 18. Jh. an. Auf dem Hochaltar die Au«8taitung
Figuren der hh. Mauritius und Wimmarus mit den Wappen der von Geldern und der
Recks von Steinfürth.
Silberne Monstranz von i744. MoMtran«
lo
LANDKREIS KÖLN
Pfarrh
rrhaui
Burg
Geschichte
Das PFARRHAUS ist ein füiUachsiger, eingeschossiger Bau, dessen Mittelteil
von einem flachen Dreieckgiebel überragt ist. Über der mit einem Oberlicht ver-
sehenen Thüre auf einem Stein die Inschrift : d. heinricus boumans pastor huius
LOCI FUNDITUS ME EXTRUXIT l738.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 26. — Ann. h. V. N. XXV, S. 27o. — von
Merino, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden X, S. 7; XI, S. 47, 56. — Strange,
Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter XII, S. i37. — Fahne, Geschichte
der Kölnischen . . . Geschlechter I, S. i3. — Rhein. Antiquar. 3. Abt. XII, S. 5 20.
Handschriftl. Qu. Im Gräflich von Mirbachschen Familienarchiv
zu Harff: Urkunden von i378 an (vgl. dazu das ausführliche Inventar in den Ann.
h. V. N. LV u. LVII). Das Archiv der ehemaligen jülichschen Unterherrschaft Bachem
befand sich vor einigen Jahren auf Schloss Zangberg in Bayern im Besitze der Grafen
von Geldern (Lamprecht in der Wd. Zs. XII, S. 4o5).
Ansicht der Burg bei v. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden X.
Bereits in einer Urkunde vom J. ii78 (Ennen, Geschichte der Stadt Köln I,
S. 447) erscheinen unter anderen nobiles viri auch Arnold und Daniel von Bachem.-
Ein anderer Arnold von Bachem erklärt im J. i326 das Burghaus zum Lehen und
Offenhaus des Grafen Gerhard von Jülich (Lacomblet, UB. III, Nr. 216). Nach-
dem im J. i469 Johann von Hemberg das Haus Thoetz-Bachem (Antonius-Bachern)
erworben und i477 Peter von Pissenheim einen Anteil von Wilhelm von Jülich zu
Lehen empfangen hatte, kam in den J. i484 und i485 Edmund von Palant, dessen
Vorfahren schon in früherer Zeit in Bachem begütert waren, in den Besitz dieses
Hauses (Merino a. a. O. S. 58). Durch Heirat und Kauf vereinigt dann Adolf Reiner
Anton Freiherr von Geldern um 1 7oo die vielfach durch Teilungen zersplitterte Herr-
schaft aufs neue in seiner Hand. Kurz darauf, im J. 1 7o5, wurde das jetzige Herren-
haus erbaut; die Wirtschaftsgebäude entstanden im J. i786 unter Friedrich Adolf von
Geldern (vgl. die Inschriften). Im J. i836 ging die Burg in den Besitz des Grafen
Egon von Fürstenberg- Stammheim über. Der gegenwärtige Eigentümer ist Graf Gis-
bert Egon von Fürstenberg -Stammheim.
Auf dem rechteckigen von Weihern umzogenen Grunde liegen, durch einen
Querarm getrennt, das stattliche Burghaus und die Wirtschaftsgebäude. Man gelangt
über eine Brücke, deren inneres Ende von zwei kleinen viereckigen aus Backstein
aufgeführten und mit Mansardenschieferdächern abgedeckten Wachthäuschen flankiert
wirtachafis. wird, auf einen grossen, links und rechts von den langgestreckten Verwaltungsgebäuden
bedeckten Platz. Der Bau zur Rechten des Kommenden wurde nach einem Brande
erneuert, der zur Linken stammt aus dem Ende des 18. Jh. und ist in seinem vorderen
Teile als Wohngebäude eingerichtet. Dem entsprechend ist die Mauer unten und
oben von rechteckigen Fenstern durchbrochen. Über der Thür befindet sich die
Inschrift:
A. l786 HABEN FRIDRICH ADOLPH FREYHERR VON GELDER ZU ARCEN, PIERR DER
HERSCHAPTEN BACHUM, FRECHEM, VOGTSBELL UND MERZENICH, SEINER CHURFÜRST-
LICHEN DURCHLAUCHT VON PFALTZ BAYEREN KAMMERER, OBRIST DER CAVALERIE
COM AND. VON DEUREN, OBERAMBTMANN VON OZBERG UND UMSTAR, RITTER DES
PFÄLTZISCHEN LOEWEN //// UND DIE FREYFRAU VON GELDER, GEBORNE FREYFREU-
LEIN VON STEINEN ZUR SCHERFEN, DIESSEN BAU VERFERTGEN LASSEN.
Darüber das von Löwen gehaltene Allianz wappen derer von Gelder und von
Steinen. Über dem in der fünften Achse gelegenen Thore ist ein zweiter Inschrift-
stein eingemauert:
Beschreibung
IG
BACHEM
I I
1 786 DIES GEBÄU IST VON PETER MÜLLER MAURER MEISTER ZU FRECHEM UND
VON ZIMMER MANN MICHAEL HERLICH AUCH AUS FRECHEM VERFERTIGET WORDEN.
Das Gebäude selbst ist sechsachsig und von einem Ziegeldach bedeckt.
Über eine zweibogige Brücke gelangt man zu dem BURGHAUSE (Fig. i),
das aus zwei im rechten Winkel aufeinander stossenden Flügeln besteht. An der
beiden gemeinsamen äusseren Ecke ist ein starker, nicht um viel über die allgemeine
Dachhöhe sich erhebender Rundturm angeordnet, der mit einer barocken Schiefer-
haube abschliesst. Auch die beiden sattelförmigen Dächer des Hauses sind mit Schiefer
gedeckt, das des Nebenflügels ist nach vorn abgewalmt.
Beide Flügel haben ausser dem Erdgeschoss noch ein Stockwerk ; nach innen
zu sind in jedem Geschoss fünf Fenster angebracht, nach aussen ist der Hauptflügel
achtachsig, der Nebenflügel siebenachsig angelegt. In Eisenankem am Hauptgebäude
Burg
Burghause
Fig. 1. Bachern. Herrenhaui der Burg.
die Jahreszahl i7o5, an dem dreigeschossigen Turme die Worte SOLI deo gloria
Das Gebäude ist aus Backstein aufgeführt und verputzt.
Im Inneren ist das Kellergeschoss des Rundturmes, das als Burgverliess gedient inneres
hat, gewölbt, die anderen Geschosse sind flach gedeckt und mit tiefen Fensternischen,
das Erdgeschoss mit doppelten Fenstersitzen ausgestattet.
Im Nebenflügel nimmt den vorderen Raum des Erdgeschosses ein Saal ein,
dessen Wände mit Jagddarstellnngen des i8. Jh. (Ölgemälde auf Leinwand) bedeckt
sind. — Ausserdem finden sich noch in den Zimmern verteilt einige niederländische
Bilder von späteren Nachahmern des Teniers, einige Tische, Kamine und Öfen aus
dem i8. Jh.
HOF BITZ. Litteratur oben S. lo. Hof Bit«
Das Gut dieses Namens war im i5. Jh. im Besitze der Herren von Hochsteden. Geschichte
Ein Zehntregister vom J. i5o4 nennt dann Wilhelm von Bachem und Johann von
Bachem als Eigentümer (Rosellen a. a. O. S. 37). Im i6. und i7. Jh. ist der Hof bald
in den Händen der Freiherren von Palant, bald in denen der von Bachem und von
II
12
LANDKREIS KÖLN
Hof Bitz
Beschreibung
Hemberg. Im J. i675 erwarb Philipp von Heyringen das Gut; seine Erben ver-
kauften es i734 an Jakob Nierstrass in Köln. Aus den Händen seiner Nachkommen
erwarb es im J. i785 Freiherr Clemens Lothar von Fürstenberg. Der gegenwärtige
Eigentümer ist Graf Gisbert Egon von Fürstenberg -Stammheim.
Regelmässige von einem äusseren und einem inneren Weiher umzogene Anlage,
zum grossen Teil erneuert. Der Kern des ein Erdgeschoss und ein Stockwerk um-
fassenden Herrenhauses gehört dem i8. Jh. an; doch wurden in neuerer Zeit vielfache
Veränderungen vorgenommen. Die Fa^ade ist fünfachsig. Die rechteckigen Fenster
haben Hausteinfassung. Das ursprüngliche Mansardendach wurde vor einigen Jahren
durch ein geschiefertes Zeltdach ersetzt.
Das Gartenthor ist von zwei kleinen viereckigen Wachttürmen mit gebrochenen
Mansardendächern flankiert. An einem zweiten Thor hängt das Gitter in rustizierten
Pilastern mit Kugel belag.
Im Inneren schöne Holztreppe mit Löwen als Treppenpfosten und Säulen-
geländer.
Haus
Hemmerich
Geschichte
HAUS HEMMERICH. Litteratur oben S. lo.
Haus Hemmerich ist vermutlich die älteste der Bachemer Burgen und der
Stammsitz der Herren von Bachem, die bereits seit dem 1 2. Jh. im Besitze des Erb-
kämmereramtes des Erzbistums Köln sind (Fahne, Geschichte der kölnischen Ge-
schlechter I, S. i4). Von ihnen geht diese Würde am Ende des i4. Jh. auf die Herren
von Hemberg, die den Namen ihres im Kreise Bonn gelegenen anfangs Hemberg, später
Hemmerich genannten Stammsitzes auf ihre Bachemer Burg übertrugen (Maassen,
Geschichte der Pfarreien des Dekanates Hersei S. 96). Der erste Erbkämmerer
dieses Namens ist Pahe (Pahwin), der im J. i4o2 von König Ruprecht bestätigt wurde
(Thummermuth, Krumbstab schleust niemand aus, Centuria I, Nr. 7i). Mit dem Amte
des Erbkämmerers blieb auch Hemmerich bis ins 16. Jh. in seiner Familie. Von ihr
kam es an Rütger von Aldenbrüggen, genannt Velbrüggen (Strange, Beiträge XII,
S. 102), und von dessen Nachfolgern im J. 1620 an Adolf Sigismund Raitz von Frentz
zu Kendenich. Als dessen letzter männlicher Descendent gestorben war, belehnte
Kurfürst Clemens August im J. i733 den Grafen Ferdinand von Plettenberg mit dem
Kämmererarate. Von dessen Nachkommen erwarb das Gut im J. i773 Clemens Lothar
Freiherr von Fürstenberg. Der jetzige Eigentümer ist Graf Gisbert Egon von Fürsten-
berg-Stammheim.
BADORF
l3
Die alte Burg ist heute eine Ruine (Fig. 2). Nur noch ganz spärliche Reste
aufstehenden Mauerwerkes sind vorhanden. Erkennbar ist ein rechteckiger Raum, den
ehemals eine Zwischenmauer in zwei kleinere Räume teilte. Als Material diente in
den ältesten, etwa dem i3. Jh. angehörigen Partieen (im Grundriss schwarz angelegt)
Basalt und Tuff in wechselnden Lagen, in den jüngeren aus dem i5. oder 16. Jh.
stammenden (im Grundriss dicht schraffierten) Teilen Backstein. Die Südecke ist durch
sehr massige Böschungsmauem gestützt. In der Ostecke scheint eine Spindeltreppe
emporgeführt zu haben. Die Nordostmauer zeigt verschiedene Durchbrechungen.
Unmittelbar an diesen Bau schliessen sich noch die etwas vor die allgemeine
Mauerflucht tretenden Reste eines im i7. oder 18. Jh. ebenfalls aus Backstein aufge-
führten Baues (im Grundriss halb schraffiert) an, die von zwei flachbogig geschlossenen
Fenstern durchbrochen sind. Hier erhoben sich vermutlich kleinere spitzgiebelig ab-
gedeckte Anbauten, wie man aus den in der Nordostmauer noch sichtbaren Dach-
linien schliessen darf. [R]
BADORF.
Haus
H emmerich
Reste
Römische
Funde
Pertz, Die Schlacht bei dem Orte Badua (Badorf) im J. 1242: B. J. XXIII, Uuentur
S. i84. — Dagegen Eick, Römische Wasserleitung S. io7 Anm. und Ennen, Ge-
schichte der Stadt Köln II, S. 88. — Rosellen, Dek. Br. S. 455.
RÖMISCHE FUNDE. An dem nach Badorf führenden Seitenwege der
Köln-Bonner Strasse wurden wohlerhaltene Reste des römischen Eifelkanals aufge-
deckt; ebenda fanden sich beträchtliche Überbleibsel römischen Mauerwerks, über
dessen einstige Bestimmung nichts zu ermitteln war. (Vgl. Ann. h. V. N. XXXVII,
S. 63). Südlich des Ortes wurden römische Ziegel in sehr beträchtlicher Menge,
ausserdem allerlei Mauerreste aufgefunden. ,Unter Hausteinen von verschiedenster
Form kam Kies und Tuffstein zum Vorschein. Die gehäuften Massen römischer Ziegel
oberhalb des Ortes lassen hier eine römische Ziegelei vermuten*. Ein naher Hügel
führt den Namen Kamp; er diente vielleicht als Specula. (Vgl. Ann. h. V. N.
XXXVII, S. 98).
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. b. Mariae Virginis). Rosellen, Dek.
Br. S. 455 u. 472.
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv zu Köln: Weilfarth, Annales eccle-
siae s. Pantaleonis S. 587.
Das Kloster S. Pantaleon in Köln besass seit seiner im J. 964 erfolgten Grün-
dung einen Hof in Badorf. Im J. 1 24« soll bei Badorf (Badua) der Kampf stattge-
funden haben, in dem Erzbischof Konrad von Köln vom Grafen Wilhelm von
Jülich gefangen genommen wurde. (Vgl. Pertz, B. J. XXIII, S. i84). Um die Mitte
des i5. Jh. hatte die Abtei St Pantaleon neben ihrem Hofe eine Kapelle errichtet.
Die^e wurde im J. i6i4 vollkommen erneuert, doch fiel auch dieser zweite Bau im
J. i633 einer Feuersbrunst zum Opfer. Um i725 wurde an anderer Stelle ebenfalls durch
die Kölner Abtei eine neue Kapelle erbaut.
Schmuckloser, von einem geschieferten Mansardendach überdeckter Backstein- Beschreibung
bau, im Lichten i3,i5 m lang, 6,3o m breit. Nahe dem Westgiebel steigt ein kleines
Glockentürmchen mit barocker Haube über das Dach empor.
Die Fenster sind rundbogig, die rechteckige Thüre hat eine Stein fassung.
Das Innere stellt einen flachgedeckten Saal mit einem auf drei Seiten des
Achtecks schliessenden Chorbau dar.
Kethol.
Kfipelle
Geschichte
Inneres
i3
i4
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Kupelle
Hochalur
Tripiychon
Hochaltar mit einer Holzgruppe der h. Anna selbdritt aus dem i7. Jh.
Triptychon, Holz, o,85 m hoch, 1,2 5 m breit, mittelmässige Arbeit eines
italienisierenden Niederländers aus der i. H des 16. Jh., stark beschädigt. Das Mittel-
bild stellt die Anbetung der h. drei Könige dar. Rechts sitzt Maria, über deren
Schultern Joseph hinwegschaut. Das Kind, auf dem Schosse sitzend, greift in das
mit Gold gefüllte Kästchen, das ihm einer der Könige darbietet. Im Hintergrund
Landschaft mit architektonischer und figürlicher Staffage. Auf den Flügeln sind die
beiden anderen Könige dargestellt. [P.]
BENZELRATH.
Hnui
Benzelrath
Geschichte
Beschreibung
HAUS BENZELRATH. Rosellen, Dek. Br. S. 269. — Rhein. Antiquar.
3. Abt. Xn, S. 547. — von Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden
X, S. IG.
Handschriftl. Qu. Im Besitze des Herrn Franz Hohenschutz auf Haus
Benzelrath: Kölnische Schreinsakten von i357. — 2 Urkunden von i5i5. — Flurkarte
des Hauses Benzelrath, 18. Jh., mit einer Descriptio praedii in Bensrath cum appertinen-
tüs et oneribus. — Attestatum des Klosters Bottenbroich vom 28. Febr. i673 (Ab-
schrift). Vgl. weiter Tille, Übersicht S. 5.
Über die Geschichte der Burg ist wenig biekannt. In einer Urkunde vom J. i4o6
kommt ein Rutger und ein Johann von Bentzenrode vor (Joerres, Urkundenbuch
des Stiftes S. Gereon Nr. 53o). Vor der im J. i587 erfolgten Erwerbung durch das
nahe gelegene Kloster Bottenbroich waren Rheinhard Gressenich, Schultheiss zu Zons,
Jakob Hambloch, Bartholomäus Janniss und Mattheis Gross Besitzer; ob gemeinsam
oder nacheinander, lässt sich aus dem obengenannten ,attestatum* nicht ersehen. Das
Kloster erfreute sich dieses Besitzes nicht lange; schon im J. 16 15 sieht es sich ge-
nötigt, die Burg an den Bergheimer Vogt Christoffel Müntz zu verkaufen, der im
J. 161 7 auf ,die alte versunkene rudere ein fein Steinerness Hauss bawen* lässt, das
heute noch bestehende Burghaus. Im J. i672 verkauft Maria Magdalena von Zweifel,
die Witwe des Joh. Wilh. Münz das Gut an Katharina Dussel, Witwe des kölnischen
Ratsherrn Daniel Henft. Die nächsten Besitzer des Gutes waren der Oberstlieutenant
Marsilius Kopp (i698), Hof kammerrat von Halberg (i7o7), Kanonikus Grouwels i723
(nach Rosellen i72i), der es seiner Nichte Johanna Franziska Kopp vermachte,
sodann von i749 (nach Rosellen i747) die Witwe Wenzel Bucheis. Von dieser kam
es zunächst durch Erbschaft und Heirat an die Familie von Klespe, dann an die
Familien Pampus und Hohenschutz. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Franz
Hohenschutz.
Die Gebäude, die einst ganz von einer umfangreichen Weiheranlage umgeben
waren, sind in der folgenden Weise angeordnet. An das stattliche, ein Kellergeschoss
und zwei Hauptgeschosse umfassende Burghaus (Fig. 3), aus dessen östlicher Ecke ein
Turm von vierseitigem Grundriss vortritt, stossen links und rechts im rechten Winkel
zwei kleine Nebengebäude, die im Laufe der Jahre mehrfach erneuert worden sind.
Die jenseits eines Weiherarmes liegenden Wirtschaftsgebäude stammen gleichfalls aus
neuer Zeit, sie Hegen — ebenfalls dreiflügelig gruppiert — auf dem Grunde des ehe-
maligen Weihers.
Das Burghaus selbst, nach dem J. 161 7 erbaut (s. oben), ist aus Backstein auf-
geführt und verputzt. An der Vorderseite sind die Fenster nicht ganz regelmässig
i4
BERRENRATH
iS
verteilt, an der Rückseite hingegen sind zwei Paare und ein einzelnes Fenster in jedem
der Hauptgeschosse angeordnet, während das Kellergeschoss nur drei kleinere Licht-
öffnungen besitzt. Die grossen Fenster sind flachbogig geschlossen und mit steinernen
Sohlbänken versehen. Die beiden Giebel sind abgetreppt, das sattelförmige Dach ist
mit Pfannen eingedeckt.
Der Turm hat in seinem unteren Teile nur kleine Lichtlöcher, in seinem oberen,
mit dem er den Bau nur unbedeutend überragt, zwei rundbogig geschlossene Fenster.
Den Abschluss bildet ein achtseitiger niedriger Schieferhelm.
Holztreppe desi8. Jh.
Gemälde aus dem i7. u. i8. Jh.: Reiterkämpfe in Huchtenburgs Art. Bauern-
mahlzeit und Kirmess, Petrus van Acken iyy2 bezeichnet.
Haus
Benzeira th
Turm
Ausstattung
Gemälde
M i
Fig. 3. Benzelrath. Ansicht des Burghauses.
An einem der Nebengebäude in einer kleinen Nische eine steinerne Madonna Madonna
vom J. i694 mit einem Doppelwappen. Auf dem Bogen der von zwei gewundenen
Säulen flankierten Nische die Inschrift: sub tuum praesidium confugimus. [P.]
BERRENRATH.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Wendelini). Rosellen, Dek. Kathoi.
Br. S. 56. Pfarrkirche
Das Kloster Burbach (s. unten) besass bereits zu Ende des 1 3. Jh. einen Hof Geschichte
in Berrenrath (Urkunde von 1298 im Staatsarchiv zu Düsseldorf). Das Dorf gehörte
zwar zur Pfarre Gleuel, doch benutzten seine Bewohner meist die Klosterkirche. Erst
im J. 1623 wurde in Berrenrath selbst an Stelle einer Bildsäule mit der Figur des
h. Wendelin eine Kapelle errichtet und dem Kloster inkorporiert. Im J. 1823 erweiterte
man die Kapelle durch Anbau eines Langhauses, i846 wurde ein Querschiff aufge-
i5
i6
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfftrrkirch«
PredelU
Slculpcur
Glocken
Kloster
Burbach
Handschrifil.
Quellen
Geschichte
Reste
führt; der Chor der alten Kapelle, eines Fachwerkbaues, blieb teilweise erhalten. IDIg
Erhebung der Kirche zur Pfarrkirche fand i85o statt; im J. i89i wurde der alte Bau
abgebrochen und an seiner Stelle ein Neubau nach Plänen des Architekten Theodor
Ross in Köln aufgeführt.
Die Ausstattung ist neu. Aus der alten Kirche stammen:
Altarpredella mit den Hochrelief bildem der h. Ursula und acht anderer Jung-
frauen. Holz, 2 5 cm hoch, i,85 m breit. Halbfiguren in einer Reihe auf Goldgrund, mit
anmutiger Kopfneigimg und ruhigen Gesten. Neu polychromiert. Gute rheinische
Arbeit des ausgehenden 1 5. Jh., wahrscheinlich aus dem Kloster Burbach stammend.
Barockfigur des h. Wendelin.
Von den Glocken trägt eine die Inschrift: s. maria ora pro nobis. fran-
ciscus TRIER ME FECIT i65o. Die zweite ist ohne Inschrift. Über die Inschrift einer
dritten, nicht mehr vorhandenen Glocke vgl. Rosellen a. a. O. S. 57.
KLOSTER BURBACH, Rosellen a. a. O. S. 6i. — Mercure du departe-
ment de la Roer i8i3, S. 2o7.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 63 Urk. (48 Orig.)
von 1233 — i8o2. — Kopiar mit Urkunden von I233 (B. 9o). — Sammlung von Ur-
kunden. — Kopien aus dem 1 8. Jh. — Unter den Akten: Pacht- und Rechnungs-
bücher, Heberegister von i683, Lagerbuch mit Inventarisation der Renten von i592
und Notizen aus kölnischen Schreinsbüchem von i3o6. Vgl. weiter Ilgen, Rhein.
Archiv S. 65.
In der Kgl. Bibliothek zu Berlin: Man. bist. Boruss. 2® Nr. 752. Abschrift
eines Nekrologs von i496 aus dem 18. Jh.
Im J. 1233 stiftete Guderadis, die Witwe des Ritters Hartmann von Geyr, in
Burbach ein Kloster, das den Namen ad fontem s. Mariae erhielt und dem Cister-
cienserorden übergeben ward (Urkunden im Staatsarchiv zu Düsseldorf). Es wurde
mit einer Anzahl von Jungfrauen des Kölner Klosters Mariengarten besetzt (Urkunden
von 1236 im Staatsarchiv zu Düsseldorf). Nach der Säkularisation im J. 1802 wurde
die Kirche, wie ein grosser Teil der Gebäude abgebrochen. Die spärlichen, noch
erhaltenen Reste stammen aus dem 18. Jh.
Erwähnenswert ist ein kleines, einstöckiges Wohngebäude, fünf Achsen breit, und
mit einem Walmdach abgedeckt. Es dient gegenwärtig als Försterswohnung. Über
der rückwärtigen Thüre die Inschrift: anno i72 7, darüber in dem flachrunden Giebel
ein geistliches Wappen (Anker und zwei Sterne). Im Schlufssteine des Hofthores die
Jahreszahl i789. Im Inneren eine Holztreppe mit Säulengeländer.
Zu den Klostergebäuden gehörte nach der örtlichen Überlieferung auch die
Mühle, ein jetzt verfallener Bauernhof mit Fachwerkgebäuden.
Aus dem Kloster stammen die Altarpredella in der Kirche von Berrenrath
(s. oben), zwei Grabsteine in der Pfarrkirche zu Gleuel und wahrscheinlich auch die
beiden Löwen im Besitze des Herrn Domkapitulars Schnütgen in Köln (s. unten
bei Gleuel). [P.]
BERZDORF.
RÖMISCHE UND GERMANISCHE FUNDE. Der Westarm der von
Bonn kommenden Römerstrasse ging am Orte vorbei (vgl. B. J. LXIII, S. 5). West-
lich der Strasse, an der auch Gräber aufgedeckt wurden, erhebt sich ein Warthügel
(B. J. LXIII, S. 6). Im J. i855 wurden gläserne Gefässe mit quadratischen Ringver-
16
BERZDORF
l7
zierungen gefunden (B. J. LXXVI, S. 64, Anm. i). Beim Neubau der Kirche kamen
zahlreiche unglasierte Thongefösse zu Tage, die in den Besitz des Dr. Georg Horst
in Köln gelangten. In der Nähe des i893 erbauten Wasserturmes wurde ein wahr-
scheinlich fränkischer Steinsarkophag gefunden, dessen Deckel ein Kreuz in erhabener
Arbeit zeigte. Ehe Sachverständige Kenntnis davon erhielten, war der Fund bereits
zertrümmert worden (nach mündlicher Mitteilung).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. b. Mariae Virginis compassionis).
BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 286, 293. — Rosellen, Dek. Br. S. 72.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: 8 Urkunden von i385 an. — Gerichts-
protokolle von i55o — 1597, bez. Liber scabinorum seu schabinalis in Bertenstorff;
darin Gerich tsweistum von i5S4. — Gerichtsprotokolle von i593 — 1600 und i6i4 bis
i665. Vgl. Tille, Übersicht S. 5.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 26.
Der Name des Ortes erscheint zum ersten Male und zwar in der Form Bertels-
dorp in einer Urkunde vom J. ii73 (Lacomblet, UB. I, Nr. 445). Die Kirche da-
gegen wird erst 1283 genannt; sie gehört damals schon dem Kölner Gereonsstifte
(JoERRES, Urkundenbuch des Stiftes S. Gereon zu Köln Nr. i77). Auch der liber
valoris (nach i3oo) fuhrt Bertenstorp als Kirchort an (Binterim u. Mooren a. a. O. I,
S. 286). Die Kirche blieb bis um 1800 dem genannten Stifte inkorporiert, dessen
Propst die Pfarrstelle zu vergeben hatte. Die Vorgängerin der jetzigen Kirche war
nach Rosellen a. a. O. S. 73 ein zweischiffiges Gebäude von kleinen Maassen; sie
wurde in den J. i856 — 1857 abgebrochen und durch einen nach Plänen des Kölner
Baumeisters Heinrich Nagelschmidt errichteten Neubau in gothischem Stile ersetzt.
Der einzige wertvolle Rest der alten Kirchenausstattung ist eine Holzskulptur,
Maria als Schmerzensmutter darstellend, i m hoch. Mit der Rechten stützt Maria
den zurücksinkenden Kopf, die Linke legt sie über die vorne gekreuzten Hände
Christi. Die Körperhaltung ist noch steif, das Anatomische übertrieben ausgedrückt,
namentlich das Geäder. Die Gruppe wurde am 23. Dezember i649 von Nikolaus
von Olheim der Berzdorfer Kirche geschenkt. Gute Arbeit, um i4oo entstanden, im
J. i873 von Kaplan Goebbels restauriert.
JAGDHAUS ENTENFANG. Rosellen, Dek. Br. S. 7i. — Renard, Die
Bauten der Kurfürsten Joseph Clemens und Clemens August von Köln: B. J. C, S. 45.
Der kleine, trotz seiner Schmucklosigkeit zierliche Bau wurde vom Kurfürsten
Clemens August in den J. i75o — 1752 errichtet. Er diente wohl bei Gelegenheit der
grossen Entenjagden, die in der wasserreichen Umgegend stattfanden, dem Kurfürsten
und seinen Gästen als Absteigequartier. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr J. P.
Holländer.
An das fünfachsige, zweigeschossige Hauptgebäude stossen im rechten Winkel
zwei ebenerdige Flügel, mit jenem zusammen einen viereckigen Hof umschliessend.
In der Mittelachse liegt die mit einem Oberlicht versehene Thür, die ebenso wie die
Fenster Hausteinumrahmungen hat. An den Schmalseiten sind in jedem Stockwerk
zwei Fenster angeordnet. Das sattelförmige Schieferdach ist nach beiden Seiten ab-
gewalmt.
Die als Wirtschaftsgebäude dienenden Nebenflügel stammen aus derselben Zeit
wie das Wohnhaus, sind jedoch mehrfach verändert worden.
Ein grosser, in Kupfer getriebener Affe aus der Mitte des 1 8. Jh., der vordem
in dem umfangreichen Garten seinen Platz hätte, befindet sich gegenwärtig im Garten
der Brühler Apotheke. [P.]
RÖmiiche u.
f ermanische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Skulptur
Haus
Enten fang
Geschichte
Beschreibung
l7
i8
LANDKREIS KÖI.X
. BRAUWEILER.
Benediktiner
abtei
Quellen
Geschichte
EHEMALIGE BENEDIKTINERABTEL
1. Quellen. Annales Brunwilarenses von looo — 112S: Monumenta Germaniae,
Scriptores I, p. 99. — Annales Brunwilarenses von 1000 — 11 49: Mon. Germ., SS. II,
p. 216. Bedeutend vermehrt nach dem Cod. Urbin. 29o der Vaticana bei Boehmer,
Fontes III, p. 382 und in den Mon. Germ., SS. XVI, p. 724 (die J. 988— 11 79 um-
fassend).
De venerabilibus comitibus Palatinis Rheni Erenfrido seu Ezone et Mathilde
eorumque filia b. Richeza regina Poloniae narratio a monacho Brunwilerensi con-
scripta, ed. Leibnitz in seinen Scriptores rerum Brunsvicensium I, p. 3i3 u. Boehmer,
Fontes III. p. 362. — Dasselbe als Brunwilarensis monasterii fundatio ed. Köepke
in den Mon. Germ., SS. XI, p. 394 und Biclowski, Monumenta Poloniae historica,
Stuttgart i843, I, p. 335. — Zusätze hierzu in der Ausgabe von Harless: Fundatio
Brunwilarensis coenobii oder vita Ezonis palatini in Lacomblets Archiv IV, p. i64.
Über das Verhältnis der Texte Waitz in den Göttinger Nachrichten i863, Nr. i. —
Neue Ausgabe von Pabst im Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts-
kunde XII, p. i47 zusammen mit den miracula S. Nicolai Brunwilarensis und von
Waitz in den Mon. Germ., SS. XIV, p. 1 2 1 als Brunwilarensis monasterii fundatorum
actus, nebst Auszug aus den Mirakeln.
Chronicon Brunwylrense (bis um i5i5; bearbeitet von Bartholomaeus Greven-
broich) ed. GoDEFRiDUS Eckertz in den Ann. h. V. N. XVII, S. ii9; XVIII, S. 95;
XIX, S. 220; XX, S. 248. Dasselbe bei Eckertz, Fontes rerum Rhenanarum II,
p. 1 39. — Vita Wolf helmi abbatis Brunwilarensis auctore Conrado, geschrieben zwischen
1 100 — 1 123, ed. R. WiLMANS in den Mon. Germ., SS. XII, p. 180. Zusätze Archiv XII,
S. 102. — Vgl. zu den Quellen im allgemeinen Wattenbach, Deutschlands Geschichts-
quellen im Mittelalter, 6. Aufl., II, S, i38 und Pabst, Die Brauweilerer Geschichts-
quellen: Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde XII, S. 80.
2. Geschichte. Aeg. Gelenius, De admiranda sacra et civili magnitudine
Coloniae libri IV, Köln i695, S. 385. — Dielhelm, Rheinischer Antiquarius S. 8o7. —
Büsching, Neue Erdbeschreibung III, A., S. 1188. — Hirsching, Klosterlexikon I,
p. 5i3, 5x4. — Georgisch, Regesta p. 234. — Voyage fait en 181 3 et 181 4 dans le
pays entre Meuse et Rhin, Paris 181 8, p. io9. — J. Classen, Notices historiques, topo-
graphiques et statistiques sur l'arrondissement de Cologne: Mercure du departement
de la Roer IV, i8i3, p. io3ff. — Kurze Geschichte der Abtei bei v. Mering, Ge-
schichte der Burgen u. s. w. in den Rheinlanden VIII, S. i46. — Giersbfrg, Über die
ältesten rheinischen Pfalzgrafen mit Bezug auf den Ort und die Abtei Brauweiler:
Ann. h. V. N. VII, S. 1 1 . — Historisch-kritische Erörterung zur Geschichte der Pfalz-
grafschaft am Niederrhein : Ann. h. V. N. XV, S. 1 9. — Münzen von Brauweiler : von
Ledebur, Allgemeines Archiv für die Geschichte des preussischen Staates IX, S. 235.
— Rentenverzeichnis des Armenhauses der Abtei Brauweiler von io95 — io99 ed.
Cardauns: Ann. h. V. N. XXVI, S. 355. — Ristelhueber, Historisch -statistische
Beschreibung des Landarbeitshauses zu Brauweiler (mit Geschichte der Abtei von
J. Classen), Köln 1828. — H. Höfer, Die Benediktinerstiftungen in den Rhein-
landen: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und Cistercienserorden IX
S. 446; X, S. 486.
18
BRAUWEILER
l9
3. Kunstgeschichtliches. Giersberg, Die ehemalige Klosterkirche zu Brau-
weiler: Baudris Organ für christliche Kunst I, S. lo. — Ders., Die Kunstwerke der
Plastik in der Kirche zu Brauweiler: ebenda S. 42. — Ders., Die Grabdenkmäler in
der Kirche zu Brauweiler: ebenda I, S. 92; II, S. i5. — Ein Spaziergang nach Brau-
weiler: ebenda XIII, S. i64. — Die Abteikirche zu Brauweiler: ebenda XXII, S. 235.
— Fr. Kugler, Kleine Schriften und Studien II, S. 1 1 9, 2 20. — Die ehemalige Bene-
diktinerabteikirche zu Brauweiler: Bock, Rheinlands Baudenkmale des Mittelalters II,
Nr. 9. — V. Reber, Kunstgeschichte des Mittelalters, Leipzig 1886, S. 23i, 358. —
Mohr in Foersters Bauzeitung 1860, Nr. 2. — v. Quast, Die Klosterkirche zu
Brauweiler: B. J. XIII, S. i79. — Otte, Geschichte der romanischen Baukunst S. 208,
388, 742. — Ders., Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie II, S. 66. — Lotz,
Kunsttopographie Deutschlands I, S. io4. — Schnaase, Geschichte der bildenden
Künste V, S. 36o. — Dohme, Geschichte der deutschen Baukunst S. 73, 126. — E.
aus'm Weerth, Kd. II, S. 38; Taf LI, 5— 11. — Wiethase, Die Pfarrkirche zu Brau-
weiler: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins zu Hannover XXIV, i878,
S. i59, dazu Tafeln 737 — 74 1. — Dehio u. v. Bezold, Die kirchliche Baukunst des
Abendlandes, Text I, S. 468; Taf. II, Nr. i65.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden von i432 an. — Acta ab-
batum Bnmwilrensium, i Bd. fol. Pap., in gepresstem Pergamentband, 449 Bl. und
i3 Vorsatzblätter, mit späterer Einleitung von Stephan Broelman vom J. i6o9. Bl. i«:
Incipit historia fundatorum ac venerabilium dominorum abbatum monasterii Bruwillaren-
sis. Die Geschichte des Klosters ist bis zum Ende des 18. Jh. geführt. Hauptquelle
zur Geschichte der Kirche. — Auszug daraus in 8®, geschrieben i538, 2i9 Bl. Mit
der Inschrift: Praesens Über per qu<^dam fratrem diligentem, cuius nomen in venire
non possum, anno i538 circiter ex actis abbatum de verbo ad verbum exscriptus
est. — Index redituum capellae s. Laurentii et pauperum 245 S., aus dem Anfang
des 18. Jh. — Rentenbuch der Kapelle s. Laurentii, beginnend um i55o. — S. Seba-
stiani-Bruderschaft-Buch vom J. i7i5.
Im Bürgermeisteramt: Karte der Bürgermeisterei Freimersdorf vom J. i8o7. —
Tauf-, Trau- und Sterberegister aus dem Rektorat Brauweiler von i633 an, i Bd.,
darin auch die Einkünfte der drei Bruderschaften vom J. i653. — Vgl. Tille, Ober-
sicht S. 6. — Brauweilerer Urkunden auch in den Pfarrarchiven zu Widdersdorf und
Bergheimerdorf.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: i7o Urkunden, i49 Originale von 1028 bis
i795, i5 (8) aus dem n. Jh. — Kopiar des 16. Jh. (bez. B. 89* u. *>), enthaltend die
Urkunden vom 1 1 . Jh. an, der zweite Band mit Prozessverhandlungen von 1 5 1 8 wegen
der Besitzungen zu Clotten, Mesenich mit Kopien älterer Urkunden. — Unter den
Akten : Akten über Wahl und Eidesleistung der Äbte, Streit mit Werden, S. Pantaleon
und Gross S. Martin in Köln, Güterverzeichnisse, Lehens- und Heberegister aus dem
16. Jh. — Unter den Hs.: Vita Ezonis (bez. A. i9), dem Abdruck im Archiv der
Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde XII, S. 80 zu Grunde gelegt. —
Martyrologium, Regula und Nekrologium von Brauweiler, Kopie des 1 8. Jh., bis ins
10. Jh. zurückreichend (bez. A. 23o). — Visitation der Abtei vom J. 1688 unter den
Akten Werden Reg. III. 3, c. — Vgl. Ilgen, Rhein. Archiv S. 65.
Im Stadtarchiv zu Kftln: Hs. des Chronicon Brunwilarense (Nr. i65), geführt
bis i525, Pap., abgedruckt von Eckertz in den Ann. h. V. N. XVII- XX (s. S. 18),
220 Bl. Vgl. Mitteilungen aus dem Kölner Stadtarchiv XX, S. 83. — Abschrift der
Vita, gesta et obitus domini Ezonis eiusque Dei devotissimae conjugis Mathildis in den
Benediktioer«
nbtei
Kunst-
geschichtliches
Handschriftl.
Quellen
Brauweiler
Dasseldorf
Köln
l9
20
LANDKREIS KÖLN
Benedik tiner*
abtei
Berlin
München
Brassel
Rom
ßedburdyck
Ansichten
Abteikirche
Bftugeschichte
Erste Gründung
Farragines des Gelenius XIV, Bl. 425. In den Farragines auch eine Reihe weiterer
historischer Notizen (vgl. das FucHSsche Inventar) : Series r. d. d. abbatum Brunvile-
rensium bis i6i4: Bd. X, Bl. 12. — Historische Notizen von io5i an und Privilegien
Bd. XXX, Bl. 241—3 10. — Reliquienverzeichnisse Bd. XXIV, Bl. 1 14. — Urkunden
von io5i an.
In der Königlichen Bibliothek zu Berlin: Manuscr. hist Boruss. in 2® 789,
Sammlungen von Quix zur Geschichte von Brauweiler.
In der Staatsbibliothek zu München: Epitaphien und Inschriften in der Re-
DiNGHOVENschen Sammlung (Cod. germ. 221 3, Bd. XVII, Bl. 256).
In der Königlichen Bibliothek zu Brüssel: Cod. 8568 in dem Sammelbande
8564 — 858 1, aus dem Anfang des i7. Jh. (vgl. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde VIII, S. 5i4).
In der Vatikanischen Bibliothek zu Rom: Cod. Urbinas lat 29o aus dem Ende
des 9. Jh., Astronomische und astrologische Traktate nebst Brauweilerer Annalen von
988—1180 enthaltend (vgl. Mon. Germ., SS. XVI, p. 724 und Archiv XII, S. 262).
Im Nachlass des Herrn Dechanten Giersberg in Bedburdyck: Liber abbatiae
Brauwilerensis et circumiacentis orae historiam et fata enarrans, verfasst vom Mönch
Leonardus Moers aus Jülich i648, mit verschiedenen Fortsetzungen.
Ansichten und Pläne, i. Ansicht der Klosterkirche aus dem J. i657 (Original
nicht nachweisbar). Kopie bei Wiethase a. a. O. Bd. XXIV, Bl. 738, Fig. 2 u. 3.
2. Alte Zeichnung von Laporterie vom J. i795, 39X26 cm gross, Ansicht von
Südosten, im historischen Museum zu Köln.
3. Verschiedene Handzeichnungen aus der Mitte des i9. Jh., die Kirche vor der
Restauration zeigend, in Privatbesitz zu Brauweiler.
4. Auftiahme der Kirche und der Abteigebäude vom J. 1 863 vom Kreisbaumeister
Dr. Krokisius im Pfarrarchiv.
5. Grosse Auftiahmen der Kirche von Heinrich Wiethase im Pfarrarchiv zu Brau-
weiler, im Besitz von Herrn Heinrich Renard zu Köln und im Denlcmälerarchiv der
Rheinprovinz zu Bonn.
6. 20 Bl. Aufnahmen der Messbildanstalt im Ministerium der geistlichen Ange-
legenheiten zu Berlin, i889 unter Leitung des Geheimen Baurates Dr. Meydenhauer
hergestellt.
7. Photographien von Anselm Schmitz in Köln.
I. Die ehemalige ABTEIKIRCHE, jetzige KATHOLISCHE PFARR-
KIRCHE (s. t. SS. Nicolai et Medardi).
Baugeschichte.
Über die ältesten kirchlichen Gebäude in Brauweiler berichten die Gründungs-
sagen. Brun, ein zu Mansteden mit grossem Besitz ansässiger Mann, entdeckte im
Walde eine dem h. Medardus geweihte, aus Holz errichtete Kapelle (Brunwilarensis
monasterii fundatio c. 23: Mon. Germ., SS. XI, p. 4o7: aediculam ex ligno satis curiose
constructam lateribusque studiose ab infusione imbrium defensam). Der Pfalzgraf
Hermann, dessen Schloss zu Brauweiler stand, Hess die Kapelle aus Stein neu auf-
führen und durch den Erzbischof Warinus von Köln (976 — 985) einweihen (Brunwil.
mon. fund. c. 23 : ecdesia instructis ex lapide parietibus innovata).
Sein Sohn und Nachfolger, Pfalzgraf Ezo, vermählt mit Mathilde, Tochter
Kaiser Ottos IL, fasst den Entschluss, in Brauweiler ein Kloster zu bauen. Am
i4. April I024 wird durch den Abt Poppo von Stablo die Gründung vollzogen
20
BRAUWEILER 2 1
(Bninwil. mon. fund. c. 9: SS. XI, p. 4oo: fundamenta monasterii non in eodem loco, Abteikirche
quo ecdesiola supra dicta erat, sed ad cius aquilonalem partem, i8 fere passibus
longius ab eo locantur).
Am 8. November 1028 wird durch den Erzbischof Pilgrim die Kirche ein-
geweiht. (Annal. Bninwil. ad. a. 1028: SS. II, p. 216: dedicatio ecclesiae in Brunwilre.
— SS. XVI, p. 725: edificatio aecciesiae).
Schon nach zwanzig Jahren genügte dieser erste, eilig errichtete Bau der unter- Zweiter Bau
dessen rasch angewachsenen Klostergenossenschaft nicht mehr. Abt EUo (io3o bis
io54) legte am 3o. Juni io48 den Grundstein zu einem Neubau (Annal. Brunwil. ad
a. io48: SS. I, p, 99 u. XVI, p. 725: Hie iacta sunt fundamenta nostri monasterii
2. Kai. Julii. — Chron. Brunwyl. : Ann. h. V. N. XVII, S. 120: vetus monasterium
destrui et aliud validioribus fundamentis construendum inchoavit). Am 21. December
io5o wurde die Krypta mit drei Altären geweiht durch den Bischof Robert von
Münster (Chronicon Brunwylrense : Ann. h. V. N. XVII, S. 122). Am 3o. Oktober
1 06 1 wurde die Kirche durch den Erzbischof Anno von Köln und den Bischof Engel-
bert von Minden eingeweiht (Annal. Brunwil. ad a. 1061 : SS. I, p. 99 u. XVI, p. 725:
dedicatio monasterii secundi. — Brunwil. mon. fundatio: SS. XI, p. 4o6. — Ausführ-
lich das Chronicon Brunwylrense: Ann. h. V. N. XVII, p. 126).
Der 3. Abt Wolfheimus (io65 — io9i) schmückte das Kloster auf das reichste AuMchmackuog
aus und verzierte die Kirche insbesondere mit Gemälden und Mosaiken; die Gemälde
erläuterten beigesetzte tituli. Die vita Wolfhelmi c. i9 (Mon. Germ., SS. XXII, p. i89)
berichtet: Domum Dei aggressus est adomare omni decoris varietate; quod quia
devotissima mente concepit, mirifico effectu consummavit Denique eius instantia vel
tempore, in varios omatus picturae vel fabricae, seu etiam musivi operis decore, intus
et extra se Status extulit Brunwilerensis ecclesiae. Textum praelerea cuiusque operis
versibus expressit egregiis, ut liquido pateret inquirenti totius plenitudo materiei.
Ein Umbau der Kirche erfolgte bereits in der Mitte des 1 2. Jh. Die nähere Umbnu
Zeitbestimmung giebt wahrscheinlich die Weihe eines Altares in der Michaelskapelle
im Westturme im J. ii4i (Chron. Brunwyl.: Ann. h. V. N. XVII, S. i46: abbas con-
secrari fecit altare s. Michaelis archangeli in maiori turri, quod postea propter Orga-
num ibi positum fuit destructum).
Die bis dahin in allen Schiffen flachgedeckte Kirche erhielt ihre ersten Ge-
wölbe. Im Mittelschiff wurden verschiedene Pfeiler versetzt und verstärkt, die ver-
stärkten Hauptpfeiler erhielten Pfeilervorlagen. Es wurde ziemlich planlos weiter-
gebaut; das oft kaum erklärliche Zusammenstoppeln und Vermischen der alten Bau-
teile mit neuen Teilen, das Anfangen von Anlagen ohne Fortsetzung und Abschluss
(WiETHASE in der Zs. des Hannoverschen Architekten Vereins XXIV, i878, S. 162)
schuf die Unregelmässigkeit in Aufbau und Grundriss.
Abt Bertram von Anrath (t 11 96) plante bereits eine Erweiterung der Kirche
und Hess in der Kölner Diöcese hierfür sammeln. (Chron. Brunwyl.: Ann. h. V. N.
XVII, p. i56: ampliare volens ecclesiam nostram sive monasterium — Utrum vero
acquisite pecunie copia ad turris edificationem sive ad alium ecclesie usum exposita
sit, ignotum est).
Unter dem Abt Godesmann (ii96 — 1226) wurde der Erweiterungsbau aus- Erweiierungibau
geführt. Der ganze Ostteil wurde nach dem J. 1200 neu errichtet und zwar begann
der Bau im Osten beim Chor und schloss mit dem Querschiflf ab. Der Chor wurde
um 4 m hinausgeschoben, die alte Krypta wurde thunlichst belassen. Für die An-
lage zweier starker Kreuzschiffpfeiler mussten die alten Säulen in der Krypta um-
21
2 2 LANDKREIS KÖLN
Abteikirche maucrt werden. Im J. 1200 wurden die drei neuen Altäre in der Krypta geweiht
(Ann. h. V. N. XVII, S. i59). Der Bau stockte vor dem J. 1226, ohne dass er zum
Abschluss gekommen wäre. Der südliche Flankierturm war bis zur Zwerggallerie ge-
langt, die aber schon aus alten Materialien zusammengesetzt war und wurde mit
einem provisorischen Dache abgedeckt; der nördliche Turm war kaum so hoch ge-
diehen und wurde später wieder bis auf halbe Chorhöhe abgebrochen. Die Anlage
eines Central turmes über dem Gewölbe der Vierung war begonnen, aber bald wieder
liegen gelassen worden.
Am Ende des i4. Jh. wurde unter dem Abt Hermann II. Zobb eine Orgel,
quod eo tempore in latere ecclesie septentrionali primitus fuit aptatum, von dem
magister Wylhelmus, canonicus de Susato, errichtet (Ann. h. V. N. XVIII, S. 12?).
16. u. 17. Jh. Im Anfang des 16. Jh. wurden verschiedene Veränderungen an der Kirche vor-
genommen : Das ursprüngliche sechsteilige Gewölbe im Mittelschiff wurde 1 5 1 4 durch
eins in spätgothischen Formen ersetzt; die Dienste im Mittelschiff wurden hierbei um
1,25 m gekürzt, die Schiffsmauem um ebensoviel erhöht.
Im J. i556 wurde das Innere ausgemalt, gleichzeitig wurden auch die alten
Malereien in dem Ostteil überstrichen. Im J. 1606 stürzte der Westturm infolge
eines Orkan es ein und beschädigte das Dach der Kirche schwer; der Abt Johannes
Münch aber Hess den Helm in seiner jetzigen hohen Form um 1629 wieder herstellen.
Derselbe Abt richtete den südwestlichen Teil der Krypta zum Totenkeller ein, wodurch
diese vielfach verändert und zerstört wurde.
Aufhebung Durch das Dekret Napoleons I. vom J. 1802 wurde die Abtei Brauweiler auf-
gehoben. Die Kirche wurde 1806 der katholischen Gemeinde als Pfarrkirche über-
geben, die Abteigebäude wurden 1810 in ein Armenhaus, 181 5 in eine Besserungs-
und Arbeitsanstalt umgewandelt (vgl. ausführlicher unten S. 59).
Rcftauration Eine durchgreifende Restauration begann, nachdem in den vierziger Jahren
schon an den Abteigebäuden die Hauptschäden ausgebessert worden waren, im J. 1860
mit der Wiederherstellung des Kreuzganges, des Kapitelsaales, der Medarduskapelle,
die durch den Kölner Dombaumeister Zivimer ausgeführt wurde.
Die Gesamtrestauration der Kirche nahm im J. 1 866 ihren Anfang. Durch den
Baumeister Heinrich Wiethase wurde eine vollständige Aufnahme der Kirche her-
gestellt.
Am bedenklichsten war der Zustand der Ostpartie: Die grosse Concha hatte
sich herausgedrückt, das Gewölbe war zerrissen und nur durch Absteifungen und
Hängeeisen gehalten; die Schiffgewölbe hatten die Seitenmauern verschoben; die
Fenster waren meistens ohne Rücksicht auf die Architektur grösser gebrochen; lange
Schleppdächer bedeckten den nördlichen Flankierungsturm und die Sakristei. Die
Dächer waren sämtlich im schlechtesten Zustande, während das Gebäude an der
Nord- und Ostseite in allmählich angesammeltem Schutt um fast 2 m vergraben war.
Die Reparaturarbeiten erstreckten sich auf die folgenden Ausführungen:
Das Chorgewölbe wurde wieder eingerichtet, wobei die einzelnen Stücke der darauf
befindlichen Malereireste wegen thunlichst beibehalten wurden, äusserlich wurde der
Chor durch einen Ringanker gesichert. Die Mittelschiffgewölbe wurden neu verankert,
die Fundamente verschiedener Mauer- und Pfeilerteile unterfangen. Fast sämtliche
Thür- und Fensteröffnungen wurden in der ursprünglichen Form wiederhergestellt; im
nördlichen Seitenschiff wurde eines der Rosetten fenster in den Formen vom Anfang
des i3. Jh. hergestellt, verschiedene verschüttete Teile der Krypta wurden freigelegt;
im Äusseren wurde der Boden abgetragen.
22
BRAUWEILER
23
An Ergänzungen wurden vor allem die folgenden Arbeiten vorgenommen: Abteikirche
Die Flankierungstürme wurden innerlich vollständig ausgebaut, ihre oberen Geschosse
neu aufgeführt. Der Vierungsturm wurde von den Gewölben an neu aufgeführt.
Sämtliche Dächer und Giebel wurden in ihren ursprünglichen Abmessungen errichtet.
Fig. 4. Brauweiler. Nordanficht der Abteikirche vor der Wiederherstellang.
An der Südseite endlich wurde ein Joch des Kreuzganges mit einem reichen Portal
neu aufgeführt.
Im Inneren wurde ausserdem die gesamte Chormalerei des i3. Jh. durch den
Maler Gisbett Münster in Köln wiederhergestellt.
Die Kosten dieser Restaurationsperiode, die von 1866 — 1876 währte, haben rund
iSoooo Mark betragen. Dabei sind durch Verwendung der Arbeitskräfte der Provin-
Kosten
23
i4
LANDKREIS KÖLN
3
A
~/-\
iß
BRAUWEILER
25
zial -Arbeitsanstalt und sonstige freiwillige Leistungen etwa 3oooo Mark gespart worden, Abteikirche
so dass die eigentliche Bausumme 180000 Mark beträgt. Die Summe ist aufgebracht
teils durch einen Staatszuschuss, teils aus Provinzialfonds (Zuschuss von 75oo Mark
durch den 22. Provinziallandtag im J. i874), femer aus den Mitteln der Civilgemeinde
und der Kirchenkasse, endlich aus freiwilligen Beiträgen in den Jahren 1866— 1 874.
Im J. i885 wurden die noch rückständigen Restaurationsarbeiten in Angriff
genommen und mit Hülfe einer neuen Bewilligung des 3i. Provinziallandtages von
10000 Mark im J. i885 durchgeführt. Die letzten Restaurationsarbeiten (seit 1 895)
leitete der Architekt Heinrich Renard in Köln.
Baubeschreibung.
Die sechs Bauperioden — die erste Anlage aus den J. 10 48
Turmanlage aus der 2. H. des 11. Jh., die Bauten aus der Mitte des 12. Jh., der Er-
weiterungsbau aus dem Anfang des i3. Jh., die Bauperioden des i7.Jh. und 18. Jh.
und die Restaurationen des i9. Jh. — sind an der Kirche genau zu scheiden und im
Grundriss Fig. 8 durch verschiedene Schraffierungen angegeben.
Von dem ältesten Bau aus der Mitte des 11. Jh. sind nur erhalten: der Kern
der Pfeiler, die Aussenmauem des Langhauses, die Scheidemauem bis über die obere
Nischenstellung und verschiedene Skulpturen, die vom früheren Paradies stammten
und später als Dachgesimssteine für die seitlichen Flankierungstürme verwendet waren
(jetzt an der Nordseite des Westbaues eingemauert).
Der Westbau (Ansicht Fig. 4, 5, 6, Aufriss von Norden Taf. I) bestand im
Anfang nur aus dem mächtigen Mittelturm und den zwei seitlichen, mit ihm ver-
wachsenen Treppentürmen, in denen die Treppe nur bis zur Höhe des zweiten Stock-
werkes hinaufgeführt ist, um dort in den Mittelturm einzutreten. Er ist wahrschein-
lich sofort nach der ersten Weihe im J. 1061 begonnen und dann langsam in grösse-
ren Pausen höher geführt worden; von Anfang an aber war er wohl ungefähr auf
die Höhe berechnet, die er erst um ii4i erreicht zu haben scheint. Die drei Türme
zeigen' eine ganz einfache Gliederung durch schmale rundbogige Blenden nebenein-
ander. Kleine rundbogige Fensterchen mit abgetreppten Gewänden durchbrechen
die Mauerflächen. Die sehr kräftige Gliederung der Lisenen gleich am Unterbau auf
der Nord- und Westseite verweist diesen Bau in eine etwas spätere Zeit als das
Langhaus.
Das dritte Stockwerk am Mittelturm ist mit einfachen und mit Doppelblenden
gegliedert, die oberen Stockwerke zeigen nebeneinander je drei romanische Doppel-
fenster. Die Fenster werden eingerahmt durch grosse flache Blenden, die im vor-
letzten Geschoss von vertikalen Pilastern und je drei Rundbogen, im letzten Geschoss
durch Halbsäulen mit Würfel kapitalen und einen Rundbogenfries von sechs Rund-
bogen eingerahmt sind. Die Fenster im vorletzten Stockwerk zeigen eine Mittelsäüle
von schwarzem Basalt, während Basen, Würfelkapitäle und Kämpfer aus rotem Sand-
stein bestehen. Im letzten Geschoss, das naturgemäss die reichste Gliederung auf-
weist, sind die Gewände der die Doppelfenster einschliessenden Rundbogen zweimal
abgetreppt und enthalten Ecksäulchen von rotem mit Kapitalen von weissem Sand-
stein. Die tragenden Säulen der Doppelfenster bestehen auch hier aus schwarzem
Basalt, die Kapitale aus rotem Sandstein.
Über, dem abschliessenden Gesims zieht sich eine spätgothische steinerne
Balustrade hin, aus einfachen nasenbesetzten Spitzbogen zusammengestellt, ziemlich
derb in den Formen, aus dem J. 1 5 1 5 stammend. An der Ostseite, wo sie durch den
Baubeschreibung
1 06 1 , die Bauperioden
Weitbau
MiUelturm
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LANDKREIS KÖLN
Abteikirche Orkan des J. 1606 heruntergeworfen und durch ein schmiedeeisernes Gitter ersetzt
worden war, ist sie i897 in den alten Formen erneuert worden.
Turmhcim Der im J. 1629 begonnene achtseitige geschieferte Turm heim ist ein Meister-
stück der Zimmerkunst: es ist kein durchgehender Kaiserstiel vorhanden, vielmehr
sind zwischen den gegenüberliegenden Gratsparren Systeme von Andreaskreuzen an-
geordnet.
Der mittlere Westturm und der nördliche Flankierungsturm zeigen nach Nord-
westen zu eine auffällige Gliederung durch stark vortretende Vertikallisenen und kräf-
tigen Rundbogenfries. Die gleiche Gliederung setzte sich auf der Westseite des
Mittelturmes (wo jetzt die späte Vorhalle anstösst) fort. Die Eckpfeiler sind hier ab-
wechselnd in rotem Sandstein und grauem Trachyt ausgeführt.
Seitentürme Die beiden seitlichen Türme setzen in den oberen Geschossen die Gliederung
der unteren älteren Teile fort. Das dritte Stockwerk zeigt dieselben schmalen rund-
bogigen Blenden, das vierte eine grosse Blende mit einem Rundbogenfries von vier
Rundbogen, das fünfte eine einzige grosse Rundbogenblende, das sechste und letzte
drei schmale Blenden nebeneinander, die seitlichen durch einen, die mittlem durch
zwei Bogen abgeschlossen. Die mittlere Blende ist von einem Doppelfenster durch-
brochen, das eine Mittelsäule aus rotem Sandstein mit Würfelkapitäl hat. Beide
Türmchen sind mit niedrigen vierseitigen Pyramidendächem gekrönt. Aus dem oberen
Geschoss führt mittels eines gemauerten Flachbogens eine Brücke herüber auf den
Umgang des Mittelturmes; die Balustrade ist um diese Brücke selbst fortgesetzt
Langhaus Am Langhaus sind sowohl im Norden wie im Süden die Abschlüsse der
Obergadenmauer des ältesten Bauwerkes noch erkennbar; unmittelbar an den grossen
Westturm anstossend sind i,5o m unter dem jetzigen Dachgesims die Ansätze des
alten Dachgesimses sichtbar. Die Obergadenmauer des Mittelschiffes ist jetzt durch
Vertikallisenen zerlegt, die durch zwei Rundbogen in den leeren Feldern, durch drei
oder vier über den Fenstern verbunden sind. Die rundbogigen Fenster, in Gruppen
von je zwei zusammengestellt, zeigen noch die alte Einrahmung durch einen Rund-
stab, die früher stark abgeschrägten Gewände sind 1 5 1 4 erweitert, in die Fensteröffnun-
gen ist schlichtes spätgothisches Stab werk eingezogen worden.
Sciten«chiffe Die Aussenmauem der Seitenschiffe sind im oberen Drittel durch eine
Blendarkatur gegliedert. An der Südseite ziehen sich dreizehn Blenden hin mit zwei-
mal abgetreppten Gewänden, die Rundbogen von Halbsäulen mit halbrunden Basen
und Würfel- und Blattkapitälen im Wechsel getragen. Über den Kapitalen ein
schmaler roter Sandsteinkämpfer. In die Blenden sind vier rundbogige Fenster ein-
gebrochen (Fig. 22).
Südseite An der Südseite (Fig. 22 Rekonstruktionszeichnung mit dem Kreuzgang. —
WiETHASE a. a. O. Taf. 738. — Bock S. 5, Fig. 2) stiess hier unmittelbar der Kreuz-
gang an. Nach dem dritten (durch Wiethase erneuerten) Joch öffnet sich ein reich-
profiliertes rundbogiges Portal, durch besonders edle Formen ausgezeichnet Die
eigentliche Thüröffnung ist rund bogig; in die dreimal abgetreppten Gewände treten
zwei Paare von Ecksäulen, die inneren über dem Kapital als Rundstab, die äusseren
als ornamentiertes Band fortgesetzt, das drei aufsteigende Reihen von Akanthusblättem
zeigt. Die Kapitale sind mit den Kämpfern und den Wülsten um die Gewände ver-
kröpft; sie zeigen die reichste Blattwerkomamentik mit Drachen und Vögeln. Um
die innere Thüröffnung läuft noch ein breites ornamentiertes Band mit romanischem
Rankenwerk, auf zwei Löwenfiguren aufsitzend, die halb eingemauert aus dem Posta-
ment herausragen.
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BRAUWEILER
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Das nördliche Seitenschiff (Fig. 5, 6. — Taf. I. — Wiethase a. a. O.
Taf. 737) zeigt nach Westen eine feine Gliederung, unten durch Vertikallisenen und
Rundbogen fries, darüber ein romanisches Doppelfenster als Blende, mit Mittelsäule
und einem Kapital in grauem Sandstein, darauf unter einem Bogen das Lamm mit der
Abteikirche
Nordseite
Fig. 6. Brauweiler. Nordwestansicht der Abteikirche.
Kreuzesfahne. In der oben anstossenden Giebelseite endlich ein gedrücktes dreiteiliges
Blendfenster mit durch Würfelkapitäle geschmückten Säulchen.
In die Westwand des nördlichen Seitenschiffes an die Nord- und Westmauer
des nördlichen Westturmes und in die Nordwand des Mittelturmes sind bei der letzten
Restauration zwölf romanische Skulpturen aus grauem Sandstein eingelassen worden,
Skulpturen
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LANDKREIS KÖLN
Abteikirche die von dem Ende des i8. Jh. abgebrochenen Paradies westlich vor dem Mittelturm,
einer Anlage des 1 1. Jh., stammen (Abb. aus*m Weerth, Kd., Taf. LI, 7, Text II, S. 39).
Es sind am nördlichen Seitenschiff drei Reliefs: Christus als Weltrichter, mit
dem Kreuznimbus, in der Linken das Buch mit A und ü haltend, die Rechte
segnend erhoben, als Kniestück. Zur Seite zwei Cherubim mit vier Flügeln, unter
den Flügeln die Hände zur Seite streckend. Am Nordturm dann sechs Bilder des
Zodiakus: Wassermann, Fische, Widder, Stier, Zwillinge, Krebs. Am Mittelturm end-
lich die Reliefs von drei Heiligen in Kniestücken, alle drei bärtig und mit Büchern
in der Hand. Die Arbeit ist flach und derb, am besten die Gewandbehandlung bei
der Christusfigur.
An der Nordseite sind nur zehn der Blenden in der oberen Arkadenreihe
erhalten; vier der Säulen sind hier noch alt, während auf der Südseite alle erneut
sind. Über den Fenstern sind auf der Nordseite als Erinnerung an die grösseren
Fenster des i7. Jh. (vgl. Fig. 4) flache Bögen in vorspringenden Tuffsteinen an-
gebracht. An Stelle der drei letzten Blenden nach Osten ist bei der letzten Restau-
ration ein Fächerblattfenster in den Formen des i3. Jh. angebracht worden. Unter
den Arkaden ist die Wandfläche durch Vertikallisenen und Rundbogen fries gegliedert.
Im zweiten Joch von Westen an ein (vermauertes) romanisches Portal, rundbogig,
mit horizontalem Sturz, in den Gewänden Ecksäulen mit Blattkapitälen. Das Portal
führte zu der (abgebrochenen) Laurentiuskapelle (Taf I).
Querschiff Die Kreuzschiffarm e sind durch einen Rundbogenfries nach allen drei Seiten
abgeschlossen. Das Dachgesims (mit Schuppenfries) ist auch an den Giebelseiten in
horizontaler Richtung weitergeführt. Der südliche Kreuzarm zeigt nach Westen ein
vermauertes Rundfenster ohne jede Gliederung, das auch im Inneren sichtbar ist; am
nördlichen Kreuzarm fehlt dies. Der obere Teil der Giebelmauer ist durch zwei
leicht geknickte Rundbogenblenden belebt, in die zwei rundbogige durch Rundstäbe
eingerahmte Fenster unregelmässig (vgl. Fig. 5) eingebrochen sind. Im Giebel selbst
in der Mitte eine grosse rundbogige Nische, zur Seite zwei schmale rundbogige Fenster.
An der Nordgiebelwand ist die untere Hälfte durch zwei grosse mit leicht geknickten
Rundbogen überdeckte Blenden gegliedert, an der Südseite sind diese Blenden nur
durch Entlastungsbögcn angedeutet, das Mauerwerk selbst ist glatt. An der Nord-
seite ist ausserdem die Nordwestecke durch einen dreimal abgetreppten aus Trachyt
aufgeführten Strebepfeiler abgestützt, der im Ganzen um i m vortritt (Taf I).
Ottteil Der Ostteil (Fig. 7. — Wiethase a. a. O. Taf 737. — Bock S. 7 Fig. 3)
besteht aus der Hauptapsis mit den beiden vierseitige'n Flankierungstürmen und der
vorgelegten Bemarduskapelle. Bis zur Höhe der Apsis setzt sich die ganze Gliederung
derselben an den südlichen Türmen fort. Die Gliederung zeigt vier Stockwerke.
Zunächst den Unterbau mit einfachen Vertikallisenen und mit Rundbogenfries, nach
oben durch ein kräftiges reich profiliertes Horizontalgesims abgeschlossen. In den
Türme beiden Türmen ist die Gliederung von zwei (im Spitzbogen erweiterten) Fenstern für
die Seitenflügel der Krypta durchbrochen, der mittlere Teil der Krypta öffnet sich
nach Osten in einem Kleeblattbogenfenster, das in neuerer Zeit zur Thür erweitert
ist. Das nächste Stockwerk zeigt eine Gliederung durch rundbogige Blenden, deren
Bogen auf Ecksäulen mit Würfelkapitälen ruhen. An dem nördlichen Flankierungs-
turm ist diese Blende weit breiter als an dem südlichen, die rundbogigen Fenster
sitzen nicht genau in der Mitte. An dem entsprechenden Teil der Apsis sind die
Rundbogenfenster in den Blenden bis auf den Fuss heruntergeführt und von Rund-
stäben eingerahmt. Das nächste Geschoss zeigt wieder eine durchlaufende Gliederung
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BRAUWEILER
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-O
Fig. 7. Brauweiler. Ostansicht der Abteikirche.
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Abteikirche
3o LANDKREIS KÖLN
Abt«ikirche von Rundbogenblcnden auf Dreiviertelssäulen mit Blatt- und Kelchkapitälen, die
Säulen sitzen auf kurzen rechtwinkligen Untersätzen auf. Von den fünf Blenden der
Apsis schliessen drei grosse Rundbogenfenster ein, die seitlichen mit Rundstab in
den Gewänden, das mittlere in den Gewänden erweitert (im 1 7. Jh. vermauert, bei der
letzten Restauration wieder geöffnet).
Die Zwerggallerie mit dem Plattenfries ist endlich gleichfalls um Apsis und Flankie-
rungstürme ohne Unterbrechung herumgeführt. Der Plattenfries zeigt um die ApsLs
herum i6 quadratische Platten, deren sämtliche aufsteigende Schrägen mit Schuppen
bedeckt sind. Die Säulchen in der Gallerie bestehen aus Basalt, Schiefer und Sand-
stein, sind von verschiedener Stärke und abwechselnd allein oder in Gruppen von
zwei und vier (um einen Pfeilerkern) aufgestellt. Es sind im Ganzen Ii5 Säulchen
(Abbildung eines Kapitals bei Wiethase Taf. 739, 5). An dem südlichen Flankierungs-
turm ist der Plattenfries einfacher gehalten und zeigt keine Schuppenverzierung, son-
dern glatte Schrägen; ebenso ist hier die Westseite nur verblendet, nicht durch-
brochen. An dem nördlichen Turm ist dagegen der Plattenfries genau in der Art
wie an der Apsis von Wiethase durchgeführt worden ; hier öffnet sich die Zwerggallerie
auch gegen Westen. Unter den geschieferten Dächern der Gallerie zieht sich ein
breiter Klötzchenfries hin. Der Giebel des Mittelschiffes ist durch fünf Nischen be-
lebt, die mittlere ist durch Ecksäulen und Rundstab eingefasst
Die beiden oberen Stockwerke der Flankierungstürme sind ganz schlicht ge-
halten, die Felder mit einfachen Rundbogen fenstem und durch Vertikallisenen und
Rundbogenfries eingerahmt.
vieruDgstunn Der durch Wiethase neu aufgeführte Vierungsturm (Fig. 5, 6, 7. — Taf. I) ist
durch Pendentifs aus dem Viereck in das Achteck übergeführt; über den Penden-
tifs ruhen einfache flache Abschrägungen. Jede Seite des Turmes ist durch Vertikal-
lisenen und Rundbogenfries eingefasst und nimmt ein dreiteiliges Fenster auf mit roten
Sandsteinsäulchen und Knospenkapitälen. Die drei Fenster sind noch besonders
durch dünne Rundstäbe eingerahmt Unter dem mit Schuppen und Plättchenfries
versehenen Dachgesims läuft ein schmaler Fries hin, nach jeder Seite mit zwei Rund-
fenstem. Das Dach ist eine niedrige achtseitige Pyramide. Die Krönung bildet ein
Paradiesapfel aus Zink.
Beroarduskapeiie Die östlich angebaute Bernard uskapelle ist ein merkwürdiger viereckiger
Raum, der sich direkt nach der Apsis hin öffnet. Sie ruht auf einem breiten Tonnen-
gewölbe, das sich nach Osten in der Art einer Vorhalle öffnet und zunächst den
Zweck zu haben scheint, dem östlichen Fenster der Krypta Licht zuzuführen. Die
beiden kräftigen Seitenmauem sind noch von rundbogigen Durchgängen durchbrochen.
Das Horizontalgesims mit dem Rundbogen fries, das das untere Geschoss der Apsis
abschloss, ist auch um diese Kapelle herumgeführt, über der grossen Bogenöffnung
nach Osten eingeknickt und emporgerückt, über den seitlichen Durchgängen fehlt der
Rundbogenfries. Die Seitenflächen der Kapelle sind durch Vertikallisenen und Rund-
bogenfries eingerahmt; ursprünglich öffnete sich nach allen drei Seiten ein, aussen
durch ein Medaillon eingerahmtes Vierpassfenster, das an der Südseite (wo jetzt im
Inneren der Reliquienschrank angebracht ist) vermauert ist. Die Kapelle ist, um die
Fenster der Apsis nicht zu verdecken, in sehr geschickter Weise durch zwei neben-
einander gestellte Pyramidendächer eingedeckt (vgl. Fig. 5, 7 und i6. — Taf. I).
Sakristei Die uach Norden an den nördlichen Ostturm angebaute Sakristei von i669
ist ein zweistöckiger viereckiger Bau, aussen mit Rapputz verkleidet, mit schlichten
rundbogigen Fenstern. Das flache Pultdach, das ursprünglich den Bau und den an-
3o
BRAUWEILER
3l
Abteikirche
I l.houptrioat (bit1061).
I 2.B«u|Kriodc (2 H«lftv dt» 11 . aaiirli«.i.)
i d.Bottpcriode (um MW).
1 ^.Bauptriedtdioo- 1226)
I ,3 .Banptrlodt ( IT. Gwlmndi rt )
Fig. 8. Brauweiler. Grundrist der Abteilurche.
3i
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LANDKREIS KÖLN
Anbauten
Materinl
Abteikirche stossendcn unvollendeten Turm gemeinsam überdeckte, ist in eine Gruppe von zwei
abgewalmten Satteldächern mit dazwischen liegender abfallender Kehle umgeändert
worden (Fig. 16).
An den südlichen Kreuzarm stiess über dem (abgebrochenen) Kreuzgang ein
als Gerichtssaal bezeichneter Raum, von dem die Ansätze zweier runder Schildbögen
in Tuff erhalten sind, mit feinen Kapitälchen vom Ende des 12. Jh. Das erste Joch
von Westen her war ursprünglich durch ein Rundbogenfenster mit dem Kerkerbau
verbunden. Die Ansatzmauer nach Westen ist ganz roh abgehauen ; hier stehen grobe
Basaltblöcke aus der Mauer vor (Rekonstruktionszeichnung von Wiethase Fig. 22).
An der Ostseite des südlichen Kreuzarmes stösst der dreistöckige Kerkerbau
an, nach Osten mit vier Bogen auf romanischen Konsolen vorgekragt, mit kleinen
vergitterten Fenstern (Grundriss Fig. 8).
Das Material für den ältesten Bau ist Tuff, in den unteren Teilen mit Säulen-
basalt untermischt, oben mit feinen Schichten von römischen Ziegeln durchsetzt. Die
Pfeiler der Kirche sind in wechselnden Schichten von dem graugrünen Drachenfelser
Trachyt und dem grobkörnigen roten Eifelsandstein hergestellt Die Kanten, Pilaster
und Gesimse sind zumeist in Trachyt ausgeführt. In der Krypta bestehen die Schafte
der Säulen aus festem grauen Eifelsandstein, die Kapitale zumeist aus rotem Eifel-
sandstein. Im Ostteile bestehen die Säulenschafte in der Zwerggallerie und im Inneren
des Chores aus Marmorschiefer; einzelne Teile sind aus Kalksinter aus dem römischen
Eifelkanal hergestellt. Der Schaft der Säulen hinter dem Hochaltar besteht aus italie-
nischem Marmor. Am unteren Teile des Westbaues wie im Inneren des Langhauses
ist durch den Wechsel von Grau (Trachyt) und Rot (Eifelsandstein) zugleich eine
lebhafte farbige Wirkung hervorgebracht. Die Chorpartie ruht auf einer gleichmässig
durchgeführten i,5 m hohen Trassbetonlage.
Im Inneren ist der älteste TeU die Krypta (Grundriss nach io5o und nach
1200 Fig. IG, Ansicht Fig. 9. — Wiethase a. a. O. Taf. 74 1. — Bock Fig. 4 und 5).
— Die im J. io5o geweihte Krypta war siebenschiffig. Die Reste sind bei den Nach-
grabungen während der letzten Restauration zum Vorschein gekommen; insbesondere
im Süden bei Eröffnung des Totenkellers. Als um das J. 1200 der Chor nach Osten
hinausgerückt wurde, mussten als Unterbauten für die zwei starken Vierungspfeiler zwei
der Säulen ganz besonders verstärkt werden. Durch die Fundamente der beiden Flan-
kierungstürme wurde zugleich die Nord- und die Südseite der Krypta abgeschnitten
und verschüttet. Die in die neue Krypta hineinreichenden Mauern der alten Koncha
wurden beseitigt und durch trapezförmige Gurtbogen ersetzt, wobei die Einfügung von
verschiedenen neuen Diensten erforderlich war. Der Südteil . wurde endlich um 1 63o,
als der Abt Johannes Münch hier einen Totenkeller anlegte, noch mehr verkürzt.
Die ursprünglichen Säulen der Krypta sind stark verjüngte Monolithe, in der
Höhe zwischen i,38 und 1,80 m schwankend, auf hohen und steüen Basen ohne Eck-
blatt mit niedriger Plinthe. Die Kapitale haben die Würfelform mit Deckplatte, aber
ohne unteren Ring (Fig. 9), der Kämpfer ist ganz einfach, aber wuchtig profiliert. An
den Wandpfeilem derselbe Kämpfer und ein Sockel von o,5o m Höhe. Für die bessere
Fundamentierung der Vierungspfeiler wurden später zwei Säulen ummantelt und ver-
stärkt; es wurde ihnen ein sehr kräftiger Pfeiler vorgesetzt und diesem wieder eine
Rundsäule zur Seite gestellt. Ebenso ist neben dem Aufgang im Westen ein grosser
Pfeiler mit Ecksäulen zur Seite angebracht, die Säule besteht hier zum Teil aus
Trommeln, die mit dem Pfeiler im Verband gearbeitet sind. Im Osten wurde es
nur durch eine ganz komplizierte Gewölbekonstruktion möglich, den un regelmässigen
Inneres
Krypta
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BRAUWEILER
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Raum zu überdecken. An der Südostecke, indem 1200 neu hinzugekommenen Joch, Abt«ikirche
sind nach Norden zwei dünne Säulchen eingesetzt, die mit Kelchkapitälen gekrönt
sind. An der Südwand finden sich keine Pfeilervorlagen, sondern Konsolen, auf
denen die Gurte aufsitzen. In dem nach Norden hin führenden Gang sind zwei
Ecksäulen erhalten, dazu nach Norden und Süden die Spuren eines (vermauerten)
Fensters. Nach Osten mündet hier eine (vermauerte) Treppe, welche Sakristei und
Krypta miteinander verband.
Fig. 9. Rrauweiler. Inneniinsicht der Kiypta.
In dem vorspringenden viereckigen Ostteil der Krypta ein Gratgewölbe, mit
den Schildbögen und Graten auf Ecksäulen ruhend. Diese Säulen sind aus den alten
verschütteten Teilen übertragen, ohne Basis, mit grossen Würfelkapitälen ohne unteren
Ring und schweren Kämpfern. In der Mitte eine romanische Mensa vom J. 1200,
darüber ein Vierpassfenster (hier stand früher der Marienaltaraufsatz, s. unten). Im
Osten Reste von Fussboden, Belag in Opus Alexandrinum, Rosetten darstellend.
Die ehemalige Confessio, die sich zwischen den beiden Aufgängen nach Westen
befindet, ist jetzt vermauert und mit Schutt ausgefüllt; in der vorgesetzten Mauer zwei
Löcher, die einen Einblick gestatten. Es befanden sich in der Krypta drei romanische
Altäre (nur einer noch vorhanden), dabei drei Piscinen, alle in den einfachsten Formen.
Conf«
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LANDKREIS KÖLN
Abteikirche
Weitporul
TurmhaUe
'Rirmkapelle
Das Westportal der Kirche öffnet sich nach der Vorhalle zu. Es ist in der
jetzigen Gestalt verstümmelt und enthält nur noch einzelne der alten Teile mit Zusätzen
des 12. Jh. (Fig. ii. — aus'm Weerth, Kd. Taf. LI, 8).
Die eigentliche Thüröffnung ist durch einen breiten horizontalen Sturz ge-
schlossen, der auf der Vorder- und Unterseite reichen Skulpturenschmuck trägt. Auf
der Vorderseite ein Halbrund mit einem einfachen derben Rankenmotiv als Einrah-
mung. In dem Rund selbst ein Reifen und zwei symmetrisch gestellte verschlungene
Schlangen, die gleichzeitig in den Reifen und sich in den Schwanz beissen. In den
Zwickeln nicht näher zu bezeichnende vierbeinige Tiere (wohl Hunde) mit stilisiertem
Schwanz, offenem Maul und lang vorgestreckter Zunge. Auf der Unterseite des Sturzes
ein Palmettenfries. Die beiden seitlichen Pfosten zeigen auf der Innenseite zunächst
eine Fortsetzung dieses Palmettenfrieses und darunter aufsteigendes Rankenwerk
rechts, links eine geflügelte Schlange. Auf der Vorderseite der Pfosten ein Muster von
ineinandergeschobenen herzförmigen Motiven. Über dem horizontalen Sturz ein reich
profiliertes Gesims, das als Kämpfer über
den Kapitalen der beiden seitlich vortre-
tenden Säulen verkröpft ist. Die Kapitale
zeigen die Würfelform, sind aber ganz mit
Blattwerk, das noch ziemlich streng stilisiert
ist, übersponnen. Die obere Hälfte der
Säulen ist in gebrochenen Linien kanne-
liert. Die Basen der monolithen Säulen
haben Eckblätter.
Die untere Turm halle (vgl. den Längs-
schnitt Fig. 12) ist mit einem einzigen
grossen Gratgewölbe überdeckt An den
Wänden laufen Schildbögen hin, die auf den
Pfeilervorlagen in den Ecken mit einfachen
Kämpfern aufsitzen. Nach dem Mittelschiff
zu öffnet sich die Turmhalle in einem
grossen Rundbogen mit reichem Kämpfer-
gesims in der Laibung; die Stärke der Mauer beträgt hier i,9o m.
Über der unteren Turmhalle liegt im Mittel türm eine viereckige Kapelle, mit
einem Gratgewölbe überdeckt, dessen Grate nebst den breiten Schildbögen auf frei-
stehenden Ecksäulen aufruhen. Die Ecksäulen haben niedrige Basen mit nur ganz
leicht angedeuteten Eckblättem und Würfelkapitäle mit scharf eingeschnittenen, gleich-
sam eingekerbten Stab- und Blattomamenten. Die Langseiten der Kapelle zeigen eine
Blendenverzierung, nach Norden und Süden je drei gleich grosse Blenden, zwischen
ihnen die Thüren zu den Treppentürmen, nach Westen drei Blenden, die mittlere
grösser als die beiden seitlichen. Nach Osten, nach dem Mittelschiff zu, öffnete sich
die Kapelle ursprünglich in drei Bögen von den gleichen Dimensionen wie die west-
lichen Blenden, die leider jetzt vermauert und durch die Orgeltribüne verdeckt sind.
Der darüber gelegene mit einer flachen Decke versehene Raum öffnet sich
nach Osten in einer dreiteiligen Bogenstellung, die durch einen gemeinsamen etwas
gedrückten Rundbogen eingerahmt ist. Die Kämpfer bestehen aus rotem, die Kapitale
aus weissem Sandstein. Die Säulen haben Eckblattbasen, die Kapitale zeigen noch
die Würfelform, ihr Körper ist aber mit Blattwerk in derbem Kerbschnitt überzogen.
Der Raum bildete so eine zweite nach dem Langhaus zu geöffnete Empore.
Fig. 10. Brauweiler. Grundriss der KrypU.
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BRAUWEILER
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Das Langhaus (Grundriss Fig. 8, Längsschnitt Fig. 12), zeichnet sich zunächst Abteikirche
durch grosse Unregelmässigkeit aus. Die Zwischenräume zwischen den Pfeilern sind un- L"«i»««
gleich, die Vorlagen an den Aussenmauem entsprechen ihnen nicht, die Gewölbefelder
sind ungleich und verschoben, die Seitenschiflfe selbst verjüngen sich nach Osten hin.
-3?vx\?:f<' <2r^
Fig. 11. Brauweiler. WestporUl der Abteikirche.
Dem alten Bau von 1061 gehören hier noch bis zur Höhe der Fenster an die Aut»enin«uern
Aussenmauem der Seitenschiffe. Sie waren unten mit Nischen versehen, von denen
auf der Nordseite und auf der Südseite je vier erhalten sind. Sodann die Pfeiler des
Mittelschiffes und die untere Hälfte der Scheidemauem bis zu dem zweiten Horizontal-
gesims, wiewohl auch dieser Teil verschiedene Umänderungen erfahren hat. Die
Pfeiler sind vierseitig, ganz glatt, haben eine schmale Basis, die nur aus Plinthe
8»
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LANDKREIS KÖLN
Abteikirche
Od
3
und Schmiege besteht (sicher noch die alte Basis des ii. Jh.). Die Kämpfer dagegen
zeigen das dem 1 2. Jh. eigentümliche Profil. Die Obermauem sind über dem durch-
laufenden Horizontalgesims gegliedert durch flache Nischen, von denen je vier auf
jeder Seite auf ein Gewölbefeld kommen. Die Gewände der Nischen sind zweimal
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BRAUWEILER
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abgetreppt; den äusseren Bogen tragen Säulen mit reichskulptierten Blattkapitälen auf Abteikirchc
steilen Basen.
Über den Nischen zieht sich ein zweites Horizontalgesims hin von einfacherer
Profilierung; die aufsteigende Mauer darüber ist ein wenig eingerückt. In der Mitte
eines jeden der halbrunden Felder ist der Mauer noch eine schlanke Säule vorge-
setzt, die jetzt nur ein kurzes Pfeilerstück trägt und sich unmotiviert gegen die Ge-
wölbekappen stützt. Zur Seite je ein grosses nmdbogiges (im i6. Jh. erweitertes)
Fenster mit spätgothischem Pfostenwerk.
Die Pfeiler waren ursprünglich durchweg viereckig mit quadratischem Grundriss. Pfeiler
Bei dem Umbau in der Mitte des 12. Jh. sind ihnen Halbpfeiler vorgesetzt worden
— den Nebenpfeilern nur nach den Seitenschiffen, den Hauptpfeilern auch nach dem
'\^on de n CDitK d sfrdl j^ngsd^iffs • .j(v3 den l7ondu)€Stecff •
Fig. 13. Brnuweiler. Kapitale nn den DreiTiertelssäulen im Mittelschiff.
Mittelschiffe zu. Das vierte und das sechste Pfeilerpaar wurde für die Vierung, die sie
tragen sollten, sehr stark ummantelt. Das fünfte Paar zwischen ihnen wurde ganz be-
seitigt (im Grundriss Fig. 8 sind die ältesten Teile des 11. Jh. tiefschwarz, die des
1 2. Jh. in einfacher Schraffierung eingezeichnet). Die Fenster schnitten ursprünglich
in das obere Horizontalgesims ein; dieses war deshalb rechtwinkelig gebrochen unter
den Sohlbänken herumgeführt (im Längsschnitt Fig. 1 2 u. bei Bock Fig. 6 noch sicht-
bar). Diese Unregelmässigkeit ist bei der letzten Restauration ohne Grund beseitigt
worden.
An den dem zweiten Pfeilerpaar vorgelegten Halbpfeilem läuft sich das Kämpfer- Scheidemauem
gesims der Arkaden tot, während das erste Horizontalgesims um sie verkröpft ist.
Über diesem Gesims setzen kurze derbe i5i4 um 1,2 5 m verkürzte Dreiviertelssäulchen
auf, die mit reich skulptierten Kapitalen abschliessen. Auf der Nordseite wachsen aus
einem Blattkranz drei Reihen von Akanthusblättem übereinander heraus, während
nach vorn die Halbfigur eines bärtigen Mannes mit einer Kappe sich erhebt, der mit
beiden Händen karyatidenartig den oberen Abakus des Kapitals zu stützen scheint.
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Abteikirche Auf der Südscite erheben sich fünf Halbfiguren in zwei Reihen, alle mit Kappen, die
oberen mit den Händen sich gegen die Decke stemmend, die unteren die erhobenen
Arme ihrer oberen Genossen stützend (Fig. 1 3 A). Diesen beiden Vorlagen entsprechen
im Westen an der Turmmauer zwei Halbpfeiler, die ebenso kurze Säulchen tragen,
an der Nordseite mit einem ähnlichen Karyatidenkapitäl geschmückt — zwei Halb-
figuren, die aus einem Palmettenfries herausgewachsen scheinen (Fig. i3 B) — , auf der
Südseite ein einfacheres sehr archaisches Kapital mit ganz deutlichen Voluten. An
Fiff. 4. Brauweiier. Kapitale an den Nisohen im Mittelschiff.
der Ostseite des Langhauses ist nur an der Südostecke der alte Halbpfeiler mit der
kurzen aufgesetzten Säule erhalten; das Kapital zeigt hier wieder ganz strenge archaische
Formen, die Deckplatte ist merkwürdiger Weise übereck gestellt. Der Halbpfeiler in
der Nordostecke ist bei dem Weiterbau der Kirche durch eine schlanke Dreiviertels-
säule ersetzt worden, die mit einem Knospenkapitäl abschliesst.
Die Säulen der Nischenstellung auf der Nordseite haben durchweg steile Basen
ohne Eckblatt; auch den Basen der kurzen stärkeren Säulen fehlt das Eckblatt. Auf
der Südseite sind dagegen die Basen niedriger und gedrückter und haben durchweg
ein klotzartiges Eckblatt. Die Kapitale zeigen strenge und frühe Formen, zum grössten
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BRAUWEILER
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Teil noch unter deutlichem Anschluss an spätrömische Kompositkapitäle. Die Akanthus- Abteikirche
blätter sind sehr sorgfältig geriefelt, die Voluten und die vorkommenden Fächerblätter
sind streng an alte Vorbilder angelehnt. Das obere Plättchen ist in der Mitte mit
einer Rosette oder einem Sternchen verziert. Die Deckplatte besteht einfach aus
Platte und Schräge (Fig. i4). Die in der obersten Reihe aufgesetzten Säulen tragen
auf der Nordseite Blattkapitäle, auf der Südseite Würfelkapitäle. (Weitere Abbildungen
von Kapitalen bei Wiethase, Taf. 739, 2—5. — Bock, Fig. 7 u. 8. — v. Reber,
Kunstgeschichte S. 23i.)
Bei der Einwölbung des Langhauses im J. iSi4 wurden, wie bereits gesagt, die Verändeninsea
auf die Halbpfeiler aufgesetzten Dreiviertelssäulen um i,25 m verkürzt und die Kapitale
soweit heruntergerückt, weil für die spätgothischen Rippen und Gurte ein tieferes
Ansetzen notwendig war. Die beiden Kreuzgewölbe zeigen scharfunterschnittene
Rippen; der mittlere Gurt hat auf der Seite noch ein Rundstabprofil. Die Gewölbe-
kappen sind sehr bauchig gewölbt.
Auf dem durchlaufenden Balkenanker die Inschrift: domine dilexi decorem
DOMUS TUAE ET LOCUM HABITATIONIS GLORIAE TUAE. PSALM . 25. V. 8. EGO DeVs
tVVs ero Larga MerCes operIs tVI et LaborIs (i723).
Von besonderer Schönheit sind die beiden Schlufs steine im Mittelschiff (z. Z.
entfernt). Der eine zeigt die Madonna mit dem Kinde, die auf der Mondsichel, von
zwei Engehi gehalten, vor einer Strahlensonne steht, sehr fein ausgeführt, in alter
Polychromierung; der zweite zeigt den h. Nikolaus, in der Linken den Bischofsstab
haltend, zur Seite an einem Baumast Schilder hängend, worauf die Inschrift i w
(Johann von Weda) und die Jahreszahl i5i4.
Die Seitenschiffe sind mit Kreuzgewölben eingewölbt, die an den Pfeilern Seitenschiffe
auf Vorlagen ruhen, um die Basis und Kämpfer verkröpft sind, während sie an den
Aussenmauem auf Halbpfeilem aufeitzen, die Basen mit Eckblättem und Würfel-
kapitäle mit einfacher Riefelung und reich profiliertem Kämpfer (das Profil das gleiche
wie an den Pfeilern) haben. Die Rippen zeigen das für den Anfang des i3. Jh.
charakteristische Birnstabprofil, die Schlufssteine bilden hängende Knäufe; an den
Schildbögen laufen ausserdem dünne Rundstäbe hin mit einem Schaftring in der
Mitte. Die Bogen sind leicht geknickt, die Gurte haben dasselbe Profil wie die
Rippen. Nach Westen finden sich in beiden Seitenschiffen grosse rundbogige Blenden,
die ursprünglich bestimmt waren, einen Altar aufzunehmen, neben ihnen noch kleinere
Nischen. Im südlichen Seitenschiff gehören die letzten Stützen nach Osten schon
dem Bau um 1200 an und zeigen die entwickelten Formen des Übergangsstiles. Die
Langmauern weisen dieselbe Gliederung durch Nischen auf wie der Obergaden des
Mittelschiffes.
Im südlichen Seitenschiff führt im dritten Joch eine Treppe von 7 Stufen von
beiden Seiten hinunter zu dem Portal nach dem Kreuzgang. Die Vertiefung ist mit
einer steinernen Balustrade abgeschlossen, die eine Deckplatte mit einfachem roma-
nischen Gesims trägt. Auf der Rückseite der Balustrade nach dem Portal zu findet
sich eine höchst zierliche und reizvolle Umrahmung, die ein Weihwasserbecken auf-
nimmt. Die Skulpturen sind ganz neu, nach Zeichnungen von Wiethase ausgeführt.
An der Stelle der jetzigen Doppeltreppe stand vor dem J. 1866 eine einfache Treppe.
Von dem älteren Langhaus hebt sich das Querschiff (Fig. 8 und 12. — Querachiff
Taf. II) sofort auffällig ab. Die Vierung zeigt wieder verschiedene Unregelmässig- vierung
keiten. Die beiden Gurte, die in der Richtung von Norden nach Süden geschlagen
sind, ruhen auf den breiten Vorlagen der Vierungspfeiler auf und zwar folgt auf den
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4o
LANDKREIS KÖLN
Abteikirch« Gurt zunächst ein kurzes Pfeilerstück, dann ein Kämpfer und unter diesem als Ab-
schluss ein Rundbogen fries von drei Rundbögen, die auf Knospenkonsölchen aufsitzen.
Die Vierung ist mit einem Kuppelgewölbe überspannt, die Schildbögen ruhen in
den Ecken auf Dreiviertelssäulen, die mit Blattkapitälen abschliessen, aber nicht her-
untergeführt sind, sondern in der Höhe von 2,3o m, dort wo ursprünglich die im
16. Jh. zurückgerückten Chorschranken ansetzten, mit einer Basis abschliessen. Unter
diesen ist der Pfeiler voll gemauert. In der Längsachse der Kirche ruhen die Gurte
der Vierung mit reichen Blattkapitälen auf kräftigen Dreiviertelssäulen, die um i m
tiefer sitzen, als die Kämpfer der anderen beiden Gurte (die auf der Nordseite mit
Schaftringen versehen). Der Unterschied in den Scheitelhöhen der Gurte ist dadurch
überwunden, dass über
die beiden Gurte in der
Längsachse noch ein
I m hohes aufsteigendes
Mauerstück gesetzt ist
Kreuzarme // k \ \ Die beiden Kreuz-
arme sind mit Kreuz-
gewölben überdeckt,
deren Grate und Schild-
bögen in den Ecken
auf Dreiviertelssäulen
ruhen. Die Kapitale
zeigen die entwickelten
Knospenformen , die
Basen die Eckblätter.
Der nördliche Kreuz-
arm öffnet sich nach
Osten in einem ein-
fachen Rundbogen. Der
Kämpfer ist durch die
Laibung und um den
trennenden Pfeiler her-
umgeführt. Neben ihm
ein entsprechender zwei-
ter Bogen als Blende,
darin eine Nische (durch den Michaelsaltar verdeckt), eingefasst von zwei Ecksäulen
mit reichen Kapitalen. Die entsprechende Ostwand im südlichen Querarm ist viel
reicher behandelt. Zunächst ist über die beiden Bögen ein dritter grosser einrahmender
Bogen geschlagen. Sodann ist der nach dem Chor zu geöffnete Bogen nicht einfach
mit einem Kämpfer, sondern mit sehr kräftigen Säulen und Kapitalen eingerahmt
Das südliche Kapital zeigt Blätterschmuck, das nördliche einfache Kelchformen. Die
Nische (hinter dem Antoniusaltar) ist hier wie auf der Nordseite von Ecksäulchen
eingerahmt. Die Säulen sind von Kalksinter.
Die Giebelseite des südlichen Kreuzarmes zeigt gleichfalls eine abweichende
Behandlung. Während die entsprechende Mauerfläche im nördlichen Kreuzarm unter
den Fenstern ganz glatt ist, ist hier die Wand durch grosse Blenden gegliedert, zu-
nächst durch zwei spitzbogige Blenden, und in diese wieder eingeschrieben je eine
kleinere spitzbogige Blende. In der östlichen der Blenden ist ein Sarkophag auf-
Fig.
Brauweiler. Querschnitt durch die Abteikirche, den Zustand
von lObl, 1141 und 1514 zeigend.
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r. Inneres der Abteikirche.
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BRAUWEILER
4l
Chorhaus
gestellt, ohne Inschrift, mit romanischem Sockel und romanisch profilierter Deckplatte. Abteikirche
An der Vorderseite eine einzige i,86 m lange, 36 cm breite Platte von Kalksinter.
Die Choranlage (Taf. II. — Fig. 5, 7, 8, 12) besteht aus dem Hauptchor, den
beiden Seitenchören und der Apsis. Das Chorhaus ist ein quadratischer Raum, durch
ein Kreuzgewölbe überdeckt, dessen Grate und Schildbögen auf schlanken, mit Blatt-
kapitälen gekrönten, bis zum Boden herabgeführten Diensten ruhen. Die ganzen Seiten -
wände sind von grossen Bögen durchbrochen, die sich nach den Seitenchören öffnen.
Die eingerückten Gurte ruhen hier auf starken Dreiviertelssäulen mit Blattkapitälen ;
Fig. 16. Brauweiler. Schnitte durch die oberen Stockwerke der Abteikirche.
die Deckplatte ist als Kämpfer um den ganzen Pfeiler nach der Laibung zu, die Basis
um den ganzen sichtbaren Pfeilcrfuss herum als Sockel verkröpft. Die Wandfläche
über den grossen Bogenöffnungen zeigt eine Nischen Verzierung, die das im Langhause
angeschlagene Motiv aufnimmt, aber dem Charakter des Übergangsstiles entsprechend
reicher ausbildet. Jede Nische ist von zwei Säulchen eingefasst, die mit ausserordent-
lich reichen, ganz durchbrochenen und unterarbeiteten Kapitälchen gekrönt sind —
die zusammenstossenden Kapitale haben eine gemeinsame Deckplatte. Die Säulen
sind über der Deckplatte in einem Rundstab fortgesetzt.
Die beiden Seitenchörchen sind mit rechteckigen Kreuzgewölben überdeckt. Seitcnchörchcn
Auch hier fehlen die Rippen, die Schildbögen sind zur Ausgleichung der Unregel-
4i
42
LANDKREIS KÖLN
Abteikirche mässigkciten von verschiedener Stärke. In die Ecken treten Ecksäulen mit Blatt-
kapitälen; nur im nördlichen Seitenchörchen ist das äusserste nördliche Paar nicht
ausgearbeitet, sondern nur in Kelchform ausgestaltet Im südlichen Seitenchörchen
zeigen die beiden östlichen Kapitale Drachengestalten, in der Südostecke zwei Drachen,
die in einen menschlichen Kopf zu beissen scheinen. Beide Chörchen sind von Osten
durch ein in den Gewänden
abgeschrägtes Rundbogen-
fenster erleuchtet.
Portale ^^^^^^■^.^SB^^^^^^iSm^. ^^mKfl^ra AusdemnördUchenSeiten-
chörchen führt nach der hier
anstossenden Sakristei ein
besonders reich verziertes
P o r t a 1 ; die eigentlicheThür-
öffnung, im i6. Jh. mit neuen
spätgothischen Gewänden
versehen, ist rechtwinkelig.
In den Gewänden stehen
Ecksäulchen mit reichen
Blattkapitälen. Das Tym-
panon ist durch einen Klee-
blattbogen mit reichprofilier-
ten Gewänden eingerahmt.
Im Tympanon sitzt auf einem
Konsölchen die Gestalt eines
Propheten auf einem Throne,
die Knie gespreizt, in Unter-
kleid, Tunika und auf der
rechten Schulter mit einer
Spange festgehaltenem Man-
tel, die rechte Hand erhoben
(der Zeigefinger fehlt), mit
der Linken auf den Knieen
ein Spruchband haltend,
darauf die (neue) Inschrift:
MUNDAMINI QUI FERTIS VASA
DOMINI. Das bärtige Haupt
trägt eine Kappe (Fig. i7.
— WiETHASE Taf. 739, 6.
— aüs'm Weerth, Kd.,
Taf. LI, 9).
Im südlichen Seitenschiff öffnet sich nach Süden ein entsprechendes verziertes
Portal. Die Thüröffnung ist geradlinig geschlossen und zeigt noch die alten Pfosten.
In den Gewänden Ecksäulen mit Blattkapitälen, in denen rechts zwei Drachen, links
ein Adler sitzt. Das Tympanon selbst wird durch einen Rundstab eingerahmt, der
mit Klötzchen verziert und von einem ornamentierten Band gleichsam umwunden ist.
In der Mitte des Tympanons befindet sich eine im Kleeblattbogen geschlossene
Blende mit Ecksäulchen. In ihr sitzt en face ein Prophet auf einem Throne, in
gefaltetem Untergewand und am Halse aufgeschlagenem Obergewand mit weiten
Fig. 17. Bnuweiler. Portal im nördlichen Seitenchörchen.
42
BRAUWEILER 43
Ärmeln und faltigem Kopftuch, das die Haare ganz verdeckt, darüber eine runde Abteikirche
Haul^e. Die linke Hand liegt auf dem linken Knie, die rechte hält ein Spruchband
mit der Inschrift (neu): lavamini mundi estote. Die beiden Zwickel rechts und
links von dieser Blende sind ausgefüllt durch feines, stark imterarbeitetes Rankenwerk
(Motiv: Weinblatt mit Trauben s. Abb. Wiethase, Taf. 739, 7).
Die Apsis, deren Kuppelgewölbe sich ohne Vermittelung eines Triumphbogens Aptia
an das Chorhaus anschliesst, zeigt eine Gliederung in zwei Geschossen. Im unteren
Geschoss rechts und links tief herabgeftihrte Fenster, eingefasst von einer rundbogigen
Blende, mit Ecksäulchen in den Gewänden, die Blattkapitäle und merkwürdig orna-
mentierte Schaftringe besitzen. Zwischen diesen beiden Blenden öffnen sich zwei
leicht eingeknickte Bogen nach der östiich anstossenden Bemarduskapelle. Über ihnen
setzt sich die Blendenverzierung fort, zur Seite befinden sich noch Ecksäulen mit
Schaftringen; in der Mitte entspricht diesen ein einfacher kurzer Halbpfeiler, der mit
einer Konsole abschliesst Die beiden Bogen werden an den Seiten von je zwei
gekuppelten Säulen aus schwarzem Schiefer getragen, die Kapitale sind zusammen-
gewachsen and von einer gemeinsamen Deckplatte überdeckt In dem reichen Blatt-
werk befinden sich die vier Evangelistensymbole : an der Nordseite Engel imd Löwe,
an der Südseite Stier und Adler. In der Mitte stützt die beiden Bogen eine einzige
kräftige Mittelsäule von grauem Marmor. Ihr Kapital, reich mit Rankenwerk über-
sponnen, enthält auf allen vier Seiten die Gestalt eines ein Geföss ausschüttenden
Mannes — Personifikationen der vier Paradiesesflüsse (Wiethase, Taf. 739, i).
Das obere Stockwerk der Apsis enthält einen Umgang mit schlanken Säulchen.
Sechs von diesen sind ganz frei aufgestellt, die letzten an die Wand angelehnten sind
nur ein Drittel so lang, unter ihnen ist der Pfeiler voll aufgemauert. Die Säulchen,
unten achtseitig, oben rund, sind durch Bogen mit der Aussenmauer verbunden, da-
zwischen sind kleine Tonnengewölbe geschlagen.
Die Bemarduskapelle selbst ist ein rechteckiger Raum, mit einem Grat- Bemarduskapelle
gewölbe überspannt. Zur Vermittelung zwischen der Rundung der Apsis und dem
geraden Abschluss der Kapelle ist über den Bogenöflhungen des Eingangs ein zweites
Bogenpaar geschlagen, die Bogen sitzen in der Mitte auf der grossen Mittelsäule, in
den Ecken auf eigenen gekuppelten Säulchen auf. An der Ostseite entsprechen
ihnen ebensolche gekuppelte Säulen, die den hier gurtartig verbreiterten Schildbogen
tragen. Nach Osten ein grosses Vierpassfenster, von einem Rundstab eingefasst, nach
Norden ein Vierpassfenster, nur von einer Rundblende eingerahmt Nach Süden ist
das Fenster ersetzt durch einen grossen zweiteiligen Wandschrank aus dem iS.Jh.,
der zur Aufnahme von Reliquien bestimmt ist. Die Einrahmung bilden dünne Pfosten,
über dem horizontalen Abschluss reiches Masswerk, selbst wieder eingerahmt von
einem Rundbogen mit Krabben besetzt.
Die Sakristei, ein viereckiger flachgedeckter Raum, vom J. i669, von Osten Sakristei
und Norden durch je zwei rundbogige Fenster erleuchtet, ist durch ihre gut erhaltene
Barockdekoration interessant. Die elf Durchzüge der Balkendecke sind mit derben
Stuckdekorationen verziert, ebenso zieht sich an dem oberen Rande der Wand ein
Fries in Stuck, Früchte an Bändern in der Art von Festons aufgehängt, hin.
Die Abteikirche zu Brauweiler ist in der Verbindung der verschiedenen Zeiten Künstlerische
entstammenden Bauteile eines der merkwürdigsten Dokumente zur Geschichte der ""^ **""*
romanischen Architektur in den Rheinlanden. Charakteristisch ist das lange Nach-
klingen ganz archaischer Bildungen, der Nischenarchitektur, die an die weit früheren
Anlagen in Essen, Werden, Helmstädt, Regensburg erinnert, der Kapitälbildungen,
43
44
LANDKREIS KÖLN
Abteikirche die iu dcF antikisierenden Gestaltung der Deckplatte sich an karolingische Vorbilder
(Corvey) anschliessen, und in der harten Behandlung der Blätter eher in Obersachsen
(Gernrode, Hildesheim, Königslutter) als am Rheine Parallelen zeigt. Eine ganz
originelle Schöpfung ist der Westbau, im Grundriss an die Anlagen am Mindener
Dom, an der abgebrochenen Kirche S. Mauritius in Köln erinnernd, aber ganz allein
stehend in der Höhenentwicklung. Die im Mittelalter selbst nicht zur Vollendung
gekommene Turmanlage zeigt einen solchen Reichtum, wie von niederrheinischen
Kirchen nur noch Laach. Der Ostbau ist in der Innendekoration eine der reichsten,
in der Verbindung des Chores mit der Bemarduskapelle eine der originellsten
Schöpfungen des rheinischen Übergangsstiles.
Ausstattung.
HochaitarmenM Romanische Mensa des Hochaltares, im hoch, 2,7o m lang, i,6o m tief, aus
Sandstein (aus'm Weerth, Kd., Taf. LI, 6. — B. J. LV, S. i87). Die Seitenflächen
sind mit vertieften Platten verziert, an der Vorderseite vier, an den Seitenflächen je
zwei. Die Schrägen sind ausgerundet und reich profiliert, den einzelnen Pfosten tritt
ein Säulchen mit Blattkapitäl und Eckblatt vor. Die obere Schräge zeigt einen Fries
von drei Blattreihen hintereinander, die untere einen von drei Schuppen. Die Mensa
ist in der alten Polychromierung erneut. Die vertieften Platten sind tiefschwarz mit
goldenen Lilien, die Säulen zeigen verschiedenes Muster in Rot, Grün, Gold und Grau,
die Rahmen in Rot, Gold, Blau, Rot, die obere und die untere Schräge haben gol-
denes Ornament auf Rot, die ganze Einfassung ist rot Das neue Ciborium des Hoch-
altares ist durch die Bildhauer Renard und Moest in Köln angefertigt.
AntoniuKiiuir An toniusaltar. (Tafel III. — Organ für christl. Kunst I, S. 43. — Schnütgen
in der Zs. für christl. Kunst III, Sp. i69/i7o, mit Tafel.) Der im südlichen Quer-
schiff" aufgestellte Altaraufsatz ist i552 durch den Abt Hermann von Bochum gesetzt
Über die Stiftung berichtet die Tafel in der Krönung: anno domini mdlii reve-
RENDVS in CHRISTO PATER AC DOMINVS D. HERMANNVS A BOICHVM HVIVS MONASTERII
ABBAS IN REFORMATIONE SEXTVS A FVNDATIONE VERO TRICESIMVS QVARTVS HoC OPVS
EXCVLPi (so) FECIT. RENOVATUM i739. Der Aufsatz ist aus weichem französischen
Sandstein gearbeitet und mit dem Kreuze 3,95 m hoch. Über der vierteiligen Predella
ist das Hauptfeld durch vier Pilaster gegliedert, darüber die Krönung mit der Inschrift-
tafel. In der Mitte in flacher Nische die fast vollrunde, daher etwas vortretende
Stand figur des h. Abtes Antonius, in der Rechten den Kreuzesstab, in der Linken
Stab, Buch und Schelle haltend, neben ihm das Schwein. Zur Linken übereinander
Sancta Chatarina (so) und Maria Magdalena, zur Rechten Sancta Barbara und Maria
Egipciaca (so). In der Predella von links nach rechts die Halbfiguren der hh. Me-
dardus, Nikolaus, Martinus, Benediktus. In der Krönung zur Seite der Inschrifttafel
reichverzierte Voluten, in phantastische Tierköpfe auslaufend, darüber das Wappen des
Abtes, überragt von einem grossen Kreuze mit dem Kruzifixus. Das Kreuz selbst ist
spätere Zuthat, ursprünglich war der Altar durch die Figuren von Christus, Maria
und Johannes gekrönt
Würdigung Dic Figurcu sind sehr vornehm und edel in der Haltung, das spätgothische
Vorbild ist zumal in der Gewandbehandlung noch überall erkennbar. Der architek-
tonische Aufbau ist klar, die Gliederung scharf, die Umrissiinie von grosser Ruhe.
Der Grund für die (i739 erneute) Polychromie ist blau, von dem sich die Ornamente
in den Höhen in Gold, in den Nischen in Silber abheben. Das Denkmal ist zusammen
mit dem späteren Michaelsaltar (siehe unten) kunsthistorisch wichtig als einer der
seltenen Vertreter der Frührenaissance in den Rheinlanden und zeigt entgegen der
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44
Tafel III.
Brauweiler. Antoniusal tar.
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Tafel V.
Brauweiler. Michaelsaltar.
BRAUWEILER
45
sonst hier herrschenden niederländischen Häufung von Ornamentmotiven eine feine Abteikirch«
Zurückhaltung in der Dekoration und direkten Anschluss an italienische, besonders
florentinische Vorbilder.
Marienaltar. (Tafel IV. — aus'm Weerth, Kd., Taf. LI, 5.) Der steinerne MariennUar
Aufsatz ist 2,2 2 m breit, i,6o m breit mit i9 cm breitem modernen Rahmen. Um das
mittlere Relief die (moderne) aufgemalte Inschrift: parvulus natus est nobis, et
FILIUS DATUS EST NOBIS, ET FACTUS EST PRINCIPATUS SUPER HÜMERUM EIUS, ET VOCA-
BITUR NOMEN EIUS: ADMIRABILIS, CONSILIARIUS, DEUS, FORTIS, PATER FUTURI SAE-
CULI, PRINCEPS PACIS (jESAIAS IX, 6).
In der Mitte ein von zwei Säulen mit Basen ohne Eckblatt und Blattkapitälen
getragener Baldachin mit muschelförmigem Dach. Darunter auf einfachem, mit einem
Kissen belegten Thron, die Füsse eng aneinandergestellt, die Knie gespreizt, die
Madonna streng en face, in der Rechten ein Lilienscepter, mit der Linken auf ihrem
Schosse das ganz bekleidete auffällig grosse Kind haltend, das die Rechte segnend
erhebt, während die Linke ein kleineres Lilienscepter fasst. Zu beiden Seiten stehen
auf stilisierten Wolken barhäuptig je zwei ältliche Heilige, die beiden inneren in bischöf-
licher Tracht mit den Hirtenstäben (wohl die hh. Nikolaus und Medardus), die beiden
äusseren in langer verzierter Tunika mit dem auf der rechten Schulter gehefteten
Mantel. Auf dem Spruchband des zur Rechten stehenden Heiligen die (neue) In-
schrift: TV ES DOMINE, QUi HABES POTESTATEM viTE ET MORTIS, auf dem anderen
Spruchband die Inschrift: adorabukt deum omnes reges et omnes gentes ser-
VIENT EL
Das Relief gehört zu der Gruppe der stilistisch eng verwandten romanischen
Skulpturen am Niederrhein (vgl. Kunstdenkmäler d. Kr. Grevenbroich S. 37), steht
aber den Reliefs zu Gustorf, Andernach, Köln (S. Maria im Kapitol und S. Cäcilia)
beträchtlich nach. Die Auffassung ist steif und archaisch, die Haltung wiederholt sich
ebenso wie die Kopftypen, die Hände sind ziemlich grob und ausdruckslos. Die
Polychromie ist neu.
Michaelsaltar (Tafel V), an Stelle eines i497 geweihten Altares (Ann. h.V. N. Michtteisiiitnr
XIX, S. 24o), gleichfalls durch den Abt Hermann von Boichuro im J. i56i errichtet.
Am Fuss befindet sich die Inschrift: dato (so) anno mdlxi. Der Altaraufsatz besteht
aus weichem Sandstein. Die alte Polychromie und Vergoldung ist i738 erneut (In-
schrift unter dem Aufsatz: renovatum mdccxxxviii). Im Mittelfelde, in einer flachen
Nische, über der zwei hockende Engel ein Schild mit dem Herzen und den Wund-
malen Christi halten, der Erzengel Michael in bewegter Haltung mit Schwert und
Kreuzschild gegen die aus den Flammen in der Tiefe aufsteigenden teuflischen Un-
geheuer kämpfend, darunter: sanct. Michael archangelus. In dem Aufsatz die
Darstellung des jüngsten Gerichtes. Auf dem Rahmen selbst thront mit entblösstem
Oberkörper, die Füsse auf die Erdkugel aufstützend, Christus als Weltrichter (die Arme
fehlen), zur Seite Maria und Johannes in ruhiger Haltung. In dem Halbrund in
ausserordentlich feiner Ausführung die Auferstehenden, links die Erlösten dem Tempel
des himmlischen Jerusalem zugeführt, rechts die Verdammten in den Höllenrachen
getrieben. Bemerkenswert die malerische Behandlung des Reliefs. Das Mittelfeld ist
von zwei Pilastern eingerahmt; jeder von ihnen enthält sechs der Mitte zugewandte Sitz-
figuren von Aposteln mit ihren Attributen, der innere Rahmen ist besetzt mit je acht
Wappenschildern, die die sog. Wappen Christi enthalten. Den äusseren Abschluss
bilden Voluten. Die Predella enthält in Nischen fünf Halbfiguren — von links nach
rechts die hh. Pantaleon, Medardus, die Madonna mit dem Kinde und die hh. Mater-
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46
LANDKREIS KÖLN
Abteikirche
Chorachrmnken
nus und Agneta. Die Polychromie ist in dem Rahmen in Blau und Gold gehalten;
die Figuren haben ein gedämpftes Kolorit. Der Altar ist im Aufbau nicht so über-
sichtlich und klar wie der frühere nah verwandte Antoniusaltar.
Die Vierung ist von den Kreuzarmen durch die Chorschranken getrennt, die
feine romanische Gliederung aufweisen. Die Chorschranken waren ursprünglich an
der Innenseite der Vierungspfeiler aufgestellt, bei dem Zurückschieben musste rechts
und links ein Stück angesetzt werden, von den Bögen der imteren Arkadenstellung
sind gleichfalls zwei (die beiden platt behandelten) neu.
Zunächst ist der die Rückwand der Chorstühle bildende Teil auf beiden Seiten
mit einem PlattenfrieS versehen, die Platten bestehen aus schwarzem Schiefer und
Flg. 18. Brauwoler. Details toh den Chorschranken.
zeigen eine Einfassung durch eine reich profilierte Kehle, den oberen Abschluss bildet
ein reiches romanisches Gesims. An der Rückseite (nach den Kreuzarmen zu) zieht
sich unter diesem Plattenfries eine Stellung von Bögen hin, die auf schwarzen Schiefer-
säulchen ruhen, welche wieder auf einem reichen Sockel aufsitzen. Der Formenreich-
tum an Basen, Kapitalen, Bögen und Zwickeln ist ein sehr grosser; an den Basen
haben die Eckblätter alle möglichen Formen, die Kapitale wechseln vom einfachen
platten Würfelkapitäl zum reichen Blattkapitäl, die Bögen zeigen einfache Riefelung,
Zickzack-, Facetten-, Pahnetten-, Rankenfries, die Zwickel Rosetten, Akanthusblätter,
Rosen (Fig. i8). Die Kasetten nach der Vierung zu sind im Anfang des l6. Jh.
mit sehr feinen spätgothischen Blättern und Blumen bemalt worden, verschiedene
Motive, die Felder gleichmässig deckend. Diese Malereien erinnern an die Teppiche
an den Chorschranken im Xantener Dome vom J. 1S20 (Kunstdenkmäler d. Kr. Moers
S. 112).
46
BRAUWEILER 47
Chorstühle, zweireihig, in der ersten Reihe acht, in der zweiten neun Sitze Abteikircbe
zählend. Die die Sitze trennenden Lehnen sind mit Tierköpfen geschmückt, die Chornühie
Füsse sind als Pranken auf Kugeln behandelt. Barocke Arbeiten aas der Zeit des
Abtes Alexander von Richterich (i693 — i7o4).
Kommunionbank, sechsteiliges barockes Werk mit guten Schnitzereien vom KommuDionbimk
J. i73i, in sechs Feldern mit zweiflügeliger Mittelthür. Die Felder der Vorderseite
enthalten in Relief folgende Darstellungen: der Hohepriester vor der Bundeslade und
dem Tisch mit den Schaubroten — der Mannaregen — Christus und die Jünger in
Emaus — das Abendmahl — das Schlachten des Osterlammes beim Passahfest —
Abraham und Melchisedek. Die einzelnen Reliefs sind durch Pilaster mit Frucht-
behang getrennt. Auf der Rückseite Wappen und Monogramm des Abtes Matth. Grein.
Orgel und Orgelbühne, barocke Arbeiten vom J. i768. Die Orgel ist einorgei. u. Or^ei-
hoher fünfteiliger Aufbau, braun mit goldenem Rankenwerk, überragt von einer Uhr, *****"*
welche Wolken und ein Strahlenkranz umgeben. Die Balustrade der Orgelbühne
endigt nach unten in einer breiten Konsole. Der Balustrade treten die holzgeschnitzten
Figuren Christi und der zwölf Apostel vor. Auf einer gemalten Kartouche die In-
schrift: PRO DeI gLorIa et CoeLItVM honore eLegantIVs ornabatVr (i769).
Zur Seite Cherubime, Schilde mit den Inschriften: laudate dominum in tympano
ET CHORO — IN CHORDis ET ORGANO haltend. Zu beiden Seiten der Orgelbühne
sind in den ersten Nischen des Obergadens barocke Figuren der hh. Medardus und
Martinus aufgestellt (vgl. über die älteste Orgel oben S. 22).
Drei Beichtstühle, wirkungsvolle barocke Holzschnitzereien, unter dem Abte Beichtstahle
Edmund Schmitz vor i724 vollendet Der mittlere, reichere und höhere, ist mit einem
flachrunden Giebelaufsatz versehen, der von Rankenwerk umgeben ist. Der Aufsatz
wird gekrönt durch die Halbfigur Gottvaters als Weltschöpfer in den Wolken, darunter
zwischen den Ranken füllungen das Wappen des Abtes. Die beiden anderen Beicht-
stühle sind gekrönt durch Medaillons mit den Halbfiguren der hh. Petrus und Maria
Magdalena. Vor den Mittelpfosten aller drei Beichtstühle stehen auf hohen Sockeln
sechs 1,20 m hohe Engel in ganzer Figur, anmutig in der Haltung, mit schönen
wechselnden Bewegungsmotiven, verschiedene sinnige Embleme haltend (Maske, Rosen-
kranz und Kreuz, Bibel und Schlange, Totenschädel und Spaten, Fische, Thränen-
tuch und Geissei).
Im letzten Ostjoch des südlichen Seitenschiffes befindet sich ein Grabmal in Onhdeiikniier
der Mauerstärke. Der Sarkophag mit der (neu) aufgemalten Inschrift: sepulchrum
HENRici VRiEDACH (f i428) ist eingemauert, darüber ist ein grosser Spitzbogen aus-
gespart, dessen Kante das Bimstabprofil zeigt. In der Ostseite der Laibung eine
kleine spitzbogige Nische.
Im letzten Ostjoch des nördlichen Seitenschiffes in der Mauerstärke entsprechend
das Grabdenkmal des Abtes Arnold Quadt (f i458). Der Sarkophag eingemauert
auf 9o cm hohem Sockel, mit nasenbesetzten Blenden an der Vorderseite und den
reliefierten Wappen der Herren von Quadt und der Grafen von Berg. Darüber ein
Spitzbogen, von einem mit zwei Schaftringen versehenen Rundstab eingefasst Auf der
Rückseite die (erneute) Inschrift (vgl. Chron. Brunwyl.: Ann. h. V. N. XVIII, S. i45):
HEIC CUBAT ARNOLDUS, VENERABILIS ISTIUS ABBAS
CENOBII, GENERIS GLORIA HONORQÜE SUI,
QUI MALUS HAUD EX RE CELEBRI SED STIRPE PATERNA
GERMANA VULGO VOCE VOCATUS ERAT.
NON OPERAM SIQUIDEM REBUS NAVAVIT INIQUIS,
QUI [für CUl] BONITAS CORDI SEMPER AVITA FUIT.
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48 LANDKREIS KÖLN
Abteikirche Im südüchen Scitenchörcheii befindet sich in die Südwand vermauert der
^"^Stifcw ***' Sarkophag mit den Gebeinen der beiden Stifter, des Pfalzgrafen Ezo oder Erenfrid
(t io34) und seiner Gattin Mathilde (t io24), aus dem Anfang des i3. Jh. stammend,
früher frei im Chor aufgestellt, seit i667 hier eingelassen. Von dem Sarkophag ist
jetzt nur eine Langseite sichtbar. An den Ecken erheben sich schmale Säulchen —
die Langseite selbst wird durch fünf Bögen gegliedert, die Kapitale, Bögen, Zwickel
und Basen zeigen reiches verschiedenes Ornament. Der Rand der Deckplatte ist mit
vierseitigen Rosen verziert. Darüber ein zweiteiliger geradlinig geschlossener Wand-
schrank, über ihm die (erneute) Inschrift: hic pia fundatorum ossa qüiescunt.
Über die frühere Aufstellung und die verschiedenen Inschriften des Grabdenkmales
vgl. unten S. 56.
Im nördlichen Seitenchörchen ist ein einfacher steinerner romanischer Sarkophag
eingemauert, mit Holzdeckel, darüber eine rundbogige Blende mit der (neuen) In-
schrift: HIC JACUERUNT OSSA DIVI WOLPHELMI ABBATIS TKRTII.
Grabmäier der Grabplatte des Abtes Adam von Herzogenrath (f i483). Die 2, So m hohe
'* Platte, aus fünf Stücken zusammengesetzt, besteht aus Messing und zeigt in der Mitte
den Verstorbenen mit gefalteten Händen, den Stab schräg über den Körper gelegt,
unter einem spätgothischen Baldachin, zu seinen Füssen zwei liegende Löwen. Der
Rahmen enthält in den Eckstücken die Evangelistensymbole (der Stier erneut). Um-
schrift: ANNO DOMINICAE INCARNA RNATIONIS (so) MILLESIMO QUADRINGENTESIMO
OCTOGESIMO TERTIO OBEIT (so) REVERENDUS DOMINUS ADAMUS DE HERTZOGENRADE.
REQuiESCAT IN PACE. AMEN. Darunter: monumentum hoc olim in medio ecclesiae
POSITUM DE TERRA LEVATUM ET HIC ERECTUM EST. ANNO DOMINI MDCCCLXI. Abb.
aus*m Weerth, Kd. Taf. LI, 10. Text II, S. 4o. — Katalog der Ausstellung kunst-
gewerblicher Altertümer in Düsseldorf 1880, S. 202, Nr. 785. — Organ für christl.
Kunst I, S. 93.
Wandgrabmal des Abtes Matthias Francken (t i722), Aufbau von Blaustein,
die Skulpturen von weissem Sandstein. Eine Nische wird von zwei Pilastem flankiert,
darüber auf den Krönungen Putten mit Blumen und Fruchtgewinden; in den
Zwickeln gleichfalls Putten; vor dem oberen von Voluten flankierten Aufsatz befand
sich ursprünglich das Wappen. Am Fusse in ovaler Kartouche die Inschrift: anno
l72 2 DIE IG. JUNII OBIIT REVERENDISSIMUS AC AMPLISSIMUS DOMINUS D. MATTHIAS
FRANCKEN, HUIUS MONASTERII ABBAS A FUNDATIONE 46., A REFORM ATIONE l8., RE-
GIMINIS l4. R. I. P. PRO CUIUS ANIMAE REFRIGERIO IN HONOREM S. MARTINI TURO-
^ NENSis EPiscopi HAEC STATUA ORDiNATA FUIT. In der Nische Steht in pathetischer
Haltung die lebensgrosse Statue des h. Martinus, in faltiger unruhiger Gewandung, die
mit reichem Ornament bedeckt ist, die Rechte auf die Brust gelegt, in der Linken
ursprünglich den Bischofstab haltend.
Wandgrabmal des Abtes Edmundus Schmitz (t i73i). Unterbau mit barockem
Aufbau in Blaustein, die Figuren in Sandstein ausgeführt. Auf einem vorgeschobenen
Piedestal auf einem Kissen der h. Wolf heim als Abt, barhäuptig, mit gefalteten Händen^
vor ihm seine Inful. An den Pilastern Quastenbehänge, seitwärts barocke Abschlüsse
mit Cherubimköpfen. Auf der geschwungenen Krönung das Wappen der Abtei, ein
Adler mit dem Wappen des Abtes als Herzschild. Die Inschrift lautet: anno i73i
DIE 7. JUNII OBIIT REVERENDISSIMUS AC AMPLISSIMUS DOMINUS D. EDMUNDUS SCHMITZ,
HUIUS MONASTERII ABBAS A FUNDATIONE 47., A REFORMATIONE l9., REGIMINIS 9.,
AETATIS 54. R. I. P. PRO CUIUS ANIMAE REFRIGERIO IN HONOREM B. WOLFFHELMI
HAEC STATUA POSITA FUIT. Darüber unterhalb des Gesimses die Inschrift: b. wolff-
HELMUS TERTIUS ABBAS.
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BRAUWEILER
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Grabstein des Bertram Bodife (t i755), in zwei Teilen im J. i896 hinter dem Abteikirch«
Taufstein eingemauert. Inschrift: anno i755 23. junii obiit in abbatia et sepul-
TÜS EST IN ECCLESIA HACCE PERILLUSTRIS ET CONSULTISSIMUS DOMINUS BERTRAMUS
BODIFE, SERENISSIMI ELECTORIS COLONIENSIS CONSILIARIUS AULICUS R. I. P. Daneben
sein Wappen.
Bronzetafel, 26 cm hoch, 53 cm breit, mit dem Epitaph des Abtes Friedrich Oronzetaf«!
von Saynheim (t i359):
ANNIS MILLENIS AC TER CENTUM REVOLUTIS
CUM QUINQUAGENIS HOS PENE NOVEMQUE SEQUUTUS
POST ORTUM CHRISTI MORTEM FREDERICE TULISTI,
TU QUI MANSISTI RECTOR PRUDENTIOR ISTI
COLLEGIO, GEMIT HINC LEGIO FRATRUM GENERALIS,
MARTIS QUARTA DIES TIBI PERSTITIT EXICIALIS,
JUSTUS ERAS GRATUS DEVOTUS HONESTUS AMATUS,
DE SEYNHEIM NATUS, HINC RESPIRANS TUMULATUS,
CHRISTO, QÜESO, DATUS, SANCTIS QUOQUE SIS SOCIATUS.
AMEN.
Sitzbild des h. Nikolaus, von Holz, an der Westwand des südlichen Seiten- Skulpturen
Schiffes, vom J. i49i, i498 geweiht. Die überlebensgrosse Figur des Heiligen sitzt in
bischöflicher Tracht, in der Linken den Stab haltend, die Rechte segnend erhoben,
auf einem Throne. Die versilberte Mitra enthält Reliquien. Die Polychromie ist roh.
Überlebensgrosses Kruzifix, von Holz, mittelmässige Arbeit vom J. i73o. Das
Haupt Christi mit geschlossenen Augen und offenem Munde ist auf die rechte Schulter
geneigt, der Körper ist stark geschwungen.
Gemälde, auf Leinwand, darstellend in drei Reihen übereinander die Stifter Gemälde
der Abtei und deren Kinder, sowie die Päpste und Kaiser, die Wohlthäter des Klosters
waren, aus dem J. i657, mit der Randinschrift: erenfridus cum coniuge sua
MATHILDE A JOANNE VIGESIMO ILLIUS NOMINIS PONTIFICE SUMMO MONASTERIUM BENE-
DICTINI ORDINIS PROFESSORIBUS (so) CONSTRUENDI ASSENSUM cum AUREA CRUCICULA
ET apostolico privilegio impetravit. Neben Erenfrid und Mathilde erscheinen die
Heiligen Martinus, Medardus und Nikolaus, sodann ihre weltlichen Kinder Hermann,
Erzbischof von Köln, Richeza, Königin von Polen, Otto, Herzog von Schwaben, Ludolph,
Graf von Zütphen, ferner die sechs geistlichen Töchter: Sophia, Äbtissin zu S. Marien
in Mainz, Ida, Äbtissin zu S. Marien in Köln, Hildewigis, Äbtissin zu Neuss, Mathilde,
Äbtissin zu Dietkirchen, Theophanu, Äbtissin zu Essen, Adelheid, Äbtissin zu Nivelles.
Es folgen dann die Kaiser und Päpste.
In dem Chor der Abteikirche ist die alte Ausmalung erhalten, aber durch- Ansmaiuntf
weg restauriert und zum Teil gänzlich verändert (aus'm Weerth, Wandmalereien
des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden. S. 7, Taf. XV u. XVI. — C. Hohe
im Deutschen Kunstblatt i855, S. 326.. — Guhl u. Caspar, Denkmäler der Kunst,
Taf. 49 a, i3 u. i4. — Janitschek, Geschichte der deutschen Malerei, S. i49).
Das grosse Gemälde in der Apsis ist durch den Maler Gisbert Mümter in Köln Ap«is
bei der Restauration stark verändert und modernisiert worden und nur noch nach
den vor der Restauration gefertigten Aufnahmen des Hofmalers C. Hohe zu würdigen.
(Gute Aquarellkopie im Denkmälerarchiv der Rheinprovinz zu Bonn. Ein zweites Exem-
plar im Pfarrarchiv zu Brauweiler. Darnach die Tafel XV bei aus'm Weerth.)
In der Mitte auf blauem mit Goldsternen besäeten Grunde in einer Mandorla
auf hohem Throne Christus en face sitzend, die Rechte segnend erhoben, in der
Linken ein Scepter haltend. Christus trägt ein blaues Untergewand und einen hell-
4
49
5o
LANDKREIS KÖLN
Abteikirche roten Mantel. In den vier Zwickeln der Mandorla die vier Evangelistensymbole.
Zu beiden Seiten eng aneinander gedrängt je drei Einzel figuren von Heiligen. Zu-
nächst links die hh. Maria, Petrus und Nikolaus, rechts Johannes der Täufer, Paulus
und Katharina. Zu Füssen der Mandorla die kleinen Figürchen des Abtes als des
Stifters und des Malers, eines Mönches, in anbetender Haltung. Die Kuppel ist
durch einen breiten Fries nach oben abgeschlossen, der auf rotem Grunde ein gelbes
Ornament mit grünen Blättern zeigt, dazwischen Medaillons mit Engelsköpfen en face
auf blauem Grunde. Die untere Einfassung über den Arkaden der Säulenstellung
bilden Palmettenfriesbänder mit rotem und blauem Ornamente auf schwarzem
Grunde in gelber Umrahmung.
In den Zwickeln kleine Medaillons mit Engelsköpfen auf blauem Grunde in
roter Umrahmung. In den Laibungen im Bogen unter diesen Arkaden die Figuren
von männlichen und weiblichen Personen, die ersteren als Könige und Propheten dar-
gestellt, die letzteren wohl Tugenden verkörpernd (aus'm Weerth Taf. XVII, 2 — 5).
Über der unteren Bogenstellung sind die Zwickel gleichfalls gemalt. Auf blauem
Grunde in grüner Einfassung in den Ecken Ranken, dann zwei Engel, der eine ein
Schwert, der andere ein Kreuz und eine Krone erhebend (ob ursprünglich?). Die
Gemälde der Apsis bilden mit denen zu Ramersdorf den Übergang zu den gothischen
Malereien der Rheinlande und bilden die letzte Vorstufe für die Wandmalereien in
der S. Cäcilienkirche zu Köln. Sie sind zwischen 1280 und i3oo entstanden.
Chorhaus Die Polychromie des Chorhauses ist durch den Maler Münster erneuert worden,
die alte Wirkung ist aber im Wesentlichen geblieben. In den Zwickeln der grossen
Bogen auf rotem Grunde Medaillons mit den Halbfiguren von Engeln mit Spruch-
bändern auf blauem Grunde (ob alt?). In der Nischenarchitektur, die die Wände
des Obergadcns gliedert, zeigen das Horizontalgesims und die Basen die Farben Rot,
Blau, Gold. Die Säulchen sind alle mit verschiedenen Mustern bedeckt, meist
schuppenartig aufsteigend und umwindende Blätter nachahmend. Die ganze Gliede-
rung ist auf das Reichste polychromiert mit Ornamenten auf schwarzem und blauem
Grunde. In den Nischen stehen grosse Figuren en face, denen in der Taufkapelle
zu S. Gereon zu Köln am nächsten verwandt, auf der Südseite S. Stephanus, ein heiliger
Bischof (Nikolaus) und S. Ursula, auf der Nordseite S. Laurentius, ein heiliger Bischof
(Medardus) und S. Gereon (wenn überhaupt alt, sicher stark modernisiert).
Langhaut Auch die Seitenschiffe des Langhauses haben teilweise ihre alte Polychroinie
wieder erhalten. An den Pfeilern und Gurten wechselt Rot und Grau; die Eck-
säulchen sind schwarz, die Kämpfer gold blau rot gefärbt, die Kapitale grün mit
Gold gehöht, auf rotem Grunde. Die einfache aber wirkungsvolle Bemalung der
Rippen in den Seitenschiffen ist ursprünglich, die ganze Polychromie gehört der Zeit
um 1220 an. An den Pfeilern des Langhauses nach dem Mittelschiffe zu kaum er-
kennbare Einzelgestalten von Heiligen unter Baldachinen. Die Kappen des spät-
gothischen Gewölbes im Mittelschiff haben i5i4 reichen Schmuck durch krautiges
Kankenwerk erhalten (Chron. Brunwyl.: Ann. h. V. N. XIX, S. 259: a. i5i4 ... me-
dium templi cameratum fuit et novis picturis decoratum).
Vorhalle Die dcm Westbau der Kirche vorgelegte, mit den Abteigebäuden selbst ver-
bundene VORHALLE (Tafel VI G, Fig. 6, 21) zeigt nach Westen eine dreiteilige
Fa^ade mit durchgehender Pilasterstellung. Im Mittelfeld ein rundbogiges Portal, darüber
in einer rundbogigen Nische die Figur des h. Nikolaus mit dem Bischofsstabe. Zwei
Putten zu seinen Füssen halten die Inschrift: per preCes DI VI nICoLaI tVere
ET aDIVVa nos DeVs Nüster (i78o). non sibi sed aliis. Darunter das Wappen
So
BRAUWEILER 5 1
des Abtes Anselm Aldenhoven. Das Hauptgesimse des Abteigebäudes ist an der Abteikirche
Fa9ade der Vorhalle durchgeführt, darüber erhebt sich ein geschweifter Giebel, auf
beiden Seiten in hässliche Voluten endigend.
Die Vorhalle selbst ist flach gedeckt und nach Norden durch fünf im Segment-
bogen geschlossene Fenster erleuchtet. An den Wänden aufgestellt grosse Holzfiguren
des i8. Jh., die hh. Raphael, Rochus, Gertrud, Donatus, Agatha, Walburgis, Sebastian,
Michael darstellend.
Am Boden sind eine Anzahl Grabsteine der letzten Äbte eingelassen. Grabsteine der
1. Grabstein des Abtes Philipp Brewer mit dem Wappen und der Inschrift :
ANNO SALUTIS HUMANAE MDCLXXI DIE IV. MENSIS MARTII OBIIT REVERENDISSIMUS
EXIMIUS ET AMPLISSIMUS IN CHRISTO PATER AC DOMINUS D. PHILIPPUS BREWERUS,
SS. THEOLOGIAE DOCTOR ET PROFESSOR, ORDINARIUS SEMINARII BENEDICTINI OLIM
REGULARIS, MONASTERII HUIUS ABB AS AC DOMINUS TEMPORALIS IN BRAU WEILER,
CLOTKN, MESSENICH LOCISQUE ANNEXIS PENNITANIS (?), CUIUS ANIMA REQUIESCAT
IN PACE. Am Kopfende die Inschrift: suaviter et constanter, am Fusse: sie Tran-
sit GLORIA MUNDI.
2. Grabstein des Abtes Nikolaus Schoegens mit dem Bilde des Abtes in
ganzer Figur, zwei Putten halten die Inful über seinem Haupte, zu seinen Füssen
sein Wappen. Inschrift: anno mdclxv xxviii. februarii obiit reverendissimus
ET AMPLISSIMUS D. D. NICOLAUS SCHOEGENS A FUNDATIONE 42., IN REFORMATIONE II.
PRAEFUIT UTILITER 4 ANNIS 5 MENSIBUS. C. A. R. I. P.
3. Grabstein des Abtes Johannes Munch mit Inful und Abtsstab und der
Inschrift: anno domini i6i9 3. februarii obiit reverendissimus et amplissimus
IN CHRISTO PATER AC D. D. JOANNES MUNCH, HUIUS MONASTERII ABBAS A FUNDA-
TIONE 4o., IN REFORMATIONE 9., PRAEFUIT ....
4. Grabstein des Abtes Johann Widdig. In einei tiefen Nische liegt, das
Haupt auf ein mit reichem Ornament versehenes Kissen gebettet, der Abt in reicher
Tracht, die Hände gekreuzt, den Abtsstab über den Leib gelegt, zu seinen Füssen
sein Wappen. In den Ecken die Evangelistensymbole, dazwischen Totengebeine und
Cherubine. Inschrift: anno domini i6i 7 Mensis augusti die i8. obiit reverendus
IN CHRISTO PATER AC DOMINUS D. JOANNES WIDDICGH, HUIUS MONASTERII ABBAS IN
REFORMATIONE 7., A FUNDATIONE 38., PRAEFUIT ANNIS 3, CUIUS ANIMA REQUIESCAT
IN SANCTA PACE.
5. Grabstein des Abtes Dionysius Liek. Der Verstorbene ist in ganzer
Figur dargestellt, in der Rechten den Abtsstab, in der Linken ein Buch haltend, zu
seinen Füssen ein Totenkopf, zu seinen Häupten sein Wappen. In den Ecken die
Evangelistensymbole. Zu beiden Seiten des Wappens: electus abbas anno 1600
10. KALENDis jANUARii, OBIIT ANNO i6i4 23. JULIL Am Rande die Inschrift: obiit
REVERENDUS IN CHRISTO PATER AC DOMINUS DIONYSIUS LINK (so) COADIUTOR ET AD-
MINISTRATOR MONASTERII SANCTI NICOLAI IN BRAWEILER ORDINIS DIVI BENEDICTI,
CUIUS ANIMA REQUIESCAT IN SANCTA PACE.
6. Grabstein des Abtes Heribert Artopaeus mit der Darstellung des Ver-
storbenen in ganzer Figur, zu Füssen Totengebeine, zu seinen Häupten sein Wappen,
in den Ecken die Evangelistensymbole. Inschrift: anno domini 1600 nonis novem-
BRIS OBIIT .... in CHRISTO PATER ET ... . HERIBERTUS ARTOPAEVS .... PRAE-
FUIT 22 ANNIS, CUIUS ANIMA DEO VIVAT.
7. Grabstein des Abtes Beda Groten (t i756), einen Adler mit Herzschild,
darunter eine Kartouche mit Inschrift enthaltend.
8. Grabstein des Abtes Matthias Grein (t i753).
4*
5i
LANDKREIS KÖLN
Abteikirche
Sükristei
Altar
Beichtstuhl
Romanische
Figur
Romanisches
Gefäss
9. Grabstein des Abtes Alexander von Richterich, mit Darstellung eines
Adlers, der als Herzschild das Wappen des Verstorbenen trägt und der Inschrift:
ANNO DOMINI l7o9 DIE 5. MENSIS FEBRUARII OBIIT REVERENDISSIMUS AMPLISSIMUS
DOMINUS D. ALEXANDER DE RICHTERICH, HUIUS MONASTERII ABBAS A FUNDATIONE 45.,
A REFORMATIONE l7., ANNO REGIMINIS l5., CUIUS ANIMA REQUIESCAT IN SANCTA FACE.
AMEN.
10. Grabstein des Abtes Martin Klinger (t i693), gleichfalls mit Adler und
Herzschild und der Inschrift: anno domini i693 21. martii obiit reverendissimus
AC AMPLISSIMUS DOMINUS D. MARTINUS KLINGER, HUIUS MONASTERII ABBAS A FUN-
DATIONE 44., A REFORMATIONE 16., ANNO REGIMINIS 21., CUIUS ANIMA REQUIESCAT IN
FACE. AMEN.
In der SAKRISTEI finden sich an den Wänden auf 64 Holztafeln die Bild-
nisse der Stifter des Klosters Erenfrid und Mathilde mit ihren zehn Kindern, des
Begründers des Klosters Poppo von Stablo und der 5i Äbte, in den J. i7o9 — 1722
gemalt, dann ergänzt. Für die ersten acht Figuren sind zeitgenössische Porträts
verwandt, die vierte, der Erzbischof Hermann, trägt die Züge des Kurfürsten Joseph
Clemens. Die übrige Ausstattung stammt aus der Zeit von i73i — i753.
An der Nordseite ein Altar, von zwei Paaren von Holzsäulen eingerahmt, in
der Blende Christus am Kreuze zwischen Maria und Johannes, im Hintergrunde die
Stadt Jerusalem in Relief. Holzschnitzerei ohne jede Polychromierung. Der Beicht-
stuhl an der Ostseite zeigt schwere barocke Engelsköpfe. Die Südseite ist mit hohen,
die Nord- und Westseite mit niedrigen Schränken verkleidet, mit barocken Schnitze-
reien, an der Südseite ausserdem ein Lavabo mit Handtuchhalter.
Romanisches Sitzbild des h. Nikolaus (Fig. i9) aus dem 12. Jh., von Holz,
1 ,3o m hoch, in Polychromie des 1 8. Jh. Der Heilige sitzt auf einem auf der Rück-
seite mit einer Säulenstellüng versehenen Thron auf sechsseitiger Plinthe, ganz en
face, die Rechte segnend erhoben, in der Linken einen Bischofsstab (in Rokoko-
formen des 18. Jh.) haltend. Er ist mit der Glockenkasel bekleidet, die Hände stecken
in Handschuhen, der Kopf derb, aber nicht ohne Wirkung. Die Behandlung von
Kopf und Händen ist dem Marienaltar (siehe oben) verwandt. Die Formen sind durch
die dicke Polychromie zum Teil entstellt und verwischt.
Runder Scyphus um 1200 (Fig. 20. — Phot. Schmitz), in den sechsziger Jahren
in einem reclusorium in der Kirche aufgefunden mit der (späteren) Bezeichnung
,SCYPHUS SANCTi NICOLAI* (im Reliquien Verzeichnis von i538 aufgeführt als szyphus
s. Nicolai), 20 cm hoch, mit Durchmesser von 16 cm. Das Gefäss ist aus einem
einzigen Stück Buchsbaum gearbeitet. Um den Bauch ist eine Arkatur angebracht:
Türmchen, die durch flache Bögen verbunden sind — dazwischen die Halbfiguren
der 1 2 Apostel mit Büchern und Spruchbändern in flachem Relief. Am unteren ein-
gezogenen Teile zwölf vortretende Ausbauchungen, zwischen ihnen dünne säulchen-
artige Stäbe, die oben in reiches Blattwerk ausladen. Der Fuss ist von einem runden
Reifen von vergoldetem Silberblech umzogen, der einen aufstehenden Palnxettenfries
zeigt. Das Innere ist mit vergoldetem Silberblech ausgeschlagen, in dem die zwölf
Ausbauchungen wiederkeliren. Die Türmchen, die Bogen über den Aposteln, der
Streifen unter ihnen waren mit vergoldetem Silberblech ausgelegt, das zum grössten
Teil herausgerissen ist. Der ganze Mantel ist stark beschädigt; von den Aposteln sind
nur drei ganz, sechs teilweise erhalten, der übrige Teil ist in Wachs ausgefüllt
Der Deckel wiederholt die Gliederung des Fusses. Wieder ziehen sich zwölf
buckelartige Ausbauchungen um die Halbkugel, getrennt durch die Rundstäbe, die
52
BRAUWEILER
53
den Deckel wie ein Gerippe zusammenzuhalten scheinen. Der obere manschetten- Ab teile ir che
artige Blattkranz liegt ganz frei auf, während er am Fusse unter die Stäbe gesteckt
ist. Ein oberer und ein unterer gravierter Reifen von vergoldetem Silberblech um-
geben den Deckel. Der runde Knauf von vergoldetem Silberblech zeigt durch-
brochene romanische
Rankenornamente und
zwar verschiedene Mo-
tive in den vier Feldern.
Er ruht auf einem acht-
seitigen Dächelchen, das
auf vier Türmchen aus
Buchsbaum befestigt ist.
Zwischen den freiste-
henden Türmchen ist
ein schwebender Vogel
(Taube) geschnitzt. Im
Inneren des Deckels ein
Medaillon geschnitzt,
darauf eine zwölfseitige
Rose, innerhalb deren
sich wie ein Knauf eine
ausgestreckte Hand er-
hebt (der zweite und
dritte Finger abgebro-
chen). Um das Medaillon
die Inschrift: t dextera
dei summi lubeat nos
nunc benedici.
Aeg. Gelenius,
De admiranda Coloniae
magnitudine, p. 387, er-
wähnt das Gefäss als sci-
phus s. Nicolai, qui est
cupa ligneis ss. apostolo-
rum imaginibus vestita, in
operculo emergit manus
duobus digitis ad benedi-
centis figuram protensis,
cum hac circumscriptione :
DEXTRA DEI SUMMI lUBE-
AT NOS nunc BENEDICI.
Hölzerne Reliquienbüste vom Ende desiS. Jh., eine weibliche Heilige dar- Reiiquienbüsie
stellend, durch dicken Überzug von Silberbronze entstellt. Der Fuss sechsseitig, an
der Vorderseite mit drei, an zwei Schmalseiten mit je zwei Einzelfiguren unter spät-
gothischen Krabbenbaldachinen (Phot. Schmitz). Im Reliquienverzeichnis von i538
als imago S. Annae bezeichnet.
Monstranz von vergoldetem Kupfer, aus der Mitte des i5. Jh., 68 cm hoch, Monstranzen
der Fuss aus der sechsblättrigen Rose konstruiert und mit Gravierungen bedeckt, der
Fig. 19. Brauweiler. Romanische Figur det h. Nikolaus.
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LANDKREIS KÖLN
Abteikirche Nodus mit Nägelköpfen versehen, das Glasgehäuse vierseitig auf runder Unterlage,
zur Seite ein Strebesystem mit den silbernen Figürchen der hh. Medardus und Georg,
darüber ein Baldachin und ein hoher mit dem Kreuz abschliessender Aufsatz.
Monstranz von vergoldetem Silber, aus der Mitte des i5. Jh., 72 cm hoch,
auf sechsblättrigem geschweiften Fuss, der Nodus mit Nagelköpfen versehen und mit
Fig. 20. Brauweiler. Romanisches Gefäss.
emaillierten |Blättchen, um den Glascylinder drei ziemlich komplizierte Strebebögen
mit Krabben besetzt. Die Strebepfeiler verbindet unten eine ringsumlaufende Schräge
mit der Inschrift: jaspar melcior baltasar (so), oben ein freistehender Blattfries. Der
Aufsatz, ehedem wohl mit einem Figürchen geschmückt, ist durch einen durchbrochenen
Helm und ein (älteres) Kruzifix gekrönt (Katalog der Ausstellung kunstgewerblicher
Altertümer in Düsseldorf i88o, S. i45, Nr. 594. — aus'm Weerth, Kd. Taf. LI, ii. —
Organ für christliche Kunst III, Nr. 21).
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BRAUWEILER
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Vortragkreuz des 16. Jh. von Kupfer mit dürftigem Kruzifixus, auf den Eck- Abicikirchc
stücken Medaillons mit den vier Evangelistensymbolen. Vottragkreu»
Bernhardskasel, auf den Seiten 1,12 m, auf dem Rücken i,34 m lang, Bcrnhardskasei
am unteren Rande 4,6o m breit (Bock, Geschichte der liturgischen Gewänder II,
S. 245. Abb. Taf. XXXII. — Katalog der Kunsthistorischen Ausstellung zu Köln
i876, S. 57. — Katalog der Ausstellung kunstgewerblicher Altertümer in Düsseldorf
1880, S. 121, Nr. 528). — Die Kasel besteht aus kostbarem dunkelgelben Seiden-
stoff, der als Muster ein stehendes Bäumchen mit zwei Adlern zur Seite zeigt, einge-
fasst durch ein kreisrundes Band mit Palmettenfries. An den Stellen, wo die Kreise
sich berühren, Rosetten, die die Breite beider Bänder bedecken. Die zwischen je
vier Kreisen bleibenden Zwischenräume sind mit Rosetten ausgefüllt, von denen aus
in die Spitzen der Zwickel Kreuze hineinragen. Der hinten und vorn viereckig be-
handelte Halsausschnitt der Kasel, die die alte Glockenform zeigt, wie die Verbin-
dungsnähte der Vorder- und Rückseite sind mit einem schmalen golddurchwirkten
Seidenbörtchen geschmückt, das mit kleinen Tierfigürchen gemustert ist, die durch
eine Art Eierstab eingefasst sind. Der Stoff stammt aus der Mitte des 12. Jh. Nach
der Tradition ist die Kasel von Bernhard von Clairvaux bei seiner Anwesenheit in
Brauweiler 11 47 getragen worden. Der Stoff ist von /oh. Reiners in Krefeld nachge-
webt worden.
Eine kunstvolle Manipel mit feinen Stickereien, aus Brauweiler stammend, ge-
langte in die Sammlung Bock in Aachen und von dort in das Kunstgewerbemuseum
zu Berlin. Ebendaselbst Handschuhe eines Abtes von Brauweiler aus dem 16. Jh.
(Bock, Geschichte der liturgischen Gewänder II, S. i47; Taf. XX, 2).
Nach Gelenius, De admiranda Coloniae magnitudine, p. 386, befanden sich unter
den Schätzen der Kirche: cuspis lanceae dominicae, aculus ex spinea Corona, crux
aurea, quam . . . fundatores secum Roma attulerunt, et simulacrum Crucifixi mira-
culosi argenteis vestiti laminis, brachium S. Gereonis inclusum argenteo brachio vexil-
ligero, Caput s. Florentianae in herma argen tea, cuius fronti infixa haeret sagitta, hiero-
theca, cui inclusa scapula s. Medardi episcopi et confessoris.
Glocken. Die grösste von i63o mit der Inschrift:
HAEC EGO, NOMEN HABENS A CHRISTI MATRE MARIA,
DAEMONES INFRINGENS, AESTUS ET FULMINA PELLENS,
AD SACRA TEMPLA VOCANS SONITU PIA CORDA CLIENTUM
MORTUAQUE IN CHRISTO DEPLORANS CORPORA EORUM,
SUB JOANNE FUI MÜNCH FUSA ABBATE RECENTER,
ANNO MILLESIMO SEXCENTO TER QUOQUE DENO.
JOANNES HELLINGS ME FUDIT. BRAUWEILER.
