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Full text of "Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden (Volume 14)"

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JahrbuGh 


der 

Gesellsehaft  fur  bildende  Kunst 

und 

vaterlandische  AltertUmer 

zu 

Emden. 


Vierzehnter  Band.  —  Erstes  und  zwe'rtes  Heft. 

Mit  8  Abbildungen  im  Texte  und  3  Tafeln. 


^kmden. 

Eigentum  der  Gesellsehaft. 
1902. 


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Bericht  fiber   die   Gesellschaft    (H.  Allmers  f,    J.  Fr.  Minssen  f)      358 
Mitteilungen  aus  den  Versammlungen: 368 

')  Die  adlige  Familio  Falck  870  —  Zur  Geschichte  der  Emder  Wallanlagen 
871  —  Festungsbaumeister  Gert  Everts  Piloot  von  Emden  in  Groningen,  Ost- 
friesland and  Mecklenburg  372/5  —  Ahnengraber  der  Hohonzollem  in  und  bei 
Emden  876  —  „Has  der  Koplude"  a.  Ill  testes  Rathaus  878  —  Grafin  Anna  in 
Berlin  880  —  Emder  Renaissance  882  —  Hydographisches  ans  Emden  884,  479  f. 

—  Jfenso  Alting,  Pezelios,  Cruziger  386  —  Festungsingonieur  Johann  von 
Falkenburg  888  —  Soffr.  Petros  388  —  Steinmetz  Hermann  v.  Stein furt  ans 
Emden  in  Jever  890  —  ..Spieker"  in  Emden  391  —  v.  Frese'sches  Wappon  392 

—  Mfinzfund  von  Wiesode  393  —  Burgstfttten  von  Nord-  und  Sfid-Faldem  391, 
395,  899  —  Dr.  Eduard  Krfiger  in  Emdon  396  —  J  oh.  van  Laer  nnd  J  oh.  v. 
Yalkenbnrg,  Festongsbaomeister  397,  412  —  Altertnmsfondo  bei  Reopsholt  398 

—  Onko  v.  Rehdens  Oenealogien  400  —  Enno  v.  Emden  in  Zurich,  Lntet 
Jfanninga,  Oerh.  Wesierbnrg  401  —  Brief  von  U.  Emmins  1606  402  —  Un- 
gedrackte  Briefe  von  J.  I.  Harkenroht  402  —  Die  Stifter  der  Neaen  Kircho  403 

—  Die  Wittmunder  Poitschen  im  ostfr.  Wappen  404  —  Urnenfriedhof  bei  Ochter- 
snm  406  —  Neues  fiber  Qeorg  Aportanus  406  —  Rheinische  Krttge  in  Ost- 
friesland 406  —  0.  v. Rehdens  Oenealogien  408/411  —  Mtfhlmanns  Bibliothek  411 

—  Der  „Valkhof41  in  Emden  413  —  Jahreszahlen  an  Emder  Ban  ten,  Bau- 
thltigkeit  in  Emdon  1580-1590  413/416  —  Doppelkopfe  and  Hausanker  an 
Emder  Hftusorn  416/7  —  Emder  Hausernamen  406,  416,  418  —  Emder  Schul- 
bficher  im  XVII.  Jahrh.  420  —  Riesen-Kompagnie  v.  1720  421/4  —  Die  Freiheit 
der  Friesen  im  Mittelalter  424  —  ,,GestrengedeY'  Ringe  426  —  Die  Zahl  der  Pest- 
Toten  in  Emden  1665  427/9  —  Egg.  Boninga  a.  U.  Mannings  429  —  Graf  Georg 
Friedrich  von  Hohenloho  in  Emden  1622  429/433  —  Herknnft  der  Handschrift 
Josephs  Gedicht  von  den  7  Todsfinden"  433  —  Topographisches  aos  der  Gegend 
des  ..Holtriems"  bei  Esens  434  —  U.  Emmins*  Brief  v.  1621  435  —  Emder  Geosen- 
Thaler  von  1571  437  —  Martin  Faber  and  Willebrant  Garrelts  als  Erbaaer  des 
Hafenthors  and  der  Neaen  Kircho  438  —  Emden  als  Hansestadt,  "Werdenhagen 
439/442  —  Emdensia  in  dor  ,.Bibliotheca  Bremensis"  1718—1725,  R.  Agricola, 
Erasmus,  Canter,  Hardenberg  442/4,  die  Bibliothek  der  Grossen  Kirche  445/8,  Dr. 
Geldricus  Cramminga  448  f.  —  Das  Enno-Denkmal,  Cornelia  Floris,  die  Trachten 
des  Manninga-Buches,  Unico  Hanninga  and  das  Ripperda- Epitaph  in  Hinte  450, 
461/461  —  Der  Kopf  des  Enno-Denkmals  462  —  Corn.  Floris  an  der  Nord-  and 
Ostsee  463  —  Stadtplan  von  Emden  1582  am  Konigsbergor  Hofe  464  —  Vico- 
Admiral  Enno  Doedes  Star  ans  Osterhusen  465  —  Manninga-Bilder  in  der  Hof- 
bibliothek  za  Darmstadt  466/8  —  Theodor  Fontane  in  Ostfriesland  468  —  Neuos 
fiber  die  Maler  Martin  Faber  and  Alexander  Sanders  469  —  W.  Rolevink,  Fasci- 
culus temporom,  J.  Yeldenaer,  E.  Beninga  470  —  Josephs  Gedicht  470  —  Ost- 
friaica  aos  Deventer,  Wiedortftufer,  Melchior  Pilgrim  471/4  —  Das  „Beiern<4  474 

