Skip to main content

Full text of "Das Abändern der Vögel durch Einfluss des Klima's"

See other formats


I Ten 
LP 


TEE EN LEE EEE SER EEE Dee VER VE REN, VOL DE. VEIETWELTE, GE GLT SCHERE 


\ 


| en Das = EB 
 Abändern der Vögel 
L: | | | durch 

Einflufs des Klima’s. 


Fr 
> 


z0ologischen, zunächst von den europäischen Landvö geln 
entnommenen Beobachtungen dargestellt, mit den entsprechenden 
Erfahrungen bei den euro päischen Säugthieren verglichen, 


Nach 


k . und 
durch Thatsachen aus dem Gebie 


te der Physiologie, der Physik 
und der physischen Geographie erläutert. 


: Von 
E4 


D*- CONSTANTIN LAMBERT GLOGER 


. zu Breslau, 
Mitgliede der kaiserl. Leopoldinisch - Ca 


rolinischen Akademie der Naturforscher, der schlesischen 
Gesellschaft für vaterländische Cultur, 


und der naturforschenden Gesellschaften zu Halle 
und Görlitz. 


Breslau 1833. 


In Commission bei August Schulz und Comp. 


P2 


Gedruckt in der Akademischen Buchdruckerei zu Berlin, 


Semper enim aves ad ea loca, ubi ipsae exclusae sunt, ad prolificandum rever- 
: : E 
tuntur; ideoque climatis effectu, per plures generationes continuato, etiam oolores mu- 
‚  tare possunt. — ; Fr 
Parras, Zoographia r0sso-aslatica, 
P.1l, pag. 135, spec. n. 295. — 


CISCYS DARWIN 


= 
& 
[n) 
En 
= 
x 
3 
Zu 
e) 
a 
& 
.: 


N 
2 .. ... ( .. / “ Ba 
= “ & - x N ai 

, Yon N “ 
Sr = ä „ent 
... 9 E . BP? 
\ € Z 20} : 
\ DORT .. 
” \ . \ - x " 9? = 
s ” 2 2 j = MR 
Ne . N 5 = all 
% DS : B z 
= 2 ä & y 
D “uettpnn® - E fr * 
e ! = Sa» ne ”, \ N 
- . = 
” N S P, DRS 
- x ec 
N p en, 
u WE 
N 
} . 
fa \ % 
{ & x 2 \ = 
. ar Y & 
- .. u... 
. BE : ö 
Bar fi EN PF=—Z R 
R = ee 
RL NS Yoanı 
2% f ® Ar \ - 
IR < h un ; 
» L} 
R o * 
A WU 2 "DB. 
VW ': 
u 
A Ss '“, 26 \ 
PER 2 ) 
FAR N; 4 - | 
ee d; hEIFE 
° i ; 38 \ Da) 
5 N * ' 
ee, SM, n BE 
Sn BERRSSIÄN : g 
ER . 
SD Y . 
NUN ” E. = « 
SEN # A? » vos 2 
N B DR STIER - 
7 


Cambridge University Library, 
On permanent desosit from 
the Botany School 


E> ‚wechsel diese Ansichten ausgesprochen habe, 


Vorwort 


Indem der letzte Bogen dieses unter meinen Augen gedruckten 
Buches vor mir liegt, werde ich, vornemlich durch den Inhalt der - 
Vorrede, auf den Gedanken geleitet, es könne der Sache nützen und 
zum Frieden dienen, wenn ich zwar ohne Wissen, doch hoffentlich 
nicht wider den Willen des Verfassers, in wenigen Worten mich hier 
zu dem Antheil bekenne, den er mir zuspricht und die Wünsche an 
den Tag lege, welche die Bedeutung des Gegenstandes mir hervor- 
zurufen scheint. — 

Wer eine grofse zoologische Sammlung zu verwalten hat und 
die Verpflichtung lebhaft empfindet, sie dem Unterricht der studi- 
renden Jugend förderlich einzurichten, also jeden Gegenstand an den 
ihm gebührenden Platz, keinen ohne möglichst scharfe Namenbestim- 
mung aufzustellen, dabei auch die Veränderungen, welchen alle Thiere 
nach ihren verschiednen Lebens- Zuständen unterworfen sind, inner- 
halb des Art-Begriffs nachzuweisen, der kann, zumal wenn er, so- 
weit es Neomisnelarin und Terminologie betrifft, in den strengeren 
Grundsätzen der älteren Schule erzogen ist, um so weniger einer über- : 
hand nehmenden Vervielfältigung der Arten zugethan sein, wenn ihn 
sein Beruf als Lehrer auf Zusammenfassung und Verallgemeinerung 
der Lehrsätze hinweiset. Je reicher die Sammlung nach und nach 
wird und je gröflser die Zahl der Objecte, die ein lebhafter Verkehr 
im Laufe der Zeit auch aufser derselben zur Betrachtung darbietet, 
desto häufiger ergeben sich Berichtigungen aufgestellter sogenannter 
Nominal-Species und desto mehr wächst das Mifstrauen gegen die 
zahlreichen Annahmen solcher Art, die die neuere Zeit.geliefert hat 
und noch liefert. Erwägt man nun dazu, was aus der systematischen 
Form einer Thier-Klasse, z.B. der Ornithologie, und aus dem syste- 
_matischen Verzeichnifs einer grofsen Vögel-Sammlung werden müfste, 
wenn ınan, wie es die Gonsequenz doch erfordern würde, dieselbe 
Schärfe der specifischen Characteristik, die sich bei Unterscheidung der 
europäischen Vögel-Arten geltend machen will, auch auf alle aufser- 
europäische anwenden wollte, so erscheint’ die Aengstlichkeit wohl ge- 
rechtfertigt, mit welcher das Berliner Museum solchen neueren Be- 
Strebungen bisher gefolgt ist und mit welcher es, ohne dem Verdienst 
gend zu nahe zu treten (denn jede neue Annahme wird geachtet 
und ‚der neue Name, wenn auch unter einem Zeichen bescheidenen 
Zweifels, dem Object beigefügt,) hauptsächlich auf Vollständigkeit 
zum Nachweis ‚der Übergänge kinausgeht, um der wissenschaftlichen _ 
‚Prüfung Stoff und Mittel zu bieten. 
Unter den zahlreichen jüngeren Freunden, gegen welche ich in 
; meinen Vorträgen oder in vertraulicher Unterhaltung und im Brief- 
hat Niemand mit wär- 
r Bildung den angereg- 
orliegender Schrift, dem 
iel mehr anerkennenden 


ar 


meren Eifer und mit mehr Beruf aus frühere 
ten Gegenstand 'aufgefafst, als der Verfasser v 
Ich für ein zehnjähriges fleifsiges Forschen v 


52 


Dank zu erstatten habe, als dafs es der Erklärung bedürfte, wie sehr 
ich den Hauptsachen nach mit den Sätzen einverstanden bin, die er, 
hier vertheidigt, deren Form und Ausführung aber sein untheilbares 
auch nur von ihm selbst zu vertretendes Eigenthum bleibt; wie gern 
ich mamentlich in Beziehung auf S. xıır der Vorrede hier wieder- 
hole, dafs mir die von ihm bewerkstelligte Zurückführung einiger 
von mir selbst als neu angenommener Arten auf die Grundformen, 
denen sie angehören, nicht anders als schr willkommen gewesen ist. 
Besonders aber hat es mir erfreulich sein müssen, den streiti- 
gen Gegenstand, der bisher nnr auf dem engen Terrain einzelner 
concreter Fälle verfochten und angegriffen ward, uuf das oflene Feld 
einer umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung gebracht und so- 
mit den Antheil entfernt zu sehen, den Unwesentliches, Zufälliges 
und Persönliches in jedem Streite gewinnen, der um Einzelnheiten 
geführt wird. Die versöhnliche Wirkung, die ich mir von dieser ‘ 
Schrift versprechen zu können glaube, als sie mir von dem Verfas- 
ser zuerst mitgetheilt ward, hat mich hauptsächlich dazu bestimmt, 
ihre Herausgabe nach Kräften zu fördern. Ich durfte um so mehr 
diese Wirkung erwarten, als ich kurze Zeit vorher die Freude gehabt 
hatte, die persönliche Bekanntschaft des Herrn Pastor Brehm von 
Benthendorf zu machen, der sich bisher hauptsächlich im öffentlichen 
Widerspruch mit Herrn Dr. Gloger befunden, und der mir bei viel- 
fältigen Zusammenkünften in unserm Museum einen eben: so lebhaf- 
ten Eifer für die Wissenschaft als ein bereitwilliges Entgegenkommen 
zu erkennen gab, so dafs wir uns bei aller Verschiedenheit einzelner 
Ansichten und Überzeugungen drch sehr bald über gewisse Gesichts- 
punkte verständigien, auf deren Feststellung es ankommen werde, 
um die Entscheidung so mancher Zweifel und Widersprüche herbei- 
zuführen. Eben diese Punkte fand ich nun in dem Manuscript des 
Herrn Dr. Gloger zur Sprache gebracht und, wenn auch hauptsäch- 
lich in der Richtung unsrer eignen Ansichten durchgeführt, doch 
"jeder anderweitigen Beleuchtung nahe gerückt. Dies läfst mich, wohl 
mit Recht, hoffen, es werde die vorliegende Abhandlung nicht allein 
formell berichtigend und real erweiternd dem Studium der Ornitho- 
logie dienen, sondern auch dazu beitragen, dafs die Discussion fortan 
(was leider nicht immer der Fall war) den ernsten und ruhigen Ton 
“ annehme, den die Würde des Gegenstandes erheischt. Das Resultat 
mag dann ausfallen, wie es will, so kann es nicht anders als dem 
Studium förderlich sein, und man wird dem Verfasser dieser Schrift 
immer das Verdienst beimessen dürfen , den interessanten und von 
unsrer Zeit dringend geforderten ‚Untersuchungen über die gegensei- 
tigen Beziehungen der Erdkunde und beschreibenden Naturgeschichte 
nach einer neuen Richtung die Bahn gebrochen zu haben. 


\ 


Lichtenstein. 


ehr 
er. 
hres 
ern 
er- 
ger 
hen, 


biti- 
Iner 
eld 
so- 
iges 
ıten 


eser 


fas- 
ımt, 

ehr 

abt 
von 
hen 

iel- 
haf- 
men. 
Iner 
hts- 


rde;# 


bei- 


des 
äch- 


8 och 
wohl 
Nein 
tho- 
rtan 
Ton 
altat 
dem 
hrift 
von 
sei- 
ichte 


Vorrede und Einleitu ng 


nebst 


x 


wissenschaftlichen Vorschlägen. 


D. klimatischen Varietäten, denen hier überhaupt 
und in Bezug auf ihr Entstehen aus den gewöhnlichen 
Artsformen, eine besondre Behandlung gewidmet ist, waren 
vorzüglich bei den Vögeln ein, seiner Bedeutung nach zwar 
von den meisten Zoologen bereits früher mit mehr oder 


“ weniger Bestimmtheit richtig geahnter, aber doch wegen 


der fühlbaren Unzulänglichkeit der damaligen Erfahrungen 
noch lange nicht gehörig zu würdigender Gegenstand bald 
des Zweifels, bald einer versuchsweisen, in der Folge durch 
Andere mit Recht bekämpften Aufstellung vermeinter Spe- 
cies. Sie waren ein Gegenstand, der auch wohl, wenn 
es sich um Bestimmung von Art oder Varietät: nicht im 


Allgemeinen, sondern im besonderen Falle handelte, eben 


wegen unzureichender und zuweilen anscheinend wider- 


sprechender Erfahrungen einen und denselben Ornithologen 


Ge nach Verschiedenheit der Zeiten und der Umstände) zum | 


sehr verzeihlichen Schwanken zwischen beiden Ansichten, 
zum Übergehen von der einen zur andern, bewog. — Hier 


leuchtete Pallas vor. Er hielt, schon vor dem Anfange des 


laufenden Jahrhunderts, den bestimmten und durch viel- 
fache, unter verschiedenen Klimaten gemachte Erfahrungen 
ıhm aufgedrungenen Gedanken an die Entwickelung solcher 
Abänderungen in Folge äufserer Einflüsse mit Entschieden- 
heit fest (*). Seine Zoographia vollends zeigt: dafs er mit einer 


(*) Wie alt und naturgemäfs überhaupt, wie rein unabweeislich, 
ein Gedanke der Art sei, zeigt sogar schon der älteste aller wahren 


vI 


Aufmerksamkeit, welche für den damaligen ersten Anfang 
stets der höchsten Anerkennung werth bleiben wird, die 
interessanten Erscheinungen beobachtete und zu würdigen 
suchte, welche sich ihm in dieser Hinsicht darboten; ob- 
gleich allerdings auch wieder seine Wanderungen und Ver- 
bindungen noch lange nicht hinreichen konnten, um ihn 
über Alles in dem Grade aufzuklären, dafs es ihm hätte 
gelingen können, auch gerade in allen einzelnen Fällen 
immer das Rechte zu treffen. — Im Verlaufe des letzten 
Jahrzehents hat sich nicht allein die Mehrzahl der Ornitho- 
logen, namentlich der deutschen, dieser Ansicht der Dinge 
immer entschiedener, und noch mehr als sonst, zugewandt; 
sondern es haben sich auch mehrere der achtungswerthe- 
sten Stimmen (*) öffentlich und sehr bestimmt, manche 
wiederholt, dafür erklärt; die meisten mit dem Wunsche: 
durch Jemand, der Gelegenheit zu hinreichenden Erfahrun- 
gen und Untersuchungen hierüber gehabt, dieselben in einer 
geordneten Zusammenstellung als ein systematisch verarbei- 
tetes Ganzes zur allgemeinen Kenntnifs gebracht zu sehen. — 

Es war übrigens bereits bei der ersten, vor nun bei- 
nahe 8 Jahren von mir entworfenen Anlage eines „Hand- 
buchs der Naturgeschichte der Vögel Europa’s 
mit besonderer Rücksicht auf Deutschland« ein 
gern genährter Gedanke, die klimatischen Abänderungen 
darin aufzunehmen. Dieser Absicht folgte nothwendig das | 
Bestreben, die Wahrnehmungen über diesen Gegen- ö 
stand alle nach Möglichkeit ins Klare zu bringen: Ein 


Naturforscher, einer der scharfsinnigsten und scharfsichtigsten Geister 
aller Zeiten, und nach Verhältnifs der seinigen vielleicht der umfas- 
sendste, den je die Erde trug: Aristoteles. — Vergl: seine hist. 
animal., lib.8, cap.27-28 edit. Schneid., cap. 28-29 vulg.] 

(*) Unter andern besonders Bruch, Faber, Naumann, zuletzt 
noch Michahelles; unter den nicht-deutschen vor allen früh, oft 
und motivirt Temminck. 


se 


VII 


damals angefangenes und bis heut mit Vorliebe fortgesetz- 
tes Suchen nun hat auf praktischem Wege allmählig zu den. 
Resultaten geführt, wie sie in jenem Buche selbst mit spe- 
cieller Ausführlichkeit aufgestellt sein werden, in vorliegen- 
der Abhandlung aber unter allgemeinere Gesichts- 


punkte so zusammengefafst sind: dafs hier die spe- 


ciellen concreten Fälle als die einzelnen Belege für das, aus 
ihnen abstrahirte, raisonnirende Ganze aufgeführt erschei- 
nen (*). Doch wäre es unmöglich gewesen, zu allen diesen 
Ergebnissen zu gelangen, wenn nicht Herr Geheime Rath | 
Lichtenstein, mit dem lebhaftesten Interesse auch na- 
mentlich für diesen Zweig des ornithologischen Wissens ein- 
genommen, den ausgedehnten Handels- und Reiseverkehr, 
welchen das unter seiner Leitung stehende zoologische Mu- 
seum unterhält, schon so lange dazu benutzt und alle 
Kräfte aufgeboten hätte, um ganz vorzüglich auch in die- 
ser Richtung auf Vervollständigung der ihm anvertrauten 
Anstalt hinzuwirken. Indefs haben diese Bemühungen 
auch einen Erfolg gehabt; ‘welcher macht: dafs hiermit das 
Berliner Kabinet gegenwärtig wohl allen übrigen weit vor- 
ausgeeilt ist; dafs daher auch eine umfassende Bearbeitung 
dieses Gegenstandes, nach seinen speciellen und allge- 
meinen Beziehungen, hinsichts der beobachteten (ornitholo- 
gischen) Thatsachen nur von dort aus möglich scheint. Alle 

- ©) Auch war diese Abhandlung ursprünglich als Einleitung zu 
jenem gearbeitet. In Betracht jedoch, dafs ein Handbuch der Art, 
in seiner räumlichen Ausdehnung beschränkt, nur den Zweck haben 


‚sollte, sichere Thatsachen zusammenzustellen , ohne darzulegen, wie 


sie Sewonnen wurden, und ohne die aus ihnen entwickelten Theo- 
reme auseinanderzusetzen, schien es besser, dieselbe als ein für sich 
bestehendes Werkchen in die Welt treten zu lassen. Ein Entschlufs, 
zu dem sowohl der Rath befreundeter älterer. Forscher, als die Erwä- 
Sung des Umstandes führte: dafs die Verhandlung, in einem Hand- 
buche der Ornithologie niedergelegt, nur dem kleinen zugleich mit 
letzterer vertrauten Theile der Physiologen und Physiker, deren spe- 
eielle Fächer sie doch nahe berührt, bekannt werden würde. 


I 


VIH 


die (zu ihrer Zeit zu erwähnenden) Verbindungen desselben 


haben zwar, eine jede, mehr oder weniger dazu geleistet; 


aber auf keinem anderen Wege ist so viel hierzu geliefert, 


so viel fruchtbarer Stoff zur Bearbeitung hergestellt‘worden, 
wie durch Hemprichs und Ehrenbergs Reise. Nur der 
vastlose, ja fast unbegreifliche Fleifs solcher wissenschaft- 


lichen Sammler konnte in wenigen Jahren so viel mit für 
einen Gegenstand, wie der hier besprochene, leisten. — 


Aller dieser Stoff nun, woher er immer gekommen. sein 


mochte, und welcher entweder für gegenwärtiges Werkchen, 7 


oder für das nachfolgende gröfsere brauchbar war, wurde 


mir von dem Director der Anstalt, meinem hochverehrien ! 


Lehrer, mit der freundlichsten, wohlwollendsten Liberalität 


und ohne die geringste Einschränkung zur wissenschaftlichen ' 
Benutzung gestellt. Nirgends sah ich hierbei eine irgend " 
beengende Ausnahme in Anwendung gebracht; vielmehr ist” 


mir, im Gegentheile, allenthalben sehr häufig, entweder 


von ihm selbst, oder auf seine gütige, von freien Stücken 


genommene Veranlassung, bei meinen Arbeiten und für die- 


selben sogar noch mehr geboten und gewährt worden, als’ 


ich gebeten oder auch nur zu wünschen gedacht hatte. 


So sah ich mich durch die ausgezeichnetste Gefälligkeit in ' 


den Stand gesetzt, einen Stoff behandeln zu können und 


zu dürfen, der, nach allem amtlichen nnd wissenschaftlichen | 


Proprietätsrechte fremdes Eigenthum, nur durch freund- 


liches Übereinkommen und Abtreten zu diesem Zwecke an 


mich übergehen konnte. 


Was das Verfahr en hierbei betrifft, so war die ge- 


netische Methode überall, bei der Untersuchung sowohl, 

wie bei der Darstellung, zu befolgen: weil sie dort die al-' 
lein richtige bleibt, hier die am leichtesten E 
ze ugende ist. Das Haupt-Bemühen blieb .also stets dahin? 
gerichtet, solche Veränderungen von ihrem ersten, feinsten” 
Ursprunge an, Schritt vor Schritt bis zum äufsersten Extreme 


/ 


| 
1 


. 14 
n . 
En a De ee 


IX 


zu verfolgen. Die Endpunkte liegen häufig so weit aus 


einander, dafs Derjenige, welcher nur sie, und nicht auch 


die Zwischenstufen sieht, gar leicht so lange an einem in- 
nigen Zusammenhange beider zweifeln kann, bis er mit 
Überraschung die vollständigen Beweise desselben vor Ge- 
sicht hat. — In den bei Weitem meisten Fällen glückte es 
mir nicht blofs, selbst zu sehen: sondern sehr oft konnte 
ich gleichzeitig ganze Reihen, und zwar nicht selten 
höchst reiche, mehrfach vollständige, untersuchen; hier- 
unter auch öfters mehrere jener so instructiven Stücke, 
welche nicht blofs den allmähligen, sondern sogar den plötz- 


lichen, gleichsam im. Gewaltschritte hervortretenden Über- 


gang einer Varietät in die andere zeigen. Nur da, wo die 


Sache, als hinlänglich. gewifs erschien, wird denn auch 
die Äufserung darüber eine völlig bestimmte sein. Noch 
wird es nämlich in manchen einzelnen Fällen der Folgezeit 
überlassen bleiben müssen, uns vollends genügend über Ab- 
änderung und Art aufzuklären; d. h., uns volle Gewifsheit 
darüber zu verschaflen: ob dieses oder jenes Wesen einer 
bekannten Art als Abänderung unterzuordnen sei; oder ob 


es doch eine von ihr verschiedene, selbständige Art bilde. (*) 


(*) Je öfter sich schon unter einerlei Himmelsstriche Arten vor- 
finden, welche, obgleich ganz entschieden selbständig, doch Zwei- 
fel gegen ihre Selbständigkeit durch eine auffallende Aechnlichkeit mit 
anderen erregt haben , so lange, bis ausgedehntere Erfahrungen ihn 
hoben ; um so weniger kann es wohl billig in Verwunderung setzen, 
wenn ein gleicher Fall sich unter verschiedenen Klimaten ereignet. 
Der Inbegriff von Art (species) ist und bleibt einmal ein solcher, 
für den sich keine kurze, mit Einem Satze zu bezeichnende, rein - 
theoretische Definition herstellen läfst: weil sich kein absolutes und. 


‚für alle Fälle ostensibles Maafs, weder in Betreff der Form und des 


Umfanges, noch gar der Farbe und der Lebensäufserungen, auffin- 
den oder angeben läfst. Tern davon übrigens, .den »guten alten« 
theoretisch - praktischen Begriff hieryon im 'Mindesten wankend zu 
machen, dient unsere Methode, klimatische Abänderungen aufzustel- 
len, vielmehr gerade nur noch zu mehrerer Befestigung desselben ; 


I 


x 


Da, wo einmal auf fremde Auctorität hin eine Nachricht über 
klimatische Abänderungen aufgenommen wurde, bei welcher 
mir überhaupt Selbstansicht oder doch eine hinreichende 
eigene Erfahrung mangelte, und wo vielleicht diese selbst 
in eine theilweise Nichtübereinstimmung mit jener gerieth, 
wo ich einer abweichenden Ansicht mich nicht erwehren 
konnte; — einen solchen Fall wird man, namentlich in 
jenem erwähnten gröfseren Werke, wenn nicht der Name 
des Gewährsmannes genannt ist, schon an dem unbestimmter 
gehaltenen Tone von einem völlig gewissen ebenso unter- 
scheiden können, wie das ungewissere Einzelne vor dem 
entschieden Ausgemachten kenntlich gemacht ist. (*) Stets bil- 
den dort die Bemerkungen über klimatische Verschieden- 
heiten, von welchen die Angaben in dem beschreibenden 
Verzeichnisse am Ende gegenwärtiger Abhandlung ein ge- 
drängter Auszug sind, der leichteren Übersicht wegen beson- 
dere Anmerkungen unter dem Texte; und sie gehen stets 
in so fern von den Erscheinungen in unserem Vaterlande 


als Grundtypus aus: dafs von ihnen, was bereits 


und die Bestimmung desselben hält sich, selbst nach ihrer jetzt nö- 
thigen Erweiterung, doch unabänderlich in den alten Gränzen des all- 
bewährten Lehrsatzes: "Was sich (im freien Naturzustande) jemals 
zusammen paart, (nicht blofs ein oder das andere Mal durch 
besonderen Zufall eine wüste, ungeregelte Begattung eingeht,) ge- 
hört stets zu Einer Art.« Vergl. S. 134. 

(*) Sollte sich späterhin irgend Etwas, was aus fr emder Angabe 
entnommen ist, wo eigne Er ahrails fehlte; vielleicht nicht bewäh- 
ren; so wird man dafür billig Sicht den Verfasser verantwortlich 
machen. Jeder hat nur das streng zu vertreten, was er selbst gese- 
hen haben will, ist auch zu tadeln, wenn er an sich verdächtige oder 
ganz unwahrscheinliche Dinge auf Anderer Bericht ohne Kritik und 
Einschränkung annimmt. Nicht so im entgegengesetzten Falle. Viele 
unrichtige Dinge hatten sehr lange re egolten, ohne dafs man 
nachher die Schuld auf sonst Jemand aufser dem ersten Berichter- 
statter zu schieben sich berechtigt gehalten hätte. Wie lange wurde 
es nicht z. B. geglaubt: dafs die Kinder der Neger weils geboren 
würden; u. dergl. mehr. 


Y 


XI 


für Deutschland: in einzelnen Fällen mit gilt, immer auch 
schon in der eigentlichen Beschreibung erwähnt wird, (so- 
bald diefs nicht, bei Geringfügigkeit an sıch, mit zu grolser 
_Weitläufigkeit verbunden war.) «Ein bequemer numeri- 
scher Überblick der klimatisch variirenden Arten 
ins Gesamt wurde ganz einfach.dadurch erreicht: dafs die 
sich damit befassenden Anmerkungen, so, wie die variiren- 
den Arten in’ dem. dieser kleinen Schrift angehängten be- 
schreibenden systematischen Verzeichnisse derselben , eine 
durch das Ganze fortlaufende Zahlenbezeichnung 
erhielten (*). 

Dagegen habe ich bei der Darstellung derselben sonst 
nicht ohne Grund jene, zwar in ähnlichen Fällen meist 
gewöhnliche und dem Anscheine nach genaue, in der Wirk- 
lichkeit aber, näher besehen, eher verwirrende und einer 
zweckmäfsigen Gedrängtheit widerstrebende Methode ver- 
mieden: das Ganze so nach Zahlen oder Buchstaben zu 
spalten, dafs die stufenmäfsigen Abänderungen unter Va- 
rietät 1, Var. 2, Van.c, du. S. w. getrennt, in ein Reihe, 
aufgeführt würden. Ein solches Verfahren, obgleich mei- 
stens recht gut anwendbar bei Ausartungen, erscheint hier 
nicht gut angebracht, vielmehr doppelt unzweckmäfsig; und 
zwar wird es immer unzweckmäfsiger, sächlich wie räum- 

lich, je gröfser die Anzahl und je mannichfacher die Kreu- 
zung der Varietäten wird. Zuerst unbequem und undeut- 
lich, weil einer Seits eine ‚ordentliche Sonderung derselben 
von einander doch nicht möglich ist: und weil dabei anderer 
Seits die Characteristik jeder Nummer immer nur auf das 
Exemplar pafst, von welchem sie entnommen ist, auf andere 
' aber gerade immer um so weniger anwendbar wird, je 


(*) Man sieht hieraus: dafs, soweit die Erfahrungen gegenwärtig 
reichen, ihre Gesamtzahl bei den Landvögeln allein schon 
ein volles Drittitheil aller Arten überhaupt beträgt. Um wie viel 
höher aber wird dieselbe sich erst in der Folge zeigen! 


x 


besser sie als solche ist, d. h., je genauer sie sich an jenes 
einzelne Stück hält; dann räumlich-unökonomisch, weil es 
Alles ohne Noth ins Einzelne zieht, und somit Vieles mehr- | 
fach wiederholt werden mufs, was sich besser mit Einem 
Male ganz im Allgemeinen abmachen läfst. Wird hingegen, 


wie es dort geschehen ist, der Ursprung und das ent- 
wickelte Extrem. jedes einzelnen Punktes, welcher eine 
Veränderung erleidet, angegeben; dann pafst die Bestim- 


mung auf alle Exemplare mit allen Kreuzungen. 

Um durch die typographische Einrichtung die Über- 
sicht des Ganzen, namentlich der Regeln und Beispiele, zu 
‘erleichtern, sollten letztere mit anderer Schrift gedruckt 
werden. Mehrere Umstände beim Drucke zwangen jedoch, 
hiervon abzugehen , und die Einrichtung zu treffen, dafs 
blofse gebrochene Klammern [ ] diese Absonderung bewir- 
ken, welche auch so die Sache hinreichend verdeutlicht. — 
Übrigens ist es nicht Zufall gewesen, wenn hin und wieder, 
wo die Wahl der Beispiele sonst gleichgültig gewesen wäre, 
solche Arten hierzu genommen worden sind, über welche 
vordem zum Theile andre Ansichten bestanden und Streit 
herrschte; denn auf diese Weise liefs sich mit dem alige- 
meineren Zwecke, Beispiele für einer vorgetragenen Satz 
zu geben, noch ins Besondere der einer kritischen Erörterung 
über frühere Meinungen verbinden. Daher der Umstand, 
dafs manche Arten (*) mehrmals als Beispiele aufgeführt 
wiederkehren. 

Genauere, mehr aufs Einzelne eingehende Erörterungen, 
und Untersuchungen über einige Arten im Speciellen, so 
wie die Aufstellung mancher mitbeweisenden Analogieen aus 
der Klasse der Säugthiere und zum Theile selbst mit Be- 
ziehung auf das Pflanzenreich, wurden, um den Zusammen- 


(*%) Wie unter andern die gemeine Krähe, (deren specifische Tren- 
nung in Raben- und Nebelkrähe zuerst und sehr gründlich N au- 
mann d. j. bekämpfte,) der Haussperling, der Wasserpieper. 


XIII 


hang der fortlaufenden, eines aus dem andern entwickeln- 
den Verhandlung nicht zu sehr zu unterbrechen, unter die 
Zusätze verwiesen. | 
Das kurz beschreibende Verzeichnifs der klimatischen 
Varietäten der europäischen Landvögel, als ein Nachtrag zu 
jedem Werke über Europa’s Ornithologie zu betrachten, 
enthält unter den Synonymen alle Namen derjenigen dahin 
gehörenden vermeinten, Species, welche mir als solche be- 
kannt geworden sind (*). Bei der reichen Literatur, wel- 
che namentlich die Königl. Bibliothek zu Berlin darbot, 
dürften mir nur wenige entgangen sein. ae — Es kann 
nun aber billig, und soll natürlich nicht blofs, sondern es 
wird hoffentlich auch, vollends bei der Art, wie diese An- 
führung geschieht, Niemanden als Vorwurf erscheinen, wenn 
daraus hervorgeht: ‘dafs er eine oder die andere klimatische 


Varietät überhaupt aus Mangel an Übergangsexemplaren für 


(*%) Hierbei fühle: ich ac in Bezug auf die Ansichten und das 


Verfahren des Hrn. Geheimen Rath Lichtenstein eben so ver- 
S pflichtet, wie ich es in Beziehung auf mich für erlaubt und zugleich 
. für sehr ehrenvoll halte, zu erklären: dafs es auf die ausdrück- - _ 
lichste Zustimmung und selbst den Wunsch des Hrn. G.R.L. ge- 
schehen ist, wenn auch alle von ihm früher, zum Theile schon vor 
langer Zeit, einstweilen provisorisch (und den Vorschriften von 
Linne’s trefflicher Philosophia botanica gemäfs, um sie nicht aus 
dem Gesichte zu verlieren), unter dem vorläufigen Namen von Arten 
im zoologischen Museum zu Berlin aufgestellien klim. Varietäten 
hierunter mit aufgeführt werden: (und zwar, indem ein verständ- 
liches Vorzeichen [?] den Sinn und die Umstände andeutet, in welchem 
und unter welchen das Aufstellen zu seiner Zeit geschah;) — um, wo 
‚e8 etwa nöthig sein sollte, Meinungen zu berichtigen, welche sich 
bei dem häufigen Besuche der reichen Sammlung durch fremde Or- 
nithologen gebildet haben könnten. 

Ger) Doch mufs ich bedauern, dafs bei meiner letzten Anwesen- 
heit ‘daselbst (im August und September 1831) zwei Werke von 
Wichtigkeit noch lange nieht vollständig eingegangen waren: Gray’s 


Illustrations of Indian zoology, und Gould’s Birds of the Hima- 
laya mountains. : 


Eee 


f“ 


er 


a 


Br 


xıV 


eine eigene Art gehalten habe. Nur wer systematisch, d.h. 
aus Grundsatz, durchweg alle klimatische Varietäten zu Ar- 
ten erhoben sehen wollte, ihr Entstehen durch Klimaeinflufs 
aufs heftigste (*) bestritt, und durch keine Gegenvorstel- 
lung über das Irrthümliche seiner Ansicht zu belehren war, 


wird eine Anwendung dieser gerechten, entschuldigenden 
Rücksicht nicht für sich in Anspruch nehmen können. (**) 


(*) Und zwar mit einem Argumente, welches die gänzliche Un- 
kunde in aller allgemeinen Naturwissenschaft, Physik und Physiolo- 
gie verräth: »indem man nicht einsche, wie es (das Klima) wirken . 
»solle, und man sich mit jeder Annahme einer solchen Wirkung in 
»ein Labyrinth verirre!!u — 

(**) Dafs demnach die Abhandlung hin und wieder etwas pole- 
misch gehalten ist und polemisch gehalten werden mufste, wird allen 
Denen erklärlich sein, die bekannt sind mit diesem neuesten theilweisen 
Wesen und Treiben der Ornithologie in Deutschland: welches end- 
lich dahin kam, alle Species in 3, 6 und noch mehrere, ja in 9-12, 
zu zersplittern. — (Für solche Leser aber, welche hiermit nicht be- 
kannt sind, die ausdrückliche Erklärung: dafs meine Polemik nur 
diese Richtung verfolgt, mit. jeder andern hingegen streitige Einzel- 
heiten im versöhnlichsten "Geiste mit beider Seits freundlichem Ent- 
gegenkommen zu diskutiren wünscht.) — — Wer nämlich entweder 
eine neue Ansicht aufstellt, oder, wie es hier der Fall ist, eine ältere 


_ und allseitig bewährte, aber noch unvollständig durchgeführte neu 


und weiter begründet, der mufs und soll mit allen überhaupt vor- 
handenen, begründeten oder grundlosen, bekannt sein; und er soll 
die letzteren würdigen, wenn er sich gedrungen sieht, ihre Verwerf- 
lichkeit auszusprechen. Man kann dafür freilich, wie bekannt, auch 
bei Beobachtung aller Ruhe und wissenschaftlichen Ernstes, harte 
Schmähreden ernten von einer empfindlichen Selbstliebe, die schon 


jeder Widerspruch, jeder Zweifel gegen ihre Unfehlbarkeit verletzt 


‘und Beweise vollends erbitiern, vorzüglich, wenn ein Jüngerer sie 


aufstellt. Aber dieses Schelten könnte doch nur einen gewissenlos 
Furchtsamen abhalten, da, wo er es für nöthig hält, zum wahren 
Besten der Sache die Wahrheit zu sagen und, wenn es die Umstände 
erfordern, auch wieder zu sagen. Je mehr der Gegner in seinen Er- 
wiederungen Recht, Anstand und gute Sitte verletzt, selbst gegen 
die Wahrheit fehlt und die offene Absicht, zu kränken, verräth; 
um so ruhiger kann man bleiben, und.zur Antwort — das Schwei- 


XV 


Es ist etwas Anderes, mit Absicht ein längst allgemein an- 
erkanntes, stets und überall bewährtes Princip verkennen, 
um nur nicht sein Unrecht eingestehen zu dürfen; und 
ein ganz Anderes, bei der practischen Durchführung des- 
selben Princips wegen Unvollständigkeit der nöthigen, viel- 
fachen Mittel theilweise in der Anwendung von speciellen 
Regeln irren, welche man eben defshalb nur erst dunkel 
ahnen kann, aber, auch durch das sorgfältigste Abstrahiren 
aus den noch wärureichenden Erfahrungen, noch nicht klar 
zu erkennen vermag. Beide Fälle sind, als dem Willen und 
Wesen nach total verschiedene, streng zu unterscheiden. 
Die, nicht selten prosphonetisch gehaltene Dietions- | 
weise mag vielleicht in dem Verfasser den jungen, lebhaft 
für seinen Gegenstand interessirten Mann verrathen, wel-. 
cher noch im 'sechsten Lustrum steht. Doch wird dadurch 
hoffentlich weder Person, noch Sache verlieren. — 


- Werden wir einmal erstens die Art und Weise, 
wie, dann die Umstände, unter welchen, und die 
Grade, in welchen besonders die einzelnen Farben u,s. w. 
durch klimatische Einflüsse verändert werden, kennen, und 
zweitens die Gegenden, welche das Variiren zum Theile 
nach einer, zum Theile sogar nach beiden Hauptrichtungen 
zugleich begünstigen; so dürfte es in Zukunft bei rechter 
Vorsicht und ernstlichem Willen in der Regel leicht wer- 
den, neue, noch kommende Entdeckungen richtig zu wür- 


sen wählen. Erkennen ja doch Alle den Streiter an den Waffen, 
seinen Werth und den Werth seiner Sache an der Art, wie er 
sie verficht. Daher würde man, wenn‘ man über unver diente 
Schmähungen vor den. Augen der gebildeten Welt überhaupt des 
Trostes bedürfte, den schon in dem Gedanken finden ,* bei 
allen Gebildeten und Verständigen die Überzeugung voraussetzen zu 
dürfen: dafs es Umstände giebt, unter welchen man gegen Beleidi- 
gungen unempfindlich sein darf und mufs. 


xXVI 


das Aufstellen blofser Nominal-Species nämlich, 
von dieser Seite auf Grund unserer neueren Erfahrungen 
zu vermeiden: um so die noch tiefere Verwirrung des Gan- 
zen verhüten zu helfen, welche dadurch bereits entstanden 


ist. — Diefs ist die formell - berichtigende Seite der 


hier behandelten Verfahrungsweise. — 
In der frühesten Zeit der beginnenden wahre Syste- 
tik "und einerwahrhaft seientifischen Nomenclatur durch 


Linne und seine Schüler sehen wir, aus Mangel an Er- 


fahrungen durch Lebens- Beobachtung, sehr “gewöhnlich 


junge und alte Vögel —, und da, wo eine wesentliche 
Geschlechtsverschiedenheit Statt findet, oft auch wieder 
männliche und weibliche, jede als verschiedene Arten 
hingestellt. Als späterhin Bechstein, der ältere Nau- 
mann und andere Practiker, durch anhaltende Forschungen 
im Freien belehrt, diesen Übelstand beseitigten ; so blieben 
doch immer wieder noch eine beträchtliche Zahl blofser 


Verschiedenheiten nach der Jahreszeit als yermeinte Species 


aus der älteren Periode in den Systemen zurück: bis end- 
lich vorzüglich Temminck, indem er zuerst die doppelte 
Mauser so vieler entdeckte, den oft so aufserordentlichen, 
häufig blofs durch diesen zwiefachen Gefiederwechsel be- 
wirkten Unterschied zwischen Frühlings- und Herbstkleid 
zeigte, und somit gar manche, hiernach mit Unrecht in die 
Artenreihe eingeschobene Wesen auf ihren wirklichen Werth 
reducirte. Ihm nachfolgend, suchten andere Ornithologen 
im Einzelnen ‘vollends zu Ende zu führen, was er erst 
angefangen, und doch auch (Ehre seinem Fleifse und Ta- 


lente!) zugleich schon beinahe vollbracht, überall aber’ 


lebendig angeregt hatte. Doch selbst er behielt, noch 
lange nicht hinreichend von Erfahrungen über das klima- 
tische Abändern überhaupt geleitet, und öfters durch Lücken 


= 2 « . - ! { „im 
digen, und dadurch einen bisher so oft bemerkten, so’ E 


wesentlichen Nachtheil für die Wissenschaft, 


Vari 
auch 

Theil 
solch \ 


hang 
dem 

ganz 

solchd 
Einkl 
physi 
sehen 
die k 
Junge 


Siche 


tersve 
meiste 
lange 
‚wegen 
rücksid 
nämlie 


früher 


. ältere 


(Diese 
Gattu 
lunge 


z.B. 
net, 
(Vvr 
hen. 
200log 
zen u 
ren ni 


xVil 


' 


2 ‚im Einzelnen mifsleitet, nicht blofs mehrere klimatische 
| Varietäten als Arten, wie früher, bei; sondern er stellte 
auch selbst noch mehrere andere neuerdings, wiewohl zum 
Theile sogleich mit männlich -aufrichtigem Zweifel, als 
solche auf. — — So blieb es der neuesten Zeit vorbehal- 
ten, mit mehr oder weniger Bestimmtheit den Zusammen- 
hang der Dinge zu ahnen, dessen Darstellung hier nun in 
dem Lichte versucht ist, in welchem ihn mehrjährige, 
ganz vorzugsweise darauf abzielende Untersuchungen und 
solche Erfahrungen erscheinen lassen, die wir im vollsten 
Einklange mit den entschiedensten Wahrnehmungen der 
physikalischen Geographie und Atmosphärologie stehen 
sehen. Eben so gut nun, wie wir wohl alle rasch genug 
die kleine Kunst gelernt haben: auch völlig erwachsene 
Junge Vögel ganz unbekannter Arten fast immer mit grofser 

Sicherheit nicht für alte anzusehen, sondern schnell ihre 


Jugendlichkeit zu erkennen; (*) mindestens eben so gut 
- \ x y 


(*) Anmerk. Da jedoch in schwierigen Fällen, wo auffallende Al- 


tersveränderungen durch so langsame Übergänge erfolgen, wie bei den 
meisten gröfseren Raubvögeln, es leicht geschieht: dafs manche schon 
lange festgestellte Regeln oder Beispiele entweder übersehen, oder 
wegen des Mangels an Zwischenstufen nicht nach Umständen be- 
rücksichtigt werden; so hat sich noch in der neuesten Zeit erst der 
nämliche Irrthum in Betrefl des Verkennens von J ung und Alt, wie 
früher, bei einer Vogelgattung wiederholt, über welche man sogar in 
‚älteren Zeiten in minder entschieden falscher, Ansicht befangen war. 
(Diese zu erregen, mag indefs auch die Seltenheit der Vögel dieser 
Gattung in unseren Gegenden, und ihre geringe Anzahl in Samm- 
lungen, nicht wenig beigetragen haben.) — Er a 
Des aufserordentlichen Form unterschiedes vergessend, welcher 
z.B. auch das Gefieder "junger Staare vor dem der älteren auszeich- 
net, haben nämlich einige Ornithologen neuerlichst ‚bei den Geiern 
. (VvLTUR) junge Vögel als specifisch verschieden von den alten angese- 
hen. Mausernde Exemplare jedoch, wie unter andern das hiesige 
2oologische Museum ein in unserer Provinz geschossenes besitzt, zei- 
gen unwidersprechlich, was auch schon eine Folgereihe von mehre- 
ven nicht mausernden Stücken verschiedenen Alters, wie die fünf In- 


b 


XVuUI 


wird sich bald Jeder das, oflenbar näher liegende, und ge- 
wifs leichter zu erlangende Geschick anzueignen wissen! 
in Zukunft auch klimatische Varietäten schon be- 


kannter Arten nur für das, was sie wirklich sind, nicht 


für mehr, nicht für besondere Species, zu halten. 
Schwer kann diefs schon defshalb um so weniger werden: 


als es; nachdem man einmal die allgemeinen Normen des 


klimatischen Variirens kennt, zum Erkennen solcher Va- 
rietäten im Besondern ganz gleichgültig ist, in welcher 
‚ Varietät man eine Art kennen gelernt hat; zumal, wen» 
man ihr locales Herkommen genau weifs. — 

So entscheidend übrigens das hier Besprochene unser 
ferneres Verfahren in Bezug auf die Behandlungsweise der 


Wissenschaft bestimmen mag; so würde es doch sehr irrig 


dividioen des Berliner Museums, jedem nicht ungeübten Blicke so“ 
gleich als die bestimmteste Vermuthung aufdrängen mufs: dafs die 
Geier mit kurz-, dicht- und zar twollisen Köpfen und Hälsen, mil 
langen, schmalen Körper-, Hosen- und Flügelfedern und mit lan 
gen flatternden, hahnenfedrigen, dünnen und bräunlichen Halskrau“ 
sen, welche schon immer unter dem Namen Vvurrur fulvus Gmel. 
(gleichbedeutend mit‘V. castaneus Shaw, V. leucocephalus Meyer 
und Wolff, V. percnopterus Daud.) bekannt waren, nichts anders 
sind, als junge Vögel im ersten Kleide von jenen mit dünn - und 
steifhaarig-, ja fast stechend-kurzbefiederten Köpfen und Hälsen, 
mit kürzen, breiten, umgekrümmt anliegenden und wollig zerschlis- 
‚senen, dichten, weifsen Halskrausen und mit überhaupt etwas ande“ 
rer Färbung, welche unter den Benennungen Vurrur Kolbii und V. 
albicollis bekannt gemacht wurden, und welche erst nach einer, 
mindestens 4=5 Jahre dauernden Verwandlung alle die zwischeninne 
liegenden Stufenfolgen durchlaufen haben. (Denn bei ihnen wird aller“ 
dings das erste Mal wahrscheinlich mehr, als ein ganzes Jahr, Zeit 
zu einer geringeren Veränderung erfordert, als die ist, welche beim 
Guzensilicheih Staare in 4-6, höchstens 8 Wochen volle wird. 
Auch ist beim Staare, umgekehrt, das Gefieder in der J ugend run“ 
der, bei den Geiern spitzer und länger, als im. Alter der Mannbar- 
keit. — Übrigens zeigt aber selbst Cartuarres Papa, der geierähn“ 
lichste unter den Aasvögeln (Caruartes) Amerika’s, eine ganz gleiche 
Ver änderung, wiewohl in sehr viel geringerem Grade. — 


sein, 


Hand 


im 


sten 
thol Ö 
Vöge 


beim 
könn 


‚reich 


That 


- Fact 


lang 
klär 


resul 


mer 


üg 


beleh 


a 


gen 
Erfa 
hätte 


blo 
die 


— 


{st 


fl 


“ 


Chars 


(** 


menta 


von 


‚und q 
Viel 


teren 


zun 


äc 


dernd 
und d 


ter 
nen 


E 


’ 


XIX 


sein, das hier im Allgemeinen Gegebene und durch das 
Handbuch d. N.G. der Vögel Europa’s noch ausführlicher 
im Speciellen. (*) zu Liefernde für mehr, als für die er- 
‚sten Zeilen auf einer neuen Seite ım Buche der Ormi- 
thologie, in der eigentlichen, tieferen Lebensgeschichte der 
Vögel, anzusehen. Wer sollte auch, zumal als Einzelner, 
beim ersten Beginnen schon gleich das Ganze erschöpfen 
können, gesetzt auch, er besäfse dann schon alle je er- 
‚reichbaren Mittel dazu? Die Zeit erst bildet Ideen über 
Thatsachen aüs, gleichwie sie erst die Erfahrungen über 
‚Facta selbst vervollständigt, welche die Mittel sind; und 
lange eilt gewöhnlich die Erfahrung der vollständigen Er- 
klärung und den, aus ihr zu ziehenden, umfassenden End- 
resultaten voraus. Wie hätte daher eine Sache, in der im- 
_ mer ein Tag den andern durch etwas nen Aufgefundenes 
rd belehrt: wie sehr das bisher Gewufste, wenn auch jetzt rich-- 
it tig aufgefafst, doch noch ein Stückwerk im Vergleiche ge- 
r gen die einstige grofßse Summe des Ganzen ist, wo also die 
F Erfahrung selbst, noch lange nicht zü Ende gcht; — wie 
, hätte eine solehe Sache heut schon etwas Anderes, als die 
is  blofse vorbereitende Grundlage zu einem weiten Gebäude für 
d die Zukunft, werden können! (**) Möge es sonach schliefs- 


— 


ıD 


(*) d.h.: von der beschreibenden Seite ‚ durch ausführlichere 
Characteristik der einzelnen Abänderun gen. 


(**) Daher soll denn, da gegenwärtige Arbeit nur etwa den mo- 
nentanen Umständen nach als ein Ganzes: zu betrachten ist, auch 
von Seiten des Verfassers die fernere Behandlung des Gegenstandes 
‚und das sorgfältige Sammeln von Thatsachen nicht aufgegeben sein. 
Vielmehr hegt er die Hofinung, auch noch fernerhin selbst zur wei- 
teren Förderung der Sache beizutragen, ‘deren bestimmtere Anregung 
zunächst Hauptzweck war: um ihr auch von anderen Seiten der för- 
dernden Kräfte mehrere zu gewinnen. Denn nur von der Zeitfolge 
und dem vereinten Streben Vieler ist zu erwarten: dafs ein reiche- 
ter Erfolg immer mehr, nicht blofs die aufgewendete Mühe beloh- 
nen, sondern auch das hier vielleicht noch Mangelhafte regeln, das 


h* 


n“ 
Ihe 


‘ - ® 2.94 


lich noch erlaubt sein, hinzuweisen auf das, was die Folge- 
zeit uns schaflen kann, und bei richtig angelegtem Streben 
zum Theile recht bald zu schaffen vermögen wird. 

‘Schon nach dem, was hier dargethan worden ist, wird 
sich das hohe Interesse lebhaft fühlbar machen, welches einst 
das Bemühen gewähren mufs: allenthalben durch aus- 
gedehnte Beobachtungen, sowohl über den orga- 
nisch-verändernden, wie über den haushälterisch- 
bestimmenden Einflufs der Klimate auf Vögel und 
Säugthiere, und endlich auf Thiere überhaupt, wie ins 
Gesamt auf die ganze organische Welt, immer mehr die 
genaue Übereinstimmung solcher Erscheinungen mit 
der gesamten physikalischen Beschaffenheit der 
einzelnen Erdstriche und ganzer Welttheile nach- 
zuweisen. | 

Um jedoch diesen Zweck zu erreichen, werden wir 
Zoologen uns fernerhin in jeder Hinsicht das Bemühen der 
Botaniker zur Nachahmung aufstellen müssen: als welche 
sich mit ihren Beobachtungen über Pflanzenklima und 
Pflanzengeographie schon längst der allgemeinen, ausge- 
dehnten physischen Weltbeschreibung auf eine so rühmliche 
und fruchtbringende Weise angeschlossen haben. (*) Denn, 
noch haben wir in der Zoologie überhaupt fast so 
viel wie Nichts aufzuweisen von jenem: anziehenden, 
vielseitig, mit aller allgemeinen physikalischen Wissenschaft 
verzweigten Ganzen, welches die Botanik in der Pflanzen- 
Geographie besitzt. (Kein Wunder also, wenn auf un- 
serem Felde die speciellen klimatisch-modificirenden Ver- 
hältnisse noch unergründet waren.) — Die Resultate der 


eiwa Irrige berichtigen, Alles läutern und über noch Ungewisses ent- 
scheiden, d.h. das Angefangene allmählig zu einem mängelfreien 
Ganzen machen werde. 

(*) Ein Beispiel, welchem endlich nachzueifern, ein immer drin- 
. genderes Bedürfnifs wird. 


XXI 


bekannten Forschungen über die Verbreitung lebender We- 
Sen, namentlich auch der Säugethiere und Vögel, tragen 
air immer das Gepräge blofser statistischer Tabellen über 
Gattungs-. und Species-Zahl. Noch bleiben sie fern von 
einer wissenschaftlich - systematischen Darstellung, welche 
die, oft ja so nahe liegenden Gründe der Erscheinun- 
gen (z.B. die Ursachen der Abgränzung, das Aufhören, 
die Ab- oder Zunahme der Arten und- Gattungen in die- 
sem oder jenem Klima) zu entwickeln, und so dieselben 
aus dem Ganzen der Naturkenntnifs auf eine Weise her- 
‚ zuleiten suchte: dafs sie fernerhin nicht mehr wie zu- 
fällig erschienen, sondern als nothwendige, durch den 
engen Zusammenhang des Alls und durch das abwech- 
selnd - - gegenseitige Voraussetzen des Gesamtlebens streng be- 
dingte Folge anderer Erscheinungen erkannt werden könn- 
ten... Ein Streben, von welchem kaum in wenigen Fällen 
ein schwach anfangender Versuch aufzuweisen ist; welches 
aber, mit ruhigem Eifer verfolgt, einen Reichthum und 
ein Interesse von Resultaten geben wird, die man beide noch 
kaum entfernt zu ahnen vermag. Denn, so wenig, wie 
etwa die äufsere Formbeschreibung mit der Osteologie und 
ihren numerischen Datis; ohne das weite in sich verfloch- 
tene Ganze der gesamten Anatomie und Physiologie, schon 
eine physische Anthropologie wäre; eben so wenig kann ein 
Herzählen der erwähnten Art, ohne Beseitigung der eben 
erwähnten Mängel, für eine zoologische Geographie 
gelten. Wenn hierbei nun auch immerhin billig nicht zu 
 verkennen ist, dafs im ganzen Reiche der Schöpfung, vor- 
züglich aber in dem organischen, das Höhere von dem Nie- 
deren abhängt: dafs also Dieses auch bei der wissenschaft. 
lichen Behandlung in genannter Beziehung Jenem. aller- 
dings vorausgehen mufste; so ist doch gleichwohl auch be- 
stimmt nicht zu läugnen, dafs die Zoologie auf ihrem ge- 
Senwärtigen Standpunkte hierin der Botanik noch in einem 


s > 


xXXU 


Grade nachsteht, für welchen jenes hemmende Causal- 


Verhältnifs noch lange nicht eine genügende Entschuldi- 
gung gewähren kann.(*) Die Sache liegt also nicht sowohl 
an der Zoologie, als an den Zoologen, — 

Von jener, bis heut so empfindlich vermifsten Rich- 
tung der zoologischen Forschungen nun: — von 
der Richtung, bei einer allgemeinen Darstellung der geo- 
graphischen Verbreitung warmblütiger Thiere 
(namentlich der Vögel) und ihrer Eigenschaften mit Rück- 
sicht auf einwirkende Verhältnisse der übrigen orga- 
nischen und anorganischen Mitwelt eine Verknüp- 
fung der Erscheinungen und Thatsachen nach ihrer 
gegenseitigen, näheren und entfernteren "Wechselbe- 


ziehung als Ursache und Wirkung, als Mittel und 
Zweck, als Hemmendes und Unterstützendes, in 
dem tieferen Sinne einer ausgedehnten Naturanschauung 
zu versuchen, — yon ihr ist die Untersuchung der 
physikalischen Verhältnisse, welche das klimatische 


(*) Die gedachte Abhängigkeit ist übrigens ganz dazu geeignet, 
das Studium und die Forschungen über die Verbreitung der Thiere 
und über die Gesetze derselben, im Vergleiche gegen die Pflanzen- 
geographie, noch um eben so viel anziehender zu machen, als sie 
allerdings ausgebreiteter, verwickelter, und demnach schwieriger sein 
müssen. Denn, während diejenigen äufseren Verhältnisse, welche 
die Verbreitung der Pflanzen bestimmen, alle auf die der Thiere 
ebenfalls miteinwirken: so ist diese anderer Seits zugleich noch in 
höchst wesentlichem Grade nicht allein unmittelbar von der Ver- 
breitung der Pflanzen abhängig, und oft zu ganz besonderen, eigen- 
thümlichen und kaum beachteten Eigenheiten derselben in einer tie- 
fen, kaum geahnten Beziehung stehend, deren endliches Erkennen 
mit einem Male den überraschendsten Aufschlufs giebt; sondern sie 
hängt auch wieder mittelbar oder unmittelbar mit der Verbreitung 
anderer Thiere zusammen, welche sich andern nach derjenigen von 
‚ Pflanzen richtet: so zwar, dafs eine einzige Erscheinung im Bereiche 
der zoologischen Geographie nicht selien auf einer ganzen Reihenfolge 
der verschiedenartigsten, einander bedingenden Ursachen beruht. 


XXI 


Abändern Gollzigen, ‘nur ein kleiner einzelner 
Zweig. Und diefs ist die real-erweiternde Seite, 
welche die hier gemeinte Behandlungsweise der Wissenschaft 
darbietet. — — Folgendes scheinen die geeignetsten Mittel, 
um in diesem Zweige der Vollkommenbheit bald merklich 
näher zu kommen: 

Man müfste zunächst noch von den europäischen 
Thierarten ausgehen: weil sie diejenigen sind, welche 
man nach allen: gewöhnlichen Verhältnissen am besten 
kennt, (so, dafs man also bei ihnen jede Abweichung unter 
andern Verhältnissen am sichersten zu würdigen vermag ;) 
und von welchen sich ein grofser Theil über sehr abwei- 
chende Erdstriche des alten und neuen Continenis verbrei- 
tet, wo abweichende Verhältnisse eintreten. Man mülfste 
ferner unsere Sammlungen weit mehr, als. es bisher im 
Allgemeinen geschehen ist, mit klimatischen Abänderungen 
zu bereichern streben: um die Untersuchung derselben , 
und zwar immer schon von dem ersten, feinsten Beginnen 
an, so weit auszudehnen, als sie irgend noch neue Resul- 
tale zu versprechen schiene. Über die Zugvögel müfsten 
practisch geübte Ornithologen, welchen es ihre Verhält- 
nisse gestatteten, besonders während des Frühlingszuges je- 
den Tag im Freien zu sein, (*) mit Eifer, und gleichzeitig. 
an so entlegenen Orten als möglich, mehrere Jahre 
lang genaue. Beobachtungen anstellen, die alsdann 
von Jemanden zusammengestellt würden, um sonach aus 
dem mittleren Durchschnitte von mindestens 5-10 (oder 
besser noch mehr) Jahren zu ersehen; wie weit überall die 
klimatischen Temperatur -Verhältnisse, mittelbar oder un- 
mittelbar, auf den Stand, Strich oder Zug einwirken. So 


(*%) Denn Lücken in der Zeitfolge der Beobachtung geben sonst, 
Wie begreiflich, dann ungemein leicht ein falsches Resultat anschei- 
nender Verspätung ; und im Herbste umgekehrt. — 


xXXIV 


würde ermittelt werden können: welche Vögel, die, im 
Allgemeinen bei uns Standvögel sind, und wo sie — Strich“ 
und Zugvögel werden, und umgekehrt; um wieviel die 
Zugvögel später oder früher ankommen; und dergl. 
mehr. Natürlich müfsten diese Beobachtungen, besonders} 
wenn sie zugleich mit für die Wanderungsverhältnisse der 
einzelnen Jahrgänge ein zuverläfsiges Resultat geben sollten, 
(d.h. wenn man aus ihnen genau ersehen wollte, wie viel 
von den derartigen Erscheinungen jedes einzelnen Jahrgan 
ges auf Rechnung der besonderen Jahreswitterung zu 
_ schreiben sei,) — nothwendig auch das Hauptsächlichsie 
der meteorologischen Verhältnisse von dem Orte und der 
Zeit der Beobachtung in jeder Hinsicht angeben; und stets 
müfste, aufser der Seehöhe des Ortes, die mittlere Jahres- 


temperatur desselben, und die Durchschnittstemperatur des 
Sommers und Winters daselbst, mitbemerkt sein. (*) Auch 


(*%) Höchst nützlich würde sich für den Zweck der botanischen; 
wie der zoologischen Geographie eine Reihe geographischer Tem- 
peratur-Charten, d.h. hauptsächlich oro- und hydrographischer 
Landcharten bewähren: welche (ein heut freilich nur erst sehr man“ 
gelhaft auszuführendes Unternehmen —) aufser der Höhe der Haupt- 
orte über der Meeresfläche, und aufser der durchschnittlichen Höhe 
der Ebenen, mit Andeutung der Isothermen- (und Isogeothermen -) 
Haupt-Linien, die mittlere Jahres-, die Sommer- und die Winter- 
Temperatur der besonders wichtigen Orte und Districte angäben; so, 
dafs man’ beim Gebrauche eines guten Handbuches, welches die äu- 
. Isersten Gränzen der Verbreitung eines Thieres oder einer Pflanze 
namhaft machte, 'mit Einem Blicke nicht blofs diese, sondern auch 
alle die abweichenden Temperatur - Verhältnisse übersehen könnte, 
welche jene in sich begreift. Möglich, dafs dieser, gegenwärtig näch* 
ste Zweck mit der Zeit sogar der unwesentlichste würde, und einst 
Vortheilen nachstehen müfste, die wir uns heute noch nicht vorstellen; 
die einst aber leicht hieraus entspringen können. — — | 

Als Muster für die Art und den Umfang von Beobachtungen; 
wie dieselben hier verstanden werden, wäre zunächst die Methode 
zu empfehlen, welche Faber bei den, in seinem »Leben der hoch“ 
nordischen Vögel» gelieferten befolgt hat: indem Untersuchungen 


XXV 


wäre nach Möglichkeit darauf zu achten, an welchen 
Tagen jedes Mal die Haupt- Masse des Zuges von jeder 
wandernden Vogelart eintraf. Hohes Interesse würden schon 
die innerhalb der Gränzen Europa’s möglichen Erfahrun- 
sen hierüber gewähren; das höchste aber müfsten Beob- 
achtungen erregen, welche in fernen Welttheilen, nament- 
lich in solchen, die eine recht excessive klimatische Con- 
stitution besitzen, wie Hochasien und Nordamerika, 
besonders mit über diejenigen Vögel angestellt würden, 
welche dort und auch in Deutschland einheimisch sind, 
und deren Zug gerade hier meist genauer, als anderswo, 
beobachtet worden ist. 
Darf man mit diesen Vorschlägen ins Einzelne ‘gehen, 
so möchte es vielleicht namentlich als ein, der Kaiserlichen 
Akademie der Wissenschaften zu Petersburg von 
scientifischer,, ja selbst ‚von patriotischer Seite nicht un- 
 Würdiges Unternehmen erstHeien Beobachtungen dieser 
Art an recht verschiedenen Punkten des ungeheuren russi- 
schen Kaiserreichs, vorzüglich aber in dem, gerade in die- 
ser Hinsicht so merkwürdigen Sibirien, einzuleiten, so 
weit dieselben irgend zu bewerkstelligen wären. Noch viel 
weiter liefse sich dieses, schon an sich so hohe Verdienst 
ausdehnen: durch die Sorge für ein ausgebreitetes, hiermit 
zu verbindendes Sammeln von Naturalien, welche 
sich auf die, immer noch näher zu bestimmenden Abstu- 
fungen des Variirens in immer ferneren Landstrichen be- 


u hy : 
über die Rückkehr der Zug- und über das Nisten der. Standvögel , 
zugleich mit anderen, über das Erwachen der Winterschläfer unter 
den Säugthieren, über das Erscheinen der Insecten und Wiederauf- 
leben, Treiben und Blühen der Pflanzen, in Verbindung gesetzt wer- 
den. Alles Erscheinungen, welche entweder von gleichen äufseren 
Ursachen ab-, oder unter sich selbst als Mitursache oder Wirkung 
zusammenhangen. | 


XxXVI 


‚zögen; (") und, wenn diese Sammlungen umfassender ge- 
macht würden, als etwa der eigene Bedarf sie verlangte, 
durch Mittheilung an andere zoologische Anstalten, im 
Auslande. (**) Was den organisch-verändernden Einfluß 
des Klimas betrifft; so dürfte eine, mit topographischer 
und chronologischer Genauigkeit angelegte Sammlung 


Säugthieren leicht noch vortheilhafter und interressanter 


(*) über welche Stufenfolge in einigen Fällen schon der treffliche, 
allseitig gebildete, wahre Naturforscher Pallas Aufschlufs zu geben 
angefangen ‚hat. — . 


(**) Dergleichen Untersuchungen und das damit zu verbindende 
Sammeln würden sich vielleicht häufig ohne viel Schwierigkeit und 
ohne besonders grofsen, eigens hierzu erforderlichen Aufwand an die 
Beobachtungen anknüpfen lassen, welche die Kaiserliche Akademie m 
so grofsartiger Weise über Alles das, was in das ausgedehnte Gebiet 
der Meteorologie gehört, in dem ganzen Umfange des Gebietes der’ 
russischen Krone ausführen läfst, und zu deren Ausführung von ihr 
eine so aufserordentliche Menge materieller und intellectueller Mittel 
mit einer Liberalität in Bewegung gesetzt sind, welcher nur die ähn- 
liche, bei den bereits früher (vorzüglich im vorigen Jahrhunderte) 
der Wissenschaft mit dem glänzendsten Erfolge für Zoologie, Bota- 
nik und fast alle andere Zweige der beschreibenden Naturkunde 
dargebrachten Opfern derselben Akademie verglichen werden kann. 
Vermöge des Einflusses, mit welchem dieselbe auf die so reich do- 
lirten und zu ihrem Wirken als Pflegerinnen der Wissenschaften 
befähigten Universitäten der Provinzen einzuwirken vermag, deren 
jede selbst schon mehr oder weniger oft Naturforscher ausgesendet 
hat, würde bei vielen derselben eine Anregung hierzu eben so leicht 
möglich, als hinreichend sein. — Nächst dem dürfte die Kaiserliche 
Akademie der Naturforscher zu Moskau, welcher der Gegen“ 


stand ihrem verfassungsmäfsigen Zwecke nach so nahe liegt, auf ein® 


besonders thätige Weise einzugreifen vermögend sein. 

Möchte der gelegentlichen Berücksichtigung und näheren Bera“ 
thung nicht unwerth befunden werden, was hier der ferne Einzeln® 
in Folge specieller Studien im Interesse der Wissenschaft zwei er” 
habenen Vereinen von Gelehrten zur Beachtung zu empfehlen sich 
erlaubt, welche zum kräftigen Wirken nicht blofs den Willen, son 
dern auch die Kraft besitzen und bewähren. — 


thier 
selba 


schie 


und 
die 
1) 
biet 
der 
ihr 
ittel 
ihn- 
rte) 
ota“ 
nde 
hnn. 


do- 


' der 


XXVI 


für die Wissenschaft sein, als die von Vögeln. Denn, ab- 
geschen davon, dafs man von ersteren in diesem Betrachte 
noch weniger weifs, als von letzteren; so darf man, ohne 
es für gewils anzusehen, nicht ohne Grund vermuthen:: dafs 
bei jenen dort der (stets) ‚doppelte jährliche Haarwechsel, 
im Anfange der so plötzlich eintretenden wärmeren und 
nicht viel weniger schnell kommenden kälteren Jah- 


reszeit,, wohl leicht geeignet sein könne, für sie den Uu- 
terschied, leer hierin zwischen Zug- und Standyögeln 
herrscht, "auszugleichen, und zu machen: dafs bei Säug- 


thieren beide Richtungen des Variirens an einer und. der- 
selben Art, an jedem einzelnen Individuum, je nach Ver- 
schiedenheit des Wechsels der Jahreszeiten, sogar im Ex- 
treme Statt haben können. — u 
Recht viel bleibt also noch für manche Theile selbst 
in der Naturgeschichte der Vögel und Säugthiere zu thun 


| übrig. Noch sind, so, zu sagen, neue Gebiete innerhalb 


ihrer Gränzen zu BETTER Indeßs, wenn jeder Einzelne 
ihrer Verehrer sich nach Kräften der Mitwirkung bestrebt; 
so werden auch die Ornitholagie und die Kunde der Vier- 
füfser etc, einst dahin gelangen: um direct und indireet, 
nicht blofs nehmend, sondern auch selbst beisteuernd, An- 
theil zu haben an jener großartigen Welt- Physik, deren 
Gründung in solcher Ausdehnung erst GR neuesten Zeit 
zu erleben vergönnt war. 


Schließlich bleibt mir noch die Erfüllung der ange- 
‚nehmen Pflicht übrig, mit Danke der hülfreichen Unter- 
Slützung zu erwähnen, welche mir so vielseitig und reich- 
lich, sowohl amtlich, wie priyatim, und in Bezug auf die 

ier als Vorläufer eines gröfseren Werkes erscheinende Schrift 
ins Besondere, wie hinsichtlich der letzteren und der er- 
Sleren überhaupt, zu Theil geworden ist. 


XXVII 


Zunächst verdanke ich es der Güte des Hohen Könif 
lichen Ministeriums der geistlichen, Unterrichts - unl 
Medicinal-Angelegenheiten: dafs ich während einer Rei! 
von Jahren wiederholt zu den nöthigen Reisen, "vorzüglid 
‚aber dazu in den Stand gesetzt wurde, das reiche Mat® 
rial, welches das Berliner Museum und die dasige Biblio 
ihek darboten, für zoologische Arbeiten zu benutzen. Ein 
Vergünstigung, die zuletzt (1831) namentlich unter dop‘ 
pelt kritischen, die materiellen Interessen der Völker unl 
Staaten physisch und politisch gefährdenden Zeitumstände 
erfolgte, welche jede aufserordentliche Ausgabe von Seite 
des Staates für wissenschaftliche Unternehmungen ung® 
mein erschwerten, den Empfänger also um so tiefer ver“ 
pflichteten. 

Auf den Bericht Seiner Excellenz, des Königlichet 
wirklichen Geheimen Raths, Herrn Alexander v. Hum‘ 
boldt, und des Herrn Geheimen Medicinal-Raths Lich’ 
tenstein (welche vorliegende Arbeit in der Handschril 
kennen gelernt hatten) an die physikalische Klasse de 
Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, al 
Mitglieder derselben, fand die verehrte Akademie sid 
bewogen: eine Summe zum sofortigen Druck des Werk 
chens in der Ofücin der Akademie zu bewilligen. Dadurd | 


ist es möglich geworden, einen Ladenpreis zu erzielen, w! 


er, besonders bei einer typographischen Ausstattung vo 
dieser Art, sonst nicht zu stellen gewesen wäre. Demnad 
ist (für den Verfasser eine eben so hohe, ‘als erfreulich 
Veranlassung vorhanden, hierdurch in ehrfurchisvollstd 
Ergebenheit den herzlichsten Dank für die Liberalität auf 
zusprechen, mit welcher die verehrte Akademie die rasch 
und allgemeine Verbreitung des Werkchens zu fördern ge 
‚neigt: war. 

Aus der Zahl Derer, welche mich durch Darreichus! 
literarischer Hülfsmittel überhaupt, und namentlich aud 


XXIX 


mit solchen, die zunächst bei der vorliegenden Arbeit in 
Anwendung gekommen sind, bereitwilligst unterstützt ha- 

en, habe ich vorzüglich Dank abzustatten: vor Allen 
dem Herrn Geheimen Hofrathe, Professor Gravenhorst 
hier, dessen so besonders reichhaltige zoologische  Biblio- 
thek mir stets mit der ausgezeichnetsten, auf keine Weise 
?u übertreffenden Liberalität offen gestanden hat; Herrn 
Medicinal-Rath, Professor Otto hier; dem Hrn. Präsiden- 
ten der Akademie der Naturforscher, Professor Nees von 
Esenbeck hier; Hrn. Dr. von Chamisso zu Berlin ; (*) 
Hrn. Geheimen Medicinal-Rath Klug daselbst; — zugleich 
auch dem Oberbibliothekare und Bibliothekare der dorti- 
gen Königlichen Bibliothek, Hrn. Geheimen Regierungs- 
Rath Professor Wilken und Hın. Dr. Spiker, für die 
wir von ihnen zur Benutzung der zoologischen Werke zu 


Theil gewordene Verwendung und Erleichterung. — (**) 


(*) welcher mir die so wichtige, in Deutschland fast gar nicht zu 


abende Zoographia rosso-asiatica von Pallas so lange lieh, um 

daraus alles das Wichtigste über die Landvögel ausziehen zu können. 
(**) Auch die stete freundliche und zuvorkommende Bereitwillig- 

keit, mit welcher sämtliche Beamte des zoologischen Museums zu 


, Berlin jede irgend von mir gewünschte oder ihnen selbst für mich 


n ad 


1 lich 


Wünschenswerth scheinende Mühwaltung übernahmen 
Museum hat persönliche Freundschaft sich mir allerdings nicht min- 
der gefällig bewiesen, —) verdient eine recht dankbare Erwähnung. 


Breslau, im December 1832. 


‚ (am hiesigen 


ER L. Gloger, Philos. Dr. 


liste N 


auf 


asch! 


n ge 


hun! 
aud 


Verbesserungen. 