Die mittlere von i63o mit der Inschrift:
MILLE UBI SEXCENTOS TRIGINTAQUE' JUNXERIS ANNOS
TUNC JOANNE HIC MÜNCH PRAESULE FUSA FUI.
PATRONOS HABEO, QUOS HAEC ECCLESIA SANCTOS,
NAM NICOLAE CANO TUMQUE MEDARDE TIBI,
AD DOMINI LAUDES DICENDAS CONVOCO PLEBEM,
UT deus in sanctis glorificetür. amen.
JOANNES HELLINGS ME FUDIT BRAUWEILER.
Die dritte von i5i8 mit der Inschrift: a domo tua quaesumus domine spiri-
TUALES NEQUITIAE REPELLANTUR PER CHRISTUM DOMINUM NOSTRUM. APPELLOR MISERI-
CORDIA anno DOMINI l5l8 POST FESTUM BEATI MARTINI.
Die Glocken im Vierungsturme tragen die Inschriften : im vierungsiurm
I. RENOVATA IN HONOREM SS. APOSTOLORUM SUB ABBATE MARTINO KLINGEN.
JOHANNES BOURLET ME FECIT l673.
Parmnentc
Verlorene
Schätze
Glocken
Im Hfiuptturni
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LANDKREIS KÖLN
Grabmal der
Mathilde
Abteikirche 2. RENOVATA IN HONOREM MARIAE SUB ABBATE MARTINO KLINGEN ANNO l673.
3. IN HONOREM S. BENEDICTI l48o FUSA, l872 DENUO FUSA. VICOS VOCO, MOR-
TUOS PLANGO.
Die vierte ohne Inschrift, wohl aus dem 1 4. Jh.
Eine unter dem Abt Hermann IL Zobb im J. i394 gegossene Glocke trug die
Inschrift :
TER CENTUM MILLENO CUM QUARTO TERQUE TRIGENO
O NICOLAE PIEQUE TIBI MEDARDE BENIGNE
HOC FUIT OBLATUM VAS lUDICIOQUE PARATUM,
ID EST ANNO MILLESIMO TRECENTESIMO NONAGESIMO QUARTO
(Chronicon Brunwylrense: Ann. h. V. N. XVIII, S. 126).
Über das Begräbnis und das Grabmal der Pfalzgräfin Mathilde berichtet
die Brunwilarensis monasterii fundatio c. 10 (Mon. Germ., SS. XI, p. 4oi): ponitur
extenso desuper tentorio infra monasteriaiis ambitus medium. Quarta die . . . infra
ipsum tentorium altare in honorem s. Mariae consecratum est, ante quod eius corpus
venerabiliter humatura est, et epitaphiura supra eam huiusmodi scriptum est:
OTTO AVUS, OTTO PATER FUERANT HUIC OTTOQUE FRATER,
SUB QUOS ROMA POTENS SUBDIDIT OMNE NOCENS.
HAEC HUIUS TECTI STRUCTRIX, DUX FEMINA FACTI,
MATHILDT NOBILIBUS SUSCIPIT INDE GENUS.
ARCITENENS IPSAM QUARTO SUB LUMINE FIXAM
TRANSTULIT AD VITAM, LUCIS IN ARGE SITAM.
CUI QUOD DEBEMUS, QUIA NON IMPLERE VALEMUS,
TU FER SOLAMEN, CH RISTE REDEMPTOR. AMEN.
Der Pfalzgraf Er enfrid erhielt io34 sein Grab neben seiner Gattin und folgendes
Epitaph (Brunwil. mon. fund. c. i4: SS. XI, p. 4o3):
NOMEN ERENFRIDI TRIBUAT SUPER AETHERA SCRIBI,
NOMINE PIO CUIUS STRUCTA STAT ISTA DOMUS.
AD QUOD CUM FACTUM CONIVX CARISSIMA TRACTUM
FLEXIT, ET HAEC OBIIT; LIQUIT, ET HIC SUBIIT.
CUIUS FOECUNDI DEDERINT CUM PIGNORA LUMBI,
SUBTRAXIT NATIS QUOD DARET HIC MONACHIS.
QUEM SUB BIS SENIS GEMINI MISERERE KALENDIS,
QUA FOVET ILLE DOMO, QUI DEUS EST ET HOMO.
Der Interpolator giebt dazu an: Scilicet in ecclesiola beatae Virginis, quae fuit
olim in viridario, ubi postmodum stugnura factum est. Translata deinde sunt utraque
cori^ora ad medium chori atque in tumba lapidea elevata decentius et honorificen-
tius recondita.
Etwas abweichende Lesart in der vita Ezonis ed. Lacomblet, Archiv IV, S. i99.
Über die Inschriften: Kraus, Christliche Inschriften in den Rheinlanden II, S. 246,
Nr. 526. — Gelenius, De admiranda magnitudine Coloniae, Köln i645, p. 588. —
RiSTELHUEBER a. a. O. S. i4.
Die Fundamente der Kapelle, in der die Stifter beigesetzt worden waren, wurden
im Beginn des 16. Jh. aufgedeckt (Chron. Brunwyl.; Ann. h. V. N. XIX, S. 249:
reperti fuere magni lapides fundamentales ecclesiole sepulchri fundatricis nostre, que
ibidem prius sepulta fuerat, eo quod ecclesia nondum parata erat).
Inschriften ßis zur letzten Restauration befand sich auf der Südseite des Chores die In-
schrift: NOBILITATEM GENERIS EX NOBILISSIMA PARENTUM SUORUM HUIUS COENOBII
FUNDATORUM ERENFRIDI ET MATHILDIS PROSAPIA, NOBILITATEM NOMINIS EX SALUTI-
FERA SACRI BAPTISMATIS UNDA SORTITA ERAT ADELHEIDIS: SED NOBILITATEM VIR-
GrAbmal Eren«
frids
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BRAUWEILER 5 7
TUTIS MAJOREM IN MONASTERIO NIVELLENSI SANCTIMONIALIBUS FOEMINIS PRAELATA Abteikirche
logo regiminis demonstra vit, ornatis inde lampadibus xii. calend. julii in-
troivit cum sponso ad nuptias virgo prudens: ante aram reginae virginum,
beatae mariae semper virginis, in hac inferiori crypta requiem corporis in
sepulchro elevato suspensa desuper lampade jugiter ardente honorato in-
venit sponsa christi.
posthVMIs honorIbVs nVnC
DenIqVe CeLebrata (i773).
Auf der Nordseite ebenso die Inschrift:
sub obscuris horum lapidum angustiis conquiescunt duo conspicua sere-
nissimae stirpis palatinae sidera:
ludolphus erenfridi comitis palatini et mathildis, ottonis ii. imp. aug.
filiae, conivgum, hüius abbatiae fundatorum, filius primo genitus, animo
acerrimus, corpore robustissimus, archiepiscopi coloniensis supremus militiae
praefectus, henricum et cunonem bavariae postea ducem ex mathilde ottonis
zutphaniae comitis genitos filia, relinquens pupillos. et henricus in prae-
fectura militari et advocatiae bruwilarensis munere ludolphi patris suc-
cessor, heu! in ipso vitalis luminis incremento, ille iil idus aprilis, hic
pridie cal. novembris anno christi mxxxi a fundatione viii. occiderunt in
terris, at inde clarius orituri in coelis.
haC honorIs posthVMI tessera ab
obLIVIone VInDICatI (i772).
Vor dem Altar des h. Johannes des Täufers befand sich das Grab des Herzogs Grub ouo« ii.
Otto IL von Schwaben (t io47) — elevatum sepulcrum — (der jetzt im südlichen
Querschiff eingemauerte Sarkophag aus Kalksinter vgl. oben S. 4o a. E.) mit dem fol-
genden Epitaph:
VIRGINEUM SIDUS dum SEPTEM TERMINAT IDUS,
ADMONET HUC VENIENS UT LEGAT ISTA GEMENS:
heu! ruit ottonum flos regum magnificorum,
IMPERIALE QUIBUS CESSIT IN ORBE DECUS.
FLOS HIC EORUNDEM TULIT OTTO NOMINE NOMEN,
CUI MATHILD MATER, CUI FUIT EZO PATER.
DUX QUI SUEVORUM, MORIENS FIT PLANCTUS EORUM:
SED VI MORTE, DEUS, HUNC REPARA MELIUS.
Die Inschrift nach der Brunwil. mon. fund. c. i8 (SS. XI, p. 4o5). Vgl. Gelenius
a. a. O. p. 389. — Brewer, Vaterländische Chronik der Königlich Preussischen Rhein-
provinzen I, S. 263. — Kraus, Christliche Inschriften II, S. 247, Nr. 527. — Ristel-
HUEBER a. a. O. S. i7.
Von Wichtigkeit sind endlich die Inschriften auf den (nicht mehr erhaltenen) Grabmäier der
^ , , , , V , ältesten Abte
Grabmälern der ältesten Abte.
Grabinschrift des Abtes Ello:
HEIC PIUS ELLO CUBAT, TEMPLUM QUI PRIMUS IN ISTUD
NURSINI SEVIT DOGMATA DIA PATRIS,
CUIUS IN ANGUSTO VESTIGIA CALLE SEQUUTUS
INIECIT CARNI STRICTA LUPATA SUE,
ORBIS ET ILLICITOS (fALLACIA GAUDIA) FASTUS
CUM SATANE VICIT FORTITER INSIDIIS,
ERGO PATRI SUPERA BENEDICTO EST lUNCTUS IN ARCE,
QUEM SANCTE STUDIO VITE IMITATUS ERAT.
(Chronicon Brunwylrense : Ann. h. V. N. XVII, S. 121).
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58 LANDKREIS KÖLN
Abteikirche Grabinschrift des Abtes Wolfheimus (t io9i):
ARS ABIT, IMPERIUM, STIRPS, GLORIA DIVITIARUM,
FORMA PERIT, CARNIS FLOS ERAT, ECCE CINIS.
QUARE WOLFFHELMUS ABBAS MANSURA SECUTUS
VICTIMA GRATA DEO CLAUDITUR HOC LOCULO.
SERPENS CAUTELA, PLUS SIMPLICITATE COLUMBA,
RETINUIT PATRUM NOMEN ET OFFICIUM.
JAM TAURO DENAS MAII SOLVENTE CALENDAS
CORPORE PAUSAVIT, SPIRITUS ASTRA COLIT.
Vita Wolfhelmi abb. Brunwilar. auct. Conrado: Mon. Germ. SS. XII, p. i95. —
Erhalten in den Farragines des Gelenius (Köln, Stadtarchiv) Bd. X, El. i4*» und in
der REDiNGHOVENschen Sammlung (München, Staatsbibliothek), Cod. germ. 221 3,
Bd. XVII, Bl. 256.
Die Epitaphien der Äbte Herwicus (ChroniconBrunwylrense: Ann. h. V. N. XVII,
S. i3o) und Adelbert (S. i33) gehören wohl nicht zu den monumental angebrachten
Grabinschriften, wohl aber das Epitaph des Abtes Wezel in (t iio7):
OSSA WETZELI TEGIT HOC SEPULCHRUM,
QUI DOMUS ANNIS VIGILANTER HUIUS
UNDECIM VAFRA SINE FRAUDE REXIT
SEXTUS HABEN AS ;
ILLIUS CLEMENS ANIME PERHENNEM
CHRISTE CONCEDAS REQUIEM PRECAMUR,
UT SIT A POENIS STIGII RUENTIS
LIBERA AVERNI.
Grabinschrift des Abtes Aemilius (tii49):
COENOBIO AEMILIUS NONUS QUI PRAEFUIT ABBAS
HOC CONQUIESCIT IN LOGO
CORPORE NAM RUTILUM CONSCENDIT SPIRITU OLYMPUM
BEATITATIS PRAEMIO
PROinTER INEXHAUSTOS, QUOS PERTULIT IPSE LABORES
REMUNERANDUS A DEO.
Gelenius a.a.O. p. 386. — Chronicoh Brunwylrense : Ann. h. V. N. XVII, S. i46.
— Kraus, Christliche Inschriften II, S. 247. — Etwas abweichend in den Farragines
des Gelenius XXX, BI. 272^
Die späteren Grabinschriften sind im Chronicon Brunwylrense erhalten.
Abteigebäude II. Die ABTEIGEBÄUDE. Die Litteratur vgl. oben S. 18.
Baugeschichte BaUge SChichtC.
Über die Baugeschichte der Abteigebäude enthält das Chronicon Brunwylrense
eine Reihe höchst interessanter und durch ihre Ausführlichkeit wertvolle Nachrichten,
aus denen die folgenden herausgehoben werden mögen:
»i- Jh- Bereits das io48 begonnene Klostergebäude besass einen Kreuzgang mit einer
anstossenden Kapelle des h. Medardus (capella, quae est in ambitu, quondam . . in
honore s. Medardi consecrata: Ann. h. V. N. XVII, S. I23). Ausserdem befand sich
12 Jh. im Abteigebäude eine capella s. Maximini. In der Mitte des 12. Jh. wird der Kreuz-
gang und der Kapitelssaal neu aufgeführt; der Umbau der Medarduskapelle schloss
diese Bauperiode ab. Im J. ii74 weiht der Kölner Erzbischof Philipp von Heins-
berg in parte orientali ambitus die ehemalige Medarduskapelle zu Ehren Gottes,
Mariae und der Heiligen Christoph und Benedikt aufs neue ein (Ann. h. V. N. XVII,
S. i54) — sie heisst von jetzt an capella s. Benedicti.
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BRAUWEILER 59
Unter dem Abte Godesmann brennt im J. i2o4 während der Kämpfe zwischen Abteigebäude
Philipp von Schwaben und Otto IV. vor Köln ein grosser Teil des Klosters ab (Ann. ^- J***
h. V. N. XVII, S. i6i: Omnes monasterii nostri grangie fuerunt exuste, et quod
magis est, fere totius monasterii structura fuit igne consumpta. Nam tota abbacia cum
capella sua, que fuit in honore s. Maximini consecrata, nee non alia capella s. Pauli
apostoli in domo hospitum et granarium estivalis refectorii usque ad dormitorium
circa idem tempus perierunt per ignem). Die Neubauten wurden wahrscheinlich noch
unter dem Abt Godesmann ausgeführt.
Am Ende des 1 5. Jh. werden eine Reihe von Baulichkeiten abgerissen : habitatio 15. u. 16. jh.
prioris cum stabulo apto pro tribus equis, item habitatio pulcherrima retro infirma-
riam, qui locus iam dicitur ceresetum, item stabulum pro quatuor equis ad custodem
monasterii aliquando pertinens. Item domus cellarii cum stabulo .... (Ann. h. V. N.
XIX, S. 2 2 7). Um das J. i48o werden auf der Westseite über den Gewölben des
Kreuzganges Zellen für weitere Klosterinsassen angelegt. Im J. 1 5o3 wurden in dem
nach dem Abteigebäude gerichteten Teil des Kreuzganges neun Zellen für die Gäste
nebst einer Kapelle errichtet (Ann. h. V. N. XIX, S. 249: Anno autem domini MDIII.
erigi fecit [abbas Johannes] illam partem ambitus versus abbaciam, nova cubilia pro
hospitibus et pro necessitate sua cum pulchra capella strui fecit, que sequenti anno
completa fuit).
Unter dem Abt Johann II. von Lünen werden dann wieder grössere Neubauten Neubauten des
ausgeführt. Die Chronik berichtet (Ann. h. V. N. XX, S. 2 53): Igne cprrepta est et
exusta domus pistoria et cervisie coctoria, quam vulgo braxatorium vocant, in favillam
cineremque redacta, unde versus:
MDX SEXTUM AXIS DUM VOLVERET ANNUM,
VIDIMUS INCENSUM BRUWYLRE PERNICIOSUM,
CORPORIS OCTAVA CHRISTI VICESIMA MAII
NONA FUITQUE DIE MEDIAQUE INCENSO NOCTE
.... Domum igitur pistoriam et cervisie coctoriam novam in eodem loco construi
curavit, . . . quantum ad interius edificium, murus enim tantum post incendium man-
sit edificari curavit illud pulcherrimum edificium inter templum et domum pisto-
riam, quod iam temporis ibidem adhuc cernitur. Hie etiam exstrui fecit murum altum
inter monasterium et pomerium . . . edificari etiam curavit carcerem hoc est turrim
quadrifidam ante monasterii portam . . . ante cuius ingressum sculptum est: sanctum
est nephas punire, anno scilicet i5i7.
Die Erdbeben der J. i692 und i756 hatten auch die Abteigebäude stark be- Umbau im 18. jh.
schädigt. In den J. i76o — i78o wurden unter den Äbten Amandus Herriger und
Anselm Aldenhoven alle den früheren Jahrhunderten angehörigen Teile der Kloster-
gebäude mit Ausnahme des Kreuzganges, des Kapitelsaales und der Medarduska pelle
niedergelegt und ein stattlicher Neubau in späten Rokokoformen aufgeführt. Das
ehemals vor dem Westeingang gelegene Paradies wurde durch die jetzige Vorhalle
verdrängt. Die Erbauung der Prälatur kostete dem Abt über 3oooo Reichsthaler.
Im J. i8o2 waren die Abteigebäude nach der Aufhebung verlassen worden; die Abtei
selbst wurde säkularisiert. Durch Dekret vom i6. November i8o9 wurden die Gebäude Aufhebung
zu einer Bettler -Ansitalt (Depot de mendicite) für das Roer- Departement eingerichtet,
im J. i8i4 wurde die Artstalt von der preussischen Verwaltimg übernommen und i8i5
zu einer Arbeitsanstalt für die Rheinprovinz eingerichtet. Sie ist am i. Januar i873
auf Grund des Reglements vom 21. September 1 87 2 aus dem Besitz des Staates in
den der Provinz gelangt.
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6o
LANDKREIS KÖLN
Abteigebäude
Beschreibung
Westflügel
Beschreibung.
Die Abteigebäude (Gnindriss Tafel VI) gruppieren sich um die drei Höfe
E, C und D, von denen C das alte Quadrum darstellt und auf zwei Seiten noch von
dem romanischen Kreuzgang umgeben ist. Der Hof E ist der vordere Haupthof,
D der ursprüngliche Wirtschaftshof.
Die äussere Fagade des Westf lügeis (Fig. 21) zeigt einen zweistöckigen
Backsteinbau unter niedrigem mit Mansarden besetzten geschieferten Satteldach. Die
beiden, je sieben Achsen langen Flügel sind nur durch kräftige Horizontalgesimse ge-
gliedert. Der Fa(;:ade treten drei Risalite vor, Eckrisalite von je drei Achsen und ein
Mittelrisalit von fünf Achsen, die sich auch durch die abweichende Dachform (ge-
brochenes mit Mansarden besetztes Dach) und Giebclaufsätze von den eintönigen
Flügelbauten klar abheben. Die Kanten der Risalite sind abgerundet, die Pilaster
Fig. 21. Brauweiler. Westfa9ade der Abteigebäude.
treten hier scharf hervor, im Erdgeschoss schliessen sie mit einem einfachen Kämpfer-
kapital ab; im oberen Geschoss sind sie mit jonischen Kapitalen gekrönt. Darüber
zieht sich ein dreiteiliges Gebälk und ein kräftig vorspringendes, um die Pilaster-
aufsätze verkröpftes Dachgesims hin. Über den Eckrisaliten ist das Mittelfeld noch
im Dachgeschoss durchgeführt, wieder durch Pilaster flankiert und mit einem flachen
Giebel abgeschlossen. Über dem Mittelrisalit ist gleichfalls der mittlere Teil am Dach-
geschoss durchgeführt und im Halbbogen geschlossen. In der Lunette das Wappen
des letzten Abtes, darunter in einer Nische die Statue des h. Benediktus.
Nach dem Hofe E zu weist der Westflügel dieselbe Gliederung wie nach aussen
auf. Die breite Thordurchfahrt ist von Pfosten mit einfachen Kämpfern eingefasst,
der Schlufsstein des Bogens ist mit dem grossen Horizontalgesims verkröpft. In dem
Aufsatz des Mittelrisalits hier in einer Nische die Statue der Madonna auf der Mond-
sichel, darüber in dem halbrunden Giebel das Wappen des Erbauers, und die Jahres-
zahl i78i.
Die den Hof umgebenden Flügel sind im übrigen in der äusseren Architektur
ziemlich einfach gehalten. Der nördliche Trakt, der neben der Vorhalle G liegt, hat
60
BRAUWEILER
6l
zehn Achsen und zwei Geschosse; je zwei Fenster sind durch Pflaster zusainmengefasst. Abtei^ebäude
Im Erdgeschoss fünf gedrückte Bogenöffnungen mit vortretenden Schlufssteinen. Die
Oberfenster des mittleren Risalites sind mit einer Blendbalustrade versehen, darüber
ein flacher Giebel mit dem Monogramm A H und die Jahreszahl i78o.
Dem die Höfe E und C trennenden Ostflügel tritt ein Mittelrisalit von drei Osiflügei
Achsen vor mit drei Thüröffhungen, in dem flachen Giebel darüber ein von zwei
Putten gehaltenes Wappen mit einem thronenden Bischof und der Jahreszahl i784.
Darunter die Inschrift: DoMInVs sIt ConserVator noster, aVXILIator et CVstos
(i784). Das obere Stockwerk ist erst im J. i884 aufgesetzt worden. Der Südflügel
entspricht wieder dem Nordflügel, in dem halbrunden Giebel findet sich das Mono-
gramm M B.
Im Inneren sind nur im Hauptflügel, der Prälatur, einzelne Räume hervor- PräUtur
gehoben, die mit späten und ziemlich derben Rokokoomamenten verziert sind. Der
über der Eingangshalle F gelegene Hauptsaal ist ein rechteckiger Raum mit Pflastern
zwischen den Fenstern und den Wandfeldem. Zu beiden Seiten der Fenster sind
Embleme und Trophäen in Stuck angebracht, an den Schmalseiten in der Mitte
Kamine mit Stuckdekoration. Über den Thüren rechteckig eingerahmte Supraporten.
Die Decke, die an den Rändern leicht ansteigt, enthält reichere Stuckornamente, in
der Mitte das Auge Gottes, dann Medafllons mit männlichen und weiblichen Porträt-
reliefs, in den Ecken Medaillons mit Putten.
Das ehemalige Dormitorium, der nördlichste Raum im Westflügel, zeigt eine Dormitorium
einfache Dekoration durch Stuckleisten und Medafllons mit den Porträts der Ordens-
hefligen.
Das ehemalige Quadrum C ist auf der Ost- und Südseite noch von dem Quadrum
romanischen Kreuzgang, auf der Nordseite von der Kirche, auf der Westseite von
dem Mittelbau von i784 umgeben. Der Kreuzgangflügel auf der Nordseite ist bei
dem Umbau am Ende des vorigen Jahrhunderts abgebrochen worden, die Wieder-
herstellung war während der letzten Restaurationsperiode von Wiethase unternommen
worden, doch ist sie nicht über ein ohne Verbindung nach den Seiten dastehendes
Joch vor dem Südportal der Kirche hinausgekommen.
An der Ostseite des ganzen Komplexes im Hofe D das sogenannte FELD- Feidthor
THOR, eine zweigeschossige Thorburg vom Ende des i8. Jh. An der Innenseite
ein breiter Rundbogen mit einer Kartouche im Schlufsstein, darüber zwei grosse im
Segmentbogen geschlossene (gegenwärtig vermauerte) Fenster. Eine Holztreppe mit
Säulengeländer führt in das Obergeschoss. Über dem äusseren Bogen zwei grosse
Fenster, zwischen ihnen eine Konsole. Das geschieferte Dach ist gebrochen.
Zu beiden Seiten schliessen an das Thor die alten, durch Pilaster und ovale
Medaillons belebten Klostermauern an.
Der aus der 2. H. des 12. Jh. stammende romanische KREUZGANG kommt Kreuzgung
nach dem Quadrum zu durch die eingebauten Fenster und den unschönen Anstrich
wenig zur Geltung. Die Arkadenöflfnungen des Kreuzganges sind rundbogig, die
trennenden Pfeiler, sowohl nach aussen wie nach innen, mit Ecksäulchen verziert.
Jede Arkade ist durch zwei Paare gekuppelter Säulchen in drei Bogen zerlegt,
die Fläche unter dem grossen Arkadcnbogen ist durch je zwei offene nach aussen
wie nach innen ausgeschrägte Vierpässe gegliedert. Die schlanken Säulchen, die die
Bögen trennen, sind leicht verjüngt und ruhen auf schön gezeichneten Eckblattbasen.
Die Kapitale sind mit einer gemeinsamen Deckplatte und einem gemeinsamen stark
vorspringenden Kämpfer gekrönt; Kapitale wie Kämpfer bedecken streng stflisicrte
61
62
LANDKREIS KÖLN
Abteigebäude
i.
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BRAUWEILER 63
romanische Blattornamente; von grossen und wirkungsvollen. Formen, die Blätter Abteigebäude
scharf gerippt und wie ausgestochen. Der Kreuzgang ist im Inneren von Grat-
gewölben überdeckt, die durch breite Gurte, im Profil halbkreisförmig, getrennt
werden. Die Gurte rulien auf beiden Seiten auf halbrunden Konsolen auf, deren
Deckplatte eine Fortsetzung des durch den Kreuzgang sich hinziehenden Horizonta*-
gesimses darstellt, während der untere Abschluss durch ein einfaches Blatt gebildet
wird. Im südlichen Flügel des Kreuzganges fehlen die Ecksäulchen, die Gurte zeigen
ein kantiges Profil, die Konsolen sind reicher gegliedert. In die Aussenmauer sind
verschiedene Architekturreste eingemauert, ausserdem befinden sich hier verschiedene
Blenden. Im Ost- und Südflügel sind zwei Reliefs mit den Halbfiguren der hh. Bene-
diktus und Nikolaus vom J. i536 eingemauert. Das Wandgemälde mit der Dar-
stellung des jüngsten Gerichtes (aus'm Weerth, Wandmalereien Taf. XVII und Brown,
Kurze Beschreibung der Freskogemälde in . . . Brauweiler S. 9) ist leider übertüncht
worden.
An der Ostseite des Ostflügels ist die Mauer nach dem anstossenden ehemaligen
Kapitelsaale von drei Öffnungen durchbrochen. Die erste im ersten Joch gelegene
wiederholt die Gliederung einer Arkade des Kreuzganges, aber ohne die Ecksäijlchcn
in den Pfeilern; an den Kapitalen sind hier Vögel skulptiert. Als äussere Umrahmung
des grossen Bogens dient ein Palmetten fries. Das im zweiten Joch gelegene Haupt-
portal zum Kapitelsaal ist zweiteilig, die beiden Bogen werden in der Mitte von
zwei Säulen getragen, die den gekuppelten Säulchen der Kreuzgangarkaden entsprechen
(ob alt?). Den Kanten der flankierenden Pfeiler treten Ecksäulchen vor. Kämpfer
und Kapitale zeigen dasselbe scharfgeschnittene Blattornament wie die Kreuzgangs-
kapitale. Sowohl der grosse wie die beiden kleinen Bogen werden von Pal metten Friesen
eingefasst. Rechts neben dem Portal noch zwei weitere Fenster, zweiteilig, das Kapital
der Mittelsäule hier mit Vögeln verziert.
Der ehemalige KAPITELSAAL, der im Osten an den Kreuzgang anstösst Kupiteisa«!
(Taf. VI A. — Ansicht Taf VII) ist seit dem J. i863 zur evangelischen Kirche einge-
richtet. Zu diesem Zwecke ist 1 860 unter Zwirnen Leitung die Trennungsmauer zwischen
dem Kapitelsaal und der anstossenden Medarduskapelle B herausgenommen worden.
Der Kapitelsaal ist ein rechteckiger Raum von sechs quadratischen mit Grat-
gewölben überspannten Jochen, die durch breite Gurte getrennt sind. Die leicht ge-
drückten Gurte ruhen an den Aussenmauern auf reich gegliederten Konsolen. Die
beiden freistehenden Säulen in der Mitte haben Eckblattbasen, monolithe Schafte und
mit reichem Blattwerk umgebene korinthisierende Kapitale. Die Deckplatte ist nur
wenig vorgekragt. Die Fenster in Vierpassform sind bei der letzten Restauration er-
weitert worden. Reste von Fussbodenbelag in Opus Alexandrinum, ähnlich denen in
der Krypta.
Die anstossende ehemalige MEDARDUSKAPELLE besteht aus drei Schiffen Medarduskapelle
von je drei rechteckigen Jochen. Der Ostteil ist um einige Stufen erhöht. Die Kapitale
der Säulen sind denen des Kapitelsaales ähnlich, doch mit menschlichen und tierischen
Figuren verziert. Nach Osten zu ist die Kapelle durch drei Fenster mit einem starken
Rundstab in den Gewänden erhellt. Im Äusseren zeigt der Kapitelsaal nach Osten
eine Gliederung durch einen Rundbogenfries auf Konsolen im Obergeschoss. An der
Aussenseite der Medarduskapelle sind Ansätze von Basen sichtbar. Im übrigen ist
die Gliederung ganz schlicht.
Deckengemälde im Kapitelsaale. A. Simons, Farbenschmuck mittelaltriger Deckengemälde
Bauwerke: B. J. X, S. i48, i7o. — Reichensperger, Die Deckengemälde im Kapitel- Liueraiw
63
64
LANDKREIS KÖLN
Abteigebäudesaale der Abtei Brauweiler: B. J. XI, S. 85. — Ders. in den Vermischten Schriften
über christliche Kunst S. 72. — Schnaase, Peintures murales du moyen äge en
Allemagne et Hollande: Annales archeologiques VI, p. i85. — Ernst Weyden im
Kölner Domblatt i845, Nr. 12. — Paul Brown, Kurze Beschreibung der Fresko-
gemälde im Kapitelsaale der ehemaligen Benediktinerabtei Brauweiler, Köln 1 863. Ab-
gedruckt in desselben Verfassers Gedankenspäne aus meiner Trödelbude. — Braun
in den B. J. XIII, S. 166. — Hohe, Einige Andeutungen über die Technik der Decken-
Fenftter Fenster Fenster
N
Fig. 23. Brauweiler. Grundrus des Kapitelsaales.
gemälde . . in Brauweiler und deren Wiederherstellung: B. J. XXXV, S. io9. —
H. Otte in den B. J. LXXI, S. i52. — Schnaase, Geschichte der bildenden Künste V,
S. 5i2. — Otte, Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie II, S. 57 1. — Kugler,
Handbuch der Geschichte der Malerei I, S, i87. — Woltmann-Woermann, Ge-
schichte der Malerei I, S. 297 mit Abb. — Fäh, Grundriss der Geschichte der bilden-
den Künste II, S. 364 mit Abb. — Lübke, Geschichte der deutschen Kunst S. 2 72
mit Abb. — Reber, Kunstgeschichte des Mittelalters S. 358. — A. Springer, Hand-
buch der Kunstgeschichte II, S. i4i mit Abb. — Janitschek, Geschichte der deutschen
Malerei S. i49 mit Abb. — Knackfuss, Geschichte der deutschen Kunst I, S. i67
mit Abb.
64
BRAtJWEILER
65
Entdeckung
Inhalt
Ostschiff
Ausfuhrliche Publikation sämtlicher Felder bei aus*m Weerth, Wandmalereien Abt eigebsude
des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden, Leipzig 1880, Taf. I— XIV, davon Aufnahmen
drei in Farbendruck mit eingehendem Text S. i — 8. — Die Originalpausen von Ram-
boux befinden sich im Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Nach ihnen sollen im i . Bande
der , Wandmalereien der Rheinprovinz* noch Proben veröffentlicht werden. Aquarell-
kopien von Rüben im Museum Wallraf-Richartz in Köln und im Besitz des Herrn
Landgerichtsdirektors Karl Reichensperger in Köln. Farbige Aufnahmen von Hohe im
Denkmälerarchiv der Rheinprovinz zu Bonn.
Die Deckenmalereien wurden schon 1816 von Schinkel entdeckt und in seinem
Auftrage von der Tünche befreit. Im J. 1862 sind sie durch den Hofmaler Hohe aus
Bonn restauriert worden.
Die vierundzwanzig Gewölbefelder der Decke enthalten eine zusammenhängende Beschreibung
Darstellung, die aus dem XL Kapitel des Hebräerbriefes von Vers 33 — 39 entlehnt ist
und den Sieg des Glaubens verherrlicht. Der Cyklus beginnt in dem mittleren Ge-
wölbefeld des östlichen Schiffes, setzt sich dann in dem Joch rechts und weiter in
den drei westlichen Jochen fort und endet in dem nördlichen Joch des östlichen
Schiffes.
Die Darstellungen sind die folgenden (vgl. die Übersichtsskizze Fig. 23 nach
aus'm Weerth S. 2 und die Taf I — XIV bei aus'm Weerth, abgekürzt a. W) :
Im Mitteljoch des Ostschiffes:
1. Die Halbfigur Christi, dem Eintretenden gerade gegenüber, die Rechte er-
hoben, in der Linken ein Buch haltend (a. W. VI, i).
2. Johannes und ein Prophet mit der Inschrift auf dem Spruchbande: sancti
PER fidem vicerunt regna (a. W. vi, 2).
3. Maria und ein Prophet mit dem Spruchbande: Hi omnes testimonio fidei
PROBATI INVENTI SUNT (A. W. VI, 3).
4. Judas Maccabäus, auf einem König stehend, und Gideon, das Fässchen, in
dem er den Thau gesammelt, emporhaltend, als Illustration zu : QUi per fidem vice-
runt REGNA (a. W. VII, 4).
Im Südjoch des Ostschiffes:
5. Links Abraham, den Befehl zur Opferung seines Sohnes Isaak empfangend.
Rechts Abraham mit dem jugendlichen Isaak, der ein Scheit Holz trägt, an der
Opferstätte, als Illustration des Verses: operati sunt iustitiam (a. W. VII, 5).
6. Links wahrscheinlich der heidnische Hauptmann, der die Heilung seines
kranken Knaben von Christus erbat, rechts Dismas, der bekehrte Schacher, über ihm
ein Spruchband mit den Worten: amen dico tibi, hodie mecum eris in paradiso,
als Illustration der Worte: adepti sunt REPROMißSiONES (a. W. VII, 6).
7. Links die h. Thekla zwischen den wilden Tieren sitzend, rechts Daniel in
der Löwengrube, als Illustration zu: obturaverunt ora leonum (a. W. VIII, 7).
8. Links die drei Männer Sidrach, Misach und Abdenago im feurigen Ofen,
über ihnen der Engel des Herrn, darunter der von ihnen angestimmte Lobgesang:
BENEDICTUS ES, DOMINE DEUS, PATER NOSTRORUM, ET LAUDABILIS ET GLORIOSUS ET
SUPEREXULTATUS IN SECULA. Rechts das Martyrium der hh. Cyprian von Nikome-
dien und Justina, als Illustration zu: extinxerunt impetum ignis (a. W. VIII, 8).
Im Südjoch des Westschiffes:
9. Martyrium des h. Aemilianus. Das Schwert des zum Todesstreich ausholen-
den Liktors biegt sich wie Wachs um. Illustration zu : effugerunt aciem gladii
(A. W. VIII, 9).
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65
Wesuchiflr
66
LANDKREIS KÖLN
Abteigebäude lo. Der todkranke König Ezechias, auf seinem Krankenbette hingestreckt, em-
pfängt auf sein Gebet durch den Propheten Isaias die Verheissung, dass er noch
1 5 Jahre zu leben habe. Inschrift auf dem Spruchband : ecce aditiam (für adjiciam)
SUPER DIES Tuos QUiNDECiM ANNOS. Illustration zu : convaluerunt de infirmitate
(a. W. IX, ig — Fig. 24).
Flg. 24 ßniuweiler. Ezechias und Isaias. Deckengemälde im Kapitelsaale.
Fig. 25. Brauweiler. Saul und die Ammoniter. Deckengemälde im Kapitelsaale.
1 1. Samson in flatterndem Haar, in der Rechten den Eselskinnbacken schwingend,
schreitet zwischen den aufgehäuften Leichen der Philister einher, als Illustration zu:
PORTES FACTI SUNT IN BELLO (a. W. IX, II ).
12. Der Sieg Sauls über die Ammoniter. In der Mitte die im Morgengrauen
in ihrem Zeltlager überraschten Ammoniter. Illustration zu: castra verterunt ex-
TERORUM (A. W. IX, 12 — Fig. 25).
66
BRAUWEILER
67
Im Mitteljoch des Westschiffes: Abteigebäude
i3. Der Prophet Elias giebt der Witwe von Sareptha den wiedererweckten Sohn
zurück. Illustration zu: acceperunt mulieres de resurrectione mortuos suos
(A.W. X, i3).
i4. Martyrium des h. Simeon. Der Heilige ist ans Kreuz gebunden. Zu beiden
Seiten bewegte Gruppen von Zuschauenden. Illustration zu: alh autem distenti
SUNT (A.W. X, i5).
1 5. Martyrium des h. Hippolyt von Oporto. Der Heilige ist mit beiden Füssen
an zwei wilde Rosse gefesselt, die von einem Treiber angetrieben werden. Illustration
zu: NON SÜSCIPIENTES REDEMPTIONEM, UT MELIOREM INVENIRENT RESURRECTIONEM
(A.W. X, I4).
i6. Martyrium des h. Dorotheus. Der Heilige ist nackt an einem Gerüst auf-
gehängt und wird gegeisselt Illustration zu: alii vero ludibria, et verbera ex-
PERTI (A.W. XI, 16).
Fig. 26. Brauweiler. Hiobs Erniedrigung. Deckengemilde im KapiteUaale.
Im Nordjoch des Westschiffes:
i7. Petrus, im Gefängnisse sitzend, an den Händen gefesselt, bewacht von zwei
Paaren von Gewappneten. Illustration zu : insuper et vincüla, et carceres (a. W.
XIII, 1 7).
18. Steinigung des h. Stephanus, dem in der Höhe in einer Gloriole Christus
erscheint Rechts der jugendliche Saulus. Illustration zu: lapidati sunt (a. W.
XIII, 18).
i9. Mart)rrium des Propheten Isaias, der auf Befehl des Königs Manasses zer-
sägt wird. Illustration zu: secti sunt (a. W. XI, i9).
20. Die Erniedrigung Hiobs. Hiob sitzt, nur mit einem Schurz bekleidet, auf
einen Krückstock gestützt, am Boden. In seiner Rechten ein Spruchband mit der
Inschrift: si bona suscepimus de manu dei, mala quare non suscipiamus? Links
sein Weib mit dem Spruchband: benedic deo et morere. Zur Rechten die drei
trauernden Freunde. Illustration zu: tentati sunt (a. W. XI, 20. — Fig. 26).
67
68 LANDKREIS KÖLN
Abteigebäude Im Nordjoch des Ostschiffes:
OsMchiff 2 1. Martyrium der hh. Petrus und Marcellinus. Petrus liegt enthauptet am
Boden, zur Rechten steht Marcellinus in priesterlicher Gewandung. Illustration zu:
IN OCCISIONE GLADII MORTUI SUNT (a. W. XII, 2l).
2 2. Links der h. Einsiedler Hieronymus, auf einem kahlen Felsen sitzend und
predigend. In der Mitte der Priester Zosimas, der mit abgewandtem Antlitz der
gänzlich nackten h. Maria Ägyptiaca ein Gewand darreicht. Rechts die h. virgo
Melania, von drei Männern bedrängt. Illustration zu: circuierunt in melotis, in
PELiJBUs caprinis, egentes, angustiati, afflicti (a. W. XIII, 22).
23. In der Mitte ein Gebäude mit der Inschrift: treviris. Rechts der h. Si-
meon, der in der Porta nigra zu Trier als Einsiedler hauste, einen Kentauren als
Vertreter des Heidentumes abwehrend, links wird ein Kind von einem Bischof ge-
tauft und von seiner Mutter einem Mönche übergeben. Illustration zu: quibüs dig-
NUS NON ERAT MUNDUS: IN SOLITUDINIBUS ERRANTES (A. W. XII, 23).
24. Landschaft mit drei Höhlen, in denen Einsiedler hausen. In der Mitte
Sanctus Paulus Eremita, rechts wohl der h. Antonius, links die Septem dormientes.
Illustration zu: in montibus, et speluncis, et in cavernis terrae (a. W. XII, 24).
Wnndgeniäide Ursprünglich befanden sich in dem Kapitelsaal auch noch sechs Wandgemälde;
die an der Nordwand waren erloschen, die ursprünglich an der Südwand befindlichen
wurden 1862 auf die Nordwand übertragen. Auf dem Felde links (Tafel VII. — a. W.
IV, 1) die Darstellung des Traumes des Nabuchodonosor. Der König, der rechts
auf seinem Lager ruht, sieht im Traum einen mächtigen Baum, unter dem wilde und
zahme Tiere einherspringen und in dessen Zweigen allerlei Vögel sitzen. Ein Engel
bringt den Befehl : succidite arborem et dissipate illam. Zwei Männer sind schon
beschäftigt, den Baum zu fällen. Auf dem Felde rechts (Tafel VII. — a. W. V) steht in
der Mitte en face Christus, mit ausgebreiteten Armen zwei heilige Frauen aus dem
Rachen von wilden Drachen herausziehend.
Über den beiden Arkadenöffnungen in der Westmauer befinden sich zwei
weitere Darstellungen. Ober dem einen Fenster, das in den Halbkreisbogen ein-
schneidet, ist in den Zwickel sehr geschickt die Gestalt eines Engels eingezeichnet
In dem übrigen freigebliebenen Felde ein König, der vor einem Gebäude in Ge-
danken sitzt und dem sich eiligst ein jugendlicher Heiliger mit einer Botschaft naht
(a. W. I, i). Auf dem Felde über dem ersten dreigeteilten Fenster im ersten nörd-
lichen Joche ist eine grosse Stadt dargestellt mit einem Rundbau in der Mitte. Zwei
Hände lassen von oben lange Spruchbänder herabflattem (Tafel VII).
Behandlung der Die Gurte Zeigen kräftige wirkungsvolle Ornamente in grossen Formen. Nur
die Gurte, die das dem Eingang gegenüberliegende Mitteljoch des Ostschiffes ein-
rahmen, enthalten figürlichen Schmuck : links und rechts in grün imd rot umränderten
Medaillons die Brustbilder der klugen und der thörichten Jungfrauen, in dem dritten
Gurt Christus mit ausgebreiteten Armen, zur Seite je eine weibliche Heilige und ein
Engel mit roten Flügeln (Tafel VII. — a. W. I, 2, 3, 4, 5, 6).
Technik Die Gemälde sind auf dunkelblauem Grunde, von grünen Streifen umgeben,
angebracht; die Figuren sind in hellen Erdfarben, einem hellen Braun, Gelb, Hellrot,
Hellblau, Grün ausgeführt. Zu Grunde liegt eine rötliche Vorzeichnung (an einigen
Stellen noch deutlich sichtbar), die später schwarzbraun nachgezogen wurde. Bei der
Restauration ist vor allem das Blau des Gnmdes viel zu schwer und kobaltartig ge-
worden; ebenso wirken die Ornamente derb und grell und dadurch das Ganze un-
harmonisch.
68
BRÜHL 69
Der Schmuck des Kapitelsaales zu Brauweiler stellt nächst den Wandgemälden Abteigebäude
in Schwarzrheindorf* die umfangreichste und zugleich künstlerisch bedeutendste '^wiirdTun*^*
Schöpfung des 12. Jh. auf dem Gebiete der Monumentalmalerei im westlichen Deutsch-
land dar. An Schönheitssinn, Kompositionstalent und der Fähigkeit, die Figuren in
den Raum hineinzuzeichnen, steht der Brauweiler Künstler dem in der Unterkirche
zu Schwarzrheindorf nach; er erinnert oft an den Künstler in der Oberkirche zu
Schwarzrheindorf. Stilistisch sind die beiden Denkmäler aber sehr nahe verwandt
(vgl z. B. den Propheten Isaias vor dem Könige Ezechias). Auch in der naiven Schil-
derungskunst, der Zeichnung der Architektur steht der Brauweilerer Künstler mit dem
in Schwarzrheindorf gleich, er erreicht aber jenen wieder nicht in der Kühnheit des
Faltenwurfes und in der Mannigfaltigkeit der Gewandmotive. Die Gemälde dürften
jünger sein als die zu Schwarzrheindorf und diese sogar zur Voraussetzung haben
(anders aus'm Weerth, der ihnen einen älteren Charakter zuweist). Sie sind in der
2. H. des 12. Jh. entstanden, ob nach dem Tode des Abtes Aemilius (ii49), der viel-
leicht den Kapitelsaal erbaut hat und an den die Darstellung des h. Aemilianus
erinnert, oder um 11 74 (Neuweihe der anstossenden Medarduskapelle, siehe oben
S. 58 a. E.) ist schwerlich festzustellen.
In der Mitte des alten Quadrums erhebt sich eine MARIENSÄULE, in den Marientäuie
J. i774 — 1775 errichtet, die Statue der Madonna auf hohem geschweiftem vierseitigem
Sockel in Rokokoformen.
HAGELKREUZ, vom Ende des i5. Jh., auf dem Kirchhof, ursprünglich am Hagelkreuz
Brandweiher aufgestellt. Steinernes Hochkreuz in drei Stockwerken, auf reich pro-
filiertem Fuss. Das zweite Stockwerk zeigt Spitzbogenblenden; das dritte ist übereck
gestellt und trägt ein mit Nasen besetztes steinernes Kreuz, dessen Arme in hübsche
schmiedeeiserne Blumen auslaufen. Ein Kruzifixus aus vergoldeter Bronze ist auf
beiden Seiten angeheftet. Das schöne Werk ist i897 mit Unterstützung der Provinzial-
verwaltung restauriert worden. [C]
BRÜHL.
Braun u. Hogenberg, Contrafactur und Beschreibung der vornembster Statt Liueratur
der Welt, i576, II, S. 33. — M. Qu ad von Kinckelbach, Teutscher Nation herlig-
keitt, Köln i6o9, S. 294. — Merian, Topographia archiepiscopatuum Moguntinensis,
Trevirensis et Coloniensis, Frankfurt i646, p. 49. — Martinus Henriquez a Streves-
DORFF, Archidioeceseos Coloniensis descriptio historico-poetica, Köln i74o, S. I24. —
Vogel, Chorographia der Stadt Brül: Zugabe zum Bonner Hofkalender von i775. —
J. G. Dielhelm, Rheinischer Antiquarius, Frankfurt i776, S. 774. — L'abbe Libert,
Voyage pittoresque sur le Rhin, Frankfurt i8o7, III, p. 61. — Classen, Notices his-
toriques, topographiques et statistiques sur l'arrondissement de Cologne: Mercure du
departement de la Roer 181 3, p. 68. — Ladoucette, Voyage fait en 181 3 et 181 4
dans le pays entre Meuse et Rhin, Paris 181 8, p. 86. — v. Restorff, Beschreibung
der Königlich Preussischen Rheinprovinzen, Berlin i83o, S. 239. — Das Schloss und
die Stadt Brühl: v. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden I, S. 92. —
V. StrAiberg, Rheinischer Antiquarius, 3. Abteilung, XII, S. 323. — Weistümer aus
dem Amte Brühl: Lacomblets Archiv N. F. I, S. 366. — Rosellen, Dek. Brühl S. 80.
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv: Landesherrliche Erlasse, Akten über die Handschrift!.
Kur- Kölnischen Landtage von i5o8 an. — Brülischer statt aczins-, bürgermeister- und
ordinantzbuch, i7. Jh. — Brüler Stadt Protocoll von i7o7— 1743, kl. fol. — Protho-
69
7o
LANDKREIS KÖLN
Handschriftl.
Quellen
Römische
Funde
Collum civitatis Brulensis von i752 — 1783. — Einzelne Stadtprotokolle von i7i8 bis
i797. — Stadtrechnungen von i593 an. — Registrum civitatis Brulensis ab uno sim-
plode anno i776. — Weiterhin sehr reiches Aktenarchiv aus dem i8. u. i9. Jh., wichtig
auch für die Zeit der französischen Verwaltung. — In dem kirchlich-civilstandes-
amtlichen Archiv: Verzeichnis der Getauften, Getrauten, Gestorbenen aus der Pfarrei
Brühl von i655 an, aus der Pfarrei Berzdorf von 1666 an, aus der Pfarrei Pingsdorf
von i743 an, aus der Pfarrei Schwadorf von 168 7 an, aus der Pfarrei Vochem von
i765 an. Vgl. ausführlich Tille, Übersicht S. 8.
RÖMISCHE FUNDE UND ANLAGEN. Römische Funde sind schon
im i7. Jh. in Brühl gemacht worden — eine Inschrift von hier gelangte in die Samm-
lung der Grafen von Blankenheim (Gelenius, De admiranda Coloniae magnitudine
p. 210. — Maassen in den Ann. h. V. N. XXXVII, S. 99. — Bei Brambach, C. I. Rh.
Nr. 661 wohl irrtümlich in das Brohlthal verwiesen). Drei weitere Inschriften wurden
im J. i846 bei Brühl gefunden (B. J. X, S. 10 7). Die dem Vorgebirge entlang sich
hinziehende Strasse, sowie der Hauptarm des römischen Eifelkanales führten unweit
von Brühl westlich vorbei (B. J. LXVII, S. 25. — Rosellen, Dek. Brühl S. 81).
I. Kirchliche Gebäude.
Kathol.
Pfarrkirche
Gcachichte
Beschreibung
Inneres
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Margarethae). Binterim u.
Mooren, E. K. I, S. 294. — Rosellen, Dek. Brühl S. 10 1.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden von 1238 an (eine aus dem
i3., die übrigen aus dem i7. Jh.). — Pfarr- und Kirchenurbar von i55i — 1575, 78 Bl.
— Lagerbuch von i749. — Prothocollum ecclesiae et hospitalis Brulensis i778 bis
i833. — Buch der Bruderschaft der Unbefleckten Empfängnis i699. — Buch der
Bruderschaft Jesu und Maria i764. — Geschichtliche Notizen über Brühl aus der
I. H. des i9. Jh. Vgl. Tille, Übersicht S. 7.
Im Stadtarchiv zu Köln: Verschiedene Urkunden in den Farragines des Gelenius
Bd. XXX, Bl. 573, 58 1.
In Brühl bestand bis zum Ende des i3. Jh. eine Kapelle, die unter der Mutter-
kirche zu Kendenich stand. Unter dem Erzbischof Wikbold von Holte (i297 — i3o4)
ward sie zur Pfarrkirche erhoben. Eine neue Kirche wurde in der i. H. des i4. Jh.
unter dem Erzbischof Walram von Jülich (i332 — 1349) errichtet: sein Wachssiegel
fand sich 1886 im Sepulcrum des Hochaltares. Der Turm wurde im J. i735 erhöht
und mit einem neuen Helm versehen. Im J. i885 wurde der Chor abgebrochen
und nach einem Plane des Baurates Vincenz Statz in Köln in den J. i885 — 1887
ein neues geräumiges Querschiff mit Chor angefügt.
Die alte Kirche war ein einfacher gothischer Backsteinbau von den schlichtesten
Formen — ausser dem Turm ist noch das fünf Joch zählende Langhaus von ihm
erhalten. Der Turm ist ganz glatt gehalten, zeigt Eckverklammerung von Trachyt-
quadem und im Erdgeschoss ein reichprofiliertes gothisches Portal, das über dem
horizontalen Sturz noch ein dreiteiliges Portalfenster enthält. Die Krönung bildet
ein steiler achtseitiger Helm. Am Langhaus sind die zweiteiligen Fenster im Ober-
gaden mit neuem Masswerk versehen. Bei dem Erweiterungsbau der J. i885 — 1887
sind die alten Strebepfeiler verstärkt und über den Dächern der Seitenschiffe Strebe-
bögen geschlagen worden.
Im Inneren besteht das alte Langhaus aus fünf Jochen. Die Pfeiler sind
viereckig und an den Kanten ausgerundet, entbehren aber vollständig der Kapitale.
7o
BRÜHL
7l
Die Kreuzgewölbe des Mittelschiffes ruhen mit runden Kelchkapitälen unter poly-
gonalen Deckplatten auf Diensten, die bis zum Boden herabgeführt sind; die Schluss-
steine sind wappenförmig. Die Scheidemauem sind im Obergaden durch nichts ge-
gliedert und nur von den einfachen zweiteiligen Fenstern durchbrochen. Zwischen
dem vierten und fünften Joch zieht sich ein an den Kanten ausgeschrägter Gurt, der
auf Pfeilervorlagen von demselben Profil aufsitzt, hin. Das nördliche Seitenschiff ist
mit Kreuzgewölben eingewölbt, im süd-
lichen die drei letzten Ostjoche mit Sterh-
gewölben. Dem Gurt im Mittelschiff ent-
sprechen breite Gurte und ungegliederte
Pfeilervorlagen in den Seitenschiffen; im
übrigen ruhen die Rippen auf kurzen Dien-
sten. Die Fenster sind zweiteilig und haben
einfache Pfosten. Die Kapellen zur Seite
des Turmes setzen diese Formen fort.
Die Orgelempore, ein Einbau des
1 8. Jh., ruht auf drei zwischen die Aussen-
mauem und zwei freistehende Säulen ein-
gespannten Gratgewölben.
In den beiden Seitenaltären sind in
neuer reicher Umrahmung zwei grosse
Holztafeln mit Gemälden eines köl-
nischen Meisters um iSoo angebracht. Im
südlichen Seitenaltar die grosse Darstellung
des Ecce homo. Christus, mit dem roten
Mantel bekleidet, wird auf dem Pranger,
einer Art Estrade, dem Volke gezeigt.
Neben ihm wäscht sich Pilatus die Hände.
Am Fusse des Prangers sind drei Übel-
thäter mit Halseisen gefesselt. Im Vorder-
grunde Zuschauer und fahrendes Volk,
darunter ein Mann mit einem Affen. Im
Hintergrunde links das Rathaus, ein spät-
gothischer Bau: aas den Fenstern blicken
Zuschauer heraus; an der Halle im Erd-
geschoss sieht man zwei Knechte um die
Säule beschäftigt, an der Christus angebun-
den war. Rechts Ausblick auf einen offenen
Markt; in der Feme nahen die heiligen Frauen,
die Silberlinge den Pharisäern vor die Füsse.
Im nördlichen Seitenaltar das sehr figurenreiche Bild der Kreuzigung. In
der Mitte Christus am Kreuz, zu Füssen des Kreuzes die h. Magdalena. Vor dem
bekehrten Schacher zur Linken, dessen Seele ein Engel auffängt, ist Maria in die
Knie gebrochen, von Johannes gestützt; hinter ihr die drei Frauen. Auf der rechten
Seite prügeln sich die Kriegsknechte um den ungenähten Rock. Um Christus eine
Reihe von Reitern, darunter der Hauptmann, Longinus und Stephaton. Im Vorder-
grunde links unten kniet der Donator, ein Kanonikus, über ihm ein Spruchband mit
der Inschrift: o Miserere mei (der Rest undeutlich).
Kathol.
Pfarrkirche
Fig. 27. Brühl. Die katholische Pfarrkirche.
In einer offenen Halle wirft Judas
Gemälde
7l
72
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Fig. 28. Brühl. Reliquienkastchen. Langseiten.
72
BRÜHL
Ififf 29. Brühl. Reliquienkittchen. SchmKlseiten.
73
73
Unter dem Gemälde der Kreu- Kathoi.
zigung steht ein kleines Sarkophag- Reliquien- *
förmiges Reliquienkästchen aus kä«»chcn
Holz, mit Satteldach, 66 cm breit,
die Dachflächen bei der Restauration
durch Mengelberg im J. 1 893 mit Orna-
menten verziert, am Giebel mit Kreuz
und Fiale abgeschlossen (Fig. 2 8 u. 2 9).
Der Kasten ist kölnische Arbeit um
1 5oo. An den Schmal- und Langseiten
unter gedrücktem Masswerk legen-
darische Darstellungen von einem
Kölner Meister um i Sog, etwas derb
und plump in den Formen : auf der
einen Langseite und der einen
Schmalseite die Legende der h. Ur-
sula, auf der entsprechenden Schmal-
seite S. Gereon mit seinen Gefährten,
in Anlehnung an die Darstellung
auf dem Dombilde,- auf der zweiten
Langseite (Fig. 28 oben) einzelne
legendarische Darstellungen , die
erste aus der Legende des h. Hippo-
lytus (?), die zweite aus dem Leben
der hh. Crisantus, Maurus und Daria
(oder Vitus, Modestus und Crescen-
tia), die dritte aus der Legende des
Mohren Mauritius.
Zur Seite sind in dem Unter- Reliquienbüsten
satz des Altares die Reliquien-
büsten der hh. Ewaldus imd Mau-
ritius aufgestellt (Fig. 3o), neu poly-
chromiert. Beide Heilige halten die
Hände vor der Brust betend zu-
sammengelegt, die Köpfe zeigen die
charakteristischen niederrheinischen
Formen. Der h. Mauritius ist als
Mohr dargestellt. Auf dem süd-
lichen Seitenaltar die Büsten der
hh. Justinus imd Terentius, als
Bischöfe mit hohen Mitren und
Bischofsstäben, die Hände in Hand-
schuhen gefaltet, ferner eine nahezu
lebensgrosse Holzfigur des Ecce homo
aus dem iS. Jh., alles neu poly-
chromiert.
Kanzel in Rokokoformen, aus Kunxei
der 2. H. des 18. Jh., auf den Seiten-
74
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Orgel
Kirchenbänke
Epitaph
feldem des Gehäuses die vier Kirchenväter, auf den Voluten vor den Kanten die
Evangelistensymbole. Der Schalldeckel ist durch eine grosse Gestalt des h. Michael
gekrönt.
Orgel und Orgelbühne in Rokokoformen.
Kirchenbänke aus dem i8. Jh.
Am dritten Pfeiler der Nordseite in weissem Marmor das Epitaphium des
Freiherm Joh. Bapt. von Roll (t i733), gekrönt durch das bayerische Wappen. Auf der
ovalen Tafel von schwarzem Marmor die Inschrift: sta, viator, vide, lege, con-
DüLE! JOANNES BAPTISTÄ L. B. DE ROLL EX BERNAU ETC. MAONI ORDINIS TEUTONICI
EQUES INCLYTUS HIC lACET. COMMENDATOR ULMAE ET FRANCOFURTI, SUPREMI EIUS-
Fig. 30. Brühl. Keliqiuenbüsten.
Kelch
Ewige Lampe
DEM ORDINLS MAGISTRI, SERENISSIMI ELECTORIS COLONIENSIS, CONSILIARIUS INTIMUS
HIC lACET. QUEM SUMMA FACIT CURA SERENISSIMI, NE PARCAE FILUM RUMPERENT,
MUNDI PRO.STRATUS INVIDA SORTE, FERREA MORTE lACET. AD PEDES MATRIS VIR-
GINIS CULTOR CLIENS ET MARIAE FILIUS EX SETOSA SUB VESTE SERICA MUNDO NON
PRIUS AGNITUS QUAM DEPLQRATUS QUINTA MAII MDCCXXXIII, ANNUM AGENS 49 OBIIT,
GLORIOSUS, UT SPERATUR EX VOTIS ET SIGNIS, RESUSCITANDUS.
Kelch, von vergoldetem Silber (Fig. 3i), 29 cm hoch, in reichsten Renaissance-
formen, um 1 600. Auf dem Fuss in getriebener Arbeit vier Engelsköpfchen, dazwischen
farbige Steine in äusserst zierlicher Fassung. Der Knauf vierseitig mit lesenden Engels-
figürchen. Um die Kuppa wieder getriebene Engelsköpfchen und Steine in reicher Fassung.
Ewige Lampe, von Silber (Fig. 32), i733 von Clemens August zur Erinnerung
an den Freiherrn von Roll gestiftet, an drei Ketten aufgehängt, mit den kurfürstlichen
Wappen an den Henkeln. Das Gefäss hat die Gestalt eines flammenden Herzens, von
74
BRÜHL
75
Fig. 31. Brühl. Renaissancekelch.
einem Domenkranze umflochten, drei geschweifte
Halter umgeben es. Den unteren Abschluss bildet
ein hockender Löwe.
Glocken. Die grösste von i5i2 mit der
Inschrift: anno milleno quingento cum dvo-
DENO FUSA SUM GERTE PRO LAUDEMQUE (so) VIR-
GINIS MARIE. DIE AVE MARIA lOHAN VAN ALFTER.
Die zweite von i5i2 mit der Inschrift: o
MARGARETA, BROLAM REGE PAGE QUIETA. OPERE
FUSORIO M QUINQUE G ET DVODENO lOHAN VAN
ALFTER GUIS UNS. PHILIPPUS EPISGOPUS GOLONI-
ENSIS.
Die dritte von i785 mit der Inschrift: in
HONOREM SANGTI lOANNIS NEPOMUGENI PETRUS
LEGROS FEGIT.
EHEMALIGES FRANZISKANER-
KLOSTER. M. Henriquez a Strevesdorff,
Archidioeceseos Coloniensis descriptio p. I25. —
Vogel, Chorographia der Stadt Brül p. i7, 3i. —
WiNAND ViRNiGH, Nekrologium und Memorien-
buch der Franziskaner zu Brühl, nebst urkund-
lichen Nachrichten über die Gründung des dortigen
Franziskanerklosters, mit Anhang von 22 Urkun-
den: Ann. h. V. N. XXXIV, S. 87. — Ders., Zur
Geschichte des Franziskanerklosters in Brühl : Ann.
h. V. N. XXXVIII, S. i63. — V. Mering, Ge-
schichte der Burgen u. s. w. I, S. i o9. — Rosellen,
Dek. Brühl S. ii9. — E. Renard in den B. J.
C, S. 23. — Ansicht des Franziskanerklosters,
Lithographie von E. Risse nach /. W, Lindlar.
Handschriftl. Qu. Ehemals im Besitz
des Prof. Dr. Floss in Bonn: Nekrologium und
Memorienbuch (abgedruckt Ann. h. V. N. XXXIV,
S. io5). Vgl. darüber Ilgen, Rhein. Archiv S. i33.
Der Erzbischof Hermann IV., Landgraf von
Hessen, errichtete zu Brühl im J. i49i an der
Stelle einer Synagoge, die seit der Judenverfol-
gung von i352 leer stand, eine Kirche und ein
Kloster der Franziskaner von der strengeren Ob-
servanz (conventus ad sanctam Mariam de an-
gelis); am 8. December i493 wurden beide ein-
geweiht. Die alten Klostergebäude wurden wieder-
holt in der 2. H. des i7. Jh. vergrössert, erwiesen
sich aber bald als unzureichend. Im J. i7i3 legte
der erzbischöfliche Generalvikar Arnold de Reux
den Grundstein zu einem vollständigen Neubau, der i7i8 abgeschlossen war.
In der Kirche wurde 1665 der Lettner, das doxale medium, entfernt. Eine voll-
ständige Umgestaltung widerfuhr der Kirche unter dem Kurfürsten Clemens August.
Den Diensten, die bis dahin die Rippen und Gurte aufgenommen hatten, wurden
Kathol.
Pfarrkirche
Glockeo
Franziskaner-
kloster
Geschichte
Fig. 32. Brühl. Ewige Lampe.
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76
LANDKREIS KÖLN
Franziskanei
kloster
Beschreibung
Äusseres
. Pilaster vorgemauert; im Westen wurde eine neue Orgelbühne errichtet. Im J. i755
wurde das neue Portal hergestellt, ausserdem aber fast die ganze Ausstattung der
Kirche erneut. Die alten Glasgemälde in den Fenstern, die zu wenig Licht durchliessen,
sind i743 leider entfernt und durch helle Scheiben ersetzt worden.
Nach der Säkularisation im J. 1802 wurde i8o7 die Klosterkirche der Pfarr-
gemeinde Brühl als Nebenkirche übergeben, das Klostergebäude wurde durch Napoleon
der Gemeinde Brühl geschenkt zur Errichtung einer ecole secondaire communale, die
18 II zu einem coUege erhoben wurde. Im J. 1821 wurde hier ein Schullehrer-Seminar
eingerichtet.
Einschiffiger, verputzter Backsteinbau mit steilem, geschiefertem Satteldach, das
von einem zierlichen Dach-
reiter mit offener Säulen-
gallerie aus dem 18. Jh.
überragt wird.
Die turmlose We s t f a <; a d e,
der eine kleine, aus dem
1 8. Jh. stammende viereckige
Vorhalle mit drei Thüren
vorgelegt ist, ist von einem
grossen, ungeteilten Spitz-
bogenfenster durchbrochen.
Das Gesims, das sich unter
den Langseitenfenstem hin-
zieht, setzt sich an der West-
front fort. Über dem grossen
Westfenster sind in einer
viereckigen, von Stabwerk
umrahmten Blende unter
freigearbeiteten Baldachinen
vier Steinfiguren auf flachem
Grunde angeordnet. Eine
jede steht für sich auf einer
Konsole, die erste stellt die
Madonna, die zweite den
h. Petrus dar, an dritter Stelle
kniet der Stifter, Erzbischof Hermann IV., mit seinem Wappen vor sich, der von dem
h. Franziskus hinter ihm empfohlen wird. Die Skulpturen stammen aus dem Ende
des i5.Jh.
Die Nordseite ist von hohen Spitzbogenfenstern ohne Teilung durchbrochen,
zwischen die einfach abgetreppte, pultförmig abgedeckte schwere Strebepfeiler treten.
Die zwischen die Strebepfeiler eingebauten kapellenartigen Räume zeigen gleichfalls
Pultdächer. Der polygonal geschlossene Chor ist den Langseiten entsprechend gestaltet.
Den Ecken treten Strebepfeiler vor.
Im Inneren bildet die Kirche einen langgestreckten Raum von acht Jochen.
Die Diagonalrippen und die die Gurte vertretenden Querrippen sitzen auf Pilastem
auf, die mit einem übermässig kräftigen Gebälk gekrönt sind, aber in der Höhe der
Fensterbänke ganz unmotiviert aufhören. Die Schlufssteine haben Wappenform. Aus
den Fenstern im Chorschluss und an der Vorderseite ist das Mass werk heraus-
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Fig. 33. Brühl. Ehemalige Franziska nerklosterkirche.
76
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:-t Was Ma-svv.
Tafel VIII.
Brühl. Inneres der ehemaligen Franziskanerklostcrkirche.
BRÜHL
77
Franitskaner*
kloster
Hochaltar
geschlagen; die grossen Öffnungen sind jetzt einfach verglast Unter den Fenstern
befinden sich auf beiden Langseiten zwischen den hier nach innen gezogenen Strebe-
pfeilern tiefe im Flachbogen geschlossene Blenden, die abwechselnd mit einer flachen
Tonne oder mit einem Kreuzgewölbe überspannt sind. An der Südseite statt der
Fenster Blenden.
Die vier letzten Joche der Kirche bilden den Chor, der um zwei Stufen gegen
das Langhaus erhöht ist und mit einer Balustrade von buntem Marmor abschliesst.
Dahinter zwei schräg gestellte Seitenaltäre und sodann ein ausgeschweiftes Gitter, das
den Chor der Patres von dem vorderen Chor abtrennt. Der ganze Chorabschluss
wird von dem riesigen Hochaltar eingenommen.
Unter dem ersten Teil des Chores vor dem Gitter befindet sich ein kleiner, durch
Stufen zugänglicher, flachgedeckter kellerartiger Raum.
Der Hochaltar (Tafel VIH) ist ein kühner dekorativer durchbrochener Aufbau
aus farbigem Stuckmarmor und vergoldetem Stuck, eigentlich nur ein mächtiger Über-
bau in der Form eines halben Ciboriums über der völlig freistehenden Mensa mit
dem Tabernakel.
Die Mensa selbst hat Sargform, das Tabernakel mit vergoldeten Bronzethüren,
auf denen das Opfer Abrahams und das Osterlamm dargestellt ist, ist von einer Art
Sockelbau aufgenommen, der auf der Seite von Öffnungen durchbrochen wird, in die
die Büsten der hh. Clemens und Augustinus gesetzt sind. Die Krönung bildet der
englische Gruss in lebensgrossen Holzfiguren, rechts Maria in demütiger Haltung
knieend, von links in lebhafter Bewegung der Engel heranschreitend. Darüber schwebt
in Gestalt einer Taube des h. Geist. Hinter diesem eigentlichen Altar erheben sich,
völlig freistehend und nur durch eine Art Brücke untereinander verbunden, vier Säulen
von buntem Marmor mit vergoldeten Kapitalen. Auf den Brücken stehen Engels-
figuren: schöne, etwas weichliche, nur mit einem Mantel drapierte Jünglingsgestalten,
die beiden äusseren anbetend aufs Knie gesunken, die inneren dreiarmige Leuchter
emporhaltend. In der Mitte öffnet sich der Blick auf eine riesige Strahlensonne mit
dem Auge Gottes in einem runden Rahmen, um den Putten schweben. Die Säulen
sind in der Höhe durch ein kräftig profiliertes, weit ausladendes, geschweiftes Gesims
verbunden, über den Säulen steigen doppelte Voluten auf, die in der Mitte in dem
Kurhut zusammengefasst sind. Darunter ist das grosse Wappen des Kurfürsten
Clemens August in reicher Kartouche angebracht. Auf dem Gebälk wie auf den Voluten
sind vergoldete Kartouchen aus geschnörkeltem Muschelwerk befestigt, zwischen den
Säulen sind Stuckguirlanden an Drähten aufgehängt. Der Altar ist eine Schöpfung
von Balthasar Neumann vom J. i745 und wie der Altar in S. Paulin bei Trier als
Ciborium behandelt (E. Renard in den B. J. C, S. 23).
Die beiden Seitenaltäre sind einfachere Auf bauten von Stuckmarmor, in der SehenaUäre
Mitte über dem Tabernakel Nischen mit den Statuen der hh. Franziskus und Bernardin
von Siena zwischen je zwei Paaren von roten stark verjüngten Säulen, die das ge-
schweifte Gebälk tragen. Die Krönung zeigt in der Mitte eine Kartouche mit dem
Wappen des Kurfürsten Clemens August und dem Wappen von Pfalz -Bayern, von
kräftigen Voluten eingefasst, auf deren Enden kleine Putten hocken.
Das den Chor unmittelbar hinter den Seitenaltären abschliessende schmiede-
eiserne Gitter steht den Schlosserarbeiten im Schloss an Feinheit nach; die einzelnen
Felder tragen in der Mitte die Wappen des Kurfürsten; die mittlere Flügelthür wird
gekrönt durch einen Aufbau, der zwischen zwei Vasen einen von zwei Löwen gehal-
tenen Schild mit dem doppelten Namenszug C A zeigt.
Gitte
77
78
LANDKREIS KÖLN
Franxiskiiner
kloster
Chormühle
Kanzel
Orgel
Seitennische
Beichtstühle
Klostergebäude
Die Chorstühle sind einfache kräftige Arbeiten, die Armlehnen vom mit Vo-
luten verziert, auf jeder Seite zweireihig, die hintere Reihe zu dreizehn, die vordere
zu neun Sitzen. Über der Rückwand sind in Holzrahmen zwölf tüchtige Ölgemälde
auf Leinwand eingelassen, die Wunder des h. Franziskus darstellend, zuletzt auf der
Südseite der Heilige mit dem kleinen Jesusknaben auf dem Arme auf Brühl und das
Franziskanerkloster herabblickend. Die grossen spitzbogigen Blenden auf der Süd-
seite sind mit grossen halb verblichenen Wandgemälden, Darstellungen von Wundem
des h. Franziskus ausgefüllt; über der Kanzel eine grosse Dreieinigkeit
Die Kanzel (vom J. i757) ist ein besonders feines Werk in Eichenholz mit
starker Vergoldung, nur für die Kirche sehr klein. An dem Gehäuse in der Mitte
die Darstellung des Heiligen, der eine Monstranz in der Hand hält, auf den Seiten
zwei Franziskaner. Der Schalldeckel ist gekrönt durch das Lamm Gottes mit der
Kreuzesfahne vor einer grossen Strahlensonne. Um die Konsole des Gehäuses und
um den Schalldeckel die Wappen und der Namenszug des Kurfürsten Clemens August.
Die Orgel mit der Orgelbühne ist ein durch seine glücklichen Umrisse und
durch die geschickte Verteilung der Pfeifen hervorragendes Werk. Die Absicht war,
das grosse Westfenster freizulassen. Man hat deshalb den Orgelprospekt geteilt in
zwei grosse seitliche Aufbauten und einen kleinen Mittelbau. Unter den seitlichen
Pfeifengruppen befindet sich eine Art gedeckter Empore für die Sänger, die sich auf
jeder Seite mit vier Fenstern gegen das Langhaus öffnet. Die Verzierung ist in Schwarz
und mit reicher Flachschnitzerei gehalten. Die seitlichen Aufbauten krönen ver-
goldete Putten mit den Wappenschildern des Kurfürsten in den Händen; auf dem
Mittelbau drei Kurhüte auf Kissen. Am Bogen darunter die Inschrift: laudate
DEUM IN CHORDIS ET ORGANO. PS. l5o.
In der dritten Wandnische an der Südseite ist in einem hölzernen Altärchen
mit reicher Vergoldung ein Marienbild aufgestellt Der die Nische Überspannende
Flachbogen ist mit Stuckomamenten verziert; darüber ein reicher Aufbau in vergol-
detem Stuck, auf der Seite verkümmerte Pilaster mit einem geschweiften Gesims, in
der Mitte zwischen Voluten in Wolken thronend die Madonna mit einem Strahlen-
kranze. Den Abschluss der Nische nach vom bildet ein reiches schmiedeeisemes
Gitter, das oben mit einem vergoldeten horizontalen Band in getriebener Arbeit und
dreizehn getriebenen Leuchterträgem endigt (Tafel VIII).
In den Nischen eichene Beichtstühle, den ganzen Raum einnehmend, die
mittleren Pilaster mit Putten als Trägem des Kapitales, über dem Mittelbau in Vo-
luteneinrahmung ovale Medaillons mit den Darstellungen von Heiligen und Büssem
aus dem alten und neuen Testamente.
Die ganz schmucklosen Klostergebäude entstammen dem i8. Jh.; sie um-
schliessen in zweistöckigen, fensterreichen Trakten einen viereckigen Hof, entsenden
aber noch über diesen hinaus zwei langgestreckte Flügel.
Im Inneren ist nur wenig zu erwähnen. Der Kreuzgang ist von einfachen Grat-
gewölben überspannt; im Ostflügel führt ein Portal, das auf dem von Pilastem ge-
tragenen Architrav die Inschrift: ora pro n. s. p. francisc. i7i7 trägt, zu einer
hölzemen Treppe. An der Südseite der Kirche liegt die Sakristei, ein rechteckiger,
von flachen Gewölben über zwei Gurten überspannter Raum. An der Decke in Stuck
das Franziskanerwappen und die Embleme des Altarssakramentes mit den Inschriften :
SECUNDUM ORDINEM MELCHISEDECH. MDCCXVI. IN LIBRO VITAE AGNI.
Ausserdem noch Stuckdecken in einem jetzt als Aula benutzten Saale und
mehreren Lehrräumen.
78
BRÜHL
79
IL Profangebäude.
KÖNIGLICHES SCHLOSS. Ausser der oben S. 69 genannten allgemeinen
Litteratur: Al. Duncker, Rheinlands Schlösser und Burgen IL — F. E. v. Mering,
Clemens August, Herzog von Bayern und Erzbischof von Köln, Köln i85i, S. 5o. —
Robert Dohme, Das Königliche Schloss zu Brühl am Rhein, mit 33 Aufnahmen
von Herm. Rückwardt, Berlin i877. Dazu Kunstchronik XIV, S. 3oo. — The
Builder i88i, p. 547 mit Tafel. — C. Gurlitt, Geschichte des Barockstiles und des
Rokoko in Deutschland S. 362. — R. Dohme, Barock- und Rokokoarchitektur, Berlin
i892, S. 24, mit 3 Tafeln. — Ders., Geschichte der deutschen Baukunst S. 386. —
J. J. Merlo, Kölnische Künstler in alter und neuer Zeit, Düsseldorf i895, S. i8o, 537,
738, 76 1. — K. A. Ley, Die Kölnische Kirchengeschichte im Anschlüsse an die Ge-
schichte der Kölnischen Bischöfe und Erzbischöfe, Köln i883, S. 587. — H. Rück-
wardt, Sammlung von Schlössern und Palais, besonders Details und Innenräume aus
Schloss Benrath, Brühl, Dessau, Dresden, Kopenhagen, Merseburg und Potsdam,
Schloss
Liueiatur
Fig. 34. Brühl im Jahre 164S.
Berlin i895. — E. Renard, Die Bauten der Kurfürsten Joseph Clemens und Clemens
August von Köln: B. J. C, S. i mit vielen Abbildungen. — Ph. Jos. Keller, Bal-
thasar Neumann, Würzburg i896, S. I27.
Ältere Abbildungen, i. Ansicht der Stadt mit dem Schloss, 21, 8x9, 5 cm, Abbildungen
bez. in Kartouche: brula vulgari idiomate broell ante bellum i575, bei
Braun u. Hogenberg, Contrafactur und Beschreibung der vomembster Statt der
Welt, i576, II, S. 33. Dasselbe Blatt mit der Überschrift i575.
2. Ansicht bei Merian, Topographia archiepiscopatum Moguntinensis, Trevi-
rensis et Coloniensis, Frankfurt i646, p. 49, 1 7,6x7,5 cm, bez. oben: broell (Fig. 34).
3. Ansicht von Schloss und Stadt, Kupferstich, 7,iXi4,2 cm, bez. oben: broel,
STIFFT CÖLLN, UUten: SEBASTIAN FARCK FEC.
4. Ansicht von Schloss und Stadt in Meissners Thesaurus, 1 4,5x7,2 cm.
5. Ansicht des Schlosses von Süden, von C. Dupuis, 26,2X1 7 cm, bez. unten:
VUE DU CHÄTEAU DE BRÜHL.
6. Ansicht des Schlosses von Süden, nach Zeichnung von / M. Metz, gestochen
von N. Metiel, 55x39 cm. Im Vordergrund Garten mit Wasserkunst, bez.: das churfl.
LUST- und jagt schlos augustus BURG (Fig. 35). Aus einer Folge von 22 Blättern,
79
8o LANDKREIS KÖLN
Schiosi darstellend die Schlösser des Kurfürsten Clemens August (verzeichnet bei Merlo,
Kölnische Künstler in alter und neuer Zeit, Düsseldorf 1 895, S. 598).
7. Zwei Gemälde, darstellend Schloss Brühl und Schloss Falkenlust im Treppen-
hause des Schlosses an der Nordseite (Erdgeschoss).
8., 9., lo. Das Indianische Haus, das Schneckenhaus, Schloss Falkenlust aus
derselben Serie wie Nr. 6.
1 1 . Supraporte mit Gemälde, darstellend Brühl und Falkenlust, im Vorder-
grunde Clemens August, in der Sammlung des Vereins Alt -Bonn.
12. Abbildung des Schlosses mit den sämtlichen Nebengebäuden, im Hinter-
grunde eines der Gemälde in der Franziskanerklosterkirche zu Brühl (vgl. oben S. 78),
mit vollständigster Darstellung der Anlagen nach dem Kloster hin, zugleich gute An-
sicht des Klosters.
i3. Ansicht des Schlosses von der Südseite, 33X21,5 cm, bez.: de residentie
TE brüell van de benschen zyde aan te SIEN, Stich vom Ende des 1 8. Jh.
i4., i5. Das Schneckenhaus und Schloss Falkenlust aus derselben Serie, die
Unterschriften: 't slot valckenlust by rrüell und 'x schneken huys by brüell
sind vertauscht.
i6. Ansicht von Stadt und Schloss von Nordosten, Tuschzeichnung vom Ende
des i8. Jh., 35X2o,5 cm, in der Sammlung des Vereins Alt- Bonn.
Baugeschichte.
Geschichte Zu Brühl bestaud schon vor dem Beginn des i3. Jh. ein grosser erzbischöflicher
^^'**iV jh" ***' ^^^ ^^^ einem für den Besuch des Erzbischofes eingerichteten Wohngebäude. Erz-
bischof Sifried von Westerburg begann 1284, um sich gegen die Stadt Köln zu be-
haupten, den Bau eines festen Schlosses, gleichzeitig befestigte er auch die Stadt mit
Mauern und Gräben. Im J. I285 erhielt Brühl durch ihn städtische Freiheit und
Verfassung (Lacomblet, UB. U, Nr. 802). Erst Erzbischof Wikbold von Holte
vollendete 1298 das Schloss (Cronica presulum: Ann. h. V. N. IV, S. 2i4: castrum
nobile in Bruele . . . maximo sumptu . . . cum non modico militaris potencie apparatu
de novo construxit et forti munimine roboravit).
Verstärkungen Eine Verstärkung der Burg, die schon i3i8 eine viermonatliche Belagerung
durch die Stadt Köln und ihre Verbündeten ausgehalten hatte (über den Vertrag von
i32o vgl. Lacomblet, U B. III, Nr. 180 und Bossart, Securis ad radicem posita
Nr. 93), fand zwischen i343 und i348 durch den Erzbischof Walram von Jülich statt
(Cronica presulum: Ann. h. V. N. IV, S. 220. — Origo ac genealogia Clivensium:
Berlin, Kgl. Bibliothek, Man. Boruss. fol. Nr. 69, p. 1 7 1 : fortiorem reddidit castrum). Am
Ende des i7. Jh. fand man beim Abbrechen eines Turmes einen Stein mit der In-
schrift: ARCHiEPiscoPus WALRAMUS ME FECiT ANNO Mcccxx (München, Staatsbiblio-
thek, REDiNGHOVENSche Sammlung, Cod. germ. 221 3, Bd. XVII, Bl. i9o^ Die Jahres-
zahl unvollständig, wahrscheinlich MCCCXXXX, denn Walram war i3o3 geboren und
i332 gewählt). Im Laufe des i4. Jh. wird dann Brühl schon der bevorzugte Aufent-
halt der Kölner Kurfürsten. Das Schloss ist in den nächsten beiden Jahrhunderten
einer der wichtigsten Punkte im Erzstift Köln; es wird wiederholt bestürmt, besetzt,
verpfändet.
Der Kurfürst Salentin Graf von Isenburg (i567 — 1577) Hess das baufällige
Schloss mit ziemlichem Aufwand wieder herstellen. Im J. i583 wurde es durch den
Herzog Friedrich von Sachsen - Lauenburg eingenommen; während der letzten Jahr-
zehnte des dreissigjährigen Krieges hatte es durch die Besatzungen viel zu leiden.
80
BRÜHL
8l
Im Juni i689 wurden die Franzosen in Brühl von den Alliierten, den Brandenburgern,
Hannoveranern, Holländern und Münsteranem eingeschlossen. Durch die Explosion
des französischen Pulvermagazins wurde ein grosser Teil des Schlosses zerstört, die
Besatzung musste sich ergeben. Die Mauern der Stadt und die Aussenwerke des
Schlosses wurden geschleift (Theatrum Europaeum ad annum i689).
Schon Joseph Clemens hatte in Brühl ein neues grosses Residenzschi oss geplant
(Brief des Kurfürsten an Robert de Cotte vom 4. Mai 1 7 1 5 bei Dohme, Schloss Brühl
S. 8 und in den B. J. C, S. 97), aber erst sein Nachfolger und Neffe Clemens August
konnte das Projekt ausführen. Am 8. Juli i725 legte der Kurfürst den Grundstein zu
dem Schlosse, das den Namen Augustusburg erhielt. Im J. i728 war das Schloss
schon im Rohbau vollendet. Die Leitung der Arbeiten lag während dieser 2eit in den
Händen des Oberbaumeisters Johann Conrad Schlaun. Die Reste des alten Baues
wurden soweit möglich benutzt: die beiden Hauptmauern des Nordflügels, die nörd-
liche Mauer des Südflügels, dazu einige Innenmauem stammen von der älteren An-
lage. Der eine Eckturm blieb bis i727 als Kapelle erhalten, wurde aber dann
beseitigt
Von i728 bis i734 wird der Ausbau des Schlosses durchgeführt, die Fa^aden
werden ausgestaltet, die Nebengebäude aufgeführt. Die Leitung der Arbeiten hat in
dieser Zeit Michael Leveilly (oder Leveiller)\ die Pläne für die Umänderung der Fa^aden
und die Zeichnungen für die Innenausstattung rühren aber in erster Linie von Franfois
Cuviili^s her, dem Lieblingsarchitekten des Kurfürsten Karl Albert von Bayern (vgl. über
ihn P. BuRTY in L'Art i877. — Aufleger Trautmann, Münchener Architektur des
i7. und i8. Jh., München i89o. — Die reichen Zimmer der Königlichen Residenz in
München, München i893. — Die Amalienburg im Königlichen Schlossgarten zu
Nymphenburg, München i894. — E. Renard in den B. J. C, S. 6). Im J. i734 haben
die Arbeiten ihren vorläufigen Abschluss gefunden. Die Innendekoration des Nord-
flügels wird durchgeführt durch die Stukkateure Gebrüder Castelli und Carlo Morsegno,
den Schreiner Reynaud, die Holzbildhauer Helmont und Heydeloff, Im J. i73i fertigt
Nicolaus Stüber das Deckengemälde im Treppenhause, i732 das Deckengemälde in
der Salle des Gardes; für beide Arbeiten zusammen erhielt er 4ooo Thaler. Von den
Nebengebäuden wurden in diesen Jahren die beiden Gallerien vollendet, die die cour
d'honneur an der Westseite des Schlosses einschliessen — die südliche schloss an das
an den Chor der Franziskanerklosterkirche angebaute Oratorium an, die nördliche
verband das Schloss mit dem sog. Küchenbau.
Mit der Anwesenheit Balthasar Neumann' s am kurkölnischen Hofe von i74o
an beginnt eine neue Periode für die Geschichte der inneren Ausschmückung von
Schloss Brühl. Unter seinem Einfluss (Renard in den B. J. C, S. 25. — Keller,
Balthasar Neumann S. 128) entstand der Ausbau des Treppenhauses, der in die J. i743
bis i748 fällt (die letztere Jahreszahl an einem Ornament der Decken). Die Detail-
pläne stammen wahrscheinlich von dem »Dessinateur« Biarelle, unter dem der Stuckateur
Artario die Arbeiten ausführt. Gleichzeitig arbeitet Michael Leveilly in seinem alten
Stile weiter und schmückt das Appartement im Erdgeschoss des Südflügels aus; die
Stuckarbeiten stammen hier von den Meistern Castelli und Morsegno,
Die letzte Bauperiode fällt dann in die J. i754 — i77o. Im J. i754 erhält die
Salle des Gardes ihre Ausschmückung unter der Leitung von Johann Heinrich Roth
durch den Stuckateur il/<?rj<?j§72ö. Von i755 an entstand dann die Ausschmückung des
Appartement im Obergeschoss des Südflügels, die im wesentlichen mit dem Tode des
Kurfürsten (6. Februar i76i) abgeschlossen ist. Es sind hier die Bildhauer Radoux
Schloss
Zerstörung
Neubau
Beschäftigte
Künstler
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BRÜHL
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der Jüngere, Renard, Brillie und der Maler Roussaux thätig. Die letzten Arbeiten Schio*«
werden durch den Bildhauer Brillie ausgeführt — er giebt i764 dem Musiksaal seinen
Wandschmuck (für 75o Thaler): in den J. i765 und i766 entstehen endlich die Ein-
bauten im Treppenhause, vor allem die Trophäe an der Nord wand mit der Büste
des verstorbenen Kurfürsten (Preis 52 1 Thaler). Erst im J. i77o ist der ganze Bau
vollendet Die aufgewendete Gesamtsumme betrug rund 3ooooo Thaler — die Bau- Kosten
rechnungen weisen die grössten Ausgaben axif in den J. 1 728— 1 732, dann wieder
i754 und i755, endlich i765.
Nachdem der letzte Kurfürst Köln verlassen, wurde das Schloss von den Fran- Letzte Schicksnie
zosen in Besitz genommen. Im J. i798 wurde bei Einführung der französischen Ver-
waltung fast das gesamte kostbare Mobiliar verkauft Im J. i8o4 besichtigte Napoleon
das Schloss; im nämlichen Jahre ward es zum Sitz der 4. Cohorte der französischen
Ehrenlegion erklärt. Der Graf von Salm-Dyck, der Kanzler dieser Cohorte, Hess
Pläne zur Wiederherstellung der Gärten und der Wasserkünste ausarbeiten, die aber
nicht ausgeführt wurden. Am i5. August i8o9 übergab Napoleon das Schloss als
Hauptort des neu errichteten Fürstentumes Eckmühl dem Marschall Davoust, in dessen
Besitz es bis 181 3 verblieb. Im J. i8i3 wurde bei einer Besichtigung durch den
Unterpräfekten des Roerdepartements festgestellt, dass die Zerstörung im Schloss
immer mehr überhand nehme ; die Nebengebäude waren schon damals abgebrochen.
Nach dem ersten Pariser Frieden kam das Schloss an die Krone Preussen. Der
Zustand blieb aber der alte, bis i842 bei dem bevorstehenden Besuch der Königin
Viktoria von England die inneren Räume durch die Hofverwaltung in Stand gesetzt
wurden. Als in den siebziger Jahren sich grössere Schäden, vor allem in den Decken
zeigten, wurden i876 und i877 unter Leitung des damaligen Hofbaurates Persius,
des jetzigen Conservators der Kunstdenkmäler, umfassende Restaurationsarbeiten durch- ReiuiurRtion
geführt; vor allem wurden mühevolle Ausbesserungen der Balkenlagen in den Decken
vorgenommen.
Beschreibung. Beschreibung
Das eigentliche Schloss (Tafel IX, Grundrisse Fig. 36 und 37) besteht
aus einem Mitteltrakt mit zwei Seitenflügeln. Alle drei Flügel zeigen drei nach
oben abgestufte Stockwerke und sind mit gebrochenen und durch Mansarden fenster
belebte Dächer eingedeckt. Im Mittelflügel sind ä l'italienne die drei Haupträume
angeordnet: das Treppenhaus (Nr. 2) durch alle drei Stockwerke hindurchgehend und
noch in das Dach einschneidend, die Salle des Gardes (Nr. 4 1 ) und der Musiksaal
(Nr. 42) durch die beiden Obergeschosse hindurchgehend (Längsschnitt Fig. 4 1). Der
Nordflügel enthielt die Wohnräume des Kurfürsten, der Südflügel übereinander zwei
getrennte fürstliche Appartements, das Obergeschoss Nebenräume und Wohnungen
der Hofchargen.
Die Aussengliederung der Fa^aden ist verhältnismässig einfach, die Fenster- Fii(«den
ge wände sind mager und dünn, im Erdgeschoss sind die Fenster mit einem Flach -
bogen überspannt, im zweiten und dritten Geschoss horizontal abgeschlossen mit
einem unvermittelt vorspringenden Gebälk. Um den ganzen Bau läuft ein sehr kräf-
tiges Dachgesims, das um die den Fa9aden vortretenden Risalite zugleich als Kranz-
gesims verkröpft ist.
Der Mitteltrakt ist an der Vorderseite siebenachsig. In der Mitte tritt ein drei Vordcrseiie
Achsen umfassender Risalit vor. Das Erdgeschoss öffnet sich in einem rundbogigen,
von zwei rechteckigen Thüren begleiteten Durchfahrt; die beiden Obergeschosse sind
mittels durchgehender Pilaster zusammengefasst, deren Gebälk einen grossen drei-
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SchU«s eckigen Giebel trägt. Die Fensteröffnungen im ersten Stockwerk sind rundbogig, das
mittlere, über dem Thore gelegene Fenster ist von zwei Säulen mit jonischen Kapitalen
flankiert. Der Giebel enthält das von Putten umspielte Wappen des Kurfürsten
Clemens August. Auf den Schrägen die Gestalt eines Bischofs und eine nackte Figur,
am Scheitel ein Putto mit Wappen.
Die beiden Seitenflügel sind an den Innenseiten schmucklos, an den Vorder-
seiten sind sie in ähnlicher Weise wie das Mittelrisalit des Haupttraktes behandelt.
Die unteren Öffnungen sind rechteckig, die Obergeschosse sind mit durchgehenden
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Fig. 36. Schlots Brühl Unterer Grundriss
Pilastem zusammengefasst, der etwas vortretende Mittelteil trägt über dem Dach-
ansatz einen attikaartigen Aufsatz, der als Abschlass in der Mitte ein reich dekoriertes
Wappen zeigt, zu dessen beiden Seiten je eine sitzende, allegorische Frauengestalt
angeordnet ist.
Gartenfii^de Am imposautestcu wirkt die Garten fagade, der Effekt wird durch die aus-
gedehnte Terrassenanlage vorbereitet (Fig. 38). Die Front ist unsymmetrisch; zur
Linken des vierachsigen Mittelrisalites liegen fünf, zur Rechten vier Fenster oder
Thüren in jedem Stockwerke. Dem Mittelrisalit, dessen obere Stockwerke auch hier
durchgehende Pilaster zusammenfassen, tritt ein zweiter, nur zwei Achsen umfassender
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BRÜHL
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Mittelrisalit vor. Das Dachgebälk ist um die Pilaster verkröpft. Darüber ein Auf-
satz mit einer Figurengruppe, den eine einfache Balustrade nach beiden Seiten fort-
setzt Die Flächen zwischen und über den Fenstern des Mittelrisalites zeigen leichten
plastischen Schmuck.
Die Rückseite ist ähnlich gegliedert, wie die Vorderseite. Dem fünfachsigen
Mittelrisalit tritt ein zweiter, dreiachsiger Risalit vor. Den Abschluss bildet ein Giebel,
der eine von der bärtigen Gestalt des Chronos gehaltene und von Putten umspielte
Uhr zeigt Auf den Giebelschrägen ebenfalls grosse Gestalten, zu beiden Seiten
Trophäengruppen. Die Nordfa^ade ist ganz schmucklos.
Schlo&s
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Flg. 37. SchloM BrQhl. Oberer Grundriss.
Im Inneren gelangt man durch den dreiteiligen Haupteingang zunächst in
das grosse flachgedeckte Vestibül (Fig. 39). Nach der Rückseite des Schlosses dieselbe
Portalstellung wie nach der Fac^ade, das mittlere Portal dient als Durchfahrt für die
Wagen, so dass die Besucher direkt vor der grossen Treppe aussteigen können. Die
Wandgliederung ist einfach: flache Pilaster und vorgesetzte Säulen mit jonischen
Kapitalen. In der Längsachse des Flügels nach Süden eine Nische, oben mit Muschel-
verzierung, darin sitzend unter einem Baldachin die aus Blei gegossene polychromierte
Figur eines Chinesen, in der rechten Hand einen kleinen Schirm, die Linke auf das
Knie aufgestützt, den Kopf vorübergebeugt, aus dem Munde Wasser in ein glocken-
förmiges Ge(^ speiend. Die Figur ist wahrscheinlich ein Werk des Bildhauers Brillie,
Inneres
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TafeT X.
Schlüss Brühf- Treppenhaus,
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Nach Norden öffnet sich der Blick zwischen zwei Pfeilern, denen gleichfalls Säulen Schios«
vortreten, auf das Prachtstück des Schlosses, das grosse Treppenhaus (Tafel X). Treppenhaus
Zunächst ein breiter Treppenlauf von neunzehn Stufen in der Mitte, über dem die grosse
Trophäe mit der Büste des Kurfürsten Platz gefunden hat, dann ein durch die ganze
Breite des Flügels durchlaufender Podest, endlich zwei seitliche Treppenläufe, die auf
den Umgang führen (Fig. 39).
Vor die Flächen der vier Pfeiler zur Seite des mittleren Treppenlaufes treten Karymiden
je vier überlebensgrosse Karyatiden, die nur lässig die Konsolen und Gurte über
ihren Häuptern stützen, schöne schlanke Gestalten, mit nur leicht drapierten Ge-
wändern bekleidet, die Formen etwas flau, in leicht gelblich gefärbtem Stuck aus-
geführt (Fig. 4o). An den unteren Flächen der seitlich aufsteigenden Treppenläufe
grosse Kartouchen, von feinem Muschelwerk eingerahmt, darin Darstellungen von
Putten, die Reiherbeizen zusehen.
Fig. 39. Schloss Brühl. Blick aus dem Vestibül auf das Treppenhaus.
Der Fussboden des Treppenhauses zeigt einen Marmorbelag von grauem und
rotem gefleckten Marmor (nassauer, belgisches und süddeutsches Material), die Treppen-
stufen sind ganz aus dem .schöngemusterten roten Marmor hergestellt. Die Wände,
Säulen, Füllungen der Treppenläufe sind von Stuckmarmor, in den Farben rosa und
hellgraublau, im oberen Geschoss wiegt neben dem grau und rosa rot und gelb vor.
Dem Haupttreppenlauf gegenüber ist die ganze Nordwand durch die grosse
Trophäe mit der Büste des Kurfürsten Clemens August von Brillie eingenommen.
Das Horizontalgesims, das unter dem Eisengeländer des Umganges sich hinzieht, ist
an dieser Wand weit vorgekragt, vier mächtige Konsolen tragen den balkonartigen
Ausbau, in der Mitte vermittelt eine muschelförmige Kartouche den Übergang.
Über den vier Konsolen bauen sich vor flachen Pilastern freistehende Säulen
mit korinthischen Kapitalen auf, die das reichgegliederte Gebälk tragen. Das obere
abschliessende Gesims ist über den beiden Säulenpaaren verkröpft und in der Mitte
wieder eingerückt. Auf dem Gebälk sitzen lebensgrosse Stuckfiguren, links der Glaube
mit Kreuz und Bibel, rechts die Gerechtigkeit mit Schwert und Wage. Dazwischen
Trophäe
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Sttdwand
Schio.« an der Wand, flach gehalten, eine Trophäe mit dem grossen Wappen des Kurfürsten,
auf das ein fliegender Engel mit einer Posaune in der Hand hinweist. Das Feld
zwischen den beiden Säulenpaaren wird von einer Art Denkmal des Kurfürsten ein-
genommen. Über einem Unterbau, auf dem die Embleme der weltlichen und geist-
lichen Macht des Kurfürsten liegen : der Kurhut, die erzbischöfliche Mitra, das Deutsch-
ordenswappen, über dem ein
Putto mit einem Kriegshelm
thront, erhebt sich eine vier-
seitige Pyramide, die von der
vergoldeten überlebensgrossen
Büste des Kurfürsten gekrönt
ist. Die wirkungsvolle Büste
zeigt den Kurfürsten im Her-
melinmantel, das Gewand ist
leicht um den Sockel drapiert.
Zur Seite des Unterbaues
wieder zwei weibliche lebens-
grosse allegorische Figuren, die
zur Linken mit einem Scepter
in der Rechten, die zur Rech-
ten mit einem Speer und einer
kleinen Statuette der Minerva.
An der entgegengesetzten
Südwand dieselbe Stellung von
vier Stuckmarmorsäulen und
dasselbe verkröpfte Gebälk mit
dem weitausladenden Hori-
zontalgesims. Auf dem Gebälk
wieder zwei sitzende weibliche
allegorische Figuren, die zur
Linken die Linke auf das
Haupt eines ruhenden Löwen
gelegt, in der Rechten Ge-
schmeide emporhaltend. Die
rechts mit Krone, Scepter und
Urkunde. In der Mitte an der
Wand grosse Trophäe mit dem
Namenszug C A und einem
etwas ungeschickt fliegenden
Engel. In der Südwand offnen
sich drei Glasthüren in die anstossende Salle des Gardes; in den Lunetten über den
seitlichen Thüren Putten mit den Insignien der weltlichen Macht, über den ent-
sprechenden Thüren an der Nordseite die Insignien der geistlichen Macht.
Zwei Reihen Fenstern öffnen sich nach der Ost- und Westseite, die unteren in
Rundbogen-, die oberen in Flachbogennischen. Die Pfeiler dazwischen zeigen eine
Belebung durch fein und geistreich gezeichnetes Rokokoomament, das Muschelmotiv
wiegt vor, dazu kommen dünne Blütenzweige und Ranken. Durch kräftiges Unter-
schneiden ist das Ornament ganz vom Grunde abgelöst.
Fig. 40. Schloss Brtthl. AtUinten im Treppenhaiue.
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Tafel XI.
Schloss Brühl. Salle des gardes.
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BRÜHL
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In den Feldern über den vier Seiten thüren in geschweifter Kartouchenumrah- Schio»«
mung die Überlebensgrossen flottgemalten Halbfiguren der vier Vorgänger Clemens
Augusts.
Die Wandpfeiler zwischen den Fenstern und Thüren sind im oberen Stockwerk Hermen
in Doppelhermen übergeführt, die weit nach vom übergebeugt, die Tragbalken der
Decke stützen. Je eine männliche und eine weibliche Gestalt sind zusammengestellt,
nur leicht bekleidet, mit stets wechselnden kühnen Bewegungsmotiven, die Hermen
selbst sind mit den verschiedensten Emblemen des Krieges und Friedens, der Künste
und Wissenschaften, Jagd, Ackerbau u. s. w. ausgestattet. An der Decke zwischen den
Konsolenpaaren flott gezeichnete und geschweifte Kartouchen in Muschehimrahmung,
die in der Ecke befindlichen mit dem Wappen und dem Namenszug des Kurfürsten
Clemens August abwechselnd gefüllt.
Die Decke öffnet sich im Oval, darüber ist, in das Dach einschneidend (Fig. 4i), Decke
ein flach gedeckter, an der Seite allmählich sich rundender Raum konstruiert, den die
Mansardfenster des Daches beleuchten. An den Seitenwänden ist eine Scheinarchitektur
in kühner Verkürzimg aufgemalt, gekrönt durch allegorische Gestalten in natürlicher
und in Steinfarbe (Tafel X). Über dieser Architektur öffnet sich der Himmel und
es erscheinen alle Mächte, um dem Kurfürsten zu huldigen. Das Deckengemälde ist
eine der überschwänglichen Deklamationen des i8. Jh. Links auf einem Thronsessel
eine weibliche Gestalt, neben ihr ein Obelisk mit dem Namenszug C A, auf der
anderen Seite eine weibliche Gestalt, einen grossen Schild mit einem Bauplan hal-
tend, über ihr Viktorien und Famen, vor ihr Putten und Genien mit den Emblemen
der kurfürstlichen Gewalt Gegenüber sind alle Künste vereinigt; die Malerei wird
durch Minerva auf jene allegorische Gestalt auf dem Throne hingewiesen. In der
Tiefe die Mächte der Finsternis verscheucht, auf der anderen Seite, über der Süd-
wand, Venus und Mars zwischen Trophäen ruhend.
Die Geländer sind mustergültige schmiedeeiserne Arbeiten: die der Treppe Geländer
und des Umganges, sowie des Balkones an der Nordwand in reichen Rokokoformen
mit vergoldeten Jagdstücken in der Mitte der Felder, an der Südwand wieder
der Namenszug C A. Die Gitter in den oberen Fensternischen und das Geländer
um das obere Oval sind in freieren luftigeren Formen gehalten. In der Mitte des
Treppenhauses hängt an einer vergoldeten Kette eine riesige sechsseitige schmiede-
eiserne Laterne herab; die Ranken mit feinem naturalistischen Blattwerk besetzt;
im Inneren pyramidenförmig aufsteigende Kerzenhalter. Die Schlosserarbeiten sind
von den Kunstschlossern Köbst und Müller ausgeführt (Tafel X).
Die an das Treppenhaus sich anschliessende SalledesGardes (Fig. 37 Nr. 4i, Saiie des Garde«
Tafel XI) zeigt noch die dem frühen Rokoko angehörige feine Gliederung durch
Pflaster mit vertieften Feldern und Kompositkapitälen, die den nur wenig vortretenden
die beiden Geschosse trennenden Architrav tragen. Die Vermittelung zwischen dem
oberen und unteren Gesims geben Konsolen mit menschlichen Köpfen, durch dünne
Blätterranken verbunden. Die unten angeschlagene Gliederung ist oben fortgesetzt,
schmale Pflaster mit Kompositkapitälen tragen das nur ganz leicht angedeutete ab-
schliessende Gesims. Die einzelnen Wandflächen sind durch geradlinige Leisten ein-
gerahmt; nur der obere Abschluss ist geschweift. In den Lunetten über den Thüren
Kartouchen mit dem Namenszug C A, darüber Putten mit Frucht- und Blumenkörben.
Über den Pilasterstellungen sind auf dem hier weiter ausladenden Gesims Gruppen von
musizierenden Putten angebracht, je zwei Gruppen von je drei Figuren an jeder Wand-
fläche. Über der vom Treppenhause hereinführenden Mittelthür und über dem gegen-
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Tafel XIII.
Schloss Brühl, Musiksaal.
BRÜHL
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Deckengemälde
überliegenden Marmorkamin Stuckreliefs, die Verherrlichung von Herrschern im Altertum s c h i o s s
darstellend. Die Wandfelder zeigen kriegerische und friedliche Trophäen in zierlichster
Ausführung; die Kartouchen in den Fenstergewänden (Fig. 42), der untere und obere
Abschluss der PilasterfüUungen geben die graziösesten Rokokomotive, noch ganz
durchtränkt von der scharfen Fein-
heit des frühen Stiles ; nur die Putten
zeigen die Herrschaft der späteren
derberen Dekoration. Einen beson-
deren Reiz erhält die Wandbeklei-
dung noch durch den Wechsel des
verschiedenfarbigen Stuckmarmors.
Das grosse Deckengemälde (Taf.
XH), eine Schöpfung des Malers
Nico laus St über, zeigt, umgeben von
einer wilden und phantastischen
Scheinarchitektur, die in keinen
Zusammenhang mit der Gliederung
der Wände darunter steht, den Aus-
blick in den Himmel und auf Wol-
ken eine pomphafte Verherrlichung
des Kaisers Karl VII. Der Kaiser
sitzt in römischer Imperatorentracht
auf einem Throne, zu Füssen des
Thrones das bayerische Banner.
Eine weibliche Gestalt reicht ihm
die Kaiserkrone dar. Hinter ihm
Personifikationen der Stärke, des
Glaubens, der Weisheit, unter ihm
allegorische Gestalten, die ihm
Schätze darbringen. Links schwebt
auf Wolken der ganze Olymp heran,
auf den Merkur hinweist; im Vorder-
grunde Apollo mit Minerva, Herkules,
Mars, Bacchus, im Hintergrunde
Jupiter mit Juno, Diana, Neptun.
Tiefer die fremden Erdteile, ihre
Gaben darbringend. Am Rande alle-
gorische kriegerische Figuren, die
Bronzemedaillons des Kurfürsten
Clemens August, des Bruders des
Kaisers, und seines Vaters, des
Kurfürsten Maximilian Emanuel
haltend.
Der anstossende Musiksaal (Fig. 37 Nr. 42, Tafel XIII, Fig. 43) zeigt eine MusiIcmhI
ganz abweichende Gliederung. Um den ganzen Raum läuft eine Gallerie herum, die
mit einem vergoldeten Gitter abschliesst. Die Gallerie ruht auf Konsolen, die leicht
gewölbten Felder dazwischen sind durch Trophäen belebt Die Gliederung durch
Pilaster ist ganz weggefallen; dafür sind die Wände in ziemlich gleich breite Felder
Fig. 42. Schloss Brühl. Kartouche aus der Sulle des Gnrdes.
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Schloss
zerlegt, mit geradlinigen Stäben eingefasst, nur am oberen Abschluss geschweift. Über
den eigentlichen Wandfeldem Medaillons abwechselnd mit Putten und mit allego-
rischen weiblichen Gestalten, die Wissenschaften, Künste, Obstbau, Feldbau, Krieg
u. s. w. darstellend. Über den Thüren Putten mit dem Wappen und dem Namens-
zuge M A wechselnd. Die Wandflächen über der Gallerie sind ähnlich gegliedert;
auch hier Trophäen und allegorische Figuren nebeneinander. Das Muschelwerk hat
sich nur noch an den Konsolen der Gallerie erhalten; das Ornament ist sonst ganz
naturalistisch, und gegenüber der Salle des Gardes trocken und nüchtern.
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Fig. 43. Schloss Brühl Detail aus der Dekoration des Musiksaales.
Decke Die Deckc zeigt hier eine Einfassung von Stuckomamenten, die die äusserste
Ausartung des Muschelmotives aufweisen. Breite fleischige Wellen mit algenartigen Aus-
läufern spielen in die Malerei hinüber; neben diesen reinen Ornamenten finden sich
Putten, die üblichen weiblichen allegorischen Figuren und Kriegsgeräte. Die Malerei,
weniger anspruchsvoll als in der Salle des Gardes, zeigt ein Konzert im Olymp:
Apollo und die Musen in freier Auffassung, umgeben von anderen Genien und von
Putten; in der Höhe ein Schild mit den Wappen des Kurfürsten Clemens August,
auf dem von der Trompete des einen Engels wehenden Tuch sein Namenszug. Das
Gemälde ist ein Werk des Malers Adam Schöpf {\1 02— ill 2) um i75o (E. Renard
in den B. J. C, S. 32).
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Die an der Südwestecke gelegene Kapelle (Fig. 37 Nr. 44) zeigt eine feine Schioi«
Wandverzierung in buntem Stuckmarmor mit Leisteneinrahmung und teilweise vergol- K»p«»e
deten Kartouchen und Ornamenten. Die Decke enthält ein grosses Mittelbild: Ver-
herrlichung des h. Johann von Nepomuk, in reicher Einrahmung, in der die Leisten
vergoldet sind. Der Abschluss nach unten ist hier schon leicht geschweift. An der
Nordwand der Altaraufbau, in der Mitte ein Gemälde: der h. Johann von Nepomuk
vor einem Madonnenbilde, darunter Putten und Engelsköpfchen. Die Decke ist gleich-
falls ein Werk des Malers Adam Schöpf.
An das Treppenhaus stösst unmittelbar im Nordflügel das im J. i728 be- Nordflügel
gonnene Appartement, das die Wohnräume des Kurfürsten enthält. Es besteht
aus dem Speisezimmer (Nr. 59), dem kleinen Kabinet (Nr. 6o), der Antichambre
(Nr. 6i), dem Schlafzimmer (Nr. 62), dem Musikzimmer (Nr. 63) und dem chinesischen
Kabinet (Nr. 64). An der Hofseite liegen ausserdem das wie das Speisezimmer vom
Treppenhaus aus zugängliche Audienzzimmer (Nr. 68) und die beiden Garderoberäume
(Nr. 66 u. 67). Die Räume zeigen den feinen Regencestil Cuvillies und stehen durch
ihre vornehme und edle Dekoration im direkten Gegensatz zu den späteren Räumen
im SüdflOgel mit ihrer ausartenden Prunklust.
Der Speisesaal ist nur in Weiss und Gold gehalten. Die Wandflächen sind SpeiMsaai
in schmale Felder zerlegt, die durch dünne Goldleisten eingerahmt sind, oben, unten
und in der Mitte, aber innerhalb der geradlinigen Umrahmung mit kleinen Kartouchen
verziert. Am reichsten ist die Westwand behandelt, und die gegenüber gelegene
Wand, in der sich die Thür nach dem anstossenden kleinen Kabinet öffnet. In den
Ecknischen an der Westseite, die mit Marmorgetäfel versehen sind, ovale Marmor-
becken mit reichem figürlichem Aufbau: Putten, die zur Seite einer Wasser empor-
speienden Gans schweben. Die aus Blei gegossenen und vergoldeten Gruppen sind
Werke des Bildhauers Willem de Groff. In der zierlichen Deckenomamen tik zeigt
sich das Muschelmotiv eben in seiner ersten Form, daneben noch ganz naturalistische
Putten, Hunde, Jagdtrophäen, Frucht- und Blütenranken.
Das anstossende kleine K ab in et ist ziemlich schlicht behandelt; die Wände Kleines Kubinet
durch Leisten gegliedert, in der dem Fenster gegenüber befindlichen Nische ein
grosser Spiegel, die Decke nur mit einer schmalen Stuckumrahmung, die aufsteigende
Konsolen zeigt Hinter dem Spiegel in der Wand ein geheimes Kabinet, vom Audienz-
saal her zugänglich, für den Geheimsekretär des Kurfürsten, der hier imgesehen den
Audienzen beiwohnen konnte.
In der Antichambre ist die Decke gleichfalls weiss — in der Umrahmung Kon- Antichambre
solen, die durch Festons verbunden sind; in den Ecken Kartouchen mit Putten unter
Baldachinen, als Mittelstück eine feine Flachdekoration, in der zum erstenmal das
Motiv der Vergitterung auftritt.
Von besonderer Schönheit ist dann wieder die Ausstattung des Schlaf- Schia&immer
Zimmers, dessen Dekorationen gleichfalls ganz in Weiss und Gold gehalten sind.
(Fig. 44J. Die Südwand wird hier in der Mitte von der Bettnische eingenommen. In
den Wandflächen daneben Thüren zu tiefen Wandschränken und Toiletten, darüber
ovale gemalte Supraporten. Die beiden abgeschrägten Ecken mit den hohen Spiegel^
lenken den Blick von selbst auf die Bettnische hin. Auch an dem dem Bett gegen-
überliegenden Fensterpfeiler ein grosser Spiegel. Die Decke zeigt dünnes goldenes
Rankenwerk. Das Muschelmotiv ist hier völlig verschwunden, dafür erscheinen dünne
schilfartige Ranken und zwischen ihnen ganz naturalistische Putten mit Blütenranken
und Früchten. Das Mittelstück mit Engelsköpfchen und kleinen Vergitterungen.
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Schloss
Musiksanl
Im Musiksaal sind die Wandflächen mit neuen Tapeten bekleidet; die Decke
und die Umrahmung der Supraporten über den Thüren ist in Weiss gehalten. In
die Ornamente sind Trophäen von Musikinstrumenten eingefügt; in den Eckfeldern
ganze musizierende Figuren.
Flg. 44 Schloss Brühl. Das Schlufsimmer des Kurfiiisten.
Chinesisches
Kübinet
Den originellsten Schmuck hat das chinesische Kabinet erhalten. Die ,
Wände, die einfach mit Goldleisten eingefasst sind, sind hier in Lindenholz getäfelt,
das in den Feldern mattgelb lackiert ist Auf die Felder sind allerlei Chinoiserien
aufgeklebt — kolorierte und ausgeschnittene Kupferstiche — und aufgemalt: grosse
Blumenbouquets mit Schmetterlingen und Vögeln, Jagdscenen und Festzüge, idyllische
Gartenscenen, nur zum Teil in den unteren Feldern chinesische Darstellungen. In
der Deckendekoration, die in Weiss und Gold auf blauem Grunde gehalten ist, sind
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die Umrahmung und das Mittelfeld scharf getrennt durch einen mattgrünen Grund.
In den Ecken finden sich Darstellungen von Chinesen, dazwischen aber Faune, Reiher,
Drachen u. s. w. ; neben dem Motiv des Baldachhis kommen hier Vasen, mit Blumen
gefüllt, vor.
Neben dem kleinen Kabinet, vom Treppenhause unmittelbar zugänglich, liegt
der Audienzsaal (Nr. 68), der eine ganz einfache Stuckdecke, als Eckstücke Trophäen
und Schilde mit dem kurfürstlichen Wappen, Von Löwen bewacht, zwischen zwei
Hohlkehlen zeigt. Im nächsten Raum (Nr. 67) ist die Decke gleichfalls in Weiss ge-
halten, sie zeigt wie der Musiksaal eine Verzierung durch Vögel und Jäger in dünnem
Ornament. Dazu drei Supraporten mit Falken und Reihern.
Schloss
Audienzsaal
Fig. 45. Schiost Brühl. Decke im SadflUgel.
Das Appartement im Südflügel des Schlosses, bestehend aus Audienzsaal
(Fig. 37 Nr. 45), erster Antichambre (Nr. 46), zweiter Antichambre (Nr. 47), Schlafzimmer
(Nr. 48), Kabinet (Nr. 49) und Bibliothek (Nr. 5o), zeigen das Ausarten des Muschel-
motives, aber nicht so wild und fleischig, wie an der Decke des Musiksaales, sondern
feiner und zierlicher, die ganze Decke allmählich umspinnend und überflutend. Durch
das Hinzutreten einer ziemlich starken Bemalung und Vergoldung erhalten diese Decken
noch einen ganz besonderen Reiz. Im Audienzsaal und in der ersten Antichambre sind
Umrahmung und Mittelfeld noch getrennt, die Umrahmung greift aber an den Ecken
schon über das Abschlussgesims der Wand hinüber; neben Muschelwerk und Palm-
zweigen zierliche Blütenzweige. Die Supraporten enthalten in beiden Räumen Schäfer-
scenen und galante Feste, von Roussaux, z. T. Kopien bekannter Watteau^i^^x Bilder.
Südflügcl
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Seh lo BS Die Wände selbst zeigen Füllungen, die mit einfachen geraden Holzleisten geschlossen
sind. Im Audienzsaal und in der ersten Antichambre sind die Hauptfelder der Wand
mit gepressten Ledertapeten bekleidet. Die Farbenwirkung der Decke ist besonders
in der ersten Antichambre durch das matte abgetönte Gelbgrau und das abgeschliffene
Altgold von feiner harmonischer Wirkung.
In der zweiten Antichambre und im Schlafzimmer ist die Decke vollständig
von dem Muschel werk übersponnen, Umrahmung und Mittelfeld sind hier zusammen-
gezogen. Das Abschlussgesims ist leicht geschwungen; feingezeichnete Kartouchen
greifen über es hinweg. Stuck und Malerei sind gleichmässig an der Decke verteilt.
In der zweiten Antichambre der Stuck in Altgold, mit französischem Grün als Grund
der Ornamente, die Malereien in stumpfen grüngrauen Tönen dazwischen auf kaltes
Weiss gesetzt. Die Scenen stellen Jagdbilder dar in einer geistreichen an die Metz-
sehen Zeichnungen eriimemden freien Einrahmung. Die Wände sind mit kostbaren
Fig. 46. Schlou Brühl. D«ekendekonition im Schlafzimmer des SüdflügelB.
Seidengobelins bekleidet, die die grossen Alliancewappen des Kurfürsten Johann Wil-
helm von Jülich -Berg und seiner Gemahlin Maria Anna Louise zeigen.
Schbfzimraer Im Schlafzimmer ist die Deckendekoration ganz ähnlich (Fig. 46). Die Stuck-
dekoration ist hier in Weissgold gehalten, das sich vortrefflich von dem saftigen Orange-
gelb des durchgehenden Grundes abhebt, der mit Putten, feinen gekräuselten Ranken
und dünnen Blumenbordüren bemalt ist. Um das Mittelfeld herum sind sechs grosse
längliche Felder angeordnet, in stumpfen bläulichgrünen Tönen galante Scenen von
Kavalieren und Damen in Frühlingslandschaften zeigend, die Verzierung der Wände
ist hier noch weit reicher als in dem eben beschriebenen Raum. Die einrahmenden
Leisten der länglichen Felder sind am oberen und unteren Ende sowie in der Mitte
in geschwungenes Muschelwerk aufgelöst, in der Mitte sind sie durch Kartouchen
verbimden, die in den grossem Feldern eine Konsole einrahmen, auf der ein zier-
liches Porzellangrüppchen Platz gefunden hat. Die in blassen Farben gehaltenen
Seidengobelins auf den beiden grössten Flächen, die feine Einrahmung der beiden
kurfürstlichen Porträts, die jedes eine Krönung durch ein Jagdstück zeigen, die
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beiden gemalten Supraporten über den Haupt thüren und die grossen Stucktrophäen
über den hinteren Thüren, die zierlichen Wandleuchter vervollständigen den vor-
nehmen Eindruck des Raumes.
Im Kabinet zieht sich nur eine breite Stuckumrahmung um die Decke herum
mit ganz wildem Muschelwerk, die Abschlussleiste selbst geschwungen und aus-
geschweift; in den Ecken und in der Mitte einer jeden Seite eine Kartouche. Das
plastisch ausgeführte Muschelwerk setzt sich nach innen in Malereien fort, dünne
geschweifte vergitterte Muschelornamente und Ranken bilden Lauben, in denen ver-
liebte Pärchen hocken; dazwischen treiben Hunde und kostümierte Affen ihr Spiel.
An den grossen Wandflächen hier Seidengobelins mit dem grossen Wappen von Kur-
pfalz -Neuburg -Jülich -Berg (wahrscheinlich auf Kurfürst Karl Philipp t i742 bezüglich)
mit der Kette des Hubertusordens und des goldenen Vliesses. Die übrigen Wand-
flächen zeigen eine ähnliche Einrahmung wie die zweite Antichambre. Drei von den
vier Fenstern zeigen in den Xaibungen Kartouchen mit den Initialen MAX.
Die Bibliothek endlich zeigt an der Decke wieder das ganz flatterige und
verwilderte Muschelomament, das allenthalben über die horizontale Abschlussleiste
hinübergreift. In den Ecken kleine Medaillons mit chinesischen Scenen, dazwischen
Kartouchen mit Putten. Die algenartigen Ornamente sind trotz ihrer Verwilderung
von graziösester Bewegung und zum Teil ganz frei herausgearbeitet. Die Wände
sind hier in zwei Tönen Grün mit goldenen Leisten gehalten, die ganzen Flächen
sind durch hohe Wandbücherschränke mit vergitterten Thüren eingenommen, die
durch Büstenaufsätze gekrönt waren. Die jetzigen Büsten sind moderne Zuthaten.
Im Erdgeschoss stösst südlich an das Vestibül an der Sommerspeisesaal
(Nr. 4), ein grosser, heller, mit drei Fenstern nach Westen sich öffnender Raum, die
Decke ganz weiss mit einfacher Stuckumrahmung, die Kartouchen und in den Ecken
militärische Trophäen zeigt. Die Wände sind ganz mit Delfter Fayence-Platten bekleidet :
in der Mitte grössere Scenen von bäuerischen Festgelagen in der Art von Teniers, zur
Seite Blumensträusse in Vasen, als Umrahmung immer abwechselnd ein Harlekin
und eine Reifrockdame. Dazwischen Platten mit einfachem Ornament. An der Nord-
wand eine mit Marmor bekleidete Nische; darin ein grosses marmornes Becken für
einen Springbrunnen. Ein nach Süden anstossendes langgestrecktes Kabinet (wohl
ein Anrichteraum) ist gleichfalls vollständig mit Delfter Platten bekleidet.
Das anstossende Appartement im Erdgeschoss des Südflügels besteht
aus Audienzzimmer (Nr. 7), zwei Antichambres (Nr. 8 u. 9), Schlafzimmer (Nr. lo) und
Kabinet (Nr. ii). Die Dekoration ist einfacher als die der übrigen Räume. Die
Wände sind bis zu dem ersten Gesims mit Delfter Platten bekleidet, hinter den Öfen
und in den Fensterlaibungen erfüllt diese Verzierung die ganze Wandfläche. Die
Wände sind vielfach in schmale Felder zerlegt und mit Leisten eingerahmt. Die
ursprünglich hier befindlichen Tapeten sind verschwunden.
Die Decken sind fast ganz in Weiss gehalten. Den Abschluss bildet eine Hohl-
kehle, die auf beiden Seiten durch eine Leiste eingerahmt ist; nach den Wandflächen
zu durch horizontale, nach der Deckenmitte durch geschwungene Leisten. Der
Audienzsaal zeigt in der Mitte einer jeden Hohlkehle die für Leveilly charakte-
ristische Kartouche mit ziemlich flacher Umrahmung und leerem Schild. In der
ersten Antichambre treten in die Ecken Strahlensonnen; die Mitte der Decken-
verzierung an jeder Seite wird von einer langgestreckten allegorischen Gruppe ein-
genommen, die in den Gestalten von Erwachsenen und Putten die vier Jahreszeiten
darstellen. In der zweiten Antichambre ist in der Deckenumrahmung die innere
Schloss
l^abinet
Bibliothek
Sommer»
Speisesaal
Erdgeachoss
des SüdflügeU
97
08 LANDKREIS KÖLN
Schioss Leiste ganz aufgegeben; dafür treten flache Konsolen ein, zwischen die Medaillons
und Kartouchen treten, die Malereien mit Vögeldarstellungen aufnehmen. Die Ecken
sind durch Grotten und Lauben mit Kaskaden und spielenden Putten gefüllt. Mit
der Dekoration der Decke geht die Einrahmung der Spiegel, der Supraporten und
der in die Wand eingelassenen zwei Porträts auf das beste zusammen. Auch der
Marmorkamin ist ganz in Weiss gehalten.
Im Schlafzimmer ist das Motiv der Deckendekoration noch wilder. Nicht
nur in die Ecken, sondern auch in die Mitten der Seiten treten solche Kaskaden,
in denen oder über denen sich Putten herumtummeln Die obere abschliessende
Leiste ist hier ganz regellos ausgeschweift und ruht in der Mitte jedesmal auf den
Köpfen von Sphinxen; dazwischen Trophäen von aufgehängten Gefässen und die-
selben Malereien mit Vögeln wie im vorhergehenden Raum. An der einen Längs-
wand ein Kamin in Serpentin, darüber ein Spiegel und ein Gemälde; dieselbe An-
ordnung gegenüber.
Das Kabinet, das die Ecke dieses Flügels bildet, ist wie der Sommerspeise-
saal ganz mit Delfter Fayence-Platten, aber nur in Blütenmustem gehalten, bekleidet.
Die Deckenumrahmung, in Weiss und zartem Hellblau gehalten, zeigt in Kartouchen
aufgehängte oder stehende Gefässe und Blumenvasen, dazwischen Blütenranken und
blasende Windgötter. Die drei in die Wand eingelassenen Porträts haben besonders
schöne Umrahmungen, die wieder einfach in Weiss gehalten sind.
Theretieniwpciie Die an den Audicnzsaal anstossende Theresienkapelle (Nr. 6) ist vollständig
ausgemalt. Die Decke zeigt noch ein paar vergoldete Stuckleisten; im übrigen ist
auch die ganze Architektur gemalt. An der Decke in ovalem Mittelfeld eine grosse
gut gemalte Engelsglorie, die Engel weisen alle nach unten auf den Altar. An der
Altarwand eine gemalte Scheinarchitektur und ein gemalter Altaraufsatz — über dem
Tabernakel auf einer Wolke stehend die Madonna, umgeben von Engeln. An den
Wänden in einer ganz wirren Einrahmung Darstellungen der Apostel, darüber Putten.
Der Fussboden ist mit Marmor belegt.
Zweites Das zweite Obergeschoss enthält nur im Südflügel einige Räume mit alter
ergesc oss ^^jgg^^^^^JJ^g jj^ ^^^ Sälen Nr. 74 und 75 schöne marmorne Kamine, darüber in
reichem goldenen Rahmen Tierstücke: Trappen und Flamingos. Im Saal Nr. 76 sind
die Wandflächen mit feinen Leisten und Muschelwerk in Weiss und Gold überzogen.
In die Pfeiler zwischen den beiden Fenstern sind die Brustbilder der beiden Schwestern
des Kurfürsten Clemens August eingelassen; über dem Marmorkamin zunächst ein
länglicher Spiegel und sodann das Bildnis des Kurfürsten ClemensAugustals Knabe
in ganzer Figur. Ähnliche Kaminaufsätze enthalten die Räume Nr. 77 und 78.
Kimsticrische Das Schloss ZU Brühl ist, da Bonn und Bensberg zerstört und gänzlich umge-
staltet worden sind, das kunstgeschichtlich bedeutendste und künstlerisch hervor-
ragendste Denkmal des 1 8. Jh. in der Rheinprovinz, zugleich der glänzendste Ausdruck
der Prunkliebe der kölnischen Kurfürsten und ihrer Neigung zu französischen Vor-
bildern. Alle Wandlungen des Rokoko, von der graziösen Flachdekoration des Regence-
stiles bis zu den kräftig-nüchternen Formen des Klassicismus sind hier zur Anwendung
gekommen; nirgends in ganz Deutschland ist so bequem wie hier die Entwickelung
des Rokoko zu studieren. Das Äussere bietet weniger Hervorragendes; die allzu
schlichte Gliederung der Fenstergewände, das mangelhafte Verschmelzen der Risalite
mit den Fagaden, das Fehlen eines Hauptgesimses im ersten und letzten Stock stören
hier eher. Der ganze Reiz liegt im Inneren. Das Treppenhaus ist — durch das
Hineinziehen des Dachraumes, durch Aufbau und Dekoration — die wirkungsvollste,
98
Würdigung
BRÜHL
99
glücklichste, prächtigste und schönste Leistung des Rokoko in ganz Deutschland. An Schioss
harmonischer Durchbildung der Räume, an Feinfuhligkeit in Verwendung und Aus-
breitung des Ornamentes steht das Schioss gleichfalls in vorderster Linie. Brühl allein
eigen ist die üppige und doch reizvolle Decken Verzierung im Südflügel.
Ausstattung.
Die Ausstattung mit Mobiliar ist nur zum geringen Teil alt. Das Ursprung- AuMtuttun«
liehe kurfürstliche Mobiliar war schon im J. i798 verkauft worden. Die alten Aus- Mobiliar
Stattungsstücke stammen zum grösseren Teil aus königlich preussischem Besitz und sind
erst i842 und i877 hierher gekommen.
Ein Teil der Ausstattung musste schon bei der Beschreibung der einzelnen
Räume erwähnt werden; die Gemälde werden unten besonders aufgeführt In den
meisten Zimmern schöne Marmorkamine von farbigem nassauer, tiroler oder belgischen
Marmor, zumeist mit einem Spiegel oder einem in der Wand eingelassenen Gemälde
direkt in Verbindung stehend. Ganz einfach ist dieser Aufbau in dem kurfürstlichen
Appartement im Nordflügel, viel reicher in der Aufeinanderfolge Kamin, länglicher
Spiegel, Porträt im Südflügel. In einigen Räumen finden sich noch kostbare Leder-
tapeten.
Besonders zu nennen sind weiterhin in dem Nordflügel im Speisesaal zwei Spicgei
venezianische Spiegel mit reicher geschliffener Umrahmung, in der Antichambre, im
Schlafzimmer und im Musiksaal schöne geschnitzte und vergoldete Spiegeltische mit
Marmorplatten, in allen Räumen zierliche messingene Wandleuchter, im chinesischen
Kabinet ein Tisch mit schwarzer Marmorplatte und kostbarer eingelegter Arbeit:
Wappen des Kurfürsten Johann Wilhelm von Jülich - Berg und der Anna Maria Louise.
Dazu Sekretäre und Büffets in eingelegter und Boulearbeit Im kleinen Kabinet vier
kleine Ecktischchen mit Maskenkonsolen und Marmorplatten.
Im Südflügel durchweg an den Fensterpfeilern Wandspiegel mit einfacheren
Spiegeltischchen, das Hölzwerk vergoldet, die geschweifte Platte von Marmor. In der
ersten Antichambre unter dem Bilde Friedrichs des Grossen ein Prachttischchen im Stile
Louis XIV., mit Marmorplatte, die Füsse geschweift und in Faunshermen auslaufend,
dazwischen reiches Ornament mit Putten und Ranken. Die übrigen reich vergoldeten
Möbel in diesem Raum sind neu; die beiden Thronsessel stammen von der Ein-
weihungsfeier des Kölner Domes. Zu beachten sind in diesen Sälen die Rahmen der
Bilder, die zum Teil von hervorragender Schönheit sind, so der Rahmen um das
Porträt Friedrichs des Grossen in der ersten Antichambre und der Rahmen um das
Bildnis der kleinen Prinzessin im Schlafzimmer.
Von ganz besonderer Schönheit und von hohem kunstgewerblichem Werte sind Öfen
die Fayence- und Thonöfen.
In dem Erdgeschoss des Südflügels im. Audienzsaal ein Ofen in Weiss und Gold,
mit reichsten Muschelomamenten besetzt, auf den geschwungenen Kanten die Kar-
touchen in Frauenköpfe auslaufend. Als Krönung des Aufsatzes die Erdkugel, auf
der ein nackter Putto sitzt; mit stürmischer Bewegung eilt der geflügelte Genius der
Zeit auf ihn zu und hält ihm das Stundenglas vor. Der Ofen, in der ersten Anti-
chambre (Fig. 47), hat im Aufbau die Form einer Vase mit bauchigem Unterteil. Auf
dem unteren Hauptfelde zwei Putten, mit den Emblemen der kurfürstlichen Macht
spielend. Auf den Absätzen sitzen eine halbbekleidete männliche Gestalt und eine
ganz bekleidete weibliche Figur, die einen Schild mit der Inschrift: eLeCtor seCVrVs
VbIqVe spIrat (272) hält. Der ergänzende Schild in der Hand des Mannes fehlt.
7*
99
!oö
LANDKREIS KÖLN
Schloss
Gemälde-
Mmmlung
Die Krönung des Aufsatzes bildet die Büste des Kurfürsten, von zwei Putten um-
geben. Die Ornamente wie die Modellierung der Figuren sind von der grössten
Schönheit, Exaktheit und Gra-
zie; der Ofen dürfte das
schönste Werk dieser Art sein,
das das Rokoko hervorgebracht
hat. Die beiden Öfen sind
Werke bayerischer Fayence
(in den Baurechnungen von
1 74 1 die »bayerischen Kachel-
öfen* genannt) und unter Cu-
villiSs Einfluss entstanden.
In den Hofzimmem im Erd-
geschoss des Nord'flügels zwei
weitere Fayenceöfen, die erst
aus den 5o er Jahren des 1 8. Jh.
stammen, in Blau und Weiss
mit Vergoldung, in den Formen
viel plumper, aber mit feiner
blauer Bemalung. Der eine
Ofen zeigt chinesische Motive,
der andere die Darstellungen
von Curtius und Scaevola,
dazu als Krönung die Büste
eines Kaisers.
Im zweiten Geschoss des
Südflügels (Zimmer Nr. 76)
findet sich noch ein geschweif-
ter Fayenceofen, in der Mitte
eine Trophäe mit einem Adler-
helm, an den Ecken Karya-
tiden, darüber auf den Voluten
Putten, als Krönung eine Mi-
nerva zeigend. Zwei weitere
Öfen sind i877 nach Berlin
gebracht; einer davon ist im
Kunstgewerbemuseum aufge-
stellt. Vgl. über diese Öfen
Renard in den B. J. C, S. 32.
— Abb. bei Dohme-Rück-
WARDT und in Hirths For-
menschatz i886, Taf. i3, i4;
1887, Taf. 56.
Das Schloss enthält eine be-
deutende Gemäldesamm-
lung, die zum Teil von der
alten Einrichtung durch den Kurfürsten Clemens August stammt, zum Teil aber erst
i842 und i877 aus königlichem Besitz zusammengestellt worden ist. Sie ist besonders
reich an historischen Bildnissen.
100
Fig. 47. SchloM Brühl. Fayenceofen.
BRÜHL lOl
Im Obergeschoss: In der Salle des Gardes über dem Kamin in reichem Schio»»
Rahmen Porträt des Kurfürsten Max Friedrich von Köln, bezeichnet rechts unten:
j. H. FISCHER FECiT (Tafel XI).
Im Musiksaal: Über dem Kamin: Bildnis des Kurfürsten Clemens August
im hermelinbesetzten Purpurmantel, der von seinem Pagen, dem Freiherm von Weichs
emporgehoben wird. Der Kurfürst zeigt mit der Rechten nach dem Schlösschen Falken-
lust, das durch das offene Fenster sichtbar wird.
Gegenüber Kurfürst Max Friedrich, in der Linken einen grossen Plan hal-
tend, auf den er mit der Rechten hinweist. Hinter ihm ein Page, den Kurhut auf
einer Schale tragend.
Im Audienzsaal (Nr. 45): Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern und seine
Gemahlin Adelheid, Prinzessin von Savoyen, Bildnisse in ganzer Figur in düsterer
Beleuchtung mit guten charaktervollen Köpfen. Der Kurfürst die Rechte mit dem
Kommandostab in die Seite gestützt, die Linke auf den Kurhut gelegt; die Kurfürstin
in der Rechten einen Lilienzweig haltend, neben ihr ein Hündchen.
Kurfürst Maximilian Emanuel von Bayern und seine Gemahlin Theresia,
Tochter des Königs Sobieski von Polen, die Eltern des Kurfürsten Clemens August.
Der Kurfürst, im Feldhermkostüm in kühner selbstbewusster Haltung, steht in offener
Landschaft unter einem Baum; im Hintergrund tobt die Schlacht. Die Kurfürstin
in Goldbrokatkleid mit Purpurmantel steht auf einer Schlossterrasse mit dem Blick
auf einen Garten.
Bischof Johann Theodor von Lüttich, Bruder von Clemens August, Knie-
stück, Sitzbild.
Inder ersten Antichambre (Nr. 46): Kaiserin Maria Theresia, Kniestück
in blauem goldgestickten Kleide mit Mantel von Goldbrokat, die Rechte mit dem
Scepter auf das Kissen neben ihr stützend, auf dem die Krone liegt.
Kaiserin Katharina IL, Kniestück, in weifsseidenem Kleid mit rosasammtenem
Mantel, schöner Kopf mit gepudertem Haar, hinter ihr Kissen mit Krone.
Friedrich der Grosse von Antoine Pesne, vortreffliches Stück, in reichem ge-
schnitzten Rahmen, Kniestück, der König in jugendlichem Alter, in blauem Rock mit
roter Schärpe, die Linke auf den Degengriff gelegt, weist mit dem Marschallstab
in der Rechten auf das Schlachtgetümmel in der Ferne, das Gesicht voll dem Be-
schauer zukehrend.
Über dem Kamin Kaiserin Elisabeth, Mutter der Maria Theresia, vor dem
Thronsessel stehend, die Rechte auf die Kaiserkrone gelegt, mit der Linken den
dunkelblauen Sammetmantel aufraffend.
Kaiser Joseph IL, Kniestück, in goldgesticktem Gewände, vor ihm Kissen mit
zwei Kronen.
In der zweiten Antichambre (Nr. 47): über dem Kamin Kaiser Karl VII.,
in Rüstung mit reich drapiertem Mantel, das Scepter in der Rechten haltend. An
der einen abgeschrägten Ecke das Bildnis des Markgrafen Christian Ernst von
Brandenburg-Baireuth (i644 — i7i2) in ganzer Gestalt. Der Markgraf in voller
Rüstung mit Purpurmantel, der Kopf durch eine riesige Allongeperrücke bedeckt, steht
in dunkler Landschaft, mit der Rechten, die den Marschallstab hält, in die Ferne
weisend. Im Hintergrunde Schlachtengewühl.
In der anderen Ecke Maria Elisabeth, Tochter des Kurfürsten JoKann Georg I.
zu Sachsen (i6io — 1684), vermählt mit Friedrich HL zu Holstein -Gottorp.
loi
102 I-ANDKREIS KÖLN
Schioss Kurfürst Johann Philipp von Trier auf reich gezäumten Pferd, auf dem
Römerplatz zu Frankfurt, kleines Bild.
Im Schlafzimmer (Nr. 48), jetzt Salon des Kaisers: Kurfürst Clemens
August als Falkenjäger, in blau -weissem Kostüm, in ganzer Figur, auf dem linken
Arm einen Falken tragend. Über dem Kamin sein Bruder Karl Theodor von
Lüttich im Jagdkostüm.
Im Kabine t (Nr. 49), jetzt Schlafzimmer des Kaisers: über dem Kamin Anna
Maria Louise von Pfalz - Neuburg in reichem Gewände von Goldbrokat, hinter ihr
ihr schwarzer Leibdiener, ihren Mantel tragend. Die Kurfürstin hält in der Rechten
ein Medaillon mit dem Miniaturporträt des Kurfürsten Johann Wilhelm, ihres Gatten,
empor. Gegenüber Erzherzogin Amalie von Österreich, Tochter Kaiser Joseph I.,
in rotem Jagdkostüm, ihr zu Füssen ein Hündchen.
In dem Appartement des Nordflügels, in dem an das Treppenhaus an-
stossenden Speisesaale (Nr. 59): über dem Kamin Bildnis der Sängerin Maggioli,
in ganzer Figur, aus Schioss ßensberg stammend. Sodann dreizehn Porträts von
Damen des kurfürstlichen Hofes, Brustbilder in ovalem Rahmen, Fortsetzung der in
Nr. 12 des Erdgeschosses hängenden Serie.
Sodann ein Gemälde, darstellend ein Masken fest im alten Bonner Schioss.
Den Hintergrund bildet der 1 7 7 7 abgebrannte Theatersaal mit seiner prächtigen Deko-
ration. Der ganze Raum ist von Masken in kostbaren Kostümen erfüllt; im Vorder-
grund der Kurfürst als ungarischer Magnat. Das Gegenstück befindet sich bei Frau
Geheimrat Saedt in Köln, Richmondstrasse. Zwei Supraporten mit Gefiügeldarstellungen.
Im nächsten Kabinet (Nr. 6o): zwei Supraporten mit höfischen Scenen, sehr
nachgedunkelt.
In der Antichambre (Nr. 6i): Bildnis des Kurfürsten Maximilian Emanuel
und seiner Gemahlin in ganzer Figur, der Kurfürst in voller Rüstung mit dem Mar-
schallstab, der die bayerischen Farben trägt.
Bildnis der Prinzessin Maria Josepha von Sachsen, in ganzer Figur, in weissem
Atlasgewande; vor ihr auf einem Sessel ein Hündchen.
Peter III. und Katharina IL von Russland, Kniestücke.
Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg, Brustbild in ovalem Rahmen.
Kaiserin Elisabeth von Russland in weissem Atlaskleide, stark dekolettiert,
mit dem Bande und Stern des Andreasordens.
Herzog Karl Friedrich von Holstein, ihr Verlobter, gleichfalls mit dem
Andreasorden, die Rechte auf einen diamantenbesetzten Kommandostab gestützt, die
Linke in die Seite gestemmt, beides Kniestücke.
Vier schöne Supraporten mit Halbfiguren von drei jungen Damen und einem
jungen Herrn, mit Blumen und Vögeln beschäftigt.
Im Schlafzimmer (Nr. 62): König Victor Amadeus IL von Sardinien, Knie-
stück, in Brustpanzer und Purpurmantel, mit dem Kommandostab in der Rechten
in die Ferne weisend, auf dunklem Hintergrund, in der Tiefe Schlachtgetümmel.
Karl Emanuel, Kronprinz von Sardinien, Kniestück, auf dunklem Hintergrund.
Herzog Paul Alexander von Lothringen, in voller Rüstung, mit blauer
Schärpe und rotem Ordensband, in der Rechten den Marschallstab, im Hintergrund
Reiterkampf, Kniestück, flott geraalt.
Prinzessin Elisabeth von Bayern, Kniestück, sitzend, in Witwentracht, mit
hermelingefüttertem Mantel.
102
BRÜHL Io3
Vier Supraporten: Christus am Ölberge, der Traum Josephs, die Madonna mit schioss
dem Kinde, Christus und die Samariterin.
Im Musikzimmer (Nr. 63): Porträts der sieben letzten Kurfürsten in ganzer
Gestalt: Ernst, Ferdinand, Max Heinrich, Joseph Clemens, Clemens August, Max
Friedrich, Max Franz. Dann das grössere Bildnis des Kardinals Grafen Egon von
Fürstenberg. Dann zwei gute Supraporten: Dame und Page mit Jagdhorn.
In dem unmittelbar neben dem Treppenhaus gelegenen Audienzsaal (Nr. 68):
einige italienische Gemälde: Krönung Maria, mailändisch, vom Anfang des 16. Jh.;
Thronende Maria mit dem heiligen Hieronymus und Augustinus in ganzer Figur in
offener Landschaft, gleichfalls von einem Mailänder; Vermählung des Christkindes mit
der h. Katharina, auf dem Rande bezeichnet: f. turbidus. Im nächsten Raum (Nr. 67)
vier unbekannte männliche Porträts des i7. u. 18. Jh. in ganzer Figur.
Im Erdgeschoss im Vestibül (Flur Nr. 3): drei Gemälde von C. Bilcius, Trophäen
von Kriegs- und Jagdwaffen darstellend. Dann 22 Bilder von Falken, mit beigeschrie-
benen Namen, die Jagdfalken des Kurfürsten Clemens August, gemalt von i73o — 1739.
Im Appartement des südlichen Terrassenflügels im Audienzzimmer
(Nr. 7): Porträt der Kaiserin Maria Theresia, Kniestück, sitzend, in blauem Atlas-
kleide, die Rechte auf das Scepter gestützt, neben ihr auf rotem Kissen drei Kronen.
Als Pendant Porträt ihres Gatten Franz von Lothringen, im Krönungskostüm,
ganz mit goldenen Spitzen besetzt, mit Barett, die Rechte auf das Scepter gestützt»
neben ihm auf rotem Kissen zwei Kronen.
Kaiser Karl VI. in ganzer Gestalt, stehend, voll gerüstet, mit Perrücke, die
Rechte mit dem Scepter auf den Thron gestützt, hinter ihm Ausblick in einen Schloss-
park. Seine Gemahlin Elisabeth in rotem Sammetgewande, auf dunklem Hinter-
grund, die Rechte rafft das Kleid auf, die Linke hebt den goldenen Spitzenschleier.
Drei Supraporten mit Jagdstücken.
Im nächsten Raum, der ersten Antichambre (Nr. 8): Porträt des Kurfürsten
Johann Georg von Sachsen (i6i3 — 1680), in ganzer Gestalt, voll gerüstet, die
Rechte mit dem Helin auf einen Tisch gestützt, in der Linken den Marschallstab,
neben ihm eine grosse Dogge mit der Inschrift: G. 11. und den Kurschwertem auf
dem Halsband.
Landgraf Georg IL von Hessen-Darmstadt (i6o5 — 1661) en face in ganzer
Gestalt stehend, die Linke in die Seite gestemmt, die Rechte auf ein Stöckchen ge-
stützt; neben ihm auf roter Tischdecke sein Barett.
August IL, Kurfürst von Sachsen, in ganzer Figur, gerüstet, im Krönungs-
mantel, mit der Linken auf die polnische Königskrone vor ihm zeigend, in der
Rechten das Krönungsschwert erhebend, nach links gewandt, aber gerade ausschauend.
Seine Gemahlin Christiane Eberhardine en face stehend, in weissem Atlas-
kleide und Purpurmantel, in der erhobenen Rechten einen Fächer haltend, hinter ihr
auf Kissen der Kurhut.
Über dem Kamin in schöner geschweifter Umrahmung Kniestück der Kaiserin
Maria Theresia, en face sitzend, in weissem Atlaskleide und Goldbrokatmantel,
links auf Kissen die Krönungsinsignien (Fig. 48). Drei Supraporten mit Jagdstücken.
In der zweiten Antichambre (Nr. 9): Porträt des Marschalls Moritz von
Sachsen, in Feldmarschallsuniform, die Rechte auf den Marschallstab gestützt, vorn
Helm und Fahne, im Hintergnmd Schlacht Gutes Stück, koloristisch hervorragend.
Ludwig XV. in ganzer Figur, in offener Halle vor dem Thronsessel stehend,
die Rechte mit dem Marschallstab auf einen Tisch gestützt, über den der Krönungs-
^ io3
io4
LANDKREIS KÖLN
Schio»« mantel mit den Lilien geworfen ist. Maria Leczynska, seine Gemahlin, in säulen-
getragener Halle vor dem Thronsessel stehend, in dunkelblauem mit goldenen Lilien
bestickten Kleide, die Linke auf die Krone legend, die rechts neben ihr auf einem
Tisch liegt. Beides grosse
Prunk- und Dekorations-
stücke.
Königin Anna von
Frankreich, Gemahlin
Ludwigs XI IL, in ganzer
Figur, in einem Kleid von
Goldbrokat m. dunkelblauem
Mantel, die Rechte auf die
Krone gestützt. Über dem
Kamin und über dem Spiegel
gegenüber in reicher feiner
Umrahmung die Schwes-
tern Ludwigs XV. in Knie-
stücken. Die grossen Supra-
porten, vier Jagdstücke, in
den abgeschrägten Ecken,
koloristisch fein.
Im Schlafzimmer (Nr. lo):
die Bildnisse des Markgrafen
Ludwig von Baden und
seiner Gemahlin Sybilla
Augusta in ganzer Figur,
von allegorischen Figuren
und Putten umgeben. Der
Markgraf steht vor einer
Balustrade auf einer offenen
Gallerie, mit der Linken in
die Ferne zeigend. Über ihm
schwebt ein Genius mit Füll-
horn und Lorbeerkranz,
hinter ihm die Fama. Vorn
links Trophäen, rechts zwei
Putten, von denen der eine
auf ein Blatt schreibt. Die
Markgräfin steht vor einer
Balustrade, mit dem Rücken
gegen die Gartenlandschaft,
ihre Rechte fasst Blumen.
\ Über ihr ein Genius mit
Scepter und Krone. Vorn links zwei Putten mit den Emblemen der Malerei und der
Musik, rechts zwei Faune. Ein Mädchen mit Blumen im Haar hebt ihren Mantel empor.
Markgraf Albrecht von Brandenburg in ganzer Figur, in schwarzer Rüstung,
mit spitzer Haube und Kommandostab, bez. rechts oben: v. g. g. marggrav al-
brecht DER JÜNGERE, AETATIS SUAE xxxiL ANNO i554. Monogramm: A R.
Fig. 48. Schloss Brühl. Porträt der Maria Theresia im Südflügel.
io4
BRÜHL Io5
Augusta Maria Markgräfin zu Baden (i649 — 1728) in ganzer Gestalt, in Schioss
grünem goldgestickten Kleide, in der Rechten eine Tulpe, vor rotem Vorhang stehend.
Erdmann August, Markgraf von Brandenburg-Bayreuth (i6i5 — i65i)
in ganzer Gestalt, vor rotem Vorhang stehend, in der Linken den Kommandostab
haltend. Durch das reiche Kostüm interessant. Über dem Kamin und dem Spiegel
gegenüber die h. Familie und die h. Magdalena. Zwei Supraporten mit Blumen und
Früchten.
In dem Kabinet (Nr. ii): Kurfürst Clemens August als Grossmeister des
deutschen Ordens, den Mantel in kühner Drapierung umgeworfen, die Rechte auf den
Marschallstab gestützt, grosses Repräsentationsbild, in blauem goldgestickten Rock mit
Ordenskreuz an rotem Band.
Kaiserin Eleonora, Gemahlin Leopolds L, sitzend in ganzer Figur mit ihren
drei Kindern, das kleinste auf dem Schoss, die beiden anderen zur Seite stehend.
Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz (i664 — i7i8) in voller Rüstung,
mit Allongep errücke, die Rechte mit dem Kommandostab in die Seite gestemmt.
Im nächsten kleinen Zimmer (Nr. 1 2) : acht Damen aus der Hofgesellschaft des
Kurfürsten Clemens August in ovalen Rahmen.
Im nächsten Zimmer (Nr. 1 3) : vier Gemälde, darstellend die Bischofsweihe des
Kurfürsten Clemens August in den einzelnen Ceremonien.
Im Sommerspeisesaal neben dem Treppenhaus (Nr. 4) : Porträt eines unbekannten
Bischofs des 1 7. Jh., durch das Fenster Ausblick auf die Veste Plessenburg.
Im Nordflügel auf der Hofseite im ersten Zimmer vom Treppenhause an
(Nr. 22): Kurfürst Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Kniestück, in Rüstung,
die Rechte auf den Kommandostab gestützt, den Purpurmantel über die rechte Schulter
geworfen. Seine Gemahlin Anna Maria Louise in weissem Atlaskleide mit Gold-
brokatmantel, die Rechte nach vorn ausstreckend, vor ihr ein kleiner Mohr mit Blumen
auf einem Kissen. Beide Bilder, aus dem Bensberger Schioss stammend, sind gute
Werke in der Manier van Douvens, mit schönen Köpfen.
Bildnis zweier Prinzen aus dem i7. Jh. im Alter von etwa zehn und acht Jahren,
in reicher Tracht, der eine mit einem grossen Hunde, der andere neben einem Tisch,
auf dem eine Kanone steht.
Kaiser Joseph IL, Kniestück, mit den Krönungsinsignien neben ihm.
Im Zimmer Nr. 23: der Kurfürst Clemens August als Erzbischof in Haustracht.
Kaiser Karl VII. in ganzer Rüstung, mit reich drapiertem Purpurmantel, die
Rechte auf den Kommandostab gestützt, die Linke auf den Degen gelegt.
Über dem Spiegel der Freiherr von Weichs, Oberjägermeister des Kurfürsten
Clemens August, in grünem goldgestickten Rock, neben ihm ein Jagdhund.
