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Full text of "Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden (Volume 1)"

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Jahrbuch 

der 

Gesellschaft fftr bildende Kunst 

und 

vaterlandische Alterthfimer 



zu 



Emden. 



Heft L 

nebst einer Karte zur Entstehungsgeschichte des Dollart. 



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Emden und Aurich. 

Verlag von W. Haynel. 
1872. 



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AUG 21 1914 

Hohenzottern Collection 

Gift of A. f: CocMge 

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Vorwort. 

iMachdem schon ofter in der Gesellschaft der Wunsch laut 
geworden war, es mochten ausfuhrlichere wissenschaftliche Vortriige 
in regelniassiger Wiederkehr, namentlich in den starker besuchten 
Winterversammlungen gehalten werden, beschloss man im December 
des Jahres 1870, dass zunachst in jedem der Wintermonate ein 
zusammenhangender, auf die Forderung der Zwecke der Gesellschaft 
gerichteter Vortrag gehalten werden sollte. Da dieser Beschluss zur 
Ausfiihrung gebracht war, hielt die Gesellschaft es fiir angemessen, 
einige der gehaltenen Vortrage durch den Druck zu veroffentlichen 
und zu dem Bnde ein Jahrbuch in zwanglosen Heften herauszugeben, 
damit sie auch in weiteren Ereisen die Eenntniss der ostfriesischen 
Geschichte und des ostfriesischen Alterthums nach Kraften fordere. 

Zur Veroffentlichung im ersten Hefte des Jahrbuchs sind folgende 
Vortrage ausgewahlt: 

1. Der Vortrag des Herrn General -Superintendenten B arte Is 
zu Aurich: 

B Ubbo Emmius, Mohlmann und die Entstehung des Dollart* 

Seite 1. 



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IV 

2. Des Herrn Kirchenraths N. Vie tor zu Eraden 

„Vortrag iiber die Grab-Urnen der heidnischen Vorzeit, an- 
kniipfend an Harkenroht's Bericht iiber die im Jahre 1720 
bei Larrelt ausgegrabenen Urnen" Seite 27. 

3. Der Vortrag des Herrn Pastor Pleines zu Emden: 
„Kurze Geschichte der franzosisch - reformirten Kirche in 
Emden 44 Seite 37. 

Den Schluss des Heftes bildet der kurze Bericht iiber die Ge- 
sellschaft im Jahre 1871 Seite 55. 

Von der Aufnahme, welche diese Vortrage bei dem Publicum 
finden, wird es abhangen, wann dem ersten Hefte ein zweites folge. 

Die Direction der Gesellschaft. 



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Ubbo Emmius, MtfUmann und die Entetehuig 
des Dollart 

Das Interesse der Freunde unserer ostfriesischen Geschichte ist 
in neuerer Zeit mehrmals auf eine erneute Untersuchung der Ge- 
schichte des Dollart hingewiesen worden. Die Arbeiten yon Suur und 
you Stratingh und Venema haben manche Einzelheiten zur Veryoll- 
slandigung und Berichtigung der hergebrachten, wesentlich auf Ubbo 
Emmius Schultern ruhenden Auffiassung beigebracht, und die letztere 
ist von Mohlmann einer kritischen Untersuchung unterzogen worden 
mit dem Ergebniss, dass der Kritiker sich fur berechtigt ansah, sie 
in das Reich der Sage zu verweisen 1 ). An einen sichern Abschluss 
der Frage, scheint mir, ist vor der Hand noch nicht zu denken; ich 
mochte aber auf einzelne Punkte die Aufmerksamkeit richten, an 
denen. theils ein zuyerlassigeres Ergebniss, theils eine genauere Be- 
stimmung der vorhandenen Schwierigkeiten sich erreichen lasst. Das 
sind: die Entstehung von Emmius Bericht und die Grundlagen, auf 
die er sich stiitzt ; sodann der Verlauf der Dollartfluthen und der 
Zustand des Reiderlandes im funfzehnten Jahrhundert; endlich der 
Zusammenhang der Dollartbildung mit der ubrigen gleichzeitigen Ge- 
schichte Ostfrieslands. 

Mohlmann behauptet, vor dem Jahr 1413 sei an eine Dollart- 
bildung gar nicht zu denken, aber Emmius habe, halb Absichtlich 
seine Leser irreleitend, gestiltzt auf die Prophezeiungen Jarfkes, an- 



*) Suur, GescL d. Kldster p. 135 ff; ders. Gesch. d. Hanptlinge p. 6ff; 
ders. Frisia Jahrg. 1843 p. 153 ff. Stratinfljieteii Yenema, de Dollard, 
Groning. 1855. Mdhlmann, Ostfr. Zeitung 1861 Nr. 5ff. 35; ders. Kritik 
der fries. GescMchtschreib. p. 133 ff. 

I 



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_ * _ 

gelegentlich die Meinung yerbreitet, als sei der Dollart beinahe 
andertbalb Jahrhunderte friiher entstanden. Einleuchtend wird man 
Mohlnianns Ausftihrungen zunachst in Betreff des Emraius nicht nennen 
konnen ; es ware psychologisch doch sehr wunderlich, wenn der eifrige 
Widersacher des falschen Propheten David Joris sich zum Schlepp- 
trager des Wahrsagers Jarfke liergegeben, und, wahrend er die 
apokryphische Geschichtschreibung eines Bernhardus Purmerius und 
Suffridus Petri aufe entschiedenste bekampfte, selbst ein Sfiick apokry- 
phischer Geschichte fabricirt hette. Mohlteanu hat seine kiihne Behaup- 
tung zudem durch keinen Schatten von Beweis unterstiitzt. Es ist 
auch einfach nicht wahr, dass Eramius seinen Bericht von der Ent- 
stehung des Dollart so angelegentlich sollte verbreitet und gross 
Gewicht darauf gelegt haben. Er liess Yielmehr die eingehendste 
Darlegung derselben 25 Jahre lang unbeachtet im Pult liegen und 
gab sie in seiner Chorographie Ostfrieslands erst ate Zugabe zu seiner 
Priesischen Geschichte in der Gesammtausgabe der Decaden mit ans 
Licht (descr. chorogr. p. 36 ff. vgl. p. 33). Endlich: ein Ubbo Em- 
niius, der den Dollart zwischen 1277 und 1287 entstehen liesse, hat 
gar nicht cxistirt, sondern ist ein reines Nebelgebilde von MShlmanns 
kritischem Thatenduret. Was der wirkliche* Emraius berichtet, ist 
vielmehr dies: der Zerstorungsprozess, aus welchem der Dollart her- 
vorgegangen ist, umfasst einen Zeitraum von Jahrhunderten , sein 
Ende erreichte derselbe gegen die Mitte des Reformationsjahrhundferts, 
seine Anfange gehen bis 1277 zurtick, in die Sturmfluthenepoche am 
Bnde des 13. Jahrhunderts , deren Folgen solche Dauer und Dimen- 
sionen errcichen konnten hauptsachlich durch die Wirren des Zeit- 
alters der Vetkoper und Schiringer im 15. Jahrhundert. 

Zur Priifung dieser von alien spateren Historikern mit grosserer 
odet geringerer Genauigkeit adoptirten Auffassung hat uns gliicklicher- 
weise Emmiua selber in Stand gesetzt. Auf dem Archive zu Aurich 
befind€ft sich- nfenlich ein Heft Qollectaneen, von Emmius eigener Hand 
geschrieben ; zunachst ein lateinisches Excerpt der Chronik von Beninga, 
dim Rande und ! durch eingelegte Zettel mit anderen Nachrichten unter 
Angabe der Quellen vervollstandigt. Mohlmann giebt sich den An- 
s v chein , als kennte er dies Schriftstuck (Kritik p. 61) ; hatte er es 



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wirklich gfekannt, so wurfle er Ton der Entstehung und dem Quelien*- 
werth der friesischen Geschichte des Emmius tiberhaupt und yon 
seiner Darstelliing der Geschichte des Doliart insonderheit nicht so 
haltlose Ansichten aufgestellt haben wie er gethan. Ich habe diese 
Gollectaneen langere Zeit in Handen gehabt und gefunden, dass sie 
zur Zeit ron Emmius Aufenthalt in Norden und Leer zusammengetra- 
gen sind zur Yorbereitung auf die beabsichtigte Publication seiner 
friesischen Geschichte. Hier nun linden wir zunachst folgende Notizen : 
1) Aus Beningas Chronik notirt er ad aqp. 1413, wie Koppe Jarges, 
das damalige Haupt der Schiringer, in Reiderland 2 Syhlen rerbrannt 
habe, und in Folge dessen im Yerlauf der Zeit eine betrachtliche 
Anzahl Dorfer zu Grunde gegangen seien: (Coppenius) praeter rapinas 
et incendia duos aquaeductus, ubi jam sinus Dollartus est, exiissit: 
praeterea etiam Tittingii aggeres suos negligebant, et aquaeductus 
plures diffluere et dissoM sinebant, ita factum est ut in paupertatem 
incoJae redigerentur ; ac tandem 24 pagi cum templis inundatione 
perierunt. 2) An dieser Stelle angelegt findet sich ein yon anderer 
Hand geschriebener Auszug aus der Chronik tines Klosters der Stadt 
oder Landschaft Groningen, welches nicht nfcher benannt wird, die 
Aufschrift lautet einfach ex Cronico conventus nostri; hier fand 
Emmius bezeugt, dass auch yon der Gegenparthei , den Yetkopern, 
gieiche yerderbliche Massregeln gegen das Reiderland ergriffen seien 
durch Keno then Broek: postea fit Keno inimicus Coppenii atque 
invadit Beiderlandiam atque comburit Reiderzyl, Oterdumerzyl et 
iterum discessit, sed Coppenius capit consilium et posuit praesidium 
in praedicta loca versus Eemsam. 3) Dass indes damit nicht die 
erste Bntstehung des Doliart berichtet sei, sondern diese bis auf 1277 
zurttckgehe, nahm er auf Grund des Zeugnisses einiger Chroniken an, 
die er nicht naher bezeichnet, zwei angeheftete Zettelchen besagen: 
f Ad annum 1277 quaedam Chronica referunt diluyium. illud quo 
magna Beideriae pars periit, dardurch de Dullert erstaen tf ; und ein 
anderes: .Initio anni 1277 die 13 Januarii et rursum ejusdem anni 
die 29 Decemb. die lunae circiter horam undecimam maris eiundatio 
frisiam vastavit ac in Reidergonia 33 pagos submersit Sequentibus 
yero tribus annis iterata saepe exundatione, cum aggeres non reficerentur, 



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tandem extitit sinus ille Amasi quern vocant de Dullert". 4)TJeber den 
Ursprung des Dollart lagen urn dieselbe Zeit dem Emmius schon an- 
dere Ansichten vor, die den Anfang der Zerstorung 100 Jahr spater 
setzten, und Emmius hat uns leider nicht gesagt, warum er diese 
Angabe fiir unrichtig hielt. Kempius namlich gab in seiner 1588 
erschienenen , Emmius ohne Zweifel bekannten, Schrift de origine, 
situ, qualitate et quantitate frisiae p. 17 in etwas verworrenen Aus- 
drucken an: ante ducentos fere annos inundatione maris perierunt 
36 pagi, unde ex hoc fere ilia terra speciem maris praebet ex aqua- 
rum pondere super terrain cespitosam residente, patrio nomine nun- 
cupate Dollart, Einen bestimmteren Bericht gab die Chronik Ernst 
Priedrich v. Wichts in der Gestalt, in welcher sie etwa 1584 
yon dem Pastor Badius in Godens abgeschrieben wurde, und wohl 
auch noch dem Emmius in Leer vorlag, wo er unter Angabe der 
Quelle mauches aus ihr in seine Collectaneen aufnahm. *) Daselbst 
heisst es: Tier Jahr nach der Dionysiusflut y. 1373, in welcher 
Westeel unterging (anno 1377), eodem tempore alteram Dionysii fuit 
diluyium majus priori, adeo ut fluctus marini impacti sint in murum 

fratrum praedicatorum Nordensium Set in Reydergonia 

majus hoc diluyium damnum dedit, magna enim istius regionis pars 
cum 32 pagis interiit, quam hodie de dullerth vocant. Pagorum 
nomina praecipuorum haec sunt Stokdorp, Sandorp, Seyon, Aytke- 
weer (?) etc., grossentheils unrichtige und undeutliche Namen, woran 
noch die Bemerkung gekniipft wird, Eigennutz und Uneinigkeit 
der Bewohner habe das Unheil vollends gross gemacht. Die Westeel 
betreffende Nachricht nahm Emmius auf (cf. Rer. fris. Hist. 212), 
die den Dollart betreffende liess er fallen , und es ist vielleicht seinem 



*) Es ist hier nicht der Ort, Mahlmanns Hypothese liber die mit vollem 
Recht E. Fr. v. Wicht zugeschriebene Chronik, meist unter dem Namen Annales 
citirt (Krit. p. 8 ff.), eingehender zu besprechen. Es genttgt zu bemerken, 
dass Emmius, mit den Gebrudern v. Wicht persdnlich bekannt war und in 
literariscliem Verkehr stand, und in seinen Collectaneen aus E. Fr. v. Wichts 
Chronik notirte Data ausdrucklich als aus dem „Chronicon Ernesti" geschdpfte 
hezeichnet. Der Familienname v. Wicht wurde damals nicht regelmassig ge- 
ftthrt, sie unterschrieben sich meist Otto Friderici, Hector Friderici und Ernestus 
Friderici. 



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— 5 — 

Widerspruch beizumessen , class in spateren Abschriften der Chronik 
y. Wichts ad 1377 der Dollart nicbt mehr erwahnt, sondern die 
Notiz auf das Jahr 1277 tibertragen wird. 

Als Emmius 1590 seine descriptio chorographica schrieb und in 
derselben das Ergebniss seiner bisherigen Forschungen fiber den Dol- 
lart kurz zusammenfasste, standen ihm indess noch andere Quellen zu 
Gebot. Er giebt eine Aufzahlung der im Dollart untergegangenen 
Ortschaften nnd bezeichnet ihre Lage nicht anders, als wenn er sie 
von einer Landkarte ablase ; er beschreibt die Bewasserungs-Verhalt- 
nisse des untergegangenen Beiderlandes genau mit Berufung auf alte 
Vertrage (vetustae transactionum tabulae) und berichtet tiber Wohl- 
stand und Sitten des verloren gegangenen Landes unter Berufung auf 
bestimmte alte Ueberlieferungen (constans fama majorum). Ueber die 
tier zu Grunde liegenden Quellen gewinnen wir zuverlassigen Aufschluss 
aus dem interessanten und sorgfaltigen Buch yon Stratingh und Yenema: 
de Bollard. Hier finden wir (p. 304 ff.) eine Anzahl von Acten- 
stucken mitgetheilt, bei deren Lesung sofort in die Augen springt, 
dass sie der Darstellung des Emmius zu Grunde liegen, da er mitunter 
wortlich sich an sie anschliesst. In einer 1565 zu Groningen proto- 
collirten Zeugenyernehmung z. B. lesen wir (pag. 317): „Reyder- 
wolde . . . soe groet end ryk is geweest, datter negen styghe yrouwen 
waeren, de elck een golden span voer hoer borst hadden, daer een 
Groninger kroes nats in mochte gaen." Ganz so sagt Emmius (p. 37) 
(de Reiderwolda) constans fama fert a majoribus posteritati tra- 
dita in argumentum amplissimae ac vix credibilis fortunae matronas 
GLXXX. eo uno in vico habitasse, quae ex solido auro sextarii capaces 
phialas cum reliquo ornatu more gentis in pectore ferrent suoque in 
mundo haberent. Dieselben Zeugen deponiren: „By hoer olderen en 
voerolderen een gemeen naem en faem is gewest, dat ten tyde yant 
inbreken der yorsr. Dollart eener genoempt Tidde Wynnengha up 
Keyderlandt gewoent heft, seer ryck van goeden end oeck een regent 
ofte mederegent yan Reyderlandt, end namaels doer groete armoet 
een provener in Palmaer geworden; de welcke, angesproken by de 
huyslueden end gemeente aldaer, om de dycken toe maeken, ter ant- 
wordt gegeven heft, dat he niet wolde dycken, eer end voer de 



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vloet een speetse hoghe oyer syn landt soldo loepen.* Offenbar giebt 
Emmius (p. 39) diese Aussage wieder, wenn er schreibt: „Et yox 
praedivitis ac potentis in populo audita memoratur, qua testatus est, 
malle se omnes agros suos ad lanceae longitudinem fluctibus opertos 
cernere, quam in commodum vicinorum, a quibus dissidebet, aggeres 
reparare. 1 Ebenso augenfallig ist , dass die Beschreibung der Ge- 
wasser Ee, Tjam und Sype, welche das yerlorene Reiderland durch- 
flossen, sich stiitzt auf Documente aus den Jahren 1391 (?) und 1420 
fiber Grenzregulirungen, Deich- und Syhlwesen in Reiderland und Old- 
amt, die seitdem after gedruckt sind. Noch theilen Stratingh und 
Yenema Aufzeichnungen fiber das Entstehen des Dollart urn 1277 mit 
(p. 321 ff.), welche Emmius ebenfaUs bekannt gewesen sein mogen, 
wenigstens machen sie ahnliche Angaben, wie die oben angeffihrten 
Noiizen, ffir welche Emmius „quaedam chronica 1 " anffihrt; auch steht 
fest durch ihre Mittheilungen , dass schon damals Karten des unter- 
gegaagenen Landes vorhanden waren (p. 4 u. 323), sowohl in Gro- 
ningep als in Emden. Es wirft ein eigenthfimliches Licht auf Mohl- 
manns Kritik , dass er die Arbeit der Herren Stratingh und Yenema 
(Kritik p. 13 u. o.) kennt nebst den dariu abgedruckten Quellen, und 
dennoch die durch Nichts erhartete Behauptung aufstellen mag, Em- 
mius Darstellung fusse auf Jarfke! Dass ubrigens Emmius schon vor 
seiner Uebersiedelung nach Groningen mit Quellen groningerlandischen 
Ursprungs bekannt war, darf uns keinen Augenblick fiberraschen. 
Han hat sich nur zu erinnern, dass nach dem Abfall Lalains und der 
Ueberlieferung Groningens und der Ommelanden an die Spanier in 
1580 die einflussreichsten Manner des Groningerlandes sich als Exu- 
lanten in Ostfriesland aufhielten und zum Theil mit Emmius zugleich 
in Leer. Unter diesen Exulanten finden wir die Coenders van Helpen, 
die Rengers van ten Post, Abel Eppens, Doede van Amsweer als 
Freunde und Conner des Emmius ofter erw&hnt und zugleich als 
Schriftsteller auf demselben Gebiet, wo eben Emmius thatig war — 
dem der vaterlfindischen Geschichte. Rengers und Abel Eppens schrie- 
ben ihre Cbronikan grade wahrend ihres Aufenthalts in Ostfriesland. 1 ) 

*) Vgl.u.a. Harkenroht, Oorsprongk. p. 864 if., 86, 103, u. Diest Lor- 
gion, Regnqnis Praediniup, Grou. l#6i, p. 71 if. 



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— 7 — 

Die bisherigen Studien des Emmius, soweit sie den Dollart be- 
fcrafen, blieben, wie schon bemerkt, bis 1616 ungedruckt, erst in 
seiner friesischen Geschichte gab er yon 1598 au, nach seiner 
Uebersiedelung nach Groningen das Ergebniss seiner Nachforschungen 
heraus, doch so, dass er die Geschichte des Dollart nicht im Zusam- 
menhang vollstandig entwickelte, sondern die einzelnen Data, die er 
gefimden hatte, nach der Zeitfolge einreihte: erst bei den Jahren 
1277 und 1287 den Anfang der Verwiistung (pag. 178 ff.), dann 
(mit Uebergehung der den ersten Einbruch in's Jahr 1377 setzenden 
Nachrichten) zum J. 1411 die damals gepflogenen Yerhandlungen im 
Oldamt fiber Wiederherstellung der Deiche am Dollart (p. 256), z. J. 
1413 die verhangnissvollen Zerstorungen der Syhle durch Koppe Jar- 
ges und Keno then Broek (p. 261 ff.), und so in der Folge weiter, 
was er an Nachrichten fand, meist in Betreff von Deichbauunterneh- 
mungen zur Abwendung weiteren Landverlustes. Als Quellen liegen 
bier iiberall ausser den schon vorhin besprochenen , die betreffenden 
Yertragsdocumente zu Grunde, sowie die ihm in Groningen zuganglich 
gewordene Chronik des Klosters Wittewerum und Aufzeichnungen der 
Kloster des Pramonstratenser-Ordens in Friesland iiber Verluste an 
Menschenleben in der Fluth yon 1287. Aus allem ergab sich die 
schon im Eingang ausgesprochene Ansicht des Emmius, wie er sie 
schon 1590 in der descriptio chorographica niederlegte, ohne durch 
spatere Aufschlusse an dem Ganzen irre gemacht oder iiber das De- 
tail der Landverluste naher aufgeklart zu werden. Wahrend aber 
Emmius ausdrucklich hervorhob, dass die Dollartbildung einen langen 
Zeitraum anfiille und in der Zeit von 1277—87 bloss begonnen, auch 
nicht hauptsachlich durch entfesselte Naturmachte, sondern durch ent- 
fesselte menschliche Leidenschaft hervorgerufen sei, haben spatere 
Schriftsteller, und zwar zum Theil vielgelesene, seinen Bericht mehr 
oder weniger nachlassig wiedergegeben und so die Ansicht verbreitet, 
wie wenn der Dollart in der Hauptsache schon in den letzten Decen- 
nien des 13. Jahrhunderts und zwar vorzugsweise durch eine verhalt- 
nissmassig plotzliche Catastrophe entstanden ware 1 ). 

J ) jHarkenr^ Oorsp. 232 u. 5. ; Wiarda, Ostfr. Gesch. I., 256 ff.; Frcese, 
Ostfr. u. Harrlingerland 190 ff.; A rends, Ostfr. u. Jever I., 156, Nordseekttste L, 



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- 8 - 

Urn nun iiber den Werth oder Unwerth yon Bmmius Darstellung 
und Mohlmanns Einwendungen gegen dieselbe uns ein Urtheil bilden 
zu konnen, haben wir den Werth der aufgezahlten Quellen, aus denen 
Emmius schopfte, und die Art, wie er sie benutzte, naher zu unter- 
suchen. Wir sahen, dass er eine betrachtliche Anzahl yon Daten aus 
Vertragen etc. iiber Deichbauarbeiten am Dollart schflpfte; gegen die 
Aecbtheit dieser Actenstticke sind, so viel ich finde, nirgends Zweifel 
erhoben, lag doch auch ein Anlass zur Falschung nicht vor; amtliche 
Ermittelungen hatten ibre Bewahrung und Sammlung in Groningen 
veranlasst, und Emmius Freunde, besohders Joh. Rengers van ten 
Post und Abel Eppens, durch deren Vermittelung ihm namentlich , als 
er zu schreiben anfing, manches zuganglich geworden sein wird, hat- 
ten in amtlicher Qualit&t den Thatsachen und Verhandlungen nahe 
gestanden (Str. u. Venema p. 86, 88, 321, 330). Aus eben diesem 
Grunde wird einiger Werth auf dasjenige zu legen sein, was er etwa 
aus miindlichen Angaben derselben schopfte. Ein Theil der benutzten 
Urkunden ist noch vorhanden und liefert den Beweis, dass Emmius 
sie richtig und redlich benutzt hat, woraus dann auch fur das, was 
er aus nun nicht mehr yorhandenen Documenteh geschopft hat, nur 
ein giinstiger Schluss sich ergiebt. Nicht so zuverlfcsig ist das oben 
schon besprochene Protocoll von 1565, worin neben eigenen Wahrneh- 
mungen der vernommenen Zeugen auch das angemeldet ist, was von 
Alters her „gemeene naam en faem u gewesen sei. Diese alten Tra- 
dttionen verrathen unverkennbare Neigung, den Wohlstand des unter- 
gegangenen Landes glanzend auszumalen und seinen Untergang recht 
hoch hinaufzuschrauben. Jener Tidde Wynnenga, aus dessen Munde 
das'Wort berichtet wird, er wolle nicht deichen, eher solle sein Land 
einen Speer hoch unter Wasser kommen, ist ohne Zweifel der Mann, 
nach dem der Parteiname der „Tydinge u , bei Emmius Tittingii, ge- 
bildet ist, von welchen Beninga (p. 186) berichtet, sie hatten ihre 
Deiche liegen lassen. Dann gehort er aber der Zeit von 1413 ff. an 
und nicht dem Ende des 13. Jahrhunderts ; er kommt auch nach an- 
deren glaubwtirdigen Nachrichten urn diese Zeit als ParteigSnger des 

826 if., Erdbeschr.etc.252ff.; am richtigsten hat Klopp, Gesch. Ostfr. U 137 ff. 
den Verfeuf nach Emmius wiedergegebeB. 



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— 9 — 

Probstes Hisko und des Koppe Jarges yor (Strat. u. Yen. p. 76). 
Emmius hat sich anscheinend nach diesem Namen nicht naher umge- 
sehen, giebt aber, was er aus dem fraglichen Actenstuck scbopft, 
wohlbedacht als Ueberlieferung. Bei den tibrigen yon Emmius aus 
Chroniken geschopften Bericbten ist ein grosser Unterschied. Ueber 
die Ereignisse urn 1413 schopft er aus Beninga und der ange- 
zogenen Groninger Klostcrchronik , welche fiir glaubwtirdig um so 
mehr zuachten sind, da sie sich gegenseitig bestfitigen und theils in 
gleichzeitigen Documenten, theils in andern, etwa den Ereignissen 
gleichzeitigen Aufzeichnungen (Mohlm., Ostfr. Zeitung 1861, Nr. 6) Be- 
statigung finden. Aber hier wird nun Emmius von Mflhlmann hart 
getadelt, dass er diese Nachrichten falsch verwerthet und nicht er- 
kannt habe, wie nach ihnen der Anfang der Dollartbildung nicht frfi- 
her als 1413 gesetzt werden dlirfe. Gerade dieses haben aber diese 
Gewahrsmanner nicht gesagt, und wenn sie es gesagt hatten, so wiirde 
das ihre Glaubwiirdigkeit erheblich beeintrachtigen. Denn, was Mohl- 
mann in seinem Eifer iibersehen oder ignorirt hat, es lagen Emmius 
schon aus dem Jahre 1411 Verhandlungen yor liber Wiederherstellung 
der Deiche am Dollart, aus denen er (p. 256) ziemlich eingehend 
referirt — also kann unmoglich der Einbruch erst spSter begonnen 
haben, sondern muss noch weiter zurtick liegen als 1411. Ebenso 
darf der urkundlich ziemlich beglaubigte Umstand, dass man schon 
1391 in Reiderland, Westerwoldingerland und Oldamt in umfassende 
Erwagungen zur Regelung der BewasserungsYerhaltnisse eintrat,"fur 
einen Beweis gelten, dass schon damals dringende Gefahren fur die 
ganze Landscbaft handgreiflich vorhanden waren, obwohl die Urkunde 
diese Gefahren nicht naher auseinandersetzt , und Yon den uns er- 
haltejien Abschriften nur die Erneuerung der Stipulationen von 1391 
in 1420 darauf hinweist, die Instanderhaltung der Syhlen etc. sei 
unerlasslich erforderlich, ,offte dat land by wolden in syn staet staan 
sail*, Allein Emmius lasst nun die Nachricht y. Wichts, welche den 
Einbruch ins Jahr 1377 Yerlegt, bei Seite liegen und verlegt den- 
selben noch grade 100 Jahre weiter zuruck in 1277. Er stiitzt sich 
auf mehrere nicht naher bezeichnete Chroniken; wenn sie aber die 
Fluth Yon 1277 berichteten mit dem in Emmius oben angezogener 



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— 10 — 

Hotiz enthalteaen Zusatz „dardurch de Duller t erstaen", so verrath 
sich in diesem Zusatz die Hand eines viel spater Lebenden, der die 
anfanglich nicht zu ubersehenden Folgen der Fluth von 1277 yor 
Augen batte. Es sind auf unsere Zeit noch manche, dieselbe oder 
ungefahr dieselbe Zeitangabe bringende Aufzeichnungen gekommen, 
iiber diese sind sammtlich schwache Zeugen 1 ): ihre Sprache verrath 
das 16. Jahrhundert, sie nennen verlorene Ortschaften, die noch nacb 
1500 erweislich existirten, die eine verlegt Keno then Broek aus dcm 
15. ins 13. Jahrhundert. So greifbar unsichere Stutzen konnen 
JBmmius fur sich allein unmoglich bestimmt haben. Mag es ihm 
immerhin beachtenswerth erschienen sein, dass so zahlreiche Angaben 
in dem Hauptpunkt zusanimentrafen, das Jahr 1277 bezeichne den 
Anfang des Einbruchs; mag er ferner einiges Gewicht darauf gelegt 
haben, dass die, wie ihm bekannt war, sorgfaltigen amtlichen Nach- 
forschungen in Groningen diese Aufzeichnungen ans Licht gezogen 
Jiatten und gelten liessen, wogegen dann E. Fr. v. Wicht, der haupt- 
sachlich fjir Norderland, nicht aber fur Reiderland Autoritat ist 2 ), 
und vollends der unbedeutende Cornelius Kempius zuriickstehen mussten 
— dessenungeachtet zweifle ich nicht, Emmius hat sich fur 1277 
entschieden, weil ihm unzweifelhaft gleichzeitige Nachrichten vorlagen, 



*) Ausser Strat, en Yen. 321 ff. vgl. Suur Frisia a. a. 0. Hauptl. 6. 
Harkenr. a. a. 0. 235. Outliof Watervloeden 180 ff. Ob unter Emmius 
Quellen die yon Wiarda Ofter citirte „Cronica der Freesen** (Ostfr. Gesch. I., 
262, vgl. Strat en Ven. p. 2 Anm.) von BeJang gewesen oder tlberhaupt zu 
rechnen sei, kOnnen wir nicht entscheiden, da die Handschrift nicht zuganglich 
ist, die Ausfuhrungen MOhlmanns (Krit. p. 11 ff.) lassen es sehr zweifelhaft er- 
scheinen. 

*) Gleichwohl kommt die Nachricht F. F. v. Wichts yon durchaus be- 
achtenswerther Seite. Nach handschr. aus Familienpapieren geschOpften Auf- 
zeichnongen Matth. v. Wichts desJttngern etwa v. J. 1780, ygl. auch Tjaden, 
Gelehrtes Ostfr. I., 240, war v. Wichts Familie bei Landverlusten und Ein- 
4eichungen an der Leybucht interessirt, und der Bruder des Chronisten, der 
Landsyndicus Dr. Hector Fr. v. Wicht, hat sich zur Zeit, wo jener die Mate- 
rialien zu seiner Chronik sammelte (1580 ff.), behufs einer ProcessfUhrung init 
Studien uber die Landverluste und Eindeichungen, sowie ttber die einschlagenden 
Recbtsfragen naher besch&ftigt. Das Chronicon Emesti kOnnte also doch auf 
besseien Infonnationen gernht haben, als Eniniius vermuthete. 



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* til 



— 11 — 

welche gtotubhaft bezeugten, dass das im Dollart yersunkene Raider- 
land gegen Bnde des 13. Jahrhunderts, namentlich 1287 yon epoche- 
machenden Fluthen heimgesucht ward. Es geh5rt ganz der blinde 
Eifer Mohlmanns dazu, dies zu bestreiten. Moblmann behanptet, 
EmmJus babe sich geflissentlich binwegsetzen mtissen ttber das Zeug- 
niss der Chronik von Wittewerum, nach welcher Ostfriesland yon der 
Ruth yon 1287 nicht betroffen sei (Krit. 185). Allein einmal ist 
diese Behauptung handgreiflich unwahr, — die Chronik giebt aus- 
drlicklich an, dass die Gegend, wo spftter der Dollart war, yon dieser 
Fluth heimgesucht ward, und anstatt zu sagen, die Ostfriesen seien 
verschont.geblieben, sagt sie dies von den ostwSrts der Ems wohnen- 
den Rustringern, Ostringern und Harlingerlandem , wonach nament- 
lich Emsigerland in die Ueberschwemmung einbegriffen erscheint, — 
und sodann beruft sich Emmius, was Mohlmann wieder ignorirt, aus- 
drucklich anch noch auf die vom Pr&monstratenserorden 1 ) aufgenommenen 
Yeriuste an Menschenleben ; da werden die Kloster im versunkenen 
Mderlande u. a. Palmar ausdriicklich erw&hnt und daneben ostwarts 
der Ems Barthe in Moormerland, Langen und Aland in Emsigerland 
(p. 179). Die Worte der Wittewerumer Chronik lauten so: 

Ao. M. CCLXXVII decima quarta ' ImJahre 1287 den 14. De- 
die Decembris factum est diluvium cember wurden die Prieslande von 
in partibus frisiae, periculosum in einer Ueberschwemmung heimge- 
homines jumenta et res , et pro- sucht, die fiir Menschen, Yieh und 
pter hoc famosum in tempus fu- Eigenthum verderbenbringend war 
turum. Aquae antem sic coadu- und fiir die Zukunft im Gedacht- 
natae et commotae inter contici- niss bleiben wird. Die aufgestauten 
nium noctis et gallicinium libere wilden Wasser gingen von Abend- 
aggeres transeunt, et omne genus dammerung bis Tagesgrauen frei 
hominum, quod in locis humilibus liber die Deiche, und was von Men- 
mansionem habuerat cum tumen- schenindenniediiggelegenenLand- 
tibus domibus frumento fenoque strichen gewohnt hatte, schwemmte 

*) Die vom Pramonstratenserorden gemachten Aufzeichnungen scheint 
Schotanus (Gescli. v. Friesl. p. 147) noch vor Augen geliabt zu haben; mir 
ist nicht bekannt, ob sie je gedracfct, und ob die ubertrieben klingenden Zahlen-% 
angaben genauer geprttft und erlap^ect sind. 



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- 12 — 



gurges aquarum miserabiliter fun- 
ditus eyertens ad silvas deportabat. 
Domus lapideae quara plures cor- 
ruerunt. In silvis etiam agri ab 
imo evulsi aquis ferebantur in 
locis humilibus. Sine obstaculo 
impetus aquarum paludes transivit. 
Nee fuit minim quia a tempore 
cujus non extat memoria in par- 
tibus, tarn magna salsi maris 
ebullitio ad mensuram quinque 
pedum non est visa. Et propter 
hoc infinita populi multitudo pe- 
riit submersa. In occidente, ut 
sacerdotes et Decani conjecerunt, 
a Stauria usque ad Laycam tri- 
ginta millia hominum submersa. 
A Layca usque ad Emesam vi- 
ginti millia perierunt. Orientales 
ut sunt Rustingi Astingi et Her- 
lingi a plaga praedicta immunes 
fuerunt. Agri etiam eorum satio- 
nales et pascuales fructum dede- 
runt competentem, sed in locis 
humilibus ut est in Sunedeswalde 
et Sconamera agri quam plurimum 
fuerunt destructi. 



der Strom mit den Hausern, die 
voll Korn und Heu waren und die 
er mit dem Boden losriss (evel- 
lens?), in die Wolden hinab. 
Steinh&user in betrachtlicher An- 
zahl sttirzten ein. In den Wolden 
trieben auch ganze Grundstiicke, 
Tom Untergrund losgerissen, auf 
dem Wasser liber die Niederungen. 
Ohne Widerstand stromte das Was- 
ser bis fiber die Moraste hinaus. 
Denn die Pluth ging fiinf Fuss 
hoher als die hfichste Ueberschwem- 
mung, die seit unvordenklichen 
Zeiten in diesen Landen gesehen 
war. So ging denn eine uner- 
messliche Menge Volks im Wasser 
zu Grunde. Im Westen von Sta- 
voren bis zum Laubach ertranken 
30,000 Menschen nach einem von 
den Priestern und Decanen ge- 
machten Ueberschlag. Vom Lau- 
bach bis zurEms kamen 20,000 
um. Die im Osten, als nament- 
lich die Rustringer, Ostringer und 
Harrlinger, blieben von diesem 
Ungliick verschont, ihre Bauacker 
und Weidelander gaben auch aus- 
reichenden Ertrag, aber in den 
niedrigen Strecken, wie z. B. in 
Simonswolde (?) und am grossen 
Meere (?) x ) wurden die Aecker 
grosstentheils verheert. 

*) Bei Matthaei anal. vet. aevi II., 197. Sunedeswalde kann mit einiger Zuver- 
sicht anf Si m <>nswolde, 200 Jahre sp&ter Sonneswalde, wenn beidemal die I^sart 



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- ts - . - 

Man sieht, es 1st durchaus kein Griff in die blane Luft, wenn 
man Sturmfluthen aus dem Ende des 13. Jahrhunderte dafiir ansah, 
dass schon sie die Bahnbrecher des Dollart gewesen seien, und man 
konnte eine weitere Stlitze fiir diese Ansicht in dem Umstande er- 
kennen, dass die Wittewerumer Ghronik enrahnt, in den Jahren 1262 
und 1318 seien Erdbeben in unsern Gegenden yersptirt worden; es 
lage die Annahme ja sehr nahe, dass mit diesen eine Senkung des 
Bodens des Reiderlandes oder der Inseln an unserer Kttste einge- 
treten sei. 1 )*) 



genau ist, bezogen werden; Sconamera ist mir sehr zweifelhaft; wenn ich es 
auf dieGegend am grossen Meer, „in de Wolden", beziehe, so nehmoich ansser 
auf den Zuzaminenhang auf die Namen „das Maar", „Sunkcmarum" (Arends, 
Erdbeschr. 118, 539) Rucksicht Uebrigcns bemerkt Matthai (in der Zuschrift), 
in den Supplementen zur Chronik Emos und Menkos, wo unsere Nachricht sich 
findet, sei die Zeitfolge nicht genau beachtet und die Schrift sehr undeutlich. 

*) "Wie schon ein Ungenannter — es ist Matth. v. Wicht d. Jungore — in 
den Ostfr. Mannigfaltigk. v. 1786 p. 109 vermuthet. 

2 ) Ueber die Beschaffenheit und den Quellenwerth der yon Emmius benutzten, 
wenigstens ihm zuganglichen, Dollartkarten Jasst sich z. Z. nichts ausmachen, 
da die wichtigste, die des Emder Kathhauses (Strat. en Venema 3 ff.), nicht mehr 
vorhanden ist Karten von Ost- und Westfriesland gab es zur Zeit, wo Emmius anfing 
zu schreiben, bereits mchrerc, jetzt kaum mehr aufzufindende. Coldewey erwahnt 
in einem Brief an Bertram v. 1. Juli 1734 (in des Letzteren Parerga Ostfr. 
p. 109 ff.): 1) eine anonyme von Ost- und Westfriesland v. J. 1568, 2) eine von 
Ostfriesland v. Florianus v. J. 1579, 3) eine jedenfalls vor der Emmius'schen 
v. 1616 erschienene v. Fabricius v. J. 1610 (vgl. ub. diese auch Hark., Oorsp. 
p. 586). Gewiss ist, dass Emmius (descr. chor. p. 33) etwa 1590 eine Karte 
von Ostfriesland zeichuete. Bertram will wissen (p. 107), sie sei schon 1591 
bei Blaaw in Amsterdam erschienen, und es stehc darauf auch Rideriae portionis 
facies ante inundationem, quae postea sinus maris facta est. Andere (Tjaden^ 
Gel. Ostfr. II., 158; Frees e a» a. 0. 141) sagen, sie sei 1615 erschienen, 
und Tjaden fugt hinzu, sie sei mit der den Geschichtsbuchern beigeftlgten vdllig 
ttbereinstiinmend. Aber das ist nicht richtig, wenn die crste Auflage einen das 
alte Reiderland darstellenden Carton enthalten haben soil. Nach einem Brief 
des Emmius an Otto Fr. v. Wicht zu Emden v. 2. Jan. 1600 (Tjaden II., 58) 
wird die Karte 1599 in Emden gedruckt sein ; aber Emmius war mit der 
Ausfuhrung unzufrieden. Dass ein den Dollart behandelnder Carton dabei war, 
ist wahrscheinlich , da Emmius ausdrtlcklich bezeugt, in der descr. chor. eben 
das in Worten ausfuhren zu wollen, was die Karte vor Augen stelle, und er in 



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- Mr — 

Alles dfessen ungea^htet hat Emmius schwerMch das RichMge ge- 
troffen, als er das Jahr 1277 oder iiberhaupt die letzten Decennien 
des 13. Jahrhunderts annahm. Denn wenn in Yertragen, die reichlich 
100 Jahre junger sind, als der angebliche Einbruch des Dollarts 
Ortschaften als yorhanden erscheinen, die etwa mitten im spateren 
Dollart lagen, wenn dieselben als festes Land erscheinen, durch welches 
hindurch man den Lauf der Gewasser von Feldmark zu Feldmark ver- 
folgen kann, wenn endlich uordwarts yon ihnen am alten Emsufer die 
Kirchdorfer noch wieder 100 Jahre nachher vorhanden waren — worin 
soil denn der Dollart bestanden haben, den die Fluthen von 1277 
und 1287 rissen? Wie ware es denkbar, dass hier, wo die Boden- 
beschaflfenheit in so hohem Mass den Fluthen ihr Zerstorungswerk 
erleichterte, das Land 100 Jahre offen gelegen hatte, und doch ware 
kein Landverlust von Erheblichkeit nachweisbar? An der Hand der 
Quellen des Emmius konnte man die Tragweite der Nachrichten von 
1287 doch nur bemessen, wie er thut, wenn man die Ausbildung des 
Dollarts bis gegen 1400 hin zugleich als offene Frage stehen zu lassen 
sich entschliesst , und unverkennbar steht diesem Entschluss nicht 
wenig entgegen. Emmius wiirde diese Bedenken ohne Zweifel hoher 
angeschlagen haben, waren ihm einige Urkunden bekannt gewesen, die 
erst in unseren Tagen an die Oeffentlichkeit gekommen sind. Yon 



jener naher vom Dollart handelt. Auf dem Abdruck der Karte v. 1616 blieb 
der Carton wcg; vennuthlich iiuden wir ihn wieder u. A. in Janssonii Noy. 
Atlas sive theatr. orbis terr. etc. in VTom. distinct. Amst 1652, wo in Toml. 
ein typns Ms. Orient, auct. U. Einuiio mitgetheilt ist, von dem der Typus von 
1616 wohl eine editio emendatior sein kdnnte, nicht tungekehrt, und nnten rechts 
ein Carton mit der von Bertram angcgebenen Aufschrift; er stimmt aber sehr 
mangelhaft mit den Angaben der descr. chor. uberein, und Emmius scbeint auf 
einc Neubearbeitung keinen Werth gelegt zu haben. Von den spateren Dollart- 
karten ist die durch Outhof ( Water vloeden) und Harkenroht (Oorspr.) vcrbreitete 
naeh Outhof s Zeugniss (p. 183 ft.) ein Berichtigungsversuch jener missrathenen 
von Emmius nach der descr. chor. und der Dollartkarte des Rathhauses zu Em- 
den; der von Coldewey lagen wol noch minder alte Quellen zu Grunde. — Die 
diesem Aufsatz beigegebene Karte beschrankt sich auf den Versuch, die ver- 
schiedenen Stadien der Dollartbildung und die Ausdehnung der Ueberschwem- 
mungsgebiete anschaulich zu inachen. Namen, liber deren Lage keine einiger- 
massen sichere Anhaltspunkte geboten warden, sind nicht aufgenommen. 



• rf 



^ tt ~- 

dem Kloster Palmar, welehes von der Flnth in 1287 so hart .betroflfen 
wurde, dass in demselben (und seiner nachsten Umgebung?) 190 
Mensehenleben zu Grunde gingen (Emm. R. fir. H. p. 179), theilfr 
Saur (p. 169) eine Urkunde mit, wonach es noch 1447 vorhanden 
war, und man erst in diesem Jabr den Gedankea an seinen Untergang 
n&her in's Auge fasste — und Pttlmar la$ ziemlich weit nach Norden 
in dem yersunkenen Reiderland. Vollends erhalten wir eine mit Em- 
mius 1 Auffassung gar nicht ubereinzubringende Vorstellung von der Lage 
der Dinge in Reiderland im 15. Jabrhundert durch ein SchriftstQck, 
welches v. Ledebur zu Mttnster auffand und iu seiner Schrift „Dte 
fiinf miinsterschen Gauen und die sieben Seelande Frieslatids* (Berlin, 
1836) veroffentlichte (p. 107 ff., 29 ff.). Hat v. Ledebur recht g«sehen, 
so gehort das Schriftstiick in die Zeit nach 1450 und verzeichnet die 
Xirchdorfer des / zur Propstei „Hatzum, sonst Nesse" gehorenden Rei- 
derlandes nebst den von ihnen zu erhebenden bischoflichen Abgaben. 
Da finden wir nun die Namen der am alten Emsufer belegenen Kirch- 
dorfer Westerrcide, Osterreide, Berum, Pletum, Nesse, Wilgum, Torum, 
Pogum, Ditzum, und so in fast ununterbrochener Reihe emsaufwarts 
in aller Deutlichkeit namhaft gemacht nebst den von ihnen zu heben- 
den Schillingen, ohne dass das Verzeichniss irgend eine Gefahr ihres 
Untergangs durchblicken lasst; dann aber erscheinen mit der Ueber- 
schrift „ecclesiae vacantes aqua depost submereae omnes* eine 
Anzahl Kirchdorfer, deren Untergang im Dollart bekannt ist : Upreder- 
walt, Utrederwald (Reiderwolde mit 2 Kirchen), Stagestorp (Stokdorp)^ 
Zantorp (Sanddorp), Siweteswere (Ewitsweer) und andere nicht mit 
rechter Sicherheit bekannte, und — was das Allermerkwiirdigste ist — 
eine Anzahl Namen, durch die man sich unwillkiirlich in das Innere 
des gegenwartigen ostfriesischen Reiderlandes versetzt sieht: Dertza- 
mewalt, Wynedahaem, Krytzamewalt, Bedamewalt, Upwolde, Oengum — 
alles noch im heutigen Reiderland sich wiederfindende Namen von 
Dflrfern und Ortschaften, von denen wir auch nie gehort haben, dass 
sie je in Gefahr gewesen seien , im Dollart unterzugehen ! Unsere 
vaterlandischen Geschichtsschreiber haben nichts rechtes mit ihnen 
anfangen konnen. Klopp scheint das ganze Verzeichniss nicht gekannt 
oder kein Gewicht darauf gelegt zu haben ; er lasst es unberiicksichtigti 



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— Ifr — 

Suur nimmt es durch, scheint sich aber nicht recht darin finden zu 
konnen (Hauptlinge 7 ff. 9), nur zweifelnd erkennt er die Namen 
Bomerwold und Jemgum wieder und scheint uberhaupt unsicher, ob 
er die noch heute lebenden Ortsnamen als noch yorhanden ansehen 
darf, yersucht auch nicht, die Angaben des Verzeichnisses als einen 
Wink iiber den Entwickelungsgang des Dollart zu yerwerthen. Und 
doch wird ein solcher in sehr deutlicher Weise dadurch gegeben. 

Sehen wir uns die Namen naher an, so fiihrt das Yerzeichniss 
zuerst, unverkennbar der ortlichen Aufeinanderfolge nachgehend, 18 
Kirchdorfer am Emsufer auf, mit Beifiigung der yon ihnen zu heben- 
den Abgaben: Westerreide, Osterreide, Berum, Flyathum, Nesse, Wil- 
gum, Maria Wer, Tordingum, Uterapaum, Vrapaum, Derzum, Alden- 
dorpe, Hartzum, Caldeborch, Croytzum, Middelum, Bemgum, Weyner — 
alle diese Orte, deren Namen bis auf Maria Wer deutlich sind und 
die sammtlich auf dem Kleiboden am linken Emsufer lagen, waren 
also vorhanden und im Stande, ihre Abgaben zu entrichten. Aber 
sie bilden keine ununterbrochene Eette: zwischen Osterreide und 
Berum, auf einer etwa 1 1 j 2 Stunden langen Strecke, finden wir keinen 
Namen genannt, wahrend die Ueberlieferung hier mehrere Namen an- 
zugeben weiss, u. a. Ludgerskerk und Jansum, wo der erste yerhang- 
nissvolle Deichbruch stattgefunden haben soil — hier also, etwa Wy- 
belsum und Larrelt gegeniiber, wird wohl das Land offen gelegen 
haben gegen die Fluth ; ferner fehlt Nendorp , aber darauf ist kein 
Gewicht zu legen, denn Nendorp stand bis tief in das 17. Jahrhun- 
dert hinein mit Hatzum in einem Parochialverbande. 1 ) Auffallender 
ist das Fehlen yon Jemgum und Kirchborgum. Landeinwarts yon 
Weener macht das Pfarreiregister das wohlbekannte Wengramoor, 
ferner Poel, womit Suur ebensowenig etwas anzufangeh weiss, wie 
Stratingh und Venema, und Bonewerda, ohne Zweifel Boen, als vor- 
handen namhaft und yerzeichnet die dort zu hebenden Gefalle. Es 
tragt aber noch heute die Niederung zwischen der Weenergaste und 
Mohlenwarf den Namen Poel, namentlich unfern Smarlingen das halb- 

J ) Erst 1579 ward ein Theil der kirchlichen Dotationsgrundstttcke fur Nen- 
dorp ansgeschieden and 1683 die Combination ganz gelSst COtusprotocolle n. a. 
arehivalische Quellen. 



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— 17 — 

feste Weideland bei Puttenbollen. Dann folgen, ohne dass die Gefalle 
beigcfiigt werden, die nicht wohl misszuverstehenden Namen Wynnamor 
(Wymeer), Hoghebunde, Holtgast , mit den undeutlichen Haxne und 
Huweghenborg , zunachst ebenfalls im ostfriesischen Reiderland zu 
suchen, letzteres hochst wahrscheinlich ein yeralteter Name ftir das 
heutige Kirchborgum. *) Dass der Official hier keine Gebuhren yer- 
zeichnet, kann leicht daher riihren, dass die Gemeinden zur Zeit 
zahlungsunfahig waren in Folge der Ueberschwemmungen. Denn nun 
folgen 21 Eirchspiele mit der Ueberschrift: ecclesiae vacantes, aqua 
depost submersae omnes, und nur zu einem Namen ist der Betrag 
der Abgabe notirt. Auch bei diesen Namen scheint mir die Reihen- 
folge wieder ungefahr die geographische zu sein, im Norden, hinter 
Torum etwas landeinwarts , anzuheben, dann in's ostfriesiche Reider- 
land hinein sich siidwarts zu wenden und hinter Bunde und Wymeer 
herum nach Westen und Norden zuriickzubiegen bis Reiderwolde. Da 
haben wir zunachst die iiberall als im Dollart versunken aufgefiihrten 
Namen : Stagestorp (Stokdorp), Zantorp (Zanddorp), Siweteswere (Ewits- 

weer), Haxnewalt (?), Katelmesincke (?), Utebert (Uiterbeerte), dann 
— — % 

*) Das Kirchspiel trug fruher kurzweg den Namen Borgum, es wird aber 
von Kettler in seiner Beschreibung des Amts Leer (Mscr. v. J. 1735, Cap. L, 
§ 66) berichtet, im eigentlichen Kirchdorf sei vor Zeiten eine Burg gewesen, deren 
Name Ummegaborg geheissen haben solle; nach dieser Burg dUrfte man 
zur Zeit des Pfarrregisters das Kirchspiel genannt haben (Borgum also abgekurzt 
aus Ummegaborgum), tlberhaupt Huweghcnborg nicht die richtige Lesart, sondern 
Humeghenborg dafttr zu lesen sein. Dass das Pfarrregister die Gebuhren aus 
dieser Parochie mit Stillschweigen niederzuschlagen scheint, lasst sich erklaren 
durch die grade bei Kirchborgum naheliegende Gefahr einer Vereinigung der 
Fluthen des Dollart mit denen der Ems ; in der Nahe von Kirchborgum soil 
sich vor Alters ein Emsarm abgezweigt haben (A rends Ostfr. u. Jever I., 
178 ff. u. 5.), und die Sicherung des Deichs machte nach B e n i n g a (Chron. 834, 
837) noch im 16. Jahrhundert viel Muhe. Es ist damit zusammenzuhalten eine 
von Pastor Harders zu Kirchborgum in 1725 aufgezeichnete Localttberlieferunjg 
(Act Consist): onze kerk heeft na een traditie der ouden voortijds gestaan niet 
Terre van Dryver, daar nu de Eems loopt, en nog een klein hoekje van het oude 
kerkhof is, nu de papen horn geheten. Harders wollte freilich die Verlegung 
der Kirche in's Jahr 1636 setzen, sttltzte sich aber dafur aUein auf den Um- 
stand, dass damals neue Fenster in die Kirche geschenkt worden ; sie fand gewiss 
viel fruher statt, und eben darum fehlt es an naherer Nachricht 



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- 16 - 

Dertzamewalt, ohne Zweifel im Ditzumer-Hammrich zu suchen, Wyne- 
dahaem, ein Name, der uns bei Ditzumer-Verlaat begegnet, wo die 
Wynhamster Landen, der Wynhamster Kolk und Wynhamster Klei 
bekannt genng sind (vgl. auch Arends' Erdbeschr. y. Ostfr. p. 275 ff. 
und die Papen'sche Karte), Gothorne (?), Krytzemewalt, jedenfalls mit 
Critzum zusammenzustellen , Kalentwalt (?), Bcdamewalt, noch heute 
vorhanden als Bonier-, richtiger Bemerwold, Upwolde St. Georgiwold, 
schon friiher und noch spater wie auch heute noch schlechtweg 't Wold 
und upt Wold genannt, endlich Oengum, wobei nur an Jemgum zu 
denken ist (Suur, Hftuptl. p. 10), vielleicht hat did Handschrift un- 
dentlich Gemgum; der Name lautete in fruherer Zeit Giminghem und 
noch im 16. Jahrhundert Gemmingen ; in 2 Urkunden yon 1456, also 
etwa gleichzeitig mit unserem Register, finde ich die Form Gemgum. 
Dann folgen noch die unbekannten Namen Stoth (?), Howengahoff, 
Howengahom, sehr wahrscheinlich in der Gegend von Nieuweschans zu 
suchen (Stratingh u. Venema p. 63), Megalzem (?), endlich Upreder- 
walt, Utrederwalt = Reiderwolde, und Rodendebord. Nur Marienchor 
fehlt, kann abet leicht in einem der andern Naiaen, etwa in Critzumer- 
wold, stecken. 

Ziehen wir das Resultat! Als der miinstersche Official um 1450 
etwa diese Aufzeichnungen machte, lag das Land so an : das Emsufer 
war bis fiber das heutige Reide hinaus yorhanden, dann auf der etwa 
Wybelsum gegentiber liegenden Strecke zerbrochen bis etwa Larrelt 
gegenuber, und setste sich von da an bei Berum und Nesse ohne 
Uflterbrechung bis Jemgum und Weener fort. Zwischen Osterreide 
und Berum abet lag das Land offen, und das Inundations -Gebiet des 
Dollart erstreckte sich in siidlicher und sudostlicher Richtung bis 
in's Westerwoldingerlaid und bis an Jemgum, Holthusen, Bunde, Wy- 
meer im heuiigen ostfriesischen Reiderland. Untergegangen war aber 
erst wenig, allem Anschein nach ein paar Dorfschaften in der Ge- 
gend, wo man allgeinein den Jansumer Deichbruch statuirt 1 ); allein 



*) Als verloren darften etwa die aus frttherer Zeit ziemlich sicher beglau- 
bigten Ortschaften: Wiveldaham mit der Tydwyndeborg — unterschieden von 
Wynham — , Oclccweer, Torpsum, Jansum, Liede, vielleicht noch einige andere, 
anzusehen sein; auch Palmar war seit 1447 untergegangen, oder wenigstena die 



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- (9 - 

die Lage des Inundationsgebietes war von der Art, dass die niedrig 
gelegenen Dorfer im Innern des Reiderlandes , und zwar nicht bios 
die hernach wirklich yerloren gegangenen, unrettbar aufgegeben waren 
(es mogen halligenartige Existenzen gewesen sein), sondern man sich 
auch keine Hoffhung machte, die Gegend yon Ditzumerverlaat, Bomer- 
wold nnd St. Georgiwold zu halten, ja selbst Jemgum schwebte in der 
aossersten Gefahr. Die D5rfer des Oldamts (Propstei Parmsum) er r 
schienen gesichert — wohl durch den 1452 yon Reide nach Finser- 
wolde gezogenen Deich. 

So pflegte man sich bisher die Lage des Landes am Dollart im 
15. Jahrhundert nicht vorznstellen ; aber die Angaben des Pfarrei- 
registers erhalten von alien Seiten Bestatigung. Von den aufgefiihrten 
flamen kommen selbst manche der unyerstandlich und unnachweisbar 
gewoTdenen schon einige Jahrhunderte Mher in neuerdings veroffent- 
Bchten Schriftstticken des Klosters Werden yor, sie sind also auch in 
der Form historisch, wenn auch vielleicht hin und wieder etwas ent- 
stellt oder unrichtig gelesen. 1 ) Es ist richtig, die am Emsufer ge- 

Gebaude abgetragen. Hinsichtlich der Zahl der ilberhaupt untergegangenen 
Ortschaften sowie ihrer Lage bleibt vieles vor der Hand noch unsicher. 

*) Crecelius, collectae ad augendam nominum propr. Saxon, et fri- 
siorum scientiam spectantes. I. Elberf. 1864, theilt axis dem 10. und 11. Jahr- 
himdert mehrere hierber gehftrige Ortsnamen mit : Hredi xind Hriedi, auch Hriadi 
p. 11, 14, 23 = Reide, Oster- und Westerreide ; Redi in Walda 11, 19 = Rei- 
derwolde, zum Untei*schied von Reide an der Ems ; F 1 e t u m scheint in 
Widufliathun p. 21 = Wig Flieta p. 11 zu stecken, womit Helagonu Fliathun 
p. 23 gleichbedeutend ist (wig, widu v. weihen); Wilinghem p. 22 = Wilgum; 
Nas, Nasse p. 20, 23 = Nesse (Nesserland) ; Burion p. ll = Bierum, in 
dieser Verbindung schwerlicb mit Creo# p. 82 auf Bttren in Gelderland zu be- 
ziehen; Siuuataras buueruia p. 11 = Siweteswere bei v. Ledebur ist Ewits- 
weer, und nicht mit Stratingh u. Venema (p. 31) auf Tysweer zu beziehen. 
Scagasthorpe p. 11 u. 22 = Stagesthorp bei v. Ledebur = Stokdorp; 
Winghem p. 22 = W y n h a m ; Otes thorpe = Utebeert bei v. Ledebur, entst. 
ta» Otes buurt = Uterbeerte (?); Uppan Walda p. 11, bei v. Ledebur Up- 
wolde = St. Georgiwold, es wird noch in der Jemgumer Chronik von 
Menno Peters (gegen Ende des 17. Jahrn.) ad ann. 1647 kurzweg 't Wold 
genannt; Beddinghem p. 22, 23, 24, allem Anschein nach unfern Giminghem 
(= Jemgum) zu suchen, mdchte ich fur B5merwold halten, es ware eben 
eine Contraction in Bedum, vollstandig Bedamewalt, anzunehmen, welches sich 

2* 



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— 20 — 

legenen, spater veriorenen Ortsch&ften standen noch lange nach dem 
Beginn des Einbruchs. Fletum dachte noch 1464 so wenig an sein 
Ende, dass es eine neue Glocke giessen liess (Hark., Oorspr. 229), 
Torum war noch 1507 ein Gerichtssitz, Wilgum kann auch unmoglich 
mit dem Einbruch bei Jansum gleichzeitig yerloren gegangen sein, 
wie man gewohnlich angiebt, es hatte noch 1437 eine befestigte 
Burg, die im genannten Jahre yon Edzard und Ulrich Cirksena ge- 
schleift wurde (Beninga 299), ja es waren noch nach der Weihnachts- 
fluth von 1717 Rudera von Wilgum vorhanden und dem damaligen 
Pastor zu Nesserland als solche bekannt. 1 ) Auch im Innern des 
Landes war noch Manches im 15. Jahrhundert vorhanden, was man 
gewohnlich als damals langst verloren betrachtet, so z. B. Pataar 
jedenfalls noch 1447, und Wynhani, wo noch etwa 1460 eine Haupt- 
lingsfamilie existirte. 2 ) Ebenso ist andererseits richtig, dass dieFluth 
in dem offen liegenden Reiderland bis tief in das heutige ostfriesiche 
Reiderland im 15. Jahrhundert eindrang. Beninga bezeugt (p. 420), 
man habe mit beladenen Schuten bei Holtgaste bis gegen Ende des 
Jahrhunderts anlegen konnen. Dann brachten aber die Hohenver- 
haltnisse des Bodens von selber mit, dass die benachbarten Dorfer 



im Pfarregister findet, ygl. auch BentmersyhJ =- Bedumersyhl (?). Von den 
nicht naher zu erklarenden Namen des Pfarregisters kommt p. 22 noch Haxne 
vor, auch Garun p. 22 lasst sich auf Garmie oder de Gare (Stratingh u Ve- 
nema 62 u. 92 Anm.), Hogseni p. 11 auf Haaksuni (ib. 31) beziehen. 

*) Nog is aantemerkeri, schreibt unterm 2. Oct. 1725 der Pastor Frauendorff 
zu Nesserland in einem Bericht uber Dcnkwilrdigkeiten in seiner Gemeinde, dat 
het Dorp Fletum ten westen van Nesserland zecr digt met zijne marken aan 
de tegenwoordigen huisen van Nesserland heeft aangeswettet , zoo dat nog deze 
uir een stukke land, waarop voor de naaste kersvloed nog twee huisen gestaan, 
den namen van Fletum voerd. Ten suidosten achter de tegenwoordige huisen 
word het uiterste Eijnde van het uiterdijksland (also ungefahr, wo nun die 
Schleuse liegt), nog de Borg genaamd. Midden door dit land strekt een op 
beide zijden wel beslote wagenweg, de Wilgumer weg nu nog bij ons genaamd, 
van het dorp Wilgum, int zuiden gelegen , waarvan men bij laag getij nog 
eenige rudera sien en kan. Emmius zahlt (descr. chor. 40) Wilgum mit unter 
die Ortschaften, die ad avorum fere menoriam pervenere. 

a ) Emm., Rer. fris. Hist. p. 395, Fya von Wynham, verm, mit Ailke von 
Uphusen, danach mit Victor Freese von Loquard, f 1545 (Beninga 739). 



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— 21 — 

Bomerwold u. s. w. in ganz solcbe kritische Lage kamen, wie das 
Pforreiregister angiebt. In Jemgum ist wirklich noch um 1496 von 
einer Verlegung des Elosters die Rede gewesen (Suur, Kloster 119). 
Hinsichtlich dieser Ortschaften baben sich die Befiirchtungen des Of- 
ficials nun freilich nicbt erflillt, aber es gereicht ihnen indirect zur 
Bestatigung, dass noch in der Folgezeit andere Gemeinden, fiir die 
er nicht furchtete, in Gefahr gerathen und verloren sind. Das Re- 
gister nennt Boen, welches langst kein Kirchspiel mehr ist. Sollte 
das nicht die Folge der Ueberschwemmungen sein? Es kennt noch 
eine Parochie Poel, deren Name noch in der Gegend, wo sie bestand, 
Yorhanden ist, und die Ueberlieferung an Ort und Stelle, bestatigt durcb 
eine andere vordem im Kirchenarchi? zu Weener vorhandene Aufzeich- 
nung aus dem 16. Jahrhundert (Arends, Erdbeschr. v. Ostfr. 238) *), 
wetes vom Untergang eines Dorfs oder gar einer Stadt zu berichten 
an der Stelle, wo nun noch der eigentliche Poel (Ptittenbollen), das 
m Emmius' Zeiten noch vie] ausgedehntere stagnum weneranum, exi- 
stirt, inmitten eines Erdreichs, das ganz genau der Beschreibung des 
untergegangenen bei Emmius entspricht und noch heute bei Deich- 
bruchen regelmassig unter Wasser kommt. 

Yersuchen wir, an der Hand der ermittelten Data uns nun ein 
Btld yon der Entstehung und Ausbildung des Dollart in den Grund- 
zfigen zu entwerfen, indem wir gleichzeitig anderweit feststehende 
Data damit zusammenfassen. 

Wenn auch feststeht durch glaubwiirdige gleichzeitige Berichte, 
dass das untergegangene Sttick Reiderland am Ende des 13. Jahr- 
hunderts von epochemachenden Ueberschwemmungen heimgesucht wnrde, 
namentlich im Jahre 1287, so ist doch gewiss, dass die Entstehung 
des Dollartbusens auf jene Zeit nicht zuriickzufiihren ist, weil das im 
Dollart untergegangene Land noch lange nachher existirte, langer, 
als es vermoge seiner physikalischen Beschaffenheit sich hatte halten 
konnen, ware es dem Einfluss von Ebbe und Fluth und Sturmen 



a ) Dass sie im Kirchenarchiv zu Weener vorhanden war, ist mir von Lenten 
bezeugt, die sie selber in Handen gehabt ; sie mag vielleicht znsammengehangen 
haben mit den chronist. Aufzeichnungen des Pastors Bnunmelkamp in Weener, 
deren Mohlmann in dem Artikel in der Ostfr. Zeitung erwahnt 



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— 22 — 

unbewehrt ausgesetzt gewesen. Wann die Zerstorung begann, lasst 
sich mit Sicherheit nicht behaupten, es hat aber viel Wahrscheinlich- 
keit fur sich, dass die Angabe Ernst Friedricb v. Wicht's, welche 
den Einbruch in's Jahr 1377, etwa gleichzeitig mit dem Einbruch 
der Leybucht und dem Untergange von Westeel, setzt, nicht weit 
fehlgreife. Ob sofort ein nennenswerther Landverlust eintrat, ist nicht 
bekannt, eben so wenig, ob die Fluthen zusammenfielen mit einem 
Durchbruch der Inseln an unserer Etiste oder mit einer gesteigerten 
Senkung unserer nordwestdeutschen Tiefebene uberhaupt; das aber 
wissen wir, dass gegen und bald nach 1400 das Deich- und Syhl- 
wesen in Reiderland, Westerwoldingerland und Oldamt allgemein als 
eine Lebensfrage verhandelt wurde, und man grosse Noth hatte, sich 
der durch die zerrissenen Deiche eindringenden Fluthen zu erwehren. 
Der eigentlich tragische Moment trat ein mit dem Jahre 1413. 
Dieselben Menschen, die mit Augen gesehen hatten, wie das Schwert 
ihnen liber dem Haupte hing, zerschnitten in blinder Leidenschaft 
den Faden, welcher es hielt. Derselbe Koppe Jarges, welcher im 
Jahre 1411 als Schiedsrichter mitgearbeitet hatte, dass das bedrohte 
Land sich einigte gegen die einbrechende See , beschloss zwei Jahre 
spater, in Gemeinschaft mit dem eben damals bei ihm weilenden, aus 
Emden vertriebenen Propst Hisko, sich an den Meereswellen einen 
Bundesgenossen zu verschaffen gegen seine Wider sacher r die Partei 
der Vetkoper. Tim dem Haupte derselben, Keno then Broek, einen 
todtlichen Streich beizubringen , verbrannte er einige Syhlen am rei- 
derlandischen Emsufer. Die Familie then Broek war im Reiderland 
begutert , wie man allgemein annimmt. Noch mehr schwnt mir der 
Streich gegen Focke Ukena gerichtet gewesen zu sein, in welchem 
Hisko und Koppe Jarges ganz richtig das Schwert Keno's erkannten. 
Focko hatte im Reiderland durch Heirath grossen Gruudbesitz erwor- 
ben, und es ist wol nicht zufallig, dass wir ihn mit gesteigertem 
Eifer gegen die Schiringer fechten und die Deicharbeiten am Dollart 
betreiben sehen. 1 ) Allein auch die Partei der Schiringer war im 

a ) Vgl. ausser Suur, HauptL p. Ill ff., 135, und Stratingh en Ve- 
nema, a. a. 0. 78 ff., noch Mnller, de antiquis Fris. Orient dynastis, 
Lugd. Bat. 1730, p. 61 u. 124. 



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— 28 — 

Beiderland und Oldamt stark begtitert; Hisko war Yerwandt und 
yerbundet mit der Hauptlingsfamilie yon Westerwolde, und zu ihnen 
stand auch Tidde Wynnenga mit seinem Anhang. Ihnen Qleiches mit 
Gleichem zu yergelten, brach Eeno auf und steckte seinerseits Reider- 
syhl und Oterdumersyhl in Brand. Die greifbare Noth erweekte kein 
Besinnen. Tidde Wynnenga, zur Hiilfeleistnng beim Deichen aufge- 
rufen, vermass sich hoch und theuer, eher einen Speer hoch sein 
Land tiberfluthen zu lassen, ate die Deiche wieder herstellen zu helfen I 
Wozu auch eine Selbsthulfe, die zugleich dem Feind das Leben ret- 
tete! Warum nkht Land und Leute in die Hand der schonungslosen 
Elemente fallen lassen, wenn man so zugleich der Gegenpartei einen 
todtlichen Streich versetzte! Der anarchische Bigensinn, fur den in 
Friesland so oft der Name der Freiheit zum Martyrer gemacht ist, 
hat sich im Dollart ein DenkmaJ ohne Gleichen geschaffen, der dra- 
matischen Behandlung wiirdiger als irgend ein Stoff aus der ostfrie- 
sischen Geschichte, dessen sich die Dichtung jemals bemachtigte. Noch 
ISO Jahre spater lebte der Name Tidde Wynnenga's im Hunde der 
Nachwelt; sein Verhangniss hatte ihn beim Wort genommen: wo seine 
Burg stand, etwa 2 Stunden grade sudlich gegeniiber Wybelsum, hatte 
man schon in den erstfolgenden Jahrzehnten die Hoffinung aufgegeben, 
das Land zu erhalten. Bei Legung des Deichs yon Beide siidwarts 
bis Finserwolde blieb Tidde Wynnenga ausgedeicht. Eine Prabende 
des Hosters Palmar fristete ihm seine letzten Lebensjahre (Stratingh 
and Tenema 317). Das Elend nahm grosse Dimensionen an. Es ist 
nicht andem, dass das 15. Jahrhundert yon den zerstorenden Fluthen 
yerhaltnissmassig verschont geblieben, wie Elopp will (L, 250); sie 
ergossen sich yon 1423 an Schlag auf Schlag, und insonderheit 
1428, fiber das often liegende Land (Stratingh und Venema 77 ff.), 
das ganz geschaffen war zu einer leichten Beute der wiihlenden Was- 
sermassen. Schwerlich machen wir uns eine richtige Vorstellung von 
dem damaligen Reiderlande, wenn wir es uns als eine reiche Marsch- 
gegmi denken. Einigermassen mag das zutreffen auf die am Ufer 
der Ems belegenen Dorfer und ihre Feldmarken, welchen die befruch- 
tende Einwirkung des Seewassers zu Theil geworden war. Aber das 
war ein schmaler Streifen; an den Ufern der durch Syhle abgesperrten 



— 24 — 

Ee und Tjamme war schwerlich Marschboden x ), und nach dem Innern 
zu ward das Erdreich dargiger und schwammiger. Emmius sagt, es 
zitterte unter den Hufen der Pferde, ja, unter den Fiissen eines auf- 
springenden Menschen — das ist in der Niederung bei St. Georgiwold 
und bei Piittenbollen noch heute wohl zu exemplificiren. Man begreift, 
welche Kolken hier das Meer zu reissen yermochte , wie tief landein- 
warts es seine Verwiistungen ausdehnen konnte. Schon 1418 sollen 
Ebbe und Fluth sich bis Blyham erstreckt haben; die Kolken und 
Lachen nahmen mehr und mehr die Gestalt eines Heerbusens an, der 
den Namen Dollart erhielt — seit wann und in welchem Sinne, ist 
nicht recht ersichtlich, Emmius meint a fluctuum rabie. 2 ) An der 



*) Prestel, der Boden der ostfr. Halbinsel etc., Emden 1870, p. 9 ff., 
74 ff., kommt zu dem gewiss richtigen Ergcbnisse, dass unsere Marschen niclit 
ausschliesslich, ja, nicht hauptsachlich ein Geschenk der Fltisse, sondern vielmehr 
. des Meeres sind. Entschieden zu glanzend ist das Bild , das A r e n d s , Erd- 
beschreibung 252 u. 6\, von dem untergegangenen Lande ausmalt; anders auch 
G U t h e , Braunschweig u. Hannover, p. 19. Sollten denn Ee und Tjamme aus 
dem Bourtangermoor andere Schwemmstoffe anbringen, als etwa das Wolthuser 
Tief aus dem Binnenlande mitbringt? 

2 ) Dass Emmius dem Namen einen erklarenden Zusatz beifilgt, scheint an- 
zudeuten, dass schon zu seiner Zeit die Benennung nicht ganz deutlich war. Er 
geht auf dtil, dol, in der Bedeutung zornig, zurilck; aber da der Meerbusen 
nicht durch plstzlichcs Eingreifen der wilden Wasser, spndprn allmahlich ent- 
stand, will mich seine Erklarung nicht recht befriedigen, zumal Emmius und 
seine Zeitgenossen in der Etymologie deutscher Namen nicht zuverlassig sind; 
ich erinnere nur an die Erklarung von wold durch silva. Dass der Name dul- 
lert, dollert, ursprilnglich ebenso wie Ee, Tjamme, Sype, appellative Bedeutung 
hatte, ist kaum zweifelhaft; er kommt noch vor in Flandern, unfern Sas van 
Gent, fur einen auch um 1377 und 1440 in ahnlicher Weise entstandenen Meer- 
busen, der spater der Braakman heisst (A rends, Nordseekuste I., 250). Ich 
findc nicht, wie dort der Name erklart wird; wenn ich aber recht unterrichtet 
bin, kommt noch im heutigen ostfr. Plattdeutsch einzeln dullert, synonym mit 
pallert, vor, als Bezeichnung eines niedrigen, sumpfigen, schwankenden und 
leicht uberschwemmten Landstrichs, woftlr anderwarts (vgl. G u t h e a. a. 0. 
p. 19) der charakteristische Ausdruck „Hangesack" ublich ist. Dullert kflnnte 
sonach auch, und zwar sachlich sehr bezeichnend, der Name des schwankenden, 
halbfesten Erdreichs resp. Landstrichs im Innern* des verlorenen Landes gewesen 
und auf das an seine Stelle getretene Watt resp. Wasser tlbergegangen sein. 
Sprachlich liesse sich meines Erachtens diese Auffassung wohl begrtlnden, wenn 



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— 25 — 

groningerlander Seite gelang es , yon Reide ab bis siidwarts nacb 
Finserwolde einen Damm zu legen, wo ein hoher Sandrticken den 
Wellen eine Schranke setzte; in das ostfriesische Reiderland drangen 
sie ror, bis wo ihnen die hohe Zange entgegentritt, die yon Diele und 
Stapelmoor aus nach der einen Seite bis Weener, nach der andern 
Seite bis Bunde und Bunderhee hinlauft. Ohne diese hatten die 
Ueberschwemmungen bei Diele und Yellage die Ems erreichen und 
leichtlich eine Verlegung des Plussbettes in eine nordwestliche Rich- 
tung zu Wege bringen konnen. Bei Jemgum und Kirchborgum drohte 
eine ahnliche Gefahr. Emmius meint, von den ersten Versuchen, auf 
ostfriesischem Boden der Yerwiistung Scbranken zu setzen, sei Kunde 
auf uns nicht gekommen ; vielleicht ist die oben schon theilweise an- 
gezogene Nachricht Beninga's von einer Eindeichung bei Holtgaste 
aber doch anders zu verstehen. Ich glaube, der Deich, durch welchen 
Graf Edzard die Geise bei Holtgaste den Wellen abgewann , ist kein 
anderer, als der noch heute unter dem Namen Mausedeich bekannte, 
der vom Jemgumer Kloster an Holtgaste vorbei bis an das Ende des 
Sandruckens bei Bunderhee hinlauft. Er scliutzte und rettete ein 
grosses Stuck von Reiderland. Wann der alte Deich von Bunderhee 
bis Pogum gelegt ist und von Bunde an Boen und Wymeer voriiber 
sudwarts nach der Boener Schanze zu, ist nicht sicher, man meint, 
im 16. Jahrhundert (Arends, Nordseekiiste L, 345). Sollte man 
aus dem Stillschweigen des Deichrechts Edzard's des Grossen von 
1515 in Betreff der reiderlander Deiche schliessen diirfen, dass 
es schon damals, wie an der Geise und bei der Leybucht, so 



man statt auf das Adj. dol, dttl auf das Subst, dole, doile = Senkung, Niede- 
rung, Loch, zurttckgeht (vgl. Grimm, deutsch. Wftrterb. s. v. u. bes. die Be- 
merkung y. Wicbt's zum ostfr. Landrecht, p. 586), cf. das heutige delle, delft, 
delven ; dollert also - Niederung und als solche feuchtes, sumpfiges Land, oder 
auch Land, wo man leicbt einsinkt — besonders aber, wenn man als Zwischenglied 
ein Verbum dollen (vgl. das holl. dalen), freq. dollern (sich oft und leicht heben 
Bud senken, schwanken) statairen dUrfte, danacb dollert = halbfcstes, leicbt in 
schwankende Bewegung gebracbtes Erdreich, woftlr anderwarts Hangesack, Gynge, 
Schaukel als tecbnischer Ausdruck gebrauchlicb ist. Die Wortform ist bekannt- 
licb dem ostfr. und groningerl. Piatt sehr gelaufig, man vgl. etwa puffert, blaf- 
fert, stipert, hoUert 



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- & - 

auch von Pogum bis Bunde ihm gelungen war, das Land zu 
schliessen? 

Btwa mit dem Jahre 1509 trat die Dollartbildung wieder in ein 
neues Stadium. An der groningerlander Seite brach siidwarts Reide 
der sogenannte Gaddingehorn ein, und immer neue Strecken mussten 
ausgedeicht werden; der Heerbusen gewann eine weite westliche Bucht 
in's Oldamt hinein, wie er sie vordem nach Osten hin in Ostfriesland 
sich gebrocheu. Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen gelang es 
erst gegen die Mitte des Reformations -Jahrhunderts zu, seinem wei- 
teren Tordringen dauernd Einhalt zu than, worauf dann in Kurzem 
die Wiedereroberung des eingebiissten Terrains begann. Ostfriesland 
kam in dieser Periode noch schlimmer weg. Das Emsufer, welches 
bisher von Nesse bis Torum und Pogum noch Stand gehalteu hattc, 
ging zu Grunde; Tiefe und Gewalt des Wassers waren nach dem 
Zeugniss der Zeitgenossen unter Emderland so gross , dass man im 
Groningerland mit 10 Gulden mehr Deicbarbeit ausrichten konnte, 
als hier mit 50 (Stratingh u. Tenema 320). Nach einer Mittheilung 
Harkenroht's (zu Ben. Chron. p. 602 ff.) aus den Rechnungsbiichern 
der Grossen Kirche zu Emden mussten you 1509—22 vom Grund- 
besitz dieser Kirche allein 64 Grasen zum Deiche abgegraben und eine 
betrachtlicbe Anzahl gfinzlich aufgegeben werd«n. Es ist, als batten 
die Wellen Rache gesucht an der Stadt des Propstes Hisko, dessen 
Fehde ihre Verwiistungen vor 100 Jahren in den Kampf gerufen hatte: 
da das Emsufer bei Torum und Wilgum yerloren gegangen war, 
fanden die Fluthen ungehindert ihren Weg von Pogum hinter Nesse 
siidlich vorbei, und damit begann die ftir Emden so verhangnissvolle 
„ Verlegung des Flussbettes von Pogum gerade auf Wybelsum los, welche 
die Stadt von 1583 an in fast 50jahrigem, ktihnem, aber vergeblichem 
Ringen 1 ) abzuwenden suchte, und eben damit die Umgestaltung des 
Emsbettes von Pogum bis Reide in einen Schlieksumpf, dessen lahmen- 
der Einfluss auf Handel und Schifffahrt schwerlich eher beseitigt sein 
wird, als bis es gelungen ist, dem Dollart seine ganze vormalige 
Beute wieder zu entreissen und das linke Enlsufer von' Pogum bis 
Reide eben s o fest zu bedeichen, wie das gegeniiberliegende rechte. 
^Losing, Gesch. der Stadt Emden p. 175 ff. 



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Bin Vortrag fiber die Srab-Uraen der heidnischen Voraeit, 

ankniipfend an Harkenroht's Bericht fiber die im Jahre 1780 

bei Larrelt ausgegrabenen Union. 

Uleichwie wir der Familie Harkenroht 1 ) viele Specialitaten der ost- 

friesischen Geschichte verdanken, so hat Einer yon ihnen uns auch einen 

besonderen Bericht hinterlassen liber die Grab-Urnen, die bei Larrelt 

ausgegraben wurden, als man im Jahre 1720 einen neuen Deich statt 

ies in der Weihnachtsfluth von 1717 vernichteten legen wollte. 

Isebrand Eilard Harkenroht, damals Prediger in Hinte, hatte die 
aasgegrabenen Urnen bei seinem Oheim in Larrelt gesehen, auch den 
Fuudort naher untersucht, und sah sich veranlasst, fiber diesen anti- 
quarischen Gegenstand tiefere Studien zuzulegen und die Resultate 
seiner Forschungen dem Oheim brieflich mitzutheilen , und zwar in 
lateinischer Sprache. Letzterem waren diese Hittheilungen hochst 
willkommen. Er lobt und empfiehlt sie in den „Oorspronkelijkheden u 
und meldet daselbst, dass er sie seiner Druckschrift fiber den „Kers- 
yloed* beigefiigt babe und dass diese Epistel auch besonders in Utrecht 
gedruckt worden sei. So ist sie denn in doppelter Ausgabe uns er- 



*) Drei Harkenroht, sammtlich Prediger, waren damals gleichzeitig 
im Dienste der reform. Kirche unserer Provinz. Eilard Volcard, bis 
1714 in Hinte tmd von da an bis zu seinem Tode in Emden, der sich nament- 
lich dnrch Heransgabe der Beninga'schen Chronik um die vaterlandische Ge- 
sohichte grosse Verdienste crwarb. Dessen Bruder, Jacob Isebrand, war 
1712— 1722 Prediger in Larrelt, dann aber Prediger und Kector in Appingadam, 
gest. 1737, der Verfasser von „Ostfrieslands Oorspronkelijkheden 44 , „Emdens 
herderstaf", „Ostfr. kersvloed" u. a. m. Der Sohn des Erstgenannten, Isebrand 
Eilard, seines Vaters Nachfolger in Hinte bis 1721, wnrde nachher Prediger 
und Sector in Hinlopen und Hurlingen, starb 1770. 



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— 28 - 

halten geblieben unter dem Titel: Jsebrandi Eilardi Harkenroht, 
ecclesiastae Hintani, dissertatio epistolaris de busto Lharledano, ad 
reverendum Dominum Jacobum Isebrandi Harkenroht, ecclesiasten 
Lharledanum." Die beigefiigte Abbildung einer Ascheii-Urne wurde 
nach genauer Besichtigung und Messung angefertigt von dem da- 
mals mit dem Deichbau beauftragten hollandischen Ingenieur Anemaat, 
einem Manne, der nach Klopp's Zeugnisse sonst fur das schwere 
Geld, welches ihm bezahlt werden musste (f. 12. tagKch), wenig ge- 
leistet hat. 

In echt Harkenroht'scher Schreibart ist diese Dissertation in 
Briefform abgefasst, voll grundlicher Beweisfiihrungen aus der Has- 
sischen Literatur sowohl, als aus der Bibel, dabei gelegentliche Ab- 
schweifungen auf heterogenes Gebiet, gerade wie bei dem Verfasser der 
„Oorspronkelijkheden", der garhaufig dieRedensart gebraucht: ,hierbij 
valt mij te binnen", und dann sich ergehen lasst in Sachen, deren 
Zusammenhang mit dem Gegenstande seiner Beschreibung schwer zu 
ermitteln ist. 

„Ueber die Thon-Urnen" , so lautet der Anfang des Briefes „an 
den hochgeehrten , sehr gelehrten Herrn Jac. Isebr. Harkenroht, den 
besten und geliebtesten Oheim" , „iiber die Thon-Urnen, welche neuM 
in grosser Anzahl ausgegraben wurden auf einem Stticklande bei Lar- 
relt, wo endlich die Spatengelehrten den neuen Deichbau im Schweisse 
ihres Angesichts betrieben, mochte ich mich mit Dir brieflich unter- 
halten als iiber nicht zu iibersehende Reste und Denkmaler einer alten 
Zeit, in welcher die Leichname der Verstorbenen verbrannt wurden, 
auch in unserem Chaukenlande." 

Der Anfang geht also sogleich zur Sache. Aber es ist dem 
Verfasser nicht moglich, bei Erwahnung des Wortes Larrelt die Ety- 
mologie zuriickzuhalten. Er bemerkt, leda, leyde bedeute Wasser- 
leitung nach Eilian, Her oder Har dffentlich oder allgemein 
nach Becanus, also Her- oder Harlede allgemeine Wasserleitung, 
das Sieltief, an welchem Larrelt liegt, wie Jennelt abzuleiten sei von 
gent = schon und lede, hollandisch Frarije waterleiding , wenn man 
nicht vorziehe, die erste Sylbe in Larrelt, Har oder Her, fur den 
Eigennamen eines Hauptlings und die erste Sylbe in Jennelt ftir die 



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— 29 — 

Benemrang einer Gans zu halten. Wir wiirden uns dabei beruhigen, 
wenn der Verfasser nur nicht den ersten Buchstaben des Wortes ganz 
ausser Acht gelasseD oder vielmehr stillschweigend L als den franzo- 
sischen Artikel aufgefasst h&tte =- l'Harlede. 

„Solche Urnen K , schreibt er weiter, „sind auch vor 21 Jahren 
bei Jennelt gefunden, deren eine ich in Deiner Raritaten-Sammlung 
ofter sah." Ebenso bei der Oldersumer Mtihle und anderwarts. „Dass 
nan die alten Germanen, zu denen die Chauken gehorten, so lange 
sie im Heidenthum steckten, ihre Todten verbrannten, bedarf keines 
naheren Beweiseg, da Tacitus es ausdriicklicli behauptet. Oftmals 
aber habe ich, gemtithlich mein Pfeifchen rauchend (ad fumum Nicotia- 
nae mecum revolvi), dariiber nachgedacht, wie diese Urnen in solcher 
Menge nach jenem Stucklande bei Larrelt gekommen, und bin nun 
4er Ueberzeugung geworden, dass dasselbe ein Bustum gewesen, d. h. 
ein Ort, wo die Leichen verbrannt und begraben wurden." 

Diese Ueberzeugung wird dann damit begrundet, dass das Stuck- 
Jand bei Larrelt ein hoch gelegenes, eine griine Wiese, vom 
Dorfe durch den erforderlichen Raum getrennt, an einen offentlichen 
Weg grenzend (daher das haufig yorkommende Sta viator auf den 
Grabschriften) , gewesen sei, welches Alles ubereiustimmt mit Virgil 
Herodot, Cicero u. A. m., sowie mit verschiedenen Bibelstellen. 

Die gefundenen Urnen werden dann weiter beschrieben. Sie 
lagen drei Puss unter der Oberflache, wurden meistens durch die 
Spaten der Arbeiter Terletzt und in Scherben verwandelt. Etliche 
aber blieben unyersehrt, yerschieden nach Grosse, Gestalt und Farbe, 
sammtlich aber von gleichem Stoffe, naralich von argilla, Topfer-Erde. 
Die abgebildete war die grosste. 

Aus Virgil u. A. wird dann nachgewiesen , dass es fur Piirslen 
und Angesehene Urnen von Gold, Silber, Kupfer und Marmor gab; 
die Larrelter waren sammtlich von Thon (fictiles). Die Chauken 
lebten ja nach Plinius vom Fischfang und werden schwerlich grosse 
Schatze gesammelt haben, verachteten auch nach Tacitus den Luxus 
bei Leichen und errichteten Graber von Rasen. Die grosseren Urnen 
werden fiir Familienvater oder fiir die Angesehenen des Yolkes be- 
8timmt gewesen sein. 



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Die Far be betreffend waren einige schwarz un<I schWSrzlich 
(subnigrum), andere roth, eine nur weisslich, wahrscheinlich die Urae 
eines ansehnlichen Mannes. 

Die Form betreffend. Einige waren langlich und eng in Rohre 
and Miindung; bei anderen erhebt sich der Rand, so dass der Bauch 
weniger anschwillt, wie es bei noch anderen mit einer glatten Ober- 
flache der Fall ist. Die Oberflache war bei einigen gestreift (striata) 
und gedrechselt (tornata). 

Die Best immung der Urnen war Bergung der Ueberbleibsel 
verbrannter Leichen. „Daran kann Niemand zweifeln, der einiger- 
raassen gewitzigt ist. a In einer kleinen Urne wurde rothe Asche 
entdeckt. Diese Farbe muss wohl durch das Schmelzen der kleinen 
Korallen entstanden sein , denn in einer grossen Urne wurden rothe 
Korallen gefunden, unverletzt, da sie ihrer Grosse wegen der Macht des 
Feuers widerstanden. 

Nun folgt eine ausfiihrliche Auseinandersetzung liber die Korallen 
als Schmucksachen nicht allein, sondern namentlich als Amulete, als 
Schutzmittel wider jegliche Gefahr. Als Zaubermittel trugen die alten 
Heiden rothe Korallen urn den Hals, und wenn der Apostel Paulas an 
die Galater schreibt: „(), Ihr unverstandigen Galater, wer hat Euch 
bezaubert, dass Ihr der Wahrheit nicht gehorchet?" (3, 1), so giebt 
dieses Apostelwort dem Verfasser Veranlassung zu einem 5 Seiten 
langen, kritischen, exegetischen Excurse, den wir aber mit Still— 
schweigen auf sich beruhen lassen wollen. 

Weiter fand man in einer Urne unter der Knochen- und Holz- 
asche ein Stuck eines kleinen Ringes yon Eichenholz. Ein Finger- 
ring kann es nicht gewesen sein, denn er war zu klein fiir Harken- 
roht's kleinsten Finger. Hehr Wahrscheinlichkeit hat es, dass der 
Ring zum Haarputz gedient habe. 

Folgt wieder eine ausfiihrliche Betrachtung des Haarputzes bei 
den Germanen mit Anfiihrung der betreffenden Stellen aus Tacitus, 
Seneca und vielen Andern, deren Schluss also lautet: „Der kleine 
Ring aus Eichenholz konnte dazu dienen, das Haar in einen Knoten 
zusammenzubinden , wie die Haarflechterinnen noch heutzutage die 



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- 81 - 

zusammengeknoteten Haare unserer Frauen zu einer Coronula, hollin- 
disch kroontje, gestalten.* Ein Stuckd iinnes Metall (lamina), daneben 
gefunden, scheint ebenfalls zum Haarflechten gedient zu haben. Har- 
kenroht halt es fur eine Nadel, ob von Gold, Silber oder Messing, 
das iiberlasst er der Untersuchung yon Sachkundigen — ein sog. Ca- 
lanristrum, womit die Haare gekriiuselt wurden. 

Endlich erwahut er zweier Z&hne, die neben der weissen Urne 
lagen. Es sind keine Menschen-, sondern Pferdezahne, und zwar ein 
Spitzzahn 1(caninus) und ein Backenzahn (molaris). Nach Tacitus 
wurde bei Einigen auch das Pferd auf den Scheiterhaufen gelegt. 

Damit konimt Harkenroht zum Schlusse, entschuldigt die Lange 
des Briefes, zweifelt nicht an einer nachsichtigen Beurtheilung und 
empfiehlt sich als einziger Neffe (nepos) seinem hochgeehrten Oheim. — 

Dieser Urnenfund bei Larrelt wurde' damals und auch lange 
darnach als ein wichtiges Ereigniss betrachtet, das nicht bios die 
flarienrothe, sondern auch die iibrigen namhaften Historiker Ostfries- 
lands in ihren Druckschriften erwahnen: Punk z. B. in seiner Ostfr. 
Chronik. B Wer weiss a , fugt er hinzu, „wie viel dergl. Urnen hin 
und wieder aus der Erde gegraben, aber weggeworfen wurden, ohne 
dass man sich um deren Beschaffenheit bektimmerte." Frese weiss 
noch andere Ausgrabungen Ton Urnen zu erzahlen in der Hohle Ren- 
keberg, Amts Leer, in den .hoogen Bargen tf bei Sandhorst; aber die 
bei Larrelt steht obenan. Auch Wiarda lasst dieses Ereigniss nicht 
unerwahnt. 

Es ware gewiss zu wiinschen, dass in unseren Tagen ein Har- 
kenroht in Larrelt lebte. Denn das Stuckland, in dem vor 150 Jahren 
so viele Urnen und dazu gehorige Sachen gefunden wurden 1 ) — es 
war nicht das einzige Bustum dieses Dorfes. Lag dieses im Westen — 
auch im Norden, und zwar jenseits des Tiefes auf einer sog. Wierde, 
mem ebenfalls hohen Stticklande, hat man vor etlichen Jahren beim 
Wiihlen wieder eine grosse Menge solcher Antiquitaten ausgegraben. 
Mit einigen anderen Mitgliedern unserer Gesellschaft bin ich selbst 



*) Nach den Oorspronkelijkheden die 20 Grasen des Jan Roelefs van Hoorn 
hinter der Mtthle. 



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— 32 — 

Augenzeuge davon gewesen, wie die ausgegrabenen Scherben da auf 
der Oberflache herumlagen und in den Randern des Wiihlschloots zum 
Vorschein traten, und zwar in Stroh- und Diingerschichten. Der Be- 
sitzer des Landes 1 ) zeigte uns in seinem Hause auf dem Boden einige 
wohlerhaltene Exemplare yon Urnen, Waffen, Gerathen u. s. w., die 
er fur sich bewahrte ' und davon er uns fiir unsere Antiquitaten- 
Sammlung Einiges schenkte. 

Auch bei Loga auf dem sog. Papenakker sind vor etlichen Jahren 
einige gut erhaltene Urnen gefunden. Wir besitzen davon ein grosseres 
Gefass mit weiter Oeffnung und Henkel, gefiUlt mit den dabei gefunde- 
nen Knochenresten , eins mit durchbohrtem Ohr — ein Napfchen — , 
eine kleine Aschen-Urne und eine kleine spitz zulaufende Schale, 
wahrscheinlich als Lampe gebraucht. 2 ) Solche Denkinaler des Alter- 
thums birgt demnach der Boden Ostfrieslands, sowol in der Klei- als 
ih der Sandgegend. 

Unser Nachbarland im Osten, das Grossherzogthum Oldenburg, 
enthalt aber dieselben in grosserer Zahl, namentlich in der Gegend 
yon Wildeshausen. Die Herren Oldenburg und Greverus haben 1837 
eine Broschtire herausgegeben mit dem Titel: „ Wildeshausen in 
alterthiimlicher Hinsicht", hochst wichtig zur Belehrung iiber die 
sog. Hiihnengraber oder Steindenkmaler sowohl, als iiber die eigent- 
lichen Todtenhugel, worin die Aschen- Urnen mit ihren Zuthaten bei- 
gesetzt wurden und die unser Harkenroht Bustum nennt. Nach 
Harkenroht's Zeit haben Manche auf diesem specicellen Gebiete der 
Antiquitaten mit Erfolg gearbeitet, geforscht und geschrieben. Der 
historischen Vereine giebt es heutzutage eine grosse Anzahl im deut- 
schen Vaterlande, und alle rechnen die Urnen der heidnischen Vorzeit 
zu den Gegenstanden ihrer besonderen Aufmerksamkeit. Auch unsere 
Gesellschaft besitzt eine nicht unbetrachtliche Anzahl von grosstentheils 
in Ostfriesland gefundenen Aschen-Urnen nebst den dazu gehorigen Thon- 
gefassen und Beigaben. Vergrosserung dieses antiquarischen Schatzes 
ist fortwahrend Gegenstand unseres Forschens und Strebens. 8 ) 

2 ) Laudwirth Bohlen in Larrelt. 

a ) Geschenke der Fran Commerz-IU Reemtsma hieselbst. 

8 ) Das jilngste Exemplar unserer Sammlung stammt aus Wybelsum. 



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— 88 - 

In unserer Gesellschafts-Bibliothek findet man manche literarische 
Mittheilungen , Berichte, Monographien, betreffend Urnen imd damit 
Zusammenhangendes, u. A. : Johann Traugott Schneider, Beschreibung 
der heidnischen Begrabnissplatze zu Zilmsdorf in der Oberlausitz, mit 
Tafeln; besonders aber verdienen die Mittheilungen der Zuricher Ge- 
sellschaft fur vaterlandische Alterthiimer die Aufmerksamkeit derer, 
die sich fiir den fraglichen Gegenstand interessiren. In dem 12. Hefte 
yon 1848 findet man eine sehr instructive Beschreibung der helveti- 
schen Heidengraber und Todtenhiigel nebst allgemeinen Bemerkungen 
daruber yon Ferdin. Keller, Alles illustrirt durch sehr saubere und 
genau ausgefuhrte Abbildungen. In den ubrigen Vefeinsschriften, die 
uns regelmassig zugesandt und in unserer Bibliothek bewahrt werden, 
v«ird ohne Zweifel dieser Gegenstand nock mehrfach vorkommen. 

Es sei mir gestattet, liber die Grab-Urnen im Allgemeinen 
nun nodi in aller Kurze folgende , aus den genannten Producten der 
neaeren Literatur geschopfte Notizen hinzuzufugen. 

Das Alter betreffend, ist nur ein Minimum der Jahrhimderte 
festzusetzen , indem das Verbrennen der Leichen, bei alien germani- 
schen Volkern ublich, mit der Einfuhrung des Ghristenthums aufhorte. 
Sind nun die Alemannen, Pranken, Burgunder und andere Stamme 
des Siidens etliche Jahrhunderte friiher Christen geworden, als die 
nordlichen Friesen und Sachsen, so sind selbstredend ihre jungsten 
Urnen auch urn so yiele Jahrhunderte alter, als die unsrigen. Die 
unsrigen werden indess auch schon ein Alter haben yon wenigstens 
11 Jahrhunderten. Den zum Christenthume bekehrten Sachsen wurde 
yon Karl dem Grossen das Verbrennen ihrer Leichen bei Todesstrafe 
verboten und zugleich die Beerdigung auf Kirchhofen und nicht ad 
tumulos paganorum (auf den heidnischen Grabhiigeln) befohlen. 1 ) Der 
Gebrauch der Leichen -Beerdigung verwuchs uberall im Christenthum 
sehr bald mit dem Mrchlichen Leben und hatte wohl yorziiglich in 
den gesetzlichen Bestiramungen des alten Bundes seinen Grund, da 
bei den Juden das Verbrennen der Leichen als eine infamirende 



x ) Pertz fuhrt in seinen Monumentis Germaniae dies Capitulare vom 
Jahre 785 an. 

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- u - 

Strafe gait, Oder doch nur dureh besondere Umstande, in Pest- und 
Kriegszeften, ate gebotetf cfrschien. 