Wesentlich wichtige, deren vorgängige Berichtigung 
nöthig ist. 
Seite2, Zeile9 von oben: der Art (species) statt „Art.” 
- 35, - 21 von unten: Bräunen statt „‚Varüiten.” 
- 50, - 16 v.u.: die Erscheinungen statt „sie.” 
- 71, - 83 v.u.: Ende der Mauser statt „Ende. 
- 95, - 9v.o.: entschiedener statt „ verschiedener.” 


Minder wesentliche, und die sich zum Theile von selbst 
ergeben. 


Seite, Z. 21v.o.: bestem statt „‚besten.” 
- - 25 v.o.: Ver- statt „Ab-.” 

a - 9x.u.: Bäume vor dem Abfallen) statt „Bäume).” 
- - 411 v.0.: Ineinanderflielsens statt „Inanderfliefsens.” 


en - dv. mit fremden statt „;mitfremdem.” 
- _ 2 V.U.: erscheint statt „,erscheinen.” 
z = 10. 0% in subjectiver statt syinsubjectiver.” 
- 10 v:0.: dem der stait „‚den.” 
zu unterst fehlt Note(**) zu Z.11 v. 0.: Stand. Faun. 1, 5.35, n.7-8. 3 
- 11 v.0.: zu setzen ) statt ( 
- 11 v.w: noch gar statt „gar.” 
- 15 v.u.: am Ende gehört „sich”’ ans Ende von Z.1A v.u 
0.: (*) statt (**); und 2.21: (**) statt (***), 
.U.2 mancher statt „‚der meisten.” 
« Jacutiam statt „Jautiam.” 
! (jetzt statt „„jetzt.” 
ist hinter der Zahl 75 der Punkt zu streichen. 
: scientifischem statt ‚‚scientistischem.” 
.0.: Specificität statt „‚Specifität.” 
: mannbaren statt ‚‚männlichen.” 
- 18,17 v.u.: weit continentaleren statt ‚‚rein 


tinentalen.” 
= A v.U.: ganz statt „ ganze.” 


- 15 v.u.: 16. statt „16?” 


Übersicht des Inhalts. 


Vorbemerkung, über die Nothwendigkeit der Unterschei- 
dung von Ausartung und Abänderung. Seite 1-3. 
Zusatz zu S.3 siehe S.109, Vergl. Schlufs der Zusätze 8.133 -35, 

Allgemeine Ursachen und ganz allgemeine, ununterbro- 

chene, regelmäfsige Absrafuny der kiimatischen Va- 

rietäten herabwärts zu den gewöhnlichen Characteren der 

Species. 9.3-5. 

' Dazwischen auch Kalensugiunge S5, 93-117. - 
Einflufs des hohen Alters und gewisser äufserer, mecha- 
nischer und chemischer Einwirkungen, welcher durch 
das Klima verstärkt wird. S. 6-10. 

Zusätze zu S.7 s. S.109; zu S.9-410 s S. 15-16... 

Mittelbarer Einflufs der Gestalt und Bildung der Fe- 

. dern. 5.40. 

“  Vergl. auch Zusätze S. 14-15, x 
Abänderungsweise der einzelnen, einer Veränderung 
durch das Klima unterworfenen Farben. 5: 14-24. 

@) Schwarz und Schwärzlich. &1l. e) die Fe S.21. 

86) Grau und Graubraun. S.13, 2.) Blan, 8,2% 

’c) Weifs und Weifslich. S.16. - g) Grün. S.22, 

d) die Rostfarben S. 16, und A) Gelb; 5.23. 
Veränderung der nackten Theile. S. 23-24. 

Zusätze zu S.17 s. S.111; zu 5:15 =. S. 124. i 

' Grade des klimatischen Variirens nach Verschiedenheit der 
einzelnen Theile des Körpers. 8. 24-27. 

Zu 8:25 s, mit die Zusätze S. 112. 

Zuweilen scheinen jedoch selbst Ausartungen zu kli- 
matischen Abänderungen werden zu können, $. 27-30. 

(Zu vergleichen Yorhemerkang zum systematischen Verzeichnifs, S. 137-383.) 
Entgegengesetzte (nördliche und südliche) Haupt-Rich- 
tungen des klimatischen Abänderns. Entsprechender Un- 
terschied der entgegengesetzten Jahrszeiten unter einem 
und demselben Klima. 8.30-33. : 

Zusatz zu S.32 s. S.112. Zu S. 31 vergl. S: 110 und 125. 
Eigentliches, innerstes Wesen (Bedeutung) der südlichen 
eiokn Varietät. $.33-38. 

Zu S.35 s. besonders auch S. 125 - 126. (Anmerkung zu 5,35. s. $. 114; 

Zusätze zu S. 36 s. S. 114.) 

. Vergleich mit den, nach Verhältnifs ganz entsprechenden Wahrnehmungen, wel- 

che das klimatische Variiren der Säugthiere bemerken läfst, — Beweis, dafs 

namentlich die Neigung, ein helles oder gar weifses Winterkleid anzu- 

nehmen, welche mehrere Arten im- Norden besitzen, bei denselben Arten tiefer im 

Süden endlich ganz verschwindet. S. 38-46, 

Vergl. noch Zusätze S. 123-124, 8.128. 


8.11. Auch ein nordischer Vogel scheint, nach Art gewisse! 
2 Säugthiere, in einem südlicheren, viel milderen Klim2 
sein weilses Winterkleid (für beständig) ablegen 2W 
können. S.46-48. 
Zusatz und ausführliche Auseinandersetzung s. S. 117-123. 
Manche Gegenden verbinden in der besonderen , die 
‚ entgegengesetzten Extreme vereinigenden , Excessivität ib” 
res Klima’s auch die Elemente zur Hervorbringung 
solcher entgegengesetzten Varietäten (bei unter sich vel” 
schiedenen Vogelarten) zugleich. So Nordeuropa; noch mehr 
Nordasien (Sibirien) und Nordamerika. S. 48 - 64. 
Zusätze zu 8. 63-64 s. S. 123-127. — Vergl. auch Vorbemerkung zuM 
systematischen Verzeichnifs S. 137 -38. £ 

‚ Inwiefern Verschiedenheiten der Gröfse, der Gestalt und 
einzelner Verhältnisse ebenfalls blofs klimatisch seinı 
d.h. auch mittelbar durch klimatische Momente hervorgerufe® 
werden können. S.64-77. | 

Zusätze zu S. 67 s. 5. 127 fi. 

.„ Auch in Beziehung auf die Stimme sind gewisse kli“ 
matische Abweichungen nicht blofs möglich, sondern be* 
reits erwiesen. $.77-86. i 
Klimatisch begründete Verschiedenheit des Aufenthalts 
zum Theile selbst der Sitten. S.86-97. 

Einflufs der Jahreszeiten und einzelner, selbst kurzel 
Zeiträume. — Die Klimate mufs Erfahrung kennen lehren 
nicht blofse Vermuthung sie bestimmen wollen. $. 97-102. 
Vergl. hierzu noch S.19, Note, S. 61-62, und S. 63. 
Mit der immer gröfser werdenden Ausdehnung der Ver- 
breitung bei manchen Species sind auch manche, frü* 
her nicht vorhandene, klimatische Abänderungen ers} 
entstanden. — (Wiederholter Beweis: dafs dieselben alsoı 
schon defshalb, .nicht als Species aufgestellt werden dürfen.) 
— Rückgehen derselben. 5.102 - 108. 
Zusätze zu S. 104-6 s. S. 1332-35. 


Zusätze und ausführlichere Erörterungen. S.109-135. 
(Über Antuus rupestris s. S. 112; über Srunnus unicolor s, S. 114; übe 
Terrao scoticus s. S. 117.) 
Systematisches Verzeic hnifs der klimatisch variirenden europäf 
schen Arten, mit kurzer Beschreibung und Synonymil 
der Varietäten jeder (Landvogel-) Species. S.136-159. 
Vorbemerkung S. 136 - 139. ; , 
Raubvögel S. 139-142, n. 1-15;  Sperlingsvögel S. 142-156, n. 16- 67; 
Taubenartige S. 156 - 157, rn. 68 und 69; Hühnerartige S, 157 - 159 
n. 70-75. 


$.1. 
‚Nothwendigkeit der Unterscheidung von Au sartung und 
Abänderun g- 


V, rbemerku ng- Ehe wir uns zu dem eigentlichen Ge- 
'  genstande der Überschrift vorliegender Abhandlung wenden, bleibt 

mir zuerst noch vorweg zu bemerken, dals vor Allem jene Un- 
_ bestimmtheit vermieden werden mufste, welche man bisher fast 
ganz allgemein in die Worte und Begriffe Abänderung und 
Varietät zu legen pflegte: indem man auch die gewöhnlich so- 
genannten zufälligen Verschiedenheiten, oder die accidentellen Va- 
rietäten, unter diese Categorie zog. 

Es liegt aber etymologisch weder in dem einen, noch in 
dem anderen dieser beiden Worte (Abänderung und Varietät) 
der Begriff dessen, für was ich, seiner Sachbedeutung nach, das- 
jenige ansehen zu müssen glaubte, was ich durch die Benennung 
Ausartung bezeichne, und was eben bisher meist unter einer 
zufälligen Varietät verstanden wurde. Delshalb wurde es erfor- 
derlich, für den letzteren Begriff einen, zwar bisher ungebräuch- 
. lichen Namen einzuführen, dessen Bedeutung aber, sowohl an sich, 
wie nach der hier gemachten Anwendung, dem gefühlten Bedürf- 
nisse vollkommen entsprechen sollte. Und diese Bedingung darf 
ich zuversichtlich als erfüllt betrachten; vorzüglich, wenn wir 
‚die allgewohnte Bedeutung erwägen, die wir dem Worte „Art” 
im naturgeschichtlichen Sinne beilegen. Denn diesem gemäls kann 
wohl nichts natürlicher sein, als dals man. unter einer Ausar- 
tung ein solches Wesen verstehe: welches, durch zufäl- 
lige ungewöhnliche, nicht unter bestimmten Verhältnissen re- 
gelmälsig wiederkehrende Ursachen aus den gewöhn- 
lichen Eigenthümlichkeiten der Art (species) herausge- 
treten, den Character der letzteren in mehreren oder 

1 


2 


wenigeren, wesentlichen Stücken geradezu verläu gnet, ohne 
dafs die Ursache der bei ihm eingetretenen Abweichungen vo®’ 
der Regel in solchen organischen Vorgängen zu suchen wärg 
welche, je nach Verschiedenheit des ‚Alters, des Geschlechts oder 
des Ortes, in allen Individuen der Art (species) wirksam sind 
oder es doch, unter gleich gegebenen äufseren und inneren Ver- 
hältnissen dieser Categorie, ın allen Exemplaren sein würden. 
Solche ganz regelwidrige Verschiedenheiten werden also, wegen 
ihres Widerstrebens gegen gewisse Eigenschaften Art, fernerhit 
Ausartungen heilsen. Dafs sie übrigens im Norden nach Ver- 
hältnifs, etwas häufiger, als im Süden, vorkommen, stölst durch- 
aus die Regel nicht um: dafs sie doch immer und überall bloß 
als im Ganzen seltene Ausnahmen, häufigst als ganz aufserordent- 
liche Erscheinungen, auftreten. 

So palsten die Benennungen Verschiedenheit und Ab- 
änderung, Variiren und Varietät, gleich gut auf alle die- 
jenigen Veränderungen: welche mit lebenden (oder über- 
haupt mit organischen) Wesen nach Alters- und örtlichen 
Umständen gewöhnlich, und nach einer gewissen Regel- 
mälsigkeit, vor sich gehen; und welche sich aus solchen 
allgemeinen und unsichtbaren inneren Ursachen herleiten 
lassen, die man, wenn auch mit einigem individuellen Unter- 
schiede in dem Mehr oder Weniger, doch ursprünglich bei. al- 
len Individuen der ganzen Art (species) mit Recht als 
wirkend voraussetzen darf, und die endlich nur gewisser 
Zeit-, Geschlechts-, oder aber atmosphärischer Verhältnisse etc. 
bedürfen, um äufserlich sichtbar in volle Wirksamkeit zu treten. 
Dem eingeschränkten Inbegriffe dieser Abweichungen werden da- 
"her auch künftig ohne Undeutlichkeit und Unbequemlichkeit die 
bisherigen, nur früher. zu ausgedehnt angewendeten Benennungen 
verbleiben können. (*) 

[Demnach sind ein weifser, ein weilsgefleckter, ein 
semmelgelber und ein schwarzer oder schwärzlicher, 
so wie ein gehäubter(?) oder kreuzschnäbeliger Haus- 


(*) Ganz verworfen habe ich aber die hin und wieder ebenfalls gebrauchten Ausdrücke 
Spielart für Ausartung, und Abart für Abänderung, deren einer fast eben so unbestimmt; 
wie der andere doppelsinnig ist, und die nun beide unnöthig waren. 


N 


— mas rin en wink — sin em u 
nn einer 7° une 2 nenn be ns . 


r 


3 


Sperling nichts Anderes, als wirkliche Ausartungen: weil sie 
Nur ausnahmsweise Eigenschaften an sich tragen, die unter allen 
Alters-, Geschlechts- und Ortsverschiedenheiten der Art als solcher 
durchaus fremd bleiben und niemals einen bleibenden Character 
annehmen, sondern mit dem Individuum wieder vergehen, ebenso, 
wie sie nur mit ihm entstanden sind: indem es kein Land und 
kein Alter giebt, in welchem alle Haussperlinge, oder auch nur 
eine einiger Maalsen beträchtliche Anzahl derselben, resp. weils, 
 weilsgefleckt etc. würden; — und weil eben diese Charactere zu 
den gewöhnlichen, also der Art wahrhaft eigenthümlichen Eigen- 
schaften in einem absoluten Gegensatze stehen: indem sie sich 
durchaus nicht aus diesen herleiten lassen, sondern ihren beson- 
deren eigenthümlichen Ursprung haben; da ja das an ihnen herr- 
schende "Weifse nicht aus dem Schwarzen und Rothbraunen, Rost- 
farbigen etc. entsteht, und nicht als eine erhöhte Potenz dessel- 
ben, nicht als wahre Verminderung, sondern als eine ganz unab- 
hängige, für sich bestehende Erscheinung zu betrachten ist, die 
von mehr oder minder absoluter Mangelhaftigkeit herrührt. 

Der sogenannte italienische und spanische Sperling 
hingegen bilden Abänderungen: weil ihre Charactere, wenn 
auch von den gewöhnlichen zum Theile bedeutend abweichend, 
doch unter gewissen Umständen durch eine allmählige, stufen- 
weise zu verfolgende Veränderung aus den gewöhnlichen entste- 
hen, in weichen sie alle schon ursprünglich vorbereitet und ge- 
geben sind; — und weil diese Charactere, sobald jene Umstände 
eintreten, mit einer allgemeinen Ausdehnung auf alle Individuen 
der Art übergehen, sich auch neuerdings, und zwar gewöhnlich 
nach kurzer Zeit, in denjenigen jungen Individuen wiedererzeu- 
gen, welche von so veränderten abstammen.] 


8.2. 


Allgemeine Ursachen und ganz allgemeine, ununterbrochene, re- 
 gelmäfsige Abstufung der klimatischen Varietäten herabwärts 
zu den gewöhnlichen Characteren der Species, 


En 


Jene bewirkenden Umstände nun, insofern sie blofs die 
Färbung, und zum Theile die Zeichnung betreffen, sind, mit ei- 
* 


a u EEE EEE 


4 


nem allgemeinen Ausdrucke zu reden, überhaupt solche: welche 
in der einen Richtung eine besondere intensive, und häufig 
zugleich die extensive Erhöhung des Colorits, und eine ent- 
schiednere Ausprägung desselben, zu Wege bringen; und 
welche so eine Veränderung erzeugen, die im Allgemeinen steis 
als eine Verschönerung gelten muls. Die meisten treten, im 
Ganzen genommen, durchaus nur unter solchen Verhältnissen ein 
welche sich, nach längst bekannten Erfahrungen, der Ausbildung 
der Farben vorzüglich günstig erweisen, nämlich: im höheres 
Alter, und in Folge eines wärmeren Aufenthalts. In der ande* 
ren Richtung nun tritt, inFolge entgegengesetzter Ur 


sachen, auch die gerade entgegengesetzte Wirkung ein. 


Bedürfte es noch eines Beweises von der Richtigkeit des 
Verfahrens, klimatische Varietäten aufzustellen; so mülste 


er vor Allem in dem Umstande zu finden sein: dals man die, ale 


solche naichöndde Abweichungen sehr bestimmt classic 
ciren kann, und dals sich, bei einigermaalsen sorgfältiger all- 
gemeiner Beobachtung derselben, bald mit hoher Wahrscheinlich“ 
keit die Fälle angeben lassen, wo Abänderungen dieser Categorie 
eintreten werden, oder wo nicht. Das will sagen: man kant 
bereits mit besten Grunde Schlüsse a priori hierin machen 
Der Erfahrung also: dals eine und dieselbe, oder eine schf 
ähnliche Farbean so vielen, der Art, Gattung und Ord- 
nung nach ganz verschiedenen Vögeln unter ähnlicher 
äufseren Verhältnissen immer wieder eine ganz ähnliche Ab 
änderung erleidet, — dieser unumstößslichen Erfahrung kant 
wohl Nichts natürlicher folgen, als der sehr bestimmte Schluß‘ 
dafs wir eben diesen Verhältnissen einen Einflufs zuzuschreiben 
haben, welcher jene Veränderungen hervorbringe. [Wenn wif 
z. B. schen werden, wie sich die rostrothen und rostbraunes 
Farben unter wärmeren Himmelsstrichen bei allen Vögeln, welch 
sie in kälteren Gegenden minder ausgebildet zeigen, so entschie” 
den und: so bedeutend verdunkeln und ausbreiten, und wie so” 
gar unter lokal ganz verschiedenen, oft geradezu entgegengeset2“ 
ten Himmelsstrichen doch ein relativ- gleiches Klima an einem 
Vogel ‘immer auch gleiche Veränderungen hervorbringt; so würde 
doch wohl ein unbegränzter und ganz unbeugsamer Starrsinß! 


zn 


5 


dazu gehören, um ferner noch, allen Beweisen zum Trotze, die 
Gegenbehauptung wagen zu können: „das liebe Klima thue hier- 
bei doch Nichts” — —!] 

Wahr bleibt allerdings der Satz: dafs eine sch Er 
Seographische Abgränzung solcher klimatischen Ab- 
änderungen unter sich durchaus nicht Statt findet, 
‚sondern dafs auch das Alter aulserordentlich Viel, und eine in- 
dividuelle Prädisposition oft mindestens Etwas dazu beiträgt, sie 
in ihrer Entwickelung zu begünstigen, oder zu hemmen. Aber es 
ist auch wohl noch nie Jemanden von allen den Vielen, welche 
sich schon zu dem Glauben an klimatische Varietäten bekennen, 
in den Sinn gekommen, das Gegentheil behaupten zu wollen; 
und eben darin, dafs eine solche Behauptung gegen die Erfah- 
rung streiten würde, gerade darin liegt ja mit der Hauptgrund, 
warum die Wenigen, welche etwa noch nach der entgegenge- 
setzten Weise verfahren und die klimatischen Abänderungen als 
Arten betrachten wollen, als dem falschem Wege folgend anzu- 
schen sind. Was man nicht begränzen kann, das soll man doch 
auch nicht trennen! Was durch stetes und allseitiges Ineinander- 
fliefsen seinen innigen, ununterbrochenen Zusammenhang beurkun- 
det, ‘das sollte man nicht naturwidrig absondern wollen. — Zieht 
man endlich, aufser diesen steten und allmähligen Übergän- 
gen, welche selbst die entferntesten Extreme verknüpfen, 
auch noch die mannichfaltigen Kreuzungen in Betracht, welche 
- wir bei solchen Abänderungen wahrnehmen, und welche so oft 
‚zwischen zwei, durch Mittelstufen auf das Engste verbundene Ex- 
treme von einer Art wieder noch ein drittes und viertes Extrem 
von anderer Art, ebenfalls nach allen Abständen, und oft fast 
unabhängig, in die Mitte stellen; so wird man zugeben ‘müssen, 
dals bei einzelnen Thier-Arten eine dergleichen Aufstellung neuer 
Species in der That kaum ein Ende nehmen könnte. Eine ein- 
zige bisherige Art würde hierdurch — (ganz abgeschen von allen 
wirklichen und eingebildeten, wahren und scheinbaren, standhaf- 
ten und wandelbaren Schädelverschiedenheiten —!) dann ae in 
mehr als ein Dutzend Lzönsfolene [z. B. der Gartenröthling.] 3 


6 


3. 
Einflufs des hohen Alters = gewisser äufserer, neuer cher 
und chemischer Einwirkungen, welcher durch das Klima 
verstärkt wird. 
_ Bevor wir jedoch die specielle Betrachtung über das zu 
ren der verschiedenen einzelnen Farben beginnen, um aus den 
Erfahrungen hierüber allgemeine Schlüsse zu ziehen; so wird & 


nöthig sein, vorläufig auch noch auf einige andere Punkte von 
Wichtigkeit im Allgemeinen hinzuweisen. Diese sind: höheres 
Alter der Individuen, immer stärkeres Abreiben der Federn 
bei zunehmender Hitze, und vermehrtes Ausbleichen der 
Farben durch den brennenderen Schein der Sonne in wärme- 

ren Ländern. | 
Ein höheres Lebensalter macht bekamntlich schon bei 


uns die, die Farben erzeugenden oder verbreitenden 
Hautorgane der warmblütigen Geschöpfe, der Vögel und 
 Säugethiere, durchgängig zu einer höheren Ausbildung der- 
selben fähig; und es bleibt unbestreitbar, dafs diese Regel viel- 
leicht unter die wenigen gehört, welche ohne Ausnahme dastehen. (*) 


Dafs aber dasselbe auch noch eher unter einem entweder, 


_ südlicheren, oder durch andere Umstände wärmeren Klima, 
und zwar in Folge desselben auch in höherem Maalse geschieht, 
diels liegt namentlich bei den Vögeln in Folge so ‘vieler, der 


(*) Mögen die Physiker und Physiologen sich hierbei bedeuten lassen, dafs noch nicht ein- 
“mal der Ausdruck : schr hohes und höchstes Alter, viel weniger das Wort: höheres Alter, orni- 
tholögisch die Bedeutung haben, wie anthropologisch der Ausdruck : Greisenalter. Dieser letz- 


tere. Terminus fehlt bei uns, weil wir an Vögeln eigentlich den Gegenstand nieht haben: indem 


bei ihnen die steigende Entwickelung der Farben bis ins höchste Alter fortgeht. Es giebt 
daher entweder im freien Zustande überhaupt gar keine gewöhnl. sogenannte Greise 
unter den Vögeln; oder, wenn einige mit den Jahren einer Seits, durch eintretende Unfä- 
higkeit zur sexuellen Reproduction, den geschwächten Character von Greisen annehmen, so tre- 
ten sie anderer Seits, nämlich in individuell - reproductiver Hinsicht, sogar gerade in das entge- 
gengesetzte Verhältnifs erhöhter Lebensthätigkeit. Doch gilt. selbst diese Erfahrung nur aus- 
schliefslich von Weibchen; die Männchen nehmen, so viel man bis jetzt weils, niemals eine, 
auch nur theilweise, greisenartige Mangelhaftigkeit an. Bei vielen Arten nämlich, wo die Ge- 
schlechter verschieden aussehen , erhalten die Weibchen, wenn nach vieljährig fortgesetzter 
Fortpflanzung ihr Eierstock endlich völlig leer und somit jeder Erfolg geschlechtlicher Verrich- 
tungen unmöglich geworden ist, allmählig nicht blofs die schönere, oft ganz verschiedene Fär- 
bung und Zeichnung der Männchen, sondern auch deren etwanige sonstige Auszeichnungen jeder 
Art, ihre Feder - Zierrathen, längere Schweife, Kämme, Sporen und dergl.; und je älter sie 
nunmehr noch werden, desto höher steigt diese, früher ruhende und gewifs nicht greisenhafte 
Seite der Reproductiohskraft, welche nun überhaupt ganz nach Einer Richtung concentrirt ist. 


REBEL: 


B®. 


m <<. 


7 


neuesten Zeit angehöriger Beobachtungen klar am Tage; denn 
es kann nicht einen Augenblick geläugnet werden, dafs hierbei 
auch in wärmeren Gegenden noch der allgemeinen Luftbeschaf- 
fenheit wieder das höhere Alter des einzelnen Individuums we- 
 sentlich zu Hülfe kommt. Die Physiologen mögen uns einst das 
Wie und Warum vollständig, durch chemische oder dynamische, 
Zersetzungs- oder Stimulationsprozesse, oder durch beide zugleich, 
zu erklären suchen; wir Zoologen brauchen uns zum Zwecke der 
Ornithologie einstweilen nur an die Menge vorliegender, unbe- 
streitbarer Thatsachen zu halten. Eine Anzahl, die wahrhaftig 
mehr.als hinreichende Beweise für die Richtigkeit einer Behaup- 
tung liefert, welche sich ja sogar bei dem Herrn der Schöpfung 
selbst bekräftigt! Denn, wem in der Welt würde esz.B. einfallen, 
die Ursache des weit früheren Eintrittes der Pubertät bei beiden 
Geschlechtern geistiger Wesen unter wärmeren Klimaten anderswo, 
‚als eben in dem Klima, zu suchen? Ist es denn also etwas so 
Wunderliches, wenn wir gleichfalls bei den Vögeln etwas be- 
merken, was, wenn auch hier in erhöhtem Maalsstabe durchge- 
führt, doch an sich ganz eben dasselbe ist? — Indels, wir wer- 
den später wieder noch hierauf zurückkommen müssen. 

. Ferner hat schon längst namentlich Hr. Temminck oben- 
hin darauf aufmerksam gemacht: dafs hinsichtlich der Vögel die 
Einwirkung der südlichen Klimate eines Theils eine or- 
ganische sei, wie die so eben erwähnte; und dafs sie, anderen 
Theils, auch eine mittelbar-mechanische werde. Mittelbar 
und mechanisch erscheint sie insofern: als die gröfsere Hitze die 
' Federbärte austrocknet, sie früher der Säfte beraubt, sie dadurch 
Spröder und brüchiger macht, und somit bewirkt, dals sie der 
Vogel hei seinen Bewegungen viel leichter und stärker an einan- 
der selbst und an anderen Gegenständen abreibt; wodurch dann 
ein Theil der Feder zum Vorscheine kommt, welcher im entge- 
gengesetzten Falle mehr oder weniger bedeckt bleibt, und welcher 
sehr häufig eine Farbe hat, wesentlich verschieden von der des 
Endtheiles. Indefs hat Hr. T. damit nur zuerst auf einen ganz. 
gewöhnlichen Vorgang aufmerksam gemacht, den wir allenthalben 
wahrnehmen können. Nicht minder hat so Hr. Leisler und 
Nilfson (auch schon Hr. F. Boie) überhaupt, der zweite ins 


RE 


8 


Besondere aber beim Schneeammer, der erste beim Buchfinket 
und vielen anderen Vögeln, ganz dasselbe sogar blofs im Gegen 
satze der kälteren Jahreszeit gegen die wärmere unter einerle 
Himmelsstriche gezeigt. Es darf also wohl Niemanden füglich in 
Verwunderung setzen, wenn diels unter verschiedenen Himmel 
strichen verschieden, unter den südlicheren aber weit auffallend 
ist: wenn so hier alle die tiefer sitzenden schöneren Farbe 


N ren 


mancher Vögel viel reiner hervortreten, und wenn dagegen na 


EA S- -- 


mentlich das Jugendgefieder mancher Raubvögel, welche dieb 
besonders lange tragen, zum Theile eine ans Erstaunliche grän 
zende Veränderung, eine wahre Zerstörung, erleidet, ehe de 
Wechsel des Ganzen vollendet wird. [So habe ich unter an 
dern junge Königsadler aus Südafrika gesehen, bei welchen. die 


Schäfte am kleinen Gefieder zolllang, an den Hinterschwinge 


und an den hintersten grofsen Flügeldeckfedern aber auf 2—3" 
Länge, ganz von den Fahnen eniblöfst, stachelartig, 'dastanden; 
so: dals unter andern bei manchen die weilsen und weißsgefleck _ 
ten Schulterfedern bis nahe an die Wurzel-recht eigentlich ver“ 
nichtet waren, und dafs man die Überbleibsel dieser, ehedem da 
gewesenen Zierde selbst durch genaues Suchen noch kaum auf 
zufinden vermochte.] 

Aber auch das Ausbleichen der Farben durch die 
Sonne, im Süden gewöhnlich mit dem Austrocknen der Säfte 
durch eine an Feuchtigkeit arme Luft verbunden, trägt eben’ 
falls wesentlich dazu bei, ein anderes Aussehen de 
Gefieders hervorzubringen. Diels ist ganz besonders kurs 
vor der Mauser-der Fall. Die Feder steht dann eine Zeit lang 
fast gar nicht mehr (ja, vielleicht noch viel weniger, als etwa das 
Laub der nicht immer-- grünen Bäume) in organischem Zusammen? 
hange mit dem Leibe des Vogels. Gleichsam ‘eine Pflanze auf 
dem Thierkörper, ist sie nun, indem sie keinen Zufluls von für 
benden und erhaltenden Säften mehr genielst, endlich zu einem 
Gebilde geworden, dessen vegetatives Leben längst gänzlich ge 
endet hat. Sie hält daher, abgesehen von aller der zuletzt er- 
wähnten mechanischen Beschädigung, nunmehr bei starker Ein 
wirkung des Lichtes die Farben auch chemisch nicht fester, 'aß 
ein Kunstproduct, welchem dieselben nur technisch beigebrachb 


9 


Organisch aber fremd geblieben sind: (%) Es ergiebt sich aber 

bei einigem Nachdenken über physikalische Gesetze von selbst: 

dafs das Ausbleichen unter südlichen und heifsen Himmels- 

Strichen, wo die Sonnenlichtstrählen unter einem viel senk- 

rechteren Einfallswinkel und bei einer nicht selten monatelang 

ununterbrochen heiteren Atmosphäre weit kräftiger wirken, eben- 

‚falls stärker sein müsse, als bei uns, wo sich der Fall umkehrt. 

Dort kann mit manchem Vogel kurz vor der Mauser blofs 
hierdurch eine so aulserordentliche. Veränderung vorgehen, dals 

es selbst einem geübten Ornithologen gar nicht zu verdenken ist, 

dee wenn er, in den Besitz blofs zweier oder weniger, zur Zeit nicht 
„a im Federwechsel begriffener Exemplare gesetzt, einen solchen 

a verbleichten Vogel für specifisch verschieden von einem anderen 

ngen derselben Art hält, welcher sich eben gemausert hat; besonders, 

3" wenn etwa noch eine bedeutende geschlechtliche oder indivi- 

Jedi duelle Verschiedenheit hinzukömmt. [Als Beispiel hiervon ver- 

dient vor vielen der gemeine Mäusebussard aus Africa genannt 

ve zu werden. An ıhm bleicht häufigst ein nur etwas mattes, nur 
= wenig ins Bräunliche spielendes, also fast reines Schwarz zuletzt 

zu in ein ganz lichtes, fahles Hellbraun aus, so, dafs der Abstich 

- beider Farben neben einander an einem gerade mausernden Exem- 

die -  plare in der That wunderbar grols ist: ohne Vergleich grölser, 

Säfte als je bei uns.] Ferner liefert das Jugendkleid sehr vieler, ja der 

u meisten Vogelspecies nicht minder überzeugende Belege dafür. 

So kurz auch der Zeitraum zu sein pflegt, welcher für die Dauer 

und Beibehaltung desselben bestimmt ist, da sie (mit Ausnahme 


der jungen Raubvögel) beinahe alle das erste Jugendgewand schnell 
m - 


| eck’ 


(*) So läfst es sich erklären 
und Segler uns zum Herbste al 
im Frühlinge s 


fortwährend de 


‚ Warum die ganz spät im Winter mausernden Schwalben 
le in einem Kleide verlassen, welches sich, gegen sein Ansehen 
durch das Ausbleichen nur unbedeutend verschlechtert hat, obgleich sie beinahe 


? Sonne ausgesetzt sind. Ihr Gefieder steht, da es erst gegen den Februar ge- 
wechselt wird, die ganze wärmere Jah j 
färbende und nährende Säfte genug 
widerstehen zu können, 


reszeit hindurch noch fest; und somit erhält es noch 
‚„ um ohne bemerkbaren Nachtheil dem Einflusse des Lichtes 
Bei manchen Schwalben mufs allerdings auch zunächst der Umstand 
nicht übersehen werden, dafs sie ein glänzendes Gefieder besitzen, bei welchem eben der Glanz 
selbst stets eine mittelbare Ursache seiner Dauerhaftigkeit ist : indem ein hoher Grad von Dieht- 
heit und Festigkeit ‘der Textur erfordert wird, um die zur Hervorbringung des Tichtreliäx.ek 
ber diese Glätte und Festigkeit der Federn findet sich doch 
Nicht bei allen Schwalben - Arten; wohl aber besitzen alle, so lange 
jene Dauerhaftigkeit der Farben ganz entschieden, 


Wöthige Glätte hervorzubringen. A 


sie bei uns verweilen, 


10 


ablegen; so reicht derselbe, weil an ihm noch eine vorzüglich 
weiche und zarte Structur der Federn hinzukömmt, doch ı2 
wärmeren und heifsen Gegenden schon hin, um einen unge 
wöhnlichen Grad des Verbleichens zuzulassen. [Mehrere lerchen- 
artige ‘oder lerchenähnlich-gefärbte Vögel sehen dann nach ein 
Paar Wochen so licht aus, dafs man sich leicht versucht fühlen 
kann, sie so, in ihrer unter solchen Umständen ganz gewöhn- 
lichen Erscheinung als jugendliche Wesen, im Gegentheile für 
solche zu halten, welche, der Regel entgegen, ins Isabellfarbige 
ausgeartet seien. Offenbar verschwindet besonders hier ein T heil 
des dunklen bräunlichen Färbestoffes durch die ausziehende Kraft 
‚der Luft, während eine nach Verhältnifs weit grölsere Menge 
des röthlichen Pigments, welches überhaupt meistens noch klima- 
tisch an Masse zugenommen hat, daran haften bleibt.] 


i 


gu 


Mittelbarer Einflufs der Gestalt und Textur der Federn. . 


Anderer Seits verdient nun auch angemerkt zu werden, dals 


die theilweise Farbenstätigkeit, sogar des vollendeten G e- 
fieders, ebenfalls mit von seiner theilweisen Bildung ab- 
hängig erscheint; ebenso, wie seine materielle Dauerhaftigkeit 
in vielen Fällen (*) damit zusammenhängt. [An der gemeinen 
Krähe sind diejenigen Federn, namentlich des Kopfes und Halses, 
welche immer schwarz, oder mindestens immer mit die dunkelsten 
bleiben, von sichtlich anderer Bildung, als die, welche bei der 
Färbung des Vogels als Nebelkrähe grau werden. Daher die, an 
ihr gewöhnlich so scharfe Abschneidung der Farben. Nicht min- 
der kann man an der Dohle in ihrer gewöhnlichen graulichen 
und grauschwarzen Färbung, welche sie bei uns irägt, dem Baue, 
der Farbennüange und dem Glanze nach diejenigen Gefiederstellen 
unterscheiden und nach ihrem Umfange bestimmen, welche bei 
der ostasiatischen einer Seits weilslich oder glänzendweils, ande- 
rer Seits schwarz werden.] 


(*) Unter welchen so eben der mit den Schwalben und Seglern namhaft gemacht wurde. 


u 
8:5. 


Abänderungsweise der einzelnen, einer Abänderung durch das 
Klima unterworfenen Farben. 

Hiernach wollen wir zu der speciellen Betrachtung der Far- 
ben, insofern sie klimatischen Veränderungen unterworfen sind, 
im Einzelnen übergehen. — Jedoch soll hier nur eine ganz all- 
gemeine Übersicht bezweckt werden. Das Genauere ist immer, 
unter der betreffenden Rubrik bei den als Beispiele genannten 
Arten, in dem versprochenen Handbuche der Nat. Gesch. 
der Vö gel Europa’s nachzusehen: indem einer Seits, wegen 
des Inanderfliefsens der zu rubricirenden Farben selbst, ein ganz 


genaues Rubriciren entweder überhaupt nicht gut, oder doch nicht 


ohne zu grolse Weitläufigkeit möglich ist; anderer Seits aber, 
weil mancher Vogel unter gar zu viele dieser verschiedenen Farben- 
Rubriken zugleich gesetzt werden mülste. 


a) Das Schwarze und Braunschwarze. 
Die erstere Farbe ist in ihrer vollendeten Ausbildung zum 


reinen Dunkelschwarz, also als äAufßserster Gegensatz des Hellen, 


als stärkstes Absorbens der Lichtstrahlen, natürlich einer intensi- 
ven Steigerung nicht mehr fähig. 

Bei fast allen Graden minderer Intensität aber, die übrigens 
auch in die verwandten Nüancen von Grau, Schieferfarbe und 
Braun hinüberspielen können, pflegt es unter wärmeren Him- 
melsstrichen einer Seits tiefer zu werden; und anderer Seits 


"Pllegt es, bei unbestimmter Abgränzung von helleren Farben, na- 


mentlich neben Weilsgrau, Grauweils u.dergl., sich mit bestimm- 
teren Gränzen von diesen abzuschneiden und in schärferen Gegen- 
Salz gegen’sie zu treten. [So bei der Dohle, dem schwarzkeh- 


ligen Wiesenschmätzer, auf den F lügeln der Röthlinge, bei der 


weilsen Bachstelze. Entfernter scheint auch die Blaumeise hier- 
her zu 'gehören.] (*) | | 


In vielen Fällen dekut es sich aus gleicher Ursache zugleich 
Weiter aus; 
2 Er 


(*) Wenn hin und wieder in dieser Beziehung ein Zweifel ausgedrückt erscheint, so liegt 


die Ursache in der Unzulänglichkeit der bisherigen Erfahrungen ı 
Chen 


und zwar, je dunkler schon ursprünglich, desto wei- 


die noch nicht so weit rei- 
» um in allen berührten Fällen zu unterscheiden , ob eine hier besprochene brachkiänng 
u einer wirkl, klimatischen gestalten möge, oder ob sie mehr in Eigenheiten der Indivi- 
ven ihren Grund babe. | er 


Sie 


GM — ER 


Een 


= 


22” 


z 


12 


ter strebt es in seinem neu-gewonnenen Raume. [Z. B. am 
Kopfe des Geieradlers, Hühnerhabichts und Nufshähers, bei der 
gemeinen und Dohlenkrähe, zuweilen auf dem Rücken des Oh‘ 
ren-Steinschmätzers, bei den Röthlingen, am Kopfe der Mönch‘ 
‚grasmücke, der gelben und bei der weifsen Bachstelze, auf dem 
Rücken des männlichen Rohrammers und Haussperlings, an de 
Kehle des letzteren, auf den Flügeln des ersteren, am ‚Kopf des 
Erlenzeisigs, der Sumpfmeise.] () 

Es muls jedoch theilweise auch weichen: in mancherlei Fi 


len, wo es am Ende der Federn steht und hier von einer sich 


. ausbreitenden hellen Wurzelfarbe ‘oder dergl. verdrängt wird 
Diese "kann übrigens für gewöhnlich sogar in sehr beschränkte j 
Ausdehnung, oder in einer blulsen Spur, vorhanden gewesen. seib 


Doch wird das Schwarze hierbei zugleich immer dunkler, s so lange 


es einer solchen Veränderung noch fähig, oder wenn .es über 


haupt noch nicht ursprünglich reines Schwarz. ist. [ Beispiele 
liefern die Schwänze des rothköpfigen Würgers, der Steinschmät 
zer-Arten und des schwarzkehligen Wiesenschmätzers, die Fli’ 
gel der Röthlinge und der weilsen Bachstelze, der Schwanz de 
Erlenzeisigs, mehrerer Grasmücken, Lerchen, anscheinend der de 
Wiedehopfes und der Felstaube.] | 
Umgekehrt nimmt es, ebenfalls gleich den nächst folgende 
verwandten Nüangen, Schwarzbraun, Schwarzgrau und Braut 
unter kalten, nördlichen oder hoch-östlichen Klima‘ 
ten an solchen Geschöpfen, welche der Regel nach Standyöge) 
bleiben, theils im Umfange, theils in der Intensität, theils in ber 


den zugleich ab; Diese Neigung zeigt sich vornehmlich dann, went 


helle oder.gar weilsliche Farben unmittelbar. anstolsen. [.Dergl 
widerfährt dem Jagdfalken, dem Hübnerhabichte, dem Mäusebus 
sarde, der Schneceule, dem Uhu, (dem Kolkraben?), der gemer 
nen Krähe am okischen Meerbusen, und in gewissen (aegendt 
dem Wasserschwätzer.] E 


H 


(*) Diefs Alles kann jedoch, wie bereits oben im Allgemeinen erwähnt wurde und bie 
nochmals in Bezug auf fast sämtliche sogenannte südliche Klimas -Varietäten ausdrücklich wie 
derholt wird, — im höheren Alter auch bei uns schon an denselben Vogelarten, wie dort, Stat 
finden ; und bereits reichen die bisherigen Erfahrungen so weit, um schon jetzt diese BehauP“ 


tung bei fast allen ohne Ausnahme mit besonderen Beispielen belegen zu können. 


Arten 
nicht g 
neben 
ner M 


 rotlıhä 


ausdru 
mal re 
bei yi 


Sie ih 


sendk 
für q 
Mönch 


13 


[3 


Nur im Süden verringert zuweilen eine entgegengesetzte 
Ursache seine Erstreckung; dann nämlich, werm eine ungewöhn- 
lich wuchernde benachbarte Farbe, mit Gewalt sich ausbreitend, 
“* zu verdrängen sucht.: [Diefs gelingt dem Rostroth bei dem 


alsseitenstreife des rothköpfigen Würgers, am Bauche des Was- 
Serschwätzers.] i 


1 2 


3 


b) Das Grau und Graubraun etc. 

Das Graue erscheint weniger veränderlich, so lange es in 
Ciner anscheinend reinen Mischung, aus gleich-gemengten Theilen 
von höchstens gleichviel Schwarz und Weils, auftritt. Desto mehr 
aber finden Veränderungen Statt, sobald es entweder mit anderen 
Farben, namentlich mit Rostroth und Graublau oder Schieferfarbe, 
in Verbindung tritt; oder, wenn jenes Mischungsverhältnils auf 
einer anderen Grad-Eintheilung beruht, so dafs eine von beiden 
Grundfarben zu stark vorherrscht; oder. endlich, ‘wenn die Mi- 
schung eine so unvollkommene geblieben ist, dafs sie mehr ein 
blofser Aggregatszustand, als der Zustand wahrer und inniger, 
gegenseitiger chemischer Durchdringung, zu sein scheint. [Es 
ist hierunter ein solches Verbindungsverhältnils zu verstehen, wie 
etwa bei der gemeinen Krähe in ihrer aschgrauen Hauptfärbung, 
und bei den blaugrauen Theilen der Röthlinge, auf dem Kopfe 
der gelben und bei der weilsen Bachstelze, beim Wasserschwät- 
zer: wo das schwarze Ingrediens so ungleich vertheilt erscheint, 
dals man, besonders an manchen Exemplaren, ein innerlich un- 
vollkommen amalgamirtes Residuum gleichsam äufserlich, schon 
mit blofsen Augen, als einen schwärzlichen Staub aufgestreut lie- 
gen zu sehen glaubt.] (*) Solche Mischungsverhältnisse nun sind 


a 


(*) Um sich die Ungleichheit von dergleichen Mischungen selbst an solchen 
Arten recht augenscheinlich zu machen, an denen sie noch am wenigsten auffällt, weil sie 
nicht gerade so deutlich ist, wie an vielen anderen; so halte man Vögel von einer jener Arten 
neben Individuen solcher Species, die ähnlich zusammengesetzte Farben von gleichartiger, fei- 
ner Mischung tragen, 2; B. neben ein Männchen der Kornweibe, neben den Keblfleck eines 
_ rotlıhälsigen Steifsfufses. Der Unterschied wird dann 'sehr bemerklich werden. Es verdient 
ausdrückliche Erwähnung, dafs solche gleichartig-gemischte Farben, wenn sie zu- 
mal recht hell sind, sich entweder gar nicht auffallend zu verdunkeln pflegen, und 
bei vielen Arten nie einen Hang zum eigentlichen Verschwärzen zu baben scheinen; oder, dafs 
Sie ihn bei solchen Arten, wo er ihnen nicht fehlt, nur hauptsächlich in dem dunkleren Ju- 
Sendkleide,, und weit minder oder seltener im’ ausgefärbten, besitzen müssen, Beispiele sind, 
für das Eine oder für das Andere: der Zwergfälke, der Sperber, der grofse Würger, die 
Önchsgrasmücke, die Grasmücken überhaupt ete. 


14 


es, welche sich an wärmeren Orten vorzugsweise zum Ver 
dunkeln hinneigen, bis sie bei manchen Vögeln endlich fast, ode 
ganz, ins Schwarze übergehen. Diese letztere Veränderung ni 
tritt um so gewisser ein, wenn irgendwo an dem Vogel bereiß 
ein reines Schwarz vorhanden ist, wäre es auch nur an den Fe 
derschäften; auch geht sie zu Anfange immer yon diesen scho 
ursprünglich schwarzen Stellen des Gefieders aus, und ist, 50 
lange sie noch keine vollkommene geworden ist, an seinen Grän 
zen immer am stärksten, bis sie zuletzt alle Mittelstufen zum) 
vollendeten Schwarz durchlaufen hat. [Als Belege hierzu. die“ 
nen, aulser den bereits genannten, mehr oder minder entschiedel 
der. Hühnerhabicht, der Sperber, Zwergfalke, die Dokla, die (alte 9 
Wachholderdrossel.] 

Das mälsig helle Graubraun sich [z. B. beim 
Baumläufer, an dem es auch schon für gewöhnlich zunächst um 
die helle Federmitte herum immer dunkler ist, recht sichtlich.] 

Umgekehrt wird öfters ein recht helles, ins Weilsgraue oder 
theilweise ins Weilse übergehendes Grau unter denselben klima- 
tischen Einwirkungen noch lichter, ja mitunter reinweils: in den 


Fällen nämlich, wenn eine ähnliche, aber dunklere oder gar grau- 
schwärzliche Farbe an der Wurzel der Federn steht. Diese wird 


nun tiefer: indem sie bald die meisten, bald alle diejenigen schwärz- 


lichen Farbentheilchen, welche sonst in das Weilsgraue oder Grau- 
weilse des Endtheiles der Feder mit hinüberschwimmen und die- 
sen färben, an sich zu ziehen scheint; wodurch letzterer natür- 
lich immer heller, und am Ende ganz farblos wird. (*) [Man 


(*) Wie viel bierbei von dem Einflusse eines erhöhten Temperatur verhältnisses 
abhängt, diefs zeigen manche unserer doppelt mausernden Zugvögel: vor andern besonders die 
weifse, minder die gelbe Bachstelze. Bekanntlich mausern sie einmal das ganze Gefieder, 


im Herbstesanfange, bei uns; und einmal das kleine, gegen das Ende des Winters, in wärmeren 


Ländern. Doch gehen ihnen auch fast immer, entweder mit hierbei, oder durch Zufall, ein Theil 


der grofsen Flügeldeckfedern und eine oder einige der hintersten Schwungfedern verloren, und 


müssen demnach ebenfalls durch neue ersetzt werden. Diese neuen nun zeigen bei der weifsen 


besonders ganz den Character der südlichen Abänderung, der um so bemerkbarer wird, weil 
das noch ganz frische, eben hervorgekommene Weifs an ihnen bereits viel heller ist, als das 


unterdefs schon wieder verblichene Weifsgrau oder Grauweifs der ein halbes Jahr älteren ste- 
ben gebliebenen Federn, welche inzwischen durch Sonnenschein und Abnnizen gelitten habens 


ausgezogen und berieben sind. Bei ihrer gelben Verwandten ist dasselbe nicht so deutlich, 
Aber diese hat in manchen Ländern während der heifseren Jahreszeit schr häufig, während 
der kühleren nie, einen schwarz- gefleckten oder gar schwarzen Oberkopf; obgleich der Unter 
schied in der Färbung des Kopfes bei uns nach der Jahreszeit gar nicht auffallend verschieden 


finde 
liche 
der 

Röth 
weils 
mück 


Boge 
Stehe 
am HF 
ren 

als 

rothr 
Brac 
Manc 


wisse) 
mehr 
schw 
Sendk 
aber 
oder 
gerad 
Stan 0 
und 
Sarde 


nisses 
rs die 


eders 
Imeren 


Theil 
,„ und 


fsen 


weil 


s ds 
n sie“ 


haben 
tlich, 
| rend 
nter“ 


ieden 


15 


findet die Erscheinüng schwach an dem grauen Kopfe des männ- 
lichen rothrückigen Würgers, entschieden an mehreren Theilen 
der Dohle, an der Stirn und den hinteren Schwungfedern der 
Röthlinge, (vielleicht beim Gartenlaubvogel?), an den Flügeln der 
weilsen Bachstelze, an den Seitenschwanzfedern mehrerer Gras- 
Mücken, am Schwanze der Felstaube.] > “: 
Wenn tief- oder hellbräunliche Flecke, mondförmige Striche, 
Ogen u.dergl., welche auf weisen oder hell gefärbten Theilen 
Stehen, die Neigung haben, im höheren Alter abzunehmen, und 
am Ende ganz verschwinden; -so geschieht dasselbe unter heilse- 
ten Himmelsregionen schon früher, und folglich viel häufiger, 
als hier bei uns; [z.B. beim Fischadler, beim Weibchen des 
rothrückigen Würgers. Aber auch der Wiesen-, Wasser- und 
Brachpieper gehören unter diese Categorie, und vielleicht noch 
Mancher andere Vogel.] | Inub“ 

Im Norden wird dagegen das Grau und Graubraun in ge- 
wissen Fällen defswegen heller, weil die strengere Kälte durch 
mehrfache Einwirkung die Kraft der farbenerzeugenden Organe. 
schwächt ; oder es wird vermindert, und ein, dasselbe verdrän- 
gSendes Weils tritt an seine Stelle: letzteres aus demselben Grunde, 
aber beides nur bei solchen Vögeln, welche shlweldr überhaupt, 
Oder im höheren Alter, wann sie diese Veränderung erleiden, oder 
gerade in der Region, sämmtlich oder mit nur einzelnen Ausnahmen 
Standvögel sind. [So bei der gemeinen Krähe am nördlichen Laufe 
und Busen des Obi, beim Hühnerhabichte, Jagdfalken, Mäusebus- 
Sarde, in gewissem Grade beim Uhu, bei der Schneeeule.] 

Selten, aber doch mitunter, kommt das Überzogenwerden ei- 
"er ähnlichen dunklen Farbe durch benachbartes Weils yon oben 


her Yor, zumal, wenn dieses schon in kleinen Federspitzchen da- 


zusein pflegte; [wie beim Wasserschwätzer.] — Im entigegen- 
‚ gesetzten Falle, und aus entgegengesetzter Ursache, kann das 


Entgegengesetzte geschehen; [bei ebendemselben.] 
a an z 

it, Der Wiesenpieper bekömmt die rothe Kehle überall nur Ir Sommer Fin Gleiches : 
Nnfs ich von der (freilich nur in mäfsiger Zahl so vorkommenden) Wachtel anneh 
N nie im Herbste mit rother und rothbrauner Kehle gefunden und auch di 
Richt unter den zuerst angekonımenen,, sondern erst unter den später eingetroffe 
ter ‚Sefangenen ‚ die offenbar unter einem tiefer - südlichen 


men, welche | 
eses Frühjahr | 
nen und spä- | 
Klima überwintert hatten, gesehen, ' 
SBleich ich über hundert verglichen habe, Darüber noch Einiges weiter unten. 


16 


(Über ‘die Veränderung des mälsig gesättigten, mit eine 
Mischung von Rostgelb und Rostroth versehenen Grau s.d. Ru 
brik der Rostfarben.) 

c) Das Weifse 

wird also, wie.die vorhergehenden Rubriken zeigen, unter wäf 

meren Himmelsstrichen oft, und zwar entweder aus Gral 
weils, Weilsgrau oder Hellgrau u. dergl. neben verwandten dunk“ 
leren Farben, erst erzeugt; oder es breitet sich, wenn es schoß 
vorhanden war, in dem Falle gern weiter aus, wenn es die Wut 
zeln der Federn an den vorderen Extremitäten und am hintere? 
Ende des Leibes einnimmt. [Eine Anzahl der zum Beweisen die“ 
nenden Arten ist dabei genannt.] — Ist aber ein solches Weils ei 
mal vorhanden, sei es auch immerhin erst durch eine dergl. Veräm ) 
derung erzeugt; so verdrängt es oft auf einen ganz ansehnliche! 
Raum die dunkleren Nachbarfarben; [wie meist- dieselben Vö/ 
‘gel zeigen. Nirgends kann diels vollendeter sein, als bei del 
Röthlingen und der weilsen Bachstelze an den Flügeln.] 
Doch kann es sich dort mitunter auch gleichsam aus anderen a“ 
gränzenden Farben reiner und extensiver entwickeln; [z.B. ne 
ben dem Roth- und Rostbraunen am Kopfe des Haussperling 
und rothköpfigen Würgers.] 
“Unter kälteren Himmelsstrichen nimmt es, (wie ebend 
gezeigt wurde,) oft an allen Federn zu, wenn es an der Wurzd 
dieser als Regelfarbe vorhanden ist; und es entsteht, nicht oh! 
zurückbleibende Beimengung von Grau, w wenn es aus diesem al 
allgemeiner Farbe hervorgeht. [Ebenfalls schon mit Beispiele 
belegt.] — Doch haben wir gesehen, dals es sich zuweilen aud) 
von oben her, von den Federenden und von benachbarten The! 
len aus, usurpatorisch verbreiten kann. 

d) Die verschiedenartigen Rostfarben 

nun, diels sind diejenigen: welche in wärmeren Km 
mit oder nächst den zum Verschwärzen geeigneten, in höher | 
Grade und regelmälsiger, (d.i. häufiger,) als alle die übrigen, und 
nach allen’ Richtungen hin abändern, und welche hierdurch eb® 
so sehr an Intensität, wie an Extensität gewinnen. 


' Eine hohe und mälsig gesättigte, bräunliche, ganz allgeme! 
(d.h. bei allen Exemplaren der Species) vorhandene, aber in b® 


17 


stimmte Gränzen verwiesene Rostfarbe wird dann stufenweise 
zum wirklichen, oft recht tiefen Rost- oder Rothbraun; [z.B. 
am Bauche des schwarzkehligen Wiesenschmätzers, des Garten- 
töthlings, des Gartenammers, beim Baumläufer, auf den hinteren Flü- 
Selfedern der Turteltaube.] — ‘Schon bei einer, im Ganzen nicht 
| einmal 'so dunklen Beschaffenheit derselben widerfährt das nämliche 
Manchen sehr im Freien lebenden, daher vor andern einer bestän- 
digen Wärme ausgesetzten Arten; [wie der Rauchschwalbe.] 

Etwas Ähnliches wird nach mannichfachen, gewöhnlich aber 
in minderen Graden bei solchen Vögeln bemerkt, wo diese F ar- 
ben entweder nicht immer stark ausgeprägt, sondern mehr ange- 
deutet erscheinen; oder wo sie doch nicht auf einem so grolsen, 
‚oder auf einem nicht so bestimmt abgezeichneten Raume vorge- 
funden werden. _Sie überziehen dann, bald mehr, bald weniger 
verdunkelt, einen grölseren; und hierbei verdrängen sie denn 
Manche andre Farben sehr merklich, ja nicht selten ganz. Ihre 
entschiedene Kraft und Neigung, so ungewöhnlich stark um sich 
zu greifen, zeigt sich besonders darin: dafs sie mehr, als alle an- 
dre, von der Spitze her, nicht blofs vom Grunde (also der Quelle 
der Färbungsorgane) aus, zu wuchern und ihre Gränzen auf Kos- 
‚ten der benachbarten zu erweitern vermögen; während diels von 
den übrigen Farben nur gerade diejenigen am besten zu thun im 
Stande sind, welche die Wurzel, nicht die Endgegend, der Fe- 
dern einnehmen. [Unter diese Categorie gehören, was nament- 
lich das Verdrängen anderer Farben durch jene betrifft, besonders 
der männliche Sperber, der Mäusebussard, der rothköpfige und der 
weibliche rothrückige Würger, der Wasserschwätzer, der männ- 
liche Haussperling, ganz besonders der einjährige oder überhaupt 
Jüngere Kuckuk,. und höchst wahrscheinlich auch zum Öftern der 
Junge Jagdfalke.] 

Bisweilen kann, an einer oder der andren Stelle, ein ziem- 
lich sattes Rostbraun aus blofsem Rostgelb, aus blofsem rosigel- 
I bem Federgrunde bei silberweifser Hauptfarbe, oder, wenn ein sich 
Verdunkelndes Rostbraun in der Nähe steht, sogar aus fast reinem 
Schwefelgelb entstehen. [So jenes beim Wiesenpieper im Som- 
Mer, das zweite beim blaukehligen Erdsänger, und dieses beim 

artenammer.] 


2 


15 


Iminer noch merklich, jedoch schon minder auffallend, bleib! 
die Erscheinung dann: wenn nur an einzelnen Theilen, wo eit 
roströthlicher oder rostgelblicher Anflug und Schimmer, (der viel 
leicht öfters selbst erst ein nachgekommenes, klimatisches Erzeuß‘ 
nils sein kann,) die Grundfarbe blofs trübt, — diese alsdann ı 
wärmeren Gegenden mehr, als in kälteren, von jenem verdec 
wird; oder, wenn rostgelbliche Farben sich nur verdunkeln; weil, 
ächt lerchenähnliche Colorite, die nie ohne Beimischung vo 
Rostgelb- sind, nur etwas gelber werden; und wenn endlich dil 
Rostfarbe ursprünglich zwar nicht schwach gegeben, aber entw® 
der mit anderen, minder zum Variiren geneigten Farben gleichaf 
tig-gemischt erscheint, oder, wenn das Vaterland des Vogels ni 
eine sehr mäfsige Ausdehnung nach der geographischen Breite hal 
(was auch wohl beides neben einander Statt finden kann.) 

[Der ersten von diesen sehr in einander fliefsenden, of 
vereinigten, daher schwer unter sich zu sondernden Bestimmuß 
gen gehören einzelne solche Fälle an: wie beim Kopfe des Thurm‘ 
falken, des Gartenammers, beiın Seggen-Rohrsänger. Zur zwei 
ten sind wieder die nämlichen Vögel zu rechnen; ferner theik 


- überhaupt, theils in manchen Kleidern (namentl. im jugendlichen 


noch viele andre, z. B. wahrscheinlich die kleine Ohreule, viel 
leicht alle unsere Würger, vielleicht schon die Wachholder- ut! 
Weindrossel, manche Steinschmätzer, der Brachpieper, die Tuf 
teltaube ‚und Wachtel. Die dritte findet Statt bei mehrer® 
Lerchen, bei lerchenartig -gefärbten Ammern oder Ammer - un! 
Finkenweibchen; so auch beim Birkenzeisige und gemeinen Repf 
huhne. Die vierte ist z.B. vom gemeinen Eisvogel entnomme)) 
und vielleicht auf den Zipammer anwendbar.] 2 
Auch solche Färbungen, die eine Mischung aus ähnliche‘ 
Stoffen und nach ähnlichen summarischen Verhältnissen vorau 
setzen, wie die lerchenartigen, dabei aber auf einer ganz andere! _ 
gleichmälsigen Grundeintheilung beruhen, lassen unter wärmer 
Klimaten eine Vermehrung der ihnen innewohnenden Rostfard! _ ® 
zu. [So zeigt das Steinkaüzchen hierin eine gar nicht unwesen! 
liche Übereinstimmung mit der, als Lerche nur Zuge buntel! 


eintönig genug gefärbten Haubenlerche, vorzüglich im Jugend‘ 
kleide.] | 


19 = 


Selbst Stellen, welche rein- oder fast rein- weils zu sein 
Pilegen, werden nicht ganz selten von einem seen ungewöhn- 
lich überhand nehmenden rostgelben oder roströthlichen Anfluge 
und dergl. bald auffallend stark, bald weniger sichtlich, -überzo- 


gen; [mit am stärksten der Bauch des Sperbermännchens.] — Von 


einer schwächeren Einwirkung der Art bleibt gleichfalls ein neu 
nistandenes Weils, oder Trüb- und Gelblichweils, nicht frei; 
am Öftesten erleidet ein solches sie an Jugendkleidern (). [Man 
vergleiche hierzu den rothköpfigen Würger und den schwarzkeh- 
ligen Wiesenschmätzer.] > is 

Von den eigentlich so zu nennenden Lerchenfarben mufs noch 
gesagt werden: dafs sie sich vorzugsweise dazu zu eignen schei- 
‚aen, um ein klareres Hervortreten roströthlicher Grundfärbung 
auf einzelnen Stellen, z.B. am Kopfe, oben auf den Schwanz- 
deckfedern, am Flügelrande und Vorderhalse, zu begünstigen. [So 


s. . eo. . . . ° 
röthen sich einer oder der andere dieser Theile unter südlicheren 


Breiten öfter und stärker, als bei uns, bald in mäfsigem, bald so- 
Sar-in hohem Grade —, bei der Feld-, Isabell- und Kalander - 
Lerche, und bei dem Grauammer.] 2 | 2 

Dabei. schliefst denn übrigens das stärkere allgemeine Her- 
Vortreten des rostfarbigen Anfluges auf gewissen Totalfärbungen, 
wie solches unter wärmeren Klimaten nach der Mauser so häufig 
vorkömmt, doch keineswegs ein in gleichem Maalse erhöhtes Aus- 
bleichen kurz vor derselben aus. Diels hat die Folge, dafs als- 
dann so manche Vögel aus unseren und aus jenen Gegenden ein- 


ander doch meistens gleich sehen. . 
1 EEE EN ’ 

. (*) Ein Umstand, welcher sich, sammt manchen analogen, sehr gut dadurch erklärt: dafs 
die Erzeugung der Jungen in die wärmere, zum Theil fast in die wärmste Zeit des Jahres fällt. 
Auch kann wohl die höhere individuelle Prädisposition eines Vogels zum klimatischen Variiren, 
im Verhältnisse gegen den andern von einerlei Art, dadurch entstehen : dafs in keinem Jahre 
"a Vögel einer Art in gleicher und gleich warmer Zeit zur Welt kommen und erzogen werden. 
‚Einmal vorhanden, entwickelt sich eine solche Farbe dann später unter günstigen äufseren Ver- 
hältnissen immer kräftiger, und kann so eine auffallende Stufe erreichen. z.B: 

Unsere jungen Mäusebussarde haben im Nestkleide Ein ganzen Vorderleibe gewöhnlich 
Ä inen so starken rostgelben Anflug auf dem Weifsen , Bänder.der Art an der Schwanzwurzel, 
"Wie die älteren nur selten; und im Süden noch weit mehr. Während bei den unsrigen später 
die Kalten Winter etc. diese Eigenschaft in der Regel wieder verwischen, und sie sich erst bei 
Wanchen recht alten mit den höheren Jahren, entweder in gleicher Art, oder selbst in lichter 
Ostfarbe, wieder erneuert; so vermag es in Afrika die weit gröfsere Hitze recht bald, sie ohne 


Nterbrechung 'immerfort zn steigern, und so das Rostgelbe durch Rostroth hindurch bis auf. 


Ostbraun, zuweilen sogar bis auf Rothbraun, hinaufzutreiben. 


= 


u 


Brenn 


TR 
TE TERN, 


20 


Hingegen scheint gerade eine gesättigte Rost- oder rosl“ 
braune Farbe weniger, als die mehrsten übrigen, dem Verbleichet 
unterworfen. Diefs kann indefs leicht davon herrühren: daß sie 
sich sehr oft entweder allein, oder doch hauptsächlich, an de! 
von dem Leibe beschatteten Bauchseite befindet. 

In wenigen Fällen, da nämlich, wo ein klares Schwarz theiß 
unter gleicher Eintheilung des Raumes auf einer Federseite ode 
Fahne mit Roströthlich auf der andern zusammentrifft, theils j® 
nes in lichteren Nüancen den Grund einnimmt, in manchen solch 
Fälle scheint, wenigstens dann, wenn bei ebendenselben Vögel! 
auch das höhere Alter allgemein ebendasselbe zu bewirken pflegli 
auch ein bedeutender Theil des rostrothen Farbestoffes von den 
Schwarzen gleichsam mit angezogen und verschlungen zu werdel 
Auf diese Weise findet denn nun bei einigen Vogelarten einmal de 
umgekehrte Fall gegen sonst, aber ganz der nämliche wie bd 
ihnen im höheren Alter, d.h. ein Blässerwerden der Rostfarbl 
Statt. [So bei dem männlichen Rohrammer und ‚Haussperling® 
Dafür zieht sie sich aber an letzterem oft noch mit in die schwarz 
Kehl- und Oberbrustfarbe hinüber, und zwar gleichfalls ebe! 
so gut im hohen Alter (*), wie in südlichen Gegenden.] 

So bemerkbar denn nun auch übrigens das in- und extensit 
Zunehmen der Rostfarben im Süden, (im Gegensatze zu unsere! 
Vaterlande genommen,) immerhin sein mag; so scheint doch ebe! 
ihre schon erwähnte, fast durchgängige Kräftigkeit sie im Allg 
meinen häufig gegen eine Abnahme im höheren Norden ziem 
lich zu schützen. Doch gilt diese Regel nicht ohne Ausnahm® 
[z. B. nicht vom jüngeren Kuckuke und Hühnerhabichte, nich 
von der grolsen Ohreule, auch offenbar nicht überall von de! 
Waldkauze. — Dafür mangelt es indefs nicht ganz an anderen Fäl 
len, welche wieder die ungewöhnliche Kräftigkeit dieser Farbe 


im Süden beweisen. Einmal vorhanden, pflegen sie nämlie 
doch, auch wenn sie sonst höher nordwärts mit dem Alter ve 
schwinden, dort (im Süden) nicht ab. , sondern noch zuzunehme!' 


(*) Gerade so, wie ja im hohen Alter mit einem deutlichen Anstriche sogar das Brustro® 
unserer Gimp elmännchen ab den Rücken, das Karmoisin der Flügel ds Mauerläu get 
auf den Scheitel, das brennende, scharlachähnliche Karminroth am Vorderkopfe des Sties 
litzes auf die nächste trübweifse Stelle hinter den schwarzen Kopfseiten und an der Une 
kehle, und das Blau am Vorderhalse des Blaukehlchens auf den Flügelrand übergeht 


21 


\ 


[Hierher gehört der blaukehlige Sänger hinsichtl. seines bereits er- 
Wähnten lichteren Kehlflecks, der rothbraun werdende Kuckuk. (*)] 
e) Die Rosen- und verwandten Farben. (#3 

Sie neigen sich ganz ausnehmend viel weniger zu klimati- 
schen Veränderungen hin, als die Farben der vorigen Rubrik: 
am meisten noch dann, wenn sie mit jenen amalgamirt erschei- 
"en; am allerwenigsten, wenn sie rein hervorireten. | 

» [So ist es nicht besonders der Rede werth, dafs die ganz 
 Tein- und zart- hellrosenrothe Brust des männlichen schwarzstir- 
uigen Würgers im Alter und unter einem wärmeren Klima et- 
was ‚dunkler und schöner wird. Deutlicher geschieht diefs bei 
dem Männchen der rothrückigen Art.] 

Sobald sich aber das Rosenrothe mit Rostfarbe mischt, ‘wäre 
es auch nur mit einem leisen Anhauche derselben, und wäre auch 
beides sogar in dieser Vereinigung noch schwach; so beginnt in 
heifseren Gegenden auch sogleich wieder die wuchernde Zii- 
‚nahme der letzteren, (obwohl nicht stets allgemein, — nämlich 
uicht bei allen Individuen:) und sie reifst nun die erstere eben- 
falls mit fort. Ein Fall, wobei denn öfters ein tiefes, meist düs- 
teres Rostweinroth oder etwas Ähnliches zum Vorscheine kommt. 
[Beispiele liefern manche Exemplare des grolsen Würgers, und 
viele Zaun- und fahle Grasmücken. (**)] — Es scheint sogar hin- 
länglich; dafs Rostroth oder Rothbraun anderswo an dem Vogel 
vorhanden seien, um die Erschemung sogleich zu verstärken; [denn 
eben bei dem männlichen rothrückigen Würger ist sie schon sicht- 
barer, als bei dem Männchen des schwarzstirnigen.] \ 

. Manche der'hellen und hohen unter den in diese Abtheilung 
Sehörigen Farben: — die, welche namentlich an Karminroth grän- 
nn = 5 Ren 


u Unter den Wasservögeln der gemeine Reiher hinsichtlich des Flügelrandes und der 
Schienbeinfedern ; in geringerem Grade sonst auch wohl die Turteltaube. S. unten. 


cr) Anme tk. Ich bin der Meinung ‚ dafs man, der bequemen Kürze wegen, unter den 
‚ allgemeinen Benennungen der Rostfarben und der Rosenfarben (pluraliter) wohl die- 
jenigen Farben einander entgegensetzen könnte, welche die Römer in gleich getrenntem Sinne 
Unter zufus und zuber verstanden. Man mufs ja unter: Rose — nicht immer ausschliefslich 
Serade nur die gemeine Gartenrose ‚verstehen ; ins Besondere mufs diefs der Naturforscher nicht. 
Es giebt ja der Rosenarten so viele, dafs unter ihnen, summarisch, fast alle in die allgemeine 
Categorie von ruber fallenden Farbennüangen gefunden werden ! 
(**%) Diefs sind aber auch schon alle Landvögel unseres Vaterlandes von dieser Farbenmi- 
schung, welche eine ausgedehntere Verbreitung von Süden nach Norden zu haben. 


4 


22 


zen, und welche anerkannt die besondere Eigenthümlichkeit be- 
sitzen, erst in dem wärmsten Theile der wärmeren Jahreszel 
durch den (sonst die Farben der einmal ausgebildeten Feder ze! 
störenden) Einfluls des Sonnenlichtes entweder schöner, oder g@ 
überhaupt erst dann recht schön, rein und glänzend zu werden, 7 
solche -Farben nun scheinen sich in wärmeren Gegenden noch 
herrlicher und weiter, als bei uns, zu entwickeln, ohne dafs frer 
lich der Unterschied gerade ein grofser wäre. [So beim gemer 
nen Hänflinge.] 

Diesen nun ähneln ihrem Verhalten nach am meisten, und 
wenn nicht immer, wenigstens oft 

/) die blauen Farben, 

in soweit sie ebenfalls Glanz besitzen, [z. B. beim Blaukehlchen“ 
Sänger. An Männchen von diesem geht das schöne Blau de 
Halses im höheren Alter schon bei uns, im Süden und Ostes 
aber wahrscheinlich häufiger, auf die kleinsten Deckfedern am 
Flügelrande über; und die südlicheren, östlicheren und nördliche“ 
ren Weibchen haben im Allgemeinen öfter und größsere Spurel 
von diesem Blau, als die unserigen.] 

[Der Nufshäher scheint unter wärmeren esckainichen eben- 
so, im Ganzen genommen, das Blaue, welches in schwach ange“ 
deuteten Flecken meistens auf den fünf letzten Schwingen def 
ersten Ordnung steht, in gröfserer Menge und mit intensiver Er‘ 
 höhung zu erhalten.] 
; Das oft beigemischte Grün muls man für minder dauerhaft 
"halten, als das Blaue: da aus einer Mischung von beiden untef 
der Einwirkung eines wärmeren Klimas ersteres sich weit mebf 
verliert, und letzteres den Platz behauptet; [z. B. beim Eisvogel.] 