Landgraf Johannes von Hessen-Braubach in ganzer Figur, in reichgestick-
tem lilafarbenen geschlitzten Wams, barhäuptig, die Linke in die Seite gestemmt,
neben ihm auf einem Tisch mit roter Decke sein schwarzes Barett, bez. unten : anno
DOMINI i633 AETATis SUAE 24. Feiner und gut modellierter Kopf.
Kardinal Roh an in rotem Kardinalskostüm, Kniestück, sitzend. Zwei Supra-
porten mit Jagdstücken.
Im Zimmer Nr. 24: zwischen den Fenstern Kardinal Fleury, Kniestück, sitzend.
Zwei gute Supraporten, Knabe und Mädchen mit Kugeln spielend.
Ausserdem einige italienische Bilder:
Grosses Gemälde auf Holz, von einem florentinischen Meister in der Art des
Lorenzo dt Credi, Anbetung der Hirten in offener Landschaft: links zwei Hirten, in
io5
io6
LANDKREIS KÖLN
Seh los» der Mitte vor deta auf einer Windel liegenden Kinde Maria zwischen zwei Engeln
knieend, rechts Joseph.
Krönung Maria, rechts und links Raphael mit Tobias und Michael, von einem
unbedeutenden Italiener des i6. Jh.
Thronende Madonna mit dem nackten Kinde auf reichem Thron en face,
rechts Adam, links der h. Antonius, gutes Werk von einem Venetianer vom Ende des
i5. Jh., unten die Inschrift: franciscus bonsignonus venetus p. mcccclxxxviil
Rundbild, Maria das Kind anbetend, im Hintergrunde rechts der ruhende
Joseph, links ein Engel mit dem Johannesknaben, dazu Ausblick auf offene Land-
schaft, tüchtiges fiorentinisches Werk vom Ende des 1 5. Jh.
In dem anstossenden Saal (Nr. 32): zwei Supraporten und zwei Wandeinrah-
mungen, ausserdem eine Madonna mit vier Heiligen, italienisches Gemälde von i5o9
mit der Unterschrift: Nicolas spinius sacellum hoc suis sumptibus restauran-
DUM CURAVIT A. D. MDIX CALENDIS SEPTEMBRIS.
Nebengebäude und Park.
Orangerie An die Rückseite schliesst sich im Süden die grosse, im Norden die kleine
Orangerie an. Die erste war ursprünglich Verbindungsgang zu dem Oratorium des
Kurfürsten beziehungsweise zur Franziskanerkirche. Es ist ein langer, 3 1 Achsen zäh-
lender, ebenerdiger Bau mit grossen rundbogigen, gegenwärtig teilweise geschlossenen
Hausteinfenstern. Den oberen Abschluss bildet eine Balustrade. Die mittleren drei
Achsen nimmt ein sowohl nach aussen, wie nach innen etwas vortretender Thorbau
ein, der in der Mitte im Segmentbogen geöffnet ist. Darüber das kurfürstliche Wappen.
Im Inneren zeigt dieser Thorbau drei Schiffe; die Gratgewölbe ruhen auf vier
Säulenpaaren und gleichfalls gepaarten Wandpfeilern. In den Wänden Blenden. Wie
der Thorbau, so ist auch der einschiffige Verbindungsgang von Gratgewölben überspannt.
Die kleine Orangerie ist nur zehn Achsen lang. Die architektonische Behand-
lung entspricht der der grossen Orangerie.
Omiorium An die grosse Orangerie stösst im Westen das Oratorium des Kurfürsten,
das aus einem kleinen einstöckigen Flügel von rechteckigem Grundriss und einem
äusserlich polygonal gestalteten Rundbau besteht (Fig. 33). Von diesem aus war die
Franziskanerkirche zugänglich. Das Innere bietet ausser einem weissblauen Kachel-
wandbelag in einem Zimmer des Obergeschosses nichts Bemerkenswertes.
Nebengebäude An die kleine Orangerie stösst im Westen das Ökonomie- und Küchengebäude,
ziemlich ausgedehnte, aber geschichtlich und künstlerisch vollkommen bedeutungslose
Bauten aus der 2. H. des i8. Jh.
Zum Schlosse gehörte ehedem auch das jetzige Hotel Belvedere, die ehemalige
Hubertusburg, eine schlichte aus vielen, meist eingeschossigen Trakten bestehende An-
lage ohne Belang. Hervorzuheben nur ein schmiedeeisernes Gartenthor von zier-
lichen Rokokoformen.
Terrasse Den Übergang zu dem ausgedehnten Schlosspark vermittelt in glücklichster
Weise die Terrasse an der Südseite des Schlosses. Mit zwei Eckflügeln, an denen
besondere Treppen angeordnet sind, springt sie weit in den Park vor. Zwischen
ihnen — in der Mitte der Fa^ade — führt eine doppelarmige Treppe in drei Ab-
sätzen empor. Die ganze Terrasse ist, ebenso wie die Treppe, von zierlichen Säulen-
balustraden umfasst Die vorspringenden Eckflügel enthalten Kellerräume, in denen
noch einige Bruchstücke von steinernen Gartenfiguren verwahrt werden.
io6
f r r r r I'
BRÜHL
io7
Der Park, der im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schloss geschaffen
war und in den dieses mit seiner Terrassenanlage auf das glücklichste hineinkompo-
niert war, war eine umfassende Anlage, schon unter Kurfürst Max Franz vielfach im
Sinne des englischen Gartens verändert, dann im Anfange unseres Jahrhunderts forst-
wirtschaftlich verwaltet und um i84o wieder nach den Plänen Lenne's umgebaut. Der
grosse Plan des Parkes aus den J. i735 — 1748 im Besitze der Königlichen Regierung
zu Köln (Tafel XIV) zeigt die ursprüngliche Anlage. Der Schöpfer war der Garten-
künstler Girard, der im Sinne der JLeno/re sehen Schule den Plan feststellte. An der
Terrasse schliesst sich das Parterre an mit den grossen mittleren Wasserbecken, die
noch jetzt erhalten sind (vgl. Fig. 35). Die Metz - Met tel sehen Stiche (vgl. oben S. 79)
geben uns ausserdem Ansichten der hauptsächlichen Lustbauten des Parkes. An
Schloss
Park
Fig. 49. Schloss'Brühl. Das Schneckenhaus. Ausschnitt aus dem Metteischen Stiche.
einer Seite der Fasanerie lag das Chinesische Haus oder die Maison sans gene, be-
stehend aus Mittelbau und zwei seitlichen Pavillons, alle zweistöckig und durch ein-
stöckige Gallerieen verbunden. Der Bau war i75o vollendet, ist aber i832 wegen
Baufälligkeit abgebrochen worden. An der Ostgrenze des Parkes erhob sich auf einer
runden Insel inmitten eines Weihers das Schneckenhaus, das als Aussichtsturm diente,
mit peripherisch herumgeführten Doppeltreppen. Der Bau war 1 748 vollendet, ist aber
schon unter Max Franz niedergelegt worden (Fig. 49). Das Bauernhaus und verschie-
dene andere kleine Gebäude im Park sind in den J. i824 — 1828 niedergelegt worden.
Vor der Terrasse liegt, südlich vom Schloss, das Parterre, der grosse Blumen-
garten, von beschnittenen Laubgängen begrenzt. In dem viereckigen Weiher in der
Mitte erhob sich ursprünglich eine gro.sse Wasserkunst mit wasserspeienden Figuren,
hinter dem Blumengarten stand der grosse Springbrunnen, der sein Wasser in das
grosse Becken ergoss; zwischen beiden auf hohen Postamenten aus Zink gegossene
Figuren, die vier Jahreszeiten darstellend. Hinter dem Springbrunnen führt eine
io7
io8
LANDKREIS KÖLN
Schloss
FAlkenlust
Geschichte
Schioss breite Buchenallee in südlicher Richtung durch den Park bis zu der Vogelstange. Vgl.
Jung, Der Park zu Brühl: Stadtanzeiger der Kölnischen Zeitung, ii. u. 12. Juni i897.
Frofnnbauten Von den anderen Profanbauten verdienen zwei am Markt gelegene Erwähnung.
Das eine an der Ecke der Bahnhof- und Kölnstrasse mit überhängendem Obergeschoss
und steilem Giebel, das zweite (Nr. 3) mit Mansardendach und Oberlichtthür; an dieser
die Jahreszahl i745, an einem Hofthor i75o.
Nahe der Hubertusburg das Haus des Getreidehändlers Jakob Fröhlich mit der
Inschrift: mdcxciii. s. n. d. b. i. s. s. a.
SCHLOSS FALKENLUST. Vogel,
Chorographia der Stadt Brühl : Zugabe ziun
Bonner Hofkalender von i775. — von
Stramberg, Rhein. Antiquar., 3. Abteil.
Bd. XII, S. 493. — V. Mering, Clemens
August S. 52. — E. Renard, Die Bauten
der Kurfürsten Joseph Clemens und Cle-
mens August von Köln : B. J. C, S. 8.
Das Schloss wurde von dem Kurfürsten
Clemens August als Jagdhaus angelegt und
entstand nach den Plänen von Cuvillies in
den J. i729 — 1737. Der Grundriss (Fig. 5o)
ist in dem Cuvi/Iies sehen Stichwerk (serie
III, lettre W) erhalten. Der Herausgeber,
Cuvillies Sohn, bemerkt dazu: La disposi-
tion heureuse des masses des batiments de
ce chateau, leur distribution et leurs deco-
rations ons eu une abrobration si general
des connoisseurs et des artistes, que Tauteur
a ose que le public luij s'aura bon gre de
luij en procurer les plans.
Die Stuckarbeiten wurden von den auch
im Schloss Brühl beschäftigten Stuckateuren
Castelli und Motsegno, zum kleinen Teil von
Ariario ausgeführt, als Bildhauer waren
Kirchhoff, Dietix und Le Cler thätig.
Im J. 1 8o4 wurde Falkenlust der Senatorie
zu Püitiers zugeteilt, aber bald für 18000 fr.
an den damaligen Domänen- Rentmeister
Rosel veräussert, der es an den Baron vor
Reinhard verkaufte. Später wurde es Eigen-
tum des Freiherrn von Kamap, darnach des
Herrn Knobel. Der jetzige Eigentümer ist Herr Giesler.
Ueschreibuiig Das Schlösschen ist ein rein französischer Bau von zwei Stockwerken und fünf
. Achsen, mit gebrochenem und abgewalmtem Dach. Die Fenster sind im Erdgeschoss
rechtwinklig, im Obergeschoss mit Stichbogen und einer Kartouche geschlossen. Vor
dem Mittelresalit eine Freitreppe mit geschweiften Pfeilern. Über dem Hauptportal
Kartouche mit Faunskopf, Balkon mit hübschem schmiedeeisernen Gitter. Über dem
Balkon fenster Kartouche mit Falken. Dem Dachansatz treten Vasen vor, der Mittel-
aufsatz des Daches schliesst mit einem Gitter ab und trägt ein Türmchen. Den Hof
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=#=f
Fig. 60. Schlots Falkenlust.
Grundrisse niich Cuvillies* Stichwerk von 1770.
io8
BRÜHL
io9
schliesst nach vom ab ein geschwungenes Gitter zwischen steinernen Pfeilern, die Schio»«
vorderen bossiert und mit Vasenaufsätzen versehen. Auf jeder Seite zwei kleine ein-
stöckige Gebäude mit gebrochenem Mansarden dach.
Im Inneren zeigt das Vestibül des Erdgeschosses ganz einfache Formen: innere»
hohe weisse Flügelthüren, über ihnen Faunköpfe, die Decke mit ganz flachen feinen
Fig. 51. Schlots Falkenluft. Vefttibul im Obergeschots.
Ornamenten, in der Mitte in Kartouche in flachem Relief das kurfürstliche Wappen
unter dem Kurhut. In den Ecken vier lebensgrosse Stuckfiguren, zwei halbnackte
Faune, zwei bekleidete Nymphen, alle mit Falken, Werke der Bildhauer Kirchhoff
und Dierix. Zur Rechten (vgl. den Grundriss Fig. 5o) öffnet sich das Treppenhaus:
Die Treppe führt in einem einzigen geschwungenen Lauf empor, das einfache Eisen-
geländer trägt den Namenszug C A. Die Wände sind bis zur Decke mit weissen
To9
110 LANDKREIS KÖLN
Schlot! und blauen holländischen Fayenceplättchen bekleidet, die das bayrische Wappen und
dazwischen in immer wiederkehrendem Muster eine Falkenjagd: Reiter, Falkoniere,
Zuschauer, fliegende Falken zeigen. Im ganzen sind gegen 85 5o Platten verwendet.
Die Decke im Treppenhaus zeigt einen Abschluss durch eine schon leicht ge-
schwungene Leiste auf hellblaugrünem Grunde in der Hohlkehle feine Rokokooma-
mente. In den Ecken geflügelte Schilder, abwechselnd das bayrische Wappen und
den Namenszug C A tragend. Das Mittelfeld zeigt auf hellgelbem Grunde aufgemalt
vier Lauben mit Landschaften, in decenten blaugrünen Tönen gehalten, zwischen
den Lauben Gruppen von Falkenjägem, darunter der Kurfürst, mit ihren Damen (Abb.
bei Ren ARD in den B. J. C, S. ii).
Das obere Vestibül (Fig. Si) ist weit reicher als das untere gehalten: In den
vier Ecknischen Gruppen von je zwei Putten um Felsen oder Baumstümpfe spielend,
auf denen sich Falken oder Falkennester befinden, Werke des Bildhauers Le Cler.
Über den Thüren in flachem Relief der Rhein und zwei Flussgöttinnen, über den Eck-
nischen dünnes Ornament in den zierlichen Formen des Regencestiles. Die Decke zeigt
über einer gemalten Scheinbalustrade ein allegorisches Gemälde mit Diana und Flora.
Der grosse Mittelsalon im Erdgeschoss zeigt Marmorboden, die Wände sind mit
Fayenceplatten belegt. In den sechs Hauptwandfeldem ist die Erziehung des Prinzen
Clemens August zur Jagd in Ölgemälden dargestellt, die nicht gemalten Füllungen
zeigen das bayrische Rautenmuster; in den Supraporten Porträts der kurfürstlichen
Falkenmeister, an den Decken wieder dünne Stuckomamente mit fliegenden Falken.
Das rechts anstossende Eckzimmer ist ganz in gelbem Holz mit blaugrüner
Malerei gehalten, in jedem Feld in der Mitte eine Kartouche mit der Darstellung
einer kurfürstlichen Besitzung von Roidkin. Über dem Spiegel und der Thür Porträts
von bayrischen Prinzen. Von dem entsprechenden Raum zur Linken ist nur die
Decke erhalten. Das Eckkabinet ist in Schwarz und Gold gehalten, die Felder sind
mit Goldleisten eingefasst, die Ausführung vortreß'lich. Die Decke ist in Weiss mit
feinen goldenen Ornamenten ausgeführt. Über dem Kamin aus buntem Marmor ein
Spiegel und in ovalem Rahmen das Bildnis des Kurfürsten Clemens August im Schlaf-
rock, mit einer Tasse Chokolade in der Hand, ein ganz vortreff"liches sprechendes und
lebenswahres Porträt von Vivien. Im Obergeschoss ist im Mittelsaal nur noch der
Rand der in Grün und Weiss gehaltenen alten Decke erhalten. In den Ecken neben
der Thür ursprünglich Spiegel, jetzt durch Malerei ersetzt. In dem Kabinet links an
der abgeschrägten Ecke über dem Kamin ein lebensgrosses Porträt des Bischofs Karl
Theodor von Lüttich, des Bruders des Kurfürsten, mit dem Falken auf dem Hand-
schuh. Die Decke zeigt ganz feine weiche Stuckomamente. Das Eckkabinet zeigt
Spiegel, denen Konsolen zur Aufnahme von Porzellanfigürchen vortreten, Arbeiten
des Parisers Ausenor.
Die übrigen Räume weisen eine entsprechende Dekoration auf: die Decken
durchweg Mittelrosette und Rankenwerk in den Hohlkehlen. Es sind fast nur die
Formen des frühesten Rdgencestiles verwendet, das eigentliche Muschelmotiv fehlt voll-
ständig. Die Täfelung der Wände, die Verbindung der Wandfelder mit den Gemälden
und Spiegeln ist vollkommen. Falkenlust giebt noch heute bei der fast vollständigen
Erhaltung der ganzen Inneneinrichtung ein glänzendes und wertvolles Bild von dem
intimen Leben des Kurfürsten und von dem entsprechend intimeren Dekorations-
princip der Innenräume.
Ausser den in die Wände eingelassenen Bildnissen birgt das Schlösschen einzelne
gute Gemälde: holländische Schlachtstücke, im Erdgeschoss ein grosses Bild des i8. Jh.:
HO
BUSCHBELL
in
Die Geburt des Bacchus, Verherrlichung der Madonna durch die Märtyrer, aus der
Rubensschule, ein recht guter Nikolas Berchem : Hirtenscene an antikem Brunnen, zwei
Bilder in der Art des Terborch, ein guter Frans Francken, Landung der Kleopatra, ein
Interieur in der Art des Delftschen van der Meer,
Im Park, unweit des Schlösschens, liegt die gleichfalls um i73o errichtete
Kapelle, ein Rundbau mit nach vier Seiten vortretenden Risaliten, die Fenster-
und Thüröffnungen von grossen in Flachbogen geschlossenen Blenden eingefasst;
über den Bögen kleine Kartouchen. Das Innere ist in Grau, Weiss und Blau mit
Muscheln und Kieseln bekleidet Die Kuppel ist in ein Mittelrund und acht Felder
zerlegt. Dem Eingang gegenüber die frühere Altamische, oben mit Krystallen ver-
kleidet, die Wolken vorstellen sollen. Ursprünglich stand hier eine Madonna, jetzt
eine Bank. Vor den Pilastem sind Wandleuchter angebracht, in die Glasfenster sind
Scheiben mit profanen Darstellungen, aus dem Bender Kloster (s. u.) stammend,
eingelassen. [C]
BUSCHBELL.
Schlosi
Falkenluit
Kapelle
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
RosELLEN, Dek. Br. S. i56.
KATHOLISCHEPFARRKIRCHE(s.t.s. Udalrici). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 297. — Rosellen, Dek. Br. S. i6i. — v. Stramberg, Rhein. Antiquar.
3. Abt. XII. S. 5S4. — Ann. h. V. N. XI u. XII, S. 1 12.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Taufbuch von 1 762, mit einigen weiter
zurückreichenden Notizen. — Lagerbuch von i75i. Vgl. weiter Tille, Übersicht S. 10.
Im Stadtarchiv zu Köln: Akten und Urkunden des Stiftes zu S. Aposteln.
Im Archiv von S. Aposteln zu Köln: Unter anderen Akten Bauvertrag
mit dem Brühler Baumeister Johannes Kribben von i74o.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses von i75i, Bl. 25.
Der alte Name des Ortes — Belle — wird bereits in einer Urkunde des Erz-
bischofs Anno IL von Köln zum J. 10 74 genannt, mit einer Bemerkung, die das
Bestehen einer Ansiedlung daselbst in beträchtlich früherer Zeit — unter Erzbischof
Everger (984—999) — beweist (Lacomblet, UB. I, Nr. 218). Zu Anfang des i3. Jh.
nennt Cäsar von Heisterbach (Dialogus miraculorum II, S. 21 5) bereits einen Pfarrer
von Bell. Damit stimmt die Angabe des über valoris überein (Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 287). Die alte Kirche befand sich, wie Rosellen (a. a. O. S. 161) nach Akten
des Kölner Stadtarchivs berichtet, im J. i673 in sehr schlechtem Zustande. Gemeinde,
Pfarrer und das Kölner Apostelstift, das in Buschbell die Grundherrlichkeit besass, lagen
miteinander wegen der Baupflicht im Streite. Man behalf sich lange mit Reparaturen.
Erst in den J. i74i — 1742 wurde von Johann Kribben aus Brühl die noch gegenwärtig
bestehende Kirche aufgeführt. Am Ende des 1 8. Jh. war das Kollationsrecht von dem
Apostelstifte auf die Freiherren von Geldern übergegangen (Dumont, Descriptio S. 5).
Einschiffiger Backsteinbau mit vorgelegtem Westturm, im Lichten 22,10 m lang, Beichreihung
9,80 m breit.
Der zweigeschossige Turm hat einen Tufisteinsockel — der Tuff rührt vielleicht Äusseres
von einer älteren, wahrscheinlich romanischen Kirche her — und endigt in einen acht-
seitigen Schieferhelm. An der Nordseite ist eine rechtwinkelig umrahmte Thüre ein-
gebrochen, deren Sturz die Jahreszahl i74i trägt. Ausserdem ist an der Westseite
ein rundbogiges Fenster, in dem etwas zurücktretenden Obergeschosse nach den freien
Seiten je ein Fensterpaar angeordnet.
III
112
LANDKREIS KÖLN
Knthol.
Pfnrrkirche
Die Kirche selbst liegt unter einem sattelförmigen Schieferdach. Die nicht
abgetreppten Strebepfeiler entsprechen der Jochteilung des Inneren, an den vorderen
und hinteren Ecken sind sie schräge gestellt. Die Fenster sind rundbogig.
Die Sakristei liegt in der Längenachse des Baues hinter dem Chor.
I 4'n-
Fig. 52. Buschbell. Madonna in der Pfarrkirche.
Inneres Das Innere ist von drei sehr gestreckten Gratgewölben überspannt. Die flachen
Gurte laufen auf schwach vortretende Wandpfeiler auf. Der Ansatz der Gewölbe-
grate ist nicht besonders bezeichnet. Der Chorschluss ist aus drei Seiten des Acht-
ecks konstruiert.
Aus der alten Kirche, der Vorgängerin der jetzigen, stammen die folgenden
Gegenstände:
I 12
EPFEREN
ll3
Spätgothischer Sakrament s Wandschrank mit Stabeinrahmung. Das Thürchen K«thoi.
ist eng vergittert. Darüber ein kleiner gleichfalls spätgothischer Rundbogenfries.
Sakraments*
■chrein
Skulpturen
Auf dem linken Nebenaltar: Gruppe der Schmerzhaften Mutter Gottes,
Holzskulptur mit lebensgrossen Figuren. Maria hält mit der Rechten den auf ihrem
Schosse halb sitzenden, halb liegenden Leichnam Christi, mit der Linken sucht sie,
ihn zart berührend, das Abgleiten des Körpers zu verhindern. Die Gewandbehand-
lung ist durchaus frei; überhaupt weist diese vorzügliche Arbeit vom Ausgange des
i5. Jh. auf einen hervorragenden Künstler hin, dem es namentlich um das Formen-
studiiun sehr ernst war. Leider neu polychromiert.
Madonnenstatue, unterlebensgross (Fig. Sa). Gute rheinische Arbeit um i4oo.
Maria trägt in der Rechten ein (erneuertes) Scepter, auf der Linken das mit einem
Lendentuche bekleidete, lebhaft bewegte Kind. Die Glieder lösen sich noch nicht
ganz frei vom Körper, der gothische Schwung ist noch sehr sichtbar, doch kommen
die Formen durch das Gewand deutlich zum Ausdruck.
Barockskulpturen ohne Wert.
Bronzener Weihwasscrkessel des i5. Jh
Köpfen zweier Männer.
Die beiden Glocken vom J. i5i2 tragen die folgenden Inschriften: Glocken
1. ULRYCH HEYSSEN ICH, ALLE ONWEDER VERDRYVE ICH, TILMAN STRAELEN
GOES MICH. ANNO XV<^XII.
2. MARIA BIN ICH GENANT, GOT VAR DEM i. I ULRYCH TOC CARL (so) ERKANT,
ANNO XV^XII. [P.]
EFFEREN.
Der Bügel sitzt in den bärtigen Weihwasser-
kessel
Rosellen, Dek. Br. S. i7S.
RÖMISCHE FUNDE. Bei Efferen schnitt der sogenannte Hürther Kanal
den grossen Eifelkanal. Über Reste von Pfeilern und andere aus Gussmauerwerk
bestehende Überbleibsel berichten die B. J. XIV, S. i83, LXXV, S. 4 und LXXX
S. 1 7. Zwischen Hermülheim und Eiferen ist der Verlauf des Aquädukts vom Duffes-
bach an ganz unverkennbar, er liegt, nur oberflächlich verschüttet und des Gewölbes
oder der Abdeckung beraubt, grösstenteils unter dem rechtsseitigen, dammartig er-
höhten Ufer des Baches. Vgl. weiter auch über die technische Ausführung Schultze
und Steüernagel in den B. J. XCVIII, S. 98. Zahlreiche Trümmer von Tuff-
quadem, römischen Ziegel platten, Grauwackesteinen und Mörtelputz liegen längs des
Baches zu Tage. In Efferen selbst sind die flach liegenden Reste des Kanals unter
der späteren Bebauung verschwunden. Erst hinter Schleifkotten machen sie sich
wieder unter dem hochgelegenen Wege bemerkbar. Vor der Kreuzung dieses Weges
mit der militärischen Ringstrasse sind bedeutende Teile des Kanalunterbaues neben
der Strasse auf dem Terrain des Gutsbesitzers Herrn Destree in Efferen sichtbar. Vgl.
hierüber B. J. XCVIII, S. io3. Nahe dem Frohnhofe kamen wiederholt römische
Dachziegel zu Tage. An der Stelle der alten Kirche soll der Volkssage nach ein
Heidentempel gestanden haben (vgl. B. J. LXXV, S. 4).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. nativitatis b. Mariae Virginis). Bin-
TERiM u. Mooren, E. K. I, S. 295. — Rosellen, Dek. Br. S. i89. — v. Stramberg,
Rhein. Antiquar. 3. Abt. XII, S. 5o5. — Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der
deutschen Geschichts- und Altertumsvereine XII, S. 64. — Heimat i877, S. 24. —
Norrenberg, Geschichte der Pfarreien im Dekanat Gladbach S. 268.
Römische
Funde
Kathol.
Pfnrrkirche
ii3
Ii4
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Aussuttuog
Kruxilix
Chorstühle
Glocken
Barg
Geschichte
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Ehe-, Tauf- und Sterberegister von
i747, i753 und i767 an. — Rentenverzeichnisse u. dgl. — Geschichte der S. Anna-
Bruderschaft, i5o6 anfangend. — Vgl. weiter Tille, Übersicht S. lo.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses von i7Si, Bl. 36.
Im Pfarrarchiv von S. Maria im Kapitol zu Köln : Inkorporationsurkunde von 1 2 23.
Unter den Gütern, die Plectrudis mit Pippin von Heristal an das Kloster
S. Maria im Kapitol schenkte, wird auch Efferen genannt (B. J. LIII, LIV, S. 224).
In einer Urkunde vom J. ii89 wird der Ort bereits als Pfarrort erwähnt (La-
COMBLET, ÜB. IV, Nr. 639). Das Patronat hatte bis zur Säkularisation die Äbtissin
des Stiftes S. Maria im Kapitol, dem die Efferener Kirche im J. 1223 einverleibt worden
war (Urkunde s. oben). Nach Rosellen (a. a. O. S. i9o) war die alte Kirche ein
einschiffiger romanischer Tuffsteinbau mit vorgelegtem Westturm; neben ihr stand noch
eine ältere kleinere Kirche mit halbkreisförmiger Apsis (Schneider, Korrespondenz-
blatt, a. a. O. S. 64). Beide wurden im J. 1 869 abgebrochen und durch einen gothischen
Neubau nach Plänen des Architekten Nagelschmidt ersetzt.
Von der Ausstattung sind nur die folgenden Stücke alt:
Kruzifixus, an naturalistisch behandeltem gabelförmigem Kreuz, 1,20 m hoch.
Gute Arbeit des i4. Jh., leider vergoldet. Der Kopf ist gegen die rechte Schulter
geneigt, Brustkorb und Beine sind nach links gedrängt. Das Lenden tuch hängt lang
herab. Man vergleiche damit den Kruzifixus in S. Maria im Kapitol zu Köln und
den ähnlichen in der Pfarrkirche zu Kendenich (Fig. 7i).
Barockfigur des h. Donatus, 1,20 m hoch.
Chorstühle des 16. Jh., aus S. Maria im Kapitol stammend. Es sind im Ganzen
vier Sitze, die gegenwärtig zerlegt und paarweise an den beiden Chorwänden auf-
gestellt sind. An den Zwischenlehnen Tierköpfe, die Miserikordien mit den Wappen
der Overstolz (oder Lieskirchen), der Reiths, der Rincks (?) und der Kannegiesser.
Die Glocken tragen folgende Inschriften:
Die erste, ob von i524 oder i434 ist nicht sicher: maria heis ich, in de
ERE GÖTZ IND SENT WALBORCH LUDEN ICH. lOHAN VAN ALFTER IND HEINR. VAN
WERROID GOESEN MICH ANNO MCCCCCXXIV (oder MCCCCXXXIV).
Die zweite: deo et beatae mariae virgini et s. annae me dedicat com-
MUNITAS IN efferen SUB ADM. REV. PASTORE IOANNE THEODORO CLAESSEN EX
keyenbergh. s. loannes evangelista et s. donatus in fulguribus opem im-
plorant. i738 im aprill goss mich IOH. HEINR. dinckelmeyer.
Die kleinste ist gegenwärtig unzugänglich; nach Rosellen a. a. O. S. i92 lautet
die Inschrift: walborch heiss ich, wan man mich luedt, sall man dat wort
gots bedueden i548.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 180. — v. Stramberg, Rhein. Antiquar. 3. Abt.
IX, S. 28 u. XII, S. 5o5. — Fahne, Geschichte der kölnischen Geschlechter I, S. 86
u. II, S. 36.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv von S. Maria im Kapitol zu Köln:
Mann- und Lehenbuch.
Eine alte, jedoch mit der Wirklichkeit schlecht übereinstimmende Ansicht im
Cod. germ. 2635 der Münchener Staatsbibliothek: Gülische Beschreibung, welcher ge-
stalt dieselbe zum Fürstenthumb ist erhoben worden (i723).
Die älteste Grundherrlichkeit zu Eiferen besass das Kölner Stift S. Maria im
Kapitol (s. oben). Herren von Efferen treten erst seit dem Ausgange des i4. Jh. auf;
sie scheinen von einem Zweige der kölnischen Familie Overstolz, der in Efferen be-
ii4
EFFEREN
nS
gütert war und sich O verstolz von Eiferen nannte, herzustammen (vgl. Rosellen Burg
a. a. O. S. i78). Die Overstolz sind im i4. Jh. Herren der Burg (Fahne a. a. O. I,
S. 86). Im J. i39i wurde sie auf Kosten der Stadt Köln neu befestigt; zwei Jahre
darauf empfing sie Heinrich von Cuesin zu Lehen. In der Folgezeit finden wir dann
die Rauftesch, im i6. Jh. die von Orsbeck, nach diesen im i7. Jh. Johann Georg von
der Leyen und seine Erben auf der Burg. Von diesen erwirbt sie die Familie von
Bourscheidt. Im J. i869 verkauften die von Bourscheidtschen Erben Burg und Gut
an die Gräfin Paula von Fürstenberg. Von ihrem Sohne und Erben, dem Grafen
Clemens von Fürstenberg,
gelangte der Besitz im J. 1 894
an Herrn Matth. Josef Koch.
Vom Herrenhause sind 4^ " Beschreibung
nur die Backsteinsubstruk-
tionen mittelalterlich ; die
mächtigen Mauern und Pfei-
ler tragen Gratgewölbe. Der
Oberbau stammt, wie eine
Eisenanker- Inschrift verkün-
det, aus dem J. i769. Von
den vier Türmen, von denen
die Tradition weiss, ist nur
noch einer, ein gothischer
Thorturm, erhalten. Er ge-
hörte wahrscheinlich zu den
Befestigungen, die von der v.,
Stadt Köln am Ende des '-^
i4. Jh. errichtet wurden.
Das sehr stattliche, ^\M äi^i.^^^^^;^^:^^x:xW^^^k%'^'JL^^'-:^f. . ^IMSi Herrenhaut
zwei Stockwerke umfassende
Herrenhaus (Fig. 53) zählt
sieben Achsen und umfasst
mit den ausgedehnten Wirt-
schaftsgebäuden zusammen
einen grossen rechteckigen
Hof Der durch eine in
Rustika ausgeführte Hau-
steinumrahmung herausge-
hobene Mittelrisalit der
Strassenseite hat im Obergeschosse einen auf einfachen Kragsteinen ruhenden Balkon
und findet seinen Abschluss in einem steilen Dreieckgiebel, der die von zwei Löwen
gehaltenen Wappen der Bourscheidts enthält. Das gebrochene Mansardendach ist
mit Schiefer gedeckt. Über der Hofthüre ebenfalls das Bourscheidtsche Wappen.
Den Zutritt in die ganz von Weihern umzogene Anlage gewährte der noch Thorturm
erhaltene gothische Thorturm mittels einer Zugbrücke (Fig. 53 u. 54). Er enthält
über der in der Tonne gewölbten Thorhalle drei Geschosse und ist von einem zwei-
teiligen barocken Schieferhelme gekrönt. Für die Spindeltreppe ist an der Nordseite
ein besonderes polygonales Treppentürmchen vorhanden, das indessen von dem später
angebauten Herrenhause umschlossen wurde. — Die Thorhalle, die zum Teil aus
8»
ii5
Fig. 53. Eiferen. Thorturm und Herrenhaus der Burg.
ii6
LANDKREIS KÖLN
Burg Trachytquadem mit Randbeschlag besteht, öffnet sich nach aussen und innen mit
zwei in rechteckigen Einblendungen liegenden Spitzbogen. Im ersten Geschosse sind
grosse, horizontal geteilte, im zweiten und dritten kleinere Fenster in Trachytfassung
angeordnet. Über dem zweiten Geschoss waren, nach den vorhandenen Kragsteinen
zu schliessen, Gusserker angebracht. j
Fig. 54 Efferen. Thorturm der Burg.
9?
Sämtliche Turmgeschosse sind im Inneren flach gedeckt. Im ersten und zweiten
Stock sind tiefe Einblendungen mit Fenstersitzen angebracht; ausserdem je ein Kamin.
Von zweien der anderen Türme sind die Fundamente noch erkennbar. Der
westliche war achteckig, der südliche rund.
Ober die anderen Efferener Hole vgl. Rosellen a. a. O. S. 182. [R]
Römische
Strasse
Kiithol.
Pfarrkirche
Geschichte
Baugeschichte
ESCH.
RÖMISCHE STRASSE. Von der Zülpich- Kölner Strasse ging rheinwärts
ein Zweig ab, der sich bei Esch abermals teilte (Schneider in den B. J. LVIII, S. 2).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Martini). Lacomblet, UB. I,
Nr. 123 u. 245. — Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 268.
HandschriftL Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden, darunter zwei von i382, eine
von i386. — Anniversarien -Verzeichnis. Anfang des i9. Jh. Dabei: Annotationes de
ecclesia nostra in Esch fide sacerdotali descripsi ex libro originali i77i. 9 BL Pap. —
Chronik von Esch bis 188 1. i9. Jh.
Auf dem Bürgermeisteramt zu Stommeln: Tauf- und Kopulationsregister
von 1661 ff. und i636 ff.
Das Kapitel S. Andreas zu Köln erhielt den Zehnten des Kirchspiels Esch bei
Longerich als Geschenk des Erzbischofs Sigewin (io79 — io89). Erzbischof Hermann
bestätigt dem Stifte diese Schenkung im y. io9i (Lacomblet, UB. I, Nr. 186). Der
liber valoris (nach i3oo) verzeichnet die Kirche, die dem S. Andreasstifte inkorporiert
war, gleichfalls (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 260). Das Kollationsrecht hatte am
Ausgange des 1 8. Jh. das Andreasstift in Köln (Dumont, Descriptio S. 9).
Die jetzt noch bestehende Kirche ist in ihrem Kern ein romanischer, ursprüng-
lich wahrscheinlich nur zweischiffiger Bau. Dieser Periode gehörten ausser dem Turme
von der Aussenarchitektur noch wesentliche Teile des nördlichen Seitenschiffes und
des Chores an. Zu Beginn des 16. Jh. war die Kirche, wie aus einem bei den Akten
116
,ESCH
I!7
des S. Andreasstiftes verwahrten Bericht über Verhandlungen des Pfarrerkollegiums des Kathoi.
Neusser Dekanates im J. i5i7 hervorgeht, baufällig. Unmittelbar darauf wurde ein Um-
und Erweiterungsbau in spätgothischen Formen vorgenommen, das südliche Seitenschiff
hinzugefügt und der ganze Raum hallenähnlich gewölbt Im J. i6S9 befahl der Neusser
n
n-j^
Fig. 55. Esch. Wesunsicht der Pfarrkirche.
Offizial Adrianus de Walenburch die schadhaft gewordenen Seitenschiffdächer wieder-
herzustellen. Im J. 1800 erwies sich Mauerwerk und Turm neuerdings als reparatur-
bedürftig. Im J. 181 1 wurde das Masswerk ausgebrochen und die Vorhalle angelegt. Unter
Leitung des Baumeisters Nagdschmidt begann im J. 1 864 eine systematische Restaura-
tion; sie wurde im J. i869 mit der Errichtung eines neuen Westportals abgeschlossen.
ii7
ii8
LANDKREIS KÖLN
Katboi. Dreischiffiger, sich der Hallenform nähernder Bau mit vorgelegtem Westturm
^l^^^Y^ und halbkreisförmigem Chorschluss. Die Länge beträgt im Lichten i8,8o m, die Breite
i3,7o m.
TwM Der dreistöckige, von einem reich profilierten Sockel umzogene Westturm
(Fig. 55) ist aus Tuffstein erbaut; nur an den Vorderkanten des Untergeschosses
kam Trach3rt zur Verwendung.
Das gothische Westportal ist
modern. Kräftig profilierte
Gesimse scheiden die Stock-
werke voneinander. Im Unter-
geschoss läuft an der Westfiront
unter dem Gesimse ein Fries
von acht Rimdbogen; vielleicht
war auch hier ehedem eine
Mittellisene angebracht Das
zweite und dritte Stockwerk
haben an jeder Seite sowohl
Eck- als Mittellisenen, die im
zweiten Stock durch je zwei,
im dritten durch je drei Rund-
bogen verbunden sind. Im
obersten Geschosse sind an jeder
Seite zwei grosse, über einem
Mittelsäulchen gekuppelte Fen-
ster und darüber — unmittelbar
unter dem Rundbogenfiries —
zwei kleine gleichfalls im Halb-
kreise geschlossene Fenster an-
gebracht. Der niedrige viersei-
tige Dachhelm ist geschiefert.
— An der Nordseite tritt aus
dem Turme ein kräftiger, eine
Spindeltreppe enthaltender Aus-
bau, der aus dem J. 1 864 stammt;
neben ihm zeigt sich in einiger
Höhe eine zweite, ganz allmäh-
lich beginnende und nach oben
zunehmende Ausrundung, die
halbkegelförmig abgedeckt ist;
Darüber ein halbkreisförmiger
Das nördliche Seitenschiff der Pfiirrkirche.
sie enthielt ursprünglich wahrscheinlich den Aufgang.
Entlastungsbogen.
Ungh«iis Das Mittelschiff liegt unter einem geschieferten Satteldache, jedes Joch der
Seitenschiffe hat sein eigenes, nach aussen abgewalmtes Satteldach,
sudi. Seitenschiff Das gothische südliche Seitenschiff reicht gegenwärtig bis zur Westfront
des Turmes; doch ist das westliche Joch, das ganz aus Backstein erbaut ist, wahr-
scheinlich jünger als die anderen Joche, in denen Tuff und Backstein in wechselnden
Lagen verwendet wurde. Es wird von Westen und Süden durch je ein zweiteiliges
mit Masswerk der spätesten Form gefülltes Spitzbogenfenster erleuchtet. Die anderen
ii8
ESCH
Il9
Joche haben dreiteilige Fenster mit spätgothischem (erneuertem) Mass werk. Die Strebe-
pfeiler sind einfach abgetreppt, die an den Ecken sind schräge gestellt. Im zweiten
Joche ist eine rechtwinkelige (jetzt vermauerte) Thüre angeordnet.
Das nördliche Seitenschiff (Fig. 56), das den Turm vollkommen frei lässt,
ist in seiner Aussenarchitektur zu beträchtlichen Teilen romanisch. Dementsprechend
überwiegt hier der Tuff; sowohl die westliche wie die östliche Abschlussmauer — in
dieser zeigen sich die Ansatzlinien eines dem Steigungswinkel nach romanischen
Satteldaches — sind zum grössten Teil aus diesem Material erbaut, aber auch der
ganz^ Unterbau in den ersten beiden Jochen der Langseite ist noch romanisch. Er
zeigt eine kräftig vortretende Blendenstellung auf einfachem Sockel. Jeder Bogen enthält
ein kleines (jetzt vermauertes) Rundbogenfenster. Bei der Erweiterung der Kirche zu
Beginn des i6.Jh. wurde auch das Nordschiff gothisiert; die Aussenmauer wurde beträcht-
■Nw4 — I — I — I — h-
H 1 1 K-
Kathol.
Pfarrkirche
Nördl.
Seitenschiff
Fig. 07. Esch. Grundriss der Pfarrkirche.
lieh erhöht und durch Strebepfeiler verstärkt. Diese bestehen in ihren unteren Teilen
aus Backstein, in den oberen wechseln, wie überhaupt im Mauerwerk oberhalb der
romanischen Bogen, Tuffstein- und Backsteinlagen ab. Die Fenster sind hier zweiteilig.
Auch an der Apsis ist das Tuffmauerwerk bis zur halben Fensterhöhe roma-
nisch; hier sind auch noch die Lisenen sichtbar und das alte romanische Gesimse
wurde über dem gothischen Backsteinaufbau wieder verwendet. Die Strebepfeiler
sind gleichfalls gothische Zuthat, desgleichen die grossen zweiteiligen Fenster.
Die Sakristei ist in der Längsachse angebaut.
Im Inneren wird die Turmhalle, deren Südmauer von zwei engen spitzbogigen
Öffnungen durchbrochen ist, von einem Gratgewölbe überspannt. Der hallenartige
Innenraum der Kirche (Fig. 57) besteht gegenwärtig aus drei Schiffen. Der roma-
nische Bau zählte deren nur zwei, doch war eine Vergrösserung wohl vorgesehen;
ebenso umfasste er im Hauptschiff, wie im Nebenschiffe nur zwei Joche. Das öst-
liche Joch des Nordschiffes, wie das ganze fünf Joche umfassende Südschiflf sind
gothischer Zusatz. Das Westjoch ist wiederum jünger als die anderen. Die Arkaden
Chor
Inneres
ii9
I20
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
AiusUttuog
Hl Dretsits
Weihwasser»
kessel
Reliquienbüsten
Altarkreuz
Vortragekreus
Armreliquiar
sind spitzbogig. Die scharf profilierten Gewölberippen entspringen zum Teil aus
runden Konsölchen, zum Teil entbehren sie jedes besonderen Auflagers. Der gegen
die Seitenschiffe zu in weitem Bogen sich öffnende Chor umfasst ein annähernd
quadratisches Joch und schliesst, der halbkreisförmigen Aussenseite nicht entsprechend,
innen mit drei Seiten des Achtecks ab. Der ursprüngliche Chorschluss war jedoch
vermutlich halbkreisförmig. Die Gewölbe sind auch hier gothisch.
Von der Ausstattung sind die folgenden Stücke zu nennen:
Barocker Dreisitz, um
i7oo. Der eine der beiden
Eckplätze mit hoher Lehne,
an dieser, von einer Maske
gehalten, ein geistliches
Wappen (drei Tulpen). Die
Wangen volutenförmig mit
Tierfiguren.
Bronzener Weih Wasser-
kessel, 1 5. Jh., mit Wappen-
haltern zur Aufnahme des
Bügels.
Reliquienbüsten der
hh. Martin und Donatus,
Holz, Barockarbeiten des
i7.Jh.
Gothisches Altarkreuz
(Fig. 58) 42 cm hoch, aus
dem Anfange des 1 4. Jh. Der
hölzerne Kern des Kreuzes,
das auf einem modernen
gothischen Fusse ruht, ist
mit Kupferplatten überzogen,
die ein graviertes und ge-
punztes Blattmuster zeigen.
Die Endigungen der Kreuzes-
arme haben Vierpassform und
enthalten je ein kreisförmiges
Medaillon, auf dem in er-
habener Arbeit die Scenen
der Verkündigung, der Geburt
Christi, der Geisselung und
der Auferstehung dargestellt sind. Die kleinen Figürchen sind sehr stark bewegt und
geschwungen. Der Kruzifixus selbst ist auffallend klein, Kopf und Oberkörper, aus
dem der Brustkorb übertrieben kräftig heraustritt, sind nach links geneigt.
Kupfernes Vortrage kreuz, 35 cm hoch, sehr roh, gothisch. Die Beine des
Christuskörpers hängen parallel herab, doch sind die Füsse übereinander genagelt
In den vierpassförmigen Endigungen der Kreuzesarme die Evangelistensymbole, ebenso
auf der Rückseite.
Armreliquiar, Silber, 58 cm hoch, um i5oo, mit der Inschrift: dit is sante
MERTis ARM. Im J. t8io aus Brauweiler nach Esch gebracht.
Fig. 58. Esch. Kaiholuche Pfarrkirche, Altarkreuz.
]20
FISCHENICH
121
Rokokokelch aus Silber, vergoldet, 24 cm hoch, mit getriebenen Ornamenten.
Dazu gehören zwei Pollen, 1072^^1 hoch, von ähnlicher Arbeit, mit aufgesetzten
Drahtornamenten und einigen Halbedelsteinen. Am Fusse die Inschrift: d. adolph
WOLPUTT MERCATOR coLONiENSis DÜNG DEDiT i755. Bcschauzeichen : Pinienapfel,
Meisterzeichen J. Z., wahrscheinlich von dem Augsburger Goldschmied Johann Zeckel
(t 1728) oder einem gleichnamigen Nachfolger. — Dieselbe Inschrift auf der Rück-
seite des zu den Pollen gehörigen Tellers, der in ganz ähnlicher Weise verziert ist.
Auf zwei Medaillons die Monogramme Christi und Maria.
Monstranz, Silber, vergoldet, 7372 cm hoch, um i5oo, angeblich während des
dreissigjährigen Krieges von einem französischen Obersten geschenkt. Auf dem Knaufe
die Inschrift ihesus. Der Glascylinder, der auf einer sechsteiligen Platte ruht, ist
von reichem Strebewerk in spätestgothischen Formen, in die sich schon einzelne
Renaissancemotive mischen, flankiert. Zwischen den Fialen die Figürchen von Maria
und Johannes. Die sechsseitige Kuppe ist ebenfalls auf reichste mit Mass- und
Stiebewerk von späten Formen geschmückt Über ihr erhebt sich ein viereckiger,
sehr eleganter und luftiger Baldachin; darin auf einer Säule der h. Martin mit dem
Bettler. Eine schlanke Fiale, die mit einem Kruzifixus endigt, bildet den Abschluss
des sehr leichten und gefcllligen Aufbaus. Die Lunula wurde 1860 mit Edelsteinen
reich besetzt. Am Fusse die Inschrift: adamus thum, pastor in esch renovavit.
Eine zweite Monstranz, Silber, vergoldet, 45 cm hoch, stammt gleichfalls aus
dem 1 5. Jh. Der sechsteilige, geschweifte Fuss hat eine leichte Masswerkdekoration.
Kräftiges Strebewerk, in dem die Figuren von Maria und Johannes stehen, flankiert
den Glascylinder. Über der Kuppe abermals ein Marienfigürchen, zu beiden Seiten
kleinere Figuren. Der Aufbau endigt mit einer durchbrochenen Turmpyramide.
Die Glocken tragen folgende Inschriften:
1. S. MARIA heische ICH, DIE DODEN BELEUHTE ICH, UNGEWITTER STEURE ICH,
DIE CHRISTGLAUBIGEN ZUM GOTTESDEINST BERUFE ICH. HEINRICUS PRUNSFELDT EX
ERPP, PASTOR IN ESCH. DAS GOTT ZUR HÖCHSTEN EHREN MICH DIE PHAR ESCH HATT
LASEN RENOVIREN, FRANCISCUS HEINTZ STURFURSTLICHER (so) STUCK UND KLOCKEN-
GIESSER SOHN AUS TRIER HAT MICH VERGOSSEN ANNO l766.
Darunter: QUi elucidant me, vitam aeternam habebunt.
2. $. MARTINUS heische ICH, MIT S. MARIA EINSTIMME ICH, GOTT ERHALTE UNS
beim KLANK, damit VERSORGEN DEN KIRCHENGANG, AUFF DAS NACH WAHRER CHRISTEN
BRAUCH DIE TODTEN KOENNEN BELAUBTEN AUCH. HENRICUS PRUNSFELDT EX ERPP,
PASTOR IN ESCH. DAS GOTT ZUR HÖCHSTEN EHREN MICH DIE PHAR ESCH HATT LASEN
RENOVIREN ANNO l766. [P.]
Kathol.
Pfarrkirche
Kelch
Monstranzen
Glocken
FISCHENICH,
Rosellen, Dek. Br. S. 2o4.
RÖMISCHE FUNDE. Nach Maassen (Ann. h.V.N. XXXVII, S. 100) kamen
bei Grabungen wiederholt römische Ziegel zu Tage. Auch römisches Mauerwerk,
Platten und Dachziegel wurden namentlich auf der ,NoneS einem freien Platze in
Mitte des Dorfes, in beträchtlicher Menge gefunden. Bei Gelegenheit des Baues der
Trier-Kölner Bahn stiess man auf mehrere Steinsärge, einen Bleisarg, verschiedene
Gefässe u. dergl., die zum Teil in das städtische Museum nach Köln gebracht worden
sind (Rosellen, Dek. Br. S. 2o5). Ein grosser Steinsarg wurde in den Anlagen des
Kierberger Bahnhofes aufgestellt. Zum Baue der alten Kirche und der Burg war
Römische
Funde
121
LANDKREIS KÖLN
Römische
Fnnde
KathoL
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibuag
Glocke
Barg
Geschichte
BcschrcibiuK
römisches Gusswerk — wahrscheinlich aus dem östlich vom Ort vorbeiführenden
Eifelkanal stammend — in beträchtlicher Menge verwendet worden-
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t s. Martini episcopi). Rosellen,
Dek. Br. S. 232. — Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 294.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses B1.4o.
Im Pfarrarchiv zu Efferen: Visitationsprotokoll vom J. i494 (Abschrift).
Auch Fischenich wird unter den Gütern genannt, die Plectrudis und Pippin
von Heristal an ihre Stiftung S. Maria im Kapitol geschenkt haben sollen (B. J. LIII,
LIV, S. 224). Der Ort gehörte ursprünglich zur Pfarre Efferen; anfänglich besass er
nur eine Kapelle (Visitationsprotokoll von i494: fuit olim capella ecclesiae parochialis
in Efferen), doch verzeichnet bereits der liber valoris einen vicarius (Binterim u.
Mooren a. a. O. S. 286) und eine Urkunde des J. i3i6 (Pfarrarchiv von S. Maria
im Kapitol) redet bereits von einem plebanus und einer parochia Vischenich. Das
Kollationsrecht hatte im 16. Jh. der Pfarrer der Mutterkirche Efferen von i692 ab bis
zur Säkularisation die Äbtissin des genannten Kölner Stiftes (Dumont a. a. O. S. 9).
Die alte Kirche, die im J. i89o — mit Ausnahme des Turmes — abgebrochen
und durch einen nach Plänen des späteren Strassburger Dombaiuneisters Schmitz auf-
geführten Neubau ersetzt wurde, war eine dreischiffige romanische Pfeilerbasilika aus
Tuflfetein, mit halbkreisförmiger Apsis. Im J. i523 wurden, wie Rosellen a. a. O. S. 233
nach der Chronik der Köhier Karthäuser berichtet, die Seitenschiffe verlängert, nach
Massgabe des Mittelschiffes erhöht und mit besonderen Satteldächern versehen. Die
neuen Seitenschifffenster erhielten Fischblasenmasswerk. Im J. i728 wurde der alte
Turm durch einen neuen aus Backstein ersetzt Er ist ohne jede Gliederung, nur
die Glockenstube öfl&iet sich jederseits mit zwei rundbogigen Öffnungen. Über der
Thüre war ehedem die Jahreszahl der Erbauung angebracht. Den Abschluss bildet
ein achtseitiger Helm.
Von alten Ausstattungsgegenständen ist nur die grösste der drei Glocken zu
nennen. Sie stammt aus dem J. i436 und trägt die Inschrift: sent iohanes heisen
ICH, ZO GÖTZ DEINST LUDEN ICH, AL UNWEDER VERDRIVEN ICH, HEINRICH GOUS MICH
ANNO DOMINI MCCCCXXXVI.
Über ein jetzt verschwundenes angeblich fränkisches Steinkreuz und eine Grab-
platte vgl. Rosellen a. a. O. S. 223.
BURG. RosELLEN, Dek. Br. S.208.
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv zu Köln: Gelenius, Farrag.XXX, B1.573.
Herren der Burg Fischenich waren im Mittelalter die Ritter gleichen Namens.
In einer Urkunde vom J. 11 89 (Lacomblet, UB. IV, Nr. 639) ist bereits ein Otto
de Viskenich genannt Im Besitze seiner Nachkommen blieb die Burg durch mehr
als drei Jahrhimderte ; im J. 1 5o2 empfing sie der Neffe des letzten Ritters von Vischenich,
Albert von Zweiffei, zu Lehen (Belehnungsurkimde im Lehnbuche des Stiftes S. Maria
im Kapitol). Durch Heirat kam Burg und Gut an Hermann von Müllenbach, ge-
nannt Breil, von diesem an Wilhelm von Goltstein. Nach Rosellen a. a. O. S. 208
ist die Burg am Ausgange des 16. Jh. zerstört worden. Zu B^nn des i7. Jh. war
Konrad Quad von Aisbach Besitzer des Hauses, in dessen Familie es verblieb. Im
J. i725 brachte die verwitwete Freifrau von Wolff- Mettemich , Anna Maria Theresia
Tnichsess zu Wetzhausen, das Haus durch Kauf an sich. Der gegenwärtige Eigen-
tümer ist Herr Graf von Wolff- Mettemich zu Liblar.
Von der Burg ist nur noch ein etwa 6 m hoher, im Grundriss ovaler Unterbau
erhalten, der im wesentlichen — soweit man bei dem Mangel aller Kunstformen
122
FRECHEN 123
urteilen kann — aus dem 12. oder i3. Jh. stammen dürfte. Er besteht zum grossen Burg
Teile aus mächtigen, sehr regelmässig in Quaderform zugehauenen Gusswerkstücken,
die vermutlich von der römischen Wasserleitung herstammen (s. oben). Je eine Schicht
dieser Gusswerkstücke wechselt mit einer ganz dünnen Bruchsteinschicht ab. Gegen
den Hof zu waren ursprünglich vermutlich zwei viereckige Türme angeordnet, zwischen
denen die Aussenmauer zurücktrat; es ist nicht ganz unmöglich, dass dort eine Treppe
angebracht war. Nur von einem der beiden Türme sind deutliche Reste erkennbar;
er bestand ebenfalls aus Gusswerk, die Ecken waren durch Trachytquadem verstärkt.
Im i5. oder 16. Jh. wurde das Gusswerk der Westseite äusserlich wenigstens durch
eine polygonale, mit ganz stumpfen Winkeln heraustretende Backsteinmauer mit drei
viereckigen Eckverstärkungen ersetzt; in diesem Teile sind noch einige grosse Schiefs-
scharten wahrnehmbar. Die Backsteine sind mit Torf gebrannt.
Die Anlage ist von tiefen Gräben umzogen. [P.]
FRECHEN.
Zur Geschichte des Ortes: B. J. XXXXIV, XXXXV, S. i9o (Dorfweistum). —
V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IV, S. 28. — Mercure du
departement de la Roer 1810, S. 210 u. i8i3, S. 201. — Rosellen, Dek. Br. S. 253.
— Über Frechener Steinzeug vgl. Solon, Ancient art stoneware. Im Anhange des
2. Bandes weitere Litteratur. Dazu Ernst Zais, Kölner Steinzeug, in der Frank-
furter Zeitung vom 2 7. September 18 94, Nr. 268.
Handschriftl. Qu. Das Archiv der jülichschen Unterherrschaft Frechen be-
fand sich um 1 880 auf Schloss Zangberg in Bayern im Besitze des Grafen von Geldern.
Vgl. Lamprecht, Archiv in der Wd. Zs. I, S. 4o5 Nr. 68.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Prozessakten der Herrschaft Frechen, 16.
bis 18. Jh. Vgl. Ilgen, Rhein. Archiv S. 3o.
RÖMISCHE FUNDE. Nahe bei Frechen wurde im J. i856 in der Kohlen- R&mi.che
grübe Herbertzkaule das Fundament eines ziemlich umfangreichen Fachwerkgebäudes
aufgefunden, das, wie die in den Resten verstreuten Münzen bewiesen, unzweifelhaft
römischen Ursprungs war. (Vgl. B. J. XXV, S. 2o5. — Gerhardt, Denkmäler und
Forschungen XIV, S. 258 u. Taf 96.) Im J. i875 fand man in der Nähe von Frechen
einen bleiernen Sarkophag mit Knochenresten, einigen Gläsern und Vasen, endlich
ein Metallbüchschen mit Feder und Ziehfeder (B. J. LXXII, S. 96 u. Rosellen a. a. O.
S. 253). Dies letztere befindet sich, wie ein ebenfalls in Frechen gefundener Trink-
becher mit Inschrift (vgl. B. J. LXXXVII, S. 64) im Bonner Provinzialmuseum.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Audomari). Binterim u. Moo- Kathoi.
REN, E. K. I, S.297. — Rosellen, Dek. Br. S. 272. Pfarrkirche
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Register oder Weysthumb des Pastorath-
haus in Frechen, von 1618, auf einem Register von i42 2 beruhend. — Rentbücher
von i663, i735 und jüngere. — Pfarrvisitationsrezess von i754. — Tauf-, Sterbe- und
Eheregister von 1796 ff. Vgl. weiter Tille, Übersicht S.u.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 4i.
Schon der Name des Patrons, eines westfränkischen Bischofs, lässt auf sehr Geschichte
frühen Ursprung schliessen. Bereits im J. 94 1 wird der Ort urkundlich genannt (La-
COMBLET, ÜB. I, Nr. 93) und in der Lebensbeschreibung des Heiligen wird zum
J. 955 auch die Kirche bereits erwähnt (Act. Sanct. 9. Sept.). Die Benediktinerabtei
123
124
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Baugeschichte
Beschreibung
Sakraments
Schrein
Taufstein
Grabsteine
S. Bertin und das Stift zu S. Omer besassen schon in alter Zeit den Zehnten und
die Einkünfte der Frechener Kirche; dies ist vielleicht auf eine Zuwendung des
Abtes Hugo von S. Bertin, eines natürlichen Sohnes Karls des Grossen zurückzu-
führen. Die Gründung der Kirche fällt wahrscheinlich ins 9. Jh. Das ganze Besitztum
der beiden geistlichen Anstalten erwarb im J. i553 Graf Theodor von Manderscheid
(Gelenius, Farragines XV, S. 567). Ein späterer Besitzer ist der Herr von Frechen,
Floris Graf zu Culenburg-Palant, nach ihm sein Erbe Wolradt Graf zu Waldeck. Die
Pfarrstelle war ein Personat (Vgl. Mooren in den Ann. h. V. N. XXV, S. i73).
Die ältere Kirche war im J. i583 von truchsessischen und pfälzischen Truppen
in Brand gesteckt worden (Ennen, Geschichte der Stadt Köln V, S. 121). Turm und
Schiflf wurden im J. i7i4 erneuert (vgl. unten die Inschrift), der Chor blieb bestehen.
Im J. i857 wurde die Kirche mit Ausnahme des Turmes abgebrochen und durch
einen nach Plänen des Dombaumeisters Zwimer errichteten Neubau in romanischen
Formen ersetzt.
Nur der Westturm rührt von dem Baue des J. i7i4 her. Er ist zweigeschossig
und von einem achtseitigen Schieferhelme gekrönt Das Material ist Backstein, nur
am Sockel und den vorderen Ecken wurden Hau- und Bruchsteine, die wohl von
dem älteren Baue stammten, wieder verwendet. Das rundbogige Westportal, über
dem, wie Spuren im Mauerwerk zeigen, ein spitzgiebeliges Vordach angebracht war,
ist aus Tuffstein und trägt die Inschrift: Intrate CVM pIetate et fIDVCIa (i7i4).
Die anderen Seiten sind von Rundbogenfenstern durchbrochen. Oberhalb des Erd-
geschosses tritt das Mauerwerk etwas zurück. Im Oberstock sind im Norden, Westen
und Süden je zwei flache rundbogige Blenden angeordnet, in denen an der Nord-
und Südseite über einer Lichtspalte je zwei tiefere Blenden sitzen. Über diesen
wiederum ist die Mauer in der Höhe der Glockenstube nach Norden, Süden und
Westen von je zwei Paaren rundbogiger Fenster durchbrochen.
Hinter dem Hochaltar spätgothisches rechteckiges steinernes Armarium mit
Stabeinfassung und altem Eisengitter.
Tauf st ein des i7.Jh. Ein achtseitiger Unterbau trägt das runde, mit flachen
Rankenomamenten überzogene Becken.
In der Westmauer verschiedene Grabsteine:
1. Grabstein der Frau Elisabeth von der Lippe. Den Rahmen bilden acht
kleine Wappen mit Inschriften, von denen noch sechs kenntlich sind und zwar: lippe,
GOTMAN, exter, doven, geverot, rostede. Das Mittelfeld wird von dem Wappen der
Verstorbenen und einer Inschrift eingenommen. Sie lautet: a« i633 den ig. mau starb
DIE WOLEDLE FRAW ELISABEHT GEBORNE VON DOVEN (so) DES WOLEDLEN DIETHERICH HERR
VON DER LIPPE ZU ASPERSCHLAGH EHELICHE HAUSFRAW, DEREN SEELEN GOTT GNEDIG SEY.
2. Grabstein aus rotem Sandstein, nur fragmentarisch erhalten: anno i57i den
25. MARTH IST IN GOT VERSTORBEN DER EDLER UND ERENTVESTER HERMANN SPEISS VON
bOllesheim zu frechen der SELEN GOTT . . . Darüber ein Doppelwappen.
3. Nahezu quadratischer Stein mit der Inschrift: icy repos honorihe englie-
bert marchand. Im Wappen ein verschlungener Baum, desgleichen im Kleinod.
4. Grabstein des Johann von Lützenradt und seiner Ehefrau. Zu beiden Seiten
des Doppel Wappens sind je zwei kleine Wappenschilder angebracht, deren Inhaber
vordem wahrscheinlich auf kleinen in vertieften Feldern angebrachten Metalltäfelchen
genannt waren. Inschrift: der edell und ernvest johan von lützenradt zu
vorst, bergisch ambtman zu windecken, a« i59i den 23. januarii starb DIE edle
und EIN TUGENDREICHE FRAW JUTIH GEBORNE VON SELBACH, OBIGEN AMBTMANS |||
DEN SELEN GOTT GENADE .
124
FRECHEN
125
Silberreliquiar, 22 cm hoch, aus dem 18. Jh., mit oval geschweiftem Fuss, K«thoi.
darauf ein Glascylinder mit Rankenarabesken. Krone und Kreuz als Bekrönung. Rluqi!i«r
Ovaler Kredenzteller aus vergoldetem Silber, in der Längsachse 3 3 cm messend, Kredenxieiier
im Mittelfeld auf Porzellan das Wappen des Spenders. Auf der Rückseite die In-
schrift: EVER. ANT. JAC. BALTH. DE GROOTE, DOMINUS IN DRANSDORFF, S. GEREONIS
NEC NUN B. MARIAE VIRGINIS IN CAPITOLIO CANONICUS CAPITULARIS RESPECT. SENIOR
BT CHORI EPISCOPUS, PERSONATISTA IN FRECHEN D. D. l776.
Dazu gehören zwei Pollen, gleichfalls aus vergoldetem Silber, mit auf klapp- Poiien
barem Deckel, alles mit sehr zierlichen Ranken, Blumen und Kartuschen bedeckt.
Velum, aus weisser Seide, mit Blumen und Medaillons in Gobelintechnik, mit vdum
der Inschrift: anna clara von winkler. anno i72o.
Glocken: Die grösste von i43i trägt folgende Inschrift: maria heschen ich, Glocken
DEN LEVENDE UNDE DEN DODEN LUDEN ICH, HINRICH GOIS MICH MCCCCXXXI. AVE
MARIA GRACIA PLENA DOMINUS TECUM, HILF UNS, MARIA.
Die zweite von i869.
Die dritte, von i7i8, wurde im J. i883 umgegossen. Die alte Inschrift, die
nebst einer neuen auf der Glocke wieder angebracht wurde, lautet : Gos mic meister
ETMUNDUS (so) PIPIN IN COLLEN ANNO l7l8. HENRICUS WOLF PASTOR.
Die vierte, von Johannes Fuchs in Köln gegossen, stammt aus dem Kölner
Margärethenkloster und trägt die Inschrift: s. maria, ora pro nobis. omnia ad
MAIOREM DEI GLORIAM. FULMINA PELLO. l767.
EVANGELISCHE PFARRKIRCHE, v. Recklinghausen, Reformations- Ev.ngei.
geschieh te I, S. i63. — Ennen, Geschichte der Reformation in Köln S. i63. — Ro-
SELLEN, Dek. Br. S. 274. — Mercure du departement de la Roer, Jahrg. 181 3, S. 2o5.
Hand Schrift 1. Qu. Im Pfarrarchiv: KonsistorialprotokoUe der Jülichschen
Synode von 1 582 — 1794. — Presbyterialprotokolle von 1 744 an. — Geschichte und
Nachrichten der evang.-reform. Gemeine zu Frechen von Jon. Andr. Gottfr. Char-
LiER i8o5. — Lagerbuch des 18. Jh. — Rechnungen über Bau von Kirche und Pfarr-
haus i7i6 — i7i8. Vgl. weiter Tille, Übersicht S. 12.
Die Reformation gewann in Frechen bereits im J. i543 Anhang; doch besassen Geschieht«
die Protestanten bis zum Beginn des 18. Jh. kein eigenes Gotteshaus. Der Grundstein
zu dem jetzt noch bestehenden t^ebäude, das ausser der Kirche auch die Pfarrer-
wohnung enthält, wurde im J. i7i6 gelegt. Im J. i78i wurde der als Wohnung
dienende Teil des Gebäudes durch qinen Anbau nach rückwärts erweitert. Orgel,
Glocken und Kirchenuhr wurden im J. i787 angeschafft.
Nüchterner Backsteinbau, dem durch Ausfugung des grauen Bewurfes der Beschreibung
Schein einer Quaderung gegeben wurde. Die Teilung des Inneren in Kirche und
Predigerwohnung spricht sich auch am Äusseren deutlich aus. Die linke vier Achsen
umfassende Hälfte hat ausser dem Erdgeschoss noch einen Oberstock, die rechte
Hälfte — der Predigtraum — nur zwei grosse Fenster, zwischen denen die schmuck-
lose rechteckige Thür eingebrochen ist. Rechts schliesst sich an den Kirchenbau noch
ein Thorbogen. Der rückwärtige Anbau trägt in Eisenankem die Jahreszahl i78i.
Das geschieferte Satteldach ist nach beiden Schmalseiten zu abgewalmt. Es
trägt in der Mitte einen sechsseitigen, mit einer barocken Schieferhaube endigenden
Dachreiter.
Das Innere ist ein viereckiger, flachgedeckter Saal, dessen drei Aussenwände
von je zwei Fenstern durchbrochen sind.
125
126
LANDKREIS KÖLN
Evungel.
Pfarrkirche
Grabstein
Vaterunser tafel
Glocken
Frechener
Burg
Geschichte
Grabstein der Johanna Katharina Schomarts. Die Inschrift lautet folgender-
massen :
JESU DIR LEB ICH, JESU DIR STERB ICH, JESU DEIN BIN ICH IM TODT UND
LEBEN. AMEN. HIER LIEGET BEGRABEN FRAUE FRAUE JOHANNA CATHARINA SCHO-
MARTS, GEBOHREN ANNO l672 DEN l9. SEPTEMBRIS, GEHEYRATH MIT HERRN JACOB
NIERSTRAS ANNO l698 DEN l8. MARTIUS, IST IM HERRN SEELIG ENTSCHLAFFEN AUFF
IHREM FREYADLICHEM HAUSS DIE BITZ GEN AND ANNO l74l DEN l8. OCTOBRIS, W AEH-
RENDER EHE GEZIEHLET lO KIENDER, WOVON NUR NOCH IM LEBEN ZWEYEN FRAU
TOECHTEREN ALS ANNA MARIA, GEBOREN ANNO l7oo DEN 8. APPRIL, UND SUSANNA,
GEBOHREN ANNO l7l5 DEN l6. DECEMBRIS.
Darüber die Wappen des Ehepaares.
Grabstein des Pfarrers Reinhardt Wilhelm Maurenbrecher, mit der Inschrift:
LEICHENTEXT LUCAS 12, V. 37. SELIG SIND DIE KNECHTE, DIE DER HERR, SO ER
KOMT, W^ACHEND FINDET. HIER RUHET RHEINHARD WILHELM MAURENBRECHER,
WEYLAND PREDIGER DER REFORMIERTEN GEMEINDE DAHIER IN FRECHEN, WURDE GE-
BOHREN DEN l8. AUGUST l7l2, ZUM PREDIGER EINGESETZT DEN l4. SEPTEMBRIS l744.
UND STARB DEN 2. OCTOBRIS l74l SEINES ALTERS 77 lAHR I MONATH l4 TAG.
Die Zahlen stimmen weder untereinander, noch mit dem angegebenen Alter
überein.
Über der Inschrift als sprechendes Wappen eine Kanone.
Holztafel mit dem Vaterunser vom J. i675.
Tafeln mit dem Glaubensbekenntnis und den zehn Geboten, wahrscheinlich
aus der gleichen Zeit.
Glocken aus dem J. i787, ohne Inschrift.
Die Burgen in und um Frechen sind grossenteils vom Erdboden verschwunden.
Vgl. hierzu Rosellen, Dek. Br. S. 255.
FRECHENER BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 2 56. — v. Mering, Ge-
schichte der Burgen im Rheinland IV, S. 3o u. X, S. i. — v. Stramberg, Rhein.
Antiquar. 3. Abt. XII, S. 52i.
Abbildung. Kolorierte Federzeichnung im Historischen Museum der Stadt
Köln, um i83o.
Die erste urkimdliche Nachricht über die eigentliche Frechener Burg stammt
aus dem J. 1260. Damals machte sie der Ritter Winrich von Bachem an Stelle seiner
Besitzungen zu Hermülheim zum Lehen der kölnischen Kirche (Lacomblet, UB. II,
Nr. 49 1 : domum sive munitionem . . cum fossatis). Im J. i32o wurde die Burg von den
Kölnern verbrannt (Chron. Magna Col. S. 249). Unmittelbar nachher tritt der Ritter
Butzart von Andernach als Burgherr auf (Ennen u. Eckertz, Quellen zur Geschichte
der Stadt Köln IV, Nr. 9o). Von dessen Erben erwirbt der Knappe Arnold Cluttink
im J. i347 das inzwischen wohl wieder hergestellte Haus (Lacomblet, UB. III, Nr. 44 1),
das nach seinem Geschlechte in der Folgezeit auch Cluytinghaus genannt wird (Thum-
MERMUTH, Krummstab schleusst niemand aus S. i59). Im J. i466 empfangt Johann
Spies von Büllesheim die Frechener Burg, der alsbald der Name Spiesburg beigelegt
wird, zu Lehen; im J. i63S erlischt der Mannesstamm dieses Geschlechtes. Erben
sind die beiden Töchter des letzten Besitzers, von denen die eine den Marsilius von
Roishausen zu Tümich, die andere den Grafen von Merode zu HofFalize heiratete.
Im J. i75i brachte Freiherr Christian August von Geldern die Burg, die seit dem
J. 1 7 1 1 der Kommende S. Johann und Cordula in Köln pfandweise überlassen war,
in seinen Besitz. Im J. i77S kaufte sie die Wittwe des Johann Abraham von Heck,
von dieser kam sie schon im nächsten Jahre an Maria Gertrud Wilins. Innerhalb
126
FRECHEN 12?
weniger Jahrzehnte folgen sich als Besitzer Peter Joseph Scholl und dessen Erben, Frechcner
Bürgermeister Fischer zu Frechen, von Welter zu Köln, Hofrat Jungbluth, dessen Eidam , "'*
Hamm, imd endlich Glasmacher und Bemdgen (vgl. Rosellen a. a. O. S. 257).
Das Burghaus, das im J. i83o abgebrochen wurde, soll von Johann Spies, der Beschreibung
im J. i466 das Lehen empfangen hatte, errichtet worden sein (vgl. Mering a. a. O.
S. i). Die im Historischen Museum der Stadt Köln verwahrte Zeichnung würde eher
auf das i6. oder i7. Jh. hinweisen. Nach ihr war die Spiesburg ein schlossartiger,
von Wassergräben umzogener Bau mit abgetreppten Giebeln und zwei Türmen, deren
einer rund war. Ein Weiherarm trennte das Herrenhaus von den dreiflügelig
gruppierten Wirtschaftsgebäuden.
HOCHSTEDEN. Rosellen, Dek. Br. S. 262. — Strange, Beiträge zur Hociisteden
Genealogie der adligen Geschlechter VI, S. 65; XII, S. 21, iio. — v. Mering, Ge-
schichte der Burgen in den Rheinlanden II, S. 24. — Fahne, Geschichte der köl-
nischen Geschlechter I, S. l58. — Kunstdenkmäler des Kreises Grevenbroich S. 2 7, 61.
Das Gut dieses Namens war ein jülichsches Lehen, das im i4. Jh. an die Herren
von Hochsteden zu Noithausen gelangte. Nachdem der Mannesstamm dieser Linie
des Geschlechtes im J. i55o erloschen war, erwarb Werner von Haes zu Tümich durch
Heirat das Gut. Als seines Enkelsohnes Arnold Witwe im J. i635 gestorben war,
nahm Graf Johann Barthold von Wonsheim, der bereits im J. 1629 vom Lehnsherrn
die Anwartschaft darauf erhalten hatte, Besitz von Hochsteden. Durch Heirat mit
dessen Tochter wurde schon bald darauf Johann Ernst Freiherr von Wallenroth Eigen-
tümer des Gutes. Nach langen, sehr verwickelten Rechtshändeln wurde Christian
August Freiherr von Geldern Herr von Hochsteden, das im J. i836 an den Grafen
Egon von Fürstenberg-Stammheim verkauft wurde.
Südöstlich von Frechen sollen noch Fundamente des Burghauses im Felde er-
kennbar sein (Rosellen a. a. O. S. 263).
HAUS P ALANT. Vgl. Rosellen, Dek. Br. S. 259. — v. Stramberg, Rhein. Haus PnUm
Antiquar. 3. Abt. XII, S. 524.
Angehörige des Geschlechtes der Ritter von Palant finden wir erst seit dem
J. i356 in Frechen (Ennen u. Eckertz, Quellen zur Geschichte der Stadt Köln IV,
S. 4 18). Ihre Vorgänger waren die Ritter von Rost; ihre Burg war im J. i32o in
einer Fehde mit der Stadt Köln verbrannt worden. Sie durften sie nach Friedens-
schluss nur in beschränktem Umfange wieder aufbauen. Die Urkunde ist baugeschicht-
lich von Wichtigkeit (Lacomblet, UB. III, Nr. i79): In deme irsteme so möge wir
doin setzin up dat erve eyn gewoinlich hus van holzwerke mid eime steynen scho-
risteyne, da wir inne mogin wonin inde syn inde da wir uns korin up moigen legen,
inde eynen kelre van steyne, des muren neit dicker sin insolen dan zweyn vosse
sunder galite. Oig möge wir setzin doin schüren, schayfhus, stallingen inde eyne
kuchgene mit eime steinen schoristeyne, inde eyn hus van holzwerke mit eynre
brucgen, also dat de vursproghen bu eyngeinrehande steinwerke neit me hain insal,
dan hievur geschreven is. Inde mögen oich umbe dat hus setzin doin eyne planke,
of wir willen. Bovin allit dit so is gevorwert, dat noch wir noch unse nakumelinge,
de dit vursprochen erve besitzen solen, engeyne ringmure umb den hof noch berch-
frit in den hof machen, noch turn, noch blochus machgen ensolen, noch man sal
engeynen berch binnen de hof machen, noch die graven deifer noch wider maichen,
noch wir insolen engeyn gravin me maichen, mer id sal bliven in al der wir als id
nu is, alrehande argelist usgescheyden.
127
128
LANDKREIS KÖLN
Haus Vorst
Geschichte
Haus Paiant Nach dem Tode des Johann von Palant im J. i533 wurde sein Besitz unter
seine Erben geteilt. Die Eigentumsverhältnisse gestalten sich in den folgenden Jahr-
zehnten sehr verwickelt. Zu Beginn des 1 8. Jh. vereinigle Adolph Reiner Anton Frei-
herr von Geldern, dessen Urgrossmutter eine Palant gewesen war, ausser Bachern zwei
Dritteile von Frechen in seiner Hand. Von dessen Erben erwarb Graf Egon von
Fürstenberg-Stammheim im J. i836 den ganzen Besitz.
Von den alten Hofgebäuden ist nichts erhalten.
HAUS VORST. Rosellen, Dek. Br. S. 267. — Fahne, Geschichte der köl-
nischen Geschlechter II, S. i78.
Das Geschlecht dieses Namens begegnet uns zuerst in Urkunden des i3. Jh.
(Höhlbaum, Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln I, H. 3, S. 59). Das Haus
wurde auf Befehl König Adolfs iin J. I292 gebrochen (Ennen, Geschichte der Stadt
Köln II, S. 258).
Im J. i329 verpflichtet sich Heinrich von Vorst, das ,portzhuys', das er errichtet
hatte, sobald es der kölnische Rat verlangen würde, niederzureissen, und auch sonst
keinerlei feste Bauten aufzuführen (Ennen u. Eckertz, Quellen zur Geschichte der
Stadt Köln IV, Nr. i53). Im J. i4i9 wurde das Haus aufs neue zerstört (Ennen,
Geschichte der Stadt Köln III, S. 235).
Das gleiche Schicksal widerfuhr der Burg im J. i476 (Ennen, Geschichte der
Stadt Köln III, S. 573). Doch behaupteten sich — dieser Stürme ungeachtet — fast
während der ganzen Zeit die Herren von Vorst im Besitze des Hauses; nur durch
ganz kurze Zeit finden wir die Schall von Bell auf der Burg. Im J. i528 empfing
sie Johann von Lutzerath, Amtmann von Schönstein, zu Lehen. In seiner Erben
Hand blieb der Besitz, bis im J. i7oo Franz Diederich von Brabeck damit belehnt
wurde. Ihm folgen Anton Joseph von Weipeler, Wilhelm Konrad von Wreede und
dessen Sohn Johann Wilhelm, dann die von Brae. Der gegenwärtige Eigentümer ist
Herr Graf Gisbert Egon von Fürstenberg -Stammheim.
Beschreibung Die Gebäude siud in zwei dreiflügeligen Gruppen angeordnet, die durch einen
Arm des Weihers, der einst das Ganze umgab, von einander getrennt sind. Die
Wirtschaftsgebäude sind gänzlich erneuert, alt ist nur das Burghaus und die zu beiden
Seiten im rechten Winkel an das Hauptgebäude stossenden Nebengebäude, die gleich-
falls Ökonomiezwecken dienen. Sie stammen aus dem 1 8. Jh.
Zu dieser Gebäudegruppe führt eine Brücke, deren Ende durch zwei rusticierte
Pfeiler mit aufgelegten Steinkugeln geschmückt ist
Herrenhaus Das Herren haus ist ein zweigeschossiger, fünfachsiger Backsteinbau mit
schwach vortretendem Mittelrisalit und zeltförmigem Mansardenschieferdach. Der
Mittelteil hat eine Rustikaeinfassung, desgleichen sind die Gebäudeecken rusticiert be-
handelt. Die rechteckige mit einem Oberlicht ausgestattete und mit flachem Gebälk
abgeschlossene Thüre liegt in der Mittelachse, über ihr ein Fenster und über diesem
wiederum ein flacher Dreieckgiebel, der die beiden (jetzt leeren) Schilde eines Doppel-
wappens inmitten reichen Rankenwerks enthält. Die Umrahmungen der Fenster sind
wie die der Thüre aus Trachyt hergestellt. An der Vorderseite sind auch die Keller-
luken sichtbar.
Kapelle Die Kapelle, die im Mittelteil des Obergeschosses liegt, ist ein viereckiger, flach-
gedeckter Raum, bemerkenswert allein durch das Gemälde der Beweinung Christi, das
sich auf dem barocken Hochaltar befindet (Tafel XV). An dem schiefgestellten grossen
Kreuze lehnt noch die Leiter. Maria hat den Leichnam auf den Schoss genommen
und ist niedergekauert. Von links her sucht Johannes den Körper zu stützen. Das
128
: i . .1 \ .'
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TakJ XV.
Frechen. Altarbild in Haus Vorst.
FREIMERSDORF — GEVEK 129
Gemälde, auf Holz, i,7o cm hoch, 60 cm breit, oben geschweift, ist ein tüchtiges Hau« Vor si
niederländisches Werk aus der i. H. des 16. Jh. von gemässigtem Ausdruck, sehr
guter Modellierung und leuchtender Farbe. Es ist Eigentum des Herrn Matthias
Baumann in Frechen.
Ebendaselbst 12 Apostelköpfe eines späten, noch von Rubens abhängigen Bilder
Künstlers.
In den Zimmern mehrere Holzkamine, in deren Oberteile Gemälde einge-
lassen sind. Bemerkenswert sind zwei niederländische Bilder von einem Nachahmer
des Teniers aus dem 18. Jh. Auf dem einen führt eine Alte einen jungen Mann zu
einem neben ihrem Eierkorb sitzend eingeschlafenen Mädchen. Auf dem anderen
sind zwei Männer in Unterredung mit einer Gemüsehändlerin. Leinwand etwa i m hoch,
i,3o m breit.
H. Hieronymus, in Halbfigur. Der Heilige sitzt vor einem Buche, neben dem
ein Totenkopf liegt, in der Linken hält er einen Stein. Sehr gutes Bild, vielleicht
aus dem Atelier Rubens\ in der Komposition noch an Quentin Massys erinnernd,
etwa 0,80 m hoch, 1,20 m breit.
Die beiden Nebengebäude gleichen einander vollständig. Sie sind ebenfalls Nebengebäude
aus Backstein aufgeführt, dreiachsig, zweigeschossig und liegen unter zeltförmigen
Schieferdächern. Das Erdgeschoss ist durch drei flache rundbogige Hausteinblenden,
in die rechteckige Thüröfinungen gebrochen sind, gegliedert. Die Fensler im Ober-
geschoss sind rechteckig.
Über die Höfe, die verschiedene der Kölner Stifter in Frechen besassen, vgl.
Rosellen a. a. O. S. 264. [R]
FREIMERSDORF.
RÖMISCHE STRASSEN. In Freimersdorf kreuzte sich die von Neusser- Römische
furth gegen Hermülheim führende Strasse mit der Strasse, die von Klein -Königs-
dorf gegen Merkenich zu an den Rhein führte. Vgl. dazu B. J. LXIV, S. 21 und
LXXIII, S. I.
JUNKERHOF. In Freimersdorf besass die Abtei Brauweiler vier Höfe. Sie junkerhof
brannten sämtlich im J. i758 nieder. Der Junkerhof wurde, wie eine Eisenanker-
inschrift lehrt, im J. i76i wieder aufgebaut. Auf diese Ereignisse beziehen sich ferner
die beiden, in einen Stein an der Strassenseite des Wohnhauses eingemeisselten
Chronika :
HAS qVatVor (so) VILLas VVLCanVs InfeLICe
CasV anno QViNQVACiEsIMo oCtaVo In CIneres egIt (i758)
und t aManDVs abbas t eCCe sparsas pLene eas reposVIt.
Rechts davon unter einem Walmdach auf einem hohen, geschwungenen Stcin-
sockel eine überlebensgrosse steinerne Madonna mit Kind, ihr zur Seite zwei kleinei>e
schildhaltende Engel. Mitte des 18. Jh. [R]
GEYEN.
RÖMISCHE UND GERMANISCHE FUNDE. Die von Neusserfurth Römi.che u.
gegen Hermülheim führende Römerstrasse berührte auch Geyen (vgl. B. J. LXXIII, '*Tund"**''
S. i). In den 5oer Jahren wurde nahe der Burg ein (vielleicht fränkischer) Stein-
9
129
i3c
LANDKREIS KÖLN
Römische u.
germanische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Teu&tein
Junkerburg
Geschichte
Sarkophag mit Waffen gefunden. Auch römische Münzen aus dem 2. Jh. kamen zu
Tage. Beim Landwirt Käsmacher ein Säulenstumpf mit attischer Basis aus rotem
Sandstein (Mitteilungen des Herrn Diakons Bernhard Lingnau zu Brauweiler).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Cornelü). Binterim u.Mooren,
E. K. L, S. 297.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Kirchenrenten von i576. — Kirchen-
rechnungen von 1624 ff. — Vgl. weiter Tille, Übersicht S. 12.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. i3.
Abbildungen: Photographie im Besitze des Herrn Daniel Hartzheim auf der
Junkerburg.
Der Ort Geyen wird zum ersten Male im J. 926 genannt (Lacomblet, U B. I,
Nr. io5 wohl irrtümlich Begina statt Gegina). Im J. 1279 erwirbt das Kölner Dom-
kapitel bereits das Patronat der Kirche (Lacomblet, UB. II, Nr. 724), die auch im
über valoris nach i3oo erwähnt ist (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 287). Das alte
Gotteshaus, grossenteils ein Bau des i7. Jh., wurde im J. i893 abgebrochen und durch
einen unter der Leitung des Architekten Theodor Ross aufgeführten Neubau ersetzt.
Die alte Kirche war ein plumper dreischiffiger Backsteinbau mit viereckigem,
in einen achtseitigen Schieferhelm endigenden Dachturm am Westgiebel. Nach der
Dachformation möchte man schliessen, dass auch ein Querschiff vorhanden war.
Der Chor war ganz aus Tuflfstein erbaut. An seiner Aussenseite waren unter
dem Kalkanstrich Spuren von Malerei zu erkennen. Vom Chorgewölbe stammen die
in der Turmhalle der neuen Kirche wieder zur Verwendung gelangten gothischen
Konsolen, von denen zwei ein einfaches Pflanzenomament zeigen, während die dritte
eine männliche Halbfigur, die vierte eine weibliche Figur darstellt, an deren Brüsten
zwei Schlangen saugen.
Unter dem südlichen Seitenschiff befand sich eine gewölbte Gruft, zu der eine
steinerne Treppe hinabführte. Das Schiff war zum Teil gewölbt und mit Stuck verziert
Vom Giebel des südlichen Seitenschiffes stammt ein unweit der vom Kirchhofe
zur Pastorat führenden Thür eingemauerter Stein mit einem Kreuze von archaischen
Formen und der Jahreszahl i639. Darunter die Wappen der Frenz und Hall von Monte-
broich. Die Jahreszahl giebt vielleicht einen Anhalt für die Erbauungszeit des Schiffes.
Aus der alten Kirche stammt femer ein frühromcUiischer cylindrischer Tauf-
stein aus rotem Sandstein von 9o cm Höhe und 45 cm Durchmesser, ohne alle
Kimstformen.
JUNKERBURG. Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter
IV, S. 9.
Abbildung. Eine alte Ansicht aus der Vogelperspektive enthält der Cod.
germ. i63S der Münchener Staatsbibliothek: Gülische Beschreibung, Welcher Gestalt
dieselbe zum Fürstenthumb ist erhoben worden (i723).
Die Burg war ein Lehen der Kölner Dompropstei. Im i7. Jh. hiess sie Canys-
Hof; möglicherweise war sie früher im Besitze einer Familie Canus, deren Name in-
dessen nach dem 1 6. Jh. nicht mehr begegnet (Strange a. a. O. S. 9). Junker von Geyen
treten in Urkunden erst seit dem J. i443 auf (Strange a. a. O. X, S. 73). Die ersten
gehören der Familie Joede an; im J. i526 ist Diederich von Redinghoven Burgherr und
ihm folgen in längerer Reihe die Herren von Frenz. Christina von Frenz, die einen
Diederich von Montebroich heiratete — dieser war i63o Junker von Geyen — , hinter-
liess die Burg ihrer Tochter Johanna Maria, die sie dem Johann Peter Grass von
Fliestedten zubrachte. Unter ihnen brannte der Hof im J. i664 ab. Aus der Zeit
i3o
GLEUEL
I3l
nach diesem Brande stammen die Gebäude. Im J. i784 kam das Gut durch Heirat junkerburg
an Emmerich Josef Freiherm Raitz von Frentz zu Kellenberg, dessen Enkel Richard
Raitz von Frentz die Burg im J. i856 an Anna Gudula Koenen verkaufte. Die gegen-
wärtigen Eigentümer sind die Geschwister Hartzheim.
Die obenerwähnte alte Abbildung zeigt zwei regelmässige Gebäudegruppen von Beschreibung
viereckigem Grundriss. Die eine — es ist die heute noch zum Teil erhaltene —
zeigt an den beiden vorderen und an einer der hinteren Ecken Türme. Die zweite
Gruppe besteht aus zwei langgestreckten parallelen Gebäuden mit Treppengiebeln.
Zwischen beiden in der Mitte der Vorderseite eine Thorburg.
Die noch erhaltene unregelmässig fünfeckige, von Weihern umzogene und stark
befestigte Anlage ist von stattlichem Gesamteindruck.
Das aus Backstein aufgeführte und verputzte Hauptgebäude zählt fünf Achsen
und hat ausser dem zu Tage liegenden Keller zwei Geschosse. Die Fenster sind
im Segmentbogen geschlossen. In der fünften Achse betritt man durch eine von zwei
mächtigen Thorbogen gebildete flach gedeckte Einfahrt den Hof.
Von den Befestigungsbauten sind nur mehr zwei Türme erhalten. Der
kleinere, ein mit Schiefsscharten versehener und mit einem unregelmässig pyramiden-
förmigen Pfannendach abgedeckter Rundturm liegt zur Rechten des in den Hof
tretenden. Das Kellergeschoss und das erste Stockwerk sind flachkuppelig gewölbt.
Der zweite Turm ist schräge über die linke Ecke des Hauptgebäudes gestellt.
Er ist ungleich breiter als der Rundturm, ebenfalls mit Schiefescharten versehen und
hat drei Fenster mit horizontaler Teilung. In einer Eckverstärkung führt eine Spindel-
treppe empor. Das Mauerwerk über den Fenstern ist jünger und schlechter.
Im Hausflur: Porträt eines Abtes mit nicht mehr erkennbarem Wappen und Porträt
der Inschrift: M. D. G. A. c. s. R. i. p. i7i6 (vielleicht Matthias, dei gratia abbas
CORVEYENSIS, SACRI ROMANI IMPERII PRINCEPS). [P.]
GLEUEL.
RÖMISCHE UND GERMANISCHE FUNDE. Beim Abbruch der alten
Kirche im J. i893 wurde eine beträchtliche Anzahl römischer Steine, zum Teil mit
Inschriften, zum Teil mit Skulpturen, gefunden. Einer hatte als Altarstein, ein zweiter
bei der Anfertigung eines gothischen Sakramentsschreines, verschiedene andere in
den Fundamenten Verwendung gefunden. Ausser zwei Grabsteinen, von denen nament-
lich der eines Reiters Erwähnung verdient, sind besonders ein Juppiteraltar und ein
dem Göttinnenpaar der Ahuekkanen geweihter Altar, femer eine grosse Matronen-
aedicula mit zwei übereinander angebrachten Reliefs hervorzuheben. Germanischen,
wahrscheinlich karolingischen Ursprungs sind zwei Grabsteine mit Kreuzen ; ein dritter
war von den Bauleuten der romanischen Periode als Kämpfer zurecht gehauen
worden. Sämtliche Fimde wurden für das Bonner Provinzialmuseum erworben (Inv.
Nr. 8785—8763). Vgl. dazu Klinkenberg in den B. J. LXXXXIV, S. i5i und Kisa
im Korrespondenzblatt der Wd. Zs. XII, S. 97.
K AT HOLISCHE PFARRKIRCHE(s. t. s. Dionysii Areopagitae). Binte-
RiM u. Mooren, E. K. I, S. 295. — Rosellen, Dek. Br. S. 3o3. — v. Stramberg,
Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 5o9.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Taufregister i735 ff., Eheregister i769 ff.
Kirchrechnungen i686/87 ff. — Lagerbuch von i728. Vgl. weiter Tille, Übersicht S. 12.
9«
i3i
Römische u-
germanische
Funde
Kftthol.
Pfarrkirche
l32
LANDKREIS KÖLN
Knthol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
tiirrtrytl' jri d2«rL*ft3
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 25.
Gleuel erscheint bereits im J. 898 in einer Urkunde König Zwentibolds als
Kirchort (Lacomblet, U B. I, Nr. 8 1 : Cloulo hobam salicam cum aliis XII et eccle'sia).
Im J. 1 297 dotiert Gerard von Xanten eine von ihm im Dom gestiftete Vikarie mit Grund-
besitz in parrochia de Gluele (Lacomblet, UB. II, Nr. 974). Desgleichen verzeichnet
der über valoris (nach i3oo) Gleuel als Pfarrort (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 287).
Das Kollationsrecht besass der Kölner Dompropst (Dumont, Descriptio S. ii).
Die alte Kirche wurde im J. i893 abgebrochen. Sie war im Lichten 25,5 m
lang und i4,5 m breit und bestand aus einem romanischen Langhause vom Typus
der Pfeilerbasilika und aus
dem gleichzeitig mit der
Sakristei, wahrscheinlich im
i7. oder i8. Jh. errichteten,
durch drei Seiten des Acht-
ecks abgeschlossenen Chor
(Fig. 59 u. 6o; die romani-
schen Partieen sind imGrund-
risse schwarz angelegt). Das
romanische Mauerwerk be-
stand in der Hauptsache aus
Tuff und Grauwacke; stellen-
weise waren auch römische
Ziegel wieder verwendet.
Zum Baue des Chores und
der Sakristei wurde Back-
stein benutzt; nur zu den
Gliederungen und dergl.
-jj"" nahm man Sandstein und
Trachyt.
Ursprünglich lag der West-
turm wahrscheinlich frei. Das
Langhaus hat vermutlich an-
fangs auf der Höhe der Ost-
mauer des Turmes abge-
schlossen; die Verlängerung
Fig. 59. Gleuel. Ansicht und Einzelheiten der abgebrochenen Pfarrkirche, der Seitenschiffe gegen Wes-
ten und damit zugleich die
Umbauung des Turmes scheint ein paar Jahrzehnte später stattgefunden zu haben;
wenigstens sprechen dafür die reicheren Formen der Pfeilergesimse in den westlichen
Teilen. Jedes der drei Schiffe hatte ursprünglich ein Dach für sich und der Ober-
gaden war von rundbogigen Fenstern durchbrochen. In späterer Zeit — vielleicht
im i7. oder i8. Jh. — wurden die Seitenschiffe erhöht, mit grösseren Fenstern versehen
und mit dem Hauptschiffe, das an Stelle der flachen Decke ein hölzernes Tonnen-
gewölbe erhielt, unter einem grossen Schleppdache vereinigt. Damals wurde vermut-
lich auch der neue Chor, wie die Sakristei erbaut und die Krypta, die sich unter
dieser befand, verschüttet.
Der nicht sehr hohe, vierseitig abgedeckte Westturm ruhte nach dieser Er-
weiterung auf drei miteinander in der Längs- und Querrichtung durch breite Gurt-
l32
GLEUEL
l33
bögen verspannten Pfeilerpaaren innerhalb der Hauptschiffbreite, während als Träger
des Obergadens besondere rechteckige Pfeiler mit geringerer Kämpferhöhe in unregel-
mässigen Abständen angeordnet waren. In der Ostmauer des Südschiflfes, wahrschein-
lich ursprünglich auch in der des Nordschiffes, war eine kleine Nische angebracht.
Der an den Ecken durch Strebepfeiler abgestützte Chor bestand aus einem recht-
eckigen, von einem Kreuzgewölbe überspannten Joche imd aus dem polygonalen,
ebenfalls gewölbten Chorschlusse. Auch die nordwärts des Chores angebaute Sakristei,
aus der ein paar Stufen in einen unterirdischen Raum, angeblich eine Krypta, führten,
hatte ein Kreuzgewölbe.
Vor dem Abbruche der alten Kirche wurde in den J. i89i — 1892 nach Plänen
des Baumeisters Busch ein Neubau aufgeführt. Die Ausstattung ist fast durchwegs neu.
Aus der alten Kirche stammen folgende Grabsteine:
— ♦- 4---I 4- — ■»■ -
Lüi
Kathol.
Pfarrkirche
Skulpturen
Fig. 60. Gleuel. Grundriss der abgebrochenen Pfarrkirche.
1. Grabstein des Conrad Dubuss mit folgender Inschrift: anno i72 1 ii. aprilis
OBIIT ADMODUM REVERENDUS DOMINUS CONRADUS DUBUSS, PROFESSUS VETERIS
CAMPI, HUIUS MONASTERII IN ANNUM l6. CONFESSARIUS, AETATIS lloll R. I. P.
2. Grabstein der Äbtissin Anna Gertrud Coenen. Die Inschrift lautet: anno i753
29»>* 9 BRIS OBIIT ADMODUM REVERENDA ET PRAENOBILIS DOMINA ANNA GIRTRUDIS
COENEN, HUIUS LOCI ABBATISSA, ANNO AETATIS 7 I, REGIMINIS l4.
Beide Grabsteine stammen wahrscheinlich aus Kloster Burbach (s. unten).
Barocke Gruppe der Schmerzensmutter mit lebensgrossen Figuren, Holz.
Über die beim Abbruch der alten Kirche gefundenen römischen Skulpturen
vgl. oben. Einer der Steine hatte als Umrahmung eines spätgothischen Sakraments-
schreines gedient und war an der Rückseite dementsprechend behauen worden.
(Bonn, Provinzialmuseum.)
Monstranz, von vergoldetem Silber, 62 cm hoch, mit sechsteiligem, oval ge-
schweiftem Fuss mit Amethystbesatz. Der Glascylinder, der die von zwei knieenden
Engeln getragene Lunula schützt, ist von sehr kompliziertem Strebewerk umgeben,
in dem die Figürchen der hh. Walburgis und Helena, darüber die der hh. Dionys
Monstranz
i33
i34
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Kelch
Glocken
Burg
Geschichte
Beschreibung
und Sebastian angebracht sind. Über der flachen Kuppe erhebt sich ein Baldachin,
der ein Madonnenstatuettchen enthält und in ein Kreuz endigt, an dessen Vorder-
seite Christus, an dessen Rückseite abermals die Madonna befestigt ist. — Schau-
münzen vom 16. Jh. an. — Gute Arbeit des ausgehenden i5. Jh.
Silberner Kelch, i3 cm hoch, mit siebenteiligem Fusse, an dem das Wappen
der Familie von Colin angebracht ist. 1 7. Jh.
Glocken. Die Inschrift der grösseren von i5o9 lautet: s. dionisius heischen
ICH, GODDES KYNDER ROYFFEN ICH, DES DYVELS LIST VERDRYVEN ICH. GREGORIUS VAN
TRIER GOYS MICH ANNO DOMINI XV«IX.
Die zweite trägt folgende Inschrift: anno salutis i678 die 20. octobris ad
LAUDEM ET HONOREM SANCTISSIMAE TRINITATIS, BEATISSIMAE VIRGINIS MARIAE, SANC-
TORUM SEBASTIANI, LAURENTII, ANTONII, CATHARINAE, URSULAE ET SOCIAROM (SO)
ME FECIT JOANNES BOURLET.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 29o. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius
3. Abt. XII, S. 5o9. — V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IV,
S. i7. — Lacomblet, Archiv N. F. I, S. 388.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Belehnungsurkunden
von iS7i an.
Die Besitzer der Burg nannten sich nach dem Orte und waren Lehensträger
der Kölner Dömpropstei. Der erste, der in einer Urkunde erscheint, ist Gerard van
Gleuelim J. 1260 (Lacomblet, UB. II, Nr. 496). Sein Geschlecht bleibt bis ins 16. Jh.
mit dem Gleueler Burghaus eng verknüpft. Nach ihm erhält die Familie Schall von
Bell die Burg zu Lehen, bis sie im Anfange des 1 7. Jh. an die Patrizierfamilie von Cöln
gelangt. Im J. i73o wird das Kölner Domkapitel durch Erbkaufvertrag Eigentümer
dieses Rittersitzes. Nach der Säkularisation erwarb ihn die Familie Feiten. Die gegen-
wärtige Eigentümerin ist Fräulein Therese Feiten.
Das Burghaus, das, wie ein in einem Giebel eingemauerter Stein meldet,
im J. i632 — wahrscheinlich von Johann von Colin — aufgeführt wurde, ist ein ein-
facher verputzter Backsteinbau, der aus zwei im rechten Winkel aneinander stossenden
zweigeschossigen Flügeln von ungleicher Stockwerkhöhe besteht. Seitwärts schliessen
sich die mit dem Herrenhause zusammen einen grossen viereckigen Hof umgebenden
Wirtschaftsgebäude an. Die Weiher sind noch teilweise erhalten.
Der seine Breitseite der Strasse zukehrende ' Flügel ist sechsachsig, nach der
mit einem abgetreppten Giebel endigenden Schmalseite zu zweiachsig. Die Unter-
mauern sind geböscht, die Fenster mit Hausteinbänken versehen. An der Hofseite
erhob sich vordem an Stelle des gegenwärtigen Anbaues ein Turm.
Wie dieser Flügel, so liegt auch der zweite unter einem sattelförmigen Schiefer-
dach, doch ist dieses nach der einen Seite abgewalmt. Der zweite Flügel ist an
der Schmalseite zweiachsig, an der Breitseite vierachsig, die Fenster sind sehr gross,
horizontal und vertikal geteilt, doch ist ihre Anordnung hier später wesentlich ver-
ändert worden.
Im Inneren ist nur noch der sogenannte Rittersaal, ein grosser, jetzt landwirt-
schaftlichen Zwecken dienender Raum bemerkenswert. An der offenen, reich mit
Stuckornamenten ausgestatteten Decke sind die Wappen der Herren von Colin und
der von Mülheim angebracht.
Die langgestreckten Wirtschaftsgebäude entstammen dem vorigen und diesem
Jahrhundert. Sie sind zum Teil aus Fachwerk errichtet. Zur Abdeckung wurden
überwiegend Ziegel verwendet.
i34
GLEUEL
l35
BURG SCHALLMAUER. Rosellen, Dek. Br. S. 295. ~ v. Stramberg, Burg
Rheinischer Antiquarius 3. Abt XII, S. 5io. — v. Mering, Geschichte der Burgen
in den Rheinlanden I, S. I29 u. IV, S. i7.
Die Burg, ursprünglich nach dem hier vorhandenen, den von Schall gehörigen Ge«chichie
Moorboden Schallmoor genannt, war eine Besitzung des Kölner Domstiftes. In der
2. H. des i6. Jh. liess der kölnische Vice - Domdechant und spätere Chorbischof
Friedrich Herzog zu Sachsen-Lauenburg hier ein Lustschloss für die Dompröpste er-
bauen, das imj. i673 abbrannte. Das Domkapitel verlieh hierauf Burg und Hof den
Brüdern Christoph Friedrich und Johannes von Geyr, deren Erbe Rudolf Adolf im
J. i7i4 das jetzige Burghaus angeblich unter Leitung des Bonner Schlossbaumeisters
(Leveilly ?) aufführen liess. Durch Erbschaft und Heirat kam dann das Gut nach-
einander an die Familien von Siersdorf, von Braumann, von Bianco, dann an die
Herren Essingh, Kürten und Mismal. Der gegenwärtige Besitzer ist Herr Graf
Gisbert Egon von Fürstenberg-Stammheim.
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Fig. 61. Gleuel. Burg Schallmauer,
Situadonstkizse .
Fig. 62. Gleuel. Burg Schallmauer, Romanischer Löwe
aus Kloster Burbach (gegenwärtig in Köln).
Ein Weiher umfliesst im weiten Umkreis das zierliche Häuschen, zu dem man Beschreibung
von den nach einem Brande erneuerten Wirtschaftsgebäuden über eine kugelbelegte
Brücke gelangt (Fig. 6 1 ). Es ist nach der Vorderseite zwei-, nach den übrigen Seiten
dreigeschossig und zählt an den Breitseiten drei, an den Schmalseiten zwei Achsen.
Das aus Backstein aufgeführte Gebäude ist verputzt; Fenster und Thüren haben
Hausteinumrahmungen. Das Schieferdach ist nach zwei Seiten abgewalmt.
Zwei romanische Löwen (Fig. 62), die sich ehedem zu Schallmauer befanden,
sind gegenwärtig im Besitz des Herrn Domkapitulars Schnütgen in Köln. Sie stammen
mutmasslich aus Kloster Burbach (s. oben).
HORBELL. Res ELLEN, Dek. Br. S. 297. — v. Stramberg, Rheinischer Anti- Horbeii
quar. 3. Abt. XH, S. 5 06. — v. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IV,
S. i7 u. X, S. 16.
Horbell war ein Lehen der Kölner Dompropstei; im i4. Jh. waren die Ritter Geschichte
von Fischenich damit belehnt (Fahne, Geschichte der Geschlechter I, S. 100). In
ihren Händen blieb das Gut bis ins 1 6. Jh. ; im J. 1 5 1 9 empfing es der Ritter Vincenz
von Schwanenberg zu Lehen (v. Mering a. a. O. S. 6). Schon bald darauf, im J. i55o,
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i36
LANDKREIS KÖJ.K
Horb eil finden wir Erasmus Schall von Bell auf dem Gute, nach ihm Angehörige des Ge-
schlechtes von der Horst. Im J. 1601 bemächtigte sich Wilhelm von Flodorff zu Leuth
mit List und Gewalt des Hauses Horbell, das sich damals im Besitze des Johann
von Scharfenstein genannt Pfeil befand (Zs. des Bergischen Geschichtsvereins XVI,
S. 2i7). Ein Angehöriger desselben Geschlechtes, Konstantin Gereon, erbaute im
J. 1 7 1 3 das jetzige Burghaus (vgl. die Inschrift am Portal). Von den Wirtschafts-
gebäuden trägt der Nordostflügel in Eisenankern die Jahreszahl i7oo; doch sind gleich-
zeitig mit ihm wohl auch die anderen Trakte erbaut worden. Im J. i75o kam das
Gut an Johann Wilhelm von Lüning, von diesem kaufte es fünfzehn Jahre später das
Kölner Domkapitel. Zu Beginn des Jahrhunderts erwarb Baron Dubois de Bianco den
Besitz. Die gegenwärtige Eigentümerin ist seine Tochter, die Gräfin Adhemar du
Val de Beaulieu. Im J. i895 hat sie einen Teil des Nordostflügels wegen Baufälligkeit
abbrechen lassen.
A''"t""l
4..^.
Fig. 63. Gleiiel. Horbell, Grundr»s.
Beschreibung Malerische Gruppe von unregelmässigem Grundriss (Fig. 63) mit bedeutender
Weiheranlage. Die einzelnen Gebäude und Gebäudeteile stammen im wesentlichen
aus den ersten Jahrzehnten des 1 8. Jh. (s. oben) ; nur die prachtvollen Kellermauern
und Gewölbe des Herrenhauses sind noch mittelalterlich; mächtige, meist rechteckige
Pfeiler tragen die Gewölbe, die zum Teil kreuzförmig, zum Teil tonnenförmig gebildet
sind. In die Aussenmauem sind Schiefsscharten eingeschnitten.
Der Oberbau ist, wie die Inschrift des Portalschlulssteins meldet, im J. i7i3
aufgeführt worden: ein stattlicher neun Achsen breiter und zwei Geschosse hoher
Ziegelsteinbau, zu dessen reichem Portal gegenwärtig eine zweiläufige aus Resten eines
Brückengeländers hergestellte Freitreppe emporführt. Das Dach ist nach den Schmal-
seiten abgewalmt.
Das Portal ist als Schmuckstück der Fa^ade gedacht. Den eigentlichen in
Rustika behandelten Thorbogen umrahmen zwei gleichfalls rustizierte Pilaster, über
die ein horizontales Gebälk läuft. Den Abschluss nach oben bilden flachrunde Giebel-
i36
r.LEUEL
i37
ansätze, zwischen denen, auf dem Gebälk sitzend, zwei Löwen das Pfeil von Scharffen-
stein-Hettingersche Allianz wappen halten.
Die Thürrahmen sind aus Trachyt hergestellt
Das Innere birgt noch einige Reste früherer Pracht. Hervorzuheben sind be-
sonders mehrere Stuckdecken. Die des Speisesaals mit der Jahreszahl i7i7 weist
breite aus freier Hand geformte Ranken- und Spiralenornamente, Eichenfestons und
andere vegetabilische Schmuckformen auf. Das Mittelfeld enthält zwei sitzende Löwen
mit Phantasiewappen.
Im Erdgeschoss wie im oberen Stockwerk finden sich dann noch mehrere kleine
Stuckplafonds, unter anderen einer mit offenem Balkenwerk. Das Ornament ist nirgends
sehr zierlich, aber immer frei und breit hingesetzt. Von ähnlicher Art ist das Ornament
an mehreren Kaminen.
Holztreppen mit Säulengeländer.
si^-i.
Horbell
Inneres
Fig. 64. Oleucl. Horbell, Wirtschaftst;ebäude.
Die frühere wertvolle Inneneinrichtung, bestehend aus einer grösseren Anzahl Einrichtung
alter Gemälde und Kupferstiche, aus alten Möbeln, Marmorvasen, Porzellan, meistens
Arbeiten aus dem i7. und i8., teilweise auch aus dem i6. Jh., hat die gegenwärtige
Eigentümerin, Frau Gräfin Adhemar du Val de Beaulieu, auf ihre belgischen Besitzungen
bringen lassen. Die jetzige Einrichtung gehört dem Pächter Herrn Theodor Fühling.
Zu erwähnen sind folgende Stücke:
Holländischer Schrank, aus Nordbrabant, oben dreiteilig, unten zweiteilig, um
1600 verfertigt.
Im Speisesaal: Ehemals dreiteiliges Bild eines verwälschten Niederländers in Gemälde
der Art des Bemard van OrUy\ jetzt zusammengesetzt. Holz, etwa 60 cm hoch, 1,10 m
breit. In der Mitte Anbetung der heiligen drei Könige. Maria sitzt an einer Säule,
Joseph lehnt hinter ihr. Der erste König bringt knieend dem Kinde seine Gabe dar,
die beiden anderen stehen links und rechts. Der ganze Vorgang spielt in der
Ruine einer Renaissance-Halle. Auf dem linken Flügel ist die Anbetung der Hirten,
auf dem rechten die Beschneidung dargestellt. Koloristisch sehr gutes, aber leider
stark übermaltes Bild. Die gleiche Komposition wiederholt sich öfters.
i37
i38
LANDKREIS KÖLN
Wirtschafts-
gebäude
Horbcii Zwei Gemälde mit allegorischen Darstellungen: i. Fama in reichem Kleide
mit einer Tuba auf einem Elephanten nach rechts reitend, vorn am Wege eine Frau
in geistlicher Tracht. Unten die Inschrift:
FAMA MET HUER GHELUYDE GROOT,
DIE REGUEERT LANGHE NAAR DIE DODT.
2. Eine Frau auf einem Einhorn (Castitas?) schleudert einen rohrähnlichen
Gegenstand gegen einen am Boden sitzenden Amor. Die Inschrift heisst:
ALS STERCKHEIT COMPT MET SYN GHEWELT,
SO WORT WUCKHEID TER WEDER GHEPELT.
Holz, 5o cm hoch, 35 cm breit. Trockene Arbeiten eines Holländers um 1800.
Die Wirtschaftsgebäude (Fig. 64) umgeben den Hof in dreiflügeliger Anlage.
Eine Thorhalle mit einem Fachwerkoberbau und geschwungen-sattelförmigem Schiefer-
dach gewährt Einlass. Der nordwestliche, wie der nordöstliche Flügel haben im Ober-
geschoss vortretende Holzgalerien mit flachem Säulengeländer. Die Ecken sind durch
schräg gestellte viereckige Türme, die mit den Wirtschaftsgebäuden unter einem Dache
liegen, befestigt Das Südtürmchen kommt im Grundriss nicht ganz zum Ausdruck.
Am Nordtrakt ist in Eisenankem die Jahreszahl i7oo angebracht
Bruchstücke gothischer Säulen und Kapitale, sowie reich ornamentierte barocke
Architekturteile, ein Weihwasserbecken u. s. w. stehen und liegen in den Weihern imd
Wirtschaftsgebäuden, zum Teil den profansten Zwecken dienend, umher.
Vogts bell Das östlich von Horbell gelegene Gut Vogts bell war im J. i567 im Besitze des
Kölner Bürgermeisters Wasserfass. Seine Tochter Katharina heiratete den Johann von
Scharfenstein, genannt Pfeil. Dieser beider Sohn Gerard vereinigte Bell und Horbell
in seiner Hand (s. oben). Die alten Gutsgebäude brannten am Ausgange des 18. Jh.
nieder. Beim Neubau wurden die alten Fundamente zum Teil wieder verwertet
BURG ALDENRATH. Rosellen, Dek. ßr. S. 293. — v. Stramberg,
Rheinischer Antiquarius 3. Abt XII, S. 5x2. — v. Mering, Geschichte der Burgen
in den Rheinlanden IV, S. i7.
Aldenrath war ein Lehen des Kölner Dompropstes. Ritter von Aldenrode
werden seit dem i3. Jh. wiederholt genannt Im J. 1S21 ging die Burg von ihnen
durch Heirat auf die Familie Wolff"- Mettemich über. Adam von Wolff"- Mettemich
erbaut im J. i558 (Inschrift vgl. unten) das Burghaus. Irmgard, aus derselben Fa-
milie, bringt das Gut dem märkischen Junker Flans in die Ehe; im J. i6S5 wird Wolter
Franz Graf von Geul, Freiherr von Hoensbroech, der eine Flans geheiratet hatte,
damit belehnt Im J. i683 verkauft dessen Sohn Aldenrath an Johann von Draens-
dorf, aus dessen Familie es durch Heirat im J. i74o an Kornelius Joseph von Heins-
berg gelangt. Durch Erbschaft und Heirat wird im J. i77o Hermann Joseph von
Mylius Besitzer. Sein Sohn Karl Joseph Hess im J. i836 das Dach des Hauses und
der Burg erneuern. Gegenwärtig ist das Freifräulein Antonia von Mylius Eigentümerin.
Be«chreibung Das aus Backstein aufgeführte Burghaus (Grundriss und Ansicht Fig. 65), das
von einer durch Strebepfeiler abgestützten Mauer und von einem Weiher umzogen
wird und von den neuen Wirtschaftsgebäuden vollkommen getrennt liegt, besteht aus
zwei auf nahezu quadratischen Grundrissen errichteten Gebäuden, die rechtwinklig zu
einander angeordnet sind. In der einspringenden Ecke zwischen ihnen erhebt sich
der massige Turm.
Beide Gebäude haben ausser dem zum Teil oberirdischen Keller noch drei
Geschosse. Die grossen rechteckigen Fenster sind nicht ganz regelmässig verteilt, doch
ist das grössere Gebäude als dreiachsig, das kleinere als einachsig zu bezeichnen;
Burg
Aldenrath
Geschichte
i38
GLEUEL
l39
jenes liegt unter einem nach zwei Seiten abgewalmten, dieses unter einem zeltförmigen Barg
o !-• r j i_ Aldenr«th
Schieferdach.
Der Turm beginnt vierseitig, doch sind die äusseren Kanten schon ein wenig
über der Thürhöhe abgeschrägt. Er überragt das Burghaus um ein Geschoss imd
schliesst mit einem Kleeblattbogenfries imd einem Zinnenkranz (im J. l836 hinzuge-
fügt, vgl. oben) ab. Ehedem war er von einem spitzen Helme gekrönt.
.^l't
Fig. 65. Gleuel. Aldennith, Herrenhaus der Burg.
Eine Freitreppe führt zu dem rechtwinkelig umrahmten Portal, dessen Ober-
schwelle die Jahreszahl i836 trägt. Der darüber eingemauerte alte Sturz zeigt in
der Mitte einen Cherub, darüber die Inschrift anno domini i558 und zu beiden
Seiten die Wappen des Adam von Wolff- Metternich und seiner Frau Elisabeth von
Boenen.
In den Zimmern Familienporträts aus dem i6., i7. und 1 8. Jh. Porträts
Sopha mit Wappengobelin von iS6o. [P.] Wappengobeiku
i39
i4o
LANDKREIS KÖLN
Römische
Kunde
Kathol.
Kapelle
Gitschichte
Beschreibung
Skulpturen
GODORF.
RÖMISCHE FUNDE. Der mittlere Arm der Köln- Bonner Strasse berührt
Godorf. Südlich des Ortes vereinigt er sich mit dem Ostarme. Vgl. femer B. J. LXIII,
S. I u. 4 u. LXXIX, S. 25.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Catharinae). Rosellen, Dek. Br.
S. 362, 375 u. 6o2.
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv zu Köln: Abschrift der Gründungs-
urkunde in den Farragines des Gelenius XIV, S. 642.
Der Ortsname Godorf (Gudegedorp) tritt uns zum ersten Male in einer Urkunde
des J. ii73 entgegen (Lacomblet, UB. I, Nr. 445). Im J. i422 errichteten die Ein-
wohner des Dorfes eine Kapelle (Gelenius, Farragines a. a. O.). Im J. i7i2 wurde
ein Primissariat, im J. 1828 eine Vikarie gegründet.
Der jetzige Bau wurde im J. 1 889 an Stelle des älteren nach einem Plane des
Baumeisters Kremer in gothischem Stile aufgeführt.
Von der Ausstattung sind nur wenige Stücke alt: Reliquienbüste der h. Ka-
tharina, mit radförmiger Brustöflhung, neu polychromiert, i5. Jh.
Barocker Kalvarienberg mit überlebensgrossen Figuren.
H. Sebastian, bekleidet, in der Rechten die Märtyrerpalme, in der Linken
eine Keule. Barock. [P.]
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Vortragekreuz
Gemälde
Glocken
GROSS-KÖNIGSDORF.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Sebastiani). Rosellen, Dek.
Br. S. 168.
Im J. 1S18 wurde in Gross- Königsdorf eine Kapelle gestiftet (Urkunde im Pfarr-
^rchiv zu Buschbell), die von Buschbell versehen ward. Im J. i8i3 erwies sich der
Neubau des Schiffes als notwendig. Nach der Vollendung der neuen Kirche wurde
die Kapelle im J. 1881 abgebrochen.
Sie war ein schlichter Backsteinbau, aus zwei Teilen, dem Schiffe und einem
kleinen viereckigen Chörchen bestehend, das mit Schiefer gedeckt war, während das
Schiff ein Pfannendach besass, über dem sich ein kleiner Dachreiter erhob.
Im Inneren waren beide Räume flach gedeckt.
Die neue Kirche wurde nach Plänen des Baumeisters Wiethase in spätgothischen
Formen errichtet; im J. i879 war der Bau vollendet.
Die Ausstattung ist neu; aus der alten Kapelle stammt nur ein kupfernes Vor-
tragekreuz desi5. Jh.
Zwei Altarflügel, die wahrscheinlich aus der Klosterkirche stammen und von
da in die Kapelle kamen, befinden sich gegenwärtig in der Sammlung des Herrn
Domkapitulars Schnütgen in Köln. Es sind grosse 2,42 m hohe und 0,82 m breite
Holztafeln aus der Schule Barthel Bruyns mit den Darstellungen der Verkündigung
und Geburt Christi. Sie wurden in den achtziger Jahren durch Maler Batzeni in
Köln restauriert.
Die Glocken tragen die folgenden Inschriften:
1. DA (statt ad) GLORiM (statt gloriam) dei iohann lehr me fecit coloniae
i665. Sie diente ehemals als Armesünderglocke im Kölner Dom.
2. MELCHIOR PETR. L HANSEN DURCH GOTTES GNADE GOS MICH ANNO 1 737.
l4o
GROSS-KÖNIGSnORF
I4l
RosELLKN, Dek. Br. S. 1 7o. — Mercure du
Mersseus, Electorum ecclesiasticorum cata-
KLOSTER KÖNIGSDORF,
departement de la Roer i8i3, S. i97. -
fogus S. 46.
Handschriftl. Qu, Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses, Bl. 182.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: io9 Urkunden von ii36 — 1726, darunter
16 aus dem 12. Jh. — Kopiar des 16. Jh., enthaltend Renten- und Pachtbriefe. —
Besitzakten vom Beginn des 16. Jh. — Rentenbuch i7. Jh. — Vgl. weiter Ilgen, Rhein.
Archiv S. io9.
In der Königl. Bibliothek zu Brüssel: Fundatio monasterii Koenigsdorf prope
Coloniam (Cod. lat. 8565).
Kloster
Königsdorf
|H-^-
-< — t — — t — I 1 — I — w»
Fig. 66. Kloster Königsdorf.
Die wichtigste Quelle für die ältere Geschichte des Klosters ist die Brüsseler Geschichte
Handschrift aus dem i7. Jh. Ihr zufolge ist das Kloster eine Stiftung Karls des Grossen,
der es im J. 778 auf der Rückkehr von einer zu Düren abgehaltenen Reichsversamm-
lung ,in loco suae venationis, quod ab antiquo fanum dicebatur* gegründet habe.
Das Kloster, dessen Kirche der Gottesgebärerin Maria geweiht war, wurde der Regel
des h. Benedikt unterstellt. Der Ort hiess seit dieser Zeit villa regis, Königshof.
Im J. 881 wurde das Kloster von den Normannen gänzlich zerstört. Lange
Zeit lag es in Schutt und Trümmern, bis im J. 935 Giselbert Herzog von Lothringen
und Gerberga, Ottos I. Schwester, die fromme Stiftung erneuten. Sie besetzten das
Kloster mit Nonnen aus S. Maria im Kapitol.
Im J. iio3 (Randbemerkungen geben die Jahreszahlen io33 und i3o3) starben
sämtliche Nonnen an der Pest, das Kloster wurde darauf an die Abtei S. Pantaleon
übertragen und von dort aus mit Mönchen besetzt. Nachdem dreissig Jahre später
i4i
I42
LANDKREIS KÖLN
Kloster die Pcst abermals sämtliche Klosterinsassen hinweggerafft hatte, schickte der Abt
ön»gt or ^^^ g Pantaleon Mönche und Nonnen seines Klosters nach Königsdorf: monachi
superiorem chorum, moniales vero sub campanili canendi locum obtinebant. Seit dem
J. II 58 hatten die Nonnen den alleinigen Besitz des Klosters, das zuletzt dem Abte
des Benediktinerstiftes in M.-Gladbach unterstand. Im J. 1802 fiel es der Säkulari-
sation zum Opfer, die Kirche und ein Teil der Gebäude wurden abgebrochen, die
übrigen samt dem dazu gehörigen Grundbesitze schenkte Napoleon an den General
Georgon. Dieser verkaufte das Gut an den Kölner Kaufmann Hamm, von dem es
im J. 1823 Theodor Freiherr von Fürstenberg- Heiligenhoven erwarb. Der gegenwärtige
Besitzer ist Herr Fritz Freiherr von Fürstenberg- Heiligenhoven auf Schloss Heiligen-
hoven bei Lindlar.
Beschreibung VoH der einst ziemlich
umfangreichen Anlage sind
nur ganz spärliche Reste er-
halten, und auch diese sind
arg verbaut und verwahrlost.
Bemerkenswert sind zwei
hallenartige Räume des
i5. Jh., die vielleicht ehemals
als Refektorien dienten:
Der eine der beiden Räume
(Fig. 66), ganz verwahrlost
und durch Zwischenmauern
geteilt, umfasst dreimal zwei
rechteckige von Kreuzgewöl-
ben tiberspannte Joche. Als
Freistützen dienen ein recht-
eckiger und ein viereckiger
Pfeiler. Die Gurte haben
abgefaste Kanten.
Ein zweiter ähnlicher
Raum (Fig. 67) ist etwas
besser erhalten, trotzdem
oder weil er gegenwärtig
als Stall dient. Er umfasst
zwei ungleich breite Schiffe
von je vier von Gratgewöl-
ben überdeckten Jochen. Drei achteckige Freipfeiler nehmen in der Mitte die
breiten rundbogigen Gurtbögen auf. Zwei viereckige Fenster haben noch die alte
Vergittenmg.
Der zuerst geschilderte Raum liegt in einem vielachsigen kastenförmigen Bau
des 18. Jh. Auch die übrigen Gebäudereste stammen erst aus dem i7. u. 18. Jh., u. a.
ein Thorbogen mit der Inschrift anno i672 im Schlufsstein, und eine kleine Thor-
burg mit Mansardenschieferdach und breitem Korbbogen mit Triglyphen und deko-
riertem Schlufsstein, der die Inschrift 1 787 trägt.
Im Garten ein Stein mit Doppelwappen. Darunter die Inschrift: baronissa
VON BOECOP, BARONISSA VON ZALANDT, links PROFESSIONIS, rechtS ISABELLA. DaS
übrige ist nicht mehr erkennbar.
Fig. 67.
1991.
Kloster Königidorf.
l42
GROSS-KÖNIGSDORF
I43
In einer Einblendung der südlichen Klostennauer steht ein Kalvarienberg
mit den lebensgrossen Figuren des Gekreuzigten mit Maria und Johannes (Fig. 68).
Über die Erzählung, die sich an diese Gruppe knüpft, vgl. Rosellen a. a. O. S. i73,
der indessen irrtümlicherweise annimmt, dass sie nicht mehr existiere.
Am bedeutendsten wohl Christus. Der Ausdruck des Schmerzes ist durchaus
vornehm : der Mund ist ein wenig geöffnet, so dass die Zähne noch sichtbar werden,
die Augen sind geschlossen, der Kopf selbst ist leise gegen die rechte Schulter ge-
neigt. Die Muskulatur ist namentlich an den Armen sehr stark betont, der Brustkorb
tritt jedoch nur massig vor und auf die Schwingung des sehr schlanken Körpers ist
ganz verzichtet Sehr fein ist das Lendentuch behandelt.
Kloster
Königsdorf
Kalvarienberg
Fig. 68. Kloster Königsdorf. Kalvarienberg.
Maria ist eine monumentale Gestalt von grossen, vollen Formen. Die Hände
vorne gekreuzt, blickt sie in ruhigem Schmerze vor sich hin. Besonders schön ist
die Gewandbehandlung.
Johannes ist in bewusstem Gegensatz zu dieser durchaus ruhigen Gestalt viel
bewegter dargestellt. Der Kopf, von dem reicher, meisterhaft behandelter Locken-
schmuck herabwallt, wendet sich energisch dem Heiland zu, die Hände sind geöffnet,
der Faltenwurf ist reicher kräftiger.
Vortreffliche Arbeit aus dem ersten oder zweiten Jahrzehnt des 1 6. Jh., von
Eichenholz, ursprünglich polychromiert, aber leider gänzlich überschmiert.
Links und rechts vom Kalvarienberg Bruchstücke von steinernen Heiligenfiguren
und Genien des i7. und i8. Jh.
i43
l44 LANDKREIS KOLK
Königshof KÖNIGSHOF. Rosellen, Dek. Br. S. i67. — Mercure du döpartement de
la Roer i8i3, S. i97.
Beschreibung Karl der Giosse soll in der Gegend des heutigen Gross - Königsdorf ein Jagd-
schloss besessen haben; von diesem Baue rührte angeblich noch ein grosser Turm
her, der erst zu Anfang unseres Jahrhunderts abgebrochen wurde. Claessen beschreibt
ihn im Mercure (a. a. O. S. i97) folgendermassen : on voyait meme, il ya peu d'annees,
sur le cöte gauche de la route qui conduit de Cologne ä Bergheim, ä une distance
d'environ i5 ä i6 metres, une tour massive, dont l'architecture paraissait se rapporter a
ces tems du moyen äge. Selon toute vraisemblance cette tour faisait partie du chäteau
dont nous parlons. Elle avait quatre ou cinq etages; au rez-de-chaussde se trouvait
une chapelle. Un escalier en pierre, artistement construit, conduisait aux divers
etages : le demier etait termine par une gallerie. Plusieurs ouvertures de forme ronde,
pratiquees dans le mur, offraient a l'oeuil du spectateur la vue la plus agreable. On
remarquait au pied de cette tour les traces d'un pont-levis; les enfoncemens de ter-
rain qui se trouvent encore dans le voisinage fönt presumer que ce chäteau avait kt6
anciennement environne de fosses remplis d'eau.
Nach dieser Beschreibung ist es wenig wahrscheinlich, dass der Turm einem
Baue der karolingischen Zeit angehörte. Einige Blöcke, die angeblich von der Stiegen -
anläge herrühren, befinden sich auf dem Frohnhofe zu Klein- Königsdorf (s. unten).
HERMÜLHEIM.
Rosellen, Dek. Br. S. 3io.
Römische „
Funde ROMISCHE FUNDE. Eine von Neusserfurth kommende römische Strasse
berührte auch Hermülheim (B. J. LXXIII, S. i). Nahe der Burg kreuzt der grosse
Eifelkanal den aus der Quellgegend des Hürther Baches kommenden Hürther Kanal.
Er führt östlich an Fischenich vorbei auf Hermülheim zu und begleitet durch den
Ort die Bonner Strasse. Im Hofe des Landwirtes Schilling liegt das Kanalgewölbe
offen. Im Burgweiher sah man früher eine Piscina für die verschiedenen Kanäle
(B. J. LXXV, S. 4 u. LXXX, S. i5 ff.). Vgl. darüber ferner Ann. h. V. N. XXXVII,
S. 67 u. I02. Am südlichen Landpfeiler der Brücke, die über den Burgweiher führt,
sind Teile des aus Basaltgusswerk bestehenden Fundamentes einer anderen Wasser-
leitung sichtbar, die von Hermülheim nach Köln führt Das Profil des Hürther
Kanals liegt an dem südlich der Grube Theresia nach Hürth führenden Wege zu
Tage. Eine andere Zuleitung, der Stotzheimer Kanal, wurde bei Alstädten aufgedeckt
Vgl. dazu die ausführliche Darstellung in den B. J. XCVIII, S. 93 ff. An der alten
(jetzt abgebrochenen) Pfarrkirche waren Tuffsteine und Gussblöcke verwendet (Ann.
h. V. N. XXXVII, S. 102). Im J. 1820 kam beim Neubau eines Hauses ein Löwe
aus weissem Marmor nebst Schwertern und anderen Gegenständen römischen Ur-
sprunges zu Tage. Vgl. Rosellen, Dek. Br S. 3 10. Im J. i894 wurde in der
Kohlengrube Theresia eine Aschenkiste aus Tuffstein mit zwei sechseckigen Glas-
kännchen, einem Glasnapf mit Bronzering, Thonschüsseln und Knochenresten gefunden.
In der Nähe lagen noch andere Reste, angeblich auch ein Ziegel mit dem Stempel
der IG. Legion. Auch sonst kamen im Orte gelegentlich Bruchstücke von Urnen, Ge-
fässen und Ziegeln zu Tage. Ein Rest des Hürther Kanals wurde im J. 1 893 unweit
der Villa Scholl aufgedeckt (Korrespondenzblatt der Wd. Zs. XIII, Nr. I2 7).
i44
hermOlheim
i45
K AT HOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Severini episcopi). Rosellen,
Dek. Br. S. 326. — Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 295. — Mittelrh. Urkunden-
buch I, Nr. i8o.
Abbildung. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Flurkarte der Hermülheimer
Burg von i767 (mit einer kleinen Ansicht der Kirche).
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 54.
Eine ,villa Molinen* im Ripuariergau wird bereits in einer am 1 5. Juni 943 aus-
gestellten Urkunde des Abtes Farabert von Prüm genannt. Die Kirche, die auf dem
Grunde des später vom deutschen Orden erworbenen erzbischöflichen Tafelgutes lag,
ist wahrscheinlich schon in sehr früher Zeit errichtet worden; die erste urkundliche
Erwähnung, die wir besitzen, stammt aus demj. 12 56 (Lacomblet, UB. II, Nr. 432).
Damals erwarb der Landkomthur der Deutschordens -Bailei Koblenz das Patronats-
recht. Der Über valoris (nach i3oo) nennt die Kirche gleichfalls (Binterim u. Mooren
a. a. O. I, S. 286). Im J. i8o7 wurde die Pfarre unterdrückt, i834 wurde die Kirche
aufs neue zm* Succursalpfarrkirche erhoben.
Die alte Kirche, die im J. i887 abgebrochen und durch einen nach Plänen des
späteren Strassburger Dombaumeisters Franz Schmitz in Köln in gothischen Formen
aufgeführten Neubau ersetzt wurde, war ein einschiffiger, im Lichten etwa 22 m langer
und 6,5 m breiter Bau. Am Westgiebel erhob sich ein kleiner Dachreiter, das
Chörchen schloss polygonal ab. Nach Rosellen a. a. O. S. 326 bestand die west-
liche Hälfte aus massivem, in Quader- und Traissteinen ausgeführtem Mauerwerk mit
Überresten aus romanischer Bauzeit. Der nördliche Erweiterungsbau aus Backsteinen
trug das Gepräge des i7. Jh., doch waren auch noch einzelne Überbleibsel aus einer
gothischen Bauperiode vorhanden.
In der neuen Kirche:
Kasel, aus gelber gold- und silberdurchwirkter Seide, mit Blumenstickerei, von
i75i.
Antiphonar von i75i, mit dem Wappen des Landkomthurs Frhm. von Droste.
Hinter dem Chor: Kalvarienberg mit den lebensgrossen Holzfiguren Christi,
Maria und Johannes, um i5oo, i896 neu polychromiert. Christus, weit besser als die
beiden anderen Figuren, mit nach vom gesenktem Haupte; die Brust ist stark hervor-
gedrängt, Muskulatur und Geäder übertrieben ausgedrückt.
Die beiden Glocken, die aus der Pantaleonskirche in Köln im J. i78o nach
Hermülheim kamen, tragen die folgenden Inschriften:
1. DEUM MARIA PROTULI, EIUSQUE CLANGO CULTUI. lOHAN LEHR ME FECIT
COLONIAE 1663.
2. HELENA SUM STAUROPHILA, STAUROPHERON HIC PSALLITE. lOHAN LEHR
ME FECIT COLONIAE l663.
Das Pfarrhaus wurde im J.i759 von dem damaligen Landkomthur des Deutschen
Ordens aus den Steinen des durch einen Brand zerstörten Ordenshauses errichtet.
Es ist ein einfacher fünfachsiger Bau mit einem zeltförmigen Schieferdach. Über der
Thür das Wappen des Deutschen Ordens.
An der Kreuzung der von Hermülheim nach Kaischeuren und Köln führenden
Strassen: Steinerner Kalvarienberg mit lebensgrossen Figuren, vom J. i723.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 3i 1. — Lacomblet, Archiv für die Geschichte
des Niederrheins N. F. I, S. 362.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Flurkarte der Her-
mülheimer Burg von 1 767.
10
i45
Rathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beichreibung
Kasel
Antiphonar
Kalvarienberg
Glocken
Burg
i46
LANDKREIS KÖLN
Borg
Gtschichte
Beschrdbung
Hermülheim gehörte zu den Tafelgütera des kölnischen Erzbischofs (Lacom-
BLET, ÜB. II, Nr. 432, Anmerkung). Der Ort führt in Urkunden des 12. und i3. Jh.
den Namen RichemOlnheim, Riczemolheim (Lacomblet, UB. II, Nr. 432 u. 49 1),
nach Strevesdorff, Archidioeceseos coloniensis descriptio S. 99, weil es ehedem der
Königin Richeza gehört habe, wahrscheinlicher aber doch; weil es einem Ministerialen
Richizo, der beispielsweise in einer Urkunde vom J. 11 66 vorkommt (Lacomblet,
UB. I, Nr. 4i9), überlassen war. Der Deutsche Orden begann um die Mitte des
i3. Jh. in und um Hermülheim Grundbesitz zu erwerben (Lacomblet, U B. II,
Nr. 432). In einem Güterverzeichnisse vom J. i664 (Düsseldorf, Staatsarchiv) ist von
dem ,uhralten, ritterlichen Ordenshaus und Burgh' die Rede. Im 18. Jh. scheint dieses
Burghaus abgebrannt zu sein. Der Neubau, der darnach errichtet wurde, fiel nach
der Mitte des 18. Jh. abermals den Flammen zum Opfer; die im Düsseldorfer Staats-
archiv verwahrte Flurkarte vom J. i767 zeigt das des Daches entbehrende Burghaus.
Schon bald darauf wurde es im wesentlichen in der alten Weise wiederhergestellt
Im J. 1802 wurde Hermülheim infolge der Säkularisation Eigentum der französichen
Domänen Verwaltung. Die preussische Regierung verkaufte das Gut im J. 1818 an den
Kölner Heimann, von diesem erwarb es Honecker, aus dessen Besitz es im J. i834
an Dr. Eberhard von Groote gelangte. Unter ihm wurde das Burghaus einer er-
neuerten Restauration unterzogen. Der gegenwärtige Besitzer ist Herr Rittmeister a. D.
Josef von Groote.
Das Herrenhaus ist ein dreigeschossiger, im Verputz gequaderter Backsteinbau,
nach den Breitseiten fünfachsig, nach den Schmalseiten zu vierachsig. Das zeltförmige
Mansardendach ist mit Schiefer gedeckt. Die Geschosse sind durch breite flache
Bänder von einander getrennt, die Fenster sind rechteckig.
An der Rückseite erhebt sich in der Mittelachse ein vierseitiger Turm, dessen
Aussenkanten unmittelbar über dem Erdgeschoss breit abgefast sind. Er überragt
das Dachgesimse nur um ein von kreisrunden Fenstern durchbrochenes Halbgeschoss
und endet ohne spitze Bekrönung mit einer kleinen Holzgalerie.
Die Wirtschaftsgebäude wurden nach einem Brande im J. 181 7 erneuert. Die
Weiheranlage ist noch teilweise erhalten. [P.]
HÜCHELN.
Ksthol.
Kapelle
Geschichte
Beschreibung
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Aegidii). Rosellen, Dek. Br. S. 266.
Die Kapelle gehört zu dem Hüchelner Hof, der bis zur Säkularisation Eigen-
tum des Klosters Königsdorf war. Der gegenwärtige Besitzer ist Herr Matthias Bau-
mann in Frechen.
Der schmucklose, verputzte Backsteinbau (Fig. 69) wurde, wie die Inschrift am
Portal lehrt, im J. i697 aufgeführt. Die lichte Länge beträgt 9,8o m, die Breite 5 m.
An den nahezu quadratischen Westteil, der unter einem aus Schiefer gefertigten
Satteldache liegt, schliesst sich im Osten ein etwas schmälerer mit drei Seiten des
Achtecks endigender Chor. Die Westmauer ist ohne jede Gliederung, das sechs-
seitige Glockentürmchen, das sich am Westgiebel erhebt, ist mit einer barocken
Schieferhaube abgedeckt. Die Langwände sind von je einem im Rundbogen ge-
schlossenen Fenster durchbrochen, das verhältnismässig reich ausgestattete Sandstein-
portal liegt an der Nordseite. Seine beiden nach aussen pilasterartig gestalteten Pfosten
tragen eine dreifach vorgekragte Archivolte, die rechtwinklig umrahmt und von flachem
i46
HÜCHELN
I47
Gebälk abgeschlossen wird und über dem verzierten Schlufsstein des Bogens einen
Kugelaufsatz trägt. Die Pfosten tragen die Inschrift: i5. iun. i697.
Auch der Chor entbehrt
jedes Schmuckes. Der Sockel aus
Bruchstein umfasst nur die Chor-
mauein und bricht dann unver-
mittelt ab. Die Mauer ist von zwei
kleinen spitzbogigen Fenstern und
an der Nordseite von einer breiten
rechteckigen vergitterten Öffnung
durchbrochen.
Das Innere des Westteils ist
gegenwärtig flach gedeckt imd
auch die vier beträchtlich unter
der Deckenhöhe mit einem ein-
fachen Kämpfergesimse endigen-
den Eckpfeiler lassen schwerlich
die Annahme zu, dass dieser Raum
einst überwölbt war. Ein flacher,
auf breit vortretenden Pfeilern
ruhender Bogen gewährt Eintritt
in den Chor, dessen Vorderteil
tonnenförmig überwölbt ist, wäh-
' rend der von den Achteckseiten
umschlossene Raum von einem
fünfteiligen Rippengewölbe über-
spannt ist. Die Rippen haben
keine Auflager. In den Chor-
mauem sind drei kleine Nischen
angeordnet.
Auf dem zopfigen Hoch-
altar grosses Ölgemälde auf Holz,
Christus am Kreuze, dessen
Stamm von Magdalena umfasst
wird, links Maria, rechts Johannes,
beide die Hände ringend. Stark
übermaltes Werk eines niederlän-
dischen Manieristen aus dem An-
fange des i7. Jh.
Kopie des Madonnenbil-
des aus S. Maria in der Schnur-
gasse zu Köln, vom J. i722.
Der Fussboden des West-
raumes hat einen aus der Erbau-
ungszeit stammenden gemusterten mosaikartigen Belag aus stiftartig gestellten Freche-
ner Thonplättchen. [P.]
Kathol.
Kapelle
^^X'm>ri,
Gemälde
hxix
Fig. 69.
r
HUcheln.
Kapelle.
Bodenbelag
i47
lO«
148
LANDKREIS KOlN
R ömische
Fun de
Ehem. kathol.
Pfarrkirche
Geichichte
BeschreibuDg
HÜRTH.
Rosellen, Dek. Br. S. 338
RÖMISCHE FUNDE. Über den Hürther Kanal vgl. von Veith in den
B. J. LXXX, S. i7. Danach ist der Hürther Kanal ein selbständiges Bauwerk, das
aus der Quellgegend des Hürther Baches kommt und über Efferen, Hermülheim und
Sülz in der Gegend des Weyerthores Köln erreichte. Nach Maassen mündete der
Kanal in der Nähe des Hermülheimer Burgweihers wahrscheinlich in den grossen
Eifelkanal oder in die Hermülheim - Kölner Zweigleitung. Ann. h. V. N. XXXVH^
S.72; B. J. XCVm, S.99; v. Veith, Das römische Köln S. i9; B. J. LXXXH S. 194.'
EHEMALIGE KA-
THOLISCHE PFARR.
KIRCHE (s.t.s.Catha-
rinae). Rosellen, Dek.
Br. S. 347.
Handschriftl.Qu. Im
Pfarrarchiv: Weistum
der Herrlichkeit Hürth,
Hand des i7. Jh. — Ren-
tenverzeichnis, i7.Jh. —
Heberegister von 1 7o4. —
Vgl. weiter Tille, Über-
sicht S. i3.
Im Pfarrarchiv zu
Eisen: Annales Berche-
menses Bl. 48.
Hürth wird zum ersten-
male in einer Urkunde
vom J. 1 185 erwähnt
(EnNEN und ECKERTZ,
Quellen zur Geschichte
der Stadt Köln I, S. 99).
Als Kirchort erscheint es
erst nach i3oo im liber
valoris (Binterim und
Mooren, E. K. I, S. 286).
Das Patronat besassen bis
zum Beginn unseres Jahrhunderts die Herren der Burg. Der älteste Teil der Kirche
ist der Turm, der an der Ostseite des sich von Norden nach Süden erstreckenden
Schiffes gelegen ist. Er ist im wesentlichen gothisch, enthält aber in seinem unteren
Teile noch Reste eines älteren Baues. Seine Bedachung stammt aus dem J. i69i.
Der südliche Teil des Kirchenschiffes und der Chor wurde im J. i695 erbaut und
i696 konsekriert Etwa um das J. i78o wurde die Kirche gegen Norden verlängert.
Die Sakristei wurde im J. 1802 hinzugefügt.
Die Länge des ganzen Baues, der seit dem J. i895 ausser Benutzung ist, beträgt
im Lichten 25,5 m, die Breite 7 m.
Der schwerfällige, nur wenig gegliederte Turm (Fig. 7o) besteht zum überwiegenden
Fig. 70. Hürih. Ehemalige katholische Pfarrkirche.
148
IIÜRTH
149
Teil aus Backstein; nur im Unterbau kam auch Tuff zur Verwendung. Den Zutritt
gewährt die ganz einfache, im Segmentbogen geschlossene Ostthüre, über der ein
spitzbogiges Fenster eingebrochen ist. Im übrigen ist der Aufbau des Turmes un-
gegliedert; die Glockenstube öffnet sich nach jeder Seite mit zwei korbbogenförmig
geschlossenen Fenstern. Die achtseilige Schieferhaube, die ein kleines, ebenfalls acht-
seitiges Türmchen trägt, ist barock.
Auch das Schiff und der Chor sind fast durchaus ohne Schmuck und Gliederung
gelassen. Grosse Rundbogenfenster gestatten dem Lichte Einlass. Die Westseite des
Schiffes und die Ecken des mit drei Seiten des Achtecks abschliessenden Chors sind
durch einfache Strebepfeiler abgestützt. An der Nord- und Ostseite ist je eine durch
einen Rachen Dreieckgiebel abgeschlossene Nische angeordnet, die zur Aufnahme
vun Heiligenfiguren bestimmt waren.
Das fnnere des Turmes war, wie die Reste von Konsolen zeigen, ehedem
gewölbt. Es öffnet sich in weitem Rundbogen gegen das flachgedeckte Schiff.
Von der Ausstattung verdienen ausser einigen barocken Heiligenfiguren nur die
drei grossen, aus dem 1 8. Jh. stammenden Altäre Erwähnung; sie kamen aus ehe-
maligen Kölner Klosterkirchen hierher.
Die Glocken wurden in neuerer Zeit umgegossen.
Die neue katholische Pfarrkirche wurde im J. i894 nach Plänen des Baumeisters
Theodor Ross in Köln errichtet.
Von den Ausstattungsstücken der alten Kirche wurden hieher übertragen:
Barocker Kalvarienberg, mit überlebensgrossen Figuren, neu polychrom iert,
aus Kloster Burbach. — Mehrere barocke Heiligenfiguren.
Der Fuss des neuen Taufsteins ist aus Kalksinter vom Römerkanal gefertigt.
Über die 1802 abgebrochene KAPE LLE zu Knapsjjck vgl. Rosellen a. a. O. S. 349.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 339. — Fahne, Geschichte der kölnischen
Geschlechter I, S. 182.
Bereits in Urkunden des i3. Jh. erscheint wiederholt ein adliges Geschlecht, das
sich nach dem Orte nannte (Lacomblet, UB. H, Nr. 432). Im J. i4i6 finden wir
als Burgherrn Ulrich von Holtorp. Durch dessen Tochter gelangte das Gut schon
im J. i439 an Rudolf von der Horst, aus dessen Familie es wiederum im J. i552
durch Heirat an Wilhelm von Harf kam. Im J. i675 übertrug Balduin von Harf
die Herrlichkeit Hürth auf den Obersten Johann Ernst von Tzerklaes, von dessen
Bauthätigkeit die Inschrift am Thore des Pfarrhauses Zeugnis giebt (vgl. unten). Von
seinen Erben erwarb die Herrschaft Balthasar Caspar von Cöln durch Heirat. Durch
seine Tochter gelangte sie im J. i749 an den Freiherm Johann Maria Georg von
Reuschenberg und nach dessen Tode an Ferdinand Joseph von Wolffen. Seine Erben
— er starb im J. 18 16 — verkauften das Gut alsbald; die Käufer parzellierten die
Ländereien und auch die Gebäude verschwanden allmählich vom Boden. In den
sechziger Jahren unseres Jahrhunderts stand noch ein Teil der Ökonomiegebäude
und das Hauptthor der Vorburg aufrecht; heute ist keine Spur mehr von ihnen vor-
handen. Der einzige erhaltene Rest ist das Thor des Pfarrhauses, über dem ein
Wappenstein die folgende Inschrift trägt: Iioan erns f. l. tzerglas, erb und grunt-
HERR zu HURT, OBERSTER ZU ROSS, EXSTRUXIT l69l.
Auf den Fundamenten des Rittersaales wurde ein einfacher Fachwerkbau, das
gegenwärtige Pfarrhaus errichtet, in dessen Garten ein achteckiges gothisches Säulchen
mit feiner Stab werk füllung und ein achteckiges Gartenhäuschen auf älteren Funda-
menten stehen. [P.]
Ehem. kiithol.
Pfarrkirche
Altäre
Glocken
Skulpturen
Kapelle
zu Knapsack
Burg
Geschichte
Beschreibung
Pfarrhaus
149
i5o
LANDKREIS KÖLN
IMMENDORF.
Kathol.
Pfurrkirche
Geschichte
Beschreibung
Krnxifix
Piet^
Kaotel
Glocken
Rosellen, Dek. Br. S. 356.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Servatii). Rosellen, Dek.
Br. S. 362. — BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 293.
Handschrift!. Qu. Im Pfarrarchiv: Verzeichnis der Pfarreinkünfte, der
Anniversarien und des Inventars i743. — Kirchrechnungen nebst Schenkungsurkunden
in Abschrift, i8. Jh. — Vgl. weiter Tille, Übersicht S. i3.
Im J. 948 schenkte Erzbischof Wichfried die Immendorfer Kirche dem Severins-
stifte in Köln (Lacomblet, UB. I, Nr. T02). Dies ist die älteste Erwähnung der Kirche,
die dann (nach i3oo) auch im liber valoris genannt wird (Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 286). Das Koilationsrecht hatte bis zum Ausgange des vorigen Jahrhunderts
der Propst von S. Severin (Dumont, Descriptio S. i3).
Die alte Kirche, die im J. i873 niedergelegt und durch einen nach Plänen des
Baumeisters August Lange in spätromanischen Formen aufgeführten Neubau ersetzt
worden ist, war ein kleiner Bau, dessen älteste Teile — nach der Verwendimg von
Gussmauerwerk zu schliessen — wahrscheinlich noch romanisch waren.
Von der alten Ausstattung wurden in die neue Kirche folgende Stücke übertragen :
Auf dem linken Seitenaltar: Hölzerner Kruzifixus, nicht ganz lebensgross,
i5.Jh., neu polychromiert. Das Haupt ist auf die rechte Schulter geneigt, die Kniee
sind nach links herausgedrückt, der Knochenbau und das Geäder ist stark betont.
Auf demselben Altar: Barocke Holzgruppe der Pietä.
Kanzel aus S. Severin, 18. Jh.
Die Glocken sind neu. [P.]
Kiithol.
Pfarrkirche
Geschichte
JUNKERSDORF.
Dünn, Geschichte der ehemaligen Herrlichkeit Junkersdorf. — Ennen, Geschichte
der Stadt Köln V, S. i83, i84. — v. Stramberg, Rhein. Antiquar. 3. Abt. XI, S. 3i.
Abbildungen: i. Darstellung eines am 3. Juni 1 586 bei Junkersdorf geschehenen
Überfalls, 27,5 x i9,5 cm, bez.: die greuliche mörderei bei jonckersdorp, gegen 1600.
2. Darstellung desselben Ereignisses, 1 5,5 x 1 2 cm, bez. : jonckersdorp, gegen 1 600.
Exemplare von beiden Stichen bewahrt das historische Museum der Stadt Köln.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. ts.Pancratii). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 298. — Dünn a. a. O. S. 43. — Crombach,'S. Ursula vindicata S. 78i.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Rentenverzeichnis der Pfarrei i775. —
Notizen über die Kriegsjahre i67o — 1683, i69i. — Urkunde über die Stiftung der
Vikarie i752. Vgl. weiter Tille, Übersicht S. i3.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 44.