Did Gtablegtmg der fceiehen schernt aber den Germanen nmh 
nicfat tmbekatrat gewesen. Man findet m den Grabhtigeln neben raid 
uhter den Urnen tticht selten vollstandige Gerippe. Namentlich sofien 
die Hiirteffgrafcer , die aber wahrscheinlich aus yorgermanischer Zeit 
staittmetf, sehr oft mensehliehe Skelette bedeeken, und wenn Urnen 
dartinter zum Yorschetn kotoffien, so warden dieselben dort vieHeicht 
spater Beigfesetzt, weft die eolossalen Steinmassen sehon von Alters 
her als BegrabnisspKte gatten. In den sehweizerischen Grabhtigeln 
findet matt haufige Beisptete yon Grablegtng. Die Leiehen wurden in 
Kleidern in die Ef ete gelegt ntid mit einer Uffiz&mung yon Flintsteinen 
versehen in der FcMn eines Grabes. Yon Safgen ist in den Heiden- 
grabeni ni* eine Spur z«m Yorschein gekommen. Solche Bestattung 
mit unverbranntem E&rper wird fur alter gehalten, als tie mit ver- 
branntem Korper in Uvnea» 

Betreffiend die Bestimmung der Urnen ist zu bemerken, 
dass keineswegs alio zur Aufbewahrung der Asche dienten. Die 
Ascken- Urnen, worin die Asche nebst kleinen Knochen- und liok- 
Iwttenresten betfahrt wurde, sind in den Grabhtigeln gewohnlich um- 
gtben yon andern Thongeiasseu, kleimen Trinkschalen und Bechern, 
Schtisaeln und Tellern. Man hat gemeint, dass diese Gefasse zur 
Aufhahme yon Lebeosmitteln, namentlich flussigen, bestimmt gewesen 
s*ien und dass man den Abgeschiedenen fur die Wanderschaft in das 
Jenseits nut seinen Liebknpgetranken in rekhem Masse yersorgt habe. 
Nach Aaderen aber sind sie als Weihgeschenke zu betrachten, die 
ohne Iftbalt neben die Todten gestellt wurden. Letztere Ansicht ist 
gewiss da die richtige, wo die Schalen nicht nebeneinander, sondern 
ineinander* die kleineren in die grosseren eingesenkt, yorgefunden 
werden, so dass fur feste oder fliissige Speise kein Raum tibrig blieb. 
Eine kleiue Scheie, die haufig vorkommt, verdient noch Erwahnung, 
die Q&oa&h, welche, mit einer Ausgussrinne versehen, als Lampe 
scheint gedient zu haben. Auch Thranen-Napfchen werden von 
Einigen erwahnt 

Wie die Harkenroht'schen • sind alle Thongefasse aus Top for* 



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erde, und zwar aus ungereinigtem Letten yerfertigt. Yon goldenen, 
silbernen und Urnen aus sonstigem Metall, wovon Harkenroht spricht, 
finde ich bei keinem der iibrigen Scribenten Erw&hnung gethan. Die 
altesten wurden nach Ansicht der Sachverstandigen aus freier Hand 
geformt, wie die Unregelmassigkeit der Gestalt deutlich beweist. An- 
dere, z. 8. die tellerartigen Gefisse, sind aufeinerForm ausgear- 
beitet, wie aus der geometrisch richtigen Gestalt der inneren Seite 
hervorgeht, wahrend die aussere Seite unregelmtesig erscheint. Die 
Mehrzahl aber ist unter Anwendung der Topferscheibe gefertigt 
worden, und zwar mit einer ausserordentlichen Geschicklichkeit, die 
Topfer yora Fache nocb beute bewundern. Es giebt auch Urnen mit 
ktostlichen Yerzierungen, meistens in die Schale eingedruckt oder 
e'mgeschnitten, selten erbaben. Die yertieften Ornamente bestehen in 
Punkten oder Grubchen, welche, mit einem spitzigen Instruments oder 
gezahnten Radchen gemacht, am Halse der Gefasse in horizontalen 
Reihen yorkommen, oder in Strichen und Furchen, welche bald eine 
senkrechte, bald eine wagerechte Lage haben, auch wohl im Zickzack 
gebrochen oder in der Form yon Dreiecken zusammengestellt sind, 
oder endlich in Kreisen, Halbkreisen, Schlangenlinien. „Merkwurdig tf , 
schreibt Keller, w dass man nie Abbildungen eines Gegenstandes aus 
der Natur, z. B. Blatt, Blume, Thier, auf den Gefassen indet, ebenso- 
wenig eine Spur von Schriftzugen.* Alle GrabgefSsse sind unglasirt, 
dur chdringlich , nicht in Brennofen, sondern entweder bios an der 
Sonne oder in der Gluth dej Feuers gehartet; daher nicht wenige 
auf der einen Seite ziemlich hart, auf der andern weich befunden 
werden. 

Ausser den oben erwahnten thonernen Weihgeschenken werden 
yiele andere Mit gab en in und neben den Aschen- Urnen entdeckt, 
wie die Harkenroht'sche Broschure deren etliche namhaft macht. Die 
schweizerische Mittheilung ordnet solche Mitgaben nach dem Stoffe, 
loraus sie gebildet sind. Aus Enochen findet man: Pfeilspitzen, 
Ringe,.Kamme — letztere kommen hanfig yor — ; aus Stein: 
Meissel, die mit holzernen Handhaben gebraucht wurden, Lanzen und 
Pfeilspitzen, Schleudersteine , Feuersteine u. s. w.; aus Erz: Streit- 
keile, Messer, Hammer, Sicheln, Dolche, Schwerter, Scheeren, Fisch- 

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- 36 - 

angel, Nadeln, Heftnadeln und Ringe, und zwar Ohr-, Hals-, Arm-, 
Finger- und Fussringe, Kettchen, Schnallen, Spornen, Schliissfel, Amu- 
lette, letztere mit einem Oehr oder Hakchen versehen, womit sie an 
das Heid befestigt wurden. Die Mitgaben aus Eisen gehoren einer 
spateren Zeit an, als die eben erwahntcn, und wurden den ehernen 
nachgemacht. Die Gegenstande aus Eisen haben indessen am meisten 
durch den Einfluss auflosender Agentien gelitten. Die Oxydation ist 
namentlich bei kleineren Gegenstanden fast bis zur ganzlichen Zer- 
storung fortgeschritten. Aus Gold und Silber nur Miinzen, Finger- 
ringe, Heftnadeln und Knopfe. Glasperlen, sowie Bernsteinperlen 
gehoren zu den haufig vorkommenden Schmucksachen. Ohrgehange 
aus K or all en und durchbohrten Muscheln werden ebenfalls zur 
Zierde gedient haben. Ob die gefundenen Eber-, Wolfs- und Hunde- 
Zahne als Werkzeuge oder als Amulette zu betrachten sind, ist 
unentschieden. 

Yon den Mitgaben gilt im Allgemeinen, was Keller 
schreibt: „Alles, was den Lebenden lieb und tbeuer war, sollten die 
Todten auch im kunftigen Zustande nicht entbehren." Der Krieger 
erhielt seine Waffen, der Ackerbauer seine Gerathschaften, der Jager 
seine Spiesse und Pfeile, der Fischer seine Angeln u. s. w. Das Grab 
eines Kindes wurde mit Elappern und anderem Spielzeug ausgestattet 
Die Bestattenden waren also von dem Glauben durchdrungen , der 
Hingeschiedene werde jenseits in dieselbe Lebensweise, in dieselben 
Verhaltnisse eintreten, in denen er sich hier befand, und es sei Pflicht, 
ihn mit Allem, was er bedlirfe, auf's Gewissenhafteste auszurusten. 



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Kurze Geschichte der franzSsisch reformirten Kirche 
in Emden. 

Quellen: 1) Simplex et fidelis narratio de institute ac demuin dissipata 
Bclgarum aliorumque peregrinorum in Anglia ccclesia et 
potissimuin de susceptis postea illius nonine itineribus 
quaeque eis in illis evenerunt — per Jolianncm Uten- 
hovium Gandavuin. . Basileae, 1560. 

2) Reformations -Jubel- Rede nebst Geschichte der franzftsisch 
reformirten Kirche in Emden — von Ph. J. Wenz. Em- 
den, 1819. 

3) Die Protokolle und Acton der Kirche. 

Die Geschichte der franzosisch reformirten Kirche in Emden ist 
fur die Bewohner der Stadt und der Provinz von nicht geringem In- 
teresse — und zwar nicht nur, weil sie, gestiftet im Jahr 1554, 
eine der altesten von alien wallonischen Gemeinden im Auslande ist, 
sondern audi, weil sie, zumal in den ersten Jahrhunderten ihres 
Bestehens, mit der Geschichte der Stadt in so vielfacher Beriihrung 
gestanden hat. Zu ihren Mitgliedera gehorten viele der einflussreich- 
sten Manner, hochgestellte Beamte, Mitglieder des Magistrats, Kauf- 
leute, die durch Unternehnmngsgeist und namentlich durch mildthatige 
Stiftungen, die sie in's Leben riefen oder zu fordern suchten, zum 
Wohl der Stadt wesentlich beigetragen haben. 

Doch das ist es nicht allein, was das Interesse fur diese Kirche 
in Anspruch nimmt. Bine ungleich umfassendere und hohere Bedeu- 
tung gewinnt die Geschichte derselben, wenn man hinblickt auf die 
wichtigen kirchenhistorischen und politischen Ereignisse, 
die ihrer Entstehung zu Grunde lagen, auf die Verfolgungen , denen 
die Stiftor derselben ausgesetzt waren, auf den Heldenmuth, der sie 



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— 38 — 

beseelte, auf die Bereitwilligkeit, die sie an den Tag legten, Alles zu 
opfern fur das, was sie als das hochste der Guter des Daseins er- 
kannt hatten, — fiir das Kleinod ihres eYangelischen Glaubens. Fest- 
stehend auf dem unerschtitterlichen Grund nnd Boden der heiligen 
Schrift, liessen sie sich als achte Sohne der Reformation das Brbe 
derselben durch keine Gewalt oder Menschensatzung verkiimmern. 
Eben so entschieden, wo sie es sein muss ten, als tolerant und nach- 
giebig, wo sie es sein konnten, haben sie, wie ihre Geschichte es 
uberall nachweist, Wesentliches und Unwesentliches im Christenthtim 
stets wohl zu unterscheiden gewusst, ohne iiber dem Streit der ver- 
schiedenen Meinungen und Confessionen die Hauptsache, worauf es 
eigentlich ankommt, je aus den Augen zu verlieren. 

Was die franzosisch reformirten oder wallonischen Kirchen im 
Allgemeinen betrifft, so finden sich dergleichen noch heut zu Tage 
fast in alien protestantischen Landern Europas, namentlich aber in 
Holland, England, Deutschland und in der franzosischen 
Schweiz. Sie leiten ihren TIrsprung ab von den Verfolgungen , die 
sich wider die reformirte Kirche erhoben, und zwar 

1) in den spanischen Niederlanden unter Karl V., Phi- 
lipp II. und dem Herzog von Alba 1521—1573, 

2) in.Frankreich durch die Pariser Bluthochzeit unter Karl IX. 
und Katharina von Medicis 1572, 

3) in Frank reich durch die Aufhebung des Edicts von Nantes 
unter Ludwig XIV. im Jahr 1685. 

Von den damals durch die ansgewanderten Fliichtlinge gestifteten 
Gemeinden sind im Laufe der Zeit verschiedene bereits eingegangen 
oder existireri nur noch dem Namen nach. Wirkliche wallonische Ge- 
meinden giebt's in Holland noch etwa 16, im preussischen 
Staat nach Angabe der reformirten Kirchenzeitung etwa noch 14, 
namentlich in der Provinz Brandenburg, in Berlin, ferner in Stettin, 
Konigsberg und andern Hauptorten des Konigreichs. In der Provinz 
Hannover giebt's ausser der hiesigen nur noch eine, und 
zwar in Cell e, wo aber die franzosische Predigt bereits im Jahr 
1805 aufgehort hat. Ausserdem giebt's noch franzosische Gemeinden 



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- 9$ - 

in eiaigen Haupthaodelsplatzen, so z. B. in Hamburg und Frank- 
furt am Main. 

Die franzosiscb reformirte Kircha in Emdei ist neben der 
zuletzt erwahflfcen in Frankfurt am Main die filteste you samnutlichen 
wallonischen Gemeinden im Auslande. Sie just, wie bereits oben erwabni, 
gestiftet im Jahr 1554. Sie yerdankt ihren Ursprung den zuerst 
genannten Verfolgungen der Eeformirten indettspaaischenNie- 
derlaaden, die damals bekanntlich ein weit grosseres Oebiet urn- 
iassten, wie spater, uad sich bis in das heutige Frankreich ziemlich 
weit hinein erstreckten, so dass die Stadte Lille, Cambrai, Arras, 
Valenciennes und mehre andere dazu gehorten. Die Zeit der Verfol- 
gung beginnt eigentlich schon mit dem Erlass des Edicts yon Worms 
\m Jahr 1521. Was Karl V. sich nicht getraute in Deutschland, 
wo die protestantfechen Ftirsten ihm noch zu machtig waren und wo 
er ihrer Hiilfe im Kriege gegen die Turken so dringend bedurfte, 
das gjaubte er urn so riicksichtsloser in seinen niederlandischen 
Pro yinzen sich erlauben zu diirfen, wohin die Reformation fast 
gleichzeitig rich verbreitet hatte. ft* dem tief eingewurzelten Hass 
gegefi die Ketzer kam noch die Eifersucht iiber die vielen Privilegien 
uuA Reichthujner der Niaderlander. In der That schemt der Wohl* 
stand derselben in der dajqaligeu Zeit alien Berichten zufolge ein 
ganz ausserordentlicher gew^sen zu sein, und dies erklart sich zur 
Genuge durch die ungemein gitastige Lage des Landes an der Nordsee 
und mehreren grossen Flussen, 30 recht in der Mitte zwischen Eng- 
land, Frankreich und Deutschland, ferner durch die starke 
Bey&kerung wd die Betriebsamkeit der Bewohner, wodurch die Stadte 
gar bald an Umfang zunahmen, Fabriken und Manufacturen auf Wtihten 
und ein weit ausgebreiteter Handel zu Lande und zur See sehr schnell 
in's Leben gerufen wurde. 

Dieser bluhende Wohlstand wurde bereits untergraben durch die 
yon Kaiser Karl V. in den Niederlanden im Jahr 1521 verhangten 
Massregeln wider die Protestanten und spater durch die Inqui- 
sition unter seinem Soto und Nachfolger Philipp II., der die 
Ausrottung der Ketzerei als eine Regierungspflicht ansah, die mit der 
ruck^phtslosasten Strenge durchgesetzt warden mtisse. Die Greuel- 



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- 46 - 

scenen, die durch ihn nnd seine Helfershelfer , den Cardinal Gran- 
Yell a und spater durch den Herzog yon Alba nnd dessen Blutrath 
bis zn seinem Abzuge im Jahr 1573 veriibt wurden, sind zur Geniige 
bekannt. Die Geschichte entrollt uns ein schreckliches Bild jener 
Zeit des Fanatismus, wo Tausende, nnd unter ihnen die Ersten und 
Edelsten des Landes, wie u. A. ein Egmont und v. Hoorn, als An- 
hanger des Protestantismns den Blutgeriisten und Scheiterhaufen zum 
Opfer gefallen sind, und es erinnert daran lebhaft das ergreifende 
Wort, das Schiller im Don Carlos dem Marquis von Posa in den 
Mund legt: 

„Jungst kam ich an von Flandern nnd Brabant, 

So viele reiche, bluhende Provinzen, 

Ein kraftiges, ein grosses Volk — und auch 

Ein gutes Volk — und Vatcr dieses Yolks, 

Das dacht ich, das muss kftstlieh sein — da stiess — 

Ich auf verbrannte menschliche Gebeine !" 

Diese Verfolgungen waren es, die auch die Stifter dieser Gemeinde 
yeranlasst haben, ihr angestammtes Vaterland zu verlassen und sich 
in der Fremde eine neue Heimath zu suchen. Man hat wohl darin 
eben nichts besonders Yerdienstliches finden wollen. Schon der Trieb 
der Selbsterhaltung , hat man gesagt, musste sie zwingen, ein Land 
zu yerlassen, wo ihr Leben jeden Augenblick in Gefahr schwebte. 
Man darf hier aber nicht iibersehen, dass ihre Auswanderung in das 
Jahr 1550, mithin in eine Zeit fiel, wo in der Provinz, in welcher 
sie lebten, ihre Lage zwar eine in yieler Hinsicht druckende, aber 
noch keineswegs schon eine so hoffnungslose war, wie in den 
andern Provinzen, indem Karl V. als ein geborner Flamlander ihnen 
noch manches Vorrecht und manchen Schutz angedeihen liess. Dazu 
kam, dass sie, namentlich in ihren Verhaltnissen, durch so viele Bande 
an das Land ihrer Heimath gekniipft waren. Dennoch uberwog bei 
ihnen die Liebe zu ihrem evangelischen Bekenntniss, das durch Karl's 
Edicte vielfach angefochten und geschmalert wurde, jede andere Riick- 
sicht, und man muss es ihnen in der That hoch anrechnen und ihre 
Gewissenhaftigkeit und Glaubenstreue bewundern, wenn man bedenkt, 
welche Selbstverleugnung dazu gehorte, dass sie, die grSsstentheils 
Kaufleute und Fabrikbesitzer waren, ihre dortigen wichtigen Handels- 



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- 41 - 

verbindungen, ihre Fabriken trad Etablissements und alle industriellen 
Vortheile Preis gaben, um fern von der geliebten Heimath sich eine 
neue Existenz zu erkampfen. 

Die Stifter der Emder wallonischen Gemeinde stammen grSssten- 

theils aus der ehemaligen Proyinz Flandern, aus den St&dten Lille, 

Valenciennes, Antwerpen, vornamlich aber aus Gent, franzosisch 

Gand, welche letztere Stadt gewissermassen als die Wiege dieser 

Kirche betrachtet werden kann. Sie zahlte damals an 250,000 Ein- 

wohner und war zu jener Zeit grosser als Paris, welches Karl V., 

der in Gent geboren und erzogen war, zu dem bekannten bon mot 

veranlasste : je mettrai Paris dans mon gant (ich will Paris in meinen 

Handschuh stecken — eine Anspielung auf den Namen der Stadt). 

Die Zahl der dortigen Fabriken und Waarenlager, der bliihende Handel 

\mdVerkehr der Bewohner in jenen Tagen grenzt, wenn man die 

Berichte der Geschichtschreiber und Geographen liest, an das Fabel- 

hafle. Zu den angesehenen Familien in Gent, die zugleich Mitglieder 

des Magistrats waren, gehorten die Familien Herlyn, van Wingene 

und de PottSre, deren Nachkommen noch heutiges Tags in unserer 

Provinz leben. 

Der immer grosser werdende Druck der Reformirten in Flandern 
und namentlich auch in Gent veranlasste auch die Stifter der hiesigen 
Gemeinde, ihre l&ngst beschlossene Auswanderung in's Werk zu richten. 
Unter den L&ndern, die ihnen einen sichern Zufluchtsort zu gewahren 
schienen, trat ihnen vor alien andern 

England 
entgegen, wohin sie sich im Jahr 1550 einschifften. Dort hatte 
namlich mit der Thronbesteigung Eduard's VI., des einzigen Sohnes 
Heinrich's VIII., ein bedeutender Umschwung zu Gunsten des Prote- 
stantismus stattgefunden. Unter der Regierung dieses Konigs, der 
wegen der Begiinstigung der reinen Lehre von den damaligen Schrift- 
stellern der Josias seines Jahrhunderts genannt wurde, sowie seines 
Oheims, des Herzogs von Sommerset, der wahrend seiner Minder- 
jahrigkeit die Regierung leitete, waren schon seit 1548 viele'Prote- 
stanten: Franzosen, Italiener und Niederlander, nach England 
ausgewandert. Die- letztern bildeten die Mehrzahl, und die 



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- « - 

IateriniswirreD brachten alsbald viele Fluchtlinge aus NfederdeutscWpid 
btnzu. Der Konig Eduard VI. entsprach dem ihm yorangeganjpenen 
Ruf, indem er sich der eingewanderten Protestanten mit wahrbaft 
kowglieher Gastfoeundschaft annahm and ihnen gestattete, ihren Got- 
tesdienst in ihrer Muttersprache ungekindert ku foiern. Er erliess zu 
dem Ende im Jahre 1550 ein Dekret, worm den Fremdlingen die 
Augustinerkirche zu London eingeraumt und an die Niederiander ttber- 
geben wurde. Auch die Franzosen und diejenigen, welche sich ihrer 
Sprache bedienten, erhielten ein besonderes (aotteabaus, und zw<ar die 
Kirche zur Jungfrau Maria, desgleichen auch bald die Italiener. Alle 
diese verschiedenen Gemeinden wa^en jedoch zu eiaem Gaft;&e» w- 
einigt, indem ihre Prediger und A$U$stea regelmissige Zns^men-r 
kiinfte hielten zu gemeinsamer Berathung und zur Handhabuqg ljjer 
kirchlichen Disciplin. Der riftmliphst bekanute polnische Edeknaun 
Johannes a Lasco, der unter der Regterwg der Grafin Anna 
yon Ostfrieslaad als Superintendent die dortigro reformirten Gemein- 
den eingerichtet und alsdann gleichfalls wg$n des J^erims im Jahr 
1549 aus Rucktfcbten auf das Wobl des Lander auf mm dortige Sklle 
freiwillig verzichtet hatte, wurde durch den Erzbischof Cranmer nack 
Englaud berufea und erwarb sich hisr &g grouse Yerdienst, dw yer- 
sckiede»en fleaneinden zu emem grossen Ganzen zu y«r«i»igea jjnd p 
Iimern und nach Aussen zu organisiren. In dem genannten Dekret 
des Eonigs Eduard 1st den Fremdlingen ausdrucklich gestattet, ihre 
eigenthiimliche Gottesdienstordnung und Kirchenzucht beizubehalten, 
obgleich sie darin yon der snglischen Kirche in so wesentlichen 
Punkten sich unterscbieden — ein Beispiel von Toleraw, das in ein$r 
Zeit, wie der damaligen, alle Anerkennung verdieut. Nur hinsichtlkh 
der yon der Gemeinde gewahlten Diener behielt sich der Konig das 
Bestatigungsrecht yor. 

Zu den beruhmterf Vorstehern der Genter Gemeinde, die mit 

nach England ausgewandert wareu, befanden sich u. A. auch die 

Freunde des Johannes a Lasco, und zwar: 

1) Hartinus Micronius, eigentlich Martin der Heine, der 

seinen Namen gegen einen griecbischen yertaqschte mit latei- 

niscfoer Endung, wie sokhes ia jener Zeit haufig Sitte war und 



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- 48 - 

bei den Fltichtlingen noch den besondern Zweck h&tte, sich auf 
diese Weise den Verfolgungen ihrer Feinde desto leichter zu 
entziehen. Er war zuerst Arzt, dann Theolog und Prediger — 
ein eifriger Anhanger der Reformation, ausgezeichnet dorch 
Gelehrsamkeit und Gewandtheit des Geistes, dnrch Festigkeit 
und Entschiedenheit, aber auch (lurch Massigung und Toleranz, 
wie sich das bei den spatern Rcligionsstreitigkeiten auf s Deut- 
lichste zu erkennen giebt. 

2) Johann Utenhove, ein Edelmann aus Gent, eigentlicli du 
Jar din mit Namen, der aus gleichem Beweggrunde wie der 
Erstgenannte seinen franzosiscben Namen in's Deutsche iiber- 
trug. Er war wissenschaftlich gebildet und bekleidete das Amt 
eines Kirchenaltesten. Er ist der Verfasser der zu Anfang er- 
wahnten Schrift, in der die Flucht nach England und die fer- 
neren Schicksale der Ausgewanderten in Danemark u. s. w. bis 
zu ihrer Ankunft in Emden ausflihrlich beschrieben werden. 

3) PaulyanWingene, aus einem altadligen Geschlecht, eine 
Hauptsttitee der fliehenden Gemeinde , der eigenfcliche Stamm- 
vater der Familie dieses Namens in Ostfriesland, dessen Bildniss 
sich noch auf der Burg in Groothusen befindet neben dem Bild- 
nisse seiner Frau Margaretha Celosse, beide in altspanischer 
Tracht dargestellt. 

4) Gottfried ran Wingene, bekannt ate Mitarbeiter an dem 
Glaubensbekenntniss, welches Guido de Bres, franzosischer Pre- 
diger in Lille und Valenciennes, zuerst in wallonischer Sprache 
entwarf und welches alsdann in die niederlandische Sprache 
tibersetzt und in Emden 1571 Mrehlich approbirt wurde. 

5) Hermes Backerel, Presbyter und SchuHehrer der Gemeinde, 
treuer Gehiilfe des a Lasco und Hicronius , allgemein geachtet 
wegen seiner Gelehrsamkeit und Gewandtheit im Disputiren. 

Die anfanglich so gluckliche Lage der protestantischen Flucht- 
liage in England sollte leider nur von kurzer Dauer sein. Eduard VI. 
starb, erst 16 Jahre alt, den 6. Juli 1553. Eine dumpfe Gewitter- 
schwtile folgte. Nach wetiig Tagen stieg die streng katholisch« 
Maria, Toohter Heroricb'js Till, und seiner ersten spanischen ^mahtin 



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- u - 

Catharina, auf den Thron Englands, und das Ungewitter entlud sich 
alsbald in vernichtenden Schlagen. Durch ein besonderes Edict wur- 
den sofort alle protestantischen Auslander, die das Biirgerrecht nicht 
hatten, des Landes verwiesen und dadurch an 30,000 Menschen ge- 
nothigt, England zu verlassen. Den Stiftern der nachherigen Emder 
franzosischen Gemeinde wurden die ihr geschenkten Kirchen wieder 
genommen, der Gottesdienst untersagt und Johannes a Lasco und 
Johann Martyr ihrer Aemter entsetzt. Doch ein noch schrecklicheres 
Loos wiirde sie getroffen haben, wenn sie im Lande geblieben waren, 
da bekanntlich wahrend Maria's 8jahriger Regierung 288 protestan- 
tische Martyrer, womnter auch der Erzbischof Cranmer, in England 
verbrannt und selbst die Gebeine Bucers und der Frau des Petrus 
Martyr aus dem Grabe geholt und auf den Scheiterhaufen gebracht 
wurden. Urn dem drohenden Ungewitter zu entgehen, kam man in 
Folge einer Berathung des a Lasco mit den Aeltesten und Diakonen 
zu dem Beschluss, dass ein Theil der Gemeinde sofort abreisen und 
anderwarts eine Zufluchtsstatte suchen sollte, wahrend ihnen die 
Uebrigen spater dahin folgen konnten. Man hielt es fur das Sicherste, 
nicht etwa zuerst nach Ostfriesland, das damals von Brabant her be- 
droht wurde, sich zu wenden, sondern nach 

Danemark, 
dessen Konig Christian ebenso, wie der verstorbene Konig Eduard 
yon England, in einem besondern Ruf der Frommigkeit stand. Zwei 
danische Schiffe, die auf der Themse lagen, nahmen die FliichHinge 
auf. Ungefihr 200 Personen, darunter a Lasco, Micronius, Utenhove, 
Gottfried van Wingene u. A., schifften sich am 17. September 1553 
zu Gravesand nach Danemark ein. Nach einer sturmischen Fahrt, 
auf welcher das eine Schiff nach Norwegen verschlagen wurde, fanden 
sich 6 Wochen spater die Fliichtlinge in Helsingor wieder zusam- 
men. Als sie hier vernahmen, dass der Konig in Jutland zu Kolding 
sei, beschloss a Lasco mit Micronius und Utenhove, dorthin zu reisen, 
wahrend die Uebrigen nach Kopenhagen gingen. Einige von ihnen, 
die auf dem Meere ausser mit schweren Stiirmen auch mit Hungers- 
noth zu kampfen gehabt hatten, weil die Lebensmittel, die sie in der 
fiile mitgenommen, gar bald aufgezehrt waren, hatten sich schon 



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- 45 - 

vorher an der norwegischen Kiiste an's Land setzen lassen und sich 
nicht mehr aufs Schiff gewagt, sondern es vorgezogen, durch die 
norwegischen Felsen und Gebirge weiter zu Ziehen, um nach Danemark 
zu kommen. Nur Einer yon ihnen kam nach 6 Monaten in einem 
beklagenswerthen Zuslande in Kopenhagen an, wahrend von dem 
Schicksal der Uebrigen nichts weiter verlautet. 

Die Yerhandlungen der Fluchtlinge mit dem danischen Hofe und 

auf ihrer spatern Flucht mit den geistlichen und weltlichen Behorden 

zu Wismar, Lubeck und Hamburg, sowie die verschiedenen 

Religionsgesprache sind in der bereits angegebenen Schrift von Uten- 

hoye in aller Ausfiihrlichkeit mitgetheilt. Sie stellen das Bild dar 

einer religiosen Intoleranz, einer Lieblosigkeit, ja, einer Unmenschlich- 

keit, von der man sich mit Entriistung abwendet — aber um so 

strahlender und herrlicher tritt auf der andern Seite die wahrhaft 

christliche Milde und Geduld nnd zugleich die mannliche Entschieden- 

heit und Glaubensfestigkeit hervor, mit der die so hart Bedrangten 

ihr schweres Geschick zu tragen wussten. 

Zum Belege des Gesagten sei hier nur Folgendes erwahnt. Nach- 
dem a Lasco mit seinen Begleitern zuyor eine Predigt des ultraortho- 
doxen lutherischen Hofpredigers Noviomagus uberPhil.3, Y. 17 ff. 
hatte anhoren miissen, voller Schmahungen und Invectiven gegen die 
reformirte Abendmahlslehre, worin es u. A. hiess: die Anhanger der- 
selben seien greuliche Eetzer, welcher Ende sei die Yerdammniss etc., 
wurden sie zur Audienz beim Konige zugelassen, der sie zwar, wie 
es schien, freundlich empfing und ihre Bittschrift um ein Asyl in 
seinem Eonigreich entgegennahm — dann aber, offenbar durch seine 
Hoftheologen dazu tiberredet, ihnen eroffnen liess, er konne nur unter 
der Bedingung ihnen ein Asyl in seinem Lande gewahren, dass sie 
das lutherische Bekeuntniss und die kirchlichen Gebrauche seines 
Reichs in alien Stiicken annahmen. Auf ihre Erwiderung: das streite 
wider ihr Gewissen, weil es streite wider die Schrift, und man habe 
ja doch auch den Monchen einen freien Aufenthalt im Lande gestattet, 
entgegnete man ihnen: „Der Konig kann eher die Papisten dulden in 
seinem Lande als solche Ketzer." Man wetteiferte in Schmahungen 
wider sie, ja, ein Hofprediger entblodete sich nicht, auf sie anzuwendeu 



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- H' - 

eine Travestie des 1. Psalms, worin es heisst: „Wohl dom, der nicht 
wandelt im Rath der Sakramentirer , noch tritt auf den Weg der 
Zwinglianer, noch sitzet, da die Ziircher sitzen." Es erging an sie 
der bestimmte Befehl des Konigs, nicht nur sie selber, sondern 
auch die zn Eopenhagen Zuriickgebliebenen mussten unverziig- 
lich das Land verlassen. Wie eindringlich man auch bat, man moge 
sie doch nicht mitten im Winter in Sturm und Frost und Schnee- 
gestober hinaustreiben, man moge doch Mitleid haben mit den Alton, 
den Schwachen und Eranken, den Frauen und Kindern, und diesen 
wenigstens noch wahrend des Winters den Aufenthalt gestatten — 
'der Hof bKeb unerbittlich. „Hinaus mit Euch!" lautete die Antwort. 
„Hinaus mit Euch Allen ohne Ausnahme, ohne Verzug!" 

Die Scene, die hierauf folgte, war eine herz2erreissende. Mitten 
im December, beim strengsten Frost und abwechselnd unter den hef- 
tigsten Stfirmen, wurden die Fluchtlinge, Alte und Kranke, Kinder 
und Frauen, auf die Schiffe gebracht. Dazu kam noch der Mangel 
an Geld und hinreichenden Lebensmitteln , ferner die Aussicht, dass 
kein Hafen sie auftiehmen wiirde, weil in Kopenhagen die Pest wiithete, 
und endlich die bestimmte Weisung des Konigs, bei Todesstrafe nicht 
an der danischen Kliste zu landen, es moge sie treffen, was da woUe. 
Secbs Tage lang mussten die Schiffe widriger Winde wegen auf der 
Rhede yon Kopenhagen liegen bleiben — vor sich das Grab in den 
Wellen — h inter sich die Unbarmherzigkeit eines christlichen Ko- 
nigs mit dem geziickten Henkerschwert — aber fiber sich den, der 
sich seiner Menschenkinder erbarmt, die zu ihm die Zuflucht nehmen 
in ihrer Noth! Und — ihr Tertrauen auf den Schutz des Allmach- 
tigen ist nicht zu Schanden geworden. Waren sie doch schon yon 
der Pestilenz yerscbont geblieben, die in Kopenbagen Tausende dahin 
gerafft hatte! Darum wuchs auch ihr Muth, je mehr sie, aus Men- 
schen Handen erlost, allein Gottes Hand sich Preis gegeben sahen. 
Alle Gefahren, die ihnen drohten auf ihrer Fahrt, wurden glucklich 
iiberstanden, und noch vor Weihnachten 1553 betraten die Fluchtlinge 
an drei yerschiedenen Stellen, inWismar, Rostock und Lit beck, 
das Land. 1 ) 

x ) Bartels, Joh. a Lasco. Elberfeld I860, 



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*- 4* - 

Aber hier warteten ihrer sofort neue Pritfungen. Was ihnen in 

Dinemark widerfahren war, das traf me auch hier : Feindschaft, Hass 

upd Verfolgung von Seiten lutherischer Fanatiker, wenn auch mitunter 

lagistfttt itnd Bfitgerschaft sich ihrer annehmen wollten. „Ketzer und 

Sakraattefntirer seid Ihr!" so scholFs ihnen an vielen Orten entgegen. 

„Eure Eetzerei ist Sehuld daran, dass nun in England so viel evan- 

gelisches Bint vergflgsen wird. Jetzt hat der bose Feind Euch in die 

ruhigen deutschen Stadte gebracht, um anch hier Unheil anzurichten !* 

und — mitleidslos wurden sie an vielen Orten in den harten Winter 

hinausgestossen, yon den Menschen verachtet und verspottet, geschmaht 

und vcrhohnt, aber yon Gott zu ihren Leiden gestarkt und getrostet. 

Ms hoch erieuehteter, tapferer Ffthrer und Vertheidiger stand 

fen McMlingen damals der fruher genannte Micro ni us zur Seite, 

der it* den versebiedeneh Religionsgesprachen mit den Theologen in 

den drei erwahnten St&dten und zuletzt in Hamburg gegen den 

fanatischen Lutheraner JoachimWestphal eine wahrhaft vernich- 

tende Eritik tibte gegen ihre dogmatischen Spitzfindigkeiten in der 

Abendmahlslehre , aber auch neben dieser Ueberlegenheit des Geistes 

eine schonende Liebe und Geduld an den Tag legte, wie sie einem 

echten Jtinger Christi geziemt. „Wir bitten zu Gott" — so rief er 

einst seinea erbitterten Feinden zu — „dass, wenn Ihr aueh einmal, 

fa's Elend verjagt, umherziehen mlisst, Andere gegen Euch gnadiger 

sein mogen, als Dir gegen Hns seid! 4 * — und aus den Religionsge- 

sprachent und Yerhandtangen, wie sie yon Utenhoye in allef Ausfuhr- 

lichkeit mitgetheilt werden, leuchtet liberal! deutlfch hervor, von welch' 

einem christlichen Geist der Milde nnd der Sanftmuth dieser rustige 

Streiter Christ} beseelt war. 

Etwa nm Ostern des Jahres 1554 kamen die Huchtlinge in 
Emden an, und sammtliche Beriefcterstatter konnen es nicht genug 
herrorheben, wie sehr Alles wetteiferte, ihnen das ausgestandene Leid 
zu vergfiten. Art den Thoren und Landungsplfttze», iiberall, wo man 
erwarten durfte, ankommende Fliichtlinge zu treffen, tersammelten sich 
die Btirger der Stadt, nm ste zu emp&ngen und m untersttitzen, 
oder zu sich in's Haus zu nehmen. Eine eigene Diakonie fur die 
Fremdlinge wurde eingeriehtet, die nacb 3O0jahrigem, nieht un* 



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- 48 - 

gesegnetem Wirken bis auf den heutigen Tag — freilich mit veran- 
derter Tendenz — noch fortbestehk Yon den Vorstehern der Fliicht- 
linge wurde Micronius als Prediger nach Norden berufen, wo er 
1559 an der Pest starb. Hermes Backerel wurde Prediger in 
Jemgum, wo er ein trauriges Ende nahm, indem er am Tage der 
Schlacht zwischen Ludwig yon Nassau und Hcrzog Alba, am 21. Juni 
1568 , yon den siegenden Spaniern in den Armen seiner Tochter 
erstochen wurde. 

Zu diesen ersten Fluchtlingen gesellten sich alsbald viele aus 
England, Brabant, Holland und Prankreich, so dass nach einem Be- 
richt des Hugo Grotius ihre Zahl bis auf 6000 wuchs 1 ), die sich liber 
verschiedene Stadte der Provinz verbreiteten, Im Jahr 1559 kehrten 
die meisten von ihnen wieder nach England zurttck, als nach deni 
Tode der katholischen Maria ihre reformirte Schwester Elisabeth 
den wegen ihrer Religion Vertriebenen ihre vorigen Rechte und Frei- 
heiten wieder gab. 

Die franzosisch reformirte Gemeinde in Emden wurde, wie buher 
im Jahr 1552 von Konig Eduard YI. in England, so jetzt von der 
Grafin Anna in Ostfriesland im Jahr 1554 als gesetzmassig 
anerkannt. Die Stiftungsurkunde ist nicht mehr vorhanden, wohl aber 
die Bestatigung derselben durch ihren Sohn und Nachfolger, den 
Grafen Johann, und lautet folgendermassen: 

„Wir Johann Graff und Herr zu Ostfriesland etc. thun Kund 
vermitz diesem bekennendt. 

Nachdem weyland die Wohlgeborne unsre freundliche geliebte 
Fraw Mutter Christlicher Gedachtenus bei Zeiten Ihrer Regierung 
im Jahr der weniger Zahl funfzig vier gnadiglich consentiret 
und zugelassen, dass die Welschen und auslandischen Nationen, so 
wegen Glaubenssachen anhero sich begeben, einen sonderlichen 
Kirchendiener innerhalb unser Stadt Embden gehaben und brauchen 
mochten etc. etc. 

Demnach wollen wir dan nun nach todtlichem Abgange Wohlgeb. 

1 ) Historia de rebus Belgicis lib. IV. „Incredibile quantum urbs sc. Einda 
adoleyerit aucta non minus sex hominum miUibus." 



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— 49 — 

unser lieben Fraw Mutter gnadiglich gestatten und krafft dieses 
yergunnen, und zulassen, dass obgemeltten Welschen und andre 
Nationen nun auch ferner ihren besondern Kirchen Diener ge- 
brauchen mugen. Gegeben in Unser Stadt Embden am 28. Decem- 
ber Anno 1575/ 



Einen bedeutenden Zuwachs an Hitgliedern erhielt die Gemeinde 
in den beiden andern Stadien der Verfolgung, und zwar: 

1) im Jahr 1572 durch die Pariser Bluthochzeit unter 
Earl K. und seiner Mutter Catharina yon Medicis, 

2) im Jahr 1685 durch die Aufhebung des Edicts yon 
Nantes durch Ludwig. XIV. 

Die Zahl der Mitglieder wurde so gross, dass man voni Jahr 
1686 bis 1708 es fiir noting hielt, zwei Prediger anzustellen und 
ausserdem noch einen Nachmittags- und Wochen-Gottesdienst einzu- 
tichten. 



Seit der Stiftung der Gemeinde bis zum Jahr 1801 wurde der 
Gottesdienst abgehalten in dem untern Raum der sog. Stadtshalle, 
einera grossen Gebaude unweit der Eettenbriicke. Dieses Gebaude, 
das friiher ein Nonnenkloster gewesen sein soli, welcher Behauptung 
jedoch die liber dem Eingangsthor angebrachte Jahreszahl 1569 wider- 
spricht, wo die hiesigen Kloster langst aufgehort hatten, war der 
Gemeinde yon der Grafin Anna unentgeltlich uberlassen worden. Da 
dieses Gebaude wegen seiner niedrigen Lage haufigen Ueberstromungen 
ausgesetzt und dadurch mit der Zeit baufallig geworden war, liess 
der Magistrat dasselbe nach genommener Mcksprache mit der Ge- 
meinde fur 6070 Thlr. verkaufen und ein neues Lokal zum gottes- 
dienstlichen Gebrauch iiber der Stadtswage herrichten, dessen 
inn ere Einrichtung der Gemeinde zur Last fallen sollte. Nachdem 
die Gemeinde eine Zeit lang in einem Saal des Gymnasiums ihren 
Gottesdienst gehalten, wurde die neue Kirche eingeweiht am 4. Sep- 
tember 1803 durch den Prediger du Puy, dessen Einweihungspredigt 
im Druck erschienen ist. 



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— 50 — 

Die Namen der Prediger, die an der flemeinde seit ihrer Stiftung 
gewirkt haben, sind folgende: 

1) Pierre Valentin, 1554 bis 1561. 

2) Andr£ Gorin von Peronne in der Picardie, 1561 bis 
1568, yormals Prediger in Antwerpen und in London unter 
der Regierung der Elisabeth wegen anabaptistischer Grundsatze 
wiederholt angeklagt. 

3) Louis Maupin, 1568 his 1571. 

4) Jean Polyander, 1571 bis 1598. Er ubersetzte seinen 
Familiennamen van Kerkhoven in's Griechische, in Polyander 
(weil man auf einem Kirchhofe viele Leute vereinigt findet). 
Auf der im JaM 1571 hieselbt gekalteuen Synode, deren dritte 
Secularfeier hier im October 1871 begangen wurde, fungirte 
er als Scriba. 

5) Jacques Polyander, Sohn des Vorhergehenden , 1599 bis 
1602. Hierauf nach einer 9jahrigen Vakanz 

6) Samuel Hochedd de la Vigne, 1611 bis 1621. Ersetzte 
ein Presbyterium ein, welchem gestattet wurde, sich der Kirchen* 
kammer der grossen Kirche zu seinen Versammtangen zu be* 
dieaen. Daher ruhren noch die fraazosischen Ueberschriften 
auf versduedenen der dortigen Schranke. Er hat schliessKch in 
beiden Gemeiiwten glekhzeitig fungirt. Seine Asche ruht am 
Eingange des Chors der grossen Kirche. 

7) Robert Immen, 1622 bis 1626, spater nach Altona be- 
rufen. 

8) Pierre Fremaut, 1626 bis 1661, frtther inKoln, hat viele 
Werke in hollftndischer und franz8sischer Sprache herausge- 
geben. 1 ) 

9) Philippe Fremaut, Sohn des Vorigen, 1662 bis 1707. 
Strenge Kirchendisciplin. Neben ihm als zweiter Prediger 

10) Jacques Artopg a Lochum, 1664 bis 1671, wo er nach 
Briel in Holland berufen wurde. 



] ) Cf. Reershemius, ostfr. Prediger-Denkmal, Aurich 1796, p. 526. 



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— 51 — 

11) Samuel Allart, ebenfalls zweiter ausserordentlicher Prediger 
yon 1686 bis 1708, sodann ordentlicher Prediger big zu seinem 
Tode, 1720. Br war einer yon den Vertriebenen in Folge der 
Aufhebung des Edicts von Nantes. Unter ihm war es, dass 
die Zahl der Mitglieder sich durch die Fliichtlinge dergestalt 
vermehrte, dass noch ein Nachmittags-Gottesdienst am Sonntag 
und in der Woche am Donnerstag ein Morgen-Gottesdienst ein- 
gerichtet werden musste. 

12) Moise Asymont, 1720 bis 1753, aus Guyenne — promo- 
yirte in Groningen als Doctor der Medicin, wahrend er Prediger 
in Emden war und zwar mitVorwissen and Genehmigung seines 
Kirchenraths — aus dem Grunde, weil seine Besoldung sehr 
gering war und er selbst kein Vermogen hatte. Solches ge- 
schah bekanntlich in jener Zeit ofter. Man denke nur an den 
Professor Hermann Conring in Helmstadt, der in 3 Fakultaten 
promovirte. Bei Gelegenheit des Aufenthalts Priedrichs des 
Grossen in Emden dichtete er ein Sonnet: la CiW d'Emden au 
Roi de Prnsse. 

IS) Marc Yver, 1720 bis 1725, der letzte zweite Prediger der 
Gemeinde. 

14) Paul Jacques Leignes, 1754 bis 1767, bei der Gemeinde 
beliebt und geachtet als ein sehr tiichtiger und zugleich be- 
scheidener Mann. Letzteres erhellt u. A. aus dem gewahlten 
Text seiner Antrittspredigt: Jeremia 1, V. 6, 7, wo es im 
6. Verse heisst: Herr, ich tauge nicht zu predigen, denn ich 
bin zu jung. 

15) Joseph Pi card, 1763 bis 1775, aus Nimes, zuerst Prediger 
(sous la croix) zu Rochelle. 

16) Isaac Antoine Sporon, 1777 bis 1784, zog nach Curasao, 
wo er 1788 starb. 

17) Louis Uri ausHanau, 1785 bis 1790, wo er nach Ylissingen 
in Seeland berufen wurde. 

18) Etienne du Puy de Montbrun aus Mastricht, 1790 bis 
1803, hielt die Einweihungspredigt in der jetzigen Kirche liber 

4* 



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- '52 - 

der Stadtswage 1 ); dann folgte er einem Rufe nach Haarlem, wo 
er im Jahr 1804 starb. 
19) Philipp Jacob Wenzaus Hinterweidenthal in Zweibrucken, 
1805 bis 1839, eingefuhrt und ordinirt durch den nieder- 
deutschen Prediger Helias Meder , Yerfasser der zu Anfong ge- 
hannten Reformations-Jubelrede nebst Geschichte der franzosisch 
reformirten Kirche in Emden, sodann einer Schrift, betitelt: 
Des Glaubens Kraft, oder Denkwiirdigkeiten aus dem Leben der 
ersten Glaubenshelden der protestantischen Kirche , vorziiglich 
in Frankreich — ein Beitrag zur Kirchengeschichte, Bonn 1834, 
mit einer Vorrede von Sack. 
Die Portraits von. verschiedenen der genannten Prediger, welche 

die Wlirde eines Pfases des Cotus bekleideten, befinden sich noch auf 

der hiesigen Cotuskammer. 



Nach dem Tode des zuletzt genannten Predigers wurde nach einer 
9jahrigen Yakanz der Verfasser dieser Abhandlnng von dem Kirchenratii 
zum Prediger gewahlt und durch den altesten Prediger der nieder- 
deutsch reformirten Gemeinde Hugh Mackay in sein Amt eingefuhrt. 

Im Jahr 1854 wurde das 300jahrige Bestehen der Gemeinde 
unter Betheiligung von Deputationen des koniglichen Consistoriums, des 
Magistrate und des Burgervorsteher-Collegiums, sowie sammtlicher 
protestantischen Gemeinden der Stadt feierlich begangen und ist die 
bei dieser Gelegenheit gehaltene Festpredigt tiber 1. Konige 8, Y. 56 
bis 58, auf den Wunsch der Gemeinde im Druck erschienen.*) 



Das Kirchenprotokoll reicht bis zum Jahr 1611. Aus demselben er- 
giebt sich u. A., wie sehr die Mitglieder der Gemeinde, die zum grossten 
Theil zu den einflussreichsten und wohlhabendsten Bewohnern der Stadt 



2 ) Sermon snr Pseaume 122, v. 1, prononce le 4. Sept 1803 a Toccasion 
de la consecration da nouveau temple par Etienne d« Pay, Pasteur, Emden, 
chcz Wenthin, imprimeur 1804. 

s ) Troisieme Jnbile secnlaire de la fondation de l'Eglise reformee francaise 
d'Emden. Discours prononce a cette occasion sur 1. Rois 8, y. 56 bis 58, par 
J. N. Pleines, Pasteur. Suivi de notices et de pieces justificatives. Emden 1855. 



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— 53 — 

gehorten, zum Flor derselben beigetragen, Kunst and Wissenschaft ge- 
fordert, Arme unterstiitzt und auch bedrfingten Gemeinden im Aus- 
lande durch reiche Geldspenden zu Htilfe gekommen sind. Durch die 
ausgebreiteten Handelsverbindungen, welche die eingewanderten Kauf- 
leute mit dem Auslande ankntipften, erhielten Handel und Schifffahrt, 
Fabriken und Gewerbe einen bedeutenden Aufechwung und es wurden 
gemeinniitzige Unternehmungen und wohlthatige Institute in's Leben 
gerufen, yon denen einige noch.jetzt bestehen. Bei dem damaligen 
Mangel an hoheren Unterrichts-Anstalten waren die franz5sischen 
Knaben- und T8chterschulen diejenigen, die, auch schon der Sprache 
wegen, am meisten frequentirt wurden. 



Von den Mitgliedern, die im Protokoll verzeichnet stehen, und 

deren Familien zum Theil noch jetzt allgemein bekannt sind , werden 

folgende bier namhaft gemacht : Robertus Suur, Oberster — Stoschius, 

Biiisermeister — Yon Wingene, Biirgermeister — die Pamilie de 

Potttre — Dothias Wilhelm Wiarda, Amtmann in Oldersum — Jean 

Tiolen, Senator, Yater des nachherigen Senators und Kirchenaltesten 

Claas Tholen — Bluhm, Biirgermeister — Meder, Camerarius — 

Adami, Biirgermeister. Perner die Familien Fridag — Swart — 

Hullesheim — Deteleff — Hesslingh — Abegg — Metger. Schliess- 

lich ist noch hervorzuheben der General-Major PHomme de Courbi&re, 

der sich in der Geschichte einen besonderen Namen erworben hat 

durch die heldenmiithige Vertheidigung der Festung Graudenz im Jahr 

1806, wo er den Franzosen, die ihn zur Uebergabe aufforderten mit 

den Worten, es gebe keinen Konig vonPreussen mehr, die entschlos- 

sene Antwort ertheilte: „Dann bin ich Konig von Graudenz!" und 

die Vertheidigung trotz der heftigsten Sturme mit Nachdruck und 

Erfolg fortsetzte bis zum Tilsiter Frieden , wo er seinem Konige die 

Festung iibei^ab. 



Das Siegel der Kirche ist vom Jahr 1673. Es stellt dar das 
Bild einer Lilie unter den Dornen mit der Umschrift: Christus spes 
mea inter spinas (Christus ist meine Hofihung unter den Dornen). 
Die Stifter der Kirche haben im freudigen Aufblick zum Herrn und 



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- 54 - 

Haupt der Gemeinde uliter scbweren Prtifungen und Verfolgungen das 
Kleinod des evangelischen Glaubens stets rein und unbefleckt zu er- 
h?Jten gesucht — wie eine Lilie unter den Dornen. Mochten alle 
Gemeinden der Chris ten heit und alle Glieder derselben, so oft das 
Dorngestriipp des Unglaubens und der Menschensatzungen die Kirche 
Christi zu tiberwuchern droht, mit derselben Siegeszuversicht sprechen 
konnen, wie einst jene: Christus ist meine Hoffiiung unter den 
Dornen! 



Digits 



zed by G00gle 



Kurzer Bericht fiber die Gesellschaft im Jahr 1871. 

U nter Bezugnahme auf den Jahresbericht Yon 1870, worin liber 
den Zweck und die seitherige Wirksamkeit der Gesellschaft'bereits das 
Nothige ist gesagt worden, theilen wir iiber die Entwickelung und 
den Stand derselben im Jahr 1871 Folgendes mit. 

Das hohe Landesdirectorium zu Hannover hat uns ausser 
dem festen jahrlichen Zuschusse noch zwei ansehnliche ausserordentliche 
Beiiulfen gewahrt und uns dadurch zu dem lebhaftesten Danke ver- 
pfficMet; denn wir wurden auf diese Weise in den Stand gesetzt, fur 
erne bessere Einrichtung des erst kiirzlich erworbenen Hauses und fiir 
eine passendere Aufstellung unserer Sammlungen eher und gentigen- 
der zu sorgen, als es bei beschrankten Mitteln uns mttgHch gewesen 
ware. 

Zu den auswartigen Vereinen, die schon friiher mit der 
Gesellschaft einen literarischen Veriehr angekntipft haben, sind hin- 



1) hot Friesch genootschap van geschied-, oudheid- en taalkunde 
te Leeuwarden, 

2) der Yerein fur Geschichte der Deutschen in Bohmen zu Prag, 

3) der Yerein fiir Geschichte und Naturgeschichte zu Donau- 
eschingen. 

Die im Laufe des Jahres in der Gesellschaft gehaltenen wissen- 
schaftlichen Yortrage sind folgende: 

1) Emdens Handel in der altesten Zeit — von Director Schwecken- 
diecL 

2) Die Todtenurnen aus der heidnigchen Vorzeit — von Kirchen- 
rath YiStor. 



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— 56 - 

3) Das germanische Museum zu Niirnberg — von Oberbflrger- 
meister Hantelmann. 

4) Ueber Dampfmaschinen , ihre Bntwickelung und Bedeutung fur 
die Kunst — von Eisenbahn-Bau-Inspector Westphalen. 

5) Ueber Bentheimer Antiquitaten — von Pastor Criegee. 

6) Ueber die Entstehung des Dollart, mit Bezug auf die Schriften 
von Ubbo Emmius und Jlohlmann — von General -Superinten- 
dent Bartels aus Aurich. 

7) Kurze Geschichte der franzosisch reformirten Kirche zu Emden — 
von Pastor Pleines. 

Die S a mm lung en der Gesellschaft wurden vermehrt, wie 
folgt: 

I. Bttcher- and Urkunden-Sammlang. 

Ausser den Jahresberichten und periodischen Schriften der Vereine 
und Gesellschaften, mit denen die Gesellschaft in Yerbindung steht, sind 

a. angekauft: 

Schmidt, die Wappen aller regierenden Fiirsten und Staaten; — die 
Homann'sche Karte von Ostfriesland; — Wagen, Gemalde-Sammlung 
in der Eremitage zu Petersburg; — der Priesen herkomst, volgens 
het boek van Adela; — v. Liitzow, Zeitschrift fiir bildende Kunst. 

b. geschenkt: 

durch flrn. C. Vocke verschiedene Broschiiren, Zeitungsnummern, 
Gedichte u. s. w., betr. Zeitereignisse etc.; — durch Hrn. P. Wilken 
Elis. van Onna, Gedicht auf den Tod des Predigers Schleevoogd; — 
durch Hrn. D. Swartte verschiedene Broschiiren politischen In- 
halts; — durch Hrn. Rose in Leer historie van de verrigting der 
Westind. Compagmie door I. de Laet, 1644, FoL, tweede bezending 
van het keiserrijk van Sina, FoL, Recess- und Accordbuch, 1656, 
politisches Journal, Gedichte auf die Geburtsfeier ostfriesischer Fiirsten, 
Abdrucke von falschen Ducaten, Munzedicte, groot Prentenboek u.a. m.; 
— durch Frau Wittwe Consul Abegg algem. huishoud.-, natuur-, 
zedek.- en kunst -Woordenboek van Chomel, 1778, 8 Bande, 4°; — 
durch das Bestuur van het Friesch genootschap von ge- 
schied-, oudheid- en taalkunde te Leeuwarden sammtliche Vereins- 



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— 57 - 

schriften; — clurch Herrn Landschaftsrath Klug das Staatsbudget 
und das Bediirfniss fur Kunst und Wissenschaft in Hannoyer, 1866; — 
durch Hrn. Oberbtirgermeister Hantelmann das deutsche Reichs- 
archiv, das Proyinzial-Museum in Hannoyer and ein Brief Wenkebach's 
an Brenneisen, 1727; — durch Hrn. Monkhorst deutsche Kriegs- 
thaten 1870/71; — durch Hrn. Classenlehrer H. Meier sein ostfrie- 
sisches Familienbuch, 1871; — durch Hrn. Postmeister Voigtel in 
Bielefeld verschiedene kleine Druckschriften, photographische Abbildun- 
gen, eine Urkunde aus dem 14. Jahrhundert, eine dito mit eigen- 
handigen Unterschriften <les Kaisers Matthias und Slawata's, 1617; — 
durch Hrn. Engber^s zedige yoorspraak der Emder Predikanten 
voor Schortinghuis, 1742; — durch Hrn. Director Schweckendieck 
Lesturgeon, M. Alting, de eerste heryorm. pred. in Drenthe; Emder 
Qymnagial-Programm, 1871. 

II. Mttnz - Sammlang. 

a. Angekauft: 

1 preussischer Thaler, 1815; — 1 Doppelducat, Enno Ludwig, 1660; — 
1 Denkmiinze des Vierziger-Collegiums, 1689; — */ 8 Thaler, Georg 
Christian; — 6 Stiiber; — 2Stiiber; — 1 Stiiber; — 12 alte ostfrie- 
sische Munzen aus der Schellhase'schen Sammlung in Dresden; — 
1 Klippe, Enno HI.; — */, Thaler, Christian Eberhard und Christine 
Charlotte; — 7 kleine Miinzen; — 1 Vierziger-Convocations-Pfennig; — 
Denkmiinze auf den Tod Georg Albrecht's; — Funffrankenstttck, republ. 
franc, 1791; — */, Thaler Brandenb.; — 3 ostfriesische Miinzen. 

b. Geschenkt: 

durch Hrn. Assessor Detmers in Aurich 4 Silber- und 2 Kupfer- 
miinzen; — durch Hrn. J. Mustert 1 Witte, Christian Eberhard, 
und einige andere; — durch Hrn. HaupTanann Begemann hanno- 
versche Denkmiinze, 50j&hrige Waterloofeier, eine dito, Befreiung yon 
Bremen, 1813; — durch Hrn. E. G. Meyer in Oldersum 1 alter 
hollandischer Sttiber; — durch Hrn. Ulferts in Barstede 4 alte 
Miinzen; — durch Hrn. Oostheim 1 SBbermiinze, 1 Denkmiinze, 
Bremer Bundesschiessen, 1865; — durch Hrn. H ass e Denkmiinze der 
Leipziger Schlacht, 4 Schillings tiicke; — durch Hrn. Breithaupt 



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- 58 - 

1 Pfennig der Schmiedegilde, 1753; — durch Hrn. A gen a in Weener 
eine Mftnze, bei Reparatur der Kirche gefunden; — durch Hrn. P. 
Wilken einige Mtinzen, im Keller seines Hauses gefunden; — durch 
Hrn. D. Swartte 16 Miinzen, 2schwedische Munzen; — durch Hrn. 
Bleeker V 6 Thaler, Georg V.; — durch Hrn. Dr. Leers 1 Jever- 
scher Stliber, Anton Giinter, 1 tiers de Sol d'er, aus der Me- 
rowinger Zeit, bei Jennelt gefunden; — durch Hrn. Architekt 
Visser eine Spottmedaille auf Napoleon III.; — durch Hrn. y. floor n 

1 Sechstehalb, 2 Stiiber , 1 Bremer Grote; .— durch Hrn. Pastor 
Warnke in Leer 1 Hamburger Schilling,; 1720; — durch Hrn. 
Schrage in Pewsum 1 Thaler, Priedrich der Grosse, 1750, eine 
griechische Miinze; — durch Hrn. Yoigtel in Bielefeld eine spanische 
Mtinze, 1650, eine Denkmtlnze auf das Denkmal Friedrich's des 
Grossen, 1851, dito auf eine Handelsfirma, eine japanesische Mtinze, 
10 Centim. republ. fr., 1870, 2 Lire des p^stlichen Staates, 1864, 

2 Gutegroschen, 1789; — durch Hrn. Lehrer de Vries eine japa- 
nesische Miinze, 1 Stiiber, eine Weinmarke, 1588; — durch Hrn. 
Am. Brons 10 Stuck schwedische Munzen; — durch Frau Dieken 
zu Kiel 6 ostfriesische Munzen; — durch Hrn. R. Graepel 2 Gute- 
groschen, 1823, und 1 Achtgutegroschenstuck; — durch Hrn. Senator 
de Pottfcre 1 hannoverscher Zwolfmariengroschen, 1671. 

III. 8 a mm lung von Alterthttmern und historischen 
Aferkwtirdigkeiten. 

a. Angekauft: 
eine Stickerei, der Tradition nach herriihrend von Anna Maria 
Schuurman; — ein Stahlstich, Friedrich's des Grossen Tod darstellend. 

b. Geschenkt: 
durch Hrn* van Hove in Logumer Torwerk einige bemalte Fenster- 
scheiben; — durch Hrn. van Bergen in Stiekelkamp ein Streitbeil, 
bei Plaggenbwfc gefimden, 2 Sehlifosel, 1 Siegel; — durch Hrn. Dr. 
Lfrhmeyer eM EKsabethbild ndt kitafficher Einfitssung; — durch 
Hrn. Ringena zu KJosrter Syhlnonken ein Schlfissel, in den Mauern 
des alien Ktosterkelters gefunden; — durch die Gasthaus-Direction 
2 silberne Pokale aus dm Jahre 1638; mit Inschrift YWseheii* m 



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— 59 - 

Aufbewahrung; — (lurch Hrn. Voigtel in Bielefeld eine Zeitomgs- 
nummer aus Metz vom 16. Oktober 1870, auf Packpapier wihrend 
der Belagerung gedruckt, 5 Sttick japanesische Kleiderproben , eine 
Fahnenspitze , alte Waffenstucke aus den Ruinen der Ere&bnrg, eine 
chinesische Opiumpfeife, eine ungarische Brosche, 2 Stticke einea 
Pariser Lufftallons, bei Herborn niedergefallen December 1870, 
2 Stiicke einer Tapete aus einem Schlosse bei Sedan, 3 papstliche 
Plomben u. A.; — durch Hrn. Lehrer Tiddens in Weener ein sog. 
Lettertuch von 1696, angeblich aus der Familie Metelerkamp; — durch 
Hrn. C. Vocke ein franzSsisches Quartierbillet vom 13. Juli 1871; — 
durch Hrn. Lehrer H. Meier ein Sauf conduit on licence fttr ein 
ostfriesisisches Schiff, 1870; — durch Hrn. Lehrer Bakker eine 
Todtenurne, bei Wybelsum ausgegraben. 



Die Direction der Gesellschaft bilden zur Zeit: Gymnasial- 
Director Dr. Schweckendieck (Director), Amtsrichter Lohstoter (Vice- 
Director), Pastor Pleines (Secretar), Kaufmann Vocke (Rendant). Als 
Beisitzer fungiren : Kirchenrath Vietor, Oberlehrer Dr. Wiarda, Auctio- 
nator Penning und Partikulier Bleeker. 

Zum Schlusse erwahnen wir noch, dass die Gesellschaft in letzter 
Zeit zwei ihrer Mitglieder, den Fabrikanten Meyer und den Haupt- 
mann a. D. Be gem a tin, durch den Tod verloren hat, nnd theilen 
zugleich das Verzeichniss der jetzt (im Mai 1872) vorhandenen Mit- 
glieder in alphabetischer Ordnung mit: 

I. Ehrenmitglieder. 

Bartels, General-Superintendent in Engelhard, Bildhauer in Hannover. 

Aurich. Gerlach, Buchdrucker in Freiburg. 

Berg, Oberbanrath in Bremen. Grote, Dr. jur. in Hannover. 

Berghuys, Kaufinanii in Nieuwe- de Haan Hetteitia, Dr., Arrondisse- 

diep. mentsrichter in Leenwarden. 

Buchholz, Geh. Admiralit&ts-Itoth Herborg, Pastor in Jemgum. 

in Berlin. Hooft van Iddekinge, Baron, Di- 

Buisman, Tj.; Rentier in Emden. rector d*s Mtinzkabinets zu 

Buss, Hajo,.Partflcaliar in Hamburg.! Leyden. 



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— 60 — 



Klopp , Dr., Archivrath, jetzt in 

Hietzing bei Wien. 
Lisch, Dr., 6eh. Archiyrath in 

Schwerin. 
Martens, Baumeister a. D. in Aurich. 
Amtsrichter a. D. in 

Norden. 



Sudendorf, Amtsrichter in Neuen- 
haus. 

Tholens, Pastor in Bunde. 

Voigtel, Postmeister a. D. in Bie- 
lefeld. 

Wiarda, H., Obergerichts-Director 
in Aurich. 



II. Wirkliche Mitglieder. 

a. Einheimische. 



Bleeker, Partikulier. 

de Boer, Kau&nann, Senator a. D. 

Brons, Y., Commerzienrath nnd 

englischer Vice-Consul. 
Brons, B., sen., belgischer Consul. 
Brons, B., jun., niederlandischer 

Consul. 
Brons, A., Kaufmann. 
Criegee, Pastor. 
Dantziger, Kau&nann. 
Gastmann, Dr. phil., Rentier. 
Geelyink, H., Kaufmann. 
Graepel, R., Kaufmann. 
Hantelmann, Oberburgermeister. 
Hasse, Apotheker. 
Haynel, Buchhandler. 
Helm, Consul, Director der Ge- 

nossenschafts-Bank. 
Heyl, Fr., Kaufmann. 
Hobbing, ordentlicher Lehrer des 

Gymnasiums. 
Tan Hoorn, Gold- und Silberar- 

beiter. 
Kappelhoff, Herm., Banquier. 
Hug, Landschaftsrath. 



Kruthoffer, Director der Harings- 
fischerei-Gesellschaft. 

Lange, G., Rentier. 

Leers, Dr. med. 

Lohstoter, Amtsrichter. 

Hustert, Kaufmann und Senator. 

Oltmanns, Justizrath. 

Overholthaus, Pastor. 

Penning, Jan, Auctionator. 

Penning, A. E., Kaufmann. 

Pleines, Pastor. 

de Pottere, Br., Senator a. D., 
Kaufmann. 

Reemtsma, Commerzienrath. 

Riedemann, Dr., Apotheker. 

Russell, A., Adyocat. 

Schnedermann, Kaufmann und Se- 
nator. 

Schut, Kaufmann. 

Schweckendieck , Dr./ Gymnasial- 
Director. 

Sielmann, Kaufmann. 

Starke, Ingenieur. 

Stohr, Dr., Medicinalrath. 

Swartte, D., Kaufmann. 



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— 61 — 



Tholen, J. H„ Rentmeister. 
Vietor, Kirchenrath. 
Vocke, Kaufmann, 
Westphalen, Bauinspector. 
Yon Weyhe, Kreishauptmann. 

b. Aus 

Dammeyer, Rentmeister in Petkum. 
Detmers, Amtsassessor a. D. in 

Aurich. 
ten Doornkaat, Commerzienrath 

und Pabrikant in Norden. 
¥egter, Gutsbesitzer in Drennhusen. 
fteerksen, Gutsbesitzer in Logu- 

mer-Vorwerk. 
yon JFreese, V., Landschaftsrath 

in Hinte. 
Georgs, Gutsbesitzer in Damm- 

husen. 
Groenewold, Gutsbesitzer in Wester- 

husen. 
yon Hagemeister, Regierungs-Pra- 

. sident in Oppeln. 
Hillingh, Amtmann a. D. in Aurich. 
yan Hove, Gutsbesitzer in Logu- 

mer-Vonrerk. 

Emden, den 24. Mai 1872. 



Wiarda, T., Kaufmann und Se- 
nator. 

Wiarda, Dr., Oberlehrer des Gym- 
nasiums. 

Wilken, P., Partikulier. 

wartige. 

Hofker, Pastor in Wybelsum. 
Graf zu Inn- und Knyphausen, 

Landschaftsrath zu Ltitets- 

burg. 
Koopmann, Gutsbesitzer in Hidlum. 
Metger, Superintendent in Groot- 



Meyer, Pastor in Rysum (jetzt 
Hatzum). 

Peterssen, Dr. phil., Gutsbesitzer 
in Hage. 

Roben, Amtsrichter in Aurich. 

Rulffes, Auctionator in Pewsum. 

Schrage, Apotheker in Pewsum. 

Smid, Gutsbesitzer in Gross- 
midlum. 

Stokman, Pastor in Nuttermoor. 

Taaks, Btirgermeister und Land- 
schaftsrath in Norden. 



Die Direction. 



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Druekfebler. 

P. 11, Z. 11 v. u. lies autem, 

„ 20, „ 3 „ „ „ mcmoriam, 

„ 31, „ 2 „ o. „ Stuck dilnnes, 
„ 37, 



Druck von Th. Hahn Wwe, in Emden. 



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JaMtteh 

der 

Gesellschaft ftr bildende Kunst 

und ' 

vaterlftndische Alterthtlmer 



zu 



Emden. 



Heft II. 

nebst lithographirten Tafeln „Hausmarken". 



Emden. 
Verlag von W. Hay n el. 

1873. 



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Inhalt: 

Seite 

Ostfriesische Hausmarken 1 

Aus der Mansfelderzeit : 

1. M. Daniel Marcellus 33 

2. Emden in der Mansfelderzeit 41 

3. Carpitzo zu Jemgum 45 

Ein Register der Kirchengiiter zu Norden aus dein Jalire 155ii 49 

Eine ostfriesische Gildenrolle des 16. Jahrhunderts 07 

Der Pfahldamm im Wrissemer Hammrich 76 

Die Moorbriicke im Wrissemer Hammrich ....,..-. 84 

Vocation fur Ubbo Emmius ins Rectorat zu Leer 92 

Einige noch ungedruckte Briefe des Ubbo Emmius ..... 95 

Jahresbericht der Gesellschaft von Juni 1872 bis zum 1. Juli 1873 108 

Literarisches 119 



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Ostfriesische Hausmarken. 

Mit Beriicksichtigung mehrerer anderen Gebieten 

angehorender Marken zusammengestellt von 

Dr. Ernst Friedlaender, 

comm. Vorstand des Ktfnigl. Staats-Archivs zn Aurich. 

JNachdem die Haus- und Hofmarken durch Homeyer' s 
Forschungen die griindlichste, ja wahrhaft classische Bear- 
beitung gefunden haben, *) ist es auch auf diesem bisher ver- 
schlossenen Gebiete deutscher Rechts- und Culturgeschichte 
lebendig geworden, und zahlreiche Jiinger nah und fern 
haben sich beeilt, die ihnen zuganglichen Marken zu sam- 
meln und, theils auf eigene Bearbeitung verzichtend, die 
Resultate ihrer Bemiihungen an Homeyer mitzutheilen, theils, 
sich auf die Homeyer'schen Untersuchungen stutzend, in 
selbstandigen Abhandlungen der Wissenschaft zuganglich 
zu machen. a ) — Auch ich bin durch die Arbeiten des ge- 
nannten Gelehrten angeregt worden, mein Augenmerk den 
Hausmarken zuzuwenden and wie ich fruher in Miinster 
Westfalische Markenzeichen aller Art gesammelt und 



J ) Die Haus- und Hofmarken von Dr. C. G. Homeyer, ord. Pro- 
I feasor der Rechte, Mitglied der Kgl. Academie der Wissenschaften zu 
Berlin und des Herrenhauses. Mit XLIV. Tafeln. Berlin 1870. Verlag 
der Ktfnigl. Geh. Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker). 

2 ) z. B. S. A. Poppe. Die Hausmarken Bremens und des Unter- 
weser-Gebiets. Bremisches Jahrbuch. VI. 1872. Seite 266 ff. mit 789 
Marken. Ferner J. J. Smits. Huismerken. Nederlandsche Spectator. 
1872. 

1 



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- 4 — 

Die G est alt der Marken ist, wie bemerkt, eine aus 
einigen geraden Strichen gebildete Figur,' welche ohne jeden 
Aufwand von Kunst oder Muhe jedem beliebigen Stoffe auf- 
getragen, eingeschnitten, angeh&ngt oder sonst damit ver- 
bunden werden konnte. — Die aus wenigen Strichen zu- 
sammengesetzte Marke ist also wohl zu unterscheiden von 
einem Bilde, welches zu seiner Herstellung Arbeit und Kunst 
erheischt. Nach dieser Richtung hin sind die Hausmarken 
mit den Runen verwandt, da auch diese dieselbe Grund- 
bedingung zu erfullen hatten, namlich einem festen Material 
auf thunlichst leichtetfte Weise eingetragen werden zu konnen. 
Diese einfachsten Formen der Marken wurden sp&ter mehr- 
fach modificirt, man fiigte z. B. die Initialen des Vor- und 
Zunamens in lateinischen Buchstaben hinzu, anfangs lose 
daneben geschrieben, bald aber eng mit dem Zeichen verr 
bunden. Haufig auch blieb dann in den Zeiten des Ver- 
falls das eigenthiimliche Markenzeichen ganz fort und es 
ertibrigten nur die Buchstaben (z. B. Nr. 534 — 549). Hie 
und da scheint man angenommen zu haben, dass eine 
eigenthumliche Stellung der Buchstaben ihnen den Character 
der Marke zu bewahren geeignet sei, so schreibt Ratje 
Behrens 1690 liegende Initialen, Nr. 383; Luer Jansen 1608 
die Buchstaben umgekehrt, Nr. 936. 

2. Gebrauch der Marken. 

Fragen wir uns , welche Personen sich der Marken- 
zeichen zu bedienen pflegten, so ist die Antwort: „Der Ge- 
brauch der Hausmarken geht durch alle Arten der Person- 
lichkeiten, physische und juristische, durch geistliche und 
weltliche Berufs- und Geburtsstande, durch beide Ge- 
schlechter hindurch." 

Beispiele fur Marken Geistlicher geben die Nummern 
81, 98, 99, 313, 884—887; fur die ritterbiirtiger Personen 
z. B. 79, wo also die Hausmarke heraldisirt wird und statt 
des Wappenbildes — eine Wappenmarke erscheint (vgl. 
auch Nr. 906 u. die Bemerkungen dazu); fur Gelehrte Nr. 313, 



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— 6 — 

iiberlebenden Sohn des Hayo Jehnen, Harrem Hayen, iiber. 
(Vgl. die Erlauterung zu dieser Nummer.) Ferner Nr. 1347 
und 1349 die Marken des Alrich Lutien und Lutien Al- 
richs, offenbar Vater und Sohn: die Marken unterscheiden 
sich nur dadurch von einander, dass 1347 am Stamme als 
Zusatz ein Kreuz hat, welches bei 1349 fehlt. Im Allge- 
meinen gilt die Regel, dass der alteste Sohn des Yaters 
Marke tlberkomnit und die iibrigen Kinder dann eine Marke 
annehmen, die sich nur durch kleine Abweichungen von 
der eigentlichen Familienmarke unterscheidet; solche Falle 
liegen vor unter den Nummern 390 und 391, 559 und 560; 
748 u. 753; 678 u. 707; 591 u. 829; 979 u. 981; 1066 und 
1082; 1091 u. 1094; 1044 u. 1159; 975 u. 1174 (haben die- 
selbe Marke); 1512, 1526 u. 1527 (3 Mitglieder einer Fa- 
milie); 1329 u. 1536; 1053 u. 1551. J ) Diese Marken gehoren 
anscheinend je zwei BrtLdern oder sonst nahen Verwandten 
an und haben denselben Grundtypus; welches die Urform 
gewesen, kann man jedoch nicht mehr ersehen. 

Ein noch .weiteres Aufgeben der individuellen ? rein 
personlichen Marke findet statt, wenn dieselbe sich von der 
Person loslost und dergestalt mit einem Grundstuck ver- 
bindet, dass der jedesmalige Eigenthiimer oder Besitzer 
desselben gezwungen ist, die Marke des Gutes anzunehmen. 
Es ist das analog der in Westfalen und anderweit vielfach 
vorkommenden Erscheinung, dass der Name des Gutes 
mit vererbt wird, und ein neuer Eigenthiimer seinen Fa- 
miliennamen aufgiebt, um sich fortan nach dem Namen des 
Heerdes zu benennen. Die so gearteten Marken nennt 
man Hofmarken. 

3. Die Anwendung der Marken betrachten wir mit 
Homeyer in vier Gruppen: 

l ) Bei Nr. 920 und 932 liegt vermuthlich ein Irrthum vor: die 
Marken sind dieselben, die Vornamen ebenfalls und die Zunamen in 
ihrer ersten Silbe: Colmar und Coldewin, so dass wohl dieselbe Person 
gemeint ist. 



I • -d 



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_ 8 — 

erhalten sind. Die alteste mitgetheilte Siegelmarke aus 
Ostfriesland (Nr. 99) ist vom Jahre 1492. 

Zu den Willen^zeichen gehoren auch die Widmungs- 
zeichen : da Jemand seine Marke an einen Gegenstand an- 
bringt, welchen er stiftet; vgl. Nr. 37—40, 503— 516 u. 898. 

III. Als Eigenthumszeichen. Den Character als 
Eigenthumszeichen erhalten die Marken, wenn sie von einer 
Person dazu gebraucht werden, eine Sache als ihr Eigen- 
thum zu bezeichnen. Wir unterscheiden hier a. die 'Zeichen 
an stehendem Eigen, wie die eig^ntlichen Haus- 
m ark en (z. B. Nr. 53—68), welche irgendwo an einer in 
die Augen fallenden Stelle des Hauses, iiber der Thiir, im 
Giebel, in der Wetterfahne u. s. w. angebracht werden, und 
b. an liegendem Eigen, wie z. B. auf Grenzsteinen 
(Nr. 42). — Acker- und Wiesenzeichen, welche durch Ein 
pfliigen in den Boden sichtbar werden, kommen noch auf 
Borkum vor. *) — c. die Zeichen an Gerechtigkeiten, 
z. B. an der Kirchenstuhlsgerechtigkeit (Nr. 900 — 906). 
Ganz besonders gebrauchlich aber waren die Marken d. an 
fahrenderHabe. An Hausgerath, Ackergerath, Fiscberei- 
gerath, Handwerkszeug u. s. w. wurden die Marken gern 
angebracht, urn sie als das Eigenthum einer bestimmten 
Person zu bezeichnen. Beispiele dafur aus Ostfriesland 
vermag ich jedoch nicht anzuftihren. Auch Biicher haben 
hie und da das Zeichen des Eigenthumers ; dahin gehoren 
Nr. 313 und 315. Am haufigsten jedoch erscheint das Eigen- 
thumszeichen in den folgenden Tafeln als Kaufmanns- 
zeichen. 

Die Kaufmannszeichen wurden den Waarenballen und 
Fassern aufgesetzt und bezeichneten da durch die Guter als 
Eigenthum des Zeichenfiihrers. Zugleich wurde die Marke 
in dem Begleitschreiben wiederholt, so dass dadurch eine 
doppelte Sicherheit erzielt wurde. Interessant ist die Wahr- 



!) Homeyer a. a. O. Seite 244. 



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- 10 — 

der Analphabeten, treten immer haufiger an die Stelle der 
Marken. Auch die neue Sitte, die Hauser zu numeriren, 
stfttt mit der Hausmarke zu versehen, lasst viele alte Marken 
auf immer untergehen. 

Dennoch aber ist die Marke nicht selten auch heute 
noch im Gebrauche', namentlich in Siegeln trifft man sie 
noch hie und da. Im Hannoverschen gilt sie noch als Forst- 
zeichen 1 ), und speciell in Ostfriesland* ist die Sitte, das 
Vieh zu merken, auch heute noch in Bliithe. 2 ) 



*) z. B. im Forste zu Egels bei Aurich, Nr. 914. 
2 ) vgl. auch Anmerkung auf Seite 8. 



Erklarung der Markentafeln. 

Nr. 
1—26 Marken auf Grabsteinen in der Grossen Kirche zu Emden. Na- 
men und Jahreszahlen sind nicht mehr zu erkennen. 

27 Grabstein in der luth. Kirche zu Norden. (B) 

28 Wand-Epitaphium des Aderian Tebben, 1636. Luth. Kirche zu 
Norden. (Bj 

29, 30 Grabsteine ebenda, 1580, Von Nr. 30 ist die obere Halfte durch 

eine Kirchenbank verdeckt. (B) 
31 Grabstein des Jan Hinrichs zu Nuttermohr. 1706. 

32, 33 Grabsteine in der kath. Kirche zu Hirschberg in Schlesien. Nr. 32 

des Martin Tillich, 1594, 33 des p. Kirschner. 

34 Papierzeichen, 1558. 

35 an der hblzernen Hinterwand in der luth. Kirche zu Norden. (B) 

36 Metallkalender 1635; im Besitze des Vereins fur bildende Kunst 
und vaterlandische Alterthtimer zu Emden. 

37 in einem gemalten Glasfenster auf der Rustkammer des Emdener 
Rathhauses, mit der Unterschrift Martin von Petkum, 1576. 

38 ebenda, ohne nahere Bezeichnung (?). 

39, 40 in gemalten Fenstern der Lambertikirche zu Mlinster. 

41 Samuel de Tournes. Gtenf. 1693. Holzschnitt auf dem Titelblatt 
eines bei dem Genannten erschienenen oder gedruckten Buches. 

42 Grenzsteine des Klosters Oesede, Amt lburg, Kreis Melle. (V) 



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— 11 — 

43, 44 in Wappenschildern auf einer mit schtinen gothischen Beschlagen 
versehenen Kornkiste auf dem Colonat Espel in Rulle bei Osna- 
briick. 43 hat einen Drachen zum Schildhalter, 44 einen Lbwen. 
(V) 

45—52 Knopfe an den Riegcln zum Aufhangen von Huten etc. im Saale 
des Consistoriums in der Grossen Kirche zu Emden. Je 2 Riegel 
mit derselben Marke Ubereinander ragen aus der Holztafelung 
heraus. Die Marken sind schwarz auf weissen Grund gemalt. 

53 • Hausmarke zu Emden, 1632. 

54 „ zu Norden, 1588; neben der Post. (B) 

55—58 Hausniarken zu Bauerschaft Laer, Kreis Mello. 55 des Uhr- 
macher Rosengarten, 56 des Bernhard Hermann Cormeyer und 
der Kathar. Elisab. Hagedorn, 1720; 57 des Johann Redecker, 
gt. Hoen, und der Kath. Gertrud Hiltermann, 1724; 58 des JUr- 
gens Kordes und der Gertrud Pauck, 1725. (V) 

59 Hausmarke in der Brschft. Nahme, Amt Osnabruck, des Arend 
Hettlage, 1684. (V) 

60 dito Brschft. Voxjrup, Amt Osnabruck, des Joh. Heinr. Rahnen- 
kamp und der Anna Kathar. Engel Hiifel -Meyers, 1807. (V) 

61 dito Stadt Osnabruk, Schweincstr. 17, .von 1587. (V) 

62 dito Brschft. Droper, Amt Iburg, des Joh. Heinr. Menke und der 
Anna Mar. Schumpe, 1780. (V) 

63—66 Hausmarken in Quakenbruck in den Hausern Nr. 301, 121 und 

122. (V) 
67, 68 Hausmarken in Hannover auf der Osterstrasse. 
69—72 Marken in Fensterscheiben zu Roben, Kirchspiel Badbergen. 69 
des Hermann Schmidt aus Bremen;* 70 des Rudolf Sanders, Kfm. 
* aus Bramsche; 71 des Joh. Wilh. Graelman, Kiister und Organist 
in Menslage; 72 des Herm. Rissenbeck, Kaufm. aus Bramsche; 
sa'mmtlich von 1693. (V) 
73 ist die Marke des Kl. Hoffrmgen zu Miinster. Das Siegel ent- 

halt ein kleines Wappenschild mit der Marke, dariiber die Jung- 
frau Maria mit dem Christuskinde, und die Umschrift: Sigi. Virg. 
Hoflfring. (Mittheilung des Herrn Wippo zu Miinster.) 
Siegel des Alef Arndes, 1461. 

7 Gherd van Vrylewich, gt. Meyneke, 1408. 

, Heineman der Smet, gt. der Ostene, in Hamm, 1417. 

,, Johann Maze in Hamm, 1401. 

, Arnoldus Pappe, 1426. 

n Heinricus de Heringen, 1337. Das Siegel ist dreieckig. 

„ Herm. den Roede, 1363. 

n Peter Burch, Pastor zu Hamm, 1511. 



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Siegel des Jttrgen von Herte, 1570. 

„ „ Joh. Hakenesch, 1434. 
Wappen der Christina Cloet, Gattin des Dr. med. Gerhard Mar- 
tells. 
Wappen des Gese von Heyden, 1463. 

Joh. Jak. Hoeffel, Oberschultheiss zu S. Johannes- 
berg im Rheingau, 1728. 
Joh. Adam Schneider, Unterschultheiss ebenda, 1728. 
Joh. Schmeltzer, Gerichtsfreund ebenda, 1728. 
Herm. Wesfeel, 1481. 
Conrad zur Westen, 1642 Febr. 1. 
Joh. Kotflesch, Btirgermeister zu Herford, 1516. 
Godeken Salmon zu Herford, 1516. 
Ludolph Slichte, Richter zu Herford, 1559. 
Arnold Platte, 1481. 
Harmen, scultess tho Westerholt, 1512. 
Gerrit Aernts, 1615. 
Aris Janssen, 1615. 

Herr Poppen van Petkum, kerkher, 1503. Die Marke 
Siegel I 8teht in emem Wappenschild, iiber welchem ein ge'- 
harnischter Bitter, der in der Rechten eine Lanze 
trSgt, emporwachst. 
Enno, kerkher to Edelzum, 1492. 
Herm. Heerde zu Mtinster, 1481 April 14. 
Simon Hinrichs zu Suurhusen, 1641. 
„Rike Benger, bisher Fahndrich der Btirgerkompagnie 
an der" griinen Fahne der Stadt Aurich", 1744 
Juni 2. Das Siegel zeigt einen gespaltenen Schild; 
rechts der halbe Doppeladler, links die Marke, iiber 
dem Schild die Grafenkrone; zur Seite die Buch- 
staben R. B. 
Lubbert Jansen Schmidt, Hauptmann zu Norden, 1744. 
Boyenk Onnen, Fahndrich zu Norden, 1744. 
Claes Meinders zu Norden, 1744. 
Grons Udet, 1683 Juli 26. 
Selbstgezogenes Handzeichen desselben. 

fReinder H. van Senden, 1683 Juli 26. 
Peter Tonies, 1688 Juli 26. 
Siegel Reintje Willems van Enkhuizen, 1692 April 22. 
Cordt Blessen zu Herford, 1473. 
Hinrick Bescharen ebenda, 1478. 
Engelke Pelser ebenda, 1478. 



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Siegel 



Ignatius Baertz zu Amsterdam und Delfzyl, 1657. 
Antonio Erhart zu Hamburg, 1657. 
Andreas Schweyer zu Niirnberg, 1714. 
David Ludwig Spizer zu Niirnberg, 1714. 
Joh. Jak. Beyl zu Niirnberg, 1714. 
David Schaaff zu Magdeburg, 1714. 
Joh. Melchior Jakob, 1714 zu Leipzig. 
Siegel der Firma Ad. Friedr. Hoffmann und Joh. Tripto, 1714, 
ebenda. 

Joh. Christ. Jahn, 1714, ebenda. 

Georg Heinr. Grttnenthal, 1714, ebenda. 

Petrus Inen, 159<}, August 4. 

Jan Weyers, 1702. 

Gerd Gerdes, 1654. 

Frederich Eilers, 1654. 

Isaac v. Conninxlo zu Emden, 1662. 

Jan Gerdt Borch „ „ w 

Warners „ „ „ 

Ocke Hinrichs, 1665. 

Richt Ayels, 

Peter Janssen, 

Claes Richts, 

Tryne Eden, 

M. v. H. Aurich. 



Siegel 



xvn. 

Meinert Sigers, Schoelmeister zu Gross-Midlum, 1663. 
Heinke Buschmann, 1650. 
Johann Holle. 

Benedict Tielitz zu Frankfort a. d. 0., 1623. 
Caspar Schultes, Licentiat zu Stendal, 1551. 
Hans Leppin zu Stendal, 1593. 
Paul Lipprecht zu Stendal, 1593, 
Siegel von 1742. 

145—149 Steinmetzzeichen in den Fenstern des Hauses Wolbeck, Eigen- 
thum des Grafen v. Merveldt zu Wolbeck bei Minister. 
(Mittheilung des Dr. Vormann zu Munster.) 
150, 151 Steinmetzzeichen (?) in einer Altarjschwelle der luth. Kirche 

zu Norden. (B) 
152—160 Steinmetzzeichen im Dome zu Freiberg in Sachsen, 1500. (Mit- 
theilung des. Stud. Burkner zu Dresden.) 

161 / nicht n&her zu bestimmendes ostfriesisches Kaufmannszeichen, 

Saec. XVII. 

162 Handzeichen des englischen Kaufmanns Joris Rawe, 1566, 



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163 Handzeichen des Amsterdamer Kfms. Joannes Bode, 1555. 

164 u. 165 Waarenzeichen von 1555. 

166 steht unter der Abschrift eines Aufsatzes tiber den Upstallsboom 
mit den Worten „Fiir gleichlautende Abschrift, F. G. von Boddien. 
1842. tt Bibl. Fol. 96 des Emdener Vereins. 

167 Handzeichen des Schiffers Asmus Ayken zu Emden, 1628—48. 

168 Hausmarke auf dem Hofe des Hauses Scharrenstrasse 12 zu 
Berlin. 

169—191 sind Kaufmannsmarken. Ein Schiff von Bergen, gefuhrt Von 
dem Bergenfahrer Lakeman, strandete im Jahre 1591 bei Spikeroog. 
Die geladenen Waaren, welcjie fur Bremer Kaufleute bestimmt 
waren, sind auf der Schiffsrolle bezeichnet. Dieselbe lautet also: 
„Dnit is de Rulle van Schipper Harmen Lakeman sin ingenomen 
gudt tho Bargen, ao. 1591." Dann fo'lgt Nr. 169- Johan Bake 100 
wagen Rumpus, 6 ton. Thran; 170 Joh. Hopke ebenso; 171 Eler 
Brede ebenso u. 2 ton. Rotschar; 172 Frederich Wolpman ebenso; 
173 Hinrich Meier 100 wagen iis, 6 ton. Thran; 174 Joh. Hopke 
de JUnger 100 w. fis, 6 t. Rotschar; 175 Geriht Scherffmann 90 w. 
fis r 2 t. R., 2 ton. Botter; 176 Christopher Ruiskamp 100 w. fis, 
4 t. R., 2 t. Dorfes; 177 Gerht Wessels 100 w. fis, 6 t. ther; 178 
Harmen Dwerhagen 60 w. fis, 4 t. R.; 179 Ladewich Wickbolth 
100 w. fis, 4 t. R., 1V 2 t. thran; 180 Alberth Hoche 60 w. fis, 5 t. 
R.; 181 Hinrich Drade 100 w. fis, 2 t. botter, 2 t. thran; 182 Hin- 
rich Junker 100 w. fis, 6 t. R.; 183 Corcht Schnell 90 w. fis, 4 t. 
R.; 184 Ulrich Meier 90 w. fis, 4 t. ther; 185 Joh. Broknig 4 t. 
thran, 2 t. Roff; 186 Woler Wolers 3 1. 11., IV* t. thran; 187 Gerht 
Schulte 47s t. thran; 188 Harmen Lakeman 40 w. fis, 12 lop bot- 
ther, 1 t. flickheringe; 189 Hinrich Klamp 4 t. R.; 190 Joh. Wolt- 
man 1 t. R., 1 kip Raff; 191 Rottger y 4 gesotten las, und schliess- 
lich ohne Marke Evercht Schroder de Stuirman 21 w. Rumpfis. 
Bemerkenswerth ist, dass der Schiffer selbst als Kaufmann in seiner 
Schiifsrolle erscheint. 

192—215 sind.Kaufmannszeichen auf Waarenballen, verzeichnet in der 
Schiffsrolle des von Dirk Claessen gefuhrten, bei Norderaey 1714 
gestrandeten Schiffs „de Vrede u von Amsterdam nach. Hamburg, 
mit Giitern fur Hamburg, Bremen, Breslau, Leipzig, Nurnberg 
Linz u. s. w. — 192—194 stehen auf Waaren fiir Georg Heinrich 
Grunthaler in Leipzig. Die personliche Marke Grtinthaler's ist eine 
Andere, vergl. oben Nr. 123. — 195 fiir Paulus Freund Erben zu 
Leipzig. 196 fiir Joh. Schornberg zu NUrnberg. 197 fur David 
Schaaff in Magdeburg; dessen persdnliche Marke oben Nr. 119. 



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198 fur Friedrich Natorp in Hamburg. 199 fiir Joh. und Heinr. 
Lincke zu Leipzig. 200 fdr Appolonia Dupre. 201 fdr Andreas 
Dathe zu Hamburg. 202—204 fiir Joseph Rezzani zu Hamburg. 
205 fur Roleff de Hulter. 206 fur Joseph Reineken. 207 fiir An- 
dreas Schweyer zu NUrnberg. 208 fiir Ernst Sigmund Kupfer. 
209 fiir Hoffmann und Tripto zu Leipzig; die perstfnliche Marke 
der Firma oben 121. 210 fiir Albert Wuppermann zu Elberfeld. 
211 ohne nahere Bezeichnung. 212 fiir Joh. €hrist. Jahn in Leip- 
zig; die persftnl. Marke oben 122. 213 ohne weitere Angabe. 
214 fiir Albertus Seba (?). 215 fur Joh. Melchior Jakob zu Leipzig, 
dessen personliche Marke oben Nr. 120. 

216— 21 £ Marken auf Waarenballen fiir Hans Oesterreicher zu Augs- 
burg, 1596. 

219—226 Marken auf Pfeffersacken eines auf der Westerems 1657 ge- 
strandeten Schiffes nach Hamburg; und zwar Nr. 219 fiir Adam 
Mitler in Breslau. 220 fiir Michael Hensch in Hamburg, zugleich 
seine persSnliche Marke. 221 fur Hans Conr. Eyben Erben und 
Hans Christ. Krabber in NUrnberg.' 222 fiir Matth. Jarritz in Wien. 
223 fur Elias Welgel in Breslau. 224 fur Heinr. Knurre in Breslau. 
225 fdr Hans Peysser in Linz. 226 fdr Wolff Pangenheider in 
Breslau. 

227 Handzeichen des des Schreibens unkundigen Weyert Folkers, 1677 
Febr. 14. 

228 Handzeichen des des Schreibens unkundigen Zimmermeisters Adde 
Ayben, 1685 Marz 20. zu Esens. 

229 — 253 sind Marken von Bauern der 8 Rotten in der Ostermarsch 
bei Norden, bei Gelegenheit einef Aufzeichnung der L&ndereien 
und Abgaben aufgenommen, 1592. — 229 Dit is van Johan Gerrtz 
sulvest mith der pennen getagenes marck. 230 Dit gesettes kruss 
is sulvest van Rener Betten alss syn marck hir under getagen 
worden. 231 Dirck Hillebrandts. 232 Tatke Luten der Rodt- 
meister hefft dit marck sulvest undertekent. 233 Dewile :Folpt 
Tyaddelen nicht schriven konde, hefft he my Johan Hilwerts ge- 
beden, dit syn marck tho underschriven. 234 Poppe Tyaddelen. 
235 Inn mangel geleerden schrivens hebbe Garmer Mammen up 
mines vaders Mamme S witters gehezenndt sin marck hirunder ge- 
sedtedt. 236 de Rodtmeister. 237 Als ock Remett Hybbenn geinn 
schryvendt gelerett, ys up synn begerennt synn sulvest erstlich 
mytt kryttenn vorgetagenes marck hyr under gesettet, doch heft 
• it endtlich sulvest hir under getagen. 238 Swittert Euwen. 239 Re- 
met Menten. 240 Sipke Dirks. 241 Dude Folptets. 242 Bebbe 
Uden. 243 Thaerdth Menken merk is dith. 244 Wilhelm Hybben, 



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245 Rodtmeister Johan Gerdts. 246 Tjarck Hylen. 247 Hayo Sy- 
benen. 248 Werner Remets. 249 Harmen Honsen Rodtmeister. 
250 Ubben Ennen myn handt ande marck. 251 Johan Marcks. 252 Lu- 
tet Poppen. 253 Mamme Aeiben. — Die Marken 238 — 253 sind 
sammtlich von den Betreffenden erst mit Kreide vorgezeichnet 
und dann von dem Verfasser des Verzeichnisses Arndt van Waren- 
dorp nntergesetzt worden. 

254 Handzeichen des Herman Gerdts zu Esens, 1588. 

255 „ „ Reiner Tiemens zu „ „ 

256 „ „ Hinrich Heln, 1687. 

257—312 Handzeichen von Eingesessenen aus Leer und Umgegend, 
1588—1595. — 257 Rentko Luwertz. 258 Luwerdus Holthusius. 
259 Witke Johans! 260 Wynno Aldrieks. 261 Ubben. 262 Garrlt 
Wyhardtz. 268 Pieter Gysbertz. 264 Willem Pieters. Dieselbe 
Marke fiihrt Tjark Baker zu Leer. 265 Herm. Querenstede. 
266 Wessel, Muhrmeister. 267 Egge Onnen. 268 Aytetz marck. 
269 Hanss, Voetknecht. 270 Tyardt Poppena. 271 Focko Lub- 
bertz. 272 Wyhardtz. 273 Sywken. 274 Wiart Heitetz tho Bol- 
lingehusen. 275 Gyse, Schomaker. 276 Brant Bruens. 277 Dirck 
Everts. 277 a. derselbe. 278 Oltmans. 279 Tiabberen Stiens. 
280 Staes, Schomaker. 281 Hinrich Albers. 282 Wyhardt Auwen. 
* 283 Ulbet Sthaell zu Stapelmoor. 284 Joh. Rotgers. 285 Poepke 
Wyhardts. 286 Habbo Ellems. 287 Cirtko Gerlichs. 288 Everdt 
Ryper. 289 Tamme Water. 290 Deddo Wyhardtz!. 291 Hayo 
Wyleffs. 292 Wirtko Johans. 293 Hinrich Stint. 294 Balsar Jo- 
hans. 295 Herm. Kloppenborch. 296 Joh. Arensborch. 297 Jtir- 
gen Hopsten. 298 Venike Jacobs zu Weener. 299 Gerdt, Gorten- 
maker. 300 Aytet Lubbertz. 301 Alrich Henrichs. 302 Gerdt 
Wilkens. 303 Gerdt Tapens. 304 Hans Peters. 305 Ayldt. . 30G 
Nanne. 307 Focke Irpen. 308 Wichman Johans. 309 Willem Pe- 
ters. 310 Wiardt. 311 Hemme Hemmens. 312 Ocke Nannen. — 
Die Betheiligten haben ihre Marken selbst unterfertigt, ausser 
310 Wiardt, welcher Arendtz darum gebeten hat. 

313 Handzeichen resp. Hausmarke des „Wilhelmus Friderici, curatus 
eccl. S. Martini in Gronenga," 1516; auf dem Titelblatt des Saxo 
Grammaticus, editio 1514. 

314 Handzeichen des Hayo Oyels, Aurich 20. Mai 1682. 

315 Marke auf dem Pergamentumschlag eines Msc. Saec. XVI. 

316 Marke des Fiirstl. Munsterschen Oberst u. Commandanten zu Meppen 
Meinertzhagen, 1673. 

317 Siegel des Herm. Gerdes, 1627 Jan. 1. 

318 Handzeichen des Schiffers Haye Fos zu Emden, 1628—48. 



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319—352 Handzeichen 

319 des Schiffers Focke Folkers zu Emden, 1628—48. 

320 des Schiffers Reyner Hormens zu Enulen, 1028—48. 

