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A. LUBIN
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A. LUBIN
HILFE
FÜR MUTTER UND KIND
IN DER SOWJETUNION
— UND IN DEUTSCHLAND
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VERLAG FÜR SEXUALPOLITIK
LEIPZIG
BERLIN
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Alle Rechte, Insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten
Verlag für Sexualpolitik, Berlin-Wilmersdorf, Kreuznacher Straße 38
Druck: Druckerei Biko, Berlin SW19
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Epochale Umwälzungen auf allen Gebieten des menschlichen Lebens
finden in Osteuropa gegenwärtig statt. Auf einem Raum, der ein Sechstel
der Erdkugel umfaßt, hat ein 160 -Millionen-Volk das Wagnis unter-
nommen, eine neue, die sozialistische Gesellschaftsordnung aufzubauen.
Ohne Herren und Unternehmer, ohne kleine und große Zaren, aus eigener
Kraft wird dieses welthistorische Werk vollbracht.
Skeptiker und Zweifler, die noch gestern mit Hohn oder Ironie über den
„Wahn der Tapferen" spotteten, stehen heute dieser Tatsache teils völlig
verständnislos, teils mit offener Bewunderung gegenüber. Woher kommen
die riesigen Kräfte, die Energien, die Organisationstalente in diesem
„halb asiatischen" ', „unkultivierten" Lande?
Die Skeptiker übersahen eine Kleinigkeit. Sie übersahen die Tatsache,
daß die Revolution ungeheure, bis dahin in der Tiefe schlummernde
Kräfte des Volkes entfesselte, daß sie unerschöpfliche Reserven von
Talenten und Fähigkeiten, die nicht nur im früheren zaristischen Ruß-
land, sondern in allen kapitalistischen Ländern unentwickelt zugrunde
gingen und gehen, entdeckte, mobilisierte, organisierte und zum Schaffen
befähigte.
Sie hat schon jetzt eine ganze Reihe von grundsätzlichen Problemen
gelöst. Sie hat den von Monarchisten und Ausbeutern künstlich ge-
schürten Nationalitätenhaß beseitigt. Sie hat die schmierige Frage des
Verhältnisses zwischen Eltern und Kindern, die Erziehungsfrage, gelöst
und vor allem: sie vollzog die Befreiung der werktätigen Frau. Nicht
nur, daß auf den Trümmern der sich selbst auflösenden bürgerlichen
Ehe neue Wege für ein harmonisches Zusammenleben zwischen Mann
und Frau, für eine wirkliche kameradschaftliche Gemeinschaft gefunden
wurde, — eine ganze Hälfte der Bevölkerung wird zum Bau einer neuen
Welt hinzugezogen.
Es war Lenin, der am zweiten Tage der Revolution erklärte: Solange die
letzte Köchin im Lande es nicht gelernt hat, den Staat zu verwalten,
wird der Sozialismus nicht aufgebaut werden können. Nur durch die
aktive Teilnahme der Frau kann man den neuen Staat aufrichten. Aber
damit wird die Frau auch zum gleichberechtigten Glied des großen
proletarischen Kollektivs erzogen. — Diese Forderung ist heute verwirk-
licht. Es gibt keinen einzigen Zweig auf wirtsdiaftlidiem und kulturellem
Gebiet, in dem die Frau nicht tatkräftig am Werke ist.
Aber die Frau hat noch eine andere, ihr von der Natur gegebene
Funktion - die Mutterschaft. Die Frau ist es, die dem proleta-
rischen Staat neue Menschen schenkt, die, frei von den Vorurteilen und
Einflüssen der bürgerlichen Kultur, das Werk des Sozialismus vollenden
werden. Somit wird die Mutterschaft zur wichtigen gesellschaftlichen
Funktion, deren planmäßige Förderung im Interesse des proletarischen
Staates liegt. Deshalb legt der Sowjetstaat dem Mutter- und
Kinder schütz besondere Bedeutung bei. Nicht irgendwelche
Almosen werden der Frau gewährt, sondern ein gesetzlicher Schutz, der
in seiner Verzweigtheit und Vielseitigkeit mit Hilfe der Frau, der Mutter,
selbst durchgeführt wird.
Dieser Mutter- und Kinderschutz war und ist nur möglich in einem
Staate, in dem das Proletariat die politische und wirt-
schaftliche Macht in Händen hat, in dem die Wirtschaft
sich unaufhörlich vorwärts entwickelt und die materielle und kulturelle
Lage des Arbeiters und der Arbeiterin sich von Tag zu Tag verbessert.
Alle diese Vorbedingungen sind in der Sowjetunion gegeben.
Gerade heute, im Lichte der ungeheuren Krise des Weltkapitalismus und
der sich immer mehr verschlechternden Lage des gesamten werktätigen
Volkes, der Arbeiter wie der Angestellten, der Intellektuellen wie der
Mittelsdiiditen, bei der Massenarbeitslosigkeit, dem systematischen
Abbau der Sozialversicherung auf allen Gebieten — auch auf dem des
Mutter- und Kinderschutzes — gewinnt das großzügige Werk der
russischen Arbeiter zum Schutze ihrer Mütter und Kinder besondere
Bedeutung.
IM KAPITALISTISCHEN STAAT:
Mutter- und Kinderschutz in Deutschland
Steigende Erwerbstätigkeit der Frau
Mutter- und Kinderschutz in der Sowjetunion und in den kapitalistischen
Ländern unterscheiden sich grundsätzlich voneinander so wie die wirt-
schaftliche und politische Organisationsform beider Systeme: dement-
sprechend nehmen beide zur Erwerbstätigkeit der Frau und zu ihrer
Betätigung im Staate eine verschiedene Stellung ein.
Der Kapitalist hat die „Erwerbstätigkeit" der Frau immer begünstigt.
Es war ihm daran gelegen, billige Arbeitskräfte für seinen Retrieb zu
bekommen. So ist auch in Deutschland mit fortschreitender In-
dustrialisierung die Zahl der erwerbstätigen Frauen erheblich gestiegen.
Frauen
in Prozenten
30.5
55,6
Steigende Zahl der Arbeiterinnen
Gesamtzahl
Jahr der Werktätigen davon Frauen
1907 25,2 8,5
1925 32 11,5
(Letzte Volksziihlung)
Gegenwärtig machen die erwerbstätigen Frauen etwa 35 bis 40 Prozent
der gesamten werktätigen Bevölkerung aus.
Die Ausbeutung der Arbeiterin gefährdet ihre
Mutterschaft
Mit der steigenden Teilnahme der Frau am Erwerbsleben mehren sich
aber die Stimmen von ärztlicher und sozialhygienischer Seite, die auf
die ungeheuren Schäden dieser Entwicklung für die Gesundheit der
Frauen und Kinder hinweisen. An Hand vieler Untersuchungen wird
bewiesen, daß schwere zehnstündige Arbeit sich auf Gesund-
heit und Mutterschaft gefahrvoll auswirkt. Durch schwere Arbeit treten
bei der heranwachsenden Frau Hemmungen im Knochenbau auf, die
eine Verengung des Beckens zur Folge haben. Frauenkrankheiten, wie
Ausfluß, Vorfälle, Gebärmutterknickungen, Entzündungen der Unter-
leibsorgäne sind die Folgen schwieriger Erwerbsarbeit.
Die Zahl der Frühgeburten, der Fehlgeburten, der Erkrankungen im
Wochenbett steigt besonders bei der erwerbstätigen Frau im kapita-
listischen Deutschland unaufhörlich.
Auf
10 Wöchnerinnen kamen:
erwerbstätig
1,7
Frühgeburten
Fehlgeburten
15,5
nicht erwerbstätig
0,3
2,3
Das beweist die ungeheuren Gefahren, denen die erwerbstätige Frau
und ihre Nachkommenschaft ausgesetzt sind. Diese Auswirkungen
werden erst in der nächsten Generation ganz zum Vorschein kommen.
Die Frau als billige Arbeitskraft
Was nun? Völlige Befreiung der Frau vom Erwerbsleben? So wurde
erst vor kurzem vor einem Teil der Sozialhygieniker die Frage gestellt.
Zunächst ist es eine Naivität sondergleichen, im kapitalistischen Staat
die völlige Befreiung der Frau vom Erwerbsleben zu fordern. Ein
System, das nicht die Gesundung und Aufwärtsentwicklung des Ar-
beitenden im Auge bat, sondern einzig und allein das Ziel verfolgt,
Profit aus der Arbeit der ausgebeuteten Klasse für eine Minderheit zu
ziehen, wird auf keinen Fall auf die Ausbeutung so billiger Kräfte,
wie sie die Frauen im kapitalistischen Staate darstellen, verzichten.
Gerade das Gegenteil ist der Fall! Noch heute, genau wie in der
Periode der Rationalisierung, versucht der Kapitalist die Arbeit des
Mannes durch die der billiger bezahlten Frauen und Jugendlichen zu
ersetzen. Darum sind auch die Frauen, die 35 bis 40 Prozent der
gesamten werktätigen Bevölkerung ausmachen, nur mit etwa 20 Prozent
an der Gesamterwerbslosenzahl beteiligt. Der Kapitalist entläßt zuerst
den Mann aus dem Betriebe, dann folgt ihm die arbeitende Frau.
Also ist im Kapitalismus die Forderung nach Befreiung der Frau vom
Erwerbsleben eine Utopie. Sie ist aber auch ein Ausdruck des Spieß-
bürgertums, das die Frau als Anhängsel des Mannes, als Sklavin des
Bettes und Haushaltes betrachtet. Die ausgesprochenen Vertreter dieser
Auffassung (daß die Frau in die Küche und ins Ehebett gehöre), sind
die Nationalsozialisten, die die Frau grundsätzlich als minder-
wertiges Geschöpf ansehen und damit ihre eigene geistige Minderwertig-
keit klar dokumentieren.
Die dreifache Last der proletarischen Frau
Das ganze Problem muß richtig gestellt werden. Im proletarischen
Staat, wo die arbeitende Frau am Aufbau des Sozialismus mitarbeitet,
steht sie selbstverständlich im Produktionsprozeß. Im kapitalistischen
Staat ist die Voraussetzung für die aktive Anteilnahme der prole-
tarisdien Frau am Klassenkampf ihre Anteilnahme am Produktions-
prozeß. Die Tatsachen liegen aber im kapitalistischen Deutschland so,
daß auf der arbeitenden Frau eine dreifache Last liegt, unter deren
Schwere sie völlig zusammenbricht. Hier sind 40 bis 47 Prozent der
erwerbstätigen Frauen verheiratet, die meisten im gebärfähigen
Alter von 18 bis 59 Jahren. (Von der Gesamtzahl der erwerbstätigen
Frauen sind 5,8 Prozent 14 bis 17, 42 Prozent 18 bis 29, 23,5 Prozent
30 bis 39 und 29,1 Prozent 40 bis 60 Jahre alt.)
Die erwerbstätige Frau muß also nicht nur die schwere Betriebsarbeit
am laufenden Band ausüben, sondern nach der Arbeit noch den Haus-
halt führen, und zwar mit spärlichen Mitteln, da sie ungenügend ent-
lohnt wird. Außerdem muß sie gebären. Notwendigerweise werden
somit im kapitalistischen System, in dem die Frau verelendet, weil
sie sich ständig körperlich überanstrengen muß. Erwerbstätigkeit der
Frau und Schwangerschaft unversöhnliche Gegensätze.
Der kapitalistisdie Staat besteht aber auf dem Gebärzwang und zwingt
der Frau diese Forderung durch den, § 218 auf. So wird die Frau,
die im Wirtschaftsprozeß zum Anhängsel der rationalisierten Maschine
geworden ist, in ihrer „freien Zeit" selbst Gebärmaschine. Die ka-
pitalistische Klasse braucht nicht nur Soldaten für einen neuen Raub-
krieg, für den Krieg gegen die Sowjetunion, sondern auch junge Kräfte,
billige Arbeitssklaven für ihre Fabriken.