Eine Urkunde vom J. 898 lässt es als Möglichkeit erscheinen, dass bereits damals
in Guntherisdorp eine Kirche bestand (Lacomblet, UB. I, Nr. 81). Erzbischof Warinus
(976 — 985) schenkte der Ursulakirche in Köln Grundbesitz ,in villa Gundersdorp'
(Crombach, S. Ursula vindicata S. 78 1). Vom Ausgange des 12. Jh. bezieht auch
S. Gereon Einkünfte aus Jimkersdorf (Joerres, Urkunden-Buch des Stiftes S. Gereon
zu Köln Nr. 22), das Stift hatte hier einen Haupthof (Zs. des Aachener Geschichts-
vereins XI, S. 112; XIV, S. 284). Sicher ist von der Kirche in einer Urkunde vom
i5o
JUNKERSDORF
l5l
J. 1223, dann wieder in einer vom J. 1283 die Rede (Joerres a. a. O. Nr. 77 u. i77); Kathoi.
sie erscheint als Eigentum des Stiftes, Kollator war — wenigstens von I283 an — «rr irc e
der Propst. Eine Urkmide des Erzbischofs Heinrich II. vom J. i324 bestätigte dem
Gereonsstifte die Inkorporation der Junkersdorfer Pfairkirche (Joerres a. a. O. Nr. 3o4).
Im J. i676 erlitt die Ausstattung durch Feuer schweren Schaden; im J. i754 brannte
der Bau selbst — wahrscheinlich mit Ausnahme des Chores — nieder. Das Schiff
wurde in den darauffolgenden Jahren erneuert. Das Kollationsrecht übten um das
J. i8oo Propst und Kapitel von S. Gereon (Dumont, Descriptio S. i3). In der Mitte
des 1 9. Jh. wurde die Kirche durch den Anbau zweier Seitenschiffe erweitert.
Schmuckloser, verputzter Backsteinbau mit einbezogenem Westturm und poly- Beschreibung
gonalem Chorschluss, im Lichten i6,io m lang, 10,20 m breit.
Der Westturm, dem eine kleine offene Vorhalle — ihr Dach ruht auf zwei
stärkeren und zwei schwächeren Säulen — vorgebaut ist, erhebt sich in zwei Ge-
schossen. Das imtere ist an der Westseite von einer rechtwinkligen Thür mit Hau-
steineinfassung und von einem spitzbogigen Fenster durchbrochen, das obere hat an
drei Seiten Schallöfftiungen. Den Abschluss bildet ein achtseitiger geschieferter Helm.
Das ursprünglich einschiffige Langhaus wurde vor einigen Jahrzehnten durch
den Anbau von Seitenschiffen erweitert; es hat keine Oberlichter. Das sattelförmige
Dach ist ebenso wie die Pultdächer der Nebenschiffe mit Schiefer gedeckt. Die Aussen-
mauem sind von je drei grossen rundbogigen Fenstern mit gusseisemem (!!) Masswerk
durchbrochen.
Der Chor, der vielleicht einer etwas älteren Zeit angehört, hat links imd rechts
grosse, ungeteilte Spitzbogenfenster, in der Mitte eine ebenfalls spitzbogig geschlossene
Nische. Die beiden Strebepfeiler in den Chorecken sind einfach abgetreppt.
Das Innere ist durchweg flach gedeckt. Bei der Erweiterung der Kirche durch
den Anbau der Nebenschiffe wurden die seitlichen Abschlussmauem durch gusseiseme
Säulen ersetzt (!!).
Ein grosser Teil der Ausstattung, wie der Hochaltar, die Kanzel, die Kommunion- Auttuuung
bank aus marmoriertem Holz mit zwei den Rosenkranz betenden Engeln als Eck-
pfosten, die Wangen der Kirchenbänke u. a. stammen aus Brauweiler. Es sind Durch-
schnittsarbeiten des i7. und 18. Jh. Ebenso das ovale Taufbecken, der getriebene
Weih Wasserkessel, ein seidenes Velum mit dem Monogramm Christi in Stickerei.
Erwähnenswert eine Monstranz aus dem i5. Jh., Silber vergoldet, 6172 cm Monstranz
hoch, mit sechsteiligem geschweiftem Fuss und ebenfalls sechsteiligem Knauf. Im
Strebwerk, das den Glascylinder umgiebt, stehen die Figürchen der Madonna und
des h. Wendelin, unter dem Baldachin über der Kuppe der h. Pankratius. Der sehr
reiche Aufbau endigt in ein Kruzifix.
Die Glocken tragen die folgenden Inschriften: Glocken
1. SANCT PANCRATIUS HEISCHEN ICH, ZUM GOTTESDENST RUFEE (so) ICH. ANTO-
NIUS lOHANNES SPIZ F. T. PASTOR IN lUNCKERSTORFF, REVERENDISSIMUS DOMINUS
lACOBUS lOSEPHUS CARTZE PP. lOR GRLLS (?). ENGELBERTUS lOSEPHUS FUCHS AUS
COLLEN Gos MICH ANNO i737. — Am Mantel ein Madonnenrelief.
2. DOMINUS DOMINUS ALEXANDER lOANNES FRANCISCUS IGNATIUS LIBER BARO
DE WALLPOTT DE BASSENHEIM IN GUDENAW, ECCLESIARUM WORMATIENSIS, SPIRENSIS
ET MONASTERIENSIS CANONICUS CAPITULARIS. ANNO 1 7o3 lOANN WICKRAHT ME FECIT
COLONIAE. — Mit dem Medaillonporträt des Gebers und Medaillons der hh. Antonius
und Franziskus.
3. lESUS, MARIA, lOSEPH, MICHAEL, REINOLDUS, S. AUGUSTINUS. FUSA PER GODE-
FRIEDUM VON STUMMEL ANNO 1661. [P.]
l5l
l52
LANDKREIS KÖLN
KALK.
Kathol.
Kapelle
Geschichte
Beschreibung
Skulpturen
KATHOLISCHE KAPELLE (s.t.b. Mariae Virginis). v. Mering, Geschichte
der Burgen in den Rheinlanden IV, S. 6i.
Der Zehnte von Kalk gehörte zu jenen Abgaben, mit denen Erzbischof Heribert
von Köln im J. ioo3 die von ihm gestiftete Deutzer Abtei ausstattete (Lacomblet,
ÜB. I, Nr. i36). Eine Kapelle wurde zuerst von dem Deutzer Prälaten Andreas
Steprath im J. 1666 erbaut; ein Sturm warf das kleine Gotteshaus im Dezember des
J. i7o3 nieder. Im darauffolgenden Jahre wurde an der gleichen Stelle der noch
gegenwärtig bestehende Bau aufgeführt. Im J. i854 ist Kalk zur selbständigen Pfarre
erhoben worden.
Einschiffiger, verputzter Backsteinbau mit polygonal gegen Westen abschliessender
Vorhalle und polygonalem Chörchen. Länge im Lichten 24,35 m, Breite 7, 80 m.
Das Äussere des Baues ist ganz schmucklos. Vorhalle, Schiff und Chor liegen
unter geschieferten Satteldächern; über dem Schiff, das beträchtlich breiter und höher
ist, als Vorhalle und Chor, ein sechsseitiger, in der Mitte geöffneter und mit einem
Zwiebelhäubchen endigender Dachreiter, den Türmen der Deutzer Kirche ähnlich.
Die rundbogigen Fenster sind in Haustein gefasst, desgleichen die drei mit flachem
Gebälk abgedeckten Thüren an der westlichen Vorhalle.
Das Innere der Vorhalle ist durch eine |Zwischendecke in zwei Geschosse
geteilt; der obere Raum ist von einer Tonne mit fächerförmigem Abschluss überwölbt.
Den Hauptraum überspannt ebenfalls eine flache Tonne. An den Seiten sind je zwei
grosse Rundbogenfenster angeordnet, die östlichen, etwas schräge gestellten Abschluss-
wände haben kleine, rundbogige Nischen. Durch den flachen Triumphbogen gelangt
man in den Chor, dessen Umfassungsmauern an der Nord-, Süd- und Ostseite von
je einem rundbogigen Fenster durchbrochen sind. Unter dem Ostfenster eine kleine,
rechteckige Thüre.
Die Ausstattung ist fast durchweg modern.
Auf dem Hochaltar: Holzbild der Schmerzhaften Mutter Gottes, drei-
viertellebensgross, aus dem Anfang des i5. Jh. Es stammt aus dem Heiligenhäuschen,
an dessen Stelle im J. 1666 die Kapelle errichtet ward.
Im Pfarrhause: Holzstatuette der h. Ursula, 45 cm hoch, um iSao entstanden.
Die Heilige, ein liebreizendes Figürchen von zartem Schwung, hält in der Linken ein auf-
geschlagenes Buch, in der Rechten einen Pfeil (ergänzt). Die Umrahmung ist modern.
Madonnenstatue, Eichenholz, i,i5 m hoch, 16. Jh., mit prachtvollem Falten-
wurf. Neu polychromiert und restauriert. [P.]
Römische
Kunde
KENDENICH.
Rosellen, Dek. Br. S. 382.
RÖMISCHE FUNDE. Beim Baue einer Privatbahn wurden im J. 1888
Reste des Eifelkanals gefunden (B. J. LXXXVII, S. i95). General v. Veith (B. J. LXXV,
S. 5) vermutet im ,Steinacker* bei Kendenich eine römische Befestigung. Bei Aus-
schachtungen im Bereiche der Burg wurden gelegentlich Reste römischen Mauer-,
Werks, Bruchstücke von Gef^sen und Ziegeln, ferner ein Steinpflaster und endlich
eine grössere Zahl römischer Münzen gefunden. (Vgl. Ann. h. V. N. XXXVI
XXXVII, S. 10 1.)
l52
KEXDENICH
l53
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t s. Johannis Baptistae). Rosellen, Kai hol.
Dek. Br. S. 399. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 5o2.
Handschriftl. Qu. Im Besitze des Herrn Geh. Justizrates von Kempis:
Urk. von i466, iSaS und i544, femer ein Teil der Archive der Universität Köln,
Fig. 71. Kendenich. KatholMche Pbrrkirche. Kruzifix.
darunter die erste Matrikel i389 — 142 5, Rotuli von i4io, i4i7 und i425, Historia
gymnasii Triam Coronarum i556 — 1585, i72 7 — i73o und ein Sammelband mit Ab-
schriften von Schriftstücken, die für die Geschichte der Kölner Universität von Be-
deutung sind. Vgl. weiter dazu Tille, Übersil:ht S. i4.
i53
i54
LANDKREIS KÖLN
Ksthol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Skulpturen
Kruzifix
Ccce homo
Schmerzhafte
Mutter Gottes
Reliefs
der Krönung und
Verkündigung
Maria
Johannesscbiissel
jlocken
Abbildung. Im Besitze des Herrn Geh. Justizrates von Kempis eine
Ansicht der alten Kirche (farbige Lithographie).
Im J. II 59 bestätigte Papst Adrian IV. dem S. Ursulastifte zu Köln alle seine
Besitzungen, darunter auch die Gefälle der Kirche zu Kendenich (Lacomblet, U B. IV,
Nr. 62?). Sie scheint indessen eine beträchtlich ältere Gründung gewesen zu sein.
(Vgl. Rosellen a. a. O. S. 398). Seltsamerweise ist sie im liber valoris nicht genannt;
vielleicht hatte sie nach Gründung der Pfarre Brühl im J. i3o4 ihre Selbständigkeit
verloren. Das Kollationsrecht besass bis zur Säkularisation gleichfalls das Ursulastift
in Köln (Dumont, Descriptio S. i4).
Die alte Kirche, die im J. i859 abgebrochen und durch einen nach Plänen des
Baumeisters Nagelschmidt aufgeführten Neubau ersetzt wurde, war nach Rosellen
a. a. O. S. 399 ein einschiffiger, romanischer Tuffsteinbau mit flach gedecktem Schiff
und quadrischem gewölbten Chor, an dessen Aussenseiten sich ein Rundbogenfries
entlang zog. Erhalten ist nur der ganz schmucklose aus Backstein errichtete und mit
einem achtseitigen Schieferhelm abgedeckte Westturm. Auf einem in beträchtlicher
Höhe eingemauerten Steine ist die Jahreszahl 1682 sichtbar. Das Westportal, das von
einem älteren Baue (wahrscheinlich des i3. Jh.) herrührt, hat auf jeder Seite im Ge-
wände eine mit übertriebener Verjüngung erneuerte Säule mit Eckblattbase. Der Wulst
der Bogenlaibung ist mit einem Schuppenomament verziert. Der Sturz ruht auf kon-
solenförmigen Vorkragungen der Thürpfosten.
Ausser einem schmucklosen Rundfenster über dem Portal sind nur noch einige
Lichtspalten und auf jeder Seite zwei Rundbogenfenster für die Glockenstube vor-
handen. Eine Stockwerkteilung fehlt.
Von der Ausstattung der Kirche sind vor allem einige Skulpturen zu nennen:
Kruzifix des i4. Jh., Holz, unterlebensgross (Fig. 7i). Der sehr stark ge-
schwungene Körper hängt an einem naturalistisch gebildeten, gabelförmigen Kreuze.
Der Kopf ist tief auf die rechte Schulter gesenkt, die Rippen sind übertrieben stark
markiert, die Kniee nach vom herausgedrängt. Neu polychromiert.
Ecce homo, Holz, 1,80 m hoch, i5. Jh. Die Haltung ist ruhig, das Geäder
ist stark übertrieben. Polychromie zerstört.
Schmerzhafte Mutter Gottes, Holz, i,7o m hoch, i5. Jh., neu polychromiert.
Am linken Seitenaltar zwei kleine Holzreliefs aus S. Ursula in Köln, 5o cm
hoch, i5. Jh. Links die Krönung Maria. Die Jungfrau sitzt links mit gefalteten
Händen, rechts Christas den Reichsapfel mit der Linken in den Schoss drückend,
die Rechte segnend erhoben. — Das zweite Relief stellt die Verkündigung Maria
dar. Maria kniet vor einem Betpult, rechts, ebenfalls knieend, der Engel.
Mittelmässige kölnische Arbeiten, wahrscheinlich Bruchstücke eines grösseren
Altarwerks. Die Gewandbehandlung ist noch sehr knitterig.
Grosse, aus Kupfer getriebene Johannes-Schüssel von ovaler Form, 62 cm
breit. Das Haupt des Täufers aus Holz, von ruhigem Ausdruck, polychromiert. Auf
einer Bosse die Inschrift: zu ehren Johannes des Täufers haben diese Schüssel
VEREHRET NACH KENDENICH LEONARD FOESS UND MECHTHILD VOM BERGH, HALFEN
ZU KAH1.SCHEUREN, EHELEUTH, ANNO 1682.
Von den drei Glocken wurden die beiden grösseren im J. i87i umgegossen.
Sie trugen die Inschriften (Rosellen a. a. O. S. 4o2):
1. MARIA reisen ICH, ALLE BÖSEN WEDER VERDREVEN ICH. ANNO DOMINI
mcccclvi (i456).
2. sanctus paulus his ich, in eir gots luedde ich. mcccclxxxxvii (l497).
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KENDENICH
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Kathol.
Pfarrkirche
Burg
Geschichte
Die Inschrift der kleinsten Glocke lautet : defunctos plango, fulmina frango,
TER MARIAM LAUDO, DUM SUNT ENCAEMIA PLAUDO. MARTINUS LEGROS FECIT A. l773.
— Darunter ein Muttergottesbild.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 382. — v. Stramberg, Rheinischer Antiqua-
rius 3. Abt. XII, S. 497. — Duncker, Rheinlands Schlösser und Burgen Bl. 21 mit
Abb. — V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IV, S. 1 9.
Handschrift 1. Qu. Vgl. oben bei der Kirche.
Herren von Kendenich erscheinen als Mannen des Kölner Stiftes bereits im
1 2. Jh. Damals waren es die
Birklin (Ennen, Geschichte
der Stadt Köln I, S. 45o).
Vom i3. Jh. an nennt sich
ein adliges Geschlecht nach
der Burg (Fahne, Geschichte
der kölnischen Geschlechter
I, S. 216). Im J. 1475 finden
wir den Edeln Matthias Wal-
raven als Herrn von Ken-
denich, kurze Zeit darauf —
im J. 1 5 1 7 — jedoch Dham
von Orsbeck und seine Ehe-
frau. Von ihren Erben kam
die Burg an Adolf Freiherm
Raitz von Frentz, dessen
Familie ihrem Namen den
Zusatz ,zu Kendenich* gab.
Johann Sigismund von Frentz
erbaute in den J. 1 660 — 1 664
das noch bestehende Herren-
haus. Durch seine Tochter
gelangte die Burg in der 2. H.
des i7. Jh. in den Besitz
des Johann Sigismund von
Reuschenberg, von dem der
älteste Teil der Wirtschafts-
gebäude, der die Jahreszahl
166 7 und das Wappen der
Reuschenberg tragende Teil des östlichen Traktes, herrührt Ebenfalls ein Angehöriger
dieses Geschlechts, wahrscheinlich Freiherr Franz Karl von Reuschenberg, erbaute den
die Jahreszahl i734 tragenden Teil des Nordflügels. Von dem letzten Besitzer aus
dieser Familie, Franz Edmund von Reuschenberg, erwarb das Gut der Kölner Bürger-
meister Jakob Gabriel de Groote im J. i766. Er ist der Erbauer des Teiles des Nord-
flügels, an dem in Eisenankern die Jahreszahl i77i angebracht ist. Auch das Ostthor
dürfte von ihm seine reiche Ausgestaltung erhalten haben. Durch Heirat ging der Be-
sitz der Burg im J. 1821 auf Philipp von Kempis über. Der gegenwärtige Eigentümer
ist dessen Sohn, der Geheime Justizrat Herr Max von Kempis.
Die von Weihern umgebene Anlage besteht aus dem Herrenhause und einer Beschreibung
dreiflügeligen Gruppe von Wirthschaftsgebäuden (Fig. 72).
Fig. 72. Kendenich,
i55
i56
LANDKREIS KOlX
Burg
Het renhaut
Wirtschafu-
gebäude
Zu dem Hauptgebäude gelangt man über eine auf steinernen Bogen ruhende
Brücke, die mit einem aus geschweiften Säulen bestehenden Geländer ausgestattet ist
Am Brückeneingang zwei sitzende Löwen, jeder mit dem Doppelwappen der Familien
von Groote und Pütz. Am anderen Brückenende zwei liegende Löwen, von denen
der eine das Wappen der Groote, der andere das der Pütz schützt.
Das Herrenhaus selbst (Fig. 73) ist dreigeschossig, es hat gegen Westen sechs,
nach den anderen Seiten je fünf Fenster und ist von einem aus Schiefer hergestellten
Zeltdach von vielfach geschwungenem Kontour bedeckt. Über dem Eingange sind die
Wappen der Familien von Kempis und von Groote mit der Jahreszahl i84o ange-
bracht. Den oberen Abschluss bildet ein mehrfach abgestuftes zwiebeiförmiges Häub-
chen. Ähnliche sind in kleinerem Mafsstab an den vier Ecken des Gebäudes ange-
bracht. Auf der Wetterfahne die Wappen der Familien Frentz und Zweiffei.
Der Hof wird von den im rechten Winkel aufeinanderstossenden Wirtschafts-
gebäuden umschlossen. Das Ostthor ist als Haupteingang gedacht und dem-
Fig. 73. Kendenich Ansicht der Burg.
entsprechend reich gestaltet. Es ist in rusticiertem Sandstein ausgeführt. Den eigent-
lichen Thorbugen umrahmen beiderseits etwas vortretende Architekturteile, im Ge-
bälke ist das Wappen der Walpots und Velbrücks angebracht Die Bekrönung des
Ganzen bildet ein flacher, links und rechts von Pyramiden flankierter Giebel, auf dem
die Wappen der Familien Groote und Pütz angebracht sind.
Die Wirtschaftsgebäude selbst sind aus unverputztem Backstein aufgeführt und
sattelförmig mit schwarzgrauem Schiefer abgedeckt Die Bauzeiten, die in Eisenankern
angegeben sind, sind verschieden. Der Ostflügel trägt die Jahreszahlen i667 und i834,
der Nordflügel die Jahreszahlen i734 und i77i, der Westflügel stammt zum Teil erst
aus dem i9. Jh. An den vier Ecken der Wirtschaftsgebäude sind vier kleine recht-
eckige Türme, die mit zweiteiligen Barockschieferhauben abgedeckt sind, angeordnet.
An der Südseite des Ostflügels ist das Wappen der Reuschenberg mit der
Jahreszahl i695 eingemauert
An einem schmiedeeisernen Gartenthore aus der 2. H. des t8. Jh. die Wappen
der Groote und Pütz.
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KIKRBKRG
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Die innere Ausstattung entstammt zum grossen Teile dem i9. Jh. Doch sind
einige ältere Stücke vorhanden. Zu nennen sind:
Holztreppe mit einem Löwen, der das Doppelwappen der Grootes und
Dtisterlohs hält. Mitte des i7. Jh.
Siebzig Porträts von Mitgliedern der Familie von Kempis und der mit ihr ver-
wandten Familien, i6 — 19. Jh. Darunter: Porträt des Kanonikus Johann Kempis, Holz,
5o cm, mittelmässige deutsche Arbeit aus dem J. i573. Der in Amtstracht Dargestellte
hält in den Händen ein Buch; sein Blick ist nach rechts gewandt Ein anderes
Porträt desselben von einem mittelmässigen vlämischen Künstler, Ausgang des i6. Jh.
Männliches Porträt von Geldorp aus dem J. i588, den stadtkölnischen Rats-
herrn Johann von Wiehern darstellend.
Grosses Ölgemälde der Anbetung der h. drei Könige, bez. : Johannes thomas
FECIT l652.
Im Ostflügel der Wirtschaftsgebäude am Treppenpfosten ein Löwe als Hüter
der Frentz-Kendenichschen und Zweiffelschen Wappen.
Burg
Holztreppe
Porträts
KIERBERG.
Römische
Funde
RÖMISCHE FUNDE. Zwischen Kierberg und Brühl lief der römische Kanal
aus der Eifel vorbei. Auch kamen hier römische Ziegel in beträchtlicher Menge zu
Tage. Vgl. dazu Ann. h. V. N. XXXVI /u. XXXVII, S. 67 u. loo; femer Eick, Die
römische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln S. i34 und B. J. LXXX, S. i4.
Im J. i874 wurde bei Gelegenheit des Baues der von Köln nach Trier führenden
Bahn in der Nähe von Fischenich nebst zwei kleineren würfelförmigen Särgen, einem
Bleisarg und verschiedenen anderen Resten ein grosser römischer Steinsarkophag
gefunden. Er zeigt ährenförmigen Beschlag, der Deckel ist wie aus zwei sich kreu-
zenden Satteldächern gebildet; an den vier Ecken Aufsätze. Der Sarkophag steht in
den Anlagen des Kierberger Bahnhofes. Vgl. dazu Rosellen, Dek. Br. S. 2o5 und
B. J. LXXVII, S. 2o9.
In Kloster Benden eine Anzahl von Thongefässen, die in der Gegend gefunden
wurden.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Servatii). Rosellen, Dek. Br. S. i35.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv zu Brühl: Aufnahme des Einkommens
der Kirche, Pfarrei etc. i697. — Lagerbuch i749. — Vgl. weiter Tille, Übersicht S. 6.
Unter den Besitzungen, die Papst Adrian IV. im J. 1 1 59 dem Stifte S. Ursula
in Köln bestätigte, findet sich auch Kirberich (Lacomblet IV, Nr. ii59). Nach Ro-
sellen (a. a. O. S. i35) ist der Ort identisch mit dem u. a. in einem Weistum des
12. Jh. erwähnten Merrege (Lacomblet, Archiv IV, S. 3 So), in dessen Nähe im J. 1242
der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden den Grafen Wilhelm von Jülich
schlug (Waitz, Chron. regia p. 282). Im J. i3o4 wird bereits eine Kapelle zu Meregge
genannt (Urk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf; S.Ursula, Köln). In den J. i537 und
i64i wurden bedeutende Herstellungen an ihr vorgenommen; doch wird sie schon
im J. i694 abermals als sehr verwahrlost bezeichnet. Zwei Jahre später wurde der
gegenwärtig noch bestehende Bau aufgeführt, der im J. i733 einen neuen Boden-
belag erhielt.
Einfacher, verputzter Backsteinbau ohne allen architektonischen Wert, im Lichten Beschreibung
i3,3o m lang, 5,5o m breit. An den eingezogenen, durch drei Seiten des Achtecks
KRthol.
Knpelle
Geschichte
i57
i58
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Kapelle
Kloster
Benden
Gexchichte
Beschreibung
Inneres
Einrichtung
abgeschlossenen Chor schliesst sich im Osten, wie ein zweites Chörchen, die durch
fünf Achteckseiten geschlossene Sakristei. Das Äussere ist vollkommen schmucklos;
ebenso das saalartige, flachgedeckte Innere.
Barocke Bilder und Skulpturen ohne Wert.
Die alte (nicht mehr vorhandene) Glocke war vom J. i696.
KLOSTERBENDEN. Rosellen, Dek. Br. S. i3o. — Miraeus, Chronicon
Cisterciensis Ordinis S. 95. — Mercure du departement de la Roer i8i3, S. 8i.
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv zu Köln: Liber bonorum monasterii
b. Mariae Virginis in Prato ab sua fundatione.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 43 Urkunden von I23i — 1764; unter den
Akten Hebe-, Empfangs- und Pachtregister, Einnahme- und Ausgabebuch 1 8. Jh. Vgl.
weiter Ilgen, Rhein. Archiv S. 6o.
Im Pfarrarchiv zu Brühl: Urkunde vom J. I238. Vgl. dazu Tille, Über-
sicht S. 6.
Nach Miraeus a. a. O. S. 95 bestand bereits im J. ii35 an dieser Stelle ein
Kloster. Der liber bonorum des Kölner Stadtarchivs giebt hingegen 120 7 als Grün-
dungsjahr an und nennt als Stifterin Margaretha von Hersei. Im J. i383 wurde das
Kloster ein Raub der Flammen. Ein Kanonikus von S. Severin, Johann Hirsch,
baute Kirche und Dormitorium wieder auf. Im J. i5o3 wurde das Kloster zum
zweitenmale vom Feuer heimgesucht. Im J. i525 fand die Weihe statt, doch wiurde
das Werk erst unter der Äbtissin Christina Gebeis am Ende des 16. Jh. vollendet.
Im J. 1802 wurde das Kloster säkularisiert und die Kirche, die dem h. Bernhard ge-
weiht war, abgebrochen. Der gegenwärtige Eigentümer der Gebäude ist Herr Hein-
rich Gicsler.
Von den alten Klostergebäuden steht nur noch ein zehnachsiger Backstein-
flügel, aus einem Erdgeschoss und einem Stockwerk bestehend. Die Ecken des Ge-
bäude§ sind aus Tuffstein, desgleichen die Bänke der im Korbbogen geschlossenen
Fenster. In der fünften und in der zehnten Achse sind zwei rechteckige mit Ober-
lichtern versehene Thüren angeordnet, Über der ersten Thür ein Stein mit einem
bürgerlichen Wappen und der Inschrift: anno i7i8 hat die wol ehrwürdige fraw
MARIA ANNA WARTZ ABTIS (mit) DEM F. P. CONSTANTINUS SCHRILS DIESEN BAW AUF-
GERICHTET. Ohne Zusammenhang damit das Wort abt| Tis. An der Seite über einer
alten ornamentierten Steinbank ein anderes bürgerliches Wappen.
Das Innere enthält ausser einer Reihe von Zimmern an der Gartenseite den
einzigen noch erhaltenen Flügel des Kreuzganges. Er ist von Gratgewölben über-
spannt, die auf einfach profilierte Kämpfer auflaufen. Wandpfeiler sind nicht vor-
handen, ebenso fehlen die Gurtbogen.
In den Zimmern und im Kreuzgange eine grosse Anzahl von deutschen und
niederländischen Gemälden, meist dem i7. und 18. Jh. angehörend.
Holzmobiliar, als Stühle, Tische, Schränke, Truhen u. dergl., darunter einige
sehr schöne Stücke. Geschnitzte Reliefs mit Darstellungen aus der Geschichte der
Esther, i7. Jh. Bruchstück einer Anbetung der h. drei Könige. Figur des h. Johannes,
i5.Jh., Holz, 9o cm hoch. Eisentruhe des 18. Jh., mit künstlichem Schloss. Elfen-
beinkrug, mit Schlachtdarstellung in hohem Relief, um i7oo. Sehr schönes Stück.
Goldschmiedesachen des 18. Jh. Verschiedenes Steinzeug, Zinnkrüge u. dergl. Rö-
mische Thongefässe. Glasmalereien, darunter eine Wappenscheibe von i558.
Die Glasgemälde der Klosterkirche befinden sich gegenwärtig auf Schloss
Falkenlust (s. oben). [P.]
i58
KLEIN-KÖNIGSDORF — LÖVENICH
l59
KLEIN-KÖNIGSDORF.
Römische
Funde
Kathol.
Kapelle
Geschichte
RÖMISCHE FUNDE. In den J. 1 895 und i896 wurden zahlreiche Spuren
einer römischen Ansiedlung entdeckt Eine Strasse lief in der Richtung gegen Qua-
drath (Kr. Bergheim). Im Garten des Frohnhofes wurden römische Leichenbrand-
gräber gefunden; femer kam eine" Münze Trajans, sowie zahlreiche Gefässe und
Gefässreste zu Tage. Auch im Zuge der oben erwähnten Strasse fanden sich Münzen
und Terra sigillata- Reste (Mitteilungen der Herren Assessor a. D. Pauli in Klein-
Königsdorf und Diakon Bernhard Lingnau, in dessen Besitz ein Teil der Fund-
stücke gekommen ist). Vgl. darüber femer B. Lingnaus Bericht in den B. J. CI.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Margarethae).
Die Gründung dieser Kapelle» die von dem nahen Kloster Brauweiler veran-
lasst wurde, fällt in das J. i75i. Der Gottesdienst wurde auch von dort aus ver-
sehen. Im J. i892 wurde der alte Bau durch einen nach dem Plane des Baumeisters
Trimbom in Köln in romanischen Formen errichteten Neubau ersetzt. Nach der
Errichtung der Pfarre Gross-Königsdorf wurde Klein- Königsdorf dorthin eingepfarrt.
Hochaltar des 18. Jh.
Holzfiguren der hh. Rochus und Sebastian, erstere ein Werk des Kölner
Bildhauers Burchgardt Lach vom J. i746, letztere aus dem J. i7o9. Beide stammen
aus der Laurentiuskapelle zu Brauweiler.
Kasein des i7. Jh.
Die Glocke trägt die folgende Inschrift : IesV CrVCIfIXo et VtrIqVe MaRlAE
aDstantI eXeat sonVs. p. t. rectores sacelli s. laurentii. bartholomaeus
GUNDER GOSS MICH ANNO l75l.
FROHNHOF. Lacomblet, Archiv N. F. I, S. 4 1 8. Erwähnenswert nur einige f r o h n h o f
Blöcke eines hellen feinkömigen Steines, die angeblich von der Treppenanlage des
zu Anfang dieses Jahrhunderts abgebrochenen Turmes des Gross- Königsdorfer Königs-
hofes herstammen (s. oben S. i44).
Ausstnttang
Glocke
LÖVENICH.
RÖMISCHE FUNDE. Die von Erkelenz kommende Strasse, die in die
Maastrich- Kölner Strasse mündet, berührte auch Lövenich (B. J. LXXIII, S. 5). Über
zwei in der Umgebung des Ortes gefundene römische Inschriften vgl. Mercure du
departement de la Roer 181 3, S. i96 und Hüpsch, Epigrammatographia S. 16 u. i7.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Severini). Binterim u. Moo-
ren, E. K. I, S. 297, 3o9. — v. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden
VIII, S. i47. — Mercure du departement de la Roer 18 13, S. i95. — Kugler, Kleine
Schriften und Studien zur Kunstgeschichte II, S. i95.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Urkunden und Akten
der Johanniter- Kommende S. Johann und Cordula in Köln.
Im Stadtarchiv zu Köln: Hs. io5 mit den Glockeninschriften.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses, Bl. 35.
Im J. 1028 schenkte Pfalzgraf Ezzo seine Besitzungen in Lövenich der Abtei
Brauweiler. In der gleichen Urkunde wird bereits eine Kirche zu Lövenich genannt
(Lacomblet, UB. I, Nr. i65), doch hält Pabst (Archiv für ältere deutsche Geschichts-
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
i59
i6o
LANDKRKIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Beschieibung
Taufstein
Altarplattc
Kalvarienber^
Kirchenstuhl
künde XII, S. ii6) diese Urkunde für eine Fälschung des 12. Jh. Jedenfalls bestand
also im 12. Jh. zu Lövenich eine Kirche; ihrer thut auch der Über valoris (nach i3oo)
Erwähnung, Im J. i36i überliess Erzbischof Wilhelm das Patronat von Lövenich dem
Ordenshause S. Johann und Cordula in Köln, in dessen^ Besitze es bis zur Säkulari-
sation blieb. Die Kirche brannte im J. i765 zum Teil ab, wurde jedoch alsbald
wieder aufgebaut.
Im J. i858 wurde sie — angeblich nach Zwimerschen Plänen — von dem
Frechener Baumeister Weyden durch Anbau eines Chores, wie durch Weiterführung
der Seitenschiffe in östlicher Richtung erweitert und gründlichst restauriert.
Bei dieser Gelegenheit wurde das alte Tuffsteinmauerwerk zum grössten Teil
durch Backstein ersetzt und überhaupt die gesamte Aussenarchitektur so stark über-
arbeitet, dass der ursprüngliche Bestand nur noch schwer zu erkennen ist. Gegen-
wärtig stellt sich die Kirche als dreischiffige, romanische Pfeilerbasilika dar. Die
Westmauer besteht zum grossen Teil noch aus Tuff; die Ecken sind aus Trachyt;
nur der Giebel, der einen vierseitigen, geschieferten, in einen Helm endigenden Dach-
reiter trägt, ist aus Backstein. An den Langseiten des Hauptschiffes zieht sich ein
Rundbogen fries hin; der Obergaden ist an den Stellen, wo die beiden den alten
Chor nach Osten und Westen begrenzenden Gurtbögen auf die Mauer stossen, durch
Strebepfeiler abgestützt. Die grossen rundbogigen Fenster haben zum Teil noch Tuff-
steingewände. Der alte Chor, der mit einer Apsis endigte, war niedriger als das
Schiff; das Äussere gruppierte sich mit den kleinen Apsiden der Seitenschiffe zu-
sammen ganz malerisch.
Im Inneren umfasst das Langhaus gegenwärtig das alte vier Joche zählende
Schiff und den ehemaligen Chor. Der jetzt als Chor dienende Raum ist ein moderner
Anbau. Das ehemalige Schiff ist in allen seinen Teilen flach gedeckt; es hat rund-
bogige Oberlichter und Seitenschififenster. Als Träger des Hochwerks dienen recht-
eckige Pfeiler mit abgefasten Kanten. Die Pfeilergesimse wie die Scheidbögen wurden
bei der Restauration im J. i858 höher gelegt. Der Ostteil des gegenwärtigen Lang-
hauses hingegen — der ehemalige Chor — , der jetzt einen offenen Dachstuhl zeigt,
war vor der Restauration gewölbt. Der quadratische Vorraum der Apsis, der von
einem Kreuzgewölbe auf Wulstgurten überspannt war, zeigte ein einfaches Rosen-
fenster. Die Südmauer war ehemals von einem grossen Spitzbogenfenster durchbrochen.
Von der Ausstattung sind noch die folgenden Stücke alt:
Taufstein des 12. Jh., aus Blaustein, 76 cm hoch, auf einem mittleren Säulen-
stumpf und zwei schwächeren Säulchen, der rückwärtige Teil mit den beiden anderen
Säulen ist eingemauert. An dem Becken, das mit einem unten fast geschlossenen
Rundbogenbehang verziert ist, vier ausdruckslose Köpfe, von denen indessen nur zwei
sichtbar sind (vgl. Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts-
vereine XII, S. 64). Der Typus ist am Niederrhein sehr häufig. Vgl. Kunstdenk-
mäler d. Kr. Kempen S. 16.
Im Boden nahe der westlichen Abschlussmauer: Altarplatte mit fünf Weihe-
kreuzen und der Inschrift: commendator inbMlich anno MVcIX|!| iohannes
krIIIft.
Am Obergaden links: Barocker Kalvarienberg, Holz, mit lebensgrossen
Figuren, neu polychromiert. Am Kreuzesstamm das Wappen eines Komthurs, im
oberen Felde ein Johanniterkreuz, unten ein Vogel über drei Blumen.
An der Aussenwange eines Kirchenstuhles (Kommandeurstuhl genannt) das-
selbe Wappen und die Inschrift: a. n. i769.
160
MARSDORF — MERKENICH l6l
Sakramentsschrein mit altem Durchsteckgitter. Kathoi.
An der Aussenseite der Ostmauer des nördlichen Seitenschiffes ist ein geist- sukilmeiiu.*
liches Wappen eingemauert. Zu beiden Seiten die Buchstaben i. t. p. c. Darunter «chrdn
die Inschrift: jta VIae DVX anna tIbI tV sIste VIator ||n IbI ora et ego ^"pp*"***'"
BARBARA VIrgo CoM . . Das Übrige fehlt.
Über die Inschriften der alten (jetzt umgegossenen) Glocken vgl. v. Mering
a. a. O. VIII, S. i49. [R]
MARSDORF.
KATHOLISCHE KAPELLE (s.ts. trinitatis). Rosellen, Dek. Br. S.266.— K.thoi.
Dünn, Die ehemalige Herrlichkeit Junkersdorf S. 45.
Bereits im J. 11 57 erwarben die Nonnen von S. Mauritius in Köln Grundbesitz Geschichte
in Marsdorf (Lacomblet, UB. I, Nr. 392). Der alte Hof des Klosters, Krummenhof
genannt, ist gegenwärtig samt der dazu gehörigen Kapelle, die, wie die mündliche
Überlieferung berichtet, nach einem Gefecht zwischen den Truppen des Erzbischofs
von Köln und eines andern Bischofs, der wunderlicher Weise als der von Aachen
bezeichnet wird, errichtet sein soll, im Besitze des Herrn Walter Herstatt.
Kleiner, verputzter Backsteinbau mit schmalem, plattgeschlossenem Chor, schwach Beschreibung
nach innen gebrochenem, mit Schiefer abgedecktem Satteldach und kleinem, vier-
seitigen, in einen achteckigen Schieferhelm endigenden Dachreiter am Westgiebel. Die
rechteckige Thür liegt an der Südseite; sie trägt auf dem Sturze die Inschrift: anno
lEsus i732. Darüber ist eine kleine rechteckige Nische mit einem Schmerzens-
mutterbild angebracht
Das Innere ist ein rechteckiger, flachgedeckter Raum; der Zugang zum Chor
erfolgt durch einen flachen Bogen.
Auf dem Hochaltar: Schmerzhafte Mutter Gottes, Holzskulptur, um i5oo, Skulpturen
7o cm hoch, neu pt)lychromiert. Das dahinter befindliche, grossenteils verdeckte
Triptychon enthält in der Mitte die Beweinung Christi, links ist die Auferstehung,
rechts eine knieend betende Heilige dargestellt. Auf dem Mittelbilde die Wappen
der Eheleute Arnold von Siegen und Katharina Wolff. Dieselben Wappen auf zwei
Bildern von Barthel Bruyn (München, Alte Pinakothek Nr. 84 u. 85). Mittelmässige
niederländische Arbeit, gegen 1600.
Die h. Anna selbdritt, ca. 1,20 m hoch, leider grau überschmiert, i5. Jh.
Eine aus Marsdorf stammende romanische Madonna befindet sich gegen-
wärtig im Kloster Hoven bei Zülpich.
Ausserdem mehrere wertlose Barockskulpturen.
Der KRUMMENHOF selbst ist eine viereckige Anlage mit grossenteils neuen tcrummenhof
Wirtschaftsgebäuden; die älteren — wohl aus dem 18. Jh. — haben gebrochene Man-
sardendächer. Die Weiheranlage ist nur noch teilweise erhalten. [P.]
MERKENICH.
Ennen, Geschichte der Stadt Köln II, S. 284.
RÖMISCHE FUNDE. Merkenich war — nach der Menge der im Orte und Römische
in seiner nächsten Umgebung zu Tage geförderten, leider zum grössten Teil in aller
Welt zerstreuten Reste — eine nicht unbedeutende römische Ansiedelung. Liegt
11
161
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LANDKREIS KÖLN
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibttni^
Merkenich nicht vielleicht an Stelle des alten Rheinkassel? Weder im heutigen Rhein-
kassel, noch in Feldkassel und Kasselberg wurden erhebliche Funde gemacht.
Die von Köln nach Neuss führende Strasse berührte das Dorf an der West-
seite (B. J. LIII, S. 293). Die grosse Jülich-Kölner Strasse sandte einen Zweig gegen
den Rhein, der bei Merkenich auf den Strom traf (B. J. LXVIII, S. 2). Zwei andere
Wege führten von Merkenich gegen Feldkassel, von da aus vereint nach Grimling-
hausen. Auch sonst fanden sich noch zahlreiche Spuren römischer Wegbauten (Mit-
teilungen des Herrn Pfarrers Causemann). Unter den Münzen, die besonders zahl-
reich am Durchkreuzungspunkte dieser beiden Strassen am Nordende des Ortes zu
Tage kamen, waren mehrere des Caesar und Augustus. Der Wuppermündung gegen-
über fanden sich im J. i89i gut erhaltene römische Gräber mit Münzen des Marc
Aurel, die ins Bonner Museum kamen. Im J. i84o wurde in der Nähe der Kirche
ein römisches Grabgewölbe aus Tuflfetein gefunden, das von einem Pfeiler in der
Mitte gestützt war. Eine Steinplatte mit einer römischen Inschrift kam in die Del-
hovensche Sammlung zu Dormagen (B. J. LIII, S. 293); ein anderer angeblich aus
der alten (jetzt abgebrochenen) Kirche zu Merkenich stammender Inschriftstein be-
findet sich gegenwärtig im Pfarrhaus zu Rohr bei Blankenheim an der Ahr (B. J.
LXXXXIII, S. 269). Über Terra sigillata - Gefässe im Bonner Provinzialmuseum
vgl. B. J. LXXXIX, S. 56. Über eine römische Grenzwehr vgl. B. J. LXIII, S. 5i. Vgl.
femer auch B. J. LX, S. 4.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Brictii).
Handschrift 1. Qu. Im Pfarrarchiv: Anniversarien Verzeichnis i749. — Ver-
ehelichungs-, Tauf- und Sterbebuch der Pfarre Merkenich.
Im Besitze des Herrn Dünwald auf Tünneshof: Urkunden von 1237 u. i3o2
(Abschriften).
Im Besitze der Frau Witwe Breidenbach auf Klein-Lachen: Flurkarte
des Hofes Klein-Lachen von i77i.
Der Ortsname Merkenich erscheint zum erstenmale in einer Urkunde vom
J. I24i (Lacomblet, UB. II, Nr. 56). Die Kirche wird erst im J. I285 urkundlich
genannt (Lacomblet a. a. O. II, Nr. 812), doch findet sich merkwürdigerweise keine
Erwähnung davon im liber valoris. Grundherr war das Kölner Kunibertusstift, das
bereits im 1 3. Jh. Besitzungen in Merkenich erworben hatte. Das Kollationsrecht stand
gleichfalls bis zur Säkularisation dem genannten Stifte zu.
Die alte Pfarrkirche, die im J. 1886 abgebrochen und durch einen in roma-
nischen Formen gehaltenen Neubau nach Plänen des Franziskanerbruders Paschalis
aus Düsseldorf ersetzt wurde, war ein ursprünglich einschiffiger Bau, wahrscheinlich
aus romanischer Zeit; erst zu Anfang dieses Jahrhunderts war im Süden ein Seiten-
schiff angebaut worden; der Chor soll halbkreisförmig geschlossen gewesen sein.
Der einzige Überrest dieses Baues ist der aus Tuffstein aufgeführte Westturm;
er stammt aus der 2. H. des 12. Jh. Das ganz verputzte Untergeschoss, das ehemals
an der Nordseite von einem Portal durchbrochen war, hat gegenwärtig an der West-
seite ein Kreisfenster. Das erste Obergeschoss, das von dem Untergeschoss durch
ein Gesims getrennt ist, ist auf allen Seiten durch Eck- und Mittellisenen, die mit-
einander durch Rundbogenfriese verbunden sind, in je zwei Felder geteilt; jedes
dieser Felder ist durch eine flache Blende belebt. Das zweite Obergeschoss weist
dieselbe Gliederung auf, nur sind hier die Blenden durch Fenster ersetzt Mit diesem
Stockwerk schloss ehedem der Turm ab; beim Neubau der Kirche wurde noch ein
Backsteinstockwerk aufgesetzt Der Helm ist achtseitig und geschiefert.
162
MESCHENICH l63
Das Innere des Turmes ist von einem Kreuzgewölbe überspannt, dessen Gräte Kathoi.
auf kleine Eckkonsölchen auflaufen. Die Südseite der Turmhalle ist durch eine Ymctm
Doppelblende belebt. Ein Rundbogen, der auf zwei einfach profilierte Pfeilerkämpfer
stösst, gewährt Einlass in das etwas höher gelegene Schiff.
Die Ausstattung ist zum grossen Teile neu. Alt sind nur die folgenden Stücke:
Kupfernes Vortragekreuz, Anfang i5. Jh., 4o cm hoch, mit den Evangelisten- Vortragekreus
Symbolen ah den Kreuzesendigungen.
Kanzel des i8. Jh., aus S. Lupus in Köln. Kauei
An dem der Kirche gegenüber liegenden Hause Nr. 62 ein Balken mit der imchnft
Inschrift: gelobt sei iesus Christus., die hochwürdigen Herren canonici capi-
TULI STI. CUNIBERTI HABEN DIESES HAUS DEN 2 2. MAI l753 HIER MIT GOTT ERBAUT.
[P]
MESCHENICH.
RÖMISCHE FUNDE. Der von Vochem nach Alteburg führende Neben- Römische
kanal ging östlich an Meschenich vorbei (B. J. LXXX, S. i4). Über römische Inschrift-
steine aus Meschenich vgl. B. J. LXXVIII, S. i36 und Rosellen, Dek. Br. S. 438.
In den 20 er Jahren kamen auf dem Friedhofe zwei römische Steinsärge zu Tage.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Blasii episcopi). Binterim u. K.thoi.
Mooren, E. K. I, S. 293. — Rosellen, Dek. Br. S. 442. Pfarrkirche
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 53.
In der Königl. Bibliothek zu Berlin: Manuscr. bist. Bor. 2®Nr. 75o: Pro-
cessus inquisitionis super causis incorporationis faciendae ecclesiae S. Severini Colo-
niensis de ecclesia in Meschingen. i5. Jh. Pgt
Die älteste Erwähnung des Ortes Meschenich findet sich in einer Urkunde vom Geschichte
J. II 66 (Lacomblet, U B. I, Nr. 4 18). Die Kirche hingegen wird erst im über valoris
(nach i3oo) genannt (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 293). Das Patronat befand
sich bis zum Ausgange des i4. Jh. im Besitze der kölnischen Familie vom Stave. Im
J. i38o verzichtete Heinrich vom Stave zu Gunsten des Stiftes S. Severin auf seine
Rechte ; gleichzeitig wurde die Meschenicher Kirche dem genannten Stifte inkorporiert.
Das Kollationsrecht besass S. Severin gleichfalls bis zur Säkularisation. Im J. i8o7
wurde die Pfarre unterdrückt; die Neuerrichtung fand im J. i834 statt
Die alte Pfarrkirche, die im J. i89i niedergelegt und durch einen nach Plänen Beschreibung
des Baumeisters Theodor Kremer in Köln in romanischen Formen errichteten Neubau
ersetzt wurde, war nach Rosellen a. a. O. S. 447 ein Bau aus der ,Anfangszeit der
romanischen Bauperiode, wie die nach Wegschaffung des Bewurfs sichtbar gewor-
denen ursprünglichen, später veränderten Bauformen, namentlich die kleinen, halb-
runden Fenster und die ehemalige grosse Thüröffnung zeigt*. Das verwendete Bau-
material bestand zum Teil aus grossen Quadern, welche wahrscheinlich von einem
römischen Grabgewölbe herrühren, dann aus Tuffsteinen. Der Chor, an dem die alt-
romanischen Bauformen angewandt waren, schloss nicht halbrund, sondern gerade
ab imd war im Innern durch einen Rundbogen von dem in der Tonne gewölbten
16 m langen und 6 m breiten Schiffe getrennt Der Turm war aus Quader-, Tuff-
imd Schiefersteinen erbaut.
Die Ausstattung der neuen Kirche ist zum grössten Teile modern. Aus der
alten Kirche stammen lediglich die folgenden Gegenstände:
i63
i64
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Kelch
Kelch, aus Silber, vergoldet, 18 cm hoch, vom J. i4i4. Am Fusse die In-
schrift: DOMINUS lOANNES DE BOCKGENBACH, NOVUS PASTOR IN MESCHENICH, DEDIT
HUNC CALICEM MCCCCXIV.
Ciboriam Ciborium, aus Silber, vergoldet, 32 cm hoch, mit der Inschrift: laurentius
SCHULLER, ELISABETH SUREN, L SCHULLER HALFEN ZU ENGDORF D. D. ANNO I666.
[P-]
PINGSDORR
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
RÖMISCHE FUNDE. Südlich des Ortes wurden im Boden beträchtliche
Mauer-, Dach- und Ziegelreste gefunden, darunter auch feste Substruktionen. Östlich
von Pingsdorf führte der Eifelkanal und parallel mit ihm die Bonner Strasse vorbei,
die am Nordende des Dorfes mit der Köln- Euskirchener Strasse kreuzte. (Vgl. Ann.
h. V. N. XXXVII, S. 66 u. 98 u. B. J. LXXIII, S. i u. LXXX, S. i4, ferner Rosellen,
Dek. Br. S. 454.)
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Pantaleonis). Rosellen, Dek.
Br. S. 466. — Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 294.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Vgl. Tille, Übersicht S. i5.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 59.
Schon im Testamente des h. Kunibert, der vom J. 623 bis zum J. 663 Bischof
von Köln war, ist ,Pinnesdorp' genannt (Lacomblet, Archiv II, 63). Ein Weistum
des 12. Jh. giebt uns von einem erzbischöflichen Hofe zu Pingsdorf Kunde (Lacom-
blet, Archiv IV, 35o). Die älteste Nachricht vom Bestände einer Pfarrkirche da-
selbst ist in einer Urkunde vom J. 1 197 enthalten (Lacomblet, U B. I, Nr. 558). Auch
der Über valoris erwähnt sie (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 286). Das Patronats-
recht besass die Abtei S. Pantaleon zu Köln. Vom Papste Johann XXII (i3i6 bis
i334) wurde ihr die Kirche inkorporiert. (Vgl. hierzu die Annales ecclesiae S. Panta-
leonis, Hs. des Stadtarchivs zu Köln.) Dieses Verhältnis blieb bis zur Säkularisation
unberührt (Dumont, Descriptio S. 1 9).
Die alte Kirche, die im vorigen Jahrhundert abgebrochen wurde, besass, wie
aus den Synodalsatzungen vom J. 1612 (vgl. Rosellen a. a. O. S. 606) hervorgeht,
einen Turm, einen grossen und einen kleinen Chor. Den ,romp* hatte der Abt von
S. Pantaleon zu erhalten, die Baupflicht für den Turm, den grossen Chor und die
Kirchenhallen lag den ,Nachbahren des Kirspels* ob, die Erhaltung des kleinen Chors
war Sache des Pfarrers. Im J. i746 wurde an Stelle der alten Kirche ein Neubau
errichtet, zu dessen Kosten Kurfürst Clemens August einen wesentlichen Beitrag
leistete. Die Oberleitung hatte der kurfürstliche Baumeister Katusch (vgl. Roskllen
a. a. O. S. 467).
Einschiffiger verputzter Backsteinbau, mit vorgelegtem Westturm. Länge im
Lichten 24,5o m, Breite 9,5o m.
Der viereckige, an den Ecken breit abgefaste Turm steigt in drei Geschossen
empor. Flache Lisenen bilden die Umrahmung der einzelnen Geschossfelder. Das
Erdgeschoss hat an der Südseite eine rechteckige Thür in Steinfassung, darüber be-
findet sich eine Nische mit einer Madonnenfigur. Das zweite Stockwerk weist auf
jeder Seite eine grosse, flache, im Rundbogen geschlossene Einblendung auf, in der
je zwei kleinere, ebenfalls rundbogige Blenden sitzen. Jede dieser Blenden ist von
einem schmalen Lichtspalt durchbrochen. Die Glockenstube öfihet sich mit je zwei
i64
POULHEIM
l65
Rundbogenfenstem nach aussen. Den oberen Abschluss bildet ein achtseitiger ge- Kaihoi.
SChieferter Helm. Pfarrkirche
Schiff und Chor besitzen je ein geschiefertes Satteldach. Der Dachreiter ist
achteckig und gleichfalls mit Schiefer abgedeckt. Zwischen den sechs Rundbogen-
fenstem sind flache Lisenen angeordnet. Im übrigen entbehrt das Äussere jeglichen
Schmuckes. Die Sakristei ist in der Längsachse der Kirche an den Chor angebaut
Das Innere ist ein flachgedeckter Saal, an dessen Langwänden die Gliederung inner««
durch flache Lisenen wiederkehrt Der Chor schliesst mit drei Seiten des Achtecks
ab, von denen die beiden äusseren flache Einblendungen aufweisen. Die Sakristei
ist von einem Gratgewölbe überspannt
Altäre, Chorstühle, Kanzel, Bänke und Orgelbühne stammen aus Ausstattung
der Erbauungszeit der Kirche.
Die Glocken stammen sämtlich aus dem J. i776 und tragen die folgenden Glocken
Inschriften (vgl. Rosellen a. a. O. S. 468) :
1. sanCtVs pantaLeon MeDICVs et patronVs tVeatVr nos a peste. sub
r. d. pantaleone friederichs pastore martinus legros malmudarius fecit.
2. BEATA ES VIrgo MarIa DeIpara, eCCe eXaLtata es, InterVenI pro
NObIs. sub R. D. BEDA VOLBER SACELLANO MARTINUS LEGROS FECIT.
3. In trIbVLatIone et angVstIa nostra sVCCVrre nobIs beata anna
Mater DeIparae. sub d. ioanne decker aedile martinus legros fecit.
Über die Inschriften der älteren, wahrscheinlich zum Umguss verwendeten
Glocken vgl. Rosellen a. a. O. S. 468.
Über das Beginenhaus zu Pingsdorf und die Kapelle zu Geildorf vgl.
Rosellen, Dek. Br. S. 473. [R]
POULHEIM.
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
RÖMISCHE FUNDE. Die vom Rhein auf Jülich zu führende Strasse
berührte auch Poulheim. Vgl. B. J. LXIV, S. 22; LXVIII, S. 2; LXXX, S. 16. Im
April i897 wurden bei Gelegenheit des Baues der Grevenbroicher Bahn römische
Skeletgräber mit geringwertigen Beigaben entdeckt.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. ss. Cosmae etDamiani). Binterim
u. Mooren, E. K. I, S. 3i7. — Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen
Geschieh tsver eine XII, S. 54.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Kirchrechnungen von i697 ff. Ur-
kundenbuch, i9. Jh., enthaltend geschichtliche Notizen.
Im Bürgermeisteramt: Vgl. Tille, Übersicht S. i5.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 59.
Die Kirche zu Poulheim soll von dem Kölner Erzbischof Heribert, also etwa
im ersten Viertel des 1 1 . Jh. konsekriert worden sein. Die älteste urkundliche Er-
wähnung des Ortes ist jedoch erst aus dem J. io67 (Lacomblet, U B. I, Nr. 2o9).
Turm und Hauptschiff der Kirche stammen von einem ursprünglich wahrscheinlich
flach gedeckt gewesenen Bau des 1 2. Jh., während die Nebenschiffe und die Ostteile
von einem nach Plänen des ehemaligen Dombaumeisters Franz Schmitz im J. i885
ausgeführten Erweiterungsbau herrühren. Das Kollationsrecht hatte um das J. 1800
der Herzog von Jülich (Dumont, Descriptio S. 18).
Dreischiffiger Bau mit vorgelegtem Westturm. Länge des alten Teiles 10 m, Beschreibung
Breite 5,75 m.
Geschichte
i65
166
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
Inner«!
Wandmalereien
Der vierstöckige romanische Turm (Fig. 74) ist ganz aus Tuffstein erbaut. Die
drei unteren Geschosse sind an der West- und Südseite durch Eck- und Mittellisenen,
die mit einander durch kleine Rundbogen verbunden sind, in je drei Felder geteilt
An der Südseite ist ein kleines Portal angeordnet, dessen Halbkreisbogen von einer
leicht dekorierten Umrahmung umzogen wird. An der Nordseite tritt ein halbrunder
Ausbau vor, der die Turmtreppe in sich birgt. Demzufolge beginnt die Lisenen-
und Bogendekoration an dieser Seite erst in dem etwas zurücktretenden dritten
Stockwerk. In dem vierten,
die Glockenstube enthalten-
den Geschosse findet eine
Teilung in zwei Felder statt,
in deren jedem sich ein von
einem Kleeblattbogen um-
rahmtes gekuppeltes Fenster
befindet. Darüber ist dann
noch auf jeder Seite ein drei-
eckiger, von einem gekuppel-
ten und einem kreisförmigen
FensterdurchbrochenerGiebel
aufgemauert Die Kreisfenster
sind zum Teil vermauert. Den
Abschluss bildet eingeschiefer-
tes Rhombendach.
Vom Turme abgesehen, ist
von der Aussenarchitektur nur
noch das von einem sattel-
förmigen Schieferdach über-
deckte Hauptschiff alt Es ist
ebenfalls aus Tuff aufgeführt
und zeigt eine leichte Rund-
bogendekoration.
Das Innere des Turmes,
das sich in weitem Rund-
bogen gegen das Schiff öffnet,
ist von einem Gratgewölbe
überspannt. Der eine der
beiden Pfeilerkämpfer zeigt
ein leichtes Rankenomament.
Das Hauptschiff umfasst vier schmale rechteckige Joche. Als Stützen dienen vier-
eckige Pfeiler, die Arkaden sind rundbogig. Das Gewölbe ist neu, doch soll das
Hauptschiff wie die Seitenschiffe schon früher gewölbt gewesen sein. Über dem Ge-
wölbe seien ehedem Spuren einer bemalten Holzdecke sichtbar gewesen. Die Ober-
lichter sind rundbogig geschlossen.
Bei Gelegenheit der Restauration und Erweiterung im J. i885 wurden umfäng-
liche Wandmalereien aufgedeckt Vgl. hiezu Schnütgens Bericht in der Köln.
Volkszeitung vom J. i885, Nr. i4o u. Nr. 162. Danach waren sowohl die Pfeiler, als
auch die beiden Hochwände von Malereien bedeckt, die offenbar von zwei ver-
schiedenen, einander nicht gleichwertigen Händen herrührten. Die Kirche hatte zu
Fig. 74. Fouilieiin. Turm der Pfiarfltirche.
166
POULHEIM
167
Anfang des i6. Jh., als sie noch flach gedeckt war, ihren malerischen Schmuck durch Kathoi.
einen nicht sehr bedeutenden Künstler erhalten. Nach der Einfügung der Gewölbe
waren diese Darstellungen in der zweiten Hälfte des 1 6. Jh. von einem anderen, noch
weniger geschickten Meister übergangen und verändert worden. Der erste Meister
hat die von Figuren nicht in Anspruch genommenen Wandflächen mit ziegelroten
Linien quadriert, über die Weinranken mit spärlichen Blättern und spärlichen Trauben
geführt wurden. Die Figuren hat er ziemlich schlank mit reichem Faltenwurf in
korrekter Linienführung behandelt, den Köpfen war besondere Aufmerksamkeit ge-
widmet, stellenweise hatten sie einen anmutigen Ausdruck. Der zweite Meister füllte
die Gewölbekappen mit schwärzlich grünlich kontourierten Ranken; seine Figuren
waren kurz, roh und oberflächlich behandelt, im Umriss ängstlich. An manchen Stellen
trat mehr die untere, an anderen mehr die obere Bemalung zu Tage. Die Anordnung
war sehr imorganisch. Auf den Pfeilern zeigten sich rechts wie links je zwei Stand-
figuren von i,io — i,3o m Höhe übereinander: Maria, Katharina, Barbara, Margaretha,
ein Bischof mit einem Kirchenmodell und ein Kaiser waren erkennbar. Unter den
Arkaden kam auf der Epistelseite eine Reihe von dreizehn Standfiguren, wahrschein-
lich Christus mit den Aposteln, zu Tage. Die gegenüberliegende Wand war mit
zwei Reihen von je acht Passionsszenen bedeckt, deren einzelne Figürchen kaum
75 cm hoch waren. In der ersten Darstellung der unteren Reihe war der Donator
sichtbar, ein knieender Ritter, der einen Wappenschild mit drei dunkelgelben gewellten
Balken auf hellgelbem Grunde zu halten schien. — Die Erhaltung der Wandmalereien
war so mangelhaft, dass nichts davon zu retten war; zudem war ihr künstlerischer
Wert im Ganzen nicht sehr gross.
Eine frühgothische Tuffsteinmadonna ist seither spurlos verschwunden (vgl. Madonna
ScHNÜTGEN in der Kölnischen Volkszeitung i88S, Nr. 162).
Ein über der südlichen Thür eingemauerter Stein zeigt eine nur zum Teil noch inschriftstein
lesbare Inschrift des 12. Jh.:
IIIECCESIA (so) CONTINENTUR RELIQUIE SANCTORUM ANNI (Damiani?) ET |||Ell FA-
BIANI, SEBASTIANI, GOTHARDI, LOTAR ||!M|.
Auf den Glocken von i653 und i7i5 befinden sich die folgenden Inschriften:
1. IN HONOREM SS. COSMAE ET DAMIANI, S. BARBARAE VIRGINIS, MARTIRUM,
STUDIO ET OPERA DES WOHLEHRWÜRDIGEN HERRN lACOBEN BALCHRA)i PASTOREN, DES
HOCHETELGEBOHRNEN HERRN PETER DIEDERICHEN VON HERTMANNI HOLTZGRAFFEN,
DEREN EHRSAHMEN UND WOHLACHTBAHREN HERINDWEN (?) GOS MICH MEITER (so)
ETMUNDUS PiPiN ZU GOTTES EHREN IN COLLEN ANNO i7i5. — Als Dekoration ein
Puttenkranz.
Darunter: richen weiler, cosmas lempergess, heindrichen braun, scheffen;
WILHELM SCHMITZ, VORSTEHER SÄMBTLICHER GEMEINDEN ZU POULHEIM, AMBTS
BERCHEM, unter HERREN VÖGTEN SCHUMACHER I. V. D. UND HERRN GERICHTS-
SCHREIBER NEUKIRCHEN.
2. IHS. oMnIpOTENTI DeO HONOR aC gLorIa. MARIA. SUB PATROCINIO SS. MAR-
TYRUM COSMAE ET DAMIANI, PATRONORUM ECCLESIAE IN POLHEIM, SUB SERENISSIMO
DUCE lULIAE, CLIVIAE, MONTIUM PHILIPPO WILHELMO COLLiTTORE, LAMBERTO MYNES
PASTORE PRO TEMPORE ET ANTONIO FREYMONDT VICARIO DIVAE ANNAE, lOANNE HAN
CUSTODE, HERMANNO WIDDERSTORF AEDILI, HAEC CAMPANA, QUAE ANNO l577 FUSA,
RENOVATA ANNO l653. M. GOERDT VON STOMMEL ERNEWERT MICH.
FRIED HOFKAPELLE (s. t. s. Barbarae). Achtseitiger verputzter Backstein-
bau vom J. 1686, von unbedeutenden Massen. Das zeltförmige Schieferdach endigt
in eine kleine Haube. An der Vorderseite ein kleiner überdachter Vorraum.
Glocken
Friedhof-
kapelle
l67
i68
LANDKREIS KÖLN
Friedhof-
kap«ye
Das Innere ist flach gedeckt. Die Ecken sind mit kleinen Pilastern gefüllt,
die zur Aufnahme von Figuren bestimmt waren. Der Hochaltar ist eine wertlose
Arbeit des i8. Jh.
Unter dem Vordach die falsch restaurierte Inschrift: i h s. sacellum hoc
D. BARBARAE VIRGINI ET MAR(tyri) DEDICATUM ANNO 1686. [R]
RHEINKASSEL.
Römische
Funde
Kethol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
RÖMISCHE FUNDE. Die Namen des Ortes selbst, wie der ihm zunächst
gelegenen Ansiedelungen Feldkassel imd Kasseler Berg, lenken auf die Vermutung,
dass hier eine römische Befestigung gewesen sei (B. J. LIII, S. 293). Die thatsäch-
lichen Funde sind indessen nicht nennenswert. Sollte etwa das alte Rheinkassel die
Stelle des heutigen Merkenich eingenommen haben, wo im Laufe der Jahre sehr viele
römische Reste entdeckt worden sind (s. oben)? Über Römerstrassen, die den Ort
berührt haben sollen, vgl. B. J. LXIV, S. 22 und LXVIII, S. 5.
In dem nahen Feldkassel, wo zwei von Merkenich kommende Wege zusammen-
trafen, kam gelegentlich von Grabungen ein römischer Sarkophag zu Tage; auch
römische Ziegelplatten wurden hier gefunden (B. J. LX, S. 6).
K AT HOLISCHE PFARRKIRCHE(s.t.s. Amandi). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 266. — Kölner Domblatt i854, Nr. 108. — Martene, Veterum scriptorum
et monumentorum collectio amplissima I, Sp. 248.
Handschriftl. Qu. Vgl. Tille, Übersicht S. i5.
Die Kirche zu Rheinkassel ist vielleicht von dem flandrischen Kloster Elno aus
gegründet worden (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 266). Karl der Einfältige be-
stätigte diesem Kloster im J. 899 Besitzungen am Rhein — super fluvium Rhenum
campos et ad Merulas dictos (Martene a. a. O. I, Sp. 248). Das Kloster Elno wie
die Kirche zu Rheinkassel verehren als Patron den h. Amandus. Später scheint das
Kölner Gereonsstift den Grund wie die Kirche an sich gebracht zu haben. Bereits
im J. 1 1 56 ist in einem Vergleiche zwischen S. Gereon und der Abtei Knechtsteden
von Rheinkassel und seiner Kirche die Rede, und in einer Urkunde vom J. ii85
heisst es ausdrücklich : ecclesia Rincasle in fundo b. Gereonis sita (Lacomblet, U B. I,
Nr. 386, 499). Von Erzbischof Engelbertl. (12 16 — 1226) wurde die Kirche dem Stifte
einverleibt (Joerres, Urkundenbuch des Stiftes St. Gereon in Köln Nr. io3). Auch
der liber valoris nach i3oo erwähnt die Kirche (Binterim u. Mooren a. a. O. I, S. 260).
Der gegenwärtig noch aufrechte Bau stammt zum grössten Teile aus den ersten Jahr-
zehnten des i3. Jh.; nur der Turm gehört dem 12. Jh. an. Im J. i362 wurde ein
Streit, der zwischen dem Stifte und der Gemeinde wegen Wiederherstellung des in
Verfall geratenen Daches entstanden war, durch einen Vergleich beigelegt (Joerres
a. a. O. Nr. 42?). Im i7. Jh. erhielten die Fenster des Hauptschiffes ihre heutige Ge-
stalt; damals wurde auch die Sakristei angebaut. Um i75o wurde das Dach durch
Feuersgewalt zerstört. Das Patronat der Kirche gehörte bis zur Säkularisation dem
Kapitel des Gereonsstiftes in Köln (Dumont, Descriptio S. i9).
Dreischiffige Pfeilersäulenbasilika des gebundenen Systems, mit vorgelegtem West-
turm und halbkreisförmigem, von zwei Türmen flankierten Chorschluss (Ansichten
Fig. 75 u. 76, Grundriss Fig. 77 und Einzelheiten Fig. 78). Länge im Lichten 21,10m,
Breite i4 m.
168
RHEINKASSEL
l69
Der ungemein massive Westturm (Grundriss Fig. 77, Ansicht Fig. 75), zweifellos Kathoi.
der älteste Teil des Baues, gehört wahrscheinlich noch dem 12. Jh. an. Er um- wesuurl *
fasst nur zwei, zum grössten Teil aus Tuffstein aufgeführte, gänzlich verputzte Stock-
werke und endigt in einen achtseitigen Schieferhelm. Der reich profilierte Sockel und
die Thüreinfassung, über der eine Nische mit einer (modernen) Figur des h. Aman-
.^-;
Fig. 75. Rheinkaiiel. Die Pfiirrkirche von Südwesten.
Fig. 76. Rheinkassel. Die Pfarrkirche von Südosten.
dus angebracht ist, sind aus Trachyt. Das Obergeschoss tritt etwas zurück; es ist an
der Westseite von zwei spitzbogigen Fenstern, im Süden und Norden von je einem
durchbrochen.
Langhaus und Chor (Fig. 76) sind um mehrere Jahrzehnte später entstanden; Langhaus
sie zeigen die reichen Formen des entwickelten Übergangsstils. Am Äusseren des Lang-
i69
i7o
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Pfarrkirche
hauses kommt die innere Raumteilung durch Lisenen zum Ausdruck, die am Obergaden
durch Rundbogenfriese verbunden sind. Über den Rundbogenfriesen wurde das TufT-
mauerwerk — wahrscheinlich im i7.Jh. — durch eine Backsteinaufmauerung erhöht;
gleichzeitig damit wurde ein neues steileres Dach aufgesetzt imd die Oberlichter
wurden durch grosse, zweiteilige, bis unter die Ansatzlinie der Seitenschiffdächer
herabreichende Fenster in den Formen der spätesten Gothik ersetzt. An den Seiten-
schiffen sind nur einfache breite Lisenen ohne Rundbogen Verbindung angeordnet;
zwischen ihnen sind die Aussenmauern durch vierpassförmige Fenster durchbrochen,
die vor einigen Jahren unter Beibehaltung ihrer alten Form erweitert worden sind.
Die Pultdächer wurden bei der Umgestaltung der Oberfenster mit Einschnitten ver-
sehen, um dem Lichte leichteren Zutritt zu verschaffen. Schon im i7. Jh. waren die
Lisenen teils verbreitert, teils verstärkt worden; in den fünfziger Jahren wurden die
Fig. 77. RheinlcAssel. Grundriss der Pfarrkirche.
Chor
Flankenlürme
allerdings aufßlllig schwachen Seitenschiffmauem durch Strebepfeiler der allerplumpesten
Form abgestützt. Gleichfalls aus dem 1 7. Jh. stammt wahrscheinlich die zwischen
die östliche Abschlussmauer des Südschiffes und den südlichen Chorturm eingebaute
Sakristei.
Die Westmauer des Südschiffes war ursprünglich von einem Portal durchbrochen,
doch scheint die Öffnung schon sehr bald vennauert worden zu sein. Zwei in die
einspringenden Gewändeecken gestellten Säulen mit sehr kräftigen Knollenkapitälen
tragen den Bogen. Auswärts davon sind zwei Konsolen angebracht.
Der Chorbau mit den beiden Türmen ist ebenso reich gehalten. Die Gliede-
rung der Apsis selbst ist zweigeschossig; beide Geschosse sind durch Lisenen und
Rundbogenfriese belebt, das obere Geschoss weist ausserdem drei grosse Rundbogen-
fenster auf. Über dem zweiten Geschoss ist ähnlich wie an den Langseiten eine
Backsteinaufmauerung sichtbar.
Die beiden den Chorbau flankierenden Türme erheben sich in je vier Ge-
schossen. Die beiden unteren sind nur durch einfache Gesimse von einander ge-
i7o
RHEINKASSEL
I7l
schieden; über dem zweiten, dritten und vierten Geschosse jedoch wird die Stock-
werkteilung durch Rundbogenfriese bewirkt. Im dritten und vierten Geschosse sind
die Ecken ausserdem durch Lisenen verstärkt. Den oberen Abschluss bilden niedrige,
pyramidenförmige Schieferdächer.
Im südlichen Chorturm ist noch ein vermauertes Vierpassfenster wahrnehmbar.
Man betritt das Innere durch die in der Westmauer des Turmes angebrachte
Thür. Die Turmhalle zeigt an der Nord- und Südseite tiefe rundbogige Einblen-
dungen. Von dem alten Gewölbe sind noch die Eckkonsolen erhalten. Die Treppe
zum oberen Turmgeschoss liegt in der südlichen Mauer. Nach Osten öffnet sich die
Turmhalle in breitem niedrigem, auf zwei einfache Pfeilerkämpfer auflaufendefa Rund-
bogen gegen das Langhaus,
dessen Achse von der des \
Turmes um ein Geringes
abweicht.
Das Langhaus ist im
gebundenen System ange-
legt; es umfasst im Haupt-
schiff zwei, in jedem der
Nebenschiffe vier ungefähr
quadratische Joche. Als
Hauptstützen dienen recht-
eckige Pfeiler, als Neben-
stützen gekuppelte Säulchen
(Fig. 78). Die beiden Frei-
pfeiler haben hohe Sockel,
beide sind an der Haupt-
schifiseite mit einer recht-
eckigen Vorlage (Fig. 78) ver-
sehen, die wiederum durch
einen kräftigen, mit einer
runden Kapitälplatte abge-
deckten Dienst verstärkt ist.
Über dem kräftig gebildeten
Kämpfer wird die Pfeiler-
vorlage schmäler. Der Pfeiler
links hat ausserdem noch
einen Sockel für eine schwächere rechteckige Vorlage an der Nebenschiffseite, der
allerdings nicht benutzt wurde.
Die gekuppelten Säulchen, die als Nebenstützen dienen, haben einen gemein-
samen, ziemlich hohen Sockel. Die kräftigen Basen sind mit Eckblättem versehen,
die kurzen stämmigen Schäfte tragen frei behandelte Knospenkapitäle, über denen
eine gemeinsame rechteckige Deckplatte von ziemlich reichem Profil den Bogen auf-
nimmt. Der erste und vierte Scheidbogen ist halbkreisförmig, der zweite und dritte
ist spitz. Diese Unregelmässigkeit hängt mit der auf dem Grundriss allerdings nicht
sehr deutlich erkennbaren Ungleichheit der Stützen in tervalle zusammen; auf diese
Weise wurde wenigstens annähernd gleiche Scheitelhöhe erzielt.
Die beiden Joche des Hauptschiffes sind von Kreuzgewölben überspannt, deren
Rippen (Profil Fig. 77) in den Ecken von langgestielten, rund abgedeckten Konsolen
Kathol.
Pfarrkirche
Inneres
Fig. 78. Rheinkattel. Kathol. Pfarrkirche. Sfiulen im HaupttchifT.
Langhaus
i7i
I72
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
P f n r r k i r c li e
Chor
Künstlerische
Würdigung
Paramente
(Fig. 79), in der Mitte von den Diensten der Freipfeiler aufgenommen werden. Auf
diese läuft auch die beide Gewölbe von einander trennende Querrippe auf.
Die Gratgewölbe der Nebenschiffe, die erst im 1 9. Jh. eingezogen worden sind,
werden durch schmale Gurtbogen von einander getrennt, die einerseits auf die Frei-
stützen, andererseits auf die einfachen Kämpferkonsolen auflaufen. Die Aussen-
mauem sind durch grosse rundbogige Nischen belebt, östlich von den vier mit
Kreuzgewölben überspannten Jochen befindet sich noch in jedem der Seitenschiffe
ein in der Tonne gewölbtes Halbjoch.
Der Chor, den man durch einen halbkreisförmigen Triumphbogen betritt, be-
steht aus zwei rechteckigen Jochen und dem über drei Seiten des Achtecks errich-
teten Chorschluss, der mit dem östlicheren der
beiden rechteckigen Felder gemeinsam von
einem sechsteiligen Gewölbe überspannt ist.
Als Gewölbeträger dienen hier schlanke mit
. Eckblattbasen, Schaftringen und Knospenkapi-
tälen ausgestattete Dienste, deren teils gerade,
teils übereck gestellte Deckplatten, die, wie die
Gurte und Schildbögen, meist rundstabförmig
profilierten Rippen aufnehmen (Fig. 78). Der
eigentliche Chorschluss ist durch drei flache
Nischen zwischen den frei vor die Wand tre-
tenden Diensten belebt.
Die Thür, die zu dem nördlichen mit einer
Spindeltreppe versehenen Turme führte, ist
gegenwärtig vermauert. Der Südturm ist sowohl
von der Sakristei als auch vom Chor aus zu-
gänglich. Der untere von einem Gratgewölbe
überspannte Raum hat an der Ostseite eine
flache Nische.
Die Fenster im Obergaden, die im 1 7. Jh.
ihre gegenwärtige Form erhalten haben, sind
zum Teil mit kleinen Glasgemälden — Wappen
und Namen der Stifter enthaltend — ge-
schmückt. Die Inschriften sind zum grossen
Teil unleserlich. Eines der Fenster enthält die
Jahreszahl i634.
Die Kirche zu Rheinkassel ist ein sehr zierlicher, leider vom i7.Jh. an fort-
während durch rohe Hände misshandelter Bau. Das Äussere, von malerischer Ge-
samtwirkung, ist interessant durch die bei Landkirchen immerhin seltene Anordnung
von Flanken türmen am Chor. Im Inneren ist die Anwendung der gekuppelten Säulen
als Nebenstützen, also der Gebrauch einer eigentlich dekorativen Form in tektonischem
Sinne, ebenso originell als charakteristisch für die Spiel- und Zicrlust des entwickelten
Übergangsstils.
Bemerkenswert sind von der Ausstattung nur zwei Paramente:
Kasel, aus einem blauen, wahrscheinlich italienischen Seidenstoff' des i4. oder
i5. Jh., mit Löwen und Greifen in goldenem Überfangstich. Auf den anscheinend
von einer anderen Kasel herrührenden Stäben wechseln auf dem golddurchwirkten
Grunde die beiden Namen druda und MATH(ias) mit zwei Wappen ab, von denen
W
V
Fig. 79. Rheinkassel. Kathol. Pfiirrkirche
heilen aut Schiflf und Chor.
Einzel-
l72
RODEN KI RCH EN 1 7 3
das eine der Familie von Kessel gehört, während das zweite, das ein nach rechts Km hol.
schreitendes wolfähnliches Tier zeigt, unbekannt ist. Der Spender ist wahrscheinlich '*^»"^'^*=*»«
ein Matthias von Kessel und seine Frau Druda. — Manipel mit den Monogrammen
I H s und X p s in gleicher Arbeit wie die Stäbe.
Kasel, aus neuem, goldgelben Stoff, mit alten Stäben. Um i5oo. Am Kreuze
Darstellung des Kruzifixus mit Maria imd Johannes am Kreuzesstamme, an den
Kreuzesenden der h. Franz und eine Äbtissin, darüber Gottvater mit der Taube des
h. Geistes. Am Fussende der Kopf einer Heiligen. Auf der Vorderseite ein Engel.
Die Figuren sind appliziert.
Graduale, von i655, geschrieben von Margaretha de Porta, einer Trierer
Augustinerin.
Die Glocken tragen die folgenden Inschriften: Glocken
1. S. AMANDE PATRON (so) ORA PRO NOBIS. D. ANDREI AS STEPRDT AB SHZ. D.
E. G. U. L. H. VIVAT lESUS. ABBAS VETERIS MONTIS, D. AEGIDIUS SIPENIUS, SACRO
SATNTAE (statt sauctae) theologi (so) licentiatus. anno i685 iose bourlet von
GULICH GOS MIC.
2. (von i5o7): augeo divinos cultus, sie dicor adauctus, lugeg de-
functos, voco vivos, flumina (statt fulmina) pello. anno domini mvvii.
3. SANGT LAURENTIUS HEISCHEN ICH, ZO DEM DEINST GOTTES ROFFEN ICH.
KERSTGEN VON O^^KEL GAUSZ MICH ANNO l6o5. DISZ KLOCK HAT GEGEBEN PITTER
MÜLLER VON SINTHEREN. HER FRANZISCUS NUSSER, PASTOR, lOH ANNES HOLLENTER,
OFFERMAN, WILHELM SCHEIFFERS HALFMAN ZO DAINSWILER. [R]
RODENKIRCHEN.
RosELLEN, Dek. Br. S. 487.
RÖMISCHE STRASSEN. Über Spuren von Römerstrassen, die südlich Rom. .che
des Ortes wahrgenommen wurden, vgl. B. J. LXIII, S. 4 u. LXXIX, S. 25.
EHEMALIGE KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Matemi Ehemai, kaih.
episcopi). BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 293. — Rosellen, Dek. Br. S. 487 u. 5o3.
— Fahne, Geschichte der kölnischen Geschlechter I, S. 365.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 6o.
Die Nachrichten über die Gründung von Rodenkirchen sind durchaus sagen- Geschichte
haft; man bringt die Erbauung der ersten Kirche gewöhnlich in Zusammenhang mit
dem Tode und der Bestattung des h. Matemus, des Kirchenpatrons. Nach einer im
J. i7o9 ins Lagerbuch eingetragenen Bemerkung, die angeblich einem alten Missale
entnommen ist, soll Bischof Severin (348 — 4o3) in Rodenkirchen ein Gotteshaus kon-
sekriert haben (Rosellen a. a. O. S. 5o3). Die älteste urkundliche Erwähnung jedoch
stammt erst aus dem J. 989 (Lacomblet, UB. I, Nr. i23); doch lässt es der Name
als zweifellos erscheinen, dass die Kirche von der Gründung des Ortes an bestand.
Der Kern des kleinen, malerisch auf einer Terrasse am Rheinufer gelegenen Baues
gehört noch dem ii. oder 12. Jh. an. Im i5. J. wurde die Apsis mit Benutzung der
alten Fundamente erneuert und gleichzeitig eine Erweiterung durch den Anbau eines
südlichen Seitenschiffes vorgenommen. Im i7. Jh. endlich wurde der Westbau und
die Sakristei hinzugefügt; die Terrasse wurde in den J. i764 — 1766 erbaut oder er-
neuert. Das Patronat der Kirche, die auch im liber valoris genannt ist (Binterim
u. Mooren a. a. O. I, S. 286), war zwischen dem Kölner Stifte S. Severin und dem
i73
i74
LANDKREIS KÖLN
Ei^g^gj^^ji, Herzog von Jülich strittig (Rosellen a. a. O. S. 5oo); am Ausgange des vorigen
pfiirrkirche Jahrhunderts besass es der Propst des genannten Stiftes (Dumont, Descriptio S. 20).
Fig. 80. Rodenkirchen. Südansicht der eheiniiligen Pfiirrkirche.
/c
t9 9S
\n4*^ — I — I — I — I — — I — 1-— H — I — Im
Fig. 81. Rodenkirchen. Grundrist der ehemaligen Pfarrkirche.
Im J. i867 wurde die neue, nach Plänen des Baumeisters Vincenz Statt in gothischen
Formen errichtete Kirche eingeweiht; seither wird die alte Kirche nur selten zu gottes-
dienstlichen Zwecken benutzt.
i74
RODENKIRCHEN
l75
1993
Ursprünglich einschiffiger romanischer Tuffsteinbau, in den späteren Jahrhun-
derten durch wiederholte Anbauten erweitert. Gesamtlänge im Lichten i9,5o m, Ge-
samtbreite 9,3o m. Der romanische Bau war i4,5o m lang, 6,io m breit.
Der hochgiebelige, aus Backstein aufgeführte und verputzte Westbau (Fig. 80)
liegt dem eigentlichen Kirchenbau unsymmetrisch in etwa drei Vierteilen seiner Breite
vor. Die zum Teil rundbogigen, zum Teil rechteckigen Fensteröffnungen sind un-
regelmässig verteilt.
Der in den Hauptbau einbezogene Westturm ragt nur mit dem von zwei Paaren
rundbogiger Fenster durchbrochenen Glocken-
geschosse über das den alten Bau bedeckende,
geschieferte Satteldach empor; er liegt un-
symmetrisch gegen Süden. Der achtseitige
Helm ist ebenfalls geschiefert.
Der romanische Kern des Schiffes wurde
in gothischer Zeit in der folgenden Weise
verändert. Die Nordmauer erhielt ein grosses
zweiteiliges Masswerkfenster und zwei Strebe-
pfeiler, von der Südmauer blieben nur ein
paar Pfeiler als Träger des Turmes stehen,
die Abschlussmauer wurde nach Süden ver-
legt und der Raum zwischen ihr und den
stehen gebliebenen Pfeilern als Seitenschiff
ausgebaut und pultförmig abgedeckt. Zur
Aufnahme des Gewölbeschubs wurde ein
kleiner ungegliederter Strebepfeiler errichtet.
Die Öffnungen sind sämtlich 'rechteckig.
Gleichzeitig mit dieser Erweiterung wurde die
halbkreisförmige Apsis auf den alten Funda-
menten erneuert. Die beiden zweiteiligen
Fenster sind flachbogig geschlossen und
scheinen ihre gegenwärtige Gestalt im 1 7. Jh.
erhalten zu haben.
Das Innere ist mit Ausnahme des
flachgedeckten Westbaues, der ehedem die
Wohnung des Küsters enthielt, gewölbt. Breite
ungegliederte Gurtbogen verbinden die eben-
falls ungegliederten viereckigen Pfeiler mit-
einander. Turm und Südschiff sind gegen
den Vorbau in ihrer ganzen Breite geöffnet. Der ersten Bauzeit gehört nur das kuppel-
ähnliche Gewölbe der Turmhalle, sowie das Tonnengewölbe des nordwärts von ihr
gelegenen Raumes an. Alle übrigen Gewölbe, das des eigentlichen (ursprünglich wahr-
scheinlich flachgedeckten) Schiffes, wie die des Chores und des südlichen Erweiterungs-
baues sind gothisch; die Rippen laufen zum Teil auf kleine Konsölchen auf (Fig. 81).
Die Seitenschiffgewölbe sind rechteckig; an den Wänden noch Überreste von Wand-
pfeilem. Die Kämpfer des Triumphbogens haben ein einfaches Profil. Die Apsis ist
ohne Schmuck und Gliederung.
Von der alten Ausstattung sind nur zu nennen: Der Taufstein (Fig. 82),
gothisch, 1,1 5 m hoch, 65 cm breit. Auf den quadratischen Sockel folgt der schlanke.
Ehemal. kath.
Pfarrkirche
Beschreibung
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Flg. 82. Rodankirchen. Taufstein.
Inneres
Tanfttein
I75
i76
LANDKREIS KÖLN
Ehe mal. km h. durch Abfasung der Kanten achtseitige Fuss. Er trägt ein einfach profiliertes kreis-
rundes Becken, an dessen Vorderseite ein Schild mit Hausmarken, in denen die
Buchstaben K. S. erkennbar sind, angebracht ist.
Glocken Die beiden Glocken tragen die folgenden Inschriften:
1. IN HONOREM S. MATERNI PHILIP MAAS GEM H ORA PRO NOBIS. ANNO l774.
2. MARIA HEISSEN ICH, ZUM DIENST GOTTES RUFEN ICH. ANNO l673.
[P-]
RONDORF.
Römische u.
fränkische
. Kunde
Kath. Kapelle
Geschichte
Beschreibung
Madonna
Weihwasser*
kessel
BUchelhof
Johanneshof
RosELLEN, Dek. Br. S. 358.
RÖMISCHE UND FRÄNKISCHE FUNDE. Ein Arm der von Köln
nach Bonn führenden Strasse ging westlich an Rondorf vorbei (B. J. LXIII, S. 5).
Auch römische Gebäudereste wurden südlich des Ortes gefunden (B. J. LXIII, S. 6).
Im Frühjahr i875 wurden fünf fränkische Gräber aus grossen Platten von Weiber-
tuffstein entdeckt; unter den im allgemeinen nur spärlichen Beigaben verdient ein
hohes Trinkglas Erwähnung. Vgl. B. J. LVIII, S. 2i9 mit Abbild, und LXIII, S. 6;
femer auch Rosellen, Dek. Br. S. 358.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. trium regium). Rosellen, Dek. Br.
S. 374.
Der Ort wird bereits in einer Urkunde vom J. 922 genannt (Ann. h. V. N.
XXVI, XXVII, S. 334). Mehrere der Kölner Klöster, unter ihnen schon im lo. Jh.
S. Ursula und S. Cäcilia waren hier begütert.
Das kleine, ganz schlichte Gotteshaus besteht aus einem spätgothischen West-
bau und einem, wie die mündliche Tradition berichtet, im vorigen Jahrhundert von
den Besitzern der Rondorfer Höfe angebauten Ostteil von gleicher Breite. Ein be-
sonderer Chorausbau ist nicht vorhanden; der zum Teil aus Bruchstein, in den
oberen Partieen, namentlich an der Giebelseite aus Backstein aufgeführte Westteil und
der ganz aus dem letztgenannten Material errichtete Ostteil haben ein gemeinsames
sattelförmiges Schieferdach, über das sich ein kleines pyramidenförmiges Glocken-
türmchen erhebt. — An der Südseite des Westteils ist eine Blendenstellung an-
gebracht.
Das Innere ist ein rechteckiger flachgedeckter Saal. Die Westecken haben
noch spätgothische Gewölbekonsolen.
Von der Ausstattung verdient nur Erwähnung eine hölzerne Madonna, der
in Buschbell ähnlich, jedoch durch einen Ölanstrich im vorigen Jahrhundert verdorben.
•Anfang des i5. Jh.
Ein spätromanischer Weihwasserkessfel aus Bronze ist gegenwärtig im Bonner
Provinzialmuseum (Nr. 3383).
BUCHELHOF, ehemals dem Kloster S. Anna zum Lämmchen, jetzt Herrn
Franz Joseph Conzen gehörig. Die Wirtschaftsgebäude rühren zum Teil aus dem
J. i767 her, zum Teil sind sie ganz modern. Bemerkenswert ist nur der reich orna-
mentierte Thorbogen, der durch einen flachen Dreiecksgiebel abgeschlossen wird.
Das flache Gebälk hat Hausteintriglyphen.
JOHANNESHOF, ehemals dem Kloster S. Cäcilien in Köln gehörig, jetzt
im Besitze des Herrn Joseph Conzen. Über dem Thorbogen ein vom Gut Neuen-
hof stammendes Wappen mit der Jahreszahl i786. [P.]
176
SCHWADORF
l77
SCHWADORR
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Rosellen, Dek. Br. S. 523.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Severini). Rosellen, Dek. Br.
S. 529. — BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 386).
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden des i6. u. i7. Jh., teilweise
zur Geschichte der Burg. — Vgl. weiter Tille, Übersicht S. i5.
Im J. 1 1 o9 schenkte Erzbischof Friedrich I. von Köln dem dortigen Severins-
stifte einen Hof zu Schwadorf (Lacomblet, UB. I, Nr. 272). Der über valoris er-
wähnt bereits die Kirche (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 386). Sie war dem ge-
nannten Stifte inkorporiert und zählte zum Aargauer Dekanate. Das Kollationsrecht
besass am Ausgange des vorigen Jahrhunderts das Kölner Stift S. Severin (Dumont,
Descriptio S. 21). Im J. i8o7 wurde die Pfarre unterdrückt; erst 1862 erhielt sie ihre
Selbständigkeit wieder.
Die alte Kirche war ein kleiner romanischer, in der Tonne gewölbter Bau.
Die beiden Seitenschiffe waren bereits im 18. Jh. abgebrochen worden. Im J. i875
wurde die Kirche gänzlich niedergelegt und durch einen einschiffigen gothischen
Neubau nach Plänen des Baumeisters Müller ersetzt.
Von der Ausstattung sind nur die folgenden Stücke zu nennen:
Hinter dem Hochaltar: Hölzerner Kalvarienberg mit lebensgrossen Figuren. Kaivarienberg
Der Körper Christi mit deutlicher, aber nicht übertriebener Muskulatur, das Haupt
leicht nach vorne geneigt. Maria und Johannes schematischer. Gute aus der Kirche
von Bomheim (Kr. Bonn) stammende Arbeit, um i5oo. Neu polychromiert.
Grabstein eines Ritters. Erkennbar noch die Worte || i69. ||! der eddel
UND ERNVESTE | .
Von den Glocken trägt die grössere vom- J. i423 die folgende Inschrift (Ro-
sellen a. a. O. S. 53o):
MARIA HEISSEN ICH, ALL UNWEDER VERDRIVEN ICH. HEINRICH GUS MICH
MCCCCXXIII.
Die kleinere ist vom J. i6o9: sanct severin heischen ich, donner und
BLITZ VERDRIEFEN ICH. KERSTEN VON ONCKEL GAUSZ MICH. HER WIRUG SOLLER
PASTOR l6o9.
Auf dem Wege nach Badorf Steinkruzifix vom J. i767.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 524. — v. Stramberg, Rheinischer An tiqua-
rius, 3. Abt. XII, S. 549.
Nach dem Geschlechte der Schall, das zum erstenmale im 12. Jh. auftaucht
(v. Stramberg a. a. O. S. 55o), erhielt die Schwadorfer Burg den Namen ,Schallen-
burg*. Bereits im 1 5. Jh. finden wir einen Wilhelm Schall zu Schwadorf. Bei seinen
Nachkommen bleibt die Burg bis zum Ausgange des i7. Jh.; erst im J. i694 kam
sie durch Heirat in den Besitz des Freiherm Vincenz Ignaz von Erlenkamp. Damals
etwa sind die noch jetzt bestehenden Gebäude errichtet worden. Schon im J. i762
gelangt die Burg schenkungsweise an Clemens Augu.st Freiherm von Schall. Um 1800
wird Arnold Spürk Besitzer der Burg; von ihm erwarb sie im J. i857 der gegenwärtige
Eigentümer, Peter Karl Koch.
Weitläufige, aus Backstein errichtete und durch Türme und Weiher geschützte Beschreibung
Anlage.
12
i77
Grabstein
Glocken
Burg
Geschichte
l78 LANDKREIS KÖLN
Burg Die Wirtschaftsgebäude liegen in dVeiflügeliger Gruppierung ausserhalb der
Wassergräben. Innerhalb des von diesen umschlossenen Rechtecks liegen gegen-
wärtig, durch einen Quergraben getrennt, das eigentliche Burghaus und der Garten.
Die Vermutung erscheint nicht unbegründet, dass sich die Wirtschaftsgebäude früher
auf dem Gebiete des jetzigen Gartens befanden.
Das Burghaus selbst besteht aus zwei rechteckigen Trakten, deren grösserer
und älterer von Osten gegen Westen läuft, während der jüngere senkrecht darauf an
die Mitte der Südseite stösst. Jeder der beiden Flügel ist mit einem besonderen
geschieferten Satteldach abgedeckt.
Das fünfachsige Hauptgebäude hat ausser dem Kellergeschoss noch zwei Stock-
werke. In der Mittelachse liegt, etwas verschoben, das auffallend grosse und reich
gegliederte Portal, vor dem übrigen Bau durch das Material — Trachyt — ausge-
zeichnet. Die eigentliche Thoröffnung ist rundbogig; sie wird auf beiden Seiten von
Pilastern, oben von einem vielteiligen Gesimse umrahmt. Die Zwickel sind mit einem
Blattomament gefüllt. Den oberen Abschluss bildet ein flachrunder Giebel.
Die Fenster sind rechtwinkelig, ohne Teilung.
Die beiden Rundtürme liegen an den nach Nordwest und Südost gerichteten
Ecken des Hauptflügels, sie sind beide dreigeschossig und haben als Bedachung mehr-
teilige barocke Schieferhauben.
Nach Osten und Westen sind die Giebel abgetreppt.
Der senkrecht auf die Mitte des Hauptgebäudes stossende Nebentrakt entbehrt
vollkommen der künstlerischen Behandlung.
Todtenschiid« Im Inneren finden sich eine hölzerne Treppe mit gewundenen Säulchen, eine
Anzahl von Stühlen mit geschnitzten Lehnen, ein Empireschränkchen, mehrere Fa-
milienporträts aus dem i8. Jh. und zwei Todtenschilde mit folgenden Inschriften:
1. DER HOCHWOHLGEBOHRNER HERR VINCENTIUS IGNATIUS FREYHER VON
ERLENCAMP, CHURFÜRSTL. MAYNTZISCHER CÄMMERER, HERR ZU ULRICHSHAUSEN, CAR-
GAU, ANCKERSHAGEN UND SCHONRADT, OBIIT ANNO l7o4 DEN I. DECEMBER.
2. DIE HOCHWOHLGEBOHRNE FRAW JOHANNA CATHARINA MARGARETHA FREYIN
SCHAL VON BELL, VERWITTIBTE FREYFRAW VON ERLENCAMP, FRAW ZU SCHONRADT,
SCHWADORFF, ULRICHSHAUSEN, CARGAW, ANCKERSHAGEN, OBIIT ANNO l728 DEN
3o. NOVEMBER. [P.]
SINTHERN.
vorge.chicht. VORGESCHICHTLICHE UND RÖMISCHE FUNDE. Eine feinge-
mUc*he Funde schliffene SteinwafTe aus bräunlichem Feuerstein, die zwischen Sin them und Widders-
dorf in der Flur Hofferkuhl gefunden wurde, ist im Besitze des Ackerers Peter Schmitz.
Im J. 18 72 fand man zwischen Sinthem und dessen im Keuschenbruch einen aus
einem ausgehöhlten Baumstamm verfertigten Nachen; er wurde jedoch alsbald ver-
brannt (Mitteilungen des Herrn Diakons Bernhard Lingnau in Brauweiler).
Im Wallraf-Richartz- Museum zu Köln befindet sich ein unbedeutendes, römisches
Steinreiief.
K.thoi. KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Martini episcopi). Binterim
Pfarrkirche ^ MoOREN, E. K. I, S. 3o2.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Bulle von Papst Eugen IV. vom J. i43i.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 5i.
i78
SINTHERN
I79
Bereits in einer Urkunde vom J. 962 ist von dem Orte Sinthere die Rede Kathoi
(Lacomblet, UB. I, Nr. io5). Einer Kirche dieses Namens geschieht jedoch im o^chichte
über valoris keine Erwähnung und die Nachricht, die Binterim u. Mooren a. a. O.
S. 3o2 angeblich aus der Series Abbatum Brunvillarensium wiedergeben (sie lautet:
Abbas [seil. Wolfheimus] ecclesiam in Sintheren consecravit), ist ohne wirklichen
Beleg. Danach würde die Weihe des Gotteshauses, das den Kern der noch gegen-
wärtig stehenden Kirche bildet, zwischen die J. io65 und io9i fallen. Möglich wäre
es, dass die Kirche von Sinthern identisch ist mit der bereits in einer Urkunde vom
J. 898 (Lacomblet, UB. I, Nr. 8i) erwähnten Kirche von Kirdorf, einem kleinen, von
dem eigentlichen Sinthern durch einen Bach getrennten Ortsteile. Dass dieser Ort
Kirchort war, ergiebt sich schon aus dem Namen; bauliche Reste sind jedoch nicht
mehr vorhanden. Vielleicht wurden schon in früher Zeit beide Orte identifiziert. Für
die Identität spricht auch eine Notiz der Acta abbat. Brunvillar. zu denj. 1260 — i27o
(Ann. h. V. N. XVII, S. i7i) des Wortlauts: magna turris ecclesie nostre parrochialis
in Kirdorff fuit funditus destructa. Nun sind vor der Kirche zu Sinthern thatsächlich
noch Reste der Grundmauern eines Westturmes sichtbar. Sollte dies nicht jener im
Kriege zwischen Erzbischof Engelbert von Falkenburg und dem Grafen Wilhelm von
Jülich zerstörte Turm sein? Im i7. Jh. (vgl. die Jahreszahlen an der Fa^ade und am
SüdschifF) erhielt der Bau seine gegenwärtige Gestalt. Das Kollationsrecht der Kirche
deren Pfarrsprengel auch Brauweiler umfasste, besass am Ausgange des vorigen Jahr-
hunderts der Abt dieses Klosters (Dumont, Descriptio S. 21). Unter französischer
Herrschaft wurde die Pfarre nach Brauweiler verlegt. Die Wiedererrichtung fand im
J. i835 statt.
Dreischiffiger, im Kerne romanischer Tuffsteinbau mit Dachreiter am West- Beschreibung
giebel und polygonalem gothischen Chorschluss. Länge im Lichten 21,80 m, Breite
i4,2o m.
Die drei Schiffe des Langhauses liegen unter einem grossen gemeinsamen
Schleppdache, das mit Schiefer abgedeckt ist. Die schmucklose Fa^ade, deren
Mittelteil etwas vortritt, hat eine korbbogenförmig geschlossene Thür, darüber mehrere
Fenster von derselben Form und trägt in Eisenankem die Inschrift 1 685. Über dem
Giebel erhebt sich ein ganz geschieferter in einen achtseitigen Helm endigender
Dachreiter.
Die Langseiten sind ebenfalls vollkommen schmucklos. Die unter dem Schlepp-
dache noch sichtbaren Oberlichter, die ursprünglich rundbogig waren, sind später
spitzbogig erweitert worden, die Seitenschiffen ster sind rundbogig. Über einem von
ihnen an der Südseite die Jahreszahl anno 1629.
Der polygonale Chor hat als Lichtöffnungen grosse ungeteilte Spitzbogenfenster.
Die zweiteiligen Strebepfeiler werden von dem Fenstergesimse umzogen.
Das Innere ist durchweg flach gedeckt. Die Obermauer, die einstmals von inoerea
kleinen spitzbogigen Fenstern durchbrochen war, ruht auf rechteckigen Pfeilern mit
abgefasten Kanten und schwach entwickelten Kämpfern. Die Pfeiler sind durch
Korbbogen miteinander verbunden. An der Südseite liegen die Fenster in Blenden.
Ein Spitzbogen trennt den ebenfalls flach gedeckten Chor vom Schiff.
Auf dem rechten Seitenaltar: Gemälde der Ausgiessung des h. Geistes, 1,20 m Gemiide
hoch, 7o cm breit, Holz. Mittelmässige Arbeit vom Ende des 16. Jh., Teil eines Altar-
werks, von dem andere schlecht erhaltene Reste sich auf der Orgelbühne befinden.
Die Glocken, die grössere von i5i5, die kleinere, ohne Jahreszahl, um i7oo, Glocken
tragen folgende Inschriften:
i79
l8o
LANDKREIS KÖLN
Kuthol.
Pfarrkirche
1. MARTINUS HELSCHEN ICH, DEN DEINST GOTS VERKONDIGEN ICH, DE DODEN
BESRIEN ICH, DE GEWALT DER DUVEL VERDRIVE ICH. A® MCCCCCXV.
2. S. HUBERTI KLOCK BIN ICH, DEN DODTEN LEUDE ICH, DEN KRANCKEN UND
s. MArrniAs Bruderschaft dienen ich. dominus alexandre de richterich, abbas
IN BRAWILER, IOHANNA MAGDALENA VON HALL, ABBATISSA ZU KÖNIGSTORFF.
[P-]
STOMMELN.
Römische
Funde
Knthol.
Pfnrrlcirche
Geschichte
Beschreibuttg
RÖMISCHE FUNDE. Im J. i853 wurde im Walde, nahe dem Gertruden-
hofe bei Stommeln ein Stein mit einer römischen Inschrift gefunden. In der Nähe
kamen auch römische Ziegel, Säulenfragmente und eine Kupfermünze zu Tage (vgl.
B. J. XX, S. 127 u. XXI, S. i65). Über die Römerstrasse vgl. B. J. LXXIII, S. i.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s.t.s. Martini). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 3i6.
Handschrift 1. Qu. Im Pfarrarchiv: Stiftungsurkunde von i5oo, Renten-
buch von i595, Chronicon Stommelense i7o6 — i78o, Kirchenrechnungen von i78o.
Vgl. weiter Tille, Übersicht S. i6.
Auf dem Bürgermeisteramt: Tauf-, Sterbe- und Kopulationsregister von i599
und i6oi. Vgl. weiter Tille, Übersicht S. i6.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 6o.
Die älteste Nachricht vom Bestehen des Ortes und der Kirche bietet uns ein
Diplom vom J. 96 1 (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 3 1 6), dessen Inhalt auch von
einer Urkunde des Erzbischofs Bruno I. vom J. 962 wiedergegeben wird (Lacomblet,
ÜB. I, Nr. io5). Damals erhielt das S. Cäcilienstift die Kirche zu Stomnieln mit
allen ihren Gerechtsamen. Der heute noch stehende Bau geht in seinem ältesten
Teile, dem Westturme, nicht über das Jahr iioo zurück. Langhaus und Chor sind
im wesentlichen spätgothische Bauten. Das Hauptschiff und der Chor wurde im
J. i54o, die Seitenschiffe im J. i553 vollendet. Im J. i673 geriet der Turm in Brand;
vier Jahre später erhielt er ein neues Obergeschoss und Dach. Das Kollationsrecht
hatte am Ausgange des i8. Jh. die Äbtissin des S. Cäcilienklosters in Köln (Dumont,
Descriptio S. 2 1 ).
Dreischiffiger Bau mit vorgelegtem Westturm und hohem, mit drei Seiten des
Achtecks abschliessenden Chor. Länge im Licjhten 23, 1 5 m, Breite 18 m.
Der vier Stockwerke umfa.ssende Westturm besteht in seinen unteren Teilen
aus Tuffstein; nur an den Ecken kam Trachyt zur Verwendung. In den beiden
ersten Geschossen sind nur spärliche Lichtspalten angeordnet, das dritte hat auf jeder
Seite zwei spitzbogige, gegenwärtig vermauerte Durchbrechungen. Hier schloss wohl
einst der Turm ab. Das nach dem Brande des J. i673 aufgesetzte Backstcingeschoss
hat auf jeder Seite zwei flachgeschlossene Fenster, über denen in Eisenankern die
Jahreszahl i677 angebracht ist. Den Abschluss bildet ein achtseitiger Schieferhelm.
Zu dem Kirchenbau des 1 6. Jh. wurde Backstein und Tuffstein in wechselnden
Schichten verwendet. Das Hauptschiff liegt unter einem Längsdach, die Seitenschiffe
hatten ursprünglich beide quergestelite Jochdächer, doch wurden diese an der Nord-
seite durch ein gegen Westen abgewalmtes Längssatteldach ersetzt. Die Strebepfeiler
der Südseite sind zweimal abgetreppt. Die zwischen ihnen angeordneten Fenster
sind zweiteilig und haben Masswerk von spätgothischer Form. An der Südseite sind
180
STOMMEI.N
l8l
die steilen kreuzgekrönten Giebel der einzelnen Joche noch erhalten. Am Nordschiff
sind die Strebepfeiler nur einmal abgetreppt.
Der Chorbau ist aus dem gleichen Material hergestellt. Die Fenster, von denen
das östliche gegenwärtig vermauert ist, weisen keine Teilung auf
Als Sakristei dient ein jüngerer Backsteinbau in der Achse des Nordschiffes.
Das Innere des Turmes ist von einem unreinen Gratgewölbe überspannt. Das
der Kirche selbst nähert sich dem Typus der dreischiffigen Halle. Es umfasst drei
Joche ; als Stützen dienen Kreuzpfeiler mit hohen Sockeln und starken Vorlagen nach
den Schiffseiten zu. Die Kanten sind hohl ausgefast, die Kämpferprofile sehr reich,
fCatkol.
Pfarrkirche
ii
„ l^r^-'«lJ^
Fig. 83. Stommeln. Südansicht der Pfarrkirche«
die Kapitale von wechselnder, meist sehr untek tonischer Form und Dekoration. Die
Dienste, die an den Wänden die Gewölbe aufnehmen, haben gleichfalls abgefaste
Kanten. Die Schlufssteine, in denen die einfach profilierten Rippen zusammengefasst
werden, sind wappenförmig (Fig. 84).
Der Chor umfasst zwei rechteckige Joche und endigt mit drei Seiten des Acht-
ecks. Die Gewölberippen laufen auf polygonale Dienste auf An der rechten Seite
findet sich eine tiefe flachbogig geschlossene Nische.
Die Ausstattung gehört grossen teils dem i8. Jh. an. Bemerkenswert sind nur
folgende Gegenstände:
Rokoko-Kelch, Silber vergoldet, 21 cm hoch, mit getriebenem Fuss.
Sonnenmonstranz, i7. Jh.
Kelch
Monstranz
181
l82
LANDKREIS KÖLN
Kath^l.
Pfarrkirche
Gemälde
GUsgenuUde
Grabsteine
Gemälde der Anbetung der Hirten, mit nahezu lebensgrossen Figuren.
Deutsche Arbeit des i7. Jh. unter westländischem Einfluss. Inschrift: ad christi
HONOREM, PATRONORUM HUIUS SACRAE AEDIS MEMORIAM REVERENDA ET GENEROSA
DOMINA MARIA ELISABETHA MECHTILDIS VON . . .
Das übrige ist durch den Rahmen verdeckt. Die Stifterin, die auf dem Bilde
selbst knieend dargestellt ist, war vermutlich eine Äbtissin von S. Cäcilien in Köln.
Bildnis von , Die Wunderbar liehe Christina Von Stummel*. (Nach dem Kirchen-
buch i76i von einem Maler
W. Rost gemalt.) Das Bild
zeigt die im J. i242 geborene,
i3i2 gestorbene Jungfrau im
Alter von etwa dreissig Jahren
in Dominikanerinnentracht.
Vgl. dazu Wetzer u. Welte,
Kirchenlexikon, 2. Aufl., III,
Sp. 236; ferner Wollers-
HEiM, Das Leben der eksta-
tischen und stigmatisierten
Jungfrau Christina von Stom-
meln (Köln i859).
Gemälde der h. Vero-
nika mit dem Schweisstuch.
Sehr gutes, namentlich in der
Farbe schönes Bild des 1 7. Jh.
Angeblich von van Dyck,
jedesfalls von einem etwas
jüngeren Künstler.
Glasgemälde, aus ver-
schiedenen Fragmenten zu-
sammengesetzt Links Papst
Gregor mit dem knieenden
Stifter, rechts die Madonna
mit dem Christuskinde. Oben
das Wappen der Stadt Köln,
am Rande der Reichsadler.
Mittelgute Arbeit aus dem
Beginne des 1 6. Jh.
Grabsteine, i. Grabstein
Fig. 84. Stoinmeln. Einzelheiten von den Pfeilern der Pfarrkirche.
des Pfarrers Johannes Stahl mit folgender Inschrift:
STA VIATOR LEGE ET LUGE. NIL STABILE SUB SOLE ESSE MENTE PERPENDE LENTE.
SCIRE QUIS HIC SIT CUPIS. FUIT JOANNES STAHL, PASTOR IN STOMMEL ANNIS 36, VIAM
UNIVERSAE CARNIS INGRESSUS IPSA DIE ANIMARUM, HORA 6, 1 7o6, AETATIS 66.
VIR FUIT INSIGNIS, ZELOSUS, CARUS UBIVIS
PAUPERIE IS PRESSOS JUVIT AMORE DEI,
CAMPANAS HORAS STRUXIT, PIA VOTA PARAVIT,
AEDIBUS HIS TESTANS IS QUOQUE VOTA TULIT,
SEDIBUS, ALTARI, TURRI PIA LIMINA JUNXIT
VIVUS ET INTERIIT, FUNERA FLENTE GREGE.
ABI VIATOR, MEMENTO MORL
MORS NEC GREGI PARCIT NEC PASTORI.
R. I. P.
182
STOMMELN
l83
Kathol.
Pfarrkirche
Stein Urkunde
2. Grabstein des Vikars Johannes Esser:
l776 OBIIT REVERENDUS DOMINUS JOANNES ESSER,
VICARIUS DIVI PETRI IN STOMMELEN
SACERDOTII 5o, AETATIS SUAE 76.
R. I. P.
In dem Turm ist ein Stein mit einigen Buchstaben verkehrt eingemauert
XXDAFMLA.
An einem Strebepfeiler am Chorbau findet sich ein Stein mit der Inschrift : AO
i54o, ein ähnlicher Stein im östlichsten Strebepfeiler des Südschiffes trägt die Jahres-
zahl: ANNO D. i553.
An der Vorderseite des südlichen Seitenaltars befindet sich hinter dem Ante-
pendium eine aus zwei Teilen bestehende Steinplatte in der Breite von 1 1 7 cm und der
Höhe von 78 cm. In den weichen Stein sind sechzehn Zeilen eingegraben, neun
auf dem oberen, sieben auf dem unteren Teile. Die Inschrift stammt aus dem J. ii4i
und hat nach einer Abschrift des Herrn Dr. Armin Tille folgenden Wortlaut:
f NOTUM FACIO TAM PRESENTIBUS QUAM POSTERIS, QUOD EGO MEGENZO DE SCA-
PORTHEN PRO REMEDIO ANIME MEE ET PARENTUM MEORUM DEDI ECCLESIE MARTINI
DE STOMBLE TRIA MANE TERRE ET MANSIONEM UNIUS DOMUS, QUOD SINGULIS ANNIS
DABUNT TRES LIBRAS CERE, SCILICET UNAQUAQUE NOCTE DOMINICA UNUM NOCTURNUM
LUMEN, PRETEREA UNUM MANE DEDI, QUOD SACERDOS INDE HABEBIT IN FESTO OM-
NIUM SANCTORUM UNUM NUMMUM ET OSTIARIUS ECCLESIE UNUM; ITEM S. NICOLAO
DE BRUNWILRE QUATUOR MANE ITA DESTINAVI, QUOD IN FESTO SANCFI NICOLAI AD IN-
CENSUM DABUNTUR 4 NUMMUM (so); ITEM S. GEREONI IN FESTO EIUS 4 NUMMOS DARI
CONSTITUI. SUPRADICTUM ITA DECREVI CENSUM SUPRADICTIS ECCLESIIS, QUOD ENGEL-
WIF, NEPTIS MEA, ET HENRICUS, MARITUS «lUS, POST ME UNICUIQUE TRIUM ECCLESI-
ARUM PRO RECOGNICIONE DABUNT 4 NUMMOS ET SIC ECCLESIIS IPSI ET POSTERI
FORUM HUNC CENSUM SEMPER PERSOLVENT. HOC FUIT ACTUM TEMPORE INNOCENCII
PAPE, CONRADI REGIS, ARNOLDI ARCHIEPISCOPI, BRUNONIS PRE[pOSiti] S. G[ereonis],
AMILII ABATIS DE BRUNWILRE, GOZBERTI PASTORIS ECCLESIE DE STUMLE, ANNO IN-
CARNACIONIS DOMINI ICXLI. HEC MUTANS DAMNATUS SIT IN EVUM.
Die ältere der beiden Glocken wurde nach dem Brande des J. i673 ange-
schafft. Sie trägt die Inschrift: lESUS, maria, iosephus. semper honores nomen-
QUE TIBI SIT, QUAESO, MARIA, SERVA PASTOREM TUQUE TUERE GREGEM, OMNE MA-
LUM PELLAS. DUM CLAMO, VIRGO MARIA, ORATUM VENIANT PASTOR QUISQUE DEUM.
SUB D. P. lOANNE STAELE ANNO l673 lOANNES BOURLET ME FECIT.
Die zweite Glocke stammt aus dem J. i84i.
MUTZEN RATH. Fahne, Forschungen auf dem Gebiete der rheinischen und Mut«enraih
westfälischen Geschichte III, S. 3o, mit Abbildung.
Abbildung. Eine alte Abbildung befindet sich im Cod. germ. Nr. 2635 der
Münchener Staatsbibliothek: Gülische Beschreibung, Welcher gestalt dieselbe zum
Fürstenthumb ist erhoben worden (i723).
Mutzenrath war ein Sitz des jülichschen Geschlechtes derer von Stommeln Geschichte
(Fahne, Geschichte der kölnischen Geschlechter I, S. 4i3). Im J. i376 kaufte es von
diesen Wilhelm Stael von Holstein. Im Gülichschen Ritterzettel von i6io und i6ii
vermutet Fahne (Geschichte der kölnischen Geschlechter II, S. XH) Henrichs von
Randerath Erben als Besitzer. Die obengenannte Münchener Handschrift nennt für
das J. i723 einen Herrn von Hugius. Der jetzige Eigentümer ist Herr Johannes
von Felsen in Poppeisdorf.
Auf der Ansicht im Münchener Cod. germ. Nr. 2635 erscheint Mutzenrath als Beschreibung
eine regelmässige Anlage, aus dem langgestreckten, mit einem starken Mittelturme
Glocken
i83
l84 LANDKREIS KÖLN
Mntzenrnth bewehrten Herrenhause und einer dreiflügeligen Gruppe von Wirtschaftsgebäuden be-
stehend. Die Abbildung bei Fahne zeigt ein mit einem Walmdach abgedecktes Haus
mit Hausteinverklammerung an den Ecken und einigen rechteckigen Fenstern. Unter
dem Dachansatz läuft ein Bogenfries, über dem Dachansatz scheinen Zinnen auf-
gemauert gewesen zu sein.
Der überaus massige viereckige Turm hat auf der genannten Abbildung in
den unteren Geschossen nur kleine Lichtspalten, im oberen zwei — wie es scheint —
romanische Doppelfenster. Die Ecken sind mit Hausteinblöcken verstärkt. Um den
Dachansatz des vierseitigen Helmes zieht sich ein Zinnenkranz, auf den Ecken sind
kleine Aufsätze in der Form von runden Türmchen angeordnet.
Im J. i884 wurde der Turm — der einzige Rest des alten Baues — bis auf
die drei unteren Stockwerke abgebrochen. Das erste und zweite zeigt gegenwärtig
grosse rechteckige Fenster, das dritte ein paar Blenden. [R]
STOTZHEIM.
Römische RÖMISCHE FUNDE. Der aus der Eifel kommende Kanal läuft zwischen
''""'^* dem Orte und der Bonner Strasse (B. J. LXXX, S. i6).
K.thoi. KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Brictii). Rosellen, Dek. Br.
Pfarrkirche ^ eAf
S. 545.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Rentbuch der Kapelle i77o. — Frag-
mente von Visitationsprotokollen i67o, i7oi, i7i6 u. i727. — Chronik vom Pfarrer
Heinrich Keuten.
Geschichte Auch Stotzheim ist unter jenen Gütern, mit denen Plectrudis am Ende des
7. Jh. das von ihr gegründete Kloster S. Maria im Kapitol dotierte (Gelenius, De
admiranda magnitudine Coloniae S. 324). Die Kapelle wird zum erstenmale im J. i325
urkundlich genannt (Mitteilungen aus dem Kölner Stadtarchiv V, S. 58).
Der gegenwärtig noch stehende Bau ist im J. i778 vollendet worden (s. unten).
Bis zum J. i86i unterstand die Stotzheimer Kapelle den Pfarrern von Efferen; erst
in diesem Jahre wurde sie zur Pfarrkirche erhoben.
Beschreibung Einschiffiger, verputzter Backsteinbau des i8. Jh., mit vorgelegtem Westturm. Die
lichte Länge beträgt 1 5,5o m, die Breite 7 m.
Der Westturm ist gleichfalls aus Backstein errichtet. Er trägt in Eisenankem
die Inschrift: anno i778. Das Erdgeschoss weist auf drei Seiten einfache, grosse
Rundbogenblenden auf. Auch das Obergeschoss ist eingeblendet, doch wird hier der
obere Abschluss durch zwei auf einem Kragstein zusammentreffende Rundbogen ge-
bildet, in deren jedem ein gleichfalls im Rundbogen geschlossenes Fenster sitzt. Der
achtseitige Dachhelm ist mit Schiefer gedeckt.
An der Westseite befindet sich eine rechteckige mit Tuffstein umrahmte Thtir,
auf deren Sturz ebenfalls die Inschrift anno i778 eingemeisselt ist. Darüber ist eine
kleine flachbogig geschlossene (leere) Nische angeordnet, die, wie die Inschrift s. brictius.
epis. o. p. n. besagt, einst eine Statue des Kirchenpatrons enthielt.
Der Bau ist im übrigen vollkommen schmucklos. An das Schiff schliesst sich
der etwas schmälere Chorbau, der mit drei Seiten des Achtecks endet. Die Sakristei,
die in der Längsachse des Baues liegt, ist ein Anbau der jüngsten Zeit (i 88 5).
Das Innere ist in flacher Tonne gewölbt. Die Fenster sind gleichfalls in
flachem Bogen geschlossen.
i84
SÜRDT
l85
Chorbank, aus dem J. i667.
Kanzel des i8. Jh.
Auf dem gleichfalls dieser Zeit angehörenden Hochaltar ein Gemälde der
Kreuzigung, Holz, i,42 m hoch. In der Mitte Christus, dem eben der mit Essig
befeuchtete Schwamm emporgereicht wird, links und rechts die beiden Schacher. Am
Fusse des Kreuzes steht Johannes mit den heiligen Frauen. Den Vordergrund füllen
drei Reiter, rechts kniet die Stifterin. Auf der Schwertscheide des Reiters rechts vom
die Jahreszahl i496. Im Hintergrunde Architektur (Köln?). Stark übermaltes gutes
Bild eines niederrheinischen Meisters.
Grabkreuze des i7. und i8. Jh.
Die alte Glocke trägt die Inschrift: s. britius. i676 Goos mich hendrich
WERMERSKIRCHEN IN COLLEN. [F.]
Kathol.
Pfftrrkirchc
Chorbank
Kanzel
Gemälde
Grabkreuze
Glocke
SÜRDT.
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Remigii). Rosellen, Dek. Br.
S. 558. — V. Merino, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden VIII, S. i35.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Lagerbücher von i76o und i8o4. —
Rentbuch i76o nebst Anniversarienverzeichnis. Vgl. weiter Tille, Übersicht S. i6.
Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 6i.
Im J. io67 schenkte Erz bischof Anno IL von Köln dem neugegründeten S. Georgs-
stifte Besitzungen zu Sürdt (Lacomblet, UB. I, Nr. 2o9). Eine Kapelle wurde wahr-
scheinlich im 12. Jh. errichtet; sie unterstand der Pfarrkirche von Immendorf. Im
über valoris ist sie nicht angeführt. Am Ausgange des i8. Jh. hatte das Kollations-
recht der Dechant des Stiftes S. Severin, das auch einen Hof in Sürdt besass (Du-
MONT, Descriptio S. 22). Im J. 1828 begann man an anderer Stelle mit dem Baue
einer neuen basilikalen Kirche, in deren Formen sich die nüchterne Steifheit und
Geradlinigkeit des Klassizismus nur allzudeutlich bemerkbar macht. Baumeister der
Kirche war Baudewin aus Köln.
Die alte Kirche lag nicht an der Stelle der jetzigen Kirche, sondern am Rhein- Beschieibung
ufer. „Sie war (Rosellen a. a. O. S. 558) aus Trass und behauenem Sandstein in
romanischem Stile erbaut. Das Schiff war durch zwei Säulen mit darauf liegendem
Rundbogen von dem absidenförmig auslaufenden Chörlein getrennt."
Von der Ausstattung sind höchstens die folgenden Stücke zu nennen:
Hochaltar, um 1800, mit den überlebensgrossen Figuren des Gekreuzigten
mit Maria und Johannes, die Köpfe nicht unedel im Ausdruck. Der Aufbau un-
beholfen.
Zwei dreiteilige Beichtstühle, um 1800, mit eingelegter Arbeit (Boule-Technik)
und derben Schnitzereien.
Wind fang mit Schnitzereien, um 1800.
Ankleidetisch des i7. Jh., mit acht geschnitzten Feldern, aus der alten Kirche
stammend.
Sonnenmonstranz, i7. Jh.
Kasein des i7. Jh.
Über die Inschriften der alten Glocken, die zum Gusse der neuen verwendet
worden sind, vgl. Rosellen a. a. O. S. 56o. [P.]
Mobiliar
i85
i86
LANDKREIS KÖLN
Ehem. knthol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
UESDORF.
EHEMALIGE KATHOLISCHE KAPELLE.
Handschrift!. Qu. Ehemals im Besitze des Herrn Dechanten Giersberg (f) :
Handschrift des i7. Jh. betr. die Gerechtsame des Stiftes S. Maria ad gradus.
Das Kölner Stift S. Maria ad gradus besass in Uesdorf den Engelshof Bereits
imj. i466 bestand hier eine dem h. Stephanus geweihte Kapelle, die in gottesdienst-
licher Beziehung von Loevenich aus versehen wurde. Im truchsessischen Kriege
wurde sie zerstört, jedoch im J. 1 629 (s. unten) durch einen gewissen Walutius (?)
wiederhergestellt. Sie wird — wahrscheinlich seit der Säkularisation — nicht mehr
zu gottesdienstlichen Zwecken benutzt und steht gegenwärtig leer.
Hochgiebeliger verputzter Backsteinbau mit geschiefertem Satteldach. Über der
rechteckigen Thür im Giebel ein Stein mit der Jahreszahl 1629.
Das Innere stellt sich als flachgedeckter rechteckiger Raum dar. Das Licht
empfängt er durch zwei Spitzbogenfenster. Die Altarnische ist im Korbbogen ge-
schlossen. [P.]
VOCHEM.
Römische
Funde
Knthol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
RÖMISCHE FUNDE. Über die Römerstrasse vgl. B. J. LXXIII, S. i. Auch
der grosse Eifelkanal berührte Vochem. Vgl. darüber Eick, Römische Wasserleitung
S. i35 und B. J. LXXX, S. i3. Nach Maassen (Ann. h. V. N. XXXVII, S. 100) kamen
bei der Kirche römische Baureste zu Tage, deren auch der Kirchturm in Menge ent-
hielt. Über einen Nebenkanal, der von Vochem nach Alteburg geführt haben soll,
vgl. V. Veith in den B. J. LXXX, S. 16.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Matthaei apostoli). Rosellen,
Dek. Br. S. 585.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv zu Elsen: Annales Berchemenses Bl. 4i.
Im J. io67 dotierte Erzbischof Anno IL von Köln die Stiftskirche S. Georg mit
,Vochena* (Lacomblet, UB. I, Nr. 2o9). Schon in jener Zeit bestand in Vochem
eine Kapelle; von diesem Baue des 10. oder 11. Jh. rührte auch noch der Turm her,
der im J. i893 abgebrochen wurde. Bis zum Ausgange des i3. Jh. stand die Kapelle
zu Vochem unter der Mutterkirche Kendenich. Erst als um i3oo Brühl selbständige
Pfarre wurde, wurde Vochem dessen Filialkirche. Im J. 1 7 1 7 wurde ein neues Schiff,
im J. 1 7 1 8 ein neuer Chor aufgeführt, an dessen Ostseite zu Beginn des 1 9. Jh. eine
Sakristei angebaut wurde. Der Turm ist im J. i893, die Kirche im J. i894 abge-
brochen und durch einen gothischen Neubau nach Plänen des Baumeisters Langenberg
ersetzt worden. — Das Kollationsrecht hatte um 1800 die Familie von Hersei (Du-
MONT, Descriptio S. 23).
Die alte Kirche war ein einschiffiger schmuckloser Bau mit vorgelegtem West-
turm (Fig. 85). Dieser — der älteste Teil — war aus Quadern von römischem Gusswerk,
Grauwacke, Sandstein, Trachyt und Tuff aufgeführt. Die Westseite war von einem
rechteckigen, rundbogig umrahmten Portal durchbrochen. Das Glockengeschoss öffnete
sich in rundbogigen Doppelfenstern mit Mittelpfeilern. Den Abschluss bildete ein
achtseitiger geschieferter Helm. Das im J. 1 7 1 7 erbaute Schiff lag unter einem ein-
wärts gebogenen Satteldach, an den Langseiten waren je drei durch flache Bögen
geschlossene Fenster angeordnet. Chor und Sakristei hatten spitzbogige Lichtöffnungen.
186
VOCHEM
l87
Das Innere des Turmes war in der Tonne gewölbt Nach Rosellen a. a. O. Kathoi.
S. 585 besass auch das Schiff, das nach ihm aus dem Ende des i3. Jh. stammte, ein
Tonnengewölbe, während der Chor flach gedeckt war.
Von den Ausstattungsgegenständen der alten Kirche wurden die folgenden in
die neue übertragen:
H 1 1 \-
H 1 1 ^-
a.
Fig. 85. Vochem. Kathoi. Pfarrkirche, Nordansicht i|nd Einzelheilen vom Turme.
Glasgemälde von i7i8, enthaltend ein Wappen mit der Inschrift: der hoch- üia»gemäidc
WOLLGEBOHRNER FREYHERR GEORGIUS FRANCISCUS VON HERSEL, HERR' ZU BODEN-
HEIM VNDT ZU VOCHEM, IHRO CHURFÜRSTL. DURCHLAUCHT ZU COLLEN CAMMERHERR
VNDT AMBTMAN ZU ZULPICH VND BRAUWEILER, VNDT MARIA CATHARINA MARGARETHA
FREYFRAW VON HERSEL, GEBORNE FREYINNE VON VNDT ZU BOCHOLTZ, DESSEN EHE-
GEMAHLINNE D. D. ANNO l7l8.
Andere in Trümmern.
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i88
LANDKREIS KÖLN
Knthol
Pfarrkirche
Kelche
Kasein
Burg
Ueschichte
Beichreibung
Frohnhof
Geschichte
Beschreibung
Kelch, Silber, vergoldet, 2072 cm hoch, i5. Jh. Der in acht Spitzen auslaufende
Fuss zeigt ein gepunztes Kreuz. Am Knauf die Worte ihesus, darunter auf einem
Bande ave maria.
Reisekelch, Silber, vergoldet, lö^s^m hoch, Anfang des i5. Jh., mit sechs-
passförmigem Fusse, auf den nagelkopfartigen Knöpfen des Nodus: ihesus. Am
Fusse ein eingraviertes Kreuz und (von späterer Hand) das Wort: vochem.
Kasel aus neuem Stoff mit altem (restaurierten) Kreuz, um i5oo. In der Mitte
der Kruzifixus mit Maria und Johannes, links der h. Nikolaus, rechts der h. Lau-
rentius, unten der Apostel Paulus und die Halbfigur Petri.
Kasel, Anfang des 16. Jh., stark restauriert. Auf dem Kreuze in applizierter
Stickerei auf Goldgrund ein Kruzifixus mit Maria und Johannes am Kreuzesstamm,
Gottvater und die Taube des h. Geistes darüber schwebend. Engel fangen das aus
den Wunden strömende Blut auf. Über dem Gottvater ein bürgerliches Wappen, im
oberen Felde ein roter wachsender Löwe, im unteren drei (2.1) Ringe auf blauem
Grunde. Auf der Rückseite die Gestalten der hh. Katharina, Andreas, Barbara. Die
Figur des h. Andreas vollkommen erneuert.
Über die Inschriften der alten (jetzt umgegossenen) Glocken vgl. Rosellen
a. a. O. S. 586.
BURG. Rosellen, Dek. Br. S. 577. — Fahne, Geschichte der kölnischen
Geschlechter I, S. i5i.
Bereits im J. i39o finden wir Angehörige der Familie von Hersei zu Vochem
(Fahne a. a. O. S. i5i). Während des dreissigjährigen Krieges wurde die Burg zer-
stört. Die Familie von Hersei erhielt sich im Besitze des Gutes bis zum Ausgange
des 1 8. Jh. Der nächste Besitzer war Ignaz Bürgers aus Köln ; die gegenwärtige Eigen-
tümerin ist Frau Ignaz Bürgers.
Viereckige, fast vollkommen erneuerte Anlage. Am Wohnhaus das Allianzwappen
der von Hersei und Quadt.
FROHNHOF. Rösellen, Dek. Br. S. 575.
Vom II. Jh. an (Lacomblet, UB. I, Nr. 2o9) bis zur Säkularisation im J. 1802
blieb der Frohnhof im Besitze des Kölner Georgenstiftes; dieses belehnte damit zumeist
die Herren von Aldenrath. Vom Anfang des 16. Jh. an wurde das Gut auf Zeitpacht
vergeben. Nach der Säkularisation erwarb es Louis Clausen, von diesem kauften es
Heinrich Conzen und Katharina Braschoss. Der gegenwärtige Eigentümer ist Heir
Johann Degenhart Komp.
Die Gutsgebäude, die im J. i474 vollkommen zerstört worden waren, erwiesen
sich am Ende der 1 7 80 er Jahre abermals als baufällig. Der damalige Pächter J. G.
Bollig verpflichtete sich, sämtliche Gebäude mit Ausnahme der Scheune neu aufzu-
führen. Aus dieser Zeit stammt noch das Wohnhaus.
Viereckige, fast vollkommen erneuerte, zum Teil von Gräben umzogene Anlage.
Das sechsachsige, aus Backstein errichtete Wohngebäude trägt in Eisenankem die In-
schrift i79i. Die mit einem Oberlicht versehene Thüre und die Fenster haben Hau-
steinfassung. [P.]
WEIDEN.
Römiich ea
Ur«b
RÖMISCHES GRAB. R. Schneider, Nachricht über die Entdeckung eines
römischen Grabmals in Weyden bei Cöln, i843. — L. Urlichs, Das römische Grab
in Weiden: B. J. III, S. i34 mit 2 Tafeln. — Braun in den B. J. XIX, S. 67. —
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WEIDEN
l89
Elegie auf das Grabmal: B. J. VII, S. i68. Vgl. auch B. J. XXXVIII, S. i3; LXIV,
S. 22; LXXIII, S. I. — F. Mohr, Römisches Grabgewölbe in Weiden bei Köln: Zeit-
schrift für Bauwesen X, S. 35i, Bl. 45. — v. Mering, Geschichte der Burgen im
Rheinlande VIII, S. i46. — Beschreibung des ehemaligen Rougemont- Sonoreschen
Landhauses Nr. 3 zu Weiden, Köln 1 887 (mit Grundriss, Längs- und Querschnitt des
Grabmales). — G. Heuser, Das Römergrab in Weiden bei Köln: Illustrierte Zeitung
vom 29. Okt. i892.
Das Grab liegt an der vom mittleren Westthor Kölns an der Apostelnkirche
ausgehenden, über Tiberiacum und Juliacum führenden römischen Heerstrasse, der
heutigen Aachener Strasse, ungefähr 9 km von der Stadt, am westlichen Ende des
Dorfes Weiden.
Die Entdeckung erfolgte im April i843 beim Ausschachten eines Kellers durch
den Fuhrmann Ferd. Sieger zu Weiden. Man stiess zuerst auf eine zerstörte Treppe
von 1 1 Stufen, von denen je zwei aus einem Tuffquader gehauen waren. Zwei weitere
Stufen führten nach Zertrümmerung einer Steinthür in das Innere, das vollständig
mit einer lehmigen Masse ausgefüllt war. Die eifrigen Bemühungen der Regierungs-
behörden, zumal des Generaldirektors der Königl. Museen zu Berlin, von Olfers, das
wertvolle Denkmal für den Staat zu erwerben, scheiterten anfangs an den übertriebenen
Forderungen des Eigentümers, und das Grab geriet in Gefahr, samt seinem Inhalte
von belgischen Interessenten nach dem Auslande verpflanzt zu werden. Da gelang
es dem Dombaumeister Zwirner im Juli i844, dasselbe auf Kosten der Generaldirektion
der Königl. Museen auf einem Teilungsverkauf für 23oo Thaler zu erwerben. Nun
wurde auf Staatskosten das eingestürzte Tonnengewölbe erneuert, an Stelle der zer-
störten Treppe eine neue, überdeckte Treppenanlage geschaffen und in Verbindung
mit derselben ein Haus für einen Wächter erbaut; die leicht verschleppbaren Fund-
gegenstände kamen in das Berliner Museum.
Den Eingang zum Grabe, dessen lichte Höhe 1,88 m und dessen Breite o,9i m
beträgt, bilden drei mächtige Blöcke von rotem Sandstein (Tiefe des Thürgewändes
0,9 1 m, Höhe i,94 m, Breite o,38 m). Die vorstehenden Seitenpfosten enthalten eine
0,1 3 m breite und 0,1 ? — 0,16 m tiefe Rinne, in der ein Thürstein aus weissem Marmor
mittels eines eisernen, mit Kupfer belegten Ringes auf und nieder bewegt werden
konnte. Letzterer ist auf der jetzigen Holzthür angebracht; der ursprüngliche Thür-
stein befindet sich, nach seiner Zertrümmerung wieder zusammengesetzt, im Inneren
des Grabes an der Wand rechts neben dem Eingange.
Die Grabkammer (Tafel XVI) bildet einen rechteckigen, mit einem Tonnen-
gewölbe überspannten Bau aus Tuffquadem; ihre lichte Weite beträgt 3,55 : 4,44 m,
die Höhe bis zum Gewölbeschluss 4,o6 m. Der Kämpfer der Wölbung liegt 2,4o m
über dem Boden, über diesen reicht das antike Mauerwerk stellenweise noch o,75 m
hinaus. Die Wände mit Ausnahme der Thürwand sind durch Nischen dergestalt belebt,
dass eine flachgewölbte Hauptnische von i,79 m Breite, i,54m Scheitelhöhe und o,79 m
Tiefe fünf kleinere, und zwar drei in der Rückwand und zwei in den Seitenwänden, ein-
schliesst. Neben den Hauptnischen sind Seitennischen angeordnet, zwei in der der
Thür gegenüberliegenden Wand, sechs in den breiteren Seitenwänden. Unter der
Hauptnische befindet sich allemal noch eine breite, aber sehr niedrige Nische.
Die verwandten Quadern sind von verschiedener, zum Teil ausserordentlicher
Grösse; im Scheitel einer Nische wurde ein Quader von 2,5o m Breite, o,73 m Höhe
und 0,57 m Tiefe gemessen. Die erstaunliche Schärfe der Stoss- und Lagerfugen
deutet auf die grosse Sorgfalt der Bauausführung.
Röiuischet
Grab
Entdeckung
Eingang
Grabkammer
Material
i89
i9o
LANDKREIS KÖLN
Römifchcs
tirab
Belichtang
BekleiduBf
Spärliches Licht fällt gegenwärtig in die Grabkammer durch eine kreisrunde
Öffnung mitten im Gewölbe; ob eine solche im Altertum überhaupt bestanden hat
und wie dieselbe, wenn sie vorhanden war, beschaffen gewesen ist, lässt sich nicht
bestimmen.
Die Menge Marmor, das grosse Stück Stuck und die blauen und weissen Glas-
flüsse, die sich im Grabe vorgefunden haben, beweisen, dass Wände und Gewölbe
ehemals bekleidet waren. Noch jetzt sind grösstenteils vorhanden und an ihrem ur-
sprünglichen Platze die dünnen Platten aus bläulichem Marmor auf dem Boden der
Fig. 86. Weiden. MarmorbOsten im Römergrab.
Ausstattung! •
Stücke
Hauptnischen, je zwei Konsolen zur Stütze dieser Platten und die Wandbekleidung
bis zum Anfange der Innennischen, beides aus weissem Marmor. Schmälere weisse
Marmorstreifen, die sich vorfanden, waren unter den Hauptnischen angebracht, wie
die Anordnimg der daselbst erhaltenen Nägel beweist Stuck dürfte ehemals die
Wandflächen ausserhalb der grossen Nischen und das Gewölbe bedeckt haben, an
letzterem dürften auch die Glasflüsse angebracht gewesen sein.
Die noch vorhandenen Ausstattungsgegenstände der Grabkammer sind:
I . Zwei roh als Sockel bearbeitete Tuffblöcke, welche vor der der Thür gegen-
überliegenden Hauptnische in den Boden eingelassen sind. Die Höhlungen derselben
enthielten bei der Entdeckung je einen umgestülpten Aschenkrug von grobem Thon
(Stücke noch vorhanden).
i9o
WEIDEN
l9l
2. Zwei Säulen aus rotem Sandstein in den der Thür gegenüberliegenden Ecken.
Dieselben galten bisheran als Postamente, etwa zum Tragen von Aschenkisten be-
stimmt, sind aber in Wirklichkeit umgekehrt stehende Säulenoberteile (Kapital und
oberer Teil des Schaftes), die unmöglich in der Grabkammer Verwendung gefunden
haben können.
3. Drei Büsten, von denen die beiden weiblichen bei der Entdeckung in der
Nische links vom Eingang standen, während die männliche umgestürzt vor der Nische
zur Rechten in der Erde stak. Alle drei Büsten sind aus weissem, unter dem Ein-
flüsse der Feuchtigkeit rötlich gefärbtem Marmor. Die erste stellt in Lebensgrösse
eine mit Stola und Amiculum bekleidete Matrone dar. Die edle Form des Kopfes
und des Gesichtes, die Sinnigkeit des Blickes,
die einfache Scheitelung des Haares und die
strenge, aber geschmackvolle Anordnung des
Gewandes sind bezeichnend für die gute Ar-
beit; nur die ausgehauenen Augensterne deuten
auf eine spätere Zeit. Die männliche Büste
bildet in Grösse xmd Art der Ausführung das
Gegenstück zu der weiblichen und kann mög-
licherweise von demselben Meister herrühren;
nur ist sie mehr von der Feuchtigkeit ange-
griffen. Sie zeigt einen unbekleideten Mann
im kräftigsten Alter mit schwach entwickeltem
Barte. Der Gesichtsausdruck ist edel, aber
etwas trocken (Fig. 86). Die dritte, kleinere,
aus zwei Stücken zusammengesetzte Büste hat
einen viel geringeren Kunstwert als die beiden
anderen. Zwar gefällt der Faltenwurf der Stola,
aber die zu hoch stehenden und nur durch
Löcher angedeuteten Ohren, die weit ausge-
bohrten Nasenlöcher, der halb geöffnete Mund
und das roh behandelte Haar wirken un-
angenehm (Fig 87).
4. Zwei' bei der Entdeckung zu beiden
Seiten der Thüre stehende Sessel aus Kalk-
stein mit bogenförmiger, aufrechter Rücklehne
und niedrigen Seitenlehnen. Sie ahmen ein
Korbgeflecht und auf dem Sitze ein Polster in flacher Arbeit nach und sind unten
nicht durchbrochen.
5. Ein wannenförmiger Sarkophag aus weissem Marmor, circa i,75 m lang und
0,87 m bezw. o,85 m hoch, der aus den gefundenen Stücken wieder zusammengesetzt
wurde. Die unbearbeitete Rückseite deutet darauf hin, dass er seinen Platz an einer
Wand finden sollte. Die Reliefs der Vorderseite zeigen als Mittelstück zwei geflügelte,
mit stark bewegten Gewändern bekleidete Viktorien, die ein Medaillon mit den Brust-
bildern des in dem Sarge beizusetzenden Ehepaares halten. An diese schliesst sich
beiderseits ein nur mit dem Chlamydion bekleideter Flügelknabe, von denen der zur
Rechten in der rechten Hand Geflügel, in der linken einen Korb mit Weintrauben
trägt, während die rechte Hand des Knaben zur Linken abgebrochen ist, die linke
einen Korb mit Blumen hält. An den Schmalseiten folgen dann dienende Gestalten
Flg. 87. Weiden. Marmorbüste im Römergrab.
Römisches
Grab
Büsten
Sarkophag
i9i
l92 LANDKREIS KÖLN
Römisches mit hoch aufgcschürzter Tunika, der zur Linken mit Fruchtkorb und Hirtenstab, der
zur Rechten mit einem Blumenkorb und einem Korbe neben sich, aus dem er auf-
gereihte Früchte, wohl Feigen, heraushebt. Den Abschluss der ganzen Scene bildet
in flacher Arbeit rechts eine Eiche, links ein knorriger Baum mit spitzen Blättern
und birnartigcn Früchten (Lorbeer?). Unterhalb der Hauptfiguren sind kleinere an-
gebracht; unter dem Medaillon drei unbekleidete Knaben, die in einem mit zwei
Löwenköpfen verzierten Troge Trauben keltern, zu Füssen des rechten Flügelknaben
ein mit einem Fruchtkorbe beschäftigter Knabe, zu Füssen des linken der Fuss eines
Zweihufers, wohl eines Stieres, als Rest des Gegenstückes. Die ganze, dem bacchischen
Kreise entlehnte Darstellung deutet auf den Lohn, den das von Viktorien getragene
Ehepaar für sein erspriessliches Wirken im Jenseits empfangen soll. Bemerkenswert
und vielleicht auf fabrikmässige Anfertigung deutend ist der Umstand, dass die Ge-
sichter des letzteren nie ausgeführt worden sind. Hält man damit den Gegenstand
des ornamentalen Schmuckes, die Trefflichkeit der Konzeption, aber Fehlerhaftigkeit
der Ausführung, das hohe Relief der Figuren und die Spuren häufiger Anwendung
des Bohrers zusammen, so weist alles auf ein Werk der letzten griechisch-römischen
Kunstepoche hin. Den Deckel des Sarkophags bildete sicher eine einfache Platte,
die nicht mehr vorhanden ist.
Von den nicht mehr im Grabe vorhandenen Fundgegenständen verdienen be-
sondere Erwähnung: eine sehr edel gehaltene Statuette einer römischen Matrone aus
durchsichtigem, bläulichem Opal mit eingefügtem Elfenbeinstab zur Befestigung auf
einem Pidestal; Reste von achteckigen Gefössen aus Schildpatt, die mit Schnitzwerk
in Elfenbein verziert waren (darunter eine sich schmückende Venus) ; ein Griffel und
eine Nadel aus Elfenbein; eine silberne Schale mit Goldfäden; ein silberner Ring
mit angefügten Ketten und eine eherne Kette, beides zum Aufhängen von Lampen
bestimmt; ein Messerstiel von Hom mit den Inschriften .... enti auf der einen,
ZESES auf der andern Seite; bimförmige Ambrakugeln von einer Halskette; endlich
zahlreiche Glasgefässe, daruntei; ein grünliches mit wohlriechender Salbe, ein weisses
mit eingeschlifFenen bakchischen Figuren im Rande und ein anderes weisses mit
Spuren von Vergoldung.
Zeit Das kostbare und nur aus weiter Feme herbeizuschaffende Baumaterial, die
sorgfältige Ausführung und glanzvolle Ausstattung lassen die ganze Anlage als Grab-
stätte einer sehr begüterten Familie erscheinen. Die aufgefundenen Münzen von
Tetricus, Claudius Gothicus, Maximianus und Constantinus dem Jüngeren beweisen
in Verbindung mit dem Charakter der Bildwerke, dass dieselbe in den J. 260 — 34o
n. Chr. entstanden und benutzt worden ist. Eine jahrhundertelange Benutzung ist
auch durch die Spärlichkeit der aufgefundenen Aschen- und Gebeinüberreste und die
"um die Mitte des 4. Jahrhunderts sich mehrenden Einfälle und Verwüstungen der
Barbaren ausgeschlossen.
Das ehemalige Vorhandensein eines entsprechenden Oberbaues erscheint schon
durch das Fehlen jeder Inschrift in der Grabkammer erwiesen. Vielleicht gehörten
diesem die oben erwähnten Säulen und die drei unter dem Sarkophage liegenden,
mit flachen Reliefornamenten verzierten Bruchstücke von Marmorplatten an. Eines
derselben zeigt einen Giebel, ein anderes die untere Hälfte der kapitolinischen Wölfin.
Künstlerische Das Weidener Römergrab steht an Vortrefflichkeit der Erhaltung und Voll-
ständigkeit der Ausstattung diesseits der Alpen durchaus ohne Parallele da und hat
auch jenseits der Alpen kaum seines gleichen.
[Klinkenberg.]
I92
WEILER — WEISS
l93
WEILER.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. ss. Cosmae et Damiani). Binte- K«thoi.
RIM U. Mooren, E. K. I, S. 284. Pfarrkirche
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Verzeichnis der Stiftungen, 2. H. des
i7. Jh., mit historischen Notizen. Vgl. weiter Tille, Übersicht S. i7.
Die Kirche von Weiler war bereits unter Erzbischof Friedrich (io99 — Ii3i) an Geschichte
das Kunibertstift in Köln gelangt (Lacomblet, UB. I, Nr. 322). Der gegenwärtig noch
aufrecht stehende Bau stammt erst aus dem J. i766. Das Kollationsrecht besass das
genannte Stift bis zur Säkularisation (Dumont, Descriptio S. 23). Unter Napoleon
wurde die Pfarre unterdrückt, im J. 1824 jedoch wieder hergestellt.
Einschiffiger, verputzter Backsteinbau mit vorgelegtem Westturm und spitz zu- Beschreibung
laufendem über vier Seiten des Achtecks errichtetem Chor. Die lichte Länge beträgt
16,25 m, die Breite 5,5o m.
Der mit einem Hausteinsockel versehene, im übrigen aber aus Backstein auf-
geführte Westturm ist ganz ungegliedert. Ausser einigen unregelmässig angebrachten
Öffnungen sind nur im Glockengeschoss je zwei im Segmentbogen geschlossene Fenster
angebracht. Die Südseite zeigt in Eisenankern die Jahreszahl i766.
Das Schilf liegt unter einem geschieferten Satteldache. Die nördliche Aussen-
mauer ist durch zwei, die südliche durch einen Strebepfeiler verstärkt. Die in Hau-
stein gefassten Fenster sind rundbogig. Die alte Sakristei, die an der Nordseite lag,
wurde vor einigen Jahren abgebrochen und durch einen Neubau in der Achse des
Schifies ersetzt.
Das Innere ist ein rechteckiger, fiachgedeckter Saal, an den unmittelbar der im
Inneren halbkreisförmige Chorschluss stösst.
Von der Ausstattung verdienen nur die folgenden Stücke Erwähnung:
Taufstein, achteckiges Becken auf einem Säulenstumpf, 78 cm hoch, 60 cm
breit, laut Inschrift vom J. 1600.
Kommunionbank, 18. Jh.
Grabstein, mit Kelch, Kreuz und Anker. Inschrift nicht mehr erkennbar,
um i7oo.
Die Glocken haben folgende Inschriften:
I. IN honorem SS. COSMAE ET DAMIANI RENOVATA ANNO l678. lOANNES BOUR-
LET ME FECIT.
Auf der kleineren Glocke sind nur die Worte . . reinerum raesfelt heer u
VROV middachten anno i646 zu erkennen. [P.]
Taufstein
Kommunionbank
Grabstein
Glocken
\
WEISS.
RÖMISCHE FUNDE. Die Köln-Bonner Römerstrasse berührte mit einem
ihrer Arme auch Weiss (B. J. LXIV, S. 22).
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Georgii). Rosellen, Dek. Br. S. 569.
— V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden VIII, S. i3S.
In einer Urkunde vom J. I263 kommt bereits ein Ritter Heinrich von Weiss
vor (Mitteilungen aus dem Kölner Stadtarchiv I, S. 62). Die Kapelle ist ein durch-
aus kunstloser Bau aus dem Anfange des 18. Jh. Als Material diente Bruchstein und
13
i93
Römische
Funde
KRthol.
Knpelle
Geschichte
Beschreibung
i94
LANDKREIS KÖLN
Kathol.
Kapelle
Backstein. Es ist nicht unmöglich, dass die Fundamente, vielleicht auch Teile des
oberen Mauerwerkes eines älteren Baues dabei verwertet worden sind. Das Kapellchen
besteht aus einem rechteckigen Räume für die Gemeinde und einer schmalen halb-
kreisförmigen Apsis. Über das geschieferte Satteldach ragt am Westgiebel ein kleiner
vierseitiger Dachreiter empor. Über der an der Nordseite gelegenen Thür eine rund-
bogige Nische. Die Fenster im Chor sind spitzbogig.
Das Innere ist flach gedeckt. Schiff und Apsis sind durch einen Rundbogen
getrennt. [P.]
WIDDERSDORF.
Römisch e
Strasse
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Ausstattung
Glocken
RÖMISCHE STRASSE. Die von Köln gegen Jülich ziehende Strasse be-
rührte auch Widdersdorf (B. J. LXIV, S. 21).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Jacobi majoris). Binterim u.
Mooren, E. K. I, S. 297.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden, darunter 20 von i472 bis
i495, die Inkorporation der Widdersdorf er Pfarrkirche betreffend. Vgl. dazu Tille,
Übersicht S. i7.
Die erste Erwähnung des Ortes findet sich in einer Urkunde des Erzbischofs
Bruno IL vom J. Ii36 (Lacomblet a. a. O. IV, Nr. 621: Wichentorpe.) Als Pfarr*
sitz ist er jedoch im liber valoris nach i3oo bereits genannt (Binterim u. Mooren
a. a. O. S. 28/). Die Kirche wurde nach einem langen Prozess, dessen Verlauf aus
den im Pfarramt zu Widdersdorf befindlichen Urkunden ersichtlich ist, im J. i494
der Abtei Brauweiler inkorporiert. Der gegenwärtig noch bestehende Bau ist im
J. i745 aufgeführt worden. Um 1800 besass das Kollationsrecht der Abt von Brau-
weiler (DuMONT, Descriptio S. 24).