321 „ Moritz van Hoven zu Dockum, 1569. 

322 „ Johann Piatt aus deui Obertfsterreichischen, 1758. 

323 „ Hemme Albers zu Collinghorst, 1644 Dec. 21. 

324 „ Habbert Berens „ „ „ „ 

325 „ Bertelt Gerdts zu Stickhausen, 1650. 

326 der Agathe Lehners, Witwe zu Emden, 1627. 

327 des Albert Gerdes zu Charlottenpolder, Amt Norden, 175€. 

328 der Bette Weits zu Emden, 1575. 
329 — 333 von Mitgliedern der Familie Sarck zu Amsterdam. 

334 des Tongerk Wilts zu Norden, 1657 Jan. 28. 

335 „ Bebke Jansen zu Leer, 1676 April 9. 

336 „ Becke Jansen „ „ „ „ 

337 u. 337 a. des* Jan Jansen zu Leer, 1676 April 9. 

338 des Schiffers Mamme Taden zu Emden, 1623—48. 

339 „ Harmen Welken zu Utgaste, Amt Esens, 1694. 

340 „ Johan Ulfers, 1682 August 27. 

341 „ Gert Bruns zu Esens, 1G85 Juni 19. 

342 „ Sichstus Peters, Kistemacher zu Esens, 1690 Juni 16. 
•343 „ Feecke Uden 1 

344 „ Jakob Rembt 

345 „ Wulfert Mammen 

346 „ Hinrich Imels 

347 „ Ibe Beltets 

348 „ Claus Peters 

349 „ Teis Henrichs 

350 der Roelffje Roelffs zu Leer, 1700, unverheir. 

351 „ Hayke Behrens „ „ 1700, deren Mutter. 

352 des Berend Wessels „ „ 1662. 

353 Marke auf der Glocke zu Westerhusen bei Emden. Ich inache 
darauf aufmerksam, dass diese Marke fast genau ubereinstimmt 
mit Nr. 860, der Marke des Peter von Kampen, woraus sich viel- 
leicht auf eine Verwandtschaft oder Beziehung mit der Glocken- 
giesserfamilie de Wou de Campis schliessen l^sst. Vergl. Ostfr. 
Monatsblatt 1873 S. 64 u. 173. 

354—404 Handzeichen 

354 des M. Mering Johansen zu Esens, 1692 Aug. 15. 

355 „ Albert Higgen zu Esens, 1694 Sept. 28. 
856 „ Reinder Hanssen zu Esens, 1694 Sept. 28. 



Eingesessenen der Kirchspiele Nesse u. 
Arle, Amts Norden, 1635 Juli 22. 



857 n Jabbe Hilrichkes 



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358 des Ubbe Albers zu Esens, 1694 Sept. 28. 

Gerd Brunss, Olderman zu Leer, 1684 Juni 18. 

Hendrich Dirks „ „ „ » 

Ede Eilertss hat diese zwey Lettern selbsthSndig gezogen, 

Leer 1684. 

Joh. Dirks zu Esens, 1701 Oct. 18. 

Eilt Johnsen „ „ „ 

Johan Hayen „ „ » 

Johan Heyen „ • „ „ 

-Wilke Wilkens „ „ „ 

Arend Bruns, Elterman zu Esens, 1656. 

Augustus Tobiassen, 1713 Jan. 15. 

Lambert Harmens „ „ 

Johan Tammes zu Norden, 1606 Dec. 17. 

Johan Kannegeter „ „ „• 

Reiner Claesse „ „ „ 

Hayeke Emen „ „ „ 

Casten Eylers zu Jever, 1656. 

Lorenz Andres „ - „ „ 

Simon Hinrichs zu Suurhusen, 1641. 

Arent Schinckh, 1599 Dec. 13. 

Hero Boyen, 1599 Dec. 13. 

Wylke Meyners, goltsmit, borger bynnen Swoll, 1544. 

Dirk Alberts, 1689 Juli 9. 

Hindrich Hindrichs, 1690 Marz 16. 

Lttcke Barvit, 3690 Juni 15. 

Ratje Behrens, 1690 Juli 21. 

Dirk Claessen, 1691 Mai 29. 

Hinrich Harmens, 1691 Mai 29. 

Pantet Feikes, 1694 Juni 29. 

Johan Mintjes, „ „ 

Hinrich Meppen, 1694 Aug. 10. 

Carsten Siebels, 1695 Marz 16. 

Albert Poppen, 1695 April 16. 

Bette Poppen, 1695 April 30. 

Oltman Gerdes, 1695 April 30. 

Ulrich Muller, „ „ 

Ulfert Koneken, 1695 Mai 1. 

Folpert Jurgens zu Greetsyhl, 1627. 

Jacop Remets, 1641, mit selbsteigner hand gezogenes marck 

aliter non potuit. 
897 „ Dirck Gerrits, 1641. 



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byVn< IC « A&m 



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399 
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401 
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403 
404 



zu Osteel, 1631. 



398 des Cornelius Janssen, 1615 zu Utgerwer. 
Hindrick Eillers, 1617 zu Esens. 
Johan Harmens, 1621. 
Otto Jhunck zu Hatzum, 1621. 
Nannink Willums, 1621. 
Albert Hindricks zu Midlum, 1621. 
Gerrit Arndts, 1615. 

405 Siegel des Gerdes Hoftorp, 1616. 
406—430 Handzeichen 

406 des Joh. Lubberts 

407 „ Arendt Eden 

408 „ Joh. Retelker 

409 „ Herm. Eeben 

410 „ Henrich Henrichs 

411 „ Poppen Rotgers 

412 „ Siecke Ayltz 

413 „ Hyndrich Gaeyken 

414 „ Ude Dedden 

415 „ Herm. Meyers 

416 „ Edde Embet 

417 „ Albert Kupers 

418 „ Ryecke Rieken 

419 u. 419 a. des Wessel Heinrichs, 1618. 

420 des Arndt Schefkers, 1618. 

421 „ Hildrich Upken, .1618. 

422 „ Harm Jurgens zu Aurich, 1712. 

423 „ Rolf Gnafeus zu Esens, 1616. 

424 — 430 sind in sehr haufigen Wiederholungen in das an den Wjtnden 
befindliche Holzgetafel auf der sog. „altea Eichkammer" des Em- 
dener Rathhauses eingeritzt. Nr. 424 mit den Buchstaben R. S. 
und der Zahl 1657. 

431—434 Waarenzeichen auf Butter- und Kasetonnen. 431 des Hans 
Tegetmeyer zu Braunschweig, 1573. 432 des Jtirgen Eikenroth. 
433 des Tile von der Leine fur Butter. 434 desselben fur KSse. 

435 Handzeichen. Name unleserlich. Norden, 1663. 

436 — 502 Handzeichen von Kaufleuten, welche, nachdem sie zu Emden 
mit ihren Schiffen angelegt und vom Rath die Erlaubniss zur Vor- 
beifahrt eingeholt hatten, den Erlaubniss-Schein eigenhandig unter- 
schrieben und ihre Marken daneben setzten. 

436 Kersten Otte, 1560. 

437 Haro Wyncken torn Damme, 1560. 

438 Peter Haykens, 1563. 

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-20 



Btirger zu Groningen, 1570. 



439 Hans Fastenou, 1566. 

440 Roeleff Eysens, 

441 Simon van Ren, 

442 Lue Cornelys, 

443 Jasper Kremer, 

444 Johan Kremer, 

445 Johan Pieters von Harlem in Holland, 1570. 

446 Jan Lambrechts, 1570. 

447 Bartelt Hodemaker zu Groningen, 1571. 

448 Symen Breder von „Badelborne a , 1572 (= Paderborn). 

449 Claes Korvemaker, 1572. 

450 Jorgen Moller, 



borger van Miinster und Warendorp, 
1572 Aug. 30. 



Burger von Bremen, 1572. 



451 Hinrick Preckswin, 

452 Alerth Nuessen, 

453 Johan Beierman, 

454 Johan Jergens, 

455 Hinridi Meyer, 

456 Hinrich Holle, 

457 Johan Meyer, 

458 Barendt Besnyn, 

459 Harmen Krechting, 

460 Luder Wrede, 

461 Wolter Nordman von Braunschweig, 1572. 

462 Johan Rowolt von Bremen, 1572. 

463 Berend Koeper „ „ „ 

464 Woltef Nordman von Braunschweig, 1573. 

465,466 Asmus und Schilder Ewesen aus Norwegen, 1575 

467 Hinrich Koster aus Bremen, 1573. 

468 Jacob Voerloer aus Diest, 1573. 

469 Peter Merhoff aus De venter, 1573. 

470 Gervais Puttman aus Zyffart, 1575. 

471 Hans v. Hildensum, 1573. 

472 Jurgen Gryme von Bremen, 1573. 

473 Michael Hubrechts von Lueck, 1575. 

474 Andres van Lar, Grafschaft Bentheim, 1575. 

475 Egbert van Besten, „ „ „ 

476 Johan Bancke v. Grevenbroeck von Lueck, 1575. 

477 Tonnies Kroenen von Nedderwesell, 1575 (= Wesel). 

478 Franz v. Guilich aus Osnabriick, 1581. 

479 Wyllem v. Goer „ „ „ 

480 Johan v. Adenow aus KOln, 1576. 

481 Johan Jansen „ „ 1578, 



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- 21 - 

482 Jasper von Osenbrugge aus Ktfln, 1581. 

483 Johan Bylderbeke von Velthuiss, 1581. 

484 Arian Harmens aus Delft, 1575. 

485 Hinrich Wasinghus aus Groningen, 1576. 

486 Sybrandt Wybrantzen, BUrger zu Bergen in Norwegeu, 1676. 

487 Jtirgen Kock von Horstmar, 1576. 

488 Cornells Joesten von Maseyk, 1576. 

489 Claes Kook von Luyck, 1576. 

490 Arent von Wesel, 1576. 

491 Christoph Meyer von Bremen, 1576. 

492 Gerd Foege „ „ „ 

493 Kerstgen Home, 1576. 

494 Jan Kluppelholt, „ 

495 Hinrich tor Meppel von Bentheim, 1576. 

496 Joh. Janssen Franken von Bochum, 1576. 

497 Jtirgen van Essen, 1577. 

498 Albert Smyt aus Bremen, 1576. 

499 Hans Pimoge von Dortmund, 1576. 

500 Arian v. Diepenbecke von Bochum, 1576. 

501 Gerhard Debbinch von Wesel, 1576. 

502 Egb. Johans in Damme, 1577. 

503 — 516 sind Marken von SchtitzenkSnigen zu Quakenbruck, einge- 
meisselt auf silbernen Schildchen, welche, an einer silbernen Kette 
befestigt, dem jedesmaligen SchtitzenkQnige zum Schmucke dienen. 
(V) — 503 Goldtsmedt 1590 (?); 504 Eilerdt Smedt 1594, 1605 u. 
1607; 505 Johan Witte 1599; 506 Werneke Middendor 1601; 507 
Herman Vanmell 1605; 508 Caspar Folkers 1615/1616; 509 Hinrigk 
Ubbing 1611; 510 Menke Nipper 1615; 511 Huge Kurf 1622; 512 
Brun Brans 1652; 513 Lubbert Nipper 1654; 514 Johan Heye, 
Jtirgen Son 1656 u. 1658; 515 Herm. Dinkgrewe jun. 1660 u. 1664 
und Jtirgen Dinkgrewe 1670; 516 Hendrich Witte 1665. 

517—528 Meister und Gesellen des Maurer- (Harthauer) Amts zu Emden, 
1601. Von 32 Mitgliedern unterschreiben 20 mit Namen, 12 nur 
unterzeichnen ihre Marken, und zwar: 517 Jost Cornelys; 518 Ger- 
lich Ocken; 519 Berent Jansen; 520 Egbert Gedes; 521 Jan Everts; 
522 Johan van Loppsens; 523 Gert Berens; 524 Johan van Stenwyk; 
525 Ibe Ltiken; 526 Alrik Ltiken; 527 Lammert Evers; 528 Arent 
Gysens. 
529—539 Handzeichen 

529 des Dirck Viehmauss zn Norden, 1663. 

530 (Name unleserlich) „ „ „ «* 

531 des Fillips Reiter „ „ „ 



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- 22 - 

532 des Johan Jacobs zu Norden, 1663. 

533 „ Johan Gerdes „ „ „ 

534 „ Heinrich Langes „ „ („dieses Marck hut . . .") 

535 „ Peter Tomsen zu „ „' 

536 „ Klass Harms „ „ „ 

537 „ Hille Ipkens „ „ „ 

538 „ Klass Tonnyes „ „ „ 

539 „ Johan Hinrichs „ „ „ ' 
540—552 sind Marken der Einwohner von Norderney, welche am 80. 

Mai 1744 ein Zeugniss fur ihren Schullehrer D. M. Poppen also 
unterfertigen; 9 schreiben ihren Namen selbst, die andern bedienen 
sich zum Theil der Anfangsbuchstaben ihrer Namen als Marken. — 

540 Jann Gerdes hat sein gewbhnliches Marck und Nahmens Vor- 
buchstaben, weil er kein Schreiben erlernet, selbsthandig gezogen. 

541 Harm Kassens. 542 Peter Kassens. 543 Jan Hinrichs Koser. 
544 Harm Mennsen. 545 Jann Otten. 546 Jann Hillrichs. 537 Rem- 
mer Ehmen. 548 Luire Heren. 549 Kassen Hinrichs. 550 Ehme 
Bents. 551 Harm Peters. 552 Jann Hinrichs Fischer. 

553—565 sind die selbstgezogenen Marken sammtlicher selbstandigen 
Einwohner der lnsel Borkum im Jahre 1634. — 553 Ende Ulfers. 
554 Otte Wege. 555 Rolf Ulfers. 556 Reycht Eygels. 557 Nane 
Geylss. 558 Ocke Hyndercks. 559 Galck Lb'ppen. 560 Loy L6p- 
pen. 561 Rycht Geldes. 562 Eyse Jacks. 563 Harmen Hyndricks. 
564 Hyndrich Ulfers. 565 Ode Focken. 

566—577 sind die eigenhandigen Marken der Borkumer Eingesessenen 
im Jahre 1649; 9 andere nnterschreiben mit Namen. — 566 Jan 
Nons. 567 Rest Veeltets. 568 Clas Richts. 569 Richerts Tiaden. 
570 Frerich Dirks. 571 Hanne Veeltets. 572 Pelcke LUppers. 
573 Oltman Robens. 574 Roleff Eissens, 575 Peter Janssen. 
576 Feicke Ennens. 577 Richt Ayelts. Die Marke dieses Letzteren 
weicht in hochst eigenthtimlicher Weise von Nr. 556 ab, obgleich 
man doch anzunehmen geneigt ist, dass beide Personen identisch 
sind. - 

578—582 sind die Marken der Eingesessenen auf Wangeroog im Jahre 
1669.. — 578 Borchert Tiarks. 579 Tiark Tiarks. 580 Meinert 
Otten. 581 Tiark Lauts. 582 Meinert Hayen. 

583 Handzeichen des Helmerick Zinke, Armenvorstehers zu Jever, 1671. 

584 „ „ Dirck Borens, „ „ „ „ 

585 „ „ Hayo Gercken, „ „ Wiebels, „ 

586 „ „ Gesecke Grercken, Kirchenvorsteher „ ,. „ 

587 Fabrikzeichen des J. A. Henkels in Solingen. 

588—882 sind die Marken von Emdener BUrgern, welche dieselbe eigen- 



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- 23 - 

handig neben dem Namen unter zwei Documente gesetzt haben, 
deren erstes die Gravamina der Stadt wegen allerlei von Graf Ed- 
zard eingeflihrten „beschwftrden, neuwerungen und verstaderungen" 
d. d. 31. Juli 1598 enthftlt, und das andere die Vollmacht der Em- 
dener Burgerschaft fur die neuernannten Vierziger d. d. 19. Sept. 
1593 ist. Von den Marken des erstcn Stttcks habe ich bereits 
mehrere in den „Westfa*lischen Hausmarken" vertfffentlicht, doch 
lag mir damals nur eine spate Abschrift vor, welche die Marken- 
zeichen zum grossen TheUe unrichtig wiedergab. Hier sind die 
Marken nach einer gleichzeitigen Abschrift mitgetheilt. 
588 Engelke Wynvorlater — 589 Johan Piedtken — 590 Haio Gerdes 
591 Johan van Hinte — 592 Luibberth van Buirhof — 593 Johan 
Hayen — 594 Aelderick Wonder — 595 Johan Urwercker — 596 Ael- 
drick Wittinck — 597 Jacup Jansen — 598 Pieter Smits — 599 Willem 
Smits marck — 600 Hindrick Hermeling — 601 Allerth Iderhoff — 
602 Berent Hermeling — 603 Karsten van Linge — 604 Sibbele Ja- 
cobsen _ 605 Rotger Siemers — 606 Dirck van Winsum — 607 A. 
Berentz — 606 Gerryth Dircks — 609 Lucas Roleffs — 610 Geerth 
van Linge — 611 Reiner Brunns — 612 Lamberth Vastenow — 613 
Geerth Albertz — 614 Geerth van Ulsen — 615 Otto Jansen — 
616 Warner van Gildehuiss — 617 Willem van Schuittorpe — 618 Dirck 
Gertz — 619 Geerth van Oyte — 620 Jacup Jaspers — 621 Hindrik 
van Schuittorp — 622 Hindrick Geerdts — 623 Hindrick Gerrytz — 
624 Pieter Jansen — 625 Coep Syabens — 626 Geerth Jansen — 
627 Dirck van Coellen — 228 Jan van Swoll — 229 Cerstken Lam- 
mer ts — 630 Harmen Hindricks — 631 Johan Fransen — 632 Otto 
Helmers — 638 Everth Tonnisen — 634 Timen Jaspers — 635 Arian 
Dirickzen — 636 Claes Huysen — 637 Pieter Knoop — 688 Emme 
Eden — 639 Karsten Pelzer — 640 Eilerth Doeden — 641 Feke van 
Reen — 642 Coerth Willers — 643 Johan van Soest — 644 Carls 
Pieters — 645 Johan van Muinster — 646 Fedde Hummens — 647 Hin- 
drick Doedt — 648 Harmen Albertz — 649 Tonnys Buich — 650 Si- 
verth Wilcken — 651 Daniel van Ghytele — 652 Dirck van Larth — 
653 Harmen Michaels — 654 Heine Heren — 655 Casper Ringen — 
656 Haye van Wuden — 657 Johan van Ruel — 658 Hindrick Eden — 
659 Ocke Reckez — 660 Alberth Jansen .— 661 Teye Olfers — 662 Jo- 
han Koeninck — 663 Eilerth Butienter — 664 Berenth Schultenn — 
665 Harmen van Aschendorp — 666 Jelmer Wyltens — 667 Luityen 
Wyltens — 668 Gerbrant Onnes — 669 Tonnys, Leherbereider — 
670 RHze Weasels -r- 671 Arian Kiryss — 672 Berent Tomas — 673 An- 
driess Harmens — 674 Lammer Kir — 675 Johan Wanink — 676 Arenth 
Jaaftsen — 677 Hans Dierman — 678 Johan Rotgers — 679 Hindrick 



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^—24- 

Tonnys — 680 Hinrick Roosen — 681 Fyd van Glebbeke — 682 Emme 
Tonnys — 683 Hindrick Berents — 684 Joest Jansen — 685 Hans 
Jansen — 686 x Warner Hindricks — 687 Johan Jacobs — 688 Powlis 
Oiste — 689 Ryke Jacobs — 690 Johan Michaels — 691 Tonnys , 
Jansen — 692 Steffen Jansen — 693 Johan Joordess — 694 Pieter 
Gnirth — 695 Jan de Post — 696 Berent Luibberts — 697 Coerth Mel- 
chers — 698 Bartholomeus Jansen — 699 Adrian Peters — 700 Hin- 
drick Tysen — 701 Harmen Jans — 702 Lones Harmans — 703 Peter 
Johans van Kenpen — 704 Tonnys Tonnissen — 705 Jan LUebberts 
706 Gerryth Harmens van Schuittorp — 707 Rotger Rotgers — 708 Otte 
Clasen — 709 Arent van Oldensiel — 710 Harmen van Oldenziel — 
711 Peter Drosen — 712 Johan Geerts — 713 Siffireidt van Coellen 
714 Karsten van Duilinen — 715 Berent Albers — 716 Dettmer Kolde- 
wyn — 7 17 Tade van Knipens — 718 Harmen van Knipens — 919 Luer 
van Dalen — 720 Berenth van Luinnen — 721 Lamberth Peters — 
722 Goeke Blomen — 723 Hindrik Snseman (?) — 724 Dirck van Rulle 
725 Hindrick van Meppen — 726 Harmen van Groningen — 727 Peter 
van der Witlage — 728 Hindrick, kuper — 729 Haye, kuper — 730 Har- 
men Vastenow — 731 Brun Ramaker — 732 Alberth van Staphorst — 
733 Johan Jansens — 734 Wulcke Sarscher — 735 Carstien Geerts — 
736 Haye Harmens — 737 Huberth Clasen — 738 Berenth van Duiten 
739 Jacup Klausen — 740 Aelderick van Jever — 741 Roleff Janss 
742 Dirck Roleffs, dewyle he u. s. w. — 743 Lodewyk Penen — 744 Hil- 
werth van Aschendorp — 745 Bonne Hicken — 746 Jan Gysbertz — 
747 Roleff Jansen — 748 Jacob Jansen — 749 Johan Jacups — 750 Mei- 
nerth Jacups — 751 Johan Werucker — 752 Harmen Nienhuiss — 
753 Willem Jansen — 754 Berenth van Schuittorph — 755 Joriss Arents 
756 Johan Petersen — 757 Johan Hindricks — 758 Jan Jansen — 759 
Johan Heckens — 760 Karel Broquartz — 761 Johan van Sneeck — 
* 762 Claess Jansen — 763 Anthony Timmerman — 764 Jan Sto'pelman 
765 Haye Ouwess — 766 Frans van Gelders — 767 Tomas Jacobs — 
768 Hans Jukeman — 769 Lenerth Hindricks — 770 Sander Tonnyss 
771 Berenth Geertzen — 772 Johan Hynrycks — 773 Harmen Meyer 
774 Hans Goessens — 775 Johan Wolters — 776 Dyrck Timmerman — 
777 Hindrick Jansen — 778 Gerth Hindrick — 779 Dirck Eydens — 
780 Barth Olpers — 781 Harmen Jansen — 782 Heyge Merinen — 
783 Hayge Remets — 784 Toele Timmerman — 785 Luleff van Jever 
786 Abele Wye — 787 Marten Willems — 788 Hynryk van Frepsum 
789 Jan van Borchsteinvorde 4 — 790 Harmen Geerts — 791 Harmen 
Jansen — 792 Gerth van Linge — 793 Hinrich Watervoerer — 794 Jan 
Dircks — 795 Ubedt Aeldericks — 796 Harmen Berents — 797 Wessel 
Roleffs — 798 Frerik Geerth — 799 Hindrick von Goens — 800 Johan 



Digits 






- 25 - 

Holtsager — 801 Joeuke Hindricks — 802 Hindrick Hindricks — 803 
Joest Pieters — 804 Everth Arrendts — 805 Frerik Yckens — 806 Willem 
Yacops — 807 Trevs Clasen — 808 Geerth Jansen — 809 Johan Lau- 
rens — 810 Dirck Best — 811 Tebbe Dircks — 812 Ippen Mychgels 
813 Harmen Backer — 814 Tole Fastenouwe — 815 Jacob Smith — 
816 Jan Jansen — 817 Menne Meiners — 818 Tonnys Haeykes — 819 
Comely Clasen — 820 Jacob Classen — 821 Cornelius Sewarck — 
822 Hans van Jemgum — 823 Hans Sysen — 824 Jacup Maerir — 
825 Johan Kloppenborch — 826 Petter Smith — 827 Tonnies Rtfters 
828 Steffen Steffens — 829 Johan van Hynt — 830 Anno Peters — 
831 Johan Hyncken — 832 Hendrick van Apen — 833 Oltger Jans — 
834 Hans van der Heiden — 835 Jacob Palle — 836 Pieter Heyness 
837 Peter Bertels — 338 Johan Brouwer — 839 Hyndryck Husman — 
840 Obbe Folckz — 841 Geerth van Oersen — 842 Rotger Koners — 
843 Tonnys van Kollen — 844 Gerryt van Kollen — 845 Jan van 
Borckemole — 846 Gerdt Hoyer — 847 Gerth Boyens — 848 Berenth 
Mmller — 849 Adrian Dircks — 850 Geerth Hindricks — 851 Berenth 
Tomes — 852 Jan Tonnis — 853 Egbert Geirtz — 854 Derek Lutkens 
855 Johan Mannick — 856 Ameke Tonys — 857 Harmen Hans — 858 
Peuwelts Offte ~ 859 Lues Harmens — 860 Peter von Kampen — 
861 Willem Jans — 862 Jacoes Rose — 863 Pieter Witlau — 864 Geert 
Krassen — 865 Herman Jansen — 866 Evert Fust — 867 Harmen van 
Knipens — 868 Nanne Tammens — 869 Dyrck Sirckquerum — 870 Mey- 
nert Jansen — 871 Peter Smyt — 872 Hanss Pieters — 873 Weyllem 
Smydt — 874 Joh. Jac. Ahwsel — 875 Sibet Jaccup — 876 Johan 
Eylers — 877 Dionysius Berents — 878 Roeleff — 879 Feyge van Aurick 
880 Batels Martess — 881 Syben Sybens — 882 Warner Dirks. 

883 Hausmarke amHause des J.Heinecke in derNorderstrasse zu Aurich. 

884 Marke auf dem Grabstein des 1639 gestorbenen Pastor Bruno Heinen 
zu Wiegboldsbur, Amt Aurich. 

885 ebenso des 1646 gest. Pastor Petrus Arnoldus ebenda. So nennt 
ihn Pastor MUller in der handschriftlichen Beschreibung der Kirche 
1861. Reershemius im Prediger-Denkmal schreibt Peter Agena. 

886 ebenso eines 1588 gest. Pastor,. 

887 ebenso des 1598 gest. Pastor Martinus Lubbertus. 

888 Marke auf einem Grabstein zu Pogum im Reiderlande. 
889—897 Auf einer Glocke der luth. Kirche zu Pogum von 1597 steht 

die Inschrift: „De gemente tho pawen arm unde rick 

hebben mi laeten geten tho gelick 

Hans der Borgh goet mi. a Dann folgt zwei Mai ein 
(unkenntliches) Wappen mit den umschriebenen Buchstaben P. A. V. 
und hieran schliessen sich die Marken Nr. 889 — 897 an. 



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_ 26 - 

898 steht auf einem siibernen Eelch der luth. Kirche zu Arle, Amt 
Norden, gestiftet von Hayo Jehnen, dem die Marke gehtfrt, und 
dessen Frau Fenne Reentien, 1695. Eine Patene mit derselben 
Marke stiftet 1706 deren einziger nachgelassener jiingster Sohn 
Harren Hayen, und in demselben Jahre erfdllt derselbe Harren 
Hayen die letztwillige Verfugung seines Bruders, des „selig ver- 
storbenen jungen Gesellen Jehne Hayen" durch Stifkung einer 
Taufschale mit derselben Marke. 

899,900 sind in der luth. Kirche zu Aardorf N.-O. von Aurich in eine 
Thttr „ausgestochen w , erstere mit dem Namen Gheike 1564, letztere 
mit dem Namen Tade. 

901— 906 sind in der luth. Kirche zu Buttforde N.-W. von Wittmund 
an den Thiiren der Kirchenstuhle theils geschnitzt, theils gemalt. 
Nr. 906 als linkes Schild eines gespaltenen Wappens mit der Jahres- 
zahl 1634, dessen rechtes Schild einen halben Doppeladler enthalt. 
Daneben steht ein gespaltenes Wappenschild, dessen rechtes Schild 
denselben halben Doppeladler und dessen linkes Schild ein Herz 
enthalt. 

907 Marke auf einem Grabstein zu Boppard a. Rh. (Dr. Vormann.) 

908 Marke auf dem Grabstein des Pastors Johannes Aportanus, gest. 
7. Nov. 1584, im Chor der ref. Kirche zu Canum in Ostfriesland. 

909 auf dem h5lz. Schalldeckel tiber einer dreisitzigen Bank, ebenda? 
mit dem Namen P. Peter Hemmen und der Jahreszahl 1584. 

910 auf einem silb. Abendmahlskelch von 1635 in der ref. Kirche zu 
Larrelt bei Emden. 

911 auf einem Kirchenstuhl in der ref. Kirche zu Loppersum bei Emden. 

912 Siegel des Burgers Rotger Norttorp zu Unna, 1481. 

913 „ „ Burgermeisters Johannes van Rheinen zu Unna, 1481. 

914 Forstzeichen im Hannqverschen. 

915—1600 sind die eigenhandig unterfertigten Marken Emdener Burger. 
Dieselben stehen unter der im Rathsarchive zu Emden im Original 
befindlichen, in Pergament gebundenen „Unio oder Vereinigung aller 
deser guden Stadtt Embden getrowen Borgeren mitt dorsulven eigne 
underteikenden handen, anno 1608, den 91 May" (und Zusatze vom 
19. Januar und 16. December 1622). Die neben die Marken ge- 
setzten Namen riihren theils von den Burgern selbst her, theils hat 
sie der Secretair danebengeschrieben, und dann h^ufig hinzugefiigt 
„mit egener hand getogen". Es sind die Folgenden: 

915 Dirck Elkens — 916 Berent Egbers — 917 Jan Eitze — 918 Jaques 
Parau — 919 Jacob, Pastenbaker — 920 Detmer Colmer — 921 Claus 
Claus, backer — 922 Lubbert Isebrantz — 923 Lubbert van Burhave 
924 Johan Bartels — 925 Sibrand Jansen — 926 Lubbert Bernetz — 



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..'•JdftL 



- 27 - 

927 Icko Tyaden — 928 Johann Egbarts — 929 Harmen Gerdes ~ 
930 Evert Hindrix — 931 Albert Alberts — 932 Detmer Coldewyn — 
933 Johann Rottgers — 934 Egbert Janssen — 985 Hans Hansen — 
936 Luer Jansen — 937 Johan Klasen — 938 Harmen Wessel — 939 
Roleff Tiarck — 940 Ties Spannvels — 941 Johan JJennen — 942 Hen- 
rich Krins — 948 Berent Albers — 944 Hindrik Brinkmanns — 945 Jellis 
Rolef — 946 Steffen Jansen — 947 Jan Jansen — 948 Harmen Jansen 
949 Claess Heinen — 950 Isbrand Comelis — 951 Jacup Albert — 
952 Garlich Dirks — 953 Detert Jansen — 954 Menke Emmes — 955 
Hans van Meyborch — 956 Hendrik Jansen — 957 Focko Garlt — 
958 Ede Lubbert — 959 Claes Jansen — 960 Johan van Knipens -~ 
961 Karsten Jansen — 962 Ocko van Jemgum — 963 Gert Harmen, 
uthroper — 964 Wessel, leestemaker — 965 Jeltke Hayen — 966 Berent 
Harmen — 967 Albert Claesen — 968 Enno Adden — 969 Peter Jansen 
970 Egbart Berntz — 971 Hindrick Borchers — 972 Johan Slachtcr — 
978 Hilwert Coeners — 974 Arendt Wessel — 975 Focko Folcker — 
976 Johan Koningk — 977 Menne Tytken — 978 Johan Hecker — 979 
Jacob Nitzen — 980 Willem van Grevelen, swertfeger — 981 Wessel 
Mtzen — 982 Willemb Gerdes — 983 Johan Hindrick — 984 Ayldt 
Uden — 985 Ewo Hicken — 986 Lutken Bensink — 987 Meinert Gerdes 
988 Arendt Kocks — 989 Garmer Onnen — 990 Meinert Hayen — 991 
Jan Jansen — 992 Jacob Meyer — 993 Johan Sytzen — 994 Albert 
Oemke — 995 Johan Siben — 996 Albert van Waner — 997 Nanne 
Ecksten — 998 Cornells Jansen — 999 Jan Engelbert — 1000 Harmen 
Gerrit — 1001 AmsteRaimnen — 1002 Thomas Berent — 1003 Rottger 
Conraedt — 1004 Wyardt Ubben — 1005 Peter Dirksen — 1006 Niclaes 
Jurgen — 1007 Johan Hartger — 1008 Eylert, Bottienter — 1009 Isaak, 
Kornmeter — 1010 Harmen Gerdes — 1011 Geert Geerts — 1012 Johan 
Gerdes — 1013 Mamme Pieters — 1014 Johan Jansen — 1015 Wilko 
Tammen — 1016 Geert Kock — 1017 Jacob Dircks — 1018 Johan 
Vehr — 1019 Roleff Staby — 1020 Geert Eppen — 1021 Lambert Jansen 
1022 Gisbert van Richteren — 102a Hans von Hattum — 1024 Geert 
Hoyman — 1025 Aldert Herman — 1026 Gerdt Hindrick — 1027*Gerdt 
Hindricksen — 1028 Hendrick Berntz — 1029 Johan. Husman — 1080 Jo- 
han Hermen — 1031 Arendt Jurgen — 1032 Berndt Hayen — 1033 Hero 
Boyen — 1034 Harmen Berent — 1035 Claes Gerhardt — 1036 Dirck 
van Lingen, schomaker — 1037 Jan Jansen — 1038 Gert Harmen — 
1039 Henrich van Esterbeck — 1040 Hinrich Lucas — 1041 Roleff 
Jansen — 1042 Hans Leerteuwer — 1043 Harmen Hindrix — 1044 Geerdt 
Jurgen — 1045 Ede Schwitters — 1046 Jost Jacob — 1047 Arian 
Tolen — 1048 Tonnis Petersen — 1049 Geerdt van Lingen — 1050 Hen- 
rich Willemb — 1051 Johan Harmen — 1052 Poppo Frericks — 



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- 28 - 

1053 Manne vant Schars — 1054 Frerick Rycken — 1055 Claes Stop- 
pen — 1056 Geerdt Jansen — 1057 Lambert, towschlager — 1058 Hu- 
bert Claesen — 1059 Henrich Evert — 1060 Eggerik Staken — 1061 
Jan, Speldemaker — 1062 Eeme Peters — 1063 Johan Moenken — 
1064 Simon Sander — 1065 Harmen Leffers — 1066 Willemb Steiner 
1067 Dirck Lonissen — 1068 Ede Hayken — 1069 Jan van Hinte — 
1070 Jiirgen Lambert — 1071 Gerrit Jellis — 1072 Ulfert Hindrix — 
1073 Tyardt Hindrick — 1074 Evert Otten — 1075 Berndt Coerts — 
1076 Jan Stoppelman — 1077 Christoffer Jansen — 1078 Marten Boldt 
1079 Geerdt Jansen — 1080 Johan Matthyssen r~ 1081 Tade van Kni- 
pens — 1082 Garmett Steiner — 1083 Jan Jansen — 1884 Hennink 
Seger -^ 1085 Ulfert, Bussenschutz — 1086 Claes Bartels — 1087 Pawel 
Lawrens — 1088 Bartelt Nisow, timerman — 1089 Johan Remets — 
1090 Johan Jacobs — 1091 Henrich Thomssen — - 1092 Gerrit Hermans 
1093 Arndt Jacobssen — 1094 Everdt Thomssen — 1095 Remett Ag- 
gen — 1096 Galtett Remetz — 1097 Willemb Jansen — 1098 Christoffer 
Jansen — 1099 Thonnis Geerts — 1100 Thonnis, Backer — 1001 Hin- 
drich Dirks — 1102 Michael Siegers — 1103 Hayo Lubbert — 1104 
Jacob Thyssen — 1105 Ulfert Hayen — 1106 Hendrich Holss — 
1107 Tidde Berent — 1108 Jan Jansen — 1109 Berndt Evert — 1110 
Fridrich Jansen — 1111 Dirk Claesen — 1112 Hero Heeren — 1113 Hans 
Garlef — 1114 Jan Jansen — 1115 Harmen Harmens — 1116 Lambert 
Wyerts — 1117 Jacob Janssen — 1118 Peter Janssen — 1119 Simon 
Janssen — 1120 Harmen von Osenhabrugk — 1121 Philipps von Guilich 
1122 Hinrich Huessman — 1123 Willemb Arens — 1124 Hans Harken- 
roy — 1125 Wyert Eggerinck — 1126 Nanne Ayken, timmerman — 
1127 Geert Janssen — 1128 Bernt Gerdes, temmerman — 1129 Jacob, 
sergnant — 1130 Johan Arens van Borckelhoe — 1131 Henrick Ger- 
ritz, schomaker — 1132 Goeke van Telchten — 1133 Tydde Janssen 
1134 Albert Hommen — 1135 Detert Geerdt — 1136 Detert Eden — 
1137 Dirk van Collen — 1138 Jacob Popken — 1139 Gertt Janssen 
1140 Haytze Haytzen — 1141 Rembke Hemen — 1142 Berndt Harmen 
1143 Jan Dirksen — 1144 Hindrick Janssen — 1145 Matthies Andriessen 
1146 Tebbe Janssen — 1147 Henrich Berent — 1148 Henrich Herman 
1149 Folkert Renels — 1150 Egbert, tonnedrager — 1151 Israhell 
Jasper — 1152 Frerich Borcherts — 1153 Jacob Jacobssen — 1154 
Hilmer Jacobssen — 1155 Jan Krines — 1156 Thomas Janssen — 
1157 Jan Gerdes — 1158 Hindrik Carsten — 1159 Gertt Jurrien — 
1160 Jacob Claesen — 1161 Arndt Gerritz — 1162 Geerdt Gerdes — 
1163 Jan Berent — 1164 Engelbert Lucas — 1165 Heringk Syben — 
1166 Michel Janssen — 1167 Jan Bedel — 1168 Hero Hindrick — 
1169 Lambert, murmester — 1170 Peter Maess — 1171 Freidt Wirks 



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— 29 — 

1172 Dirk Eden — 1173 Johan Douwer — 1174 Rynie Folkers — 
1175 Lubbert Fenn, hodemaker — 1176 Jacob van Demen — 1177 Jo- 
han Symon — 1178 Henrich Claessen — 1179 Menso Sybel — 1180 
Dirk Mennen — 1181 Garleff Janssen — 1182 Melle Peter — 1183 Law- 
rens, schnider — 1184 Harmen Teepe — 1185 Jan Claessen — 1180 
Peter, timmerman — 1187 La wrens Janssen — 1188 Luer Janssen — 
1189 Hindrich Lenhardt — 1190 Ulffert Moldtmaker — 1191 Harmen 
Janssen — 1192 Hendrick Engelke — 1193 Johan Otten — 1194 Dirk 
Hermens, timmerman — 1195 Jan Gerritz van Slitphen — 119G Lode- 
wick Janssen — 1197 Hendrick Iansen — 1198 La wrens Wouters — 
1199 Dirk Hindrick — 1200 Johan Visscher — 1201 Geerdt, Timmer- 
man — 1202 Jan Andressen — 1203 Gerrit Herman — 1204 Ede 
Wyardt — 1205 Gerbrandt Hindricks — 1206 Martten Jacobssen — 
1207 Harmen Geerdes — 1208 Jacob Ayken — 1209 Jan Janssen — 
1210 Hindrick Janssen — 1211 Joest Hubert — 1212 Johan Ihneke — 
1213 Harmen Gerdes — 1214 Geerdt Karsten — 1215 Hindrick Jans- 
sen — 1216 Dirk Muntter — 1217 Adrian de Melier — 1218 Johan 
Harmens — 1219 Peter van Kempen — 1220 Ude Gerdes — 1221 Eg- 
bardtt Albert — 1222 Wessel Hindrickes — 1223 Wessel Hermans — 
1224 Frerick Hindricks — 1225 Dirck van Barck — 1226 Jan Janssen 
1227 Harmen Hindricks — 1228 Jan van Bodegraven — 1229 Schiete 
Focken — 1230 Focko Mennen — 1231 Harmen Poppen — 1232 Donys 
Doryns — 1233 Jacob Remmers — 1234 Jan Lubbert — 1235 Folckert 
Manninck — 1236 Willem Tonnis — 1237 Albert Hillers — 1238 Berndt 
Alberts — 1239 Hilbrand, moltmaker — 1240 Ede Hayken — 1241 Peter 
Ianssen — 1242 Ian Rottger — 1243 Henrich Dirksen — 1244 Ian 
Werner — 1245 Roleff Hindrix — 1246 Ubbo Hayen — 1247 Hayo 
Reiners — 1248 Berndt Gerdes — 1249 Willemb Warner — 1250 Rottger 
Lambert — 1251 Hayo Tonnissen — 1252 Wibo Alef — 1253 Ocko 
Ocken — 1254 Iohan Onnen — 1255 Abel Wilkens — 1256 Harmen 
Iansen — 1257 Hans Dierman — 1258 Harmen Garlitz — 1259 Wilko 
Sanders — 1260 Severyn van Cassel — 1261 Claes Herman- — 1262 
Hendrich Berent — 1263 Berndt Iansen — 1264 Reiner Sibrandt — 
1265 Dirk Gerdes — 1266 Harmen Iurgen -- 1267 Ede Harken — 
1268 Ian Alberts, fuirman — 1269 Arudt Herman — 1270 Ieltke Amers 
1271 Onneke Gerdes — 1272 Peter Laessen — 1273 Iacob Claessen 
van Canumb — 1274 Tonnis Tonnissen — 1275 Lambert Lamberts — 
1276 Eppe Ianssen — 1277 Iacob Sappes — 1278 Wilko Hindricks — 
1279 Hayo Liutiens — 1280 Ian Ianssen — 1281 Berndt Ianssen — 
1282 Iohan Ianssen van Borkumb — 1283 Coerdt van Diepholdts — 
1284 Onno Hayen — 1285 Reiner Otten — 1286 Tamme Feycken — 
1287 Remke Thyssen — 1288 Iohan Hindrickes — 1289 Iohan Lambertz 



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- 30 - , 

1290 Peter, steinmetzler — 1291 Lambert Gerdes — 1292 Welraedt 
Prumars — 1298 Henrich Tonnissen — 1294 Hindrik Gerritz — 1295 
Iohan Gerdes, brouwer — 1296 Doeke Pawels — 1297 Ian Thonnis — 
1298 Ian Bartelmeus — 1299 Rembke Edtzardts — 1300 Harmen Ians- 
sen — 1801 Lambert Hindricks — 1302 Ian Thy en — 1303 Albert 
Sieger — 1304 Cornells Iacobssen — 1305 Hans Lertouwer — 1306 Hans 
Goessen — - 1307 Hans Normans — 1308 Harmen Lutiens — 1309 Homme 
Ianssen — 1310 Henrich Ianssen — 1311 Eylert Otten — 1312 Ian 
Harmens — 1313 Leffert Kluver — 1314 Berndt Gerdes — 1315 Poppe 
Tyerk — 1316 Gerbrandt Claessen — 1317 Hindrich Ianssen — 1818 Ian 
Iurgen — 1319 Iohann van Oldenseel — 1320 Hanneke Reiners — 
1321 Bole Kuppers — 1322 Enno Eylerts — 1323 Marcus van Lubeck 
1324 Harmen Focken — 1325 Iacob Ianssen — 1326 Hendrick Rondaler 
1327 Ian Ianssen — 1328 Henrich van Koesfeldt — 1329 Roleff van 
Lehr — 1330 Vydt Peters — 1331 Hindrick Hindricks — 1332 Iacob 
Hindricks — 1333 Tanne Harmens — 1334 Hans Ianssen — 1335 Teepe 
Ianssen — 1336 Karsten Hindricks — 1337 Iohann van Steenwyck — 
1338 Reiner van lever — 1339 Henrich Schauwenborch — 1340 Iohann 
Hindrickes — 1341 Iohann Otten — 1342 Watze Watzen — 1343 Heuwo 
Pawel — 1344 Lambertt Harmen — 1345 Iohan Hottien — 1346 Sirk 
Dirksen — 1347 Alrich Lutiens — 1348 Berndt Gerrits — 1349 Lutien 
Alrichs — 1350 Ian Hermans — 1351 Iohan Frericks — 1352 Wibbo 
Dirksen — 1353 Higgo Mennen — 1354 Evert Ianssen — 1355 Wesscl 
Karsten — 1356 Hermen Oldicks van Stickhusen — 1357 Dirk, timmer- 
man — 1358 Iohan Nys — 1359 Rembke Remets — 1360 Thole Ianssen 
1361 Hans van Saffens — 1362 Iohann van Bassell — 1363 Claes Wol- 
ters — 1364 Elsse Ianssen — 1365 Reimer Alberts — 1366 Iohann 
Lamberts — 1367 Menne Wyerts — 1368 Peter Ianssen — 1369 Meinert 
Onncken — 1370 Frerik van Leher — 1371 Peter Carsten — 1372 Geerdt 
Eppen — 1373 Geert Leffert — 1374 Iochim Lyndreyer — 1375 Claes 
Peterssen — 1376 Iellis Ianssen — 1377 Geerdt van Ruell — 1378 Peter 
Philips — 1379 Iohan Muller timmerman — 1380 David Gerdes — 
1381 Lubbert Hayen — 1382 Ian Ianssen — 1383 Otto Ianssen — 
1384 Harmen Albertz — 1385 Feide Dyutetz — 1386 Wessel Ianssen 
1387 Galtett Menssen — 1388 Ulfert Onnen — 1389 Peter Ianssen — 
1390 Ede Lucken — 1391 Carsten Gerdes — 1392 Albert Albertzen — 
1393 Martten Hansen — 1394 Alrich Engelken — 1395 Frerick Harken 
1396 Ian Iurgen — 1397 Ian Ianssen — 1398 Berndt Hayen — 1399 Geert 
Geerts — 1400 Dirk Lammers — 1401 Hans, Rosskamb — 1402 Hinrich 
Gerrits — 1403 Iurgen Geerts — 1404 Cornells Isebrandt — 1405 Al- 
bert, Snider — 1406 Arndt Iansen — 1407 Hans Fransen — 1408 Ian 
Ammen — 1409 Sibrand Iacob — 1410 Lambert Goessen — 1411 Dirk 



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-31 - 

Hindrix van Ruell — 1412 Wessel Iansen — 1413 Wyardt Edtzardts 
1414 Albert Ianssen — 1415 Ian Gerritz — 1416 Heerko, Speldemaker 
1417 Wibbe Freriks — 1418 Roleff, timmerman — 1419 Iohann Berents 
1420 Peter Carl — 1421 Iohan Van Hinte — 1422 Hinrich Bartels — 
1423 Hanss Conraedtt — 1424 Atte Ieven — 1425 Harmen, brouwer- 
knecht — 1426 Claes Claessen — 1427 Marten Roleff — 1428 Gerrit 
Geerts — 1429 Peter Iurrien (Iurgen) — 1430 Geertt Harmens — 1431 
Harmen Alberts — 1432 Lubbert Geerts — 1433 Carsten Edens — 
1434 Henning Hindricks — 1435 Coertt, Schriver — 1436 Iohan van 
Twixlumb — 1437 Iohan Sicken — 1438 Berndt, Murmester — 1439 
Iohann van Loegen — 1440 Boele Ubben — 1441 Henrich Iansen — 
1442 Geertt Martten — 1443 Ede Hannes — 1444 Dirck Berndt — 
1445 Allert Iansen — 1446 Berndt Martten — 1447 Everdt Onnen — 
1448 Geerdt Ianssen — 1449 Focko Switters — 1450 Ede Gerdes — 
1451 Wessel Kloppenborch — 1452 Claess Ionas — 1453 Peter Schulten 
1454 Berndt van Haren — 1455 Meinhardt Hindricks — 1456 Iohann, 
Brouwer — 1467 Gertt van Larldtt — 1458 Hayo Ianssen — 1459 Ian 
Ianssen, vischer — 1460 Isebrand Berent — 1461 Iurgen Christoffer — 
1462 Goeke Hermans — 1463 Egbart Bartels — 1464 Boldewyn Wy- 
brandt — 1465 Tole van der Vastenow — 1466 Thys Ianssen — 1467 
Hilbrandt, Schlachter — 1468 Hindrich Gerdes — 1469 Hayo Harmen 
1470 Herman, Backer — 1471 Iohan Peters — 1472 Gertt Iansen — 
1473 Haro Ianssen — 1474 Harmen Ianssen — 1475 Emme Eden — 
1476 Frerick Meiners — 1477 Abel Ianssen — 1478 Iochimb Thewus — 
1479 Botte Iacobsen — 1480 Gewke Heres — 1481 Hayko Geerdts — 
1482 Nanne Ianssen — 1483 Ulffert Ludts — 1484 Rembke Willem — 
1485 Geerdt, Holtsager — 1486 Geerdt, Timmerman — 1487 Nanne 
Hindrickes — 1488 Focko Wyerts — 1489 Gerbrandt, Fuerman — 
1490 Iurgen Wilken — 1491 Harmen Ianssen — 1492 Berent Hindricks 
1493 Ian Dirksen — 1494 Iohann Wilken van lever — 1495 Iohan Her- 
man — 1496 Henrick Iansen — 1497 Luppe Eggerik — 1498 Ian Hin- 
drix — 1499 Ide Ianssen — 1500 Ian Herman — 1501 Andres van der 
Heiden — 1502 Henrich Ianssen — 1503 Henrich Otten — 1504 Hantje 
Reimers — 1505 Henrich Frericks — 1506 Berndt Carstiens — 1507 
Berndt R6bers — 1508 Egbart Geerts — 1509 Henrich Hermen — 
1510 Berndt Herman — 1511 Aysse Wyart — 1512 Carsten Ianssen — - 
1513 Alle Ianssen — 1514 Daniel Peters — 1515 Wilko Geerts — 
1516 Oyte Dirks — 1517 Hendrich Berndts — 1518 Hendrich Berndts, 
hornblaser — 1519 Claes Hermans — 1520 Lubbert van Langwart — 
1521 Meinert Meinerts — 1522 Ian Ianssen — - 1523 Iacob Iacobs — 
1524 Ocko Hermans — 1525 Michel Ianssen — 1526 Iochim Ianssen — 
1527 Dirk Ianssen — 1528 Edo Harkens — 1529 Iacob Dirks — 



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~~ 32 ~ 

1530 Simon Eden — 1531 Mamme Taden — 1532 Goke Hermans — 
1533 Berndt Eden — 1534 Wibko Wabbens — 1535 Menelt Ianssen — 
1536 Hans von Lehr — 1537 Amt Arnts — 1538 Iacob Abrahams — 
1539 Aldrich Tyadts — 1540 Arndt Mouda — 1541 Gertt Orals — 
1542 Ian Iansen von Marienhove — 1543 Hans van Hattingen — 1544 
Ian lost, torfdrager — 1545 Ernst Willemb — 1546 Roleff Oltger — 
1547 Ian Hermans — 1548 Geert Lambert — 1549 Henrich Horstmer — 
1550 Egbart Rokus — - 1551 Lubbert vant Schars .— 1552 Mamme 
Boyen — 1533 Iacob Hindricks — 1554 Ude Gerrits — 1555 Herman 
Bolders — 1556 Henrich Hermans — 1557. Elke Ryckleff — 1558 Dirk 
Iansen — 1559 Mamme Hillerts — 1560 Ailt Ludden — 1561 Dode 
Nannen — 1562 Ian Westerborg — 1563 Sibolt Wolters — 1564 Peter 
Ewolts — 1565 Thomis Bastian — 1566 Iohan Lambert — 1567 Henrich 
Brummer — 1568 Herman Uldrich — 15G9 Marcus van Lubeck — 
1570 Herman Klinker — 1571 Christoffer Popken — 1572 Henrich Si- 
mons — 1573 Hans van. Hovel — 1574 Focko Beeren — 1575 Peter 
Peterssen — 1576 Lubbert Simons — 1577 Hayo Ulffers — 1578 Iurrien 
Michaels — 1579 Iurrien Habben van Loge — 1580 Moeses Franssen 
1581 Berndt, timmerman — 1582 Ian Kleenen — 1583 Tewus Ianssen 
1584 Engelke Alberts — 1585 Dirck Loensen — 1586 Iacob Deterts — 
1587 Claes Oltman — 1588 Herman Henricks — 1589 Hayo Foeken — 
1590 Peter Coerts — 1591 Berndt Coerts — 1592 Berndt, Gortemaker 
1593 Ian Rembken — 1594 Foeke Abbeken — 1595 Aldrich Brandt — 
1596 Berndt Ianssen — 1597 Ude Bonnen — 1598 Menno Sibrandt — 
1599 Dirk Boldt — 1600 Ritzert Aten. 



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Zoc ^Ie ^& 



Aus der Mansfelderzeit. 
1. W. Daniel Marcellus. 

JJie fiir Ostfriesland verh&ngnissvollsten Jahre des 
dreissigjahrigen Krieges erlebte in der Herrlichkeit Godens 
M. Daniel Marcellus als reformirter Prediger in Dyk- 
hausen. Vor mehreren Jahren lernte ich durch einen seiner 
Nachfolger im Amt daselbst ein altes, mit dem Jahre 1611 
beginnendes Kirchenprotocoll kennen, und fand darin einige 
Blatter mit Aufzeichnungen, die von Marcellus hernihren 
und manches fur ihn und die Zeit charakteristische mit- 
theilen. Marcellus war aus Liiblau an der ungarisch-polni- 
schen Grenze gebiirtig, nach einer Notiz bei Iken (de illustri 
Bremens. schola. Brem. 1741 p. 61, vgl. Kohlmann, Welche 
Bekenntniss-Schriften haben in der Bremischen Kircbe Gel- 
tung gehabt? Brem. 1852 p. 25) hatte er zu Bremen seit 1604 
an U. L. Fr. als Pastor gestanden und war dort 1607, man er- 
fahrt nicht, aus welchem Grunde, aus dem Amt entlassen. 
Er muss aber noch in demselben Jahre nach Godens ge- 
kommen sein, da die Zeit seiner dortigen Wirksamkeit auf 
21 Jahre angegeben wird, und er 1628 starb. 

Marcellus war in der Astronomie bewandert und als 
Fachgenosse befreundet mit David Fabricius in Osteel, wie 
es scheint, auch mit dessen auswartigen Freunden. Die 
astrologische Neigung tritt auch in seinen zeitgeschichtlichen 
Notizen ofter hervor ; sie war dazumal unter den Geistlichen 
in Ostfriesland nicht ganz selten. Ausser Fabricius und 
Marcellus hatte darnels noch Hermann de Werwe zu Wester- 



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— 34 — 

ende, spater als Privatmann zu Emden, als Kalendermacher 
Ansehen, trieb aber daneben Wahrsagerei, was den Kirchen- 
rath zu Emden schliesslich bewog, auf seine Entfernung aus 
der Stadt hinzuwirken; bei Marcellus und Fabricius konnte 
man das practische Interesse mehr ein meteorologisches 
und religios-politisches als ein superstitioses nennen. 

Schon lange hatte Marcellus den Stand der Sterne und 
den politischen Horizont nicht ohne Bedenklichkeit be- 
trachtet; ') auch in Godens traten ihm manche der Faul- 
nisse entgegen, welche bald hernach das Zeitalter des 

*) Hier einlge Proben, zugleich zur Charakteristik seiner Astro- 
logie und zuni Nachweis seiner Verbindung mit Fabricius: 

1611. Dies vicesimus Maji fuit dies pacificatiouis Frisiae Ao. 1611^ 
teste Davide Fabricio in prognosticis anni 1612. 

Eodem anno 21 Novemb. a fide digno H. F. (wahrscheinlich ist Her- 
mann Fabricius gemeint, ein Sohn von David F.) audivimus hanc stupen- 
dam historiam: Regem C[hristianum?] Pythonissem consuluisse de eventu 
belli contra Suecum suscepfi. Illam praemissa protestatione, v[elut] 
cogeretur periclitari, et cautione a Rege impetrata jussisse ut rex tres 
ollas fictiles Da[nica] parte mensae locaret, se tres suevicas ex adverso 
velle statuere. Diet .... utrinque. Prior olla* Danica impetit opposi- 
tam eique aurem defringit. Ita demum Mars finitur. Subsequitur al- 
terum par ollarum, in qua monomachia rursus Suevica pede mutilatur. 
Reliquum erat tertium par, quod suis quasi carceribus emissum aliaui 
belli faciem spectaculo diabolico praesentibus obtulit. Etenim Suevicum 
fictile vehementissimo impetu Danicum prorsus contrivit. Rex indig- 
[nabundus] (sed sera poenitentia et JateQopovXiy) discessit. 
Ad generum Cereris, quern consuluere, Potentes 
Descendunt cuncti cum caede et morte cruenta. 

Eodem anno in aestate contigit ut legeremus avittvvpov Schedam 
cui sequentia inerant praesagia deprincipe Bruns[vicensi?] Astrologica, 
forsan autore Tych. Brah aut alio simili: Ego tantus non sum, ut lites 
has dirimere vel ipsum a proposito abstrahere possim: sed vellem, ne 
nimia tentaret, ut exemplo Icari altius ad Solem evolantis non amitteret 
Pennas aliquot, quibus jam ornata sunt ipsius insignia. Genesis ipsius 
mihi non placet et magnam habet analogiam cum affinis ipsius Regis 
nempe Daniae themate etc. Hie in magno jam periculo versatur et Sol 
ipsius in 8va domo in signo terreo, nimirum Tauro, magnam ipsi minatur 
ruinam in terra sua. Saturnus quo que et Mars in suo casu et exilio 



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— 35 — 

dreissigjahrigen Krieges zu einem so grauelvollen machen 
sollten. 1612 wird der unmitze Schulmeister der Herrlich- 
keit, Hermann Gottling aus Schltisselburg, da nichts mehr 
bei ihm helfen will, fortgejagt; vierzehn Tage spatei 4 brennt 
die Pastorei auf, und man findet darin die Erfullung von 
Drohungen, die der Schulmeister vorher ausgestossen ; 1614 
werderi in Kniphusen Hexen verbrannt und zwar „viele"; 
ein verdachtiges Ehepaar in der Herrlichkeit Godens ward 
entlassen, nachdem es die Wasserprobe bestanden. Beson- 
ders charakteristisch ist eine Erzahlung vom Jahre 1619: 
„Anfangs Juni hiess es, Valentin Auskundiger in Marx und 
Etzel, der immer ein schmutziges Maul fuhrte, sei vom Teufel 
besessen. In der Kirche zu Etzel wurde vor versammelter 
Gemeinde in Gegenwart mehrerer Pastoren fur ihn gebetet 
und versucht, den Teufel zu bannen. Dem Pastor zu Marx, 
der ihn fragte, wem er angehore, wie er heisse, und in wen 
er fahren wolle, gab er zur Antwort, er sei aus Lappland 
und begehre in den Herrn von Liitzburg zu fahren." „Das 
heisst doch spielen mit einer ernsten Sache", setzt Marcellus 
hinzu, „nicht aber ernstlich die Teufel austreiben." „Am 
6. August 1619 gerieth der Heuschober von Johann Peters 
in Brand, das Feuer ward sogleich geloscht, als aber im 
November der Komet erschien, sah man des Nachts Joh. 
Peters' Haus in Flammen stehen. Viele eilten hin, mit 
manchen andern auch Cornelius Lenhert, bis sie sahen, dass 



propterea Luna (])) in signo intercepto et Jupiter in undecima maxima 
mala ipsi portendunt. 

1617. die 19 Maji meus Collega Stulenius proficiscitur Steinfurtum 
una cum meis ad D*. Timplerum literis, quibus Davidis Fabricii mors 
descripta. Circa 6 Maji indigne perimitur David Fabricius. insignia 
Mathematicus. Latro auditor captus et rotae impositus dicitur. — 

Timpler stand al^ Professor der Theologie an dem academischen 
Gymnasium zu Steinfurt und war als Metaphysiker und Ethiker ange- 
sehen, vgl. T ho luck, das acad. Leben d. siebz. Jahrh. II. 313, und die 
dort citirte Literatur. 



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— 36 — 

es eine Tauschung war. Es werden wohl Vorboten gewesen 
sein von dem, was hernach folgte." 

Nachdem Ernst von Mansfeld 1622 um Martini in Ost- 
friesland eingefallen, war zwar schon am 28. November fiir 
Godens eine Salvegarde zu Aurich bei Mansfeld ausgewirkt, 
aber gleichwohl ward etwa Ostern 1623 die Herrlichkeit 
von mansfeldischer Reiterei unter dem Commando eines 
Herrn ^ r . Erbrad besetzt (um Johannis waren sie dreizehn 
Wochen dagewesen); sie blieben bis Laurentii (10. August) 
und Marcellus bemerkt bloss, die Leute verarmten unter 
der Einquartirung, Herrn v. Erbrad rtLhmt er als einen „sehr 
humanen" Mann. Aber am 19. August folgten Dragoner 
unter dem Commando eines Niederlanders Bufetius, und 
sofort erhoben sich Klagen iiber Erpressung und Pltinderung. 
(Tilly hatte am 28. Juli Christian von Braunschweig bei 
Stadtloon geschlagen und riickte nordwarts, Mansfeld durch- 
stach die Damme und brach die Miihlen ab, um das Land 
unzuganglich zu machen.) Am 21. August wurden beide 
Miihlen zu Godens verbrannt; wahrend sie in Flammen 
standen, wurden die Frauen von der Burg in Sicherheit 
gebracht nach Jever, welches eine Besatzung danischer 
Truppen erhielt. Durchztige fliichtiger Truppen aus West- 
falen mehrten sich, die Einwohner begannen zu fliichten, 
zwei Tage vorher hatten sie noch die Sturmgloeken ge- 
^ogen und einen Trupp Marodeurs zum Riickzug genothigt ; 
mehr und mehr entsank alien der Muth. Alles ward un- 
heimlich: den 26. August, erzahlt Marcellus, schlachtete ich 
ein einjahrigesKalb; nachdem Schliiter, derKalberschlachter, 
den Kopf abgehauen hatte, und dor Rumpf vollstandig aus- 
geblutet war, gab er dennoch Lebenszeichen, ich habe es 
mit eigenen Augen gesehen, er begann nichtbloss allmah- 
lich sich zu regen, sondern zappelte (calcitravit) tiichtig 
mit den Fussen, dass der Kalberschlachter ganz betroffeu 
war. Die Heuernte ward in Stich gelassen ; zugleich brach 
die Pest aus ? und Marcellus bemerkt mit banger Besorgnisb 



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- 37 - 

eine Conjunction von Saturn und Jupiter im Zeichcn des 
Hundes. Als am 5. October das Abendmahl gefeiert wurde, 
musste Marcellus, nachdem er gepredigt hatte, sich der 
Feier enthalten und auf der Kanzel stehen bleiben, weil 
sein College, der Pastor senior Stulenius, ihn nicht neben 
sich stehen haben wollte, denn er hatte die Pest im Hause 
und schon zwei Kinder darin verloren. Bald nachher nahm 
ihm die Soldateska, immer ausgelassener, je mehr die Pest 
unter ihr aufraumte, sein Vieh ab, schlachtete und verjubelte 
es. Am 8. November verzeichnet er die erste Brandstiftung, 
schon am 10. und 23. folgten weitere, theils durch blosse 
Eohheit herbeigefuhrt, theils durch Mangel an Torf, denn 
der Torfvorrath war nicht eingethan. Am 4. September 
hatte der Junker Hero den ersten Torf vom Hochmoor 
einfahren lassen; „ein jeder Hausmann hat sein Rohr ach- 
tern W&gen auff den Achseln getragen den Weg von der 
Dose her" ; aber den folgenden Tag kamen die Wagen leer 
zurtick, verjagt durch Reuter, die von Reepsholt heran- 
gesprengt kamen. Anfangs October ward wenigstens die 
Burg mit einem Vorrath Plaggen von Horsten aus versorgt. 
Den 24. November hatte sich Pastor Albert Popkens von 
Etzel nach Sande gefltichtet, er ward eingefangen, nach 
Varel gebracht und zur Strafe sein 3aus und Dorf geplun- 
dert. Am 19. December folgte eine neue Brandstiftung, 
am 20. ward auch an das Pfarrhaus Feuer gelegt und mit 
genauer Noth gedampft, am 24. ein anderes Haus in Brand 
gesteckt, weil der Mann sein Vieh in Sicherheit gebracht 
hatte. Den zweiten Weihnachtstag ward das Abendmahl 
gefeiert, vier mansfeldische Reiter nahmen Theil daran, und 
der Pastor liess sich bereit finden, gegen die gewohnliche 
kirchliche Ordnung es auch dem kranken Diakonen Cor- 
nelius Lehnert in seinem Hause zu reichen. „Wir hatten 
nur ein Mass Rheinwein, und nicht einmal ein voiles, be- 
merkt Marcellusj wir waren sicher zu kurz gekommen, wenn 
mehr als 14 communicirt hatten." Sonst waren auch noch 



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- 38 - 

in der Kriegsnoth 50 Communicanten und dariiber, 1643 
nahmen auch hessische Officiere und Soldaten in Dykhausen 
am Abendmahl Theil, ein andres Mai theilte cs ihnen ein 
Pastor der Herrlichkeit in Friedeburg aus. Den 4. Januar 
1624 holten sie dem Pastoren seine letzte Kuh ab, dann 
brachen sie Tags nach 3 Konige allmahlich auf, in Etzel, 
Horsten und Abbickhave lagen zuletzt 20QO Mann Cavallerie, 
den 20. Januar folgten auch die Erbrad'schen Reuter ; Mar- 
cellus machte sich Luft in Gedichten, ') Spottrathseln und 
Chronostichen. 



x ) Ich will die beiden lesbarsten hierher setzen: 

1, 
Luce sequente Magos (7. Januar) discedere coepit equum vis 
Ex Frisia plus annum ubi sunt impune morati, 
Donee totum agmen Fabiani sole (20. Jan.) secutum est, 
Non vi, sed donis placatum atque aere oneratum: 
Tantae molis erat, Mansfeldum his elicere oris! 
Non mihi si linguae centum sint dicere possem 
Campoviri (? = Landstreicher?) miseris quot damna dedere colonis: 
Ter felix, cui bucula de tribus una relicta est, 
Quique vel unciolam solido subduxit ab asse, 
Quique vel asserclum tota salvavit in aode, 
Et cui de multo vel gluma legumine mansit, 
Stillaque quantumvis vapposi pendula Zythi 
Micaque seu panis mucentis sive salini. 
Parce benigne Deus ferula graviore minari 
Excidium nobis, ut te super astra feramus: 
Reliquiae istorum Danaum pestisque famesque. 

2. 

Sum facie vulpes, leo corpus, cauda canina est. 

Das ist: 

Lustig wie Reinke Voss de Olde, 

Kam ich in Friesland mit gewalde, 

Mein Magen war sehr ausgeleert, 

Drum mir die Martensgans ist bescheert, 

Sehr wohl gemast, bespickt und fett: 

In Pfalz mein Nass sie riechen that. 

Langer als ein jaar wie Lew und Bar 

Hab ich geraubet ohn gefahr, 



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— 39 — 

Im Jahre 1625 folgten Deichbriiche und Ueberschwem- 
mungen, es wahrte bis zum Juli 1625, ehe man eine neue 
Kornmiihle fertig hatte. Ein en Einblick in innere Anfech- 
tungen, die mit den Kriegsleiden Hand in Hand gingen, 
giebt folgende Erzahlung des Marcellus vom Septbr. 1625 : 
r Unser Herr Egidius legte ein gottseliges und freimiithiges 
Bekenntniss ab, und gestand, dass es ihm von Herzen leid 
thue, bisher ein wenig im Glauben gewankt zu haben, ob 
nicht doch die rechte Kirche und wahre Religion hei den 
Papstlichen und dem jetzigen Rath der Cardin&le sei, weil 
den Papstlichen gegen die Reformirten alles so wohl ge- 
lungeli. Er wiederholte den Heidelberger Katechismus, 
bezeugte, er sei undankbar gegen Christum gewesen, auf 
dessen Verdienst seine einzige Hoffnung stehe. Ich' ver- 
sicherte Hrn. Egidius der Vergebung seiner Sunden und 
antwortete : die Ursache seines Strauchelns sei gewesen, 
dass er, wie so viele, sich nicht vorbereitet habe auf das 
Kreuz, sondern sich eingebildet, als wenn alles vor dem 
Winde gehn miisste im Reich Christi, der doch ge- 
kommen sei, Feuer anzuziinden auf Erden. Der Graf lag 
sechs Tage krank, und nachdem er noch einen [quodam (?) 
Marc, schreibt lateinisch mit sehr undeutlicher Schrift und 



Ich fands Land wie ein Vogelnest 
Voll Jungen, der keins pipen must, 
Speiss, Trank war gnug, ich fillt die Lent, 
Ihr Geld, Kuh, Pferd war meine Beut. 
Zletzt wollt.die Theurung mich vexiren, 
Wegn Winterkalt sollt auch erfrieren, 
Ich schleppt die Haut wie mager Hund, 
Auffti FUssen kaum mehr stehen konnt. 
X> "Zth dorflFt mich nicht weggehn heissen, 
War gern des Vielfrass loos gewesen, 
Endlich must er den Gast auskaufen 
Und zechfrei Ian nach Venedig lauffen. 
So muss man friesisch Kelber lehren 
Ainig sein, Gott und Landsfurstn ehren. 



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- 40 - 

vielen Abkiirzungen] gottseligen Pfarrer zugezogen und den 
Trost des Evangeliums gehort hatte, verlor er die Sprache. 
Den zweiten Tag hernach erhielt er sie wieder und legte 
seinen Sohnen drei Stiicke an's Herz: 1) dass sie Gott 
furchten, 2) dass sie unter einander einig sein, 3) die alten 
Pfarrer (? ministros) nicht entlassen sollten. Danach that 
er seine Augen zu und entschlief des Lebens satt und miide." 
Leider fehlt jegliche nahere Andeutung, wer dieser Graf 
Egidius gewesen sei; unter den Herren von Godens ist er 
nach den vorhandenen genealogischen Nachrichten nicht 
unterzubringen ; es wird ein Exulant aus der Pfalz gewesen 
sein, deren damals viele in Ostfriesland Aufnahme fanden. 

Darauf kamen 1627 Kaiserliche unter Anholt und be- 
setzten Friedeburg, den 13. December nickten Truppen des 
Grafen Lodron in die Herrlichkeit Godens ein, 300 an der 
Zahl: die Klagen iiber die heillose Mannszucht, wie bei 
den Mansfeldern, kehren nicht wieder, aber in welche Ar- 
muth miissen die Leute gerathen sein, nun sie nach allem 
Vorangegangenen fur diese Mannschaften wochentlich 450 Ify. 
aufbringen sollten ! Ein einzelner Zug kann es utts deutlich 
machen: Der Pastor senior Joh. Stulenius war im Sommer 
1625 verstorben, erst zwei Jahre spater ward ein Nachfolger 
berufen, Johannes van Bommelen, und Marcellus sollte nun 
in die alteste Pastorei: er mochte die Statte seiner bis- 
herigen Erlebnisse nicht verlassen und trat die erste Pfarr- 
wohnung seinem neuen Collegen ab gegen eine einmalige 
Entschadigung von 12 Daler Courant, 1 Goldgulden und 
— einem neuen Hemde! Der Zusatz sagt vieL Es mag 
wohl sein letztes Hemd geworden sein: Marcellus starb 
im Februar 1628. 

Drei und ein halbes Jahr blieben die Kaiserlichen, end- 
lich den 9. April 1631 notirt der Pastor Matthaus Bien, ein 
vertriebener Pfalzer, Marcellus' Nachfolger: „Sonntag vor 
Ostern zogen endlich unsre Soldaten vom Tilly'schen Heere 
fort, die vor 3V a Jahren hiehcr geschickt waren, sie werden 



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— 41 — 

gedrangt vom Heere des Konigs von Schweden, Gustav 
Adolf, des siegreichen Fursten von Gottes Gnaden. Gebe 
Gott, dass sie nie als Feinde wiederkommen." 



2. Emden in der Mansfelderzeit. 

Emden war der einzige Punkt, wo man entsehlossen 
gegen Mansfeld Front machte, obwohl er sich einigermassen 
der Protection der Generalstaaten erfreute. Jegliche An- 
naherung an die Stadt ward ihm mit Nachdruck verwehrt, 
in Larrelt, Oldersura und Jemgum wurden von den Emdern 
ihm kleine Scharmiitzel mit Erfolg geliefert, die Zufuhr ab- 
geschnitten, WafFenyorrathe weggenommen : hochst wahr • 
scheinlich bewahrt noch heute die Emder Riistkammer 
manches edle WafFenstuek, das der Mansfelder auf seinen 
Ziigen zusammengeraubt hatte (Rohlfs, die antike Riist- 
kammer des Emder Rathshauses p. LXIV. ff.). Emdens feste 
Haltung schlug zum Gliick fiir das ganze Land aus; das 
Loos der umliegenden Dorfer war viel ertraglicher als das 
der meisten Landgemeinden, und die schwerbetroffenen 
Nachbaramter Greetsyhl und Leer fanden in Emden fur 
manchen Angehorigen eine Zufluchtsstatte. Aus Leer allein 
waren so viel Kinder nach Emden gefliichtet, dass eine 
Schulfrau aus Leer darauf antrug, dieselben bis zum Ab- 
zug der Mansfelder in einer besonderen Schule weiter unter- 
richten zu durfen (Kirchenrathsprotocoll vom 23. Juni 1623). 
Ein Gluck war es, dass trotzdem die Pest in der Stadt ent- 
weder gar nicht ausbrach oder doch nur gelinde auftrat ; 
eine Bezugnahme auf sie scheint der Kirchenrathsbescbluss 
vom 15. September zu enthaltpn, wonach beim Magistrat 
um eine Verfugung angehalten werden soUte, dass die 
Todten zum Mindestcn einen Fuss hoch mit Erde bedeckt 
werden imissten, „damit die bose aufsteigende Diinste die 
Luft nit weiters inficiren mogen." Die Stadt nahm sich der 



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— 42 — 

flttchtigen Armen vom Lande kr&ftig an durch Almosen- 
geben bei den Thiiren und durch Visitation in ihren Quar- 
tieren, nicht weniger der auslandischen. Das Kirchenraths- 
protocoll bemerkt unterm 12. Decbr. 1623: „ist Klage fur- 
gefallen, dass viel auslandische Armen hin und her in der 
stadt krank liegen, welche nit ausgehn konnen ihre Noth 
zu klagen, und demnach grossen Mangel leiden mussen; 
ist resolviret, dass Abr. de Brander und Meinert Janssen 
den Hauptdiaconen andeuten sollen, fleissige visitation zu 
halten und den nothleidenden nach vermogen beizusprin- 
gen." Hierauf berichten die Hauptdiaconen, der Armen- 
zulauf vom Lande sei allzugross, sie wissen keinen Bath 
und Mittel, wie alle der Nothdurft nach versorgt werden 
konnten, worauf beschlossen ward, dass man den Lands- 
armen noch eine Zeitlang vergonnen solle, Almosen vor 
der Burger Thiiren zu sammeln. Ueberhaupt nahm Emden 
in der Mansfelderzeit und wahrend des ganzen Krieges 
eine ahnliche Stellung ein wie in der Reformationszeit und 
wahrend des Freiheitskampfs der Niederlande. Bekannt 
ist, welche erhebliche Collecten u. A. fur die .ycrtriebenen 
Pradicanten aus der Pfalz gesammelt wurden: eine nicht 
geringe Anzahl derselben fand auch in Ostfriesland Auf- 
nahme und Anstellung, in Emden allein drei: Scultetus, der 
unbillig geschmahte vormalige Hofprediger des Konigs von 
Bohmen, Salmuth und Hezelius, ausser ihnen noch etwa 
zehn in den andern reformirten Gemeinden ') und im 
Schuldienste. Ein Gliick ware es gewesen, hatte man. 
auch den Sohn Menso Altings, Prof, Heinrich Alting, 
das hervorragendste Mitglied der theol. Facultat zu Heidel- 
berg und unter den Deputirten der Synode zu Dortrecht 

') Noch wahrend ctes Krieges wurden als Exulanten an ostfr. reform. 
Gemeinden berufen: Bien in Godens 1630, Ohl in Mitling 1636, Rostorph 
in Gr.-Midlum 1637, Pilger in Lritzburg 1639, Nahum in Jemgum 1640, 
Hopf in Leer 1640, Knotnerus in Pilsum 1641; Ohl, Nahum und Pilger 
erhielten 1650 ein testimonium vom CStus, um in die Pfalz zuruckzukehren. 



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- 43 - 

zu den allerbedeutendsten gerechnet, ftir seine Vaterstadt 
und die ostfr. reformirte Kirche gewinnen konnen. Der 
Kirchenrath warf schon im Juli 1623 ein Auge auf ihn, 
und bald folgte eine einhellige Berufung. Alting lehnte sie 
auch nicht, wie Tjaden meint (Gel. Ostfr. II. 322), ab, 
sondern war willig, zu folgen, allein der Konig von Bohmen 
erklarte, ihn nicht entbehren zu konnen, und der Kirchen- 
rath willigte ein, Alting bis Lichtmess 1624 Frist geben zu 
wollen mit der Uebersiedelung. Nach Ablauf der Frist er- 
schien des Konigs Geheimsecretair Theobald Mauritius und 
berichtaite miindlich: „Seitmahlen Kgl. Majt. v. Bohemen 
an guter education Ihres Eltisten Herrns, wie auch der 
gantzen Christenheit, merklichen gelegen : Unnd aber (Ihrem 
verhoffen nach) keiner qualificirten Person zu solcher di- 
rection der studiorum Ihres Printzens bissher machtig werden 
konnen : Alss liessen Ih. Majt. Gnedig an das Consistorium 
gesinnen D. Henricum Altingium der Vocation (so er con- 
ditionaliter uf Consens Ih. Majt. angenommen) losszuzehlen : 
In Betrachtung, dass die Gemeine allhier eh zu einem Pre- 
diger alss I. Maj. zu einem Inspectori Ihres Printzens ge- 
langen konnten. Welche Willfahrigkeit I. Maj. zu alien 
Zeitten in Gnaden zu erkennen sich erklarten." Das Consi- 
storium trat darauf mit dem Magistrat in nahere Ueber- 
legung, und beide einigten sich dahin, dass fur billig zu 
erachten sei, I. M. mit Anlassung D. H. Altingii zu willfahren. 
Traurig war dagegen das Verhaltniss zwischen Emden 
und dem ostfriesischen "Hause und das Verhalten des letz- 
teren in der triibseligen Zeit. Emden war so wenig iiber- 
zeugt, dass der Graf nicht wieder wie vormals dem spani- 
schen Interesse dienstbar sei, dass Burgermeister, Rath und 
Vierziger nebst der Biirgerschaft sich formlich weigerten, 
Graf Enno fiir ihren Landesherrn anzuerkennen, bis er den 
Accorden gemass ihnen die Neutralitat mit Spanien zu Wege 
gebracht. Unterm 27. Januar 1623 ward dies dem Kirchen- 
rath mitgetheilt und ihm bedeutet, danach sei die gewohn- 



/* . 



2*! . 



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— 44 - 

licheFormel des FtLrbittengebets zu andern; worauf „endlich 
nachfolgende Formul fiir die bequemste gefunden worden: 
auch bitten wir dich fiir I. G. Graf Enno sampt der jungen 
Herrschaft und Fraulein." Im Juni kam der Graf, durch 
einige Burger eben dieser Stadt Emden aus seiner Gefan- 
genschaft zu Esens erlost, nach Emden; im August liess der 
Rath dem Pastor Ritzius untersagen, dass er nicht mehr zu 
Hofe, wie bisher geschehen, fiir I. Gn. predigen soil. Ver- 
gebens suchte das Consistorium zum Frieden zu reden, 
Burgermeister und Rath erklarten „aus gewissen ursachen" 
das Verbot aufrecht erhalten zu mussen. Am allerwenig- 
sten fand die kummervolle Lage des Landes Verstandniss 
und Beherzigung bei den jiingern Gliedern der graflichen 
Familie. Graf Enno brach unter dem Kummer zusammen, 
die Residenz Aurich ging gebeugt in Trauer, nachdem sie 
im Jahre 1623 an der Pest 800 Menschen verloren hatte, *) 
Emden ordnete einen ausserordentlichen Fast- und Bettag 
an „umb die drei Hauptplagen, damit uns Gott jetzt heim- 
sucht, gar abzuwenden oder in Gnaden zu lindern," und 
spannte alles an, um nach Menschenvermogen zu helfen: 
unterdessen thaten sich die jungen Grafen durch nichts als 
durch Leichtsinn hervor. Im Kirchenrathsprotocoll vom 
2. Februar 1624 heisst es: „weil Klage furgefalien, dass die 
jungen Grafen sich des Nachts auf den Strassen zur unge- 
buhrlichen Zeit mit schlittenfahren, drompeten etc. finden 
liessen, auch in unterschiedenen Hausern gantze nachte 
durch mit tanzen und bulireri zubrachten: alss sind D. Soul- 
tetus und D. Petrejus deputiret worden, dem Herrn Cantzler 
solches anzumelden und zu bitten, dass er die jungen Herrn 
dahin induciren und vermahnen wolle, hijifurt von der- 
gleichen Ergernussen abzustehen." Am 9. Februar erstattete 



») Funck, Erneute Gedachtn. d. Pred. in Aurich p. 39, vgl. Chro- 
nik V. 257; aus dem Kirchenprotocoll ist ersichtlich, dass es nicht Flticht- 
Jinge aus andern Gemeinden waren, sondern Auricher und Soldaten. 



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- 45 — 

Scultetus Bericht: „Herr Kantzler mache der jungen Grafen 
Excess gar gering, fiirgebend,' es seyen generosae mentes, 
sie miissen ausstoben ! " Wir wissen, sie sind aus dem Aus- 
toben nicht herausgekommen ; als sie dafur galten, sie hatten 
ausgetobt, war Ostfriesland ein Spielball der Ungnads und 
Mahrenholz. Eben in Emden in diesen letzten Tagen 
Enno's III. J ) wurde das junge Fiirstenhaus umrankt von 
diesen unheilvollsten Schlingpflanzen, die je auf ostfriesi- 
schen Boden verpflanzt sind; ungern sah der alte Graf 
die Ungnad'schen Sirenen, die in und bei Emden (zu Wolt- 
oder Uphusen) eine nicht unzweideutige, ktimmerliche Exi- 
stenz fristeten, bei seinen Kindern sich einschmeicheln, aber 
die generosae mentes liessen sich nur zu willig in ahnliche 
Grub en leiten, wie weiland Kanzler Franzius den sitten- 
strengen Emdern zu graben empfohlen hatte! 



3. Carpitzo zu Jemgum. 

Die Geschichte des Obersten, der seine eigne Ehefrau 
hinrichten Hess, ist allbekannt ; wir geben nachstehend einen 
Bericht, der iiber die Schuldfrage ganz anders urtheilt. 
Wahrend namlich durchweg die Schuld der Frau als un- 
zweifelhaft behandelt wird (vergl. Wiarda IV. 197 u. ff., 
Klopp II. 257), wird sie hier entschieden in Abrede gestellt. 
Die bisherige Darstellung folgt einer von dem Obersten 
veroffentlichten Schrift und den darin enthaltenen angeb- 
lichen Zeugenaussagen ; aber die Zeugen sind sammtlich 
von dem Obersten abhangige Leute, und die Glaubwurdig- 
keit der ganzen Schrift (cf. den Auszug bei Funck B. x.) 
ist sehr problematisch. Unser Bericht ist am Ort der That 
eiitstanden und giebt unzweifelhaft die Ansicht des Pastors 
Wolter Bovenius, der die Frau zum Tode vorbereitete, wie 

») Bluhm, Aufsatz von dem, so wehrender seiner Bedienung in 
OBtfriessland vorgefallen. Mscpt. p. m. 4 ff. 19, 



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- 46 — 

die der Bewohner von Jemgum. Zum Verfasser hat der- 
selbe einen angesehenen Burger, Menno Peters, Kaufmann 
(auch Landtagsdeputirter) daselbst, welcher in seiner Eigen- 
schaft als Kirchvogt und Aeltester den von ihm genannten 
beiden Pastoren, besonders Wolter, nahe stand, wie er auch 
ausdrucklich bezeugt. Er lebte bis etwa 1700 und schrieb 
im hoheren Lebensalter eine Art Chronik von Jemgum, die 
noch erhalten ist, und aus welcher mir Herr Pastor Herborg 
den vorliegenden Abschnitt mitgetheilt hat. Leider ist das 
Original theilweis verloren und'gerade unser Bericht musste 
aus mangelhaften Abschriften geschopft werden, wo jedoch 
die Lesart an keiner fur den Sinn entscheidenden Stelle 
zweifelhaft blieb. Menno Peters sagt so : 

Hier te Jemgum gebeurde wat vreemds. Onder de 
Mansfelders was een Overste Jochum Karpisaan. Zyne 
vrouw opnemende te reizen naar Leer by andere Oversten 
en Gerieraals gasterende, daar werd gespeeld en gedanst, 
gedronken en alle ydelheid gepleegd. Een Overste dezes 
Karpisaans vrouw opnemende te dansen, scheen meer vry- 
heid te willen gebruiken als Karpisaan ja zelfs diens vrouw 
wilde toestaan, waarop andere Officiers hun oog wierpen, 
bemerkende dat genoemde Karpisaan daar vry wat jaloers 
onder werd, beschimpten hem daarover in kortwyl, het- 
welk deze overste zoo kwalyk opnam, zich zoo afgrondeerd 
vond, dat hy zonder afscheid het gezelschap verliet, om 
met zyne vrouw naar Jemgum in hun kwartier te gaan. 
Met een schuitje tegen Bingum komende, belast den schip- 
per aanteleggen ; by den Pastoor aldaar komende begeert 
dat zyne vrouw het heilige ligchaam worde toegereikt; de 
vrouw, volgens zyne begeerte, ontvangt het heilig Nacht- 
maal, voeren zoo te zamen naar Jemgum. De scherprigter 
had zyn kwartier in de Greete; daar werden terstond ex- 
pressen afgezonden om denzelven schielyk aftehalen, de 
timmerman werd belast eens grooten menschen huisholt te 
maken. De scherprigter te Jemgum komende was de dood- 



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' ,.;^&: 



— 47 — 

kist vervaardigd ; en geen gevangene, zoo dat Jemgum al- 
tereerde. Vele burgers vlugteden, elk was bevreesd, te raeer 
daar elk Overste mogt doen wat hem begeerde. Des 
avonds werden Johannes en Walter Bovenius, beide Pa- 
storen te Jemgum, by hem ontboden. Wolter gaat daar 
henen; de Overste treed buiten en ontvangt hem vriende- 
lyk, geeft hem last zyne vrouw aantezeggen, zich bereid 
te maken om zoo aanstonds te st^rven. Wolter altereerde 
wegens zoo eene onverwachtte commissie, bidt om der 
vrouwen genade. Na veel bidden en smeken, hetwelk hem 
in het minst niet kon bewegen, trad met den Pastoor bin- 
nen, bleef zelf present tot dat de pastoor haar die droevige 
boodschap aandiende. Zy heeft zich voort aan zyne voeten 
neergeworpen, biddende om lyfsgenade, maar alles mogt 
niet helpen. Zy begeerde dan nog, de eigenlyke oorzaak 
des doods te weten, dat haar door den Pastoor werd be- 
kend gemaakt; de Overste wist zelf beter, dat zy hem 
daartoe niet de minste aanleiding had gegeven, de sententie 
des doods behelsde niet meer, dan dat zy zich zou bereid 
maken om te steryen. Het was des avonds Klok 9 en heeft 
geduurd tot aan Klok een. Toen heeft hy den beul belast 
voort te maken. De Pastoor bad om te mogen vertrekken, 
kunnende het ellendig kermen niet Janger aanhoren nog 
bywohen. De Overstinne wilde zich niet zetten, begeerde 
nog eene demoedige bede; Lieve man zeide zy, verstoot 
my van u, ofschoon ik niets heb misdaan; ik zal het met 
dure eeden bevestigen, zoo verre in vreemde landen te 
trekken, ook den dag myns levens niemand bekend te 
maken, dat ik de echtelyke vrouw van den Overste ben! 
Alles dat kon hem niet bewegen; eindelyk begaf zy zich 
tot een gebed, geene genade verwachtende, knielde en ont- 
ving den slag. Zy werd in een onbeschaafde, van vuren 
hout gemaakte kist, met al hare aanhebbende Kleeren ge- 
legd en zoo voorts des nachts begraven. Lange jaren 
daarna werd een daar ter plaats begraven, de kist geopend; 



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— 48 — 

velen namen van hare kleeren tot gedachtenis, de schoenen 
waren nog tamelyk in wezen, zochten naar de gouden rin- 
gen, waarmede zy ingelegd was, maar vonden geene. Dezer 
vrouw zuster bleef nog by hem, als de overste nevens an- 
dere Officieren van hongersnood uit het land moest ver- 
trekken; ieder ging zyns weegs. Deze Karpisaan nam 
zynen marsch over Groningen. Daar komende kwam het 
gerucht aldaar onder de vrouwen, dat de Overste zyne 
vrouw zonder schuld te Jemgum had laten onthoofden, die 
in deze herberg logeerde. Eenige nieuwsgierige vrouwen 
zeiden : komt, willen wy gelegenheid zoeken om dien hond 
te zien? anderen zeiden waar heen? wy gaan ook medej 
zoo dat de hoop zich vermeerderde en de straten van 
vrouwen waren vervuld, die met een grimmig gemoed aan 
des Oversten herberg kwamen. Hy werd gewaarschuwd 
en achter uit gelaten en vertrok, zoo dat na dien tyd geen 
mensch hem heeft weer gezien. Hadden de yrouwen hem 
gekregen, hy had smadelyk moeten lyden. 

Auch der alte Marcellus in Godens erwahnt des Vor- 
falls gelegentlich , doch so, dass man sieht, wie derselbe 
aller Augen auf sich zog, und wie fiber die Frage nach 
der Schuld oder Unschuld der Enthaupteten alsbald ver- 
schiedene Ansichten laut wurden. Er notirt zum 23. Octo- 
ber 1623: Kniphusam etiam deductae aliquot turmae (pedi- 
tum?) a ducentis equitibus ductore Karpitzano, qui ante 
annum (so lange war es noch nicht her) propriam uxorem 
decollari curavit ob adulteria. Nochmals erwahnt er ihn 
zum 28. Januar 1624: Karpitzanius hie transiit cum 100 et 
amplius equitibus mit dem Zusatz : ipsus est qui suam 
uxorem ante annum propter adulterium capite plecti curavit. 
Aber auch so kann er in der Sache nur ein charakteristi- 
sches Spiegelbild der Zustande unter den Mansfeldern finden, 
wie der Zusatz erkennen lasst: 

Talibus exemplis reliquis censura parata est! 



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Ein Register der Kirchengtlter zu Norden 
vom Jahre 1553. 

Mitgetheilt vom Gymnasial-Oberlehrer Dr. Babucke. 

JUit Eecht sagt Fr. Arends in seiner Erdbeschreibung 
von Ostfriesland, Norden sei in fruhern Zeiten durch seine 
geistlichen Stiftungen beriihmt gewesen; das hierunter fol- 
gende alt est e vorhandene Verzeichniss der Kirchengiiter 
zu Norden mag da rum, und weil es zur Kirchengeschichte 
von Ostfriesland xiberhaupt und fur Kenntniss Norder Ver- 
haltnisse insbesondere manchen erklarenden und berich- 
tigenden Zusatz liefert, wohl einiges Interesse beanspruchen. 

Mit der Kirchenreformation war bekanntlich auch eine 
umfassende Secularisation geistlicher Besitzungen verbun- 
den, und unbesehadet der Lauterkeit des religiosen Gefiihls 
darf man bei manchen weltlichen Obrigkeiten gewiss mit 
Recht voraussetzen, dass es zum Theil wohl auch die Riick- 
sicht auf den reichen Besitz der Kirche war, welche sie in 
ihren Entschliissen bestimmte. Damit soil keineswegs ge- 
sagt sein, dass es iiberall reine Habsucht war, wenn man 
die Besitzungen von Kirchen und Klostern einzog, haufig 
wurden dieselben auch zu gemeinnxitzigen Zwecken be- 
stimmt, zur Stiftung von Schulen, Grundung von Armen- 
hausern u. dergl. In dieser Hinsicht verdient in Ostfries- 
land besonders die Grafin Anna alles Lob, Jedenfalls aber 
gaben von dieser Zeit an die Territorial -Obrigkeiten die 
bisher beobachtete Praxis, die Kirche in ihrem Besitzstande 

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- 50 - 

schalten und walten zu lassen, wie sie wollte, durchaus auf. 
•Man setzte Commissionen zur genauen Feststellung des 
Kirchenvermogens ein, aber die Verhandlungen mit den 
Vorstehern der Kloster stiessen vielfach auf Schwierigkeiten, 
weil die Monche sich meistens weigerten, die „olden Breven"> 
also die Fundations-Urkunden und wohl auch die Rech- 
nungsbticher auszuliefern oder auch nur zur Einsicht vorzu- 
legen. Offenbar waren sie durch die Vorgange unter Enno II. 
gewarnt, wo eine Commission alle kostbaren Kirchengerathe 
und auch „viele Briefe, alte Schenkungsurkunden, Perga- 
mentbande zum Gebrauch aberglaubischen Gottesdienstes 
weggenommen" (ablata) hatte, wie wenigstens Emraius 
sagt (p. 845); Beninga spricht nur von Wegnahme der 
Kirchengerathe. Vielleicht wollte man gelegentlich das ju- 
ristische Fundament des Besitzes von Giitern verdunkeln, 
um sie spater wegnehmen zu konnen. 

Somit mussten die Commissionen sich meistens darauf 
beschranken, die gegenwartigen Verhaltnisse festzustellen. 
Anfangs hatte man dabeinur die Einziehung der Kirchen- 
giiter im Auge, und in wie umfangreicher Weise dieselbe 
auch in Ostfriesland vor sich gegangen ist, ersieht man 
aus den bittern Klagen, welche der ungefahr gleichzeitige 
Verfasser der „Memorialis designatio der Kloster" dartiber 
erhebt. (Suur, Kloster in Ostfriesl. Emden 1838. Beil. 14.) 
Nach der Schlacht bei Miihlberg jedoch anderte sich die 
Sache. Man fing auch von katholischer Seite an, die ge- 
schehenen Sacularisationen in's Auge zu fassen und zu er- 
wagen, inwieweit dieselben etwa riickgangig gemacht wer- 
den konnten. \ra August des Jahres 1548 kam der Kaiserliche 
Gesandte mit dem Augsburger Interim und der Forderung, 
dasselbe unverzuglich durchzufiihren, in Ostfriesland an, 
und um dieselbe Zeit stellte Grafin Anna, welche dem Kaiser 
gern so weit.als moglioh entgegenkommen wollte — und 
in Anbetracht der obwaltenden Umstande wohl auch musste, 
Nachforschungen wegen der verausserten oder eingezogenen 



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• - 51 - 

Kirchengiiter an (E. F. Harkenroht zu Beninga's Cbronik, 
Emden 1723 p. 808), so dass J. F. Bertram's Vermuthung, 
Grafin Anna habe hiedurch ihre Geneigtheit zu erkennen 
geben wollen, die Besitzungen wieder der Kirche zuriick- 
zugeben und dies mochte eine Wirkung der kaiserlichen 
Forderungen gewesen seiil, vieles fur sich hat. (J. F. Ber- 
tram, Histor. crit. Johannis a Lasco. Aur. 1733. p. 237.) 
So fertigte denn auch um dieselbe Zeit, jedenfalls im Auf- 
trage der Grafin, Johan. a Lasko ein Register der veraus- 
serten Kirchengiiter fur die Gegend von Emden an, welches 
sich noch im Besitze E. F. Harkenroht's befand, und das 
er zu Beninga's Chronik p. 808 abdrucken lasst. Danach 
stellten sich Verluste heraus fur Larrelt, Gerdsweer, Quit- 
zelem (sic!), Loga, Westerhausen, Midlum, Hinte, Lopper- 
sum. In Marienwehr war alles im Stande geblieben. 

Ja, es scheint wirklich die Einleitung der Restitution 
verfugt worden zu sein, denn am 30. April 15^9 empfingen. 
Gerhardus torn Camp, Peter van Utrecht und Harmen Maler 
Befehl, alle Kirchengiiter zum Unterhalt der Kirchen und 
Kirchendiener „einzusammeln" (Harkenroht zu Beninga 
p. 808), das heisst also doch wohl, die abhanden gekom- 
menen wieder einzuziehen. 

Der Nutzen derartiger Feststellungen war aber zu sehr 
auf der Hand liegend, als dass man davon hatte abgehen 
sollen, auch als 0s sich nicht mehr um eine Restitution an 
die katholische Kirche handelte, und doppelt nothwendig 
waren sie gewiss an solchen Orten, wo die beiden damals 
im argsten Streit begriffenen Parteien der evangelischen 
Richtung, die Lutheraner und die Reformirten, sich dariiber 
in den Haaren lagen, wer der Nachfolger des 5 a ^°^ c i smus 
werden sollte/ Norden scheint von den altesten Zeiten an 
eine sehr kampflustige Stadt gewesen zu sein, und so wu- 
thete denn hier der Streit auch am heftigsten. Die formula 
Werdumana hatte zwar im Jahre 1552 versucht, einen 
Mittelweg einzuschlagen, sie war auch von den drei da- 

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- 52 - 

maligen Norder Pastoren Lemsius, Vorstius und Fusipedius 
unterschrieben worden, aber natiirlich hatte sie jeder auf 
seine eigene Hand ausgelegt, Lemsius und Vorstius im lu- 
therischen, Fusipedius im reformirten Sinne, und so war der 
Streit von neuem entbrannt. 

Da schickte im Jahre 1553 die Grafin Anna ihren Se- 
cretair Wilhelm Gnapheus nach Norden mit dem Auftrage, 
den Streit beizulegen, aber auch ihm gelang dieses nicht. 
Leichter war jedenfalls der andere Auftrag, den er bekom- 
men hatte, namlich die damaligen Norder Kirchengoiter 
und deren Einkiinfte, sowie alle im Laufe der Zeit abhanden 
gekommenen Besitzungen zu registriren; und dieses fuhrte 
er denn auch im August desselben Jahres gewiss zur Zu- 
friedenheit der ihm sehr wohlwollenden Grafin mit aller 
Genauigkeit aus. Diese Thatsache, sowie auch das Ver- 
zeichniss selbst sind bis jetzt unbekannt geblieben. lch 
fand letzteres in einem von zwei das Norder Kirchenwesen 
betreffenden Fascikeln, welche nach einer Notiz von Brenn- 
eisen's Hand im Jahre 1730 im Hause eines Norder Burgers, 
Namens Ostendorf , in einer alten Kiste gefunden sind. 
(Consistor.-Archiv 3 a. I., jetzt auf dem Kgl. Staats-Archiv 
zu Aurich befindlich. Ich bezeichne die beiden Fascikel 
mit N. K. I. und II.) Das Verzeichniss ist ein Heftchen in 
Quart, leider sehr ltickenhaft erhalten, N. K. I. Nr. 13, ge- 
schrieben von einer Hand des 16. Jahrhunderts, jedoch 
nicht von Gnapheus selbst. Dessen eigenhandiges Verzeich- 
niss ist wahrscheinlich der Grafin Anna ubergeben worden, 
und das unsrige, eine Abschrift, blieb in Norden bei den 
Kirchen-Acten, denn am 23. Februar 1589 iibergab der bis- 
herige Kirch enverwalter zu Norden, Hayo Eykena, dem 
neuen, Berendt Antonius, Acten und Inventar, darunter als 
11. Numraer: „Noch ein Inventarium. Im 4. Durch Wil- 
helmum Gnapheum ex mandato Comitiss. beschrewen. Nem- 
lig der Eirchen guderen unnd beneficien tho Nordenn." 
Vergl. das Original-Protocoll N. K. II. Nr. 23. — So ist das 



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- 53 - 

Verzeichniss allmahlich in die Kiste des Ostendorf ge- 
kommen. 