Zu der verhängnisvollen Auswirkung der Frauenarbeit im kapitali-
stischen Staat gesellt sich die besondere Schädigung der werdenden
Mutter und ihres Kindes durch die Ausübung ihres Berufes in den
letzten Monaten und Wochen der Schwangerschaft. Es ist nachgewiesen,
daß am Ende der Schwangerschaft der Organismus der Frau besonders
in Anspruch genommen wird. Audi die Dauer der Geburt und Er-
scheinungen wie Darmriß und Wochenbettfieber kommen bei der bis
zuletzt schwere Betriebsarbeit ausübenden Frau am häufigsten vor.
Es ist ärztlich erwiesen, daß der Säugling der Mutter, die in den
letzten Wochen der Schwangerschaft schwer arbeitet, ein Zehntel bis
360 Gramm seines Gewichtes einbüßt. Audi die Zahl der Früh- und
Totgeburten steigt. Bezeichnenderweise ist die Ziffer der Totgeburten
in Deutschland besonders hoch. Während es in der Sowjetunion im
Jahre 1929 0,54 Prozent waren, kamen in Deutsdiland 3,2 auf hundert
Lebendgeborene.
Sehen wir uns den Mutter- und Kinderschutz in Deutsdiland, als ein
Musterbeispiel der kapitalistischen Länder, näher an. Die von der
Arbeiterschaft gestellte Forderung auf leichtere Arbeit für
schwangere Frauen ist hier nicht durchgeführt. Die Meldungen
aus dem Reidie, die durch Wissenschaftler und Aerzte vermittelt
werden, beweisen das. In vielen Betrieben ist es die Frau selbst, die
leichtere Arbeit während der Schwangersdiaft ablehnt. Die Gewerbe-
inspektoren geben die Erklärung dafür ab: „Die schwangere Frau be-
fürchtet, mit Recht, eine Kürznng ihres Lohnes, deshalb steigert sie
ihre letzten Kräfte und lehnt jede Hilfe ab." Aber nicht zuletzt ist es
das Gespenst der Arbeitslosigkeit, das als Damoklesschwert
über jedem Werktätigen in Deutschland hängt und die schwangere
Frau zwingt, unter Gefährdung der eigenen Gesundheit und der ihres
Kindes audi die sdiwerste Arbeit, das Heben von 50 Kilogramm (in
Metallbetrieben, Stanzereien), bis zum Ende der Schwangerschaft
auszuüben.
Die offizielle Gesetzgebung. Theorie ...
Gehen wir nur zur offiziellen Gesetzgebung über. Das weitgehendste
Gesetz über den Mutter- und Säuglingsschutz ist das Reidisversidie-
rungsgesetz vom 18. Mai 1929. Nach diesem Gesetz hat die kranken-
versicherte Arbeiterin und Angestellte das Redit, sedis Wochen vor
der Niederkunft die Arbeit aufzugeben. Nach der Niederkunft darf
sie sechs Wochen lang keine Arbeit ausüben. Da die Schwanger-
schaft der Krankheit gleichgestellt wird, so hat sie An-
redit auf eine Krankheitsentschädigung während vier Wodien vor und
sechs Wochen nach der Geburt in der Höhe des halben Durchschnitts-
lohnes; nadi den Mehrleistungen der Kassen bis drei Viertel des Lohnes.
Diese Frist kann auf 1 weitere zwei Wodien, also insgesamt auf sechs
Wochen vor der Niederkunft erweitert werden. Die Möglichkeit hierzu
besteht jedoch nur dann, wenn die Schwangere während dieser Zeit
keinen Erwerb ausübt. Voraussetzung für die Auszahlung der Unter-
stützung ist, daß die Versidierte zwei Jahre vor der Niederkunft
mindestens zehn Monate hindurch, im letzten Jahre sedis Monate
gesetzlich versichert war. Von dieser offiziellen Gesetzgebung sind
ausgschlossen alle in Haushalt, Fischerei, Tier-
zucht, Forst- und Landwirtschaft Beschäftigten.
Wenn man bedenkt, daß es in Deutsdiland etwa 1 200 000 Haus-
angestellte meistens Frauen — gibt, so sehen wir, wie un-
genügend der Mutterschutz organisiert ist.
Weiter kann die Frau für die Geburt eine Barentsdiadigung von zehn
bis höchstens 25 Mark beanspruchen: außerdem Stillgelder innerhalb
zwölf Wochen nach der Niederkunft in Höhe des halben Krankengeldes,
mindestens 25 Pfennig pro Tag. Nach den Mehrleistungen der Kassen
kann die Brau die Stillgelder innerhalb 26 Wochen erhalten. Hinzu
kommen noch die besonderen Zuschüsse, die in Sadisen geleistet
werden; dort kann die Frau das Wochengeld in Höhe des durchschnitt-
lichen Lohnes verlangen. Soweit die offizielle Gesetzgebung.
. . . und die Praxis
Wenn wir nun prüfen, wie weit diese Schutzgesetzgebimg in der Praxis
verwirklicht worden ist, so erscheint der ganze Schutz als eine
Fiktion. Da die Niederlegung der Arbeit vor der Niederkunft
nicht obligatorisch, die Ausübung des Berufes bis zum Ende
der Schwangerschaft also nicht verboten ist, so kommt in den
meisten Fällen das Gesetz insoweit überhaupt nicht zur Anwendung.
So teilt der Gewerbehygieniker Teleky aus Westfalen mit, daß die Ar-
beiterinnen trotz der Versicherung oft bis zum Ende der Sdiwanger-
sdiaft tätig sind. Die folgende Tabelle — gekürzt nach Teleky— gibt
ein klares Bild:
Es arbeiten Metallarb. Textilarb. Tabakarb.
in Prozenten
bis 3 Tage vor der Geburt ' 16.2 24 53
bis 1 Wodie . 3,6 5,8 11,4
bis 4 Wochen vor der Geburt 21,2 27 2 23 2
Dabei ist die Lage der unehelichen alleinstehenden Frauen noch
sdil immer. So arbeiteten von den unverehelichten Metallarbeiter innen
2S,6 Prozent bis drei Tage vor der Niederkunft und 58,5 Prozent bis
zu einer Woche vor der Niederkunft. Alle diese Angaben sind der
Schrift „Arbeit und Gesundheit" entnommen, die von Mitarbeitern des
Reichsarbeitsministeriums herausgegeben wurde.
Aehnliche Mitteilungen kommen von Prof. Küstner aus Sadisen, einem
Lande, wo die Sdiwangere offiziell ihren vollen Lohn erhalten könnte.
Er gibt, sidi auf seine Fesstellungen stützend, an, daß nur ein
Viertel der Frauen, die nadi dem Gesetz das Recht auf die Unter-
stützung haben, sie taisädilidi in Anspruch nehmen.
Eine andere Zusammenstellung, die Dr. Vollnhals an Hand von Mit-
teilungen von 478 Krankenkassen mit fünf Millionen Versicherten vor-
genommen hat, zeigt diese Praxis nodi krasser.
Es arbeiteten
bis 6 Wodien vor der Niederkunft 15,5 Prozent
bis 4 Wodien 24,5 Prozent
bis zuletzt 60 Prozent
In der letzten Zeit mehren sich die Fälle, wo die Sdiwangeren in den
Betrieben gebären.
Ungenügende Schwan geren-Unterstützung
Die Ursache dieser Mißstände sind in der gesamten Struktur der ka-
pitalistischen Gesellsdiaft zu suchen, die die Frau zum Sklaven der
Maschine gemadit hat.
8
Die erste wichtige Ursache: die schwangere Frau wird ungenügend
unterstützt. Teleky meint, daß hier eine Besserung eintreten wird,
wenn die Frau als Unterstützung den vollen Lohn erhält. Wir können
ihm nicht zustimmen; denn die Mitteilungen aus Sachsen, wo dieser
volle Lohn ja zugestanden wird, geben ihm Unrecht. Wenn auch wir
diese Forderung stellen, so ergänzen wir sie, indem wir für gleiche
Arbeit gleichen Lohn und eine Erhöhung des Lohnniveaus über-
haupt fordern. Hier ist der springende Punkt! Die erwerbstätige Frau
erhält 50 bis 45 Prozent weniger Lohn als der Mann, eine Lohnsenkung
treibt die andere, die Preise ziehen trotz jeder Preissenkungsaktion
durch die Erhöhung der Argrarzölle wieder an. Ist es ein Wunder, daß
viele Frauen, von der Sorge um ihre Familie getrieben, ihren Beruf
bis zur Stunde der Niederkunft ausüben und dies der Krankenkasse
verheimlichen, um dadurch, die Unterstützung künstlich zu erhöhen,
natürlich auf Kosten ihrer. Gesundheit und der Gesundheit ihres
Kindes? Bei der unverheirateten Frau, die auf sich und ihre Arbeit
angewiesen ist, liegen die Dinge noch schlimmer.
Die zweite wichtige Ursache beleuchtet Prof. Küstner: „Die Frauen
in den Betrieben, wo z. B. die Arbeit am laufenden Band verrichtet
wird, fürchten bei längerer Arbeitsaussetzung die Stellung zu
verlieren, aber bei kleinen Betrieben mit festen Belegschaften ist
der Unternehmer nicht in der Lage solchen Wünschen gerecht zu werden.
Es liegt also die verspätete Aufgabe der Erwerbsarbeit (bei der schwan-
geren Frau — der V.) an der Sorge, nach der Entbindung arbeits-
loszusein. 4 So häufen sich auch in der Praxis die Fälle, wo die
schwangere Frau glattweg vom Unternehmer ent-
lassen wird.
Mangelnde Förderung des Stillens
Eine wichtige Frage, die das kapitalistische Deutschland überhaupt
nicht geregelt hat, ist die Stillfrage. Wieweit aber das Stillen für das
Gedeihen des Kindes von Bedeutung ist, zeigt folgende Tabelle;
Von 1000 Säuglingen starben in den Monaten des ersten Jahres:
9.
2
21
10. 11.
3 3
20 17
12.
4
15
Monate 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Beim Stillen 20 7553532
Beikünstl.Nahrung 112 59 50 46 37 34 27 24
Wir sehen, daß das Stillen auch nach dem Erreichen des ersten halben
Jahres unter den gegenwärtigen Bedingungen unerläßlich ist 1 ).
In Deutschland stillt die arbeitende Frau im besten Falle sechs Wochen
nach der Geburt, die sie obligatorisch vom Betriebe fernbleiben muß,
wobei auch hierüber die Berichte auseinander gehen. So weist
Dr. Vollnhals nach, daß die Frau oft, ohne Mitteilung an die Kranken-
kasse, die Arbeit viel früher als sechs Wochen nach der Niederkunft
wiederaufnimmt. Allgemein zugegeben wird die Tatsache, daß die
Frau nach den ersten sechs Wochen das Stillen im besten Falle nur
*) Gegenwärtig werden zwar in der Berliner Charitc erfolgreiche Versuche durch-
geführt, Kinder so gut wie ausschließlich mit künstlicher Nahrung zu entwickeln. Ab-
gesehen davon, daß diese Ernährungsweise eine ganz besonders gepflegte Umgebung ' er-
fordert, ist sie so kostspielig, daß sie in Deutschland für die arbeitende und die erwerbs-
lose Frau überhaupt nicht in Frage kommt.
9
1
zweimal am Tage ausübt: vor Beginn und nach Schluß der Arbeit Des-
halb hat Prof. Küstner von der Leipziger Univ.-Klinik tausendmal Recht
wenn er zu folgendem pessimistischen Schluß kommt: „Wir sehen
daraus daß die in den letzten Jahren zum Schutze der Schwangeren
und Mutter durchgeführten Gesetze nur eine geringe Wirkung
gehabt haben." 6
Die schwangere Arbeitslose so gut wie ohne Unter-
stützung
Die katastrophale Wirtsdiaftslage und die Offensive des Ka-
pitals auf die Löhne und auf die Sozialversidierung gefährden nicht
nur die Versorgung der im Erwerbsleben stehenden Mütter, indem
durch Lohnraub und Preiserhöhung der reale Wert der Schwangeren-
uiid Wöchnerinnenunterstützung dauernd sinkt. Die ganze Abbau-
offensive wirkt sich zugleich verheerend auf die breite Masse der er-
werbslosen Frauen und ihrer Kinder, auf die Unterstützung im Falle
einer Schwangerschaft aus.