—  H.  B.  Penborg,  B.  S.  Bonhans,  J.  W.  Cramer  475  —  Hermann  Brass'  Predigten 
1559  477  —  Das  Emder  Lazaras-Hnns  479/481,  der  alteste  Faldernsiel  and  der 
Siel  von  1406  479  —  Rheinische  Kruge  483  —  Dialektisches,   Rvsam  484.  489 

—  Bfirgerm.  Hampo  Hayena  485  —  „Rase  Muse"  436  —  „  wunderbare  Schick- 
sale  des  Martin  Speelhoven"  (gest.  in  Emden),  eine  Robinsonade  487  —  Die 
alteste  luther.  Kirche  in  Emden  490  —  Alte  Ziegelsteine  490  —  Das  „Coplarium 
Beninganum'1  491  —  Uiteacker  and  der  stolze  Friese  flidde  491  —  Hand- 
zeichnungen  von  ostfriesischen  Kirchen  und  Burgen  aus  d.  J.  1618 — 1620,  Familio 
v.  Eelking  491  —  Renaissance- Schranko  in  Emdon,  Cornells  Eemsing  493  — 
Leibniz  und  Ostfriesland,  Vice-Kanzler  Avemann,  Dr.  jnr.  Mentet  Kettwig  494/8 

—  SUtistisches  fiber  Emdens  Handel  im  XVI.  Jahrhundert  499  —  Copiarium 
Beninganum,  die  Familie  Lantzius-Beninga  501/5  —  G.  W.  Lantzius'  Yaria  . . 
Genealogica,  David  Fabricius'  Ravingas  und  Harkenrohts  Kleino  Chroniken  505/9 

—  Ostfriesisches  aus  Zurich,  Enno  Dietlieb  aus  Emden  und  der  Zwinglibecher 
509  —  Herknnft  der  Joseph -Handschrift,  die  ,,Grimersumer  Kiste",  die  Reste 
der  Hluptlings  -  Archive  von  Gross  -Midlum  und  Grimersum,  die  Familie  v.  d. 
Appelle  512/520. 

Zawachs  der  Sammlungen 621 

Rechen8chaftebericht 534 

Verzeichnis  der  Mitglieder  und  der  Vereine  usw 638 

Berichtigungen 645 


')  Nur  eingehondor  Behandeltes  ist  hier  aufgeffihrt. 


Druck  von  Anton  Gerhard  in  Emden. 


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Geistliehes  und  Weltliehes 

in  mittelniederdeutseher  Spraehe  naeh  der  Emder 

Handsehrift  No.  (139)  64. 