Schmuckloser einschiffiger Backstein bau mit vorgelegtem Westturm und geschie-
fertem Satteldach. Länge im Lichten 2 5,7o m, Breite 8,7o m.
Der dreigeschossige Turm, an dessen Südseite ein kleiner runder Ausbau die
Treppe birgt, hat ausser dem Westportal in den beiden unteren Geschossen nur
kleine Lichtspalten, im obersten sind an jeder Seite zwei rundbogige Fenster einge-
brochen. Den Abschluss bildet ein achtseitiger Schieferhelm.
Das steinerne Westportal hat einen flachrunden Giebel mit der Inschrift: haec
DOMUS DEi EST ET PORTA coELi. Darüber befindet sich eine kleine Nische mit einem
die Apostel Jakobus und Johannes darstellenden Relief. Die Inschrift lautet: deo,
MARIAE VIRGINI SANCTISQÜE lACOBO ATQUE lOHANNI.
Das Äussere des Schiffbaues entbehrt jedes Schtnuckes.
Das Innere umfasst vier gestreckte, von Gratgewölben überspannte Joche, die
durch rundbogige, auf flache Wandvorlagen stossende Gurte voneinander getrennt
sind. Der mit drei Seiten des Achtecks abschliessende Chor hat gleichfalls grätige
Gewölbe. Unterhalb der grossen Rund bogen fenster sind tiefe flachbogig geschlossene
Wandnischen angebracht.
Die viereckige Sakristei liegt in der Mittelachse hinter dem Chor.
Altar und Kanzel sind Durchschnittsarbeiten des 18. Jh.
An der Südseite ist in Eisenankern die Jahreszahl i745 angebracht
Die Glocken tragen folgende Inschriften: i. LaVs Deo, MarIae VIrgInI
beatIsqVe IaCobo et IoannI, fILIIs tonItrVI, IVgIter InsonetVr. bartholo-
MAEUS GOSS MICH IN COLLEN ANNO i746. Am Mantel ein Quastenbehang.
i94
WORRINGEN l95
2. ANNO l665 FUSA SUM IN HONOREM S. JACOBI APOSTOLI, ST. PATRONI ECCLE- Kathol.
SIAE IN WIDDERSTORFF, AUCTORE ET PROMOTORE R. DUNWALDT, PAROCHO IBIDEM. P^»"^"«^«
lOHAN LEHR ME FECIT COLONIAE.
3. HUIUS PARTHENONIS COMMISSARIUS ARCHIEPISCOPALIS I. G. KAUFFMANS, S.
T. D. SIGILLIFER MAIOR F.F. ANNO MDCCLXXI MARTINUS LEGROS FECIT ( 1 77 1).
[R]
WORRINGEN.
J. F. Willems, Rymkronyk van Jan van Heeln betrefende den slag van Woe- Littemtur
ringen (Brüssel i836). — Hendrik van Wyn, Letter- en Geschiedkundige Aanteeke-
ningen op de Rymkronyk van Jan van Heeln betrefende den slag van Woeringen in
het Jaar 1288 ('s Gravenhage i84o). — Montanus, Die Vorzeit II, S. 42. — Prisac,
Dormagen und seine nächste Umgebung im Niederrheinischen Jahrbuch für Geschichte,
Kunst und Poesie II (i844), S. 57. — G. Köhler, Entwicklung des Kriegswesens II,
S. i4i. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 2. Abt. III, S. 6i5. — Ennen, Ge-
schichte der Stadt Köln II, S. 2i9, 224, 232, 235; III, S. i54, 212, 236, 267, 47 1, 525,
786, 787; V, S. i83, i97, 7i3. — [N.], Die Schlacht und der Sieg bei Worringen im
J. 1288 (182 i). — A. VoisiN, La bataille de Woeringen (Brüssel i839). — Stallaert,
Geschiedenis van hertog Jan I. van Brabant Bd. I (Gent i859). — Wauters, Le duc
Jean et le Brabant sous le regne de ce prince (Brüssel 1862). — Herchenbach und
Reuland, Geschichte des Limburger Erbfolgestreites. Die Schlacht bei Worringen
und die Erhebung Düsseldorfs zur Stadt (i883). — H. Schwarz in der Kölnischen
Zeitung vom 5. Juni 1888. — B. J. LXIII, S. i3o. — Ann. h. V. N. II, S. 200, 222;
IV, S. 2i4; VI, S. i3; XV, S. 182; XXI, S. i39; XXIII, S. 49; XLIV, S. 206; L, S. i4,
54. — Zs. des Aachener Geschichtsvereins I, S. 87, 1 13, 268; II, S. 228; III, S. 3o9;
V, S. 242; VIII, S. 122; XI, S. 125, i4o; XII, S. 168; XIII, S. 12?.
RÖMISCHE UND GERMANISCHE FUNDE. Worringen ist vielleicht Römi.chc u.
das römische Buruncum, das im Antoninischen Itinerar genannt wird (B. J. XXI, Funde
S. 34; XXXVI, S. 28). Es lag an dem mittleren Arme der von Köln nach Neuss
führenden Römerstrasse, wahrscheinlich war es auch der Endpunkt einer von Westen
gegen den Rhein führenden Strasse (B. J. LX, S. 4; LXVI, S. 9o; LVIII, S. 5). Im
J. i877 kam man bei Räumungsarbeiten im Rhein auf die Reste einer römischen
Pfahlbrücke; zwischen den rohen, unbehauenen Basaltblöcken der Fundamente fanden
sich zwei Fragmente von römischen Skulpturen. Das eine gehörte einem reichen Qe-
sims, das zweite einer Figur an (Gegenwärtiger Verbleib unbekannt). Mehrere Reihen
mächtiger Eichenpfähle waren entfernt und vernichtet worden, ehe Sachverständige
kamen (B. J. LXVI, S. 9o; LXXX, S. 128). Aus Worringen stammt auch ein Juppiter-
altar (Bonner Provinzialmuseum Nr. U 5) mit Inschrift; er war an einem Thore mit
mehreren anderen eingemauert gewesen (B. J. III, S. 100). Über diese und andere
Inschriften vgl. Brambach, C. I. Rh. Nr. 3o5fF. Ebenda fand ein Ackerer einen
römischen Goldring von seltener Grösse und Schönheit; er zeigt in erhabener Arbeit
die stehende Figur der Diana (Bonner Provinzialmuseum Nr. 5824). Im Besitze des
Herrn Bürgermeisters Bender befindet sich noch eine Anzahl von römischen und
fränkischen Thon- und Glasgefässen, Lämpchen u. dgl. Die wertvollsten Stücke aus
seiner Sammlung sind im J. i896 dem Bonner Provinzialmuseum überwiesen worden
(Nr. io964 — io988). Ebenda zwei Säulenbasen und ein Säulenschaft, die im J. i896
bei Ausschachtungen in der Nähe der alten Kirche gefunden wurden; auch Reste
13»
i95
i96
LANDKREIS KÖLN
Römische u.
germanische
Funde
Ehem. kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Turm
römischen Mauerwerks kamen bei dieser Gelegenheit zu Tage, die auf eine umfang-
reichere Anlage schliessen lassen. Vgl. darüber auch B. J. XXXI, 'S. 87. Aus der
Gegend vonWorringen stammt
endlich eine Bronzestatuette
des Merkur, mit antiker Basis
(Bonner Provinzialmuseum
Nr. 9938).
EHEMALIGE KA-
THOLISCHE PFARR-
KIRCHE. -BiNTERiM und
Mooren, E. K. I, S. 268.
Handschriftl. Qu. Im
Pfarrarchiv: Lagerbuch der
Pfarrei 1 773, fol. — Taufbuch
1 7 2 1 ff. — Kirchen- Annota-
tionsbuch i766, fol. — Vgl.
weiter Tille, Übersicht S. 18.
Im J. 1 1 53 bekundete König
Friedrich I. den Erwerb der
Vogtei Worringen durch Erz-
bischof Arnold IL von Köln
(Lacomblet, UB. I, Nr. 376).
Weder in dieser Urkunde noch
in anderen aus der gleichen
und der folgenden Zeit wird
eine Kirche erwähnt, doch
gehört der Turm, der dem
Schiffe im Westen vorliegt,
sicher dem 12. Jh. an. Der
über valoris (nach 1 3oo) nennt
die Kirche zum ersten Male.
Schiff und Chor sind gothisch.
Im J. i838 wurde die alte
Kirche ausser Gebrauch ge-
setzt. Am 6. November i859
brannte sie ab; zehn Jahre
später wurde sie zur Schule
umgebaut. Der Turm dient
als Polizeigewahrsam.
Einschiffiger gothischer Bau
mit polygonalem Chor und vor-
gelegtem romanischem West-
turm.
Der Turm (Fig. 88), der
aus Trachyt, Unkelstein und
Backstein erbaut ist, umfasst drei Geschosse, die durch Zwischengesimse von einander
geschieden sind. Die Westthüre ist im Korbbogen geschlossen, sonst sind in den
unteren Geschossen nur kleine und unregelmässig verteilte Lichtöffnungen. Das oberste
Fig. 88. Worringen. Turm der ehemaligen Pfarrkirche.
i96
WORRINGEN
l97
Haus Arff
Qeschichte
Geschoss, das ehedem die Glockenstube enthielt, hat auf jeder Seite ein grosses Ehem. kmhoi.
Doppelfenster mit polygonalem Mittelpfeiler. Der achtseitige, nach dem Brande im p^»"^"'*='*«
J. i8S9 erneuerte Dachhelm ist geschiefert.
Vom Schiffe sind noch einzelne Teile der Aussenmauern, namentlich die an der
Nordseite zweimal, an der Südseite nur einfach abgetreppten Strebepfeiler erhalten.
Der mit drei Achteckseiten abschliessende Chor hat gleichfalls zweiteilige Strebepfeiler.
Auch hier sind Backstein und Unkelstein verwendet.
Das Innere des Turmes ist grätig gewölbt.
HAUS ARFF. Fahne, Geschichte der kölnischen Geschlechter I, S. i7. —
DuNCKER, Rheinlands Schlösser und Burgen (mit Abb.).
Herren von der Arff kommen urkundlich zum ersten Male im J. i366 vor
(Lacomblet, UB. III, Nr. 67o). Angehörige dieses Geschlechtes trugen im letzten
Viertel des i5.Jh. vom Kölner Erzstifte ein Gut Hackhausen zu Lehen (Thummer-
MUTH, Krumbstab schleust niemand auss, das ist: Stiffts - Cöllnischer Erb- und Kunckel-
Lehen Cent. I, Nr. 4i), das bereits im J. i4i i als strittig zwischen den Brüdern Gerard
von Berg und dem Herzog Adolf genannt wird (Lacomblet, U B. IV, Nr. 68). Durch
Heirat erwirbt im J. i572 Albrecht von Baxen den Besitz (Thummermuth a. a. O.
Cent. I, Nr. 44). Ein Lehensbrief vom J. i6o9 verleiht ,Hauss Arfft oder Hackhuisen
im Worniger Kirspel gelegen' dem Johann von 5axen (Thummermuth a. a. O. Cent. I,
Nr. 45). Damals also wurde bereits Arff mit Hackhausen — so benennt sich noch
heute ein ganz nahe gelegenes Dorf — identifiziert. Durch Margaretha von Baxen
kam Arff an Adam von Blittersdorf, von dessen Nachfolgern gegen die Mitte des
i8. Jh. an die Familie von Buschman, von diesen im J. i797 an die von Geyr-
Schweppenburg. Die gegenwärtige Eigentümerin ist Frau Professor J. Kocks geb.
Maria Reichsfreiin von Geyr-Schweppenburg.
Das alte Schloss, das neben dem neuen auf der Pappelinsel gestanden haben
soll, ist angeblich in den Truchsessischen Kriegen zerstört worden. Das neue wurde
im J. i7So nach der Tradition nach Plänen des Baumeisters von Schloss Brühl (wahr-
scheinlich Leveilly) von den Kanonichen Christian August Josef und Peter Josef Busch-
man erbaut. Es besteht aus dem Herrenhause und zwei im rechten Winkel darauf
zulaufenden Wirtschaftstrakten. Im J. 1 894 wurde es einer gründlichen Restauration
unterzogen.
Das Herrenhaus (Fig. 89) ist ein stattlicher, ein Kellergeschoss und zwei Haupt-
geschosse umfassender Bau, dessen hohes Mansardendach ein sechsseitiger, von einer
Schieferhaube abgeschlossener Turm überragt. Die Breitseiten sind siebenachsig. Der
Vorder- wie der Rückfront tritt ein dreiachsiger Mittelrisalit vor, der von einem Dreiecks-
giebel gekrönt ist. Die Ecken sind durchwegs in Rustika behandelt. Breite Gesims-
bänder trennen das Obergeschoss vom Erdgeschoss und dieses wiederum von dem hoch
zu Tage liegenden Keller. Fenster und Thüren sind im Segmentbogen geschlossen, im
Erdgeschoss sind sämtliche Öffnungen durch horizontale Querbalken geteilt. Im Ober-
licht der Hauptthüre, zu der eine zweiarmige Treppe emporführt, sitzt ein hübsches,
schmiedeeisernes Gitter. Über der Thür des Erdgeschosses öffnet sich im Oberstock
eine Thür auf einen von Konsolen getragenen Balkon. — Auf dem Portal der Rück-
seite steht die Jahreszahl i75o.
Die Einrichtung des Inneren ist zum Teil noch alt. Erwähnenswert das Stiegen-
haus, in dem eine Holztreppe mit Säulengeländer emporführt. Die Decke ist als
Scheinkuppel bemalt. An der Stiege eine achteckige Laterne, an die im Brühler
Schloss erinnernd.
Beschreibung
Herrenhaus
Inneres
IV/
i98
LANDKREIS KÖLN
Hkus Arff
Einrichtung
In mehreren Zimmern Stuckdecken. Am hübschesten ein ovaler Saal mit ganz
weisser Stuckdekoration. Die Wände sind durch flache Pilaster gegliedert; dazwischen
Festons, Vasen u. dgl.
Fig. 89. Worringen. Haus Arff. Ansicht des Herrenhfluses.
Gemälde In den Zimmern Schränke, Truhen u. dgl. aus dem i7. und i8. Jh.; ferner zahl-
reiche Porträts von Mitgliedern der Familie von Geyr-Schweppenburg, vom i6. — 19. Jh.;
die lebensgrossen Bildnisse der Brüder Buschman, der Erbauer des Schlosses, ausser-
dem eine Reihe religiöser Bilder. Zu nennen sind:
i98
WORRINGEN — NACHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN l99
Christus als Gärtner, i6. Jh., kölnisch. Haus Arff
Triptychon, Holz, 1,20 m hoch, oben geschweift, angeblich von Geldorp. In
der Mitte ist die Kreuzigung dargestellt, links die Kreuzschleppung, rechts die Auf-
erstehung.
Die Messe des h. Gregorius, Holz, 3i cm hoch, 1,80 m breit, i7. Jh. Das Bild
trägt die Inschrift: anno I2o9 haben herr diederich van hirtss genandt van
DER LANDESKRON, RITTER, UND GODESUL, SEIN EHEGEMAHLIN, DIESES HAUS ZUR LANS-
KRON SELBIGER ZEITT GEWESSENE ANWOHNER UND EIGENTHÜMBER DAS WARHAFTIGE
KYN S. SEBASTIANI, SO ER SELBSTEN UNDER PABST CLEMENS DEM VIERTEN MIT VON
ROHM GEBRACHT UND EINE LANGE ZEIT IN DIESER CAPELLEN AUFGEHALTEN GEWESEN,
DEM GOTTESHAUSE ZU DEN PP. AUGUSTINERN HIE IN COLLN VEREHRT, ALLWO HERO
GEMELDETER RITTER SAMBT SEINER EHEGEMAHLIN UND IHRE BEIDEN KI$IDERN IM
CHOR UNDER EINER KUPFERSTEIN PLATTEN BEGRABEN LIEGEN, WELCHE DIESE IHRE
EIGENTLICH CONTERFEIUNGEN AHN OBENGEMELTEN JAHR SELBSTEN HAT ABMOHLEN
LASSEN. R. I. p. Auf dem Bilde die knieenden Gestalten des Ritters, seiner Frau und
seiner Kinder.
Die Wirtschaftsgebäude liegen in zwei lang gestreckten symmetrischen
Trakten zu beiden Seiten des Hofes. Die eintönigen Dachlinien sind durch steile
Spitzgiebel unterbrochen. Die Wirtschaftsgebäude erinnern lebhaft an Haus Horr im
Kreise Grevenbroich (vgl. Kunstdenkmäler d. Kr. Gevenbroich S. 58).
'blech HOF. Über der Thür zwischen dem Herrenhause und der Pächter- Blechhof
Wohnung dieses ehemals zu S. Cäcilien in Köln gehörigen Hofes befindet sich ein
barockes dreiteiliges Steinrelief von guter Arbeit und Erhaltung. Auf dem 80 cm Relief
breiten und 23 cm hohen Mittelfelde ist die Anbetung der heiligen drei Könige dar-
gestellt. Die Madonna hat den Blick nach vorne gerichtet, von rechts und links
nahen die Weisen mit ihren Gaben. Jenseits der Mauer, die den Hintergrund der
Darstellung bildet, kommen noch mehrere kleinere Gestalten hervor. Zu beiden Seiten
dieses Mittelbildes befinden sich kleinere viereckige Felder mit den Brustbildern der
Evangelisten Matthäus und Markus in Medaillons (Mitteilung des Herrn Pfarrers
Schmitz in Straberg). [P.]
Nachträge und Berichtigungen.
S. I , Z. 5 V. u. statt Nettesheim lies Nettersheim.
S. 8. Zur allgemeinen Litteraturangabe ist nachzutragen: Eick, Die römische
Wasserleitung aus der Eifel nach Köln. — Dumont, Descriptio omnium archidioe-
cesis Coloniensis ecclesiarum circa annum MDCCC.
S. i7. B ERZ DORF. Der aus dem Jagdhause Entenfang stammende kupferne
Afife ist nicht mehr in Brühl.
S. 18. BRAU WEIL ER. Nachzutragen ist: M. Henriquez a Strevesdorff,
Archidioeceseos Coloniensis descriptio, Köln i74o, p. 126. — Kölner Domblatt i844,
S. 83. — G. BucELiN jun., Übersicht der Mönchsabteien des Benediktinerordens in
Deutschland: Archivalische Zeitschrift N. F. H, S. 188. Die älteren Drucke und Be-
arbeitungen der Quellen zur Geschichte Brauweilers sind aufgezählt bei Potthast,
Bibliotheca historica medii aevi I, p. 57; H, p. I293, i64i.
S. 43. In seiner soeben publizierten Dissertation, Die Hirsauer Bauschule, Studien
zur Baugeschichte des 11. und 12. Jahrhunderts, Freiburg i897, S. 8, 9, 22 handelt
C. H. Baer über die Abteikirche. Er findet in der ursprünglichen Grundrissanlage
I99
200 LANDKREIS KÖLN — NACHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN
der Krypta grosse Ähnlichkeiten mit denen von Abdinghof, Siegburg, Oberpleis und
möchte deshalb die Erbauung durch die Mönche von Stablo annehmen.
S. 63. Über die Restaurationsarbeiten im Kapitelsaale vgl. Baudris Organ für
christliche Kunst XIII, S. 8i.
S. 7i. BRÜHL. Die beiden Altartafeln sind nicht kölnische, sondern süd-
deutsche Arbeiten. Vor dem Donator sein Wappen mit rundem silbernen Blattkranz
in schwarzem Felde, auf dem Helm ein wilder Mann mit Keule.
S. 73. Die legendarischen Darstellungen auf der einen Langseite des Reliquien-
schreines haben keine Deutung gefunden. Die beiden in Fig. 3o abgebildeten, gleich- -
falls um iSoo entstandenen Reliquienbüsten gehören wohl zu dem Schreine.
Im Turm ist ein Kalvarienberg in zwei Drittellebensgrösse aus dem Anfang des
1 8. Jh. aufgestellt. Die Gruppe befand sich ursprünglich im Chor auf einem Triumph-
balken mit der Jahreszahlt i7 14 und der Inschrift: nach dem abschluss des Friedens
IN baden (Rastatt) und der Rückkehr des erzbischofs joseph clemens ist dieses
KREUZ errichtet WORDEN.
An der Aussenseite des Chores eine dürftige barocke Kreuzigungsgruppe des
i8. Jh.; der lebensgrosse Christus älter, aber überarbeitet, davor eine Wandlateme mit
hübschem schmiedeeisernem Träger des 1 8. Jh.
S. 75. Im Pfarr hause eine bedeutende Bibliothek mit einzelnen seltenen
Drucken des 1 5. und 1 6. Jh., ausserdem einige Handschriften :
Missale, Perg., 47X34 cm, in Holzband mit schönen gothischen Beschlägen, um
i4oo, mit feinen Malereien der Kölner Schule in den grossen Initialen auf Bl. 37, loS,
2i7, 3i8, 34o.
Ein zweites Missale, Perg., 47X35,5 cm, in Lederband, um i5oo, mit einzelnen
Initialen.
S. 78. Am Eingang zum Vorhof der Kirche ein schönes schmiedeeisernes Gitter,
die Krönung mit dem Namenzzug M A.
S. 8o. Zu den älteren Abbildungen von Brühl ist hinzuzufügen: Ansichten des
Schlosses, des Schlösschens Falkenlust, des Chinesischen Hauses und des Schnecken-
hauses auf Supraporten im Kurfürstensaale des Schlosses Gymnich (Kreis Euskirchen).
S. io8. In dem Hause des Herrn Jakob Fröhlich im Inneren alte Balkendecken
vom Ende des 1 7. Jh. mit derben Stuckornamenten sowie einige gute holländische
und vlämische Gemälde.
S. 123. FRECHEN. Über Frechener Steinzeug Ist femer zu vergleichen:
Otto v. Falke, Kölnische Steinzeugkrüge in der ,Köln. Zeitung' vom 2. Oktober i897,
Nr. 884. Danach tritt Frechen gegenüber Köln in eine sehr untergeordnete Stelle
zurück.
S. i56. KEN DEN ICH. Fig. 73 ist ungenau. Das Herrenhaus hat, wie der
Text richtig angiebt, an der Westseite sechs, an den anderen Seiten je fünf Fenster.
S. i57. Unter den Abschnitt Kendenich gehört die Chiffre [P.].
S. i59. Dasselbe gilt für den Abschnitt Klein -Königsdorf
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200
LANDKREIS KÖLN KARTE
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Landkreis Köln.
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20T
I. Ortsregister.
(Die kleinen stärkeren Ziffern bezeichnen die Stelle, wo über den Ort im ZusammenhanKe gehandelt wird.)
Seite
Aldenrath, Burg 138
Arff, Haus 5, 197
Bachern 9, 126
Bachern, Burg 10
Badorf 18
Belle 111
Benden, Kloster 158
Benzelrath, Haus 14
Berrenrath 15
Berzdorf 16
Bitz, Hof 11
Bittenbroich, Kloster 14
Blechhof 199
Brauweiler 2, 5, 18
Brühl 3, 69
Brühl, Schloss 3, 79, 108
Büchelhof 176
Burbach, Kloster 16
Buschbell 111
Deutz 152
Duffesbach 113
Efferen . 3, 118, 122, 184
EfiFeren, Burg 114
Eifelkanal 2, 113
Entenfang, Jagdhaus 17
Esch 116
Falkenlust, Schloss 108
Fischenich 3, 121, 144
Fischenich, Burg 122
Frechen 123
Frechener Burg 126
Freimersdorf 129
Frohnhof bei Eflferen 113
Frohnhof bei Klein- Königsdorf .... 159
Frohnhof bei Vochem 188
Geyen 129
Gleuel 181
Gleuel, Burg 134
Glessen 178
Godorf 140
Gross-Königsdorf 140
Hemmerich, Haus 12
Hermülheim . . . 113, 126, 129, 144, 148
Hermülheim, Burg 145
Hochsteden, Gut 127
Horbell, Haus 135
Hücheln 146
Hürth 144, 14»
Seite
Hürth, Burg 149
Hürther Kanal 2, 113, 144
Immendorf 150
Johanneshof 176
Junkerburg 130
Junkerhof 129
Junkersdorf 150
Kalk 162
Kamp, Hügel 13
Kendenich 152
Kendenich, Burg 155
Kierberg 121, 157
Klein-Königsdorf 159
Köln 2. 3, 80, 114, 144, 195
Königsdorf, Kloster 141
Königshof 144
Lövenich 159
Mansteden 20
Marsdorf 161
Merkenich 161
Meschenich 163
Mutzenrath, Haus 183
Neusserfurth 129, 144
Oberbachem 9
Palant, Haus 127
Pingsdorf 164
Poulheim 165
Rheinkassel 168
Rodenkirchen 172
Rondorf 176
Schallmauer, Burg 5, 135
Schleif kotten 113
Schwadorf 177
Schwad orf, Burg . . .177
Sinthern 178
Stommeln 180
Stotzheim 184
Stotzheimer Kanal 144
Sürdt 185
Uesdorf 186
Unterbachem 9
Vochem 186
Vorst, Haus 128
Weiden 2, 188
Weiler 193
Weiss 193
Widdersdorf 178, 194
Worringen 195
2o3
2o4
LANDKREIS KÖLN
IL Abbildungen im Text.
Seite
. 11
. 12
Fig. 1. Bachern, Herrenhaus der Burg
Fig. 2. Bachern, Haus Hemmerich . .
Fig. 3. Benzelrath, Ansicht des Burg-
hauses 15
Fig. 4. Brau weil er, Nordansicht der Ab-
teikirche vor der Wiederherstellung 23
Fig. 5. Brauweiler, Nordostansicht der Ab-
teikirche 24
Fig. 6. Brauweiler, Nordwestansicht der Ab-
teikirche 27
Fig. 7. Brauweiler, Ostansicht der Abtei-
kirche 29
Fig. 8. Brauweiler, Grundrlss der Abtei-
kirche 31
Fig. 9. Brauweiler, Innenansicht der Krypta 33
Fig. 10. Brauweiler, Grundriss der Krypta . 34
Fig. 11. Brauweiler, Westportal der Abtei-
kirche 35
Fig. 12. Brauweiler, Längsschnitt durch die
Abteikirche 36
Fig. 13. Brauweiler, Kapitale an den Drei-
viertelssäulen im Mittelschiff . . 37
Fig. 14. Brauweiler, Kapitale an den Nischen
im Mittelschiff 38
Fig. 15. Brauweiler, Querschnitt durch die
Abteikirche, den Zustand von 1051,
1141 und 1514 zeigend .... 40
Fig. 16. Brauweiler, Schnitte durch die
oberen Stockwerke der Abteikirche 41
Fig. 17. Brauweiler, Portal im nördlichen
Seitenchörchen 42
Fig. 18. Brauweiler, Details von den Chor-
schranken 46
Flg. 19. Brauweiler, Romanische Figur des
h. Nikolaus 53
Fig. 20. Brau Weiler, Romanisches Gefäss . 54
Fig. 21. Brauweiler, Westfa^ade der -Abtei-
gebäude 60
Fig. 22. Brauweiler, Rekonstruierte Südan-
sicht der Kirche mit dem Abtei-
gebäude 62
Fig. 23. Brau weller, Grundriss des Kapitel-
saales 64
Fig, 24. Brauweiler, Ezechias und Isaias,
Deckengemälde im Kapitelsaale . 66
Fig. 25. Brauweiler, Saul und die Am moniter.
Deckengemälde im Kapitelsaale . 66
Fig. 26. Brauweiler, Hiobs Erniedrigung.
Deckengemälde im Kapitelsaale 67
Seite
71
Fig. 27. Brühl, Die katholische Pfarrkirche
Fig. 28. Brühl, Reliquienkästchen. Lang-
seiten 72
Fig. 29. Brühl, Reliquienkästchen. Schmal-
seiten 73
Fig. 30. Brühl, Reliquienbüsten .... 74
Fig. 31. Brühl, Renaissancekelch .... 75
Fig. 32. Brühl, Ewige Lampe 75
Fig. 33. Brühl, Ehemal. Franziskanerkloster-
kirche 76
Fig. 34. Brühl im Jahre 1645 79
Fig. 35. Schloss Brühl von der Südseite.
Kupferstich von N. Mettel nach
J. M. Metz 82
Fig. 36. Schloss Brühl, Unterer Grundriss . 84
Fig. 37. Schloss Brühl, Oberer Grundriss . 85
Fig. 38. Schloss Brühl von der Südostseite 86
Fig. 39. Schloss Brühl, Blick aus dem Vesti-
bül auf das Treppenhaus ... 87
Fig. 40. Schloss Brühl, Atlanten im Treppen-
hause 88
Fig. 41. Schloss Brühl, Längsschnitt durch
den Mittelflügel 90
Fig. 42. Schloss Brühl, Kartouche aus der
Salle des Gardes 91
Fig. 43. Schloss Brühl, Detail aus der De-
koration im Schlafzimmer des Süd-
flügels 92
Fig. 44. Schloss Brühl, Das Schlafzimmer
des Kürfürsten 94
Fig. 45. Schloss Brühl, Decke im Südflügel 95
Fig. 46. Schloss Brühl, Deckendekoration im
Schlafzimmer des Südflügels . . 96
Fig. 47. Schloss Brühl, Fayenceofen . . . 100
Fig. 48. Schloss Brühl, Porträt der Maria
Theresia im Südflügel .... 104
Fig. 49. Schloss Brühl, Das Schneckenhaus.
Ausschnitt aus dem Metteischen
Stiche 107
Fig. 50. Schloss Falkenlust, Grundrisse nach
Cuvilü^s' Stichwerk von 1770 . . 108
Fig. 5 i . Schloss Falkenlust, Vestibül im
Obergeschoss 109
Fig. 52. Busch bell, Madonna in der Pfarr-
kirche 112
Fig. 53. Efferen, Thorturm und Herren-
haus der Burg 115
Fig. 54. Effieren, Thorturm der Burg . .116
Fig. 55. Esch, Westansicht der Pfarrkirche 117
2o4
VERZEICHNISSE
2o5
Seite
Fig. 56. Esch, Das nördliche Seitenschiff der
Pfarrkirche 118
Fig. 57. Esch, Grundriss der Pfarrkirche .119
Fig. 58. Esch, Katholische Pfarrkirche, Altar-
kreuz 120
Fig. 59. Gleuel, Ansicht und Einzelheiten
der abgebrochenen Pfarrkirche . 132
Fig. 60. Gleuel, Grundriss der abgebroche-
nen Pfarrkirche 133
Fig. 61. Gleuel, Burg Schallmauer, Situations-
skizze 135
Fig. 62. Gleuel, Burg Schallmauer, Romani-
scher Löwe aus Kloster Burbach
(gegenwärtig in Köln) . . . .135
Fig. 63. Gleuel, Horbell, Grundriss . . . 136
Fig. 64. Gleuel, Horbell, Wirtschaftsgebäude 137
Fig. 65. Gleuel, Aldenrath, Herrenhaus der
Burg 139
Fig. 66. Kloster Königsdorf .... 141
Fig. 67. Kloster Königsdorf 142
Fig. 68. Kloster Königsdorf, Kalvarienberg 143
Fig. 69. Hü cheln, Kapelle 147
Fig. 70. Hürth, Ehem. katholische Pfarr-
kirche 148
Fig. 71. Kendenich, Katholische Pfarr-
kirche, Kruzifix 153
Fig. 72. Kendenich, Grundriss der Burg . 155
Fig. 73. Kendenich, Ansicht der Burg . . 156
Fig. 74. Poulheim, Turm der Pfarrkirche 166
Seite
Fig. 75. Rheinkassel, Die Pfarrkirche von
Südwesten 169
Fig. 76. Rheinkassel, Die Pfarrkirche von
Südosten 169
Fig. 77. Rheinkassel, Grundriss der Pfarr-
kirche 170
Fig. 78. Rheinkassel, Kathol. Pfarrkirche.
Säulen im Hauptschiff . . . .171
Fig. 79. Rheinkassel, Kathol. Pfarrkirche.
Einzelheiten aus Schiff und Chor . 172
Fig. 80. Rodenkirchen, Südansicht der
ehemaligen Pfarrkirche . . . .174
Fig. 81. Rodenkirchen, Grundriss der ehe-
maligen Pfarrkirche 174
Fig. 82. Rodenkirchen, Taufstein . . . .175
Fig. 83. St om mein, Südansicht der Pfarr-
kirche 181
Fig. 84. Stommeln, Einzelheiten von den
Pfeilern der Pfarrkirche . . . .182
Fig. 85. Vochem, Kath. Warrkirche, Nord-
ansicht und Einzelheiten vom Turme 187
Fig. 86. We i d e n , Marmorbüsten im Römer-
grab 190
Fig. 87. Weiden, Marmorbüste im Römer-
grab 191
Fig. 88. Wo r ri n g e n , Turm der ehemaligen
Pfarrkirche 196
Fig. 89. Worringen, Haus Arff, Ansicht des
Herrenhauses 198
ra. Tafeln.
Taf. I. Brauweiler. Aufriss der Abtei-
kirche von Norden ....
Taf. II. Brauweiler. Inneres der Abtei-
kirche
Taf. III. Brauweiler. Antoniusaltar . .
Taf. IV. Brauweiler. Marienaltar . .
Taf. V. Brauweiler. Michaelsaltar . .
Taf. VI. Brauweiler. Grundriss der Abtei-
kirche mit den Abteigebäuden
Taf. VII. Brauweiler. Inneres des KapiteJ-
Saales
Seite
25
41
44
45
45
60
63
Taf.
VIII.
Taf.
!X.
Taf.
X.
Taf.
XI.
Taf.
XII.
Taf.
XIII.
Taf.
XIV.
Taf.
XV.
Taf.
XVI.
Seite
Brühl. Inneres 'der ehemaligen
Franziskanerklosterkirche ... 77
Schloss Brühl. Ansicht von Osten 83
Schloss Brühl. Treppenhaus . . 87
Schloss Brühl. Salle des gardes 89
Schloss Brühl. Deckengemälde
in der Salle des gardes ... 91
Schloss Brühl. Musiksaal ... 91
Schloss Brühl. Grundriss d. Parkes 107
Frechen. Altarbild im Haus Vorst 128
Weiden. Inneres des röm. Grabes 189
2o5
Papier von J. W. Zanders in B..Gladbach.
Lichtdrucke von B. Kühlen in M.-Gladbach.
Phototypien von Meisenbach, Rifparth & Co. in München.
Autotypien von Angerer & Göschl in Wien.
Druck von L. Schwann in Düsseldorf.
DIE
KUNSTDENKMÄLER
DER
RHEINPROVINZ
d^
DIE
KUNSTDENKMÄLER
DER
RHEINPROVINZ
IM AUFTRAGE DES PROVINZIALVERBANDES
HERAUSGEGEBEN
VON
PAUL CLEMEN
VIERTER BAND
II.
DIE KUNSTDENKMÄLER DES KREISES RHEINBACH
*
DÜSSELDORF
DRUCK UND VERLAG VON L. SCHWANN
1898
DIE
KUNSTDENKMÄLER
DES KREISES
RHEINBACH
IM AUFTRAGE
DES PROV[NZIALVERBANDES DER RHEINPROVINZ
BEARBEITET
VON
ERNST POLACZEK
MIT 10 TAFELN UND 70 ABBILDUNGEN IM TEXT
^
DÜSSELDORF
DRUCK UND VERLAG VON L. SCHWANN
l898.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN
VORBEMERKUNG.
Das Gebiet, das die Denkmälerstatistik mit der Beschreibung der Kunstdenk-
mäler des Kreises Rheinbach betritt, ist für die rheinische Archäologie und Kunst-
geschichte ein fast unbekannter Boden. Nur die Lokalgeschichte hat eine verhältnis-
mässig eingehende Behandlung gefunden, so dass in den Darstellungen und Samm-
lungen von Schannat-Baersch, von Stramberg, Katzfey, Schorn und Scheins
eine Reihe wertvoller Vorarbeiten geboten waren. Der Schwerpunkt des vorliegenden
Heftes ruht in der Schilderung der künstlerischen Thätigkeit in der Stadt Münster-
eifel, die in ihrer merkwürdigen Stiftskirche und ihrer vortrefflich erhaltenen Be-
festigung zwei Denkmäler besitzt, die für die ganze rheinische Kunstgeschichte von
Bedeutung sind. Wie in den früheren Lieferungen musste darauf verzichtet werden,
die nachweisbaren und angeblichen Römerstrassen im einzelnen zu verfolgen: die
Darstellung beschränkt sich hier auf die knappe Registrierung früherer Feststellungen.
Die Bearbeitung des vorliegenden Heftes ist Herrn Dr. Ernst Polaczek
übertragen worden, der vom Juni i896 bis Juli i897 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter
bei der Kommission für die Denkmälerstatistik thätig war. Herr Dr. Polaczek hat
den Kreis im Herbst i896 bereist und den Text mit Benutzung der von dem Heraus-
geber gesammelten Materialien im folgenden Sommer selbständig ausgearbeitet. In der
Art und Form der Darstellung sowie in der technischen Terminologie ist thunlichste
Gleichmässigkeit mit den früheren Heften angestrebt worden. Bei der Aufzählung
der handschriftlichen Quellen konnte die von Herrn Dr. Armin Tille im Auftrage
der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde durchgeführte Inventarisation der
kleineren Archive der Rheinprovinz wieder benutzt werden. Der Abschnitt über den
Kreis Rheinbach lag nur im Manuskript vor.
Die Vorarbeiten wurden wirksam gefördert durch das Entgegenkommen des
Königlichen Landrates des Kreises Rheinbach, Herrn von Groote.
Weiterhin gebührt der lebhafteste Dank des Bearbeiters dem Herrn Major
E. VON OiDTMAN in Berlin, der namentlich zur Geschichte der Burgen zahlreiche,
sehr wertvolle Beiträge lieferte, ebenso Herrn Pfarrer Johannes Becker, früher in
Weidesheim, jetzt in Vochem, der, mit der Geschichte des Dekanates Münstereifel
beschäftigt, bereitwilligst Einsicht in sein sehr ausgedehntes handschriftliches Material
gestattete. Die Beschreibung der Stadt Rheinbach wurde durch die Mitteilungen des
Herrn Dechanten Wendling und der Herren Oberlehrer Bernhard Schöttler
und Dr. Schmitz wesentlich gefördert; für Münstereifel verdankt der Bearbeiter Herrn
Oberpfarrer Mengden und Herrn Gymnasialdirektor Dr. Martin Scheins sehr be-
/
VIII VORBEMERKUNG
trächtliche Aufklärungen. Aus dem Nachlasse des Herrn Baumeisters Wiethase
stellte Herr Diöcesanbaumeister Heinrich Renard in Köln der Kommission hand-
schriftliches und zeichnerisches Material über Münstereifel bereitwilligst zur Verfügung.
Der Bearbeiter ist endlich den sämtlichen Herren Pfarrern und Bürgermeistern
des Gebietes zu Danke verpflichtet; den ersteren lagen die ihre Kirchen betreffenden
Abschnitte vor der Drucklegung noch einmal zur Durchsicht vor. Insbesondere haben
die Herren Pfarrer Eich in Flamersheim, Felder in Kirchheim, Plenkers in Ivers-
heim, Scheurer in Schoenau und Zeiler in Klein-Büllesheim sich um das vor-
liegende Heft verdient gemacht.
Desgleichen haben die Direktoren der Königlichen Staatsarchive in Düsseldorf
und Koblenz, Herr Geh. Archivrat Dr. Harless und Herr Archivrat Dr. Becker,
den Bearbeiter mannigfach unterstützt, ebenso der Direktor des Provinzialmuseums
in Bonn, Herr Professor Dr. Klein, Herr Domkapitular Schnütgen in Köln, Herr
Julius von Bemberg-Flamersheim auf Flamersheim, Frau Emilie WOlfing geb.
Erkens auf Burg Kriegshoven, Herr Rentmeister Kraemer in Adendorf, Herr
Konstantin Koenen in Bonn.
Die Abbildungen Nr. 4, 5, 8, 9, i7, i9— 23, 25, 26, 3o, 38, 42 — 48, 5o — 53,
55— 61, 64, 65, 67, 7o sind nach Zeichnungen des Königlichen Landbauinspektors,
jetzigen Strassburger Dombaumeisters Herrn Ludwig Arntz angefertigt, Nr. i — 3,
10 — 14, 18, 24, 28, 37, 39, 66, 68, 69 nach Zeichnungen des Herrn Architekten
Friedrich Pützer in Darmstadt, Nr. 3i — 34 und Taf. IV nach Aufnahmen des ver-
storbenen Baumeisters Heinrich Wiethase in Köln, Nr. 2 7 und 36 nach Zeich-
nungen des Herrn Hugo Leven in Düsseldorf, Nr. 54 nach einer Aufnahme des
Herrn Architekten Rüppel in Bonn, Nr. 29 nach einer Aufnahme des Herrn Architekten
Becker in Bonn, Nr. 62 nach einer Aufnahme des Herrn Architekten Billiger in
Euskirchen. Zu den nach Photographieen hergestellten Abbildungen wurden die
Originalaufnahmen für die Nrn. 6, 35, 4i, 49 und die Tafeln II — IX von Herrn
Hofphotographen Anselm Schmitz in Köln, für Tafel I von Herrn Photographen
Krewaldt in Bonn, für Nr. i5, i6 und 2 7 von Herrn Dr. Polaczek hergestellt. Der
Stadtplan von Rheinbach wurde nach einer von Herrn Steuerinspektor Clever in
Rheinbach zur Verfügung gestellten Vorlage, der Plan von Münstereifel nach dem in
städtischem Besitz befindlichen Originale von Herrn Landmesser Heinrich KTinkler
in Bonn gezeichnet; von ihm rührt auch die Karte des Kreises her.
Der KreisaussChuss des Kreises Rheinbach hat zu den Kosten der Herstellung
dieses Heftes einen Beitrag bewilligt.
Bonn, im April i898.
PAUL CLEMEN.
EINLEITUNG.
Der Kreis Rheinbach ist der südlichste von den linksrheinischen Kreisen des
Regierungsbezirkes Köln. Seine Begrenzung wird im Norden und Nordwesten vom
Kreise Euskirchen, im Südwesten von dem zum Regierungsbezirke Aachen gehörigen
Kreise Schieiden, im Süden von den zum Regierungsbezirke Koblenz gehörigen
Kreisen Adenau und Ahrweiler, im Osten vom Landkreise Bonn gebildet Er um-
fasst die Städte Rheinbach und Münstereifel, sowie 5o Landgemeinden. Die Ein-
wohnerzahl betrug im Jahre i895 32 3i6 Seelen.
Das älteste, bisher bekannt gewordene Erzeugnis menschlicher Kultur auf dem
Boden des Kreises ist die in den Jahren i878 und i879 aufgedeckte vorgeschichtliche
Niederlassung in Meckenheim.
In vorrömischer Zeit haben vermutlich die Menapier das Gebiet des Kreises
bewohnt; sie scheinen durch die Ubier, die im Jahre 37 vor Christi auf das linke
Rheinufer verpflanzt worden waren, verdrängt worden zu sein. Die zahlreichen, wenn
auch — mit einer Ausnahme — nirgends sehr bedeutenden römischen Reste, die sich
in fast allen Teilen des Kreises gefunden haben, sind ein sicherer Beweis für die
Annahme, dass das Land in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung bereits
ziemlich dicht besiedelt war. Die vielen Spuren römischer Wegbauten geben zwar
in ihrer Gesamtheit noch kein vollkommen sicheres Bild des Kommunikationsnetzes,
mit dem das zwischen Bonn und Belgica gelegene Gebiet ohne Zweifel in römischer
Zeit bereits überzogen war. Immerhin kann als sicher gelten, dass Belgica (Billig)
mit Bonn und Köln in Verbindung stand, dass die Strasse Trier -Bonn den Kreis
durchschnitt, dass endlich auch Jülich und Zülpich nicht ohne Verbindung mit den
Hauptorten des Kreises waren. Das wichtigste Denkmal römischer Kultur ist jedoch
der grosse Eifelkanal. Er nimmt vom Thale der Urft unterhalb Nettersheim in der
hohen Eifel seinen Ausgang und erreicht bei Stotzheim das Gebiet des Kreises, den
er zunächst in fast genau westöstlicher Richtung durchzieht. Bei Lüfteiberg am Vor-
gebirge wendet er sich in scharfem Buge gegen Norden und zieht dann bis Heimerz-
heim nahe der Grenze des Kreises, den er nordöstlich von Heimerzheim wieder ver-
lässt. Die Leitimg ist fast durchweg unterirdisch; der Weg, den sie nimmt, ist in so
geschickter Weise der Bodengestaltung angepasst, dass nur in ganz wenigen Fällen
— im Gebiete des Kreises wahrscheinlich nur bei der Übersetzung der Erft und der
Swist — eine oberirdische Führung notwendig wurde. Die Mauerreste, die sich von
diesem Meisterwerke römischer Wasserbaukimst trotz der zerstörenden Einflüsse der
Zeit erhalten haben, sind immer noch so zahlreich, dass der Weg des Kanals sich
1
2o9
2 EINLEITUNG
fast überall verfolgen lässt, wenn auch eine systematische Durchforschung ' vorläufig
noch aussteht. Gegenüber diesem hochbedeutenden Denkmale römischer Kultur
treten die vielfach als römisch in Anspruch genommenen Befestigungen von Rhein-
bach selbst, femer am Tomberg und am Speckelstein, an der Hardtburg, bei Esch
und Klein-Büllesheim ganz in den Hintergrund. — Der Matronenkultus, die Verel>rung
der „drei heidnischen Jungfrauen", hatte im Gebiete des Kreises sehr viele Stätten.
Die Verehrung der „drei christlichen Jungfrauen" ist vielleicht eine Fortsetzung dieses
heidnischen Brauches.
In fränkischer Zeit gehörte der Kreis zum Königreich Ripuarien. Ein Teil
zählte zum Ahrgau, ei^ zweiter zum Eifelgau, ein dritter zum Zülpicher Gau. Viele
der noch heute bestehenden Orte lassen sich bereits in dieser Zeit nachweisen ; Rhein-
bach selbst wird schon im 8. Jahrhundert genannt. Die bislang zu Tage geförderten
Zeugnisse dieser Kultur sind wenig zahlreich. Die erste Stelle nimmt das grosse
Gräberfeld von Meckenheim ein, das in seinen unteren Schichten aus merowingischer,
in seiner oberen aus frühkarolingischer Zeit stammt.
Die bedeutendste religiöse Stiftung auf unserem Gebiete ist die Benediktiner-
abtei in Münstereifel, die Abt Markward von Prüm (829 — 853) wahrscheinlich im
Jahre 83o gegründet hat. Von den klösterlichen Niederlassungen, die im Laufe der
folgenden Jahrhunderte auf dem Boden des Kreises erstanden, sind ausser ihr nur
die fromme Stiftung des Ritters Wilhelm Schilling, Schillingskapellen, und das Schwein-
heimer Kloster Porta Coeli, eine Gründung des Ritters Gottfried von Tomburg, zu
grösserem Ansehen gelangt Der älteste Rest kirchlicher Bauthätigkeit ist uns in der
Krypta der Münstereifeler Stiftskirche erhalten; ihr Kern stammt vielleicht noch aus
dem lo. Jahrhundert. Eine rege Bauthätigkeit entwickelt sich im ii. und 12. Jahr-
hundert. Damals entstand der weitaus bedeutendste Kirchenbau auf denx Gebiete des
Kreises, die Stiftskirche der hh. Chrysanthus und Daria zu Münstereifel, eine Anlage
von bedeutenden Massen, ausgezeichnet vor allem durch die malerische Turmgruppe.
Ausserdem gehören dieser Zeit u. a. noch die Kirchen von Odendorf, Flamersheim,
Gross- und Klein-Büllesheim, Niederkastenholz, Oberdrees, vor allem auch das Kloster
Schillingskapellen ganz oder zu beträchtlichen Teilen an. Die Kirche zu Lüftelberg
endlich ist ein reizvolles Werk des entwickelten Übergangstils. Sind so die Zeugen
aus dieser Epoche des Mittelalters zahlreich genug, so fehlen sie dafür — wenigstens
auf kirchlichem Gebiete — gänzlich aus der Jugend- und Reifezeit des gothischen
Stils. Erst in der zweiten Hälfte des i5. Jahrhunderts beginnt eine neue Periode
reicher Thätigkeit auf dem Gebiete des Kirchenbaus. Die Gotteshäuser von Arloff
und Kirspenich, von Adendorf und Rheinbach, dann die von Schönau, Mudscheid und
auf dem Michaelsberg sind Bauten aus der späten, teilweise aus der spätesten Ent-
wickelung des gothischen Stils. Die vier zuletzt genannten bilden mit anderen, ausser-
halb des Kreises gelegenen Eifelkirchen eine Gruppe mit mancherlei gemeinsamen,
interessanten Wesenszügen. Die grosse Menge der erhaltenen Kirchenbauten ist
jedoch aus dem i7. und 18. Jahrhundert; es sind meist reine Bedürfnisbauten, bei
210
EINLEITUNG 3
denen nur eins Interesse erregt: die hölzernen Kreuz- und Netzgewölbe, in deren
Formen die Gothik bis tief ins i8. Jahrhundert hinein wirksam ist.
Wie die einzelnen Teile des Kreises in politischer Beziehung dem Ahr-, Eifel-
und Zülpicher Gau angehörten, so bildeten sie in kirchlicher Beziehung Bestandteile
des Ahr-, Eifel- und Zülpicher Dekanats, die ihrerseits wiederum dem Bonner Propst
als Archidiakon unterstanden. Am Beginne des i4. Jahrhunderts gehörten zum Ahr-
dekanat die Pfarreien Adendorf, Ersdorf, Flerzheim, Fritzdorf, Heimerzheim, Hilbe-
rath, Lüftelberg, Ludendorf, Meckenheim, Miel, Mudscheid, Neukirchen, Ramershoven,
Rheinbach, Rupperath und die Tomburg; zum Eifeldekanat die Pfarreien Münster-
eifel und Schönau; zum Zülpicher Dekanat: Esch, Flamersheim, Gross -Büllesheim,
Kirchheim, Kirspenich, Klein-Büllesheim, Kuchenheim, Oberdrees, Odendorf, Ollheim,
Roitzheim, Stotzheim und Strassfeld. Bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts waren
im Gebiete des Ahrdekanates in Buschhoven, Effelsberg, Houverath, Morenhoven
und Neukirchen a. d. Swist neue Pfarreien gegründet worden; Ersdorf und Mecken-
heim waren damals dem Dekanate Bonn angegliedert. Eine zweite Pfarrei in Kuchen-
heim, dann die Pfarreien von Ringsheim und Weidesheim zählten zum Zülpicher
Dekanat. Nach der Aufhebung des Erzbistums im Jahre 1801 wurden sämtliche
Pfarreien dem neugegründeten Bistum Aachen zugewiesen. Seit der Dekanats-
einteilung vom Jahre 182? gehören alle Pfarreien des Kreises zu den Dekanaten
Rheinbach und Münstereifel. Das Dekanat Rheinbach umfasst gegenwärtig die
22 Pfarreien: Adendorf, Buschhoven, Ersdorf, Esch, Flerzheim, Fritzdorf, Heimerz-
heim, Hilberath, Ipplendorf, Ludendorf, Lüftelberg, Meckenheim, Miel, Morenhoven,
Neukirchen i. d. Sürst, Neukirchen a. d. Swist, Oberdrees, Odendorf, Ollheim, Ramers-
hoven, Rheinbach, Strassfeld. Zum Dekanat Münstereifel gehören 16 Pfarreien:
Effelsberg, Flamersheim, Gross-Büllesheim, Houverath, Iversheim, Kirchheim, Kirspe-
nich, Klein-Büllesheim, Kuchenheim, Münstereifel, Mudscheid, Roitzheim, Rupperath,
Schönau, Stotzheim, Weidesheim.
Der Protestantismus gewann vom Ende des 16. Jahrhunderts, diu-ch die Familie
von Quadt begünstigt, namentlich in den Gemeinden Flamersheim und Gross-Bülles-
heim starken Anhang. In der erstgenannten Gemeinde besteht seit der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts eine evangelische Kirche.
Währen^ der Kirchenbau im i3. und i4. Jahrhundert anscheinend fast voll-
kommen darniederliegt, ist die profane Bauthätigkeit gerade in dieser Zeit am leb-
haftesten. Noch aus dem 12. Jahrhundert stammen einzelne Teile der Rheinbacher
Burg, vielleicht auch Teile von Münchhausen. In der zweiten Hälfte des i3. Jahr-
hunderts erstand dann im Zeichen der neuen jülichschen Herrschaft das Schloss zu
Münstereifel, ein gewaltiger, vieltürmiger Bau, dessen Ruinen noch Zeugnis von seiner
einstigen Bedeutung ablegen. Auch die Städte schützen sich gegen die Kriegsstürme
der Zeit, indem sie sich mit turmbewehrten Mauern umgürten. Die Befestigung von
Rheinbach ist zwar zum weitaus grössten Teile wieder verschwunden, die von Münster-
eifel jedoch ist im grossen und ganzen erhalten, wenn natürlich auch sie durch Ver-
211
4 EINLEITUNG
nachlässigung und Misshandlung arg gelitten hat. Noch immer ist sie die ausge-
dehnteste derartige Anlage am Niederrhein, mit der nur Zons, Zülpich und Nideggen
und auch diese nur von ferne sich vergleichen lassen. Von bedeutenden Burgen
stammt aus dieser Periode noch die Tomburg, erst Sitz der Aachener Pfalzgrafen,
dann verschiedener Kölnischer und Jülichscher Vasallen und Vögte, und die Hardtburg,
ursprünglich ein Besitz der Grafen von Hochstaden, später bis zum Jahre i794 Wohnsitz
der kurkölnischen Amtmänner. Aus dem i5. Jahrhundert stammen — ganz odei:
teilweise — die Burgen von Morenhoven, Klein- Büllesheim, Heimerzheim, aus dem
1 6. Jahrhundert die Kleeburg. Der Profanbau des l7. und i8. Jahrhunderts ist durch
eine ganze Reihe stattlicher Bauten vertreten, unter denen die erste Stelle Schloss
Adendorf bei Meckenheim einnimmt.
Die Territorialgeschichte des Kreises ist sehr verwickelt. Ein beträchtlicher
Teil des Gebietes gehörte wahrscheinlich zur ursprünglichen Dotation des Erzstiftes
Köln, der Süden war zunächst wohl den Grafen von Altenahr, später den Grafen
von Hochstaden eigen; von diesen gelangte er um die Mitte des 1 3. Jahrhunderts an
das Erzstift. Fast zur gleichen Zeit erhoben auch die Grafen von Jülich Ansprüche
auf das Hochstadensche Erbe. Ihr ältester Besitz im Kreise war vermutlich das Amt
Münstereifel. Die Vogtei über die Grundgüter des Münstereifeler Stiftes war von den
Grafen von Ahr und Hochstaden, die sie als prümisches Lehen besessen hatten, um
i25o an die Jülich - bergheimsche Linie gekommen. Fortan sollte sie — dies setzte
ein Vertrag zwischen dem Erzbischof und dem Abte von Prüm fest — als kölnisches
Lehen gelten. Im Jahre i3i2 trat die jülichsche Hauptlinie das Erbe der Neben-
linie an. Das Amt umfasste ausser der Stadt die Orte Arloff, EfFelsberg, Iversheim,
Mahlberg, Schönau imd die Hälfte von Kuchenheim. Auch Schweinheim und die
Winterburg waren jülichsche Lehen.
Ausserdem erstreckten sich noch die jülichschen Ämter Euskirchen, Neuenahr
und Tomberg auf das Gebiet des jetzigen Kreises. Die Abgrenzung der einzelnen
Ämter, wie der Gerichtsbezirke und Unterherrschaften war vielfachem Wechsel unter-
worfen. Zum Amte Euskirchen gehörten die Unterherrschaften Gross -Büllesheim
und Roitzheim, ausserdem Wüschheim. Das Gebiet des späteren Amtes Neuenahr,
das ursprünglich von den Pfalzgrafen bei Rhein verliehen wurde, erscheint am Aus-
gange des 1 3. Jahrhunderts gleichzeitig als kölnisches Lehen. Im Jahre i343 übertrug
Pfalzgraf Rupert das dominium directum dem Markgrafen von Jülich; doch hielten
die Erzbischöfe noch durch lange Zeit ihre Ansprüche theoretisch und praktisch auf-
recht. Erst im Jahre i545 zog der Herzog von Jülich die ganze Grafschaft ein.
Kurköln scheint mit seinen Wünschen zu keinem Resultat gekommen zu sein. Auf
dem Boden des jetzigen Kreises Rheinbach lagen vier Gerichte des Amtes Neuen-
ahr: Adendorf, Ersdorf, Ramershoven und Wormersdorf. Fritzdorf gehörte zeitweise
ebenfalls dazu.
Das Amt Tomberg, zu dem die Gerichte Flamersheim, Hilberath, Oberdrees
Odendorf, Ollheim und die Tomburg selbst zählten, umfasste wohl ziemlich den Be-
212
EINLEITUNG 5
zirk des karolingischen praedium Flamersheim. Hier waren indessen die Grafen von
Jülich nur Mitherren. Auf der Tomburg residierten, nachdem die sagenhafte Burg
Hockebur zerstört worden war, die Aachener Pfalzgrafen. Von ihnen gelangte der
Besitz durch Erzbischof Hermann von Köln im Jahre io52 an seine Kirche. Im
i3. Jahrhundert wurden die Herren von MüUenark, die als Burggrafen auf der Tom-
burg Sassen, eigentliche Besitzer. Sie erklärten im Jahre 1278 die Burg als Offen-
haus der Gräfin von Jülich. Im Jahre i473 musste Friedrich von Sombreff zu
Gunsten von Jülich auf sein Anrecht an Schloss und Land verzichten.
Die kölnischen Amtmänner, in deren Bezirk ein Gericht zu Arloff und Kuchen-
heim, femer Esch, Kirspenich, Neukirchen und Stotzheim gehörten, wohnten auf der
Hardtburg; früher war auch Rheinbach, vielleicht auch Meckenheim, ein besonderes
Amt. Buschhoven, Heimerzheim, Lüftelberg, Morenhoven und Müggenhausen zählten
zum Amte Bonn. Auch die Unterherrschaften Klein - Büllesheim und Ringsheim
standen unter kölnischer Hoheit Niederkastenholz und Ipplendorf waren reichs-
unmittelbar.
Im Jahre i6i4 kamen die jülichschen Teile des Gebietes durch den Vergleich
von Xanten an Pfalz -Neuburg und nach dem Erlöschen dieses Hauses an die pfalz-
sulzbachische, nachmals kurbayrische Linie. Bei dieser blieben sie bis zum Jahre 1801.
Im Frieden von Luneville gelangten sie mit den kurkölnischen Teilen des Kreises an
Frankreich. Sie wurtlen zum Roerdepartement geschlagen, innerhalb dessen sie den
Kanton Rheinbach bildeten. Die Umgrenzung des Kreises entspricht der des Kan-
tons. Im Jahre i8i4 kam das Gebiet an Preussen.
In geologischer Beziehung gehört der Kreis Rheinbach in seinem südlichen
Teile dem unteren Devon an, aus dem nur einzelne Basaltkegel, wie der Tomberg
und der Michaelsberg, hervorragen. Kirchheim und Iversheim liegen im Übergangs-
kalk. Die Mitte, um Rheinbach herum, nimmt ein schmaler Streifen diluvialen Ge-
rölles ein, in das sich in der Gegend von Meckenheim und Adendorf eine schmale
Zunge alluvialen Bodens hineinerstreckt. Der ganze Norden ist Alluvium. Dieser
Sachlage entsprechend ist das Baumaterial im Süden und Westen fast durchweg und
zu allen Zeiten Bruchstein. Im Norden und Osten tritt, wie am ganzen Niederrhein,
zunächst vereinzelt Tuff auf, daneben liefert das gegossene Mauerwerk des Römer-
kanals, das an manchen Stellen geradezu als Steinbruch benutzt wurde, ein ausge-
zeichnetes Baumaterial; Belege dafür sind die Burgen von Rheinbach und Münch-
hausen und das Kloster Schillingskapellen. Die Kalksintherbildungen der Innenwan-
dungen des Kanals fanden wegen ihrer marmorähnlichen Zeichnung namentlich als
Säulen und Stufenplatten Verwendung. Vom i4. Jahrhundert an ist auch hier Bruch-
stein das weitaus überwiegende Baumaterial. Der Backstein spielt daneben nur eine
geringe Rolle.
2l3
6 EINLEITUNG
LITTERATUR.
f. Allgemeine Darstellungen. M. Mjerian, Topographia archiepiscopatuum
Moguntinensis, Trevirensis et Coloniensis, Frankfurt i646. — M. Henriquez a Stre-
VESDORFF, Archidioeceseos Coloniensis descriptio historico-poetica per ordines et
Status digesta, Köln i67o. — W. Tesc hexmach er, Annales Cliviae, Juliae, Montium,
Marcae, Westphalicae, Ravensbergae, Geldriae et Zutphaniae, Frankfurt und Leipzig
i72i. — J. Th. Brosius, Juliae, Montiumque comitum, marchionuro et ducum
Annales, 3 Bde., Köln i73i. — J. G. Dielhelm, Rheinischer Antiquarius, oder aus-
führliche Beschreibung des Rheinstroms . . . ., Frankfurt i776. — Historisch -geogra-
phische Beschreibung des Erzstiftes Köln. Eine nötige Beilage zu des Herrn C. R.
BüscHiNGS Erdbeschreibung, Frankfurt a. M. i783. — Materialien zur geist- und welt-
lichen Statistik des niederrheinischen und westfälischen Kreises und der angrenzenden
Länder nebst Nachrichten zum Behuf ihrer älteren Geschichte, 2 Bde., Erlangen i78i
und i783. — A. Borheck, Archiv für die Geschichte, Erdbeschreibung, Staatskunde
und Altertümer der deutschen Nieder- Rheinlande, Elberfeld 1 800. — Ders., Bibliothek
für die Geschichte des niederrheinischen Deutschlands, Köln 1801. — F. E. v. Me-
RiNG, Geschichte der Burgen, Rittergüter, Abteien und Klöster in den Rheinlanden,
12 Hefte, Köln i833 — 1844, — Josef Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen
Geschlechter, 3 Bde., Köln i864 — 1867. — A. Fahne, Geschichte der Kölnischen,
Jülichschen und Bergischen Geschlechter, 2 Bde., Köln i848. — Ders., Forschungen
auf dem Gebiete der rheinischen und westfälischen Geschichte, 5 Bde. in 8 Abteilungen,
Köln i864 — 1876. — Ders., Denkmale und Ahnentafeln in Rheinland und Westfalen,
6 Bde., Köln i876 — 1883. — Ders., Chroniken und Urkundenbücher hervorragender
Geschlechter, Stifter und Klöster, 5 Bde., Köln 1862 — 1880. — v. Stramberg,
Rheinischer Antiquarius, 39 Bde., i85i — 1869. — K. Simrock, Das malerische und
lomantische Deutschland, Bonn i85i. — K. Stieler, H. Wachenhusen, F.W. Hack-
länder, Rhein fahrt, Stuttgart i875.
Die preussische Rheinprovinz in drei Perioden ihrer Verwaltung, Köln 181 7. --
Benzenberg, Über Pro vinzial Verfassung mit besonderer Rücksicht auf die vier Länder
Jülich, Cleve, Berg und Mark, Hamm 181 9. — Neigebaur, Darstellung der proviso-
rischen Verwaltungen am Rhein vom Jahre 181 3 — 1818, Köln 1821. — J. A. Demian,
Geographisch - statistische Darstellung der deutschen Rheinlande nach dem Bestände
vom 1. August 1820, Koblenz 1820. — v. Restorff, Topographisch -statistische Be-
schreibung der preussischen Rheinprovinzen, Berlin 1 83o.'* — P. W. Mebus, Geogra-
phisch-statistische Beschreibung der Königlich Preussischen Rheinprovinz, Elberfeld
i84i. — Ders., Statistische Beschreibung der Königlich Preussischen Rheinprovinz,
Köln i845.
2. Römisch-germanische Urgeschichte. H. S. van Alpen, Das fränkische
Rheinland, was es war und was es jetzt ist, Köln 1802. — A. C. Minola, Kurze
Darstellung dessen, was sich unter den Römern Merkwürdiges am Rheinstrom
2I4
EINLEITUNG ' 7
ereignete, Köln 1816. — Jakob Schneider, Neue Beiträge zur alten Geschichte und
Geographie der Rheinlande, Heft i — 14, Köln 1860 — i89o. — Ders., Die alten Heer-
und Handelswege der Germanen, Römer und Franken im Deutschen Reiche, Heft
1—9, Düsseldorf 1882 — i89o. — T. Bergk, Zur Geschichte und Topographie der
Rheinlande in römischer Zeit, Leipzig 1882. — C. A. Eick, Die römische Wasser-
leitung aus der Eifel nach Köln, mit Rücksicht auf die zunächst gelegenen römischen
Niederlassungen, Befestigungs werke und Heerstrassen, Bonn i867. — Maassen, Die
römische Staatsstrasse von Trier über Belgica bis Wesseling am Rhein und der
Römerkanal am Vorgebirge: Ann. h. V. N. XXXVII, S. i. — F. Gramer, De veterum
Ripuariorum et praecipue eorum metropolis Coloniae statu civili et ecclesiastico a
prima gentis origine ad annum DCCLII commentatio historica, Bonn i784. —
G. Eckertz, Die Ausdehnung des fränkischen Ripuarlandes auf der linken Rhein-
seite (Programm des Friedrich -Wilhelm -Gymnasiums zu Köln i854). — L. Hölzer-
MAMN, Lokaluntersuchungen der Kriege der Römer und Franken, sowie die Befesti-
gungsmanieren der Germanen, Sachsen und des späteren Mittelalters, Münster i878.
3. Zur Territorialgeschichte. Michael ab Isselt, De hello Coloniensi
libri quattuor, hoc est rerum ab electione Gebhardi Truchsesii in archiepiscopum
Coloniensem gestarum enarratio, Köln i584. — Theatrum Europaeum, oder ausführ-
liche und wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denkwürdigen Geschichten, so
sich hin und wieder in der Welt, fürnemblich aber in Europa und Teutschlanden,
sowohl im Religion- als Profanwesen vom Jahre Christi 161 7 zugetragen haben-, be-
schrieben durch JoH. Phil. Abelinum, 21 Bde., Frankfurt 1662 ff. — W. Thummer-
MUTH, Krumstab schleusst Niemandt auss. Das ist: Documenta Stiffls Cöllnischer Erb
und Kunckel Lehen, i632. — Vollständige Sammlung deren die Verfassung des hohen
Erzstifts Colin betreffender Stücken, mit denen benachbahrten hohen Landes -Herr-
schaften geschlossener Concordaten und Verträgen, dan in Regal- und Cameral-
Sachen, in Justitz-, Policey- und Militair-Weesen vor- und nach ergangener Verord-
nungen und Edicten, 2 Bde., Köln i772 — Erb-Landts Vereinigung des Rheinischen
Ertz-Stiffts Collen, welche im Jahr i463 auffgericht, und nachgehendts im Jahr i55o
vom Ertz - Bischofen und Churfürsten Adolff mit einem Hochw. Thumb - Capitul, und
übrigen Ständen der Graffen, Ritteren und Städten zum gemeinen Besten beständig
ernewert, und von denen nachgefolgten Ertz - Bischoffen bestättigt worden, o. O. u. J.
— F. E. V. Merino, Beiträge zur Geschichte der ehemaligen Churkölnischen und
Alt-Stadtkölnischen Verfassung bis i798 als dem Einführungsjahre der französischen
Gesetzgebung, Köln i83o. — Binterim u. Mooren, Die Erzdiözese Köln bis zur
französischen Staatsumwälzung, bearbeitet von Albert Mooren, 2. Aufl., 2 Bde.,
Düsseldorf 1 892 — 1 893. — F.Walter, Das alte Erzstift und die Reichsstadt Köln,
ihre geistliche und weltliche Verfassung und ihr Recht, Bonn 1866. — Dumont,
Descriptio omnium archidioeceseos Coloniensis ecciesiarum circa annum MDCCC
Köln i879. — J. H. Hennes, Der Kampf um das Erzstift Köln zur Zeit des Kur-
fürsten Gcbhard Truchsess und Ernst von Bayern, Köln i878. — M. Lossen, Der
8 EINLEITUNG
Kölnische Krieg, 2 Bde., Gotha 1882, i897. — F. E. v. Mering und L. Reischert,
Die Bischöfe und Erzbischöfe von Köln, 2 Bde., Köln 1 84 2 — 1 844. — L. Ennen,
Frankreich und der Niederrhein, oder Geschichte vom Staat und Kurstaat Köhi seit
dem dreissigjährigen Kriege bis zur französischen Occupation, 2 Bde., Köln i855 bis
i856. — Ders., Geschichte der Stadt Köln, 6 Bde., Köln 1 863 — 1880. — Ennen u.
EcKERTZ, Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 6 Bde., 1860 — 1879. — Mitteilimgen
aus dem Stadtarchiv von Köln, 28 Hefte, Köln i883 — 1897. — Die. Chroniken der
deutschen Städte vom i4. bis ins 16. Jh., Bd. XII— XIV: Köln, Leipzig i875— 1877.
Johann Friedrich Schannat, Eiflia illustrata oder geographische und histo-
rische Beschreibung der Eifel, herausgegeben von Georg Baersch, 8 Bde., Köln,
Trier, Aachen, Leipzig 1824 — 1855. — Karl Schorn, Eiflia sacra oder Geschichte der
Klöster und geistlichen Stiftungen der Eifel, 2 Bde., Bonn 1888 — 1 892. — Wilhelm
Graf von Mirbach, Zur Territorialgeschichte des Herzogtums Jülich, 2 Hefte (Pro-
gramme der Ritterakademie zu Bedburg), i874 u. 1881. — Max Duncker, Rhein-
lands Schlösser imd Burgen, 2 Bde.
4. Zur Ortsgeschichte, v. Stramberg, Topographische Beschreibung des
Kantons Rhein bach, Koblenz 1816. — Verzeichnis der im Dekanat Rheinbach säku-
larisierten Kirchengüter in der Kölnischen Volkszeitung vom 1 9. Dezember 1 886. —
Jakob Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel und der nachbarlichen Ortschaften,
2 Bde., Köln i854 — i8S5. — Martin Scheins, Urkundliche Beiträge zur Geschichte
der Stadt Münstereifel. — Plönnis, Geschichte des Stiftes Münstereifel sowie der
übrigen Kirchen und Klöster der Stadt, Bonn i89i. — Disselbeck, Zur Geschichte
der Stadt Rheinbach, 2 Hefte, 1881 — 1884. — Poensgen, Geschichte der evangelischen
Gemeinden Flamersheim und Euskirchen, Bonn i878.
Im übrigen zu vergleichen die Litteraturangaben zu Rheinbach und Münstereifel.
216
EINLEITUNG
ABKÜRZUNGEN
für die häufiger genannten Werke.
Lacomblet, ÜB. — Th. J. Lacomblet, UrkuDdenbuch für die Geschichte des Niedenrheins, 4 Bde.,
Düsseldorf 1840—1858.
M Rh. ÜB. — UrkuDdenbuch zur Geschichte des Mittelrbeius. 3 Bde. 1. Bd. herausgegeben von
Heinrich Beyer, Koblenz 1860; 2. u. 8. Bd. von Leopold Eltester und Adam Goerz, Koblenz
1865 u. 1874.
Cod. Rheno-Mos. — Günther, Codex diplomaticus rheno-mosellanus. 5 Bde., Koblenz 1822 — 1826.
Schannat.Baersch, Eiflia illustrata. — Johann Friedrich Schannat, Eiflia illustrata, oder geographische
und historische Beschreibung der Eifel, herausgegeben und fortgesetzt von Georg Baersch.
8 Bde. 1. u. 2. Bd. in je zwei Abteilungen, 8. Bd. in zwei Abteilungen zu je zwei Abschnitten.
Köln, Trier, Aachen, Leipzig 1824—1855.
V. Stramberg, Kant. Rheinbach. — von Stramberg, Topographische Beschreibung des Kantons Rhein-
bach. Koblenz 1816.
Dumont, Descriptio. — Dumont, Descriptio omnium archidioeceseos Coloniensis ecciesiarum circa
annum MDCCC. Köln 1879.
Tille, Übersicht. — Übersicht über den Inhalt der kleineren Archive der Rheinprovinz, bearbeitet
von Dr. Armin Tille. Die Kreise Bonn, Rheinbach, Euskirchen. Bonn 1898.
Binterim u. Mooren, E. K. — Binterim u. Mooren, Die alte und neue Erzdiöcese Köln, in Dekanate
eingeteilt, Mainz 1828—1830, 2 Bde. Die 2. Aufl. unter dem Titel: Die Erzdiöcese Köhi bis
zur französischen Staatsumwälzung, bearbeitet von Alb. Mooren, 2 Bde., Düsseldorf 1892 — 1898.
Binterim u. Mooren, D. C. — Binterim u. Mooren, Rheinisch- westfälischer diplomatischer Codex,
2 Bde., Mainz 1880.
v. Recklinghausen, Ref.-Gesch. — v. Recklinghausen, Reformationsgeschichte der Länder Jülich,
Berg, Cleve, Meun, Mark, Westfalen, Bd. I-III, 1818—1887.
B. J. — Jahrbücher des Vereins von AltertumsJfreunden im Rheinlande, Bonner Jahrbücher I (1841)
bU Cl (1897).
Ann. h. V. N. — Annalen des historischen Vereins filr den Niederrhein, I (1865) — LXIII (1897).
Picks Ms. — Monatsschrift für rheinisch-westfälische Geschichtsforschung und Altertumskunde, heraus.
gegeben von Richard Pick, I u. 11 (1875, 76). — MonaUschrift für die Geschichte Westdeutsch.
lands, herausgegeben von dems., III (1877) — VH (1881).
Wd. Zs» — Westdeutsche Zettschrift für Geschichte und Kunst, herausgegeben von Hettner und
Lamprecht, 1(1882)— X (1891), von Hettner u. Hansen, XI— XVI (1897).
Lacomblet, Archiv. — Archiv für die Geschichte des Niederrheins, I (1882), II (1857), III (1860),
IV (1868), V (1865), herausgegeben von Lacomblet, NF. 1(1868), 11(1870), herausgegeben
von Harless.
Nrh. — Der Niederrhein. Wochenblatt für niederrhemische Geschichte und Altertumskunde, 1878,
1879, 1884—1886.
Nrh. G. — Niederrheinischer Geschichtsfreund, I (1879) —VI (1884).
Aus'm Weerth, Kd. — E. aus'm Weerth, Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rhein-
landen, Leipzig 1857—1868, 5 Bde. Tafeln und Text.
Brambach, C. I. Rh. — W. Brambach, Corpus inscriptionem Rhenanarum, Elberfeld 1867.
2l7
ADENDORF.
Knlhol.
Pfurrkirche
Geschichte
RÖMISCHE FUNDE. Zu Ende der fünfziger Jahre wurde bei Adendorf Römische
eine zertrümmerte Schale aus violettem Glasfluss gefunden (B. J. XXVI, S. i9i). Über
die den Atufrafinehae geweihten Matronensteine und ihren vermuteten Zusammen-
hang mit Adendorf vgl. B. J. LXVII, S. 53 und LXXVI, S. 233.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Margarethae). Binterim u.
Mooren, E. K. I, S. 386. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn.
S. 228. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 576. — Ders.,
Kant. Rheinbach S. 102. — Berrisch im Rheinbacher Anzeiger i884, Nr. 24.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Güterverzeichnisse i7.Jh. — Rechen-
buch der Kirche und Indulgenzen i7. Jh. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Das Güterverzeichnis der Abtei Prüm vom J. 893 nennt Adendorf bereits
(MRh. ÜB. I, Nr. i35: Adelesdorpht). Das Hospital der Trierer Domkirche besass im
J. 1122 einen Hof in Adendorf (MRh. ÜB. I, Nr. 449), den im J. I2i5 Jakob von
Tomberg in Erbpacht nahm (MRh. ÜB. III, Nr. 32). Das Domkapitel behielt sich
hierbei das Patron atsrecht vor, ein Beweis, dass damals bereits eine Kirche in Aden-
dorf bestand. Die erste ausdrückliche Erwähnung findet sich (nach i3oo) im über
valoris (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 386). Der jetzt noch stehende Bau wurde
im J. i5i5 errichtet, erhielt jedoch seine gegenwärtige Gestalt erst im i7. oder 18. Jh.
Das Kollationsrecht besassen um das J. 1800 die Grafen von der Leyen (Dumont,
Descriptio S. 4).
Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau, mit kleiner viereckiger Vorhalle im Westen Beschreibung
und östlich angebautem Turm. Länge im Lichten 20 m. Breite 8,80 m.
Das Schiff liegt unter einem geschieferten Satteldache, das gegen Westen zu
abgewalmt ist. Über der Vorhalle ist die Giebelmauer von einem grossen, recht-
eckigen Fenster, ausserdem von einem kleinen Rundfensterchen im Giebel selbst
durchbrochen. An den Langseiten sind vier einfach abgetreppte Strebepfeiler ange-
ordnet, um die ein Wasserschlag herumgeführt ist. Rundbogige mit Haustein ein-
gefasste Fenster geben dem Inneren Licht. Zwischen dem dritten und vierten Strebe-
pfeiler der Nordseite liegt die Sakristei; ein ähnlicher Einbau befindet sich an der
Südseite. Die Chormauern sind ebenfalls durch Strebepfeiler verstärkt.
Der Wasserschlag zieht sich auch um den im Osten an den Chor stossenden
Turm. Über ihm ist ein kleines Rundfenster angebracht. Es folgt sodann ein Ge-
sims und über diesem das ganz geschieferte Obergeschoss mit je einem Rundbogen-
fenster auf jeder Seite. Den Abschluss bildet ein achtseitiger Schieferhelm.
Durch das rundbogige, von zwei Pilastern umrahmte Westportal, dessen Schlufs-
stein die Inschrift deo trägt, betritt man das Innere der Kirche, deren Schiff drei
rechteckige Joche umfasst Breite, auf die flachen Wandpfeiler auflaufende Gurt-
bogen trennen die Gratgewölbe von einander. Der ebenfalls gewölbte, ein Joch um-
fassende Langchor schliesst mit drei Seiten des Achtecks ab.
2l9
12
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfnrrkirche
Altäre
Tanfstein
Kronleuchter
Glocken
Schlots
Geschichte
Die nördlich angebaute Sakristei ist gleichfalls von einem Gratgewölbe über-
spannt ; der entsprechende Anbau im Süden, der die Loge der Schlossherren enthält,
besitzt nur eine flache Decke.
Hochaltar mit einem Gemälde der Kreuzigung, i8. Jh.; die Seitenaltäre aus
der gleichen Zeit.
Barocker Tauf stein, aus Basaltlava.
Barocker Kronleuchter, Gelbguss.
Glocken. Die grösste von 1816.
Die zweite (von i478) trägt folgende Inschrift: anna heis ich, in die ere gods
LUDEN ICH, DEN SUND BESCHRIEN ICH. ANNO DOMINI MCCCCLXXVIII.
Die dritte, ebenfalls aus dem 15. Jh.: maria heissen ich, zo goutz deinst
LUD MAN mich. PET. DUURE UNG. ??
SCHLOSS. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 228.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius Abt. XII, S. 576. — Ders., Kant. Rhein-
Beschreibung
Adendorf. SitUAtion«pl«n des Schlosses.
bach S. loi. — Grimm, Weistümer II, S. 65o. — Duncker, Schlösser und Burgen
im Rheinland (m. Abb.).
Im J. i337 trug Ritter Paul von Hüchelhoven sein Haus zu „Auldendorp" mit
Gräben und Vorburg dem Markgrafen Wilhelm von Jülich als Offenhaus auf. Nach
einem Weistum vom J. i4o4 (Grimm a. a. O.) war Adendorf gemeinsames dominium
des Kölner Erzstiftes und des Herrn Wilhelm von Saffenberg. Durch mehrfache Ver-
erbung nach weiblicher Seite gelangte der Besitz des Hauses um die Mitte des i5. Jh.
an die von der Leyen. Im J. i456 erscheint Georg von der Leyeu als Herr von
Adendorf. Im Besitze seiner Familie blieb das Schloss bis zum J. 1829. Damals er-
warb es Graf Friedrich Karl von Loe, Herr auf Wissen. Gegenwärtig ist es Eigen-
tum der Frau Gräfin Therese von Loe, geb. Gräfin Arco- Zinneberg.
Die Schlossgebäude stammen aus dem i7. imd 18. Jh.
Stattliche, aus zwei Gebäudegruppen von regelmässigem Grundriss bestehende,
durch breite Wassergräben und Türme geschützte Anlage (Situationsplan Fig. i).
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ADENDORF
l3
Die Gruppe der Wirtschaftsgebäude ist hufeisenförmig; die gegen das Schloss
zu gerichtete Seite ist offen. Zwei der Ecken sind durch viereckige Türme, die beiden
andern, dem Schlosse zugekehrten durch heraustretende Eckbauten wehrhaft gemacht.
Der an der Zugangsseite zur Rechten des Kommenden liegende Eck bau A ist zwei-
achsig; er umfasst ausser dem mit rechteckigen Fenstern ausgestatteten Kellergeschoss
noch zwei durch ein flaches Gesimsband getrennte Stockwerke mit horizontal geteilten
Fenstern. Darüber ein Volutengiebel mit zwei grossen Rundbogenfenstem, über denen,
durch ein Zwischengesims getrennt, ein drittes Rundbogenfenster angeordnet ist; end-
lich ein dreiseitiger Abschluss. Der Graben um das Thor wird durch Schiefsscharten
aus der Schmalseite des Eckbaus bestrichen. — Über dem inneren Thorbogen das
von der Leyen-Walbottsche Allianzwappen.
Zur Linken dieses Eckbaues gewährt ein runder — ehemals wahrscheinlich
über eine Zugbrücke, jetzt über eine feste Brücke — zugänglicher Thorbogen aus
Buckelquadem mit Pilastem zur Seite Einlass in die von einem Gratgewölbe über-
spannte, an den Wandungen mit Blenden versehene Thorhalle, durch die man in den
Hof gelangt.
An den Thorbau schliesst sich links das lang gestreckte Stallgebäude an, dessen
Aussenmauer in der Höhe des Kellergeschosses von vier ovalen Lukarnen, im Ober-
geschoss von vier rechteckigen, durch je einen horizontalen Balken geteilten Fenstern
durchbrochen ist. Zwischen den beiden Fensterreihen ein flaches Gesimsband. Das
sattelförmige Dach ist geschiefert.
An der Ecke tritt der viereckige Turm B heraus, dessen Unterbau aus Bruch-
stein besteht, während zum Oberbau Backstein verwendet wurde. Die Turmmauem
sind von brillenförmigen Scharten zur Bestreichung der Gräben, ausserdem von Lu-
kamen und rechteckigen, durch flache Gesimsstreifen oben mit einander verbundenen
Fenstern durchbrochen. Eine Schieferhaube bildet den Abschluss.
Die Aussenmauer der die südöstliche Seite einnehmenden Fruchtkammem ist
aus Bruchstein aufgeführt und nur von kleinen Lichtspalten durchbrochen. An der
südlichen Ecke ein Turm von vierseitigem Grundriss (C), im Unterbau aus Bruchstein,
in dem etwas vortretenden Oberbau aus Backstein. Auch sonst entspricht er dem
in der Ostecke gelegenen.
Die im rechten Winkel anschliessende und bis an das Verwalterhaus D fort-
laufende Südwestmauer besteht aus Bruchstein. Das Verwaltergebäude selbst, das
kräftig aus der MaueJrflucht heraustritt, zählt zwei Stockwerke. Die rechteckigen
Fenster, unter denen sich ein flaches Gesimsband hinzieht, sind in Haustein gefasst.
Das geschieferte Dach hat einen Walm. — An der Hofseite das von der Leyensche
Wappen mit der Jahreszahl i669.
Das Stallgebäude, das, von der Thorburg angefangen, die ganze Nordostseite
dieser Gebäudegruppe einnimmt und sich nach rechtwinkeliger Umbiegung auch an
der Südostseite ein kleines Stück fortsetzt, liegt unter einem geschieferten Satteldache.
Das Innere, das durch mehrere Thore zugänglich ist, wird durch eine Reihe stark ver-
jüngter achteckiger Pfeiler mit viereckigen Deckplatten in zwei Schiffe geteilt ; nur der
Eckraum, in dem vier Säulen angeordnet sind, ist dreischiffig. Sämtliche Pfeiler dienen
als Träger grätiger Kreuzgewölbe.
Die Fruchträume sind durch zwei rundbogige Thore zugänglich; an beiden ist das
Wappen der von der Leyen und der von Quadt und die Jahreszahl i766 angebracht.
Das Herrenhaus des Schlosses (Situationsplan Fig. i, Ansicht Taf. I) war
ursprünglich durch einen (gegenwärtig verschütteten und aufgefüllten) Querarm des
Schloss
Wirtschftfts.
gebSude
Herrenhaus
221
I4 KREIS RHEINBACH
Schioss Weihers von der Gruppe der Wirtschaftsgebäude getrennt. Es besteht aus vier an
den Ecken durch Türme bewehrten Flügeln, die einen nahezu quadratischen Binnen-
hof umschliessen. Die den Verwaltungsgebäuden zugewandte Hauptfront ist acht
Achsen breit; sie umfasst ausser dem Keller zwei Hauptgeschosse mit grossen, recht-
eckigen Hausteinfenstem, die unten durch breite Bänder mit einander verbunden
sind; über den beiden Hauptgeschossen ist noch ein Halbgeschoss mit kleinen, vier-
eckigen, unten und oben durch breite Streifen verbundenen Fenstern angeordnet. Die
geschieferten Satteldächer sind sehr steil. Die beiden achteckigen Türme entspringen
über der Höhe des Wasserspiegels aus konsolenartigen Vorkragungen, die etwa die
Form von umgestürzten Kegeln haben; der in der Ostecke wurde vor einigen Jahr-
zehnten in seinen unteren Teilen stark restauriert; damals erhielten wahrscheinlich
die Fenster des ersten Geschosses ihre gegenwärtige Form. Die Stockwerkteilung der
Türme entspricht der der Fa^ade, die Ecken wie die Fenstereinfassungen sind aus
Haustein und den oberen Abschluss bilden beiderseits achtseitige geschieferte Helme.
Zu dem Hauptportal, das etwas tiefer als das erste Hauptgeschoss iri der fünften
Achse liegt, führt eine doppelarmige Freitreppe in zwei ausgeschwungenen Läufen
empor. Das Portal selbst ist rundbogig, es hat jedoch eine reiche, rechteckige Rustika-
umrahmung, die einen flachen Dreieckgiebel mit dem Wappen der Herren von der
Leyen trägt.
Die Südwestfront ist neunachsig. Die Geschoss- und Fensteranordnung ent-
spricht genau der an der Hauptfac^ade und mit dem Turm in der Südecke korrespon-
diert ein anderer vollkommen entsprechender am westlichen Ende des Flügels. Der
Unterbau ist hier etwas geböscht.
An der Nordwestseite des Gebäudes tritt dieser sehr lange, aber in der Breite
nur zwei Achsen umfassende Flügel stark heraus; den übrigen Raum der Nordwest-
front nimmt die Rückseite des ältesten Gebäudeteils ein; sie ist vier Achsen breit,
die Fensteranordnung unregelmässig und offenbar wiederholt verändert worden.
Der grosse mit einem geschieferten Kegeldach abschliessende Rundturm, der aus
der Nordecke tritt, zählt drei Geschosse; das untere hat ovale Lukamen, die beiden
oberen weisen grosse rechteckige Fenster mit horizontalen Querbalken auf. Breite Ge-
simse verbinden diese Fenster, die — wie es scheint — wiederholt umgestaltet und
erweitert worden sind, mit einander. Die Geschossteilung stimmt nicht mit der der
anstossenden Gebäudeteile überein.
Die Nordostfront, die zwischen diesem Rund türm und dem bereits geschilderten
Achteckturm mit dem erneuerten Unterbau liegt, ist nur von fünf Fenstern in jedem
Stockwerke durchbrochen. Die Fensteranordnung und Geschosseinteilung entspricht
im übrigen den beiden anderen jüngeren Gebäudefronten.
Binneiihof Der Biuncnhof E, den die vier Flügel des Schlossgebäudes umschliessen, ist
von nahezu quadratischem Grundriss. Die dreigeschossige Nordwestfront ist von ver-
schieden geformten, unregelmässig verteilten Fenstern durchbrochen. In der ersten,
dritten und fünften Achse sind Thüren angebracht; an der Mittelthüre, die wie viele
der Fenster mit Volutengiebeln versehen ist, die Jahreszahl i659. In den beiden
letzten Achsen, wo die Treppe emporführt, liegen je vier Öffnungen über einander.
Die nordöstliche Front ist dreigeschossig und fünfachsig. In der dritten und
fünften Achse sind Oberlichtthüren angebracht, die Fenster liegen im Erdgeschoss
zum Teil in Nischen, die des Obergeschosses sind teilweise vermauert, mit Hau-
steinverfassung versehen und durch Gesimsbänder mit einander verbunden. Ähnlich
die Südwest- und die Südostfront, diese mit Thüren in der ersten und fünften
222
ADENDORF
l5
Achse, während in der dritten Achse sich der grosse Thorbogen öffnet, über dem
das Wappen der von Leyen und von Quadt angebracht ist. Die Wappen im Ober-
geschoss sind neu.
Die Thorhalle ist von zwei durch einen Gurtbogen getrennten Gratgewölben
überspannt.
Im Inneren enthält der grosse Rund türm in seinem untersten Geschoss das
Burgverliess, einen achteckigen, von einem achtteiligen Gratgewölbe überspannten und
durch drei ovale Lukamen erhellten Raum. An den Wänden eine leichte Stuck-
dekoration.
In den weitläufigen Räumen des Schlosses allerlei ältere Möbel, namentlich
geschnitzte Schränke des i7. und 18. Jh., ausserdem Delfter und andere Fayencen.
In einem der Säle hübsche Stuckdecke.
Schlots
Inneres
Ausitattun?
Fig. 2. Adenflorf. Burg MQnchhausen, Westnnsicht der Burggebfiude.
BURG MÜNCHHAUSEN. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i.Abt., Bur«
I. Abschn. S. 23i. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 575. _Mü«chh«u.en
Ders., Kant. Rheinbach S. 102.
Die Abtei Prüm war bereits im J. 893 zu Münchhausen begütert (MRh. ÜB. I, Geichichie
Nr. i35). — Eine Urkunde vom J. I248 wei.st den Kölner Erzbischof Konrad von
Hochstaden als Herrn der Burg nach (Lacomblet, UB. II, Nr. 342). — Im J. i4o4
erstreckte sich die Adendorfer Gerichtsbarkeit wahrscheinlich bereits über Münch-
hausen (Grimm, Weistümer II, S. 65o: statt Mermhusen wohl Munichusen oder ähn-
lich zu lesen). Die weiteren Geschicke der Burg sind mit denen von Adendorf enge
verknüpft. Im J. i659 erwarben die von der Leyen den Besitz des Hauses; Münch-
hausen blieb bei diesem Geschlechte, bis im J. i843 Josef Reuter den Hof als land-
tagsfähiges Rittergut an sich brachte. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Gottfried
Reuter.
223
i6
KREIS RHEINBACH
Burg
Münchhauien
Beschreibung
Un regelmässige, zu beträchtlichen Teilen noch aus dem 12. und i3. Jh. her-
rührende Anlage. Das Wohnhaus gehört dem 1 8. Jh. an, die Wirtschaftsgebäude sind
modernen Ursprungs.
Der bedeutendste Rest der Anlage des 12. Jh. ist der in der nordwestlichen
Ecke gelegene etwa 20 m hohe Tuffsteinbau (Fig. 2 u. 3). Erhalten sind zwei mächtige,
nach aussen gerundete Mauern und zwei runde Ecktürme, von denen der eine, eben-
falls ganz aus Tuffstein errichtete, die Höhe des übrigen Mauerwerks erreicht, während
der andere, an dem römisches Gusswerk in Schichten zwischen dem Tuffsteinmauer-
werk verwendet ist, nur etwa 5 m hoch ist.
Südlich von diesem Eckbau erhebt sich ein mächtiger Rund türm (Fig. 2) mit
etwa 2 m dicken Mauern aus grossen Stücken römischen Gusswerks ; nur der oberste
Fig 3. Adeodorf. Burg MUnchhausen, NordotUnsicht der Burggebiade.
Aufbau, der aus Bruchsteinmauerwerk besteht, scheint jüngeren Datums zu sein. Das
Erdgeschoss dürfte nicht zugänglich gewesen sein. Die Lichtöfftiungen sind sehr
spärlich, es ist nur eine grössere rundbogige Öffnung mit zwei Kragsteinen, die viel-
leicht eine Pechnase oder eine ähnliche Vorrichtung trugen, vorhanden. An diesen
Turm schliesst sich die Vordermauer eines kleinen in der Tonne gewölbten Raumes an.
Etwas jünger als diese beiden Baureste ist der viereckige Turm (Fig. 3), der
sich an der Südseite der ganzen Anlage erhebt. Der Unterbau ist aus Gusswerk, der
Oberbau aus Tuff Die Aussenmauer zeigt einen grossen jetzt vermauerten Rund-
bogen und darüber zwei ebenfalls vermauerte grosse Fenster mit eingezogenem rund-
bogigem Schluss.
Die neuen Wohngebäude sind in diese alten Reste eingebaut.
An der Nord- und Ostseite steckt auch sonst noch viel Mauerwerk im Boden.
Die ganze Anlage war früher von Weihern umgeben.
224
ARLOFF
I7
ARLOFF.
Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i7.
RÖMISCHE FUNDE. Östlich von Arloff führte der römische Vizinalweg
Blankenheimerdorf-Münstereifel gegen Buschhoven weiter (B. J. LXXIX, S. 6). "Zwischen
Arloff und Iversheim wurde im J. i838 ein römischer Ziegelofen aufgedeckt. Vgl.
darüber unter Iversheim.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Huberti). Katzfey, Geschichte der
Stadt Münstereifel II, S. 32. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt. S. 348.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 23. — Ders,, Kant. Rhein-
bach S. 7o.
Römische
Funde
Kathol.
Kapelle
Figr 4. ArlofT. Katholische Kapelle, Ansicht und Portal.
Handschriftl. Qu. Im Besitze des Herrn Lehrers C aspers: Gerichts- und
Herrengedingsprotokolle i7. Jh. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Caesar von Heisterbach nennt in seinem Kommentar zu dem Prümer Güter- Geschichte
Verzeichnis, der aus dem J. 1222 stammt, eine villa Amafa (MRh. ÜB. I, Nr. i35,
S. i75). Die Kapelle wurde im J. i466 erbaut, wie die Inschrift am Thürsturz meldet,
wahrscheinlich von Meister Reinhard Schrueder, der im J. i477 an der Kirche zu
Roitzheim thätig war. Der Gottesdienst wurde stets von Kirspenich aus versehen.
Einfacher, verputzter Bruchsteinbau (Ansicht und Portal Fig. 4) mit kleinem vier- Beschreibung
eckigen Chörchen. Die Länge beträgt, im Lichten gemessen, i4,6o m, die Breite 5,5o m.
Beide Teile des Baues, das Schiff wie der Chor, liegen unter steilen, geschieferten
Satteldächern. Das Westportal hat eine Hausteinfassung, auf dem nach oben drei-
eckig abschliessenden Sturze die Jahreszahl i466. Die Fenster sind zum Teil rund-
bogig, zum Teil rechteckig; sie erhielten ihre gegenwärtige Form wahrscheinlich im
i7. oder 18. Jh. — Über dem Giebel erhebt sich ein viereckiger, in einen spitzen
achtseitigen Helm endigender Dachreiter.
225
i8
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Kapelle
Inneres
Hochalur
Vortragekreiu
Glocken
Das Innere des Schiffes ist rechteckig; eine hölzerne Mittelsäule stützt die
flache Decke. Durch einen spitzen Triumphbogen gelangt man in das von einem
Kreuzgewölbe überspannte Chörchen. Die Grate laufen auf kleine Eckpfeiler auf
Von der Ausstattung verdienen nur die folgenden Stücke Erwähnung.
Hochaltar des i8. Jh., mit schlechtem Gemälde des Wunders des h. Hubertus.
Kupfernes Vortragekreuz, 44 cm hoch, i5. Jh. Das Haupt des Gekreuzigten
ist nach vorne geneigt, der Brustkorb stark hervorgedrängt In den Kreuzesarmen
auf Vierpässen die Evangelistensymbole.
Von den Glocken stammt die grössere aus dem J. i473. Die Inschrift heisst:
SANCTUS PETRUS HETSCEN (so) ICH, IN DE EIRRE (so) GÖTZ LUDEN ICH, ANNO DOMINI
MCCCCLXXIII.
Die zweite, von Stocky aus Cochem gegossen, wohl aus dem 1 8. Jh.
äR^r-'
Fig. 5. Arloff. Ansicht der Burg.
Burg
Geschichte
Über die Inschrift einer anderen, nicht mehr vorhandenen Glocke vgl. Katzfey
a. a. O. S. 32.
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 348. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 23. — Ders., Kant. Rheinbach
S. 7o. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i7.
Im J. 12 78 trug Gerlach, Edelherr von Dollendorf, nebst anderen Besitzungen
auch seine Ländereien zu Arloff dem Erzbischof Sifried von Köln zu Lehen auf
(Lacomblet, UB. II, Nr. 7i8). Im i5. Jh. waren die Herren von Mirbach Besitzer
der Burg; noch im J. i536 kommt ein Clais Mirbach zu Arloff vor (Ann. h. V. N.
LVII, Nr. io94). Zu Ende des i7. Jh. finden wir dann die von Friemersdorf genannt
Pützfeld in Arloff. Von einem Angehörigen dieses Geschlechtes wurde wahrschein-
lich die jetzt noch aufrecht stehende Burg errichtet, deren Wohnhaus die Jahres-
zahl i699 in Eisenankem trägt. Am Ausgange des i8. Jh. war Karl Brewer Eigen-
tümer der Burg. Von dem Grafen Belderbusch, der sie im J. i8i5 besass, gelangte
226
ARZDORF — BUSCH HO VKN'
l9
sie durch Heirat an Karl Freiherm von Boeselager. Der gegenwärtige Eigentümer Burg
ist Herr Heinrich Dohmen.
Unregelmässige Anlage von malerischem Gesamteindruck (Ansicht Fig. 5). Beschreibung
Der interessanteste Teil der Burggebäude ist der mächtige, viereckige Wohn-
turm. Er ist aus Bruchstein aufgeführt, verputzt und umfasst drei Geschosse, von
denen die beiden unteren grosse rechteckige, von Balken eingefasste Fenster haben,
wahrend das obere nur ganz schmale Lichtschlitze aufweist. Den Abschluss bildet
eine achteckige, gebrochene und spitz endende Barockhaube. Der Turm scheint ehe-
dem vielfach umbaut gewesen zu sein.
Das vierachsige Wohngebäude, das an der Hofseite in Eisenankem die Jahres-
zahl i699 trägt, liegt unter einem abgewalmten und gebrochenen Mansardenschiefer-
dach. An der Rückseite stösst ein zweiter, ganz kurzer Flügel an.
ARZDORF.
Römisehe
Funde
Kathol.
Kapelle
Geschichte
RÖMISCHE FUNDE. Über die Frage, ob die bei Berkum gefundenen,
den Atufraünehae geweihten Matronensteine etwa zu Arzdorf in Beziehung zu setzen
seien, vgl. B. J. LXVII, S. 53 u. LXXVI, S. 233.
K ATH OLISCHEKAPELLE(s.t.s. Antonii Eremitae). Schannat-Baersch,
Eiflia illustrata IH, i. Abt., i. Abschn. S. 232. — v. StrÄmberg, Rheinischer Anti-
quarius 3. Abt XII, S. 574.
Im J. i398 stiftete der Ritter Heinrich von Hüchelhoven mit Zustimmung des
Pfarrers von Fritzdorf eine Kapelle in Arzdorf (Ann. h. V. N. XXIV, S. 295). Die
Stelle wurde von der Abtei Steinfeld besetzt. Der gegenwärtig noch vorhandene Bau
gehört dem i8. Jh. an.
Schlichter verputzter Bruchsteinbau mit kleinem achtseitigen, geschieferten Dach- Beschreibung
reiter am Westgiebel und polygonalem Chorschluss. Länge im Lichten i7,35 m. Breite
7,2o m. Das ebenfalls geschieferte Satteldach hat gegen Westen einen Walm. An
der Westfront öffnet sich das rundbogige, von zwei Pilastem flankierte Portal, dessen
Schlufsstein die Inschrift i H s trägt. Darüber zwei leere Rundbogennischen, eine
dritte im Giebel über dem Gesimse. Die Langseiten sind von je drei grossen rund-
bogigen Fenstern in Trachytfassung durchbrochen, an der Nordseite ist ausserdem
eine rechteckige Thüre angebracht.
Das Innere ist ein flachgedeckter Raum mit einfacher Pilasterteilung an den
Wänden. An der Decke leichte Stuck Verzierung.
Die Altäre stammen gleichfalls aus dem i8. Jh.. Der Hochaltar nimmt mit
seinen Seitenteilen die ganze Breite des Chores ein.
Inneres
Altäre
BUSCHHOVEN.
RÖMISCHE UND FRÄNKISCHE FUNDE. In Buschhoven traf die Römische«,
von Belgica nach Bonn führende Strasse auf die Trier-Bonner Hauptstrasse. Vgl. 'V*unde
hierzu B. J. LXVII, S. 25; LXXIX, S. i7; LXXXII S. 43. Der aus der Eifel kom- •
mende grosse römische Kanal geht durch Buschhoven; Maassen sah ihn an drei
Stellen offen liegen {vgl. dazu Ann. h. V. N. XXXVII, S. 46; ferner EiCK, Die römische
227
20
KREIS RHEINBACH
Römi sehe u.
fränkische
Kunde
Knthol.
Pffirikirche
Geschichte
Besehreibung
Chor
Innerei
Hochiihar
Madonn«
Geschichte
Wasserleitung aus der Eifel nach Köln S. 125 und B. J. XVIII, S. 2i4; LXXX S. lo;
LXXXII, S. 43).
Im J. i86S wurden in einer Kiesgrube mehrere Gräber mit Gebemresten auf-
gefunden ; dabei fanden sich stark oxydierte Waffen, Schwerter, glockenförmige Schalen
aus grünlichem Glas, eine Fibel mit Inschrift und eine mit Goldblech belegte Schmuck-
scheibe mit einem Imperatorenkopf (Freudenberg in den B. J. XLI, S. i46 mit Ab-
bildungen; Brambach, C. I. Rh. Nr. 2o44).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Catharinae). Schannat-
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt, i. Abschn. S. 275. — v. Stramberg, Rheinischer
Antiquarius 3. Abt. XIII, S. io8. — Ders., Kant Rheinbach S. 84. — Wilhelm
Wasmer, Das siebenhundertjährige Jubiläum der Auffindung des Gnadenbildes Maria
Rosen in der Pfarrkirche zu Buschhoven im J. i89o. Bonn i89o.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden von ii97 — 1383, betreffend
Kloster Schillingskapellen. — Indulgenz von i698. — Einkünfte des Klosters Schillings-
kapellen vom J. i599. — Registrum fraternitatis beate Marie Virginis, i7. Jh. — Vgl.
weiter Tille, Übersicht
Die Pfarre Buschhoven .scheint eine jüngere Gründung zu sein. Der Ort ist alt,
schon König Heinrich IL beschenkte das Stift Dietkirchen bei Bonn mit einer Herrlich-
keit daselbst; doch ist er vermutlich nach Schillingskapellen eingepfarrt gewesen. Erst
im J. i599 wird ein Pfarrer von Buschhoven genannt (Binterim u. Mooren, E. K. II,
S. 2o7). Die jetzige Pfarrkirche ist ein Bau des i8. Jh., wie die Inschrift am Portal
bezeugt; der Turm wurde im J. i8o4 hinzugefügt. Die Pfarrstelle besetzten die Herren
der Burg Lüftelberg.
Einschiffiger Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und polygonalem Chor-
schluss, im Lichten 2o,5o m lang, 8,3o breit
Der Turm steigt in drei Geschossen empor und endigt in einen achtseitigen
geschieferten Helm. In den beiden unteren Geschossen sind nur Lichtspalten ange-
bracht; ausserdem die Inschrift: anno i8o4. Die Glockenstube hat auf jeder Seite
eine im Segmentbogen geschlossene Schallöffnung.
Die Langmauem des von einem geschieferten Satteldache überdeckten Schiffes
sind jederseits von vier rechteckigen Fenstern durchbrochen. An der Westseite liegt
nordwärts des Turmes eine rundbogige Thür in Trachytfassung mit rechteckiger, durch
horizontales Geb!älk abgeschlossener Umrahmung. Im Schlufssteine die Jahreszahl i723.
Darüber ein Gesims und ein Rundbogenfenster. Die entsprechende Thüre an der
Südseite ist neu.
Der Chor schliesst mit drei Seiten des Achtecks ab. Die Sakristei ist südlich
von ihm angebaut.
Das Innere ist ein rechtwinkeliger, von einer Aachen Tonne überspannter
Saal, an den sich der Chor ohne Vermittelung eines Zwischenjoches anschliesst.
Der Hochaltar, ein luftiger Säulenaufbau, birgt in einem Schrein das aus
dem Kloster Schillingskapellen (s. unten) stammende Gnadenbild, eine romanische
Madonna aus Holz, 75 cm hoch (Taf. II und Fig. 6). Nach der legendarischen
Gründungsgeschichte des genannten Klosters wurde sie im J. ii9o von dem Ritter
Wilhelm Schilling auf der Jagd mitten im Walde, zwischen zwei brennenden Lichtem
stehend, gefunden. Der fromme Ritter Hess das Bild zunächst in seine Kapelle zu
Bomheim bringen, erbaute aber, durch allerlei Wunderzeichen veranlasst, alsbald am
Fundorte selbst eine Kapelle, auf deren Altar die Madonna aufgestellt wurde. Im
J. ii97 wurde an Stelle der Kapelle ein Kloster errichtet, in dessen Kirche die
228
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Tafel II.
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Buschhoven. Romanische Madonna in der Pfarrkirche.
BUSCHHOVEN
21
Kathol.
Pfarrkirche
Madonna durch mehr als 6echs Jahrhunderte verehrt wurde. Nach der Säkularisation
wurde sie im Juni 1806 in die Pfarrkirche zu Buschhoven übertragen. — Die Zeit
der Auffindung dürfte ungefähr mit der Zeit der Entstehung übereinstimmen. Im
i4. Jh. scheinen die Seitenteile des Stuhles überarbeitet oder gänzlich erneuert worden
zu sein; desgleichen gehört die Krone des Kindes wahrscheinlich erst dieser Zeit an.
Aus dem i5. Jh. endlich slammt der auf der Seitenansicht (Taf. II) sichtbare Unter-
satz. — Die Madonna sitzt, Beschreibung
ganz nach vorne gewendet,
in einem schmalen, mit einer
Lehne versehenen Stuhl ,
dessen Seitenwangen eine
einfache gothischc Bogen-
verzierung aufweisen , und
sucht mit den beiden, ganz
un verhältnismässig grossen
Händen das auf ihrem
Schosse sitzende Kind vor
dem Abgleiten zu bewahren.
Dir ein wenig nach vorn
geneigte Kopf, der nach
unten zu bedeutend breiter
wird, ist an und für sich
hässlich und ohne Form;
der Blick ist nach abwärts
gerichtet, die Augenlider sind
gesenkt Über die stark ab-
schüssigen Schultern fallen
zwei geflochtene Haarsträhne
nach vorne. Das Kind, das
auf dem Haupte eine höl-
zerne, vierzackige Krone
trägt, ist mit einem eng an-
liegenden, hemdartigen Ge-
wände bekleidet. Sein Blick
ist geradeaus gerichtet, die
Rechte hält es segnend er-
hoben, die zusammengeballte
Linke, die wahrscheinlich ur-
sprünglich ein Scepter trug,
nach vorn. — Die ganz einfach profilierte B<isis ruht auf einem etwas kleineren, vier-
eckigen Untersatz, dessen Seiten mit spätgothischem Masswerk bekleidet sind.
Das in der Ausführung sehr starre und im ganzen leblose Werk zeigt doch
zwei individuelle Züge: den Versuch, ein Bewegungsmotiv zu gestalten, und den Blick
nach abwärts darzustellen.
Seitenaltäre, Kanzel und Orgel aus dem 18. Jh.
Barocke Skulpturen ohne Wert.
Reliquienbüste, 18. Jh.
Kasel aus grauweisser Seide mit Blumenmuster, barock.
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Ruichhoven.
Fig. 6.
Kflthol. Pfnrikirche. Romanische Madouna, bekleidet.
Seitenaltäre,
Kanzel, Orgel
Skulpturen
Kasel
229
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkircbc
Tornnbr
Glock«a
Turmuhr aus dem Anfange des i8. Jh. mit der Inschrift: iohanna maria
ALEXANDRINA GEBOHRNE VON SPIES, FRAW ZU CAPELLEN . ANTONIUS VIELTZ, RECTOR
ZU CAPELLEN.
Die Glocken tragen folgende Inschriften: i. in honorem s. nominis iesu
REFUSA SUM SUMPTIBUS ADMODUM REVERENDI DOMINI ANTONII VILTZ, RECTORIS ET
P. T. CONFESSARII IN SCHILLINGSCAPELL. ANNO l7ll.
2. IN HONOREM S. MATTHIAE APOSTOLI MARTINUS LEGROS ME FECIT ANNO l755.
Die dritte von i846.
EFFELSBERG.
Kathol.
Pfarrkirche
Gctckichte
Rdmi.che ROMISCHE STRASSE. Die von der Köln- Maastrichter Strasse östlich von
Jülich abgehende Seitenstrasse berührte in ihrem weiteren Verlaufe auch Effelsberg.
Vgl. B. J. LXIII, S. 2.
KATHOLISCHEPFARRKIRCHE(s.t.s. Stephani). Schann at-Baersch,
Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 342. — v. Stramberg, Rheinischer Anti-
quarius 3. Abt. XII, S. 655. — Ders., Kant. Rheinbach S. 7i.
Das Prümer Güterverzeichnis vom J. 893, das Caesar von Heisterbach im J. 1222
kommentierte, nennt auch Effellesbure. Der Kommentar erwähnt auch bereits eine
Kirche (MRh, ÜB. I, Nr. i35, S. i77; auch Anmerkung); doch weiss von dieser der
liber valoris (nach i3oo) nichts. Sie war der Stiftskirche zu Münstereifel inkorporiert.
Beachreibung Der Bau, der im J. 1886 abgetragen wurde, bestand aus dem im J. i694 erbauten
flach gedeckten Schiffe und aus dem spätgothischen gewölbten Chörchen. Die Lang-
hausfenster waren rundbogig, die Chorfenster spitzbogig; zwischen ihnen waren ein-
fache Strebepfeiler angeordnet. Der Westgiebel trug einen viereckigen Dachreiter.
Im J. 1881 wurde von den Bonner Baumeistern Schubert und Boudriot an
anderer Stelle ein Neubau in schlichten gothischen Formen errichtet.
Aus der alten Kirche stammen nur zwei Glocken. Die grössere von i54o mit
der Inschrift: maria heischen ich, in di er gotz luden ich. gregorius und
lAN van TRIER GOUS MICH ANNO DOMINI MV<^XXXX.
Die zweite: s. iohannes heichse (so) ich, alen messen leuthen ich.
ANNO l739.
Glockeo
EICHERSCHEID.
K.thoi. KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Brigidae).
BMcitfcibunc Schlichter Bruchsteinbau des i &. Jh. Über dem geschieferten Satteldach erhebt
sich nahe dem aus Fachwerk aufgeführten Giebel ein vierseitiger, auf der ganzen
Oberfläche geschieferter Dachreiter mit häubchenförmiger Abdeckung. Auf dem Giebel
und Dachreiter hübsche, schmiedeeiserne Kreuze.
Das Innere ist flach gedeckt. Im Chor ein Holzgewölbe.
ERSDORF.
Kmhol.
Pfarrkirche
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s.t. s. Jacobi). Binterim u. Mooren.
E. K. I, S. 4o3. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 584. —
Ders., Kant. Rheinbach S. io5.
23o
ESCH
23
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Lagerbuch der Vikarie von i7o7. — Kathoi.
Kirchenregister und Kirchenbuch mit Verzeichnis der fundierten Messen, i8. Jh. —
Reste eines Missales, i5. Jh. — Vgl. femer Tille, Übersicht.
Eine villa Everestorp wird bereits im J. 854 genannt (Lacomblet, Archiv II, Geschichte
S. 84). Die Kirche wird nach i3oo im liber valoris verzeichnet (Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 386). In der Designatio pastoratuum vom J. i676 wird das Bonner Cassius-
stift gemeinsam mit dem Herzog von Jülich bereits als KoUator erwähnt (Binterim
u. Mooren a. a. O. II, S. i99). Um das J. i8oo besetzte der Bonner Propst die Pfarr-
stelle (DuMONT, Descriptio S. 9).
Die alte Kirche, ein teilweise noch aus romanischer Zeit stammender Bau brannte Beschreibung
im J. i869 nieder. In den J. i877— 1879 ist nach Plänen des Architekten Schubert
in Bonn ein Neubau in gothischen Formen errichtet worden.
Von der alten Ausstattung ist nichts erhalten. Das Korrespondenzblatt des Wa&dgemaide
Gesamtvereins der deutschen Geschichts- imd Altertumsvereine XII, S. 79, berichtet
von bemerkenswerten romanischen Wandgemälden. Die von Prof. Braun danach
angefertigten und zur Veröffentlichung bestimmt gewesenen Aufnahmen sind verschollen.
ESCH.
(Bürgermeisterei Münstereifel.)
Katbol.
Kapelle
Geschichte
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Georgii).
Die Glockeninschrift lässt vermuten, dass hier bereits am Anfange des i6. Jh.
eine Kapelle bestand. Der jetzige, den Einsturz drohende Bau stammt aus dem i8. Jh.
Elender Bruchsteinbau mit geschiefertem Satteldach und polygonalem Chor- Beschreibung
schluss. Am Westgiebel ein vierseitiger geschieferter Dachreiter.
Das Innere hat ein Holzgewölbe.
Glocke vom J. i527 mit der Inschrift: martin van Trier anno mv^xxvii. Glocke
ESCH.
(Bürgermeisterei Ollheim.)
RÖMISCHE FUNDE. Im Orte selbst und in seiner Umgebung sollen
öfters Thonbilder der „drei heidnischen Jungfrauen" aufgefunden worden sein. Beim
Ausgraben der Fundamente eines römischen Hauses mit gemauerten Röhren kam
eine kupferne Schlange mit einem Eberkopf, wie solche im Mithraskult Verwendung
gefunden haben sollen, zu Tage. Östlich vom Orte die Reste einer vielleicht römischen
möglicherweise sogar noch älteren Erdbefestigung, die einst das ganze Dorf umgeben
hat. Sichtbar sind noch Teile eines zwischen zwei Gräben befindlichen Dammes.
KATHOLISCHEPFARRKIRCHE(s.t.s. Martini). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 382. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. loo. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 85. — Schorn, Eiflia sacra II, S. 5oo.
Die Pfarre bestand angeblich bereits im J. 854. Unter den Einkünften, mit
denen das Kloster Schillingskapellen von seinem Stifter im J. ii97 ausgestattet wurde,
befand sich auch Grundbesitz zu Esch und die Kirche dieses Ortes. Das Patronat
hatten bis dahin zwei Brüder Arnold und Hermann besessen, die abwechselnd mit
Otto von Wickrath die Investitur ausübten. Von ihnen erwarb Wilhelm Schilling
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
23l
24 KR£IS RH EINBACK
Kathot dieses Recht und schenkte e> dem von ihm gegründeten Kloster (Lacomblet,
Pfarrfcireh« ^^ j^ ^^ ^jg^ g^^ j^ j ^^^^ jedoch verzichteten auch Otto von Wickrath und
seine Söhne auf das zwischen ihnen und Schülingskapellen streitige Patronat <La-
coMBLrr, ÜB. 11, Nr. i64). Im J. I273 bereits verkaufte das Kloster das Patronat
an das K6hier Domkapitel (Korth, Liber privü^orum majoris ecdesie Coloniensis
im Erg. Heft III der Wd. Zs. für Geschichte und Kunst S. 244). Der Ort war eine
freie Herrlichkeit unter kurkölnischer Hoheit. Das Kollationsrecht hatte um i8oo
das Kölner Domkapitel (Dumoxt, Descriptio S. 9).
Bt^chr^kmmg Einschiffiger, verputzter Bau mit vorgelegtem Westturm und polygonal geschlos-
senem Chore. Die Länge beträgt im Lichten i9 m, die Breite 6,3o m.
Der in seinem Unterteil noch romanische, aus Bruch- und Backstein aufgeführte
Westturm ist ausserordentlich plump und ungefüge. Die sehr dicken, geböschten
Untermauern zeigen kleine Lichtspalten in unregelmassiger Verteilung; an der Nord-
und Südseite Ist aasserdem noch je eine grössere Öffnung angebracht Das auf
seiner ganzen Fläche ge^< hieferte Obergeschoss hat auf jeder Seite zwei rechteckige
Fensterchen.
Vom Langhause s<:heint der untere Teil der Nordmauer, die durch drei
plumpe, ungegliederte Strebepfeiler verstärkt ist, ebenfalls noch aas romanischer Zeit
herzurühren. Der obere Teil dieser Mauer, etwa von zwei Drittel der Fensterhöhe
an, ist bedeutend schwächer; er gehört, wie die Südmauer, dem i8. Jh. an. Im Süden
sind zwei, im Norden drei Fenster und eine rechteckige Thür angebracht, deren
Oberschwelle die Jahreszahl i773 trägt.
Der Chor umfasst ausser einem rechteckigen Joche mit zwei Spitzbogenfenstem
den über drei Seiten des Achtecks konstruierten Chorschluss, der der Fenster ent-
behrt. Die pultförmig abgedeckte Sakristei liegt an der Südseite des Schiffes.
lBii«r«» Das Innere des Schiffes, gegen das sich der Turm im Rundbogen öffnet, um-
fa>st drei gestreckt rechteckige Joche, die von hölzernen Kreuzgewölben mit einer
durchgehenden Mittelrippe überspannt sind. Im dritten Joch rechts eine grosse rund-
bogige Einblendung. Der Chor, der von dem Schiff" durch einen grossen, offenbar
später erweiterten Triumphbogen getrennt ist, hat ebenfalls ein Holzgewölbe, doch
laufen die Rippen hier nicht auf Konsolen auf.
Aitür« Der Hochaltar, der die ganze Breite des Chores einnimmt, desgleichen die
Seitenaltäre sind Durchschnittsarbeiten des i8. Jh.
R«UqiiMiikr«i» RcHquienkrcuz aus Kupfer, 1 5 . Jh., 2 5 cm hoch. Der Kruzifixus mit nach
links geneigtem Haupt und stark hervorgetriebenem Brustkorb. Das Lendentuch ist
sehr lang. Am oberen Ende die hebräische Inschrift: jehovah. Der Fuss ist sechs-
teilig geschweift.
MoMtranx Souneumonstranz des 18. Jh. /
Khcrn« dchiftfife Kupfcme Schlange, mit Eberkopf und Ring, römisch (s. oben); sie ist gegen-
wärtig über einem Beichtstuhl als „eherne Schlange" aufgestellt.
w«ihir*M«r Weihwasserkessel, Messing, i7. Jh.
Glocken ^'® Glockcu tragen die folgenden Inschriften:
1. Die grösste von i429: sanctus mertinus (so) heissen ich, cristianus
DUISTERWALT GOIS MICH ANNO DOMINI MCCCCXXVIIII.
2. Die mittlere von i4j4: ave maria, gracia plena, dominus tecum
ANNO DOMINI MCCCCXIV.
5. Die kleinste von 1 5 1 7 : iohannes heissen ich, in de eir gotz luden ich, den
BOESEN GEIST VERDRIVEN ICH. ANNO DOMINI MCCCCCXVII lAN VAN ALFTER GOUS MICH.
232
ESSIG
25
ESSIG.
RÖMISCHE STRASSEN. Die von Belgica über Kuchenheim nach Busch-
hoven führende Strasse berührt auch Essig. Hier endet ferner der von Niederzier
über Sievernich führende Weg. Vgl. dazu B. J. LXVII, S. 25; LXXVIII, S. 3 und
LXXIX, S. i7.
KLOSTER MARIENSTERN. Hugo, Sacri et canonici ordinis Praemon-
stratensis annales II, Sp. 876. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt.,
T. Abschn. S. 289. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 8o. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 87. — Schorn, Eiflia sacra II, S. i46.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 28 Urkunden von
i432 — i72i. — Unter den Akten: Bericht über die Gründung des Konventes, Ver-
zeichnis der Prioren, Güter-
verzeichnis mit geschichtlichen
Notizen bis i54o, Situations-
plan des 1 7. Jh.
Abbildung. Im Cod.
germ. Nr. 2635 der Münche-
ner Staatsbibliothek (Gülische
Beschreibung vom J. i723)
befindet sich eine kleine, aus
der Vogelschau genommene
Abbildung der Klostergebäude
(Fig. 7).
Im J. i434 gab der
Pfarrer von Odendorf seine
Römische
Strassen
Kloster
Mnrienttern
»iv-i^-^JaS-
Qlfjig ^^q^(^Jt€lo(^-^
Fig. 7. Essig. Ansicht des Klosters.
Geschichte
Zustimmung zur Errichtung
einer Kapelle und eines Hospi-
tals in Essig. Die Stiftung
wurde im J. i439 vollzogen.
Nach anderen Nachrichten
geht die Gründung der Kapelle
bereits auf das J. i432 zurück. Kapelle und Hospital wurden schon bald darauf —
wahrscheinlich im J. i447 — der Äbtissin Milla von Amelunxen im Kloster Sonnen-
berg bei Utrecht behufs Erbauung eines Brigittinerinnenklosters übertragen. Schon
im J. i454 verliessen die Brigittinerinnen die junge Stiftung, an ihre Stelle traten
Augustinessen, die zunächst unter der Aufsicht des Pfarrers von Odendorf, vom
J. i55i unter der des Abtes von Steinfeld, eines Prämonstratenserklosters, standen.
Im J. i656 wurde eine neue Kirche gebaut, im J. i665 nahm der Konvent die Regel
der Prämonstratenser an. Zu Beginn des i9. Jh. fiel das Kloster der Säkularisation
zum Opfer. Die Klostergebäude wurden versteigert und die Kirche abgebrochen.
Nach Herrn Brabender in Zülpich, der den Besitz zunächst erwarb, wurde Herr
Wilhelm Brauweiler Eigentümer der noch aufrecht stehenden Gebäude.
Die oben genannte Abbildung lässt auf eine immerhin ansehnliche Anlage Beschreibung
schliessen. Innerhalb eines grossen, durch langgestreckte, teils ein-, teils zweigcscliossige
Gebäude begrenzten Rechtecks, das an den Ecken durch Rundtürme mit kegel-
förmigen Dächern geschützt ist, liegen drei unmittelbar aneinander stossende Gebüude-
233
26 KREIS RHEINBACH
Kloster gTuppcn, deren jede einen rechteckigen Hof umschliesst. Von der Kirche ist nur
ein plumper, viereckiger Turm zu erkennen. Das Hauptgebäude trägt einen kleinen
Dachreiter.
Die noch vorhandenen Gebäude sind im Viereck gruppiert. Es sind Fachwerk-
bauten des i7. und i8. Jh. mit steinernem Unterbau. In einer Mauer eine recht-
Winkelige Thüre, deren Sturz die Inschrift: anno domini 1600 trägt. Auf einer Wind-
fahne ein Stern, das Wahrzeichen des Klosters.
FLAMERSHEIM.
Demian, Geographisch-statistische Darstellung der deutschen Rheinlande, Koblenz
1820, S. io4. — V. Restorff, Topographisch-statistische Beschreibung der Rhein-
provinzen S. 284. — Flamersheimer Weistümer in den Ann. h. V. N. II, S. 298. —
Schannat-Baersch, Eiflia illustrata I, i. Abt. S. 78, 98; II, i. Abt. S. ii7; III, i. Abt.,
I. Abschn. S. 247. — Decker, Über die villa regia Flamersheim und die daraus ent-
standene Pfarrei und Gemeinde Kirchheim in den Ann. h. V. N. XXIV, S. 126.
Römiichc RÖMISCHE FUNDE. Im Distrikte Schoen unterhalb des Speckelsteins
wurden an einer Stelle, auf der, wie der Volksmund erzählt, einst eine Niederlassung
der Tempelherren bestand, Reste von römischen Gebäuden entdeckt, unter anderen
der wohl erhaltene Estrich eines mit fünfunddreissig runden und neun viereckigen
Säulen besetzten Gemaches, das mit Asche, Knochen und Bruchstücken von Gefössen
gefüllt war (B. J. XIV, S. 1 7o). In Flamersheim selbst ist bei Anlage eines Baum-
gartens ein römischer Begräbnisplatz gefunden worden. Die Asche befand sich in
runden, glatt bearbeiteten SteingefäSvSen, die durch Deckel geschlossen waren. Dabei
lagen grosse, meist einhenkelige Gefässe aus ins Grünliche spielendem irisierenden
Glas; nur eines von ihnen hatte die Form einer Amphora mit zwei kräftigen Doppel-
henkeln. Ausser Knochenüberresten fand sich in und bei Glasgefässen durchweg
Goldschmuck vor, meist Ringe von einfacher Form, aber auch eine zierliche Halskette
mit Gliedern von durchbrochener Arbeit, ein Rinff mit einer Gemme und der In-
schrift f.iifivt]ao, ein silbernes Fläschchen, mehrere Lampen aus Bronze, darunter eine
mit sehr feiner Dekoration, Bern stein Würfel und Münzen des Domitian und Trajan
(vgl. dazu den ausführlichen Bericht von Otto Jahn in den B. J. XXXIII, S. 236).
Eine Inschrift bei Brambach C. I. Rh. Nr. 5 18. Eine aus Flamersheim stammende
Terra Sigillata- Schale mit Inschrift bewahrt das Bonner Provinzialmuseum (B. J.
LXXXIX, S. 5).
Eine römische Vizinalstrasse führte von Blankenheimerdorf über Münstereifel
und Flamersheim gegen Buschhoven (B. J. LXXIX, S. 6). Eine andere Strasse führt
durch den Flamersheimer Wald von Blankenheim nach Meckenheim (B. J. LXVI, S. 87).
Kathoi. KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s.ts. Stephani). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 363. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 260.
— Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. 7i. — v. Stramberg, Rhei-
nischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 36. — Ders., Kant. Rheinbach S. 12. — Decker,
Über die villa regia Flamersheim in den Ann. h. V. N. XXIV, S. i39.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden von i649 — i7o6. — Buch
der Bruderschaft SS. Cornelius und Laurentius zu Niederkastenholz, der innere Um-
schlag von einem Missale des 12. Jh. — Bücher der Bruderschaft ss. Trinitatis i697
bis i736. — 7 Chorbücher vom J. i562, mit Initialen, aus Kloster Schweinheim
234
FLAMERSHEIM
27
stammend, zwei von ihnen von Katharina de Wijer geschrieben. — Vgl. femer Tille, Kot hol.
_.•_, . - Pfarrkircht
Übersicht.
Im Dekanatsarchiv: Statuten des Zülpicher Landkapitels, Anfang i7. Jh.,
darin Weistum der Sendschöffen von Monjoie vom J. 1 4 1 5 ; Urkunden und Notizen
zum Streit zwischen dem Abte von Stablo - Malmedy und dem Dechanten des Zülpicher
Kapitels, vom J. i478; Weistum der Sendschöffen von Amel; Weistum des Zülpicher
Kapitels über die Anforderungen, die ein Pfarrer an den baulichen Zustand der Pfarr-
wohnung stellen kann. — Urkunde vom J. I244. — Liber visitationum capituli Tul-
piacensis, i7. u. i8. Jh. — Vgl. femer Tille, Übersicht.
Im J. io59 bestätigte Papst Nikolaus II. der Kölner Abtei S. Maria ad gradus die Geschieht«
ihr vom Erzbischof Anno II., ihrem Stifter, zugewandten Besitzungen, darunter auch
Ländereien in Flamersheim (Lacomblet, UB. I, Nr. i95). Wahrscheinlich wurde
schon damals oder wenigstens nicht viel später mit dem Bau einer Kirche begonnen.
Der jetzt noch vorhandene Bau rührt in seinen alten Teilen aus der Zeit um die
Wende vom ii. zum 12. Jh. her. Am Westturme trägt (nach Aussage des Küsters)
ein Stein die gegenwärtig vom Verputz verdeckte Jahreszahl io56. Der liber valoris
(nach i3oo) nennt die Kirche gleichfalls (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 347). Das
Kollationsrecht besass im i5. Jh. das Stift S. Maria ad gradus (Binterim u. Mooren
a. a. O. S. 547). Im Deskriptionsbuch vom J. i599 fehlt bereits Flamersheim in der
Güterliste des Stiftes und in der Designatio pastoratuum vom J. 16 76 ist der Herzog
von Jülich als Kollator verzeichnet (Binterim u. Mooren a. a. O. II, S. 218). Dabei
blieb es bis zur Säkularisation (Dumont, Descriptio S. 10). Im J. T 887 — 1888 wurde
der alte Chor abgebrochen und die Kirche nach Plänen des Architekten Langen aus
Köln durch Anbau eines Querschiffes und eines neuen Chores erweitert. Bei dieser
Gelegenheit wurde auch Turm und Langhaus sehr gründlich restauriert.
Dreischiffige Pfeilerbasilika mit eingebautem Westturm. Die lichte Länge des Beschreibung
alten Teiles beträgt 24 m, die Breite 9,5o m.
Turm und Langhaus sind so verputzt und modernisiert, dass der ursprüngliche
Bestand nicht mit voller Sicherheit zu erkennen ist.
' Der Turm erhebt sich auf rechteckigem Grundrisse in drei ungleich hohen
Geschossen, die voneinander durch Gesimse geschieden sind. Das Portal ist an der
Westseite angebracht, darüber ein Segmentbogenfenster; sonst zeigen die beiden unteren
Geschosse nur schmale Lichtspalten, während das Glockengeschoss sich nach den
breiten Seiten (Westen und Osten) mit je zwei, nach den Schmalseiten (Norden und
Süden) mit je einem Doppelfenster auf Säulen mit weit ausladendem Kämpfer öffnet.
Der achtseitige Dachhelm ist geschiefert.
Das Langhaus ist dreischiffig. Das Hauptschiff liegt unter einem geschieferten
Satteldach, während die Nebenschiffdächer Pultform zeigen. Die Seitenschiffe er-
strecken sich gegenwärtig bis an die Westlinie des Turmes Ihre Fenster sind gross
und rund bogig, die Oberlichter haben hingegen ihre ursprünglichen Masse behalten.
Der Chor war halbkreisförmig abgeschlossen.
Im Inneren ist die Turmhalle von einer spitzbogigen Tonne überspannt.
Das fünf Joche umfassende Langhaus ist durchgehends flach gedeckt Die
Obermauern ruhen auf rechteckigen Pfeilern, die durch rundbogige Arkaden mit ein-
ander verbunden sind. Die aus Gips geformten Pfeilergesimse entstammen mit zwei
Ausnahmen der letzten Restauration.
Der alte Chor war gewölbt.
235
28
KREIS RHEINBACH
Kathol.
PfArrkirche
Tnufsteine
V'ortrsigekreuz
Kelche
Monstranz
O locken
Eva ngel.
Pfarrkirche
Geschichte
Die Ausstattung ist fast durchweg modern. Alt sind lediglich die folgenden Stücke:
Taufstein (Fig. 8), 9o cm hoch, gothisch, aus Basaltlava. Auf achteckiger
Basis steht ein ebenfalls achteckiges, sich nach oben allmählich erweiterndes Becken.
Der obere Rand ist gothisch profiliert. Der Durchmesser des Beckens beträgt 85 cm.
Ein anderer aus Flamersheim stammender Taufstein aus dem Beginne des
1 3. Jh. befindet sich gegenwärtig im Besitze der Frau Hauptmann in Münstercifel.
Vgl. unter Münstereifel.
Kupfernes Vortragekreuz, 38 cm hoch, um i3oo. Der Heiland ist gekrönt
mit lang herabwallendem Haar dargestellt; das Lendentuch ist sehr lang, die Füssc
liegen parallel. In den vierpassförmigen Kreuzesendigungen die Evangelistensymbole.
Kupferner Kelch, vergoldet, 23 cm hoch, mit getriebenem Fuss, i8. Jh.
Silberner Kelch, vergoldet, 22 cm hoch, mit der Inschrift: maria vogels dono
DEDiT 1608 FLAMERSHEIM. Beschauzeichen : Pinienapfel; Meisterzeichen: j. H.
Sonnenmonstranz, aus Kupfer vergoldet, 5o cm hoch, vom J. 1662, mit der
folgenden Inschrift: Ioanne MartIno gIelen, senatVs agrIppInensIs saCeLLano,
pIe Dante (1662) te saL-
VatoreM In haC saCra
hostIa porpetVo (so) aDo-
rante (1662).
Die Glocken tragen die
folgenden Inschriften :
Die grösste von i75i:
s. stephanus heische ich,
ZUM DIENST GOTTES RUPFE ICH,
DIE TODTEN BETRAUKE ICH, O
SÜNDER BEKERE DICH, SO GIEßT
; DIR GOTT SEIN EWIG REICH.
DURCH FEUR UND FLAMM BIN
ICH GEFLOSSEN, CARLL ENGEL-
BERT UND PETER HENRICH
FUCHS VON COLLEN HABEN MICH
ALLHIER GEGOSSEN ANNO l75l.
ANNA MARIA LOUISA WESSELINA QÜADT DE LANDSCRON. FRANCISCUS LIBER
BARG DE QUOOT (so), DOMINUS FLAMERSHEIME ET TOMBERG, OBERWINTER ET
LANDSCRON.
I. H. BEECK, PASTOR IN FLAMERSHEIM. CLAMANDO PIOS CONGREGO.
lOHANN WILHELM GOTTFRIED BACHOVEN, HERMANUS GIELEN, SCHULDEIS.
Die zweite von i526: ihesus, maria, anna unde sanctus stephanus bin
ICH BENANT, allen GODEN CHRISTENMINSCHEN sie ist BEKANT. ANNO DOMINI
MV^XXVI IAN van TRIER GOIS MICH.
Die dritte von i428: anno mccccxxviii soluto (salutis?) post octavos
MARTINI MARIA VOCOR, DEFENSATRIX CONTRA VEXATIONES |||| IHESUS CHRISTUS AMEN.
EVANGELISCHE PFARRKIRCHE. Schannat-Baersch, Eiflia illastrata
III, I. Abt., I. Abschn. S. 25i. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. 36. — Ders., Kant. Rheinbach S. 1 2. — Poensgen, Geschichte der evangelischen
Gemeinden Flamersheim und Euskirchen, Bonn i878.
Die evangelische Gemeinde wurde zu Ende des 16. oder mit Beginn des i7. Jh.
wahrscheinlich von dem damaligen Burgherrn, Lutter von Quadt, gegründet. Vom
J. i6o9 — 161 1 versah der Euskirchener Prediger auch den Gottesdienst in Flamers-
heim. Trotz mancherlei Störungen gedieh die Gemeinde, die mit der von Gross-
1
+
Fig. 8. Flaniersheim. Taufstein in der kmhol. Pfarrkirche
236
FLAMERSHEIM
29
ßüUesheim eng verbunden war, ziemlich gut. Der Gottesdienst wurde auf der Burg £ van gel.
gehalten. Erst im J. i759 begann man mit dem Baue einer Kirche, der in den ^^■''^»*"<=*»«
siebenziger Jahren vollendet worden zu sein scheint. Der Turm wurde erst in neuester
Zeit hinzugefügt.
Einfacher unverputzter Saalbau mit vorgelegtem Westturm, ohne besonderen Beschreibung
Chorbau.
Das Schiff ist von einem geschieferten Satteldach überdeckt und entbehrt jeg-
lichen Schmuckes.
Das Innere ist ein flachgedeckter Saal, dem rechteckige Hausteinfenster das
Licht zuführen.
Orgelbühne auf zwei von der Burg stammenden Renaissancesäulen. Orgeibühne
Die Ausstattung bietet nichts Bemerkenswertes.
SCHLOSS. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata II, i. Abt. S. ii7; III. Abt., schiost
1. Abschn. S. 247. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. 7 1. — v. Stram-
BERG, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 34. — Ders., Kant. Rheinbach S. 9. —
DuNCKER, Rheinlands Schlösser und Burgen (mit Abbild.). — Decker, Ober die
villa regia Flamersheim in den Ann. h. V. N. XXIV, S. 126.
Abbildungen, i. Eine alte Abbildung im Cod. germ. Nr. 2635 der Münchener
Staatsbibliothek: Gülische Beschreibung, Welcher Gestalt dieselbe zum Fürstenthumb
ist erhoben worden (i723).
2. Lithographierte Ansicht des Schlosses vom J. 1861. Ein Exemplar davon im
Schlosse Ringsheim.
Schon die Chronik des Regino nennt zum J. 87o eine regia villa nomine Fla- Ge«chichie
meresheim (Mon. Germ. SS. I, S. 582). Dort habe, sagte er, König Ludwig sich beim
Zusammenbruche seines Hauses zwei Rippen gebrochen. Decker sucht den Schau-
platz dieses Ereignisses, wie mir scheint, ohne genügende Begründung in dem heu-
tigen Kirchheim (a. a. O. S. 12 7). Vom J. 95o — io47 war das praedium Flamersheim
im Besitze der auf der Tomburg residierenden Pfalzgrafen. Durch die Erzbischöfe
Hermann IL und Anno II. kam Flamersheim um die Mitte des 11. Jh. an das Kölner
Stift S. Maria ad gradus. Doch erscheint bereits im J. i323 Flamersheim wieder als eine
Tombergsche Besitzung. Im J. i358 waren die von Ringsheim Herren der Flamers-
heimer Burg; Emelrich von Ringsheim und sein Sohn geloben dem Herzog Wilhelm
von Jülich, dass „unse huys Vlaemersheim mit deme vurburge in vestene" sein Offen-
haus sein werde (Lacomblet, UB. III, Nr. 579). Nach ihnen erscheinen zunächst
die Krümmel von Eynatten, dann zu Anfang des 16. Jh. die Palants, im J. i564 die
Quadt und endlich im J. i776 die Dalwigks als Besitzer der Burg. Am Ausgange
des 18. Jh. erwarb General von Vincke den Besitz. Seine Tochter, die Gräfin von
der Schulenburg, verkaufte ihn im J. i844 an Herrn Franz Georg Weckbecker; von
diesem gelangte er im J. 1861 an die Witwe Julius August Bemberg aus Elberfeld.
Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Julius von Bemberg- Flamersheim.
Die Gebäude wurden, wie die beiden Wappen vermuten lassen, am Ausgange
des 18. Jh. errichtet. In den sechziger Jahren wurden sie restauriert, wobei ihr ur-
sprünglicher Charakter fast vollständig verloren ging.
Die Burg besteht aus dem Herrenhause, zwei freistehenden rechtwinkelig an
dieses stossenden Nebengebäuden und einer abseits davon gelegenen unregelmässigen
Gruppe von Wirtschaftsgebäuden.
Das Herrenhaus war, wie die oben erwähnte Abbildung vom J. 1861 zeigt, ein Herrenhitut
ganz schlichter, von einem Walmdach überdeckter Bau mit zwei heraustretenden Eck-
237
3o
KREIS RHEINBACH
Schlots
Inneres
Nebengebäude
türmen, die in Zwiebelhauben endigten. Der zweigeschossige Mitteltrakt ist fünf Achsen
breit, die Mittelachse ist von zwei Paaren durchgehender Pilaster umrahmt. Eine
kleine Vorhalle trägt einen Balkon. Über dem Mittelfenster war ursprünglich ein
einfacher Dreiecksgiebel angeordnet, den jetzt ein Dachaufsatz einnimmt. Das Walm-
dach wurde bei der Restauration durch ein Mansardendach ersetzt. Die beiden
Türme, die aus den vorderen Ecken des Gebäudes heraustreten, haben jetzt offene
Obergeschosse.
An der Rückseite treten die mittleren drei Achsen risalitartig heraus. Davor
eine Terrasse, die über eine doppelläufige Treppe zugänglich ist. An dem schmiede-
eisernen Terrassengeländer das Wappen der Dalwigk und Calcum.
Im Inneren eine kleine, aber wertvolle Sammlung römischer Funde. Vgl. dar-
über oben.
Die beiden flankierenden Nebengebäude waren ursprünglich ebenfalls ganz
schlicht mit Walmdächern abgedeckt. Die Giebel und Pilaster sind Zusätze der sech-
ziger Jahre.
Im Garten eine wahrscheinlich von der Hauptfagade stammende Giebelfüllung
mit dem Dalwigk-Calcumschen Allianzwappen.
FLERZHEIM.
Ktthol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Martini). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 4oi. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i.Abt, i. Abschn. S. -296.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 7o. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 34. — Der Niederrhein i884, S. 29. — Berrisch im Rheinbacher Anzeiger
i883, Nr. 5, 12 u. ff.
Handsöhriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Inkorporationsurkunde vom J. i477
(Abschrift). — Renten- und Stiftungsbücher, 1 8. Jh. — Vgl. weiter Tille, Obersicht.
Die älteste Nachricht von einer Ansiedelung auf dem Boden von Flerzheim
giebt uns der Turm der Kirche, der aus der Zeit um das J. 1 200 stammt. Urkund-
lich wird Flerzheim erst im J. 1237 genannt (Lacomblet, UB. II, Nr. 21 7). Die
Kirche selbst wird erst nach i3oo im liber valoris erwähnt (Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 385). Im J. i477 wurde die Kirche dem Heisterbacher Kloster einver-
leibt. Schiff und Chor wurden im J. i773 erbaut (vgl. die Inschrift). Die Pfarrstelle
wurde bis zur Säkularisation von der Abtei Heisterbach besetzt (Dumont, De-
scriptio S. 10).
Einschiffiger verputzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm, im Lichten
2 5,25 m lang, 9,9o m breit
Der plumpe romanische West türm, dessen Mauerwerk in den Unterteilen ge-
böscht und an den Vorderecken durch formlose Strebepfeiler gestützt ist, steigt in
drei Geschossen ohne dekorative Gliederung empor und endigt in einen achtseitigen
geschieferten Helm. Im Obergeschoss sind jederseits romanische Doppelfenster mit
Mittelsäulchen angeordnet, an der Westseite ist ein im Segmentbogen geschlossenes
Fenster mit starkem Mittelpfosten ausgebrochen.
Die Mauern des unter einem geschieferten Satteldach liegenden Langhauses
sind von je vier grossen Rundbogenfenstern durchbrochen; an der Südmauer in Eisen-
ankem die Jahreszahl i773. Der Chor, dessen Ostfenster vermauert ist, schliesst mit
drei Seiten des Achtecks ab. Die viereckige Sakristei ist in der Längsachse angebaut.
238
FLERZHEIM
.31
Das Innere ist ein rechteckiger Saal mit flacher von den Seiten her ansteigen-
der Decke.
Von der Ausstattung sind nur die folgenden Stücke zu nennen:
Altäre und Koramunionbank, Arbeiten des i8. Jh. Am Hauptaltar grosses
Gemälde der Kreuzigung. Rechts kniet der Stifter in Abtskleidung.
Kupferner Weihwasserkessel mit zwei Köpfen zum Eingreifen für den
Bügel. i5. Jh.
Romanisches Vor trage kreuz, 33 cm hoch, an den Kreuzesenden die Evail-
gelistensymbole. Rohe Arbeit. Auf der Rückseite die Inschrift i6o4 h. s. k.
Gothischer Sakramentsschrein, rechteckig, mit Durchsteckgitter, ohne künst-
lerischen Schmuck.
Von den Glocken trägt die grösste, vom J. i52i, die Inschrift: s. martinus
HEISCHEN ICH, TZO DEM DIENST GÖTZ LUDEN ICH, DEN DONRE VERDRIVEN ICH, lAN
VAN TRIER GOUS MICH ANNO DOMINI MOV^XKI.
Die zweite, vom J. i43o, wurde zuerst i757, dann abermals im J. i878 um-
gegossen.
Die dritte, im J. i75i umgegossen: nunc neonata Matthias sebastianus
DICOR, SUB QUIBUS PATRONIS RESONANS AURAS, TONITRUA PESTESQUE FUGO. ABBAS
MENGELBERG BENEDIXIT, LEGROS FECIT ANNO l75l.
HAUS HEISTERBACH. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt.,
I. Abschn. S. 296. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 7o. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 33.
Bereits im J. I237 erwarb die Abtei Heisterbach Grundstücke in Flerzheim, die
bis dahin Ritter Ingram von Bubenheim als Jülichsches Lehen besessen hatte (La-
comblet, UB. II, Nr. 21 7). Im J. i4o5 wurde Flerzheim, das Bestandteil der Herr-
schaft Tomberg war, an Heisterbach verkauft und gelangte dann unter kölnische
Hoheit. Im J. i473 verzichtet der Besitzer von Tomberg, Friedrich von Sombref,
auf Flerzheim (Lacomblet, UB. IV, Nr. 364). Die Abtei besass im Orte den Heister-
bacherhof und den Garienhof; dieser ist verschwunden, hingegen sind die aus dem
Anfang des 18. Jh. stammenden Gebäude des Hauses Heisterbach noch wohl er-
halten. Die französische Domänenverwaltung verkaufte den Hof an Herrn Leopold
Wolff, der noch im J. 1816 Eigentümer war. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr
Franz Josef Reuter.
Regelmässige, von Weihern umzogene Anlage.
Die vier Flügel des aus Backstein aufgeführten und nicht verputzten Baues
umschliessen einen regelmässigen, rechteckigen Binnenhof. Ein grosses, rundbogiges,
ehedem über eine Zugbrücke zugängliches Rustikaportal, mit dem Wappen der Abtei
Heisterbach im Schlufsstein, führt in den Thorweg, von dem aus man rechts durch
eine Thüre in die Kapelle gelangt. Der sieben Achsen zählende Ostflügel ist zwei-
geschossig, die in der Mittelachse gelegene Hauptthüre ist von zwei, auf hohen Sockeln
stehenden Freisäulen umrahmt, die einen Giebel tragen. In einer Nische darüber
eine Madonnenfigur. Die beiden Seitenthüren in der ersten und letzten Achse sind
mit Oberlichtem versehen.
Auch der südliche und der nördliche Flügel sind zweigeschossig angelegt und
zum Teil für Wohnzwecke eingerichtet. Am Südflügel in Eisenankem die Inschrift:
ANNO i7o8, am Nordflügel: anno i7i4 und auf dem Schlufssteine des Thorbogens
die beiden Chronika: erIt paCIfICa DoMVs (i7o8) und paCIfICa DoMVs fInI-
tVr Ix opere (i7i5). — Auf einer Glocke im Hofe die Jahreszahl 1U2.
Knthol.
Pfnt rkirche
AlUre
Kommuntonbank
Weihwasser-
kessel
Vortrngekrcuz
Sakraments-
schreit!
Glocken
Haus
Heisterbach
Geschichte
Beschreibung
239
32
KREIS RHEINBACH
Hmis
Hciiterbiich
Inneres
Der Westflügel zeigt auf dem Schlufestein des inneren Thorbogens ein geist-
liches Wappen (Anker mit Abtshut und Stab). Die Kapellenfenster sind oben und
unten oval abgerundet.
Im Inneren ist nur die ehemalige Kapelle, ein kleiner, von Gratgewölben über-
spannter Raum bemerkenswert. Flache Wandpilaster mit geschweiften Kapitalen
nehmen die Gurte der beiden Gewölbejoche auf. Der Chor schliesst mit drei Seiten
des Achtecks ab.
Die Einrichtung aus dem i8. Jh. ist ohne Wert.
FRITZDORF.
Römische
Strasse
Kpthol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Inneres
RÖMISCHE STRASSE. Der Mittelarm der Köln-Bingener Heerstrasse be-
rührte den Ort (ß. J. LXIII, S. i).
K AT H O LI S C H E P FA R R K I R C H E (s. t. ss. Georgii et Sebastiani). Binte-
RiM u. Mooren, E. K. I, S. 4o3 u. 4ii. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III,
I. Abt., I. Abschn. S. 232. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 572.
— Ders., Kant. Rheinbach S. io5.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Annales pastoratus de Fritzdorf, verfasst
vom Pastor Adam Schinck (i74i — 1762), mit dem J. 1292 beginnend. — Series pasto-
rum vom J. i33o an. — Stiftungsbuch vom J. i7o2. — Wirtschaftsbuch des Steinfelder
Klo.sterhofes, i8.Jh. — Fritzdorfer Hoffgeding, i8.Jh. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Im J. 1292 schenkte Robertus de Rosowa (?) der Abtei Steinfeld das Patronat
der Kirche von Fritzdorf (Hugo, Annales ordinis praemonstratens Sp. 87o). Dies ist die
älteste Erwähnung der Kirche, die im J. I295 der genannten Abtei inkorporiert wurde.
Kurz nach i3oo wird sie im über valoris genannt (Binterim u. Mooren, E. K. I,
S. 386). Der jetzige Kirchenbau wurde im J. i723 eingeweiht. Das Kollationsrecht
blieb bei der Abtei bis zum Anfange des Jahrhunderts (Dumont, Descriptio S. lo).
Einschiffiger unverputzter Backsteinbau mit vorgelegtem Westturm und poly-
gonalem über drei Seiten des Achtecks errichteten Chorschluss. Länge im Lichten
2i,4o m, Breite 8,8o m.
Der West türm ist aus Bruchstein erbaut und steigt in zwei Geschossen auf,
von denen das obere etwas zurücktritt. Die Westseite des von einem einfachen
Sockel umzogenen Untergeschosses ist von dem rundbogigen, von zwei Pilastem mit
schweren Voluten flankiertem Portal durchbrochen, über dessen flachem Gebälk ein
halbrunder Giebel angebracht ist. Darüber eine leere, rundbogig geschlossene Nische
mit der Inschrift: thomas zürn von fritzdorff. Im Schlufestein eine unleser-
liche, seltsam verschnörkelte Jahreszahl, vielleicht i772. In dem durch ein schwaches
Zwischengesims von dem Unterbau geschiedenen Glockengeschoss ist auf jeder Seite
ein Paar gekuppelter Rundbogenfenster in Trachytfassung angebracht. Den Abschluss
bildet ein achtseitiger geschieferter Helm.
Die Langhausmauem sind durch je fünf abgetreppte Strebepfeiler verstärkt, um
die sich der aus Haustein gebildete, zum Teil verputzte Sockel herumzieht. Zwischen
den Strebepfeilern öffnen sich auf jeder Seite vier grosse, in Trachyt gefasste Rund-
bogenfenster. Auch an den Ecken des polygonalen Chores sind Strebepfeiler ange-
ordnet. Die viereckige Sakristei liegt in der Achse des Baues.
Das Innere des Langhauses umfasst drei sehr gestreckte Gratgewölbe, da-
zwischen Gurte, die auf schwache Kämpfer auflaufen. Unterhalb der Fenster befinden
24o
GROSS - BÜLLESHEIM
33
Kathol.
Pfarrkirche
Hochahnr
Tau£itein
Glocken
sich grosse von Segmentbogen geschlossene Blenden. Der ebenfalls gewölbte Chor
besteht aus einem rechteckigen Joche und dem auf breit abgefasten Graten gewölb-
ten Chorschlusse.