Die offizielle Versorgung der arbeitslosen schwangeren Frau ist in
dem Gesetz über die Familienwochenhilfe vom Jahre 1927 und dem
1' ursorgegesetz über die Versorgung der unbemittelten Wöchnerin vom
Jahre 1924 verankert. Nach diesem Gesetz erhielt die nidit versicherte
Frau eines Versicherten, wie auch seine Tochter, Stieftochter (wenn sie
in häuslicher Gemeinsdiaft mit dem Versicherten lebt!), vier Wodien
vor und sedis Wochen nach der Geburt 50 Pfennig pro Tag Wochengeld
und btillgeld innerhalb zwölf Wochen in der Höhe von 25 Pfennig pro
lag. Diese Vergütung kann nach den Mehrleistungen der Wochenhilfe
bis zur Hälfte des Krankengeldes erhöht werden.
Die Fürsorge für Unbemittelte soll der Schwangeren und Wöchnerin
das geben, was die Familienfürsorge leistet, wobei nidit alle Leistungen
gegeben werden müssen. Wir sehen, daß die letzte Art der Fürsorge
ziemlich unklar ist und so Tür und Tor für Schikanen und Benach-
teiligungen der Unbemittelten offenläßt.
Aber gerade hier schlägt die Abbauoffensive besonders ein.
Wie bekannt, bekommen die Krankenkassen für die Familienwochen-
hilfe Zuschlage von der Reichsregierung. Diese Zusdilägc werden von
Jahr zu Jahr systematisch abgebaut. Im Jahre 1929 waren es noch
32 Millionen, im Jahre 1930 6 Millionen, und im Jahre 1931 wurden die
Gelder iur diesen Zweck, wie auch 1 Million Mark für Kinderspeisung
einlach gestrichen. Gerade jetzt gestrichen, wo die Zahl der erwerbs-
losen Frauen in diesen ein bis zwei Jahren auf das sechs- bis sieben-
lache gestiegen ist! Aber der Abbau auf diesem Gebiete ist noch längst
nicht zu Ende. Im Zusammenhang mit der geplanten grundsätzlichen
Veränderung der gesamten Versicherungsgesetzgebung sind noch weitere
ungeheure Streichungen und Kürzungen zu erwarten.
Sparmaßnahmen des Berliner Magistrats
Schon in dem neuen Sparmaßnahmenprogramm des Berliner Magistrats
sind Bestimmungen enthalten, die sich auf ein Einsparen von Wochen-
geldern beziehen. In diesen Bestimmungen wird den Frauen
„empfohlen", zu Hause zu entbinden. Was heißt das in den meisten
Fällen bei den gegenwärtigen Wohnungsverhältnissen? Das heißt: in
10
einer Stube, die von allen Familienangehörigen bewohnt wird, in einer
für Frau und Kind absolut unhygienischen Umgebung.
Kein Geld für kinderreiche Familien — Millionen
für Pferdezucht in Preußen
Wie weit die Sparmaßnahmen z. B. in Preußen gediehen sind, beweist
ein Dokument des Volkswohlfahrtsministeriums vom 29. 4. 1931. Dort
heißt es u. a.: „Die durch die Notlage des preußischen Staates gebotene
Sparsamkeit zwingt leider dazu, auch bei den Familien mit zwölf und
mehr lebenden Kindern eine Einschränkung in der Weise vorzunehmen,
daß bei wiederholter Gewährung der Beihilfen statt 200 Mark nur noch
100 Mark gegeben werden. Die Beihilfe wird nur gewährt bei ein-
wandfreiem Leumund der Eltern und erwachsenen Kinder und bei
Bedürftigkeit. Die Bewilligung erfolgt nach Maßgabe der vorhandenen
Mittel durch die Regierungspräsidenten, in Berlin den Polizeipräsi-
denten, denen die Art der Aushändigung überlassen bleibt." Man er-
wartet eine jährliche Ersparnis von 10 000 bis 20 000 Mark. Man über-
lege sich dabei, daß Millionenausgaben für Rennen und Pferdezucht
ungekürzt im preußischen Etat stehen bleiben!
Der Abbau des Gesundheitswesens
Wir stehen erst am Anfang der großen Abbauoffensive auf
der ganzen Linie der sozialhygienischen Einrichtungen.
Die Grundlage dazu ist durch die Notprogramme der sozial hygienischen
Reichsfachverbände gegeben, die im Auftrage des Reichsinnenmini-
steriums aufgestellt worden sind. Lassen wir diese Vorschläge am besten
selber sprechen: so schlägt z. B. die Vereinigung für Säuglings- und
Kleinkinderschutz vor: „Zu schließen bzw. andern Zwecken zuzuführen
sind diejenigen Anstalten, welche wirtschaftlich nicht tragbar sind.
Dies gilt vor allem für kleine selbständige Anstalten, da im allgemeinen
Betriebe unter 50 Betten unrentabel sind." Wenn der Leser etwa
meint, daß statt der geschlossenen kleinen Anstalten nun etwa große
eröffnet würden, so ist er im Irrtum.
Was sollen wir dazu sagen, wenn es in diesem Programm, das von
Aerzten aufgestellt ist, heißt: „Sogenannte Stärkungsmittel können ge-
strichen werden." Oder: „Der poliklinische Betrieb in der Schulzahn-
pflege ist einzuschränken, da er sich als zu kostspielig erwiesen hat."
Und weiter: „Immerhin kann man versuchen, mit nur einem Schulbad
im Monat auszukommen; völliges Aussetzen der Bäder ist schon deshalb
nicht ratsam, weil die technischen Einrichtungen für diese Bäder bei
Nichtbenutzung leiden und die spätere Wiederinstandsetzung große
Unkosten verursachen würde." Also wenn dieses Uebel nicht zu be-
fürchten wäre, könnte man auch ohne Schulbäder auskommen. Dies
ist nicht etwa ein schlechter Witz. Es handelt sich ausschließlich um
durchaus ernste Vorschläge im „Zeitalter der modernen Hygiene".
Die Sowjetmedizin sucht die entlegensten Gebiete auf, um die dort
lebende Bevölkerung hygienisch zu heben; die deutsche Medizin baut
ab, selbst bei den Bädern für Schulkinder macht sie nicht halt.
Soll Lübeck zum System werden?
Von außerordentlicher Tragweite ist aber das Notprogramm des „Zen-
tralkomitees für Bekämpfung der Tuberkulose." Dort heißt es nämlich:
11
„Größere Einschränkungen können höchstens bei der Anstaltsbehand-
lung und bei den Erholungskuren eintreten."
Man erinnert sidi an den Lübecker Kinde rprozeß. Wo
die tieferen Ursachen dieser Vorgänge? Im Spa
Lübecker Magistrats sind sie zu suchen.
liegen
rprogramm des
Von der medizinischen Wissenschaft ist nachgewiesen worden, daß man
die Tuberkulose bei entsprechender Pflege und Umgebung in den An-
stalten heilen, daß man durch frühzeitige Erholungskuren einer tuber-
kulösen Erkrankung vorbeugen kann. Was geschah in Lübeck? Statt
die Kinder durch kräftige Ernährung und Erholungskuren vor einer evtl.
tuberkulösen Ansteckung zu schützen, wurden Impfungen mit Kul-
turen, die sich als tötlich erwiesen, vorgenommen. So wollte man die
Tuberkulose billig bekämpfen; es waren ja nur Proletarier kinder. Das
Notprogramm des Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose
eröffnet die breitesten Möglichkeiten zur Wiederholung der Lübecker
„Versuche".
Zunehmende Verbreitung der Geschlechtskrank-
heiten unter Kindern.
Der Abbau des Gesundheitswesens wie die sich immer mehr ver-
schärfende Wohnungsnot häuft Erscheinungen, die geeignet sind, Ge-
schlechtskrankheiten unter Kindern zu verbreiten. Selbst die „Deutsche
Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten" erklärte vor
kurzem, daß die Möglichkeit einer wirksamen Bekämpfung der Ge-
schlechtskrankheiten in Deutschland in Frage gestellt ist. Hier ein
paar besonders krasse Beispiele aus Berlin, dem Bericht einer Ge-
schlechtskrankenfürsorgerin entnommen („Berlin am Morgen"
11. Dezember 1931).
Familie K.: Drei Mädchen im Alter von vier bis sieben Jahren. Stube
und Küche, zwei Betten. Mutter einmal außerehelichen Verkehr. Drei
Tage danach beim Arzt frische Gonorrhoe festgestellt, am gleichen
Abend werden alle drei Kinder in der Beratungsstelle untersucht, sind
bereits infiziert.
Familie P.: Laden und Zimmer. Im Laden, der schlecht zu lüften
geht, wohnt Familie P. mit vier Kindern im Alter von sechs Jahren bis
vier Monaten. Im Zimmer das alte Ehepaar P. hat frische Syphi-
lis, die Männer häufig Nachtdienst, da müssen alle anderen Personen
in der Küche bleiben. Die Kinder sind noch gesund, wie lange noch?
Familie B.: Elf Personen in Stube und Küche und fenster-
losem Ko r ri d o r. In der Stube schläft die Mutter mit der älteren
Tochter in einem Bett; jüngere Tochter mit Freundin im anderen Bett,
in der Küdie wird für Vater und 16jährigen Sohn nachts ein Feldbett
aufgeschlagen. Im fensterlosen Korridor schlafen der verheiratete Sohn
mit Frau und drei Kindern auf der Erde. Im ganzen existiert eine
Waschschüssel, ein Glas und ein Handtuch. Die älteste Tochter ist vom
Bräutigam mit Syphilis angesteckt worden, hat eine Tonsillensclerose.
Wie soll die übrige Familie vor Ansteckung geschützt werden?
Das sind aus der großen Masse herausgegriffene Fälle.
12
Das Gros der Proletarierkinder ist unterernährt
Diese Tatsachen, die Bände sprechen, wollen wir ergänzen mit den
Beobachtungen, die wir als leitender Arzt des Ferienlagers der I. A. H.
im Sommer 1931 an den etwa 150 versammelten Kinder machen konnten.
Die Eltern der Kinder waren zu 70 Prozent seit Va bis 2 Jahren er-
werbslos. Wir konnten bei etwa 40 bis 50 Prozent der
Kinder Erscheinungen der schwersten Unterernäh-
rung feststellen. Während des Lagerlebens traten bei diesen unter-
ernährten Kinder öfters Schwächeanfälle ein. Die weitere Ver-
folgung dieser Erscheinungen ergab, daß die Schwächeanfälle auch
zu Hause auftreten und die Kinder oft das Bett aufsuchen müssen.
Die Ursache dieser Erscheinungen: Hunger.
Ja, die „Gewohnheit" zu hungern war es, die bei etwa 25 bis 30 Pro-
zent der Kinder Verdauungsstörungen in der ersten Woche des Ferien-
lagers hervorrief; denn die ausgehungerten Kinder nahmen über-
mäßige Portionen von dem ihnen reichlich gebotenen Essen zu sich.
Bemerkenswert ist auch, daß wir bei einer nicht unerheblichen Zahl
der Kinder Erscheinungen von Hysterie fanden, die die Form der
„Flucht in die Krankheit" annahmen. Es war ein Widerspruch zwischen
dem geschwächten, ausgehungerten Organismus und den nicht besonders
hohen Anforderungen des Ferienlebens eingetreten. Daß die Kinder
sich trotzdem im Ferienlager erholten, ist der aufopfernden Arbeit der
Helfer der I. A. H. und der gesunden Kost zu verdanken. Diese
Beobachtungen an proletarischen Kindern werden gegenwärtig von
vielen Seiten bestätigt. Selbst der preußisdie Wohlfahrtsminister mußte
in einer kürzlich dem Landtag zugeleiteten Denkschrift zugeben, daß
sich seit Herbst 1931 (in Wirklichkeit natürlich schon viel früher —
d. V.) der Gesundheits- und Ernährungszustand der Kinder rapid ver-
schlechtert hat.