Durch  die  ausserordentliche  Liberalitat  des  Vorstandes 
der  Gesellschaft  fur  bildende  Kunst  und  vaterlandische  Alter- 
tiimer  zu  Emden  ist  es  mir  vergonnt  gewesen,  die  wertvolle 
Emder  Handsehrift  des  Gedichtes  Josepes  „van  den  seven  dot- 
sunden"  langere  Zeit  ungestort  benutzen  zu  konnen,  nachdem 
ich  die  Handsehrift  mit  gtitiger  Erlaubnis  derselben  Gesell- 
schaft auf  der  Pfingstversammlung  des  Vereins  fur  nieder- 
deutsche  Sprachforschung  zu  Soest  im  Jahre  1897  vorgelegt 
und  besproehen  hatte.  Im  Jahre  1875  hatte  der  damalige 
Rektor  des  Progymnasiums  zu  Norden,  Dr.  Babucke,  in  einem 
Programm  seiner  Anstalt  zuerst  auf  die  Handsehrift  aufmerk- 
sam  gemacht  und  „Josefs  Gedicht  ...  in  fortlaufenden  Aus- 
ztigen  und  Inhaltsangaben  zum  ersten  Male  naeh  der  Hand- 
sehrift" veroffentlicht.  Von  ihm  war  in  allem  Wesentlichen 
Aug.  Ltibben  abhangig,  der  die  Handsehrift  gelegentlich  im  V. 
und  VI.  Bande  des  mittelniederdeutschen  Worterbuches  benutzte, 
vergl.  besonders  VI,  157  fg.,  V,  V  fg.  Von  Ltibben  erhielt  W. 
Seelmann  einige  Angaben,  die  er  im  VI.  Jahrbuche  des  Vereins  fur 
niederdeutsche  Sprachforschung,  Jahrgang  1880,  bei  seiner  Aus- 
gabe  des  Mirakels  von  Arnt  Buschmann  verwertete.  An  eine 
n&here  Untersuchung  der  Handsehrift  und  der  in  ihr  (iberlieferten 

Jahrbuch  dor  Gosollsch.  f.  b.  K.  u.  vatorl.  AltortUmor  ru  Emdon,  Bd.  XIV.  1 


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—     2     — 

Schriften  war  seitdem  Niemand  gegangen,  wenn  auch  kleinere 
Stficke  aus  ihr  durch  Ltibben  und  Deiter  (1877—84)  verSffentlicht 
worden  l).  Erst  in  Soest  zeigte  ich,  wie  viel  Aufschlfisse  die 
Handschrift  selbst  fiber  die  Eigenart  d6r  in  ihr  enthaltenen 
Schriften  gewahre. 

Ueber  die  Anlage  der  Handschrift  ist  einiges  zu  be- 
merken.  Sie  ist  eine  Papierhandschrift  in  Klein-Quart  aus  der 
ersten  H&lfte  des  15.  Jahrhunderts.  Stellenweise  hat  sie  durch 
Feuchtigkeit,  besonders  am  oberen  Rande,  sehr  gelitten.  Sie 
besteht  aus  zwei  urspriinglich  selbstandigen  Teilen,  die  erst 
spater,  aber  noch  im  15.  Jahrhundert,  zusammengebunden 
wurden.  Beim  Einbinden  haben  beide  Teile,  wie  das  Fehlen 
einzelner  Buchstaben  der  Randbemerkungen  lehrt,  am  Seiten- 
und  am  obern  Rande  etwas  eingebiisst.  Trotz  mancher  Ver- 
schiedenheit  im  Einzelnen  hat  das  Ganze  einen  ausgepragten, 
einheitlichen  Charakter,  so  dass  sich  der  Geist  und  das  Interesse 
der  urspriinglichen  Besitzer  des  Sammelbandes  deutlich  er- 
kennen  lasst. 

Die  Handschrift  ist  in  Sexternionen  geschrieben,  den 
ersten  Teil  bilden  ftinf  solcher  Lagen,  den  zweiten  vierzehn. 
Dass  der  zweite  friiher  fiir  sich  bestanden,  gewahrt  man  schon 
an  dem  Zustande  der  Vorderseite  des  ersten  Blattes,  f.  58a  der 
Gesamthandschrift.  Zum  Ueberfluss  beweisen  es  die  alten 
Sexternionenzahlen  am  oberen  Rande  der  4.  bis  12.  Lage, 
f.  94R  zeigt  oben  eine  4,  f.  106R  eine  5,  f.  118*  eine  6,  f.  130a  eine 
7,  f.  142*  eine  8,  f.  154*  eine  9,  f.  166a  die  Spuren  einer  10, 
f.  178a  eine  11,  f.  190a  eine  12. 