Wo ein ziemlich hohes Blau sich mit Schwarz zu eine? 
gleichmälsigen, feinen Mischung verbunden hat, da beginnt letz“ 
teres doch (ebenso, wie Rostroth bei der Mischung mit Rosenroth) 
leicht vorzuwalten und so die gemengte Farbe zu verdunkeln 
bis sie sich dem Blauschwarzen nähert.- [Den Beleg dafür liefert) 
die Blaumeise.] — Unter | 

g) den grünen Farben 

scheint das helle, etwas grauliche oder ins Olivenartige hinüber”. 


spielende Grün, wie es unter andern bei den meisten Laubvögel# 


stra 
ste 
der 
he 

acht 
gegg 
lett 
am 

the 

doc i 


agd 


und Rohrsängern, bei mehreren Drosseln etc. vorkömmt, nur sel- 
‚ten einer geringen Verschönerung durch erhöhte Wärme fä- 


-hig: [z. B. beim Sumpfrohrsänger ;] wofür es dabei auch wieder 
Stärker abbleicht. 


Eher gilt Ersteres von einem ‚schönen und hohen Hellgrün, 
[wie das, welches bei der männlichen gelben Bachstelze den Rük- 


ken einnimmt.] * 

Dort, wo Grün als schwacher Anflug auf Grau und dergl. 
erscheint, dort verschwindet es wegen seiner geringen Haltbar- 
keit leicht entweder ganz, oder doch zum grölseren Theile; [z. B. 
heim Gartenammer.] ; 


h) Die rein- und grüngelben Farben 

scheinen schon mehr Haltbarkeit, aber auch nur geringe Neigung 
zur Verschönerung durch Einfluls erhöhter Wärme, zu be- 
Sitzen. [In mälsigem Grade beweist sich dieser Hang an der 
männlichen, oft auch an der weiblichen gelben Bachstelze.] 

Im Alter, und vielleicht auch immer nach Verschiedenheit 
des Klimas, ziehen die sonst heller- und reiner - gelben Farben 
mehr ins Grüngelbe; oder sie kommen durch Einwirkung des 
letzteren mehr zum Vorscheine; [z.B. am Erlen - Zeisige und Grün- 
hänflinge.] N 4 2 : 
Die nackten Theile, a 
der Schnabel und die Fülse nämlich, welche im Freien nach 
Verschiedenheit der Arten mit dem Alter bald heller und hö- 
her gefärbt, bald verdunkelt, im eingeschränkten, von dem Zu- 
Sange der Luft abgeschlossenen Zustande aber heller und mils- 


lärbiger werden, ändern in wärmeren Gegenden auf 


(*) Berufenen Forschern auf dem Felde organischer und anorganischer Physik mag es über- 
assen bleiben , zu entscheiden ‚ ob und wie vielleicht ins Besondere der Umstand zu würdigen 
Sei: ‘dafs es gerade die vorzugsweise so genannten reinen, bei Zerlegung des weifsen Licht- 
strahles durch das achromatische Glas - oder Krystallprisma im optischen Spectrum ent- 
stehenden, und die im Pflanzenreiche am häufigsten vorkommenden Farben sind, welche 
der modificirenden Einwirkung des Klimas vor allen noch am meisten widerste- 
ken, [Leider fehlen in. der Reihe der europäischen Vögel, an welchen allein ich die Beob- 
achtungen mit solcher Genauigkeit angestellt , md von welchen ich sogar nur die Landvögel 
Segenwärtig hier in Betracht gezogen habe, ein Paar von jenen Farben überhaupt ganz: Vjo- 
lett und reines Orange.] Die bei Vogelfedern (Gewächsen auf warmem, organischem Boden) 
am meisten der Veränderung. unterworfenen Farben fehlen auch wenigstens den zarteren, wei- ” 
Cheren und : wechselnden Gebilden der höher ‚organisirten Pflanzen gewöhnlich, oder ganz, ‘oder 


doch in. der strengeren Basirung auf ihre ungemischte, offenbar schwerere und erdigere Grund- 
ag : 
ge. 


24 


eine jenementsprechende, diesem entgegengesetzte Weise ab 

Entwickelt sich mehr Färbestoff im Gefieder, so nimmt er auch 

in ihnen zu, wo ja die Berührung mit der atmosphärischen Umge 
bung eine unmittelbare ist. Sogar von den Augen gilt in gewiß‘ 

sen Fällen dasselbe. [Die schwarzbraunen Mäusebussarde habe® 
schon bei uns fast orangegelbe Fülse und Schnabelwachs, u und 
braune Iris; die helleren beides heller; die weifslichen oder wer 
(sen, die uns der Norden im Winter zuschickt, hellgelbe Füße, 
und lichte, zuweilen gelbliche Augensterne. In gleichem Maalseı 
wie der Unterleib, röthen sich am südlichen. Ortolane Schnabel 
und Fülse. (*) Auch die Fülse des südlichen Staars söllen höhe! 
gefärbt sein. — Wem würden hier nicht die rötheren Wange 
der Landbewohner einfallen: auf denen selbst die feinen Endchet 
der Adergeflechte sichtbarer werden, als gewöhnlich? Wer würde 
nicht der allbekannten Wirkung des Sonnenbrandes, zumal auf eine 
des Sonnenscheins ungewohnte Stelle der menschlichen Haut, geden* 

ken: welcher dann eine sehr intensive, allgemeine Röthung Aurchl 
verstärkten peripherischen Andrang des Blutes bewirkt? We 
mülste nicht denken an die hellweilse, durchsichtige Haut und die 
bläulicheren oder blauen Augen blonder Personen: denen ebenso, 
‘wie ihren Haaren, das braune Pigment fehlt, oder doch nur 
schwach gegeben ist?] (**) 


S. 6. 
Grade des klimatischen Variirens je nach Verschiedenheit der 
einzelnen Theile des Körpers. 


i | 

Noch muls eine genauere Betrachtung der Art und Weist 

wie klimatische Veränderungen vor sich gehen, uns zu einem eigen“ 
thümlichen, nicht zu übersehenden Schlufsresultate führen, und uns 


6%) Häufigere Erscheinung bei Wasservögeln, wo rothe Beine viel häufiger sind. 


(**) Habe ich doch selbst an blonden Jugendbekannten mit der, im mannbaren Alter ein” 
tretenden Verdunkelung der Haare auch die schönsten blauen Augen sich zuerst trüben, dan? 
bräunen gesehen, so zwar, dafs sie heut keine Ansprüche mehr auf jenes Prädicat zu mach 
haben. Ja, ich glaube, die Annahme: dafs bei Weitem mehr die allmählige Milderung des Kli” 
mas durch Bodenkultur jeder Art, als die Vermischung des deutschen Blutes mitfremdem # 
Folge der Völkerwanderungen, die Ursache sei, warum wir die ehemals so bestimmten Ch 
ractere der Bewohner Germaniens »coeruleis oculis fulvisgue capillis« jetzterst in Skat“ 


dinavien ziemlich allgemein bewährt wiederfinden, — diese Annahme dürfte nicht weit von de 
Wahrheit abweichen. 


/ 


25 


auf bestimmtere Vermuthungen über die, bald gewissen, bald mög- 
lichen oder wahrscheinlichen, 


Ursachen desselben hinleiten; welche 
selbst wieder dazu dienen, 


die Richtigkeit unserer Ansicht zu zei- 
sen und unser Verfahren neuerdings zu rechtfertigen. 

Es zeigt sich nämlich, wenn wir die hier dargelegten spe- 
ciellen und allgemeinen Erfahrungen abermals unter einen noch 
allgemeineren Gesichtspunkt fassen: dafs u nter wärmeren Kli- 
maten im Ganzen mehr die Farben des Unterleibes, 
kälteren die des Oberleibes, jene zur Erhöhung, 
Verschwächung abändern; wobei jedoch der Kopf im ersteren 
Falle nicht nachzustehen pflegt. Sollte nicht die Ursache dieser 
Erscheinung in dem grölseren Reichthume an Säften liegen, 
chen die unteren, mehr fleischigen, 


unter 


diese zur 


wel- 
weichen und häutigen Theile 


und der Kopf vor den oberen voraus haben? — Es leuchtet so- 
gleich ohne 


mir 


ide 


weitere Auseinandersetzung ein, warum eben dieser 

Erklärungsgrund für beide entgegengesetzte Fälle, d.h. im Süden 

und im Norden, ganz gleiche Gültigkeit behält. Ja, noch mehr: 

er scheint mir sogar recht anwendbar auf die Beobachtungen über 
das Varüren der Schwanz-, und besonders der F lügelfedern. 

Am Schwanze und an den Flügeln scheinen nämlich —, 

da sie ohnehin gewöhnlich entweder dunkler als der ganze Kör- 

per, oder doch wenigstens so dunkel wie die dunkelsten Theile 

. desselben, selten heller gefärbt sind, und da überdiefs der eine am 


Ende des 


dünne, 


nalen nen 
EEE a 


Leibes steht, die andern aber ein Paar verhältnifsmäfsig 
saftarme, und mit einer unyverhältnifsmälsigen Federmasse 
besetzte Organe bilden, — entweder alle färbenden Kräfte des thie- 
Tischen Organismus bereits durch die gewöhnliche Färbung spe- 
ciell erschöpft; oder sie sind doch wenigstens schon so angestrengt, 
dafs nur selten noch Etwas übri | 
zur Disposition klimatischer 


bleiben. 


g8 zu sein scheint, um gleichsam 
; modificirender Einflüsse gestellt zu 
Unter solcher Voraussetzung kann es nicht unerklärlich, 

viel weniger den übrigen Wahrnehmungen widersprechend er- 
scheinen: wenn an den dunklen Schwänzen mancher Vögel [z.B. 

der Grasmücken, mancher Pieper und Lerchen etc.] gerade 
heifsen Klimaten mehr Weils, als gewöhnlich, zum Vorschei 
kommt; oder wenn es an Reinheit gewinnt, so 


in 


Tl, te 


en, 


74 a 


ir 


ne 
wie der Schwanz 


er 


an Dunkelheit der Hauptfarbe zunimmt. Es würden demnach hier, 


og 
ER 


26 


durch den im Süden und. im höheren Alter allgemein sich zer 
genden Trieb der Natur, gewisse nicht streng von einander ge 
schiedene Farben mehr unter sich abzusondern, diesen eine be- 
stimmtere Gränze angewiesen; und die verringerte Extensität def 
tieferen wäre durch ihre vermehrte Intensität ersetzt, indem ®& 
der Natur an Farbestoff zu mangeln scheint, um beides zugleich 
zu vermehren (*). Ja, es giebt Vögel, deren. Schwänze auch 
bei einer hellen Färbung, ‚die sich noch dazu sonst ganz allge- 
mein, und beinahe vor allen andren, zum Verdunkeln hinneigh, 
doch unter fast allen: Umständen sich auf einer fast immer glei 
chen Intensitäts -Stufe erhalten; [z. B. die Röthlinge.] 

Wo möglich beinahe noch ‘mehr, reden der. so eben aus- 
gesprochenen Ansicht die Erscheinungen an den Flügeln das 
Wort. (**) Diese besitzen der Säfte überhaupt entschieden eine 


(*) Es scheint eine ganz fest bestimmte Regel: dafs das Zunehmen der hellen odef 
weifsen Farbe auf den Flügeln immer gleichen Schrittes mit dem Grade def 
Verdunkelung der tieferen an ihnen fortgehe, mag sonst an den Theilen des 
Leibes die Veränderung Grade erreicht haben, welche sie nur immer will. 

Die Röthlinge, und besonders die weifse Bachstelze, beweisen diefs auf das 
Klarste. Je mehr Weifs diese nach Süden und Osten hin auf den Flügeln erhalten haben, dest® 
dunkler ist stets das übrig gebliebene Schwärzliche geworden. Man sieht dieses bereits höchst 
deutlich an denjenigen Federn unserer Exemplare im Sommer, die im Anbeginn des Frühlings 
gegen die eigentliche Regel mit ausgefallen sind; wie oben erwähnt wurde. (Überhaupt ist in 


Bezug hierauf die Rubrik über die dunklen Farben zu vergleichen.) 


(**) Allem Anscheine zufolge noch mehr: dafür spricht folgender Erfahrungsgrund. Ge | 


wöhnliche Körperfedern kann ein’Vogel öfter zufällig verlieren, und sie wachsen ihm doch fast 
immer ebenso wieder, wie sie vordem waren. Die Schwanzfedern werden bei wiederholte@4 
Ausziehen schon oft anders in der Farbe. Aber bei grofsen Flügel-, und nament]. bei Schwanz” 
federn reicht bekanntlich sehr häufig schon ein einmaliges, und mit wenigen Ausnahmen (dar 
unter gehört die Haubenlerche) ein zweimaliges Ausreifsen, vorzüglich wenn es nicht lange) 
nach der Mauser geschieht, schon hin, um zu bewirken, dafs die neu hervorkeimenden schnee” 

weifs, also farblos werden; und Jedermann weifs schon längst, durch Bechstein und aus 

eigner Erfahrung, dafs man sich auf diese Weise so genannte Varietäten (d.h. Ausartungen) 
selbst machen kann. — 

Ja, ich möchte in’ der That zugleich in der Schwäche, von welcher wir .hier redet 
und nicht so einzig und allein in ihrer dringenden Nothwendigkeit zum Fluge des Vogels 
eine mitbestimmende Ursache erkennen: warum doch kein einziger doppelt mausernder Vogel 
jemals die grofsen und gröfseren Flügel - und die Schwanzfedern auch zweimal wechselt, son“ 
dern sie unyerändert vom Winterkleide in das Sommergewand mit hinüber nimmt, (Abge“ 
rechnet die 2 — 3 hintersten Schwingen jedes Flügels und die 2 mittelsten Schwanzfeder# 
als welche unter allen am meisten der Abnutzung ausgesetzt, daher einer Erneuerung vor an“ 
dern bedürftig sind; und abgerechnet diejenigen, deren der Vogel durch Zufall verlustig wird.) | 

Ferner wissen wir, dafs unter den Ausartungen solche mit weifsen oder weifslichet | 
sehr oft einem Spiegelflecke ähnlichen, und meistens an den Federwurzeln sitzenden Flügelpar“ 
thieen unter allen bei Weitem am häufigsten vorkommen, und nächst ihnen die mit zum Theile 
weifsem Schwanze. — 


Alles Beweise von der comparativen Schwächlichkeit dieser Parthieen ! 


bie 
ai 
he- 
er 
es 
ch 


= 27 


uoch geringere Menge, und sie haben der färbenden ins Beson- 
dere noch weniger übrig, als die Gegend, aus welcher der Schwanz 
entspringt. Daher mag es auch wohl eines Theils rühren: dafs 
Serade unter den nordischen und Alpenvögeln (also bei solchen, - 
welche beider Seits in einem der Farbenerzeugung nicht günsti- 
gen Klima wohnen,) die gröfste Zahl solcher befiederten Wesen 


ch 8efunden wird, die vor andern mehr oder weniger farblose, d.h. 


% 


gu 


ei- 


def 
des 


das 
lesto 
chst 
ings 


kt i0 


x 
5 


. reinweilse Federn auf den Flügeln tragen, und an denen nament- 


lich oft die grolsen Schwingen ungefärbt ‚erscheinen. Anderen 
. Theils wird es, glaube ich, somit erklärlich: warum unter wär- 
imeren Zonen bei einer bestimmteren Sonderung mancher vermeng- 
ten Farben, und vorzüglich durch eine Scheidung des graulichen 
Weils vom matten Schwarz, von Schiefer - oder Schwarzgrau, so 
oft grolse hellweilse Spiegel und dergl. auf den Flügeln entste- 


en, die sonst für gewöhnlich nur matt oder gar nur unklar an- 


lach gedeutet vorkommen; [so, wie auf den Schwungfedern bei den 


Röthlingen und der weilsen Bachstelze.] Und nur einen kleinen 
Schritt weiter vorwärts ist es zu dem Falle: wo, durch örtliche 
‚ Concentration des F arbestoffs, aus einer hellen theilweisen Fär- 
bung nicht selten an derselben Stelle eine, der höchsten Concen- 
tration entgegengesetzte, absolute Farblosigkeit, d.i. Weils, ent- 
Steht. Bei dieser Erklärungsweise liegt dann der andere Fall: 


si wo eine blofs helle Farbe aus demselben Grunde (nämlich, weil 


ten 


dar“ 


ang 


eine dunkle sich neben ihr, und-aus der Vermengung mit ihr, 
mehr concentrirt,) sich ungewöhnlich weit ausdehnt, und. wo so- 
mit ebenfalls eine Änderung der Zeichnung bewirkt wird, — dann 


nee“ » 
% ve ° . 
as liegt dieser Fall, gegen den nächst vorigen, sogar schon um einen 


deny 
gelsı 
' ogel 
son“ 


bge“ 


er 


an“ 


:d.) 


| 


het 


parT 
heile 


ge) Schritt ‚rückwärts. (*) 


< 


® 


N 1 
z ae S.7. 
uweilen scheinen jedoch selbst solche oder ähnliche Ausartungen 
zu klimatischen Abänderungen werden zu können. 


Der Gegenstand dieser Auseinandersetzung führt uns so von 


Ohngef ähr sehr passend auf eine bis jetzt noch dunkle Ausartungs- 
See... x . 


\ (*) Noch liefse sich Sar Vieles mit Bezug bierauf ganz im Allgemeinen, ohne Rücksicht 

aufk; . en ERS = r 

u Klimatische Varietäten, Sagen; es würde aber eben defswegen hier nicht an seinem Orte sein, 
5 daher für jetzt unterbleiben. 


25 


und Abänderungsweise; auf Erfahrungen, deren Deutung für det 


Augenblick allerdings noch um so problematischer sein mufs, 
unbestimmter heut noch ein Theil der geringen Anzahl beobach 
teter Erscheinungen selbst konstatirt ist. | 

Es scheint nämlich fast: als könnten sogar gewisse 
Ausartungen, die mehr oder minder ins Weilse fallen, doch 
wirklich hin und wieder zu klimatischen Abänderungel 
werden; und als besäfse demnach doch eine oder die andere Ge 
gend die Eigenschaft, die Vermehrung: einer solchen Ausartung 
zu begünstigen. Eine Ansicht, welche um so mehr Grund fü 
sich erhält, ‘wenn man, ‘nächst älteren, die in neuerer Zeit be 
sonders von Nilfson mitgetheilten Erfahrungen berücksichtigl‘ 
dafs der hohe Norden diese, sonst wohl unter allen Zonen vo” 
kommenden Ausartungen doch häufiger hervorbringt, als der tier 
fere Süden; und wenn man dann sieht, dafs die :defshalb hie 
anzuführenden Gegenden Europa’s ebenfalls entweder nördliche 
oder meistens gebirgige sind, deren Klima also dem nordische# 
zunächst entspricht. So 

[ Zuerst sind die Färöer zu erwähnen. Auf dieser Inselgrupp® 
wird der weilsbunte Kolkrabe unter den Land-, und die weils 
ringelige Lumme unter den Wasservögeln öfter, als irgend“ 
wo sonst, gefunden: so zwar, dals letztere (*) so ziemlich be’ 
stimmt, und ersterer auch wohl ohngefähr, immer etwa den fünf 
ten Theil aller dort vorhandenen Wesen ihrer Art (species) aus 
machen; und dafs sie sich zwar nicht unter sich selbst, sonder 
(soviel man bis jetzt genau hat beobachten können) gerade i® 
Gegentheile immer mit nicht ausgearteten paaren (**), aber doch 
gleichwohl ihre Eigenthümlichkeiten stets so fortpflanzen,, dab 
sie nicht aufhören, überhaupt zu existiren.] — Indels, warum sollt! 
denn eine Gegend, welche sich vor andern dazu eignet, einmoi) 
etwas ganz Ungewöhnliches, Regelwidriges häufiger zu erzeugel! 
sich nicht am Ende auch dazu eignen, sein Fortbestehen zu b® 


(*#) — von der man freilich noch nicht gerade bestimmt behaupten kann, dafs sie keif 


blofse Abänderung, sondern wirklich und unbedingt den Ausartungen beizuzählen sci, — 


(**) Was Hr. Graba, anf die sorgfältigsten, wiederholten Beobachtungen gestützt, in sr 
ner Reise nach Färö mit dem entscheidendsten Nachdrucke wiederholt behauptet, und ge 
einen nie zu belehrenden, die Aussagen Anderer so gern verstummelnden egoistischen Zweill® 


nöthigen Falls gewifs zu vertreten wissen würde! — 


29 


günstigen und zu erwirken? Ersteres setzt ja wohl eigentlich 
Mehr voraus, als Letzteres. — 

[Ferner soll es im westlichsten Ober-Italien, in den Gebirgen 
um ‚Nizza, eine beständige Ausartung der Schwarzdrossel (Amsel) 
geben, welche, was sonderbar ist, in der Jugend stets ein breites 
weilses Band über den Schwanz besitzt, dasselbe aber, ‘was noch 
sonderbarer ist, mit der ersten Mauser für immer verliert. (*) Eine ' 
alte Weindrossel (also einen nordischen Vogel) mit einer der- 
gleichen ganz ähnlichen Binde, vor ein Paar Jahren auf dem 
Herbstzuge in der Gegend von Berlin gefangen, besitzt das Ber- 
liner Museum. Ich habe eine Misteldrossel in den Händen gehabt, 
deren Schwanz auf der rechten Hälfte vor dem Ende eine kleine 
hellere, und hinter dieser noch eine breitere dunkle Binde zeigte. 
Auf einem der höchsten Berge unserer Sudeten schofs ich eine 
junge Ringdrossel, und ebenda eine junge Heckenbraunelle, beide 
noch im ersten Federkleide, und beide mit einigen schmalen licht- 
rostgelblichen Querbinden über die Endhälfte des Schwanzes.] — 
Hieraus dürfte sich folgern lassen: dals sich unter kälteren 
oder doch kühleren Himmelsstrichen dem Anscheine nach 
auch manche: Gattungen (**) vorzugsweise zu bestimmten und ei- 
Senthümlichen Ausartungen hinneigen, die also in gewissem Grade 
als klimatisch zu betrachten sein möchten. Von künftigen, zahl- 
reicheren Erfahrungen müssen wir bestimmtere Erläuterungen da- 
rüber hoffen. | | 


Offenbar treten aber, in Folge von Umständen, welche jetzt 
noch unenträthselt sind, ganz ähnliche Erscheinungen auch un- 
ter wärmeren Klimaten ein. [Die Schleiereule von Cuba 
ist bestimmt specifisch dieselbe mit der unserigen; und doch artet 


u 


(*) Roux bilder sie in seiner 


Ornithologie provengale ab, erzählt ihr besonderes Vor- 
‘ kommen, 


und nennt sie ausdrücklich une variete constante. — Sehr auffallend und wunderlich 
würde diese Wirkung des Klimas der Seealpen und ihrer Ausläufer allerdings bleiben. Würde 


Sie es aber mehr sein können, und kann es überhaupt irgend eine‘mehr sein, als die bekannte 


Eigenheit des Klimas von Angora: welches von zahmen Hausthieren entweder allein, oder min- 
destens vor allen übrigen Gegenden, solche Geschöpfe mit langen seidenartigen Haaren heryor- 


Sebracht hat: Ziegen, Kaninchen, Katzen und Hunde? -_ 

(**) In Betreff der Gattung Corvus liegt es aufser Zweifel, dafs ganz vorzugsweise die 
Schwarz- oder schwärzlich- gefärbte Familie der eigentlichen Kräben, Raben und Dohlen sehr 
aufig in der Ausartung erscheinen, welche überhaupt die gewöhnlichste von allen ist: mit 
theilweise weifsen Flügeln, besonders mit weifsem Grunde der Schwingen. 


30 


\ 


4 


sie gerade dort sehr oft mehr oder minder mit weilsem, häufig 


mit reinweilsem Schwanze aus, obgleich Cuba ein tropisches Er 
land ist, seiner ganzen Ausdehnung nach nahe am Wendekreis 
hingestreckt. (*) Sie mag indels auf den übrigen grolsen Antil- | 
len auch nicht mangeln.] 


S. 8. j 

Entgegengesetzte (nördliche und südliche) Hauptrichtungel 

des klimatischen Abänderns. Ein dem entsprechender Unter” 

schied der entgegengesetzten Jahreszeiten unter einem und 
demselben Klima. 


Obgleich es, ‚wie bereits oben gesagt, unmöglich bleibt 
die Gränzen der klimatischen Varietäten streng ge0” 
graphisch zu bestimmen; so bleibt es doch allenthalben nicht, | 
minder ersichtlich, wie dieselben sich im: Ganzeh Wiek: zu 
Hauptrichtungen divergirend in nördliche und südlich® 


theilen lassen. (**) Suchen wir aber nach einem Gegenstande des 


BERREEE ER RREBBER 

(*) Diese Thatsache läfst sich blofs durch die geographische Lage auf die gewöhnlich® 
Weise nicht erklären; denn, wiewohl schon als Insel gemäfsigter, und abermals gemäfsigt durch 
einen längshin streichenden Gebirgszug, ist das Land doch ein allzu südliches. Indefs steht dies® 
Factum schon nicht mehr einzeln da, sobald wir einen Blick auf die Säugethiere werfet 
Alex. v. Humboldt sagt in seinen Ansichten der Natur I, S.152, Erläut. 28: 

»In den Steppen von Caracas« (also noch südlicher, als Cuba, mitten zwischen de® 
Wendekreise und dem Erdgleicher) »schwärmen ganze Heerden des sogenannten Ce’ 
»vus mexicanus umher. Wir haben, was für eine so heifse Zone auffallend ist, viele gan 
»weifse Spielarten darunter gefunden. Der Cervus mexicanus steigt an der Andeskeit& 
»nahe am Äqnator, nicht über 700 oder 800 Toisen am Gebirgsabhange aufwärts. Aber bie 
„2000 Toisen Höhe findet sich ein grofser, ebenfalls o ft weifser Hirsch, den ich vom eur0” 
»päischen kaum zu unterscheiden wufste. « — Sonach müssen wir schon hier uns jener Stelle 
(5. 65.) erinnern, wo es heifst: »In der Naturbeschreibung, wie in historischen Untersuchun“ 
»gen, stehen die Thatsachen lange einzeln da, bis es gelingt, durch mühsames Nachforsch@! 
»sie in Verbindung zu setzen. « 

Leider hat uns in der Zoologie vordem fast die Mehrzahl der Naturforforicher da 
Letztere gerade. in Bezug auf unseren Gegenstand hier so sehr verkümmert , erschwert , und 
nun in conventioneller Hinsicht so häufig verleidet: indem sie gewöhnlich das Erstere sebf 
übereilt mifsdeutete, statt ruhig zu warten, bis man es recht devten könnte —, und seht 
Jemand eine frühere Deutung, wenn auch "mifslungen, bereitwillig aufgiebt! 

(**) Dafs die Begriffe nördlich und südlich relativ sind, und zwar insubjectiver Hinsicht 
relativ, indem sich diese Relativität nach den örtliehen Verhältnissen des Sprechenden ode 
Schreibenden richtet, darf uns nicht irre machen, Wir sind ja daran in der Geographie ei 
für alle Mal gewöhnt; denn noch hat kein Geograph Bedenken getragen, Asien den östliche 
Amerika den westlichen, und Afrika den südlichen Welttheil zn nennen, hat damit auch ge 
wifs noch keine Dunkelheit erregt. Und in der That müfste man, wenn man hierin zu kritisch 
verfahren wollte, in der Hinsicht unsere ganze geographische Sprache ändern: da ja, streng 
genommen, nur der Bewohner der innersten Äquatorial- Gegenden ohne Relativität von Süd“ 
lich und Nördlich, Niemand aber auf irgend einem Punkte der Erde von einem (absolute?) 
Osten und Westen reden könnte! — 


ER“ i 
and | 
ette F 
hr bis 
euro? 
tele 
hun“ 
sche) 


das ö 
und 
sebf 1 

elted 
sicht i 
ode 

le ei 


chef ” 


gr 


itisch 
rer 
Süd“ 

tep) 


3 


% 


Vergleichs für beide in unserer eignen Zone, so wird dıe Ant- 


‚wort dahin ausfallen: dals die hoch-nördlichen klimatischen 


Verschiedenheiten sich oft de n regelwidrigen lichteren Aus- 


Artungen nähern, die südlichen immer den regelmälsigen _ 


Auszeichnungen eines recht hohen Alters entsprechen. 
Jene! entspringen aus einer offenbaren Schwächung 

derjenigen Hautorgane, welche zur Erzeugung der 

Farben dienen: indem die Kälte eines Theils überhaupt 


_ durch Depression der Sensibilität auch auf die Bildungsthätigkeit® 


ableitend wirkt, und nun, nachdem das Leben selbst in seinen 
Centris (der sensiblen und reproductiven Sphäre) herab ge- 
stimmt, die peripherische Thätigkeit aber nach den inneren Organen 
zurückgewiesen ist, andern Theils ins Besondere die H autge- 
fälse zusammenzie ht; wodurch manche, sonst mehr nach 
aulsen strebende Säfte tiefer nach innen zurückgedrängt werden 
und, mit der retardirten Circulation des Blutes überhaupt, jetzt 
auch ins Besondre ihre Verbreitung und selbst ihre Absonderung 
vermindert wird. Eine, den Folgen einer erhöhten at- 
mosphärischen Temp eratur und der somit auch gesteiger- 
ten thierischen Wärme gerade entgegengesetzte Wir- 
kun g! Eine Wirkung, deren mächtigen Einfluß zu würdigen, 
uns auch namentlich manche der doppelt mausernden Zugvögel 
neue Gelegenheit geben; [z. B. die Bachstelzen. Es steht erfah- 
rungsmälsig fest: dafs diejenigen weilsen und Gebirgs-Bach- 
Stelzen, welche ausnahmsweise bei uns überwintern, 
Sar keine, oder doch bei Weitem keine vollständige, 
mauser bestehen; obwohl sie 


entweder 
Frühlings- 
sich sehr häufig so erträglich zu 
Währen wissen, dafs man ihnen einen etwa erlittenen Mangel gar 
nicht ansieht, dafs folglich eine, aus ihm entsprungene Kränklich- 


| keit oder Schwäche nicht als Ursache des Nichtmauserns ange- 
nommen werden kann. So wechselt der Wasserpieper als In- 


Sasse des nördlichen deutschen und des südlichen skandinavischen 
Strandes, welcher auch noch den Winter hindurch für ihn be- 
wohnbar bleibt, seinen Aufenthalt nur wenig, das Gefieder aber 
im Frühlinge spät und oft nur theilweise, in noch höher nor- : 
dischen Küstengegenden vielleicht gar nicht. Diejenigen seiner 
Art hingegen, welche auf den südlicheren Gebirgen wohnen, die 


t 


32 


er zum Spätherbste des Schnees wegen verlassen mufs und dam! 
bis zum Frühlinge mit wärmeren Gegenden vertauscht, jene wech“ 
seln das Gefieder regelmälsig alle: und zwar die ältesten zuerst 
die Weibchen später als die Männchen. (*) Noch will ich mich 
für jetzt nur bedingungsweise auf eine hierher gehörige. Behaup“ 
tung Nilfsons berufen, welcher sagt: dals sogar die beidel 
in Scandinavien einheimischen Steinschmätzerarten, die noch 
als deutsche Vögel stets einem doppelten Federwechsel unterlie* 
gen, auf seiner heimathlichen Halbinsel nur einfach mausern. 7 
Die Sache könnte ganz zwanglos damit erklärt werden: dafs na” 
türlich die, welche im Sommer Schweden und Norwegen be 
wohnen, im Winter auch nicht so tief nach Süden hineinwan“ 
dern wie die, welche bei uns gebrütet haben, und dafs sie dant 
also nicht gleicher Wärme ausgesetzt sind wie letztere.] Wie 
sehr so viele der (uns für jetzt noch nicht angehenden) doppelt‘ 
mausernden Wasservögel, und namentlich viele Strandvö7 
gel, durch ungünstige, rauhe Witterung in der Frühlingsmause?‘ 
aufgehalten werden, diefs darf, als allgemein bekannt, kaum erst 
erwähnt werden. Zufällig aber kann die Sache nicht sein, da’ 


sie sich immer unter -einerlei Umständen auf einerlei Weise‘ 


(*) Einige ausführlichere Bemerkungen über den Wasser- und sogenannten Uferp jepeh, 
siehe am. Ende, unter den Zusätzen. — : | ’ 
(**) Ich will diefs’blofs darum nicht unbedingt als Beweis mit aufführen, weil ich wer 
und mit aller herzlichen , wissenschaftlichen und persönlichen Achtung von dem ersten jenk 
lebenden Ornithologen des Nordens es sagen mnfs: dafs gerade in diesem Punkte bei Zugvöt 
geln (wie die, Steinschmätzer sind) eine Feststellung der Wahrheit oft gar schwer hält, und 
dafs namentlich gerade für den Nordländer leicht Umstände eintreten können, welche auch 
den besten Beobachter einmal zu täuschen vermögen. Doch bin ich gleichwohl noch viel en!” 
fernter davon gewesen, die Sache eigentlich zu bezweifeln; auch noch, ehe mir folgend® 
Faetum bekannt wurde, welches, wenn nicht absolut für Nilfsons Behauptung, doch für d# 
Erfahrung über den Einflufs spricht, welchen ein lange anhaltendes rauhes Frühlingsweti 
auf Gefiederbildung ausübt: . SS # 
Es sind im diefsjährigen Frühlinge, welcher so lange kalt blieb, und hierdurch FO 
Zug der meisten Vögel sehr verspätete, nicht blofs überhaupt mehrere der doppelt mauserül 
den noch unvermausert, oder erst in der Mauser begriffen, zurückgekehrt; sondern es schein! 
diefs auch ins Besondere eben bei Steinschmätzern der Fall gewesen zu sein. Ein grauefft 
den ein Freund von mir beim Nistplatze am 7.Mai erlegte, (der einzige, welchen ich selbst 
untersuchen konnte,) hatte kaum erst einige neue Federn, während sonst alle schon eineh 
Monat früher mit dem Federwechsel fertig zu sein pflegen. — Ja, noch mehr: von den Wach’ 
teln, welche gewöhnlich am Ende des Winters ımausern sollen, kamen zur Mitte des N0z 
die ersten im ganz abgetragenen Gefieder an, und erst am Ende des Monats wurden mal“ |; 
sernde, nach dem Anfange Juni’s die ersten mit wirklich erneuertem Kleide gefangen ; en 
zelne waren aber noch um die Mitte dieses Monats kaum zur Hälfte fertig. ; j 


Ber 


33 


wiederholt; vielmehr mufs sie, unmittelbar oder mittelbar, von 
diesen abhängen. Auch begreift sich die Ursache sehr leicht. Die 
Ss muls, in Folge der Nothwendigkeit, bei längerer Andauer 
es 
sen, jedes andre Bedürfnils, welches sonst eine doppelte (d. h. 
wach den Jahreszeiten im Aussehen verschiedene) Kleidung als 
für den Vogel erspriefslich erscheinen läfst, einstweilen dem Be- 
dürfnisse eines Schutzes gegen den Frost nachsetzen: weil die 


Vögel eine theilweise Entblöfsung von ihrem Gefieder, auch wenn 
‚Sie immerhin allmählig erfolgte, nicht leicht ertragen würden. 
Was sonach bei uns ausnahmsweise, als Folge einer ungewöhn- 
lichen Witterungsbeschaffenheit, eintritt, ‘eben dasselbe geschieht 
‚in einer anderen, rauheren Zone der Erde regelmäfsig, in Folge 
ihrer gewöhnlichen Luftbeschaffenheit, wenn diese jener gleicht 
oder ihr nahe kommt. RR Er 


S.9. ‚Fr. 
Eigentliches, innerstes Wesen der südlichen klimatischen 
Varietät. 

Um ‚eben so viel also, wie es mit dem Federwechsel 
und mit der Farbenentwickelung in unseren Gegenden bes- 
ser geht, als in kälteren: um eben so viel geht es natürlich, 
umgekehrt, in wärmeren Ländern wieder noch rascher und 
glücklicher damit, als bei uns. So entgegengesetzt die Ursachen, 
eben so entgegengesetzt sind auch die Wirkungen. Was dort 


gehemmt war, wird hier mächtig gefördert. Daher sehen wir 


die Vögel hier ‘bereits nach wenigen Jahren in einer Schönheit 
erscheinen, welche sie bei uns erst nach weit mehreren Jahren 
Zu erlangen fähig werden. Sie erhalten in heilseren Län- 
dern früher die Anzeichen eines höheren Alters, ohne 
delshalb früher Greise zu werden, (die wir eigentlich ja überhaupt 
im Bereiche befiederter Wesen nicht vorfinden,) und ohne die 
Last der, gleichsam schneller verlebten Zeit zu fühlen. Ihr 
zunehmendes Alter erscheint nur als eine erhöhte und dem äulse- 
ten Ansehen nach verschönerte Pubertät, die noch von der Masse 
der Kräfte strotzt, nicht aber bereits deren Lähmung, erfahren 
3 


rauhen Wetters mehr für eine wärmende Bedeckung zu sor-. 


a en = Feremu ir 
Se el e — 


34 


+ 


hat; (*) wogegen der Mensch dort nur schneller reift, um rasch® 
die Generationen zu erneuern, nicht aber zugleich um eben ® 
viel länger blühend dasteht und stark bleibt, als er früher auf! 
blühen angefangen hat, sondern auch selbst früher altert. Da 
allerdings diese Einflüsse noch stärker auf Vögel und Säugethiett 
als gerade auf den meistens bereits sehr verkünstelten Menschdt 
einwirken, und dafs sich darum eine völlige, ganz absolute P! 
rallele zwischen diesem und jenen nicht ziehen läfst, ist sehr waß 
Aber liegt nicht auch die Ursache davon ungemein nahe? — Würd 
nicht der Landbewohner Italiens, und vollends der Calabrese odl 
Sieilianer, noch viel bräuner, und würde nicht sein Haar vie 
leicht, wo möglich, noch schwärzer sein: wenn er sich auch # 
hohen Mittage noch, wo er zur Erholung wenigstens im Schal 
ten, oder gewöhnlich unter dem Dache seiner Hütte ruht, vo 
den glühenden Strahlen! der Sonne versengen lassen müfste? 7 
statt dals er alsdann nicht blofs sie meidet, sondern auch selb® . 
denen des Lichts den Zugang zu seinem Gemache zu verschliels® 
bemüht ist. Was aber schützt je den Vogel vor »des Tages La’ 
und Hitze?« Wer überhebt ihn alsdann der Nothwendigkeit, fü 
sich, und besonders für seine zarteren, immer so elslustigen Ju“ 
gen, nach Nahrung zu suchen, und sich dabei allem mittelbare) 
oder unmittelbaren Einflusse jener blofszustellen ? CH)— Sind end‘ 


—— 2 


" 
(*) Ich erkenne daher auch selbst in dem Variiren_der Vögel etc. nach dem Klima #" 
einen. vereinzelten Beweis des so wahren, allgemeinen 


„ von der gesammten organischen Nat! 
entnommenen Satzes: » W. 


er demnach die Natur mit Einem Blicke zu umfassen und von Lok# 
»Phänomenen zu abstrahiren weils, der sieht, 
»den Polen zum Äquator hin, sich auch allmähli 


Humboldt Ans. d.N. I, S. 15, 


wie mit Zunahme der belebenden Wärme, 
8 organische Kraft und Lebensfülle vermehren 
| 

(**) Bleibt es in Erwägung dieses Umstandes nicht eben so natürlich, als merkwürd®" 
dafs gerade die nächtlichen Vögel, welche sich am Tage tief in Höhlen und in 4 
dichtesten, kühlsten Schatten der Bäume ete. verbergen, wirklich auch im Süden weit w@ 

niger, als die meistenin ähnliche Farben gekleideten Tagvögel, ja zu 
Theile gar nicht, klimatisch abändern? — = 
So ändern der Steinkauz und die kleine Ohreule unter de 


I 
n Arten ihrer Gartall 
zwar nach am meisten ab, da sie beide nicht mehr so ganz unbedingt 


Nachtvögel sind, die® 
stere besonders ; aber doch ändert namentlich die letztere noch gar nicht wesentlich ab. Die a 


kanische Wald- und Uhu-Ohreule, (welche ich nicht selbst gesehen habe,) giebt Le 
vaillant als nicht verschieden von den europäischen an. Ja ‚ die Schleiereule, wei 
fast auf der ganzen bewohnten Erde bis zum 55° n. Br. gemein erscheint, und sich viellei! 


bald noch weiter verbreiten wird: so weit in gemäfsigten Gegenden Menschen wohnen, — a 
Schleiereule, die in den Gebäuden am Tage stets vor der Hitze ziemlich, in steinernen aber, dei 


s. . + cu " 3 “ I H 
angenehmsten für sie, ‚gut geschützt ist, und die also während der weit kühleren Nächte * 


ee 
’ ’ 


35 


lich nicht überhaupt allenthalben die Vornehmen viel weilser, als 
die Leute gemeinen Standes? Sehen wir nicht alle im "Winter 
Weifser aus, als im Sommer; und ist nicht Jeder an bedeckten Thei- 
len viel weifser, als an unbedeckt gehaltenen ? (*) Wie viele Köpfe 
bleiben von allen den vielen, die blond in der Jugend waren, auch 
noch blond zur Zeit der Mannbarkeit? — Wie viel weniger Blond- 
haarige giebt es’ nicht, auf dem Lande, im Verhältnisse zur Stadt? 
und wie wird es mit ihrer Zahl erst im südlichen Europa? — 
Südliche klimatische Varietät und Verschiedenheit 
des höheren Alters unter unserem Klima fallen daher, 
wie bereits oben erwähnt worden ist, beide an Thieren eigent- 
lich in den bei Weitem meisten Fällen so entschieden in Eins 
zusammen, dafs sich Alles auf den Satz reduciren liefse: jene ist 
in der Regel nur der deutlichere, durch mehrfache atmosphä- 
rische Einflüsse bedingte und rascher entwickelte, frühere 
Ausdruck dieser ! — (**) Daher die Erscheinung: dafs dort die 


heifsere Klima südlicher Erdstriche wenig empfindet, sie bleibt sich unter allen Zonen fast oder 
Satz gleich: sie verdunkelt sich vielleicht nnr zufällig (ausartend?), und zwar höchst selten; 
Auch auf nicht gewöhnliche Weise, sondern ins Schwärzliche. — 
(Eine. anderweitige Bemerkung über diese Eulenart siehe unter den Zusätzen.) 
(*) Hierbei will ich noch auf zwei Punkte aufmerksam machen. a ; 
Der erste ist: dafs die am häufigsten im Süden vorkommende Abänderung der Hautbe- 
deckungen warmblütiger Thiere, die merkliche Vermehrun $ des trüb-rostgelblichen 
oder auch roströthlichen Pi gments in Federn und Haaren, unstreitig zunächst, und 
zwar sehr treffend, dem so eben erwähnten Variiren und Röthen der Hant bei den 
Menschen entspricht; und dafs auch ältere Menschen schon der dunklere Teint von jüngeren un- 
terscheidet. — Der zweite: dafs bei südlichenV ö geln, besonders im Laufe der heifseren Jah- 
Teszeit, vermöge der Verringerung des Gefieders durch das dort stärkere Abrei- 
ben ‚ der modificirenden Wirkung der äu 


fseren Wärme ein leichterer Zugang geöff- 
Net wird. 


(**) Wahre Ausnahmen von dieser festen, höchst bestimmt und unverkennbar ausge- 
Sprochenen, allgemeinen Regel kommen nirgends, halbe schon so selten vor ‚ dafs sie 
Sewifls gegen die völligsten Übereinstimmungen mit der Regel selbst dann ganz verschwinden 


müfsten, wenn auch nicht ein anderer 


„ ganz allgemein gültiger Erfahrungssatz sie zureichend 
erläuterte. 


Ich rechne ihnen die T urt eltaube bei : welche bei‘uns im Alter immer reiner 
und dunkler gefärbt wird, im Süden hingegen, da an ihrem Kleide auch Rostroth vorhanden ist, 
einen schr allgemein werdenden rostgelben Überflug erhält, wie ihn wärmeres Klima bekanntlich 
80 vielen Thieren zu bringen pflegt; den Kuckuk, das Blaukehlchen. — 

Hiergegen mufßs ich, nach diesem einzigen mir bekannten Ausnahms - Falle, noch- 
mals wieder auf jene schon berührten Fälle zurückverweisen: wo das Variiren unter 
Südlicheren Breiten auch dann, wenn es einmal den sonst von Farbenabände- 
tungen geltenden Regeln widerstreitet, doch stets auf das Genaueste mit 
den bei uns Statt findenden Auszeichnungen des höheren Alters harmonirtz 


auf die Erfahrungen beim männlichen Haussperlinge und Rohrammer, bein Fischadler und weib- 


lichen tothrückigen Würger (mit Abrechnung der ersten Jahre. desselben), und bei mehreren 


x 
3 


36 


jüngeren Individuen variirender Arten, und namentlich die einjälh 
rigen Vögel, den unsrigen im Ganzen völlig ähneln; und dafs nu 
einzelne der ältesten unter diesen so werden, wie jene bereits # 
gewöhnlichen mittleren Alter, oder doch längst vor Eintritt des 
eigentlich hohen, erscheinen. Und ich wage defshalb die Behauf‘ 
tung, welche eigentlich indirect schon in dieser eben wiederhol 
ten Bemerkung liegt: unsere hiesigen Vögel werden nl! 
in der Regel nicht alt genug, um sich vollständig a 
Demjenigen ausbilden zu können, was wir unter sül 
licheren Himmelsregionen, wegen seines dort entwede 
gewöhnlichen . oder doch regelmäfsig viel häufigeren Vorkommen 
im Allgemeinen mit dem Namen klimatischer Abänd® 
rungen bezeic hnen; und darum gleichen diesen jene selt® 


nen, einzelnen Individuen bei uns, welche das hierzu erforder. 


liche, mehr als gewöhnlich hohe Alter doch ausnahmsweise e 
i 


- reichen. ; | 
[So hat, um nur Einiges als Beispiel hiervon anzuführed 
Hr. Bruch den Haussperling in.der Färbung des italienische 
(der FRINGILLA cisalpina Temm.) in Mainz gesehen. Breslau liegt 
noch nördlicher, östlicher und höher, als Mainz; dennoch habt 
ich ein Paar solcher (männlichen) Vögel, wovon einer im 200, 
logischen Museum zu Berlin, auch hier gefunden: und zwar wei 
schöner, als viele italienische, schöner noch, als solche, welch! 
Herr Tem minck selbst als seine Fr. cisalpina ns hat; a 
sogar schöner, als viele ägyptische und syrische. ' | 

Die Wiesenbachstelze mit schwarzem Kopfe (MoTAcıni# 
melanocephala) habe ich ebenfalls mitten im Sommer am Brüte“ 
platze unter ganz gewöhnlichen hier geschossen, denen sie. in 
ganzen Wesen auf das Genauste glich. 

Das. Berliner Museum besitzt den männlichen Sperber in 
einem Kleide, wo er schon beinahe völlig der FALco exilis Temm 
geworden ist, mit beinahe einfarbig rostrothem Bauche, aus de 


' 


Gegend von Cölln; und die schönsten Übergänge zu diesem a®! 


Piepern. — Denn in Syrien und Arabien hat selbst der Wasserpieper, obgleich er unter ste? f . 


kühleren Regionen lebt, als seine Gattungsverwandten, sogar ein unterhalb nur wenig geflech“ 
tes Herbstkleid. 


Die Erörterung über das Abändern des Stahrs siehe unter den Zusätzen. 


3 


fast allen gemälsigten Gegenden der Welt. Auch hat es ihn im 
höchsten Grade ‚der. Röthung eben daher erhalten, wo Hr. Tem- 
minck ihn allein einheimisch glaubt: aus Südafrika. | | 

Durch einen hiesigen Freund von mir besitzt es jetzt einen 
Srolsen, in der Näheserlegten, sehr alten Hühnerhabicht mit einem 
bis zu Schwarz verdunkelten Ober- und Hinterkopfe: so, wie er 
von Wilson unter dem Namen FALco atricapillus, und von 
Temminck unter dem Namen F. regalis (Autour royal), als 
eigne Art beschrieben und abgebildet wurde. 

Derselbe Freund der Ornithologie überliefs vor einiger Zeit 
dem Berliner Museum einen Wasserschwätzer, welcher, obgleich 
aus Schlesien stammend, wo er im Sommer getödtet worden war, 
dem syrischen (CincLus syriacus Ehrenb.), und (nach der Be- 
schreibung zu urtheilen) den italienischen ganz ähnlich oder 
gleich sieht. 4 

Ich habe recht alte Exemplare der Rauchschwalbe hier ge- 
sehen, welche so dunkel gefärbte Bäuche hatten, dals sie den 
Jüngeren ägyptischen (Hırundo Riocourii Audn., H. Savignyi 
Steph., und H. cahirica Licht.) und den gewöhnlichen ameri- 
- kanischen (H. rufa Gm., H. americana W ils.) theils gleich, theils 
höchst ähnlich waren; unter andern ein, diesen Frühlings von 
meinem erwähnten Bekannten erlegtes, auf welches wir, weil es 
sich schon von Weitem unter mehreren Dutzenden aus demsel- 
ben Dorfe auszeichnete, bereits seit 2 Sommern mehrmals Jagd 
gemacht hatten. (*). — e 

Dergleichen Beispiele liefsen sich noch eine Menge anfüh- 
ren.] — Hiergegen will ich denn aber auch im Allgemeinen wie- 
derholentlich an die, immer und immer wiederkehrende Erschei- 
nung erinnern: dafs in südlicheren Gegenden jüngere Vö- 
gel einer Art den gewöhnlichen (noch nicht alten) derselben 
Art bei uns entweder geradezu gleichen, oder ihnen minde- 
stens im höchsten Grade ähnlich sehen. 

[Unter den von Hemprich und Ehrenberg aus Ägypten 
und Syrien geschickten Hunderten von Haussperlingen, (die also 


alle nur Fr. hispaniolensis Temm. hätten sein sollen,) waren eine 


\ 
3 
€) Man siebt hieraus, dafs sich nicht etwa ein blofses Verirren klimatischer 
Varietäten von anderswo zu uns her ereignet.. 
v . 


38 


Menge, (*) die den unsrigen im ersten Herbste ihres Lebens ® 
jeder Hinsicht vollständig gleichen; wie man noch im Berlin 
Museum sehen kann. er | 


S. 10. 
Vergleich mit den, nach Verhältnifs ganz ents prechenden Wahrnehmungen : welche &# 
Variiren der Säugethiere bemerken läßt. — Beweis, dafs die Neigung, ein weifs® 
Winterkleid anzunehm en, welche mehrere Arten im Norden besitzen „ bei denselb® 
Arten tiefer im Süden endlich ganz verschwindet. 

Nicht ohne wechselsweises Interesse wird es sein, dafs wir hid 
gelegentlich noch des unverkennbaren Parallelismus gedenkeit 
welcher auch in dieser Hinsicht zwischen den beiden warm 
blütigen Wirbelthierklassen herrscht. i 

: Wir ‚sehen bei. den Säugthieren dieselben Farben (if 
sofern sie ihnen überhaupt eigen sind) im Ganzen immer auf die“ 
selbe Weise klimatisch variiren, wie bei den Vögeln; ja, s® 
ändern unter gleich excessiven Extremen bei jenen in der Regel nodb 
weit auffallender ab; als bei diesen. Warum letzteres? — Diese Frage 
beantwortet sich sehr leicht. Offenbar defshalb: weil sie ihren Stand 
ort gewöhnlich gar nicht, oder doch nur zu unbedeutend, verändert 
können, um den durchgreifenden äufseren Einflüssen der Temperatuf 


ihres Heimathlandes zu widerstehen. Wer einmal Gelegenheit gehabt. 
hat, Untersuchungen in den Waarenlagern grofser Pelzhandlungen an“ 
zustellen (**), der wird, wenn er da namentlich Raubthierbälge Einef" 
Art. zu Hunderten, und oft vielleicht zu Tausenden, vergleicheß" 
konnte, gar häufig eben so sehr über die weite Entfernung der Fär“ 
‚ bungsexireme von einander erstaunt, und über den ununterbrochenen: 
durch alle nur denkbare Mittelgrade stufenmäfsig fortlaufenden Zu 
sammenhang derselben unter einander erfreut gewesen sein: wie & 
hierdurch am Ende über alle Zweifel, die vielleicht jener erste An” i 


blick in ihm aufsteigen machte, belehrt worden sein mußs. j 
-—_ı__ 

(*) Vielleicht in kühleren Berggegenden, oder zu Ende der wärmeren Jahreszeit erzeugte?“ | 

(**) Und jeder Zoolog, welcher noch keine Gelegenheit dazu gehabt hat, dem ist emst“ 
lichst zu rathen, dafs er sie suche. Er wird sie gewifs bald als die beste aller Schulen übe? 
die wahre Theorie thierischer Farben, und als einziges untrügliches Belehrungsmittel über de 
ren Zuverlässigkeit oder Veränderlichkeit, erkennen und preisen lernen, Hier zeigt es sich deut” 
lich, auf wie höchst schwachen Füfsen so manche neuere Unterscheidungen stehen, namen” 
lich die der südlicheren Zoologen. Diefs trifft aber die nordischen Naturforscher in der Rege 
nicht, Man frage einmal Nilfson, wo er hierüber mehr Belehrung gefunden habe: ob ' 
zoologischen Museen und Prachtwerken , ‘oder bei den Kürschnern in ihren Pelzläden ? — 
und er wird ohne Zweifel und Bedenken, gleich mir, antworten: immer bei den letzteren! | 
Leider findet man bei ihnen verhältnifsmäfsig nur so höchst selten einen, etwa als Curiositäb 
aufbewahrten Sommerbalg ; und doch wären dergleichen, vorzüglich aus dem östlichen Sibiriens 


so wichtig: aus Gründen, die wir bald näher betrachten werden. 
, 


An Dr m nennen ge 


39 


Auch bei den Säugthieren treten, im Verhältnifse zu unsern 
Semäfsigten Gegenden, unter südlicheren Himmelsstrichen 
die dunklen und hellen Farben in grellerem und schönerem Abstiche 
Segen einander hervor: indem sie reiner und intensiver werden; und 
zugleich blicken die tiefer sitzenden Grundfarben , wegen der kürze- 
ten Haare und wegen der spröderen Brüchigkeit derselben, vermöge 
Welcher leichter die Spitzen verloren gehen, meist sichtbarer durch. 
Nicht minder bleiben auch bei ihnen z.B. die verschiedenen schwärz- 

ichen und Rostfarben diejenigen, welche sich unter wärmeren Zonen 
8anz vorzugsweise entwickeln und weiter als sonst. ausbilden. Es 

errscht in diesem Betrachte ein wirklich auffallender Unterschied; 
der übrigens gewifs schon längst besser bemerkt und erwogen wor- 
den sein würde, wenn nicht die Thierpelze aus jenen Gegenden (we- 
gen der geringen Dichtheit und Länge der Haare) vom Gebrauche im 
Handelsverkehre fast ganz, und die Sommerbälge gänzlich ausgeschlos- 
Sen, daher für die Museen nicht so selten zum Vergleiche mit den 
‚Sleichartigen Thieren bei uns zu haben wären. an 

Eben so auffallend, wie das Verdunkeln der Farben mit dem 
Abnehmen der Haarmasse im Süden, tritt das winterliche Verbleichen 
der ersteren mit Zunahme der letzteren im Norden hervor; und es 
Zeigt sich, ebenfalls völlig entsprechend, ganz besonders im hochge- 
legenen , kalten Nordosten. [So fallen unter andern die Wölfe und 
Ntisse mancher sibirischen Landstriche (im Winter) so stark ins Helle 
und Weifsliche, dafs manche Naturforscher, nach zu wenigen Stücken 
urtheilend, geneigt gewesen sind, letztere für eine eigene Art, und 
‚ erstere für Ausartungen der gewöhnlichen, zu halten. Beides in solchem 
. Falle sehr verzeihlich!] Weifse Ausartungen sind aber auch bei Säu- 
gethieren im Allgemeinen wirklich ebenfalls häufiger im hohen Nor- 
den, als anderswo; und bei alten Säugethieren sind unter allen Um- 
Ständen die Folgen der Einwirkung klimatischer Verhältnisse ausge- 
Prägter, als an jüngeren, und in einem recht zusagenden Klima ihre 
Farben dunkler, [So läugnet Nilfson mit den besten Gründen 
. die specifische Existenz eines braunen und schwarzen Bären, wenig- 
stens für Scandinavien, durchaus ab. Die schwarzen sind, wie ich 
Zleichfalls längst vermuthet habe, immer sehr alte, und gewöhnlich 
Sehr grofs.] 7 EEE 

Ohne einiges Bedenken glaube ich, die röthere Färbung der 
Sommerbehaarung bei den (wie bekannt, durchgängig zwei Mal 
Sich haarenden) Säugthieren unter ganz einerlei Himmels- 
Striche hinsichtlich ihrer Entstehung ebenfalls in relative Über- 
*instimmung mit dem klimatischen Variiren im Süden bringen 


40 


zu dürfen; so, dafs eines das andere erklären hilft. Alle Säugihie” 

nämlich, welche irgend rostgelbe, roströthliche oder rothbraune F#" 

‘bung besitzen: sei es im Allgemeinen an gewissen Theilen des Kö 
pers überhaupt, sei es blofs eingesprengt in der oder jener Geg@® i 

der einzelnen Haare, oder sei es als genau ‚vermengte Beimischung N 

einer anderen Farbe; alle diese werden im Sommer röther, als # 

Winter, ja gewöhnlich auffallend röther. Ein ganz allgemeiner Sal 

[gültig durchgängig in höherem und minderem Grade von unser 

Hirschen und Rehen, von Hasen und Eichhörnchen, von den yölh 

lichen Siebenschläferarten, von der Zwerg-, Wald- und Brandmaß) 

von der Wanderratte, der Feidwühlmaus,, selbst von dem Hermelif 

und Wiesel, (söbald sie beide im Winter nicht weifs werden ,) I 

dem Fuchse und Wolfe etc; mit Einem Worte: gültig von allen die 

ser Categorie angehörigen Säugern.] Kann man eine so durchgäng! 

vorwaltende. Erscheinung wohl füglich als zufällig ansehen? Od® 

mufs man ihr vielmehr eine allgemeine Grundursache unterlegen ? Un 

wenn nun die Annahme einer solchen als nothwendige Folge erscheidl 

welche liegt dann näher, als die höhere, nach allen Erfahrungen de 

Entwickelung jener Farben überall so günstige Wärme, welche ja de 

Sommer mit sich bringt? Ja, liegt überhaupt irgend eine Ursach! 

nahe aufser dieser? Gewifs: es giebt sonst keine. — Eine grofse physiol% 

gische Kurzsichtigkeit aber würde es verrathen, einwenden zu wolle 
dafs das Hervorbrechen des Sommerhaars ja in eine Zeit falle, wo & 
Wärme der Luft noch lange nicht aufs Höchste gestiegen ist. Dev 

jeder Wechsel wird ja nur durch die anhaltende Gewöhnung an de! 
ihm vorausgegangenen Gegensatz um so empfindlicher. So viel ste) 
ein für alle Mal fest: kein Säugthier wird zum Winter dunkler, ( 
eben so wenig, wie je ein Mensch im Sommer weifser wird. — 
Es war, soviel ich weifs, der verstorbene Faber, welcher U 

erst mit auf die Parallele hinwies, die sich in Betreff des klimatisch® 
Variirens zwischen den Säugthieren und. Vögeln ziehen läfst. DA 
Aufserung seiner Ansicht ‘in diesem Punkte fafst überhaupt in Kur 
die wesentlichsten Nachtheile und Inconvenienzen der entgegengesel! 
ten Ansicht so treffend zusammen, dafs ich es nicht für unnütz © 
achte, seine Worte hierüber (**) zu wiederholen; obwohl ich, durd 
weit ausgedehntere Erfahrungen belehrt, heut mich allerdings bede 
ken würde, seine Meinung auch gerade in allen Einzelheiten zu u 
terschreiben. " | 
| . j 


(*) Roströthliche Farben ausgenommen; denn solche werden dann bräuner, somit tiefer! Mn 
(**) In seinem Werke über das Leben der hochnordischen Vögel, Heft I, S, 117-118: 


4 


» Die Natur bildete vom Anfange an die verschiedenen Arts- 
»formen, indem sie einem oder mehreren Vogelpaaren jeder Art 
»die Kennzeichen mittheilte, welche sie als Art characterisiren 
»sollten, und setzte darauf diese primären, die Grundtype' bilden- 
»den Individuen an einen oder mehrere Plätze der Erde, von 
"welchen ursprünglichen Plätzen sie, als von einem Centrum, 
'”sich bei Zunahme der Individuen über eine gewisse Strecke ver- 
»breiteten. Wenn die Nachkommen jener ersten Individuen der 
»Art sich mehr und mehr von diesem Centrum entfernten, so erlit- 
nten sie, besonders wenn sie Standvögel an diesen Plätzen wurden, 
„nach und nach einzelne Abänderungen in der Form (*) und Farbe, 
» welche sich auf die sie umgebenden lokalen Gegenstände gründeten; 
»d. h. sie arteten klimatisch aus, und theilten ihren Nachkommen 
»diese Ausartung (!) mit, welche, durch mehrere ‚Generationen 
»verpflanzt, zuletzt einen constanten Character annahmen. (**) So 
» entstanden klimatische Racen vieler Arten. Diese Ragen sind es, 
»welche mehrere Ornithologen jetzt als eigene Arten aufzustellen 
»geneigt sind; doch, meiner Memung nach, ohne Grund: denn, 
»obgleich ausgeartet (!), sind sie doch ächte Abkömmlinge der 
»ersten Individuen der Art, und gehören daher absolut der Ur- 
»form der Art'an. Das Kriterium, nach welchem man diese kli- 
»matischen Abarten als etwas veränderte Nachkömmlinge der Ur- 
»form erkennen kann, ist die in die Augen fallende Übereinstim- 
»mung in der äulseren und inneren Bildung, in den Sitten und 
»der Historie mit der Grundtype, wie auch der Umstand, dals 
»sie, ungezwungen durch menschliche Mitwirkung, und ohne 
» Mangel an Umgebung von Individuen derselben Abart, zu welcher 
»sie selbst gehören, freiwillig ‘und ohne Unterschied sich eben 
»so wohl mit den zur Grundiype, wie mit den zur Abänderung 
»gehörigen Individuen paaren: indem sie im ersteren Falle im 


x 


(*) Die klimatischen Abänderungen i in der Form, welche damals von der entgegengeseizten 
Parthei zum Beweise der vermeinten Nothwendigkeit, sie als Arten aufzustellen, mit so vieler 
Zuversicht immer nach einigen wenigen Exemplaren angeführt wurden, könnten immer nur in 
sofern in Betracht kommen, als ihnen eine gewisse Standhaftigkeit eigen wäre, 


Neuere und 
ausgedehntere Erfahrungen haben jedoch die ganze Sache, besonders bei den Landvögeln, 


in die- 
ser Hinsicht meist so auf Nichts gebracht, dafs man davon meistens ganz abstrahiren mufs. 

(%*) Die Beständigkeit auch dieser Charactere hat sich nirgends streng, häufig gar nicht be- 
Währt, die Gegenparthei also auch diese Stütze vollends ganz verloren. 


42 


» Stande. sind, Nachkommen zu erzeugen, welche theils die ächte 
ntheils der abgeänderten Grundtype Form und Farbe erhalten.« 
»Wir haben nicht wenige Beispiele, dafs die zu derselbe 
»Art gehörigen Individuen sehr geneigt sind, gewisse constant 
»klimatische Abänderungen in der Form und Farbe anzunehmen; 
»sogar unter nicht sehr divergirenden Graden der Länge und 
„Breite. Unter andern etc.... Wollten wir indessen alle diese 
»localen Abänderungen als eben so viele ächte Arten aufnehmen 
»so würde zuletzt kein Natursysiem alle diese Arten mehr fassetı 
»kein Ornitholog sie ordnen, und kein Gedächtnils sie behaltet 
»können; die Lehre von den Gesetzen für die geographische Ver“ 
»breitung der Vögel würde in ihrer Quelle verstopft, und die 
„Wissenschaft selbst in ihrer Grundlage erschüttert werden. 
N... GORVUS cornix und Ü.corone .....sich in Deutsch“ 
»land‘ oft paaren, und Junge von dem Ansehen beider hervor- 
»bringen.. Einige Ornithologen sehen. aus diesem Grunde diese 
„beiden Vögel für Eine Art an; und ich bin ‚nicht ungeneigb 
„dieser Meinung beizutreten. Wir kennen doch Vögel, welche 
Ȋulserlich eben so. sehr in der Farbe differiren, wie diese beiden 
»Krähen, und welche einstimmig für dieselbe Art angesehen wer 
den, z. B. LESTRIS parasitica mit der weilsen und mit def 
»braunen Brust; so unter den Säugthieren der blaue und weilse 


„Fuchs, das schwarze und rothe Eichhorn u. s. w.u 


'Um wie viel mehr Gewicht würde Faber auf diesen Parallel“ 
Beweis gelegt haben, und um wie viel weiter würde er ihn haben 
ausführen können, wenn er damals schon die Ergebnisse der neuereß 
Forschungen mancher Zoologen, und namentlich die Resultate von 
_Nilfsons höchst braven Arbeiten über die Säugthiere des scandina* 
vischen Reichs, gekannt hätte! (*) — Da mir nun die Aufführung | 
paralleler Beweismittel über das Variiren der beiden warmblütigen 
Thierklassen hier schon an und für sich ganz an ihrem Orte zu ste 
hen scheint, um, bei der durchgängigen Ähnlichkeit von der einen 
Wesenklasse mit Schlüsse auf die andere ziehen zu können; so nehme® 
ich um so weniger Anstand, selbst mit einiger Ausführlichkeit darauf 
einzugehen, je gewisser ich weils: dafs Mangel an Kenninifs der | 


(*) Denn in der That, gerade was die Säugthierfauna betrifft, so erscheint wenigstens mit 
Nilfsons Werk: Skandinavisk Fauna, wo möglich, noch weit interessanter, noch viel wich“ | 
tiger, als hinsichtlich der Vögel. u. 


43 


Schwedischen Sprache die deutschen, und noch mehr die übrigen, 
Südlicheren Naturforscher bis jetzt fast alle in Unbekanntschaft damit 
Sehalten hat. - ! 

Von unserem gemeinen Eichhörnchen (Scrurvs vulgaris L.) 
Scheint es schwarze, oder vielmehr braunschwarze und schwarzbraune, 
Sttweder höchst selten oder gar nicht mehr in Skandinavien zu geben; 
indem N. nur ganz unbestimmt sagt: es solle davon manches Mal eins 
Sefunden werden. In Deutschland sind dieselben gewöhnlich; und es 
Scheint sich unter andern in Oberschlesien ihr numerisches Verhältnifs 
2u den rothen’ durch 1:6 — 1:4 ausdrücken zu lassen. Sie kommen 
nicht "blofs in unsern Wäldern mit den gewöhnlichen roihen vor, 
sondern werden auch mit ihnen in Paaren lebend und in der Begat- 
‚tung begriffen angetroffen; ja, man findet rothe und schwarze Junge, 

‚von Einer Mutterin einer und derselben Niederkunft geworfen, in Ei- 
nem Neste.(*) Dabei bemerkt man, so gemein sie auch immer sein mö- 
sen, durchgängig das Eigne: dafs, gerade wie bei den (an sich weit 
Minder in der Farbe unterschiedenen) Varietäten der gemeinen Krähe, 
die Mittelfärbungen ungleich seltener bleiben, als die Extreme; ob- 
gleich auch sie einzeln alle hier vorkommen. (**) Es giebt braun- und 
Stauschwarze, schwarzbraune' und ‚röthlich-dunkelbraune: letztere, 
als die hellsten unter den dunkelfarbigen, am öftesten in der kalten 
Jahreszeit: alle bald mit, bald ohne den helleren,, gewöhnlich viel 
Töthlicheren, selten im Winter grauen, zuweilen sehr abstechenden 


KT : r 


(*) Wefshalb denn auch natürlich an eine Möglichkeit von specifischer Trennung hier nicht 
2u denken ist, und, weil glücklicher Weise diese unwiderlegbaren Umstände früh genug bekannt 
Seworden sind, in der That Niemand daran gedacht hat, 


er). Man sieht hieraus, dafs bei diesen beiden Thierarten(dem gemeinen Eichhörnchen 
Und der 


h 


Semeinen Krähe) sich die Natur einmalweit mehr in dem Auseinander- 
alten der äufsersten Endpunktie, alsindem Verbinden derselben, zu gefal- 
‚en scheint, Ein Streben, wodurch sie in Betreff der Krähe den Scharfsinn der Naturforscher 
so lange irre 


B tehm [in seinen rühmenswerthen Beiträgen zur Vögelkunde] aus eigner Erfahrung ein Bei- 
spiel, vielleicht ‚das einzige bisher gekannte, vom geraden Gegentheile anführt. Er fand, dafs 
eine junge, in der Mittelfärbung erscheinende Krähe von einem ächten, 
b 


eiderseits ganz Schwarzen Rabenkrähen paare erzeugt worden war: indem es, mach 
Seiner ausdrücklichen Versicherung und 


keine graue oder Nebelkrähe g 


geführt hat! — Doch mag hierbei zugleich noch daran erinnert sein, dafs Herr 


genauen Untersuchung, in der ganzen Umgegend gar 
ab, mit welcher etwa einmal eine ausnahmsweise Begattung der 
“initer hätte geschehen sein können. 


Ich bin geneigt, zu vermuthen : dafs dieses lichtere Exemplar das zuletzt aus dem 
Kie Sekommene, vielleicht in Betref® der Erwärmung zugleich von der Mutter etwas vernach- 
Üsigte, schwächlichere Junge einer Brut war, deren erste Erziehung in eine kühle Zeit traf; 
Oder auch beide Zeitumstände umgekehrt. [Es ist bekannt, dafs die Vögel bei anhaltend kalter 
x "ühlingswitterung auch länger als sonst brüten müssen, ehe die Jungen ausschlüpfen.} Hier- 


ab ge ; 
Einiges weiter unten. 


AA 
rothbraunen Seitenstreif. (*) Beı uns ntın. sind die sogenannten r0° 
then im Sommer braunroth, oft hochbraunroth; im südlichen Schw®“ 
_ den erscheint das rothe ähnlich, oder rothbraun, im nördlichen abe! 
vielleicht noch bräuner. Im Winter wird es bereits bei uns graue 
zumal an. den ‚Seiten des Leibes und an den Kanten der Beine; IM 
südlichen Skandinavien erscheint es dann schon graubraun, brauf 
grau, endlich noch weiter hinauf hellgrau oder gar graubläulich, ste 
ohne alles Roth, und giebt so das EEE (**) — Hier sehen we 
denn also, wie sogar im gröfsten Theile der Landstriche, welche de 
Species bewohnt, aufser denklimatischen Abänderungen auch 
zugleich zwei Racen (Leien) neben einander existiren, der 


'X ren keine eigentlich nördlich, keine eigentlich südlich genannt. wel” 


‘ den kann, obwohl die eine ikeallhirlen weiter nördlich hinaufgeblr 
"als die andere; und die, trotz ihrer häufigen Vermischung: unter ein? 
ander bei der Begattung, dennoch meist eine gewisse Selbständig‘ 
keit bewahren, nur weit seltener dagegen in einander fliefsen. E# 
Fall, welcher, nochmals sei es gesagt —, im letzteren Punkte ung® 
mein viel Ähnlichkeit mit dem bei der schwarzen und graue 
gemeinen Krähe hat, nur dafs er in jeder Hinsicht noch viel auf 

fallender und seltsamer bleibt. 