Die Widerstandskraft der Kinder ist geschwächt,, das Gesundheits-
fundament eines erheblichen Prozentsatzes ist bereits untergraben.
Vielen droht dieselbe Entwicklung . . . wenn es so weiter gehen soll.
*
So sieht die Lage von Mutter und Kind, so sieht der Mutter- und
Kinderschutz in Deutschland aus. Die deutsche Bourgeosie verstand
es, ihren „Schutz" für Mutter und Kind mit einer sdiönen Fassade zu
versehen. Die Tatsachen, die selbst die bürgerlichen Gutachter aus
allen Institutionen des bürgerlichen Staates bringen, reißen diese
Fassade rücksichtslos ab. Und es ersteht vor uns ein Bild brutalster
Ausbeutung in ihrer ganzen Nacktheit.
Proletarier, es geht um euer Leben!
Es ist nur ein Teilausschnitt aus dem System, das sich kapitalistisches
Deutschland nennt. War schon in der Periode des Vorkriegskapitalis-
mus der Lohn des Arbeiters nur so hoch, daß er gerade ausreichte,
um seine Arbeitskraft für die Ausbeutung zu erhalten, so haben sidi
die Dinge wesentlich verschärft.
Fast sechs Millionen Arbeitslose (mit den Familien insgesamt an
20 Millionen Menschen) liegen auf der Straße. Das kapitalistische
System ist nicht mehr in der Lage, die von ihm versklavten Arbeiter
zu ernähren. Um das System zu retten, werden sämtliche Lasten der
Krise auf die Schultern des Proletariats abgewälzt.
13
Denn es geht ums Ganze. Hand in Hand mit der Aushungerung von
Millionen Menschen geht der Ausbau der Organisationen und In-
stitutionen, die dieses morsche System retten sollen: der Ausbau von
Justiz und Polizei; die grollzügige Unterstützung eines der mächtigsten
Verbündeten des Kapitalismus auf ideologischem Gebiete — der
Kirche. Sie erhält jährlich mehr als 100 Millionen Mark Sub-
ventionen — Gelder, die vom Munde des Säuglings abgespart wurden,
indem man der Mutter die Unterstützung entzog. An der Kirche aber
kann nicht gespart werden, denn es geht um Leben oder Sterben des
kapitalistischen Systems.
Darum muß auch die Arbeiterklasse in ihrem Kampfe um das Recht
auf ihr nacktes Leben (und darum dreht es sich heute), wissen: es
geht ums Ganze.
14
MUTTER- UND KINDERSCHUTZ
IN DER SOWJETUNION
Der Mutter- und Kinderschutz in der Sowjetunion ist eng verbunden
mit dem gesamten Wirtschaftssystem des proletarischen Staates. Die
Wirtschaft wird hier auf sozialistischer Grundlage aufgebaut. Zur Zeit,
wo in den kapitalistischen Staaten Rationalisierung und
verschärfte Ausbeutung der Arbeitskraft herrschen,
gilt in der Sowjetunion grundsätzlich: Arbeiter und Arbeiterinnen
sind die Träger des Staates: sie sind zugleich diejenigen, die die Früchte
ihrer Arbeit erhalten. So entfielen 1929 auf die werktätigen Massen
in der Sowjetunion 74,1 Prozent, in Deutschland 45 Prozent des Volks-
einkommens. Während in Deutschland der Produktionsiiberschufi an
die Bourgeoisie in Form von Dividenden ausgezahlt wird, wird in der
Sowjetunion das Gesamteinkommen verwendet, um die sozialistische
Produktion zu erweitern und die Lage der Arbeiterschaft zu verbessern.
Eins der Hauptmotive beim sozialistischen Aufbau war und ist: Für
jeden Werktätigen Arbeit und Brot sicherzustellen.
Diese Parolen, die auf dem Banner der Oktoberrevolution standen,
sind heute bereits verwirklicht. Die Sowjetunion ist das einzige Land,
das keine Arbeitslosigkeit kennt.
Aber auch das Problem der Frwerbstätigkeit des Mannes wie der Frau
liegt hier grundsätzlich anders als im Kapitalismus.
Tm Kampfe gegen den Bürokratismus, im sozialistischen Wettbewerb
durch Selbstkritik und Arbeiterkontrolle, durch alle diese proletarischen
Arheitsprinzipien wird ein grundsätzlicher Umsturz in der Auffassung
SJ Menschen von der Arbeit erreicht, wird die Arbeit vom schweren
Toch zur Ehrensache, in eine Sache des Heroismus verwandelt. (Stalin,
Rede auf dem sechsten Parteitag.)
Di e proletarische Frau beim Aufbau des Sozialismus
An der großen Aufgabe des sozialistischen Aufbaues nehmen auch die
roletarischen Frauen" aktiven Anteil. In der Sowjetunion ist die Zahl
(]ct erwerbstätigen Frauen daher dauernd im Wachstum begriffen: Im
Vi
Jahre 1928 gab es erst 27* Million Arbeiterinnen.
fS^** ff JA- mhuu ham
15
am Aufbauprozeß die Voraussetzung für eine wirkliche und
völlige Gleichberechtigung der Frau auf politischem, sozialem
und kulturellem Gebiete.
Die russische Arbeiterfrau erblickt im Bestehen des Sowjetstaates die
Gewähr für ihre Freiheit. Sie baut und schützt ihn. Sie verlangt aber
und findet auch volle Unterstützung in Maßnahmen zur Ueberwindung
des scheinbaren Widerspruches zwischen Erwerbstätigkeit und Mutter-
schaft, was durch einen planmäßigen Arbeits- und Gesundheitsschutz
der Frau gewährleistet wird.
Gesundheitswesens, Mutter-
Die Organisation des
und Kinderschutzes
Bei der praktischen Durchführung des' Mutler- und Kinderschutzes
spielen die Organisationsmethoden eine große Rolle.
In Deutschland gibt es keine einheitliche Organisation, die diese Ar-
beiten vollzieht. Hier spielt die private Fürsorge die Hauptrolle.
Ihr steht in den meisten Fällen die konfessionelle Fürsorge
vor. Hier arbeiten die „Innere Mission" für die evangelische Kirche,
der „Caritasverband für das katholische Deutschland" und einige andere
religiöse Verbände.
Diese Organisationen, die ein tausendfältiges Netz von Zweigstellen
besitzen (allein die katholische Caritas hat etwa 9000 Fürsorgeeinrich-
tungen), sind die Propagandaorgane der Kirchen. In ihrer „Fürsorge"-
Tätigkeit üben sie einen Druck auf das Sexualleben aus; mit ihrer
Askeseforderung wollen sie das Denken unterdrücken. Die Ablenkung
der proletarischen Frauen von Klassenbewußtsein und Klassenkampf
ist die Hauptaufgabe dieser Wohltätigkeitsvereine.
Und diese Organe werden vom Staate unterstützt, direkt wie indirekt.
Verwunderlich ist das freilich nicht. Hat der frühere preußische
Ministerpräsident Braun das Konkordat mit dem Papst und mit der
evangelischen Kirche abgeschlossen, so mußte er auch ihre Filialen
unterstützen. Natürlich auf Kosten des Proletariats.
Einheitlichkeit und Verstaatlichung in der Sowjet-
union
Dieser Planlosigkeit des Mutter- und Kinderschutzes in Deutschland
mit überwiegendem Einfluß der Kirche steht die einheitliche
Organisation im proletarischen Staate gegenüber. Diese Einheitlichkeit
erklärt sich aus der Verstaatlichung des gesamten Medizinwesens
in der Sowjetunion. Sie ist eins der Grundprinzipien der Sowjet-
medizin überhaupt.
„Die Sorge für Muttef- und Kind ist die Aufgabe des proletarischen
Staates", steht an der Tür des Volkskommissariats für Gesundheits-
wesen, das um 23. 7. 1918 ins Leben gerufen wurde, geschrieben. Das
Kommissariat besteht aus fünf Abteilungen; hier ist auch die Ab-
teilung für Mutter- und Kinderschutz untergebracht. An der Spitze
dieser Abteilung steht die Aerztin L e b e d e w a , die sie organisiert
und ausgebaut hat. In der Provinz bestehen Unterorgane bei den
Gouvernementsabteilungen des Volkskommissariats.
Die Aufgaben dieser Organisation gehen aus den Ausführungen von
Lebedewa klar hervor: „Wenn wir Mutter und Kind nehmen, so be-
16
trachten wir beide als soziale Einheit, als einen Teil der Gesellschaft.
Für uns ist es nicht die Hauptsache, daß dies oder jenes Kind im
einzelnen genommen sich richtig; entwickelt, für uns ist es wichtig, die
richtigen Entwicklungsmöglichkeiten und noch bessere Verhältnisse für
alle Kinder zu schaffen."
Die Organisierung der besseren Verhältnisse wird durch die breiten
Massen des werktätigen Volkes, die Frauen selbst durdigeführt. Hier
gilt, wie in der gesamten .Sowjetmedizin, der Satz: ..Der Schutz der
Gesundheit der Bevölkerung ist die Aufgabe der
Bevölkerung selb s t." Sehr deutlich stellt dies der bekannte Prof.
Schilling dar, der vor längerer Zeit, nach einer Reise durch die Sowjet-
union, in einem Artikel „Ueber die Entwicklung der medizinischen
Wissenschaft im Zeichen des Leninismus", folgendes schrieb:
„Der Grundgedanke ist entsprechend dem Leninismus in der heutigen
Form die soziale Heranziehung aller verfügbaren Mittel und Personen
zum Staatsdienst, für die Grundaufgabe der gesundheitlichen Ver-
sorgung der Massen. Aber diese Massen sollen sich selbstverwaltend
an dem Programm beteiligen, ihre Wünsche und Bedürfnisse durch die
Sowjets geltend machen, und so die günstigsten Formen des schnellen
und nachhaltigen Fortschrittes aufzufinden helfen. Die Aerzte sollen
Gesundheitsbeamte mit prophylaktischer (vorbeugender — d. V.)
Tendenz werden, die neben der Einzelhilfe die Einwirkung auf die
Gesamtheit im Auge behalten. Aerztliche Hilfe soll Gemeingut und
keine Privatsache werden."
Diese Heranziehung der Massen wirkt sich auf dem Gebiete des
Mutter- und Kinderschutzes in ergiebigster Weise aus. Die Basis der
ganzen Organisation sind die Zellen für Mutter- und Säuglingsschutz
in den Betrieben und die Frauengruppen um die Beratungsstellen.
„Nicht heilen, sondern vorbeugen"
Eins der Hauptprinzipien der Sowjetmedizin ist die Prophylaxe, d. h.
die Vorbeugung vor Erkrankungen. Diese Prophylaxe wird durch die
Dispensierung der Bevölkerung durchgeführt. Was heifit Dis-
pensierung? „Dispensierung" heißt: die Organisation der Lebensweise
und der Arbeitsbedingungen im Interesse der Arbeiterklasse im vor-
beugenden Sinne.
Die Dispensierung besteht praktisch darin, daß die Gesamtbelegschaft
jeder Arbeitsstätte, jedes Betriebs unter dauernder ärztlicher Be-
wachung steht, die durch die Institutionen, Dispensairs genannt, durch-
geführt wird. Die Dispensairs, die für jede soziale Erkrankung wie
Tuberkulose, Geschlektskrankheiten usw. spezialisiert sind, arbeiten
gemeinsam, wobei die vorbeugende Tätigkeit als Grundlage betrachtet
wird. Gegenwärtig werden die gesamten Dispensairs zu einer einheit-
lichen Organisation zusammengefaßt.