Im  ersten  Teile  fehlen  Blatt  2  und  3  des  ersten 
Sexternio.  Das  letzte  Blatt  des  funften  Sexternio  war  wahr- 
scheinlich  leer  geblieben  und  schon  frtih  ausgeschnitten  worden. 
Im  zweiten  Teile  sind  die  vier  ersten  Blatter  der  zweiten 
Halfte  des  dritten  Sexternio,  f.  88  bis  91,  ausgerissen  worden, 
wahrscheinlich  von  allzufrommer  Hand   wegen   ihres  Inhaltes, 


!)  C.  Borchling  verwies  in  seinem  ersten  Reisebericht  Mittel- 
niederdeutsche  Handschriften  in  Norddeutschland  und  den  Niederlanden, 
Nachr.  d.  G.  d.  W.  zu  Gottingen  1898,  83  auf  meine  in  nahe  Aussicht  ge- 
st  elite  Beschreibung. 


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—       3       -r 

vergl.  iiber  ihn  Babucke  19.    Von  der  zweiten  H&lfte  der  vier- 
zehnten  Lage  sind  nur  die  beiden  ersten  Blatter  erhalten.1) 
Den  Inhalt  der  Handschrift  bilden  folgende  Stticke: 

1.  Buschmann  f.  la  bis  f.  46a , 

2.  Van  der  lere  vnd  kunst  wol  to   steruende  f.  45b  bis 
f.  55b  ,2) 

3.  Eyn  pawes  lach  an  syme  lesten  f.  66*  bis  f.  56b  ,8) 

4.  Das  apostolische  Glaubensbekenntnis  f.  57b  ,4) 

5.  Josep  van  den  seven  dotsunden  f.  68*  bis  f.  197*  (p.  1 
bis  279), 

6.  Reimspriiche  f.  197b  bis  f.  198b  (p.  280  bis  282),*) 

7.  Bone    doctrine    pro    communi6)    bono    f.    199*    bis 
f.  208*  (p.  283  bis  301), 

8.  Also  vele  alse  du  god  lef  hest  f.  208b  (p.  302),7) 

9.  De   ere   der   hemelschen  ovinghe  f.  209*  bis  f.  213* 
(p.  303  bis  311), 

!)  Babucke  hat  die  Handschrift  zuerst  foliiert,  mit  Bleistift  bis 
zum  Blatte  69,  im  Gedichte  Josepes,  dann  paginierte  er  den  Teil,  der  das 
Gedicht  enthalt,  bis  zur  Seite  13  mit  Bleistift,  von  Seite  14  an  mit  Tinte. 
162  setzte  er  aus  Versehen  zweimal,  so  dass  die  Vorderseite,  auf  der 
das  Gedicht  schliesst,  die  Zahl  278  erhielt.  Er  bezeichnete  dieses  Blatt 
mit  Bleistift  als  das  193.  Von  da  an  foliierte  er  wieder  mit  Bleistift,  das 
letzte  beschriebene  Blatt  ist  nach  ihm  das  214.  Ebenso  wenig  wie  diese 
Bezifferung  ist  die  Angabe  Babuckes  iiber  den  Inhalt  der  Handschrift 
genau.    Liibbens  Angabe  ist  durch  weitere  Versehen  noch  ungenauer. 

2)  Diese  Ars  moriendi  steht  auch  in  einer  Handschrift  des  Kon- 
vents  in  Hamburg,  vergl.  C.  Borchling,  erster  Reisebericht  107,  vielleicht 
auch  noch  in  der  einen  Oder  der  anderen  der  Handschriften,  die  a.  a.  0. 
106  genannt  sind. 

s)  Diese  Geschichte  findet  sich  auch  am  Schlusse  einer  Sammlungi 
lateinischer  und  mittelniederdeutscher  Gebete  in  einer  Handschrift  der 
Grossen  Kgl.  Bibl.  zu  Kopenhagen,  Th.  8°,  122,  vergl.  C.  Borchling,  zweiter 
Reisebericht,  Nachrichten  1900,  Beiheft,  34. 

4)  Aus  diesem  Credo  fiihre  ich  folgende  Stellen  an,  da  sie  aus 
verschiedenen  Griinden  Beachtung  verdienen :  „Ik  loue,  dat  he  de  martere 
leden  heft  vnder  pylates  richte  ...  sit  to  der  vorderen  hand  synes 
hommel8chen  vaders  in  liker  almechticheyt.  .  .  Ik  loue  wesen  eyne  kerken 
der  hilghen  cristenheyt.  .  .  Ik  loue  vorgheuinghe  der  sunde  alle  den,  de 
dar  ruwe  vmme  hebben."  Das  Ganze,  ohne  jede  Bemerkung  iiber  seine 
Besonderheit,  abgedruckt  von  Deiter  Korrespondenzbl.  V  (1880),  68. 

