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Full text of "Graf-Juergen-und-Kues-Thomas-und-Mattogno-Carlo-Die-Akte-Sobibor"

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Jiirgen Graf, Thomas Kues, Carlo Mattogno 
DIE ARTE SOBIBOR 

(erscheint ca. Sommer 2010 in gedruckter Form) 
Dem Andenken an Jiirgen Rieger gewidmet 



1 Die gnadenlose Hatz auf den greisen Joiin Demjanjuli 

2 Das offizielle Sobibor-Bild und die zeitgenossisclien Dolcumente 

3 Der Sdiliisselzeuge Alexander Aronowitcli Petsclierslii 

4 Die Entsteliung des Mytlios 

5 Sobibor und die Historilcer 

6 Julius Schelvis und sein Standardwerk uber Sobibor 

7 Zeugen-Panorama 

8 Toivi Blatt, sein Tagebuch und sein Gesprach mit Karl August Frenzel 

9 Die „Gaskammern" von Sobibor im Lichte der „Augenzeugenberichte" und 
„historischen Forschungen" 

10 Die beiden Sobibor-Prozesse von 1950 

1 1 Der Sobibor-Prozess in Hagen (1965/1966) 

12 Sobibor als Prozessgegenstand in Israel, der UdSSR, Brasilien und Osterreich 

13 Die vergebliche Suche nach dem Vergasungsgebaude 

14 Die Massengraber 

15 Holzbedarf und Verbrennungsasche 

16 Die Opferzahl von Sobibor. Eine Hypothese 

17 Die nationalsozialistische Judenpolitik 

1 8 Durchgangslager Sobibor 

19 Die Abdankung der Vernunft 



20 Das Schicksal der in die Ostgebiete deportierten Juden 

21 Der Fall Demjanjuk 

22 SchluBfolgerung 

23 Plan von Sobibor 



Dem Andenken an Jtirgen Rieger gewidmet 



Kapitel 1 

Die gnadenlose Hatz auf den greisen John Demjanjuk 

a) BRD-Justizwillkiir 

Am 12. Mai 2009 wurde der 89-jahrige John Demjanjuk, gebiirtiger Ukrainer und ehemaliger 
Burger der Vereinigten Staaten, dem die US-Behorden die amerikanische Staatsbiirgerschaft fiinf 
Jahre zuvor entzogen hatten, in die BRD abgeschoben, wo man ihn sofort in das Miinchner Ge- 
fangnis Stadelheim einlieferte und ihm einen Haftbefehl prasentierte. Diesem zufolge ist Dem- 
janjuk „der Beihilfe zum Mord in mindestens 29.000 Fallen dringend verdachtig". 

Zu den Hintergriinden des Falls berichtete Der Spiegel: 

„ Demjanjuk soil 1943 als Aiifseher im Vernichtungslager Sobibor den Nazis beim Massenmord 
an Tausenden von Juden geholfen haben. [...] Demjanjuk gehorte, das legen mehrere Dokumen- 
te nahe, zum einer Truppe von etwa 5000 ausldndischen Helfern - Balten, Ukrainern, Volksdeut- 
schen -, die die Nationalsozialisten im Ausbildungslager Trawniki ostlich von Lublin filr die 
Massenmorde in den besetzten Gebieten trainierten. "^ 

Als zentrales Dokument der Anklage gilt ein Dienstausweis, dem zufolge Demjanjuk im Jahre 
1943 als Wachmann im Lager Sobibor Dienst tat. Allerdings war ein Gutachter bereits 1987 an- 
hand zahlreicher Indizien zum Schluss gelangt, dass es sich bei diesem Ausweis um eine Fal- 
schung handelt. ^ Ein Teil der bundesrepublikanischen Medien stellte sich einige Jahre spater 
hinter dieses Gutachten; so hielt Der Spiegel in seiner Ausgabe vom 2. August 1993 klipp und 
klar fest. 

„Es [das Dokument] war offenkundig gefdlscht. "" 

Doch selbst wenn der Ausweis echt sein sollte, wiirde er lediglich Demjanjuks Anwesenheit im 
Lager Sobibor belegen und nicht den geringsten Beweis dafiir liefern, dass der Ukrainer dort 
Beihilfe zu auch nur einem einzigen Mord, geschweige denn zu 29.000 Morden, geleistet hat. In 
dem eingangs zitierten Artikel bemerkt Der Spiegel: 

„Fiir die deutsche Justiz ist das Verfahren gegen den mutmasslichen SS-Mann eine Premiere. 
Zum ersten Mai will sie einen Schergen aus dem letzten Glied der Befehlskette nicht deswegen 
belangen, well er als Exzesstdter besondere Grausamkeit an den Tag legte, sondern well er mit- 
half die Mordmaschinerie reibungslos in Gang zu halten. "'* 

Waren den Angeklagten bei samtlichen friiheren Prozessen gegen „NS-Tater" konkrete Verbre- 
chen vorgeworfen worden, so ist dies beim bevorstehenden Verfahren gegen John Demjanjuk 



^ „Ein ganz gewohnlicher Handlanger", in.- Der Spiegel, Nr. 26/2009 (Internet- Version). 
' Dieter Lehner, Du sollst nicht falsch Zeugnis geben, Vowinckel Verlag, Berg 1987. 
^ „Morderische Augen", in: Der Spiegel, Nr. 31/1993 (Internet- Version). 
'' „Ein ganz gewohnlicher Handlanger", a.a.O. 



erstmals nicht der Fall: Der Ukrainer soil einzig und allein damm vemrteilt werden, well er sich 
wahrend eines Zeitraums, in dem laut der Anklage in Sobibor mindestens 29.000 Juden ermordet 
wurden, als Wachmann in jenem Lager aufhielt! Fiir diese beispiellose Rechtsbeugung liefert die 
BRD-Justiz folgende Begriindung: 

„Im Haftbefehl heisst es, der Wachmann habe ja nicht mitwirken mussen am Massenmord. ,Er 
hdtte, wie viele andere Trawniki-Mdnner auch, desertieren konnen. "^ 

Widerspricht allein schon die Verfolgung eines 89-jahrigen Greises aufgrund von Taten, die er 
als Dreiundzwanzigjahriger begangen hat bzw. begangen haben soil, dem natiirlichen Gerechtig- 
keitsempfinden und der europaischen Rechtstradition, so erhalt der Fall Demjanjuk dadurch ei- 
nen zusatzlichen bitteren Beigeschmack, dass der alte Mann bereits friiher unschuldig sieben 
Jahre hinter Gittern verbracht hat, davon fiinf Jahre in der Todeszelle. 



b) „Iwan der Schreckliche, der Superteufel von Treblinka" 

Wegen angeblicher Verbrechen im Lager Treblinka war John Demjanuk im Jahre 1986 von den 
USA an Israel ausgeliefert worden. Bei seinem Prozess wurde er von einer Reihe ehemaliger 
Treblinka-Haftlinge als „Iwan der Schreckliche" identifiziert, ein Ukrainer, der diesen Zeugen 
zufolge nicht nur eine ungeheure Anzahl von Juden mit Abgasen aus dem Dieselmotor eines 
schrottreifen sowjetischen Panzers vergast, sondern zusatzlich noch alle erdenklichen Scheuss- 
lichkeiten begangen hatte. Zeuge Pinchas Epstein sagte unter Bid aus: 

„Manchmal kam er [Iwan] mit einem Dolch, manchmal mit einem Bajonett, er schlug Schddel 
ein, schnitt Ohren ab, misshandelte die Hdftlinge, es ist absolut unglaublich, unglaublich, er 
stand neben den Leichen und glotzte sie an. Ich mochte sagen, hohes Gericht, dass es entsetzlich 
war, die Leichen anzuschauen, als er sie aus den Kabinen holte. Menschen mit zerschmetterten 
Gesichtern, Menschen mit Stichwunden, schwangere Frauen mit Stichwunden in den Bduchen, 
Frauen mit Foten, die halb heraushingen, junge Mddchen mit Stichwunden, mit ausgedriickten 
Augen.f...] Er stand da und sah sich die Ergebnisse seiner Taten an, die erstochenen Mddchen, 
die ausgedriickten Augen, die abgehackten Mddchenbrtiste - er stand da und weidete sich an 
dem Schauspiel. [...] Fast eine Million menschlicher Wesen, Seelen, wurden abgeschlachtet. 
[...] Weil sie Juden waren. Dieser Iwan war ein Monstrum von einem anderen Planeten. "^ 

Zeuge Yehiel Reichmann bekundete unter Bid: 

„Ich will erzdhlen, was nahe beim Brunnen mit meinem Freund Finkelstein passierte. Wahrend 
ich mir zusammen mit ihm die Zdhne putzte, mit Finkelstein, kam dieser Teufel Iwan mit einer 
Bohrmaschine, wie man sie zum Bohren von Lochern gebraucht. Er benutzte diese Bohrmaschi- 
ne, um Locher in Finkelsteins Hinterbacken zu bohren, und sagte zu ihm: , Wenn du schreist, er- 
schiess ich dich. ' Er verwundete Finkelstein, dieser blutete und litt grosse Schmerzen, heftige 
Schmerzen, doch durfte er nicht schreien, denn Iwan hatte ihm gedroht: , Wenn du schreist, er- 
schiess ich dich! ' Iwan war ein Superteufel, ein Superzerstorer aus Treblinka. "^ 

Aufgrund solcher Zeugenaussagen wurde Demjanjuk 1988 zum Tod durch den Strang vemrteilt. 
Im Berufungsverfahren sprach ihn das israelische Gericht jedoch frei, well sich die Zeugen „ge- 



^ Ebenda. 

Criminal Case No 373/86. State of Israel vs. Ivan (John) Demjanjuk, Verdict. S. 180 ff. 
^Ebenda, S. 186. 



irrt" hatten, und 1993 konnte er in die USA zuriickkehren. Der Dienstausweis, der angeblich ei- 
nen Aufenthalt Demjanjuks in Sobibor belegt, lag der israelischen Justiz seit Dezember 1986 
vor, doch hielt sie ihn offenbar nicht fiir beweiskraftig, denn Verbrechen im Lager Sobibor wur- 
den dem Ukrainer in Israel nicht zur Last gelegt. 



c) Die Weisheiten der Sabine Leutheusser-Schnarrenberger 

Nach dem Fiasko des Demjanjuk-Prozesses in Israel grassiert in der BRD offenbar die Furcht 
vor einer ahnlichen Blamage. Im Deutschlandfunk stellte ein Reporter der ehemaligen Justizmi- 
nisterin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger folgende Frage: 

„Dort [in Israel] ist er [Demjanjuk] in den achtziger Jahren schon einmal angeklagt und verur- 
teilt warden wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 800.000 Juden in Treblinka. Doch dann 
brach die BeweisfUhrung letztlich zusammen, das Todesurteil wurde aufgehoben. Besteht die Ge- 
fahr, dass sich das in Miinchen wiederholt? " 

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger antwortete: 

„Ich glaube nicht, dass sich das, was in Israel passiert ist, im Verfahren jetzt auch in Miinchen 
wiederholen kann. [...] Jetzt, denke ich, ist das, was an Moglichkeiten da ist fiir die Beweisfiih- 
rung, mit Sicherheit von der deutschen Staatsanwaltschafi sehr, sehr sorgfdltig und fiber lange, 
lange Jahre gepriift worden "*. 

Die formelle Anklageerhebung gegen Demjanjuk erfolgte zwei Monate nach seiner Abschie- 
bung: „ Wegen Beihilfe zum Mord an 27.900 Juden hat die Staatsanwaltschafi Miinchen I Ankla- 
ge gegen den mutmasslichen NS-Verbrecher John Demjanjuk erhoben. "^ 

Dass sich die Anzahl der Morde, zu denen der Ukrainer Beihilfe geleistet haben soil, auf wun- 
dersame Weise von 29.000 auf 27.900 vermindert hatte - und dies, ohne dass zwischen Mai und 
Juli 2009 irgendein Dokument zum Vorschein gekommen ware, das Anlass zu dieser Revision 
bot -, ist furwahr ein schlagender Beleg dafiir, dass die BRD-Justiz die Beweislage „sehr, sehr 
sorgfaltig und iiber lange, lange Jahre" (S. Leutheusser-Schnarrenberger) gepriift hat! 



d) Warum Demjanjuk verurteilt werden muss 

Angesichts dieser Ausgangslage kam Der Spiegel nicht umhin, zu konstatieren: 

„NS-Verfiihren sind eine miihsame Angelegenheit, und eine heikle dazu. Die Angeklagten er- 
scheinen leicht als bemitleidenswerte Greise, denen man gnadenlos nachstellt. 



ulO 



Nichtsdestoweniger hielt das Hamburger Nachrichtenmagazin den angekiindigten Prozess gegen 
John Demjanjuk offenbar fiir notig, schloss es doch unter Berufung auf irgendeinen Norbert Frei: 

„Die Deutschen sind es den Opfern und den Uberlebenden, aber auch sich selbst, schuldig, dass 
sie gegen Demjanjuk vorgehen. "^^ 



'Deutschlandfunk, 14. Juli 2009 (Internet- Version). 
* Tagesspiegel, 14. Juli 2009 (Internet- Version). 
° „Ein ganz gewohnlicher Handlanger", a.a.O. 



Anders gesagt: Der 89-jahrige Mann muss vemrteilt werden, rechtsstaatliche Grundsatze hin 
oder her. Dies sind die Deutschen „sich selbst schuldig"! - Auf die ungeheuerlichen Rechtsbrii- 
che, die sich die bundesrepublikanische, und vor ihr die amerikanische, Justiz bei der Verfolgung 
eines wehrlosen Greises zuschulden kommen liess, werden wir gegen Schluss unserer Artikelse- 
rie ausfiihrlicher eingehen. 



e) Der „Tatort": Sobibor, Ostpolen 

Zentrales Thema der vorliegenden Dokumentation ist die Frage, wie es eigentlich urn die Be- 
weislage fiir die behaupteten Massenmorde an Juden in Sobibor bestellt ist. Laut der orthodoxen 
Geschichtsschreibung war dieses neben Treblinka und Belzec eines von drei „Vemichtungsla- 
gern" ^^ in Ostpolen, in denen insgesamt mindestens anderthalb Millionen Juden mit Motorabga- 
sen ermordet worden sein sollen. Uber Treblinka haben die beiden revisionistischen Forscher 
Carlo Mattogno und Jiirgen Graf im Jahre 2002 eine ausfiihrliche Dokumentation erstellt^''; mit 
Belzec hat sich Carlo Mattogno anno 2004 auseinandergesetzt^'*, doch iiber Sobibor stand eine 
revisionistische Monographic bisher noch aus. Die vorliegende Artikelserie fusst auf dem Manu- 
skript eines umfangreichen Buchs, das 2010 in den USA unter dem Titel Sobibor. Holocaust 
Propaganda and Reality erscheinen wird. Eine deutsche Ausgabe ist ebenfalls geplant. 

Die Akte Sobibor wurde erstmals zwischen Anfang August und Ende November vom na- 
tional. journal im Internet verbreitet^^. Die vorliegende Fassung weicht in etlichen Punkten von 
der ersten Version ab: Einige Irrtiimer wurden berichtigt; es wurden Erganzungen vorgenommen 
und ein weiteres Kapitel hinzugefugt. 



Kapitel 2 

Das offizielle Sobibor-Bild und die zeitgenossischen Dokumente 

a) Sobibor laut der Enzyklopddie des Holocaust 

Um den Leser mit der offiziellen Version der Geschehnisse im Lager Sobibor vertraut zu ma- 
chen, fassen wir hier zusammen, was die Enzyklopddie des Holocaust unter dem Eintrag „ Sobi- 
bor" berichtet: 

Sobibor war ein Vernichtungslager in der Ndhe des Dorfes und der Eisenbahnstation Sobibor, 
im ostlichen Teil der Woiwodschaft Lublin in Polen. Mit seinem Bau wurde im Mdrz 1942 be- 



" Ebenda. 

'' Das Wort „Vemichtungslager" erscheint in keinem einzigen deutschen Dokument der Kriegszeit. Es entstannt den 

Wortschatz der AUiierten und stellt eine Ubersetzung des englischen „extermination camp" dar. 

'^ Carlo Mattogno und Jiirgen Graf, Treblinka - Vernichtungslager oder Durchgangslager? , Castle Hill Publishers, 

Hastings 2002. Online: vho.org/D/Treblinka/ 

Englische Version: Treblinka - Extermination Camp or Transit Camp?, Theses & Dissertation Press, Chicago 2003. 

Online: vho.org/GB/Books/t 

Carlo Mattogno, Belzec. Propaganda, Zeugenaussagen, archdologische Untersuchungen, historische Fakten, 
Castle Hill Pubhshers, Hastings 2004. Online: Vho.org/D/b/ 

Englische Version: Belzec in Propaganda, Testimonies, Archeological Research and History, Theses & Dissertation 
Press, Chicago 2004. Online: vho.org/GB/Books/b 
'^ http://globalfire.tv/nj/09de/zeitgeschichte/sobibor01 .htm 



gonnen. Das Lager war in Form eines Rechtecks mit einer Fldche von 400 mal 600 m angelegt. 
Es gab drei Lagerbereiche, diejeweils durch Zdune abgetrennt waren. 

Im Lager I befanden sich die Unterkiinfte fiir die jiidischen Hdftlinge und die Werkstdt- 
ten, in denen ein Teil von diesen arbeiten musste. In den Aufnahmebereich, auch als Lager II be- 
kannt, wurden die Juden nach der Ankunft der Transporte gebracht. Hier mussten sie ihre Klei- 
der ablegen, sich die Haare schneiden lassen und Wertgegenstdnde abgeben. Das Todeslager 
oder Lager III be/and sich im nordwestlichen Teil. Es umfasste die Gaskammern, die Massen- 
grdber und die Unterkiinfte fur die dort angestellten Arbeitsjuden. Es war mit Stacheldraht ab- 
geriegelt und durch Zweige gegen Einsichtnahme geschiitzt. Aufeinem Pfad wurden die Hdftlin- 
ge nackt zu den Gaskammern getrieben. 

Die Gaskammern befanden sich in einem Backsteinbau. Jede Kammer (die Anzahl der 
Kammern wird nicht genannt!) war quadratisch, mass 16 Quadratmeter undfasste 160 bis 180 
Personen. Jede Gaskammer hatte einen zweiten Ausgang, durch den die Leichen weggeschafft 
wurden. Das todliche Kohlenmonoxyd wurde von einem 200-PS-Motor in einem angebauten 
Schuppen erzeugt. Die Massengrdber befanden sich in unmittelbarer Nachbarschaft; jedes war 
50 bis 60 m lang, 10 bis 15 m breit und 5 bis 7 m tief 

Mehrere hundert Juden wurden aus den ersten Transporten ausgesondert und in den 
Werkstdtten als Schneider, Schuster, Schreiner etc. eingesetzt. Die Zahl dieser Juden stieg 
schliesslich aufetwa 1. 000 an, darunter 150 Frauen. 

In der Todeszone hatten 200 bis 300 Hdftlinge die Leichen der Ermordeten aus den Gas- 
kammern zu Ziehen, zum Begrdbnisplatz zu schaffen und dann die Kammern zu sdubern. Gegen 
Ende 1942 wurden die Leichen ausgegraben und verbrannt, um die Spuren der Massenmorde zu 
beseitigen. 

ZwischenMai 1942 und September 1943 wurden in Sobibor rund 250.000 jiidische Men- 
schen aus dem Generalgouvernement (Polen), der Slowakei, Deutschland, Holland, Frankreich 
und anderen Ldndern ermordet. In der zweiten Septemberhdlfte 1943 gelangten sowjetisch- 
jUdische Kriegsgefangene aus Minsk ins Lager, darunter Leutnant Alexander Petscherski. Die 
Neuankommlinge nahmen Kontakt mit der im Lager operierenden Wider standsgruppe auf wel- 
che Petscherski das Kommando iibertrug. Der Aufstand erfolgte am 14. Oktober 1943; in seinem 
Verlauf wurden 11 SS-Mdnner und mehrere nichtdeutsche Wachmdnner getotet. Fast 300 Hdft- 
linge konnten fliehen, aber die meisten fielen den Verfolgern zum Opfer. Nach der Niederschla- 
gung des Aufstandes wurde Sobibor aufgelost. ^^ 



b) Die Opf erzahl des Lagers laut verschiedenen Quellen 

Laut der Enzyklopddie des Holocaust wurden in Sobibor also rund 250.000 Juden umgebracht. 
Vor allem in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden von manchen Zeugen und Autoren sehr 
viel hohere Ziffem genannt, doch gibt es auch einige „Holocaust"-Historiker, welche die die Op- 
ferzahl tiefer ansetzen. Einen Uberblick iiber die Anzahl der laut verschiedenen Zeugen und Au- 
toren in Sobibor ermordeten Juden vermittelt folgende Tabelle: 

2.000.000 laut der polnisch-jiidischen Zeugin Zelda Metz^ '' 



Enzyklopddie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europdischen Juden. Herausgegeben von E. 
Jackel, P. Longerich, J. M. Schoeps, Hauptherausgeber Israel Gutman. Argon Verlag, Berlin 1993, Band 3, S. 1 130- 
1134. 

N. Blumental (Hg.), Dokumenty i materialy z csasow okupacji niemieckiej w Polsce. Obozy. Tom 1, Lodz 1946, S. 
210. 



1 .000.000 laut dem Band „Dokumente und Materialien aus der Zeit der deutschen Besetzung 



Polens"^^ 



19 



800.000 laut dem tschechisch-jiidischen Zeugen Kurt Ticho sowie den hollandisch- 
jiidischen Zeugen Ch. Engel und S. Engel-Wijnberg 



20 



- 600.000 laut Yuri Suhl^^ 

500.000 laut dem Schwarzbuch von I. Ehrenburg und V. Grossman ^^ 

- 300.000 laut Leon Poliakov^^ 

- 250.000 laut Wolfgang Scheffler^^ 

- 200.000 laut Raul Hilberg^^ 

- 170.000 laut Julius Schelvis^^ 

- 30.000 bis 35.000 laut Jean-Claude Pressac^^. 

Seitens revisionistischer Historiker liegen keine Schatzungen der Anzahl in Sobibor umgekom- 
mener Juden vor, da es weder Dokumente noch materielle Funde gibt, mit der sich solche Schat- 
zungen begriinden liessen. 



c) Heinrich Himmlers Anordnung vom 5. Juli 1943 und Oswald Pohls 
Antwort vom 15. Juli 1943 

Die vorhandene Dokumentation iiber dieses Lager ist ausserordentlich sparlich und liefert nicht 
die Spur eines Beweises dafiir, dass es in Sobibor Gaskammern zur Menschentotung gab. Dies 
gilt auch fiir eine oft zitierte Direktive, die der Reichsfiihrer-SS Heinrich Himmler am 5. Juli 
1943 an insgesamt acht Adressaten versandte und in der er folgendes anordnete: 

„ 7. Das Durchgangslager Sobibor im Distrikt Lublin ist in ein Konzentrationslager umztrwan- 
deln. In dem Konzentrationslager ist eine Entlaborierungsanstalt far Beutemunition einzu- 
richten. 

2. Alle Hoheren SS- und Polizeifahrer sind gehalten, sdmtliche Beutemunition, soweit sie 
nicht zur Munitionierung von in Gebrauch befmdlichen Beutegeschiitzen benotigt wird, 
nach dort zu liefern. 

3. Metalle und vor allem das Sprengpulver sind sorgfdltig zu verwenden. 



'** Ebenda, S. 200. 

'^ ROD (Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie), Amsterdam, c[23.62]09 

"" Ebenda. 

Yuri Suhl, Ed essi si ribellarono. Storia delta resistenza ebraica contro il nazismo, Mailand 1969, S. 66. 
" Ilya. Ehrenburg und Vasily. Grossman (Hg.), The Black Book, Holocaust Library, New York 1981, S. 443. 
'^ Leon Poliakov, Breviaire le laHaine, Caiman-Levy, Paris 1979, S. 387. 

""'Wolfgang Scheffler, Judenverfolgung im Dritten Reich, Colloquium Verlag, Berlin 1964, S. 40. 
'^ Raul Hilberg, Die Vernichtung der europdischen Juden, Drei Bande, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 
1986, S. 956. 

''^ Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, De Bataafsche Leeuw, Amsterdam 2008, S. 267. 
"^ Valerie Igounet, Histoire du negationnisme en France, Editions du Seuil, Paris 2000, S. S. 640. 



4. Zugleich ist in diesem Konzentrationslager eine Fertigungsstdtte fiir unsere Vielfachwerfer 
oder auch andere Muntion zu errichten. [. . . ]"^^ 

In der „Holocaust"-Literatur wird der Inhalt dieser Anordnung regelmassig dreist verfalscht wie- 
dergegeben; so heisst es in der Enzyklopddie des Holocaust: „Aiii 5. Juli 1943 ordnete Himmler 
die Schliessung von Sobibor als Vemichtungslager und seine Umwandlung in ein Konzentrati- 
onslager an.^^" Tatsache ist jedoch, dass Sobibor in Himmlers Rundschreiben nicht als „ Vemich- 
tungslager", sondern als „Durchgangslager" bezeichnet wird. 

Zehn Tage spater, am 15. Juli 1943, stellte der Leiter des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes, 
SS-Obergruppenfiihrer Oswald Pohl, Himmler folgende Antwort zu: 



„Reichsfuhrer! 

Gemdss Ihrer obigen Anordnung soil das Durchgangslager Sobibor im Distrikt Lublin in ein 

Konzentrationslager umgewandelt werden. 

Ich habe mich mit SS-Gruppenfiihrer Gliicks dariiber unterhalten. Wir beide schlagen Ih- 

nen vor, die Umwandlung in ein Konzentrationslager aufzugeben, well der von Ihnen erstrebte 

Zweck, ndmlich in Sobibor eine Entlaborierungsanstalt fiir Beutemunition einzurichten, auch 

ohne diese Umwandlung erfolgen kann. 

Alles andere in obiger Anordnung kann so bleiben. 

Ich bitte um Ihre Zustimmung, die lediglich fiir Gruppenfiihrer Globocnik und mich von Bedeu- 

tung ist. 

Heil Hitler! 
Pohl 

SS-Obergruppenfiihrer und 
General der Waffen-SS"'° 

Auch Pohl bezeichnete Sobibor also als „Durchgangslager". - Die von Himmler am 5. Juli 1943 
angeordnete Umwandlung Sobibors in ein Konzentrationslager hat niemals stattgefunden. 



d) Dokumente iiber den Aufstand vom 14. Oktober 1943 

Einige weitere iiber dieses Lager erhaltene Dokumente befassen sich mit dem Aufstand und 
Massenausbruch jiidischer Haftlinge vom 14. Oktober 1943. Am 15. Oktober 1943 stellte der 
Kommandant der Ordnungspolizei im Distrikt Lublin seinem Vorgesetzten, dem Offizier vom 
Dienst in Krakau, ein Fernschreiben folgenden Inhalts zu: 

„Am 14. 10. 43, gegen 17 Uhr, Aufstand der Juden im SS-Lager Sobibor, 40 km nordlich Cholm. 
Sie iiberwdltigten die Wachmannschaft, setzten sich in Besitz der Waffenkammer undflohen nach 
Feuerkampfmit der iibrigen Lagerbesatzung in unbekannter Richtung. 9 SS-Mdnner ermordet, 1 
SS-Mann vermisst, 1 SS-Mann verwundet, 2 fremdvolkische Wachmdnner erschossen. 
Entwichen sind etwa 300 Juden, der Rest ist erschossen bzw. befindet sich im Lager. Truppenpo- 
lizei und Wehrmacht wurden sofort verstdndigt und iibernahmen gegen 1 Uhr die Sicherung des 



'^ Der Reichsfuhrer SS. Feld-Kommandostelle, den 5. Juli 1943. Ntlmberger Dokument NO-482. Dieser Himmler- 

Erlass ist in mehreren Btlchem iiber Sobibor abgelichtet, z. B. bei Thomas (Toivi) Blatt, Sobibor. The Forgotten 

Revolt, P. O. Box 122, Issaquah 1998 (unnumerierte Seite im Anhang). 

' Enyzklopddie des Holocaust, a.a.O., S. 1333. 

'° SS-Wirtschafst-Verwaltungshauptamt, Berlin, 15. Juli 1943. Ntlmberger Dokument NO-482. Abgelichtet bei T. 

Blatt(a.a.O.). 



10 

Lagers. Das Geldnde sudlich und sudwestl. Sobibor wird von Polizei und Wehrmacht durch- 
kdmmt. "^^ 

Fiinf Monate nach diesen Ereignissen, am 17. Marz 1944, verfasste der SS-Untersturmfiihrer 
Benda einen Bericht iiber den (von ihm falschlicherweise auf den 15. 10.43 datierten) Aufstand 
in Sobibor sowie die anschliessende Verfolgung der Fliichtigen, in dem es hiess: 

„In den Nachmittagstunden des 15. 10. 43 unternahmen etwa 300 Hdftlinge des Sonderlagers 
Sobibor, nachdem sie einen Teil der Wachmannschaften entwaffnet und einen SS-FUhrer sowie 
10 SS-Unterfiihrer ermordet hatten, einen Ausbruchsversuch, der zum Teil gelang [. . . ] "■'^. 

In diesem Bericht wurde Sobibor also als „Sonderlager" bezeichnet. Was dieses Wort bedeutete, 
lasst sich dem Dokument selbst nicht entnehmen. 



e) Der Hofle-Funkspruch 

Ein ausserst wichtiges, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende entdecktes Dokument 
vermittelt genauen Aufschluss iiber die Anzahl der bis Ende 1942 nach Sobibor deportierten 
Haftlinge. Uber die Hintergriinde dieser Entdeckung berichten Peter Witte und Stephen Tyas: 

„ Dieses Dokument wurde unter ktirzlich freigegebenem Material im Public Record Office in 
Kew, England, entdeckt. Es besteht aus zwei teilweise abgefangenen, als ,geheime Reichssache ' 
eingestufte ' Funksprtichen aus Lublin, Generalgouverment. Beide sindaufden 11. Januar 1943 
datiert, wobei der erste fiinf Minuten nach dem zweiten abging. Der eine war an SS- 
Oberstleutnant Eichmann im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin adressiert, der andere 
an SS-Oberstleutnant Heim, Stellvertretender Kommandant der Sicherheitspolizei und des SD 
fiir das Generalgouvernement in Krakau. Abgesandt wurde es vom SS-Major Hofie, der dem 
Stab des SS- und Polizeifilhrers (SSPF) in Lublin angehorte. Aufgrund von Empfangsproblemen 
wurde der Funkspruch vom britischen Geheimdienst nur teilweise abgefangen und entschltisselt. 
Die zweite, an Heim adressierte Botschaft ist weitaus vollstdndiger. Allerdings wurde auch diese 
Botschaft nur teilweise abgefangen, wie sich einer Liicke in der Transkription entnehmen lasst. 
Es gibt keinen Hinweis darauf dass die Analytiker des britischen Geheimdienstes den Sinn oder 
die Tragweite dieser beiden Botschaften begriffen hatten. [...] SS-Major Hofie war ein fiihrender 
Stabsangehoriger, der dem Generalmajor der SS und Polizei Globocnik in Lublin unter stand. 
[...] Laut einer Liste sdmtlicher Stabsoffiziere des SS- und Polizeifilhrers Lublin war Hofie ,Re- 
ferentfiir Judenangelegenheiten - Sonderaktion Reinhardt "' ^^ . 

Der relevante Teil der zweiten, annahernd vollstandigen Version des Funkspruchs lautet wie 
folgt: 

„Geheime Reichssache! An den Befehlshaber der Sicherheitspol, zu Hdnden SS Obersturm- 
bannfuhrer HEIM, KRAKA U. 

Betr: 14-tdgige Meldung Einsatz REINHART. 



^^ Abgelichtet bei T. Blatt (a.a.O.). 

FhenHa 



32 



33 



Peter Witte und Stephen Tyas, „A New Document on the Deportation and Murder of the Jews during , Einsatz 
Reinhardt' 1942" , in: Holocaust and Genocide Studies, ^ir. 3, Winter 2001, S. 468,470. 



11 

Bezug: dort. Fs. ^^ 

Zugang bis 31.12.42. L 12761, B O, S 515, T 10335 zusammen 

23611. Stand... 31.12.41., L 24733, B 434508, S 101370, 

T 71355, Zusammen 1274166. 

SS und Pol.fuhrer LUBLIN, HOEFLE, Sturmbannfuhrer. '"^ 

Zweifel daran, dass „L" fiir „Lublin" (d. h. das Konzentrationslager Majdanek), „B" fur „Bel- 
zec", „S" fiir „Sobibor" und „T" fiir „Treblinka" stand, sind nicht statthaft. Somit wird in dem 
Funkspruch mitgeteilt, dass in den beiden letzten Wochen des Jahres 1942 12.761 Personen nach 
Lublin/Majdanek, Personen nach Belzec, 515 Personen nach Sobibor und 10.335 Personen 
nach Treblinka deportiert wurden. Da die Gesamtzahl der bis Ende 1942 in diese vier Lager 
iiberstellten Personen mit 1.274.166 angegeben wird, folgt daraus, dass es sich bei der fur „T" 
(Treblinka) genannten Zahl von 71.355 entweder urn einen Ubermittlungsfehler der deutschen 
Funker oder urn einen Dechiffrierfehler der britischen Experten handeln muss und die richtige 
Zahl 713.555 lautet. Unter diesen Umstanden war bis Ende 1942 die folgende Anzahl von Per- 
sonen in die vier Lager iiberstellt worden: 



Lublin: 


24.733 


Belzec: 


434.508 


Sobibor: 


101.370 


Treblinka: 


713.555 


Insgesamt: 


1.274.166 



Die Ziffer von 1.274.166 findet sich auch in einem der bekanntesten Dokumente zu den natio- 
nalsozialistischen Judendeportationen, dem aus dem Jahre 1943 stammenden Korherr-Bericht, in 
dem es heisst, bis Ende 1942 seien 1.274.166 Juden „durch die Lager im Generalgouvemement 
durchgeschleust" worden.''^ Somit bestatigt der Hofle-Funkspruch die von dem SS-Statistiker 
Richard Korherr genannte Zahl bis Ende 1942 in die betreffenden Lager Deportierter, nennt je- 
doch in Gegensatz zu letzterem diese Lager zumindest in abgekiirzter Form und vermittelt zu- 
dem Aufschluss dariiber, wieviele Personen in jedes dieser vier Lager gelangten. 
Zu Beginn ihres Artikels iiber den Hofle-Funkspruch schreiben Witte und Tyas: 

„Em kiirzlich entdecktes Dokument fiber den Einsatz Reinhardt, den Mord an den Juden 
im Generalgouvemement, ist von fundamentaler Bedeutung fiir jegliche Diskussion iiber die 
Zahl der jiidischen Opfer in Polen. Zum ersten Mai verftigen wir iiber von Nazi-Beamten erstell- 
te, detaillierte ZiffernfUr die 1942 erfolgten Totungen in den Vernichtungslagern Belzec, Sobi- 
bor und Treblinka sowie dem Konzentrationslager Lublin-Majdanek '"^ 

Schon ein kurzer Blick auf den Text des Funkspruchs zeigt jedoch, dass dieser keinerlei Informa- 
tionen iiber das Schicksal der in die genannten vier Lager Verbrachten liefert. Dass die Depor- 
tierten dort ermordet worden seien, ist eine Interpretation des Dokuments, geht aus diesem selbst 
jedoch in keiner Hinsicht hervor. 



■'"' Lies:"Dortiger Funkspruch" oder „Dortiges Femschreiben". 

^^ Peter Witte und Stephen Tyas, „A New Document... ", a.a.O., S. 469. 

^"^ IMT-Document NO-51 94. 

'^ P. Witte und S. Tyas, „A New Document... ", a.a.O., S. 468. 



12 

f) Eine erste Bilanz 

Den bisher erwahnten Dokumenten lassen sich folgende gesicherte Erkenntnisse entnehmen: 

Bis Ende 1942 wurden 101.370 Personen nach Sobibor deportiert. 

Laut Himmlers Rundschreiben vom 5. Juli 1943 sowie Pohls Antwort vom 15. Juli 1943 
war Sobibor zu jenem Zeitpunkt ein „Durchgangslager". In seinem Rundschreiben ordnete 
Himmler die Umwandlung Sobibors in ein Konzentrationslager zur Entlaborierung von 
Beutemunition an. Pohl riet in seiner Antwort von einer Umwandlung Sobibors in ein Kon- 
zentrationslager ab, da die Einrichtung einer Entlaborierungsanstalt fiir Beutemunition auch 
ohne einen solchen Schritt erfolgen konne. 

Am 14. Oktober 1943 kam es in Sobibor zu einem Aufstand, bei dem 11 SS-Angehorige 
sowie zwei auslandische Wachmanner getotet wurden und rund 300 jiidischen Haftlingen 
die Flucht gelang. 

Die Behauptung, wonach in Sobibor eine ungeheure Zahl von Juden in Gaskammem ermordet 
worden sei, beruht demnach nicht auf zeitgenossischen Dokumenten, sondern ausschliesslich auf 
Zeugenaussagen. Die wichtigste dieser Zeugenaussagen, diejenige des Schliisselzeugen Alexan- 
der Aronowitsch Petscherski, bildet den Gegenstand unseres nachsten Kapitels. 

Kapitel 3 

Der Schliisselzeuge Alexander Aronowitch Petscherski 

Als Anfiihrer der erfolgreichen Revoke in Sobibor gehort Alexander Aronowitsch Petscherski 
(1909-1990) zu den Lichtgestalten der „Holocaust"-Geschichte. Er ist der Held mehrerer Filme 
iiber den Aufstand, darunter Jack Golds Escape from Sobibor (1987) und Claude Lanzmanns 
Sobibor. 14. Octobre 1943, 16 heures (2001). 

Alexander Petscherski wurde im Juni 1941 im Rang eines Unteroffiziers zur Roten Ar- 
mee eingezogen und im September desselben Jahres zum Leutnant befordert. Einen Monat dar- 
auf geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch wurde 
er im Mai 1942 nach Borisow und von dort aus nach Minsk deportiert, wo man ihn in ein Ar- 
beitslager einlieferte. Am 18. September 1943 wurde er gemeinsam mit alien anderen in jenem 
Lager einsitzenden Juden in einen Zug verladen. Am 23. traf er in Sobibor ein, wo er bis zum 
Aufstand vom 14. Oktober interniert war. Die Juden, denen die Flucht gelang, teilten sich in 
mehrere Gruppen auf Am 22. Oktober stiess Petscherskis Gruppe auf einen sowjetischen Parti- 
sanentrupp, dem sie sich anschloss. 

a) Ein selbsternannter „Martyrer zweier Diktaturen" 

Eine Recherche iiber das weitere Schicksal Petscherskis fordert die erstaunlichsten Widerspriiche 
zutage. In der russischen Ausgabe von Wikipedia liest man hierzu folgendes: 

„ „Nach der Befreiung Weissrusslands wurde Petscherski als des Landesverrats verddchtig ei- 
nem Straft)ataillon zugewiesen. Der Kommandant des Straflyataillons, Major Andrejew, war von 
Petscherskis Erzdhlung so erschtittert, dass er diesem ungeachtet des Verbots, das Territorium 
des Straft)ataillons zu verlassen, erlaubte, nach Moskau zu fahren und vor der Kommission zur 



13 

Untersuchung der Untaten der deutsch-faschistischen Eindringlinge und ihrer Heifer shelfer aus- 
zusagen. Vor der Kommission horten sich die Schriftsteller Paw el Antokolski und Wenjamin Ka- 
werin den Bericht Petscherskis an. Auf ihrer Grundlage publizierten sie einen Artikel mit dem 
Titel ,Wosstanie w Sobibore (Aufstand in Sobibor) ' [In einer Fussnote wird mitgeteilt, dass die- 
ser Artikel in der Nr. 4/1945 der Zeitschrift Znamja erschien.]. Dieser Text wurde nach dem 
Krieg in den weltberiihmten Sammelband Das Schwarzhuch aufgenommen [...J 1948 ver- 

ier Petscherski im Rahmen der politischen Verfolgungskampagnen gegen sogenannte ,vater- 
landslose Kosmopoliten' seine Arbeit. Danach konnte er fiinf Jahre lang keine Anstellung mehr 
finden und war auf die Unterstiitzung seiner Frau angewiesen. ""^ 

In einem Gesprach mit einem anderen ehemaligen Sobibor-Haftling, Thomas (Toivi) Blatt, das 
T. Blatt zufolge im Jahre 1979^^ und laut der englischen Ausgabe von Wikipedia^° im Jahre 
1980 stattfand, berichtet Petscherski allerdings nichts von einem Strafbataillon. Stattdessen be- 
hauptet er, im August 1944 im Kampf eine schwere Beinwunde davongetragen zu haben und 
deswegen mit einer Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet worden zu sein.'*^ Dieser konnte er sich 
jedoch nicht lange erfreuen, denn: 

„„Ich wurde fur viele Jahre ins Gefangnis geworfen. Ich gait als Verrdter, well ich mich - als 
verwundeter Soldat - den Deutschen ergeben hatte. Nachdem sich Leute aus dem Ausland be- 
harrlich nach mir erkundigt hatten, wurde ich schliesslichfreigelassen... "'*^ 

Dass Petscherski aufgrund seiner Gefangennahme durch die Deutschen als Vaterlandsverrater 
behandelt und jahrelang eingesperrt worden sei, vermeldet auch die franzosische Ausgabe von 
Wikipedia, die ausserdem falschlicherweise behauptet, Petscherski sei als Zeuge beim Niimber- 
ger Prozess aufgetreten."*^ 

Die Geschichte von der „jahrelangen" Inhaftierung Petscherskis halt einer kritischen Uberprii- 
fung nicht stand. Hatte man die Tatsache, dass er in Kriegsgefangenschaft geriet, als Landesver- 
rat eingestuft, so hatte man ihn selbstverstandlich gleich nach seiner Riickkehr zur Roten Armee 
verurteilt und eingesperrt. Dass man ihm nach seiner Verwundung eine Tapferkeitsmedaille ver- 
lieh, ihn in Moskau als Zeugen vor eine Kommission bestellte, ihm 1946 gestattete, einen Be- 
richt iiber Sobibor zu schreiben, und ihn dann plotzlich „fur viele Jahre" hinter Gitter steckte, 
weil er sich im Herbst 1941 den Deutschen ergeben hatte, ist vollkommen unglaubhaft. 

Im Gegensatz zu Petscherski selbst nennt der englische Wikipedia-Eintrag fiir seine angebliche 
Haftzeit prazise Daten: 

„ Wdhrend Stalins politischer Hexenjagden von 1948 verlor Petscherski seine Stelle und wurde 
mit seinem Bruder ins Gefangnis geworfen. Erst nach Stalins Tod im Jahre 1953 sowie wach- 
sendem internationalen Druckfiir seine Freilassung wurde er auffreien Fuss gesetzt. "'''' 

Diese Formulierung legt nahe, dass Petscherski im Rahmen der 1948 einsetzenden Kampagne 
gegen den „Kosmopolitismus" inhaftiert wurde, weil man ihm antisowjetische Aktivitaten zur 



■'^ http:/m. wikipedia. org/wiki/neHepcKHH,_AjieKcaH/ip_ApoHOBHH 
■'^ Thomas (Toivi) Blatt, Sobibor. The forgotten revolt, a.a.O. S. 121. 
* http://en.wikipedia.org/wiki/Alexander_Pechersky 
T. Blatt, Sobibor. The forgotten revoh, a.a.O., S. 123. 

"-Ebenda, S. 124. 

''^ http://fr. wikipedia. org. /wiki/Alexander_Pecherski 

''''http://en.wikipedia.org/wiki/Alexander_Pechersky 



14 

Last legte. Dies widerspricht jedoch Petscherskis eigener Darstellung. Zudem halt die deutsche 
Ausgabe von Wikipedia unmissverstandlich fest: 

„Er [Petscherski] korrespondierte mit zahlreichen Uberlebenden aus dem Lager; die im Westen 
lebten. Diese Briefe fuhrten zu seiner Entlassung [als Musiklehrer] im Jahre 1948 wegen , Ver- 
bindungen mit imperialistischen Staaten '. Er wurde nicht verhaftet, konnte aber wdhrend fiinf 
Jahren nicht in seinem Beruf arbeiten, sondern war auf Gelegenheitsarbeiten angewiesen. "^^ 

Auch Barbara Distel behauptet in einem anno 2008 erschienenen Artikel iiber Sobibor, in dem 
sie recht ausfiihrlich auf Petscherski eingeht, keineswegs, die Sowjets hatten diesen aus irgend- 
welchen Griinden eingekerkert, sondern erwahnt lediglich, dass das Leben fiir die ehemaligen 
Auf standi schen nach ihrer Heimkehr in die UdSSR „schwer" war.'*^ 

Die unausweichliche Schlussfolgerung lautet, dass sich Petscherski die Geschichte von seinem 
„vieljahrigen" Gefangnisaufenthalt in der Sowjetunion aus den Fingern gesogen hat, um sich den 
Heiligenschein eines Martyrers zweier Diktaturen zuzulegen, der nach einem „Nazi-Todeslager" 
auch Stalins Verliese iiberlebt hat. Dies allein reicht bereits, um ihn als Schwindler zu entlarven, 
und es besteht aller Grund, auch seinen Erzahlungen iiber Sobibor mit grosstem Misstrauen zu 
begegnen. 



b) Die beiden Petscherski-Berichte iiber Sobibor 

Wie im russischen Wikipedia-Emtvag zu Petscherski erwahnt wird, veroffentlichte die Zeitschrift 
Znamja in ihrer Nummer 4/1945 unter dem Titel „Wosstanie w Sobibore" (Aufstand in Sobibor) 
einen Artikel der Schriftsteller Antokolski und Kawerin, der auf den Aussagen Petscherski vor 
der sowjetischen „Kommission zur Untersuchung der Untaten der deutsch-faschisti schen Ein- 
dringlinge und ihrer Helfershelfer" fusste. Petscherskis Darlegungen wurden darin in der dritten 
Person wiedergegeben. Die bekannten Propagandisten Ilja Ehrenburg und Wassili Grossman 
nahmen diesen Artikel in das Manuskript ihres Schwarzbuchs auf, das freilich in der UdSSR 
nicht erscheinen konnte, weil der Satz kurz vor der geplanten Veroffentlichung des Werkes von 
der sowjetischen Zensur vemichtet wurde. Erst 1980 wurde das Schwarzbuch in russischer Spra- 
che in Israel publiziert.'*'' Ein Jahr spater erschien in New York eine englische Ubersetzung."^^ 

Eine rund viermal langere, in der ersten Person geschriebene Fassung des Petscherski- 
Berichts erschien 1946 in Moskau beim Verlag „Der Emes" in jiddischer Sprache unter dem Ti- 
tel Der Uifstand in Sobibor. Da Petscherski, obwohl Jude, des Jiddischen nicht machtig war, war 
seine russische Vorlage von einem N. Lurie in diese Sprache iibersetzt worden. Der Uifstand in 
Sobibor wurde 1967 ins Englische'*^ und 1969 auf der Grundlage der englischen Fassung ins Ita- 
lienische^" iibertragen. 

Ein Vergleich zwischen den beiden Versionen des Petscherski-Berichts ergibt, dass diese inhalt- 
lich im wesentlichen iibereinstimmen. Erwahnenswert sind folgende zwei Unterschiede: 



''^ http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Petscherski 

'^ Barbara Distel, „Sobibor"; in: Barbara Diestel und Wolfgang Benz (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der 

nationalsoziahstischen Konzentrationslager, Band 8, C. H. Beck, Milnchen 2008, S. 402. 

'^ Quelle : http ://de. wikipedia. org/wiki/llj a_Grigorij ewitsch_Ehrenburg 

''^ I. Ehrenburg und V. Grossman (Hg.), The Black Book, a.a.O. P. Antokolskis und W. Kaverins Artikel „Revolt in 
Sobibor" steht dort auf den Seiten 427-445. 

*^ Alexander Pechersky, „Revolt in Sobibor", in: Yuri Suhl (Hg.), They fought back. The Story of the Jewish Resis- 
tance in Nazi Europe, New York 1967. 
^° Alexander Pechersky, „Rivolta a Sobibor", in: Yuri Suhl (Hg.), Ed essi si ribellarono, a.a.O. 



15 

Laut der ersten, spater ins Schwarzbuch aufgenommenen Version trifft „fast jeden Tag" ein 
Zug mit 2.000 Todgeweihten in Sobibor ein^', wahrend die Todesziige laut der zweiten 
1946 erschienenen Fassung nur jeden zweiten Tag rollen 



52 



In der ersten Version heisst es, Sobibor habe zum Zeitpunkt von Petscherskis Ankunft ein 
Jahr bestanden und in dieser Zeit 500.000 Opfer gefordert.^'' Nach der zweiten Fassung be- 
stand das Lager im September 1943 bereits seit anderthalb Jahren; eine Gesamtopferzahl 
wird hier nicht genannt, doch wenn jeden zweiten Tag ein Zug mit 2.000 neuen Haftlingen 
ankam und diese bis auf eine Handvoll Ausnahmen sofort getotet wurden, muss sich die 
Zahl der Ermordeten auf ca. 550.000 belaufen haben. 

Bei der folgenden Analyse stiitzen wir uns auf die italienische Ubersetzung der zweiten, langeren 
Version, „Rivolta a Sobibor". 



c) Petscherskis Liigengespinst 

Petscherskis Bericht strotzt vor unverfrorenen Liigen. Gleich eingangs behauptet der Verfasser, 
wahrend der viereinhalbtagigen Fahrt von Minsk nach Sobibor , die in einem restlos iiberfullten 
Wagen erfolgt sei, hatten er und seine Leidensgenossen „weder Speise noch einen Tropfen Was- 
ser" erhalten (S. 30). Unter diesen Umstanden ware ein grosser Teil der Deportierten unterwegs 
verdurstet, doch erwahnt Petscherski keinen einzigen Todesfall: Selbst „die zweijahrige Nellie" 
hat die Fahrt iiberlebt, wenn auch nur, um in Sobibor der sofortigen Vernichtung anheimzufallen. 
(S. 32). Da die Deutschen einen Teil der Neuankommlinge - darunter Petscherski selbst - unver- 
ziiglich zur Arbeit in der Schreinerei abkommandierten (S. 30), ware es von ihrem Standpunkt 
aus iibrigens vollig unlogisch gewesen, sich um wertvolle Arbeitskrafte zu bringen, um einige 
Eimer Wasser zu sparen. War ihnen aber am Tod der Deportierter gelegen, so hatte es ausge- 
reicht, diese noch etwas langer ohne Wasser in den vollgepferchten Waggons zu belassen. Dann 
hatten sie nur noch die Leichen der Verdursteten zu den Grabern schaffen miissen und sich den 
Bau von „Vernichtungsanlagen" sparen konnen. 

Gleich nach seiner Ankunft erfahrt Petscherski von einem „kleinen und stammigen Ju- 
den", dass in Sobibor eine Massenvernichtung von Menschen im Gange ist: 



„Ich bemerkte, dass nordwestlich von uns graue Rauchsdulen erschienen und sich in der 

Feme verloren. Ein scharfer Geruch, der Geruch von Rauch ohne Flammen, erfiillte die 

Luft. 

, Was brennt denn da hinten? ' fragte ich. 

,Schau nicht in diese Richtung' erwiderte der Jude. ,Es sind die Leichen deiner Gefdhrten, 

die mit dir zusammen eingetroffen sind. ' 

Ichftihlte, wie mich die Ohnmacht tiberkam. Er fuhr fort: ,Du bistweder der erste noch der 

letzte. Jeden zweiten Tag trifft ein Transport mit 2. 000 Personen ein, und das Lager existiert 

seit anderthalb Jahren. " (S.30, 3 1). 

Somit wurden in Sobibor noch Ende September 1943 jeden zweiten Tag 2.000 Juden ermordet. 
Im folgenden berichtet Petscherski laufend vom Eintreffen neuer Transporte mit Todgeweihten. 
Diese Darstellung ist vom Standpunkt der offiziellen Sobibor- Version aus ein schreiender Ana- 
chronismus: 



^^ The Black Book, a.a.O., S. 443. 
^- „Rivolta a Sobibor", a.a.O., S. 31. 
^^ The BlackBoot a.a.O., S. 443. 



16 



Laut dem fiihrenden Sobibor-Experten der orthodoxen „Holocaust"-Geschichtsschreibung, 
Julius Schelvis, trafen aus den besetzten sowjetischen Gebieten insgesamt sechs, mogli- 
cherweise acht Transporte ein, von denen derjenige Petscherskis der zweite war; der erste 
war ca. am 15. September von Minsk abgegangen.^"* Ausser diesen sowjetischen Juden 
wurden nach Schelvis im Jahre 1943 noch 34.313 Juden aus Holland, 3.500 Juden aus 
Frankreich, 14.900 Juden aus dem Generalgouvemement sowie 2.382 Juden aus Skopje 
nach Sobibor deportiert.^^ Der letzte Transport aus Holland ging ihm zufolge am 20. Juli 
1943^^, der letzte Transport aus Frankreich am 25. Marz 1943^'', der einzige Transport aus 
Skopje am 30./31. Marz 1943 ab^^. Fiir das Generalgouvemement erwahnt er unter Beru- 
fung auf den israelischen Historiker Yitzhak Arad Transporte aus dem Distrikt Galizien bis 
zum Juni 1943^^ Anders gesagt: Zwischen dem 21. Juli und dem 14. September 1943 er- 
folgte kein einziger Transport nach Sobibor. Dies passt sehr gut zu der Tatsache, dass 
Himmler am 5. Juli anordnete, „das Durchgangslager Sobibor in ein Konzentrationslager 
umzuwandeln". 

Woher also stammten die Todgeweihten, von denen laut Petscherskis anonymem Zeugen vor 
dem 23. September „jeden zweiten Tag ein Transport mit 2.000 Personen" eingetroffen war? 

Den Ablauf der Massenvernichtung lasst sich Petscherski von seinem Gewahrsmann wie folgt 
schildern: 

„ Auf den ersten Blick hat man noch den Eindruck, man betrete ein ganz normales Bad. Hdhne 
fiir heisses und kaltes Wasser, Waschbecken. [...] Doch kaum sind alle eingetreten, werden die 
Tiiren drohnend zugeschlagen. Eine schwarze, schwere Substanz ergiesst sich in Spiralen aus an 
der Decke angebrachten Lochern. Man hort grauenvolle Schreie, die jedoch nicht lange dauern, 
verwandeln sie sich doch bald in das Keuchen und Rocheln Erstickender, die sich in Krdmpfen 
winden. [...] Nach einer Viertelstunde ist alles vorbei. Der Fussboden offnet sich, und die Lei- 
chen fallen in Waggons, die unten in den Kellern des ,Bads ' warten und, sobald sie gefiillt sind, 
rasch losfahren. Alles ist nach moderner deutscher Technik organisiert. Draussen werden die 
Leichen nach einem bestimmten Schema aufgebahrt und mit Benzin iibergossen, woraufman sie 
in Brand steckt. Und dor t verbrennen sie. " (S. 31). 

Fiirwahr eine Schilderung, die einem das Blut in den Adem gefrieren lasst! Sie hat freilich den 

kleinen Schonheitsfehler, dass sie hinten und vorne nicht mit der offiziellen Version iiberein- 

stimmt, der zufolge die Massenmorde in Sobibor mit Motorabgasen begangen wurden. . . 

Zu den weiteren Absurditaten, die Petscherski seinen Lesem zumutet, gehoren insbesondere die 

folgenden: 

Immer, wenn im Lager III Menschen in das als „Bad" getarnte Hinrichtungsgebaude ge- 
fiihrt werden, treiben die Deutschen dreihundert Ganse in den Hof vor diesem Gebaude und 
scheuchen sie hin und her, damit ihr aufgeregtes Geschnatter die Schreie der Sterbenden 
iibertont (S. 36) 



54 



Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor , a.a.O., S. 258, 259. 



^' Ebenda, S. 267. 

^^ Ebenda, S. 246. 

^^ Ebenda, S. 257. 

^^ Ebenda, S. 342 (Anmerkung 69). 

^'Ebenda, S. 263. 



17 

Von seinem Mithaftling Ber Feinberg, einem Friseur aus Warschau, erfahrt Petscherski, 
dass friiher tagtaglich ein aus zehn Waggons bestehender Zug mit den Kleidern, Schuhen 
und Haaren der Opfer aus Sobibor nach Deutschland abging (S. 38); 

Petscherski freundet sich mit einer achtzehnjahrigen deutschen Jiidin namens Luka an, die 
in den dreissiger Jahren mit ihren Eltern nach Holland emigriert ist. Obwohl er nur Rus- 
sisch und sie nur Deutsch und Niederlandisch kann, fiihren sie unter vier Augen lange Ge- 
sprache. Luka erzahlt ihm, dass sie im Hof arbeitet. Durch die Spalten der Palisade kann 
man dort „die Manner, Frauen und Kinder sehen, die nackt ins Lager III gefiihrt werden" 
(S. 43). Des weiteren verrat Luka Petscherski, dass sie als Achtjdhrige in Deutschland von 
der Polizei gefoltert wurde, um sie zur Preisgabe des Aufenthaltsorts ihres als Kommunist 
gesuchten Vaters zu entlocken. Sie blieb jedoch unter der Folter standhaft und hielt dicht 
(S. 47). 

Nach ihrer Flucht aus Sobibor machen Petscherski und seine Gefahrten westlich des Flus- 
ses Bug bei einem Bauernhaus Halt. Dort erfahren sie, dass die Deutschen in jener Gegend 
ein Lager errichtet haben, wo Seife aus menschlichen Leichen hergestellt wird (S. 65). (Das 
- von der offiziellen Geschichtsschreibung langst aufgegebene - Ammenmarchen von der 
Seife aus Menschenfett gehorte in der unmittelbaren Nachkriegszeit zum Standardreper- 
toire der antideutschen Greuelpropaganda.) 



d) Der Aufstand vom 14. Oktober 1943 in der Darstellung Petscherskis 

Die aufschlussreichsten Passagen aus Petscherskis Bericht sind diejenigen, in denen es um den 
Aufstand vom 14. Oktober geht. Hierzu sei folgendes vorausgeschickt: 

Wahrend Petscherskis Aufenthalt in Sobibor gibt es seiner Darstellung zufolge dort rund 600 
(mannliche und weibliche) jiidische Haftlinge (S. 40). Sie wissen, dass die Deutschen viele hun- 
derttausend ihrer Glaubensgenossen ermordet haben. Sie werden Tag fur Tag schikaniert und 
misshandelt (der 24. September „verging mehr oder weniger glimpflich, weil lediglich funfzehn 
von uns wegen mangelnden Arbeitseifers jeweils 25 Peitschenhiebe erhielten"; S. 33). Jedem 
dieser Juden ist klar, dass er vor der Auflosung des Lagers als unerwiinschter Zeuge beseitigt 
wird. Unter diesen Umstanden haben die Haftlinge nichts mehr zu verlieren, und die Deutschen 
miissen tagtaglich mit einem Aufstandsversuch rechnen, zumal die Juden durchaus nicht wehrlos 
sind: Bei der Vorbereitung der Revolte weist Petscherski seinen Mitverschworer Baruch an, 
„ungefdhr siebzig geschliffene Messer und Rasiermesser " zu besorgen (S. 44), und in der 
Schreinerei stehen den Arbeitern Beile zur Verfiigung. 

Diesen 600 verzweifelten, vor Hass und Rachsucht kochenden, teilweise mit Hieb- und 
Stichwaffen ausgeriisteten Juden steht lediglich eine Handvoll SS-Manner gegeniiber. Sie verfii- 
gen zwar iiber Heifer in Gestalt der - von ihm falschlicherweise „Kapos" genannten - Wach- 
manner^", diirfen jedoch nicht auf deren Loyalitat bauen: „ Wir haben Privilegien, aber wenn der 
Augenblick der Liquidierung des Lagers naht, werden wir euch in derselben Lage befmden wie 
ihr. Sie werden auch uns toten. Das ist klar", meint der polnische^^ Wachmann Brzecki im Ge- 
sprach mit Petscherski (S. 49). In anderen Worten: Die Wachmanner konnen sich jederzeit mit 
den Juden gegen die paar SS-Manner zusammentun. Unter diesen Umstanden miisste man 



* Uber die Zahl der Wachmanner liefert Petscherski keine Angaben. Laut der Enzyklopddie des Holocaust (a.a.O., 
S. 1330) gab es in Sobibor „zwischen 90 und 120 Trawniki-Manner". 

''^ Von der Anwesenheit polnischer Wachmanner in Sobibor ist in der offiziellen Literatur nirgends die Rede. Ver- 
mutlich hat Petscherski die ukrainischen Wachmanner in seinem Bericht durch polnische ersetzt, um die Tatsache zu 
kaschieren, dass viele Sowjetbilrger freiwillig mit den Deutschen zusammengearbeitet hatten. 



18 

selbstverstandlich annehmen, dass letztere allerhochste Wachsamkeit an den Tag legen - doch 
eben dies tun sie laut Petscherskis Schildemng nicht. 

„Mem Plan ist klar", erlautert Petscherski seinen Mithaftlingen. „Wir miissen die Gruppe von 
Offizieren aus dem Weg rdumen, welche das Lager verwaltet. Selbstverstandlich einen nach dem 
anderen, undohne den geringsten Ldrm zu verursachen " (S. 52). 

Genau so kommt es auch: 

„Der UnterscharfUhrer Ernst Berg trafzu Pferd beim Schneider ein, wie vorher vereinbart war- 
den war; er stieg ab und Hess das Pferd mit schleifenden Ziigeln draussen stehen. Wie ich spdter 
erfuhr, geschah drinnen folgendes: Als der UnterscharfUhrer eintrat, erhoben sich wie tiblich 
alle. Shubayev (Kalimali) ging zum hinteren Ende des Tisches. In einer Ecke, bei einem Bein des 
Tisches, lag ein in ein Hemd eingewickeltes Beil. Der Offizier streifte den Giirtel ab, an dem die 
in einem Putter al steckende Pistole hing, und legte alles aufden Tisch. Als er seine Jacke aus- 
zog, trat Juzef der Schneider, sofort mit der Uniform, die er anprobieren wollte, an ihn heran. 
Senie ndherte sich dem Tisch, um notfalls die Pistole ergreifen zu konnen. Nun sorgte Juzef da- 
fiir, dass sich der Deutsche umdrehte und Shubayev den Riicken zuwandte, wobei er ihm erldu- 
terte, er tue dies, damit das Licht die Uniform besser beleuchte. In diesem Augenblick Hess Shu- 
bayev das Beil auf den Kopf des Hitler-Mannes niedersausen, der einen fiirchterlichen Schrei 
ausstiess. Draussen bdumte sich das Pferd auf und spitzte die Ohren. Der zweite Hieb brachte 
den Deutschen ftir immer zum Verstummen. [...] Zehn Minuten spdter betrat der Chef der Wa- 
chen, Oberscharfiihrer Erbert Helm, die Werkstatt. Er verliess sie nicht mehr. Er hatte die 
Schwelle noch nicht tiberschritten, als ihn Senie abservierte. Genau um vier trat der Oberschar- 
ftiher Goettinger, Chef des Lagers III, beim Schuster ein. Arkady Vaispapier reparierte gerade 
ein Werkzeug, Grisha stand neben der Tiir. Der Hinrichtungsleiter war bei guter Laune. ,Die 
Sonne strahlt, es ist warm, prima', murmelte er. 'Sind meine Stiefel bereit?' ,Hier, bitte', sagte 
Jakub und reichte ihm die Stiefel ,Probieren Sie sie an. ' ,Hdr zu, Jakub ', fuhr der Oberschar- 
fiihrer fort, , in fiinf Tagen fahre ich nach Deutschland. Du musst mir ein Paar Pantoffeln ftir 
meine Frau machen. Denke daran. ' ,Ich hoffe, Ihre Frau wird zufrieden sein ', antwortete Jakub. 
In diesem Augenblick schmetterte Arkady dem Oberscharftihrer das Beil aufden Kopf. [...] Um 
halb ftinf kehrten Brzecki und seine Gruppe aus dem Nordlager zurtick Genau in diesem Mo- 
ment erschien Unterscharftihrer Haulstich im Hof Shloime lief ihm entgegen. 'Unterscharftih- 
rer ', sagte er, 'ich weiss nicht, wie es mit den Schtitzengrdben weitergehen soil. Ich brauche In- 
struktionen von Ihnen. Die Leute lungern nur herum und halten Maulaffen fell. ' Der Unterschar- 
ftihrer ging auf die Bar ac ken zu.f...J Dort drinnen ktimmerte man sich um den Unterscharftihrer. 
Shloime selbst hatte die Exekution vollzogen " (S. 56-59). 



e) Eine unfreiwillige Widerlegung der Legende vom „Vernichtungslager 
Sobibor" 

1st diese Schildemng glaubwiirdig? Unsere Antwort lautet: Ja, unbedingt; sie ist der einzige 
glaubwiirdige Teil des Petscherski-Berichtes. 

Wir wissen aus deutschen Dokumenten, dass den Aufstandischen Erfolg beschieden war: Elf SS- 
Manner und zwei nichtdeutsche Wachmanner wurden getotet, rund 300 Juden gelang die Flucht. 
Dies war nur moglich, wenn die SS selbst die elementarsten Sicherheitsvorkehren ausser acht 
liess, weil sie die Moglichkeit eines Aufstandes schon gar nicht erst in Betracht zog. Falls Sobi- 
bor aber ein Vernichtungslager war, wo eine ungeheure Zahl von Juden ermordet worden war, 
wo die Arbeitsjuden den sicheren Tod vor Augen hatten und zudem die ganze Zeit iiber geprii- 
gelt wurden, war stiindlich mit einem Aufstand zu rechnen. Somit beweist das von Petscherski 
beschriebene leichtsinnige Verhalten der SS-Manner, die ihren Mordern formlich ins offene 
Messer liefen, dass Sobibor ein Lager war, wo die Verhaltnisse ja hart sein mochten, den Insas- 



19 

sen aber keine unmittelbare Gefahr drohte und sie auch nicht standig misshandelt wurden. Der 
einzige glaubhafte Teil des Petscherski-Berichts fiihrt die Legende vom „Vemichtungslager So- 
bibor" also ad absurdum. Es bedarf nur eines Minimums an gesundem Menschenverstand, um 
dies zu erkennen. 

Erganzend sei noch erwahnt, dass laut einer Erklamng, die der ehemalige Polizeihauptmann 
Erich Wullbrandt im Jahre 1961 in Braunschweig abgab, einige der gefliichteten Juden am 
Abend des Aufstands freiwillig ins Lager zuriickgekehrt sind.^^ Sofern dies zutrifft - woran zu 
zweifeln wir keinen Anlass sehen -, liefert es einen zusatzlichen Beweis fiir die Richtigkeit unse- 
rer Einschatzung. 



Kapitel 4 

Die Entstehung des Mythos 

a) Die heutige Version 

In einer Ende der siebziger Jahre erschienenen Dokumentation iiber die in der BRD gefiihrten 
Prozesse gegen das Personal der ehemaligen "Vernichtungslager" wusste Adalbert Riickerl, da- 
maliger Chef der Ludwigsburger Zentralstelle zur Verfolgung von "NS-Gewaltverbrechen", iiber 
die "Gaskammern" von Sobibor folgendes zu berichten: 

«Innerhalb dieses [Yevgasungslgebdudes wurden drei neheneinander liegende Zellen von 4x4 
m Grosse gasdicht abgeteilt. [...]. Die Gaskammern erwiesen sich als zu klein, die ,Leistung' des 
Lagers Sobibor war zu gering. Durch einen Bautrupp der Lubliner Zentrale wurde unter der 
technischen Leitung des Angeklagten L. das alte Gaskammergebdude zum Teil abgerissen und 
durch einen neuen, grosseren Massivbau mit doppelter Anzahl von Kammern ersetzt. Die Zellen 
-jede bekam eine Fldche von 4x4 und eine lichte Hohe von 2,20 m - wurden zu beiden Seiten 
des Gebdudes entweder so angelegt, dafi sie eine Mittelgang freiliessen oder dafi sie nur eine 
Reihe bildeten. Jede der Zellen konnte mit etwa 80 Menschen, wenn sie dicht gedrdngt standen, 
geftillt werden. Bei nunmehr sechs Kammern konnten nach Fertigstellung der Bauarbeiten, die 
wegen des Einsatzes jiidischer Hdftlinge als Handlanger ziigig innerhalb weniger Wochen vo- 
rangingen, jeweils etwa 480 Menschen bei einem Vergasungsvorgang getotet werden». ^^ 

Die bundesrepublikanische Justiz war bei ihren Verfahren gegen ehemalige Angehorige des La- 
gerpersonals von Sobibor also zur Erkenntnis gelangt, dass es dort anfanglich ein Vergasungsge- 
baude mit drei jeweils 16 Quadratmeter grossen Gaskammern gegeben hatte, dieses jedoch we- 
gen seiner zu geringen Vernichtungskapazitat teilweise abgerissen und durch ein neues, grosse- 
res Gebaude mit sechs Gaskammern ersetzt wurde. Diese Behauptungen fmden in den Augen- 
zeugenberichten der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit allerdings nicht die geringste 
Stiitze. 



b) Die Berichte der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit 

Knapp zwei Monate nach dem Eintreffen der ersten Transporte in Sobibor, am 1. Juli 1942, ver- 
offentlichte die in England erscheinende polnische Exilzeitschrift Polish Fortnightly Review ei- 



''' Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 206 sowie S. 336 (Anmerkung 8). 

'^^ Adalbert Riickerl (Hrsg.), NS-Vernichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse. DT V-Verlag, Milnchen 

1979, S. 163, 172-173. 



20 

nen Artikel iiber die "Ausrottung der jiidischen Bevolkemng Polens", in dem es iiber Sobibor 
hiess: 

"Die meisten Juden Lublins wurden wdhrend eines mehrtdgigen Zeitraums in die Ortschaft So- 
bibor nahe bei Wlodawa geschafft, wo sie alle mit Gas, Maschinengewehren, ja Bayonetten er- 
mordet wurden. Es ist eine nachgewiesene Tatsche, ftir diese Massenhinrichtungen litauische 
Szaulis-Abteilungen'^^ eingesetzt werden, die kiirzlich nach Polen gebracht worden sind. Der Ge- 
stank der verfaulenden Leichen in Sobibor soil so gross sein, dass die Menschen des Distrikts, ja 
sogar das Vieh, den Ort meiden. Ein in Sobibor arbeitender Pole ersuchte brieflich um seine 
Versetzung, da er unter solchen Umstdnden nicht dort bleiben konne. "^^. 