Um die vorbeugende Tätigkeit exakt durchführen zu können, werden
die Arbeitskräfte innerhalb des Betriebes so verteilt, daß kein Ar-
beitender unter der Last der Arbeit gesundheitlich geschädigt werden
kann. Es ist die Auswirkung des Vermächtnisses Lenins, der der rich-
tigen Organisierung und Verteilung der Kräfte die größte Bedeutung
beimaß. Die gesundheitlich schwächeren Elemente werden besonders
berücksichtigt. Ihnen wird leichtere Arbeit zugewiesen und im Be-
17
14—16 Jahre
Prozent
16—18 Jahre
Prozent
74
18.9
9,1
25,2
68,1
6,7
darfsfalle werden sie in die sogenannten Nachtsanatorien über-
wiesen. Diese Nachtsanatorien, die nur in einem Arbeiterstaate er-
baut werden können, sind Einrichtungen, in denen der Arbeitende nach
Ausübung seines Berufes wohnt und schläft: er wird hier besonders
verpflegt und ärztlich versorgt.
Der Mutter- und Kinderschutz, der einen der wichtigsten Teile der
Sowjetmedizin darstellt, ist ebenfalls auf vorbeugender Grundlage
aufgebaut.
Schutz des jugendlichen Arbeiters in der Sowjet-
union
Arbeitsschutz, Lohnerhöhung und Urlaubszeit
Der Schutz der Arbeit und der Gesundheit der Jugend ist in der Sow-
jetunion zum erstenmal lückenlos durchgeführt. Minderjährige von
14 bis 16 Jahren werden nur in Ausnahmefällen zur Arbeit zugelassen,
so wenn der Minderjährige der einzige Ernährer der Familie oder
gänzlich verwaist ist. Die Arbeitszeit der Jugendlichen von 16 bis
18 Jahre ist stark herabgesetzt. Eine Tabelle aus dem Jahre 1929 gibt
hier ein klares Bild:
Dauer der Arbeitszeit
4 Stunden und weniger
5 — 6 Stunden
7 Stunden
Also: etwa drei Viertel der Minderjährigen arbeiten nur vier Stunden
und weniger, ein Viertel der Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren
arbeitet ebenfalls nur vier Stunden, die Arbeitszeit des größten Teils
der Jugendlidien beträgt fünf bis sechs Stunden. Diese Verkürzung
der Arbeitszeit ist um so bedeutungsvoller, weil der jugendliche Ar-
beiter im großen und ganzen ebenso viel Lohn wie ein erwachsener
Arbeiter erhält; eine Errungenschaft, auf die die russische Arbeiter-
jugend mit Recht stolz ist.
Nach § 105 des Arbeitsgesetzbuches ist es verboten, J u g e n d 1 i ch e
unter 18 Jahren zu U eberstunden oder Nachtarbeit
heranzuziehen. Der § 129 verbietet die Arbeit für Jungens und
Mädels in unterirdischen und anderen schädlichen Betrieben.
Jeder jugendliche Arbeiter, der 5Vs Monate ununterbrochen gearbeitet
hat, erhält nicht weniger als einen Monat voll bezahlten Urlaub;
wobei die Arbeit als ununterbrochen gilt, wenn der oder die Arbeitende
von einem staatlichen Betriebe in einem konzessionierten oder einen
anderen Betrieb übergegangen ist. Dieses Gesetz gilt außer in der
Industrie auch in der Landwirtschaft, im Handel und Haushalt und
überall dort, wo Jugendliche beschäftigt sind.
Ein wirksamer Arbeits- und Gesundheitsschutz wird durch die Sozial-
versicherung erreicht, deren Beträge nur von der Betriebsleitung ge-
leistet werden. (Der Arbeiter zahlt keine Beiträge!) Nach § 175 des
Arbeitsgesetzes erstreckt sidi die Sozialversicherung auf alle Personen
in jedem Alter in allen Arten von Betrieben. Nach § 189 der Sozial-
versicherung erhalten nadi dem Todesfall eines Versidierten die minder-
18
jährigen Kinder, Brüder oder Schwestern, bis sie das Alter von
18 Jahren erreicht haben, eine Unterstützung.
Nach § 131 des Arbeitsgesetzes muß ein Betriebsvertrag aufgelöst
werden, wenn seinen Bestimmungen nach Schädigungen der Gesundheit
des Jugendlichen hervorgerufen werden.
Diese ganze Gesetzgebung steht unter schärfster Kontrolle der Jugend-
lichen selbst. Bereits im Jahre 1930 kamen nur mehr 1,2 bis 1,4 Prozent
Uebertretungen vor.
Auf dieser gesetzlichen Grundlage wird der vorbeugende Gesundheits-
schutz der jugendlichen Frau durchgeführt.
Arbeits- und Gesundheitsschutz der Frau
Die „natürliche Auslese" im Kapitalismus
Für die Mutterschaft und besonders für die Säuglingssterblichkeit
kommt es vor allem auf die materielle Lage der Schwangeren an. Wie
stark die Säuglingssterblichkeit von der sozialen Lage der Eltern ab-
hängt, zeigt eine Vergleichstabelle aus der Periode des Vorkriegs-
kapitahsmus. So starben in Deutschland im Jahre 1911 auf
tausend Lebendgeborene
bei häuslichen Dienstboten . . . 28,6 %
bei Landarbeitern 21,3 „
bei Industriearbeitern 16,8 „
bei Beamten und Offizieren . . 7,6 „
bei Fabrikanten und Kaufleuten . 5,8 „
Also: das Kind eines Arbeitenden hat drei- bis sechsmal weniger
Chancen, leben zu bleiben, wie das eines Fabrikanten, auch wenn das
letzte eine Mißgeburt und das erste ein gesunder, kräftiger Säugling
ist. Die schlechten materiellen Verhältnisse sind schuld an seinem
Tode. „Kluge Wissenschaftler" und faschistische Rassenhygieniker
faseln noch immer von „natürlidier Auslese" im kapitalistischen Staate.
Eine Heuchelei, um den Mord an den Kindern des Arbeiters zu ver-
schleiern.
Seither hat sich die Lage des werktätigen Volkes in der Niedergangs-
epoche des Kapitalismus wesentlich verschlechtert. Der Lohn in Deutsch-
land steht weit unter dem Vorkriegsniveau, die Arbeitslosigkeit ist ins
TJngemessene gewachsen. Demgemäß hat sich die „Todesspanne"
zwischen dem Kinde eines Kapitalisten und dem eines Arbeiters, trotz
des Rückganges der allgemeinen Säuglingssterblichkeit in Deutschland,
nicht zugunsten des Proletariats entwickelt. Leider enthalten die offi-
ziellen Zahlen diese „Todesspanne" nicht, aber aus einzelnen Stich-
proben ersehen wir: die Sterblichkeit in Berlin in den
bürgerlichen Vierteln betrug drei von hundert, in
den proletarischen Vierteln 13 von hundert Lebend-
geborenen.
Kapitalistische und proletarische "Wohnungspolitik
Wichtig für das Gedeihen des Kindes ist die Wohnungsfrage. Wie sieht
die Lage in Deutschland aus? Nehmen wir nur Berlin. Nach den
offiziellen Angaben vom Jahre 1931 wohnen 40 000 Familien in Kellern
19
und Dachwohnungen, 11 000 in Baracken, 7000 in Wohnungen, die völlig
abbruchreif sind. Im neuen Jahre werden 40 000 neue Haushaltungen
gegründet werden. Werden sie alle menschenwürdige Wohnungen be-
kommen? Nein! Denn die in den letzten Jahren gebauten Wohnungen
sind durch ihre hohen Mieten nur bessergestellten Teilen der Be-
völkerung. /,. B. den höheren Beamten, zugute gekommen. Und so
stehen noch heute tausende Wohnungen leer, weil niemand die hohen
Mieten zahlen kann. Soweit die offizielle Statistik.
Aber es gibt noch eine andere Seite des Problems, die die offizielle
Statistik allerdings nicht berücksichtig! hat. Neben Tausenden von
Wohnungen, die leer stehen, gibt es tausend und aber tausend 10- bis
30-Zimmerwohnungen und Villen, die von 2 bis 3 Personen bewohnt
sind. Und das in einer Zeit, wo in Kellern und Baracken in einem
..Wohnraum" Proletarierfamilien von 6 bis 8 Köpfen leben, die Frau
ihre Wirtschaft führt und oft gebärt.
Das siegreiche russische Proletariat stellte die Wohnungsfrage sofort
nach Uebernahme der Macht auf eine proletarische Grundlage.
Tn der Zeit des Bürgerkrieges, wo der Wohnungsbau unmöglich war,
beschlagnahmte die Sowjetmacht die großen Wohnungen der Kapita-
listen und stellte ihnen 1 bis 2 Zimmer zur Verfügung. Tn die frei-
gewordenen Bäume wurden die proletarischen Familien aus den
Kellern und Dachwohnungen einquartiert. Denn die Sonnenwohnungen
gehören denen, die sie bauen — dem Proletariat.
Aber inzwischen ist die gesamte Wirtschaft im Wachstum begriffen.
Ihm folgt ein großzügiger Wohnungsbau, dessen Umfang eine einzige
Ziffer lebendig macht. Seit der Zeit des wirtschaftlichen Aufbaues,
also dem Jahre 1923 bis zu Ende des Fünf jahresplanes, werden für den
Wohnungsbau 18 880 Millionen Rubel (37 Milliarden
760 Millionen Mark) ausgegeben. Aus der Erde wuchsen sozialistische
Städte, nach modernsten Methoden der Technik erbaut.
"Die Kollektivierung des Haushaltes — Befreiung
der Frau
Nicht nur Zentralheizung und zentrale Wasserversorgung, sondern
zentrale Küchen. Waschräume und kulturelle Einrichtungen wie Klubs
und Bibliotheken sind hier vorhanden. Am Ende des Fünfjahresplans
wird für alle Bewohner der neuen Wohnungen die Möglichkeit zu ge-
meinsamen Mahlzeiten bestehen. Aber nicht nur in den neuen Häusern,
sondern in der Gesamtunion machen die kollektiven Küchen eine rasche
Vorwärtsentwicklung durch. Wurden 1928 täglich rund 7,8 Millionen
Portionen Essen ausgegeben, so erhöhte sich diese Ziffer im Jahr 1931
auf 47 Millionen.
Auch die unentgeltliche Kinderspeisung madit große Fortschritte. So
wurden im Jahre 1930 allein in der RSFSR (Russische Sozialistische
Föderative Sowjetrepublik) l*/a Millionen, im Jahre 1931 3 Millionen
Kinder gespeist.
Durch den Bau der kollektiven Küdien werden nicht nur Bausteine
für ein neues Gemeinschaftsleben gelegt; die Frau wird auch
befreit von der sie aufreibenden Kleinarbeit im Haushalte. Diese
20
Befreiung der Frau von einer der drei Lasten, die in der kapitalisti-
schen Gesellschaft auf ihr ruhen, wirkt sich auch ideologisch aus.
Der individuelle Haushalt war in der geschichtlichen Entwicklung für
die Frau das, was die individuelle Wirtschaft für den Bauern war.
Sein Horizont reichte gerade noch bis zur Grenze seiner Parzelle, der
der Frau bis zur Schwelle des Hauses. Dieses Einstellung wirkte und
wirkt sich noch heute bei uns hemmend auf die Entwicklung des
Klassenbewußtseins der proletarischen Frau aus. Die allmähliche
Koilektivisierung der Landwirtschaft hat die individuelle Einstellung
des Bauers verändert; durch die Reorganisierung des Haushaltes werden
die Entwicklungsmöglichkeiteu für die proletarische Frau immer größer
und breiter. Und schon heute nimmt die russische Frau mit aller Kraft
an der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Tätigkeit des
Staates teil, wobei sie den Prozeß der Koilektivisierung des Haushaltes
mit aller Energie selbst beschleunigt.