6)  Veroffentlicht  von  Liibben  Nd.  Jahrb.  II  (1877),  24  fgg. 

•)  Babucke  liest,  ohne  das  Compendium  zu  beachten:    „omnia. 

7)  Abgedruckt  von  Deiter  Korrespondenzbl.  VI  (1881),  15. 

1* 


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—     4    — 

10.  Per  XII  signa  possis  cognoscere *),  si  sis  in  gracia  dei 
f.  213b  —  f.  216b    (p.  312  bis  316), 

11.  Auslegungen  des  Vaterunsers  f.  216b  bis  f.  217*  (p.  316 
bis  319),2) 

12.  Twelfleye  nud  is  an  der  entfanginge   vnses    heren 
lichames  f.  217»  bis  219b  (p.  319  bis  324). 

Die  vier  ersten  Stiicke  stehen  im  ersten  Teile  der  Hand- 
schrift,  das  vierte  ist  hinzugefiigt,  weil  in  dem  zweiten  darauf 
Bezug  genommen. 

f.  66*  heisst  es: 

„Wan  de  mynsche  vorscheden  wil,  dar  scholen  de  lude 
gerne  by  syn  vnd  spreken  myt  luder  stempne:  Ik  loue  in  god 
vader  allemechtich  schepper  hemmelrikes  vnd  ertrykes  vnd  in 
ihesum  cristum  synen  eynborne  sone  etc.,  vnd  den  gelouen 
gantz  vth;  des  is  denne  deme  seken  in  der  tyd  der  vorschedinge 
grod  behuff  vnd  nod  wedder  de  anvechtinge  der  bosen  geyste. 
Dyt  holden  etlike  geystlike  ordene  .also.  Ok  is  gescreuen,  dat 
vruwesnamen  vnd  geystlike  lude  nummer  lopen  scholen,  wenne 
to  vure,  dar  id  schaden  dut,  vnd  to  den  steruenden  mynschen." 

Schon  aus  dieser  Stelle  ergiebt  sich  die  enge  Be- 
ziehung  des  zweiten  Sttickes  zum  ersten.  Buschmanns  Ge- 
schick  zeigte  die  Notwendigkeit  „der  lere  vnd  kunst  wol  to 
steruende." 

Die  Ueberschrift  sowie  die  Einleitung  lehren  uns  naheres 
tiber  diese  „Sterbekunstu : 

f.  45b  „Dyt  is  wome  wol  steruen  leret  in  dessem  boke."3) 
Sequitur  de  arte  moriendi  bene.  Hir  na  volget  van  der  lere  vnd 
*kunst  wol  to  steruende,  vnd  dat  schalme  leren  to  wetende,  wan 
eyn  mynsche  krank  wert. 

Na  deme  dat  van  desseme  jegenwardigen  elenden  armode 
de  gank  des  dodes  dorch  vnuorvaringe  vnd  vnwetenheyd  to 
steruende  velen  luden,   nicht  allene  den  leyen,    men  ok  den 

*)  Babucke  hat  ungenau:  „cognoscia. 

*)  Abgedruckt  von  Deiter,  Nd.  Jahrb.  IX  (1884),  145  fg.  Vor  dem 
Vaterunser  stent  „M.  L.a  =  Matheus.  Lucas.  Deiter  schreibt  „m.  1.* 
und  erklart  falsch  ,,=  Matheus  ludet." 

s)  Alles  in  der  Handschrift  Rot-  oder  Blaugeschriebene  ist  hier  aus 
fetter  Schrift  gesetzt.  Der  Abdruck  folgt  genau  der  Handschrift,  nur  die 
Eigennamen  sind  konsequent  mit  grossen  Anfangsbuchstaben  gesetzt,  ebenso 
die  Anfangsworte  derSatze;  ferner  ist  nach  heutigem  Brauche  interpungiert. 