Von mit Maschinengewehren und Bajonetten veriibten Massakern in Sobibor weiss die zeitge- 
nossische Geschichtsschreibung ebenso wenig wie von der Anwesenheit litauischer Verbande in 
jenem Lager. 

Am 10. August 1944 erklarte ein ehemaliger Sobibor-Hafthng namens Ber Moisejewitsch Frei- 
berg: 

"Wenn eine Gruppe von achthundert Personen das 'Bad' betreten hatte, wurde die TUr dicht ge- 
schlossen. [...] In einem separaten Gebdude gab es eine elektrische Maschine, welche todliches 
Gas produzierte. Dieses Gas wurde in Behdlter und von dort aus mittels Schlduchen in die Er- 
stickungskammer geleitet. Es gab keine Fenster in dem Gebdude. Ein Deutscher, den man den 

'Bademeister ' nannte, schaute durch eine kleine gldserne Offnung in der Decke, um zu sehen, ob 
der Totungsvorgang abgeschlossen war. Aufsein Signal hin wurde das Gas abgestellt, der Bo- 
den wurde mechanisch geoffnet, und die Leichen fielen nach unten. Es gab Karren im Keller, 
und eine Gruppe Todgeweihter belud sie mit den Leichen der Hingerichteten. Die Karren wur- 
den aus dem Keller in die Wdlder im dritten Lager gebracht. Dort war ein riesiger Graben aus- 
gehoben worden, und die Leichen wurden dort hineingeworfen und mit Erde bedeckt. Die Men- 
schen, welche die Leichen herbegeschafft und verscharrt hatten, wurden sofort erschossen. " '^^ 

Ein weiterer Zeuge, Leon Feldhendler, wusste folgendes zu erzahlen: 

"Das Bad war so eingerichtet, als diene es tatsdchlich zum Waschen (Duschkopfe, komfortable 
Einrichtung). Die Bdder waren Gaskammern. Man vergaste 500 Personen aufs Mai. Manchmal 
Hess man einen Chlorstrom [sic] durch, es wurden stdndig andere Gase getestet. "»^'^ . 

In einem erst 1980 veroffentlichten, vermutlich jedoch in der unmittelbaren Nachkriegszeit ent- 
standenen Bericht gab Augenzeugin Hella Felenbaum-Weiss folgendes zu Protokoll: 

„Eines Pages brachte ein Transport Hdftlinge in gestreiften Pijamas ins Lager. Sie waren extrem 
mager, und ihre Kopfe waren geschoren; Manner und Frauen sahen gleich aus, und sie konnten 
kaum gehen. Es verbreitete sich das Gerticht, dass diese Menschen, rund 300 an der Zahl, aus 
Majdanek kdmen, wo die Gaskammern ausser Betrieb seien. Als sie aus dem Zug ausstiegen, 
brachen sie buchstdblich zusammen. Der SS-Mann Frenzel ging ihnen entgegen und goss Chlor 
iiber ihre Kopfe, als ob sie schon tot seien. Die Ankunft eines anderen Transports bedriickte mich 



'^'^ Angehonge emer litauischen Organisation, die wahrend des Krieges mit den Deutschen zusammenarbeitete. 

'^^ "Documents from Poland. German attemps to murder a nation. Destruction of the Jewish Population", in: Polish 

Fortnightly Review, No. 47, July T', 1942, S. 4-5. 

'^ Ilya Ehrenburg und Vasily Grossman (Hg.), The Black Book, a.a.O., S. 439. 

'^'^ N. Blumental (Hg.), Dokumenty i materialy, a.a.O. S. 204. 



21 

ebenso stark. Es hiess, er komme aus Lemberg, aber niemand wusste genau Bescheid. Einige der 
Gefangenen schluchzten und erzdhlten uns eine schreckliche Geschichte: Man hatte sie unter- 
wegs mit Chlor vergast, aber einige hatten iiberlebt. Die Leichen der Toten waren griin, und ihre 
Haut hatte sich losgelost. "^* 

Die Formulierung "Frenzel ging ihnen entgegen und goss Chlor iiber ihre Kopfe, als ob sie schon 
tot seien", weist deutlich auf den Ursprung dieser Variante des Vernichtungsmythos hin: Die 
Leichen in Sobibor gestorbener Haftlinge wurden zwecks Verhinderung von Seuchen vor dem 
Zuschiitten der Graber mit Chlorkalk (nicht: "Chlor") bestreut. 

Bei der Zeugin Zelda Metz verschmelzen das "Chlor" und der aufklappbare Fussboden der 
"Gaskammer" zu einer neuen Version: 

"Dann gingen sie [die Opfer] in die Baracken, wo man ihnen das Haar schnitt, und von dort aus 
ins Bad', d. h. die Gaskammer. Sie wurden mit Chlor erstickt. Nach 15 Minuten waren alle er- 
stickt. Durch ein Fensterchen wurde kontrolliert, ob alle tot waren. Dann offnete sich der Fuss- 
boden automatisch. Die Leichen fielen in einen Eisenbahnwagen, der durch die Gaskammer 
filhrte und die Leichen zum Ofen brachte. Vor der Verbrennung zog man ihnen die Goldzdhne. 
Der Ofen war ein gewaltiger Herd mit Rost unter jreiem Himmel. "^^ 

Der aufklappbare Boden der Todeskammer erscheint auch in der Schilderung Alexander Pet- 
scherskis, dem zufolge als Mordwaffe freilich nicht "Chlor", sondern eine "schwarze Fliissig- 
keit" diente.™ 

In ihrer 1980 veroffentlichten Sammlung von Zeugenaussagen iiber Sobibor fiihrt Miriam No- 
vitch folgende, ihr zufolge um 1950 abgegebene Erklarung eines Moshe Bahir an: 

„ Lager 3 war den Sobibor-Hdftlingen von alien Seiten verschlossen. Es warftir uns unmoglich 
zu sehen, was in jenem Lager vor sich ging, weil es von einem Fohrenhain umgeben war. Wir 
sahen lediglich das Dach des ,Bads ', das durch die Bdume lugte. So sahen wir das morderische 
Gesicht Oberscharfiihrer Bauer s, der auf dem Dach jenes Gebdudes zu stehen und durch das 
kleine Fenster in die Todeskammer zu spdhen pflegte. Wir alle wussten, was innerhalb des Ge- 
bdudes vor sich ging. Wir wussten, dass Bauer durch das Fenster sc haute, um die Menge des 
Todesgases zu regeln, das durch die Rohren stromte, welche die Form einer gewohnlichen Du- 
sche aufwies. Er war es, der die Opfer an dem Gas ersticken sah, das auf sie niederstromte, und 
er war es, der befahl, den Gasstrom zu vergrossern oder zu stoppen. Er war es auch, der die Op- 
fer in ihr em letzten Todeskampf und in ihr em Tod zu sehen pflegte. Auf seinen Befehl wurde die 
Maschinerie, welche den Boden des ,Bads' offnete, in Betrieb gesetzt, w or auf die Leichen in 
kleine Wagen fielen, die sie zuerst zu den Massengrdbern und spdter, als die Zeit knapp war, zu 
Verbrennungsofen schaffien "^^ 

Die Version, wonach das todliche Gas aus den Duschkopfen gestromt sei, ist von den „Holo- 
causf'-Historikern zwar niemals anerkannt worden, spukt aber im Volksaberglauben bis zum 
heutigen Tage weiter. 



''^ Miriam Novitch (Hg.), Sobibor. Martyrdom and Revolt, Holocaust Library, New York 1980. 

® N. Blumental, Dokumenty i materialy, a.a.O., S. 21 1. Diese Aussage wurde 1945 oder 1946 abgegeben. 

™SieheKapitel3. 

'' Miriam Novitch (Hg.), Sobibor. Martyrdom and Revolt, a.a.O., S. 147. 



22 
c) 1947: Umstellung auf eine neue Version 

Dass Moshe Bahir noch um 1950 herum von einer einzigen Gaskammer mit einem aufklappba- 
ren Fussboden sprach, war ein Anachronismus, denn die offizielle Geschichtsschreibung hatte 
sich bereits 1947 auf die Totungsmethode Motorabgase festgelegt. Damals schrieb die "Haupt- 
kommission zur Untersuchung der deutschen Verbrechen in Polen" in einem Bericht iiber das 
"Vemichtungslager Sobibor": 

"Innen besass dieses [Vergasungs-JGe^awtife Wdnde aus Ziegeln. Es enthielt wahrscheinlich funf 
Kammern, die insgesamt 500 Menschen aufnehmen konnten. Man totete sie mit den Abgasen ei- 
nes Motors, der neben den Kammern instaUiert unddurch Rohren mit diesen verbunden war. "^^ 

Diese Version ("wahrscheinlich fiinf Kammern") entsprach noch nicht der heutigen, laut der So- 
bibor zunachst drei und dann sechs Gaskammem besass. Aufschlussreicherweise zitierten die 
polnischen "Ermittler" keinen einzigen Sobibor-Zeugen, der ihre Behauptungen bestatigte. Ihre 
Quelle war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der sogenannte Gerstein-Bericht. 
Am 30. Januar 1946 hatte der franzosische Anklager Charles Dubost beim Niimberger Prozess 
eine Gruppe von Dokumenten vorgelegt'''', zu denen auch ein in franzosischer Gefangenschaft 
verfasster, auf den 26. April 1945 datierter Bericht des SS-Offiziers Kurt Gerstein gehorte. In 
seiner - vor Absurditaten wimmelnden '''* - Schilderung hatte Gerstein eine Vergasung von Juden 
im Lager Belzec beschrieben, deren Zeuge er angeblich gewesen war. Bei einem der Niirnberger 
Nachfolgeprozesse, demjenigen gegen die nationalsozialistischen Arzte, wurde der Gerstein- 
Bericht im 16. Januar 1947 als Beweismaterial vorgelegt. ''^ 

Somit erfreute sich dieses Dokuments damals bereits einer gewissen Bekanntheit. Da die polni- 
schen "Ermittler" die von den Sobibor-Zeugen geschilderten Mordtechniken "schwarze Fliissig- 
keif und "Chlor" sowie die Geschichte von dem aufklappbaren Boden der Todeskammer, durch 
den die Leichen in bereitstehende Eisenbahnwaggons plumpsten, offenbar allzu lappisch fanden, 
iibernahmen sie fur dieses Lager einfach die von Gerstein fur Belzec geschilderte Totungsme- 
thode - Vergasung mit Motorabgasen in einem in mehrere Raume unterteilten Gebaude-, 
obwohl kein einziger Sobibor-Zeuge dergleichen bekundet hatte! 



d) Wie Belzec und Treblinka zu ihren Motorabgaskammern kamen 

Hier lohnt sich ein Hinweis darauf, dass auch die ersten Zeugen der angeblichen Massenvernich- 
tungen in Belzec und Treblinka als Tatwaffe keineswegs Motorabgase nannten. Der polnische 
"Belzec- Augenzeuge" Jan Karski behauptete, die Juden wiirden in jenem Lager in Eisenbahn- 
waggons gepfercht, deren Boden mit ungeloschtem Kalk bedeckt sei; dieser fresse den Einge- 
schlossenen dann langsam das Fleisch von den Knochen.'"' Die fur Belzec am haufigsten ge- 
schilderte Totungstechnik war jedoch elektrischer Strom. In seinem 1945 erschienenen Buck Der 
letzte Jude aus Polen beteuerte ein Dr. Stefan Szende, in Belzec seien "Millionen" von Juden auf 



^' Z. Lukaszkiewicz, "Oboz zaglady w Sobiborze", in: Biuletyn Glownej Komisji Badania Zbrodni Niemieckich w 

Polsce, Posen 1947, S. 52. 

"PS-1553. 

^'' Zwei eingehende Analysen des Gerstein-Berichts sind Henri Roques' Die „ Gestdndnisse " des Kurt Gerstein. Zur 

Problematik eines Schlilssel-Dokuments, Druffel-Verlag, Leoni am Stamberger See 1986, sowie Carlo Mattognos// 

rapporto Gerstein. Anatomia di unfalso, Sentinella d'ltalia, Monfalcone 1985. 

'^ Militdrgerichtshof, Fall 1, Niimberg, Verhandlung vom 16. Januar 1947, S. 1806-1815. 

^"^ Jan Karski, Story of a Secret State, Houghton Mifflin Company, Boston 1944, S. 339 ff. 



23 

einer gigantischen Metallplatte in einem unterirdischen Wasserbecken mit Strom getotet wor- 
den. ''^ In einem offiziellen Dokument der polnischen Regiemng iiber Belzec, das fiir den Niirn- 
berger Prozess erstellt und doit von den Sowjets prasentiert wurde, wurde als Tatwaffe ebenfalls 
elektrischer Strom angegeben 



78 



Noch aufschlussreicher ist der Fall Treblinka. Fiir dieses Lager wurden bis Ende 1945 folgende 
Mordmethoden beschrieben: 

- Eine mobile Gaskammer, die sich langs der Massengraber bewegte und die Leichen der 
Vergasten in diese entlud; 

- Ein mit Verzogerung wirkendes Gas, das es den Opfern ermoglichte, aus der Gaskammer 
zu den Massengrabern zu gehen; dort wurden sie dann ohnmachtig und fielen in die Gra- 
ber; 

Elektrischer Strom; 

Verbriihen mit heissem Dampf (die am haufigsten geschilderte Methode; laut einem vom 

15. November 1942 stammenden Bericht der Widerstandsbewegung des Warschauer 

Ghettos waren zu jenem Zeitpunkt bereits zwei Millionen Juden in Treblinka mit heissem 

Dampf ermordet worden); 

Ersticken durch Leerpumpen der Kammem. ^^ 

Noch im Dezember 1945 wurde beim Niirnberger Prozess ein Dokument der polnischen Regie- 
rung vorgelegt, laut dem in Treblinka "mehrere hunderttausend" Menschen mit Dampf umge- 
bracht worden waren ^°. Erst 1946, drei Jahre nach der Schliessung des Lagers Treblinka, einig- 
ten sich die Herren Historiker auch fiir dieses Lager auf die - von keinem einzigen der friihen 
Zeugen erwahnte! - Tatwaffe Motorabgase. 

Beziiglich Belzec und Treblinka stellt die offizielle Geschichtsschreibung die Behauptung auf, 
das todliche Gas sei von einem Dieselmotor erzeugt worden.^' Vom toxikologischen Standpunkt 
aus ist dies freilich eine reine Absurditat. Wie der Revisionist Friedrich Berg in einer sehr fun- 
dierten Studie nachgewiesen hat, eignen sich Dieselabgase aufgrund ihres hohen Sauerstoff- und 
niedrigen CO-Gehaltes denkbar schlecht als Mordwaffe; jeder Benzinmotor ware weitaus effi- 
zi enter. ^^ Fiir Sobibor gibt es ebenfalls einige Zeugen, die von einem Dieselmotor sprechen, 
doch die meisten Zeugen und Autoren legen sich nicht auf einen bestimmten Motorentyp fest, 
und Raul Hilberg postuliert als Tatwaffe fiir Sobibor ausdriicklich einen Benzinmotor.^^ 



e) Der Stoff, aus dem die Sobibor-Geschichte ist 

Aus dem eben Dargelegten geht hervor, wie briichig die Grundlage ist, auf der das offizielle Bild 
von Sobibor beruht. Weder gibt es auch nur die geringsten dokumentarischen Belege fiir Mas- 
senmorde oder die Existenz von Menschentotungsgaskammern in diesem Lager, noch verfiigen 
wir iiber irgendwelche glaubhaften Augenzeugenberichte. 



^^ Stefan Szende, Der letzte Jude aus Polen, Europa Verlag, Zurich 1945, S. 290-292. 
^** URSS-93. 

Carlo Mattogno und Jilrgen Graf, Treblinka — Vernichtungslager oder Durchgangslager? , a.a.O. 
'^"PS-SSll. 

^' Enzyklopddie des Holocaust, a.a.O., S. 176 (Belzec), S. 1428 (Treblinka). 

^' Friedrich P. Berg. „Diesel Gas Chambers: Ideal for Torture, Absurd for Murder", in: Germar Rudolf (Hg.), Dis- 
secting the Holocaust, Theses and Dissertation Press, Chicago 2003. 

Raul Hilberg, £)/e Vernichtung der europdischen Juden, a.a.O., S. 941. 



24 

Wurde nach dem Krieg auf dem Lagergelande nach materiellen Beweisen fiir das Verbrechen 
gesucht? In seinem Standardwerk iiber Sobibor schreibt Julius Schelvis: 

"Die Justiz des Distrikts, in dem Wlodawa und Chelm liegen, hat es nach dem Krieg - im Ge- 
gensatz zu jener von Belzec - versdumt, an der Stelle, wo sich das Vernichtungslager Sobibor 
befunden hatte, eine gerichtliche Untersuchung durchzufiihren. Ware dies der Fall gewesen, 
dann hatte man Antworten auf Fragen beztiglich der genauen Masse, der Oberfldche und der 
Tiefe der Gruben sowie moglicherweise noch vorhandener Asche, Knochenreste und anderer 
wichtiger Dinge erteilen konnen "^^. 

Dies stimmt nicht ganz: Nach Kriegsende wurden auf dem Gelande von Sobibor sehr wohl Gra- 
bungen durchgefiihrt, doch da ihre Ergebnisse ganz und gar nicht dem entsprachen, was man an- 
gesichts der offiziellen Version der Ereignisse hatte erwarten miissen, wurden sie nicht an die 
grosse Glocke gehangt. Wir kommen auf diese Frage noch zuriick. 

Keine forensischen Beweise fur einen Massenmord, keine belastenden Dokumente, ein Sammel- 
surium grotesker und widerspriichlicher Zeugenaussagen - misslicher konnten die Vorausset- 
zungen fur einen Historiker, der sich anschickt, die Realitat des behaupteten Sobibor-Holocaust 
zu beweisen, kaum sein. Mit welchen Mitteln die Vertreter der offiziellen Geschichtswissen- 
schaft diesen "Beweis" dennoch zu erbringen versuchen, werden wir im nachsten Kapitel be- 
leuchten. 



Kapitel 5 

Sobibor und die Historiker 



a) Die Literaturliste der Enyzklopddie des Holocaust zu Sobibor 

Angesichts der Ungeheuerlichkeit der laut den orthodoxen Historikern in Sobibor begangenen 
Verbrechen miisste man annehmen, dass iiber dieses Lager eine Vielzahl wissenschaftlicher Stu- 
dien existiert. Dies ist jedoch keineswegs der Fall; die Literatur zu Sobibor ist recht sparlich, und 
von den verhandenen Biichern tragi ein grosser Teil romanhaften Charakter. In der 1993 erschie- 
nenen Enzyklopddie des Holocaust folgt auf den Eintrag "Sobibor" eine Liste empfohlener Lite- 
ratur zu diesem Lager^^, die lediglich vier Titel umfassi: Yitzak Arad: Belzec, Sobibor, Treblin- 
ka^'^; Miriam Novitch (Hg.): Sobibor -Martyrdom and Revolt^^ ; Richard Rashke: Escape from 
Sobibor^^; Adalbert Riickerl: Nationalsozialistische Vernichtungslager im Spiegel deutscher 
Strafryrozesse^^ . 

Y. Arads Buch iiber Belzec, Sobibor und Treblinka gait einige Jahre lang als Standard- 
werk iiber diese Lager, wurde jedoch in bezug auf Sobibor als solches durch Julius Schelvis' 
sehr viel ausfiihrlicheres Vernietigingskamp Sobibor (Vernichtungslager Sobibor) abgelost, so 
dass wir es hier unbeachtet lassen konnen; an seiner Stelle besprechen wir in unserem folgenden 
Artikel das Schelvis-Buch. Richard Rashkes Escape from Sobibor beruht auf Gesprachen mit 



^"' Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 230. 
^ Enzyklopddie des Holocaust, a.a.O. S. 1334. 

^^ Yitzhak Arad, Belzec, Sobibor, Treblinka. The Operation Reinhard Death Camps, Indiana University Press, 
Bloomington 1987. 

^' Miriam Novitch, Sobibor. Martyrdom and Revolt, Holocaust Library, New York 1980. 
^^ Richard Rashke, Escape from Sobibor, University of Illinois Press, Urbana and Chicago 1982. 

Adalbert Rtlckerl, Nationalsozialistische Vernichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse, dtv, Frankfurt a. 
M. 1977. 



25 

ehemaligen Sobibor-Haftlingen, die grosstenteils selbst iiber ihre Erfahmngen im Lager ge- 
schrieben haben, und liefert keine nennenswerten zusatzlichen Informationen. Mit A. Riickerls 
Dokumentation iiber die bundesdeutschen Strafverfahren gegen „NS-Tater" setzen wir uns spa- 
ter, bei der Besprechung des Hagener Sobibor-Prozesses von 1965/66, auseinander. Unabdingbar 
ist an dieser Stelle jedoch eine Analyse von Miriam Novitchs Buch Sobibor. Martyrdom and Re- 
volt. 



b) Miriam Novitch und ihre Augenzeugen 

Der 1980 unter der Agide von Miriam Novitch erschienene Sammelband Sobibor. Martyrdom 
and Revolt besteht aus einer Einleitung sowie den kommentarlos wiedergegebenen Aussagen 
von 25 ehemaligen Sobibor-Haftlingen, wobei das jeweilige Entstehungsjahr dieser Berichte nur 
in wenigen Fallen genannt wird. Die meisten davon sind erstaunlich kurz und umfassen oft nur 
eine oder zwei Seiten. Eine Ausnahme ist der letzte Beitrag des Bandes, jener von Moshe Bahir, 
der immerhin 24 Seiten lang ist (S. 139-163). Aufschluss iiber die Glaubwiirdigkeit dieses Star- 
zeugen liefert beispielsweise folgende Passage: 

„Im Februar 1943 besuchte Himmler Sobibor ein zweitesMal. (...). Zwei Tage nach dem Besuch 
horte ich eine Unterredung zwischen Beckmann und Bredov. Der eine sagte zum anderen, der 
Besuch habe stattgefunden, um den Abschluss der Vernichtung der ersten Million Juden in Sobi- 
bor zufeiern" (S. 155, 156j. 

Wie erinnerlich waren bis Ende 1942 genau 101.370 Juden nach Sobibor deportiert worden^", 
und Deportierte sind noch lange keine „Vemichteten". 

Laut M. Bahir wurde das todliche Gas durch die Rohren einer Dusche in die Gaskammer gelei- 
tet, und diese besass einen aufklappbaren Boden, der nach jeder Vergasungsaktion geoffnet wur- 
de, damit die Leichen in die darunter stehenden Wagen fallen konnten^^ . Dass M. Novitch ihren 
Lesern dergleichen noch im Jahre 1980 zumutete, beweist, dass sie bei diesen nicht einmal ein 
Minimum an kritischem Urteilsvermogen voraussetzte. 

Dass die ehemaligen Sobibor-Haftlinge einander in zentralen Fragen krass widersprechen, stort 
M. Novitch offenbar nicht im geringsten. Hierzu ein anschauliches Beispiel. Mehrere Zeugen 
bekunden, vor ihrem Eintreffen in Sobibor seien die Juden von der polnischen Bevolkerung vor 
dem ihnen drohenden Schicksal gewarnt worden: 

Itzhak Lichtman: „Wir gingen von Zolkiewa zum Bahnhof von Krasnystaw. Jedermann konnte 
sehen, dass wir Juden waren. (...) Viele Kinder folgten uns, undwdhrendwir vorbeigingen, sag- 
ten Polen: ,Hey Zydzi, idziecie na spalenie'" (He Juden, ihr geht zur Verbrennungj " (S. 81). 

Aizik Rottenberg: „Wlodawa lag ungefdhr acht Kilometer von Sobibor entfernt Polnische Bau- 
ern, die zum Markt gingen, sagten: , Juden, junge und alte, werden in Sobibor verbrannt'" (S. 
103). 

Yehuda Lerner: ,^ufdem Weg nach Sobibor hielt der Zug in Chelm an. Ein Pole ging von einem 
Waggon zum anderen, um die Zahl [der Insassen] zu notieren. Wir fragten ihn, wohin wirfuhren. 
Er antwortete: ,Nach Sobibor, wo die Gefangenen verbrannt werden ' " (S. 1 12). 



'" Siehe Kapitel 2. 
'^ Siehe Kapitel 4. 



26 



Man vergleiche hiermit folgende Schilderung von Hershel Zukerman: 

„Die Gaskammern war en so gut getarnt, dass ich zehn Wochen lang glaubte, meine Mitgefange- 
nen, die mit mir gekommen waren, befdnden sich in einem Arbeitslager. In unserer KUche koch- 
ten wir das Essen fUr Lager Nr. 3, und ukrainische Wdchter pflegten das Geschirr zu holen. 
Einmal steckte ich eine Notiz in jiddischer Sprache in einen Knodel: ,Bruder, lass mich wissen, 
was ihr tut. ' Die Antwort steckte im Boden des Topfes: ,Du hdttest nicht fragen diirfen. Men- 
schen werden vergast, und wir mtissen sie begraben. ' Ich unterrichtete meine beiden Freunde 
Leon Feldhendler und Shlomo Goldstein. Wir beschlossen jedoch, Stillschweigen zu bewahren, 
weil wir nicht wollten, dass die anderen die Wahrheit erfuhren " (S. 107). 

Laut Itzhak Lichtman, Aizik Rottenberg und Yehuda Lerner wusste die polnische Zivilbevolke- 
rung der Gegend also bestens iiber die Judenausrottung in Sobibor Bescheid, wahrend es laut 
Hershel Zukerman voile zehn Wochen dauerte, bis zwei der jiidischen Haftlinge im Lager 2 
durch einen Zufall erfuhren, dass im angrenzenden Lager 3 eine Massenvernichtung vor sich 
ging! 

Eine Vorstellung vom Niveau dieses Buchs vermitteln nicht zuletzt die diimmlichen Gruselge- 
schichten, die M. Novitsch ihre Zeugen zum besten geben lasst; hier einige Kostproben: 

Ber Freiberg: „Dann erfanden die Nazis einen neuen Zeitvertreib: Sie ndhten den Unterteil der 
Hosen der Haftlinge zu und liessen Ratten hinein. Die Opfer mussten ruhig dastehen; wenn sich 
einer bewegte, wurde er zu Tode gepriigelt" (S. 75). 

Eda Lichtman: „Shaul Stark kiimmerte sich um die Gdnse; er ftitterte undwog sie tdglich. Ein- 
mal wurde eine Gans krank und starb. Frenzel, Bredow, Wagner und Weiss peitschten Stark zu 
Tode. Die letzten Worte des Mannes waren: ,Rdcht mich, Kameraden, rdcht mich" (S. 57). 

Moshe Bahir: „Der erste, dem ich begegnete, als wir ins Lager kamen, war OberscharfUhrer 
Wagner. (...) Er pflegte Babys aus den Armen ihrer Mutter zu reissen und in seinen Hdnden in 
StUcke zu reissen " (S. 149). 

Moshe ^di\\\r.„Manchmal erlaubte sich Grot einen Scherz; er griff sich einen Juden, gab ihm ei- 
ne Flasche Wein und eine Wurst, die wenigstens ein Kilogramm wog, und befahl ihm, sie in ein 
paar Minuten zu verschlingen. Wenn der ,Gliickliche ' esfertigbrachte, die sen Befehl auszufuh- 
ren, und vor Trunkenheit torkelte, befahl ihm Grot, den Mund weit aufzumachen, und ur inter te 
ihm in den Mund" {S . 150, 151). 

Moshe Bahir: „ OberscharfUhrer Paul Bredov, 40, ein Berliner, war eine Bestie in Menschenge- 
stalt im wahrsten Sinne des Wortes. Seine direkte Aufgabe bestand darin, dass er fUr das Laza- 
rett verantwortlich war, aber er hatte im Lager noch zusdtzliche Arbeiten. Sein Lieblingshobby 
war Schiessen. Er hatte eine tdgliche Quote von fUnfzig Juden, die er erschoss - alle mit seiner 
Maschinenpistole, von der er sich den ganzen Tag hindurch nie auch nurfUr eine Minute trenn- 
te"(l53). 

Angesichts der Tatsache, dass die Enyzklopddie des Holocaust diese „Dokumentation" als nur 
einen von vier Titeln in ihre Liste empfohlener Literatur zu Sobibor aufnimmt, wird man sich 
fragen miissen, wie es erst um das Niveau der anderen, von der Enyzklopddie nicht ausdriicklich 
empfohlenen Werke iiber dieses Lager bestellt sein muss! 



27 

c) Das wissenschaftliche Meisterwerk der Barbara Distel 

Bis zum Jahre 2008 hat es kein einziger bundesrepublikanischer Historiker fertiggebracht, auch 
nur einen langeren Artikel, geschweige denn ein Buch, iiber Sobibor zu schreiben. Dies schaffte 
erst Barbara Distel, langjahrige Leiterin der Gedenkstatte Dachau, die in jenem Jahr im achten 
Band einer von Wolfgang Benz und ihr selbst herausgegebenen Biicherreihe einen dreissigseiti- 
gen Text mit dem Titel „Sobibor" unterbrachte^^. B. Distels Artikel markiert einen intellektuel- 
len und moralischen Tiefstand in der Literatur iiber dieses Lager. 

Beziiglich der Zahl der Sobibor-Opfer schreibt B. Distel eingangs, diese werde „auf 
150.000 bis 250.000 geschdtzt" (S. 375); personlich entscheidet sie sich zum Schluss ihres Bei- 
trags fiir eine Opferzahl von 250.000 (S. 402). Auch wenn man mit den orthodoxen Historikem 
dogmatisch davon ausgeht, dass bis auf eine kleine Zahl von Ausnahmen samtliche nach Sobibor 
deportierten Haftlinge dort ermordet wurden, ist diese Ziffer radikal unmoglich. Dank dem - sie- 
ben Jahre vor B. Distels Artikel veroffentlichten - Hofle-Funkspruch weiss man, dass bis Ende 
1942 101.370 Juden nach Sobibor gelangten, und ausnahmslos alle Forscher sind sich darin ei- 
nig, dass die Anzahl der Deportierten 1943 weitaus geringer war als 1942. Entweder kennt B. 
Distel den Hofle-Funkspruch nicht, oder sie verschweigt ihn bewusst, um die Opferzahl mog- 
lichst hoch ansetzen zu konnen. Ersteres wiirde von unfassbarer Ignoranz zeugen, letzteres von 
krasser Unredlichkeit. 

Zur Frage der Tatwaffe aussert sich B. Distel wie folgt: 

„ Im Lager III stand das Steingebdude mit den Gaskammern. [...] Daneben stand ein Holzschup- 
pen, in dem ein 200 PS starker Dieselmotor aufgestellt war, dessen Abgase durch Rohre in die 
hermetisch abgeleiteten Kammern geleitet wurde " (S. 378). 

Da die mangelnde Eignung von Dieselabgasen als Totungsinstrument allgemein bekannt ist, 
kann man sich nur dariiber wundern, dass sich B. Distel ohne Not auf diese Tatwaffe festlegt. 
Wie erinnerlich liefem die meisten Autoren keinerlei Angaben iiber den (angeblich) in Sobibor 
verwendeten Motorentyp, und Raul Hilberg spricht ausdriicklich von einem Benzinmotor^''. 

Selbst die primitivsten Erdichtungen der Greuelpropaganda werden von B. Distel getreulich 
nachgebetet. Sie entblodet sich nicht, die alberne Geschichte von der Ganseherde zu wiederho- 
len, die „aufgescheucht wurde, um mit ohrenbetdubendem Geschnatter die Schreckensrufe der 
Opfer zu iibertonen" (S. 381). Auf S. 389 schreibt sie unterBerufung auf eine Ada Lichtman: 

„Jeder SS-Mann hatte seine eigene Art zu toten. [...] Sie warteten alle auf die Ankunft der 
Transporte. Bredow Melt nach sehr jungen Mddchen Ausschau, die er immer auf sadistische 
Weise auspeitschte. Gomerski totete die Gefangenen mit einem Stock, in den Ndgel eingelassen 
waren; Groth und Bolender kamen mit ihren Hunden. Wenn sie zu einem Hdftling sagten: ,Ah, 
Du willst nicht arbeiten? ' riss der Hunddas Opfer in Stticke ". 

Soviel zu diesem Artikel, der das allgemeine Niveau der bundesdeutschen „Holocaustforschung" 
adaquat widerspiegelt. 



" Wolfgang Benz und Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsoziahstischen Konzentra- 
tionslager, Verlag C. H. Beck, Milnchen 2008. 
'^ Siehe Artikel 4. 



28 

d) Himmlers zweiter Besuch in Sobibor: Sein historischer Hintergrund und 
seine Darstellung in der Literatur iiber das Lager 

Anhand dokumentarischer Unterlagen lasst sich nachweisen, dass der Reichsfiihrer SS Heinrich 
Himmler dem Lager Sobibor zwei Besuche abgestattet hat. Der erste, von dem wir nicht mehr 
wissen, als dass er von extrem kurzer Dauer war, erfolgte am 19. Juli 1942^"*. Der zweite Besuch 
fand an einem nicht genau bekannten Datum im Marz 1943 statt. Am 13. April 1943 hielt der 
SS- und Polizeifiihrer des Distrikts Lublin, Odilo Globocnik, in einem Schreiben an SS- 
Gruppenfiihrer von Herff fest, Heinrich Himmler habe anlasslich seines Besuchs (in Lublin) im 
Marz „Einrichtungen der ,Aktion Reinhard' besucht"^^. Am selben Tag ging seitens eines Ver- 
fassers, dessen Unterschrift auf dem betreffenden Dokument unkenntlich ist, ein Brief an den 
SS-Obersturmfiihrer Kuno Ther ab, in dem es hiess: „Der Reichsfiihrer SS hat nach Besichti- 
gung des Lagers Sobibor der Beforderung der verdienten Fiihrer und Manner grundsdtzlich zu- 
gestimmt.'' ^^ 

Gestiitzt auf die Aussagen von „Augenzeugen", behaupten die Historiker seit 1946 unermiidlich, 
Himmler habe bei seinem zweiten Besuch in Sobibor einer Massenvergasung jiidischer Madchen 
und Frauen beigewohnt. In dem 1946 erschienenen Band Dokumenty i Materialy liest man hier- 
zu: 

„ Wie andere Todeslager hat Himmler auch Sobibor besucht. Zu seiner Ehre wurden 300 (nach 
anderen Aussagen 500) jiidische Madchen vergast, die man aus die sem feier lichen Anlass spezi- 
ell herbeigeschaffi hatte. Himmler stand selbst vor einem Fensterchen und sah zu, wie die durch 
Gas vergifteten Madchen starben. " ^^ 

Die im selben Band zitierten Augenzeugen Leon Feldhendler und Zelda Metz aussern sich eben- 
falls zu diesem Nicht-Ereignis. Zunachst die Aussage L. Feldhendlers: 

„Ein besonderes Ereignis war im Marz 1943 der Besuch Himmlers im Lager. Aus Lublin hatte 
manfUr diesen Tag 200 Frauen herbeigeschafft. Man sperrte sie zwei Tage lang in eine spezielle 
Baracke ein, um mit ihnen ein Schauspiel fUr den obersten Henker zu veranstalten. [...] In dem 
als Gaskammer dienenden Bad gab es ein oben ein Fensterchen, durch das Himmler mit Befiie- 
digungdie Wirkung eines neuen Gases beobachten konnte " (S. 206). 

Z. Metz berichtet: 

„Ende Sommer 1943 kam Himmler nach Sobibor. Um ihm zu zeigen, wie effizient das Vernich- 
tungslager arbeitete, brachte man aus [dem jiidischen Lager an der] Lipowa-Strasse in Lublin 
7.500 junge, schone Madchen, die vor seinen Augen hingerichtet wurden " (S. 211). 

Wahrend L. Feldhendler den Himmler-Besuch richtig auf den Marz 1943 datiert und sich mit 
200 zu diesem Anlass vergasten Frauen begniigt, lasst Z. Metz den Besuch „Ende Sommer 
1943" stattfmden und gibt die Anzahl der „Hingerichteten" mit 7.500 an! 



^'^ Laut dem Besuchsprogramm standen Himmler filr die Fahrt von Chelm nach Sobibor sowie filr die Besichtigung 

des Lagers gesamthaft nur anderthalb Stunden zur Verfugung. 

www.holocaustresearchproject.org/ar/sobibor/docs/rfss%20visit%20programm.jpg. 

'^ www.holocaustdenialontrial.eom/en/trial/defense/browning/550#browning_553p64nl57 

''^ Ebenda. 

'^ N. Blumental (Hg), Dokumenty i materialy, a.a.O., S. 199. 



29 

Laut T. Blatt kamen die Opfer nicht aus Lublin, sondem aus Wlodawa; er schreibt: 

„ SS-Oberscharfuhrer Erich Bauer, der fur den Vergasungsprozess in Sobibor verantwortlich 
war, fiihrte zur Demonstration eine Vergasung von Uber 300 speziell ausgesuchten jungen jiidi- 
schen Mddchen aus der nahen Stadt Wlodawa durch. "^^ 

Eine wiederum andere Version tischt Moshe Bahir auf, laut dem die „mehreren hundert" Opfer 
weder aus Lublin noch aus Wlodawa, sondem aus Trawniki kamen^^. 

Die Geschichte von Himmles Anwesenheit bei einer Vergasung jiidischer Madchen taucht, mit 
variierenden Daten und Opferzahlen, in fast jedem Buch iiber Sobibor auf Unter Berufung auf 
Zeugenaussagen nennen B. Distel^°*^ und J. Schelvis^*'^ als Datum des Besuchs den 12. Februar 
1943, obwohl er laut den zitierten Dokumenten im Marz stattfand. Dieser Fall ist symboltrachtig, 
lasst er doch anschaulich erkennen, wie die orthodoxen Historiker arbeiten. Die Geschichte von 
einem Himmler-Besuch, bei dem der Reichsfiihrer SS einer Vergasung jiidischer Frauen beige- 
wohnt haben soil, erscheint iibrigens auch im Zusammenhang mit Treblinka. Rachel Auerbach 
weiss hierzu folgendes zu erzahlen: 

„Man sagt, ftir Himmler sei anldsslich seines Besuches in Treblinka Ende Februar 1943 eine 
ganz besondere Attraktion vorbereitet worden. Eine Gruppe junger, speziell ftir diesen Anlass 
ausgesuchter Frauen wurde - nackt, damit der SS-Reichsftihrer dsthetischen Genuss an ihren 
Korpernfinden konnte - ins ,Badehaus ' getrieben, welches sie dann als Leichen verliessen "'*^^. 

Zu ihrer Unehre nehmen die orthodoxen Historiker derartige Ausgeburten kranker Hime fiir bare 
Miinze! 



Kapitel 6 

Julius Schelvis und sein Standardwerk iiber Sobibor 



a) Vorbemerkung 

Seit seinem erstmaligen Erscheinen im Jahre 1993 hat Julius Schelvis' Buch Vernietigingskamp 
Sobibor nicht weniger als acht Auflagen erlebt. Es wurde 1998 unter dem Titel Vernichtungsla- 
ger Sobibor ins Deutsche ^''^ und 2006 ins Englische^"'* iibersetzt. Zwischen den verschiedenen 
Auflagen bestehen in wichtigen Punkten erhebliche Unterschiede. Bei der folgenden Bespre- 
chung gehen wir wie folgt vor: Wo die deutsche Version sowie die bisher letzte, 2008 erschiene- 
nen niederlandische Ausgabe^*'^ iibereinstimmen, zitieren wir nach der deutschen Fassung, bzw. 
geben die betreffende Seitenzahl dieser letzteren an. Wo Diskrepanzen auftreten, betrachten wir 
die holllandische Version von 2008 als verbindlich, da man davon ausgehen darf, dass sie die 
heutigen Auffassungen des Autors widerspiegelt. In jedem einzelnen Fall vermerken wir, ob wir 
die deutsche Fassung von 1998 oder auf die niederlandische Version von 2008 zitieren. 



T. Blatt, Sobibor, the forgotten revolt, a.a.O., S. 12. 
'^ M. Novitch, Sobibor. Martyrdom and Revolt, a.a.O., S. 156. 
^""B. Distel, „Sobibor", a.a.O., S. 391. 

J. Schelvis, Vemichtungs lager Sobibor, a.a.O., S. 111. 
'"' Alexander Donat (Hg.), The Death Camp Treblinka, Holocaust Library, New York 1979, S. 48. 
'°' Julius Schelvis, Vernichtungslager Sobibor, Metropol Verlag, Berlin 1998. 
'"'' Jules Schelvis, Sobibor. A History of a Nazi Death Camp, Berg Publishers, Oxford 2006. 
'"^ Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, De Bataafsche Leeuw, Amsterdam 2008. 



30 



J. Schelvis' Interesse an Sobibor hat einen sehr tragischen personlichen Hintergrund: Am 1. Juni 
1943 wurde er zusammen mit 3.005 anderen hollandischen Juden, damnter seine Gattin Rachel 
und andere Verwandten, nach Sobibor deportiert. Als einer von rund 80 Haftlingen wurde er von 
dort aus bereits nach wenigen Stunden in das Arbeitslager Doruhuzca iiberstellt. Nach einer 
zweijahrigen Odyssee durch Pol en und Deutschland wurde er am 8. April 1945 im siiddeutschen 
Vaihingen durch franzosische Truppen befreit. Seinen Angaben zufolge war er der einzige Uber- 
lebende seines Transports (S. 12, 13). 

Mit seiner umfangreichen Bibliographic und seiner Fiille an Fussnoten tut Vernietigingskamp 
Sobibor in formaler Hinsicht samtlichen Kriterien einer wissenschaftlichen Studie Geniige. 



b) Schelvis' Umgang mit den Augenzeugenberichten 

Im Gegensatz zu fast all seinen Vorgangern erweist sich J. Schelvis bei seiner Schilderung des 
„Vernichtungslagers" als intelligenter Pragmatiker, der allerlei unniitzen Ballast der traditionel- 
len Geschichtsschreibung iiber Sobibor iiber Bord wirft. Er verzichtet weitgehend auf jene Hor- 
rorgeschichten, welche beispielsweise die Auslassungen einer M. Novitch in den Augen eines 
jeden denkfahigen Lesers von vorneherein unglaubwiirdig machen. Seine SS-Manner schlagen 
die Juden zwar mit Peitschen und Stocken, wenn sie nicht rasch genug arbeiten, nehmen jedoch 
davon Abstand, ihnen Ratten in die Hosen einzunahen, ihnen in den Mund zu urinieren und 
Sauglinge in der Luft zu zerreissen; der SS-Mann Bredow gait zwar „bei den Gefangenen als 
Gewaltmensch, der sie in einem fort misshandelte (S. 299, deutsche Version), legte aber nicht, 
wie bei M. Novitch, Tag fiir Tag fiinfzig Juden mit seiner Maschinenpistole um. 

Bei seinem Umgang mit den Augenzeugenberichten bedient sich Schelvis der Taktik, alle 
von vorneherein unglaubhaften Passagen auszumerzen. So raumt er in seinem Kapitel iiber den 
Aufstand den Ausfiihrungen des Schliisselzeugen Alexander Petscherski zwar viel Platz ein, und 
die 1967 erschienene englische Ubersetzung von Petscherskis Bericht aus dem Jahre 1946 er- 
scheint in der Bibliographic, doch werden Aussagen, die einen aufmerksamen und mit der Stan- 
dardversion von Sobibor vertrauten Leser misstrauisch stimmen miissten - Petscherskis bizarre 
Beschreibung des Ausrottungsprozesses etwa oder seine vom Standpunkt der orthodoxen Ge- 
schichtsschreibung aus anachronistische Behauptung, noch im September 1943 sei in Sobibor 
jeden zweiten Tag ein Transport von Neuankommlingen vernichtet worden**^^ -, sorgfaltig aus- 
geblendet. In anderen Worten: Schelvis behandelt die Zeugenaussagen selektiv, so dass ein Le- 
ser, der nicht zu den Originalquellen greift, ihre Absurditat nicht erkennt. 



c) Schelvis' revidierte Opferzahl 

Auch bei der Festlegung der Opferzahl des Lagers geht Schelvis pragmatisch vor und beharrt - 
im Gegensatz zu B. Distel und Konsorten - nicht stur auf der seit Bekanntwerden des Hofle- 
Funkspruchs unmoglich gewordenen alien Zahl von ungefahr 250.000 Opfern. Hatte er in der 
deutschen Fassung noch 236.000 bis 257.000 nach Sobibor Deportierte (und dort bis auf eine 
Handvoll Ausnahmen Ausgerottete) postuliert (S. 283), so schrieb er in der hollandischen Aus- 
gabe von 2008: 



'""^Siehe Kapitel 3. 



31 

„Jahrelang wurde davon ausgegangen, dass zwischen 200.000 und 250.000 Juden ins Vernich- 
tungslager Sobibor deportiert wurden. Neue Forschungen ergeben, dass diese Ziffer nach unten 
revidiert werden muss. Die [neue] Zahlfusst aufeinem Funkspruch von Hermann Hofle, der als 
SS-Sturmbannfiihrer einer der Spitzenfunktiondre der Aktion Reinhardt in Lublin war " (S. 266). 

1942 erfolgten Deportationen nach Sobibor aus dem Protektorat Bohmen und Mahren, der Slo- 
wakei, Deutschland (einschliesslich Osterreichs) und dem Generalgouvemement. In der nieder- 
landischen Version seines Buchs liefert Schelvis folgende Angaben iiber die Anzahl der aus die- 
sen Landern nach Sobibor deportierten Juden: 



Protektorat Bohmen und Mahren: 

Slowakei: 

Deutschland inkl. Osterreich: 



10.000 (S. 250); 
28.284 (S. 255); 
23.500 (S. 263). 



Beziiglich des Generalgouvernements legt sich Schelvis nicht fest, sondern zitiert lediglich 
Schatzungen anderer Autoren (S. 265). Da die Anzahl der bis zum 31. Dezember 1942 nach So- 
bibor gelangten Deportierten dank dem Hofle-Funkspruch genau bekannt ist (101.370), ergibt 
eine einfache Subtraktion jedoch, dass, wenn Schelvis' Ziffem fiir die erstgenannten drei Lander 
stimmen, im Verlauf des Jahres 1942 (101.370 - 10.000 - 28.284 - 23.500 =) 39.586 polnische 
Juden in Sobibor eingetroffen sein miissen. 

Fiir 1943 prasentiert Schelvis auf S. 267 der niederlandischen Ausgabe folgende Statistik der 
Deportationen: 



Ostland (Lida, Minsk, Vilnius): 

Generalgouvemement: 

Holland: 

Frankreich: 

Skopje^"^: 

Insgesamt: 



13.700 
14.900 
34.313 
3.500 
2.382 
68.795 



Somit ergibt sich nach Schelvis folgende Gesamtbilanz: 



Land 


1942 


1943 


Insgesamt 


Holland 


- 


34.313 


34.313 


Skopje 


- 


2.382 


2.382 


Frankreich 


- 


3.500 


3.500 


Ostland 


- 


13.700 


13.700 


Generalgouv. 


39.586 


14.900 


54.486 


Slowakei 


28.284 


- 


28.284 


Protektorat 


10.000 


- 


10.000 


Deutschland inkl. Os- 
terreich 


23.500 


- 


23.500 


Insgesamt 


10L370 


68.795 


170.165 



Wir weisen darauf hin, dass Schelvis' Zahl fiir Frankreich um rund 1.500 hoher ist als diejenige 
Serge Klarsfelds, der in seinem Standardwerk Le Memorial de la Deportation des Juifs de Fran- 



Skopje gehorte damals zu Bulgarien. 



32 

ce von insgesamt 2.002 nach Sobibor deportierten Juden spricht^"^. Beziiglich der besetzten Ost- 
gebiete stiitzt sich Schelvis ausschliesslich auf Augenzeugenberichte; er geht von sechs Trans- 
porten sowie einem „moglichen siebten und achten Transport" aus (S. 259, niederlandische Fas- 
sung). Wir schliessen daraus, dass es keine dokumentarischen Unterlagen iiber diese Transporte 
gibt - was natiirlich nicht heissen muss, dass sie nicht stattgefunden haben. An der Anwesenheit 
Alexander Petscherskis und anderer sowjetischer Juden in Sobibor ist nicht der geringste Zweifel 
statthaft, auch wenn sich der betreffende Transport nicht dokumentarisch belegen lasst. 

Unter diesen Umstanden ist die Vermutung statthaft, dass Schelvis' Zahl von 68.795 im Jahre 
1943 nach Sobibor gelangten Juden - und entsprechend auch seine Gesamtzahl von ca. 170.000 
Deportierten - zu hoch ist und vermutlich urn einige tausend verringert werden muss. Dass seine 
Statistik der Grossenordnung nach stimmt, unterliegt allerdings keinem Zweifel. 



d) Das Problem der Gaskammern 

Um zu beweisen, dass die Deportierten bis auf wenige Ausnahmen vergast wurden, muss Schel- 
vis natiirlich den Nachweis dafiir erbringen konnen, dass das Lager mit Gaskammern zur Men- 
schentotung ausgeriistet war. Betrachten wir nun, wie er diese Aufgabe in seinem Kapitel „Die 
Gaskammern" zu losen versucht. 

Auf den ersten vier Seiten dieses Kapitels skizziert er, gestiitzt auf Augenzeugenberichte, 
die Entstehung der (angeblichen) Gaskammern von Belzec. Er zitiert eingangs eine 1945 abge- 
gebene Erklarung des Polen Stanislaw Kozak, der beim Bau der ersten Gaskammer in Belzec 
mitgewirkt haben will. Bei dieser handelte es sich Kozak zufolge um ein 12 x 8 m grosses, rund 
zwei Meter hohes Gebaude, das durch holzerne Wande in drei Raume unterteilt war (S. 113/1 14, 
deutsche Fassung). Schelvis fiihrt anschliessend mehrere Zeugenaussagen iiber Belzec an und 
fahrt fort: 

„Die ersten Gaskammern in Sobibor wurden nach dem urspriinglichen Modell von Belzec ge- 
baut. [. . . ] Der Motor, der das todliche Gas produzieren konnte, war aus Lemberg geholt und an 
die Leitung angeschlossen worden. Erich Fuchs, der die Maschine abgeholt hatte, sagte dazu... " 

Es folgt die Aussage des ehemaligen SS-Mannes E. Fuchs, abgegeben am 2. April 1965 wahrend 
einer Vemehmung in Diisseldorf (S. 118/119, deutsche Fassung). Hierauf schliessen sich andere, 
ebenfalls aus den sechziger Jahren stammende Erklarungen friiherer Angehoriger des Lagerper- 
sonals von Sobibor an, darunter eine von Erich Bauer vom 6. Oktober 1965 im Rahmen des So- 
bibor-Prozesses in Hagen abgegebene. Schelvis kommentiert Bauers Ausserungen wie folgt: 

„Aus seiner Aussage kann man die Schlussfolgerung Ziehen, dass die Gaskammern in Sobibor 
mit denen in Belzec identisch waren. Ende April fand die erste Probevergasung statt" (S. 120, 
deutsche Fassung). 

Als Zeuge fur diese „Probevergasungen" dient abermals E. Bauer. Die meisten Fussnoten des 
Kapitels iiber die „Gaskammern" verweisen auf Gerichtsverfahren in der BRD. Schlagender 
konnte kaum demonstriert werden, dass die „Beweise" fur die Menschenvergasungen in Sobibor 
lange nach Kriegsende von der westdeutschen Justiz fabriziert worden sind. 



'°* Serge Klarsfeld, Le Memorial de la Deportation des Juifs de France, Paris 1978. Klarsfelds Buch weist keine 
Seitenzahlen auf. In einer „chronologischen Tabelle der Deportationszilge" erwahnt er zwei Transporte aus Frank- 
reich nach Sobibor, von denen der erste am 23. Marz 1943 mit 994 und der zweite am 25. Marz 1943 mit 1.008 De- 
portierten abging. 



33 

Auf die Zeugenaussagen der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit kann sich Schel- 
vis in der Tat nicht berufen, denn keiner dieser Zeugen hatte von einem in mehrere Raume un- 
tergliederten Vergasungsgebaude gesprochen, in denen Menschen mit Motorabgasen umgebracht 
wurden. Sofern sich die ersten Zeugen iiberhaupt zur Tatwaffe ausserten und den Vernichtungs- 
prozess beschrieben, erwahnten sie ganz andere Mordmethoden, vor allem Chlor oder (im Fall 
Petscherski) eine nicht naher definierte „schwarze Fliissigkeit"^"^. Die heutige Version - Totung 
der Haftlinge mit Motorabgasen in einem in mehrere Gaskammern unterteilten Gebaude - war 
erstmals 1947 von der „Kommission zur Untersuchung der deutschen Verbrechen in Pol en" auf- 
gestellt worden, welche diese Behauptung freilich nicht mit Zeugenaussagen untermauerte, son- 
dern mit allergrosster Wahrscheinlichkeit dem Gerstein-Bericht iiber Belzec entnahm^^". 
Gleich zu Beginn des Schelvis-Buchs fndet sich folgende, fiirwahr erstaunliche Passage: 

„Einige polnische Uberlebende haben 1944 kurz nach der Befreiung Polens, als von Prozessen 
noch keine Rede war, Aussagen iiber die Ereignisse im Lager und die dort aktiven Verbrecher 
gemacht. Sie litten noch so sehr unter der Tortur, dass sie namentlich genannten Schergen spezi- 
fische Verbrechen zugeschrieben haben, derer sie sich Jahre spdter nicht mehr sicher waren. 
Teilweise kannten sie auch nur die Vornamen. Diese Aussagen miissen als Zeitdokumente be- 
trachtet werden und nicht als juristisches Beweismaterial, bei dem es aufjedes Detail ankommt. 
Trotz der Ungenauigkeiten sind sie von grossem Wert, weil sie aus der nochfrischen Erinnerung 
aufgezeichnet und nicht nachtrdglich von mtindlichen oder schriftlichen Aussagen anderer be- 
einflusst wurden" (S. 14, deutsche Fassung). 

Ohne es zu ahnen, fallt Schelvis hier ein vernichtendes Urteil iiber den Wert der Zeugenaussagen 
zu Sobibor. Wenn schon die Belastungszeugen, die sich 1944 oder kurz danach zu Wort gemel- 
det hatten, „Jahre spater" nicht mehr wussten, ob sich die von ihnen behaupteten Verbrechen 
wirklich zugetragen hatten, wie kann man dann die Erklarungen von Zeugen, die erst zwei Jahr- 
zehnte nach Kriegsende aussagten, als unumstossliche Wahrheit anerkennen? Schliesslich pflegt 
das menschliche Erinnerungsvermogen mit dem Vergehen der Jahre gemeinhin nicht besser, 
sondem schlechter zu werden. 

Noch entlarvender ist Schelvis' Aussage, die Erklarungen der friihen Zeugen seien von 
grossem Wert, weil sie „aus der nochfrischen Erinnerung aufgezeichnet und nicht nachtrdglich 
von mtindlichen oder schriftlichen Aussagen anderer beeinflusst wurden " . Im Klartext bedeutet 
dieser Satz namlich, dass die spateren, bei den Prozessen der fiinfziger und sechziger Jahren auf- 
gebotenen Zeugen „von mtindlichen oder schriftlichen Aussagen anderer" beeinflusst worden 
sind. Dies muss in der Tat der Fall gewesen sein, denn dass es in Sobibor ein in mehrere Kam- 
mem unterteiltes Vergasungsgebaude gab, in dem die Juden mit Motorabgasen zu Tode gebracht 
wurden, hatte kein einziger dieser Zeugen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren je behauptet! 

In Ubereinstimmung mit den anderen orthodoxen Historikem gibt Schelvis an, ab Herbst 
1942 seien die Leichen der Ermordeten in Sobibor ausgegraben und unter freiem Himmel ver- 
brannt worden. Welch immense technische Schwierigkeiten, welche die Einascherung von 
170.000 Leichen unter freiem Himmel mit sich gebracht hatte, ist ihm offenbar nicht bewusst. 
Prof Andrzej Kolas im Jahre 2001 publizierten Artikel iiber die archaologischen Bohrungen und 
Grabungen auf dem ehemaligen Lagergelande^^^ erwahnt Schelvis in der sieben Jahre spater er- 
schienenen niederlandischen Fassung seines Buchs aufschlussreicherweise mit keinem Ster- 
benswortchen, obwohl die Existenz dieses fundamentalen Textes ihm als ausgewiesenem Sobi- 
bor-Fachmann ganz unmoglich verborgen geblieben sein kann. 

J. Schelvis' Buch ist zweifellos das Beste, was die Verfechter des offiziellen Sobibor-Bildes auf- 
bieten konnen, doch manchmal ist auch das Beste nicht gut genug. So wenig wie seine Vorgan- 

'°' Siehe Kapitel 4. 

"°Ebenda. 

"' Siehe Kapitel 13. 



34 

ger vermag Schelvis auch nur die Spur eines Beweises dafiir zu erbringen, dass die nach Sobibor 
deportierten Juden doit in Gaskammern ermordet worden sind - weil nicht einmal ein Ehrendok- 
tor der Universitat Amsterdam einen solchen Beweis aus dem Nichts herbeizaubem kann. 



d) Ein unf reiwilliger Hinweis auf die wahre Funktion des Lagers 

Selbstverstandlich miissen sich die Kritiker des orthodoxen Sobibor-Bildes der Frage stellen, 
was denri mit den (bis zu 170.000) nach Sobibor gebrachten Juden geschah. Den Schliissel zur 
Losung dieser Frage liefert Schelvis selbst. Wir zitieren nun einen langeren Auszug aus seinem 
Kapitel „Ankunftund Selektion": 

„Die Abwicklung der Transporte verliefnach einer gewissen Zeit routinemdssig. [...] Sobald die 
Neuankommlinge die Gepdckbaracke verlassen hatten, wurden die Manner von den Frauen ge- 
trennt. Die Manner kamen in Lager 2 zum Auskleideplatz, die Frauen in einen anderen Teil des 
Lagers. Wenn es nicht schon an der Rampe geschehen war, hielt ein SS-Mann eine kurze An- 
sprache. In den meisten Fdlen war das, bis zu seiner Versetzung nach TrebUnka, der SS- 
Oberscharfilhrer Hermann Michel. Von den Arbeitshdftlingen wurde er Doktor genannt, weil er 
einen weissen Kittel trug, wenn er vor der Menge stand und seine Rede hielt. [...] Michel sagte 
etwa Folgendes: , Weil Krieg ist, werden alle arbeiten miissen. Sie werden irgendwohin gebracht 
werden. Es wird Ihnen dort gut gehen. Alte und Kinder brauchen nicht zu arbeiten, werden aber 
dennoch gut zu essen bekommen. Sie miissen Ihren Korper sauber halten. Die Umstdnde, unter 
denen Sie gerade gereist sind, und das Zusammensein so vieler Menschen in einem Waggon ma- 
chen es erforderlich, dass hygienische Vorkehrungen getroffen werden. Darum miissen Sie sich 
sogleich ausziehen und duschen gehen. Ihre Kleidung und Ihr Gepdck werden bewacht. Ihre 
Kleidung miissen Sie ordentlich auf einen Stapel legen und Ihre Schuhe paarweise aneinander 
binden. Diese miissen Sie davor stellen. Wertgegenstdnde wie Gold, Geld und Uhren geben Sie 
dort bei dem Kiosk ab. Die Nummern, die der Mann hinter dem Schalter Ihnen zuruft, miissen 
Sie sich gut merken, so dass Sie Ihren Besitz gleich wiederfmden konnen. Wenn wir bei Ihnen 
nach dem Dusche noch Wertgegenstdnde finden, werden Sie bestraft. Handtiicher und Seife 
brauchen Sie nicht mitzunehmen, weil alles vorrdtig ist; es gibt ein Handtuch fiir zwei Personen. 

Michel hielt seine Rede, die den Leuten etwas vorgaukeln sollte, voller Uberzeugungs- 
kraft. Von den Arbeitshdftlingen wurde er ausser Doktor auch Pastor genannt. Hin und wieder 
erzdhlte er, dass das Lager ein Durchgangslager sei und die Weiterfahrt in die Ukraine nur eine 
Frage der Zeit sei. Bisweilen behauptete er auch, dass sie nach Riga kamen " (deutsche Fassung, 
S. 84). 

Bald darauf, so Schelvis, traten die groblich Getauschten den Gang in die Gaskammern an. 
Wozu war dieses Theater notig? Um eventuelle Fluchtversuche zu verhiiten? Solche waren von 
Anfang an hoffnungslos gewesen, denn die ukrainischen Wachter, die „im allgemeinen iibereif- 
rige und fanatische Bewacher waren " und „ ihre deutschen Lehrmeister hdufig noch an Grau- 
samkeit iibertrafen ", riegelten „ bei Ankunft von Transporten die Umgebung ab, um die Neuan- 
kommlinge an eventuellen Fluchtversuchen zu hindern " (deutsche Fassung, S. 46, 47). 
War die Ansprache notwendig, um Widerstand zu verhindem? Kaum, denn solcher war seitens 
der verangstigten, von der langen Fahrt erschopften Deportierten nicht ernstlich zu erwarten. Sie 
hatten einigen kurzen, in grobem und drohendem Ton erteilten Befehlen widerspruchslos ge- 
horcht. 

Wozu also diese Ansprache? Weshalb erzahlte der SS-Mann den neu Angekommenen, Sobibor 
sei ein Durchgangslager, von wo aus sie bald in die Ukraine - oder nach Riga - weiterreisen 



35 

wiirden? Wer mit logischer Denkfahigkeit gesegnet ist, fiir den gibt es auf diese Fragen nur eine 
einzige mogliche Antwort. 



Kapitel 7 
Zeugen-Panorama 

Wie wir gesehen haben, bemht die These, wonach Sobibor ein Vemichtungslager war, einzig 
und allein auf den Behauptungen von Zeugen. Es lohnt sich also, die Zeugenaussagen beziiglich 
einiger wichtiger Punkte etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. 



a) Das Geheimnis des Lagers III 

Laut der offiziellen Geschichtsversion gab es in Sobibor (im Gegensatz zu Belzec und Treblinka) 
unter den im "Todeslager" (Lager III) arbeitenden Juden keine Uberlebenden. Samtliche Zeugen 
sind sich dariiber einig, dass das Lager III in einer dicht bewaldeten Zone lag und durch eine un- 
durchdringliche Hecke vom Lager II abgeschirmt war. Nichtsdestoweniger liegen diverse Aus- 
sagen von Zeugen vor, die den Vernichtungsprozess verbal tnismasig genau beschreiben; sie 
sprechen von einer Gaskammer mit aufklappbaren Boden und Totungen mittels "Chlor" oder ei- 
ner schwarzen Fliisigkeit (lauter Versionen, die dem heutigen Sobibor-Bild widersprechen!). 
Woher schopften diese Zeugen ihr Wissen, wenn "von draussen nichts gesehen werden konnte" 
und die im Lager III arbeitenden Haftlinge "keinen Kontakt mit denjenigen in den anderen Tei- 
len des Lagers batten", wie Yitzak Arad schreibt?'^^ Wie konnten sie wissen, dass im Lager III 
eine Massenvemichtung vor sich ging? 

Die meisten Zeugen berichten, die SS habe alles getan, um den wahren Charakter des Lagers III 
zu verheimlichen. Laut Ada Lichtman versuchten die SS-Manner den Haftlingen gegeniiber, den 
"Mythos" vom Durchgangslager aufrechtzuerhalten: 

«Die haben immer gedenkt, dafi wir wissen nicht, was es dort sich tut. Zum Beispiel war ein 
Oberscharfiihrer Stende I [nchtig: Stangl] [...] Und Stanglist gekommen und stand neben Fenster 
hier, bei die Schuster [wo Ada Lichtmanns Gatte arbeitete], und hat immer gesagt: Oh, die alles 
was ihr sieht hier, die Ziehen sich um, waschen ab, kleiden um, und dann gehen sie nach Ukrai- 
ne. Und ihr, wenn ihr wird ihre Arbeit enden, da bekommt ihr spezielle Scheinung... Bescheini- 
gung, dass ihr hab gut gearbeitet, ihr sollt dort gute Stellen bekommen. Und die... die fahren 
heut... y>^^^ . 

Der Zeuge Dov (Ber) Freiberg, der mit einem der ersten Transporte nach Sobibor gelangte, ar- 
beitete zwei Wochen lang nur wenige hundert Meter von den angeblichen Gaskammem entfemt, 
ohne dass er oder seine Mitgefangenen etwas von dem "Massenmord" bemerkten^^'*. Seinen 
beim Eichmann-Prozess abgegebenen Aussagen zufolge erzahlten die SS-Manner, die Deportier- 
ten wiirden baden, frische Kleider in Empfang nehmen und dann auf einen Zug gesetzt, der sie in 
die Ukraine bringen werde^^^. Freiberg stellt dies als Tauschungsmanover dar, doch in einem 



' Y. Arad, Belzec, Sobibor, Treblinka. The Operation Reinhard Death Camps, a.a.O., S. 79. 
^^' Transkription eines Gesprachs zwischen Ada Lichtman und Claude Lanzman (online: 

http://resources.ushmm.org/intemiedia/film_video/spielberg_archive/transcript/RG60_5023/2DF2161E-9A19-4494- 
B7D6-6CB6AE292840.pdf), S. 39. 
"'' Y. Arad, Belzec, Sobibor, Treblinka, a.a.O., S. 79. 

^^^Der Prozess gegen Adolf Eichmann, 64. Verhandlung; in: State of Israel. The Trial of Adolf Eichmann. Record of 
Proceedings in the District Court of Jerusalem. Jerusalem 1993, Vol. Ill, p. 1 168. 



36 

Gesprach mit einem japanischen Joumalisten sagte er, einige Haftlinge hatten "neue Kl eider er- 
halten" und seien "in die Dusche geschickt" worden, was ihm "sehr verdachtig" vorgekommen 

Interessanterweise berichtete ein anderer Zeuge, Chaim Engel, gelegentlich seien Haftlinge aus 
dem Lager III ins Lager II (wo Engel arbeitete) gekommen, urn Kleider aus den Warendepots 
mitzunehmen^^'' . Wie soil man sich hieraus einen Reim machen? Wollten die SS-Manner das 
Geheimnis, das sich urn Lager III rankte, auffliegen zu lassen, nur damit die dort tatigen Arbeits- 
juden anstandig gekleidet waren? Unvergleichlich logischer ist da doch die Erklarung, dass die 
Kleider im Lager III von Ungeziefer befreit und den dortigen, zur Uberstellung bestimmten Haft- 
lingen ausgehandigt wurden, nachdem diese geduscht hatten und selbst entlaust worden waren. 

Dov Freiberg erklart nie, unter welchen Umstanden er und seine Mitgefangenen erfuhren, dass 
sie sich in einem Vemichtungslager befanden. Hingegen erteilt Ada Lichtman, die Mitte 1942 in 
Sobibor eintraf, zwei widerspriichliche Antworten auf diese Frage^^^. Zuerst behauptet sie, ein 
auf dem Dach eines Gebaudes im Lager II arbeitender Haftling habe beobachtet, wie im Lager 
III Tote beigesetzt wurden. Dem Mann habe es vor Schreck die Sprache verschlagen, aber sei- 
nem Bruder sei es irgendwie gelungen, den anderen Juden die Hiobsbotschaft zu iiberbringen. 
Dies geschah "einige Tage" oder "viele Tage" nach Ada Lichtmanns Einlieferung in Sobibor. 
Laut der zweiten Version wussten die Insassen der Sektoren I und II nicht, in welch todlicher 
Gefahr sie schwebten, bis sie eines Tages Flammen erblickten, die von den ersten Scheiterhaufen 
im Lager III empor loderten. Da die Leichenverbrennung laut der offiziellen Geschichtsversion 
ca. im Oktober 1942 einsetzte, wiirde dies bedeuten, dass die Haftlinge monatelang nichts von 
den Massenmorden im Sektor III bemerkten! 

Laut Y. Arad wurde "die Wahrheit iiber die Geschehnisse im Lager III den jiidischen Haftlingen 
in Sobibor anfang Juni 1942 bekannf , d. h. etwas iiber einen Monat nach der Inbetriebnahme 
des Lagers. Arad beruft sich auf folgende Aussage von Hershel Zukerman: 

"Mir kam eine Idee. Jeden Tag schickte ich den Arbeitern in Lager III zwanzig oderfUnf- 
undzwanzig Eimer mit Essen. Die Deutschen waren nicht daran interessiert, was ich kochte; so 
buk ich einmal eine dicke Pastete und brachte darin einen Brief folgenden Inhalts unter: 'Freun- 
de, schreibt, was in eurem Lager vor sich geht. ' Als ich die Eimer zurtick bekam, fond ich in ei- 
nem davon einen Zettel mit der Antwort: 'Hier treten Menschen ihren letzten Gang an - von die- 
sem Orte kehrt keiner zurtick Hier werden die Menschen kaltgemacht... ' Ich unterrichtete einige 
andere Leute tiber den Inhalt dieses Briefs. "^^^ 

Eine leicht abgeanderte Version dieser Geschichte fmdet sich im Sammelband der Miriam No- 
vitsch, wo Hershel Zukerman seine Botschaft nicht in einer "dicke Pastete", sondem in einem 
"Knodel" versteckte; auch der Antwortbrief ist dort anders formuliert. Entsprechend dieser Ver- 
sion wusste Zukerman zehn Wochen lang nicht, was sich im Lager III tat^^". Wenn sich diese 
Episode wirklich "anfang Juni" zutrug, hiesse dies, dass Sobibor damals schon mindestens zehn 
Wochen lang, d. h. seit Ende Marz oder Anfang April 1942, in Betrieb war. Dies widerspricht 
wiederum der offiziellen Version, wonach das Lager seine morderische Tatigkeit erst im Mai 
1942 aufnahm. 



Aiko Sawada, Yoru no Kiokii - Nihonjin ga kiita Horokosiito seikansha no shogen, Sogensha, Osaka 2005, S. 
303. 

'^^ Joshua M. Greene, Shiva Kumar (Hg.), Witness. Voices from the Holocaust, Simon & Shuster, New York 2000, 
S. 154. 

'^^ Transkription eines Gesprachs zwischen Ada Lichtman und Claude Lanzman, a.a.O., S.. 24, 34. 
^^^ Y. Arad, Belzec. Sobibor, Treblinka, a.a.O., S. 79. 
^-° Siehe Kapitel 5. 