Der Abdruck ist genau nach dem Original; nur habe 
ich der leichteren Lesbarkeit wfcgen Interpunction und An- 
fangsbuchstaben nach der heute gebrauchlichen Weise ver- 
andert und statt u, wo es nothig war, v gesetzt. Abkiir- 
zungen von Maass und Miinze sind vereinfacht; die in [] 
stehenden Worte habe ich erganzt. Die Punkte bezeichnen 
nur das Vorhandensein einer Liicke, nicht den Umfang 
derselben. 

Register van den Kerkengudern, Lehnen und andern 

Beneficien, im knrtz npgetekent ex mandate 

D. Principis per 6nl. ff. Gnaphenm. 

Anno 1553 am 19. Augusti. Nordae. 

Tan der Pffiarkirke. *) 

Van der Kirchen Klenodien, Monstrantzen unnd anders 
is vel wechgekommen, in Tyden van Krighe unnd Orloghe, 
van den Hern dem Landen thorn besten ys angewendet, 
darvan heyr kein Meldunghe gethan wirt. Sunst ist van 
der Kirken Gudern, liggenden (jrunden und Upkumstem 

nichts alienirth. Uthge den Armen darvan gege- 

ben is .... n entfan [3 Zeilen im Original fehlen] 

Lehnen. Ken Vaders Ingelosseth betragen jar- 

liches 350 Embder Gulden. 

Tan der Munniche Kloster Gnderen. 3 ) 

Thorn ersten stan by den Monnichen dre Steenhuyser, 
die den Kloster plegen tot th [obe] horen, men mach der- 
nach vernemen, wer sie alienirth und wo hen sie gekom- 
men synt. 



2 ) Die S. Ludgerikirche, jetzt die lutherische. 

2 ) Gemeint ist das Douiinikaner- oder Bruder-Kloster, dessen Giiter 
1529 von Enno II. nach Abfindung der noch iibrigen Monche einge- 
zogen wurden. Beninga p. 670. 



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-6ft- 

Noch heft gehoret tho denselbigen Kloster ein Stueke 
Landes vau 24 Demthen, dar Ruttgart Grawers ein 
maal 500 Gulden upgethan hadde; wye es dar nu umme 
steyt, mach men befragen. 

Item daer is noch eyn Meyerhoffby gewessen, gelegen 
tho Hamsswernum, unnd ys vormahls von den Hern deme 
Kloster gegeben worden; wye es nun aber darumb yst, 
mach men verkuntschappen lossen. 

Item darynne is" oek ein Paerde-Venne 8 ) gewesen, dar 

van Her Fredericus Pastoer tho 4 ) ein gudt Be- 

richt geven zall gudern rnehr, die . . . . . [3 Zeilen 

ini Original fehlen] heft. 1) Wylhelmus. 2) Fu- 

sipedius. 3) M. Henningh unnd 4) Eegnerus. 5 ) 



8 ) „Fenne a ist ein umfriedigtes Stiick Weideland mit moorigem 
Untergrund (Stiirenburg, Ostfr. Worterb.), hier also wohl zum Weidcn 
der Pferde. 

4 ) Dieser Pastor Fredericus muss demnach zu Norden gut Be- 
scheid gewusst haben. Es wird also derselbe sein, der nach dem sog. 
Emder Reformationsbericht (Bremen 1594) p. 385 zusammen mit einem 
Pastor Gerhardus nach dem Tode des Resius und Johannep Ste- 
phanus und nach dem Weggange des Rhodius das Predigtamt zu 
Norden verwaltete, spater jedoch von der lutherischen Partei unter 
Fuhrung des Wilhelm Lemsius und des Drosten Reinko Krumminga 
vertrieben wurde. lm Jahre 1556 war er in den Niederlanden im geist- 
lichen Amt. J. J. Harkenroht, Ostfries. Oorsprongkel. Groning. 1731. 
p. 702. Der Ort, wo er 1553 sich befand, ist wegen der Liicke im 
Original leider nicht mehr festzustellen. Ob der Fredericus N., Peusu- 
manus, welcher 1526 dem Oldersumer Religionsgesprach beiwohnte 
(Emmius p. 838) und der Fredericus, welcher 1528 zu ter Gast Ver- 
kundiger der reinen Lehre war (Harkenroht, Oorspr. p. 702), mit dem 
unsrigen identisch sind, was Meiner's Oostvrieslandts Kerkelyke Ge- 
schiedenisse. Groningen 1738. II. p. 370 als die gewOhnliche Annahme 
bezeichnet, ist nicht zu ermitteln. Jedenfalls aber kann er nicht, wie 
die Annahme war, von Pewsum nach Norden und von da nach ter 
Gast bei Oldersum gekommen sein, da er hier schon 1528 lehrte, Lem- 
sius aber, der ihn von Norden vertrieb, * dort erst 1536 in's Amt kam. 

B ) Wilhelm Lemsius, 1536—53 Pastor zu Norden. — Johann 
Adolf Fusipedius (Wiarda nennt ihn in der Ostfr. Geschichte stets 



Digits 



)gle ..: 



- 66 - 
Tan Wylhelmus Teele. 

Dith Lehne heft an Teellanden nach Inhalt S. Her 
Ludykens Register 96 Vi Dmt. 
an Ackers und andere Me Norden gelegen 

Item 17 Werben •) mit itliche geven jarlichs 

tho Hope 8 

Noch gehort tho dessen Lehne ein Huss und 

und ein Halffmohr, dar Wylhelmus [inne] wanet. 

Notandum. Van M. Johannes Matthei*) Lehne is 
Wylhelmo noch thogelecht an Landt 80 Dmt. 



Eusipedius) 1552—54 Pastor zu Norden. — Reershemius, Osfriesl. Pre- 
diger-Denkmahl. 2. Aufl. Aurich 1796 erwa'hnt p. 657 unter den Pre- 
digern zu Leerort einen Mester Hennynk, der 1531 „Pastor tho 
Noorth a genannt wird und 1553 noch am Leben war. Sollte es der 
Norder M. Henningh sein? — Regnerus Hisko oderHisso scheint 
nicht in Norden sein Domicil gehabt zu haben, vgl. Anm. 18 und p. 58, 
wo statt des Regnerus Aussage die Angaben des Norder Drosten Reinko 
Krumminga erscheinen, der ihn also vertreten haben wird. Regnerus hatte 
den viertenTheil der Pastorenlande und dieKatharinen-Prabende inBesitz. 
Vergl. in N. K. eine Urkunde d. d. Falkenburg, Montag nach Invocavit 
1546, worin Graf Johann und Grafin Anna dem Leibarzt des verstor- 
benen Grafen Enno, Dr. Thomas, der bis dahin diese Landereien zu 
Lehen gehabt hatte, gestatten, sie auf den „erbaren und flissigen Reg- 
nero Hisken von Markt Studenten aller fren kunsten u zu tiber- 
tragen, und dessen eigenhandige Anerkenntniss dafiir jahrlich 50 Ridder 
Gulden Oder 22 Brabanter Sttiver zu bezahlen, beginnend: Ick Regnerus 
Hisken tho Merck, itz Student. 

e) Warfen. 

7 ) M. Johannes Mattheus oder Thews ist von 1537—49 als 
Pastor zu Norden nachzuweisen. Reershemius p. 221. Nach einem 
Briefe der Gr&fin Anna in N. K. d. d. Emden 6. Mai 1552 hat er auch 
Tews sum genannt werden konnen. Sie gebietet n&mlich den Kirch- 
geschwornen zu Norden, die Wittwe Meister Johann Tewssums 
ungestort im Besitz eines Kirchenackers zu lassen, bis sie selbst hin- 
kommt und die Kirchengiiter „beschreiben tt lassen wird. Letzteres ist 
geschehen, ersteres, wie es scheint, nicht. — Wenn M. Johann Mattheus 



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— 56 — 

Item van M. Hennings Lehne is noch dartho gedan ^or 
syn Prediken unnd vor syn MyGhelings 8 ) jarlyks 12 Gld. 

Tan dem alyenyrthen Landen. 

Am ersten heft H. Ludvicus Tymmerman verkoft 
eyn Dyemath Landes Harryngh Eggeren, gelegen by 
Westermarscher Zyl. 

Noch heft he verkoft Junckeren Dodo tho Ludtz- 
borch twe Demthen Landes, gelegen in den Wynkel, 
voer 5 Embder Gld. und eyn halff tausent Stens. 

Noch verkoft Udo Menstehnn twe Demthen Ett- 
landes*) gelegen an der Koren Dyke vor 28 E. Gld. 

Noch eyn halff Emmersatz 10 ) Bowland ") 

Norden verkoft vor 4 E. Gld. 

D. Girhardus ,a ) , . . . . . verkuft 4 Demeth Landes 



demnach verheirathet war, mflchte ich ihn nicht mit Reershemius zu den 
katholischen Priestern rechnen oder doch wenigstens zu denen, die spater 
das Evangelium annahmen. 

8 ) Wohl wie „Michel a selbst die Michaelis-Prastationen von Korn an 
den Prediger (Stiirenburg unter „Michel u ), die hier mit Geld abgettJst ist. 

9 ) „Etten u , got. atjan, ahd. azzen und ezzen, unser „atzen u ist 
das causative Verbum zu „eten", got. itan, ahd. ezan, unser „essen u , 
und heisst demnach „zu essen geben" oder „essen lassen"; ndd. wird 
es nur vom Vieh gebraucht und heisst „weiden lassen" oder „abweiden 
lassen". „Ettland u ist also „Weideland a . Das Wort fehlt bei Stiiren- 
burg und im Bremischen Wtfrterbuch. 

10 ) In dem Vocabularium Ostfrisicuin (KOnigl. Staats-Archiv. Mscr. 
D. 15) steht : 1 Eimer Einsaath ist ohngefahr 1 Diemt gross. — „Emmer- 
satz a ist offenbar dasselbe, bedeutet also zunachst ein Maass; es scheint 
aber auch fur „Saatland a gebraucht zu sein; vergl. p. 61, wo 25 Die- 
mat Emmersatz erwahnt werden. — Das Wort fehlt bei Stiirenburg 
und im Bremischen Worterbuch. 

") „Bowland a ist Bauland, von bauen, namlich den Acker. Das 
Wort fehlt bei Stiirenburg und im Brem. Worterbuch. Vgl. bouhoeve 
bei Friedlaender Codex traditionum Westfalicarum. Miinster 1872 
p. 201. Im Brem. WCrterbuch bouen und bawen, bei Stiirenburg boe'n, 
hier p. 62 bowen und gebow. 

12 ) Ueber Gerhardus vergl. Anm. 4. 



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- 57 - 

Noch heft he verkoft eyne Stucke 3 1 /, Emmer- 

santz J oh an Braun tho Tymmeru [ng] eynes Hauses. 

Noch syn darvan alienirth dem Juncker tho Luydtz- 
borch unnd Gayken tho Blersum itliche Teilen. 

Dat 2 Deyl der Pastorye, so Johannes Fusipedius heft. 

Dith Lehne heft van den geteylden Thelanden der 
Pastorye 113 Dmt. 

Noch an andere Landen unnd Ackers 29 Dmt. 

Inn Barge rburh en syn noch 6'/i Dmt., 

de Gert Baumeister bracket, welche Landen M. Johann 
Bulderen 13 ) mach verbeytet 14 ) hebben om 5 Diempte in 
den Lentheel, de Owe Gelen heft, 5 Dmt. 

Item dar is eyn Huyss und Werbe tho, dar H. Fusi- 
pedius inne wanet, mit noch ein Werff inde Moelen- 
strate. 

Item dar is oek eyn Stueke Mors tho, dat gar uthge- 
graven mach syn. 

Item he entfangett van den Michelingen jalichs 4 E. Gld. 

Item noch ister eyn Stuycke Koe thot des 

Pastoeren Huyss gebrueket 

Notandum dath an Werven noch inkomen 

tho dessen Lehne 6 E. Gld. 

Item tho dessen Lehne sint gethan van dat [Lehne] 
S. Crucis (vergl. Anm. 19) ofte Her Arentz ,5 ) lehne ins 
alien 22 1 /, Dmt. 



15 ) M. Johann Steffen (Stephanas, auch Lamberti und Bulderi) 1520 
bis mindestens 1544 Pastor zu Norden. Seine Wittwe, Frau Gertrud, 
zog nach seinem Tode nach Jever; vgl. weiter unten im Text. 

u ) „verbeyten, p. 63 verbuten, u ist vertauschen. Brem. WOrter- 
buch biiten, verbiiten, umbiiten, verbeuten. Bei Sturenburg fehlt das 
Wort ganz. 

16 ) Dies war der vorige Besitzer des Lehns, welches 1553 Fabian 
inne hatte. Vergl. in N. K. den Brief Graf Enno's, d. d. Emden „Mon- 
tag in dem Vastelabend u 1532, worin er dem Prabendaten Arendt 



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- 58 - 
Tan den alienirthen Landen. 

Im ersten heft S. Her Arenth verkoft Reyner Mul- 
ler eyn Acker Landts gelegen by Ga ester Moll en. ,f ) 

Noch heft he verkoft twe Dempte, gelegen in den 
Graestermersch, Popp en Szumeken. 

Item dar plach ein Huyss unnd eyn Werff tho to syn, 
dar S. Her Arenth in gewoneth heft, noch mitt ein Werve 
achter deme Huysse, welche Huyss sich under wynth Grer- 
trudt S. M. Johan Steffans Wedwe tho Jeveren 
wonende; mit watt Recht, mach man befragen. 

Tan 3 Teyl, so nu III. Henningh heft, 
genantlr Theymssnm. M ) Aberat. 

Tan den alienirten Guderen. 

Man secht, M. Henningh hebbe Ey [lart] Dytloffs 

verkoft ein Werff van der Me vor ein Tonne Bot- 

ters unnd 4 Embder Gulden. 

Noch solde he verkoft hebben itliche Steen van den 
Huyssen de Pastorye thokamende. 

Tan den 4 Deyll der Pastorye, so nn Regnerns heft, 

genanth Hoever. ") 
Dat Hoever Lehne gift jarlix an Renten, als Reyn- 



Kremer zu Norden gestattet, zum Aufbau seines im Kriege (offenbar 
mit Junker Balthasar von Esens) verbrannten Hauses unter Wah- 
rung des Riickkaufrechtes von seinem Beneficium 4 Diemat fur 64 Emd. 
Gld. an Poppo Folcken zu verkaufen. Ob der Ruckkauf 1553 erfolgt 
oder diese ganze Sache damals schon vergessen war, lasst sich liicht 
mehr entscheiden. Gnapheus erwahnt jedenfalls unter den aUenirten 
Landen diese 4 Dmt. nicht. Damit erganzt sich das -iiber A. Kremer 
Gesagte bei Reershemius p. 216. 

16 ) „Die Moller up der Gast" wird in N. K. ofters erwahnt. 

17 ) Dies scheint, wie aus der Analogie mit des Regnerus Lehn 
genannt Hoever, hervorgeht, der Name fur ein Kirchenlehn gewesen, 
zu sein. 

M ) Am Agathen-Tage 1534 prasentirt Graf Enno dem Bremensischen 
Archidiakonus den Dr. Thomas zum A n tritt des "beneficium curatum, 



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- 59 - 

kenKromma berichtet, one jenig specification tho dhonde 
der Landen summa 55 E. Gld. 

Item hier is ein Huyss tho, dat die Drost zeer solde 
laten verfallen, gelegen by des Rentemesters Huyss. 

Tan S. Catarynen Lehn. If ) 

Dith Lehn brenget jarlichs uth alsse ReynerCromma 
antzeget summa 43 E. Gld. 

Van dissen beyden Lehnen geytt boven datt Zylschott 
und Schattyngen. D. Thomas 55 E. Gld. 



genanntHofer Lehen, das durch den Tod desMeynardus deDylen 
erledigt war. N. K. Diese Presentation war die Folge eines Ver- 
sprechens, das er seinem Leibarzte, dem Dr. med. Thomas Ennius 
aus Dornum, d. d. Stickhausen 25. April 1533 gegeben hatte, ihm die 
Einkimfte des zuerst frei werdenden pastoratus vcrleihen zu wollen. N. K. 
Dr. Thomas erhielt das Pfarrlehen und trat es spater an Regnerus 
Hisko ab. Vgl. Anm. 5. — - Ueber Meynardus de Dylen vgl. Reers- 
hemius p. 217. — Wenn Suur, Kl<5ster p. 69 fragt, wo „die Gemeinc 
der Hover Theel zu suchen, welche einen eignen Pfarrer hat," und ob 
in Norden „friiher verschiedene Kirchsprengel gewesen sein sollten", 
ferner Hauptlinge p. 37 es dahingestellt sein l&sst, ob das Hover Lehn 
zu einer der Norder Kirchen gehtfrt habe, etwa zu der Ludgers-Kirche, 
so erledigen sich diese Fragen und Bedenken nun durch das oben An- 
getuhrte von selbst. 

,9 ) So weit gehen, wie aus der Gesammtiibersicht p. 65 hervor- 
geht, die beneficia curata, also die Pfarrlehen, die folgenden sind non 
curata. Wie man aus den Nam en der Inhaber ersieht, waren keines- 
wegs alle Geistlichen, welche damals in Norden die Seelsorge hatten, 
im Besitz von Pfarrlehen, Vorstius z. B. hatte nur ein beneficium 
non curatum. Ob Regnerus uberhaupt Geistlicher war, scheint mir t 
durchaus nicht sicher. Vgl. Anm. 5. Und war ja doch auch sein Vor- 
ganger in der Pfriinde ein Laie gewesen. Die Notiz bei Reershemius 
p. 239 Anm. 1, wonach im August 1553 in Norden Fusipedius, M. Hen- 
ningh und Regnerus nach der Entfernung des Lemsius und Vorstius 
interimistische Prediger gewesen seien und letzterer beiden gar nicht 
mehr gedacht wiirde, wird durch unser Verzeichniss durchaus wider- 
legt. — Was die nun folgenden beneficia non curata betrifft, so scheinen 
das, wie Herr Dr. Friedlaender vermuthet, Pfriinden zu sein, welche 



s+Ji&k j *8 



- 60 - 

Noch gaet daruth tho Furstius* ) Lehn jharlix 12 Gld. 
De Rest heft Regnerus Hisso. 

D. Thomas solde hier van verkoft hebben eyn Em- 
merzatz vor 8 Gld. 

Tan S. Elizabetz Lehn, so 

Furstius heft, halt an Etlant by gelegen, 

dar die Burgers jarlix vor ge [ven] an Hiura 25 E. Gld. 

Noch is dartho in die Wischer gelegen 5 Dmt. 

Noch ein Diemath Zatlandes gift 12 Schap. 

Udo Boyen habet ein Dyemet 6 Sch. 

In die Westermersch 1 Dyemet geft 6 Sch. 

Noch ein Werve gift m 8 Sch. 

Item dar is eyn Huyss mitt eyn Garde tho, dar S. 
Cornelius inne wanede. ai ) 

Item he entfanget van den Michelingen jharlix 60 E. Gld. 

Noch heft ne uth Regnerus Lehne jarlicks 12 E. Gld. 

Tan den alienirthen Guderen. 

Addo Poppen onthaldet one eyn Fertel Zalts, dar 
van he yn diren Jaren nichtes gegeven. (sic.) 



an den einzelnen Altaren der S. Ludgeri-Kirche hafteten, und deren 
Nutzniessung den Vikaren zustand. Demnach waren in der Norder 
Kirche 5 fundirte Altare gewesen, S. Elisabeth, S. Katharina, S. Jakob, 
dem heiligen Kreuz und der Jungfrau Maria geweiht. — Das Katha- 
rinen-Lehn verlieh Graf Enno d. d. Aurich 13. Juli 1533 gleichfalls 
seinem Leibarzt,- dem Dr. Thomas Ennius, da es durch den am 11. . 
Juli desselben Jahres erfolgten Tod des bisherigen Inhabers Henri c us 
Woermann erledigt worden war. N. K. Danach erganzt sich das 
bei Reershemius p. 220 iiber Woermann Gesagte. — Diese Pfriinde trat 
dann Dr. Thomas zusammen mit seinem Pfarrlehen an Regnerus Hisko 
ab. Vgl. Anm. 5. — Die Pfriinde wird genannt praebenda divae Ca- 
tharinae und „eine klene Prebende iu Sunte Katreins Ere gestifft." 

20 ) M. Johann Furstius, von 1551 — 53 Pastor zu Norden. Er 
besass das Elisabeth-Lehn. Sein Name wird auch Vorstius geschrieben. 

21 ) Jedenfalls ist Cornelius Leidensis gemeint, der 1550 starb. 
Reershemius p. 256. * 



Digits 



^Ie'-i* 



-\2ii 



- 61 - 

Man will yermoden, dat noch itliche Lande mehr hyr 
van untogen solden syn, die S. Hyndriks nagelaten Wit- 
fraw scholde noch besytten. M ) 

Van Sant Jakobs Lehn, 

dat H. Eylarth heft. M ) 

Dith Lehn heft an Landen alse H. Eylarth 

stiickwyss oek upg [etekent] ; insunderheyt 

25 Dmt. Emmersatz. 

Noch eyn Werve negest syne Huysse unnd twe Kame- 

ren in Her Harm ens Lohne gift mitt den Werven tho 

Hyura • 4 E. Gld. 4 Sch. 

Item H. Eylardus heft dat olde Memorie Boeck ne- 

ben sin Register overgegeven. 

Dith synt H. Eylardus Memorien. 
Olde Hisse. Meyster Tydlingh. 

Styleff Haytede. Johan Nyekroger. 
Egbartt Fryeden. D. Meynoldy Ynen. 

Tan denn alienirthen Gndern. 

Hanss Falcke heft mit Consent der Hern tho Tyden 



22 ) Vielleicht ist die Wittwe des Henricus Resius gemeint, der 
1527 das Dominikaner-Kloster zu Norden verliess, zum evangelischen 
Bekenntniss ubertrat und Prediger zu Norden wurde. Das Jahr seines 
Todes ist ungewiss. 

23 ) Dieser Eylart war ein, katholischer Priester, wie daraus zu 
ersehen, dass ein Theil seiner Einkiinfte in „Memorien u , also Seelen- 
messen bestand. Nach Reershemius p. 220 hiess er Eilardus Schou- 
nicht, war seit 1531 Prabendat und 1556 noch am Leben. Eine Er- 
ganzung hiezu ergiebt sich aus einem Briefe des Wilhelm Gnapheus an 
den Kanzler Friedrich ter Westen d. d. Norden 9. Januar 1561 (Consistor.- 
Arch. Nr. 13, jetzt auf dem Konigl. Staats-Archiv), worin er denselben 
bittet, bei der Grafin Anna auswirken zu wollen, dass das feudum eccle- 
siasticum, welches der verstorbene Eilardus Nordanus sacrificulus hinter- 
lassen (also das Jakobs-Lehn), seinem Sohne Albert zur Vollendung 
von dessen Studien verliehen werde. Wahrscheinlich hat er es erhalten, 
denn die Familie des Gnapheus erscheint spater ziemlich begUtert. 



-*£lfifcv'--- Digitized by G00gle 



— 62 - 

S. H. GrafFen Edzarden verkoft hebben (sic) von dessen\ 
Lehne 6 Dmt. 

Tho dessen Lehne is ein Huss gewesen, dat in Kryges- 
tiden verbrante und nut Consent der Heren van denselbigen 
Eylardo up syn ungelt wedderumme upgeboweth. 

Tan den Lehne S. Cruris, so nn Fabian hefft 

Dith Lehnheft in die Lynteler [Marsch] 18 Diempte. 
Noch 8 Diempte. Geft ja[lix] Hiura 14 Bidder Gulden. 

Noch twe Dempten in die Westermarsch 1 Rd. Gld. 

Noch twe Grassen unnd ein Diempt 13 Sch. 

Noch achter den Kloster itliche Acker Landes gift 

2 Rd. Gld. 

Noch ein Torffmoer 1 Rd. Gld. 

In de Ostermersch 2 Stueke Landes geben 2 Gld. 
Summa gift 23 Gld. tho 10 Sch. 

Tho dessen Thele behoren oek itlicke Memorien tho M ( 
unnd oek eyn Huyss. Antmerket stande, gift tho Hiura 

6 Gld. 

Hier moet affgaen Zylschot und Schattinge. 

Nota. Myn Her G. Johan heft 6 Dempte Landes 
hiervan laten verkopen JohannLussing, welke Pennigen 
syn tho deme Gebow des Huses Berhum gekamen, alss 
H. Fabian anzeget. 

Tan Un&er Frawen Lehn, dat nn Her Jakob 

in'Groninger Landt heft. 25 ) 
Dith Lehne heft 12 Tee [Uanden] 7 jeder Teel eyn Gul- 
den gerekent 12 [Gld.] 



24 ) Also wird Fabian wohl auch ein katholischer Priester ge- 
wesen sein. Bei Reershemius nicht erw^hnt. 

* B ) Jakob von Groningen scheint kein evangelischer Geistlicher 
zu Norden gewesen zu sein, denn aus Emden d. d. 20. Juli 1557 schreibt 
Grafin Anna an den Kirchenrath zu Norden, dass Jakob von Groningen 



Digits 



)gl&;$£ji 



— 63 — 

Noch 6 Teelen in Osterhave H ), de Tel 7 Schap., is 

. 4 GR 2 Sch. 

Noch viff Werven geven jarlix 3 ! /i Daler. 

Noch 2 Stucken Landes geben tho Hhira jarlicks 12 Sch. 
Summa ys unsechlich ane de Memorien 21 E. Gld. 

Notandum, dat olde Her Tytken") heft tot disse 
Beneficie fundirth 21 l / % Grasse Landes, gelegen tho We- 
sterhusen. Overst Eylerth Dittloffs heft ditselbige 
Landt van der Lehne genomen und myt den Heren ver- 
butet umb dat Grasshuss tho Maryenhove. 

Primus possessor huius beneficii. 

Olde Her Johan Mussniast. 

2. Junge Her Tytken. 

3. Roleff der h. Meister. (sic.) 

4. Her Jakob Vorst, qui et fundationem habet. 

Observandum. 

. e Her Feckgen heft tho Tyden S [aligen 

Hern] Graffe Edzarten fundirth eyn ligatu [m ad] pias causas, 
als nemlich eyn Stucke Lande[s] jarlix gebende nu tor Tydt 



das Diemath Land, welches er 3 Jahre gebraucht habe, herausgeben 
solle, da es die Predikanten selbst benutzen wollten. N. K. Wie weiter 
aus dem Text hervorgeht, geh<5rten auch Memorien zu dem Lehn, also 
war Jakob wohl auch ein katholischer Geistlicher. — Auch scheint das 
Marien-Lehn nicht bei Norden gelegen zu haben, denn zu den Einkunften 
der Lateinischen Schule zu Norden steuerte auch ein beneficium Mariae 
zu Midlum in Emderland. Register der Schuleinkttnfte in N. K. 

») Osterhave ist der Name fttr eine von den 8 Gruppen der 
bekannten Teel-Landereien. 

27 ) Hinrich Tydtken, katholischer Priester, von 1520—33 zu 
Norden nachweisbar. Reershemius p. 217. In dessen durch seinen Tod 
erledigtes Lehen riickt durch Verfiigung Graf Johanns d. d. Emden, 
Montag nach Laetare 1541 M. Andreas, Pastor zu Manschlacht, ein, 
den sich die Gemeinde zu Norden als Kirchendiener und Prediger aus- 
gebeten hatte. N. K. (Er fehlt bei Reershemius unter den Norder Geist- 
lichen.) Danach erganzt sich das Uber Hinrich Tydtken bei Reershemius 
Gesagte. 



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— 64 — 

18 Embd. GL, darvan he executores testamenti constitueret 
heft die Kerken Vetters, die alle Jaren die vier Pastoren M ) 
solen Rekninge don, und heft denselbigen in den Testa- 
mento expresselick bcfohlen, dat se desse Penningen up 
dat eyne Jhar thorn Hulpe eynes armen Schulers solen 
uthgeven; up dat anderde Jhar solen se ein Magdlyn tho 
der Ehe beraden. Overst Reynke Cromma heft desse 
.Breven und desse Renthen van M. Henningh gefordert vor- 
gangen drey Jharen unnd an sich genommen, heft ock 
darvan keyn Rekeninghe gedahn, alss M. Henningk, Fusi- 
pedius und die olde Koster klarlicken seggen unnd ge- 
stendich willen syn. 

(Am Rande von anderer Hand:) 

„Dit is falsch berichtet. Krumme hefft ith woll an- 
gelecht und uns tho Henden gebracht, als byJLippard 
vermeldet." 
Hyer ys na tho vernhemen, ehr wen die Olden sterven, 
de de Breven gelessen hebben. *•) 



* 8 ) Also vier Pastoren, spater waren es nur drei. Mit der Zahl 
von vier Pastoren wiirde gleichfalls stimmen, dass Regnerus kein Geist- 
licher war. Deinnach warcn 1553 im Besitz von Norder Kirchengiitern 
gewesen: 4 evangelische Geistliche, Lemsius, Fusipedius, Hen- 
ningh und Furstius, 3 katholische, Eylart, Fabian und Jakob, 
und 1 Laie, Regnerus Hisko. 

M ) Danach scheint sich die lutherische Partei, deren Hauptfiihrer 
der Drost Reinko Krumminga war, der Verwaltung des Legats be- 
m&chtigt zu haben. Zugleich geht aus des Gnapheus Bemerkungen 
iiber die Zeugen hervor, dass M. Henningh sich der reformirten Rich- 
tung, wie Fusipedius, zuneigte. Die Besorgniss der reformirten Partei, 
welche sich in den Wort en des Gnapheus ausspricht, war nicht unge- 
grtindet, man befiirchtete oflfenbar eine Verwendung von Herrn Feck- 
gens (oder Fey kens. N. K.) Stiftung in einseitig lutherischem Interesse. 
In N. K. findet sich im Original eine Uebersicht der Einnahmen und Aus- 
gaben dieser Stiftung von 1556 bis 1586. Hieraus geht hervor, dass 
der Bericht des Gnapheus keine Aenderung des um 1553 bestehenden 
Zustaudc3 herbeigefdhrt hat. Von 1556 an figuriren in der Uebersicht 



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— 66 — 
Tan den Kosteryen. 

De Kosterye heft 18 Diempte Landes, eyn Eramer- 
zatz, eyn Tuyn up Zuyt Dyckerlande. 

Noch entfanget he die Resten van den Michelingen. 

Van den Kosteryen synth .... Landes, in de Oster- 
mersch dar ys under Symon Hayen. 

In Summa die vier Pastoryen hebben in als Pastoren 
Telanden 528 Dmt. 

1. Wilhelmus Teyl heft 96'/, Dmt. 

2. Fussipedius Teyl h. 113 Dmt. 

3. M. Henninghji. — . 

4. Regnerus Hisco h. — . 

Beneficia non Curata. 
1. S. Elyzabetz Lehn h. Furstius. 
- 2. S. Catharinen Lehn h. Regnerus. 
3. S. Jakobs Lehn h. H. Eylerdt. 



als Testamentsverwalter nicht die „Kerken Vetters a , wie es Herr Feckgen 
bestimmt hatte, sondern anfangs Reinko Krumminga selbst, dann die 
lutherischen Pastoren. Auch ist im Uebrigen nicht nach den Bestim- 
mungen des Testaments verfahren, da nicht die j£hrlichen Einkunfte 
jedesmal zur Ausgabe kamen, sondern bisweilen zu den vorjahrigen 
Einnahmen geschlagen wurden, nnd da nicht abwechselnd Studenten und 
Braute, sondern fast nur die ersteren (beilaufig nur in Rostock und 
Wittenberg studirend) Untersttttzungen erhalten haben. Schlicsslich 
waren im letzten Jahre noch 24 Gld. mehr ausgegeben, als eingenommen, 
ein Zeichen, class man fiir die Stiftung nicht gesondert Casse fuhrte. — 
Auffallend ist ferner, dass 1553 die Stiftungsla*ndereien 18 Gld. bringen, 
von 1556 — 62 aber nur 10 Gld. 4y 2 Schap Heuer von 12 l / 2 Diemath 
Land und ausserdem 3 Gld. Renten einkamen. Von 1563 an steigen 
die Einkunfte ganz allm&hlich. Sollte sich in den drei Jahren von 
1553 bis 1556 der Ertrag der unverkiirzten Stiftung von 18 bis 
auf ca. 13 Gulden verringert haben, mit einer fiir die damalige Zeit 
enormen Differenz? Oder hat Gnapheus die Einkttnfte zu hoch dar- 
gestellt? 

5 



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-66- 

4. S. Crucis Lehn h. H. Fabian. 

5. Unser Frawen Lehn h. H. Jacob. so ) 

Legatum ad pias causas Olde H. Feckgen. 
Dye Kosterye. 



30 ) Uebersicht: 




Lemsius hatte 176y 2 Dmt. 


Fusipedius: 169Vt Dmt. 


An Heuer 8 Gld. 


An Heuer 6 Gld. 


Von den Michelingen 12 Gld. 


Von d. Michelingen 4 Gld. 


1 Haus und 1 Halbmoor. 


1 Hans u. 1 Stuck Moor. 


Noch einige Stiicke Ackers. 


Noch 2 Warfen und ein StUck 




Koe . . . . ? 
* 



Henningh: ? 



Regnerus Hisco 
aus der Pastorei: 
An Renten 55 Gld. 
1 Haus. 



aus dem Katharinen Lehn: 
43 Gld. 



Furstius: 5 Dmt. Wiesen. 


Eylardt: 


An Heuer 28 Gld. 2 Sch. 


25 Dmt. 


Von d. Michelingen 60 Gld. 


An Heuer 4 Gld. 4 Sch. 


1 Haus mit Garten. 


6 Memorien. 


Aus d. Katharinen Lehn 12 Gld. 




Fabian: 


Jakob: 


An Heuer 29 Gld. 


An Heuer 21 Gld. 


Einige Memorien. 


Einige Memorien. 



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-~ -...1*5 



Eine Ostfriesische Gildenrolle des 16. Jahrhunderts. 

Mitgetheilt von Dr. Ernst Friedlaender. 

JJie beriihmte Polizei - Ordnung der Grafin Anna fur 
Ostfriesland enthalt einen Paragraphen, welcher den Gilden 
vorschreibt, ihi»e Rollen zu verandern, da Missbrauche aller 
Art eingerissen waren, welche der Abhiilfe bedurften. Die 
betreffende Stelle des im K. Staats-Archiv zu Aurich be- 
findlichen, friiher niemals benutzten Originalconcepts der 
„Ordenunge unnd Politia in Oestfriesslandt von 1544" ') 
lautet folgendermassen : 

„De Scheppernn unnd alle ampte unnd Gildenn mothen 
orhe Rullen ock vorandernn und corrigerenn, dat ock sun- 
derlick de Gotzsarmen, ock de herrn a ) darinne nicht vor- 
getenn, dat ock de unnutte unkostenn als midth overflo- 
dicheit, etten und Drinckenn ock alle genet dat se dar 
dorch plegenn tho hebbenn nhalatenn unnd dat also tho 
behoff der armenn in eine bussenn dorch de Oldermans 
gelecht und tho noth gedelet werdt 8 ) ; des scholen Idtliche 
Gildenn 2 Oldermans sein, de Jarlich denn Herrn unnd 
den Armenn reckenschup darvan doenn, wat upgebort unnd 
wat se van den Gildenn hebbenn 4 ) und so enich twist 5 ) 



») Mit vielen eigenh&ndigen Zusatzen des Kantzlers ter Westen. 
2 ) namlich die Grafen. 

8 ) Beninga schreibt: „undt uthgedelet wort." 
4 ) Beninga: ^upgebort und waer idt van uthgegeven, des scholen 
de Oldermans upsicht aver dat gantze Ampt der Gildenn hebben." 
6 ) Im Msc. stent verschrieben „troist". 



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- 68 - 

oder gebreck in der Rullenn oder sust anders werhfe den 
Borgemeisterenn in Statt der Overicheidt an tho seggenn 

darmede einicheidt mach erholdenn werdenn 

Van etliche amptz gesellen. 

Unse G. F. •) will ock einen Idernn Ernstligh vormanet 
hebbenn van watt ampte se ock mogenn genomet werdenn, 
als Schmede, Schomakers, Schniders, Mullers, Backers etc. 
dat se orhe ampte nicht unrecht gebruekenn u . — 

Im Wortlaut etwas abweichend und in der Aufzahlung 
der Ziinfte vollstandiger , ist sodann die Polizei-Ordnung 
selbst, welche Eggerik Beninga in seiner Chronik') zum 
Jahre 1545 mittheilt. Beninga nennt folgende Gilden: 
„Sehmede, Schomakers, Wantscherers 8 ), Schniders, Linnen- 
wevers, Pannebackers 9 ), Dichelers, Mullers, Backers; auch 
er fiigt, wie das Originalconcept, ein „u. s. w." hinzu. Wir 
werden daher die Reihe der in der Mitte des 16. Jahrhun- 
derts in Ostfriesland bluhenden Ziinfte mit den Genannten 
nicht als abgeschlossen zu denken haben, und in der Th$t 
enthalten die folgenden Seiten die Rolle einer Gilde, welche 
unter den Mitgetheilten nicht aufgezahlt wird, die aber 
dennoch auch schon zu dieser Zeit bestanden haben muss. 
Es ist das die Rolle der „Chyrurgien oder Baerdtscherer", 
die ich in einer Abschrift im K. Staats-Archiv aufgefunden 
habe. Ein Datum tragt die Rolle nicht, doch scheint sie 
sehr bald i\ach der Verordnung der Grafin Anna verfasst 
zu sein, da ihre Bestimmungen hier noch in vollem Um- 



6 ) Gnadige Frau. 

7 ) Orig. im K. Staats-Archiv zu Aurich. Dasselbe weicht von den 
gedruckten Ausgaben der Chronik, die nur nach Abschriften besorgt 
sind (Harkenroht 1723 und Matthaeus in den vet. aevi anal. IV. 1738), 
fast Wort fur Wort in Orthographie, Ausdrucksweise u. s. w. ab, und 
bedarf, als ehrwiirdigstes Denkmal ostfriesischer Geschichte, dringend 
einer neuen Herausgabe. 

8 ) Tuchhandler. 

9 ) Topfer. 



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- 69 — 

fange einen Platz gefunden haben, was in spiiteren Gilde- 
rollen keineswegs mehr so streng beobachtet wurde. Auch 
spricht der Charakter der Sehrift entschieden fur die Mitte 
des 16. Jahrhunderts, gewiss ein beredtes Zeugniss fur 
das unmittelbar der Verordnung folgende Entstehen der 
Rolle. 

AufFallend ist nun, dass die Zunft der Chirurgen oder 
Barbiere nicht mit in der Reihe der iibrigen genannt wird, 
obgleich sie sich eines hohen Alters erfreute, denn mehr- 
mals bezieht sich die Rolle auf „olde Sede und gewoenthe"; 
ein triftiger Grund fur dieses Schweigen ist kaum zu finden, 
denn man wird z. B. den Grund nicht fur Ostfriesland 
gelten lassen diirfen, dass diese Zunft etwa eine anriichige 
oder unehrliche gewesen sei. Dagegen spricht unter An- 
derem der Ausdruck der Rolle: „Nemandt sail in Erabden 
verbinden edder barbieren, oft dath ampt der Chyrurgien 
gebruken, de de Burgerschap undt Aniptes gerechticheitt 
nicht hebbe." Genossen die Chirurgen und Barbiere silso 
alle Rechte eines Burgers, so kann von einer Anriichigkeit 
ihres Gewerbes keine Rede sein, wie sie anderswo wohl 
stattfand. Sie wurden namlich vielfach den Badern gleich- 
gestellt, da sie, wie jene, ura besseren Erwerbes willen, die 
Wundarznei - Kunst bei Seite lassend, sich lediglich mit 
Haarschneiden u. s. w. abgaben. Die Bader aber waren 
ubel beriichtigt wegen ihres unehrbaren, leichtfertigen We- 
sens und der unpassenden Vernachl&ssigung der Formen 
ausseren Anstands. ,0 ) 

Dazu kommt, dass auch sonst allgemein anriichige Gil- 
den, wie die Leineweber und Muller hier in der ostfviesischen 
Polizei-Ordnung neben den 'iibrigen Gilden unbeanstandet 
aufgefuhrt werden : und dieser Umstand fuhrt zu der inte- 
ressanten Wahrnehmung, dass hier im Lande iiberhaupt 
von einer Anriichigkeit oder Unehrlichkeit der Gewerbe, 



»•) Beneke, Von unehrlichen Leuten. 1863. S. 62 ff. 



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— 70 — 

mit Ausnahme des Scharfrichteramts, nicht die Rede ge- 
wesen zu sein scheint. — 

Die Rolle selbst bietet des Interessanten Mancberlei, 
z. B. die Aufz&hlung der sieben Meisterstiicke, welche hier 
besonders streng gewesen zu sein scheinen, da an anderen 
Orten von dem Schleifen von Messer und Scheere nicht 
die Rede ist, sondern nur die Anfertigung von Salben aller 
Art gefordert wird. Auch die Bestimmung ist hemerkens- 
wertb, dass Keiner in des Andern Praxis greifen soil und 
der Patient nicht urn die Bezahlung gemahnt werden darf, 
nicht minder die Befugniss der Gilde, Quacksalber, unzunf- 
tige Meister und alte Weiber, welche wohl Wundertranklein 
mancherlei Art verfertigen mochten, kraft eigener Autoritat 
zu bestrafen. 

Doch ich will nicht langer aus vielem Interessanten 
einzelne Puncte hervorheben, sondern nunmehr die Rolle 
selbst sprechen lassen. Dieselbe lautet: 

Articulen belangende der Chyrurgien oder 
Baerdtscherer ampte binnen Embden. 

In den Ersten, wer in Embden kumptt und in Embder 
Voegdie und dath Ambt der Chyrurgien und Barberinghe 
will gebruken, der schall dat eerlichen eischen 1! ) van dem 
gemhenen Ampte mith ein gelach ,a ) Biers, und portie, und 
sail sick bewysen mith syner husfrouwen echt und recht 
geboren, und nicht egen, und bewysen, dat he sinen Lehr 
Meister eerlich heft uthgedeenth, und bringen beschyn, 
dath he eerliche Meisteren heft gedienth und he oek syner 
eigen Eere gudt sy. 

Darnha sail he ein Jhar binnen Embden by Eenen ofte 
twhe Meisters denen, und dan syne Soven Meisters stucke 
wethen tho maken , die he oek dhoen und maken sail in 



") fordern. 

12 ) Trinkgesellschaft. 



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- 71 - 

tegenwordicheit der Oldermhans und die sie dar dan sust 
tho begheren uth dem Ampte. Und de dess nicht kan 
dhoen, sail Ein Jhar thorugge sthaen und dan dath arapt 
upt Nye wedder eischen, und syne Soven Meisters stucke 
wedder maken. 

Dat Erste: unguentum gratiae Dei, eines Diaquilons 
Verve. Dat Ander: ein Kunst tho maken van twhe Verven 
up ein maell in ein Becken: Dat overste sail syn ein guth 
groen Incarnatiff, dath underste ein gudt brun corrosiff. 
Dat Derde ein roeth defensiff, plasters wyse. Dat Vierde 
ein guedt Dialthea. Dat Vyffte unguentura populeum. Dat 
Seste ein gudt unguentum album muletritum (sic). Dat 
Sovende ein Schermest und laeth Iser bereden uth dem 
Brande. Dat Schermest mith . . . . dt ,s ) und Ryfell und 
Punthe; und ein schere holl tho schlipen, also sich dath 

behoerdt, und dith alle unsse I3 ), und sal geven 

unssen G. H. u ) und denn Burgermeisteren, und dem Ampte 
— 4 Daler; und thoe Eeren Gtodes in der Bussen tho 
unnssen Armen — 4 gulden. — Item, so sail dath ampt der 
Barberinghe edder Chyrurgien hebben und kiessen twhe 
Oldermhans, die dar nutthe tho sintt, die alle dingk tho 
dem Ampte gehorigh, solen vorrichten mith hulp und by- 
standt des gemhenen Amptes. Und oek entfangen upboeren 
und wedder uthgeven so wess dem Ampte in der Bussen 
vorfallet, und sail alle Jaer Ein Oldermhan afghaen und 
ein Nyr wedder angesettet werden. Welcker Oldermhan 
sail den Nyen ein gude Rekenschap dhoen van uthgeven 
und upboerent in tegenwordicheit dess gemhenen Amptes. 

Item so sail de jungste Meister in dem ampte, dath 
ampt verboden ,5 ) so vaken l6 ) alss dath van doende, edder 
van nhoden is, und we dan verbodet ist, sail aldar thor 



1S ) Hier ist das Papier (lurch M&use verstiimmelt. 

14 ) GnMigen Herren. 

15 ) vorladen, citiren. 
»•) oft. 



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— 72 - 

stede komen und blyven, biss thor tydt orhe Sprake ge- 
dhaen ist, by ein halve gulden tho broke, de nicht en 
queme, noch dar thor stede en bleve, idt en sy dan by 
Wille und verlof l7 ) der Oldermhans. 

Item, alss ein Meister verstervett uth dem ampte, so 
heft de Frouwe dath hele 18 ) ampt vorbeholden, so lange 
se sich nicht verandertt; sunder alss se sick wedder ver- 
andert, sail de Mhan syne soven Meisterstucke maken ; kan 
he dess nicht dhoen, so sail he ein Jhar thorugge sthaen, 
unnd wedder dhoen als vorgeschreven. Also de Dochter 
oek. Dan de Sonhe sail hebben dath hele ampt, jedoch 
dath de Sonhe sail geven dem ampte — 4Daler: Alss die 
twhe den Armen, und die ander twhe, wahr dath amptt 
dess tho doende hefft. 

Item off de Meister annheme Einen lehrjunghe, sail de 
Lehrjunghe geven in der Bussen tot unsser Armen Besten, 
dar de Meister Borge vor wesen 19 ) sail — ein halve Daler. 

Item , oek solen alle Meisters up alle Sondage geven 
tho den Armen — ein ortt Gulden. 

Item datt nemandt sail gaen in des Anderen verbandt 
idt sy bywillen dess ersten Meisters, by poena van twhe 
Embder gulden, de Eine vor de Bruderschap, und de Andere 
in unsser Awnen-Bussen, thot Unsser Armen besten, und 
den Burgemeisteren. Sunder so de patient mith synem 
Meister nicht thoen hagede, mach he kiessen Einen Anderen 
ofte mher tho ehm: Dess dath ao ) de Meisters den Krancken 
solen vorwharen und vorbinden, up dath he nicht vorsumett 
worde ; vorbeholtlich dem ersten Meister dat halve lohen. 
So mach oek de erste Meister nhemen vor dem ersten 



17 ) Erlaubniss, Verlaub. 

18 ) ganze; d. i. sie erfreut sich der ungeschmSllerten Gildegenossen- 
schaft. 

19 ) sein. 

2°) Desshalb class = weil. 



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- 73 - 

bandt ein orth Dalers, beholden syn gerechticheit nha vor- 
meldunghe der Rolle. 

Where idt oek sake, dath enigh Meister synen patienten 
mith synen Meisterlohn und bethalunghe wolde beschwaren, 
so solde idt sthaen tho erkentnisse der Burgermeisteren 
mith den Oldermhans. Und de Meister sail geven dem 
Ampte — 3 schap, und de Borgher 6 schap, und de huss- 
mhan ein halve Daler. 

Item where idt oek sake, dath ein Meister van dem 
Ampte hir uth dem Ampte foere, und Jaer und dagh uth- 
bleve, und fuer und Roeck niidlertydtz tho holden nicht 
en verwaerde, **) und darnha wedder queme , de sail oek 
dath ampt verlohren hebben, und sail idt upt nye wedder 
winnen, alss he thovoren gedhaen heft. 

Item Nemandt sail in Embden verbinden edder bar- 
bieren, oft dath ampt der Chyrurgien gebruken, de de Bur- 
gerschap undt Amptes gerechticheitt nicht hebbe, by poena 
in Handen der Heren und den Burgemeisteren und de 
Broderschup twhe Daler, so vaken alss dat geschutt, thor 
tytt tho sie ohre soven Meister Stucken hebben gemaketh 
und gethaen alss de andere Amptesluiden. 

Item, oek sullen gene kremers binnen Embden Salve 
verkopen anders, dan by punde, halve punden und verendel 
punden, uthgesecht Salve, de die Barbiers nicht en hebben, 
by poena den heren, und denn Burgermeisteren unnd dem 
Ampte twhe gulden thot unssen Armen, und dath wy die 
Broeke mogen forderen und leveren in der hande der 
Overicheitt. 

Und offte Jemandes von dessen bovengeschrevenen 
Kremers, quacksalvers oder inschlickende ") Meisters, oek 
olde Wyven dessen und unser Rullen entegen dhoen wur- 



81 ) und nicht darauf achtete, mittlerweile Feuer und Ranch zu 
halten; wenn er also sein Domicil ganz anfgiebt. 
M ) einschleichen, also nnzunftige Meister. 



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- 74- 

den, dath dat Ampt wegen unsser Gnedigen heren de Au- 
thoriteit hebben muchte, desulven darurab tho straffen und 
wolgedachte Unsse gnedige heren oere gerechticheitt dar- 
van in de hande tho bringen, unss hier mede underwerpende, 
wo wy in in dem tho voele dhoen wurden, und se baven 
Rechte beschwerden, dath Si e over uns sollen tho klagen 
hebben, und onsen Recht vor unrecht tho dhoende. 

Item offt Jemandt verstervett uth dem ampte, sullen 
uth itlicke huess dess Amptes Ein vor der Doren wesen 
dar de Dode in is, eer de Dode uthgedragen werdth, und 
den Doden tho Kercken und tho grave tho folgende by 
poena Ein halve gulden. Und die jungste Meisters in dem 
Ampte den Doden tho dragen, by poena ein Embder 
gulden. 

Item dessen sollen desse vorgeschrevenen Bruders und 
Susters des Amptes eine freundtliche Vergaderunghe M ) oder 
Byeenkumpft hebben, dess Jahrss Einmhall, umb oer Bru- 
derschap tho drincken tho dess Nyesten Mesters huse, nha 
older Sede und gewoenthe, da Sie sust ein Tonne Bierss 
tho mogen gebruken, die Sie gelick scholen bethalen, dar 
de Nyeste Mester der de Bruderschap dan dientt, de Kost 
dartho sail geven mith der fueringhe und Kerssen. Dess 1 *) 
sail dath dienen vorth umme ghaen, den dath behoerdt nha 
older Sede und gewoenthe up Cosmi up Damiani dach ls ) 
tho drincken alssman de Bruderschup drinckett. Und offt 
jemandt kranck where, edder ein Kraemfrouwe syn muchte, 
offte sunst van huss where , den sal man ein halve kanne 
Bierr tho huss senden, und darmede gelicke full gelach 



23 ) Versammlung. 

24 ) Indessen. 

26 ) am 27. September. Der Tag der hh. Cosmas und Damianus 
war fur die Zuuft ein doppelter Festtag, denn nicht nur waren diese 
Heiligen Schutzpatrone von Emden, sondern sie „die heiligen Aerzte 
und Martyrer a wurden auch als specielle Patrone der Aerzte, mithin 
auch der Chyrurgien- und Barbierergilde, weit und breit verehrt. 



i 



— 75 — 

bethalen. In welcker geselschup salle in Jeder frohm unnd 
hovesch u ) wesen mitt hande und munde. 27 ) 

Ock wie dar nierckliche ungenuechte 38 ) makede mith 
fechten, Scheldewohrden mith Bier storten 29 ), ofFte Anders, 
dess men Jemandt by synem schulde konde thorekenen, 
de sail verbroken hebben in der Armen-Bussen drie gulden 
und dem Ampte twhe Embder gulden, vorbeholtlich unsser 
Gnedigen Heren und den Burgemeisteren orhe Broeke. 
Dess solenn die Olderlude unssers Amptes nha older Sede 
unnd gewoenthe den heren anbrengen, wath der Heren 
Broecke belangeth. 



2 «) hofisch = hoflich. 

27 ) Die Hamburger Meister der Barbiererzunft gaben in den Artikeln 
von 1601 ebenfalls ihren Gesellen eine Reihe trefflicher Lehren, z. B. „den 
wiirdigen Namen Gottes, noch den bftsen Mann nicht zu nennen, so 
lange die Tonne Bieres lauft", „auch keine WUrfel und Karten unter 
der Mahlzeit bei sich finden zu lassen u , ferner „die Meuterer, Zanker 
und Haderer zur Thiir hinauszustossen und also in der Giite wegzu- 
weisen", endlich „dass ein Jeder sich im Drunke also vorsehen moge, 
dass er sich nicht breche, woran audern Gesellen Essen und Drinken 
vergehen mochte." 

28 ) Unrath, Ungebiihr. 

29 ) Bier stiirzen, zutrinken. 



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Der Pfahldamm im Wrissemer Hammrich. 

Von General-Superintendent Bart els in Aurich. 

(Aus einem Schreiben des Verfassers an Herrn Kirchenrath N. Victor 

zu Emden.) 



Mir hat gleich anfangs, als man von der Entdeckung 
horte, sich der Gedanke aufgedrangt, dass man es mit einem 
Seiten8tiick zu der benachbarten Spetze zu thun haben 
moge. Die Spetze ist eigentlich nicht das Moor, auf welchem 
Spetzerfehn und Grossefehn angelegt sind, sondern ein 
Knuppeldamm, der von Auricholdendorf iiber jenes Moor 
nach Strakholt und Backbant fuhrte — die Endiriad paludem, 
Emisgoe et Ostergoe disterminantem , von der wir lesen 
in der Grenzregulirungsurkunde Karl's des Grossen fur das 
Bisthum Bremen vom 14. Juli 788 — (vergl. iiber dieselbe 
Bottger, die Einfiihrung des Christenthums in Sachsen 
u. s. w., Hannov. 1859, und von Hodenberg, die Diocese 
Bremen und deren Gaue in Sachsen und Friesland, Celle 
1858), Das Wort Spetze ist weder auf „Speck" mit Be- 
ziehung auf die weiche BeschafFenheit des Bodens, noch 
auf „back u Riicken etwa im Sinn einer durch das Moor 
hindurch gefuhrten Erhohung zuriickzufiihren (v. Hoden- 
berg I. 165), sondern ganz einfach auf spesze, speetse = 
Speiche, Spiess, spetseweg abgekiirzt de speetse und spetse, 
also ein durch's Moor gebahnter Knuppeldamm. Auf Em- 
mius Karte finden Sie diesen Knuppeldamm deutlich ge- 
zeichnet mit dem Namen Spetze daneben, wie er auch in 
der die Karte erlauternden descriptio chorographica p 59 



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- 77 — 

via Spetza sagt und p. 42 bemerkt, Backbant und Strak- 
holt seien von Auricherland durch eine sumpfige Niederung 
getrennt, uber welche nur ein einziger von Menschenhand 
angelegter Fussteig hinuberfuhre (nee usquam nisi uno 
tramite humana opera communito pervia). Aehnliehe An- 
lagen vom Rande des Auricherlandes aus lassen sich im 
Alterthum wohl mehr erwarten, denn es ist offenbar, dass 
Auricherland nichts anderes ist als eine Geestinsel im Moor : 
das zwischen Remels und Friedeburg die ostfriesische Grenze 
-uberschreitende und in mehrstiindiger Breite bis nach der 
Leybucht sich hinstreckende Hochmoor umspannt es von 
alien Seiten und macht es in eminentem Sinn zu dem, was 
Adam von Bremen von Friesland uberhaupt sagt, zu einem 
durch pfadlose Moraste unzuganglichen Lande (ed. Pertz 
p. 13 Schol. 3: fresia regio est maritima, inviis inaccessa 
paludibus). So gut wie nach Moormerland wird auch nach 
Harrlingerland und Ostringerland die Anlage solcher Damme 
durch das Moor sich empfohlen haben, zumal die Moraste 
vordem noch weit mehr den Charakter ausgedehnter, an 
vielen Stellen sich zu grosseren Landseen sammelnder 
Sumpflachen hatten; hangt doch die seltsame Benennung 
des Auricherlandes a. a. O. „Triesmeri", sonst partes Au- 
ricae, mit solchen Meeren zusammen, falls nicht geradezu 
Tuiscmeri zu lesen und fiir den „zwischen den Meeren" 
gelegenen Gau zu erklaren ist. 

Aber angenommen, es handelte sich um einen solchen 
Holzdamm durch's Moor, wohin soil er gefuhrt, wozu mag 
er gedient hahen? Denn ohne Zweifel ging der Damm 
weiter, als er bis jetzt verfolgt ist, mag er immerhin mit 
Unterbrechungen gelegt sein von einem halbwegs festen 
Punkt im Moor zum andern. Das Nachste ware, an eine 
Communication mit Wiesede und Friedeburg zu denken; 
denn auch „Wiesede soil vorzeiten", wie S. E. Jhering in 
der Friedeburger Amtsbeschreibung (Mscpt. v. 1730) sich 
ausdriickt, „ein brav grosses Kirchspiel gewesen seyn, worin 



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- 78 - 

der Tradition nach 7 Stiege Pfliige i. e. 140 zuin Acker- 
bau gerechnet worden. Auch kann man noch sehen 1 dass 
ehemalen ein weitlaufftigcs treffliches Geholtze allda ge- 
standen"; dass es ein selbstandiges Kirehspiel noch 1435 
war, ist sicher (v. Hodenb. 162). Freilich der Damm geht 
von dem Punkt des Wrissemer Hammrichs, wo die Ort- 
schaften Felde und Ackelsbarg aneinander grenzen, in ost- 
siidostlicher Richtung, nicht gerade auf Wiesede und Friede- 
burg los, sondern auf die sog. Tunge und den Barkenbusch ; 
allein in gerader Linie auf Wiesede los liess er sich auch 
nicht legen, weil das Wiesedermeer (seit 1733 trocken ge- 
legt und bald danach colonisirt) dazwischen lag; ein Uni- 
weg, der eben (iber die Tunge und den Barkenbusch fiihren 
inusste, war gar nicht zu verineiden. Doch will mir diese 
Annahme je lunger desto weniger geniigen. Denn Auricher- 
land war gegen Friedeburg gar nicht so unbedingt durch's 
Moor abgesperrt wie gegen Moormerland, sondern hatte 
eine naturliche Verbindung an dem (ebendeshalb auch von 
Edzard d. Gr. in der Sachsenfehde mit dem Blockhaus 
befestigten) Sandstrich, der von Egels nordlich am Brock- 
zetelermeer voriiber bis zum Rispel sich hinzieht, und die 
Amtsbeschreibungen von Jhering und von Stiirenburg (letz- 
tere iiber das Amt Aurich v. J. 1735, Mscpt.) weisen sehr 
detaillirt an, dass von Alters her eben iiber diesen Sand- 
strich der Heerweg von Aurich nach Friedeburg gefuhrt 
hat. Unmoglich ware freilich nicht, dass in grauer Vorzeit 
die zu beiden Seiten dieser^Sandfoorde" gelegenen Seen 
unter sich und mit dem Wiesedermeer zusammengehangen 
batten, und die Sandfoorde nur eine Furth durch's Meer, 
dieses aber im Suden iiber die Tunge und bei dem Barken- 
busch zu umgehen gewesen ware; aber das ist wenig wahr- 
scheinlich. Es hatte sich auch noch um einen Richtweg 
handeln konnen, aber wenn die Sandfoorde schon existirte, 
war der Weg iiber sie nicht weiter als iiber den Barken- 
busch und jedenfalls gangbarer; von Oldendorp aus iiber 



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— 79 - 

den Barkenbusch hatte sich ein solcher Ricbtweg noch 
denken lassen, von Holtrop und vollends von diesem Punkt 
des Wrissemerhammrichs aus hatte die Anlage zu dem 
Zweck keinen Sinn. Auch macht der alle Wege und Neben- 
wege sorgfaltig aufzahlende Stiirenburg (a. a. O. cap. 7) 
keinen Neb<?nweg nach Friedeburg namhaft. 

Wie aber, wenn die Tunge und der Barkenbusch selber 
Ziel und Zweck der Dammanlage gewesen waren? Der 
Barkenbusch ist namlich fur mich unzweifelhaft (Bottger 
p. 11, v. Hodenberg p. 157) identisch mit dem in der Ur- 
kunde vom 14. Juli 788 als Grenzpunkt genannten bercbol 
oder nach richtigerer Lesart bercpol, damals also eine be- 
kannte und merkbare Localitat. Was bedeutet nun bercpol? 
Berc unzweifelhaft = Birke, und pol entweder mit v. Ho- 
denberg a. a. O. = poel, wie auch eine Handschriffc liest, 
zu setzen, also stehendes Wasser, Meer, oder mit pal, pel 
= Pfahl, Einfriedigung zusammenzustellen , wie auch der 
von Lappenberg und Pertz mit unsrem bercpol identificirte 
Ort gleiches Namens im Oldenburgischen bercpel geschrie- 
ben wird. Also entweder „Birkenpark", eingefriedigter 
Birkenhain — was soil das anders bedeuten als einen hei- 
ligen Hain? — oder „Birkensee", ein an einen Birkenhain 
stossender See. Sollten wir hier auch einer altgerma- 
nischen Cultusstatte auf der Spur sein, eben dem 
Barkenbusch und dem weiland daranstossenden See, und in 
dem Holzdamm einen zu diesem heiligen Hain durch den 
Morast gebahnten Weg zu finden haben? Das ware freilich 
weniger romantisch, als wenn gestern unser Knuppeldamni 
scherzweise combinirt wurde mit Engelmann's Brautfahrt 
durch's Moor von Friedeburg nach Aurich, 

„wo karger Reiz die flache Landschaft schmiickt, 
wenn uber ihren schwarzen Mooren nicht 
zwei schlanke Silberbirken sich erhoben!" 
Aber die Combination liegt, scheint rair, gar nicht so fern. 
Dass das in der Umgebung des Barkenbusches nach Wie- 



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- 80- 

sede zu gelegene Holz vordem ein ansehnliches gewesen, 
muss man aus Emmius Karte schliessen, und die ausdnick- 
liche Bezeugung des Amtmanns Jhering ist so vollgultig 
wie nur moglich: er war im Besitz einer gcnauen, auch 
historiseh vermittelten Kenntniss seines Anits, wie die Amts- 
beschreibung ausweist, und mit demselben verwachsen von 
Vater und Grossvater her, die vor ihm denselben Posten 
schon bekleidet hatten. Es kann auch nicht zweifelhaft 
sein, das Wiesedermeer muss vordem bis an die Tunge 
gereicht haben, auf welcher der Barkenbusch steht — vgl. 
Emmius Karte und die Beschreibung der Wiidniss zwischen 
Aurich und Friedeburg d. chor. 57 u. 59. Also inmitten 
der schweigenden Einode ein an einen Landsee sich anleh- 
nender Birkenhain — was kann deutlicher das Geprage einer 
altgermanischen Cultusstatte an sich tragen? wenn ich auch 
gerade nicht nachzuweisen wiisste, dass just die Birke mit 
irgend einer Gottheit in Verbindung stunde nach der alten 
Mythologie. Grisebach erzahlt in seiner Schrift uber die Bil- 
dung des Torfs in den Emsmooren, er habe in den pfadlosen 
Mooren der Burtange Punkte kennen gelernt, „wo wie auf 
dem offenen Meer der ebene Boden am Horizonte von einer 
reinen Kreislinie umschlossen ward, und kein Baum, kein 
Strauch, keine Hiitte, kein Gegenstand von eines Kindes 
Hohe auf der scheinbar unendlichen Einode sich abgranzte. 
Auch die entlegeneren Ansiedlungen, die, in Birkengeholz 
verborgen, lange Zeit noch wie blaue Inseln in der Feme 
erscheinen, sinken zuletzt unter diesen freien Horizont her- 
ab. 'Dieses Schauspiel, auf festem Boden ohne seines Glei- 
chen, iiberallhin auf abgerundete Haiderasen und iiber dem 
Schlamm gesellig schwebende Halbgraser das Auge ein- 
schrankend, zugleich seltsam das Gemiith mit der Gewalt 
des Schrankenlosen ergreifend, versetzt uns in ursprtingliche 
Naturzustande, wo eine organische, jedoch einformige Kraft 
alles iiberwaltigend gewirkt hat. a Es ist ganz unverkenn- 
bar, der Naturforscher giebt hier eben solche Eindriicke 



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- 81 - 

wieder, wie sie in altgermanischer Zeit die Cultusstatten 
anwiesen, und wie man sich ihrer auf dem Hochmoor an 
der Statte, wo der Barkenbusch stent, noch heute wohl 
kaum erwehren kann. Und der nordwarts an den Birken- 
hain stossende See war nur zu geeignet, diese Eindrticke 
zu verstarken, zumal an der deutschen Nordseekiiste, wo 
Mythologie und Heldensage (Beowulf) unzweifelhaft vom 
Kampf des wilden Meeres gegen die flache Kuste stark 
beeinflusst sind (Simrock, deutsche Mythologie p. 443j, 
es wird Ihnen auch der aus Willebrords und Ludgers Leben 
bekannte heilige Hain und Quell auf Fositesland, also auf 
friesischem Boden, einfallen (vergl. Simrock's interessante 
Bemerkung p. 344). 

So wie wir aber die uns beschaftigende Localitat unter 
diesem Gesichtspunkt in's Auge fassen, sind sofort noch 
andere Umstande, die damit in Zusammenhang treten. Schon 
an dem Namen Wiesede ist nicht wohl voruberzukonimen, 
ohne an den Zusammenhang zwischen Cultusstatten, Orakeln 
und Rechtspflege in der Vorzeit erinnert zu werden : wizago 
hiess der Priester sowohl im Zusammenhang mit der Weis- 
sagung, als auch weil er zu strafen und zu ahnden (wizen) 
hatie (Simrock 530) — hat ein derartiges „wizen" dem 
Ort den Namen gegeben? Ist es zufallig, dass unter den 
Meeren des Hochmoors, an welchem wir stehen, uns der 
Name „Dtivelsmeer" entgegentritt? — wir wissen, dass der 
Cultus der Wassergeister und der Wasserriesen in altdeut- 
scher Zeit etwas zu bedeuten hatte, in Friesland wohl nicht 
am wenigsten, und dass Statten, die weiland den Asen und 
Riesen heilig gewesen, spater dem Teufel uberwiesen wur- 
den. Dazu kommt, dass wir uns uberhaupt in einer Gegend 
befinden, wo in Localitaten, Namen und Volkssitten alt- 
germanische Anklange — unverstanden und bisher viel zu 
wenig beachtet — nichts weniger als selten sind. Denn 
welche andere Bewandtniss sollte es an der anderen Seite 
von Aurich unfern Meerhusen mit den dort liegenden grossen 



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- 82 - 

Steinen (A rends, Erdbeschr. 113) haben, als die einer 
Opfer- oder Begrabniss-St&tte? Und auch dort unter immer 
mehr austrocknenden Meeren im Morast, den Triimmern 
eines grosseren Sees, wieder ein Dxivelsmeer; wer ^reiss, 
ob nicht einer bekannten kirchlichen Praxis entsprechend 
die Klosterstiftung Meerhusen aus einem bewussten Gegen- 
satz gegen dort bisher ublichen heidnischen Cultus hervor- 
gegangen ist? Eine ahnliche Weihe mag urspriinglich 
auch dem Upstalsboom eigen gewesen sein. Uebrigens 
ist auch in der Nahe des Barkenbusches nicht bloss nach 
Arends, sondern nach dem wichtigeren Zeugniss Jhering's 
und Emmius (auf einem handschriftlichen Verzeichniss) 
ein Kioster gewesen, zu Hopels. Eine mythologische 
Bedeutung haben ferner noch die in den Bereich dieses 
Hochmoores hineingehorenden Namen Nobiskrug (Sim- 
rock 178), Frau Ennichen-Moor, mit ent, enz = Riese 
(ib. 435) zusammenhangend, und wahrscheinlich noch andre ; 
nicht zu gedenken des mythologischen resp. altgermanischen 
Hintergrundes des Martiniliedes in seiner hiesigen Gestalt 
und der auricherlander Sitte der „Brautpfade u am Himmel- 
fahrtsmorgen , auf deren Zusammenhang mit den Jahres- 
feiern des Alterthums hier nicht weiter einzugehen ist. 

Wurde es mit unserem Pfahlbau oder Knuppeldamm 
eine derartige oder ahnliche Bewandtniss haben, so diirfte 
derselbe jedenfalls in das vorkarolingische Mittelalter hin- 
aufreichen. Und das hatte insofern nichts unwahrschein- 
liches, als ahnliche Holzdamme im Burtanger-Moor ja 
unzweifelhaft noch weiter und bis in die romische Zeit 
hinaufreichen, mag man ihren oft besprochenen Zusammen- 
hang mit den pontes longi, die im Feldzuge des Germanicus 
vom Jahre 15 unserer Zeitrechnung eine Rolle spielten, 
beurtheilen wie man will. Neigt sich doch auch der Ver- 
fasser der kleinen Schrift iiber dieselben, welche Sie mir 
mittheilten, mit andern dahin, diese Moordamme wesentlich 
auch mit Cultusstatten der alten deutschen Vorzeit in Ver- 



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- 83 — 

bindung zu bringen (van der Scheer, de Valther - Brug, 
haar germaansche oorsprong enz. Winschoten 1855). 

Bewiesen ist nun freilich mit alleui Ausgefuhrten noch 
nichts; aber ich meine, wenn man alle diese Umstande 
in's Auge fasst, so muss die Sache einer weiteren Pnifung 
werth erscheinen, und es wurde ungereehtfertigt sein, die 
Alterthumsforscher von Profession nicht auf diesen Punkt 
aufmerksam zu machen. Es sollte mich deshalb freuen, 
wenn diese Zeilen Ihnen Anlass gaben, die Sache mit 
unseren Alterthumsfreunden naher zu besprechen, und wenn 
eine weitere Untersuchung, bei der wo moglich Geschichts- 
kundige und Naturkundige zusammenwirken miissten, in 
Anregung geb'racht wurde. — — 



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Die Moorbrttcke von Wrissemer Hammrich. 

Von Ingenieur E. Star eke zu Entden. 

Die Friihlingsmonate dieses Jahres brachten una die 
Kunde von einem in den ostlichen Mooren Ostfrieslands 
gemachten wichtigen Fund von Ueberresten uralter Cultur ; 
ein sogenannter Knuppeldamm, wie solche vom Bourtanger 
Moor her bekannt, wurde, tief unter dem Torf liegend, auf- 
gedeckt; daneben, einem Schwellrost ahnlich, eine Reihe 
parallel liegender starker Baumstamme ; Besiehtigungen 
wurden von verschiedenen Seiten vorgenommen und wollte 
man schliesslich in dem Ganzen sogar einen Pfahlbau, also 
Wohnstatten aus vorhistorischer Zeit erkennen. 

Diese, jeden Alterthumsfreund in Aufregung versetzen- 
den Entdeckungen, resp. Conjecturen mussten zu allernachst 
auch den Verein fur vaterlandische Kunst und Alterthiimer 
in Emden veranlassen, sich den Befund zu eigen zu machen. 
Es wurde daher sofort eine Commission zu grundlicher Er- 
forschung desselben ausgesandt, und wollen wir versuchen, 
in Folgendem ein moglichst klares Bild des Vorgefundenen 
zu entwerfen. 

Der Fundort liegt hart am Rande des von Hochmooren 
ringformig umgebenen Auricher Sand-Plateaus bei dem 
Kirchdorfe Holtrop im sogenannten Wrissemer Hammrich. 
Von dem genannten Dorfe kommend, gelangt man auf 
buschigem, nach dem Moore zu verhaltnissmassig steil ab- 
fallendem Terrain durch die Colonie Akelsbarg nach einigen 
zerstreut liegehden Colonistenhausern im Wrissemer Hamm— 



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zed by G00gle 



- 85 - 

rich, von denen eines, das dfes Ulfers Id&us, am Saume des 
Moores gelegen, den Ausgangspunkt der gefundenen alten 
Briicke bildet. 

Vor uns Hegt hier das unabsehbare Hochmoor, das sich 
in seiner Hauptrichtung von Norden nach Siiden erstreckt; 
bei hellem Wetter sieht man an der gegentiberliegenden 
Seite der Niederung den Thurm von Friedeburg, der alt- 
beriihmten Hauptlingsfeste. 

Der hier in 5V a Fuss Machtigkeit anstehende Torf liegt 
noch fast intact da; bis hochstens auf 300 Schritt vom 
Hause des Ulfers sieht man den Torf abgegraben, und sind 
hier vereinzelte, mit sparlichen Buchweizenpflanzen be- 
standene Aecker angelegt, wechselnd mit kiimmerlichem 
Grasland. Weiterhin dehnt sich das haidekrautbewachsene 
Moor aus, das zur Brandcultur benutzt wird. Auf der er- 
wahnten Flache, wo der Torf bereits abgegraben, steht noch 
eine Schicht von circa l'/a bis 2 Fuss Moorerde iiber dem 
Sande, weiter nach dem Torfstich zu lauft dagegen der 
Sand ganz zu Tage; der Untergrund ist also ein wellen- 
formiger. 

Um die Pfahlbriicke an ihrem ersten Entdeckungsorte 
aufzusuchen, gehen wir vom Hause des Ulfers, also vom 
Rande der Geest in siidlicher Richtung etwa 100 Schritt 
weit den zum Torfstich fiihrenden Weg entlang und kommen 
hier zu einem Punkte, wo ein anderer Weg, nach der Co- 
lonic Akelsbarg fuhrend, sich in ostlicher Richtung abzweigt. 
Hier war es, wo man beim Austiefen der diesen ostlichen 
Weg einfassenden Graben auf Baumstamme stiess und spater 
fand, dass man es hier mit Spuren alter Cultur zu thun 
hatte, mif einer vollstandig wohlerhaltenen Briicken-Anlage, 
die sich auch weiterhin, einige Zoll mit Moorerde iiber- 
deckt, unter den Buchweizenackern verfolgen Hess. 

Das Vorhandensein dieser aus rohen Baumstammen zu- 
sammengefugten Briicken — Langholzer und Querholzcr mit 
Reisigunterlage — ist bis dahin constatirt von dem Kreu- 



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- 86 — 

zungspunkte der beiden Wege aus bis auf 90 Schritt Lange 
nach dem Moore zu in siidostlicher Richtung, ruckwarts 
nach dem Hause des Ulfers zu zieht sie sich, bis jetzt 
noch unaufgedeckt, unter dem dahin fiihrenden erkohten 
Wege hin. 

Ausser dieser Briicke glaubte Herr Dr. Babucke, der 
dieselbe zuerst besichtigte und iiber den Fund in der Weser- 
Zeitung berichtete, noch einen weiteren Bau zu erkennen 
in den Baumstammen, dfe sich in gleichem Niveau mit der 
Briicke, zum Theil parallel unter einander, quer durch den 
nordlichen Graben des Weges nach Akelsbarg etwa in einer 
Ausdehnung von 100 Schritt vom Kreuzungspunkte der bei- 
den Wege hinziehen. 

Wir halten jedoch dafiir, dass hier an einen kiinstlichen 
Bau, vielleicht sogar einen Pfahlbau, gar nicht zu denken, 
sondern dass dieses Vorkommen ein rein zufalliges ist. Die 
in Frage kommenden Stamme liegen in sehr unregelraassigen 
Abstanden von einander, in verschiedenen Winkeln gegen 
einander und sind von sehr ungleicher Starke — von 8 bis 
18 Zoll — , einer derselben, ein Eichenstamm , liegt sogar 
noch neben einem Wurzelstumpf, auf dem er hochst wahr- 
scheinlich gewachsen und nachher vom Sturm geknickt; 
^.usserdem ist von Holzwerk, das quer zu diesen Stammen 
liegt, also den bei einem solchen Bau erforderlichen Ver- 
band bilden muss, nichts zu sehen. In gleicher Weise fehlt 
auch hier die bei der Briicke in Anwendung gekommene 
Reisigunterlage ganzlich. Dass die Querholzer und das 
Reisigwerk von vorne herein bei diesem Bau weggelassen 
oder einseitig vom Zahne der Zeit zerstort, ist nicht anzu- 
nehmen. Dagegen linden sich Baumwurzeln und Baum- 
stamme, wie Eichen, Birken und Fichten an vielen Stellen 
der vom Torf befreiten Flache unter der Moorerde und 
wird man beim weiteren Fortschreiten des Abgrabens deren 
noch mehr finden. Die weitverzweigten Stiimpfe mit jetzt 
noch vollstandig festem Holz wurzeln im alten Sandbodeu 



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- 87 - 

und wuchsen zu einer Zeit, wo noch Alles trockenes Land 
war. Eintretende gewaltige Naturereignisse, Ueberschwem- 
mung und dauernde Versurapfung der Niederung setzten 
die Baume unter Wasser, dieselben starben ab und fielen, 
theilweise vora Sturm umgestiirzt, in den inzwischen schon 
hoher angeschlammten Sumpf, wo sie sich, vom Wasser 
bedeckt, erhielten. Je nachdem nun die Baume sich mehr 
oder weniger lange aufrecht stehend erhielten, finden wir 
sie heute in hoherem oder tieferem Niveau liegen} andere 
Baume und Astwerk gesellten sich von dem am nahen Ufer 
stehenden Walde dazu, so dass wir jetzt in alien Torf- 
schichten Holzreste finden und ware also der angebliche 
Pfahlbau auf diese Weise, als natiirlich entstanden, leicht 
zu erklaren. 

Von Wichtigkeit ist allein die Briicke, und wiirde deren 
Bedeutung noch gewinnen, wenn es gelingen sollte, eine 
Fortsetzung derselben durch das Moor zu constatiren. Da 
wo man den Endpunkt der Briicke gefunden, lauft der Sand, 
wie schon erwahnt, zu Tage. aus; dieselbe stellte also die 
Verbindung her zwischen der jetzigen Geest und einer da- 
raals noch iiber dem Sumpf hervorragenden niedrigen Sand- 
insel, einer Jnsel, die von keiner bedeutenden Breite gewesen 
zu sein scheint, da weiterhin der Sand wieder unter der 
Moorerde verschwindet. Den weiteren Verlauf festzustellen, 
fehlte es an Zeit, auch war die Jahreszeit in sofern eine 
ungiinstige zu nennen, als iiberall auf dem Acker, unter dem 
die Briicke liegt, Buchweizen stand. 

Die allgemeine Richtung der Anlage ist die nach Ost- 
Siidost und wiirde dieser Weg durch's Moor vielleicht iiber 
Tunge und Barkebusch (einer bewaldeten Insel im Moore) 
nach Friedeburg gefiihrt haben. Sollte diese muthmassliche 
Verlangerung der Briicke auch nicht aufgefunden werden, 
dieselbe also nur, zu untergeordneteren Zwecken gedient 
haben, so ist sie doch schon deshalb von grosstem Interesse, 
weil seit ihrem Bau eine so lange Zeit verflossen ist, dass 



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- 88 - 

sich ^ine Torfablagerung von 4 Fuss Dicke dariiber bilden 
konnte. 

An der Stelle, wo wir die Briicke aufdecken liessen, 
hatte dieselbe eine Breite von 4 l / a bis 5 Fuss, je nach der 
Lange der oberen Querholzer. Letztere, allem Anschein 
nach Birken-Rundholzer ohne Rinde, von 4 bis 5 Zoll Durch- 
messer, mit scharfen Instrumenten gefallt, was noch an dem 
Hieb zu sehen, lagen dicht an einander gereihtjedoch ohne alle 
kiinstliche Verbindung; unter ihnen kamen 5 Reihen Lang- 
holzer von 6 Zoll ira Durchmesser haltenden Fichten, in 
gleichmassigen Abstanden liegend, aucb wieder ohne alle 
gegenseitige Verbindung, und unter diesen wieder eine 
dichte Schicht Birkenreisig , mit der Rinde wohlerhalten. 
Beim Tiefergraben fanden sich unter idieser Reisigschicht 
noch weitere 2 Reihen Langholzer iiber einander, aber un- 
regelmassiger gelagert. Es ware moglich, dass diese letz- 
teren Stamme, die bei der fruheren Besichtigung an einer 
anderen Stelle durch Herrn Dr. Babucke nicht vorgefunden, 
zufallig auftretende Erscheinungen waren, und bleibt die 
Aufklarung dieser Verschiedenheit noch weiteren Nach- 
forschungen vorbehalten. Hier, gegen das Ende der Briicke 
hin, lagen diese letzterwahnten Constructionstheile schon 
auf dem Sand-Untergrunde. 

Die Reihenfolge von unten auf ist also diese: 2 Lang- 
holzschichten von zusammen 8 Zoll, dann die Reisigschicht 
die Zwischenraume ausfullend), eine Langholzschicht von 
6 Zoll, eine Querholzschicht von 4 Zoll und dariiber etwa 
4 Zoll Moorerde; demnach vom Boden des fruheren Sumpfes 
bis auf die Oberflache der Briicke etwa V/ t Fuss Und von 
da bis zur friiher dagestandenen Hochmoor-Oberflache 4 F. 

Es stammt also die Briicke aus einer Zeijt, in der die 
Versumpfung der Thal-Niederung noch nicht weit vorge- 
schritten war, aus einer Zeit, wo man vom Ufer zu den 
zahlreichen Sumpfinseln vermittelst einfacher Knuppeldamme 
gelangte, und hat man sich diese damaligen Sumpfe so be- 



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- 89 - 

schaffen zu denken, dass sie aus dickfliissigen zersetzten 
Pflanzenmaesen bestanden, da sonst bei Vorhandensein von 
grosseren Wassermengen, also bei landseeartiger Beschaffen- 
heit eine Brucken-Construction, wie die oben beschriebene, 
mit lose neben einander gelegten Rundholzern unmoglich 
gewesen ware. 

Stark benutzt scheint der Bau nicht zu sein, sondern 
bald nach seiner Entstehung und festen Einlagerung im 
Moor durch Ansteigen des Wassers iiberfluthet; es wiirden 
anderen Falles die oberen Querholzer an ihrer Oberfl&che, 
da wo sie wechselweise der Luft und dem Wasser aus- 
gesetzt waren, Spuren von friiherer Faulniss tragen. Dies 
ist dagegen durchaus nicjit der Fall, sondern es sehen alle 
Stamme in ihrer ausseren Gestalt vollstandig linversehrt 
aus, auch in Bezug auf mechanische Beanspruchungen wah- 
rend des Gebrauchs. Zersetzt hat sich jetzt naturlich mehr 
oder weniger Alles, besonders das Birkenholz, das sich mit 
dem Spaten wie Butter durehstechen lasst. Das Fichtenholz 
ist in seinem Gefuge noch fester geblieben, am besten aber 
hat sich das Eichenholz gehalten, das an einigen Stellen 
vorkommt. 

Was das Alter der Brticke anbetrifft, so wiirde man 
als Anhaltspunkt zunachst die 4 Fuss machtig iiberlagernde 
Torfschicht haben, aus der man auf die Zeit, in der sich 
dieselbe gebildet haben konnte, zunickschliessen kann. Von 
geringerer Bedeutung sind unserer Ansicht nach die bis 
jetzt angeblich auf der Briicke gefundenen Gegenstande, 
ein Bruchsttick eines Thongefasses , das inzwischen auch 
noch verloren gegangen, und ein Frauen-Schmuckstuck, eine 
Art Spange von Blei mit reichen Verzierungen. Diese letz- 
teren sollen nach Ansicht des Archivraths Dr. Mtiller in 
Hannover der Renaissance-Zeit angehoren, also dem An- 
fang des 16ten Jahrhunderts, hochstens dem Ende des 15ten. 
Sollte di^s sich bestatigen, so wiirde man schon annehmen 
miissen, dass dieser Blei-Schrauck lange Zeit nach der Ent- 



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- 90 - 

stehting der Briicke von Personen, die den Sumpf iiber- 
schritten, verloren sei, und sich vermoge seines grossen 
specifischen Gewichts allmahlich tief in die Schlammmassen 
versenkt habe. Eigenthiimlich bleibt es immerhin, dass ein 
salcher Fund gerade hier auf der Briicke, oder doch in 
unmittelbarer Nahe gemacht wurde. Besagter Schinuck be- 
findet sich jetet in den Sammlungen der Gesellschaft fur 
bildende Kunst und vaterlandische Alterthtimer am hie- 
sigen Orte. 

Bei Beurtheilung der Zeit, in der an einem bestimmten 
Orte eine Torfschicht von 4 Fuss M&chtigkeit aus sich zer- 
setzenden Pflanzen entstehen kann, sind verschiedene we- 
pentliche Momente in's Auge zu fassen, die sich zum Theil 
sogar deto nachtr&glichen Calciil ganz entziehen, so dass 
man da auf einem sehr unsicheren Boden steht. -So die 
mehr oder weniger iippige Vegetation, die etwaige Verander- 
lichkeit des Wasser-Niveaiis und partielles Trockenliegen . 
des Sumpfes zu gewissen Zeiten, die Arten der torfbilden- 
den Pflanzen; Alles dieses ist von grosstem Einflusse auf 
das schnellere oder langsamere Wachsen der Torfmassen. 

Nach den Berechnungen von Liebig und Chevandier 
iiber die Bildung von Kohlenstoff aus der Vegetation der 
Walder in unseren Breiten konnen in 100 Jahren 16 Milli- 
meter Steinkohlen gebildet werden, vorausgesetzt dass Nichts 
verloren geht. Wollte man diese Berechnungen auch fur 
die Sumpf- Vegetation gelten lassen, so wurden unter Beruck- 
sichtigung des beim Torf veranderten Verhaltnisses von 
Kohlenstoff zur Volumeinheit, mindestens 1100 Jahre erfor- 
derlich sein, um 4 Fuss Torf zu bilden. 

Hoffen wir, dass mit der Zeit an die Stelle unsicherer 
Berechnungen und Muthmassungen andere Anhaltepunkte 
treten werden, die mit grosserer Genauigkeit Schlussfolge- 
rungen zulassen. Zu dem Ende miisste die ganze Briicke 
blossgelegt werden und wiirde man da jedenfalls noch 
wichtige Aufschlusse erhalten, besonders am Anfangspunkt, 



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- 91 — 

der bis jetzt noch gar nicht festgestellt. Bei der Bedeutung 
cines so seltenen Fundes, wie der vorliegende, sollte man 
die Miihe nicht scheuen und einige Tage auf die Nach- 
forschungen verwenden. Dem Verein fur bildende Kunst 
und vaterlandische Alterthiimer in Emden wird zunachst 
die Pflicht obliegen, die Sache nicht in Vergessenheit ge- 
rathen zu lassen. 



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Vocation flir Ubbo Emmius in's Rectorat zu Leer. 

Nach einer Copie im Consistorial-Archiv zu Auriqh. 

W y Jurgen Wyarts und Ubbo Ciercks, Karckvogden 
tho Lier, doen kund und bekennen mitsdesen, dat wy dorch 
genadige Begunstigung und Grrafflicher wolgeneigter Gena- 
den, des Wolgeb. Heeren Heeren Johans Graven und Heern 
zu Ostfrieslandt, unsers genadigen Heern, auch mit alge- 
meinen Consent und einhelliger VerwHligung der Deputirten 
und ganzer Gemeine zu Lier, mit wollvorbedachten und 
rypen berade, dem Flecke und der jungen Jeugd thom 
beste, legitime hebben gefordert, versocht und verkoren, 
den Eer und Achtbahren wolgelahrten und eersahmen Ub- 
bium Emmium ') , etwa Rectoren zu Norden , Dens Leer, 

') Die latinisirte Form des Nainens Ubbo Emmen hat den Lands- 
leuten unsres beruhmten Historikers anfanglich ebensoviel Schwierig- 
keit gemacht, wie die seines Gegners Suffridus Petrus den Westfriesen. 
Diese sagten und schrieben beharrlich Suffridus Petri, wahrend er con- 
stant Suffridus Petrus schrieb (de vrije fries I. 76). Hier sagen die 
Kirchvftgte von Leer Ubbius Emmius, in der Kirchenrechnung des- 
gleichen ^Rector Ubbius", in einem Norder Contract vom 4. Marz 1581, 
zu welchem er als Zeuge zugezogen ward, benennt man ihn Ubbius 
Emmen, wahrend er selbst Ubbo Emmen unterschreibt; aut dem Titel- 
blatt einer 1591 von ihm zu Herborn erschienen Schrift gegen Daniel 
Hoffmann heisst er gar Ubbius Emmo, und Giseken in seiner Apologie 
fur Hamelmann macht sich lustig daruber, dass der vor neun Jahren 
Ubbius Emmo genannte Rector jetzt Ubbo Emmius heisse (Tjaden, Gel. 
Ostfriesland II. 67 u. 89). Er selbst wird wohl nie Ubbius oder Ubbius 
Emmo geschrieben haben, oft unterschrieb er abgekiirzt Ubb. Emm. und 
das wird verkehrt gelesen sein. 



Digits 



ogle * 



— 93 — 

Levent Geleertheit, und die gude Discipline, so er ad insti- 
tuendam juventutem, als ad promovenda honesta studia, 
bishero angewant und vorthan anthowenden geneget, uns 
van vele ehrbaren and frommen Luiden gerecommandeert, 
zu eenen Rectoren der van unsen genedigen Heeren nyer 
geordneter Scholen, den wy deselve Schole nachfolgender 
gestalt befehlen und up nachbenannte Condition bestalt 
und aengenommen. Nemlich das Ihme beneben den Deut- 
schen Schoolmeister twee gude und erfahrne Collegae ad- 
jungeren und gebiirlichen besolden sollen werden, und so 
de Gelegenheit und Nothdurft der Scholen ereyschen worde, 
solle obbemelten Heeren Rectori up syn anfordern der 
dritte Collega alsobalde zugegeben worden, und sollen Ihme, 
Rectori, das regiment der Scholen alleinlich und vollen- 
kommen befohlen seyn, also das er seinen Collegis, eigenen 
Gefallens, nach der billigkeit tho gebeden, anthonemen, af- 
thosetten, mit sie umb ihren Stipendiis und Schoelpenningen 
sulle mogen handelen und transigeren, jedoch dat Er den 
Karckvogden jhe und allewege de Stipendiis belangende 
tho raede gehen solle. Solle auch gedachter Rector frey 
ohne jemandes Voorschreiben oder immediat in der Scholen 
disponeren mogen, welche Auctores oder Bocker de jugent 
furzustellen , Lectiones, ferias, leges Scholasticas, auch in 
der Scholen gebeuw was der gebiir tho ordineeren, und 
beloven also obgedachte Karkvogden mit genedigen Con- 
sent des Welgebohrnen unsers gnedigen Heeren und Ver- 
willigung der Deputirten und ganzen Gemeinde zu Lier 
obgedachten Heern Rectori voor seine belovende und wol- 
verhoffentliche treue Dienste, beneven einer bequemen und 
genoegsahmen bewoninge mit ein thun, boven und beneven 
jahrlichen Scholgelde, syner anbevolenen Sorge tot einem 
jahrlichen Salario thogesagt und schadelos up rechter Tydt 
tho betaelen, de summe van twee hundert Embder Gulden, 
de gulden tho tien Oistfriesische Schaepen gewerdeerd, 
und daarenboven't Gebriick van sechs graasen Landes ohn- 



--&*£ 



- 94 — 

gefahrlich tho drey Koejen tho Hoey und Graases Onder- 
holding. Mit der angehengter Zusage, weilen der Scholen 
upkumsten itzo schwack, und einer Verbessening verhoffent- 
lich, das Ihm Rectori nach Gelegenheit sein Stipendium 
solle augeert und verbessert werden. Ahne einiger Gefehrde. 
Diesses thorn waren Uhrkunde hebben Wy onderdanich 
Wollgedachten unsern genedigen Heern supplicando ge- 
beten, gegenwertigen Contract und Bestalling genedichlich 
zu confirmiren , bestedigen, und mit grafflichen Pittschaft 
und Onderzeichninge zu befestigen. Welche unsere Bitte 
Hire G. genedichlich stat geben, und jegenwertiges confir- 
miren. Welches geschehen am negentienden Aprilis Anno 
1588. 



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Einige noch ungedruckte Briefe des Ubbo Emmins. 

Mitgetheilt von J. Nanninga Uilterdijk, 
Archivar zu Kampen in Holland. 

Unter den Gelehrten, deren Geburtsland zu sein Ost- 
friesland sich riihmen darf, und deren Zahl ist betrachtlich, 
gebiihrt dem Ubbo Emmius sowohl durch tiefe wissenschaft- 
liche Bildung wie durch die Tiichtigkeit seines Charakters 
eine ehrenvolle Stelle. 

Es ist gar nicht meine Absicht, hier eine Lebens- 
beschreibung des Emmius zu geben, da mir, wollte ich auch 
etwas mehr leisten , als man in dem „Elogium Ubbonis 
Emniii, Groningae 1628", und in den von Herrn Mr. W. 
B. S. Boeles in dem y,Gedenkboek der Groninger Hooge- 
school" liber ihn veroflfentlichten Mittheilungen finden kann, 
sowohl das nothige Material, als die Zeit, es zu bearbeiten, 
fehlen wiirde. 

Ich meinte aber einiges, sei es auch nur weniges, bei- 
tragen zu konnen, die Vorarbeit zu einem Charakterbilde 
des Emmius anderen zu erleichtern, indem ich einige bis 
jetzt nicht veroffentlichte Briefe, die er an einige Freunde 
schrieb, hier mittheile. 

Zu der rechten Beurtheilung historischer Personen kann 
oft ein einziger Brief an einen vertrauten Freund von weit 
grosserer Wichtigkeit sein, als eine ganze Lobrede. 

Diese Briefe, welche von Emmius zwischen den Jahren 
1585—1624 geschrieben sind und somit aus ganz verschie- 



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- 96 - 

denen Perioden seines Lebens herriihren, enthalten manches, 
was den Charakter des grossen Mannes in ein richtigeres 
Licht zu setzen vermag. Ich fand sie iin Nachlasse des 
Simon Abbes Gabbema, ehenialigen Geschichtsschreibers 
der Provinz Friesland, in einer Sammlung, welche dem 
alten Burger- Waisenhause zu Leeuwarden gehort und unter 
die Aufsicht der „Friesch Genootschap" gestellt ist. 

In der Roffnung, dass dieser kleine Beitrag zur Le- 
bensgeschichte ihres beruhmten Landsmannes den Lesern 
dieser Zeitschrift nicht unangenehm sein wird, lasse ich ihn 
hier mit einigen kurzen Anmerkungen folgen. 

•I. 

Noli quaeso, clarissime amplissimeque domine, quod 
his te Uteris fortasse non satis tempestivis interpellem, in- 
dignius ferre, quum res mea praesens ita postulet. Et quid 
his ipsis velim breviter sic accipe. Permisi me tandem 
post requisitionem diuturnam, non ita nuper consilio fidelium 
amicorum de repetendo matrimonio, eorum denique hortatis 
ad petendam propinqui tui D. Ukonis Sparringa filiam, vir- 
ginem non tam dote quam indole et moribus mihi commen- 
datam raeoque genio valde congruam, animum adjeci. Ita que 
primum per idoneos internuncios, deinde per literas ami- 
corum et meas apud patrem ea de re egi : ille vero ad haec 
primum deliberare se velle respondit,' deinde rursus monitus 
deliberationem prolixiorem cum propinquis requirere, post 
etiam longius velut rejicere atque aliene respondere, demum 
quasi mutato animo ultro per affinem nostrum in agro Rei- 
dano, ista de causa ad se vocatum, me cum uno atque altero 
fideli amico istuc agendi negotii gratia excire. Et sic qui- 
dem ego cum domino Hayone Rik et Abkone Agema, af- 
finibus meis, ac tertio virginis ipsius per matrem proximo 
cognato, itineri me cum dedissem, in transitu urbis domi 
vestrae salutare te coram ; et negotium tibi exponere, tuam- 
que commendationem et intercessionem aliquam apud pa- 



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— 97 — 

rentem rogare, consilium etiam de commodissima agendi 
ratione exquirere, quod et autoritate apud eum valeres et 
mores ac ingenium resque omnes illius maxime nosses, volui. 
Sed cum aliquamdiu frustra te expectassem, quod in curia 
occupatus turn esses, et comites negociique ratio longiorem 
moram non ferrent, coactus sum, aon sine animi molestia, 
te non viso, iter institutum continuare. Et id quidem non 
satis faustis, ut ajunt, avibus. Nam istuc ut appulimus, 
omnino praeter spem atque expectationem nostram nulla 
prorsus re non solum perfecta sed ne agitata aut serio in- 
cepta quidem, a perplexo et ambiguis, ut apparuit, cogita- 
tionibus turn maxime implicito parente, plane ut venimus 
ita demissi sumus, Tantum ut moram deliberandi adhuc 
concedere patienterque ferre et responsum planum *ac be- 
nignum expectare ad breve tempus ne gravaremur, rogati 
fuimus. * Causam animi -in eo tarn perplexi in reditu cog- 
novimus alterius proci sollicitationein , quae interea, dum 
nos expectamus, intervenerat, internuncio nostro domino 
Kerckmanno J ). Verum petitione istius non multo post re- 
pudiata, nobisque adhuc responsum expectantibus, tandem 
vetulam quandam temulentam nee re nee fama satis inte- 
gram, sed isti domui nescio quomodo nimis gratam et fami- 
liarem huic (?) velut ad consilium evocavit, infensam nobis, 
totique huic negocio plane adversam cum alias ob causas, 
turn idcirco potissimum, quod actione hac nostra, quominus 
alias conciliare nuptias eidem virgini non ita nuper, atque 
ita operae suae pretium aliquod ferre posset, impeditam se 
existimet 2 ). Per earn itaque aniculam nunquam satis sobriam 
responsum demum valde alienum atque ab ipsa ilia inter- 
nuncia maxime formatum, quo non simpliciter planeque re- 
pudiamur quidem sed in longum tamen incertumque reji- 
cimur, nee scripto, ut promiserat, verum verbis mulierculae 



*) Joh. Kerckman, damals Pastor zu Hinte. D. Red. 

2) Existimaret (?). D, lied. 