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—     5     — 

gelereden  geystliken  vnd  jnnigen  luden  swar,  vorverlik,  greselik 
vnd  vorschreckelik  dunket  vnd  is,  hir  vmme  in  desser  jegen- 
wardigen  materien,  de  van  der  kunst  is  wol  to  steruende, 
schalme  vlytigen  merken  vnd  leren  eyne  korte  gude  wyse,  de 
men  sunderliken  holden  schal  by  den  gennen,  de  in  des  dodes 
not  vnd  vare  liggen.  De  wise  is  ok  alien  cristenen  luden  nutte, 
nod  vnd  vor  alien  dingen  vromelik. 

Desse  materie  is  gedelet  in  vyff  stucke,  dat  erste  stucke 
is  van  des  dodes  loue  vnd  kunst  wol  to  steruende,  dat  andere 
is  van  vyfleye  groten  bekoringen,  dar  de  kranken  mede  bedroued 
werden,  dat  drudde  stucke  is  van  guden  vragen,  de  men  don 
schal  by  deme  steruenden  mynschen,  dat  verde  is  van  guden 
anretzingen  vnd  leren,  de  men  den  seken  don  schal,  dat  vefte 
stucke  is  van  guden  gebeden.  de  de  seke  vnd  ok  de  gesunden 
mynschen  spreken  scholen." 

Die  „Sterbekunsta  schliesst  f.  65b  mit  den  Worten: 

„We  nu  sus  wil  van  hir  scheden,  deme  is  des  not,  dat 
he  desse  wise  vnd  lere  woi  vore  bedenke  in  syner  gesundheyd, 
jo  he  bed  steyt  in  syner  krankheyd.  Ok  is  nutte  vnd  gar 
vromelik,  dat  eyn  islik  in  syner  sundheyt  vorwerue  vnd  vthkese 
eynen  truwen  vrund,  de  by  eme  blyue  in  des  dodes  nod  vnd 
helpe  eme  na  desser  lere,  wormede  he  mach.  In  der  lesten  not 
vind  me  seldene  ware  vrund,  wente  de  ware  vrund  arbeydet 
na  synes  vrundes  salicheyd,  men  de  valsche  vrund  bewiset  sik 
vrundlik  vmme  synes  gudes  willen.  Hir  vmme  rade  ik  eyneme 
isliken,  dat  malk  synes  sulues  vrund  sy  vnd  berede  sik  na 
desser  lere,  de  wile  he  gesund  is,  so  enbehoued  he  des  nicht  in 
der  krankheyt." 

Darauf  folgt  eine  Geschichte,  auf  die  ein  Notandum 
am  Rande  besonders  hinweist.  Sie  geh6rt  nicht  zur  „Sterbe- 
kunsta.  Weil  aber  dort  verschiedene  Gebete  ftir  die  Sterbe- 
stunde  angefiihrt  sind,  wird  sie  der  „Sterbekunst"  angeschlossen, 
da  auch  sie  wirksame  Sterbegebete  enth&lt.  Sie  ist  dem 
Mirakel  von  Buschmann  eng  verwandt.    Sie  lautet: 

f.  56*  „Ein  pawes  lach  an  syme  lesten  vnde  vragede 
syneme  capellane,  deme  he  wol  getruwe,  watte  gud  he  eme 
wolde  na  don.  He  sede,  wat  he  vormochte.  Do  sede  de  pawes : 
Ik  beghere  vnd  bydde  van  dy,  dat  du  my  wiliest  na  spreken 
dre  pater  noster  in  der  tyd,  also  du  merkest,  dat  ik  vorschede. 


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—     6     — 

Vnd  schald  de  spreken  myt  guder  andacht  in  desser  wyse: 
Dyt  hilge  pater  noster  spreke  ik  to  eren  deme  groten  angeste, 
den  Cristus  Ihesus  hadde  in  syner  hilghen  mynscheyt  in  der 
tyd  synes  gebedes,  do  he  vor  uns  bludich  sweth  vth  syneme 
hilgen  lichamme  ghod,  vnd  offerde  dat  syneme  hemmelschen 
vadere  vor  vnse  sunde.  Vnd  bidde  god,  dat  he  den  angest 
sette  vor  alle  mynen  angst  vnd  vruchten  vnd  bescherme  my 
vor  den  angst  alle  myner  vyende.  Dat  ander  pater  noster 
sprek  in  de  ere  des  lydendes  Ihesu  Cristi,  alse  he  led  an 
deme  cruce  vnd  besunderen  alse  he  led  in  der  stunde,  alse  syn 
hilghe  sele  schedede  van  deme  lichamme,  vnd  bidde  ene,  dat  he 
dat  bittere  lydent  syneme  hemmelschen  vadere  offere  vor 
f.  56b  alle  myne  sunde.  Dat  drudde  pater  noster  spreke 
in  de  ere  der  vnsprekeliken  leue  Ihesu  Cristi,  de  ene  toch 
van  deme  hemmele  an  dyt  ertrike  vnd  dwang  ene  to  deme 
groten  lydende  dre  vnd  druttich  jar.  Vnd  bidde  ene,  dat  he  in 
der  leue  my  opene  syn  ewyge  ryke  vnd  entfange  my  dar  in, 
dat  he  myt  syneme  lydende  my  vorworuen  heft,  des  ik  van 
mynem  vordenste  vnwerdich  byn.  —  De  capellane  sede,  he 
wolde  id  gerne  don. 