37 

H. Zukerman war nicht der einzige, der sich riihinte, Geheimbotschaften aus dem Totenreich be- 
kommen zu haben. Moshe Bahir verdankte sein "Wissen" um die Gaskammer mit aufklappba- 
rem Boden ebenfalls solchen Briefen aus dem Lager III. Seine Informanten geizten nicht mit 
Einzelheiten der gruseligen Dinge, die sich in der Gaskamer zugetragen hatten: 

"In einer Botschaft war von einem Blutfleck aufdem Boden der Gaskammer die Rede, der sich 
mit keinen Mitteln entfernen oder wegkratzen Hess. Schliesslich trabten Experten an undfanden 
heraus, dass der Fleck an den Brettern auf dem Boden der Gaskammer haften geblieben war, 
nachdem eine Gruppe schwangerer Frauen vergiftet worden war und eine davon ein Kind gebo- 
ren hatte, wdhrend das Gas in die Kammer stromte. Das Giftgas hatte sich mit dem Blut der 
Mutter vermischt und den unausloschlichen Fleck erzeugt. Einer anderen Botschaft zufolge er- 
hielten die Arbeiter eines Tages den Befehl, einige Bretter im Boden zu ersetzen, well sich Fetzen 
von Ohren, Wangen und Hdnden in ihnen festgesetzt hatten. " ^^^ 

Der Sobibor-Haftling Stanislaw Szmajzner behauptete, von einem Freund im Lager III Briefe 
erhalten zu haben, aus denen hervorging, dass dort zuerst mit Dieselabgasen und dann mit Zy- 
klon-B gemordet wurde^^^. 

Wer von der Realitat der behaupteten Vergasungen ausgeht, muss sich fragen lassen, warum die 
angeblichen Briefe aus dem Lager III erstens mit der offiziellen Sobibor- Version unvereinbar 
sind und zweitens derartige Verriicktheiten enthalten. Warum hatten die im "Todeslager" arbei- 
tenden Juden ihre Mithaftlinge beliigen sollen? Bezeichnenderweise geht Julius Schelvis in sei- 
nem umfangreichen Buch iiber Sobibor mit keinem einzigen Wort auf diese albemen "Briefe aus 
dem Lager III" ein, sondem zieht es vor, sie taktvoll zu verschweigen. 



b) "Der schliissigste Beweis" 

Beziiglich der Frage, was die in den Lagem I und II befmdhchen Haftlinge von den (angebli- 
chen) Massenmorden im Lager III wussten, erteilt der ehemalige Sobibor-Haftling Thomas (Toi- 
vi) Blatt folgende, ausserst aufschlussreiche Antwort: 

"Der schliissigste Beweis dafUr, dass im Lager III etwas Morderisches vor sich ging, war die 
Tatsache, dass von dort nie jemand lebendig herauskam, aber es handelte sich nur um einen In- 
dizienbeweis. Die Nazis machten es schwer, irgendwelche Beweise ftir das zu sammeln, was im 
Lager allgemein bekannt war. "»^'^^ . 

Der gesunde Menschenverstand spricht dafiir, dass eine allfallige Massenvernichtung im Lager 
III den Haftlingen der Lagersektoren I und II nicht entgehen konnte und dass es dazu keiner 
schauerlichen Briefe aus dem Totenreich bedurfte. J. Schelvis schreibt: 

"Die Arbeitshdftlinge wussten nicht genau, was ganz in ihrer Ndhe, im Lager III, geschah. Die 
SS sorgte dafiir, dass nichts durchdrang. Der Abstand zwischen dem Lager I, wo sie unterge- 
bracht waren, und dem Lager III betrug ungefdhr 300 m, so dass sie von ihrer Baracke aus das 
Geschrei der Opfer horen konnten, nachdem sie zuvor durch Locher in der Hecke Idngs des 
schmalen P fades einen fluchtigen Blick auf nackte Menschen hatten w erf en konnen. Dies war 



'"' Miriam Novitsch, Sobibor. Martyrdom and Revolt, a.a.O., S. 148. 

'-- Siehe Kapitel 12. 

'"' T. Blatt, From the Ashes of Sobibor. A Story of Survival, Northwestern University Press, Evanston (IL) 1997, S. 

232, Anmerkung 7. 



38 

jedoch noch nicht alles. Auch der Gestank von Leichen sowie spdter die hoch lodernden Flam- 
men waren ein Beweis dafiir, dass in ndchster Ndhe Menschen getotet wurden. "^^^ 

Dazu kamen laut anderen Zeugen noch das Klirren der Scheren, mit denen den Frauen vor der 
Vergasung die Haare geschnitten wurden, sowie der Larm des Vergasungsmotors. Nehmen wir 
einmal an, die Arbeitshaftlinge hatten all dies tatsachlich gehort bzw. gesehen - liefert es dann 
einen Beweis fiir einen Massenmord? Mitnichten! 

- Beginnen wir mit den Schreien. Falls es solche gab, lassen sie sich ohne weiteres damit er- 
klaren, dass unter den Haftlingen im Lager III wahrend der Wasch- und Entlausungsprozedu- 
ren eine Panik ausgebrochen war und dass manche von ihnen tatsachlich urn ihr Leben fiirch- 
teten, da sie dergleichen nicht gewohnt waren. Laut den Zeugen verstummten die Schreie 
bald, well die betreffenden Juden bereits tot waren; eine logischere Erklarung ist, dass die 
Juden aufhorten zu schreien, well sie begriffen, dass ihnen keine unmittelbare Gefahr drohte. 

- Dass den Frauen das Haar geschnitten wurde, spricht gegen die offizielle Version der Erei- 
gnisse. Kann jemand, der die Ausrottungshypothese vertritt, denn ernstlich glauben, die SS- 
Manner hatten den Vemichtungsprozess ins Stocken kommen lassen, urn pro Transport viel- 
leicht 100 kg Frauenhaar zu gewinnen, das nur einen winzigen Bruchteil des den Deportier- 
ten abgenommenen Besitzes wert war? Geht man hingegen von Entlausungsprozeduren aus, 
so ergibt das Schneiden der Haare sehr wohl einen Sinn. 

Motor enl arm: Wie bereits mehrfach betont, erwahnten die friihen Zeugen keinen "Verga- 
sungsmotor", sondern schilderten ganz andere Mordtechniken. Falls sie tatsachlich das 
Drohnen von Motoren horten, assoziierten sie es also nicht mit der Vergasung von Men- 
schen. Dass es in Lager III einen Motor gab; ist iibrigens durchaus moglich; dieser konnte 
zur Erzeugung von Elektrizitat oder zum Betrieb einer Pumpe gedient haben. 

Auch die Verbrennung von Leichen stellt keinen Beweis fiir einen Massenmord dar. Eine 
gewisse Anzahl von Haftlingen muss zwangslaufig bereits wahrend der oft langen Fahrt in 
iiberfiillten Eisenbahnwaggons oder spater wahrend ihres Aufenthalts im Lager gestorben 
sein; wir kommen auf diese Frage noch zuriick. Dass die Leichen aus hygienischen Griinden 
verbrannt wurden, leuchtet ohne weiteres ein. 

- Der Gestank verwesender Leichen ist bekanntlich ausserordentlich widerwartig. Bei offenen 
oder seichten Massengrabern kann er sich - je nach Wetter und Wind - iiber grosse Distan- 
zen verbreiten. Die US-Journalistin Elizabeth Neuffer schildert ihre Eindriicke von einem 
Massengrab in Bosnien wie folgt: "Man konnte das Massengrab in Cerska schon lange rie- 
chen, bevor man es sah. Der ekelerregende, stissliche Gestank der Leichen drang durch die 
Bdume, die den schmutzigen Pfadzum Grab sdumten"^^^ . 

Das betreffende Massengrab enthielt jedoch nur ein paar Dutzend Leichen^^^. Unter diesen Um- 
standen konnten die Sobibor-Haftlinge nicht wissen, ob der Gestank von Dutzenden, Hunderten 
oder Tausenden von Leichen herriihrte. 

T. Blatts Argument, wonach "keiner je lebendig herauskam", lasst sich anhand der verschiede- 
nen Plane von Sobibor ohne weiteres beantworten. Der von Bill Rutherford gezeichnete Lager- 



'"'' J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 87/88. 

' Elizabeth Neuffer, The key to my neighbor's house: Seeking justice in Bosnia and Rwanda, Picador, New York 
2002,8.215. 
^-^ "U.N. Starts Digging Up Mass Grave m Bosnia", The New York Times, 10. Juli 1996, S. 6. 



39 

plan aus dem Jahre 2002^^'', der als der zuverlassigste von alien gilt und teilweise auf Luftauf- 
nahmen bemht, lasst erkennen, dass die nordliche, ostliche und westliche Grenze des Lagers III 
von den anderen Sektoren aus kaum einsehbar waren. Dies bedeutet, dass die zur Uberstellung 
bestimmten Haftlinge das Lager III nach den Wasch- und Entlausungsprozeduren verlassen 
konnten, ohne dass sich die Insassen von Lager I und II dessen gewahr wurden. Somit ist der 
"schliissigste Beweis", den T. Blatt ins Feld fiihrt, nicht bloss kein "Indizienbeweis", sondern 
iiberhaupt kein Beweis! 

Fassen wir zusammen: Die von den Zeugen angefiihrten Argumente dafiir, dass Sobibor ein 
Vernichtungslager war, halten einer kritischen Uberpriifung keinen Augenblick lang stand. 



c) Die "raffinierten Tauschungsmanover" der Deutschen 

Etliche Zeugen beschreiben in alien Einzelheiten, wie die Neuankommlinge in Sobibor empfan- 
gen wurden. Geht man davon aus, dass dieses ein Vernichtungslager war, so erscheinen die ge- 
schilderten Prozeduren schlechthin grotesk; akzeptiert man hingegen die revisionistische These 
von Durchgangslager, so ergeben sie sehr wohl einen Sinn. 

Wie im vorhergehenden Kapitel erwahnt, hielt ein SS-Offizier nach dem Eintreffen eines neuen 
Transports eine Ansprache, in der er den Juden mitteilte, sie befanden sich in einem Durchgangs- 
lager, von dem aus sie in Balde weiter nach Osten umgesiedelt wurden ^^^. Hierzu passt die 
Schilderung Ada Lichtmans, laut der die Deutschen die in Sobibor eingetroffenen hollandischen 
Juden mit Kaffee, Brot und Marmelade bewirteten. Nachdem sich die Juden sattgegessen hatten, 
organisierte man fiir sie eine Besichtigungstour durch das Lager. Anschliessend mussten sie 
Postkarten an ihre Verwandten in den Niederlanden schreiben, wonach ein Teil von ihnen zur 
Arbeit ausgewahlt und die anderen "zum Vernichten gejagt" (Ada Lichtmans Formulierung) 
wurden '^^. 

Bevor die Todgeweihten den Gang in die Gaskammer antraten, bekam jeder von ihnen 
noch ein Stiick Seife (so die in sowjetischer Gefangenschaft abgegebene Aussage des ehemali- 
gen ukrainischen Wachmanns Razgonayev)^'"'. Die hinterlistigen Nazis scheuten wirklich keine 
Miihe, um ihre Opfer bis zum allerletzten Augenblick iiber den wahren Charakter des grausen 
Vernichtungslagers Sobibor in Unkenntnis zu halten! 



Kapitel 8 

Toivi Blatt, sein Tagebuch und sein Gesprach mit Karl 

August Frenzel 

a) Thomas (Toivi) Blatt 

Nachst Alexander Aronowitsch Petscherski ist der polnische Jude Thomas (Toivi) Blatt, der 
1943 im Alter von fiinfzehn Jahren nach Sobibor deportiert wurde, zweifellos der bekannteste 
Haftling dieses Lagers. 1987 wirkte er bei der Drehung des Films „Escape from Sobibor" als Be- 



'^^ http://www.deathcamps.org/sobibor/pic/bmap21 .jpg 
'-•^ Siehe Kapitel 6. 

^"' Transkription eines Gesprachs zwischen Ada Lichtman und Claude Lanzmann, a.a.O., S. 46-47. 

'^° http://ftp.nizkor.org/ftp.cgi/camps/aktion.reinhard/ftp.py7camps/aktion.reinhard/sobibor/razgonayev. 001 



40 

rater mit^^V Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende verfasste Blatt ein Buch mit dem 
Titel Sobibor. The Forgotten Revolt^^^, das von der iiblichen devoten Claque iiber den griinen 
Klee gelobt wurde; so schrieb eine Marilyn J. Harran, Professorin fiir Religion und Geschichte 
an der Chapman University: 

„ Thomas Blatt schreibt im Vorwort zu seinem Buch: ,Zeuge eines Volkermordes zu sein, ist 
iiberwdltigend; daruber zu schreiben, zerschmettert die Seele. ' Auch der Leser wird durch die- 
sen herzzerreissenden Bericht iiber die UnmenschUchkeit des Menschen gegeniiber der Mensch- 
heit zutiefst aufgewtihlt. Die Darstellung der Ermordung von 250. 000 Juden im Todeslager So- 
bibor wird dadurch noch eindrticklicher, dass der Autor zu der Handvoll Uberlebender der Re- 
volte gehort. Wer dieses Buch liest, riskiert, dass seine Seele zerschmettert und seine Mensch- 
lichkeit in Frage gestellt wird. Niemand, der es liest, wird je imstande sein, Sobibor oder Tho- 
mas Blatt zu vergessen "^^\ 



b) Ein aufwiihlendes Tagebuch 

Gleich zu Beginn der Lektiire dieses unvergesslichen Werkes, das seine Seele zerschmettert und 
seine Menschlichkeit in Frage stellt, erfahrt der Leser zu seinem namenlosen Erstaunen, dass die 
Nazis Toivi Blatt erlaubten, in Sobibor ein Tagebuch zu fiihren (oder dass sie ihn zumindest so 
lasch iiberwachten, dass er dieses Tagebuch unbemerkt zu Papier bringen konnte): 

„Nach der Befreiung konnte ich ungefdhr ein Drittel der Seiten des Tagebuchs, das ich einigen 
Polen zur Aufbewahrung iibergeben hatte, wieder an mich nehmen " (S. xi, Fussnote 7). 

Nach seiner Ankunft in Sobibor vertraute der Fiinfzehnjahrige seinem Tagebuch seine ersten 
Eindriicke an: 

„ Wir stiegen von den Lastwagen ab. Vor uns erstreckte sich ein langer, mit Fohrenzweigen 
durchflochtener Stacheldrahtzaun. Hypnotisiert hefteten sich meine Augen aufdie gotischen Let- 
tern oben aufdem Tor, das ins Innere fiihrte: ,SS-Sonderkommando Sobibor. '" 

Immer und immer wieder zitiert Blatt Ausziige aus seinem Tagebuch, in dem er die dramatischen 
Geschehnisse im Todeslager akribisch registrierte. Hier ein besonders aufwiihlender Eintrag: 

„In meinem Tagebuch habe ich ein tragisches und heroisches Beispiel spirituellen Wider standes 
festgehalten: 

,Ein Transport polnischer Juden war getotet worden. Das feme, dumpfe, trommelnde 
Gerdusch von Leichen, die aus der Gaskammer auf das Metallgeriist des Transportlastwagens 
geworfen wurden, war im Sortierschuppen stets horbar. Eine unsichtbare Spannung folterte uns. 
Wolf war der Nazi, der die Himmelstrasse beaufsichtigte. Ich schloss mich der Putzequipe an. 
Ich war nie in der diisteren, umzdunten und getarnten Allee gewesen. Ich war neugierig, das La- 
ger zu erforschen, und dies bot mir eine Gelegenheit, den Weg zu den Gaskammern zu erkunden. 
Beim Eingang hob ich eine Harke auf; indem ich die anderen beobachtete, begann ich den wei- 
ssen Sand zu gldtten, wobei ich die Hunderten von Fussspuren, die menschlichen Exkremente 
und das Blut in eine unschuldig anmutende, fleckenlose weisse Fldche verwandelte. Als ich gro- 
sser e Gegenstdnde zu Tage forderte, bemerkte ich eine Spur kleiner griiner undroter Fetzen zwi- 
schen den Zacken der Harke. Ich biickte mich, um sie aufzuheben, und entdeckte zu meiner un- 



^^^ Thomas (Toivi) Blatt, Sobibor. The Forgotten Revolt, a.a.O., S. Anhang ohne Seitenangabe. 
'^' Thomas (Toivi) Blatt, Sobibor. The Forgotten Revolt, a.a.O. 
'^' Ebenda, Umschlagtext. 



41 

gldubigen Uberraschung Papiergeld - Dollars, Mark, Zlotys und Rubel -, in Fetzen zerrissen, 
die zu klein waren, als dass man sie noch hdtte zusammensetzen konnen. 

Ich dachte nach... Was miissen die Opfer geftihlt haben, als sie so handelten? In den letz- 
ten Minuten vor einem qualvollen Tod konnten sie den Nazis immer noch diirch Sabotage Scha- 
den zujugen. Ihre Welt war am Verschwinden, und dock nahm sich ein einsamer Jude die Zeit, 
die Banknoten in kleine, wertlose Fetzen zu zerreissen, so dass sie dem Feind nicht mehr von 
Nutzen sein konnten'" (S. 55). 

Welch gliickliche Fiigung des Schicksals, dass die Polen, denen Blatt sein Tagebuch anvertraut 
hatte, ihm zumindest ein Drittel davon zuriickerstatteten! Gewiss wurde dieses unschatzbare 
Zeugnis des Holocaust, nachdem hochqualifizierte Spezialisten seine Echtheit bestatigt hatten, in 
alle Sprachen der Welt von Albanisch bis Zulu iibersetzt und in millionenfacher Auflage verbrei- 
tet? Gewiss wird es in jedem Werk der Holocaust-Literatur zitiert? Gewiss befindet sich das Ori- 
ginal in der Gedenkstatte Yad Vashem - hinter einer dicken Glasscheibe natiirlich, urn es vor 
Saure- und Messerattacken von Holocaust-Leugnern und sonstigen Vandalen zu schiitzen? Mit- 
nichten! Unbegreiflicherweise hat es Thomas Blatt alias Toivi Blatt bis zum heutigen Tage un- 
terlassen, sein Tagebuch zu publizieren oder wenigstens die eine oder andere Seite daraus in 
Faksimile in sein Buch einzufiigen! 

Nicht genug damit, dass T. Blatt selbst in einem Vemichtungslager ein Tagebuch fiihrte, es ge- 
lang ihm auch noch, das in einem anderen Vemichtungslager entstandene Tagebuch eines ande- 
ren Haftlings im letzten Augenblick vor der Zerstorung zu bewahren: 

„Am 26. Juni 1943 wurden sdmtliche Sobibor-Hdftlinge plotzlich in ihren Baracken eingesperrt 
und erhielten strikten Befehl, sich von den Fenstern fernzuhalten, so dass sie nicht beobachten 
konnten, was draussen vor sich ging. Wie wir spdter herausfanden, war ein Transport mit den 
letzten 300 Juden aus Belzec in Sobibor eingetroffen. Wdhrend sie ausgeladen wurden, begriffen 
die Juden, was ihnen bevorstand, und da sie sich bewusst waren, dass keine Rettung moglich 
war, leisteten sie Widerstand, indem sie in alle Richtungen davonliefen, da sie es vorzogen, er- 
schossen statt vergast zu werden. Dieser Akt des Trotzes war vergebens: Sie wurden iiberall im 
Lager tiber den Haufen geschossen. Ihre Leichen wurden spdter vom Bahnhofkommando aufge- 
lesen und zur Kremation ins Lager III gebracht. 

Wdhrend ich ihre Kleider sortierte und ihre Dokumente dem Feuer Uberantwortete, fond 
ich ein Tagebuch, das bis zur letzten Minute gefiihrt worden war. Aus ihm ging hervor, dass der 
Transport aus Arbeitern aus dem Todeslager Belzec bestand. Der anonyme Verfasser gab an, 
dass nach der Schliessung von Belzec im Dezember 1942 die Uberlebenden Juden die Leichen 
verbrannt und das Lager bis zum Juni 1943 abgerissen hatten. Die Deutschen sagten ihnen, sie 
warden an einen neuen Arbeitsplatz ilberstellt. Sie vermuteteten eine Falle " (S. 56). 

Blatt schreibt, er habe dieses Tagebuch seinem Mithaftling Leon Feldhendler iibergeben; Feld- 
hendler selbst habe dies 1944 in Lublin bestatigt (S. 56, Fussnote 3). Da Feldhendler Ende 1944 
auf den Strassen Lublins von einem polnischen Antisemiten erschossen wurde ^'''*, kam er leider 
nicht mehr dazu, dieses unersetzliche Beweisstuck fiir den Belzec-Holocaust der Welt bekannt- 
zumachen... 

Dass Thomas alias Toivi Blatt nach seiner Befreiung viele Jahrzehnte verstreichen liess, ehe er 
gliicklich ein schmales Buch iiber seine Erlebnisse zustande brachte, liegt zweifellos daran, dass 
er so lange brauchte, um die (nicht sonderlich umfangreiche) Literatur iiber Sobibor sowie die 
einschlagigen Gerichtsakten zu studieren. Allerdings sei neidlos anerkannt, dass er dies ausserst 



^^'^ Shamdy Perl, Tell the World. The Story of the Sobibor Revolt, Eastern Book Press, Monsey (NY) 2004, S. 244. J. 
Schelvis datiert Feldhendlers Tod auf den April 1945 (Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 270). 



42 

griindlich getan hat, serviert er seinen Lesern doch samtliche Everblacks, die man in den friihe- 
ren Werken zu diesem Lager findet, von Shaul Stark, den die SS-Manner ermordeten, weil eine 
der von ihm gehiiteten Ganse gestorben war (S. 51) iiber den grimmen Hund Barry, der den 
Haftlingen auf Kommando die Geschlechtsteile zerfleischte (S. 52) bis hin zu dem alten Juden, 
der vor der Vergasung eine Handvoll Staub auflas, diesen in alle Winde zerstreute und einem 
SS-Mann zurief „So wird es eurem Reich ergehen!" (S. 57). 

Gar Erstaunliches vermeldet T. Blatt iiber die Kapazitat der Gaskammern: 

„Eme rasche Rechnung ergibt, dass im Verlauf eines vierzehnstundigen Arbeitstages zwischen 
12. 000 und 15. 000 Menschen getotet wurden " (S. 20). 

Nehmen wir an, diese Kapazitat gait fiir die Zeit nach September 1942, als zu den urspriinglichen 
drei je 4 x 4 m grossen Gaskammern noch drei weitere Kammern von gleicher Grosse gebaut 
wurden. In diesem Fall lag die Kapazitat vor der Errichtung der drei alten Kammern bei 6.000 
bis 7.500 Personen pro Tag. Somit konnten die 250.000 Opfer von Sobibor innerhalb von hoch- 
stens 42 Tagen in den alten Kammern vergast werden, und man begreift nicht recht, wozu die 
neuen Kammern iiberhaupt notig waren. Noch weniger begreift man, weshalb die Deutschen im 
Juli 1942, zwei Monate nach der Inbetriebnahme von Sobibor, noch ein weiteres Todeslager, 
Treblinka, eroffneten, das dann iiber ein Jahr brauchte, um 870.000 Juden zu vernichten. 
Schliesslich hatte man die insgesamt (870.000 +250.000 =) 1.120.000 Opfer von Sobibor und 
Treblinka in (1.120.000 : 6000 =) ca. 187 Tagen in den drei alten, je 16 Quadratmeter grossen 
Gaskammern von Sobibor umbringen und sich die aufwendige zusatzliche Bautatigkeit sparen 
konnen! 

An anderer Stelle schreibt Blatt: 

„Man befahl den Gefangenen, deutsche Militdrlieder zu lernen, die Baracken und den 
Hofzu sdubern oder zwang sie, , Ubungen ' zu absolvieren, aufreibenden Drill, den sie zum sadi- 
stischen Vergniigen der Nazis leisten mussten. Viele veriibten Selbstmord; andere wurden von 
der SS aus einer blossen Laune heraus getotet. Arbeiter konnten stets aus dem tippigen Vorrat im 
ndchsten Transport ersetzt werden. Die zermiirbende Arbeitslast war nicht einfach eine Schrulle 
der Verwaltung von Sobibor. Sie war eine offizielle Politik, die der SS-Obergruppenjuhrer Os- 
wald Pohl alien Lagern vorgeschrieben hatte: ,Die Arbeitszeit (fiir die Hdftlinge) sollte in keiner 
Hinsicht begrenzt werden, sie sollte vom organisatorischen und strukturellen Zweck des Lagers 
sowie der Art der ausgefiihrten Arbeit abhdngen " (S. 46/47). 

Man vergleiche diese Behauptungen mit dem Inhalt eines Rundschreibens, das der von Blatt er- 
wahnte SS-Obergruppenfiihrer Oswald Pohl am 26. Oktober 1943 den Kommandanten aller 19 
Konzentrationslager zustellte: 

„In friiheren Jahr en konnte es im Rahmen der damaligen Erziehungsaufgaben gleichgUltig sein, 
ob ein Hdftling eine nutzbringende Arbeit leisten konnte oder nicht. Jetzt aber ist die Arbeitskraft 
der Hdftlinge von Bedeutung, und alle Massnahmen der Kommandanten, Ftihrer der V- 
Dienste^'^ und Arzte haben sich auf die Gesunderhaltung und Leistungsfdhigkeit der Hdftlinge 
zu erstrecken. Nicht aus falscher Gefiihlsduselei, sondern weil wir sie mit ihren Armen und Bei- 
nen benotigen, weil sie dazu beitragen miissen, dass das deutsche Volk einen grossen Sieg er- 
ringt, miissen wir uns das Wohlergehen der Hdftlinge angelegen sein lassen. Ich stelle als erstes 
Ziel: Hochstens 10% aller Hdftlinge diirfen infolge Krankheit arbeitsunfdhig sein. In einer Ge- 
meinschaftsarbeit aller Verantwortlichen muss dieses Ziel erreicht werden. Notwendig ist dazu: 



'^^ Verpflegungsdienste 



43 

1) Eine richtige und zweckentsprechende Erndhrung. 

2) Eine richtige und zweckentsprechende Bekleidung. 

3) Eine Ausniitzung aller natUrlichen Gesundheitsmittel. 

4) Vermeidung aller unnotigen, nicht unmittelbar fiir die Arbeitsleistung erforderlichen 
Anstrengungen. "^"'^ 

Sofem Hofhistoriker und Journalisten solche Dokumente iiberhaupt kennen, verschweigen sie sie 
tunlichst und servieren der Offentlichkeit stattdessen den frechen Unsinn eines Toivi Blatt. 



c) Toivi Blatt und Karl August Frenzel 

1984 inszenierte das Nachrichtenmagazin STERN eine widerwartige Farce: Es arrangierte ein 
Gesprach zwischen T. Blatt und dem ehemaligen SS-Oberscharfiihrer Karl August Frenzel. Der 
1911 geborene Frenzel war 1962 verhaftet und 1966 bei einem Prozess in Hagen wegen Mitta- 
terschaft beim Mord an wenigstens 150.000 Juden in Sobibor zu lebenslanger Haft verurteilt 
worden. 1976 wurde er freigelassen, 1980 abermals inhaftiert. Nachdem er Berufung eingelegt 
hatte, setzte man ihn 1981 wiederum auf freien Fuss. Im November 1982 begann der Revisions- 
prozess, der sich fast drei Jahre lang hinzog und mit der Bestatigung der Verurteilung zu einer 
lebenslangen Freiheitsstrafe endete. Allerdings musste Frenzel im Hinblick auf sein hohes Alter 
und seinen schlechten Gesundheitszustand nicht mehr ins Gefangnis zuriickkehren. Er starb im 
Jahre 1996^". 

Der Wortlaut der Unterredung zwischen Frenzel und Blatt wurde im STERN vom 22. Marz 1984 
veroffentlicht^'^. Hier einige Ausziige. 

Blatt: Sie sitzen da und trinken Ihr Bier. Sie haben ein kleines Ldcheln im Gesicht. Sie konnten 
jedermanns Nachbar sein, jedermanns Kamerad aus dem Sportverein. Aber Sie sind nicht je- 
dermann. Sie sind Karl Frenzel, der SS-OberscharfUhrer. Sie waren der dritte Mann in der Be- 
fehlskette des Vernichtungslagers Sobibor. Sie waren der Kommandant im Lager I. Erinnern Sie 
sich an mich? 

Frenzel : Nicht genau. Sie waren damals ein kleiner Junge. 

Blatt : Ich war 15 Jahre alt. Und ich habe Uberlebt, weil Sie mich zu Ihrem Schuhputzer gemacht 
haben. Sonst hat keiner Uberlebt, mein Vater nicht, meine Mutter nicht, mein Bruder nicht, kei- 
ner der 2000 Juden aus meiner Stadt Izbica. 
Frenzel : Das ist schrecklich, ganz schrecklich. 

Blatt: Mindestens eine Viertelmillion Juden sind in Sobibor ermordet worden. Ich habe Uberlebt. 
Weshalb sind Sie bereit, mit mir zu sprechen? 
Frenzel: Ich mochte mich bei Ihnen entschuldigen. [. . . ] 

Blatt: Philipp Bialowitz bezeugte, dass sein jUnfzehnjdhriger Freund von Ihnen erwischt wurde, 
als er eine BUchse Sardinen stahl. Sie nahmen ihn mit ins Lager III, zum Krematorium, und ha- 
ben ihn erschossen. 
Frenzel: Das war nicht ich. 

Blatt: Das waren nicht Sie? Und was geschah mit den holldndischen Juden? 
Frenzel: Ein polnischer Kapo erzdhlte mir, dass einige holldndische Juden eine Revolte organi- 
sierten, und so Uberbrachte ich es dem stellvertretenden Kommandanten Niemann. Der befahl, 
die 72 Juden hinzurichten. 
Blatt: Und Sie fUhrten sie in die Gaskammer... 
Frenzel: Nein, ich nicht. [ . . . ] 



'^* Archiwum Muzeum Stutthof, I-lb-8, S. 53. 

'^^ Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, , a.a.O., S. 287 ff. 

"^ Ulrich Volklem, „Der Morder und sem Zeuge", STERN, Nr. 13, 22. Marz 1984. 



44 

Blatt: Sobibor - die Vernichtung von 250. 000 Juden -, war das Ihre Pflicht? 

Frenzel: Wir mussten unsere Pflicht tun. Es tut mir leid, was da geschehen ist, aber ich kann es 

nicht rtickgdngig machen. 

Man vergegenwartige sich den Hintergmnd, vor dem sich diese Unterredung abspielte: Der nach 
sechzehn Jahren Haft seelisch gebrochene Frenzel hat nur einen Wunsch: Nicht mehr hinter Git- 
ter zuriickkehren miissen, seine letzten Jahre in Freiheit verbringen diirfen. Wenn es fiir ihn ein 
todsicheres Mittel gibt, seine Chancen auf eine Verringerung der Strafe - oder auf Haftverscho- 
nung - zu ruinieren, dann besteht es darin, die Massenvemichtung in Sobibor zu bestreiten und 
darauf zu beharren, dass es in jenem Lager keine Gaskammem gab. Wozu ware dies im iibrigen 
gut? Nicht einer von hundert STERN-Lesem wird Frenzel glauben. Vierzig Jahre Gehirnwasche 
haben ihre Wirkung nicht verfehlt. 

So tut Frenzel, was zahllose andere Angeklagte bei Prozessen gegen „NS-Tater" getan 
haben: Er stellt die Tat als solche, den organisierten Massenmord an den Juden, nicht in Abrede, 
sondem beruft sich auf Befehlsnotstand - „Wir mussten unsere Pflicht tun" - und bestreitet le- 
diglich seine Schuld bei spezifischen ihm angelasteten Verbrechen wie der Erschiessung eines 
funfzehnjahrigen Knaben und der Vergasung von 72 hollandischen Arbeitsjuden, die eine Revol- 
te geplant hatten. Wie bei vielen anderen „Naziverbrechern" wird sich diese Taktik auch bei 
Frenzel als erfolgreich erweisen: Der Richter wird seine Verurteilung zwar bestatigen, ihm je- 
doch Haftverschonung gewahren. 

Wir sind iiberzeugt, dass Hunderte, wenn nicht Tausende bundesdeutscher Schulklassen 
das Gesprach zwischen Frenzel und Blatt im Geschichts- oder Deutschunterricht behandelt ha- 
ben. Schliesslich eignet es sich ideal, um das Bild vom unmenschlichen Nazideutschen zu festi- 
gen, der in seinem Kadavergehorsam die schauerlichsten Befehle ausfiihrt und seine Untaten 
spater feige leugnet oder die Verantwortung auf seine Vorgesetzten abwalzt. So wurde und wird 
die Seele der deutschen Jugend vergiftet. 



Kapitel 9 

Die „Gaskammern" von Sobibor im Lichte der „Augenzeugenbe- 

richte" und „historischen Forschungen* 



i« 



Bei den Prozessen gegen Revisionisten, welche die herkommliche Version vom Schicksal der 
Juden wahrend des Zweiten Weltkriegs einer kritischen Unterpriifung unterziehen, wiederholen 
Richter und Staatsanwalte gebetsmiihlenhaft, der Holocaust sei eine „offenkundige Tatsache" 
und als solche „nicht mehr beweisbediirftig". Die betreffenden Richter und Staatsanwalte beru- 
fen sich auf die „Erkenntnisse der Historiker" sowie die bei „streng rechtsstaatlichen Prozessen" 
gefallten Urteile der bundesrepublikanischen Justiz bei Prozessen gegen „NS-Tater". 

Wie es um die Qualitat dieser „Erkenntnisse der Historiker" sowie den objektiven Wert der bei 
NS-Prozessen gefallten Urteile bestellt ist, wollen wir nun am Beispiel des Lagers Sobibor an- 
hand dreier wichtiger Punkte untersuchen: 1) Die Struktur des „ersten Vergasungsgebaudes"; 2) 
Die Kapazitat der „Gaskammem"; 3) Die Umstande der „ersten Vergasung in Sobibor". 



a) Die Struktur des "ersten Vergasungsgebaudes" 

Franz Stangl, der - spater nach Treblinka versetzte - Kommandant von Sobibor, iiberwachte laut 
der "Holocausf -Literatur nicht nur den Bau des Lagers, sondern auch die ersten Vergasungen. 
1971 schilderte er das "erste Vergasungsgebaude" wiefolgt: 



45 



„Es war ein neues Backsteingebdude mit drei Rdumen von drei mal vier Meter Grosse. "^^^. 

In schroffem Gegensatz hierzu sagte der angebliche "Gasmeister" von Sobibor, Erich Bauer, am 
6. Oktober 1965 beim Sobibor-Prozess in Hagen folgendes aus: 

„Als wir [nach Sobibor] kamen, war das Lager 3 noch nicht ganz eingezdumt [. . .] Die Gaskam- 
mer war schon da, aufeinem Zementsockel stand ein holzernes Gebdude, etwa so gross wie die- 
ser Sitzungssaal hier, aber bedeutend niedriger, so niedrigwie eine normale Wohnung. "^^^ 

Der erste Sobibor-Kommandant und der „Gasmeister", der laut dem Refund bundesdeutscher 
Richter zahllose Vergasungen durchgefiihrt hatte^'*', sind sich also nicht einmal hinsichtlich der 
fundamentalen Frage einig, ob das erste Vergasungsgebaude in Sobibor aus Backstein oder aus 
Holz bestand! Wie lost der fiihrende Sobibor-Spezialist Julius Schelvis, der auf keinen dieser 
beiden Schliisselzeugen verzichten kann, dieses knifflige Problem? In der 1998 erschienenen, auf 
einer der ersten niederlandischen Auflagen beruhenden deutschen Fassung seines Buchs zitiert er 
obenstehende Erklarung Bauers, merkt jedoch in einer Fussnote an: 

„ Uber das holzerne Gebdude irrte sich Bauer. Es war einfestes Steinhaus. "^^^ 

Zwei Seiten weiter liest man: 

„Nach einigen Monaten stellte sich heraus, dass die Gaskammern sowohl in Belzec als auch in 
Sobibor ersetzt werden mussten. Die Holzwdnde und das Dach waren durch Schweiss, Urin und 
Exkremente der Opfer stark angegriffen. "^^^ 

Also hatte sich Bauer doch nicht geirrt - die Gaskammern bestanden in der Tat aus Holz! In der 
2008 erschienenen revidierten niederlandischen Ausgabe von Vernietigingskamp Sobibor wird 
Bauers Aussage vom 6. Oktober 1965 ebenfalls angefuhrt (S. 121), aber ohne Fussnote, in der 
von einem Irrtum Bauers die Rede ist, und der Abschnitt iiber die durch die Abnutzung der 
Holzwande erforderlich gewordene Ersetzung der Gaskammern taucht auch hier auf (S. 123). 
Schenkt man dieser Darstellung Glauben, muss Stangl gelogen oder sich getauscht haben - doch 
welchen Wert kann man in diesem Fall seinen restlichen Aussagen beimessen? Hat sich hinge- 
gen Bauer „geirrt", wie Schelvis 1998 in einer Fussnote behauptete, welchen Beweiswert besit- 
zen dann die sonstigen Aussagen dieses Mannes, den Schelvis in seinem Kapitel iiber die Gas- 
kammern elfimal als Quelle zitiert? 



b) Die Kapazitat der „ Gaskammern" 

Unter der Agide von Eugen Kogon, Hermann Langbein, Adalbert Riickerl u. a. erschien 1983 ein 
Sammelband mit dem Titel Nationalsozialistische Massentotungen durch Giftgas^'^, der seither 
als Klassiker der „Holocaust"-Literatur gilt. Im Klappentext wettern die Herausgeber gegen 



'^' G. Sereny, Into That Darkness, Vintage Books, New York 1983, S. 109. 

^* Julius Schelvis, Vemichtungslager Sobibor, Metropol Verlag, Berlin 1998, S. 119. 

"' Siehe Kapitel 10. 

"- Ebenda, S. 120, Fussnote 285. 

"'Ebenda, S. 122. 

^'^'^ Eugen Kogon, Hermann Langbein, Adalbert Riickerl u.a (Hg.)., Nationalsozialistische Massentotungen durch 

Giftgas, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 1983. 



46 

„diejenigen, die das nationalsozialistische System von Schuld freizusprechen bemiiht sind" oder 
„den Massenmord bisher unbekannten Ausmasses uberhaupt leugnen", hiiten sich aber davor, 
Autoren oder Titel zu nennen. Um solche Tendenzen wirksam bekampfen und eindammen zu 
konnen, miisse „die ganze historische Wahrheit ein fur allemal unwiderlegbar festgelegt wer- 
den " . 

Angesichts dieser ehrgeizigen Zielsetzung miisste man eigentlich annehmen, dass die 
Verfasser der einzelnen Beitrage bei ihren Behauptungen erhohte Vorsicht walten liessen, doch 
dies ist keineswegs der Fall. Im Unterkapitel „Die Errichtung des Vemichtungslagers Sobibor" 
liest man namlich: 

„Die ersten Gaskammern in Sobibor befanden sich in einem festen Ziegelgebdude mit Betonfun- 
dament im nordwestlichen Teil des Lagers. Innen gab es drei Gaskammern, jede 4 x 4 m gross. 
Die Aufnahmekapazitdt lag beijeweils 150 bis 200 Menschen " (S. 158). 

Demnach konnten in jeder Kammer mindestens neun, ja mehr als zwolf Menschen auf einem 
Quadratmeter zusammengepfercht werden. Erstere Zahl mag vielleicht theoretisch noch moglich 
sein, letztere nicht mehr. Siebzehn Seiten welter wird der SS-Oberscharfiihrer Kurt Bolender zi- 
tiert, der bei einem Verhor folgendes zu Protokoll gab: 

„Meiner Schdtzung nach passten etwa 40 bis 50 Personen in eine Gaskammer " (S. 175). 

Wenn dem so war, worauf basierte dann die eingangs genannte Kapazitat von 150 bis 200 Per- 
sonen pro Gaskammer? 

Weitere elf Seiten welter stosst man auf folgende Passage: 

„Das neue [d. h. im September 1942 erweiterte] Gebdude hatte sechs Gaskammern, drei Rdume 
auf jeder Seite, und war dhnlich angelegt wie in Belzec und Treblinka, wo von einem Korridor in 
der Mitte die Eingdnge zu den Gaskammern abzweigten. Die neuen Rdume waren hier nicht gro- 
sser als die alien, namlich 4 x 4 m. Aber die Totungskapazitdt wurde auf 1.200 bis 1.300 Men- 
schen gesteigert " (S. 1 86). 

Somit war es angeblich moglich, in einer Gaskammer iiber 13 Menschen auf einem Quadratme- 
ter unterzubringen! Eine Quelle fur diese abwegige Behauptung wird nicht angegeben. 

Die Herausgeber des Sammelbands beteuern, in den drei Lagern Belzec, Sobibor und Treblinka 
seien mindestens anderthalb Millionen Menschen ermordet worden (S. 192), kommen aber nicht 
auf den Gedanken, eine forensische Untersuchung der ehemaligen Lagergelande zu fordem, um 
nach Spuren dieser gigantischen Schlachterei zu suchen. Vom Umgang dieser „Geschichtsfor- 
scher" mit den Dokumenten legt u. a. ihre Behauptung Zeugnis ab, Himmler habe am 5. Juli 
1943 angeordnet, „dass das Vernichtungslager Sobibor in ein KZ umgewandelt werden solle", 
obgleich Sobibor in der betreffenden Himmler-Direktive nicht als „Vernichtungslager", sondern 
als „Durchgangslager" bezeichnet wird^"*^. Doch nicht genug damit: Selbst die Zeugenaussagen 
werden von Kogon, Langbein, Riickerl und Konsorten im Bedarfsfall „korrigiert", wie sich am 
Beispiel des Fassungsvermogens der Gaskammern erweist: Obschon der einzige in diesem Zu- 
sammenhang zitierte Zeuge, Kurt Bolender, dieses mit „40 bis 50 Personen" angab, wird an zwei 
Stellen eine um das Mehrfache hohere Kapazitat postuliert, ohne dass diese Behauptung durch 
Zeugenaussagen untermauert wiirde! Dass dieser Sammelband ,,die ganze historische Wahrheit 



"^ Siehe Kapitel 2. 



47 

ein fur alle Male unwiderlegbar festlegt, wie der Klappentext grossmaulig verspricht, konnen 
nur ganz schlichte Gemiiter glauben. 



c) Die „erste Vergasung in Sobibor" 

Laut dem Sobibor-Kommandanten Franz Stangl verlief die erste Vergasung in Sobibor wie folgt: 

"Eines Nachmittags suchte mich Wirths Heifer Oberhauser auf Ich solle mich zur Gaskammer 
begeben. Als ich dort angelangte, stand Wirth vor dem Gebdude; er wischte sich den Schweiss 
von der Stirn und schdumte. Michel sagte mir spdter, er sei plotzlich aufgetaucht, habe sich die 
Gaskammer angeschaut, an der immer noch gearbeitet wurde, und gesagt: 'Gut, wir probieren 
sie gleichjetzt mit diesen fiinfundzwanzig Arbeitsjuden aus; treibt sie hinein. 'Man Hess unsere 
fiinfundzwanzig Juden anmarschieren, schubste sie einfach hinein und vergaste sie. Michel sag- 
te, Wirth habe sich wie ein Irrer aufgefUhrt und mit seiner Peitsche auf seine eigenen Unterge- 
benen eingedroschen, um ihnen Beine zu machen. Und dann wurde er bleich, well die TUren 
nicht richtig funktioniert hatten.'' ^'*^. 

1969 hatte Stangl zur Beisetzung der Opfer der ersten Vergasung folgende Angaben geliefert: 

"Ich glaube, die Leichen sind in der Ndhe des Ziegelgebdudes begraben warden. Es war keine 
vorbereitete Grube da. Ich mochte mit Sicherheit sagen, dass die Leichen nicht nackt waren, 
sondern mit Kleidern eingegraben warden sind. "^^'^ 

Ein anderer "Tater", der friihere SS-Unterscharfiihrer Erich Fuchs, hatte die "erste Vergasung in 
Sobibor" vollig anders in Erinnerung: 

"Im Anschluss daran [d. h. im Anschluss an die Installierung des Vergasungsmotors] wurde eine 
Probevergasung durchgeftihrt. Ich glaube mich zu entsinnen, dass 30 - 40 Frauen in einer Gas- 
kammer vergast warden sind. Die Jiidinnen mussten sich auf einem tiberdachten Freigeldnde 
(Waldbaden) in der Ndhe der Gaskammer entkleiden und wurden van SS-Angehorigen sawie van 
ukrainischen Hilfswilligen in die Gaskammer getrieben. "^^^ 

Wahrend die von Stangl erwahnten "fiinfundzwanzig Arbeitsjuden", die Opfer der ersten Verga- 
sung wurden, einem Baukommando angehorten und somit jedenfalls mannlichen Geschlechts 
waren, sprach Fuchs also von 30 bis 40 weiblichen Opfem. Laut Stangl wurden die Arbeitsjuden 
angekleidet vergast (denn als sie begraben wurden, trugen sie ihre Kleider noch), laut Fuchs 
mussten sich die Jiidinnen ausziehen. Gemass Stangls Schilderung wurde die Vergasungsaktion 
von Christian Wirth, dem Inspekteur von Belzec, Sobibor und Treblinka, der wegen seines jah- 
zornigen Charakters von seinen Leuten sehr gefiirchtet und "Der wilde Christian" genannt wur- 
de, angeordnet und iiberwacht, wahrend Fuchs nichts von Wirths Anwesenheit wahrend der er- 
sten Vergasung wusste, obgleich sie ihm angesichts der von Stangl beschriebenen ungewohnli- 
chen Umstande ("Wirth drosch mit der Peitsche auf seine eigenen Untergebenen ein, um ihnen 
Beine zu machen") gewiss unausloschlich im Gedachtnis haften geblieben ware. 

Da sich Stangl und Fuchs bei ihrer Schilderung der ersten Vergasung vollig widersprechen, muss 
mindestens einer der beiden phantasiert haben. Angenommen, der Marchenerzahler war Stangl - 



"*' Gitta Sereny, Into that Darkness, a.a.O., 113-1 14. 

^''^ Julius Schelvis, Vernichtungslager Sobibor, a.a.O., S. 119. 

^'^^ E. Kogon, H. Langbein, A. Rilckerl u. a. (Hg.), Nationalsozialistische Massentotungen durch Giftgas, a.a.O., S. 

158. 



48 

wie glaubwiirdig sind dann die sonstigen Aussagen des ersten Sobibor-Kommandanten? Sagt 
Stangl hingegen die Wahrheit, so muss der Schwindler Erich Fuchs sein - und wie glaubhaft 
sind in diesem Fall die iibrigen Behauptungen dieses Schliisselzeugen, dem die historische Wis- 
senschaft u. a. die Erkenntnis verdankt, dass die Deutschen in Sobibor nicht, wie in Belzec und 
Treblinka, die (technisch unmogliche) Tatwaffe Dieselmotor, sondern die (technisch mogliche) 
Tatwaffe Benzinmotor verwendet haben^"^^? 

Eine fiirwahr erstaunliche Information iiber die "erste Vergasung in Sobibor" liefert ein weiterer 
"later", HeinrichBarbl: 

"Mit den dafiir [d. h. fiir die Vergasung] ausgesuchten Fraiien, die mit einem Autobus hergefah- 
ren wurden, kamen auch Schwestern vom Roten Kreuz. Sie halfen beim Ausziehen'' 



150 



Diese Mittaterschaft der deutschen Rotkreuzschwestern beim Sobibor-Holocaust scheint den 
Vergangenheitsbewaltigern bisher entgangen zu sein. Wir konnen nur hoffen, dass unser Hin- 
weis sie auf die richtige Fahrte bringt, damit die erforderliche Trauer- und Bussarbeit auch in 
diesem fundamentalen Punkt endlich geleistet werden kann! - Die eben zitierte Aussage Barbls 
haben wir der jiingsten niederlandischen Ausgabe des Schelvis-Buchs entnommen; in der zehn 
Jahre zuvor erschienenen deutschen Fassung fehlt sie aus irgendwelchen Griinden. 



Kapitel 10 

Die beiden Sobibor-Prozesse von 1950 



a) Prozesse als Grundlage der Geschichtsschreibung 

Nachdem die westlichen Siegermachte ihren Vasallenstaat „Bundesrepublik Deutschland" aus 
der Taufe gehoben hatten, beauftragten dessen Fiihrer die Justiz damit, Beweise fiir die Fata 
Morgana eines millionenfachen Mordes in Gaskammem herbeizuzaubern, von dem nicht die ge- 
ringsten Spuren iibriggeblieben waren. Um dies zu belegen, brauchen wir nur zu zitieren, was 
Martin Broszat, langjahriger Leiter des Miinchner Instituts fiir Zeitgeschichte, in seiner Einlei- 
tung zu Adalbert Riickerls Dokumentation iiber die „NS-Vemichtungslager" schrieb: 

„ Ohne einer historischen Untersuchung und Bewertung der Rolle der deutschen Justiz bei der 
Verfolgung von NS-Verbrechen vorgreifen zu wollen, kann als Bilanz, gerade auch der Tdtigkeit 
der zentralen Stelle [in Ludwigsburg], das eine schon heute festgehalten werden: Die Bedeutung 
der umfangreichen staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Ermittlungen, die in der Bundes- 
republik auf diesem Gebiet seit Ende der ftinfziger Jahre einsetzten, Idsst sich nicht nur von ih- 
ren - oft geringfiigigen - Verurteilungsquoten her bemessen. [...] Obgleich das Faktum der 
,Endldsung der Judenfrage' in fast alien Geschichts- und Schulbtichern iiber die NS-Zeit ver- 
merkt ist, sind die einzelnen Modalitdten der grauenhaften Vorgdnge bisher kaum systematisch 
dokumentiert worden. Ihre methodische Verschleierung durch die beteiligten Diensstellen des 
Regimes und die griindliche Spurenverwischung nach Abschluss der Aktionen, vor allem in den 
sorgsam verborgenen grossen Vernichtungslagern in den besetzten polnischen Gebieten, haben 
eine exakte Rekonstruktion des Geschehens lange Zeit erschwert oder ver hinder t. Trotz ungiin- 



,,Es handelte sich um einen schweren russischen Benzinmotor (vermuth Panzermotor oder Motor einer Zugma- 
schine) mit mindestens 200 PS (["-Motor, 8 Zyl, wassergektihlt). " Erich Fuchs, zitiert in E. Kogon, H. Langbein, A. 
Rtlckerl u. a. (Hg.), Nationalsozialistische Massentotungen durch Giftgas, a.a.O., S. 158. 

J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 120. 



49 

stiger Ausgangslage hat die jahrelange Kleinarbeit der justiziellen Ermittlungen schliesslich zu 
einer breiten Evidenz der Fakten und Zusammenhdnge gefuhrt. "^^^ 

Fassen wir zusammen: Obwohl „fast alle Geschichts- und Schulbiicher" die „Endlosung der Ju- 
denfrage" - womnter die orthodoxen Historiker die physische Vernichtung der Juden verstehen 
- vermerkten, war diese bis dahin „kaum systematisch dokumentiert" worden; dies geschah erst 
dank der „jahrelangen Kleinarbeit der justiziellen Ermittlungen"! In anderen Worten: Die Staats- 
anwalte und Richter mussten den Historikern zur Hilfe eilen, urn das bisher Unbewiesene nach- 
traglich doch noch zu beweisen. 



b) Der „Gasmeister von Sobibor" 

M. Broszats Behauptung, dass die „umfangreichen staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen 
Ermittlungen" in der BRD erst „Ende der fiinfziger Jahre" einsetzten, entspricht nicht den Tatsa- 
chen: Die ersten Verfahren gegen SS-Manner, die wahrend des Krieges in den sogenannten 
„Vemichtungslagern" stationiert gewesen waren, fanden namlich bereits 1950 statt. Wie die Ge- 
richte dabei vorgingen, lasst sich sehr anschaulich am Beispiel des Prozesses gegen den ehema- 
ligen Kraftfahrer, SS-Oberscharfiihrer und angeblichen „Gasmeister von Sobibor" Erich Bauer 
zeigen, der 1950 in Berlin wegen „fortgesetzter Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zum To- 
de verurteilt wurde^^^. Nach der Abschaffung der Todesstrafe wurde das Urteil in lebenslange 
Haft umgewandelt. 

Gegen Bauer wurden insgesamt elf Anklagepunkte erhoben, von denen der erste und schwerwie- 
gendste wie folgt lautete: 

„ Tdtigkeit als Gasmeister . Sobald ein neuer Transport von Hdftlingen im Lager eingetroffen war 
und sich entkleidet hatte, geleitete sie der Angeklagte, der bei den Hdftlingen schon damals als 
,Bademeister ' bekannt war, in die als Bad getarnte Gaskammer. Dabei schritt er dem Zuge teils 
voran, teils ging er neben den Hdftlingen und trieb sie mit Stockschldgen zu schnellerer Gangart 
an. Im Lager III bediente er dann als einziger die Gasanlage, um sie zu vernichten "^^^ . 

Worauf beruhten diese Behauptungen? In den friihesten Zeugenaussagen iiber Sobibor wird 
Erich Bauer entweder gar nicht oder nur beilaufig erwahnt. Weder in den beiden Petscherski- 
Berichten noch im Augenzeugenbericht Leon Feldhendlers - in dem immerhin zehn SS-Manner 
namentlich genannt werden^^"* - stosst man auf seinen Namen. Zelda Metz zahlt insgesamt sieb- 
zehn in Sobibor stationierte SS-Manner auf, darunter auch Bauer^^^, lastet jedoch keinem von 
ihnen spezifische Verbrechen an. Bauers Ernennung zum „Gasmeister" ist, dem uns vorliegen- 
den Quellenmaterial nach zu urteilen, das Werk der ehemaligen Sobibor-Haftlinge Esther Raab 
und Samuel Lerer, die in Berlin als Belastungszeugen gegen Bauer auftraten. 



^^^ Adalbert Rtlckerl, NS-Vemichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse, dtv. Frankfurt 1979, S. 7 ff. 
^^- Urteil des Landgenchts Berlin vom 8. 5. 1950, PKs 3/50, S. 1. 

^^'A. a.O., S. 3. 

„Wagner, Spiess, Neumann, Rose, Greischiitz, Gomelski, Weiss, Getzinger, Beckmann, MUller" (Schreibweise 
der Namen unverandert tlbemommen). N. Blumental (Hg.), Dokumenty i materialy, a. a.O., S. 208. 

„Szpic, Wagner, Frenkel, Niemand, Rost, Greischutz, Gomerski, Getzinger, Konrad, Gebrilder Wolf, Vetland, 
Michel, Veis, Bauer, Sztojbel, Richter" (Schreibweise der Namen unverandert tlbemommen). N. Blumental (Hg.), 
Dokumenty i materialy, a.a.O., S. 209. 



50 
c) Die Belastungszeugen Esther Raab und Samuel Lerer 

In einem Buch, das ausschliesslich auf den Aussagen Esther Raabs bemht, schildert die Verfas- 
serin Shaindy Perl die Umstande, die zur Verhaftung Bauers fiihrten, wie folgt: Esther Raab und 
Samuel Lerer hatten nach dem Krieg in Berlin gewohnt. Eines Tages sei S. Lerer in E. Raabs 
Wohnung gestiirmt und habe ihr aufgeregt mitgeteilt, dass er Bauer in einem Vergniigungspark 
mit seiner Familie auf einem Riesenrad entdeckt habe. Die beiden seien gemeinsam zum Ver- 
gniigungspark gerannt und hatten einen Polizisten mit zwei Pfund Kaffee dazu bestochen, Bauer 
zu verhaften: 

„Der Polizist starrte gierig auf den Sack Kaffee. ,Okay', sagte er schliesslich, ,aber ich hoffe, 
ihr beiden irrt euch nicht. ' Esther und Samuel versicherten ihm, dass dies nicht der Fall sei. 
Dann beobachteten sie mit dngstlicher Spannung, wie der Polizist auf Erich Bauer zutrat und 
ihm etwas zufliisterte. Bauer erbleichte; der Polizist fasste ihn beim Arm undfiihrte ihn ab. "^^^ . 

Ob diese Darstellung glaubhaft ist, mag der Leser selbst beurteilen. Tatsache ist, dass sich das 
Berliner Gericht bei seinem Urteil gegen Bauer fast ausschliesslich auf die Aussagen der Zeugen 
„R." (Raab) und „L." (Lerer) abstiitzte. (Die zwei einzigen anderen Zeugen, die „kommissarisch 
vernommenen, inzwischen ausgewanderten ehemaligen Haftlinge ,B.' und ,C."', werden nur 
beilaufig erwahnt.). 

Unter diesen Umstanden ist die Frage nach der Glaubwiirdigkeit E. Raabs und S. Lerers von zen- 
traler Bedeutung. Uber S. Lerer wissen wir wenig, doch dass er die Zahl der Sobibor-Opfer mit 
einer Million angab^^'', spricht bereits Bande. Die notorische Unzuverlassigkeit der Zeugin E. 
Raab geht daraus hervor, dass sie ihre Quasi-Biographin Shaindy Perl in elementaren Fragen 
falsch informiert hat. Hier einige Ausziige aus S. Perls Buch, das, wie bereits erwahnt, aus- 
schliesslich auf den Aussagen E. Raabs fusst: 

„ Einen Tag vor seiner Abreise [nach Amerika] stUrmte Samuel plotzlich in Esthers Wohnung; 
sein Gesicht war rot vor Erregung. ,Esther, komm schnell! Er ist es! "^^^ (...). „Da Samuels Ab- 
reise aus Deutschlandfiir den ndchsten Tag geplant war, folgte er dem Polizisten auf den Posten 
und gab dort eine kurze Erkldrung zu den Verbrechen ab, die SS-Oberscharftihrer Erich Bauer 
in Sobibor begangen hatte. "^^^ (...). „ Samuels Zeugenaussage dauerte bis in den spdten Nach- 
mittag, und es wurde schon Abend, als er den Posten endlich verliess. Er rannte nach Hause, um 
fertig zu packen, und am ndchsten Tag verliess er das Land wie geplant Nun war Esther die ein- 
zige Person, die als Zeugin gegen den beriichtigten Bademeister aussagen konnte. ^^^ " 

Diese Schilderung wird durch den Text des Urteils gegen E. Bauer kategorisch widerlegt. Nach- 
dem Bauers Verteidiger verlangt hatte, die Zeugen „L." und „R." (Lerer und Raab) mit den bei- 
den ehemaligen SS-Mannem „G." (Hubert Gomerski) und „K." (Johann Klier) zu konfrontieren, 
lehnte das Gericht diese Forderung mit folgender Begriindung ab: 

„Mit einer Vertagung der Hauptverhandlung wiirde auch ein anderer vom Verteidiger ins Auge 
gefasster Zweck seines Antrages, ndmlich eine Gegentiberstellung dieser Zeugen mit den Zeugen 



^^^ Shaindy Perl, Tell the World. The Story of the Sobibor Revolt, Eastern Book Press, Monsey (New York) 2004, S. 

221. 

'^^ J. Schelvis, Vernichtungslager Sobibor, Metropol Verlag, Berlin 1998, S. 239. 

'^'^ S. Perl, Tell the World, a.a.O., S. 219. 

'^^Ebenda, S. 221. 

'* Ebenda, S. 222. 



51 

L. und R., nicht erreicht werden, da letztere ihre Auswanderung in kiirzerster Zeit angekundigt 
haben, so dass eine neue Hauptverhandlung ohne sie stattfinden miissten "^''^ . 

Somit war Samuel Lerer zum Zeitpunkt des Prozesses durchaus noch nicht ausgewandert, son- 
dern weilte immer noch in Berlin und waltete als Belastungszeuge gegen Bauer! Die Verhaftung 
Bauers war iibrigens bereits im Jahre 1949 erfolgt^^^, so dass zwischen der Erkennung Bauers 
durch Lerer und dem Prozess mehrere Monate verstrichen sein miissen. Da E. Raab diesen Urn- 
stand, sowie die Teilnahme Lerers am Verfahren gegen Bauer, unmoglich vergessen haben kann, 
muss sie S. Perl gezielt belogen haben. Als einziges mogliches Motiv hierfiir kommt Geltungs- 
sucht in Frage - E. Raab wollte sich offenbar im Glanz des Ruhmes sonnen, Bauer ganz alleine, 
ohne Lerers Mithilfe, zur Strecke gebracht zu haben. 

Hier ein weiterer Auszug aus S. Perls Buch: 

„Einige Wochen spdter [nach dem Bauer-Prozess] setzte sich ein Staatsanwalt aus Frankfurt mit 
ihr in Verbindung. ,Sind Sie die Frau, die kiirzlich gegen Erich Bauer ausgesagt hat? ' fragte er. 
, Wir haben Hubert Gomerski und Joseph [richtig: Johann] KUer verhaftet. Wir stellen sie hier in 
Frankfurt vor Gericht. Werden Sie kommen, um sich uns als Zeugin zur Verfiigung zu stellen? ' 
Esther hatte keine Wahl. Es gab so wenige Uberlebende, und so viele von ihnen waren mittler- 
weile nach Israel oder in die USA ausgewandert. Abermals lag das Schicksal der Naziverbre- 
cher allein in ihrer Hand. "^^^ 

Abgesehen davon, dass sich Gomerski und Klier schon wahrend des Bauer-Prozesses in Unter- 
suchungshaft befanden und keineswegs erst „einige Wochen" nach diesem verhaftet wurden, lag 
das Schicksal dieser beiden ehemaligen SS-Manner durchaus nicht allein in der Hand E. Raabs, 
wie diese ihrer Biographin weisgemacht hat. Neben ihr traten in Frankfurt namlich noch sieben 
weitere Zeugen auf: „L." (Samuel Lerer, der immer noch nicht nach Amerika ausgewandert 
war!), „Josef und Herz Z", E.", „T.", „M." und „B"*'^^ Bei ihrer Schilderung des Verfahrens ge- 
gen Gomerski und Klier wiirdigt E. Raab diese sieben Mitzeugen keiner Erwahnung. Sie will 
sich die Show nicht von lastigen Konkurrenten stehlen lassen. 

Dies alles weist darauf hin, dass es sich bei der Belastungszeugin E. Raab um eine hem- 
mungslose, profilierungssiichtige Liignerin handelte. Das Berliner Gericht ging bei seiner Ur- 
teilsbegriindung jedoch axiomatisch davon aus, dass ihre Aussagen (sowie diejenige S. Lerers) in 
jeder Hinsicht der Wahrheit entsprachen und somit ausreichten, den Angeklagten Bauer, der jeg- 
liche Beteiligung an Verbrechen abstritt, der Falschaussage zu iiberfuhren: 

„Der Angeklagte gibt zu, schon kurz nach seinem Eintreffen im Konzentrationslager Sobibor im 
Mdrz oder April 1942 von den Vorkommnissen im Vernichtungslager gewusst und insbesondere 
auch Kenntnis davon gehabt zu haben, dass Tausende von Juden aller Nationen dort vergast und 
erschossen wurden; er bestreitet aber mit wenigen Ausnahmen [...], an den Greueltaten und un- 
menschlichen Handlungen gegeniiber jiidischen Hdftlingen beteiligt gewesen zu sein. Er lehnt es 
insbesondere ab, der Gasmeister des Lagers gewesen zu sein. Er sei dort nur Kraftfahrer gewe- 
sen, dessen Aufgabe darin bestanden habe, Proviant heranzuholen. Das Vergasen hdtten an- 
fangs aktive SS-Leute aus Oranienburg besorgt. In spdterer Zeit sei ein gewisser , Toni ' Gasmei- 



^^^ Landgencht Berlin, a.a.O., S. 7. 



"^' httpVde. wikipedia.org/wiki/Sobibor-Prozess. J. Schelvis bestatigt auf S. 272, dass Bauers Festnahme im Jahre 
1949 erfolgte. Auf S. 283 behauptet er hingegen, Bauer sei bereits 1946 verhaftet worden (Vernietigingskamp Sobi- 
bor, a.a.O.) Wir gehen davon aus, dass erstere und nicht letztere Angabe den Fakten entspricht. 
"^' S. Perl, Tell the World, a.a.O., S. 224. 

"^'' Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25. August 1950, 52 Ks 3/50. 



52 

ster gewesen, fiber den er keine naheren Angaben machen konne. [. . .] Trotz seines Leugnens ist 
der Angeklagte in diesem Punkt auf Grund der glaubhaften eidlichen Aussagen der Zeugen L. 
und R, frtiherer Hdftlinge des Lagers Sobibor, tiberfiihrt. Beide identifizierten den Angeklagten 
als den Mann, der im Lager Sobibor als Gasmeister eingesetzt war "^'^^. 



d) Die Taktik des Angeklagten Erich Bauer 

Angesichts der extrem feindseligen Einstellung des Gerichts hielt es Erich Bauer offenbar nicht 
fiir ratsam, die behaupteten Massenmorde in Sobibor zu bestreiten, da er (nicht ohne Grund) 
fiirchtete, dies wiirde ihm als „hartnackiges Leugnen" ausgelegt und als erschwerender Umstand 
eingestuft. So begniigte er sich damit, die ihm personlich vorgeworfenenen „Greueltaten und 
unmenschlichen Handlungen mit wenigen Ausnahmen zu bestreiten". Unzahlige Angeklagte bei 
NS-Prozessen haben sich nach ihm derselben Taktik bedient. 

Bei dem von Bauer als „Gasmeister" identifizierten „Toni" diirfte es sich mit grosster 
Wahrscheinlichkeit um den SS-Mann Anton Getzinger gehandelt haben, der im Lager 3 als Auf- 
seher Dienst getan hatte und einige Wochen vor dem Aufstand vom 14. Oktober 1943 beim Ent- 
scharfen einer russischen Panzergranate durch deren Explosion getotet worden war^^^. Da das 
Gericht „Toni" Getzinger nichts mehr anhaben konnte, entschloss sich Bauer offenbar, den 
schwarzen Peter an einen Toten weiterzugeben, indem er diesen posthum zum „Gasmeister" er- 
nannte. Geniitzt hat es ihm freilich nichts. 



e) Die Logik des Gerichts 

Erich Bauers Verteidiger beantragte die Anhorung der beiden - damals in Untersuchungshaft be- 
fmdlichen - SS-Manner „K." (Klier) und „G." (Gomerski). Das Gericht bemerkte hierzu: 

„Bei den Zeugen G. undK. handelt es sich um SS-Leute, die zur gleichen Zeit wie der Angeklag- 
te fiihrende Personlichkeiten im Lager Sobibor gewesen sind und wegen der Anschuldigung, 
Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Lager Sobibor begangen zu haben, sich zur Zeit und 
auch zur Zeit ihrer kommissarischen Vernehmung vor dem Amtsgericht Frankfurt/Main in Un- 
tersuchungshaft befinden bzw. befanden [...], so dass esfiir das Gericht keiner Frage unterlag, 
dass es den Aussagen der Zeugen L. und R und nicht den unwahren Aussagen der Zeugen G. 
und K. zufolgen hatte. " ^^'^ 

Fiir das Gericht sagten die Belastungszeugen also grundsatzlich immer die Wahrheit, wahrend 
die ehemaligen SS-Manner prinzipiell stets logen - ausser in jenen Fallen natiirlich, wo sie sich 
selbst oder ihre friiheren Kameraden belasteten. 

Laut dem Berliner Gericht waren in Sobibor „Hunderttausende von Juden" vergast worden^^^. 
Als „Beweis" fiir diese ungeheuerliche Schlachterei geniigten den Richtem die „glaubhaften eid- 
lichen Aussagen der Zeugen L. und R."! Wo die „Gaskammern" lagen, wie gross sie waren, wie 
der Vergasungsprozess konkret ablief, was mit den Hunderttausenden von Leichen geschah - all 
das interessierte die Berliner Richter keinen Deut. 



"^^ Landgericht Berlin, a.a.O., S. 4. 

J. Schelvis, Vernietigingskamp Soibor, a.a.O., S. 293. 

"^^ Landgericht Berlin, a.a.O., S. 5, 6. 
^^^Ebenda, S. 10. 



53 

Den Grund fiir diese flagrante Verletzung rechtsstaatlicher Gmndsatze nennt E. Raabs Sprach- 
rohr Shaindy Perl: 

„Da die Deutschen darauf brannten, der Welt zu beweisen, dass sie gegen die brutalen Morder 
vorgingen, welche die bertichtigten Todeslager organisiert batten, Hess ihre Regierung keine 
Zeit verstreichen und setzte einen Terminfiir das Verfahren gegen Bauer fest". ^^^ 

Die Deutschen fiihrten solche Prozesse also durch, urn „der Welt" ihre Lauterung zu beweisen. 
Damit „die Welt" ihnen diese Lauterung glaubte, mussten sie die Judenvemichtung in Gaskam- 
mem nicht nur als historische Tatsache anerkennen, sondern auch juristisch fixieren - und dies 
ging nur, wenn man die Zeugenaussagen ungepriift akzeptierte. 



f) Die erstaunlichen Erkenntnisse des Berliner Gerichts iiber das 
KL Majdanek 

Zum Abschluss sei noch ein Auszug aus dem Urteil des Berliner Gerichts zitiert, der einem 
formlich den Atem verschlagt. Unter den elf Punkten, in denen Erich Bauer schuldig gesprochen 
wurde, figurierte als Punkt sechs der folgende: 

„Einmal kam ein Transport jUdischer Hdftlinge in einer Starke von ungefdhr 15.000 Mann aus 
dem Lager Maidanek, das keine Vergasungsanlage besass, zum Vergasen an. Da die Verga- 
sungsanlage im Lager Sobibor gerade nicht in Ordnung war, mussten sie tagelang im Lager I 
aufihre Vernichtung warten, ohne verkostigt zu werden. Viele von ihnen starben daher an Ent- 
krdftung. Als andere, denen etwas Essen gereicht wurde, sich darum schlugen, schossen die SS- 
Leute und auch der Angeklagte in diesen Haufen wehrloser Menschen. Der Angeklagte totete 
dabei auch mindestens vier bis fUnf Hdftlinge " ^™ 

Gemass dem Urteil des Berliner Gerichts von 1950 besass das KL Majdanek also keine Verga- 
sungsanlage. Man vergleiche hiermit folgenden Auszug aus dem Urteil beim Diisseldorfer Maj- 
danek-Prozess (1975-1981): 

„Die furchtbarste Belastungftir die Hdftlinge, insbesondere fiir die jUdischen Menschen, stellten 
die im Spdtherbst 1942 eingeleiteten und vor allem im Friihjahr und Sommer 1943 durchgefiihr- 
ten Selektionen zur Totung durch Vergasung dar. [...] Die Vergasung der Opfer verlief durch- 
wegs in der gleichen Weise. Die zum Tode bestimmten Hdftlinge wurden in das Barackengebdu- 
de gebracht und dort nach der Entkleidung in eine der Gaskammern getrieben. Sobald die Ttir 
hinter ihnen luftdicht verschlossen war, wurde das Kohlenmonoxid oder Zyklon-B in die Kam- 
mer geleitet "^'^^ 

Beim Majdanek-Prozess wurden zwei ehemalige Aufseherinnen jenes Lagers, Hildegard Lachert 
und Hermine Braunsteiner-Ryan, verurteilt, weil sie sich angeblich an der Selektion jiidischer 
Frauen und Kinder fur die Gaskammern von Majdanek beteiligt hatten - Gaskammern, die laut 
dem Urteil des Berliner Gerichts aus dem Jahre 1950 gar nicht existiert hatten! H. Lachert erhielt 
eine Haftstrafe von 12 Jahren, H. Braunsteiner-Ryan eine lebenslange Freiheitsstrafe. Nachdem 
sie 17 Jahre lang hinter Gittern dahinvegetiert hatte, wurde die alte Frau im Jahre 1996 vom da- 



'® S. Perl, Tell the World, a.a.O., S. 222. 
^™ Landgencht Berlin, a.a.O., S. 3. 