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-98- 

non tam referendum nobis quam passim vulgandum dedit. 
In quo raultis modis peccatum esse judicamus. Factum id 
ante octiduum. Sic consilii prope inopes adhuc haeremus. 
Cumque temere ac leniter absistere a re bene et serio coepta 
rectum non arbitremur, visum est communi amicorum con- 
silio, ut ad te, mi domine, qui et ob propinquitatem et 
virtutem ac eruditionem apud eum autoritate polles (quod 
prius quoque facere in animo fuerat) jam saltern ego de- 
currerem atque aliquam a te causae meae commendation em 
pro tuo in me perpetuo studio exorarem. Qua una omnium 
optime rem prope collapsam instaurari et promoveri posse 
nos judicamus. Itaque fretus cum perpetua tua erga omnes 
humanitate, turn singulari in me multis modis mihi explorata 
benevolehtia et benignissimis promissis, te rogo, amplissime 
et clarissime domine idemque affinis carissime, ut in eo 
n<?bis gratificari, et causam nostram quantum vere te posse 
existimes (ultra auteni nee requiro quicquam, et si requi- 
rerem iniquus essem) patri virginis, propinquo tuo, per 
literas velut integra adhuc re nobisque, qui anum non au- 
diamus, responsum aliud certius praestolantibus, commendes, 
eundemque, ut pressius considerata re cumque propinquis 
et amicis consultata, temere ex anicularum forte consilio, 
nostram petitionem rejicere non velit, hortere. Qua ratione, 
mi domine, ut affinibus et amicis pro me laborantibus gratum 
feceris, ita mihi imprimis beneficium omnium acceptissimum 
ac maximum praestiteris. Magnam enim rem meam nqog 
to rov locftov fttov ev dedyeev ov psv dice rfjv yeQvrjv, alia rr\v 
%r$ Ttaq&evov evqwtav kccI ttov^Qoniav avrrg Ttqog fie 6fioioTr]Ta 
eo in cardine verti existimo. Age vero, mi clarissime domine, 
si me carum ex animo habes, si tuo beneficio indignum me 
non censes, hoc iam illud esse scito, in quo potissimum 
operae et auxilii tui usus mihi magnus esse possit. Sine 
me, quaeso, hac inprimis magna in re tuae amicitiae et be- 
nevolentiae hunc fructum decerpere, meaque de te concepta 
constanti fiducia tempore necessario non frustrari. Quid 



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- 99 - 

possis tu quidein in hoc non est nobis dubium, velismodo. 
Habebis me semper pro re mea gratissimum vicissim tuique 
observantissimum. Quicquid vero hujus facere volueris, id 
sine mora fieri, adeoque vel hodierno vel proximo die, si 
prodesse nobis debeat, multas ob causas omnino necessum 
est. Nobis quoque scribendum denuo cum sit, idque quam 
primum fieri causae ratio omnino postulet, frustra tarn en 
id erit, nisi tua scriptio nostram commode anteverterit. Qua 
propter et hoc ut nobis des, plurimum rogamus. Vale feli- 
citer Clarissime et amplissime domine consul cum conjuge 
et familia, ac quid expectare ac sperare de te debeamus, 
per praesentem, nisi maioris inolestiae est, paucis renuncia. 
Nordae die 17 Julii Ao. 1585. raptim. 

Ampl. et Excellent, tuae observantiss. 
Ubbo Emm en. 
Haec ut Dominus Ubbo ad vos, Domine consul, prae- 
scriberet, meo, aliorumque amicorum consilio factum, nil de 
vestra fide et amore ergo ipsum dubitantes. (sic.) Vale. 

Tuus 
Hayo Feikema. 
Ad virginis animum quod attinet, ea parata est, sui 
patris consensum libenter sequi. 

(manu Ubbonis Emmii.) 

Clarissimo amplissimoque viro erudi- 
tione ac virtute praestantissimo D. Onnoni 
Tyabbern Reip. Embdanae Consuli pru- 
dentissimo, affini suo omni observantia 
colendo. 

II. 

Ex animo gratulor auspicia novi conjugii cum isthac 
praesertim tarn boni generis ac indolis sponsa, quam saepe 
commendari a laudatis maxime hominibus audivi. Precor 
etiam ut istud caeptum faelix et faustum vobis pariter esse 
velit Christus optimus TzaqawixcpOQ, qui amoris mutui ac 
constantis glutino pectora nostra copulat ac constringit. 

7* 



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— 100 — 

Amen. Venirem ego ad vos ut petis, et primitiis gaudii 
vestri interessem libens, nisi oeconomae meae eodem die 
nuptias paranti hoc officium me debere, intelligerem. Qua- 
propter ut ignoscas, et qui corpore non possum animo tamen 
vobiscum me fore ut arbitreris, rogo. De altero quod rogas 
veil em, si liceret, per animum praesertim varia et gravi 
sollicitudine pro rebus ecclesiae nostrae hoc tempore op- 
pressum, vix ut attollere eum ad exiguum momentum, ad 
res alias cogitandas quantumvis vegentes queam. Videbo 
tamen si quid spirare possim. Vale et sponsae tuae chari- 
tatis osculum meo nomine fige. Datum Nordae die 14 
April, raptim. 

Saluta collegam ex me cum vobis (?) 
Ub. Em. 

Reverendo viro, doctrina et pietate 
ornato d. Johanni Acronio Ecclesiastae 
Eylsumano, amico suo percharo. 

III. 

Nihil adhuc responsi tuli a vobis. Certe male faciunt 
ordines quod ita me differant, nee restituant saltern, quod 
a me acceperunt. Nostrates denuo me urgent, qui sua hoc 
tempore interesse arbitrantur, edi in lucem quam primum 
quae scripsi. Ita in ipsorum gratiam ad consilium editoris, 
quod pene missum feceram, relabor. Sed typographus me 
urget, et denunciat, nisi quam primum exemplar tradam, 
et ordinum consensum impetrem, non posse se hac aestate 
his excudendis vacare. Quare te rogo etiam atque etiam, 
mi Regnere, ut importunius instando responsum qualecunque 
tandem extorqueas cum restitutione exemplaris. Id si tale 
erit, quale tu futurum praedicere te posse existimasti, id est, 
si editionem simpliciter permiserint et probarint ordines, 
recte et statim id ipsum typographo Radaeo significabis. 
Sin aliud, cum exemplari id ad me dabis. Quicquid vero 
erit isthoc exemplari ad Radaeum misso non est opus, qui 



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— 101 - 

alterius emendationis partem jam a me accepit. Mihi vero 
mittes. Insta et urge et me certiorem fac. Vale. Saluta 
collegas et conjugem ex me. De ense Longi Pierii in curia, 
memento quod te rogavi, ut longitudinem et pondus ali- 
quando sciam. Raptim die 24 Maii ao. 1595. 

Ubbo Emm. 
Reverendo viro, doctrina et pietate 
praestanti domino Regnero Hachtinck, 
Ecclesiae Leovardianae ministro fideli 
amico suo singulari, Leeuwarden. 

IV. 

Non opus esse puto, ut Laurentium nostrum per se jam 
dudum tibi valde commendatuio cum eausa sua oommendem. 
Rogo tamen, ut qui hactenus tarn amice pro eo laborasti, 
et fundamenta optima jam jecisti, extremam manum adhibere 
coeptis, et quod restat perficere non graveris. Scripsi ipso 
rogante ad dominum Bernardum collegam tuum et ab ipso 
petii, ut si res forte requirat, communicare tecum consilium 
et conjungere operam ad rem conficiendam velit. Spero 
ipsum non denegaturum. Quod tibi significandum putavi. 
Nostratia deterius habent, quam vulgus existimet. Metuo 
patriae meae. Noster Bernardus allectus est in numerum 
ministrorum oppidonorum. Cogitamus etiam de te. Vale, 
saluta castam tuam et collegas. Raptim. Groningae die 
18 Martii 1597. 

Tuus 

Ub. Em. 
Reverendo viro, doctrina et pietate 
praestanti domino Regnero Hachtinck, 
Ecclesiae Christi apud Leovardianos 
ministro fideli amico suo colendo. 

Leewarden. 

Manu Hachtingii: 

Vocatio Bernhardt et cogita- 

tio de patria. 



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— 102 - 

V. 

S. P. Amplissime, clarissime consultissime domine, has 
adjunctas literas cum alteris mihi inscriptis ab eodem do- 
mino Grutero heri Amstelodamo accepi, missas ad me a 
bibliopola Elzeviro. Quas oportunitatem nactus, jam ad 
Ampl. tuam transmitto. Mea valetudo adhuc tenuis est. 
Reliqui mei in familia valent per Dei gratiam mediocriter: 
inter quos filius natu maximus ante paucas dies Geneva 
domum rediit. Publice heic nunc Concordes degimus in 
republica, ecclesia, Acadeinia, quae felicitas haud parva. 
Comitia nostra, quae nunc aguntur, nondum finita, finientur ? 
nisi fallor , die crastino. Vale amplissime et clarissime 
domine, ac me tibi commendatum habe. Raptim Groningae 
prid. Cal. Maii 1618. 

A. T. 
observantissimus 

Ubbo Emmius. 

Saluto officiosissime collegam nostrum 
amplissiinum et dignissimum dominum, 
D. Gellium Hill. 

Amplissimo clarissirao consultissimo 
domino, Joanni Saeckama J. U. D. et in 
summa Frisiae curia Senatori dignissimo, 
domino suo colendo. 

VI. 

S. P. Postridie quam scripsissem et filio vestro tradi- 
dissem literas priores, recurrit in me evidentior paroxysmus 
febrilis. Id accidisse puto propterea, quod cum quererer 
de stomachi fastidio et languore, petentibus et hortantibus 
meis, pauxillum vini sumpserim in coena, ad stomachum 
firmandum; Itaque ex eorum numero nunc sum, qui dicuntur 
inter sacrum et saxum versari, nam si stomacho succurro, 
febrim irrito : si non facio, praeter incommodum stomachi 
etiam av7tvi(x t laboro. Si Amsterodami adhuc haeres, et a 
negociis tuis tantillum habes ocii, rogo ut apud aliquem 



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— 103 — 

eorum, qui antiquorum nummorum studio ducuntur, cujus- 
modi istuc plures esse scio, inquiras exactim pondus veteris 
denarii Rom. argenti, percussi stante libertate, paulo ante 
Caesarum imperium. Feceris mihi rem longe gratissimam 
appendendo aliquot ejus generis et momenta diligenter ob- 
servando. Vale. Libertati meae ignosce. Raptim pridie 
Jacobi 1621. 

Ubbo Emm. tuus ex affect. 
Clafissimo et consultissimo domino 
Nicolao Mulerio, Medicinae doctori et 
Mathematico excellentissimo, amico suo 
colendo. 

VII. 

S. P. Amplissime clarissime, consultissime domine, per- 
gratae mihi fuere tuae literae, quae nimium effusis de me 
laudibus in ruborem ac pudorem me dederint. Ego de 
opusculo illo meo sic sentio ut in praefatione ad lectorem 
sum testatus. Interea literas accepi a D. Sibrando Lubberto, 
veteri amico meo, in quibus fuit perscriptum, Amplitudinem 
tuam honorificentissime locutam fuisse apud eum de hoc 
eodem libello meo. Id vero ego non puro judicio tuo, sed 
amori et benevolentiae ergo me tribuo. Sum enim conscius 
mihi tenuitatis meae, quae in dies cum aetate grandi in- 
crementum sumit. Satis mihi est, si viri eruditi et. magni, 
in quorum numero merito te habeo, conatum meum et la- 
borem qualemcunque non improbent et damnent. Volui in 
hac re, et hoc alieno meo tempore, plus quam potui. Tu 
me (?) vir magne, in tuorem numero, me habere perge, et 
longum vale. Scripsi raptim Groningae ipsis Nonis Maii 
Juliani anno 1621. Ampl. tuae 

observantissimus 
Amplissimo clarissimo consultissimo Ubbo Emmius. 

viro, domino Joanni Saeckema J. U. D. 
ac in suprema Frisiae curia Senatori 
prudentissimo, domino suo plurimum co- 
lendo. Leewarden. 



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— 104 — 

VIII. 

S. P. Nobilissime et amplipsime domine consul. Suasu 
amicorum scribo hoc epistolium, et rogo Amplitudinem tuara, 
ut libellum supplicem epistolio adjunctum recipere et cum 
maxime commodum erit, in comitiis proceribus provinciae 
huju8 exhibere, causamque in libello expositam, commen- 
datam tibi habere, et aliis porro commendare non graveris. 
Is cujus nomine libellus supplex ordinibus offertur, ante 
septimestre, ni fallor, venit ad me, commendatus mihi prolixe 
per literas a Reverendo et clarissimo viro, inclytae memoriae 
D. Abrahamo Sculteto, Emdae non ita nuper mortuo, et 
turn temporis innotuit mihi familiarius, ubi et praestantissimo 
viro domino Schonenborgio nostro, secretario, ad quern a 
me turn fuit missus, et cujus studio ac opera turn fuit quoque 
adjutus. Nomen ei est Johannes Christophorus a Bergh, 
ex primaria nobilitate et ordine equestri Morauiae, awplis- 
simis fortunis privatus, exul vix elapsus e manibus Caesaris, 
a quo cum nonnullis aliis neci crudeli erat destinatus. 
Plura ex domino Schonenbergio poteris cognoscere. Nunc 
angustissima circum scrip tus est fortuna, bonorum gratia ac 
misericordia benevolentiaque dignissimus. Finio et repeto 
preces priores. Vale. Raptim die 19 Decembris 1624. 

Ampl. tuae observantissimus 
Ubbo Emmius. 

Nobilissirao araplissimoque viro 
domino Bartholdo Wicheringhio reip. 
Groning. consuli prudentissimo, amico 
et domino suo plurimum colendo. 



Anmerkungen. 

I. 

Emmius schrieb diesen Brief zwei Jahre nach dem Ableben seiner 
crsten Gattin, Theda Tjabbern, an Onno Tjabbern, damaligen Biirger- 
meister der Stadt Emden und vielleicht Blutsverwandten des Emmius, 
um seine Hiilfe zu erbitten bei einer beabsichtigten zweiten Heirath mit 



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- 105 — 

der Tochter ernes gewissen Uko Sparringa 1 ). Aus diesem Schreiben 
ersieht man, wie sehr Emmius diese Heirath wiinschte, und sein Schwan- 
ken zwischen Furcht und Hoffhung zeigt er in einer naiven Weise. 
Jedoch seine Wiinsche wurden damals nicht erfullt, denn einige Zeit 
nachher verheirathete er sich mit Margaretha van Bergen. Onno Tjab- 
bern war ein bei seinen Zeitgcnossen hoch angesehener Mann. Im 
Archive des Gabbema befinden sich noch einige Briefe von ihm, u. a. 
einer vom 14. Marz 1563, aus Wittenberg, wo er damals studirte, an 
seine Eltern geschrieben, und einer vom 6. Marz 1580 an Cornelius 
Khetius ttber die hinterlistige Weise, auf welche Rennenberg die Stadt 
Groningen den Spaniern iiberliefert hatte, aus welchem Briefe hervor- 
geht, dass er ein eifriger Protestant war. Sein Name ist u. a. zu lesen 
auf einem bemalten Fenster in dem Emdener Rathhause: „Onno Tjabbern 
Raedtman der Stadt Embden 1576. u 

Emmius war damals noch Rector der lateinischen Schule zu 
Norden, welches Amt er von 1579 bis 1587 versehen hat. 

II. 

Dieser Brief, nicht datirt, und gerichtet an den bekannten Johannes 
Acronius, damaligen Pfarrer zu Eilsum in Ostfriesland, spater der Reihe 
nach in Groningen, Wesel, Franeker und Harlem, muss von Emmius 
geschrieben sein zwischen den Jahren 1583 und 1586; denn er schreibt, 
dass er der Vermahlung des Acronius nicht hatte beiwohnen ko'nnen, 
weil seine Haushalterin ihre Verheirathung feierte. Der Brief datirt 
also aus der Zeit seiner Wittwerschaft. Es scheint, dass Acronius sich 
ein Gedicht, vielleicht zur Feier seiner Vermahlung, von ihm erbeten 
hatte; aber Emmius antwortete, dass die traurige Lage der Kirche 
ihm nicht gestattete, sein Gemiith zur Dichtung zu erheben. 

in. 

In diesem Briefe beklagt sich Emmius ziemlich heftig bei Reyner 
Hachtinck, seit 1593 Pfarrer zn Leeuwarden, iibcr das lange Ausbleiben 
des erbetenen Privilegiums der „Staten u , fur die erste oder Duodez- 
Ausgabe seiner „Res Frisicae a ; daneben bittet er, ihm das Langemass 
und Gewicht des Schwertes vom „groote Pier" anzugeben, welches 
mithin schon damals auf dem Leeuwarder Rathhause beruhte. Emmius 
war in jener Zeit Rector der lateinischen Schule in Groningen. 

Groote Pier, dessen er hier erwahnt, ein Friesischer Bauer, wurde 
im Kriege, der in der ersten Halfte des sechszehnten Jahrhunderts zwi- 



J ) Eine angesehene Familie des Namens wohnte zu der Zeit zu 
Soltborg in Reidcrland. * D. Red, 



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- 106 — 

schen den Sachsen und Geldrischen wtithete, von den Geldrischen zum 
Admiral ihrer Flotte gemacht, und seitdem wurde sein Name weithin 
mit Schrecken genannt. Nachher fing er auf eigne Hand zu rauben an 
nnd starb in 1520. 

IV. 

Wer der in diesem Briefe erwahnte Laurentius sei, ist mir nicht 
bekannt; der Andere, mit dem Namen Bernardus bezeichnet, ist nach 
meiner Vermuthung Bernardus Theodorici, der seit 1597 Pfarrer zu 
Groningen war. Die Ursache warum Emmius schrieb: „metuo patriae 
meae a , wird hierin liegen, dass, nachdem am 21. Januar 1597 die 
General -Staten ein Urtheil gefallt hatten in den Misshelligkeiten zwi- 
schen Stadt Groningen und Ommelanden, auf der Versammlung der 
Staten van Groningen am 21. Februar sich nochmals entzweiten fiber 
die Frage, ob die neu erw^hlten „Hoofdmannen a auch jetzt noch in 
ihrem Eide sich dazu verpflichten sollten: „als Overigheid der Omme- 
landen te regeeren u , welche Frage die Abgesandten der Ommelanden 
verneinten. *) 

V. 

Sein Sohn, dessen Emmius in diesem Briefe Erwahnung thut, ist 
zweifelsohne Wessel Emmius, nachher Pfarrer in Groningen. 

Der Gesundheitszustand des Emmius war damals nicht ausge- 
zeichnet; er litt oft an schweren Kopfschmerzen. 

VI. 

Nicolaus Mulerius, an den Emmius diesen Brief gerichtet hat, war 
damals Med. Professor an der Unlversitat Groningen; ein Mann, seiner 
Kenntnisse wegen bei semen Zeitgenossen hoch geehrt. 



*) Auf Ostfriesland bezogen, sind die Worte „metuo patriae meae a 
wohl noch verst^lndlicher. Es schwebten eben damals in Prag Ver- 
handlungen, welche auf Beseitigung des Delfsyhler Vertrags von 1595 
abzielten, und der Stand derselben war nicht ungefahrlich, cf. Emm. 
Vita Mens. Altingii p. 102; Regn. Hachtinck hatte von 1591—93 als 
Pastor zu Knnhusen bei Emden gestanden und die kirchlichen Wirren, 
die den Reformirten nach dem Tode des Grafen Johann (1591) den 
Untergang drohten und mit dem Vertrage von Delfsyhl sich erst wieder 
zu ihren Gunsten wendeten, selbst mit erlebt, war anscheinend sogar 
durch diese Wirren aus Ostfriesland entfernt — sein Nachfolger im Amt 
war ohne Zweifel ein Lutheraner (cf. Reershemius Predigerdenkmal 
p. 549) — so dass das von Emmius bei ihm vorausgesetzte Interesse 
am weiteren Verlauf der kirchlichen Angelegenheiten in Ostfriesland 
nur zu begreiflich erscheint. D. Red. 



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.oogl:;.;^*,*^ 



- 107 — 

VII. 

Das in diesem Briefe von Emmius erwahnte Buch ist vermuthlich 
sein „Guilielmus Ludovicus", 1621 in Groningen erschienen. 

VIII. 
Betrachtlich war die Zahl der Protestanten, welche nach dem 
Siege Ferdinand's des Zweiten von Oesterreich 1620 bei Prag, wo 
Friedrich V., Ktfnig von Bohmen, geschlagen wurde, sich genftthigt 
sahen, den blutigen Verfolgungen der Katholiken zu entiliehen und ihr 
Vaterland zu verlassen. Johannes Christophorus a Bergh, sonst mir 
unbekannt, der in diesem Briefe von Emmius dem Groninger Burger- 
meister Wichering empfohlen wird, war einer dieser Vertriebenen. 



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Kurzer Bericht liber die Gesellschaft 
von Juni 1872 bis 1. Juli 1873. 

1/a iiber den Zweck und die Wirksamkeit der Gesell- 
schaft seit ihrem Bestehen bereits in dem Jahresbericht von 
1870 das Nothige gesagt worden ist, so theilen wir iiber 
die Entwickelung und den Stand derselben im Jahr 1872/73 
Folgendes mit. 

Zu den auswartigen Vereinen, die schon friiher 
mit der Gesellschaft in literarischer Verbindung gestanden 
haben, sind auf s Neue hinzugetreten : 

1. der Verein fur I&inst und Alterthum in Ulm und 
Oberschwaben, 

2. das Museum in Assen, 

3. die Niedersachsische Gesellschaft in Hannover. 

Die im Laufe des Jahres in der Gesellschaft gehaltenen 
wissenschaftlichen Vortrage sind folgende: 

1. die Grosse Kirche in Emden — von Kirchenrath 
Vietor, 

2. .das Germanische Museum in Nurnberg, Fortsetzung — 

von Oberbiirgermeister Hantelmann, 

3. zwei Cammerei-Rechnungen der Stadt Emden aus den 
Jahren 1503 und 1505 — von Senator Schnedermann, 

4. die Clementiner Briiderschaft hieselbst — von Auc- 
tionator Penning, 

5. die Mans'feldsche Invasion — von General-Superinten- 
dent Bart els aus Aurich. 



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- 109 — 

6. der Thurm und die Glocken der Grossen Kirche in 
Etnden — von Kirchenrath Vie tor, 

7. Geschichte des Emder Rathhauses — von Oberbiirger- 
meister Hantelmann, 

8. Entwickelung von Emdens Handel und SchifFfahrt, 
Fortsetzung — von Director Schweckendieck, 

9. Geschichte der Stadt Emden vqr dera Jahre 1595 — 
von Pastor Criegee, 

10. Entstehung und Entwickelung des Communalwesens 
im 15. und der ersten Halfte des 16. Jahrhunderts — 
von Senator Schnedermann, 

11. Ostfriesland und das Zigeunerthum — von General- 
Superintendent Bartels aus Aurich. 

Die Sammlungen der Gesellschaft wurden vermehrt, 
wie folgt: 

I. Biicher- und Urkunden-Sammlung. 

Ausser den eingegangenen Jahresberichten und periodi- 
schen Schriften der verschiedenen Vereine und Gesell- 
schaften sind 

a. angekauft: 

Miinzwerk von Madai, 6 Bande; — Frieslandischer 
Krieg etc. ; — Kirch enpostille von Abraham Scultetus, Era- 
den 1633; — Der Boden, das Klima und die Witterung 
von Ostfriesland, sowia der gesammten niederdeutschen Tief- 
ebene, Emden 1872, von Prof. Prestel; — Correspondenz- 
blatt des Gesammtvereins der Geschichts- und Alterthums- 
vereine in Darmstadt; — Erinnerungen des Ostfriesischen 
Infanterie-Regiments Nr. 78 aus d«n Jahren seiner Formation 
und des Feldzuges gegen Frankreich, Emden 1872, von 
Lieutenant v. Busse; — Moorbrief, Mscrpt. 

b. geschenkt: 

Durch Herrn Senator de Pottere Einzeichnungsliste 
zu der Asiatischen Handelsgesellschaft in Emden (im J.) ; — 
durch Hrn. Senator Graepel Patent, betr. die Besitznahme 
des vormaligen Konigreichs Hannover, 1822, und Plan zur 



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- 110 - 

kiinstl. Ausschmiickung der Nicolai-Kirche in Hamburg ; — 
durch Hrn. Oberbiirgermeister Hantelmann Sammlungen 
des Germanischen Museums, Wegweiser fjir die Besuchenden 
mit Planen und Abbildungen; — durch Hrn. van Hoorn 
Gilde-Protocolle der hiesigen Gold- und Silberschmiedezunft 
(Mscrpt.); — durch Hrn. Hauptmann Begem a nn Emder 
almanak von 1812,.biblische Geschichte etc. von Hess in 
Zurich, 1775—1791, und Einweihungspredigt der neuen re- 
formirten Kirche in Aurich, 1814, von Essenbriigge; — durch 
Hrn. C. Vocke 7 Stuck Broschiiren, religiosen und com- 
merciellen lnhalts, Verzeichniss der Grossherzoglichen Ge- 
malde in Oldenburg; — durch Hrn. Obergerichts - Director 
Wiarda in Aurich Familien-Nachrichten, betr. die Familie 
Wiarda; — * durch Hrn. Consul B. Brons jr. Verhandlungen 
der deutsch-niederlandischen Conferenz ev. Prediger und 
Gemeindeglieder am 3. und 4. October 1871 in Emden; — 
durch Hrn. Director Schweckendieck Missionsberichte 
von 1861 — 1871, verschiedene Broschiiren etc.; — durch 
Hrn. Winkler in Leeuwarden over de Taal en de Tong- 
vallen der Friezen, 1870; durch Herrn Brouer in Leer 
de Doopsgezinden (Martelaaren) door Braaght, 1685; — 
durch Hrn. Dr. Lohmeyer 2 Ostfr. Urkunden, von den 
Fiirsten Carl Edzard und Georg Albrecht unterzeichnet; — - 
durch Hrn. Kaufmann B. Schroder Wetboek der Kruide- 
niersgilde, von 1633 an;' — durch Hrn. Grafen v. Knyp- 
hausen zu Hannover gedruckter Catalog seines Miinz- und 
Medaillen-Cabinets ; — durch die Herren Buchhandler Krim- 
ping und Kaufmann Graepal alte Fiebeln, Lese- und 
Rechenbiicher, 24, resp. 6 Stuck ; — durch Hrn. M. Pels 
Geleitsbrief fur die Judenschaft in Emden von 1784 — 1804? 
prolongirt bis 1824; — durch Hrn. Kaufmann W. Ries in 
Aurich Flaggenkarte von 1793; — durch Hrn. Oo sting 
in Oldendorp Gildebuch fur die Knopfmacherzunft ; — durch 
Hrn. Siefkens jr. Gildebuch fur die Malerzunft, von 1595 
an; — durch Hrn t Kaufmann Sielmann Documente, be- 



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-*! 



- Ill — 

treffend Steuersachen aus der franzosischen Zeit, einen 
Emder Burger betreffend; — durch Hrn. Lehrer de Vries 
Gildebrief der Schmiedezunft hieselbst, von 1622 an, und 
2 Manuscripte zu demselben; — durch die Frau Wittwe 
Sachs, geb. Ruyl, ein Theil der nachgelassenen Biicher 
des Senators Sachs; — durch Hrn. Dr. Pfeiffer von New- 
Oxford in Pennsylvanien medicinische Zeitschrift in engli- 
scher Sprache, Philadelphia 1846, worin eine Abhandlung 
von demselben j — durch Olcks Erben zwei alte Seekarten 
aus dem Schluss des 17. Jahrhunderts, Cantons-Eintheilung 
Ostfrieslands wahrend der franzosischen Occupation und 
Beschreibung des Amts Pewsum ; — durch Hrn. Dr. Fried- 
laender dessen Broschure, betitelt das Einlager, Beitrag 
zur Rechtsgeschichte, Minister 1868 ; — durch Hrn. C. V o eke 
Contract des Victor v. Frese in Loquard mit dem Prior des 
Klosters v. Sylo (Sylmonken) von 1497, betr. den Camper 
Aussendeich; — durch denselben Rechnungen und Kauf- 
briefe, betreffend den hiesigen Schiffsbau, aus verschiedenen 
Jahren; — durch Hrn. Siebolts Documente, betreffend die 
hiesige Blockmachergilde ; — durch Hrn. Graepel Schutz- 
und Geleitsbrief der hiesigen israelitischen Gemeinde von 
1805; — durch Hrn. Apotheker v. Senden Verhandlungen 
der Ostfriesischen Landschaft nebst Protocollen von 1837 
bis 1860. 

II. Miinz-Sammlung. 

a. angekauft: 
1 silberne Denkmunze, ohne Jahreszahl ; — 2 / B Thlr. von 
Friedrich II. ; — »/« Thlr. hessisch; — "1 Ducat von 1751; 
— verschiedene Vs Thalerstiicke ; — 1 preuss. Doppelducat 
von 1750; — vier Vs Thalerstiicke; — 1 Siegesthaler von 
1871; — 1 Denkmunze auf Friedrich den Grossen; — eine 
Denkmunze auf die Emder Assecuranz von 1783 ; — 1 Al- 
bertus-Thaler; — 1 Fiinfgroschenstuck hann. Conv.-Miinze 
von 1821. 



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— 112 — 

b. geschenkt: 
, Durch Frau Kreishauptmann V. W e y h e 1 Silbermedaille 
auf den Tod der Gemahlin des Fiirsten Christian Eberhard; 
— durch Hrn. Gymnasiast Hoogklimmer Abbildung zweier 
Emder Miinzen, gepragt wahrend der Hamburger Occupa- 
tion; — durch Herrn C. Vocke 2 Ostfr. Stiiber von 1747 
und 1797; — durch Hrn. Ortsvorsteher v. Hal em in Greet- 
siel 1 Silbermiinze, gepragt unter Ferdinand II., 1621; — 
durch Hrn. Senator Dantziger 1 danische und 1 oster- 
reichische Miinze und 1 JDreistiiberstiick von Cleve-Jtilich- 
Berg; — durch Hrn. C. Vocke 1 Medaille auf die Bela- 
gerung von Paris, 1870/71; — durch Hrn. Franz Heyl 
1 Vier-Mariengroschen von 1708 vom Kurfursten Georg 
Ludwig von Braunschweig -Liineburg; — durch Herrn T. 
Buisman 1 ostfr. Silbermiinze, 1 / 4t Stiiber von 1757; — 
durch Hrn. Pastor Drost in Dykhausen 1 Spottmedaille 
auf Napoleon III.; — durch Hrn. Pastor Rigts in Wolt- 
zeten 1 geldrische Goldmiinze, aufgegraben in Grotegast, 
und 1 Silbermiinze von Christian Eberhard ; — durch Hrn. 
Wenkebach in Hooksiel einige ostfriesi&che und jever- 
sche Miinzen; — durch Hrn. Primaner Dirks in Aurich 

1 hollandischer daler von 1686; — durch die Herren Herr- 
mann in Oldersum und Pastor Strom ann in Neermoor 
eine Partie verschiedener Miinzen; — durch Hrn. Kleider- 
macher H. Tholen hieselbst 1 Miinze von 1748, 1 dito mit 
der Graflichen Harpy e, 1 Miinze von Carl Edzard, 1 Denk- 
miinze von Heinrich IV. von Frankreich undJNavarra; — 
durch Hrn. Gastwirth Phil. Janssen 1 Emder Stiiber von 
1645; — durch Hrn. Steuer-Einn. Janssen in Marienhave 

2 ostfr. Va Stiiber von 1779 und 1781 und 1 seelandischer 
Deut; — durch Hrn. Lootsen Simmering 6 siidamerik. 
Kupfermiinzen und 1 franzosische ; — durch Hrn. Pastor 
Stromann in Neermoor 1 peruanische von 1864 und 1 
anhalt-bernburgische Miinze von 1793; — durch Herrn 
Hayunga in Manslagt 1 Laub thaler (Bischofsmiinze) von 



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2 



- 113 - 

1650 und 2 alte ostfriesische Miinzen; — durch Hrn. Senator 
Wiarda 1 oldenburgische Miinze von Anton Giinther; — 
durch Hrn. Lo.hmeyer 2 franzosische Assignaten ; — durch 
Hrn. J. Sissingh zu Jemgum eine dort aufgegrabene De- 
venter Kupfermiinze; — durch Hrn. Superint. Metger in 
Groothusen verschiedene chinesische Miinzen } — durch Frl. 
Leiner in Leer 51 Stiick diverse Miinzen, worunter 1 Emder 
V 3 , 1 Sechstehalb von Christian Eberhard und verschiedene 
Miinzen von Friedrich dem Grossen; — durch Hrn. Haynel 
eine aufgegrabene Denkmiinze ohne Jahreszahl mit mytho- 
logischen Figuren; — durch Hrn. Comm.-Rath Reemtsma 
ein aufgegrabener stuiver; — aus dem Nachlass des Hrn. 
Lotsche in Canum 24 Kupfermiinzen ; — durch Hrn. Se- 
nator de Pott ere 1 Upstalsboomthaler von 1865; — durch 
Herrn Schuster in Esens 1 jeversche Munze; — durch 
Hrn. Pastor Frerichs 1 Tourone, gefunden in Eibenhausen 
bei Reepsholt; — durch Herrn Wenkebach in Hooksiel 
19 Stiick div. Kupfermiinzen; — durch Herrn Oostheim 
9 Kupfermiinzen; — durch Frau Generalin von Frese in 
Loppersum 1 Ernst-August'Thaler von 1851, 1 Thaler von 
Georg V. von 1861, 2 Gutegroschen, 2 Groschen u. 3 han- 
noversche Vier-Pfennigstiicke ; — durch Frau Bau-Director 
Kettle r in Aurich 1 Goldmunze (Emder Stiiber), aufge- 
funden in einem Bauerhofe in Frankreich 1814; — durch 
Frau Wittwe Ohling in Wolthusen 1 romische Kaiser- 
miinze von Trajan, 1 silberne Tourone, 1 brandenb. Miinze, 
gepragt unter Johann Friedrich 1673; — durch Hrn. G e e 1 - 
v ink jr. 1 jeverscher Thaler; — durch Hrn. Kappelhoff 

1 Scheepken-Schilling; — durch Hrn. Pastor Stromann 
in Neermoor 4 Miinzen; — durch Hrn. Hoyer in Oldersum 

2 Emder Stiiberstiicke, 1 holl. Stiiber von 1677 und 1 holl. 
Kupfermiinze ; — durch Hrn. J. C. Janssen in Marien- 
hafe 5 verschiedene Miinzen; — durch Hrn. Merkel eine 
ostfriesische Witte von 1601; — durch Hrn. Consul Helm 
1 unechter Camper Gulden; — durch Hrn. Kappelhoff 

a 



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— ii4 — 

1 preuss. Groschen von 1782, 3 alte MtLnzen (worunter ein 
ostfr. Mariengroschen von 1762 und eine Kupfermiinze von 
1602); — durch Hrn. R. Graepel 2 hannov. Pfennige von 
1842; — durch Hrn. T. Buisman 1 Denkmiinze, betr. die 
Hungersnoth in Halle 1847, und Silbermiinzen aus ver- 
schiedenen Landern; — durch Herrn Dantziger ein 
alter Hamburger Schilling; — durch Hrn. E. D. Polack 
13 Munzen, worunter viele Ostfriesische; — durch Herrn 
Grimme 17 Kupfermiinzen aus verschiedenen Landern; — 
durch Hrn. Pastor Seebens in Grimersum 1 franzosische 
Assignate von 1793; — durch Herrn Kaufmann Wi 11ms 
anderthalb Pfennig hannov. MtLnze; — durch Hrn. Pastor 
Criegee 1 falscher Thaler ; — durch Hrn. General-Superint. 
Gossel in Aurich eine Quantitat verschiedener Munzen ; — 
durch Hrn. Pastor Mansholt in Ditzum eine Hamburger 
Silbermunze von 1728; — durch Hrn. Krautner Folkers 
einige danische und eine friesische Munze; — durch Hrn. 
Krautner B. Schroder eine Aachener Kupfermiinze von 
1765 (12 Heller);* — durch Herrn Polizeidiener J. Gans 
7 Munzen; — durch Hrn. Barth l / 4 Thalerstiick von 1750; 
— durch Frl. Kahle 2 Munzen; — durch Hrn. de Ruyter 
in Bremen 1 Kupfermiinze von Hieronymus von Westfalen 
(20 Centimes); — durch Hrn. Kappelhoff 1 Heller, in der 
Pelzerstrasse ausgegraben; — durch Hrn. Pastor Billker 
in Freepsum und Hrn. Krautner Folkers 2 in Freepsum 
aufgegrabene ostfriesische Silbermiinzen von den Grafen 
Edzard und Johann; — durch Hrn. Amtsrichter Rob en in 
Aurich 1 preuss. - polnisches Dreigroschenstiick, pigeon ge- 
nannt, mit dem Bilde Friedr. Wilh. III. ; — durch denselben 
6 Kreuzer in osterr. Papier. 

III. Sammlung von Alterthiimern und historischen 

Merkwiirdigkeiten. 

a. angekauft: 

Ein vergoldeter Pokal der Gold- und Silberschmiede- 

zunft zu Emden; — Lchrbrief des Chirurgen Leiner in Aurich 



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— 115 — 

vom Jahre 1754; — em bei Hamswehrum aufgefundener 
goldener Knopf; — eine zinnerne Trinkkanne von 1666; 
— Gildebuch der Maler- und Glaser-Zunft von 1585 und 
Gildeordnung von 1595; — Portraits von Graf v. Wedel, 
Biirgermeister Ehrlenholz, Jhering, Stifter der Miihlenbrand- 
Societat in Aurich, und Cantor Roben in Leer. 



b. geschenkt: 

Durch Hrn. Kaufmann Jung ein alterthiimliches Spiel, 
aus Knochen gearbeitet, bestehend aus 34 Marken, 4 Fisch- 
figuren und 2 Rollen mit einer Schraube; — durch Herrn 
v. Hoorn Amts-Proef-Biisse der Gold- und Silberschmiede- 
zunft vom Jahre 1596 und 2 Modelle zu sogenannten Knipp- 
Borsen ; — durch Hrn. Senator d e B o e r 4 Karten, erbeutet 
von dem Landwehr-Officier Nackerin dem Hauptquartier 
de's Marschalls Mac Mahon bei Sedan ; — durch Hrn. Consul 
B. Br on s jr. 2 Blatter Monchsschrift u. Legitimationskarte 
zur freiwilligen Krankenpflege im letzten Kriege nebst der 
dazu gehorigen weissen Armbinde mit rothem Kreuz; — 
durch Herrn Bau-Inspector Schramm e Mairie-Siegel vom 
Departement Ems Oriental; — durch Herrn Sissingh in 
Jemgum 1 dort aufgegrabener eiserner Sporn und 3 Blei- 
kugeln; — durch Hrn. Bottcher Graepel Verordnung fur 
die Bottcherzunft von 1643 und 1666; — durch Hrn. Senator 
Wiarda ein Brief des Generals FHomme de Courbi&re aus 
Graudenz 1807; * — durch Herrn Schullehrer Backer in 
Wybelsum der obere Theil einer dort aufgegrabenen Urne; 

— durch Hrn. Wenkebachin Hooksiel 6 Perlen aus einem 
Rosenkranz, aufgegraben zwischen Waddewarden und Had- 
dien; — durch Hrn. v. Hove zu Suurhusen ein dort auf- 
gegrabenes holzernes Kreuz ; — durch Frau Commerz.-Rath 
Reemtsma ein in Neermoor aufgegrabenes Hirschgeweih ; 

— durch Hrn. Past. Nellnerin Stickhausen lithographirte§ 
Bild von Ubbo Emmius; — durch Hrn. Kleidermacher H. 



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- 116 - 

Tholen 8 grossere und kleinere Urnen, 1 Todtenlampe, 
1 Weihgefass, 1 zerbrochene Urne, 1 romische Weinkanne 
rait Untersatz, ausgegraben zu Xanten bei Cleve, ferner em 
Buch von <ler frilhereri Kleidermacherzunft hierselbst vom 
Jahre 1620, ein Siegel vom Jahre 1499. und ein Stuck Tuff- 
stein aus einer von Titus erbauten Mauer zu Trier; — durch 
Hrn. Pastor Herborg in Jemgura kritische Bemerkungen 
von ihm selbst zu der Abhandlung des General-Superint. 
Bartels in Aurich iiber die Entstehung des Dollart, ferner 
Vervolg van Fabricius Oostfriesche Kronyk benevens la- 
tynsche gedichten door Elardus Crous Pred. te Jemgum, 
Abschrift aus dem Kirch enproto coll ; — durch Hrn. Hoyer 
in Oldersum 2 Erdmannspfeifen ; — durch Hrn. Gastwirth 
Poppinga und Wittwe Schmidt in Marienhafe 3 Stein- 
bilder von der alten Marienhafer Kirche; — durch Herrn 
Gastwirth Poppinga in Groothusen Chronyk von Ede 
Sievers, Schulmeister in Pilsum (Mscrpt.): — durch Herrn 
Amtsrichter Rob en in Aurich Plan der Stadt Emden; — 
durch Hrn. Conrector Ditzen 6 Pfeile von den Sandwichs- 
Inseln; — durch Hrn. Kaufmann Cramer hieselbst eine 
weiss-seidene Schleife mit kunstvoll hineingewebten Por- 
traits der Helden von 1870/71; — durch Hrn. Polack eine 
ausgegrabene sogenannte Pfeifenlade; — durch Hrn. Auct. 
Penning der Abdruck eines Freiherrl. Rysumschen Ge- 
richtssiegels von 1657; — durch Hrn. v. Alten in Olden- 
burg photograph. Abbildung eines bei Westerstede aufge- 
grabenen Schuhes; — durch Herrn Metger in Jever Ko- 
kosnusschale mit kunstvollen Gravirungen, darstellend Scenen 
aus Qvids Metamorphosen ; — durch Hrn. H. Bo el sen als 
Curiosum eine von einem ohne Hande gebornen Madchen 
mit dem linken Fuss angefertigte Zeichnung, Freiberg 1787 ; 
— durch Hrn. Agena zu Osteeler-Altendeich Schachtel mit 
Antiquitaten ; — durch die Ostfriesische Landschaft 
jsin alterthiimliches Schwert und 2 Urnen, aufgegraben am 
Upstalsboomi 



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- 117 — 

IV. Sammlung von Gemalden, Kupferstichen etc. 

Em Oelgemalde, Federvieh darstellend, geschenkt durch 
Hrn. Senat. dePottere; — durch Hrn. Dr. med. Pfeiffer 
aiis New-Oxford in Pennsylvanien dessen Photographic, — 
durch Herrn Senator de Potter e ein Oelgemalde, Genre- 
bild in der Manier von Jan Steen; — durch denselben ein 
Oelgemalde, Wild darstellend; — durch Hrn. A. F. Grimme 
zwei Kupferstiche. 

Die Gesellschaft spricht den verehrlichen Gebern ihren 
verbindlichsten Dank aus. 

Die Direction der Gesellschaft bilden zur Zeit: Gym- 
nasial-Director Dr. Schweckendieck (Director), Amts- 
richter Lohstoter (Vice-Director), Pastor Pleines (Secre- 
tair), Kaufmann Vocke (Rendant). Als Beisitzer fungiren: 
Pastor C r i e g e e , Oberlehrer Dr. W i a r d a , Auctionator 
Penning und Particulier B 1 e e k e r. 

Es war der Antrag gestellt, zur Forderung der Zwecke 
der Gesellschaft auch correspondirende Mitglieder zu 
ernennen. Derselbe wurde zum Beschluss erhoben und der 
dadurch nothwendig gewordene Zusatz-Artikel zu den Sta- 
tuten durch Rescript des Oberprasidenten zu Hannover vom 
3. Februar 1873 genehmigt. Nach diesem werden die cor- 
respondirenden Mitglieder durch die Direction ernannt und 
haben gleiche Rechte wie die Ehrenmitglieder. Die Direction 
ernannte bisjetzt zu correspondirendenMitgliedern die Herren 
Mr. Nanninga Uilterdijk, Archivar der Stadt Kampen, 
und Sundermann, Lehrer zu Theener. 

Schliesslich bemerken wir noch, dass die Gesellschaft 
im Laufe dieses Jahres eines ihrer Mitglieder, den Particu- 
lier T. Buisman, am 23. Mai 1873 durch den Tod ver- 
loren hat. Derselbe hat sich um die Gesellschaft ein blei- 
.bendes Verdienst erworben durch ein Geschenk von 5000 
Thalern, mit der Bestimmung, dass diese Summe ein Jahr 



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— 118 - 

nach dem Tode des Geschenkgebers an dieselbe ausbezahlt 
werden soil. Aufs Neue hinzugetreten sind als 

wirkliche Mitglieder: 

a. Einkeimische: 

Kaufmann P. "Geelvink; Kaufmann P. v. Rensen; 
Kaufmann Sikko Barghoorn; Architect Visser. 

b. Auswartige: 

Dr. Babucke, Oberlehrer am Gymnasium in Aurich; 
Dr. jur. Friedlaender, Archiv-Vorstand in Aurich; Ober- 
gerichtsrath Peters in Aurich; Platzbesitzer D.M. Agena 
zu Osteeler-Altendeich; Lantzius-Beninga, Oberforster 
in Stiekelkamp. 

Zum Schluss richten wir an alle Freunde der vater- 
landischen Geschichte die ergebenste Bitte, vaterlandische 
Alterthiimer und sonstige historisch werthvolle Sachen den 
Sammlungen unserer Gesellschaft einzuverleiben, in welchen 
diese gewiss am sichersten aufbewahrt bleiben und am 
meisten nutzbar gemacht werden. 

Die Direction. 



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Literarisches. 

Das „Jahrbuch der Gesellschaft fur bildende Kunst und vater- 
landische Alterthumer zu Emden" bringt in seinem ersten Heft einen 
interessanten Vortrag tiber die Entstehung des Dollart, dem zur an- 
schaulichen Instruction eine Karte beigegeben ist. Den ttbrigen Inhalt 
bilden andere Gegenstande, deren klare Behandlung ganz geeignet ist, 
die Kenntniss der ostfriesischen Geschichte und der ostfriesischen Alter- 
thiimer zu f ordern. Die weiteren Publicationen der Gesellschaft werden * 
um so willkommener sein, als ja das betreffende Terrain eine ergiebige 
Fundgrube der Forschung zu werden verspricht. [Europa 1872 Nr. 33.] 



„Ostfriesisches Monatsblatt" (Emden und Aurich, W. Haynel). Je 
ungestoi-ter wir uns jetzt der Guter der nationalen Einheit erfreuen 
konnen, um so gerechtfertigter ist der Wunsch, dass das geistige Leben 
unseres Volkes sich nicht auf einzelne Centralpunkte beschranke, son- 
dern dass alle Glieder des Ganzen sich auch in moglichst intensiver 
und eigenartiger Thatigkeit entwickeln mogen. Von diesem Gesichts- 
punkte aus begriissen" wir mit lebhafter Genugthuung das mit diesem 
Jahr ins Leben getretene „Ostfriesische Monatsblatt fur provinzielle In- 
teressen a , das sich zur Aufgabe stellt, in einem engeren Kreise Liebe 
zum Gemeinwesen und Verbindung der verschiedenen Krafte zu frucht- 
bringender Thatigkeit zu fordern. Es darf ein solches Unternehmen 
gewiss ebenso wohl auf das Interesse weiterer Kreise rechnen, denen 
es einen Einblick in die Eigenthiimlichkeit Ostfriesischer Geschichte und 
Ostfriesischen Lebens eroffnet, als es in Ostfriesland selbst segensreich 
zu wirken geeignet ist. Die Liebe zur Heimath hat hier viele tiichtige 
Krafte zuriickgehalten, aber es fehlte bis jetzt an einem Mittelpunkte, 
dieselben zu gemeinsamer wissenschaftlicher und practischer Thatigkeit 
zu verbinden. Weder giebt es bis jetzt fur ganz Ostfriesland einen 
gemeinnutzigen noch einen historischen Centralverein, wahrend doch 
4ie Elemente fdr beide hinreichend vorhanden smd. Mo'ge es denn dem 



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— 120 :— 

Monatsblatt, das sich einer trefflichen Redaction und vieler gediegener 
Mitarbeiter erfreut, gelingen, nach den verschiedensten Richtungen iiin 
aammelnd und ftirdernd zu wirken. 

[Magazin fur die Literatur des Auslandes.] 



„Ostfriesisches Monatsblatt." Dies den provinziellen Interessen ge- 
widmete und vom Pfarrer A. E. Zwitzers herausgegebene Unternehmen 
bringt in Heft i bis 5 seines ersten Bandes eine Reihe grosserer und 
kleinerer Abhandlungen, die dem ausgesprochenen Zweck in trefflicher 
Weise dienen und sowohl durch stoffliche Mannigfaltigkeit wie anregende 
Form den Leser zu fesseln verstehen. . [Europa.] 



Pruck von H. W. H. Tapper & Sohn in Aurich. 



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Jahrbuch 



der 

Gesellschaft fQr bildende Kunst 

und 

vaterlandische Alterthiimer 



zu 



Emden. 



Heft III. 



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Emden. 
Verlag von W. Haynel. 

1874. 



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Druck von H. W. H. Tapper & Sohn in Aurich. 



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Inhalt: 

Seite 

Beitrage zur ostfriesischen Cultur- und Liter aturgeschichte: 1. Eg- 
gerik Beninga und seine Cronica der Fresen. Von General- 
Superintendent Bar tela in Aurich 1 

Beitrage zur Geschichte von Emdens Handel und Schifffahrt Von 

Gymnasial-Director Dr. Schweckendieck in Emden ... 38 
Zur Erinnerung an den Emder Rathhausbau in 1574. Von General- 

t Superintendent Bartels in Aurich 70 

| Emder Stadtrechnungen aus den ersten Jahrzehnten des 16. Jahr- 

\ hunderts. Von Senator Schnedermann in Emden . ... 107 

| Die Grosse Kirche in Emden und ihre historischen Merkwtirdig- 

1 keiten. Von Kirchenrath Vie* tor in Emden 121 

(Kurze Anzeige der Briefe de» Aggaeus de Albada etc., heraus- 
gegeben von Dr. Friedlaender 132 

' Berichtigungen zu dem Aufsatz w Ostfriesische Hausmarken a im 

1 II. Heft des Jahrbuchs. Von dem Geh. Staats-Archivar Dr. 

I Friedlaender zu Berlin . . 135 

Jahresbericht der Gesellschaft von Juni 1873 bis 1. Juli 1873. 

Von dem Secretair der Gesellschaft, Pastor Pleines . . . 136 
Verzeichniss der Mitglieder 147 



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Beitrage zur ostfriesischen Cultur- und 
Literaturgeschichte- 

Von General-Superintendent Bartels in Aurich. 

1. Eggerik Beninga und seine Cronica der Fresen. 

Meine Herren! 

Uie bereits im Zeitalter des Ubbo Emmius und des 
Kanzlers Brenneysen mehrfach verhandelte Frage nach 
dem Quellenwerth unserer ostfriesischen Chronisten und Ge- 
schichtschreiber aus dem sechszehnten Jahrhundert ist in 
unseren Tagen mit Nachdruck wieder zur Sprache gebracht 
durch die freilich zunachst gegen Klopp gerichtete „Kritik 
der friesischen Geschichtschreibung" von Mohlmann. Wer 
nach den erregten Verhandlungen urtheilte, welche sich an 
verschiedene Schriften von Klopp ankniipften, oder nach 
dem schroffen Gegensatz, in welchen sich Mohlmann zu 
Personen und Anschauungen stellte, die bislang in Ostfries- 
land allgemeine Geltung und einen gewissen Grad von Pie- 
tat genossen: der konnte kaum zweifeln, dass diese „Kri- 
tik" der Ausgangspunkt lebhafter Erorterungen sein werde. 
Gleichwohl ist es bis heute recht still iiber diese Materie 
geblieben, und in Ostfriesland fast noch mehr als z. B. in 
Groningerland. Wenn ich es heute unternehme, Ihre Auf- 
merksamkeit auf dieselbe zu richten, so gedenke ich nicht, 
jene Frage von einem specifisch fachwissenschaftlichen 
Standpunkt aus zu behandeln, sondern ihr von dem uns 
nilher liegenden allgemeinen literatur- und culturgeschicht- 

1 



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— 2 — 

lichen Interesse aus naher zu treten. Jene alten Chronisten 
und Geschichtschreiber sind eben nicht bloss Darsteller der 
Zeit, deren Denkwiirdigkeiten sie aufzeichnen, sondern es 
trifft sich, dass wir zugleich an ihnen selber vor andern 
charakteristische Typen ostfriesischen Lebens und ostfriesi- 
scher Denkart im Zeitalter der Reformation besitzen: an 
Eggerik Beninga, der uns heute beschaftigen soil, fur die 
Reformationszeit selber, an Ubbo Emmius und den mit ihm 
gleichzeitigen Norder Chronisten und Geschichtsfreunden 
fur die Periode der confessionellen und politischen Spal- 
tungen zur Zeit der Entstehung der Republik der Nieder- 
lande. 

Eggerik Beninga *) war Hauptling zu Grimersum, Bors- 
sum, Jarssum und Widdelsweer, Drost zu Leerort, Rath des 
Landes wahrend der vormundschaftlichen Regierung der 
Grafin Anna und Probst zu Weener: also ein hervorragen- 
des Mitglied des ostfriesischen Adels, ein hochgestellter 
Civil- und Militairbeamter und kirchlicher Wiirdentrager in 
einer Person. Seinem Namen begegnen wir fast tiberall 
bei schwierigen diplomatischen Verhandlungen und wichtigen 
Acten der Gesetzgebung, deren Zeitgenosse er war, und Sie 
werden vielleicht geneigt sein, anzunehmen, wir hatten es 
mit einem vielseitig gebildeten und jedenfalls grundlich ge- 
lehrten Manne zu thun, wie denn auch Tjaden gemeint hat, 2 ) 
Beninga miisse im Kloster zu Hinte, wo sein Vater Probst 
gewesen, vorgebildet sein und hernach in Paris studirt haben. 
Dass es aber jedenfalls um die klassische Bildung des alten 
Herrn eigenthiimlich bestellt gewesen, werden Sie alsbald 
merken, wenn Sie ihn ganz treuherzig berichten horen: 
Pipin's und Karl Martell's Thaten stiinden aufgezeichnet 
bei Cornelius Tacitus, der iiber ein halbes Jahrtausend vor 
ihnen starb, und derselbe Cornelius Tacitus erzahle, die 
Stadt Groningen sei von den Hunnen erbaut worden ! s ) 
So wirft es auch ein gar nicht unbedenkliches Licht auf die 
theologische Erudition des kirchlichen Wiirdentragers, dass 



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— 3 — 

er, zwar im Ganzen in der Schrift nicht unbewandert und 
gleichsam fur den Hausbedarf sich ihrer richtig bedienend, 
doch gelegentlich den Propheten Hosea mit Jesaja ver- 
wechselt, und aus einer Strafpredigt, welche Jesaja den 
Tochtern Jerusalems iiber ihren mass- und sinnlosen gol- 
denen Modetand gehalten hat, die Folgerung ableitet: die 
bei den Friesen altherkommliche Tracht komme schon in 
der Bibel vor und habe dadurch ihre ganz besondere Legi- 
timation erhalten. 4 ) Tjaden's Meinung entbehrt jeglicher 
Begriindung, und mit aller Wahrscheinlichkeit lasst sich 
vermuthen, die ganze Klosterschule und Universitat reducire 
sich auf den Magister Henricus Huesman, der in Beninga' s 
Knabenjahren zu Grimersum Burgcaplan oder Pastor war, 
z und die Kinder des Hauses Grimersum ebenso zu unter- 
richten gehabt haben mag, wie der Magister Georg Apor- 
tanus die Kinder Edzard's des Grossen zu Emden. Ich 
glaube daneben die weitere Vermuthung verlautbaren zu 
durfen, dieser Magister Henricus Huesman sei niemand an- 
ders als ein jungerer Bruder von Rudolf Huesman und Jo- 
hannes Huesman, von welchen der erste unter dem Namen 
Rudolf Agricola als einer der ersten Wiederhersteller der 
Wissenschaften weltbekannt ist, der andere als Landrichter 
der Grafin Theda in Ostfriesland in hohem Ansehen stand. 
Die Gelehrten wissen von dem Vorhandensein des Henricus 
Huesman, haben aber seine Spur verloren; vielleicht hat 
ihn sein Bruder Johannes nach Ostfriesland gezogen, wie 
er auch Rudolf dahinzuziehen versuchte. 5 ) Dem sei, wie 
ihm wolle, eine eminente Personlichkeit scheint Magister 
Henricus nicht gewesen zu sein, noch auch besondern Ein- 
fluss auf seinen muthmasslichen Zogling ausgeiibt zu haben, 
doch wiirde Beninga, wenn meine Vermuthung zutrafe, durch 
ihn mit den Unterrichtsanstalten der Bruder vom gemein- 
samen Leben zusammenhangen. Es ist jedenfalls keine all- 
zu iibertriebene Bescheidenheit, wenn sich Beninga im Gegen- 
satz zu den Gelehrten als einen „schlichten Laien u bezeichnet 

1* 



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— • 4 — 

und einem fahigen Dorfpfarrer mit grossem Respect als 
einem gelehrten Mann gegeniibertritt, ja von Ehrfurcht er- 
griffen wird, wenn er von seinem verstorbenen Schwager 
Ulrich von Dornum berichtet: „und is so een vorstand by 
em gewest, dat he uth enen groten iver, den he to de Gott- 
liche Hillige Schrift gehadt, bo e ken gemaket" (Chr. 707.) 
Dass noch an seinen eigenen Namen sich nach dreihundert 
Jahren ein literarhistorisches Interesse knupfen konnte, hat 
wohl niemand weniger erwartet als der alte Drost selber. 
Wir miissen uns dabei erinnern, dass die Probstwurde in 
Ostfriesland wohl eine kirchliche, aber keine geistliche 
Wurde war, sondern kraft ausdrticklicher Dispensation 
Pabst Alexander's VI. vom Jahre 1493 6 ) auch Laien ver- 
liehen werden konnte, und der einer vollig gewachsen war, 
wenn er auch von gelehrten Kenntnissen nicht viel mehr 
besass als das Allernothdurftigste. Wenn indessen Mohl- 
mann (p. 19) so weit gegangen ist, zu behaupten, Beninga 
habe gar kein Latein verstanden, so lasst sich fur jene Zeit 
ja gar kein einigermassen unterrichteter Mann ohne einige 
Bekanntschaft mit dem Lateinischen denken; und wie hatte 
Beninga die oft von ihm citirten ersten Biicher des Worp 
von Thabor benutzen konnen, ohne Latein zu verstehen, 
da diese Biicher nur in lateinischer Sprache vorhanden sind? 
Gradezu monstros ist aber Mohlmann's Behauptung (p. 15), 
Beninga habe die in Ostfriesland geltenden Bestimmungen 
xtber die Probsteiwurde, die er selbst bekleidete, nicht ge- 
kannt, weil er habe sagen konnen, die Probsteien seien 
ausschliesslich fur den Adel gestiftet (Chr. 121), denn dies 
sei offenbar falsch. Im Gegentheil: es ist handgreiflich 
richtig, das ostfriesische Sendrecht spricht es mehr als ein- 
mal ausdriicklich aus: „die Prauwst, die den Seenthstoell 
schall besitten, die moet ein van Adell in Freesslandt ge- 
boren syn." ') 

Gelehrtenschulen und Universitaten hatte Beninga 
nicht so viel zu verdanken wie der Schule des Lebens; und 



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- 5 - 

diese war allerdings eine tiichtige. Geboren im Jahre 1490, 
' verlebte der Knabe seine Kinderjahre, wahrend Ostfriesland 
im ganzsn unter dem v&terlichen Regiment Edzard's d. Gr. 
Frieden und Wohlstand genoss, indes in Osten und Westen 
die Westfrjesen, Butjadinger und Ditmarschen sich fremder 
Herren in blutigem Kampfe zu erwehren hatten, und bei den 
Harrlingerlandern und Jeveranern unter ihren angestamm- 
ten Dynasten Faustrecht und Piraterei noch im Schwange 
gingen. Schon 1501, also in seinem elften Lebensjahre, ver- 
lor der Knabe seinen Vater, und wir miissen uns uber seine 
ganze Jugendzeit an der einen sichern Nachricht 8 ) geniigen 
lassen, dass,er noch in ganz jungen Jahren in die Dienste 
und Umgebung seines Landesherrn eintrat. Edzard war nicht 
bloss der dynastische, sondern auch der dynamische Mittel- 
punkt seines Landes: den Adel und das Volk miteinander 
nahm er unter seine Fliigel und hob sie durch tiberzeugende 
Thatsachen ohne viel Gebote iiber die Rohheit des Mittelalters 
hinaus, um bei aller ritterlichen Tiichtigkeit ihnen Frieden 
und Gesetzmassigkeit lieb zu machen: in seinem kleinen 
Kreise ein nicht geringerer Mann als Friedrich der Weise 
von Sachsen und Ernst von Liineburg. In seiner Nahe ist 
denn der junge Edelmann Zeuge gewesen von Edzard's er- 
folgreichen Bestrebungen, durch die Publication des Land- 
rechts seinem Volk geregelte Verhaltnisse und eine gesi- 
cherte Rechtspflege zu schaffen, und im Gefolge des Grafen 
finden wir ihn auch 1514 in Groningen zur Zeit der sach- 
sischen Fehde. Beninga ist sehr zuruckhaltend mit Mitthei- 
lungen iiber seine Person, und so erfahren wir nicht, ob er 
sich mit den Waffen in der Hand hervorgethan ; nach ien 
wenigen Notizen, die er giebt, darf man wohl annehmen, er 
habe vorzugsweise in der Kanzlei 9 ) des Grafen seine Arbeit 
gefunden und an dem wiisten Landsknechtswesen kein Ge- 
fallen gehabt, obwohl ihm beim Erzahlen von einem „recht- 
sinnigen" Reitertreffen doch unverkennbaj* warm urns Herz 
wird. Dass sich Beninga seines Herrn besonderes Vertrauen 



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— 6 - 

zu gewinnen wusste, bewies sich darin, dass Qraf Ed- 
zard ihn schon 1525 auf der wichtigen Feste Leerort als 
Drost anstellte, wo ihm zunachst die Verwaltung und die 
Rechtspflege obgelegen haben wird. In einer reichlich funf- 
zehnjahrigen Dienstzeit hat er sich auf diesem Posten be- 
wahrt, denn nach dem fruhzeitigen Tod des Grafen Enno 
ward er von der Grafin Anna berufen, als Rath des Landes 
ihr wahrend der vormundschaftlichen Regierung zur Seite 
;zu stehen, worauf er 1556 nochmals als Drost seine alte Feste 
Leerort bezog und fiinf Jahre daselbst thatig war, um mit 
dem Ende der vormundschaftlichen Regierung und dem that- 
sachlichen Regierungsantritt Edzard's II. sich aus dem offent- 
lichen Leben zurxickzuziehen. Anderthalb Jahre spater, den 
19. October 1562, erreichte er im 72. Lebensjahre das Ende 
seiner Laufbahn auf der Burg zu Grimersum, woselbst er 
in der Kirche begraben liegt. 10 ) 

Sie sehen : wir haben es nicht mit einem sttirmisch be- 
wegten, durch jahe Wechselfalle hindurchgegangenen Leben 
zu thun, sondern mit einem solchen, das im ruhigen Mit- 
arbeiten an den Aufgaben der Zeit und am Verarbeiten 
ihrer Gaben und Miihen seinen Beruf zu finden hatte. Diese 
Zeit freilich hat an innerer Erregtheit wenig ihres Gleichen : 
die Schranken des alten Erdkreises waren gefallen, um zu 
einer neuen Welt jenseits des Oceans die Pforten aufzuthun; 
die alte Erde selbst war aus ihrer Ruhe aufgestanden und 
hatte die Wanderjschaft angetreten durch den weiten Him- 
melsraum, anstatt Sonne, Mond und Sterne behaglich um 
sich herumwandeln zu lassen — was Wunders, wenn auf 
Erden alles Alte sich umgestaltete , wenn in Kirche und 
Staat, in Lehre, Sitte und Sprache Alles neue Bahnen ein- 
schlug, und selbst das insularisch abgelegene Ostfriesland 
in den Strom mit hineingezogen wurde! Zwar die Wogen 
des Oceans pflegen sich ein wenig zu legen auf dem weiten 
Wege, ehe sie die friesische Kiiste erreichen, aber eben hier 
entspinnt sich ein eigenthiimliches Kampfen und Ringen 



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- 7 — 

zwischen ihnen und der Menschenhand , das gelegentlich 
mit wildem Ungestiim, doch durchgehends in kaum spiir- 
barem Fortschritt hier die Statte der Lebendigen in's Meer 
versenkt und dort sie neu wieder auferbaut. Es verhalt 
sich ganz ahnlich mit den Wogen des geistigen Lebens und 
dem Verhalten unsers Volksstammes ihnen gegeniiber. 

Die brennende Frage zur Zeit, wo Beninga mitarbei- 
tend in's Leben eintrat, war die um die Reformation. Sie 
hatte in Ostfriesland nicht wittenbergischen oder zurcheri- 
schen oder strassburgischen Ursprung und Charakter, son- 
dern niederlandischen. Durch Johann Wessel in Groningen 
und die Braider vom gemeinsamen Leben in weiteren Kreisen 
vorbereitet, kam sie rasch zum Durchbruch und gewann 
etwa in den acht Jahren von 1519 — 1527 ohne Gewalt und 
ohne Radicalismus das Feld. Sie vollzog sich als eine 
religiose Erweckung, in der Furst und Volk in selb- 
standiger Einmiithigkeit zusammengingen, abweichend vom 
Ltineburgerlande , wo die Reformation dem Volk einfach 
vom Landesherrn gegeben wurde, abweichend auch von 
Holland, wo sie unter dem Druck des Landesherrn sich 
Bahn brach und bei Blut und Scheiterhaufen sich leicht 
zu Fanatismus erhitzte. Freudig eingehend in die von Wit- 
tenberg ausgehende Bewegung blieb Ostfriesland doch so- 
wohl Luther als den Oberl&ndern gegenuber auf eine selb- 
standige Haltung bedacht, bis Politik und Confessioneller 
Hader es wenigstens zum Theil aus seiner eigenthumlichen 
Bahn herausdrangten. Wir haben das alles hier nicht 
weiter auszufuhren, sondern zu zeigen, wie die charakteri- 
stischen Zuge der ostfriesischen Reformation uns in Beninga, 
einem ihrer eifrigsten Beforderer, entgegentreten, Obwohl 
selber ein Wtirdentrager der Kirche, ging Beninga nach dem 
Vorgange des Grrafen Edzard und Ulrich's von Dornum, der 
(Chr. 602) eben zur Zeit, wo die Reformation begann, eine 
Schwester Beninga^ zur Frau genommen hatte (1519), mit 
Eifer auf die kirchliche Neugestaltung ein; sobald er Drost 



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— 8 — 

zu Leerort und Probst zu Weener geworden war, finden 
wir in Leer und Weener nicht ohne sein Zuthun evangelische 
Prediger angestellt, und der Sieg der Reformation liegt ihm 
so sehr am Herzen, dass er selbst in sein Handexemplar des 
ostfr. Landrechts* 11 ) als charakteristisches Kennzeichen seiner 
Zeit anmerkt: „unde is do thor Tydt dat leuendige Woert 
Gods dat hilghe Euangelion lutter und klaer gepredigt, des 
de Almechtighe Heere und God gelavet unde gebenedeyet 
sy in Ewicheit." Mit Vorliebe zeichnet er von seinen Alters- 
und Standesgenossen diejenigen auf, die mit Eifer und 
Standhaftigkeit die Sache der Reformation erfasst und ge- 
fordert haben, 1% ) ausser Graf Edzard und Ulrich von Dor- 
num : Hilmer von Borssum, Victor Freese von Loquard und 
dessen Frau, Fia von Nesse, Hicco, Hedde und Remmer 
von Dornum; als aber der Herzog von Geldern 1534 den 
jungen Grafen Enno zu einem Vergleich nothigte, der 
geeignet war, die ganze Reformation riickgangig zu machen, 
da wusste man sich zu berichten, 1S ) Beninga, der den Ver- 
handlungen hatte beiwohnen mtissen, habe nicht unterzeichnen 
wollen. Daneben erzahlt er ganz ohne ublen Seitenblick, 14 ) 
wie in den Klostern der alte Cultus zum Theil von seinen 
eigenen Anverwandten fortgesetzt wurde, bis er gleichsam 
von selber erlosch, obwohl er diesen Zeitpunkt, nun er 
endlich erschienen ist, nicht ohne Genugthuung aufzeichnet. 
Das aber kaAn er nicht erwahnen, ohne Tadel durchblicken 
zu lassen, wie die Grafen Enno und Johann, den Weg ihres 
Vaters Edzard verlassend, sich an den Kirchen- und Kloster- 
giitern bereichern unter der Vorspiegelung, sie sollten zu 
des Landes Bestem verwendet werden. ,5 ) So sparsam leider 
auch Beninga's Mittheilungen uber die Reformationsgeschichte 
sind: das unterlasst er nicht hervorzuheben, wie schon vor 
Luther's Zeit Hilmer von Borssum die Schriften alten und 
neuen Testaments gelesen und allein nach ihnen sich ge- 
richtet habe, und wie Edzard der Grosse und Ulrich von 
Dornum Luther's Lehre nicht billigten und beforderten, ehe 



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- 9 — . 

sie selbstandig an der Schrift geprtift, wie sich's verhalte: 
„heft dat Word Gades angenomen" lautet stehend sein Aus- 
druck fiir den Beitritt zur Reformation. Wiederum hindert 
sein, nach spaterer Terminologie geredet, reformirter Stand- 
punkt ihn nicht, Hicco von Dornum, der sich der lutheri- 
schen Richtung zuwandte, hoch in Ehren zu halten, wie vor 
allem Luther selbst, „durch welchen Gott sein Wort wieder 
an's Licht gebracht"; aber wenn unter Luther's Naraen ein 
mehr kirchenpolitisches als kirchliches Princip mit dem 
Anspruch auftritt, allein Geltung zu haben und in Lehre 
und Cultus alles zu uniformiren, so hort bei ihm die Freund- 
schaft auf. Als unter Graf Enno derartige Versuche von 
niedersachsischen Theologen gemacht wurden, bespricht 
Beninga das nicht viel anders, als wenn der in der sachsi- 
schen Fehde abgeschlagene Eroberungsversuch in theologi- 
scher Einkleidung nochmals in's Werk gesetzt werden sollte ; 
das scheint ihm, als wolle man Luther zu einem neuen 
Pabst machen. 16 ) Namentlich die liineburgische Gottesdienst- 
ordnung kann er nicht ohne charakteristisches Kopfschiitteln 
ansehen mit ihren „witte Rochlen" und „Keersen anstecken, 
oft men sick ock des Dages nicht wol besehen kunde". 
Beninga war denn auch unter den Ersten, welche die Er- 
nennung Johann a Lasco's zum Superintendenten betrie- 
ben, 16a ) die ein Abschiitteln des sachsischen Einflusses und 
ein Einlenken in die volksthumliche, niederlandische Art 
der Reformation signalisirte, welcher a Lasco angehorte. 

Eben der Zug der ostfriesischen Reformation nach Wie- 
dergewinnung eines biblisch einfachen, nuchtern praktischen 
Christenthums brachte es von selber mit sich, dass ein Mann 
von Beninga's Stellung und Sinnesart sich mit den neuen 
Anschauungen vor allem auf das Gebiet des praktischen 
Lebens begab. Auch fur ihn selber war die Zeit der Re- 
formation eine Zeit innerer Umkehr geworden : er hatte, von 
dem wiisten Strom der Fehdezeit fortgerissen, bisher in einem 
Concubinat gelebt, 1T ) nun trat er in die Ehe mit Gela von 



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- 10 — 

Borssum, einer Tochter des vorhin genannten Hilmer von 
Borssum, der schon vor Luthers Zeiten sich an die Schrif- 
ten Alten und Neuen Testaments hielt und von des Pabstes 
Satzungen nicht wissen wollte. Er war Augenzeuge gewesen 
von der vaterlich hingebenden FtLrsorge Edzards des Grossen 
fur sein Land und von der aufopfernden Anhanglichkeit, 
vomit ihm dieselbe von seinem Volk in Tagen der Noth 
war erwiedert worden; das machte das grafliche Haus und 
das Volk von OstfKesland zu den Angelpunkten seines 
Strebens und Arbeitens : beiden sollten die Zeiten Graf Ed- 
zard's aus der Erinnerung nicht schwinden, und was damals 
begonnen, sollte in gleichem Geist bewahrt und fortgefuhrt 
werden. Es stand in dieser Beziehung mit dem Adel in Ost- 
friesland nicht wie anderwarts; wenn im iibrigen Deutsch- 
land der Adel nur mtirrisch und langsam sich mit den durch 
die Reformation geschaffenen Verhaltnissen aussohnte und 
den Interessen der anderen Stande wie den grossen Stro- 
mungen des Culturlebens theilnahmlos und unwillig gegen- 
iiberstand, 18 ) so nehmen wir in Ostfriesland in der Kegel 
das Gegentheil wahr: der FtLrst und der Adel stehen mitten 
im Volk, und wo es sich handelt um die Durchfuhrung der 
Reformation, um Regelung und Verbesserung der Rechtszu- 
stande, der Schulen, des Armenwesens, da sind wir sicher, 
den Namen Ulrich von Dornum, Victor Frese, Manninga, 
Knyphusen und mit ihnen Beninga zu begegnen. Er gehort 
aber nicht zu den schmeichelnden Freunden, sondern zu 
denen, die ernstlich an's Gewissen gehen, um rechtschaffene 
Abhiilfe zu schaffen, und wenn sie den Klagen des Volks 
ein offenes Ohr leihen, das Auge nicht verschliessen vor 
seinen Stinden. Seit den dreissiger Jahren 19 ) hatte sich die 
Lage des Landvolks in Ostfriesland sehr giinstig gestaltet; 
der Preis der Producte stand doppelt so hoch wie zwanzig 
Jahre vorher ; obgleich die Pachtpreise stiegen und der Kauf- 
preis fiir ein Gras Landes die unerhorte Hohe von 100 Fl. 
erreichte, so machte der Landmann aus einer Tonne Getreide 



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— 11 — 

mehr, als das ganze Gras, welches 5 — 9 Tonnen Ertrag 
lieferte, an Pacht kostete, und das gekaufte Grundsttick 
machte sich in wenig Jahren selbst bezahlt. Dennoch war 
das ganze Land voll Klagens, dass namentlich Pachter und 
Handwerker nicht vorwarts kommen konnten. Beninga hat 
seine Gedanken uber diese Zustande und die zu Grande 
liegenden Schaden eingehend in einem Schreiben an den 
Pastor Reiner Melchior zu Jarssum auseinandergesetzt. Das 
Ungliick ist, meint er, dass alles es darauf anlegt, bald 
reich zu werden: wahrend bisher die Hofe 50 — 60 Grasen 
gross waren, ruht man nun nicht, bis man den kleinen 
Grundbesitz an sich gebracht und 80 — 100 Grasen bei seinem 
Platz hat. Der Eigner uberbtirdet den Pachter und walzt 
alle Lasten auf ihn, der Pachter dagegen will bei der Pacht 
fruherer Jahre bleiben und den Gewinn aus den giinstigeren 
Zeitumstanden allein ziehen. Da wollen Zimmerleute und 
Maurer auch nicht zuriickbleiben und sich mit dem bis- 
herigen Taglohn von 1 Schaf nebst Bekostigung begnugen; 
einer greift dem andern in die Nahrung, und wer nicht die 
Halfte fur reinen Gewinn ansehen und in drei, vier Jahren 
sich ein eigenes Haus bauen kann, der klagt, er konne 
nicht bestehen. Auch die Amtleute suchen sich auf ihre 
Weise zu bcreichern; willkiirliche Taxen und Wucher drxicken 
den kleinen Mann, und vor dem Armen wird die Hand hart- 
herzig verschlosfcen. Viel wird gesprochen von Wucher und 
Betriebskunsten, die in andern Landen im Schwange gehen, 
aber die Kunst ist hier leider auch schon erfunden: noch 
riihmen wir uns des Evangeliums, doch wie sollte Gott uns 
eine Plage weigern konnen! Allein was einer vom andern 
leidet, ist am Ende noch kaum so schlimm, als das, worin 
ein jeder gegen sich selber siindigt. Beninga eifert hier 
gegen zwei Hauptklippen der gemeinen Wohlfahrt, die noch 
heute nicht unbekannt sind: „de Hamborger Tappen, sieden 
Doeken und engelse Lappen", die Trunksucht und die 
Prunksucht. Den meisten Leuten, wenn sie Geld in die 



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- 12 - 

Hande bekommen, gehe es eben grade wie der Nadel im 
Sack, das Geld konne nicht bei ihnen verborgen bleiben. 
Lassen Sie mich ein paar Stellen zugleich als Sprachproben 
mittheilen. „Wat niitte und proffyt dat syden doeck und 
de Engelsche Lappen hyr ein tydtlanck gedaen und noch 
deit, datsulve ys wol yn enen wetsteen tho bekniippen. 
Kan men nu ock underscheiden enen Hiirmann yn der 
cledunge, jae ttLschen enen Erbaren Manne und enen Borger 
oder Husmann? yd moet nu alle dudesck mit Engelsck 
doeck dorsneden gecledet syn, myt Sammet, Damast, Settyn 
und Cammelot de Rocke besettet, ja Wederschyn und Wor- 
steyn *) to Wambose is oer dagelixge dracht. De Vruwen 
und Megede in dem Lande wyllent den Borgerschen ock 
nicht togeven, idt moet dar syn, woe idt urn Geld oder to 
borge yn der Stadt Emden und in den andern flecken by 
den lakensniders to bekamen ys. De Borgerschen gaen nu 
dagelicks bet gesmucket, als de Erbaren (= adligen) Jiif- 
feren und fruwen yn dussen Lande by olden tyden plegen 
to gaen, ja mit Huven und Woelsten, 2 ) dat man nu tohantz 
geen underscheet kan kennen ; we nu wat meer heft als he 
wol upkrigen kan, de wil vort eyn Juncker und Herschop 
genompt syn. Uns Fresen wart naegesecht, dat wy de Apen 
gelyken, wat de sehen, dat wyllen se vont naedoen; wy 
Fresen mogen uns des wol schamen, dat wy nicht by unse 
Spracke und Cledunge bliven gelick alle andern Nationen. 
Dan waer men kumpt yn alien landen, so wyt de warrelt 
ys, soe hefft ein yder lant syne egene Spracke und Cle- 
dunge, we yn de lande vorkeren wyll, moet de Sprake 
leren, und wes he to doende hefft dorch einen vorsprake 
oder Talmetschen laten uwtrichten ; yd were uns Fresen ock 
vele roemlicker, dat wy ock by unse Spracke und Cledunge 

*) Wederschyn: ein schimmernder, Worsteyn (nach Tjaden): ein 
gesprenkelter Stoff. 

*) Woelste soil nach Tjaden eine Art Reifrock gewesen sein, zur 
Etymologie vgl. „Wulst u und das plattd. „w881beend u . 



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- 13 — 

bleven, soe doch nicht vele Nationen ere Cledunge und 
Gesmucke uwt der Bybelschen Scryfften bewysen konnen." 
Das ist aber nicht so zu verstehen, als hatte Beninga, wie 
dazumal die Wiedertaufer, alles Geschmeide und alien 
Schmuck verbannen mogen ; vielmehr empfiehlt er die durch 
das angebliche Privilegium Karl's des Grossen geadelte alt- 
hergebrachte Sitte der Friesen, an Haupt und Gliedern so 
viel edles Metall zu tragen, als jeder bezahlen kann; dafur 
hat er namlich den charakteristischen Grund, solcher 
Schmuck sei eine solide Zuflucht und Reserve fur Zeiten 
der Noth : „wanneer dan de gemene Fresen Krich und Vey de 
anquam, soe hadden se enen goeden Totrost an oer Ge- 
smide, dar kunden se tor stunt Gelt van maken und sick 
ut der Noet redden; wanner dan de Noet heran quam, so 
kunde men sick darmede redden. Kumpt men averst nu 
to Emden eder anderwegen myt synen Engelsche Rock, de 
is dan wat myt Sydewark beset, und wyll dar eyn Gulden 
eder mer up lenen eder borgen, de is soe willich nicht, 
dar Gelt up to doen, befruchtet sick, worde he one wat 
vorgeten, so kumpt de Worm daryn." Schlimmer aber als 
die sieden Doeken un Engelsche Lappen ist noch „unse 
L. Fruwe de Beerkanne", die von der Wiege bis ans Grab 
uberall obenan mit dabei sein muss: „als yd begin is, also 
ysset Ende; mit Overflodicheit kamen wy up de Warrelt, 
soe moet man uns ock naespolen myt den Hamborger Tap- 
pen." ,?Hyr in Emsigelandt (kumpt men) nergent yn eyn 
Dorp, dar se eyn benogent konnen hebben an (ane = ohne) 
enen Kroger, de kan sick ock so vele Beers nicht tovoren 
laten myt schepen und Wagen als de Gemene verswelget. 
Wat ein untellick Geld, Botter und Kese uwt dtissen Lande 
nae Hamborch geslepet .... wart ummebracht, dat ys by 
idtlichen wol kundich und by dusenden nicht to warderen. 
.... Daer varen alle Lakensnideren, Kremeren und andere 
Amptsgesellen und Borgeren yn der Stat Emden und in de 
anderen Flecken wol aff. Dan konen se ere Ware watse 



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— 14 — 

hebben to verkopen .... to Gelde maken, yd sye olde eder 
nye Waer, moet alle vor vul mede doer gaen, geen Dinck 
kan one to dure gelavet werden, woe se id man to borge 
up de rode Botter eder up den Harfest, wan dat Koren ge- 
dorschen wart, konen krigen. Wan dan de Husman myt 
Botter und Kese to Marckede kumpt, dan waren de Borger 
darup vor der Porten, als de Havick maelt up dat Velt- 
hoen, wan he dat vangen wyll. Dan ysset mestlick al ver- 
geten Broet, so heft de Hamborger Tappe Tecken gedaen." 
Darum schliesst er mit einem Vers, von dem ich in meiner 
Kinderzeit wohl noch Einzelnes im Volksmunde gehort habe: 

Hadde wy in Christo alle enen Geloven, 
Dat gemene Niitte und Beste vor Ogen, 
Goede Vrede und eyn recht Gerichte, 
Ene Mate, Elle und Gewichte, 
. Brtickeden de olde Miinte und goet Gelt, 
Soe stunde yd wol in aller Welt. 
Want wy uns den hylden nae der olden Sede, 
Dat brachte uns vel Geliickes mede, 
Und wolden gedencken vort, 

Dat Freslant dorch syden Doeken und Engelsche Lappen 
In Schaden kamen schulde dorch Krich unde Hamborger Tappen, 
Soe heft ock eyn redlick Man den Grundt, 
Dat wt Overflodicheyt alle Boesheit kumpt. 
Wanneer wy dan ock leten unse Pralen, 
Und sochten den Drunck nicht wt Kannen, Krosen und Schalen, 
Wulde wy dar man van afflaten, 
Dat schulde hyr goet doen alien Staten. 
Wente doe se yn Freslant so nicht lepen nae den Kroech, 
Do hadde eyn yderman Geldes und Goedes genoech. 
Bedrechlicke Kopenschup, woecker, wat des mer ys tohanden, 

(gegenwartig) 
Wort van den olden nicht gehort in diissen Landen: 
Waer to wyl dyt gripen und grabben baten, 
So wy dat hir jo alle moten laten, 
He sy Kayser, Koninck, Vtirste, Grave, alle gelike — 
De Here neme unse Sele yn syn ewige Ryke. 

Das alles waren nicht miissige Betrachtungen ; es stand 
im Zusammenhang mit der Entwickelung der Reformation 



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— 15 - 

und wurde ihr dienstbar. Beninga traf mit dem Superinten- 
denten Johannes a Lasco in der Ueberzeugung zusammen, 
dass vor allem auf Disciplinirung des Volkslebens hinzuar- 
beiten sei. a Lasco drang zu dem Ende auf presbyterial- 
synodale Kirchenordnung und fuhrte sie auch theilweise ein; 
an Leuten wie Beninga fand er insofern eine Erganzung, als 
diese die Wege anzuweisen yermochten, das bereits Vor- 
handene in diesem Sinne zu verwerthen und weiter fortzu- 
bilden. Wir ersehen dies vornamlich deutlich aus der 
Polizeiordnung der Grafin Anna, ao ) zu deren Vorarbeiten 
das eben besprochene Schriftstuck gehort: es sind ganze 
Satze und Gedanken mehr od$r minder wortlich in dieselbe 
aufgenommen. Die Polizeiordnung tritt dem Luxus, der 
Vollerei, dem Wucher ganz in Beninga' s Sinn entgegen ; um 
aber das Volk sittlich zu ziigeln und zu heben, nimmt sie 
thunlichst auch das Althergebrachte ganz dem conservativen 
Charakter der ostfriesischen Reformation entsprechend mit 
heriiber, um es seinem Zweck besser als in der mittelalter- 
lichen Zeit dienstbar zu machen. So will sie, dass die 
Sendgerichte fortbestehen fur Ehesachen und fur Interessen 
der offentlichen Sittlichkeit, und zieht die Kirchgeschwornen 
und die Amtsalterleute zu einem Theil der Functionen heran, 
fur die anderwarts Kirchenalteste erwahlt wurden. Besonders 
drang sie auf Einrichtung und Besuch der Volksschulen, 
und zwar nicht bloss im Hinblick auf die nothige Vorbil- 
dung von Beamten und die Besorgung des Kirchengesangs 
mit Hiilfe der Schuljugend: in der Polizeiordnung ward auch 
fur demnachstige Knechte und Magde vom sechsten Lebens- 
jahr an Schulunterricht in den Elementen christlicher Er- 
kenntniss verlangt, und das mit solcher Entschiedenheit, dass 
sie, vielleicht am friihsten in ganz Deutschland, den allge- 
meinen Schulzwang aussprach, indem sie die Eltern zwangs- 
weise angehalten wissen wollte, ihre Kinder zur Schule zu 
schicken, und die Gemeinden verpflichtete, fur die Unbe- 
mittelten mit offentlichen Mitteln einzutreten. Practisch ist 



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— 16 - 

namentlich dies zuletzt erwahnte Ziel der Polizeiordnung 
nicht unerfullt geblieben: im Zeitalter des Religionsfriedens, 
wo man anderw&rts mit der allgemeinen Einfuhrung der 
Volksschulen erst begann, lasst sich in Ostfriesland ziemlich 
im Detail mit urkundlicher Sicherheit nachweisen, dass auch 
ganz kleine Dorfer einen standigen Schulmeister hatten und 
wenigstens in den beguterteren Aemtern Leer, Emden, Greet- 
syhl und Norden Schulen regelmassig vorhanden waren und 
besucht wurden. S1 ) 

Der Zusammenhang des alten Drosten mit diesen Dingen 
ist bisher wenig beachtet oder in Vergessenheit gerathen} 
letzteres um so leichter, da die Polizeiordnung nicht in alien 
Stucken zur Durchfuhrung gelangte, in andern auf lebhaften 
Widerstand stiess. M ) Was aber seinen Namen in ehren- 
vollem Andenken erhalten hat, ist theils die Popularitat, die 
er bei seinen Lebzeiten genoss, theils aber und vor allem 
seine durch die spateren (jreschiehtschreiber fleissig in Er- 
nnerung gebrachte Chronik, von ihm selber „Cronica der 
Fresen" genannt, aus welcher auch unsere Mittheilungen 
hauptsachlich geschopft sind. Ich bin in der glucklichen 
Lage gewesen, zwei vom Autor selbst herruhrende Hand- 
schriften, verglichen mit dem aus der Haupthandschrift ge- 
zogenen lateinischen Excerpt des Ubbo Emmius, liber Alter 
und Entstehung der Chronik zu Rathe ziehen zu konnen, 
und will das Ergebniss hier zur Prufung vorlegen, ohne mich 
eingehend mit den sehr abweichenden Ansichten Bertram's 
und insonderheit Mohlmann's auseinanderzusetzen. as ) 

Beninga's Chronik ist vor allem nicht ein vollstandig ab- 
geschlossenes und zur Publication fcrtig gearbeitetes Werk; 
es sind im Lauf mehrerer, mindestens dreier, Jahrzehnte zu- 
sammengetragene Collectaneen, die der Autor zwar zu einer 
vollstandigen Chronik in vier Buchern abzurunden beab- 
sichtigte, aber weder das Ganze noch die einzelnen Biicher 
haben (wenigstens nicht zur Veroffentlichung) die letzte Feile 
erhalten. Wie der Tod des Verfassers das Werk hinterliess, 



.W 



- 17 — 

ist es spater durch Abschriften vervielfaltigt und etwa 150 
Jahre nach Beninga's Tode von Matthai und spater von Har- 
kenroht in Druck gegeben in einem Text, der viel zu wiin- 
schen librig und eine corfecte neue Ausgabe als hochst zeit- 
gemass erscheinen lasst. Das 8-lteste Stuck des Ganzen scheint 
mir eine unter dem Eindruck von Edzard's d. Gr. Tode ent- 
standene, im Reiinchronikenstil verfasste Darstellung von 
Edzard's d. Gr. Leben zu sein, welches jedenfalls vor 1540 
geschrieben sein wird. Aber Beninga blieb dabei nicht ste- 
hen: erfullt von dem, was er selbst unter Edzard erlebt 
hatte, gereizt durch Darstellungen der sachsischen Fehde, 
welche Edzard im auswartigen Interesse herabzusetzen sehie- 
nen — er ist namentlich schlecht zu sprechen auf eine nicht 
naher bezeichnete groninger Chronik — begann er die Er- 
eignisse seiner Zeit genauer zu sammeln, aufzuzeichnen und 
fortzufuhren, dann aber auch, angeregt durch die gleichzei- 
tig aufbluhende historische Literatur und den Zuspruch sei- 
ner Freunde, . wie durch das Interesse seines Landes und 
seiner offentlichen Stellung, in die Vergangenheit zuruck zu 
verfolgen. So begann das Buch in der Mitte und setzte sich 
vorwarts und riickwarts fort bis zu relativer Vollstandigkeit. 
Das Zusammengetragene ist zu verschiedenen Zeiten durch 
geiibte Abschreiber, nicht den Verfasser selbst, mundirt, doch 
so, dass fur Nachtrage Raum gelassen wurde, die dann auch 
noch bis zu des Autors letzten Lebensjahren zu verschiede- 
nen Zeiten gemacht sind; er selbst hat noch im hohen Alter 
das Eingetragene, freilich nur oberflachlich , revidirt und 
fleissig erganzt, die letzte eigenhandige Aufzeichnung betriflFt 
einen etwa ein Jahr vor Beninga's Tod liegend^n Vorfall. 
Zu einer letzten Feile und Reinschrift ist es allem Anschein 
nach nicht gekommen. 

Bis zu Beninga's Zeit gab es in Ostfriesland, wie wohl 
in Frieslandiiberhaupt, nur sporadische Ansatzezur Geschicht- 
schreibung: hin und wieder eine Klosterchronik oder auf 
der einen oder andern Burg eine Hauschronik, die wenig 



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— 18 - 

mehr als genealogische Notizen enthalten haben mag. Gegen 
1500 ward das anders : da finden wir unter andern groninger 
Burger, Johann von Lemgo und Sybe Jarichs, Chroniken 
iiber ihre und die altere Zeit anlegen, vor allem epoche- 
machend wurde die Chronik des Priors Worp im Kloster 
Thabor M ) bei Sneek in Westfriesland, auf welche Beninga 
sich fleissig bezieht. So viel wir wissen, warden diese Schrif- 
ten bloss handschriftlich verbreitet, aber von Deutsehland 
her kam in den dreissiger und vierziger Jahren eine mach- 
tige Anregung auf historischem Gebiet durch gedruckte 
Schriften in deutscher Sprache as ) in weite Kreise hinehv. 
in Tausenden von Exemplaren wurde namentlich die Ge- 
schichtbibel und die deutsche Chronik von Sebastian Franck 
iiber ganz Deutsehland und durch Uebersetzungen auch in 
den Niederlanden verbreitet, dann folgten Sebastian Minister, 
Albert Kranz, Caspar Hedion, aus welchen alien nebst Ca- 
rion und Nauclerus unser Chronist seinen Stoff zusammen- 
getragen hat. Aber man muss auch das Quellenmaterial 
nicht unterschatzen, das ihm eigenthumlich ist. Fur die von 
ihm selbst miterlebten Ereignisse war er vor andern orien- 
tirt, da er im Gefolge Edzard's des Grossen und im Rath der 
Grafin Anna dem Getriebe der Ereignisse so nahe stand, 
wie nur einer, zur Seite hatte er seinen fiir jene Zeit sehr 
unterrichteten Schwager Ulrich von Dornum, endlich fand 
er auf dem Hause Leerort von seinem Vorganger im Amt 
Ubbo Emmius, dem Grossonkel des nach ihm benannten 
Historikers, ein die bewegten Jahre von 1503 — 1518 umfas- 
sendes Protocoll a& ) vor, aus welchom er fur die ausfuhrlich 
berichteten Ereignisse, wahrend welcher er zu Groningen 
gewesen war, manchen Aufschluss gewinnen konnte. Zudem 
hatte er als Rath des Landes Zutritt zu der graflichen Kanz- 
lei und fand in seinen eignen Familienarchiven ein betracht- 
liches Material vor, aus welchem er fiir das spatere Mittel- 
alter manche Mittheilung machte. 



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— 19 — 

Von umfassenden Quellenstudien, zumal archivalischen, 
kann gleichwohl bei ihm noch nicht die Rede sein, ebenso- 
wenig von kritischer und kunstgerechter Durcharbeitung^ 
Aehnlich wie bei Sebastian Franck geht bei Beninga der 
ruhigen Besonnenheit gelegentlich eine auffallende Leicht- 
glaubigkeit zur Seite, welche die colossalsten Combinationen 
der friesischen Geschichte mit der biblischen und der des 
klassischen Alterthums sich gefallen liess. Da ward das 
eine Mai der Ursprung der Friesen von den Trojanern her- 
geleitet, das andere Mai von den Assyriern, das dritte Mai 
von den Kriegsvolkern, mit denen Alexander der Grosse 
nach Indien zog, oder man sagte : als Jerusalem unter His- 
kia von Sanherib belagert wurde, verliessen drei Brxider, 
Saxo, Bruno und Friso, die Stadt und liessen sich nach lan- 
ger Irrfahrt in den nach ihnen benannten Landern der Sach- 
sen, Braunschweiger und Friesen nieder. Beninga durch- 
schaut die tollen Phantastereien nicht, er fiihrt die eine An- 
sicht nach der andern auf, ohne sich mit Zuversicht anzu- 
schliessen, doch lasst er durchblicken : die Meinung habe 
wohl das Meiste fur sich, welche den Ursprung der Friesen 
auf Jerusalem zuriickfuhre, weil sie ahnlichen Groldschmuck 
lieben wie weiland die Tochter Jerusalems. Gliicklicher- 
weise waren bei alledem Beninga's Hauptgewahrsmanner nicht 
so verblendet wie die spater durch Suflridus Petrus und 
Bernhardus Furmerius angepriesenen Mystagogen auf dem 
Gebiet des friesischen Alterthums, gegen deren seltsame 
Fictionen Emmius das Schwert zog. Schon Sebastian Franck 
wollte nichts wissen von einer Geschichtschreibung, wie sie 
damals unter dem falschen Namen des Berosus verbreitet 
ward, und vollends Worp von Thabor 27 ) stand kopfschiittelnd 
den Wunderdingen gegeniiber, die man in Koln iiber das 
friesische Alterthum zu wissen vorgab. Worp vor allem 
zeigte Beninga den Weg, sich aus Urkunden, welche der 
Prior reichlich mittheilt, zu informiren, und an Worp's Weise 
schliesst sich Beninga in der ganzen Einrichtung seiner 

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— 20 — 

Chronik an, obwohl in der Darstellung noch betrachtlich 
hinter ihm zuriickbleibend. Fur das Alterthum und das friihe 
Mittelalter ist der Werth seiner Chronik sonach gering, sie 
gewinnt fur das spatere Mittelalter betr&chtlichen Quellen- 
werth durch die mitgetheilten Urkunden, ihre hauptsachliche 
Bedeutung aber hat sie als mehr oder minder gleichzeitige 
Darstellung der Periode von 1500 — 1560 durch einen mitten 
in den Ereignissen stehenden Zeitgenossen. Leider nur ist 
von Vollstandigkeit, pragmatischem Zusammenhang und ge- 
schickter Auswahl nicht zu riihmen, das Urtheil des Chro- 
nisten ist beengt durch seine unbedingte Anhanglichkeit 
an Edzard den Grossen und sein Haus, und der Stil 
iiberaus holperig, wenngleich durch die Herausgeber mehr- 
fach noch verschlechtert Gleichwohl ist Beninga durch 
seine Cronica der Fresen grundlegend geworden fur die 
wissenschaftliche Behandlung der friesischen Geschichte. 
Etwa zwanzig Jahre mochte die Handschrift unbenutzt und 
wenigen bekannt auf der Burg zu Grimersum gelegen haben, 
als Ubbo Emmius, damals Rector zu Norden, sie nebst an- 
dern handschriftlichen Chroniken, die Beninga besessen hatte, 
durcharbeitete und zum Ausgangspunkt seiner Arbeiten uber 
die vaterlandische Geschichte nahm w ), um, gestiitzt auf ein 
umfassenderes Quellenmaterial, als bisher einem zu Gebot 
gestanden hatte, und ausgerxistet mit griindlicher klassischer 
Bildung, vor allem mit dem Blick des gebornen Historikers 
durch seine mit livianischer Eleganz geschriebene Reruni 
Prisicarum Historia die Geschichte unseres Volksstamms bis 
zum Beginn des Freiheitskampfs der Niederlande auf einige 
Jahrhunderte hinaus zum Abschluss zu bringen. 