Gleichberechtigung der Frau in der Ehe
Eine großzügige Leistung vollbrachte die Sowjetunion auf dem Gebiet
der Eheverhältnisse. Wir wollen hier nur auf die wirtschaftliche Seite
hinweisen, die für den Schutz der Frau und des Kindes, vor allem in
der Uebergangszeit, sehr wichtig ist.
Nach dem Ehegesetz vom Jahre 1927 bleibt das eingebrachte Gut der
Eheleute getrennt, die Frau nimmt also nach der Trennung ihren Teil
wieder mit; das in der Ehe Erworbene wird nach der Trenn uug geteilt.
Die Frau ist auch hier dem Manne völlig gleichgestellt. Dadurch ist
die Möglichkeit eines „Ehegeschäftes", wie es in den kapitalistischen
Ländern so oft vorkommt, ausgeschlossen. Die Frau kann nicht mehr
als das „kleinere Uebel", als ein Anhängsel der Mitgift angesehen
werden.
Die Gleichheit der Frau mit dem Manne wurde auch in der Landwirt-
schaft durchgeführt. Nach dem § 47 des Land- und Forstgesetzes ist
die Frau ein gleichberechtigtes Mitglied der Landgemeinde.
Schutz der Frau im Produkti onsprozesse
Besondere Rücksicht wird im Produktionsprozeß auf die Gesundheit
der Frau genommen. Aus dem Studium der besonderen Eigenart des
Frauenkörpers wird die Möglichkeit ihrer besseren Verwendung in
gewissen Zweigen der Industrie erforscht und verwirklicht. Die Frau
wird durch systematische Schulung in ihrer Arbeitsqualifi-
kation erhöht, wodurch ihre wirtschaftliche Lage gebessert wird. In
der Sowjetunion ist die Fünftagewoche eingeführt. Die Frau
arbeitet genau so wie der Manu sieben Stunden pro Tag. Außerdem
kommt noch eine ununterbrochene Freizeit von mindestens 39 Stunden
pro Woche dazu; im Jahre sind es mindestens 77 freie Tage.
Alle Gesetze zum Schutze der Frau sind weitausgedehnt. Nach dem
§ 130 des Arbeitsgesetzbuches ist die Nachtarbeit verboten. Ausnahmen
werden nur im Telephon-, Telegraph- und Verkehrswesen zugelassen.
Grundsätzlich versucht man in den gesundheitsschädlichen Betrieben
die Frauenarbeit auszumerzen. So ist Frauenarbeit verboten in allen
Betrieben, wo Arsenik und Säuren verwandt werden, in gewissen
Zweigen der chemischen, der Tabakindustrie, in den Torfgräben u. a. m.
21
J
Besonderer Schutz während der Menstruation
Im Körper der Frau vollziehen sich biologische Prozesse, die besonderen
Schutzes bedürfen. Außer der Geburt ist es die monatliche Blutung
(Menstruation), die als „Geburt eines Eies" bezeichnet wird, ein pe-
riodischer Prozeß, der sich auf den Körper ebenso wie auf die Psyche
der Frau auswirkt. Die Frau ist während dieser Zeit besonderen ge-
sundheitlichen Gefahren unterworfen.
Der bekannte Frauenarzt Prof. Sellheim äußert sich dazu: „Die In-
fektionsgefahr bei der Menstruation ist größer als bei einer beliebigen
Yerletzung. Die Giftigkeit der Keime wird nach neuen Unter-
suchungen durch Zusammentreffen mit Fäulnis gesteigert. Verkühlung
und Durchnässung schaffen eine Disposition (Veranlagung — d. V.) für
das leichtere Durchdringen der Bakterien."
In den kapitalistischen Ländern wird der gesundheitliche Schutz der
arbeitenden Frau während dieser Zeit als überflüssig angesehen. Die
Sowjetunion geht audi hier voran. Die russische Frau hat während
der Menstruation das Redit auf einen dreitägigen bezahlten Urlaub,
au di kann sie während dieser Zeit leichtere Arbeit verlangen.
Zu den größten und vorzüglichsten Einrichtungen der Sowjetmedizin
auf dem Gebiete der Befreiung des Körpers der Frau und ihres ge-
sundheitlichen Schutzes zählt die Freigabe der Schwangerschafts-
unterbrechung. Statt bei den Kurpfusdiern wird sie durch die
geschulte ärztliche Hand in den hellen hygienisdien Räumen der staat-
lichen Krankenhäuser und Abortkliniken ermöglicht.
Die deutsche Arbeiterin unter der Last des § 218
Diese Errungenschaft des russisdien Proletariats wird erst dann in
ein neues Lidit gerückt, wenn man die Auswirkung des Gebärzwanges,
des § 218 im kapitalistisdien Deutschland betrachtet.
Durch die schwere wirtschaftliche Not einerseits, durch die Strafbarkeit
der Abtreibung und die Verfolgung jeder Aufklärung über Empfängnis-
verhütung andererseits wird die proletarische Frau den Kurpfuschern
in die Hände getrieben. In Preußen kommt jährlich nach Schätzung
eines preußisdien Ministerialrates auf je eine Geburt eine Abtreibung,
in anderen Gebieten Deutschlands sogar mehrere Abtreibungen auf
eine Geburt. Bei einer jährlichen Geburtenziffer von über eine Million
bedeutet das für ganz Deutschland jährlich eine Million Abtreibungen.
Die Folgen der Durchführung der Abtreibung in unhygienischen
Räumen und durch die unfadimännische Hand der Kurpfuscher sind
für die proletarisdie Frau katastrophal. Dafür spridit schon die hohe
Zahl der Todesfälle an Kindbettfieber und nach Fehlgeburten, die selbst
nach Angaben des früheren Reichsinnenministers Gröner (Denkschrift
über die gesundheitlichen Verhältnisse des deutsdien Volkes), im Jahre
1930 auf 28,5 bzw. 19,1 auf je 10 000 Geburten zu sdiätzen sind. Nach
einer Magdeburger Statistik wird der Ausgang der Fehlgeburten mit
1,2 Prozent Sterbefällen und 0,4 Prozent Siechtum berechnet.
Aber die Groenerscher Denkschrift selbst gibt zu, daß diese Statistik
mangelhaft ist und nur Bruditeile der wirklichen Todesfälle angibt:
„Allerdings dürfte die Zahl der im Deutschen Reich alljährlich un-
mittelbar durch Fehlgeburten bedingten Sterbefälle die durch die
22
Todesursadienstatistik ermittelten Zahlen erheblich übersteigen, da sich
ein wesentlicher Teil gerade dieser Sterbefälle der einwandfreien
statistischen Erfassung entzieht." (Und warum, Herr Groener? — d. V.)
Die Todeskurve der proletarischen Frauen nach Aborten steigt in
Deutschland ständig an, schon gegenwärtig umfaßt sie schätzungsweise'
jährlich 20 000 bis 50 000 Opfer.
Nach Angaben des 45. Deutschen Aerztetages folgen jährlich auf die
vorgenommenen Aborte 50 000 schwere Erkrankungen. Dies sind nur
die Fälle, die zur Kenntnis der Aerzteschaft kommen. Wieviel Hundert-
tausende von Frauen sind es, die jährlich zu lebenslänglichen
Krüppeln verwandelt und gar nicht statistisch erfaßt werden?
Schließlich muß zu der Statistik des Reichsinnenministers Groener die
gesundheitliche Schädigung von 10 000 proletarischen Müttern und Fa-
milien hinzugezählt werden, die jährlich durch den schändlichen § 218
sdiikaniert, vor Gericht gestellt und verurteilt werden.
Die Denkschrift lamentiert: „Alles zusammen genommen bedeuten die
Abtreibungen einen die Volksgesundheit im ernsten Maße schädigenden
Faktor. Insbesondere wird über das Unheil geklagt, das Hausierer
auf dem Lande häufig dadurch anriditen, daß sie Instrumente und
Anleitungen zur Abtreibung in großer Zahl vertreiben."
S. P. D. und Nazis für § 218
Was nun? Etwa Abschaffung des § 218 mit seinen tödlichen Folgen?
Die kapitalistische Klasse denkt nidit daran. Die vielen Prozesse gegen
Aerzte und proletarische Frauen, wie auch die Verfolgung von Fried-
rich Wolf und Frau Kienle, zeigen den Weg, den die Bourgeosie auch
weiterhin zu gehen gedenkt.
Die sozialdemokratisdieu Führer unterstützen diesen Feldzug gegen
die Arbeiterrfau. Im Reidistag lehnte die S. P. D. den Vorsdüag der
kommunistischen Partei betr. Abschaffung des § 218 ab.
Die Vertreter des „Dritten Reiches" sdilagen einen Weg vor, der die
proletarischen Frauen in Massen in das „Gottesreidi" befördern soll.
Am 12. März 1930 reidite die nationalsozialistische Reichstagsfraktion
einen Gesetzvorschlag ein, dessen § 5 lautet:. „Wer es unternimmt, die
natürliche Fruchtbarkeit des deutschen Volkes zum Schaden der Nation
künstlich zu hemmen, wird wegen Rassenverrat mit Zuchthaus, in be-
sonders schweren Fällen mit dem Tode bestraft." Ein würdiger Vor-
läufer des ßoxheimer Dokuments, das der Arbeiterklasse den schärf-
sten weißen Terror angekündigt hat.
Die Kirche, die Stütze des § 218
Gestützt auf die Erfahrungen des russischen Proletariats, führt die
deutsche Arbeiterklasse den Kampf gegen den § 218. Diese Aktion
wird im Zusammenhang mit dem Kampfe gegen die Diktatur der
Bourgeosie, gegen Faschismus und Reformismus und gegen die Pro-
paganda der Kirche geführt. Denn der § 218 ist eng mit der
Kirche verbunden, die Hand in Hand mit dem bürgerlichen
Staate zusammenarbeitet.
Der bekannte Prof. Lippmann, der Hauptsachyerständige in vielen
Prozessen, die wegen Uebertretung des § 218 geführt wurden, äußert
23
sich dazu folgendermaßen: „Ich stehe allen Bewegungen zur Aenderüng
des § 218 sehr skeptisch gegenüber. Ich glaube nicht, daß es möglich
sein wird, eine wesentliche Aenderüng des Gesetzes hervorzurufen,
solange sich die Kirche dagegen sträubt . . . Die Macht der Kirche ist
sehr groß . . ."
Lösung der Abtreibungsfrage in de r Sowjetunion
Zu der Frage der evtl. Aenderüng des § 218 meint Prof. Lippmann:
„Wenn ändern, dann nur so wie in Rußland, in den Kliniken durch
besondere gesetzliche Erlaubnis."
Aus dieser Aeußerung geht mit aller Deutlichkeit hervor, wo die
Pfeiler der Volksbewegung gegen den § 218 eingesetzt werden müssen.
Gleichzeitig hören wir aus dem Munde eines Gelehrten, daß die
russische Regelung ein Ideal sei — mau vergleiche damit die Hetze
gegen den Kulturbolschewismus !
Die Erfolge auf dem Gebiete der Freigabe der Schwangerschaftsunter-
brechung in der Sowjetunion werden in der Arbeit von Dr. Genß: „Was
lehrt die Freigabe der Abtreibung in Sowjetrußland?" (Agis-Verlag)
ausführlidt dargelegt.
Wir wollen hier die Aufmerksamkeit besonders auf einen Punkt lenken,
der zu wenig Beachtung findet. Nadi der Sdiwangerschaftsunter-
brechung bedarf der Körper einer Sdionzeit. Wie sieht es in Deutsch-
land damit aus? Die ganze Dunkelkammersituation, in der die Ab-
treibung hier vor sich geht (bßi den Kurpfuschern), zwingt die Frau,
aus Angst vor Denunziationen nach dem Abort, wenn
sie lebendig aus den Händen des Kurpfuschers herauskommt, die
Arbeit sofort wieder aufzunehmen, um dem neugierigen
Gefrage der Nachbarn und der Arbeitskollegen aus dem Wege zu
gehen. Nodi blutend steht sie am Sdiraubstock oder arbeitet im Haus- t
halt, während ihre „Geschleditsgenossin", die bürgerlidie Frau, die
„höhere Toditer", nach einer Abtreibung eine mehrwöchige Erholungs-
reise antritt.