^^' Landgericht Dilsseldorf, Urteil Hachnann u. a., XVII 1/75, Band I, S. 86 ff. 



54 
maligen nordrhein-westfalischen Ministerprasidenten Johannes Rau wegen ihres schlechten Ge- 



172 



sundheitszustandes begnadigt, sie starb drei Jahre spater 

So wurde, und wird, im „freisten Staat der deutschen Geschichte" Recht gesprochen! 



g) Der Prozess gegen Hubert Gomerski und Johann Klier in Frank- 

furt a. M. (1950) 

Nur wenige Monate nach dem Prozess gegen Erich Bauer in Berlin fand in Frankfurt a. M. ein 
Verfahren gegen die friiheren SS-Unterscharfiihrer Hubert Gomerski und Johann Klier statt. 
Neben den bereits beim Bauer-Prozess aufgetretenen Zeugen „R." (E. Raab) und „L." (S. Lerer) 
traten weitere sechs ehemalige Sobibor-Haftlinge in den Zeugenstand. 

Gomerski wurde am 25. August 1950 wegen Mordes in einer unbestimmten Anzahl von 
Fallen zu lebenslanger Haft verurteilt^''''; 1972 wurde er begnadigt^'''*. Johann Klier wurde freige- 
sprochen, well sich die Zeugen giinstig iiber ihn geaussert hatten^''^ Das Frankfurter Gericht 
stufte die Tatsache, dass Klier in Sobibor Dienst getan hatte, also nicht automatisch als Verurtei- 
lungsgrund ein und unterschied sich bei all seiner sonstigen Willkiir in diesem einen Punkt posi- 
tiv von der heutigen BRD-Justiz, die den 89-jahrigen John Demjanjuk nicht wegen irgendwel- 
cher konkreter Verbrechen, sondern einzig und allein wegen seines (tatsachlichen oder angebli- 
chen) Dienstes als Wachmann in Sobibor verfolgt. 

Das Verfahren wurde durch eine massive Kampagne der gleichgeschalteten Medien flankiert - 
eine Praxis, die spater bei alien grossen NS-Prozessen zur Anwendung kam. Unter dem Titel 
"Sobibor - Mordfabrik hinter Stacheldraht" berichtete die Frankfurter Rundschau am 24. August 
1950: 

„In der Verhandlng wurden protokollierte Aussagen einiger Uberlebender verlesen, die nach 
Nordamerika ausgewandert waren. Hersch Cuckirmann, desen Frau und drei Kinder in Sobibor 
vergast wurden, berichtete von einem Transport von 1 .600 jildischen Hdftlingen, die aus dem KZ 
Maidanek kamen. Die Gaskammern seien damals nicht in Ordnung gewesen, und die ausgehun- 
gerten und gebrechlichen Hdftlinge hdtten drei Tage aufdie Vergasung war ten mUssen. Fast die 
Hdlfte von ihnen sei aber vorher totgeschlagen worden. Gomerski habe dazu eine Wasserkanne 
benutzt, der SS-OberscharfUhrer Wagner einen stdhlernen Wasserschlauch. Dagegen habe sich 
Klier nicht unmenschlich gezeigt. [ . . . ] 

Die Zeugin Zelda Metz war dabei, als Hdftlinge in einem Dorf Wasser holen mussten. 
Einige Hdftlinge toteten aufdem Weg den ukrainischen Wachmann und fliichteten; die anderen 
wurden erschossen, und Gomerski beteiligte sich an der Exekution. Von dieser Zeugin erfuhr 
man, dass mitunter an einem Tag iiber 5.000 Leute eingeliefert und vergast wurden. Vorher 
mussten sie in Briefen an ihre Angehorigen schreiben, dass es ihnen gut ginge. Auch die jiidi- 
schen Arbeiter, die im Vernichtungslager 3 beschdftigt waren, fanden den Tod. 

, Sobibor war eine Fabrik zum Morden', filhrte der Zeuge Kurt Thomas aus. [...] Go- 
merski habe sich nicht nur an der Hinrichtung von 71 Juden, die wegen Fluchtverdachts er- 
schossen wurden, sondern auch an der Exekution von 100 jungen jildischen Hdftlingen beteiligt, 
die man durch Kopfschtisse totete. Manchmal hdtten sich Gomerski und der SS-OberscharfUhrer 
Wagner damit vergntigt, Sduglinge als Schleuderbdlle zu benutzen, um festzustellen, wer den 
weitesten Wurf machen konne. Beim Holzf alien hdtten sie Hdftlinge auf Bdume klettern lassen. 



^^' http://de.wikipedia.org/wiki/Hermine_Braunsteiner-Ryan 
^^^Landgericht Frankfurt, a.a.O.,S. 1. 
^^'' http://holocaust-info.dk/sobibor/sobibor_personnel.htm 
^^^ Landgericht Frankfurt, a.a.O., S. 1. 



55 

Sie mussten dann im Wipfel ein Seil anbringen undwurden mit dem Baum in die Tiefe gerissen. 
Wer durch den Sturz nicht getotet wurde, erhielt mit gebrochenen Gliedern den Fangschuss. 

Der Zeuge Chaim Engel gab an, dass sich Gomerski rtihmte, mit nur zwolf Schldgen ei- 
nen Hdftling getotet zu haben, und Frau Engel-Weinberg, die einzige holldndische Jiidin, die 
Sobibor tiberlebte, bestdtigte, dass sich Gomerski im Lager 3 immer an den Vergasungen und 
Erschiessungen beteiligte. "^'^'^ 

Dies alles war natiirlich nichts waiter als Greuelpropaganda der grobschlachtigsten Art, doch gab 
es in diesem Artikel eine Passage, die einen aufmerksamen Leser stutzig machen musste, nam- 
lich die Aussage der Zelda Metz, wonach die Haftlinge „in einem Dorf Wasser holen mussten", 
wobei „einige Haftlinge auf dem Weg den ukrainischen Wachmann (nicht: „einen ukraini- 
schen Wachmann") toteten". Ware Sobibor wirklich ein Inferno gewesen, wo die Gefangenen 
Tag fiir Tag unaussprechhche Greuel miterleben mussten und den sicheren Tod vor Augen hat- 
ten, ware die SS schwerlich das Risiko eingegangen, einige Haftlinge zum Wasserholen in ein 
Dorf zu schicken und von einem einzigen Ukrainer bewachen zu lassen, well in diesem Fall je- 
derzeit mit verzweifelten Reaktionen der Haftlinge zu rechnen gewesen ware. Dergleichen war 
nur moglich, wenn die Lagerfuhrung die Gefahr eines Fluchtversuchs gering einschatzte - well 
die Haftlinge keinen zwingenden Grund hatten, ihr Leben bei einem solchen aufs Spiel zu set- 
zen. 



h) Die Urteilsbegriindung gegen H. Gomerski 

Da der Prozess gegen Gomerski und Klier in Frankfurt demselben Strickmuster folgte wie derje- 
nige gegen Bauer in Berlin, begniigen wir uns hier mit der Anfiihrung dreier Passagen aus der 
Urteilsbegriindung gegen Gomerski: 

„ Aus der Aussage der Zeugin R. ergibt sich, dass der Angeklagte einen Transport von etwa 40 
Personen, die aus einem anderen Lager kamen und zur Totung bestimmt war en, selbst erschos- 
sen hat. Die Zeugin war damals in der Waffenkammer beschdftigt und bekundet, dass der Ange- 
klagte eines Tages dorthin kam, um sich eine Pistole mit Munition zu holen. Er sagte dabei, es 
seien heute nur rund 40 Personen. Bald daraufhorte die Zeugin Schiisse fallen "^^^. 

Die Zeugin E. Raab hatte also nicht behauptet, gesehen zu haben, wie Gomerski 40 Menschen 
mit seiner Pistole erschoss. Sie hatte lediglich ausgesagt, er habe sich eine Pistole mit Munition 
geholt, und bald darauf seien Schiisse gefallen. Nichtsdestoweniger verurteilte das Gericht Go- 
merski unter anderem, well er „ einen Transport von etwa 40 Juden mit der Pistole erschossen 
hat, offenbar deswegen, well man die Gaskammer wegen der geringen Starke dieses Transportes 
nicht in Betrieb setzen wollte.'' ^ ''^ 

Des weiteren hielt das Schwurgericht in seinem Urteil fest: 

„In denfolgenden Fallen sieht das Schwurgericht eine Beteiligung [des Angeklagten Gomerski] 
an der Totung von Arbeitshdftlingen als erwiesen an:[. ..] Den Hdftling Stark, der die Schweine 
versorgen musste, die im Lager gehalten wurden, schlugen der Angeklagte und Frenzel, als ein 
Schwein eingegangen war, derart, dass Stark schliesslich in seiner Verzweiflung aus dem gerade 
offen stehenden Lagertor hinauslief Darauf liefen der Angeklagte und Frenzel ihm nach und 
schossen mehrmals aufihn. In schwerverletztem Zustand der Leib war dermassen zerschossen, 
dass die Eingeweide heraustraten - wurde Stark ins Lager zuriickgebracht und von den Ange- 



^^*„ Sobibor -Mordfabrikhinter Stacheldraht ", Frankfurter Rundschau, 24. August 1950. 
^^^ Landgericht Frankfurt, a.a.O., S. 4. 
^^'^Ebenda. S. 3. 



56 

klagten den anderen Hdftlingen, die zu diesem Zweck zusammengerufen warden waren, vorge- 
fuhrt. Diese Vorgdnge bekunden ubereinstimmend die Zeugen L. und R. Letztere bekundet wei- 
terhin, dass Stark dann erschossen wurde. "^^^ 

Nachdem sich der Leser von seiner Verwunderung dariiber, dass das Lagertor in Sobibor 
manchmal „gerade offen stand", erholt hat, greift er mit Vorteil zum Buch der Miriam Novitch 
und fiihrt sich folgende Aussage der Zeugin Eda Lichtman zu Gemiite: 

„ Shaul Stark kiimmerte sich um die Gdnse, erfUtterte sie undwog sie tdglich. Einmal wurde eine 
Gans krank und starb. Frenzel, Bredow, Wagner und Weiss peitschten Stark zu Tode. Die letzten 
Worte des Mannes waren: ,Rdcht mich, Kameraden, rdchtmich. '"^^^ 

Hiitete der Hafthng Stark nun die Schweine oder die Ganse? Von wem wurde er gepriigeh, 
nachdem ein Schwein bzw. eine Gans eingegangen war - von Gomerski und Frenzel, wie das 
Landgericht Frankfurt unter Berufung auf die glaubhaften und vereidigten Zeugen Esther Raab 
und Samuel Lerer festhielt, oder von Frenzel, Bredow, Wagner und Weiss, wie Eda Lichtman 
beteuert? Erfolgte sein Tod durch die Kugel (E. Raab) oder durch die Peitsche (E. Lichtman)? 

Die schier unfassbare Einfalt der Frankfurter Richter zeigt unter anderem folgende Passage aus 
dem von ihnen gefallten Urteil: 

„Der Angeklagte bestreitet, jemals einen Menschen erschossen oder erschlagen zu haben.[...] 
AufGrund der Einlassungen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen und der Ver- 
nehmungen und Niederschriften der nicht erreichbaren Zeugen, die in der Hauptverhandlung 
verlesen worden sind, sieht das Schwurgericht die Einlassung des Angeklagten als widerlegt an. 
[. . .] Die Zeugen haben ihre Aussagen, soweit sie in der Hauptverhandlung vernommen worden 
sind, mit dem Eid bekrdftigt. Bereits im Ermittlungsverfahren hatten die Zeugen unabhdngig 
voneinander Aussagen gemacht, die sich mit den jetzigen Aussagen im wesentlichen decken. "^^^ 

Auf den Gedanken, die Zeugen, die selbstverstandlich in standigem Kontakt miteinander stan- 
den, konnten ihre Aussagen untereinander abgesprochen haben, kamen diese erlauchten Juristen 
offenbar nicht! 



Kapitel 11 

Der Sobibor-Prozess in Hagen (1965/1966) 

a) Die Schuldspriiche 

Vom 6. September 1965 bis zum 20. Dezember 1966 fand in Hagen ein Prozess gegen zwolf 
ehemalige Angehorige des Lagerpersonals von Sobibor statt. Der Angeklagte Kurt Bolender be- 
ging wahrend des Verfahrens Selbstmord durch Erhangen, nachdem er in einem Abschiedsbrief 
seine Unschuld beteuert hatte^^^. Sechs Angeklagte wurden verurteilt, funf weitere wegen Puta- 
tivnotstandes freigesprochen. (Wie die Berliner und die Frankfurter Richter sechzehn Jahre vor 
ihnen betrachteten auch Richter von Hagen die blosse Tatsache, dass ein SS-Mann in Sobibor 



'™Ebenda, S. 4, 5. 



'^°M. Novitch, Sobibor - Martyrdom and Revolt, a.a.O. (siehe Artikel 5), S. 57. 



181 



Landgericht Frankfurt, a.a.O., S. 3, 4. 



^^^ http:/www.zeit.de/l 966/4 9/Der-vergessene -Prozess 



57 

Dienst getan hatte, also nicht als Verurteilungsgrund; ob die Richter beim Demjanjuk-Prozess in 
Miinchen dies wohl zur Kenntnis nehmen werden?) 

Im Gegensatz zum Berliner und zum Frankfurter Schwurgericht bei den beiden Sobibor- 
Prozessen des Jahres 1950 bemiihte sich das Gericht in Hagen, die Anzahl der nach Sobibor ge- 
langten Haftlinge anhand von Transportlisten zu ermitteln. Es gelangte dabei zu folgendem 
Schluss: 

„ Unter den zugunsten der Angeklagten strengsten Massstaben war festzustellen, dass anhand 
von dokumentarischem Material und Zeugenaussagen aus der Hauptverhandlung das Todes- 
schicksal von wenigstens 1 50.000 jiidischen Menschen in Sobibor bekannt ist. "^^^ 

Wie erinnerlich geht J. Schelvis von rund 170.000 nach Sobibor deportierten Juden aus - ei- 
ne Zahl, die vermutlich etwas zu hoch gegriffen ist und urn einige tausend verringert werden 
muss^^"*. Hinsichtlich der Anzahl der nach Sobibor gelangten Juden war die Schlussfolgerung 
des Hagener Gerichts (mindestens 150.000) also vollkommen realistisch. Natiirlich ging es dog- 
matisch davon aus, dass - abgesehen von den in Sobibor selbst eingesetzten Arbeitsjuden sowie 
jener geringen Zahl von Haftlingen, die sofort in Arbeitslager iiberstellt wurden - samtliche An- 
kommlinge sofort ermordet worden seien; die sich aufgrund der Dokumentenlage aufdrangenden 
alternativen Erklarungen zog es keine Sekunde lang in Betracht. 

Hier nun die Namen der Verurteilten, das jeweilige Strafmass und die Urteilsbegriindung: 

- Karl Frenzel: Lebenslange Zuchthausstrafe wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord 
an mindestens 150.000 Menschen sowie neunfachen Mordes; 

Franz Wolf: Acht Jahre Zuchthaus wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an min- 
destens 39.000 Menschen; 

Alfred Ittner: Vier Jahre Zuchthaus wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an 
mindestens 68.000 Menschen; 

- Werner Dubois: Drei Jahre Zuchthaus wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an 
mindestens 15.000 Menschen; 

Erwin Lambert: Drei Jahre Zuchthaus wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an 
mindestens 57.000 Menschen; 

- Erich Fuchs: Vier Jahre Zuchthaus wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an we- 
nigstens 79.000 Menschen. ^^^ 

Dass die Urteile ausser im Fall Frenzel im Vergleich zu den den Angeklagten vorgeworfenen 
Verbrechen so mild ausfielen, erklart sich durch den Mechanismus, nach denen Prozesse gegen 
die ehemaligen Angehorigen des Personals der „Vernichtungslager" gefiihrt wurden. Die Gerich- 
te gingen von der Voraussetzung aus, dass die Angeklagten sich nicht freiwillig zum Dienst in 
diesen Lagern gemeldet hatten und bei einer Weigerung, sich an der Aufrechterhaltung der 
„Mordmaschinerie" zu beteiligten, personliche Nachteile bis hin zur Todesstrafe befiirchten 
mussten. Somit wurden ihnen nicht a priori niedrige Beweggriinde unterstellt - und das Vorhan- 
densein solcher war (und ist) ist Voraussetzung fur eine Verurteilung wegen Mordes. Von nied- 
rigen Beweggriinden gingen die Gerichte lediglich aus, wenn ein Angeklagter ihnen zufolge un- 
befohlene Verbrechen veriibt hatten, indem er beispielsweise Arbeitsjuden totete oder misshan- 
delte, oder indem er todgeweihte Juden auf dem Weg zur Gaskammer noch mit der Peitsche 



'^' A. Rtlckerl, NS-Vernichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse, dtv, Frankfurt 1979, S. 153. 

'**" Siehe Artikel 6. 

^^^ A. Rtlckerl, NS-Vernichtungslager. . . , a.a.O., S. 85. Rtlckerl ktlrzt die Namen der Angeklagten ab. Die voUen 

Namen findet man u. a. bei http:/de. wikipedia.org/wiki/Sobibor-Prozess 



58 

schlug. In diesem Fall musste der betreffende Angeschuldigte als „Exzesstater" mit der Hochst- 
strafe rechnen. 

Ob ein SS-Mann in einem „Vemichtungslager" dergleichen „Exzesstaten" begangen hatte, konn- 
te das jeweilige Gericht selbstverstandlich einzig und allein anhand von Zeugenaussagen in Er- 
fahrung bringen. Da es bei keinem dieser Prozesse an Zeugen fehlte, die darauf erpicht waren, 
jedem beliebigen auf der Anklagebank sitzenden SS-Mann die grauenhaftetsten Untaten anzu- 
dichten, konnten die Gerichte die Angeschuldigten folglich nach Belieben unter Druck setzen. 
Schliesslich hing es ganz vom Ermessen der Richter ab, ob sie solche Zeugenaussagen als 
„glaubwurdig" einstuften oder nicht. 

Als eherne Regel gait, dass ein Angeklagter zwar ihm personlich vorgeworfene spezifische 
Verbrechen, nicht aber die Judenvernichtung als solche in Abrede stellen durfte. Letzteres wurde 
als „verstockte Leugnung" eingestuft und zog eine entsprechende Verscharfung der Strafe nach 
sich. Es versteht sich von selbst, dass die Angeschuldigten von ihren Anwalten entsprechend in- 
struiert wurden: Diese zogen es aus opportunistischen Griinden vor, das von der Justiz gezeich- 
nete Bild der „ Vemichtungslager" nicht anzufechten, sondem lediglich auf der personlichen Un- 
schuld ihrer Mandanten zu beharren oder fiir diese zumindest Befehlsnotstand geltend zu ma- 
chen. 

Dies gait natiirlich auch fur den Sobibor-Prozess in Hagen. Somit konnte Adalbert Riickerl un- 
widerlegt schreiben: 

„ Gegen die Vorwurfe eigenhdndiger exzessiver Mordtaten setzten sich die Angeklagten in der 
Hauptverhandlung energisch zur Wehr. Ihre befehlsgemdsse Mitwirkung bei den mit der Mas- 
senvergasung der Juden in Sobibor zusammenhdngenden Vorgdngen bestritten sie nicht. "^'^^ 



b) Der Kronzeuge Erich Fuchs 

Im Lichte dieser Fakten ist auch das Urteil gegen den ehemaligen SS -Unter scharfiihrer Erich 
Fuchs zu sehen, der wegen gemeinschaftlicher Behilfe zum Mord an mindestens 79.000 Men- 
schen vor Gericht stand, jedoch mit vier Jahren Freiheitsstrafe davonkam. Im Marz 1963, also 
lange vor Beginn des Hagener Prozesses, hatte Fuchs bei einer staatsanwaltschaftlichen Ver- 
nehmung folgendes zu Protokoll gegeben: 

„Ichfuhr auf Anweisung des Wirth^^^ mit einem LKW nach Lemberg und holte dort einen Ver- 
gasungsmotor ab, den ich nach Sobibor brachte. Bei meiner Ankunft in Sobibor fand ich in der 
Ndhe des Bahnhofs ein Geldnde vor, auf dem sich ein Betonbau und mehrere feste Hduser be- 
fanden. Das dortige Sonderkommando wurde von Thomalla geleitet Als weitere SS-Angehorige 
waren F., B., Stangl, F., Schwarz, B. u. a. anwesend. Wir luden den Motor ab. Es handelte sich 
um einen schweren russischen Benzinmotor (vermuth Panzermotor oder Motor einer Zugma- 
schine) mit mindestens 200 PS (V-Motor, 8 Zyl, wassergektihlt). Wir stellten den Motor auf ei- 
nen Betonsockel und errichteten die Verbindung zwischen Auspuff und Rohrleitung. Alsdann 
probierte ich den Motor aus. Er funktionierte zundchst nicht. Ich reparierte die ZUndung und die 
Ventile mit dem Erfolg, dass der Motor schliesslich ansprang. Der Chemiker, den ich schon aus 
Belzec kannte, begab sich mit einem Messgerdt in die Gaskammer, um die Gaskonzentration zu 

../■ ,,188 

prujen. 



^^^ A. Rtlckerl, NS-Vernichtungslager . . . , a.a.O., S. 85. 



187 



Christian Wirth, der Inspektor von Belzec, Sobibor und Treblinka. 



^^* A. Rtlckerl, NS-Vernichtungslager. . . , a.a.O., S. 166. 



59 



Anschliessend schilderte E. Fuchs eine „Probevergasung" von 30 bis 40 Jiidinnen'^^. 

Hatten sich die Gerichte bei den zwei Sobibor-Prozessen von 1950 nicht bemiiht, Genaueres 
iiber die Tatwaffe und den Vergasungsablauf in Erfahrung zu bringen, so konnten sich die Hage- 
ner Richter in dieser Hinsicht auf die Aussage des E. Fuchs bemfen. Somit waren die Gaskam- 
mem mitsamt dem Mordinstmment Benzinmotor aktenkundig geworden. Dass Fuchs mehrere 
Mittater bei der Installiemng des Motors sowie der ersten Vergasung nannte und der Justiz somit 
Belastungsmaterial gegen diese Manner lieferte, wird man ihm als zusatzliches Plus angerechnet 
haben. Wir zweifeln nicht im geringsten daran, dass das milde Urteil als Ergebnis eines Kuhhan- 
dels zustande kam, bei dem Fuchs als Gegenleistung fiir die gewiinschten Aussagen eine nach- 
sichtige Behandlung in Aussicht gestellt wurde. 



c) Die Freispriiche 

Von hochstem Interesse ist auch die Frage der beim Hagener Prozess gefallten Freispriiche. 
Adalbert Riickerl ist hier auffallend wortkarg. Er schreibt: 

„Die restlichen fiinf der elf Angeklagten - der zwolfte hatte Selbstmord begangen - waren, wie 
es in der schriftlichen Urteilsbegrundung heisst, wegen unwiderlegter vermeintlicher (putativer) 
Notigungsnotstandslage zu entschuldigen. Sie waren daher mit alien dargelegten Zweifeln, die 
unter den jeweiligen tatsdchlichen Umstdnden bei jedem von ihnen einen nicht unerheblichen 
Tatverdacht fortbestehen lassen, mangels Beweisen freizusprechen. "^^'^ 

Zusatzliche Informationen liefert die Internet-Enzyklopadie Wikipedia, aus der wir die Namen 
der fiinf Freigesprochenen sowie die von der Staatsanwaltschaft gegen sie erhobenen Anklagen 
erfahren: 

Erich Lachmann, angeklagt wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an mindestens 
150.000 Personen; 

- Hans-Heinz Schiitt, angeklagt wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an minde- 
stens 86.000 Personen; 

Heinrich Unverhau, angeklagt wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an minde- 
stens 72.000 Personen; 

- Robert Jiihrs, angeklagt wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an 30 Personen; 
Ernst Zierke, angeklagt wegen gemeinschaftlicher Beihlfe zum Mord an 30 Personen. ^^^ 

Mogen die Freispriiche fiir R. Jiihrs und E. Zierke angesichts der verhaltnismassig geringen Zahl 
von Morden, zu denen sie angeblich gemeinschaftliche Beihilfe geleistet hatten, noch verstand- 
lich sein, so wirken diejenigen fiir E. Lachmann, H. H. Schiitt und H. Unverhau in Anbetracht 
der Schwere der Anklage sehr erstaunlich und stehen zudem im Widerspruch zur Verurteilung 
der Angeklagten Wolf, Ittner, Dubois, Lambert und Fuchs, die selbstverstandlich ebenfalls eine 
„Notigungsnotstandslage" geltend gemacht hatten und denen auch keine Exzesstaten angelastet 
worden waren. 



'**^ Siehe Kapitel 9. 

'* A. Rtlckel, NS-Vernichtungslager... , a.a.O., S. 85/86. 

'^' httpVde. wikipedia.org/wiki/Sobibor-Prozess 



60 

J. Schelvis erklart den Freispruch E. Lachmanns damit, dass das Gericht letzteren als 
„geistig minderbemittelt" eingestuft habe*^^. Sehr viel aufschlussreicher ist, was Schelvis iiber 
Unverhau berichtet: 

„Sowohl im Prozess in Hagen als auch im Belzec-Prozess [der von 1963 bis 1965 in Miinchen 
stattgefunden hatte] wurde er [Urwerhau] freigesprochen. Er war der einzige SS-Mann, der nach 
dem Krieg aus eigenem Antrieh iiber seinen Anted an der Aktion Reinhardt gesprochen hat- 

te. "''' 

In anderen Worten: Unverhau hatte sich den Anklagern des Dritten Reichs schon bald nach 
Kriegsende freiwillig als Zeuge angedient. Dies wurde ihm entsprechend honoriert. Auch der 
Freispruch fiir Schiitt lasst sich mit seiner Bereitschaft erklaren, der Anklage nach dem Mund zu 
reden; beim Prozess ausserte er sich namlich wie folgt: 

„Aufdie Frage, warum ich bei Transporten aufder Rampe stand, erkldre ich, dass ich aus Neu- 
gier dort war. Ich wollte mich von der UnmenschUchkeit der Endlosung Uberzeugen und meine 
Eindriicke nach Berlin melden, um abgelost werden zu konnen. Ich habe mich in Sobibor kei- 
neswegs aktiv [an Verbrechen] beteiligt. Im Gegenteil, ich empfand Ekel iiber die rauhe Art, wie 
die ukrainischen Freiwilligen ans Werk gingen. Die Juden wurden von ihnen oft gestossen und 
geschlagen. Sie traten besonders hart auf. "^^^ 

Dies alles weist darauf hin, dass es beim Sobibor-Prozess in Hagen wie bei den meisten Prozes- 
sen gegen „NS-Tater" in erster Linie um die gerichtliche Festschreibung der angeblichen Mas- 
senmorde ging und dass Angeklagte, die bereit waren, dem Gericht hierbei zu helfen, oft mit ei- 
ner glimpflichen Behandlung rechnen durften. 



d) Die unfassbare Einf alt der Richter 

Mit welch bedenklich geringer Hirnsubstanz die Hagener Richter gesegnet waren, geht daraus 
hervor, dass sie selbst die lacherlichsten Liigen der Zeugen schluckten. Hierzu ein Beispiel: 

„Der Zeuge Moshe B. hat glaubhaft ausgesagt: Wdhrend er als Bedienung im Kasino der Deut- 
schen im Vorlager gearbeitet habe, sei der SS-Scharftihrer B. zu ihm gekommen, habe ihn ohne 
Anlass gefragt, ob er wisse, was im Lager III geschehe. Mit seiner verneinenden Antwort habe 
sich B. nicht zufrieden gegeben. Dieser habe ihm eine leere Konservendose auf den Kopf gelegt 
und mit der Pistole herunterzuschiessen versucht, wdhrenddessen er ihn gefragt habe, ob er 
denn wirklich nichts wisse. "^^^ 

Der Scharfiihrer wusste also nicht, was im Lager III vor sich ging, erwartete aber von einem 
Haftling, dem der Zutritt zu diesem Lagersektor (zumindest laut der herkommlichen Sobibor- 
Version) aufs strengste verboten war, dass er es wusste! Hinter der Abkiirzung „Moshe B." ver- 
birgt sich iibrigens Moshe Bahir, dessen „Glaubhaftigkeit" schon daraus hervorgeht, dass er frii- 



" J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 296. 
'^'Ebenda, S. 301. 



''" Ebenda, S. 299. 

'^^ A. Rucker\,NS-Vermchtungslager..., a.a.O., S. 191. 



61 
her von einer Gaskammer mit einem aufklappbaren Boden gesprochen und behauptet hatte, im 



196 



Februar 1943 sei in Sobibor die Vernichtung der ersten Million Juden gefeiert worden 

Die Legende vom SS-Mann, der Haftlingen Biichsen vom Kopf schoss, grassierte auch 

1 07 1 Q5i 

iiber andere Lager: In Auschwitz soil Gottfried Weise , in Majdanek Anton Thumann mit 
lethalen Folgen fiir die betreffenden Haftlinge ebenfalls „Wilhelm Tell" gespielt haben. 



Es bedarf kaum der Erwahnung, dass auch der alteste Ladenhiiter der Sobibor- 
Greuelpropaganda, der Himmler-Besuch anfang 1943, bei dem der Reichsfiihrer SS einer Verga- 
sung jiidischer Damen beiwohnte, vom Hagener Gericht zur „zweifelsfreien" Tatsache verklart 
wurde: 

„ Tatsdchlich war Himmler in jener Zeit, mit einiger Sicherheit sogar genau am 12. Februar 
1943, in Sobibor. Dies hat das Gericht zweifelsfrei nach den Einlassungen der Angeklagten, die 
damals zur Lagermannschaft gehorten, den Aussagen der dazu als Zeugen vernommenen ehema- 
ligen Haftlinge wie auch nach dem tiberzeugenden Gutachten des Sachverstdndigen Dr. Scheff- 
ler feststellen konnen. [...] Zu Himmler s Ehren wurde damals in Sobibor aus irgendeinem Ar- 
beitslager eine Gruppe junger, ansehnlicher jiidischer Frauen herbeigeschafft und zu seiner 
,Schau ' vergast. "^^^ 

Mit der Formulierung, die Opfer seien „aus irgendeinem Arbeitslager herbeigeschafft" worden, 
driickte sich das Gericht um die Beantwortung der Frage, woher die betreffenden Frauen kamen. 
Hierfur gab es einen triftigen Grund: Die meisten Zeugen behaupten, man habe die Opfer aus 
Lublin nach Sobibor gebracht, doch laut Moshe Bahir kamen sie aus Trawniki und laut Toivi 
Blatt aus Wlodawa^*"'. T. Blatt sorgte beim Hagener Prozess iibrigens dadurch fur Schlagzeilen, 
dass er zwei angeblich auf dem ehemaligen Lagergelande von Sobibor gefundene Zopfe werbe- 
wirksam auf den Zeugentisch im Gerichtssaal warf^°\ 



e) Die unruhmliche RoUe Erich Bauers 

Zuletzt miissen wir leider noch auf die unruhmliche Rolle hinweisen, die Erich Bauer im Vorfeld 
des Hagener Prozesses gespielt hat. Nachdem ihn die Abschaffung der Todesstrafe vor dem 
Fallbeil bewahrt hatte, versuchte Bauer seine Freiheit zu gewinnen, indem er seine ehemaligen 
Kameraden belastete. Unter anderem zeichnete er zu Handen des Hagener Gerichts eine Karte 
von Sobibor mit „Gaskammer"^*'^ und gab Erklarungen wie die folgende ab: 

„Ich schdtze die Zahl der in Sobibor vergasten Juden aufetwa 350.000 Menschen. In der Kanti- 
ne in Sobibor habe ich einmal ein Gesprdch zwischen Frenzel, Stangl und Wagner mitgehort. Sie 
sprachen iiber die Zahl der Opfer in den Vernichtungslagern Belzec, Treblinka sowie Sobibor 
und dusserten aus Konkurrenzgrtinden ihr Bedauern, dass Sobibor an letzter Stelle rangier- 

te. "''' 



'''^ Siehe Kapitel 5. 

'^^ Claus Jordan, „Politik und Rechtssprechung. Ei n Fallbeispiel", in: Ernst Gauss (Hg.), Grundlagen zurZeitge- 

schichte, Grabert Verlag, Tubingen 1993. 

''** Tadeusz Mencel {Hg.), Majdanek 1941-1944, Wydawmctwo Lubielskie, Lublin 1991, S. 167- 

'*A. Rilckerl, A'S-rerw/ctewgs/ager..., a.a.O., S. 193/194. 

-°° Siehe Kapitel 5. 

'°' http:/www.klick-nach-rechts-de/ticker/20031 1/sobibor.htm 

"°' A. Rtlckerl, NS-Vernichtungslager . . . , a.a.O., S. 158-161. 

' ^ J. Schelvis, Vemichtungs lager Sobibor, a.a.O., S. 238. 



62 



Es heisst, der Verrater pflege zwar Lohn, aber keinen Dank zu ernten. Erich Bauer erntete weder 
Lohn noch Dank. Er starb im Jahre 1980 als Neunundsiebzigjahriger nach einunddreissigjahriger 
Haft hinter Gittern - well zwei Liigner namens Samuel Lerer und Esther Raab beschlossen hat- 
ten, ihn zum „Gasmeister" zu ernennen, und well ein Gericht in Berlin beschlossen hatte, diesen 
Zeugen aufs Wort zu glauben. Schliesslich hatten sie ihre Aussagen ja unter Eid abgelegt! 



Kapitel 12 

Sobibor als Prozessgegenstand in Israel, der UdSSR, Brasilien und 

Osterreich 

a) Ein Sobibor-Zeuge beim Eichmann-Prozess in Jerusalem 

Am 5. Juni 1961 gab ein ehemaliger Sobibor-Haftling namens Yaakov Biskovitz beim Eich- 
mann-Prozess in Jerusalem folgendes zu Protokoll: 

„Ich sah die Gaskammer nicht von innen, ich sah lediglich von aussen, dass sie ein stark hervor- 
springendes Dach hatte, dass sich der Fussboden ofjhete und die Leichen hinabfielen. [. . .] Un- 
terhalb der Gaskammer gab es eine Grube, die bereits Leichen enthieh "^^^. 

Wie erinnerlich war die Version von dem aufklappbaren Fussboden der Gaskammer, durch den 
die Leichen der Vergasten wahlweise in einen Eisenbahnwaggon, einen Keller oder eine Grube 
fielen, von den offiziellen Historikem bereits 1947 in die Rumpelkammer der Geschichte ver- 
bannt worden^*'^. Dass Yaakov Biskovitz dergleichen noch 1961 zum besten geben durfte, be- 
weist, dass es die israelischen Instanzen, die den Schauprozess gegen Adolf Eichmann inszenier- 
ten, nicht fur notig hielten, ihre Zeugen im Sinne der „Erkenntnisse der Zeitgeschichtsforschung" 
zu instruieren, ehe sie in den Zeugenstand traten. Offenbar rechnete man in Israel nicht damit, 
dass skeptische Beobachter die Erzahlungen der Zeugen einer kritischen Uberpriifung unterzie- 
hen wiirden. 



b) Die drei Sobibor-Prozesse in der Sowjetunion 

In der UdSSR fanden drei Prozesse gegen ehemalige ukrainische Wachter des Lagers Sobibor 
statt. Hinsichtlich des ersten ist es uns nicht gelungen, die Zahl der Angeklagten, das Datum des 
Verfahrens sowie den Ort, wo es stattfand, in Erfahrung zu bringen. Die Website „Aktion Rein- 
hard Camps" liefert zu diesem Prozess lediglich folgende, lakonische Information: 

„Einige der ukrainischen Wachter, die in Sobibor gedient hatten, wurden in der UdSSR vor Ge- 
richt gestellt. Zu ihnen gehorten W. Bielakow, M. Matwijenko, I. Nikfor, W. Podienko, F. Ticho- 
nowski, Emanuel Schultz und J. Zajcew. Sie wurden fiir schuldig gesprochen und ftir ihre 
Verbrechen hingerichtet. "^'^"' 



"°'' Der Prozess gegen Adolf Eichmann, 65. Verhandlung; in; State of Israel. The Trial of Adolf Eichmann. Record of 

Proceedings in the District Court of Jerusalem. Jerusalem 1993, Vol. Ill, p. 1 188. 

-°^ Siehe Kapitel 4. 

''^ www. deathcamps. org/sobibor/sobibortrials. html 



63 

Der zweite sowie der dritte Prozess fanden im April 1963 bzw. im Juni 1965 in Kiew statt. Beim 
Verfahren von 1963 wurden zehn Angeklagte zum Tode durch Erschiessen und ein elfter zu 15 
Jahren Freiheitsentzug vemrteilt; bei jenem von 1965 fallte die sowjetische Justiz drei Todesur- 
teile. Laut der Website „Aktion Reinhard Camps"^*'^ trat A. Petscherski beim ersten, laut B. Di- 
stel^"^ bei beiden Prozessen in Kiew als Zeuge der Anklage auf. Alexander Aronowitsch Pet- 
scherski durfte sich also riihmen, mit seinen Liigen zehn - bzw. dreizehn - Manner vor ein Er- 
schiessungskommando und einen weiteren Mann fiir anderthalb Jahrzehnte hinter Gitter gebracht 
zu haben. Ehre, wem Ehre gebiihrt! 

c) Franz Stangl, Gustav Wagner und der Belastungszeuge Stanislaw 
Szmajzner 

Der - spater nach Treblinka versetzte - erste Kommandant von Sobibor, Franz Stangl, sowie der 
wahrend des Krieges ebenfalls in Sobibor stationierte SS-Oberscharfiihrer Gustav Wagner emi- 
grierten nach dem Krieg nach Brasilien. 

Stangl wurde 1967 auf Betreiben Simon Wiesenthals festgenommen und an die BRD 
ausgeliefert. Gustav Wagner stellte sich 1978 in Sao Paolo freiwillig der Polizei, nachdem Wie- 
senthal eine Treibjagd auf einen falschen Wagner eroffnet hatte. Wie die Zeitung Folha de Sao 
Paulo am 2. Juni 1978 berichtete, bestritt er energisch, dass es in Sobibor Gaskammern gegeben 
hatte^°^. Nach voriibergehender Inhaftierung wurde Wagner auf freien Fuss gesetzt. Nicht weni- 
ger als vier Staaten (Israel, Polen, Osterreich und die BRD) verlangten seine Auslieferung, aber 
die brasilianischen Gerichte lehnten samtliche Antrage ab^^*^. 

Bei den Auslieferungsverfahren gegen Stangl und Wagner trat der (1947 nach Brasilien 
ausgewanderte) polnische Jude und ehemalige Sobibor-Haftling Stanislaw Szmajzner als Bela- 
stungszeuge auf^^V Somit hat Szmajzner eine nicht zu unterschatzende Rolle gespielt, und es be- 
steht Grund genug, sein 1968 erschienenes Buch Inferno em Sobibor^ ^^ („Holle in Sobibor") et- 
was genauer unter die Lupe zu nehmen, obwohl es lediglich auf Portugiesisch existiert und nie 
vollstandig in eine andere Sprache iibersetzt worden ist^^''. Letzteres begreift man ohne weiteres: 
Szmajzners Darstellung von Sobibor weicht dermassen stark vom offiziellen Bild des Lagers ab 
und enthalt dermassen peinliche Passagen, dass es offenbar nicht einmal die gemeinhin auf die 
Verbreitung dieser Art von Literatur spezialisierten Verlage fur ratsam erachteten, es iiber die 
Grenzen der portugiesischsprachigen Lander hinaus bekannt zu machen. 

Seinen eigenen Angaben zufolge wurde Szmazjner im Mai 1942 aus Oppeln nach Sobi- 
bor deportiert, wo er als Goldschmied arbeitete und Schmuckstiicke fur die „Szarfuehrer" 
(Szmajzners Schreibweise) sowie sonstigen SS-Manner anfertigte. Er wusste lange Zeit nicht, 
was im Lager 3 vor sich ging, doch eines Tages erhielt er von seinem dort arbeitenden Freund 
Abrao eine Botschaft folgenden Inhalts: 

„Lieber Bruder. Ich habe dich gebeten, das Kadisch nicht nur fiir deine Eltern, sondernfur alle 
zu beten. So wisse denn, dass von der Masse von Jtiden, die diirch das Lager 1 geht und sich ins 



-°^ Ebenda. 

-°^ B. Distel, „Sobibor", a.a.O., S. 400. 

'°' Thomas Kues, „A List of the Conveniently Deceased", www.codoh.com/author/kues.html 

'^°http:/de. wikipedia.org/wiki/Gustav_W agner_(SS-Mitglied) 

'^' Julius Schelvis, J'ernietigingskamp Sobibor, a.a.O. (siehe Artikel 2), S. 300, 302. 

'^' Stanislaw Szmajzner, Inferno em Sobibor, Edi96es Bloch, Rio de Janeiro 1968. 

'^^ Auf der Intemet-Seite www.holocaustresearchproiect.org/ar/sobibor/szmaizner.html findet sich eine teilweise 

Ubersetzung ins Englische, von der allerdings angegeben wird, dass sie aus dem Polnischen stammt. Die Quelle 

wird nicht genannt. Vermutlich verwendete Szmajzner fiir sein in portugiesischer Sprache erschienenes Buch eine 

polnische Vorlage. 



64 

Lager 2 begibt, fast niemand mehr am Leben ist. Von alien bisher eingetroffenen Transporten ist 
nur noch eine Heine Gruppe fur allgemeine Arbeiten ubrig, zu der durch ein Wunder auch ich 
noch gehore. 

Nachdem die Tausenden von Juden das Tor durchschritten haben, von dem du gespro- 
chen hast, durchqueren sie einen langen Korridor und betreten das Lager 2. Dort nimmt man 
ihnen ihre letzten Habseligkeiten ab; sie miissen sich nackt ausziehen und werden dann in eine 
grosse Baracke gefiihrt, unter dem Vorwand, sie miissten baden. Diesen Ort betreten Hunderte 
von Personen aufeinmal. 

Wenn die Baracke voll ist, wird die Tiire geschlossen und dann hermetisch versiegelt. An- 
schliessend setzt man einen grossen Dieselmotor in Betrieb, dessen Auspuffrohr durch eine Off- 
nung in einer Wand fUhrt, damit die Abgase ins Innere dringen, bis alle erstickt sind" (S. 
152/153). 

Wie bereits friiher erwahnt, wird die - technisch vollig ungeeignete - Tatwaffe Dieselmotor von 
der offiziellen Geschichtswissenschaft zwar fiir Belzec und Treblinka anerkannt, nicht aber fiir 
Sobibor.^^"* Laut Szmajzners Gewahrsmann Abrao wurde der Dieselmotor spater aufgegeben und 
durch Zyklon-B ersetzt (S. 190/191). Neben irgendeinem Joseph Tennenbaum^'^ ist Szmajzner 
unseres Wissens der einzige, der vom Einsatz von Zyklon-B in Sobibor spricht. 

Zu den Verriicktheiten, die Szmajzner seinen Lesern zumutet, gehoren unter anderen folgende: 

- Der ca. achtzehnjahrige Jude Franz, der friiher im Ghetto von Oppeln gelebt hatte, war einst 
ein „braver Bursche" gewesen, doch „sobald ihm die Nazis das Kommando fiber die Juden 
im Lager 3 iibertrugen, dnderte sich seine Personlichkeit radikal". Es kam so weit, dass er 
sich ,fiir einen echten Deutschen, jaftir einen unbeugsamen Verteidiger des Nazismus hielt. 
Er fund, die jtidische Rasse mtisse ausgerottet werden, und seine sichtbare Paraonoia er- 
reichte ein solches Ausmass, dass er seine Pflichten mit einem Sadismus ausfUhrte, den nicht 
einmal die Deutschen selbst erreichten " (S. 192). 

- Manchmal wurden in Sobibor bis zu 8.000 Juden taglich getotet (S. 223). Die Gesamtzahl 
der Opfer belief sich auf fast zwei Millionen (S. 270). 

Im Herbst 1942 wurde ein „Walt-Kommando" (Szmajzners Schreibweise) geschaffen, des- 
sen Aufgabe darin bestand, Baume zu fallen und Holz zu hacken, denn da ,,der Ofen stets 
brannte, erforderte er riesige Mengen Brennstoff" (S. 207). Die Angehorigen dieses „Walt- 
Kommandos" mussten zermiirbende Knochenarbeit leisten, doch bestand ihre Tagesration 
nur aus einem einzigen Stiick Brot, „denn die Deutschen hielten sie fiir stark genug, die ge- 
waltige Arbeit ohne entsprechende Nahrung zu leisten " (S. 23 1/232). 

Die nach Sobibor deportierten deutschen Juden hatten zwar „unter dem Nazismus schreck- 
lich gelitten, glaubten aber immer noch an den FUhrer und seine Bande" (S. 230). Deshalb 
„ bemtihten sie sich eifrig, mit den Ungeheuern zusammenzuarbeiten " (S. 23 1). 

Neben solchen Absurditaten enthalt Szmajzners Buch allerdings zumindest eine glaubhafte Pas- 
sage: 



-^^ Siehe Kapitel 5. 

"^^ J. Tennenbaum, In Search of a Lost People: The Old and the New Poland, The Beechhurt Press, 1 948, S. 285, 
zitiert nach Paul Grubach, „The ,Nazi Extermination Camp' of Sobibor in the Context of the Demjanjuk Case", 
http : /www . inconvenienthi story . com/ 



65 

„Ich war ubrigens bereits zu einem eingefleischten Wodka-Konsumenten geworden. [...]& be- 
reitete mir keinerlei Schwierigkeiten, mir eine Flasche zu besorgen, und sei es durch die gefdhr- 
lichen Stacheldrahtverhaue hindurch. Ich gestehe dem Leser, dass ich in Sobibor genugftir den 
Rest meines Lebens trunk" (S. 222). 

Diese Aussage glaubt man dem Verfasser aufs Wort. So viel zu dem Mann, der in Brasilien als 
Belastungszeuge gegen Stangl und Wagner auftrat. 

Franz Stangl wurde im Dezember 1970 in Diisseldorf wegen Mordes an „mindestens 400.000" 
Juden zu lebenslanger Haft verurteilt. Er focht das Urteil an. Wahrend des Berufungsverfahrens 
empfmg er die Joumalistin Gitta Sereny mehrfach zu langen Gesprachen in seiner Zelle. Am 28. 
Juni 1971 schied er jah vom Lichte. Nach seinem Ableben schrieb G. Sereny ihr Buch Into That 
Darkness, das als Klassiker der „Holocaust"-Literatur gilt. Ihrer Darstellung zufolge hatte Stangl 
die ihm angelasteten Massenmorde in Sobibor und Treblinka bei diesen Unterredungen vollum- 
fanglich eingestanden. Den Beweis dafiir blieb G. Sereny ihren Lesern freilich schuldig; eine 
Tonbandaufzeichnung ihrer Gesprache mit Stangl existiert namlich nicht, und da von einem To- 
ten kein Dementi zu erwarten war, konnte sie dem ehemaligen Kommandanten von Sobibor und 
Treblinka in den Mund legen, was ihr gerade einfiel. 
Uber ihr letztes Treffen mit Stangl berichtet G. Sereny gar Interessantes: 

„Der letzte Tag, den ich mit Stangl verbrachte, war Sonntag, der 27. Juni 197 L Er hatte sich 
wahrend eines grossen Teils jener Woche leicht unwohl gefUhlt und litt an Magenbeschwerden. 
An diesem Tag hatte ich ihm eine spezielle Suppe in einer Thermosflasche gebracht. Es war eine 
osterreichische Suppe, die ihm, wie er sagte, seine Frau zu kochen pflegte, wenn er sich unwohl 
fiihlte. Als ich nach einer halbstUndigen Mittagessensspause ins Gefdngnis zuriickkehrte, sah er 
wie verwandelt aus - er war in guter Stimmung, seine Gesicht war glatt, seine Augen frisch. ,Ich 
kann Ihnen gar nicht sagen, wie w under bar ich mich plotzlich fiihle ', sagte er. ,Ich habe diese 
wundervolle Suppe gegessen und mich dann hingelegt Und ich habe mich so gut ausgeruht wie 
nie zuvor. Ach, ich fiihle mich wunderbar ', wiederholte er. "^^^ 

Einen Tag spater weilte Franz Stangl, dem G. Serenys Suppe so trefflich gemundet hatte, bereits 
nicht mehr unter den Lebenden; die Meisterkochin konnte nun die Kelle mit der Feder vertau- 
schen und ihr Buch schreiben, ohne ein Dementi befiirchten zu miissen. Wir iiberlassen es dem 
Leser, die sich aufdrangenden Schlussfolgerungen aus diesen nackten Fakten zu ziehen. 

Gustav Wagner beging nach der Ablehnung der gegen ihn gerichteten Auslieferungsantrage im 
Oktober 1980 angeblich „Selbstmord durch Erstechen". J. Schelvis bezeichnet die Selbstmord- 
these als „offizielle brasilianische Version" und fiigt hinzu: 

„Szmajzner Hess durchblicken, dass er bei Wagners Tod nicht unbeteiligt gewesen war"^^'^. 

Einzelheiten iiber den Mord enthiillt Shaindy Perl: 

„ Wagners Sieg [die Weigerung der brasilianischen Justiz, ihn auszuliefem] war kurzfristiger 
Art; er konnte den Rdchern nicht au/Dauer entrinnen. Eines Tages im Jahre 1980 wurde er au- 
sserhalb seines Hauses iiberfallen und umgebracht Die Angreifer liessen seinen verstUmmelten 
Leichnam auf seinem Grund und Boden zurtick und verschwanden, ohne Spuren zu hinterlas- 

«218 

sen 



'^^ G. Sereny, Into that darkness, a. a. O., S. 362. 

' J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 302. 
-^^ S. Perl, Tell the World, a.a.O., S. 232. 



66 



d) Der ratselhafte Tod des Hermann Julius Hofle oder der Sobibor- 
Prozess, der niemals stattfand 

Im Gegensatz zu den Angeklagten bei den Sobibor-Prozessen in Berlin, Frankfurt und Hagen, 
die wahrend des Krieges lediglich subalterne Positionen bekleidet hatten, war der Mann, der 
1962 wegen der Geschehnisse in Sobibor, Belzec und Treblinka in Wien vor Gericht kommen 
sollte, ein Funktionstrager weitaus hoheren Ranges gewesen. Der 1911 geborene Hermann Julius 
Hofle war „Referent fiir Judenangelegenheiten - Aktion Reinhardt" in Lublin und Stellvertreter 
des SS-und Polizei chefs von Lublin, Odilo Globocnik. Er war es, der im Januar 1943 in einem 
Funkspruch vermeldete, dass bis Ende 1942 insgesamt 1.274.166 Personen nach „B.", „S." und 
„T." verbracht worden waren. Auch ein anderes Schliisseldokument iiber die Judendeportationen 
ist mit seinem Namen verbunden. Am 17. Marz 1943 verfasste Ernst Reuter, ein Angestellter der 
Abteilung Bevolkerungswesen und Fiirsorge des Amtes des Generalgouvemeurs des Distrikts 
Lublin, einen Vermerk, in dem er unter Berufung auf eine am Vortag mit Hofle gefiihrte Unter- 
redung festhielt: 

„Mit Hstuf. Hofle vereinbarte ich fiir Montag, den 16. 3. 42, eine Unterredung, und zwar um 
17.30 Uhr. Im Laufe der Unterredung wurde von Hstuf. Hofle folgendes erkldrt: 

Es ware zweckmdssig, die in den Distrikt Lublin kommenden Judentransporte schon auf 
der Abgangsstation in arbeitseinsatzfdhige und nicht arbeitseinsatzfdhige Juden zu unter teilen. 
[...] Nichteinsatzfdhige Juden kommen sdmtlich nach Bezec [richtig: Belzec], der dussersten 
Grenzstation im Kreise Zamosc.[. . .] Anschliessend erkldrte er [Hofle], er konne tdglich 4-5 
Transporte zu 1.000 Juden mit der Zielstation Bezec aufnehmen. Diese Juden kdmen tiber die 
Grenze und wiirden nie mehr ins Generalgouvernement zuriickkehren. "^^^ 

Der Wortlaut dieses Vermerks lasst keinen Spielraum fur Interpretationen offen: Hofle hatte 
Reuter erklart, nicht arbeitsfahige Juden wiirden via Belzec - das wie Sobibor im aussersten Os- 
ten Polens liegt - iiber die nahe Grenze deportiert, d. h. in die Ukraine. Dies belegt klipp und 
klar, dass Belzec ein Durchgangslager war. Da Hofle in seinem Funkspruch „B." (Belzec), „S." 
(Sobibor) und „T." (Treblinka) in einem Atemzug genannt hatte, ergibt sich daraus zwangslau- 
fig, dass es sich auch bei Sobibor und Treblinka um Durchgangslager handelte. Halt man sich 
vor Augen, dass Himmler Sobibor in seinem Rundschreiben von 5. Juli 1943 ausdriicklich als 
„Durchgangslager" bezel chnet hatte und dass es im Korherr-Bericht hiess, bis Ende 1942 seien 
1.274.166 Juden „durch die Lager im Generalgouvernement durchgeschleust" worden, so fiigen 
sich die Steine zu einem immer vollstandigeren Mosaik zusammen. 

Hermann Hofle war 1945 in englische Kriegsgefangenschaft geraten und 1947 der osterreichi- 
schen Justiz iibergeben, jedoch von dieser schon bald wieder freigelassen worden. 1961 wurde er 
erneut verhaftet, und es wurde ein Prozess gegen ihn vorbereitet. Am 20. August 1962, kurz vor 
dem Beginn des geplanten Verfahrens, erhangte er sich in einem Gefangnis in Wien^^*^. So lautet 
zumindest die offizielle Version, an der freilich Zweifel angebracht sind. 

Das nach Hofles Festnahme gegen ihn gesammelte Material fiillte zwar neun Bande, doch: 



' Jozef Kermisz, Dokumenty i materialy do dziejow okupacji niemieckiej w Polsce, Band II, Warschau-Lodz- 

Krakaul946, S. 32ff. 

"'°http:/www. aktionreinhardcamps.org/reinhard/hoefIe_de/html 



67 

„Die Staatsanwaltschaft Wien hatte es bis zu diesem Zeitpunkt nicht geschafft, das umfangreiche 
Material zu einer Anklageschrift zu verarbeiten. "^^^ 

Hieraus lasst sich schliessen, dass Hofle die vom Gericht behaupteten Judenvergasungen in den 
„ostlichen Vemichtungslagern" bestritten hat, denn hatte er ein entsprechendes Gestandnis abge- 
legt, ware es fiir die Anklage ein Leichtes gewesen, „das umfangreiche Material zu einer Ankla- 
geschrift zu verarbeiten"! Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat Hofle, der bestens iiber den wahren 
Charakter dieser Lager Bescheid wusste, gegeniiber der osterreichischen Justiz darauf beharrt, 
dass es sich urn Transitlager gehandelt hatte und die Ausrottungsgeschichten nichts als Propa- 
ganda war en. 

Angesichts der bedeutenden Rolle, die Hofle bei den Judendeportationen gespielt hatte, musste 
ein Prozess gegen ihn zwangslaufig grosse Internationale Resonanz erwecken. Einen Angeklag- 
ten Hofle, der vor Joumalisten aus aller Welt kundtat, was in Belzec, Sobobor und Treblinka 
wirklich geschehen war, konnte die osterreichische Justiz einfach nicht brauchen. Unter diesen 
Umstanden halten wir es fiir sehr wahrscheinlich, dass Hermann Hofle nicht durch Selbstmord 
aus dem Leben geschieden, sondern liquidiert worden ist. 



Kapitel 13 

Die vergebliche Suche nach dem Vergasungsgebaude 



a) Die Ausgangslage 

Nach dem bisher Dargelegten ist klar, dass es fiir die angeblichen Judenvergasungen in Sobibor 
nicht die Spur eines Beweises gibt. Gehen wir nun einen Schritt welter und wenden wir uns der 
Frage zu, ob solche Vergasungen iiberhaupt stattfmden konnten. Dies war nur unter der Bedin- 
gung moglich, dass im Lagersektor 3 tatsachlich ein Vergasungsgebaude existierte, wie die or- 
thodoxen Historiker behaupten. 

Der fiihrende Sobibor-Experte der offiziellen Geschichtswissenschaft, Julius Schelvis, zitiert zu 
Beginn seines Kapitels iiber die "Gaskammern" den Polen Stanislaw Kozak, der seinen eigenen 
Angaben zufolge beim Bau des ersten "Vergasungsgebaudes" von Belzec mitgewirkt hatte. Bei 
diesem handelte es sich laut Kozak um 

"ein Gebdude von 12 x 8 m, das mit holzernen Wdnden in drei Teile untergliedert war, wodurch 
jeder Teil ungefdhr 4 m breit und 8 m lang wurde. Die Hohe betrug ca. zwei Meter. " 

Die ersten Gaskammern in Sobibor wurden laut Schelvis 



222 



"nach dem urspriinglichen Modell von Belzec gebaut. Die Einteilung und die Masse waren die- 



selben "^^''. 



Doch 



''^ www.nachkriegsjustiz.atyprozesse/geschworeneng rezeption.pdf 

J.Schelvis, Vemietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 116. 
--'Ebenda, S. 120. 



68 

"nach einigen Monaten erwies es sich, dass die Gaskammern sowohl in Belzec als auch in Sobi- 
bor ersetzt werden mussten. Die holzernen Wdnde und das Dach war en durch den Schweiss, den 
Urin und die Exkremente der Opfer stark angegriffen. Es mussten neue Gaskammern aus Stein 
gebaut werden, mit einer grosser en Kapazitdt... "^^'^ 

Das alte Vergasungsgebaude wurde laut Schelvis allerdings nicht ganzlich abgerissen, sondern 
lediglich "umgebaut"^^^. Wie dies praktisch moglich war, wenn das alte Gebaude aus Holz und 
das neue aus Stein bestand, ist nicht ganz klar. 

Das Ergebnis dieses "Umbaus" schilderte der ehemalige SS-Mann Franz Hodl, auf den sich 
Schelvis beruft, wie folgt: Das Gebaude war nun ungefahr 18 m lang, bestand aus Beton und 
wurde durch einen Gang in zwei Telle untergliedert. Auf beiden Seiten des Korridors befanden 
sich Jewells "drei odervier Vemichtungsraume".^^'^ 

Im Gegensatz zu Hodl legte sich das Gericht beim Sobibor-Prozess in Hagen auf sechs je 4 x 4 
m grosse Kammem fest^^''. Uber die Grosse des Gebaudes machten die Richter keine Angaben, 
doch wenn auf jeder Seite des Korridors drei je vier Meter lange und vier Meter breite Kammern 
lagen, spricht die Logik dafiir, dass die Lange des Bauwerks ca. 14 Meter und seine Breite ca. 10 
m kaum iiberschritten haben diirfte. 

Die polnische "Hauptkommission zur Untersuchung der deutschen Verbrechen in 
Polen" fiihrte nach Kriegsende Ermittlungen auf dem Gelande des ehemaligen Lagers durch, die 
jedoch iiberaus oberflachlich ausfielen. Beziiglich des ominosen Gebaudes im Lagersektor 3 
schrieb die Kommission: 

"An den Stellen, wo laut den Zeugenaussagen das Gebaude mit den Gaskammern stand, wurde 
eine bestimmte Menge Schutt gefunden. "^^^ 

Das war's denn schon! 



b) Professor Andrzej Kola 

Mehr als funf Jahrzehnte sollten verstreichen, ehe auf dem Lagergelande Sobibor archaologische 
Untersuchungen durchgefuhrt wurden, welche diesen Namen verdienten. Diese Aufgabe iiber- 
nahm in den Jahren 2000 und 2001 ein Team unter der Leitung des Archaologieprofessors Andr- 
zej Kola von der Universitat Torun, der zuvor bereits ahnliche Forschungen in Belzec geleitet 
hatte^^^. Die Ergebnisse der Bohrungen und Grabungen in Belzec wurden freilich weder inner- 
halb noch ausserhalb Polens an die grosse Glocke gehangt - wer wissen will, warum, liest mit 
Vorteil Carlo Mattognos Buch iiber Belzec^^*^, in dem Prof Kolas Resultate eingehend analysiert 
werden. 



^^^ Ebenda, S. 123. 

'^^ Ebenda. 

--"^ Ebenda, S. 125. 

~^ A. Rtlckerl, NS-Vemichtungslager... , a.a.O., S. 172/173. 

"Oboz zaglady w Sobiborze", in.Biuletyn Glownej Komisji Badania Zbrodni Niemieckich w Polsce, Nr. Ill, Po- 
sen 1947, S. 50. 

Andrzej Kola, Belzec. The Nazi Camp for Jews in the Light of Archaeological Sources. Excavations 1997-1999, 
The Council for the Protection of Memory of Combat and Martyrdom/United States Holocaust Memorial Museum, 
Warschau- Washington 2000. 

~ Carlo Mattogno, Belzec. Propaganda, Zeugenaussagen, archaologische Untersuchungen, historische Fakten, 
Castle Hill Publishers, Hastings 2004. 



69 



Noch weniger Resonanz loste der Artikel aus, in dem Prof. Kola die Ergebnisse seiner Untersu- 
chungen in Sobibor zusammenfasste^'V Im Gegensatz zu seiner Broschiire iiber Belzec, die 
zweisprachig (polnisch und englisch) erschienen war, wurde sein Artikel iiber Sobibor offiziell 
in keine westliche Sprache iibersetzt und blieb ausserhalb Polens ganzlich unbeachtet. J. Schelvis 
wiirdigt ihn in seinem Standardwerk iiber Sobibor keines einzigen Wortes. Der Grund fiir dieses 
merkwiirdige Schweigen wird sich bald in aller Klarheit zeigen. 

Wie nicht anders zu erwarten, legt Prof. Kola eingangs das verlangte Bekenntnis zum reinen Ho- 
1 ocau st-Gl aub en ab : 

«Das Ziel der archdologischen Untersuchungen besteht darin, die Topographie des Lagers 
als Grundlage fiir ein echtes undwUrdiges Gedenken an die Opfer des Holocaust zu rekon- 
struieren; dazu gehort die Ausarbeitung eines angemessenen Projektes fiir das Gedenken. 
Wichtig fiir die heutzutage in Sobibor bestehende Filiale des Museums von Wlodawa ist 
auch das Auffmden von authentischen Gegenstdnden, welche den aus vielen Ldndern Eu- 
ropas zur Vernichtung nach Sobibor geschickten Juden gehorten, sowie von Gegenstdnden, 
die Zeugnis vom Leidensweg der Opfer ablegen oder mit der Organisation der Massenver- 
nichtung selbst in Zusammenhang stehen "^''^. 

Die Aufgabe des von ihm geleiteten Archaologenteams bestand laut Prof Kola in einer sorgfal- 
tigen Untersuchung des Lagers III, wo die Massenvernichtung stattgefunden haben soil. Dazu 
fiihrt er folgendes aus: 

«Uber die Struktur des Lagers III wissen wir nichts, da hierzu keine Augenzeugenberichte 
vorliegen und die Spuren verwischt worden sind. Dort befanden sich eine Gaskammer 
(bzw. Gaskammern), die Baracken fur die deutsche, ukrainische und jUdische Belegschaft 
sowie Baracken, in denen die Habseligkeiten der ins Lager eingelieferten Juden aufbe- 
wahrt wurden, ferner eine Friseurbaracke, aber auch die Stellen, wo die - schdtzungsweise 
iiber 200.000 - Opfer begraben wurden. Ausserdem Idsst sich verschiedenen Berichten 
entnehmen, dass es ein Gleis gab, das von der Eisenbahnrampe im Lager I durch das La- 
ger II ins Lager III fuhrte. Aufdiesem Gleis kursierten mit Hdftlingen vollgepferchte Wag- 
gons, welche kranke und gebrechliche Juden ins Lager III schafften. Wo diese Bahnlinie 
verlief wissen wir nicht. " 

Prof Kolas Behauptung, wonach iiber die Struktur des Lagers III keine Augenzeugenberichte 
vorlagen, entspricht nicht den Tatsachen: Wie an friiherer Stelle erwahnt, hatte Erich Bauer im 
Vorfeld des Hagener Prozesses eine Karte dieses Sektors gezeichnet^^''. Beziiglich der Grosse 
und Struktur des "Gaskammergebaudes" verfiigt man, wie wir eben gesehen haben, sehr wohl 
iiber "Augenzeugenberichte". Prof Kola vermeidet es jedoch tunlichst, die Ergebnisse seiner 
Bohrungen und Grabungen mit diesen Zeugenaussagen zu vergleichen. 

Wie Prof Kola eingangs darlegt, wurde das ehemalige Lagergelande sowie dessen unmittelbare 
Umgebung - eine rechteckige Zone von 700 x 900 m Flache - von seinem Team in 63 Hektare 
untergliedert, die Nummern von I bis LXIII erhielten. Den konkreten Ablauf der Untersuchun- 
gen schildert der Archaologieprofessor wie folgt: 



'^' Andrzej Kola, "Badania archeologiczne terenu bylego obozu zaglady Zydow w Sobiborze", in: Przeszlosc i Pa- 
miec. Biuletyn Rady Ochrony Pamieci Walk i Meczestwa, No. 4(21) 2001, S 1 15-122. 



'^' Ebenda. 

-^^ Siehe Artikel 11. 



70 

«Das Programm der archdologischen Untersuchungen in Sobibor sah zwei Arbeitsphasen 
vor, eine im Fruhling und eine im Herbst 2001. Die erste, sechswochige Phase fiel in den 
Zeitraum vom 1 7. April bis zum 9. Juni; in dieser Zeit wurden, ausgehend vom mutmassli- 
chen Lagersektor III, Untersuchungen durchgejuhrt, welche die archdologische Struktur 
des Lagers erhellen sollten. Anno 2000 waren im Rahmen erster Untersuchungen bei ei- 
nem Grabhtigel, der in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts zur Erinnerung an 
die Tragodie der dort ermordeten Juden errichtet warden war, archdologische Sondierun- 
gen vorgenommen worden, bei denen man au/Massengrdber stiess. Dieser Fdhrte folgend, 
wurde im Jahre 2001 beschlossen, die Forschungen in der Zone, wo man diese Entdeckun- 
gen gemacht hatte, weiterzufiihren. Die Untersuchungen wurden mittels archdologischer 
Bohrungen durchgefUhrt, wobei man Geologen-Handbohrer verwendete, deren Blatt einen 
Durchmesser von 2,5 Zoll (d. h. ungefdhr 65 mm) aujweist. 

Angesichts der betrdchtlichen Grosse der Fldche, auf der die archdologischen Untersu- 
chungen stattfmden sollten, wurde beschlossen, die Bohrungen zundchst auf den Knoten- 
punkten jeweils fUnf Meter grosser Netze durchzufUhren. An Stellen, wo positive Resultate 
zu verzeichnen waren (d. h. wo Uberreste von Gebduden oder Grdbern entdeckt wurden), 
sollten dann zusdtzliche Bohrungen erfolgen. Dieses Vorgehen erforderte wenigstens 400 
Bohrungen pro Hektar. 

In der zweiten Forschungsphase, die in den Zeitraum vom 19. August bis zum 13. Oktober 
fiel, sollte die Erkundung des Terrains mittels Bohrungen fortgesetzt und zugleich die in 
der ersten Forschungsphase lokalisierten Uberreste von Bairwerken ausgegraben werden. 

In der ersten, in den Friihling fallenden Phase wurden insgesamt vier Hektare der Oberfid- 
che des ehemaligen Lagers III (die Hektare XVII, XVIII, XXIV und XXV) mittels Bohrungen 
untersucht. Aufjedem Hektar wurden zundchst 400 Bohrungen durchgefUhrt; an Stellen, 
wo man auf Uberreste von Bairwerken oder Grdbern gestossen war, nahm man zusdtzliche 
Bohrungen vor. Wdhrend dieser Etappe wurden die entdeckten Strukturen in zwei Katego- 
rien untergliedert: 1) Grdber (die in der Kegel eindeutig als solche zu erkennen waren). 2) 
Storungen des nattirlichen Zustandes des Erdreichs, die auf menschliche Aktivitdten zu- 
rtickgingen. Ihre Interpretation ist nur dann moglich, wenn an den betreffenden Stellungen 
Ausgrabungen vorgenommen werden. " 

Mit den Ergebnissen der Suche nach Massengrabern werden wir uns im nachsten Artikel ausein- 
andersetzen; hier zunachst die Resultate der Suche nach Uberresten menschlicher Bautatigkeit. 



c) Die Uberreste der ausgegrabenen Bauwerke 

Bei intensiven archaologischen Grabungen auf den Hektaren XXIV und XXV wurden die Uber- 
reste von fiinf Bauwerken entdeckt, die Prof. Kola als Objekte A bis E bezel chnet. 