An Sebastian Franck erinnern auch noch weitere Eigen- 
thiimlichkeiten unseres Chronisten. Zwar was Franck zum 
Schwarmgeist machte, fand bei dem ntichternen Ernst und 
practischen Sinn Beninga's keinen Anklang. Auch fiir den 
nationaldeutschen Standpunkt Franck's zeigt er kein Ver- 
standniss; die Nachbarn in Ost und West haben es in der 



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— 21 — 

Sachsenfehde und durch ihre spateren Beeinflussungsgeliiste 
zu arg bei ihm verdorben: er huldigt dem friesischen Stam- 
mesparticularismus. Aber in den Riigen, die wir vorhin 
Beninga vom friesischen Standpunkt aussprechen horten, 
klingen Klagen wortlich wieder, die Franck vom deutsch- 
nationalen erhoben hatte, wie z. B.: „Es ist kein Volk, es 
bleibt bei seiner Sprach und Kleidung, riihmt sich derer 
und will, dass man's dabei erkenne; aber Germanien ist jetzt 
voll deutscher jFranzosen, deutseher Walnen und Spanier; 
die Deutschen verleugnen ihre Sprache und Kleidung und 
gehen in fremder seltsamer Mummerei einher, als hatten sie 
ein bos Stuck gethan, dass man sie an nichts kann erkennen, 
denn am Saufen und Kriegen. Sein Kleid und Sprach ist 
so viel und mancherlei, dass du nicht kannst wissen, wer 
er ist, und schier fur ein Wunder achten musst, das aus 
einem Walhen, Franzosen, Ttirken und Polaken gemacht 
und zusammengesetzt sei." Auch den Hang zum Aberglau- 
bischen und Wunderbaren theilt Beninga mit Franck. Er 
lag tief in der Zeit begriindet. Die Reformation fiel zu- 
sammen mit den grossen Entdeckungen jenseit des Welt- 
meeres, und wie vormals die Kreuzziige erweckte nun die 
Erschliessung Indiens und der neuen Welt den Sinn fur das 
Erstaunliche und Unerhorte vielmehr, als dass er einfach 
manches aus dem Aberglauben des Mittelalters fortbestehen 
liess. So ist es nichts weniger als unbegreiflich, wenn 
Hexen, Teufelsspuk und Vorzeichen bei den Chronisten der 
Reformationszeit eine nicht kleine Rolle spielen. Auch Be- 
ninga theilte vollkommen die Zeitansicht, dass das Hexen- 
wesen, welches eben damals in Ostfriesland die ersten 
Hexenverbrennungen herbeifuhrte, auf einer damonischen 
Grundlage beruhe, und dass der Teufel mit und ohne Spuk 
vielerwarts die Hand im Spiele habe. Doch muss man nicht 
ubersehen, d^ss hinter der Superstition weit mehr ethisches 
Interesse *•) verborgen liegt, als manche denken, die den 
Aberglauben der alten Zeit vornehm bel&cheln. Was die 



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— 22 — 

angebliche Hexe als todeswiirdige Verbrecherin erscheinen 
lasst, ist nicht sowohl der Zusammenhang zwischen Zauberei 
und Ketzerei, als vielmehr der Horror gegen das verruchte 
Unterfangen, zu finstern Gewalten der Verfuhrung und des 
Verderbens Zutritt erhalten zu wollen, und gegen den ince- 
stuosen und schadenlustigen Priekel, der dazu reizte. Des- 
halb sind auch die Begriffe Hexe und Giftmischerin synonym. 
Mit dem Teufel verhalt es sich ahnlich. Beninga kennt den 
Teufel nicht als dummen Kobold und sinjilosen Spectakel- 
macher, sondern als einen in der sittlichen Weltordnung 
zeitweilig geduldeten, aber in gewisse Schranken gewiesenen 
Geist der Verfuhrung und des Verderbens, in dessen Stricke 
sich fangen, die Lust zum Bosen hegen. Ganz wie auch 
Sebastian Franck sagt: „der Satan muss mit falschen Zeichen 
affen die so die Lieb der Wahrheit nit haben angenommen." 
Fur Beninga ist der Teufel 80 ) „ein Beneider des mensch- 
lichen Geschlechts, der nicht dulden mag, dass die Menschen 
unbeschadigt und in gutem Frieden leben"; als solcher 
stiitet er Fehden an, er und sein Kaplan erfinden Pulver 
und Biichsen, andererseits wird durch ihn, gleichsam als 
durch unseres Herrgotts Geheimexecutor, Gericht geiibt iiber 
solche, die nach Schatzen gieren, Treu und Glauben schnode 
brechen und dabei dem Arm und Schwert des weltlichen 
Richters sich zu entziehen verstehen. Beninga halt auch 
ganz unbefangen dafiir, dass Vorspuk und ahnliche Dinge 
bestehen und die Hand des Teufels dabei im Spiele sei; 
aber die Hauptsache ist ihm, dass solche Dinge ihre practi- 
sche Bedeutung haben, vornamlich um Menschen, die fur 
ihre Uebelthaten und Gefahren blind sind, solche gleichsam 
greifbar unter die Augen zu rucken. So hat nach seiner 
Meinung ein Spuk auf der Burg zu Wittmund den zanki- 
schen Johann von Rietberg noch zur elften Stunde auf seinen 
drohenden Untergang aufmerksam machen sollen, und wenn 
auf einer Miihle zu Leeuwarden das Mehl wahrend des 
Mahlens wird wie geronnenes Blut, so sollen dadurch Men- 



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— 23 — 

schen, die Menschenblut vergiessen, gewarnt werden. Leider 
verharten sich diese in der Kegel und wollen nicht auf- 
wachen, aber die Redlichen merken darauf und machen 
sich's zu Nutze. S1 ) Und wie verhangnissvoll auch ging in der 
Reformationszeit dem neuen frischen Geistesleben ein finstrer 
Irrgeist zur Seite ! Die Wiedertauferei forderte noch lange 
nach den Tagen von Munster ihre Opfer: eine Tochter Ul- 
rich's von Dornum, Beninga's Schwesterkind, kam durch 
wiedertauferische Verfuhrung in's Ungliick; 3a ) eine Tochter 
des Hauses Werdum ward unter der Anklage der Wieder- 
tauferei in Overyssel verbrannt und daran kmipfte sich ein 
jahrelanger Rachekrieg, den batenburgische Wiedertaufer 
von Bentheim aus ruhrten: die Faden der Conspiration er- 
streckten sich bis uber Emden, welches die Wiedertaufer 1550 
in Brand zu stecken gedachten. * 3 ) Auf der andern Seite 
wiithete die Inquisition und fegte das Ungewitter zusammen, 
welches hernach im spanisch - niederlandischen Kriege sich 
entlud. Die unwillkiirlich sich aufdrangende Einsicht, dass 
durch derartige Verirrungen die Saulen der menschlichen 
Gesellschaftsordnung untergraben werden, kleidete sich fur 
Beninga und seine Zeitgenossen in die Erwartung, das Ende 
der Welt stehe schon bevor, und auf die ihm vorangehende 
letzte Trtibsal bezog man allerlei Himmelszeichen und Pro- 
phezeiungen. 

So verbringt der alte Drost denn seine letzten Arbeits- 
jahre wie einer, der, ehe er sich zur Ruhe legt, den Nach- 
kommen Land und Leute in Stand setzen iiilft, um schweren 
Zeiten wohlgeriistet begegnen zu kdnnen. Als nach dem 
Augsburger Religionsfrieden die Plane der Contrareformation 
unter den Handen Philipp's von Spanien immer deutlichere 
Gestalt gewannen, und man merken musste, wie in den 
Niederlanden der heisse Kampf sich entspinnen werde, setzte 
Graf Christoph von Oldenburg Aurich fur seine Schwester 
und deren Kinder in wehrhafte Verfassung und dem bereits 
66jahrigen Beninga ward nochmals das Kastell Leerort an- 



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— 24 - 

vertraut. Noch fiinf Jahre lang entwickelte er dort eine 
rtistige Thatigkeit, 84 ) indem er theils das Kastell erheblieh 
verstarkte, w&hrend er gleichzeitig darauf Bedacht nahm, 
im Interesse guter Mannszucht einen Capellan herbeizuziehen 
und zu dem Ende das verdunkelte Pfarrlehn fiir einen 
solchen wiederherzustellen, ss ) theils auf die Grenzreguli- 
rung gegen Groningerland und Munsterland wie auf Instand- 
setzung der Deiche und Revision der Deichordnung M ) 
grossen Fleiss wandte. Aber 1561, als die vormundschaft- 
liche Regierung der Gr&fin Anna aufhorte, und er sein 
siebzigstes Lebensjahr iiberschritten hatte, zog sich auc\i 
Beninga, , 7 das Alter und seine mancherlei Krankheit" er- 
wartend, nach Grimersum zuriick, nicht ohne zugleich Sorge 
zu tragen, dass der Pastor Henricus van Arnum zu Driver, 
welcher auf Leerort sein erprobter medicinischer Beirath ge- 
wesen war, 87 ) in seine Nahe nach Cirkwerum versetzt wurde. 
Es war eine neue Zeit im Anzuge, und er sah ihr mit 
nur zu gerechtfertigter Besorgniss entgegen. Zum letzten 
Mai wurde seine Thatigkeit in Landesangelegenheiten in 
Anspruch genommen 38 ) bei einer Verhandlung Namens der 
Grafin Anna und des Landes mit den Briidern Edzard, 
Christoph und Johann. Zwischen die jungen Grafen war 
soeben EdzanTs Gemahlin Catharina, die schwedische Konigs- 
tochter, getreten — wie verhangnissvoll, das sollte Beninga 
nicht mehr erleben und beschreiben. Unter fremdem, be- 
sonders spanischem Einfluss ward sie das Mittel, ein Band 
der Pietat und des Vertrauens nach dem andern zu zer- 
schneiden, das bisher das Fiirstenhaus, den Adel und das 
Land mit einander verkmipft hatte. An die Stelle der alten 
Rathe traten neue aus der Fremde, geschmeidiger, wort- 
gewandter, einer andern Weise des Herrschens gewohnt als 
die eingebornen: da flocht sich von Jahr zu Jahr enger ein 
verderblicher Bund mit spanischer Politik und spanischem 
Gold, auf Edzard's des Grossen Stuhl stiegen die Macchia- 
vellisten. 



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25 — 



Anmerkungen. 

*) Ausser Beninga's Chronik (Ausg. v. E..F. Harkenroht, Emd. 1723) 
vgl. Uber ihn Bertram, Parerga Ostfrisica, Brem. 1735 p. 1 ff. (Tja- 
den), das gelehrte Ostfriesland, Aur. 1785 ff. I. 91 ff., Mohlmann, 
Kritik der friesischen Geschichtschreibung etc. Emd. 186? p. 3 ff. 

2 ) a. a. 0. S. 93. Es gab aber in Hinte kein Kloster, und der Probst 
Beninga hatte als solcher mit dem Kloster nichts zu thun gehabt; Tja- 
den hat Probst zugleich im Sinne von „Abt u genommen, was auf die 
ostfr. Prdbste aus dem Laienstande nicht zutrifft. Dass unser Beninga 
in Paris werde studirt haben, conjicirt Tjaden aus dem Umstand, dass 
etwa40 Jahre nach Beninga's muthmasslichen Studentenjahren ein ent- 
fernter Angehbriger des Hauses Cirksena als Student in Paris verstor- 
ben ist! Richtig Emmius Rer. fris. Hist. p. 960: literarum studia non 
coluit. 

8 ) Chron. p. 12 u. 33. 

*) Tjaden a. a. 0. 106; es ist Jes. 3, 16 ff. gemeint, vgl. auch Chr. 
p. 11, wo er ebenso mislich sich auf Num. 30 rect. 31 vs. 50 beruft; 
dort ist namlich von Geschmeide aus der midianitischen Kriegsbeute 
die Rede, welches die Israeliten nicht in Gebrauch nahmen. 

6 ) Reershemius, Predigerdenkmal unter Grimersum ; Henr. Hues- 
man findet sich auch in noch vorhandenen Urkunden des Hauses Gri- 
mersum (im Besitz unserer Gesellschaft) als Pastor daselbst erwahnt. 
Suffridus Petrus, de script. Fris. sagt p. 80: (Rudolphus) fratres ha- 
buit duos se minores", non quidem germanos sed uterinos Joannem et 
Henricum. Henricum adhuc adolescentem studiis informandum aliquando 
commendavit Alexandro Hegio, scholae Daventriensis turn rectori, et 
tandem secum Heidelbergae habuit, de quo nihil amplius constat. Ueber 
den Landrichter Johannes Huesman vgl. M. v. Wicht, Ostfr. Landrecht, 
Aur. 1746, S. 567 Anm., und wegen seiner Bemuhungen, Rudolf nach 
Ostfriesland zu Ziehen, die Mittheilungen bei Brenneysen, Ostfr. Hist, 
u. L.-V. I., 112 ff. 

6 ) Abgedr. b. M. v. Wicht a. a. 0. p. 116 ff. d. Vorw. 

7 ) Ms. ; das Landrecht der zu Groningerland gehtfrenden munster- 
schen Gauen sagt minder deutlich: thi deken schal wesa frei and fre- 
sic and fulwiget („welgeboren a oder „rite geweiht a ?) vgl. de Haan 



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- 26 — 

Hettema Fivelingoer en Oldampster Landrecht Leeuw. 1841 p. 48 coll. 
ders. Idioticon fris. Leeuw. 1874 b. v. Mohlmann scheint iibrigens so 
wenig das Seendrecht der miinsterschen Probsteien in Ostfriesland wie 
die Chronik des Worp v. Thabor weiter als von Horensagen gekannt 
zu haben, es ha'tte ihm sonst nicht entgehen konnen, dass E. Fr. v. Wicht 
bei Beschreibung der Lage und Grenzen Frieslands nicht Corn. Kem- 
pius zu Grunde legt (Krit. p. 9), sondern beide den aiteren Worperius 
zur Quelle haben. Auf diesen kommen wir hernach zurttck. 

8 ) Chr. 860, in die Haupthandschr. (s. u.) mit einer vbllig von den 
andern abweichenden Hand eingetragen, aber jedenfalls bald nach des 
Autors Tode, da schon Emmius sie in seine lat. Excerpte (s. u. cf. auch 
Rer. fris. Hist. 960) aufnahm. 

9 ) Chr. 570, 573 coll. 568, die den Autor selbst betreffenden Ho- 
tizen sind grossentheils erst nachtraglich in die Handschr. eingetragen, 
aber von seiner eignen Hand. 

10 ) Die biographischen Data sind, wiewohl nicht vollst&ndig, zu- 
sammengestellt bei Mtillerus, de antiq. frisiae Orient, dynastis. Lugd. 
Bat. 1730 p. 40 ff., manche, fiir den gegenw&rtigen Zweck nicht in Be- 
tracht kommende, Materialien diirften noch aus Urkunden des Hauses 
Grimersum im Besitz unserer Gesellschaft zu gewinnen sein. Dass Be- 
ninga 1525 nach Leerort kaui, bezeugt die von ihm eigenhandig nach- 
getragene Notiz, die Anm. 8 angezogene Nachricht (p. 860 Hark.) sagt 
irrthiimlich 1524, was Harkenroht verbessert hat. Zum Probst in Wee- 
ner, womit gleichbedeutend „in Weener und Hatzum" gesagt wird, ward 
er seitens des Grafen Enno s. d. Embden Donnerstag nach Invoc. 1528 
und durch bisch&fliche Bestallung datirt Ahaus A. D. 1528 ipsa d. dom. 
Laetare ernannt (nach einer eigenhandigen Copie Beninga's v. 21. No- 
vember 1561 „uth Grimerssum a im Archiv d. Kgl. Consist, zu Aurich.) 
Uebrigens wird Beninga in beiden Stiicken n Drost u , nicht „Amtmann u , 
betitelt, wonach der Unterschied beider Aemter (vgl. Osfr. Mannigfal- 
tigkeiten 1784 p. 217 ff. Verfasser ist Wiarda) damals ein fliessender ge- 
wesen zu sein scheint, nach Chr. 689 wird das Kriegswesen dem andern 
Drosten zu Leerort, Jiirgen v. Hoen, unterstellt gewesen sein. In wel- 
chem Jahr die Grafin Anna Beninga zum Rath des Landes berief, steht 
nicht fest, wahrscheinlich bald nach dem Tode ihres Gemahls, also etwa 
1541. Tjaden's Behauptung (a. a. O. p. 95), schon Graf Enno habe ihn 
bald wieder an den Hof gezogen, entbehrt aller Sttttze; auch als Rath 
des Landes haben wir ihn nicht (mit Bertram 1. c. p. 2) am Hofe zu 
denken, wohin die Rathe bloss bei besonderen Anlassen convocirt 
wurden vergl. Chr. 739, sondern in Grimersum, woher auch die bei 
Tjaden p. 100 und Brenneysen I. 213 erhaltenen SchriftstUcke aus die- 
ser Zeit datirt sind. Abermals Drost ward er nicht 1557 (Tjaden 123, 



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— 27 — 

Mdhlmann 3), sondern nach Chr. 837, 838, 842 schon Anfangs 1556; in 
Leerort ist er aber nicht verstorben (Bertr. 3), sondern nach fiinfjahri- 
ger Dienstzeit (Chr. 860) in Ruhestand gegangen, schon unterm 14. Juni 
1561 schreibt er (Arch. Cons.) wieder aus Grimersum. Seine Grabschrift 
s. bei Harkenroht, Oorspr. p. 498. 

!1 ) M. v. Wicht a. a. 0. Vorr. 197. 

*») Chron. 645, 600, 602 coll. 710; 610, 619 coll. 739; 729, 740 
u. 827; 826, 851. 

") Emm. 1. c. 881. 

") Chron. 604, 843, 846, 852. 

") ibid. 651, 673 ff. 

16 ) ibid. 708; in der Originalhandschrift hat erst gestanden „als 
Martinus Lutherus de nie Pawest dat verordnet u , die Worte „de nie 
Pawest u sind spater durchstrichen. Beninga's confessioneller Stand- 
punkt ist iibrigens verschieden zu deuten gesucht: Jhering in seiner 
Kirchengeschichte (Msc. etwa von 1725) nimmt Beninga (Cap. III. 1 
§ 36) fur die lutherische Kirche in Anspruch; vorsichtiger war Brenn- 
eysen, O. Hist. Vorr. § 9, Bertram zog es parerg. 3 ff. wenigstens 
in Zweifel, ob Beninga reforinirt gewesen, nachher, seitdem Meiners 
Kerkel. gesch. erschienen war, klagte Bertram iiber Beninga's refor- 
mirte Parteilichkeit, z. B. Erl. und vertheid. ostfr. Reformationsgesch. 
Aurich 1738 S. 133. 

i«a) Emm. 915. 

17 ) Ueber diesen Umstand weichen die vaterl&ndischen Geschicht- 
schreiber sehr von einander ab : Harkenroht giebt die Sonne Beninga's, 
Garrelt und Snelger, fiir eheliche Kinder von Eggerik und Gela von 
Borssum aus (Vorr. zur Chronik), Bertram stellt die Behauptung an- 
derer, sie seien ex concubina erzeugt (Miiller 1. c. pag. 42, Emm. 961) 
und spater legitimirt, in Frage (Parerg. 3), andere wollten, es seien 
voreheliche Sohne von ihm und Gela v. Borssum, so sagt eine alte 
anonyme Genealogie (Mscpt., viell. Loringa, aus dem 17. Jahrhundert): 
„hefft by ener Concubinen, so he darna geehliget, getliget twee Sohne." 
Das Testament der Gela v. Borssum vom 27. Nov. 1563 setzt Garrelt 
und Snelger „mine twee geechteden Soens u zu ihren Universalerben 
ein mit dem Zusatz „de ick oeck um (5hre stedige unde denstbare ge- 
hoersamheit mynder yn stadt edder gelyk myne egen Kynderen hebbe 
geadoptert unde angenomen." Beninga bezeugt in seinem Testa- 
ment vom 2. Dec. 1561, seine beiden Sohne seien von Kaiser Karl V. 
legitimirt und mit Gela von Borssum habe er keine Kinder ge- 
h abt. Die Ehepacten zwischen Eggerik Beninga und Gela von Borssum 
vom Jahre 1532 enthalten keine Andeutung iiber diese beiden SOhne, 
deren Alter oder Geburtsjahr ich nirgends gefunden habe. 



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- 28 - 

,8 ) Freytag, aus dem Jahrhundert der Reformation, Lpz. 1867, 
247 ff. 

19 ) Vergl. hiezu besonders das von Tjaden a. a. pag. 98—121 
coll. 131 Anm. 56 mitgetheilte Beninga'sche Schriftsttick; es wird 
aus den von Meiners, Oostvr. Kerkel. geschied. I. 290 ff., angez. Pen- 
borg'schen Collectaneen stammen und scheint auch von Reershemius 
im Predigerdenkmal unter Jarssum benutzt zu sein. Mir ist es nicht 
zu Gesicht gekommen. 

»°) Chron. 746 ff., 783; Brenneysen II. 183 ff., letzterer Text 
besser, aber beide nur fehlerhaft. 

21 ) Naheres Uber manches hier nur kurz Beriihrte habe ich in- 
sammengestellt in den zerstreuten Aufsatzen: Abriss einer Geschiciite 
des Schulwesens in Ostfriesland (Aurich 1870), Lebens- und Sterbena- 
geschichte der Presbyterien in Ostfriesland, ref. Kirchenzeitung 1870, 
213 ff., und: die kirchenpolitischen Ideen Johannes a Lasco's, ebendas. 
1871, 353 ff. 

M ) Chron. 839 ; die Auslegung und Anwendung der Polizeiordnung 
fiihrte zu vielen Schwierigkeiten und Unsicherheiten (Emm. 928), na- 
mentlich stiessen die Vorschriften iiber Verpachtung und Dismembration 
von Grundstiicken (Brenneysen II. 192 §§ 9 u. 10) auf lebhaften Wider- 
stand (E. Fr. v. Wicht, annales ad ann. 1545); in den Concordaten 
von 1599 art. 51, 52 ward eine Revision in Aussicht genommen, aber 
das Hofgericht wollte sehon um die Mitte des folgenden Jahrhunderts 
die Polizeiordnung als reehtsgiiltige Norm nicht anerkennen, vergl. 
Tjaden a. a. 0. 131 ff. Anm. 56. 

* 8 ) Vergl. jedoch den Excurs pag. 30 ff. 

**) Worp von Thabor's Chronik ist neuerdings herausgegeben 
von Ottema: Lib. 1—3, bis zum Jahre 1396 reichend und meist kirchen- 
historischen Inhalts in lateinischer Sprache, Leovard. 1847; Lib. 4, vom 
Jahre 1399—1498 politischen Inhalts in der hollandischen Sprache des 
16. Jahrhunderts, ebend. 1850 und 51; Lib. 5, vom Jahre 1499—1523, 
desgl. polit. Inhalts und hollandisch geschrieben, ebend. 1871. Ueber 
den Verfasser und seine Schrift vergl. Ottema im Anhang zu Lib. 5 
pag. 369 ff. und dens, in de vrye fries III. 105 ff. und V. 71 ff. Worp 
war seit 1523 Prior im Kloster Thabor bei Sneek und starb daselbst 
1538, die ersten Biicher sind schon um 1500 geschrieben, das letzte 
wahrscheinlich nach 1523. Die Chronik des Joh. v. Lemmege hat 
Matthaei, anal. vet. aevi, im 1. Bande mitgetheilt, die des Sybe Ja- 
richs findet sich in Anal, medii aevi v. Brougrius van Nideck, 
Amst. 1725, beide sind Zeitgenosscn von Worp v. Thabor. 

« 5 ) Von Sebastian Franck erschien die Geschichtbibel 1531, 
das Weltbuch 15&4, das Chronicon Gcrmaniae 1538, die Chronik der 



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— 29 — 

Franken 1539; Sebastian Munster's Kosmographie kam 1544 her- 
aus; den Albert Krantz hatte Beninga lesen ktinnen, auch wenn er 
kein Latein verstanden hatte (geg^ Mtfhlmann p. 18 ff., vergl. Tjaden 
p. 98), da das Chronicon Regnorum aquilonarium, noch ehe es lateinisch 
erschien, durch Heinrich von Eppendorf deutsch herausgegeben wurde 
(Klip pel in Herzog's Real-Enc. VIII. 51) 1545; in demselben Jahr er- 
schien auch Caspar Hedion's Chronicon germanicum. Ueber Seb. 
Franck insonderheit vgl. Hase, Seb. Franck von W8rd der Schwarm- 
geist, Leipzig 1869, und Bischof, Seb. Franck und deutsche Geschicht- 
schreibung, Tubingen 1857. 

*) UbboEmmius notirt in seinem latein. Excerpt der Chronik 
Beninga's (Msc. im Staatsarchiv zu Anrich) zum Jahre 1505 : toto tem- 
pore belli Saxonici avunculus meus magnus M. Ubbo Emmen fuit scriba 
praefecturae Orthanae (cf. auch Rer. fris. Hist. p. 710), a quo exaratum 
protocollum adhuc extat in arce ab anno 1503 usque ad annum 1518. 
Emmius hat aus den Aufzeichnungen seines Grossonkels keine Zusatze 
und Berichtigungen zu Beninga gemacht, woraus man wird schliessen 
diirfen, dass Beninga sie vollstandig verwerthet hatte. Dass Emmius 
jenes Protocoll kannte, wird man urn so mehr annehmen diirfen, da er 
dem Grafen Johann sehr nahe stand, und dieser keineswegs schwierig 
gewesen zu sein scheint, Einsicht in seine historischen Materialien zu 
verstatten : auch der Pastor Brummelkamp in Weener berutt sich in einer 
von Mohlmann (Ostfr. Zeitung 1861 Nr. 5) mitgetheilten Notiz auf eine 
alte Chronik „up dem Grafllicksn Ampthuse Lerorth by dem Wolge- 
boren unsen Gnedigen Her en Johann, Grafen und Heren tho Oistfreess- 
landt noch vorhanden a . 

* 7 ) a. a. 0. Lib. I. c. 3 edd. Ottema p. 12. 

S8 ) Zuschrift vor der ersten Decade, datirt Leer im Juni 1592: 
manuscriptos commentarios a paucis hactenus visos. 

*>) Chron. 736, 799. 

*>) ib. 156 ff., 847 ff. 

81 ) ib. 824, 828, 835. 

»*) Emm. Rer. fr. H. 885. 

M ) Chron. 816 vgl. mit Ulrich v. Werdum bei Harkenroht, 
Oorspr. 847, und bes. Nippold, David Joris von Delft in Niedner's 
Zeitschrift flir histor. Theologie 1864, IV. pag. 511 ff. — Chron. 828, 
851, 854. 

") Chron. 837 ff. 

w ) Msc. ap. einer Eingabe ohne Jahreszahl an die Grafin Anna 
(Arch), wahrscheinlich vom Jahre 1560; der Verfasser, unstreitig Be- 
ninga, empfiehlt darin „Mester Dirk Paschen", der urn Gottes Wort 
vertrieben sich in Leer aufhalte, zum Caplan auf Leerort — wahr- 



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— 30 — 

scheinlich der nach seiner Grabschrift 1567 als Pastor zu Weener ver- 
storbene Mag. Diricus Paschasius. 

w) Matth. v. Wicht, ostfr. Landrecht p. 940 ff. 

37 ) Eingabe Beninga's an die Grafin Anna voin 14. Juni .1561, 
Msc. autogr. Arch. Cons. 

» 8 ) Chron. 857. 



Excurs liber die Entstehungszeit von Beninga's 

Chronik. 

Die von Bertram (Parerga pag. 7) geausserte Ansicht, 
als hatte Beninga seine Chronik erst ultimis vitae annis 
geschrieben, ist von Mohlmann p. 3 — 32 weiter ausgefuhrt 
und naher dahin bestimmt, dass sie nach 1558 entstanden 
sein werde. Diese Ansicht ist wenig wahrscheinlich und 
schlecht begriindet. Denn ein Mann von 70 Jahren stellt 
schwerlich ein so voluminoses Werk im Lauf eines Trienniums 
wahrend seiner Mussestunden zusammen, und wenn Mohl- 
mann darauf chronologische Schliisse baut, dass der Chronist 
im Anfange sagt, Grafin Anna habe regiert „wente tho Gr. 
Edzard III.", oder 77 wente tho des jungen Heren mundeliche 
Jaren", ohne zu sagen, dass Graf Edzard damals die Miin- 
digkeit schon erreicht habe, so ist das eine hochst bedenk- 
liche Folgerung: der Chronist kennzeichnet mit diesen 
Worten die Regierung der Grafin Anna lediglich als eine 
vormundschaftliche, und damit ist keine chronologische An- 
gabe von einiger naheren Bestimmtheit gegeben. Zudem 
ist nichts weniger als ausgemacht, dass die Chronik in einem 
Zuge geschrieben und was vorangestellt ist, auch zuerst 
entstanden sei; im Gegentheil hatte Mohlmann nicht bloss 
an der Originalhandschrift von Wicht's, welche ihm nach 
p. 9 vorgelegen haben soil, die allmahliche Entstehung und 
Abrundung einer solchen Chronik ersehen konnen, sondern 
sie hatte ihm auch an der Originalhandschrift Beninga's, 



* -i- 



— 31 — 

welche er (im Vorwort) „sehr wohl" zu kennen vorgiebt, 
deutlich werden niussen. 

Meine im Text vorgetragene Ansicht stiitzt sich haupt- 
sachlich auf die im Staatsarchiv bewahrte Handschrift, mit 
welcher ich den handschriftlichen Auszug des Emmius so 
wie erne im Emder Rathsarchive vorhandene Handschrift 
verglichen habe. Die letztere, von welcher ich mehrere 
Partien collationirt habe, ist sehr geeignet, die Untersuchung 
zu erschweren. Sie ist im Jahre 1621 von Garleff Tjaden 
dem Rath der Stadt Emden geschenkt, woher und wie sie 
an Tjaden gekommen, erhellt nicht. Sie ist von einer und 
derselben Hand erst bis Ende 1548 als Reinschrift geschrie- 
ben, dann, wie mir scheint, von der namlichen Hand aber 
zu verschiedenen Zeiten bis 1551 fortgesetzt, vnd noch eine 
weitere Fortsetzung geht bis 1554. Von dieser letzten, wie 
von Beninga's eigener Hand riihren endlich noch Nach- 
trage auch zu den friiheren Partien her. Es wird wohl nicht 
zu bezweifeln sein, dass wir es hier mit einem Buch zu 
thun haben, das alter als 1558 ist und von Beninga selber 
herriihrt. Aber wie kommt es nun, dass es von der durch 
Harkenroht veroffentlichten Chronik und von der Original- 
handschrift im Detail auf Schritt und Tritt abweicht, w&h- 
rend im Wesentlichen der Inhalt derselbe ist? Es ist nicht 
in Biicher abgetheilt, eine grosse Anzahl von Urkunden und 
auch das Epitaphium auf Edzard d. Gbr. fehleri, der Text 
ist iiberall kiirzer, u. a. ist auch die Bezeugung, Hark. p. 570, 
nicht darin „welckes alles und jedes wo baven geschreven 
ick Eggerick Beninga mit myn broeder Snellinger aenge- 
hoert" u. s. w., u. s. w. Haben wir hier eine verkiirzende 
Bearbeitung vor uns oder eine frilhere Gestalt des Werks? 
Dies wird nur eine in's Detail gehende fachwissenschaftliche 
Priifung festzustellen vermogen; einstweilen halte ich das 
Letztere fur wahrscheinlicher. 

Das Manuscript des Staatsarchivs ist augenscheinlich 
die Ausgabe letzter Hand; ihr folgt Em^nius , lateinische 



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— 32 — 

Uebersetzung, epitomirend aber doch in allem Wesentlichen 
vollstandig, von da an, wo sich Beninga auf Urkunden zu 
stiitzen beginnt. Dies wird also das damals auf der Burg zu 
Grimersum vorhandene Manuscript sein, welches die Familie 
selbst als das eigentlich authentische Exemplar ansah und 
Emmius zu benutzen verstattete. Harkenroht's Ausgabe liegt 
auch dieser Text, anscheinend nach ungenauen Abschriften, 
zu Grunde; sie ist sehr fehlerhaft. Die Zeit, in welcher 
Bertram und Mohlmann die Chronik entstehen lassen, kann 
man nach dieser Handschrift nur fur die Zeit der letzten 
Erganzungen und — freilich nur oberflachlichen — Revision 
halten. Seit 1558 hat Beninga nur noch eigenhandig nach- 
getragen und nichts mehr mundiren lassen; die letzte Ein- 
tragung von seiner Hand betrifft sein Commissorium an die 
jungen Grafen vom 20. October 1561. Aus viel friiherer 
Zeit stammt aber z. B. unstreitig die Reimchronik von Graf 
Edzard's Leben (Harkenroht p. 623 — 640): man vergleiche 
etwa den Schluss, und halte die p. 641 ff. gegebene Dar- 
stellung der Spannung zwischen dem ostfriesischen Hause 
und Maria von Jever zusammen mit dem, was er p. 726 ff. 
aus dem Jahre 1540 berichtet; was er hier erzahlt, konnte 
noch nicht eingetreten sein, als er sich so aussprach, wie 
wir p. 641 lesen. Und wenn er zum Jahre 1536 von Ulrich 
von Dornum's Tode spricht und hinzufugt „des de Here 
Christus syne Zele in de ewige Froude neme", so sieht 
das doch nicht nach einer 20 bis 25 Jahre spatern Auf- 
zeichnung aus, sondern nach einer gleichzeitigen. 

Ich habe diese Andeutungen namentlich deshalb nicht 
zuriickhalten wollen, weil ich hoffe, durch dieselben den 
oft geausserten Wunsch nach einer neuen kritischen Aus- 
gabe der Chronik Beninga's von neuem anzuregen und zu 
motiviren. 



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Beitrage zur Geschichte von Emdens 
Handel nnd Schifffahrt. 

Von Director Dr. Schweckendieck in Emden. 

I. 

Meine Herren! 

Juine Geschichte des Handels von Emden ist sowohl 
im Allgemeinen als ein Beitrag zur Geschichte des nord- 
deutschen Handels von Wichtigkeit, als auch hat sie fur 
die Stadt selbst ein ganz besonderes, practisches Interesse. 
Wenn aus ihr erhellt, dass Emden trotz vieler Schwierig- 
keiten dennoch einst einen recht bedeutenden Handel gehabt 
hat, so werden sich seine jetzigen Kaufleute dadurch er- 
muthigt und getrieben ftihlen, mit gleicher Anstrengung und 
Ausdauer, wie ihre Vorfahren, nach Hebung und Erweiterung 
ihres Handels zu streben, und die Regierung wird es sich 
ihrerseits urn so mehr angelegen sein lassen, die Hinder- 
nisse des Handels, welche, wie sie friiher in der schlechten 
Verbindung der Stadt mit dem Hinterlande lagen, so jetzt 
in der schlechten Beschaffenheit des Fahrwassers und der 
Verbindung mit dem Meere liegen, recht bald und griind- 
lich hinwegzuraumen. Den vereinten Bemuhungen des 
Handelsstandes uhd der Regierung wird es dann ohne 
Zweifel gelingen, Emden zu einer so bedeutenden Handels- 
stadt zu erheben, wie es nach seiner sonst sehr giinstigen 
Lage sein konnte und sollte. 

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— 34 — 

Ueber die Anfange und altesten Verhaltnisse des Emder 
Handels sind die Nachrichten leider nur sparlich und diirf- 
tig; jedoch lohnt es sich, auch das Wenige zusammenzu- 
stellen. Ich werde daher zunachst die Geschichte des altesten 
Handels unserer Stadt bis zum Anfange des 15. Jahrhunderts, 
zum Theil nach Urkunden, die sich im rathhauslichen Ar- 
chive befinden, in der Ktirze darzustellen versuchen. 

Ueber den Ursprung der Stadt fehlen begnindete Nach- 
richten ; moglich ist, dass Germanicus den ersten Grand zu 
ihr legte, wahrscheinlicher jedoch, dass bei Tacitus unter 
Amisia eine nach dem Flusse benannte, auf dem linken 
Ufer gelegene Militairstation zu verstehen ist, welche nach- 
her wieder verschwand. Nicht zu bezweifeln ist, dass sich 
zuerst in dem siidwestlichen Theile der jetzigen Stadt in 
der Nahe der Ems Menschen niederliessen, welche sich zu- 
nachst mit Fischfang, wozu der fischreiche Fluss selbst ein- 
lud, beschaftigten, dann auch mit Viehzucht, fiir welche das 
fruchtbare Land sehr geeignet war und auf welche noch 
jetzt die Namen zweier Stadttheile, Lookfenne und But- 
fennej hinweisen. Ehe aber der Handel sich bilden konnte, 
mussten narturlich die Producte, welche seinen Gegenstand 
ausmachten, schon in einigem Ueberflusse vorhanden sein; 
es musste also Fischerei und Landwirthschaft schon in 
grosserem Umfange getrieben werden. Dass dies sehr 
friih geschah, ist urn so glaublicher, da die siidlicher an der 
Oberems Wohnenden gerade an den Handelsgiitern Mangel 
hatten, welche sich in Ostfriesland in Fulle vorfanden. Da- 
her fand schon in den altesten Zeiten Handel und Verkehr 
mit dem Miinsterlande statt und eben dies ist der Grund, 
dass Emden, wenngleich Norden viel alterer Stiftung ist, 
sich iiber dieses und alle andern Orte Ostfrieslands empor- 
hob und schon im 13. Jahrhundert eine Stadt war. So wird 
erzahlt, dass schon im Anfange des 13. Jahrhunderts die 
Grafen von Ravensberg eine Munzstatte in Emden gehabt 
haben. Uebrigens litt Emden, wie ganz Ostfriesland, in 



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- 35 — 

jenem Jahrhundert ofter an schweren Uebeln, von denen die 
gleichzeitigen Chronikenschreiber Emo und sein Fortsetzer 
Mencoberichten. Grosse Wasserfluthen verheerten das Land 
und verschlangen ganze Landstriche. (der Anfang des Dol- 
larts), Misswachs fuhrte grosse Theurung, Hunger und Seu- 
chen unter Menschen und Vieh herbei; innere Zwiste zer- 
rissen das Land und storten den Verkehr. Auch waren 
Streitigkeiten mit dem Bischof von Miinster ausgebrochen, 
der 1253 vom romischen Konig Wilhelm von Holland mit 
den Besitzungen belehnt war, welche vormals die Graf en 
von Ravensberg gehabt. Der Bischof Otto von Miinster 
hatte seinen Unterthanen ausdriicklich verboten, die Markte 
an der Ems zu besuchen ; daher stand Handel und Wandel 
einige Zeit still. Emdens Lage wunle jedoch dadurcb wieder 
gunstiger, dass der neue Bischof von Miinster Eberhard mit der 
Stadt am 15. April 1276 einen Vergleich abschloss, wel- 
cher aller Fehde ein Ende machte. Aus diesem Vergleiche, 
der 34 Artikel enthalt und von Beninga in seiner ostfriesi- 
schen Chronik ausfuhrlich mitgetheilt ist, heben wir hier 
nur die Punkte hervor, welche den Handel betreffen: Dem 
Friesen, welcher im Miinsterschen Gebiete Schiffbruch leidet, 
soil seine Habe ohne alien Gerichtshandel verabfolgt werden. 
Ferner: die friesischen Kaufleute, welche mit Haringen, 
Pferden, Ochsen, Schafen und anderen Waaren nach West- 
falen handeln, sollen mit keinen neuen Zollen belastet 
werden. 

Dass die Stadt Emden an diesem Handel den grossten 
Antheil gehabt habe, erhellt schon aus ihrer Lage und ihrer 
Bedeutung, geht aber auch daraus hervor, dass, wie es in 
der Urkunde heisst, der Vergleich zu Faldern bei der Stadt 
Emden abgeschlossen wurde. Auch fuhrte, wie wir aus 
einem urn 1200 verfassten altfriesischen Gesetzbuche, den 
17 Kiiren (in v. Richthofen's fries. Rechtsquellen), wissen, 
eine der sieben uralten freien friesischen Strassen von 
Emden nach Miinster. 

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- 36 - 

Uebrigens befuhren emdische Schiffe nicht bloss die 
Ems, sondern auch das Meer. So wird uns erzahlt, dass 
schon 1272 friesische Kaufleute nach Daneinark und den 
wendischen Stadten an der Ostsee fuhren, um Getreide zu 
holen, welches in Ostfriesland erst viel spater, mit Eifer erst 
seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, gebaut wurde. — 
Dass ferner Emden schon fruh mit Bremen Handel ge- 
trieben habe, beweist u. a. eine Urkunde von 1368, welche 
sich im Archive zu Bremen befindet. In dieser bitton der 
Dekan zu Emden und zwei Hauptlinge von Uphusen und 
Faldern den Rath zu Bremen, dass er ihren Unterthanen 
wieder zu den Schiffen und GtLtern verhelfe, welche ein 
Bremer Burger ihnen geraubt habe. Ueber die Verhaltnisse 
Emdens zu Hamburg werden wir spater zu sprechen die 
Gelegenheit haben. 

Emden stand im 14. Jahrhundert unter Hauptlingen aus 
der Familie Abdena, von denen zunachst der Probst und 
Drost Hisko (1388 — 1429) unsere Aufmerksamkeit auf sich 
zieht. Er war ein streitlustiger Mann und nahm deshalb 
sowohl an den inneren Streitigkeiten der ostfriesischen 
Hauptlinge unter einander, als auch an den heftigen Kam- 
pfen der beiden machtigen westfriesischen Parteien, der 
Schiringer, auf deren Seite er stand, und der Fettkoper (der 
aristokratischen Partei) lebendigen Antheil. Nichtsdesto- 
weniger war er bemiiht, den Handel Emdens, der sich bei 
der vortrefflichen Lage der Stadt wohl entwickeln musste, 
kraftig zu fordern. Er nahm 1396 bei sich die sog. Vitalien- 
bnider auf, welche auch bei anderen ostfriesischen Haupt- 
lingen bereitwillige Aufnahme fanden, weil sie als tapfere 
Krieger in den Kampfen erwiinschten Beistand leisteten und 
zugleich als Seerauber kostbare Giiter anbrachten, aus deren 
Kauf und Verkauf sich reicher Gewinn ziehen liess. Als 
diese Raubschaaren auf der Ostsee bereits meist ausgerottet 
waren, schwarmte.n sie noch in grosser Menge auf der Nord- 
see herum, da sie verfolgt an der ostfriesischen KtLste Schutz 



Digits 



zed by G00gle ;A^„ 



- 37 - 

fanden, Kein Kaufinannsschiff war vor ihnen sicher und 
am meisten litt die Hansa von ihren Raubereien. Daher 
drangen Hamburger im Jahre 1400 in die Ost-Ems ein, 
iiberwaltigten eine Schaar der Vitalianer und zogen darauf vor 
Emden. Der schlaue Hisko, durch die Noth der Umstande 
gezwungen, iiberlieferte ihnen Schloss und Stadt, wusste 
aber die Hauptleute durch sein scheinbar aufrichtiges und 
ehrliches *Wesen so fur sich zu gewinnen, dass sie ihm nicht 
allein Emden wieder einraumten, sondern auch die Schlosser 
zu Faldern und Larrelt uberlieferten. Funf Jahre spater 
nahm Hisko die Vitalianer wieder auf, um sich durch sie 
im Kampfe gegen die Fettkopej* zu starken, und behielt sie 
auch nach beigelegter Fehde. Die Versuche der Hanse- 
stadte aber, die Seerauber zu vernichten, blieben lange ohne 
Erfolg, weil es an einem einmuthigen und energischen Han- 
deln fehlte. 

Dass Emdens Handel durch die Vitalienbriider gefor- 
dert wurde, ist nicht zu bezweifeln, da ihre Schiffe ofter mit 
reicher Beute in den uberaus gunstig gelegenen Hafen Em- 
dens einfuhren und es fur die gute und wohlfeile Waare an 
Kaufern nicht fehlte. So gewann die Stadt auf Kosten 
Anderer: ihr Gebiet wurde zu derselben Zeit erweitert, sie 
selbst so stark befestigt, dass sie bald nur von der Wasser- 
seite angegriffen werden konnte. Auch wuchs die Macht der 
Stadt durch Einfuhrung der Accise, welche 1412 durch Hisko 
geschah, nachdem der deutsche Kaiser Ruprecht sie 1410 
genehmigt hatte. Die Accise betrug fur ein Stuck Tuch 
(Laken) 6 Pfenn., eine Last Haringe 12 Pf., ein Fuder Bier 
6 Pf., 100 Stuck ungegerbte Haute 3 Pf., dito gegerbte 6 Pf., 
1 Tonne Salz 1 holland. Stoter (= 2 1 /, SttLber), 100 Stuck 
Wagenschott 2 Pf., die Tonne Honig 3 Pf., 100 Pfund Wachs 
6 Pf. u. s. w. Fremde durften Tuche (Laken) nur in ganzen 
oder halben Stiicken, Haute nur bei 100 oder 50 Stuck ver- 
kaufen. Kein Schiffer durfte bei 5 Mark Strafe Guter eher 
aus seinem Schiffe geben, als sie die Accise erlegt hatten. 



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— 38 - 

Diese Bestimmungen, von denen sich eine aus dem Originate 
genommene Abschrift im rathhauslichen Archive und ein 
Abdruck in Losing's Geschichte von Emden befindet, wurden 
1418 erneuert Wir konnen hier nicht weiter auf dieselben 
eingehen ; sie sind aber interessant, weil sie sowohl zu den 
altesten Verordnungen dieser Art gehoren, als auch deutlich 
zeigen, welche Gegenstande vorziiglich den damaligen Han- 
del ausinachten und zugleich wie sehr man damals darauf 
bedacht war, alien Vortheil des Handels den Einheimischen 
zuzuwenden, 

Wenn nun Emden schon zu einer gewissen Macht heran- 
gewachsen war und einen nicht unbedeutenden Handel und 
zwar auch mit Hansestadten trieb, so liegt die Vermuthung 
nahe, dass es ebenso wie das nahe gelegene Groningen ein 
Glied des machtigen Hansabundes gewesen sei. Und in der 
That zahlt Sartorius in seiner Geschichte des hanseatischen 
Bundes (II. 125) Emden zu den vollen Mitgliedern des 
Bundes. Seine Griinde fur diese Behauptung sind folgende: 
1. In den Protocollen mehrerer Hansetage kommt unter den 
berechtigten Stadten auch Emden vor. In den Ausziigen 
jener Protocolle aber fuhrt er bloss (p. 751 ff.) an: „Auf 
dem Hansetage vom Jahre 1412 zu Luneburg erschienen, 
laut des Protocolls dieser Tagefahrt, Colin, Dortmund, Miin- 
ster, Osnabriick, van deme Ennde, Bremen" u, s. w.; van 
deme Ennde soil Emden sein. — 2. Der Handel der Hansa 
mit Norwegen sei ausser den funf wendischen Stadten (Lii- 
beck, Hamburg, Rostock, Wismar und Stralsund) vorziiglich 
durch Emden betrieben, so lange die Stadt Mitglied des 
Bundes gewesen; er beruft sich dabei auf Holberg's Be- 
schreibung von Bergen, in der es heisst, dass Emden dem 
hanseatischen Comtoir daselbst englisches Laken, Sammet, 
Seide, allerhand Specereien und baares Geld zugebracht 
habe. — 3, verweist Sartorius auf ein alteres Werk von 
Werdenhagen, de rebus hanseaticis (Frankf. 1641), in wel- 
chem sich ein Verzeichniss der Hansestadte findet, in dem 



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- 39 - 

Emden den 40sten Platz einnimmt, mit der Bemerkung, dass 
die Stadt in dem alten Verzeichnisse die Nummer 104 ge- 
fiihrt habe, Indessen hat Suur in Biiren's Jahrbiichlein fur 
Ostfriesland 1838 nachgewiesen, wie wenig jene Griinde zu 
bedeuten haben. Er macht mit Recht darauf aufinerksam, 
dass Emden nie und nirgends van deme Ennde oder im 
Nominativ dat Ennde genannt werde; dass, wenn die Em- 
der atf dem Handel mit Bergen theilgenommen, sie dies unter 
Hamburgs Schutz und Flagge (denn in dessen Besitz war 
Emden von 1431—39 und 1448—53) thaten. Bei Werden- 
hagen vermisst Suur die Quelle seiner Angaben und die 
Nachweisung, wann und wie lange Emden Mitglied der 
Hansa gewesen sei. Als Gegenbeweise fiihrt er 1. das 
Schweigen aller alteren ostfriesischen Geschichtschreiber 
iiber Emdens Mitgliedschaft an, namentlich, dass Ubbo 
Emmius, der doch fur Emdens Grosse alles aufsuche, nichts 
hiervon erwahne. 2. weist K er auf die Unbedeutendheit der 
Stadt zu Anfang des 15. Jahrhunderts hin, ein Grund, den 
wir nicht ganz gelten lassen konnen. 3. habe der Hansa- 
bund nur solche Stadte als Mitglieder aufgenommen, welche 
ein mehr oder weniger selbstandiges Gemeinwesen bildeten, 
was aber von Emden nicht gesagt werden konne, da es in 
jener Zeit unter der Botmassigkeit von Hauptlingen aus dem 
Abdena'schen Geschlechte oder unter Hamburgischer Herr- 
schaft gestanden habe. 4., und das ist allerdings ein schla- 
gender Grund, habe Emden im Jahre 1579 nicht auf Er- 
neuerung des alten Bundes, sondern auf neue Aufnahme 
in den Hansabund angetragen. 

Konnen wir nun gleich nicht alien von Suur angefuhrten 
Griinden ein gleiches Gewicht beilegen, so mtissen wir ihm 
doch in der Hauptsache zustimmen und dafiir halten, dass 
neuere Geschichtschreiber in ihren Verzeichnissen der Hanse- 
stadte Emden mit Recht auslassen. Mohlmann hat zwar in 
seinem Archiv fur fries.-westfal. Geschichte p. 57 ff. darzu- 
thun versucht, dass Emden von 1615 — 1630 eine Hansestadt 



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- 40 - 

gewesen; doch seine Ansicht stiitzt sich meist auf die un- 
sicheren Nachrichten des oben genannten Werdenhagen* 
Kurz, die Ehre, dass unsere Stadt dem machtigen Hansa- 
bunde angehort habe, lasst sich ihr schwerlich zuerkennen. 



II. 

Der Probst und Drost Hisko von Emden, der sich, wie 
wir sahen, durch mancherlei Verordnungen, so durch die 
1412 eingefuhrte Accise, welche die Fremden von Waaren 
und Lebensmitteln zu erlegen hatten, um Emdens Wohlstand 
verdient machte, starb im Jahre 1429 und es folgte ihm in 
gleicher Wurde sein Sohn Imel Abdena, der wie sein 
Vater und andere gleichzeitige Hauptlinge die schon fruher 
besprochenen Vitalienbriider des Gewinnes wegen bei 
sich aufhahm. — Der machtigste ostfriesische Hauptling die- 
ser Zeit war der stolze FockoUkena, gegen welchen sich, 
weil man fiirchtete, er wolle sich zum Herrn von ganz Ost- 
friesland machen, ein Bund unter dem Namen „die Bundes- 
genossen der Freiheit" bildete. Hauptmann dieses Bundes 
war der wackere Edzard Cirksena, ein Sohn Enno's, des 
Hauptlings von Greetsyhl. Dieser wollte zuerst einen Bun- 
desgenossen des Focko Ukena, Imel Abdena bekampfen und 
ihm Emden entreissen. Weil aber die Stadt stark befestigt 
und nur von der Seeseite einzunehmen war, so wandte er 
sich an Hamburg um Hiilfe, Die Hamburger ergriffen gern 
die Gelegenheit, Imel Abdena fur seine Aufnahme der See- 
rauber zu strafen und von einem so wichtigen Punkte an 
der Ems, wie Emden war, Besitz zu ergreifen. Sie schick- 
ten daher gleich im Fnihling 1431 einige Kauffahrteischiffe 
nach Emden, welche oben Waaren, unten aber Waffen und 
Soldaten geladen hatten. Als sie in der Nahe Emdens vor 



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— 41 — 

Anker lagen, luden sie Imel, den sie durch die ausgeladenen 
und zum Kauf gestellten Waaren sicher gemacht hatten, zu 
einem Gastmahle ein. Imel erschien arglos, wurde kostlich 
bewirthet und berauscht gemacht. Dann aber lichtete das 
Schiff, auf dem er war, .die Anker und ftlhrte ihn gebunden 
nach Hamburg, wo er 24 Jahre im Kerker schmachtete, bis 
der Tod seinem Leiden ein Ende machte. — Die Soldaten 
der ubrigen Hamburgischen Schiffe kamen aus ihrem Ver- 
steck hervor und bemachtigten sich des Schlosses und aller 
Giiter Iinel's. In die Stadt legten die Hamburger eine Be- 
satzung. So gerieth 1431 Emden durch Hinterlist in die 
Abhangigkeit von Hamburg; es behielt jedoch seine Rich- 
ter und seinen Rath. In die innere Verwaltung scheinen sich 
also die Hamburger nicht eingemischt zu haben. 

Da die Hamburger von ihrer neuen Eroberung moglichst 
grossen Gewinn ziehen wollten, kamen sie bald mit den Gro- 
ningernin Streit, der jedoch durch einen zweijahrigen Waf- 
fenstillstand beigelegt wurde. Inzwischen suchten sie sich 
Emdens immer mehr zu versichern : sie verstarkten ihre Besa- 
tzung, erweiterten die Befestigungen der Stadt und gewannen 
sich die Burger durch Hebung des Handels und Verkehrs. 
In der That wuchs in jener Zeit die Zahl der Einwohner 
und der Umfang der Stadt zusehends. 

Der Hauptgrund des Streites mit Groningen war das 
Stapelrecht, oder wie es gewohnlich heisst, dasVorbei- 
fahrtsre cht Emdens. Der Ursprung dieses Rechts verliert 
sich im Dunkel; wahrscheinlich kniipft es sich an den Zoll, 
der, wie oben gesagt, schon im 13. Jahrhundert auf der 
Ems erlegt wurde, aber erst die Hamburger scheinen, wah- 
rend sie Emden besassen, den Brauch befestigt und zu einem 
gewissen Rechte ausgebildet zu haben, denn vor ihrer Be- 
sitznahme finden wir iiber solches Recht noch keine Nach- 
richt. Auf diese Weise erklart sich auch, wie die Gronin- 
ger spater dieses Recht als erschlichen darstellen, wahrend 
die Emder mit Bezug auf den zu erlegenden Zoll es uralt 



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— 42 — 

nennen. Es bestand aber dieses Recht, wie wir aus spate- 
ren Nachrichten wissen, darin, dass alle an Emden vorbei- 
fahrende Schiffe nicht allein einen Zoll erlegen, sondern auch 
in dem dortigen Hafen anlegen und ihre Waare 3 Tage lang 
feil bieten mussten und erst dann ihre Fahrt fortsetzen durften. 
Als der Waffenstillstand mit Groningen abgelaufen, wurde 
zwar 1437 ein ewiger Friede geschlossen, aber fast zu der- 
selben Zeit wieder gebrochen, denn die Groninger nahmen 
das Schiff eines Emder Kaufmanns, der in Groningerland 
hatte Korn kaufen lassen, sammt der Ladung weg und woll- 
ten es trotz der Vorstellungen des Hamburger Amtmanns zu 
Emden nicht wieder herausgeben. Bald kam ein neuer Streit- 
punkt hinzu. Ein Schiff, das einem Emder und einem Gro- 
ninger gemeinschaftlich gehorte, fuhr Nachts an Emden vor- 
bei, ohne Zoll zu zahlen, und der Hamburger Amtmann liess 
dasselbe sogleich nehmen und sammt der Ladung verkaufen, 
weil es „ wider altes Herkommen und die neuen Plakate tiber 
die Vorbeifahrt" gehandelt habe. Indessen wurden die Strei- 
tigkeiten nochmals durch einen Waffenstillstand auf einige 
Monate beigelegt: beide Theile sollten freien Handel treiben 
durfen, die Groninger jedoch nicht an Emden vorbeisegeln, 
ohne im Hafen anzulegen und ihre Waaren feilzubieten. 
So hatten die Hamburger eine urkundliche Anerkennung 
des Stapelrechts von Groningen erlangt. Bald jedoch zogen 
sie sich von Emden zuriick. Als namlich die von ih- 
nen vertriebenen ostfriesischen Hauptlinge bei dem Herzog 
von Burgund und Herrn von Holland und Seeland, Philipp 
dem Guten, Schutz gefunden und dieser sich drohend^an 
den Rath von Hamburg fur ihre Freilassung verwendet hatte, 
hielten die Hamburger es fur gerathener, auf den Besitz von 
Emden einstweilen zu verzichten. Sie traten daher die Stadt 
ihrem Bundesgenossen Edzard Cirksena 1439 unter der 
Bedingung ab, dass er ihnen eine bestimmte Summe Geldes 
zahle und auf Verlangen die Stadt zuriickgebe. So gelangte 
Edzard in den Besitz von Emden und nahm den Titel „Haupt- 



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— 43 - 

ling von Emden" an. Er liess den Biirgern ihre eigene 
Verwaltung und Gerichtsbarkeit und bestatigte die alther- 
gebrachten Rechte ; auch vermittelte er mit Groningen 1441 
einen neuen Frieden. Leider starb er noch in demselben 
Jahre an der damals hier wiithenden Pest. 

Unter der Regierung seines Bruders (er selbst hinter- 
liess keine Kinder) Ulrich Cirksena, der iibrigens ein treff- 
licher Herr war, hatte Emdens Handel durch Seerauber ofter 
zu leiden. So wurde von diesen ein Emder Schiff auf der 
Weser angehalten und geplundert, woriiber die Hamburger 
1446 sich bei den Bremern beklagten, ein Beweis, dass die 
Hamburger Emden noeh immer als ihre Stadt betrachteten. 
Noch grosseren Schaden fiigten die Seerauber dem Handel 
Emdens an der Miindung der Ems und auf dem Flusse selbst 
zu, und die Groninger, welche wieder im Streit mit Emden 
waren, liessen dies nicht allein ruhig geschehen, sondern 
machten auch selbst auf Emdens Schiffe Jagd. Im Jahre 
1444 verglich man sich zwar wieder dahin, keinen Seeraub 
zu dulden und die Freiheit des Handels zu schiitzen, aber 
bald kam es, wieder in Folge des Vorbeifahrtsrechts, zu 
neuem Streite. 

Da verlangte Hamburg von Ulrich, dessen Uebermacht 
es furchtete, weil die iibrigen Hauptlinge sich ihm allmalig 
unterwarfen, Emden zuruck, und Ulrich lieferte die Stadt 
aus 1447, weil er sich zum Kampfe mit Hamburg nicht stark 
genug fiihlte. Bald aber entstanden Streitigkeiten zwischen 
den beiden, welche zu einem offenen Kriege fuhrten. Die 
Emder, der mannigfachen Wohlthaten eingedenk, die sie von 
Hamburg erhalten hatten, hielten es mit dieser Stadt, das 
ganze iibrige Ostfriesland aber stand auf Ulrich's Seite. Weil 
nun unter solchen Umstanden den Hamburgern die Behaup- 
tung der beiden Besitzungen, Emden und Leerort. mehr ko- 
stete als einbrachte, so schlossen sie 1453 einen Vergleich 
mit Ulrich ab, in welchem sie ihm ihre ostfriesischen Be- 
sitzungen fur die Summe von 16000 Mark liibisch zunachst 



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- 44 - 

auf 16 Jahre abtraten. Aus den sonstigen Bedingungen he- 
ben wir hier nur diejenigen hervor, die den Handel betref- 
fen. Die Waaren der Hamburger sollten zollfrei sein, und 
wenn ein Hamburger Schiff auf Ulrich's Grand und Boden 
strandete, so sollten die Hamburger das, was sie selbst ge- 
borgen, behalten, fiir das von Ostfriesen Geborgene einen 
billigen Bergelohn bezahlen. Den Biirgern Emdens wurden 
ihre Freiheiten ausdrucklich bestatigt. 

Derselbe Ulrich schloss sich in demselben Jahre (1453) 
zu grosserer Befestigung seiner Macht dem deutschen Reiche 
naher an, indem er Ostfriesland dem Kaiser Friedrich HT , 
xibergab und es von diesem als Reichslehen zuruckerhieli 
Da jedoeh die Verbindung mit dem inneren Deutschland 
eine sehr schlechte war, so hatte die veranderte Stellung 
Ulrich's zum Reiche auf Emdens Handel keinen Einfluss. 
Bedeutender war in dieser Hinsicht ein Vergleich mit Gro- 
ningen und den s. g. Ommelanden, 1457 geschlossen. 
Darnach wurde den Groningern und ihrenUmwohnern erlaubt, 
mit kleinen Schiffen (by namen van vyf borden groot — 
Beninga) die Jahrmarkte in Westfalen zu besuchen, aber 
verboten, von dort Korn nach Holland oder Westfriesland 
zu fuhren. Diesem Vergleich folgte in demselben Jahre ein 
Handelstractat, nach welchem die beiden Parteien in ihren 
Landern freien Handel treiben, und nicht mehr Abgaben 
entrichten sollten, als die eignen Einwohner des Landes 
bezahlten (s. Brenneysen und Beninga.) Wenn auch das 
Volk in Groningen anfangs diesen Vertrag nicht anerkennen 
wollte, so wurde dadurch doch in der That Emden wieder 
ein freier Handel mit Holland eroffnet. Ueberhaupt gelangte 
Emdens Handel durch Tllrich's weise Bemuhungen zu hohe- 
rer Bedeutung, so wie man diesem auch die Hebung der 
stadtischen Gewerbe zu danken hatte. Ulrich gab der Stadt 
1465 mit Rath und Bewilligung der Burger die ersten all- 
gemeinen Statuten (abgedr. bei Beninga), in welchen sich 
folgende Bestimmungen auf den Handel beziehen: 



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- 45 - 

Wer jenigerlei guedt uthvoeret, dat voerboden is, de 
breket tegens dat recht XV Riksgulden. *) 

Were jenich vremedt man, de binnen Embden guedt 
kofte, dat mach en borger tot sick nemen soe dat gekoft is 
und do frombde man sal dz overgeven. 

Wer vissche edder voeghelen (?) koft to Embden, eer 
se upt marcket und up de vischbanke sint gebracht, de bre- 
ket ses olde vleemschen. Dat sy huede ofte ander waer. 

Ock en sal gheen man binnen Embden laken ver- 
kopen, he en geve em den rechten name, of dat laken is 
verboert. 

Ock en sal gheen gast van buten toe binnen Embden 
laken verkopen by ellen talen, of dat geschege, so sal syn 
weerdt, daar dat laken inne is, to broke geven 4 Riks- 
gulden und de gast sal dat laken verboert hebben, dat sy 
dan dat geschege int fry marcket. 

Were jenich man de den to lien uetfoerde, so sol dat 
guedt verboert wesen und den tollner solde he geven II Riks- 
gulden boven synen tollen, unde we dat uthvoerde wetende 
of onwetende, he sy borger ofte gast, de sal ock II Riks- 
gulden to broke geven. 

Were ock jemandt de den axscys vorhelde, de solde 
X Riksgulden hebben gebroken, in handen unses gnedigen 
heren und geven den sylmester II Riksgulden und dat bier 
sal verboert wesen. 

Item neen vremdt koepman sal 1 edder binnen Embden 
kopen dan by helen ofte halven deker, by penen X Riks- 
gulden unde vorlues des leders dat he gekoft heft. 

Item alle grote frombde schepe de van buten inkomen, 
de sollen inkomen up oeren gewontliken tollen und geven 
enen guden Oert goldes to roer tollen, so wat se oick ge- 



*) = 24 Krummsteert, 1 Krummsteert = 4 Witten; spater 5 Kr. 
= 1 Schaf (20 Witten). 



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■^ 



— 46 — 

laden hebben, dat sy pyck, theer, holt, wagenschot, visch, 
koren ofte anders. 

Ausserdem wurden einige Bestimmungen getroffen, um 
falsches Maass zu verhiiten; aber des Rechtes der Stadt, 
dass vorbeisegelnde Schiffe 3 Tage im Hafen anlegen und 
den Burgern ihre Waaren feilbieten sollen, wird auffallender 
Weise in diesen Statuten nicht gedacht, obgleich wir sonst 
wissen, dass Ulrich im Interesse Emdens streng auf die Be- 
obachtung des sogen. Vorbeifahrtsrechts hielt und sogar noch 
die Bestimmung hinzufugte, dass die nicht verkauften Waa- 
ren in Emder Schiffe ubergeladen und in diesen weiter ge- 
fiihrt werden sollten. Aus solchen Anordnungen musste den 
Emdern grosser Gewinn erwachsen. Dazu kam, dass Em- 
den damals sowohl fiir die Einfuhr als Ausfuhr der Haupt- 
ort in ganz Ostfriesland war. Kein Wunder also, dass da- 
mals in Emden ein reger Handelsverkehr herrschte, dass 
die Zahl der Einwohner sich mehrte und der Umfang der 
Stadt sich vergrosserte. Was Ulrich in dieser Beziehung 
gethan, ist hier nicht der Ort darzustellen. 

Das sog. Vorbeifahrtsrecht rief bald wieder einen Streit 
mit den Groningern und den Munsterschen hervor, welche 
eben durch jenes Recht am meisten gedruckt wurden. 
Letztere fassten sogar im Jahre 1482 den grossartigen Plan, 
Emden durch Ableitung der Ems zu Grunde zu richten. Sie 
wollten den Fluss von Heede aus (Heede liegt im Meppen- 
schen) durch die Bellingwolder Haide und Moraste in den 
Dollart leiten und so das alte Emsbett trocken legen (Em- 
mius und Schotanus). Sie scheuten keine Kosten und Ar- 
beit, gruben auch wirklich eine Strecke aus, bis sie erkannten, 
dass das Unternehmen ihre Krafte iibersteige und aufzu- 
geben seL So mussten die nach Emden kommenden Schiffe 
das Vorbeifahrtsrecht beobachten; wenn aber eins, ohne 
anzulegen und seine Waaren feil zu bieten, vorbeifahren 
wollte, so bedurfte es dazu einer beson^eren Erlaubniss des 
Grafen von Ostfriesland. Wir haben noch mehrere Schrei- 



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— 47 — 

ben, in denen auf besondere Bitten der Schiffer einigen 
Schiffen, die mit Getreide, Holz oder Steinen beladen waren, 
von der Grafin Theda, sowie von den Grafen Enno und Ed- 
zard erlaubt wird, unaufgehalten an Emden vorbeizufahren; 
jedoch musste der gewohnliche Zoll entrichtet, zuweilen auch 
das Getreide in Emder Schiffe ubergeladen werden. (Schrei- 
ben bei Losing in seiner Geschichte der Stadt Emden und 
mehrere Copien auf dem Rathhause.) 

Bald brachen xiber jenes Recht neue Streitigkeiten zwi- 
schen Emden und dem Bischof von Miinster aus, die 1492 
zu einem offenen Kriege fuhrten, in welchem mehrere Ort- 
schaften geplilndert, einige auch wie Weener und Rhede 
verbrannt wurden. 

Um diese Zeit, 1493, traten die Hamburger ihre An- 
spriiche, die sie noch immer auf Emden und Leerort machten, 
in einem Vertrage formlich an den Grafen. Edzard ab, da 
sie wohl einsahen, dass sie dieselben mit Waffengewalt nicht 
aufrecht halten konnten. Sie erhielten dafur 10,000 Mark 
lubisch, welche in zehn Jahren abgetragen werden sollten. 
Dabei versprachen die Gebruder Edzard und Uko, dass sie 
die Burger, Kaufleute und Einwohner Hamburgs, sowie an- 
dere Kaufleute der Hansestadte zu Wasser und zu Lande 
beschutzen wollten. Zugleich erlaubten sie den Hamburgern, 
ihr Bier (dies war der bedeutendste Ausfuhrartikel nach 
Ostfriesland) und ihre andern Waaren ohne Accise, Zoll 
und andere Lasten in Ostfriesland einzufuhren und zu ver- 
kaufen, vorbehalten jedoch der Stadt Emden Gerechtsame 
und Freiheiten, die sie nach alter Sitte und Gewohnheit 
gehabt habe. Ferner erklaren sie, keine Raubereien ge- 
statten zu wollen und wenn ein hamburger Schiff in ihrem 
Gebiete strandete, so sollte es von dem, was der Schiffer 
mit seinen Leuten berge, nichts bezahlen; wenn dieser aber 
ihre Unterthanen dazu gebrauchte, so sollte er ein billiges 
Bergegeld und Arbeitslohn geben. Fande man herrenloses 
Gut, so sollte man es dem Eigenthumer gegen Bergegeld 



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— 48 — 

zuriickgeben. Wolle ein Burger, Einwohner und Kaufmann 
von Hamburg im ostfriesischen Gebiete fischen und dazu 
das Ufer gebrauchen, so konne er das ungehindert thun, 
wenn er nach altem Brauche von jedem Schiffe 200 Schollen 
gebe. 

Da aber die Streitigkeiten wegen des Vorbeifahrtsrechts 
noch immer fortdauerten, so baten die Emder den Kaiser 
Maximilian I., der sich 1494 gerade in Brabant aufhielt, 
um die Ertheilung eines Diploms, wodurch ihr altes Recht 
bestatigt wiirde. Der Kaiser erfullte ihre Bitte. In der 
kaiserlichen Urkunde vom 4. Novbr. 1494 heisst es wortlich: 
„Wir Maximilian etc. bekennen offentlich mit diesem Briefe, 
dass uns unser und des Reichs liebe getreue, Burgermeister 
und Rath der Stadt Emden haben furbracht, wie ab Men- 
schen Gedachtniss herkommen und gehalten, dass alle Schiffe, 
so auf dem Wasser, die Embs genannt, auf oder nieder bei 
der genannten Stadt gefuhret, daselbst niedergelegt und 
furter nach alter Gewohnheit damit gefahren und gehandelt, 
auch zu Zeiten die grossen Schiffe, die auf der See ge- 
braucht, wenn die mit merklich Ungestiim des Sees begriffen, 
um mehrerer Sicherheit willen, in die Behabung der ge- 
nannten Stadt gelegt, daselbst geankert, und eine Zeit lang, 
um ein ziemlich Geld, damit sie den Tamm oder Teich bei 
derselben Stadt bauen und im Wesen behalten, nach alter 
Gewohnheit enthalten, dieselben aber nicht schuldig seien, bei 
ihnen niederzulegen, und solches alles, ohne mannigliches 
Widersprechen, noch dermassen geiibt und gebraucht werde, 
und Uns darauf demxithiglich angerufen und gebeten, dass 
Wir ihnen solch ihr alt Herkommen, Uebung, Gebrauch und 
Gewohnheit zu confirmiren und zu bestaten gnadiglich ge- 
ruheten; des haben Wir angesehn solch ihr demuthigliche 
ziitnliche Bitte, auch die getreue Dienste, darzu sie sich 
gegen Uns und das heil. Reich willig erbieten, und darum 
— denselben Burgermeistern und Rathen zu Emden die ob- 
benihrten alten Herkommen, Uebung, Gebrauch und Ge- 



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- 49 — 

wohnheit als Rom. Konig gnadiglich confirmiret und bestetet, 
confirmiren und besteten die auch von Romisch-Koniglicher 
Macht, wissentlich in Kraft dieses Briefes, was wir von 
Billigkeit und Recht daran zu confirmiren und zu besteten 
haben, und meinen, setzen und wollen, dass sie und ihre 
Nachkommen dabei bleiben und der, wie sich gebuhrt, ge- 
brauchen und geniessen sollen und mogen, von allermannig- 
lichen unbehindert; doch Uns und dem Reiche an Unsern 
und sonst manniglich an seinen Rechten unvorgreifentlich 
nnd unschadlich." — Darauf werden alle aufgefordert, dio 
Stadt Emden bei diesem Rechte zu belassen, bei des Kaisers 
Ungnade und einer Strafe von 50 Mark loth. Goldes, von 
denen die Halfte der Reichskammer, die andere der Stadt 
Emden zufliessen soil. Wie wenig man sich jedoch urn des 
Kaisers Befehle im nordlichen Deutschland kummerte, zeigt 
der gegen die Ostfriesen fortgesetzte Kampf des kriegs- 
lustigen Bischofs von Miinster, Heinr. v. Schwarzenberg, 
der zugleich alte Rechte auf das Emsigerland geltend machen 
wollte. Erst unter seinem Nachfolger, Konr. v. Ritberg, der 
ein friedliebender Mann war, kam 1497 wegen des Vorbei- 
fahrtsrechts ein Vergleich mit den graflichen Brudern Edzard 
und Uko und der Stadt Emden zu Stande, wonach die 
Mtinsterschen die beiden freien Jahrmarkte, welche in Emden 
acht Tage vor Mittfasten und acht Tage nach Michaelis ge- 
halten wurden, frei besuchen dtirfen, zu anderer Zeit aber 
ihre Waaren, mogen sie zu Schiffe die Ems hinauf oder 
hinunter, oder zu Wagen verfuhrt werden, drei Tage in 
Emden feilbieten mussen. Was sie nicht verkauften, konnten 
sie nach Erlegung des gewohnlichen Zolles weiter fiihren. 
In einem zweiten Vertrage vom October 1497 wurde der 
Zoll fur die einzelnen Waaren genau bestimmt; die neuer- 
dings eingefuhrten Miinsterschen Zolle wurden abgeschafft, 
die friiheren auf den alten Fuss reducirt. Aueh sollte von 
den durch Ostfriesland gehenden Waaren nur ein Mai der 
Zoll bezahlt werden. Um Irrungen und Streitigkeiten vor- 

4 



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- 50 — 

zubeugen, setzte man ferner den Werth des Geldes, der da- 
^mals sehr schwankend war, so fest, dass 38 Krummstert auf 
einen Goldgulden gehen sollten. 

So haben wir diejenigen Ereignisse und Verhaltnisse 
hervorgehoben, welche im 15. Jahrhundert auf Emdens Han- 
del einen giinstigen oder ungiinstigen Einfluss ausiibten. Das 
Vorbeifahrtsrecht war fur Emden vortheijhaft und nachtheilig 
zugleich, denn es brachte der Stadt eine reiche Einnahme, 
rief aber auch viele Streitigkeiten hervor, durch welche 
jene grossentheils wieder verzehrt und jedenfalls der Han- 
delsverkehr gelahmt wurde. 



IIL 

Wenn gleich die Streitigkeiten mit Miinster, wie wir 
am Schluss des vorigen Vortrages saheri, 1497 gutlich bei- 
gelegt waren, so dauerten doch die mit Groningen noch 
fort. Es nahmen die Groninger im Jahre 1499, zur Zeit der 
sogenannten sachsischen Fehde, drei Emdensche Schiffe 
weg, welche mit Tuch und anderen Waaren von Amsterdam 
zuriickkehrten. Den Werth der Ladung giebt Beninga auf 
4000 fl. an. — Uebrigens litt wahrend der sachsischen Fehde 
Emden weniger als andere Orte Ostfrieslands, denn durch 
seine Walle war es gegen Ueberfalle und Plunderung ge- 
schtitzt ; nur musste es zu Wasser und zu Lande Kriegsdienste 
leisten. Welche Macht es damals besass, kann man aus fol- 
genden Thatsachen ersehen. Graf Edzard der Grosse liess 
1540 vierzig Schiffe zu Emden ausrusten, deren Mannschaft 
die Sachsen in den Ommelanden schlug und ihnen ihre fe- 
sten Platze nahm. Und als bald darauf zehn sachsische 
Schiffe vor Emden kreuzten, da rusteten die Emder eilends 
einige Schiffe aus, durch welche sie jene theils nahmen, 



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__-• . - ■ ■- sir 




— 51 — 

theils in die Flucht schlugen. Aber es dauerte nicht lange, 
da erschienen wiederum sachsische Schiffe auf der Ems, 
urn die Verbindung Emdens mit Groningen und Appingadam 
zu storen; doch auch diese wurden von den zahlreichen und 
trefflich ausgerusteten Emder Schiflfen ganzlich geschlagen: 
das •Admiralschiff ward in den Grand geschossen, zwei an- 
dere Schiffe wurden genommen und die ubrigen in die -Flucht 
getrieben. In demselben Jahre (im September^ trafen die 
Sachsen und Emder nochmals auf dem Wasser zusaminen: 
im ersten Kampfe verloren die Emder ein Schiff und muss- 
ten weichen, in dem. zweiten aber eroberten sie 7 sachsische 
Schiffe. 

Trotz dieser Kampfe waren die Emder darauf bedacht, 
ihren Handel zu vermehren, und der damalige Graf Edzard 
beforderte ihre Bestrebungen. Dieser gab im Jahre 1508 
einige Verordnungen , welche zur. Hebung des Emder Han- 
dels dienen sollten. Sie befinden sich in der rathhauslichen 
alten Registratur in der Verordnung iiber Lavelbeeren 1 ), 
waarschoppen 2 ), kindelbeeren. Wir heben daraus Eini- 
ges hervor. 

Gheen vremdt Kapmann sal binnen Embden voer negen 
uren kopen. 

Item nemandt sal van vremden luden gelt nemen, daer 
verkop mede to doen up bate of profyt des fremden koep- 
mans, daer unse tollen mochte vermindert worden, by vor- 
lues des guedes, dat also gekoft is und by penen hirna be- 
screven. 

Alle gewandt, syden, wullen, zaerdoeck, 3 ) linwant 
krumpen ende ungekrumpen, vorder allent dat men mitter 
ellen meth ; sal men na der ellen methen de wi up unsen 
radthuse daerto geschicket hebben. 

*) Verlobungsfeste. 
a) = warskupp, Hochzeit. 

8 ) holl. zaai, frz. serge, die Sarsche, ein gewOhnlich von Wolle, 
^uweilen auch von Seide gewebtes, gekreuztes Zeug. 

i* 



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*KT 



— 52 — 

Ock sal niemandt laken sniden," kopen ofte verkopen, 
he en nome dat laken bi sinen rechten namen und waer idt 
besegelt is, of idt kleine loed of groet lod sy. 

Alle guedt de man wegen mach, sal man wegen mit so- 
daner geweehte wy up unsen radthuse daerto geschicket heb- 
ben. Oeck en sal niemandt vlas baven viftich ponden bi 
entellen bunden kopen dant up de wage laten wegen. 

Oeck alle dat to meten is, wyn, olie, beer, bonich, sal 
men methen mit ener mathen up unsen radthus daerto ge- 
ordineert u. s. w. 

Wer eine dieser Bestimmungen ubertritt, soil an Biirger- 
meister und Eath 10 Goldgulden und 1000 Steine zum Nutzen 
der Stadt Emden als Strafe geben. 

Dieselbe Verordnung Edzards des Grossen zeigt auch, 
welcher Wohlstand damals in Emden geherrscht habe, denn 
sie enthalt mehrere Bestimmungen gegen den Luxus. So 
heisst es u. A.: „Zu einer Verlobung sollen die reichsten 
nicht mehr als 64 Personen (4 Personen auf 1 Schiissel ge- 
rechnet), die mittlern Burger 48 und die iibrigen 32 Perso- 
nen einladen und auf den Tisch sollen nicht mehr als funfer- 
lei Gerichte kommen." Man wird nicHt irren, wenn man 
den Wohlstand vorziiglieh dem Handel zuschreibt 

Uebrigens hatte der Handel noch mit manchen Hinder- 
nissen zu kampfen: der Seeraub hatte noch nicht aufgehort, 
sondern wurde sogar noch immer von Ostfrieslands Haupt- 
lingen gefordert. Ein Cornelius v. Vehr aus Seeland ka- 
perte 1523 und 1524 vorziiglich Emder Schiffe, bis er von 
den Emdern auf Rottuin gefangen und dann mit sieben 
seiner Genossen zu Emden enthauptet wurde. 

Nicht lange nachher wurde Emden in die Streitigkeiten 
des Junkers Balthasar von Esens und des Herzogs Karl von 
Geldern verwickelt. Die Emdener segelten in den Slider- 
see, nahmen einige nach Geldern bestimmte Schiffe weg und 
vertheilten unter sich die Beute; unter dieser waren aber 
auch Tuche und Haringe, die einem Ltibecker gehorten. 



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- 53 - 

Dieser und nachher seine Erben verlangten von dem Em3er 
Rathe Entschadigung, aber vergeblich ; da wandten sie sick 
an das Reichskammergericht, das den Magistrat verurtheilte 
und, als dieser sich widerspenstig zeigte, 1539 in die Reichs- 
acht that. Jedoch erst 1554 wurde der Streit durch einen 
Vergleich giitlich beigelegt. 

Die Reformation, welche in Ostfriesland und besonders 
in Emden raschen Eingang fand, trug das Ihrige dazu bei, 
auch in den Handel und die Schifffahrt ein regeres Leben 
zu bringen. So erfahren wir, dass die Emder 1536 in g r o s - 
sen Schiffen zu rheden anfingen, von denen das erste 150 
Last gross, die folgenden noch grosser waren, indem sie 
200, 250 Last und mehr einnehmen konnten. 

Die Zahl der Einwohner hatte sich in Folge des aus- 
gedehnteren Handels ansehnlich vermehrt; daher wurde 
1535 — 1542 die jetzige Butfenne mit zur Stadt gezogen und 
der Theil, welcher zwischen der Lookfenne und dem alten 
Boltenthore lag, wurde ganz bebaut. 

Damit* die Schiffe auf der Ems vor Gefahren gesichert 
waren, waren schon seit Anfang des 16. Jahrhunderts auf der 
Ems Baken gesteckt und Tonnen ausgelegt. Graf Enno II. 
iibertrug die Sorge dafur der Stadt und iiberliess ihr zu- 
gleich das Tonnengeld, welches die Schiffer zu entrichten 
hatten. Die Groninger fuhlten sich durch diese neue Auf- 
lage beschwert und wandten sich klagend an die Konigin 
Marie von Ungarn, l ) als diese 1545 ihre Stadt besuchte. 
Sie brachten vor, dass sie fruher die Ems bis an Emden 
frei befahren und, wenn sie Emden vorbeigesegelt, einen ge- 
ringen Zoll bezahlt hatten, ohne in dem Emder Hafen an- 
zulegen und ihre Waaren drei Tage feil bieten zu mtissen. 
Die Emder hatten sich nach Ulricas I. Tode das Stapel- 
recht angemasst; sie hatten den Zoll fur die Schiffe bedeu- 



l ) Wittwe Ludwig's II. und Schwester Karl's V. und von diesem 
zur Statthalterin der Niederlande gemacht. 



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— 54 — 

tend erhoht und verlangten sogar 1 Procent von dem Werthe 
der Waaren. — • Die Konigin sandte zuerst einen Rechtsge- 
lehrten Martin von Naerden nach Emden, um den Streit bei- 
zulegen; da dieser nichts erreichen konnte, fand bald dar- 
auf eine Versammlung von Gesandten Graningens und Em- 
dens in BrtLssel statt Die Emder beriefen sich hier auf ihr 
uraltes Recht und dessen Bestatigung durch den Kaiser 
Maximilian, sowie auf ihren Vergleich mit Munster, den auch 
die Groninger als rechtsgiiltig anerkannt hatten. Die Gro- 
ninger dagegen beriefen sich auf das Volkerrecht, auf die 
Freiheit der Friesen und auf die Billigkeii Da beide Theile 
hartnackig auf ihrer Ansicht beharrten, brach Maria die Un- 
terhandlung ab und iiberliess ihrem Bruder, Karl V., der 
sich damals gerade in Brabant befand, die Entscheidung des 
Streits. Da aber die Grafin von Ostfriesland Anna, so gut 
wie die Emder den Kaiser in dieser Sache fur parteiisch 
ansahen, so beriefen sie sich auf das Reichskammergericht. 
Dariiber erzurnt, legte Maria auf Emdens Scniffe in Bra- 
bant, Holland, Utrecht und Westfriesland einen Zoll von 
25 Caroligulden und liess ausserdem von dem Werthe der 
Waaren 5 Procent nehmen. Karl V. wiirde wohl selbst ge- 
gen Emderi aufgetreten sein. wenn er nicht durch den Re- 
ligionsstreit in Deutschland ganz in Anspruch genommen 
ware ; daher erhoben die Emder ungestort ihren Zoll weiter 
und zwangen die vorbeifahrenden Schiffe, das Stapelrecht 
zu beobachten. Auf dem Reichstage zu Augsburg aber er- 
neuerten die Groninger ihre Beschwerden iiber die Grafin 
Anna und die Stadt Emden und brachten es durch ihre Dar- 
stellungen wirklich dahin, dass der Kaiser das Stapelrecht 
Emdens durch ein Edict aufhob und den Emdern drohete, 
wenn sie sich nicht fugten, so sollten ihre Schiffe in alien 
niederlandischen Hafen doppelt so viel bezahlen, als sie (die 
Emder) von niederlandischen Schiffen verlangten. Zugleich 
wurden der Bischof von Munster, die Statthalter . von Gel- 
dern, Friesland, Overyssel und Groningen, die Grafen von 



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— 55 — , 

Oldenburg, Eitberg und Bentheim dazu ernannt, diese Be- 
stimmungen auszufuhren. Beigelegt wurden die Streitigkei- 
ten erst urn 1550, wie wir nacbher seheri werden. 

Inzwischen hatten die Emder von den Kapereien der 
Schotten viel zu leiden. Auf ihre Bitten sandte die Gra- 
fin Anna im August 1546 zwei Manner P. Kampen und Doke 
an den Statthalter (gubernator) von Schottland und im fol- 
genden Jahre die Rathsherren Hero Habben und den Secre- 
tair Hoitet Tjabbern, beide aus Emden, an die Konigin Ma- 
ria, ') um den Bednickungen fur immer ein Ende zu machen. 
Zunachst erlangten sie nur einen WaffenstiHstand auf zehn 
Jahre, wie aus den Urkunden hervorgeht, die sich in der 
alten Registrator unseres Rathhauses noch jetzt befinden, ob- 
gleich man sie fruher fur verloren ansah (s. Biiren's Jahr- 
buchlein 1836 p. 30.) a ) Als der . WaffenstiHstand zu Ende 
ging, wurde Hoitet Tjabbern, dieses Mai allein, an die Ko- 
nigin geschickt, um wo moglich einen formlichen Friedens- 
und Handelsvertrag abzuschliessen. Seine Bemuhungen wur- 
den mit Erfolg gekront: denn es wurde am 19. October 1556 
zu Aberdeen einVertrag geschlossen, nach welchem alleFeind- 
seligkeiten zwischen Schottland und Ostfriesland aufhoren, 
alle Befehle, welche wegen Kaperung, Raub, Pliinderung, 
Todtschlag oder aus einem andern Grande zu Repressalien 
•gegeben, null und nichtig, alle Klagen aufgehoben und alle 
Beleidigungen vergessen sein sollten. Ferner sollte unter 
beiden Volkern freier Verkehr stattfinden ; die Schotten soil- 
ten nach Gefallen in Ostfriesland Handel treiben, auch Gii- 
ter von dort wegflihren, doch erst nachdem sie die gewohn- 
lichen Zolle und Abgaben bezahlt hatten. Gleicher Freiheit 
sollten die Unterthanen der Grafin Anna in Schottland ge- 
niessen. Auch die nachher durch ihre Schicksale so beriihmt 



*) Wittwe Jakob's V., Mutter der Maria Stuart. Die vormund- 
scbaftliche Regierung fiihrte damals eigentlich der Graf Arran, von 
welchem sie 1554 an die KSnigin Wittwe bis zu deren Tode (1560) kam. 

2 ) Einen Abdruck der Urkunden geben wir im Anhange. 



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— 56 — 

gewordene, damals noch minderjahrige Maria Stuart erkannte 
den Vertrag am 26. September 1557 an. Die Urkunden be- 
finden sich in unserm rathh&uslichen Archiv im Originate 
und sind in Bttren's Jahrbtichlein 1836 abgedruckt. 

In demselben Jahre schlossen Grafin Anna und der 
Magistrat von Emden auch mit dem Konig von Schweden, 
Gustav Wasa, einen Handelsvertrag ab, der sich ebenfalls 
in der hiesigen Registratur noch vorfindet und von Brenn- 
eysen, Ostfr. Historie Bd. I., abgedruckt ist. Nach diesem 
Vertrage sollen beide Volker freien Verkehr mit einander 
haben, von Zollen, Accise, Tonnengeld u. dergl. Abgaben 
befreit sein; jedoch diirfen Schweden die in Ostfriesland 
gekauften Waaren nicht nach den Nachbarlandern, West- 
falen, Groningen und Friesland, verschiffen. Beide konnen 
die angebrachten Waaren, wenn sie sie nicht gleich ver- 
kaufen konnen oder wollen, in Magazine legen und ohne 
alle Abgaben wieder ausfuhren (Portofrancorecht). Sie diir- 
fen, wenn es der Umfang des Handels erfordert, Factoren 
anstellen, und diese konnen Aelterleute einsetzen, welche 
liber Handelssachen in erster Instanz zu richten haben. 
Dies sind die wesentlichsten Bestimmungen des Vertrages, 
welchen Gustav Adolf 1616 erneuerte. 

Noch ehe die Vertrage mit Schottland und Schweden ab- 
geschlossen, hatte sich schon wieder der Streit mit den Gro- 
ningern iiber das Vorbeifahrtsrecht erneuert. Zur Schlich- 
tung desselben kamen von beiden Seiten Deputise in Ap- 
pingadam zusammen; die Groninger legten hier die Ent- 
scheidung Kaisers Karl vor, durch welche das Vorbeifahrts- 
recht der Stadt Emden aufgehoben war; die Emdener 
dagegen bestritten s das Recht des Kaisers zu solcher Ver- 
fiigung und provocirten auf den Kaiser und die Reichsstande. 
An eine Vereinigung war unter diesen Umstanden nicht zu 
denken und die Deputirten kehrten unverrichteter Sache 
nach Hause zuriick. Da aber die Groninger es den Emdern 
nicht zutrauten, dass sie sich einem kaiserlichen Edicte wider- 



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- 57 - 

setzen wurden, so beluden sie ein Schiff mit Butter und er- 
theilten dem Schiffer den Befehl, ohne Aufenthalt an Emden 
vorbeizufahren. Doch kaum sahen die Emder dies Schiff 
vorbeifahren, so setzten sie ihm nach, holten es ein und 
liessen es in ihren Hafen bringen. Trotz der Bemiihungen 
der Grafin, den Streit beizulegen, dauerte dieser doch bis 
zum Jahre 1558 fort und bis dahin veriibten beide Theile 
manche Gewaltthatigkeiten gegen einander. In dem ge- 
nannten Jahre aber hob der Kaiser Ferdinand in dem Lehn- 
briefe fur die graflichen BrtLder, Edzard , Christoph und 
Johann, das oben erwahnte Edict Karl's V. wieder auf und 
bestatigte auf s Neue das Vorbeifahrtsrecht der Stadt Emden. 
Bei diesem Beschlusse beruhigten sich endlich die Groninger. 
Die Emder aber wurden durch die giinstigen Erfolge, 
welche sie bei ihrem Handel und ihrer Schifffahrt erzielten, 
zu neuen Unternehmungen getrieben, welche zugleich bei 
der Grafin Anna, die das Wohl ihres Landes in aller Weise 
zu fordern strebte, kraftige Unterstiitzung fanden. Im Jahre 
1553 wurde zu Emden eine Haringsfischerei errichtet. 
In der Stadt selbst wurden nach dem Muster der nieder- 
landischen fiinf Buisen erbaut, da die Niederlander aus 
Eifersucht den Emdern keine Buisen bauen wollten. Die 
Emder waren bei ihrer ersten Ausfahrt sehr .glticklich und 
kehrten mit einem reichen Fange Heringe zuriick, fur welche 
sie in Westfalen, Hamburg und Bremen willige Kaufer 
fanden. Im Jahre 1555 fuhren schon 19 Buisen aus; der 
Schiffer, welcher eine Buise fuhrte, nistete diese damals 
selbst aus, so wie er nachher auf eigene Rechnung ver- 
kaufte. Uebrigens waren von Seiten der Stadt mehrere 
Bestimmungen getroffen, durch welche die Befugniss der 
Schiffer beschrankt war. Sie durften z. B. ihre Netze nicht 
vor dem 10. Juni auswerfen, mussten alle Haringe nach 
Emden bringen, von wo aus diese weiter verschickt wurden, 
jedoch nur die, welche vom 10. Juni bis 31. Januar des 
f olgenden Jahres gefangen waren. Die Schiffer mussten bei 



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— 58 - 

ihrer Abfahrt von Emden einem der Stadtsecretaire cW 
Zeichen zeigen, welches ihre Tonnen batten, damit man 
nachher wusste, wer etwa schlechte H&ringe verkauft habe. 
Nach Ankunft einer Buise packte ein von dem Magistral 
angestellter Kormeister auf offener Strasse oder doch bei 
offenen Thiiren, damit man ihn dabei beaufsicbtigen konnte, 
die H&ringe urn. Wenn er eine Tonne gut befdnden, bo 
setzte der Platzmeister sein Zeichen darauf. Aber trotz 
dieser Sicherheitsmassregeln erlaubten sich dennoch die 
Schiffer manche Betrugereien, indem sie, wie berichtet wird, 
z. B. alte, verdorbene Haringe unter die neuen mischten, 
woriiber der Rath in Bremen einmal formliche Klage in 
Emden erhob. — Urn 1600 trat in der Fischerei eine Aen- 
derung ein, indem damals Gesellschaften zusammen- 
traten und den Haringsfang auf gemeinsame Kosten betrieben. 
Es fehlte aber viel daran, dass die Haringsfischerei dadurch 
gehoben ware, sie kam vielmehr allmalig in Verfall. Der 
Grund dieser Erscheinung mag wohl vorztiglich darin liegen, 
dass die Emder von den damals so machtigen Hollandern, 
die im Anfange des 17. Jahrhunderts 3000 Buisen aussen- 
deten, uberfltigelt wurden. — 1615 gab es noch Gesellschaften 
iii Emden, die Schiffe auf den Haringsfang aussendeten; 
bald darauf abef raussen sich die Emder wieder wie friiher 
darauf beschrankt haben, im Frtihling magere Haringe im 
Dollart zu fangen und zu trocknen. 

» Unter den giinstigen Umstanden, welche sich zuder 
Zeit vereinigten, Emdens Handel zu befordern, verdientvor 
alien erwahnt zu werden, dass 1564 englische Kauf- 
leute, die adventurers (die Wagenden), ihre Waaren nach 
Emden zum Verkauf brachten. Diese Handelsgesellschaft, 
unter den vielen, die von der Konigin Elisabeth Privilegien er- 
hielten, wohl die bedeutendste, namentlich durch ihren Woll- 
handel, batte bis dahin sehr grosse Niederlagen zu Ant- 
werpen, aus denen englische Tuche von fast alien Nationen 
gekauft wurden. Durch die Streitigkeiten aber, welche iiber 



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- 59 ~ 

erhohete Zolle zwischen den Englandern und der Statthal- 
terin der Niederlande, der Herzogin Margaretha von Parma, 
sich erhoben hatten, wurde die. Gesellschaft bewogen, Ant- 
werpen zu verlassen und Emden zum Stapelplatze ihrer 
Waaren zu erwahlen. Naturlich wurde ihr Antrag urn Auf- 
nahme von der Grafin Anna und dem Emdener Rath sehr 
freundlich aufgenommen und ihnen selbst jede Begiinstigung 
ihres Handels zugesagt. Nachdem man sich uber die Be- 
dingungen vereinigt, kamen im Fruhjahr 1564 anfangs 6, 
nachher 44 Kauffahrteischiffe, vOn 6 Kriegsschiffen geschutzt, 
gliicklich bei Emden an. Sie begriissten die Stadt mit Ka- 
rionenschussen und die Emder erwiederten von ihren Wallen 
den Gruss auf gleiche Weise. Mit Musik und unter lautem 
Jubel des Volks liefen die Schiffe in den Hafen ein. Die 
Ladung der Schiffe bestand grossentheils aus Tuchen, doch 
auch. andere Waaren befanden sich darunter, namentlich 
Bier, denn Pennant in seiner Geschichte Londons sagt aus- 
drticklich , dass einmal 350, ein anderes Mai 800 Fasser 
englisches Bier in Emden eingefuhrt seien. Bald erschienen 
zu Emden eine Menge fremder Kaufer und es herrschte in 
der Stadt ein bis dahin unbekannter Verkehr und Handel, 
durch den Emden, wenn es ihn fur die Dauer an sich hatte 
fesseln konnen, zu einer der bedeutendsten See- und Han- 
delsstadte wtirde erhoben sein. Allein aus mehreren Grlinden 
dachten leider die englischen Kaufleute bald daran, wieder 
von hier abzuziehen. Die graflichen Briider Edzard, Chri- 
stoph und Johann ertheilten ihnen zwar zur Sicherung des 
Handels in Emden und ganz Ostfriesland einen Schutzbrief 
und die unbedingte Freiheit, ihre Waaren ungehindert ein- 
und auszufiihren; aber die Herzogin von Parma verbot den 
Niederlandern, mit Emden Handel zu treiben, ein Verbot, 
welches auch dem englischen Handel bedeutenden Abbruch 
that. Ferner verweigerten die deutschen Kaiser Ferdinand I. 
und Maximilian II. dem von Ostfriesland mit den englischen 
Kaufleuten geschlossenen Vertrage ihre Anerkennung und 



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— 60 — 

machten dadurch die Stellung der englischen Kaufleute zum 
deutschen Reich e unsicher. Dazu kam, dass die in Em den 
vorhandenen Packhauser nicht hinreichten, die englischen 
Waaren gehorig aufzunehmen; was aber noch schlimmer 
war, Emden war als Handelsplatz mit Antwerpen gar nicht 
zu vergleichen und die Englander fanden hier keine pas- 
senden Waaren zur Ruckfracht. Als nun noch die nieder- 
landische Regierung die dem englischen Handel hinderlichen 
Bestimmungen wieder aufhob, da war es nicht zu verwun- 
dern, dass die Adventurers schon im Anfang des folgenden 
Jahres von hier wieder fortzogen und die den Emdern 
gegebenen grossen Versprechungen vergassen. Ein alter 
Schriftsteller sagte deshalb von ihnen: Sie hielten ihr Ver- 
sprechen wie ein SchifFer, der in der Noth eine Wachskerze, 
so gross wie sein Mast, gelobte, als er aber an's Land kam, 
sein Gelubde vergessen hatte. So horte der englische Handel 
in Emden plotzlich auf; von den spateren Versuchen zur 
Erneuerung desselben werden wir weiter unten sprechen. 
An den erst en Aufenthalt der Englander erinnert noch ein 
Gebaude unserer Stadt, die Klunderburg, welche zur Woh- 
nung der Factor en und zum Lager von Waaren fur 60t)0 
Gulden jahrlich vermiethet war. 

Zu den fur Emden giinstigen Ereignissen sind zum 
Theil auch die Verfolgungen zu rechnen, welche die Prote- 
stanten in England und den Niederlanden betrafen. Als die 
katholische Marie in England die alte Kirche auf blutige 
Weise herzustellen versuchte, wanderten grosse Schaaren 
von Protestanten aus, und unter diesen wandten sich Viele 
unter der Fiihrung des vormaligen Superintendenten von 
Ostfriesland, Johannes a Lasco, nach Emden. Auch die vor 
Alba's Grausamkeit aus den Niederlanden fliichtenden Prote- 
stanten fanden 1567 hier Schutz und Sicherheit. Fur die 
Hulfsbedurftigen wurden Sammlungen veranstaltet und tlber 
deren Ertrag wurde bestimmten Mannern die Aufsicht er- 
theilt; dies ist der Grund der noch heute hier bestehenden 



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— 61 — 

Diakonie der Fremdlinge. Machte so die Ankunft der 
Fremden einige Opfer nothig, so brachte sie doch auf der 
andern Seite der Stadt durch Hebung der Gewerbe und 
weitere Ausdehnung des Handels viel grosseren Gewinn, 
denn die Fremden, die ihres Glaubens wegen ihr Vaterland 
verlassen hatten, waren meistens auch in ihrem irdischen 
Berufe sehr eifrige und tiichtige Leute. Namentlich befanden 
sich darunter so viele geschickte Tuchweber, dass diese 1593 
eine der grossten Gildeil ausmachten. Durch den Zutritt 
der Fremden wurde die Zahl der Einwohner, welche 1569 
6000 betrug, so vermehrt, dass die vorhandenen Familien- 
wohnungen nicht ausreichten, und eine Erweiterung der 
Stadt una so nothiger war, weil man in ihr auch fur Pack- 
hauser keinen Raum mehr hatte. Der Magistrat bat dfaher 
die Grafen Edzard und Johann urn die Erlaubniss, die bei- 
den dicht an der Stadt liegenden Dorfer Gross- und Klein- 
faldern der Stadt einzuverleiben und mit Wall und Graben 
zu umziehen. Als die Bitte gewahrt war (1570), hatten die 
Emder wieder Raum fur neue Wohn- und Packhauser und 
gewannen zugleich fur die Schiffe bequeme Ladungsplatze. 
Freilich zogen viele der Eingewanderten, als in ihrer Hei- 
math die Glaubensfreiheit erkampft und die Sicherheit von 
Person und Eigenthum wieder hergestellt war, aus Emden 
wieder fort, allein es blieben auch viele, was ausser den 
bestimmten Angaben daruber auch der Umstand zeigt, dass 
die Hausermiethen ansehnlich gestiegen waren, denn nach 
Emmius , Aufzeichnungen musste man fur ein Haus, welches 
1556 100 Riddergulden Miethe aufbrachte, im Jahre 1577 
200 Daler bezahlen. Dasselbe wird durch das Fortbestehen 
einer englischen und franzosischen Kirche bewiesen, von 
denen jene zwar bald eingegangen ist, die franzosische aber 
sogar bis auf den heutigen Tag sich erhalten hat. 