In der Sowjetunion wird die Frau einen Tag vor dem Abort und drei
Tage danach von der Arbeit befreit. Der Arzt kann einen zweiwöchigen
Urlaub beantragen; ist der Urlaub zu verlängern, so geschieht dies
durch eine ärztliche Kommission.
Empfängnisverhütung — Proletarische Geburten-
regelung
Dieser Sdtutz der Frau vor gesuudheitlidien Gefahren wird im pro-
letarischen Staate nodi weiter ausgedehnt. Gegenwärtig werden große
Arbeiten zur Beschaffung von wirklidi guten Schutzmitteln ge-
leistet und gleichzeitig eine großzügige Propaganda für die
Verbreitung der Vorbeugungsmittel organisiert, um dadurch dem Abort"
vorzubeugen. Diese Propaganda wurde im Jahre 1929 vom Volks-
kommissariat für Gesundheitswesen eingeleitet. Wir entnehmen aus
den Bestimmungen folgende Erläuterungen:
„Es ist wünschenswert, daß in den Großstädten bei den Frauen-
beratungsstellen besondere, die ganze Woche hindurch arbeitende „Ab-
teilungen für Sdiwaugerschaftsverhütung" eröffnet werden.
24
Es ist notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, um die fachmännische Aus-
bildung der auf diesem Gebiete beschäftigten Aerzte und des Hilfs-
personals der Beratungsstellen und Mcdizinalpunkte zu erhöhen.
Die Beratungsstellen, Ambulatorien und Medizinalpunkte müssen zum
Zweck der Schwangerschaftsverhütung solche Verfahren und Mittel
anwenden, die von der bei dem Institut für Mutter- und Säuglings-
schutz bestehenden Kommission zum Studium der Verhütungsmittel
empfohlen werden."
Und das geschieht zu gleicher Zeit, wo die Reaktion in Deutschland
gegen den Vertrieb der Vorbeugungs- und Verhütungsmittel Sturm
läuft. Die Bourgeosie hat einen Kreuzzug gegen die Arbeiterfrau er-
öffnet. Der proletarische Staat führt einen Propagandafeldzug für die
Aufklärung und den Gesundheitsschutz der Frau.
Durch die Freigabe der Schwangerschaftsunterbrechung und die gleich-
zeitige breite Aufklärung über die Empfängnisverhütung wurde der
Weg zur körperlichen Befreiung der Frau eröffnet. Das ist der Weg
zu einer proletarischen Geburtenregelung, die nur in
einem proletarischen Staate durchgeführt werden kann.
Schwangeren-, Wöchnerinnen- und Säuglingsschutz
Befreiung der Schwangeren von schwerer Arbeit
fm proletarischen Staate faßt man die Schwangerschaft — entgegen der
Auffassung in der kapitalistischeri Gesellschaft — nicht als Krank-
heit auf; sie wird deshalb auch nicht als solche behandelt. Sie ist
eine, wie wir oben ausführten, soziale Funktion der Frau und
wird dementsprechend staatlich geschützt.
Stellt der Arzt oder die Beratungsstelle fest, daß die Frau schwanger ist.
so wird sie auf Anregung der entspredienden Betriebs- oder Gebiets-
organisationen für Mutter- und Säuglingsschutz von schwerer
Arbeit befreit, und es wird ihr leichtere Arbeit zugewiesen.
Nach § 153 der Arbeitsgesetzgebung darf eine schwangere Frau wie
auch eine Mutter, die ein einjähriges Kind hat, nicht entlassen
werden. Außerdem darf eine schwangere Frau vom 5. Monat der
Schwangerschaft an nicht ohne ihr Einverständnis außerhalb des Ortes
ihrer ständigen Betätigung abkommandiert werden. — Jede Nacht- oder
Ueberstundenarbeit ist für die schwangere Frau grundsätzlich verboten.
Mit dem späteren Stadium der Schwangerschaft tritt der erweiterte
Schutz immer stärker in Kraft. Im § 152 der Arbeitsgesetzgebung heißt
es: „Von der Arbeit befreit sind Frauen, die physische Arbeit leisten,
innerhalb 8 Wochen vor und 8 Wochen nach einer Geburt. Die Geistes-
und Büroarbeiterin 6 Wochen vor und 6 Wochen nadr einer Geburt."
Wobei zu der ersteren Kategorie eine* Reihe von nicht physischen Be-
rufen gezählt werden: Telephonistinnen, Telegraphistinnen, Aerztinnen,
sämtliche pädagogischen Berufe und Künstler. Dabei ist der jährliche
gesetzliche Urlaub nicht eingerechnet.
Das Verbot der Arbeit während dieser Zeit ist obligatorisch.
Die sozialistische Sowjet-Union ist das einzige Land der Welt,
wo diese einzige richtige Formel zum Schutze der Schwangeren und
Wöchnerin durchgeführt wird. Die vorgenommene Massenkontrolle er-
gab, daß keine Uebertretungen des Gesetzes stattfinden.
25
D e r L o li ii wird weiter gezahlt
Diese strikte Durchführung der Gesetzgebung ist nicht nur auf Scharfe
Kontrolle zurückzuführen, sondern auch und vor allem auf die Tat-
sache, daß die von der Arbeit befreite schwangere Frau materiell aus-
reichend versorgt wird. Dadurch hat die Schwangere und die
Wöchnerin gar keine Veranlassung, das Gesetz zu umgehen.
Die materielle Besserstellung der schwangeren Frau und der Wöchnerin
wurde durch die Annahme des Sozialversicherungsgesetzes
(Nov. 1921) auf eine feste materielle Basis gestellt. Nach dieser Ver-
sicherung erhält die Frau während der ganzen Zeit des Fernbleibens
vom Betriebe ihren vollen Lohn ausbezahlt. Außerdem erhält sie
eine einmalige Ergänzungsbeihilfe für Pflege und für Ansdiaffungen
für das Neugeborene in Höhe eines Monatsgehaltes. Diese Summe
bekommt auch die Frau eines Versicherten.
Die Frage der Fürsorge für die alleinstehende arbeitslose Frau steht
nicht auf der Tagesordnung, weil es in der Sowjetunion keine
Arbeitslosigkeit gibt.
Kostenlose Geburtshilfe
Die Geburtshilfe wird der Frau kostenlos zugewiesen, wobei die Zahl
der Gebäranstalten dauernd im Wachsen begriffen ist. Der schwierigste
Punkt ist die Geburtshilfe auf dem Dorfe, wo der Kampf gegen das
Kurpfuschertum bis vor kurzem besonders heftig war. Aber auch hier
sind bedeutende Erfolge zu verzeichnen, z. B. wird aus dem Odessaer\
Gebiet mitgeteilt:
Bei den Geburten geleistete Geburtshilfe
Jahr durch Aerzte u. Geburtshelferinnen durch Kurpfuscherinnen
1925 52,2 o/° 47,8 °/o
1926 93,4 o/° 6.6 °/o
1930 100,0 o/° —
In anderen Gebieten ist der Kampf gegen das Kurpfusdiertuiu noch
lange nicht zu Ende, wird aber durch den Bau von neuen Entbindungs-
heimen und durch die Ausbildung von Hebammen forciert.
Wachstum der Betten für Geburtshilfe
1924 1926 1929
5240 12 910 14 800
Der Fünfjahresplan sieht eine weitere Zunahme vor, so daß die Zahl
der Betten im Jahre 1932/55 auf 13 763 in den Städten und auf 10 130
auf dem Lande steigen wird. Dadurch wird am Ende des Fünf jahres-
planes eine lOOprozentige Erfassung in der Stadt und eine 40 prozentige
auf dem Dorfe zustande kommen. Auch die Zahl der Hebammen soll
bis zum Ende des Fünfjahresplanes verdoppelt werden.
Die Krippen als Basis des Säuglingsschutzes
Von besonderer Bedeutung ist natürlich die systematische Durchführung
des Stillens. Die russische Frau erhält während 9 Monate nach
der Geburt für das Stillen monatlich ein Viertel des mittleren Gehaltes.
26
Für den Fall, daß das Stillen nach dem 9. Monat fortgesetzt wird, er-
hält die Frau die Unterstützung weiter. Das Geld wird dabei jeden
Monat im voraus bezahlt, für Zwillinge doppelt usw. Damit die Mutter
das Stillen ausüben kann, wird sie mindestens alle 5*/s Stunden auf
eine halbe Stunde von der Arbeit befreit; diese Freizeit darf keinen
Lohnausfall mit sich bringen. 1 ) Die stillende Frau hat das Recht, zu
verlangen, daß sie nicht weiter als 2 Kilometer von ihrer Wohnungs-
stätte beschäftigt wird. Die Durchführung dieses Gesetzes ist nur durch
die Organisierung von Krippen in den Betrieben, Stadtgebieten
und Kollektivwirtschaften möglich.
Die Krippen in der Sowjetunion sind ganz anders zu bewerten wie in
den kapitalistischen Ländern (soweit sie überhaupt noch vorhanden sind).
„Diese Krippen sind nicht eine Konzession an unerwünschte wirtschaft-
liche Verhältnisse, sondern sie haben das Ziel, der Mutter zu helfen,
die Mutterschaft mit öffentlich-nützlicher Arbeit zu verbinden."
Für die Einrichtung dieser Krippen werden vom Staate die besten
Räume abgegeben. An der Spitze jeder Krippe steht ein pädagogisdi
und medizinisch ausgebildeter Leiter oder eine Leiterin. Jeder Krippe
ist ein Arzt zugewiesen. Außer einem Arzt sind hier Fürsorgerinnen
tätig, die die Verbindung mit den Kindern und den Müttern auch im
Hause aufrecht erhalten. In diesen Krippen bleiben die Kinder während
des Tages solange, wie die Mutter ihre Betriebsarbeit ausübt. In den
Krippen wird nicht nur hygienische Arbeit geleistel und die Frau
über das Verhalten zum Kinde aufgeklärt, sondern hier wird auch der
kollektive Geist gepflegt. Die Zahl der Betriebs- und Gebietskrippen
wächst von Jahr zu Jahr; sie wird am Ende des laufenden Jahres 70
bis 80% des Gesamtbedürfnisses erfüllen.
Die Betriebs- und Gebietskrippen in der Stadt
1917 1926 1928 1929 1950
14 800 850 2100 3000
Allein in der RSFSR ist die Aufnahmefähigkeit der Krippen von
59 200 Kindern im Jahre 1930 auf 190 000 im Jahre 1931 gestiegen.*)
Auch die Bäuerin wird mit Krippen versorgt
Das Dorf wird mit Dorfkrippen versorgt. Bei der besonderen Art der
Erwerbstätigkeit der Bäuerin haben diese Krippen im Kampfe gegen
die Kindersterblichkeit ihre besondere Bedeutung. Hier werden
den Müttern die elementarsten Hygieneforderungen zu eigen gemacht.
Die Leitung der Dorfkrippe wird von einem Krippenkomitee oder von
einer speziellen Kommission bei den Dorf Sowjets durchgeführt. Diese
Krippen teilt man ein in Sommerkrippen, speziell für die Zeit
der Ernte- ujid sonstigen Landarbeiten eingeriditet, und in ständige
Krippen/
Die Entwicklung der Sommerkrippen auf dem Dorfe
1921 1924 1925 1928 1929 1930
46 950 2614 6900 9800 16 000
1) Neuerdings ist man dazu übergegangen, Zentralstellen zu schaffen, die Mutter-
milch in Flaschen verteilen.
2) Im laufenden Jahre wird die Aufnahmefähigkeit der Krippen bis 535 000 Kinder
gesteigert werden.