Objekt A 

Prof Kola beschreibt dieses Objekt wie folgt: 

«Bei diesem Objekt handelt es sich um die Uberreste eines Gebdudes, das mit Sicherheit eine 
holzerne Baracke, von innen jedoch teilweise mit Ziegeln verkleidet war. Das Gebdude besass 
einen Keller, der ungefdhr 2.50 m unter die Erdoberfldche reichte. Der oberhalb der Erdober- 
fidche liegende Teil mass im Grundriss ca. 2, 75 x 2, 75 m. Die holzernen Telle des Gebdudes 
wurden vollstdndig abgerissen. Ubriggeblieben sind Uberreste menschengemachter Gegenstdn- 



71 

de aus dem Inneren des Kellers; der stark versandete Humus enthdlt Fragmente, die von Be- 
standteilen des Gebdudes stammen (Ziegel, Ziegeltrummer, Zementmortel, eiserne Elemente von 
Wandbeschldgen, Decken und Tiiren, Haken, Schrauben, Ndgeln, Stdben, Bolzen, Haspen, 
Scharnieren, Turklinken, Fenster griff en, Stangen - u. a. vom Rost eines Ofens -, etc.). Bei einem 
Teil der Stdbe handelt es sich offenbar um Halbfabrikate von Eisenbarren. Es wurden auch vier 
Schamottziegel geborgen. Diese Gegenstdnde heben sich stark vom Sandboden ab. Ergdnzt wer- 
den die Uberreste dieses Gebdudes durch eine Reihe von Gegenstdnden: Brillen und Brillengld- 
ser, ein eiserner Handbohrer, eine Feile, ein eiserner Meissel, eiserne Bestandteile von Spaten, 
Einmachgldser, ein Tintenfass, Parfiimfldschchen, Kdmme, Fragmente von Haarspangen etc. In 
einer Tiefe von 80 bis 90 cm unter der Erdoberfldche, im mittleren Teil des Kellers, wurde eine 
Ansammlung verklumpter Steinkohle vorgefunden. Sie wies die Form einer 10-15 cm dicken 
Schicht aufund nahm eine zusammenhdngende Fldche von ungefdhr 1,5 x 1,5 m ein. Neben die- 
ser Ansammlung, im nordwestlichen Teil des Gebdudes, stiess man aufein grosseres Kohlenla- 
ger von 300 bis 400 kg, das in eine Tiefe von ca. 2.20 m reichte. 

Das Inventar der bei Objekt A geborgenen Gegenstdnde erlaubt es, eine Hypothese tiber seine 
Funktion aufzustellen. Dass sich dort eine erhebliche Menge Steinkohle befand, obwohl ausrei- 
chend Holz (aus dem Wald) verfiigbar war, spricht dafiir, dass sie nicht als Heizmaterial, son- 
dernfiir andere Ziele vorgesehen war. Das Vorhandensein einer betrdchtlichen Anzahl von Zie- 
geln (darunter Schamottziegel) sowie von Ziegelstaub, aber auch die Spuren von Zementmortel, 
deuten aufdas Vorhandensein eines Ofens hin. Die recht zahlreichen [...]. ^^^ sowie einige vorge- 
fundene eiserne Werkzeuge (eine Feile, ein Meissel, ein Handbohrer) zeugen moglicherweise 
davon, dass sich dort eine Schmiede befand. Sofern diese Deutung zutrifft, muss die Kohle zur 
Arbeit in dieser Schmiede verwendet worden sein. Wdhrend letztere in Betrieb war, muss sich 
ein Brennstoffvorat im oberirdischen Teil des Gebdudes befunden haben, und dann, nach dem 
Abriss des Gebdudes, muss sich die Kohle in den Kellerteil verlagert haben, wo sie eine Anhdu- 
fung in der Struktur der Schicht bildete, die bei der nordwestlichen Wand des Kellers ins Zen- 
trum des Raums absank " 

Prof. Kolas Deutung, wonach es sich bei diesem kleinen Gebaude moglicherweise um eine 
Schmiede handelte, ergibt keinen Sinn, denn eine solche gab es bereits im Lagersektor I^^^, und 
ein verbal tnismassig kleines Lager wie Sobibor brauchte schwerlich zwei Schmieden. Vom 
Standpunkt der orthodoxen Geschichtsversion aus ist diese Hypothese iibrigens geradezu absurd 
- was zum Kuckuck hatte eine Schmiede im "Todeslager", dessen einziger Zweck in der Verga- 
sung der Juden sowie der Verbrennung ihrer Leichen bestand, zu suchen? Eine sehr viel logi- 
schere Interpretation dieses Gebaudes werden wir in einem spateren Artikel darlegen, in dem die 
wirkliche Funktion des Lagers Sobibor erhellt wird. 

Objekt B 

A. Kola schreibt: 

«Bei diesem Objekt handelt es sich um die Uberreste eines kleinen Gebdudes, das vermutlich aus 
Holz bestand und vollstdndig abgerissen wurde. Es reichte ungefdhr 1,3 bis 1,5 m in den sandi- 
gen Erdboden hinein. Der oberhalb der Erdoberfldche gelegene Teil des Gebdudes wies in sei- 
nem Grundriss eine Fldche von ca. 3,5 x 3,2 m auf Eine Interpretation der Relikte dieses Ob- 
jekts B ist recht miihsam. In dem mit Sand vermengten Humus, der mit nicht ndher bestimmten 
Fragmenten von Gegenstdnden durchsetzt ist, fehlen ndmlich Elemente, die es erlauben wtirden, 
die Konstruktion oder Funktion des Bauwerks eindeutig zu bestimmen (Ziegel, Dachpappe, Nd- 



'^"^ In der von uns benutzten elektronischen Fassung des Artikels folgt hier ein verstilmmelter Satzteil. 
-^^ Y. Arad, Belzec, Sobibor, Treblinka, a.a.O. (siehe Artikel 5), S. 34/35. 



72 

gel oder Spuren von Brettern). Aus der rdumlichen Anordnung der Relikte dieses Objektes Idsst 
sich folgern, dass dieses eine kleine Baracke mil einem niedrigen Kellerraum oder ein halbim- 
terirdisches Gebdude gewesen sein konnte. Im Gegensatz zii Gebdude A /and man imter den Re- 
likten dieses Objekts eine erhebliche Anzahl von Gegenstdnden, welche den Opfern oder derjii- 
dischen Belegschaft des Lagers III gehort hatten. Die betreffenden Gegenstdnde sind grossten- 
teils nur fragmentarisch erhalten imd verrostet, beispielsweise: Fragmente von Geschirr, Fla- 
schen imd Plastikseifenschalen, Konservendosen, Bestandteile von Lederschiihen, Griffe von 
Eimern sowie viele nicht identifizierte eiserne Gegenstdnde, die in unterschiedlich starkem Aiis- 
masse verrostet waren. Der am besten erhaltene Teil dieser Gegenstdnde wurde geborgen, damit 
er jiir die kommende Ausstellung konserviert werden kann. Dabei handelt es sich um 73 Frag- 
mente von Damenkdmmen, 12 Fragmente von Haarspangen, 46 Fragmente von Brillengestellen, 
19 Brillengldser, 11 Parfiimfldschchen, 19 Hillsen von Gewehren (Mausergewehren) und Pisto- 
len, 3 polnische Miinzen, eine Zahnbiirste, 2 Glasperlen, 9 aus Gummi bestehende Spitzen von 
Krticken oder Stocken, 4 Fragmente von Scheren, 2 Schlussel von Vorhdngeschlossern, Kellen 
etc. Gefimden wiirden aiich 12 Zahnprothesen sowie Fragmente von Taschenlampenbatterien. " 
Wir enthalten uns jeglicher Spekulationen iiber die Art und Funktion dieses Gebaudes und be- 
gniigen uns mit der Feststellung, dass es mit Sicherheit keine "Gaskammer" war und keinerlei 
Hinweise auf irgendwelche morderischen Vorgange im Lager 3 liefert. 

Objekt C 

Bei diesem Objekt handelte es sich um einen - zum Zeitpunkt der Ausgrabungen vollig versan- 
deten - Brunnen. 

Objekt D 

Prof. Kola berichtet: 

«Bei diesem Objekt handelt es sich um die Uberreste eines kleinen Holzgebdudes, welches von 
rechteckiger Form und ca. 5,2 x 3,0 m gross war. Wie bei dem unmittelbar nordlich von Objekt 
D gelegenen Objekt B wurden auch bei diesem Baiiwerk sdmtliche holzernen Telle abgerissen 
und entfernt. Den archdologisch untersuchten Relikten nach zii schliessen, besass dieses Gebdu- 
de einen niedrigen Keller oder war seiner Bauart nach halbunterirdisch, wobei es ca. 1.50 m un- 
ter die Erdoberfldche reichte. In der gegenwdrtigen Phase der Erforschung des Lagers III kann 
man nur wenig iiber die Funktion dieses Gebaudes sagen. Esfdllt auf, dass in den Schichten des 
Objektes D recht zahlreiche menschengemachte Gegenstdnde auftreten, die mit hoher Wahr- 
scheinlichkeit den Opfern gehorten, beispielsweise: Zahnprothesen, Brillengestelle und gldser, 
Fragmente von Kdmmen und Haarspangen, Fragmente von Spiegeln, Fragmente von Zigarren- 
haltern aus Plastik, Seifenschalen, Wdscheknopfe, ein Loffel, Fragmente von Rasierapparaten, 
Parfiimfldschchen, Giirtelschnallen, Taschenmesser, Fragmente eine Schere, ein Rasiermesser. 
Vorgefunden wurden auch einige Dutzend Patronenhiilsen von Gewehren (sowohl vom Typ 
Mauser als auch vom Typ Mosin) und Pistolen. Von den Verbindungselementen des Gebaudes 
sind hingegen zahlreiche, stark verrostete Gegenstdnde erhalten. " 

Prof. Kolas Hypothese, wonach die vorgefundenen Toilettenartikel den Opfern gehort hatten, 
lasst sich mit der offiziellen Sobibor- Version in keiner Hinsicht vereinbaren. Dieser zufolge 
mussten die Opfer namlich im Lager 2 all ihre Habseligkeiten zuriicklassen, sich vollstandig ent- 
kleiden und nackt den sogenannten "Schlauch" (eine ins Lager 3 fiihrende, auf beiden Seiten von 
Stacheldraht umgebene Allee) betreten. 



73 
Objekt E 

Uber dieses Gebaude schreibt Prof. Kola: 

« Objekt E stellt das Relikt einer langen, holzernen Bar ache dar, deren (durch archdologische 
Grabungen nicht genau ermittelte) Ldnge ungefdhr 60 m und deren Breite 6 m betrug. Ihre lun- 
ger e Achse verlief ungefdhr in Nord-Sud-Richtung. Obwohl das Grabungsareal in sildlicher 
Richtung mehrmals erweitert warden war, wurde das Ende der Baracke anjener Seite nicht ge- 
funden. Den Ergebnissen der Bohrungen nach zu urteilen, konnte diese Baracke in sUdUcher 
Richtung noch weitere 20 bis 25 m gemessen haben. Das nordUche Ende der Baracke miindete 
in eine zweite, kleinere, quer zu ihr Uegende Baracke von ca. 14,0 x 4,0 m Grosse. Die Spur der 
beiden - vollstdndig abgerissenen - Baracken ist heutzutage als deutUche Einbuchtung in dem 
hellen, sandigen Waldboden zu erkennen, die jetzt mit dunklerem, sandigem, mit undefinierten 
organischen Fragmenten durchsetztem Humus gejullt ist. 

Die untersten Teile des Objekts E befmden sich im Schnitt 70 bis 80 cm unter der Oberfldche 
und nehmen in ihrem ganzen Bereich eine horizontale Lage ein. Nur stellenweise erreicht die 
Baugrube an der Stelle, wo die Baracke stand, eine Tiefe von 120 bis 130 cm. Beide Baracken 
waren aus Holz gefertigt. In der Zone, wo ihre Uberreste untersucht wurden, wurden keine Spu- 
ren von Ziegeln, Schutt oder Mortel vorgefunden; stattdessen wurde an vielen Stellen das Vor- 
handensein von Holzkohle sowie von Uberresten verrotteter oder verbrannter Bretter und Bal- 
ken festgestellt. An einigen Stellen, insbesondere im mittleren Teil der grossen Baracke, fand 
man im Sand Spuren von senkrecht eingesetzten Pfeilern. Man darf also annehmen, dass der 
Holzboden der Baracke auf einem System von 60 bis 70 cm hohen Pfeilern ruhte. Ausserdem 
stiess man an einigen Stellen unter halb der regular en unter en Linie der ehemaligen Baracken 
auf nicht sehr tiefe Ausgrabungen unbekannter Funktion, die in eine Tiefe von 30 bis 50 cm in 
den Sand hineinreichten. In ihren Grundrissen wiesen sie ovale Formen auf; ihre Durchmesser 
lagen zwischen 50 cm (Nr. 5) und 110 cm (Nr. 1), wobei ihre maximale Tiefe bei ungefdhr 60 cm 
lag (Nr. 3); vgl. Hierzu den Plan des Objekts E. 

In den Strukturen der kleineren Baracke (im nordwestlichen Teil des Objektes E) wurden unmit- 
telbar auf dem Sand zwei mdchtige Holzbalken von 210 cm Ldnge gefunden, die in einer Tiefe 
von ungefdhr 90 cm in waagrechter Position direkt auf dem Sand ruhten. In ihrem oberen Teil 
befand sich eine lange Reihe von Lochern mit 5-6 cm Durchmesser. In einigen Lochern steckten 
noch Holzstifte. [. . .J^''^ In der Ndhe der Balken stiess man auf zwei horizontal in den Sand ein- 
gesetzte, ca. 40 cm tief unter die Erdoberfldche reichende holzerne Tragpfeiler der Baracke. 

In jenen Schichten des Objekts E, in denen menschengemachte Objekte entdeckt wurden, fand 
man zahlreiche Gegenstdnde, die zweifellos den Opfern oder der Belegschaft des Lagers III ge- 
hort hatten. Diese Gegenstdnde begannen schon unmittelbar unterhalb der Erdoberfldche aufzu- 
tauchen und traten im gesamten Bereich der archdologischen Strukturen des Objekts E auf. Es 
handelte sich um folgende Gegenstdnde: Haarspangen und Kdmme, Knopf e von Wdsche und 
Kleidungsstticken, Br illenge stelle und Brillenfutterale, Loffel, Gabeln und Tischmesser, Scheren, 
Klammern und Giirtelbehdnge, Schnallen, Feuerzeuge, Metallkdstchen, BruchstUcke von Rasier- 
apparaten und Rasiermessern, Gehduse und Mechanismen von Uhren, Manschettenknopfe, 
Fldschchen und Pakete mit Medikamenten, Uberreste kleiner Spiegel, Taschenmesser etc. Auf- 
merksamkeit verdient die Tatsache, dass in Objekt E - im mittleren Teil der kleineren Baracke - 
auf einer Fldche von einem guten Dutzend Quadratmeter, eine grosse Anzahl Geschosse von 
Gewehren der Typen Mauser undMosin gefunden wurde (ungefdhr 1830 Sttick), die in den Bo- 



'^'^ Es folgt ein uns aus sprachlichen Grilnden unverstandlicher Satz. 



74 

den eingedrungen und deshalb verformt war en. Man fond dort Htilsen von Pistolenkugeln (9 
Stuck), Patronenhulsen eines Gewehrs vom Typ Mosin (3 Stiick) sowie eine Pistolenkugel. In 
dieser Earache war also auf liegende Personen geschossen worden, vermutlich aufkranke oder 
entkrdftete Menschen. 

Im Lichte obiger Funde stellt sich die Frage nach der Funktion einer dermassen riesigen Ba- 
racke. In ihrem nordlichen Anhdngsel (der kleineren Baracke) wurden zweifellos Menschen mit 
Gewehren erschossen. Dass eine derart grosse Anzahl von Kugeln auf einem so kleinen Raum 
vorgefunden wurde, deutet daraufhin, dass auf liegende Personen geschossen wurde; im entge- 
gengesetzten Fall (beim Schiessen in horizontaler Richtung) wdren die durch den Leib der Opfer 
gedrungenen Geschosse weiter zerstreut gewesen. Bekanntlich war die Haupttotungsmethode in 
den deutschen Vernichtungslagern jedoch die Totung der Opfer in Gaskammern. So war es auch 
im Lager Sobibor III, wie aus den Berichten sdmtlicher iiberlebender Hdftlinge (der Lager I und 
II) hervorgeht. Konnte es sich bei Objekt E um die Uberreste einer Gaskammer handeln? In der 
gegenwdrtigen Phase der Forschungen kann man aufdiese Frage noch keine eindeutige Antwort 
erteilen. Von dieser Baracke bis zum ndchstgelegenen Massengrab betrdgt die Entfernung ledig- 
lich 60 m, bis zum Zentrum der Grdberzone 100 m. Die Leichen der im nordlichen Anhdngsel 
dieser Baracke erschossenen Personen wurden also tiber diese Distanz geschafft. Dasselbe 
konnte auf die Opfer der Gaskammern zugetroffen haben, sofern sich letztere in dieser Baracke 
befunden haben sollten. Es gilt aller dings darauf hinzuweisen, dass man in der Zone der Mas- 
sengrdber bei den Bohrungen auf zahlreiche Relikte von Bauwerken gestossen ist, welche einer 
zusdtzlichen Untersuchung in Form von Grabungen bediirfen. Es mag sein, dass gerade sie die 
Uberreste der Gaskammern verbergen. Im Lichte des gegenwdrtigen Forschungsstandes macht 
es jedoch den Anschein, dass die riesige Baracke, deren - noch nicht vollstdndig entdeckte - 
Uberreste wir als Objekt E bezeichnet haben, eher die Funktion einer Auskleidebaracke oder ei- 
nes Magazins zum Sortieren der Kleidungsstiicke und Habseligkeiten der Opfer erfiillt hat. Letz- 
tere Arbeitshypothese bedarf allerdings der Verifizierung mittels weiterer Ausgrabungen der au- 
sserhalb der Grdber liegenden Strukturen des Lagers III " 



Dieses mindestens 60, moglicherweise aber iiber 80 m lange Gebaude stellt die "Holocaust"- 
Historiker vor unlosbare Probleme: 

Um das "Vergasungsgebaude" kann es sich bei dieser T-formigen Baracke unter keinen Um- 
standen gehandelt haben, auch wenn Prof. Kola diese Moglichkeit andeutet (und anschliessend 
wieder verwirft). Erstens war ihr grosserer Teil um ein Mehrfaches langer als das von den Zeu- 
gen geschilderte "Vergasungsgebaude", zweitens war sie mit 6 m zu schmal, um einen Korridor 
zu beherbergen, zu dessen Linken und Rechten jeweils drei 4 x 4 m grosse Kammern lagen, und 
drittens bestand sie ganz aus Holz, wahrend das umgebaute "Vergasungsgebaude" den Zeugen 
zufolge aus Beton gefertigt war. 

Prof. Kolas Hypothese, wonach das Gebaude als "Auskleidebaracke" oder als "Magazin zum 
Sortieren der Kleidungsstiicke und Habseligkeiten der Opfer" diente, widerspricht wiederum der 
offiziellen Version, wonach die Opfer den Lagersektor 3 vollkommen nackt betreten mussten. 

Wie man es auch dreht und wendet: Objekt E diirfte es der orthodoxen Geschichtsversion nach 
iiberhaupt nicht geben! Doch es gibt dieses Objekt, und die Herren "Holocausf -Historiker wis- 
sen nicht, wie sie damit umgehen sollen. 

Dass in der kleineren Baracke zahlreiche verformte Gewehrkugeln vorgefunden haben, lasst sich 
beispielsweise damit erklaren, dass dort verschossene und eingesammelte Ubungsmunition auf- 



75 

bewahrt wurde. Andererseits ware es wirklichkeitsfremd, die Moglichkeit, dass dort Menschen 
erschossen worden sind, grundsatzlich in Abrede zu stellen, denn Erschiessungen gab es in Sobi- 
bor mit absoluter Sicherheit. Wenn die Zeugin Zelda Metz berichtet, eine Gruppe von Haftlin- 
gen, die man unter der Aufsicht eines ukrainischen Wachters zum Wasserholen in ein Dorf ge- 
schickt hatte, habe den Wachter umgebracht und sei gefliichtet, aber wieder eingefangen und an- 
schliessend erschossen worden^^'', so besteht in diesem spezifischen Fall kein Grund, die Zeugin 
Metz der Falschaussage zu verdachtigen. Nicht dem geringsten Zweifel unterliegt es femer, dass 
die nach dem Aufstand vom 14. Oktober 1943 gefliichteten und anschliessend von der SS ge- 
stellten Aufstandischen fiisiliert worden sind, und auch Repressalien gegen nicht an der Meuterei 
beteiligte Haftlinge, die entweder im Lager zuriickgeblieben oder zunachst geflohen, aber frei- 
willig ins Lager zuriickgekehrt waren, lassen sich leider nicht ausschliessen. 

Nicht ausser acht lassen darf man schliesslich die Moglichkeit, dass geisteskranke oder mit an- 
steckenden Krankheiten behaftete Juden in Sobibor der "Euthanasie" unterzogen wurden. Unter 
den 150.000 bis 170.000 Deportierten muss es zwangslaufig eine gewisse Anzahl solcher Men- 
schen gegeben haben. Wenn die revisionistische These zutrifft und Sobibor ein Durchgangslager 
war, musste es aus der Sicht der SS sinnlos sein, geisteskranke oder an ansteckenden Krankhei- 
ten leidende Juden in die Ostgebiete umzusiedeln. Bekanntlich war die "Euthanasie" im deut- 
schen Reich nach Protesten des katholischen Bischofs Clemens August Graf von Galen sowie 
des evangelischen Bischofs Theophil Wurm eingestellt worden, doch in Polen brauchte die Be- 
satzungsmacht keine Riicksicht auf Proteste zu nehmen. Wenn, wie wir vermuten, in Sobibor 
"Euthanasie" an den genannten Haftlingskategorien praktiziert wurde, mutet es allerdings wahr- 
scheinlicher an, dass die betreffenden Menschen mit Spritzen getotet und nicht erschossen wor- 
den sind. 

Vom Standpunkt der offiziellen Geschichtsschreibung aus ergeben Erschiessungen im Lager 3 
iibrigens keinen Sinn. Wozu hatte man Geisteskranke und mit ansteckenden Krankheiten Infi- 
zierte aussondern und erschiessen sollen, statt sie gemeinsam mit den anderen Todgeweihten in 
die Gaskammern zu treiben? 

Kehren wir nach diesem notwendigen Exkurs zu Prof Kola, seiner Graberequipe und seinen 
Forschungsergebnissen zuriick. Prof Kola - an dessen fachlicher Kompetenz nicht die gering- 
sten Zweifel statthaft sind - wollte das von den Zeugen geschilderte "Vergasungsgebaude" im 
Lager 3 aufspiiren, fand es jedoch nicht. Stattdessen fand er Dinge, die es der orthodoxen Ge- 
schichtsversion zufolge in jenem Sektor gar nicht geben konnte: Eine riesige, T-formige Barac- 
ke, von der kein einziger Zeuge je berichtet hat, ein Bauwerk mit einem Ofen und einem Kohlen- 
lager sowie jede Menge von Toilettengegenstanden, die unmoglich alle der Lagermannschaft ge- 
hort haben konnen - denn wozu brauchte diese Damenkamme und Parfumflaschchen? 



d) Ein fleissiges Graber-Trio 

Obwohl Prof. Kola in seinem Artikel mehrfach die Notwendigkeit weiterer Grabungen betont 
hatte, griff er in Sobibor nicht mehr zur Schaufel. Dies tat an seiner Stelle ein Team unter der 
Leitung der Archaologieprofessoren Isaac Gilead und Yoram Haimi von der Ben-Gurion- 
Universitat in Israel sowie des bei einer Privatfirma angestellten polnischen Archaologen Woj- 
ciech Mazurek, das die Suche nach dem "Vergasungsgebaude" anno 2007 fortsetzte. 



-^^ Siehe Kapitel 10. 



76 

Angesichts der Tatsache, dass die Geschichte von den Judenvergasungen in Sobibor mit der Exi- 
stenz des "Vergasungsgebaudes" steht und fallt, darf man mit Sicherheit davon ausgehen, dass 
die Herren Gilead, Haimi und Mazurek dieses Bauwerk so eifrig gesucht haben, als gelte es den 
Schatz der Nibelungen zu bergen. Das Ergebnis ihrer emsigen Wiihlarbeit prasentierten sie in der 
amerikanischen Zeitschrift Present Past: 

«Im Oktober 2007 beschlossen wir in der Annahme, wir wussten ungefdhr, wo die Gas- 
kammer lag, zuerst in der Zone zu graben, die westlich an Kolas Gebdude E angrenzt. Wir 
unterteilten das Geldnde in Fldchen von jeweils 5 x 5 m, die dem Schema Kolas entspre- 
chen, untersuchten sdmtliche Schichten, aufdie wir stiessen, und benutzten weiche Haar- 
btirsten, um die von uns aufgegrabenen Fldchen zu reinigen. Das von uns ausgegrabene 
Sediment bestand aus Sand, stark vermengt mit Asche und verbrannten Materialien und 
Gegenstdnden. Es war ca. 10 cm tie/ und lag auf tiefen Schichten unfruchtbaren Sandes. 
Die Natur und die Ausmasse des mit archdologischen Mitteln untersuchten Gebiets sowie 
der Charakter der darin eingebetteten menschengemachten Gegenstdnde weisen darauf 
hin, dass sich in dem von uns aufgegrabenen Teil von Sobibor weder die Gaskammer noch 
die Auskleidebaracke befinden. "^''^ 

Da es fur jeden kompetenten Archaologen ein Kinderspiel ist, auf einer Flache von rund vier 
Hektaren die Uberreste eines Gebaudes von 14 bis 18 m Lange und ca. 10 m Breite zu fmden, 
lautet die einzig mogliche Schlussfolgerung, dass das "Vergasungsgebaude" einzig und allein in 
der Phantasie der Zeugen existiert hat. Ohne Vergasungsgebaude gab es aber keine Gaskammern 
und somit keine Vergasungen! 

Wer freilich glaubt, das fleissige Grabertrio habe sich durch dergleichen lastige Tatsachen in sei- 
nem fanatischen Glauben an den Holocaust beirren lassen, tauscht sich griindlich, denn, so die 
Herren Gilead, Haimi und Mazurek: 

"Wir betrachten die von den Nazis begangene Ausrottung der Juden wdhrend des Zweiten Welt- 
krieg als historische Realitdt. Es existiert eine umfangreiche schriftliche und mtindliche Doku- 
mentation, weiche das erhdrtet, was Hilberg (1985) die Ausrottung der europdischen Juden ' 
nennt. In seiner (1987 erschienenen) Studie tiber die Vernichtungszentren der Aktion Reinhardt 
hat Arad ausserdem die Rolle von Treblinka, Sobibor und Belzec beim Ausrottungsprozess er- 
hellt. Abgesehen von den schriftlichen Dokumenten [welchen schriftlichen Dokumenten bitte- 
schon???] besteht das Beweismaterial auch aus mtindlichen Berichten der Uberlebenden sowie 
der SS-Tdter, weiche in den Vernichtungszentren Dienst leisteten und die Morde begingen. [. . .] 
Somit ist die Judenvernichtung im allgemeinen und die Judenvernichtung in Sobibor und ande- 
ren Zentren im besonderen eine historisch gesicherte Wahrheit, die nicht durch archdologische 
Ausgrabungen bestdtigt werden zu braucht. [...] Wenn heutzutage geleugnet wird, dass die er- 
haltenen Gaskammern von Majdanek und Auschwitz-Birkenau solche waren, gibt es, wenn Uber- 
haupt, nur minimale Chancen, dass eine kiinftige Entdeckung schlecht erhaltener Uberreste von 
Gaskammern angesichts der Liigen der Revisionisten irgendeiner Wahrheit zum Durchbruch 
verhelfen kann. Die archdologische Erkundigung von Vernichtungszentren ist kein Instrument, 
um den Leugnern zu zeigen, wie unrecht sie haben, und kann gar kein solches sein. "^^^ 

Ach so, es braucht gar keine archaologischen Untersuchungen! Warum gruben die drei Herren 
dann, bis ihnen die Finger bluteten? 



'^^ I. Gilead, Y. Haimi, W. Mazurek, „Excavating Nazi Extermination Centers", in: Present Pasts, Band 1, 2009, S. 

27. 

-^'Ebenda, S. 13/14. 



77 
e) Der Taschenspielertrick des Museumsdirektors Marek Bern 

Herr Marek Bern, Direktor des Museums von Wlodawa und der diesem unterstellten Gedenkstat- 
te Sobibor, verfasste im Jahre 2006 eine Broschiire, in der eine Karte von Sobibor figuriert. Ob- 
schon Prof. Kola nicht behauptet hatte, bei Objekt E (der riesigen, T-formigen Baracke) handle 
es sich um das Vergasungsgebaude - er stellte anfangs zwar eine diesbeziigliche Hypothese auf, 
verwarf diese aber dann zugunsten der Hypothese, dieses Objekt sei ein "Magazin zum Sortieren 
von Kleidungsstiicken" gewesen -, prasentiert M. Bern den grosseren Teil der Baracke unverfro- 
ren als "Gaskammern" und den kleineren Teil als "Raum mit einem gasproduzierenden Motor". 
Die Objekte A, B und D ernennt er willkiirlich zu "Verwaltungsgebauden"! ^"^^ 

Weder Prof. Kola noch das Trio Gilead/Haimi/Mazurek haben es gewagt, zu einem derart scha- 
bigen Taschenspielertrick zu greifen. Um so dreist zu falschen, muss man schon Direktor der 
Gedenkstatte Sobibor sein! 



Kapitel 14 

Die Massengraber 



a) Der Bericht der "Kommission zur Untersuchung der deutschen Verbre- 
chen in Polen" (1947) 

In dem 1947 veroffentlichten Bericht der "Kommission zur Untersuchung der deutschen Verbre- 
chen in Polen" liest man beziiglich der menschlichen Uberreste auf dem Gelande des ehemaligen 
Lagers Sobibor folgendes: 

"Im mittleren Teil des Geldndes, vermutlich an den zum Begraben der Asche vorgesehenen Or- 
ten, steht ein zwei Jahre junger Fohrenwald, der eine Fldche von ungefdhr 1200 m^ einnimmt. 
Grabungen ergaben dort, unter einer ca. einen halben Meter tiefen Sandschicht, das Vorhanden- 
sein von Asche und Knochensplittern, die mit Asche vermengt sind. In geringem Abstand von der 
ostlichen Grenze des Lagers wiirde eine 20 x 15 m grosse Grube mit Chlorkalk gefunden. Auf 
dem ganzen Lager gelande stosst man hier und dort auf menschliche Knochen. [...] FUr die Be- 
stimmung des Lagers liefern auch die Ergebnisse von Expertisen uberzeugende Beweise. So geht 
einem Gutachten des Instituts fUr Gerichtsmedizin der Jagiellonischen Universitdt hervor, dass 
es sich bei den zur Untersuchung dorthin geschickten Knochen um Menschenknochen handelt. 
Einer Expertise des Gerichtsmedizinischen Instituts in Krakau Idsst sich entnehmen, dass der 
den GrabsteUen entnommene Sand mit Knochenasche undFett vermengt ist"'^'^^ . 

Dass diese Angaben den Tatsachen entsprachen, ist nicht zu bezweifeln, denn keinem vemiinfti- 
gen Menschen fiele es auch nur im Traum ein, zu behaupten, in Sobibor sei niemand gestorben. 
Zur Klarung der Frage nach der Opferzahl trug der Bericht der Kommission jedoch nicht das ge- 
ringste bei, well die Ermittler offenbar keinen Versuch untemahmen, den Umfang der auf dem 
Lagergelande vorhandenen menschlichen Knochenreste sowie das Volumen der Asche in Erfah- 
rung zu bringen. 



"'"' M. Bern, Masterplan Sobibor... a place to remember... a place to learn, Muzeum Pojezierza Leczynsko- 
Wlodawskiego, Wlodawa 2006. Online: www. sobibor. edu.pl 

~ "Oboz zaglady w Sobiborze", in: Biuletyn Glownej Komisji Badania Zbrodni Niemieckich w Polsce, Nr. Ill, Po- 
sen 1947,8.49-50. 



78 
b) Vergraben versus Verbrennen 

Wie erinnerlich gibt J. Schelvis die Gesamtzahl der Sobibor-Opfer mit 170.000 an^'*^. Obgleich 
seine Ziffern fiir die aus den Ostgebieten sowie aus Frankreich nach Sobibor deportierten Juden 
etwas zu hoch gegriffen sein diirften, akzeptieren wir sie hier als Arbeitsgrundlage und ziehen 
von seiner Gesamtzahl lediglich ca. 1.000 hollandische Juden ab, die Schelvis zufolge gleich 
nach ihrer Ankunft in Sobibor in verschiedene Arbeitslager iiberstellt wurden, von ihm jedoch 
trotzdem zu den Sobibor-Opfem gezahlt werden. Somit betrug die Maximalzahl der Juden, die in 
jenem Lager vergast werden konnten, 169.000. 

Laut der offiziellen Geschichtsversion wurden die Leichen der Vergasten bis zu einem gewissen 
Zeitpunkt begraben; dann sollen sie wieder ausgegraben und unter freiem Himmel verbrannt 
worden sein. Die Leichen der nach dem Beginn der Leichenverbrennung eingetroffenen und er- 
mordeten Juden wurden den orthodoxen Historikern zufolge sofort, ohne vorherige Beisetzung 
in Massengrabern, verbrannt. 

Schenkt man dem eben zitierten Bericht der polnische Kommission Glauben, so wurde mit der 
Leichenverbrennung "in grossem Umfang" im Winter 1942/1943 - ausgerechnet im Winter! - 
begonnen. Die fiihrenden orthodoxen Sobibor-Historiker vertreten hingegen die Auffassung, die 
Verbrennung der Leichen habe etwa zu der Zeit eingesetzt, wo das "Gaskammergebaude" umge- 
baut worden sei. Da die neuen Gaskammern angeblich im Oktober 1942 in Betrieb genommen 
wurden^'*'', ware der Beginn der Verbrennungen entsprechend auf jenen Monat zu datieren. 

Das Autoren-Trio I. Gilead, Y. Haimi und W. Mazurek schatzt die Anzahl der vor dem Beginn 
der Leichenverbrennung nach Sobibor gelangten Deportierten auf SO.OOO^"*"*. In Anbetracht der 
Tatsache, dass die Gesamtzahl der bis Ende 1942 nach Sobibor gelangten Haftlinge laut dem Ho- 
fle-Funkspruch 101.370 betrug, wirkt diese Schatzung durchaus realistisch. Wenn man die Ver- 
nichtungshypothese akzeptiert, kann man also davon ausgehen, dass von den 169.000 Sobibor- 
Opfern ca. 80.000 zuerst begraben, dann wieder ausgegraben und verbrannt wurden, wahrend die 
Leichen der restlichen 89.000 Ermordeten sofort den Flammen iiberantwortet wurden. 



c) Die von Prof. Kola lokalisierten Massengraber 

Die Informationen, die Prof. Andrzej Kola in seinem Artikel iiber die archaologischen Forschun- 
gen auf dem Gelande des Lagers Sobibor^'*^ beziiglich des Inhalts der von ihm georteten Mas- 
sengraber liefert, sind erstaunlich diirftig. Wie schon zuvor in Belzec unterliess er es, die Graber 
zu offnen, obgleich dies der einzige mogliche Weg gewesen ware, das Ausmass der darin enthal- 
tenen menschlichen Uberreste zu ermitteln. Der Grund fiir dieses auf den ersten Blick unbegreif- 
liche Versaumnis besteht natiirlich darin, dass die entdeckten Leichen und Leichenteile sowie 
das Volumen der Verbrennungsasche viel zu gering waren, um die These vom "Vernichtungsla- 
ger" zu stiitzen. 

Prof Kola schreibt: 



Siehe Artikel 6. 



"'" Y. Arad, Belzec, Sobibor, Treblinka, a.a.O., S. 123. 

244 



245 



I. Gilead, Y. Haimi, W. Mazurek, "Excavating Nazi Extermination Centers", a.a.O., S. 25. 
A. Kola, „Badania archeologiczne...", a.a.O. 



79 

«Wdhrend der im Fruhling [2001] durchgefuhrten Arbeiten erfolgten aufden vier Hektaren [des 
Lagers 3] insgesamt 1805 Bohrungen. Bei 1107 davon stiess man aufim Naturzustand befmdli- 
ches, nicht durch menschliche Aktivitdten gestortes Erdreich, wo unter der heutigen, im Schnitt 
bis 30 cm dicken Humusschicht gelblicher, natUrlicher Sand auftrat. 

Bei 128 Bohrungen wurden hingegen Spuren von Grdbern ermittelt. Diese bilden sieben ausge- 
prdgte Ansammlungen, die man als separate Gruben betrachten kann, welche die sterblichen 
Uberreste der Ermordeten enthalten. In den meisten davon befmden sich die verbrannten Uber- 
reste menschlicher Knochen [iibertragungsbedingte Textliicke] Erdoberfldche. Nur in einem 
Fall (Grab Nr. 3) be/and sich der Grund der Grube in einer Tiefe von 5.80 m. Besonders ausge- 
prdgte Spuren der Verbrennung von Leichen traten in den unteren Teilen der Gruben auf, wo 
Mare Schichten verbrannter Knochen von 40 bis 60 cm Dichte vorgefunden wurden. " 

Die einzelnen Graber beschreibt Prof. Kola wie folgt: 

"- Grab Nr. 1. Dieses wurde im nordostlichen Teil des Hektars XVII vorgefunden, unmittelbar 
westlich des Htigels, der als Mahnmal fiir die Opfer dient. Lokalisiert wurde es anhand von 
27 Bohrungen. Im Grundriss weist es eine Fldche von ungefdhr 20 x 20 m auf; seine Tiefe 
betrdgtrund 4.30 m. In diesem Grab befmden sich Uberreste verbrannter Leichen. 

Grab Nr. 2. Es liegt im westlichen Teil des Hektars XVII, sudlich des als Mahnmal dienen- 
den Htigels. Lokalisiert wurde es anhand von 28 Bohrungen. Im Grundriss weist es eine un- 
regelmdssige Form auf, seine Fldche betrdgt wenigstens 20 x 25 m, wobei die Idngere Kante 
in Nord-Stid-Richtung verlduft. Seine Tiefe betrdgt ca. 4.00 m. Es enthdlt Uberreste ver- 
brannter Leichen. 

Grab Nr. 3. Es befindet sich im stidwestlichen Teil des Hektars XI sowie im nordwestlichen 
Teil des Hektars XVII. Lokalisiert wurde es anhand von 1 7 Bohrungen. Im Grundriss weist 
es eine unregelmdssige Form auf seine Ausmasse betragen ungefdhr 20 x 12 m, wobei die 
Idngere Kante in Nord-Stid-Richtung verlduft. Ein grosser Teil davon liegt unter dem nord- 
westlichen Teil des als Mahnmal dienenden Htigels. Die Tiefe des Grabes belduft sich auf 
5.80 m. In seinen unteren Zonen befmden sich Uberreste unverbrannter Leichen in verseiften 
Zustand; in den oberen Zonen finden sich hingegen Reste verbrannter Leichen, mit Zwi- 
schenschichten aus Kalk, Sand und Holzkohle. Der nordliche Teil des Grabs liegt nahe beim 
nordlichen Teil des Grabs Nr. 4. Eine prdzisere Bestimmung des Bereichs beider Graber er- 
fordert zusdtzliche, spezielle Bohrungen. 

Grab Nr. 4. Dieses Grab ist von erheblicher Grosse und nimmt den stidlichen Teil des Hek- 
tars XI sowie den nordlichen und den mittleren Teil des Hektars XVIII ein. Lokalisiert wurde 
es anhand von 78 Bohrungen. Im Grundriss misst es in Nord-Stid-Richtung 70 x 20-25 m und 
weist eine Tiefe von ungefdhr 5. 00 m auf. In den unteren Zonen befmden sich Uberreste un- 
verbrannter Leichen in verseiftem Zustand, in den oberen Zonen solche verbrannter Leichen, 
mit Zwischenschichten aus Kalk, Sand und Holzkohle. 

Grab Nr. 5. Dieses fldchenmdssig kleine Grab befindet sich im nordwestlichen Teil des Hek- 
tars XVIII. Lokalisiert wurde es anhand von 7 Bohrungen. Im Grundriss weist es eine unre- 
gelmdssige Form auf seine Fldche betrdgt wenigstens 10 x 12 m, seine Tiefe 4.90 m. In den 
unteren Zonen des Grabs befmden sich Uberreste unverbrannter Leichen in verseiftem Zu- 
stand, in den oberen Zonen solche verbrannter Leichen. 

Grab Nr. 6. Es befindet sich im zentralen Teil des Hektars XVIII, stidlich von Grab 5. Lokali- 
siert wurde es anhand von 22 Bohrungen. Im Grundriss weist es eine unregelmdssige Form 



80 

auf; seine Flache betrdgt wenigstens 15 x 25 m, seine Tiefe 3.05 m. In den unteren Zonen des 
Grabs befmden sich Uberreste unverbrannter Leichen in verseiftem Zustand, in den oberen 
Zonen solche verbrannter Leichen. 

Grab Nr. 7(?). Eine Stdtte, wo Leichen verbrannt wurden; sie misst wenigstens 10 x 3 m, ist 
bis zu 0.90 m tiefund befmdet sich im zentralen Teil des Hektars XVIII, ungefdhr 10 bis 12 m 
sUdlich der siidlichen Kante von Grab 4. Stellen, wo Leichen verbrannt worden waren, wur- 
den bei 6 Bohrungen ermittelt. Darum herum sind erhebliche Verdnderungen des Erdreichs 
zu erkennen, deren Ursache unklar ist. Zu den Grdbern wurde diese Stdtte nur deshalb ge- 
rechnet, weil dort Leichen verbrannt worden sind. Es kann sich einfach um eine Stelle han- 
deln, wo Leichen verbrannt wurden. Eine genaue Bestimmung der Funktion dieser Stdtte er- 
heischt die Durchfiihrung spezieller Grabungen. " 

Ohne Beriicksichtigung der "Verbrennungsgrube" (Nr. 7) lassen sich die Eigenschaften der Mas- 
sengraber also wie folgt resiimieren: 



Nr. 


Ausmasse 


Flache 


Volumen 


Boh- 
rungen 


Hektar 


Inhalt 


Form 


1 


20 X 20 X 
4.30 m 


400 


1.720 


27 


XVII 


Uberreste 

verbrannter 

Leichen 


Regelmassig 


2 


20 X 25 X 4.0 
m 


500 


2.000 


28 


XVII 


Uberreste 

verbrannter 

Leichen 


unregelmassig 


o 
J 


20 X 12 X 
5.80 m 


240 


1.392 


17 


XI-SW/ 
XVII- 

NW 


Uberreste 

verbrannter 

Leichen; 

verseifte 

Leichen 


unregelmassig 


4 


70 X 20-25 X 
5.0 m 


1.575 


7.875 


78 


XI-S/ 
XVIII-N 


Uberreste 

verbrannter 

Leichen; 

verseifte 

Leichen 


regelmassig 


5 


10 X 12 X 
4.90 m 


120 


588 


7 


XVIII- 

NW 


Uberreste 

verbrannter 

Leichen; 

verseifte 

Leichen 


unregelmassig 


6 


15 X 12 X 
3.05 m 


180 


549 


22 


XVIII 


Uberreste 

verbrannter 

Leichen; 

verseifte 

Leichen 


unregelmassig 


Insgesamt 


3.015 


14.124 











81 

Unter der "Verseifung" von Leichen versteht man 

"die Bildung von Fettwachs, einer unloslichen Seife, von speckartigem und oligem Aussehen und 
unangenehmem Geruch, erzeugt durch die Verbindung neutraler Fette der Gewebe mit Kalksal- 
zen und Magnesium, die im Wasser oder feuchten Erdreich vorhanden sind, wo sich die Leiche 
befindet. Fine notwendige Bedingung ist das Fehlen von Luft. [...]. Die ersten Anzeichen der 
Verseifung sind nach einpaar Wochen zu erkennen, und der Prozess istnach 12 bis 18 Monaten 
abgeschlossen "^^^. 



d) Interpretation der Ergebnisse 

Das Vorhandensein unverbrannter Leichen 

Das Vorhandensein unverbrannter Leichen auf dem Lagergelande widerspricht der offiziellen 
These, wonach die SS samtliche Leichen verbrannt hat. Eine mogliche Erklarung besteht darin, 
dass es sich urn die sterblichen Uberreste der wahrend des Aufstands getoteten oder anschlie- 
ssend an diesen hingerichteten Juden handelt, die begraben und nicht eingeaschert wurden, weil 
die Leichenverbrennung zu jenem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war. Urn die Zahl der unver- 
brannten Leichen in Erfahrung bringen. hatte man die Graber selbstverstandlich offnen miissen, 
doch eben dies hat Prof. Kola nicht getan, und auf eine Schatzung der Anzahl dieser Leichen 
liess er sich ebenfalls nicht ein. 

Die Tiefe der Graber 

Die Tiefe der Massengraber war sehr unterschiedlich, betrug aber bis zu 5.80 m. In diesem Zu- 
sammenhang sei darauf hingewiesen, dass beim Ausgraben eines unweit der Graber befmdlichen 
Brunnens die Arbeiten in einer Tiefe von 3.60 m aufgrund eines heftigen Grundwasserstroms 
eingestellt werden mussten. Prof Kola berichtet: 

''An der Stelle, wo - rund 40-45 cm unter der asphaltierten Oberfldche - der oberste Teil eines 
betonierten Brunnens gefunden worden war, wurde auf einem Grundriss von 2,3 x 2,1 m eine 
archdologische Grabung vorgenommen. Fs wurde zundchst 95-100 cm tief gegraben, wobei man 
in einer Tiefe von ca. 50 cm den oberen Teil der ersten der erhaltenen Brunnensegmente ent- 
deckte. [...] Die Unter suchungen wurden wegen eines heftigen Stroms von Grundwasser einge- 
stellt, der bereits in einer Tiefe von etwa 3.60 m einsetzte. Fs gelang somit nicht, bis zum Grund 
des Brunnens vorzustossen... " 

Als A. Petscherski und seine Gefahrten im Oktober 1943 einen Fluchttunnel graben wollten, lief 
dieser mit Wasser voll^'*'', was auf einen hohen Grundwasserpegel hindeutet. Unter diesen Um- 
standen wirkt die Tiefe der Graber - bis zu 5.80 m - sehr erstaunlich. Wir iiberlassen es den 
Geologen, sich aus diesen widerspriichlichen Angaben einen Reim zu machen. 

Die theoretisch hochstmogliche Beschickung eines Massengrabs 

Der kanadische Luftbildauswerter John C. Ball kam anhand seiner Untersuchungen der Massen- 
graber von Katyn (NKWD-Massenmord an polnischen Offizieren 1940), Hamburg (anglo- 
amerikanisches Terrorbombardement im Juli 1943) und Bergen-Belsen (Massensterben infolge 
von Seuchen anfang 1945) zum Ergebnis, in einem Massengrab konnten pro Kubikmeter bis zu 
sechs Erwachsenenleichen beigesetzt werden^"*^. Um dem Vorhandensein von Kindern unter den 



'"'''http://digilander.libero.it/fadange/medicina%201egale/tana.htm 

'"'^ A. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 181/182. 

''^^ John C. Ball, „Luftbild-Beweise", in: Ernst Gauss (Hg.^, Grundlagen zur Zeitgeschichte, Grabert Verlag, Tilbin- 

gen 1994, S. 235-248. 



82 

hypothetischen Opfern Rechnung zu tragen, erhohen wir diese Zahl auf acht. Unter diesen Um- 
standen konnten die insgesamt 14.124 Kubikmeter umfassenden Graber von Sobibor gemeinsam 
maximal etwa 1 13.000 Leichen fassen und reichten somit ohne weiteres zur Aufnahme der hypo- 
thetischen 80.000 Leichen aus, die vor dem Beginn der Verbrennungsaktionen im Oktober 1942 
begraben worden sein sollen. 

Die ursprungliche Grosse der Graber und ihre vermutiiche Beschickung 

Es gibt allerdings zwei Faktoren, die darauf hindeuten, dass die wirkliche Zahl der begrabenen 
Leichen um ein Vielfaches geringer war. Zunachst einmal gilt es hervorzuheben, dass das Volu- 
men der als "Massengraber" bezeichneten Gruben heutzutage weitaus grosser ist als wahrend der 
Existenz des Lagers Sobibor. Wie in Treblinka und Belzec wiihlte die lokale Bevolkerung nam- 
lich auch in Sobibor das Lagergelande auf, um nach verborgenen Kostbarkeiten zu suchen. Laut 
T. Blatt, der bis 1957 in Pol en lebte, dauerten die Grabungen nach Kriegsende "rund zehn Jahre" 
an^'*^. Die Schatzsucher vergrosserten das Volumen der einzelnen Graber und zerstorten die zwi- 
schen ihnen bestehenden Erdwande, so dass aus einer Reihe von kleinen Grabern leicht ein gros- 
ses "Massengrab" werden konnte. Die im Bericht der polnischen Kommission von 1947 ver- 
merkte Tatsache, dass iiber den ganzen Lagerbereich menschliche Knochen zerstreut waren, lasst 
sich natiirlich ebenfalls durch diese wilden Grabungen erklaren, ebenso die unregelmassige Form 
von vier der sechs von Kola georteten "Massengraber". Logischerweise ist davon auszugehen, 
dass sie urspriinglich regelmassig angelegt worden waren. 

Unter Beriicksichtigung dieser Fakten gilt es unsere provisorische Schlussfolgerung wie folgt 
umzuformulieren: In ihrem heutigen Zustand konnten die als Massengraber bezeichneten Gruben 
bis zu ca. 113.000 Leichen fassen, wenn man eine Beschickungsdichte von maximal 8 Leichen 
pro Kubikmetern ansetzt. 

Dass letztere Ziffer rein theoretischer Natur ist, zeigt folgender Sachverhalt: Am 22. und 23. Au- 
gust 1944 untersuchte eine sowjetische Kommission drei Massengraber mit Leichen ehemaliger 
Haftlinge, die im Arbeitslager Treblinka I (unweit des angeblichen "Vemichtungslagers" Tre- 
blinka II) gestorben waren. Hier die Masse der Graber und die Anzahl der darin vorgefundenen 
Leichen: 



Grab 1: 


10x5x2m = 


100 m^: 


105 Leichen 


Grab 2: 


10x5xl,9m = 


95 m^: 


97 Leichen 


Grab 3: 


10x5x2,3m = 


115 m^: 


103 Leichen 



Jede Schicht bestand aus fiinf bis sieben Leichen und war mit einer Erdschicht von 45 bis 50 cm 
Dicke bedeckt^^''. Wie 
Leiche pro Kubikmeter. 



Dicke bedeckt^^*'. Wie man sieht, enthielten die Massengraber von Treblinka 1 nur rund eine 



In Anbetracht dieser Tatsachen ist die Annahme statthaft, dass in den Massengrabern auf dem 
Lagergelande von Sobibor nicht mehr als einige tausend Leichen beigesetzt worden sind. Die im 
nachsten Artikel folgenden Berechnungen der fur die Leichenverbrennung erforderlichen Holz- 
menge sowie der dabei anfallenden Asche untermauem diese Hypothese. 



""''R. Rashke, Escape from Sobibor, a.a.O., S. 365. 



~^° Gosudarstvenny Archiv Rossiskoj Federatsii (Staatliches Archiv der Russischen Foderation), Moskau, 7021-1 15- 
11, S. 1-3. 



83 

Kapitel 15 

Holzbedarf und Verbrennungsasche 

a) Die Technik der Leichenverbrennung in Sobibor laut der "Kommission 
zur Untersuchung der deutschen Verbrechen in Polen" 

Beziiglich der in Sobibor verwendeten Technik der Leichenverbrennung schrieb die "Kommissi- 
on zur Untersuchung der deutschen Verbrechen in Polen" in ihrem 1947 erschienenen Bericht: 

«In sdmtlichen hitleristischen Vernichtungslagern wurde als System der Spiirenverwischung die 
Verbrennung der Leichen benutzt. Nicht under s war es auch in Sobibor. [...] Anfdnglich wurden 
die Leichen in grossen Griiben schichtweise beigesetzt imd mit Chlorkalk bestreut. In grossem 
Umfang wurde die Leichenverbrennung im Winter 1942/1943 begonnen, und sie dauerte bis zur 
Liquidierung des Lagers an. Anfangs wurde ein System der Eindscherung auf einfachen Schei- 
terhaufen verwendet, aber schliessUch setzte sich der Brauch durch, Roste aiis Eisenbahnschie- 
nen zu benutzen. [...] Diese Einrichtung war sehr einfach. Auf zwei parallelen Reihen von Beton- 
pfeilern brachte man Schienen an, auf die Schichten von Leichen gelegt wurden, und unten wur- 
de Feuer entfacht. Man gebrauchte wahrscheinlich leicht brennbares Material. [Was fiir "leicht 
brennbares Material" verwendet wurde, liess die Kommission offen.] Wdhrend des Zeitraums, in 
dem diese Einrichtung Verwendung fand, existierten im Lager grosse, mit Leichen gefullte Gru- 
ben. Um die Leichen herauszuholen und zu den Rosten zu schaffen, wurden mechanische Bagger 
eingesetzt. Die Leichen aus den laufenden Transporten wurden sofort nach der Vergasung ver- 
brannt "^^\ 



b) Die zur Verbrennung eines einzelnen Leichnams auf einem Rost benotig- 
te Holzmenge 

Zuverlassige Daten fiir die Holzmenge, die bei einer Einrichtung wie der eben beschriebenen zur 
Verbrennung einer Leiche erforderlich ist, erhalt man aus Indien, wo die Einascherung Verstor- 
bener unter freiem Himmel seit jeher praktiziert wurde. Die Verbrennung eines einzelnen Leich- 
nams auf einem Scheiterhaufen erfordert 400 bis 600 kg Brennholz, was zur Abholzung grosser 
Waldflachen und damit zu enormen okologischen Problemen fuhrt. Zur Verringerung des Holz- 
bedarfs wurde ein sogenanntes "Fuel Efficient Crematorium" erfunden, das aus drei jeweils ca. 
1,5 m hohen Ziegelmauern besteht, innerhalb welcher in einer Hohe von rund 50 cm ein Metall- 
rost angebracht ist. Oben sowie auf einer Seite ist dieses Krematorium offen. Der Holzverbrauch 
zur Einascherung eines 70 kg schweren Leichnams belauft sich bei diesem System auf 250 bis 
300 kg ^^^. Setzt man den Mittelwert von 275 kg an, so bedeutet dies, dass fur die Einascherung 
eines Kilogramm organischer Substanz (menschlicher Uberreste) 3,9 kg Holz benotigt werden. 



c) Der Holzbedarf pro Leiche bei einer Massenverbrennung 

Bei einer Massenverbrennung von Leichen ist natiirlich damit zu rechnen, dass sich die zur Ein- 
ascherung eines Leichnams benotigte Holzmenge verringert, well die auf diesen einwirkenden 



"^^ "Oboz zaglady w Sobiborze", a.a.O., S. 55. 



'^' Council for advancement of peoples action and rural technology. Rural Technology Division, "Fuel Efficient 
Crematorium." http://www. ruraltechindia. org/fec. htm . 



84 

Flammen zugleich auch die dabenen liegenden Leichen angreifen. Wie hoch ist in diesem Fall 
die Holzersparnis? Da uns hierzu keine experimentellen Daten vorliegen, miissen wir, so pietat- 
los dies auch anmuten mag, entsprechende Unterlagen iiber die Massenverbrennung der Kadaver 
von Tieren auswerten, die an Epidemien eingegangen sind oder zur Verhiitung der Ausbreitung 
von Seuchen abgetan werden mussten. 

In den USA wurde ein System namens "Air Curtain Burner" entwickelt, bei welchem die Kada- 
ver in einer Grube verbrannt werden, in die zur Schiirung der Flammen kontinuierlich Luft ge- 
blasen wird. Im Jahre 2002 wurden mittels dieses Systems Rinderkadaver mit einem Gesamtge- 
wicht von 16,1 Tonnen in Asche verwandelt, wozu 49 Tonnen Holz mit einem mittleren Feuch- 
tigkeitsgrad von ca. 20% erforderlich waren^^^. Trotz der steten Zufuhr von Luft belief sich der 
Holzverbrauch also auf (49 : 16,1 =) 3,04 kg Holz pro Kilogramm organische Substanz. Ange- 
sichts dieser Tatsache wird man nicht fehl in der Annahme gehen, dass bei einer Massenverbren- 
nung von Leichen in einer Einrichtung wie der oben beschriebenen, bei der nicht standig frische 
Luft zugefuhrt wird, fur die Einascherung eines Kilogramms organischer Substanz 3,5 kg Holz 
(mit einem Feuchtigkeitsgrad von 20%) notwendig sind. Die Holzersparnis pro Leichnam ver- 
ringert sich also gegeniiber der Verbrennung einer einzelnen Leiche nur um etwa 10%). Wenn 
man bei einer hypothetischen Massenverbrennung von Leichen unter freiem Himmel das Durch- 
schnittsgewicht eines Leichnams mit 60 kg ansetzt, um dem Vorhandensein von Kinderleichen 
Rechnung zu tragen, bedeutet dies, dass zur Verbrennung eines Leichnams im Schnitt 210 kg 
Holz mit einem Feuchtigkeitsgrad von 20% erforderlich sind. 



d) Die Verbrennung dehydrierter Leichen 

Die obigen Daten beziehen sich auf frische Leichen. Wie im vorhergehenden Artikel erwahnt, 
sollen von den angeblichen 169.000 Opfern von Sobibor rund 80.000 zuvor begraben worden 
sein; die Verbrennung der Leichen setzte laut den offiziellen Historikem erst im Oktober, also 
rund funf Monate nach der Eroffnung des Lagers, ein. 

Um zu ermitteln, ob sich der Holzbedarf bei der Einascherung eines dehydrierten Leichnams 
verringert, miissen wir uns abermals auf Daten iiber die Beseitigung von Tierkadavern stiitzen. 
Der Kadaver eines Schafs von 50 kg Gewicht sondert in der ersten Woche nach dem Tod des 
Tieres 7 bis 8 Liter und in den ersten beiden Monaten 14 bis 16 Liter Fliissigkeit ab; fur den Ka- 
daver eines Rindes von urspriinglich 500 bis 600 kg Gewicht lauten die entsprechenden Daten 80 
bzw. 160 Liter^^'*. Der Fliissigkeitsverlust setzt sich anschliessend in geringerem Ausmass noch 
viele Monate - manchmal bis zu einem Jahr - lang fort, denn wahrend des Verwesungsprozesses 
verwandeln sich die weichen Telle des Kadavers in Fliissigkeit. Dies bedeutet, dass der Kadaver 
nicht nur Wasser verliert - was die Verbrennung erleichtert -, sondem auch Fett, was natiirlich 
den entgegengesetzten Effekt hat. 

Im April 2001 wurden in Mynydd Eppynt, Wales, 7.000 Kadaver von an einer Seuche eingegan- 
genen Schafen begraben, zu denen spater noch weitere 14.000 Kadaver kamen. Infolge der sani- 
taren Probleme, die dabei auftraten, erwies es sich als notwendig, die Kadaver auszugraben und 



" Investigation into Burning Caracteristics of an Air Curtain Burner, http://www.airbumers.eu/DEFRA_UK- 

Air_Curtain_Bumer_Report_S-32 1 .pdf . 

'^"^ Carcass Disposal Options: A Multidisciplinary Perspective, https://www.ift.org/fooddefense/8-Nutsch.pdf 



85 

zu verbrennen, was vier Monate in Anspruch nahm. Es zeigte sich, dass die Verbrennung dehy- 
drierter Kadaver noch mehr Brennstoff und Zeit erforderte als diejenige frischer^^^ 

Dasselbe gilt zwangslaufig auch fiir die Verbrennung menschlicher Leichen, so dass die Tatsa- 
che, dass von den hypothetischen 169.000 Leichen von Sobibor knapp die Halfte mehr oder we- 
niger dehydriert war, keine Verringerung, sondem im Gegenteil eine Erhohung des Holzbedarfs 
mit sich gebracht hatte. 



e) Die Verbrennung ausgemergelter Leichen 

Wie erinnerlich haben wir das Durchschnittsgewicht der Opfer einer hypothetischen Massenver- 
nichtung in Sobibor mit 60 kg angesetzt. Man mag nun einwenden, dieser Wert sei zu hoch, da, 
wenn nicht die westlichen, so zumindest die polnischen Juden aufgrund der harten Bedingungen, 
unter denen sie vor ihrer Deportation gelebt hatten, im allgemeinen sehr mager gewesen seien. 
Den Holzbedarf bei der Verbrennung der Leichen hatte dies allerdings nicht verringert, sondern 
im Gegenteil erhoht, wie sich beim sogenannten „Minnesota Starving Experiment" erwies. 

Bei einem Versuch an Freiwilligen, der Ende 1945 in Minnesota durchgefiihrt wurde, verringerte 
sich das durchschnittliche Korpergewicht von 36 Versuchspersonen im Verlauf von 24 Wochen, 
wahrend welcher sie auf rigorose Diat gesetzt wurden, von 69,4 auf 52,6 kg. Dabei entfiel 37% 
des verlorenen Gewichts auf Wasser, 9% auf Proteine und 54% auf Fette^^''. Angesichts dieser 
Tatsache ist davon auszugehen, dass der Holzbedarf bei der Kremierung einer ausgemergelten 
Leiche steigt und nicht sinkt. 



f) Trockenes Holz versus frisches Holz 

Wie jedermann weiss, brennt trockenes Holz besser als frisches, well letzteres einen hoheren 
Feuchtigkeitsgehalt aufweist. Zur Ermittlung der Holzmenge, die in Sobibor zur Einascherung 
von 169.000 Leichen notig gewesen ware, gilt es deshalb in Erfahrung zu bringen, ob das 
Brennholz mit Ziigen oder Lastwagen ins Lager geschafft wurde oder ob man es sich im nahen 
Wald besorgte. Die ehemaligen Haftlinge und die Sobibor-Historiker lassen keinen Zweifel dar- 
an aufkommen, dass letzteres der Fall war. J. Schelvis schreibt: 

"Die Verbrennung der damals schonfast 100.000 Leichen erforderte grosse Mengen Holz. Im 
nahen Wald gab es solches in reichlichem Ausmass. Es wurde ein Waldkommando gebildet, das 
aus ungefdhr 30 Arbeitshdftlingen bestand. Dieses musste unter der Aufsicht einiger SS-Mdnner 
und Ukrainer grosse Mengen an Bdumen fallen und in kleine Stticke zersdgen. Anfangs bestand 
die Mannschaft ausjungen, krdftigen Mdnnern, die spdter durch junge Frauen verstdrkt wurden. 
Die unverbrannten Knochen der Leichen wurden zu Asche zermahlen, mit Sand vermengt und 
liber die Erde verstreut. Darauf wurden junge Bdume gepflanzt. "^^^ 

Die reichlich unglaubwiirdige Behauptung, das Waldkommando sei "durch junge Frauen ver- 
starkf worden, hat Schelvis von einer Ursula Stern iibernommen, die am 8. November 1965 
beim Sobibor-Prozess in Hagen aussagte^^^. 



'^^ Epynt Action Group, http://www.epp-ed.org/Activities/pcurTentissues/fmd/doc/contribution- 

Epy ntActionGroup . pdf . 

"^''Flamini Fidanza, Effects of starvation on body composition, http://www.ajcn.Org/cgi/reprint/33/7/1562.pdf. 

~ J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 131, 132. 

-'** Ebenda, S. 328. 



86 



Sobibor ist von einem Wald umgeben, der hauptsachlich aus Rottannen besteht. Frisch gehack- 
tes, griines Rottannenholz weist einen Wassergehalt von fast 60% auf^'^; sein Heizwert betragt 
ungefahr 2.000 Kcal pro kg^^". Hingegen belauft sich der Heizwert von trockenem Holz auf ca. 
3.800 Kcl pro kg, ist also 1,9 mal hoher. 

g) Die zur Verbrennung von 169.000 Leichen in Sobibor erforderliche Holz- 
menge 

Wie wir gesehen haben, hatte der Bedarf an trockenem Holz (mit einem Feuchtigkeitsgrad von 
20%) bei einer Massenverbrennung von Leichen 210 kg pro Leichnam betragen. Da in Sobibor 
griines Holz verwendet wurde, erhoht sich der Holzbedarf jedoch auf (210 x 1,9 =) 399 kg pro 
Leiche. Um der Moglichkeit Rechnung zu tragen, dass eine gewisse Menge trockenes Brennholz 
ins Lager geschafft wurde und dass zusatzlich noch Kohle oder fliissige Brennstoffe verwendet 
wurden, runden wir diese Ziffer vorsichtshalber auf 300 kg ab. 

Unter diesen Umstanden brauchte es zur Einascherung von 169.000 Leichen in Sobibor minde- 
stens (169.000 x 0, 3 =) 50.700 Tonnen Holz. Da ein Hektar Tannenwald pro Jahr ca. 346 Ku- 
bikmeter Holz abwirft^^\ hatten die 30 Haftlinge vom Waldkommando dementsprechend anna- 
hernd 199 Hektar Wald abholzen miissen, also fast zwei Quadratkilometer! 

Wenn man annimmt, dass die Leichenverbrennung von Oktober 1942 bis zum Oktober 1943 
dauerte und demnach 12 Monate in Anspruch nahm, musste das Waldkommando unter diesen 
Umstanden Tag fur Tag (50.700 : 365 =) ca. 139 Tonnen Baume fallen und zersagen. Auf jeden 
der 30 Holzfaller entfielen also taglich mehr als 4,6 Tonnen! Dass dies unmoglich ist, braucht 
kaum betont zu werden. 

Gemass unserer Schatzung kamen in Sobibor rund 10.000 Menschen um; wie wir auf diese Zahl 
gelangen, werden wir schon bald darlegen. Um das zur Einascherung einer solchen Zahl von 
Leichen erforderliche Brennholz zu gewinnen, musste das dreissigkopfige Waldkommando tag- 
lich etwas iiber acht Tonnen Baume fallen und zersagen, was sehr wohl im Bereich des Mogli- 
chen lag. 

Abgerundet wird dieses Bild dadurch, dass ein Vergleich zweier Luftaufnahmen der Gegend um 
Sobibor, von denen die erste am 11. Juli 1940 und die zweite am 30. Mai 1944 entstand^''^, keine 
nennenswerte Verkleinerung des Waldes erkennen lasst. Am siidlichen Rand scheint der Wald 
sogar gewachsen zu sein. Ware der Wald um das Lager herum abgeholzt gewesen, so hatten es 
die polnischen Ermittler im Jahre 1947 iibrigens schwerlich versaumt, diesen belastenden Sach- 
verhalt gebiihrend hervorzuheben. 



'^^ http://www.utextension.utk.edu/publications/wfilesAV179.pdf . 
http://www.southdownsgreenwoodcentre.co.uk/timberframes.html . 



260 
261 



262 



http://cta.oml.gov/bedb/appendix a/The Effect of Moisture Content on Wood Heat Content.xls 
G. Colombo, Adatmale dell'ingegnere civile e industriale. Hoepli, Mailand 1926, S. 161. 

John C. Ball, Air Photo Evidence. BaU Resource Services Limited, Delta, B.C., Canada, 1992, S. 99-101; A/ap- 



ping Sobibor, http://wTvw.deathcamps.org/sobibor/maps.html. 



87 

h) Die Asche 

Der menschliche Korper enthalt ca. 5% Asche^^^. Fiir das Brennholz setzen wir einen Aschege- 
halt von 6% an, da es sich um frisches und somit feuchtes Holz handelte. 169.000 Leichen mit 
einem Durchschnittsgewicht von 60 kg hatten dementsprechend ([169.000 x 60] x 0,05 =) 
507.000 kg oder 507 Tonnen Asche hinterlassen. Das Gewicht der Holzasche hatte (169.000 x 
300 X 0,06 =) 3.042.000 kg oder 3.042 Tonnen betragen. Unter diesen Umstanden waren insge- 
samt 3.549 Tonnen Asche angefallen. 

J. Schelvis behauptet, die Deutschen hatten die Asche "iiber die Erde zerstreut", doch hatten die 
Polen auf dem Lagergelande derart gewaltige Aschemengen vorgefunden, so hatten sie dies 
weidlich ausgeschlachtet - was nicht geschah. 

Prof. Kola erwahnt in seinem Artikel zwar, dass die Massengraber "Uberreste verbrannter Lei- 
chen" (d. h. Asche und Knochen) enthielten, liefert jedoch keinerlei Angaben iiber deren Urn- 
fang. Wie bereits erwahnt, wurde kein einziges Grab geoffnet, obgleich dies das einzige rationale 
Vorgehen gewesen ware, um das Ausmass der menschlichen Uberreste zu ermitteln. Wir schlie- 
ssen daraus, dass die mittels der Bohrungen ermittelten Asche- und Knochenmengen verhaltnis- 
massig gering waren. Ansonsten hatte man die Graber namlich geoffnet, um der Welt endlich 
einmal einen handfesten Beweis fiir den "Holocausf vorzufiihren, statt sie, wie es seit iiber 
sechs Jahrzehnten geschieht, mit "Augenzeugenberichten" abzuspeisen, von denen der eine 
diimmer ist als der andere. 



Kapitel 16 

Die Opferzahl von Sobibor - eine Hypothese 

Zu Beginn unserer Artikelserie schrieben wir, mangels dokumentarischer und forensischer Un- 
terlagen lagen keine revisionistischen Schatzungen der Opferzahl von Sobibor vor. Eine genaue 
Zahl zu nennen ist in der Tat ein Ding der Unmoglichkeit, doch nun, wo wir mit absoluter Si- 
cherheit nachgewiesen haben, dass Sobibor kein Vemichtungslager war, wollen wir den Versuch 
unternehmen, zu untersuchen, in welcher Grossenordnung sich die Zahl der Opfer des Lagers 
bewegt haben konnte. 



a) Die Zahl der Opfer unter den Arbeitsjuden 

Wahrend des Aufstands vom 14. Oktober 1943 sowie anschliessend an diesen wurden einige 
hundert Haftlinge getotet^'^'*. Hierzu kamen weitere Arbeitsjuden, die bei gescheiterten Flucht- 
versuchen oder wegen schwerer Verstosse gegen die Lagerordnung hingerichtet wurden oder 
"eines natiirlichen Todes" (vor allem an Krankheiten) starben. Wir gehen von der Hypothese aus, 
dass die Gesamtzahl der ums Leben gekommenen Arbeitsjuden bei nicht iiber 1.000 lag. 



''^^ Encyclopedia of cremation. Edited by Douglas J. Davies con Lewis H. Mates. Ashgate, Londra, 2005, p. 134. 
''^'^ J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 199. Schelvis nennt keine genaue Zahl der beim Aufstand Ge- 
toteten, doch aufgrund der von ihm zitierten Unterlagen (darunter deutsche Polizeiberichte) steht test, dass es sich 
um einige hundert handelte. 