Da nun, wie wir gesehen, Emden durch eine Vereini- 
gung mehrerer gunstigen Umstande eine bedeutendere Han- 
delsstadt geworden war (1569 hatte es schon 600 grossere 






— 62 — 

und kleinere Handelsschiffe), so suchte es zu weiterer Aus- 
breitung seines Handels auch in den Hansabund aufgenom- 
men zu werden und schickte zu dem Ende seinen Biirger- 
meister Onno Tjabbern 1579 zu dem Hansatage nach Lubeck. . 
Die Aufnahme verzogerte sich anfangs wegen. einiger zu-be- 
obachtender Formalitaten, unterblieb aber nachher ganz, als 
Emden durch Wiederaufnahme der englischen Kaufleute, 
welche den Alleinhandel mit englischen Tuchen zum Nach- 
theil der Hansestadte betrieben, sich der Hansa misliebig 
gemacht hatte. 

Es hatten sich namlich 1572 wahrend der Kampfe in den 
Niederlanden wieder einige englische Kaufleute in Emden 
niedergelassen und hielten hier reiche Waarenlager. Da 
dte.s der Stadt grossen Gewinn brachte, so ermassigte der 
Rath den Englandern zu Gefallen den Zoll von einigen Gii- 
tern, mit welchen diese handelten. Daher heisst es in einer 
Anzeichnung aus dem Jahre 1579 (in der rathhauslichen Re- 
gi&tratur): am 20. August is up ankumst und handlung der 
englischen nation van Borgermester und rath ein modeTa- 
tion der tollen etlicher gueder, so den lOOsten penning 
plachten to geven, nach gestaltenen dingen und gelegenheit 
der commercien verwilligt und thogelaten, also dat alle fyne 
linnen, laken — nu up 5 sch(ap) gesettet und dat grofe 
linnen up 100 ellen 1 stufer brab. Auch der Graf Edzard 
gab ihnen Zollfreiheit, bis er durch ein Strafedict, welches 
die Hansestadte vom deutschen Kaiser gegen ihn erwirkt 
hatten, sich genothigt sah, die ertheilten Privilegien zuriick- 
zunehmen. Da aber den Emdern sehr viel daran lag, den 
englischen Handel bei sich zu behalten, wandten sich mit 
ihren Bitten an die Konigin Elisabeth, und diese versprach dem 
Grafen Schutz gegen Alle, welche den Handel der Engen- 
der in Emden storen wollten. Im Vertrauen auf ihren Bei- 
stand erneuerte der Graf die Privilegien. Daruber erhoben 
die Hansestadte bei dem deutschen Kaiser unaufhorliche 
Klagen und setzten es endlich 1595 bei diesem durch, dass 



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ioogl&^ttifeg 



— 63 — 

er alien St&dten des Reichs verbot, die Adventurers, ihre 
Factoren und Diener bei sich aufzunehmen. Ein Schreiben, 
welches die Emder in dieser Angelegenheit an Elisabeth 
schickten, blieb ohne Erfolg, ebenso auch die Gesandtschaft, 
welche 1598 an die Konigin abging. Der Hauptgrund aber 
davon, dass die Adventurers nicht wieder nach Em den ka- 
men, liegt nicht sowohl in dem Verbote des Kaisers, als 
vielmehr in den damals in Emden und Ostfriesland herrschen- 
den Unruhen, welche auch den Waarenniederlagen grosse 
Gefahr brachten. Freiljch kamen noch wieder einige Eng- 
ender nach Emden, aber der fruhere Handel kehrte nicht 
zuruck. Denn der Graf, der nun mit der Stadt im Streite 
war, that nichts fur die Forderung des Handels, sondern 
verlangte vielmehr die Aufhebung der zwischen Emden und 
der englischen Handelsgesellschaft bestehenden Vertrage; 
auch das schon friiher ergangene kaiserliche Verbot, nach 
welchem Emden die englischen Kaufleute nicht langer in 
seine Ringmauern dulden sollte, bestand noch fort. Unter 
diesen Umstanden verliessen 1601 auch die letzten wenigen 
Englander die Stadt. Uebrigens blieb doch der Handel mit 
England, und Elisabeth zeigte sich den Ostfriesen bei meh- 
reren Gelegenheiten wohl geneigt. 

Hauptgegenstande des Emder Handels waren zunachst 
die Producte des eigenen Landes : Rindvieh, Kase und But- 
ter, welche vorzuglich nach Flandern, Holland, England und 
Deutschland gingen. Getreide wurde damals in Ostfriesland 
nicht viel gebaut, sondern meistens von der Ostsee, nament- 
lich aus Danzig, geholt und dann weiter verfahren. So 
schickten die Emder im Jahre 1558 sieben ihrer grossten 
Schiffe mit Roggen (wahrscheinlich ostseeischem) beladen 
# nach Lissabon, welche aber auf der Ruckreise nahebei dem 
Canale durch einen heftigen Sturm verloren gingen, ein Ver- 
lust, der die nach dem damaligen Werthe des Geldes unge- 
heure Summe von 100,000 Gulden betrageh haben soil. — 
Von dem Handel mit Fischen, besonders Haringen, ist schou 



..ijJU^j •"-, 



— 64 — 

oben die Rede gewesen. — Audi mit den Producten ande- 
rer Lander trieb man einen gewinnreichen Handel, z. B. mit 
Eisen und Holz, das man aus Schweden und Norwegen, und 
mit Salz, das man aus Spanien holte. 

Weleher Wohlstand in Folge des Handels damals in 
Emden herrschte, konnen wir auch aus den Bauwerken er- 
sehen , die zu jener Zeit unternommen wurden. Im Jahre 
1583 und den folgenden Jahren liessen namlich die Emder 
von der siidostliehen Ecke von Nesserland bis an die nord- 
westliche Ecke des Pogumer Deichs ein sog. Hofd von ei- 
chenen Balken in der Lange von 1200 Fuss schlagen, damii 
sie auf diese Weise die Ems, welche ihr altes Bett zu ver- 
lassen und sich von Borsum und Pogum aus einen gerade- 
ren Weg hinter Nesserland durch in den Dollart zu bahnen 
anfing, zwangen, mit ihrem Hauptarme bei der Stadt zu 
bleiben. Wie stark das Werk angelegt war, haben nock in 
unsern Tagen die Sprengversuche gezeigt, durch welche man 
es beseitigen wollte; jedoch konnte es seinem Zwecke nicht 
geniigen, denn Sturmfluthen rissen ofter Locher hinein und 
trotz der grossen Summen, welche die Emder auf die Wie- 
derherstellung des Hofds verwandten (so im Februar des 
Jahres 1620 fur Balken 8250 Gulden — und im Juni des- 
selben Jahres waren schon wieder 600 Balken nothig und 
eben soviel im folgenden Jahre) sah man sich doch endlich 
genothigt, dem Flusse seinen Lauf zu lassen. Die Ver- 
bindung Emdens mit der Ems wurde dadurch immer 
mehr erschwert. — Von anderen Werken, welche aus der 
zweiten Halfte des 16. Jahrhunderts stammen, heben wir 
das stattliche Rathhaus hervor, welches in den Jahren 1574 
bis 1576 erbauet wurde; J ) ferner ein paar Gebaude, welche 
mit dem Handel in naherer Verbindung stehen: den Thurm 
zu Borkum, den der hiesige Magistrat in einer Hohe von 



l ) Wir verweisen dariiber auf den in diesem Hefte enthaltenen 
Vortrag des Generalsuperintendenten Bartels. 



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- 65 - 

150 Fuss und in einer Dicke von 30 Fuss erbauen Hess. 
Die Kosten trugen die Kaufleute der Stadt, welche See- 
handel trieben, denn durch diesen Thurm wurde nun bei 
dqm Einsegeln in die Ems manches Ungliick verhiitet. Auch 
ein Zollhaus wurde am Eingange des Rathhausdelfs bei der 
sog. langen Briicke errichtet, das erst in unserer Zeit ab- 
gebrochen ist. Endlich wurde die Waage auf dem neuen 
Markt 1570 neu erbaut. 

Erwahnen wir nun noch kurz, welches Missgeschick 
Emden, und welche Verluste seinen Handel in derselben 
Halfte des 16. Jahrhunderts betrafen. 1566 raffte'die Pest 
in der Stadt viele Menschen fort; ebenso 1568 und 1575, 
wo in der Zeit von Pfingsten bis Martini 6000 Menschen an 
ihr gestorben sein sollen. Ferner wurde die Stadt sehr 
haufig von grossen Wasserflufhen heimgesucht (1566, 70, 
71, 72, 78 u. a.). Die Fluth von 1570 tiberstieg alle Deiche 
von Flandern bis Danemark und raffte mehr als 100,000 
Menschen und 200,000 Stuck Vieh hinweg. Solche Ueber- 
schwemmungen brachten nicht nur augenblicklich grosse 
Verluste, sondern zogen auch Krankheiten, Misswachs und 
Theurung nach sich. 

Zu den physischen Uebeln gesellten sich noch viele 
Kampfe, die dem Emder Handel schweren Schaden zufugten. 
Man liatte noch offcer mit Seeraubern zu kampfen, die theils 
in die Ems hineinfuhren, theils bei den Inseln vor der Ktiste 
auf Raub lauerten. Eine grossere Storung erlitt Emdens 
Handel im niederlandischen Freiheitskriege, denn wahrend 
desselben war die Ems theils von Spaniern, theils von den 
Water-Geusen besetzt. Jene verfuhren gegen die prote- 
stantischen Ostfriesen durchaus feindlich, zumal da die Hol- 
lander von ihnen Proviant erhielten; die Geusen aber, ob- 
gleich ihrem Glauben und ihrer Abstammung nach den 
Ostfriesen verwandt, mussten vom Raube leben und griffen 
deshalb auch Freunde an : von beiden erlitt der Handel grossen 
Schaden. Spater hielten hollandische und westfriesische 



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- 66 - 

SchifFe die Miindungen der Ems besetzt, um die Spanier 
fern zu halten, trieben aber selbst grossen Unfug. Die 
Emder und Grafen wandten sich mit ihren Beschwerden 
an den Kaiser, dock dieser begniigte sich damit, den Hol- 
landern Raunaung der ostfriesischen Kiiste und der Ems, 
Freigebung der Gefangenen und Ersatz des Schadens zu 
befehlen und den niedersaehsischen und westfalischen kreis- 
ausschreibenden Fiirsten den Auftrag zu ertheilen, seinem 
Befehle Achtung zu verschaffen. Doch gethan wurde nichts. 
Daher fingen noch in demselben Jahre (1585) Truppen der 
Generalstaaten alle Schiffe, die von oder nach Emden fuhren, 
auf, wohl 60 an der Zahl; und im folgenden Jahre verschloss 
wieder eine hollandische Flotte die Ems. Diese Bednickun- 
gen dauerten bis gegen das Ende des Krieges zwischen 
Spaniern und Niederlandern. 

Schlimmer als jene doch voriibergehenden ausseren 
Kampfe waren die Unruhen, welche im Innern der Stadt 
zwischen Rath und Biirgerschaft, dann auch zwischen Stadt 
und Grafen ausbrachen. Doch auf eine Darstellung dieser 
Streitigkeiten und ihres Einflusses auf den Handel miissen 
wir ein anderes Mai eingehen. 



Anhang. 

1. Waffenstillstand zwischen Schottland und Ostfriesland, 
besonders Emden ? aus dem Jahre 1547. 

Maria regina Scotorum veram et corporis et animae 
salutem omnibus qui hoc diploma lecturi auditurive sunt, 
vos universos certiores facimus subscriptorum. Quum nos 
per Ulustrem Principem Jacobum Arraniae Comitem nostn 
regni gubernatorem audivissemus Harronem Habbrum sena- 



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— 67 - 

torem, M Haytet Tyabberen secretarium et Doconem Frisium 
legatos, commissarios Ulustris Dominae ab Oldenburg et 
Delmenhorst comitis Viduae orientals Frisiae, ipsiusque 
liberorum, et reipublicae Emdensis, conquerentes de injuriis, 
quibus Scoti Frisiique orientales dicuntur se invicem ante- 
hac affecisse, rog^ntesque ut modus hie aliquando statueretur, 
visum est Illustri principi Gubernatori ac nobilitati regni, 
certum adhibere temperamentum et cessationem ab hujus- 
modi mutuis injuriis in decennium. Propterea hoc patulo 
diplomate nos Maria testamur, ex assensu Ulustris Guber- 
natoris et consilio nostrae nobilitatis, dedisse et concessisse 
tiniverso comitatui orientalis Frisiae ejusque Metropoli Em- 
densi, ac singulis ipsius comitatus membris, inducias abhinc 
. in proximum decennium inviolabiliter duraturas, ita ut interea 
Iiceat ipsis Frisiis omnibus et singulis ac Emdensibus adeo 
libere ac illaese navigare, negotiari, commerciari, peregrinari 
terra marique, ut quovis antehac tempore soliti sunt, nostra 
etiam emporia portus stationes annavigando et enavigando, 
mutuaque commercia ibidem exercendo, absque ulla nostrae 
gentis offensa, dummodo solita vectigalia ac portoria pro 
emptis, venditis et asportatis solvant. Volumus etiam ju- 
bemusque, ut omnes et singuli nostri subditi omnes et sin- 
gulos Frisios orientales Emedensesque cives ubique terrarum 
et maris perinde salutent, excipiant tractentque atque suos 
Scotos, nihil mali in Frisios aut in ipsorum fortunas palam 
aut occulte machinando. Praeterea, si contigerit, Scotos 
armare ac instruere classem adversus quosvis hostes, nolu- 
mus licere praefectis aut classiariis invadere, diripere aut 
expilare ullum Frisium orientalem* Statuimus quoque vim, 
robur ac facultatem reprehensalium, si quae ullis Scotis 
antehac adversus Frisios Emedensesque concessae sunt, in- 
terea omnino cessare. Et quia aequum est haec eadem 
omnia et singula similiter ab ipsis Frisiis orientalibus Eme- 
densibusque praestari nostris Scotis, Harro Habbrus senator 
Emedensis et M. Haytet Tjabbren secretarius et Doco Frisius 

5* 



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— 68 — 

legati supradicti, hanc formam induciarum decennalium ac 
singula capita nunc acceptant, mandato, commissipne Illustris 
Annae Comitis ejusque liberorum, metropolis Emdensis, ac 
comitatus orientalis Frisiae nomine, atque integre etiam 
sancteque observatum iri promittunt. Insuper iidem legati 
habent omnia et singula praedicta pro infectis, nisi idoneam 
assensionem et approbationem firmatam roboratamque ab 
Illustri Anna comite ipsiusque liberis, Emedensibus ac uni- 
verse comitatu orientalis Frisiae hue remiserint, quum pri- 
mum commode poterunt. Postremo in publicam autem 
omnium horum fidem jussimus hoc diploma ab Illustri prin- 
cipe Gubernatore subscribi ac nostris regiis insigniis ornari. 
Edinburgi pridie Kalendas septembris Anno Christi 
MDXXXXVII. 

(L. S.) James mpr. 



2. Bestatigungsurkunde der Grafin Anna. 

Publice pateat et notum sit universis et singulis has li- 
teras lecturis auditurisve, quod cum Scotica gens et Frisii 
orientales ob quosdam injurias ultro citroque illatas mutuis 
odiis hactenus dissederint: Quapropter Nos Anna ab Oldenb. 
et Delm. Comes et Vidua Frisiae orientalis, Homerus Be- 
ninga Abbas in Thedinga, Hiccius de Dornum et Petkum, 
Hero tho Oldersum et Godens, Eggericus Beninga de Gri- 
madsum (Grimersum) Capitales, Nos quoque Consules civi- 
tatis Embdensis, pro necessitate nostrae reipublicae, Qp m 
tutorio nomine simul administramus sopiendisque malis Ma- 
gistrum Hoitet Tjabbern ss., Haronem Habbium consulem 
Embdensem et Doconem Frisium cum plena potestate ad 
Serenissimam Mariam Reginam Scotiae ad inducias contra- 
hendas ablegavimus quas sua Seren : assentientibus Generoso 
Dno Jacobo Comite Araniae etc. ejusdemque regni guber- 
natore atque reliquis ordinibus in decennium concessit sicut 
inter Suam Seren : et praenominatos nostros legatos, quorum 



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- 69 - 

vicaria fide ad hoc negotium conficiendum functi sumus, 
convenit, literisque in eum modum, ut sequitur, mandatum 
est. (Folgt der geschlossene Waffenstillstand.) Et quia nos 
Anna Comes etc. Consiliarii quoque comitatus Frisiae orien- 
talis Consulesque civitatis Embd. supra memorati has coi- 
tas inducias concordi voluntate accepimus, proinde vicissim 
fidem damus praescriptam induciarum formam cum omnibus 
et singulis suis capitibus ex nostra atque filiorum nostrorum 
parte, ac totius Comitatus Frisiae reipublicae suae nomine 
firmam ac ratam fore, et ad paria officia fidemque quibus- 
cumque Scotis exhibenda, nos rursum devinctos fatemur. 
Ad quorum omnium testimonium constabiliendum singuli sin- 
gula nostra Sigilla huic diplomati appendimus. Embdae 
Anno Christi MDXXXXVHnio die vero decimo Novembris. 



Diese Urkunde ist in der alten Registratur des Rath- 
hauses zwar nicht im Originale, aber in einer gleichzeitig 
angefertigten und von dem Rathe der Stadt Emden beglau- 
bigten Abschrift erhalten, um welche ein Emder Burger ge- 
beten hatte. 



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Zur Erinnernng an den Emder Rathhansban 

in 1574. 

Von General-Superintendent Bart els in Aurich. 

Jjleine Herren ! Wenn uns ein Maler das innere Getriebe 
des Zeitalters vor Augen' stellen wollte, aus welchem der 
Emder Rathhausbau von 1574 hervorgegangen ist, und um 
dessentwillen uns heute nach 300 Jahren ein feiernder Rtick- 
blick auf denselben so sehr natiirlich erscheint : mich diinkt, 
er wiirde uns ein Bild aus der Hofburg Philipp's EL von 
Spanien vorfuhren, zu welchem Hopperus in seinen JJriefen 
an Viglius von Zwichem die Grundziige an die Hand ge- 
geben hat. J ) Wir sahen den Konig mit seinem Grosssiegel- 
bewahrer sich versenkend in die Sorgen des Regiments : 
die Sonne geht nicht unter im Reich dieses Monarchen, aber 
Wolken auf Wolken, die aus den Niederungen und Morasten 
der Nordseekiiste aufsteigen, lassen den Konig nicht ruhig 
sich sonnen im Glanze seiner Herrlichkeit. Eine Karte der 
Niederlande und der angrenzenden Territorien, die Hoppe- 
rus so eben von der Reise mitgebracht hat, ist vor ihnen 
ausgebreitet, und der Konig betrachtet sie aufmerksam unter 
Leitung seines Kanzlers. Wo liegt Heiligerlee? Wo Gro- 
ningen? Wo Jemgum? — und das ist Emden, der alte 
Schlupfwinkel aller Secten? „Ja Emden", erganzt Hopperus 
seinem Freunde Viglius die Gedanken ihres wortkargen Ge- 
bieters, „das hat uns Miihe gemacht nun vierzig Jahre lang; 
hatte doch Alba es einmal ordentlich geziichtigt, welch ein 



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- 71 - 

Gewinn, wenn er es in die Gewalt Sr. Majestat von Hispa- 
nien brachte l u Nun, oft genug erhob Alba seine drohende 
Faust gegen die alte Emsstadt; aber als er abberufen ward 
aus den zerfleischten Niederlanden, war der Neubau des 
Rathhauses gleichsam ihre thatsachliche Antwort auf all sein 
Drauen, und die Herzensgedanken mancher Arbeitenden und 
Zuschauenden mochten nicht unahnlich sein dem Wort des 
Psalmbuchs, auf welches das alte Kirchensiegel hinweist: 
„er liess sein Volk sehr wachsen und machte sie machtiger 
denn ihre Feinde." (Ps. 105, v. 24.) 

Wir sehen : eine durch mancherlei Gefahr und mancher- 
lei Rettung nicht bloss fur diese Stadt denkwiirdige Periode 
hat in dem alten Rathhaus gleichsam ihr Denkmal erhalten; 
und wenn ich Tersuchen soil, die altbekannten Ereignisse 
jener Zeit in Ihrer Erinnerung wieder aufzufrischen, so glaube 
ich keinen ungeeigneten Weg zu wahlen, wenn ich den ein- 
schlagenden historischen Stoff, so weit meine Quellen a ) rei- 
chen, zusammenzufassen und gleichsam einzurahmen trachte 
in den Lebenslauf des Mannes, der am Morgen des 10. Juni 
1574 den ersten Stein des Rathhauses legte und in jener 
bewegten Zeit eine Reihe von mehr als dreissig Jahren 
(1553 — 1584) ah der Spitze der Stadt stand. Sie wissen, ich 
meine den Biirgermeister Petrus Medmann. Er gehorte von 
Geburt weder dieser Stadt noch unserer Landschaft an, son- 
dern war selbst einer der vielen Fremdlinge, die hier eine 
neue Heimath fanden, und um derentwillen Emdens Name 
fur spanische Ohren einen so iiblen Klang hatte. Medmann 
ist bald nach 1500 in Koln geboren und erhielt seine ge- 
lehrte Bildung auf der durch Unterricht und Disciplin aus- 
gezeichneten Stiftsschule zu Emmerich, der ungefahr um die- 
selbe Zeit auch sein nachheriger Freund Heinrich Bullinger 
angehorte, dann weiter auf den Hochschulen zu Koln und 
zu Wittenberg. . Er war Humanist, Magister der freien Kiinste 
und ein eifriger Verehrer von Erasmus. Seine erworbenen 
Fahigkeiten verwerthete er zunachst eine Reihe von Jahren 



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— 72 — 

hindurch als Erzieher in hervorragenden adligen Familien 
des Rheinlandes, namentlich in den Hausern von Wied und 
Isenburg, aber wie es im 16. Jahrhundert nicht selten ist, 
dass den Humanisten auch politische Aufgaben anvertraut 
werden, ward auch Medmann als politischer Agent in die 
reformatorische Bewegung hineingezogen und so in innige, 
bis zum Lebensende gepflegte, Freundschaftsbeziehungen 
zu Melanchthon und zu Bucer gebracht. Es ist bekannt, J 
dass damals ein Mitglied der so eben genannten Familie der 
Grafen von Wied auf dem Stuhle zu Koln sass. Erzbischof 
Herrmann von Wied legte zu Anfang der vierziger Jahre 
ernstlich die Hand ans Werk, die Reformation in sein Erz- 
stift einzufuhren, und Medmann war dabei einer seiner eif- 
rigsten Heifer, theils als politischer Agent, theils als Ver- 
mittler der Betheiligung Melanchthon's und Bucer's an der 
Kolnischen Reformation. Auch Hardenberg, a Lasco und 
Graf Christoph von Oldenburg, Grafin Anna's Bruder, nah- 
men Antheil daran, und durch sie kniipften sich die ersten 
Beziehungen Medmann's zu Ostfriesland an, Indessen Karl V., 
der von Koln aus seine Niederlande bedroht sah, verband 
sich mit dem Pabst, den Erzbischof zu sturzen, und noch 
vor dem unglucklichen Ausgang des Schmalkaldischen Krie- 
ges kam es dahin, dass Herrmann von Wied resignirte. (25. 
Februar 1547.) Medmann war einer von den Wenigen, die 
dem alten Herrn noch eine Weile in seiner Zuriickgezogen- 
heit zur Seite blieben, aber bald ward er durch Christoph 
von Oldenburg, 3 ) der zum Gliick im Nordwesten Deutsch- 
lands die Sache des Schmalkaldischen Bundes nicht ohne 
Erfolg noch weiter verfocht, nach Ostfriesland an den Hof 
der Grafin Anna gezogen. Fiinf Jahre friiher als man ge- 
wohnlich annimmt, namlich schon im Herbst 1548 4 ) ist Med- 
mann an den ostfriesischen Hof gekommen und theils in 
politischen Missionen, theils als Erzieher der jiingeren Grafen 
Edzard, Christoph und Johann thatig gewesen. Der erste 
Lehrer derselben, M. Karl Benotius aus Gent, war 1547 ver- 



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— 73 - 

storben, jetzt sollten Wilh. Gnapheus, Johann Liichting und 
Medmann ihre weitere Ausbildung leiten. Anscheinend fand 
Medmann bei den beiden jiingeren Briidern Christoph und 
Johann am meisten Sinn fur die Wissenschaften und brachte 
sie in einigen Jahren so weit, dass sie die Universitat Strass- 
burg beziehen konnten, urn dort vornamlich den gesuchten 
Unterricht des beriihmten Sturmius, mit welchem auch Med- 
mann befreundet war, zu geniessen; Edzard dagegen kam 
an den Hof zu Cleve. lnzwischen war Medmann 1553 Bur- 
germeister in Emden geworden, wie auch spater sein bis- 
heriger College Joh. Liichting neben ihm und Wilhelm 
Gnapheus zu Norden dasselbe Amt bekleidete ; doch auch als 
Biirgermeister widmete sich Medmann weniger der stadti- 
schen Verwaltung als wichtigeren politischen GeschSften; 
wenigstens noch in 1567 wird berichtet, dass er viel reisen 
und die stadtischen Angelegenheiten den andern Rathsver- 
wandten iiberlassen miisse, und noch in 1570 gelangen Be- 
richte von ihm aus Coin an den Magistrat und an die Gra- 
fin Anna iiber Verhandlungen auf den Reichstagen. 5 ) 

Wenn die Grafin bei Medmann's Ernennung zum Biir- 
germeister in Emden auf dessen Erfahrung in diplomatischen 
Geschaften ohne Zweifel kein geringes Gewicht gelegt haben 
wird, so war dieselbe in seiner dienstlichen Stellung sicher 
in hohem Masse nothig, Emden war ein schwieriger Posten, 
auf den von verschiedenen Seiten machtige Augen sich 
richteten und nicht in freundlicher Gesinnung. Eben da- 
raals war a Lasco mit seiner aus England vertriebenen 
Fremdengemeinde .nach Emden zuriickgekehrt, und. sowohl 
an die traurigen Erlebnisse dieser Gemeinde auf ihrer Irr- 
fahrt wie an ihre freundliche Aufnahme in Emden kmipften 
sich so heftige und drohende kirchliche und politische Ver- 
handlungen, dass selbst Medmann der Grafin zur Entlassung 
a Lasco's gerathen haben soil, 6 ) um gefahrlichen Verwicke- 
lungen aus dem Wege zu gehen. Nicht minder bedenkliche 
Einwirkungen erfuhr die Stadt und das Land durch die 



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_ 74 — • 

kriegerischen Unternehmungen Karl's V, gegen Frankreich. 
Es gait die Wiedereroberung von Metz, sobald in Deutscn- 
land durch den Passauer Vertrag allmalig die Dinge eine 
ruhigere Gestalt annahmen. Jahr auf Jahr Hess die Statt- 
halterin der Niederlande in Ostfriesland und besonders im 
Reiderlande die Werbetrommel riihren, und sowohl durch 
die Indisciplin der Landsknechte wie durch den Verlust der 
dem Lande entzogenen wehrfahigen Mannschaft ward grosser 
Schaden angerichtet. Zehn Fabnlein, meist Friesen, nahmen 
an der fur Deutschland so folgenschweren ungliicklichen 
Belagerung von Metz im Spatherbst und Winter 1552/53 
Antheil, und neun von ihrien fanden vor den Mauern der 
Feste durch Schwert, Seuchen und Kalte einen traurigenj 
unrilhmlichen Untergang ') — merkwiirdig genug, urn es im 
Vorbeigehen zu erwahnen, dass die Wiedergewinnung 
von Metz in unseren Tagen grade auch das junge ostfHe- 
sische Regiment auf dieselben Schlachtfelder fuhren musste ! 
Jene Truppenwerbungen dauerten fort, so lange Karl V. 
regierte, und es lasst sich denken, wie Medmann nicht ohne 
Ergrimnien die Krafte seiner neuen Heimath in den Dienst 
der Feinde des Protestantismus und seines alten Gonners, 
des Erzbischofs von Koln, gezogen, mit wie gespannter 
Theilnahme er dagegen jenseits der nahen niederlandischen 
Grenze die Bewegungen Gestalt gewinnen sah, die zum 
Freiheitskampf der Niederlande fuhrten. Bald sollte auch 
in Ostfriesland das Blatt sich wenden, und was es ver- 
mochte gegen Spanien in die Wagschale geworfen werden. 
War Ostfriesland und sonderlich Emden. seit Jahren schon 
manchem verfolgten Protestanten eine Zufluchtsstatte ge- 
wesen: seit dem Jahre 1566 ward es in lingleich hoherem 
Masse eine Herberge der Fliichtlinge und den Spaniern um 
so mehr ein Dorn im Auge, als nicht bloss der Handel 
Englands mit Antwerpen sich nach Emden zu wenden drohte, 
sondern der Aufstand der Niederlande hier einen Stutzpunkt 
suchte und fand. 



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— 75 - 

Von Ostfriesland aus brach Ludwig von Nassau 1568 
in die Niederlande ein, und wenig Stunden jenseits der 
Grenze ward der erste Erfolg erfochten bei Heiligerlee. 
Aber Alba zSgerte nicht mit der Antwort, und sie war wie 
das Bnillen eines Lowen, der von feme Angreifer auf seine 
Hohle wittert, Durch die, Hinrichtung Egmont's und HooWs 
-schlug er die in den Gemuthern sich kundgebende Gahrung 
zu Boden, dann in raschem Lauf brach er nach dem Norden 
auf und wenig Wochen nach der Schlacht bei Heiligerlee 
stand &ein Heer iiber Ostfriesland wie eine drohende Wetter- 
wolke. Von Groningen weggedrangt in's ostfriesische Rei- 
derland, mUsste Ludwig von Nassau bei Jemgum die Schlacht 
annehmen, die in wenig Stunden zu einer ebenso schmach- 
vollen wie vollstandigen Niederlage fuhrte: mit genauer 
Noth erhaschte er am Jemgumer Siel ein altes leckes Boot 
und rettete sich an's andere Emsufer. Wie gern ware ihm 
Alba gefolgt ! Die Gerathe dazu waren in Bereitschaft, und 
wenn es noch besonderer Reizung bedurft hatte, so konnte 
er vom Deich bei Jemgum aus sehen, wie die Wassergeusen 
mit Boten die versprengten Nassauer in der Ems auffischten 
oder in den Aussendeichslanden bargen und in Sicher- 
heit brachten, im Hintergrunde aber erhoben sich die Thurme 
von Emden, wo mancher Fluchtling in den Hausern und 
eine grosse Anzahl von Verwundeten im Gasthause und 
sonstigen geeigneten Localen Aufaahme und Verpflegung 
fanden. 8 ) Angst und Schrecken lagerte uber der Stadt und 
ihrer Umgebung: weithin am rechten Emsufer Jemgum 
gegeniiber horte man das Getose der Schlacht, untermischt 
mit dem Nothruf des geangsteten, der barbarischen Solda- 
teska preisgegebenen Landvolks, und als hin und her die 
Flammen mehrerer Feuersbriinste zum Abendhimmel empor- 
schlugen, glaubte man deutlich das Jammergeschrei lebendig 
Verbrennender zu vernehmen, von denen die Entronnenen 
mit Entsetzen berichteten, sie seien haufenweis von den 
Spaniern in Kirchen und Batternhofe zusammengesperrt, 



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- 76 - 

welche nun angeziindet wtirden. Alba hatte in der That 
den gefangenen Frauen von Jemgum dies Schicksal bereitet, 
und nur mit genauer Noth ward es im Augenblick der Aus- 
fuhrung selbst durch die Furbitte seines Sohnes Don Fre- 
derico abgewendet. •) Bereits traf man in Emderi Vorkeh- 
rungen fur den Fall einer Belagerung: auf Faldern wurden 
unter Leitung des Burgermeisters Medmann und eines seiner 
Collegen in den Garten die Baume gefellt und die Hauser auf 
der Bonnesse eingerissen, damit sich der Feind nicht darin 
festsetzen mochte, 10 ) aber zum Gliick liessen die Unter- 
nehmungen Wilhelm's von Oranien am Rhein Alba nicht 
langer Zeit, er verliess das verheerte Reiderland, und vier- 
zehn Tage nach der Schlacht ward im Emder Kirchenrath 
die Feier eines Fast- und Bettags beschlossen, „um fur die 
vorlaufige Erlosung von dem blutigen Tyrannen zu danken 
und urn weitere Erledigung von ihm und seines Gleichen 
zu bitten." n ) Es war freilich nur zu begriindet, wenn man 
nur an ein einstweiliges Sichverziehen der Wetterwolke 
dachte : sie blieb drohend am Horizont stehen, und ofter, als 
man gewohnlich meint, ist es nahe daran gewesen, dass die 
Spanier sich Emdens bemachtigten. Auf der Ems, und nicht 
ohne an der ostfriesischen Kiiste Zuflucht und Sttitze zu 
finden, bildeten sich die Flotten der Wassergeusen, und 
wenn auch Alba sie unterschatzt zu haben scheint, der Co- 
lonel Robles in Westfriesland und der Lieutenant de Mepsche 
in Groningen sahen die Sache mit anderen Augen an; de 
Mepsche insonderheit unterhielt fortwahrend Spione in Em- 
den und versaumte keine Gelegenheit, auf die gefahrliche 
Nachbarschaft hinzuweisen. ri ) Im Anfang des Jahres 1572 
gingen den Grafen Edzard und Johann Warnungen iiber 
Warnungen zu, und ein Bote von ihnen nach dem andern 
kam an Burgermeister und Rath zu Emden, die Stadt sei 
in Gefahr: bereits riihmten sich die Spanier, die Wachter 
an den Thoren seien fur sie gewonnen, verkleidete Mann- 
schaften wurden in Groningen und in Franeker bereit ge- 



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. 'it -^ 



- — 77 — 

halten, andere sollten in mancherlei Verkleidung sich in die 
Stadt einschleichen, und der bevorstehende Jahrmarkt, der 
19. Marz, ward bestimmt als der Tag bezeichnet, an welchem 
Emden von den Spaniern sollte lib 3rrumpelt werden. IS ) 
Sehr wahrscheinlich ist der Plan gewesen, urn dieselbe Zeit, 
wo Alba in Briissel mit eiserner Hand durchzugreifen ge- 
dachte, urn den Widerstand gegen den „zehnten Pfennig" 
zu brechen, durch einen Schlag auf Emden auch in den 
nordlichen Niederlanden alien Widerstand niederzuwerfen 
— da kam wie eine rettende Botschaft die Nachricht von 
der Einnahme von Briel (1. April 1572), welche den Bur- 
gundischen griindlich das Concept verriickte; Emden konnte 
von neuem aufathmen und an den Grauelscenen von Ztitphen, 
Naarden und Haarlem abnehmen, welch ein Schicksal ihm 
erspart worden sei. Die Spanier behielten jedoch Emden 
jetzt vor allem wohl im Auge, der Colonel Robles lag Alba 
unermiidlich in den Ohren: es biete sich gute Gelegenheit, 
Emden miisse endlich wenigstens eine derbe Zuchtigung 
empfangen. 14 ) Er kam nicht zu seinem Ziel, Alba verliess 
die Niederlande, aber ein Jahr spater war Requesens auf 
dem Punkt, die Plane auszufuhren; fast wie durch ein 
Wunder, berichtet man, sei es dem Grafen Johann gelungen, 
im entscheidenden Augenblicke den Anschlag zu vereiteln. 15 ) 
Ja noch ein viertes Mai, im Jahre 1575, horte man von 
spanischen Absichten auf eine XJeberrumpelung der Stadt. Ifl ) 
Solche Unruhen und Gefahren waren es, unter denen die 
Stadt an Einwohnerzahl und Bedeutung rasch zunahm. Das 
gegenwartige Emden ist aus drei Theilen zusammengesetzt: 

1) der Altstadt nebst Mittelfaldern von der Burg bis zum 
Osterpiepentief und dem Faldernthor, und von der Ems bis 
zum jetzigen Markt und dem Bollwerk sich erstreckend; 

2) den beiden Faldern, Nord- und Sud-Faldern zu beiden 
Seiten der Faldernmude, ostlich von der Altstadt, und 3) den 
beiden Vorstadten zu beiden Seiten des Hintertiefs nordlich 
vor der Altstadt und Faldern sich hinziehend, Diese Vor- 



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— 78 — 

stadte sind erst nach 1600 zur Stadt geschlagen. Als Med- 
ia ann Biirgermeister wurde, erstreckte sich die bebaute Alt- 
stadt M ) von der Burg bis an den Delft und von der Efns- 
mauer bis an die Lookfenne; der jetzige Neuemarkt, eben 
damals zu einem Marktplatz ins Auge gefasst, war noch ein 
ausgedehntes Blachfeld; auf dem Mittelfaldern begann es 
allmalig sich anzubauen, theils an der Butfenne erhob sich 
ein neuer Stadttheil, theils um das Kloster her, insonderheit 
seit es durch seine Secularisation in 1557 als Gasthaus, 
zweite Stadtkirche und zweite Stadtschule zur Stadtgemeinde 
in nahere Verbindung gebracht war. Auch jenseit derFal- 
dernmude an der Bonnesse erhoben sich neue Hauser. Nun 
aber nahm seit dem Ausbruch der Contrareformation der 
Zufluss von Fremden aus England, Frankreich und insonder- 
heit den Niederlanden immer grossere Dimensionen an, 
Grotius giebt in der uns beschaftigenden Zeit die Zahl der 
gleichzeitig in Emden wohnenden Fremden auf 6000 an, und 
die Zahl ist gewiss nicht ubertrieben: ein Zeitgenosse notirt, 
es seien allein im April 1574, wahrscheinlich durch Alba's 
Weggang ermuthigt, 3000 Fremdlinge nach den Niederlan- 
den zuruckgekehrt, im Mai folgten noch 300, und noch immer 
zahlten die Zuruckbleibenden nach Tausenden. Da- ward 
die Stadt enge : ein Haus, das 1556 fur 100 Ridergulden ver- 
miethet war, kostete in 1577 : 200 Reichsthaler Miethe. Von 
1568 — 72 ward eine Auslegung der Stadt im grossen Mass 
bewerkstelligt, Faldern hinzugeschlagen und um das Ganze 
ein neuer Stadtgraben gezogen vom Beckhofthor ostwarts 
an dem alten Boltenthor, dem alten Neuenthor, dem Bollwerk 
vorbei durch den Faldern-Hammrich bis in die Nahe? des 
Norderthors und dann siidlich bis an die Ems. Gleichzeitig 
wurden die alten Walle, welche die Stadt und Faldern trenn- 
ten, durchbrochen und abgetragen, und allenthalben stiegen 
neue Hauser empor und vereinigten sich zu neuen Strassen, 
1570 ward die Hofstrasse angelegt, 1571 die Bonnesse wie- 
der anstatt der 1568 geschleiften mit neuen Hausern bebaut^ 



mi 



— 79 — 

in den folgenden Jahren 1572 und 73 erhoben sich schon 
die neuen Muhlen auf dem Faldernwall, erst die jetzige 
Rothe Miihle, dann die beiden andern nordlich und sudlieh 
davon. 

Innerhalb eines Menschenalters war die Stadt eine ganz 
andere geworden. Da reichte auch das alte baufallig gewor- 
dene Rathhaus nicht mehr, und, ohne dass voluminose Acten 
von langer Ueberlegung Zeugniss gaben, ward frischweg der 
Bau eines neuen nach dem Muster des vor 14 Jahren erbau- 
ten Antwerpener Rathhauses in Angriff genommen. Das 
alte Rathhaus stand dem gegenwartigen grade gegeniiber, 
.hart am Westende der Briicke vor der Grossen Strasse in 
zwei durch einen Bogen verbundenen Halften. Der Bauplatz 
fur das neue ward in derselben Zeit zugerichtet, als Alba 
sich anschickte, die Niederlande zu verlassen, im Spatherbst 
1573; im Mai 1574 war man so weit, dass zunachst fur die 
Sudhalfte die Fundamente geschlagen werden konnten, und 
etwa einen Monat spater am Pfingstdienstage den 10. Juni 
ward Morgens um 7 Uhr an der Stidwestecke der erste Stein 
von Burgermeister Medmann gelegt. Der Bau der Nord- 
seite begann ein Jahr spater, aber die Arbeit schritt so rtistig 
fort, dass man bereits am 27. Juli bis zur Gallerie und am 
10. September 1575 bis ans Dach vorgeruckt war. Die 
aussern Umstande waren insofern giinstig, als der Krieg sich 
mehr von der Grenze weg nach den siidlichen Provinzen 
der Niederlande gezogen hatte ; mit dem Bischof von Mini- 
ster und der Grafin Anna von Tecklenburg und Bentheim 
war man befreundet, und so gelang es, die Baumaterialien, 
welche man theilweise aus ihren Landen beziehen musste, 
ohne Storung herbeizuschaffen. Der ganze Bau hat etwa 
2 1 /* Jahr gedauert; den 1. November 1576 ward die erste 
Sitzung auf dem neuen Rathhause gehalten und im folgen- 
den Jahr das alte abgebrochen. n b) - 

Wir wiirden aber sehr irren, wenn wir uns die Periode 
des Rathhausbaus als eine Periode ungetritbten Flors fur die 



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— 80 — 

Stadt vorstellen wollten: es war im Gegentheil eine Zeit 
mannigfaltiger Heimsuchungen. Nachdem im Herbst 1570 
die Allerheiligenfluth demLande schwere Wunden geschlagen, 
folgten neue Ueberschwemmungen Schlag auf Schlag, von 
S. Nicolaus 1572 bis 8. Februar 1574, also binnen l'/ a Jah- 
ren, nicht weniger als acht, bis schliesslich die Deiche Ebbe 
und Fluth hielten. Ihnen folgte schwere Theurung und dann 
hielt die Pest ihren Rundgang; im Jahre 1574 starben z. B. 
von den Emder Geistlichen vier, dann wieder im folgenden 
Jahr in einem Monat drei, im Sommer 1575 trat die Seuche 
mit solcher Heftigkeit auf, dass mitunter 50 an einem Tage 
starben, einmal sogar 70, zwischen Pfingsten und Martini 
insgesammt 6000 Menschen. Als um dieselbe Zeit auch noch 
die Grafin Anna durch den Tod von der Seite ihrer entzwei- 
ten Sonne weggerissen wurde, und mit ihr eine Hauptstiitze 
des Vertrauens zwischen Fiirst und Volk ins Grab sank, da 
war es wohl ganz aus dem unmittelbaren Eindruck der 
Tageserlebnisse heraus gesprochen, wenn Menso Alting bei 
ihrer Leichenfeier an Ps. 90 anknupfend 18 ) der Gemeinde 
zurief : „Die Moven bergen sich landwarts, wir werden noch 
Sturm haben." Die Wellen gingen schon hoch genug, alles 
gahrte machtig durcheinander. Als die Niederlande sich 
erhoben gegen Spanien, jauchzte ungetheilter als irgendwo 
in Emden ihnen alles zu, und trank mit den Fluchtlingen 
aus dem Geusennapf ; nahmen doch selbst die Bewohner des 
Meeres Partei : man fing an der Kiiste eine seltene Art von 
Fischen, und da man sie genauer betrachtete — siehe da, 
sie trugen 19 ) die Abzeichen des Geusenbundes ! Aber wenn 
ein Sturm die Tiefen bewegt, deekt sich das Wasser mit 
Schaum, und seltsame Dinge, abenteuerliche Gebilde und 
Ungeheuer der traurigen Oede, werden aus dem Schoss der 
Wasserwuste hervorgewtihlt. Es gait einen Kampf um Er- 
losung von der Tyrannei eines verfalschten, selbstgemach- 
ten Christenthums, und mit ihm Hand in Hand ging ein 
Kampf um burgerliche Freiheit, um Hab und Gut, Leib und 



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— 81 — 

Leben. Wie gering verhaltnissmassig ist in solcher Zeit die 
Zahl derer, die ihre hingebende Begeisterung im Kampfen 
wie im Dulden rein zu bewahren wissen vor den unheim- 
lichen Gluthen des Hasses und des Fanatismus; welch ein 
Durcheinandergahren von Wahrem und Falschem, wie viel 
Verwirrung der Gewissen, und, bis sich alles klart, wie 
manche Verirrung ! Wie zahlreich pflegen dagegen die un- 
reinen Elemente zu sein, die von hoheren Ideen und Giitern 
bloss die Namen an sich reissen, um die Freiheit zum Deck- 
mantel der Bosheit zu missbrauchen ; und daneben auch wie- 
der manchmal gleich einem in den Schmutz versunkenen 
Goldstiick bei ausserlich verwilderten Gesellen in der Tiefe 
der Seele ehrfurchtsvolle Beugung vor einer grossen Sache, 
der zu dienen sie sich selber im Grande nicht werth achten ! 
Solche aus .der Natur der Sache sich ergebende Schwierig- 
keiten hatte man in Emden von Anfang an nicht unterschatzt, 
und Magistrat und Consistorium traten mit den Fluchtlingen 
zeitig ins Benehmen, um sichere Wege zu finden, damit einer- 
seits den Fluchtlingen aller billige Beistand geboten werde, 
andererseits die gute Sache nicht leide durch falsche Freunde. 
So unwillkilrlich sich den Spaniern gegenuber die Sympa- 
thien der Stadt den Wassergeusen zuwandten, und so gern 
man sich eingestehen mochte, dass die Sache derselben irgend- 
wie die Sache der Niederlande und der evangelischen Chri- 
stenheit sei — man konnte nicht umhin, dem Freibeuter- 
unwesen mit bewaffheter Hand entgegenzutreten ; was damit 
in Gemeinschaft trat, entging weder der Ahndung der welt- 
lichen Obrigkeit noch der kirchlichen Disciplin. ao ) Und 
ebenso abwechselnd abgestossen und doch wieder ihren 
Siegen zujubelnd, uber ihre Niederlagen leidtragend dachte 
die Burgerschaft von den Geusen. Wenn spanischer Seits 
und spater z. B. von Brenneysen die Sache so dargestellt 
ist, als ware Emden mit den Wassergeusen durch dick und 
dunn gegangen, um im TrtLben fischend grosse Reichthiimer 
aufzuh^ufen, so ist das sehr unrichtig; das Richtige ist viel- 

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=- 82 — 



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mehr, dass Stadt und Land von beiden Theilen zu leiden 
hatten, und das mitunter recht empfindlich. Hatten die 
Geusen ihren Wunsch nur halbwegs erreicht und in Emden 
fur ihre Caperei einige Connivenz gefunden, so waren die 
Zeiten Stortebeker's wiedergekehrt. Alle irgend herzurich- 
tenden Schlupfwinkel an den Miindungen der Ems, Jade, 
Weser und Elbe steckten voll Raubgesindels ; litten sie 
Mangel, so stiegen sie jedem Schiffer, er mochte fahren 
unter welcher Flagge er wollte, an Bord und nahmen was 
sie nothig hatten ; hatten sie Ueberfluss, so gab es Schlupf- 
winkel und zweideutiges Volk, das mit ihnen unter einer 
Decke spielte, oder sie massen die erbeuteten Vorrathe, wie 
einmal einen Vorrath Roggen, in Torfkorben iiber Bord, 
— und, damit sie ja niemand betrogen, zwei Lasten fur 
eine! — wobei freilich unvermeidlich manches unter dem 
Mantel in die Stadt und in das Land flog. Die Grafen Ed- 
zard und Johann gingen beide nachdriicklich gegen die 
Seerauber vor und liessen wiederholt mehrere hinrichten; 
in Norden, wohin Barthold Entes, Eilerd Fliichup und andere 
Piratencapitaine gern ihre Beute, namentlich reiche Ge- 
fangene, in Sicherheit zu bringen suchten, zogen Magistrat 
und Biirgerschaft schliesslich die Sturmglocke und es gab 
blutige Auftritte; ") in Emden M ) wurden regelrechte Kriegs- 
schiffe gegen sie ausgeriistet. Nach der Einnahme von Briel 
ward der Zulauf zu den Wassergeusen grosser, Marienhafe 
und ganz Brockmerland steckte voll neuer Stortebekers- 
genossen, die von der Leybucht aus mit Briel und Vlissingen 
Verbindungen ankntipften, aber nach den errungenen Vor- 
theilen ward die Haltung der Piraten keeker und gegen 
Emden feindseliger. Namentlich der FtLhrer der Wasser- 
geusen, Graf Wilhelm von der Mark, genannt der Eber vom 
Ardennerwald, zeigte sich sehr erbittert iiber die gegen die 
Seerauberei getroffenen Massnahmen ; es kam vor, dass Em- 
der Schiffer beraubt, misshandelt und uber Bord geworfen 
wurden, unter dem unverholenen Vorgeben der Piraten, der 



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- 83 - 

Graf v. d. Mark habe sie angewiesen, alle Emder Schiffer, 
die von vor 1566 her in Emden Biirgerrecht gehabt, ein- 
fach iiber Bord zu werfen und umzubringen; jedenfalls hat 
er Kaperbriefe ausgestellt, die ihren Inhaber anweisen, die 
Burger zu Emden „zu Wasser und zu Lande anzutasten, zu 
kranken und zu sch&digen, in welcher Weise und mit wel- 
chen Mitteln nur immer moglich sei". Man berechnete den 
Schaden des Reiderlandes bei der Invasion in 1568 auf 
150,000 Thlr., Robles fugte in den nachstfolgenden Jahren 
von Groningerland und Westfriesland aus noch Besc^adi- 
gungen zum Betrage von 70 — 80,000 fl. hinzu, nicht zu ge- 
denken des SchifFsvolks, das er ohne weiteres hatte tiber 
Bord werfen lassen; aber bald iibertrafen die Piraten ihre 
Lehrmeister. Im Jahre 1572 gaben beide Grafen den durch 
die Seerauber an Schiffen und Giitern verursachten Schaden 
auf mehr als 2 Tonnen Goldes und die durch Ausrtistung 
von Schiffen gegen sie erwachsenen Unkosten auf iiber 
20,000 Thlr. an; auf dem Rathhause wurden die Schaden 
gerichtlich ermittelt und registrirt, und da finden wir an 
Verlusten zusammengestellt: 

in 1571—73 120,648 fl, 8 1 /, sch., 

ausserdem durch den Grafen 

v. d. Mark 35,767 „ 5 „ 

in 1574 13,450 „ 5 „ 

in 1575 21,000 „ — „ 

seit 1576 ward es etwas besser. Dabei sind natiirlich die 
indirecten Schadigungen durch den lahmenden Einfluss auf 
Handel und Verkehr nicht mitgerechnet; man meinte, sie 
seien mit 100,00Q fl. jahrlich nicht zu decken, und es ging 
allerdings so weit, dass der Verkehr zu Wasser und zu 
Lande rings urn die Stadt hochst unsicher wurde: man ge- 
traute sich nicht mehr, die Jahrmarkte in Jemgum, Leer, 
Weener, Aschendorf und Rhede zu besuchen, und die Dorfer 
an der Ems waren fortwahrenden Incursionen und Brand- 
schatzungen ausgesetzt. So darf man sich nicht wundern, 

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— 84 — 

wenn gelegentlich auch eine ausserst erbitterte Stimmung 
gegen die Wassergeusen in der Stadt sich kund giebt; es 
kam wohl vor, dass vor dem Magistrat auch Erklarungen 
abgegeben wurden, wie die folgende vom October 1574 von 
mehreren Schiffsleuten, die in spanischem Dienst durch Be- 
deckung von Schiffen gegen die Freibeuter ihr Brot suchten: 
„ihrer seien uber dritthalbhundert, die bisher sauer und ehr- 
lich ihr Brot mit der Schifffahrt erworben und mussten es 
noch durch ,ubercaviren' von Kaufmannsgutern zu gewinnen 
suchen, denn sie konnten ihre Hande und Ftisse nicht essen. 
Von den oranischen Freibeutern werde ihnen angedroht, man 
wolle ihnen den Bauch aufschlitzen und die Haut abziehen 
(,inen zu slipfen und zu fillen'), wie denn auch etliche ihrer 
Gesellen schon auf solche Weise umgekommen seien, und 
sie mussten sich gegen ihre Feinde in der Stadt und ausser- 
halb rtisten. Konnten sie auf solche Weise nicht zu ihrera 
Unterhalt kommen, da doch andere Wege nicht ubrig blie- 
ben, so moge man es ihnen nur rundweg untersagen, sie 
wiissten bei dem Colonel wohl unterzukommen , denn in 
irgend eines Herrn Dienst mussten sie stehen." 

Wie bunt es bei dem alien im innern Leben der Stadt 
aussah, ist leichter im allgemeinen zu ermessen, als in ein- 
zelnen Ziigen sich deutlich zu machen. Des oben auftrei- 
benden Schaumes und Schmutzes ist so viel, dass man sich 
fast wundern muss, wie dennoch die herrschende Stimmung 
an der Sache der Niederlande festhieli Sowohl auf dem 
Rathhaus als auf der Consistorienstube hatten alle Hande 
vollauf zu thun, der hervortretenden Wiistheit und Unord- 
nung bei Einheimischen und Fremden zu begegnen. Da 
gab es einander entlaufene Eheleute und willkurlich zu- 
sammengelaufene Paare, unruhige Sectirer, blinde Eiferer 
und Grillenfanger, auf den Strassen und in den Hausern 
Zank und Rauferei, die Qilden klagen uber Verletzung ihrer 
Zunftprivilegien durch die Fremden, und andererseits werden 
Beschwerden laut uber Schinderei von Eingebornen gegen 



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— 85 — 

die Fremden : streitbare Geister sind's allzumal, und so elend 
kein Klatsch, so eingebildet und willkurlich kein Anstoss, 
fur welchen man nicht beim Rath oder beim Consistorium 
Satisfaction suchte. Das Consistorium hat seine liebe Noth, 
bald sendet es eine Deputation, um sich zu beschweren bei 
Burgermeister und Rath tiber den wiisten Larm Sonntags 
auf dem Kirchhofe, es sei so weit gekommen, dass die 
jungen Eheleute, wenn sie aus der Kirche kamen, von den 
auflauernden „potboeffen" mit schmutzigen Reden insultirt 
wiirden, ein Erbarer Rath moge sie doch „effte in dat yser 
sluten, effte het bunteste kledt nemen u ; bald giebt gar der 
Burgermeister Otto de Wendt Anlass zu klagen, dass er zu 
Groningen — es war gerade in den gef&hrlichen Marztagen 
1572 geschehen — bei dem Colonel und dem Lieutenant 
de Mepsche sich voll gesoffen, und man ihn habe nach 
Hause bringen miissen, er sich auch durch seine „groben und 
unbeschnittenen Reden" anstossig mache; bald wieder will 
der Kirchenrath, dass der Magistrat ein Einsehen thue gegen 
die Wtihlereien von sechs-, siebterlei Wiedert&ufern, die mit 
aller Welt und untereinander Streit fuhren, aber unter den 
Weiblein und den Leuten von sitzender Lebensart viel Pro- 
paganda machen. M ) Nicht minder hat der Rath seinerseits 
sich zu placken mit endlosen Reibungen und Principien- 
reitereien, die unter den Wallonen gar nicht zu Ende 
kommen konnen und auch die deutsch-reformirte Gemeinde 
init in die Unruhe hineinbringen. a4 ) Durch all das Gewirr 
hindurch geht aber ein reges geistiges Leben, vielfach auch 
durch die Exulanten angeregt; ist doch kaum ein hervor- 
ragender Name der damaligen niederl&ndischen Geschichte, 
der nicht irgendwie zu Emden in Beziehung getreten ware. 
Wie, um nur Einiges zu erwahnen, die Kiinste bliihten, zeigt 
der Bau des Rathhauses selber und die Arbeiten damals 
hier lebender Meister, mit denen das neue Rathhaus geziert 
ward; fur das Studium der Geschichte, namentlich der vater- 
landischen, regte sich mannigfaltiges Interesse: die beiden 



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— 86 - 

Secretare Paulinus und Gerdes finden wir fiber dieselbe in 
literarischem Verkehr mit Chytraus in Rostock, Paulinus 
arbeitet auch selbst an einer Geschichte der niederlandischen 
Unruhen, und unter den Exulanten waren Botte van Hol- 
dinga, etwas spater Doede van Amsweer, Abel Eppens, 
Rengers van ten Post auf demselben Gebiet schriftstellerisch 
in Emden thatig. M ) Das ist aber das durchschlagend Cha- 
rakteristische und Ruhmliche an jenen gahrungsvollen Tagen: 
die unreinen, meist mehr von Wustheit hingerissenen als in 
Frechheit und Luge verharteten Elemente vermogen — und 
beanspruchen auch nicht — , den ernsteren und besseren Theil 
des Volkes mundtodt zu machen, und diesem wohnt Muth 
und Geduld des Glaubens genug bei, um sich nicht irre 
machen zu lassen. Eine Freimtithigkeit, fur die jetzt all- 
gemein kein Verstandniss mehr ist, tritt' an Jedermann mit 
einem ernsten Wort ohne Umstande heran, und am Ende 
ist es die Ehrfurcht vor Gott und seinem Wort und Willen, 
wovor alles parirt, wie heute kaum vor dem Eide, und 
woran man einen gemeinsamen Boden der Verstandigung 
findet. Schreiben die Grafen in dem schweren Jahr 1575 
einen Fast- und Bettag aus, so tragt das Consistorium kein 
Bedenken, sich an sie zu wenden mit einer „christlicke und 
truelicke vormaninge van den Dingen tho betheren, de 
egentlick thorn vastent und bedent hoerden"; ist mit dem 
Burgermeister Medmann in s einen alten Tagen auf einer 
Hochzeit einmal das leichte rheinlandische Blut durch- 
gegangen, so besuchen ihn zwei Prediger im Namen des 
Consistorii, um ihn zu „vermanen van syn voele Dansent 
int Bussengeters warschup", und es ist gar nichts seltenes, 
dass man Medmann oder Paulinus oder Gerdes oder alle 
zusammen einmal erinnert,' es sei nicht gut, wenn die Raths- 
verwandten durch ihre (berechtigte) Missstimmung gegen 
Otto de Wendt oder durch die Welthandel und Berufs- 
unruhe sich abhalten liessen vom Gottesdienst und Abend- 
mahl. a6 ) Sie denken vielleicht unwillktirlich nicht ohne eine 



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— 87 — 

Neigung zum Kopfschutteln an die alte Rede von den 
„steifen" Emdern. Nun, etwas von puritanischen Einfliissen 
und Regungen hat allerdings auch schon im 16. Jahrhundert 
sich geltend gemacht, namentlich im Anschluss an die Lon- 
doner Fremdlingsgemeinde, und es ist nicht ohne Einfluss 
geblieben auf die Scharfung des Gegensatzes zwischen Lu- 
theranern und Reformirten, aber iiberwiegend ist's doch die 
Erkenntniss, von der man unserer Gegenwart wohl etwas 
mehr wiinschen mochte : dass nicht Austoben und Austoben- 
lassen die Schule der Freiheit ist, sondern Zucht und We- 
ckung des Gewissens. Und das muss man dem Zeitalter 
Hardenberg's und Menso Alting's lassen, den Weg zu dem 
Herzen und Gewissen haben sie doch zu finden gewusst, 
und die besseren Elemente drangen durch. Nicht bloss die 
eben angezogene Interpellation an die Landesherren uber 
die Uebelstande, wegen deren man eigentlich Fast- und 
Bettag halten sollte, fand eine gute Aufhahme und Erwie- 
derung; wird doch selbst von Leuten wie dem riiden Barthold 
Entens uns die Aeusserung berichtet, als ihm einmal an's 
Gewissen geredet ward: „bin ik nene Christen noch holde 
my niet als een Christen tobehort, so wil ik nochtans Christi 
sake driven und bedenen und min vaderland erredden myt 
myn lyff und bloet. Nochtans sindt daer in een cruytgaerde 
voele verscheiden cruderen niet euen ruckende und gudt in 
die medicyn. Byn ick niet der criiyden ener, so sin ick 
doch der hagedorn und heege mede die soedanigen cruyt- 
gaerde bewaeret und behoere ock noetwendich tot 't cruyt- 
gaerde." w ) Auch der mit den kirchlichen Parteien zerfallene 
Schwenkfeldianer Aggaus Albada weiss die Emder Gemeinde 
noch immer zu riihmen, in welcher ihm allererst eine bes- 
sere Erkenntniss aufgegangen, er tritt mit dem dortigen 
Ministerium in Verbindung, um durch dasselbe seine An- 
na erkungen zur heiligen Schrift einer Prufung unterziehen 
zu lassen; 38 ) und Abel Eppens bezeugt von den Exulanten 
aus Groningerland, ihrer viele seien als Libertiner und 



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— 88 - 

Gleichgiiltige nach Emden gekommen, aber einsichtiger und 
besser zuriickgekehrt in ihr Vaterland. a9 ) Dem Biirger- 
meister Medmann selber scheint die puritanisch streitbare 
Ader der Fremdlingengemeinde nicht sympathisch gewesen 
zu sein, und vielleicht mit daher riihrt es, dass die Freund- 
schaft zwischen ihm und a Lasco sich ein wenig lockerte, 
wahrend er an Hardenberg und Melanchthon sich enger 
anschloss, und dass manche Anschauungen und Einrichtun- 
gen, die man von London auf Emden und Ostfriesland iiber- 
tragen wollte, an Medmann keine Fiirsprache fanden. Zu 
Gellius Faber und Micronius stand er jedenfalls nicht sehr 
intim, aber mit Hardenberg's Berufung nach Emden ward 
das anders, und man lernte, sich von beiden Seiten zurecht- 
zufinden und zu verstandigen. 30 ) Ein bleibendes Denkmal 
des schliesslichen guten Einverstandnisses bewahrt Emden 
an der Bibliothek der Grossen Kirche, welche man ganz 
wesentlich Medmann zu danken hat. 81 ) Denn nachdem die 
erste Grundlage der Bibliothek, ein Vermachtniss an Btichern 
des Kirchenaltesten Gerhard torn Camp, in der Allerheiligen- 
fluth schwer beschadigt worden, gelangte sie unter Med- 
mann's eifriger Mitwirkung durch die Legatirung der Biblio- 
thek Hardenberg's zu einem ansehnlichen Bestande, worauf 
dann ein eigentliches Bibliothekzimmer eingerichtet ward, 
und Medmann's eigne Sammlung nach seinem Tode den 
Vorrath ansehnlich vermehrte. 

Leider lasst sich in anderer Beziehung von Medmann's 
letzten Lebensjahren nicht das Gleiche riihmen; die Inschrift 
des Rathhauses ^Concordia res parvae crescunt" erfullte sich 
iiber Ostfriesland nicht in gleichem Masse, wie er es in 
Emden erlebt hatte. Das Jahr 1574 bildete in der deut- 
schen Geschichte einen bedenklichen Wendepunkt. w ) Der 
bis dahin den Spaniern abgeneigte und dem Protestantismus 
zugewandte Kaiser Maximilian II. war in eine andere Rich- 
tung hintibergezogen, seit Philipp II. nach dem tragischen 
Untergange von Don Carlos darauf dachte, die deutsche 



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- 89 — 

Linie des Hauses Oesterreich durch Heirath enger an seln 
Haus zu kniipfen. Eben um die Zeit des Rathhausbaues 
trat der Wendepunkt ein, dass dem bis dahin im Vordringen 
begriffenen Protestantismus die vom Jesuitenorden geleitete 
Contrareformation mit allseitiger Forderung durch die Politik 
auf deutschem Boden gegentibertrat. Und dieser Umschlag 
in der Stromung machte sich vor allem an der Grenze der 
Niederlande, eben auch in Ostfriesland, bemerkbar. Es ist 
vorhin mehrfach hervorgehoben, wie Graf Edzard nicht we- 
niger als sein Bruder Johann, so eifrig er konnte, gegen 
die „burgundischen Praktiken" auf der Hut war und ihnen 
entgegentrat: jetzt drehte sich der Wind. Schon 1581 weiss 
Alexander von Parma dem Grafen Edzard zu bezeugen, wie 
er dem Grafen auch von wegen Koniglicher Majestat von 
Hispanien mit sondern Gnaden geneigt und zugethan sei, 
um der vielfaltigen Forderung willen, die der Graf den ge- 
horsamen Unterthanen Sr. Koniglichen Majestat bei gegen- 
wartiger Emporung erwiesen, und wie der Graf sich dessen 
zu getrosten habe, man werde sich der Gebuhr wiederum 
gnadiglich gegen ihn zu verhalten wissen. 8S ) Da hatte man 
denn an dem jeverschen Erbschaftsprocess und dem bur- 
gundischen Lehn Harlingerland treffliche Handhaben, den 
Grafen Edzard immer enger an das spanische Interesse zu 
fesseln; bald war es dahin gekommen, dass man in und 
ausser Landes dafur hielt, der Graf sei nahe daran, den 
Spaniern Emden in die Hande zu spielen, und Caspar von 
Schonberg konnte bei seinen Entwiirfen xiber eine katholi- 
sche Armada gegen England und Holland den „ Grafen von 
Emden" schon ziemlich zuversichtlich in seinen Plan mit- 
verrechnen. Man war ebenso sicher, dass Medmann mit 
dem Grafen Johann auf der oranischen Seite stand. Bei 
den Wirren, die nun folgten, verweilen wir heute am wenig- 
sten; als sie losbrachen, war Medmann bereits verstorben, 
den 18. September 1584. An seinem Grabe hatte Menso 
Alting den Zuruf erneuern konnen: „die Moven bergen sich 



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landw&rts; wir werden noch Sturm haben"; aber das war 
in Medmann's Tagen wenigstens erreicht worden, dass das 
Schiff seetiichtig und mit riistiger Bemannung dem Sturm 
die Spitze bieten konnte. 



Anmerkungen. 

(St.-A. = Staatsarchiv zu Aurich, C.-A. = Consistorialarchiv daselbst, 
E.-R.-A. = Emder Raths-Archiv, K.-R.-P. = Protocolle des Emder 

Kirchenraths.) 

*) Jusserat Rex, schreibt Hopperus, chartam Westphaliae, quam 
hue adtuleram, ad parietem suspendi, ut civitatem et agrum Groningen- 
sem et Emdensem, et loca, quibus pugnatum fuisset, aliaque eodem per-' 
tincntia commonstrarem; quod feci. Ein anderes Mai heisst es: utinam 
res ita ferret, ut Emdensis pro tot in nos malefactis, quae annis plus 
quam quadraginta pertulimus, aliquas poenas ferret, und bei einer an- 
deren Gelegenheit: si receptaculum illud omnium sectarum, Emdam, in 
potestatem suae Majestatis dux (Alba) redegisset, egregiam meo judi- 
cio operam navasset. Die Aeusserungen linden sich mit anderen zu- 
sammengestellt bei Bisschop, de slag by Heiligerlee 1568 in „de Vrye 
Fries" XI. 440 ; auch B. macht zu der erstangefiihrten Stelle die Bemer- 
kung: het zou eene afbeelding zyn, een goed schilder waardig. 

*) Die Data tiber Medmann's Leben finden sich noch nirgends in 
einiger Vollstandigkeit zusammengestellt; Brenneysen hat (Ostfr. 
Hist. I. 280) ausfUhrlichere Mittheilungen in seiner ostfr. Kirchenhistorie 
zu machen beabsichtigt, aber ich habe sie in dem im Staatsarchiv hie- 
selbst vorhandenen Manuscript derselben vergebens gesucht. Die Haupt- 
quelle sind Briefe von und an Medmann und seine Freunde, einige von 
Melanchthon theilt G abb em a, illustr. et clar. vir. epistolae, Har- 
lingen 1669 p. 72 ff., 79flF. mit, zu vergleichen auch a Lasco, Opp. ed. 
Kuyper II. 577 u. 5; was das Corpus Reff. und Groen van Prinsterer 
Archives de la Maison d'Orange-Nassou tiber ihn enthalten, war mir 
leider nicht zug&nglich; handschriftlich sind mir bis jetzt nur die iu den 
Anlagen mitgetheilten Briefe Medmann's vorgekommen; nach einer hand- 
schriftlichen Notiz von Emmius hat dieser „apud viduam Petri Medmanni" 
von manchen wichtigen Briefschaften Einsicht zu nehmen Gelegenheit 
gehabt, aber wo dieselben verblieben sind, ist nicht bekannt Jeden- 



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- 91 — 

falls scheinen sie nicht mit seiner Bibliothek an die Grosse Kirche ztt 
Emden gekommen zu sein. Die Hauptdata iiber Medmann's Jugendzeit 
hat Krafft in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins : Mit- 
theilungen aus der Matrikel der alten Coiner Universitat zur Zeit des 
Humanismus p. 34 ff. u. derselbe, Aufzeichnungen H. Bullingers Uber 
sein Studium zu Emmerich und C81n (Elberf. 1870) p. 15 und 87 zusam- 
mengestellt; iiber Medmann's Verhaltniss zu Hardenberg ist besonders 
zu vergleichen Spiegel, D. Albert Rizaeus Hardenberg. Bremen 1869. 

8 ) Hamelmann, Oldenburgisch Chronica, (Oldenb. 1599) p. 356. 

4 ) Em Rechnungsbuch der Grafin Anna aus der Zeit ihrer vormund- 
schaftlichen Regierung (St-.A.) erw^hnt Medmann im September 1549 
mit dem Bemerken, dass er damals ungefahr ein Jahr hier gewesen sei; 
zum 3. Juni 1551 heist es: promiserunt Petrus Medmannus et Guilhel- 
mus Gnapheus Generosae Dominae et filiis suis fidem sub forma jura- 
menti, doch auch vorher und nachher werden Reisen Medmann's im 
Auftrage der Grafin nach C8ln, Miinster, Meppen, Cloppenburg, Bremen 
erw&hnt. Zu dem wegen der Erziehung der jungen Grafen Bemerkten 
vgl. Bertram, Analecta ostfr. (Aurich 1737) pag. 41 und Henr. Pau- 
linus b. Brenneysen a. a. 0. 1. 264 ff., wie auch die Briefe Medmann's 
unten in den Anlagen. 

6 ) Unico Manninga an Graf Edzard 10. Decmber 1567 (St.-A.) 
Paulinus an Grafin Anna 15. August 1570 (E.-R.-A. fasc. 332.) 

6 ) U. Emmius, Rer. fris. Hist. p. 949. 

7 ) Beninga p. 821, cf. v. Wicht ad ann. 1552 u. Emm. 1. c. 946. 

8 ) H. Paulin. Rerum belgic. Hist. (Emden 1663) p. 337 ff.) K.-R.-P. 
vom 4. August 1568. 

9 ) Paulin. 1. c. 339 berichtet: „videre enim erat, omnis sexus 
homines vel in fuga deprehensos vel ex tuguriis et latibulis erutos in 
sacras aedes et majores domos gregatim confugientes ita circumquaque 
palis defixis cogi atque obstipari, ut evadendi locus nullus esset. Turn 
aedes ab Hispanis incendi et cum omnibus qui inclusi essent, quantumvis 
ejulantibus opemqae implorantibus totas concremari et in cineres redigi, 
quorum miserabiles clamores et lamentabiles ejulatus in ipsis flammarum 
incendiis etiam ad ulteriorem ripam Amasis ad aliquot millia passuum 
sunt auditi." Diese Angabe bedarf um so mehr der im Text gegebenen 
Zurechtstellung, da die gleichzeitigen Nachrichten von einer vollzogenen 
Verbrennung der Gefangenen nichts wissen, obwohl sie manches Detail 
veriibter Grausamkeit anfiihren. Das Richtige giebt Menne Peters, 
der hundert Jahre sp&ter in Jemgum lebte und die Nachrichten sam- 
melte in seiner (handschr.) Chronik. Die betr. Stelle lautet nach einer 
Mittheilung des Herrn Pastors Herborg so: „Nadat de Spanjaarden 
Graaf Lodewyk hadden tenondergebragt, waren de burgers meestendeels 



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gevlugt. Vele vrouwen, zoo nog te Jemgum waren, hadden zich in de 
Kruisstraat in het oude Klooster begeven, de overige rest werd daarby 
gebragt. Alba gaf ordre, om de deuren te sluiten, zoo dat er geen 
mensch kon ontkomen, en zoo voort beorderde vuur aan te brengen, 
om het huis met alle vrouwen te laten verbranden. Dat veroorzaakte 
in Jemgum droevig geschrei; daarvoor te bidden gaf aan niemand ge- 
hoor. Zyn goon Fernando (?) de Toledo, nog met barmhartigheid zynde 
bewogep, deed beloften, by zynen vader op het allerernstigste met 

smeeken en bidden te willen verzoeken. Hadde dan gebeden 

zoo dat, door sterke voorbede van zynen soon haar leven behouden 
hebben en ongeschonden daarvan kwamen. u Paulinus (von seinen Vor- 
fahren her, die in Weener ans&ssig waren, dem Reiderlande angehorig, 
geb. 1537, gest. 1603, seit 1568 Secretar der Stadt Emden, spater Amte- 
verwalter daselbst) ist an sich ein wohlunterrichteter Zeuge, aber seine 
Rer. belg. Historia ist nicht von ihm selber edirt, sondern aus den hin- 
terlassenen Papieren erst 1663 herausgegeben, und manche Anzeichen 
scheinen mir darauf hinzuweisen, dass das Manuscript meist den Ereig- 
nissen mehr oder weniger gleichzeitige, Gerttcht und festgestellte That- 
sache noch nicht scharf von einander scheidende, Aufzeichnungen ent- 
hielt, und der Verfasser zur sichtendenUeberarbeitung nicht gekommen ist. 

10 ) Aufzeichnungen eines Emder Burgers aus den Jahren 1536—1580 
mitgetheilt von Suur in Bueren's Jahrbuchlein f. 1837 p. 91. 

n ) K.-R.-P. vom 2. August 1568. 

12 ) Nanninga Uitterdijk, Dr. Johann de Mepsche, in den By- 
dragen tot de Geschied. en Oudheidk. inz. v. de Prov. Groningen. 1872. 
p. 21, 29, 31. 

18 ) GrafJohann an den Magistrat zu Emden den 28. Februar 
1572; Graf Edzard an denselben den 2., 4., 7., 17. Marz. E.-R.-A. 
Fasc. 332. 

") Robles de Billy an Alba 12. und 26. November 1572, mit- 
getheilt von v. V lot en in „de Vrye Fries u VIII. 427 und 431. 

16 ) Klopp, Geschichte Ostfrieslands II. 12 und dort cit. Quellen. 

16 ) Graf Johann an den Magistrat zu Emden 16. Decbr. 1575. 
E.-R.-A. Fasc. 162. 

") Gnapheus, Aemdanae civitatis Encomium (geschrieben 1552, 
uberarb. 1557), abgedruckt bei Brenneysen a. a. 0. I. 217 if., ferner 
die Anm. 10 citirten, auch in der Folge Gfter zu Grunde liegenden Auf- 
zeichnungen eines Emder BUrgers, und Emmius, descr. chor. p. 44 ff. 
Das wegen des Klosters Bemerkte fallt nicht in 1561, wie nach der 
von Brenneysen I. 238 mitgetheilten und nach einer anderen, zu ihr ge- 
hbrenden, von mir, Abriss einer Gesch. des Schulwesens in Ostfriesland, 
Anna. 20, angezogenen Urkunde anzunehmen wSlre; die im Staatsarchiv 



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— 93 - 

vorhandenen Concepte beider SchriftstUcke, welche ich spater zu sehen 
Gelegenheit hatte, tragen deutlich die Jahreszahl 1556, wonach die 
Angabe von Emmius (der tibrigens damals in Emden die Schule be- 
suchte und als Augenzeuge berichtet), die Umwandlung des Francis- 
kanerklosters falle in 1557, sich einmal wieder als g;mz richtig heraus- 
stellt (Rer. fris. Hist. 955). Ausserdem vgl. Loesing, Geschichte der 
Stadt Emden, und Ravin ga, neue ostfr. Chronika (Ausg. von 1745). 
"b) Vgl. Anlage I. 

18 ) Msc. apogr. der Predigtskizze. 

19 ) Paul in us 1. c. p. 143: quamquam eo tempore cum forte in 
littore maris insolitum genus piscis aspersi notis et maculis, mendicorum 
ollis catinisque similibus, caperetur, id vulgus in felix faustumque omen 
foederatorum Geusiorum, cupidis sane votis, converteret. 

»•) Siehe Anlage III. 

*i) v. Wicht ad ann. 1570, 1571 ff. 

M ) E.-R.-A. Fasc. 332 enthalt ausser dem Mitgetheilten noch man- 
ches Uber diese Verhaltnisse und die darUber gepflogenen Verhand- 
lungen. 

»«) K.-R.-P. vom 25. Februar 1577, 19. Marz 1572; wegen der 
Wiedertaufer vgl. das Prot. vom Jahre 1569, 30. April 1576 u. 8. Mai 
1577, dann wieder von 1588 u. 89 passim. 

M ) Meiners, Oostvr. kerkel. gesch. II. 3 ff. und die gleichzeitigen 
Kirchenrathsprotocolle, wie auch schon die von 1565 ff. 

*6) Chytraei epistolae, Hanov. 1614 p. 615, 624, 686 u. b\, Botte 
v. Holdinga betr., vgl. de Vrye Fries VIII. 384 ff., ell. 364 ff., wegen 
der groningerl&nder Chronisten vgl. z. B. Diest-Lorgion, Regnerus 
Praedinius, Gron. 1862 pag. 71 ff. 

*») K.-R.-P. vom 10. Febr. 1573, 21. April 1574 u. b\, 2. October 
1575. 

27 ) Nanninga Uitterdijk a. a. 0. pag. 49. 

as) Bei Gabbema 1. c. pag. 768. 

w ) BeiWestendorp, byzonderheden uit de geschied. der Herv. 
in de Prov. Groningen. p. 58. 

so) K.-R.-P. vom 30. Januar 1559 und Verhandlungen Gellius 
Faber's mit dem Magistrat und der Grafin Anna aus demselben Jahre. 
Msc. apogr. C.-A. Vgl. auch K.-R.-P. vom 13. Juni 1576 und Emmius, 
Vita Mensonis Altingii p. 21 ff. 

8i) K.-R.-Prot. vom 13. November 1570, 19. December 1575, 16. Ja- 
nuar 1576, 19. Mai 1578. Leider giebt das K.-R.-Prot. Uber das Ver- 
machtniss von Medmann's eignen Bttchern keine nahern Mittheilungen. 
Einiges Weitere Uber die Bibliothek hat Vie tor in der reformirten 
Kirchenzeitung 1858 p. 293 mitgetheilt 



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1 



94 



8a ) Ranke, Ueber die Zeiten Ferdinand's I. und Maximilian's II 
(Zur deutschen Geschichte. Vom Religionsfrieden bis zum dreissig- 
jahrigen Kriege, Leipzig 1869) p. 73 ff., 85. 

8S ) Alexander von Parma an Graf Edzard den 12. Jan. 1581. 
Mac. autogr. E.-R.-A. Fasc. 162. 



Anlage I. 
Zur Chronik des Rathhausbaues. 

(Aus dem Rechnungsbuch und den Nebenbuchern mitgetheilt von dem 
Camerarius van Buiren.) 

Der Titel der Rechnung des Rathhauses (Nr. 12. 1 der 
alten Cammerei-Registratur) lautet also.: 

Rechenungh 

Vom nyenn Raiihuse, daran Anno 1574 up Pinxter Dinges- 
dach die erste Stien, als dat olde Raithuss gantz vorfallenn, 
van Burgermeister und Raiih gelacht, unnd dat gantze gehouxo 
unnd desuluen Uihgafenn, folgens notturftichlich vorwaltet, 
unnd durch Godtlicher Vorliehungh, denn Wolgebornen Un- 
seren Gnedigenn Herrn, Grafenn tho OstfrieslandUetc. thorn 
ehrn, unnd gemeiner Stadt Embdenn unnd Burgerschaft thorn 
bestenn, unnd gedeien vullenfurret unnd verrichtet wordenn, 
per locos communes, in diesem Boecke, tho mherer richticheit, 
ordentlich, unnd under schiedtlich, mit besonderem fiyte vor- 

theikent. 
Nach dieser Rechnung haben die ersten Ausgaben am 
24. October 1573 stattgehabt, der Hauptangriff der Arbeiten 
geschah aber erst im Januar 1574. Laut Fol. 37 hat die 
Stadt von Wendelen van Oldersum ein Haus „thom platze 
unnd gebouw des Nien Raithuses up anholdent der Depu- 
tjrdenn van der gemeinen Burgerschaft gekoft" und darauf 



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- 95 — 

am 14. December 1574 bezahlt 2000 fl. — Das Haus ist fur 
5000 fl. angekauft und es sind die Kaufgelder nach und 
nach bezahlt. Am 16. Mai 1578 stellte der Magistrat iiber 
den noch schuldigen Rest eine Obligation zu 500 Daler, 
k 8% Zinsen pro anno, aus, „diwile die Stadt die pennin- 
gen in der Yll nicht konde upbrengenn". Der letzte Rest 
zu 150 fl. wurde am 21. Februar 1581 bezahlt. ~ 

Ferner finden sieh in der Rechnung und dazu gehoren- 
den Nebenbuchern, nach der Zeitfolge zusammengestellt, 
folgende Data: 

1574. 
Am 2. Marty bethalt Achtehalff Daler An 8 Schledenn so 
dem Bischoppen zu Minister hir gekofte Heringh, Van 
hir nha Oldersum gefoeret, welch die Stadt bethalet, die- 
wile die Stadt tho dem Nien Raithuse der Miinsterischen 
hiilp, unnd fordere, wedder bedarft, in ettlich Holdt, Stien, 
Kalck unnd Ander materialia so daer upgekoft hie her 
thouerforderenn 11 fl. 2 s. 10 w. 

Mai 8. Johann Schultenn Timmermhann bethalt, Unnd ge- 
schenckt ein Dicken Daler tho ein Voerehrungh, diewile 
he dat erste Fundament van dat Raithuss angelecht 

1 fl. 7 s. 10 w. 
Anno 1574 den 10. Juny heft der Ehrbaardigher Heer Pe- 
trus Mettmannus, Burgemeister tho Embden den eersten 
. steen an dat nye Raathus tho Embden gelecht in prae- 
sentie den hoegeleerten Hinricus Geerdes der stadt Embden 
Licentiat und Secretarius unde den Eerbaren Raetsheer 
Marten van Petkum Baumester mit dem Eerbaren Raets- 
heer Willem de Fischer unde is geschiet up Saecerments 
- Dach Morgens weynich voer soeuen Uuren. *) 



*) Item am 10. Junius (am Sacrament-Tage) Morgens um 7 Uhr 
wurde der erste Stein dieses Rathhauses an der sudwestlichen Ecke 
gelegt, und der Burgermeister Medmannus warf die ersten zwei Kellen 
Kalks unter den ersten Stein, darauf die Rathsherren Wilhelm Visser 



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— 96 — 

Juni 19. Noch elfenn Upgrafers, die der Dodenn Corpora, 
uth des Raithuses Fundament van dem Kerckhofe in der 
Nacht upgrafenn, unnd up Ander Ordenn gelacht 11 fl. 5 s. 

Am 13. September Bethalt 21 Daler unnd ein ordt Dalers 
voer ein Ahem Rinschenn Wins, so dem Ernvestenn 
Unico Manninga tho Luetzborch ein Erbar Raith geschenkt, 
darvoer dat he tho dem Nien Raithuse 20000 Backsteine 
geschenkt 31 fl. 8 s. 15 w. 

Doch diese Steine, is nicht thom Raithuse gekommen sun- 
der tho dem Borckumer Torn, diewile diesulve, up Bor- 
ckum, mit minner Unkostenn, unnd lichtlicher konde ge- 
bracht worden, unnd die Torn damals oeck gebouwet worde. 

1575. 

Am 22. Marty. Der R. Johann Pricker tho Rechenschaft ge- 
bracht, — 22 Daler unnd 2 l / 2 s. voer ein Ahem Wins, so 
die Stadt dem Junckern Unico Manninga noch tho dat 
vorige Aem geschenkt, umb dat he die vorgd. 20,000 Stines 
up seine Kostenn An Borckumer Torn foerrenn lathenn 

33 fl. 2 s. 10 w. >) 
1576. 

Am 3. February. Schipper Ottenn bethalt 4 l / % fl. voer dat he 
der Grafinnenn tho Teckelenborch ettlich gudt thogefuert, 
welch die Stadt oir Q-. thom ehre bethalt, umb dat Sie 
dem Rade forderlich gewesen, thom nyen Raithuse 4 fl. 5 s. 

Anno 1576 den 4. Aprilis heft de R.« unde Boumester 
Marten van Petkum die eerste ley geschlagen up idt 



und Henricus Gerdes und der Secretarius Martin von Petkum. Sie 
legten Gold und Silber in den Stein. (Aufzeichnungen eines damaligen 
Emder Burgers, von Suur in Bueren's Jahrbtichlein fur 1837 pag. 105 
mitgetheilt.) 

') 1575 den 1. April wurde das Fundament an der Nordseite des 
Rathhauses geschlagen, den 20. fing man an zu mauern, den 27. Julius 
begann man mit dem Setzen des Standerwerks auf der Gallerie, dem 
dritten Boden liber dem Keller; den 10. September fing man an, das 
Pach zuzurichten. (Ebendaselbst.) 



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— 97 — 

nye Raethus tussen teyn uncle elf Heron vormiddach an die 
noordwest syde by die toren bene den by die wester geuell. 

Am 5. Aprilis. Als up dat Raithuses Dack, die erste leie 
gelacht, dem Leiendecker tho ein Vorehrungh geevenn, 
nha older gebruek ein Rider und ein Prinz Daler 3 fl. 

Anno 1576 den 23. Aprilis heft die Raethsheer Marten die 
eerste nagell ingesclagen bouen an idt eerste achtkant 
unde do is die eerste styl van idt eerste achtkant gericht 
namiddach tussen twe unde 3 wuren. den 19. May anno 70 
so is die hoechte von die toren gerichtet die mekeler doer 
die weerhane up staen sail. 

Am 24. Aprilis. Seligen Martenn Timmermanns Weduwee 
Liedewy voer oir saligen mans moiete, unnd dat he die 
Patrone dess Torns up dem Raithuse entworpenn, ihr ein 
Vorehrungh geschenckt 10 fl. darmit oeck Alle olde Reche- 
nungh doet, rund Ab is, nha ludt oir eignen gegevenen 
Quitantz. 

Am 14. Juli. Den Schnitckers unnd grofenn Timmerleudenn, 
tho Vorehrungh geschenckt, Alss des Raithuses Torn ge- 
richtet wordenn ein Tunne Hamborger Bier 4 fl. 5 s. J ) 

Den 17. Septembris is die weerhane upgesettet Anno 76. 

Den 20. Septembris Dunderdages nha middach tho 2 wuren 
heft Johan Potter idt eerste glas in die Raetkamer gesett, 
waer in die naem stonde van den edelen Wolgeboren 
Heern graeff Cristoffer Milder gedechnisse. 

Den 24. — 29, Sept. Die kistemakers geven tho bier als se 
die grote doer- hingen und die loyf voer die doer richten 

5 s. 2 ) 



*) Im Februar 1576 wurde das Rathhaus oben mit eichenen Boh- 
len (Wagenschott) bekleidet, im April mit Schiefer gedeckt und im Mai 
der Thurm gemacht. . (Ebendaselbst.) 

2 ) Anno 1576 den 1. November ist nach angehorter Predigt die 
erste Session von Biirgermeistern und Rath zu Emden auf dem neuen 
Rafchhause gehalten worden. (Ravinga, Neue Ostfries. Chronica, Au- 
richer Ausg. von 1745 p. 64. 

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— 98 — 

Am 15. Decemb. gekott unnd bethalt durch Johann Mi- 
chaelis, an salige Hanss Vorhagenn Malers Erfgenahmenn, 
voer ein schone stucke werckes Judicium Salomonis ge- 
nannt, so up dem nyen Raithuse tho ein herlich monu* 
mentum und Zyraet up gesattet voer 48 fl. 

1577. 

Noch gekoft van Jelten Kistemacker ein Tafriell up dem 
Raithuse von Historia Gideonis, herlich unnd schonn ge- 

macket voer 60 fl. 

* 

* * 

Laut Fol. 114 pag. 1 bezog der Dachdeckermeister 
taglich 6 Schaaf , die Knechte 5, die Burschen 2 Sch. Ar- 
beitslohn. Fur die Tonne Schille zahlte man l l / 2 Schaaf, 
auch 26 Witten; fur 1 Tonne Kalk 3 Schaaf, fur 1 Last 
Torf 4V 4 Daler; fur englischen Steinkalk l / 4 Daler pr. Tonne, 
fur kleine „Leidische" Steine per Tausend 2 Daler, Back- 
steine per Tausend 5 Daler, auch 8 Gulden, auch 5 Reichs- 
thaler. Dachblei wurde per Centner bezahlt mit 6 fl., auch 
57a A»> 1 Tonne und 18 mathe Leinol wurde bezahlt mit 
50 fl. 4 s., 1 Tonne dito kostete 42 fl. 

Nach einem Nebenbuche „Laurens Muirmeisters Reche- 
nungh" erhielt der Meister an Lohn 5 Schaaf und die Ge- 
sellen 3 l / 2 Schaaf taglich. 

* * 

Die vorhin mehrerwahnte Rechnung iiber den Bau des 

Rathhauses schliesst mit folgenden Worten: 

„AUes vann Burgermeister Unnd Raith verwaltet Und 
berecknet unnd vann dem Secretario Henrico Paulino Uth 
Irem befelch ordentlich vortecknet unnd tho Boecke gestellet. a 

Aus dem erwahnten Nebenbuche ergiebt sich, dass zum 
Bau 22,790 Pfund Blei geliefert ist. 

Nach Inhalt des Trifol. aur. Nr. 25 hat der ganze Bau 
gekostet 55,897 fl. 9 s.. 12 w. 



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— 99 — 

Anlage II. 
Vier Briefe von P. Medmann. 

(Autogr. im C.-A. zu Aurich.) 

1. 

Gnad wnnd frid von gott vnserm himlisschen Vatter, 
wnnd vnserm einigen mitler Jesu Chro. Amen. Wolge- 
pomne wnnd Edele graiiinne, gnedige frawe. E. g. sei 
mein schiildiger pflichtiger Deinst auss hertzen in aller 
wnterthenigkeit beuor, wnnd darneben sul ich E. g. vnter- 
theniglich neit verhalten, wie das gesteren nachmittag wmb 
die zwa ohren E. g. in E. g. Statt Emden Biirgermeister 
Johan Bramisch bei mir gewesen, wnd wnter anderen wnter- 
rediing mich gefragt, ob Ich von E. g. neit verstanden, 
odder ob Ich siinst vur mich wngefer gehoret, was doch 
Bormannei bei E. g. Broder, graiie Anthonien, meinen g, 
heern gehandelt. Daraiiff Ich Im als E. g. Biirgermeister 
wnnd lieben getrewen beantwort, wes wolgedachter grade 
E. g. broderlich geantwort. Er aber herwidderiimb hat mich 
berichtet, das Bormannei abegefertigt an die graiien zu ol- 
denbiirg, Hewe, Lippe, Schawenbtirg wnnd Dipholt mit 
gnedigen gesinnen von wegen kaiserlichen Maiestet, das sei 
sich erzeigen wiilten, wie sies hewt odder morgen als glid- 
der des Reichs gege Ire Maiestat ziiuerantworten gedechten, 
wnnd wen E. g. die schickiing ghen lingen neit gethan, so 
were genanter Bormannei am eirsten zii E. g. ankommen, 
wnnd ware Bramisch gar Mrnd gans der sicherer meinung, 
das die Ejiecht zu freissuit In E. g. Reiderlant sich neit 
wurden legeren. l ) Was Ich siinst E. g. gestern geschrie- 
ben von der sachen, wullen E. g. von mir gnediglich an- 
nemen. Dan ich ane alle andere wrsachen, die zwisschen 
E. g. vnnd mir wnterredt, noch anderen bei mirbedenken, 



l ) Vgl. Beninga p. 821 und v. Wicht ad ann. 1552. 

7* 



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*.T*1 



— 100 — 

so vil des Edelmanns person belangent. Den man moiss, 
wie auch christus bezeuget, den Baum an den friichten 
lernen kennen. Die sache zwisschen dem kulen goltschmitt 
vnnd der Junffern ist mit gotts gnaden anfenglich wol ge- 
raden, vnnd bedankt sich der ktile gegen E. g. wntertbe- 
niglich. E. g. wullen mir auch lassen zustellen die schrifft 
an E. g. von E. g. Broder, grauen Christoffern meinem 
gnedigen Heern, gethan, die ich auch gernne mit dem 
cantzler verlesen wulde, aus wrsachen, wie E. g. verstehent. 
E. g. wullen auch E. g. Hertzen lieben sohn graue Edzart 
meinen g. H. alles ziim besten mit ermanen, deveil es sich also 
ziitragt, das Ich neit stettich, wie Ich verhoffet hette, bei 
Im mag sein. Das mir, erkennen Gott jn ewigkeit, neit 
das geringste creiitz ist, die zeit leiiffet hin, wnnd er wirdet 
diirch Gotts gnaden tag vtir tag groisser. E. g. Dem al- 
mechtigen beuolen mir gnediglich zu gepieten, als dem, der 
es mit E. g., erkenne die ewige warheit, wntertheniglich 
recht wnnd wol meinet. Dat. eilens am 19 Marzy 1552. 

E. g. 

Petrus. 

Aufschrift: Der wolgepornen vnd Edelen frawen, 
frawe Annen, geporne grauinne zw oldenburg wnnd Delmen- 
horst, grauinne zw oestfrisslant, witwe, meiner besiinderer 
gnedigen lieben frawen 

zw Irer g. handen. 



2. 

S. D, Et Sturmii plenas literas, et tuas accepi, ad quas, 
si Deus clementer concesserit, eras aut coram respondero, 
aut copiosd rescripsero. Nam in meis litteris sunt, quae 
maiorem de futuris rebus, ut mea quidem est sententia, re- 
quirunt considerationem, etsi Cicero, de bellis civilibus ali- 
cubi scribens, ingeminat, de rebus futuris difficile est pro- 







' — 101 — 

spicere. Plura non possum. Accept tuas et Sturmianas in 
ipsa curia, istis hominibus, quorum heri sub horam vesper- 
tinam octavam placita accepi, in plerisque nihil conceden- 
dum esse statuo. 9 Aprilis die 1556 hora quarta pomeridiana. 

Petrus. 
D. Fridricho ten Westen, civilium legum licentiato, 
et orientis Frisiae Cancellario S. 

3. 

S. D. Non dubito, o inclyti comites, benigni heri, quin 
grata cum recordatione vestra in mente versetur, quam in 
partem vestra in arce angulari vobiscum die Decembris 
quinto anni praeteriti egerim, et demisse et humiliter egerim. 
Supplico igitur et nunc temporis vobis summissfe, mei cle- 
mentes comites, ut tandem de vestra et mente, et volun- 
tate^benigne me certiorem reddatis, quemadmodum die 
annotato sanctissime promissum est. Et tu, 6 mi comes Ed- 
zarde optime, recordare, quid Rastedij die octobris decimo 
tertio, Anno reparatae salutis Millesimo quingentesimo quin- 
quagesimo tertio, admodum sancte promiseris, et quid antea 
Auricana uestra in arce, tuo in cubiculo, in quo te do cere 
solebam, pollicitus sis. Et neque dubito, mi comes Joannes 
humanissime, quin omnium rectissime recorderis, quid rece- 
peris, et turn mihi confirmaueris, cum Dilberga Argentoratum 
ireraus Anno Millesimo quingentesimo' quinquagesimo sep- 
tiiho, et quid ante hospitium Argentoratense, quo4 a boue 
cognomentum habet, nisi omnino memoria fallor, promi- 
seris. Potentissimus et Illustrissimus Monarcha, et Rex 
Regum Amplissimus, Jesus christus, dei filius, Verbum 
aeternum, per quod omnia facta sunt, Emanuel beneficen- 
tissimus, admirabilis, consiliarius, Deus fortis, pater futuri 
seculi, princeps pacis, fidelium in Dei iuditio advocatus et 
patronus, magni consilii et testamenti angelus, fidelissimus 
advenarum custos, et pupillorum et uiduarum susceptor, 
Ecclesiae caput vivacissimum, mortis et inferorum victor, 



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— 102 — 

et vivorum et mortuorum Judex invictissimus, primogenitus 
omnis creaturae, Dominus et Deus noster clementissimus, 
vestra consilia et actiones et vestras etiam cogitaciones et 
regat et gubernet longe benignissimk Amen Amen Amen. 
Die Martij tertio 1564. ocyssime. 

Vester 

petrus. 

In dor8o: Clarissimis et (Jenerosissimis D. D. Edzardo, 
D. Christophero, D. Joanni, germanis fratribus, Orientis 
phrysiae comitibus atque Dominis, suis perbenignis Heris. S. 



4. 
S. D. 
Oro et rogo et obsecro submisse, et per Christi nostri 
iiberatoris unici sanguinem obtestor, ut demum de tua vo- 
luntate me clementer doceas, mi comes benigne. Recordare, 
quo modo nos dextris, quae solent fidei testes esse, coniun- 
xerimus, et Decimo tertio octobris Anno millesimo quingen- 
tesimo quinquagesimo tertio coniunxerimus. l ) O mi comes, 
bene atque feliciter ut valeas in domino nostro Jesu Chri- 
sto, toto precor pectore, Amen, Amen, Amen. Die Martii 
octavo 1564 sub horam octavam. 

Tuus omnem per modum 
Petrus. 

In dorso: Clarissimo DD. Edzardo, orientis Frisiae 
Comiti et Domino honoratissimo. 

Suo Hero clementissimo. 



!) Worauf die in diesen beiden letzten Briefen sich kund geben- 
den Besorgnisse Medmaon's sich beziehen, ist nicht zu ermitteln. 



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~ 103 — 

Anlage III. 
Kirchenraths-Resolutionen aus der Geusenzeit. 

5. Marty 1567. 

Is voergestelt van mester Dirrick in de Lochfenne, de 
hefft lust mit de geusen in de krych tho treckende, unde 
begeert van uns tho weten, oeffthe man duilden konde. So 
hebben de broederen de sake wytloefftich doergesien unde 
besloten, dat man en niet kunde raden umme voele beswe- 
ringe willen, van welcke de erste ys, dat he sick niet lheet 
vorluiden um de yver urn de christenen mit syn kunst tho 
helpen, dan mheer um gelt unde guedt tho winnen, dan ock 
um alle vorderff, welcker de krych volget, ock mede um 
syn huusgesyn unde syne patienten hyr anhe nodt tho vor- 
lathen. Doch so he syck tegen alle de inconvenienten man- 
nichlick genoech bevunde, so woldent de broederen en niet 
vorbieden. 