27
Im Jahre 1929 wurden insgesamt 190000 Kinder erfaßt, im Jahre 1930
>/a Million, 1951 2 Millionen Kinder.
Die Sommerkrippon sind 2"» bis 5 Monate im Jahre geöffnet.
Aidier diesen Sommerkrippen arbeiten auf dem Dorfe noch sogenannte
b e we gl i C h e oder F e 1 dkr ipp en. Diese sind für 10 bis 15 Kinder
bestimmt, sie worden im Freien neben der Arbeitsstätte der Bäuerin
eingerichtet.
Unaufhörliches Wachstum d e t Organisation
Eines der nächsten wichtigen Glieder in der ganzen Kette der Organi-
sation für Mutter- und Säuglingsschutz ist die Beratungsstelle.
Sic steht in enger Verbindung mit der Gebäranstalt einerseits und mit
dem sozialen Dispensair anderseits. Die Beratungsstelle für Schwangere
wird besonders hoch geschätzt, weil hier gerade die beste Möglichkeit
geboten wird, vorbeugend zu behandeln.
Entwicklung der Beratungsstellen f ii r Schwangere
1922 1924 1925 192S 19 29
20 [66 2(N 247 660
Besonders ergiebig ist die Tätigkeit dieser Beratungsstellen in den
Großstädten, die das Gros der Schwangeren schon erfaßt haben. So
ging z. B. in Leningrad die Entwicklung folgendermaßen vor sich.
Erfassung der schwangeren Frau durch die
Beratungsstellen
Jahr Prozent der Schwangeren
1925 68.8
1924 75.0
1927/28 100,0
Die Erfassung des Säuglings und des Kleinkindes geschieht durch die
Beratungsstelle für Kinder. Nach den Bestimmungen kommt
die Mutter mit dein 5 bis 4 Monate alten Säugling einmal in der Woche
zur Beratungsstelle. 8 bis 9 Monate alte Kinder kommen einmal in
2 Wochen, solche im Alter bis zu 2 Jahren einmal im Monat.
Die Tätigkeit in den Beratungsstellen ist eine rein vorbeugende.
Die Fürsorge und die Aufklärungsarbeit wird durch die Ftlrsorge-
schwestern zu Hause fortgesetzt. Die Zahl dieser Beratungsstellen
nimmt dauernd zu.
E n t w i c k 1 u n g der städtischen K i n d e r b e r a t u n
-teilen
1917 1920 1921 1 922 1925 1924 1928 19~>l
~~ ö 155 216 179 163 673 L455 2450
Diese Beratungsstellen wurden im Jahre 1950 von 1 > ^"4 000 Personen
aufgesucht.
Das breite Netz der Einrichtungen für Mutter- und Kinderschutz drang
in der Sowjetunion auch in die verschiedenen Nationalitäten ein.
Welches Gewicht man der allgemeinen Kinderx er sorgung
beilegt, sehen wir aus den Arbeiten in der Ukraine.
28
Entwicklung der Sommereinrichtungen für Kinder
(Tagessanatorien, Ferienkolonien usw.) und die Zahl
der sie umfassenden Kinder
Jahr Zahl der Einrichtungen Zahl der Kinder
1927 1012 91 000
1928 1010 99 800
1929 2300 185 000
1930 4500 360 000
1931 7000 680 000
Im Jahre 1952 werden etwa l 1 /» Millionen Kinder erfaßt werden.
In diesem Aufbau der gesundheitlichen Einrichtungen für Kinder spielen
die Wohnungsgenossenschaften eine nicht unbeträchtliche
Rolle. Sie erfassen besonders die Kiuder im Alter von 1 bis 7 Jahren.
Die Tiitigkeit der Genossenschaften zeigt die folgende Tabelle:
Anstalten 1929 1931
Krippen 49 505
Einrichtungen für Kinder des Vorschulalters . . . 516 1950
Sommerspielplätze 880 1700
Gesamtzahl der versorgten Kinder 17 080 760 790
Eür das Jahr 1951 wurde für diese Einrichtungen und für ihre Er-
haltung die Summe von 72 450 000 Mark zur Verfügung gestellt.
Milliarden für das Gesundheitswesen in der Sowjet-
union
Die Arbeit auf dem Gebiete des Mutter- und Kinderschutzes erfordert
große Summen. Aber der proletarische Staat stellt für diese Zwecke,
wie für das gesamte Gesundheitswesen, die erforderlichen Mittel bereit.
Ausgaben für das Gesundheitswesen
in Millionen Mark
1928/29 1929/30 1951 1952/35
~133CT~ _ 1590 1760 2516
\llein in der RSFFR sind die folgenden Summen für Mutter- und
Kiriderschutz ausgegeben worden:
in Millionen Mark
1925/26 1926/27 |927/28 1928/29 1929 /30
-tffi- ~W 80,6 95,2 101,2
In diesen Zahlen sind die Summen nicht inbegriffen, die beim Aufbau
der Industrie für gesundheitliche Einrichtungen wie z. B. Arbeitsschutz-
Einrichtungen, Krippen usw. bereitgestellt werden. Im Jahre 1950
varen von den Summen, die der Industrie zugewiesen wurden, allein
200 Millionen Mark für gesundheitliche Zwecke bestimmt.
29
Unter der Kontrolle der Massen
Die Kontrolle der im proletarischen Staate geleisteten Arbeit durch die
breiten Massen des arbeitenden Volkes ist einer der Grundsätze des
Leninismus. So wie das russische Proletariat an der täglichen Arbeit
für den Aufbau des Sozialismus aktiven Anteil nimmt, so wird diese
Kontrolltätigkeit auf breitester Basis durchgeführt
Die Kontrolle auf dem Gebiet des Mutter- und Kinderschutzes wird
hauptsächlich von drei Seiten her in Angriff genommen. Erstens vom
Aufsichtsdienst der Arbeiter- und Bauerninspektion. zweitens von den
technischen Aufsichtsbeamten, und drittens von den Gewerbeärzten.
Nach § 147 des Arbeitsgesetzbuches werden die Arbeitsinspek-
toren (meist Frauen) auf eine bestimmte Zeit von den Gewerkschaften
gewählt und vom Volkskommissariat für Arbeit bestätigt. Es werden
Betriebsarbeiterinnen, die die Arbeitsverhältnisse in den entsprechenden
Gebieten am besten kennen, als Inspektoren ausgebildet und zur Kon-
trolltätigkeit herangezogen. Weiter wird an dieser Arbeit der Be
i riebsrat beteiligt, der nach § 158e die Kontrolle der Arbeiterschutz-
uiid der gesamten Sozialgeset/gebung im Betriebe mit durchzuführen
hat. Schließlich führen die Delegierten in den Sowjets eine Kontrolle
durch, wie auch die oben genannten Zellen für Mutter- und Säuglings-
schutz in den Betrieben.
Breiteste gesundheitliche Aufklärung der Millionen
Diese ganze Tätigkeit geht Hand in Hand mit einer breiten Auf-
klärungsarbeit der Schwangeren und Wöchnerin .
Die Aufklärung der werktätigen brauen hat zur Aufgabe: erstens die
Propaganda für Hygieneschutz der einzelnen Mutter und des
Säuglings; zweitens wird der Gedanke des kollektiven Schutzes her-
vorgehoben. Diese Aufklärungsarbeit wird in mannigfachster Weise
ausgeübt: angefangen von einfachen Brosdiüren und Flugblättern, über
Artikel in der Presse und künstlerische Plakate bis zu Vorlesungen
und Besprechungen, in den Beratungsstellen, Krippen und anderen
Organisationen für Mutter- und Kinderschutz.
Jahr i«24 98 100 Vorlesungen
„ 1926 192 300
„ 1929 282 500
Besonderen Wert wird bei der Aufklärungsarbeit auf spezielle Aus-
stellungen gelegt. Bei der Zentralabteilung des Volkskommissariats
gibt es eine zentrale Ausstellung, die allein im Jahre 1929 von 850 Ex-
kursionen mit 420 000 Besuchern besichtigt wurde. Außer der zentralen
Ausstellung gibt es noch örtliche Ausstellungen und Museen: im Jahre
1929 wurden in der Gesamtunion deren 1350 gezählt.
Aufklärungsarbeit leisten auch die „Ecken" für Mutter- und
Kinderschutz in den Genossenschaften. Diese Ecken be-
stehen aus einem Ausstellung*- und einem Warenteil. Neben kultu-
reller Aufklärung werden hier zu billigen Preisen die notwendigen
Gegenstande für Mutter und Säugling verkauft.
30
Bei dem verzweigten Netz der Genossenschaften im ganzen Lande,
die zusammen mit den staatlichen Handelsorganisationen beinahe den
Gesamthandel beherrschen, ist diese Art der Aufklärung, die tief bis
in die einzelnen Dörfer gedrungen ist, sehr wirksam und hilft die
Ueberbleibsel des Zarismus auf dem Gebiete des Gesundheitswesens
rasch auszumerzen.
Erwähnenswert sei ferner die Durchführung von öffentlichen
Gerichtssitzungen, z. B. gegen einen Arzt des Medizinalpunktes,
dem man vorwirft, daß die Frauen- und Kindersterblichkeit in seinem
Gebiete zu hoch sei; oder ein Volksgericht über eine Mutter, die
ihr Kind ausgesetzt hat oder aussetzen wollte. In diesen öffentlichen
Sitzungen kommen Hunderte von Frauen zum Wort. Dadurch wird
nicht nur den Fragen des Mutter- und Kinderschutzes gedient, sondern
die proletarische Frau entwicke.lt sich auf diesem Wege zum bewußten
Mitglied der neuen Gesellschaft 3 ). /*
\ OB besonderer Bedeutung ist die fachkundliche Ausbildung
von Aerzten und Schwestern. In den Hochschulen gibt es eine spU-fj
zielle Abteilung für Mutter- und Säuglingsschutz,
in der die proletarischen Aerzte sich für dieses Fach spezialisieren
Solche Spezialisierung wird auch den Sdiwestern in speziellen Schulen
und Kursen wie auch in wissensdiaftlichen Instituten ermöglicht.
Wir sehen hieraus, daß das gesamte Bereich des Mutter- und Kinder-
schutzes im proletarischen Staate eine ungeheure Verbreitung
erfahren hat. Die weiteren Erfolge sind eng verbunden mit der Durch-
führung und Vollendung des „Fünfjahresplans in vier Jahren" und
mit der des nächsten Fünfjahresplanes auf wirtschaftlichem, indu-
striellem und landwirtschaftlichem Gebiet.
Mit der weiteren Verbesserung der materiellen Lage der Arbeiterinnen
bekommt der Mutterschutz eine immer festere Grundlage. Mit dem
Bau von neuen Betrieben ist der Bau von Kultur- und Krankenhäusern,
noji Kinderheimen und Krippen verbunden, die die Basis für Mutter-
und Kinderschutz im Betriebe bilden. Mit der sich steigernden Zahl
v<*n Neuwohnungen breiten sich die Kinder- und Spielplätze aus;
gleichzeitig werden hygienische Wohnungsverhältnisse für den Säug-
ling geschaffen.
sehen dort Gegenwart und Zukunft der Mutterschaft aus. Es ist
halb kein Wunder, daß die junge proletarische Frau in der Sowjet-
don Lust zum Gebären hat, daß sie hier von Mutterglück nicht zu
i räumen braucht, weil sie es verwirklicht sieht — dasselbe Mutterglück,
das in Deutschland die proletarische Frau im Entscheidungskampf für
sich erwerben kann und erwerben wird.
»i Eine große Rolle bei der Weckung der Aktivität der Mütter spielt die immer
imebr >" Erscheinung tretende Arbeitsmethode — der sozialistische Wettbewerb der
oiter Auf diesem Wege werden nicht nur neue Methoden der gesundheitlichen Ueber-
tachuug und Erziehung der Kinder gefunden, sondern die Mütter selbst werden in
k«Utl m em Geiste erzogen.
31
33. 16236
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konsequent im Zusammenhang mit der allgemeinen Stellung der Sexualität in
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