88 

b) Wahrend des Transports nach Sobibor umgekommene oder vor der 
Weiterfahrt nach Osten im Lager gestorbene Juden 

Obwohl jene Deportierten, die wahrend der Fahrt nach Sobibor den Tod fanden, streng genom- 
men nicht als "Sobibor-Opfer" gelten konnen, zahlen wir sie der Einfachkeit halber zu diesen 
hinzu. Wahrend die Transporte aus Holland zumindest teilweise unter regularen Bedingungen in 
Personenziigen erfolgten^^^, war dies bei Transporten aus anderen Landern meist nicht der Fall. 
In den iiberfiillten Ziigen brach oft Panik aus, was dazu fiihren konnte, dass manche der Insassen 
erdriickt wurden oder erstickten. 

Wir verfiigen iiber keine Anhaltspunkte dafiir, wie lange die zur Uberstellung in die Ostgebiete 
bestimmten Juden in Sobibor blieben, doch spricht die Logik dafiir, dass es im Schnitt nicht 
mehr als einige Tage gewesen sein diirften. Unter diesen Umstanden konnte die Zahl der im La- 
ger "eines natiirlichen Todes gestorbenen" Umsiedler nicht hoch sein. Unsere Hypothese lautet, 
dass der Prozentsatz der wahrend des Fahrts nach Sobibor umgekommenen oder dort an Krank- 
heiten etc. gestorbenen Haftlinge 3% der Gesamtzahl von (maximal) 170.000, also rund 5.000, 
betragen haben konnte. 

c) Euthanasie 

Wie an friiherer Stelle erwahnt^^^, ist es sehr wahrscheinlich, dass Geisteskranke oder an schwe- 
ren Krankheiten leidende Juden in Sobibor der Euthanasie unterzogen wurde, da es vom Stand- 
punkt der SS aus sinnlos gewesen ware, diese Menschen in die Ostgebiete umzusiedeln, und die 
Besatzungsmacht in Polen keine Riicksicht auf Proteste zu nehmen brauchte. Was diese Hypo- 
these fast zur Gewissheit macht, ist die Tatsache, dass ein grosser Teil des Lagerpersonals von 
Sobibor (sowie auch von Treblinka und Belzec) zuvor in den Euthanasie-Anstalten eingesetzt 
gewesen war. In der orthodoxen "Holocaust-Literatur" wird dieser Tatbestand damit erklart, dass 
sich Manner, die bereits Erfahrung im Toten von Geisteskranken besassen, ideal dazu geeignet 
hatten, die systematische Ausrottung der Juden durchzufiihren. Da wir nach all dem Gesagten 
ohne Gefahr der Widerlegung festhalten konnen, dass es eine solche systematische Ausrottung 
nicht gab, fiihren wir eine weitaus logischere Erklarung an: Die betreffenden Manner taten in den 
Durchgangslagern dasselbe, was sie in den Euthanasieanstalten getan hatten: Sie bescherten Gei- 
steskranken sowie mit ansteckenden Krankheiten Behafteten, die man aus der Masse der Depor- 
tierten ausgesondert hatte, einen fragwiirdigen "Gnadentod". 

Wie hoch konnte die Zahl dieser Opfer gewesen sein? Ein Indiz liefert der "Gesamtbericht der 
Einsatzgruppe A vom 16. Oktober 1941 bis zum 31. Januar 1942", in dem es hiess, von den 
20.000 nach Riga sowie den 7.000 nach Minsk verbrachten Juden seien 70 bis 80% arbeitsunfa- 
hig gewesen. Laut dem "Gesamtberichf wurden 
"in einzelnen Fallen ansteckend erkrankte Juden ausgesondert und exekutiert" .^''^ 

Dies beweist eindeutig, dass Arbeitsunfahigkeit nicht und Krankheit nur in schweren Fallen als 
Grund fiir eine Totung gait. Selbst im ungiinstigsten Fall wird der Prozentsatz der Euthanasie- 
Opfer unter den nach Sobibor Gelangten also nicht iiber 2% betragen haben, was bei einer 
Hochstzahl von 170.000 Deportierten knapp 3.500 Personen entspricht. 



-^^ Ebenda, S. 74. 
-*SieheArtikell3. 

""^^ Rossiskij Gosudarstvenny Vojenny Archiv (Russisches Staatliches Militararchiv), Moskau, 500-4-92, S. 64. 



89 

Wenn, wofiir schliissige Indizien sprechen, in Sobibor Euthanasie praktiziert wurde, konnte dies 
auch eine Erklarung fiir die in der polnischen Literatur aufgestellte Behauptung liefern, in jenem 
Lager seien neben Juden auch mnd 1.000 Polen umgebracht worden^''^. Zwei ehemalige Sobi- 
bor-Haftlinge, Abraham Margulies und Dov Ber Freiberg , erwahnen die Einlieferung Gei- 
steskranker ins Lager, was darauf hindeutet, dass Patienten aus den Irrenhausem der Umgebung 
in Sobibor getotet worden sind. Als Arbeitshypothese iibernehmen wir die in der polnischen Li- 
teratur genannte Zahl von rund 1.000 solchen Opfern, so dass sich die Gesamtzahl der (jiidischen 
und polnischen) Euthanasie-Opfer auf ca. 4.500 belaufen haben konnte. 



d) Unsere Schatzung der Gesamtopferzahl 

Unseren Schatzungen zufolge fanden in Sobibor (oder auf dem Weg dahin) also etwa (1.000 + 
5.000 + 4.500) = 10.500 Menschen den Tod. Wir sind uns bewusst, dass jede der von uns ge- 
nannten Ziffern als zu hoch oder zu niedrig anfechtbar ist. Sofem die Lagerdokumentation den 
Krieg iiberlebt hat und heute im Giftschrank irgendeines Archivs liegt, wird man die genaue Op- 
ferzahl vielleicht eines fernen Tages, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen grundle- 
gend geandert haben werden, erfahren. Weiterhelfen konnte auch eine Offnung der Massengra- 
ber mit dem Ziel, das Ausmass der menschlichen Uberreste zu ermitteln, doch aus naheliegenden 
Griinden ist nicht mit einem solchen Schritt zu rechnen. Ganz im Gegenteil ist zu befiirchten, 
dass das Gelande von Sobibor, wie zuvor jenes von Treblinka und Belzec, in naher Zukunft zu- 
betoniert wird, damit kiinftig nicht mehr gegraben und geforscht, sondem nur noch politisch kor- 
rekt getrauert werden kann. Um die vermutlich rund 10.000 echten sowie die wahlweise 160.000 
oder 240.000 erfundenen Opfer des Lagers. 



Kapitel 17 

Die nationalsozialistische Judenpolitik 

a) Von der Auswanderung zur „territorialen Endlosung" 

Die wahre Funktion von Sobibor, Belzec und Treblinka ist vor dem Hintergrund der nationalso- 
zialistischen Judenpolitik zu sehen, deren unverriickbares Ziel von Anfang an die Entfernung der 
Juden aus dem deutschen Machtbereich mittels Emigration oder Aussiedlung, zu keinem Zeit- 
punkt jedoch ihre physische Ausrottung gewesen war. 

Bereits sieben Monate nach Adolf Hitlers Machtiibernahme, am 28. August 1933, schloss das 
Wirtschaftsministerium des Reichs mit der Jiidischen Agentur fiir Palastina das sogenannte 
„Haavara-Abkommen", einen Wirtschaftsvertrag, der die Grundlage fiir die Auswanderung von 
rund 52.000 deutschen Juden nach Palastina bis zum Jahre 1942 bilden sollte^'^V Damit war das 
Leitmotiv der NS-Judenpolitik vorgegeben. 



'"^^ Auf einer Gedenktafel in Sobibor steht eine Inschrift, laut der im Lager "250.000 Juden und ungefahr 1 .000 Po- 
len" umgebracht wurden. Eine Aufnahme dieser Gedenktafel findet sich bei Zbigniew Sulimierski, Sobibor. Hitle- 
rowski Oboz Smierci, Fundacja "Kamena" w Chelmie, Chelm 1993. 
'® M. Novitch, Sobibor. Martyrdom and Revolt, a.a.O. (siehe Artikel 5), S. 64. 
~^° Dov Ber Freiberg, To Survive Sobibor, Gefen Books, Lynnbrook (New York) 2007, S. 252/253. 

R. Vogel, Ein Stempel hat gefehlt Dokumente zur Emigration deutscher Juden. Droemer Knaur, Miln- 
chen/Zilnch 1977, S. 46 und 107-109. 



90 

Am 11. Februar 1939 wurde in Berlin eine "Reichszentrale fiir jiidische Auswanderung" gegriin- 
det, der die Aufgabe oblag, "alle Massnahmen zur Vorbereitung einer verstarkten Auswanderung 
der Juden zu treffen". Mit der Leitung dieser Zentrale wurde Reinhard Heydrich beauftragt^''^. 
Nach der Griindung des "Protektorats Bohmen und Mahren" erhielt der SS-Hauptsturmfiihrer 
Adolf Eichmann von Heydrich den Befehl, in Prag eine "Zentralstelle fiir jiidische Auswande- 
rung" zu schaffen^''^. 

Am 25. November 1939 wurde in einem Memorandum mit dem Titel „Die Frage der Behand- 
lung der Bevolkerung der ehemaligen polnischen Gebiete nach rassenpolitischen Gesichtspunk- 
ten" vorgeschlagen, „ca. 800.000 Juden aus dem Reich (Altreich, Ostmark, Sudetengau und Pro- 
tektorat)" sowie weitere 530.000 Juden aus den dem Reich angegliederten, ehemals westpolni- 
schen Gebieten ins Generalgouvermenemt abzuschieben^'''*. Allerdings wurde der Plan, im Gene- 
ralgouvernement ein jiidisches Reservat einzureichten, schon bald aufgegeben. Im Mai 1940 
schrieb der Reichsfiihrer SS Heinrich Himmler in einem Memorandum: 

"Den Begriff Jude hoffe ich durch die Moglichkeit einer grossen Auswanderung sdmtlicher Ju- 
den nach Afrika oder sonst in eine Kolonie vollig ausloschen zu sehen.'' 



275 



Im selben Memorandum verwarf Himmler „die bolschewistische Methode der physischen Aus- 
rottung eines Volkes aus inner er Uberzeugung als ungermanisch und unmoglich " 



276 



Am 24. Juni 1940 hielt Heydrich in einem Schreiben an Aussenminister Joachim Ribbentrop 
fest: 

"Der Herr Generalfeldmarschall [Goring] hat mich im Jahre 1939 in seiner Eigenschaft als Be- 
auftragter fiir den Vierjahresplan mit der Durchftihrung der jiidischen Auswanderung aus dem 
gesamten Reichsgebiet beauftragt. In der Folgezeit gelang es, trotz grosser Schwierigkeiten, 
selbst auch wdhrend des Krieges, die jiidische Auswanderung erfolgreich fortzusetzen. Seit 
Ubernahme der Aufgabe durch meine Dienststelle am 1. Januar 1939 sind bisher iiber 200. 000 
Juden aus dem Reichsgebiet ausgewandert. Das Gesamtproblem - es handelt sich bereits um 
rund 3V4 MiUionen Juden in den heute deutscher Hoheitsgewalt unterstehenden Gebieten - kann 
aber durch Auswanderung nicht mehr gelost werden. Eine territoriale Endlosung wird also not- 
wendig. "^'^'^ 

Als Folge dieses Schreibens entwarf das Aussenministerium den sogenannten Madagaskar-Plan. 



b) Der Madagaskar-Plan^^^ 



■ Ntlmberger Dokument NG-2586-A. 



273 



A.G. Adler, Der Kampf gegen die "Endlosung der Judenfrage" , Bundeszentrale fur Heimatdienst, Bonn 1958, S. 



Die Frage der Behandlung der Bevolkerung der ehemaligen polnischen Gebietes nach rassenpolitischen Ge- 
sichtpunkten, Ntlmberger Dokument PS-660, S. 25. 

'^^ «Einige Gedanken tlber die Behandlung der Fremdvolkischen im Osten», in: Vierteljahreshefte fiir Zeitgeschich- 
te, 5. Jg., 2. Heft, April 1957, S. 197. 



-^'^Ebenda. 



~ Ntlmberger Dokument T - 1 7 3 . 

~^^ Eine ausftlhrliche Gesamtstudie zu dieser Frage ist Magnus Brechtkens "Madagaskar fiir die Juden ": Antisemiti- 
sche Idee und politische Praxis 1995-1945, R. Oldenbourg Verlag, Mtlnchen, 1998. 



91 

Am 3. Juli 1940 verfasste Franz Rademacher, Leiter der jiidischen Abteilung im Aussenministe- 
rium, einen Bericht mit dem Titel "Die Judenfrage im Friedensvertrage", die mit folgender Er- 
klarung beginnt: 

„Der bevorstehende Sieg gibt Deutschland die Moglichkeit und meines Erachtens auch die 
Pflicht, die Judenfrage in Europa zu losen. Die wtinschenswerte Losung ist: Alle Juden aus Eu- 
ropa. " 

Rademacher erlauterte, bei dem - als unmittelbar bevorstehend betrachteten - Friedensvertrag 
mit Frankreich werde letzteres die Insel Madagaskar als Mandatsgebiet abtreten, in das alle eu- 
ropaischen Juden deportiert wiirden und das einen autonomen Staat unter Uberwachung 
Deutschlands bilden werde. 

Das Projekt wurde von Ribbentrop gutgeheissen und dem Reichssicherheitshauptamt iiberwie- 
sen, welchem die technischen Vorbereitungen zur Umsiedlung der Juden auf die ostafrikanische 
Insel sowie die Uberwachung der evakuierten Juden obliegen sollte^''^. 

Am 12. Juli 1940 hielt Hans Frank, Generalgouverneur Polens, in einer Rede fest, er hoffe 

„ die game Judensippschaft im Deutschen Reich, im Generalgouvernement und im Protektorat in 
denkbar kiirzester Zeit nach Friedensschluss in eine afrikanische oder amerikanische Kolonie zu 
deportieren. Man denkt an Madagaskar, das zu diesem Zweck von Frankreich abgetreten wer- 
den soil. "^^^ . 



c) Vom Madagaskar-Plan zur Aussiedlung der Juden in die Ostgebiete 

In den folgenden Monaten ergaben sich durch den Krieg und die seit dem Beginn des Russland- 
feldzugs realistisch gewordene Aussicht auf grosse territoriale Gewinne neue Perspektiven, die 
zu einem Kurswechsel in der NS-Judenpolitik fiihrten. An die Stelle der "Endlosung" mittels 
Zwangsumsiedlung nach Madagaskar trat nun eine "territoriale Endlosung" durch Deportation 
der europaischen Juden in die von den Deutschen eroberten Ostgebiete. Dieser Kurswechsel 
wurde am 22. August 1941 vom SS-Sturmbannfiihrer Carltheo Zeitschel, einem Berater an der 
deutschen Botschaft in Paris, eingelautet, der in einer Note zu Handen von Botschafter Otto 
Abetz schrieb: 

"Die seit Jahren spukende und auch z.Zt. von Admiral Darlan vor einigen Monaten neuer dings 
ventilierte Idee, alle Juden Europas nach Madagaskar zu transportieren, ist zwar an sich nicht 
schlecht, diirfte aber unmittelbar nach dem Kriege auf uniiberwindliche Transportschwierigkei- 
ten stossen, da die durch den Krieg stark dezimierte Welttonnage sicher zu anderen Dingen 
wichtiger gebraucht wird, als grosse Mengen von Juden auf den Weltmeeren spazieren zu fah- 
ren. Ganz abgesehen davon, dass ein Transport von nahezu 10 Millionen, selbstwenn zahlreiche 
Schiffe zur Verfiigung stiinden, jahrelang dauern wUrde. Ich schlage daher vor, bei der ndchsten 
Gelegenheit diese Frage dem Reichsaussenministerium vorzutragen und zu bitten, in dem Sinne 
einer solchen Regelung sich mit dem bereits ernannten, zukiinftigen Minister ftir die Ostgebiete, 
Reichsleiter Rosenberg, und dem ReichsfUhrer-SS zusammenzusetzen und die Angelegenheit in 



-™ Nilmberger Dokument NG-2586-J. 



' Nilmberger Dokument PS-2233. IMG \Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem internationalen 
Militdrgerichtshof. Nilmberg, 1947-1949], BdXXIX, S. 378. 



92 

dem von mir vorgeschlagenen Sinne zu priifen. Das Transportproblem der Juden in die Ostge- 
biete wtirde selbst wdhrend des Krieges durchzufiihren sein und nach dem Kriege nicht aufun- 
Uberwindliche Schwierigkeiten stossen, zumal die gesamten Juden im Generalgouvernement die 
Strecke in das neue abgegrenzte Territorium ja mit ihren Fahrzeugen aufden Landstrassen zu- 
riicklegen konnten. "^^^ 

Der Plan zur Abschiebung der Juden in die Ostgebiete war bereits friiher mehrfach erwogen 
worden. Am 2. April 1941, also noch vor Beginn des Ostfeldzugs, hatte Reichsminister Rosen- 
berg mit dem Gedanken geliebaugelt, 

„das moskowitische Russland als Abschubgebiet filr unerwiinschte Bevolkerungselemente in 
grosserem Ausmasse zu benutzen»^^'^ . 

Am 17. Juli 1941 hielt Generalgouvemeur Hans Frank in seinem Diensttagebuch fest, er wiin- 
sche 

"keine weitere Ghettobildung mehr, da nach einer ausdrticklichen Erkldrung des Ftihrers vom 
19. Juni d. J. die Juden in absehbarer Zeit aus dem Generalgouvernement entfernt wtirden und 
das Generalgouvernement dann nur noch gewissermassen Durchgangslager sein solle "^^\ 

Man beachte den Ausdruck "Durchgangslager" ! 

Am 28. September 1941 iibermittelte Himmler dem Gauleiter des Warthelands, Arthur Greiser, 
einen Befehl des Fiihrers, dem zufolge die Juden im Altreich und dem Protektorat so rasch wie 
moglich nach Osten abzuschieben seien. Himmler selbst schlug vor, die betreffenden Juden "zu- 
nachst einmal als erste Stufe in die vor zwei Jahren neu zum Reich gekommenen Ostgebiete zu 
transportieren, um sie im nachsten Friihjahr [1942] noch welter nach dem Osten zu deportieren". 
Er regte an, "in das Litzmannstadter Ghetto [...] rund 60.000 Juden des Altreichs und des Protek- 
torats fiir den Winter zu verbringen"^^"*. 

Am 10. Oktober 1941 erklarte Heydrich in Prag bei einer Sitzung zur „Losung von Judenfra- 
gen", zwischen dem 15. Oktober und dem 15. November sollten 50.000 Juden aus dem Protekto- 
rat nach Minsk und Riga abgeschoben werden, wo sie „in die Lager fiir kommunistische Haftlin- 
ge im Operationsgebiet" eingeliefert werden konnten^^^. Da Heydrich einen solchen Entschluss 
nicht ohne Billigung Hitlers fallen konnte, bedeutet dies, dass letzterer Zeitschels Vorschlag zur 
Umsiedlung der Juden in die Ostgebiete abgesegnet hatte. Am 23. Oktober 1941 untersagte 
Himmler mit sofortiger Wirkung die jiidische Auswanderung^^'', und am Tage danach wurde die 
Evakuierung von 50.000 westlichen Juden nach Osten angeordnet. Am 24. Oktober erliess Kurt 
Daluege, Chef der Ordnungspolizei, ein Dekret zum Thema „Evakuierungen von Juden aus dem 
Altreich und dem Protektorat, in dem es hiess: 

„In der Zeit vom L November - 4. Dezember 1941 werden durch die Sicherheitspolizei aus dem 
Altreich, der Ostmark und dem Protektorat Bohmen und Mdhren 50.000 Juden nach dem Osten 



^^^ Centre de Documentation Juive Contemporaine, Paris, V-15. 

'^' Nilmberger Dokument PS-1017. 

'^^ Zitiert nach Martin Broszat. „Hitler und die Genesis der ,Endlosung'. Aus Anlass der Thesen David Irvings", in: 

Vierteljahreshefte fiir Zeitgeschichte, 25. Jahrgang, Heft 4, Oktober 1977, S. 748/749. 



286 



Brief Himmlers an Greiser vom 18 September 1941. Bundesarchiv Koblenz, NS 19/2655, S. 3. 

Nilmberger Dokument T/37(299), S. 2. 

Nilmberger Dokument T-394: „Reichsfilhrer-SS und Chef der Deutschen Polizei hat angeordnet, dass die Aus- 



wanderung von Juden mit sofortiger Wirkung zu verhindem ist." 



93 

in die Gegend um Riga und Minsk abgeschoben. Die Aussiedlungen erfolgen in Transportziigen 
der Reichsbahn zuje 1000 Personen. Die Transportztige werden in Berlin, Hamburg, Hannover, 
Dortmund, Mtinster, Dtisseldorf, Koln, Frankfurt/M., Kassel, Stuttgart, Nilrnberg, MUnchen, 
Wien, Breslau, Prag undBriinn zusammengestellt. "^^^ 

Der neue Kurs der NS-Judenpolitik wurde den hoheren Parteichargen bei der zu diesem Zweck 
einberufenen Wannsee-Konferenz offiziell bekanntgegeben, die urspriinglich fiir den 9. Dezem- 
ber 1941 geplant, doch dann auf den 20. Januar 1942 verschoben worden war. Offiziell wurde 
der Madagaskarplan am 10. Februar 1942 aufgegeben. In einem ein auf diesen Tag datierten 
Schreiben an den Gesandten Bielfeld vom Aussenministerium erlauterte Franz Rademacher die 
Griinde fiir diesen Schritt: 

„Im August 1940 tibergab ich Ihnen fiir Ihre Akten den von meinem Referat entworfenen Plan 
zur Endlosung der Judenfrage, wozu die Insel Madagaskar von Frankreich im Friedensvertrag 
gefordert, die praktische Durchfiihrung der Aufgabe aber dem Reichssicherheitshauptamt Uber- 
tragen werden sollte. Gemdss diesem Plane ist Gruppenfiihrer 

Heydrich vom Fiihrer beauftragt worden, die Losung der Judenfrage in Europa durchzufuhren. 
Der Krieg gegen die Sowjetunion hat inzwischen die Moglichkeit gegeben, andere Territorien 
fur die Endlosung zur VerfUgung zu stellen. Demgemdss hat der Fiihrer entschieden, dass die 
Juden nicht nach Madagaskar, sondern nach dem Osten abgeschoben werden. Madagaskar 
braucht somit nicht mehrfUr die Endlosung vorgesehen zu werden. "^^^ 

Somit war die Endlosung nach wie vor territorialer Natur und bestand in der Abschiebung der 
Juden in den von Deutschland beherrschten Gebieten nach Osten. 

Von kapitaler Bedeutung ist ein aus dem Marz oder April 1942 stammender Aktenvermerk von 

Hans Lammers, dem Chef der Reichskanzlei, laut dem Hitler diesem mitgeteilt hatte, "das er die 

Losung der Judenfrage bis nach dem Krieg zuriickgestellt sehen wolle"^^^. 

Am 26. Juni 1942 schrieb der Chef der Sicherheitspolizei und des SD in einem Bericht folgen- 

des: 

„Die von der Sicherheitspolizei und dem SD getroffenen Massnahmen haben auch in Weiss- 
ruthenien auf dem Gebiet der Judenfrage grundlegenden Wandel zu schaffen. Um die Juden un- 
abhdngig von spdter noch zu treffenden Massnahmen zundchst unter eine wirksame Kontrolle zu 
bringen, wurden Juden-Altestenrdte eingesetzt, die der Sicherheitspolizei und dem SD fiir die 
Haltung ihrer Rassengenossen verantwortlich sind. Dariiber hinaus wurde mit der Registrierung 
der Juden und ihrem Zusammenschluss in Ghettos begonnen. Schliesslich sind die Juden durch 
eine auf Brust und Riicken zu tragendes gelbes Abzeichen nach Art des im Reichsgebiet einge- 
fiihrten Judensterns gekennzeichnet worden. Um das Arbeitspotential der Juden auszuwerten, 
werden sie allgemein zum geschlossenen Arbeitseinsatz und zu Aufrdumungsarbeiten herange- 
zogen. Mit diesen Massnahmen sind die Grundlagen fiir die spdter beabsichtigte Endlosung der 
europdischen Judenfrage auch fur das weissruthenische Gebiet geschaffen worden. "^^"^ 



-**^ Nilmberger Dokument PS-3921 . 
-^^ Nilmberger Dokument NG-5770. 

-**' Nilmberger Dokument PS-4025. 



-* "Meldungen aus den besetzten Ostgebieten Nr. 9", Berlin, den 26. Juni 1942. Rossiskij Gosudarstvenny Vojenny 
Archiv (Staatliches Russisches Kriegsarchiv), 500-1-755, S. 190. 



94 

Die vorhandenen Eisenbahndokumente^^^ ermoglichen es uns, einen Teil des Gesamtbilds der 
direkt in die Ostgebiete geleiteten Judentransporte zu konstruieren. Es sind 66 Transporte be- 
kannt, mit denen insgesamt 56.221 Juden in die Ostgebiete gelangten^^^. Von ihnen stammten 
16.057 aus dem Altreich, 1 1.000 aus dem Protektorat und 29.164 aus Wien. Die Bestimmungsor- 
te waren Baranovici, Maly Trostinec und Minsk (Weissrussland), Kaunas (Litauen), Riga (Lett- 
land) sowie Raasiku (Estland). 

Neben diesen aus dem Altreich, Osterreich und dem Protektorat direkt in die Ostgebiete umge- 
siedelten Juden gab es eine um das Vielfache grossere Zahl, die zunachst, als Zwischenetappe, 
ins Generalgouvernement kam. Hierauf gehen wir im folgenden Artikel naher ein; zunachst aber 
eine Bilanz des bisher Gesagten. 



d) Bilanz 

Die zitierten Dokumente, die nur einen Bruchteil der vorhandenen ausmachen, lassen nicht den 
geringsten Zweifel daran aufkommen, dass die von den Nationalsozialisten angestrebten „Endlo- 
sung der Judenfrage" territorialer Natur war. Nachdem durch die Gebietsgewinne des Deutschen 
Reichs in der Anfangsphase des Zweiten Weltkriegs eine grosse Zahl zusatzlicher Juden unter 
deutsche Kontrolle geraten war, liess sich das Problem nicht mehr durch individuelle Auswande- 
rung losen. Zunachst wurde erwogen, die Juden nach Madagaskar abzuschieben, doch weil sich 
dieser Plan aus praktischen Griinden nicht durchfiihren liess, trat an seine Stelle ein Programm 
zu ihrer Umsiedlung in die eroberten Ostgebiete, wobei das Generalgouvernement fiir die mei- 
sten Umsiedler "gewissermassen Durchgangslager sein sollte" (H. Frank). 



Kapitel 18 
Durchgangslager Sobibor 

a) "Durch die Lager im Generalgouvernement durchgeschleust" 

Gemass dem aus dem Jahre 1943 stammenden Korherr-Bericht waren bis Ende 1942 "1.274.166 
Juden "durch die Lager im Generalgouvernement durchgeschleust" worden^^'^. Dass es sich bei 
diesen Lagern um Belzec, Sobibor und Treblinka handelte, war von Anfang an klar; den endgiil- 
tigen Beweis hierfiir lieferte der erst anno 2001 veroffentlichte Hofle-Funkspruch, in dem diese 
drei Lager in abgekiirzter Form ("B", "S" und "T") genannt werden. Als viertes Lager erwahnt 
Hofle "L", d. h. Lublin-Majdanek, das offenbar zusatzlich zu seiner Hauptfunktion als Kriegsge- 
fangenen- und Konzentrationslager noch eine Nebenfunktion als Durchgangslager besass; aller- 
dings war die Zahl der aus Majdanek iiberstellten Juden im Vergleich zu Sobibor, Belzec und 
Treblinka gering. Die wenigen vorhandenen Dokumente iiber letztere drei Lager lassen nicht die 
Spur eines Zweifels an ihrer Funktion aufkommen: 



"'' Etliche Dokumente ilber die Transporte nach Minsk befinden sich im Nationalarchiv der Republik Weissrussland 
(Natsionalni Archiv Respubhki Belarus, NARB) unter der Inventamummer 378-1-784. 

''' Eine Aufzahlung der Transporte findet sich bei C. Mattogno und J. Graf, Treblinka. Vernichtungslager oder 
Durchgangslager? , a.a.O., S. 249-250. 



293 



Nilmberger Dokument NO-5 1 94. 



95 

Sobibor wurde sowohl von Heinrich Himmler (in seinem Rundschreiben vom 5. Juli 1943) 
als auch von Oswald Pohl (in seiner Antwort vom 15. Juli 1943) als "Durchgangslager" be- 

• 1 294 

zeichnet ; 

Belzec war laut dem Reuter-Vermerk vom 17. Marz 1942 die "Zielstation", iiber welche 
die aus dem Generalgouvernement abgeschobenen Juden "iiber die Grenze kommen" soil- 
ten^^^; 

Treblinka war ebenfalls ein Durchgangslager, wie u. a. aus dem bekannten Briefwechsel 
zwischen dem Staatssekretar im Reichsverkehrsministerium Albert Ganzenmiiller und dem 
SS-General Karl Wolff hervorgeht. Am 28. Juli 1942 teilte Ganzenmuller Wolf mit, seit 
dem 22. 7. gehe taglich ein Zug mit 5.000 Juden von Warschau iiber Malkinia nach Tre- 
blinka ab. Am 13. August antwortete Wolff: 

"Mit besonderer Freude habe ich von Ihrer Mitteilung Kenntnis genommen, dass nun schon seit 
14 Tagen taglich ein Zug mit 5.000 Angehorigen des auserwdhlten Volkes nach Treblinka fdhrt 
undwir doch aufdiese Weise in die Lage versetzt sind, diese Bevolkerungsbewegung in einem 
beschleunigten Tempo durchzufUhren. "^^^ 

Den orthdoxen Historikern fallt zu all dem nichts Besseres ein, als gebetsmiihlenhaft zu wieder- 
holen, die Worter "durchschleusen", "Durchgangslager", "iiber die Grenze kommen" und "Be- 
volkerungsbewegung" seien Bestandteil einer Tarnsprache gewesen, deren sich die nationalso- 
zialistischen Fiihrer selbst in ihrer vertraulichen Korrespondenz bedient hatten, um den Massen- 
mord in "Vernichtungslagern" zu vertuschen! Wer zu solchen Tricks greift, ist kein Wissen- 
schaftler, sondern ein Ideologe. 

Nicht alle aus Treblinka, Belzec und Sobibor iiberstellten Juden kamen in die Ostgebiete. Wie 
revisionistische Forscher hervorgehoben haben, wurden aus Treblinka und Belzec kleinere 
Gruppen jiidischer Haftlinge nach Majdanek sowie in Arbeitslager des Lubliner Distrikts iiber- 
stellt^^'' Dass von Sobibor aus eine gewisse Anzahl niederlandischer Juden in Arbeitslager ge- 
schickt wurden, kann man u. a. bei J. Schelvis nachlesen, der selbst zu diesen iiberstellten gehort 
hatte^^^. Andererseits trafen in Sobibor im Herbst 1943 einige Transporte aus dem Ostland ein; 
dem zweiten davon gehorte Alexander Petscherski an^^^. Der Grund fur diese Transporte kann 
nur darin bestanden haben, dass die Deutschen Arbeiter benotigten, beispielsweise fiir die Entla- 
borierungsanstalt fiir Beutemunition, deren Einrichtung Himmler in seinem Rundschreiben vom 
5. Juli 1943 angeordnet hatte. Hatten die Deutschen diese weissrussischen Juden umbringen wol- 
len, so hatten sie dies selbstverstandlich in den besetzten Ostgebieten selbst getan. 



b) Die Objekte A und E im Lagersektor III 

Ein Durchgangslager musste zwangslaufig gewisse hygienische Einrichtungen besitzen, um die 
Gefahr der Verschleppung von Seuchen so weit wie moglich zu verringern. Hierzu gehorten eine 
Entwesungsanlage, in der die Kleider der iiberstellten von der Laus, der Tragerin des gefiirchte- 
ten Flecktyphus, befreit wurden, sowie Duschen. 



-'" Siehe Kapitel 2. 

-'^ Siehe Kapitel 12. 

''"'Raul Hilberg, Sonderziige nach Auschwitz, Dumjahn, Milnchen 1981, S. 181. 

'^^ Carlo Mattogno und Jilrgen Graf, TrebUnka - Vernichtungslager oder Durchgangslager? , a.a.O. (siehe Kapitel 
1); Carlo Mattogno, Belzec... , a.a.O. (siehe Kapitel 1). 
' J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 12. 
-'' Siehe Kapitel 3. 



96 



Die archaologischen Untersuchungen Prof. Kolas auf dem Gelande des ehemaligen Lagersektors 
III von Sobibor belegen die Existenz von Bauwerken, fiir welche die offizielle Geschichtsversion 
keine Erklamng weiss'"'", die sich jedoch aus revisionistischer Perspektive ohne weiteres deuten 
lassen. Das ca. 2,75 x 2,75 m grosse, mit einem Keller und einem Kohlenlager versehene "Ob- 
jekt A", von dem Prof. Kola die unfundierte Hypothese aufstellt, es konnte eine Schmiede ge- 
wesen sein, war mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Heissluft-Entwesungskammer. Neben der 
Entwesung mit dem Insektizid Zyklon-B (dessen Gebrauch in Sobibor nicht attestiert ist) wurde 
zur Bekampfung von Schadinsekten regelmassig auch Heissluft verwendet. 

Die riesige, T-formige Baracke, deren grosserer Teil 60 bis 80 m mass ("Objekt E"), diirfte eine 
weitere Entwesungsanlage enthalten haben (da mit einem Transport bis zu 2.000 Juden in Sobi- 
bor angelangten, war Objekt A zu klein, um eine derart grosse Anzahl von Kleidungsstiicken zu 
entlausen), ferner Duschen und, worauf die zahlreichen vorgefundenen personlichen Gebrauchs- 
gegenstande hindeuten, auch Magazine. (Dass die Haftlinge das Lager III nackt betreten muss- 
ten, ist selbstverstandlich eine der vielen albemen Liigen der "Augenzeugen".) 



c) Unfreiwillige Hinweise auf die wahre Funktion Sobibors in den Augen- 
zeugenberichten 

Dass ausnahmslos alle in der Literatur zitierten Sobibor-Zeugen von einer Massenvernichtung in 
diesem Lager sprechen, lasst sich ohne weiteres damit erklaren, dass sie sich untereinander abge- 
sprochen hatten, oder dass der eine Zeuge wiederholte, was er von einem anderen gehort oder in 
irgendeinem Buch oder einer Zeitung gelesen hatte. Eine aufmerksame Lektiire der Augenzeu- 
genberichte liefert jedoch eine ganze Reihe von unfreiwilligen Hinweisen darauf, dass Sobibor in 
der Tat jenes Durchgangslager war, als dass es in den zeitgenossischen deutschen Dokumenten 
bezeichnet wird. Einige Beispiele haben wir bereits erwahnt - etwa die Ansprache, die ein SS- 
Offizier vor neu ins Lager eingelieferten Deportierten hielt'"'\ oder die Tatsache, dass die Deut- 
schen die neu eingetroffenen hollandischen Juden mit Kaffee, Brot und Marmelade bewirte- 
ten''°^. All dies gibt vom Standpunkt der orthodoxen Historiker aus keinen Sinn. Hier noch einige 
weitere Beispiele: 

Alexander Petscherski: "Auf den ersten Blick hatte man noch den Eindruck, man betrete ein 
ganz normales Bad. Hdhnefiir heisses undkaltes Wasser, Waschbecken'' 



303 



Wozu war dieses Tauschungsmanover notwendig? Laut der offiziellen Sobibor- Version wurden 
die Opfer im Zustand volliger Nacktheit von mit Gewehren und Peitschen ausgeriisteten Ukrai- 
nern in das "Vernichtungsgebaude" getrieben. Unter diesen Umstanden waren Flucht- oder Wi- 
derstandsversuche von vornherein aussichtslos gewesen, und die Opfer hatten das "Bad" auch 
dann betreten, wenn dieses weder Hahne noch Waschbecken besessen hatte. 

Der Ukrainer Michail Razgonayev, der in Sobibor Dienst getan hatte und nach dem Krieg den 
Sowjets in die Hande geriet, sagte vor seiner Erschiessung bei einem Verhor aus, samtliche Haft- 
linge hatten vor Betreten des "Bads" ein Stiick Seife erhalten''"'*. Da die Vorstellung, die Deut- 



'°° Siehe Kapitel 12. 



^°' Siehe Kapitel 6. 
'°- Siehe Kapitel 7. 
'"' Y. Suhl, Ed essi si ribellarono, a.a.O., S. 31. 



'°''http7/ftp. nizkor.org/ftp. cgi/camps/aktion.reinhard/ftp.py?camps/aktion.reinhard//sobibor/razgonayev. 001 



97 

schen hatten die wahrend des Krieges stets knappe Seife fiir ein vollkommen iiberflussiges Be- 
trugsmanover vergeudet, nur Kopfschiitteln hervorrufen kann, lautet die einzige logische 
Schlussfolgemng, dass die Haftlinge kein "Bad", sondern ein echtes Bad betraten. 

Die niederlandische Jiidin Judith Eliazer gab am 5. Februar 1946 in Rotterdam folgendes zu Pro- 
tokoll: 

«Wir sind am 10. Mdrz 1943 von Westerbork direkt nach Sobibor transportiert werden, wo wir 
am 13. oder 15. Mdrz eintrafen. Dortselbst wurden wir ausgemustert. 30 Mddchen und 44 Man- 
ner wurden herausgeholt. Der Rest wurde vergast und verbrannt. (Wir haben gesehen, dafi die 
anderen in Kippwdgelchen weggefahren wurden. Vermutlich sind sie in Gruben geworfen [wor- 
denp. Sobibor war kein Lager. Es war ein Durchgangslagery>^^^ 

Indem sie einerseits die iiblichen Ausrottungsgeschichten erzahlt und Sobibor andererseits aus- 
driicklich als Durchgangslager bezeichnet, verwickelt sich auch diese Zeugin in einen unlosbaren 
Widerspruch. 



Kapitel 19 

Die Abdankung der Vernunft 

Kein Historiker, der ein Mindestmass an Selbstachtung und wissenschaftlichem Ethos besitzt, 
gibt sich dazu her, die offizielle "Holocausf'-Version zu verteidigen. Historiker, welche iiber 
dieses Mindestmass verfiigen, schweigen, weil sie wissen: Wer redet, ist ein toter Mann. Wie tief 
jene "Forscher", welche die politisch korrekte und in vielen Landem der "freien Welt" staatlich 
vorgeschriebene Version der Geschehnisse propagieren, moralisch gesunken sind, geht aus der 
iiberwaltigenden Absurditat des von ihnen konstruierten Geschichtsbildes hervor. Wir greifen 
hier vier zentrale Punkte heraus. 



a) Der Phantom-Fuhrerbefehl zur Ausrottung der Juden 

Es bedarf kaum der Erwahnung, dass die Errichtung von "Vernichtungslagern" nicht ohne Be- 
fehl zur Ausrottung der Juden erfolgen konnte - und einen solchen Befehl konnte einzig und al- 
lein Adolf Hitler erteilen. Trotz jahrzehntelangen emsigen Wiihlens in den Archiven haben die 
"Holocaust" -Historiker keinen solchen Befehl gefunden. Das Argument, das betreffende Doku- 
ment sei eben rechtzeitig vernichtet worden, scheitert daran, dass sich in diesem Fall in der un- 
geheuer umfangreichen erhaltenen Dokumentation iiber die Konzentrationslager und die Juden- 
deportationen Hinweise oder Anspielungen darauf fmden miissten, was jedoch nicht der Fall ist. 

Wie hilflos die offiziellen Historiker diesem Problem gegeniiberstehen, erwies sich bei 
zwei Kongressen, von denen der erste 1982 in Paris und der zweite 1984 in Stuttgart stattfand; 
iiber beide wurde eine ausfiihrliche Dokumentation erstellt^*^''. Bei der Lektiire dieser Biicher 
entdeckt der Leser, dass sich fast jeder der betreffenden Historiker eine Ehre daraus macht, seine 
eigene These iiber den Zeitpunkt und die Umstande aufzustellen, unter denen der Beschluss zur 
Ausrottung der Juden gefallt worden sein soil, dass jedoch all diese Thesen vollig in der Luft 
hangen, weil keine einzige davon durch ein Dokument abgestiitzt wird. 



'°^ Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam, 200AR-Z251/59 OV, S. 904. 

^'^ CoUoque de I'Ecole des Hautes-Etudes en sciences sociales, L 'Allemagne nazie et le genocide juif, Gallimard, 
Paris 1985. -Eberhard Jackerl und Jilrgen Rohwer (Hg.), Der Mord an den Juden in Zweiten Weltkrieg, Deutsche 
Verlags-Anstalt, Stuttgart 1985. 



98 

Der unsagliche Streit um den Phantom-Hitlerbefehl dauert bis heute an; ein Beispiel dafiir ist Ian 
Kershaws Aufsatz "Hitler's role in the 'final solution'"'"''', der ebenfalls nichts als haltlose Spe- 
kulationen enthalt. 

Als Ausgangspunkt dient den "Holocaust" -Historikern im allgemeinen die beim Niimberger 
Prozess abgegebene Aussage des ersten Auschwitz-Kommandanten Rudolf Hoss, er sei im 
Sommer 1941 von Heinrich Himmler nach Berlin berufen worden; dort habe ihm Himmler er- 
offnet, dass Adolf Hitler die vollstandige Ausrottung der Juden angeordnet habe''"^. Die (angeb- 
lichen) hunderttausendfachen Judenmorde an der Ostfront wahrend der ersten Monate des 
deutsch-sowjetischen Krieges sowie die Errichtung der (angeblichen) Vernichtungslager Chelm- 
no im Dezember 1941 und Belzec im Marz 1942 deuten diese Historiker als erste Schritte zur 
Ausfiihrung dieses (angeblichen) Befehls. Dass ab November 1941 eine erhebliche Zahl deut- 
scher, osterreichischer und tschechischer Juden nicht etwa vernichtet, sondern nach Riga und an- 
dere Orte in den besetzten Ostgebieten deportiert wurden''"^, vermogen die Hofhistoriker nicht 
zu erklaren. 

Als weiterer Kronzeuge fur die Existenz eines Fiihrerbefehls zur Judenausrottung gilt der SS- 
Hauptsturmfuhrer Dieter Wisliceny, Eichmanns Stellvertreter in der Slowakei, der am 3. Januar 
1946 aussagte, Eichmann habe ihm im Juli oder August 1942 eine auf den April desselben Jahres 
datierten schriftliche Anweisung Himmlers zur Judenvernichtung vorgelegt; Himmler habe sich 
darin auf einen seinerseits von Hitler erhaltenen Befehl berufen. Eichmann habe Wisliceny ge- 
geniiber klargestellt, dass die arbeitsfahigen Juden zumindest provisorisch verschont und fiir die 
Bediirfnisse der deutschen Kriegswirtschaft verwendet werden sollten''^°. 

Auf die Idee, Wisliceny und Hoss konnten ihre Aussagen unter Zwang gemacht haben, 
verfallen die orthodoxen Historiker nie und nimmer. Femer iibersehen sie (vermutlich absicht- 
lich), dass die Errichtung der "reinen Vernichtungslager" Sobibor und Treblinka, die einen bzw. 
drei Monate nach dem zweiten Hitler-Befehl in Betrieb genommen worden sein sollen, diesem 
schroff widersprach. In beiden Lagern sollen bis auf eine Handvoll Arbeitsjuden samtliche Juden 
sofort vergast worden sein. Dies hatte bedeutet, dass die Kommandanten dieser Lager unter 
Missachtung der Anweisungen von ganz oben Hunderttausende von Arbeitskraften vemichteten, 
auf welche die deutsche Kriegswirtschaft dringend angewiesen war! 

Sonderlich effizient kann die "nazistische Vernichtungsmaschinerie" iibrigens nicht gewesen 
sein, denn am 18. April 2004 teilte die israelische Zeitung Haaretz in ihrer englischen Ausgabe 
mit, dass damals noch 687.000 Juden am Leben waren, die wahrend des Zweiten Weltkriegs in 
den von Deutschland kontrollierten Gebieten gelebt hatten'^^V Dies bedeutet, dass es 1945 meh- 
rere Millionen Uberlebende gab. 

Die Angelegenheit mit den beiden Hitler-Befehl en, von denen der erste die restlose Ver- 
nichtung der Juden und der zweite die zumindest vorlaufige Verschonung der Arbeitsfahigen un- 
ter ihnen vorgesehen haben soil, wird noch absurder, wenn man sich vor Augen halt, dass die 
Dokumente auch nach der Errichtung der "Vernichtungslager" weiterhin von "Umsiedlung" und 
"Evakuierung" sprechen. Da die Hofhistoriker diese Dokumente unmoglich verschweigen kon- 
nen, greifen sie zu dem Trick, den Nationalsozialisten eine "Tarnsprache" zu unterstellen. Dies 
fiihrt uns zum nachsten Punkt, der willkiirlichen Entstellung des Inhalts von Dokumenten durch 
die "Holocausf -Historiker. 



■'"^ wwwl.yadvashem.org/about_holocaust/studies/vol34/Kershaw%20E.pdf. 
^°^ IMG, Band XI, S. 440. 
^"^ Siehe Kapitel 20. 

^^° IMT, VllI, S. 606 ff. 

'" Zitiert nach Robert Faurisson, Ecrits revisionnistes (1974-1988), 2004, Band 1, S. 111. 



99 

b) Willkiirliche Verzerrung des Inhalts von Dokumenten 

Raul Hilberg schreibt: 

„Sobibor trug die sinnige Bezeichnung ,Durchgangslager '. Da es in der Ndhe des Bug lag, an 
der Grenze zu den besetzten Ostgebieten, ftigte sich die Bezeichnung in den Mythos von der 
,Ostwanderung'. Als Himmler eines Tages vorschlug, das Lager dock als Konzentrationslager 
zu bezeichnen, widersetzte sich Pohl dieser Namensdnderung. '"^^ 

Tatsache ist, dass Himmler in seinem Rundschreiben vom 5. Juli 1943 keinesfalls vorschlug, das 
Durchgangslager Sobibor "doch als Konzentrationslager zu bezeichnen", sondem es "in ein 
Konzentrationslager umzuwandeln". Auch stimmt es nicht, dass sich Pohl der "Namensanderung 
widersetzte"; in seiner Antwort vom 15. Juli 1943 hielt er lediglich fest, dass zur Einrichtung ei- 
ner Entlaborierungsanstalt fiir Beutemunition im Durchgangslager Sobibor dessen Umwandlung 
in ein Konzentrationslager nicht erforderlich sei''^^. 

Dass die von Hilberg als "Mythos" bezeichnete "Ostwanderung" durchaus kein solcher war, geht 
aus einer Fiille von Dokumenten hervor, von denen wir bereits einige zitiert haben''^'*. Hier ein 
paar weitere Beispiele:. 

Am 16. Februar 1942 setzte Martin Luther, Direktor der Abteilung Deutschland im Aussenmini- 
sterium, die deutsche Botschaft in Pressburg (Bratislava) per Femschreiben dariiber ins Bild, 
dass "im Zuge der Massnahmen zur Endlosung der europaischen Judenfrage" sofort "20.000 
junge kraftige slowakische Juden" in den Osten abtransportiert werden sollten, wo "Ar- 
beitseinsatzbedarf besteht"''^^ Sechs Monate spater, im August 1942, schrieb er unter Bezug- 
nahme auf sein Femschreiben vom Februar: 

"Die Zahl der [...] nach dem Osten abgeschobenen Juden reichte nicht aus, den Bedarfan Ar- 
beitskrdften dort zu decken. Das Reichssicherheitshauptamt trat daher auf Weisung des Reichs- 
fiihrers-SS an das Auswdrtige Amt heran, die slowakische Regierung zu bitten, 20. 000 junge 
kraftige Juden aus der Slowakei zur Abschiebung in den Osten zur Verfiigung zu stellen. '"^^ 

Die Umsiedlungspolitik war durchaus kein Staatsgeheimnis, sondem fand auch in der Presse ih- 
ren Widerhall. Am 25. April 1942 berichtete die Lemberger Zeitung: 

„Zuerst werden die alleinstehenden arbeitsfdhigen Juden und JUdinnen ausgesiedelt. Die erste 
Folge dieser Anordnung war, dafi ein Grossteil riistiger Juden plotzUch ,arbeitsunfdhig' wurde, 
und zwar aus den verschiedensten Griinden, und dafi sie daraufhin die Krankenhduser bevolker- 
ten, so dass bald die wirklich kranken Arier keinen Platz mehr finden konnten. '"^'^ 

Wie dem Leser erinnerlich sein wird, waren zum damaligen Zeitpunkt laut der offiziellen Ge- 
schichtsversion mit Chelmno und Belzec bereits zwei "Vernichtungslager" in Betrieb, und die 
Eroffnung des dritten, Sobibor, stand unmittelbar bevor. Auch in Auschwitz sollen damals schon 
Vergasungen stattgefunden haben (im Krematorium des Stammlagers Auschwitz I.) Wamm 
wurden Juden, die sich krank gemeldet hatten, dann nicht etwa zur Vergasung in eines dieser 
Lager geschickt, sondern in die Krankenhauser aufgenommen? Und wamm wurden die "allein- 



'^^ R. Hilberg, Die Vernichtung der europaischen Juden. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 1029. 

^^^ Siehe Kapitel 2. 

^^^ Siehe Kapitel 16, 17. 

'^^ Nilmberger Dokument T-1078. 

^^* Nilmberger Dokument NG-2586-J. 

'^^ „Die slowakischen Juden arbeiten", in: Lemberg Zeitung, 25. April 1942. 



100 

stehenden arbeitsfahigen Juden und Jiidinnen" als erste ausgesiedelt, wenn das Wort "aussie- 
deln" ein Tambegriff fiir "vemichten" war, wie uns Hilberg und Konsorten weismachen wollen? 
Wenn schon, hatte man die kranken oder aus sonstigen Griinden arbeitsunfahigen Juden natiir- 
lich zuerst umgebracht und die Arbeitskraft der restlichen bis zum letzten Moment ausgenutzt. 

Am 15. September 1942, zu einem Zeitpunkt, wo laut der offiziellen Geschichtsversion alle 
sechs "Vernichtungslager" in Betrieb gewesen sein sollen, fand eine Unterredung zwischen 
Reichsminister Albert Speer und SS-Obergruppenfiihrer Oswald Pohl, dem Leiter des Wirt- 
schafts-Verwaltungshauptamtes statt. Am Tag danach verfasste Pohl zu Handen Himmlers einen 
Bericht iiber das Gesprach, in dem es u. a. um die "Vergrosserung Barackenlager Auschwitz in- 
folge Ostwanderung" ging. Pohl schrieb: 

„ Reichsminister Prof. Speer will aufdiese Weise kurzfristig den Einsatz von zundchst 50.000 ar- 
beitsfahigen Juden in geschlossenen vorhandenen Betrieben mit vorhandenen Unterbringungs- 
moglichkeiten gewdhrleisten. Die fiir diesen Zweck notwendigen Arbeitskrdfte werden wir in er- 
ster Linie in Auschwitz aus der Ostwanderung abschopfen, damit unsere bestehenden betriebli- 
chen Einrichtungen durch einen dauernden Wechsel der Arbeitskrdfte in ihrer Leistung und ih- 
rem Aufbau nicht gestort werden. Die fur die Ostwanderung bestimmten arbeitsfahigen Juden 
werden also ihre Reise unterbrechen und Riistungsarbeiten leisten miissen. ""^^ 



c) Selektive Behandlung von Augenzeugenberichten 

In Ermangelung von Dokumenten, welche ihre monstrosen Phantasien iiber einen millionenfa- 
chen Mord in chemischen Schlachthausern stiitzen, miissen sich die orthodoxen Historiker not- 
gedrungen auf Augenzeugenberichte berufen. Dies fiihrt uns gleich zur nachsten schreienden 
Absurditat der offiziellen Geschichtsversion. Da das menschliche Gedachtnis mit dem Vergehen 
der Zeit immer unzuverlassiger wird, entsprache es der Logik, wenn die "Holocaust" -Historiker 
den noch wahrend des Krieges oder in der unmittelbaren Nachkriegszeit abgegebenen Zeugen- 
aussagen mehr Beweiskraft zumassen als den spateren, doch groteskerweise ist es umgekehrt: Da 
die filihen Augenzeugeberichte iiber die angebliche Judenausrottung in Sobibor, Belzec und 
Treblinka nicht mit der heutigen Version iibereinstimmen, weder in bezug auf die Opferzahl 
noch hinsichtlich des Totungsvorgangs, sehen sich die "Holocausf -Historiker genotigt, sie unter 
den Teppich zu kehren. Hinsichtlich Sobibors weist J. Schelvis zwar immerhin darauf hin, dass 
der Zeuge Chaim Engel fiir Sobibor von einer Gaskammer mit aufklappbarem Boden sprach, 
was er als simplen Irrtum darstellt'''^, verschweigt jedoch, dass sich derselbe "Irrtum" bei min- 
destens fiinf weiteren friihen Zeugen - Alexander Petscherski , Zelda Metz , Ursula Stern , 
Dov (Ber) Freiberg' und Moshe Bahir - findet. Von einem in mehrere Kammern unterteilten 
Vergasungsgebaude hatte kein einziger dieser friihen Zeugen gesprochen! 

Auch die ersten Zeugenaussagen iiber Belzec und Treblinka, in denen keinesfalls von 
Dieselgaskammem, sondem von Massentotungen mit ungeloschtem Kalk, elektrischem Strom, 
heissem Dampf, Absaugen der Luft aus den Kammern etc. die Rede war''^^, kehren die offiziel- 



'^•^ Bundesarchiv Koblenz, NS 19/14, S. 131-133. 

J. Schelvis, Vemietigingskamp Sobibor, a.a.O. , S. 88. 
'-°SieheKapitel3. 
'-' Siehe Kapitel 4. 

'"' Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam, ROD, C [23,62], Verklaring 72, S. 2. 
'-' Siehe Kapitel 4. 
'-" Siehe Kapitel 4. 
'-^ Siehe Kapitel 4. 



101 

len Historiker beflissentlich unter den Teppich. Raul Hilberg geht in seinem dreibandigem Rie- 
senwerk mit keinem einzigen Wort auf sie ein. 



d) Ein Panoptikum von Verriicktheiten: Die Anzahl und Flache der Gas- 
kammern von Belzec, Sobibor und Treblinka laut der "Holocaust"- 
Literatur 

Gemass der Enzyklopddie des Holocaust plante die SS im Rahmen der "Aktion Reinhardt" die 
"Totung der 2.284.000 Juden, die damals in den fiinf Distrikten des Generalgouvernements leb- 
ten"''^'^. Zur Verwirklichung dieses blutriinstigen Ziels errichtete die SS laut den "Holocaust"- 
Historikern zunachst ein einziges Vernichtungslager, Belzec; dieses war mit einem Vergasungs- 
gebaude ausgeriistet, das - man hore und staune!- drei Gaskammern mit einer Gesamtflache von 
96 Quadratmetern enthielt^^''. (Eine Erklarung dafiir, dass man dieses Gebaude noch in drei 
Kammern untergliederte, was die ohnehin winzig kleine Nutzflache noch verringerte und den 
Vernichtungsprozess erschwerte, vermogen die Herrschaften nicht zu liefem.) 

Als die SS merkte, "dass Belzec zur Erfiillung des Mordprogramms nicht ausreichte" 
(Wolfgang Scheffler''^^), errichtete sie mit Sobibor ein zweites Vernichtungslager. Auch hier be- 
gniigte sie sich mit dem Bau eines einzigen Vergasungsgebaudes mit drei Kammern, deren Ge- 
samtflache jedoch bloss 48 Quadratmeter betrug, also halb so viel wie in Belzec! ''^^ 

Nach ein paar Monaten wurden sich die dummen SS-Manner gewahr, dass - um die 
Formulierung Adalbert Riickerls zu iibemehmen - "sich die Gaskammern als zu klein erwiesen" 
und "die Leistung des Lagers Sobibor zu gering war"'''*^. Deshalb erweiterten sie das Verga- 
sungsgebaude im September 1942 um zusatzliche drei Kammern von insgesamt ebenfalls 48 
Quadratmeter Flache, so dass Sobibor nun iiber sechs Gaskammern von jeweils 4x4 Quadrat- 
metern verfiigte und die Gesamtnutzflache auf stolze 96 Quadratmeter anwuchs. 

In Belzec, wo sich ebenfalls herausgestellt hatte, dass die zur Verfugung stehende Nutz- 
flache zu gering war, ging die SS anders vor. Die Enzyklopddie des Holocaust berichtet: 

"Die bestehenden Gaskammern wurden abgerissen und an ihrer Stelle ein neues Gebaude aus 
Ziegeln und Be ton erbaut, das sechs Zellen von vier mal fiinf Me tern enthielt. " 



331 



Damit war die Gesamtflache der Gaskammern von Belzec von 96 auf immerhin 120 Quadratme- 
tern angewachsen... Waren die SS-Leute nicht so blod gewesen, das alte Vergasungsgebaude 
abzureissen, waren es sogar stattliche 216 Quadratmeter gewesen... 

In der Zwischenzeit hatte die SS in Ostpolen noch ein weiteres Vernichtungslager in Be- 
trieb genommen - Treblinka, das im Juli 1942 eroffnet wurde. Wieviele Gaskammern baute sie 
dort, und wie gross war deren Gesamtflache? Wer's nicht schon weiss, der wird es nie erraten: 
Sie baute drei Gaskammern von jeweils 4x4 Quadratmetern Grosse, genau wie in Sobibor!''''^ 
Es versteht sich von selbst, dass sich die Nutzflache auch hier als zu gering erwies, weshalb En- 
de August oder anfang September ein "neues Gashaus" gebaut werden musste, dessen "genaue 



Enzyklopddie des Holocaust, a.a.O., Band I, S. 14. 

'■' J. Schelvis, Vemietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 116. 

''^ Wolfgang Scheffler, "Chelmno, Sobibor, Belzec und Majdanek", in: Eberhard Jackel, Jtlrgen Rohwer (Hg.), Der 

Mord an den Juden im Zweiten Weltkrieg, a.a.O., S. 149. 

' A. Kuckerl, NS-Vernichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse, a.a.O. ,S. 163. 
'^°Ebenda, S. 172. 
^ Enzyklopddie des Holocaust, a.a.O., Band I, S. 179. 

' A. Rilckerl, NS-Vernichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse , a.a.O., S. 203 ff. 



102 

Masse sich nicht feststellen lassen" (A. RiickerP^''). Uber die Anzahl der Kammem in diesem 
"neuen Gashaus" liefert Riickerl keine Angaben; laut dem "Holocaust" -Historiker Uwe Dietrich 
Adam waren es "sechs oder zehn"'''^'*. 

Verantwortlich fiir den Aufbau von Belzec, Sobibor und Treblinka war der SS- Ober- 
sturmfiihrer Richard Thomalla^^^. Hatte die nationalsozialistische Fiihrung tatsachlich eine Ju- 
denvernichtung in Gaskammern geplant, und ware der mit deren Errichtung beauftragte SS- 
Offizier tatsachlich so vorgegangen, wie in der einschlagigen Literatur behauptet wird, so ware 
seine Lebenserwartung nicht mehr sonderlich hoch gewesen: Man hatte ihn zweifellos wegen 
Sabotage an die Wand gestellt. 

Spatere Generationen werden sich fragen, was eigentlich in den Himen jener Historiker 
vorgegangen sein mag, die diesem haarstraubenden Unfug ihre Weihe verliehen haben. Noch 
weit barter als iiber diese erbarmlichen Scharlatane werden sie freilich iiber jene Politiker und 
Juristen richten, welche diesen Unfug zur "feststehenden historischen Tatsache" erklart und mit 
dem Strafgesetz vor unerwiinschter Kritik geschiitzt haben. 



Kapitel 20 

Das Schicksal der in die Ostgebiete deportierten Juden 



a) Die Erkenntnisse des Demographieprof essors Eugene M. Kulischer 
(1943) 

Da die Anglo- Amerikaner in alien von Deutschland kontrollierten Landem iiber ein dichtes Netz 
von Informanten verfiigten, konnten ihnen die ab Ende 1941 erfolgten Massendeportationen von 
Juden unmoglich entgehen. Wussten sie auch iiber das Schicksal der Deportierten Bescheid? 

Die Frage ist ganz eindeutig mit Ja zu beantworten. Einen schlagenden Beweis hierfiir 
liefert ein 1943 erschienenes Buch des kanadischen Demographieprofessors Eugene M. Kuli- 
scher mit dem Titel The Displacement of Population in Europe""'' ("Die Bevolkerungsverschie- 
bungen in Europa"). Bei der Erstellung seiner Studie stiitzte sich Kulischer auf Informationen, 
die er von zahlreichen Organisationen erhalten hatte, vom American Jewish Joint Distribution 
Committee bis zum American Jewish Committee, vom French Information Centre bis zum Po- 
lish Information Centre. Uns interessiert hier lediglich das Kapitel "The Expulsion and Deporta- 
tion of Jews" ("Die Vertreibung und Deportation von Juden")''''''. 

Wie gut Kulischer iiber diese Deportationen unterrichtet war, beweist seine Statistik der aus ver- 
schiedenen Landem ausgesiedelten Juden. Vergleichen wir seine Ziffern mit denen des - eben- 
falls 1943 erschienenen und im Westen damals natiirlich unbekannten - Korherr-Berichts! 



^^* U. D. Adam, „Les chambres a gas", in: ", L 'Allemagne nazie et le genocide juif, a.a.O., S. 248/249. 

J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 42. 
^^* Eugene M. Kulischer, The Displacement of Population in Europe, International Labour Office, Montreal 1943. 
^^^ Ebenda, S. 95 ff 



103 



Gebiet 


Anzahl der deportierten Juden 




nach Kulischer 


nach Korherr 


Altreich 


120.000 


100.516 


Osterreich 


40.000 


47.555 


Slowakei 


62.000 


56.691 


Bohmen und Mahren 


50.000 - 60.000 


69.677 


Insgesamt 


272.000- 282.000 


274.439 



Was mit den aus Westeuropa deportierten Juden geschah, beschrieb Kulischer wie folgt: 

"Zuerstwerden sie ins Generalgouvernement geschickt. Dann wird die Stadt, in der sie sich nie- 
dergelassen haben, 'gesdubert '. An ihrem neuen Wohnort wird ein Ghetto eingerichtet. Dock 
selbst das Ghetto bietet den Juden nicht die Sicherheit eines permanenten Aufenthaltsortes, und 
sie werden abermals wetter nach Osten abgeschoben. Gleichzeitig wirktjedoch ein anderer Fak- 
tor, der Ende 1940 in Erscheinung trat undjetzt wachsende Bedeutung gewinnt, in entgegenge- 
setzter Richtung - die Bediirfnisse der deutschen Kriegswirtschaft. [...] Zuerst wurden die Juden 
fUr Arbeiten verwendet, die keine QuaUfikation erforderten, doch spdter erhielten die 'brauch- 
barsten ' von ihnen eine angemessene, ihren Qualifikationen entsprechende Arbeit. Juden wurden 
natUrUch nicht wieder in jene Berufe zugelassen, von denen sie ausgeschlossen worden waren. 
Sie wurden als Zwangsarbeiter mobilisert, zuerst um 'deutsche Arbeiter Jur dringende Bauarbei- 
tenftir das Reich freizuste lien ', spdter jedoch auchfiir direkte Beschdftigung in der Riistungsin- 
dustrie. In einer Anzahl von Fallen wurden die Juden nicht umgesiedelt, well man sie als Arbei- 
ter benotigte, doch in anderen Fallen wurden sie gezielt an Orte gesandt, wo sie zur Arbeit ein- 
gesetzt werden konnten. In gewissem Umfang wurde der Charakter, ja der Bestimmungsort der 
Deportation vom Mangel an Arbeitskrdften diktiert. [...] Im Verlauf des Jahres 1942 wurde 
Zwangsarbeit zum allgemeinen Los der Juden in Polen sowie in den von Deutschland besetzten 
Territorien. Der Zeitraum, far den arbeitstaugliche Juden zur Zwangsarbeit verpflichtet werden, 
ist nicht longer begrenzt [. . .] Am 20. November 1941 Hess Generalgouverneur Hans Frank am 
Rundfank die Nachricht verbreiten, dass die polnischen Juden letzten Endes welter nach Osten 
abgeschoben wtirden. Seit Sommer 1942 sind die Ghettos und Arbeitslager in den von Deutsch- 
land okkupierten Ostgebieten zum Bestimmungsort far Deportierte sowohl aus Polen als auch 
aus West- und Mitteleuropa geworden; insbesondere wurde eine umfangreiche Uberstellung aus 
dem Warschauer Ghetto beobachtet. Viele der Deportierten wurden in die Arbeitslager an der 
russischen Front geschickt, andere zur Arbeit in den Siimpfen von Pinsk, oder in die Ghettos der 
Baltenstaaten, Weissrusslands und der Ukraine. " 

Diese Schilderung stimmt genau mit dem Inhalt der deutschen Dokumente der Kriegszeit iiber- 
ein! Von einer Judenausrottung in "Vernichtungslagem", oder von gigantischen Massenerschie- 
ssungen an der Ostfront, sprach Kulischer mit keinem einzigen Wort, obgleich die jiidischen Or- 
ganisationen, von denen er einen Grossteil seiner Informationen erhalten hatte, 1942 pausenlos 
mit solchen Geschichten hausierten. Kulischer war offenbar intelligent genug, um zwischen Rea- 
litat und Propaganda unterscheiden zu konnen. Und was ein Demographieprofessor in Kanada 
wusste, wussten auch die Regierenden in Washington und London. Nicht umsonst hat weder 
Roosevelt noch Churchill je das Wort "Gaskammem" in den Mund genommen. Nicht umsonst 
haben die Alliierten im Friihling 1944 nach dem Beginn der Judendeportationen von Ungarn 
nach Auschwitz die Eisenbahnlinie, auf der die Transporte verliefen, nicht bombardiert. Sie 
wussten Bescheid dariiber, was in Auschwitz wirklich geschah - so wie sie zwei Jahre zuvor 



' Numberger Dokument NO-5194. 



104 

dariiber Bescheid gewusst hatten, dass die Opfer der "umfangreichen Uberstellimg" aus dem 
Warschauer Ghetto nicht in Treblinka in Dampf- oder Gaskammern ermordet, sondern "in die 
Arbeitslager an der russischen Front, zur Arbeit in den Siimpfen von Pinsk oder in die Ghettos 
der Baltenstaaten, Weissrusslands und der Ukraine " geschickt wurden. 



b) Anmerkungen zum Schicksal der auf direktem Wege in die Ostgebiete 
deportierten Juden 

Zwischen November 1941 und November 1942 wurden laut den Dokumenten der Reichsbahn 
56.211 deutsche, osterreichische und tschechische Juden in die Ostgebiete iiberstellt^''^. Die be- 
treffende Dokumentation ist unvollstandig; aus einer „Anlage zu den Meldungen aus den besetz- 
ten Ostgebieten" (Nr. 10 vom 3. Juli 1942) geht hervor, dass bis zu jenem Zeitpunkt 25.103 Ju- 
den nach Riga verbracht worden waren '''**', deren Deportation in den Unterlagen der Reichsbahn 
nur unvollstandig dokumentiert ist. Die Gesamtzahl der direkt in die Ostgebiete verbrachten Ju- 
den belauft sich auf mindestens 66.210. Das Schicksal eines Teils von ihnen lasst sich nachver- 
folgen. 

In The Hoax of the Twentieth Century geht Arthur Butz auf den Fall der deutschen Jiidin und So- 
zialist Jeannette Wolff ein, die 1942 nach Riga abgeschoben wurde und ihre dortigen Erlebnisse 
nach dem Krieg schilderte'''*\ In einem 1990 erschienenen Sammelband figurieren die Berichte 
von fiinf deutschen Jiidinnen und zwei deutschen Juden, die 1941 oder 1942 ebenfalls nach Riga 
und 1944 von dort aus ins Konzentrationslager Stutthof ostlich von Danzig deportiert worden 

342 

waren 

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass von den 48.609 Juden, die zwi- 
schen dem 29. Juni und dem 27. Oktober 1944 in Stutthof eintrafen, 25.043 - also mehr als die 
Halfte - aus dem Baltikum iiberstellt worden waren (10.458 aus dem litauischen Kaunas und 
14.585 aus dem lettischen Riga). Zu ihnen gehorten Hunderte von minderjahrigen Kindern, die 
auf den Deportationslisten als „Knabe" oder „Madchen" gekennzeichnet waren. Auf den - frag- 
mentarisch erhaltenen - Listen mit den Namen der aus Kaunas Uberstellten wurden diese Be- 
zeichnungen fiir Personen verwendet, die 1929 oder spater geboren und somit hochstens 15 Jahre 
alt waren. Auf der Transportliste vom 12. Juli 1944 sind 510 der insgesamt 3.098 Namen erhal- 
ten, darunter die von 80 „Knaben" oder „Madchen". Auf der annahernd vollstandig erhaltenen 
Liste vom 19. Juli gehorten 88 von 1.095 Deportierten zu dieser Kategorie. Die Gesamtzahl der 
Knaben und Madchen muss jedoch weit hoher gewesen sein, da am 25. Juli 483 Knaben und 416 
Madchen aus Stutthof nach Auschwitz iiberstellt wurden ■''*'^. 

Die Verschickung deutscher Juden in die Ostgebiete wird in der offiziellen „Holocaust"- 
Geschichtsschreibung nicht verschwiegen. Gerald Reitlinger vermeldet: 

„Eine grosser e Zahl von Deportierten kam nach Riga. [...] Jeannette Wolff [...] zdhlte elf 
Transporte, den aiisserordentlich grossen eingeschlossen, in dem sie selbst am 25. Januar 1942 
mit L 350 anderen von Dortmund nach Riga geschickt wurde. [ . . . ] Darauf [d.h. auf Intervention 
der Wehrmacht, welche die Juden als Arbeiter und Schreibkrafte schatzte]/o/g-te im Juli undAu- 



^^' Siehe Kapitel 17. 

''"' Rossiskij Gosudarstvenny Vojenny Archiv (Russisches Militararchiv), 500-1-775, S. 233. 

'"" Arthur Butz, The Hoax of the Twentieth Century, Theses and Dissertation Press, Chicago 2003, S. 268. Jeannette 

Wolffs Bericht erschien in dem von Eric E. Boehm herausgegebenen Sammelband We Survived, Yale University 

Press, New Haven 1949. 