Der nordische Hase (Lxpus borealis Pall. und Nilfs) Eu- 
ropas und Asiens: von welchem sich N. durch die genauesten, viel 
fach angestellten Vergleiche überzeugt hat, dafs er mit dem Eishase 
(L. glacialis Leach) Grönlands specifisch einerlei ist, von welche 
er aber noch bezweifelt, dafs er mit dem, bis dahin nicht von ih 
verglichenen schweizer und tyroler Alpenhasen (L. variabilis Bechst 
eins sei; der nordische veränderliche Hase zeigt schon noch merk“ 
lichere klimatische und Jahres-, wiewohl keine Racen- Verschieder“ 
heit. Oberhalb hat er während des Sommers im südlichsten Ska“ 
dinavien eine graubraune, im Winter eine weilsgraue, nur selte® 
eine, grauweifse Farbe. Doch bemerkt man, was das Weifswerdel 
betrifft, sogar schon einigen Unterschied zwischen seinem Verhalte? 
in den kälteren Wäldern der etwas nördlicheren Provinz Smäland und 
_ seinem Ausschen in der nur etwas mittäglicher gelegenen südlichste® 


(*) Da im Sommer die Haare der Ohrbüschel für geraume Zeit ganz ausfallen, so bin ich 
schon lange sehr geneigt gewesen, den Scıurus alpinus Fr. Cuv.’s nicht för eine besondere Af 
zu halten, — 

(C*) Petit gris, (welches nicht von dem grofsen amerikanischen Sc. cinereus Köanaie: y A 

fällig hat in den letzten Jahren die Mode der Damen zur Vermehrung der Gelegenheit beit | 

‚ tragen, bei Kürschnern die Menge der. allmähligen Abstufungen in dem Colorite des Grauwer® 

zu schen. — Skandinayisk Fauna, en handbok för Jägare och Zoologer. I.delen. Dar 
gande djuren, 8.168, n.29 — 8.173. r 


45 


von allen, dem milderen, waldarmen, gut kultivirten Schonen näm- 
lich; obwohl übrigens dieser Unterschied daselbst natürlich noch in 
Minderem Grade Statt findet, als weiter nach den eigentlich nörd- 
lichen und nördlichs ten Strichen hinauf. Dort und auf den Al- 
‚Pen wird er nämlich bereits im Sommer heller, ‘oder gar weilsgrau, 
und im Winter ganz weils gefunden, oder dann höchstens noch mit 
Einzeln eingestreuten schwärzlichen Haaren. In Grönland endlich 
bleibt er bekanntlich gar das ganze Jahr hindurch weifs, (abgerechnet 
‚ie stets und an allen Orten schwarz gefärbten Ohrspitzen.) (*) 
Vom Hermelin-Wiesel (MustrıA ermineaL.) ist es allge- 
Mein bekannt; dafs es im ebenen südlichen Europa die Farbe nicht 
mehr ändert, sondern nur da, wo es Alpen bewohnt. Bei uns blei. 
ben im Ganzen noch eben so viele im Winter braun, als ihrer dann 
weıfs werden; und viele scheinen die Farbenveränderung nur halb zu 
erleiden, Ganz Skandinavien hat sie aber nicht allein stets im 
Winter weils, sondern einzelne bleiben es hin und wieder sogar auch 
den Sommer durch. 2) 
Das kleine Wiesel endlich (M. minor Nilfs., M. vulgaris 
Rrx]., M. nivalis L.) liefert den aller entschiedensten Beweis: dafs 
ine gänzliche Farbenveränderung nach der Jahreszeit 
doch blofs da erfolgt, wo einer Seits vielleicht eben so sehr ein mit- 
telbares Bedürfnifs des Wesens, wie anderer Seits die Folgen äufserer 


i 5 | $ ; 

Rinflüfse auf sein Inneres, sie bedingen; dafs daher jene gauz, und 
Zwar sogar recht plötzlich, da aufhören känn wo beide nicht 
mehr eintreten. So gemein das Thierchen in den meisten Gegenden 


—_. 


(*) Skand. Faun. S. 211, n.37, — 5.224. — Faber hät auch den Eisfuchs (Canıs 
Iagopus L.) mit angeführt. Und in der That möchte es, besonders nach den früheren Unter- 
Suchungen Stellers, nicht bezweifelt werden können: dafs einzelne Exemplare seiner Art in 
allen Gegenden während des Sommers weils, andre im Winter grau bleiben; obgleich Nilf- 
son jene eher für Albinos - Ausartungen hält. Indefs sind doch dieser. Ausnahmen entweder zu 
Wenige, oder man weils noch zu Wenig von den geographischen Verhältnissen, unter welchen 
Se eintreten, als 


dafs man diese Fälle zum Beweise für unseren Zweck neben so viel sicherer 
bekannten in Erw 


ägung zu ziehen hätte. — 
Wohl aber verdient das Renthier erwähnt zu werden. Es erscheint nach der Som- 
Merhaarung dunkel - oder schwarzbraun, wird im Herbste grau, und im Winter weifslich. Nie 
Siebts in Skandinavien fleckige Ausartungen; aber in gewissen Gegenden, z. B. um Jockmock, 
(an der Gränze des Polarkreises, um den mittleren Lauf der Tornea-Elve,) findet sich eine Ab- 
änderung, welche unter allen Jahrszeiten schneeweifs bleibt. Skand.F. 5.286 und S. 292, 
(**) Stand. Faun. 5.29, n. 6, — 8,34. — Es wird hiernach durch das Hermelin ebenfalls 
Wieder klar: dafs sich bei den meisten Thierarten, sie mögen sich auf die eine oder auf die an- 
re Weise klimatisch verändern, die einzelne Individualität nicht immer ganz verläugnet,. Bei- 
Nahe stets bleiben, in Folge individueller Abweichung ihrer Orgänisation, einzelne auch da von 


“m Unterwerfen unter die allgemeine Regel ausgenommen, wo sich doch sonst alle ihr fügen 
Müssen 


46 


Deutschlands, undbis nach Südeuropa hinab, gefunden wird; M 
haben wir es doch schon hier mitten in Deutschland entweder nie 
anders, als braun: oder es kommt wenigstens (wenn überhaupt ie 
'gewils so höchst selten in weifsem Winterpelze bei uns vor, dafs m 
die wenigen, bisher etwa so gesehenen Exemplare nur für Ausarluß® 
gen. gehalten hat. (*).. Ganz anders verhält es sich damit auf ® 
skandinavischen Halbinsel. Dort, wo es übrigens die südlich“ 
sten Theile nur selten besitzen, kennt man es zur Winterszeit durdt 
aus nicht anders, als in rein weilser Tracht; an welcher. höchste 
und zwar auch nur selten, das Schwanzende einige wenige dunkl 
Haare behält. | 

8.14% | 


Auch ein nordischer Vogel scheint, nach Art mehrerer Säuge 
thiere, in einem südlicheren, viel milderen Klima sein weifs® 
Winterkleid ablegen zu können. 


Diels nun in Betreff der Säugthiere vorausgeschickt, wir 


es als etwas mindestens höchst Wahrscheinliches einleuchten: dal 
auch ein solcher Vogel, welcher als Standvogel beständig an ein 
Ort, oder doch an dessen nächsten Umkreis, gebunden, erscheil! 
und zum Wegwandern entweder nicht geeignet, oder wenigste 
nicht geneigt ist; oder welcher endlich auch durch äufsere Um‘ 
stände anderer Art ganz absolut verhindert wird, einer etwa möß) 
licher Weise in ihn erwachenden, der Species ganz neuen Wat 
derlust zu folgen: dafs auch ein solcher Vogel, wenn er’in eine 
für seinen. Aufenthalt jetzt eigentlich zu warmen Lande mit gel# 
dem Klima festgehalten wird, nach und nach immer mehr, un 
durch mehrhundertjährige Generationen hindurch wohl auch fi 
immer, jenen organischen Trieb, die Farbe nach der Jahresze 
zu ändern, gänzlich verlieren könne. Ohne gerade zur absolute 
Gewilsheit zu werden, mufs uns diels ohne Zweifel wenigstell 
äufserst wahrscheinlich vorkommen. Denn es wäre doch gewil | 
logisch lächerlich, unter gleichen Umständen bei einer Thierafl 
etwas für unmöglich anzusehen, was. wir von mehreren ande!” 
mit der positivsten Bestimmtheit wissen! [Dieser Grund nun 
terstützt, mit mehreren andern, als erstes Hauptmoment die Al 


* ERDE - j N v2 £ che 

(*) Erst kürzlich, in diesem Sommer, erhielt doch das: hiesige zoolog. Museum ein solch 
bereits ausgestopft. und vor einigen Jahren geschossen; aber es war — aus dem Gebirge 
der Nähe von Warmbrunn, wo sich das Riesengebirge bekanntlich am höchsten erhebt. 


41 


Sicht: dafs das schottische Wald- oder Schneehuhn, TETRAO 
Scolicus Gm., nicht für ein Wesen eigner 'Speeies, sondern für 
eine blofßse, der weilsen Wintertracht entbehrende, 
Südliche klimatische Varietät des Weidenschneehuhns 
2u halten seh) lH) ie! 2. 

Anmerk. Hierbei will ich sogleich mit wenigen Worten dem 
Unüberlegten, aber doch nur zu leicht möglichen Einwurfe begegnen: 
dafs alsdann ja, analog zu folgern, auch das Felsen- oder Alpen- 
Schneehuhn ‚ welches weiter nördlich als das Weiden -Schneehuhn, 
Und noch viel weiter südlich-als dieses und das vermeinte schottische, 
herabgcht, hier (im Süden) ebenfalls sein weifses Winterkleid verlieren 


"Müfste. Mit nichten! Jenes lebt stets zunächst des ewigen Schneees ; 
der Unterschied des 


umgekehrter: 
Extreme von Z, 


Klimas an der Schneegränze aber ist ein gerade 
und zwar ein ungeheuer grofser, wenn man die beiden 
onen, die heifse und die kalte, mit einander vergleicht. (**) 
ast. um das Sechsfache wärmer ist dieser Strich in der Polarzone, 
als unter dem Äquator; und darum reichen im Norden die Bäume 
mehr in dessen ‘Nähe hinauf. In der Äquatoriälzone ist da selten 
Sonnenschein: Tag und Nacht sind gleich, das Wetter ist veränder- 
lich, der Schnee schmilzt wenig. Auch in der Schweiz ist das Wet- 
ter an der Schneegränze (im Durchschnitte bei 4350 Toisen Seehöhe) _ 
veränderlich, und schon bei 1000 Toisen schneit es in jedem Monate; 

aber die Tage sind länger, thauen den Schnee auf ‚und bewässern 
fruchtbare Viehweiden. Aber jenseits des 68° d. Br., in Lappland, 
dort ist an der Schneegränze ein heiterer Himmel: und diefs so un- 
veränderlich, wie in den Ebenen der heifsen Zone vor der Regen- 
Zeit; hiervon zeugen dann die zahlreichen Mücken und Fliegen. Der 
Niedrige Stand der Sonne wird durch ihr längeres Verweilen am 
Himmel vergütet. Das Schneewasser bildet dort Sümpfe, und er- 
?ugt üppige Sumpfpflanzen in gröfster Menge unter den übrigen Al- 
Penpflanzen. : Die lappländische Bergluft ist im Ganzen viel trocke- 
Der, als die in der Schweiz: Regen im Sommer selten; Schnee nie 
vor dem September. (Hiergegen vergleiche man, in der hinten ste- 
henden Zusatz- Note über das schottische Schneehuhn, die Angabe 
über den ungemein gelinden Winter in Britannien und über den küh- 
len Sommer daselbst.) Es erhellt sonach: dafs ein Alpenyogel, wel- 


cher der Region zunächst unterhalb der Schneegränze angehört, wie 
ee 


I 


(*) Eine ausführlichere Begründung dieser Meinung siehe unter den specielleren Auseinan- 


Gersetzungen, welche am Ende als Zusätze beigefügt sind, 


Kiez. y. Hümboldt Nor. gen, et spec. plant, aequinoct,1, p: 140 -22. 


48 


das Felsen-Schnechuhn, gerade noch eher in der Schweiz, als in Lapf” 
land, den sonst nordischen Farbencharacter behalten mufs; und dal 
er selben cher hier, als dort, verlieren, also in südlicher Tracht 


scheinen könnte. 


#8; 

Manche Gegenden verbinden in der Excessivität ihres Klimas d@ 

Elemente zur Hervorbringung der entgegengesetzien Variet 

täten (bei unter sich verschiedenen Vogelarten) zu gleich. So Nor 
europa, und noch mehr Sibirien, Nordamerika. 

Gleich zu Anfange, und auch sonst öfter, wurde der ho’ 
hen Wichtigkeit gedacht, welche der Umstand besitzt: o) 
ein Vogel in einer Zone, entweder überhaupt oder doch fi 
die meisten Fälle, ein Standvogel, oder ob er ein Zugv® 
gels ei. Schon Faber hat angedeutet, wie ungemein viel hief 
auf ankömmt. Natürlich mufs der Einflufs der Landesbeschaffe® 
heit um sehr viel stärker wirken auf einen Standvogel, welch® 
ein. Land, oder gar einerlei Gegend in demselben, das ganze Jabl 
hindurch bewohnt, als auf einen wandernden, welcher nur selte® 
mehr, und vielleicht oft weit weniger, als die Hälfte des Jahr® 
daselbst zubringt. Mögen ‘immerhin der Hühnerhabicht auf des. 
einen, und das Blaukehlchen mit der Wiesenbachstelze auf der a 
dern Seite, den Sommer hindurch den Aufenthalt am und im art 
tischen Kreise mit einander theilen; es wird doch stets einen ge 
bedeutenden Unterschied machen, dafs jener dort im Winter durd 
mehr als sechs Monate die ertremste Kälte erduldet, währen! 
diese ın derselben Zeit die Wärme beinahe der Wendekreisg® | 
genden genielsen ! Solche Umstände müssen denn wohl machel 
dafs auch die Extreme sich örtlich berühren können: d. h., dab 
eines und dasselbe Land für verschiedene Vögel, ) 
nachdem die einen wegziehen, die andern aber Stand haltel! 
die Bedingungen zum klimatischen Variiren nach ber 
den entgegengesetzten Richtungen hin in sich vereinige 
und dafs es, mit Einem Worte, der Ort für relativ-südliche 
für ächt-nördliche Varietäten zugleich sein könne. (*) 

[6 Diese: Erfahrungssatz macht, streng genommen, allerdings die Benennung » südl! 
Varietäten« etwas unlogisch, aber wenigstens nicht undeutlich der Sache nach; — auch a) 


ganz unlogisch: denn sie treten im hohen Norden doch nur darum ein, weil sich der SomM 


and 


49 


Diese, sonst für den ersten Augenblick so widerstreitend 
Scheinenden Bedingungen nun erfüllt, so viel man bisher mit 
Gewifsheit weils, zuerst besonders das nördlichste europäi- 
‘che Festland. 

N [Dafs manche Standvögel, wie der alte Hühnerhabicht, der 

hu, wahrscheinlich der Mäusebussard, (welcher häufig blofs 
Nach Umständen wandert „) und vielleicht noch mehrere andere, 
dort überhaupt oder häufiger ins Weilse oder Hellere übergehen, 
also der tief-nördlichen Breite gemäls variiren, diels kann nicht 
Weiter unerwartet sein. Dals jedoch auch die gelbe Bachstelze 
och in Lappland öfters, das Blaukehlchen sogar regelmäßsig, in 
derselben Färbung gefunden werden, wie unter tief-südlicheren 
Himmelsstrichen, diefs ist ein Umstand, welchen man anfänglich 
eben. so befremdlich finden kann, wie man ihn umgekehrt bei 
Schärferem Nachdenken natürlich finden mufs. Beide wandern 
Nämlich, gehören auch zu den leicht abändernden Arten.] (*) Je 
Später nun aber ein Vogel ein hoch-nördliches Land als Som- 
Merheimath aufsucht, je früher er dasselbe wieder verlälst, je 
Schneller er dabei zieht, und je tiefer er in der Zwischenzeit nach 

ittag zu hinabrückt: um so mehr wird er, mit geringen Unter- 
brechungen, in einer theils periodisch- warmen, theils beständig-- 
Warmen Temperatur bleiben; defshalb, weil bekanntlich gerade 
die Sommertage hoch-nordischer Gegenden, für welche alsdann 
die Sonne zum Theile mehr als wochenlang gar nicht untergeht, 
die unsrigen zuerst an Länge und dann (zumal in dem Falle, 
wenn hohe Küstengebirge die kühlende Seeluft abhalten) auch an 
Hitze eben so weit übertreffen: wie der Sommer, als Jahreszeit 


m Ganzen, dem unsrigen an Dauer nachsteht. Es wird also 


eigentlich nur ganz in der Ordnung sein, dals ein dafür empfäng- 
licher Zugvogel dem beinahe fortwährenden Einflufse einer sehr 
warmen Atmosphäre nicht widerstehe, gleich viel, unter welchen 


desselben dazu eignet, die Entwickelung einer Erscheinung zu begünstigen, zu welcher stets 
der Süden den Grund gelegt hat und gewifs legen mufs. Indefs, wer einen besser passenden, 
dabei gleich allgemein verständlichen und gleich kurzen Ausdruck zu ersinnen weifs, der gebe 
Ian, Si quid novistis rectius istis — — — 

(*) Es steht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dafs die Zukunft und eine erhöhte 
Aufmerksamkeit wohl, aufser diesen, noch andere so genannte südliche Abänderungen von we- 
Niger leicht abändernden Arten dort werden auffinden lassen, wenn auch vielleicht nur in gerin- 
der Anzahl. 5 2 


4 


50 


Breitengraden er sie empfinde: ob in der Nähe des Erdäquator 
oder am Rande des arctischen Polarzirkels. — | 
Noch viel bemerkbarer, als in Europa, tritt diese 
selbe Erscheinung in Asien hervor: bemerkbarer hier ve 
leicht eben so sehr zufällig aus historischen, wie aus örtlich®! 
Gründen. (*) Die letzteren liegen in der universellen Beschaf 
fenheit dieses Continents: als welcher sich eben sel! 
auf eine so merkwürdige Weise, und in weit höher®® 


| 
Grade als der unsrige, dazu eignet, um, je nach Verschi@ 


denheit der Jahreszeit, klimatische Extreme auf einem ul 

demselben Punkte hervorzurufen. Ich werde hier nic! 
auf allbekannte vergleichende Angaben eingehen, wie man die 
selben in jedem ausführlicheren geographischen Werke finden kam? 
Dem weniger Kundigen mag es überlassen bleiben, sie dort auf 
zusuchen, um sich nach Erfordernifs darüber zu belehren. — Mi 
gen übrigens die neuesten Untersuchungen und mathematische 
Messungen im Punkte dessen, was die vermeinte so ganz übe!“ 
mälsig hohe Lage so vieler dortigen Ebenen etc. betrifft, immer“ 
hin ganz geeignet sein, die bisherigen, etwas zu ausgedehnte 
Ansichten hierüber zu beschränken, und den Werth dieses bishe 
einzigen Erklärungsgrundes bedeutend herabzustimmen und zu er 
mälsigen; die erfahrungsmälsigen Beobachtungen über das Klim 
an sich haben dadurch natürlich immer nicht verändert werdet 
können: sondern sie werden nur jetzt auch solchen Einflüsse? 
mit zugeschrieben werden müssen, die bisher theils minder # 
Betracht gezogen, theils auch gar nicht erkannt worden ware” 
Ich will daher im Folgenden auf die Ergebnisse hinweisen, welch‘ 
so in ihrer Gesammtheit, erst eine Frucht der neuesten Unter‘ 


suchungen und ausgedehnten Betrachtungen von Alexande? 
von Humboldt sind. (**) | 


(*) Unter ersteren wird man den günstigen Umstand verstehen: dafs das ungeheuere Nor® 
asien ungleich früher und ungleich öfter, als das hohe Nordeuropa, überhaupt in naturgeschich!* 
lieher und auch in ornithologischer Hinsicht untersucht wurde; dafs daher ins Besondere. die Kun 
matischen Varietäten der Säugethiere und Vögel hierbei schon von Pallas berücksichtigt, uf 
viele derselben geographisch bestimmt wurden, wenn er sie auch nicht gerade immer als solch 
richtig erkannte, 

( ” Niedergelegt in seinem neuesten Werke: Fragmens de geologieet de clim4 
tologie Asiatiqgues, Paris 1831, 2. Tom. 8vo; besonders zu Anfange des 2ten Their 
' unter der Rubrik: über die Temperaturverhältnisse Asiens und Europas. 


N 


51 

Nachdem er als Mitursachen dieser Klima -Verschiedenheit be- 
ziehungsweise allerdings auch die vertiefte Lage und die besondere 
Südliche Einschliefsung mehrerer einzelner weiter Distriete durch hohe 
Gebirgsmauern (*) ebenfalls hat gelten lassen, geht er auf die eigent- 
ichen und währen Hauptursachen über. Als solche sind, dem heu- 
tigen Standpunkte physikalisch - geographischer Wissenschaft gemäls, 
folgende angegeben : Die abgerundete Ländergestalt überhaupt, bei 
Ungeheuerer Anhäufung der Massen; die Gestaltung des Bodens nach 
Seiner horizontalen Erstreckung, und die Unebenheit oder Krümmung 
Seiner Oberfläche; die relative Stellung der undurchsichtigen , festen 
(continentalen) und der durchsichtigen, flüssigen (pelagischen) Massen 

des Erdkörpers; die Richtung und Stellung der grofsen Gebirgssys- 
‚leme sowohl in zusammenhängenden Ketten, als auch in getrennten, 
hin und wieder zerstreuten Gruppen; die so bedeutende Zunahme 
erhöhter Ebenen, im Verhältnisse gegen sie; und das relative Über- 
Sewicht gewisser Winde, welche von den Wärme erzeugenden (absor- 
Direnden und ausströmenden) Kräften der Erdhülle abhängen; ferner 
die "Ununterbrochene Breitenzunahme des alten Continents nach Osten 
in, die Entfernung von den Westküsten, d.h. von einem westlichen 
*eresbecken, welches eine nur wenig veränderliche Temperatur auf- 
wahrt; und endlich die Westwinde, welche natürlich (wegen der 
Ansehnlichen, in dieser Richtung vorliegenden Ländermassen) fur Ost- 
Curopa. und Asien schon Landwinde sind, für diesen Theil der alten 
Welt im Norden diesseits des Wendekreises vorherrschen, und durch 
die, verhältnifsmäfsig nur wenig hohe Gebirgsmauer des Ural kaum 
&inen geringen Aufhalt erleiden. Herr v. H. schliefst alsdann die 
hypsometrischen Betrachtungen über Asien, im besonderen Vergleiche 
u Europa, mit der Bemerkung: »Wir haben hieraus ersehen, dafs 
"Asien, in grofse Bassins getheilt durch Gebirgszüge verschiedener 
"Richtung und verschiedenen Alters, eine Entwickelung des organi- 
”Schen Lebens uud Ansiedelung für Völker-Vereine, für Jäger (Si- 
"bivier),, Hirten (Kirgisen und Kalmücken), ackerbautreibende Völ- 
"ker (Chinesen) und Mönchsvölker (Tibetaner), und eine Mannigfal- 
»ligkeit von Ebenen, Terrassen und Hochgründen im Luftozeane dar- 
"bietet, welche auf eine höchst merkwürdige Weise die Temperaturen 
"und Klimate modifizirt.... .u ‚ Und den Schlufs macht Folgendes: 
»Dje Kontraste zwischen Europa und Asien, welche ich hier eben 

ee 

&) Solche Distriete liegen zum Theile, wie die Ufergegenden des kaspischen Meeres und 


“Ss Seees Aral ‚ in Folge eines ganz eigenthümlichen, wahrscheinlich vulkanischen Depressions= 
änomens keineswegs über, sondern um 200-300’ unter der gewöhnlichen Seehöhe. 


hr 


RE ERER  a 
L “ 


'„hunderitheilige Thermometer im Winter auf 28°.30° unter den 


52 


n dargeiliän habe, bilden den Verein der Ursachen, die ins Gesaml 
„auf die Beugung der Linien gleicher jährlicher Wärme und auf die 
„ungleiche Vertheilung dieser geringen Wärme zwischen die verschie 
„denen Jahrszeiten einwirken; Phänomene, welche vorzugsweise im 
„Osten des Meridians von St. Petersburg bemerkbar werden: da nam 
„lich, . wo der Gontinent von Europa auf eine Länge von 20 Bier 
»tengraden an das nördliche Asien sich anschliefst. Osteuropa und 


nganz Asien (das letztere vom 35° d. Br. an nördlich) haben ein aus“ 


ngezeichnet continentales Klima, wenn. man diesen Ausdruck i 
"im Gegensatze zu dem des Insel- und Westiküsten-Klimas au 
»wendet; und sie haben, wegen ihrer Gestalt und Weltstellung zm 
„Verhältnisse zu den West- und Südwestwinden, ein excessive 
»Klima, dem der Vereinigten Staaten von Amerika analog, d.b 
»dafs sehr heifse Sommer auf äufserst strenge Winter folgen. Nir* 
»gends, selbst nicht in Italien und auf den kanarischen Inseln, habe 
»ich so schöne Trauben gesehen, wie in Astrachan, an der Küste 
»des kaspischen Meeres; und gleichwohl sieht man oft in eben die“ 
»ser Gegend, und sogar noch weiter südlich, in Kislar an der Mün-“ 
ndung des Terek (unter der Breite von Avignon und Rimini), das 


»Nullpunkt sinken. In Astrachan, wo während der Sommer, die 
»heifser sind, als in der Provence und Lombardei, die Kraft der 
"Vegetation durch künstliche Bewässerung des salzhaltigen Bodens 
nerregt wird, mufs sogar die Rebe in bedeutende Tiefe vergraben 
nwerden. Eben diese so ungleiche Vertheilung der Jahreswärme un“ 
»ter die so verschiedenen Jahreszeiten ist es, welche die Kultur de 
nWeinstockes, oder, besser gesagt, die Erzeugung eines irinkbaren 
"Weines, bisher in den Vereinigten Staaten Amerika’s, im Norden 
ndes 40° d. Br., so sehr erschwert hat. Nach dem Systeme euro“ 
» päischer Klimate bedarf es zur Erzeugung eines trinkbaren Weine 
»ım Grofsen nicht allein einer mittleren Jahrestemperatur , die bis 
n8,7°% oder 9° steigt, sondern auch eines Winters, der nicht unter 
*+ 1°, und eines Sommers, der mindestens 18,5° habe. Dieses feste 
„Verhältnifs der Wärmevertheilung bestimmt den Vegetationseyelus 
»sowohl derjenigen Pflanzen, welche gewissermafsen in winterlich® 
»Lethargie versinken und während dieser Zeit nur auf ihre Axe be 
»schränkt leben, wie auch derjenigen, welche (wie der Ölbaum) wäh 
„rend des Winters ihr appendiculäres System, die Blätter, behalten.» 


So viel im Allgemeinen als Resume aus den Betrachtunge® 
des berühmtesten Reisenden und Physikers unserer Zeit, der vie! 


53 


Welttheile und die Erzeugnisse aller Zonen gesehen, und fast 
alle Klimate empfunden hat. — Nun noch einige speciellere Be- 
Merkungen von anderer Hand: (*) | 


»Noch mufs, wenn von der Strenge des Klimas die Rede ist, 
Nd 5 
er auffallenden Erscheinung gedacht werden, dafs die Kälte in Rufs- 
” k . 1 Be . D . 
land gegen Osten hin immer zunimmt, und dafs sie selbst in einem 
hs 3 £ = : 
höheren Grade zunimmt, als wenn man eben so viel von Süden ge- 
"gen Norden geht. Moskau und Kasan liegen z.B. sehr nahe unter 
"demselben Breitengrade ; aber Kasan, das etwa 100 deutsche Meilen 
"östlicher liegt, ist viel, sehr viel kälter als Moskau.. Kasan liegt 
"nahezu unter derselben Entfernung vom Aquator, wie Kopenhagen 
»oder Edinburg; aber wie ungemein verschieden ist das Klima die- 
»ser Städte! Petersburg liegt gegen 5 Grade nördlicher als Kasan, 
% 2 i 
"und doch ist das Klima von Petersburg bei aller Strenge viel mil- 
"der, als das der letzteren Stadt. In Kasan tritt der Winter mit der 
"Mitte des Octobers ein, und dauert ununterbrochen bis zu Ende des 
"Aprils, und erst gegen das Ende des Mai werden die Felder be- 
"stellt, während man in Drontheim in Norwegen im November grüne 
Wiesen hat und eines angenehmen Spazierganges im Freien genies- 
a . 3 & « . 
sen kann, obschon Drontheim eine Breite von .64° hat, also 9 volle 
2 ’ 
"Grade nördlicher liegt als Kasan. Noch auffallender werden diese 
"Unterschiede, wenn man in Rufsland noch weiter gegen Osten vor- 
"dringt. Ochotzk z.B. liegt mit Petersburg und Stockholm. beinahe 
"unter derselben Breite; aber der Russe selbst schaudert vor der Al- 
»les erstarrenden Kälte in Ochotzk, und alle Beamte dieser Stadt, 
»die- aus westlicheren Gegenden hingeschickt werden, erhalten dop- 
"pelten Sold, einen höheren Rang und die Erlaubnifs, nach drei Jah- 
”ren wieder zurückzukehren, weil sich ohne diese Vergütung Niemand 
Besen t . 7 Ds 
(*) Obwohl es bei wissenschaftlichen Verhandlungen zu einer bestimmten und sehr wohl 
“Sründeten Regel geworden ist, sich nur auf solche Nachrichten zu berufen, deren Sicherheit 
“ durch den Namen des Verfassers verbürgt wird; so kann ich mich doch einmal nicht entbrechen, 
Sa diesem allgemeinen Gebrauche in einem besonderen Falle abzugehen, in welchem eine ge- 
"Angte und lebendige Darstellung von Thatsachen, ebenso anzieht, wie innere Gründe für die 
Wverlässigkeit des Gesagten zeugen. Ich meine eine Reihe von Aufsätzen im Morgenblatte von 
1830, 2252-257, unter dem Titel: »Bilder aus Rufsland, « von einem Deutschen, welcher 
Ange in Rufsland gelebt hat- Auch wenn nicht eine spätere, ähnliche Folge yon interessanten 
Und mit dem Namen ihres Verfassers unterzeichneten Bemerkungen unter der Überschrift : »Bil- 
der vom kaspischen Meere« —, Ai, Jahrgange 1832, ebenfalls auf den Ursprung der ersteren 
durch den bekannten Naturforscher Eich wald (Collegienrath, Prof. and. Univ. zu Wilna) ver- 
Muthen liefsen; so würde schon die ächt wissenschaftliche Gründlichkeit, welche jede Zeile der 
An- und auszuziehenden Stellen verräth, und ihre Übereinstimmung mit den bewährtesten Er- 
fahrungen Anderer, namentlich mit den Angaben des Hrn. A. v. Humboldt, für ihren Wertb 
Gewähr leisten; \ 


/ 


54 


» finden würde, der sich diesem unwirthlichen und beinahe unbewohn- 
nbaren Klima ausseizen möchte. Der blofse Name Kamtschatka &” 


„regt schon Kälte und Schauder, und doch ist der Peter-- Pauls-Hafen 


»in Kamtschatka nur 51° vom Äquator entfernt, also ziemlich in 
»derselben geographischen Breite, wie Dresden, Amsterdam und Lo®“ 
»don.« Als Ursachen werden auch da angegeben: die weite Enife” 


nung vom Meere, (res giebt keinen so grofsen, von allen Meere! | 


"ringsum so weit entlegenen Erdstrich, als das mittlere Asien zu) ZU 
nehmende Erhöhung des Landes nach Osten hin zu einem ungeheue” 


ren Bergplateau von beispiellosem Umfange, und vielleicht mit die | 


vielen Salzlager, welche zur Erkältung des Bodens beitragen und die 
Vegetation ungemein verkümmern. 
Rufsland hat keinen Frühling und keinen Herbst, schon uM 


Kasan. Ein drückender, ermattender Sommer folgt auf den schnei“ 


denden Winter. Der klafterhohe Schnee liegt zwar z.B. in Perm 
und Simbirsk um Nischnei-Nowgorod (unter einer Breite, die ohn- 
gefähr oder beinahe der von Gotihenburg in Schweden und von Edin* 
burg in Schottland gleicht) von der Mitte, oft sogar vom Anfange 
Octobers fast immer bis in die Mitte des Mai; er schmilzt aber in 
wenigen Tagen bis auf die letzte Spur hinweg, und mit einem Male 
strebt die Vegetation mit aller Macht (*), wie in einem künstlich ge“ 
heizten Treibhause, empor. »Diese, wenn gleich nur kurze, doch prä” 
»gnante Hitze scheint jene sonst so kalten Gegenden auf einige Wo- 
»chen förmlich zu einem tropischen Lande zu machen. Nach zeht 
»Uhr des Morgens werden alle Arbeiten, selbst die bei der gemel- 


»nen Klasse, eingestellt, und alle Fensterläden geschlossen ; und bis 
»3 Uhr scheinen Dörfer und Städte leer und einsam. u Die Hitze 


wird unerträglich, und geistig wie körperlich höchst ermattend. Von 
Ende Mais bis Anfang Septembers fällt gewöhnlich kein Regen, und 
Gewitter sind Zfsere selten; daher die Luft durch nichts abgekühlt 
wird etc. 


Hiernach wird sich au so manches, sonst er, a un- 
erklärlich scheinende Phänomen der geographischen Ornithologie 
erläutern lassen. Es wird kein Räthsel mehr sein, warum sich 
je nach Maafsgabe ihrer Lebensweise, so manches bei der Wande- 
rungsgeschichte, der Verbreitung und dem Abändern unserer Vö- 
gel geltende Gesetz in Asien unter gleichen geographischen Brei“ 


A) — aus Ursachen, die man durch A, v. Humboldt in seinen Nova gen. et spec. plant: 
aeguinoct. I, p- 136. erklärt findet, 


3 > 5 


u 


Zewso 


e 


55 


ER mit unserem Vaterlande und mit unseren Nachbarländern eic. 
für die nämlichen Vogelarten sehr modifieirt und modificiren muls; 
warum sich besonders manche bei uns nicht wandernde Vögel 
dort zum Fortziehen entschliefsen müssen, und warum mancher, 


auch hier wandert, dort doch eine sehr viel weitere und eili- 
Sere Reise, als auf dem westlicheren Continente , unternehmen 
um so über alle die zum Theil ungemein ausgedehnten 
‚ergplateaus hinüber, und oft über die höchsten Bergketten der 
tde hinweg, endlich nahe am südlichen Continentalrande Asiens 
Se 2 3 . > P . .. . 
Mit einem Male hinter dem steilen Abfalle der Gebirgszüge in 
‘ın Klima zu gelangen, welches ihn für den Winter beherbergen 
kann, und welches nun wieder ein unverhältnifsmälsig warmes 
ist £*). ? 2 
[Es erklärt sich daher auf der einen Seite, welshalb z.B. die 
Semeine Krähe an dem stets eisfreien obischen Meerbu- 
. | m N z 
E (*) So hätte es schon lange für die Ornithologen im Allgemeinen weiter Nichts, als einer 
Sründlicheren Kenntnifs der Klimate und einer durchdachten Nutzanwendung der Erfahrung 
edurft; dafs in Europa die Klimate unter gleichen geographischen Breiten mit dem 
rtschreitennach Westenimmer gemäfsigter, namentlich die Winterimmer 
Selinder werden, — um sogleich die Hauptantwort auf die, noch immer ungelöste 
"age zu finden: warum besonders im mittleren die Zugvögelim Herbste nicht ge- 
"adezu nach Süden, sondern nach West, und Südwest ziehen, und im Frühlinge eben 
üher zurückkehren ? — 2 x 
Gewifs kommen defshbalb im Herbste viele hier durch, oder zu uns über Winter, die 
Wir für nordische halten, die aber östliche sind. [Somit glaube ich die beiden Erscheinungen 
klären zu können: dafs nach Nilfson, manche Vögel (über Dänemark nicht allein, sondern 
köchst wahrscheinlich sogar über Britannien) regelmäfsig nach Norwegen und in das nördliche 
chweden gelangen, ohne das südliche Skandinavien zu berühren; und dafs F. Boie in Nor- 
Negen bei Weitem nicht so viele nordische Vogelarten brütend traf, wie er’deren nach ihrem 
Vinterlichen Erscheinen bei uns vermuthet hatte.] f 
Wenn man ferner erwägt: dafs vorzüglich im Osten auf den kurzen, heifsen Sommer 
ge ; 
° früh ein regelmäfsig heftiger, schneereicher Winter folgt; so ergiebt es sich auch: warum 
„che, zum Theile gar nicht weichlich organisirte Vögel, und unter ibnen vorzugsweise sol- 
\ Eraf,- 
er die man im Norden unter unseren Meridianen wenig oder kaum vorgefunden hat, verhält- 
Msmäfsig bereits so zeitig bei uns oder an unseren Küsten eintreffen mögen, Früher, tiefer 
Chnee und Kälte vertreiben sie dort. — 
Y: Und wenn einst wirklich mit Evidenz erwiesen würde: dafs von den grönländischen 
"seln, namentlich aber von den dortigen Wasservögeln, solche, die ihrer Natur nach weit 
Wandern müssen, mehrere bis nach Deutschland, als nach den Vereinigten Staaten zögen; so läge 
„erin schon wegen der Art der Ländervertheilung, und noch mehr wegen der klimatologischen 
Nlichkeit Nordamerika’s mit Asien, gar nichts Wunderbares (Ss. S. 59.). Denn, wenn Niemand den 
vögeln ein sicheres Vorgefühl bevorstehender Wärme. oder Kälte absprechen kann; so wird 
U ihnen doch schon längst ein blofses (Wahrnehmungs -) Gefühl für Ab- oder Zunahme von 
eits wirklich existirender Wärme in der Luft, welche sie durchziehen, zugestehen müssen! 


56 
sen (*) höchst wahrscheinlich ein unbedingt ächter Standvogel is 
weil sie hier zu allen Zeiten des Jahres sich von dem Auswurle 
des fluthenden Meeres bequem nähren kann. Und wiederum 8 | 
diesem beständigen Ausharren daselbst erhellt, warum sie dor! 
einen matteren, ächt nordischen Färbungscharaeter annimmt: a 
in dem kurzen Sommer das Land, welches gerade hier noch übe 
diels halbinselförmig zerschnitten ist, wegen der ungeheuern AU 


dehnung jener ganz offenen, aller Gebirge ermängelnden, und aud 
selbst niedriger Hügelreihen fast entbehrenden Uferflächen ‚de 
nördlichen Seewinden völlig blofs gestellt ist, der Winter 

sich (zum Theile aus denselben Gründen) (**) am Lande sehr streng 
macht, ohne jedoch defshalb das, bekanntlich stets viel wärme 
Meer mit Eise überziehen zu können. — Auf der anderen Seil 
wird es indels auch umgekehrt wieder klar: warum in der co®° 
tinentaler gelegnen Nordhälfte des europäischen Rufslantı 
vorzüglich aber in dem höheren und an Gebirgen imme! 
reicher werdenden Theile Asiens jenseits des Jeniseh 
nicht blofs diese Erscheinung wegfallen muls; sondern dafs nur 
mehr hier, namentlich in den erhöhten und vertieften Gegendel 
des: gemälsigten Erdstriches, auch die nämliche Vogelart ein walr 
res Zugthier werden muls, während sie bei uns bei Weitem mel! 
ein Strich- oder gar Stand-, als Zugvogel bleibt: — defshalb 
weil dort ein sehr tiefer Schnee mehrere Monate lang, oder g® 
die Hälfte des Jahres hindurch, den Nahrung spendenden Bode 
weiter Landstriche bedeckt, die bald nachher unter der Hitze ein® 
dörrenden Sommers verschmachten; eines Sommers, welcher de 
Organismus des Vogels eben so sehr zur Annahme dessen, was wi 
im Allgemeinen einen südlichen Färbungscharacter zu nennen pfle 


gen, stimmen muls, wie ihn gewils schon sein eben beendigtef 


(*) Hr. v. Humboldt sagt ausdrücklich: dafs im Osten die Wintergränze des Polareis®! 
d.h. die Linie, unter welcher sich das Eis am meisten dem Festlande nähert, blofs bis zu® 
75°, zwischen Nowaja- Zembla, der Lena und der Knochen - Meerenge bis zu dem Archipelag” 
von Neusibirıen vorrückt; während es, wegen der weiter im Westen herrschenden Meeresat!)” 
mungen, gegen Europa noch lange nicht so tief herabkömmt, 


(**) Denn die Süd- und Ostwinde kommen da nun aus Gegenden, welche jetzt fast ode! 


wirklich, und die Nordwinde aus solchen, welche stets kälter, als der erwähnte Landstri‘ 
selbst, sind. — 


57 


a den Umständen erzwungener Winteraufenthalt in weit mittäg- 
licheren Zonen dafür empfänglich gemacht hat.] ; 

[Im Gegensatze hierzu findet der Wasserschwätzer doch 
üoch in vielen dieser zwar kalten, aber meist sehr steilen Ge- 
birge immer, auch während des tiefsten Winters, wenigstens um 
die eigentlichen Quellen herum, so viel offene Stellen an Bächen, 
um sein Leben fristen zu können. Er darf also in vielen nicht 
“auswandern; doch nimmt er in Folge der Kälte, welcher er hier- 
bei in manchen Gegenden so lange ausgesetzt bleibt, am Unter- 
leibe und Seitenhalse eine mehr weilse Färbung, als gewöhnlich, 
an. — In Dauurien aber, und jenseits des Baikal, ist diefs 
wieder anders. Hier erhebt sich nicht allein das Land überhaupt 
für Nord- und Mittelasien am höchsten, sondern es wird bekannt- 
lich auch von den höchsten Gebirgsrücken jener Breiten dicht 
durchzogen; und die Temperatur ist da ım Winter so kalt, dafs (*). 
selbst die raschesten Bergflüsse, die reifsende Angara, die Schilka, 
der Argun, regelmäfsig zufrieren und mehrere Monate lang durch- 
Sängig mit einer Eisrinde bedeckt stehen. Diels zwingt denn, 
2usammengenommen mit einer Kälte, welche hier alsdann gewöhn- 
lich auf 24- 27° R. steht, in manchen Jahren aber auf 38° steigt, 
und weiter’nach Nordosten hin abermals noch zunimmt, natürlich 
‘ wohl am Ende auch ihn zum Auswandern nach südlicheren und 
westlicheren Regionen; und hieraus kann man wohl jene dunk- 
lere Färbung erklären, in welcher er (**) auf Kamtschatka und 
den angränzenden Inselreihen erscheint, von wo er sich über 
Winter bisweilen für einige Zeit an den Baikal hin begiebt etec.] 
"Als Belege für das Variiren der Vögel durch Übergehen 
in vollendetere Farben, also nach den Gesetzen erhöhter 
Wärme, mit dem Fortschreiten ihrer Verbreitung nach 
Osten zu können, mit mehr oder minderer Bestimmtheit: (**”), 
noch angeführt, werden: [vielleicht der Sperber; der grofse und 
a u ee 

(*) Nach ausdrücklicher Versicherung der Reisenden und Geographen. 
(**) Als die vermeinte (keineswegs in die Krimm gehörige) Species Giwerus Pallasii Temm. 


(***) Wenn ich hierbei nicht immer mit voller Bestimmtheit, sondern öfters nur von 
Wahrsehesnlichkeit rede und reden kaun; so liegt diefs an dem geringeren Reichthume 
selbst - benutzter Hülfsmittel: indem ich hier nicht Alles selbst sehen, daher Manches nur nach 
den Angaben des braven Pallas anführen konnte; was, wie man einsieht, mit grofser Vorsicht 
Xeschehen ist: Auch das Selbst - Gesehene reichte nicht immer zur Gewifsheit hin, 


F 


58 


der rothrückige Würger, die Dohlen-Krähe; wahrscheinlich die 
Wachbholderdrossel; der Gartenröthling, das Blaukehlchen, die 

weifse und Wiesen - Bachstelze, der Wiesenpieper; wahrscheinliel | 
die Kalanderlerche; der Rohrammer; wahrscheinlich der Bergfink | 
und Erlenzeisig, vielleicht der Birkenzeisig;; ganz besonders die 
Rauchschwalbe; vielleicht der Mauersegler und gemeine Kuckuk! 
die Steintaube, die Wachtel, und: noch andere. 

[Unter ihnen geht in vorzüglich ebenmälsigem Schritte mit 
der östlich hervortretenden Landeserhöhung die klimatische Ab- 
änderung der Rauchschwalbe. Gleich jenseits der Kama, als 
da, wo so eben dieses'terrestrische Phänomen beginnt, fängt auch 
bereits die Verdunkelung ihres röthlichen Bauchgefieders an, und 
steigt, je weiter östlich, immer höher. — Aber kein Vogel erin® 
nert, schon eines zufälligen Umstandes wegen, so lebhaft an diese 

relativ-gleiche Wirkung eines nördlichen und südlichen Klima’ 
_ wie der grofse Würger. Bei ihm hat von Ohngefähr eine 
und dieselbe Varietät durch zwei verschiedene Naturforscher, wel 
che sie beide für eine besondere Species hielten, ganz entgegen“ 
gesetzte Benennungen erhalten; die aber, jede in ihrer Art, gleich 
richtig sind. ‘Dieselbe, welche Hr. Temminck als südlichen Vo- 
gel LAnıus meridionalis nannte, weil er sie aus dem südlichen 
Europa und den oberen Strichen Afrika’s. erhielt, hatte bereits 
früher Vieillot als nördliches Wesen L. borealis genannt, weil 
er sie aus Nordamerika und aus dem alleröstlichsten hohen Nord- 
asien erhalten (*). Beide hatten hinsichtlich ihrer, so ganz ver- 


schiedenen Benennungen doch jeder Recht. Offenbar macht die Ex- 


cessivität des Klima’s, welche viele Gegenden Nordamerika’s vor- 
züglich mit dem östlichsten und höchsten Nordasien theilen, und 
der daselbst fallende und lange liegende ungemein hohe Schnee: 
dals dieser Vogel, welcher bei uns und in dem westlichen Sibi- 
rien ein überwinternder Stand-, oler doch höchstens ein Strich- 
'vogel bleibt, dort nach Süden zieht. — Ebenso kömmt, den ähn- 
lichen klimatischen Verhältnissen ganz entsprechend, die gemeine 
Krähe in Nordamerika nur als Rabenkrähe vor, und erscheint 
eben so wenig je hier als Nebelkrähe, wie Kamtschatka sie je 
als solche besitzt.] 


(*) Hr. Vieillot erklärt sich nämlich auch selbst ganz bestimmt für die Identität beider 


59 


Anmerk. In Nordamerika von Savannah in Georgien bis nach 
n ist die mittlere Jahrestemperatur fast durchgängig so, wie sie 
ın Europa erst 6-7° d. Br. weiter nördlich getroffen wird, und die 
Y intertemperatur meist noch niedriger. Denn, obwohl die mittlere 
jährliche Temperatur in der alten und neuen Welt vom Äquator bis 
zum 20° n. Br. übereinstimmt; so nimmt sie doch im östlichen Nord- 
Amerika im Vergleiche zu Europa durchschnittsmäfsig vom 20 - 30° 
m 2°, yom 30-40° um 4,8°, vom 40-50° um 7°, vom 50° an 
er 9,4° ab.-(*) — (Daher rührt es, dafs in Amerika viele nor- 
sche, und namentlich Zug-Vögel; weit tiefer nach Süden 
Crabgehen, als in Europa, und fast ebenso wie in Asien; 
sonders Landvögel.) 

Das Verhältnifs aller drei Welttheile erhellt aus folgender An- 
$abe: rIn Lappland wird bei Quickjock unter 67°, 20’ n. Br. re- 
"gelmäfsiger Ackerbau getrieben; in Enontekis unter 68° 30’ Gerste 
”(und Rüben) gesät. In Asien dagegen hört aller Ackerbau etwas 
"oberhalb: Tobolsk (60°) auf. In Canada kann schon unter 51° 
"um Fort Nelson her nichts mehr‘ gesät werden. « (**) 

»New-York hat einen Sommer wie Rom, einen Winter wie 
"Copenhagen ; Pecking einen Sommer wie Cairo, einen Winter wie 
"Üpsala. ı (***) Das will so viel sagen, als: die Einwohner der Haupt- 
Stadt yon China könnten sich, nach dem Systeme unserer europäi- 
Schen Klimate, im Winter um ganze 30° d. Br. weiter nach Norden 
Versetzt glauben, als sie es im Sommer gewesen, und um mehr denn 
20° weiter, als sie wirklich liegen. Welch eine ungeheuere Diffe- 

tenz! — 


Bosto 


Hiernach wird es nun in Bezug auf klimatische Varietäten 
"war gewils noch überhaupt recht viel zu untersuchen geben, und 
“8 werden der kommenden Zeit gewils noch eine Menge von in- 


\eressanten Thatsachen aufzufinden und festzustellen geblieben sein; 
a srirdwährscheinlich"schon jetzt eine jede der letzteren, 
ie noch entdeckt werden möchte, doch nach ihrem Entstehungs- 
‚Tunde und Ursprunge im Wesentlichen in die Betrachtung mit 
ngeschlossen, d.h. ihr-Erscheinen wird schon im Voraus hier- 
ürch mit erklärt, oder durch das noch Folgende leicht erklärbar 
Semacht see ‚Es dürfte -einstweilen genug geschehen sein, um 


an ER ENEEERORO \ 
(5) Vergl. Humboldt Nov. gen. et.spec. plant. gequinoct, dvo, p. 70; Schaue 
Mzengeogr, 8.3765, B eilsehmied Pflanzengeogr. S. 47. 
*) Beilschmied (nach Ehrenheim) 8.93, Anmerk. 
eos zurllös lignes isothermes, p. 522; Schou w Pflanzengeographie, 5.416. 


{ 


: Y 


r 


en 
1.3 


‚ wieder ereignete: dals extreme Erscheinungen, aus vorherrschd 


_Verpaarung der Extreme unter einander fehlte, wie ehedem 


 lichsten Striche der Kafferei anderer Seits, sich in der geographisch® 
Lage nach den Parallelkreisen nicht sehr unterscheiden. Gleichw 


60 


bei einigem gründlichen Nachdenken die einzelnen sich neuerding‘ 
noch ergebenden Phänomene nicht mehr befremdlich, sondera an | 
zwanglos in das Ganze einpassend erscheinen zu lassen. Nur‘ dan 
könnte es vielleicht noch einige Schwierigkeit geben, wenn 65 sie 


der Neigung, zugleich auch Ragen (Leien) zu bilden, einander or 
lich so nahe lägen, wie in vielen Landstrichen Europa’s bei de 
gemeinen Nebel- und Rabenkrähe; und wenn es daher, bei der 
Mangel an Übergängen, auch noch an Beobachtungen über # 
be 
ihr, als man sie zuerst in zwei Arten spaltete. (*) 

Doch werden somit auch wir Ornithologen uns künftig g 
oft etwas mehr und weiter, als bisher gebräuchlich war, auf ga 
anderen Gebieten der Naturkunde umsehen müssen, um für inte 
essante, schwierigere Erscheinungen auf dem unsrigen die Erkl® 
rung zu suchen. Denn gewils, wenn irgend etwas unab weislid 
zeigt, wie wesentlich gerade in der Naturwissenschaft, nach ihre 
weitesten Sinne genommen, alle einzelnen Theile, auch die ent 
ferntesten, einander durchgängig mittel- oder unmittelbar. unte! 
stützen und unterstützen müssen, so zeigt es unser Gegensta 
hier. 


Anmerk. Nur auf Ein (nicht eben unter die Überschrift, abe 
wohl an den Ort hier passendes) Beispiel möge noch eine flüchdf 
Hinweisung erlaubt sein, um an ihm zu zeigen: wie genau der des 
kende Ornitholog durch die klimatischen Einflüsse auf lebende 6# 
genstände seiner Wissenschaft die allgemeinen physikalischen Gese# 
bewährt findet. . } 

Wir kennen die Gründe: warum das Gefieder der Schwalbe 
und Segler weniger ausbleicht, als das vieler anderen Vögel; wW 
wir wissen, dafs Dee pien und Nubien einer Seits, und die nörd 


(*) Bewahrt uns ja sogar die ethnographische Anthropologie ähnliche Züge von ent 
nachbarlicher Berührung klimatischer Extreme auf. 
»Die nomadischen Tibbos und er Diese beiden Nationen bewohnen die wire 
» zwischen Bornon, Fezzan und Niederägypten . «. . Die Tuaryks . ... . bieten eine merkwü 
» physiologische Erscheinung dar. Einzelne Saädsnen derselben sind nach Beschaffenheit 
»Klima’s weifs, gelblich, ja fast schwarz, (doch ohne Wollhaar und ohne ne 
»gerartige Gesichtszeüge.)« — Humboldt Ansichten d. N. I, 8.87. 


64 


bleichen die genannten Vögel, in so fern sie abändern (*), in dem 
"ördlicheren ‚ fast nur von trocknen Sandwüsten und heifsen stei- 
gen Ebenen (gegen welche die geringen Dünste des schmalen ro- 

en Meeres kaum in Anschlag. kommen), rings umgebenen, von einer 
Usgedörrten Atmosphäre erfüllten Nubien bedeutend aus; sie glei- 
i N dagegen den unsrigen oder den südeuropäischen in dieser Hin- 
Ncht im Osten des südlichen Afrika’s, dessen Luft von Scewinden 
‚Sckühlı und feucht erhalten wird. (Wie denn überhaupt allenthalben 

\e südliche Erdhalbkugel feuchter ist, wo nicht wieder dürre Sand- 
“benen durch ihre nächtliche Wöärmestrahlung auch diese Sache für 
Weite Landstriche umkehren. (Hier wirken also gewifs sogar hy- 
$tometrische, nicht blofs thermometrische Verhältnisse des um- 
Stbenden Luftkreises mit! — 

Leicht wird es nun (bei Erinnerung an $.3.), hiernächst auf 
Grund zu kommen: warum im Norden, und namentlich 
ft im Nordosten, so wie auch in Nordamerika, die Stand- 
Vögel immer wieder blals gefärbt, die Zugvögel hingegen 
Wieder dunkel werden mögen? — Ä 

Erstens sind die Ursachen der Wärme-Erzeugung im Som- 
Ner dort notorisch noch lange nicht im Stande, den Kälte erregen- 

0 Momenten des Winters das Gegengewicht zu halten, sondern 
€iztere bleiben ihnen weit überlegen. So heils also, wenn man 
die Lage nach der geographischen Breite betrachtet, nach Verhält- 
Uls die Sommer auch sein mögen, die Winter sind verhältnils- 
hälsig immer noch weit, kälter, (**) müssen folglich schon defshalb 
tinen sehr starken Einfluls direct bewirken, mehr noch als jene. — 

Zweitens findet, in weiterem Bezuge hierauf, auch noch ein 
Schr wesentlicher indirecter Statt. Der Grad von Abnutzung des 

ehieders nämlich, welcher im Laufe der kalten Jahreszeit ge- 


Schieht, ist (gewils zum grolsen Nutzen der befiederten Geschöpfe!) 
Dee. 


1) Dieses Abändern durch Verschiefsen beschränkt sich nämlich (unter den ET: 
die Ufer. und Felsenschwalbe, und auf beide Segler. } 
(**) Darüber s. Alex. v. Humboldt Fragmente, übers. v. J. Löwenberg, I. Theil. 


Vergleicht man einen Theil der britischen Inseln mit dem Continental -Mittelpunkte von Rufs- 
and A h 


Auf 


» 2. B. Edinburg mit Kasan, die gleich weit vom Äquator entfernt sind; so bemerkt man, 

"Wie die Differenzen im Winter (von 3°, 7 Cent. und — 16°,6) weit bedeutender sind, als die 

j Üferenzen im Sommer (von 14°,6 und 18°,8 Cent.) « Seite210. — In der That ergiebt sich 

N Verhältnifs dieser Unterschiede fast genaü wied: 1; wobei zu bemerken, dafs 

Nie: allerdings nahe an, (Moskau jedoch auch nur 76, und) Kasan 45 Toisen über dem 
© liegt. — $ \ 3 


erh e 


ja > EEE ae 


\ 


62 


schon bei uns, im Verhältnisse gegen die starke Abreibung wäh 
rend der wärmeren Periode, ein höchst geringer; er muls als? 
dort, vollends bei der viel längeren Dauer und gröfseren Streng? 
derselben, ohne Zweifel ein noch weit unbedeutenderer werde 
kann aber in dieser Unbedeutendheit natürlich nur bei Standvöge® 
eintreten. Zugvögel, welche die langen Winter in viredf 
Ländern, und zwar in fernen, unverhältnilsmäfsig viel wärme 

zugebracht haben, müssen gewils, abgesehen davon, dafs sie # 
gleich ein minder festes Gefieder besitzen, zum späten Frühling 


in einem schon bedeutend abgenutzten Kleide dort anlangen: wäh 
rend sich das Gewand der dort gebliebenen Standvögel not) 


beinahe in der ganzen Frische eines neu angelegten erhalten hat 
Nun, steht aber, wie bekannt, keineswegs ein streng - allgemein? 
Gesetz über den Zeitpunkt fest, in welchem bei allen Individue) 
Einer Art die Mauser angefangen haben oder zu Ende get 
mülste: eben so wenig, wie der Grad des Abreibens überhauf! 
bei sämtlichen Individuen der Art in gleicher Zeit ein gleich® 
ist; sondern es fallen immer Unterschiede von ein Paar, häufß 
von mehr Wochen vor, und es kömmt hierbei mit auf das be 
sondere Bedürfnifs des Einzelwesens an: denn diejenigen mit # 
meisten abgeriebenem Gefieder wechseln dasselbe zeitiger, als di 
mit weniger .verstolsenem. Demnach müssen sich, einer sehr # 
cheren analogen Folgerung gemäfs, unter so bewandten Umstände 
die Zugvögel dort gewils viel eher mausern, als die Standvögei' 
und während so die Mauser der letzteren vielleicht sehr bald nach 
der Mitte der warmen Jahrszeit erfolgt, wird sie bei erster 
bis gegen den Eintritt der kälteren verschoben bleiben könne" 
Ein Ereignils, welches sogar vielleicht auch so nothwendig, ah 
bestimmt nützlich ist; denn es wird ihnen vermöge desselben auc) 
wieder der Umstand sehr glücklich zu Statten kommen: dafs d# 
frische, allenthalben noch unversehrte Kleid um so dichter un! 
wärmer, folglich für die Kälte um so undurchdringlicher ist. Wo 
bei wir gar nicht einmal die Möglichkeit in Anschlag bringe” 
dafs selbst schon das Dasein beginnender oder das Vorgefühl kom 
mender Kälte, eben so gut bei den Vögeln, wie bekanntlich bei 
den Säugthieren i in gleichem Falle, die Erzeugung einer stärkere? 
Bedeckung (schon bei einfacher Mauser) bewirken kann. - 


08 


‘ Endlich ist eben der sonst ungewöhnlich späte Eintritts- 
Punkt der Mauser bei manchen Vögeln, welche, im ‚gelinden We- 
e, Sien der alten Welt Standvögel, dort, in dem strengen Hochasien, 

"8vögel werden müssen, gerade der Haupt - Begünstigungspunkt 
für das klimatische Abändern. [Wir sehen diefs an der Stein - 
Oder Felstaube, dem Urstamme der gemeinen Haustaube. Sie än- 
tt (), im Übrigen den europäischen in jeder Hinsicht gleich 
bleibend, erst in dem fernen, transalpinischen Dauurien ihre Farbe 
Dach dem sonst südlichen Character dahin ab: dals sie, bei anschei- 
Vend etwas dunklerem Totalcolorite, eine breite weilse Querbinde 
über den Schwanz bekömmt, welche bei den europäischen nur auf 
der äufseren Fahne der äulsersten Seitenfedern klar angedeutet ist. 
Nun mausern aber die Tauben überhaupt erst zu Anfange, oder 
Segen die Mitte, ja bisweilen gegen Ende des Winters: also zu 
Einer Zeit, wo die dauurischen, nachdem sie dort im Sommer eine. 
Uuftwärıne gefunden haben, wie sie dieselbe kaum irgendwo in 
Sanz Südeuropa (als wo sie nicht wandern) zu finden pflegen, 
Schon lange tief nach Süden zu ziehen gezwungen gewesen sind; 
Nach dem aber, was wir oben, namentlich bei den Bachstelzen, in 

zug auf die Unterschiede gesehen haben, welche die unter süd- 
icheren Himmelsstrichen gewechselten- Federn gegen die unter 
Nördlicheren vermauserten leicht annehmen, werden wir diesen 
Umstand zu würdigen vermögen.] — Somit darf es uns gar nicht 
überraschen, wenn einmal ein Vogel im fernen Osten vön 
Mittelasien nach der sogenannten südlichen Richtung ab- 


ändert, der sich in Südeuropa gar nicht ändert. 

In ziemlich ähnlicher Weise mag das Mausern im Winter dort 
u Varüiren solcher Vögel zu Statten kommen, welche auch bei 
Uns wandern, hier aber nicht so früh davon zu eilen brauchen, 
weil die Sommer länger sind; [z.B. dem Kuckuke, den Schwal- 


en, unter welchen wir die Rauchschwalbe besonders haben her- 


Yorheben müssen.] ; ; ae 

Anmerk. Mangel an Gelegenheit, selbst zu sehen, Kälst mich 
Ulser Stande, eine bestimmtere Meinung darüber abzugeben: ob 
Schon durch einen unter jenen Klimaten möglichen Zustand besondrer 


) Pallas Zoogr. 70850-asiat. n, 172. 


04 
Erregtheit der, später zu bezeichnende Fall zu Wege gebracht 
werden könne: dafs selbst ein überall wandernder Vogel daselbs! 
mit Farbenerhöhung und Verdunklung variiren könne, der im hei 
fsen Afrika nicht so varürt? [Pallas (*) führt nämlich mit vollstet 
Bestimmtheit eine solche Varietät von unserem Mauersegler au 
(Siehe d. Verzeichnils der variirenden Arten.)] 


ä $. 13. 
In wie fern Verschiedenheiten der Gröfse, der Form und ein“ 
zelner Verhältnisse ebenfalls blofs klimatisch sein, d.h. mitte” 
bar durch klimatische Momente hervorgerufen werden können. 

Bis hierher hätten wir die klimatischen Abänderungen haupt 
sächlich nach der Richtung verfolgt, welche die stets am 
meisten vorwaltende ist: d.h. wir hätten sie von Seite? 
der Färbung betrachtet; — wobei wir denn gesehen: dals alle 
_ diese neuen Farben-Erscheinungen nur Modificationen ® 
dem einen Falle durch Verstärkung, in dem andern durch Schwö* 
chung entstehende Modificationen) schon vorhan dener Far“ 
ben sind; dals sich immer nur Gleich artiges aus Gleich 
artigem, schon bestehendem, und zwar unter sonst gleiche? 
Umständen auch an ganz ungleichen Orten, aber al 


stets gleiche und stufenmälsige Weise entwickelt, sich 
sich klarer aus Ähnlichem und Gemischtem hervorhebt, ode 
umgekehrt undeutlicher darin verliert, hingegen niemal 
Heterogenes sich mengt; und dals da, wo ja scheinbar ung® 


wöhnliche Veränderungen eintreten, diese immer wieder nich! 
blofs durch allgemeine Grundursachen, sondern aud 
durch die allgemeine Wirksamkeit erklärt werden, welch®| 
diese verändernden Momente auf alle diejenigen Thiere ausübelt 
auf welche sie ihrer Natur nach Anwendung finden können. Dane 
ben fielen, durch die Erläuterungen hierzu, natürlich schon vol 
selbst die Gründe in die Augen, welche auch im Haushalte def 
lebenden Wesen Veränderungen hervorbringen und "Manches u 
ter anderen äulseren Verhältnissen ganz anders gestalten müssen. 


& 


, 


(*) Pallas i2id, n.160. — Es giebt indefs ähnlicher Beispiele noch mehr : selbst uni? 


den nicht wandernden; z.B. das graue und Stein-Rebhuhn, den.gemeinen Fasan- 


- 65 


Esbliebe folglich noch übrig, nachholend anzuführen: ob und 
"N wiefern auch ein Variiren nach Form und Gröfse, nach 
einzelnen Verhältnissen der ersteren etc., durch Einflufs des 

lima’s vorkommen könne; ob es wirklich vorkommen möge; und 
Ob es sich ebenfalls entweder durch allgemeine physikalische Ge- 
Setze erklären, oder mit analogen Erscheinungen in Verbindung 
bringen lasse? — 


Die Gröfse ändert gewöhnlich schen, bei den recht eigent- 


lich in einem Lande einheimischen Vögeln einer Art merklich ab; 
ja, sie ist häufigbei solchen Jungen, welche in Einer Brut 
von einerlei Geschlecht sind, und noch öfter zwischen sol- 
then von verschiedenen Bruten, recht wesentlich verschieden. 
Defswegen mufs man bei solchen, welche zwar Einer Art ange- 
hören, aber nicht eine und dieselbe klimatische Varietät bilden, 
‘sehr behutsam verfahren, und ‚darf nur erst auf eine gröfsere Zahl 
von Exemplaren ein Urtheil begründen: um sich nicht sogleich 
‚Nach einzelnen, eben vor der Hand liegenden Fällen, welche im 
Allgemeinen gerade zu den seltneren gehören können, zu einer all- 
Semeinen Bestimmung verleiten zu lassen, die sich nachher im - 
Ganzen als falsch erweisen kann. Ich habe mich daher auch in 
meinem Handbuche d. N. G.d.V.E. nur bei sehr wenigen Ar- 
ten gedrungen gefühlt, eine auf die Gröfse bezügliche Angabe 
über die klimatischen Abänderungen einzustreuen. 
Wenn denn auch übrigens. solche Verschiedenheiten wirklich 
Statt finden, so liegt doch immer das, hin und wieder von Einem 
Oder dem Andern in Anspruch genommene Recht, neue, selbstän- 
dige Arten darauf basiren zu dürfen, noch unendlich weit entfernt; 
selbst dann, wenn die Unterschiede ziemlich beständig wären. Man 
Sieht doch wahrlich nicht ein, warum nicht z.B. eine Vogelart 
AU ihrem nördlichsten Wohnplatze gewöhnlich so klein, und am 
Südlichsten gewöhnlich so grofs solle vorkommen können, wie sie 
Auch mitten zwischen den Endpunkten ihres Vaterlandes noch öf- 
ters, d.h. mit einzelneren Individuen, vorkömmt! Warum soll 
Nicht unter verschiedenen, oft sehr, sehr verschiedenen Klimaten 
die Mehrzahl der Exemplare eben derselbe Einfufs treffen, der, 
‘ Wie wir ja Alle wissen und im Frühlinge fast täglich aufs Neue 
Sehen, — in jeder der mitten inne liegenden Regionen doch ein- 
5 


66 


zelne Individuen trifft? — Ich habe selbst die bestimmtesten ver 
sicherungen über solche Abweichungen , ganz besonders; wie si 
so häufig und immer so zuversichtlich aus wohlbekannter Quelle 
kamen, in der'Regel nicht blofs durchaus nicht allgemein bewähtl 
gefunden, sondern öfters das gerade Entgegengesetzte gesehei 
und Anderen ist es bekanntlich ebenso damit gegangen. In de 
höchst wenigen Fällen übrigens, wo sie sich ziemlich zu bestätig®! 
scheinen, pflegt auch der Erklärungsgrund sehr nahe zu liegen. ( 
Es findet diefs nämlich hauptsächlich nur bei weit verbre# 
teten Arten, und zwar nur in der Weise Statt: dals dieselbe! 
sich desto mehr zu Gröfsenveränderungen hinneigen, je weiter s 
sich von dem Centrum ihrer Gesamt -Verbreitung entfernen; dan 
bei solchen, deren Nahrung von der Art ist, dafs d# 
Klima, und oft schon eine beschränkte Örtlichkeit, eine! 
namhaft merklichen Einflufs auf Zu- oder Abnahme derse' 
ben auszuüben vermag. Eine Menge von Beispielen hat v0 
Andern Hr. Temminck (**) aufgestellt. Es bedarf daher hier n® 
höchstens einer beiläufigen Erinnerung daran. Doch hat, wie be: 
reits erwähnt wurde, vielleicht keine naturhistorische Erscheinung 
so wenig Anspruch auf den Namen einer Regel, keine Regel ein! 
so wenig allgemeine, durch Ausnahmen so schwankend gemach# 
Gültigkeit; keine wird, aus meistens leicht ersichtlichen örtliche 
Gründen, schon durch enge Landstreifchen in so hohem Grad 
modifieirt, -wie diese; und bei keiner Gelegenheit mufs man sich 
sorgfältiger vor dem höchst wesentlichen, nur leider so gewöhl“ 
lichen Fehler hüten: die geographische Lage unter wissenschalf 
lich imaginirten Parallel - Kreisen mit dem wirklichen, realen Klim? 
zu verwechseln. — Dafs bei Weitem die meisten warmblütige® 
 Thiere, dafern sie, von uns aus gerechnet, in der Gröfse variire" 
mit dem Fortrücken nach Norden an derselben verlieren, ist eine 
schon längst bekannte und nicht etwa bloß von Hausthieren en! 
nommene Erfahrung: für welche jetzt besonders Hr. Nilfson wie 
der so viel neue Belege geliefert hat, dals es zu weit führen würde 


auch nur die wichtigsten namhaft zu machen. Es gilt aber wieder 


(*) Wenigstens für Denjenigen, welcher ihn suchen will! — 


(**) Mit exacter Ausführlichkeit und Gründlichkeit an mehreren Stellen der Hist. nah 
des pigeons et des gallinaces. 


67 


üicht ohne Einschränkung. Einzelne geradezu entgegengesetzte 
üsnahmen kommen auch bei Vögeln vor. Aber wenn eine vor- 
vrtheilsvolle, nur an mechanisches Betasten und geistlos- arithme- 
Usches. Abmessen gewöhnte, recht eigentlich unwissenschaftliche 
ürzsichtigkeit dieselben gleich wieder nach ihrer gewohnten aben- 
teuerlichen Manier auffafst und benutzt, statt sie umsichtig auf 
ie natürlichste Art und Weise zu erklären; so liegt die Schuld 
Wenigstens nicht an der Sache, nur an dem Interpretanten. [@) 
’enn es z. B. ausgemacht bleibt: dafs das Rennthier immer 
Schlechter gedeiht, je mehr man es von seiner nunmehrigen eigent- 
lichen Heimath, dem hohen Norden, entfernt und nach Süden hin- 
bringt: und wenn es endlich bald gar an den Folgen eines zu mil- 
den Klima’s zu Grunde geht, während man doch so manche an- 
dere Thierart ganz ohne Nachtheil «unter recht merklich verschie- 
ne Temperaturverhältnisse versetzen kann (**), und der Organis- 
"us von nicht wenigen eine Biegsamkeit besitzt, die ihn fast allen 
nen sich anschmiegen läfst; — warum soll denn da unter ändern 
der weilsschwänzige Seeadler nicht ebenfalls nach Norden 
Qu schon allein defshalb immer besser gedeihen, und so stufenweise 
elshalb schon immer an Gröfse zunehmen können: weil vielleicht 
auch-ihm das dasige Klima schon in rein-atmosphärischer Hin- 
Sicht, in seiner directen Wirkung, je höher hinauf, immer um so 
besser zusagt?! Und warum soll diesem einen Umstande von 
ünmittelbarem Einflusse nicht zugleich der andere, indirect wir- 
kende zu Hülfe kommen: dafs die Fische, und mit ihnen die See- 
‚Vögel, welche sich meistens von ihnen nähren, während der See- 
ler von beiden lebt, beide nach Norden zu immer häufiger 
Werden? — Nicht zu gedenken der, zwischen dem westlichen 
Orden der alten und dem östlichen der neuen Welt herrschen- 
den, wärmeren und heftigen Meeresströmungen: welche, eben so 
SU, wie sie jenen Strichen des Oceans eine höhere Temperatur 


- . . . 2 
geben, mit den Treibholzmassen auch eine Menge Seeihiere, zahl- 
ee en : 

-(%) Freilich liegen solche Dinge immer noch ein Stückchen über das Ende des Zollstabes 
aus, gewöhnlich in einem Gesichtskreise, in welchen allerdings der Blick Desjenigen nicht 
chen kann, welcher nicht doch wenigstens einige, einige wenige, allgemeine Keuntnifse und 
“en yon Naturwissenschaften ins Gesamt besitzt ! — j 
*) Was jedoch bei solchen Thieren unmöglich scheint, die sich ursprünglich nur in ei- 
vom Extremen (Polar - oder Äquatorial-) Klima vorfinden. — Sehr begreiflich! — 


5* 


68 


wen“ 


reicher als in vielen mittäglicheren Regionen, ans Ufer sch 
n de 


men etc., und dadurch den Fleischfressern die Ernährung & 
einen Strandseite erleichtern, wie es das Treibeis auf einer an- 
deren thut; u. dergl. mehr. —] 

Es darf aber nicht unerwähnt bleiben: dafs nur weniß® 


Arten von uns aus nach Mittag hin an Gröfse un 


men; ja, dals manche, je nach Beschaffenheit ihrer Nahrußb! 
vielleicht auch schon allein vermöge der Eigenthümlichkeit ihre! 
Leibes - Gonstitution, sogar abnehmen: wenn sie ‚Gegenden be 
wohnen, wo ihnen zu gewissen Zeiten des Jahres die, aus Klim# 
und Lokal-Eigenheiten entspringende Dürre oder sonstige ür 
sachen die Subsistenzmittel schmälern. — So bewährt sich dem 
nach vielleicht nirgends in der Welt häufiger, als hier, der a 
Satz: dals einzelne Ausnahmen die Regel nicht umstolsen, so 
dern sie im Gegentheile, genau betrachtet, gerade sehr oft- ni’ 
noch unterstützen und befestigen! 