Der Hochaltar, ein figurenreicher Säulenaufbau des i8. Jh., nimmt mit seinen
Seitenteilen die ganze Chorbreite ein. In der Mitte die Madonna mit vier Engeln,
an den Seiten sechs Heilige.
Romanischer Taufstein, Basaltlava, 79 cm hoch. Das schwerfällige, sich nach
oben erweiternde Becken von i m Durchmesser, ruht unmittelbar auf der Fussplatte.
Die Glocken (von i532, i649 und i724) tragen folgende Inschriften:
1. SANT GORRICH HEIS ICH, IN CODES ERE LUDE ICH, BOES VE DER VERDRIFEX
ICH. PETER VAN ECHTERNACH UN lOHAN VAN ANDERNACH GOSSEN MICH 1 532.
2. ORA PRO NOBIS, SANCTISSIMA MARIA. CLAUDIUS LAMERAL ME FECIT ANNO l649.
3. IHESUS MARIA HEISZ ICH, IN GODES ERE LUD ICH. PETER ECHTERNACH GOS
MICH l724.
BURG HAUS. Grimm, Weistümer II, S. 649. — Schannat-Baersch, Eifiia
illustrata III, i. Abt., i. Ab.schn. S. 232. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius
3. Abt XII, S. 572. — Ders., Kant. Rheinbach S. io5.
Die Burg besassen im i4. und i5. Jh. die Ruimschüttel von Fritzdorf Nach
dem Weistum vom J. i5i5 gehörte Fritzdorf damals der Elisabeth von Gymnich, Frau
zu Bornheim (Grimm a. a. O. S. 649). Vom J. i669 — 1774 hatten es pfandweise die
Grafen von der Leyen. Deren Wappen trägt auch das aus dem Anfange des i8. Jh.
stammende Burghaus. Die gegenwärtige Eigentümerin ist Frau Gräfin Klotilde von Loe.
Das fünf Achsen breite, aus Erd- und Obergeschoss bestehende Wohnhaus ist Beschreibung
aus Bruch- und Backstein erbaut und liegt unter einem geschieferten Mansardendach.
Die rechteckigen Fenster und Thüren sind in Trachyt gefasst. Das Hofthor zur linken
Seite dieses Gebäudes ist ebenfalls aus Trachyt; es ist von zwei einfachen Pilastern
umrahmt und zeigt im Schlufsstein das von der Leyensche Wappen. Daran schliesst
sich links, im rechten Winkel gebrochen, ein Nebengebäude. Auch sonst noch ver-
schiedene Mauerreste.
Burghaus
Geschichte
GROSS-BÜLLESHEIM.
RÖMISCHE STRASSEN. Ein römischer Weg, der von Antweiler nach
Wesseling an den Rhein führte, berührte auch Gross-Büllesheim (B. J. LXVII, S, 2 5).
Eine Seitenstrasse verband Niederzier über Sievernich und Gross-Büllesheim mit
Essig (B. J. LXXVIII, S. 3).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Michaelis archangeli). Bin-
TERiM u. Mooren, E. K. I, S. 364. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III,
I. Abt., I. Abschn. S. 262. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. 95. — Ders., Kant. Rheinbach S. i4.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden und Akten vom J. i55o bis
i753, darunter Visitationsberichte aus den J. i698 u. i73i. — Vgl. weiter Tille,
Übersicht.
Bereits die Urkunde Lothars II. vom J. 856 nennt eine villa des Namens
Bullengesheim mit einer Kapelle (M Rh. U B. I, Nr. 93). In dem Kommentar, den
Cäsarius von Heisterbach im J. 1222 zu dem Prümer Güterverzeichnis vom J. 893
anfertigte, wird die BüUesheimer Kirche unter denen genannt, deren Patronat der
8
24 I
Römische
Strnsien
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
34
KREIS RHETNBACH
KathoL
Pfarrkircke
Beschreibimf
Innere«
Tauiitein
Chorge«t&hl
Glocke
Burg
Geschichte
Graf von Seyn von der Abtei Prüm erhalten hatte (M Rh. U B. I, Nr. i35, S. 189 Anm.).
Auch im über valoris (nach i3oo) ist die Kirche angeführt (Binterim u. Mooren,
E. K- I, S. 348). Der gegenwärtig noch stehende Bau ist in seinem Kerne romanisch,
hat jedoch Welfache durchgreifende Veränderungen erfahren. Im J. 1 74o b^ann durch
die Erben von Quadt als Inhaber des grossen Zehnten der Neubau des Kirchen-
schifies. Im J. i743 kam zwischen dem Pastor und dem Burgherrn von Quadt nach
langem Streit ein Vergleich über die Ein Wölbung des Schiffes zustande. In der 2. H.
des 18. Jh. «iirden die „Appendices" und der Chor, im J. i789 abermals die „Appen-
dices" repariert Das Kollationsrecht hatten damals die Herren der Burg (Dumont,
Descriptio S. 6). Der Chor erhielt im J. 181 2 seine gegenwärtige Gestalt. Im J. i885
sind die alten Seitens« hiff^e abs^ebrochen und durch neue breitere, aus Ziegelstein er-
baute ersetzt worden.
Dreischiffiger Bruchsteinbau mit einbezogenem Westturm und polygonalem Cbor-
schluss. Länge im Lichten i9,2o m, Breite i5 m.
Der schlichte, verputzte Bruchsteinturm (Fig. 9) ist ganz ohne Gliederung. Die
Glockenstubc öffnet sich nach jeder Seite mit einem Paar rundbogiger Fenster. Der
arhtseitige Helm ist geschiefert.
Das Langhaus ist gleichfalls verputzt. Das Hauptschiff" liegt unter einem Sattel-
dach, seine Oberfenster sind rundbogig.
Die Seitenschiffe sind modern.
An dem von drei Seiten des Achtecks geschlossenen Chore das Chronikon
LaVDent ILLVM CoeLI et terra. Ps. 68. v. 39 (181 2 .
Im Inneren ist die Turmhalle in der Tonne gewölbt Ein gedrückter Rund-
bogen gewährt Zutritt in das Schiff". Die Obermauem ruhen auf einfachen recht-
eckigen, an den Ecken abgefasten Pfeilern, die durch schwere nindbogige Arkaden
mit einander verbunden sind. Das aus der Mitte des 18. Jh. stammende Holzgewölbe
umfasst vier gestreckte Joche; die Quer- und Diagonalrippen laufen auf breite recht-
eckige Konsolen von geschwungenem Profil auf (Fig. 9).
Von der Ausstattung sind einige Stücke bemerkenswert:
Der Taufstein, 1,18 m hoch, aus Basaltlava (Fig. 9). Über der achteckigen,
eigentümlich geformten Basis erhebt sich der gänzlich erneuerte Fuss und über diesem
das kreisförmige Becken, das an der Vorderseite ein geistliches Wappen trägt
Chorgestühl des 16. Jh., in manchen Einzelheiten merkwürdig an frühgothische
Arbeiten mahnend (Fig. 9). Zwei Dreisitze und zwei Doppelsitze. An den Wangen
figürliche Schnitzereien: Tiere, Menschenleiber, Masken, Missgestalten.
Glocke vom J. i544 mit der Inschrift: Michael heissen ich, zo gotz deinst
ROEFEN ICH, BLIX, DONNER VERDREVEN ICH. lOHAN VAN COLLEN GUUS MICH 1 544.
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt, i. Abschn. S. 261.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt XII, S. 96. — Ders., Kant Rhein-
bach S. i3.
Abbildung. Eine alte Ansicht der Burg im Cod. germ. Nr. 2635 der Münchener
Staatsbibliothek: Gülische Beschreibung, Welcher gestalt dieselbe zum Fürstenthumb
ist erhoben worden (i723).
Im J. i396 verkaufte Johann, Herr zu Daun, sein Dorf Büllesheim an Heinrich
von Büllesheim (Schannat-Baersch a. a. O. S. 261). Im i5. Jh. gehörte es den von
Spies, die sich auch nach dem Orte nannten (Fahne, Geschichte der kölnischen Ge-
schlechter I, S. 4o7). In einer Urkunde vom J. i52i wird indessen bereits Johann
Nesselrode, der den Besitz durch Heirat mit Friederika Spies erworben hatte, als Herr
242
«ROSS - BÜLLESHEIM
35
Kathol.
Pfarrkirche
ßmt
i "'"^ ^iWMiin
ri^^
Fig. 9. Qross-BUllesheim. Katholische Pfarrkirche. Ansicht, Gewölbeansatz, Taufstein und Chorgestühl.
243
36
KREIS RHEINBACH
Rurs von Büllesheim genannt (Gräflich von Mirbachsches Familienarchiv zu HarfF; vgl.
Ann. h. V. N. LVII, S. 2 So). Durch dessen Tochter Maria gelangte die Burg an
Johann von Flodorp; seine Erbin Barbara brachte sie am Ausgange des 16. Jh. an
Wilhelm von Quadt zu Wickrath. In dieser Familie blieb die Burg, bis sie im J. i752
an die von Glasenap kam. Im J. i76o gelangte sie an die von Raesfeld, im J. i775
an die von Brempt. Das Eigentum ist seit i867 zwischen Herrn Peter Nettekoven
und den Geschwistern Nettekoven geteilt.
Bcschreibuog Viereckige, im J. 1886 fast ganz erneuerte Anlage.
Die oben angeführte Abbildung zeigt eine unregelmässige, ganz von Weihern
umzogene Anlage. Das Herrenhaus liegt ganz abgesondert, es besteht aus zwei
parallelen Flügeln mit Satteldächern und Treppengiebeln. An den Ecken sind kleine
zierliche Erker angebracht. Die Wirtschaftsgebäude bilden eine dreiflügelige Gruppe
mit einer Thorburg und drei runden Ecktürmen.
Von all dem ist gegenwärtig kaum noch etwas vorhanden. Bemerkenswert ist
an dem ganz schlichten, aus dem 18. Jh. stammenden Wohnhause nur die sehr zier-
liche Holzgallerie an der Hofseite. Sie ist überdacht, ihre Korbbogen ruhen auf ge-
schnitzten Stützen. Auch die Dachfenster sind in ähnlicher Weise aus Holz hergestellt.
Die Thorburg, vielleicht noch die auf der obigen Zeichnung dargestellte, ist
ebenfalls ein ganz schlichter .Bau. Die Durchfahrt, die sich nach beiden Seiten in
runden Bogen öffnet, ist flach gedeckt. An den Seiten sind Nischen mit segment-
bogenförmigem Schlass angeordnet. Der Oberbau, der ein paar ganz kleine Fenster
zeigt, ist mit einem geschieferten Zeltdach abgedeckt.
HEIMERZHEIM a. d Swist
Römtfche
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
RÖMISCHE FUNDE. Bei Heiraerzheim fanden sich Spuren einer von
Rheinbach gegen Weilerswist und Liblar führenden Strasse (B. J. LXXIX, S. 20).
Beträchtliche Mengen römischen Gusswerkes, wahrscheinlich vom Eifelkanal stammend,
wurden zum Baue des Klosters Schillingskapellen verwendet. Ebendaselbst ein kleiner
TufFsteinsarkophag. Über den „eisernen Mann", eine 1,21 m hoch aus dem Boden
ragende, 10 X 20 cm dicke Metallstange, die vielleicht als Grenzzeichen diente, vgl.
EiCK, Die römische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln S. 126 und Maassen in
den Ann. h. V. N. XXXVH, S. 49.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Cuniberti). Schannat-
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 281. — v. Stramberg, Kant.
Rheinbach S. 9o. — Die Heimat i877, S. ii9.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Verzeichnis der älteren Urkunden, die
Burg Kriegshoven betreffend, von i634 an. — Repertorium über die Dokumente im
Archiv des Klosters Schillingskapellen von 11 98 — i7o7. — Verzeichnis der Gutthäter
des Klosters Schillingskapellen. — Visitationsberichte und Kirchenprötokolle, 18. Jh.
— Buch der Bruderschaft S. Sebastiani von i699, mit Namensverzeichnis seit i55o.
— Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Die älteste Nachricht über Heimerzheim enthält eine Urkunde des Erzbischofs
Anno II. von Köln vom J. io74 (Lacomblet, UB. I, Nr. 218), die von der Über-
weisung eines Zehnten „in Heimvordeschem" an das Kunibertstift berichtet. Der Ort
hatte zu dieser Zeit schon eine gewisse Bedeutung erlangt, denn bereits zum J. 1081
meldet eine Urkunde des Erzbischofs Sigewin die Einweihung der auf dem Grunde
244
J
HEIMERZH£IM
37
des genannten Stiftes erbauten Kirche und zugleich ihre Erhebung zur Pfarrkirche
(Lacomblet, UB. I, Nr. 23 1). Das Kollationsrecht blieb bis zur Säkularisation beim
Kunibertstifte (Dumont, Descriptio S. 12). Die alte Kirche wurde in den J. i846 bis
i847 abgebrochen und durch einen nach Plänen des Dombaumeisters Zwimer errich-
teten Neubau ersetzt
Die Ausstattung ist modern.
Aus der alten Kirche stammt der Grabstein des Kaspar Anton v. d. Heiden
genannt Belderbusch (t i784) mit dem Wappen des Verstorbenen und der folgenden
Inschrift :
CASPAR ANTONIUS VAN DER HEIDEN DICTUS BELDERBUSCH, S. R. I. COMES, ORDINIS
THEUTONICI E. BALLIVIATUS BELGICI ARCHICOMMENDATOR, COMMENDATOR TRAIECTI
AD MOSELLAM ET VET. lUNCIS, lOSEPHI II. AUGUSTI CONSILIARIUS INTIMUS, MAXIMILIANI
FRIDERICI ELECTORIS COLONIENSIS MINISTER STATUS, SUPP. PATR. ET AULAE PRAE-
FECTUS AC PRIMUS REI AEDILITARIAE COMMISSARIUS, OBIIT IV. NONIS lANUARIS HICQUE
SEPULTUS EST VII. IDIBUS lANUARIS ANNO CHRISTI MDCCLXXXIV. R. I. P.
Die Inschriften der Glocken von 161 1 und i654 haben folgenden Wortlaut:
1. IHESUS HEISCHEN ICH, ZOM DEINST GOTTES ROFFEN ICH, DIE DEODEN (so)
BEKLAGEN ICH, DU SUNDER BEKIR DICH. KERSTGEN VON ONCKEL GAUSS MICH ANNO
161 1. REINERT WALBRÜL SCHULTES. WILHELM PASTOR. DERICH VILTZ EWALT OFER-
MAN. PETTER PELZER, HEINRICH WIRT, HEINRICH MÜLER, HERMAN FREIT PAILSE.
2. FUSA FUI IN BONNA DI VI CUNIBERTI IN HONOREM. INVITO VIVOS ET, QUI
OBIERE, PIOS. ANNO l654.
SCHILLINGSKAPELLEN. Hugo, Sacri et canonici ordinis Praemonstra-
tensis annales I, Sp. 457. — Historischer Bericht des wunderthätigen Bild Maria in
dem Adlichen Frauen kloster Schilling- Kapellen, i76o. — Bericht von dem Marienbild
in dem Adel. Fra wen- Kloster Schillings-Capelle, sampt Verzeichnis der Reliquien, so
aus dem h. Land von dem Ritter W. Schillings zu Bomheim dorthin gebracht, i76i.
— Geschichte von dem wunderthätigen Bild der Allerseligsteri Jungfrau und Mutter
Gottes Maria in dem Adlichen Frawen Kloster zu Schillings Capellen, i779. — Wasmer,
Das siebenhundertjährige Jubiläum der Auffindung des Gnadenbildes Maria Rosen in
der Pfarrkirche zu Buschhoven im J. i89o, Bonn i89o. — Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 98. — V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IX, S. 88.
— Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 2 79. — v. Stram-
BERG, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 1 10. — Ders., Kant. Rheinbach S. 87.
— Merlo, Das Frauenkloster zu Schillingskapellen in den Ann. h. V. N. XXXII,
S. i33. — ScHORN, Eiflia sacra II. S. 497.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv zu Buschhoven: Vgl. oben S. 20.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: i7i Urkunden von ii97 — 1675. — Unter
den Akten Visitationsberichte von i579. — Vgl. weiter Ilgen, Rheinisches Archiv S. I23.
Im Stadtarchiv zu Köln: Urkunde von I23i.
Das Kloster Schillingskapellen ist eine Gründung des Ritters Wilhelm Schilling.
Im J. II 9o, so berichtet ein allerdings aus viel späterer Zeit stammendes Gedicht,
sei er auf der Jagd durch das Bellen seiner Hunde an eine Hecke geführt worden,
in der zwischen zwei brennenden Kerzen ein Madonnenbild gestanden habe. An
dieser Stelle sei zunächst eine Kapelle und, nachdem der Ritter von einer Fahrt ins
heilige Land zurückgekehrt war, eine Kirche erbaut worden. Eine Urkunde vom
J. II 97 berichtet von der Stiftung des Klosters, das der Prämonstratenserabtei zu
Floreffe an der Sambre unterworfen wurde und für vierzig Nonnen bestimmt war
(Lacomblet, UB. I, Nr. 557). Gegen Ende des i3. Jh. scheint es dem Patronat des
Kathol.
Pfarrkirche
Gr«b«ieiii
Glocken
Schillings,
kapellen
Geschichte
245
38
KREIS RHEIXBACH
SchilUngt
kmpellen
Beschreibung
Abtes von Floreffe entzogen worden zu sein (Hugo a. a. O. I, Sp. 46o). Es gehörte
dann dem Augustinerorden an. Die Klostergebäude stammen grossenteils noch aus
der Stiftungszeit. Im 1 8. Jh. wurden im Westflügel verschiedene Um- und Einbauten
vorgenommen. Infolge der Säkularisation wurden die Gebäude und der Grundbesitz
verkauft. Die Kirche Hess der neue Eigentümer, Herr von Bury, abbrechen. Die
übrigen Gebäude wurden teils für Wohnzwecke, teils für landwirtschaftliche Zwecke
umgestaltet. Von ihm erwarb den Besitz ein Herr Tenne, von diesem Freiherr von
Boeselager. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Freiherr Philipp von Boeselager.
Über die bauliche Gestaltung der in ihrem ganzen Umfange von einer Bruch-
steinmauer umzogenen Klosteranlage giebt uns wahrscheinlich das Gemälde, das eine
Wand des Mittelraumes im Westflügel bedeckt, Auskunft. Es zeigt im Vordergrunde
der sehr ansehnlichen Gebäudegruppen, die beiläufig mit dem gegenwärtigen Bestände
übereinstimmen, einen stattlichen dreischiffigen Kirchenbau des 12. Jh. Der schlanke
Turm erhob sich nicht vor der Mitte der Westfront, sondern vor dem nördlichen
Seitenschiffe. Sein zweites Geschoss öffnete sich mit zwei Bögen, das dritte mit Rund-
bogenfenstern; dem Dachhelm waren vier dreieckige Giebelaufsätze vorgesetzt. Die
Kirche selbst, ein basilikaler Bau, scheint für ihre Breite sehr hoch gewesen zu sein.
Nach Osten ist nur ein apsidenförmig geschlossener Chor sichtbar.
Wiewohl diese Darstellung in vielen Punkten mit der Wirklichkeit überein-
stimmt, so ist doch nicht sicher, dass sie sich wirklich auf Schillingskapellen bezieht.
Gegenwärtig betritt man den ummauerten Bezirk (Situationsskizze und Grund-
riss Fig. 10) durch ein rundbogiges Thor, neben dem sich eine kleinere, im Spitzbogen
geschlossene Thüre mit einem Wulst im Scheitel des Bogens öffnet. Nahe dem Thore
liegt — ausser einigen Fachwerkhütten — ein kleiner rechteckiger Bau, die Mühle,
aus grossen Gusswerkblöcken und Bruchstein bestehend, mit unregelmässigen, vielfach
veränderten Fenstern und einem geschieferten Mansardendach. Sie gehört in ihrer
gegenwärtigen Gestalt dem 1 8. Jh. an.
Durch ein zweites Thor betritt man den rechteckigen Wirtschaftshof, das
Quadrum des ehemaligen Klosters, von dessen aus romanischer Zeit stammenden Ge-
bäuden trotz mannigfachen Umgestaltungen noch erhebliche Reste zu erkennen sind,
Klosterkirche An der Eiugangsseite lag die aus Tuffstein erbaute Klosterkirche, von der nur die
nördliche Langmauer in der Höhe von 3 — 4 m und die Umfassungsmauer des halb-
kreisförmigen Chores, der an der Innenseite zwei kleine Nischen zeigt, erhalten sind.
Auch eine zweite kleinere Apsis, mit der das nördliche Seitenschiff" endigte, ist
noch deutlich wahrzunehmen. Ihr entsprach an der Südseite wahrscheinlich eine
zweite Nebenapsis (die auf dem Grundriss Fig. 10 punktiert eingezeichneten Mauer-
teile sind in Wirklichkeit nicht mehr vorhanden). Die aus dem Westflügel der Kloster-
gebäude heraustretenden Pfeiler bezeichnen die Ansatzstellen der Hauptschiffhaauem
und der südlichen Langmauer.
Westlich der Kirche liegt ein rechteckiger Raum, der in späterer Zeit als Ka-
pelle gedient hat und auf dem Grundrisse auch als Kapelle bezeichnet ist. Die flache,
stuckierte Decke ruht auf vier Holzsäulen. Der Raum stand ursprünglich wahrschein-
lich durch eine Bogenöffhung mit der Kirche in Verbindung. Auf dem Boden noch
Reste eines alten, gemusterten Plattenbelags. Nach Wasmer a. a. O. S. 20 war hier auf
einem Balken die (vermutlich aus dem 1 8. Jh. stammende) Inschrift angebracht : in
HOC LOGO GENEROSUS DOMINUS WILHELM SCHILLING DE BUSCHFELD, MILES ET DOMI-
NUS IN BORNHEIM, FUNDATOR HUIUS MONASTERII STATUAM BEATAE MARIAE VIRGINIS
INVENIT.
246
HEIMERZHEIM
39
Südlich grenzt an diesen Raum ein langgestrecktes Gelass, das die Fortsetzung des Schi Hingt,
südlichen Seitenschiffes der Kirche gebildet haben mag. Die Westseite des Hofes wird Kios^rrgebäud.:
von einem langgestreckten Gebäude eingenommen, das in seinen wesentlichen Teilen
noch dem 12. Jh. angehört. Hier waren einst Wohn- und Speicherräume, jetzt enthält
der Flügel Wohnungen und Stallungen. An der Hofseite lag der Kreuzgang, von dem
noch acht grosse Blendbogen erhalten sind, in denen je vier kleinere Bogen, die ver-
mutlich ähnlich wie etwa in Brauweiler auf Säulen aufliefen, erkennbar sind. In
jüngerer Zeit — etwa im 1 7. Jh. — wurde die Westmauer in südlicher Richtung durch
einen Anbau aus Bruchstein verlängert. Die südwestliche Ecke wurde durch einen
kleinen aus Bruchstein auf viereckigem Grundriss errichteten Eckturm verstärkt, der
mit einer barocken Schieferhaube abgedeckt ist. Im i9. Jh. wurden die Bögen des
Fig. 10. Heimerzheim. Kloster Schillingtkapellen. Sttuationsskizie und Grundriss.
Kreuzganges mit Backstein vermauert und der Gebäudeflügel in seiner ganzen Breite
bis an den Turm verlängert. Die Mitte nimmt ein saalartiger Raum ein, dessen
Wände mit grossen auf Leinwand gemalten Bildern bedeckt sind. Sie sind in so
schlechtem Zustande, dass nur auf zweien von ihnen die Darstellungen zu erkennen
sind: Röttgen und wahrscheinlich, wie oben ausgeführt ist, Schillingskapellen. Das
Obergeschoss hat rechteckige Holzfenster. Das sattelförmige Dach ist geschiefert.
Auch der Ostflügel des Quadrums stammt noch aus romanischer Zeit. Die
Mauern bestehen aus Tuff", Bruchstein und römischem Gusswerk. Vor einer Reihe von
Jahren wurden sie um einige Meter niedriger gemacht. Das Innere, das angeblich
früher das Refektorium enthielt, dient gegenwärtig als Kuhstall. Von einem Kreuz-
gange ist auf dieser Seite keine Spur mehr vorhanden. An der Südseite der Kirche
zog sich wahrscheinlich ebenfalls ein Kreuzgangflügel entlang; darauf deutet eine an der
Ostmauer noch sichtbare Gewölbekonsole. Desgleichen bestand sehr wahrscheinlich an
247
4o
KREIS RHEINBACH
Schillings-
kapellen
Ausstmiung
•Burg
der gegenüberliegenden Seite des Hofes ein Verbindungsflügel. Die gegenwärtig etwas
weiter südlich den Hof begrenzenden Stallungen gehören wohl der neuesten Zeit an.
Sie wurden mit Benutzung der alten Umfassungsmauer erbaut.
An den Osttrakt grenzt ein modernes Ökonomiegebäude. Weiter östlich ein
einfaches, ebenfalls Ökonomiezwecken dienendes Gebäude, das in seinen unteren
Teilen aus Gusswerk und Tuffstein besteht.
Über die aus Schillingskapellen stammende Madonna s. oben unter Buschhoven.
Die sehr dürftige innere Einrichtung ist modern. Aus dem 18. Jh. stammen
eine Anzahl Porträts, ein Marmorkamin, eine Hulztreppe und eine Thüre mit ge-
schnitzten Füllungen.
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata HI, i. Abt., i. Abschn. S. 2 75.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. Ii4. — Ders., Kant.
Rheinbach S. 87. — Duncker, Rheinlands Schlösser und Burgen (mit Abb.) —
Grimm, Weistümer II, S. 21 7.,
ij / >■ .•..tp,,.,;,_^
Ty/-
Pig. 11. Heimerxheim. Situationsplan der Burg.
Getchichte Im J. i355 gab Kaiser Karl IV. die villa Hemersheim up der Czwisten dem
kölnischen Erzbischof Wilhelm von Gennep. Fünf Jahre darauf erkannte der Mar-
schall Johann von Alfter, sein Sohn und seine Gattin die vom Deutschordenshause
gekaufte Burg „mit vurburge, mit tornen, mit portzen, mit muren, mit graven" als
Oflcnhaus und Mannlehen des Erzstiftes Köln an (Lacomblet, U B. III, Nr. 600).
Nach dem aus dem i5. Jh. stammenden Heimerzheimer Weistum (Grimm a. a. O.
S. 7i9) trug damals Johann von Belle die Burg zu Lehen. Im J. i529 finden wir
Wilhelm von der Horst als Lehensträger. Im i7. und 18. Jh. folgen den von der Horst
die von Meinertzhagen, diesen wiederum die von Quentel. Im J. i773 erwarb Frei-
herr Maximilian von der Heiden, genannt Belderbusch, die Burg. Durch Erbschaft
kam sie im i9. Jh. in den Besitz des Freiherrn Karl von Boeselager-Heessen, dessen
Familie sie noch heute gehört. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Freiherr Philipp
von Boeselager.
Beschreibung Urkundliche Nachrichten über die Entstehung der Burggebäude fehlen. Wahr-
scheinlich gehören sie dem Ausgange des i5. oder dem 16. Jh. an. Im 16. Jh. scheinen
248
HEIMERZHEIM
4l
vielfache Veränderungen daran vorgenommen worden zu sein. Die Kapelle erhielt Burg
ihre Gewölbe am Ende des i7. oder Anfang des i8. Jh.
Die Burg, die ganz von Weihern umzogen ist, besteht aus zwei von einander
durch einen Querarm des Weihers getrennten Gebäudegruppen (Situationsskizze
Fig. II ), die mit ihren Erkern, Türmen und Treppengiebeln einen sehr stattlichen
Gesamteindruck hervorrufen. Das Mauerwerk besteht fast durchweg aus Backstein.
Die Wohngebäude (Ansicht Fig. 12) umgeben den nach aussen geöffneten Herrenhuu«
Hof A in Hufeisenform. Die beiden ungleich breiten Vorderflügel, die aus Erd- und
Obergeschoss bestehen, zeigen steile, abgetreppte Giebel. Die Fenster haben Haustein-
fassung. Die sattelförmigen Dächer sind mit Pfannen abgedeckt. Der zwischen ihnen
füt^^^y'f
Fig. 12. Heimersheim. Dns Herrenhnut der Burg.
liegende Mitteltrakt jst drei Achsen breit. In der ersten Achse liegt der zu den
Wirtschaftsgebäuden führende Thorweg, der in der Tonne gewölbt ist.
An der Nordfront (Fig. 1 2) erscheint zwischen zwei steilen Treppengiebeln
gleichfalls der Mitteltrakt, dessen beide Geschosse durch grosse rechteckige, nicht ganz
regelmässig verteilte Fenster geöffnet sind. Das rundbogige Portal hat eine recht-
winkelige Rustika -Umrahmung und darüber einen flachen Dreieckgiebel, der ehedem
ein Wappen enthielt. Der westliche der beiden Giebel enthält drei ovale Öffnungen.
Die Westfront zeigt dicht neben einander zwei kurze, im rechten Winkel auf
den westlichen Haupttrakt stossende Flügel mit steilen Treppengiebeln und grossen
regelmässigen Fensteröffnungen. In der nordwestlichen Ecke ein nicht heraustretender
Turm, der von einem flachen vierseitigen Zeltdach überdeckt ist.
Im Inneren enthält das Herrenhaus stattliche Räume. Das alte Mobiliar be-
findet sich in Bonn, in dem vom Eigentümer bewohnten Belderbuscher Hof, Burg-
249
42
KREIS RHEINBACH
Burg
Wirttchafu-
gebäude
Strasse 2. Im Mitteltrakt ein schmiedeeisernes Treppengeländer vom J. i773. Im Eck-
turm eine kleine Kapelle, von einem vierteiligen Gratgewöbe überspannt. An den Kon-
solen das Meinerzhagen -Quentelsche Wappen.
Die Wirtschaftsgebäude, die über zwei Bogenbrück en zugänglich sind, um-
^ schliesseu einen viereckigen
Hof B. Sie bestehen aus
Backstein und sind nicht
verputzt Der interessanteste
Teil ist die Thorburg in der
Mitte der Nordseite (Fig. i3).
Der gefällige, zweigeschossige
Bau, zu dem ursprünglich
eine Zugbrücke führte, tritt
kräftig aus der Mauerflucht
der Wirtschaftsgebäude her-
aus, die er auch beträchtlich
an Höhe überragt. An den
Seiten zeigen sich zwei ab-
getreppte Giebel. Der flach-
gedeckte Thorweg öffnet
sich nach beiden Seiten mit
spitzen Bogen. Der äussere,
aus Haustein gefertigt, liegt
in einer flachen Blende, über
der eine tiefe Nische ange-
bracht ist. Im Obergeschoss
sind zwei grosse rechteckige,
durch Horizontalbalken ge-
teilte Fenster mit Haustein-
gewänden angeordnet. Zahl-
reiche schlüssellochförmige
Schiefsscharten ermöglichten
die Bestreichung des Zu-
gangs und der Gräben. Über
dem Dachansatze tritt auf
Konsolen ein zierlicher Sand-
steinausbau vor. Sein unterer
Teil zeigt drei quadratische
vertiefte Felder, deren mitt-
leres ein Wappen enthielt.
Der obere Teil weist ein
vierteiliges Fenster mit Hori-
zontal- und Vertikal balken
und darüber einen flachen Dreieckgiebel auf — An der Westseite ein Abtritt auf zwei
Kragsteinen.
Die zu beiden Seiten anschliessenden Flügel der Wirtschaftsgebäude, die von
Pfannendächem überdeckt sind, zeigen ebenfalls zahlreiche Schiefsscharten. An den
Ecken zwei viereckige Backsteintürme mit Schiefsscharten und haubenfönnigen Schiefer-
Fig. 13. Heimerzheim. Thorburg der Heimersheimer Burg.
260
HEIMERZHEIM
43
dächern. Der Ost- und der Westflügel der Wirtschaftsgebäude haben gegen das
Herrenhaus zu einfache, geschwungene Giebel. An der Hofseite ziehen sich in der
Höhe des ersten Geschosses einfache Holzgallerien entlang.
BURG KRIEGSHOVEN. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata HI, i. Abt.,
I. Abschn. S. 279. — v. Stramberg, Rheinischer Äntiquarius 3. Abt. XIH, S. 128. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 89. — Duncker, Rheinlands Schlösser und Burgen (mit
Abb.). — Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter XI, S. 121.
Handschriftl. Qu. Im Gräflich von Mirbachschen Familienarchiv zu Harff:
Urk. vom J. i537 (vgl. Ann. h. V. N. LVII, S. 269). — Weitere Quellen vgl. oben S. 36.
Im J. i332 belehnte Walram, Erzbischof von Köln den Ritter Gerhart von
Kirspenich mit dem Hause Kriegshoven. Einen Teil davon erhielt bei einer Erb-
ßurg
Burg
Kriegshoven
Geschichte
Fig. 14. Heimerzheim. Burg Kriegshoven. Herrenhaus.
teilung im J. i374 Arnold Boyve von Vunfselden; dieser scheint den Miterben ihre
Anteile abgekauft zu haben. Durch seine Tochter Paitze kam Kriegshoven im J. i424
an den Junker Otto von Metternich. In seiner Familie blieb der Besitz, bis im J. i654
der kurfürstliche Kanzler Peter Buschman die Belehnung erhielt. Im J. i674 gelangte
das Gut durch Heirat an Johann Peter von Beywegh, von dessen Nachkommen es
im J. i847 der Freiherr von Carnap - Bornheim kaufte. Seit dem J. 1868 ist Herr
Emil Wülfing Eigentümer.
Die Burg Kriegshoven hat ihre gegenwärtige Gestalt erst in den J. 1868 u. i869 Beschreibung
erhalten. Die bei Duncker (a. a. O.) gegebene, angeblich nach einer öriginalauf-
nahme hergestellte Abbildung zeigt ein wesentlich anderes Bild. Danach würde der
Bau etwa aus dem 16. Jh. stammen. Die genannte Abbildung zeigt eine unsym-
metrische Anlage von sehr stattlichem Gesamteindruck. Das Herrenhaus besteht aus
25l
44 KREIS RHEINBACH
Burg zwei im rechten Winkel aufeinander stossenden Flügeln, deren jeder zwei Geschosse mit
riegi oren g^^gg^j^ rechteckigen Fenstern umfasst. Die beiden freiliegenden Giebel sind abge-
treppt, die Dächer mit Schiefer abgedeckt. Im Winkel zwischen den beiden Trakten
erhebt sich ein hoher achteckiger Treppenturm mit spitzbogigen Fenstern, kräftigen Stock-
werkgesimsen und einer barocken, haubenförmign Abdeckung. Auf der Duncker sehen
Abbildung grenzt an diesen Hauptbau eine niedrige Kapelle mit Spitzbogen fenstem
und Rundbogenfries. Über dem Ansatz des abgewalmten Daches ist eine gezinnte
Aufmauerung sichtbar, Links davon erscheint auf einem kreisförmigen, ebenfalls mit
Rundbogenfries und gezinnter Brüstung versehenen Ausbau ein Rundturm mit un-
regelmässig verteilten, spitzbogigen und rechteckigen Fenstem, der mit einem vorge-
kragten Rundbogenfries und einem Zinnenkranz flach endigt. Dieser Turm ist nie
vorhanden und auch nie geplant gewesen. Überhaupt hat die Abbildung einen sehr
romantischen Charakter; auch viele Einzelheiten sehen durchaus erfunden aus.
Mehrere in dem neuen Flügel wieder zur Verwendung gelangte Teile spät-
gothischen Masswerkes lassen es als möglich erscheinen, dass der alte Bau thatsäch-
lich dem i6. Jh. angehörte. Peter Buschman soll ihn im J. i658 erneuert haben. In
den J. 1868 u. i869 wurde die Burg, die gegenwärtig den Eindruck eines aus dem
1 8. Jh. stammenden Baues macht, einer durchgreifenden Restauration und Erweiterung
nach Plänen des Grafen Mömer unterzogen. Das Hauptgebäude wurde symmetrisch
zu einer dreiflügeligen Anlage ausgebaut, dem alten Treppenturm entspricht in dem
gegenüberliegenden Innenwinkel ein neuer. Auch die Einzelheiten wurden dem ent-
sprechend verändert.
In seiner jetzigen Form ist das Herrenhaus eine ganz regelmässige, hufeisen-
förmige Anlage (Ansicht Fig. i4). Sie besteht aus einem Mitteltrakt, auf den die
zwei Seitenflügel im rechten Winkel stossen. Die Seitenflügel sind zweigeschossig und
zweiachsig und zeigen nach der Vorderseite abgetreppte Volutengiebel mit einer
Pilastergliederung. Die Fenster sind rechteckig.
Ein ähnlicher Giebel ist auch an der Aussenseite, sowie über der Mitte des
Verbindungsflügels angeordnet, dem eine Vorhalle vorgelegt ist. Ähnliche Aufsätze
und Giebel zeigt ferner auch die gegen den Garten gekehrte Rückseite, die ein Erd-
geschoss und zwei Hauptgeschosse umfasst und sechs Achsen breit ist.
Der achteckige Turm, der sich im Winkel zwischen Haupt- und Nebenbau
erhebt, zeigt in den unteren Geschossen, dem Treppenlauf folgend, ungeteilte Spitz-
bogenfenster, im oberen rundbogig geschlossene Fenster. Die Geschossteilungen sind
durch kräftige Gesimse betont. Den Abschluss bildet eine erneuerte Schieferhaube.
An den Pfeilern der zum Herrenhaus führenden Brücke sind einige gusseiserne
KaminpUtten Kaminplatten des i7. und 18. Jh. eingemauert.
Die innere Einrichtung ist ganz modern.
Das Herrenhaus, wie die unregelmässig gruppierten Wirtschaftsgcl)äude sind von
Weihern umgeben.
HILBERATH.
Kathoi KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s.t. s. Martini). Bixterim u. Moorex,
E. K. I, S. 4o9. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt. S. 297. — von
Stramberg, Rhein. Antiquarius 3. Abt. XII, S. 602. — Ders., Kant. Rheinbach S. 34.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Rentbücher der Pfarrei von 1666 an.
— Rechnungsbücher von 1668 und i7oi, darin Rechnungen über den Kirchenbau.
252
HOUVERATH
45
— Bücher der Bruderschaft Jesus - Maria - Martinus i7. u. i8. Jh. — Weistümer des Kuthoi.
Amtes Tomberg (Hs. vom Ende des i6. Jh.). — Vgl. weiter Tille, Übersicht. Pfarrkirche
Die Kirche wird zum ersten Male nach i3oo im liber valoris genannt (Binterim Geschichte
u. Mooren, E. K. L, S. 387). Die Pfarrstelle besetzten die Herren der Tom bürg
abwechselnd. Um das J. 1800 werden als KoUatoren der Herzog von Jülich und der
Herr von Flamersheim genannt (Dumont, Descriptio S. 12). Zu dem gegenwärtig
noch stehenden Baue wurde im J. i7oi der Grundstein gelegt, im J. i7i7 fand die
Einweihung statt (Urkunde im Pfarrarchiv). Im J. i784 wurde das Dach erneuert.
Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit polygonalem Chors chluss. Die Länge Beschreibung
beträgt im Lichten 22 m, die Breite 7 m.
Über der Westseite, vor der sich eine viereckige Vorhalle aus Bruchstein be-
findet, erhebt sich ein vierseitiger, ganz geschieferter Dachreiter. Der Westgiebel ist
ebenfalls mit Schiefer verkleidet.
Die ganz schmucklosen Langseiten sind von je drei grossen Rund bogen fenstern
durchbrochen.
Der Chor schliesst mit drei Seiten des Achtecks ab. Die Sakristei ist in der
Längenachse angebaut.
Das Innere der Kirche, ein rechteckiger Saal, ist von einem hölzernen Tonnen-
gewölbe überspannt. Ebenso das Langjoch des Chores, das durch einen spitzen
Triumphbogen von dem Schiffe getrennt ist. Hingegen zeigt der polygonale Chor-
schluss ein Rippengewölbe.
Die Ausstattung, dem 18. Jh. angehörig, ist ohne Interesse.
Von den Glocken ist die grösste ohne Inschrift; sie gehört wahrscheinlich dem
i4. Jh. an.
Die zweite vom J. i352 mit der Inschrift: anno domino (so) mccclii septima
OECIMA APRILIS (?). XPS VINCIT, XPS RENCNAT (so), XPS IMPERAT.
Die unzugängliche dritte, vom J. 1682, trägt die Namen der Evangelisten.
Inneres
AttMtattUDg
Glocken
HOUVERATH.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Thomae). Schannat- K«ihoi.
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 343. — v. Stramberg, Rheinischer
Antiquarius 3. Abt. XII, S. 653. — Ders., Kant. Rheinbach S. 74.
' Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Verzeichnis der Lehen guter der Pfarrei
von 161 1 bis 16 16. — Protokolle des Gerichtes Scheuren von i567 — 1608. — Vgl.
femer Tille, Übersicht.
Die Kirche ist im liber valoris noch nicht genannt. Den Bauformen nach Ge«chichie
wurde sie im i5. Jh. errichtet. Die Jahreszahl der einzigen, noch erhaltenen alten
Glocke — i495 — dürfte auch für die Erbauungszeit stimmen. Im J. 1688 wird die
Kirche als baufällig bezeichnet; bei Gelegenheit der Wiederherstellungsarbeiten am
Ausgange des i7. Jh. wurde auch der Westbau angefügt. Das Patronat hatten bis
zum Ende des 18. Jh. die Grafen von Manderscheid-Blankenheim (Dumont, De-
scriptio S. i3).
Dreischiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit Vorhalle, Dachreiter und viereckigem Beschreibung
Chor. Die Länge beträgt, im Lichten gemessen, i6,7o m, die Breite 11, 65 m.
Der viereckige West bau, der der eigentlichen Kirche vortritt, liegt unter einem
abgewalmten Schieferdach. Das rundbogige, aus Trachyt gefertigte Portal zeigt im
253
46
KREIS rhp:inbach
Kathol.
Pfarrkirche
Inneres
Altäre
Grabstein
Glocke
Gewände Rundstäbe mit kleinen Kapitalen. Es stammt vermutlich von einem ro-
manischen Bau.
Der vierseitige Dachreiter, der sich an der Westseite der Kirche erhebt, ist an
seiner ganzen Oberfläche geschiefert und endigt in einem achtseitigen Helm. Das
Glockengeschoss ößhet sich nach jeder Seite mit einem Paar rundbogiger Fenster.
Das Langhaus selbst zeigt in seiner Aussenarchitektur eine ganze Reihe von Unregel-
mässigkeiten. Das Hauptschiff liegt unter einem Satteldach, das nördliche Seitenschiff
hat ein Pultdach, das südliche zwei quergestellte Jochdächer. Hier ist die Mauer
auch durch einfache Strebepfeiler abgestützt. Die Nor^seite hat zwei grosse, in Holz
gefasste Flachbogenfenster.
Der Chor schliesst flach ab; mit ihm in gleicher Höhe endigt die in der Achse
des Südschiffes angebaute Sakristei.
Im Inneren ist das Hauptschiff" flach gedeckt; das Südschiff ist von zwei
Kreuzrippengewölben, das nördliche Seitenschiff von einer hölzernen Längstonne über-
spannt. Als Freistützen dienen achteckige Pfeiler ohne Sockel und Kapitale, denen
ähnlich geformte Wandpfeiler entsprechen. Die Arkaden sind spitz ; im Profil sind sie
ebenso abgefast wie die Pfeiler. Die sehr scharf profilierten Rippen der Kreuzgewölbe
haben meist keine besonderen Auflager.
Ein Spitzbogen von gedrückter Form scheidet das Schiff von dem Chorviereck,
das ebenfalls von einem kreuzförmigen Gewölbe überspannt ist. Die Rippen sind sehr
roh und unrein profiliert.
Wertlose Altäre aus dem 18. und dem Anfange des i9. Jh.
Grabstein des Pfarrers Heinrich Cremer (t i76o).
Die alte Glocke vom J. i49S trägt die Inschrift: ihesus, maria, iohannes,
SANCTUS THOMAS HEISCEN ICH. CLAIS RICNAR GOUS MICH ANNO DOMINI MCCCCXCV.
IPPLENDORF.
Kathol.
Pfarrkirch«
Geschieht«
Beschreibung
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Martini). Schannat-Baersch,
Eiflia illustrata III, 1. Abt., i. Abschn. S. 3o4. — v. Stramberg, Rheinischer Anti-
quarius 3. Abt. XII, S. 584. — Ders., Kant. Rheinbach S. 44.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Stiftungsurkunden von 1629 ff. —
Urkunde vom J. i7i7, betreffend die Weihe der Kirche, des Hauptaltares und eines
Seitenaltares. — Indulgenzen von i7o3 und i753. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Um den Besitz von verschiedenen, zwischen Rheinbach und Ipplendorf gelegenen
Ländereien wurde im 12. Jh. zwischen dem Pfarrer von Rheinbach und dem Münster-
eifeler Stifte ein heftiger Streit geführt, den im J. 1 1 1 2 Erzbischof Friedrich I. von
Köln zu des Pfarrers Gunsten entschied (Cod. Rheno-Mos. I, S. 180). Im J. 11 97
erhielt hingegen das Stift vom Erzbischof Adolf I. die Bestätigung des Patronates der
Ipplendorfer Kirche. Auch in der Designatio pastoratuum vom J. i676 wird der Propst
des Stiftes als Kollator genannt (Binterim u. Mooren, E. K. II, S. 201). Die jetzige
Pfarrkirche ist in den J. i7i4 bis i7i7 erbaut worden (s. unten). Das Kollations-
recht des Münstereifeler Stiftes blieb bis zur Säkularisation unberührt (Dumont, De-
scriptio S. i3).
Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und polygonalem
Chorschluss. Die Länge beträgt im Lichten 22,20 m, die Breite 8 m.
254
IVERSHEIM
47
Der Westturm steigt ohne Gliederung bis zur Höhe des Glockengeschosses auf, kathoi.
das sich nach jeder Seite mit einem Rundbogenfenster öffnet. Den Abschluss bildet
ein achteckiger, geschieferter Helm. An der Thür die Jahreszahl i7i5.
Die Mauern des Langhauses, dessen sattelförmiges Dach mit Schiefer abge-
deckt ist, sind von je vier hochgelegenen Rundbogen fenstem durchbrochen.
Der Chor hat ein besonderes, niedrigeres Dach. Er umfasst ein Langjoch und
den aus fünf Seiten des Zehnecks konstruierten Chorschluss.
Im Inneren ist der Turm flach gedeckt. Das Langhaus ist ein rechteckiger, inneres
von vier sehr gestreckten Kreuzgewölben überspannter Raum; die hölzernen Rippen
der Gewölbe, durch die eine Mittelrippe von der Westmauer an durchgezogen ist,
laufen auf rechteckige Konsolen auf.
Durch einen Rundbogen gelangt man in den etwas eingezogenen Chor, der
aus zwei ähnlichen sehr gestreckten Gewölbefeldem mit polygonalem Abschluss besteht
Der Hochaltar, aus der Erbauungszeit der Kirche stammend, nimmt die Aitare
ganze Brdte des Chores ein. Der mittlere Aufbau zeigt in bunt bemaltem Relief
die Dreieinigkeit. Seitwärts der h. Martin zu Ross, den Mantel mit dem Bettler
teilend, und der h. Sebastian. Der Mittelteil ist neu polychromiert.
Seitenaltäre des 18. Jh.
Vor der Kommunionbank drei Grabsteine des i7. und 18. Jh. Die Inschriften Qmbtteine
sind nicht mehr zu entziffern. Einer von ihnen bedeckt die Gräber der am i. Julfi6o7
gestorbenen Veronika Büchel, genannt Weiss, und der Maria von Enchringen, Witwe
von Büchel (t 4. Juli i6o7), ein zweiter das Grab des i72o verstorbenen Pfarrers Peter
Wadenheim.
Von den Glocken ist nur eine alt. Sie stammt aus dem J. i5i4 und trägt Glocke
die Inschrift: martinus heisen ich, in de (er) goctes (so) luden ich, den lebe-
DICHEN (so) ROIFEN ICH, DE DODEN BESCHRE ICH. lOHAN VAN ALFTER GUICER MICH
IN lAREN UNSES HERN MCCCCCXIIII.
IVERSHEIM.
RÖMISCHE FUNDE. Im J. i838 wurden beim Erweitern der Landstrasse
unterhalb Iversheim nahe der Erft beträchtliche Reste römischen Gemäuers aufge-
funden. Im Schutt lag ein Stein mit einer Inschrift, nach der diese Reste von einem
römischen Ziegelofen herrühren (Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II,
S. io4; Brambach, C. I. Rh. Nr. 5 20). Über einen zweiten, vielleicht an derselben
Stelle gefundenen Inschriftstein vgl. Katzfey a. a. O. S. io5. Bei der Tieferlegung
der Strasse zwischen Iversheim und Arloff stiess man neuerdings auf eine ziemlich
ausgedehnte bauliche Anlage. Es wurden vier ofenartige Kessel mit vielen Inschrift-
steinen, Konsular- und Kaisermünzen gefunden. Über die Inschriftsteine, die ins
Bonner Provinzialmuseum gekommen sind, vgl. B. J. XXXXIX, S. i9i, L, S. 182 und
LXXXVIII, S. 242. Auch Freher, Origines Palatinae I, S. i63 berichtet von einer
Iversheimer Inschrift. Im J. i865 wurde eine Goldmünze des Konstantin gefunden
(B. J. XXXIX, S. 354). Das Bonner Museum besitzt von Iversheimer Funden ausser
den oben genannten noch einen Ziegelstein und einen Terra sigillata -Teller, beide
mit Inschriften (B. J. LXXXVIII, S. io9 u. LXXXIX, S. 5).
Der von Eickerscheid ausgehende Zweig der Trier- Bonner Hauptstrasse ging
über Münstereifel nach Iversheim und Bonn (B. J. LXVII, S. 25). Der Vizinalweg
Blankenheimerdorf-Bonn ging östlich vom Orte vorbei (LXXIX, S. 6).
Römisch«
Fände
255
48
KREIS RH Kl N BACH
Kai hol.
Pfarrkirch«
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Laurentii). Schaxnat-
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 345. — Katzfey, Geschichte der
Stadt Münstereifel II, S. io3. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. 1. — Ders., Kant. Rheinbach S. 75.
J^
Fig. 15. Wershetm. Kathol Pfarrkirche. Der h. Antonius.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Kirchenbuch vom J. i777. — Kirchen-
und Gemeinderechnungen, 1 8. Jh. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Geschichte Eine Urkunde König Ludwigs IL vom J. 87o nennt bereits eine villa Ivernes-
heim im Eifelgau (M Rh. U B. I, Nr. i o4 und II, S. 6oo). Prüm hatte hier gleichfalls
Besitzungen, die später ganz oder teilweise an Münstereifel kamen (M Rh. U B. 1,
256
IVERSHEIM
40
S. i75). Im J. iii5 bestätigte Erzbischof Friedrich I. dem Münstereifeler Stifte den Kathoi.
Zehnten von Iversheim (Lacomblet, UB. IV, Nr. 6i6). Der über valoris (nach i3oo) p^""^''*=»»'=
verzeichnet noch keine Kirche. Sicher bestand jedoch im i5. Jh. bereits ein Gottes-
haus in Iversheim. Die Pfarrstelle wurde damals von Münstereifel aus besetzt
Fig. 16. Iversheim. Kaihol. Pforrkirche. Der h- Johannes.
(BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 55o). Der Chor der in den vierziger Jahren abge-
brochenen Kirche war gothisch. Zu Beginn des 1 8. Jh. erwies sich die Kirche als
baufällig, doch konnte sich das Stift mit der Gemeinde über die Baupflicht lange
nicht einigen. Im J. i756 kam endlich ein Vergleich zu Stande. Die Ausführung des
Baues erfolgte jedoch erst um i768. Schiff und Turm wurden damals erneuert. Im
J. i847 wurde unter Beibehaltung des alten Turmes Langhaus und Chor neu aufgeführt.
257
5o
KRKIS KHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirche
Beschreibung
Skulpturen
Kelch
Glocken
Snkraments-
Schrein
Das aus dem J. i768 stammende Schiti' war ein einfacher, von einem Holz-
gewülbe überspannter Saal. Der gothische Chor, der wahrscheinlich polygonal endete,
hatte spitzbogige Fenster und Gewölbe, der Triumphbogen war gleichfalls spitz.
Der noch erhaltene Turm ist aus Bruchstein aufgeführt; er entbehrt jedes
Schmuckes und jeder Gliederung. Über dem ganz schlichten, rundbogigen Portal ist
ein kleines im Segmentbogen geschlossenes Fenster angebracht. Die Glockenstube
öfihet sich jederseits mit einem Paar flachbogigcr Fenster. Der achtseitige Dachhelm
ist geschiefert.
Die Ausstattung ist gr(")ssten teils modern. Bemerkenswert sind jedoch einige
Skulpturen:
Der h. Antonius, aus Holz, 92 cm hoch, Anfang i6. Jh. (Fig. i5). Neu poly-
chromiert. Der Heilige, von seinem Schweinchen begleitet, hält in der Linken einen
Stock, die Rechte erhebt er beschwörend gegen den seine Füsse umklammernden
Dämon. Der Kr)rper ist sehr stark geschwungen, beinahe gebrochen, die Gewandung
ist recht frei behandelt; die Falten sind durchweg sehr tief. Am besten der bärtige
Kopf mit den abwärts gegen den Versucher gerichteten Augen; die Charakterisierung
geht fast bis zur karrikierenden Übertreibung. Merkwürdig ist die Stilisierung des
Bartes und Kopfhaares.
Der h. Johannes, Holz, i,io m hoch, Anfang i6. Jh. (Fig. i6). Neu polychro-
miert. Der Heilige hält die Rechte segnend erhoben, in der Linken trägt er den
(ergänzten) Kelch. Das kaselartige Obergewand, dessen Ende über den linken Arm
gelegt ist, zeigt tiefe, brüchige Falten. Der Kopf ist ausdrucksvoll, die Haare sind
perrückenartig stilisiert, wie beim h. Antonius.
Stehende Madonna mit dem Christuskind. Lebensgrosse, leider durch
schlechte Polychromierung arg entstellte Holzfigur vom Ausgange des i5. Jh., von
schönem Schwung.
Spätgothischer Kelch, aus Silber, vergoldet, i6 cm hoch, vom Ende des i5. Jh.
Auf dem siebenteilig geschweiften Fusse ein Kreuz. Der Knauf mit leichter Mass-
werkverzierung und der Inschrift: ihesus. Am Fusse das Monogramm B. K. und
die Jahreszahl i596.
Die Glocken tragen folgende Inschriften:
1. S. DONATI MEM.(oria?) IM lAHR 1 768. GESEEGXETER SCHALL, VERHÜTH ALL
SCHAI), UNGLÜCK UND DONNERKNALL.
2. UNTER MARIAE SCHUTZ ICH SOLL STEHEN, KLINGEN, SINGEN, BIS IN STAUB
WERD ICH VERGEHEN. i768. Am Mantel ein Relief des Gekreuzigten.
3. S. LAURENTI, MIT DEINEM SCHUTZ, IVERSHEIM, DEIN DORFF, BESCHUTZ. 1 768.
CHRVSANTHUS ENGELBERT POLLENRATH, PASTOR.
Am Mantel: Relief des Gekreuzigten mit Maria und Johannes, darunter das
Lamm Gottes mit der Inschrift: ecce agnus dei.
Ferner: diese 3 r blocken gos mich (so) wilhelmus stocke von sarbug (so).
Am nördlichen Ausgange des Dorfes gegen Euskirchen zu steht an der Köln-
Trierer Chaussee ein Heiligenhäuschen, dessen Kern der spätgothische, aus dem Ende
des i5. Jh. stammende Sakramentsschrein der im J. i847 abgebrochenen Kirche
bildet. Der rechteckige Schrein, der mit einem engmaschigen Durchsteckgitter ge-
schlossen ist, hat eine hübsche, aus Spitzbögen und Rosetten gebildete Umrahmung.
Seinen Abschluss bildet ein mit zwei Nasen und einem Vierpass gefüllter Dreieck-
giebel.
258
KIKCHHEIM
5l
KIRCHHEIM.
RÖMISCHE FUNDE. In und bei Kirchheim sind mehrere Matronensteine
zu Tage gefördert worden. Vgl. darüber B. J. XXVI, S. io8; LXIII, S. i; LXXXIII,
S. i38; ferner Brambach, C. I. Rh. Nr. 5i9. Im J. i865 wurde auch eine Goldmünze
der Diva Faustina gefunden (B. J. XXXIX, S. 354). Am Chor der Kirche ist ein rö-
mischer Ziegel eingemauert (s. auch unten). Nach Decker (Ann. h. V. N. XXIV,
S. i33) zeigte die alte Kirche in den Seitenwänden des Schiffes kleine Mauerreste,
welche an das Mauerwerk des Römerturms in Köln erinnerten.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Martini). Bintkrim u. Mooren,
E. K. I, S. 3o5. - Schanxat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 265.
— V. Stamberg, Rheinis( her Antiquarius 3. Abt. XIII, S.^24. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 24. — Decker, Über die villa regia Flamersheim und die daraus entstandene
Pfarrei und Gemeinde Kirchheim in den Ann. h. V. N. XXIV, S.i 33.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Kirchenrechnungen von i597 an. —
Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Die früheste urkundliche Erwähnung der Kirche und des Ortes findet sich erst
nach i3oo im liber valoris (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 348). Decker a. a. O.
S. i33 vermutet ohne genügende Begründung, die älteste Kirche sei am Ende des
9. Jh. von den Normannen zerstört worden; in den Schifimauem der in den sieben-
ziger Jahren abgebrochenen Kirche seien noch Reste erhalten gewesen, die an das
Mauerwerk des Römerturmes in Köln erinnert hätten. Auf diese Mauerreste seien
um 9oo die Seitenwände des Schiffes neu aufgebaut worden. Im J. i666 wurde ein
Holzgewölbe eingezogen, im J. i672 der Chor, im J. i7o4 der Turm erneuert. Die
Pfarrstelle besetzte nach der Designatio pastoratuum vom J. i676 abwechselnd der
Herzog von Jülich und der Freiherr von Quadt auf Tomburg (Bixterim u. Mooren
a. a. O. II, S. 2 1 8); im J. i7o9 übertrug der Herzog seinen Anteil dem Kapitel von
Münstereifel. Um das J. i8oo besass dieses das Kollationsrecht gemeinsam mit dem
Herrn von Flamersheim (Dumont, Descriptio S. i4). Zu Anfang der siebenziger Jahre
wurde die alte Kirche abgebrochen; die neue Kirche, ein nach Plänen des Baumeisters
Schubert in Bonn aufgeführter gothischer Hallenbau, wurde i87i konsekriert.
Das Mobiliar ist modern. Von älteren Stücken sind zu nennen:
Silberner Rokoko-Kelch, vergoldet, 2372 cm hoch, auf dem getriebenen Fusse
die Inschrift: anno i72o mit Beschau- und Meisterzeichen.
Monstranz aus Silber, vergoldet, 5i cm hoch, spätgothisch. Der sechsteilige,
geschweifte Fuss hat eine leichte Ma.sswerkverzierung, desgleichen ist der Knauf mit
graviertem Masswerk geschmückt. Der Glascvlinder ruht auf einer kreisrunden Platte,
die von zierlichem Masswerk und einem Zinnenkranz umgeben ist. In dem Strebe-
werk, das den Cylinder flankiert, stehen unter Baldachinen die Figürchen des h. Georg
und der Madonna. Die Lunula wird von zwei Engeln getragen. C^ber der Kuppe
bildet eine vierseitige geschuppte Pyramide, die ein kleines Kruzifix trägt, den Abschluss.
Barocke Kasein mit Blumenmustern.
An der Ostseite der Kirche ist ein mimischer (oder romanischer ?) Kopf und
darüber ein runder rcunischer Ziegel eingemauert. Sie nahmen schon an der alten
Kirche den gleichen Platz ein.
Von den Glocken ist nur eine alt. Sie stammt aus dem J. i5i7 und trägt
die Inschrift: georgius hkjschen ich, in de eir gotz luden ich, den boesen
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Kelch
Monstranz
Kas«ln
Glocken
259
52
KREIS RHEINBACH
Kmhol. GEIST VERDREIVEN ICH. ANXO MCCCCCXVII lOHAN VAN ALFTER.
Pfarrkirche ]vxedaillon mit dem Georgskampf.
Am Mantel ein
Madonna
Schweinheimer
Kloster
Geschichte
Beschreibung
Am Pastorat: Hölzerne Madonna, unterlebensgross, wohl Ende i5. oder An-
fang i6. Jh. Sehr beschädigt, anscheinend den Iversheimer Figuren verwandt (vgl. S. 5o).
SCHWEINHEIMER KLOSTER. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata HI,
I. Abt., I. Abschn. S. 267. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt.XUI, S. 26.
— Ders., Kant. Rheinbach S. 25. — Schorn, Eiflia sacra II, S. 526.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 112 Urkunden von
1238 bis 18. Jh. — Vgl. weiter Ilgen, Rheinisches Archiv S. 123.
Nach Mering (Ann. h. V. N. II, S. i4i) werden bereits in einer Urkunde vom
J. I2i3 ,nunnen van der Portzen des Hymeltz* genannt; doch ist die Datierung dieser
Urkunde sicher irrig, da Walram von Montjoie, als dessen Witwe sich die Ausstellerin
der Urkunde bezeichnet, noch im J. I23i lebte. Wahrscheinlich fand die Stiftung des
Klosters erst im J. I238 statt; damals bestätigte Erzbischof Konrad von Hochstaden,
dass Ritter Gottfried von Tomburg ein Frauenkloster bei Schweinheim gegründet und
mit Nonnen des Cisterzienserordens besetzt habe (Lacomrlet, UB. II, Nr. 238). Die
fromme Stiftung erhielt den Namen Porta Coeli. Die Kirche wurde zu Beginn des
i7.Jh. neu aufgeführt (Weiheurkunde vom J. 1629 im Staatsarchiv zu Düsseldorf).
Die Klostergebäude scheinen zu Anfang des 18. Jh. vollkommener Zerstörung anheim-
gefallen zu sein. Um das J. i728 wurden sie gänzlich erneuert. Infolge der Säku-
larisation wurde das Kloster aufgehoben, die Gebäude wurden verkauft. Im J. 1816
befanden sie sich im Besitze eines Pariser Banquiers. Ein Teil von ihnen, darunter
auch die Kirche, ist in den dreissiger Jahren niedergerissen worden. Gegenwärtig
befinden sich die noch immer ansehnlichen Reste im Eigentum der Herren Friedrich
Esser in Honnef, Bartholomäus Spürk, Geschwister Holthoff und der Frau Witwe
Gerhard Uelpenich in Kloster Schweinheim.
Die Kirche, die Wohnräume des Priors, der Äbtissin und der Nonnen grup-
pierten sich in regelmässiger Anordnung um das ziemlich grosse Quadrum. In wei-
terem Umkreise lagen dann Stallungen, Scheunen, Remisen u. dergl. Erhalten sind
von grösseren Gebäudeteilen nur das Priorat und die Wohnung der Äbtissin.
Das Priorat ist ein rechteckiger, unter einem geschieferten Satteldach liegender
Bruchsteinbau von einem Stockwerk Höhe, der auf den Breitseiten sieben, an den
Schmalseiten drei Achsen umfasst. Mit der Schmalseite, die einen Treppengiebel zeigt,
tritt er kräftig über die Mauerflucht des anstossendcn Gebäudes heraus. Die Fenster
sind rechteckig.
An der Westseite des Kreuzganges liegt ein grosses, neun Achsen in der Breite
und zwei Geschosse umfassendes Gebäude, das ehedem die Wohnung der Äbtissin
enthielt. In der Mittelachse befindet sich das mit einem ovalen Oberlicht ausgestattete
Hauptportal. Es besteht aus rotem Sandstein. Die rechteckige Umrahmung, welche
die rundbogige Thüröffhung umschliesst, trägt zwischen zwei pyramidenförmigen Fialen
ein Wappen mit der Jahreszahl i726. Darüber eine Nische mit der Inschrift: Re-
gina coeli.
An der Innenseite der Gebäude sind noch die Reste des flachgedeckten Kreuz-
ganges zu erkennen, der sich mit grossen Rundbögen öffnete. Auch von der Kirche
sind noch einige ganz spärliche Mauerreste erhalten. Das Refektorium lag an dei
Südseite des Quadrums.
Die übrigen, noch erhaltenen Gebäude und Gebäudereste sind ohne jeglichen
Belang.
260
KIRSPENICH
53
KIRSPENICH.
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i7.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Bartholomaei). Binterim u.
Mooren, E. K. I, S. 365. — Schannat-Baersch, Eitlia illustrata III, i.Abt, i. Abschn.,
S. 348. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i7. — v. Stramberg,
Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 23. — Ders., Kant. Rheinbach S. 7o.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Stiftungsurkunden von i656 an. —
Kirchenrechnungen, i7. Jh. — Buch der Bruderschaft S. Bartholomaei 1 686 ff. — Vgl.
weiter Tille, Übersicht.
Erzbischof Sigewin von Köln schenkte im J. io86 dem Stifte zu Münstereifel
den Zehnten von Kirspenich (Cod. Rheno-Mos. I, Nr. 68). Im J. 1249 bestätigte
Erzbischof Konrad der Dekanin und dem Kapitel von S. Maria im Kapitol zu Köln
den Besitz der Kirche von „Kirsmich" (Ann. h. V. N. XXXXI, S. 94). Sicher war
Kirspenich im J. i3oi Pfarrort (Kremer, Akademische Beiträge zur Gülch- und Ber-
gischen Geschichte III, S. 234); auch der liber valoris (nach i3oo) thut der Kirche
Erwähnung (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 348). Der liber collatorum nennt unter
den Pfarrstellen, die das oben genannte Kölner Stift zu besetzen hatte, auch Virse-
nich, nach richtiger Lesung Kirsenich (Binterim u. Mooren a. a. O. I, S. 553).
Später besass jedenfalls das Stift von Münstereifel das Kollationsrecht (Dumont, De-
scriptio S. l4).
Die Kirche ist ein spätgothischer Bau vom Ausgange des i5. Jh.; der Turm Beschreibung
wurde im J. i789 repariert und der Helm erneuert (vgl. die Eisenankerinschrift).
Schlichter, unverputzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und polygonal
mit drei Seiten des Achtecks abschliessendem Chor. Die Länge beträgt im Lichten
2 2,7o m, die Breite 7,io m.
Der von einem einfachen Sockel umzogene Turm hat an der Westseite eine
rechteckige Thür mit spätgothischem Rahmen, die gegenwärtig innerhalb einer kleinen,
viereckigen Vorhalle liegt. Er steigt ohne Gliederung und ohne Mauerdurchbrechungen
bis zur Höhe des Glockengeschosses empor, das sich auf jeder Seite mit zwei grossen,
in der Mitte durch polygonale Pfeiler geteilten Rundbogenfenstern öffnet Darüber in
Eisenankern die Jahreszahl i789. Ein achtseitiger Helm bildet den Abschluss.
Die Aussenmauem des Schiffes sind durch einfache, nur von dem ganz schlicht
behandelten Sockel und dem Fenstergesimse umzogene Strebepfeiler verstärkt. An
der Nordseite sind diese beträchtlich breiter. Die Fenster sind spitzbogig und in
Haustein gefasst?
Auch an den Ecken des Chores sind Strebepfeiler angebracht. Das nordöst-
liche, wie das südöstliche Fenster ist durch eine Mittelachse geteilt, beide zeigen Mass-
werk in den Formen des i5. Jh. Eine von Süden her in den Chor führende Thür
hat eine spätgothische Stabumrahmung.
Die Sakristei liegt an der Nordseite des Chores.
Im Inneren ist die Turmhalle von einem Gratgewölbe überspannt; gegen das
Schiff zu öffnet sie sich mit einem breiten, etwas gestelzten Rundbogen.
Das Schiff umfasst vier rechteckige gewölbte Joche; die rippenförmigen Quer-
gurte und die Diagonalrippen laufen auf polygonale Wandpfeiler mit hohen Sockeln
und viereckigen, aus Platte und Schmiege gebildeten Kapitalen auf. Die spitzbogigen
Fenster sind ungeteilt.
Inneres
261
54
KREIS RHETNBACH
K:i thöl.
Pfurrkirche
Altäre
P;<riimente
Glocken
Burg
GcKchichte
Durch einen schmalen Triumphbogen gelangt man in den Chor, der von einem
sehr komplizierten Netzgewcilbe überspannt ist. Die sehr scharf profilierten Rippen
haben keine besonderen Auflager.
Die Altäre sind Durchschnittsarbeiten des i8. Jh.
Sehr bemerkenswert ist dagegen eine aus Kloster Schweinheim (s. oben S. 52)
stammende rotsamtene Kapelle des i7.Jh., aus einer Kasel, zwei Dalraatiken und
einem Pluviale bestehend, mit reichster Bouillonstickerei in Gold und Silber. Auf dem
Schulterstück des Pluviale ein Papst in ganzer Figur in sehr hohem Relief, in der
Linken den Stab haltend, mit der Rechten segnend. Darunter die Wappen Christi.
Gleichfalls aus Kloster Schweinheim stammt eine rotsamtene Kasel des i6. Jh.
Auf dem rot durchwirkten Goldgrunde appliziert Christus am Kreuz ; an dessen Stamm
die h. Magdalena allein. Über dem Kreuz Gottvater mit der Taube des h. Geistes.
Darunter unter einem Bal-
dachin der h. Bartholo-
mäus, zu seinen Füssen
ein Wappenschild mit
einer Hausmarke und
abermals darunter ein
Spruchband mit unleser-
licher Inschrift Auf der
Vorderseite die Wappen
Christi.
Die Inschriften der
Glocken haben folgen-
'den Wortlaut:
1 . DEO AUSPICE, S. BAR-
THOLOMAEO DUCE, EX SIN-
(iUL^XRI LIBERALITATE ET
PIETATE ERGA BEATAM
VIRGINEM MARI AM ET
S. BARTHOLOMAEUM RE-
N(^V()R EXPENSIS FUSORIS
GENEROSI DOMINI LIBERI
BARON IS F. T. A. DE FRIM-
MERSDORF DILTI DE PUZFELT, DOM INI DE CALMUTH ET KIRSPENIG, LECTISSIMAEQUE
EIUS CONIUGIS M. F. DE FRIMMERSDORF DICTAE DE PUZFELT, NATAE DE EINATTEN,
DOMINAE DE CALMUTIl ET KIRSPENIG, ANNO l7l7.
2. Die zweite von i526: o petre, pontifkx inclitk, nostra sol.ve facinora
ET DIGNK DEM US CANTICA. ANNO DOMINI MV^XXVI lAN VAN TRIER GOS MICH.
Cber die Inschriften einiger anderer, nicht mehr vorhandener Glocken vgl.
Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. 32.
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt, i. Abschn. S.348. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt XIII, S. 23. — Ders., Kant Rhein-
bach S. 7o.
Handschriftl. Qu. Im Besitze der Herren Schumacher: Urkunden von
i73i, i744 u. i795. — Vgl. dazu Tille, Übersicht
Zwischen Arloff und Kirspenich besass das Kloster Prüm Ländereien (MRh.
ÜB. I, Nr. i35, S, i75). Im J. I278 trug Gerlach von Dollendorf nebst anderen Be-
sitzungen auch Kirspenich dem Kölner Erzbischof Sifried zu Lehen auf (Lacomblet
t'ig. 17. Kirspenich. Burg.
T ao \
262
KLEIN - BÜLLESHEIM 5 5
ÜB. II, Nr. 7i8). Der Ork stand damals unter der Gerichtsbarkeit der Grafen von Burg
Are; später gehörte er zum Amte Hardt. Von einer Burg oder einem adligen Herrn
zu Kirspenich ist in den Weistümern von Arloff nirgends die Rede (Katzfey a. a. O.
S. i9 u. 25); im J. i3oi tragen Gerhard Alfter und Oda, seine Hausfrau, dem Grafen
Gerhard von Jülich ihr von einem Graben umgebenes Haus als Offenhaus auf (La-
COMBLET, ÜB. III, Nr. 9). — Im J. i57o wird Wilhelm Spies von Bobbenheim von
Jülich mit Haus Kirspenich belehnt (Fahne, Geschichte der kölnischen Geschlechter II,
S. i43). Später gehörte Kirspenich dem kurmainzischen Rate Johann Adam Werl.
Durch Heirat mit dessen Enkelin Maria Magdalena von Werl erwarb zu Anfang des
i8. Jh. der Besitzer der Arloffer Burg, Franz Heinrich von Friemersdorf genannt von
Pützfeld, auch das Kirspenicher Haus. Ihm folgte Herr Bresgen, diesem wiederum
ein Oberstlieutenant von Zschüschen. Die gegenwärtigen Eigentümer sind die Herren
Erben Schumacher.
Ziemlich weitläufige, von Gräben umzogene Anlage (Fig. i7) von unregel- Beschreibung
massigem Gnmdriss.
Ober eine auf zwei Bögen ruhende Brücke gelangt man an das aus Bruchstein
erbaute Thor, den Rest einer ehemaligen Vorburg. Neben dem Thore ein Stein mit
der Jahreszahl i6.. .
Der älteste Teil der ganzen Anlage ist der grosse, überaus massige, ganz aus
Bruchstein bestehende Wohnturm, der ohne alle architektonische Gliederung in drei
Geschossen emporsteigt. Rechteckige, gepaarte Fenster gewähren dem Lichte Zu-
tritt. Den Abschluss bildet eine hohe, dreiteilige Barockhaube. Die Kellerräume
sind flach gedeckt.
Dieser Turm ist auf zwei Seiten von dem Wohnhause umbaut; jeder der beiden
Flügel ist zweigeschossig, vierachsig und von einem gebrochenen Mansardendache
überdeckt. In der Mitte der Frontseiten sind kleine dreieckige Giebel angeordnet.
— Die Keller haben Tonnengewölbe.
Die Wirtschaftsgebäude sind zum grossen Teil neu; alt ist nur die Aussen-
mauer des unmittelbar an das Thor anschliessenden Gebäudes mit ihren schmalen
Luken und teilweise der runde Eckausbau an der Gartenterrasse.
KLEIN-BÜLLESHEIM.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t ss. Petri et Pauli apostolorum). K«thoi.
BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 364. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III,
I. Abt., I. Abschn. S. 262. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. 95. — Ders., Kant. Rheinbach S. i5. Esser, Ortschronik von Klein- Büllesheim.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Anniversarien Verzeichnis von i69o, als
Umschlag ein Blatt eines Chorbuches des i3. Jh. — Renten und Kirchenrechnungen,
18. Jh. — Vgl. ferner Tille, Übersicht.
In der Verleihungsurkunde Lothars IL vom J. 856 ist bereits von einer villa Ocschichie
namens BuUengesheim mit einer Kapelle die Rede (Beyer, M Rh. U B. I, Nr. 93).
Der Kirche, die in ihrem Kerne ein romanischer Bau ist, geschieht zum ersten Male
nach i3oo im liber valoris Erwähnung (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 348). Bereits
im 1 5. Jh. wird der Obedientiarius majoris ecclesie Coloniensis als Kollator genannt
(Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 543). Dieses Verhältnis blieb bis zur Säkularisation
bestehen (Dumokt, Descriptio S. 6). In den 80 er Jahren wurde eine durchgreifende
263
56
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirche
Beschreibung
Inneres
Attttuttung
Altäre
Sakrainentf-
Schrein
Vortmgekreuz
Grabsteine
Restauration der Kirche vorgenommen. Die Seitenschiffe sind bei dieser Gelegenheit
vollkommen erneuert worden.
Dreischiffiger veq^utzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und poly-
gonalem Chorschluss. Länge im Lichten i7,7o m, Breite io,4o m.
Der West türm steigt ohne jede Gliederung bis zur. Höhe der Glockenstube
auf. Diese öffnet sich nach jeder Seite mit zwei durch Segmentbogen geschlossenen
und durch polygonale Steinpfeiler geteilten Fenstern. Der achteckige Helm ist geschiefert.
Von den drei Schiffen des Langhauses liegt das Hauptschiff unter einem
Satteldach, die Nebenschifie unter Pultdächern. Das Äussere ist vollkommen schmuck-
los. Die Seitenschiffe, die früher spätgothische Fenster hatten, sind jetzt durch je
vier moderne Rundbogenfenster, denen drei (! !) Oberlichter entsprechen, erleuchtet.
Die Sakristei, die in der Achse des nördlichen Seitenschiffes angebaut ist, zeigt an
der Ostseite ein spätgothisches Spitzbogenfenster. Daneben ein Sandsteinblock mit
nicht mehr erkennbarem Wappen. Der Chor schliesst mit drei Seiten des Achtecks ab.
Aus der Turmhalle, die von einem Gratgewölbe überspannt ist, tritt man
durch einen schweren Rundbogen, der auf zwei mit einfachen Kämpfern ausgestat-
teten Pfeilern ruht, in das Innere des Langhauses. Dieses umfasst drei Joche. Der
Obergaden wird von rechteckigen, teilweise mit Kämpfern von ganz schlichtem Profil
ausgestatteten Pfeilern getragen. Die Arkaden, die das Mittelschiff von den Seiten-
schiffen trennen, sind in den ersten beiden Jochen rundbogig, im Ostjoch spitzbogig
Die im i7. oder i8. Jh. eingefügten, sehr komplizierten Holzgewölbe mit durchgehen-
der Mittelrippe ruhen auf breiten, viereckigen Konsolen. Von den Seitenschiffen
hatte ursprünglich nur das nördliche ein Gewölbe; im J. 1880 sind beide mit Tonnen-
gewölben versehen worden.
Durch einen spitzen, auf die kompliziert profilierten Kämpfer zweier Pfeiler
auflaufenden Triumphbogen, der gelegentlich der Restauration gestelzt worden zu
sein scheint, gelangt man in den Chor, der von einem flachen tonnenähnlichen Ge-
wölbe überspannt ist und mit drei Seiten des Achtecks abschliesst.
Die Ausstattung bietet wenig Bemerkenswertes.
Die angeblich aus Kloster Schweinheim stammenden Altäre sind schlechte
Arbeiten aus dem 18. Jh.
Sakramentsschrein, spätgothisch, mit gut profilierter Stabwerkumrahmung.
Das Couronnement ist durch einen Kleeblattbogen gefüllt. Das Thürchen ist mit
drei schönen schmiedeeisernen Bändern beschlagen.
Kupfernes Vortragekreuz, 32 cm hoch, um i3oo. Der Körper des Ge-
kreuzigten ist leise geschwungen, die Füsse hängen parallel, das Hüftentuch ist ziem-
lich lang. Der Kreuzrand ist von einer erhöhten Borte umzogen, die Kreuzesarme
endigen mit rechteckigen Erbreiterungen. Die obere Endigung zeigt eine nach unten
weisende Hand, die anderen sind leer. Rückwärts die Evangelistensymbole, in der
Mitte das Lamm Gottes.
Grabstein des Bernhard von Bourscheidt (t i67o) mit der Inschrift: anno
l67o (?) DEN Ji! IST IN GOTT VERSTORBEN DER WOLEDLER BERNARDUS BORSCHEIDT
ZU OBERBÜLLESZHEIM. DER SELEN GOIT i | JOHANN. II. ICH BIN DIE AUFERSTEHUNG
UND DAS LEBEN.
Grabstein des Freifräuleins Maria Katharina Sophia Sidonia von Bourscheidt
(t 26. April i73o).
Grabstein eines am 16. Juli i7.. verstorbenen Freiherm Wieci| rieh von
Bourscheidt.
264
KLEIN- BÜLLESHEIM
57
Von den Glocken tragen die beiden grösseren vom J. i372 die folgenden In- Kathoi.
, .- P fiirrkirche
1. ANNO DOMINI MCCCLXXII HOC VAS EST FUSUM IN HONOREM BEATE MARIE
viRGiNis. Ära unteren Rande zwei Kreuze in Relief.
2. ANNO DOMINI MCCCLXXII HOC VAS EST FUSUM IN HONOREM SANCTI DET.
(statt PET[ri] ?).
Die dritte, ohne Inschrift, wahrscheinlich gleichfalls aus dem i4. Jh.
GROSSE BURG. Schannat-Baersch, Eitiia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. Grosse Burg
S. 263. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 93. — Ders., Kant.
Rheinbach S. i4. — Duncker, Rheinlands Schlösser und Burgen (mit Abbildung).
Abbildung. Eine alte Ansicht der Burg im Cod. germ. Nr. 2635 der
Münchener Staatsbibliothek: Gülische Beschreibung, Welcher Gestalt dieselbe zum
Fürstenthumb ist erhoben worden (i723).
FwVjrrj^
Fig 18. Kleia*Bäll«sheiin. Grosse Burg. Herrenhaus und Thorburg.
Die Herrschaft Klein-Büllesheim gehörte in älterer Zeit zur Herrschaft Tom- Gewhichte
bürg, später war sie Eigentum des Kölner Domkapitels. Ritter von Büllesheim kommen
erst in Urkunden des i5. Jh. vor (Urkunden aus dem Gräflich v. Mirbachschen Fa-
milienarchiv zu Harff in den Ann. h. V. N. LV, S. 279). Zum J. i525 wird Wilhelm
von Bourscheidt als Besitzer des Hauses Klein-Büllesheim genannt. Ob zu dieser
Zeit bereits beide Burgen bestanden, ist unsicher. Als Besitzer der grossen Burg
nennt Schannat a. a. O. S. 263 die von Eynatten, dann die von Hompesch. Im
J. i723 besass ein Freiherr von Bourscheidt eine der beiden Burgen. Von dessen
Nachkommen erwarb sie durch Heirat Johann Friedrich von Eynatten, dessen Tochter
Maria Louise Wilhelmine sie dem Freiherrn Clemens x\ugust von der Wenghe zu-
brachte. Friedrich Florenz von Wenghe hinterliess die Besitzung im J. i85o dem
Reichsgrafen Lewin Wolff-Mettemich zur Gracht. Der gegenwärtige Eigentümer ist
Herr Reichsgraf Wolff-Metternich zu Liblar.
Ansehnliche von Weihern umzogene Anlage von regelmässig viereckigem Grund- Beschreibung
riss (Ansicht Fig. i8). Sie besteht aus dem Herrenhause, einer Thorburg und den
Wirtschaftsgebäuden.
265
58
KREIS RHETNBACH
Uroise Burg Die obengenannte Abbildung der München er Handschrift zeigt ein aus drei
parallelen Flügeln mit Treppengiebeln bestehendes Herrenhaus mit einem Rundturm
in der Mitte, eine viereckige Thorburg und einen gleichfalls vierseitigen Eckturm an
den Wirtschaftsgebäuden.
Herrenhaus Das jetzige Herrenhaus, ein stattlicher verputzter Backsteinbau, der also erst
nach dem J. i723 errichtet worden sein kann, nimmt die nordöstliche Ecke des ganzen
Komplexes ein. Ein dreiachsiger Mittelteil verbindet die beiden nach vom und rück-
wärts gleichmässig kräftig heraustretenden Seitenteile. Das ganze Gebäude, das ausser
dem Erdgeschosse noch zwei Hauptgeschosse umfasst, ist mit Mansardenschiefer-
dächem abgedeckt. Die Ecken sind durchweg abgerundet, Fenster und Thüren sind
im Segmentbogen geschlossen. An der Seitenthüre, die von einem Giebel gekrönt ist,
das Bourscheidtsche Wappen. — An der gegen den Weiher gekehrten Rückseite wird
der zwischen den beiden Seitenflügeln gelegene Raum von einer Terrasse eingenommen.
In dem weiträumigen Inneren eine Holztreppe des i8. Jh.
Thorhurg In der südöstlichen Ecke liegt die in ihrem Kerne spätgothische Thor bürg,
ein kleiner zierlicher Bau. An der Aussenseite, gegen die der Thorweg sich in einem
rechtwinkelig umrahmten Spitzbogen öffnet, sind die Ecken durch kräftig heraustretende
Rundtürme verstärkt. Über dem Thcjrbogen läuft ein Spitzbogenfries auf Konsolen.
Darüber sind im Oberbau Rundbogenfenster angeordnet. Das aus dem i8. Jh.
stammende Dach ist gebrochen. An der Hofseite ist der Thorbogen segmentförmig
geschlossen. Durchgehende Pilaster bewirken hier die architektonische Gliederung.
Über dem Thorbogen zwei Fenster.
Auch ein Teil der Wirtschaftsgebäude ist alt. So vor allem der unmittelbar
an die Thorburg angebaute und sie zum Teil verdeckende Flügel. Er besteht aus
Erd- und Obergeschoss ; das Mansardendach ist mit Pfannen abgedeckt.
Der Nordflügel ist an den beiden Ecken durch schräge gestellte, zwei Stock-
werke hohe Backsteintürme mit Schiefssi harten und Lichtspalten befestigt.
Klein Burg KLEINE BURG. Litteratur s. oben.
Geschichte Zu Anfang des i6. Jh. waren die Bourscheidts Herren dieses Gutes, das ur-
sprünglich Haustenhof geheissen hatte. Sie erhielten sich bis ins 1 9. Jh. in diesem
Besitze. Im i8. Jh. wurden die Burggebäude erneuert. Im J. i873 brannten sie voll-
ständig nieder. Die damaligen Eigentümer waren die Freifrau Maria Klementine
Huberta von Hövel und Landrat von Frenz in Düsseldorf. Gegenwärtig gehören die
Gebäudereste und ein Teil des Grundes dem Reichsgrafen Wolff-Mettemich auf Haus
Gracht in Liblar.
Beschreibung Erhalten siud lediglich die äusseren Backsteinmauem einer umfangreichen, von
Weihern umzogenen viereckigen Anlage. Der Bruchteil einer Eisenankerinschrift:
ANNO i7.. giebt den Hinweis auf die Erbauungszeit.
KUCHENHEIM.
Komische
Strasse
Demian, Geographisch-statistische Darstellung der deutschen Rheinlande, Kob-
lenz 1820, S. io4. — Restorff, Topographisch-statistische Beschreibung der Rhein-
provinzen S. 284.
RÖMISCHE STRASSE. Die von Antweiler gegen Buschhoven führende
Strasse berührte auch Kuchenheim. Vgl. B. J. LXVII, S. 25.
266
KÜCHEXHEIM
59
Knthol.
Pfarrkirche
Geschieht«
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Nicolai). Bintkrim u. Mooren,
E. K. I, S. 366. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 245.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 9i. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 8.
Haudschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden von i488 — 1692. — Renten-
bücher des i7. u. i8. Jh. — Descriptionsbuch des dorffs Cochenheim i74o/2. — Buch
der Bruderschaft S. Sebastiani, angelegt i6o5. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Im Bürgermeisteramt: Tauf-, Trau- und Sterberegister aus den Pfarreien
Kuchenheim, Gross-BüUesheim (katholisch und evangelisch), Klein-Büllesheim, Flamers-
heim (katholisch und evangelisch), Roitzheim, Stotzheim, Kirchheim, Weidesheim,
Schweinheim. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Unter den Besitzungen, mit denen Wilhelm Schilling im J. ii77 da.s von ihm
gegründete Kloster Schillingskapellen ausstattete, befanden sich auch Ländereien in
Kuchenheim (Lacomblet, UB. I, Nr. 558) Bereits in sehr früher Zeit bestanden
hier zwei Kirchen. Im J. I242 schenkten Walram von Falkenburg und Jutta von
Monjoie das Patronat der an der Nordseite des Dorfes gelegenen Lambertuskirche
dem Kloster Reichenstein. Der Über valoris (nach i3oo) verzeichnet nur eine Kirche
(BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 348). — Die zweite, dem h. Nikolaus geweihte
Kirche wurde im J. i488 dem Kerpcner Stiftskapitel inkorporiert. In dessen Besitze
blieb das Kollationsrecht bis zur Säkularisation (Dumont, Descriptio S. 7). Im J. i8i5
brannte die Kirche ab; sieben Jahie später wurde sie neu aufgebaut. Die Lam-
bertuskirche, die inzwischen als Pfarrkirche gedient hatte, wurde sodann abgebrochen.
Dei Tarm der Nikolauskirche wurde erst im J. i842 erneuert.
Aus der alten Kirche stammen:
Holzgmppe der Schmerzhaften Mutter Gottes, barock, von sehr vor-
nehmem und gemässigtem Ausdruck der Klage. Neu polychromiert.
Statuen der hh. Michael und Stephan us, barocke Dutzendarbeiten.
Stab einer Kasel, um iSoo, angeblich aus der Gross - Büllesheimer Burg. In
applizierter Seidenstickerei auf Goldgrund Christus am Kreuz, an dessen Stamme Jo-
hannes und Maria stehen. Darüber ein Kelch, darunter die Leidenswerkzeuge.
OBERE BURG. Thummermuth, Krumhstab schleusst niemand aus S. 126, obere Burg
Nr. 2o9. — Schaxnat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 24 1. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 83 u. 88. — Ders., Kant.
Rheinbach S. 3. — v. Haeften in Lacomblet, Archiv V, S. 424.
Im J. 1259 trug Hermann von Ahr, Schenk von Köln, das von ihm erbaute
Schloss Kuchenheim dem Erzbischof Konrad von Hochstaden als Oflbnhaus und Lehen
auf (Lacomblet, U B. II, Nr. 482). Zu Beginn des i5. Jh. war es in das Eigentum
des Peter von Büllesheim übergegangen. Nach ihm besass es Johann von Klüppel-
berg, genannt Brune; dieser verkaufte es im J. i453 an Johann von Kinsweiler, ge-
nannt Nagel. Durch Heirat erwarb Goddart von Deinsberg etwa im J. i52o einen
Anteil an Kuchenheim; auch Bernhard vcjn Mettemich, ein Sohn Johanns von Metter-
nich aus dessen Ehe mit Katharina von Deinsberg, wurde i572 gemeinschaftlich mit
Anton von Eltz mit Kuchenheim belehnt. Im i7.Jh. erwarb die Familie von Harff
durch Heirat Ansprüche auf den Besitz, doch gingen diese nach einem langen Pro-
zesse auf Ferdinand Roist von Weers über. Johann Wilhelm Roist von Weers baute
die Burg in der 2. H. des i7. Jh. grösstenteils neu auf Kurfürst Clemens August
verlieh Kuchenheim an Johann Hubert von Burgau, der die ganz in Verfall geratene
Burg im J. i755 an Johann Gerhard Trimborn verkaufte. Von diesem kam sie im
Beschreibuug
Skulpturen
Kasel
Geschichte
267
6o
KREIS RHEINBACII
ä?^%^.
Obere Burg J. i768 an Karl von Keverberg zu Altlengoer, von diesem wiederum an Paul Finger-
huth. Die gegenwärtige Eigentümerin ist Frau Witwe Jakob Koene.
Betchieibung Unregelmässige, zum grössten Teil moderne Anlage.
Am Thorbogen das Wappen der Trimborns und die Jahreszahl i758.
Im Hofe zwischen neueren Gebäuden versteckt ein malerisch überwachsenes
Rundtürmchen aus Bruchstein mit achteckigem Schieferhelm. Möglicherweise noch
romanisch.
Untere Burg UNTERE BURG. Thummermuth, Krumbstab schleusst niemand aus, CentI,
Nr. i7 — 19. — Schanxat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 243. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 9i. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 7. — V. Haeften, Die Lehnhöfe am Niederrhein: Lacomblet, Archiv V,
S. 428.
Geschichte Im J. i482 wurde Stephan von Bulich mit dem Hause Kuchenheim belehnt. Noch
im i6. Jh. trug ein Angehöriger dieses Geschlechtes, Reinhard von Bulich, die untere
Burg zu Lehen. Ihm
folgte mangels direkter
Erben Reinhard Bruell,
der im J. i55i vom Erz-
bischof Adolf von Köln
die Belehnung erhielt
(Thummermuth a, a. O.
Cent. I. Nr. i7). Im
J. i563 verkaufte dessen
Nachfolger Reinhard
Schall zu Bulich die Burg
an die Eheleute Otto
Walbott von Bassenheim
und Johanna Scheiffart
von Merode (Thummer-
muth a. a. O. Nr. i8).
Die Burggebäude wurden
damals erneuert. Im
J. i737 kamen sie an Ge-
org Anton von Vorst-
Lombeck. Dessen Erben verkauften sie im J. i76i an Johann Albert Braumann, köl-
nischen Geheimrat und Vicekammerdirektor. In der i. H. des i9. Jh. war Anton
Brinz Besitzer. Der gegenwärtige Eigentümer der Burg ist Herr Peter Josef Schmitt.
Beschreibung ^^u der alten Burg sind nur noch spärliche Reste erhalten. Am interessantesten
ist die Thorburg (Fig. i9), ein kleiner Bau, der an der einen Seite durch ein niedriges,
im Halbrund aus der Mauerflucht heraustretendes Türmchen verstärkt ist. Das rund-
bogige, aus Sandstein hergestellte Portal, das ehedem durch eine Zugbrücke zugäng-
lich war, ist von Pilastern eingefasst. An dem horizontalen Gebälk die Jahreszahl
i573, darüber das Walbott -Scheiffart von Merodesche Wappen. Die Mauer ist in
jedem der beiden Stockwerke von zwei Fenstern durchbrochen. Das Dach ist sattel-
förmig.
Die seitwärts und gegen den Hof zu anschliessenden Gebäude zeigen unregel-
mässig verteilt rechteckige Fenster und Thüren.
Die ganze Anlage war einst von Weihern umgeben.
Fig. 19. Kuchenheim. Untere Burg.
268
LÜDENDORF
6l
Ausser den beiden Burgen sind noch eine Anzahl älterer Häuser erhalten. Ältere Hau ler
Zu nennen sind etwa:
Am „Platz" zwei kleine Häuschen aus dem 1 8. Jh. auf nahezu quadratischem
Grundriss, aus Bruchstein erbaut und verputzt Das eine — es enthält gegenwärtig
das Bürgermeistereigefängnis und eine kleine naturwissenschaftliche Sammlung — mit
geschiefertem Zeltdach von geschwungenem Kontour. Über der Thüre das Wappen
von Kurpfalz -Jülich- Berg -Ravensberg. Das zweite hat ein einfaches, ebenfalls zelt-
förmiges Schieferdach. Es dient gegenwärtig als Spritzenhaus.
In der Breitstrasse ein Fachwerkhaus mit erkerartig ausgebautem Fenster und
der Jahreszahl i68o.
Ein zweites Fachwerkhaus in der Pohlgasse (Nr. i53) vom J. i6o7 (?) mit langer
nicht mehr lesbarer Inschrift.
In der Hauptstrasse Nr. 26 ein Haus mit zwei Erkern und vorhängendem Ober-
stock. Vom J. i78o.
LUDENDORF.
Kathol.
Pfarrkirche
Geicbichte
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Petri et Pauli). (Binterim u.
MooREX, E. K. I, S. 4i2. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata HI, i.Abt., i.Abschn.
S. 29o. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 80. — Ders., Kant.
Rheinbach S. 9i.
Handschrift 1. Qu. Im Bürgermeisteramt: Akten, betr. Wald- und Weiden-
gerechtsame, vom 1 6. Jh. an. — Tauf-, Trau- und Sterberegister aus den Pfarreien
Miel, Strassfeld, Esch, Buschhoven, Neukirchen a. d. Swist, Ludendorf, Morenhoven,
Ollheim, Odendorf, Heimerzheim. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Vielleicht ist Ludendorf jenes Landulfesdorf, das im J. 892 von den Normannen
besetzt wurde (Chronic. Reginonis in Mon. Germ. SS. I, S. 6o3). Im J. ii77 schenkte
Aleidis, Gräfin von Molbach, dem in Grefrath zu gründenden Frauenkloster auch
Besitzungen in Ludendorf (Lacomblet, UB. I, Nr. 462). Der Kirche geschieht zum
ersten Male im liber valoris (nach i3oo) Erwähnung (Binterim u. Mooren, E. K. I,
S. 387). Das Kollationsrecht besass bereits im i5. Jh. die Abtei Siegburg (Binterim
u. Mooren a. a. O. I, S. 55 1). Im J. i676 besetzte der Propst von Oberpleis die ,
Pfarrstelle (Binterim u. Mooren a. a. O. II, S. 218). Um das J. 1800 wird abermals
der Siegburger Abt als Kollator genannt (Dumont, Descriptio S. i5). Zu Beginn
unseres Jahrhunderts wurde die Pfarre unterdrückt; die Wiederherstellung fand im
J. i852 statt.
Von der Kirche gehören die Langhausmauern wahrscheinlich noch romanischer
Zeit an. Zu Beginn des Jahrhunderts war Kirche und Chor zur Ruine geworden
(Koblenz, Staatsarchiv: Präfekturakten IV, 4ib). Im J. i852 wurde die Kirche restau-
riert und durch Anbau eines neuen Chores erweitert; der ursprüngliche Charakter ist
nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen.
Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und halb- Beschreibung
kreisförmig geschlossenem Chor. Länge im Lichten 26,5o m. Breite 6,5 m.
Der Westturm erhebt sich in zwei Geschossen, von denen das untere auf-
fallend breiter ist, als das obere. Dieses ist ganz geschiefert und auf jeder Seite von
zwei rechteckigen Fenstern durchbrochen. Ein achtseitiger Schieferhelm bildet den
Abschluss. Die rundbogig geschlossene Westthür ist in Stein gefasst. Darüber ein
Gesims und ein kleines Rundfenster.
269
62
KREIS RHEINBACH
Kaihol.
Pfnrrkirche
Inneres
Hochaltar
Taufstetn
Chrifttusfigiir
Leuchterhalter
Glocken
Die Langseiten sind von grossen modernen Rund bogen fenstern durchbrochen,
die die Stelle kleinerer romanischer Rundbogenfenster einnehmen. Der halbkreis-
förmig geschlossene Chor, der mit Lisenen und Rundbogen verziert ist, stammt aus
dem J. i852.
Das Innere des Turmes ist in der ganzen Breite gegen das Schiff geöffnet.
Dieses hat ebenso wie der Chor eine flache Decke.
Von der Ausstattung sind nur wenige Stücke erwähnenswert:
Hochaltar des i8. Jh., Durchschnittsarbeit.
Taufstein von i697, Basaltlava, i,io m hoch, das Becken 65 cm breit. Auf
einer viereckigen Fussplatte steht eine geschwellte Säule, die ein rundes Becken mit
der folgenden Inschrift trägt: Hic fons baptismalis in honorem dei donatus a
PRAECLARO DOMINO FERDIXANDO REIM BACH, PRAEFECTO SATRAPIAE TOMBERGENSIS.
ET CATHARINA LABS, UXORE EIUS, l697.
Christus am Kreuz, lebensgrosse Holzfigur aus dem i4.Jh. Das sehr streng
und gross geschnittene Haupt ist gegen die rechte Schulter geneigt, der Oberkörper
hat noch etwas Romanisches, das lange Lendentuch ist einfach gefältelt. Sehr gute
Arbeit von ergreifendem Kind ruck.
Schmiedeeiserner Leuchterhalter, gegen 1600.
Von den Glocken sind nur zwei alt. Die grö.sste von i489 mit der Inschrift:
SANCTÜS PETRUS HEUSSEN ICH, IN DE ERE GÖTZ LOUDEN ICH. JOHAN VAN ALFTER
MCCCCLXXXIX.
Die zweite ist im J. i7ii umgegossen worden. Die Inschrift heisst: in hono-
rem BEATISSIMAE MARIAE VIRGINIS lOHANNA MARIA ALEXANDRINA DE SPIES ME RE-
FUNDI CURAVIT ANNO l7ll.
LÜFTELBERG.
R ömischc
Funde
Kathol.
l'farrkirche
Geschichte
RÖMISCHE FUNDE. Der Eifelkanal überschritt zwischen Meckenheim
und Lüftelberg den Swistbach bei der sogenannten Insel; hier wurden noch in den
zwanziger Jahren Pfeil erfundamente und Reste von Tuffstein- und Ziegelgewölben
gefunden, die vielleicht z« dem hier auf Bogen über das Thal geführten Kanalbau
gehörten (B. J. LXXX, S. 9 und Ann. h. V. N. XXXVII, S. 48; ferner EiCK, Die rö-
mische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln S. I24). Der Kanal machte hier —
wohl hauptsächlich zur Überwindung der Steigung — eine grosse Biegung. In den
Feldern bei Lüftelberg fand er sich in beträchtlicher Tiefe noch ganz unversehrt vor.
Auch zahlreiche Reste von Gefässen, Kaisermünzen u. dergl. kamen wiederholt zu Tage.
Die Trier -Bonner Strasse ging an Lüftelberg vorbei (v. Veith in den B. J.
LXXXII, S. 48).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Petri). Binterim u. Mooren
E. K. I, S. 4o2. — Schanxat-Baersch, Eiflia illustrata III, 1. Abt., i. Abschn. S. 234.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt XIIT, S. 7i. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. io7. — B. J. XX, S. i37 u. LVII, S. 2o3.
Die älteste Erwähnung der Kirche findet sich nach i3oo im liber valoris (Bin-
terim u. Mooren, E. K. I, S. 386). Wann die h. Luftildis, nach der der Ort seinen
Namen führt, gelebt hat, wann ihre Verehrung begonnen hat, ist unsicher. Die
Kirche ist in ihrer gegenwärtigen Gestalt im wesentlichen ein Werk des 12. und i3.Jh.
Der älteste Bauteil ist der Westturm ; Schiff, Vierung und Chor weisen etwas jüngere
Formen auf, sie gehören dem entwickelten Übergangsstil aus den ersten Jahren des
2 7o
LÜFTELBERG
63
i3. Jh. an. Die Sakristei wurde erst im J. i647 hinzugefügt. Das Patronat besassen Katho^
bis zur Säkularisation die Herren der Burg ( Dumont, Descriptio S. 1 5).
Einschiffiger verputzter Bruchsteinbau (Fig. 20) mit vorgelegtem Westturm, im Beschreibung
Lichten 22,60 m lang, 7,20 m breit.
Der unverhältnismässig breite Westturm (Fig. 20) steigt in drei Geschossen Westtnrm
empor und endigt in einen vierseitigen geschieferten Helm. Als Material diente vor-
wiegend Bruchstein, nur an den Ecken wurde behauener Trachyt verwendet. Die
Gliederung ist sehr einfach. Der Unterbau hat nur schmale Lichtspalten. Das schwach
zurücktretende Mittelgeschoss ist von Ecklisenen umrahmt, die miteinander durch
Rundbogenreihen verbunden sind. Am Oberstock endlich setzen sich die Ecklisenen
Fig. 20. LUftelberg. Kathol. Pfurrkirche. Südo-itnnsicht.
fort, die Mauern sind hier auf jeder Seite durch zw-ei Rundbogenfenster mit nur teil-
weise erhaltenen Mittelsäulchen durchbrochen.
Das ebenfalls aus Bruchstein aufgeführte und verputzte Schiff liegt unter einem
geschieferten Satteldach. An der Südmauer sind zwei grosse ungeteilte Spitzbogen-
fenster angeordnet, ein drittes wurde geschlossen, als sich — wohl im i7.Jh. — die
Anbringung eines mächtigen Strebepfeilers als notwendig erwies. Das östliche Lang-
hausjoch, das der Vierung im Inneren entspricht, hat in seinem unteren Teile eine
rechtwinkelige Thür, deren Sturz die Inschrift anno i647 aufweist, in seinem oberen
Teile eine Umrahmung, in deren Mitte ein grosses Kreisfenster sitzt. Auch sind hier
noch Reste eines Rundbogenfrieses erkennbar. Vielleicht gelegentlich einer Erneue-
rung des Daches scheint eine Erhöhung der beiden Langmauern stattgefunden zu
haben. Das Hauptgesims ist hier, wie an der Nordseite, aus Holz.
Die Nordseite ist im allgemeinen der Südseite entsprechend gestaltet. Die
Rundbogendekoration des östlichen Teiles ist hier noch vollkommen erhalten, drei
spitzbogige Fenster gewähren dem Lichte Zutritt.
Lnnghnus
27l
64
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirche
Snkrutei
Chor
Inneres
Lnnghaut
Die Sakristei, ein Bau des i7. Jh., ist der Kirche im Norden vorgelegt. An
den sattelförmig abgedeckten Mittelteil lehnen sich östlich und westlich kleine An-
bauten mit geschwungenen Dächern.
Ein schmaler, auf fünf Seiten des Achtecks erbauter Chor (Fig. 20) schliesst sich
im Osten an das Langschifi. Die Dekoration ist ausserordentlich reich. Die Ecken sind
durch breite gebrochene Lisenen verstärkt, ein Rundbogenfries, der unmittelbar imter
der Fensterbank läuft, verbindet sie und schliesst, wie ein Gesims, das Sockelgeschoss
ab. Die Lisenen sind darüber hinaus fortgesetzt, sie bilden mit einem zweiten Rund-
bogenfries die Umrahmung für die oblongen Felder, in denen die fünf spitzbogigen,
ungeteilten, nur von Rundstäben umfassten Chorfenster angeordnet sind. Den Ab-
.schluss bildet eine Art Attika, an jeder Chorseite aus fünf viereckig umrahmten Feldern
bestehend, nebst einem Billettenfries und kräftigem, reich profilierten Hauptgesimse.
Das Innere (Grundriss Fig. 21) besteht — von der Turmhallc abgesehen —
aus drei deutlich geschiedenen Räumen, dem drei rechteckige Joche umfassenden
Fig. 21. Liiftelberg Kathol. Pfarrkiiche. Grundriss.
Langhause, der ebenfalls rechteckigen Vierung und dem über fünf Seiten des Acht-
ecks errichteten Chore. Die Turmhalle, die ihr Licht durch drei nach innen er-
weiterte Spalten empfängt, liegt beträchtlich tiefer als das Schifl'; ein auf halbkreis-
förmigen Schildbögen ruhendes vierteiliges Gewölbe mit verschwindenden Gräten über-
spannt den kleinen Raum; auch das Obergeschoss hat ein Gratgewölbe.
Durch eine rundbogige Öffnung gelangt man über zwei Stufen in das Lang-
schiff; es umfasst drei rechteckige, von Rippengewölben überspannte Joche. Als
Gewölbeträger dienen schlanke, nahezu volle Wandsäulen (Fig. 22«) mit hohen poly-
gonalen, jetzt zum Teil im Boden steckenden S(^ckeln, flachen übergreifenden Basen
und glockenartig ausgeschweiften, mit achteckigen Platten abgedeckten Kapitalen. Die
Scheidung der Joche wird durch einfache Rippen bewirkt, die ebenso, wie die Diagonal-
rippcn, ein bimartig zugeschärftes Profil aufweisen. Die spitzen Schildbögen hingegen
haben ein einfaches Rundstabprofil. Die Eckdienste sind schlanker; die Deckplatten
ihrer Kapitale sind vierseitig. Die Nordwand hat im ersten Joch eine tiefe Nische.
Den Eingang zur Vierung bildet der spitze, auf die kräftig vortretenden und
reich mit Blattwerk geschmückten Kämpfer der beiden Wandpfeiler auflaufende
272
LÜFTELBERG
65
Triumphbogen (Fig. 22*»). Das Gewölbe, dessen Rippen als dicke Rundstäbe ge-
bildet sind, ruht auf schlanken Eckdiensten, deren jeder in der Mitte einen flachen,
derb profilierten Schaftring aufweist. Die Kapitale sind gleichfalls derb aus mehreren
um den Schaft gelegten wulstigen Ringen gebildet; ihre Deckplatten sind rund. An
der Nordseite führt eine Thür in die anstossende Sakristei; der durch den östlichen
Anbau der Sakristei zugängliche, wahrscheinlich im J. i647 hergestellte Maueraus-
schnilt nebenan enthält die Patronatssitze.
Ein zweiter, ebenfalls auf vortretende Wandpfeiler auflaufender Gurtbogen
scheidet die Vierung von dem etwas schmäleren Chorbau, den ein fünfteiliges Ge-
wölbe überspannt. Unterhalb der fünf grossen spitzbogigen Fenster sind tiefe, im
Rundbogen geschlossene Wandnischen angeordnet. Die im Profil leicht zugeschärften
Rippen stossen auf die kräftig geschweiften, mit auffallend hohen Deckplatten ver-
Kathol.
Pfarrkirche
Chor
Fif. 22. LUftelberg. Kathol Pfarrkirche. Einielheiten: a) aus dem Schiflf; b) vom TriuropbbogeD ; c) aus dem Chor.
sehenen Knospenkapitäle der Eckdienste, die etwa in Manneshöhe über viereckigen
Konsolen beginnen und das Fenstergesims überschneiden. Die sehr elastisch gebil-
deten Basen haben weiche überhängende Eckblätter (Fig. 22«).
Der Mittelraum der Sakristei hat ein Tonnengewölbe.
Die Kirche zu Lüftelberg ist ein sowohl durch die Massverhältnisse, als nament-
lich durch die Einzelheiten der östlichen Teile der Innen- und Aussenarchitektur,
endlich durch die reiche Chordekoration reizvolles Bauwerk. Der Grundriss ist inter-
essant durch die bei einschiffigen Bauten ungewöhnliche Anordnung einer Vierung,
die besonders im Inneren von den östlich und westlich anstossenden Bauteilen deut-
lich geschieden ist. Auch am Äusseren wurde der Versuch gemacht, sie durch die
Wandgliederung von den anstossenden Langhausjochen zu scheiden.
Von der Ausstattung sind folgende Stücke besonders bemerkenswert:
Steinernes Tabernakel an der Nordseite des Chores, spätgothisch, dem in der
Stiftskirche zu Münstereifel befindlichen vom J. i48o (s. unten S. 99) sehr ähnlich.
6
273
Künstlerische
Würdigung
Tabernakel
66
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirch«
Taufiilein
Sarkophag
tirabsteine
Glocken
Gemälde
Der reiche, vielteilige, an die Wand gelehnte Aufbau beginnt am Boden mit einem
Säulchen, dessen nach den Seiten weit ausladende Deckplatte zwischen zwei gedreh-
ten Säulchen die Figur eines vor einem Pfeiler unter einem Baldachin stehenden und
sich verneigenden Mönches trägt. Darüber der reich vergitterte Sakramentsschrein,
von zwei kelchtragenden Engeln, die ebenfalls auf Säulchen unter Baldachinen stehen,
flankiert. Unmittelbar darüber hängt ein zwei Joche breiter Baldachin mit Steinge-
wölben imd reichem, fast allzu reichen und schweren Kielbogen- und Fialenschmuck
vor. Um ein gedrehtes Mittelsäulchen gruppieren sich drei sehr hohe Fialen; gemein-
sam tragen sie einen abermals in eine Fiale endigenden Baldachin. Flankiert wird
dieser auf den vorkragenden Gewölben ruhende Oberbau von zwei sehr kompliziert
gegliederten starken Fialen. Gute Arbeit von ausgeprägt spielendem Charakter.
Taufstein (Fig. 23), romanisch, 12. Jh., zu der grossen Gruppe niederrhei-
nischer Taufsteine gehörig (vgl. Kunstdenkmäler d. Kr. Kempen S. 16). Das mächtige,
halbkugelförmige Becken, von reichlich i m Durchmesser, ruht in der Mitte auf einer
attisierenden Säulenbasis mit
-TT : — ■-! . :i ij'f ipl'PO kräftigen Eckklötzen. An der
. ,1 ; .;_4u4^ p^^.pj^^^.^ gj^^ fünf Säul-
chen mit steilen blattbeleg-
ten Basen und flach und
schematisch gearbeiteten
Kopfkapitälen angeordnet
Steinerner Sarkophag
der h. Luftildis vom J. 181 1.
Als Deckplatte ist eine ältere
Platte von poliertem röt-
lichen Kalksinther aus dem
Eifelkanal verwendet, ohne
irgend welche Zierformen,
die eine Datierung erlauben.
Grabsteine mit unleser-
lichen Inschriften, 1 7.u.i8.Jh.
Zwei grosse Leinwandtafeln mit acht Darstellungen aus der Legende der h. Luf-
tildis: um 1800, ohne Kunstwert.
Glocken. Die erste von i5o4: maria heischen ich, in de eir gotz Luiden
ICH, WER mich HUIRD, DER BEID SICH, DEN DUVEL VERDRIVEN ICH. lOHAN VAN
ALFTER GOUIS MICH IM lAER UNS HERRN MCCCCCIIII.
Die zweite von i538: petrus heisen ich, tzo gotz deinst rufen ich, blix,
DONER WERDRIVEN ICH, DE DUDEN BESCRIEN ICH. JOHAN VAN COLLEN GUIS MICH
ANNO DOMINI MVCXXXVIII.
Die dritte: soLi deo in honorem sancti iosephi et beatae elisabethae
lOSEPHUS CLEMENS, SINGULARIS BENEFACTOR, ET AUGUSTA ELISABETHA DE LOMBECK,
NATA DE DIENHEIM ANNO l79..
Über die Inschrift einer vierten, nicht mehr vorhandenen Glocke vgl. v. Stram-
BERG, Rheinischer Antiquarius a. a. O. S. 72.
Grosses Gemälde, auf Holz, aus der 2. H. des 16. Jh. (zur Zeit im Pfarrhause
aufbewahrt), mit der Darstellung der Anbetung des Kindes in fast lebensgrossen
Figuren. Im Vordergrunde kniet vor dem Kinde, das nackt auf einer Strohkiste Hegt,
links anbetend die Mutter Maria in gelblichem Gewand und blaugrünem ManteL
Fig. 23. Lüftelberg. Kathol. Pfarrkirche. Tauftlein.
274
LÜFTELBERG
67
Lange dünne goldene Locken fallen über den Rücken. Vor ihr am Boden, das
Profil mit der merkwürdig hässlichen aufgestülpten Nase aufrichtend, die Halbfigur
eines graubärtigen Alten. Hinter der Madonna Joseph in grünem Rock und rotem
Mantel, in der einen Hand eine Kerze tragend, die er mit der anderen Hand schirmt.
Hinter ihm wird der Porträtkopf eines jungen Mädchens sichtbar, in Lebensgrösse, mit
weissem Kragen und grüner Haube, darüber die Inschrift: elisabet schal annorum 5.
Rechts von dem Christkinde eine Gruppe von vier anbetenden Engeln, hinter ihnen zwei
Hirten, die sich andächtig und verwundert nähern. Im Hintergrund Renaissance-
architektur, zum Teil in Ruinen, in der Mitte in offener Laube ein geflügelter Putto
hockend. Tüchtiges Werk eines rheinischen Meisters aus der 2. H. des 16. Jh., im
Kolorit, zumal in den Köpfen schon etwas flau, die Komposition wenig geschlossen.
Kathol.
Pfarrkirche
T^fSCr^J
Fig. 24. Lüftelberg. Herrenhaus der Burg.
BURG. V. Mering. Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IV, S. i3o. — Burg
Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 235. — v. Stramberg,
Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. i3o. — Ders., Kant. Rheinbach S. 106. —
Duncker, Rheinlands Schlösser und Burgen (mit Abbild.).
Handschriftl. Qu. Im Besitze der Frau Witwe von Jordans: Urkunden
von i47o — 1672. — Akten betr. die Kirche zu Lüftelberg, darunter Kirchenregister
von i449 an, Verzeichnis der Kirch engeräthe von i569. — Akten betr. die Kirche zu
Buschhoven, i7. u. 18. Jh. — Schöffenweistum der Herrlichkeit Lüftelberg i558. —
Herrenweisthum in der Sürschen i579. — Lüftelberger Gerichtsbuch i6i7 — 1725, mit
dem Schöffenweistum vom J. i559. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Der erste urkundlich erwähnte Besitzer der anfangs Berge, später Mons s. Luf- Geschichte
tildis, Lufterberga genannten Herrlichkeit ist Thiderich von Volmestein, der im J. i358
seinen Besitz an die Brüder Johann und Conzen von Vischenich verkaufte. Von deren
Nachfolger Johann kam sie an Diedrich von Gymnich, in dessen Familie die Burg
275
if
6S ICttEIS llHEtNBACIl
Burg mit kurzen Unterbrechungen bis i548 bleibt. Im J. i548 erhielt Johann Schall von
Bell die Belehnung mit der Burg. Elisabeth, aus dem gleichen Geschlechte, brachte
Lüftelberg an ihren Gatten Philipp Freiherrn von der Vorst-Lombeck (t i675). Seine
Nachkommen blieben bis zum J. 1826 im Besitz. Durch Heirat und Erbschaft kam
die Burg gegen die Mitte des Jahrhunderts an Karl von Jordans. Die jetzige Eigen-
tümerin ist Frau Witwe Karl von Jordans.
Beschreibung Das vou Wcihem umzogeue, über eine Bogenbrücke zugängliche Herrenhaus
(Fig. 24) ist ein stattUcher Bau, wohl in der i. H. des 18. Jh. aus Bruchstein aufge-
führt und verputzt; es besteht aus zwei im rechten Winkel aufeinander stossenden
Flügeln, die beide unter abgewalmten Mansardenschieferdächern liegen. Der Haupt-
trakt hat ausser dem zu Tage liegenden Kellergeschoss zwei Stockwerke; er ist nach
der freien Aussenfront zu sechsachsig, an den Schmalseiten zweiachsig; an der Nord-
seite, wo der zweite Trakt auf ihn stösst, liegen nur vier Achsen frei. In der dritten
Achse ist in der Höhe des Kellergeschosses die, wie die Fenster, in Haustein ge-
fasste und im Segmentbogen geschlossene Thüre zwischen zwei Pilastern mit Quasten-
behang angebracht. Darüber auf zwei runden Segmentgiebeln zwei Greife mit dem
Wappen der Lombecks.
Die nach Süden gerichtete Aussenfront des Haupttraktes ist an den beiden
Ecken durch kräftig heraustretende, zweigeschossige Türme mit kleinen rechteckigen
Hausteinfenstem und haubenförmigen Schieferdächern flankiert.
Der kleinere, dreiachsige Flügel hat ausser dem ebenfalls zu Tage liegenden
Kellergeschoss nur ein Hauptstockwerk. Die in der Mitte liegende Thür ist über
eine doppelarmige Freitreppe zugänglich. An der äusseren Ecke steht ein runder ein-
geschossiger Turm mit barocker Schieferhaube.
Inneres Das Innere bietet wenig Bemerkenswertes. Der kleinere Eckturm enthält in
seinem Erdgeschoss eine Kapelle. Interessant ist der reich mit Messingbeschlägen
geschmückte Flügelaltar; der Mittelteil des hölzernen Aufbaues enthält in getriebener
Arbeit eine Darstellung der Auferstehung Christi; auf den Flügeln Gemälde auf Holz,
links die Darstellung und Beweinung Christi, rechts die Kreuzschleppung und die
Kreuzabnahme. Durchschnittsarbeiten des i7.Jh.
Schmiedeeisernes Treppengeländer mit dem Monogramm L. D. (Lombeck-
Dienheim), 18. Jh.
Gartenthor mit schmiedeeisernem Gitter, 18. Jh.
MECKENHEIM.
Litteratur J. A. Demian, Geographisch-statistische Darstellung der deutschen Rheinlande,
Koblenz 1820, S. io4. — v. Restorff, Topographisch -statistische Beschreibung der
Rheinprovinzen S. 283. — v. Strevesdorff, Archidioeceseos Coloniensis descriptio
S. 123. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. I29. — Schannat-
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 236. — v. Stramberg, Rheinischer
Antiquarius XII, S. 577. — Ders., Kant. Rheinbach S. 108. — v. Mering, Geschichte
der Burgen in den Rheinlzmden IX, S. 80. — Meckenheimer Weistümer bei Lacom-
BLET, Archiv VI, S. 338 und Ann. h. V. N. XXXXIV, S. i76 u. i83.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Koblenz: Weistum über die dem
Kölner Stifte St. Maria ad gradus in Meckenheim zustehenden Rechte. Orig.-Perg.
vom 3o. Juni i42i.
276
MECKENHEIM
69
Funde
Vorgeschicht*
liehe Funde
VORGESCHICHTLICHE, RÖMISCHE UND FRÄNKISCHE vorge.chicht.
FUNDE. KoENEN, Aufdeckung einer vorgeschichtlichen Niederlassung und eines römitche'und
fränkischen Gräberfeldes in Meckenheim in den B. J. XCII, S. i47 (mit zehn Tafeln), f'*»^'"»»«
Nachdem bereits zu wiederholten Malen gelegentliche Grabungen wertvolle
Funde zu Tage gefördert hatten, wurden in den J. i878 und i879 im Auftrage der
Direktion des Bonner Provinzialmuseums und unter Leitung von Konstantin Koenen
systematische Untersuchungen in grösserem Umfange vorgenommen. Das Resultat
war die Aufdeckung einer bedeutenden, vorgeschichtlicher Zeit angehörigen Nieder-
lassung und eines fränkischen Gräberfeldes. Die Ergebnisse sind, kurz zusammen-
gefasst, folgende. Im hellgelben Löss fanden sich eingeschnitten zahlreiche kessei-
förmige Feuerungsgruben, sogenannte Mardellen, deren Füllwerk, ausser einer Menge
von Feuersteinfragmenten, Scherben von meist roh ohne Anwendung der Drehscheibe
geformten Gefässen enthielt, die keine Henkel, sondern nur warzenförmige Ansätze
oder Schnurösen zeigen. Koenen unterscheidet drei Arten von Scherben. Die ersten
stammen von dickwandigen, nur leicht gebrannten Töpfen von gedrungener cylin-
drischer Form. Die Erde ist mit zerstossenem Gestein gemengt. Einen zweiten
Typus glaubt Koenen in der von ihm auf Taf. II, 5 dargestellten Form zu erkennen.
Das Äussere dieser unten schmalen, nach oben erweiterten, dann abermals verengten
und mit einem fast senkrechten Rande abschliessenden Gefässe ist schwarz, die Bruch-
stellen sind grauschwarz. Die Färbung ist durch Dämpfen erzielt, der Brand ist schwach.
.\uch hier ist der eigentlichen Masse härteres Gestein beigemengt. Die dritte Art von
Scherben ist dünnwandig, schwarz oder grau-gelb, an den Bruchstellen in der Mitte
rödich-grau, an den Rändern braun. Über die zeitliche Stellung dieses Fundes vgl.
B. J. XCII, S. 208. Über ein angeblich aus Meckenheim stammendes vorgeschicht-
liches Gefäss vgl. B. J. LXXXVI, S. 36 und XCII, S. 2i3.
Bedeutende römische Reste sind in Meckenheim nie zu Tage gekommen. Über
römische Wege, die den Ort berührt haben sollen, vgl. B. J. LXVI, S. 84 und 87;
LXVII, S. 22; LXXVIII, S. 4 und LXXIX, S. 16; ferner Zs. des Aachener Geschichts-
vereins XII, S. 160. Danach lag Meckenheim an der Blankenheim-Bonner Strasse, an
der Strasse, die von Zülpich gegen Mehlem an die Aachen-Frankfurter Heerstrasse und
an den Rhein führte; endlich an der Verbindung der Ahr mit Bonn. Die sonstigen
Funde sind sehr gering: ein den Fernovinehae geweihter Matronenstein, tler beim Ab-
bruch der alten Pfarrkirche zuTage kam, ist wohl das Hauptstück (B. J. LXXXVII, S. 2 1 4) ;
eine Bronzekapsel mit Leinwand (B. J. LXXXVII, S. 25); endlich eine kugelförmige,
henkellose Amphora aus grau-rotem Thon mit Ringverzierung (B. J. LXXVI, S. 64).
Um so bedeutender sind die Funde aus fränkischer Zeit. Bereits in den
fünfziger Jahren entdeckte man zahlreiche Gräber in zwei Schichten übereinander
(B. J. XXIII, S. i84 und XXV, S. i96). Ein mit zahlreichen Abbildungen versehener
Bericht Schaaffhausens führt als Fundgegenstände Lanzenspitzen, einschneidige
Schwerter, eiserne Beile, Beschläge, Schnallen, dicke Perlen, Armringe, Knochen-
kämme, spärliches Thongeschirr an. Besonders reiche Beigaben hatte eine weibliche
Leiche; unter anderm eine scheibenförmige, mit Goldblech überzogene Bronzefibel
(B. J. XXXXIV, S. i35). Durch Koenen wurde dann das fränkische Gräberfeld auf
eine Länge von 5o m und eine Breite von 4o m festgestellt. Doch ist die Ausdeh-
nung zweifellos viel grösser. Geöffnet wurden 2 5o Gräber, mit den früher unter-
suchten 4o sind bis jetzt im ganzen an 3oo aufgedeckt worden. Augenscheinlich hat
man es hier nicht mit einem nach einer Schlacht angelegten Massengrab, sondern mit
der Begräbnisstätte des fränkischen Ortes zu thun, der an Stelle von Meckenheim lag.
Römische
Fund«
Fränicsche
Funde
277
7o KREIS RHEINBACH
Vorgeschicht. Die TotengTubcn lagen in unregelmässigen Reihen von Süden nach Norden;
römische' und die Langseiten waren von Westen nach Osten gerichtet. Vielfach sind sie von einer
^^F^i^nde*** Zweiten, oft auch von einer dritten Grube durchschnitten. Bei den Skeletten fanden
sich Waffen, Beschläge aus Eisen und Erz, erstere zuweilen mit Tauschierarbeit,
römische Münzen, allerlei Hausgerät, Gefässe der verschiedensten Art, Gemmen,
Perlen, goldene Schmucksachen, Feuerschlagwerkzeuge u. s. w. Sehr häufig hat man
bei der neuen Beisetzung die alte Grube wieder benutzt. Die vorgefundenen Skelette
lagen auf dem Rücken mit dem Antlitz nach Osten, die Arme in der Regel zu beiden
Seiten ausgestreckt, die Hand bisweilen am Schwertgriff. Männer, Frauen und
Kinder lagen nebeneinander, Reiche und Arme in denselben Reihen. Über einige
der Schädel vgl. Schaaffhausen, Korrespondenzblatt der Anthropologischen Gesell-
schaft, Jahrg. i879, S. I29. Die Skelette ruhten meist auf der Grubensohle ohne künst-
liche Umhüllung; wenige lagen in Plattenkammern; eine dritte Art der Beisetzung
zeigte den Todten von einem eisenbeschlagenen Schutzkasten bedeckt.
In dem Füllgrunde eines das Ausgrabungsgebiet durchschneidenden nach-
fränkischen Grabens befanden sich zahlreiche Gefäfsscherben, darunter solche von
karolingischen Reliefbandschmuckamphoren, mehrere blaugraue kugelige Gefässe und
Bruchstücke von Gefässen mit Gurtfurche und gewellter Bodenplatte. In geringerer
Tiefe fanden sich Scherben aus Meckenheimer Töpfereien des 9. Jh. Das Gräberfeld
wurde also zu dieser Zeit nicht mehr benutzt, da sonst die an der Obei fläche vor-
handenen Scherben in den Füllgrund hätten geraten müssen. Etwas tiefer findet sich
eine andere Art von Scherben, zum Teil von frühkarolingischem Charakter. Dieser
Zeit gehört die oberste der drei Schichten an. Die beiden unteren dagegen dürften
! in merowingische Zeit, keinesfalls jedoch über das 6. Jh. zurück zu versetzen sein. —
Einen grossen Teil der Funde bewahrt das Bonner Provinzialmuseum (Nr. 489 — 632,
: Ti96 — i3o9). Vgl. Heimatskunde i879, S. i3 und Koexen, Gefässkunde S. i3i.
Östlich vom Swistbache, welcher die Grenze zwischen dem Bonner Gau und
dem Swistgau bildete, wurden im J. i89o vier Skelette mit karolingischen Beigaben
gefunden. Eine ganz in der Nähe befindliche Brandschicht wurde von Oskar Rautert
untersucht (B. J. XCIII, S. 261). Von dem Inhalte der Brandschicht, die et>Ä*a 60
bis 7o qni gross ist und 3o — 60 cm unter der Erde lag, sind, ausser Wildschwein-,
Pferde- und Ochsenzähnen, namentlich ein kreuzförmiger Gewandschmuck aus Bronze
mit Glas Verzierung, eine Bronzefibel und eine grosse Anzahl von Scherben von ver-
schiedener Farbe und Verzierung, darunter auch Reste von Relief bandschmuckamphoren
hervorzuheben. N^ach Rautert a. a. O. S. 266 gehören die Gefässe, wie die ganze Brand-
schicht dem Ende des 8. Jh. an. Ihre Entstehung verdankt die Brandschicht vielleicht
dem abergläubischen Gebrauche des Bausegens. Vgl. dazu Koenen, Gefösskunde S. i34.
Nach Koenen (B. J. XCII, S. 208) haben bei Meckenheim seit frühkarolingischer,
vielleicht schon seit spätmerowingischer Zeit grosse Töpferöfen bestanden.
K.ihoi. KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Johannis Baptistae). Binterim
u. Mooren, E. K. I, S. 4oo. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt. S. 236.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 577. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 108. — V. Merincj, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IX, S. 81. —
Katzfev, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. I29. — Kugler, Kleine Schriften
und Studien zur Kunstgeschichte II, S. 206.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkundenbuch, begonnen i8o4. —
Historische Notizen über Meckenheim von einer Hand des i9. Jh. — Vgl. weiter
Tille, Übersicht.
278
J
MECKENHEIM
7l
Der Ortsname Meckenheini
findet sich zum ersten Male,
und zwar in der Form Mecke-
denheim in einer im J. 854
ausgestellten Schenkungsur-
kunde des Priesters Herriger
für das Bonner Kassiusstift (La-
COMBLET, Archiv II, S. 8i). Die
Kirche selbst wird in älteren
Urkunden nicht genannt Die
früheste Erwähnung enthält der
liber valoris nach i3oo (Bin-
TERiM u. Mooren, E. K. I,
S. 385). Das Kollationsrecht
hatte im i5. Jh. nach dem liber
collatorum der Bonner Propst
(BiNTERiM u. Mooren a. a. O. I,
S. 548). Noch am Beginne
unseres Jahrhunderts war es
in den Händen des Bonner
Kapitels (Dumont, Descriptio
S. i6). Das alte Langhaus
wurde im J. i889 abgebrochen
und durch einen nach Plänen
der Architekten Becker und
Böhm in gothischen Formen
errichteten Neubau ersetzt.
Die alte Kirche war nach
KuGLKR a. a. O. S. 206 ein
zweischiffiger Bau aus roma-
nischer Zeit, der indessen später
vielfache Änderungen erlitten
hatte. Zwei viereckige Pfeiler,
die durch breite, starke Spitz-
bogen mit einander verbunden
waren, trennten das Haupt-
schiff von dem südlich gelege-
nen Seitenschiff. Die Gewölbe
im Schiffe waren spätgothisch.
Der Chor, der sich ebenfalls in
breitem Spitzbogen gegen das
Schiff öffnete, hatte spitzbogige
Nischen an den Seiten.
Der Westturm (Fig. 25) ist
der einzige Rest des alten
Baues. Er besteht zum weitaus
grössten Teil aus Grauwacke;
nur die Ecken, der obere Sockel-
Kuthol.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
'•^^'Z^^
r ^^^
Fig. 25. Meckenheim. Katholische Pfarrkirche. Wtstturm
279
/2
KREIS RHEIXBACH
Kathol.
Pfurrkirchc
1^ i
Steiiirelief
Taufstein
Stadt-
befestiguiig
rand, die Gesimse, Fenster- und Thürrahmen sind aus grossen Hausteinblöcken, meist
Sandstein, hergestellt. Der Aufbau ist zweigeschossig. Ein einfacher, hoher Sockel
umzieht das Erdgeschoss, das an der Westseite durch ein einfaches Portal zugänglich
ist, dessen Sturz die Jahreszahl i75i zeigt. Ausser diesem weist das untere Geschoss
nur kleine Lichtspalten auf, während das Obergeschoss unmittelbar über dem Zwischen-
gesimse kleine rechteckige Fenster, dann — in der Höhe der Glockenstube — grosse
Spitzbogenfenster und über diesen noch kleine, rechteckige Öffnungen zeigt. Den Ab-
schluss bildet ein achtseitiger Schieferhelm. — Das südlich angebaute Treppentürmchen
ist neu.
An der westlichen Aussenseite des Turmes ist neben der Thüre ein rohes
Steinrelief mit einer Darstellung des Ecce homo eingemauert Gegen 1600.
In der Kirche ein Taufstein des i7. Jh., Basaltlava, mit hässlichem vielteiligen
Fuss und glockenförmigem Becken.
STA DT BEFESTIGUNG, v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt.,
XII, S. 579. — V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IX, S. 82.
In Meckenheim scheint bereits im i5. Jh. eine Befestigung bestanden zu haben,
wenigstens lässt darauf die Angabe des Weistums vom J. i42i über die Lage des
Dinghauses: supra fossatum ville schliessen. In der 2. H. des 16. Jh. und während
des dreissigj ährigen Krieges litt Meckenheim so sehr, dass das Stift St. Maria ad
gradus in Köln die Erlaubnis gab, den Ort mit Wall und doppeltem Graben zu um-
geben. Im J. i636 wurde Meckenheim vom Kurfürsten Ferdinand zur Stadt erhoben.
Von der Befestigung wurden die beiden letzten Thore in den dreissiger Jahren ab-
gebrochen. Gegenwärtig sind nur noch zwei unbedeutende Mauerreste an der West-
seite und Teile des Umfassungsgrabens erhalten.
MERL.
!^
Knihol.
Kapelle
K«schreibung
Altar
Messingleuchter
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Michaelis), v. Stramberg, Rhei-
nischer Antiquarius, 3. Abt. XII, S. 575. — Ders., Kant. Rheinbach S. iit.
Die Kapelle, die in der 2. H. des 18. Jh. durch Michael Roppricht aus Merl
errichtet ward, ist ein verputzter Fachwerkbau mit geschiefertem Satteldach und acht-
eckigem geschieferten Dachreiter. Die Länge beträgt im Lichten 9, 10 m, die Breite
4,1 5 m.
Das Innere ist mit einer flachen Decke versehen, die von zwei Säulen ge-
tragen wird.
Altar des 18. Jh.
Messingleuchter des 18. Jh.
MERZBACH.
Kflthol.
Kapelle
Beschreibung
KATHOLISCHE KAPELLE.
Elender Backsteinbau des 18. Jh., auf rechteckigem Grundrisse mit polygonalem
Chorschluss. Das Dach ist mit Pfannen abgedeckt. Nahe dem Westgiebel ein vier-
seitiger, geschieferter Dachreiter.
Diis Innere ist von einem flachen hölzernen Tonnengewölbe überspannt.
Ausstattung wertlos.
280
MICHAELSBERG
73
MICHAELSBERG.
RÖMISCHE FUNDE. Die Trier -Bonner Römerstrasse führte dicht am Römische
Michaelsberge vorbei. In unmittelbarer Nähe und dreihundert Schritte südlich „am f"""**«
Lindchen" ist römischer Bauschutt, Tuff und Mörtel gefunden worden (B. j. LXXVI,
S. 235, 236; LXXIX, S. 4).
Fig. 26. MichiieUberg. Katholische Kapelle.
281
74
KREIS RHEINBACH
Kathol
K;«pell(
Geschichie
Beschreibung
Inneres
Grabstein
Heiligen-
Häuschen
Kalvnrienberg
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Michaelis). Schannat-Baersch,
Eiflia illustrata HI, i. Abt., i. Abschn. S. 354. — v. Stramberg, Rheinischer Antiqua-
rius 3. Abt. XH, S. 677.
Urkundliche Nachrichten über den Anlass der Entstehung dieser Kapelle fehlen
vollständig. Die älteste Urkunde ist das Chörchen der Kapelle selbst, das nicht lange
nach i5oo entstanden sein dürfte. Ein Missale, das im J. i556 für den Gebrauch in
der Kapelle geschrieben wurde, ist nicht mehr vorhanden. Im J. i632 überwies der
Graf von Manderscheid dem Jesuitenkollegium zu Münstereifel die Mission auf dem
Michaelsberge. Im J. i836 schlug der Blitz in die Kapelle. Im J. i858 wurden Turm,
Schiff und Nebengebäude neu aufgebaut, nur das Chörchen blieb erhalten.
Einschiffiger Saalbau mit vorgelegtem Westturm und spätgothischem, aus drei
Seiten des Achtecks konstruierten Chörchen (Grundriss und Ostansicht Fig. 26).
Die malerische Gebäudegruppe ist in architektonischer Beziehung ganz schlicht
behandelt. Verhältnismässig am reichsten ist der von einem einfachen Sockel um-
zogene Chor, dessen abgetreppte Strebepfeiler des abschüssigen Bodens wegen kräftige
Untermauerungen haben. Die drei Fenster zeigen spätgothische Nasen.
Im Inneren scheidet der spitze Triumphbogen, dessen Pfeiler mit einfachen
Kämpfern versehen sind, das öde, flach gedeckte Schiff von dem Chor, den ein
reiches Netzgewölbe überspannt (Grundriss Fig. 26). Die scharf profilierten Rippen
haben keine besonderen Auflager. Zwei der Schlufssteine sind mit einem Sterne,
der dritte ist mit einem Pentagramm geschmückt.
An der Nordseite des Schiffes ist der Grabstein des Freiherm Johann Frie-
drich von Goltstein (t i687) eingemauert. Gegenwärtig verdeckt ihn eine Holzplatte.
Nach V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 678 lautet die Inschrift
folgendermassen :
HIC MORTUUS IACET in TUMüLO, QUI VIVUS STETIT in officio SERENISSIMI
DUCIS GULIAE, CLIVIAE ET MONTIUM CAMERARIUS, CONSILIARIUS INTIMUS ET CAN-
CELLARIUS, PATER PATRIAE ET OMNIUM AMOR, lOHANNES FRIDERICUS LIBER BARO A
GOLTSTEIN, LOCI HUJUS, DUM VIXIT, AESTIMATOR, POST MORTEM ET IN VITA BENE-
FACTOR. OBIIT l687, 25. OCTOBRIS.
Dabei das Wappen des Verstorbenen und sechzehn Randwappen.
Die übrige, sehr dürftige Einrichtung ist modern.
Südlich der Kapelle liegt ein Heiligenhäuschen mit polygonalem Chörchen.
Über dem rundbogigen Portal die Jahreszahl i733.
Im Inneren ein hölzerner Kalvarienberg aus der gleichen Zeit.
MIEL.
Römische
Sirnsse
Knthol.
Pfftrrkirchf
RÖMISCHE STRASSE. Eine römische Strasse führte von Belgica über
Miel gegen Buschhoven, wo sie sich mit der Trier-Bonner Hauptstrasse vereinigte
(B.J. LXXIX, S. i7).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s.t.s. Georgii). Schannat-Baersch,
Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 287. — v. Stramberg, Rheinischer Antiqua-
rius 3. Abt. XIII, S. 82. — Ders., Kant. Rheinbach S. 93.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Stiftungsurkunde, 18. Jh. — Modernse
Urkundenbuch, enth. eine Orts- und Pfarrgeschichte. — Buch der Bruderschaft Jesus-
Maria-Joseph i7io. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
2S2
j
MIEL
75
Während der Ort Miel bereits in einer Urkunde vom J. ii4o genannt wird
(Lacomblet, UB. I, Nr. 34 1), findet sich die früheste Erwähnung der Kirche erst
nach i3oo im über valoris (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 387). Doch bestand
die Kirche, wie man aus den Formen des Chores schliessen darf, sicher bereits zu
Beginn des i3. Jh. Das Schiff und der Turm wurden im J. i636 von der Äbtissin
von S. Maria im Kapitol, Guda von Winkelhausen (vgl. die Inschrift) erneuert. Das
Kollationsrecht besass bis zur Säkularisation die Äbtissin von S. Maria im Kapitol
in Köln (Dumont, Descriptio S. i6).
Einschiffiger verputzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und platt ge-
schlossenem Chörchen. Länge , — ^^
im Lichten 1 3,2 5 m, Breite M.m^l{\mm\\\i\\\\tt\ 'Uliimki^^^^^ ^.j
5,65 m.
Der Turm ist zwei-
geschossig, die Lichtöfihungen
sind klein und unregelmässig
verteilt. Das Untergeschoss
ist durch rohe Strebemauern
gesichert, das ganz geschie-
ferte Obergeschoss ist auf jeder
Seite von zwei rechteckigen
Fensterchen durchbrochen.
Der achtseitige Dachhelm ist
geschiefert.
Die Mauern des Lang-
hauses, das unter einem ge-
schieferten Satteldache liegt,
haben je zwei rundbogige
Fenster.
Das viereckige, dem An-
fang des i3. Jh. angehörende
Chörchen ist etwas reicher
behandelt. Lisenen, die durch
Rundbogen friese auf Konsolen
miteinander verbunden sind,
beleben die Flächen in ge-
fälliger Weise.
Das Innere desTurmes
ist flach gedeckt. Eine rechtwinkelige Öffnung führt in das schmucklose Schiff, dessen
flache Stuckdecke ausser einer Reliefdarstellung der Verkündigung Mariae die Inschrift
trägt: R. D. GUDA A WINCKELHAVSEN, ABBATISSA IN CAPITOLIO, ME FIERI FECIT
ANNO l636.
Der Chor zeigt die verhältnismässig reichen Formen des späten Übergangsstils.
Der spitze Triumphbogen hat im Scheitel einen Wulst, das Gewölbe, das den
quadratischen Raum überspannt, ruht auf spitzen Rundstabschildbögen. Die wulst-
förmigen Rippen, für die keine Konsolen vorgesehen sind, fasst ein traubenförmiger
Schlufsstein zusammen. In der Wand zwei Piscinen. Die Fenster sind rundbogig.
Die Ausstattung enthält nichts Wertvolles.
Hochaltar, Seitenaltäre und Kanzel, i8. Jh.
Kathol.
Pfarrkirch«
Geschichte
Heichreibuiig
Fig. 27. Miel. Spes, Fides, Charius.
Inneres
Altäre, Kancel
283
76
KREIS RHEINBACH
Knthol.
Ffnrrkirche
raufcteioi KascId
Steinkreuz
l'ides, Sp«s,
C'haritas
Burg
«eschicbte
Taufstein, i8. Jh. Ein rundes Becken auf einem Säulenstumpf.
Kasein, barock.
Die Glocken sind neu.
Auf dem Wege von Miel nach Niederdrees steht nahe dem Ortsausgang ein
Steinkreuz mit der Inschrift: i768. werd ich meinen söhn nicht sehen sterben:
UND SIE ERHUB IHRE STIM UND WEINETE BITTERLICH. M. SEVERIN FRIDLING. In
der Mitte des Kreuzes sind drei kleine, 2 7 — 2972 cm hohe Figuren, wahrscheinlich
die drei hh. Jungfrauen Fides, Spes und Charitas darstellend, eingemauert (Fig. 27).
Die vermutlich ursprünglich rund gearbeiteten Kalksteinfiguren sind so stark ver-
wittert, dass eine genaue Datierung unthunlich ist. Vermutlich stammen sie aus der
Zeit um 1200. Sie sind erst später an diese Stelle versetzt worden. Jede steht für
sich auf einer kleinen runden Konsole von einfachem Profil. Die Gewänder sind ziem-
lich gleichmässig in strenge, starre Falten gelegt, die Köpfe sind durch Verwitterung
in ihren Einzelheiten unkenntlich geworden. Die erste Figur (von links) hält die
Hände über der Brust gekreuzt. Die beiden anderen stehen nebeneinander. Die
mittlere, deren Kopf und Hals in eine Art Nonnengewand gehüllt ist, hält die Linke
vor die Brust, mit der Rechten umfasst sie die linke Hand der neben ihr stehenden
dritten, von einem Strick umgürteten Figur, die ihren rechten Arm um den Leib der
mittleren Gestalt gelegt hat. Sie scheinen einander anzublicken.
Die Annahme, dass die drei Figuren Glauben, Liebe und Hoffnung darstellen,
beruht vor allem auf der örtlichen Überlieferung. Vgl. darüber auch E. von Claer
in den Ann. h. V. N. XLV, S. 100, der sie dem 10. Jh. zuschreibt.
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata HI, i. Abt., i. Abschn. S. 283. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XH, S. 81. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 9i. — V. Hakkten in Lacomblets Archiv V, S. 43i. — Macco, Burg Miel
im Deutschen Herold XVI, S. I2 7.
Handschriftl. Qu. Im Besitze des Herrn Hugo von Kintzel: Kurkölnische
Belehnungsurkunden, Burg und Herrschaft Miel betreffend, i546 — 1777. — Akten
über den Anspruch des Königs von Frankreich auf die Lehensherrlichkeit über Miel
1682. — Weistum über die hocheit und gerechtigkeit des Hauses Miel i55i. — Aus-
mahnung und weisthumb der geschwoeren uff dem Blankartshoff zu Meill. 18. Jh. —
Hofgedingsprotokolle, 16. Jh. — Plan des Schlosses Miel von t766. — Baurechnungen
des Schlosses Miel von i769 u. i77o. - Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Im J. i396 trug Konrad, Herr zu Tomberg, die von ihm errichtete Burg zu Miel
dem Erzbischofe Friedrich III. als Lehen und Offenhaus auf (Lacomblet, U B. III,
Nr. 102 5: dat sloss zo Myle, so wie ich dat mit synen muyren, graven, portzen, turnen,
vurburge, vestenyngen indbegriffen). Lutter Quadt von Buschfeld erwarb durch seine
Vermählung mit Elisabeth von Saffenburg im J. i44i einen Anteil von Miel. In der
2. H. des i5. Jh. ist Schloss und Herrlichkeit zwischen den Quadt und den Burggrafen
von Rheineck strittig. Noch im J. 1 5 1 5 erhielt Philipp, Burggraf zu Rheineck und Herr
zu Broich die gleiche Belehnung wie Johann Quadt; selbst im J. 1606 findet noch
eine derartige doppelte Belehnung statt. Von da ab sind jedoch die Quadt bis ins
18. Jh. im ungestörten Besitze. In der Folgezeit werden die Besitzverhältnisse sehr
kompliziert. Nach langen Prozessen erlangte endlich Franz Ferdinand Calcum von
Lohausen im J. i737 die Belehnung. In dieser Zeit litt die Burg sehr durch Brand. Schon
im J. i755 wurde die Belehnung jedoch für erschlichen erklärt und im folgenden Jahre
der Freiherr Reinhold von Glasenapp zum Lehensträger gemacht. Im J. i764 ver-
kaufte er Miel an den Domänenrat von Raeäfelt, dessen Sohn den Besitz schon im
284
j
MOÄENHOVeK
77
J. l767 an den Freiherm Maximilian von der Heyden genannt Belderbusch, weiter Burg
gab. Dieser erbaute im J. i77o das neue Burggebäude. Von seinen Erben gelangte
Miel zunächst an die Herren von Neufville, von diesen an Herrn Emil von der Lcycn.
Seit dem J. i897 ist Herr Hugo von Kintzel aus Kassel Eigentümer der Burg.
Regelmässige, von Weihern umzogene Anlage vom Ende des 18. Jh. Beschreibunp
Das Herrenhaus, ein stattlicher, verputzter Bruchsteinbau ist sieben Achsen
breit und umfasst zwei Stockwerke. Die über eine Freitreppe zugängliche, in Rustika
umrahmte Thüre liegt in dem vortretenden, von einem Dreieckgiebel mit zwei ovalen
Fenstern und den Wappen der Belderbusch und Satzenhoven abgeschlossenen Mitt.cl-
risalit. Über der Thür tritt auf drei kräftigen Konsolen ein leicht geschwungen ct
Balkon mit schönem schmiedeeisernen Rokokogitter mit der Jahreszahl 1 7 7o und einer
schmiedeeisernen Laterne vor, gegen den sich eine volutenumrahmte Thür öffnet. Das
sattelförmige Dach ist geschiefert.
An dieses Gebäude stösst ein zweites mit vier Reihen kleiner, von Segment-
bogen geschlossener Fenster übereinander. Das ebenfalls geschieferte Satteldach hat
einen Walm.
Am Hofthor ein schönes schmiedeeisernes Rokokogitter. oinei
In der Bibliothek: Porträt des Karl Leopold von der Heiden. Portrai .
MORENHOVEN.
K a i h o l.
Pfnrrkirchr
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Nicolai). Schannat-Baersch,
Eiflia illustrata III, i. Abt. S. 283. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt.
XIII, S. 77. — Ders., Kant. Rheinbach S. 94. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Handschriftl. Qu. Tauf-, Trau- und Sterberegister von i78o an. — Urkunden-
buch, enthaltend Stiftungsurkunden seit dem 18. Jh. — Vgl. dazu Tille, Übersicht.
Der Ort Morenhoven kommt zwar bereits in Urkunden vom Ende des i3. Jh. Geschichte
vor (Lacomblet, UB. II, Nr. 745 u. io33), doch wird eine Kirche weder in diesen
Zeugnissen, noch im liber valoris genannt. Immerhin scheint bereits im i4. Jh. hier
eine Kirche bestanden zu haben, da eine der Glocken aus dieser Zeit stammt. Aller-
dings nennt das KoUatorenverzeichnis des i5. Jh. unter den Gerechtsamen von
S. Maria im Kapitol noch nicht die Besetzung der Morenhovener Pfarrstelle. Erst
das Deskriptionsbuch vom J. i599 verzeichnet den Zehnten als im Besitze des ge-
nannten Stiftes befindlich (Binterim u. Mooren, E. K. II, S. 49), das auch die Pfarr-
stelle bis zur Säkularisation besetzte (Dumont, Descriptio S. 16). Im J. 1826 wurde
Schiff und Chor der alten Kirche abgebrochen und durch einen Neubau in romani- BeschreibMUß
sehen Formen ersetzt. Der Westturm blieb erhalten, wurde jedoch um ein Stockwerk
erhöht und mit einem neuen Helme versehen. Er scheint dem 18. Jh. anzugehören.
Die Mauern sind ganz ohne Schm\ick und Gliederung, nur einige Lichtspalten sind
in den unteren Geschossen angebracht.
Die Ausstattung bietet nichts Bemerkenswertes.
Glocken mit den folgenden Inschriften: Glocken
1. IESUS MARIA HEISEN ICH, S. NICOLAUS PATRON BIN ICH. R. D. lOANES WOLFF,
PASTOR PRO TEMPORE, lOANES lACOÖUS VON HORRICH ZU MORENHOVEN. AGNES VON
HORRICH A. B. S. A. R. H. N. M. CLAUDIUS POINCARET ET M. PETER DRON ME FECERUNT
ANNO l636.
2. Aus dem i4. Jh. mit der Inschrift: o rex veni cum pace.
285
78
KREIS RHEINBACH
Burg
Geschichte
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 281. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 75. — Ders., Kant. Rheinbach
S. 95. — Fahne, Geschichte der kölnischen Geschlechter I, S. 293.
In einer Urkunde vom J. 1229 wird Wilhelmus de Morinhovin als Zeuge ge-
nannt. Möglicherweise sass also daselbst schon damals ein adliges Geschlecht. Nach-
dem im J. 1299 Graf Everard von der Mark und dessen Angehörige ihre Moren-
ho vener Güter an den Erzbischof Wicbold von Köln überlassen hatten (Lacomblet,
ÜB. II, Nr. io33), wurde im J. i345 der Ritter Heinrich Itter von Erzbischof Wal-
Fig. 28. Morenhoven. Thorturm und Herrenhaus der Burg.
ram II. mit der Burg belehnt (Kremer, Akademische Beiträge zur Gülch- und Ber-
gischen Geschichte I, S. i3). Das Morenhovener Weistum vom J. i463 nennt als erz-
bischöflichen Amtmann Johann von dem Menewege. Aus dieser Zeit etwa dürfte
die Thorburg stammen. Zu Ende des i4. und Anfang des i5. Jh. erscheinen als
Besitzer die Scherflgin, nach ihnen Wilhelm Beissel von Gymnich. Im J. i5o3 ver-
kaufte Wilhelm Beissel das Gut an den Ritter Johann Schall von Bell, im J. 1682
erbaute Wilhelm Schall von Bell das jetzige Burghaus. In dieser Familie blieb das
Gut bis zum J. 1806; damals erwarb es Joseph Jordans. Im J. 1827 wurde das Herren-
haus renoviert. Gegenwärtig gehört die Burg Herrn Fritz von Jordans.
286
MORENHOVEN
79
Thortiirm
Herrenhnuft.