^^' Hermann Kuhn, Stutthof. Ein Konzentrationslager vor den Toren Danzigs, Edition Temmen, Bremen 1 990. 

^ Jilrgen Graf und Carlo Mattogno, Das Konzentrationslager Stutthof und seine Funktion in der nationalsozialisti- 

schen Judenpolitik, Castle Hill Publishers, Hastings 1999, S.4, 112-114.. 



105 

gust 1942 eine Wiederaufnahme des Russlandplanes, in deren Verlauf etwa 25. 000 Juden aus 
dem Grossdeutschen Reich nach Riga, Est land und in die Umgebung von Minsk deportiert war- 
den sind. '"'^'^ 

Die Beziehungen zwischen der Wehrmacht und den fiir sie arbeitenden deutschen Juden waren 
offenbar so gut, dass sich der SS-Obergruppen-fiihrer Richard Hildebrandt, Leiter des SS-Rasse- 
und Siedlungshauptamtes, am 20. August 1943 zu der Forderung veranlasst sah, alle iiber das 
rein Dienstliche hinausgehenden Kontakte zwischen Wehrmachtsangehorigen und Juden sowie 
den Einsatz letzterer fiir Biiroarbeiten und fiir private Zwecke zu verbieten^'*^. 

Diese Fakten sind mit der offiziellen Geschichtsversion unvereinbar. Man halte sich folgendes 
vor Augen: 

Die Deportationen setzten im November 1941 ein. Laut der „Holocaust"-Geschichte wurde 
bereits im Dezember 1941 mit Chelmno (Kulmhof) das erste „Vernichtungslager" in Be- 
trieb genommen. Da ein Lager nicht iiber Nacht entsteht, muss die Errichtung von Chelmno 
bereits Monate friiher geplant worden sein, und falls dieses wirklich ein Vernichtungslager 
war, bedeutet dies zwangslaufig, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Plan zur physi- 
schen Ausrottung der Juden existierte. (Wir erinnern daran, dass Chelmno ebenso wie die 
spater errichteten Lager Belzec, Sobibor und Treblinka ein reines Vernichtungslager gewe- 
sen sein soil, indem auch arbeitsfahige Juden bis auf eine Handvoll provisorisch verschon- 
ter „Arbeitsjuden" sofort unregistriert vergast wurden.) Warum wurden dann ab November 
1941 deutsche, osterreichische und tschechische Juden nicht etwas zur Vergasung nach 
Chelmno, sondern in die Ostgebiete gesandt? 

Wie Reitlinger bestatigt, wurden ab Juli und August 1942 25.000 deutsche Juden nach Lett- 
land, Estland und Weissrussland geschickt, wo man sie durchaus nicht vemichtete, sondern 
als Arbeiter und Schreiber einsetzte. Ab Juli 1942 waren gemass der "Holocausf -Literatur 
fiinf, ab August desselben Jahres sechs "Vernichtungslager" in Betrieb. Warum wurden die 
betreffenden Juden an diesen fiinf bzw. sechs "Vernichtungslagern" vorbei ins Baltikum 
oder nach Weissrussland geschickt? 

Dermassen elementare Fragen stellen sich die offiziellen Historiker wohlweislich nie! 



c) Die Anzahl der in die Ostgebiete iiberstellten Juden und der Anteil 
nicht-polnischer Juden unter ihnen 

cl) Die Anzahl der via die Lager der „Aktion Reinhardt" Uberstellten 

Ehe wir uns der Frage nach dem Schicksal der auf indirektem Wege, d. h. iiber Durchgangslager, 
in die Ostgebiete evakuierten Juden zuwenden, wollen wir versuchen, ihre ungefahre Anzahl in 
Erfahrung zu bringen. Dabei gehen wir davon aus, dass diese Deportierten im grossen ganzen 
identisch mit den laut der orthodoxen Literatur „in Vernichtungslager unregistriert Vergasten" 
sind. Wir verzichten auf jeden Versuch, die Deportierten nach ihrer Nationalitat zu klassifizieren, 
und unterscheiden lediglich zwischen zwei Kategorien: Polnische und nichtpolnische Juden. 



^** Gerald Reitlinger, Die Endlosung, Colloquium Verlag, Berlin 1983, S. 100 ff. 

^"^^ NO-1624, resilmiert nach A. Butz, The Hoax of the Twentieth Century, a.a.O., S. 267/268. 



106 

Zunachst zu den Lagern der „Aktion Reinhardt". Das weitaus wichtigste Dokument, auf das wir 
uns hier stiitzen konnen, ist der Korherr-Bericht, laut dem bis Ende 1942 1.274.166 Juden „durch 
die Lager im Generalgouvernement" durchgeschleust worden waren^'*''. Hinsichtlich der Zahl der 
1943 durch diese vier Lager in die Ostgebiete geschickten Juden miissen wir uns in Ermangelung 
einschlagiger Dokumente mit einer Schatzung begniigen. Die Voraussetzungen fiir die einzelnen 
Lager sehen wie folgt aus: 

Maidanek: Beziiglich allfalliger Uberstellungen aus Majdanek in die Ostgebiete im Jahre 
1943 liegen uns keine Unterlagen vor. 

Belzec: Dieses Lager wurde bereits im November 1942 geschlossen, so dass 1943 von dort 
aus keine Deportationen erfolgt sein konnen. 

Sobibor: J. Schelvis spricht von 68.795 anno 1943 nach Sobibor gelangten Juden. Obwohl 
diese Ziffer etwas zu hoch gegriffen sein diirfte, iibemehmen wir sie, um eventuelle Uber- 
stellungen aus Majdanek im Jahre 1943 zu kompensieren, und runden sie einfachheitshal- 
ber auf 69. 000 auf. 

Treblinka: In der 2003 erschienenen dritten Auflage seines Standardwerks gibt R. Hilberg 
die Gesamtzahl der nach Treblinka gesandten Juden mit „bis zu 800.000" an'''*''. Wenn wir 
Hilbergs Hochstzahl vorsichtshalber als Arbeitshypothese akzeptieren und davon die 
713.555 Deportierten abziehen, die laut dem Hofle-Funkspruch'''*^ bis Ende 1942 nach Tre- 
blinka gelangten, ergibt sich fur 1943 eine Zahl von maximal 86.445 oder abgerundet 
86.000. 

Somit lautet unsere Schatzung dahingehend, dass aus den Lagern der „Aktion Reinhardt" im Jah- 
re 1943 hochstens (69.000 + 86.000=) 155.000 Juden in die Ostgebiete abgeschoben wurden. 
Zusammen mit den 1.274.166 oder abgerundet 1.274.000 Deportierten des Jahres 1942 ergibt 
dies eine maximale Gesamtzahl von etwa 1.429.000. 

Wie hoch war nun der Anteil der nicht-polnischen Juden an diesen Uberstellten? Beziiglich der 
Anzahl der in die Lager der „Aktion Reinhardt" deportierten Juden aus West- und Siideuropa 
fmden wir in der einschlagigen Literatur nur fiir Sobibor und Treblinka prazise Angaben. 

Sobibor: Laut J. Schelvis stammten von den insgesamt rund 170. 165 (aufgerundet 170.200) 
nach Sobibor Deportierten ca. 54.500 aus Polen und ca. 13.700 aus dem Ostland'^'*^. Die 
Anzahl der aus anderen Landern nach Sobibor gelangten Juden muss sich, wenn Schelvis' 
Ziffern stimmen, folghch auf ungefahr (170.200 - 54.500 - 13.700 =) 102.000 belaufen 
haben. 

Treblinka: Gemass der Enzyklopddie des Holocaust gelangten folgende nicht-polnische Ju- 
den nach Treblinka: 7.000 aus der Slowakei, 8.000 aus Theresienstadt, 4.000 aus Griechen- 
land, 2.800 aus Saloniki (das aus irgendwelchen Griinden separat und nicht mit dem restli- 
chen Griechenland behandelt wird) sowie 7.000 aus Mazedonien^^". Dies ergibt eine Ge- 
samtzahl von 28.800. Da die dokumentierte Zahl aus Theresienstadt nach Treblinka ge- 



^^^ Siehe Artikel 2. 

■'"'^ Raul Hilberg, The Destruction of the European Jews, Yale University Press, New Haven/London 2003, S. 1320. 

''"* Siehe Artikel 2. 

"'"'' J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O. (siehe Artikel 6), S. 263-267. 
Enzyklopddie des Holocaust, a.a.O., Band I, S. 1430. 



107 

sandter Juden jedoch nicht 8.000, sondem 18.004 oder abgemndet 18.000 betmg^^\ ist die 
Gesamtziffer um 10.000 auf 38.800 zu erhohen. 

Belzec und Maidanek: In bezug auf Belzec liest man in der Enzyklopddie des Holocaust: 
„Emige der Transporte nach Belzec brachten deutsche, osterreichische und tschechoslo- 
wakische Juden, die schon vor her aus ihren Heimatldndern in polnische Ghettos depor- 
tiert worden waren. '"^^ 

Die betreffenden polnischen Ghettos lagen im Lubliner Distrikt. Hier sei darauf hingewiesen, 
dass die Gesamtzahl der in diesen Distrikt deportierten deutschen, osterreichischen, tschechi- 
schen und slowakischen Juden 69.084 betrug''". Laut J. Schelvis gelangten 28.284 (aufgerundet 
28.300) slowakische, ca. 10.000 tschechische sowie rund 23.500 deutsche und osterreichische 
Juden nach Sobibor''^'*, gesamthaft also 61.800. Fiir Treblinka vermeldete die Enzyklopddie des 
Holocaust wie eben erwahnt 7.000 Deportierte aus der Slowakei, so dass diesen beiden Quellen 
zufolge 68.800 Juden aus den erwahnten Landern in Sobibor und Treblinka eintrafen, was anna- 
hernd der Gesamtzahl von 69.084 entspricht. Halt man sich vor Augen, dass eine gewisse Anzahl 
der in den Lubliner Distrikt Abgeschobenen zwangslaufig dort gestorben sein muss, bleibt kein 
Raum mehr fiir nach Belzec deportierte Juden aus den betreffenden Landern - es sei denn, die 
von Schelvis und der Enzyklopddie des Holocaust fiir Sobibor und Treblinka genannten Ziffern 
seien zu hoch, und ein Teil der Deportierten kam nicht in eines dieser beiden Lager, sondem 
nach Belzec. Sollten deutsche, osterreichische, tschechische und slowakische Juden aus Maj da- 
nek in die Ostgebiete iiberstellt worden sein, waren sie zuvor ebenfalls in Ghettos oder Arbeits- 
lagern des Lubliner Distrikts interniert gewesen, und die Zahlen fiir Sobibor und Treblinka sind 
dementsprechend zu verringern. 

Die ungefahre Zahl der via die Lager der „Aktion Reinhardt" nach Osten durchgeschleusten 
nicht-polnischen Juden betrug also (102.000 + 38.800 =) 140.800. Dementsprechend belief sich 
die Anzahl der durch diese vier Lager in die Ostgebieten deportierten polnischen Juden auf ma- 
ximal (1.429.000 - 140.800 =) 1.288.200. 

c2) Die Anzahl der via Chelmno Uberstellten 

Laut dem Korherr-Bericht wurden 145.301 Juden „durch die Lager im Warthegau" durch- 
geschleust''^^ Da es im Warthegau nur ein einziges entsprechendes Lager gab - namlich Chelm- 
no (Kulmhof) -, muss es sich bei der Verwendung der Mehrzahl durch Korherr um einen Fliich- 
tigkeitsfehler handeln, der offenbar in Anlehnung an die Formulierung „durchgeschleust durch 
die Lager im Generalgouvernement" erfolgt ist. 

Fiir das Jahr 1943 werden fiir Chelmno keine Vergasungen behauptet, so dass die Zahl von 
145.301 (abgemndet 145.300) gleichzeitig der Gesamtzahl der via Chelmno in die Ostgebiete 
Gelangten entspricht''^''. Von ihnen stammten mnd 11.000 aus anderen Landern als Polen''^''; die 
Zahl der polnischen Juden unter diesen Deportierten betmg folglich ca. 132.300. 



'^^' Miroslav Kamy, Konecne reseni, Akademia, Prag 1991, S. 115/1 16. 

'Enzyklopddie des Holocaust, a.a.O. Band I, S. 179/180. 
^^^ Janina Kielbon, „Deportacja Zydow do dystryktu lubelskiego (1939-1945)", in: Zeszyty Majdanka XIV, 1992, S. 
61-91. 

J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O, S. 250, 255, 263. 
^^^ Siehe Kapitel 8. 

^^^ Ftlr den Sommer 1944 werden fiir Chelmno ca. 7.000 Vergasungen behauptet. Da die betreffenden „Vergasten" 
(d. h. Uberstellten) jedoch nicht in die Ostgebiete gelangten, brauchen wir sie hier nicht zu berilcksichtigen. Siehe 
Carlo Mattogno, // campo di Chelmno tra storia e propaganda, Effepi, Genua 2009. 
■'^^ Faschismus - Ghetto- Massenmord, Roderberg Verlag, Frankfurt a. M. 1960, S. 285/286. 



108 



c3) 



DieAnzahl der via Auschwitz Uberstellten 



Bei einem erheblichen Teil der nach Auschwitz gelangten und laut der „Holocaust"-Literatur 
dort „unregistriert vergasten" Juden handelte es sich um ungarische. Die Deportationen aus Un- 
garn nach Auschwitz setzten jedoch erst im Mai 1944 ein, und ausser einer Anzahl ungarischer 
Jiidinnen, die ins Baltikum (und nach dessen Raumung nach Stutthof) iiberstellt wurden''^^, ge- 
langten keine Juden aus Ungarn in die damals ohnehin rasch schrumpfenden besetzten Ostgebie- 
te. Aus diesem Grund brauchen wir Ungarn in diesem Zusammenhang nicht zu beriicksichtigen. 
Folgende Tabelle vermittelt Aufschluss iiber die aus anderen Landern als Ungarn nach Ausch- 
witz geschickten Juden sowie die Zahl der „unregistriert vergasten" (d.h. nach Osten uberstell- 
ten) unter ihnen''^^: 



Herkunftsland 


Nach Auschwitz 
Deportierte 


"Unregistriert Vergaste" 
(d.h. iJberstellte) 


Frankreich 


68.921 


39.485 


Belgien 


24.906 


15.724 


Niederlande 


60.085 


38.231 


Italien 


7.422 


5.661 


Griechenland 


54.533 


41.776 


Theresienstadt 


42.454 


18.396 


Deutschland (inkl. Osterreich) 


23.438 


17.165 


Jugoslawien 


8.000* 


7.342 


Norwegen 


532 


346 


Bohmen, Mahren, Slowakei 


21.572 


9.082 


Diverse Lager 


34.000 


7.538 


Unbekannte Lander 


6.016 


4.262 


Pol en 


188.000 


149.000 


Insgesamt 




354.008 



* hypothetische Zahl 

Somit wurden aus Auschwitz ungefahr 354.000 Juden in die Ostgebiete iiberstellt, davon rund 
149.000 polnische und ca. 205.000 aus anderen Landern als Polen. 

c4) Bilanz 

Ziehen wir nun eine Bilanz beziiglich der Zahl der in die Ostgebiete deportierten Juden: 

Via die Lager der "Aktion Reinhardt" deportiert: ca. 1.429.000 

Via Chelmno deportiert: ca. 145.300 

Via Auschwitz deportiert: ca. 354.000 

Ohne Zwischenhalt in einem Durchgangslager deportiert: ca. 66.200 

Gesamtzahl der Deportierten: ca. 1.994.500. 

Davon polnische Juden ca. (1.288.200 + 134.300 + 149.000) = ca. 1.571.500 und nicht-polnische 
Juden ca. (140.800 + 1 1.000 + 205.000 + 66.200) = ca. 423.000. 



Siehe Jilrgen Graf und Carlo Mattogno, Das Konzentrationslager Stutthof und seine Funktion in der nationalso- 
zialistischen Judenpolitik, a.a.O., S. 31. 

^^^ Die Tabelle wurde von Carlo Mattogno anhand seines Artikels „Franciszek Piper und die Zahl der Opfer von 
Auschwitz" {Viertelj ahreshefte fUr freie Geschichtsforschung, Nr. 1/2003) sowie des Kalendarium der Ereignisse 
im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945 von Danuta Czech (Rowohlt, Reinbeckl989) erstellt. 



109 

Von diesen Zahlen abzuziehen sind natiirlich die in den Durchgangslagem (oder bereits auf dem 
Weg dorthin) umgekommenen Deportierten. Fiir Sobibor haben wir die Anzahl der wahrend des 
Transport oder wahrend des Aufenthalts im Lager verstorbenen bzw. bei den (hypothetischen, 
aber von uns als sehr wahrscheinlich erachteten) Euthanasieaktionen getoteten Juden auf rund 
10.000 geschatzt''^*'. Da sich die Verhaltnisse in Belzec und Treblinka kaum von denen in Sobi- 
bor unterschieden haben diirften, muss angesichts der weit hoheren Zahl der in diese Lager De- 
portierten auch die Anzahl jener, die dort oder auf dem Weg dorthin den Tod fanden, entspre- 
chend hoher gewesen. Unter diesen Umstanden ist die von uns errechnete Zahl von ca. 1.994.500 
in die Ostgebiete Uberstellten zwangslaufig zu hoch angesetzt. Wir weisen ferner darauf hin, 
dass wir in mehreren Fallen die in der offiziellen "Holocausf -Literatur genannten Deportierten- 
ziffem vorsichtshalber auch dann akzeptiert haben, wenn sie uns iiberhoht erschienen (vor allem 
im Fall der 1943 nach Treblinka Gelangten). In Anbetracht dieser Umstande diirfte die reale Zahl 
der in die Ostgebiete geschickten Juden um rund 100.000 unter der von uns errechneten Maxi- 
malziffer, d. h. bei hochstens 1,9 Millionen liegen. 



d) Die Auflosung des polnischen Judentums in der UdSSR 

Wenden wir uns nun der Frage zu, was mit den in die Ostgebiete abgeschobenen Juden - sofem 
sie die harten Bedingungen der Kriegszeit iiberstanden hatten - 1945 und danach geschah. Zu- 
nachst zu den polnischen Juden, die eine klare Mehrheit der Deportierten ausmachten. 

In der unmittelbaren Nachkriegszeit erlaubte die UdSSR einer erheblichen Anzahl polni- 
scher Juden die Riickkehr. Das American Jewish Year Book berichtet, bis Ende Juni 1946, als die 
Repatriierungsaktion abgeschlossen wurde, seien ca. 140.000 Juden aus der Sowjetunion nach 
Pol en zuriickgekehrt''^^ . Vor dem Beginn der Riickwanderung hatten laut derselben Publikation 
in Pol en nur noch 86.000 Juden gelebt''^^. 

Letzteres mag zumindest der Grossenordnung nach stimmen. Am 19. Juli 1942 hatte Heinrich 
Himmler angeordnet, Personen jiidischer Herkunft diirften sich im Generalgouvemement nur 
noch in den „Sammellagern" (d. h. Ghettos) Warschau, Krakau, Tschenstochau, Radom und Lu- 
blin aufhalten'"''. Diese Ghettos wurden nach und nach aufgelost und ihre Bewohner evakuiert. 
In den von Deutschland unter der Bezeichnung „Warthegau" angegliederten westpolnischen Ge- 
bieten wurden die Juden, soweit sie nicht nach Osten abgeschoben worden waren, im Ghetto von 
Lodz konzentriert, das aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung erst im Sommer 1944 liqui- 
diert wurde. Unter diesen Umstanden spricht alles dafiir, dass die einzigen Juden, die sich bei 
Kriegsende noch im ehemaligen Generalgouvemement und im ehemaligen Warthegau aufhiel- 
ten, jene waren, denen es gegliickt war, in der arischen Bevolkerung unterzutauchen. 

Sehr stark untertrieben ist unserer Ansicht nach die im Jewish Year Book genannte Ziffer von 
140.000 aus der UdSSR nach Polen zuriickgekehrten Juden. 1946 hatte die „Holocaust"- 
Geschichte bereits klare Konturen angenommen, und es lag selbstverstandlich im Interesse der 
Zionisten, die jiidischen Verluste so hoch wie nur moglich anzusetzen. Untermauert wird unsere 
Vermutung dadurch, dass es laut den anglo-amerikanischen Besatzungsbehorden in Deutschland 
im Februar 1946 in Polen 800.000 Juden gab, die jedoch grosstenteils auszuwandem gedachten 
und von denen wochentlich bis zu 5.000 nach Deutschland stromten^^"*. Falls diese Zahl stimmt. 



^* Siehe Kapitel 17. 

^^^ American Jewish Yearbook, Nr. 49 (1947-1948), S. 381. 

^^- American Jewish Yearkbook, Nr. 48 (1946-1947), S. 336. 

^"^^ IMT-Document NO-5574. 

^'^'^ Keesings Archiv der Gegenwart, 16. /17. Jahrgang, Rheinisch-westfalisches Verlagskontor, Essen 1948, S. 651. 



110 

muss die iiberwaltigende Mehrheit dieser 800.000 Juden aus Riickkehrern aus der UdSSR be- 
standen haben. 

Konnte es sich bei diesen Heimkehrem durchwegs oder grosstenteils um Juden gehandelt haben, 
die ab September 1939 aus dem von Deutschland besetzten Westen in den von der UdSSR an- 
nektierten Osten des ehemaligen polnischen Staates gefliichtet seien? Die Zahl dieser Fliichtlinge 
war sehr hoch; E. Kulischer, dessen Statistiken im allgemeinen recht zuverlassig sind, gab sie 
mit 500.000 an^^^. Wie das American Jewish Year Book berichtete, wurden die Gefliichteten in 
der ersten Jahreshalfte 1940 vor die Wahl gestellt, entweder die sowjetische Staatsbiirgerschaft 
anzunehmen oder in den deutschen Einflussbereich zuriickzukehren. „Viele" der Fliichtlinge, so 
das Yearbook, hatten sich fiir die zweite Variante entschieden, doch Deutschland habe sich kate- 
gorisch geweigert, diesen Juden die Riickkehr zu erlauben. Ende Juni 1940 habe die Sowjetregie- 
rung ihre Deportation ins Landesinnere angeordnet, wo extrem harte Bedingungen geherrscht 
hatten''^ 

Dass vielen dieser Juden 1945 oder 1946 die Moglichkeit offenstand, aus Zentralasien und Sibi- 
rien nach Polen zuriickzukehren, halten wir fiir sehr unwahrscheinlich. Ebenso unwahrscheinlich 
ist, dass es sich bei den Riickkehrern in nennenswertem Umfang um Juden handelte, die 1940 die 
sowjetische Staatsbiirgerschaft angenommen hatten, denn sowjetischen Biirgem war die Aus- 
wanderung allgemein verwehrt. Folglich spricht alles dafiir, dass die Heimgekehrten im allge- 
meinen zu den drei oder vier Jahre zuvor von den Deutschen in die Ostgebiete deportierten Juden 
gehorten. 

Mitte 1946 wurde die Riickwanderung von Juden nach Polen von der Sowjetregierung unterbun- 
den. Drei Jahre spater geschah laut dem American Jewish Year Book folgendes: 

„Im Sommer 1949 erschienen in der jiidischen Presse ausserhalb der Sowjetunion zahlreiche 
Berichte fiber die Massendeportation von Juden aus den westlichen Grenzregionen der UdSSR, 
insbesondere aus Weissrussland, der Ukraine, OstgaUzien, der Bukovina und Bessarabien. Ei- 
nem Bericht zufolge war en von der Deportation hauptsdchUch jiidische Biirger be tr off en, die 
Verwandte in Amerika oder Westeuropa hatten; andere Quellen behaupten, dass die ganze jiidi- 
sche Bevolkerung mancher Gebiete deportiert wurde. Die Berichte schilderten, oft sehr detail- 
liert, wie die Geheimpohzei die Juden verhaftete, in DeportationszUge setzte und an unbekannte 
Bestimmungsorte sandte, vermutlich nach Sibirien oder in die arktischen Regionen des europdi- 
schen Teils von Russland. In einem Bericht hiess es, 30.000 Juden seien aus Lwow (Lemberg) 
und anderen Stddten des frtiheren polnischen OstgaUzien deportiert worden, und die ganze Ge- 
gend sei jetzt judenfrei. Eine andere Meldung schilderte dhnliche Vorgdnge in einer unbekann- 
ten ukrainischen Stadt. Als indirekter Beweisfiir die Richtigkeit dieser Berichte gait, dass polni- 
sche Juden, die mit ihren Verwandten in der Ukraine und Weissrussland im Briefwechsel stan- 
den, keine Antwort mehr bekamen und ihre Briefe mit dem Kommentar zur ticker hielten: ,Zurtick 
an Ab sender. Adressat verzogen. '[...] Die Amerikanisch-Jtidische Liga gegen den Kommunis- 
mus stellte dem Generalsekretdr der Vereinten Nationen ein Protestschreiben zu, in welchem sie 
die Anzahl der von den Deportationen betroffenen Juden auf400. 000 schdtzte. '"^^ 

Ohne jeden Zweifel befanden sich unter den Deportierten viele Juden, die einige Jahre zuvor von 
den Deutschen in die besetzten Ostgebiete iiberstellt worden waren, vor allem polnische, mit ho- 
her Wahrscheinlichkeit jedoch auch westliche. 



""^^ E. Kulischer, The Displacement of Population in Europe, a.a.O., Tabelle ohne Seitenangabe, „General Survey of 
Population Displacement in Europe since the Beginning of the War". 
^^ American Jewish Yearbook, Nr. 43 (1941-1942), S. 241/242. 
^'^'^ American Jewish Yearbook, Nr. 51 (1950), S. 340. 



Ill 

Spatestens ab jenem Zeitpunkt verschwimmen die Unterschiede zwischen polnischstam- 
migen und sonstigen Juden in der UdSSR. Die Grenze zwischen ihnen war ohnehin niemals son- 
derlich scharf. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs waren sie Untertanen des Zarenreichs gewe- 
sen'"'^. Nach der Griindung des polnischen Staates im Jahre 1918 nutzte dieser die Schwache des 
jungen Sowjetregimes, urn diesem Westweissrussland und die Westukraine abzunehmen, doch 
zwei Jahrzehnte spater kehrten diese Gebiete an die Sowjetunion zuriick. Ihre jiidischen Bewoh- 
ner sprachen durchwegs eine oder mehrere von vier eng miteinander verwandten slawischen 
Sprachen - Russisch, Weissrussisch, Ukrainisch und Polnisch - und meist auch Jiddisch. Drei 
Deportationswellen hatten einen grossen Teil, wenn nicht die Mehrheit, der polnischstammigen 
Juden vom Westen ins Innere oder in den Osten der UdSSR gespiilt: 1940 wurden die Fliichtlin- 
ge aus dem deutschen Machtbereich, welche die sowjetische Staatsbiirgerschaft nicht annehmen 
wollten, deportiert; nach dem deutschen Einmarsch von 1941 wurde ein Grossteil der jiidischen 
Bevolkerung der sowjetischen Westregionen vor dem Eintreffen der deutschen Heere evaku- 
iert''^^; 1949 erfolgten die im American Jewish Yearbook geschildeten Massenverschleppungen. 
Unter diesen Umstanden konnten die 1942 und 1943 von den Deutschen in die Ostgebiete iiber- 
steUten polnischen Juden unbemerkt im sowjetischen Judentum aufgehen. 

Vollkommen anders bot sich die Lage hinsichtlich der in die besetzten Ostgebiete gelang- 
ten nicht-polnischen Juden dar. Zunachst werden wir eine Reihe hieb- und stichfester Beweise 
dafiir anfiihren, dass die „Ostwanderung" dieser Juden durchaus kein „Mythos" war, wie R. Hil- 
berg behauptet, sondem eine historische Realitat. 



e) Westeuropaische Juden in den besetzten Ostgebieten 

el) Zwei aufschlussreiche Passagen aus dem American Jewish Yearbook 

Uber die Entwicklung in Pol en anno 1942 berichtete das American Jewish Year Book im Jahr 
danach folgendes: 

„ Wdhrend des hier besprochenen Jahres [1942] wurden Zehntausende von Juden zwangsweise 
aus ihren Hdusern in grossen und kleinen Stddten deportiert. [...] Zu den grossten Umsiedlungs- 
aktionen gehorte die Vertreibung sdmthcher Krakauer Juden bis auf 11.000, die als ,wirtschaft- 
lich wichtig' betrachtet und in ein Ghetto gesperrt wurden; die Vertriebenen, 50.000 an der 
Zahl, wurden nach Warschau, LubUn und andere Stddte gesandt. Der Aufenthalt der nach Lublin 
Geschickten war nur kurz, denn die meisten von ihnen wurden weiter nach Osten abgeschoben, 
wdhrend die ZuriickgebUebenen in einem Ghetto in einem der Vororte der Stadt zusammenge- 
pfercht wurden. Nach Osten geschickt wurden auch die meisten Juden, die sich immer noch in 
den dem Reich angegliederten westlichen Provinzen Polens befanden. [...] Es gab auch einen 
Zustrom deutscher, tschechischer, holldndischer und franzosischer Juden, die nach Polen depor- 
tiert worden waren, entweder in die Ghettos oder die Arbeitslager. "'^''^ 

Diese Informationen sind in mehrfacher Hinsicht von grossem Wert und stellen die Vertreter der 
orthodoxen Geschichtsversion vor unlosbare Probleme: 

1) 



■"^^ Bis auf die galizischen Juden; Galizien gehorte damals zur Donaumonarchie. 

"'^ Zu diesen Deportationen siehe vor allem Walter Sanning, Die Auflosung des osteuropdischen Judentums, Grabert 

Verlag, Tilbingen 1983. 

^'^° American Jewish Yearbook, Nr. 44 (1942-1943), S. 244/245. 



112 

Laut der „Holocaust"-Geschichte begannen die angeblichen Judenvergasungen in Auschwitz im 
Februar 1942. Wamm wurden die Krakauer Juden dann 1942 nicht zur Vergasung in das unweit 
von Krakau gelegene Auschwitz, sondern nach Warschau und Lublin geschickt? 

2) 

Die nach Lublin iiberstellten Juden wurden keinesfalls in einem der Lager der „Aktion Rein- 

hardt" vergast, sondern grosstenteils „weiter nach Osten abgeschoben". 

3) 

Die Juden, die sich „immer noch in den dem Reich angegliederten westlichen Provinzen Polens 
befanden", wurden - von den im Ghetto von Lodz konzentrierten abgesehen - gemass heutiger 
offizieller Geschichtsversion in Chelmno in Gaswagen ermordet. Hiervon berichtete das Ameri- 
can Jewish Year Book jedoch mit keinem Wort und vermeldete stattdessen, diese Juden seien 
„nach Osten geschickt" wurden. Falls sie vor ihrer Abschiebung in die Ostgebiete zunachst nach 
Chelmno deportiert worden waren, muss letzteres ein Durchgangslager gewesen sein - was mit 
der revisionistischen These iibereinstimmt. 

4) 

Wahrend die Deportation einer Anzahl deutscher und tschechischer Juden in polnische Ghettos 
von der orthodoxen Geschichtsschreibung anerkannt wird, trifft dies auf die hollandischen und 
franzosischen Juden nicht zu: Diese sollen durchwegs nach Auschwitz, Sobibor sowie - in gerin- 
gem Ausmass - nach Majdanek geschickt worden sein und nicht in irgendwelche Ghettos. 

In seiner folgenden Ausgabe erwahnte das American Jewish Year Book die Anwesenheit nieder- 
landischer und sonstiger westlicher Juden in den besetzten sowjetischen Territorien im Jahre 
1943: 

„Es gibt Berichte dartiber, dass jtidische Deportierte aus Holland und anderen westlichen Ldn- 
dern in die besetzten sowjetischen Territorien geschickt worden sind, um dortftir die Armee zu 
arbeiten, aber ihre Anzahl sowie ihr Schicksal liegen immer noch im dunkeln. "^^^ 

e2) Informative Passagen aus Judisk kronika 

Von grosstem Interesse sind auch gewisse Informationen, welche die in Stockholm erscheinende 
jtidische Zeitschrift Judisk Kronika wahrend des Krieges iiber das Schicksal der deportierten Ju- 
den lieferte. Im September 1942 teilte das schwedisch-jiidische Blatt seinen Lesern folgendes 
mit: 

„ Jtidische Schulkinder von iiber 14 Jahren werden auch aus dem Dritten Reich abtransportiert, 
hauptsdchlich in die Ukraine, wo sie bei der Erntearbeit eingesetzt werden. Die Kinder werden 
erstwenige Stunden zuvor iiber ihre Deportation unterrichtet unddiirfen bloss das Allernotwen- 
digste mitnehmen. '"^^ 

Von der Deportation deutscher Juden in die Ukraine weiss die „Holocaust"-Literatur nichts. Der 
einzig logische Schluss lautet, dass die betreffenden jiidischen Schulkinder zu den angeblich in 
den „Vernichtungslagem" Vergasten gehorten.- Wir erinnem in diesem Zusammenhang daran, 
dass die Neuankommlinge in Sobibor den Augenzeugenberichten zufolge von einem SS-Mann 
empfangen wurden, der ihnen in einer Ansprache ihre baldige Weiterreise in die Ukraine in Aus- 
sichtstellte."^ 

Im Oktober 1942 vermeldete Judisk Kronika: 



^'^^ American Jewish Yearbook, Nr. 45 (1943-1944), S. 304. 
^'^- Judisk Kronika, Band 1 1, Nr. 1, September 1942, S. 91. 
'" Vgl. Kapitel 6. 



113 



„Eme grosse Anzahl von Juden, die in deutschen Konzentrationslagern interniert gewesen wa- 
ren, wurden nach Polen transportiert, wo sie bei der Trockenlegung der Stimpfe von Pinsk ein- 
gesetzt wurden. Das Lager in Dachau istjetzt volligfrei von Juden. Die meisten Juden des 
Rheinlandes einschliesslich jener Kolns wurden in das Ghetto von Riga iiberstellt. '"'^^ 

Die Stadt Pinsk hatte von 1920 bis 1939 in der Tat zu Polen gehort, war aber nach der Teilung 
dieses Staates an die Weissrussische Sowjetrepublik gefallen. Dass westliche Juden in Weiss- 
russland zur Urbarmachung von Siimpfen abgestellt wurden, geht auch aus anderen Quellen her- 
vor'' ''^ und steht ebenso im Widerspruch zur offiziellen „Holocaust"-Version wie die Deportatio- 
nen in die Ukraine. 

In derselben Ausgabe von Judisk Kronika war zu lesen: 

„Der Transport dieser ungeheuer grossen Anzahl von Menschen [aus Westeuropa] nach Polen 
wurde von einer Massenvertreibung von Juden aus dem Warschauer Ghetto und anderen Orten 
begleitet. Diese Menschen werden weiter nach Osten abgeschoben, und da sie aufgrund von 
Hunger und Krankheiten mehr oder weniger arbeitsunfdhig sind, kann man sich vorstellen, was 
fiir ein Schicksal sie dort erwartet. '"'^^ 

Die polnisch-jiidische Untergrundpresse berichtete ab August 1942 von Massenvernichtungen in 
Treblinka, wobei als Totungstechnik allerdings keineswegs ein Dieselmotor genannt wurde (die- 
se Variante wurde erst mehrere Jahre nach dem Krieg von der Geschichtsschreibung sanktio- 
niert), sondern ganz andere Methoden. Eine sich langs der Massengraber bewegende mobile 
Gaskammer; ein mit Verzogerung wirkendes Gas, das es den Opfern ermoglichte, aus den Gas- 
kammern zu den Massengrabern zu gehen, worauf sie ohnmachtig wurden und in die Graber fie- 
len; Verbriihen mit heissem Dampf'' ''''). Diese „Erkenntnisse" waren im Oktober 1942 offenbar 
noch nicht bis nach Schweden vorgedrungen, sonst hatte Judisk Kronika nicht die (zweifellos 
den Tatsachen entsprechende) Meldung verbreitet, die Warschauer Juden wurden weiter nach 
Osten verbracht. 

In seiner Ausgabe vom Mai/Juni 1944 berichtete das Blatt: 

„ Gewisse spdrliche Informationen beginnen nun tiber das Schicksal jener Juden dure hzusic kern, 
die aus Westeuropa nach Osteuropa deportiert worden sind. Einer Mitteilung aus Litauen zufol- 
ge wurden Tausende von Juden aus Holland, Belgien und Nordfrankreich nach Kaunas depor- 
tiert, wo viele in der Festung der Stadt erschossen werden. Auch in Wilnius wurde eine grosse 
Zahl von Juden aus Westeuropa hingerichtet. Im Ghetto der Stadt befinden sich noch ungefdhr 
20.000 westeuropdische Juden. Jeden Tag erschiessen die Deutschen mehrere hundert, und die 
Gestapo erstellt Listen der ndchsten Opfer. Vielen Juden ist es geglUckt, aus verschiedenen 
Ghettos zufliehen und sich Partisanenverbdnden anzuschliessen, und es gibt heute eine grosse 
Anzahl [Juden] aus Westeuropa, die gemeinsam mit den litauischen Partisanen kdmpfen. '"^'^ 

Diese Meldung ist besonders aufschlussreich. Noch im Friihling 1944 wusste Judisk Kroniska 
offenbar nichts von „Vernichtungslagem" und „Gaskammem", denn damals begannen ja erst 
„ gewisse spdrliche Informationen tiber das Schicksal jener Juden durchzusickern, die aus West- 



^^'^ Judisk Kronika, Band 1 1, Nr. 8, Oktober 1942, S. 123. 

'^^SieheKapitel20, e3. 

^^'^ Judisk Kronika, Band 1 1, Nr. 8, Oktober 1942, S. 123. 

'^' Vgl. Carlo Mattogno und Jilrgen Graf, Treblinka- Vernichtungslager oder Durchgangslager? , a.a.O., Kapitel 2. 

^'^^ Judisk kronika. Band 13, Nr. 5, Mai/Jum 1944, S. 68. 



114 

europa nach Osteuropa deportiert worden sind" . Wahrend ein im Mai 1944 erfolgter Transport 
franzosischer Juden ins litauische Kaunas (sowie ins estnische Tallinn) von den „Holocaust"- 
Historikern bestatigt wird'^^, erwahnen diese keine Deportationen von Juden aus Holland und 
Belgien nach Litauen. Die unabweisbare Schlussfolgerung lautet, dass es sich bei diesen Juden 
urn angeblich in Auschwitz und Sobibor „Vergaste" handelte. - Die Behauptung von Judisk 
Kronika, die Deutschen hatten die in den litauischen Ghettos befindlichen Juden massenhaft er- 
schossen, ist unglaubwiirdig; in diesem Fall hatten die Sowjets nach der Riickeroberung Litauens 
namlich mit Sicherheit Beweise fiir dieses Verbrechen vorgefunden und letzteres entsprechend 
ausgeschlachtet; statt fiktive Vergasungsopfer hatte sie den Deutschen dann echte Erschie- 
ssungsopfer angelastet und die Leichen der Ermordeten als corpus delicti von intemationalen 
Kommissionen untersuchen lassen - so wie es die Deutschen 1943 nach der Aufdeckung des 
Massal 
hatten. 



Massakers von Katyn und 1944 nach der Aufdeckung des Massakers von Winnitza getan 



Im Februar 1945 schrieb Judisk Kronika, im Sommer des Vorjahres hatten sich im Ghetto von 
Riga noch 18.000 Juden, darunter 15.000, aufgehalten. Auch im Fall der lettischen Juden stellte 
das Blatt die unglaubhafte Behauptung auf, die Deutschen hatten diese Juden vor ihrem Riickzug 
systematisch umgebracht''^^. 



e3) Steffen Werners Weissrussland-Hypothese 



•3S3 



In seinem Buch Die zweite bahylonische Gefangenschaft fiihrt Steffen Werner eine grosse 
Zahl von Indizien fiir die Deportation von Juden nach Weissrussland ins Feld. Hierzu gehoren 
Zitate Adolf Hitlers, der sich im Gesprach mit engen Mitarbeitern dafiir rechtfertigte, dass er die 
Juden „in den Morast" geschickt hatte. Den „Morast" interpretiert Werner als die weissrussi- 
schen Pripet-Siimpfe, welche die Juden hatten urbar machen miissen. Diese Hypothese wird 
durch andere Quellen untermauert. Gerald Reitlinger berichtet: 

„Aus einem Brief von Rosenbergs Amt geht hervor, dass die Absicht bestand, die Arbeitsfdhigen 
hinter der Ostfront einzusetzen. Spdter tauchten Gertichte auf, dass die Juden aus Lodz zur Ur- 
banisierung der Pripet-Siimpfe und in die jiidischen landwirtschaftlichen Kolonien bei Kriwoi 
Rog in der Ukraine geschickt worden seien. ""^'^ 

Dass es sich nicht um „Geriichte" handelte, beweist folgender Auszug aus einem Brief ein, den 
der Reichshauptstellenleiter der Dienststelle Reichskommissar fiir die Festigung deutschen Volk- 
stums (RKF), Walter Fohl, am 21. 6. 1942 an einen (nicht namentlich bekannten) SS- 
Angehorigen schrieb: 

„Wir nehmen jeden Tag Ziige mit je Uber 1000 Juden aus Europa an und verarzten sie hier, 
bringen sie mehr oder weniger provisorisch unter und schieben sie meist weiter, hinein in die 
weissruthenischen Stimpfe Richtung Eismeer, wo sie alle - wenn sie Uberleben (und das tun die 
Juden vom Kurftirstendamm oder aus Wien und Pressburg bestimmt nicht) - gegen Kriegsende 



''' Serge Klarsfeld, Le Memorial de la Deportation des Juifs de France, a.a.O. (Buch ohne Seitenangabe). 

Amtliches Material zum Massenmord von Katyn, Berlin 1 943 . 

Amtliches Material zum Massenmord von Winnitza, Berlin 1944. 
^^- Judisk kronika. Band 14, Nr. 2, Februar 1945, S. 27. 

^^^ Steffen Werner, Die zweite bahylonische Gefangenschaft, Eigenverlag 1990. Eine zweite Auflage erschien 1991 

beim Grabert-Verlag, Ttlbingen. 

■'^'' Gerald Reitlinger, Die Endlosung, a.a.O., S. 102. 



115 

versammelt sein werden, nicht ohne einige Autostrassen fertig gebaut zu haben. (Aber man soil 
nicht dariiber sprechen.) "' 



385 



Von hochstem Interesse ist folgender, von S. Werner zitierter Ausschnitt aus einem 1976 in der 
DDR erschienenen Buch iiber „sowjetische Partisanen und deutsche Antifaschisten": 

„Mutig kdmpften in der bruderlichen Familie der belorussischen Partisanen Tschechen und 
Slowaken, Franzosen und Jugoslawen, Griechen und Niederldnder, Spanier und Osterreicher, 
Deutsche und Angehorige anderer Nationen gegen den Faschismus. Die Kommunistische Partei 
und die Sowjetregierung wUrdigten den heldenhaften Kampf dieser wahrhaften Internationali- 
sten. Filr ihren antifaschistischen Kampf bei den Partisaneneinheiten Belorusslands undftir voll- 
brachte Heldentaten wurden unter anderem 703 Polen, 188 Slowaken, 32 Tschechen, 36 Grie- 
chen, 25 Deutsche, 24 Spanier und 14 Franzosen mit Orden und Medaillen der UdSSR ge- 
ehrt. "^^^ 

Wahrend sich die Anwesenheit von (nichtjiidischen oder jiidischen) Polen in Weissrussland da- 
mit erklaren lasst, dass diese aus dem bis September 1939 zu Polen gehorenden westlichen Teil 
Weissrusslands stammten, trifft dies auf die Angehorigen der anderen erwahnten Nationen nicht 
zu. Insbesondere fiir die Prasenz von Niederlandern, Franzosen, Jugoslawen und Griechen bei 
den weissrussischen Partisanen lasst sich unseres Erachtens keine andere Erklarung finden als 
die, dass es sich urn in die Ostgebiete deportierte Juden aus den betreffenden Landern handelte. 
Probleme wirft allerdings die Erwahnung von Spaniem auf''^''. 

Bei alien wertvollen Informationen und Denkanstossen, die S. Werners Buch vermittelt, diirfen 
wir seine schwerwiegenden Mangel nicht unter den Teppich kehren. Gleich zu Beginn schreibt 
Werner: 

„Ich behaupte: 1. Die Endlosung der Judenfrage bestand darin, dass die Juden im Ostteil von 
Weissruthenien angesiedelt wurden. 2. Dort werden sie noch heute [d. h. 1990] von der Sowjet- 
union in einer Art Gefangenschaft gehalten. '"^^ 

Zunachst ist es unmoglich, dass die (d. h. alle) deportierten Juden in Ostweissrussland angesie- 
delt wurden, denn dieses war lediglich einer von mehreren Bestimmungsorten der Umgesiedel- 
ten. Nicht minder unmoglich ist, dass der sterbende Sowjetstaat, in dem langst Glasnost herrsch- 
te, noch 1990 in der Lage (oder gewillt) war, Hunderttausende von Menschen nicht nur „in Ge- 
fangenschaft zu halten", sondem dariiber hinaus an jeder Kontaktnahme mit der Aussenwelt zu 
hindern. 

Zu verwerfen ist schliesslich Werners Hypothese, wonach die Deutschen die Juden in 
Ost-Weissrusslands firei siedeln liessen. Werner versucht diese Vermutung anhand von Karten zu 



^^^ Fritz Arlt, Polen-, Ukrainer-, Juden-Politik, Wissenschaftlicher Buchdienst Herbert Tage, Lindhorst 1995, S. 22. 
F. Arlt hatte der Dienststelle Reichskommissar ftlr die Festigung deutschen Volkstums als Leiter der Aussenstelle 
Oberschlesien angehort. Den zitierten Brief hat er von dem „Holocaust"-Historiker Gotz Aly erhalten, der ihn als 
Beweis ftlr „nackte Vemichtungsabsicht" deutete. 

In den Wdldern Belorusslands. Erinnerimgen sowjetischer Partisanen und deutscher Antifaschisten, Berlin-Ost 
1976, S. 9. 

'^' S. Werner vertritt die Hypothese, bei diesen Spaniem habe es sich urn Antifaschisten gehandelt, die nach dem 
Sieg Francos nach Frankreich gefltlchtet, dort von der Vichy -Regierung an die Deutschen ausgeliefert und von die- 
sen nach Auschwitz deportiert worden seien. {Die zweite babylonische Gefangenschaft, a.a.O., S. 89). Da es in Spa- 
nien nur sehr wenige Juden gab und gibt, wilrde dies bedeuten, dass auch nichtjildische Haftlinge von Auschwitz in 
die Ostgebiete ilberstellt worden sind. Hierftlr haben wir bisher keine Belege gefunden. Deshalb halten wir es filr 
viel wahrscheinlicher, dass die betreffende Spanier zu den Republikanem gehorten, die nach dem Sieg Francos im 
Bilrgerkrieg in die UdSSR gefltlchtet waren. 

S. Werner, Die zweite babylonische Gefangenschaft, a.a.O., S. 5. 



116 

beweisen, die eine seiner Ansicht nach unerklarlich grosse Zunahme von Ortschaften in jener 
Gegend belegen, doch wird man davon ausgehen miissen, dass die Besatzungsmacht die Depor- 
tierten unter standiger Kontrolle hielt - was nur in Lagem und Ghettos moglich war. Hatten die 
nach Weissrussland iiberstellen Juden dort Bewegungsfreiheit genossen, so hatten sie sich in hel- 
len Scharen der Partisanenbewegung angeschlossen, was wirklich nicht in deutschem Interesse 
lag. Somit ist anzunehmen, dass die vorher erwahnten auslandischen Juden, die zu den Partisa- 
nen stiessen, gefliichtet oder von eben diesen Partisanen aus Lagern oder Ghettos befreit worden 
war en. 

e4) Weitere Belege fiir die Anwesenheit franzosischer, belgischer und holldndischer Juden 
in den besetzten Ostgebieten 

Im folgenden fiihren wir eine Reihe von weiteren Belegen fiir die Deportation franzosischer, bel- 
gischer und hollandischer Juden in die besetzten Ostgebiete an. Abgesehen von dem bereits er- 
wahnten Transport franzosischer Juden nach Tallinn und Kaunas im Mai 1944 wissen die offizi- 
ellen Historiker bekanntlich nichts von einer Uberstellung von Juden aus den genannten drei 
Staaten in den Osten. Der unabweisbare Schluss lautet, dass es sich bei diesen Deportierten um 
einen Teil der angeblich in Auschwitz, Sobibor und Majdanek vergasten franzosischen, belgi- 
schen und niederlandischen Juden handelte. Auf einige der hier genannte Falle sind wir dank den 
Untersuchungen zweiter verdienstvoller revisionistischer Forscher, des Spaniers Enrique Ay- 
nat 
den. 



nat' sowie des allzu friih verstorbenen Belgiers Jean-Marie Boisdefeu' , aufmerksam gewor 



1) Am 29. Juni 1942 schrieb der papstliche Nuntius in Frankreich, Valerio Valeri, aus Vichy an 
Kardinal Luigi Malone: 

„Gegen den 20. dieses Monats haben die Besatzungsbehorden unter Verwendung der franzosi- 
schen Polizei ca. 12.000 Juden verhaftet. [...] Es handelt sich mehrheitlich um Nichtarier frem- 
der Herkunft, vor allem Polen, Tschechen etc., die zur Deportation in die Ukraine vorgesehen 
sind. ""^^ 

2) In einem Bericht der polnischen Widerstandsbewegung, dessen genaues Datum unbekannt ist, 
der jedoch mit Sicherheit aus der zweiten Halfte 1942 stammte, hiess es: 

„ Unldngst ist eine gewisse Zahl von Juden aus Belgien nach Grodno [in Weissrussland] Uber- 
steUt worden. '"^^ 

3) Am 16. Oktober 1942 berichtete das Israelitische Wochenblatt fiir die Schweiz: 

„In letzter Zeit bemerkte man in Riga Transporte von Juden aus Belgien und anderen Ldndern 
Westeuropas, die jedoch sofort wieder nach unbekannten Bestimmungsorten weiterfuhren. " 



Enrique Aynat, Estudios sobre el „ holocausto ". La deportacion de jiidios de Francia y Belgica en 1942, Graficas 
Hurtado, Valencia 1994. 

Jean-Marie Boisdefeu, La controverse sur I 'extermination des juifs par les allemands. Band 2, „Realites de la 
Solution Finale", V.H.O., Berchem 2003. 

Actes et Documents du Saint-Siege relatifs a la Seconde Guerre Mondiale. Le Saint Siege et les victimes de la 
guerre. Janvier 1941 - Decembre 1942, Libreria Editrice Vaticana, Vatikanstadt, Band 8, S. 610. 
''' Maria Tykowska, „Extemiinacj a Zydow w latach 1941 - 1943", in: Biuletyn Zydowskiego Instytutu Historyczne- 
go,Nr. 4/1964, S. 49. 



117 

Bis Marz 1943 war der Bestimmungsort samtlicher deportierter belgischer Juden Auschwitz''^'', 
so dass die betreffenden Juden zwangslaufig iiber jenes Lager nach Riga gelangt sein mussten. 

4) Der jiidische Autor Reuben Ainsztain erwahnt die Anwesenheit belgischer und hollandischer 
Juden im Lager Janow bei Lwow (Lemberg)'^^'*. Mit grosser Wahrscheinlichkeit waren diese Ju- 
den via das ca. 30 km westlich von Lemberg liegende Belzec in die Ukraine deportiert worden, 
obwohl laut der offiziellen Geschichtsschreibung weder belgische noch niederlandische Juden 
nach Belzec kamen. 

5) Am 15. Juni 1943 gab die New York Times eine Verlautbarung der belgischen Exilregierung 
wieder, laut der die meisten belgischen Juden in Konzentrationslager in Deutschland, Polen und 
den besetzten russischen Gebieten verschickt worden waren. 

6) Im April 1944 vermeldete die kommunistische franzosische Untergrundzeitung Notre Voix 
folgendes: 

„Dankeschdn! Eine Nachricht, die alle Juden Frankreichs freuen wird, wurde von Radio Mos- 
kau verbreitet. Wer von uns hat keinen Bruder, keine Schwester, keinen Verwandten unter den 
aus Paris Deportierten? Und wer wird keine tiefe Freude empfmden, wenn er daran denkt, dass 
8. 000 Pariser Juden von der glorreichen Roten Armee vom Tode gerettet worden sind. Finer von 
ihnen berichtete Radio Moskau, wie er vom Tode bewahrt wurde, ebenso wie 8.000 andere Pari- 
ser Juden. Sie befanden sich alle in der Ukraine, als die letzte sowjetische Offensive einsetzte, 
und die SS-Banditen wollten sie erschiessen, bevor sie das Land verliessen. Da sie aber wussten, 
welches Geschick ihnen zugedacht war, und weil sie erfahren hatten, dass die Sowjettruppen 
nicht mehr fern waren, beschlossen die deportierten Juden, zu fltichten. Sie wurden sofort von 
der Roten Armee in Fmpfang genommen und befinden sich gegenwdrtig allesamt in der 
UdSSR. "^^^ 

Hier mag man einwenden, es handle sich um ein Dokument der franzosischen Kommunisten, das 
sich auf eine Sendung von Radio Moskau berufe, und sowohl die franzosische KP als auch Radio 
Moskau seien a priori der Propaganda verdachtig. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Anwesen- 
heit franzosischer Juden in der Ukraine an sich nicht zu Propagandazwecken zu nutzen war und 
nicht der geringste Grund ersichtlich ist, weshalb Radio Moskau oder das franzosische Unter- 
grundblatt diese Geschichte hatte erfmden sollen. (Eine propagandistische Erdichtung ist hinge- 
gen zweifellos, dass die SS die betreffenden Pariser Juden erschiessen wollte, diese jedoch alle- 
samt fliichten und sich unter die Fittiche der Roten Armee begeben konnten.) 

7) Im Dezember 1945 sagte der ehemalige Hohere SS- und Polizeifuhrer Ostland, Friedrich Jec- 
keln, in sowjetischer Gefangenschaft aus, im lettischen Lager Salaspils seien Juden aus Deutsch- 
land, Frankreich, Belgien, Holland, der Tschechoslowakei und anderen Landem intemiert gewe- 
sen''^^. Dies stimmt mit der bereits zitierten Meldung in Judisk Kronika iiberein, wonach sich im 
Sommer 1944 noch 18.000 Juden, davon 15.000 westliche, im Ghetto von Riga befanden. 



^^^ Serge Klarsfeld und Maxime Steinberg, Memorial de la Deportation des Juifs de Belgique, The Beate Klarsfeld 
Foundation, New York 1994, S. 42 ff. 

■'''' Reuben Ainsztain, Jewish Resistence in Nazi-occupied Eastern Europe, Elek Books, London 1971, zitiert nach 
J.-M. Boisdefeu, La controverse sur I 'extermination des juifs par les allemands, a.a.O., Boisdefeu gibt nicht an, auf 
welcher Seite von Ainsztains Buch diese Information figuriert. 

"''^ Adam Raisky, Lapresse antiraciste sous I 'occupation hitlerienne, Paris 1950, S. 179. Eine Ablichtung des Tex- 
tes findet sich bei J.-M. Boisdefeu, La Controverse sur L 'extermination des juifs par les allemands, a.a.O., Kapitel 
V, C. 
^^^ Gerald Fleming, Hitler and the Final Solution, University of California Press, Berkeley -Los Angeles 1 994, S. 96. 



118 



f) Zur Frage nach dem Verbleib der westlichen Juden. Eine Hypothese 

Wie wir gesehen haben, war die Anwesenheit polnischer Juden auf sowjetischem Territorium 
wahrend des Krieges und nach diesem eine Alltagserscheinung. Vollkommen anders verhielt es 
sich mit den in die UdSSR gelangten Juden aus dem Westen. Die Prasenz einer grossen Zahl von 
Juden aus Staaten wie Holland, Frankreich oder Griechenland musste zwangslaufig auffallen und 
konnte, sofern sich diese in den grenznahen westlichen Regionen des Landes aufhielten, im Aus- 
land nicht unbemerkt bleiben. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Sterblichkeit unter den Deportierten wahrend des Krieges 
angesichts der ausserst harten Bedingungen sehr hoch war, doch ist die Anzahl der offiziell in 
ihre Heimatlander Zuriickgekehrten dermassen gering, dass sie sich unmoglich allein mit einer 
hohen Sterberate aufgrund von Krankheiten, Entbehrungen etc. erklaren lasst. 

Von den 105.000 aus Holland deportierten Juden kehrten nach diesen Statistiken nur 4,86% zu- 
riick: Fiir die einzelnen Lager sehen die Zahl en wie folgt aus: 

Auschwitz: 60.154 Deportierte, 1.052 Riickkehrer; 
Theresienstadt: 4.771 Deportierte, 1.980 Riickkehrer; 
Bergen-Belsen: 3.742 Deportierte, 2.050 Riickkehrer; 
Sobibor: 34.313 Deportierte; 18 Ruckkehrer^^^ 

Von den 75.721 aus Frankreich deportierten Juden kehrten den offiziellen Statistiken zufolge nur 

■5QQ 'IQQ 

2.560 zuriick; unter den 3.500 nach Sobibor Deportierten gab es bloss zwei Heimkehrer 
Fiir diesen Sachverhalt bieten sich im Prinzip mehrere Erklarungsmoglichkeiten an, die sich 
nicht unbedingt auszuschliessen brauchen, sondern in unterschiedlich grossem Mass durchwegs 
zutreffen konnen: 

1) Viele dieser Juden blieben freiwillig in der UdSSR zuriick. 

2) Viele dieser Juden sind - direkt oder nach kurzem Zwischenaufenthalt in den Staaten, von wo 
sie deportiert worden waren - nach Palastina, in die USA oder andere Lander ausgewandert. 

3) Die Behorden der Herkunftslander dieser westlichen Juden haben die Statistiken grob ver- 
falscht, um die Deutschen moglichst massiv zu belasten. 

4) Die Deutschen haben die betreffenden Juden vor ihrem Riickzug liquidiert. 

5) Die betreffenden Juden wurden nach dem Krieg gegen ihren Willen in der UdSSR zuriick- 
gehalten. 

Priifen wir diese fiinf Varianten nun kurz. 

Zul) 

Die Zahl der freiwillig in der UdSSR gebliebenen westlichen Juden diirfte sehr gering gewesen 

sein. Von Einzelfallen - beispielsweise Eheschliessungen mit einheimischen Frauen - abgesehen 



J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 232/233. 
^"^ Dies ist die von J. Schelvis genannte Zahl {Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 267). Laut S. Klarsfeld wurden 
2.001 Juden aus Frankreich nach Sobibor deportiert {Le Memorial de la Deportation des Juifs de France, a.a.O., 
Buch ohne Seitennumerierung). 

J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 257. 



119 

diirften hollandische, franzosische etc. Juden herzlich wenig Lust verspiirt haben, in der kriegs- 
verwiisteten und totalitaren Sowjetunion zu bleiben. 

Zu2) 

Diese Hypothese mutet bedeutend wahrscheinlicher an als die erste, vor allem im Fall der fran- 
zosischen Juden. Von den 67.693 aus dem Lager Drancy Deportierten besassen lediglich 22.691 
die franzosische Staatsbiirgerschaft; bei den restlichen handelte es sich urn auslandische (deut- 
sche, polnische, russische, rumanische etc.) Juden, die aus ihren Herkunftslandem nach Frank- 
reich ausgewandert waren'*"*^. Diese Menschen werden keine besonders enge Bindungen an 
Frankreich verspiirt haben. Andererseits ist es unmoglich, dass beispielsweise jene 8.000 Pariser 
Juden, die sich im Friihling 1944 unter der Ob hut der Roten Armee befanden, durchwegs oder 
fast ausschliesslich zu dieser Gruppe gehort haben und geschlossen nach Ubersee ausgewandert 
sind. In der franzosischen Fachliteratur findet sich nicht der geringste Hinweis auf die Riickkehr 
auch nur eines franzosischen Juden aus der UdSSR, was zumindest ein Indiz dafiir darstellt, dass 
es keine (oder nur wenige) solcher Riickkehrer gab. 

Im Falle der aus Holland deportierten Juden versagt Hypothese 2 vollig. Diese waren grossten- 
teils niederlandische Staatsbiirger, gehorten zu den am starksten assimilierten jiidischen Bevolke- 
rungsgruppen Europas, waren mehrheitlich nicht zionistisch gesinnt und hatten vor dem Krieg 
nicht unter Antisemitismus gelitten. Zudem war Holland im Krieg kaum zerstort worden und be- 
sass die besten Aussichten, bald wieder zu einem wohlhabenden Land zu werden. Die hollandi- 
schen Juden besassen im allgemeinen also weder ideologische noch materielle Motive zur Aus- 
wanderung nach Ubersee. 

Zu3) 

Fiir eine bewusste Verfalschung der Statistiken durch die Behorden westeuropaischer Staaten 

liegen uns keine Beweise vor. 



Zu4) 

Dass die Deutschen die Juden vor ihrem Abzug massakriert haben, darf man ebenfalls ruhigen 
Gewissens ausschliessen. Wie A. Butz richtig bemerkt, ware ein solches Verbrechen nicht un- 
bemerkt geblieben; die Siegermachte hatten dann beim Niirnberger Prozess handfeste Beweise 
fiir einen Massenmord vorlegen konnen und waren nicht auf den Unsinn mit den „Gaskammem" 
angewiesen gewesen'^'^V (Dass vereinzelte Exzesse entnervter deutscher Soldaten vor dem Riick- 
zug nicht auszuschliessen sind, versteht sich von selbst.) 

Zu5) 

Diese Variante trifft unserer Uberzeugung nach zu, und zwar aus folgendem Grund: 
Schon bald nach Kriegsende wurde die Legende vom Ende des europaischen Judentums in Ver- 
nichtungslagern und von den sechs Millionen jiidischen Opfern zur offiziellen Wahrheit erklart. 
Beim Niirnberger Prozess war die angebliche Judenausrottung einer der zentralen Anklagepunkte 
gegen die Besiegten. Dass diese Legende fiir die Siegermachte von grossten Nutzen war, liegt 
auf der Hand: Je schlimmere Untaten das Dritte Reich begangen hatte, desto iiberzeugender 
wirkte der Anspruch der Alliierten, Europa vom leibhaftigen Satan befreit zu haben. Die Regie- 
rungen der USA und Grossbritanniens, denen rechte und antikommunistische Kreise vorwarfen, 
halb Europa dem sowjetischen Totalitarismus iiberantwortet zu haben, konnten diese Anschuldi- 
gung leicht mit dem Argument kontern, im Vergleich zum Nationalsozialismus mit seinen To- 
deslagern, seinen Gaskammem und seinen sechs Millionen ermordeter Juden sei der Kommu- 
nismus zumindest das kleinere Ubel gewesen. Zudem konnten die Anglo-Amerikaner ihre eige- 



*° S. Klarsfeld, Le memorial de la deportations des juifs de France, a.a.O. (Buch ohne Seitennumerierung). 
A. Butz, The Hoax of the Twentieth Century, a.a.O., S. 271. 



120 

nen Kriegsverbrechen, vor allem den Bombenterror gegen die deutschen Stadte, bequem mit den 
angeblich weitaus schlimmeren Greueln der Besiegten entschuldigen. 

Noch entscheidender war, dass der „Holocaust" - den man damals freilich noch nicht so 
nannte - die ideologische Rechtfertigung fiir die Griindung Israels lieferte. 1948 stimmten die 
Vereinten Nationen mit 33 gegen 13 Stimmen fiir die Teilung Palastinas. Wie die USA sprach 
sich auch die UdSSR fiir die Teilung und somit fiir die Errichtung eines jiidischen Staates aus - 
zweifellos in der (unbegriindeten) Hoffnung, dass sich ein solcher Staat angesichts der Sympa- 
thien, die ein grosser Teil der Juden fiir die kommunistische Idee hegte, zum sowjetischen Stiitz- 
punkt im Nahen Osten entwickeln wiirde. 

Durch die Teilung Palastinas wurden die Rechte der alteingesessenen arabischen Bevol- 
kerung auf unerhorte Weise verletzt. Als Rechtfertigung hierfiir musste selbstverstandlich der 
„nazistische Volkermord an den Juden" mit seinen „sechs Millionen Opfern" herhalten: Ein 
Volk, das so unsagbar gelitten hatte, brauchte einen eigenen Staat, auch wenn die Rechte eines 
anderen Volkes hierdurch mit Fiissen getreten wurden. 

Wenn die Geschichte von der Judenausrottung in „Vernichtungslagern" weltweit ge- 
glaubt werden sollte, durften die deportierten deutschen, franzosischen, belgischen, hollandi- 
schen, griechischen etc. Juden natiirlich nicht scharenweise in ihre Heimatlander zuriickkehren 
und von ihren Erlebnissen als Zwangsarbeiter und Ghettobewohner im Osten erzahlen. Unsere 
Hypothese lautet dementsprechend wie folgt: 

Die Stalin-Regierung sorgte dafiir, dass die von den Deutschen in die Ostgebiete depor- 
tierten westlichen Juden, welche die Entbehrungen des Krieges iiberlebt hatten, spurlos ver- 
schwanden und nicht mit ihren Angehorigen und Bekannten in Verbindung treten konnten. Hier- 
zu war zunachst erforderlich, diese Juden aus den westlichen in die ostlichen Zonen der UdSSR 
zu schaffen, von wo kaum Nachrichten iiber die Landesgrenzen drangen. Dies konnte ohne wei- 
teres im Rahmen der Massendeportationen von 1949 geschehen, die das American Jewish Year- 
book geschildert hat. Wir glauben nicht, dass diese Juden umgebracht wurden, nehmen aber an, 
dass man sie in Lagern verschwinden liess, die sie nicht mehr verliessen. Mit diesem Schritt ze- 
mentierte Stalin den Mythos von der Ausrottung der Juden in „Gaskammem", der fiir ihn von 
doppeltem Nutzen war: Er erleichterte es ihm, sich als Erloser halb Europas von einem monstro- 
sen Schreckensregime aufzuspielen, und ermoglichte die Griindung Israels, das er - irrtiimli- 
cherweise! - als kiinftigen sowjetischen Vorposten im Nahen Osten sah. 

Wenn diese Hypothese zutrifft, wussten die Fiihrer der zionistischen Organisationen 
dann iiber die Vorgange in der UdSSR Bescheid? Die Antwort auf diese Frage kann nur ja lau- 
ten, da diese Organisationen in jedem Land der Welt iiber geniigend Informanten verfiigten, um 
sich iiber die dortige Entwicklung auf dem laufenden zu halten. Der Einwand, die Zionisten hat- 
ten eine solch unmenschliche Politik der Sowjets doch sicherlich angeprangert, ware reichlich 
naiv. Das zentrale Ziel dieser Leute, dem sie alle anderen Erwagungen unterordneten, war die 
Griindung eines jiidischen Staates im Nahen Osten, und um dieses Ziel zu erreichen, waren sie 
ohne weiteres bereit, Zehntausende oder auch Hunderttausende ihrer Glaubensgenossen iiber die 
Klinge springen zu lassen. Wir erinnern daran, dass die Zionisten die antijiidische Stimmung in 
Deutschland nach Adolf Hitlers Machtiibernahme durch ihre Boykotthetze kraftig anheizten, 
obwohl sie sich keinen Illusionen dariiber hingeben konnten, welch unerquickliche Folge dies fiir 
die deutschen Juden haben musste. Der Jude Josef G. Burg hat die zionistische Strategie wie 
folgt kommentiert: 

„Mir kommt das so vor, als wenn im Zirkus ein paar Lausbuben einen Lowen, zwischen dessen 
Zdhne der Dompteur gerade seinen Kopf gesteckt hat, mit Steinen bewerfen. Ihnen kannja nichs 
passieren. Denn zwischen ihnen und der Gefahr Uegt ein Ozean bzw. das Gitter des Raubtierkd- 
figs. '"" 



' Josef G. Burg, Schuld und Schicksal. Europas Juden zwischen Henkern und Heuchlern, Verlag K. W. Schiltz, 
1990,8.75. 



121 



Burg hatte recht: Fiir die zionistische Fiihrung war das jiidische Fussvolk stets nur Manovrier- 

masse. 

Unsere Hypothese ist die einzige, welche die Fakten befriedigend erklart. Definitiv beweisen - 

oder widerlegen - lasst sie sich erst, wenn die russischen Dokumente eines Tages freigegeben 

werde. Bedauerlicherweise deutet nichts darauf hin, dass eine solche Freigabe in absehbarer Zeit 

erfolgen wird. 



Kapitel 21 

Der Fall Demjanjuk 

a) Die Hatz auf Greise als zivilisatorische Errungenschaft der Demokratie 

Die Westfalischen Friedensvertrage von 1648 setzten dem fiirchterlichsten Krieg, den Europa bis 
dahin erlebt hatte, ein Ende. Zu den Friedensbedingungen, auf die sich die ehemaligen Konflikt- 
parteien geeinigt hatten, gehorte unter anderem eine vollstandige Amnestie fiir samtliche wah- 
rend des Krieges begangenen Gewalttaten. Artikel 2 des Osnabriicker Vertrags vom 24. Oktober 
1648 lautete wie folgt: 

„Beiderseits sei immerwdhrendes Verge ssen und Amnestie all dessen, was seit Anbeginn dieser 
Unruhen vom einen oder anderen Teil, huben und druben, feindlich begangen worden ist, so 
dass weder deswegen noch aus irgendeinem anderen Grund oder Vorwand einer dem anderen 
kiinftig irgendwelche Feindseligkeit oder Unbill antun soil; vielmehr sollen alle und jene hin 
oder her sowohl vor dem Krieg als auch im Krieg mit Worten, Schriften oder Taten zugeftigten 
Beleidigungen, Gewalttaten, Feindseligkeiten, Schdden und Unkosten ohne alles Ansehen der 
Personen oder Sachen dergestalt gdnzlich abgetan sein, dass alles, was deshalb der eine vom 
anderen fordern konnte, in immerwdhrendem Vergessen begraben sein soil. " 

Die Unterzeichner des Friedensvertrags von Osnabriick wollten die im Krieg geschlagenen 
Wunden also nicht verewigen, sondem heilen. Sie taten weise daran. 