Anmerk. Bei Säugthieren haben wir vielleicht öfter, als bei. w 
geln, den abermals in andrer Hinsicht umgekehrten Fall: dafs Wes®! 
einer Art besser in einer dürftigen Gegend gedeihen, al 
in einer er giebigen. [Um wie viel fetter werden z. B. die Schaa® 
in der dürren, sandigen und sonst unfruchtbaren, aber an trocknen al 
matischen Kräutern Geiehüreh Mark, als in dem fruchtbaren, meiste® 
durch trefflichen , und überall durch besseren Boden ausgezeichnel® 
Schlesien! — während es beim Rindviehe gerade, EEE ist. U 
welche Landstriche bringen die fettesten Schaafe in der Weh hervor, dr 
ren Zellgewebe theilweise mit einer wahrhaft erstaunlichen Masse U 
Feist erfüllt ist? Gerade die allerdürresten (unter den natürlich nicht $f 
radezu unfr uchtbaren) Asiens und Afrika’s: die Tartarei nebst den uf 
liegenden Gegenden, und die inneren Theile der Kapkolonie. ] Also kat’ 
ein Wesen sö seiner Art im Überflusse schwelgen, wo ein bestimmt 
anderes darbt; und so umgekehrt. — Es kann etwas im Allgemeinen £ 
richtig bleiben, ohne doch auf alle besondere Fälle FRONRB: SC: zu sein” 
Ein Seitenstück hier zu liefern die zahmen Gänse. Sie werden nirgen® 
in ganz Deutschland so aufserordentlich grofs, (und zwar auch scho) 
ohne Verbastardirung mit AnAs ge L., der so genannten chi” 
sischen Schwanengans,) wie in den Küstengegenden: die doch, wie alt 
bekannt, durchaus nicht zu den fruchtbarsten gehören , und obglel® 
auch viele andere Wasser genug haben. Ein Punkt, an welchem #" 
lein es gar nicht liegt. (*) 

(*) Wer überhaupt: sieht, wonach die Verbreitung der Gattung eigentlicher Gänse übe! 
die Erde sich richtet, wird sich auch erklären können : warum ? 


69 

‘ Auf einzelne, meistens nur geringe, Form-Abweichun- 
sen hat man ebenfalls Nichts zu geben. Sie kommen mit noch 
weit ‚grölserer Unbeständigkeit unter denselben Verhältnissen, .ın 
“inerlei Gegend vor, wie die Gröfsenabweichungen; und sie 
Nehmen noch seltener, als diese, einen auch nur einiger 
aalsen bestimmten klimatischen Character an. Die immer 
ind immer wiederkehrende Erfahrung: dafs unbefangene Unter- 
“üchungen, von wahrheitsliebenden F orschern und mit reicherem 
Iateriale dazu angestellt, nur zur nothwendigen Widerlegung des 
$tolsen darüber erhobnen Lärms führen, — zeigt hinlänglich den 
Werth solcher beschränkten, von ihrem Urheber freilich (aber 
uch nur von ihm) mit einer bisher beispiellosen Selbstliebe, und 
Mit nicht minder anmaalsendem Absprechen über die Ansichten 
äller- übrigen Ornithologen als Gegenparthei, stets als einzig rich- 
üg und heilbringend angepriesenen Ansichten und ihrer Resul- 
Kite, (D Selbst Faber gestand hierin noch, ohne Zweifel mehr 
lofs vorläufig, als aus wahrer und enischiedener Ansicht, 
Wehr zu, als wir jetzt angemessen finden. — [Ein sehr schlagen- 
*s Beispiel von Veränderung der Varietät durch Fort-- 
Pilanzung verdient unter den von Bruch CD dargelegten hier ° 
“sonders hervorgehoben zu werden. Er setzte aus der grolsen 
Zahl wilder Zug-Enten, welche zum Winter in Menge die Ge- 
Send von Mainz zu besuchen pflegen, (und unter denen sich In- 
Aividuen Einer Art von so verschiedener Grölse vorfinden, dafs 
üch das Verhältnils zuweilen wie 1:2 stellt,) ein Paar von den 
‘Onst gewöhnlich hoch im Norden brütenden Pfeifenten, unter 
Welchen sehr oft grofse helle, Weibchen neben anderen weit klei- 
"eren- und dunkleren vorkommen, auf den dortigen Festungsgra- 
”. Die Jungen wurden jedes Jahr meist durch Wasserratten 


2 Man vergleiche hierüber einige ausführliche Aufsätze von Hrn. Notar Bruch, > von 
Sa, 8. 718-734, (wo besonders S.720- 25 die nene ornithologische Schädellehre widerlegt 
“und Isis 1829, S.629-632; von dem verstorbenen Faber, Isis von 1826, S. 317-326; und ! 
ha Mir, Isis v. 1827, S. 590 -609, und S. 688-704. — Hr. Temminck hat daher dieses Ver- 

'en schon längst ausdrücklich durch die Benennung » manie« bezeichnen zu müssen geglaubt; 
ıf Hr. Nilfson sagt mit Beziehung darauf bei der Beschreibung des TerrAo saliceti Tem. 


%st,) 


($ 


x nd. F. B.11, S.103.): »Doch ist unter 30 Stücken, welche ich vor mır babe, die Schna-. 


Morm kaum bei 2 vollkommen gieich. Derjenige, welcher blofs nach solehen Kleinigkeiten 
bilden will, narrt sich selbst und Andere. [Den, som endast efter sadans minutier \ 

N bilde artes, narrar sig sjelf och andra.]« — 
Me) In der Isis v. Jahre 1828, S. 730. 


: 


r 


vertilgt; doch kamen einige davon auf: hierunter ein Weibchen 
welches schon im ersten Jahre grölser und von helle‘ 
rer Farbe war, als seine Mutter, die ihr dunkles Kleid n 
8 Jahren noch nicht geändert hatte.] — Wie höchst oft sind Jung? 
aus Einem Neste einander sehr bemerkbar ungleich! — 
Ich habe (*) noch mehr Belege geliefert zu dem, auch vo 
"Bruch mehrfach bewiesenen Erfahrungssatze: dafs besonde® 
manche kurzschwänzige Vögel bei einer sehr mälsigen AP 
zahl von Schwanzfedern entweder schon von Geburt aus‘ ei 
Paar mehr, als gewöhnlich, haben ‘oder gar erst sp" 
‘ter noch bekommen können. Bei einer grolsen Anzahl de 
selben können gewisse Waässervögel zuweilen, ja manche nic! 
eben selten, ‚gar zwei Paare mehr, als sonst gewöhnlich, besitz" 
Bei manchen Vogelarten nun ist das Erstere selbst etwas Gewöhf 
liches; und es kömmt dabei mitunter, wahrscheinlich aber ni 
eine Zeit lang, sogar Asymmetrie vor. [So, fand, ich im Son 
mer 1828 unter. 12 damals erhaltenen Eisvöctken wovon (m! 


Ausnahme eines einzigen eben kürzlich ausgestopften) je eins de 
Alten, die übrigen dessen Brut aus Einem Gehecke, und. alle ir 
'bend waren —, nicht weniger als 3 mit 14 oder 13 Schwagf 
federn, statt mit 12. Und Hr. Bruch sah an 2 gefängenen Sa 
' gänsen und 1. Reiherente die Schwanzfedern durch Nachwachs® 
von immer Einer zunehmen. —] Es soll Fälle geben, wo Ah 
weichungen dieser Art klimatisch werden. (Doch bedarf es hie 
fürs Erste nur einer beiläufigen Erwähnung, indem die ihnen # 
geblich unterworfenen ‘Vögel keine Landvögel sind.) 

Dafs manche Gestalt- und Verhältnifs-Abweicht 
gen klimatisch, und doch eigentlich nur scheinbare ab 
weichungen sein können, mag, so geradehin ausgesprochen, ebel 
so paradox klingen, wie es nichtsdestoweniger Wahr ist: Ar 
len südlichen Vögeln scheint z.B. der Schnabel darum ge" 
{ser in allen Dimensionen, weil sich die Kopffedern nicht alle’ 
zunächst um ihn her, sondern auch überhaupt, so: bemerklich du” 
das stärkere Abreiben verkürzt haben: dafs der Umfang des Kopf® 
allenthalben nicht unwesentlich ab-, daher die Gröfse des Sch” 


3 ® 2 FE) 
(*) In meiner letzten Abhandlung in.der Isis, welche einige vorläufige Andeutungen „a i 
das Variiren der Vögel, « besonders nach dem Klima, aufstellte, — Jahrgang 1829,: 8. 763°” 


71 

bels anscheinend, und seine Entblölsung nach der Stirn zu wirk- 
lich, zugenommen hat. Dasselbe geschieht natürlich auch bei uns, 
Wiewohl in geringerem Grade, während des Sommers im Ver- 
hältnisse zum Herbste, wo das Gefieder noch frisch ist. — Aus glei- 
Cher Ursache scheinen oft Raubvögel mit befiederten Tar- 
sen, besonders die jungen, im Süden dünnere Beine zu haben, 
die alsdann, eben der gröfseren Schlankheit wegen, auch länger 
aussehen, ohne es wirklich zu sein. Dergl. mehr. 

Eine jede besondere Formabweichung setzt natürlich, streng 
Senommen, auch schon von selbst eine Abweichung in den 
Gesamt- Verhältnissen fast immer voraus. Sind also nieht 
bis zu einem gewissen Grade letztere schon darum zuzugeben, 
weil doch jene ein für alle Mal nicht abzuläugnen sind? Und kann 
man, sobald man diefs weils, auf kleine Unterschiede in der Länge, 
2.B. des Schwanzes, gleich Wunder was bauen? — Läfst sich 
nicht durch einen Überflufs von Beispielen mit höchster Evidenz 
nachweisen: dafs der Schwanz offenbar. nicht blols bei der 
Vogelart, unter andern minder klaren Umständen, sondern sogar 

am'Individuum, je nach Verschiedenheit einer Mauser 
. gegen die andere, (und zwar im Freien) variirt? — Aller- 
dings- lassen sich Beobachtungen hierüber nur aufser der Zeit der 
gewöhnlichen Mauser, ın Folge von. ungewöhnlichen und ver- 
hältnifsmäßsig seltenen Veraulassungen, machen: da in einer eigent- 
lichen oder Hauptmauser in der Regel, und mit. wahrscheinlich 
nur höchst seltenen Ausnahmen, alle gewechselte Federn nach 
dem Verhältnisse unter sich gerade die richtige Länge erreichen (*). 
Während der Mauser selbst nun ist es an ‘den unvollständigen 
Schwänzen selten mit Sicherheit, nach derselben natürlich nie 
möglich, zu erforschen: ob eine Änderung des Gesamtlängen - 
Verhältnisses derselben erfolgt sei, oder nicht. Aber-ich habe (**) 
gezeigt: dafs die hier besprochene Unre gelmälsigkeit oft so- 
gar in einem nicht unbedeutenden Grade eintritt, und 
a 


(*) Dann nämlich, wenn (wie meistens) der Wechsel rasch vor sich geht. — Hingegen 
Wird die Ausnahme viel häufiger bei den, besonders in der Jugend sehr langsam mausernden 
Tagraubvögeln : als bei welchen gegen das Ende eine bedeutend andre Prädisposition des 
Organismus eingetreten sein kann, als zu Anfange derselben. Fe 


er Ebendort, S. 764-69. 


72 


zwar eben so wohl durch Zunahme, wie durch Abnahm® 
[Als merkwürdiges Beispiel für letztere ist eine Sperber- Gras“ 
mücke angeführt, welcher auf einer Seite des Schwanzes 4 Fe- 
‚dern im Frühlinge ausgefallen, oder durch einen Feind ausgeri" 
sen worden, und nun beim Wiederwachsen um fast 4 der Ge 
samtlänge zu kurz geblieben waren. Als noch deutlicher bewer 
weisendes Beispiel für die Zunahme diente vor andern ‘ein roth’ 
rückiger Würger, bei welchem die 5 neu gewachsenen F& 
dern der einen Seite um mehr als 15, ja fast um 4, zu lang g& 
worden waren.] Da wir jedoch erfahrungsmälsig annehmen mis“ 
sen: dafs bei einer und der nämlichen Art nach Umständen Ber 
des geschehen könne; so ergiebt sich hieraus: wie erstens zwe 
Individuen Einer Art, welche vor der Mauser gleich langt 
Schwänze besalsen, sich nach der nächsten Mauser einander um 
mehr, als 4, in der Länge desselben ungleich werden könnenj' 
und wie zweitens späterhin, nach einem abermaligen neuen Fe 
derwechsel, dieselben zwei Individuen ins umgekehrte Verhält- 
hältnils treten können: dals also, nach Umständen, in ver- 
schiedenen Mausern sehr wohl eines und dasselbe In- 
 dividuum die zwei entferntesten Extreme durchlaufen 
kann. Je weniger es aber hiernach Jemanden einfallen würde, 
behaupten zu wollen, dals dadurch zwei, einander früher gleiche 
Individuen jetzt auch zu verschiedenen Arten geworden seien; 
desto einleuchtender erhellt die wissenschaftliche Unzulässigkeit 
des Verfahrens, auf einzelne solcher ziemlich bedeutenden Fälle, 
oder gar auf weit unbedeutendere, häufig in der That nur ein- 
‚gebildete Kleinigkeiten, unbedenklich specifische Unterschiede zu 
bauen. Immer wird es und kann es einer solchen Methode nur 
für einige Zeit, nur bei einer geringen Zahl untersuchter Ge- 
genstände, anscheinend gelingen, die Natur nach derle; subjecti- 
ven An- und Absichten in so enge Gränzen einzuzwängen; de- 
nen sie, weil sie ihr ewig fremd bleiben, stets spottend wider- 
streben, nie sich fügen wird. a / 
Selten kann das gegenseitige Längenverhältnifs der. 
Schwungfedern unter einander ein stets sicheres Kenn- 
zeichen für eine Vogelart abgeben: am allerwenigsten, wie es 
scheint, bei Raub- und manchen anderen, sehr viel fliegenden 


73 > 


Vögeln. () Ja, nach Hrn. Bruch’s Erfahrungen muls man be- 
timmt annehmen: dafs die Unterschiede bei manchen gewöhn- 
lich, aber doch auch wieder keineswegs immer, vom Alter ab- 
Ängig sind, und Vögel von.gleichen Jahren einander meistens 
darin gleichen; '[z.B. bei der Rohrweihe.] 
Stimme, Gesang, Farben und mancherlei Lebensverhältnisse, 
Aufenthalt etc. alles kann sich modificiren; und alles modifieirt 
ich wirklich, wie wir zum Theile bereits gesehen ‚haben, mehr 
Oder minder, nach allerhand Umständen und nach gar mancherlei 
Zufälligkeiten, die bald klimatisch und lokal sein, werden oder 
Scheinen können, bald aber auch nicht. Aller Orten erleidet bald 
das eine, bald das andere einige Abänderungen, welche machen, 
ds auch an einerlei Orte zwei Individuen unter vielen 
€inander nur selten so absolut gleichen: dafs es nicht 
Möglich sein sollte, immer noch einige, wenn auch viel- 
leicht sehr feine, doch für unsere Sinne, und namentlich für die 
durch anhaltende Übung geschärften Sinne des Naturforschers, 
ei genauem Vergleiche bemerkbare Verschiedenheiten zwi- 
Schen ihnen wahrzunehmen. Nie wird daher einer der 
erwähnten Punkte allein hinreichen, um nach wenigen Exemplaren, 
Oder vielleicht gar nach einem einzigen, gleich neue Arten auf 
ihn zu stützen, wenn die Unterschiede nicht sehr wesentlich und 
Constant sind. Wie sie indels zu dem Einen sein müssen, zu 
dem Andern nicht blols sein dürfen, diefs ist, insofern die allge- 
"ein geltenden und ganz einseitig angegriffenen Grund- Princi- 
Pien nicht ausreichten, von Hrn. Bruch und besonders von mir 
durch mehrere Abhandlungen (**) so ausführlich angegeben, und 
ürch practische Beispiele aus dem Bereiche unserer eigenen und 
temder Erfahrung so erläutert worden, dals es Dem, welcher 


d 


adurch nicht überzeugt worden ist, (***) nur an Lust und gutem 


“8 Hierbei will ich nur anführen, ohne es natürlich erklären zu wollen: dafs mir vorzüg- 


lich Vögel 


von nicht schnellem, sondern schlaffem, leichtem, aber nicht kräftigem, zum Theile 
dauernd 


em, aber nicht reifsendem und angestrengtem Fluge solchen Abweichungen unterwor- 
NN zu sein scheinen; z. B. Bussarde, Weihen, Milane mehr, als Edelfalken; Eulen; besonders die 
"ühenfamilie ; — nicht leicht schwalben - und hühnerartigei Mögen andre Ornithologen, gleich 
1, diese Wahrnehmung fernerweitig prüfen. Vergl. auch das Verz.d, var, Art en, 7.22, 
Me über Corvus spermologus Vieill. 

**) In dem J ahrgange 1827 - 1829 der Isis. 


RR aa ja thue gewifs schr recht, mit Anwendung des Singulars zu reden, 


74 


Willen dazu, nicht an Gelegenheit gemangelt haben kann. Ich 
will daher .blofs auf jene Stellen verweisen, um mich hier nicht 
wieder ohne Noth noch ausführlicher darüber verbreiten zu mis 
sen, und blols Eines doppelten Falls noch erwähnen, det 
leicht ein klimatischer werden, und als solcher einige 
Befremden erregen kann: 
Ich meine die Länge der Flügel und des Schwanzes- 
Es ist ein bekannter physiologischer Erfahrungsatz: dals die 
Organe sich durch den Gebrauch ausbilden und in ihrer Entwick“ 
lung vervollkommnen, durch Verminderung oder gar Aufhören de 
Gebrauchs aber nach und nach verkümmern. . Wir sehen dieß® 
der Regel an gezähmtem Geflügel. (*) [Zahme Gänse fliege? 
nur.an manchen Orten oft, an den meisten sehr selten, ‚an. viele) 
nie. Sie verlernen daher in diesem Falle das Fliegen so gänzlich 
dals es, um sie an einem bestimmten Orte in eingeschränkte! 
Raume zu erhalten, schon hinreicht, sie mit einem ziemlich nie 
‚. drigen Zaune einzupferchen. . Und sie bekommen dann auch ei 
was kürzere Flügel. Ähnliches findet oft bei den Truthühnert 
} weniger bei ‘den Haushühnern Statt. Ja, in gewissem, freilich wei 
geringerem Grade erfolgt eben dasselbe bei fast allen denjenig®® 
zahmen Tauben, welche man, weil sie, nicht häufig und nur al 
kurze Strecken von Dach zu Dach fliegend, des Besitzers Ha® 
und Hof nicht zu verlassen pflegen, im Gegensätze zu allen das 
Feld besuchenden, vorzugsweise Haus- und Hoftauben nen!" 
Kein anderer Vogel aber zeigt diese Umgestaltung so deutlich 
wie die zahmen Stock- und Bisam - (die so genannten türkisches) 
Enten. Die ersteren sind des Fliegens, welches ihnen im Frei 
$o gut und anhaltend von Statten geht, in dem Grade unkund# 
geworden, dafs die meisten gar nicht vermögen, sich e von de 
platten Erde zu heben; und ihre, so aulser Thätigkeit gesetzi@ 
Flugwerkzeuge haben eine so merkliche Verkleineruß 
erlitten, dals die Flügelspitze oft kaum bis an die Wurzel 


Schwanzes langt, während sie am wilden Urstamme fast .das-E s 


des ben “erreicht, Hingegen sind, da die Ente gezähmt w® 


ne: 


(*) Daher brauchen wir gar nicht von dem Zunehmen der erista oceipitalis bei hert® 
wachsenden Säugthieren und andern dergleichen Erfahrungen zu sprechen. | 


(**) aufser durch kleine, nur vermöge der Kraft der Beine gethane Sprünge, — 


65 
mehr läuft, ihre Fülse v viel dieker und dadurch kräftiger, 


die Schwimmhäute und Zehen- ‚aber, "weil sie nun wenigen 
schwimmt, kleiner geworden; und der Leib sogar, welcher jetzt 
nie mit Knapp angeprefstem- Gefieder die Luft zu durchschneiden 
braucht, nie in schneller Bewegung den "widerstrebenden Druck 
eines so elastischen Fluidums zu überwinden nöthig hat, hat ei- 
nen ge Umrils rs - -_ Bi treten ae die, 


in dem Grade ihrer Entwickelung eben so sehr rei, wie sich 
andere, sonst weniger angewendete in Folge der vermehrten Be- 
nutzung hervorheben.] — Demnach läfst. es sich gar sehr wohl 
denken: dafs eine südliche klimatische, zum Standvogel gewor- 
dene Varietät von einer im Norden 'wandernden Art dort (im 
Süden) aus ähnlichen Ursachen etwas Ähnliches erfahren könne, 
wie zahme Vögel in anhaltender Gefangenschaft, ohne delswegen, 
SO wenig -wie diese, zur distineten Species zu werden; darum, 
weil die Nothwendigkeit, welche dieselbe Art unter nördlicheren 
Regionen zwei Mal des Jahres zu einer, durch ihre Ausdauer 
meist wahrhaft erstaunlichen Anstrengung im Fliegen zwingt, 
unter einem wärmeren Himmel für sie gar nicht Statt findet. (*) 
Denn es begründet diels begreiflicher Weise einen sehr beträcht- 
lichen Unterschied, welcher, bei hundert- und’ vielleicht schon 
tausendfach oder noch öfter wiederholter Vervielfältigung, der 
Generation, doch endlich wohl im Stande sein mag, einen be- 
merkbar und ‚standhaft werdenden körperlichen Einfluls durch‘ 
eine sichtliche Differenz zwischen Vögeln Einer Art auszuüben, 
die an sehr verschiedenen, oft vielleicht um die halbe Breite ei- 
ner ganzen Erdhälfte aus einander liegenden Standorten zugleich 
vorkömmt. Man wird, daher, ohne es bis heut gerade als un- 
bedingte Thatsache durchaus zugeben zu dürfen, jedenfalls nicht 
blofs die einleuchtendste Möglichkeit; sondern sogar die 


höchste Wahrscheinlichkeit einräumen müssen: dafs, 


—. 
er 


(*) Übrigens hat sich ; historischer Wahrscheinlichkeit gemäfs, gewifs noch öfter das Ge- 
Sentheil ereignet: indem Standvögel durch immer weiteres Hinaufrücken nach Norden hin Zug- 
Yögel geworden sind. Zoologen wverden daher, nach der Verhreitungsgeschichte der Thierspecies 
ürtheilend , wenig geneigt sein, die Ansicht der meisten neueren Physiker zu unterschreiben 
deren Einige den lokalen Einflufs der Landeskultur auf die Milderung des Bi doch wohl 
sar zu niedrig anzuschlagen scheinen. 


76 


nach Umständen, südliche Vögel wohl etwas (wenn auch 
immerhin nur etwas) kürzere Flügel besitzen könneßh 
als nordische und östliche, ohne darum auch specifisch 
abzuweichen. [Und in der That hat es mir z.B. bei den ägyp 
tischen (freilich nur in trockenen, meist gestopften und aufge 
stellten Bälgen untersuchten) Turteltauben, als Standvögeln ode 
mindestens Heckvögeln, ganz so geschienen, wenn ich sie mit unse 
deutschen verglich, die im Herbste bis zu ihnen hinabziehen.] 


Eben das nämliche möchte dann wohl ohne Zweifel, wen® 


auch in geringerem Grade, von dem Schwanze, als dem zweitel 
Flugorgane, gelten können. [Und wer weils, ob nicht sonach die 
angeblich stets etwas zunehmende Schwanzlänge bei den weiß“ 
‘schwänzigen Seeadlern mit ihrem Hinaufrücken nach Nordens. 
besonders in Grönland, schon hiermit zusammenhängt; voraus 
gesetzt, dals die hierüber angeblich gemachten Bemerkungen all 
gemein zutreffen sollten.] — 

Kaum ist es nöthig, zu bemerken: dafs natürlich auch in die- 
sem Falle, (sowohl in Betreff der F lügel, wie hinsichtlich des 
Schwanzes) gleichwie es bei den Klimaten selbst der Fall ist, die 
Abstufungen zwischen den, hier überhaupt gewils niemals 
sehr verschiedenen, Extremen ebenfalls wieder ganz allmählig 
in einander verlaufen müssen; und dals ferner auf dem ) 
Zuge irgendwo leicht Vögel aus verschiedenen Klimaten zusam- 
menkommen können. [Wie denn unter andern Hr. Bruch au 
einerlei Orte Saatgänse mit längeren und kürzeren Flügeln er-} 
halten hat.] (Nach seiner Meinung kann sogar das Alter einen 
Einfluls auf gröfsere Extension der Schwingen ausüben. (*) —) 

Nothwendiger dürfte es sein, gleich wieder im Voraus eines 
Theils daran zu erinnern: dafs, ebenso, wie nach Umständen zwei. 
verschiedene Klimate sich einander umgekehrt (gegen die gewöhn- 
liche Regel) entgegenstellen, d.h. wie manche nördlichere Orte 
weit milder als viele südlichere sein können, (**) so auch hier 


(*) Eine, nach praktischen Erfahrungen sehr begründet scheinende, auch mit dem eben 
Gesagten völlig harmonirende Ansicht ! — y 

(**) Findet man ja doch am nördlichen Abhange der Himalaya- Kette noch 
Weideplätze und bebautes Ackerland in einer Höhe von 2330 Toisen über der Meeresfläche: 
indem hier die Gränze des ewigen Schneees bis auf vielleicht 2500 Toisen ‘gehoben ist; wäh- 
rend dieselbe an dem nach Süden schauenden Gesenke des nämlichen Gebirges bis 1900 Toi- 


17 


Mitunter der Fall sich aus dem Grunde umkehren kann: 
weil ein Vogel im höheren Norden am gelinderen Strande, oder 
überhaupt wegen einer gleichmäfsigeren Vertheilung der. Jahres- 
Wärme unter die entgegengesetzten Jahreszeiten, zu überwintern 
vermöchte, ‚der im Süden’ auf Gebirgen.oder in rauheren Gebirgs- 
‚lindern wandern mülste. [(Eine Voraussetzung, deren Richüg- 
keit wir. bei der: Betrachtung des Klimas ‘von Asien durch. die 
Semeine Krähe am Obi höchst wahrscheinlich, gemacht, durch die 
Steintaube der Färöer, der britischen und norwegischen Inseln 
aber schon factisch bewährt sehen.)] i 

" Andern Theils brauchen wir uns nur die zahlreichen, über 
die klimatische 'Constitution von Asien beigebrachten Facta ins 
Gedächtnils zurückzurufen, um nichts weiter, als eine neue Be- 
Stätigung unserer Ansicht, zu finden: wenn der Osten, sonst in 
Seinen organisch-verändernden Wirkungen so oft dem Süden ähn- 
lich, sich: hierin dem hohen. Norden zur Seite stellte. 


Anmerk. Nur beiläufig mag eines Falles gedacht sein, über 
Welchen, bei der sehr geringen Zahl’ geeigneter Species, alle positive 
Erfahrungen noch mangeln. Es würde mit. dem, was wir oben ($. 9.) 
überhaupt als das Wesen südlicher klimatischer Varietät bezeichnet 
haben, sogar auch der Umstand harmoniren: dafs Vögel mit beson- 
ders langen Schwänzen im Süden gewöhnlich noch etwas längere er- 
hielten, als bei uns. Denn es ist bekannt, dafs solche, z.B. die EI- 
stern, die Fasane, und namentl. die Männchen, auch schon bei uns 
mit dem höheren Alter die Vögel von mittleren Jahren hierin etwas 
übertreffen; und da hinsichtl. der Farbenänderung ein recht hohes 
Alter in gemäfsigten, und die gewöhnliche Regel in wärmeren Län- 
dern einander so vollkommen entsprechen, so wäre auch hierbei eine 


ähnliche Übereinstimmung beider wohl leicht zu erwarten. 


Ss. 14. 
Auch in Beziehung auf die Stimme sind gewisse klimatische 
Abweichungen nicht blofs möglich, sondern bereits erwiesen. 


"Eine von den vielleicht am wenigsten wahrscheinlichen und 


dennoch leicht darzuthuenden Abweichungen, welche das Klima 
De ee : ; E.: we € 
Sen herabrückt. Ein wunderbares Phänomen! Allen unbegreiflich und Vielen unglaublich, be- 
. VOR eine umfassende Physik und Atmosphärologie es so bündig durch die Gesetze der, in den 

Nördlich angränzenden, hoch - ebenen Landstrichen so mächtigen Wärmestrahlung erläuterte, S. 
Alex, v. Humboldt Ansichten d. N. B. I, S. 95-96. 


78 


herrokzgng vermag, dürfte die klim dbi ich Gesangs-Ver 
schiedenheit bei Singvögeln sein. 

Es darf hierbei eines 'Theils als bekannt vorausgesetzt wel 
den, dafs häufigst 'nicht''blofs der Gesang einer und derselbe® 
Vogelart nach Verschiedenheit der Individuen überhaupt, so®" 
dern auch der Gesang eines und: desselben Individuums nat } 
den Jahren, merklich verschieden ist: indem er, ‘als ein 
theils mechanische, theils auch intelleetuelle Fertigkeit, von dem 
einzelnen Vogel mit dem zunehmenden Alter durch vermehr!® 
Übung vervollkommnet und immer mehr Sisgehikhie wird 
(Eine Erfahrung, die um so leichter: zu machen ist, je schöneh 
ausgezeichneter und mannigfaltiger gerade der Gesang der Art 
überhaupt ist; daher am deutlichsten bei Nachtigallen und der 
übrigen vorzugsweise reichbegabten Sängern; und überhaupt g@ 
nommen, deutlicher bei Vögeln in’ der Gefangenschaft (*), und 
hier leichter bemerkbar, als im Freien:  weil:man:dort einen V% 
gel beständig unter Beobachtung haben kann.) — Ferner wisse 
wir, dafs der Gesang einer Art sich im ‘Allgemeinen öfter 


sehr wesentlich nach den Gegenden zum Besseren oder Ge 
ringeren modificiren kann: je nachdem nämlich zuvörderst det 
Individuen viele oder wenige da vorhanden sind. Denn unte 
vielen erlangen doch immer leicht allenthalben wenigstens einige 
ein höheres Alter, als gewöhnlich, und mit demselben kömmt ib‘ 
nen progressive eine höhere Kehlfertigkeit; von ihnen aber ler 
nen dann die jüngeren am liebsten,. und die nächsten Nachbar? 
überhaupt sehr oft. [Daher giebt es, wie bekannt, wahrscheinlich 
schon delshalb ganze Gegenden, die sich durch vorzugsweise gu 
singende Nachtigallen, ‚schön ‚schlagende Buchfinken etc. auszeich” 
nen; und bei den ersteren 'sind es besonders solche Landstrich® 
wo diese Vögel einen obrigkeitlichen Schutz genielsen: denn, je 
umfassender und ausschliefslicher derselbe irgendwo ist, und je we 
niger er von der Gewinnsucht umgangen werden darf, desto mehr 
Ruhm pflegen die daselbst einheimischen Sänger zu verdienen.] 
Indefs mufs man hierbei vor Allem auch anderen Theils das 


nicht vergessen: dals die Singvögel, vermöge ihres im Ganze® 


(*) Bevor nämlich hier die Vögel zu alt und des vergeblichen Singens, welches ihnen hie! 
doch keine liebende Gefährtin zuführt, endlich müde werden, — 


s 
x 


‘79 


sehr sanguinischen Temperaments, zugleich auch in hö- 
“rem Grade, als alle andere, gemüthlich-sensible Wesen 
Süd; Wesen, auf welche die zu Fröhlichkeit oder Trüb- 
Sinn stimmende Umgebung in ähnlicher Weise, wie auf den 
enschen, einen höchst wes entlichen, bisher noch zu we- 
üg gewürdigten Eindruck macht. (*) Man braucht gar nicht 
tmitholog, sondern nur mit einem nicht ganz unachtsamen Sinne 
für Naturgegenstände begabt und oft ins Freie gekommen, oder 
duch gar nur auf eingesperrte Singvögel aufmerksam gewesen zu 
Sein, um mit Überzeugung bemerkt zu haben: dafs an genehmes 
Oder düsteres Wetter die Stimmung namentl. der Sing- 
Yögel kaum weniger, — ja, man könnte wohl dreist sagen: noch 
mehr — beherrscht, als die Gemütlsstimmung der Menschen. 
An trüben, rauhen und veränderlichen, mit Regenschauern ab- 
wechselnden Frühlingstagen bedarf es nur eines Sonnenblicks, um 
die ganze befiederte Sängerwelt zu eleetrisiren und mit einem 
ale die verstummten Kehlen alle zu lustigen Melodieen zu. öff- 
"en; alle musieiren an heiteren, nur wenige, die schr fleifsige 
Sänger sind, auch einzeln noch an trüben Regentagen; sie hören 
Mit dem Aufhören der atmosphärischen Heiterkeit wieder auf, 
ünd beginnen wieder, .sobald es\sich wieder aufklärt; ja, ist es 
des Morgens, wo sie sonst immer am anhaltendsten zu singen 
‚Pilegen, trüb oder regnerisch gewesen, und es hellt sich um Miüt- 
tag auf, wo sie sonst wenig oder gar nicht zu singen gewohnt 
Sind, so fangen sie jetzt damit an. (**) Diels zeigt, dafs ihnen, 
ee > ’ = 


(*) Es würde, läge es nicht unserem gegenwärtig nächsten Zwecke zu fern, äufserst leicht 
sein, ausgedehnt den Beweis von der Richtigkeit der Bemerkung zu führen: dafs der Charac- 
‚ter der Vogelgesänge im Allgemeinen schon auf eine merkwürdige und höchst in- 
'eressante Weise mit dem heiteren, ernsten, erhahnen, düsteren, öden oder melancholischen 
alt haracter der Orte zusammenstimmt, welche die Arten „ oder nach Umstän- 
den die Gattungen, entweder ausschliefslich oder doch hauptsächlich, bewohneh! — Und ganz 
VORZUgS Weise entschieden drängt sich diese Bemerkung bei denjenigen Gattungen auf, deren, ver- 
Schiedene Species einen wesentlich NE Aufenthalt haben; z. B. bei den Drosseln, Sän- 
Bern, Lerchen, Piepern, Ammern. ö 
] Hierin mag wohl eine tiefere Bedeutung liegen! — Gewifs wird a erkennen 
‚iuen ; dafs die tiefe Harmonie der Natur auch von ihrer (dafs ich so sage) moralischen Seite, 
dem » Seheimnifsvollen Ineinanderwirken des Sinnlichen und Aufsersinnlichen « , der unbeleb- 
ten Aufsenwelt auf die geistig - lebendige Innenwelt, — überall, selbst beiden geistig untergeord- 
ten der beseelten Wesen, in einem viel ausgebreiteteren Wirkungskreise herrsche und mitbe- 


su r a 
Uimmend walte, als man heut im Allgemeinen ahnt. — 
er 


) Dafs nicht etwa 'blofs das Gefühl behaglicher Wärme, welche ihnen der Sonnenschein 
\ Sieht 


» die alleinige Ursache hiervon sein könne, scheint hinläuglich aus dem Verhalten aller ge- 


80 
die hinsichtlich der gemüthlichen Seite unstreitig unter allen Thie 
ren am höchsten stehen und den Säugthieren weit überlegen sind 
eine besondre Seelen - Empfänglichkeit (wahre Empfindsamkeit‘) 
innewohnt: welche sie gewils auch sonst eben so wenig gleich“ 
gültig gegen alles dasjenige in ihrer Umgebung werden läfst, we 
zur Erhöhung oder Herabstimmung solcher sanften, aber leben 


digen Gemüthsaffeetionen beiträgt. [So könnte man, da, wie 6” 
sagt, auch bei Vögeln »die‘Übung den Meister macht«, theil 


weise wohl schon mit einer hieraus gezogenen Antwort das Pro 
die 


Nachtigallen in unsern deutschen, wenig ; anziehenden Küsteng® 


blem lösen: warum, wie neuere Vergleiche gezeigt haben, 


genden, (z. B. am Strande Pommerns,) denen im übrigen Deutsc* 
land so weit nachstehen; warum andere in fruchtbareren Land 
strichen besser singen, solchen aber, welche so herrliche, freund 
lich-lachende Gegenden bewohnen, (wie z. B. hin und wieder 
im Dessauischen ete.,) nach dem Ausspruche geübter Kenner ei 
unbedingter Vorzug gebührt? — Hierbei haben wir nur die | 
derweitige Landesbeschaffenheit berücksichtigt, und für. den Au 
genblick von der feuchten, oft nebelhaften Seeluft abstrahirt, wei 
che die Atmosphäre jener Küstenstriche trüber, als die über der 
Innern des Landes schwebende, macht.] 

Obwohl nun Gewohnheit überall, die Vögel nicht ausg® 
schlossen, in gewissem Grade ihre Macht bewährt und der Drag 
ihren zarteren Gefühlen nach ihrer Art Worte zu leihen, bei 
den befiederten Tonkünstlern stark genug ist, um endlich auch 
bei anhaltend trübem Wetter nicht ganz zu verschwinddi s 
bleibt es doch beständig ein sehr viel vermögender Unterschiel 
ob in einem Lande, dem Orte nach, oder in einer Woobt 
einem Monate, der Zeit nach, eine düster bewölkte, oder 0 
eine heitere Atmosphäre die vorherrschende ist. B 
würde daher von vorn herein schon die gröfste Wahrscheinlich” 
keit für sich gehabt haben: dafs, da die Anregung zur Übuns 


fangenen Singvögel abzunehmen. Wenn diese auch bereits mehrere Jahre lang ‘(wo also de 
Erinnerungsvermögen hieran schwerlich noch viel mitwirken kann) in einem Kerker eingesp“* 
leben, der an einer Stelle des Zimmers hängt, Wo sie nie ein Sonnenstrahl treffen, mithin # 
der Eindruck durch den Gesichtssinn allein noch erfolgen kann; so behalten sie doch stet® & 
nämliche Erregbarkeit, und fangen überhaupt zu singen, oder stärker zu singen an, sobald 5 


nur den Blick durchs Fenster frei behalten, und so den Sonnenschein aufserhalb wahrnehmen" 


81 

im Singen so sehr von jenen äulseren Einflüssen herkömmt, die 
nach den Klimaten der Länder so wesentlich verschieden her- 
vortreten, die Fertigkeit aber so sehr von der Häufigkeit der 
Übung abhängt, — Vögel in Landstrichen mit trübem 

immel im Ganzen schlechter singen werden, als unter 
heiterem: weil sie es dort viel seltener thun. Ebenso umgekehrt. 
Denn, möchte auch immerhin eine und dieselbe Generation dergl. 
Verhältnisse noch nicht sonderlich empfinden; so mufs man doch 
nie vergessen, wie stark die Wirkung allmählig in der Folge der 
Zeiten wird: wenn nicht blofs mehrere Hunderte, sondern oft 
Tausende auf einander folgender Generationen immer einerlei 
Einflüsse erleiden, deren Erfolg sich somit immer bestimmter und 
bestimmter auf die nachkommenden vererbt. [Darum habe ich es 
nicht als etwas Überraschendes, sondern nur als eine Sache, die 
‚zu erwarten stand, angesehen, als ich in Pallas Zoographia 
rosso-asiatica besondere Lobsprüche über die Gesangsfertigkeit 
mancher Singvögel las: welche unter dem klaren, monatelang 
fast wolkenlosen Sommer-Himmel Sibirien’s (*) den unsrigen 
sonst ähnlich, jedoch öfters durchaus schöner und stärker singen, 
oder doch ausdrücklich als besonders schön singend angeführt 
werden; darunter selbst solche, welche nicht wie der Stieglitz 
zu den guten oder besten, sondern, wie die Rauchschwalbe, zu 
den keineswegs eleganten Musikern gehören. Es fällt gleichzeitig 
alle Verwunderung darüber hinweg: dals englische Ornitholo- 
gen in ihren Schriften den befiederten Sängern ihrer, stets von 
Nebeln erfüllten, selten eines heiteren Tages sich erfreuenden In- 
sel durchgängig nicht das Lob zu spenden scheinen, welches 
deutsche Schriftsteller denselben Arten, und mit Recht, in Bezug 
"auf unser Vaterland beizulegen gewohnt sind. Und nicht min- 
der erklärlich ist es: wenn so Hr. Graba die Staare, ‚welche 
die nicht minder nebelhaften, mit einem triefenden Wolkenhim- 
mel überzogenen Färöer bewohnen, gegen ihre Brüder in dem 
freundlichen Holstein als weit schlechtere, des Namens kaum wür- 
. dige Sänger mit geringer, viel eintönigerer Stimmenmodulation 
schildert; und wenn Faber nicht ohne Verwunderung den Schnee- 


> 


(*) Wo überdiefs fast nie Jemand deren wegfängt , piebch auch alte, geübte Virtuosen 


um so mehr in Menge .da sein müssen., 


6 


82 


ammer auf dein, noch lange nicht atmosphärisch - klaren Island 
durchaus weder so anhaltend, noch so mannichfaltig und so hübsch 
singend fand, wie F.Boie ihn auf den heiteren Alpen von Nor 
wegen und Lappland gefunden hatte.] 

Diefs als Beispiele für die Regel. Wobei sich übrigens ein- 
zelne entgegengesetzte Fälle natürlich darum schon im Voraus 
ausnehmen lassen möchten: weil ja auch umgekehrt ein so ul“ 
freundliches Klima. doch einem, z.B. für den Aufenthalt in feuct 
ier, mit Wasserdünsten erfüllten Sumpf- oder Seeluft geschaffe- 
nen Singvogel gerade mehr, als ein heiteres, zusagen könnte 
oder, weil er vielleicht, abgesehen hiervon, blofs nach seinen sp@ 
ciellen und rein ‚extensiven Verbreitungs - Gesetzen, zufällig häu 
figer ist in einem Lande, wo dieses, als in einem Erdstriche, wO 


jenes herrscht. Denn, wie wichtig eine gröfsere Anzahl vorhan- 
dener Individuen in Bezug auf die Beschaffenheit des Gesang 
werden kann, haben wir oben gesehen. 

Da man sehr oft einige Verschiedenheit der Stimme nach 
Höhe und Tiefe, Stärke oder Schwäche bei Vögeln gleicher 
Größse, gleichen. Geschlechtes ‚und gleichen Alters aus oder in 
Einem Neste, noch häufiger aber im enigegengesetzten Falle, 


jedoch an Einem Orte, bemerkt: und da sogar öfters die Stärke 
der Stimme bei zwei. verglichenen: Individuen sich umgekehrt 
wie die Grölse verhält; so bedarf es keines Wortes weiter, um 
es einleuchtend zu machen: dafs besonders dann, wenn wirkliche, 
und zwar ziemlich beständige, klimatische Größenverschiedenhei- 
Statt finden, auch wohl einige, für ein geübtes, an feines Hören 
gewöhntes Ohr wahrnehmbare Verschiedenheit etwa in der Höhe 
oder Stärke des Tones zwischen klimatisch verschiedenen Vögeln 
von: Einerlei Art eintreten und: zur. Regel werden könne. Eine‘ 
Sache, bei welcher jedoch der Beobachter die höchste Vorsicht 
anwenden, nicht zu schnell urtheilen, und nie seinem Tongedächt- 
nisse »zu leicht trauen dürfen wird! — Sonst möchte es hierbei 
blöofs noch nöthig sein, daran zu erinnern: dafs erstens (wie vor- 
nehmlich Hr. Bruch gezeigt hat) die individuelle Tonbeschaffen- 
heit der Stimme überhaupt und die der einzelnen Stimmlaute sich 
mit nach der Gröfse des Schnabels, als mithelfenden Schallorgansı 
zu richten pflegt: daher schon von Vögeln Einer Brut diejenigen 


88 
feinere und meist höhere Laute von sich zu geben pflegen, welche 
einere Schnäbel besitzen, selbst ohne an sich (körperlich) kleiner 
"U sein; dafs jedoch zweitens die mit zunehmendem Lebensalter 
Neigende Übung diese, wie andre, Organe stärkt und kräftig macht: 
Aher die Stinime eines älteren, kleineren Vogels stärker, wiewohl 
Oft rauher klingen kann, als die eines Jüngeren grölseren. 

Indefs nicht blofs auf den Ges ang an sich selbst, sondern 
Auch auf das Benehmen dabei, können die gedachten äufse- 
"en, namentlich Witterungs-Umstände, zum Theile eben so 
edeutend einwirken. ehr, R ea 

[So steigt (was auch mehrere andre Vögel thun) der Was- 
‘erpieper auf unsern Gebirgen bei heiterem Weiter stets sin. 
send in die Luft, um sich so, regelmälsig, nur schwebend hören 
Qu lassen; thut es jedoch an trüben, nebeligen Tagen nicht. Hier- 
Yach läfst sich mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuthen: dals es 
auf den Färöern und in England auch wohl in. der Regel, wenn 
Richt immer, unterbleiben, oder mindestens nicht in gleichem Grade 
Statt finden werde. (*) — Den Schneeammer hat Faber auf Is- 

And in der That beim Singen nicht in die Luft steigen gesehen: 
Was doch von dem norwegischen schon früher erzählt und in neue- 
ter Zeit, wenn auch nicht als Regel, bestätigt wurde.] 

Indem ich mich, was die Erklärung wunderlicher einzelner 
Naturwissenschaftlicher Erfahrungen in allen Fächern betrifft, hier 
it auf das seltsame, (dem sonst gewöhnlichen völlig entgegen- 
 Stsetzte) Klimaverhältnils im Himaleh und auf die Erklärung, des- 
“elben beziehe; sei es mir erlaubt, durch die zunächst folgenden 

&ilen hier einmal Kleines mit Grolsem, Zoologisches mit rein 
hysikalischem zu vergleichen, um zu zeigen: wie auch bei man- 
en im Anfange auffallenden Thatsachen zoologischer Art der 
"und der Erscheinungen so nahe liegt, dafs man ihn blofs dels- 
Ab nicht fand, weil man ihn zu fern suchte: — _ 
Anmerk. Man hat sich z. B. von jeher viel darüber gewun- 
» Warum: die«Hunde in manchen Gegenden der Erde, .in 
“ilsen sowohl, wie in kalten, nicht bellen, oder, wie man sewöhn- 
Ch halb unrichtig sagt, stumm sind. 


dert 


v HN me raba (Reise nach Färö, $.59.) bat über das Benehmen des Vogels beim Ge- 
ge Selbst nichts angemerkt. Die ganze Stelle scheint aber viel mehr auf das Nichtstei- 


N 
"Wzudenten, als umgekehrt. 


dr, 


= 6* 


84 


Erstens haben jedoch die Erzählungen mancher schnell vorübe!” 


gegangenen Reisenden hier die Wahrheit übertrieben, und schon dal“ 
um gesagt: die Hunde bellten nie, weil sie es blofs selten thun. 
Zweitens hat man übersehen, dafs auch bei uns eine ganze Race gen 
{ser Hunde fast nie, ja die meisten von ihr unter allen Umstände 
fast nie, und noch seltener als andere in andern Welttheilen, ZU ber 
len pflegen: weil sie — nie als Wächter dienen; die Windhunde na 
lich. Man vergafs ferner, dafs auch fast alle andere sich nur um 5 
mehr individuell zum Bellen; ja zum wenig unterbrochenen Belle" 
gewöhnen, und sich wieder davon entwöhnen, je mehr man sie } 
ersteren Falle zum Wachen gewöhnt und anhält; auch je mehr sie 
wenn sie jung, klein oder schwach sind, im Gefühle ihrer Unma 
bei jedem Anscheine von Gefahr ihren Herrn oder ihre nächsten A” 
gehörigen durch Bellen zur Hülfe ‚aufrufen zu müssen glauben; “ 
und je mehr man sie im letzteren Falle von der Wächterpflicht en! 
bindet; oder, je selbständiger sie auf sich selbst vertrauen lernen 
Was könnte ‚jedoch der Hund des Kamtschadalen und Tun 
sen, der im Sommer als freies Raubthier, von Jagd und Fischfat 


lt 


auf eigne Rechnung lebend , beliebig umherstreift und erst im wis 
ter zur Hütte seines Herrn, welche oft in Jahren kaum Ein eigen" 
licher Fremder besucht, wieder zurückkehrt, um hier eine bestimmf 
Zeit als Zugthier zu dienen; was könnte er viel Veranlassung zul 
Bellen haben? Noch weniger hat sie der des Bewohners von Con 
und Ötaheite, welcher die Hunde geradezu nur als Schlachtvieh ziel" 
und sie mit deinen Schweinen einsperrt, um sie zu mästen. | 
Hingegen haben die, welche nach ihrer Einführung durch 
Europäer in Südamerika (als bellende) jetzt in Menge kolonieenwe® 
verwildert leben, die Lust zum Bellen, ebenfalls aus Wachsamkö 
aber hier aus rein egoistischer, beibehalten: weil nämlich auch eo 
Hund den andern durch Bellen zu schrecken sucht, und weil 
natürliche, ihnen sämtlich angeborne Neid sie nur als zusammen" 
wöhnte Gesellschafts- oder Familienglieder verträglich sein läfst, # 
(serdem aber. sie antreibt, fremde vom eignen Heerde oder Gebid 
abzuhalten. (**) — Man kann also das Nichtbellen der Hunde nie) 


r x i Be; 

 (*%) So wird selbst Giesecke’s Nachricht bei Humboldt, Ansichten I, S. 113 sr 
die $rönländischen Hunde durch des lange dort gewesenen O. Fabricius treffliche Fo 

groenland., p.13, widerlegt. \ 


of 


(**) So weifs man ja längst, dafs in Constantinopel, in Smyrna, Alexandrien, CairO 
anderen Städten des mahomedanischen Orients die, dort völlig freien Hunde regelmäfsis ! 
bestimmten Viertel bewohnen und jeden Geschlechts-Fremdling, welcher sich aus einem ” 
ren Bezirke in dem ihrigen blicken läfst, nicht blofs gemeinschaftlich anfallen , sondern ibn ® 


‘ 


85 


‘ 


klimatisch nennen: indem nur unter allerdings von dem unsrigen 
Yerschiedenen Klimaten jene, dem Klima selbst ganz fremden Um- 
Stände eintreten, welche die blofs schr mittelbar wirkenden Ursachen 
Sind, warum das Bellen mehr und mehr aufhört. i 
Obwohl schnell in Betreff des Nichtbellens det Hunde aufs 
Reine gekommen, hatte ich doch selbst länger zu thun, ehe ich 
auf Gründe kam, um zu erklären: warum im chen Si- 
birien die Wachteln, wie man so sagt, stumm sind; da sie 
doch unbedenklich zu derselben Species gehören, wie unsere schla- 
genden. Folgendes scheint mir den vermilsten Aufschlufs zugeben. 

[Auch hier wurde erstens die Sache zu weit getrieben, indem 

es hiefs: sie schlügen in ganz Sibirien nicht. (*), Man sieht vielmehr: 
das Verstummen geschieht in Abstufungen nach den Landstrichen. 
Es beginnt mit der anschnlicheren Erhöhung des Bodens, wo die 
Sommer immer kürzer werden, und erscheint da am vollständig- 
Sten, wo das Land am höchsten, die Lage ganz östlich, und der 
Sommer ein sehr später ist. — Nun schlagen aber ferner die Männ- 
chen nur höchstens so lange, ja ofi kaum so lange, bis die Weib- 
Chen, welche (aus theilweise noch dunklen Ursachen) auch bei uns 
sehr spät, nämlich frühestens um die Mitte des Juni, gewöhnlich 
erst im Juli, und nicht selten noch im August, Eier legen, zu brü- 
ten angefangen haben; wobei jedoch die Kämpfe der Männchen 
"um die Weibchen schon bald nach ihrem Eintreffen Statt finden: 
welches bei uns meistens auf den Anfang des Mai fällt, oft aber 
‚auch (wie im zuletzt verflossenen Frühlinge) bis zur Mitte des 
Monats verschoben bleibt. Manche wiederholt gestörte Weib- 
chen haben indels sogar noch zu Anfange des September, wo längst 
kein Männchen mehr schlägt, einige frische Eier, können sie dann 
aber kaum noch ausbrüten, viel weniger die Jungen daraus erzie- 
hen. Es findet also gewils entweder noch im Stillen eine Begat- 


tung Statt, wenn bereits der Paarungsruf verstummt ist: da sich 


III is: 


ar oft tödten. Und wer auirde läugnen, dafs ein grofser Theil des‘ ausgedehnten Nutzens, wel- 
Chen der kultirirtere Mensch von dem Hunde zu zieben weils, nur auf der Benutzung dieses ho- 
en Grades einer angeborneu moralischen Untugend, des Neides, beruht ? — 
(*) Pallas (Zoogr. Il, n. 228) sagt ausdrücklich: °» Ad Jeniseam non minus vocales 
Be eeie sed nunguam post , solstitium exaudiendae. In Dauuria denique, licet fre- " 
"quentes, plane mutae sunt, solum yoci praevium apud nostras rhonchum edentes. Ad 
»Car tamen Hluvium citra Jautiam Jam canoras exaudipi. « 


806 
doch eine für so lange Zeit hinreichende F olge der Befruchtung 
nicht voraussetzen läfst; oder endlich (was das Wahrscheinlichste 
ist) die sämtlichen zuletzt noch gehörten sind die abgetriebenel 
unbeweibt gebliebenen Hähne; und die Vögel sind auch gar nicht 
eigentlich polygamer Natur. (*) “ 

Das aber bleibt auf jeden Fall gewils: dafs, des spät eintre 
tenden Sommers wegen, die Wachtel in Sibirien allenthalben nich! 
so früh eintreffen kann, wie bei uns, und, je weiter östlich, iM 
mer erst desto später kommen mufs; und dafs sie daher namentlich 
in Dauurien erst mindestens 4-6 Wochen später eintreffen darh 
als in Deutschland. Sie kömmt also bereits gepaart, d.h. in eine 
Verhältnisse dahin, welches das Männchen längst der Mühe über“ 
hebt, sein‘Geschrei hören zu lassen: dessen einziger Zweck d# 
Herbeilocken einer Gattin ist, welche es nun schon seinen Neben 
buhlern abgestritten, an sich gewöhnt, und gegen anderweitige Be 
werber gleichgültig gemacht hat, und welche es demnach in Frie- 
den besitzen kann, bei augenblicklichem Verirren aber leicht mit 
den gewöhnlichen leiseren, quarrenden Lauten wieder herbeizu- 
ziehen vermag.] A 

Diefs scheint mir die einfache Lösung der beiden grolsen Räth- 
sel thierischer, relativer Stummheit! — 


S. 15. 
Klimatisch begründete Verschiedenheiten des Aufenthalis, 
und zum Theile selbst der Sitten. Ro. ? 


Nothwendig wird es nunmehr auch, mit Beibringung eini- 
ger Beispiele jener Verschiedenheiten des Aufenthalts 
zu gedenken, ‚welche die, oft so wesentlich verschiedenen 
Lokalumstände unter gleichen und verschiedenen Kli- 
maten bei Vögeln herbeiführen, die häufig nicht blofs Eine 


(*) Eine Annalıme der neuesten deutschen Ornithologie, welcher schon ganz der laute Ant” 
wortruf widerstreitet, mit welchem das Weibchen dem Männchen so oft den seinigen erwidert; 
und gegen welche noch mehr das, zum jedesmaligen Herbeirufen des erstern zur Begattuug sonst 
wohl keineswegs hinreichende, auch keineswegs regelmäfsige Rufen des letztern spricht, das 
sich noch lange nicht‘ mit dem Balzgeschreie der wirklich polygamen großsen Waldhühner und 
der Fasane, sondern etwa mit dem der monogamen Hasel - und Schneehühner in seiner Art 
vergleichen läfst, — Auch bei diesen rufen und,balzen, ähnlich wie bei den Wachteln, die ab“ 


getriebenen Hähne viel längere Zeit: beim Auerwilde- zuweilen fast so viele Monate, wie ihre 
Verdränger nur Wochen. 


87 


Species, sondern sogar einerlei Varietät bilden. Abweichungen, 
it welchen oft noch Unterschiede der Sitten in untrennbarem 
Zusammenhange stehen. 

Wie bekannt, sind bei sehr vielen Arten die Umgebungs- 
Verhältnisse, mit welchen allen das örtliche Dasein (der Aufent- 
halt) der Thierspecies und die erforderlichen Mittel zu ihrer phy- 


Sischen Existenz vereinbar sind, sehr mannichfach und verschie- 
den: also sehr ausgedehnter, bei manchen hingegen sehr bestimm- 
ter Natur. D.h., mancher Vogel kömmt in einem Lande, in ei- 
Nem engen Umkreise, zu einerlei Zeit, einzeln auch an solchen 
Orten vor, die wesentlich von denjenigen abweichen, wo in dem- 
selben Umkreise die sehr entschiedne Mehrzahl seiner Art wohnt; 
Mancher lebt, umgekehrt, immer unter schr übereinstimmenden 
Verhältnissen. 


Anmerk. So beträchtlich auch die Zahl solcher Vögel ist, 
Welche sich, ihrer Natur gemäfs, an sehr verschiedenartigen Stand- 
Orten häuslich niederlassen und sie zur Fortpflanzungszeit bewohnen: 

ei keinem möchten diese Gegensätze leichter wahrnehmbar sein, als 
beim Wasser pieper; weil sich die Gelegenheit hierzu bei den auf 
Gebirgen ‘wohnenden mit dem Ansteigen und der Bildung der ein- 
2elnen Bergparthieen sehr bequem und nahe darbietet. Tat 

Er findet sich erst weit oben auf den rauhen Hochgebirgen, 
wo die Baumwälder schon aufhören und fast.nur noch Knicholz (Pı- 
\us pumilio und P. mughus) wächst; jedoch. auch noch weit höher. 
Er kömmt unbedingt überall vor, wo diese Holzarten irgend gedei- 
hen, und geht so weit gegen die Schneeregion aufwärts, bis sie gänz- 
lich verschwinden ; steigt aber nichts destoweniger auch noch hoch 
darüber hinaus: auf ganz unbewachsene, fels- und meist wasserreiche 
Alpen, wo kalte Bäche unter den Gletschern und aus den schmel- 
“enden Schneemassen hervorrinnen. So wohnt er auf dem Riesen- 
Schirge auf den dürresten, kahlen Berggipfeln, wie in den tiefsumpfi- 
sen, moorarligen, von unzähligen Bächen durchschnittenen Knicholz- 
Wäldern ; auf den höchsten, fleckweise begrünten Felsen und an thurm- 

Chen zerklüfteten Steinwänden eben so gut, wie an solchen Orten, 
Wo Gestein beinahe ganz (dann aber nicht auch das Zwergkieferge- 
“uäuch) mangelt; ferner an den steilsten Thaleinschnitten und ief- 
Sten Abgründen, wie an ganz flachen Stellen der Bergfluren: also 
Wüter höchst verschiedener Lokalität, am liebsten jedoch allerdings 
‘a, wo er diese Verhältnisse gemischt findet, im Ganzen zu vielen 


\ 


38 


Tausenden, und oft in nicht grofsem Umkreise nach allen Abstu 
{ungen der Plätze. 


Hieraus leuchtet ein: dafs es Landstriche geben kant 


und es ist factisch gewils, dals es deren giebt: wo in Betrel 

des Vorhandenseins so verschieden geeigneter Plätze, folglich 
auch in Betreff des Vorkommens derselben Vogelart, dasjenige 

‚zur Regel wird, was anderswo nur seltene Ausnahme ish 

und ebenso umgekehrt. (*) Indessen lälst dieser Fall doch, bei 

einiger Vorsicht, gewöhnlich so leicht ein richtiges Urtheil 2% 

dafs es genügen wird, ihn angedeutet zu haben. Auch kann ® i 
unter so wechselnder, und doch immer so kennbarer Gestalt auf 

treten, dafs hier der Raum nicht gestatten würde, — eben so 
wenig, wie die Nothwendigkeit es erfordert —, den Gegenstand 
in seiner Allgemeinheit zu erschöpfen. 

Auf ein breiteres und ferner liegendes Untersuchungsgebid 
wird die Sache versetzt, wenn zuweilen universelle klim# 
tische Verhältnisse überhaupt die speciellen Lokalverhält- 
nisse, unter welchen ein bestimmter Vogel sich vorfindel 
und vorfinden kann, in gewisser Hinsicht völlig umkehret 
Ein Fall, der allerdings öfters nicht von dem vorhergehenden # 
sondern, oder auch gar noch mit ihm zugleich vereinigt ist. Die 
sen Satz sollen einige Beispiele erläutern. B 

[Es konnte (**) als scheinbarer Nebenbeweis für die, damals 
mehrseitig angenommene, specifische Verschiedenheit des italien 
schen und spanischen Haussperlings von dem unsrigen geltel 
wenn man fand: dafs jene oft, zum Theile mehr, auf Feldern 1& 
ben, als in Dörfern, und besonders mehr, als in Städten. Abe 
man bedachte hierbei nicht: dafs (***) weit mehr Nothwendigkeil 
als freie Wahl, es ist, was den Vogel an Menschenwohnung® 
bindet; dafs es daher wohl gar ‘so wunderbar nicht sei, wenn ® 
jene enge, auch in so mancher Hinsicht lästige, Gefahr bringend® 

4 . 2 

(*) Es heifst also, mit Einem Worte, unkritisch und allzu materiell verfahren: wehn je" 
Rücksicht auf dergleichen modificirende Umstände systematisch ausgeschlossen , und wenn I 
bedingt ein dietatorisches Kriterium für vermeinte neue Arten anf Dinge gebaut wird, die 5° 
 wöhnlich. kaum eine nur eihiger Manfsen constante Varietät hegründen können und oft. ihr 8% 


5 u , £ gu 
keine Charactere aufdrückten, welche sie, auch von ihrem Platze entfernt, noch kenntlich 
wachen vermöchten. ; 


(**) Vergl. Meyer Taschenbuch der deutschen Vögelkunde, Th. IN. 


RN) —— wie wir vorzüglich in unserem letzien $. schen werden. 


‚89 


Abhängigkeit gern aufgiebt, wo es ohne anderweitigen Schaden 
“ür ihn selbst geschehen kenn: indem er in sehr gesegneten oder 
hi warmen Ländern, dort, wo kein harter Winter ihm ein behag- 
Iches Auskommen auf den Fruchtfeldern gänzlich schmälern kann, 
"un auch einsame Gegenden, fern von Menschen bezieht und da 
auf Felsen und Ruinen (*) wohnt, an welche Getreideäcker an- 
Stolsen. Ferner wulste man nicht (**): dals er auch in Deutsch- 
and, (wie namentlich hier in Schlesien,) recht oft den ganzen 
Ommer über zwischen Feldern zwar, aber doch halbe und ganze 
Viertelmeilen weit von Menschen entfernt, an Ruinen von alten, 
4 | lingst verfallenen Ziegeleien, an grölseren Feldkapellen, auf gro- 
ken Denkmälern und unter Brücken wohnt; von wo er freilich 
ih harten Winter sich nach dem nächsten Dorfe oder einer nahen 
Stadt ziehen muls, wenn nicht eine belebte Landstrafse ihn durch 
tine hinreichende Menge verloren gehender Körner dieser Noth- 
Wendigkeit überhebt. — Endlich war es unbekannt (***): dals um- 
kehrt (aber ganz entsprechend) der Feldsperling, welcher, im 
egensatze zum Haussperlinge, nur auf Feldern, an Waldrändern 
\nd auf Viehweiden mit hohlen Bäumen zu wohnen pflegt, und 
Schon bei uns ohne Noth nicht gern auf Landhöfe, höchst selten 
aber in die eigentlichen Städte hereinkömmt, sich im Norden, in 
Skandinavien, nicht blofs sehr zahlreich und oft bei und in diesen 


vorfindet; sondern dafs er ım Winter zuweilen sogar in grölserer 
Anzahl, als jener, daselbst vorkommt. Ohne Zweifel aus keinem 
Anderen Grunde, als, weil er dort, indem ein weit tieferer Schnee 
die Felder bedeckt, im Freien nicht die nöthigen Körner findet; 
"Welshalb er sie also bei den Menschenwohnungen selbst aufsuchen, 
nd somit in jener Scheu vor Häusern auch einen Zug seiner Sitten 
Verläugnen muls, welcher ihm anderwärts eigen bleibt.] 
[Während der Goldammer aus völlig gleicher Ursache 


Wohl bei uns, sobald Schnee liegt, immer, ohne Schnee nie, auf 
men E 


(*) Die er zudem beide dort überhaupt in viel gröfserer Zahl vorfindet,, als es ın Deutsch- 
Yang und Holland etc. der Fall zu sein pflegt. 
(**) Und ich wundere mich sehr, der Erste sein zu müssen, welcher es sagt. — 
er) Denn erst Nilfson hat es bekannt gemacht, Skand. Faunall, (Foglarna 1) 5. 328: 
"Riq byarne och städerna föorekommer han isynnerhet om vintren talrikt, stundom tal- 
: "kare, än den föregaende. (*)« (Husfinken.) »(*) Ar. Temminck’s uppgift i Man. 
"Ornith. 1, p.355, att Trädspinken aldrig förekommer i städer eller byar, inträffar 
‚Naledes iche med dess lefnadssätt hos 055. % 


90. 


Höfen der Dörfer ‘gesehen wird, bei recht hohem aber, in sehr 
strengen Wintern, sogar in die grolsen Städte kömmt, fällt # 
Italien Beides weg. Dagegen scheint er höher nördwärts hinauf 
aus einem Standvogel schon ein entschiedener, weit umherstreife® 
der Strichvogel zu werden; und in Sibirien, wo er blofs die wet‘ 
lichsten Theile noch bewohnt, hat man ihn, allem Anscheine 22° 
als wirklichen Zugvogel, im Frühlinge mit dem Fichtenamm® 
durch die isetische Steppe nach oben hin wandern gesehen.] (*) 

[Im Norden führt der Winter sogar den, bei uns imme 
höchst scheuen und listigen Raben ganz gewöhnlich an und 
die Häuser; in Deutschland nie auch nur in die unmittelbare Nöbt 


von Dörfern. Seltene Anwendung von Schielsgewehr macht ibo 


dort zugleich ganz ungewöhnlich dreist; und wenn zuweilen n0% 
dische herabkommen,, so behalten sie die nämliche Kühnheit 
Unvorsicht eine Zeit lang auch hier bei.] b; 

[Von Dohlen und Saatkrähen kommen nur in den hörte 
sten, schneereichsten Wintern diejenigen, welche dann entwed 
nicht von uns fortgezogen, oder erst von Norden her angelang 
sind, in die Stralsen der Städte herab oder herein; sonst nie.] 

[Ja, aufser Furcht gesetzt wegen der höchst selten ihm dro” 
henden Verfolgung mit Pulver und Blei, setzt sich der edle Jagd‘ 
falke in Island etc. im Herbste und Winter häufig auf Wohnuf 
gen und auf die Flaggenstangen der Schiffsmasten. Bis’zu uns hei” 
-gewandert aber, wie es zuweilen geschieht, und selbst bereits ‚m 
südhchen Skandinavien, sind schon die jungen Falken aufserorden! 
lich vorsichtig geworden, und entfliehen von Weitem.] — (**) 

Also auch hierbei sehen wir jenes beständige, allseitig‘ 
Ineinänderflielsen dessen, was hier örtlich oder de 
besonderen Zeit - und Jahresverhältnissen angemessen, dort als 

(*) Nilfson Skand. Fauna II, S.301; Pallas Zoogr. n. 202. 5 

Die Abneigung vieler Vögel, ihren Standort weit zu verlassen, oder ihr physisch 
Kraftmangel® zum Unternehmen weiter Züge, ist wahrscheinlich der Hauptgrund: warum ei 
manche Vögel Europa’s nicht weit nach Sibirien hinein verbreiten, $ondern kaum, oder nicht, ®’ 
an seine westliche Gränze vorreichen. Denn in der That, die meisten von diesen sind für En 
ropa Stand-, oder lediglich Strichvögel ; obgleich allerdings manche selbst dort Standvögel pier 
ben, weil sie in ihrer Nahrungsweise von Schnee und Kälte unabhängig sind; und obwohl a 
dere leicht Zugvögel werden, weil sie, mit leicht tragenden Flugorganen begabt, ohne u” 
schwerde weite Reisen zu machen vermögen, 2. B. die Familie der Krähen etc, — So viel bier 


als Hinweisung. — (Nur der Stieglitz scheint dort noch mehr Standvogel zu werden.) 
(**) Wie merklich anders, als bei uns, gestaltet sich das Balzen der Waldkühner im Nörden’ 


91 


bestimmt klimatischer, direct oder indirect herbeigeführter Un- 
'erschied erscheint, 

Ein Hauptumstand, welcher manche der wesentlich- 
Verhältnisse im Vo rkomimen mehrerer Vogelarten un- 
BR Semälsigten Himmelsstrichen für die nördlichen ge- 
‚"adehin umkehrt, ist unter andern die mehrseitige, grolse Ver- 
Schiedenheit der Gebirge in beiden Regionen: sowohl, was Klima 
an Sich, als, was die hiermit zusammenhängende Production des 
Ä @wächsreiches beirifft, an. die sich, fester oder lockerer, das Vor- 
Ommen von Geschöpfen aus der thierischen Mitwelt knüpft. 