Die Burg (Fig. 28), ein zwar nicht grosser, aber doch ansehnlicher Komplex, Burg
besteht aus dem gothischen Thorturm, dem barocken Herrenhause und den modernen "«Schreibung
Wirtschaftsgebäuden. Die ganze Anlage ist von Weihern umzogen.
Man gelangt über eine Bogenbrücke, welche die Stelle einer Zugbrücke ein-
nimmt, zunächst zu dem stattlichen, zum grossen Theil aus Bruchstein aufgeführten
Thorturm (Fig. 28\ der ursprünglich wahrscheinlich bedeutend höher war. Gegen-
wärtig hat er nur zwei Geschosse. Das untere zeigt nach aussen und innen grosse
spitze Thorbogen; der äussere besteht aus Trachyt und Sandstein und ist von einer
rechteckigen Blende unirahmt, während der innere lediglich Bruchsteinmauerwerk auf-
weist. Der Thorweg ist von einem Tonnengewölbe überspannt. Das Obergeschoss ist
auf der Aussenseite von kleinen rechteckigen Fenstern in Holzfassung durchbrochen,
darüber zieht sich eine Reihe von Kragsteinen hin. An der Innenseite, die in ihren
oberen Teilen auch Backsteinmauerwerk zeigt, führt eine eiserne Wendeltreppe zu
einer im Obergeschoss ausgebrochenen modernen Thüre. Den Abschluss bildet eine
achtseitige, barocke Schieferhaube.
Das Herrenhaus (Ansicht Fig. 28) ist ein stattlicher Backsteinbau, dessen vier
Flügel einen kleinen viereckigen Binnenhof einschliessen. Es umfasst auser dem
Kellergeschoss zwei Hauptgeschosse, die sattelförmigen Dächer sind durchweg ge-
schiefert. Die Hauptfront ist sechs Achsen breit. Das Portal, das in dem schwach
vortretenden, in einem Giebel endigenden Mittel risalit liegt, ist über eine auf Bogen
ruhende Brücke zugänglich. Ein rechteckiger Rustikarahmen umgiebt die rundbogige,
von zwei Pilastem flankierte Thoröffnung, über dem flachen Gebälk ist ein kleiner
(modemer) Dreieckgiebel mit der Inschrift: renovatum mlcccdxxvii (so) angebracht,
zu dessen Seiten zwei steinerne Aufsätze die Wappen des Wilhelm Schall von Bell
und seiner Frau, der Maria Katharina von Vorst-Lombeck mit den folgenden In-
schriften tragen: w(ilhelm) v(on) B(ell) aedificator 1682 und M(aria) c(atharina)
v(on) VORST z(u) L(ombeck) uxor 1682. Der Giebel, unter dem sich das Dach-
gesims fortsetzt, ist von einem Rundfenster durchbrochen. Darüber noch ein zweiter
giebelartiger Dachaufsatz. — Die rechteckigen Fenster haben Hausteinumrahmung.
Die drei Treppengiebel, mit denen die Haupttrakte des Herrenhauses endigen,
sind moderne Zuthat. Der kleinere Verbindungsflügel ist nur ein Geschoss hoch.
Den sehr modernisierten Hof betritt man durch den in der Tonne gewölbten
Thorweg. Rechts eine kleine Thür, deren Sturz die Jahreszahl 1682 zeigt.
Im Inneren eine grosse Anzahl von Bildern, geschnitzten Möbeln u. dergl., deren
Besichtigung leider nicht gestattet wurde.
HAUS MÜTTINGHOVEN. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i.Abt.,
1. Abschnitt S. 283. - • v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 77. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 93. — v. Haeften, Die Lehnhöfe am Niederrhein: La-
COMBLETS Archiv V, S. 439.
Im J. i37i erhielt Reinhard von ßuschhoven vom Kölner Domstift die Belehnung
mit der Vügtei zu Müttinghoven. In den J. i49i, i497 und i498 werden nach einander
Johann Laner von Breitbach, Ulrich von der Horst zu Hurt und Wilhelm Staell von
Molenbroch mit der Vogtei belehnt. Im J. 1 5 1 3 empfing Gerhard von der Vorst die
ganze Vogtei Buschhoven und Müttinghoven. Sein Sohn Wilhelm trat sie im J. i59o
dem Erzbischof Hermann von Köln ab. Zu Ende des i7.Jh. werden als Besitzer
der Höfe zu Müttinghoven die Frentz von Mattenfeit und die Bonninghausen genannt
(v. Strevesdorff, Archidioeceseos Coloniensis descriptio 2. Aufl. S. 57), auch besassen
die Schall von Bell dort ein Gut. Am Ende des 18. Jh. erscheinen Zachaeus Zerres
H MUS
Müttinghoven
Geschichte
287
So
KREIS RHEINBACIf
Muttinghoveound Friedrich Rudolf von Boenen als Besitzer, im J. i8i5 waren an des letzteren
Stelle die von Vorst - Lombeck getreten. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Gott-
fried Reuter.
BeKhreibang Das Herrenhaus, der einzige ältere Gebäudeteil, ist ein sieben Achsen breiter
Bau des i8. Jh. mit einem giebelartigen Aufsatz in der Mitte und einem geschieferten
Mansardendach.
MUDSCHEID.
K.thoi. KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s.t.s. Helenae). Binterim u. Mooren,
Pf.rrkirch« £ g j^ 5. 398. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i3i. — Schan-
nat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 349. — v. Stramberg, Rhei-
nischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 6SS. — Deis., Kant. Rheinbach S. 77.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Anniversarienstiftungen im Urkunden-
buche von l5i4 an. — Rechenbuch der Kapelle zu Allrath, i66o angefangen. —
Fig. 29. Muditcheid. Kathol Pfnrrkirche. GrundriKS.
Geschichte
Beschreibung
Turm
Rentenverzeichnis der Kapelle zu Hospelt von i729. — Schöffen protokolle des Ding-
stuhls Mudscheid 1 757 ff. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Mudscheid wird bereits im Prümer Güter Verzeichnis vom J. 893 genannt; der
Kommentar, den Caesar von Heisterbach im J. 1222 dazu schrieb, nennt schon die
Kirche (M Rh. U B. I, Nr. i35, S. 160 Anm.), deren Patronat damals der Graf von
Vienne besass; auch im über valoris (nach i3oo) ist sie verzeichnet (Binterim u.
Mooren, E. K. I, S. 385). Der Turm der jetzt noch bestehenden Kirche stammt
aus dem 12. Jh., Langhaus und Chor wurden um i5oo in spätgothischen Formen er-
neuert. Im 18. Jh. wurde der Kirche durch Einsetzung grosser rundbogiger Fenster
ein veränderter Charakter gegeben. Um das J. 1800 war das Recht der Kollation in
den Hunden der Freiherren von Gymnich (Dumont, Descriptio S. i7). Im J. i875
ist das Innere der Kirche renoviert worden.
Zweischiffige, spätgothische Hallenkirche (Grundriss Fig. 29) mit vorgelegtem
West türm und polygonal geschlossenem Chore. Die Länge beträgt im Lichten i9,7o,
die Breite 7,5o m.
Der romanische Turm, der, wie der ganze Bau aus Bruchstein besteht und
mit einer dicken Putzschicht überstrichen ist, entbehrt jeder Gliederung. Das ganz
288
MUDSCHEID
gl
schlichte rundbogige Portal des 1 8. Jh. liegt an der Westseite. Ausser von einigen
Lichtschlitzen sind die Mauern erst wieder in der Höhe des Glockengeschosses
jederseits von zwei romanischen, in der Mitte von Säulchen mit weit ausladenden
Kämpfern geteilten Doppelfenstern durchbrochen. Der achteckige Dachhelm ist ge-
schiefert.
Das Langhaus liegt unter einem geschieferten Satteldach. Die Strebepfeiler
sind einfach abgetreppt und von einem Sockel umzogen; an den Ecken sind sie
schräge gestellt. Auf der Südseite ist im ersten Joch eine rundbogige Thür und über
ihr ein Kreisfenster angebracht. In den übrigen Jochen sind die Langmauem von
grossen Rundbogenfenstem durchbrochen. An manchen Stellen sind noch Reste eines
Fenstergesimses sichtbar; um den Chor herum ist es ganz durchgeführt. Die öst-
lichen Strebepfeiler fehlen gegenwärtig; sie wurden wahrscheinlich bei der Anlage der
in der Längenachse der Kirche angebauten Sakristei abgebrochen.
Im Inneren enthält die von einer spitzbogigen Tonne überwölbte Turmhalle
einen vielleicht ursprünglichen Treppenturm, der bis in das erste Geschoss reicht.
Den Eingang in das Langhaus bildet ein schwerßUliger, auf gut profilierte Pfeiler-
gesimse auflaufender Rundbogen.
Das zweischiffige Langhaus umfasst drei Joche. Es ist durchgängig gewölbt.
Als Freistützen dienen zwei in der Mittelachse angeordnete achteckige Pfeiler mit
achteckigen, leicht verzierten Sockeln. Die Pfeilerseiten haben konkaven Querschnitt.
Die Scheidbögen entspringen unmittelbar aus den kapitäUosen Pfeilern und Wand-
vorlagen. Die Gewölbe sind in den beiden ersten Jochen, von Westen gerechnet,
kreuzförmig. Das östliche Joch ist von Netzgewölben überspannt, deren Rippen teils
aus Kopfkonsolen, teils unmittelbar aus der Mauer und aus den Pfeilern entspringen.
Die Schlufssteine zeigen zum Teil Kreisform, zum Teil sind sie wappenförmig. Sie
tragen entweder plastischen Schmuck: Glaubenssymbole, Lamm Gottes, Schweisstuch
der Veronika, oder Sprüche aus den Evangelien und der Apokalypse.
Der Chor, der durch einen spitzen Triumphbogen von dem Schiffe geschieden
ist, zeigt ebenfalls ein kompliziertes Netzgewölbe mit wappentragenden Engeln als
Schlufssteinen. In den Wandungen von Segmentbögen geschlossene Blenden.
Der Hauptaltar, der i656 konsekriert wurde, ist ein grosser barocker Aufbau
mit gewundenen Säulen. Neu polychromiert.
Steinerner Sakramentsschrein vom J. i5i7, mit spätgothischer, zum Teil ge-
waltsam weggeschlagener Stabumrahmung. Unmittelbar über dem eng vergitterten
Thürchen die Jahreszahl i5i7. Den Abschluss bilden drei Fialen, von denen die
mittlere auf einer Kopfkonsole ruht, während die beiden seitlichen die Stabumrah-
mung fortsetzen. Zwischen ihnen eine männliche und eine weibliche gekrönte Figur.
Leider ganz mit dicker Farbe überschmiert.
Taufstein, aus Basaltlava, um 1200, 92 cm hoch, leider marmoriert. Ein
kurzer Säulenstumpf vermittelt zwischen der viereckigen, mit Eckblättem versehenen
Basis und dem grossen, kreisrunden Becken, dessen oberster Teil sechseckig gestaltet
ist. In den Ecken sind noch die Würfelkapitäle vorhanden, während von den Säulen
selbst nur die Ansatzflächen am Becken zeugen.
Barockes Vortragekreuz, Kupfer über hölzernem Kern, mit der Inschrift:
ANNO 1688.
Unter der Kommunionbank Grabstein des Pfarrers Quirin Breuer (t 1688)
mit der Inschrift: anno 1688 die 16. mai obiit r. d. quirinus breuerus pastor,
CUIUS ANIMA REQUIESCAT IN FACE.
Kathol.
Pfarrkirche
Langhaus
Chor
Inneres
Hochnltar
Sakrameots«
Schrein
Taufstein
Vortragekreux
Grabstein
289
82
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirche
Glocken
Kofguc
Hoipelt
Geschichte
Beechreibung
Kapelle
Grabsteine
Die Glocken tragen folgende Inschriften:
1. IHESUS HEISCHEN ICH, ZUM DEINST GÖTZ ROIFFEN ICH, DU SÜNDER BEKEIR
DICH, SO GEIFFT DEIR GOTT SEIN EWEGE RICK. DEDERICH VAN COELLEN GUIS MICH
ANNO i563. — Darunter die zwölf Apostel und die Geisselung Christi.
2. S. HELENA HEICHE (so) ICH, ALLEN TOTEN RUPFEN ICH, WIENT UND GEWITTER
VERDREIBE ICH, IN DER PFAHR MUTTSCHEID BLEIBE ICH. P. VAN BOURMONT GOSS
MICH IM JAHR l8o9.
3. MARIA HEISCHEN ICH, ZO DER EREN GÖTZ GEBRUCHT MAN MICH, DE DODEN
BECLAGEN ICH, DEDERICH VAN COELLEN GUIS MICH ANNO l563. — Darunter HEIN-
RICH VAN COELLEN GULS MICH. — Reliefs der Gefangennehmung Christi und Christus
vor Pilatus.
HOFGUT HOSPELT. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt.,
1. Abschn. S. 352. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i4i. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 65.).
In einer Urkunde der Abtei Prüm vom J. 866 wird ein Hof Hoonspalt in
pago Ribuarinse genannt, der vielleicht mit Hospelt identisch ist (M Rh. U B. I,
Nr. io5). Nach dem Kommentar des Prümer Güterverzeichnisses vom J. 1222 war
Hospelt damals hochstadensches Lehen (MRh. ÜB. I, Nr. i35, S. i77 Anm.). Zu
Beginn des 18. Jh. besass es Johann Friedrich von Wentz, der mit seiner Frau ge-
meinsam die Kapelle daselbst erbaute. Nach ihnen scheinen die von Lützerode das
Gut eine Zeit lang besessen zu haben. Im J. 181 7 ging der Besitz auf den fürstlich
von der Leyenschen Rat Kaspar Anton Sommer über. Nach ihm waren inner-
halb weniger Jahre die Brüder Biolley zu Verviers, dann die Brüder Grand -Ry zu
Eupen Besitzer des Gutes. Im J. i83i erwarb es Karl Theodor Risch zu Reiffer-
scheid. Die gegenwärtige Eigentümerin ist Fräulein Scheib in Laubachshof (Kreis
Adenau).
Die Hofgebäude sind ohne Bedeutung. Die Kapelle (s. t. s. Josephi) ist ein
einfacher verputzter Bruchsteinbau mit polygonalem Chorschluss. Im J. i889 wurde
sie gegen Westen verlängert und mit einem neuen Dachreiter versehen. Im Inneren
ist das Schiff von einem Tonnengewölbe überspannt.
Zu beiden Seiten des zopfigen Altars die Grabsteine der Erbauer:
Grabstein des Johann Friedrich von Wentz (t i7i8). In der Mitte das
Wentzsche Wappen, an den Rändern die Wappen der Wentz, Pullem, Kessel, Vel-
brück, Pampus, Jour, Meckenheim und Wampach. Die Inschrift lautet: hic mor-
tuus iacet in tumulo.
Dann unter dem Wappen: obiit anno i7i8, die i5. ianuarii, ioannes fride-
Ricus liber baro wentz de niederlahnstein, dominus in hospelt haereditarius,
praetor in mutscheid etc., aetatis 78, sACELLi Huiüs erector et fündator.
DefVnCto reqVIeM, qVI transIs ossa, preCare.
Gegenüber der Grabstein der Elisabeth Wentz, geb. Syberg (t i737). Am
Rande die Wappen der Syberg, Lipperheid, Cloed, W^sthof, Hees, Neuhof genannt
Ley, Hees, Stummel und die Inschrift: dum mihi condo novum lapidem, mihi condo
sepulchrum.
Darunter: hic mea de sybergs ossa sepulta iacent.
Unter dem Hauptwappen: anno i737, den 24. april, starb die hochwolge-
BORNE FREYFRAW MARIA ELISABETHA VON WENTZ, GEBORNE VON SYBERG VON HAUS HERS,
FRAW zu HOSPELT, ERBAUERIN DIESER CAPELLEN.
STIRPS GENEROSA VALE, LONGOS BENE VI VE PER ANNOS
INQUE TUIS PRECIBUS SIS MEMOR, ORO, mIü.
290
MÜGGENHAUSEN
83
Totenschild mit der Inschrift: herr ioannes friedericus von wentz, herr
zu HOSPELT, HERR UNDT BURGHERR ZU SAYN, ERBSCHULTHEISS IN MUTSCHEID, OBIIT
i5. lANUARii i7i8. — In der Mitte das Wentzsche Wappen.
Ausserdem einige Bilder ohne erheblichen Wert, darunter:
Der h. Franz Borgia, an einem Altar knieend, nahezu lebensgross. Am Rahmen
die Inschrift: humanistae anni i67i. s. franciscus borgias.
Als Gegenstück der h. Ignaz von Loyola, mit der Inschrift: s. p. ignatius
loiola, societatis iesu fundator.
Hofgut
H o s p e 1 1
Totenxchild
Gemälde
MÜGGENHAUSEN.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Laurentii).
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Stiftungsurkunden, i8. Jh. — Lager-
buch, i732 begonnen. — Vgl. Tille, Obersicht.
Der Ort wird im J. i473 genannt (Lacomblet, UB. IV, Nr. 364). Er gehörte
bis zum J. i896 in kirchlicher Beziehung zu Neukirchen a. d. Swist. Zum Ersätze
für die zum Abbruch bestimmte Kirche dieses Ortes wurde in Müggenhausen nach
Plänen des Regierungsbaumeisters Krings in Köln ein Neubau in gothischen Formen
errichtet. Die Ausstattung ist modern.
Aus der Kirche von Neukirchen (s. unten S. 122) stammt der im Inneren an der
Westwand aufgestellte Grabstein eines Ritters, ein Werk von sehr geringem künst-
lerischem Werte. Er steht in einer flachen Nische mit der Linken am Schwertgriff",
die Rechte an die Hüfte gestemmt. Zu beiden Seiten die (nur noch teilweise er-
haltenen) Wappen der Turck, Egmond, Hemmert, Flodrop, Wittenhorst, Hisfelt, Wees,
Doyenweert, sowie der Sallant, Amheim, Keppel, Rechtem, Steprait, Dornich, Schidde-
rich, Bemmel. Die Inschrift ist nur zum kleinen Teile erhalten: anno 1600 den
3o. TAG MARTII STARB DER EDLER FRIDRICH (tu)RCK HERlI (lo)MMER(sum), MÜ IN.
DALWE II.
Die gleichfalls aus Neukirchen (s. unten S. 122) stammenden Glocken (vom
J. 1774) tragen folgende Inschriften:
1. SUB ADMODUM REVERENDO DOMINO PASTORE lOANNE ANTONIO SPURCK DORO-
THEA LIB. BAR. DE SCHILLER, NATA BAR. DE CLER, DOMINA DE MÜGGENHAUSEN. LIBER
BARG DE BRAUN FELT, DOMINUS DE NEUHOFF. ANNO l774 LEGROS FECIT. Am Mantel
ein Kruzifix.
2. FESTIVAS EGO LAUDO DIES, INCENDIA PRODO, DEFUNCTOS PLANGO, FULGURA
CUNCTA FUGO. LEGROS FECIT ANNO l774. ADELHEIDIS, LIB. BAR. DE BRAUNFELT, NATA
BARONISSA DE SCHILLER, DOM INA DE NEUHOFF, WEILERS WIST, IOANNES M. KRAHE-
PRAETOR HUIUS LOCI NEC NON IN FRISHEIM, BEIESHEIM, VERNEIH (vernich?).
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 287.—
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 108. — Ders., Kant. Rhein
bach S. 95.
Junker Johann Scherffgin war zu Ende des i4. Jh. Besitzer der Burg. Müggen-
hausen gehörte zu jenen Besitzungen, auf die im J. i473 Friedrich von Sombref, Herr
zu Kerpen, der damals auf der Tomburg sass, zu Gunsten der jülichschen Herzöge
Verzicht leisten musste (Lacomblet, UB. IV, Nr. 364). Im J. i49o erhielt Wilhelm
Beissel von Gymnich die Belehnung. Seine Tochter Margaretha brachte den Besitz
an Johann Grein zu Iversheim. Durch Erbschaft und Heirat kam die Burg am
Ausgange des 16. Jh. an Gerhard von Goltstein, Herrn zu Breil, und von dessen Nach-
6»
29l
Knthol.
Pfarrkirche
Grabstein
Glocken
Burg
Geschichte
84
KREIS RHEINBACH
Uurg
Beschreibung
folgern an Johann von Schellart. Im i8. Jh. erwarben die Grafen von Belderbusch
den Besitz; in der i. H. des i9. Jh. ging er auf die Freiherren von Boeselager über.
Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Philipp Freiherr von Boeselager.
Von den alten Burggebäuden ist fast nichts mehr erhalten, mit Ausnahme der
niedrigen, aus Backstein aufgeführten Umfassungsmauer. Diese ist nach innen durch
kleine Strebepfeiler abgestützt und an zwei Ecken durch kleine Rundtürme mit
Schlüsselscharten bewehrt. Der eine ist ganz aus Backstein, beim zweiten besteht
der Unterbau aus Bruchstein. In der Mauer eine Sandsteinthüre, die angeblich zu
der ausserhalb gelegenen Kapelle führte.
Am Thor ein unkenntliches Wappenschild mit der Jahreszahl i739. Im Hofe
an einem der Gebäude ein gleichfalls unkenntliches, vierschilderiges Wappen (wohl
Belderbusch?) mit derselben Jahreszahl. Ein ebenfalls eingemauerter Stein mit einem
sehr zerstörten Brustbild (angeblich eines Grafen Belderbusch) imd der Jahreszahl i758.
Das Burghaus stand in der Mitte des Hofes; nur ganz spärliche Mauerreste
sind davon erhalten.
Die Anlage war früher von Weihern umgeben.
MÜNSTEREIFEL.
Fig. 30. Münstereifel. Stadtwappen am «hemal. Rathaate.
Liiteraiur J- A. Demian, Geographisch-statistische Darstellung der deutschen Rheinlande,
Koblenz 1820, S. io4. — v. Restorff, Topographisch-statistische Beschreibung der
Rheinprovinzen S. 280. — Katzfey, Prospekt zur Geschichte der Stadt Münstereifel
und der nachbarlichen Ortschaften (Gymnasialprogramm von 1862). — Ders., Ge-
schichte der Stadt Münstereifel und der nachbarlichen Ortschaften. Zwei Teile, Köln
i854 — 1855. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, 1. Abt., i. Abschn. S. 3i4.
— V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden III, S. 25. — v. Stram-
berg. Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 69i. — Ders., Kant. Rheinbach S. 63.
— Plönnis, Die Geschichte des Stiftes Münstereifel, sowie der übrigen Kirchen und
Klöster der Stadt. — Führer durch Münstereifel und Umgegend (mit Abb.), Münster-
eifel i896.
292
MÜNSTEREIFEL 85
Münstereifeler Chronik (i27o — i45o) in den Ann. h. V. N. XV, S. i88. — Litieratur
Köhler, Verzeichnis der nach dem Alter geordneten Inkunabeln und älteren Druck-
werke der Bibliothek des Gymnasiums zu Münstereifel. Erster Teil. Von i47o — i53o
(Gymnasialprogramm von i873). — Scheins, Urkundliche Beiträge zur Geschichte
der Stadt Münstereifel und ihrer Umgebung, Bonn i894.
Handschriftl. Qu. Im Stadtarchiv: Urkunden von i4i4 — 1680 (gedruckt H«n<i«chrifti.
bei Scheins a. a. O.). Ausserdem Urkunden von i339 — 149-?. — Unter den Akten:
Ratsprotokolle 1660 — 1797 in io5 Bdn. Als Umschlag zum Bd. i7i7/i8 ein Blatt aus
einer Christophoruslegende 12. Jh. — Stadtrechnungen von i55o an mit Unterbrechun-
gen bis i77o. — SchöfFenbücher von i569 mit Unterbrechungen bis i755, 4 Bde. —
ProtocoUum obligationum des hauptgerichts Münstereifel i77i — 1798. — SchöfFenbuch
der Gemeinde Nötten iS64 — 1657. — Schöffengerichtsprotokolle i496 — i74i mit
Unterbrechungen. — Stadt- Bruch tenprotokolle 1668 — 1788 mit Unterbrechungen. —
Herrengedingsprotokolle i664 — r77o. — Unter den Akten des Hospitals (teilweise
gedruckt bei Scheins a. a. O.): Rechnungen von i456 an. — Rentenbuch i47i — 1687.
— Protokolle i782 — 1795. — Rechnungen der Bruderschaft Unser Lieben Frauen
i5o4 — 1568. — Aus dem Stiftsarchiv: Lehnbuch des Stiftes, um 1600. — Koppel-
Weistum, Hs. i7. Jh. — Zehntregister i5. Jh. und verschiedene andere, die Einkünfte
des Stiftes betreffende Akten. Tauf-, Trau- und Sterberegister der Pfarren Münster-
eifel, Kirspenich, Iversheim, Schönau, Mudscheid. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Urkunden von i422 — 1733. — Schöffen-
oder Erbbücher von i42i — 152 2. — Behalt- oder Recessbuch des Bürgermeisters und
Rates von i597 ff. — Rentmeisterrechnungen von 1 423— 1 458. — Briefe zur Ge-
schichte der Stadt und des Städtewesens, i5. u. 16. Jh. — Vgl. femer Ilgen, Rhein.
Archiv S. 29, ii5 u. i48.
Ansichten und Pläne, i. Ansicht der Stadt mit der Befestigung im Cod. Anflehten und
germ. Nr. 263S der Münchener Staatsbibliothek: Gülische Beschreibung, Welcher Ge-'
stalt dieselbe zum Fürstenthumb ist erhoben worden (i723).
2. Gesamt - Ansicht der Stadt, umrahmt von kleineren Ansichten, u. a. der
Schlossruine, der Stadtthore, der Stiftskirche und der Jesuitenkirche. Lithographie,
59x45 cm, bez.: a. wallraf jr., gezeichnet von Johann Kriechel in Mülheim a. Rh.
3. Gesamt -Ansicht der Stadt, Lithographie, 39x26 cm, Druck und Verlag von
F. J. Steiner in Neuwied, nach der Natur aufgenommen durch den Daguerotyp (so)
von Jos. Lemling.
4. Stadtplan, 97x57 cm, vom J. i894 (im Besitze der Stadt).
RÖMISCHE FUNDE. Auch Münstereifel soll von verschiedenen römischen Römische
Strassen und Wegen berührt worden sein. So führte ein Weg von Blankenheim über
Gruwen nach Münstereifel, von da über Meckenheim nach Buschhoven und Bonn.
Eine Abzweigung der Köln- Maastrichter Strasse ging östlich von Jülich gegen Münster-
eifel ab, ebenso ein von Eickerscheid ausgehender Zweig der Trier-Bonner Strasse
(B. J. LXVI, S. 87; LXVII, S. 25; LXXIX, S. 6; LXXXI, S. 2; LXXXII, S. 36; femer
Zs. des Aachener Geschichtsvereins XII, S. i52).
Aus Münstereifel stammten auch zwei Inschriftsteine der gräflich Blanckenheim-
schen Sammlung (Brambach, C. I. Rh. Nr. 52 1 u. 522). Von einer anderen Inschrift
berichtet Freher, Origines Palatinae I, S. i63 und Hüpsch, Epigrammatographia I,
S. 44 Nr. 26 und nach ihm Schannat-Baersch a. a. O. S. 3i5.
Das Gymnasium besitzt eine kleine Sammlung römischer und fränkischer Funde,
zumeist aus der nächsten Umgebung. Vgl. darüber unten S. 106.
293
Funde
86
KREIS RHEINBACH
Stiftskirche
Litteratur
Handschriftl.
Quellen
I. Kirchliche Gebäude.
EHEMALIGE STIFTS-, JETZIGE KATHOLISCHE PFARR-
KIRCHE (s. t. SS. Chrysanthi et Dariae). Mon. Germ. SS. XV, i. Teil S. 374: Ex
translatione ss. Chrysanthi et Dariae. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel I,
S. 76 (mit Grundrissen der Kirche und Krypta, sowie Längsschnitt der Krypta). —
BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 95. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III,
I. Abt., I. Abschn. S. 33o. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII,
S. 7o3. — Ders., Kant. Rheinbach S.63. — Schorn, Eiflia sacra II, S. i96. — Plönnis,
Die Geschichte des Stiftes Münstereifel S. 7. — Führer durch Münstereifel S. i8 (mit
Ansicht der Westseite und des Inneren).
Plönnis, Die Stiftskirche zu Münstereifel in der Zeitschrift für christl. Kunst II,
5. 4i (mit Grundrissen und Ansicht des Chores). — Kugler, Kleine Schriften und
Studien zur Kunst II, S. i93. — Lotz, Kunsttopographie I, S. 458. — Otte, Hand-
buch der kirchlichen Kunstarchäologie II, S. 21, So.
Über die Vitae der hh. Chrysanthus und Dana vgl. Potthast, Bibliotheca
historica medii aevi II, S. I244. Darunter: Vita ss. Chrysanthi et Dariae martyrum
et passio (auctoribus Verino et Armenio). Ausgaben in den Acta Sanctorum BoUand.
25. Oct. XI, S. 469. — Translatio ss. Chrysanthi et Dariae s. oben bei Floss in den
Ann. h. V. N. X, S. 96 mit ausführlichem Kommentar. — Excerpte in den Mon. Germ,
hist. SS. XV, 1. Teil S. 374. Vgl. auch Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen
6. Aufl. I, S. 2 58.
Handschriftl, Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunden von I29i — 1557. — Kalen-
darium mit Anniversareinträgen, angelegt um 1600. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
In der Gymnasialbibliothek: Urkunden von I27i, i469 u. i5i9. — Personal-
verzeichnis der Münstereifeler Jesuitennicderlassung, beginnend i656. — Vgl. weiter
Tille, Übersicht.
Im Besitze der S. Sebastianusbruderschaft: Urkunden von i487 — i72o. —
Protokollbuch und Rechnungen der Bruderschaft, 16. — 18. Jh. — Vgl. ferner Tille,
Übersicht.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 200 Urkunden von 1086 bis ins 18. Jh.,
darunter eine grosse Zahl erzbischöflicher. — Unter den Akten Registerbuch mit den
Statuten des Kapitels, 1 5. Jh. — Kollation der Präbenden durch die Herzöge von Jülich
i539fl". — Wahl der Pröpste und Dechanten 1 52 7 ff*. — Rechnungen von i42o ab.
— Statuten des KoUegiatstiftes i5. Jh. — Vgl. weiter Ilgen, Rhein. Archiv S. 1 14 u. 1 15.
In der Stadtbibliothek zu Luxemburg: Miscellancodex (Nr. 121), ge-
schrieben von dem Münstereifeler Kanonicus Tilman Pluntsch, enth. eine Chronik
von Münstereifel von i2 7o — i45i. Vgl. Ilgen, Rhein. Archiv S. ii5.
Baugeschichte.
Baugeschichie Um das Jahr 83o gründete Markward, der dritte Abt von Prüm, im Erftthale
eine Filiale seiner Abtei, die anfangs einfach Novum Monasterium hiess. Erst später
wurde der Name Monasterium Eifliae gebraucht. Es scheint, dass ursprünglich der
h. Petrus Patron des Klosters war (Ann. h. V. N. XX, S. i52, i78 u. i79); in einer
der Wundererzählungen, die uns die Handschrift des Tilman Pluntsch überliefert,
heisst es: erat quidam puerulus ex familia beati Petri Novi scilicet Monasterii Bere-
fridus nomine. Im J. 844 brachte der Gründer des neuen Stiftes von einer Romreise
die Gebeine der hh. Märtyrer Chrysanthus und Daria nach Münstereifel; schon vor-
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Stiftikirche
Litteratur
Handachriftl.
Quellen
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MÜNSTEREIFEL 87
her war ein Teil des alten Gotteshauses niedergelegt worden, um einem würdigen Stiftskirche
Neubau Platz zu machen (Ann. h. V. N. XX, S. i73: ..die scilicet quousque pars
quedam antiqui templi compianata in spacium prolixius extenderetur et locus tumulo
dignus conderetur.)
Dem ersten Jahrtausend scheint von dem jetzigen Baue höchstens der ältere Teil
der Krypta anzugehören, wahrscheinlich jedoch nicht dem Baue des J. 844, sondern
einer um loo oder iSo Jahre jüngeren Anlage. Die Hauptmasse stammt vermut-
lich aus dem Beginne des 12. Jh. Diese Vermutung wird durch die Siegel des Erz"
bischofs Friedrich I. (io99 — ii3i) unterstützt, die gelegentlich der letzten Restauration
beim Abbruch der alten Altäre gefunden worden sind. Damals erfuhr die Krypta
eine bedeutende Erweiterung. Im Norden und Süden wurde je ein Schiff angefügt,
und der Chorschluss um ein Joch nach Osten verlegt. Damals ist auch die Ober-
kirche in den wesentlichen Teilen erbaut worden; nur die Einwölbung dürfte erst in
der 3. H. des Jahrhunderts, vielleicht gegen den Schluss zu, erfolgt sein. Darauf
bezieht sich auch wahrscheinlich die Jahreszahl 11 86, die Schannat-Baersch, ohne
seine Quelle zu nennen, anführt. Um das J. 1200 dürfte sich die Umwandlung der
Abtei in ein Stift vollzogen haben. Im J. i56o wurden die ursprünglich rundbogigen
Fenster an der Südseite rechteckig erweitert. Im J. i584 stürzte der südliche Frontturm
ein, er wurde jedoch sofort wieder und, wie es scheint, in ziemlich engem Anschlüsse
an das vorhandene Vorbild, erneuert Nach der Umwandlung der Abtei in ein Stift
gerieten die Klostergebäude allmählich in Verfall; im 18. Jh. scheinen sie bereits Ruinen
gewesen zu sein. Die Stiftsherren wohnten jeder für sich in besonderen, meist an
der Berglehne gelegenen Kanonikerhäusern. In der 2. H. des 18. Jh. erbauten sie
an der nördlichen Seite des Kirchenchores ein Kapitelhaus; es ist im J. i777 vollendet,
jedoch bereits im J. i8o3 wieder auf Abbruch verkauft worden. Auch die Kirche selbst
hat im 18. Jh. manche Veränderung erfahren; so scheinen damals die Hochfenster im
Chore durch grosse Kreisfenster ersetzt worden zu sein. Zu Beginn des 1 8. Jh. wurden
die Wandflächen zwischen den Chorfenstern mit Darstellungen aus der Legende der
Kirchenpatrone bemalt, die seither jedoch wieder unter der Tünche verschwunden
sind. Der Scholaster Wery, der die Kosten der Ausmalung bestritt, Hess — wahr-
scheinlich im J. i722 — auch die neue Orgel anfertigen.
Bereits in den 60 er Jahren waren am Glockenturm und im Inneren einzelne
Herstellungen vorgenommen worden; damals wurden auch die bis dahin meist gesims-
losen Pfeiler mit Holz- und Gipsgesimsen von ganz unmöglichem Profil versehen.
In den J. i876 — 1880 wurde mit der systematischen Restauration der Kirche nach
Plänen des Oberbaurats Schneider begonnen. Die zunächst in Angriff genommenen
Arbeiten betrafen die Wiederherstellung des Westbaues, der Dächer und des Inneren.
Der Westbau musste im Mauerwerk zu bedeutenden Teilen erneuert werden. Beim Ab-
bruche des Küsterhauses, das sich an den nördlichen Flankenturm anlehnte, stürzte
dieser zusammen, so dass er vollkommen neu aufgebaut werden musste. Die Dächer
erhielten eine sehr schwache Neigung. Im Inneren wurde bei Gelegenheit dieser
Restauration das Grab der hh. Märtyrer durch Umgestaltung der Chortreppe frei-
gelegt. Die Restauration wurde dann in den J. 1888 — 1893 nach Plänen und unter
Leitung des Architekten Wiethase und nach dessen Tode durch den Architekten Heinrich
Rinard fortgesetzt und zu Ende geführt. Die Arbeiten erstreckten sich auf die Er-
neuerung und Umgestaltung der den Chor an der Nord- und Südseite begleitenden
Anbauten und auf die Restauration der Aussenseiten, die statt der früheren unregel-
Aässigen Widerlager einfache Strebepfeiler erhielten; die Fenstergewände wurden
295
RestauratioD
88 KREIS RHEINBACH
stifttkirche grossenteils erneuert. Gleichzeitig wurde die Kirche durch Anlage eines gemauerten
Grabens trockengelegt (auf dem Grundrisse, Fig. 3i, sind die jüngeren Mauerteile durch
helle Schraffierung kenntlich gemacht). Die im i8. Jh. veränderten Fenster im Hoch-
chor wurden wiederhergestellt, die Nebenapsiden der Krypta, die geschlossen waren,
wieder geöffnet und der ganze Bau — mit Ausnahme der aus Udelfanger Stein ge-
fertigten Fenster- und Thürfassungen, der Gesimse u. dergl. — mit Rapputz überzogen.
Im J. i893 wurde Schiff* und Chor von dem* Maler Fischer in Krefeld ausgemalt. Im
J. i897 sind zwei bei Gelegenheit der Restauration zu Tage gekommene Pfeilerfiguren
durch den Maler W, Batzem in Köln sorgfältig restauriert und ergänzt worden. Der
Gesamtaufwand beträgt Mk. 7oooo, daran ist die Provinz mit Mk. 20000 beteiligt
Baubeschreibung.
Baubeschreibung Die Kirche (Gesamtansicht Taf III, Grundriss Fig. 3i) ist eine dreischiffige ge-
wölbte Pfeilerbasilika mit selbständig entwickeltem, dreitürmigen Westbau und halb-
kreisförmig endigendem, beiderseits von Anbauten begleiteten Chor. Die lichte Länge
des ganzen Innenraumes beträgt 44,5o m, die lichte Breite 16,80 m. Die Länge des
Chores ist l5 m. Das Hauptschiff* ist 7, 20 m, die Nebenschiffe sind 3,7o m breit.
Die Längenachse der Kirche geht von Südwest nach Nordost; in der folgenden Be-
schreibung wird die Kirche jedoch der Klarheit wegen als regelrecht orientiert dar-
gestellt. Der Fussboden der Kirche liegt bedeutend tiefer als die Oberfläche des
umgebenden Erdreichs.
ÄuMcres A. Äusseres. Den Schwerpunkt der ganzen Anlage bildet der Westbau (An-
Wetibau gj^j^^ ^^|- jjj^ Aufriss Fig. 32). Er besteht aus einem viereckigen Ccntralturm, an
den sich gegen Norden und Süden die beiden zweigeschossigen Quertrakte lehnen,
während ihm an der Westseite eine von zwei schlanken Treppentürmen G und H
flankierte Vorhalle F, deren architektonische Gestaltung jener der Quertrakte entspricht,
vortritt. Diese Vorhalle, die an Breite dem Mittelschiff" des Langhauses nahezu gleich-
kommt, während die Höhe etwas geringer ist, öffnet sich nach aussen in einem weiten
Rundbogen. Darüber liegen in einer gleichfalls nmdbogigen Blende drei dicht neben-
einander gestellte Fenster, von denen das mittlere grösser ist, als die beiden seit-
lichen. Den Giebel füllt ein Doppelfenster mit zierlicher Mittelsäule. Das unterste
Gesims der Flankentürme setzt sich an der Nord- und Südseite der Vorhalle fort.
Desgleichen zieht sich ein kräftiges Gesims unterhalb des Ansatzes des sattelförmigen
Daches entlang. An dem Mittelturm, gegen den sich der Vorhallenbau rückwärts
lehnt, ist noch die steilere Ansatzlinie des früheren Daches zu erkennen.
Hankeniürme Die beiden Flanken türme gehören in ihrer gegenwärtigen Form nicht mehr
der ursprünglichen Erbauungszeit an. Der südliche wurde im J. i584 (s. oben), der
nördliche in neuester Zeit vollkommen, jedoch im strengen Anschluss an die alten
Vorbilder erneuert. Im Aufbau gleichen sie einander, im einzelnen sind — nament-
lich was die Fensteranordnung betrifft — allerlei kleine Verschiedenheiten wahrzu-
nehmen. Beide sind viergeschossig, das erste, zweite und vierte Geschoss ist kreis-
förmig, das dritte achteckig. Kräftige Gesimse scheiden die einzelnen, ungleich hohen
Stockwerke voneinander. Den Abschluss bilden kegelförmige Bleidächer. Die teils
rundbogigen, teils achteckigen Fenster im Südturm, von denen einige spätgothische,
von der Erneuerung im J. i584 herrührende Nasen zeigen, sind unregelmässig ver-
teilt, sie folgen im allgemeinen dem Zuge der Treppe. Im Nordturm liegen die
Fenster sämtlich übereinander. Im Erdgeschoss tragen beide Türme Tafehi, die sich
auf den Zusammensturz beziehen (s. unten).
296
MÜNSTEREIFEL
89
Wie die Vorhalle,
so ist auch der Quer-
bau (Taf. III u. IV) zwei-
geschossig angelegt. Das
unterste Gesims der Flan-
kentürme setzt sich auch
über die kräftig heraus-
tretenden Querhausflügel
als Stockwerkgesims fort.
Das Untergeschoss zeigt
zwei einfache, das Ober-
geschoss zwei jn den
Laibungen abgetreppte
Rundbogenfenster;
ausserdem ist noch in
jedem der beiden Giebel
ein Doppelfenster ange-
ordnet. Das Dachgesims
ist auch hier sehr kräftig
gestaltet. An der Südseite
wurde ein mächtiger
Strebepfeiler zwischen
den beiden Fenstern an-
gebracht.
Der grosse, schwer-
fällige Glockenturm
(Taf. III, IVu. Fig. 32), der
sich über der Mitte des
Westbaues — von vorne
gesehen, zwischen den
beiden Treppen türmen —
erhebt, mit denen er im
Mauerwerke zusammen-
hängt, ist von einfachster
Gliederung. Über einem
Gesimsbande öffnet sich
die Glockenstube jeder-
seits mit zwei grossen
rundbogigen Doppelfen-
stern. Unterhalb des
Gesimses waren an der
Nord- und Südseite noch
je zwei Kreisfenster an-
gebracht, die bei der Re-
stauration beseitigt wor-
den sind. Das flache
Bleidach ist pyramiden-
förmig.
Stiftskirche
Quer bau
Glockenturm
Fig. 81. Münsicreifel. Stifukirche. Grundm«.
297
9o
KREIS RHEINBACH
Stiftskirche Im Vergleiche mit der kraftvollen Gliederung des Westbaues wirkt das Lang-
LuDghiiits haus (Ansicht Taf. III, Aufriss Taf. IV) besonders schlicht und einförmig. Das Haupt-
schiff setzt sich, ohne dass sich das äusserlich anders, als durch eine kleine Ab-
Fig. 32. Münsiereifel. Stiftskirche. Der Westbnu.
weichung in der Fensterstellung bemerkbar macht, ohne weiteres in den Langchor fort
den Nebenschiffen schliessen sich beiderseits die Sakristeien an. Desgleichen ist das
Satteldach des Mittelschiffes über den Chor, sind die Pultdächer der Nebenschiffe über
298
MÜNSTEREIFEL
9l
die Sakristeien ohne Unterbrechung fortgeführt. Der Obergaden entbehrt jeder Glie-
derung. Die rundbogigen Fenster stehen zunächst in weiten Abständen einzeln,
dann vom letzten Joche des Schiffes an paarweise. Die Langmauern der Seiten-
schiffe, in denen in jedem Joch ein Rundbogenfenster angebracht ist, sind ebenfalls
ganz schlicht behandelt. Die einfach abgetreppten Strebepfeiler, die bei der Restauration
zum Ersätze für die bei der Überwölbung im 1 2. Jh. notwendig gewordenen Widerlager
angebracht wurden, sind modern. Die östlich an die Seitenschiffe anstossenden Mauern
zeigen zwei Reihen von Fenstern übereinander. Die unteren gehören zur Krypta,
die oberen zu den Sakristeien. An der Südseite werden die eintönigen Horizon-
talen des Pultdaches durch die etwa in der Mitte angebrachte spätgothische Vor-
halle unterbrochen, die sich im
Spitzbogen nach aussen öfftiet.
In ebenso schlichter Weise
ist der apsidiale Chorschluss
behandelt. Auch hier ist auf
jeden Schmuck verzichtet. Die
Mauer ist nur von zweimal drei
rundbogigen Fenstern durch-
brochen, von denen die unteren
der Krypta, die oberen dem
Hochchore Licht zuführen. Der
Giebel des Langchores ist über
dem halbkegelförmigen Dache
der Apsis von einem Doppel-
fenster durchbrochen. Die Sa-
kristeien endigen flach in gleicher
Höhe mit dem Langchor.
B.Inneres. Die Krypta,
der älteste Teil des Baues (Grund-
riss Fig. 33, Längenschnitt Taf. IV
Querschnitt Fig. 34) umfasste ur-
sprünglich nur die drei noch
jetzt von Tonnen überwölbten
Schiffe, zählte also im Ganzen
dreimal drei Gewölbefelder. Das
Mittelschiff endete gegen Osten wahrscheinlich mit einer Apsis. Zu Beginn des 12. Jh.
wurde der bis dahin nur kleine Raum bedeutend erweitert. Gegen Norden und Süden
wurden zwei weitere Seitenschiffe angefügt, nach Osten wurde ein breites ebenfalls
fünfschiffiges Joch angebaut und dem Ganzen durch Anlage einer geräumigen drei-
schiffigen Apsis ein Abschluss gegeben.
Die viereckigen Pfeiler, welche die Decke tragen, sind vollkommen schmucklos.
Nach dem Hauptschiffe zu, das- von einer durchgehenden Längstonne überwölbt ist
und in seinem westlichsten, durch eine Pilasterarchitektur des i7. Jh. abgetrennten
Teile B das Grab der Kirchenpatrone birgt, haben sie keinerlei Vorlagen. Die Tonnen-
gewölbe der inneren Seitenschiffe, die sich gegen Westen in schmale, die Gruft von
beiden Seiten umgebende Gänge mit ebenfalls tonnenförmiger Überwölbung fortsetzen,
ruhen auf Gurtbögen, die ihrerseits auf rechteckige Pfeilervorlagen auflaufen. Das
ganze vierte Joch und die Hauptapsis sind von Gratgewölben überspannt; die Pfeiler
Stiftskirche
M
Fig. 33. Münstereifel. Stifukirche. Grundriss der Krypta.
Chorschluss
Inneres
Krypta
299
92
KREIS RHEINBACH
VorhaUe
Querbau
stifttkirche sind hier teils durch flache Vorlagen, teils durch Eckeinlagen verstärkt. In der
mittleren Apsis, die an Breite den drei inneren Schiffen entspricht, dienen als Träger
der hier zum Teil sehr unreinen Gewölbe auch zwei Säulen aus Kalksinther mit
zweireihigen Blattkapitälen. Die äusseren Seitenschiffe endigen ebenfalls mit kleinen,
in die Ostmauer eingeschnittenen Apsiden.
Dem Beginne der zweiten Bauperiode, also den ersten Jahrzehnten des 12. Jh.,
gehört auch der Westbau an. Das Innere der Vorhalle (Taf IV), deren Boden,
wie der des ganzen Langhauses, beträchtlich tiefer liegt als das umgebende Erdreich,
ist in der Tonne gewölbt. Den Zutritt in den eigentlichen Kirchenraum gewährt ein
rundbogiges Portal. In seinen abgetreppten Gewänden steht zu beiden Seiten je
eine Kalksinthersäule mit Wulstbasis und leichtgeschmücktem Würfelkapitäl, dessen
Kämpfergesims sich seitlich bis an die Tonne fortsetzt.
Das Obergeschoss der Vorhalle, welches durch die im Nordturm befindliche
Spindeltreppe zugänglich ist, hat gleichfalls ein Tonnengewölbe. Gegen den Querbau
öffnet sich dieser Raum mittelst dreier rundbogiger Durchbrechungen, deren Bogen
auf ganz ungegliederte Pfeiler und Wandpfeiler auflaufen.
Der Qu er bau (Taf IV) ist, wie das Langhaus, dem er an Breite nahezu gleich-
kommt, dreischiffig. Im Hauptschiff" umfasst er ein Joch, in den Nebenschiffen zwei Joche.
Das Gratgewölbe, von dem das Hauptjoch überspannt wird, ruht auf vier Eckpfeilern;
es scheint nicht ursprünglich zu sein. Wahrscheinlich gehört es, wie die Vorlagen,
auf denen es ruht, der dritten Bauperiode, also dem Ausgange des 12. Jahrhunderts, an.
Ursprünglich sind dagegen die Gewölbe in den Seitenschiff^en, die mit dem Hauptschiffe
durch schwere rundbogige Arkaden in Verbindung stehen. Als Freistützen dienen
hier kräftige viereckige, mit einfachen Sockeln versehene Pfeiler, die nur gegen die
Seitenschiffe zu durch Vorlagen für die Quergurten verstärkt sind. Die Gräte laufen
zum Teil auf schwerfällige, mit schmucklosen Würfelkapitälen ausgestattete Ecksäulen
auf, zum Teil haben sie überhaupt keine besonderen Auflager. Die Pfeilergesimse
sind hier zum Teil noch alt.
Über den Seitenschiffen sind im Westbau Emporen angeordnet, die sich auf
jeder Seite mit zwei breiten Rundbogen gegen die Mitte öffnen. Darüber ist die
Mauer durch zwei rundbogige Blenden belebt. Die Emporen sind ebenfalls von Grat-
gewölben überspannt. In ihre Ostmauem sind kleine Altamischen eingeschnitten.
Das eigentliche Langhaus (Taf IV) umfasst zwei Doppeljoche des gebundenen
Systems. Ein mächtiger Rundbogen, der auf die Vorlagen der kreuzförmig gestalteten
Turmpfeiler aufläuft, bezeichnet den Beginn des Hauptschiff^es; auch in die Neben -
schiffe gelangt man durch rundbogige Öffnungen, die jedoch erst in unserem Jahr-
hundert gebrochen worden sind. Sämtliche Freipfeiler scheinen ursprünglich einfach
rechteckig ohne jede Gliederung und ohne Gesimse gewesen zu sein; erst als die
flache Decke durch Gewölbe ersetzt werden sollte, wurden die Hauptpfeiler auf der
Aussen- und Innenseite, die Nebenpfeiler auf der Aussenseite durch einfache Vor-
lagen verstärkt; desgleichen die Langmauem der Seitenschiffe. Die Arkaden sind
gedrückt rundbogig, auch die Gewölbe selbst, die wie durch Durcheinanderschiebung
zweier Tonnen entstanden scheinen, sind schwerfällig und ohne Schwung. Quergurte
sind im Langhause nur im südlichen Nebenschiffe vorhanden. Die Scheitel liegen
genau horizontal. Die Fenster stehen im Obergaden des Langhauses zu zweien weit
auseinander; in den Nebenschiffen entfilllt auf jedes Joch eine Lichtöfl&iung.
An der Südseite fuhrt im vierten Joch eine mit masswerkgefüUtem Oberlicht ver-
sehene Thür in die Vorhalle, die von einem spätgothischen Kreuzgewölbe überspannt ist.
Langhaus
3oo
Münst«
MÜNSTEREIFEL
93
Das zunächst folgende Joch des Hauptschiffes ist etwas kürzer, als die beiden Stiftskirch«
ersten. Zu beiden Seiten der Confessio führen die Treppen zum Hochchor empor,
während sich in den Seitenschiff Jochen unter den auf gleicher Höhe mit dem Haupt-
chor liegenden, flach geschlossenen Nebenchören die weiten, in der Tonne gewölbten
Eingänge zur Krypta öffnen. Die Seitenmauem des Langchores erstrecken sich bis
gegen die Mitte des dritten Joches vor; sie trennen die Nebenchöre, deren letztes
Joch in der Tonne gewölbt ist, also vollkommen.
An die Pfeiler des Triumphbogens lehnen sich östlich wie westlich stark ver-
jüngte Ecksäulen mit wulstigen Basen und einfachen Würfelkapitälen, die westlich
stehenden auf sehr hohen Sockeln, die östlich angebrachten auf viereckigen Krag-
. f^^ky^y.
Fig. 34. Münstereifel. Stiftskirche. Querschnitt.
Steinen. Das Langchor umfasst zwei Joche, die beide voi^ Kreuzgewölben ohne
Trennungsgurte überspannt sind. Als Gewölbeträger dienen Kalksinthersäulen, die
zum Teil auf viereckigen Kragsteinen, zum Teil auf hohen Sockeln ruhen. Zwischen
dem ersten und zweiten Joch tragen gekuppelte Säulchen den (nicht markierten)
Quergurt. Das Licht tritt auf beiden Seiten durch je drei enggestellte Paare nmd-
bogiger Fenster ein.
Die Apsis, die sich an den Langchor schliesst, ist verhältnismässig reich ge-
halten. Ihre Entstehung fällt wahrscheinlich in das Ende der zweiten Bauperiode,
etwa gegen die Mitte des 1 2. Jh. Auf einer hohen, das ganze Rund umziehenden
Sockelbank stehen auf steilen Basen sechs Kalksinthersäulen mit schmucklosen Würfel-
kapitälen. Sie tragen kräftige Blendbogen. In den drei Mittelbögen grosse Rund-
bogenfenster.
Apsis
3oi
94 KREIS RHEINBACH ^
Stiftskirche Über die Stiftsgebäude, von denen gar nichts mehr erhalten ist, vgl. Katz-
Stiftagebäude pgy ^ ^ Q j^ g gQ ^j^^j ^j^j^ Grundriss ebendaselbst. Danach führte von der west-
lichen Vorhalle aus ein überwölbter Bogengang, der Pörzeling, in welchem vornehme
Familien ihre Grabstätten hatten, auf den Markt; über seiner westlichen ThoröfFnung
lag eine dem h. Michael geweihte Kapelle (ganz ähnlich die Anlage in Xanten, vgl.
Kunstdenkmäler des Kreises Mors S. i53). An der Nord- und Nordwestseite lehnte
sich an den Querbau die Küsterwohnung; als sie im J. i872 abgebrochen ward, stürzte
der nördliche Flanken türm zusammen. Die eigentlichen Stiftsgebäude — sie waren
nicht sehr umfangreich, da die Stiftsherren sich bereits in früher Zeit eigene Häuser
erbaut hatten — lagen innerhalb eines grossen, von einer Mauer umfriedeten Gartens
an der Nordseite der Kirche. Im vorigen Jahrhundert waren sie in argem Verfall
(Katzfey a. a. O. I, S. 93). Das im J. i777 vollendete neue Kapitelhaus, das an der
Ostseite des Kreuzganges lag, wurde schon im J. i8o3 auf Abbruch verkauft.
Kunstgetchichti. Die Stiftskirche von Münstereifel ist trotz ihrer im Ganzen schlichten Erschei-
Wurdigung nuugsform ein auch im Rahmen der allgemeinen kunstgeschichtlichen Entwickelung
beachtenswertes Baudenkmal. Dreimal innerhalb der romanischen Periode haben
Bauleute Hand ans Werk gelegt: die kleine Krypta, die wohl sicher noch dem lo. Jh.
angehört, ward in der i. H. des 12. Jh. erweitert und über ihr erhob sich dann in
bedeutenden Massen die Oberkirche; erst am Ausgange desselben Jahrhunderts wurden
ihr die Gewölbe eingefügt. Weitaus der interessanteste Teil, zugleich derjenige, der
der Aussenarchitektur den besonderen Charakter giebt, ist der Westbau mit den
malerisch gruppierten Türmen und den vielen sich überschneidenden Dachlinien.
Ähnliche Anlagen sind am Niederrhein nicht ganz selten. Eine verwandte Anordnung '
der Treppenanlage zeigt schon das Aachener Münster. Noch grösser ist die Ver-
wandtschaft mit romanischen Bauten des 11. und 12. Jh,, beispielsweise mit S. Martin
zu Münstermaifeld, mit dem Bonner Münster, S. Maria im Kapitol zu Köln und der
Liebfrauenkirche zu Maastricht. Die nächste Parallele bietet jedoch S. Pantaleon in
Köln (Dehio und v. Bezold, Die kirchliche Baukunst des Abendlandes I, Taf. 43
u. 60), doch ist hierbei nicht ausser Acht zu lassen, dass bei der Wiederherstellung
des ganz entstellten Westbaues von S. Pantaleon (vgl. die Aufnahmen der Messbild-
anstalt) durch Wiethase die Kirche von Münstereifel das Vorbild abgab. Die Über-
einstimmungen im Grundriss wie im Querschnitt, besonders aber in der Gesamt-
anordnung des äusseren Aufbaus sind jedoch so gross, dass an einer nahen Ver-
wandtschaft nicht zu zweifeln ist. — Im Gegensatz zu der reichen Turmgruppe wirkt
Langhaus und Chor wegen der endlos ohne Unterbrechung fortlaufenden Dachlinien
sehr einförmig. Doch ist hierbei zu berücksichtigen, dass, solange die Küsterwohnung
und die Klostergebäude noch standen, die Silhouette viel reicher, die Wirkung der
ganzen Anlage viel malerischer gewesen ist. An der unfreien Raumwirkung des Innern
tragen vor Allem die schwerfällig'en, der Gurte grossenteils entbehrenden Gratgewölbe
Schuld.
Ausstattung.
Ausstattuns ^^^ alten Altäre sind bei der Restauration der Kirche abgebrochen worden.
Altäre ß^j dieser Gelegenheit fanden sich bei den Reliquien eine Anzahl Siegel, darunter
drei des Erzbischofs Friedrich I (vgl. o. S. 87).
Grab ^^ ^^r westlichen Verlängerung des Hauptschiffes der Krypta liegt, zwischen
den beiden zum Hochchor führenden Treppen eingebaut, das Grab der hh. Chry-
santhus und Daria. Der ursprüngliche steinerne Sarg ist längst verschwunden, im J. i5o5
wurde bereits ein neuer kostbarer Behälter aus Silber angefertigt. In den Kriegswirren
3o2
der Patrone
KREIS RHEINBACH
95
des i7. und 18. Jh. wurden die Reliquien wiederholt geflüchtet, einmal nach der Arburg Stiftskirche
(Altenahr?), später nach Köln. Der in kulturhistorischer Beziehung sehr interessante
Bericht des Jubilarpfarrers Kolvenbach über die Zurück bringung der Reliquien im J. i698,
¥ig. 35. Münstereifel. Stiftskirche, Gitter in der Krypta.
ZU der Ceres und der ganze Parnass aufgeboten waren, ist abgedruckt bei Katzfey
a. a. O. I, S. 9o. Gegenwärtig ruhen die Leiber der hh. Chrysanthus und Daria in
einem aus dem 18. Jh. stammenden, stark vergoldeten truhen form igen Holzschrein,
dessen Wände nahe den Ecken von je zwei ovalen Glasfenstem durchbrochen sind.
3o3
96 KREIS RHEINBACH
Auf gedrehten Säulchen die Holzfiguren der zwölf Apostel. Im J. i894 renoviert und
neu vergoldet.
Dieser Schrein steht in einem zweiten eisernen Behälter von Kastenform. An
den Innenseiten der Flügelthüren auf Goldgrund die Standfiguren der hh. Chrysanthus
und Daria, stark restaurierte kölnische Bilder aus der 2. H. des i5. Jh. Die anderen
Seiten sind, wie das Satteldach, durch Durchsteckgitter mit Querstäben geschützt.
Der Grabraum ist von einer allseits geöffneten Pilasterarchitektur aus Marmor
umgeben. Die Thüren wie die übrigen Öffnungen sind von prachtvollen schmiede-
Giiter eisernen Gittern aus der i. H. des i7. Jh. gefüllt. Besonders schön ist die im
Segmentbogen geschlossene Ostthür (Fig. 35). Die unteren Hälften der Thürflügel
zeigen rechteckige, mit schwungvoll gezeichnetem Ranken werk gefüllte Felder. Die
oberen Hälften haben nur einfache, schlanke Stäbe. Erst die eigentliche BogenfüUung
ist wieder mit reichem, maskengeschmückten Rankenwerk verziert. Auch sonst sind
im Rankenwerk palmentragende Engel, Masken, K(*)pfe u. dergl. geschmackvoll ver-
teilt. Neu vergoldet.
Skulpturen Unter den Skulpturen sind besonders die folgenden bemerkenswert:
Müdonna Madonna, Holz, 69 cm hoch, frühgothisch, mit spärlichen Resten der allen
Grundierung, die unter der neuen Bemalung zu Tage tritt (Phot. Schmitz, Taf. V).
Über die Gestalt, die in wundervoller Zartheit geschwungen ist, fliesst das Gewand
vorne in langen, über die Arme in runden Falten herab. Der von einem Tuch um-
hüllte Kopf — im ganzen von etwas starrer Form — ist leicht gesenkt, der Blick
ist geradeaus gerichtet. Mit der Rechten streckt sie einen Apfel vor sich hin, mit der
Linken hält sie das auf ihrem Arme sitzende Kind. Dieses ist in ein langes, bis über
die Füsse reichendes Hemd gehüllt. Kopf und Körper sind noch nicht sehr belebt.
In der Linken trägt es ein Buch, die Rechte hält es segnend erhoben. Vorzügliche
Arbeit aus dem Anfange des i4. Jh. Vgl. dazu Plönnis in der Zs. für christliche
Kunst II, Sp. 48.
H. Apoiionia ^^^ ^- ApoUonia, Holzfigur, 64 cm hoch, aus derselben Zeit, in der Gewand-
behandlung ebenfalls sehr fein, leider in der rohesten Weise durch die Ansetzung der
Hände einer viel grösseren Figur entstellt.
Knie ende Engel Zwei knieende Engel, aus Holz, nach i5oo, als Kerzenlräger bestimmt. Gute,
leider durch Überschmierung und Ansetzung ganz roher Flügel entstellte Figuren.
Schmerzhafte Schmerzhafte Mutter Gottes, Holz, i m hoch, Anfang des i5. Jh. Ge-
Mntier Gotte. ^^^^ ^^j^^j^
Gmbmiii des In der Krypta: Grabmal des i335 verstorbenen Ritters Gottfried von Berg-
'^vörüe^ghelm'* heim (Taf. VI). Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel I, S. 86. — Kugler,
Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte II, S. 262. — Plönnis in der Zs.
für christliche Kunst II, Sp. 48. — aus'm Weerth, Kd. III, S. 41 und Taf. LH, 6.
Bcichreibung Das Grabmal, das in der Länge 3 m, in der Breite 1,80 m, in der Höhe
1,10 m misst, ist aus Sandstein gefertigt. Auf einem hohen Unterbau liegt die über-
lebensgrosse Gestalt des Verstorbenen in voller Rüstung. Das Haupt, von ruhigem,
mildem, nicht sehr individuellem Ausdruck, ist auf zwei Kissen gebettet. Darüber
ein grosser, polygonaler Baldachin. In den gefalteten Händen hält er einen Rosen-
kranz. Die Füsse ruhen auf dem Rücken eines Löwen, der ein Hündchen in den
Klauen hält. Zu beiden Seiten des Ritters unter Baldachinen je drei kleine, männ-
liche Figuren mit Spruchbändern.
Der Unterbau ist an jeder Breitseite durch sieben, an jeder Schmalseite durch
vier zur Aufnahme von Figuren bestimmte spitzbogige, mit Kleeblattbogen und
3o4
96
Auf gedrehten
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Tafel V.
Münstereifel. Frühgothische Madonn^ in der Stiftskirche.
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Tafel VII.
Münstereifel, Stiftskirche. Epitaph des Johann Wilhelm von Gertzen.
MÜNSTEREIFEL 97
Krabben verzierte und durch Fialen getrennte Nischen belebt. Von diesen Figuren, Siift»kirche
die wahrscheinlich Familienmitglieder darstellen, sind siebenzehn, teils männlich, teils
>veiblich, zumeist in sehr bewegten Stellungen mit stark geschwungenen Körpern, noch
erhalten. An die Füsse der Figuren sind kleine Schilde gelehnt, die vermutlich ur-
sprünglich mit Wappen bemalt waren.
Die Inschrift, die sich auf einer schrägen Platte am oberen Rande entlang zieht,
ist nur noch teilweise zu erkennen. Sie lautete (die nicht mehr vorhandenen Stellen
sind eingeklammert):
(anno domini mille)siM(o tr)ECENTESiMO tricesimo quinto, ipso die iNVE(nt)
lON(is) s. CRUCis (obiit Godefridus dominus in) bergheim, cujus anima per miseri-
CORDIAM DEI REQUIESCAT IN PACE. AMEN.
Das Grabmal, das ursprünglich im Westbau der Kirche stand, ist eine, wenn KünaiicrUche
auch nicht durch Originalität hervorragende, so doch im ganzen wie im einzelnen sehr Würdigung
tüchtige Arbeit von reichem, aber nicht überladenen Aufbau und sehr sorgfältiger
Einzelausführung. Es ist sicher erst mehrere Jahrzehnte nach dem Tode des Ritters
entstanden. Die nächsten Parallelen bieten wohl das Grabmal des i348 verstorbenen
Grafen Adolf VIII. von Berg im Dom zu Altenberg (vgl. aus*m Weerth, Kd. Taf. XLI,
i3, femer auch Berichte über die Thätigkeit der Provinzialkommission für die Denk-
malpflege in der Rheinprovinz i897, S. 20) und besonders das Doppelgrab des Grafen
Adolf I. von Kleve (t i394) und seiner Gemahlin Margarethe (t i425) in der Münster-
kirche zu Kleve (vgl. aus'm Weerth, Kd. Taf. VII, i— 3, femer Kunstdenkmäler
d. Kr. Kleve S. loo). Verhältnismässig am besten erhalten ist die würdevolle Gestalt
des Ritters selbst; dagegen haben die architektonischen Gliederungen und die kleinen
Figuren grossen Schaden gelitten.
Einen Hauptschmuck des Kirchenschiffes bilden die vier grossen Marmor-
epitaphe:
An der Nordseite des Mittelschiffes am Obergaden das Epitaph des i587 ver- Epiuph des
storbenen Ritters Johann Wilhelm von Gertzen, genannt Sintzich (Taf. VII). Katzfey -^^vaTGSn*"
a.a.O. I, S.128. —Schannat-Baersch a.a.O. S. 33 i. — v.Stramberg a.a.O. XII, S.721.
Der architektonische Aufbau ist aus schwarzem, die Zierteile und Skulpturen
sind aus weissem Marmor. Auf einem von zwei Konsolen getragenen Podest betet
der an einem Pulte knieende Ritter vor einem Kruzifix. Das den Hintergmnd bil-
dende Wandfeld ist links und rechts von je sieben Wappen eingefasst. An den Aussen-
seiten erscheinen volutenartig gebildete Hernien, die zugleich als Gebälkträger dienen.
Dem unteren Hauptfelde treten zu beiden Seiten schlanke Freisäulen mit reichen
Kapitalen vor, die ein kräftiges, verkröpftes und ebenfalls mit vier Wappen behangenes
Gebälk tragen, auf dem links der h. Chrysanthus, rechts die h. Daria stehen. Zwischen
diesen beiden ein von Wappen umrahmtes Marmorrelief mit einer Darstellung des
Wunders des h. Hubertus. Darüber ein schmälerer, von Putten flankierter Aufsatz
mit dem Gertzenschen Wappen in der Mitte und vier kleinen Wappen und endlich
zwischen den Ansätzen eines halbmnden Giebels ein sitzender Engel.
Zwischen den beiden, den Podest tragenden Konsolen die Inschrift: nobili
ET GENEROSO D. IOANNI GWILHEEMO (so) A GERTZEN, COGNOMINIS TG SYNTZICH IN
somersberg, illustrissimi ducis juliae nunc camerario et consiliario, satrapae
monasteriensi eyffliae, euskirchens! et thomburgensi, optime de suis merito
parenti pientissimo fratres joannes ottho et joannes salentinus syntzichi
hoc monumentum amoris ergo posuerunl'. p. p. anno domini mdlxxxvii.
CLarVs Ioannes VVILheLMVs sIntzIVs heros
A gertzen CaeLo pasChatIs aLtera oVat.
3o5 7
98 KREIS RHfilNBACH
sciftskireh« Unterhalb dieser Inschrift befindet sich in der Endigung des Epitaphs der
Schädel des Johann Wilhelm von Gertzen; die darauf bezügliche Umschrift lautet:
WILHELMI SYNTZICH CAPUT EST HAG PARTE LOCATUM.
Epitaph dM Ihm gegenüber das Epitaph des Johann Salentin Syntzich (f 1600), ebenfalls
^TOtt^Gerteen" in schwarzem und weissem Marmor. Der Aufbau ist ganz ähnlich, zu beiden Seiten
der Säulen je eine Figur; auf den Säulen selbst auch Figuren und eine fünfte auf
dem Dreieckgiebel, der das ganze abschliesst.
Die Inschrift heisst: nobili et generoso d. ioanni salentino a gertzen,
COGNOMINIS TG SINTZICH, TILLISSI C. D. S. lüLIAE ET COMMISSARIO, DE SUIS BENE
MERITO FRATRI lOANNES OTTO GERTZEN, COGNOMINIS TO SINTZICH, HOC MONUMENTUM
AMORIS ERGO POSUIT ANNO 1600.
VIX NOVIES ASTRAE ROTIS DIES RUPERAT ORTUS
VIRGO SALENTINAS SIDERA SINTZICH ADIT.
Epitaph von Zwei ähnliche, nur bedeutend kleinere Epitaphe an den Wänden des Chors
fried M^ittrnich An der Nordseite das der Brüder Arnold und Gottfried Metternich (t i567 u. 1602).
Das von wappentragenden Pilastern umrahmte Mittelfeld enthält ein weisses Marmor-
relief mit einer sehr bewegten Darstellung (Schlacht oder Sauls Sturz?). Davor die
an dem katafalkartigen Untersatze des Reliefs knieenden Gestalten der beiden Brüder.
Die Pilaster tragen ein schweres horizontales Gebälk, das ebenfalls mit Wappen be-
hängt ist Darüber noch ein rundes Wappenfeld mit einem sitzenden Putto. Die
Inschrift lautet:
EN CHRYSANTHICOLAE PRAECLARO STEMMATE FRATRES
ARNOLDUS METRENICH (so) ET GODEFRIDUS ERANT.
OCCUBAT HIC CUM SOL TUA SCORPIO ROSTRA TENERET,
ALTER AT HAECCE CHORO MOESTA SIGILLA LOCAT,
AESTIFERIS CANCRI TITAN UBI FULGIDA CHELIS
PLAUSTRA DABAT SUMMO MOX REDITUR A POLO.
Epitaph des An der Südseite des Chores das Epitaph des Johann Wilhelm von Gertzen
von Oert«en"(t i597). Im Mittelfeld ein weisses Marmorrelief mit einer sehr malerischen und stark
erhabenen Anbetung Christi, das von zwei einen Giebel tragenden Säulen umrahmt
ist. Auf den Giebelansätzen zwei liegende Putten, ein dritter stehend auf dem zwischen
den Giebelansätzen angebrachten, das Wappen enthaltenden Schilde. Rechts kniet
vor dem Mittelfelde die Gestalt des Verstorbenen. Die darunter angebrachte Inschrift
hat folgenden Wortlaut:
SINTZICH lOANNES GUILIELMUS, ORIGINE GERTZEN,
HIC COLLEGA POTENS ISTIUS AEDIS ERAT.
PANNONIAS UBI TURCA FEROX INV ADERET ORAS
AD SAGA DEPOSIT.\ TRANSIIT ILLE TOGA
QUEMQUE REDUX LENTUM PEREGRINO EX AERE MORBUS
TRAXERAT, ILLIUS LONGA PALAESTRA FÜIT.
TER QUINOS SOLES CAPRICORNUS ABEGERAT ACER,
ARTUS EXANIMO TUNC lACUERE VIRO.
Gnihattin« Im nördlichen Seitenschiff ist hinter einem Beichtstuhl der Grabstein der
i57o verstorbenen Margaretha von Metternich eingemauert (Katzfey a. a. O. S. 86).
Die Inschrift hat folgenden Wortlaut: anno i57o den 23 april ist die edleren
THUGENHAFTIG MARGRET VON METTERNICH GENANT SINSICH, AMDFRAWE ZU MÜNSTER-
EIFLE, IN GOT VERSTORVEN.
In der Krypta liegt vor dem Hochaltar der Grabstein der Christina von
Krumeis (Katzfey a. a. O. S. 87) mit der sehr zerstörten Inschrift: die woledle
VIEL EHRENTUGENDREICHE CHRISTINA GEBORNE VON HAMBROCI, VITTIB VON KRÜMELS
ZU WEIER, FRAW zu VIRMENICH.
3o6
MÜNSTEREIPEL
99
Am südlichen Flankenturm trägt eine von Pilastern umrahmte, von einem Stiftskirche
halbkreisförmigen Giebel abgeschlossene Marmortafel die Inschrift:
ANNO DOMINI l584, 2« MAI,
CORRUIT HEC TEMPLI NOCTURNO TEMPORE TURRIS,
QUAM TAMEN EXPENSIS CONSTRUXIT FUNDITUS HOCCE
CAPPITULUM (so), NEC NON HOMINUM LAUDANDA VOLUNTAS,
QUEIS DEUS AETERNAE CONCEDAT GAUDIA VITAE.
H. G. R. E. AE.
Am Nordturme die Inschrift: anno domini MDCCCLXXII die iv. mensis
AUGUSTI PRIMO MANE HAEC TEMPLI PARS CORRUIT ET TRIENNIO POST PULCHRIUS
RESTITUTA est. COS. D. I. KEMP ET ANTONIO DAUZENBERG PAROCHO.
An einem der Fenster des südlichen Seitenschiffes war ein Stein mit der folgen-
den Inschrift eingelassen: dominus iohannes lorinck ab arloff, canonicus
PLEBANUS Hüius ECCLESiAE, D. D. ANNO i592. Er ist jetzt auf dem Pfarrhofe.
Eine nicht mehr vorhandene Inschrift „an der Wölbung des südöstlichen
Fensters der Kruft" lautete nach Katzfey a.a.O. I, S. 8i: anno i6o5, 2. martii,
POSUIT ME VERONICA LOMESSE, VIDUA CONSULIS HERMANNI ESCHWEILER.
Die Orgel bühne, ein Einbau aus dem Anfange des 18. Jh., nimmt die west-
liche Hälfte des Turmjoches ein. Sie ruht auf drei Kreuzgewölben von unreiner
Form, deren Grate teils auf die romanischen Pfeiler, teils auf die beiden Marmor-
säulen auflaufen, welche die vordere, konkav geschwungene Bühnenbrüstung tragen.
An den viereckigen Sockeln die Inschrift: c. w. s. (C. Wery Scholasticus ?) i72 2 und
eine Hausmarke.
Tauf stein, aus schwarzem Marmor, vom J. 161 9, 1,22 m hoch (Phot. Schmitz).
Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel I, S. 85. — Plönnis in der Zs. für
christliche Kunst II, Sp. 48. — Ders., Die Geschichte des Stiftes Münstereifel S. 43.
An der Oberfläche des reich gegliederten Aufbaus wechseln polierte und ge-
rauhte Flächen ab. Über der runden Fussplatte erhebt sich der amphorenartig ge-
formte Fuss, der ein kreisrundes Becken von 1,12 m Durchmesser trägt. Auf dem
vertieft gerauhten Grunde Cherubim in starkem Relief und andere barocke Ornamente.
Am oberen Rande die Inschrift: anno domini i6i9 consule reinero froitzem.
Der aus der gleichen Zeit stammende, ausserordentlich reich aus Holz geschnitzte
und vergoldete Deckel, der in eine Kugelspitze endigt, hängt in einem drehbaren
schmiedeeisernen Wand arm von spätgothischer Form.
In der Apsis: Spätgothisches Sakramentshäuschen vom J. i48o (Phot.
Schmitz). Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel I, S. 86. — Plönnis in der
Zs. für christliche Kunst II, Sp. 47. — Kugler, Kleine Schriften und Studien zur
Kunstgeschichte II, S. 254. — Statz und Ungewitter, Gothisches Musterbuch Taf. i38.
— auVm Weerth, Kd. III, S. 4i.
Der bis zur Decke reichende Wandaufbau beginnt auf der Sockelbank mit einer
luftigen rechteckigen Pfeilerstellung, unter deren vorderem Bogen der geistliche Stifter mit
gefalteten Händen kniet. Unmittelbar darüber der eigentliche, von spätgothischem
Stabwerk umrahmte und vom durch ein engmaschiges Durchsteckgitter geschlossene
Schrein, zu dessen beiden Seiten auf reich gegliederten Konsölchen die Figürchen der
hh. Chrysanthus und Daria unter hohen, spitz endigenden Baldachinen stehen. Über
dem Schrein hängt dann ein sehr reicher Baldachin auf zwei kleinen Gewölbefeldem
frei vor. Eine grosse Mittelfiale, die von einem Kranze kleiner Fialen, Strebepfeiler
und Strebebogen umgeben ist, bildet den Abschluss. Am Fusse die Inschrift
fridericus roir mcccclxxx^ renov. mdcccliv. — Gute, wenn auch nicht sehr
organische und von Spielerei keineswegs freie Arbeit.
Inschriften
OrgelbUhne
Taufttein
Sakrament«-
bauschen
3o7
löO KREIS RHEINBACH
Stiftskirche An der Südwand der Apsis: Gothischer Dreisitz (Taf. VIII). Katzfey, Ge-
Drdsiti schichte der Stadt Münsteifel I, S. 84. — Kugler, Kleine Schriften und Studien zur
Kunstgeschichte II, S. 334. — Plönnis in der Zs. für christliche Kunst II, Sp. 47.
— Ders., Die Geschichte des Stiftes Münstereifel S. 43. — aus'm Weerth, Kd. III, S. 4i.
Der Dreisitz, eine Arbeit des i4. Jh., ist nach aussen durch hoch emporreichende
Wangen begrenzt, während die einzelnen Sitze nur durch niedrige Zwischenlehncn
von einander geschieden sind. Vorzüglich sind die Schnitzereien, mit denen er ge-
schmückt ist: an den Zwischenlehnen meist Menschen- und Tierköpfe, an den Ober-
teilen der Aussen wangen je zwei ganze Gestalten über einander, eine weibliche Figur
mit Fischleib, ein Hund, ein Affe u. s. w. Der Aufsatz über den Sitzen hat spätgo-
thische Füllungen.
Reiiquienkasicn Unmittelbar darüber steht an der Wand auf den oberen Zierteilen der Aussen-
wangen ein grosser, truhenförmiger Reliquienkasten aus dem Anfange des i6. Jh.,
neu polychromiert (Taf. VIII). Die Breitseite ist über einem sehr frei behandelten
Rankenstreifen durch schlanke Fialen in acht schmale Felder geteilt, deren obere
Hälften mit reichem, wenn auch etwas verwilderten Kielbogen mass werk mit sehr
üppigen Kreuzblumen gefüllt sind. Die Truhenfüsse zeigen an den Vorderseiten sehr
hübsche Halbfiguren von Engeln mit den Wappen Christi. Ähnlich wie der Sockel-
fries ist das kräftig ausladende Gesims verziert.
Lesepulte Lesepult, aus Holz geschnitzt, um i7oo (Phot. Schmifz), Der Fuss ist als
Stamm einer exotischen Pflanze ganz naturalistisch behandelt.
Schmiedeeisernes Lesepult, spätgothisrh.
stundieuchier Zwei Schmiedeeiserne Standleuchter, spätgothisch.
Ein schmiedeeisernes Rokokogitter in den Formen des späten i8. Jh. schliesst
die Apsis der Krypta ab.
Kronleuchter Im Hauptschiff: Achtarmiger Kronleuchter, Gelbguss, i8. Jh. Die obere
Endigung bildet ein Doppeladler, die Arme laufen in flache Köpfe aus.
Bodenbelag Vor dem Hochaltar: Gemusterter Bodenbelag (Opus Alexandrinum), wohl
12. Jh., aus einem grösseren viereckigen Felde bestehend.
Wandmuiereien Wandmalereien. Ob die Kirche von Anfang an mit Wandmalereien ge-
schmückt war, lässt sich nicht sagen. Möglich, dass an den Chorwänden schon in
früher Zeit Scenen aus dem Leben der Kirchenpatrone dargestellt waren; die weiten
Flächen forderten jedenfalls dazu auf; vielleicht waren die Wandmalereien, mit denen
sie auf Kosten des Scholasters Wery zu Beginn des i8. Jh. bedeckt worden sind, nur
zum Ersätze älterer, verblichener Gemälde bestimmt. Die modernen, vom Maler
Fischer in Krefeld herrührenden Gemälde an den Chorwänden behandeln Stoffe aus
der Legende der Patrone. Von älteren Wandmalereien sind lediglich Teile zweier
Apostelfiguren an den Vorlagen von zweien der südlichen Pfeiler erhalten. Es sind
mehr als lebensgrosse Figuren von überschlanken Proportionen, Petrus und einen
andern Apostel, wahrscheinlich Paulus darstellend, in schöner heller Färbung und
guter Gewandbehandlung. Sie stammen wohl aus dem Anfange des i4. Jh. Erhalten
waren nur die unteren Hälften der Körper und die unterhalb befindlichen Medaillons
mit spruchbandhaltenden Engeln. Sie sind im J. i897 durch den Maler W. Batzem
aus Köln sorgfältig restauriert worden, die Oberkörper wurden ergänzt. Farbige Auf-
nahmen im Denkmälerarchiv der Rheinprovinz.
Gemälde Auf der Orgelbühne: Bemalte Marmorplatte, i,o3m hoch, 45 cm breit. Auf
*""piiitte. dunklem, stembesäetem Hintergrunde erscheinen zwei etwa 45 cm hohe stehende Ge-
stalten von schöner Farbe und Zeichnung, links vielleicht Maria, rechts vielleicht
3o8
Stiftftkirch'
Dreisitz
ReliquienlcR:
Lesepu
Standlei
Kronlei
Boden
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Ben
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Tafel VIll.
Münstereifel, Stiftskirche. Dreisitz und Reliquicnkaslcn.
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MÜNSTEREIFEL lOl
Johannes. Kölnisches Bild aus der i. H. des i5. Jh., leider sehr beschädigt, Teil eines Stiftskirche
grösseren Werkes, vielleicht von einem Altaraufsatz, dem eine Bogenstellung vorlag.
Im Pfarrhause: Triptychon, Holz, 62 cm hoch, 1,21 m breit, in altem, ein- Triptychon
fach profilierten Holzrahmen mit kräftig vorspringendem Horizontalgesimse (Taf IX). ***' Christ!*""*
Das Mittelbild stellt die Beweinung Christi dar. Der Vorgang spielt sich in einer
weitgedehnten, von zahlreichen Wegen durchzogenen Hügellandschaft ab. Vor dem
in der Mitte auf spärlich bewachsenem Boden aufgerichteten dreiarmigen Kreuze in
schräger Lage der starre, von Blut überströmte Leichnam des Herrn, den der präch-
tig gewandete Josef von Arimathia mit einem Tuch unter den Schultern erfasst hat,
um ihn sanft zu Boden gleiten zu lassen. Das Haupt ist auf die linke Schulter ge-
sunken, der linke Arm hängt herab, während den rechten die vor dem Kreuzes-
stamme knieende Maria mit beiden Händen stützt. Links hinter Maria steht Johannes
leise nach vorne gebeugt; tröstend berührt seine Hand die schmerzgebeugte Mutter.
Noch weiter links kniet mit gefalteten Händen die jugendliche Gestalt der Maria
Magdalena; vor ihr ein Salbgefäss. Zwischen Josef von Arimathia und Maria eine
ältere Frau. Im Vordergrunde Hammer, Zange und Nägel. Goldgrund.
Auf dem linken Flügel in reicher Rüstung der h. Chrysanthus, eine Gestalt von
schöner männlicher Haltung, mit roter Fahne und Palme. Zu seinen Füssen kniet
mit gefalteten Händen der Stifter in geistlichem Gewände. Auf einem Spruchbande
eine unleserliche Inschrift Am Rahmen die Worte: sanctus crisantus.
Rechts die sehr zierliche, fein geschwungene Gestalt der h. Daria. In der
Rechten hält sie eine Palme, in der Linken ein geöffnetes Buch. Am Rahmen die
Inschrift: sancta darya.
Auf den Rückseiten der Flügel unter Baldachinen die handwerkmässigen Ge-
stalten der Apostel Petrus und Paulus.
Gutes kölnisches Bild aus dem Beginne der 2. H. des i5. Jh., von feiner Farbe,
in der Formgebung ziemlich derb, dem Meister des Münchener Marienlehens nahe-
stehend.
Triptychon, Holz, 4i cm hoch, 83 cm brei. In der Mitte die Halbfigur
des kreuztragenden Christus, links die Verspottung, rechts die Kreuzigung. Um 1600.
Deutsch unter niederländischem Einfluss.
Zu nennen sind ferner mehrere Porträts geistlicher Würdenträger: Porträt»
Brustbild des Dekans Andreas Noeten, Holz, 38 cm hoch, 28 cm breit.
Sehr gutes, lebendiges Bild mit der Inschrift: Andreas noeten decanus obiit
18. AUGUST. i585.
Brustbild des Petrus Faber von Münstereifel, Holz, 38 cm hoch, 2972 cm
breit, mit der Inschrift: petrus faber de monasterio eifliae iubilaris. aetatis
76. anno i572 obiit 6. sept. i584.
Brustbild des Kanonikus Konrad Gartzweiler, Holz, 38 cm hoch, 3i cm
breit. Inschrift: aetatis 56. i592, obiit 3i. augusti i6o7 conradus gartzweiler
CANONICUS.
Brustbild des Dekans Hubertus Lommessen Holz, 38 cm hoch, 2872 ^"^
breit. Die Inschrift heisst: Hubertus lommesemius, decanus ecclesi ae d. a. d. i. s. 9 1 ,
AETATIS 47., DECANATUS 6., CANONICATUS 20., SACERDOTII l6., OBIIT 20. MAI 1606.
Daneben sein Wappen.
Über ein grosses der Schule des Meisters Wilhelm angehöriges Bild, das im
J. 1 76o aus Münstereifel nach Kirchsahr gebracht worden ist, vgl. Lehfeldt, Bau- und
Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Coblenz S. 60; ferner Firmenich-Richartz,
3o9
I02
KKmS RHEINBACH
Stiftskirche
Kelche
Ciborium
PBnmente
Chormiatel
KaseUtäbe
Wilhelm von Herle und Meister Wynrich von Wesel in der Zs. für christliche
Kunst VIII, S. 3o6.
Kelch aus vergoldetem Silber, iSYg cm hoch, mit sechsteiligem geschweiften
Fusse, am Knaufe, der, wie auch der Fuss, mit spätgothischem Stab- und Masswerk
bedeckt ist, in einzelnen Buchstaben die Inschrift: H v s i e o (ihesus?). Am Fusse
eingraviert: her iohan hai-ffman van kellen i584 und zwei Wappenschilde mit
bürgerlichen oder geistlichen Zeichen und Wappen. Auf der Rückseite des Fusses
die Inschrift: anno i6i8 b. horstgen, d. r. schmaltz plebano.
Kelch aus vergoldetem Silber, 20^/2 cm hoch, mit sechsteiligem geschweiften
Fusse, der eine leichte Masswerkverzierung hat. Am Knauf die Inschrift ihesus. Der
Oberteil zeigt ein Lilienomament Gegen 1600.
Kelch, Silber, neu vergoldet, 21 cm hoch, mit sechsteiiigem geschweiften Fusse,
dessen Schmuck ein graviertes Kreuz bildet. Die Inschrift am Fusse lautet: i672
CHRYSANTHI et DARIAE.
Kelch, Silber, vergoldet, 25 cm hoch, mit der Inschrift: fraternitati s.
JOANNIS APOSTOLI ET EVANGELISTAE MONASTERII EIFLIAE RENQVAVIT RESPECTIVE ET
COMPARAVrr G. GRAEFF, CANONICÜS ET PLEBANUS IBIDEM, l678.
Ciborium, Silber, vergoldet, 43 cm hoch, mil achtteiligem geschweiften Fusse,
rundem Knauf und achtseitigem von Stab- und Strebewerk umgebenen Cylinder.
Unter den Baldachinen kleine Silberfigürchen in Relief. Der Deckel geschuppt, mit
einer Kugel, auf der ein doppelseitiges Kreuzchen sich erhebt. Am Fusse die In-
schrift: REVERENDUS DOMINUS PETRUS BOHR, CANONICÜS MONASTERII EIFLIAE, D. D.
FRATERNITATI s. lOANNis APOSTOLI ET EVANGELISTAE ANNO i659. Ausserdem ein
Wappenschild mit einem Hasen und den Buchstaben C. R.
Unter den Paramenten sind hervorzuheben:
Biauvioletter Chormantel aus gepresstem Samt, mit Granatapfelmuster in
dünnen Linien. Die spitz zulaufende Kappe zeigt auf rot durchwirktem Goldgrund den
h. Martin, darunter den knieenden Stifter. Auf einem Spruchband die Worte: Miserere
MEi, DEUS . . . GRACIA. Auf den Stäben in applicierter Seidenstickerei die Verkündigung
Maria, die hh. Chrysanthus und Daria, die hh. Petrus und Paulus, der h. Hieronymus
und ein zweiter männlicher Heiliger. Als Schliesse ein Stück Kölner Borte. Um 1 5oo.
Roter Chormantel aus prachtvollem geschnittenen Samt, mit entartetem
Granatapfelmuster. Auf der Kappe der Tod Maria mit landschaftlichem Hintergrund
in sehr reicher Gold- und Seidenstickerei. Auf den Stäben die hh. Chrysanthus
und Daria und vier andere Heilige unter spätgothischen Baldachinen. Flachstich in
Lasurmanier. Gegen i55o.
Roter Chormantel aus glattem roten Samt mit dreifarbiger Borte. Auf
der Kappe die Anbetung der h. drei Könige auf Goldgrund in Flachstich mit Lasuren.
Darunter das Wappen der Nuynhem-Kirspenich (?). Auf der Vorderseite sechs ein-
zelne Heiligengestalten. Anfang des 1 6. Jh. Als Schliefse ein Stück Kölner Borte.
Roter Chor'mantel aus glattem Samt, mit der Anbetung der Hirten auf der
Kappe und sechs einzelnen Apostelgestalten unter Baldachinen. Die Köpfe durch
Restauration entstellt.
Alter Kaselstab. Auf dem erneuerten Goldgrunde der Kruzifixus mit Johannes
und Maria am Kreuzesstamme; darüber schwebt Gottvater mit der Taube. Links
und rechts die Halbfiguren der hh. Chrysanthus und Daria; unten ein Engel mit dem
Wappen der Brüder Hilger und Konrad Gartzweiler. Auf der andern Seite die Apostel
Petrus und Paulus und eine weibliche Heilige. Gegen 1600, stark restauriert.
3io
MÜNSTEREIEEL
io3
KapeUen des
18. Jh.
Dftlmiitiken
Glockea
Auf einem zweiten Käse Ist ab die gleiche Darstellung. Auf dem Kreuze der Stift •itirch«
Kruzifixus; Johannes und Magdalena am Kreuzesstamme. Darüber Gottvater, darunter
die Halbfigur des h. Andreas. Auf der Vorderseite die knieenden Figuren eines
männlichen und eines weiblichen Heiligen. Dazwischen Wappenschilde mit je drei
Mitren und mit den Passionswerkzeugen. i6. Jh.
Kapelle aus rosafarbener Seide, mit überreicher Silberstickerei, i8. Jh.
Kapelle aus weisser Seide mit prachtvoller Silberstickerei, angeblich aus dem
Brautkleide Maria Theresias, i8. Jh.
Zwei Dalmatiken aus neuem Stoff. Auf den Längsstäben die Wappen Christi,
auf den Querstäben der einen die Halbfiguren der Apostelfürsten, auf der anderen
die der hh. Chrysanthus und Daria. 1 6. Jh.
Glocken mit den folgenden Inschriften:
1. JOHANNES LAUDE DEI CRICANTUS (statt chrysanthus), QUI VOCOR MILLE QUA-
DRINGENTIS POST NATIVITATEM DOMINI LXXX ANNIS (l48o).
2. Die zweite, nach Katzfey a. a. O. I, S. 87, vom J. i4i4, ist nicht zugänglich.
3. DEO, SANCTIS APOSTOLIS PETRO ET PAULO, PATRONIS, DEDICATA ANNO
MDCLXXXVI. XXVIII. MAII EXPENSIS ADMODUM REVERENDI ET PRAENOBILIS DOMINI
lACOB A TRESSENBERG, PRAEPOSITI ET CANONICL lOHANNES BOURLET VON GULICH
GOS MICH.
4. o REX GLORIE VENi CUM PACE. Anfang des i4. Jh.
5. CHRISANTHÜS ET DARIA. MATHEIUS COBELENZ HAT MICH GEGOSSEN IN COLLN
ANNO I7l8.
GYMNASIALKIRCHE (s. t. s. Donati). Katzfey, Geschichte der Stadt
Münstereifel I. S. 220. — Plönnis, Die Geschichte des Stiftes Münstereifel, sowie
der übrigen Kirchen und Klöster der Stadt S. 86. — v. Stramberg, Rheinischer
Antiquarius 3. Abt. XII, S. 736. — Schorn, Eiflia sacra II, S. 210.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 12 Urkunden von
i5o4ff. — Unter den Akten: Gerechtsame des Kollegs 162 5 — 1668, Altäre, Personat
zu Euskirchen. — Nachrichten über Haus Broich i597 — 1768. Aufzeichnung über
das Gymnasium 1622 — 1785. — Nachrichten über Kriegskontributionen, Aufhebung
des Jesuitenkollegs und Vermögensverwaltung. — Vgl. femer Ilgen, Rheinisches
Archiv S. 11 5.
Im J. 1625 wandten sich einige Stiftsherren und der Magistrat an die Kölner
Jesuiten mit der Bitte, in Münstereifel ein Jesuiten koilegium zu errichten. Erst im
J. i652 jedoch wurde der Grundstein zur Kirche gelegt, im J. i67o nahm der kölnische
Weihbischof von Walenburg die Konsekration vor. Das Gebäude des Kollegiums wurde
im J. i659 begonnen, im J. i674 war es in der gegenwärtigen Form vollendet. Das
Gymnasialgebäude wurde erst i724 in Angriff genommen und drei Jahre später fertig-
gestellt. Das Holzgewölbe der Kirche ist zu Ende der 7oer Jahre erneuert worden.
Einschiffiger, verputzter Backsteinbau mit turmloser Fa^ade und eingezogenem,
polygonal abschliessendem Chor. Die Länge beträgt im Lichten etwa 35 m, die Breite
etwa i4,5o m (Ansicht Fig. 36).
Die hohe ganz verputzte Fa^ade, der an den Ecken zwei Strebepfeiler vor-
gelegt sind, endigt in einen dreieckigen Giebel. Eine Treppe führt zu dem in der
Mitte gelegenen rundbogigen Portal, dessen Pfosten einfache Kämpfer aufweisen. Der
Schlufsstein zeigt eine Maske. Die Umrahmung des Thürbogens bilden zwei hoch-
gestellte, kannelierte Säulen, die ein flaches Gebälk tragen, über dem ein fragmen-
tierter Dreieckgiebel den Abschluss bildet. Links und rechts ist die Fa^ade von je
einem grossen, in Haustein gefassten Rundbogenfenster durchbrochen.
Gym natial.
kirche
Geschichte
Beschreibung
3ii
io4
KREIS RHEINBACH
Gymnasial«
kirche
Innere«
Das Obergeschoss zeigt in der Mitte ein grosses rechteckiges, ebenfalls von den
Ansätzen eines Dreieckgiebels gekröntes Fenster mit gothisierendem_ Masswerk. Zu
beiden Seiten sind ebenfalls wieder Rundbogenfenster angebracht.
Den Abschluss bildet ein Giebel, der in einer rundbogigen, rechteckig um-
rahmten Nische die Statue des h. Donatus enthält. Darüber ein kleines Rundfenster.
Ein kleines achteckiges Türmchen an der Nordseite enthält die zu den Em-
poren führende Treppe. Der nördlichen Langmauer sind vier einfach abgestufte,
durch starke Böschungsmauern gestützte Strebepfeiler vorgelegt. In der Mitte ein
rundbogiges Portal mit facettierter Steinurarahmung und dreieckigem Giebel. — Am
Chor sind die Strebepfeiler zweimal abgestuft. Das Chordach trägt einen achtseitigen
zierlichen Dachreiter mit zwei offenen Gallerien übereinander.
Das Innere stellt sich als rechteckiger, sehr geräumiger Saalbau dar. Fünf
sehr komplizierte hölzerne Netzgewölbe, deren Rippen auf rechteckige, mit einfachen
/r.TA.-
Kig. 'd6. MQnttereifel. Gymnasialkirche und Gymn:isium.
Altäre
Sockeln versehene Wandpfeiler auflaufen, überspannen den weiten Raum. Die ganze
Westseite und der grösste Teil der Langseiten wird durch frei überhängende Em-
poren auf Kreuzgewölben eingenommen. Durch grosse, in zwei Reihen übereinander
angeordnete Rundbogenfenster, die zum Teil in segmentbogenförmig geschlossenen
Nischen liegen, tritt das Licht ein.
Durch einen gedrückten Triumphbogen betritt man den engen und verhältnis-
mässig kurzen Chor, der mit drei Seiten des Achtecks abschliesst. Auch hier sind
die Gewölbe sehr kompliziert.
Die Sakristei liegt an der rechten Seite des Chores und kommuniziert mit diesem
durch verschiedene Thüren und Fenster.
Die grossen Barockaltäre gehören der Entstehungszeit der Kirche an. Auf
dem Hauptaltar eine Darstellung des Fegefeuers, in dem Christus, Maria und'^das
Sakrament des Altars in einer Glorie erscheinen. Auf dem linken Seitenaltar Gemälde
der Kreuzigung.
3l2
MÜNSTEREIFEL
io5
Kasel aus gepresstein Samt, mit Granatapfelmuster. Auf dem Kreuze ein
Kruzifixus mit Maria und Johannes zu beiden Seiten. Engel fangen das den Wunden
entströmende Blut in Kelchen auf. Darüber Gottvater und der h. Geist, darunter
der h. Andreas unter einem Baldachin mit der Halbfigur des Stifters. — Auf der
Vorderseite zwei männliche Heilige und der Kopf einer weiblichen; das übrige ist
abgeschnitten. Die Figuren von auffallend kurzen Verhältnissen. Um i5oo.
Barocke Kasein und Chormäntel.
In den Fenstern der Sakristei kleine Grisaillen, auf die Spitze gestellte Vier-
ecke, zum Teil mit farbiger Einfassung.
1. Medaillon mit dem h. Franz von Borgia und der Inschrift: B. franciscus
BORGiA. Femer: johan arburgh, der rechten doctor, kayserlicher cammer-
GERICHTS ADVOCAT UND GERTRAUDT SCHLAUN, EHELEUTH, ANNO l658. Darunter daS
Wappen.
2. Im Medaillon Ignaz von Loyola mit der Inschrift: ignatius de loyola.
Femer: iohan meelchior (so) steinhausen, deren rechten licentiat, des hoch-
löblichen KAYSERLICHEN CAMMER GERICHTS BEYSITZER UND ANNA CATHAR1NA ESCH,
EHELEUTH, i658. Darüber das Wappen.
3. Im Medaillon der h. Franz Xaver mit der Inschrift: s. franciscus xa-
vERius. Ferner: johan herman aldenkirchen, i. v. doctor, camerae imperialis
SPIRENSIS ADVOCATUS, D. D. ANNO l658.
Über ein viertes (nicht mehr vorhandenes) Fenster vgl. Katzfey a. a. O. S. 2 24.
Die weitläufigen KLOSTERGEBÄUDE (Grundriss auf dem Stadtplan Fig. 4o,
Ansicht Fig. 36) liegen an der Südseite der Kirche. Sie umschliessen zwei grosse
viereckige Höfe. Zunächst der Kirche liegt das Kollegium, südlich davon das Gym-
nasialgebäude.
Das Kollegium ist nach der Strassenseite siebenachsig und besitzt ausserdem
zu Tage liegenden Keller noch drei Geschosse. Die Fenster sind sämtlich viereckig,
in Haustein gefasst und in der Mitte durch einen senkrechten Pfosten geteilt. Die
Thüren liegen in der ersten und letzten Achse und sind beide über doppelarmige
Freitreppen zugänglich. Die erste Thüre ist rundbogig, sie hat eine facettierte Stein-
fassung und über dem horizontalen Gebälk einen flachen Dreieckgiebel. Das daran
angebrachte Chronikon: DoMInI saLVs haC IntrantI (i659) giebt die Entstehungs-
zeit an. An der Treppenbrüstung die Inschrift: frIDerICo wILheLMo rege re-
Cens eXsVrgo (i8i8). Die zweite Thür ist einfach rundbogig. Wie dieser Flügel,
der an der Innenseite im zweiten Stocke die Jahreszahl i674 trägt, so sind auch die
anderen beiden Flügel mit geschieferten Satteldächern überdeckt. Der Ostflügel wurde,
wie ein Stein mit dem Jülichschen Wappen verkündet, im J. 16S2 begonnen; im
J. i654 war er nach einer Eisenankerinschrift bis zum ersten Stockwerk empor-
gediehen.
Das Gymnasialgebäude hat nach der Strassenseite drei Geschosse. Im
Erdgeschoss sind ein runder Thorbogen, eine rundbogige Thür mit einer Figurennische
darüber und zwei rechteckige Fenster, in den oberen Geschossen je fünf rechteckige
Fenster angeordnet. Das geschieferte Satteldach trägt einen kleinen Dachreiter. An
der Strassenseite in Eisenankern die Inschrift: deo, urbi, patriae. Die anderen
Flügel sind entsprechend gestaltet.
Von den Räumlichkeiten des Inneren verdient nur das ehemalige Refektorium,
das jetzt als Aula dient, Erwähnung. Die Wände sind mit Holzgetäfel vom Anfange
des 18. Jh. bekleidet.
GymnAsia I-
kirche
Paramente '
Grisaillen
Klotter-
gebäude
Kollegium
Gyranatial-
gebäude
3x3
io6
KREIS RHEINBACH
Kloster*
gebäude
Kartncli-
tesaenkloiter
Geschichte
BeschreibuDg
Inneres
Taufiitein
In einem der Zimmer des oberen Stockwerkes eine kleine Sammlung römischer
und fränkischer Thongefässe aus der nächsten Umgebung. Ausserdem einige Münzen
und das Fragment eines grösseren Bildes mit den Porträts der Stiftsherren Hilger
und Konrad Gartzweiler. Vgl. dazu auch das Korrespondenzblatt des Gesamtvereins
der deutschen Geschieh ts- und Altertumsvereine XXXVII, S. 6i.
KARMELITESSENKLOSTER. Katzfey, Geschichte der Stadt Münster-
eifel I, S. 3io. — Plönnis, Geschichte des Stiftes Münstereifel S. 96 u. 99. — v. Stram-
BERG, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 762. — Schorn, Eiflia sacra II, S. 2i7.
Im J. i657 Hessen sich Karmelitessen aus Düsseldorf in Münstereifel nieder Sie
bewohnten zunächst ältere, schon bestehende Häuser; erst im J. i77o erbauten sie
eine neue Kirche samt den nötigen Wohngebäuden. Die Kirche wurde im J. 1802
infolge der Säkularisation ausser Gebrauch gesetzt, im J. i838 jedoch von den Salvator-
schwestem restauriert und wieder der Benutzung zugänglich gemacht. Im J. i879
brannte Kloster und Kirche ab, doch wurden sie schon im darauffolgenden Jahre
wieder hergestellt. Gegenwärtig wird die Kirche für die Zwecke der in den Kloster-
gebäuden untergebrachten Lehrerinnenbildungsanstalt umgebaut.
Die Ktrche, ein einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau, wendet die Langseite,
die mit einem Sandsteinsockel versehen ist, der Strasse zu (Ansicht Fig. 48, Grundriss
auf dem Stadtplan Fig. 4o). Drei grosse, in Haustein gefasste Rundbogenfenster geben
dem Lichte Zutritt. Über dem geschieferten Satteldach erhebt sich nahe am Vorder-
giebel ein zierlicher achtseitiger Dachreiter. Der Eingang erfolgt von der Langseite
aus durch ein rundbogiges, von zwei Pilastern umrahmtes und durch horizontales Ge-
bälk geschlossenes Portal mit einer Kartouche im Schlufsstein. Darüber ein geist-
liches Wappen.
An der Hofseite ist die Langmauer unten von rundbogigen, oben von acht-
eckigen Fenstern durchbrochen.
Das Innere, jetzt ein vollkommen rechteckiger Saal mit offenem Dachstuhl,
besass einst ein flaches Tonnengewölbe.
Die Klostergebäude umgeben in drei Flügeln mit der Kirche zusammen einen
viereckigen Hof. Sie sind dreigeschossig, die Geschosse sind durch flache Gesims-
streifen getrennt. Ober dem der Kirche gegenüberliegenden Flügel ein ganz moderni-
sierter Turm.
Ein aus Flamersheim stammender spätromanischer Taufstein, aus Basaltlava,
Anfang des i3. Jh., der gegenwärtig als Blumenbecken im Garten der Frau Marianne
Hauptmann in Münstereifel steht, soll später in das Karmelitessenkloster übergeführt
werden. An dem schwerfälligen, mit einem Behang von Kleeblattbogen verzierten
Becken vier Köpfe auf Säulenstümpfen. Über diesen am Niederrhein sehr häufig
vertretenen Typus von Taufsteinen vgl. Kunstdenkmäler des Kr. Kempen S. 1 6.
IL Profane Denkmäler.
Schi OS« SCHLOSS. V. Merino, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden III, S.4o. —
Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel I, S. 202. — v. Stramberg, Rheinischer
Antiquarius 3. Abt. XII, S. 7oi. — Graf Mirbach, Zur Territorialgeschichte des
Herzogthums Jülich I, S. 22.
Abbildung. Im Besitze des Herrn Kaufmann Bücklers ist eine aus dem
Anfange des Jahrhunderts stammende Federzeichnung, 49x36 cm, bez.: Ruine der
3i4
MÜNSTEREIFEL
io7
Residenz der apanagierten Herzöge von Jülich zu Münstereifel, gezeichnet von C. v. M.
(Manteuffel), für die Rekonstruktion der Burg ohne Bedeutung.
Die Hoheitsrechte, die anfänglich die Abtei Prüm ihrer Tochterkirche gegenüber
unzweifelhaft besessen hatte, waren im i3.Jh. schon ganz verblasst. Im J. 126S gelang
es dem Grafen Walram von Jülich, einen günstigen Vergleich mit dem Erzbischof über
die Hochstadenschen Lehen zu erzielen (Lacomblet, UB. II, Nr. 558). Von da an
scheint sich die Jülichsche Herrschaft zu Münstereifel behauptet zu haben. In den
folgenden Jahrzehnten — Graf Mirbach a. a. O. S. 22 nennt ohne Quellenangabe
das J. 1272 — ist wahrscheinlich das Schloss erbaut worden. Die Herzöge von Jülich
hatten hier ihre Amtmänner; diese bewohnten das Schloss bis zu seiner Zerstörung
Schloss
Fig. 37. Manttereifel. Gnindriss der SchloMruin«.
durch die Franzosen im J. 1 689. Die Ruinen wurden zu Anfang unseres Jahrhunderts
von der französischen Domänen Verwaltung einem Herrn de Requile verkauft. Im
J. t854 gehörten sie einem Herrn Frank. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr
Martin Daniels. Von ihm wurde i879 mit Benutzung der alten Mauerreste in den
Ruinen ein neuer Backsteinbau, leider nicht im Anschluss an die Formen der Burg, auf-
geführt. Gleichzeitig wurden Sicherungsarbeiten an den östlichen Umfassungsmauern
unternommen. Die Provinzialverwaltung bewilligte zu dem Gesamtkostenaufwande
die Summe von i5oo Mk.
Das Schloss (Phot. Schmitz, Gnindriss Fig. 37, Ansichten Fig. 38 und 39) baut sich Beschreibung
malerisch auf einem Absatz des Radberges auf, der die Erft am rechten Ufer be-
gleitet. Die Trümmer, die der Zeit und der Roheit getrotzt haben, beweisen, um
wieviel gewaltiger ursprünglich der Bau des Schlosses gewesen ist Es war eine viel-
türmige Anlage von bedeutenden Massen und ziemlich regelmässigem Grundriss. Nur
3i5
io8
KREIS RHEINBACH
Schioas ein Teil der Türme und der Umfassungsmauer ist erhalten, von den Gebäuden selbst
ist nichts mehr da. Die Breitseiten des rechteckigen Raumes sind nach Osten und
Westen, gegen die Höhen- und die Tiefenlinie gekehrt, die Schmalseiten entsprechen
den Schmalseiten der Stadt. Gegen Norden sind an den Ecken zwei Rundtürme
errichtet, beide etwa 12 m hoch, von rechtwinkeligen oder im Segmentbogen ge-
schlossenen Fenstern jüngeren Ursprungs durchbrochen, beide ohne Dach. Die nahezu
anderthalb Meter dicke Mauer, die sie verbindet, ist in ihren verschiedenen Teilen
verschieden hoch. Sie beginnt in gleicher Höhe mit dem Westturm und zeigt hier
mehrere Fenster und Thüren. In der Mitte hat sie unten eine rechteckige Verstärkung.
In der Nähe des höher gelegenen Westturmes fehlen bedeutende Teile.
Fig. 38. Münstereifel. Ansicht der Schlossruine von Norden.
Der Westturm enthält eine moderne Treppe, der Ostturm ein kuppelähnliches
Backsteingewölbe.
An der Bergseite ist die Mauer im Erdgeschoss volle 2 m stark, von etwa 10 m
Höhe an ist sie bedeutend schwächer. Die Begrenzung bildet zunächst die abge-
treppte Giebelmauer eines Gebäudes, das einst den nördlichen Teil des Mauerbereiches
einnahm. Es folgt in i9 m Entfernung ein runder Halbturm, gegen die Hofseite zu
flach abschliessend. In der Mauer führt eine steinerne Wendeltreppe empor. Das
neue Backsteingewölbe ist mit Benutzung von alten Resten hergestellt.
Jenseits dieses Halbturmes wendet sich die nach aussen gerundete Mauer einem
vierten Rundturme zu. Hier schliesst die Stadtmauer an.
Zwischen diesem Turme und den übrigen an der Südseite noch aufstehenden
Mauerresten, die wahrscheinlich ebenfalls einem Turme angehören, lag ursprünglich
das Burgthor, das einzige, das den Zugang in den ummauerten Bezirk gestattete.
Dem Zuge der Hauptmauer folgt in geringer Entfernung an der Nord- und
Ostseite jenseits des tiefen Burggrabens eine zweite niedrige Mauer. Auch an der
Stadtseite sind der Hauptmauer verschiedene schwächere Mauern, zum Teil als Stütz-
und Futtermauern vorgelegt. Hier auch ein runder und ein viereckiger Ausbau.
3i6
MÜNSTEREIFEL
io9
Zwischen dem dritten und vierten Turm ist in der Mauer ein Stein mit der
aus dem i5. oder 16. Jh. stammenden Inschrift: bisiri anno 95 eingefügt.
Ausser dem alten Burgweg führt gegenwärtig von der Erft direkt ein Weg zur
Ruine empor. Am Erftufer selbst ein von anderer Stelle hierher versetztes Rund-
"bogenthor mit Dreieckgiebel. Auf dem flachen Gebälk zwei Vasen, als deren Träge-
rinnen kleine weibliche Figuren mit den Beischriften lucrecia casta a. d. i59i und
lUDiTH PIA A. D. i59i erscheinen. In der Mitte eine Muschel mit Simson, der den
Löwen mit dem Eselskinnbacken erschlägt. Im Giebel das Jülich - Ravensbergische
Wappen mit der Inschrift: Wilhelm herzog von Jülich, ravensberg etc.
Schlosi
Tiin^^Jl
Jf'^^/tn^j:-!
Fig. 39. Münstereifel. Ansicht der Schlossruine von Westen.
STADTBEFESTIGUNG. Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel I,
S. 202. — V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden III, S. 4o. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 7oi.
Vermutlich entstand die erste Anlage schon am Ende des 1 3. Jh. in Verbindung
mit dem Schlossbau der Herzöge von Jülich.
Urkundliche Nachrichten über den Bau der Stadtbefestigung und den Anlass
dazu fehlen vollkommen. Es ist möglich, dass gleichzeitig mit der Gründung des
Bundes der ritterlichen Eifler (vgl. Zs. des Aachener Geschichtsvereins II, S. i7i),
der sich um i335 auf Anregung des Erzbischofs von Trier zur Abwehr räuberischer
Überfälle gebildet hatte, und aus denselben Gründen die Anlage einer grösseren regel-
rechten Stadtbefestigung als notwendig erschien. Den stilistischen und technischen
Merkmalen nach gehört die Ringmauer mit ihren Thoren und Türmen dem Anfange
Stadt-
befestigung
Geschichte
3i7
110
KREIS RHEINBACH
Stiidt-
be Festigung
^SeMßfm*umi^
t/o^mnrsfAor
^fi^mrta.ftaUH}m
r^-^? Y
Fig. 40. Münstcreifel. Plan der Sudt mit der Befestigung.
3l8
MÜNSTEREIFEL
II I
Stadt-
befestigung
des i4. Jh. an. Sie hatte namentlich in den Kriegswirren des i7. Jh. viel zu leiden.
Ebenso schlimm als diese aber hat die gänzliche Vernachlässigung gewirkt, der die
Mauer anheimgefallen ist. Einzelne Abschnitte der Ringmauer sind von den Adja-
centen in Besitz genommen. Wem das Eigentum der übrigen Teile zusteht, ob dem
Staate oder der Stadt, ist zur Zeit noch nicht festgestellt. Die Münstereifeler Be-
festigung ist von allen rheinischen Stadtummauerungen die besterhaltene. Die Be-
festigung von Zons übertrifft Münstereifel zwar an Regelmässigkeit und Geschlossenheit
der Anlage; während aber dort das Stadtbild durch neue Bauten wesentlich geschädigt
worden ist, ist das Stadtbild von Münstereifel das alte geblieben, nur an der Nord-
seite ist es durch den rohen Anbau des Schlachthauses wesentHch geschädigt worden.
Vor den übrigen Eifelstädten : Nideggen, Ahrweiler, Zülpich hat Münstereifel nicht
nur den grösseren Umfang der Enceinte, sondern auch eine reichere Einzelausbildung
voraus. Ganz einzigartig sind die hochinteressanten Sperrvorrichtungen an der Erft.
Die dauernde Erhaltung dieser wichtigen Gesamtanlage ist dringend zu wünschen;
eine gründliche Restauration wird schon seit Jahren geplant.
Die Stadtbefestigung von Münstereifel ist eine Anlage von im Wesentlichen ein- Beschreibung
heitlichem Charakter. Die Stadt wird von der Erft beiläufig in der Richtung von
Süden gegen Norden durchströmt, die Ringmauer folgt mit ihren Langseiten dem
Zuge des engen Thaies, mit den Schmalseiten übersetzt sie es. Den Stützpunkt der
ganzen Befestigung bildete das Schloss, ein imposanter Bau, der wahrscheinlich noch
etwas älter ist, als die Ringmauer mit ihren Türmen (s. oben). Nach Katzfey a. a. O.
S. 2o4 lag auf dem Gipfel des zweiten Quecken noch ein anderes, älteres Schloss,
das mit dem noch vorhandenen unterirdisch in Verbindung gestanden haben soll.
An die Schlossruine schliesst sich zu beiden Seiten die Ringmauer an, die in kurzen
Abständen durch Türme verstärkt war und auf der Innenseite einen Wehrgang
hatte. Sie setzt auch über die Erft und war ursprünglich nur von vier Thoren durch-
brochen : im Norden vom Wertherthor, im Osten vom Johannesthor und im Süden vom
Orchheimer und Heisterbacher Thor. Die Westseite hat gar kein Thor, dagegen wurde
an der Nordseite in neuerer Zeit die Mauer durch das Schlachthausthor durchbrochen.
Das Werther thor (Ansicht Fig. 4i u. Fig. 42), ein gothischer Bau aus dem
i4. Jh., besteht aus einem einfachen viereckigen Thorturme und zwei auf der Feld-
seite kräftig vortretenden Rundtürmen, die den eigentlichen Thorbau flankieren. Der
Thorturm selbst ist dreigeschossig; die Thorhalle, die in der äusseren Hälfte flach
gedeckt, nach innen zu in der Tonne gewölbt ist, öffnet sich nach aussen mit einem
doppelten Spitzbogen, zwischen dessen Teilen ein Fallgitter herabgelassen werden
konnte. Die Pfeiler sind mit schlichten Kämpfern versehen, im Bogenscheitel sitzen
einfache Wulste. Die drei oberen Geschosse empfangen ihr Licht durch drei über-
einander liegende Paare rechteckiger Fenster, von denen das untere erneuert scheint.
Auf der Innenseite erscheint über der einfachen, ebenfalls mit Pfeilerkämpfern und
einem Wulst im Scheitel des Spitzbogens ausgestatteten Thoröffnung zunächst eine
Reihe von Kragsteinen, darüber zwei rechteckige Sandsteinfenster, von denen das
eine vermauert ist, während das andere neu zu sein scheint. In der Mitte des zweiten
Obergeschosses eine rundbogige Nische mit einer kleinen Madonnenfigur und hoch
darüber ein Paar rechteckiger Sandsteinfenster. Unterhalb des Dachansatzes zieht
sich an der Aussen- und Innenseite ein auf Kragsteinen vortretender Kleeblattbogen-
fries, hinter dem an der Aussenseite noch die Reste zweier Gusslöcher zu erkennen
sind. Der Turm war vermutlich ursprünglich höher. Das nach einem Brande im
J. i892 erneuerte Satteldach hat nach beiden Seiten steile Walme.
Weitherthor
3i9
I 12
KREIS RHEINBACH
Stadt-
befestigung
Neben diesem Thorturm treten beiderseits niedrige, aber ausserordentlich massige
Rundtürme sehr kräftig aus der Mauerflucht heraus. Sie reichten nach Katzfey
a. a. O. S. 2o5 einst bis an das Gesims des Hauptturmes. Der Westturm, der eine
Fig. 41. Münsteieifel. Das Wertherthor, Feldseite.
Schiefsscharte aufweist, ist beträchtlich niedriger als der Ostturm; aber auch dieser
erhebt sich nur wenig über die Mauerhöhe. Er trägt — wohl zum Zeichen einer
Wiederherstellung — zwischen zwei Gesimsstücken einen Wa])penstein mit der In-
320
MONSTER Kl FKL
flJ
Stadt.
befeati|(ung
Flg. 42. Münstereifel. Die nördliche Stadtmauer mit dem Weriherthor.
Schrift 1629 CONSULE heinrico schon aw. — An der Innenseite sind die Türme durch
in Trümmern liegende Anbauten verdeckt.
Vom Wertherthor läuft die Ringmauer zuerst 12 m, dann 9 m hoch in östlicher
Richtung etwa 4o m weit bis an die Erft. In diesem Mauerteile sind zwei Reihen
von kreuzförmigen Scliiefsscharten übereinander angebracht. An der Innenseite liegt
auf runden Bogen der Wehrgang.
An der nordöstlichen Ecke, wo die Mauer auf die Erft trifft, ist sie durch einen
massigen, abgerundeten Eckturm (Fijg. 43) verstärkt, der durch einen über Eck ge-
stellten Strebepfeiler gestützt wird.
>-..-i- *
Fi^. 43. Münstereirel. Nordöstlicher Eckturm der Sudtbefestigung.
321
Ii4
kkEIS RHEINßACH
Krfiübertetsung
St« dl- Von hier aus zieht die Mauer, etwa 9 m hoch, in südlicher Richtung sich aJl-
iffunff jjjj^j^jj^sj^ yQjj^ Flussufer entfernend etwa 5o m weiter. Es folgt sodann ein etwa 6 m
breiter, 2 m aus der Mauer tretender eckiger Turm, der mit Schlüsselscharten zur
Front- und Flankenbestreichung versehen ist. Die Mauer geht in der gleichen
Richtung noch etwa 3o m weiter, bis sie wieder auf die Erft trifft, die hier einen
kräftigen Bug macht. Die Mauer wendet sich scharf auf sie zu und übersetzt den
Fluss mittels zweier paralleler Bogen (Fig. 44), die durch ein Fallgitter geschlossen
werden konnten (die Fallschlitze sind noch vorhanden). Über den Bogen steigt das
auf der Feldseite mit zwei Gussnasen versehene, an der Innenseite von einem Fenster
durchbrochene Mauerwerk etwa 10 m in die Höhe.
Jenseits der Erft folgt die Mauer dem Berghange zum Schlosse hinauf. Auf
eine Entfernung von etwa 45 m fehlt hier das aufgehende Mauerwerk ganz; welch^
Richtung es an dieser Stelle
^^sr^T^—^'-^'Tc—^.r-^^^r - , eingenommen hat, ist nicht
'^^ ' ~ -^ mehr mit Sicherheit zu er-
mitteln. Vor dem Schlosse
ist sie noch auf eine Ent-
fernung von etwa 22 m sicht-
bar; sie trifft hier auf einen
von der Bergseite kommen-
den Graben.
Südlich von der Schloss-
ruine läuft die Mauer in
einer Höhe von etwa 6 m
zunächst etwa 23 m in süd-
westlicher Richtung weiter,
wendet sich dann nach einer
zweimaligen gegen innen ge-
kehrten Brechung in einem
Winkel von etwa 100® süd-
östlich ungefähr 3o m berg-
aufwärts. Die Schieisscharten sind hier ebenfalls in zwei Reihen übereinander an-
geordnet; sie haben Schlitzform und zeigen abgeschrägte Gewände.
Die Mauer biegt nun abermals im rechten Winkel um. Ganz nahe der Bre-
chung ein sehr massiver Rundturm mit einer Luke zur Bestreichung des Grabens
und mit zahlreichen Schiefsscharten und Luken gegen die Stadt zu. Den Zugang
von innen gewährt eine rechtwinkelige Thüre.
Nun steigt die Mauer, die hier an 12 m hoch ist, wieder etwa 75 m lang all-
mählich die Berglehne herab. Die Scharten sind hier kreuzförmig,
johunnisthor Das Johannisthor (Fig. 45), das nunmehr folgt, ist ein einfacher gothischer
Thorturm von ganz schlichten Formen. Die Thorhalle ist in der Tonne gewölbt,
zu beiden Seiten sind Blenden mit Luken angebracht. Nach aussen wie nach innen
öffnet sie sich im Spitzbogen, gegen die Feldseite zu ist die Einrichtung für das
Fallgitter noch vorhanden. Die Fenster sind nicht sehr regelmässig verteilt. An der
Aussenseite liegen über dem Bogen zwei, von denen das eine eine gewaltsame Er-
weiterung erfahren hat. Unmittelbar unter dem neuen, nach beiden Seiten abge-
walmten Schieferdach sind dann noch zwei rechteckige Öffnungen und zwischen
ihnen zwei Kragsteine mit einer dritten Öffnung sichtbar, die wohl einem Gusserker
Fig. 44. Mttnstereifel. Erftttberseitung.
322
MÜNSTEREIFEL
llS
angehörten. Darüber noch ein schmaler Spalt. An der Nordseite sind ebenfalls Stadt-
einige Öffnungen und die Reste einer Pechnase zu erkennen. Auf der Stadtseite ' » »gung
sind über dem Thorbogen die Überbleibsel eines hölzernen Wehrganges sichtbar.
Darüber ist die Mauer von einem rechteckigen Fenster durchbrochen. Zwei andere,
ebenso wie dieses, in Haustein gefasste Fenster haben einen an der Oberseite giebel-
förmigen Sturz. Ganz oben noch eine kleine Öffnung. Das Thor ist im J. i873 mit einer
Unterstützung der Provinzialverwaltung von 75o Mk. restauriert worden.
Vom Johannisthor an zieht die Mauer zunächst reichlich 5o m in südwestlicher
Richtung weiter. Auch auf dieser Strecke ist sie mit zahlreichen Luken versehen.
Der nächste Turm, der Gymnasialturm, ist rechteckig. Hier sind auch noch die Gymna$iaiturm
Innenseiten erhalten; das Dach ist vor einigen Jahren eingestürzt.
Die Mauer verändert
ihre Richtung nun ein wenig
gegen Osten und zieht in
gerader Linie, sich langsam
nach abwärts senkend, bis
an die südliche Ecke fort.
In der Entfernung von etwa
125 m ist ihr Verlauf durch
einen rechteckig heraustre-
tenden Turm unterbrochen.
Dieser ist an der Aussen-
seite wie an der Innenseite
wohl erhalten, die Fenster
haben zum Teil giebelför-
migen Sturz. Die Schiefs-
scharten, zumeist schlüssel-
lochförmig, sind sehr zahl-
reich angebracht. Das Dach
fehlt auch hier. Jenseits
des südlichen, auf rundem
Grundriss errichteten Eck-
turms wendet sich die Mauer,
stumpfwinkelig umbiegend ,
Orchheimer Thor, einen
Fig. 49. Münstereifel. Johunnuthor.
gegen die Thalsohle und erreicht nach 60 m das
ganz einfachen gothischen Turm (Fig. 46). Er besteht Orchheimer Thor
der Hauptsache nach aus Bruchstein, nur die Ecken sind durch zum Teil leicht mit
flachen Ornamenten geschmückte Sandsteinblöcke verstärkt. Die tonnenförmig über-
wölbte Thorhalle öffnet sich gegen die Stadt zu in einem spitzen Bogen mit abge-
fasten Kanten, zu dessen rechter Seite ein (jetzt vermauertes) Fenster angebracht
ist. Die äussere Thoröffhung ist rundbogig, die Thorpfeiler sind mit einfachen
Kämpfern versehen. Die beiden Obergeschosse empfangen sowohl auf der Stadt-,
wie auf der Feldseite ihr Licht durch je zwei übereinanderliegende Paare rechteckiger
Fenster. Im Inneren sind die Obergeschosse flach gedeckt.
Vom Orchheimerthor an steigt die Mauer etwa 33 m in nordwestlicher Rich-
tung. Sie ruht hier auf flachen, ganz am Boden beginnenden Bögen und ist in regel-
mässigen Abständen mit kreuzfönnigen Schiefsscharten versehen. Die Höhe ist etwa 7 m.
Der erste rechteckige Turm nordwestlich des Orchheimerthores hat nur 4 — 5 m
Höhe und ist auch sonst in schlechtem Zustande. Auch die Mauer, die von hier
323
ii6
KREIS RHElNBAck
Stndt-
befestigung
Erftübersetxung
HeisterbMcher
Thor
^^ ^
bis zur Erft etwa i4o m lang in einem ganz schwach konvex gekrümmten Bogen läuft,
ist hier nur sehr schlecht erhalten. Die beiden rechteckigen Türme, die auf dieser
Strecke in ziemlich gleichen Abständen angeordnet sind, zeigen ebenfalls sehr grosse
Schäden. Von dem der Erft zunächst gelegenen stehen nur noch die beiden Breitmauern.
Die Stelle, an der die Erft in den Mauerbereich eintritt, musste besonders ge-
sichert werden. Es geschah dies auch hier durch eine Übersetzung auf zwei aus
Haustein sorgfältig gearbeiteten Doppelbogen, die in der Mitte auf einem Pfeiler
ruhten. Zwischen ihnen konnte ein Fallthor herabgelassen werden; die Fallschlitze,
in denen sich das Gitter bewegte, sind noch vorhanden. Über die beiden Bogen
lief der Wehrgang hinweg.
^ Etwa 20 m nordwest-
lich der Er fl Übersetzung liegt
das Heisterbacher Thor,
ebenfalls ein einfacher, gothi-
scher Bruchsteinturm, mit
Hausteinverklammerüng an
den Ecken ( Fig. 47). Das Dach
fehlt. Die Thorhalle öffnet
sich nach der Feldseite mit
einem doppelten Spitzbogen,
über dem ehemals ein Fall-
gilter angebracht war. Die
Kämpfer sind mit frühgothi-
schem, leicht hingestreuten
Blattwerk verziert, — die ein-
zige eigentliche Kunstform
an der ganzen, weitläufigen
Befestigung. Der Schlufsstein
des Bogens war, wie es
scheint, mit einem Wappen
— vielleicht einem nach
rechts springenden Löwen
(Jülich?) — geschmückt. Das erste Obergeschoss zeigt zwei vermauerte Fenster, im
zweiten ist ebenfalls ein Fenster angebracht.
Nach der Stadtseite zu öffnet sich die von einem (jetzt zerrissenen) Tonnen-
gewölbe überspannte Thorhalle ebenfalls im Spitzbogen. In der Thorhalle zwei von
Segmentbögen geschlossene Nischen. Über dem inneren Bogen sind noch die Reste
des hölzernen Wehrganges wahrzunehmen. Darüber ein rechteckiges Fenster.
Die Mauer, die hier teils von Kreuz-, teils von Schlüsselscharten durchbrochen
ist, steigt nun wieder auf eine Strecke von etwa 5o m die Berglehne empor. Die
westliche Ecke ist durch einen Rundturm geschützt (Fig. 47).
An der Nordwestseite der Stadt ist die stellenweise prächtig bewachsene Mauer,
die im Zickzack beginnt, dann aber bis an den Schlachthausturm — eine Strecke von
nahezu 4oo m — in ziemlich gerader Linie läuft, nur an zwei Stellen von recht-
eckigen Türmen unterbrochen. Ein tiefer und sehr breiter Graben begleitet sie. Von
dem nördlichen der beiden Türme steht nur noch die Innenmauer, an der noch
Spuren einer Balkendecke sichtbar sind. Die Schiefescharten liegen an diesem etwa
7 m hohen Teil der Mauer in zwei Reihen übereinander.
Fig.[46. Münstereifel. Stadtbefestigung. Orchheimer Thor.
324
MÜNSTEREIFEL
ll7
Der nördliche Turm, seit der Erbauung des neuen Schlachthauses Schlacht-
hausturm genannt, zeigt an der Aussenseite einen von oben bis unten reichenden
Riss. Nach innen zu ist er eckig geschlossen. Das Untergeschoss dient als Stall, im
Obergeschoss sind grosse, spitzbogige Fenster angebracht. Auch der Rest eines
Kamines ist noch zu erkennen.
Östlich des Schlachthausturmes wendet sich die Mauer, die hier durch ein
neues Thor, das Schlachthausthor durchbrochen wird, in östlicher Richtung gegen
das Wertherthor zurück. Die nahezu geradlinige Strecke misst etwa i55 m. Die
beiden rechteckigen Türme, die in ziemlich gleichen Abständen aus der hier 7 — 8 m
hohen Mauer treten, sind mit Scharten versehen. In der Mauer selbst sind in ziemlich
regelmässigen Abständen etwa von 9 zu 9 m Schiefsscharten angeordnet.
.^^
r
Fig. 47. Münttereifel Heitterbucher Thor
Stndt.
befestigiing
SchlaclithpuS'
türm
EHEMALIGES RATHAUS (Fig. 48). Katzfey, Geschichte der Stadt Ehem.i.
Münstereifel I, S. 2o4. R«ih.u.
Über den Bau des Rathauses fehlen alle urkundlichen Nachrichten. Nach den Geschichte
Architekturformen ist es im i5. Jh. aufgeführt worden. Um das J. 1620 hatte es von loth-
nngischen Truppen arge Missbill erfahren (Scheins, Urkundliche Beiträge zur Geschichte
der Stadt Münstereifel I, S. 1 96 : . . . von denn Lothringer über die mass schandtlich
dehonestiertcn, ne dicam devastiertenn rathshauss). Im J. i685 erwiess sich die
Restauration des Daches als notwendig (Scheins a. a. O. S. 457). Damals oder nicht
viel später dürfte der rechte Flügel des Gebäudes seinen Fachwerkoberbau und das
gebrochene Dach bekommen haben. Im J. 1821 wurde das Rathaus bei einer öffent-
lichen Versteigerung von der Familie Hendrichs erworben. Der gegenwärtige Eigen-
tümer ist Herr Everhard Hendrichs.
Malerischer, sich der Biegung der Strasse anschmiegender Bau. Die architek- Beschreibung
tonischen Gliederungen und Zierstücke, Thüren und Fenster sind aus Sandstein, alles
übrige ist Bruchstein und verputzt.
Das Gebäude besteht aus zwei nahezu senkrecht aufeinanderstossenden Flügeln.
Der linke, dessen Giebel der Strasse zugewendet ist, zeigt ausser dem Erdgeschoss
noch zwei Obergeschosse. Er ist dreiachsig. In der Mittelachse liegt das runbogige,
spätgothisch profilierte Portal, das nach Katzfey a. a. O. I, S. 2o4 im J. 162? errichtet
325
ii8
KREIS RHEINBACH
Ehemal.
R a t h au •
wurde; wahrscheinlich nimmt es die Stelle eines älteren kleineren Portals ein. Dar-
über in spätgothischer, teilweise zerstörter Umrahmung das jülich-bergische und das
städtische Wappen (Fig. 3o). Wie das Hauptportal, so ist auch die links davon
liegende kleine rundbogige Thüröffnung und das grosse rechteckige, durch einen
senkrechten und einen wagerechten Balken geteilte Fenster zu seiner Rechten gegen-
wärtig vermauert; desgleichen die unteren Hälften der ebenso gestalteten Fenster des
Hauptgeschosses. Das oberste Geschoss zählt nur zwei kleine rechteckige Fenster ohne
IJJL
i
I
Fig. 48. Münstereifel. Das ehemalige Rathaus mit der Karmelitessenkirche.
Teilung. Im Giebel darüber eine Aufzugwinde. Das sattelförmige Dach ist mit
Schiefer gedeckt.
Der rechte Flügel des Gebäudes, der auch nach der Giebelseite teilweise frei-
liegt, zählt wie der linke drei Achsen und drei Geschosse. Das Erdgeschoss war
ursprünglich ganz geöffnet: von den drei spitzbogigen Thoren, deren Bogen auf
achteckigen Pfeilern ruhen, führte das erste und grösste in den Hofraum, die beiden
anderen, die jetzt teilweise vermauert sind, in die untere Halle. Das obere Geschoss
hat in der Mitte eine grosse Thür mit spätgothischer Stabeinfassung; sie öffnete sich
3-6
MÜNSTEREIFEL
Il9
Ehemal.
R« thnus
Inneres
Künstlerische
Würdigung
wahrscheinlich ursprünglich auf einen Balkon. Unmittelbar darüber ist ein grosses, vertikal
geteiltes Fenster angebracht. Links und rechts ebenfalls grosse Fenster mit vertikaler
und horizontaler Teilung. Zwischen den Fenstern sind die in flachem Relief gearbei-
teten Gestalten eines Scepterträgers und eines Standartenträgers wahrzunehmen. Dar-
über zwei Löwen mit dem jülich-bergischen Wappen. Das dritte Geschoss öffnet
sich mit drei rechteckigen, ungeteilten Fenstern, zwischen denen die Wappen der
Stadt und der Weberzunft erscheinen. Das gebrochene Dach ist mit Schiefer gedeckt.
Nach der in den Hof führenden Durchfahrt zu öffnete sich das Erdgeschoss
beiderseits in grossen senkrecht und wagerecht geteilten Fenstern, im Obergeschoss
sind auch gegen den Hof zu nur kleinere rechteckige Fenster angebracht. Auch
diese Öffiiungen sind grösstenteils vermauert.
Auf der der Karmelitessenkirche zugewendeten Giebelseite zeigt das Erdgeschoss,
der Fagade entsprechend, eine grosse spitzbogige Öffnung, das erste Geschoss ein ge-
teiltes, das zweite ein ungeteiltes rechteckiges Fenster. Der Giebel selbst ist aus
Fach werk.
Das Innere enthält gegenwärtig grosse Speicherräume. Das Erdgeschoss war —
wenigstens zum Teil — als offene Halle ausgebildet. Katzfey a. a. O. I, S. 2o4 sah
in einem der Räume des ersten Stockes ein Wappenschild mit einer Krone, den
Buchslaben C. L. und der Jahreszahl i55i. Gegenwärtig sind nur noch spärliche Reste
eines Kamins erhalten.
Unter den wenigen gothischen Rathäusern, die der Niederrhein noch besitzt,
wäre das Münstereifler eines der ansprechendsten, wenn es nicht trauriger Ver-
nachlässigung und Misshandlung anheimgefallen wäre. Sehr reizvoll mag die offene
Vorhalle des rechten Flügels gewesen sein; aber auch die Fa^ade hatte sicher eine
gute Wirkung, von der jetzt, da fast alle Öffnungen vermauert sind, freilich nicht viel
wahrzunehmen ist. Es bleibt ausserordentlich bedauerlich, dass die Stadtgemeinde
sich entschlossen hat, die Stätte, an der durch mehr als drei Jahrhunderte die frei-
gewählte Obrigkeit ihres Amtes gewaltet hat, zu verlassen und das Gebäude dem
sicheren Untergange preiszugeben.
PRIVAT HAUS ER. Katzfey a. a. O. I, S. 2o4.
Die Stadt, die sich nur sehr langsam entwickelt, hat sich in ihrem Äusseren
noch ziemlich das Gepräge des Alten bewahrt. Häuser aus dem i7. und 18. Jh. giebt
es sehr viele; besonders bemerkenswert aber erscheint das in seinem Kerne roma-
nische Haus, Lange Heck Nr. 49, das wohl dem Ausgange des 12. Jli. angehört.
Es hat im Laufe der Jahrhunderte so mannigfache Veränderungen erlitten, dass die
romanischen Architekturteile zum Teile nur noch von innen zu erkennen sind. Es ist
aus Bruchstein erbaut und besteht aus einem Erd- und einem Obergeschoss. Die
Giebel des sattelförmigen Daches sind nach Norden und Süden gekehrt.
An der Nordseite sind nur zwei grosse, sorgfältig gemauerte Tuffsteinbogen zu
erkennen, die ohne Zweifel von Doppelfenstern herrühren. An der Südseite hingegen,
an der auch das romanische Steingesims noch wohl erhalten ist, zeigen sich im Giebel,
vom Speicher aus gesehen, zwei ebenfalls vermauerte Doppelfenster und über ihnen
in der Giebelspitze ein drittes, dessen Mittelstück ausgebrochen ist.
Unterhalb dieser Fenster im oberen Geschosse ein ähnliches Doppelfenster.
Im Erdgeschosse die Reste eines romanischen Steinkamins.
Von spätgothischen Häusern sei nur der Stein feld er Hof genannt, in den Stcinfeider Hof
ersten Jahrzehnten des 16. Jh. von dem Steinfelder Abt Johann von Ahrweiler ,pro
fructibus nostris reponendis* erbaut. Ein dreigeschossiger Bruchsteinbau mit steilem
Privathauser
Roman. Kau«
327
I20
KREIS KHEINBACH
PriYnthäuser Gicbcl all der Strassenseite und rechteckigen, horizontal geteilten Hausteinfenstem.
Im Giebel das Steinfelder Wappen und die Jahreszahl i7i3.
Häuser Häuser des i7. und i8. Jh.: Entenmarkt Nr. 242. Dreigeschossiges Fach-
det 17. u. 18. Jh. werkhaus mit vorhängendem Obergeschoss. An dem zierlich geschnitzten Thürsturz
die Inschrift: anno domini i6o8. Christian komer, elisa uxor.
Fig. 49. Münstereifel. Haut in der Orchheimerstr. Nr. 13.
In der Nähe des Johannisthores das ehemalige Wohnhaus des Leutpriesters
mit folgender Inschrift auf dem Thürsturz: .
eX CensV VVLgI pLebanI nVper aD VsVs,
ConsVLe sChoenaVIo, DenVo strVCta fVI.
A. 16 19. Dann das Wappen und: mr. tum. zymer.
328
NEÜKIRCHEN A. D. SÜRST 121
Im Innern des. Hauses ein Zimmer mit reicher Stuckverzierung an Decke und Privathäuser
Wänden. An einem sehr massiven Kamin die J. 1620.
Haus in der Orchheimerstrasse Nr. 12 (Fig. 49). Fachwerkbau aas dem An-
fang des i7. Jh. mit schwach vortretenden Obergeschossen, deren Gesimse ein sehr
reiches Profil aufweisen, und hohem Giebel. Der erste Stock zeigt sechs Fenster
nebeneinander, die auf Maskenkonsolen aus Holz vortreten. Die Felder zwischen
diesen, die Fensterbänke und die senkrechten Zwischenpfosten ebenfalls geschnitzt.
Unterhalb des ersten Stockwerks zwei doppelfenstrige Erker mit Pultdächern und reich
geschnitzten Pfosten und Füllungen.
Ähnlich, nur einfacher, Haus Nr. 5o in der Orchheimerstrasse. Am Erker die
Worte: si deus pro nobis, quis contra nos? romanorum 8 (Römerbrief 8, V. 3i).
Gemäldesammlung. Der Religionslehrer des Gymnasiums, Herr Dr. Scholl, demaide-
besitzt eine kleine Sammlung guter Gemälde, meist deutschen und niederländischen »''"•" ""«
Ursprungs. Zu nennen sind etwa:
Madonna, unter einem Baume in reicher Landschaft sitzend, Holz, 39 X 29 cm,
angeblich Palinier,
Triptychon mit der Anbetung der heiligen drei Könige, links Verkündigung,
rechts Anbetung der Hirten, von einem italienisierenden Niederländer des 16. Jh.
Der h. Hieronymus, am Schreibpult sitzend, mit der Inschrift: siVE comedo,
SIVE BIBO, SEMPER DULCISSIMI HAEC VOX SONAT IN AURIBUS MEIS. SURGITE VOS,
MORTUI ET VENITE AD lUDiciUM. i5o5; niederdeutsch, jüngere Kopie.
Christuskopf, Holz, bez. anno 1628 c. d. w. {Wedige?).
Die h. Agnes, Halbfigur, italienisch, in der Art des Guercino.
NEUKIRCHEN a. d Sürst.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Margarethae). Binterim u. Knthoi.
Mooren, E. K. L, S.4o8.— Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i.Abt, i.Abschn. p^""''»"»^«
S. 3i3. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 589.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Kirchenbuch, begonnen i673. Darin
Urkunden über die Neubelebung der Bruderschaft S. Margarethae, Visitationsprotokolle
von i684 und i695, Bericht über die i673 geschehene Plünderung von Dorf und
Kirche. — Rentenbuch von i787. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Es scheint, dass jenes Neukirchen, das der liber valoris verzeichnet (Binterim Ceschiciue
u. Mooren, E. K. I, S. 386), Neukirchen an der Sürst ist. Nach dem liber coUa-
torum des 1 5. Jh. besetzte die Abtei Heisterbach die Pfarrstelle (Binterim u. Mooren
a. a. O. S. 552). Dieses Verhältnis blieb bis zur Säkularisation bestehen (Dumont,
Descriptio S. i7). Die jetzt noch bestehende Kirche wurde im J. i787 vollendet.
Einschiffiger Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und polygonalem Chor- Beschreibung
schluss. Die Länge beträgt im Lichten 21, 75 m, die Breite 7,6o m.
Der vier Geschosse zählende West türm ist nur im Untergeschosse verputzt. Im
ersten und zweiten Stockwerk sind lediglich Lichtspalten angebracht, in der Höhe des
Glockengeschosses sind die Mauern jederseits von einem Korbbogenfenster durchbrochen.
An der Südseite in Eisenankern die Jahreszahl i787. Der achtseitige Helm ist geschiefert.
Die Langmauem haben je drei mit flachen Bogen geschlossene Fenster. Die
Südmauer ist durch einfache Strebepfeiler abgestützt. Der eingezogene Chor schliesst
mit drei Seiten des Achtecks ab. Die Sakristei ist in der Längenachse angebaut.
Das Innere ist flach gedeckt.
329
122
KREIS RHEINBACH
Knthol.
Pfarrkirche
Taufstein
Glocke
Y«uf:ftein aus
Queckenberg
Von der Ausstattung sind nur zu nennen: Tauf stein, 52 cm hoch, aus Basalt-
lava, wahrscheinlich romanisch. Er hat die Form eines sich nach oben ganz wenig
erweiternden Cylinders. An der Vorderseite in einer rundbogenförmigen Vertiefung
ein Kreuz in schwachem Relief.
Von den Glocken ist nur eine alt. Sie stammt wohl aus dem i4. Jh., hat
jedoch keine Inschrift.
Ein zweiter, ebenfalls romanischer Taufstein, der lange Jahre in Quecken-
berg auf dem Friedhofe hinter einer Hecke lag, ist im J. i897 nach Neukirchen ge-
bracht und im Pfarrgarten aufgestellt worden. Das an den sechs Ecken mit Kapitalen
von primitiver Form verzierte Becken ruht auf einer runden, mit vier Eckklauen
versehenen Basis. Der Beckendurchmesser ist i,io m.
NEUKIRCHEN a. d Swist
Kathoi.
Pfarrkirche
Geschichte
Beschreibung
Inneres
Hochaltar
Grabsteine
K AT H O L IS C H E P F A R R K I R C H E (s. t. SS. Laurentii et Rochi). Schann at-
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 287. — Katzfey, Geschichte der
Stadt Münstereifel II, S. i42. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. io7.
Im J. 1222 überliess das Kölner Kunibertstift dem miles Gisilbertus seinen
Zehnten in Neukirchen (Katzfey a. a. O. S. i42). In kirchlicher Beziehung gehörte
Neukirchen ursprünglich als Filiale zu Heimerzheim; erst im i7.Jh. wurde es zur
selbständigen Pfarre erhoben. Damals wurde — mit Benutzung des spätgothischen
Chores des älteren Baues — wahrscheinlich auch die Kirche erbaut; doch rührte der
namentlich an der Nord- und Westseite reichlich vorkommende Tuff' wohl von einem
romanischen Baue her. Das Patronat hatte bis zur Säkularisation das S. Kunibert-
stift (DuMONT, Descriptio S. i7). Der Sitz der Pfarre wurde im J. i896 nach Müggen-
hausen verlegt und die alte Pfarrkirche im darauffolgenden Jahre abgebrochen.
Es war ein einschiffiger, aus Tuff*, Bruch- und Backstein aufgeführter, ver-
putzter Bau, im Lichten i6,95 m lang, 8,7o m breit.
Das Langhaus, zu dem von Westen eine kleine Vorhalle führte, lag unter
einem geschieferten Satteldach, das am Westgiebel einen viereckigen, achteckig endi-
genden Dachreiter trug. Die Langhausmauem waren von je drei grossen Rundbogen-
fenstem durchbrochen. Der eingezogene Chor schloss mit drei Seiten des Achtecks
ab. Die Sakristei war in der Längsachse angebaut.
Das Innere des Schiffes stellte sich als flachgedeckter Saal dar. Durch einen
Rundbogen, der auf den einfach profilierten Kämpfern zweier Wandpfeiler ruhte, ge-
langte man in den von einem sechsteiligen Gewölbe überspannten Chor. Die Rippen
gingen von polygonalen Konsolen aus. An der Nordseite war eine tiefe im Segment-
bogen geschlossene Nische angebracht. — Die Sakristei war in der Tonne gewölbt.
Hochaltar, i8. Jh.
Grabsteine des 1625 verstorbenen Rentmeisters Petrus Engel und seiner i636
verstorbenen Frau Elisabeth, femer der i64. verstorbenen Gertrudis Cobirger, sowie
mehrere andere aus dem i7. und 18. Jh.
Das Grabmal eines im J. 1600 verstorbenen Ritters und die Glocken sind nach
Müggenhausen übertragen worden (s. oben S. 83).
33o
NIEDERDREES
NIEDERKASTENHOLZ
123
NIEDERDREES.
KATHOLISCHE KAPELLE(s.t.s. AntoniiEremitae). Schannat-Baersch, K.thoi.
Eiflia illustrata HI, i. Abt , i. Abschn. S. 3o4. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius ***'
3. Abt. XIII, S. 78. — - Ders., Kant. Rheinbach S. 36.
Handschriftl. Qu. Im Rektoratsarchiv: Buch der Bruderschaft vom
h. Antonius, begonnen i66i. Darin Stiftungsurkunde von i443. — Bruderschaftsbuch,
1 9. Jh., darin Materialien zu einer Chronik der Kapelle, der Antoniusbruderschaft
und von Niederdrees; danmter Series vicariorum von l696 an, Schöffen weistum von
Miel i552 und Niederdrees. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Wahrscheinlich bestand hier bereits im J. i427 eine Kapelle (vgl. die Inschrift Ge«chichie
der Glocke). Sie gehörte seit jeher zur Pfarre Oberdrees, ist jedoch in der Designatio
pastoratuum vom J. i676 nicht angeführt (vgl. Binterim u. Mooren, E. K. II, S. 2i9
unter Oberdrees). Im J. i77i ist der noch gegenwärtig bestehende Neubau aufge-
führt worden.
Einschiffiger, unverputzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und poly- Beschreibung
gonalem Chor. Länge im Lichten i7,4S m, Breite 4,75 m.
Der Westturm, der jeder Gliederung entbehrt, trägt in Eisenankern die In-
schrift: anno i77i; er endigt in einen achtseitigen geschieferten Helm. Das Lang-
haus, das unter einem geschieferten Satteldache liegt, hat auf beiden Seiten grosse
rundbogige Fenster. Zwischen dem ersten und zweiten Fenster der Südseite ein
Strebepfeiler aus Backstein. Der Chor besteht aus einem viereckigen Joche, das mit
drei Seiten des Achtecks abschliesst.
Das Innere des Schiffes ist flach gedeckt. Der Chor, der durch einen Rund-
bogen vom Schiffe getrennt ist, schliesst innen halbkreisförmig ab. Das rechteckige
Joch ist von einer Tonne, die Apsis von einem hölzernen Gewölbe, dessen Rippen
auf viereckige Konsolen auflaufen, überspannt.
Glocke vom J. i427 mit der Inschrift: ave maria, gracia plena, dominus ciocke
TECUM. ANNO DOMINI MCCCCXXVII.
NIEDERKASTENHOLZ.
Römische
Funde
RÖMISCHE FUNDE. Der Inhalt eines zwischen Flamersheim und Nieder-
kastenholz aufgedeckten römischen Grabes befindet sich im Bonner Provinzialmuseum
(Nr. 7564 — 7576). Nahe der Kapelle sind wiederholt römische Mauerreste zu Tage
getreten.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Laurentii). Schannat-Baersch, Eiflia K«ih. Kapeiie
illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 256. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius
3. Abt. XIII, S. 27. — Ders., Kant. Rheinbach S. i5.
Handschriftl. Qu. Im Besitze von Frl. Agnes Fritz: Schelfen- und Erif- und
Gerichtsboich zu Oberkastenholz, i568 — 1632. — Vgl. Tille, Übersicht.
Das älteste Dokument für die nachrömische Geschichte des Ortes ist das kleine
Gotteshaus, ein Bau, der um das J. iioo errichtet worden sein dürfte. Im i7. Jh.
wurden die Fenster verändert und vergrössert, wahrscheinlich wurden damals auch
die Fenster im Obergaden geschlossen und ein gemeinsames Schleppdach über den
drei Schiffen errichtet. Die Kirche, wie der Ort unterstand der Abtei Komelimünster,
die hier eine Propstei besass (s. unten).
Geschichte
33i
124
KREIS RHEINBACH
Kath. Kapell
Beschreibung
Inneres
Sakriiments«
schrein
Grabstein
Burg
Geschichte
Beschreibung
Flachgedeckte, romanische Pfeilerbasilika mit quadratischem Chor. Die Länge
beträgt im Lichten i3,9o m, die Breite 7, 20 m.
Äusserlich erscheint das kleine Gotteshaus, das aus Bruchstein aufgeführt und
verputzt ist, zunächst wie ein Bau des i7. Jh. Über dem Westgiebel des abgewalmten
Schleppdaches erhebt sich ein kleiner, an der ganzen Oberfläche geschieferter Dach-
reiter, der in eine achtseitige Pyramide endigt. Er gehört wohl dem 18. Jh. an. An
der Südseite liegt eine aus Fachwerk und Backsteinen bestehende, flachgedeckte Vor-
halle. Die südliche Langmauer zeigt zwei Fenster; das erste, im Segmentbogen ge-
schlossen, trägt die Inschrift anno i669, das zweite ist, wie auch das Südfenster des
Chores, rundbogig; diese beiden haben spätgothische Nasen und die Inschrift: anno
1681. Die Ostmauer des Chores hat keine Durchbrechung; das an der Nordseite
angebrachte Fenster ist kleeblattbogenförmig. Die Langhausfenster sind hier segment-
bogenförmig geschlossen. Der quadratische Chor ist schmäler und niedriger als das
Langhaus und liegt unter einem besonderen, gleichfalls geschieferten Satteldache.