Alse  de  pawes  gestoruen  was,  quam  he  drade  to  deme 
capellane  in  groter  clarheyt  vnde  sprak:  Leue  vrund,  dy  sy 
ewich  Ion  van  gode.  Ik  bin  in  groten  vrouden  ane  alle  pyne 
dorch  dyn  getruwe  bed.  Wente  alse  du  dat  erste  pater  noster 
gesproken  haddest,  quam  Ihesus  Cristus  vnd  wysede  syneme 
hemmelschen  vadere  syn  bludige  swet,  dat  he  vor  vns  gegoten 
heft,  vnde  vordreff  van  my  alien  angst  vnde  vruchten  vnd 
alle  we.  Do  du  dat  andere  sprokest,  do  wysede  Cristus  Ihesus 
syneme  vadere  alle  bytterheyd  synes  lydendes  an  deme 
f.  57a  cruce  vnde  vorgaff  my  alle  myne  sunde.  Do  du  dat 
drudde  pater  noster  haddest  gesproken,  do  wart  my  de 
hemmel  geopend,  dar  schal  ik  my  jnne  vrouwen  to  ewygen 
tyden.  Ere  sy  god  in  der  hoghe.  Hirmede  vorswand  de  sele. 
De  capellane  kundigede  dyt  velen  luden,  vnd  id  quam  dar  na 
in  eyne  gude  wonheyd,  dat  me  dyt  also  velen  doden  na  dede. 
Vnd  id  is  myldichliken  wol  to  louende,  dat  de  wyse  gode 
gantz  anname  sy,  wente  de  jnnigen  bidders  twydet  god  gerne. 
Amen.  Et  sic  est  finis.  Omnis  vita  sapientis  est  meditacio  mortis. 
Jeronymus." 


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—     7     — 

Es  ist  jedenfalls  nicht  zufallig,  dass  es  kein  Geringerer 
als  ein  Papst  ist,  der  nicht  durch  seine  eigenen  Verdienste, 
sondern  nur  durch  die  fromme  Fiirbitte  in  den  Himmel  kommt. 

Am  interessantesten  ist  in  diesem  ersten  Teile  der 
Buschman.  Die  Fassung  weicht  wesentlich  von  der  bisher  be- 
kannten,  von  W.  Seelmann  veroffentlichten  ab;  diese  verh&lt 
sich  zu  der  Emder  fast  wie  ein  magerer  Auszug  zu  einer 
ausfuhrlichen,  lebensvollen  Darstellung. 

f.  la  steht  oben  von  der  Hand  der  Rubrikators  von 
blauen  Strichen  eingefasst  Buschman.  Dann  beginnt  der  Text 
„In  deme  namen  godes.  Amen.  Id  geschach  na  der ,  gebort 
Cristi  M.cccc.  jn  demeXXXVIIS?  jare,  jn  deme  manen  Nouember, 
jn  deme  lande  to  Cleue  Collensches  stichtes,  in  eynem  dorppe 
genomed  Mederich,  belegen  by  Dusberge  der  stad  also  genand, 
vppe  sunte  Mertens  auend,  dat  sik  dar  openbarde  eynes 
mannes  geyst,  na  der  tyd,  alse  he  gestoruen  was,  vertich  iar 
myn  XII  weken.  Syn  name  was  Hinrik  Buschman,  ichteswanne 
eyn  ackerman,  vnd  syn  openbaringe  gyngk  alsus  to. 