Anmerk. (Vergl. hierzu auch die Anmerk. von $. 11.) Die 
im höchsten ansteigenden Bäume und Sträucher auf Gebirgen 
der gemäfsigten Region, z.B, der Schweiz und Deutschlands, 
“nd Zapfenbäume [Nadelhölzer (Coniferae)], Pıxus, Larıx, Ta- 
As, Asızs, Juxiperus: welche dem von den Hochalpen Herabkom- 
Menden in dichten Wäldern entgegentreten; denn sie verlangen zum 
edeihen viel mehr lange, als heifse Sommer, Hinter ihnen erst 
Olgen kätzchentragende Laubhölzer [4mentaceae], wie SA- 
ux, Aınus, Berura. — Umgekehrt verhält es sich in Skandina- 
ien und im gröfsten Theile des übrigen Nordens. Die lappländi- 
Schen Alpen "und die meisten norwegischen haben lange Tage und 
Uze N ächte, daher schon defshalb einen warmen und heiteren Som- 
Wer; und: sie bringen überall bereits zunächst dem ewigen Schnee 
ttura zana hervor, welche die Schweiz erst.in niedrigen Sümpfen 
tsitzt, — meistens mit Sarıx glauca, bieten auch den Weiden (SA- 
ÜX) einen nach Verhältnifs sröfseren Ausbreitungsraum dar. (*) 
”Am besien kann man die Alpenstriche des Nordens nach der Ve- 
"Setation in folgende Regionen eintheilen: Atens Die Schneeregion 
\ Regio nivalis) oder die eigentliche Alpe, vom Gipfel bis zum er- 
„ten Gebüsche: a) die Gegend oberhalb alles Pflanzenwuchses; 5) vom 
N Wange der Flechten bis zum ersten Gebüsche. 2tens Dje Weiden- 
Und Birk enregion (Regio betuletorum): a) die Gegend für Wei- 
N N und Alpenbirken (Sızıors et Bervra zana); b) die Gegend Far 
R ‘° Birke (Berura alba). 3tes Die Nadelwaldregion (Regio Pi- 
"elorum): a) die Region der Kiefer; D) die-der Fichte. Atens Die 
‘ Ckerlandregion (Regio agrorum).« (**) 


Sten 


RM ) Bei lschmied Pflanzengeographie, S. 83-85. Wahlenberg Flora lapponica und 
Ora helyetica. - 


Nilfson Sand. Fauna unter der Rubrik von Tzrrao lagopus auctt., (T. alpinus 
»)B. II, 5.117- 18. 


ar = 


92 


[So fände der Wasserpieper, ein Alpenbewohner, 
welcher nur bis zur allerobersten Baumgränze herabgeht, au 
Alpen des Nordens blols Laubgebüsch, welches er scheut; 


f des 
kein 
Nadelgesträuch, welches er, wenn üherhaupt, allein verlangt; u 
einen zu warmen Sommer, zu anhaltend heitere Tage, deren hobe 
Lufttemperatur ihm nicht zusagt. (*) Auf dem kahlen, quelle“ 
reichen Fielde der nebelhaften Färöer ist es ihm kühl genug! 
und das hier fehlende Holz kann er entbehren, wie er selb& } 
auch durchgängig auf den eigentlichen, felsigen Hochalpen de Ä 
Schweiz etc. entbehrt: (obwohl.er sonst eigentlich am häufigst‘! 
und liebsten die Krummholzkieferstrecken bewohnt, welche dos 
und auf dem Riesengebirge den Schlufs des Holzwuchses bilder 
An den Küsten der ganzen Ost- und Nordsee findet er eine gr 
mäfsigtere, durch die Meeresdünste oft getrübte Seeluft, und uw 
und wieder Felsen, wie auf den Alpen. Er fehlt daher hier kat 
wenigen schmalen Strichen, und zeigt sich namentlich in Men 
am Strande von Britannien, häufig an dem des norwegischen uw 
bothnıschen Meeres etc. Aber nirgends findet er im Innern de 
‘Landes, weder in Ebenen, noch auf niederen Gebirgen, das? 
nige, was er wünscht: kühle Temperatur und niedriges, sum N 
‚ges Strauchwerk von Nadel-, namentlich von Kiefergehölz, a 
Wasser, oder kahle Felsen ohne Bäume, mit Bächen. Daher 2 
er sich blofs am Strande und auf Gebirgen; nie zwischen inne, al 


7 


fser höchstens als rasch vorübereilender Streifling. Ferner braut 


de 


auch zugänglichen, offen bleibenden Meeresfläche, nicht Zugyoß 


er an dem, stets winterlich wärmeren Strande, am Rande 


‚zu werden; mufs hingegen die, schon zeitig mit Schnee bede 
ten Alpen des Südens verlassen, bis jener. wegschmilzt, und Bäch 
Bergseeen, Teiche und Quellen wieder eisfrei werden.] 

[Der Rohrammer, im Gegentheile das Schwarzholz 
meidend, ist gezwungen, delshalb auch die Sümpfe unserer bi’ 
heren Gebirge zu meiden. Dafür steigt er in Norwegen u’ 
Oberschweden, bis fast am Polarkreise, zahlreich über die gbr 


j 1) 

5 x a = x 4 

(*) An recht heiteren, warmen Sommertagen begiebt er sich, selbst mit seinen kaum ’ 
ordentlich tlugfähigen Jungen, in den Hochsudeten auf die obersten, luftigeren und durt 

Windzug doch stets etwas kühleren Berggipfel; besonders um die heifse Mittagszeit“ Pr 


Auf den nordischen Alpen gränzen ihm auch Schnee- und Laubholz zu enge au eina 


93 


Xen, wo er gleichfalls lebt, an.die Seiten der Alpen empor: wo 
Sich ihm Sumpfstellen mit Rohr, Weiden- und Birkengebüschen. 
genug darbieten.] 0: A 
[Vollkommen gleicher Ursache wegen kann das Blaukehl- 
Chen, gleichfalls entschiedener Laubholzvogel und blofs Freund 
der Sümpfe, von unsern Gebirgen nichts weiter, als tiefe Thä- 
kr, gewöhnlich blofs Flufsufer und Teichränder der Ebenen be- 
wohnen; während 'es in Norwegen und Lappland so weit an 
den Alpenhängen hinaufgeht, als Birken wachsen] _ 
Auch noch‘ andere Beispiele zeigen, auf. nicht weniger 
sprechende Weise: dafs, wenn an einem bestimmten Orte die 
klimatischen Verhältnisse auf unkörperliche Dinge einwir- 
ken, indem sie einzelne Züge ‘der Art im Leben und in den 
Sitten der Geschöpfe ändern; dals alsdann die Art und 
Weise dieser Änderung bei ganz verschiedenen, der Gat- 
tung und Ordnung nach unter sich abweichenden Vögeln, die 
Aber einen gleichen oder sehr ähnlichen Aufenthalt mit 
einander gemein haben, eine gleiche oder sehr ähnliche ist. 
So beim Schneeammer und Felsen -Schneehuhne auf Island: des- 


sen Insularklima bekanntlich um ein so Bedeutendes gemälsigter 
ist, als das Klima des benachbarten, continentaleren Grönland und 
des continentalen Europa’s unter gleicher Nordbreite. 


[Während nämlich der Schneeammer und das Alpen- 
(oder Felsen-) Schneehuhn im Norden Amerika’s, Asiens und 


Europa’s, wo beide vorkommen (*), den Sommer über stets un- 


"mittelbar bei einander auf. den Hochalpen an der Schneeregion (**) 
und neben ‘den Gletschern wohnen, und sich erst für den Herbst 
und Winter von den Bergspitzen herabbegeben und trennen: 
jener, um sich nunmehr, weil Schnee sein Futter-Gesäme be- 
deckt, so weit nach Süden zu ziehen, bis er zum Theile schnee- 


freies Land findet; dieses, um den allzutiefen Schneelagen auszu- 
Sa . 77 5 


Aa: 0 RURAFIE 


; 4 S N 
(*) Auf den Alpen von Mittel- und einem Theile von Süd-Europa etc. rn Schneehuhn 
Roch vorkommt, wird bekanntlich der Schneeammer (Emserıza nipalis Linn.) nicht mehr gefun- 
En, sondern ist hier allgemein durch den Schneefinken (FrıwcitLa nivalis L.) ersetzt, welcher, 
Su gemäfsigten Zone eigen, in Skandinavien nur höchst selten neben ihm lebt, 
m ganz tiefen, rauhen Norden freilich auch nabe an der Ebene: weil sich hier die 
Schneelinie schr tief herabsenkt; zumal an dem äufseren (nach dem Strande hingekehrten) Ab- 
ige der Gebirge. — [Dieses (Schnee -) Verhältnifs in der Schweiz umgekehrt ; s. w. unten.] 


nn Fe 


94 


weichen. und in eine Region zu gelangen, in welcher es entwe- 
der geradezu, oder durch mäfsiges Scharren ,. die Knospen der 
Sträucher und die Blätter des Beerengestrüppes, die Beeren des 
Wachholders etc. erreicht —; so machen es, auf Island, desse® 
Sommer. kühler, dessen Winter gelinder, ‘und dessen Gebirge ® 
besonderer Art sind, sehr viele Vögel ‚beider Arten schon im 
Sommer, und: im Herbste und. Winter gewöhnlich alle, gera® 
umgekehrt.: Von beiden Arten hecken. viele auf ‘den niedere® 


Bergebenen, weit-unterhalb der Schneeregion, viele freilich auch 


noch:hoch:öben; im Herbste aber.rücken. sie ‚sämtlich weit berg‘ 
auf: «die Ammern, ‚um sich von: den jetzt.reif gewordenen $% 
mereien zu nähren, die Schneehühner, um von Beeren und dergl 
daselbst zu. leben. (). Jene wändern also in der Regel nicht a 
dem Lande aus, und diese streichen in der Regel nicht in die Thi 
lex nieder ‚sondern beide bleiben run meistens den ganzen we 
ter über ..da. (**). ‚Nur in solchen Jahren; wo ausnahmsweise ei 
‚ungewöhnlich harter und. schneereicher Winter die Verhältnis 
ihrer Umgebung ebenso, wie anderswo regelmäßsig, gestaltet, nuf 
in solchen tritt auch bei ihnen beiden als Ausnahme das ein, w# 
in continentalen Erdstrichen als Regel für sie gilt: dafs jener eiß 
fremdes, südlicheres Land, dieses die Thäler und Flächen sucht.] 

. Mit einem sehr. ähnlichen Umstande geht es unter ähnliche? 
Verhältnissen in Britannien, und zum Theile selbst noch au 
den Färöern, bei mehreren Arten ganz ähnlich zu. (***) Mel 
reren Vögeln nämlich, denen unsere Winter um Etwas, jedoch | 
nicht gerade sehr viel, zu kalt sind, mehreren solchen sagt de!’ 
mildere von England noch so hinlänglich zu: dafs sie-ihn ohne 
Beschwerde vertragen und, bei dem meist gänzlichen Mangel ad 
allem liegenden ‘oder auch- nur tagelang bleibenden Schnee, sich 
ohne besondre Noth ernähren können. Solehe wandern dahe 


(*) Vergl. Faber Prodromus der isländischen Ornithologie, S.16 - 17, und S. 10 und 13. 


‚ (**) Diefs wird ihnen, wie ich vermuthe, ganz vorzugsweise durch die beispiellos zerrissen. 
Formation. der isländischen, durchaus vulkanischen Gebirge möglich, deren Beschaffenheit wohl 
nirgends wieder so deutlich" hervortritt , und welche macht: dafs bei einem nicht. ganz über“ 
mäfsigen Schneefalle ein sehr mäfsiger Wind schon im+Stande ist, die Häupter der Berge und‘ 
die Oberflächen der. Felsen blofszuwehen ; wodurch die Vögel zum Futter gelangen können. 

(***) Vergl. hierzu. hinsichtlich einiger Landvögel: die betreffende Bemerkung in dem Zu 
satze über Terrao scoticus Gm. — Der Wasser - (Sumpf - und Schwimm -) Vögel, welch? 
dasselbe thun, sind viele; ja es giebt deren sogar auf Island einige, ee 


95 


Üort SAT nicht ‚aus, (ungeachtet sie es’bei uns immer zu thun 
Sewohnt sind. Und doch ist, wie sich denken läfst, das Überflie- 
Sen der höchst geringen Breite des Meeres nach dem mittägli- >» 
‚ten Continente, ‚besonders am südöstlichsten Ende .des Landes, 
N alle befiederte Wanderer ohne Ausnahme nur Spiel !— (*) 

In Italien werden, nach Savi’s Beobachtungen (**), mehrere 
uns für Strich-, oder nach Umständen beinahe für Zugyvö- 
sel Seltende Arten schon gewöhnlich Standvögel, ' manche Zug- 
gel zu blofsen Strichvögeln. Noch. weit verschiedner aber tritt 
e Erscheinung hervor: dafs, gleiehwie dort bereits ein nicht 
Wansehnlicher hal den bei uns den Ebenen eigenen Vegetation 
Sch über den Fufs der Gebirge, zum Theile ziemlich weit. auf. 
Vitts hebt, und eine andere, von Süden heraufstreifende, unter- 
Nirts an ihre Stelle tritt, — ebenso auch. eine bedeutende Zahl 
‘lcher Vögel, welche Gebirge lieben, jedoch unser Flachland 
'öch mit bevölkern helfen, und welche entweder durch ihre son- 
gen Lebensverhältnisse an jene ‚Gewächsgruppen gebunden. er- 
"einen, oder auch zufällig ähnliche Temperaturverhältnisse lie- 
U, wie die erwähnten Pflanzen, dort schon.nicht mehr in ‘den 
Nederungen hecken, sondern dieselben blofs auf ihren Zügen be- 
chen; dals andere dort merklich höher hinaufgehen, 'als sie es 
& uns_zu 'thun pflegen; und. dafs einige dort die Gebirge mit 
N bewohnen anfangen, welche wir. hier vergebens in solchen 
len würden. @) Ä 
‚ Bedenkt man nun, dafs-auch den Thieren (verschiedent- 
es je nach dem Grade ihrer Entwickelung) ein Theil von jener 
\enfühigkeit verliehen: ist, ‘welche. wir ‘unter dem Namen des 
"standes begreifen, und dafs sie diesen Verstand. doch ohne 
Veifel dazu haben, um ihn anzuwenden und aus seiner Verwen- 


ie: jeden, ihrer Natur nach möglichen Nutzen- zu: ziehen; so 


- 


wenn man alle dergleichen und vielerlei ähnliche Thatsachen sammelt und in 


,yx 
"ng a 
ten 


"NG zu seizen sucht, um ‚Allmählig auf den Grund der Erscheinungen zu kommen und 
Yen \üneren Zusammenhang aufzufinden, schafft man der Wissenschaft ‘wahre und gedeihliche, 


N voll bleibende Resultate; — nicht indem man die einzelnen Facta mit Absicht mecha- 


kn Nenn, und‘so ihre gemeinschaftliche Beziehung; vernichtet, um sie bei, einem geistlosen 


R “Aufstellen mit dem Tone der Unfehlbarkeit als schlagende Argumente anpreisen zu 
ent ' 


h 
— 


(r ! “ 2 . R € : 
375 Seiner mehrfach verdienstlichen, sehr tüchtig gearbeiteten Ornitologia Toscana, 


N — 


96 


wenn 


mufs man es wohl nicht anders als natürlich finden, 


: i F ‚ f 
durch Erfahrung dazu hingeleitet, an einem Orte zu ihrem 1 
theile Dinge thun, welche sie am andern ohne Nachtheil e2 
endt 


lassen dürfen: und wenn sie hierdurch, bei nothwendig werd 
nich 


häufiger Übung, am Ende eine gewisse Fertigkeit in Ver 
tungen erlangen, zu denen sie sonst ungeschickt sind oder schein?! 
Diefs giebt ebenfalls ein Augenmerk, welches man nicht über®® 
sollte bei Beurtheilung solcher Seiten klimatischer Abweichung‘. 
wie die, welche wir soeben hier nach einander a en 
haben. : Noch auf Ein. belehrendes Beispiel wollen wir so ein 
jed® 


yr 


Augenblicke unsere Aufmerksamkeit richten, an dem wir W 
sehen werden: dafs dasselbe, was anderswo klimatisch seit 
derswo auch durch theils örtliche und theils zufällige 
mente bewirkt werden kann. 

Von den beiden Abtheilungen der Enten taucht keme in 6 
fahr, aufser, wenn sie des Vermögens zu fliegen zufällig ber? 
oder desselben überhaupt (in der Jugend) noch nicht mächtig ss 
und nur die eine, die deshalb so genannten Tauchenten, pe 
bald mehr, bald weniger oft, doch im Ganzen häufig, nach I 
Nahrung (Schaalthieren, Fischen, Insecten und Larven) un 
Wasser zu fahren, um sie aus der Tiefe heraufzuholen. Die ‚ 
dern, die eigentlichen Enten, thun dies nicht, sondern nal 
sich’ gewöhnlich zum Theile von andern, obenauf schwimm® 
oder durch blofses Untertäuchen des Halses erreichbaren, mehr" 
getabilischen Gegenständen. Unter sie gehört die Stock-° 
gemeine wilde Ente, der Urstamm der zahmen. Nichts desi0 
niger haben es die Vögel dieser Art, welche auf dem hies®, 
Stadt- (ehemaligen Festungs-) Graben unterhalten werden j 
welche zum gröfseren Theile von zahmen, zum kleineren vol 
den abstammen, zum 'Fheile gemischter Abkunft sind, zu 
ausgezeichneten Fertigkeit im Tauchen nach Nahrung geb? 
Denn, natürlich beim Füttern weniger berücksichtigt, al ‚ 
Schwäne, und auf den schwimmenden Futterbrettern von 
abgetrieben, müssen sie sich an das zu halten suchen, was de ' 
aus dem Schnabel ins Wasser fällt und hier meistens zu 
sinkt; oder sie müssen sehen, das zu erlangen, was den Schw), 
mit der Absicht, dafs die Enten es nicht erreichen sollen». 


97 


seichte Wasser nahe am Ufer gestreut wird, wohin jene vermöge 
ihrer langen Hälse leicht hinabfahren. Die Stockenten haben diels 
aber bemerkt und sich so gut darnach richten gelernt, dafs 
jener sie beeinträchtigende Zweck des Fütterers grölsten Theils 
vereitelt wird: indem sie nicht viel schlechter danach untertauchen, 
als eine in ihrer Gesellschaft lebende Tafel- (eine wirkliche Tauch-) 
Ente, Sie thun es indefs gewöhnlich blofs im Winter, da sie im 
Sommer auch ohne das keine Noth haben. Die wilden hingegen 
thun es (nicht blols in Grönland, sondern auch hier bei uns) 
gerade vorzugsweise im Sommer; und zwar in wasserarmen | 
Sommern, wo (wie besonders im dielsjährigen) eine Menge klei- 
ner, zum Theile sogar recht ansehnliche Teiche, Gräben etc. 
gänzlich, andere meistens, trocken liegen: wo also die Zahl der 
"Wasserspiegel, auf denen sie sonst Futter suchen, aulserordent- 
lich verringert wird, hingegen aber die Menge kleiner Fische 
ünd Schnecken, nach. welchen sie sich sonst weniger umsehen, um 
eben so viel mehr in einen ungewöhnlich engen Raum zusam- 
mengedrängt wird, sie also für Ersteres bequem, aber gewöhn- 
lich nicht ohne Untertauchen, entschädigt. Hier tauchen denn 
ganze Schwärme lange Zeit, beständig auf und ab; gewils eben 
so gut, und vielleicht noch mehr, als in Grönland, (*) wenn man 


‚es auch bis jetzt noch nicht allgemein gewulst hat. 


S. 16. 
Einflufs der Jahreszeiten und einzelner, selbst kurzer Zeit- 
räume. — Die Klimate mufs Erfahrung kennen lehren, nicht Prä- 
sumption sie supponiren. 


Nach dem, was wir überhaupt von der Wirksamkeit erhöh- 
ter oder verminderter Wärme auf Farbenentwickelung gesehen 
haben, kann es keinem Zweifel unterliegen: dals, wenn es sich 
um die Erklärung individueller Prädisposition dazu (**) handelt, 


auch die Witterung derjenigen Zeit im Jahre in Betracht 
Era - . 
(#) Es war diefs nämlich hier ebenfalls wieder ein, mit. grofser Freude verkündigter 


Anhalt ‚des Urhebers der » ganz neuen « Zersplitterungs - » Ansicht «, um die grönländische 
5 Stockente als Species jetzt wenigstens als Subspecies !!) von den übrigen zu trennen. 
(**) Wobei wir hier von dem zufälligen, ungünstigen Umstande azen, dafs wir beim 
Mmpfange z.B. südlicherer Vögel, welche den unsrigen sehr ähneln, bis jetzt allzu selten mit 
erfahren : ob sie vielleicht in bergigen oder sonst kühleren Gegenden gesammelt sind, und wie 


überhaupt das Klima ihrer Geburtsgegend beschaffen sei, u. dergl. m. 


7 


98 


gezogen ie müsse, in welcher die. Jungen zur Welt 
kommen und ihre Befiederung erhalten; in welcher sie 
zum ersten Male, oder überhaupt, sich mausern, oder, M in 
welcher auch die Alten ihr Gefieder erneuern. Einzelne Erfah 
‚rungen lassen uns bereits Schlüsse darauf machen, wie wichtige 
Erfolge einst eine genauere Aufmerksamkeit auf diese Umstände 
uns zu liefern vermögen wird. 

[So möchte die Erscheinung, dals gewöhnlich 0 alle io Er 
nem Jahre, wenigstens in einerlei Gegend, auch von ganz verschie“ 
denen Weibchen gelegten Kuckuks-Eier einander sehr ähneln, — 
sich wohl allerdings (nach der hierüber gebräuchlich geword® 
nen Meinung) durch den allgemeinen Genufs dieser oder jene 
Art von Nahrung im Laufe des einen oder des andern Jahre 
erklären lassen: da in den meisten Sommern gerade diese odef 
jene Raupenart vorzugsweise häufig in einer Gegend zu seil 
pflegt, und demnach allen Kuckuken vorliegt. Für die Erfahrung 
hingegen: dafs es in manchem Sommer mehr, in einem au“ 
dern wenigere, rothbraune oder rothbraun gefleckte jung® 
Kuckuke giebt, — für diese dürfte der Grund wohl in der, all- 
gemeinen oder periodischen, atmosphärischen Constitution 
des betreffenden Jahrgangs zu suchen sein: deren grofse, ent- 
schiedene Wirksamkeit ja schon der anorganischen, noch weit meh 
aber der- organischen Physik (Physiologie) und ihrer practischen 
Anwendung auf das physische Leben (der Heilkunde), so oft Ver- 
anlassung zu den anziehendsten Betrachtungen, Untersuchungen 
und Schlüssen liefert. e7 Spätere, genauere Beobachtungen möch- 
ten daher wohl das Resultat geben: dafs ungewöhnlich warme 


Sommer auch bei uns eine, durch temporär-klimatische Abände- 


(*) Gewöhnlich —, aber, wie eigne Erfahrung mich gelehrt hat, keineswegs immerj 
denn ich habe < gleichzeitig die äufsersten Verschiedenheiten gefunden. — 
°  €**) Es kann keinem Bedenken unterliegen: dafs die Nahrung in gewissem RER im Stande 
sein möge, eine Veränderung in den Säften hervorzubringen, welche die Hülle eines Embryo" 
(die Eierschaale) färben, dessen erstes Entstehen so sehr in die Nähe der Verdauungsorgan® 
fällt; ganz vorzüglich beim Kuckuke, dessen sonderbare Zeugungseinrichtung so nahe (ja, ich 
glaube: gänzlich —) von seiner eigenthümlichen Nahrungsweise abhängt. Aber es läfst sic® 
nicht denken,. dafs ein Einflufs dieser Art sich je auf die Beschaffenheit des werdende®s 
eigentlichen Keims zum Embryo (denn der Embryo selbst entwickelt sich ja erst nach dem® 
Austritte aus dem Leibe . der Mutter) erstrecken könne oder dürfte, In der That kommen be 
allen Vögeln, mögen sie noch so sehr variirende Eier legen, Junge von ganz gleichem Aussehe® 
aus Eiern der entgegengesetztesten Färbungen hervor. 


’ 


o 


ungen denen der Sommer in südlicheren Gegenden nach Ver- 
R hältnifs entsprechende Erscheinung hervorrufen.] 

; Bedenke man nun: in wie vielen, mannichfachen Richtungen 
Solche miteinwirkende Zeit- und Lokal- Umstände sich, uns unbe- 
kannt, mit einander verbinden und sich unter einander durch- 
kreuzen mögen, und wie sie somit die Erscheinungen verwickeln 
oder .oft geradehin umkehren können; dafs sie hiermit aber doch 
alle die Regel durchaus nicht umstolsen, sondern dieselbe in der 


That nur befestigen; dafs sie uns dieselbe eigentlich auch nur um- 


'Zukehren scheinen, weil sie für unsere Wahrnehmung entweder 
im Einzelnen, oder in ihrem Zusammenhange, noch häufigst so 
gut wie gar nicht da sind; — und gewils, man wird in Zukunft 


etwas vorsichtiger urtheilen über Fälle, bei welchen man viel- 


leicht nicht selten selbst und. allein, nicht das Princip, sondern 
Nur seine mangelhafte Anwendung, oder der Mangel hinreichen- 
der Erfahrungen zur unbemängelten Anwendung desselben, die 

> Sehuld trägt, wenn man sie befremdlich findet, 

|  Anmerk. Überhaupt haben mehreren, selbst der sonst umsich- 
ligern Ornithologen, einige der einleuchtendsten unter den einzelnen 
Erscheinungen der Art nur defswegen befremdend geschienen : weil 
man in der Zoologie bisher so oft auf die wunderlichste Weise Klima 
und absolute (mathematisch - bestimmte) Lage verwechselt oder beide 
per fas et nefas identificirt hat! — Man hat die Klimate nicht so. 
genommen, wie sie wirklich sind, sondern so, wie sie nach der 
‚Lage unter den geographischen Parallelkreisen sein sollten. Man hat 
Sich dieselben also nach einer, durch unendlich viele Ausnahmen un- 
Sicher gemachten Regel selbst construirt (*);’ und diefs ist es, womit 


Man sich schon öfters Schwierigkeiten selbst erregt hat, wo in der Wirk- 
lichkeit gar keine sind. Man hat Klima und geographische Lage ver- 
wechselt: des Klima zweier Orte oder Gegenden verhält sich 
aber oft gerade umgekehrt wie ihre Lage; d.h., hauptsächlich 
Umgekehrt wie ihre relative Stellung zu den Parallelkreisen: und 
&in südlicherer Landstreifen kann bald ein für alle Mal, bald zu ge- 
Wissen Zeiten des Jahres kälter, nicht wärmer, als ein nördlicherer, 
mn “ v R; 
(*) Es begreift sich bald, dafs diese quasi -approximative Construction der Klimate nur 
an richtig sein könnte, wenn — das Land auf der ganzen Erde überall Sleickmäfsig eben, 
Seine Atmosphäre unbeweglich oder von der des Meeres durch eine durchsichtige, aber Iuftdichte 
Und mindestens einige Meilen hohe Scheidewand unbedingt getrennt, und wenn endlich der Bo- 
den selbst und seine Bedeckung überall völlig gleich beschaffen wären! — 
! 


100 


und zwei nahe gelegene können wegen Verschiedenheit der Umge- 
bung nicht unbedeutend verschieden sein. Man mufs sich also nicht s0 
ht: irre machen lassen durch Kreuzungen der Klimate, mit welchen 
sich dann nach Umständen gewöhnlich auch die klimatischen Varie 
täten der Thiere kreuzen und kreuzen müssen. 

So haben wir bereits von jenem Unterschiede der Klimate im 
Grofsen gesprochen, welchen die drei nördlichen Welttheile im Gan“ 
zen zeigen. Dabei giebt es jedoch (wie schon durch Beispiele gereig) 
je nach der besonderen Beschaffenheit einzelner, bald kleiner, pald 
grofser Erdstriche, namentlich je nach ihrer Lage gegen benachbar!® 
Meere und Gebirge und nach ihrer Erhebung in den Luftocean, nach 
dem leichten Entstehen und ‚häufigen Vorherrschen partieller Winde 
etc., eine Menge von Modificationen, die sich dann räumlich pald 
mehr, bald weniger weit ausdehnen. Modificationen, deren genauel® 
Bestimmung nicht hierher gchört, deren Dasein aber erwähnt werdet 
mufs, und die wir zum Theile schon in Anwendung auf unsern Zweck 
bringen können und in Zukunft häufig werden bringen müssen : der®® 
Bekaniikichet folglich auch der GEihEoleg zu suchen hat, wenn ei 
Dinge genau nach ihrem Ursprunge en und erklären will, zu 
deren Wahrnehmung und systematisch - richtiger Feststellung es nun? 
mehr blofs einer genauen Beobachtung der dargelegten Erfahr ‚ungs“ 


regeln bedürfen wird. — Hier nur wenige einzelne Beispiele hinsicht* 
lich Europas: 


Die Differenz zwischen Sommer und Winter ist in der Nähe 
des Mceres geringer, als. entfernt davon’: daher die Sommer dort 
kühler. So ist z.B. die Sommerwärme in den Gebirgsthälern im 
Osten Frankreichs und in den deutschen Rheinlanden im Allgemeine 
der Sommerwärme solcher Orte im westlichen Feiukrejdk: gleich, 
welche 3° südlicher liegen. Im Westen der scandinavischen Gebirg® 
ist die mittlere jährliche Temperatur um 2° höher, als im Osten der” 
selben; auch herrscht da ein kleinerer Unterschied zwischen der Som 
mer- und Winter-Temperatur. Im Süden der Alpen und im Westet 
Scandinaviens fällt mehr Regen. Im nordwestlichen Frankreich ist 
dem Weine die Meeresnähe nachtheilig durch das Herabdrücken der 
ihm nöthigen Sommerwärme: öhzleich auch der Winter durch sie 
gemildert wird; östlich hingegen geht der Weinbau, ebenso wie die” 
selbe Sommerwärme, weiter nach Norden. — Wir haben besslie ge 
sehen, dafs die Birken im Norden, die Nadelhölzer dagegen in der 
Schweiz, höher aufs Gebir ge hinaufgehen ; auf dem Kaukasus aber; 
noch südlicher als die Schweiz, kehrt die Sache sich dennoch um- 
Die Schneelinie sinkt in der östlichen Schweiz um 400’ tiefer hinab» 


101 


als in der westlichen. (*) Die Gegend von Triest zeichnet sich 
durch ein, nach Verhältnifs seiner geographischen Breite besonders 
Warmes Klima aus, welches noch wärmer ist, als das Klima des, ein 
wenig südlicheren, mehr westlich gelegenen Mailand ; dennoch „gedeiht 
der Olbaum nicht wohl in dem Thale östlich von Triest: weil dieses 
dem sogenannten Borra-Winde, und hierdurch bedeutender Kälte, 
Ausgeselzt ist.u (**) 

Ebenso wird auch den Abweichungen eines Vogels in einem 
Lande gegen ein anderes in Bezug auf seine Färbung und auf 
die Einrichtung seines Haushaltes nicht blofs die durchschnittsmä- 
[sige Jahrestemperatur desselben, sondern auch die Mitteltempe- 


ratur des Sommers und Winters, ja die Temperatur einzelner 
(in Bezug auf seine Erziehung oder Mauser wichtiger) Monate, 
die relative Zeit und Menge fallenden Schnees und Regens etc. 


bald günstig, bald störend entgegentreten. 

[Wenn also z.B. die Haussperlinge Dalmatiens, nur ein- 
fach mausernd und Standvögel, dem gröfseren Theile nach weni- 
ger entwickelte Farben zeigen, als die von Süd-, Mittel - und 
Ostitalien; so ist dabei zu bedenken, dafs Dalmatien vermöge sei- 
ner Landesbeschaffenheit fast alle Voraussetzungen (***) für sich 
hat, minder warm zu sein, als das gegenüberliegende Italien in 
gleicher Entfernung vom Erdgleicher. — Wenn dagegen umge- 
kehrt schwarzköpfige Bachstelzen oft, vielleicht in der 
That öfter als auf der italienischen Halbinsel, dort vorkommen; 
so ist hierbei der Umstand in Anschlag zu bringen: dals, wenn 
‚beide in gleicher, und zwar in gerader Richtung, nach Süden zie- 
hen, (****) vermöge der Lage von Land und Meer und vermöge 
der klimatischen Beschaffenheit ihrer winterlichen Bestimmungs- 
‚orte die dalmatinischen entschieden mehr ins Warme kommen 
müssen, als die italienischen: wo dann beide ihre Frühlingsmauser 
bestehen, in welcher bei den älteren Männchen der graue Kopf 
schwarzgefleckt, grauschwärzlich oder schwarz wird. Auch müs- 


Sen sie zuverlässig aus einem so gebirgigen und von einer so 


rl nut 
e — Umgekehrt in Norwegen! 8.75. Beilschmied Pflgeogr. S. 88-89, 60 und 70, 68. 


C*) Schouw Pflanzengeographie S. 82. 


(@***) Denn noch fehlt es an beinahe allen daselbst angestellten physikalischen Beobachtungen. 
Das weifs man jedoch gewifs, dafs es von kalten Wintern heimgesucht wird. — 


(****) Denn am Mittelmeere bören die Ursachen zur Abbeugung des Zuges nach Westen auf. 


102 


höchst gebirgigen Nachbarschaft umgebenen Lande, wie Ilyrien 
und besonders Dalmatien ist, eher fort, und können erst spät zurück: 
weil der Winter nicht anders, als früher eintreten und länger 
dauern kann, als in dem, doch merklich ebneren Italien. Endlich 
können sie hier, ohne den Cours wesentlich ‚zu verändern, meist 
und lange zu Lande fortgehen; während sich den dalmatinischen, 
einmal aufgebrochen, keine Gelegenheit zum Verweilen unterwegs 
ja kaum ein Ruhepunkt, darbietet.] > 

Solche, weit verzweigte Verhältnisse, nicht blofs die Grade 
der Breite, hat man zu berücksichtigen, sobald man über das 
Sammeln der Thatsachen hinausgehen, und sie auch erkläre 
will. Ein Streben, zu welchem es leider selbst. bei aller Umsicht 
oft noch gar sehr an denjenigen Hülfsmitteln fehlt, welche andere 


Zweige der Naturkunde uns dafür liefern müssen! — Und die 


Zoologie hat es sehr nöthig, sich näher, als bisher, mit diese» 
zu befreunden. 


x 


Ss. 17. 


Mit der immer gröfser werdenden Ausdehnung des Vaterlan-- 


des bei manchen Species sind auch manche, früher nicht vorhan- 
dene, klimatische Abänderungen erst entstanden. — (Wie- 


derholter Beweis: dafs solche also, schon defshalb, nicht als Species. 


aufgestellt werden dürfen.) Rückgehen derselben. 


Wirft man uns nun zum Ende noch von historischer Seite 
die, schon «früher mehrfach berührte Frage auf: ob wohl alle 
‚diese hier behandelten Abänderungen auch schon gleich an- 
fänglich entstanden ‚sein, oder ob sie sich zum Theile erst 
später als solche entwickelt haben mögen; so beantworten 
wir das Letztere unbedenklich mit Ja, (mit dem Beifügen: eben 
so gut, wie sich klimatische Ragen von Hausthieren gleichfalls 
erst nach und nach, wiewohl aus einleuchtenden Gründen fes- 


ter, gebildet haben.) Wir kommen hierdurch in der Hauptsache # 


auf die oben angeführte und in sehr vielen Fällen gewils stets 
richtig bleibende Äufserung; von Faber zurück, die ich nur im 
mathematisch - buchstäblichen Sinne nicht unterschreiben möchte; 
auf die Ansicht: dafs die weitere Verbreitung der Vogelarten all- 
mählig, von einer centralen Region ausgehend, in immer weite- 


1 


ru HB TR Eee nn. u 4 


103 


tem Umkreise erfolgt sei; dals sie also wenigstens nicht bei allen 
von jeher so gewesen sein könne, wie sie heute ist. Sobald 
dieser, leicht darzuthuende Satz erwiesen ist, so folgt auch mittel- 
bar aus demselben: dafs solche weit verbreitete Arten, wenn sie 
überhaupt klimatisch variiren, summarisch genommen, in der Vor- 
zeit nicht immer schon alle die verschiedenen Charactere an sich 
öetragen haben können, welche sie, ins Gesamt gerechnet, (d.h. 
alle jetzt unter den verschiedensten Klimaten obwaltende Verschie- 
denheiten summirt,) gegenwärtig besitzen. (%) — Indem ich es 
mir vorbehalte, mich späterhin, vielleicht in einigen Vorbemer- 
kungen zum 2!ea Theile des ornitholögischen Handbuchs, ausführ- 
licher über die historischen Data zu verbreiten, welche die all- 
mählig geschehene und noch fortwährend geschehende Erweite- 
Tung. des Vaterlandes so mancher Vogelarten (**) beweisen; so 
willich nunmehr hier nur die, für die meisten Leser noch neuen 
Erfahrungen über einen einzigen Landvogel aufnehmen, der in 
dieser Hinsicht noch darum ein erhöhtes Interesse gewährt, weil 
er bei seiner Gemeinheit gerade unter diejenigen gehört, welche 
sehr bedeutend nach dem Klima abändern und defshalb zum Theile 


in mehrere Arten zerspalten worden sind. [Es ist der Haus- 
sperling. | 


Bei ihm läfst sich die Zunahme seiner Verbreitung im asia- 


tischen Rufsland chronologisch genau nachweisen. (**) Er 
geht hier so weit nördlich und östlich, als es noch Saatfelder 
giebt, erschien aber auch nirgends früher, als bis es deren gab; 
2.B. am Irtisch in Tobolsk, nachdem die Russen das erste Acker- 
land gepflügt hatten. Nun kam er 1735 sogar am Obi hinauf 


rl ® ni o . 
bis nach Beresow, im Jahre 1739 nach Naryn, etwa 15° L, weı- 
2 2 EEE j Ä 
> (9) Je mehr sich, bei weiterem Forschen und Vergleichen, je die Richtigkeit dieser An- 
Sicht durch Zunahme der einzelnen Beweisfälle als allgemein gültig bewähren sollte; um so 
Wehr müfsten auch die (im Folgenden) für Einen Fall in Betreff der Selbständigkeit der Arten 


8ezogenen Folgerungen immer nıehr allgemein anwendbar werden. Und wie grofs möchte sich 


‘ 


Richt die Zahl solcher Fälle bereits gegenwärtig machen lassen! — Doch, diefs gehört mehr in 
Eine besondere Geschichte der Vögel und ihrer Verbreitung, die man hiervon eben so gut tren- 
nen kann und soll, wie man die Geschichte der Pflanzen und ihrer Verbreitung von der allge- 
Meinen Pflanzengeographie getrennt hat, Vergl. Schouw, Einleitung, 

(**) In Europa, namentlich.in Deutschland, das Heraufrücken südlicherer Spe- 
Cies, wofür schon Hr. Bruch (Isis 1831, 5. 409) einige Belege geliefert hat, die sich noch 
Sehr beträchtlich vermehren liefsen. E 


(***) Pallas bat diefs gethan in der Zoographia rosso - asiatica Th. Il, n. 197. 


104 


ter östlich ( ”). An der Gr; in-ihrem oberen Laufe, im Gouvel” 
nement Irkutzk, war er, wahrscheinlich von Süden her, schon im 
Jahre 1710 erschienen; aber an allen diesen Orten ist er jetzt 
gemein, zum Theile sehr häufig, und er fehlt dem unbebaute® 
Kamtschatka immer noch. Ebenso ist er nicht blofs nicht imme 
so weit nach dem Norden Europas hinauf gegangen, wie 8° 
genwärtig; sondern es läfst sich, mit Zuziehung der eben 8% 
nannten und anderer historischen Facta, auch darthun: dafs 24 
der Zeit, als noch Auerochsen und Rennthiere ‚ganz Deutsch“ 
land bewohnten, sich gewils noch kein Haussperling bei unse“ 
ren Vorältern angesiedelt hatte: da er in den damaligen, fast UN“ 
unterbrochenen Wäldern seiner Natur nach begreiflicher Weist 
gar nicht leben konnte, und die ältesten Urbewohner unsere 
Heimath anfänglich nichts von Getreide, dann kaum ein Wenig 
Hafer bauten, Weizen und Gerste aber, die -Lieblingsfrüchte de 
Vogels, erst durch die römischen Kolonien kennen lernten, und 
den Roggen noch später erhielten. Wenn er nun aber in dem 
damals schon ziemlich ebenso fleilsig und allgemein wie heut kul- 
tivirten, also (**) wohl klimatisch ebenso wie heut beschaffenel 


Italien gewils so oder fast so aussah, wie heut, dagegen jedoch 


bei uns jetzt, nach seiner von dorther erfolgten Verbreitung zU 
uns, anders aussieht, als dort; so ist die vermeinte specifische Vet“ 
schiedenheit der italienischen, spanischen und griechischen Stamm“ 
rage (FRINGILLA cisalpina Temm. und Fr. kispaniolensis ej.) 
von unseren deutschen, von den holländischen und von allen noch 
nördlicheren Abkömmlingen derselben ja schon historisch umge“ 


(*) Welch bedeutendes Fortrücken binnen einem so kurzen Zeitraume! 
Hier zeigt sich wohl sehr dentlich jener, ihm besonders von Nilfson erfahrungsmäfsig zug® 
schriebene, wunderbar feine Instinet, ned - angelegte Wohnungen und neu - bebaute Felder 50“ 
gar in der Entfernung aufzufinden. Derselbe scheint indefs zugleich auf die Möglichkeit hin“ 
zuweisen, dafs auch er unter den eigenthümlichen Klimaverhältnissen von Asien in manche® 
Gegenden desselbeu Zugvogel werden könne; und vielleicht stehen hiermit die beiden Um“ 
stände im Zusammenhange, dafs er das weit entfernte, wüste Felsenland Dauurien bewohnt 
und dafs er bereits in der Bucharei (nur zuweilen ?) ‘mit ausgezeichneter Erhöhung der Far? 
ben variirt. Ferner läfst sich die Ausübung jenes besonderen Spür - Instinets,, den er noch 
jetzt in Nordländern zeigt, füglich nur mit den Eigenschaften und Sitten eines Strichvogel# 
nicht mit der Gewohnheit eines Standvog gels vergleichen, für welchen wir den Haussperli8 
hei uns allgemein, aber wahrscheinlich schon häufig mit Unrecht (in Städten gewifs mit Recht) 
ansehen. Also auch hierbei Verschiedenheit unter verschiednen Klimaten. — 


(**%) — da das mitbestimmende Hauptmoment der Klimate, die so genannte relative welt- 
stellung (in Hinsicht auf umgebende Länder oder Meere), so unveränderlich ist, wie die Lage, 


105 


Stofsen: (*) (ganz abgesehen also von den Gegenbeweisen, welche 
‚Noch die Continuität der endlosen Abstufungen, nicht allein unter 


Verschiedenen Klimaten, sondern sogar unter einerlei Himmels- 
"egion, uns liefert.)] 


Anmerk. Denn sie fernerhin noch als Arten trennen zu wol- 
len, statt sie als blofse Abänderungen wieder unter Einem Namen zu 
Yereinigen, wäre die völligste petitio principü in Bezug auf einen vor 
Aller Augen liegenden Grundsatz der Natur, der eben so allge- 
Mein anerkannt, als erwiesen ist, und der sich sogar Jedem von 
Anfang her aufdrängt: dafs der Zweck der Fortpflanzung die 
haltung der Species ist. Die Nachkommen also für Wesen 
anderer Species halten wollen, als die Individuen des Urstammes, das 
hiefse doch «der Fortpflanzung nicht die Erhaltung der vorhandenen, 
Sondern auch die Hervorbringung, neuer’ Species zuschreiben. Es hiefse 
der Natur das Gestatten eines regellos -willkührlichen Phänomens zu- 
trauen, dessen unausbleibliche Folge eine unabsehbare Verwirrung 
Sein müfste, eben so grofs, wie seine Unbeschränkheit. Würde ja 
doch selbst eine Bildung neuer Arten durch Verbastardiren von je 
Zwei anderen Arten schon in weit, weit minder laxe Gränzen einge- 
Schlossen sein, als deren Entstehen aus der Begattung von Individuen 
Riner Art, möchte dasselbe auch immerhin so allmählig geschehen, 
als es irgend wollte! Und gleichwohl findet schon sie nicht Statt. 
an kennt vielmehr das, allen Anzeigen nach unbedingte In- 
terdict, mit welchem die Natur in dieser Hinsicht die Zeugungskraft 
der Bastarde belegt hat: (**) dafs sie sich nicht als selbständige We- 
sen für die Dauer erhalten ‚dürfen, sondern dafs sie (ohne ein beson- 
deres, mühsames und künstliches,. noch dazu ‚höchst selten durch Er- 
folg gekrönles Zuthun des Menschen) stets individuell wieder unter- 
gehen müssen, so wie sie nur individuell entsteben dürfen; dafs sie 
also nie Rechte auf ein fortbestehendes Dasein, auf ein Dasein als 


Species, erwerben können. 
a E 

(*) Defshalb würde man, vom streng - geschichtlichen Gesichtspunkte aus, allerdings rich- 
tiger nieht sowohl den italienischen, spanischen und ägyptischen Sperling als die südliche 
Abänderung des unsrigen, sondern diesen vielmehr als, nördliche Varietät von jenem, 
Und jenen als Usstamm, anzusprechen haben. Indefs bleibt diefs eine blofse, für die Sache 
An sich gleichgültige Formalität , sobald der Umstand , dafs man doch immer zunächst für das 
Vaterland schreibt, die billige Rücksicht erheischt : beständig von dem Vaterländischen, als 
dem Nächsten und Wichtigsten, auszugehen. 

&*) — insofern sie sich nicht etwa, wie zuweilen, mit einem der beiden Urstämme ver- 
Nischen‘; in welchem Falle ihre Nachkommen in diesen zurückschlagen. — Doch scheint ja 
Auch dieses Ereignifs schon ein solches, welches nie im Freien vorkommt; wie besonders in 
Skandinavien die Erfahrungen über den Bastard der Auerhenne mit dem Birkhahne zeigen. 


106 


Überdiefs haben wir ja auch gerade beim Haussperlinge, wie 
bei anderen Vögeln, geschen, dafs an einem Orte das höhere Alter 
ganz das Nämliche bewirkt, was an einem andern das Klima thul- 
Es wird aber doch wohl einer Seits Niemand die lächerliche Behaup“ 
tung wagen wollen: auch das Alter mache Species aus Individuen; 
und anderer Seits kann, wer irgend nur einigermaafsen consequent 
verfährt und folgerichtig denkt, doch unmöglich blofs darum (dia 
gnostisch) gleiche Dinge für (specifisch) ungleich halten, weil sie sic 
nicht auch an ganz gleichen Orten befinden (*); — zu geschweige" 
‚dafs auch wieder jedes bestimmte Abgränzen dieser verschiedn®® 
Orte rein unmöglich ist. Wenn es also keine Alters-Arte® 
giebt, so kann es auch keine klimatische Arten, sondel# 
blofs Abänderungen geben! — Tertium non datur! ee 

Weder die logische Definition, noch die naturhistorisch - syste” 
matische Feststellung und Werthbestimmung dessen, was wir Abät“ 

‚ derung nennen, (sei es nun klimatische oder Alters- Abändernng in 
. bestimmter Absonderung beider von einander, sei es in ihrem gewöhn“ 
lichen Ineinanderfliefsen —) keines von beiden kann uns je verhinderf® 
eine Abänderung erst dann, aber dann auch überall, als solche zu be" 
trachten, wenn uud wo sie als solche erscheint. Denn ein Vogel kant 
nicht blofs einen jungen erzeugen, welcher fürerst, und nach Umstän“ 
den vielleicht für immer, zu einer anderen Abänderung gehört, als @ 
selbst: sondern der junge mufs sogar, wenn der alte ja eine entschie“ 
dene Altersabänderung (Varietät des höheren Alters) bildet, natürlich 
co ipso, als junger, zuerst einer andern Varietät angehören; und da 
wir wissen, dafs klimatische und Altersvarietät untrennbar in einan* 
‚der fliefsen, so wird, was für die letztere gilt, auch für die erstel®. 
gelten. Dafs hingegen ein Vogel einen Nachkommen zeugen sollte, def 
eine andere Art ausmachte, als er selbst, diefs giebt weder die Logik» 
noch die Systematik zu, noch könnte es je die Natur gestatten. 


Sobald man weils, wie klimatische (namentlich Farben-) 
Varietäten entstehen, so. kann es keinen Zweifel unterliegen: 
dafs sie wieder zurückschlagen, d.h. sich dem Urstamme 
nach und nach wieder nähern können, nach Umständen sogar nä- 
hern müssen, wenn sie wieder unter den entgegengesetzten k05“ 
mischen Einwirkungen zu leben anfangen. Sehen wir diefs scho® 


(*) D.h. z.’B., um bei dem vorliegenden Falle zu bleiben: es ist, wo möglich, mehr als 
verkehrt, wenn Jemand einen süd - oder mitteldeutschen, der Frıwcırra cisalpina gleichende® 
Haussperling doch nicht zu dieser Quasi - Species zählen will, — darum: weil der ung deut“ 
schen Ursprungs, und nicht jenseits der Alpen geboren ist! — 


107 


bei Hau sthierragen, auf deren Erziehung der Mensch so vie- 
in Einflufs ausübt, und die er mit Mühe rein zu erhalten sucht, 
Weil blofs bestimmte Racen ihm zu bestimmten Zwecken so vor- 
Neilhaft geeignet erscheinen; so muls dieses um so mehr bei 
Varietäten der Fall sein, welche ihrer vollen na- 
fürlichen Freiheit geniefsen und somit die ungeschwächte 

irkung des Klimas fühlen, dessen Macht keine menschliche Sorg- 
ft und Kunst von ihnen abhält. Und doch beruht, wie Jeder 
weils, der Character der Hausthierragen gewöhnlich auf ganz an- 
€rn, unendlich viel fester stehenden Dingen, als auf — der Farbe; 
demjenigen Punkte, welcher, unter allen der am leichtesten verän- 
erliche, in seiner Veränderung fast’ allein das sehr bedeutend 
Characteristische der klimatischen Varietäten ausmacht. — [Ganz 
bestimmt werden italienische und spanische Haussperlinge, zu uns 
Bebracht, ‘den deutschen, besonders aber deutsche (*), nach jenseits 
et Alpen und Pyrenäen an den Fufs der spanischen Hochebenen 
nd den Strand des Mittelmeeres versetzt, den dortigen nach ei- 
Ügen Jahren entweder schon selbst ähnlich sehen; oder es wer- 
I en wenigstens ihre dort gezeugten Nachkommen im zweiten, 
titten Gliede jenen gleichen. TETRAO scoticus, nach Lappland 
$ebracht, wird gewils, und vielleicht bald, zum gewöhnlichen 
N saliceti werden, und umgekehrt; d.h. die winterliche Farben- 
Veränderung wird beim ersten dann wieder eintreten, beim zwei- 
En aufhören; (9)] Wenn es bekannt und gewils ist, dals sogar 
ie, schwarz gebornen, Neger zu bleichen fähig sind und beson- 
ers dann etwas heller werden, wenn sie noch jung bereits gegen 
Orden - gebracht wurden; so darf man wohl billig wiederum gar 
Nichts Wunderbares darin finden, wenn die frei lebenden Thiere 
ürch abwechselndes Versetzen hier lichter, nach Umständen zum 
heile weils, und nach Süden hin dunkler werden. (***) Aber 


“in, durch die dabei obwaltenden Umstände besonders verbürgter 


al soll hier angeführt werden, weil derselbe zeigt: dals aebe 
er 


(*) _ diese natürlich defshalb um so eher und gewisser, , weil sie im höheren er viel- 


cn auch schon hier bei uns so geworden sein würden — 


-(**%) So könnte man gewifs unbedenklich darauf rechnen, dafs Exemplare von Lerus 2oy. ealis, 
As Scandinavien nach Britannien geschafft, hier. die Neigung, einen weifsen Winterpelz anzule- 
en, ' nach einigen Generationen nicht mehr besitzen würden, 


$ = Vergl. hierneben auch die Note zu 5.14-15. 


bie nt = 


108 


klimatische Varietäten, wenigstens solcher Species, die vo 
zugsweise vor vielen andern zum Variiren geneigt sind, 51° 
sogar recht schnell ändern können. 

[Das zoologische Museum zu Berlin erhielt vor mehrere! 
Jahren im Winter einen lebenden sehr weilsen Mäusebuss#! 
mit . so verstolsenem Gefieder an Flügeln und Schwanz, dab 


er so nicht ausgestopft werden konnte. Doch war, da solch? 


Vögel nicht zu den gewöhnlichen Erscheinungen gehören, vod 
Fr 


denen nicht jeden Winter viele aus Norden zu uns kommen ( 
sein Besitz für die Sammlung erwünscht. Defshalb wurde er 
Pflege in die Königliche Menagerie auf der Pfaueninsel bei PoP“ 
dam gegeben, um ihn zuvor dort mausern zu lassen, dant „ 
tödten und zuzubereiten. Als er jedoch nach erfolgtem Fedef 
wechsel abgefordert werden sollte, war er zu einem so gewöht 
lichen braunen geworden, dals man ihn in seinem damalige? 


Zustande für das Museum gar nicht wiedernahm, indem ef so 


ganz entbehrlich war; welshalb er nunmehr dort blieb. 9] 


(*) Obwohl in manchen Sommern, wahrscheinlich nach lange anhaltenden Wintern, en” 
zelne hier zurückbleiben; wo sie sich alsdann mit gewöhnlichen braunen verpaaren. 
7°) Die mir genau mitgetheilten Umstände hierbei waren von der Art, dafs sie einer ve 
wechselung des Vogels mit einem andern durchaus keinen Raum gelassen haben; besonders 


auch damals gar kein Bussard weiter in der Menagerie gehalten wurde. 


Zusätze 


und 


ausführlichere Erörterungen. 


7a 8 183 
D;. hellen Farben-Ausartungen entstehen also durch eine gewisse 
Mangelhaftigkeit. Bei Ausartungen der Form, welche endlich 
“U sogenannten Monstrosiläten werden können, und selbst bei Aus- 
Bingen i in regelwidrig dunkle Farben, kömmt mifsleiteter Bil- 
lungstrich hinzu. 
' Zu 5; 5:7 

"Durch chemische oder dynamische, Zersetzungs- oder Stimu- 
ations. Processe, oder durch beide zugleich. « 

Für die Entwickelung erhöhter Zersetzungs - Processe 
durch erhöhte Wärme unter südlicherem Himmel, und überhaupt 
Unter gewissen relativen Klimaten in oft ziemlich beschränkten Di- 
Stricten, möchten selbst schon mit die Erfahrungen der Botanik unter 
ähnlichen Umständen ein sehr lautes und verställliches Wort sprechen. 
Vergleichen wir hierzu die bekannten Erfahrungen blofs über eins der 
nitesten und am meisten gebauten Gewächse, den Weinstock: 

Anmerk. (*) »Die geographische Breite wirkt auch auf die Beschaffenheit und Güte 
*der Trauben und des Weins, Im nördlichen Europa hat der Wein eine gröfsere Neigung zur 
Sänre, als im südlichen, Man vergleiche den Rheinwein mit den sicilianischen oder griechi- 
*schen (**) Weinsorten. Auch die Stärke des Weins nimmt in der Regel gegen die Wendekreise 
Be, Fine Vergleichung der eben genannten südeuropäischen Weine, so wie des Madeira-Weins, 
= den nordeuropäischen wird diesen Satz beweisen; doch erhalten letztere durch Alter eine 

rvisere Stärke. (***) Übrigens scheinen specielle Lokalitäts -Verhältnisse von bedeutendem 
Einflufse zu sein, So zeichnen sich verschiedene ungarische Weine (z.B. der Tokayer) bekannt- 
lich durch Stärke aus, deren Ursache Wahlenberg (****) in den vorherrschenden trockenen 
"östlichen Winden sucht. (H Oft trifft man in einer gewissen Gegend, oder auf einem ein- 


zelnen Berge, Wein von ine Geschmacke (Constantia, Hochheimer u, s. w.)« (1D)- 
NE = 


(*) S.Schouw Sangentshie S. 2. 12. 
+) und spanischen — (dieherben spanischen werden aus unreifen Trauben gekeltert. ) 


Tas) Wem müfste hier nicht auch der Erfahrungsatz einfallen, dafs sogar die Vögel bes 


\ 


Uns im Alter den südlicheren ähnlich werden? ! — 
a) Flora Carpathorum principalium pag. cl. Sn CI. 


(}) Sind doch auch die Haussäugethier - Racen Ungarns zum grofsen Theile von eigenthüm- 
lichem, ebenfalls dem mancher südlichen ähnlichem Character! — Siehe weiter unten. 


(i}) Hierzu würde der Inhalt fast des ganzen $. T. gegenüber zu halten sein. 


a Eee hei 


4110 


Auch bei den Thieren, namentlich bei Säugihieren, werden WI 
später (*) den Einflufs kennen lernen, welchen zum grofsen Theile 
gerade die nämlichen klimatischen Verhältnisse, BERN bei ihne® 
vielleicht mehr durch stimulirende Wir rkung, ausüben. 

Das Dasein verstärkter Er: regungs-Processe ist, insowel 
solche sich auf Erhöhung der animalischen Temperatur beziehen, } 
neuerer Zeit schon durch Untersuchungen der Physiker und Phys” 
logen auch materiell dargethan. J. Davy (**) hat durch eine Meng 
von Versuchen in sehr verschiedenen Weltgegenden gefunden: daß 
die Einwohner wärmerer Klimate wärmer sind; dafs Me# 
schen, welche aus einem kälteren Klima in ein’ wärmel® 
kommen, wärmer werden; dafs ferner namentlich die Vög® 
unter allen Thieren am wärmsten sind. 

Mögen immerhin dergleichen beobachtete, für künstliche Meß 
instrumente empfindbare Unterschiede nominell nicht bedeutend seit 
so müssen wir doch nicht vergessen: dafs auch bei andern Steiger -ungs“ 
und aufgeregten Zuständen das mechanisch - Mefsbare nur sehr "entfernt 
dem organisch- Empfindbaren entspricht. Bekanntlich wird z.B. auch 
bei der gröfsten Erwärmung des Körpers im Zustande der. höchst® 
‚Transpiration das Thermometer eine gegen die gewöhnliche erst 
wenige Grade, d.h. in einem für das organische Gefühl durcha® 


aufser Vergleich stehenden. Verhältnisse, gesteigerte Temperatur 


geben. Das Leben läfst sich nicht greifen, noch messen. — ° » 

Das Licht, unter heitrerem Himmel in reinerer, viel wenig 
mit sichtbaren Dünsten, welche die Sonnenstrahlen schwerer durch‘ 
lassen, erfüllter Atmosphäre viel stärker wirkend, kann’ sich eb& 
sowohl als chemisches (zersetzendes), wie als dynamisches (si 
mulirendes), hier vorzüglich als Wärme erzeugendes Moment, ‚w 
seiner Kraft zeigen. 

Es ist bekannt, dafs Licht sowohl auf anorganische, wie auch 
auf organische Körper, und in beiden Richtungen, namhaften, zum 
Theil aufserordentlichen, Einflufs äufsert. Nach den neuesten un 
ausgedehntesten Untersuchungen (***) erstrecken sich die Veränderun 
gen, welche es hervorzubringen vermag, auf alle Arten chemisch 
Processe; und vorzugsweise sind die säurehaltigen Stoffe seiner Ein 
wirkung unterworfen. — Der höchst wesentliche Einflufs ‘des Lich! 

(*) Gegen das Ende dieser Zusätze. 
ee re 


(***) Die chemischen Wirkungen des Lichts; dargestellt von Prof. Dr. Gust. Sucko" 
1832; besonders $S, 119 M. ’ 


111 


af die Erhöhung der Farben bei Pflanzen ist bekannt; Vogelfedern 
und Säugthierhaare aber sind Pflanzen auf Thierkörpern. Licht ist 
wur eigenthümlichen Entwickelung des Colorits den meisten 
Urchaus nöthig. So kann z.B. hitziges, aufregendes Futter in 
.. Gefangenschaft, besonders in dunklen Zimmern, durch Stimulation 
"War die Vermehrung des Colorits bewirken; aber der Mangel am 
Ülhigen Lichte führt.dann den gereizten und dabei nicht auf rechte 
ahn geleiteten Bildungstrieb auf Abwege. Dann werden bekanntlich 
Perlinge, Gimpel, Lerchen, Meisen, Wachteln und viele andere Vögel 
ürch dem Genufs des, in jeder Hinsicht reizenden Hanfsaamens leicht 
Schwarz: und zwar diejenigen um so eher, denen diese Nahrung sel- 
ner im Freien zu Theile wird. — Hier tritt unverkennbar die zer- 
*tzende Wirkung des Lichts sehr energisch auf. 


Zu 8.5, S.16.d, und $. 6, S. 25. 

Ein gar merkwürdiger Umstand, welcher abermals für die aus. 
Nchmende Kraft der rostrothen Farben zeugt, bleibt das Röthen 
“tv Kehle bei mehreren Vögeln, entweder unter südlicheren 
Mer sonst relativ - warmen Himmelsstrichen, oder im Frühlinge, und 
War ganz vornehmlich bei Männchen. Sollte es vielleicht (aufser mit 
m Zustande allgemeiner Reizung, welchen wärmere Atmosphäre, 
„ander- und Begattungstrieb herbeiführen) auch mit dem hohen 
"ade örtlicher Aufregung, welchen das viel häufigere Schreien beider 
(eschlechter, oder der Männchen, im Frühlinge wohl hervorbringen 
kann, in Verbindung stehen? (*) 

Wir bemerken es beim männlichen Wiesenpieper, einem 
&ifsigen Sänger, doch allenthalben nur im Frühlinge, und weit min- 
® und seltener an Weibchen; beim Ortolane im Süden, sehr 
“len in Deutschland: er ist: aber auch ein fleifsiger Sänger, ja das 

“ibchen gegen andere Vogelweibehen, besonders im Käfige, ein 
gemein emsiger (**); beim Blaukehlchen, auch einem fleifsigen 
iger, ‘an wärmern Orten, hinsichtlich des lichtern Brustflecks ner 


Br i 

Yu So wie Bar Anschwellen des Halses und Schwarzwerden seiner Haut bei den männlichen 

ten, "nd Dammkirschen ae = ad fr dama) und grofsen Rohrdommeln (Arvea 
Qrıs) zur Begattungszeit mit ihrem gleichzeitigen Brüllen. — 

no) Anmerk. Eins, welches ich noch vor Vollendung der ersten Mauser hier kaufte und 

de Unterhielt, sang, obgleich leise, doch ganz angenehm, aber (wie es auch bei andern Strauch- 

1. n.der Fall ist) auf eine vom Männchen in Ton, Modulation, Reichthum und Schönheit 


durch ungemein anhaltende Sätze gänzlich verschiedene Weise: ıheils so, wie eine leise 


\ 
N 
U} 
% 


itende Feldlerche, iheils wie ein Rothkehlehen im Herbste. Auch ein bei Wien Selangenes, 
thliges Weibchen des Grafen Gourcy v. Droitaumont sang, 


* R es . n . . - 
x *) Hier um so eher möglich, da, wie Hr. Brehm sehr richtig behauptet, die jungen 
N Rüchen yrährend des Winters das Kehlgefieder, und nur dieses, nochmals mausern. Ob das 


ern: : ; 5 
"Richt bei alten auch, wenigstens mit den blauen Federn, weschehen mag? —? 


bei den Wachtelmännchen im Frühlinge, wo sie, sonst stumM: 
durch ihr Schlagen die Weibchen herbeirufen ; beim Haussperlind ji 
welcher es zum Frühlinge am Schreien wahrlich nicht fehlen Jäß" 
im höheren Alter und in wärmeren Erdstrichen; dort auch selb* 
zuweilen beim Grauammer und der Kalanderlerche. a 

Ein für alle Mal sei auch hierbei noch wiederholt: dafs di? 
klimatisch gesteigerte Entwickelung der Farben nur 72 
ten allenthaiben (d.h. an allen Theilen des Thiers) ın gle” 
chem Grade fortgeht; dafs vielmehr, umgekehrt, ein Vogel eine 
Art in Einer Gegend sehr häufig den Bauch schon dunkler hat, ®° 
ar 


i = . ii 
tem Colorite begabten Rücken hat, als jener: eben so gut, wie r 


ein anderer, welcher im Gegentheile wieder einen mit mehr ver 


das Nämliche häufig genug bei uns finden. 

So ireten auch in diesem Punkte, wie in anderen, die hunteste! 
Kreuzungen hervor. 

Obwohl es übrigens in den Bemerkungen über das Variiren der 
einzelnen Farben aus den hierzu namhaft gemachten Beispielen deuf 
lich zu entnehmen ist, so möge es doch hier ebenfalls noch wiede" 
holt ausgesprochen sein: dafs, wo die beiden Geschlechter ein® 
Artssehr oder ganz verschiedene Farben tragen, nur dasj® 
nige von beiden überhaupt oder in merklichem Grade eine ra" 
benänderung erleidet, welches allein, oder dasjenige in wi 
geringerem, welches weniger dazu geneigte Farben besit" 
(sonst. beide in gleichem Grade). Belege liefern der Haussperl#' 


der Rohrammer, der Sperber, die gelbe Bachstelze, die Röthlinge eie 


ZuS. 8, S. 32, Note (*) 
Den Wasserpieper (Anruus aquaticus) betreffend. 
‚Ich finde es nöthig, hier, nachdem von diesem Vogel sO ® 
beziehungsweise die Rede gewesen ist, einige Zeilen beizufügen, wel 


ihn allein für sich und ins Besondre betrefien. Denn, wenn es gt 


ereignet, dafs Jemand, welcher, durch einen scharfen, richtigen w 
nicht von egoistischen Vorurtheilen bestrickten Beobachtungsgeist 2 
leitet, dem nutzlos verwirrenden Aufstellen neuer, unbegründeter Arte 
entschieden abhold ist, und welcher so oft am rechten Orte die feiß! 
satyrische Geifsel darüber zu schwingen weifs, wie Hr. Grabar“ 
wenn ein Mann dieses scienlistischen Characters sich doch einm® 
für eine dieser Neuigkeiten erklärt; so ist es der Mühe werth, 
es wird der Ursachen wegen in,der Regel auch für die Wissensch? 
interessant sein, dafs man hierauf Rücksicht nehme. (*) 


(*) Den unkritischen eitlen Schreier, welcher, auch der ganzen wissenschaftliche? f 
gegenüber, doch immer noch allein Recht zu haben wähnt, kann man dagegen um so unbes0!? 


ji 


“. AB 


Hr, Graba hat (*) die specifische Unabhängigkeit des soge- 
Nannten Ufer- oder Felsenpiepers tom Wasserpieper in Schutz 
Senommen. Hierbei stellt er zwar eine Behauptung auf, aber ohne 
Bepreise dafür zu liefern; ja, er hat im Gegentheile den schönsten 
1S dahin noch zu führen übrig gebliebenen Beweis dagegen nachge- 
bracht, den allein noch fehlenden, wiewohl schon nicht mehr: nöthigen, 
für die Identität beider aufgestellt. Dertselbe besteht in seiner be- 
Slimmten Wahrnehmung: dafs der sogenannle Felsen- oder Ufer- 
Pieper auch noch im Norden, nämlich auf den Färöern, hin und 
Wieder einzeln die kahlen’ Berge (das Field) bewohnt, völlig 
50, wie der Wasserpieper im Süden es gewöhnlich thut. 


Ins Besondere sagt Hr. G. von den Sitten: sie seien verschie- 


den. Diese Behauptung blieb jedoch ohne Unterstützung durch nähere 
Angaben und Gründe; denn hierbei darf man doch wohl, wie üblich, 
auch überhaupt fragen: welches sind diese Unterschiede? Und end- 
lich denke ich noch besonders die Frage stellen zu dürfen: wo ist 
denn das Kriterium, dem zufolge von Verschiedenheit die Rede sein 
könnte? Wo hätte Hr. Graba bis jetzt etwas wahrhaft Genügendes. 
über die Sitten und Eigenschaften des Wasserpiepers gefunden, um 
darnach die des Uferpiepers vergleichen und. hinlänglich beurtheilen 
zu können? Er ist nicht in dem Falie, beide selbst beobachtet. zu 
haben; so wenig, wie ich beide im Freien gesehen habe. , Ich habe 
aber den Wasserpieper mit aller Sorgfalt und Vollständigkeit in zahl- 
loser Menge beobachtet, und meine Erfahrungen Hrn. Naumann 
für den ten Band seines. Werks mitgetheilt: wo sie bereits seit fast 
3 Jahren gedruckt (wiewohl vielleicht noch in diesem Augenblicke 
nicht durch den Verleger publicirt) sind. Sollte dort Hr. G. einst 
Dinge finden, welche mit seinen Erfahrungen über den Uferpieper 
unvereinbar wären, dann möchte er das Recht behalten, in seinem 
Glauben zu beharren, wo nicht, ihn am Ende doch aufgeben. Bis 
dahin aber känn ich eine competente Auctorität für meine Ansicht 
anführen. . a 

Dieser Bürge ist. Hr. Temminck; competent hierin vor allen 
jetzigen Ornithologen, defshalb, weil allein er Gelegenheit gehabt 
hat, beide, den Wasser- wie den Uferpieper, hinlänglich im Freien. 
Zu beobachten: jenen auf seinen beiden Alpenreisen, diesen gar Jahr 
aus, Jahr ein am Strande seines Vaterlandes, seines eigenen Wohn- 
Ortes selbst. Je näher und bequemer ihm nun der letztere bekannt 


EEE : L 
Dach Belieben gewähren lassen, wenn man überall die erfreuliche Erfahrung macht: dafs, je 


Ärger mit’ tobenden Persönlichkeiten der Lärm,‘ um so geringer der Erfolg wird. 


(*) In seiner, besonders ornithologisch interessanten Reise nach Färö, S.56-59. — 


8 


414 


geworden war, um so entschiedener hätten ihm doch sicherlich die 
Abweichungen des ersteren auffallen müssen, sobald er ihn au 
seinen ornilhologischen Wanderungen im Süden Europas an seine 
hohen Wohnorten sah. Er aber ist nie der Ansicht gewesen, diese 
Vögel specifisch oder auch nur als Racen oder .dergl. zu trennen) 
ist auch bei der entgegengesetzten geblieben, sineldiein ich ihm zum 
Überflufse, und mit ausdrücklicher Hinweisung auf den damalige" 
Streit hierüber, noch eine schöne. Auswahl von Exemplaren, ar 
unsern Hochsudeten gesammelt, übersendet hatte. Da nun Hrr- 
wohl um so mehr zuzutrauen ist, dafs er wahrhafte specifische Un 
terschiede aufzufinden wissen werde, wo sie wirklich vorhanden sind: 

‘da er ja bekanntlich früher geneigt war, oder bei nicht zureichend® 
Anzahl von Übergangsstücken auch noch jetzt öfters geneigt ist, 
manche blöfs klimatische Differenzen für specifische Unterschied? 
anzusehen; so glaube ich, man würde sich auch über den Ufe” 
pieper hiermit beruhigen können, da er seine Speeifität verwirft. 
(Überdiefs kennt man keinen Singvogel, vielleicht sogar keinen Land- 
vogel, der ein ausschliefslicher Strandbewohner wäre. —) 

Nochmals sei es wiederholt: nur die besondere Achtung für 
Hrn. G.s gesunde, selbstständige Ansichten und sein se 
Beobachtungstalent, nicht aber eine ganz überflüssige Rücksicht au 
irgend einen Anderen, der mit in den Streit baertiheg verwickelt war 
hat mich zu gegenwärtigem Excurse in einer Sache bewegen könneh; 
in welcher ich früher selbst eine Parthei war. 


Zu $.9, S. 35, Note von S. 34. 

Anmerk. Beiläufig will ich hier anführen: dafs keineswegs alle, sondern nur manch® 
der Schleiereulen aus Brasilien ein wenig höhere Füfse besitzen, ebenso, wie es dergl" 
unter den unserigen giebt; und dafs nicht Lichtenstein, sondern schon Illiger, sie iM 
Berliner Museum als Species aufstellte, wo ersterer sie nur einstweilen provisorisch als solch® 
bestehen liefs, bis eine gröfsere Zahl von Exemplaren in allen Verschiedenheiten einlief, — 
Eine Erklärung, welche Hr. Geheime Ratı Lichtenstein mir unter dem ausdrücklichen Be 
merken mittheilte: dafs er sich ein für alle Mal eben so wenig, wie er sich fremde Verdienste 
zugeschrieben zu schen wünsche, zur Vertretung fremder Fehler und irriger Ansichten Andere! 
geneigt fühle; da er vielmehr in diesem und allen ähnlichen Punkten ganz die hier vorgetrage” 
nen Ansichten theilt. 


Zu S. 36, Note von S, 35. 
Über das klimatische Variiren des Stahrs 
ist oben (die Bemerkung über das Färben der Füfse abgerechnet) 
einstweilen jede Äufserung bis hierher verspart worden. Denn, der 
einzige Land vogel Europas mit einem Gefieder von solcher 
Form, Färbung und Textur, ändert er auch nur allein insofer» 
auf eigenthürnliche Weise ab, als dieselbe unter den übrigen Land- 


115 


Vögeln nicht ihres Gleichen hat hinsichtlich des ungewöhnlichen Ver- 
ins zusammenwirkender Ursachen. 