Im Inneren ist der Charakter der Basilika noch nahezu unversehrt erhalten.
Der Obergaden ruht jederseits auf zwei schlichten, rechteckigen Pfeilern ohne Sockel,
dagegen mit ganz herumgeführten, im Profil einfachen Gesimsen. Die Scheidbögen
sind halbkreisförmig, die flachen Decken der drei Schiffe ruhen auf offenen Unter-
zügen. Die kleinen Rundbogenfenster im Hoch werk sind durch Bretter geschlossen,
die der Seitenschiffe sind im 1 7. Jh. umgestaltet worden (s. oben). Das quadratische .
Chorjoch, das sich mit einem runden Triumphbogen gegen das Schiff" öffnet, ist von
einem spitzen Tonnengewölbe überspannt.
Die Altäre sind Durchschnittsarbeiten des 18. Jh.
Im Chor an der Evangelienseite, in einer besonderen Vormauerung, ein spät-
gothischer Sakramentsschrein. Die eng vergitterte Thüröflhung hat eine Stabum-
rahmung. Den Abschluss bildet ein dreieckiger, mit einer Nase gefüllter Giebel,
der von einem Kreuze gekrönt wird. Zu beiden Seiten kleinere Kreuze. Leider
ganz überschmiert.
Eine zweite rechteckige Nische, mit gleichfalls spätgothischem Durchsteckgitter
ebenfalls an der Nordseite.
In der Vorhalle Grabstein der im J. i76i verstorbenen Maria Heytgens.
Ebendaselbst vermauert und fast bis zur Unkenntlichkeit verschmiert ein Wappen-
stein mit zwei vertieften Skulpturen (Formen?), die ganze Figur eines Ritters und das
Brustbild einer Frau.
Die Glocken sind neu.
BURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 2 56. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 2 7. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. i5. — Graf Mirbach in der Zs. d. Aachener Geschichtsver. XI, S. 11 4.
Im J. 1287 wird urkundlich ein Walther von Kastenholz genannt (Lacomblet,
ÜB. II, Nr. 83o). Später besass die Abtei Komelimünster hier eine Propstei. Doch
stammen deren Gebäude erst aus dem i7. und 18. Jh. (vgl. unten die Inschriften).
Im J. 180 7 wurden die Gebäude von der französischen Do man enven^'altung verkauft.
Die in raschem Wechsel einander folgenden Besitzer waren Müller und von Vinckc,
Schiffer und Schenk. Jm J. i847 erwarb die Familie Viltz das Gut. Die gegenwär-
tige Eigentümerin ist Frau Witwe Viltz.
Regelmässige, auf rechteckigem Grundriss errichtete und ganz von Weihern um-
zogene Anlage. Das Material ist Bruchstein.
332
onERDREES
125
An der Strassenseite liegt das ehemals über eine Zugbrücke zugängliche Portal,
ein Rundbogen aus Haustein mit rechteckiger Umrahmung und flachem Gebälk.
Darüber ein rechteckiger Stein mit dem Wappen des Abtes Heinrich Franz v. Frie-
mersdorf genannt Pützfeld und der Inschrift 1 648 UNi trinoque.
An das Portal schliesst sich zur Rechten ein kleines zweigeschossiges Gebäude
mit rechteckigen hölzernen Fenstern und geschiefertem Mansardendach. In der Mitte
die Reste eines Gusserkers.
Die Umgrenzungsmauer läuft in gleicher Flucht mit der Hofseite dieses Häus-
chens weiter. Es folgt zunächst ein grosses sechsachsiges Wohngebäude, aus einem-
Untergeschoss und zwei Hauptgeschossen bestehend. Die Fenster sind in Haustein
gefasst und in Segmentbogen geschlossen. In der Mitte das Wappen des Abtes
Karl Ludwig Freiherm von Sickingen-Ebernburg und die Jahreszahl i747. Das ge-
schieferte Satteldach ist an der feldwärts gerichteten Schmalseite abgewalmt.
Auf dieses Gebäude stösst in rechtem Winkel die sogenannte ,,Propstei", ein
Bau von drei Achsen Breite, drei Stockwerke umfassend und von einem gebrochenen
Mansardendach überdeckt.
Aus der gegen den Hof zu gekehrten Ecke des Hauptgebäudes tritt ein mäch-
tiger viereckiger Turm aus Bruchsteinplatten mit geschwungener vierseitiger Haube.
Thür- und Fensteröffnungen sind von rechteckiger Form und unregelmässig verteilt.
Im Inneren zeigt das Erdgeschoss eine Balkendecke mit offenen Unterzügen. Hier
sind an der Decke auch noch Reste einer guten Stuckdekoration erhalten.
Die Wirtschaftsgebäude, die den rechteckigen Hof umgeben, gehören zum Teil
dem i8., zum Teil dem i9. Jh. an. Grossenteils alt ist die mit zahlreichen Schiefs-
scharten versehene Aussenmauer. Am Pferdestall, links vom Haupteingang, die Jahres-
zahl i777 in Eisenankern. An dem seitwärts davon vortretenden Thorbogen ein
Giebel mit Stuckdekoration.
Burg
Wirtschafts-
gebäude
OBERDREES.
RÖMISCHE STRASSEN. Zülpich und Billig standen über Oberdrees mit
der Aachen-Frankfurter Heerstrasse in Verbindung (v. Vkith in den B. J. LXXIX,
S. i6). Eine Nebenstrasse ging von Niederzier über Sievemich und Oberdrees an den
Rhein, den sie bei Kripp erreichte (Schneider in den B. J. LXXVIII, S. 3).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Aegidii). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 364. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 3o5.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 77. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 37. — Hauptmann, Zwei adelige Höfe in Oberdrees, in den Rheinischen
Geschichtsblättem III, S. i. — Mooren, Die sogenannten Personate in einigen Pfarr-
kirchen am Niederrhein, in den Ann. h. V. N. XXIV, S. i76.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Buch der Bruderschaften Agoniae
Christi und Dolorosae virginis matris. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Die erste Erwähnung des Ortes findet sich in einer Urkunde vom J. 856 (MRh.
ÜB. I, S. 97). Auch im liber valoris ist Dreysa als Kirchort genannt (Binterim u.
Mooren, E. K. I, S. 348). In der That ist die gegenwärtige Sakristei ein Überbleibsel
von einem romanischen Bau aus dem Anfange des 12. Jh. Turm, Schiff und Chor
sind im J. 1688 errichtet worden. In der Designatio pastoratuum vom J. i676 wird
Oberdrees als Personat bezeichnet (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 218; vgl. dazu
auch Ann. h. V. N. XXIV, S. i76). Kollator war damals der Freiherr von der Leyen
Römische
Strassen
Knthol.
Pfnrr kirche
Geschichte
333
126
KREIS RHEINBACH
Knthol.
Pfarrkirche
Ke«chreibung
Inneres
Sakristei
Hochflltar
Skulpturen
Taufiitein
Glocken
als Inhaber von Schloss Adendorf. Nach v. Stramberg, Kant. Rheinbach S. 3S
wurde die Pfründe abwechselnd von Kurpfalz und den Grafen von der Leyen ver-
geben. Um das J. 1800 besetzte der Freiherr von Kesselstatt die Pfarrstelle (Dumont,
Descriptio S. 8).
Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit moderner Vorhalle, vorgelegtem West-
turm und polygonalem Chor. Die Länge beträgt im Lichten 21 m, die Breite 7,85 m.
Der Westturm hat an der Vorderseite ein einfaches rundbogiges Portal, das
die Inschrift 1688 trägt. Sonst zeigt er in seinen unteren Teilen, ausser einigen
schmalen Lichtspalten, nur ein kleines rundbogiges Fenster. Im übrigen steigt er un-
gegliedert bis zur Höhe des Glockengeschosses auf, das sich nach jeder Seite mit
einem grossen Rundbogenfenster öffnet. Der achtseitige Dachhelm ist geschiefert.
Das Langhaus ist von einem geschieferten Satteldache überdeckt. Fünf grosse
rundbogige Fenster in Hausteinfassung gewähren dem Lichte Zutritt.
An den Ecken des polygonalen Chores stehen einfache Strebepfeiler. Die
Ostseite wurde mit Rücksicht auf die anstossende Sakristei verhältnismässig breit ge-
halten. Diese — der Rest eines kleinen romanischen Gotteshauses — besteht aus
einem rechteckigen Joche und der halbkreisförmigen Apsis, deren im Osten von einem
kleinen Rundbogenfenster durchbrochene Mauer eine Wandgliederung aus schmalen,
nicht ganz bis zum Dachansatze emporgeführten Lisenen aufweist.
Im Inneren umfasst das Schiff fünf sehr gestreckt rechteckige Joche. Die
Fenster liegen in tiefen, bis an den Boden reichenden Nischen. Sehr komplizierte,
hölzerne Netzgewölbe, deren hölzerne Rippen auf viereckige Konsolen auflaufen,
überspannen das Langhaus. In der Längsachse geht eine Mittelrippe bis an den
gedrückten Triumphbogen durch.
Ganz ähnlich ist das Gewölbe des etwas eingezogenen und mit drei Seiten des
Achtecks abschliessenden Chores gestaltet. Hier liegt es nahezu horizontal, die Rippen
steigen senkrecht auf und biegen dann fast rechtwinkelig um.
Am interessantesten ist die in östlicher Richtung anschliessende romanische
Sakristei. Ein Tonnengewölbe überspannt den Raum, den eine von einer Halbkugel
überspannte Apsis abschliesst.
Von der Ausstattung sind die folgenden Stücke zu nennen:
Der Hochaltar, ein grosser guter Barockaufbau, mit zwei Thüren, braun in
Gold, nimmt die ganze Chorbreite ein. Als Schmuck Putten und Rankenwerk.
Barocke Skulpturen, ohne Wert.
Taufstein, barock.
Glocken. Die grösste vom J. 1800 mit der Inschrift: antehaC rVpta eX-
PENsIs Vero paroChIanorVM In Drees noVIter fVsa sVaVI sono Vestras
repLeo aVres. |,i GOSS MICH p. BOiTEL. Am Mantel Kruzifixus und Madonna.
Die mittlere vom J. 1 74o trägt die Inschrift : der hochgeborner reichsgraff
FRIDERICUS de LAY, unser gnadiger HERR. BENEDICIRTE DER HOCHWURDIGER HERR
ENGELBERTÜS SCHMITZ VON OBERDREIS ABT (von) HEISTERBACH. l74o GOS MICH lOH.
HEN. DINCKELMEYER. MEIN SCHALL EUCH VERKUNDT DES DORFS NOTH, GOTT WENDT
AB BLITZ, MORDT UND TODT. Am Mantel Pieta.
Die dritte endlich: trIstIa i;, reLIqVa resonent MoX sanCte patrone
aegIDI aVXILIator erIs. mich gos l h. dinckelmeyer i74o. Medaillon
der Pietä.
334
■- 1
ODENDORF
127
ODENDORF.
RÖMISCHE FUNDE. Im J. i883 wurden 3oo m südöstlich des Ortes gegen Römisch«
Rheinbach zu zwei Inschriften nebst verschiedenen Topfscherben, eisernem Gerat
u. s. w. gefunden (B. J. LXXVI, S. 233). Über die Frage, ob mehrere den Asere-
Fig. 50 Odendorf. Kiitholi!«cIie Pfnrrkirche. SUdnnsicht-
cinehae und Atufrafinehae geweihte Matronensteine etwa mit Odendorf in Zusammen-
hang stehen, vgl. ebenda und LXXXIII, S. i37.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. ss. Petri et Pauli apostolorum).
BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 365. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III,
I. Abt., I. Abschn. S. 288. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. 79. — Ders., Kant. Rheinbach S. 96.
335
Kathol.
Pfarrkirche
128
KREIS RHEINBACH
Knihol.
Pf« rrkirche
Geschichte
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Kirchenbuch von i726. — Beratungs-
protokoll des Kirchenrates mit historischen Notizen. — Vgl. weiter Tillk, Übersicht.
Erzbischof Heribert dotierte im J. 1008 die Deutzer Abtei mit der Hälfte der
Kirche von Odendorf, die er selbst von der kinderlosen Witwe Eueza erhalten hatte.
Odendorf wird ferner in der aus dem J. 11 97 stammenden Aufzählung der Güter des
Klosters Schillingskapellen genannt (Lacomblet, U B. I, Nr. 558). Auch der über
valoris (um i3oo) nennt den Ort als Pfarrort (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 348).
Die Kirche stammt aus der i. H. des 12. Jh. Die Sakristei wurde im J. i786 ange-
baut. Die westliche Vorhalle ist modern.
Dreischiffige, aus Bruchstein erhaute Pfcilerbasilika mit Langchor und kleiner
Apsis, im Lichten i9,2o m lang, 10 m breit.
Vom Westgiebel des sattelförmig mit Schiefer abgedeckten Hauptschiffes, der,
wie die Backsteinaufmauerung beweist, ursprünglich weit weniger steil war, steigt ein
^' <■ <■
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— -t-
H 1 1 H-
Kig. 91. Odendorf. Katholische Pfarrkirche. Grundriu.
grosser viereckiger, ganz geschieferter Dachreiter empor. Iii der Höhe der Glocken-
stube sind seine Wände an der Nord-, Süd- und Ostseite von je einem Paar im
Segmentbogen geschlossener Fenster durchbrochen. Er endigt in einen achtseitigen
Helm. Die Seitenschiffe haben Pultdächer, der bedeutend niedrigere Chor hat ein
Satteldach, die Apsis endlich ist halbkegelförmig abgedeckt. Als Material diente,
wie bereits gesagt, der Hauptsache nach Bruchstein, doch ist an der Nordseite
römisches Gusswerk wahrzunehmen. Die Gewände der oberen Fenster sind aus Tuff,
die der unteren aus Sandstein ; desgleichen finden sich an den Ecken Tuff- und Sand-
steinblöcke.
Die Aussenseite (Fig. 5o) ist vollkommen schmucklos. Auffällig ist, dass der
Langchor so beträchtlich niedriger ist als das Schiff, dass ihm femer die Apsis nur
als kleiner schmaler Ausbau angefügt ist. Die Fenster waren ursprünglich durchweg
rundbogig; die der Seitenschiffe sind in gothischer Zeit verändert worden. Damals haben
sie auch ihre Sandsteinfassung erhalten. Auch der Kielbogen am Südfenster des
Chores ist nicht ursprünglich. Am Ostgiebel sind aus römischen Ziegeln dekorative
Musterungen hergestellt.
336
ODENDORF.
129
Das Innere (Fig. 5i) betritt man von der Vorhalle aus durch eine Thür mit
verschrägtem Gewände. Das vier Joche umfassende Hauptschiff ist flach gedeckt,
Seitenschiffe und Langchor sind von Tonnengewölben überspannt. Der Ober-
gaden ruht auf viereckigen, nahezu quadratischen Pfeilern mit einfach profilierten
Kämpfern an der Bogenseite (Fig. 5ia). Die schweren rundbogigen Arkaden weisen
keine Profilierung auf, ebensowenig der im Halbkreis geschlossene Triumphbogen;
dieser läuft auf zwei mit etwas reicher profilierten Kämpfern versehene Wandpfeiler
auf (Fig. Sic). Der Langchor endlich hat an den Seitenwänden zwei flache rund-
bogige Nischen; hier sind die Kämpferprofile noch einfacher (Fig. 5ib). Das Fenster
an der rechten Seite ist gothisch.
Romanischer Taufstein (Fig. S2), aus Basaltlava, 84 cm hoch, mit rundem
schalenförmigen Becken von 77 cm Durchmesser. Die Basis ist viereckig, die obere
Platte ist an den Ecken ausgefast, um mit dem cylindrischem Fuss zu vermitteln.
Das Becken hat ein vertieftes Kreisornament.
B u r s a , 1 8. Jh., aus rotem Samt mit silber-
gesticktem geistlichem Wappen von Kloster
Schweinheim.
Die Glocken tragen die folgenden In-
schriften :
1. S. MARIA HEISZ ICH, DIE LEUT ZUM
GOTTES DENST ROFFEN ICH. ANNO l633.
2. S. PAULUS HEISZ ICH, DEI SUNDER
ZUR BUZ BEROFFEN ICH, DAS BOESE WETTER
WERDRIBE ICH. ANNO l633 lACOB KALKER
UND ADRIAN CLEHUT (so).
Ein Stein mit der Inschrift: i53o fax
VOBIS ist links neben der Thüre des Pfarr-
hofes eingemauert.
Nordwestlich der Kirche das ZEHNT-
HAUS, ein zweigeschossiger unverputzter
Bruchsteinbau mit rechteckigen Fenstern und abgewalmtem Satteldach. An der Vorder-
seite in Eisenankem : 1 7 . 6.
Das BURGHAUS gehörte im vorigen Jahrhundert einer Familie v. Sturm.
Später erwarb es Jakob Sieben; der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Jakob
Dederichs.
Es 'ist ein nahezu quadratischer Bau, der in seinen untersten Teilen aus
Bruchstein, in den oberen aus Backstein besteht und mit einem zeltförmigen Schiefer-
dache abgedeckt ist. Jedes der drei Geschosse hat an der Strassenseite drei grosse
rechteckige Fenster, die zum Teil mit Voluten verziert sind. Im zweiten Geschoss
in Eisenankem die Jahreszahl i778. Die Rückseite zeigt an den Ecken zwei turm-
artige, bis unter das oberste Geschoss reichende Ausbauten. Eine Freitreppe führt
zu der rechteckigen, mit einem reichen Steinaufsatz geschmückten Thüre an der
Hofseite.
Zur linken und rechten Seite des Burghauses gewähren zwei stattliche Rund-
bogen thore aus Trachytquadem Einlass in den Hof des Gebäudes. Die Dreieck-
giebel, mit denen beide gekrönt sind, sind ihrer ursprünglichen Füllung — es waren
wohl Wappen — beraubt.
Kathol.
Pfarrkirche
Inneres
Tnufttein
BttrM
Glocken
Inschrift
Fir. 52. Odendorf. Kath. P&rrkirche, Taufstein. 7^u„,i.
Burghaus
337
l3o KREIS RHEINBACH
ODESHEIM.
K«ih.K«pene KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Luftildis).
Beschreibung Bruchstcinbau des 1 8. Jh., mit geschiefertem Satteldach und polygonalem Chor-
schluss. Der vierseitige Dachreiter ist geschiefert. Die Fenster sind teils rechteckig,
teils von Segmentbogen geschlossen.
Das Innere ist ein rechteckiger von einem hölzernen Tonnengewölbe über-
spannter Raum.
OHLERATH.
K.th.K.peHe KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Quirini).
Geschichte Die Kapelle stammt in ihrem ältesten Teile, dem spätgothischen Chore, aus
dem Anfang des i6. Jh.; das Schiff wurde im i8. Jh. erneuert.
Beschreibung Einfacher, verputzter Bruchsteinbau mit Dachreiter und polygonal geschlossenem
Chor.
Das Schiff liegt unter einem geschieferten Satteldache, das am Westgiebel von
einem viereckigen, ebenfalls mit Schiefer gedeckten Dachreiter überragt ist. Die
Langmauem sind von je einem Spitzbogenfenster durchbrochen.
Das eingezogene Chörchen, das von einem schlichten Sockel umzogen wird,
hat ein steileres, ebenfalls sattelförmiges Schieferdach. Die Fenster sind mit spät-
gothischem, zum Teil erneuertem Masswerk gefüllt. Das Ostfenster ist senkrecht geteilt.
Inneres Das Innere des Schiffes ist mit einer spitzbogigen Tonne überwölbt. Ein
gleichfalls .spitzer Triumphbogen auf schlichten Kämpfern scheidet das Schiff von dem
Chore, den ein sechsteiliges Rippengewölbe überspannt Die Rippen laufen zum Teil
auf schmucklose, zum Teil auf kopfförmig gestaltete Konsolen auf An den Chor-
wänden zwei flachbogig geschlossene Nischen mit Stabumrahmung.
AUar Zopfiger Altar, i8. Jh.
Weihwasser- Steiucmes Weih wass erb ccken vom J. i787.
becken
OLLHEIM.
K,thoi. KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s.ts. Martini). Binterim u. Mooren,
Pfarrkirche g j^ j^ g 3^^ _ Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, I. Abt., i. Abschn. S. 272.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 100. — Ders., Kant.
Rheinbach S. 97.
Handschrift 1. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkundenbuch mit Abschriften Von
1681 an. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Geschichte Zu Ollheim bestand bereits im 11. Jh. eine Kirche; im J. io64 wurde die neu-
gegründete Benediktinerabtei Siegburg mit der Hälfte davon dotiert (Lacomblet,
U B. I, Nr. 202 : ecclesie, que est in Olma, medietatem). Damit ist schwer der Inhalt
einer Urkunde vom J. 1260 zu vereinigen, die Korth (Liber privilegiorum majoris
ecclesie Coloniensis im Erg.-H. III der Wd. Zs. S. 2 29) auf Ollheim bezieht. Danach
wäre ein Zwischen dem Bonner Kanonikus Albert von Dollendorf und dem erz-
bischöflichen Notar Godefridus über die Kirche von Olme schwebender Streit mit
der Begründung „ipsum dictani ecclesiam ex mandato apostolico assecutum esse" zu
des Godefridus Gunsten erledigt worden. Die gegenwärtige Kirche enthält noch deut-
338
PALMERSHEIM
l3l
lieh erkennbare Reste eines romanischen Pfeilerbaues. Im J. i473 verzichtete Friedrich K«thoi..
von Sombref, Herr zu Kerpen, der damals die Tomburg zu Lehen trug, auf Ollheim
(Lacomblet, U B. IV, Nr. 364). Die Pfarrstelle wurde abwechselnd von den Herren
von Tomberg und der Siegburger Abtei besetzt. Der Über collatorum des i5. Jh. nennt
als Kollator nur den Herzog von Jülich (Binterim u. Mooren a. a. O. S. 555). Um
die Mitte des i8. Jh. wurde die Kirche umgebaut; die Seitenschiffe wurden abge-
brochen, die Scheidbögen vermauert und der Chor vollkommen erneuert. Das
Kollationsrecht ist bis zur Säkularisation abwechselnd von den jülichschen Herzögen
und der Siegburger Abtei ausgeübt worden (Dumont, Descriptio S. i8).
Schlichter, jetzt einschiffiger Bau mit Dachreiter am Westgiebel und polygonalem Beschreibung
Chorschluss. Die Länge beträgt im Lichten 25,8o m, die Breite 5,4o m.
Das Langhaus war ursprünglich dreischiffig. In den beiden Seitenmauem sind
noch die fünf Tuffsteinarkaden zu erkennen, die ehedem das Hauptschiff von den
Seitenschiffen trennten. Auch sonst ist am Langhaus, namentlich in den oberen Teilen
der Westseite viel Tuff zur Verwendung gelangt. Beim Umbau des 1 8. Jh. benutzte
man lediglich Bruchstein für das Mauerwerk. Das Langhaus ist verputzt. Am West-
giebel trägt das mit Schiefer abgedeckte Satteldach einen vierseitigen, auf seiner ganzen
Oberfläche geschieferten Dachreiter, der sich jederseits mit zwei rechteckigen Fenstern
öffnet und mit einem achtecktigen Helm endigt.
Die südliche Langmauer ist von drei grossen rechteckigen Fenstern mit abge-
schrägten Gewänden, die nördliche von Segmentbogenfenstem durchbrochen. Der
Chor, der aus fünf Seiten des Zehnecks konstruiert ist, zeigt unverputztes Bruchstein-
mauerwerk mit grossen Rundbogen fenstem.
Im Inneren ist das Schiff flach gedeckt. Der Langchor und der polygonale innere«
Chorschluss sind von Holzgewölben überspannt, deren Rippen auf rechteckige Kon-
solen auflaufen.
Hochaltar und Nebenaltäre sind Säulenaufbauten des i8. Jh. AUäre
Bemerkenswert sind zwei an den Chorwänden stehende Vi ersitze des i6. Jh. vierahie
mit sehr tüchtigen figürlichen Schnitzereien. An den Wangen teils Tier-, teils Menschen-
gestalten, meist sehr lebendig aufgefasst. Die Vorderpulte, die — um den Zugang
zu dem hinter dem Altar gelegenen Sakristeiraum zu erleichtern — nur für drei Per-
sonen eingerichtet sind, zeigen Ma.sswerk von sehr späten Formen. Die Miserikordien
sin,d teils als Rankenwerk behandelt, teils tragen sie Schilde mit Wappen, von denen
nur das der Burggrafen von Rheineck zu bestimmen war.
Kommunionbank mit flott geschnitzten Thürfüllungen, barock. Kommunionbank
PALMERSHEIM.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. ss. Petri et Pauli apostolorum). Schannat- Kath. Kapelle
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 258. — v. Stramberg, Rheinischer
Antiquarius.3. Abt. XIII, S. 4i. — Ders., Kant. Rheinbach S. i6.
Handschriftl. Qu. Im Gemeindearchiv: Gemeindenachbarbuch, begonnen
i68i. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Die älteste Kunde vom Bestände eines Gotteshauses in Palmersheim giebt uns Geschichte
die aus dem J. i397 stammende Glocke. Die Kapelle war der Flamersheimer Kirche
inkorporiert. Der jetzt noch stehende Kapellenbau ist wahrscheinlich im J. i699
aufgeführt worden.
339
l32
KREIS kHElNßACM
Kath. Kapelle Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit Dachreiter und polygonalem Chor-
BeschreibuDg gchluSS.
An der Westseite liegt eine kleine Vorhalle von viereckigem Grundriss. Über
dem Giebel des geschieferten Satteldaches erhebt sich ein kleiner vierseitiger Dach-
reiter, der mit einem achtseitigen Helme endigt. Die Langmauem sind von grossen,
im Segmentbogen geschlossenen Fenstern durchbrochen. Der rechteckigie Chor schliesst
mit, drei Seiten des Achtecks ab.
Die Sakristei liegt an der Nordseite des Chores.
Im Inneren ist das Schiff flach gedeckt; der Chor ist von einem unreinen
Tonnengewölbe überspannt.
Von der Ausstattung sind folgende Stücke zu nennen:
Spätgothischer Sakraments Schrein, auf einem vom Boden beginnenden
Träger, mit Stabumrahmung und verziertem giebelartigen Aufsatz.
Vortragekreuz, Kupfer, 26 cm hoch, rohe Arbeit, wohl um i3oo. In den
vierpassförmigen Kreuzesendigungen die Evangelistensymbole.
Ciborium, Kupfer, vergoldet, 35 cm hoch, um i7oo, mit getriebenem Fuss.
Über der Kuppe ein Baldachin mit Madonnenfigürchen.
Auf einer aus einem Fenster stammenden Eisenstange steht die Jahreszahl 1 699.
Glocke vom J. i397 mit der Inschrift: anno domini mcccxcvii in honorb
(so) SAN PETERE (so).
SakramenU-
flchrein
Vortragekreuz
Ciborium
Glocke
QUECKENBERG.
K.th.KHpene KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Josephi).
Beschreibung Die Kapelle ist ein einschiffiger verputzter Bruchsteinbau vom Ende des 18. Jh.
Die Länge beträgt im Lichten i7,2o m, die Breite 5, 20 m. Über dem geschieferten,
gegen Westen abgewalmten Satteldache erhebt sich am Westgiebel ein achtseitiger
geschieferter Dachreiter. Die Langmauem sind von je drei grossen Rundbogen-
fenstem in neuer Hausteinfassung durchbrochen« Der aus drei Seiten des Achtecks
konstruierte Chor ist fensterlos.
Das schmucklose Innere ist flach gedeckt.
Die Ausstattung bietet nichts Bemerkenswertes.
Über einen aus Queckenberg stammender Taufstein vgl. unter Neukirchen
a. d. Sürst, oben S. 122.
WINTERBURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt S. 3 10.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius XII, S. 59i. — Ders., Kant. Rheinbach
S. 44, 52. — Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter XI, ?. 38.
Die älteste Nachricht, die wir über die Winterburg haben, stammt aus dem
J. i342 ; damals trat Lambert von Rheinbach alle seine Erbrechte an Rheinbach und der
Winterburg an den Erzbischof Walram von Köln ab (Lacomblet, UB. III, Nr. 383).
Im J. i4i5 trug Rorich, Herr zu Rennenberg, die Burg dem Herzog von Jülich als
Offenhaus auf; im J. i456 wies sie Hermann von Rennenberg seiner Gemahlin als
Witwensitz zu (v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius a. a. O. S. 597). Im J. i5o8
ist Dietrich von Kolff" Herr der Winterburg (Ann. h. V. N. LVII, Nr. 9o2). Seine
Erben besassen sie zunächst gemeinsam; im J. i57o erwarb Welter von Kessels Sohn
Dietrich einen zweiten Anteil für sich. Im J. 1612 ist Wilhelm von Hall Burgherr.
In der nächsten Zeit wechseln die Besitzer sehr rasch. Es erscheinen nacheinander
die von Neuland, von Goltstein, dann abermals die von Neuland, Johann Moritz
Taufatein
Winterburg
Geschichte
34o
RAMERSHOVEX l33
von Blaspiel (i7o9), Rudolf Adolf von Geyr (i7i8). Dessen Erben erbauten die winterburg
jetzige Burg. Im J. 1812 erwarb Herr von Vincke den Besitz, von diesem Herr Franz
Georg VVeckbecker. Die gegenwärtige Eigentümerin ist Fräulein Johanna Weckbecker
in Düsseldorf.
Die Burggebäude sind in dreiflügeliger, regelmässiger Anlage um einen Hof Beschreibung
gruppiert, der an der vierten Seite von einer Bruchsteinmauer begrenzt ist. Den
mittleren Flügel bildet das drei Achsen breite Wohnhaus, ein schlichter, aus dem
Erdgeschoss und einem Stockwerk bestehender Bau, über dessen in der Mittelachse
liegenden Thüre das Geyr-Beckersche Allianzwappen angebracht ist. Am Thürsturz
die Jahreszahl i77i.
Die beiden Seitenflügel dienen gegenwärtig Ökonomiezwecken. Die Aussen-
mauern bestehen durchweg aus Bruchstein, die Innenmauem zum Teil aus Fachwerk.
Die sattelförmigen Dächer sind teils mit Schiefer, teils mit Pfannen abgedeckt.
Aus der nordöstlichen Ecke tritt ein kleines, viereckiges Bruchsteintürmchen
heraus. Es ist von einer achteckigen, oben kugelig erweiterten Haube überdeckt.
RAMERSHOVEN.
E. V. Claer, Ramershoven, Dorf und Geschlecht in den Ann. h. V. N. XXXXV, S.7o.
RÖMISCHE STRASSEN. Die Rheinbach-Bonner Strasse berührte Ramers- Römi.ch«
hoven (B. J. LXXXII, S. 44). Die Strasse Neusserfurth- Hermülheim setzte sich bis
gegen Ramershoven fort, von wo aus sie nicht weiter verfolgt werden kann (B. J.
LXXIII, S. i). Dagegen hatte die Xanten-Ramershovener Strasse eine Fortsetzung
bis Todenfeld (B. J. LXXVI, S. 25).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. BasiUdis). (Binterim u. K«ihoi.
Mooren, E. K. I, S. 4o3. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. p^*""'^''^^'
S. 3o6. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 69. — Ders.,
Kant. Rheinbach S. 58. — Berrisch im Rheinbacher Anzeiger i885, Nr. 24.
Die Kirche wird zum ersten Male nach i3oo im liber valoris genannt (Bin- Geschichte
terim u. Mooren, E. K. I, S. 386). Der gegenwärtig noch aufrechte Bau stammt
jedoch erst aus dem 18. Jh. Das Kollationsrecht besass bis zur Säkularisation der
Burgherr von Schmidtheim (Dumont, Descriptio S. i9).
Einschiffiger verputzter Backsteinbau mit Dachreiter am Westgiebel und polygo- Be«chreibung
nalem Chorschluss. Die lichte Länge ist i7,4o m, die lichte Breite 6,1 5 m.
Das Langhaus liegt unter einem geschieferten Satteldache. Es ist von Westen
durch eine in Haustein gefasste, im Korbbogen geschlossene Thüre zugänglich. Über
dem in seinem oberen Teile geschieferten Westgiebel, der von drei rechteckigen
Fenstern durchbrochen ist, erhebt sich der vierseitige, ebenfalls auf seiner ganzen
Fläche geschieferte Dachreiter, der mit einer barocken Haube endigt Die Langseiten
haben grosse, im Korbbogen geschlossene Fenster. Die Nordmauer ist durch zwei
abgeschrägte Strebepfeiler verstärkt.
Das Innere ist ein rechteckiger, von einem flachen, tonnen förmigen Holz- innere»
gewölbe überspannter Saal. Der Chor ist etwas eingezogen und schliesst mit drei
Seiten des Achtecks ab.
Von der Ausstattung verdienen die folgenden Stücke genannt zu werden:
Der Hochaltar, ein die ganze Breite des Chores einnehmender Aufbau mit AUäre
wertlosen Holzfiguren und zwei bemalten Seiten thüren, sowie die Seitenaltäre
und die Kanzel sind Durchschnittsarbeiten des 18. Jh.
34i
i34
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirche
Taufttcin
Glocken
Burg
Peppenhoven
Geschichte
Beschreibung
Auf dem südlichen Seitenaltar Gemälde vom J. 1 747, den h. Joseph darstellend,
mit der Inschrift: s. ioseph ora pro nobis. portantem omnia porto. d. d. r. d.
PETRUS THEUSEN, PASTOR HÜIUS, l747.
Taufstein, spätgothisch, i5. Jh., 1,02 m hoch, mit achteckigem Fuss und acht-
eckigem Becken.
Die Glocken haben folgende Inschriften:
i.s. basilides, ora pro nobis. admodum reverendus dominus petrus teusen",
pastor, 10 annes lacobus ort, schultheis, wilhelmus schefer, schefen. barto-
lomaeus gunder gos mich in collen anno l766.
2. aVgVsto IesV noMInI pIe saCraVIt atqVe DICaVIt CLeMens aV-
gVstVs, agrIppInensIs arChIepIsCopVs aC eLeCtor prInCepsqVe baVarIae,
lohan heinrich dienckellmeyer l737.
Am Mantel das Monogramm Christi.
3. lOHANN EVANGELIST BIN ICH GENANT, PATRON DIESES GOTESHAUSES BIN
BEKANT, FUER FEUR, BLITZ, HAGEL UND DONNERKNALL BEHUET UNS GNAEDIG IN
DIESEM TAHL (so). STAHL ANNO l794.
Am Mantel Kruzifix mit Maria und Johannes und Glockengiesserschild.
BURG PEPPENHOVEN. Schannat-Baersch, Eiflia ülustrata III, i. Abt,
1. Abschn. S. 3o7. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIlI, S. 69. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 59. — v. Haeften in Lacomblet, Archiv V, S. 44i. —
Fahne, Geschichte der kölnischen Geschlechter II, S. 7. — Duncker, Rheinlands
Schlösser und Burgen (mit Abbildung).
Peppenhoven wird bereits im Prümer Güterverzeichnisse vom J. 893 genannt
(MRh ÜB. I, Nr. i3S, S. i89). Ein Wimar von Peppenhoven trug im J. i35i dem
Grafen Wilhelm von Neuenahr sein Gut als Lehen und Offenhaus auf. Im J. i577
besass Walter Kessel von Neuerburg Peppenhoven; zu Beginn des i7. Jh. brachte
Johann Adam Werl den Besitz an sich. Das Herrenhaus wurde im J. i697 erbaut.
Im 18. Jh. finden wir als Besitzer die von Martial, dann vom J. 1811 an die von
Vorst-Lombeck. Im J. 1826 erwarb die Burg der Freiherr Friedrich von Boeselager.
Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Freiherr von Boeselager.
Regelmässige, von Weihern umzogene Anlage, aus dem Herrenhause und einer
Gruppe von Wirtschaftsgebäuden bestehend.
Das Herrenhaus, das inmitten von Weihern auf einer Insel liegt, ist ein
schlichter fünfachsiger Backsteinbau, der ausser dem zu Tage liegenden Kellergeschoss
noch zwei Obergeschosse umfasst. Nach der Hofseite zu ist er dreigiebelig, nach der
Aussenseite haben alle Dächer — sie sind geschiefert — einen gemeinsamen Walm.
Die rechteckige, leicht ornamentierte Thür liegt in der Mittelachse und hat ein Ober-
licht. An der Ostseite liegt ein modemer, in seinen unteren Teilen runder, im oberen
Geschosse achteckiger Turm, der in einen achteckigen Helm endigt. Hier und an
der Hofseite in Eisenankem die Inschrift: anno i697. — An der westlichen Schmal-
seite eine Gartenterrasse.
Die Wirtschaftsgebäude sind hufeisenförmig gruppiert. Sie gehören zum kleineren
Teil dem 18., zum grösseren dem i9. Jh. an. Das rundbogige Thor an der Ostseite
hat eine rechteckige Rustikaumrahmung. An dem Flügel links davon in Eisenankem
die Inschrift anno i725, am Südfltigel anno 1828. Die Dächer sind teils mit Schiefer,
teils mit Pfannen abgedeckt.
3-I2
SU--
KT
d;:-
1-
RECKERSCHEID — RHKIiVBACH l35
RECKERSCHEID.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Apolloniae). K.th. K»pciie
Schlichter, verputzter Bruchsteinbau des i8. Jh. mit vierseitigem geschiefertem
Dachreiter und polygonal geschlossenem Chor.
Das Innere ist mit einer flachen Tonne überwölbt.
RHEINBACH.
J. A. Demian, Geographisch-statistische Darstellung der deutschen Rheinlande, Utiermur
Koblenz 1820, S. io4. — v. Restorff, Topographisch -statistische Beschreibung der
Rheinprovinzen S. 2 78. — v. Strevesdorff, Archidioeceseos Coloniensis descriptio
S. io3. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 29 1. — Katz-
FEY, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i63. — v.- Stramberg, Rheinischer
Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 42. — Ders., Kant. Rheinbach S. 3i. — Disselbeck,
Zur Geschichte Rheinbachs I, II (Programme des Rheinbacher Progymnasiums von
Fun de
,5, 1881 u. i884).
^. , Handschriftl. Qu. Im Bürgermeisteramt: Schatzrechnungen der Stadt,
von i598— 1610. — Gerichtsprotokolle von Wormersdorf, i573— 1593. — Ratsproto-
kolle und andere Akten, 18. Jh. — Tauf-, Trau- und Sterberegister der. Pfarren Rhein-
bach, Neukirchen a. d. Sürst, Hilberath, Oberdrees, Wormersdorf, Flerzheim, Ramers-
.^ hoven. Vgl. weiter Tille, Übersicht.
^ Abbildung. Ansicht der Stadt auf dem Titelblatt der Apologia des Erzstifts
; Collen (i659).
RÖMISCHEFUNDE. Die lokale Forschung nimmt die auf dem Stadtplan Römische
(Taf. X) eingezeichneten Wälle als römisch in Anspruch. Diese Annahme erscheint
^ indessen wenig begründet, da weder litterarische Anhaltspunkte dafür vorhanden
sind, noch die an Ort und Stelle gemachten Münz- und Gefössfunde, wenn sie auch
ziemlich häufig sind, irgendwie der Bedeutung einer befestigten Ansiedlung solchen
Umfanges entsprechen. Auch eine Schrift von Bernhard Schöttler, Über die
Lage der geschichtlichen Orte Aduatuca Eburonum (Caes.), Ära Ubiorum (Tacit.)
und Belgica (Itin. Ant.), Rheinbach i889 (Beilage zum Programm des Progymnasium
zu Rheinbach von i889), macht den Versuch, diese drei Orte untereinander und mit
Rheinbach zu identificieren.
'* Spuren römischer Strassen sind auch hier gefunden worden. Vom Michaelsberg
'^ ging eine Strasse über Rheinbach ins Bonner Lager (B. J. LXXXII, S. 4i). Auch
^ Spuren einer Verbindung von Rheinbach mit Liblar will man gefunden haben (B. J.
^ LXXIX, S. 20). Endlich soll auch die Strasse, die von Niederzier nach Kripp an den
^'' Rhein führte, ferner die Zülpich-Meckenheimer Strasse und die Jünckerath-Mar-
magener Strasse den Ort berührt haben (B. J. LXXVIII, S. 3 u. LXXIX, S. 4). Der
* Eifelkanal ging von Palmersheim auf Rheinbach zu, wo er in den Gärten der Krieger-
^ Strasse gefunden wurde. Bruchstücke römischen Gusswerkes sind auch beim Baue
^ der Burg verwendet worden. (Vgl. darüber auch Eick, Die römische Wasserleitung
' aus der Eifel nach Köln und Kunstdenkmäler des Landkreises Köln S. 1 13, i44).
Kleine Sammlungen römischer und fränkischer Gefässe besitzen Herr Steuer-
inspektor Clever imd Herr Oberlehrer Bernhard Schöttler.
343
i36
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirche
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t s. Martini episcopi). Binterim
u. Mooren, E. K. I, S. 398. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. 55. — Ders., Kant. Rheinbach S. 32.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Stiftungsurkunde von i479. — Inven-
tarium der clenodien und omamende in der capellenkirch binnen Rheinbach, vom
J. i6ii. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
Fig. 53. Rheinbach. Katholische P&rrkirche, Südansicht.
Geschichte In einer Urkunde Pipins vom J. 762, in der ältere Schenkungen bestätigt werden,
ist auch Rheinbach (Reginbach) genannt (MRh. U B. I, Nr. i6); es ist dies die älteste
Erwähnung des Ortes. Erst in einer Urkunde vom J. 943 wird auch die Kirche er-
wähnt (MRh. UK. I, Nr. i8o). Den Zehnten besass seit dem J. io86 das Stift von
Münstereifel (Cod. Rheno-Mos. I, Nr. i5i). Über die Eigentumsverhältnisse entstand
in der Folgezeit ein Streit zwischen dem Stifte und dem Pfarrer, der im J. ii 4o durch
Kapitelsbeschluss zu Gunsten des Stiftes erledigt wurde (Cod. Rheno-Mos. I, Nr. 260)
344
RHEINBACH
l37
Im J. II 97 bestätigte Erzbischof Adolf dem Stifte noch ausdrückhch das Patronat
(Hartzheim, Concilia Germaniae III, S. 465). Der liber valoris nennt die Kirche
gleichfalls (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 385). Die alte Pfarrkirche stand ausser-
halb des jetzigen Stadtgebietes; sie brannte im J. i789 ab und wurde nicht wieder
aufgebaut Bereits im J. i3i3 hatte sich das Bedürfnis nach einem innerhalb des
Mauerberinges gelegenen Gotteshause fühlbar gemacht; es wurde zunächst eine
Kapelle (v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius a. a. O. S. 56) und sodann in der i. H.
des i6. Jh. — wahrscheinlich an deren Stelle — die gegenwärtig noch bestehende Kirche
erbaut, die ursprünglich
der Jungfrau Maria ge-
weiht war. Nachdem die
alte Pfarrkirche abge-
brannt war, wurde sie im
J. i789 zur Pfarrkirche er-
hoben. Davon berichtet
ein nur handschriftlich
verzeichnetes Chronikon :
aeDes MartInI sVnt
PRORsVs fVLgVre
Laesae
qVare, qVae fVerat
fILIa, faCta parens.
Das Kollationsrecht
blieb bis zur Säkularisa-
tion bei dem Münster-
eifeler Stifte (Dumont,
Descriptio S. i9).
Dreischiffige Anlage
(Fig. 53 u. 54) von spät-
gothischen Formen mit
vorgelegtem Westturm
und zwei polygonalen
Chörchen. Die Länge be-
trägt im Lichten 2 i,4o m,
die Breite 18 m.
Der West türm
(Fig. 53), dessen Unter-
geschoss von einem ganz
einfachen Sockel um-
zogen wird, ist aus Bruchstein erbaut und verputzt. Nur die Ecken sind aus regel-
mässigen Trachytquadem hergestellt. Er steigt zunächst ungegliedert und ohne jeg-
liche Mauerdurchbrechung bis zu beträchtlicher Höhe auf. Erst unmittelbar unterhalb
des Glockengeschosses, das durch ein Zwischengesims von dem Unterbau geschieden
wird, ist auf jeder Seite ein rechteckiges, in Haustein gefasstes Fenster angebracht.
Die Glockenstube öffnet sich jederseits mit zwei in einer Blende liegenden spitz-
bogigen, gekuppelten Fenstern, die durch einen Mittelpfeiler mit abgefasten Kanten
von einander getrennt sind. Eine achteckige barocke Schieferhaube bildet den
Abschluss.
Kathol
Pfarrkirche
Fig. 54. Rheinbach. Katholische Pfartkirche, Grundriss-
Beschreibung
Westturm
345
l38 KREIS RHEINBACH
K.ihoi. Das im Verhältnis zur Höhe des Turmes auffallend hohe Langhaus (Fig. 53)
Lunjhail'und ^^* dreischiffig. Das steile mit Schiefer gedeckte Satteldach des Mittelschiffes trägt
Chöre einen kleinen polygonalen, in eine geschwungene Haube endigenden Dachreiter. Die
Seitenschiffe haben senkrecht auf die Hauptachse gestellte Jochdächer, deren jedes
durch einen dreieckigen Giebel abgeschlossen ist. Eigentümlich ist der ganzen An-
lage das polygonale Nebenchörchen, mit dem das südliche Seitenschiff endigt; es
liegt mit dem Ostjoche unter einem gemeinsamen Dache, das infolgedessen eine etwas
unreine Form hat Wie der Turm, so sind auch die Umfassungsmauern der. Haupt-
sache nach aus Bruchstein und verputzt; nur die Giebel, die Strebepfeiler und die
Fenstergespanne sind aus Backstein. Ein einfacher Sockel umzieht den ganzen Bau;
unterhalb der Sohlbänke zieht sich am Südschiff und Chor ein Gesims, das auch die
Strebepfeiler umfasst Die Fenster sind teils einachsig, teils zweiachsig, das Masswerk
ist zum grössten Teile alt; es zeigt ganz späte, entartete Formen. Im Mittelgiebel
der Südseite ist über dem Hauptfenster noch ein zweites kleineres Spitzbogenfenster
angebracht. Die Thüren liegen im ersten Joch (von Westen gezählt) einander gegen-
über. Die Südthür hat eine spätgothische Stabwerkumrahmung. Die Strebepfeiler,
die zwischen den Fenstern und an den Chorecken angeordnet sind, haben keine
Abtreppung. Auch das Gesims, von dem sie an der Südseite und am Chor umzogen
werden, fehlt an der Nordseite; hier sind nur einfache Wasserschläge angebracht.
Die Sakristei ist am Ostende des Südschiffes neu angebaut.
Der Tiu^m öffnet sich in spitzen Bogen gegen das Langhaus; doch ist der untere
Teil der Öffnung vermauert.
Innerei Das Innere des Langhauses (Grundriss Fig. 54) ist hallenartig gebildet. Jedes
Schiff umfasst drei Joche. Als Freistützen fungieren zwei Paare rechteckiger kämpferloser
Pfeiler mit hohen, einfachen Sockeln; den Pfeilern entsprethend sind die spitzbogigen
Scheidbögen profiliert. Die einzelnen Joche sind von einander durch Querrippen ge-
schieden; sie laufen ebenso wie die Diagonalrippen auf polygonalen Konsolen auf.
In ähnlicher Weise sind die Chorgewölbe gestaltet. Im Hauptschiffe überspannt
ein sechsteiliges Gewölbe den Chor und Chorschluss; dem entsprechend ist im Süd-
schiff das Ostjoch mit dem polygonalen Chörchen durch ein sechsteiliges Gewölbe .
zusammengezogen.
AusttAUung Von der Ausstattung seien die folgenden Stücke hervorgehoben:
Aitiiy« Der Hochaltar, ein barocker, weisser Säulenauf bau, mit modernem Altarbild
(Madonna, moderne Kopie nach van Dyck),
KrdwI Seitenaltäre, Kanzel, Kommunionbank, i8. Jh.
Kommunionbank ' ^ j
Sakraments. Spätgothischer Sakrameutsschrciu mit reich profilierter Stabumrahmung und
Schrein engem Durchsteckgitter. Den Abschluss bildet ein dreieckiger, mit ein paar Nasen
in leichtem Relief gefüllter Giebel.
Chorgestühi Spätgothisches Chorgestühl vom Ende des iS. Jh. aus Eichenholz, leider durch
einen gemaserten Anstrich verunstaltet An jeder Seite des Chores stehen drei Sitze,
die durch hohe Wangen begrenzt sind. An den Wangen oben und unten schlanke
Freisäulchen, an den Zwischenlehnen Löwenknäufe in derber, aber flotter Arbeit.
Parament ^^ ^^^ Sakristei: Spätgothischer Paramentenschrank, um i5oo, aus Eichen-
schrank holz, überschmiert. Das stattliche Stück, 3,45 m lang, 83 cm tief, i m hoch, öffnet
sich mit vier Thüren, von denen die beiden mittleren in je vier, die seitlichen in je
zwei Felder getheilt sind. Jedes dieser Thürfelder und ebenso jedes Feld der festen
Pfosten zeigt eine gemusterte Füllung; Ranken-, Blatt-, Blumen-, Thier- und Band-
muster wechseln ab.
346
r-^f-^'
RHEINBACH
i39
Die Glocken tragen folgende Inschriften.
Die erste von i7i3: Vno ork DICebant benefaCtores : Joannes est noMen
eIVs, PRAENOBILES, GENEROSI et CONSULTISSIMI DOMINI MAXIMILIANUS LIBER BARO
DE SCHALL, SATRAPA REIMBACENSIS, ET lOANNES MARCUS DE SCHOENHOVEN, SERE-
NISSIMI ELECTORIS COLONIENSIS CONSILIARIUS INTIMUS.
SUB DOMINO PRAEFECTO lOANNE FRANCISCO DELHAS. lOAN. PIRON ME FECIT.
Die zweite von i695: deo optimo maximo bt ss. georgio, matthiae et se-
BASTIANO NEC NON OMNIBUS SANCTIS DEI SUB ADMODUM REVERENDO lOANNE REIFFER-
SCHEIDT, PASTORE IN REIMBACH, ET REVERENDO DOMINO PAULO RATHS VICARIO,
DOMINUS lOANNES HENRICUS DE LÄPP, ARCHEPISCOPALIS (so) COLONIENSIS CAMERAE
DIRECTOR, ET DOMINA MARIA ALEXANDRINA DE SPIS, ABBATISSA IN CAPELLEN, BENE-
FACTORES ECCLESIAE. EDMUNDUS LEFEBURE ME FUDIT ANNO l695.
Eine andere Glocke von demselben Giesser und aus demselben Jahre, ist i844
umgegossen worden. Über die Inschrift vgl. Katzfey a. a. O. II, S. i75.
EHEMALIGES SERVITENKLOSTER. Floss, Kapellchen, Serviten-
kloster vom heiligsten Namen Jesu im Rheinbacher Walde in den Ann. h. V. N.
XXVIII, S. 3o6. — Ders., Kapellchen vom heiligsten Namen Jesu in den Ann. h.
V. N. XXXII, S. i5S. — V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden IX,
S. 85. — Katzfey, Geschichte det Stadt Münstereifel II, S. i75. — Schannat-
Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt.. i. Abschn. S. 295. — v. Stramberg, Rheinischer
Antiquarius 3. Abt XIII, S. 58. — Schorn, Eiflia sacra II, S. 652. — Disselbeck,
Zur Geschichte Rheinbachs II, S. 3.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv zu Rheinbach: Bericht über die Auf-
findung des Namens Jesu.
Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: Unter den Akten des Klosters am Kreuz-
berg bei Bonn: Notizen über die Serviten im Kapellchen bei Rheinbach.
Der Anlass zur Gründung einer klösterlichen Niederlassung im Rheinbacher
Walde war die Auffindung einer Buche, in deren Querschnitt man den Namen Jesu
zu erkennen glaubte. Dies geschah im J. i68i. Kurfürst Max Heinrich Hess an der
Fundstelle eine Kapelle erbauen und genehmigte im J. i686 die Errichtung eines für
vier Franziskanerrekollektenmönche bestimmten Konventes. Im J. 1 7 1 4 wurde das
Kloster von Servitenmönchen vom Kreuzberge bei Bonn übernommen. Im J. i723
wurde angeblich mit dem Baue einer Kirche begonnen; im J. i745 soll sie vollendet
worden sein. Im J. 1802 wurde das Kloster aufgehoben, die französische Regierung
verkaufte die Gebäude nebst der Kirche an einen abtrünnigen Priester, namens Josef
Thenee. Dieser errichtete in den Klostermauem zunächst eine Wirtschaft. Später
in das Eigentum der Stadt übergegangen, wurden auch diese Gebäude, wie die Kirche
abgebrochen. Gegenwärtig besteht nur noch das kleine Kapellchen, das in seiner
gegenwärtigen Gestalt dem Ausgange des vorigen Jahrhunderts anzugehören scheint.
Im J. i847 wurde die Kapelle in Stand gesetzt, der Altar an die bisherige Eingangs-
seite verlegt und ein neuer Eingang geschaffen.
Schlichter, viereckiger Bruchsteinbau mit geschiefertem Zeltdach. Die vorderen
Ecken sind durch Vorlagen verstärkt Die Thür liegt in einer Nische.
Das Innere ist kreisförmig, von einem kuppelähnlichen Gewölbe überspannt.
In den Wänden vier im Korbbogen geschlossene Nischen. Am Altar eine barocke
Schmerzensmutter.
STADTBEFESTIGUNG. Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II,
S. i63. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 7o2. — v. Mering,
Geschichte der Burgen in den Rheinlanden III, S. 4i. — Hermann Löher, Hexen-
Knthol.
Pfarrkirche
Glocken
Ehem. Ser*
Titenklotter
Geschichte
Beschreibung
StAdt-
befeitigung
347
l4o KREIS RHEINBACH
Stadt. buch. Wemütige Klage der Frommen Unschultigen . . . Amsterdam i676. — Dissel-
e ettiguBf gg^j^^ 2ur Geschichte Rheinbachs I, S. 5.
Geschichte Wann Rheinbach seine Befestigung erhielt, steht urkundlich nicht fest. Nach
Katzfey a. a. O. S. i64 setzt eine Privatnotiz den Beginn des Baues in das J. i3o8,
eine Annahme, die sich sowohl mit den noch vorhandenen Resten, als auch mit der
, Angabe gut vereinbaren lässt, dass infolge der Anlage der Befestigung die ausserhalb
der Mauer gelegene Pfarrkirche nicht mehr genügt habe und deshalb im Inneren der
Stadt im J. i3i3 eine Filialkirche errichtet worden sei. Nach der KoELHOFFschen
Chronik hat Erzbischof Walram nach dem J. i334 den verpfändeten Ort wieder ein-
gelöst, der bereits als Reimbach dat slos mit der stat erscheint (KoELHOFFsche
Chronik ed. Cardauns S. 672). Sicher ist, dass Lambert von Rheinbach im J. i342
sämtliche Rechte an castrum, oppidum et dominium dem genannten Erzbischof abtrat
(Lacomblet, UB. III, Nr. 383). Im J. i672 wurde Rheinbach von den Kriegsvölkem
des Prinzen von Oranien eingenommen; doch scheint die Befestigung damals keinen
wesentlichen Schaden gelitten zu haben. Hermann Löher (a. a. O., abgedruckt bei
Disselbeck a. a. O. S. 8) giebt folgende Schilderung: Reimbach ist auss einem Dorft
vor 3. 4. 5oo Jaliren zu einer Stadt gemacht, hat rondtumb Wassergraben, hohe müren,
7 Thum, 2 hohe Pforten, zwei burch Thum, ein burch Pfort und 2 hohe Kirch thurn,
von fernen vor eine grosse, werbahre Stadt an zu sehen. Im ersten Viertel unseres
Jahrhunderts war noch ein beträchtlicher Teil der Stadtbefestigung, namentlich an
der Nordseite, aufrecht (vgl. den Stadtplan Taf. X). Im J. 1820 wurde alles — mit
Ausnahme des Wasemer Turmes, des Gefängnisturmes und einiger unbedeutender
Mauerteile — niedergelegt.
Beschreibung Die alte Stadtmauer umschloss nur einen Teil des gegenwärtigen Stadtgebietes;
GeMmunkge gj^ folgte dem noch heute stellenweise erkennbaren Zuge der Gräben. Der Kataster-
plan, nach dem Taf. X gezeichnet ist, zeigt drei Thore: das Dreeser Thor im Westen,
das Weiherthor im Süden und das Voigtsthor im Osten, zu denen wahrscheinlich erst
später das ganz nahe dem Wasemer Turm gelegene Neuthor hinzukam. Die oval
ausgerundete Nordseite hatte kein Thor, desto zahlreicher waren hier die Türme, von
denen die meisten halbkreisförmig nach aussen vortraten. Ein viereckiger Turm —
der jetzige Gefängnisturm — ist noch erhalten. An der Südwestecke steht noch heute
der Wasemer Turm, die Südostecke nimmt die ihrer Entstehung nach beträchtlich ältere
Rheinbacher Burg ein. Als ziemlich sicher ist anzunehmen, dass die auf dem Stadtplan
eingezeichneten Wälle wenigstens teilweise zu der Befestigung des i4.Jh. gehörten.
Wüsemer Turm D^r Wascmcr Turm (Fig. 55), ein Rundturm von bedeutenden Massen und
gewaltiger Mauerstärke, besteht fast durchwegs aus Bruchsteinen; doch sind an
einigen Stellen auch Teile römischen Gusswerkes verwendet worden. Die Ansatz-
stellen der Ringmauer sind noch erkennbar. Der Zugang geschah in der Höhe des
ersten Geschosses von der Mauer aus. Von da aus führt eine Treppe in der Mauer-
stärke in das zweite Stockwerk, das einen Kamin und drei stark restaurierte doppelte
Fenstersitze enthält. Die spitzbogige Thüre, die in das, gegenwärtig das Aichamt be-
herbergende Untergeschoss führt, ist modern. Das Mauerwerk zeigt keinerlei archi-
tektonische Gliederung und ist nur an ganz wenigen Stellen von rechteckigen Hau-
steinfenstem durchbrochen. Eines von ihnen (Fig. 55) hat einen giebel form igen Sturz,
der durch zwei schräge gegeneinander gestellte Steinbalken entlastet wird (Entlastungs-
dreieck). Noch höher sind einige Kragsteine sichtbar. Die Zwischenböden, die obere
Cementabdeckung und der Zinnenkranz, der den Abschluss bildet, sind modern. Das
seitlich angebaute Holzgerüst dient den Feuerwehrübungen.
348
RHEINBACH
I4l
Der zweite noch erhaltene Turm, der jetzige Gefängnisturm, liegt nordöst- Stad
lieh der Pfarrkirche. Er hat rechteckigen Grundriss. Die drei unteren Geschosse
sind aus Bruchstein, das vierte, beträchtlich jüngere ist aus Backstein erbaut. Die
rechteckigen Fenster sind grossenteils modern.
Von der ebenfalls aus Bruchsteinen erbauten Stadtmauer ist nur ein etwa
12 m langes und 4 — 5 m hohes Stück in der Nähe der Burg erhalten.
befestiguiiK
Gefangnisturm
-I-' — l: —
Fig. 55. Rheinbach. Wasemer Turm.
BURG. V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 57. — Katz-
FEY, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. i64. — Fahne, Geschichte der kölnischen
Geschlechter I, S. 356, II, S. ii6. — Disselbeck, Zur Geschichte Rheinbachs I, S. 6.
In der Urkunde vom J. 762, mit der Pipin der Abtei Prüm ihren Besitz be-
stätigt, ist auch ein Vasall Aglibertus als Inhaber des Rheinbacher Beneficiums
genannt (MRh. U B. I, Nr. i6). Das Schultheissenamt trugen in späterer Zeit die
Grafen von Hochstaden von der Abtei Prüm zu Lehen. Im J. xiM, verpfändete
Friedrich Graf von Hochstaden dieses Lehen an das Kölner Erzstift. Die daraus
entstandenen Streitigkeiten wurden erst im J. I265 durch einen Vergleich beigelegt
(vgl. Lacomblet, UB. II, Nr. 558). Walram von Jülich erhielt Rheinbach nun vom
Erzstift zu Lehen. Gegen die Mitte des i4. Jh. löste Erzbischof ^ Walram bei seinem
Bruder Wilhelm von Jülich das verpfändete Lehen ein. Im J. i342 trat ihm auch
Burg
Geschichte
349
l42
KREFS RHEINBACH
Burg Lambert von Rheinbach den von seinen Vorfahren ererbten Anteil an castrum, oppi-
dum und dominium ab (Lacomblet, U B. III, Nr. 383). Später gehörte die Burg zur
Herrschaft Tomberg, nachher zur Bonner Hofkammer.
Im J. i8o7 wurde die Burg durch die französische Domänenverwaltung parzellen-
weise veräussert. Gegenwärtig dienen die Überbleibsel der alten Burggebäude einer
Bäckerei. Die Eigentümerin ist Frau Wittwe Rodenkirchen.
Baschreibung Von den alten Burggebäuden, die bei der Errichtung der Stadtbefestigung
mit in diese einbezogen wurden, sind nur noch spärliche Reste vorhanden, die in-
dessen doch noch deutlich zeigen, wie stattlich die ganze Anlage einst war. Die
Ringmauer stiess zunächst auf einen spitzen Thorbogen aus Trachyt, der sich in seinem
u
Fig. 56. Rheinbach. Thorturm der Burg, Grundrisse und Einielheiten.
Verfalle sehr malerisch ausnimmt Er wurde wahrscheinlich gleichzeitig mit der Stadt-
mauer errichtet.
Thorturm Von der eigentlichen aus dem 12. Jh. stammenden Thorburg (Fig. 56), die
sich gleichfalls im Zustande des ärgsten Verfalls befindet, sind noch zwei Geschosse
erhalten. Der Unterbau ist zum grössten Teil aus römischem Gusswerk (im Grund-
riss tiefschwarz angelegt), zum kleineren Teile aus Bruchstein (im Grundriss dicht
schraffiert). Aus dem gleichen Material sind das obere Geschoss und die seitwärts an-
stossenden Mauerteile, während die an der Aussen- und Innenseite vorgelegten Wider-
lager aus Backstein sind (hell schraffiert). Die Thorhalle, deren Wandungen in dem
ältesten Teile erst parallel laufen, dann in der Richtung nach innen sich erweitem,
während der etwas jüngere Innenteil ebenfalls parallele Wandungen hat, war ursprüng-
lich in der Tonne gewölbt. Jetzt ist ein Teil flach gedeckt und die innere Thor-
öffhung über dem Deckbalken roh vermauert. Der äussere Thorbogen hat eine
35o
RHEINBACH
143
kräftig behauene Schlufssteinmaske (Fig. 56), in die vermutlich ehedem der Riegel des
Thores von unten eingriff.
Das ganz ungedeckte Obergeschoss, das wahrscheinlich ursprünglich als Kapelle
diente und gegenwärtig einen schlanken Kamin trägt, zeigt noch die Reste einer
Burg
F\g 57. Rheinbnch. Rundturm der Burg
reichen, romanischen Innenarchitektur. In den Ecken standen und stehen noch zum
Teil kräftig verjüngte Freisäulen (Fig. 56) mit Trachytschäften, leicht ornamentierten
Würfelkapitälen und stark vortretenden Kämpferplatten aus Trachyt, über denen noch
Teile eines grätigen Tuffsteingewölbes sichtbar sind. Die Fensteröffnungen, die ur-
sprünglich abgeschrägte Wandungen hatten, wurden zum Teil gewaltsam erweitert.
35i
I44 KREIS RHEINBACH
Burg Gleichfalls aus dem 12. Jh. stammt ein mächtiger, gegenwärtig als Vorratsraum
Rundturm dienender Rundturm (Fig. 57). Er ist ohne jede architektonische Gliederung aus
Bruchstein aufgeführt. Eine fragmentarisch erhaltene Treppe führt zu dem hoch-
gelegenen Eingange. Ausser kleinen Lichtschlitzen und anderen regelmässig verteilten
Fenstern sind noch zwei grosse, von Haustein umrahmte, rechteckige Öffnungen vor-
handen, die ehedem vielleicht auf einen hölzernen Wehrgang führten. In der Mauer-
stärke führen verschiedene zum Teil bhnd endigende Treppen, die mit steigenden
Tonnen überwölbt sind, bis zu bedeutender Höhe empor. Reste eines Zinnenkranzes
sind noch erkennbar.
An den Turm grenzen einige Mauerreste, deren Bedeutung nicht mehr zu er-
mitteln ist.
GiflMcheibe mit In einem der auf dem alten Burggrunde gelegenen Häuser eine geätzte Glas-
inschnft scheibc mit der folgenden Inschrift: der hochedler ond vornehmer herr herr
HERMANNUS BARTHOLOMAEUS ELVEN, IHRO CHURFÜRSTLICHEN DURCHLEUCHT ZU
PFALTZ STEUER-RECEPTOR, AUCH HÖCHST DEROSELBER OBRIST-HOFF-CANTZLERN, FREY-
HERREN VON HALLBERGEN EXCELLENTZ, AMTS -VERWALTER OND RENTMEISTER DER
HERRSCHAFT GELSDORFF OND VERPFÄNDETEN (so) DORFFSCH ÄFFTEN ETC. ETC., UND
FRAU ANNA MARGARETHA lOSEPHA BARIONS, DESSEN EHELIEBSTE, D. D. ANNO DOMINI
i744. — Daneben das Doppelwappen der Stifter.
Städtische STÄDTISCHE SAMMLUNG. Im Bürgermeisteramt wird eine Anzahl von
s«miniung jj^gjg^ ^^f ^jg^ Tomburg gefundenen Gegenständen bewahrt: Waffen und Waffenteile,
Pfeilspitzen, kurze Schwerter, Hufeisen, Steinkugein. Femer ein bronzener Weih-
wasserkessel des i5. Jh., auch dieser angeblich von der Tomburg; der Bügel sitzt
in den Köpfen zweier Männer. Ein Siegelstempel des Friedrich von Sombref, Herrn
von Kerpen, vom J. i466. Endlich der Stempel eines Stadtsiegels vom J. 1686.
RINGSHEIM.
Römische RÖMISCHE RESTE. Hinter der Kirche liegt ein etwa 75 cm hohes, rö-
^**"' misches Kapital aus Sandstein, das im J. i895 auf einem zur Burg gehörigen Grund-
stücke gefunden wurde. Ein Geföss mit römischen Münzen gelangte nach Flamers-
heim in den Besitz des Herrn von Bemberg-Flamersheim.
Ehem«i.kath. EH EM ALIGE K ATH OLISCH E PFARRKIRCHE (s. t. s.Johannis ßap-
Pfarrkirche ^igtae). Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 259. — v. Stram-
BERG, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 34. — Ders., Kant. Rheinbach S. 28.
— V. Haeften, Schloss Ringsheim in Lacomblets Archiv V, S. 4o8.
Geschichte Der älteste Zeuge für das Bestehen eines Gotteshauses in Ringsheim ist die
aus der Pfarrkirche stammende Glocke, die gegenwärtig in einem der Türme des
Schlosses hängt; sie trägt die Jahreszahl i397. Als Pfarre erscheint Ringsheim erst
im J. i42 2. Im J. i69o war die Kirche in so schlechtem baulichen Zustand, dass ein
Neubau — die heute noch bestehende Kirche — aufgeführt werden musste. Das
Patronat war lange zwischen den Herren von Ringsheim und Schweinheim strittig.
Im J. i762 wurde die Kapelle zu Schweinheim der Ringsheimer Kirche uniert; gleich-
zeitig wurde festgesetzt, dass die Pfarrstelle abwechselnd von den Ringsheimer und
Schweinheimer Herren besetzt werden sollte. Dieses Verhältnis blieb bis zur Auf-
hebung der Pfarre, die im J. 1806 erfolgte, aufrecht (Dumont, Descriptio S. 20). Das
Dorf ist seither vollkommen verschwunden, das Schloss gehört in kirchlicher Beziehung
zu Flamersheim. Die Kirche dient gegenwärtig profanen Zwecken.
352
RIKGSHEIM
I4S
Einschiffiger, unverputzter Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und poly-
gonalem Chorschluss (Fig. 58).
Der Westturm steigt ganz ohne Wandgliederung empor und endigt in einen
achtseitigen, haubenartig abgesetzten Schieferhelm. An der Westseite ein einfaches,
rundbogiges Sandsteinportal. Das Glockengeschoss öffnete sich ehedem mit grossen,
rundbogigen Fenstern, die jedoch gegenwärtig vermauert sind.
Das Langhaus liegt unter einem steilen, geschieferten Satteldach. Die Licht-
zuführung erfolgte hier, wie an dem aus drei Seiten des Achtecks konstruierten Chore
durch grosse Rundbogenfenster; auch diese sind gegenwärtig grösstenteils v^rmduert.
Das Innere war ursprünglich vermutlich flach gedeckt; gegenwärtig liegt der
Pachstuhl offen.
SCHLOSS. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 258.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt XIII, S. 32. — Ders., Kant. Rhein-
bach S. 2 7. — V. Haeften, Die Lehnhöfe am Niederrhein in Lacomblets Archiv V,
S. 4o2. — Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter III, S. i.
Ehem. kathol.
Pfarrkirche
Beschreibung
Schlots
htt ^n&fkH** '
Fig. 58. Ringsheim. Schloss und Kirche.
Abbildung. Lithographierte Ansicht des Schlosses vom J. i86i. Ein Exemplar
davon im Schlosse.
Bereits im J. 12 78 wird unter den kölnischen Lehensmannen ein Adolf von
Ringsheim genannt. Um die Wende vom i3. zum i4.Jh. war das Schloss Gegenstand
eines Streites zwischen Gerhard von Jülich und dem Kölner Erzbischof. Im J. i3o6 kam
ein Vergleich zu Stande, des Inhalts, dass Ringsheim der Tochter des jülichschen
Grafen unter gewissen Bedingungen als Mitgift zufallen sollte (Lacomblet, U B. III,
Nr. 47). Im J. i32 7 gelangte die Burg an Reimbold von Ringsheim zurück (Lacom-
blet, ÜB. III, Nr. 22o). Im J. i372 wurde Johann von Kettge mit dem Gute be-
lehnt. Im J. i455 erwarben Johann Hurth von Schöneck und dessen Frau Anna von
Brandscheid Ringsheim von einem andern Johann von Kettge. Emmerich Hurt be-
gann um i562 eine bedeutende Erweiterung des alten Schlossbaues, der von seiner
Witwe Anna Blankart vollendet wurde. Nachdem der Mannesstamm dieses Geschlechtes
im J. i6i5 erloschen war, wurde das Schloss von erzbischöflichen Truppen besetzt.
Im J. i636 verlieh Erzbischof Ferdinand das Lehen dem spanischen Generalwacht-
meister Johann von der Beck. Infolge der Wirren des dreissigjährigen Krieges war
Geschichte
353
10
i46
KREIS RHEINBACH
Sehio«s im J. i646 der Bau eine Ruine, von der nur noch die Mauern standen. Heinrich
Degenhard Schall von Bell erwarb im J. i656 das Schloss für Philipp von der Vorst
zu Lombeck, der damit zugleich die Verpflichtung zum Wiederaufbau übernahm;
dessen Sohn Heinrich Degenhard führte den Bau zu Ende. Ein Prozess, den ein
Nachkomme derer von Hurt, Philipp Wilhelm von Harflf zu Dreiborn, auf Grund eines
von Kurfürst Maximilian Heinrich mit den ritterschaftlichen Ständen seines Stiftes ge-
schlossenen Vergleiches angestrengt hatte, nahm den von der Vorst ihren Besitz. Im
J. 1 7 1 3 — so lange hatte der Prozess gedauert — kam der Kläger endlich in den Besitz
des Schlosses, das inzwischen so verfallen war, dass schon i72o bedeutende Bauten
zu seiner Erhaltung nötig wurden. Im J. i783 empfing der kölnische Major Freiherr
Josef von Manteuffel die Belehnung mit Ringsheim für seine Söhne. Schon im J. i79i
ging der Besitz auf den Freiherm von Dalwigk zu Flamersheim über. Die nächsten
Besitzer sind der Freiherr von Vincke, die Gräfin von der Schulenburg, endlich Herr
Franz Georg Weckbecker, der die Burg im J. i86i an Herrn Bemberg verkaufte.
Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Julius von Bemberg-Flamersheim.
Das eigentliche Schloss ist im wesentlichen ein Bau des 1 8. Jh., wahrscheinlich
mit Benutzung älterer Teile errichtet. Die Wirtschaftsgebäude sind fast durchweg
modern.
Beschreibung Stattliche, Weithin sichtbare Anlage von beträchtlichem Umfang. Die Weiher
sind noch teilweise erhalten.
Herrenhaiu Das Herrcuhaus (Fig. 58), ein unverputzter Bruchsteinbau, besteht aus einem
Mitteltrakt, der an beiden Enden von mächtigen Türmen flankiert wird. An der
Aussenseite tritt ihm in der Mitte ein Ausbau vor, an der Gartenseite sind den beiden
Türmen kurze Seitenflügel vorgelegt.
Der Mittelflügel, der unter einem geschieferten Satteldache liegt, umfasst ein
Erd- und ein Obergeschoss und ist an der Gartenseite acht, an der Aussenseite sechs
Achsen breit. Die Gartenfront war ursprünglich verandenartig geöffnet; in neuester
Zeit sind die acht gedrückten Bogen, die auf stark verjüngten, mit einfachen Platten
abgedeckten Säulen ruhten, vermauert worden. Ein schwaches Gesims trennt das
Erdgeschoss, das gegenwärtig verputzt ist, vom oberen Stockwerk; hier sind acht
grosse, rechteckige Fenster in Hausteinfassung angebracht.
Die vortretenden Eckflügel sind je zwei Achsen breit und umfassen ebenfalls
zwei Stockwerke. Die Fenster sind auch hier rechteckig. Die geschieferten Dächer
sind gegen den Garten zu abgewalmt.
Die beiden Türme, die auf ungefähr quadratischer Grundlage errichtet sind,
sind vier Stockwerke hoch und mit achtseitigen, barocken Schieferhauben abgedeckt.
Nach den freiliegenden Seiten sind sie in jedem Geschoss von zwei grossen recht-
eckigen Fenstern durchbrochen. Unterhalb des Dachansatzes zieht sich ein breiter
Gesimsstreifen entlang.
Der an der Aussenseite den beiden mittleren Achsen vortretende Mittelbau liegt
unter einem geschieferten Satteldache. An den Ecken sind breite durchgehende
Pilaster mit jonisierenden Kapitalen angeordnet. Über dem horizontalen Gebälk bildet
ein flacher Dreieckgiebel den Abschluss. An der Vorderseite ist die Mauer über dem
modernen Portal von zwei Fenstern durchbrochen.
Einrichtung ^^^ innere Einrichtung ist modern. Zu nennen sind einige geschnitzte Möbel-
stücke, Steinkrüge aus dem i6. und i7. Jh., ein Steinkamin von guten Renaissance-
Kirchengiocken fomien, endlich die in einem der Türme hängende Kirchenglocke vomj. i397 mit
der Inschrift: sanctus iohannes baptista. anno domini mcccxcvii.
354
ROITZHEIM
147
An den Ecken der fast durchwegs neuen Wirtschaftsgebäude stehen drei kleine
Rundtürme aus Bruchstein, die etwa aus dem i3. oder i4. Jh. stammen und die
letzten Reste der mittelalterlichen Burg sein dürften. Zwei von ihnen sind flach ab-
gedeckt, der dritte ist offen. Auch die sie verbindende Aussenmauer der Wirtschafts-
gebäude ist zum Teil alt.
Sehloss
ROITZHEIM.
RÖMISCHE STRASSEN. Eine Seitenstrasse der Trier-Bonner Hauptstrasse
ging von Eicherscheid über Münstereifel und Roitzheim nach Köln. Auch der von
Antweiler nach Bonn führende Weg berührte Roitzheim. Vgl. dazu B. J. LXVII, S. 25.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. Inventionis s. Stephani). Bm-
TERiM u. Mooren, E. K. I, S. 346. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt.,
I. Abschn. S. 268. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 88. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 18.
Römische
Funde
Kftthol.
Pfarrkirche
-I 1 1 1— • ^-
Fig. 59. Roitzheim. Grundrtss der Pfarrkirche.
Handschrift 1. Qu. Im Pfarrarchiv: Tauf-, Trau- und Sterberegister von
i652 an; darin auch Anniversarienverzeichnis. — Moderne Pfarrchronik, io75 be-
ginnend, von Pfarrer Unkel verfasst. — Vgl. Tille, Übersicht.
Roitzheim erscheint bereits am Ausgange des 11. Jh. als Rukesheim in einer
Urkunde (Korth, Liber privilegiorum majoris ecciesie Coloniensis, Ergänzungsheft III
des Wd. Zs. S. i95). Im liber valoris (nach i3oo) wird es als Kirchort erwähnt
(BiNTERiM u. Mooren, E. K. I, S. 376). Jedenfalls bestand daselbst bereits im 12. oder
i3. Jh. eine Kirche, von der, noch Teile des Turmes und die nördliche Schiffmauer
herrühren. Im J. i477 erfuhr die Kirche durchgreifende bauliche Veränderungen,
indem von dem Werkmeister Reinhardt Schrueder und seinen Söhnen (s. unten)
in Chor, Schiff und Turmhalle gothische Gewölbe eingezogen und auch die Fenster
teilweise verändert wurden. Die Pfarrstelle vergab vom i5. bis 1 7. Jh. der Herzog von
Jülich (BiNTERiM u. Mooren a. a. O. S. 555); später wurde sie von den Merode zu
Röttgen (Schannat-Baersch a. a. O.) besetzt, am Ausgange des 18. Jh. hatten das
Kollationsrecht die von Vorst-Lombeck zu Gudenau (Dumont, Descriptio S. 20). Im
J. i8o4 wurde die Pfarre unterdrückt; die Wiederherstellung erfolgte im J. i856. Im
Geschichte
355
10'
l48 KREIS RHElKßACH
Kathoi. J. 1828 ist Dach und Turm restauriert, im J. i87o eine neue Sakristei angebaut worden.
Pfurrkirciie j^^ j ^ggg wurden an den Chorwänden, im Schiff und Turm umfangreiche Wand-
malereien aufgedeckt.
Beschreibung Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau (Grundriss Fig. 59) mit vorgelegtem West-
turm und quadratischem Chor. Länge im Lichten i3,7o m, Breite 4,7o m.
Ein schlichter Sockel umzieht den Turm, der nur zwei durch ein Zwischen-
gesims getrennte Geschosse umfasst. Das Untergeschoss zeigt keinerlei Durchbrechung
und Gliederung. Das Obergeschoss hat Lichtspalten und grosse gothische, durch
Pfeiler geteilte Doppelfenster mit Nasen. Auf einem Steine eine Bauinschrift vom
J. i477 (s. unten).
Das Langhaus, das in einer etwas anderen Achse liegt als das Schiff, ist von
einem geschieferten Satteldach überdeckt. Die nördliche, aus der romanischen Bau-
zeit stammende Langmauer hat ausser der Thüre gar keine Öffnungen, die südliche
ist vollkommen erneuert und von Spitzbogenfenstern durchbrochen.
Wie das Langhaus, so ist auch das Äussere des spätgothischen Chores ohne
jeden Schmuck. Die Sakristei liegt in der Längenachse und schliesst polygonal ab.
Inneres Ini Inneren hat die Turmhalle ein spätgothisches Gewölbe, dessen Rippen
auf polygonale Konsolen auflaufen. Der vierpassförmigc Schlufsstein zeigt einen
Christuskopf.
Das Schiff ist flach gedeckt.
Durch einen spitzen Triumphbogen mit romanischen Pfeilerkämpfern betritt man
den rechteckigen, flach geschlossenen Chor, der von einem spätgothischen vier-
strahligen Stemgewölbe überspannt wird. Die scharf profilierten Rippen entspringen
aus einfachen Konsolen, die mit den Gestalten der Apostel verziert sind.
Wnndmniereien ^^^ Wandmalereien, die im J. 1888 aufgedeckt und mit Unterstützung der
Pro vinzial Verwaltung von den Malern Karl Blume aus Euskirchen und Amend aus
Keyenberg mit wenig Verständnis und ohne Pietät restauriert worden sind, rühren
von einem unbedeutenden Meister des 16. Jh. her. Die Wände des Chores zeigen
die Gestalten der zwölf Apostel in mehr als halber Lebensgrösse, Spruchbänder mit
den Artikeln des Glaubensbekenntnisses in den Händen tragend. Es sind kurze,
untersetzte Gestalten, die Köpfe sind vollkommen modernisiert. Die Madonna über
der Sakristeithür ist neu. Über den Aposteln ein Fries von Vierpässen mit den
Leidenswerkzeugen. Bei der Aufdeckung waren die Apostelfiguren mit kleineren, aus
späterer Zeit stammenden Apostelbildem übermalt. Auf dem Triumphbogen war das
jüngste Gericht dargestellt. In der Spitze Jesus mit Maria und Johannes, deren obere
Teile jedoch fehlten; sie waren beim Einziehen der flachen Decke abgeschnitten
worden. Links zeigte sich die Auferstehung der Seligen, rechts die Verdammten.
An der nördlichen Langmauer waren die Gestalten des h. Michael, eines h. Bischofs
. und verschiedener anderer, nicht näher bestimmbarer Heiligen zu erkennen. Sie
wurden ebenso, wie das jüngste Gericht, wieder übertüncht. Erhalten ist hingegen
ein Kruzifixus mit Maria und Johannes an der nördlichen Westmauer des Schiffes,
femer an der Westwand der Turmhalle ein grosser Christophorus und in der Laibung
des von der Turmhalle ins Schiff führenden Bogens Christus mit Simon von Cyrene.
Der Kopf Christi wiederum ganz modernisiert. Der übrige Teil der Laibung zeigt
eine facettierte Quaderung. In den Kappen des Turm- und Chorgewölbes gutes
Rankenwerk aus dem Anfange des i6. Jh.
Die Bauinschrift, die auf einem an der Nordseite des Turmes eingemauerten
Sandsteinblock steht, hat folgenden Wortlaut:
356
ROITZHEIM
i49
1477
REYNERT SCHRUEDER VON RUIHIO (?)
HANS, SYN SON, D. K. M.
GERET, SYN SON, D. A. K.
TEYS, SYN SON, GOT SY MYT ONS.
Von der Kirchenausstattung sind die
folgenden Stücke zu nennen:
Taufstein (Fig. 60) aus Basaltlava, um
1 100, 85 cm hoch, Beckendurchmesser 80 cm.
Auf viereckiger Basis ruht ein schwerfälliger
cylindrischer Block, aus dem, den Ecken der
Basis entsprechend, vier Dreiviertelsäulen her-
vortreten. Das Becken selbst ist kreisförmig,
von einfachem steilen Profil, den vier Säulen \ —
des Fusses entsprechen vier starre ausdrucks-
lose Köpfe. Dazwischen ein vertieftes Kreis-
ornament. Der Tauf-
stein gehört zu einer
am ganzen Nieder-
rhein stark verbrei-
teten Gruppe. Vgl,
Kunstdenkmäler des
Kr. Kempen S. 16.
Kupfernes Vor-
tragekreuz, 39 cm
hoch, um i3oo. Die
Beine des Kruzilixus
sind parallel, doch ist
der Körper .ziemlich
kräftig geschwungen.
DieKreuzesenden ent-
falten sich lilienförmig.
Weihwasser-
kessel in der Form
des i5. Jh., auf drei
Füssen, mit der Jahres-
zahl 1622.
An der Nord-
seite hölzerne Thüre
mit reichen schmiede-
eisernen Beschlägen
vom Ende des i5. Jh.
(Fig. 61). Drei mehr-
fach geteilte, lilien-
ähnlich endigende
Bänder, die Zwischen-
räume sind mit Nä-
geln gefüllt.
ICnthol.
Pfftrrk irc he
Taufsteiii
Fig. 60.* Roitzheim. Pfarrkirche. Taufetein.
Vortragekreuz
WeihWRSser-
kessel
Beschläge
Kig 61. Roitzheim Pfarrkirche. Thür mit spätgothischem Beschlag.
357
i5o
KREIS RHEINBACH
RUPPERATH.
Kathol.
Pfarrkirche
GeKhichte
Beschreibung
Altar«
Tntifbeckea
Weihwaster-
keHcl
Glocke
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Petri). Schannat-Baersch,
Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 352. — Katzfey, Geschichte der Stadt
Münstereifel I, S. 120. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 658.
— Ders., Kant. Rheinbach S. 78.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Vgl. Tille, Übersicht.
Der liber valoris (nach i3oo) erwähnt im Ahrgauer Dekanat eine Pfarre Rubol-
deroide (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 387); dies ist möglicherweise Rupperath.
Jedenfalls bestand die Kirche bereits im i4. Jh., wie aus dem Vorhandensein einer
Glocke aus dieser Zeit geschlossen werden darf (s. unten). Der liber coilatorum des
i5. Jh. nennt unter den Kollationen der Bonner Kirche auch Ropichttrade (Bin-
terim u. Mooren E. K. I, S. 548). Die älteste urkundliche Erwähnung stammt erst
aus dem J. i525 (Katzfey a. a. O. S. 120). Die Baupflicht hatten die Johanniter in
Adenau. Der gegenwärtig noch bestehende Bau wurde im J. i787 errichtet. Das
Kollationsrecht hatte um das J. 1800 der Komthur des Malteserordens in Adenau
(DuMONT, Descriptio S. 20).
Einschiffiger verputzter Bruchsteinbau mit Ostturm und polygonal geschlossenem
Chore.
Dem Schiffe ist im Westen eine kleine viereckige Vorhalle vorgelegt. Die
Langhausmauern sind von grossen Segmentbogenfenstern durchbrochen. Der Chor
schliesst mit drei Seiten des Achtecks ab, unmittelbar an ihn schliesst sich die Sa-
kristei, die als Unterbau des vierseitigen, ganz geschieferten und in eine achtseitige
Haube endigenden Turmes dient.
Das Innere ist noch reizloser, als das Äussere. Das Schiff ist flach gedeckt;
jeglicher Schmuck fehlt
Die Ausstattung ist ohne Wert.
Altäre aus der elendesten Zopfzeit.
Taufbecken, barock, in die Westwand eingemauert. An der Vorderseite in
einer omamentalen Umrahmung die Jahreszahl: anno domini i733.
Bronzener Weihwasserkessel, Anfang des 16. Jh. Die Enden des Bügels
greifen in Köpfe ein.
Glocke, Inschrift nicht entziffert, dem Schriftcharakter nach aus demi4. Jh. ;
die anderen sind vor einigen Jahren umgegossen worden.
SCHEUERN.
Römiachc
Funde
RÖMISCHE FUNDE. Bei Gelegenheit von Grabungen kamen wiederholt
römische Münzen aus der Kaiserzeit und kleine, mit geriefelten Ornamenten verzierte
Getässe zu Tage. Schöttler (Über die Lage der geschichtlichen Orte Aduatuca
Eburonum, Ära Ubiorum und Belgica, Rheinbach i889, S. 24) fand in der Parzelle
„am Backofen" im J. i887 grosse Erdanhäufungen, die sich zum Teil als Grabhügel
herausstellten. In einer dritten Erdanhäufung fand man unter einer Masse römischer
Dachziegel und anderer stark angebrannter Gegenstände eine hufeisenförmige Fun-
damentlage; hier habe, so vermutet Schöttler, die Ära Ubiorum, gestanden. Vgl.
dazu weiter die oben S. i35 angeführte Schrift S. 23 u. ff.
358
SCHOENAU
l5l
KATHOLISCHE KAPELLE. Kath. Kapeiu
Schlichter, verputzter Bruchsteinbau des i8. Jh. Die lichte Länge beträgt 9,2o m,
die Breite 4,2o m.
Der Westgiebel trägt einen geschieferten Dachreiter, der Chor ist polygonal
geschlossen. Das Innere ist von einer flachen Holztonne überspannt
SCHOENAU.
Kmhol.
Pfarrkirche
Ge&chichte
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Goaris). Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 38o. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 353.
— V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII, S. 689. — Ders., Kant.
Rheinbach S. 8o.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Indulgenzen von i664 und i7o4. —
Bruderschaftsbuch, begonnen i774. — Lager- und Urkundenbuch, i74i. — Vgl.
weiter Tille, Obersicht.
Schoenau wird zum ersten Male im Prümer Güterverzeichnis vom J. 893 ge-
nannt (MRh. UB.I, Nr. i35, S. i43 u. i87). Der Kommentar des Caesar von Heister-
bach vom J. 122 2 (a. a. O. S. i88) erwähnt bereits die Kirche, deren Patronat damals
die comites Viennenses et luliacenses besassen. Aus dieser Zeit etwa stammt auch
der romanische Westturm. Langhaus und Chor wurden gegen das J. 1 5oo vollkommen
erneuert. Das Kollationsrecht hatten um das J. i8oo die Grafen von Manderscheid-
Blankenheim (Dumont, Descriptio S. 21). Im J. 1886 wurde der Chor abgebrochen
und die Kirche nach Plänen des Baumeisters Billiger in Euskirchen durch Anbau
eines Querschiffes und eines Chores erweitert.
Dreischiffiger, verputzter Bruchsteinbau (Grundriss Fig. 62) mit vorgelegtem Beschreibung
Westturm und modernem Querschiff und Chor. Der Bau war ehemals i5,35 m im
Lichten lang, die Breite beträgt 11, 9o m.
Der Turm entbehrt jeder Gliederung und Stockwerkteilung. An der Nord-
seite liegt in einer rundbogigen Blende ein rechteckiges Portal von ganz schlichter
Behandlung. Ausser von ein paar Lichtspalten an der Nord- und Südseite ist die
Mauer im Glockengeschoss auf jeder Seite von zwei grossen Doppelfenstern durch-
brochen, die in der Mitte durch kleine Säulen mit Eckblattbasen geteilt sind. Den
Abschluss bildet ein achtseitiger Schieferhelm.
Das Äussere des Langhauses, das unter einem einzigen grossen Schleppdache
liegt, ist gleichfalls recht schlicht. Die Nordseite zeigt zwei hoch gelegene kleine
Rundbogenfenster mit dreiteiligen, spätgothischen Nasen. Zwischen den Fenstern
ein einfach abgetreppter und pultförmig abgedecker Strebepfeiler. Vor Abbruch des
Chores war an der Nordseite noch ein zweiter Strebepfeiler an der östlichen Ab-
schlussmauer vorhanden. Die Südseite zeigt gleichfalls einen Strebepfeiler. Die
beiden Fenster sind hier spitzbogig, gross, ungeteilt. Sie reichen mit ihren Ober-
teilen über die Dachansatzlinie in besondere Giebel hinein.
Die Ecken des polygonalen Chores, den ein einfach profilierter, dem Gelände
entsprechend in rechtwinkeligen Absätzen ansteigender Sockel umzog, waren eben-
falls durch Strebepfeiler mit einfachen Wasserschlägen verstärkt. Die nordöstliche
und die südöstliche Achteckseite zeigte je ein grosses, zweiteiliges Spitzbogenfenster
mit Fischblasenmasswerk.
Westturm
Langhaus
Cho
359
l52
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirchr
Inneres
Die Sakristei endlich, die aus der gleichen Bauperiode stammte, wie der Chor,
lag in der Achse des Nordschiffes. Das Licht empfing sie von Osten durch ein Kiel-
bogenfenster.
Im Inneren (Grundriss Fig. 62) ist die Turmhalle von einem unreinen Grat-
gewölbe auf runden Schildbögen überspannt. Sie öffnet sich gegen das Langhaus in
einem schwerfälligen, auf einfach profilierte Kämpfer auflaufenden Rundbogen.
Das nur zwei Joche umfassende Langhaus führt seinen Namen mit Unrecht;
die Breite ist bedeutend grösser als die Länge. Das Mittelschiff* ist im Verhältnis
zu den Seitenschiffen ungewöhnlich breit und hoch. Der Obergaden ruht auf zwei
Rundpfeilem mit einfachen achteckigen Sockeln und auf achteckig abgefasten Mauer-
vorlagen. Die Arkaden sind spitzbogig; die Pfeiler setzen sich ohne Kapital in die
-^uu^
l ' . '.
-ir-V
-^-H^-
Fig 62. Schoenau. Gnindriss der kathoL Pfarrkirche vor der Erweiterung.
Arkaden fort, die an den Kanten abgefast sind. Nur gegen die Schiffe zu haben
die Pfeiler schwache Gesimse, von denen die Quergurte ausgehen. Das netzförmige
Gewölbe im Hauptschiff* zeigt fast durchwegs ausgerundete rhombische Flächen, die
Gewölbe der Nebenschiffie sind kreuzförmig. Hier dienen als Auflager der Rippen
zum Teil Kopfkonsolen, die aus dem abgebrochenen Chore stammen, zum Teil sind
keine besonderen Auflager vorhanden. Die Schlufssteine haben teils Wappen-, teils
Vierpassform; erstere zeigen meist die Leidenswerkzeuge.
Der Chor, der durch einen spitzen Triumphbogen zugänglich war, zeigte zu
beiden Seiten tiefe bis an den Bogen reichende Blenden. An der Ostseite war eine
kleine, von einem Segmentbogen abgeschlossene und umrahmte Blende angebracht
Das Gewölbe war dem im Hauptschiff*e ähnlich. Der Schlufsstein des Chorgewölbes
— ein Vierpass mit dem Bilde des h. Goar — ist jetzt an der zur Kirche führenden
Treppe eingemauert.
36o
SCHWEINHEIM
i53
Die Ausstattung ist modern; alt sind nur die Glocken, die die folgenden In-
schriften tragen:
Die grösste von i487: sanctus arlultdus (Amuldus?) heisen ich, in eir
GÖTZ IN SENT GEVER LUDEN ICH. lOHAN MARTIN VAN COELLEN GUS MICH ANNO
DOMENI (so) MCCCCLXXXVII.
Die zweite von !44o: maria et geuvarius, orate pro nobis. anno domini
MILLESIMO CCCC QUADRAGESIMO.
Die kleinste von i42o: defunctos plango, voco vivos, fulmina fr.vngo.
lOIRIS. anno DOMINI MCCCCXX.
Kathol.
Pfarrkirche
Glocken
SCHWEINHEIM.
KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Trinitatis). Schannat-Baersch, EifliaKath. Kapeiu
illustrata III, i. Abt., i. Abschn. S. 260. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius
3. Abt. XIII, S. 32. — Ders., Kant. Rheinbach S. 26.
Handschriftl. Qu. In der Schulbibliothek: Chorbuch aus Kloster Schwein-
heim, vom J. i698. — Vgl. weiter Tille, Übersicht.
In Schweinheim scheint bereits in früher Zeit eine Kapelle bestanden zu haben. Geschichte
Der Über collatorum des i5. Jh. nennt das Kölner Mariengradenstift als Kollator (BiN-
terim u. Mooren, E. K. I, S. 547). Jedoch fordert der halbkreisförmige Chorschluss zu
der Annahme auf, dass der gothische Bau des i5. Jh., als den sich die jetzige Kapelle
darstellt, auf romanischen Fundamenten ruhe. Der Ort gehörte zur Pfarre Ringsheim.
Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit Dachreiter am Westgiebel und halb- Beschreibung
kreisförmigem Chorschluss. Die Länge beträgt im Lichten iS,io m, die Breite 4,75 m.
Das Langhaus, das unter einem geschieferten Satteldach liegt, trägt am West-
giebel einen vierseitigen, in einen achtseitigen Helm endigenden Dachreiter, der an
seiner ganzen Oberfläche geschiefert ist. An der Westseite ist eine rundbogige Thür
angeordnet. Die Langmauem sind von einfachen Spitzbogenfenstern ohne Masswerk
durchbrochen. Die Fenster des Chores sind rundbogig und in Haustein gefasst (18. Jh.).
An den sehr flachen, aus drei Seiten des Achtecks konstruierten Chorabschluss schliesst
sich gegen Osten ein halbkreisförmiger, apsidenähnlicher Ausbau.
Die Sakristei, ein Anbau des 18. Jh„ liegt an der Südseite der Kapelle. Sie
besteht in ihren unteren Teilen aus Bruchstein, in den oberen aus Fachwerk.
Das Innere ist flach gedeckt.
Der Altar ist ein grosser, die ganze östliche Abschlusswand einnehmender Auf-
bau des 18. Jh. In der Mitte die h. Dreieinigkeit, links Maria, rechts Joseph.
Spätgothischer steinerner Sakramentsschrein.
Sehr bemerkenswert sind einige aus Kloster Schweinheim stammende Paramentc:
Neue pfirsichrote Kasel mit altem Stab aus dem i5. Jh. Der rotgoldene Grund
zeigt ein Flechtmuster. Auf dem Kreuze der Kruzifixus mit Johannes und Maria am
Kreuzesstamme, darüber die Halbfigur Gottvaters mit erhobenen Händen und der
h. Geist in Gestalt der Taube, darunter das Kniestück einer weiblichen Heiligen
(Magdalena?) mit einem Salbgefäss. Darüber die Inschrift ItfÄ (Magdalena?).
Kasel aus grünem gepressten Samt mit Granatapfelmuster, Ende des i5. Jh.
Auf dem Goldgrunde des Kreuzes in der Mitte das Wappen der Eheleute Heinrich
von Hompesch zu Tetz und Sophia von Bourscheidt in farbiger Seidenstickerei, darüber,
darunter und seitwärts davon Bäume und Ranken in geometrischer Stilisierung. Da-
zwischen die Inschriften ave preclara maris Stella in blauer Seide auf den Stab
Inneres
Altur
SukriimentS'
Schrein
Parainente
36 1
i54
KREIS RHEINBACH
Kmh. Kn pelle gestickt. Auf der Vorderseite gleichfalls geometrische Ranken und Blumen mit den
Inschriften maria. salve regina. ihesus.
Blaue Kasel aus glattem Samt, Ende des i5. Jh. Auf dem Goldgrunde der
Stäbe Bäume, von kleinen Gittern umgeben, in geometrischer Manier. In der Mitte
die h. Ajitonia mit dem Schutzmantel, darüber die Inschrift sancta antonia, darunter
IHESUS, MARIA. Auf der Vorderseite dem entsprechend unter einem Baldachin der
h. Johannes und ähnliche, ebenfalls von Zäunen umgebene Bäumchen. Inschriften:
SANCTUS lOHANNES, IHESUS, MARIA.
Neue weisse Kasel mit altem, leider sehr stark restaurierten Stab, um i5oo.
Auf dem rotdurchwirkten, von einer geflochtenen Goldborte eingefassten Goldgrunde
der Kruzifixus mit das Blut auffangenden Engeln, darüber die Halbfigur Gott-
vaters; am Kreuzesstamme Johannes und Maria, darunter die Heimsuchung. Auf der
Vorderseite die Einzelgestalten der hh. Elisabeth, Nikolaus und Apollonia.
Neue braune Rips kasel mit altem, von einer Goldborte eingefasstem Stab des
iS. Jh. Auf dem geflochtenen Goldgrupde der Kruzifixus in sehr naturalistischer Be-
handlung. Der Körper ist
übersäet mit Bluttropfen. Am
Stamm Johannes und Maria.
Darunter und auf der Vor-
derseite die Wappen Christi.
Beachtenswert ist das
Haus Nr. i8 aus Fachwerk
mit hübschen Verzierungen
im [Putz und der Inschrift
ANNO i788.
BURG. SCIUNNAT-
Baersch, Eifliaillustratalll,
I. Abt. S. 260. — V. Stram-
BERG, Rheinischer Anti-
quarius 3. Abt. XIII, S. 32.
— Ders., Kant. Rheinbach
S. 26. — Fahne, Geschichte
der kölnischen Geschlechter
I, S. 28.
Fachwerkhaus
Burg
&f)wcincntirtvJl3crn{an>.
Fif . 63. Schweinheim. Ansicht der Burg im J. 1723.
Abbildung
Geschichte
Abbildung. Eine Ansicht der Burg vom J. i723 enthält der Cod. germ.
Nr. 2635 der Münchener Staatsbibliothek: Gülsche Beschreibung, Welcher gestalt die-
selbe zum Fürstenthumb ist erhoben worden (Fig. 63).
Schweinheim scheint zur Herrschaft Tomburg gehört zu haben (Cremer, Aka-
demische Beiträge zur Gülch- und Bergischen Geschichte II, S. 256). Im J. i333
belehnte Graf Wilhelm von Jülich die Wittwe des Rutger von Friesdorf mit Dorf
und Gericht Schweinheim. Späterhin besitzen Ludwig von Auwe und seine Gattin
Kunigunde von Schweinheim die Burg. Sie verkauften im J. i385 Burg und Dorf
an Frambach Nyt von Birgell und seine Frau. Durch Maria, die Tochter des Johann
Frambach von Weycr, der im J. i4o2 die Belehnung empfangen hatte, kam beides an
Wilhelm Spies von Büllesheim. Seit dem 1 6. Jh. wird es als jülichsche Unterherrschaft
bezeichnet An die Stelle der Spies von Büllesheim treten mit dem Ende des 1 7. Jh.
die von Bemsau. Von ihnen kam der Besitz im i8. Jh. durch Heirat an Johann
Wolfgang Wilhelm von Steinen zu Scherfen, von dessen Tochter an Clemens August
363
STOTZHEIM
l55
von Weichs. Im J. i897 gelangte die Burg von Herrn Hugo Fischenich an Herrn
Landrat Freiherrn Clemens von Schorlemer in Neuss.
Die Ansicht vom J. i723 (Fig. 63) zeigt zwei von
Weihern umzogene, viereckige Gebäudegruppen von
regelmässigem Grundriss. Das dreigeschossige Herren-
haus, das durch einen vortretenden Mittelrisalit ausge-
zeichnet ist, umschliesst mit drei anderen Gebäude-
flügeln einen Binnenhof. Es ist durch einen über-
brückten Querarm des Weihers von der Gruppe der
Wirtschaftsgebäude getrennt, die durch eine Thorburg
und zwei viereckige Türme an den äusseren Ecken
geschützt sind. Von dieser Anlage ist jedoch fast nichts
mehr erhalten. Aus dem i8. Jh. etwa stammt nur der
rechte, aus Bruch- und Backstein aufgeführte Flügel der
Wirtschaftsgebäude, der sich mit drei grossen, in Hau-
stein gefassten Thoren gegen den Hof öffnet. An der
äusseren Ecke ein fünfeckiger, drei Geschosse zählender
Turm (Fig. 64) mit barocker Schieferabdeckung. Das
Erdgeschoss ist aus Bruchstein, die oberen Stockwerke p. ^^
sind aus Backstein. Schweinheim. Eckiunn der Burg.
Burg
Beschreibung
STOTZHEIM.
Kathol.
Pfarrkirche
Geschichte
RÖMISCHE RESTE. Bei Stotzheim soll der Eifelkanal die Erft auf Bogen Römi.che
° Reste
übersetzt haben (B, J. LXXX, S. 9). In der alten Kirche sollen Kalksintherstücke in
beträchtlichen Mengen eingemauert gewesen sein (Eick, Die römische Wasserleitung
aus der Eifel nach Köln S. Ii4).
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Martini). Binterim u. Moo-
ren, E. K. I, S. 348. — Schannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt. S. 268. —
V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 85. — Ders., Kant. Rheinbach S. 1 9.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Verzeichnis der Güter, Renten und
Gerechtsame des Pastorats, von i669. — Stiftungsurkunden von i695. — Buch der
Bruderschaft Jesus-Maria-Joseph et St. Xaverius, 1 69 2 ff. — Vgl. femer Tille, Übersicht
Im J. 1242 schenkte Elisabeth, die Witwe Walrams von Montjoie, dem Schwein-
heinier Kloster ein Grundstück zu Stotzheim (Lacomblet, UB. II, Nr. 272). Die
Kirche wird jedoch erst nach i3oo im über valoris genannt (Binterim u. Mooren,
E. K. I, S. 348). Die Pfarrstelle besetzten die Herren des Stotzheimer Burghofes.
Um 1800 wird als Kollator der Freiherr von Boland genannt (Dumont, Descriptio
S. 22). Im J. i864 wurde die alte Pfarrkirche abgebrochen und an anderer Stelle
nach Plänen des Baumeisters S/a/z in Köln ein Neubau in gothischem Stile aufgeführt.
Von der alten Kirche steht nur noch eine an das Stotzheimer Kloster grenzende Beschreibung
Bruchsteinmauer mit grossen durch Segmentbogen geschlossenen Fenstern. Sie scheint
von einem Baue des 1 8. Jh. herzurühren.
Von den Ausstattungsgegenständen sind die folgenden zu nennen:
Taufstein, barock, i7.Jh., 1,18 m hoch, aus Basaltlava (Fig. 65). Ein kreis- Taufsiein
rundes Becken auf einem schlanken, in der Mitte durch einen Ring gegürteten
Säulenfuss, der vielleicht von einem Bauteile des 1 3. Jh. herstammt.
363
i56
KREIS RHEINBACH
Kathol.
Pfarrkirch«
Kelche
Monstrum
Kasel
Glocken
A ugus tine-
rinnenklos ter
Geschichte
Beschreibung
Silberner Rokokokelch, 22 cm hoch, getrieben, mit Meisterzeichen J. H. und
Beschauzeichen.
Kupferner Rokokokelch, vergoldet, 25 cm hoch, in roher Treibarbeit, mit den
Evangelistenfiguren in Medaillons.
Spätgothische Monstranz, aus Silber, vergoldet, 54 cm hoch, mit sechsteilig
geschweiftem Fuss. Der Glascylinder ist von Strebewerk mit kleinen Figuren einge-
fasst. Über der Kuppe ein Baldachin mit dem h. Martin. Am Fusse die Inschriften :
RENOVARI CURAVERUNT PLURIME REVERENDUS DOMINUS CAROLUS FRIDERICUS
SCHMITZ, PASTOR CHRISTIANITATIS TOLPIACENSIS, CAMERARIUS MERITISSIMÜS ET DO-
MINUS BERNERDUS (so) SCHNAKENBURG, SCABINUS, ET DOMINA MARIA CAROLINA
ABECK EIUS CONIUX IN STOTZHEIM ANNO DOMINI l763. Femer: D. O. M. TEMPORUM
INIURIA PLANE DIRUTA EX DONIS PAROCHIANORUM IN STOTZHEIM IN INTEGRUM RESTI-
TUTA ANNO MDCCCLXXIII.
Kasel mit alten, leider sehr schlecht
restaurierten Stäben vom J. i545. Auf dem
goldenen Grunde applizierte Figuren. Auf
einem gabelförmigen Kreuze Christus, ihm zur
Seite die h. Margaretha und ein h. Bischof.
Darunter die h. Barbara und die Halbfigur
eines Bischofs. Auf der Vorderseite ebenfalls
drei Gestalten unter Baldachinen: die h. Eli-
sabeth mit einem Knaben, eine andere Heilige
mit einem Buche und eine Äbtissin. Unter dem
Kruzifix die Inschrift: amor meus crucifixus
EST. i54S.
Die (unzugänglichen) Glocken tragen
die folgenden Inschriften:
Die grösste: s. martinus heiss ich,
DIE LEBENDIGEN BERUFE ICH, DIE TODTEN BE-
GRABE ICH. ENGELBERTUS CREMMEL. G. H.
X^"^ ANNO 1 7 1 7. Am Mantel ein Kreuz und die
Darstellung des Ecce homo.
Die mittlere: zur ehre gottes läute
ICH, UNGEWITTER VERTREIBE ICH. l7o4 A.
COCHEM GOSS MICH. JOHANN BERNHARD SMACKENBERG.
Die dritte vom J. i832.
AUGUSTINERINNEN-KLOSTER. Sch ann at-Baersch, Eiflia illustrata
III, i. Abt., I. Abschn. S. 27o. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII,
S. 86. — Ders., Kant. Rheinbach S. 20. — ^chorn, Eiflia sacra II, S. 6o4.
Handschriftl. Qu. Im Staatsarchiv zu Düsseldorf: 28 Urkunden von
1436 — 1779. — Kopiar von i729. — Unter den Akten: Statuten des Konvents von
i446. Vgl. weiter Ilgen, Rheinisches Archiv S. i2 7.
Die älteste Nachricht von einer klösterlichen Ansiedlung in Stotzheim bewahrt
eine Urkunde vom J. i436 (Düsseldorf, Staatsarchiv). Erst im J. i483 wurde der Kon-
vent vom Erzbischof Hermann IV. von Köln anerkannt (Urkunde ebenda). Die Ein-
künfte wie die Zahl der Insassen blieben zu jeder Zeit sehr gering. Zu Beginn des
Jahrhunderts wurde das Kloster aufgehoben.
Die sehr ärmlichen Klostergebäude, die unmittelbar an die Kirche grenzten, sind
grossenteils aus Fachwerk errichtet. Sie gehören dem 1 8. Jh. an und sind in ärgstem Verfall
Fig. 65. Stotzheim.
Taufstein in der neuen Pfarrkirche.
364
STOTZHEIM
i57
HARDTBURG. SChannat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt., i. Abschn. H.rdtburg
S. 27i. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 3o. — Ders., Kant.
Rheinbach S. 22. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, S. 80. —
V. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden III, S. 42. — Ann. h. V.
N. IV, S. 220.
Im J. 1246 schenkte Graf Friedrich von Hochstaden dem Kölner Erzstifte mit
seiner Grafschaft auch sein castrum Hart (Lacomblet, U B. II, Nr. 2 96). Fast 100 Jahre
später, im J. i34if erhielten die Ritter Arnold, Vogt von Bomheim, und Dietrich
Pythane von Nörvenich Schloss und Amt Hardt zu Lehen mit der Verpflichtung,
1000 Mark für die bauliche Wiederherstellung zu verwenden (Lacomblet, UB. III
i^'L"^'tni'/.,;.^/y^
Geschichte
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Fig. filb Stouheim. Hnrdtburg, Grundrifjtslcizze.
Nr. 362: cum castrum nostrum Hart in suis edificiis fere collapsum ruinam mi-
naretur). In der Cronica presulum et archiepiscoporum Coloniensis ecclesie (.Ann.
h. V. N. IV, S. 220) heisst es: Ipse (seil. Walramus) etiam plurima castra ecclesie, vide-
licet .... Hart, turribus et menibus fortiter communivit. Aus dieser Zeit stammt der
weitaus grösste Teil der noch erhaltenen baulichen Reste. Die Burg war bis zum
J. i794 Sitz der kurkölnischen Amtmänner. Der gegenwärtige Eigentümer ist der
kgl. preussische Forstfiskus.
Die Burg (Fig. 66), die mitten im Hardtwalde auf einer Anhöhe liegt, ist heute Beschreibung
eine malerische Ruine. An der Nordseite führte eine Zugbrücke über den tiefen und
breiten Graben, der den ganzen Komplex umgiebt, durch eine Thorburg in den von
einer Ringmauer umzogenen Burgbereich, der durch einen Abschnittsgraben in zwei
Teile zerschnitten wird. Die nördliche, der Thorburg zunächst gelegene Hälfte ent-
365
i58
KREIS RHEINBACH
Hard tburg
Äussere Ring-
Thorburg
hält nur einige Gebäude des i8. und i9. Jh., die südliche Hälfte dagegen ausser
einer zweiten Ringmauer noch andere beträchtliche Mauerreste und den wohl erhal-
tenen Bergfried, all dies von Baum- und Strauchwerk prachtvoll überwuchert.
Die äussere Ringmauer, die in ihren unteren Teilen bis auf eine kurze Strecke
in der südöstlichen Ecke noch wohl erhalten ist, besteht aus Bruchsteinmauerwerk.
Sie hat gegenwärtig noch eine Höhe von 5 — 7 m. Der Raum, den sie umzieht, ist
von sehr gestreckter, unregelmässiger Form. Scharfe Ecken sind fast ganz vermieden,
die Richtungsänderungen erfolgen zumeist in sehr stumpfen Winkeln. Eckverstärkungen
sind nur sehr spärlich angeordnet; in der nordöstlichen Ecke ist die Mauer durch
einen rechtwinkeligen, mit einem halbrunden Erkertürmchen versehenen Ausbau be-
wehrt, an der Ostseite sind
ausserdem noch zwei gleiche
Erkertürmchen erhalten. An
der Innenseite lief ein Wehr-
gang entlang; nur am nörd-
lichen Teile der Westmauer
sind jedoch gemauerte Pfei-
ler und Bögen vorhanden.
Hier tritt die Mauer dreimal
in Bogenbreite aus ihrer
Flucht und bildet auf diese
Weise rechteckige, mit je
drei Schiefsscharten zur Be-
streichung der Front und
der Flanken ausgestattete
Räume. An vielen Stellen
weisen Balkenlöcher auf
einen hölzernen (vielleicht
auf Spreizhölzer gestellten)
Wehrgang hin.
u
— f-
-A
_^.j —
-— i-
Fig. 67. Stotzhcim. Hnrdtburg, Der Bergfried.
Die Thorburg hat
an der Feldseite einen dop-
pelten, mit einem Wulste
im Scheitel versehenen Spitz-
bogen, durch den ein Fall-
gitter herabgelassen werden konnte. Die Thorhalle ist von einem Tonnengewölbe
überspannt. Rechts eine tiefe rechteckige Blende. Der innere Thorbogen ist gleich-
falls spitz. In der Mauer führt eine Treppe auf die (moderne) Cementabdeckung
des Thores.
Abschnittsgrnben ^^^ ^^^ nördliche Burghälfte von der südlichen trennende Abschnittsgraben
ist auf beiden Seiten durch Futtermauern gebildet. Südlich dieses Grabens liegen
bedeutende Mauerreste, in denen zum Teil noch Fensteröffnungen und Schiefsscharten
zu erkennen sind.
Es folgt sodann eine zweite, innere Ringmauer von etwa 7 m Höhe und
2^/2 m Dicke. Auch sie zeigt stellenweise Spuren eines Wehrganges. In ihrem Be-
ringe liegt der noch gut erhaltene Bergfried (Fig. 67), ein viereckiger, aus Bruchstein
aufgeführter, nur an den Ecken mit Trachytblöcken verklammerter Turm. Der Eingang
liegt nicht zu ebener Erde, sondern in der Höhe des ersten Obergeschosses. Die in Sand-
innere King-
mauer
Bergfried
366
STRASSFELD
lS9
Stein gefasste Thür gehört nicht der Erbauungszeit an, doch lag der ursprüngliche Ein- Hardtburg
gang, wie zwei Kragsteine beweisen, wohl gleichfalls an dieser Stelle. Die Mauer ist nur
an einer Seite von einer Lichtspalte durchbrochen. Der Thür gegenüber liegt ein Abort,
dessen Abzugsrohr fast senkrecht in die Mauer herabführt. Neben diesem fuhrt eine
Treppe in der Mauer zum zweiten Obergeschoss. Das dritte Geschoss hat an jeder
Seite eine schräg durch die Mauer geführte Lichtspalte. Das vierte hat zwei Licht-
spalten und zwei mit geräumigen Kammern versehene Schiefsscharten. Hier führte
in einer Blende eine Treppe bis zum Mauerabschluss empor.
Nahe dem Thore liegt das alte Forsthaus, ein Fach werkbau vom J. i72i.
Etwa 4oo m nördlich der Burg liegt mitten im Walde ein altes Er d werk. Es Erdwerk
besteht aus einem sehr hohen, etwa 5o m langen Wall samt Graben, mit dem drei
kleinere unter einander parallele, aber schief zu ihm laufende Wälle durch einen
breiten Verbindungsgraben kommunizieren.
Römische
Funde
Kathol.
Pfarrkirche
STRASSFELD.
RÖMISCHE FUNDE. Die Strasse, die Antweiler mit Bonn verband, be-
rührte auch Strassfeld, ebenso die Militärstrasse, die von Belgica nach Wesseling am
Rheine führte; Vgl. dazu B. J. LXVII, S. 25 und LXXIX, S. 20. Nach Maassen (Ann.
h. V. N. XXXVII, S. i3) fanden sich etwa 3oo Schritt von dem Dammwege zwischen
Esch und Heimerzheim Baureste, Urnen, Scherben, Eisenstücke. Ein ehernes Götter-
bild ist verschwunden, ebenso fast gänzlich ein grösserer Münzenfund; eine Münze
zeigt das Bildnis des Kaisers Decentius. Das nach Maassen (a. a. O.) römische Mauer-
werk der Kirche stammt aus dem 1 8. Jh. Über ein grösseres Erdwerk vgl. Maassen
a. a. O. S. i4.
KATHOLISCHE PFARRKIRCHE (s. t. s. Antonii Eremitae). Binterim
u. Mooren, E. K. I, S. 357. — Sc^nnat-Baersch, Eiflia illustrata III, i. Abt.,
I. Abschn. S. 288. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. loi. —
Ders., Kant. Rheinbach S. 98.
Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Stiftungsurkunden von i4o8, i589, i656.
— Specificatio vera redituum ecclesie et pastoratus in Strcissfeld, i695. — Moderne
Pfarrchronik. — Vgl. femer Tille, Übersicht.
In Strassfeld bestand bereits im J. 856 eine Kapelle, die damals König Lothar II.
mit einem Hofe dem Otbert verlieh (MRh. ÜB. I, Nr. 93). Im J. io74 erlangte den
Zehnten das S. Kunibertstift in Köln (Lacomblet, UB. I, Nr. 218). Im liber valoris
(nach i3oo) ist bereits eine Kirche genannt (Binterim u. Mooren, E. K. I, S. 346).
Der gegenwärtig noch stehende Bau stammt grossen teils aus dem 18. Jh.; die Sakristei
wurde im J. i685 erbaut, der Chor im J. i7oo, das Schiff wahrscheinlich im J. i7io.
Die Kölner Antoniter kauften im J. i4o9 die Herrlichkeit Strassfeld von Johann Raitz
von Frenz; wahrscheinlich besassen sie seit dieser Zeit auch das Kollationsrecht der
Kirche, das ihnen jedesfalls am Ausgange des 18. Jh. zu eigen war (Dumont, Des-
criptio S. 22).
Einschiffiger Bruchsteinbau mit vorgelegtem Westturm und dreieckigem Chor- Beichreibunff
schluss. Die Länge beträgt im Lichten i6,45 m, die Breite 6,45 m.
Das Erdgeschoss des Turmes ist fast ganz mit Holz verkleidet, das stark zurück-
tretende hölzerne Obergeschoss ist auf seiner ganzen Aussenfläche geschiefert. Es
ist jederseits von zwei rechteckigen und darüber von zwei rundbogigen Fenstern
durchbrochen. Den Abschluss bildet ein achtseitiger Schieferhelm.
Geschieht«
367
l6o KREIS RHEINBACH
KRihoi. Die Langhausmauern sind an der Südseite durch zwei einfach abgetreppte
Strebepfeiler, an der Nordseite durch eine schräge Strebemauer verstärkt. Die Fenster
sind teils segmentbogenförmig geschlossen, teils rechtecJkig. Das sattelförmige Dach
ist geschiefert.
Der schmale Chor hat an der Südseite einen rechteckigen Ausbau und schliesst
spitz mit zwei Seiten des Achtecks ab.
Inner«! Das Innere ist ein flachgedeckter Saal. Der Chor, in den man durch einen
runden Triumphbogen gelangt, umfasst zwei rechteckige, von Gratgewölben über-
spannte Joche und den spitzen Chorschluss. Der Sakristei entspricht an der Südseite
ein tonnenüberwölbter rechteckiger Ausbau.
Die Ausstattung enthält nur wenig Bemerkenswertes:
Hochaltar vom J. i7o4, \qxi Richard Mechemich angefertigt, das Gemälde vom
J. 1 7o5 ein Werk des Peter Blanckert zu Blankenheim.
Beichtstuhl, vom J. 1686.
Taufstein, oval, 18. Jh.
Rokoko-Kelch, Silber, vergoldet.
Wappenscheiben ^n den Langhausfcnstem drei Wappenscheiben vom J. i7io mit den folgen-
den Inschriften: I. ADMODUM REVERENDUS DOMINUS GEREON RECKMAN, COLONIENSIS,
INCLYTAE DOMUS S. ANTONII INFRA COLONIAM CANONICUS, SUBSENIOR ET PRO TEM-
PORE PRAESENTARIUS DONO DEDIT l7lO.
2. ADMODUM REVERENDUS DOMINUS CASPAR BARDENHEWER, lULIACENSIS, IN-
CLYTAE DOMUS S. ANTONII INFRA COLONIAM CANONICUS SENIOR DONO DEDIT ANNO
l7lO.
3. ADMODUM REVERENDUS DOMINUS FRANCISCUS TILMANUS KRAFT, lULIACENSIS,
INCLYTAE DOMUS S. ANTONII INFRA COLONIAM CANONICUS DONO DEDIT ANNO l7lO.
HocheUar
Beichutuhl
Taufstein
Kelch
TODENFELD.
Römische RÖMISCHE FUNDE. Die vom Michaelsberge gegen Rheinbach zu führende
Funde ooo
Strasse berührte auch Todenfeld. Zu den römischen Resten sind vielleicht auch die
Spuren von Erdwerken zu rechnen, die von Veith in den B. J. LXXXII, S. 4o nennt.
Die Xanten - Ramershovener Strasse kann noch bis Todenfeld verfolgt werden (B. J.
LXXVI, S. 2 5).
Auf der Tomburg kamen bei Gelegenheit von Grabungen wiederholt römische
Münzen aus der Kaiserzeit und Gefässe sowie Gefässbruchstücke zu Tage. Westlich
des Bergfrieds wurden zu Anfang der 80 er Jahre die Reste einer römischen Heiz-
vorrichtung aufgedeckt. Das Gewölbe des Hypokaustons war zerstört, in \ier Ver-
bindungsröhre, die vom Heizraume bis zum Turme in einem Winkel von 45 ® führte,
fanden sich zwei Münzen der Kaiser Valens und Valentinian II. Auch sonst sind
noch vielfach Spuren römischen Mauerwerkes wahrzunehmen (Mitteilungen des Herrn
Steuerinspektors Clever in Rheinbach).
K«th. K.p.iie KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Huberti).
Geschichte Dj^ Kapelle wurde im J. 1660 erbaut. Sie ist ein elender Fachwerkbau mit
abgewalmtem Schieferdach und kleinem, offenen Glockengestell.
Beschreibung Y)?L% Innere ist zur Hälfte flach gedeckt, zur Hälfte tonnenförmig überwölbt.
Auf einem Brett an der Decke die Inschrift: anno 1660 in maio ist dieser
ALTAR AUFGERICHTET WORDEN DURCH JOHANNES VIANDEN (geb)ÜRT(ig) ZU GEILS-
TORFF.
368
TODENFELD
I6l
>-"va
Auf dem Altar eine Holzfigur des h. Hubertus, 84 cm hoch, i5. Jh.
TOMBURG. Schannat-Baersch, Eiflia illustrata I, 2. Abt. S. 728; U, 2. Abt.
S. 3i2; III, I. Abt. S. 298. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XII,
S. 6o4. — Ders., Kant. Rheinbach S. 39. — Katzfey, Geschichte der Stadt Münster-
eifel II, S. 2 23. — Ann. h. V. N. XV, S. 22, 26; XXI, S. i37; XXV, S. i77; XXVIII,
S. 3oo; XLVI, S. 182. — Ennen, Geschichte der Stadt Köln II, S. 364; IV, S. iii.
Wegeler, Burg Rheineck S. 29. — Günther, Cod. Rhen.-Mos. V S. i87.
Die Tomburg, deren Gründung angeblich in die Zeit der Hunnenkriege fällt,
wird zum ersten Male im^ Beginne des 1 1 . Jh. urkundlich genannt ; bis dahin war sie
der Wohnsitz der Pfalzgrafcn gewesen. Hier hielt angeblich im J. 102 4 Pfalzgraf Ezo
den Herzog Dietrich von I^othringen gefangen. Im J. 1028 wurde die neugestiftete
Abtei Brauweiler mit Gütern
in Toneburch dotiert (Lacom- , ^^0-
BLET, ÜB. I, Nr. i64). Des /J- ^
Pfalzgrafen Ezo Sohn, der Erz- " ^^^
bischof Hermann von Köln,
schenkte seiner Kirche im
J. 'io52 das castrum nomine
Toneburg (Lacomblet, UB. I,
Nr. i87). In Urkunden des
12. Jh. werden wiederholt
Grafen von Tomburg genannt.
Im J. i25i wurde die
Burg, damals im Besitze des
Grafen Wilhelm von Jülich, von
dem KölnerErzbischof Konrad
von Hochstaden belagert (La-
comblet, UB. II, Nr. 376).
Im J. 12 53 verlieh Graf Die-
trich von Kleve dem Konrad
von MüUenark die Burggraf-
schaft, behielt sich jedoch das
Recht vor, seinen Palas selbst
zu bewohnen (Lacomblet,
UB. II, Nr. 393: Burgraviam
castri Toneburg cum turn,
porta, clavibus murorumque custodia . . . habitabimus in nostro palatio illic structo).
Im J. i3o3 verkauften Dietrich Luf von Kleve und Lysa, seine Gemahlin, die Tom-
burg an den Erzbischof Wicbold (Lacomblet, U B. III, Nr. 27). Im J. i339 erkennt
Werner, Herr zu Tomberg, die Burg als kölnisches Offenhaus und Mannlehen an
(Lacomblet, UB. III, Nr. 2S2). Er wurde jedoch durch Arnold von Blankenheim
aus der Burg verdrängt; der Erzbischof Wilhelm gelangte wieder in ihren Besitz.
Durch Heirat kam die Tomburg im J. i4o4 an Krafft von Saffenberg. Um das
J. i42o teilten sich nach dem Tode des jüngeren Friedrich von Tomberg die Burg-
grafen Johann und Heinrich von Rhein eck mit ihm in den Besitz; zu ihnen trat im
J. i42 2 noch Frambach von Birgel. Im J. i435 scheint die Burg arg im Verfall ge-
wesen zu sein. In einer Urkunde aus diesem Jahre heisst es (v. Stramberg, Rheini-
scher Antiquarius a. a. O. S. 627): dat Tomburg ser wuist is ind ein deil hinten in
Tomburg
Todenfeld. Tomburg, Ansicht des gesprengten Bergfrieds.
Geschichte
369
11
l62
KREIS RHEINBACH
Tomburg der ovcFster Burg zumal affgevallen is, . . Um das J. i45o wurden — nach des letzten
männlichen Saffenberg Tode — Burg und Herrschaft Tomberg unter die drei Familien
Sombref, Quad und Rhein eck geteilt. Friedrich von Sombref, Herr zu Kerpen, be-
unruhigte vom Tomberg aus die Gegend durch seine Raubzüge. Der Jungherzog
Wilhelm von Jülich zerstörte i473 die Burg nach langer Belagerung; Friedrich
musste schliesslich seinen Anteil an der Herrschaft an Jülich abtreten (Lacomblet,
ÜB. IV, Nr. 364. — KoELHOFFsche Chronik ed. Cardauns S. 829). Seitdem liegt
die eigentliche Burg in Trümmern. Im J. i537 erwarb Johann Quad den Anteil der
Burggrafen von Rheineck. Durch Heirat mit Johanna Christina von Quad brachte
Johann Otto Ferdinand von Dalwigk - Lichtenfels diese beiden Anteile an sich; ihm
folgte im Besitze Ernst Idel Jobst Freiherr von Vincke, diesem seine Tochter, die
mit dem Grafen Friedrich Gebhard Werner von Schulenburg vermählt war. Sie ver-
kaufte die Tomburg an Herrn von Bemberg in Flamersheim. Die gegenwärtige
Eigentümerin ist die Stadt Rheinbach.
Beschreibung Von dcn Sehr weitläufigen Burggebäuden, die einst den Gipfel . des hoch aus
dem umgebenden Lande hervorragenden Tombergs bedeckten, ist wenig mehr er-
halten als eine Hälfte des drei Stockwerke hohen, aus dem i3. oder i4. Jh. stam-
menden Bergfriedes (Fig. 68). Das Mauerwerk des weithin sichtbaren Rundturmes,
das im ersten Geschoss 3 m, im zweiten 2,5o m, im dritten 2 m dick ist, besteht
grösstenteils aus dem am Berge selbst gebrochenen Basalt; dazwischen sind stellen-
weise dünne Tuffsteinlagen wahrzunehmen. Im Inneren sind noch die Ansätze zweier
kuppelähnlichen Tuffsteingewölbe zu erkennen.
Am Fusse des aufrechtstehenden Teiles liegen die riesigen Trümmer der anderen
Hälfte, deren Mauerverband selbst die Gewalt des Sturzes nicht zu lösen vermochte.
In der Nähe der ganz restaurierte Burgbrunnen mit runder Steinbrüstung.
SchioMkirche Die Schlosskirche wird zum ersten Male zu Beginn des i3. Jh. genannt
(Lacomblet, U B. IV, Nr. 654). Damals verlieh Graf Dietrich V. von Kleve an das
Kloster Schillingskapellen Ländereien gegen die Verpflichtung, für die Beleuchtung
der Kirche zu sorgen: ita quod singulis annis in festo b- Martini tres solidi Colonienses
ad illuminandam basilicam in Castro nostro Toneburch ab eisdem persolvantur. Später
sind die Einkünfte der Kapelle (?) als Personat auf einen Altar zu Oberdrees über-
gegangen (BiNTERiM u. Mooren, E. K. II, S. 21 9). Vgl. ferner dazu Mooren in den
Ann. h. V. N. XXV, S. i77.
WEIDESHEIM.
K leeburg
Oeschichte
KLEEBURG. Schannat-Baersch, Eifiia illustrata III, i. Abt., i. Abschn.
S. 247. — V. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. XIII, S. 93. — Ders., Kant.
Rheinbach S. 23.
Ursprünglich im Besitze eines gleichnamigen Geschlechtes, kam die Burg in der
Mitte des i5. Jh. durch Minxgin von Kleeburg, die Tochter des Johannes von Klee-
burg und der Paitza von Müllenark an Heinrich von Dadenberg. Margaretha, eine
Angehörige dieses Geschlechtes, brachte sie im J. 1610 durch Heirat an Werner
von Gymnich, in dessen Familie sie bis zum J. 1824 blieb; damals erwarb sie der
Freiherr Ludwig von Spies-Büllesheim. Der gegenwärtige Eigentümer ist Herr Frei-
herr Edmund von Spies-Büllesheim auf Haus Hall bei Heinsberg.
Die regelmässige, von Weihern umzogene Anlage besteht aus dem Herrenhause
und einem dreiflügeligcn Komplex von Wirtschaftsgebäuden. Jenes erhielt seine gegen-
37o
WEIDESHEIM
l63
wärtige Gestalt im J. i747, doch gehört es der allgemeinen Anlage nach wahrschein-
lich noch dem i6. Jh. an; diese stammen nach den verschiedenen unten angeführten
Inschriften aus dem Ende des i6. Jh.
Das Herrenhaus (Fig. 69) ist ein eingeschossiger, auf hohen ungegliederten
Untermauern aufgeführter Bau, grossenteils aus Bruchstein bestehend und nur an den
Ecken durch Hausteine verstärkt. Sehr interessant ist die breite, von einem massiven
Steingeländer eingefasste und zum Teil mit Treppen belegte Brücke, die auf zwei
Bögen über den Querarm des Weihers setzend, bis zur Höhe der Thürsch welle führt;
die letzte Verbindung wurde ehedem durch eine Zugbrücke bewerkstelligt. Der hori-
zontale Zwischenabsatz der Brücke ist mit zwei auf Kragsteinen ruhenden Bänken
Kleeburg
Ueschreibung
Fig. 69. Weidesheim. Kleeburg, Ansicht des Herrenhnuses.
versehen. Die hochgelegene rundbogige Thür, deren Haustein Fassung im Schlufsstein die
Jahreszahl anno i747 trägt, wird von einem kleinen Giebelchen überragt. Durch den
schmalen Vorderflügel betritt man den von den drei Hauptflügeln umschlossenen Binnen-
hof. Die teils gebrochenen, teils einfach sattelförmigen und nach vorn abgewalmten Dächer
sind geschiefert. Die Seitenfronten haben fünf Achsen. Die Fenster sind rechteckig.
Die dem Herrenhause gegenüber liegende dreiflügelige Gruppe der Wirtschafts-
gebäude ist ebenfalls zum grossen Teile alt. Als Material ist für den bis zu beträcht-
licher Höhe reichenden Unterbau Bruchstein verwendet, der Oberbau ist zum Teil
ebenfalls aus Bruchstein, zum Teil aus Fachwerk, aus dem auch die Innenmauern
bestehen. Der langgestreckte Hauptflügel hat an den beiden äusseren Ecken Rund-
türme mit Schiefsscharten aus Sandstein und schmalen Luken. An einer der Scharten
des Westturmes ist die Jahreszahl m d 9i eingehauen; eine Scharte am Ostturm trägt
die Inschrift M d 94. Die beiden Seitenflügel haben hohe Giebelmauern mit zum Teil
erneuter Abtreppung. Auf dem mit Schiefsscharten und verschiedenen kleinen Licht-
öffhungen versehenen Westgiebel die Inschrift anno domini i6oi.
37i
11*
i64
KREIS RHEINBACH
WORMERSDORF.
Karoling.
Funde
Geschichte
Beschreibung
KAROLINGISCHE FUNDE. Gelegentlfch von Ausschachtungen stiess
raan auf verschiedenes altes Mauerwerk, ferner auf einen Brunnen, der zum grossen
Teil mit Gefässen und Gefäfsscherben, sowie mit Eisengeräthen angefüllt war. Die
Gefässe sind roh, von festem Brande, von blauschwarzer und blaugrauer Farbe, zeigen
ein scharfkantiges Randprofil und haben die Wellenplatte. Sie gehören der 2. H.
des 9. Jh. an. Ausserdem fand sich ein eiserner Pferdestriegel (vgl. B. J. LXXXXII,
S. 27o).
Knth. Kapelle KATHOLISCHE KAPELLE (s. t. s. Huberti). Schannat-Baersch, Eiflia
illustrata HI, i. Abt., i. Abschn. S. 3o2. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius
3. Abt. XII, S. 584. — Dere., Kant. Rheinbach S. 44.
Die karolingischen Funde, die in Wormersdorf gemacht wurden (s. oben), be-
weisen, dass bereits im 9. Jh. hier eine Ansiedlung bestand. Im J. io54 schenkte
Königin Richeza mit anderen Ministerialen einen ,Ecelinum ad Uurmeresdorp* an die
Abtei Brauweiler (Lacomblet, UB. I, Nr. i89). Das Kloster Himmerode besass zwei
Höfe in Wormersdorf. Wahrscheinlich wurde bereits in früher Zeit von den geist-
lichen Gutsherren eine Kapelle errichtet, doch nennt die Designatio pastoratuum vom
J. i676 keine besondere Kultstätte in Wormersdorf. Der gegenwärtig noch bestehende
Bau stammt aus dem J. i725, wie die Inschrift an der Thür verkündet.
Einschiffiger, verputzter Bruchsteinbau mit Dachreiter und polygonal abschliessen-
dem Chor.
Das Schiff liegt unter einem geschieferten Satteldach. Der viereckige Dach-
reiter, der sich am Westgiebel erhebt, endigt in eine spitz ausgehende, achtseitige
Haube. An dem hölzernen Flügel des in Stein gefassten Rundbogenportals an der
Westseite steht die Jahreszahl i725. Die Langseiten sind von je drei Rundbogen-
fenstem durchbrochen. Ähnliche im Chor, der aus drei Seiten des Achtecks kon-
struiert ist.
Das Innere ist von einem flachen Tonnengewölbe überspannt. Über den Fenstern
läuft ein starkes Gesims.
Der Hochaltar ist ein schlechter Säulenaufbau des 18. Jh.
In die Fenster sind mehrere Glasgemälde des 18. Jh. eingelassen.
1. Der h. Joseph mit dem Christkinde. Die Inschrift lautet: hermannus Frings,
GERICHTSSCHEFFEN ZU ERSTORFF, MARIA CHRISTINA KLEFUS, EHELEUTH, D. D. ANNO I 720.
2. Zwei Engel, ein Schild mit bürgerlichem Wappen und dem Buchstaben H.
bewachend.
3. Wappenscheibe mit der Inschrift: der hochwollgebohrner werner Ber-
tram THEODOR FREYHER VON FRYMERSTORFF GENANT PÜTZFELT ZU PÜTZFELT, HER
ZU PÜTZFELT, SOLINGEN, OBERDREES UND DER FESTUNG CLOTTEIN SCHUBERACK, ERB-
VOGT ZU NIEDERMANNIG, CAMMERHERR IHRER CHURFÜRSTLIGE DURCHLEÜCHT ZU
COLLEN, HATT DIESE FENSTER MACHEN LASEN ANNO l726.
4. Maria am Kreuzesstamm, von sechs Schwertern durchbohrt. Die Inschrift
heisst: ;i helfer christianus ii schulteis zu erstorff, angela kestenigs, ehe-
LEUT; IOANNES PETER BRES, SOPHIA KERTZSMAN; IOANNES PETER KERTZSMAN, MARIA
GERTRUT FRINGS, EHELEUT; HENRICUS KERTZSMAN, ELISABETHE MEYLS, EHELEUT
D. D. l726.
Im übrigen ist die Ausstattung ohne Interesse.
Hochaltar
Glaigemälde
372
WORMERSDORF
l65
RITTERGUT KLEIN-ALTENDORF.ScHANNAT.BAERSCH,EifliailIustrata Rittergut
III, I. Abt., 1. Abschn. S. 3o3. — v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius 3. Abt. xn, *^''^^'*"'**''^
S. 583. — Ders., Kant. Rheinbach S. 42. — v. Haeften, Die Lehnhöfe am Nieder-
rhein in Lacomblet, Archiv V, S. 442.
Für die kurkölnische Lehenshoheit ('^ ^ Geschichte
in Klein-Altendorf liegen bereits aus
dem i4. Jh. urkundliche Zeugnisse vor
(v. Haeften a. a. O. S. 442). Verschie-
dene kleinere Güter scheinen im i5. Jh.
vereinigt worden zu sein. Im J. i4i4
übertrug Walram von Wenigen- Alden-
dorf das Lehen dem Walter von Weiss,
in dessen Familie das Gut bis ins 1 7. Jh.
blieb. Im J. i646 wurde der kurfürst-
liche Hofratspräsident Johann Werner
Roist von Weers mit Klein-Altendorf be-
lehnt. Nachdem in den 20 er Jahren des
1 8. Jh. das Lehen heimgefallen war, über-
nahmen im J. i73i die Brüder Thomas
Karl und Johann Laurenz von Schiller
den arg in Verfall gerathenen Hof. Sie
erbauten das jetzt noch bestehende Wohn-
haus. Im J. i769 erwarb der Freiherr
Maximilian von der Heyden, genannt
Belderbusch, das Gut. Im J. i843 war wormcrgdorf.
Johann Eschweiler Besitzer. Die gegen-
wärtige Eigentümerin ist Frau Wittwe Kreuser in Bonn.
Die Gebäude gehören zum Teil dem 18. Jh. an. An dem zweigeschossigen, aus Beschreibung
Fachwerk erbauten Wohnhause, das unter einem mit Pfannen abgedeckten Walmdache
liegt, kragt auf zwei abgetreppten Holzstützen ein kleiner polygonaler Erker mit einer
barocken Schieferhaube vor (Fig. 7o).
ia9 &
Fig. 70.
Klein>Aliendorf, Erker nm Wohahnuse.
373
^ I
Nachträge und Berichtigungen.
S. la. ADENDORF, Schloss. Handschriftl. Qu. Das Archiv befindet
sich im Besitze der jetzt in Bayern ansässigen ehemaligen Besitzer des Schlosses, der
Freiherren von der Leyen.
S. 2 1. BUSCH HOVEN. Ein aus Buschhoven stammendes Elfenbeingeßlss
des 1 1 . Jh. mit ikonographisch sehr merkwürdigen Darstellungen befindet sich seit
einigen Jahren im Schal ze des Kölner Doms.
S. 22. EFFELSBERG. Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Urkunde
über die Trennung der Pfarrei von der Pfarrgemeinde Kirchsahr im J. i694. — Vgl.
weiter Tille, Übersicht.
S. 23. ESCH (Bürgermeisterei Ollheim). Handschriftl. Qu. Im Pfarr-
archiv: Stiftungsurkunden von 1629 an. — Lager- und Rentenbücher i7. u. 18. Jh.
— Vgl. ferner Tille, Übersicht.
S. 27. FLAMERSHEIM. Die Veränderungen an der Westseite und an
den Fenstern des Langhauses wurden nicht im J. i887 — 1888 durch den Architekten
Langen, sondern bereits im J. i883 vorgenommen. Von diesem rührt nur der Anbau
des Querhauses und der Chor her.
S. 95. MÜNSTEREIFEL. Die Arburg, wohin die Leiber der hh. Chry-
sanlhus und Daria geflüchtet wurden, ist vielleicht nicht Altenahr, sondern Aremberg.
374
KREIS RHEINBACH KARTE
l67
Weimer th^ij/i
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\(ßÜelsdor/'
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_■■■ / .1
WBstJi
Kreis Rheinbach.
•f^« f T" '"f* ■*^ 1.-* Ji^ **- p«w Mf«(
Ge\ von H Kunkler in Bonn.
375
I. Ortsregister.
(Die stärkeren Ziffern bezeichnen die Stelle, wo über den Ort im Zusammenhange gehandelt wird.)
Seite
Adendorf 11
Schloss 12, 166
Antweiler 33, 58, 159
Arloff 17
Burg . . J8
Arzdorf 11)
Bcrkum 19
Blankenheim 85
Blankenheimcrdorf 3
Bonn 19, 47, 85, 135
Buschhoven . . . . 17, 20, 25, 74, 85, 166
Effelsberg 22', 166
Eicherscheid 22, 47, 85, 147
Eifelkanal I, 19, 62, 135. 155
Eiserner Mann 36
Ersdorf 22
Esch (Bürgermeisterei MOnstereifel) ... 23
„ (Bürgermeisterei Ollheim) . . . 23, 166
Essig 25
Euskirchen, Amt 4
Flamersheim 20, 166
Schloss 29
Flerzheim 30
Fritzdorf 31
Gross-Büllesheim 33
Gruwen 85
Hardt. Amt 4
Hardtburg 167
Heimerzheim 36
Burg 40
Heisterbach, Haus 31
Hilberath 44
Houverath 45
Ipplendorf 46
Iversheim 17, 47
Kapellen s. Schillingskapellen
Kirchheim 51
Kirspenich 53
Burg 54
Kleeburg .^ 162
Klein-Altendorf, Rittergut 165
Klein-BüUesheim 55
Grosse Burg 57
Kleine Burg 58
Kriegshoven, Burg 58
Kripp 35
Kuchenheim 25, 58
Obere Burg 59
Untere Burg ^ . 60
Liblar 135
Ludendorf 61
Lüftelberg ..... 62
Burg ........ .07
Meckenheim ... 1, 68, 85
Mehlem 69
Meri 72
Merzbach 73
Michaelsberg 73, 135
Miel . 74
Burg 76
Morenhoven 77
Burg 78
Mudscheid ■ . . . 80
Müggenhausen 83
Burg 83
Münchhausen, Burg . 15
Münstereifel 2, 3, 17, 84, 147
I. Kirchliche Gebäude 86, 166
H. Profane Denkmäler 106
Münstereifel, Amt 4
MÜttinghoven, Haus 70
Neuenahr, Amt 4
Neukirchen a. d. Sürst 121
Neukirchen a. d. Swist 122
377
i7o
KREIS RHEINBACH
Seite
Niederdrees 123
Niederkastenholz 123
Burg 124
Niederzier 25, 33, 135
Oberdrees 125
Odendorf 127
Odesheim ISO
Ohlerath 130
Ollheim 130
Palmersheim 131
Peppenhoven, Burg 134
Ramershoven 133
Reckerscheid . 135
Rheinbach 3, 135
Ringsheim 144
Roitzheim 147
Rupperath 150
Seite
Scheuern 150
Schillingskapellen 20, 37
Schoen .26
Schoenau 151
Schweinheim 153
Kloster 52
Sievernich 25, 33
Stotzheim 155
Strassfeld ISO
Todenfeld I60
Tomberg, Amt 4
Tomburg 101
Weidesheim 103
Wesseling 33, 159
Winterburg 132
Wormersdorf 69, 164
Zülpich 125
IL Verzeichnis der Sammlungen.
Münstereifel.
Sammlung des Gymnasiums .... 106
Sammlung des Herrn Religionslehrers
Dr. Scholl 121
Rheinbach.
Städtische Sammlung 144
Sammlung der Herren Steuerinspektor
Clever und Oberlehrer Schüttler . 135
III. Abbildungen im Text.
Fig. 1. Adendorf, Situationsplan des
Schlosses 12
Fig. 2. Adendorf, Burg MUnchhausen,
Westansicht der Burggebäude . . 15
Fig. 3. Adendorf, Burg Münchhausen,
Nordostansicht der Burggebäude 16
Fig. 1. Arloff, Katholische Kapelle, An-
sicht und Portal 17
Fig. 5. Arloflf, Ansicht der Burg .... 18
Fig. 6. Buschhoven, Katholische Pfarr-
kirche, Romanische Madonna, be-
kleidet 21
Fig. 7. Essig, Ansicht des Klosters . . 25
Fig. 8. Flamers heim, Taufstein in der
katholischen Pfarrkirche ... .28
Fig. 9. Gross-Büllesheim, Katholische
Pfarrkirche, Ansicht, Gewölbe-
ansatz, Taufstein und Chorgestühl 35
Seite
Fig. 10. Heimerzheim, Kloster Schil-
lingskapellen, Situationsskizze und
Grundriss 39
Fig. 11. Heimerzheim, Situationsplan der
Burg 40
Fig. 12. Heimerzheim , Herrenhaus der
Burg 41
Fig. 13. Heimerzheim, Thorburg der Hei-
merzheimer Burg 42
Fig. 14. Heimerzheim, Burg Kriegs ho ven,
Herrenhaus 43
Fig. 15. Iversheim, Katholische Pfarr-
kirche, der h. Antonius .... 48
Fig. 16. Iversheim, Katholische Pfarrkirche,
der h. Johannes 49
Fig. 17. Kirspenich, Burg 54
Fig. 18. Klein-Bttllesheim,GrosseBurg,
Herrenhaus ' und Thorburg ... 57
378
VERZEICHNISSE
I7l
Seite
Fig. 19. Kuchenheim, Untere Bur^ . 60
Fig. 20. Lüftelberg, Katholische Pfarr-
kirche, Südostansicht 63
Fig. 21 Lüftelberg, Katholische Pfarr-
kirche, Grundriss 64
Fig. 22. Lüftelberg, Kath. Pfarrkirche, Ein-
zelheiten : a) aus dem Schiff, b) vom
Triumphbogen, c) aus dem Chor 65
Fig. 23. Lüftelberg, Katholische Pfarr-
kirche, Taufstein 66
Fig. 24. Lüftelberg, Hei renhaus der Burg 67
Fig. 25. Meckenheim, Katholische Pfarr-
kirche, Westturm 71
Fig. 26. Michaelsberg, Kathol. Kapelle 73
Fig. 27. Miel, Spes, Fides, Charitas . . 75
Fig. 28. Morenhoven, Thorturm und
Herrenhaus der Burg 78
Fig. 29. Mudscheid, Katholische Pfarr-
kirche, Grundriss 80
Fig. 30. Münstereifel, Stadtwappen am
ehemaligen Rathausc 84
Fig. 3L Münstereifel, Stiftskirche, Grundriss 89
Fig. 32. Münstereifel, Süftskirche, der West-
bau 90
Fig. 33. Münstereifel, Stiftskirche, Grund-
riss der Krypta 91
Fijr. 34. Münstereifel, Stiftskirche. Quer-
schnitt 93
Fig. 35. Münstereifel, StifUkirche, Gitter in
der Krypta ... 95
Fig. 36. Münstereifel, Gymnasialkirche und
Gymnasium 104
Fig. 37. Münstereifel, Grundriss der Schloss-
ruine 107
Fig. 38. Münstereifel, Ansicht der Schloss-
ruine von Norden 108
Fig. 39. Münstereifel, Ansicht der Schloss-
ruine von Westen 109
Fig. 40. Münstereifel, Plan der Stadt mit
der Befestigung 110
Fig. 41. Münstereifel, das Wertherthor,
Feldseite 112
Fig. 42. Münstereifel, die nördliche Stadt-
mauer mit dem Wertherthor . .113
Fig. 43. Münstereifel, nordöstlicher Eck-
turm der Stadtbefestigung . . .113
Seite
Fig. 44. Münstereifel, Erftübersetzung . .114
Fig. 45. Münstereifel, Johannisthor . . . Il5
Fig. 46. Münstereifel, Stadtbefe-Jtigung,
Orchheimer Thor 116
Fig. 47. Münstereifel, Heisterbacher Thor 117
Fig. 48. Münstereifel, das ehemalige Rat-
haus mit der Karmelitessenkirche 118
Fig. 49. Münstereifel, Haus in der Orch-
heimerstr. Nr. 12 120
Fig. 50. Odendorf, Katholische Pfarr-
kirche, Sttdansicht 127
Fig. 51. Odendorf, Katholische Pfarrkirche,
Grundriss 128
Fig. 52. Odendorf, Katholische Pfarrkirche,
Taufstein 129
Fig. 53. Rheinbach, Katholische Pfarr-
kirche, Südansicht 136
Fig. 54. Rheinbach, Katholische Pfarr-
kirche, Grundriss 137
Fig. 55. Rheinbach, Wasemer Turm . . . 141
Fig. 56. Rheinbach, Thorturm der Burg,
Grundrisse und Einzelheiten . . 142
Fig. 57. Rheinbach, Rundturm der Burg . 143
Fig. 58. Rings heim, Schloss und Kirche 145
Fig. 59. Roitzheim, Grundriss der Pfarr-
kirche 147
Fig. 60. Roitzheim, Pfarrkirche, Taufstein 149
Fig. 61. Roitzheim, Pfarrkirche, ThUr mit
spätgothischem Beschlag .... 149
Fig. 62. Schoenau, Grundriss der kath.
Pfarrkirche vor der Erweiterung 152
Fig. 63. Schweinheim, Ansicht der Burg
im J. 1723 154
Fig. 64. Schweinheim, Eckturm der Burg 155
Fig. 65. Stotzheim, Taufstein in der
neuen Pfarrkirche 156
Fig. 66. Stotzheim, Hardtburg, Grundriss-
skizze 157
Fig. 67. Stotzheim, Hardtburg, der Berg-
fried 158
Fig. 68. Todenfeld, Tomburg, Ansicht
des gesprengten Bergfrieds . .161
Fig. 69. Wei des heim, Kleeburg, Ansicht
des Herrenhauses 163
Fig. 70. Wormersdorf, Klein-Altendorf,
Erker am Wohnhause 165
379
I72
KREIS RHEINBACH
IV. Tafeln.
Beito
Tafel I. Schloss Adendorf, Ansicht
des Herrenhauses 13
Tafel II. Buschhoven, Romanische
Madonna in der Pfarrkirche 21
Tafel ni. Münstereifel, Stiftskirche,
Gesamtansicht 87
Tafel IV. Münstereifel, Stiftskirche, Auf-
riss der Südseite und Längs-
schnitt 93
Tafel V. Münstereifel, Stiftskirche, früh-
gothische Madonna .... 96
Seite
Tafel VI. Münstereifel, Stiftskirche, Grab-
mal des Gottfried von Berg-
heim . . . 97
Tafel Vn. Münstereifel, Stiftskirche, Epi-
taph des Johann Wilhelm von
Gertzen 97
Tafel VII l. Münstereifel, Stiftskirche, Drei-
sitz und Reliquienkasten . . . 1 00
Tafel IX. Münstereifel, Triptychon im
Pfarrhause 101
Tafel X. Rheinbach, Stadtplan mit
der Befestigung 139
2^1
^'
38o
Papier von J. W. Zanders in B.-Gladbach.
Lichtdrucke von Ans. Schmitz, Hofphotograph i« Köhi.
Photolypien von Mkisenbach, Kiffarth Sc. Co. in München.
Autotypien von Angerer & Göschl in Wien.
Druck von I„ Schwann in Düsseldorf.
1
T ,- ■ ■ " ■ -
Amt
3 2044 034 787 770
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