Als Napoleon von einer grossen europaischen Koalition besiegt worden war, wurde er nicht als 
„Aggressor" oder „Kriegsverbrecher" vor Gericht gestellt und aufgehangt, sondern lediglich 
nach Elba verbannt. Nachdem es ihm gelungen war, die Insel zu verlassen und nochmals ein 
starkes Heer zu sammeln, das dann jedoch bei Waterloo die entscheidende Schlacht verlor, wur- 
de er abermals nicht abgeurteilt und gehangt, sondern wiederum nur verbannt - diesmal freilich 
auf das feme Eiland St. Helena, von wo an eine Riickkehr nicht zu denken war. Mit diesem 
Schritt sorgten die Sieger dafiir, dass ihnen Napoleon niemals wieder gefahrlich werden konnte; 
seine Ehre tasteten sie zu keinem Zeitpunkt an. Damals galten im Abendland noch Werte wie 
Ritterlichkeit und Achtung vor einem tapferen Feind. 

Erst recht ware es niemandem eingefallen, einen der Untergebenen des franzosischen 
Kaisers wegen „Kriegsverbrechen" vor ein Gericht zu zerren, schon gar nicht Jahrzehnte nach 
der - wirklichen oder angeblichen - Tat. Die Vorstellung, ein neunzigjahriger franzosischer Of- 
fizier hatte 1874 vor den Richter kommen konnen, weil er im Jahre 1809 als Fiinfundzwanzig- 
jahriger wahrend des Krieges in Spanien gefangengenommene Guerrilleros erschiessen liess, wa- 
re einem Europaer des 19. Jahrhunderts zweifellos vollkommen abartig vorgekommen. 

Dies alles hat sich seit dem Triumph der „Demokratie" und der „Menschenrechte" im 
Jahre 1945 geandert. Die Prozessfarce von Niirnberg, bei der sich die Sieger, die selbst unerhorte 



122 

Verbrechen auf ihr Gewissen geladen hatten, scheinheilig zu Richtern iiber die Besiegten auf- 
schwangen und diese aufgrund nachtraglich erlassener, riickwirkender Gesetze an den Galgen 
oder hinter Gefangnismauern schickten, kam einer Absage an die Idee der Ritterlichkeit gleich. 
Immerhin diirften damals, in der unmittelbaren Nachkriegszeit, die wenigsten vorausgeahnt ha- 
ben, dass solche Prozesse gegen Menschen, die das Pech gehabt hatten, auf der Verliererseite zu 
stehen, noch sechseinhalb Jahrzehnte spater stattfinden wiirden. 

Das Martyrium John Demjanjuks ist leider kein Einzelfall. In Italien sitzt der anno 1913 gebore- 
ne Erich Priebke seit elf Jahren im Hausarrest, weil er vor iiber fiinfundsechzig Jahren in Rom 
zwei Geiseln erschiessen musste. Nachdem ein Terroranschlag kommunistischer Untergrund- 
kampfer im Marz 1944 dreiundreissig deutsche Polizisten (sowie mehrere italienische Zivilisten) 
das Leben gekostet hatte, befahl Adolf Hitler personlich, fiir jeden getoteten Polizisten zehn Gei- 
seln zu erschiessen. Die Repressalie fand schon am Tag nach dem Anschlag statt; bei den Opfern 
handelte es sich mehrheitlich um Manner, die bereits wegen Unterstiitzung der Partisanen im Ge- 
fangnis gesessen hatten. Frauen und Kinder waren nicht darunter. 

An der Vergeltungsaktion mussten sich rund 60 Mann beteiligen, darunter sieben Offizie- 
re. Einer von ihnen war Erich Priebke. Hatte er den Befehl verweigert, so ware er selbst erschos- 
sen worden; seine Frau und seine beiden Sohne hatten dann ihren Emahrer verloren. So tat er, 
was von ihm verlangt wurde. - Es sei darauf hingewiesen, dass solche Vergeltungsmassnahmen 
nach damaligem Kriegsrecht als legal galten und u. a. auch von der italienischen Armee prakti- 
ziert wurden. 

1948 fand in Rom ein Prozess gegen die an der Repressalie beteiligten Offiziere statt (die 
Unteroffiziere sowie die einfachen Soldaten waren von der italienischen Justiz schon gar nicht 
erst belangt worden!). Samtliche Angeklagten wurden wegen Befehlsnotstandes freigesprochen 
- bis auf Polizeichef Herbert Kappler, den man verurteilte, weil man die Tatsache, dass er nach 
dem Tod eines 34. Polizisten noch weitere zehn Geiseln fiisilieren liess, als Befehlsiiberschrei- 
tung interpretierte. Der kurz zuvor aus britischer Kriegsgefangenschaft gefliichtete Erich Priebke 
lebte damals, unerreichbar fiir die Justiz, in den Siidtiroler Bergen - zu seinem Ungliick, denn 
ware er vor Gericht gekommen, so ware er wie seine ranggleichen Kameraden freigesprochen 
worden, und das Drama der Verfolgung ware ihm Jahrzehnte spater erspart geblieben. 

Nach dem Krieg wanderte Priebke mit seiner Familie nach Argentinien aus, wo ihn ein 
Journalist im Jahre 1994 aufspiirte. 1995 wurde er an Italien ausgeliefert, 1996 vor Gericht ge- 
stellt, jedoch wegen Verjahrung freigesprochen. Hierauf besetzte eine Bande mehrheitlich jiidi- 
scher Strolche den Gerichtssaal und nahm die Richter als Geiseln. Nach „hektischen Verhand- 
lungen mit der jiidischen Gemeinde" (II Messaggero, 2. August 1996) ordnete Justizminister 
Flick die abermalige Verhaftung Priebkes und eine Neuauflage des Prozesses an. Das Verfahren 
endete 1998 in dritter Instanz mit der von den jiidischen Organisationen verlangten Verurteilung 
des mittlerweile 85-jahrigen zu lebenslanger Haft. Grossziigigerweise wurde ihm zugestanden, 
diese im Hausarrest zu verbiissen; seither lebt er im Haus seines Anwalts und Freundes Paolo 
Giacchini, wo es ihm an nichts fehlt ausser der Freiheit. Bei seinen Spaziergangen durch Rom 
wird der inzwischen 96-jahrige stets von zwei Carabinieri begleitet'*"''. 

Wer im Zweiten Weltkrieg auf der Siegerseite kampfte und totete, brauchte dergleichen 
nicht zu befiirchten, auch wenn er nicht zwei, sondem iiber hunderttausend Menschen umge- 
bracht hatte. Paul Tibbets, der Bomberpilot von Hiroshima, der mit einem Druck auf einen 
Knopf ca. 70.000 japanische Zivilisten totete - weitere Zehntausende starben spater nach qual- 
vollem Siechtum an den Folgen der radioaktiven Strahlung -, wurde mit zahlreichen Auszeich- 
nungen belohnt und machte nach dem Krieg weiterhin Karriere; er beendete seine militarische 
Laufbahn als Brigadegeneral '*"'*. Wie Erich Priebke hatte auch Tibbets auf Befehl gehandelt; 
immerhin hatte er bei Befehlsverweigerung nicht wie Priebke sein Leben riskiert, sondern ware 



*' Erich Priebke und Paolo Giachini, „ Vae victis " (Wehe den Besiegten), Rom 2005. 
''"''httpVde. wikipedia.org/wiki/Paul_Tibbets 



123 

schlimmstenfalls mit Degradierung und unehrenhaftem Ausschluss aus der Armee bestraft wor- 
den. Mitgefiihl fiir seine Opfer hat er, im Gegensatz zu Priebke, niemals bekundet. 

Der schwindelerregende moralische und zivilisatorische Fortschritt, den der Sieg der 
Demokratie der westlichen Welt 1945 beschert hat, aussert sich in der BRD darin, dass die Hatz 
auf Greise munter ihren Fortgang nimmt. Hier hier eine Pressemeldung aus dem November 
2009: 

„ Wegen Mordes in 58 Fallen hat die Staatsanwaltschaft Dortmund Anklage gegen einen friihe- 
ren S-Mann erhoben. Der heute 90-jdhrige Rentner aus Duisburg habe im Mdrz 1945 als Mit- 
glied der fiinften SS-Panzer division Wiking an der Erschiessung von jtidischen Zwangsarbeitern 
teilgenommen, heisst es in der Anklage der Zentralstelle fiir die Bearbeitung von nationalsoziali- 
stischen Massenverbrechen. [...] Die Massenerschiessung soil sich am 29. Mdrz 1945 in 
Deutsch Schiitzen im Osten des heutigen Osterreichs zugetragen haben. [...] Das Landgericht 
Duisburg muss nun iiber die Eroffnung des Hauptverfahrens entscheiden. Eine wichtige Rolle 
diirfte dabei der Gesundheitszustand des Rentners spielen. Es ware der zweite grosse NS-Prozess 
in Nordrhein-Westfalen innerhalb kurzer Zeit. Seit Oktober steht in Aachen der ehemalige SS- 
Mann Heinrich Boere vor Gericht Der heute 88-jdhrige soil 1944 in den Niederlanden drei Zivi- 
listen erschossen haben "'*^^^ . 

Zum Vergleich: Winston Churchill, Hauptverantwortlicher fiir das Bombardement, das die mit 
Fliichtlingen iiberfiillte Stadt Dresden am 13. Februar 1945 in ein einziges, gigantisches Krema- 
torium verwandelte, wurde zehn Jahre spater mit dem Karlspreis der Stadt Aachen ausgezeich- 
net! 



a) Das Office of Special Investigations (OSI) 

Jimmy Carter, von Januar 1977 bis Januar 1981 Prasident der Vereinigten Staaten von Amerika, 
hat immer wieder betont, sein hochstes Anliegen sei die Verwirklichung der Menschenrechte. 
Dass Carter sowohl wahrend als auch nach seiner Prasidentschaft auf diesem Gebiet sehr viel 
Positives geleistet hat, sei gerne anerkannt, doch tragi er auch die Verantwortung fiir einen poli- 
tischen Entscheid, der fiir zahlreiche unschuldige Menschen furchtbare Konsequenzen haben 
sollte. 1979 stimmte er der - ein Jahr zuvor von der jiidischen Kongressabgeordneten Elizabeth 
Holtzman geforderten - Griindung des Office of Special Investigations zu, einer Behorde inner- 
halb des US-Justizministerium, deren Aufgabe die Aufspiirung von „Naziverbrechern" auf ame- 
rikanischem Boden war. 
Uber das OSI berichtet die Intemet-Enyzklopadie Wikipedia: 

„Das OSI wurde mit grosseren Befugnissen alsjede andere Abteilung ausgestattet. Seine Mitar- 
beiter konnten alle notwendigen Schritte - von den ersten Ermittlungen bis zur ProzessfUhrung - 
selbst durchfUhren, mit ausldndischen Regierungen verhandeln und die UnterstUtzung anderer 
US-Behorden verlangen "^^^. 

Seit ihrer Griindung spezialisiert sich diese Behorde darauf, Amerikanem deutscher oder osteu- 
ropaischer Abstammung, die jahrzehntelang als unbescholtene und friedliche Biirger gelebt ha- 
ben, wegen - so gut wie immer frei erfundener - „Nazi-Verbrechen" die Staatsbiirgerschaft der 
Vereinigten Staaten zu entziehen und sie aus den USA abzuschieben oder an Verfolgerstaaten 
auszuliefem. Chef des OSI ist seit 1995 der Jude Eli Rosenbaum, sein Stellverteter der Jude 



*^ http://nachrichten.rp/online.de/article/politik/Duisburger-90-als-NS-Verbrecher-angeklagt/58722 
^'^httpVde. wikipedia.org/wiki/Office_of_Special_Investigations 



124 

Ronnie L. Edelman'**'^. Rosenbaums Vorganger war der Jude Nel Shear '**'^. Jude war auch der 
(2005 verstorbene) OSI-Chefermittler Edward Stutman, der nach Demjanjuks Freispruch in Isra- 
el und seiner Riickkehr in die USA die abermalige Aberkennung seiner Staatsbiirgerschaft 
durchsetzte'*"^. In anderen Worten: Eine rachsiichtige Minderheit darf in den USA schalten und 
walten, wie es ihr beliebt, urn ihre politische Agenda zu fordern. 

Mit welchen Mitteln das OSI vorgeht, wie es Belastungsmaterial fabriziert und Entlastungsmate- 
rial unterdriickt, hat der amerikanische Revisionist Andrew Allen anhand eines Fallbeispiels, der 
Verfolgung des Deutschamerikaners Martin Bartesch, eindriicklich dokumentiert'*'*^. Zum pro- 
minentestes Opfer dieser diisteren Organisation wurde jedoch der ukrainischstammige US- 
Biirger John (Ivan) Demjanjuk. 



b) Demjanjuks Auslieferung nach Israel und sein Prozess 

Zu Demjanjuks Biographie fiihren wir zunachst einige Fakten an, die wir Hans Peter Rullmanns 
vorziiglicher Dokumentation Der Fall Demjanjuk entnommen haben'*^\ Der 1920 geborene Ivan 
Demjanjuk geriet als Soldat der Roten Armee 1942 in deutsche Gefangenschaft, wurde zunachst 
bei der Reparatur von Eisenbahnschienen eingesetzt und kam dann ins Kriegsgefangenenlager 
Chelm, Ostpolen. Nach dem Krieg lebte er ein paar Jahre in Deutschland, heiratete dort eine Uk- 
rainerin und wanderte 1952 in die USA aus, wo er sich als Automobilarbeiter eine Existenz auf- 
baute und 1958 die amerikanische Staatsbiirgerschaft erhielt. 

Dass sich Demjanjuk an seinem Wohnsitz in Ohio in der antikommunistischen ukraini- 
schen Exilbewegung betatigte, wurde ihm zum Verhangnis. Ein Michael Hanusiak, Mitarbeiter 
der prosowjetischen Zeitung News from Ukraine, veroffentlichte regelmassig Artikel, in denen 
die Exilukrainer als „Nazikollaborateure" angeschwarzt wurden. 1975 geriet auch Demjanjuk ins 
Fadenkreuz Hanusiaks, der ihm vorwarf, wahrend des Krieges im Lager Sobibor als Wachmann 
gedient zu haben. 

Zu den Hintergriinden des Kesseltreibens gegen den Automobilarbeiter fiihrt der israelische An- 
walt Yoram Sheftel, der Demjanjuk spater in Jerusalem vor dem Galgen bewahren sollte, in sei- 
nem Buch iiber den Prozess folgendes aus: 

„Seit 1987, als allgemein bekannt wurde, dass ich zu Demjanjuks Verteidigerteam gestossen 
war, bin ich oft gefragt worden, was die Sowjetunion wohl dazu bewogen haben mag, diesen 
Mann zu verleumden, der 1976 ein Arbeiter in den Ford-Werken in Cleveland und in jeder Hin- 
sicht ein Alltagsmensch gewesen war. Meine Antwort lautete stets, dass die Zielscheibe nicht 
dieser Mann John Demjanjuk an sich war. Meiner Auffassung nach be stand die Absicht der So- 
wjets darin, einen Riss zwischen der jtidischen und der ukrainischen Gemeinschaft in Nordame- 
rika zu provozieren. Trotz der vielen schmerzlichen Erinnerungen an die gespannten Beziehun- 
gen zwischen den Juden und den Ukrainern hatten diese beiden Gemeinschaften ndmlich begon- 
nen, einen antisowjetischen Schulterschluss zu vollziehen. Dies bereitete den Sowjetftihrern im 
Kreml und ihren Agenten in Nordamerika arges Bauchgrimmen, insbesondere einem gewissen 
Michael Hanusiak [...]. Die Sow jets beschlossen deshalb, die jiidisch-ukrainische ,Verschwd- 



''"^ www.justice.gov/opa/pr/Pre_96/February95/81 .txt.html 
'"'^httpVen. wikipedia.org/wiki/Neal_Sher 

'"" Obituaries: „Edward Stutman, Prosecuted Nazis in US", Washington Post, 30. September 2005. „His identity as 

an American Jew was also extremely important." 

'''° Andrew Allen, „Die US-Nazijager vom OSI und der Holocaust-Mythos", Vierteljahreshefte fur freie Geschichts- 

forschung, Nr. 4/2001, S. 428 ff. 

*^^ Hans Peter RuUmann, Der Fall Demjanjuk. Unschuldiger oder Massenmorder? , Verlag tur ganzheitliche For- 

schung und Kultur, Viol 1987. 



125 

rung ' im Keim zu ersticken. Mit der Intrige gegen Demjanjuk errangen die Sow jets einen durch- 
schlagenden Erfolg. Von Anfang an beteuerte Demjanjuk hoch und heilig, er sei niemals ein 
Wachmann in einem Vernichtungslager gewesen, und die sowjetischen Anschuldigungen seien 
nichts weiter als eine niedertrdchtige LUge. Als Ergebnis stellte sich ein grosser Teil der ukraini- 
schen Gemeinschaft in Nordamerika hinter ihn. Wie zu erwarten war, stand die jUdische Ge- 
meinschaft geschlossen aufder anderen Seite: Demjanjuks Unschuldsbeteuerungen waren bloss 
eine weitere antisemitische Ltige der Ukrainer. Unvermeidlicherweise entstand hierdurch ein 
tiefer Graben zwischen den beiden Gemeinschaften, zur hdmischen Freude der Sowjets "^^^. 

Diese Erklarung wirkt vollig logisch! 1976 leitete die US-Einwan-derungsbehorde Ermittlungen 
gegen Demjanjuk ein. Gitta Sereny berichtet: 

„Im Fall Demjanjuk befragten die US-Einwanderungsbehorden die 12 in den USA ansdssigen 
Uberlebenden von Sobibor, dock keiner konnte Demjanjuk identifizieren. Im April 1976 schick- 
ten die Behorden 1 7 Photos nach Israel, einschliesslich Demjanjuks Visumphoto aus dem Jahre 
1951. [...] Wdhrend auch dort keiner der Uberlebenden von Sobibor Demjanjuk identifizieren 
konnte, glaubten tiberraschenderweise mehrere Uberlebende von Treblinka, ihn als den Gas- 
kammer-Wdrter ihrer Albtrdume, ,Iwan den Schrecklichen ', wiederzuerkennen. Einige Monate 
spdter, im August 1976, waren die Sowjets erneut in den Fall verwickelt. Eine ukrainische Zei- 
tung [die bereits erwahnte News from Ukraine^ veroffentlichte eine 30 Jahre alte Aussage eines 
ehemaligen Sobibor-Wdchters namens Ignat Daniltschenko, die er in einem sowjetischen 
Kriegsverbrecherprozess gemacht hatte. Daniltschenko hatte damals vor Gericht ausgesagt, der 
Mann in Sobibor, den er am besten kenne, sei ein Wdrter namens Iwan Demjanjuk gewesen, mit 
dem er ausserdem spdter das KL Flossenbiirg bewacht habe "^^\ 

Hanusiaks Beweisstiick war ein angeblicher Dienstausweis Demjanjuks aus dem Schulungslager 
Trawniki, wo wahrend des Krieges ukrainische und sonstige osteuropaische Freiwillige als KL- 
Wachter ausgebildet worden waren. Diesem Ausweis zufolge war Demjanjuk am 27. Marz 1943 
nach Sobibor abkommandiert worden; Treblinka wurde darauf nicht erwahnt. Das „Originaldo- 
kument" wurde der israelischen Justiz erst im Dezember 1986, als Demjanjuk bereits seit zehn 
Monaten in einem Jerusalemer Gefangnis sass, von den Sowjets zur Verfiigung gestellt. 

In einer ausfiihrlichen Studie hat Dieter Lehner eine Reihe von Argumenten dafiir ins 
Feld gefiihrt, dass es sich bei diesem Dokument um eine plumpe Falschung handelt'*^'*. Wir be- 
gniigen uns hier mit der Erwahnung der uns am wesentlichsten erscheinenden Punkte: 

1) Der Ausweis enthalt offenkundige dokumententechnische Unstimmigkeiten: „Zusammenset- 
zung verschiedener Schriftarten mit unterschiedlichen Schriftcharakteristiken. 2. Fehlende und 
offensichtlich aufandere Weise ersetzte Umlautzeichen bei dem Buchstaben ,ii'. 3. Die Schrift- 
zeichenlinien, besonders auf der ersten Seite, sind nicht parallel. 4. Die Sonderzeichen fUr 
Schutzstaffel ,SS' haben unterschiedliche Formen und Grossen. 5. Die Schreibweise des Wortes 
Grosse mit ,ss ' anstatt mitfi. "^" 

2) Laut dem Ausweis wurde Demjanjuk am 22. 9. 42 auf das L.G. (Liegenschaftsgut) Okzow 
und am 27.3. 43 nach Sobibor abkommandiert. Lehner weist darauf hin, dass aus diesen Anga- 
ben nicht ersichtlich ist, wann die jeweiligen Einsatze beendet waren. Eine dritte Abkommandie- 
rung zwischen oder nach den beiden Einsatzen sei ebenfalls nicht feststellbar. Er folgert daraus: 



' Yoram Sheftel, Defending ,Ivan the Terrible. ' The Conspiracy to convict John Demjanjuk, Regnery Publishing, 
Washington 1996, S.ix, x. 
"^^ www.zeit/de/1 992/44/Die-falsche-Schuld 

Dieter Lehner, Du sollst nicht falsch Zeugnis geben, a.a.O. 



"^^ Ebendam S, 16, 17. 



126 



„Es bleibt also der Phantasie des Betrachters uberlassen, oh der Ausweisinhaber von Okzow 
gleich nach Sobibor ging oder zundchst nach Trawniki zuruckkehrte. Wenn letzteres der Fall 
war, stellt sich die Frage, warm kam der Wachmann von Okzow zuriick, wer hat den Eintrag 
, Sobibor ' vorgenommen, und warum fehlt der Eintrag , Treblinka '? Wenn er dort angeblich von 
Augenzeugen erkannt wurde, miisste sich dies ja auch mit einem entsprechenden Eintrag im 
Kommandierungsteil des Ausweises decken. "^^^ 

In anderen Worten: Erstens war der Ausweis eine leicht zu entlarvende Falschung, und zweitens 
hatte er, selbst wenn er echt gewesen ware, keinen Hinweis auf einen Aufenthalt Demjanjuks in 
Treblinka geliefert. 

Warum das KGB, dem es gewiss nicht an erfahrenen Falschem mangelt, eine dermassen ama- 
teurhafte Falschung hergestellt hat, bleibt ein Ratsel - und ausser dem KGB gab es in diesem 
Fall keine Verdachtigen. 

Obwohl sich die amerikanischen Justizbehorden zum damaligen Zeitpunkt lediglich auf 
das Faksimile stiitzen konnten und der Ausweis, wie eben erwahnt, keinen Beleg fiir einen Auf- 
enthalt Demjanjuks in Treblinka erbrachte, beschlossen sie, ihn als beweiskraftig anzuerkennen. 

Nachdem Demjanjuk die US-Staatsbiirgerschaft bereits 1981 entzogen worden war, wur- 
de er im Februar 1986 nach Israel ausgeliefert - einen Staat, den es zum Zeitpunkt des Bestehens 
von Treblinka noch gar nicht gab! Ein Jahr darauf, im Februar 1987, begann der Prozess. Ur- 
spriinglich war geplant gewesen, diesen in einem Fussballstadion durchzufiihren, doch schliess- 
lich wahlten die israelischen Behorden als Gerichtssaal ein Kino. Unentwegt schiirten die Medi- 
en die Hysteric, und in den Schulen Israels war die Behandlung des Prozesses Pflicht. 

Um die Person des Iwan bzw. John Demjanjuk ging es den Israelis selbstverstandlich 
ebenso wenig wie vor ihnen den Sowjets. Das Verfahren verfolgte zunachst einmal den Zweck, 
die Verfolgungspsychose der Juden innerhalb und ausserhalb Israels zu verstarken und sie so zu 
einer bedingungslosen Unterstiitzung des israelischen Staates zu bewegen, der sich als Schutz- 
macht aller Juden und als Garant gegen einen neuen „Holocaust" gerierte. Ausserdem bot es ei- 
nen willkommenen Anlass, die Weltoffentlichkeit von der barbarischen Politik Israels gegeniiber 
den Palastinensern abzulenken. Zu guter Letzt eignete sich der Schauprozess ideal zur Schiirung 
von Hass gegen das ukrainische Volk, mit dem die Juden laut dem damaligen israelischen Par- 
lamentsprasidenten Dov Ben-Meir „eine lange offene Rechnung" zu begleichen haben. 

Diese „lange offene Rechnung" geht auf das 17. Jahrhundert zuriick. Damals erhoben 
sich die Kosaken unter Bogdan Chmelnitzki in der Westukraine gegen die polnische Herrschaft 
und besiegten die Pol en in zwei grossen Schlachten (1648 und 1649). Wahrend des Aufstandes 
kam es zu antijiidischen Pogromen, hauptsachlich weil die polnischen Herren die Besteuerung 
der Einheimischen jiidischen Steuereintreibern anvertraut hatten, die sich bei der ukrainischen 
Bevolkerung verhasst machten. Der Revisionist Arnulf Neumaier bemerkt hierzu: 

„Der Umstand, dass das Monster von Treblinka ein Ukrainer sein musste, diirfte seinen ge- 
schichtlichen Hintergrund aus der Zeit haben, als die Kosaken den westlichen Teil der Ukraine 
von jiidischen Unterdriickern und Steuereintreibern bejreiten. Alttestamentarische Racheschwu- 
re und Hassinstinkte iiberleben Jahrhunderte"'^^^ . 

A. Neumaiers Einschatzung diirfte realistisch sein, denn als die Vorsitzende der Organisation 
„Americans for Human Rights in Ukraine" dem israelischen Parlamentsprasidenten in einem 



"^'^Ebenda, S. 83. 

''^^ Arnulf Neumaier, „Der Treblinka-Holocaust", in: Ernst Gauss (Hg.), Grundlagen zur Zeitgeschichte, Grabert 

Verlag, Tubingen 1994, S. 349. 



127 

hoflichen Brief ihre Besorgnis iiber das Vorgehen der israelischen Justiz im Falle Demjanjuk be- 
kundete, antwortete dieser: 

„Zuerst wollte ich Ihren Brief uberhaupt nicht beantworten, derm seit den Tagen Bogdan 
Chmelnitzkis hat das judische Volk eine lange offene Rechnung mit dem ukrainischen Volk zu 
begleichen. [. . .] Aber bei nochmaligem Uberdenken kam ich zu dem Entschluss, dass ein Gesuch 
wie das Ihre, das von einer amerikanischen Btirgerin kommt (selbst wenn diese ukrainischer Ab- 
stammung ist), nicht ohne Antwort bleiben sollte. [...] Ihnen und Ihren Freunden empfehle ich, 
nicht nur an Sonntagen, sondern anjedem Wochentag in die Kirche zu gehen und dort aufden 
Knien, bis sie bluten, um Vergebung fiir das zu bitten, was Ihr Volk dem unseren angetan 
hat."''' 

Zur Ehre Israels sei darauf hingewiesen, dass nicht all seine Burger die primitive rassistische 
Hetze Ben-Meirs billigten; beispielsweise griff der Schriftsteller Avraham Shifrin den Parla- 
mentsprasidenten scharf an'*^^. 

Wahrend des Prozesses traten ehemalige Treblinka-Haftlinge als Zeugen der Anklage auf auf 
und gaben ihre unsaglichen Schauergeschichten zum besten**^*^. Zeuge Eliyahu Rosenberg sagte 
unter Bid folgendes aus: 

„Ich sah ihn insbesondere, wenn er jeden Tag auf der Rampe arbeitete, wann immer Juden- 
transporte zur Vernichtung eintrafen. Ich sah ihn, wenn er neben der Gaskammer stand, beim 
Eingang zum Korridor, mit einem Mordinstrument in seinem Besitz, etwa einem kleinen Eisen- 
rohr und einer Peitsche. Er trug auch einen Giirtel mit seiner Pistole. Das hdtte nicht sein diir- 
fen, alle Mordinstrumente zusammen... Ich sah auch, dass er einen Dolch hatte, ich sah ihn mit 
die sen Mordinstrumenten, und wie er die Opfer am Eingang zur Gaskammer schlug, peitschte, 
schnitt [...] Wir waren an die Schldge gewohnt. Doch nicht an die Foltern. Allmdchtiger Gott, 
warum die Foltern? Warum lebendiges Fleisch aus Menschen schneiden?Niemand befahl ihm 
dies zu tun, niemand, er tat es allein, aus eigenem Antrieb. Ich horte nie, wie ihm ein Deutscher 
sagte, er solle das tun. [...] Ich war dort auf der Rampe. Wir hatten die Leichen aus der Gas- 
kammer entfernt. Ivan kam aus seiner Kabine, er sah, wie ich da stand, der Ort war voller Lei- 
chen, er sagte zu mir: ,Lass die Hosen runter... leg dich auf sie. '[...] Lefler (einer der deutschen 
SS-Mdnner) stand da. Er stand da und schaute zu. Ich rannte zu ihm, nahm die Achtungsstellung 
ein und sagte zu ihm (auf Deutsch) : ,Ivan will, dass ich mit einer Frauenleiche Geschlechtsver- 
kehr pflege. ' So ging er zu ihm und erteilte ihm einen Verweis. Ivan sagte zu mir (auf Russisch) : 
,Dir besorg ich 's. ' Er besorgte es mir denn auch, erfand Gelegenheit dazu "^^^. 

Der Liigner Eliyahu Rosenberg hatte allerdings Pech: Es stellte sich namlich heraus, dass er 1947 
in Wien in einer schriftlichen Erklarung folgendes festgehalten hatte: 

„Als Tag des Aufstandes wurde der 2. August 1943 festgesetzt. [...] Um halb vier Uhr nachmit- 
tags bereitete sich alles zum Aufstand vor. 

[. . . ] Da stiirzte auch schon einer der Wassertrdger zur Baracke und schrie: , Revolution in Ber- 
lin. ' Das war das Zeichen. [...] Daraufhin stUrzten einige Leute in die Baracken der ukraini- 



"^'^ Hans Peter RuUmann, Der Fa// De»ya«/MA:„ a.a.O., S. 202/2003. 
"^^ Ebenda, S. 206 ff. 
''"° Siehe Einleitung. 

Criminal Case No. 373/86, State of Israel vs. Ivan (John) Demjanjuk, Verdict, S. 184 ff. 



128 

schen Wache, wo unter anderem auch der Ukrainer Ivan schlief, und erschlugen die Ukrainer 
mit Schaufeln 



ii422 



Im April 1988 fallte das israelische Gericht das allseits erwartete Todesurteil, doch wurde dieses 
nicht vollstreckt. Schon zum damaligen Zeitpunkt waren allzu viele peinliche Pannen eingetre- 
ten, und Demjanjuks Anwalt Y. Scheftel (dem ein Gangster Ende 1988 Saure ins Gesicht spriih- 
te, nachdem ein zweiter Demjanjuk-Verteidiger, Dov Eitan, wenige Tage zuvor aus einem Hoch- 
haus gestiirzt war und anlasslich dieses tragischen Unfalls das Zeitliche gesegnet hatte) schlach- 
tete diese Pannen weidlich aus. Als wirklichen „Iwan der Schreckliche" ortete Scheftler schliess- 
lich einen - spurlos verschwundenen - Ivan Martschenko. 

Der Name Martschenko war zunachst von einer im Weiler Treblinka, unweit des Lagers, leben- 
den ehemaligen Prostituierten genannt worden, die wahrend des Krieges mehrere ukrainische 
Wachmanner, darunter besagten Martschenko, zu ihren Kunden gezahlt hatte, doch fand Sheftel 
in der UdSSR noch weiteres Material. Laut sowjetischen Gerichtsakten hatte ein 1952 wegen 
angeblicher Verbrechen in Treblinka zum Tode verurteilter und erschossener Ukrainer namens 
Nikolai Schelayev diesen Martschenko als „Bediener der Gaskammern von Treblinka" identifi- 
ziert. Schelayevs Aussagen waren von mehreren anderen friiheren Treblinka-Wachmannern be- 
statigt worden, und es kam auch ein Personalausweis Martschenkos aus Trawniki ans Licht. 

Unter diesen Umstanden konnte die israelische Justiz das Todesurteil gegen Demjanjuk unmog- 
lich vollstrecken lassen. Sie untemahm noch einen Versuch, ihn wegen Verbrechen in Sobibor 
und Flossenbiirg anzuklagen, doch gab es fiir solche Verbrechen keine Zeugen, und gemass dem 
israelisch-amerikani schen Auslieferungsvertrag durfte Demjanjuk fiir Handlungen in diesen bei- 
den Lagem nicht belangt werden, weil seine Auslieferung einzig und allein wegen der ihm ange- 
dichteten Untaten in Treblinka erfolgt war. Der angebliche Dienstausweis aus Sobibor hatte bei 
seiner Verurteilung keine Rolle gespielt. Schliesslich sprach das Berufungsgericht John Demjan- 
juk frei, und im September 1993 konnte er in die USA zuriickkehren, wo ihm die Staatsbiirger- 
schaft zuriickerstattet wurde'*^''. 

Das Pikanteste an der ganzen Sache war, dass das OSI schon seit 1979 von der Unschuld 
Demjanjuks wusste. Der Spiegel -Kq^oxXqx Carlos Widmann bemerkte hierzu: 

„Dafiir, dass sie heute keinen Justizmord aufdem Gewissen haben, miissten Amerikas beamtete 
Nazi-Jdger sich beim zwei Instanzen bedanken: Bei den ukrainischen Landsmannschaften, die 
fiir die Verteidigung Iwan Demjanjuks Millionen gesammelt haben, sowie beim Obersten Ge- 
richtshof Israels, der schliesslich Common Sense w alien Hess. Dieser Dank diirfte ausbleiben. 
[...] Dieselben Nazi-Jdger im US-Justizministerium, die den Israelis seit 1976 Iwan Demjanjuk 
als sadistischen Massenmorder nahelegten, wussten offenbar schon frtiher besser Bescheid. Seit 
1979 verfiigten sie Uber Material aus der UdSSR, aus dem eindeutig hervorging, dass Iwan 
Demjanjuk keineswegs Iwan der Schrecklich war. Dieses Material hat die Behorde alien Interes- 
sierten vorenthalten: Dem US-Gericht, das Demjanjuk 1981 die Staatsbtirgerschaft aberkannte, 
dem israelischen Gericht, das ihn zum Tode verurteilte, und natiirlich der Verteidigung. "^^^ 



''"'Eine Ablichtung von Rosenbergs Erklarung findet sich bei Hans Peter RuUmann, Der Fall Demjanjuk, a.a.O., S. 

133 ff. 

''"' Bei der Schilderung des Prozesses stiltzen wir uns auf Y. Sheftel, Defending ,Ivan the Terrible"', a.a.O. 

'*■'' Carlos Widman, „Das Schreckliche an Iwan", Der Spiegel, Nr. 39/1993. 



129 

d) Abermalige Aberkennung der Staatsbiirgerschaft und Auslieferung an die 
BRD 

Das OSI fand sich mit seiner Niederlage natiirlich nicht ab und startete alsbald den nachsten Ver- 
such, den mittlerweile fast achtzigjahrigen Greis aus den USA abschieben zu lassen. Schliesslich 
war ihm Erfolg beschieden. Die Internet-Enzyklopadie Wikipedia resiimiert die Geschehnisse 
wie folgt: 

,,2001 begann ein weiterer Prozess gegen Demjanjuk, in dem der OSI-Chefermittler Edward 
Stutman das Gericht uberzeugte, dass Demjanjuk wdhrend des Zweiten Weltkriegs in verschie- 
denen Konzentrationslagern gedient hatte. Im Juni 2004 entschied ein US-amerikanisches Ge- 
richt, Demjanjuk die Staatsbiirgerschaft erneut abzuerkennen. "^^'^ 

Dem Entscheid zum abermaligen Entzug der Staatsbiirgerschaft war im Jahre 2002 ein Urteil des 
Richters Paul Matia vorausgegangen, in dem es u. a. hiess: 

„Indem er in Sobibor Dienst tat, trug der Angeklagte zu dem Prozess bei, durch den Tausende 
von Juden mittels Erstickung durch Kohlenmonoxid ermordet wurden " 



426 



Auf die Frage, ob Demjanjuk in Sobibor oder anderen NS-Lagern Dienst geleistet hat, konnen 
wir keine eindeutige Antwort erteilen. Fest steht, dass er sowohl 1948, als er in Deutschland sei- 
ne Anerkennung als politischer Fliichtling beantragte, als auch wahrend der Verhore, die seiner 
Auslieferung aus den USA nach Israel vorausgingen, teilweise unglaubhafte und widerspriichli- 
che Angaben gemacht hat. Als er 1948 seine Anerkennung als politischer Fliichtling beantragte, 
gab er an, von 1937 (!) bis Januar 1943 als Bauer in „Sobibor, Chelm, Polen" gearbeitet zu ha- 
ben; anschliessend sei er bis Kriegsende in Pillau, Danzig und Miinchen als Arbeiter tatig gewe- 
sen'*^''. Da es in Sobibor in der Tat ein Landgut gab, ist es zwar theoretisch moglich, dass Dem- 
janjuk dort gearbeitet hat (wenn auch gewiss nicht ab 1937), doch besonders wahrscheinlich mu- 
tet dies nicht an. War er jedoch tatsachlich als Wachmann im Lager Sobibor eingesetzt, so ist 
dies bereits ein ausserst starker Hinweis darauf, dass dieses kein „Vemichtungslager" war, denn 
in diesem Fall ware Demjanjuk gewiss nicht so dumm gewesen, den Ortsnamen Sobibor in sei- 
nem Antrag iiberhaupt zu erwahnen. 

In seinem Urteil von 2002 behauptete Richter Matia, iiber dokumentarische Unterlagen 
dafiir zu verfiigen, dass Demjanjuk ausser in Sobibor auch in Majdanek und Flossenbiirg statio- 
niert gewesen sei"*^^. Hinsichtlich Sobibors liegt, soweit wir wissen, kein anderes „Beweismate- 
rial" vor als der gefalschte Dienstausweis aus dem Schulungslager Trawniki. Laut Richter Matia 
wurde in einem litauischen Archiv ein dokumentarischer Beweis dafiir vorgefunden, dass Iwan 
Demjanuk im Januar 1943 als Wachmann in Majdanek diente; damals sei er bestraft werden, 
weil er das Lager ungeachtet einer Ausgangssperre zum Einkaufen verlassen habe. Obwohl Be- 
lastungsmaterial aus sowjetischen Quellen a priori verdachtig ist, konnen wir nicht ausschliessen, 
dass Demjanjuk tatsachlich in Majdanek war. Sein Aufenthalt in Flossenbiirg wird Richter Matia 
zufolge durch ein deutsches Dokument aus jenem Lager bestatigt. 

Sofem diese Dokumente echt sind - woriiber wir, mit Ausnahme des schon vor zwei Jahrzehnten 
als grobe Falschung entlarvten Trawniki -Ausweises, kein Urteil fallen konnen -, hat Demjanjuk 
die US-Behorden vor seiner Auswanderung in die Irre gefiihrt, indem er seine Tatigkeit als 



''^^ http://wikipedia.org/wiki/John_Demjanjuk/ 



*'^ Judge Paul Matia, United States District Court, Northern District of Ohio, Eastern Division, US of America ver- 
sus John Demjanjuk. "Findings of Fact" (2002). 
"-^ Ebenda. 
"-•^ Ebenda. 



130 

Wachmann verschwieg. Hatte er sie zugegeben, ware ihm nicht nur das amerikanische Visum 
verweigert worden, sondem er hatte zusatzlich seine Abschiebung in die Sowjetunion riskiert, 
die einem Todesurteil gleichgekommen ware. Auch wahrend seiner Befragungen durch die ame- 
rikanischen Justizbehorden ab 1976 hat Demjajuk in diesem Fall die Unwahrheit gesagt. Wer 
will es ihm verdenken? Schliesslich musste er abermals seine Auslieferung an die Sowjetunion 
befiichten. Dass diese Furcht durchaus nicht unbegriindet war, beweist der Fall eines anderen 
Ukrainers, Fyodor Fedorenko, dem die sowjetische Justiz vorwarf, als Wachmann in Treblinka 
gedient zu haben. Fedorenko wurde 1984 von den USA an die UdSSR ausgeliefert, 1986 zum 
Tode verurteilt und ein Jahr darauf durch Erschiessen hingerichtet'*^^. 

Nach der erneuten Aberkennung seiner amerikanischen Staatsbiirgerschaft entschied die 
US-Justiz anno 2005, Demjanjuk sei in die Ukraine, nach Pol en oder in die BRD abzuschieben. 
Wahrend sich die ukrainischen sowie die polnischen Behorden weigerten, ihn aufzunehmen (ein 
untriigliches Zeichen dafiir, dass ihnen nicht der geringste Hinweis auf irgendwelche Verbrechen 
Demjanjuks wahrend der Kriegszeit vorlag!), stellte die BRD 2008 einen Auslieferungsantrag, 
dem schliesslich stattgegeben wurde. 



e) Vor dem Prozess in Miinchen 

Kurz vor dem auf den 30. November 2009 anberaumten Prozessbeginn scheint in der BRD Er- 
niichterung um sich zu greifen. In einer Pressemeldung des Siiddeutschen Rundfunks vom 17. 
November hiess es: 

„Experten bezweifeln [...], dass Demjanjuk verurteilt werden wird. [...] Der niederldndische 
Jurist Christiaan Rilter [. . . ] glaubt nicht an eine Verurteilung. Jahrelang sei in der Bundesrepu- 
blik gegen KZ-Bewacher mit niedrigem Dienstrang wie Demjanjuk nicht ermittelt worden, und 
wenn, seien sie jreigesprochen worden. Wenn das jahr elange Rechtspraxis war, konne das Ge- 
richt in Miinchen jetzt nicht plotzUch anders entscheiden. [...] Die Zentrale Stelle [zur Verfol- 
gung von NS-Verbrechen] habe zum 50. Jahrestag ihres Bestehens einen ,Paukenschlag' ge- 
braucht, einen grossen Namen, der sie noch einmal ins Rampenlicht riicken sollte - so seine pro- 
vokative These. Demnach hatte kein juristisches, sondern ein poUtisches Argument zu den Er- 
mittlungen und dem Prozess gegen Demjanjuk gefiihrt. " 

Wie wahr! Ob sich das Miinchner Gericht zu einem Freispruch durchringen wird, bleibt abzu- 
warten. Angesichts des immensen auf ihm lastenden Drucks ist zu befiirchten, dass dies nicht der 
Fall sein wird. Wie vor Prozessbeginn bekannt wurde, sind „an die 40 Nebenklager zugelassen, 
allesamt Angehorige von Ermordeten in Sobibor"'*'"^. Einen deutlicheren Beweis dafiir, dass der 
wirkliche Zweck des Verfahrens in der Schiirung der „Holocaust" -Hysteric sowie der Zementie- 
rung des offiziellen Geschichtsbildes besteht, kann man sich kaum wiinschen, denn zur Klarung 
der Frage, ob der Angeklagte Demjanjuk erstens iiberhaupt in Sobibor war und zweitens dort ir- 
gendwelche Verbrechen begangen hat, vermag kein einziger dieser 40 Nebenklager auch nur das 
Geringste beizutragen. 



''^^ http : /en . wikipedia . org/wiki/Fy odor_F edorenko 
''^° www.sueddeutsche.de/muenchen/386/494719/text/ 



131 

Kapitel 22 
Schlussfolgerung 

a) Zur Frage nach der moralischen Verantwortung der Lagermannschaft 

Unsere Schlussfolgemngen sind eindeutig: Sobibor war kein Vemichtungslager fiir Juden; es gab 
dort kein "Vergasungsgebaude" und folglich auch keine Gaskammern zur Menschentotung; die 
Opferzahl konnte sich in der Grossenordnung von etwa 10.000 bewegt haben, was einem Fiinf- 
undzwanzigstel der in der historischen Literatur meist genannten Zahl von 250.000 Opfern, ei- 
nem Siebzehntel der von J. Schelvis in der revidierten Auflage seines Buchs postulierten Ziffer 
von 170.000 und einem Fiinfzehntel der vom Hager Gericht behaupteten "Mindestzahl" von 
150.000 Toten entspricht. 

Wenn - wovon wir iiberzeugt sind - unsere These den Tatsachen entspricht und Sobibor ein 
Durchgangslager fiir die die Ostgebiete umgesiedelte Juden war, stellt sich die Frage nach der 
moralischen Verantwortung der Lagermannschaft, vom Kommandanten bis zu den ukrainischen 
Wachtem, die das unterste Glied in der Befehlskette bildeten, natiirlich in neuem Licht. Selbst- 
verstandlich hat das deutsche und ukrainische Personal auch in diesem Fall menschenrechtswid- 
rige Befehle ausgefiihrt, denn dass die Deportation und Enteignung von Personen, die nicht auf- 
grund individuellen Verschuldens, sondern lediglich infolge ihrer Zugehorigkeit zu einer ethni- 
schen Gruppe ihrer Freiheit beraubt worden waren, einen schweren Verstoss gegen die Men- 
schenrechte darstellte, lasst sich ganz unmoglich bestreiten. Andererseits hatten die Betreffende 
Befehle erhalten, deren Ausfiihrung sie nicht ohne Gefahr fiir ihr eigenes Leben verweigern 
konnten; ob diese Befehle berechtigt waren oder nicht, lag nicht in ihrem Ermessen, wohl aber, 
wie sie sie ausfiihrten. Somit hangt die Frage nach der moralischen Verantwortung der Lager- 
mannschaft davon ab, ob diese den Haftlingen bei der Ausfiihrung ihrer Befehle unnotiges Lei- 
den moglichst ersparte oder nicht, ob sie die Umgesiedelten wahrend der kurzen Zeit ihres Auf- 
enthalts in Sobibor so human behandelte, wie es unter den damaligen Umstanden moglich war, 
oder sie noch schikanierte, ob sie den Arbeitsjuden das Dasein ertraglich gestaltete oder ihnen 
das Leben zur Holle machte. 

Da uns keinerlei dokumentarische Unterlagen iiber die Zustande in Sobibor zur Verfiigung ste- 
hen, ist es nicht moglich, diese Fragen schliissig zu beantworten. Auf die Zeugenaussagen kon- 
nen wir uns nicht verlassen, denn angesichts der Tatsache, dass ausnahmslos alle Zeugen im zen- 
tralen Punkt - der angeblichen Massenvernichtung von Juden (sei es durch eine "schwarze Fliis- 
sigkeif , "Chlor" oder Motorabgase) - gelogen haben, sehen wir nicht den geringsten Grund, ih- 
ren Aussagen iiber sadistische Grausamkeiten der Lagermannschaft Glauben zu schenken. 

Freilich gibt es auch Zeugenaussagen, an deren Wahrheit kein Zweifel angebracht ist. Leon 
Feldhendler, der von anfang 1943 bis zum Aufstand vom 14. Oktober desselben Jahres in Sobi- 
bor interniert war'*''^ schildert die Lebensbedingungen der jiidischen Handwerker wie folgt: 

"Im Lager 1 arbeiteten judische Handwerker fur die Deutschen: Tischler, Schneider, Schuster. 
Sie hatten dort auch Baracken zum Schlafen. Es gab 30 Deutsche und 180 Ukrainer. Die Hand- 
werker hatten es sehr gut. In ihren Werkstdtten hatten sie bequeme Unterkilnfte. [...] Ihre Tages- 
ration bestand aus einem halben Kilogramm Brot, Suppe, Pferdefleisch, zweimal wochentlich 
Griitze (von den Transporten). [...] Arbeit: Von 6 Uhr morgens bis 12 Uhr, eine Stunde Mittags- 



J. Schelvis, Vemietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 270. 



132 
pause und dann wieder Arbeit bis 5 Uhr. [...] Von 5 bis 10 hatten sie Freizeit, zur Unterhal- 

. tt432 

tung. 

Es ist kaum anzunehmen, dass der Jude Feldhendler die Verhaltnisse in Sobibor wahrheitswidrig 
beschonigt hat, um das nationalsozialistische System zu entlasten... 

Angesichts dieser Umstande lautet unser Urteil wie folgt: Die Lagermannschaft ist im Hauptan- 
klagepunkt - der ihr vorgeworfenen Massenvernichtung von Juden - wegen erwiesener Un- 
schuld und im Nebenanklagepunkt - der willkiirlichen Misshandlung von Haftlingen - mangels 
Beweisen freizusprechen. 

Falls, wie wir vermuten, in Sobibor Euthanasie an einer gewissen Zahl von (geisteskranken oder 
mit ansteckenden Krankheiten behafteten) Deportierten praktiziert wurde, haben sich die betref- 
fenden SS-Manner schuldig gemacht; die damalige kritische Versorgungslage, welche bereits die 
ausreichende Ernahrung der gesunden Bevolkerungsmehrheit schwierig gestaltete, war zwar ein 
mildemder Umstand, aber keine Rechtfertigung. Wenn das heute im Westen herrschende System 
die Euthanasie an Geisteskranken jedoch als Beweis fiir die "Nazibarbarei" anprangert, empfm- 
den wir dies angesichts der Tatsache, dass dasselbe System Jahr fiir Jahr die Durchbohrung, Zer- 
stiickelung und Veratzung einer ungeheuren Zahl gesunder Kinder im Mutterleib duldet und dass 
in manchen amerikanischen Abtreibungskliniken Schwangerschaftsabbriiche noch im neunten 
Monat vorgenommen werden, als abstossende Heuchelei. Wer im Glashaus sitzt, soil nicht mit 
Steinen werfen. 



b) "Ich bin ein Teil von jener Kraft..." 

Goethes Mephistopheles sagt, er sei "em Teil von jener Kraft, die stets das Bose will und stets 
das Gute schafft" . Dasselbe trifft auf jene zu, die im Jahre 2000 den Archaologieprofessor Andr- 
zej Kola von der Univer-sitat Torun mit Bohrungen und Grabungen in Sobibor beauftragt haben. 

Prof. Kola war sich der politischen Brisanz seiner Untersuchungsergebnisse selbstverstandlich 
bewusst. Er wusste genau, was von ihm erwartet wurde. Dementsprechend hat er das verlangte 
Lippenbekenntnis zum Holocaust-Glauben abgelegt. Ungeachtet des ungeheuren auf ihm lasten- 
den Drucks besass er jedoch das erforderliche Minimum an wissenschaftlicher Ethik, um nicht 
zum Mittel der Falschung zu greifen. Auch wenn er dies nicht ausdriicklich sagt, lassen seine 
Resultate nicht den geringsten Zweifel daran aufkommen, dass es das von den "Augenzeugen" 
geschilderte "Vergasungsgebaude" in Sobibor nicht gab - und mit der Nichtexistenz dieses Ge- 
baudes erledigt sich die ganze Vergasungsgeschichte von selbst. Dass Prof Kola es unterliess, 
die Massengraber zu offnen, um das Ausmass der vorhandenen menschlichen Uberreste zu er- 
mitteln, spricht ebenso fiir sich wie die Tatsache, dass er es sorgfaltig vermied, die Ergebnisse 
seiner Untersuchungen mit den Zeugenaussagen zu vergleichen. Die von ihm entdeckte riesige 
T-formige Baracke, deren grosserer Teil eine Lange von 60 bis 80 m aufweist (Objekt E) sowie 
das mit einem Ofen versehene Bauwerk (Objekt A) stellen die "Holocausf -Historiker vor un- 
losbare Probleme und stiitzen die revisionistische These vom Durchgangslager Sobibor. 

Vor dem Jahre 2001 konnten die Revisionisten lediglich darauf beharren, dass die offzielle Sobi- 
bor- Version vollkommen unglaubhbaft war. Das Fehlen jeglicher dokumentarischer Belege fiir 
eine Ausrottungspolitik, die Widerspriichlichkeit und Absurditat der Zeugenaussagen, die Tatsa- 



'^^' N. Blumental, Dokumenty i materialy, a.a.O., S. 204. 



133 

che, dass die nach der Auflosung des Lagers entstandenen Luftaufnahmen keine wesentliche 
Verringemng des an Sobibor angrenzenden Waldes erkennen lassen - woher kam dann das zur 
Einaschemng von 150.000 bis 250.000 Leichen erforderliche Brennholz? - all dies sprach ent- 
schieden gegen die orthodoxe These. Seit der Publikation von Prof. Kolas Artikel im Jahre 2001 
steht jedoch fest, dass die Geschichte von den Judenvergasungen in Sobibor nicht nur unwahr- 
scheinlich, sondern radikal unmoglich ist. Dafiir, dass er dies - unfreiwillig! - bewiesen hat, ge- 
biihrt Prof. Andrzej Kola unser Dank. 



c) Des Kaisers neue Kleider 

Bin naiver Beobachter konnte nun wie folgt argumentieren: Das Hagener Gericht hat die Zahl 
der Sobibor-Opfer mit "mindestens 150.000" angegeben; der fuhrende Sobibor-Spezialist J. 
Schelvis mit 170.000. Diese 150.000 bis 170.000 Toten machen lediglich 2,5 bis 3 % der be- 
riihmten "sechs Millionen" aus und sind, numerisch gesehen, zur Aufrechterhaltung der Holo- 
caust-Geschichte nicht unbedingt erforderlich. Konnen die Verfechter der offiziellen Ge- 
schichtsversion unter diesen Umstanden nicht auf die Gaskammern von Sobibor verzichten und 
den Revisionisten wenigstens in diesem einen Punkt recht geben? 

Nein, sie konnen es nicht. Zunachst einmal ist die Existenz der Gaskammern von Sobibor in der 
BRD bei drei Prozessen - Berlin 1950, Frankfurt a. M. 1950, Hagen 1965/1966 - "bewiesen" 
worden und gilt seither als aktenkundig. Bei diesen Prozessen wurden acht Manner zu Haftstra- 
fen zwischen drei Jahren und lebenslanglich verurteilt. Von denen zu lebenslangem Freiheitsent- 
zug Verurteilten starb einer (Erich Bauer) nach einunddreissig Jahren Haft im Gefangnis, der 
zweite (Hubert Gomerski) sass vor seiner Begnadigung 22 Jahre, der dritte (Karl Frenzel) 16 
Jahre ab. Gabe die BRD-Justiz zu, dass bei alien drei Sobibor-Prozessen eklatante Fehlurteile 
gefallt wurden, so wurden auch alle anderen Urteile gegen "Naziverbrecher" sofort fraglich, weil 
samtliche Verfahren gegen das Personal der "Vernichtungslager" nach demselben Motto gefuhrt 
wurden wie die Sobibor-Prozesse: Wir haben ja vereidigte Zeugen, wozu braucht es da noch 
Sach- und Dokumentenbeweise? 

Fiihren wir diesen Gedankengang fort: Wenn sich Justiz und Geschichtsschreibung in bezug auf 
Sobibor "geirrt" haben, was fur einen Grund kann es dann noch geben, ihre Behauptungen hin- 
sichtlich der anderen "Lager der Aktion Reinhardf zu akzeptieren? Fallt Sobibor, so fallt sofort 
auch Belzec, wo Prof Kola ebenfalls archaologische Untersuchungen durchgefuhrt hat - mit 
denselben Ergebnissen wie in Sobibor -, und wer wird dann noch an Treblinka glauben? 

Majdanek - fur das beim Niirnberger Prozess noch 1,5 Millionen Tote behauptet wurden'*^'' - ist 
als "Vernichtungslager" praktisch ausgefallen, nachdem der Leiter der historischen Abteilung 
des Majdanek-Museums, Tomasz Kranz, die Opferzahl anno 2005 auf 78.000 verringert hat'*'''* 
(was immer noch eine Ubertreibung um mindestens 28.000 darstellt'*''^). 

Das kleinste und am wenigsten bekannte der sechs "Vernichtungslager", Chelmno, wo ca. 
150.000 Juden in "Gaswagen" umgebracht worden sein sollen, kann die durch den Wegfall der 
"Reinhardt-Lager" entstandene Liicke unmoglich ausfullen. Somit bleibt nur noch Auschwitz - 
das Flaggschiff der Holocaust-Propagandisten und zugleich ihr allerschwachster Punkt, ihre 
Achillesferse schlechthin. Angesichts der umfangreichen revisionistischen Forschungstatigkeit, 



"^^ IMT, Band VII, S. 590. 



'^^'^ Tomasz Kranz, „Ewidencja zgonow i smiertelnosc wiezniow KL Lublin", in: Zeszyty Majdanka, Nr. 23 (2005), 

S. 7-53. 

''^^ http://juergen-graf.vho.org/articles/zur-revision-der-opferzahl-von-majdanek.html 



134 

welche die vollkommene Unhaltbarkeit des offiziellen Auschwitz-Bildes Mai fiir Mai bewiesen 
hat, stiinden die "Holocaust" -Historiker hier bei einer offenen Debatte von vome herein auf ver- 
lorenem Posten. 

Nein, sie konnen Sobibor nicht opfern, weil sie dadurch eine Kettenreaktion auslosen wiirden, 
die das ganze monstrose Liigengebaude "Holocaust" wie ein Kartenhaus zum Einsturz brachte. 
Deshalb bleibt ihnen nichts anderes iibrig, als die Augen vor den Ergebnissen archaologischer 
Grabungen und Bohmngen zu verschliessen und sich so zu verhalten wie Hans Christian Ander- 
sens Volksmenge, welche des Kaisers neue Kleider iiberschwenglich lobte, obwohl - ausser den 
Blinden natiirlich - jedermann sah, dass seine Majestat nackt war. 



d) Der Moloch 

"Wer kann dem Druck und den Kampagnen der mdchtigen judischen Organisationen standhal- 
ten? Fast niemand. Der Wiirgegriff dieser Organisationen um die Medien, ihr stdndiges Jam- 
mern und Klagen, ihre systematische Erpressung, ihre unglaublichen Liigen, die Furcht, die sie 
einflossen, ihre vorgetduschte oder wirkliche Raserei, ihre Verachtung fiir alljene, die nicht dem 
'auserwdhlten Volk ' angehoren - all dies bricht friiher oder spdter jeden Wider stand. Damit die- 
sen Organisationen nicht mehr blind gehorcht wird, bedarf es ausser gewohnlicher historischer 
Umstdnde. Dann entsteht die Gefahr, dass die erniedrigten, beleidigten, ausgeplUnderten und 
kolonisierten Goyim das Haupt erheben und gegen ihre Tyrannen rebellieren. Der Holocaust- 
Schwindel, oder die Holocaust-Religion, hat sich nach und nach aus rabbinischen Liigen ent- 
wickelt, die in Zentraleuropa entstanden waren. Mit Hilfe der Kriegspropaganda wurde diese 
Ltige dann nach Westeuropa exportiert (darunter auch in die neutralen Staaten, den Vatikan und 
Organisationen wie das Internationale Rote Kreuz). Von dort aus migrierte sie in die USA, wo 
sie von Hollywood und den Medien aufgegriffen wurde. Mit verdoppelter Wucht kehrte sie fiber 
den Atlantik zuriick und ergoss sich 1945 ins Herz Europas. Sie hat eine entscheidende Rolle bei 
der Griindung des Staates Israel gespielt, eines kiinftigen Konfliktherdes. Sie hat die Nachkriegs- 
zeit vergiftet. Das Ferment des Hasses, den Liigen dieses Kalibers injeder Menschenseele gebd- 
ren, verpestet unser gesellschaftliches und politisches Leben bis zum heutigen Tage. Die aufEin- 
schiichterung und Terror beruhende Erpressung gewaltiger Geldsummen ndhrt nun schon seit 
einem halben Jahrhundert das Shoa-Geschdft, die Shoa-Industrie. Man kann sagen, dass die 
Fiihrer dieser jiidischen Organisationen zum grossen Vergniigen der Antisemiten alles getan ha- 
ben, um das Stereotyp vom zugleich weinerlichen und arroganten Juden zu stdrken, der bis zum 
Ende der Zeiten nach Rache schreit und sein Pfund Fleisch verlangt. Diese Juden haben Shy lock 
auferstehen lassen. " 

Robert Faurisson"*^^ 

Die Griindung des Staates Israel im Jahre 1948 war ein Anachronismus. Grossbritannien hatte 
Indien eben in die Unabhangigkeit entlassen; Dutzende asiatischer und afrikanischer Gebiete 
versuchten immer nachdriicklicher, die Herrschaft des weissen Mannes abzuschiitteln. Ausge- 
rechnet in jener Zeit der Entkolonisierung durften die Juden in Palastina ein kolonialistisches 
Unternehmen par excellence starten - mit dem Segen sowohl der USA als auch der UdSSR. Ge- 
rechtfertigt wurde dies mit den angeblich unvergleichlichen Leiden des judischen Volkes im 
Zweiten Weltkrieg. 

Als das Ansehen des zionistischen Staates in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts durch das 
Wiiten der israelischen Invasoren und ihrer lokalen Heifer im Libanon auf einen Tiefpunkt abge- 



''^'^ Robert Faurisson, Le revisionnisme de Pie XII, Graphos, Genua 2002, S. 65/66. 



135 

sunken war, sorgte Israel durch seine fiinfte Kolonne in den USA dafiir, dass John Demjanjuk, 
den die Liigenpropaganda zu "Iwan den Schrecklichen", dem "Superteufel von Treblinka" er- 
nannt hatte, an Jerusalem ausgeliefert wurde, wo man einen sorgfaltig inszenierten Schauprozess 
gegen ihn durchfiihrte - mit dem Ergebnis, dass statt iiber die massakrierten Palastinenser nun 
iiber die "Vergasten von Treblinka" gesprochen wurde. Vor allem dank Demjanjuks couragier- 
tem israelischen Anwalt Yoram Scheftel wurde das Verfahren gegen ihn freilich insofern zum 
Fehlschlag, als der Angeklagte schliesslich freigesprochen werden musste -natiirlich ohne dass 
dies dem offizielle Bild vom "Vernichtungslager Treblinka" Abbruch tat. 

Nachdem der blutige Terror der israelischen Streitkrafte im Gaza-Streifen Ende 2008 und anfang 
2009 fiir weltweite Emporung gesorgt hatte, musste der mittlerweile 89-jahrige Demjanjuk 
abermals als Blitzableiter herhalten. Der Prozess gegen ihn soil den "Holocaust" ein weiteres 
Mai ins Rampenlicht riicken. 

Dass die BRD einen Greis, gegen den nichts Greifbares vorliegt, so erbarmungslos verfolgt, lasst 
sich nicht allein mit ihrer sprichwortlichen Servilitat gegeniiber Israel und den zionistischen Or- 
ganisationen erklaren. Dies herrschende Kaste dieses Staates braucht den "Holocaust" wie die 
Luft zum Atmen. Sie braucht ihn, um eine Wiedergeburt des deutschen Selbstbewusstseins im 
Keim zu ersticken, den Aufstieg nationaler Krafte zu blockieren und sich so am Ruder zu halten. 

Um dem deutschen Volk im allgemeinen und der deutschen Jugend im besonderen die Verwerf- 
lichkeit des nationalsozialistischen Systems immer wieder vor Augen zu fiihren, benotigte der 
"freiste Staat der deutschen Geschichte" seit Beginn seiner Existenz standig neue "Nazi- 
Ungeheuer" - als Beweis fiir die Verworfenheit der deutschen Kriegsgeneration. Da "Nazi- 
Ungeheuer" heute aus biologischen Griinden zur Raritat geworden sind, bietet der kommende 
Schauprozess gegen John Demjanuk der BRD die vielleicht letzte Chance, ihrer Bevolkerung ein 
solches vorzufiihren. Ein kleiner Schonheitsfehler ist freilich, dass dieses "Ungeheuer" kein 
Deutscher, sondern Ukrainer ist. Doch selbst dieser Sachverhalt lasst sich noch propagandistisch 
ausschlachten: Die Verruchtheit der Nazideutschen zeigte sich nicht zuletzt darin, dass sie es 
verstanden, den argsten Abschaum der anderen Volker Europas fiir ihre morderischen Ziele ein- 
zuspannen! 

Der "Holocausf -Moloch fordert Opfer. Die Ukrainer, die nach den Prozessen in Kiew vor die 
Laufe eines Erschiessungskommandos treten mussten, nachdem der Erzliigner Alexander Aro- 
nowitsch Petscherski sie durch seine Zeugenaussage "iiberfiihrt" hatte, die ehemaligen SS- 
Manner Erich Bauer, Hubert Gomerski und Karl Frenzel, die insgesamt 69 Jahre hinter Gitter 
dahinvegetierten, Hermann Julius Hofle, der 1962 in einem Wiener Gefangnis in den Selbstmord 
getrieben oder, was weitaus wahrscheinlicher ist, liquidiert wurde, Hermine Braunsteiner-Ryan, 
die siebzehn Jahre im Gefangnis verbrachte, weil sie angeblich jiidische Kinder fiir die Gas- 
kammern von Majdanek selektioniert hatte - Gaskammern, die es laut dem Urteil des Gerichts 
beim Berliner Sobibor-Prozess von 1950 gar nicht gab! -, Gustav Wagner, der, nachdem er sich 
freiwillig der brasilianischen Polizei gestellt hatte, von einem jiidischen Killerkommando abge- 
stochen wurde, der 89-jahrige John Demjanuk, der nach sieben Jahren Haft in Israel heute aber- 
mals wegen erfundener Verbrechen hinter Gefangnismauern sitzt - sie alle zahlen zu den Opfern 
dieses Moloch. 

Zu den Opfern des Molochs gehoren auch jene, die sich gegen die Liige erheben. In Osterreich 
wurde Wolfgang Frohlich wegen "Holocausf -Leugnung zu sechs, Gerd Honsik zu fiinf Jahren 
Freiheitsentzug verurteilt. Giinter Deckert sass im "freisten Staat der deutschen Geschichte" we- 
gen desselben „Delikts" fiinf Jahre hinter Gittern, Germar Rudolf dreieinhalb Jahre, Udo Walen- 
dy iiber zwei Jahre. Ernst Ziindel befmdet sich seit Februar 2003 ununterbrochen in Haft - zuerst 



136 

in kanadischer, dann in bundesrepublikanischer; er wird im Jahre 2010 freikommen. Die revisio- 
nistische Anwaltin Sylvia Stolz wurde von der BRD- Terrorjustiz zu drei Jahren und drei Mona- 
ten Freiheitsstrafe vemrteilt, Horst Mahler zu sage und schreibe dreizehn Jahren. 

Im August 2009 stellte Horst Mahlers polnische Ehefrau Elzbieta einem der Verfasser dieser 
Dokumentation folgende Botschaft zu: 

"Ich bin mit Ihnen einig. Auch ich bewundere meinen Mann wegen seines Mutes, aber auch we- 
gen seiner Grossherzigkeit und Intelligenz, die sich mit der keines under en Menschen verglei- 
chen Idsst, den ich bisher kennengelernt habe. Sein Fehlen istftir mich undmeine Kinder, die ihn 
lieben wie ihren eigenen Vater, ein grosser Verlust. Ich hoffe, dass er nicht die ganze Frist absit- 
zen muss. Es war en dreizehn Jahre! Das ist ein Strafmass fUr einen Morder, nicht jiir meinen 
Mann. Ich besuche Horst einmal im Monat, ofter kann ich aus finanziellen Grtinden nicht. " 

Das Liigengebaude "Holocaust" lasst sich nicht mit einem Schlag zum Einsturz bringen; allzu 
machtig sind seine Verteidiger. Sie kontrollieren die Regierungen, die Justiz, die Medien, sie 
verfiigen iiber unbegrenzte Geldmittel. Die Revisionisten konnen nichts weiter tun, als Breschen 
in die Mauem des Liigengebaudes zu schlagen. Wenn unsere Dokumentation und das Buch, auf 
dessen Manuskript sie beruht, eine solche Bresche schlagen, haben sie ihren Zweck erfiillt. 



Plan von Sobibor 



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Es gibt keine Plane aus der Kriegszeit. Vorliegender Plan figuriert auf S. 35 von Yitzhak Arads 
Buch Belzec, Sobibor, Treblinka (1987) und fuBt auf den Zeichnungen von T. Blatt und E. Bau- 
er. Es handelt sich also um eine Rekonstruktion. Man beachte, daB unter den Objekten im Lager 
III die mindestens 60 m lange, T-formige Baracke fehlt, die Prof. Kola ausgegraben hat. 

Vorlager 



1. 


Rampe 


2. 


Zahnarztstube und Arrestlokal fur ukrainische Wachmanner 


3. 


Wachstube 


4. 


SS-Kleidungsmagazin 


5. 


SS-Unterkunft 


6. 


SS-Unterkunft 


7. 


Wascherei 


8. 


Brunnen 


9. 


Duschen und Friseur fur die SS 


10. 


Garage 


11. 


SS-Kiiche und -kantine 


12. 


Unterkunft der Lagerkommandanten 


13. 


Waffenkammer 


14. 


Unterkiinfte fiir ukrainische Wachmanner 


15. 


Unterkiinfte fiir ukrainische Wachmanner 


16. 


Unterkiinfte fiir ukrainische Wachmanner 


17. 


Backerei 



Lager I 

18. Apotheke 

19. Schneiderwerkstatt fiir die SS 

20. Schusterwerkstatt und Sattlerwerkstatt fiir die SS 

21. Schmiede 

22. Schreinerwerkstatt 

23 . Latrine 

24. Malerwerkstatt 

25. Baracke fiir mannliche Haftlinge 

26. Baracke fiir mannliche Haftlinge 

27. Haftlingskiiche 

28. Baracke fiir weibliche Haftlinge 

29. Schusterwerkstatt fiir ukrainische Wachmanner 

30. Wassergraben 



139 
Lager II 

3 1 . Entkleidungsbaracken, wo die Deportierten ihre Kleidung und ihr Gepack deponierten 

32. Baracke zum Sortieren und Lagern von Gepack 
3 3 . Entkleidungshof 

34. Magazin fiir die von den Deportierten mitgebrachten Nahrungsmittel 

35. Stromgenerator 

36. Magazin fiir Silberwaren 

37. Stalle und Scheunen 

3 8 . Verwaltungsgebaude und Magazin fiir Wertsachen 

39. SS-Bugelraum 

40. Magazin fiir Schuhe 

41. Garten 

42. Magazine zum Lagern von Besitzgegenstanden 

43 . Magazine zum Lagern von Besitzgegenstanden 

44. Magazine zum Lagern von Besitzgegenstanden 

45. Friseurbaracke fiir Frauen 

46. Verbrennungsofen 

47. Ehemalige Kapelle 

48. Latrine 

Lager III 

49. Baracke fiir Haftlinge des Lagers III 

50. Baracke fiir die Kiiche der Haftlinge des Lagers III 

5 1 . Gaskammern 

52. Raum fiir Vergasungsmotor 
5 3 . Umzaunter Hof 

54. Massengraber und offenes Krematorium 

Sobibor: Bahnhof und Dorf 

55. Bahnhofgebaude 

56. Unterkiinfte der polnischen Eisenbahnarbeiter 

57. Haus ortlicher Landarbeiter 

58. Gehoft polnischer Bauern 

5 9 . Unterkunft fiir Ei senb ahnarb eiter