Die Gestaltı der Federn, sonst abgerundet, ist im mannbaren 
Alter (d.h. bereits nach der ersten Mauser) bei ihm zugespitzt und 
Aug gezogen. Die Farbe, sonst mit wenigerem Glanze, meist ohne 
Allen lebhaften Schimmer, findet sich bei ihm mit starkem, metal- 
lischem Glanze. gepaart: welcher, wie bekannt, nur durch eine be- 
Sondere Glätte des Gefüges oder der einzelnen, kleinsten, dem unbe- 
Waffneten Auge als solche nicht unterscheidbaren Federtheilchen ent- 
Stehen kann. Hiermit verbindet sich eine nicht minder eigenthüm- 
liche sanfte Härte des Gefieders, aus der Beschaffenheit der kleinen, 
'2erbrechlichen Partikelchen entspringend. 

In der Jugend, wo das Gefieder eine rundliche, auch bei an- 
dern Vögeln gewöhnliche Gestalt und die gewöhnliche Weichheit zeigt, 
ändert er (so lange natürlich, als er dasselbe noch frisch besitzt) im 
Süden hinsichtlich der Farbe so ab: dafs er etwas dunkler wird, 
als bei uns; also auf die gewöhnliche Weise. 

Im männlichen Alter kehrt sich die Sache, namentlich 
für Sardinien, auch bereits für Un garn, um. Das ganze Gefieder 
wird meistens viel heller, als es bei den unserigen zu sein pflegt, 
auch weit ärmer an Glanz: und diefs, je näher der Mauser, stets um 
So bemerklicher. (Srurnus unicolor Marm.) Diese Veränderung 
erfolgt auf die Weise: dafs die kleinsten (dunkelsten und glänzend- 
‚Sten) Fäserchen der Federn (die tertiären Fähnchen oder Fibrillen) 
©berhalb vermöge der wärmeren Trockenheit der Luft, welcher sie 


Zumal in jenen sonnigeu, oft weithin sehr baumarmen Gegenden aus- 
gesetzt sind, abbrechen und ganz verloren gehen: wodurch die weifsen 
(tertiären) Schäftchen und unteren Theilchen der kleinsten Fähnchen 
auf eine Weise zum Vorscheine kommen, welche zwar nur bei star- 
ker Vergröfserung (*) ganz deutlich wahrnehmbar ist, natürlich aber 
M ihrer Totalwirkung darum sehr sichtbar wird, weil diese kleinsten 
Partikelchen des Gefieders zusammen doch einen grofsen Theil des 


ederraumes einnehmen. 
(Auch hier zeigt sich wieder die Ähnlichkeit der Wirkung 
Unserer Sommer mit den Folgen des dortigen Klimas über- 
aupt. Alle (alte) Staare- verlieren nämlich dann bei uns dieselben 
Bu 


(€) Es war, bei sehr günstigem Lichte, eine etwas über hundertfache Vergröfserung, auf 
Welche Hr. Prof. Purkinje sein treflliches, einer mehr als tausendfachen fähiges, Wiener Mi- 
"oscop stellte, als er die Güte hatte, das Gefieder der Staare mit mir zu untersuchen; wovon 
die untersuchten Proben in seiner eben angelegten, höchst einfach und sinnreich eingerichteten 

Ammlung microscopischer Gegenstände aufbewahrt, 


gH: 


11:6 
Fäserchen in einem, freilich geringeren Gr zu und werden somit den 
sardinischen viel, ähnlicher, als sie ihnen im Herbste im neu an 
gelegten Kleide waren. Doch, wie gesagt, schon in Ungarn kommt 
der Stahr in ähnlicher, nur noch nicht so auffallender Abänderung : 
vor; es ist also wieder auch hier die hinreichendste, beweisendst® 
Stufenfolge vorhanden.) 

Was hingegen denjenigen Theil des Gefieder betrifft 
welcher jederzeit von gewöhnlicher Textur und Ansehen ist; 
so tritt bei ihm wieder die allgemein geltende Regel der Ver 
dunkelung ein, so weit diese, dem Gesetze der Farbensättigung ge 
mäfs, irgend noch erfolgen kann. _ Die grofsen Flügel - und die 
Schwanzfedern nämlich, welche ein schwarzgr auliches, mit dem Alter 
auch an deutschen tiefer werdendes Colorit tragen und nur einen ei“ 
was glänzenden schwärzlichen Vorsaum haben, werden dort viel 0° 
tensiver gefärbt. 

Dafs die sardinischen wirklich, wenn nicht immer, doch 8° 
wöhnlich, nach Verhältnifs auch etwas längere und noch schm# 
lere Federn zu haben scheinen, als die deutschen, entspricht 
ebenfalls vollkommen der Regel von Obsteig‘ der Vög® 
höheren Alters unter ächt gemäfsigten mit der Fiasier Narietäb 
unter wärmeren Klimaten,, erklärt sich also hierdurch. Je älter näm“ 
lich der Staar, um so länger und schmäler wird seim Gefieder scho® 
bei uns: und ein einjähriger Vogel, besonders ein weiblicher, unter“ 
scheidet sich in der Hinsicht noch dreimal mehr von einem alte: 
etwa fünf- bis sechsjährigen, als dieser von dem sardinischen und zU* 
mal vom ungarischen. \ 

Dafs und warum diese südlicheren ein reineres Gefieder erhaltet 
an welchem die hellen, bräunlichen, glanzlosen Federspitzchen unse“ 
rer jüngeren, namentlich der Herbstvögel, theils in Folge verändert! 
organischer Bildungsthätigkeit überhaupt, theils durch mechanisch? 
Ursachen, früher verschwinden, braucht kaum erwähnt zu werden. 


Anmerk. Wie 'man die Verschiedenheiten zu würdigen habe, welche in den Sitten def 
sardinischen herrschen sollen, zeigen schon die Widersprüche, in welchen die Schriftsteller, # 
sammengenommen, hierin gegen einander erscheinen. Schon Wagler war, ohne dafs damals Äi 
einer von uns an mieroscopische Untersuchungen dachte, der Übergänge wegen hierüber & 
gleicher Meinung mit mir, Auch er verwarf den Srurnus vricolor als Species. 

Es dürfte leicht zu tieferer Einsicht über Manches führen, a 
ausgebreitete Untersuchungen mit dem Microscope über das Gefied® 
khimmisch verschiedener Vögel einer Art angestellt würden. Viel” 
leicht entschliefst sich Hr. Prof. Purkinje dazu, wenn sich Gele 


‚ (*) Als ich im J. 1828 ihn einige Zeit hindurch täglich sprach. 


9 


genheit zum beideitten und sichern Herbeischaffen des hierzu nöthi- 
5en Materials ereignet. 


Zu S. 11, 8.47. 
Das so genannte schottische Schneehuhn nur eine Varietät 
des Weiden- Schneehuhns. 


. Entsprungen ist diese Ansicht eigentlich hauptsächlich und zu- 
erst aus: der aufserordentlich engen, sowohl unter den Vögeln, wie 
auch sogar unter den Säugethieren bis heut ganz beispiellosen 
Beschränktheit des Vaterlandes, welches diese vermeinte 
'Vogelart inne hat. Und es sprechen ferner für sie: die gänzliche 
Übereinstimmung aller Verhältnisse des Vogels mit denen 
des Weidenschneehuhns, die Gleichheit der Sommerfär- 
bung, des Aufenthalts, der Lebensart und der Sitten, so 
Weit eiieeelhöh bisher bekannt geworden sind. Dazu kommt noch 
auf der einen Seite‘ die apodictische Gewifsheit: dafs überhaupt viele 
jetzt: nordische Thiere ehedem auch viel weiter südlich gewohnt ha- 
ben, als jetzt; und dafs dieselben erst in neueren Zeiten (nicht blofs 
@inzig darum, weil sie durch die von Menschen erlittenen Verfolgun- 
gen gedrängt wurden, sondern theils zugleich um der allmähligen, 
durch immer weiter verbreitete Landescultur fortwährend steigenden 
Milderung des Klimas willen, theils sogar vielleicht schon wegen die- 


ser allein) sich so hoch nach dem Pole hinauf zurückgezogen haben; 


ebenso, wie andere sich ihm aus dem letzteren Grunde vom tieferen 
Süden her immer mehr nähern konnten, und wirklich genäbert ha- 
ben. Auf der andern Seite aber steht noch gar die Möglichkeit, wo 
nicht die Wahrscheinlichkeit: dafs das schottische Waldhuhn erst von 


der Jagdlust der Landesbewohner an seinen jetzigen Heimathsort ein- 


geführt worden sein könne. — Die Ansicht ist zu neu, und zu ent- 
schieden der gewohnten Meinung widerstrebend, als Hals, es nicht 
erforderlich en könnte, sie ausführlicher zu begründen. . 

Es scheint an einem wunderlichen Zufalle gelegen zu haben, 
dafs bisher noch Niemand auf den auffallenden Umstand aufmerksam 
geworden ist, welcher in der überaus engen Verbreitung des 
schottischen Huhns liegt; sonst hätie man daraus längst Verdacht 
Schöpfen müssen. s 

Nehmen wir von Vögeln, und selbst von Säugethieren, solche, 
die anerkannt unter allen das beschränkteste Vaterland haben, zum 
Vergleiche; so bleibt deren Verbreitung doch immer noch eine un- 
endlich weit ausgedehnte gegen die Verbreitung des in Rede stehen- 
den Vogels. [Angenommen z. B., der Mouflon (Ovıs musimon) wäre 


\ 


we 


nn ee 
äge 


fi 2 re ae 


118 


wirklich nur auf Korsika, Sardinien und Kreta (nicht einmal mehr 
auf Cypern, nicht in Nordafrika und nicht auf dem Festlande ie 
Asien) zu Hause, wie es nicht der Fall ist: so würde seine Verbrei= 
tung doch immer noch über etwa 18 geographische Längen - un 
über 8 Breitengrade reichen. Beim schottischen Schneehuhne betrüg® 
dieselbe schon so noch lange, lange nicht die Hälfte. In der That 
erweicht sie aber noch lange nicht den vierten Theil: indem (*) der Muf- 
lon noch die Serra de Gerez, das höchste Gebirge des nördlichste®® 
Portugals, bewohnt. —] 

[Wieviel höher wird nun der Abstand erst beim Vergleiche mit 
Vögeln! — Unter ihnen besitzen allerdings die Hühner, weil sie (mil 
Ausnahme der Wachteln und Flughühner) nicht wandern könneh 
eine besonders geringe Ausdehnung nach der geographischen Breite’ 
wiewohl manche doch eine recht weite nach der geographischen Läng® 
einnehmen. Gleichwohl übertri@t das roihe Rebhuhn, eine de! 
eingeschränktesten Hühnerspeeies, das schottische Schneehuhn noch 
mindestens um das Zwanzigfache; ja, bei dem letzteren ist die Er“ 
streckung nach beiden Richtungen fast gleich: — ein, bei geringen 
Dimensionen nicht minder ohne Beispiel dastehender Umstand! — 
Einer der seltensten und der am spätesten entdeckten unter den klei- 
nen Vögeln, dabei zugleich ganz ungemein schwer aufzufinden, und 
nie von Jägern, nur von Ornithologen gesucht, auch ein äufserst 
schlechter Flieger, ist der Flufs-Rohrsänger; aber doch würde 
der Flächenraum seines Vaterlandes, so weit man dasselbe bis heute 
schon kennt, im Sommer bereits zehn bis zwölf Mal das Vaterland 
des schottischen Schneehuhns in sich einschliefsen können: indem & 
Frankreich, ganz Deutschland, Ungarn, Litihauen (nach Eichwald)» 
also gewifs auch Polen umfafst; (und im Winter mufs er gar über 
das ganze Südeuropa hinausreichen.)] 

In den Verhältnissen dieses sogenannten schottischen Schnee“ 
huhns und des Weiden-Schnechuhns findet durchaus kein Uniter- 


schied Statt, Sie stimmen namentlich in der relativen Länge der 
Schwingen gegen einander, — also in einem Punkte, in weichem sich 
sonst die beiden europäischen Schneehühner bestimmt von einander 
unterscheiden, genau mit einander überein. 


- [Das kleine Wiesel hat nur in Folge unseres wärmeren, das Her- 
melin in Folge eines noch südlicheren Klimas alle Neigung verloren, 
eine ganz weifse Winterfärbung anzunehmen: die beide im hohe 


©) Nach der Versicherung H. F. Link’s, (dessen Phys. Erdbeschr. L., S. 239.) der selbst 
in Portugal war. — Nach manchen Anzeigen scheint jedoch das Thier noch sonst weiter ve” 
breitet, 2 


119 


Norden immer besitzen, und die vielleicht beide auch bei uns damals 
esafsen, als Deutschland noch rauh genug für Renunthiere und manche 
ändere, jetzt rein-nordische Thierarten war; und selbst beim nor- 
dischen Hasen schwächt sich diese Neigung an seinem jetzigen süd- 
lichsten Wohnorte in Skandinavien.] Warum soll dasselbe nicht auch 
ei dem, sonst nördlicheren Weidenschneehuhne in Schottland der 
Fall gewesen sein? Schottland hat, als der gebirgige Endiheil 
Cines auffallend milden, von dem nächsten nordischen Festlande 
durch einen breiten Meeresarm von mehr als 5 Längengraden ge- 
tvennten, und von demselben klimatisch sehr wesentlich ‚verschiedenen 
Inselraumes, offenbar das Entweichen desselben Vogels nach Nors 
den zu unbedingt gehindert; vorausgesetzt nämlich, dafs er ursprüng- 
lieh dort vorhanden gewesen sei. Inseln aber sind überhaupt kli- 
Matisch viel gelinder, als benachbarte Festländer;: und namentlich 
Sind in Europa die westlichen Theile gar ungemein viel milder, als 
die östlicheren; gerade Britannien aber ist vor allen durch sein 
ünverhältnifsmäfsig mildes, zumal im Winter höchst gemä- 
fsigtes, und durchs ganze Jahr ungewöhnlich gleichmäfsiges 
Nebel-Klima bekannt. (*) Ist es wohl also ein Wunder, wenn 
das Weiden-Schneehuhn seine Neigung zur Annahme einer weifsen 
Winterbefiederung in Schottland verloren hat: da ja die nördlichste 
Spitze dieses Landes immer noch um einige Breitengrade weiter nach 
Süden liegt, als der südlichste Pankt seiner Verbreitung auf der, 
Schon überhaupt weit kälteren scandinavischen Halbinsel, — nämlich 
äls der See Siljan? Spricht nicht ferner auch wieder der Umstand 
dafür: dafs es noch in England, dicht an der Gränze mit dem süd- 
Östlichsten Schottland, einzelne Fälle giebt, wo das schotti- 
Sche Huhn zwar nicht regelmäfsig weifs wird, aber doch ‚bald so, 
bald in einer hellen, weifslichen Färbung an Einem Orte und 
als Race, d. h. in mehreren sich so fortpflanzenden: Familien, vor- 
kömmt? (*%) ‚Spricht nicht ebenso auch die Erfahrung: dafs im 


Ommer, den neueren und neuesten Erfahrungen zufolge, die ältesten 
Er k . e - 


(*) Daher ja anch gewöhnlich noch eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Vögeln öfter 
Oder Weiter in England, als in Deutschland, hinaufgehen, oder manche dort überwintern, während 


Nie hier auswandern. Man denke an die Steinkrähen, den Zip- und Zaun- Ammer, den Staar, 
die ae Mate, den Buchfinken, das roihe Rebhuhn etc. E 

em) Nach einer von Selby (Zllustrations of british Ornith., I.) herrührenden, freilich 
Richt sehr verständlichen: Mittheilung durch Hrn. F. Boie in.der Isis v. 1831, S. 540, wo. diese 
bänderung »rahmfarbig« (also gelblich- oder milch weifs?) genannt wird. »...Die 
"interessante Mittheilung : dafs sich in Durham aus dem, sich auch durch seine Hinneigung zum 
N arliren in Weifs als wahres Schnechuhn beurkundenden Terrao scoticus eine rahmfarbige 
® Age gebildet hatte ...® Sie waren aber wohl nur im Winter so? — ? j 


120 


Weiden-Schneehühner Norwegens ebenso den weifsen Bauch und die 
weifse Fufsbefiederung nicht haben,: wie die schottischen sie zwal 
gewöhnlich nicht, aber doch sehr oft, sehr oft noch haben? Den" 
hiernach hört dieses, selbst noch von Temminck angeführte Unter“ 
'scheidungszeichen ganz auf, eim solches zu sein: und es wird (wie 
fast immer und bei fast allen Arten) dasjenige bei der südlichen Ab“ 
änderung allgemein, oder doch gewöhnlich, was unter einem etwas 
nördlicheren Klima nur eine Eigenheit des höheren Lebensalters aus“ 
macht. Endlich könnten‘ die beim Weidenschneehuhne gewöhnlie 
vorkommende weifse Farbe des Bauches, auch im Sommer, und die 
beständige Weifse der Schwungfedern, beide schon überhaupt nie er 
nen gültigen Einwurf gegen die specifische Identität desselben it 
dem schottischen bilden. Denn, da bekanntlich alle junge Schne®“ 
hühner bis zur ersten Herbstmauser, wo 'sie eben das erste Mal &9 
weifses Gewand anlegen, ohne Ausnahme braungraue, einzeln ros" 
gelblich gefleckte vordere Schwingen samt gewellten Fufs- und Bauch 
federn besitzen; so versteht es sich ja eigentlich schon von selbst 
dafs doch wohl diese Theile nicht erst eine weifse Färbung annchm 
werden, wenn sich der Trieb zum Weifswerden nunmehr über haup! 
"verloren hat. Die weilsen vordersten Schwingen nun vabgerechneh 
sind aber die vermeinten beiden Huhnarten einander so absolut ab# 
lich, dafs früher sogar Hr. Temminck das Sommergefieder ( 
welchem bei ausgestopften Exemplaren dieses Kotitirktchice des We 
denhuhns leicht übersehen werden kann) von beiden verwechselt! 
oder dafs er vielmehr den Terrao scoticus als Sommervogel von T: 
saliceti beschrieben, und beide für identisch gehalten hat. Ein zwal 
von ihm selbst später als grofser Mifsgriff bezeichnetes Verfahren, ! „ 
welchem ich jeduch im Gegentheile ungemein viel mehr Richtig® 
als Irriges, zu finden vermeine. 

Dafs sich das schottische Schneehuhn nur einfach mausere, ist 
wohl von Einem oder“dem Andern vorausgesetzt, in Folge der Er 
fahrung:-dafs es die Farbe nicht wechselt; es bliebe aber fürerst noch 
durch wirkliche Beobachtungen zu erweisen: denn noch wülste ich 
wenigstens nicht, dafs ein dort einheimischer practischer Ornithol08 
irgend etwas hierüber geäufsert, viel weniger, dafs er es dargetb2" 
hätte. Und’selbst, wenn es sich als richtig erwiese, so könnte dies 
ebenfalls eine leicht mögliche Folge des Klimas sein. Denn, mal 
- mag nun eines Theils teleologisch den dann liegenden Schnee und der 
Wunsch der Natur, den Vogel durch Ähnlichkeit seiner Färbung mit 
seiner Umgehung vor den zu übermäfsigen Nachstellungen seine 
Feinde zu char als Grund der Feassilung ins Weifse zum 


' 


121 


Winter und ins Rothbraune zum Sommer durch doppeltes Mausern 
Annehmen ; oder man mag andern Theils, physiologisch, die Wir- 
üng der Kälte als Ursache davon ansehen: in der Gestalt der Frage 
Wird dadurch Nichts geändert. Die Lage der Sache bleibt immer 
die: dafs beides in Schottland, besonders aber in England und Ir land, 
Sanz anders als in Scandinavien, und noch verschiedener als in dem 
“Ontinentalen Nordeuropa, erscheint. 


'Anmerk. Hierüber geben die folkinde kurzen Data der mittleren Temperatur -Verhält- 


Risse schnellen. Aufschlufs. Ich will dabei blofs erinnern, dafs einer Seits Edinbnrg, Kopen- 


agen und Moskau so nahe am 56° d. Br. liegen, dafs sie nach ihrer Stellung unter den geogra- 

Phischen Parallelkreisen geradezu als gleich angenommen werden können; und dafs Edinburg 
dem Centrum der Verbreitung von Terr4o scoticus angehört, Christiania aber schon um 1° 
Südlicher liegt, als der bereits erwähnte Siljansee, und um mehr denn 1? nördlicher, als die 
ürdlichste Spitze von Schottland. 


Unterschied 
Jahres- | Sommer- | Winter- i der kältesten 
Temp. Temp. Temp. Differenz. 


und wärmsten 
Monate 


Edioburg. .. 65° | 113° | + 2,9 8,48 8,TCR. 
Kopenhagen. . « 7,0 13,5 — 0,3 13,8 15,5 
Moskau es 2,8 14,7 — 9,5 24,2 23,3 
(Christiania. . . 4,1 12,1 — 3,2 155 16,9) 
Wie ungewöhnlich mild und gleichmäfsig ist also das Klima von Schottland schon gegen das 
Yon Dänemark ! — | 


Schwerlich läfst sich glauben, dafs Britannien die wahre, 
eigentliche Heimath des schottischen Huhns sein möge; oder we- 


® 


Nigstens bestimmt nicht, dafs es auch jetzt seine ihm wahrhaft 
angemessene sein'’könne. Diefs scheint bereits aus der Erfahrung 
hervorzugehen: dafs es, obgleich jetzt nur auf dieses Insel- 
reich allein beschränkt, obgleich überall gehegt, und bei einer 
Schon überhaupt höchst strengen, ganz aristokratischen Jagdgesetz- 
gebung noch durch eine ausdrückliche Verordnung in seiner Fort- 
anzung geschützt, sich doch durchaus nicht über das Ganze 
der Länder verbreiten mag, sondern sich vielmehr durchgängig 
blofs in den nördlicheren und gebirgigen Theilen hält; in denen also, 
die wenigstens ihrer Lage und Bodenbeschaffenheit nach bei Weitem 
noch die kältesten sind, und’die noch lange nicht die Hälfte von 
Gesamt- Britannien ausmachen. Dabei darf man nicht vergessen, dafs 
die in der Jagdlust unübertroffenen reichen Engländer gar nicht un- 
terlassen haben, seine allgemeine Verbreitung über ihre Ei- 
lande zu versuchen; jedoch ohne Erfolg. 

Dafs aber einst das Weidenschneehuhn, besonders in Westeu- 
Opa, auch viel weiter südlich einheimisch gewesen sein möge, als 
heut, darauf lassen einer Seits mehrere Säugethiere schliefsen,, die 


122 


früher entschieden viel weiter südlich gewohnt haben, als jetzt; I 

derer Seits zeigen es auch manche Vögel, die ehedem nicht so weil 

nördlich gingen und gehen konnten, wie sie heut gehen. [Es Jeidel 

gar keinen Zweifel, dafs den Renthieren das südlichste Scandinavie® 

wo sie jetzt durchaus nicht mehr gedeihen und kaum einige Jahre 

auszudauern pflegen, wo aber ihre Geweihe so oft aus den Tal“ 

sümpfen von Schonen aufgegraben werden (*), nicht zu gelinde war) 

und es scheint den Nachrichten der alten Schriftsteller zufolge, 9° 

mentlich nach römischen QClassikern, hinlänglich entschieden, dafs 1 

einst sogar in Deutschland gewesen seien.] Als später die immer 
nehmende Landescultur, das Ausroden kühlender, feuchter wilde 

und das Austrocknen kalter, bewachsener Sümpfe, die hierdurch ent“ 
stehende stärkere Erwärmung des Bodens, besonders aber die erhöbf® 

Temperatur der Luft, und ähnliche Ereignisse das Klima manche 

Länder so milderten: dafs sich mehrere Thierarten auch defshald' 

nicht blofs darum, weil die Menschen sie vertrieben, tiefer nach No!“ 

den zogen; so fehlte doch dem Weidenschneehuhne jedenfalls die 

Fähigkeit, von Britannien aus ein höher gelegenes Land zu’ erreiche" 

da jedes, auch das nächste, doch immer noch zu ferne lag. Es mufste 

sich also zum Bleiben bequemen; und Nichts konnte von ihm de® 

Einflufs des milder gewordenen Klimas abhalten. — Dafs es unte 

gleicher Breite mit Schottland auch schon in Liefland und Kurland 

lebt, ohne da sein weifses Winterkleid abgelegt zu haben, macht br; 
derum keinen Einwurf. ‚Diese Landstriche sind, vermöge ihrer rei® 
continentalen und noch östlicheren Lage, noch um mindestens eben* 

soviel 'kälter, als Scandinavien, wie dieses rauher ist, als Schottland: 

und, blofs hiermit kann und 'mufs man schon den Umstand erklären! 

dafs es.da überhaupt so tief südlich noch gefunden wird. (**) 

Sollte sich endlich vielleicht geschichtlich der Beweis führe 
lassen: dafs die jagdlustigen, schiffahrtskundigen und kriegerische# 
Skandinavier, welche namentlich vom Ende des $ten bis zum Aus“ 
gange des 11ten Jahrhunderts ihre Zwingherrschaft auf allen nordischet 
Meeren, ja bis aufs mittelländische hinab, ausübten und dabei of 
nicht minder Eroberer zu Lande waren, — dafs diese damals, bei ihre® 
wiederholten Einfällen in England und nach der, eine geraume Zeit 
währenden Unterjochung desselben, mit der Falkenbaize in dem Wei 
denschneehuhne auch einen ‚hier fehlenden leicht aufzuscheuchende® 
Gegenstand für dieselbe aus ihrer Heimath eingeführt hätten; so wäf® 


(*) Z de Skanska torfmossarne finnas ofta Renhorn etc. Nilfs. 85%. F.l, $- 289. 
(**) Ebenso, wie auch mehrere andere Vögel und Säugtihiere des Nordens ım russische® 


Reiche aus gleichem Grunde tiefer herunterreichen , unter letzteren Lerus borealis etc. 


123 
“N, an sich allein schon genügender Grund für die hier zoologisch 
Alwickelte Ansicht gefunden. 
Was den Aufenthalt, die Lebensart und die Sitten betrifft, 
"° wird ins Besondere von den englischen Omithologen Nichts ange- 
Sehen, was sich nicht vollkommen mit derselben vertrüge. 


Zu $. 12, 5.48, 49, 55-58. 

Wir mögen nun auch wohl einige Augenblicke bei den Folgen 
Verweilen, welche für die Thiere selbst aus dem klimatischen 

bändern der Farben entspringen müssen. 

Es macht einen bekannten, durch alle Erfahrungen der Physik 
stgestellten Satz aus: dafs, zumal bei gleicher Beschaffenheit der 
Stoffe, dunkle Farben gute, heliere dagegen schlechtere Wär- 
"eleiter sind: indem jene, durch Verschlucken der Lichtstrahlen, 
Weit mehr äufsere Wärme anziehen, aber auch die angenommene oder 
Onst in dem Körper, welchem sie angehören, schon vorhandene 

ärme geschwinder und stärker ausstrahlen und verschwinden las- 
en, sobald jenes Aufsaugen von Licht- und Wärmestrahlen. auf- 
ört, o) Dieser Umstand kann natürlich nicht ohne Wichtigkeit für 
lejenigen Thiere sein, welche nach Verschiedenheit des Klimas hel- 
‘te oder dunklere Farben annehmen. 

Vielmehr werden (das haben wir bereits oben gesehen) Säug- 
!hiere und Stand- oder blofse Strichvögel in kälteren Ge- 
Senden überhaupt oder im Winter heller, weil sie Standthiere 
Sind oder es werden: indem die Kälte der Farbenerzeugung hinder- 
ich wird. Und sie können (**) eher Standthiere sein oder 
Werden, eben weil sie heller werden, d.h. eine Farbe bekom- 
Ren, welche das Entweichen der natürlichen, durch den thierischen 

*bensprocefs in ihnen entwickelten Wärme verhüten hilft zu einer 
&it, in welcher schon ohnediefs auch eine dunkle Farbe, bei dem 
Nedrigen Stande der Sonne, bei der seltener heiteren Atmosphäre, und 
& der schr kurzen Dauer der Tage, nur sehr wenig aufserlichen 
icht und Wärmestoff anzuziehen haben würde. Es findet also, 


!er, wie in tausend andern Fällen, gleichsam auch eine Rückwir- 
ing des Erfolges auf die Ursache Statt. , 


N Anmerk. Sogar in Bezug auf die überhaupt bestehende Farbengebung im 
„en läfst sich diese Ansicht ganz allgemein durchführen. Bekanntlich würde ja selbst 


(5 Schnee, welcher sich' im, Winter dem stärkeren Entweichen der Erdwärme in die kältere 


&) Daher, wie Jedermann weils, dunkle oder gar schwarze Kleider im Sonnenscheine so 
Arm Kind: m 
\ Fr Insoweit diefs lediglich von ihrer Organisation, nicht zugleich von dem Vorhandensein 
Nsamerer oder reichlicherer Nahrung abhängt. — 


124 


2 ’ - £ 3 ’ #00 Wekt 
Luft entgegenstellt, diesen Zweck viel schlechter erfüllen, wenn er nicht die reinste d 
Vögeln di 
en, na 

; sehn a NER . n über 
ibnen um so erspriefslicher sein: weil sie entweder immer, oder doch gewöhnlich, auf und ü fi 
. te) 
e mindes 


besäfse oder gar schwarz wäre. Dafs mehrere Säugthiere, und unter den 
zum Wandern ungeeigneten Schneehühner, regelmäfsig im Winter w eifs werd 


dem Schneee, also in der mehr durchkälteten Atmosphäre leben, oder weil si 


ihrer Nahrung hier nachgehen müssen. Die kleinsten aller Säuger aber, welchen, wie Sn 
x R en , 2 3 ie $! 
Körpern von geringem Umfange, ihre Wärme um so schneller entweichen würde, went u 


oberhalb befänden, gerade die kleinsten, die Mäuse, werden nicht blofs n ir Be 
wei 


weifs zum Winter, sondern es giebt sogar nirgends in der Welt Mäusespecies voR li 


für si6 


Farbe. Sie halten sich aber auch sorgfältig unter dem Schnee, welcher auch age. 
o 


der wärmeren und im Winter wärmer bleibenden Erde Angehörige, eine feste Scheidew?® } 
gen die, selbst kältere und erkältende Luft oberhalb bildet. (*) Im recht hohen N07 

endlich, wo der, fast stets dort liegende Schnee die thierische Existenz unter demselben er 

der allzu sehr unterdrückten Vegetation) fast durchaus unmöglich macht, sind zuletzt die “ih 


gen noch vorhandenen Sängthiere, ja sogar die Mehrzahl der Seevögel;, 
oder gelblich- weifs; auch wenn sie grofs, folglich (vermöge der Gröfse) der Wärmeverüf m 
en; 


gung minder ausgesetzt sind. So die Eisbären und Walrosse, (selbst das Seeeinhorn,) Has 
Elfenbein- und Eismöye, die Schneegans etc.; die andern wenigstens zum gröfsten Theile 

An denjenigen nordischen Thieren, welche nicht ga? 
(klimatisch oder überhaupt) weifs werden, wird es vor Allem 

Wurzeltheil der Haare und Federn: an welchem, weil er der 
Heerde der inneren Wärme-Entwickelung am nächsten liegt, eine sta! 
leitende dunkle Farbe in der Kälte am nachtheiligsten wirken mus 
in der hohen und ungewohnten Sommerwärme aber auch, umgekeb' 
durch Fortleiten der äufseren Licht- und Wärmestrahlen wieder # 
unbequemsten werden würde. (**) So behalten im Norden der pur 
nerhabicht, der Jagdfalke, der Mäusebussard und der Uhu, well 
entweder überhaupt, oder besonders im Alter, gewöhnlich Standvös 
sind und nur seltener oder ausnahmsweise weit fortziehen,, ( 
gleichsam aus der Heimath verirren,) die dunkle Farbe zuletzt au 
noch in der Mitte und am Ende der einzelnen Federn 
nicht an dem Seitenrande; also nur da, wo die Auss trahluM® 
geringer ist, als an dem zackigen, in kleine Endfäserchen er 
theilten, und somit mehr Fläche darbietenden Ende der kleinen 4 
cundären Fähnchen. (***) Gewifs würde diesen, da sie dasselbe Ka 
auch für den Sommer behalten, alsdaun, nachdem sie der heftig?! 
und anhaltenden Winterkälte gewohnt geworden sind, die. hohe Son 
merwärme vermöge der langen Einwirkung des Lichts in den lang? 
Tagen um so empfindlicher werden, ‘wenn nicht jetzt diese 2 


25 } ä i Ei ; ;deni 
(*) Daher die Saaten, wie die Mäuse, in den kältesten Wintern mit Schnee nicht jeid 
wohl aber beide in sehr gemäfsigten ohne Schnee, Fa 
a6? 
n 


‘(**) Nicht anders, als höchst angemessen, kann hiernach die Einrichtung erscheinen : d 
ganze vorzugsweise in den nördlicheren, weniger schon in den gemäfsigten Ges® 
u, 


gaf nicht mehr aber in den tropischen Ebenen, solche (warmblütige) Thiere ? jet 
ndei 


scheint, an welchen sich diese helle Wurzelfärbung der Körperbedeckung vorfi 


C*) Die noch nördlicher aufsteigende Schneeeule verliert zuletzt das Dunkle ganz- 


125 


P 

edern (abgesehen von der nun erfolgenden Abreibung) auch die 
ä 

Usere Wärme minder anzögen ind minder auf den Körper 
“ tleiteten: welcher als thierisch-lebendiges Wesen, stets eine sehr 
Seichmäfsige Temperatur entwickelt, deren Unterschiede selbst in 
\ 

N Extremen noch gegen die Temperatur - Extreme der umgeben- 
MN Atmosphäre bei einem nordischen Klima höchst. uulregentend 
leihen. Wogegen die Schneehühner, als doppelt mausernde, und die 
Säugthiere, als zweimal haarende Geschöpfe, im Sommer ein anderes, 
War dunkleres, aber auch weit dünneres oder kürzeres, und defs- 
alb viel minder warmes Kleid erhalten. Und wenn im Norden vor 
andern Theilen meist die Schwungfedern, oder überhaupt die Flügel, 
erst oder am meisten weifs sind oder werden; so kann es uns, 
bei der gröfseren Isolirung derselben vom Körper, nicht schwer wer- 
den, den Vortheil auch Hiärlon einzusehen. 

Anmerk. Vögel mit einem mur einfach zu wechselnden Gefieder, 
Welches sehr fein zerschlissene, also wegen der Vergröfserung der Oberfläche zu 
ärkerer Wärmeausstrahlung geneigte Federbärte hat, werden im Norden 
"um Winter (wo die Kälte einer Seits, durch Aufregung der centralen Vitalität, den Appe- 
tr reizt und die Verdauung befördert, anderer Seits aber, durch Herabstimmen der periphe- 
"schen, die Ausdünstung verringert) leicht fett, und erhalten in der Fettlage einen zwei- 
ten Schutz, wie die Raubvögel; oder sie haben, bei noch geiheilteren Federn, auch wohl 
Wfserdem noch dazu eine dicke, sehr dicht gewebte Haut, wie [die Schwimmvögel. 
Yon letzteren giebt es indefs wenige, die nicht ein besonderes Winterkleid bekämen; und 
Üeses zeigt bei solchen, welche nur streichen oder nicht weit wandern, regelmäfsig hellere 

arben: entweder überhaupt, oder an einzelnen Theilen, besonders an minder geschützten 
Stellen des Körpers. Ja, an mehreren, welche, wie die Taucherartigen, fast die ganze Zeit 


Auf dem Wasser zubringen, wird. am Halse zum Herbste oder Wintersanfange Sch warz 


der sonst dunkle Farben geradehin mit Weifs vertauscht. — 
Südliche Thiere mit verdunkelten Farben senden daher, 
im Ver gleiche mit nördlichen helleren derselben Art, offenbar unter 
Qu grofser Hitze schmachten: wenn nicht erstens jenes stärkere 
ärmeausstrahlen, und zweitens nicht die Eigenschaft der 
Haare und Federn, sich durch höher steigende Wärme immer mehr 
Abzunutzen und daher überhaupt die Eigenschaft einer wärmezurück- 
haltenden und wärmeanziehenden Körperhülle mehr zu verlieren, Statt 
fänden; und wenn nicht drittens mit der Zunahme der erwärmen- 
den Sonnenwir kung auch das Abnehmen der Farbenintensität (das 
Verbleichen) Hand in Hand ginge. Doch können diese Umstände 
die Gesamtwirkung des Klimas zwar schwächen, vermögen aber durch- 
Ws nicht, sie zu brechen. (*) Es ist, sonach nicht füglich anders 
Möglich, als dafs dort die schon begonnene Ver dunkelung (na- 
ürlich unter sonst gleich. bleibenden Umständen) an dem ae 
Be - 


& Auch ein ehr abgetragener schwarzer Rock bleibt (in der Sonne) immer Hoch: wiel 
Närmender, als ein neuer von lichter Farbe. 


126 


immer wieder so lange die Ursache zu neuer er stärkere! 
Verdunkelung werden, sich also so lange schon mittelbar dure 
sich selbst steigern mufs, als überhaupt eine Verdunkelung, der Grund 
beschaffenheit der Farben und der färbenden Säfte gemäfs, noch u; 
lich bleibt: ebenso, wie umgekehrt im Norden das einmal ang“ 
fangene Blässerwerden aus gleichem Grunde,schon aus sic 
selbst wieder Stoff zu fernerem Wachsthume schöpft, bis 
.. es den Umständen nach ebenfalls nicht weiter steigen kann. So kann 
das Zunehmen des Varietäts-Characters mit dem Alter nur aß eine 
physiologische, durch physikalische Gesetze erzeugte Nothirendigk®! 
erscheinen. 

Soll überhaupt ein Thier, ins Besondere ein Vogel, wahrhaft 
klimatisch abändern, (insofern er nämlich überhaupt dazu 8% 
neigt. sein kann,) so wird erfor dert:.dafs seine Verbreitung ein? 
weite Ausdehnung einnehme, und unter wesentlich verschi® 
dene Temperaturverhältnisse überhaupt falle; besonders abel 
dafs sie auch höhere Gegensätze in Bezug auf den Unterschi 
der Jahreszeiten in sich fasse. 

Je mehr sich ein Wesen blofs auf die wärmere Zone beschränf 
(und je einfacher vollends sein Aussehen ist,) um so weniger sch®® 
“erleidet es jene, von der Aufsenwelt abhängigen Veränderungen; 
dafs endlich gar eine rein tropische Vogelart irgend merklich klim® 
tisch varüirte, welche sich beständig nur in den heifsen Ebenen zwi 
schen den Wendekreisen hält, wo die wärmere und kühlere Jahre” 
zeit gleichmäfsiger temperirt sind, als irgendwo sonst, — davon is 
mir, so grofs auch die Anzahl jener Wesen, kein Beispiel bekannt. 0 
Darum sind die Grade und Richtungen des Variirens so ungemel 
viel höher und schärfer ausgeprägt in Asien, wo die "porie 
dischen Gegensätze des Klimas unter gleichen Breitengraden ® 


sehr viel entschiedener, gröfser und standhafter sind, als # 


Europa. 
Ein anderer der RR ee würdiger Gegenstand pe 
Beurtheilung der Grundursachen hiervon scheint für einen sehr gre 
fsen Theil Asiens, aufser den schon angeführten, noch in def 
Verdünnung der Luft über Hochebenen und in jener bekanni® 
stärkeren Anströmung der organischen Säfte von Innen na® 
Aufsen (durch Verringerung des Luftdrucks) zu such® 
welche sie, wie überhaupt, ganz besonders im heifsen Sommer ve” 
ursachen mufs, ‚ wo noch die Wärmeerhöhung ihrer Seits die LU 
(*) Kann auch, wenigstens im Centralstriche der Tropen, gar nicht als denkbar angenomme? 


werden, sobald das Thier nicht zugleich auf Gebirge oder hohes Tafelland hinaufgeht. — 


127 

ebenfalls verdünnt. Rechnet man ferner hinzu: dafs die Wärme der 
besten Sommermonate in continental gelegenen hoch nördlichen 
And in jenen östlichen Gegenden an sich fast der Wärme der Wende- 
!eisgegenden nahe kömmt ‚ aber wegen der Länge der dortigen 
N ‚'mmertage offenbar eine um Vieles verstärkte Wirkung erhält 
Ri Vergleiche mit den Gegenden ewiger Tag- und Nachtgleiche ; so 
Würden wir uns sogar mit Recht wundern können, wenn namenilich 
Manche ächte Sommervögel, besonders solche, deren Mauser in die 
“eit der höchsten Wärme trifft und die sich über Winter weit süd- 
Icher aufhalten, dort nicht eben so gut, oder nicht zum Theile fast 
Oder vielleicht noch stärker abänderten, als sie es in dem heifsen 
!beren Afrika ihun,- 
(Diese stärkere und beständige Verdünnung des umge- 
bend en Mediums durch die Wärme, und die physiologischen Wir- 
Ungen jener, müssen natürlich allenthalben unter wärmeren 
Immelsstrichen mit in Betracht kommen, wenn wir nach dem 
änzen der ‚ursächlichen Momente fragen, welche dem Variiren der 
biere durch natürliches Klima zum Grunde liegen. —) 

Endlich möchte wohl in Asien die bedeutende, durch die neue- 
‚en Messungen der Herren Alex. v. Humboldt, Gust. Rose und 
Tman d.j. erwiesene Trockenheit der dortigen Luft im Sommer, 
Yach demjenigen, was wir oben (8. 3.) gesehen haben, mit in An- 


\chlag gebracht zu werden verdienen. 


Zu $. 12, 13 und 16? 
Es stellt sich also von selbst der Satz fest: 
Die Naturnimmt bei biegsamen Constitutionen, (d.h. 
& solchen Wesen, die, wie so viele, einer weiten eigenwilligen Ver- _ 
!itung oder auch unfreiwilligen Versetzung unter merklich verschie- 
üe Temperaturverkältnisse fähig sind,) überhaupt nach Maafs- 
She des Klimas das unnütz Gewordene, und giebt Nö- 
higes, Oder — jenes geheimnifsvolle, bis. heut weder durch Beob- 
: lung, noch von der Philosophie erfafste, dunkle und stets über- 
Mächtige Walten, welches die Wissenschaft mit der Benennung 
 nLebens« oder » ewigen Lebensprincips« bezeichnet, hat gemacht: 
Ü vor Allem der Organismus belebter Wesen Kräfte in sich trage, 
wach Erfordernifs der Umstände aus sich zu entwickeln, was noth- 
"dig, und sich dessen zu entledigen, was überflüfsig wird. 
{m ‚Anmerk. Die Botanik sogar hat Erfahrungen die Menge gesammelt, welche darlegen, 
Sich dieser Satz häufigst auch auf die Pflanzen ausdehnt. 
Na Unter den, in gen EL IERR Atmosphäre vegetirenden Alp enpflanzen giebt es 
’ bei welchen die Wirksamkeit der analogen Athmungsorgane, der Blätter, die so viel 


128 


3 Br 5 och 
nöthige Stoffe aus der Luft anziehen, verbrauchen, und entbehrliche wieder ausstofsen; ie 
erstu 
Eben 


hier aus 


durch eine mehr oder minder grofse Zahl feiner Haare an diesen und dem Stengel unt 
wird. (Doch sehr behaarte sind ıda seltener.) Vonihrem natürlichen Standorte in die 


gebracht, verlieren die meisten jene Behaarung nicht blofs dann, wenn sie Br 
red" 


vollig 


Saamen gezogen werden, ganz; sondern eines und dasselbe Individuum sogaf x 
von. den Alpen herunter versetzt, neue Blätter und Stengel, welche jetzt, statt wollig, 
glatt und haarlos werden. [So vor andern besonders AckırLrrA zana; vergl. Neue Alpina.) ; 
Alpenpflanzen haben im Allgemeinen merklich grö fsere Blüthen, aber ger! 
gere Gröfse überhanpt, als Gewächse der Ebenen; und sclche Species, welche hier 


‚ : f h 5 : nge 
auf hohen Gebirgen zugleich wachsen, treiben auf letzteren nicht blofs kleinere, fester® Ste el 
dividut 

gen“ 
je 


. 


und Blätter, und gröfsere Blumen, und umgekehrt; sondern auch eines und dasselbe In 
wird durch Versetzung demselben Wechsel unterworfen: indem hierdurch die entö 
gesetzten Beziehungen jener zartesten, und festeren oder festesten Theile der Pflanze zu dem ® 
umfliefsenden Medium umgekehrt werden. ji 
An den Pflanzen in Sibirien, China etc. erbärtet durch die dortige Som 
hitze und das Übermaafs des Lichtes das Holz früher und mehr, als an den nämlich" 
Europa, Diefs macht aber, dafs sie auch der überstrengen Winterkälte besser zu wridersteh?" 
und manche derfhach sogar weiter nach Norden zu gehen vermögen. (S. Mirbel in Mem 
Mus. d’hist. nat. XIV, 350 f.) — Daher ist hier deh Gewächsen, deren passive Kräfte 
Sommer gereift und gestärkt hat,, der längere und härtere Winter, dessen zerstörende Ga 
der Sommer im Voraus gebrochen hat, nur ein längerer und tieferer Schlaf: der so nuf A 
um in verlängerter Ruhe noch mehr thätige Kraft zu sammeln für das Gedeihen im belebe* 
und zu hoher Reizung erweckenden Sommer. „ 
‚So erblicken wir in Allem, was die Natur schaffet und wirkt,:den ante 
nen, still geschäftigen Einklang ihrer Kräfte, die sich alle zu Einem Zwecke gegensel® 
und abwechselnd entfesseln und binden: so, da/s selbst scheinbar Hiderstrebende! # 
Einem harmonischen Ganzen sich eint, und dafs, auch anscheinend zufällig und für # 
menschlichen Geist zuerst au/ser aller Berechnung liegend, sogar das Un verme! 
liche nützlich, das von unumgänglicher Nothwendigkeit Erzwungene nur „or 


theilhaft wird. — 


[Von Säugthieren sind Beispiele der Art schon lange gekanl' 
pi 


enüse die Erwähnu ır einiger: 
genüge di nung nur einiger: _ u. 


wiewohl noch nicht systematisch - verbunden zusammengestellt. 


‘Je näher gegen den Äquator, um so kürzer wird das Haar, 0° 
so feiner die Haut des Pferdes. Auch bei uns bleibt seine Beh“ 
rung noch kurz: da hier warme Ställe es im Zustande der Rub” 
Anstrengung seiner physischen Kräfte es während der Dauer sein? 
Benutzung durch den Menschen im Freien, gegen die Winter? 
schützen. In den Steppen Südsibiriens seit ein Paar Jahrhunde”. 
verwildert, hat es weit längeres Winterhaar. Länger ist auch sch? 
die Behaarung der Pferde aus den sogenannten wilden Stutere® 

‚verschiedener russischen Provinzen; und wie wahrhaft zotüg sche” 
gegen die schön glatten, wohlgepflegten, warm gehaltenen und wend 
gebrauchten Thiere an unseren Staatskarossen betrachtet, jene hedat” 
rungswerthen Halbeselsgestalten aus, welche, einzeln in schlecht 
wahrten Ställen nur unbedeutend gegen die Rauhigkeit der kalt? 
Jahreszeit geschützt und selbst dann meist im Freien benutzt, best” 
ders wir hier zu Lande so oft die ärmlichen Wagen polnischer Baud 


en 
en 499 


Unserer Landesnachbaren , biehen sehen. Selbst höher im Norden, 
2%, B. in Scandinavien, wo sie auch meistens gut gewartet werden, 
Schen die Pferde den unsrigen weit ähnlicher, als jenen eben ge- 
Yannten. Nur auf Röst, Värö und Moskö, Inseln im Eismeere un- 
fern des bekannten warmen Malstroms, giebt es (*) kleine, bei dem 
Verhältnifsmäfsig gelinden Winter dort beständig im Freien bleibende 
Pferde mit Jangen, dichten, struppigen Flareiı] 

“ [Die Schaafe verlieren in den heifsen ‘Ebenen Africa’s die 
Warme, dicht stehende Wolle, um sie mit viel dünnerem, straffem 
Haare zu vertauschen; in Guinea. werden sie sogar ERBE Auf 
Island dagegen sollen sie zum Theile, zu einer, freilich schlechten 
Wolle, noch rauches Oberhaar hinzubekommen. Spanien, welches 
zwar weit südlich gelegen, aber auch sehr gebirgig ist und in seinem 
Innern die höchsten und ausgedehntesten Bergplateaus unseres Welt- 
theils besitzt, wodurch es hier ein eigenthümliches Klima, namentlich 
mit schroffen Gegensätzen von Tageswärme und nächtlicher Kühle, 
hält; Spanien bringt Schaafe mit der feinsten, dichtesten und zu- 
gleich langen Wolle hervor: die aber gewifs in jeder Hinsicht weit 
komme würden, wenn man die Heerden in Stallungen ein- 
Stecken müfste, statt sie beständig, im Freien weidend, das Land 
durchziehen zu lassen. England verdankt ohne Zweifel nur seinen 
kühlen Sommern und den gelinden Wintern, welche beinahe durch 
alle Tage des Jahres das Hüten der Heerden im .Freien gestatten, 
den Vorzug: zunächst mit Spanien, in ‚der Zucht dicht- und fein- 
wolliger Schaafe wetteifern zu können. Ungarn, weit nördlicher, als 
Spanien, aber gleichsam fast alle Klimate vereinigend,, glühend und 
kühl zugleich (**), indem mit bedeutendem Wärmeunterschiede Tag 
‚und Nacht einander folgen, (so, dafs sich selbst der eingeborne 
Mensch durch eine, stets nach Verhältnifs recht warme Sommerklei- 
dung vor Erkältung schützen , der Ausländer aber um so mehr dem 
Beispiele folgen mufs,) und weit trockener dabei, als England; Un- 
Sarın zieht vorzugsweise Schaafe mit einer, wenn auch nicht guten, 
doch ungemein reichen, durch aufserordentliche Länge bei schwacher 

räuselung ausgezeichneten Wolle, und mit den. gewaltigsten } Hör-. 

Kern. Man weifs ferner: dafs das, wie man sagt, in manchem Be- 
"Wrachte Ähnlich beschaffene, strichweise (namentlich in seinem süd. 
lichsten und südöstlichsten Theile) durch ähnliche, noch schärfere 
Temperatur - Gegensätze merkwürdige Australien den aus England 
za Spanien eingeführten Schaafen in jeder Hinsicht ein noch ge- 


(*) Nach Nilfson, Skand. Faun. 1, S. 324. 
(**) Vergl. Csaplowics Gemälde von Ungarn; Wahlenberg Flora Carpath. princ. 


9 \ 


130 


deihlicheres Fortkommen gewährt ; so, dafs sie sich von selber noch 
verbessert haben, und dafs Neuholland, wäre es am Centrum der ci- 
vilisirten Handelswelt gelegen, sicher Spanien selbst bald in der reich“ 
lichen Production der feinsten Wolle überflügeln würde. (*)] 
[Gleichwie Ungarn , umgeben von Gebirgen, deren natürliche 
Klima und Lage einen so merkwürdigen Wechsel meteorischer Con 
traste bedingt, und warme Ebenen in seinem Innern einschliefse® ; 
die langhörnigsten Schaafe, so bringt es auch Rinder mit den größs- 
ten Hörnern in Europa hervor; Rinder, welche in diesem Punkt® 


kaum von den abyssinischen übertroffen werden, die ein in mehr 


Hinsicht ähnliches Land bewohnen. So grofs und hochbeinig seine 
Schaafe, eben so hoch 'und schlank (**) sind auch Ungarns Rindel 
gleichwie die von Abyssinien ; flüchtig und leicht gebaut seine Pferde” 
Wie fein und von leichtem Baue sind fast alle, wie wunderbar schla® 
darunter besonders einige —, Säugthiere (zahme wie wilde, und nich! 
blofs dort einheimische, Kar auch bei uns vorkommende) in de 
unermefslichen wüsten Ebenen von Afrika; auf i jenen Flächen, welche 
schon eine ungewöhnlich freie und weite Beweglichkeit aller nicht 
flugfähigen Wesen nicht 'blofs leicht ihunlich, sondern (um Nach“ 
stellungen zu entgehen i in Regionen, wo nichts sie vor dem Auge de! 


Verfolger deckt,) sogar zur Nothwendigkeit machen, ohne jedoch hie 


in so heifsen Gegenden, auch eine solche Anstrengung erfordern @ 
dürfen, wie in kälteren! (***) — Wie flüchtig, schlank, feingebaut 
und wahrhaft schön sind die wilden Esel Persiens und "Südsibirien® 
auf ihren ausgedehnten Bergebenen und Wüstenflächen ; wie langsam 
plump und schlecht gestaltet gegen sie schon die, sonst doch wobl 
haltenen und gut Soft Lastträger in den engen Gebirgen Süd“ 
europa’s; um wieviel mehr erst die im nördlicheren? | 

[Wie glatt pflegen müfsige, weichliche Stuben- und Schooß“ 
hunde zu sein; wie viel raucher der kräftige, abgehärtete, bei alle® 
_ Unwetter Haus, Hof und Wagen seines Herrn bewachende Spite! 
Welch’ einen gewaltig dicken Haarpelz bei ansehnlicher Länge hab®® 
erst die sibirischen und grönländischen (meist weifsen oder weiß“ 
grundirten) Hunde, das Schlittenzugvieh der Kamtschadalen, Tungl“ 
sen und Esquimaux, bekommen: die, fast nie künstlich bereitet@ 
HZ Eee wenn wir hier; in 
Spanien und Ungarn mit in der sonst ungewöhnlichen, hier durch die stete Abwechselung be 


(*) Wir werden uns in der physiologischen Erklärung kaum täuschen, 


wirkten, und doch auch ebendadurch zugleich von Erschlaffung fern gehaltenen Erregtheit sie 
Ursache dieser besonderen Reproductions - Thätigkeit zu finden meinen. 


(**) Hirscharti & schlank, nach Wahlenberg, gegen die unterseizten der Schweiz 


(***) Man vergleiche hierzu, was oben ($. 13, S. 74.) über die Schlankheit der wilde” 
Stockenten gegen die zahmen gesagt worden. — 


MI 32-5 


ie 
2 


[63] 


: 0° 2 


131 


Wärme genielsend, sich des Winters vor der Hütte ihres Herrn zur 
Brwärmung in den Schnee eingraben. Was für schwache Behaarung 
besitzen hiergegen die Hunde in den heifsen Gegenden Afrika’s: die 
Endlich gar grofsen Theils haarlos geworden sind, bei uns aber, wenn 
Sie nicht aufserordentlich warm gehalten und gepflegt werden, gleich 
dickhäutiger werden, auch dann wieder einiges Haar zu bekommen 
‚ anfangen, selbst wenn sie rein fortgepflanzt werden. (*) — Doch 
auch noch in ganz anderer Hinsicht können und müssen sich Thiere 
erst acclimatisiren. So haben die aus Europa nach Mexico einge- 
führten Windhunde im Übrigen keine Schwierigkeit gefunden ,' auf 
‚den dortigen Hochebenen zu leben und für gewöhnlich zu athmen ; 
aber zum Hasenfangen dort waren sie nicht zu gebrauchen, indem sie 
längst vor dem Einholen der Beute ermüdet und athemlos nieder- 
stürzten: weil ihre, an das Athmen einer viel dickeren Luft gewöhn- 
ten Lungen beim anhaltenden Laufen nicht vermochten, den stärkeren, 
‘durch einen nothwendig beschleunigten Athmungsprocefs erregten 
Blutandrang bei dem um so Viel verringerten äufseren Luftdrucke 
‚auszuhalten, welcher nun keinen hinreichenden Gegendruck mehr ab- 
8ab. Die von ihnen dort gezeugten Jungen hingegen, vom ersten 
Augenblicke an des Einathmens so verdünnter Luft gewohnt, lernten 
sogleich eben so gut Hasen in Mexico fangen, wie ihre Eltern es nur 
in Europa konnten. (**)] — [Auf Newfoundland, welches bei seiner 
Entdeckung gar keinen Hund besafs, hat sich nach Einführung Er 
selben eine eigene, grolse, schöne und merkwürdige, neue Race ge- 
bildet; welche sich nun, durch viele Generationen fest in ihren Cha- 
‚racteren geworden, auch bei uns lange rein erhalten läfst.] 


Zu 8,13 und 17. 


Solche Unterschiede klimatischer Racen der Hausthiere nun sind 
bleibend, sind bedeutend, sind in der Regel allgemein, und treten, 
Wie man sieht, gar häufig eben in den Fällen am stärksten hervor, 
Wo der Mensch, welchem sie dienen, sie gerade noch am meisien ih- 

ter natürlichen Freiheit wiedergiebt: wo also nicht sein Übergewicht 
über sie das Modifications-Moment sein kann, welches hierbei den 
Meisten Einflufs auf sie ausübt. Diese Racen sind ferner oft weit 
auffallender characterisirt, als andere Wesen, die wirkliche, enischie- 
den selbständige Arten bilden. Und doch, würde nicht Jedermann 
(*) Ebenda (z. B. in Nubien, Bördptan eie.S wird sogar ein frei lebendes Thier der Hunde- 


Gattung ‚der Sche ckfuchs, Canıs variegatus, nach Rüppell’s Erfahrungen im Alter 
haarlos; fast wie alte Geier minder wollige Köpfe und kürzeres Gefieder haben, als junge. — 


(**) S. Froriep Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. Jahrg. 1832, Juni. 
ö 9* 


132 


den Gedanken: sie darum, weil sie an ihrem Entstehungsorte plei- 
‚bend sind, als Arten aufstellen zu wollen, — unter die monströsesiel 
Ideen zählen, auf welche je wissenschaftliche Verirrung geführt hat? 
Gleichwohl ist es doch nur ein, zur Werthbestimmung der Sache aR 
sich ganz gleichgültiger Zufall: dafs wir hier schon ohne alle weitel® 
Mühe und schwierigeres Forschen histor isch wissen, wie sie entstal“ 

den, woher sie entsprungen sind. Abgesehen aber hiervon, blofs ab 
solut. nach ihrem Bestehen, ihren Unterschieden und ihrem Orte ge 

nommen, verdienten sie unendlich weit mehr für Arten angesehe® 
zu werden, als jene frei lebenden klimatischen Thiervarietäten‘, 

wir hier als unseren nächsten Gegenstand in Untersuchung gezoge® 
haben, und deren Verschiedenheit sich ın den bei weıtem meiste 
Fällen auf das Vorhandensein eines höheren oder geringeren Grade 
von diesem oder jenem färbenden Pigmente in der Hautbedeckun$ 
beschränkt. — Um hierin consequent zu sein, müfste, wer nicht zU° 

fällig aus dem verzeihlichen Grunde mangelhafter Erfahrung, sonder? 
in Werlolguhi eines Systems, klimatische Varietäten (und darunt® 
auch so unbedeutende Verschiedenheiten, wie wir kaum der Erwäh“ 
nung werth finden konnten) als Arten .hinstellte, und sich durcha® 
ngegen die Unterordnung von Wesen, die sich durch constante, dureh 
»Generationen hindurch verfolgte Merkmale unterscheiden lassen, un* 
»ter andere Arten« erklärt, (*) — der müfste offenbar damit begin 
nen: die Hausthierarten zu Gattungen oder Sippen zu erheben, und 
ihre Racen, deren sich nach so verjüngtem Maafsstabe bei manche® 


wohl mehr als hundert auf der Erde vorfinden möchten, zu Speci® 


zu stempeln! —° 

Doch wir wollen abbrechen, um nicht hier mehr, als nöthig: 
noch gar über ein, im Verlaufe unserer Abhandlung mehrfach ange“ 
deutetes Verfahren zu sagen, welches bereits seine verdiente allg® 
meine Würdigung gefunden hat. (**) 

Bi Zu $.17, S.115-116, und $.1. 

Im Eingange wurde der Begriff von Abänderung (Varietät) de“ 
finirt, und in der Verhandlung selbst durch die beigebrachten Ei” 
fahrungen festgestellt, was ins Besondere’ unter klimatischer Abär 
derung zu verstehen sei. 


(*) S. Isis 1831, 5.539 -40. — 

.C**) Nur, um nicht durch Se Auslegung der Unbekanntschaft mit diesem nenesten 
„Fortschritte der Wisjenichäft: « undder » neuesten, allein haltbaren Ansicht « (wie man das Be 
ginnen, vermöge der naivsten Anwendung der figura antiphraseos, so gern nennt, —) geziebe"s 
oder gar der absichtlichen Vernachläfsigung (!?) derselben verdächtigt zu werden, war die Er- 
wähnung davon nicht füglich zu umgehen. e 


x 


33 


Neben dieser würden wir denn nun auch die mehrerwähnte, 
Mit derselben oft zusammenfliefsende, zufällige oder individuelle 
Abänderung, in soweit es dieser Lage der Sache gemäfs möglich 
Wird, zu bezeichnen haben. Als zufällige Abänderungen er- 
Scheinen nun solche Wesen: welche defshalb, weil der Bildungs- 
trieb bereits bei werdenden Geschöpfen (*) nicht immer und 
in allen auf ganz gleiche Weise in Thätigkeit treten kann, 
Sondern oft eine veränderte Leitung seiner Wirksamkeit erfahren muls, 
auch wieder manche individuelle Un terschiede zeigen müssen 
gegen andere Wesen von derselben Art, ja häufig von dersel- 
ben Brut, auf welche jene Einwirkungen nicht Statt fanden. 


[So zeigen sehr viele Vögel mit gefleckten, yestreiften oder ge- 
bänderten Schwänzen, die meisten. ganz besonders in der Jugend, 
und zwar dann auch wieder solche, welche in Einem Neste von Ei- 
nem Geschlechte sind, sehr oft jedoch auch noch späterhin, gar be- 
deutende Unterschiede in Betreff der Zahl, Stellung und. Form der 
Zeichnung ; z. B. unter. andern besonders Falken, Buntspechte. — 


Erst ganz kürzlich noch, in diesem Spätherbste, habe ich einen Roth- 
Buntspecht frisch untersucht, bei welchem ein Paar der gröfseren 
Seitenschwanzfedern jeder Seite ven den entsprechenden der andern 
Seite in der Menge, Richtung und Gestalt des Streif-Desseins höchst 

verschieden, man könnte sagen, einander völlig entgegengesetzt waren; 
‚und zwar so, dafs die beiden einander nächsten jeder Seite im um- 
gekehrten Verhältnifse zu einander standen. Ausgerissen und für 
sich hingelegt, würden sie vielleicht jedem Ornithologen dafür er- 
schienen sein: sie gehörten zwei ganz verschiedenen Biitipechl Arte 
an. — Bei Vögeln "besonders mit keilförmigen oder ähnlichen weifsen 


SR ee 3 A 
(*) Aus Ursachen, zu deren Bene Erkenntnife ‘und Würdigung es bis jetzt noch 

an hinreichenden materiellen Mitteln gebricht, die aber einst mit schon bekankten; hier 
entwickelten Gründen zum klimatischen Variiren im Wesentlichen, wo nicht völlig, 
2usammenfallen dürften. — \ 

Die Ursachen von Beidem im Ganzen als sehr eng verbundene anzusehen; 
berechtigt namentlich eine Menge von ornitholegischen und selbst botanischen Erscheinungen : 

Bei den Vögeln, wo nie alle Eier zugleich gelegt werden können , sondern längere 
Zeit, sehr häufig über eine Woche, damit hingeht, und wo nie alle Junge einer Brut zugleich 
Ausschlüpfen, u. dergl. mehr, — bei Vögeln kommen solche zufällige, individuelle Abweichun- 
gen weit öfter vor, als bei den Säugthieren. (Vergl. oben S. 43 u.) 

hei Pflanzen gar, welche für alle aumosphärische Einflüfse nöch weit empfindlicher 
Sind, als Thiere, w ‚wachsen sehr häufig Exemplare einer Species in fast allen bei dieser über- 
hanpt vorkommenden Varietäten auf Einem Haufen, aber zu verschiedenen Zeiten emporgekom- 
men, neben einander. Von gröfseren, höher werdenden Stengelpflanzen zeigt dann nicht selten 
%ogar ein einziges Individuum unterhalb die Charactere der einen, mehr oberhalb die der ent- 
Begengesetzien Varietät: offenbar mit defshalb, weil es, durch etwas Zufällig - Günstiges an 
Seinem Plätzchen rascher getrieben, andere seines Gleichen überholt hat und so den früher 


Vorangeeilten jetzt nachgekommen ist. 


134 


Flecken an den Ruderfedern herrscht nicht blofs im Ganzen eine 
Wandelbarkeit, welche sehr oft alle die sonst darauf gebauten dia- 
gnostischen Kleinigkeiten über den Haufen wirft; sondern es ist auch 
gar nichts Seltenes, nicht unwesentliche Verschiedenheiten an eine! 
Seite gegen die andere bei Einem Individuum zu finden. Z.B. bei 
den Würgern, Grasmücken, Bachstelzen, Piepern, Lerchen, Ammern) 
mehreren Finken u.m.a.] 

Solche Verschiedenheiten pflegen sich, wie begreiflich, sobald 
man ihrer mehrere neben einander hält, gleichfalls in den mannich“ 
faltigsten Richtungen zu berühren und zu durchkreuzen. 

Nachdem wir die mehrfachen, im Umfange dessen, was Sp® 
cies (Art) genannt wird, vorkommenden Modificationen: Ausal“ 
tung, klimatische und zufällige Abänderung, — unter einander geson“ 
dert und näher bestimmt haben; so wäre: jetzt nur noch die, ihre! 
Sachbedeutung nach bereits entwickelte Antwort auf die, gewifs Man“ 
chem im Munde schwebende, in neuerer Zeit in deutschen Journale® 
so vielfach kritisch aufgeworfene und von zwei Ornithologen so wun 
derlich unkritisch gelöste (I?) Frage in Worte zu fassen: — wa® 
ist sonach Species selbst? was umfalst der Begriff von Art im 
Ganzen, und nach seiner weitesten, aber festen, haltbaren Be- 
gränzung? 


Die ANNE Art (species) wird als Abstractum den con- 


creten Gesamt-Inbegriff einer Summe von Eigenschaften 
bezeichnen, welche sich je nach Verschiedenheit des Geschlechts 
des Alters, der Jahreszeit und zum Theile des Ortes mehr oder 
minder klar ausgeprägt an solchen Thieren vorfinden, die 
von freien Stücken, und ohne Zwang von Seiten des Menschen 
oder der mittelbar durch ihn herbeigeführten Umstände, sich 
unter einander zu dem Zwecke vereinigen: um durch Be- 
gattung und Zeugung die nämlichen Charactere in den 
wieder von Geschlecht, Alter, Jahreszeit und localen EinHüssen 
bedingten Modificationen auf ihre Nachkommen überzutra- 
gen, und so das Fortbestehen von Wesen zu sicher. 
welche unter gleichen (äufseren und inneren) Verhältnissen voll- 
kommen gleiche Eigenschaften an sich tragen oder annehmen; 
und welche im grolsen Haushalte der Natur dieselbe Stelle ein- 
nehmen, dieselben Bestimmungen erfüllen und die nämlichen: Le- 
bensaulseranigen. entfalten werden, wie diejenigen, von welchen 
‚sie zunächst und bis aus der Urzeit her abstammen. 


135 


Zum Schlusse des Ganzen möge denn noch eine kurze Hinwei- 
Sung zeigen: dafs auch selbst in dem übrigen organischen Reiche 
der Erdkörper sich, — hervorgerufen durch ausgebreitete, weder von 
Erlger Befangenheit, noch von materieller Armuth beschränkte Er- 
fahrungen, — jetzt immer weiter und allgemeiner ganz entsprechende 
Nsichten geltend machen; indem wir uns zu diesem Behufe der 
Orte eines geistreichen, geübten Botanikers (*) erinnern, welche, ob- 
gleich zu einem specielleren Zwecke ausgesprochen, doch eine sehr 
ausgedehnte Bedeutung haben : 
»Nirgends kömmt es so sehr, als in der Pflanzengeographie, darauf an: nur von der 
"Natur umgränzte Species zu haben, nicht nach Ansichten so oder anders aufgestellte, 
“Wie in der ganzen Pflanzenkunde die unvergängliche Integrität der Species das 
Meinzige Feste (**) ist, um welches sich sowohl die Lebenswechsel der einzelnen 
»Pflanze, d, i. ihre Metamorphose, als auch die Formalabvwreichungen derselben Species, 
»d.i. ihre Varietäten, und endlich die Ähnlichkeitsbeziehungen derselben zu anderen Ge- 
»wächsen, d.i. ihre Verwandtschaften, in fortwährendem Schwunge und Schwanken 
"drehen, bei dessen Fahrenlassen selbst dem Zuschauer schwindelt ; so besonders hier, wo 
»auf die verglichene Anzahl so viel ankommt. Hier vorzüglich müssen wir uns hüten, zu 
"rechnen wie die Kinder: welche einen Finger, einen Arm und einen Menschen zusammen für 
®drei Menschen zählen. Die Schwierigkeit mufs zwar oft entschuldigen, welche da um so 
"Stöfser ist, wo (wie in manchen der natürlichsten Gattungen, z. B, Mxvosorıs, Acoxırum, 
»Enıca) die Species nach Einiger Meinung einander von Natur näher zu stehen scheinen, (***) 
®und wo es sich eben um die ursprüngliche Geschiedenheit h hr gut schei- 
”nenden Arten noch handelt, und vielleicht noch lange handeln. wird. (Auch diese Unterschei- 
x dungen haben anderweitig .ihren Nutzen.) Aber ohne festen Grundist keinHeil.« 


Diesen festen Grund kann nur Verbinden der Wahr- 
hehmungen und der besonderen Wissenschaftszweige, nur 
allseitiges Forschen und Auffassen, nicht einseitiges Tren- 
nen und Isoliren, uns sichern. — Der Buchstabe tödtet; nur 
der Geist giebt Leben. Ebenso kann auch nur Verknüpfung von 
Thatsachen je nach Rücksicht der Umstände, nicht das Trennen der- 
selben ohne diese, dem Ganzen der Wissenschaft frommen! Denn 
Nur jenes kann auf die allgemeinen Gesetze der Erscheinun- 
Sen führen; nicht aber das Spalten und Zerstückeln :, welches Gleich- 


Artiges oder Entsprechendes trennt, und vereinzelt unter den ungeord- 
Reten, ungleichartigen Haufen wirft, um es hier, bedeutungslos für 
das Ganze und in falsches Licht ‘gestellt für sich, für den. wahren 
Zusammenbang verschwinden zu lassen und dem übersichtlichen Blicke 
Sediegener Forschung zu entziehen! — 


&) Ern. Meyer de plantis Labradoricis, librülll. «Lips. 1830, p. V- VII. 
(**) Vergl. auch meine, schon früher garlans Äufserung hierüber in Isis, 1827, S. 689.90, 
er Oder wo (kann man hinzusetzen) in manchen, zum Abändern besonders geneiglen Gat- 
lungen eine oder die andre Art, gleichsam ein vegetabilischer Proteus, endlos schwierig für den Anfän- 
Ser,; interessant für den Geübten, in unendlich verschiedenartigen Gestalten auftritt; wie z.B. Cur- 
Noropiom album, wie BrassıcA oleracea als Grün-, Braun -, Kopf-, Wälschkohl, Kohlrabiete. 


u u WEIT U u an 


® 


Systematisches Verzeichnils 


der 


klimatischen Varietäten der europäischen Landvögel 
und der Ian 


‚auf sie gegründeten Nominal- Species. 