1. Mai 1567. 

Sinnen etlicke broederen van verscheiden gemenen tho 
Antwerpen, Gent, Amsterdam und alle ander umliggende 
landen by uns gewest und van hoerentwegen hefft Isbrandus 
3 stiicke voergestelt, de se begeren thot hoeren besten uut 
gegenwordige noodt van uns bewilliget unde bevestiget tho 
bebben: 

Thorn eersthen: dat se uut noodt van veelvoldige an- 
kumst unde thoflucht thut uns wolden van ein yder lant als 
Vlanderen, Brabant, Hollant, Westfreeslant twe verordenen, 
de van alle sullen seker kunscup unde certificatie vornhe- 
men, updat under enen hilligen schyn nene huichgelers unde 
boven worden befunden, wordhoer de gemene mochte in 
last komen, unde der armen noodt muchte gehuilpen werden; 

Thorn anderen, dat se oeck under hoer de vormoegen 
mit namen wolden unsse diaconen in scryfften geven, by wel- 



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— 104 — 

ckeren der froemden de Diaconen unser gemene mit de 
busse des weckes muchten de almissen samelen; 

Thom driidden, dat se ock wol wolden des wekes ein- 
mall thosamen komen alse de deneren mit de 8 mannen int 
bywesent van 2 broederen unde oldesten uut unse versame- 
linge, umme alle bose vordenckent wech tho nemen, in wel- 
cker vorsanielinge sulde verhandelt worden van de certifi- 
catie unde kunscup unde alle gelegenheit tho vornhemen 
unde ein yder tho rechte tho helpen; 

So hebben unse broederen de 2 eersthe propositien 
edder stucken ganslick approbeert unde gepresen unde seer 
noedich geachtet, dan van de bieenkumst als um (under?) 
de nam van Consistory vinden de broederen besweerlick 
um unsen G. H. willen, de de Borgunnischen doch seer vriich- 
ten. So ys darvan de beradtslaginge wyder uutgestelt unde 
in bedencket genomen. Noch hebben de broederen voer 
gudt angesien, dat broeder Colthunius, Willem de Visger, 
Lodewyck Maalbranck schoelen'de broederen Isbrando sampt 
den anderen broederen anseggen, dat wy idt woll kunden 
lyden, dat se underwylen in de noodt der armen by einan- 
der koemen, so se daar neen varlickheit in sheen gelick 
wy dhon, alleene, dat se idt niet dhon uwt unse bevell unde 
authoriteyt up alle eventhuyr ho idt mucht genomen wor- 
den, ho beter, ho lever. 

Is ock besloten, dat negestkumstige sondach men schal 
vorkundigen enen vastel- unde bedeldach tegen negestvol- 
gende sondach voer de bedroevede vorstroyde gemene, unde 
ock voer de unsse mede. 

8. Mai 1567 (am Himmelfahrtstage). 

Is vocrgestelt uwt bevell van Burgemester und Radt, 
um met then alderbequemelicsthen tho vornhemen, wat luy- 
den in diisse grote ankumst van vorsceiden Landen mit 
guden yuer unde conscientye um de religie hyr muchten 
komen, um de ander des beter tho erkennen, darmit alle 
verlickheit muchte in tydes beyegent worden. 



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- 105 - 

So is der broederen van antwerpen Westfreeslandt radt 
myt una, dat als tho voren den armen then besthen besloten, 
ein regystcr van 2 in ein yder nation tho makende van alle 
fromen, dar se eenssyns mit gueden gewetent gude getuiche- 
nisse koenen van geuen, mit flyte willen maken, unde gudt- 
willichliken Burgemeisteren undt Radt ouerantuorden, unde 
was de ander angeit, de dar buten moegen hir beuunden 
werden, willen se darvan E. E. beuolen hebben, unde be- 
geren unde koenen dar niet gansslicken ychteswas yn tho 
donde. 

Noch ys wyder vorhandelt van de manier um de 8 
raannen, dar van de 4 dan schoelen by unsse diaconen ge- 
voeget werden in de administrate der armen, tho vindende, 
unde ys voer best angesien, dat de deneren van de 4 na- 
tien sodanige mannen schoelen vinden, unde dat de nha 
hoer vormoegen schoelen by hoer lansluiden flytiggen vor- 
nhemen unde alle namen antekenen, unde dat van de 8 de 
4 schoelen by prouisie in diisse noodt myt unsse diaconen 
de armen der gemene bedienen. 

13. Novbr. 1570. 

Is voergegeuen van Regneer Cant, de in suilcken ge- 
stalt unde Commission ouer de flribuyteren, dar doch alle 
fromen oupr klagen, noch thom nachtmall gegan hefft myt 
veler fromen argerniss. So yst D. Martino M. Herberto 
upgelecht, dat de myt hem wolden wrhandelen van der 
gemene wegen, dat he um veler fromen. argernisse willen 
hem doch wolde vant nachtmall entholden. (Den 4. De- 
cember ej.) Van Regneer Cant ys wedder ingebracht, dat 
he nene schiilt bekerit in der frybuyteren mysbruick, dan 
bediende de gemene in grote sware saken myt grote schade 
van syne eigen guderen, unde achtet, dat suilckes suilde 
woll hochlicken gepresen werden, so Godt gelucke gegeuen 
hadde; dan nu de tyd noch niet gekomen ys, nu weet dar 
ein yder up tho smaden. Nemet derhaluen niet voer gudt, 
dan toch idt thut vorhoeninge der Prinslicken exelletftie 



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•^J b -1 



— 106 — 

unde dat gansse vorbunt, dat wy hyr an syn person be- 
wesen. Doch hefft he niet suilues konnen by uns komen 
urn syne veeluoldige sware scheflfthen, de hem oeck vor- 
hinderen voert eerste myt uns dat broodt tho brekende, unde 
middelertyt hopede uns vull tho doende, gelyck Johann 
Aryjens doerch Paulum hefft laten anseggen. 

7. Januar 1572. 

Johan Condes sal vormanet syn, urn syck vor ein tyt- 
lanck vant nachtmall tho untholden, by dat he syn unschult 
van syn Commission, welcker argerlyck ys by de mesten, 
tho openbaren unde kundich make. (11. Januar ej.) Ib 
ingebracht van Johan Condes, dat he ouerall geene com- 
mission gehadt heflft, dan veele mher der frybuitheren han- 
dell swarlicken gestrafFet hefft myt unthielde (?). Jodoch 
moet he myt droeflfenisse der broederen radt volgen int 
untholden vant nachtmall in syn unschult lydende, dewyle 
contrary thut wheringe van alle ungerechticheit dem Prinssen 
thogescreuen heflft, dat ingeuall syne excellentie dat ge- 
boeflfthe niet uwt der Shee wechscaflfen kunde, dat he in 
des Rykes Acht muchte gedhan werden unde syck unde 
de gansse sake in vordarflf brengen muchte. So ys nhu 
den broederen syn unschult myt erenst gedhan genoechsam 
gewest, unde voer billick angesien, dat men niet afFwhere 
dan tho lathe, bet dat he myt warheit ouertuyget sy; dat 
sal Martinus hem aAseggen. 



Digits 



3gl&ai 



Emder Stadtrechnungen aus den ersten 
Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts. 

Von Senator Schnedermann zu Emden. 

W enn man aus der Emder Geschichte einzelne Vor- 
gange des 15. Jahrhunderts oberflachlich ins Auge fasst, 
wie beispielsweise : die Einfuhrung des Zolltarifs mit seinen 
verhaltnissmassig hohen Einheitssatzen im Jahre 1412, die 
Anstellung von vier Burgermeistern im Jahre 1442, die Er- 
lasse Kaiser Maximilian's an Biirgermeister und Rath in den 
Jahren 1494 und 1495, so macht man sich unwillkurlich von 
dem Gemeinwesen der Stadt beim Beginn des folgenden 
Jahrhunderts bereits eine recht stattliche Vorstellung. Priift 
man hingegen die Verhaltnisse etwas genauer, so findet man 
sich doch enttauscht, die Zustande erweisen sich entschieden 
unentwickelter als man sich vorgestellt hat, das Patriarcha- 
lische des Hauptlingswesens ti'itt uberall noch deutlich her- 
vor. Insbesondere sind es die Stadtrechnungen aus jener 
Zeit, welche in der Beziehung manchen interessanten Ein- 
blick gew&hren, und es verlohnt sich daher wohl der Mxihe, 
dieselben einmal etwas naher anzusehen. 

Zunachst was die Schriftstucke im Allgemeinen betrifft, 
so hat sowohl das Aeussere als auch die innere Einrichtung 
noch einen recht primitiven Zuschnitt. Eigentlich kann da- 
bei von Rechnungen kaum die Rede sein, denn das Ganze 
besteht einfach aus einer Aufzeichnung der Einnahmen und 
Ausgaben so wie sie vorkamen, und zwar in besonderen 



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- 108 — 

Heften, die roh aus unbeschnittenem Papier, die Bogen der 
Lange nach gebrochen, zusammengenaht sind. Eine weitere 
Zusammenstellung findet sich nirgends, nur sind die Posten 
der einzelnen Seiten in zwei oder drei Munzsorten zusam- 
mengezogen und die Betrage am Fusse derselben vermerkt. 
Dass die Hefte jedoch auch als Vorlage bei den Rechnungs- 
abnahmen gedient haben, ist ziemlich zweifellos. Wahrschein- 
lich wird man also bei solchen Gelegenheiten die Ergebnisse 
der einzelnen Seiten auf einem besonderen Blattchen Papier 
zusammengestellt und so den Saldo gezogen haben. Die 
Geldbetrage lauten, von einigen wenigen Ausnahmen abge- 
sehen, entweder auf rheinische Gulden oder Gold-Gulden 
oder Arens-Gulden und in der Unterabtheilung bis 1513 auf 
Krumstert und spater zum Theil auch auf Schaf. Eine Se- 
duction der verschiedenartigen Miinzen zu einer einheitlichen 
ist im Einzelnen nirgends vorgenommen. Das Werthver- 
haltniss ist daher auch nur unvollkommen zu ermitteln, wie 
uberhaupt auch die Einnahmen und Ausgaben eines Jahres 
sich nur annahernd feststellen lassen. 

Das alteste Heft, welches vorhanden ist, enthalt haupt- 
sachlich Einnahmen aus dem Jahre 1503, die zusammenge- 
stellt etwa folgendes Resultat ergeben: 

Von dem Waagemeister fur Zolle = 783 Ars.-Gl. 

Muhlenpachten = 251 

Pacht fur eine Oelmuhle = 20 rhn. Gl. 24 Kr. 

Landpacht = 32 

Miethe fur Garten J= 2° Ar s.-GH. 8 Kr. 

1= 1 rhn. GL 
Miethe fur 6 Hauser )= 2 Ars.-Gl. 

/= 53 rhn. Gl. 4 

Ausserdem finden sich in dem Hefte einige Einnahmen 
aus den Jahren 1502 und 1504 verzeichnet und schliesst 
dasselbe mit folgenden Notizen: 

Am dage crispini & crispiani anno secundo do deden 
de borgmesters vnd raet lest rekenscup do blyfFen de borg- 



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— 109 — 

mesters der schuldig achte hundert ars Gulden vnd XXIIII 
ars Gl vnd III Kr. 

Am dyngsdag na Elisabeth hebben de 

borgraesters rekenschup ghedaen van den schuld hyr bouen 
gef vnd van all dat see vpgeboerd vthgeuen hadden also 
dat see der Stad schuldig bleuen seuen hondert vnd dree 
ars Gl vnd HI Kr. 

Der rheinische Gulden gait zu jener Zeit 40 und der 
Arens-Gulden 15 Krumstert. Beide Munzen standen also in 
einem Verhaltniss wie 8 zu 3. Spater, als der Emder Gul- 
den in den Rechnungen erscheint, wurde der rhein. Gulden 
zu 8 Schaf und der Emder Gulden zu 9 Schaf gerechnet. 
Wenn nun der Emder Gulden im Laufe der Zeit im Ganzen 
unverandert geblieben und dessen Werth also mit 11V 9 $* 
anzunehmen ist, so muss der rhein. Gulden ungefahr 10 ^ 
und der Arens-Gulden 3 s / 4 $* werth gewesen sein. 

Unter Zugrundelegung dieser Werthsatze stellen sich die 
obigen Einnahmen dann folgendermassen : 

Waage und Zolle 

MtLhlenpacht 

Pacht der Oelmuhle 

Landpacht 

Miethe fur Garten 

Miethe fur 6 Hauser 

^167 19$* 
Ob ubrigens die Aufzeichnungen die ganze Soll-Einnahme 
des Jahres 1503 umfassen, ist mit Sicherheit nicht zu ermit- 
e In, namentlich weil die Einnahmehefte der folgenden Jahre 
fehlen und somit Vergleiche nicht anzustellen sind. Dass 
dies jedoch annahernd der Fall sein wird, ist daraus abzu- 
nehmen, dass mehrere Jahre spater, von 1509 — 1520, die 
jahrlichen Ausgaben nur den Durchschnittsbetrag von ^ 255 
erreichten und dazu auch hochst wahr^cheinlich noch Gel- 
der verwandt wurden, die angeliehen waren, indem von 1513 
ab regelmassig Zahlungen fur Zinsen vorkommen, 



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29 „ 


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— 110 — 

Um inzwischen die Hohe der unscheinbaren Summe 
richtiger wurdigen zu konnen, sei versucht, einigermassen 
festzustellen , welchen Werth im Allgemeinen das Geld in 
jeuer Zeit hatte. 

Absolut unthunlich ist es, fur eine solche Berechntmg 
lediglich die Preise einzelner Gegenstande als Basis zu neh- 
men, denn einmal sind letztere zu mannigfach und von zu 
schwankender Giite, dann aber aueh haben sie fast alle einen 
sehr ungleichen Gebrauchswerth, der sich zudem durch das 
Entstehen neuer Artikel fortwahrend andert. Besonders ge- 
eignet fur den Zweck ist dagegen der Verdienst des gewohn- 
lichen Tagelohners. Die Arbeit desselben ist eine Leistung, 
welche sich nicht allein mehr oder weniger immer gleich 
bleibt, sondern die auch, abgesehen von unbedeutenden 
Schwankungen, stets in annahernd gleichem Verhaltniss ho- 
norirt wird, indem die Gegenleistung fast immer so bemesseD 
ist, dass sie gerade ausreicht, die nothwendigsten Lebens- 
bediirfhisse einer Arbeiterfamilie damit zu bestreiten. Aller- 
dings ist nicht zu verkennen, dass der Arbeiter jetzt besser 
lebt, dass er mehr Annehmlichkeiten hat als vor mehreren 
hundert Jahren, indessen diirfte diese giinstigere Situation 
weniger auf eine hohere Gegenleistung, also auf eine Werth- 
steigerung der Arbeit, als vielmehr darauf zuruckzufuhren 
sein, dass iiberhaupt die Lebensgeniisse vielseitiger geworden 
sind. Dem fruher nicht gekannten Genuss von Taback, 
Caffee, Thee etc. steht die heut zu Tage gebotene Ein- 
schrankung in Bezug auf Fleischnahrung gegentiber. 

Die Annahme, dass der fruhere Tagelohn ungefahr den- 
selben inneren Werth hatte wie der gegenwartige, wird im 
Ganzen richtig sein und demnach auch die Folgerung, dass 
in demselben Umfange als der Lohn hoher geworden ist, 
sich auch die Lebensbediirfnisse werden vertheuert haben, 
oder mit anderen Worten: eine Entwerthung des Geldes 
wird eingetreten sein. 



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— Ill — 

Der einfache Tagelohn war nun, wie aus den Buchungen 
in Betreff eines Baues, den die Stadt im Jahre 1505 aus- 
fiihren Hess, hervorgeht, etwa 4 Krumstert. Rechnet man 
dagegen, dass derselbe gegenwartig etwa 25 $* betragt, so 
ergiebt eine Vergleichung, dass der heutige Lohn den fruher 
gezahlten ungefahr um das Fiinfundzwanzigfache tibersteigt, 
und folglich nach obiger Annahme, dass der Geldwerth um 
so viel gesunken 1st. 

Dieses Werthverhaltniss indess auf die Preise einzelner 
Gegenstande angewandt, liefert naturlich sehr abweichende 
Resultate, wie einige Beispiele des Nahern ergeben mogen. 

Der Drost Beninga berichtet vom Jahre 1545 iiber 
theuere Zeiten und bemerkt u. A., dass ein paar Ochsen 
mit 35 — 40 Gl. bezahlt wiirden, die man sonst fiir 20 Gl. 
zu kaufen pflege. Die angedeutete billigere Zeit wird nun 
schwerlich weiter als ein Menschenalter zuriick gelegen 
haben und man somit unbedingt annehmen diirfen, dass der 
Durchschnittspreis eines Ochsen beim Beginn des 16. Jahr- 
hunderts hochstens 10 Gl. gewesen ist. Nach vorerwahnter 
Berechnung sirid inzwischen 10 Gl. = 3 ^ 21 ^ oder 
X 25 = 92 1 /, $fa y eine Summe, welche heute entschieden nicht 
reicht ein Thier wie angegeben zu kaufen. Mindestens 
wiirde das 30 — 35fache zu rechnen sein. 

Eine Tonne gewohnliches Bier, was in jener Zeit, als 
man weder Thee noch Caffee kannte, ein ausserordentlich 
wichtiger Verbrauchsartikel war, kostete 26 Krumst. = 6 1 / t ^r. 
oder X 25 = 5 ^ 12V a $/:. Eine Tonne Bier, vermuth- 
lich ahnlicher Qualitat, wie es jetzt noch auf einzelnen 
Dorfern gebraut wird, wird gegenwartig mit 4V a — ^*U tf* 
bezahlt. Hierbei wiirde also das 21fache schon geniigen. — 
Eine Schiffsladung Torf zum Gebrauche auf dem Rathhause 
kostete gewohnlich 10 Arens Gl. = 1 $fa 7 1 /* $* oder 
X 25 ^ = 31 ^ 7 1 /, $*. Der Torf kam von der Oberems 
aus dem Saterlande, und ist mit Rucksicht auf die Entfer- 
nung zu vermuthen, dass eine Ladung mindestens 2 Last 



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— 112 - 

enthalten habe. Rechnet man 2 Last, und zwar mittlerer 
Qualitiit, so wird das 25fache ungefahr mit dem jetzigen 
Preise ubereinstimmen. Das Quantum kann aber sehr wohl 
auch etwas grosser gewesen sein, so dass bei Torf mehr 
als das 25fache zu rechnen ist. — Fiir 4000 Mauersteine 
von Ditzum zahlte die Stadt pr. 1000 Stuck 67, Ars Gl. 
= 24 s / 8 fyr. oder X 25 = 20 fy 9 #*• Nimmt man dagegen 
an, dass jetzt etwa 10 $fa der Durchschnittspreis ist, so er- 
giebt sich, dass Steine nur urn das 12fache gestiegen 
sind. — Zwei Muhlenfliigel wurden angekauft pr. Stuck fiir 
3 Gl. rhn. = 1 # oder X 25 = 25 #. Ein Muhlenfliigel klein- 
ster Dimension wird heute kaum fur 50 ^., also das 50fache, 
anzuschaffen sein. -r- Fiir das Anfertigen eines Schliisseis 
stehen verausgabt 6 Schaf = 77a $* °& er X 25 = 6 $ 
77a $*• Selbstverstandlich entzieht es sich der Beurthei- 
lung, was man heute fur jenen Schliissel hatte zahlen miissen; 
immerhin scheint es aber, dass Schlosserarbeit nicht um das 
25fache theurer geworden ist. — Fiir eine Scheibe in ginem 
Glasschrank (Buddelee) wurde bezahlt 7 Schaf = 8 3 / 4 %* oder 
X 25 = 7 $fa 8 8 / 4 <$*. Heute kann man Scheiben, wie sie 
in den alten Glasschranken gebrauchlich waren, fiir 10 — 12 $c 
und vielleicht auch noch billiger kaufen. Gegeniiber diesem 
Artikel diirfte mithin iiberall kaum eine Entwerthung des 
Geldes eingetreten sein. 

Leider fehlt es an geeignetem Material, die Probe noch 
weiter zu fuhren. Besonders auch ist es unthunlieh, eine 
zutreffende Berechnung zu machen, wie das Hauptnahrungs- 
mittel Getreide sich zu dem Werthsatze verhalt, indem der 
fruhere Durchschnittswerth sich auch nicht einmal annahernd 
constatiren lasst. Aus dem Angefiihrten diirfte indess so 
viel schon hervorgehen, dass, wer das Verhaltniss von 1:25 
annimmt, nicht sehr weit fehl gehen wird. 

Die Gleichung nunmehr auf vorerwahnte Jahresein- 
nahme angewandt, ergiebt 167 # 19 $r X 25 = 4190 % 
25 $*, eine Summe, welche ausserordentlich klein erscheint 



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— 113 — 

und schwer in Einklang zu bringen ist mit den Eingangs 
beregten Momenten. Die ganzen Zustande waren jedoch 
noch so himmelweit verschieden von denen der Jetztzeit, 
dass aus den Zahlen, im Vergleich mit der Gegenwart, 
keineswegs zutreffende Schliisse zu ziehen sind. 

Das vorhandene zweitalteste Recbnungsbeft entbalt so- 
dann in etwa 500 Posten die Ausgaben der Jahre 1505 und 
1506, von denen sich die des ersteren etwa folgendermassen 
vertheilen : 

Besoldungen 5 ^ 25 $* 

Verzehrungen 10 „ 12 „ 

Militaria 10 „ 21 „ 

Bauwesen 239 „ 29 „ 

Diverse 11 „ 12 „ 



278 fy 9 9fc 



Ausserordentlicb tLberraschend ist dabei denn zunachst 
der verhaltnissmassig winzige Betrag der ersten Position. 
In der That gab es aber nur 3 oder hochstens 5 Personen, 
welche eine feste Besoldung bezogen, namlich: 1 Stadt- 
schreiber und 2 Stadtknechte und vielleicht auch noch 
1 Baumeister und 1 Geschtitzmeister (bus sens chut t); 
Zahlungen an die beiden Letzteren stehen nicht naher be- 
zeichnet. Die Besoldungen waren aber auch noch keines- 
wegs so bemessen, dass die Betreffenden davon leben 
konnten;. denn der Stadtschreiber bekam ausser freier Woh- 
nung in einem Thorhause 6 Gulden rhn. = 2 fty* oder nach 
heutigem Geldwerthe X 25 = 50 «^, und jeder der Stadt- 
knechte ausser einem Anzuge 12 Arens Gl. = 1 Sffa 15 fyr. 
oder X 25 = 37 1 /* $fa Das zu ihrem Unterhalt Fehlende 
wird aus extraordinairen Einkiinften geflossen sein. 

BtLrgermeister und Rath waren noch lediglich auf un- 
bestimmte Einnahmen angewiesen. Freilich werden diese 
so ganz unbedeutend nicht gewesen sein, denn ausser Straf- 
geldern und Gebtihren bezogen sie das ganze Burgergewinn- 

8 



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— 114 — 

geld und solches wurde beispielsweise in den 6 Jahren von 
1515— 1520 von etwa 300 Personen mit 3 — 6 Arens Gulden 
bezahlt. Direct aus dem Stadtsackel bekamen die Herren 
drei Mai im Jahre, Ostern, Pfingsten und Weihnachten, eine 
Kemuneration von im Ganzen 1 Gl. rhn., welche Zahlung 
in den Rechnungen bald als Opfergeld, bald als Weingeld, 
bald als Trinkgeld gebucht steht. Neben ihren amtHchen 
Obliegenheiten betrieben sie (ibrigens auch ein Gewerbe, 
wie aus nachfolgenden Posten unzweifelhaft hervorgeht: 

Item gheuen gherde van gheltren borgmester VJH 
Ars. Gl. vnd 1 dt. voir allerleye Dyngen als ysen vnd 
basten tow daer ghehaeld is. 

Item ghegeuen Eddo borgmester LX ryns Gl. voir 
1 schyp vul holtes, dat Habbo borgmester coerdt Kre- 
mer vnd de bowmester van em hebben ghekoft. 

Hiernach ist Geerd van Geltren, Biirgermeister von 
1474—1505, Eisenwaarenhandler, und Eddo Uffena, Biirger- 
meister von 1504 — 1521, Holzrandler gewesen, 

Im Gegensatz zur ersten Position uberrascht die zweite 
durch die relative Hohe der Ausgabe, betragt solche doch 
fast das Doppelte von dem, was fur Besoldungen aufge- 
wendet wurde. Nach damaliger Sitte wurde aber fast keine 
Handlung von irgend welcher Bedeutung ohne einen Trunk 
Bier vorgenommen. Bier ward getrunken bei der Ver- 
pachtung der Zolle, bei der Eidesleistung des Paehters, bei 
der Zahlung des Pachtgeldes etc. Ferner schenkte man 
Bier und reichte Aepfel und Niisse dazu, wenn der Graf 
oder dessen Sonne auf s Eathhaus kamen. Posten wie die 
folgenden wiederholen sich viele Jahre hindurch: 

Item noch vtgheuen II Ars. Gl. voir beer vnd ap- 

pelen doe vnse gnedighe Junker vpt Raethues was. 
Item gheuen IIII ryns GL voir II tone beers doe 

vnse g. H. vpt Raethues was vnd van Awerk quam, 

noch 1 ryns Gl. voir appelen vnd noten t 



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— 115 — 

Item gheuen VII Krs. voir appelen vnd peren doe 

vnse gnedighe heer vpt Eaethues was vnd victors louel- 

beer was. 

Der ganze Schwerpunkt der stadtischen Ausgaben lag 
aber augenscheinlich im Bauwesen. Von der Gesammtaus- 
gabe zum Betrage von 6950 Ofy. nach heutigem Geldwerthe 
warden allein 6000 $fa fiir bauliche Zwecke verwandt, deren 
Ausgangspunkt allerdings wohl meistens die Vertheidigung 
gewesen sein wird. An grosseren Bauten wurden in dem 
Jahre ausgefuhrt: das Faldernthor und ein neuer Thurm 
anf dem Wall. 

Von einzelnen Ausgabeposten, diejahrlich wiederkehren, 
ist vor alien Dingen der folgende bemerkenswerth, weil sich 
einigermassen daraus schliessen lasst, wie es damals noch 
mit der communalen Selbststandigkeit bestellt gewesen ist: 

Item XX Ryns Gl. vp dach martini des auendes 
to sethghelde de waeghe to verhiiren, eene tune beers 
to Wynkop, den drosten vnd borgknechten oir ghe- 
woenlike drynkgheld. 

Gelegentlich der Verpachtung der Waage bezw. der 
Zolle bekamen also der Drost und die grafliche Diener- 
schaft ein Geschenk aus der Stadtcasse. Offenbar hatte 
eine solche Vergiitung aber nur Sinn im Fall die Handlung 
auf der Burg vorgenommen wurde, und dass dies derin auch 
wirklich zu geschehen pflegte, wird man unbedingt anneh- 
men diirfen. Unterlag jedoch eine so rein stadtische An- 
gelegenheit noch ganz der Behandlung graflicher Beamte, 
so kann die Selbststandigkeit der Commune noch nicht be- 
deutend gewesen sein. Im Einklange damit steht ubrigens 
auch ein anderer Umstand, namlich dass die Rechnungs- 
legung der Biirgermeister stattfand, ohne dass die Biirger- 
schaft direct oder indirect dabei vertreten war. Ein ziem- 
lich ausfuhrlich gehaltenes Protocoll vom Jahre 1493 lautet 
folgendermassen : 



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— 116 — 

Anno dree vnde negentig am auende der hilgen 
dreier Konige in jegenwordigheit der Edellen vnd wol- 
gebornen Herrn Edzard vnde Junker Ucken grawe to 
oestvreesland, orer gnaden amptmanne, landrichter vnde 
secretario hebben de Ersamen borgraesters vnde by- 
wesende Weythet Ubben, Reymeth Ubben, Joban Al- 
bers, Habbe Eeben, yrven nanne, Lambert van Lingen 
vnde Liideke Schroder, borgere over gnaden stad Em- 
den, van alien opkomingen, tollen vnd renthen der 
sulven stad ouergerekent, ok gelyken mathe oere vth- 
gave, do sulves eyn jegen dat andere afgerekent, dat 
genslyken do vorlikent, also dat de borgmesters boven 
alle vthgave der stad to niitte vnd besten ouerich in 
yerwaringe by ore beholden vifftehalf hundert lichte 
Arnsche Gulden. 

Die neben den Biirgermeistern genannten sieben Per- 
sonen waren vielleicht als Rathmanner oder Handwerker 
bei der Rechnung betheiligt. Einer, gleichen Namens wie 
der zuletzt genannte Liideke Schroder, kommt etliche Jahre 
spater als Baumeister vor. 

Soweit es sich ermitteln lasst, geschah die Rechnungs- 
legung ziemlich regelmassig alljahrlich. Auffallender Weise 
hort aber mit dem Jahre 1509 die Regelmassigkeit auf. 
Die nachste Abrechnung fand erst 11 Jahre spater, 1520, 
und die dann folgende 5 Jahre spater, 1525, statt. Nach 
1525 ist aber tLberall nicht mehr die Rede davon, bis Ende 
der vierziger Jahre ein besoldeter Rechnungsfiihrer ange- 
stellt wurde. Zudem fallt die Rechnungslegung im Jahre 1520 
mit dem bald darauf erfolgten Ableben des Biirgermeisters 
Eddo Uffena und die im Jahre 1525 mit dem Abgange des 
Biirgermeisters Uco Goldschmidt zusammen, so dass also 
moglicherweise auch noch beide Male lediglich durch einen 
Personenwechsel in der Cassenfuhrung veranlasst sind. 

Die Aufzeichnung iiber den Thatbestand der Rechnungs- 
legung im Jahre 1520 lautet wie folgt: 



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— 117 — 

Anno MCCCCC twyntig altera valentinihebbenEddo 
vnd Habbo borgmesters der stad embden van alien 
ynkomsten der stad wat der sunt der iaetsten Rekens- 

kup anno nono vp pauli gescheen vntfangen 

vnd vthgegeven ys, de reste der laetsten rekenynge 
voir vntfangst mede angerekent, daer van dat vntfangst 
was negendehalf dusent XVIII ryns Gl. iiij krst 

Hyrtegens wedervtgegeuenachte dusent CCCCXXI 
ryns Guld 1 ort mynd, dessen beyde sommen vorlyket Re- 
steert der stad LXXXXVII ryns Gld. 1 Oort 

In bywesent mynes Wilhelmi Ubben canzlers, me- 
ster Hynreck borgschriver, bernardy ten trorap, Hyn- 
rick muntemesters, Uk goltsmid vnde ander des rades 
to embden vnde borgern. 

Man merkt sofort, dass sieh die Verhaltnisse seit 1493 
wesentlich anders gestaltet hatten. Nicht mehr vor dem 
Grafen personlich, sondern nur im Beisein des Canzlers 
und des Burgschreibers, und nicht mehr hinter verschlosse- 
nen Thiiren, sondern offentlich in Gegenwart von Burgern 
wurde die Handlung vorgenommen. 

Die Ursache dieser Vorgange beim Cassenwesen lasst 
sich nun kaum anders erklaren, als dass unbewusst ein 
Act der Entwickelung zur weiteren communalen Selbststan- 
digkeit vor sich ging. Das Gemeinwesen hatte sich all- 
ihahlich zu einem Korper gestaltet mit eigenen vermogens- 
rechtlichen Beziehungen, deren Wahrung nunmehr fast ganz 
Biirgermeister und Rath iiberlassen wurde. Der Graf horte 
auf, eine Verwaltung als Gutsherr zu iiben, wie er sie vom 
Vater gewohnt war und wie das Protokoll von 1493 sie 
noch bekundet. Der Sohn des grossen Grundbesitzers, des 
ehemaligen Hauptlings Ulrich, nahm mehr den Charakter 
eines regierenden Fiirsten an. 

Eine geordnete Controle seitens der Biirgerschaft hatte 
sich inzwischen noch nicht ausgebildet. Man war es noch 
nicht gewohnt, in der Gesammtheit Eigenthum zu besitzen, 



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- 118 — 

tiber dessen Verwendung ausser dem Grafen irgend Jemand 
ein formelles Recht liatte zu bestimmen. Der Zoll wurde 
noch angesehen als ein grafliches Privilegium, wie Be- 
ninga in seiner. Chronik ausdriicklich bekundet, und dem- 
gemass auch wurde derselbe, wie bereits erwahnt, nicht 
durch die Burgermeister auf dem Rathhause, sondern auf 
der Burg durch den graflichen Drosten verpachtet. In 
Burgermeister und Rath erblickte man noch kaum etwas 
anderes, als vom Grafen bestellte und formell nur ihm ver- 
antwortliche Richter. 

Andererseits waren aber auch die Verhaltnisse fur eine 
geordnete Oberbehorde noch nicht geschaffen, wenn auch 
in der Stellung des Drosten der Grund dazu gelegt war. 
Der Graf stand mit den Biirgermeistern in einem so regen 
directen Verkehr, dass sich fur Mittelspersonen eigentlich 
noch kein Raum bot. War der Graf in der Stadt, so kam 
er ofter aufs Rathhaus, wie aus den Zahlungen fur Bier 
hervorgeht, oder war er abwesend auf einer seiner Be- 
sitzungen oder auf einem Kriegszuge, so reiste ab und an 
einer der Burgermeister zu ihm, wie die verausgabten Reise- 
kosten ergeben. Auch bei wichtigen allgemeinen Landes- 
angelegenheiten wurden die Burgermeister haufig mit zuge- 
zogen. — Ein auf Reisekosten beziiglicher Posten sei der 
originellen Beigabe wegen hier wortlich mitgetheilt: 

Item Eddo b. sunt meede to therghelde gedaen V 
philips II Hornken Guld vnd II groninger knapp- 
kocken do he mytten marscalk vnd den canzler nae 
Amsterd to daghe reysde tegen de van Enkhuysen. 

Ungeachtet der mangelhaften Controle blieb aber den- 
noch wiihrend der ganzen Regierungsperiode Edzards die 
Verwaltung ausserst einfach und sparsam. Die Ausgaben 
des Jahres 1525 sind nicht hoher als der Durchschnitt einer 
Reihe vorhergehender Jahre, trotz der fortgeschrittenen 
Entwerthung des Geldes und der erhohten Anspruche fur 



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— 119 — 

Besoldungen. Ueber die einzelnen Positionen vertheilt 
stellen sich dieselben ungefahr wie folgt: 

Besoldungen und Rem. 21 fy 21 $* 

Verzelirungen 24 „ 26 „ 

Militaria 7 „ 20 „ 

Bauwesen 165 „ 3 „ 

Diverse 16 „ 23 „ 

Zinsen . 18 ,, 12 „ 

254 # 15 %* 
Die Zahl der Personen, welche eine feste Besoldung 
bezogen, war auf neun angewachsen, namlich: 1 Stadt- 
schreiber, 3 Stadtknechte, 1 Baumeister, 1 Geschiitzmeister, 
1 Scharfrichter, 1 Trommler, 1 Kiister. 

Die Besoldung des Stadtschreibers war seit dem Jahre 
1505 von 6 auf 10 rhn. Gulden und die der Stadtknechte 
von 12 auf 20 Arens Gulden gestiegen. — Nebenbei ubri- 
gens sei erwahnt, dass in den Jahren 1509 und 1510 auch ein 
Jahrgehalt an einen Doctor, Namens Lambert, bezahlt wurde. 
Mit dem Tode Edzard's ist dann aber unverkennbar 
ein anderer Geist in die Verwaltung gekommen. Die alte 
Geniigsamkeit horte auf; die btirgerlich frugale Lebensweise 
wurde mit ihm zu Grabe getragen. Als Belag dafur sei 
u. a. nur eine Ausgabe angefuhrt, welche von 1510 ab 
wahrend einer langen Reihe von Jahren regelmassig wieder- 
kehrt. Von der Zeitan wurde namlich jahrlich zur Fast- 
nachtzeit fur stadtische Rechmlng auf dem Rathhause ein 
Fest veranstaltet, woran auch der Graf regelmassig Theil 
nahm. So lange Edzard lebte, wurden bei der Gelegenheit 
dann 10—12 Tonnen Bier verzehrt und etwas Aepfel und 
Nxisse. Unter Enno nimmt die Feier dagegen sofort ganz 
andere Dimensionen an. Ausser Bier wurde auch Wein 
und Rum geschenkt, und statt einfach Aepfel und Niisse 
gab es Banket, Lachs (?) (las), Kuchen, Rosinen, Feigen etc. 
1530, also im zweiten Jahre nach Edzard's Tode, dauerte 
das Fest vier Tage. 



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— 120 — 

Natiirlich steigern sich die jahrlichen Ausgaben denn 
auch bald ganz erheblich, und zwar noch um so mehr, als 
auch fur Kriegszwecke, namentlich fur Ausriistung von 
Schiffen, grossere Aufwendungen gemacht wurden. Dass 
indes8 unter solchen Umstanden die seitherige Cassen- 
verwaltung sich auf die Dauer ungentigend erweisen musste, 
ist leicht erklarlich, und merkt man es denn auch den 
Rechnungen an, dass die alte Ordnung allmahlich abhanden 
kam. Posten verschiedener Jahre stehen oftmals durch- 
einander gebucht und scheinen mitunter auch erst nach- 
traglich eingetragen zu sein. Leider fehlen von 1539 an 
die Hefte mehrerer Jahre, so dass sich der weitere Verlauf 
der Cassenverhaltnisse nicht zusammenhangend verfolgen 
lasst. In dem zunachst vorhandenen, welches mit dem 
Jahre 1548 beginnt, findet sich dann aber folgende Notiz: 
Als borgmester vnde Rath swack gewesen vnd 
geen vpsicht van den Axys ock der gebouw hebben 
konden vnd den Arbeitsluden oder de sonst mit der 
stad mochten te doen hebben mit der betalinge nicht 
allwege gewerden syn konnen is mith medewetent u. g. 
F. Johann Witte tho een penningmester verordent, de 
de Axys vntvangen vnd thor Stadt beste vor mateiialen 
Arbeitsl. vnd anders in deese twee Jaer 48, 49 lueth 
syn rekening de wy van em genomen darvan vthgege- 
ven f. 2378. — 

Augenscheinlich ist also schliesslich das Cassenwesen 
ziemlich in Unordnung gewesen, wenn nicht gar die ganze 
Verwaltung iiberhaupt, wie aus der Polizeiordnung der 
Grafin Anna fast zu schliessen ist — Die alte Form genugte 
nicht mehr; die Stadt war den kleinbiirgerlichen Verhalt- 
nissen der Hauptlingszeit entwachsen. 



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Die Grosse Kirche in Emden und ihre 
historischen Merkwtirdigkeiten. 

Von Kirchenrath Victor in Emden. 

Auf den Gemalden, welche das alte Emden von der 
Wasserseite darstellen, hat die Stadt ein Aussehen, das von 
dem heutigen wesentlich verschieden ist. Die Grosse Kirche 
mit dem hervorragenden alten Thurm und das nahe Schloss, 
der uralte Sitz der Hauptlinge und Grafen, bilden in der 
stidwestlichen Ecke eine schone architectonische Gruppe, 
deren einzelne Bestandtheile harmonisch zusammenpassen. 
Von der Burg ist heut zu Tage nichts mehr zu sehen und 
statt des alten schwerfalligen Kirchthurms, der die Spuren 
der an ihm voriibergegangenen Jahrhunderte sichtbar an 
sich tru|j, erhebt sich jetzt der neue schlank und hoch 
gebaute. 

Die Kirche aber steht noch in derselben aussern Ge- 
stalt vor unseren Augen, welche sie vor mehr als vier Jahr- 
hunderten durch den letzten Ausbau des Grafen Ulrich I. 
erhielt. Vor der Reformation trug sie die Namen ihrer 
Schutzheiligen Cosmas und Damianus. Wie aber in Emden 
die Namen der Strassen, Kirchen, Thore etc. nicht wie in 
manchen anderen Stadten an vormalige Heilige erinnern, 
sondern einfach von ihrer Lage, von ihrem Alter oder son- 
stigen Umstanden herruhren, so ist auch diese Kirche heut 
zu Tage nur als die Grosse bekannt, weil sie sich, als die 



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— 122 - 

umfangreichste darstellt, und keine ihrer nachgebornen 
Schwestern so viele Menschen in sich aufnehmen kann, als 
sie. Meder berichtet unter Anderen, dass er bei der dritten 
Sacularfeier der Eeformation am 31. October 1817 „een 
ontzettend groot aantal van misschien omtrent 4000 toe- 
hoorders" als Festgenossen um sich versammelt gesehen 
habe. Wenn wir nun auch geneigt sind, mit Betonung des 
„misschien omtrent" ein voiles Tausend abzuziehen, so kann 
doch immerhin eine Kirche, die 3000 Zuhorer fasst, mit 
Recht eine grosse heissen. Ueber den Anfang und die 
ersten Jahrhunderte dieses Gebaudes bestehen keine ur- 
kundliche glaubwurdige Nachrichten. Wir miissen uns mit 
einigen Traditionen und mit den Resultaten der Nachfor- 
scbung begnugen, welche Sachverstandige an Ort und Stelle 
angestellt haben. Letzteren zufolge soil der alteste Tbeil 
der Kirche an dem Westgiebel noch sichtbar zu erkennen 
sein: — eine kl eine Kirche, dem Bedurfhisse des urspning- 
lichen Fischerdorfes angemessen, erhebt sich vor unserem 
Geiste, hart am Ufer der Ems, ein langliches Viereck, dessen 
Lange und Breite innerhalb der jetzt in der Kirche sich 
erhebenden Pfeiler, die das Mittelschiff begrenzen, zu suchen 
ist. Diese vielleicht schon im 11. Jahrhundert gestiftete 
Kirche wurde nun allmahlich nach Bedurfhiss vergrossert, 
wie Rudolphi im Trifolium aureum schreibt: „alse awerst de 
Karke wider un breeder gemaket, sind in de Stede van de 
Sydelmuren de ronde pilaren gemaket." D[ie Lange blieb 
dieselbe, in der Breite aber wurden die beiden Seitenschiffe 
in je vier Abdachungen dem Mittelschiffe angebaut, zuerst 
vielleicht im ostlichen Theil, wodurch eine Kreuzesform 
entstand, dann aber in der ganzen Lange, so dass die Grund- 
form nunmehr beinahe die Gestalt eines vollen Quadrats 
erhielt Solches geschah im 13. und 14. Jahrhundert, wie 
man aus der Spitzbogenform der Fenster und den ausser- 
lich angebrachten Strebepfeilern zu beweisen sucht. Die 
so vergrosserte Kirche ist wahrscheinlich das Werk der 



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^ooglii 



— 123 — 

Abdena's, in deren die Burg bewohnenden Familie die 
hochsten weltlichen und kirchlichen WiLrden erblich wurden, 
Hisko Abdena vereinigte nach dem Falle seines Oheims 
Campo die dreifache Wiirde des Hauptlings, Drosten und 
Probsten in seiner Person von 1388 — 1429. Ueber 40 Jahre 
stand er an der Spitze der Stadt, tfnd wenn er nur Ruhe 
fand in diesen fehdereichen Zeiten, wusste erjede Gelegen- 
lieit zu benutzen, die Stadt zu vergrosserh und zu befestigen. 
Ob nun Hisko oder einer seiner Vater sich am den Aus- 
bau der Kirche verdient gemacht hat, wissen wir nicht, ge- 
wiss aber ist, dass das Familien- Wappen der Abdena's 
— ein springender Lowe — fruher iiber dem westlichen 
nach der Burg hin gewandten Eingangsthore der Kirche 
angebracht war. (Vgl. Wiarda, Ostfr. Gesch. Th. II. p. 49.) 

Ulrich Cirksena, der erste Graf von Ostfriesland, hat 
endlich unsere Kirche durch Ausbau an der Ostseite in ihre 
heutige Form gebracht. Ihm verdanken wir die drei neben 
einander liegenden, durch starke Wande von einander ge- 
trennten, jede mit besonderer Bedachung versehenen Ab- 
theilungen, welche jetzt unter den Namen Trauchor, Abend- 
mahlschor und Furstengruft bekannt sind und sowohl in 
baulicher als monumentaler Hinsicht das altehrwurdige Ge- 
baude am meisten zieren. Dieser Bau wurde nach Beninga's 
Chronik im Jahre 1455 ausgefuhrt. 

Es liegt auf der Hand, dass bei einem so entstandenen 
Gebaude von einem Baustyle des Ganzen nicht die Rede 
sein kann. Jeder hat nach seinem Geschmacke gebaut und 
verandert, und der Geschmack war mitunter ausserst man- 
gelhaft. Namentlich gilt Letzteres von manchen baulichen 
Veranderungen, welche den letztverflossenen Jahrhunderten 
angehoren, z. B. von den modernisirten Fenstern, den An- 
gebauden fiir Brenn- und Baumaterialien etc. 

Eine Zierde der Kirche ist das Eingangsthor am 
ostlichen Ende, aus dem Jahre 1660. Die damaligen Dia- 
konen der Fremdlingen-Armen haben damit ein Denkmal 



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— 124 — 

der Dankbarkeit errichtet fur die Auftiahme und Rettung, 
welche ihre Vater etwa 100 Jahre friiher in Emden gefiin- 
den hatten. War doch Emden in den Zeiten der blutigen 
Maria von England und des grausamen Philipp von Spanien 
fur Tausende, welche wegen ihres evangelischen Glaubens. 
verfolgt und vertrieben waren, eine Zuflucht gewesen. Ein 
tiber der Eingangsthiir hervorragendes Medaillon enthalt 
das Bild des Schiffleins Christi mit der Umschrift: Gods 
Kerk, vervolgd verdreven, heeft God bier rust 
gegeven. 

Die Treppenthure, welche der eben erwahnten 
gegeniiber aus dem Portale nach oben fiihrt, ist ebenfalls 
mit einer Verzierung gekront, die wir nicht unbeachtet 
lassen. Zwei Lowen halten ein Schild, auf welchem das- 
selbe Bild, wie auf dem Kirchensiegel der hiesigen refor- 
rairten Gemeinde mit derselben echt evangelischen Umschrift 
gesehen wird : nur fehlen auf diesem Holzbilde die auf dem 
Kirchensiegel an den beiden Seiten des Bildes stehenden 
Buchstaben, deren Deutung schon Manchem sehr viel Kopf- 
brechens gekostet hat. 

Die Treppe fiihrt nach dem Konsistorienzimmer, einem 
ger&umigen Locale, wo von Altersher das Presbyteriuro, 
die Diakonie, sowie sonstige kirchliche Corporationen der 
reformirten Gemeinde sich versammelten und wo Alles, 
z. B. die zur halben Hohe hiibsch getafelten Wllnde nw^ 
den colossalen Mantelstocken, der lange Tisch von Eichen- 
holz mit der Jahreszahl 1628, die gepolsterten Stiihle und 
namentlich der massive Prasidentenstuhl, dessen Rucklebne 
mit ihren Holzschnittverzierungen weit iiber den Kopf des 
Prasidenten hervorragt, harmonisch zusammengepasst und in 
dem antiken Stile uns entgegentritt, bei welchem Gediegen- 
heit und Aechtheit mehr gelten als Bequemlichkeit. In der 
oberen Halfte der Wande sind grosse Oelgemalde in dicken 
Rahmen angebracht, grosstentheils Portraits von Mannern, 
die sich urn die hiesige reformirte Gemeinde verdient gc- 



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— 125 — 

macht, z. B. aus dem Reformations-Jahrhundert a Lasco, 
Hardenberg, Menso Alting, aus neuerer Zeit Senator Claas 
Tholen. Namentlich verdient als Kunstwerk das grosste 
der Bilder Beachtung, eine sogenannte Regententafel der 
haussitzenden Diakonie, auf welcher sammtliche acht Haupt- 
Diakonen des Jahres 1662 mit dem prasidirenden Prediger 
in Lebensgrosse von dem Emder Maler Sanders mit kunst- 
gerechter Meisterschaft gemalt sind. *Auch von dem Emder 
Rathsherrn, dem Baumeister der neuen Kirche, Martin Faber, 
werden bier zwei grossere Gemalde, deren eines die Ein- 
setzung des Diakonissenamtes nach Act. 6 darstellt, auf- 
bewahrt, sowie das Bild des Junkers Meijerhoff, des be- 
kannten Wohlthaters der Armen in Emden und in anderen 
Orten, gestorben 1662. 

Ueber dem Consistorienzimmer eine Treppe hdher be- 
flndet sicb in einem geraumigen Saale die werthvolle Biblio- 
thek mit ibren 7000 — 8000 Biichern, von denen mancbe zu 
den seltenen gehoren; das Archiv der Kirche und der 
kirchlichen Corporationen und ein Behiiltniss ftir die Vasa 
Sacra. Diese Merkwurdigkeiten naher zu beschreiben, 
wiirde uns indessen zu lange und zu weit von dem eigent- 
lichen Gegenstande unserer Betrachtung abhalten. Wir 
lassen diese Schatze hier unberuhrt und steigen die Treppe 
wieder hinunter, treten nun aber aus dem Portale in die 
Kirche und zwar in das sogenannte Abendmahlschor. 

Hier stand in der katholischen Zeit der Hauptaltar vor 
der sechseckigen in der ostlichen Kirchenmauer ausgebauten 
Absis. Von diesem aber ist heutzutage eben so wenig, wie 
von den iibrigen Altaren im Schiffe der Kirche etwas zu 
sehen. Die Reformation hat hier wie anderwarts und viel- 
leicht mehr als anderwarts alles, was dem Romischen Cul- 
tus eigen war, entfernt. Wir sehen jetzt nur die an den 
reformirten Gotteshausern oft getadelten, von den Refor- 
xnirten selbst aber gepriesenen kahlen Wande, und wer weiss, 
ob unter der weissen Ttinche nicht noch werthvolle Frescg- 



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— 126 — 

gemalde und historische Notizen verborgen sind. Die Seiten- 
wande sind durch hfibsche im reichsten Gothischen Stile von 
Sandstein urspriinglich gebildete Balustraden hergestellt. 
Die eine Seitenwand ist oben verziert mit den Ehrenfahnen, 
welche Emder Frauenhande. den heimkehrenden Kriegern 
in 1815 und 1871 widmeten. Die Holzdecke uber dem 
Abendmahls chore zeichnet sich vor der in den iibrigen 
Abtheilungen der Kirche dadurch aus, dass sie mit grosserer 
Riindung durch starke, in verschiedenen Richtungen sich 
durchkreuzende Grathen wie ein Sterngewolbe gebildet ist. 
Der Fussboden ist ganz mit Leichensteinen bedeckt, die, 
wenn sie noch an ihrem urspriinglichen Orte liegen, fie 
sterblichen Reste mancher in der Geschichte Emdens be- 
ruhmter Manner decken, z. B. des Menso Alting, dem sein 
Freund Ubbo Emmius, damals (1612) in Groningen, die 
Grabschrift weihete. Unter den an den Wanden hangenden 
Denktafeln verdienen zwei unsere Aufmerksamkeit, die eine 
wegen ihres besonderen Kunstwerthes, die andere wegen 
der geschichtlichen Erinnerung. 

Die messingene Grabplatte des 1507 verstorbenen 
Magisters Hermann Wessel, eines der letzten Priester unse- 
rer Kirche, lag urspriinglich am Boden, wurde aber nach- 
her, um sie vor Fusstritten und weiteren Schadigungen 
zu bewahren, eingerahmt und an die Wand gehangi Die 
Gesellschaft fiir bildende Kunst und vaterlandische Alter- 
thiimer liess wohlgelungene Abklatschungen davon inachen 
und sandte diese u. a. an den Verein fiir Mecklenburgische 
Geschichte und Alterthumskunde in Schwerin, sowie an den 
Alterthumsverein in Freiberg. Beide Vereine haben die 
Platte ihrer ganzen Aufmerksamkeit gewurdigt, ersterer 
sie in seinen Jahrbiichern ausfiihrlich beschrieben, letzterer 
sie sogar photographiren lassen. Unter den auch ander- 
warts sich findenden Grabplatten, die durch schon gravirte 
Bildwerke die Kunst des deutschen Mittelalters veranschau- 
lichen 7 wird die unsrige als eine der ausgezeichnetsten 



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— 127 — 

.gepriesen und das Bildwerk auf derselben folgendermassen 
beschrieben: „Auf der 8V 4 Fuss langen, 4 l / a Fuss breiten, 
aus 8 Stiicken zusammengesetzten und 195 Pfund wiegenden 
Grabplatte Hermann WessePs im Chor der grossen Kirche 
zu Emden, stent unter einem reichen Baldachin, umgeben 
von einer Menge zierlicher Saulen mit einem prachtigen 
Tempelbau im Hintergrunde, die 4 Fuss hohe, edle Gestalt 
des Erlosers, die rechte Hand zum Segen erhebend, in der 
linken die Weltkugel haltend. In den Pfeilern stehen an 
beiden Seiten zwei kleinere Figuren untereinander , zur 
Kechten oben die Jungfrau Maria, unten H. Wessel im 
Priestergewande , zur Linken die Heiligen Cosmas und 
Damianus, Schutzpatrone der Stadt und Kirche. Oben in 
den Nischen des Tempels stehen nebeneinander die vier 
Kirchenvater : Gregorius, Hieronymus, Ambrosius und Augu- 
stinus. Im Giebel des Baldachins ein Wappenschild mit 
einer Lilie zwischen drei Sternen und zwei Rosen im 
Schildfuss." Die Umschrift am Rande der Platte besteht 
aus zwolf lateinischen Hexametern in gothischer Minuskel- 
schrift, die des verstorbenen Priesters Lob verkundigen und 
seine letztwillige Bestimmung erwahnen, dass nach seinem 
Tode wochentlich fur seine Seele eine Messe gefeiert 
werden und eine Lampe brennen solle und zwar per 
secula cuncta. Das war im Jahre 1507 — wenige Jahre 
spater war von Messen, ewigen Lampen u. s. w. in dieser 
Kirche nichts mehr zu sehen. Die Platte aber blieb und 
wird noch heute als ein seltenes Kunstwerk bewundert. 

Eine andere messingene Denktafel ziert die ostliche 
Wand des sogenannten Trauchors, zwar nicht so gross, aber 
nicht weniger schon gearbeitet als die eben erwahnte Grab- 
platte, und der Mann, dessen Andenken sie bewahrt, ist 
geschichtlich merkwiirdiger als der Emder Priester. Es ist 
Herzog Albert von Sachsen, der als Kind mit seinem Bru- 
der Ernst von dem Ritter Kunz von Kaufungen (1455) 
geraubt wurde, aber gliicklich entkam und der Stifter der 



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— 128 — 

Albertinischen Linie des sachsischen Regierhauses wurde. 
Die romantische Gescfyichte jenes Prinzenraubes aus dem 
Schlosse zu Altenburg ist allbekannt ; nur Wenige aber wer- 
den wis sen, dass sich hier in der Emder Kirche das Grab 
desselben Prinzen Albert befindet. Kaiser Maximilian hatte 
ihn, seinen bisherigen treuen und tapferen Heerfuhrer, zum 
kaiserlichen Erbstatthalter des westlichen Frieslands nebst 
Groningen ernannt (1498). Die Friesen aber lehnten sich 
gegen ihn auf und leisteten gegen solche sachsische Ober- 
hoheit tapferen Widerstand. Albert und sein Sohn Heinrich 
suchten Hiilfe bei dem Grafen von Ostfriesland, Edzard I. 
Die Hiilfe wurde gewahrt, weil auch Edzard Anspruche auf 
Groningen geltend machte. Bei der Belagerung Groningens 
erkrankte der Herzog und begab sich auf Anrathen des 
Grafen nach Emden, wo ihm die alte Mu'nze als Wohnung 
eingeraumt wurde. Dort endete er nach kurzer Frist sein 
sturmvolles Leben. Seine Leiche wurde balsamirt und nach 
Meissen in die Fiirstengruft des sachsischen Hauses ge- 
bracht, das Herz aber und die Eingeweide wurden hier 
begraben. Er starb am 12. September 1500. Die in der 
Wand befestigte Denkplatte enthalt oben das herzogliche 
Wappeii, rein und kunstvoll eingravirt, und darunter einige 
lateinische Verse, * in denen Albert's Ruhm verewigt wird, 
der aber mit der demtLthigen Ermahnung schliesst: „bedenke 
o Wanderer! wie elend das menschliche Geschlecht ist u 

Dem Andenken A. Hardenberg's, der namentlich in der 
Bremer Reformationsgeschichte eine bedeutende Rolle spielte 
und die letzten Jahre seines vielbewegten Lebens als Pre- 
diger in Emden zubrachte (f 1574), und des A. Scultetus, 
fruher Professor in Heidelberg, als Prediger hieselbst ge- 
storben 1624, sind noch zwei im Abendmahlchore hangende 
messingene Denktafeln gewidmet, erstere mit einem aus- 
fiihrlichen Carmen epitaphium des Bremer Rectors J. Molanus 
versehen. (Siehe Dr. B. Spiegel's Werk: Hardenberg, ein 
Xheologenleben aus der Reformationszeit, Bremen 1869, 



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— 129 — 

worin Seite 367 eine deutsche Uebersetzung dieser Grab- 
schrift zu lesen ist.) 

Das grafliche Mausoleum neben dem Abendmahl- 
chore verdient urn so mehr unsere ganze Aufmerksamkeit, 
als es nach dem Urtheile eines Sachverstandigen ein Kunst- 
werk ist, wie es schoner in Anordnung und Ausfuhrung 
wohl schwerlich gefunden wird. Die Grafin Anna Hess es 
zum Andenken ihres 1540 in der Bliithe seines Lebens ver- 
storbenen Gemahls, des Grafen Enno IL, errichten. In der 
Mitte der Halle erhebt sich ein Sarkophag aus Sandstein. 
Die darauf ruhende Figur des Grafen ist in voller Rtistung 
mit entblosstem Haupte, gefalteten H&nden und etwas auf- 
gerichtetem Oberkorper dargestellt, neben ihm sein Schwert, 
zu seinen Fiissen sein treuer Hund. Alles von Alabaster 
und von ausgezeichneter Arbeit. Das harte Eisen der Rti- 
stung, die Falten des Teppichs, auf dem die Figur ruht, 
der Hund mit seidenweichem Haar, alles ist mit grosser 
Kunst und Wahrheit dargestellt. Der Kopf des Grafen 
nebst Helm und Hauswappen, durch den Vandalismus frti- 
herer Zeiten sehr verstiimmelt, ist vor etlichen Jahren durch 
den Bildhauer Engelhard (jetzt Professor in Hannover) er- 
neuert und der ganze Sarkophag mit einem bedeutenden 
Kostenaufwande, wozu der damalige Konig Ernst August 
von Hannover einen erheblichen Beitrag lieferte, restaurirt 
worden. Einer ahnlichen Restauration bedurftig ist noch 
immer die westliche, das Mausoleum von der Kirche tren- 
nende Saulen-Galerie, in deren Mitte der Haupteingang 
sich befindet, ein Kunstwerk, das der alte Gnapheus in 
seinem Lobgedichte auf Emden so werthvoll hielt, dass er 
schworen mochte, ein zweiter Praxiteles sei der Bildhauer 
gewesen. Die Galerie ruht auf einem correct gearbeiteten 
Piedestal und besteht aus funf Abtheilungen , die durch 
mannliche und weibliche Figuren von sonderbarer, sehr 
kr&ftiger Gestalt getrennt werden. Diese Statuen tragen 
mit kleineren in einer Doppelreihe aufgestellten Saulen das 

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— 130 — 

schwere Gebalk. Auf dem Fries, dem Hauptgesimse, ist 
das Leichenbegangniss des Grafen mit grosser Genauigkeit 
dargestellt. Der Sarg auf der Todtenbahre, die Leidtra- 
genden zu Ross und zu Fuss, Schiller, Priester, Ritter, alle 
Figuren sirid so zierlich und getreu im Bilde wiedergege- 
ben, dass der aufmerksame Beschauer nicht ohne reichen 
Genuss von dannen geht. Dazwischen Guirlanden von 
Blumen und Friichten, Emblemen, Arabesken in reichster 
Verschiedenheit. Ueber dem Eingangsthore erhebt sich ein 
hoher Oberbau mit den Insignien des Grafenhauses, die 
durch zwei bewaffhete Krieger bewacht werden. 

Naeh Errichtung dieses Enno-Denkmals sind auch die 
Sarge der fruher verstorbenen Mitglieder des Ostfriesischen 
Regierhauses aus dem Kloster Marienthal bei Norden hieher 
gebracht worderi, so dass in dieser Graft die Gebeine der 
Cirksena'schen Familie von Ulrich I. an ruhen. Graf Johann 
aber, der jiingste Sohn Enno's II., -j- 1591, ist der letzte 
gewesen, der hier begraben wurde, indem sein Bruder Ed- 
zard II., sowie dessen Nachfolger, in Aurich ihre letzte 
Ruhe fanden. 

Hat die Grafin Anna sich durch Errichtung des Mau- 
soleums zugleich um die Verschonerung der Grossen Kirche 
verdient gemacht, so dtirfen wir hoffen, dass die heutige 
hohe Landesregierung sich dieses drei Jahrhunderte alten 
Denkmals ihrer Vorganger annehmen und namentlich die 
mit nicht geringen Kosten verbundene Wiederherstellung 
der oben erwahnten baufalligen und an den einzelnen Fi- 
guren, Saulen etc. sehr schadhaften Galerie beschaffen wird. 

Der sogenannte Fiirstenstuhl, eine Empore, welche 
das Abendmahlschor vom Mittelschiffe der Kirche trennt, ist 
ebenfalls ein Werk der frommen Grafin Anna, die lange 
Zeit die vormundschaftliche Regierung in Handen hatte, 
meistens in Emden auf der Burg residirte und an dem 
Kirchenwesen im Geiste der Reformation innigen Antheil 
nahm. Die Vorderseite ihres die ganze Breite des Chores 



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— 131 — 

einnehmenden Kirchenstuhles ist in der Mitte mit ihrem 
eigenen Familienwappen (Oldenburg-Delmenhorst), in wel- 
chem sich das ihres verstorbenen Gemahls (die Harpye) als 
Herzschild befindet, verziert, sodann nach beiden Seiten hin 
mit den Wappen ihrer und ihres Mannes Ahnen miitter- 
licher Seits. Der Fiirstenstuhl, bisher im Besitze des Do- 
maniums, ist jetzt Eigenthum der Kirche geworden. An 
diesem, sowie an dem Magistratsstuhle, einer Empore an 
der Nordwand der Kirche, stehen in langen Reihen Bibel- 
spriiche-, welche allgemein christlichen Inhalts sind und 
namentlich die Pflichten gegen die Obrigkeit einscharfen. 

Wenn nun auch die Kirche selbst in ihrem Innern wenig 
~4nziehendes enthalt und durch die flachgebogene Bretter- 
decke, durch die plumpen Pfeiler ohne Capitaler und son- 
stigen Schmuck das Schonheitsgefuhl wenig befriedigt, so 
hat sie doch einen Schatz und eine Zierde, welche man in 
mancher grossartig gebauten und ausgeschmuckten Stadt- 
und Domkirche vergeblich sucht: die im Prospecte impo- 
nirende grosse und werthvolle Orgel. Sie enthalt 40 klin- 
gende Register und 2200 Pfeifen, darunter eine 32fiissige 
Posaune; sie ist das Werk des Orgelbauers Wenthin und 
in den siebenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gebaut 



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Kurze Anzeige. 

Briefe des Aggaeus de Albada an Rembertus 
Ackema und andere aus den Jahren 1579 bis 
1584. Herausgegeben von Dr. Ernst Fried - 
laenderzu Aurich. Leeuwarden, Kuipers 1874. 
XVIII und 149 S, 80. 

Die friesische Gesellschaft fur Geschichts-, Alterthums- 
und Sprachkunde zu Leeuwarden ist durch die Berniihun- 
gen des Herrn Dr. Friedlaender in Stand gesetzt, in der 
obengenannten Briefsammlung eine neue, nicht unwichtige 
Quelle fur friesische Geschichte im Zeitalter der Uetrechter 
Union zu erschliessen. Aggaus Albada (Albdda zu betonen, 
wie u. a. auch an der bei Zeitgenossen vorkommenden irr- 
thumlichen Schreibart Albaeda ersichtlich ist), neben Hop- 
perus und Viglius, obwohl in sehr verschiedenem Sinne, ein 
Mann von hervorragender staatsmannischer Bedeutung aus 
friesischem Stamme, war erst Syndicus der Ommelanden 
und Rath am Hof von Frieslahd, danach Reichskammer- 
gerichtsassessor zu Speyer und Bevollmachtigter der General- 
staaten, insonderheit bei den 1579 zu Coin gepflogenen 
Friedensverhandlungen. Der Empfang^r seiner hier ge- 
druckten Briefe, Rembertus Ackema, wurde durch den Ab- 
fall Lalain's 1580 aus Groningen vertrieben, vom Grafen 
Johann in Ostfriesland in Dienst genommen, und war bei 
dessen Tode Amtmann oder Drost auf dem Hause Leerort, 



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— 133 - 

Ueber Albada's Leben und Wirken war man bisher nur 
sehr unvollstandig unterrichtet, und die von de Haan Hettema 
1850 in „de Vrye Fries" gegebene Zusammenstellung wird 
aus den nunmehr zuganglich gemachten Jf aterialien allseitige 
Erganzung erhalten. Das biographische Interesse ist in- 
dessen kaum von so grossem Belang wie das historisch- 
politische und kirchenhistorische, welches sich an Albada's 
Briefe kniipft: die Vorgange in Friesland und Groningen 
um 1580 wie in den Niederlanden tiberhaupt und den an- 
grenzenden deutschen Gebieten diirften aus ihnen manches 
neue Licht gewinnen, wie sie auch insonderheit fur Ost- 
friesland einzelne nahere Data beibringen und umgekehrt 
manches in den Briefen mitgetheilte aus ostfriesischen 
Quellen (wenn Referent sich nicht sehr irrt, besonders aus 
dem Emder Kirchenarchiv) deutlicher zu machen ist. Albada 
war namlich Schwenkfeldianer, und es wird bisher kaum 
beachtet sein, dass der hauptsachlich in Schwaben und 
Schlesien verbreitete AnhangSchwenkfeld's sich auch in Fries- 
land und den Niederlanden geltend machte und in das bunte 
Gewirre divergirender Lehrmeinungen eingriff: zwischen 
Marnix v. St. Aldegonde und Albada fanden schon 1570 
Erorterungen iiber christologische Fragen statt, aus den 
vorliegenden Briefen sehen wir, wie Albada ebenfalls 
mit Danaus, Beza und andern, auch mit den Geistlichen 
zu Emden, insonderheit Alting, tlber mancherlei theologische 
und kirchenpolitische Materien verhandelte und unter den 
Geistlichen und dem Adel von Friesland bis an sein Ende 
den Lehren Schwenkf eld's, anscheinend nicht ganz ohne 
Erfolg, Eingang zu verschaffen suchte. 

Die vorliegende Sammlung enthalt iibrigens nicht' alle 
vorhandenen und bekannten Briefe Albada's; einige waren 
schon fruher von Gabbema in seinen illustr. et clar. virorum 
epistolae (Harlingen 1663, 1669) mitgetheilt, andere 
mit der oben angezogenen Abhandlung in de Vrye Fries, 
und noch andere scheinen in Leeuwarden ungedruckt vor- 



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— 134 — 

handen zu sein. Es wtirde sich gewiss sehr empfehlen, 
auch diese zu einem zweiten Heft gesammelt dem Druck 
zu iibergeben, damit fur die Geschichtsforschung das aus 
dieser Quelle zu schopfende Material vereinigt der Be- 
nutzung zuganglich wtirde. Ein Register und erlauternde 
Anmerkungen dtLrften dann um so mehr zu wunschen sein, 
da unter den von Albada erwahnten Personen manche we- 
nig bekannte und doch fur die Specialgeschichte einfluss- 
reiche sich befinden. Druck und Ausstattung lassen nichts 
zu wunschen, nur an ein paar Stellen ist uns die Lesart 
zweifelhaft vorgekommen : z. B. pag. 110, Z. 9 v. o. wird 
statt weit in septem collibus zu lesen sein weib, Albada 
hat ohne Zweifel an Apoc. 17, 9 gedacht, pag. 142, Z. 7 v. o. 
wird communirem wohl zu andern sein in communicem, 
pag. 149, Z. 14 v # o. non praeparare in nos pr.; eigentlich 
sinnstorende Druckfehler sind mir nicht aufgefallen. 

Wir haben in der vorliegenden Publication eine Probe von 
dem mannichfaltigen Stoff, den das Staatsarchiv zu Aurich, 
wo sich diese Briefe unter Papieren aus Emmius , Nach- 
lass vorfanden, zumal fur das 16. Jahrhundert enthalt. 
Wir bedauern, dass diese erste umfanglichere Mittheilung 
des Herrn Dr. Friedlaender, mit deren Erscheinen gleich- 
zeitig auch ein erstes Heft des „ostfriesischen Urkunden- 
buchs" angekundigt wird,. zugleich ein Zeugniss der sel- 
tenen Riihrigkeit, mit welcher derselbe unter diesen bisher 
verborgenen Schatzen gearbeitet hat, und ein Andenken 
beim Abschied sein muss: beide Publicationen fallen zu- 
sammen mit seiner Versetzung von hier. HofFen wir, dass 
mit gleicher Ruhrigkeit fortgefahren werde, nicht bloss die 
vorhandenen Materialien zuganglich zu machen, sondern 
auch sie zu verwerthen. 

A. B. 



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Berichtigungen zu dem Aufsatz 

Ostfriesische Hausmarken 

im 2. Hefte des „Jahrbuchs". 

Zu M 166. Der Aufsatz uber den Upstallsbom, dessen 
Abschrift F. Gt. von Boddien beglaubigt, ist aus der Fe- 
der des Lands chaftsrath Peterssen und die darunter ge- 
setzte Marke gehort jenem Verfasser an. Noch heute bedient 
sich die Familie Peterssen (zu Berum) dieser Marke in aus- 
gedehntester Weise. 

Vorstehendes verdanke ich einer freundlichen Mitthei- 
lung des Herrn Vissering zu Wilhelminenhof. 

Zu JVo. 882 und 883. Die beiden Marken sind umzu- 
stellen, M. 883 ist die des Warner Dirks, J\i 882 die am 
Hause des J. Heinecke zu Aurich. 

Friedlaender. 



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Jahresbericht der Gesellschaft 

von Juni 1873 bis 1. Juli 1874. 

Vom Secretair der Gesellschaft. 

U eber die Entwickelung der Gesellschaft im Laufe des 
letzten Jahres und den jetzigen Stand derselben haben wir 
Folgendes mitzutheilen. 

Ausser den schon friiher genannten auswartigen Ver- 
einen und gelehrten Anstalten sind mit der Gesellschaft in 
literarischen Verkehr getreten: 

1) die Gesellschaft fur Schleswig-Holstein-Lauenburgi- 
sche Geschichte in Kiel, 

2) die Konigliche und Universitats-Bibliothek in Konigs- 
berg. 

Es sind folgende wissenschaftliche Vortr&ge ge- 
halten : 

1) iiber Eggerik Beninga, den Chronisten Ostfrieslands, 
geb. 1490 — von General-Superintendent B artels 
in Aurich, 

2) Criminal-Process wider den Junker Polmann in puncto 
laesae pacis publicae 1666 — 1670 — von Amtsrichter 
Lohstoter, 

3) Geschichte des Handels und der Schifffahrt der Stadt 
Emden (Fortsetzung) — von Director Schwecken- 
dieck, 



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— 137 — 

4) Fragmente, betreffend Volkswirthschaft und Cultur- 
geschichte der Stadt Emden — von Oberbiirger- 
meister Hantelmann, 

b) Besitzergreifung Ostfrieslands durch Preussen 1744 
— von Gymnasiallehrer Graeser, 

6) Einleitender Vortrag zur bevorstehenden Feier des 
dreihundertjahrigen Bestehens des hiesigen Rath- 
hauses — von General-Superintendent B artels in 
Aurich. 

Die Sammlungen der Gesellschaft haben folgenden 
Zuwachs erhalten: 

I. Biicher- und Urkunden-Sammlung. 

Es sind ausser den uns zugesandten Jahresberichten 
und periodischen Schriften der verschiedenen Vereine und 
Gesellschaften 

a. angekauft: 
Geschiedkundige aantekeningen en ophelderingen by 

that Oera linda bok door Ottema, Leeuwarden 1873; — 
Kunst und Kxinstler des 16., 17. und 18. Jahrhunderts von 
Wolfgang Becker, Leipzig 1856; — Erinnerungen des Ost- 
friesischen Infanterie-Regiments Nr. 78 aus den Jahren seiner 
Formation und des Feldzuges gegen Frankreich, 2. Band, 
von Lieutenant v. Busse; — Die Alterthumer unserer heid- 
nischen Vorzeit, zusammengestellt von dem Romisch-Ger- 
manischen Central-Museum in Mainz von Dr. Lindenschmidt, 
1. Band. 

b. geschenkt: 

Altes Rechenbuch von 1719 von Marten Wilkens aus 
Emden, durch Herrn Gymnasiallehrer Hobbing; — Bau- 
denkm&ler aller Volker der Erde, in getreuen Abbildungen 
dargestellt von Berghaus, 1. u. 2. Band, Brussel u. Leipzig 
1849, durch Hrn. Kaufmann Behr in Hamswehrum; — AU- 
gemeines Kiinstler-Lexikon, Zurich 1779 Fol., von eben- 
demselben; — Aufstand der Braunschweiger am 6. und 7. 



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— 138 — 

September 1830, durch Pastor Pleines; — Munster- 
scher Catechismus von 1633, durch Hrn. Postmeister Voig- 
tel in Bielefeld; — Schriften des Vereins fiir die Geschichte 
der Stadt Berlin, Heft 9, Berliner Garnison-Chronik fiir die 
Jahre 1727—1739, durch Herrn Dr. Friedlaender; — 
Bruidshoogten van Sylt, het ooryzer, een standje in de 
groote kerk te Leeuwarden, een noordvriesch brief en een 
noordvriesch vers, sammtlich Abhandlungen von Winkler 
in Leeuwarden, Geschenk des Hrn. Verfassers; — Gilde- 
buch der Malerzunft von 1650, durch Hrn. Maler und Glaser 
de Jong; — Catalog der Dresdener Gemalde-Galerie von 
1872, durch Hrn. Bleeker; — Catalog von dem Trippen- 
huis zu Amsterdam, betitelt beschryving der schilderyen 
op's Ryks Museum te Amsterdam 1872, durch Hrn. Kirchen- 
rath Vie tor; — Plan des im Jahre 1842 abgebrannten 
Theils der Stadt Hamburg, durch Hrn. V o c k e ; — Theatrum 
Europaeum von Merian, 4°, durch Hrn. Amtssecretair Rose 
in Leer; — Statuten der hiesigen Clubgesellschaft zum 
guten Endzweck (au bon but) 1813, zur Halfte franzosisch 
abgefasst, durch Hrn. Apotheker v. Senden; — Idioticon 
frisicum von Montanus de Haan Hettema 1874, durch Hrn. 
Albertus de Haan Hettema zu Leeuwarden; — Verord- 
nungen des letzten Fiirsten Carl Edzard aus den Jahren 
1738, 1739 und 1740, durch Hrn. Kaufmann Neumark; — 
Ein Convolut Statuten und Verordnungen, die Stadt Emden 
betrefFend, und verschiedene Broschiiren aus dem Jahre 
1848, durch Frau Magistrats-Assessorin Bruckner; — al- 
gemeen woordenboek van Chomel, 16 Bande 4°, Leyden 
1778, durch Herrn Bleeker; — Sebastian Franck und 
deutsche Geschichtschreibung von Bischof, Tubingen 1857, 
durch Hrn. General-Superintendent Bart els; — Bertram, 
geographische Beschreibung des Furstenthums Ostfriesland 
und des Harlingerlandes, Aurich 1787, Gerhardus Outhof 
verhaal van alle de hooge watervloeden nevens eene kerk- 
rede en eene verhandeling over de komeeten, Emden 1718, 



Digits 



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— 139 — 

ferner: Johann Conrad Freese, Cammerrath, iiber Konigl. 
Preuss. Domainen- und Renteigeftlle, Wenz' Reformations- 
Jubelrede und Grundriss der Stadt Emden 1825, sammtlich 
durch Hrn, Apotheker v. Senden; — 5 Broschiiren, dar- 
unter ein Hildesheimer Gymnasial-Programm mit einer Ab- 
handlung iiber die deutschen Patronymika, nachgewiesen an 
der Ostfriesischen Mundart, von Ruprecht, 1864, durch 
Pastor Pleines; — Das guldene und silberne Ehren- 
gedachtniss des Dr. Martin Luther etc., darin 200 abge- 
druckte Medaillen und Bildnisse, Anmerkungen etc., Frank- 
furt und Leipzig 1706, durch Hrn. Agge Meyer; — Her- 
manni Conringii de habitus corporum germanicorum antiqui 
ac novi causis liber singularis, Helmstadii 1666, durch Hrn. 
Medicinalrath Stohr; — Josefs Gedicht von den sieben 
Todsiinden, Abhandlung von Dr. Babucke in Norden, Ge- 
schenk des Hrn. Verfassers; — Verschiedene Broschiiren, 
sich beziehend auf die Stadt Emden im vorigen Jahrhundert, 
durch Hrn. Kaufinann Swartte; — Terentius enucleatus 
von Wesselius, Rector in Norden, durch Hrn. Superintendent 
Metger in Groothusen; — Ein Convolut Broschiiren, dar- 
unter: Beschreibung der epidemischen Krankheit in Gro- 
ningen 1826, von Thuessink; Beauvais' Abhandlung wie man 
achte alte Miinzen von nachgemachten unterscheiden konne ; 
die Diakonie der Fremdlingen-Armen von Mulder jr.; de 
eerste geloofsbelydenis der nederlandsche hervormde kerk 
door Joh. a Lasco; dritte Sacularfeier des Gasthauses und 
der Grossen Kirche 1860, sammtlich durch Hrn. Apotheker 
v. Senden; — Ein gedrucktes Blatt iiber christliche 
Brunnengraber, durch Hrn. Studienrath Muller. 

\l Miinz Sammlung. 

a. angekauft: 
1 Sterbemedaille auf Joh. a Lasco von 1560; — eine 
Miinze auf den Frieden zwischen Spanien und Holland 1648, 



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— 140 — 

gepragt zu Emden; — 1 Vierziger Medaille von 1809; — 

1 Vierziger Pfennig von 1623; — 1 doppelter Friedrichsd'or; 
— 1 Preussisches 2-Thalerstxick von 1871 (damals einge- 
zogen); — */» Friedrichsd'or von 1817; — 1 Sachsischer 
Siegestbaler von 1871 ; — 1 Gulden, gepragt unter Friedrich 
Wilhelm IV. 1852; — 1 Thaler von 1834; — 3 Louisd'ore 
aus der Regierungszeit Wilhelm IV., des Konigs Ernst Au- 
gust und des Konigs Georg V. 

b. geschenkt: 
1 Medaille von der Industrie-Ausstellung zu Drammen 
in Norwegen, durch Herrn S. Barghoorn; — 12 Silber- 
mtinzen aus der Zeit der Ostfriesischen Grafen Edzard und 
Johann, aufgefonden in Freepsum, geschenkt durch Herrn 
Apotheker Schrage in Pewsum; — 10 Kreuzer und 6 
Kreuzer Oesterreich. Papier, durch Herrn H. Geelvink; — 
Vn-Thaler, sachsische Silbermunze, durch Herrn Canzlist 
B 6 h m e ; — 1 Jeversche Munze, durch Hrn. Heinrich B 6 s e ; — 

2 Sudamerikanische Banknoten, durch Hrn. Kaufinann Behr 
in Hamswehrum ; — 4 Mtinzen, gepragt unter Edzard und 
Johann, und 2 Brabanter Miinzen von 1582 und 84, durch 
Herrn Ortsvorsteher Beekmann in Freepsum; — Medaille 
auf die neueste franzosische Republik und Badischer Friedens- 
kreuzer, durch Herrn Postmeister Voigtel in Bielefeld; — 
1 Silbermunze von Joseph II. 1788, durch Hrn. Comptoirist 
Fisser; — 1 MtLnze von Georg Albrecht, durch Herrn 
Amtssecretair Rose in Leer; — */i Kreuzer kurmainzisch 
von 1795, durch Herrn Kappelhoff; — 1 schwedischer 
Daler, Kupfermiinze von 1715, durch Hferrn Maler und Glaser 
Peters; — 14 verschiedene Miinzen durch Hrn. Apotheker 
Miiller aus Riidesheim; — 1 Medaille von der Industrie- 
Ausstellung in London 1851, durch Hrn. Apotheker Hass e ; — 
1 Bremer 12-Grotenstiick durch Hrn. Senator Dantziger; — 
1 Silbermunze von Georg Albrecht, aufgegraben in Pewsum, 
durch Herrn Dr. Mennenga; — 2 Miinzen, aufgegraben 



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— 141 — 

in Freepsum, durch Herrn v. Frese in Hinte; — 1 Me- 
daille, gepragt auf Wilhelm I., Kaiser der Deutschen, durch 
Herrn Apotheker Hasse; — 1 Liibecker 8-Schilling von 
1729, durch Herrn Ober-Amtsrichter Rob en in Aurich; — 
1 Kupfermiinze, aufgegraben in der neuen Strasse, von 1620, 
durch Hrn. Schtit; — 1 SttLber, gepragt unter dem Grafen 
Enno, durch Herrn Pastor Oylam in Borssum; — 1 Drei- 
stuberstiick von Christian Eberhard, gefunden zu Woquard, 
durch Herrn Auctionator Rulffes in Pewsum; — 1 Vier- 
pfennigstiick, gepragt unter Georg HI., durch Hrn. Vo eke; — 
V la -Thaler von 1701 mit der Umschrift suum cuique, gepragt 
unter Friedrich I., aufgegraben am Herrenthor, und 1 Ost- 
friesischer Stiiber von 1804, durch Hrn. Senator Muster t; — 
3 bei Neuharlingersiel aufgegrabene Ostfriesische Miinzen, 
durch Hrn. Barth & Comp. ; — 2 sogenannte Geschichts- 
thaler zur Erinnerung an die Erhebung Schleswig-Holsteins 
1848 — 1850, der eine in Silber, der andere in Kupfer, durch 
Se. Excellenz den Hrn. Minister der geistlichen und Unter- 
richtsangelegenheiten; — 2 Hannoversche Groschen von 1862, 
1 Groschen von 1856 und 1 Anhalt Bernburgisches Fiinf- 
groschenstuck, durch Hrn. R. Graepel; — 6 Japanesische 
Miinzen, durch Hrn. Consul B. Brons jr.; — 1 Ftinftehalb, 
ein sogenannter misdruk (auf jeder Seite steht 12 einen 
Thaler), durch Herrn Senator Wiarda; — 1 Sechsstiiber- 
stiick, durch Herrn Kaufmann Sielmann, aufgefunden bei 
Ausgrabung seines Hauses; — 1 MtLnze, gepragt auf das' 
Bremer Bundesschiessen, durch ebendenselben; — 5 alte 
Medaillen, die eine sich beziehend auf Maria II. von Eng- 
land, durch Herrn Landwirth Odinga in der Linteler 
, Marsch; — 1 Sechsmariengroschen, gepragt unter dem 
Kurfiirsten Ernst August von Hannover 1680, ferner : 1 Lii- 
becker Silbermiinze von 1727, 1 moneta nova reipublicae 
Bremensis von 1752 und 1 Pfennig vom Harz von 1766, 
sammtlich durch Herrn Seedorf in Stickhausen; — 1 Ost- 
friesische Miinze, aufgegraben bei Mewenburg, durch Herrn 



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— 142 — 

Landwirth D, M. Agena; — 1 grosse Quantitat Kupfer- 
miinzen und Medaillen, durch die Herren Zahnarzt Goltz 
in Leer, T. Brants hieselbst und Pastor Hesse in Uttum; — 
1 Mariengroschen von 1818, durch Herrn Zimmermeister 
de Beer; — 1 Miinze aus der Regierungszeit der Konigin 
Anna von England, aufgegraben bei Emden, durch Herrn 
J. Elbrechts; — 1 Silbermedaille auf die Augsburgische 
Confession, durch Fraul. A. C. Brants; — 2 alte Marien- 
groschen, durch Hrn. Landschaftsrath Klug; — 5 Mtinzen, 
worunter 1 schwedische, 1 danische und 1 Sttiber von 
Friedrich dem Grossen, durch Hrn. Apotheker v. Sen den. 

III. Sammlung von Alterthiimern und historischen 
Merkwiirdigkeiten. 

geschenkt: 
Eine Menge AlterthtLmer und historische Merkwiirdig- 
keiten durch Herrn Postmeister Voigtel in Bielefeld, und 
zwar: Panzerringe von der Eresburg — Mosaiksteine aus 
Herkulanum — Fragment von einem heidnischen Opferaltar 
bei Pilsen — Pfeifendeckel vom Wartburgsfest (von einem 
Burschenschafter) — Hexenprocess von 1619 zu Lemgo 
nebst einem Gutachten der Juristenfakultat zu Rinteln — 
1 Stiick Noth-Brot aus der letzten Belagerung von Paris — 
1 messingener Adler von der Patrontasche eines franzosi- 
schen Infanteristen aus der Belagerung von Metz — eigen- 
handige Namensunterschrift des letzten ostfriesischen Fursten 
Carl Edzard — Steuer-Decret aus Paris — Mitgliedschafts- 
karte von der Internationale — 1 franzosischer Wechsel, 
von Puyer Quertier unterzeichnet — 1 Kossuthnote — ver- 
schiedene Gegenstande aus dem Bibliothekzimmer des Mar- 
schalls Bazaine — 1 Stuck von einem Glockenzuge aus dem 
Schlosse Bellevue, wo die Capitulation von Sedaiu abge- 
schlossen wurde — Verordnung von Ernst August in Weimar 
1742 liber den Gebrauch der Amulete — Knopfe von den 



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- 143 - 

Uniformen der franzosischen Soldaten, die bei Metz capitu- 
lirt haben (von 22 verschiedenen Regimentern, auch von 
der Marine) — altes Post-Coursbuch von 1769, worin viele 
Curiosa und Mittheilungen iiber die Treckschuitenfahrt in 
Holland — Amulet vom Pabst Pio IX. geweiht — Elber- 
felder Noth-Brot-Marke von 1847 — Zeitung in Strassburg ' 
gedruckt wahrend der Belagerung 1870 — Strassburger 
Theaterzettel — altes lateinisches Buch von 1720, betitelt 
Nugae Venales — Steckbrief wider Napoleon in. nach der 
Capitulation — Portrait der Giftmischerin Gesche Marga- 
rethe Gottfried, geb. Timm, zu Bremen — Streitaxt von 
Bronce, bei Hoxter gefunden 1860 — Papier-Tischdecke, 
sehr fein geschnitzt im Rathskeller zu Bremen, 

Ein Messerheft aus dem Mittelalter, worauf das Bild 
eines Ritters mit seiner Dame, durch Herrn Auctionator 
Penning — Bemalte Fensterscheiben, 1 alterthiimlicher 
Schuh, aufgegraben im Logaer Felde, und 1 Portrait mit 
der Umschrift: vivez pour vivre und der Jahreszahl 1574, 
durch Herrn Amtssecretair Rose in Leer; — Bemalte 
Fensterscheiben, durch Herrn Vocke; — Modell eines 
Loggers mit sammtlichem Zubehor, durch den Vorstand der 
Emder Haringsfischerei-Actien-Gesellschaft; — 2 Schilder 
der hiesigen Schusterzunft mit Wappen und Inschriften aus 
den Jahren 1670 und 1796, durch Hrn. Senator de Boer; — 
2 Schulddocumente der Stadt Emden uber angeliehene 
Capitalien von 1646 und 1664, durch Herrn Medicinalrath 
Stohr; — 1 Emder Stempel von 1666, durch Hrn. Amts- 
richter Lohstoter; — verschiedene alterthumliche Gegen- 
stande, aufgegraben auf dem hiesigen Bauhofe, durch Hrn. 
Senator Wiarda; — 1 Fischnetzbeschwerer, aufgefunden 
bei Mewenburg, durch Herrn D. M. Agena zu Osteeler- 
Altendeich; — 1 Emder Wachssiegel mit dem Bilde des 
heiligen Stephan, durch Herrn Oeconom Wiarda; — 
4 Chinesische Bilder, durch Herrn Redacteur Hahn; — 
BtLrgerbrief, Militairentlassungsbrief und Rekening van hct 



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— 144 — 

nieuwe Kofschip de Jufrouw Anna 1804, durch Hrn. Diek- 
hoff; — 1 Pfeil, eine Anzahl Scalpirmesser aus der Stein- 
zeit, Streitkeulen, Tomahawk, Pfeilspitzen, versteinerte Ko- 
rallen und eine Wasserlilie, aufgegraben zu Pekin in Illinois, 
durch Herrn Capitain Joh. Tito; — Portrait eines Preussi- 
schen Konigs in Holz geschnitzt, durch Hrn. Warnke; — 
5 Ballon-Briefe aus dem letzten franzosischen Kxiege, durch 
Herrn Lehrer Mennenga in Freepsum; — ein im Schutt 
des abgebrochenen Thurms der grossen Kirche aufgefundener 
Knopf mit dem Bilde eines Hirsches, durch Frau Wittwe 
Penning; — 5 Bleiplatten von den Capitalern fruherer 
Saulen des hiesigen Rathhauses mit der Jahreszahl 1581, 
durch Herrn .Senator Wiarda. 

IV. Sammlung von Gemalden, Kupferstichen etc. 

a. angekauft: 

Ein Oelgemalde, darstellend das Innere der Norder 
Kirche, von Kistemacher, Zollamtsassistent in Leer. 

Die Vatikanischen Stanzen von Rafael, von Vulpatus 
in Kupfer gestochen, 9 Blatter nebst einigen Beiblattern, 
sammtlich unter Glas-Rahmen. 

b. geschenkt: 

Zwei Zeichnungen, darstellend den Delft und das Rath- 
haus nebst dessen Umgebungen, angefertigt von weiland 
J. Mulder jr., im Auftrage des Verstorbenen der Gesell- 
schaft geschenkt durch dessen Schwester, Fraulein M. 
Mulder. 



Wir ermangeln nicht, den verehrlichen Grebern, die 
auch in diesem Jahre die verschiedenen Sammlungen der 
Gesellschaft zu bereichern die Giite gehabt haben, unsern 
yerbindlichsten Dank hierdurch abzustatten. 



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— 145 - 

Mit besonderer Anerkennung gedenken wir auch an 
dieser Stelle der Gewogenheit eines hohen Landes-Direc- 
toriums, durch welche der Gesellschaft fur dieses Jahr eine 
ausserordentliche Beihtilfe von 100 Thlrn. aus dem Dispo- 
sitionsfonds fur Kunst und Wissenschaft bewilligt worden 
ist. Die Gesellschaft sah sich dadurch in Stand gesetzt, 
ihre Sammlungen noch mehr zu vervollstandigen, namentlich 
die Gemalde-Sammlung, fur die bis dahin wegen der unge- 
migenden Geldmittel so gut wie gar nichts geschehen konnte, 
durch den Ankauf der benihmten RafaeFschen Stanzen zu 
bereichern. 

Die laut vorigen Jahresberichts von unserem verstor- 
benen Mitgliede, dem Particulier Herrn T. Buismann, 
der Gesellschaft gemachte SchSnkung von 5000 Thlrn, ist 
von den Testaments-Executoren unter dem 23. Mai d. J. 
ausbezahlt worden. Dieselbe bildet unter dem Namen „Buis- 
mann's Stiftung" ein unverausserliches Capital, von dem die 
jahrlichen Zinsen von der Gesellschaft zur Anschaffung von 
Kunst- und Alterthumsgegenstanden verwendet werden. 

Herr Dr. Friedlaender, bisher Vorstand des Konig- 
lichen Archivs in Aurich, hat die GtLte gehabt, die in un- 
serem Besitze befindliche reichhaltige, aber oft schwer zu 
entziffernde Sammlung der Grimersumer Documente durch- 
zusehen, zu beschreiben, in 3 Theile (Urkunden, Manuscripte 
und Acten) zu sondem und dadurch besser zuganglich zu 
machen. Die Gesellschaft hat ihn in dankbarer Anerkennung 
seines Verdienstes zu ihrem Ehrenmitgliede ernannt. 

Am 7. October 1873 ward von der Gesellschaft eine 
Generalversammlung abgehalten, zu welcher Einladungen an 
die sammtlichen 28 auswartigen und 5 Ehrenmitglieder in 
der Provinz erlassen waren. Zehn auswartige Mitglieder 
und funf eingefuhrte Gaste nahmen an dieser Versammlung 
Theil, welche durch einen Vortrag des Herrn General- 
Superintendenten B artels aus Aurich uber den Ostfriesi- 
schen Chronisten Eggerik Beninga eingeleitet wurde. 

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— 146 - 

Die Direction der Gesellschaft besteht zur Zeit au8 
folgenden Mitgliedern : 

Gymnasialdirector Dr. Schweckendieck (Director^ 
Amtsrichter Lohstoter (Vice-Director), Pastor Pleines 
(Secretair), Kaufmann Vocke (Rendant). 

Als Beisitzende fungiren: Oberlehrer Dr. Wiarda, 
Pastor Chrie g e e , Gymnasiallehrer H o b b i n g und Parti- 
culier Bleeker. 

Wir schliessen auch diesen Bericht mit der ergebensten 
Bitte an alle Freunde der vaterlandischen Geschichte, auch 
fernerhin durch gefallige Zusendung von vaterlandischen 
Alterthumern und historisch werthvollen Sachen zur Forde- 
rung unserer Zwecke beitragen und dadurch der Wissen- 
schaft einen wesentlichen Dienst leisten zu wollen. 



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Verzeichniss 

der 
im Juni 1874 vorhandenen Mitglieder. 

(Die mit einem * bezeichneten Mitglieder sind im Laufe des letzten 
Jahres hinzugetreten.) 

I. Efcrenmitglieder. 

B arte Is, General-Superintendent in Aurich. 

Berg, Oberbaurath in Bremen. 

Berghuys, Kaufmann in Nieuwediep. 

Buchholz, Geh. Admiralitats-Rath in Berlin. 

Buss, Hajo, Particulier in Hamburg. 

Engelhard, Bildhauer in Hannover. 

*Friedlaender, Dr., Geheimer Staatsarchivar zu Berlin. 

Gerlach, Buchdrucker in Freiburg. 

Grote, Dr. jur. in Hannover. 

Herb org, Pastor in Jemgum. 

Hooft vanlddekinge, Baron, Director des Munz-Cabinets in Leyden. 

Klopp, Dr., Archivrath, jetzt in Hietzing bei Wien. 

Lisch, Dr., Geh. Archivrath in Schwerin. 

Martens, Baumeister a. D. in Aurich. 

R 6* singh, Amtsrichter a. D. in Norden. 

Sudendorf, Amtsrichter in Neuenhaus. 

Tholens, Pastor in Bunde. 

Voigtel, Postmeister a. D. in Bielefeld. 

Wiarda, Obergerichts-Director in Aurich. 



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— 148 — % 

II. Wirkliche Hitglieder. 

a. Einheimische. 

Barghoorn, Sikko, Kaufmann. 

de Boer, Kaufmann, Senator a. D. 

Brons, Y., Commerzienrath und englischer Vice-Consul. 

Br on s, B., sen., belgischer ConsuL 

Brons, B., jun., niederlandischer Consul. 

Brons, A., Vice-Consul. 

Criegee, Pastor. 

Dantziger, Kaufmann und Senator. 

*Foget, H. H., Grossist. 

Geelvink, H., Kaufmann. 

Geelvink, P., Kaufmann, 

Graepel, R., Kaufmann. 

Graepel, Senator a. D. 

*Graeser, Gymnasiallehrer. 

Hantelmann, Oberburgermeister. 

Hasse, Apotheker. 

Haynel, Buchhandler. 

Helm, Consul, Director der Genossenschafts-Bank. 

Heyl, Fr., Kaufmann. 

*Hilker, Auctionator. 

H o b b i n g , Gymnasiallehrer . 

van Hoorn, Gold- und Silberarbeiter. 

Kappelhoff, Herm., Banquier. 

Klug, Landschaftsrath. 

Kruth offer, Director der Harings-Fischerei-Gesellschaft. 

Lange, G., Rentier. 

Leers, Dr. med. 

Lohsto'ter, Amtsrichter. 

Muster t, Kaufmann und Senator. 

Overholthaus, Pastor. 

Penning, Auctionator. 

Penning, A. E., Kaufmann. 

Pleines, Pastor. 

de Pottere, Br., Kaufmann, Senator a. D. 

♦von Puttkamer, Premier-Lieutenant. 






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— 149 — 

Reemtsma, Commerzienrath. 

van R ens en, P., Secretair. 

Riedemann, Dr., Apotheker. 

Russell, Advocat. 

Schnedermann, Eaufmann und Senator. 

Schtit, Kaufmann. 

Schweckendieck, Dr., Gymnasial-Director. 

Sielmann, Eaufmann. 

Star eke, Ingenieur. 

St5hr, Dr., Medicinalrath. 

Swartte, D., Eaufmann. 

Tholen, J. H., Rentmeister. 

Vie tor, Eirchenrath. 

Visser, Architect. 

Vocke, Eaufmann. 

von Weyhe, Ereishauptmann. 

Wiarda, T., Eaufmann und Senator. 

Wiarda, Dr., Oberlehrer des Gymnasiums. 

Wilken, P. Particulier. 

*Wulfes, Dr., Director der hftheren stadtischen Ttfchterschule. 

b. Auswartige. 

Agena, D. M., Gutsbesitzer zu Osteeler-Altendeich. 

Babucke, Dr., Oberlehrer zu Norden. 

*Begemann, Landschaftsrath zu Elimpe. 

*Behr, Eaufmann zu Hamswehrum. 

Dammeyer, Rentmeister in Petkum. 

Detmers, Amtsassessor a. D. in Aurich. 

ten Doornkaat, Commerzienrath und Fabrikant in Norden. 

Fegter, Gutsbesitzer in Drennhusen. 

Freerksen, Gutsbesitzer in Logumer-Vorwerk. 

von Frese, V., Landschaftsrath in Hinte. 

Georgs, Gutsbesitzer in Dammhusen. 

von Hagemeister, Regierungs-Prasident in Oppeln. 

Hillingh, Amtmann a. D. in Aurich. 

van Hove, Gutsbesitzer in Logumer-Vorwerk. 

Hbfker, Pastor in Wybelsum. 

*Eempe, D., Gutsbesitzer zu Groothusen. 



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— 150 - 

Graf zu Inn- und Knyphausen, Landschaftsrath zu Liitetsburg. 

Koopmann, Gutsbesitzer in Midlum. 

Lantzius-Beninga, Oberfbrster zu Stiekelkamp. 

Metger, Superintendent zu Groothusen. 

Meyer, Pastor in Pilsum. 

* Mil Her, Apotheker zu Rtidesheim. 

Peters, Obergerichtsrath zu Aurich. 

Peters sen, Dr. phil., Gutsbesitzer in Hage. 

Rdben, Oberamtsrichter zu Aurich. 

*R6sing, H., Kaufmann zu Jever. 

Rulffes, Auctionator zu Pewsum. 

♦Schmidt, Ortsvorsteher zu Groothusen. 

*Schnedermann, Obergerichtsrath a. D. zu Aurich. 

Schrage, Apotheker zu Pewsum. 

*Schweckendieck, Regierungs-Assessor zu Aurich. 

Smid, Gutsbesitzer zu Gross-Midlum. 

Stokman, Pastor zu Ntittermoor. 

Taaks, Btirgermeister und Landschaftsrath zu Norden. 

III. Correspondirende Mitglieder. 

Nanninga Uilterdijk, Archivar 4er Stadt Kampen. 
Rose, Amtssecretair zu Leer. 
Sundermann, Lehrer zu Norden. 

Em den, im September 1874. 



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