Vs rbemerkungen. Das hier folgende Verzeichnils setzt natüf“ 
‚lich die Kenntnils von dem gewöhnlichen Aussehen des Vogels ein®! 
"Seits, und die Bekanntschaft mit dem Umfange seiner Verbreitungt. 
seinem Wandern oder Nichtwandern, seinem einfachen oder do‘ 
pelten Mausern und der Zeit desselben anderer Seits, stets sch@® 
voraus. (Denn geringe Ausdehnung der Verbreitung, besonders vol 
Süden gegen Norden, ist sehr häufig als Grund zu betrachten, wen! 
ein mit sonst leicht variirenden Farben versehener Vogel kaum ode 
gar nicht klimatisch abändert.) Freilich bleibt gerade in Beirel 
der Verbreitung noch ungewöhnlich viel zu den bisherigen, allg“ 
meiner bekannten Erfahrungen zuzusetzen; so, dals diefs eben ein® 
der Hauptpunkte ist, auf deren Vervollständigung ich in meinell 
in seiner ersten Hälfte beinahe druckfertigen Werke über die Vögel 
unseres Welitheiles erst ganz besonders mit hinarbeiten zu müsse 
geglaubt habe: da ich durch Gelegenheit zur Erlangung eines rei 
chen Materials hierzu vorzugsweise begünstigt worden bin. Auch 
wird schon aus dem bereits Gesagten, wie aus dem Verzeichnis? 
selbst, manches Neue oder noch Wenigbekannte hervorgehen. | 
Es war natürlich hier nur möglich, die von mir gesehen® 
oder zum Theile von Anderen gut beschriebenen Abänderungen 1 
-gedrängter Kürze nach ihren Extremen zu characterisiren. Bloß 
hin und wieder konnte auch die allmählige Entwickelung diese! 
letzteren aus den gewöhnlichen Characteren der Species bei der hie 
gegebenen kurzen Darstellung und Beschreibung schon genauer be 
rücksichtigt werden. Dafür ist aber die allgemeine Darstellung de! 


137 


Veränderung der einzelnen Farben, nach Intensität und Ausdehnung, 
diesen speciellen Beschreibungen der Varietäts - Charactere als ge- 
Netische Gesamt - Entwickelung derselben in unserer Verhandlung 
gleich zu Anfange vorausgeschickt worden. Ä 

Wie hoch sich die Summe der variirenden Arten be- 
reits jetzt beläuft, zeigt die Zählung derselben. Sie macht schon 
mehr als ein Drittheil aller Species überhaupt aus (*): ob- 
gleich diejenigen, bei welchen es noch nicht völlig entschieden war, 
ob ihr Variiren mehr klimatisch, oder.mehr individuell sei, und 
die, bei denen es nicht bedeutender Artist, hierbei gar nicht mit- 
gerechnet, sondern ohne solche Bezeichnungszahl (öfters noch mit 
einem vorstehenden ?) aufgeführt sind. 

Gleichwie wir die Eigenschaft, das Sirkiiren zu begünstigen, 
dem Klima Sibiriens in vorzüglich hohem. Grade schon ander- 


weitig haben zugestehen müssen; so müssen wir Ähnliches auch 


in besonderen Punkten, und zwar zum Theile ganz ausschliefslich, 
neuerdings anerkennen. 

Betrachtet man die unter . 22, 27, 35, A4, 63, 68, 70 und 74 
angeführten Fälle genauer, so scheint es factisch: dals im südlichen 
und östlichen Theile nicht blofs jene schon bekannte Neigung zum 
Variiren mit bald klarer hervortretenden, bald verdunkelten Far- 
ben nach Umständen herrschend wird; sondern dafs sich daneben 

auch ein besonderes Streben zum Erzeugen oder Ausdehnen 
einzelner weilslicher oder weilser Feder-Parthieen geltend 
macht, [So namentlich bei der Dohle (Unterleib, Halsseiten), dem 
Gartenröthlinge (Flügel), der weilsen Bachstelze (Flügel), der Ka- 
landerlerche (Augengegend), dem Mauersegler (Steifs), der Fels- 
taube (Schwanz), dem gemeinen Fasane (Unterhalsseiten), dem ge- 
Meinen Rebhuhne (Augengegend). — Vergl. hierzu auch S.28-30.] 
Fehlten dort nicht so manche Species unseres WVeltiheiles und Afri- 
ka’s, so würden wir diese Bemerkung gewils noch an einer grölse- 
ten Zahl machen; wozu übrigens auch schon weitere Nachfor.- 
Schungen ‚in ‚der Folge möchten führen können. 3 

Somit wird die Thatsache feststehen, auch wenn fürs erste 
weder die Erklärung dieser Erregtheit genügend abzugeben 


N ee 
(*) Die Zahl der Arten dentscher Landvögel beträgt 210; die Anal der, als klimatisch 
“arlirend gezählten unter ibnen macht schon 75 aus. 


a aan En: een ar 
teten Aa e =— samnemanmaeix:2 


138 


wäre, noch die einer ähnlichen, welche macht, dafs dort einig® 
Vögel (zum Theile dieselben), bei welchen man nicht so leicht ein 
Auswandern zum Winter vermuthen darf (*), nach dem südlichen 
Character varuren. [Z.B. der Haussperling, das graue und Stein- 
Rebhuhn, der Fasan.] Entweder mag hier der Aufenthalt in ein- 
zelnen wärmeren Strichen, ihr Streichen nach solchen im Winter 
die relative Zeit der Mauser, eine besondere Stimulation, oder viel- 
leicht Alles diels gemeinschaftlich, als Ursache wirken. Diels sind 
Verhältnisse, über welche erst die Zukunft durch erweiterte Erfah“ 
rungen Aufklärung geben muls. — 

Anmerk. Auf ähnliche Art lehrt die phys. Anthropologie® 
dafs bei manchen unzweifelhaften Erscheinungen zwar die Grundul“ 
sache im Allgemeinen zu errathen, aber noch gar nicht auf bestimM“ 
tere Weise nach dem Wie und Warum ihres Wirkens zu erkennen ist: 

Man weifs durch ärztlich-amtliche Untersuchungen (**): dafs 
jene bejammernswürdigen, unter dem Namen der Cretinen bekant“ 
ten, nur dem Körper nach menschlichen, und fast immer noch mit 
"Sinnen-Unvollkommenheit. behafteten (taubstummen) Wesen in de! 
Schweiz nur entweder in engen, blofs nach Norden zu geöflneten: 
daher den Sonnenstrahlen am wenigsten zugänglichen und vorzugs‘ 
weise mit Lerchenbaumwäldern erfüllten Thälern, oder an solche 
einzelnen Orten vorkommen, deren besondere Lage in sonst anders 
beschaffenen Gegenden eine ähnliche ist; nicht in offenen, freien oder 
mit Eichenwald versehenen Districten. — Diesen Beobachtungen ent- 
sprechen die. amtlichen statistischen Zählungen der Taubstumme® 
im preufsischen Staate, je nach den einzelnen Provinzen und Kreisen 
dieser. In Schlesien namentlich, dessen einzelne Kreise die grüfste 


Nenn Verschiedenheit nach der physischen Beschaffenheit darbieten, zeig! 


"sich auch die gröfste Verschiedenheit der relativen Verhältnisse. Dieß 
geht so weit: dafs z. B. der wald- und thälerreichste, mit einer Menge 
Nadelholz versehene, an Laubholz ganz arme Gebirgskreis, der Wal- 
denburger, den unglücklichen Vorzug eines Plus von fast genau 1000 
pr. Cent. besitzt gegen den, noch nicht um 1° d. L. u. Br. von ihm 
entlegenen freiesten, ebenen, am meisten waldarmen, fast blofs Laub” 
holz enthaltenden, trockneren, etwas sandigen Strehlener: indem 


(*) Was man freilich defshalb auch noch nicht im Voraus abstreiten darf, Glaubt doe® 
Savi eben gerade für das gemeine Rebhuhn (Prrvıx cinerea) selbst in Italien ein theilweis® 


Wandern annehmen zu müssen; gewifs auch ganz gegen unser Erwarten, — 


09 Aus dem Berichte der medieinischen, ausdrücklich damit beauftragten Commission AR 
die Gesellsch. für vaterländ. Cultur zu Aarau. Magazin der neuesten Weltkunde, März 1813. 
[Vgl. ferner Troxler: der Cretinismus; in den Denkschriften der schweizerischen Gesell- 
schaft für die Naturwissenschaften, I, Band, 2, Abth. Zürch 1833, $. 175. — Lichtenst ein] 


139 ; 


Jener schon unter 646, dieser erst unter 6371 Bewohnern einen Taub- 
Stummen hat. (*) — ges 

' Hier möchte das Bezweifeln des Daseins einer höchst feinen, 
aber mächtigen, mittelbaren und verwickelten Einwirkung des Kli- 
na’s wohl ebenso unmöglich, als ihre specielle Erklärung für jetzt 
der medicinischen Ätiologie schwierig sein. 


1. Raubvögel. AVES RAPACES. 


1. Der bärtige Geieradler. GYPAETUS barbatus Cuv. 


Die afrikanischen scheinen kleiner: ihre Länge oft unter X, 
Unterseite des Leibes oft in der Färbung tiefer, Vorderhals dem Roth- 
braunen sich nähernd ; Zügel breiter schwarz. (**) 8.12 oben. Vergl. 
9.17 unten. € 


2. Der Thurm-Falke. FALCO tinnunculus L. 


In Nubien die Männchen durchgängig röther, mehr ins rei- 
tere Rost-, als in Röthelrothe spielend; das Graue mit Roth über- 
flogen; Rücken zuweilen ohne Flecken (***). In Ostindien gleich- 
falls schöner, selbst die Weibchen. $.18 mitten. 


3. Der Zwerg-Falke. FALco aesalon Gmel. 

Man hat zuweilen sehr dunkle, wahrscheinlich erst oh mittle- 
tem Alter, aus dem mittleren Nordamerika ‘erhalten; ähnliche, 
nbar nöch jüngere und doch etwas bläulichere, aus Schottland. 
8.43 u, 140. Ä 


: 4. Der Jagd -Falke. FALco candicans Gm. 


Die alten weifsen (****) auf Island am seltensten; häufiger ı 
Schon im übrigen Norden Europa’s; weit öfter in Grönland; 
Immer zahlreicher werdend (nach Pallas) gegen Nordosten in 
Asien; und endlich, auf Kamtschatka die weifsen überhaupt ent- 
Schieden häufiger, als die braunen. S.12 u., 15u., 90u. i 

Grofs, dunkel und stark ins Rostrothbräunliche ziehend an dem 
Schön- und klar-gefleckten Schwanze, auch mit mehr rostbräunlichen 
ee ! - 5 

(*) Schlesische Provinzial - Blätter. November 1832, S. (425-) 434 und 435. 

(**) Der Bart ist eben so gut vorhanden, wie bei europäischen und asiatischen! — 

en Also’ dann ähnlich wie beim Rötbelfalken, Farco cenchris Naum. Auch unsere alten 
Tourmfalken haben weniger Rückenflecken, als jüngere. Vergl. S.15 mitten und $, 35 unten, 

Unten, ‚ 
Ss *) Die Jungen und jüngeren sind bekanntlich in allen Ländern braun gefärbt, noch nicht 
Air Weifser H; 

auptfarbe. 


ai nun ann ae u nn en 


BE ne 


440 


Kanten des Oberleibes versehen, als nordische, sind jüngere Vögel 
auf einsamen Gebirgen des Südens, z.B. Arabiens, getödtel- 
(Farco lanarius Hempr.) S.17 u. 


5. Der Hühnier-Habicht. FALco palumbarius L- 


In den (wärmeren Theilen? der) nordamerikanischen Fre" 
staaten, aber auch schon zuweilen in Deutschland, mit sehr 1 
dunkeltem, ganz schwärzlichem Oberkopfe und Wangenstreife. (FaroO 
atricapillus Wils., Faıco regalis Temm.) Die unsrigen, überhaupt 
sehr oft eben so grofs. $.12 o., 140., 370, r. 

Schon nach Ostdeutschland wandern öfters bedeutend Jich” 
tere jüngere Vögel ein. In Scandinavien (n. Nilfson) und aU 


"dem uralischen Gebirge kommen sehr weifse auch noch selten, wei 


ter nach dem Osten Sibiriens häufiger (n. Pallas), und in Kamt 


schatka ganz gemein solche vor, welche den weifsen alten dortige® 


Jagdfalken ähnlich gefärbt sind. S.12u., 15u., 20u., 48m., 49 0. 


6. Der Sperber-Habicht. FaLco Nisus L. 

Die rostrothen Streifen der, zuweilen auch etwas dunkler® 
Männchen immer breiter und schöner nach Süden: in Afrika at 
weilen den ganzen Unterleib fast gleichmäfsig überziehend. ( Far 
exilis Temm.) Alle Abstufungen in gemäfsigten, und besonde® 
in wärmeren Gegenden, vorzüglich bei älteren; und anscheine® 
auch in Asien. $.17u., 190., 36u., 57u., 142m. 

Unter gleichen Umständen auch das weibliche Geschlecht oft 
etwas dunkler, allenthalben mit röthlicherem Anstriche, und mit st!“ 
kerem Hervortreten des Rostbräunlichen in den (braunen) Bauchbi# 
den. $.14 o0., 112m. 


7. Der gemeine Fischadler. FALco haliaetus L. 


' Braune Flecken der Brust nehmen im Alter und im Süden a 

und verschwinden am afrikanischen gewöhnlich sehr bald. S.15 m" 
35u— 

! [Anmerk, Der weifsschwänzige Seeadler, Furco albicilla u soll von der 

deutschen Ostseeküsten an nach Norden zu immer gröfser, sein Schwanz nach Verhältnif er 
was länger werden: am meisten in Grönland.] S.67 m., 760. 2 


8. Der Königs- Adler. FALCO imperialis Bechst. 
Obgleich sonst (wohl defshalb, weil er hauptsächlich Gebirg” 
vogel ist) nicht sonderlich abweichend, bleicht er im J ugendgefied®' 
doch unter wärnmieren Himmelsstrichen zuweilen ungemein star 
aus; wird daher in Mittel- und Südafrika dann am ganzen Leibe 


141 


hell lcehmgelblich, mit etwas röthlicheren Hosen und Bauche. (?Farco 
Obsoletus Licht.) Alle Abstufungen. S.8 m. 


9. Der Mäuse-Bussard. FAuco buteo L. 


Im Norden sehr oft ins Weifsliche fallend, mit nicht vielem 
Taun gefleckt; S.12 u., 15 m., 240., 49 0., 108; — aber nie so im 

Süden. Hier vielmehr immer dunkler schwarzbraun, und bei- 
Nahe schwarz; die rostgelben und roströthlichen Kanten der Federn im- 
Mer dunkler und breiter; der, bei unseren schon öfters rostroth ange- 
logene oder gebänderte Schwanz an der Wurzel, der Bauch, und die 
Hosen, bei den afrikanischen häufig rost- und bisweilen rothbraun, 
Schwarzbraun gemischt. (Farco tachardus Daud., ?Fırco vulpinus 
Licht., Burro tachardus Dumont.) S.9m., 417 u., 19u., 240. 


10. Die Schnee - Tageule.. STRIX nivea Thunbg. (*) 


Wird, je weiter nach Mitterna cht zu, immer weifser (P al- 


la s), d.h. die braunen Flecken der Federn immer einzelner: die Männ- | 
then endlich ganz weils, wenn nicht auch die Weibchen. $.12u.,15u. ' 


11. Der Stein - Kauz. STRIX noetua Retz. : 

Im Süden, schon im mittäglichen Europa, ist seine Grund - 
und die Zeichnungsfarbe gelblicher; erstere dadurch dem Chocolade- 
braunen sich nähernd. Das abgetragene Jugendkleid ans Isabellfar- 
bene angränzend. 'S.18u., 34 u. : 


12. Der Wald-Kauz. Srrıx aluco L. 

Verliert (n. Pallas) ‘in Rufsland, seinem östlichsten Va- 
terlande, nach und nach vollends alle Neigung, ins Rostrothe abzu- 
ändern, und kömmt dort immer nur in der -grauen Färbung vor. 
8.20 u. 


13. Der Schleier-Kauz. STRIX fZammea L. 


Ändert sonst unter keinerlei Verhältnissen bestimmt klimatisch, 
Sondern blofs individuell ab; aufser, dafs er auf Cuba, und wahr- 
Scheinlich. auch sonst am Centrum des tropischen Amerika, oft in 
Einer klimatisch scheinenden Ausartung mit weifsem und weils-bun- 
lem Schwanze vorkömmt. Daher Srrıx perlata Illig. jetzt gar 
Nicht mehr zu charäcterisiren ist. $.29u., 34u., S. 114 m. 


14. Die Zwerg - Ohreule. STRIX scops L. 

In Afrika und dem südlichen Asien etwas verdunkelt, auch 
Mehr ins Gelbliche und Röthliche spielend; ähnlich schon die meisten 
Aus der Buchara. S.18m., 34u. 
en 4 


R (*) Der Name Sraıx nyctea, obwohl bisher immer gebraucht, bedeutet eine Nachteule. 
|" leiht also dem Thiere einen anerkannt ungehörigen Character. 


142 


1 Die Uli Obaehle: Sram bubi 


Im Norden (*) Sibiriens nimmt das Schwarze in seinem Ge 
'fieder an Umfange sehr, an Intensität jedoch etwas weniger ab; das 
Weifsliche wird ganz 'weifs, das Rostgelb zu blassem Ochergelb; das 
Ganze seines Colorits sehr, sehr viel heller. (?Srrıx sibirica Licht. 
In Lappland kömmt der Uhu (n. Nilfson) zuweilen ebenso 0" 
(Srrıx scandiaca L.) S.12u., 45u,, 20 u., (34u.) 490. 


II. Sperlingsvögel. AVES PASSERINAE 


a. Sperlingsvögel mit Singmuskelapparat. AVES PASSERINAE 
= MELODUSAE. 


16. (1) Der grofse Würger. LAnıus eweubitor L. 


Selbst im Süden Europa’s und im Norden Afrika’s nur selten | 
(und vielleicht nur im Sommer (**)) mit dunkler grauem, viel öfter 
mit gelblich überflogenem, Ober- und dunkler rosen- oder wein“ 
röthlichem Unterleibe. (Lanıus meridionalis Tem m.) Jedoch eben! 
im fernsten Nordosten von Asien und im Norden Amerika” 
(Lanzus borealis Vieillot.) S.43u., 18:m., 24m.,u., 57u., 58" 
Vergl. auch $S. 14-15 u. 


Der schwarzstirnige Würger. LANIUS minor Gmel. 


Die rosenröthliche Brust wird nur unmerklich dunkler und 
hübscher in südlicheren Ländern. 


17. (2) Der rothköpfige Würger. LAnıus ruwficeps Bechst. 


Von dem wenigen, aber doch bei allen (auch den unsrig® 
vorhandenen Weifsen an der innersten Schwanzwurzel ausgehend, er 
scheint an südlichen nicht selten die Hälfte des Schwanzes rein” 
an Jungen weniger und nur rostgelblich-weifs. Das Weifse der Na 
senflecke und Zügel, und das Rostbraun des Kopfes, verdrängen der 
schwarzen Stirn- und Halsseitenstreif immer mehr, zuletzt fast ganl' 
(Lanıus supereiliosus Lath.) Alle nur denkbare Abstufungen un 
Kreuzungen. $.12m., 130., 46m., 17u., 18m., 190. 


18. (3) Der rothrückige Würger. Lanıvs collurio L. 


Männchen im Süden, z.B. in der Kafferei und den Fluß“ 
gebieten des Senegal und Nil, oft mit besonders schönem, #* 


(*) Ob auch im höheren Osten, darüber sagt Pallas nichts, — der sie im. Winter 3“ 
doch auch im mittleren Sibirien so fand und beschrieb, aber hier als eingewandert beirachtel®‘ 
Daher kamen auch die Berliner Exemplare. 

(**) Denn gewifs schreibt Hr Brehm den Würgern, wie den Grasmücken, mit Re 
eine doppelte Mauser zu. Ich möchte sie bei keiner Species bezweifeln. 


pt 


143 


!othbraunem Rücken, und mit lebhaft rosen- oder bleich weinrothem 
Unterleibe. Das Grau des Kopfes etwas dunkler; Stirn und Augen- - 
braune weifser. $.15 0., 18m., 210., u., (72o.) 
j Sehr alte Weibchen beginnen hahnenfedrig (den Männchen ähn- 
lich) zu werden. In jüngeren und mittleren Jahren ist dagegen ihr 
Rostroth sehr lebhaft; die schwärzlichen Striche um die Ränder der 
Schwanzfedern und die braunen Brustbogen verschwinden: letztere 
Richt selten ganz plötzlich; dann bekömmt die ganze Bauchseite einen 
Vostgelben Teint. So, aufser dort ın Afrika, nicht blofs in Ben- 
l8alen, sondern auch schon in Dauurien. (Lanıus phoenicurus 
Pall.) S.15m., 17u., 35 u., 580. 


49. (4) Der Eichel-Häher. Corvus glandarius L. 


Schon bei uns haben recht alte, und wahrscheinlich besonders 
die von Osten hergekommenen, die Kopffedern oft schwarz bis auf 
Einen ganz schmalen weilsen Rand. Indem letzterer tiefer gegen Su- 
den hin, z. B. in Syrien, vollends verschwindet, bildet sich eine 
Sanz schwarze Platte auf dem Mittel- und Hinterkopfe. (Corvus 
Üiceti Licht.) S.120. 

Nicht selten nähern sich unsere durch Zunehmen des Blauen auf 
den Vorderschwingen denen vom Himalaya, an welchen es eine 
Art von zweitem blauem Spiegel bildet. (GarruLus bispecularis 


Gould.) S.22m. — Beides kommt bald verbunden, bald getrennt 
er 


20. (5) Der Kolk-Rabe. Corvus corax L. 


Stark, aber unregelmäfsig - weifsbunte klimatische Abänderung 

Oder Ausartung; häufig blofs auf den Fär-Inseln. (Corvus varius 

rünn., Corvus leucophaeus V ieill., Corvus leucomelas Wagler.) 
$.12u., 28m., — 5.900. 


21. (6) Die gemeine Krähe. Corvus cornix L: 


Im Norden nur als Nebelkrähe, ja am Obi noch viel lichter, 
8 Graue ganz hell, unten fast weils; (n. Messerschmidt bei Pal- 
as.) Im Süden und im fernen Nordosten, so wie in Nord- 
Amerika, blofs als Rabenkrähe (Corvus corone auctt., nicht Linn.); 
\ü den Zwischengegenden in Europa beide häufigst als Race 
Seirennt, aber diese doch oft als Gatten vereinigt, hingegen in den 
Wischenstrichen Asien’'s durchaus mehr in der Mittelfärbung 
(also nicht mehr als Racen) erscheinend, und allmählig je mit dem 
Ortstreichen der Landstriche immer mehr in je eine jener Haupt- 
ärbungen übergehend. 5,4100,, 1298,, U, 18M,, 150., 43m., u., 
Sm., 58u., 600., 770. 6% 


| 
2 Y 


2 RN —— 
re? u De - 
nn er a > 


144 


22. (7) Die Dohlen - Krähe. Corvus monedula L. 


‘Schon im südlicheren Europa, selbst bereits in der Schw 
treten die helleren und dunklen Färbungsnüancen in klarerem Ab 1 
stiche gegen einander hervor, als bei uns; und überall klarer mit 
dem Alter (*). Im östlichen Sibirien dagegen sind nur wenige 

‚ und diefs ausschliefslich jüngere, den unserigen ähnlich; die ältere® 
sehen in bunten Abstufungen immer schöner aus: zuletzt Wangen | 
Hinterkopf dunkler; Nacken und Seitenhals weifs; Brust und Bauet I 
ebenso; After und untere Schwanzdeckfedern bläulich - grauschw@® | 
lich: Rücken noch dunkler. Manche erst graulich-perlfarben 0@@ | 
blofs grauweifs, statt weils. Am schönsten in den Gegenden von der ll 
Uda bis zur Selenga, um und über dem Baikal, in Dauuriel' 
(Corvus dauuricus Pall., Corvus capitalis Wagler; jung Cor 
fuscicollis Vieill.?) S.10u., 11 u., 120., 14., 150., 58 0., (90 m.) 


eih | 


23. (8) Der gemeine Staar. STURNUS vulgaris L. 


In einigen südlichen Gegenden heller und ärmer an Schillet 
8.114, Zusätze zu $. 9, S.24 0., (81 u.) 


? Die Wein-Drossel. TURDUS zkacus L. 


Es sind vielleicht östliche, (wo nicht, jedenfalls ungewöhnlid 
alte,) welche oberhalb ungewöhnlich dunkel und auf Mittelrücke® 
Schultern, Mittelschwingen und Flügeldecken roströthlich gekantel! 
aussehen, auch zuweilen eine bis völlig zu Trüborangengelb gestet 
gerte und bis auf den Bauch hinabreichende Grundfarbe am Vorde” 
halse zeigen. S.18m., 29m. — Von 


? der Wachholder - Drossel, TurDus pilaris In | 
scheinen ebenfalls die schönsten, mit stark schwarz-geflecktelf 


'Kopfe, grofs schwarz-bunten Seiten des Leibes, und überhaupt übe” 
all mit stark verdunkelten Farben, vorzüglich aus Asien (vielleicht 


— 


(*) Convus spermologus Vieill., (auch von Wagler angenommen) überhaupt erst gach 
ein Paar Stücken gekannt, ist gewifs nichts weiter, als die jüngere Dohle. Diese siebt a 
weilen auch bei uns so aus, bis ins zweite Jahr; und die angegebenen Unterschiede im Yerbalt 
nisse der Schwingen unter einander sind so wandelbar, so unsicher, dafs wir, mit wagle 
Angabe (Syst. apium I.) verglichen, hiernach in Schlesien und der Mark viel mehrere vn 
Corvus spermologus, als von C. monedula, haben müfsten. — Am öftesten aber pafst wede | 
Eins, noch das Andere; denn Mitteldinge sind am zahlreichsten, und die Färbung bei Weit 
am häufigsten die der letzteren, (C. monedula). | 
Aber diefs und Ähnliches sind die betrübenden und ärgerlichen Folgen des voreilige® IN 


Aufstellens solcher Arten nach einem oder zwei Stücken. — 


145 


+ 


auch aus dem ganz hohen Norden Europa's?) zu uns zu kommen. 
5,14 0., 18m., 580. Vergl. auch unten die zweite Note zu n. 50. (*) 


? Die Schwarz-Drossel, Turnus merula L., 


soll auf den Gebirgen bei Nizza in der Jugend mit einer wei- 
isen Schwanzbinde klimatisch ausarten. S.29m.,u. 


Die ächten Steinschmätzer, SAXICOLA Bechst,, 


erhalten in südlicheren Gegenden mehr Weifs am Schwanze, 
oft sogar an den Wurzeln beider Mittelfedern; bleichen dort auch 
sehr aus, zumal im Jugendgefieder, und reiben sich auffallend ab. — 
Einzelne schwarzohrige, SıxıcoLA aurita, bekommen einen schmalen 
schwarzen Streif quer über den Oberrücken. $.12 0.,m., 18 m. — 
Siehe auch $.32 m., u. 


24. (9) Der graue Steinschmätzer, SAXICOLA oenanthe B., 


nimmt dort unterwärts eine intensivere, und am Öberleibe be- 
sonders im weiblichen Geschlechte eine röthlichere Färbung an. 
(SıxıcoLA libanotica Hempr.) S.32 u. 


25.(10) Der schwarzkehlige Wiesenschmätzer. SAXIcoLA rubicolaB. 
In den heifsen Gegenden Afrika’s wird besonders das Männ- 
chen oben schon rein schwarz, der Unterleib rostbraun ; der Bürzel 
sehr oft mit rostgelbem Spitzenanfluge. Viele, nicht alle, bekommen 
am Schwanze oben etwas, nicht wenige schon die Hälfte, ja manche 
über drei Viertheile Weifs, (aber mit schwarz bleibendem Paare Mit- 
leifedern) welches an Jungen Gelbweifs ist. (Moracrııa sibilla 
Linn.?, Syıvıa sibylla Stephens.) S.11u., 12m,, 170., 190. 


26. (41) Der Haus-Röthling. SyuvıA tiihys Lath. 


Ältere Männchen schon bei uns mit mait- oder ganz schwar- 
zem Rücken, und mit von Weitem auflallenden weifsen Flügel-Spie- 

; ’ ıug 
geln. Beides im Süden häufiger, und noch entwickelter. (**). (Mo- 
Tacıııa atrata Gmel., Syıyırn atrata Lath.) Weibchen meist nur 
ee SE EEE P . 

(*) Anmerk, Da (nach Nilfson, Fauna ll, 5.232.) die Wälder des südlichen Schwe- 

dens häufig noch im Winter förmlich von ihnen wimmeln; so müssen nothwendig unter der 


Srofsen bei uns erscheinenden Menge viele östliche sein. — : 
Auch möchten wohl, da der Winter weiter im Norden früher endigt, als weiter 


r 


ach Osten, überhaupt unter denjenigen Vögeln, welche nach ungewöhnlich 

Strengen, lange anhaltenden Wintern bei uns bleiben, um sich hier fortzu=- 
Pflanzen, im Ganzen leicht vielmehr östliche, als nördliche, sein, — 

(**) Es würde gewifs noch auffallender sein, wenn er nicht so vorzugsweise dort nur Ge- 
birge bewohnte; und es scheint auch bei uns schon häufiger in Ebenen, als auf jenen. 


10 


"90 
2 
Kl 
N 
A 
fi 
E 


146 


unbedeutend dunkler. $.11 u., 120., m., 13 m., 150.,16m., 26 0., 
m., 27m., 112m. 


27. (12) Der Garten -Röthling. Syıvıa phoenicurus Lath. 


Im Süden und Osten schon die Weibchen oft merklich, die 
Männchen gewöhnlich in ganz anffallendem Grade verdunkelt. (*) 
Diese im Spätsommer oben grauschwärzlich ; Vorderkopf (nach dem 
Bereiben) weifsgrau, dieser Streif über den Augen und Ohren weg 
zuweilen bis auf den Oberrücken fortlaufend ; So bräunlich rost- 
roth. Die hellen Ränder der Hinterschwingen immer gröfser und 
weifser werdend, endlich zu einem grofsen, oft weit a der Wur- 
zel reichenden weifsen Spiegelflecke erweitert. In Südeuropa Beides 
noch nicht zum Extreme kommend: Ersteres aber vorzüglich in Nu“ 
bien, Syrien und Arabien (Morıcıııa alpina Hempr., PHozsI- 
CURA atrata Selby); Letzteres vornemlich in Asien, vom Kauka- 
sus beginnend, undsteigend am Baikal, der Selenga, dem Onon- 
(MoracıLıa erythrogastra Güldst., Morıcınıa aurorea Pall.; 
Syıyıa aurorea Lath. und Syıvıa erythrogastra ejd.) Endlose 
Abstufungen und Kreuzungen der Mittelstufen, ja zuweilen selbst 
Kreuzungen der Extreme. S.5u., 11u., 120., m., 13 m., 150., 16 m. 
470., 260., m., 27m., 580., 112 m. 


28. (13) Der blaukehlige Erdsänger. SYLVIA cyanecula M. et W. 


Im Norden, Osten und Süden etwas schöner: in Lappland, 


Südeuropa (?), Ägypten, Sibirien das Weibchen mit röthlicherem, 


das Männchen mit trüb rostroihem oder zimmtbraunem Mittelfelde 
(Sterne) am Vorderhalse (Morıcırıa coerulecula Pall. (**), En 
coerulecula Licht.), welches bei unseren weifser, silberweils, i 
Alter häufig verschwunden ist. (Syıyıa azuricollis er 
Syıyıa Wolfii,Brehm.) Jenes rothsternige doch zuweilen auch bei 
uns als Heckvogel;. also wohl so recht alt? S.17u., 21 0., 22, 35u. 
48 m., 490., 580., 930., 1ilu. 


? Der Garten - Laubvogel, SYLVIA hypolais Naum., 


soll in Italien und Piemont kleiner, dunkler gefärbt, 'aber in 
Sitten, Wohnort, Gesang, ' Nestbau, Farbe der Eier dem deutschen 


(*) Schon Pallas bemerkt (Zoogr. rosso-asiatica, n. 115.) zu einer var. B von Ma 
TacııLa phoenicurus, und mit Beziehung auf die Gattung Moracırıa (bei ihm MoraAcıLLAs 
Srıvıa, Saxıcopra, Antuus, Recunus und TrocLoprrzs umfassend) überhaupt: »Farieta” 
»tem pulcherrimis et maxime intensis coloribus insignem ad Volgam et ad Jeniseank 
»observavi rarius. Etiam in plerisque Motacillarum speciebus vel aetate vel vir 
»gore Praestantia individua subinde observantur, quae coloribus vulgaria longe antecel- 
»Zunt.« Leider ist darüber noch Vieles unbekannt geblteben und nicht von ihm benannt. 

(**) Von ihm aber nur so benannt, nicht als verschieden von Mor, szecica‘L. angesehen. — 


147 


gleich sein, () Zuweilen mit auffallenderen und breiteren lichten 
Hinterschwingenrändern. Ob so nur alt? S.45 0., — Vergl. $.22 u. 


29. (14) Der Sumpf- Rohrsänger. SYLVIA palustris Bechst. 


Im ganzen Afrika zum Herbste etwas dunkler; zur Heckezeit 
aber noch mehr verblichen. $.23 o. 


30. (15) Der Seggen -Rohrsänger. SYLVIA cariceti Naum. 


Die im Ganzen südlichere, aber auch bei uns zuweilen zahl- 
reich vorkommende, manchen Sommer sehr gewöhnliche, kein Jahr 
fehlende Varietät mit gelblicherer und röthlicherer Färbung ist Syr- 
va aquatica Lath., der Biesen-Rohrsänger. Beide wurden, ob- 
gleich es in den Sümpfen Südeuropa’s zum Herbste meist von ihnen 
wimmelt, doch von Seiten der südlicheren Zoologen nie specifisch, 
kaum als Varietäten oder Racen, getrennt. $.48 m. 


31. (16) Die Zaun-Grasmücke. SYLVIA curruca Lath. 


Im Süden Eurepa’s, auf Sicilien besonders, in Arabien, 
oft an der Brust hell rostweinfarbig; vecht alte weinrostbräunlich ; 
indefs wahrscheinlich meistens nur zum Sommer. (Syıvıa subalpina 
Temm., Bonelli??, und Srıvır leucopogon Heckel.) Junge 
oben mehr bräunlich angeflogen. (**) S.12m., 13 u., 150., 21 m.,u., 
25u. Vergl. auch S.14-15u. 


32. (17) Die fahle Grasmücke. SYLVIA cinerea Lath. 


Unten ebenso, wie vorige; oben, besonders am Kopfe, nicht 
seiten verdunkelt: jedoch die ältesten bei uns den nicht schr alten 
dortigen ganz und gar gleich. (Syıvıı conspicillata Marm.; SYL- 
VIA passerina Temm., MorıAcıııa passerina Gm.?, Curruca passe- 
rina Risso, Syıvıa subalpina Bon.?, Syıyır leucopogon Savi.)(*%) 
9.12 m., 13u., 150,, 21m., u., 25u. Vergl. auch $. 44-15. 


33. (18) Die Mönchs - Grasmücke. SYLvIA airicapilla Lath. 


Auf Madeira sollen die ältesten , ohngefähr der zehnte Theil 
aller, die Scheitelplatte so ausgedehnt erhalten, dafs auch Seiten - und 
Vorderhals schwarz erscheinen. (Von dem Beobachter, Hrn. Hei- 
(*) Nachricht von einem ausgezeichneten ‚Beobachter, Hauptmann Conradi von Bal- 
denstein bei Chur in der Schweiz. 

(**) Es ist ein seltsamer, aber bei den Bearbeitern der europäischen Ornithologieen (blofs 
Mit Abrechnung Naumann’s und zum Theile Savi’s) ganz allgemein herrschender Irr- 
thum: dafs die, hier als klimatische Varietäten genannten Nominal - Arten unserer, und meh- 
Tere andere, südliche, Grasmücken unbefiederte Augenlider haben sollten, Schon das 
unbewaffneie Auge, noch mehr aber die Loupe, überzeugt vom Gegentheile. — 


10* 


148 


necken, wurden sie aus zahlreichen, genau erwogenen und wichti- 
‘gen Gründen ausdrücklich nur als Varietät betrachtet; von einem 
blofsen Untersucher der todten Bälge erst als vermeinte Art [Stun 
Heinecken Jardine] aufgestellt.) S. 12 o., 43u. . 


D 


34. (19) Der weilskehlige Wasserschwätzer. CINCLUS aquaticus, 
Bechst. 


In Syrien, gewöhnlich in Italien, zuweilen jedoch schon in 
Mitteldeutschland, mit ungewöhnlich ausgedehntem Rostbraut 
am Bauche. (CincLus syriacus Koseeh 5.13 o., 17u., 37 0. 

Im westlichen Sibirien dem unsrigen meistens noch ziemlich 
ähnlich; im mittleren mit immer ausgedehnterem Weifs am Halse, 
welches weit an dessen Seiten, und am Bauche immer mehr nach 
unten geht, bis es fast zum After reicht. S.12 u., 15u., 570. | 

Umgekehrt im östlichsten oberhalb und am Vorderhalse im- 
mer mehr hellbraun überflogen, zuletzt mit hellbrauner Kehle und 
ganz verwischten Rückenkanten; (aber noch eben nicht eigentlich 
einfarbig chocoladenbraun! Cıncıus Pallasiüi Temm. (*)) Soll eben 
so auf dem Himalaya vorkommen. S.13 m., 57 m.;u. 


Anmerk. Dagegen ist der (ganz anders aussehende) Cıncrus Pallasii? Carl Bona- 
parte’s (durchgängig von gleichmäfsiger Schieferfarbe mit schwarzen Federkanten) höchst 


wahrscheinlich , und der mexicanische vielleicht ebenfalls, specifisch von dem in der alten Welt 


Yokanıdı hied 
V 


35. (20) Die weilse Bachstelze. MoTAcıLLA alba L. 


In südlichen und östlichen Gegenden alles Graue zuerst 
schwarzgefleckt, dann schwarz; breite Ränder der Flügeldeckfedern 
und Wurzel der Schwingen weit hinaus weifs. Selten so im süd- 
lichen Europa, noch seltener in Frankreich, Ungarn; (Mo- 
 aclııı lugubris Temm. (**)) n. Pallas im Nordosten Asiens 
immer häufiger werdend, auf Kamtschatka endlich und auf den 


Kurilen höchst gewöhnlich. (Moracızıa Zugens Illig.) S.11 u, 
420.,m., 13 m., | 15 0., 16m., 26m., 27m., 31m., 580. 


(*) Hr. T. hatte es biofs als Vermuthung hingestellt : dafs seine Species Cınerus Pa 


lasii aus der Krimm stamme. Er hatte auch, um sich keine unverdiente Verantwortlichkeit 


4 


beimessen zu lassen, wenn es sich einst als falsch erwiese, (wie es wirklich ist,) den Grund der 


Vermuthung angegeben und das Wort conjecturer ganz allein in dem ganzen Artikel (Manuel, 


p-177.) mit auszeichnender Schrift (cursiv) drucken lassen. Gleichwohl schreiben ihm spätere 
Ornithologen jene blofse (unrichtige) Vermuthung als eine unbedingte Gewifsheit nach! — Das 
zur Norm genommene Exemplar kam aus dem östlichsten Sibirien. 

(**) Nicht M. Zugubris des Pallas, welcher diesen Namen nirgends hat, sondern sie an 
der von Hrn. Temminck eitirten Stelle der Zoogr. r0sso - asiatica im Gegentheile als Varie- 
tät der Mor. alba beschreibt. (S. daselbst I, z. 139.) 


149 


36. (21) Die Wiesen - Bachstelze. MOTACILLA Java L. 


Männchen in wahrscheinlich allen südlichen Gegenden oft, 
bei uns zuweilen, im Norden ziemlich selten, im Osten wieder 
öfter — zur Zeit des Sommers mit schwarzem Oberkopfe, ganz ohne 
oder fast ohne die weilse Augenbraune; öfter mit nur undeutlicher, 
‘und mit schwarzgrauem, schwarzgeflecktem Kopfe und Nacken: letz- 
‚.terer im Anfange (wie bei uns überhaupt) bald noch mit grauen, 
bald mit grünen, später verschwindenden Kanten, wie bei unseren 
grauköpfigen sehr oft. (?MorAcıLıa melanocephala Licht.) Weib- 
chen nur etwas hübscher. 8.12 0., 43 m., 14 u., 23 o.,m., 36 u., 
48 m., 49 0., 580., 101u., 112m. : 


37. (22) Der Wasser- Pieper. ANTHUS aguaticus Bechst. 


Im Norden wegen der späteren Sommer erst später, oft viel- 
leicht gar nicht, im Sommerkleide zu finden, welches auch minder 
tein, nämlich an der Brust mehr gefleckt ist; und dergl. m. (Antuus 
Jittoralis Brehm, Antuus rupestris aliqq.(*)) S.15m., 25u., 31u., 
36u., 83m., 67 m., 920., 1412-14. 

Im tieferen Süden, z.B. in Syrien, Arabien, öfters selbst im 
Herbste minder gefleckt. (Antnuus Coutellii Audouin.) 


38. (23) Der Wiesen-Pieper. ANTHUS pratensis Bechst. 

Im Süden und Osten, wie in Ägypten, Nubien, Syrien 
und Kamtschatka eic. regelmäfsig, im gemäfsigten Europa sel- 
tener, in Deutschland selten und durchaus nur im Sommer, mit 
rostrothem, bei recht alten tief herunterreichendem und dann die 
benachbarten schwärzlichen. Längsstriche verdrängendem Kehlflecke; 
oft auch mit ähnlichem Augenbraunstreife. Bei uns wahrscheinlich 
blofs Männchen so; die Weibchen allenthalben nicht so ausgezeichnet 
geröthet. (Antaus Cecilii Audouin, Antnuus rufogularis Brehm.) 
[Moracıııa cervina des Pallas.] S.15 m., u., 17u., 25 u., 36 u., 
58 0. Vergl. auch S.130., 17 m., 411. j 


39. (24) Der Brach -Pieper. ANTHUS campestris Bechst. 

Südlich, besonders in Afrika, etwas dunkler, röthlicher, und 
an der Brust häufiger ohne den Fleckengürtel. 8.15 m., 18 m., 25 
0,368: = 


40. (25) Die Alpen-Lerche. ALAUDA alpestris L. 


= Soll auf den (rauheren) Alpen des mittleren Sibiriens (nach 
Pallas) minder hübsch, mit weniger ausgebreitetem Schwarz am. 


(*) Unter diesem Namen zwar, aber keineswegs als seyn sollende Species bei Nilfsen, — 


# 


150 


Kopfe versehen, und zugleich kleiner sein, als in den nördlichsten 
(natürlich im Sommer wärmeren) Ebenen. Am hübschesten wohl auf 
‘ den Gebirgen des, durch seine Hochebenen besonders im Sommer 
warmen Mexico’s. Vergl. S.120.,u. 


41. (26) Die Hauben-Lerche. ALAUDA cristata L. 


Im Süden stets mit mehr Rostgelb; jung nach einigen Wo- 
chen in Afrika fast isabellfarbig, verblichen. S.18 m., u. 


42. (27) Die Feld-Lerche. ALauDa arvensis L. 


Ebenda mehr gelblich, röthlichgelb angeflogen. Zuweilen mit 
stark roströthlichem Scheitel. Indefs SER} auch so bei uns, auf 
dem Zuge: ob hoch von- Norden her? $.19 m. 


43. (%) Die Isabell-Lerche. ALaupa testacea Gm. (6) 


In Dongola am gröfsten. Allenthalben viele mit sanft rost- 
rosenröthlichem Anfluge an Unterrücken , Weichen, Schwanzdecken; 
tiefer südlich am öftesten. Allenthälben nicht selten mit sehr ins 
Rostrothe fallendem, selten mit fast ungefleckt hell Bubraunem Schei- 
tel. S. 49m. 


44. (29) Die Kalander-Lerche. AuauDA calandra L. 


In Südsibirien und Ostafrika öfters beinahe ohne die 
(Schaft-) Flecken der Brust, aber mit grofsen, fast zusammenlaufen- 
den Ringflecken. Ebenda, jedoch selten, allenthalben mit röthlichem, 
am Kopfe und Vorderhalse besonders starkem, rostfarbenem Anfluge. 
S.19m., 580., 1120. ; 

Die sibirischen zeichnen sich vorzüglich oft durch einen lan- 
‚gen weifsen Augenstrich, ganz weilse Kehle, einen dergl. Wangen- 
fleck und solche Augenkreise aus. Vergl. n. 7%, auch n.73. 


; Anmerk. L erchen, Pieper, Grasmücken im Süden meist immer mit deut- 
licberen und oft gröfseren Keilflecken etc, am Schwanze. 8.12 m., 18 m., 580, 
45. (30) Der Grau - Ammer. - EMBERIZA miliaria L. 
Einzelne südliche zuweilen schon in der J ugend mit rölhe- 
rem, rostfarbigem, an Stirn und Wangen besonders auffallendem An- 


fluge. SD 149m., 112 0. 
46 (31) Der Gold-Ammer. EMBER1ZA citrinella L. 
Ebenda mitunter die Weibchen mit rötherem Anfluge im 


Allgemeinen, aber die roströthlichen Flecke. „des Oberr he und 


(*) Kurzzehige Lerche, Arauna brachydactyla Leisl. Es giebt aber mehrere noch er: 
"kurzzehigere Aalpts der ältere Name ist daher der besser passende. 


451 


der Oberbrust gerade heller. $. 48 m., vergl. S. 20 m. und z. 49, 
50; S,89. 


47.(32) Der Garten - Ammer. EMBERIZA hortulana L. 


An südlichen, namen th an den abyssinischen, nubi- 
schen, syrischen, selten an südfranzösischen, sehr selten an 
deutschen, ist der Kopf dunkler grau, anfänglich mit Rostfarbe 
überflogen;. Unterleib fast rothbraun; untere Kopfseiten und Kehle 
blofs roströthlich; Schnabel und Füfse merklich röther. (Emszrıza 
caesia Mus, Francof., ?E.rufibarba Lichi., E.cia varietas Roux.) 
S.470.,u., 18m., 230., 240., 4l1u. 


48. (33) Der a en EMBERIZA cia L. 


In Syrien und Arabien oben etwas gelblicher, die schwar- 
zen Kopfstreifen (durch stärkeres Abreiben) breiter. *Die ins Rosen- 
farbene spielende, roströthliche Unterseite scheint nur zuweilen etwas 
dunkler zu werden. S.18 m., u. 


E 49. (34) Der Rohr-Ammer. EmBErıza schoenielus L. 


Zum Theile im Süden Europa’s, besonders jedoch im Osten, 
über dem Baikal, an der Selenga, in Dauurien, die Männchen 
oft mit hellerem Rostroth oder fast blofsem Rostgelb auf dem Rük- 
ken, jedoch zugleich mehr schwarz: beides besonders auf allen Flü- 
geldeckfedern; daher die Flügel im Sommer schwarz, mit gelblich - 
hellen Rändern. Alte deutsche bereits ähnlich. (Emserıza arundi- 
racea Gmel.) S.120., 20m., 35u., 580., (92u.,) 142m. 


Anmerk. Scandin avische sollen kleiner sein; sie sind es jedoch, genau betrach- 
tet, und nach Nilfson’s Fauna zu urtheilen, weder allgemein, noch so auffallend: ja häufig 
gar kaum, — — [Hiermit ist nicht zu vermengen Emnerıza aguatica oder palustris Savi, 
nach allem Anscheine eine wahre Species, nicht blofse Race.] (*) — 


Der Berg-Fink. FRINGILLA montifringilla L. 


Manche besonders hübsche mit verdunkelten Farben sind viel- 
leicht östlichere, oder die südlichsten; denn sie pflegen sich, ob- 
wohl ‚nicht häufig, bei uns unter den ersien Herbstankömmlingen zu 
befinden. S. 580. 


(*) Eigentliche Ragen oder Leien, (d.h. Varietäten von beständigerem , nicht so leicht 
veränderlichem Character,) und namentlich Farben -Ragen, scheinen sich dann zu bilden: 
wenn bei einer Art, vermöge der, einmal in ihr liegenden Neigung zur Vermeidung von Mit- 
telgraden, die Extreme organischer Bildung einander genetisch so nahe liegen, 
dafs ein sonst geringfügiger Unterschied in den einwirkenden Verhältnissen hier 
schon für eines oder das andere Extrem den Ausschla g giebt. Vergl. S. 43, 60, 133, 
157 Anmerk. - j 


x 


152 


50. (35) Der Haus-Sperling. FrınGiLLa domestica L.' 

Männchen pflegen im Süden eine, zum Theile ungewöhnlich 
erhöhte Farbe zu erhalten (*). Zuerst: wird der ganze Oberkopf dort; 
selten bei uns, rothbraun, fast oder yöllig ohne Grau; der Rücken 
lichter oder rostroth, mit grofsen schwarzen Flecken; der schwarze 
Keblfleck gröfser, dabei nicht selten braunroth übertüncht; das weifse 
Augenfleckchen oder Streifchen meist gröfser. So schon oft in def 
Provence, in Italien. (Frrscııa Italiae Vieill., Frıncııa cis- 
alpina Temm.) — Noch weiter südlich, namentlich in Spaniel; 
Agypten, Nubien, Syrien, jedoch auch bereits (in der Umgegend 
der heifsen Quellen von Kara-ata) zuweilen in Buchara, wird del 
Rücken häufigst schwarz mit rostweifslichen, schmalen, gegen die 
Mauser verschwindenden Kanten; der Kehlfleck hebt sich noch mehr 
hervor; und der dunkle, jetzt wieder noch verdunkelte Federgrund 
in den Leibesseiten steigt so, von der Brust anfangend, so weit in 
die Höhe, dafs in den Seiten schwarze, im Alter recht ansehnliche 
Flecke zum Vorscheine kommen. (**) (Friscııa cisalpina Au- 
douin (***), Frinerra hispaniolensis (!) Temm.) — Alle nur denk- 
bare Übergänge in einander, nicht blofs aus verschiedenen, sondern 
häufig aus einerlei Orten. S:120., 16m,, 17u., 20 m., 35u., 36m, 

37 u., (580.,) 88 u., 401 m., (103 -5), 1120., m. 
Weibchen werden nur unbedeutend dunkler und gelber, durch 


Ausbleichen jedoch noch heller; Junge in diesem Falle beinahe isa- 
bellfarbig. S.18 m. j 


Der Stein-Sperling. FrinsıLLa petronia L. 
Verbleicht in Afrika und Arabien, Syrien etc. merklich 
stärker; besonders im Jugendkleide. 
51. (3) Der Grün-Hänfling. Frınemu.uA chloris Meyer. 
In Syrien häufig etwas kleiner, aber mit schönerer, mehr grün- 
gelber Farbe. S.23 m. 


52. (37) Der gemeine Hänfling. FRINGILLA cannabina L. 


Ebenda die Männchen fast noch schöner: die Weibchen etwas 
mehr rostgelb übertüncht. S.18 m., 220. 


(*) Oder sie haben dieselbe, historisch richtiger zu reden „ gegen Norden, der Regel nach 
selbst schon in gemäfsigten Gegenden, abgelegt und mit einer minder intensiven vertauscht- 


Vergl. 8.17, S. 104— 105 u. 


C*) Etwas ganz Entsprechendes geschieht an den älteren, und zugleich wahrscheinlich au 
den östlicheren, Wachholderdrosseln. = 


(***) Schon in der Desoription d’Egypte unter diesem Namen, welchen aber Hr. Tem- 
minck der minder ausgebildeten ersten Varietät beigelegt hat. 2 


153 


53. (33) Der Birken- Zeisig, FaincinLa linaria L. 


Die dunkleren mit röthlicherem Rücken und überhaupt stärke- 
tem rostgelblichem Anfluge (Linarıa rufescens Nieill., CARrDurLıs 
rufescens Risso, Frincırra Jlavirostris Brehm) scheinen die süd- 
lichsten: denn sie gelangen noch am häufigsten nach dem südliche- 
ten Europa; — oder vielleicht mit östliche. S.18m., 58 o. 


54. (39) Der Distel-Zeisig. FRINGILLA carduelis L. 


Verliert nach Pallas in der barabinskischei Steppe. das 
Schwarze des Kopfes allmählig in blofse Punkte; und am J enisei 
soll somit der Kopf immer dem Rücken gleich gefärbt werden. (Frıx- 
cııra subulata Illig.) Diese sollen übrigens den unsrigen auch in 
allen Lebens- und Sittenverhältnissen durchaus gleichen, (*) und die 
reinsten , vollkommensten ‚Übergänge bilden. (Das Rothe bleibt.) 
'Vergl. S.12 u. | 


55. (40) Der Erlen-Zeisig. FRINGILLA spinus L. 


Manchen kalten Winter (**) besuchen uns solche von besonde- 
rer-Schönheit, mit viel Schwarz am Kopfe, viel Gelb am Schwänze; 
darunter namentlich recht hübsche Weibchen, welche vielleicht mehr 
und weiter ins Warme ziehen, als die Männchen (wie auch bei an- 
dern Vögeln). Wahrscheinlich sind es sonst östlicher wohnende. man) 


$.120.,1m., 23m., 58 o: 


56. (41) Die Sumpf-Meise. PArus palustris L. 


In Nordamerika gewöhnlich mit etwas schwärzerer Kehle. 
(Pırus atricapillus L.) 8.120. 


97. (42) Die Kohl-Meise. Parus major L. 


Arabische oft schwärzer am Bauche. — Die vom Himalaya, 


mit ein klein Wenig breiterem weilsem Endsaume der Schwanzfe- 
(9 Pallas lalst sie daher durchaus nur für Varietät gelten, Erst Illiger wollte sie 
nach dem Exemplare im Berliner Museum , welches auch etwas gröfser ist, als Art aufstellen. _ 
Ich habe nur dieses, nicht die Übergänge, welche Pallas ausdrücklich nennt, gesehen; doch 
Scheinen in der That unsere jüngeren (nicht die Jungen) wirklich schr nabe darauf hinzudeuten : 
zumal da die Stieglitze meistens sehr spät und langsam, also wohl vielleicht im dortigen Win- 
ter, zu mausern scheinen, ihre Nahrung aber dort ‘häufig und hoch wächst, sie also höchst wahr- 
scheinlich der Kälte ungeachtet nicht wandern, Denn gerade an manchen Gewächsen aus der 
Familie der Compositae, welche vor andern diesen Vögeln durch ihre Saamen Nahrung geben, 
Vorzüglich an hoch wachsenden, (also den Schnee überragenden,) und namentlich an Cynaroce- 
Phalis (Distelartigen), ist Sibiriens Zora überwiegend reich. [S. Beilschmied 5.17, 
181 etc.] Überdiefs giebt es auch dort einzelne Gegenden, wo nur wenig Schnee fällt. 
(**) Ob nicht vorzüglich in solchen Wintern, wo starke Rauhreife und Glatteis oft die 
aumzweige, also auch den Saamen der Erlen und Birken, überziehen und die Vögel zufn Fort- 
Wandern zwingen ? (Abgesehen von dem Gerathen oder Mifsrathen des Saamens selbst.) — Mir 
hat es im Laufe der letzten Winter hier so geschienen, Vielleicht wäre es nicht. blofs Schein, — 


\ 


154 
dern (Pırus monticolus Gould), scheinen durchaus nicht specifisch 
verschieden. Vergl. S.12 m. 


58. (43) Die Blau - Meise. Parus coeruleus L. 


Auf Teneriffa und den übrigen kanarischen Ische oft mit 
dunklerer, am Halse dem Schwarzen sich nähernder blauer Färbung: 
Ein Anfang dazu schon bei uns sichtbar. $.11u., 12u. 


Anmerk. In der Gattung der Kleiber oder Spechtmeisen scheint sich nicht blofs die 


syrische (Sırra syriaca Hempr.) mit der dalmatinischen (Sırra Neumayer Michahelles) 
die wahrscheinlich mit der griechischen einerlei. ist, sondern aufserdem auch die uralische 
(Sırra vralensis Licht.), und zwar beide sehr bestimmt, durch Farbe, Zeichnung, Größse 
und Verhältnisse, als 2te und 3te europäische Species zu characterisiren; obgleich Pallas die 
letztere für blofse Varietät hielt. — r 


59. (4) Der gemeine Baumläufer. CERTHIA familiaris L. 


Ist in Mexico (wo er also tiefer südwärts geht, als anderswo) 
viel dunkler: schwärzlichbraun mit weifslichen, schmal rothbräunlich 
eingefafsten Tropfen; am Steifse braunroth. (? Orarnıı mexicand 
Licht.) Scheint jedoch am Himaleh-Gebirge ebenso vorzukommen. — 
In Nordamerika sieht sie schon meist so dunkel aus, wie bei un$ 
selten. $.140., 170. 


60. (45) Die Felsen-Schwalbe. HırunDo rupestris Scop. 


In Nordafrika durch Verbleichen im Sommer hell: mäuse- 
grau; auch meist etwas kleiner. In Südafrika im frischen Gefie- 
der oben fast dunkler, unten etwas röther. (?Hırunno fuligula 
Licht.) S.610.,u. | 


61. (46) Die Ufer -Schwalbe. HırunDo riparia L. 
Ebenso varürend; besonders Junge beim Ausfliegen, selbst 


bereits in Südeuropa röthlicher. (Hırunno litoralis Hemprich.) 
S.610.,u. 


62. (47) Die Rauch- Schwalbe. HiIRUNDOo rustica L. 


In absolut- und relatir-wärmeren Gegenden (des Südens 
und Ostens) mit immer dunklerem Bauche: mit hell bräunliehrost- 
farbigem, an recht alten zuweilen braunrothem oder rostbraunem 
Untexleibe; auch mit hell roströthlichen Schwanzspiegeln, und häufig 
mit mehr roströthlichen Federrändern auf dem schwärzlichen Vor- 
derhalse. Selten im Alter schon stark röthlich bei uns; gewöhnlich 
_ aberso in Amerika (Hınunno rufa Gm., Hırunno americana W ils., 
?Hıruno fumaria Licht.); am schönsten jedoch in Nubiew 


155 
Ägypten und (nach der Beschreibung von Pallas) in Kamt- 
Schatka. (Hırunno Riocourii Audouin, Hırunoo Savignyi Ste- 


Phens, ?Hırunno cahirica Licht.) 8.17 o., 37 m., 58 0., 63 u., 
81 m. 


b. Sperlings- Vögel ohne Singmuskelapparat. AVES P4sSsERINAE 
: ANOMALAE, 


63. (1) Der Mauer-Segler. CyYPsELus apus I llig. 
In Nordafrika heller, durch Verbleichen ; das Weifs der Kehle 


etwas weiter reichend. Südafrikanische meist ganz wie unsere. 
S.610., u. x 

: Ein dauurischer, mit dem gewöhnlichen (dort so jüngeren) 
und in-gleicher Menge zusammenwohnender soll einen weilsen Vor- 
derhals und Unterrücken haben, aber nach Pallas durchaus nicht 
specifisch verschieden, und in Geschrei, Wohnort und Sitten ihm 
höchst übereinstimmend sein. Vergl. besonders r. 22., 27., auch 35 
und 70; 8.580., 640. 


64. (2) Der Felsen- Segler. CypsELus melba Lllig. 
In Nordafrika mit mehr Weifs an der Kehle, zuweilen am 
‚Bauche ebenfalls; auch verbleichend. In Südafrika wie in Europa. 
N N i | 


? Der europäische Tagschläfer. CAPrımuLcus europaeus L. 


Einzelne solche Exemplare, wie man sie, recht alt, bereits mit 
in Schlesien findet, müssen gegen die unbedingte Annahme eines 
CaprimuLcus ruficollis Natterer (C. rufitorquatus Vieill.) mit rost- 
töthlichem Halsbande aus Südspanien, Südfrankreich und Nordafrika 
als Species noch sehr warnen. 


' 65. (3) Der gemeine Eisvogel. ALCEDO zspida L. 


Alte scheinen in wärmeren Ländern etwas röther und blauer, 
‚Weniger grün. $.18m., 22u., (70 m.) 


66. (4) Der gemeine Kuckuk. CuCULUS canorus L. 

Bei uns die Jungen in manchen Sommern mit häufigeren 
tothbraunen, oft selbst zur Grundfarbe gewordenen Flecken und 
Querbinden. In Südeuropa besonders wieder die einjährigen, und 
“amentlich am öftesten die weiblichen, entweder so, oder noch mehr 
ins Rostbraune fallend; seltener diese in Deutschland (Cvcurus 


156 


rufus Bechst., C. hepaticus Sonnerat); noch seltener hier solche; 
welche auch nach dem zweiten Federwechsel wieder so (statt einfach 
. aschgrau) werden. Nach dem Äquator hin die rothen noch zuneh* 
mend, anscheinend selbst im Alter von mehreren Jahren so; gege® 
die Pole zu ganz abnehmend: daher nur selten noch in Scandina“ 
vien; auch die grauen gegen das Cap der g. H. wieder häufiger- 
5:17u., 20u., 210., 35u., 580., 63u., 98. 

Nach Versicherung des Hrn. Gouvernements - Arzt Dr. Job: 
Lichtenstein, zu Mitau, giebt es in Curland (dann ohne Zweifel 
wohl auch anderswo) nicht selten alte ungewöhnlich weit graue Kuk- 
kuke: an denen das herabrückende Grau des Halses sogar die me 
sten schwärzlichen Bauchbinden vollends verdrängt. 


67. (5) Der Grau-Specht. Pıcus canus Gm. 


In Ostindien mit etwas schwärzlicherem Streife längs dem 
Hinterhalse, wo unsere nicht selten merklich stark schwärzlich ge” 
“mischt erscheinen. Kann gar nicht einmal eine bestimmte Varietäls 
viel weniger eine besondere Art sein. (Pıcus barbatus Gray.) 


? Der europäische Wiedehopf. UpupA epops L. 


Zeigt schon in Deutschland hin und wieder alle Abstufungen 
zu einer zweiten, mehr nach oben stehenden weifsen Schwanzbinde: 
und zwar in Schlesien bereits die da nistenden. Vielleicht ist hö- 
here Ausbildung derselben eine Eigenheit der östlicheren. (Nordischen 
scheint sie nicht eigen zu sein.). S:PE 

Die Wiedehöpfe in der Krimm sollen einige Abweichung in den 
Flügelbinden zeigen; was jedoch noch ganz unsicher ist. 


' 


III. Taubenartige Vögel. AVES PERISTEROIDES. 


68. (1) Die Fels- Taube. CoLUMBA livia aucit. 


Im jenseitigen Dauurien mit einer breiten weifsen Querbinde 

auf der Mitte des Schwanzes. $.12m., i50., 580., 63 0., 770. 
} Anmerk. Es wäre leicht möglich, dafs diejenigen, welche in Afrika nach allen Gra- 
den mit einem kleineren oder gröfseren schwärzlichen Flecke ‚auf den Spitzen aller Rücken * 
und Flügeldeckfedern versehen erscheinen, nicht blofs wegen ihrer Abstammung von verwilder” 
ten, (denn unter den zahmen kommen dergleichen Färbungen, die so genannten hammerschläg!“ 
gen, zunächst mit vor,) sondern auch ohne diese, in Folge des wärnieren Aufenthaltes, so verdun“ 
kelt sein könnten. — 


69. (2) Die Turtel- Taube. CoLUMBA zurtur L. 


An afrikanischen herrscht überall ein rostgelblicher und 
röthlicher Anflug. Daher ist die Brust mehr rein- oder rost-rosen” 


157 


‚ Töthlich, als graulich-rosenfarb; Kopf oft beinahe rostgelbgrau ; Rücken 
und mittlere Schwanzfedern fast hell rostfarben, Ränder der Flügel- 
federn noch röther; beinahe alles Schieferfarbene unsichtbar gewor- 
den. S,.17o., 18m., Z1u., 35 u., 760. 


x 


IV. Hähnerartige Vögel. AVES GALLINACEAE. 


70. (1) Der gemeine Fasan. PuAsIanus colchieus L.. 


Die Männchen kommen schon um den kaspischen See, ganz 
besonders jedoch in der Mongolei, und zwar in den wärmeren 
jener Gegenden am meisten, besonders um die chinesische Mauer, 
auch am Dalai-Nor und in den wärmeren Thälern am Argun um 
Abigaitu, vorzüglich am Flufse Chara-Murim, aber (nach dem 
Berichte der zoologischen Reisenden) doch wahrscheinlich erst oder 
meistens erst im Alter, als, so genannte Halsband - Fasane (Puastanus 
torquatus Temm.) vor: mit einem glänzendweifsen, halbmondähn- 
lichen Flecke am Grunde der Halsseiten; mit weifser Mischung. vorn 
auf den Flügeln; und mit einer Nüancirung im übrigen Gefieder, 
auf welchem die kupferartig-rostrothe Hauptfarbe über die sehiyarf 
blaue Randmischung siegt. Nach Südosten hin am öftesten und 
ausgezeichnetsten. Auch die Weibchen mit dunkleren und schärfer 
gezeichneten Farben; (aber nie mit dem Halsbande.) ‘S.64 u. 


Anmerk. Wenn auch nicht die vielfachen Erfahrungen von Pallas (*) es zeigten, 
so würden nach dem, was uns jetzt über klimatische Abänderungen überhaupt bekannt wird 
und geworden ist, gerade schon allein. Hrn, Temminck’s eigene, für ihre Verschiedenheit 
vorgebrachte Ansichten (**) hinreichen, um die specifische Identität beider Abänderungen als 
bestimmt wahrscheinlich darzustellen. So namentlich Hrn. T.’s Erfahrungen über die unbe- 
denklich erfolgende Begattung beider mit einander; die ungeschmälerte Fruchtbarkeit der ge- 
mischten Nachkommen unter sich, in der Gefangenschaft , (wo man sie in Frankreich und Hol- 
land oft als Ragen zieht;) und die Neigung der letzteren, späterhin wieder in eine von beiden 
Haupt - Racen überzugehen, oder auch sogleich nur die Charactere der einen (nicht die gemisch- 
ten Eigenschaften beider, wie es alle wirklichen Bastarde thun! — also vielmehr wie die bei- 
den Ragen der gemeinen Krähe,) anzunehmen, 


71.) Das Weiden - Schneehuhn. TETRAO saliceii L. 


Auf den gelinden britischen Inseln ohne weifses Winterkleid, 
anscheinend oft auch mit verdunkeltem Sommerkleide; letzteres wahr- 
Scheinlich wegen der viel höheren allgemeinen Jahreswärme und des 
viel früheren, viel längeren Sommers. (Terrıo scoticus Gm.) S. 
$. 41 und Zusätze: S.46, 47 o., und 8.117 -23. 


__ ER 
(*%) Mit welchem auch Sonnerat und in neuester Zeit Prof. Eversmann zu Kasan, 
Nach den seinigen jeder, übereinstimmen. 


(**) Hist. natur. des pigeons et des gallinaces, T.1I, p. 3226-35, 


"University Library, 
t deposit from 
hool 


Cambridge 
n permanen 
a Botany St 


Po enanani 


ET. 


ee wann tr u 


158 
72. (3) Das Alpen-Schneehuhn. Ternao alpinus Nilfs. 


Auf Island wegen der kühleren Sommer in lichterer Sommer- 


tracht, besonders mit lichterer, heller rostbräunlicher Grundfarbe; 
als z.B. in Scandinavien. Dagegen ebendort in dem gelindere® 
Winter dunkler, insoweit diefs möglich ist: nämlich der ‚schwarze 
Streif vom Nasenloche durchs Auge an den Nacken hin beim Männ- 
chen bemerklich breiter; beim Weibchen aber, an welchem er an- 
derswo überall kaum bemerkbar ist, sondern, näher am Grunde der 
Federn, versteckt liegt, auch deutlich hervortretend: wiewohl bei jün- 
geren am Zügel erst gegen den Ausgang des ersten Winters ihres 
Lebens erscheinend, und überhaupt stets schmäler, als am Männchen. 


(Terrıo islandicus Brehm., ? Terrıo Islandorum Faber. @)) | 


Vergl. S.11 u., 16u., 170.; S.93u. 

In der Schweiz anscheinend die Sommertracht meist heller; 
als in Scandinavien; oder dort so, wie bei den jüngeren hier. 
Vergl. S.47 Anmerk., und $.91. 

Anmerk. Da (nach den glaubwürdigsten Nachrichten) auch diese Art auf den Alpen 
von ganz Sibirien bestimmt und zahlreich vorkömmt, Pallas aber dort niemals Schneehüb- 
ner mit schwarzen Zügeln gesehen zu haben versichert (**); so drängt sich die Vermuthung auf: 
dafs diese in Folge der ungeheueren. Winterkälte dort vollends verschwinden müssen. Eine 
Veränderung, welche den zuerst angegebenen Erfahrungen entspricht : so, dafs hiernach voR 
Island bis dahin eine ganz erklärliche Reihenfolge von Veränderungen Statt fände. — Vergl. 
S.12u. (Pallas Zoogr. n. 220.) 


73. (4) Das Stein-Feldhuhn. PERDIX sawatilis Berker: 


Scheint bereits im mittäglichsten Deutschland den Übergang 
zu jenen der Bucharei und des Sinai zu machen: an welchen die 
Kehle etwas mehr röthlich-weifs, der helle Kopfstreif über den Au- 


gen weifser, die helle Zeichnung: der Weichenfedern durch rostgelb- 


lichen Anflug getrübt, und die Rosenfarbe aus dem, auf Rosengrau 
aufgesetzten Olivengrau des Rückens hervorgehoben ist, der Schnabel 
oft etwas länger scheint. Von diesen ist Pravıx Chukar Gray; 
aus Ostindien, kaum verschieden. S.64u. 


74. (5) Das graue Rebhuhn. PERDIX cinerea Lath. 


Im felsigen Dauurien nach Pallas das Roströthliche im Ge- 
sichte ausgedehnt, und von der Kehle in einem daumbreiten Streife 
(*) Man mufs anerkennen, dafs der umsichtige, vielseitig durch und für die Wissenschaft 


ausgebildete, jeder Belehrung zugängliche Faber nicht lange Zeit gebraucht hat, um seine® 


anfänglichen Irrthum hierin nicht blofs einzusehen, sondern auch mit edlem, des wahren Mannes 


so würdigem Freimuthe zu bekennen, Nur schaale Flachheit und Eitelkeit kann Bbre und‘ 


Gröfse im trotzigen Beharren auf erwiesenem Unrechte suchen wollen. 

(**) Was ihn ‘auch auf den Gedanken gebracht hat: alle Schneehühner für einerlei zu hal- 
ten, die Verschiedenheit der alpinischen (Terrao alpinus s. lagopus) von den in den Sümpfen 
lebenden (T. salicezi s. albus) ganz zu Be, und beide unter einander gemischt zu be- 
schreiben und zu schildern. — 


b 


nn 


En 


159 


bis auf die Brust herunter laufend. Der Mondfleck am Anfange der 
Stirn und ein zweiter unter dem weifsen unteren Augenlide schwarz, 
(Wie auch schon bei uns häufig; aber hier wohl meistens bei jünge- 
ten Thieren? —) Das dunkle (sonst tief kastänienbraune) Brustschild 
_ Ausgezeichnet und schwärzlich. (Leizteres auch zuweilen bei uns.) 
Prrpix damascena Lath.? — S.6Au. u 

Schon etwas tiefer nach dem europäischen Süden hin, z.B. 
selbst in der Schweiz, nimmt der Vogel eine gelbere Grundirung 
am ganzen Leibe, besonders oberhalb, und mehr und lebhafter rothe 
‚Plecke auf den Flügeln an. $S.18m. . 


75. (6) Die gemeine Wachtel. PERDIX coturnix Lath. 


Wird durch erhöhte Wärme röther gefärbt; so schon für Si- 
birien von Pallas beschrieben. S.580. (Hier auch Abweichungen 
in Betreff des Schlagens. $.85 f.) 

Sehr bemerklich wird jenes in Afrika: in dessen Süden sogar 
Schon die Jungen von beiderlei Geschlecht röther aussehen, die älte- 


- ren Männchen aber an der Brust trüb gelblichrostfarben, an den 


; Fligeln röthlichbraun, am Hinterhalse rostbräunlich, und die Zeich- 
hung überall schöner und klarer, die dunkle breiter ist; jedoch nach 
allen Abstufungen. Die Kehle ebenfalls in der Regel viel röther, 
jedoch mit klareren Halsbändchen, als gewöhnlich an den einzelne- 
ten rothkehligen Frühlingsvögeln bei uns. S 15u., 18m., 1120. 


ID Ice 


EEHDSERTDERBDSERGESBSNgTDaT spp" rn en 


ROSEN RR,