Id  gheschach  in  deme  suluen  iare  vp  sunte  Mertens 
auende,  dat  eynes  ackermannes  sone  dar  sulues  de  perde 
scholde  halen  vt  der  weyde,  vnd  was  eyn  knecht  van  XXV  jaren, 
geheten  Arnd  Buschman  van  deme  suluen  gheslechte,  vnd  he 
wonede  myt  eynem  ackermanne,  genomed  Bernt  Buschman. 

Alse  Arnd  des  auendes  quam  vp  den  hof  vnd  syne 
perde  bestet  hadde  in  den  stal,  do  was  de  dach  vndergan.  Do 
leep  ene  an  eyne  staltnisse  eynes  f.  lb  groten  hundes,  de  was 
vael  van  haren  vnd  leet,  eft  he  in  deme  drecke  gewolterd  were, 
vnd  drengede  vp  ene,  alse  eft  he  ene  wolde  byten.  Arnd 
ward  sere  vorveret  vnd  drengede  sik  an  eynen  thun  vnd  bevoel 
sik  gode  vnd  dede  vor  sik  dat  teken  des  hilgen  cruces.  Do 
bleef  dat  deer  bestande  vnd  anckede  alse  eyn  krank  mynsche, 
vnd  Arnd  gyng  do  hen  synen  wech.  Dar  na  motte  erne  dat 
deer  to  mennighen  tyden  vnd  anckede  vnd  suchtede  iamerliken 
vnde  lude,  dat  velen  luden  wol  witlik  is,  de  dat  mede  horeden 
vnd  seghen. 

Dar  na  ging  Arnd  to  syneme  perner,  geheten  her  Johan 
van  Dynslaken,  vnd  dede  syne  bicht  vnd  kundygede  feme  desse 
gheschychte.    Do  sede  de  perner:  Id  is  eyn  geyst,   de  begeret 


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—     8     — 

lichte  hulpe  van  dy.  Du  moest1)  ene  besweren.  Arnd  sprak: 
Des  en  kan  ik  nicht,  vnd  my  is  lede  vor  ververnisse,  ok  weyt 
ik  to  der  besweringe  nene  wyse. 

Dar  na  gheschach  id  in  der  vasten"  f.  2  fehlt.  In  der 
Kegel  stehen  26  bis  27  Zeilen  auf  einer  Seite.  Es 
fehlt  also  was  dem  Seelmannschen  Texte  S.  41  Zeile 
15  bis  30  entsprach.  f.  3*  (f.  2a  Babuckes)  „mochte,  vppe 
dat  se  van  der  noet  quemen.  Men  Amd  wyste  neyne  wege, 
vnd  de  geyst  dreff  groten*)  iammer,  vnd  alse  dar  we  quam 
vnd  vragede,  wormede  men  eme  mochte  to  hulpe  komen,  so  en 
leet  de  bose  geyst,  de  ene  regerede  vnd  pynegede,  eme  nicht 
seggen,  wor  mede  men  eme  helpen  mochte.  Also  weren  dar 
etlike,  de  reden  Arnde,  dat  he  gynge  to  Collen,  dar  doctores 
vnd  lerde  hide  weren,  vmme  rad  van  ene  to  sokende,  wo  he 
deme  geyste  helpen  mochte. 

Amd  gyng  hen  to  Collen,  dar  was  he  bet  in  den 
drudden  dach,  men  he  ne  vand  dar  nemende,  de  eme  rad 
geuen  konde,  dar  vmme  dat  de  geyst  nicht  gesecht  hadde, 
wor  mede  men  eme  helpen  mochte.  Alsus  was  Amd  in  grote 
bedrofnisse,  vnd  nam  orloff  vnd  gyng  wedder  na  hus  in  grotem 
wemode.  Do  he  vp  dat  velt  quam  by  Dusseldorppe,  dar  motte 
eme  eyn  prester,  de  was  to  male  eyn  schone,  herlik  man,  vnd 
was  ghecledet  myt  witten  klederen.  He  was  so  schone  vnd 
herlik,  dat  Amd  vorschrak,  vnd  entsettede  sik  so  sere,  dat 
he  ene  nicht  f.  3b  dorste  anseen.  Do  sprak  de  prester:  Amd, 
hebbe  guden  trost.  Ik  wil  van  godes  gnaden  dy  witlik  don, 
wo  du  deme  geyste  scholt  helpen  van  den  pynen.  Amd  sprak: 
Leue  her,  synt  iw  de  sake  witlik,  hebbe  gy  se  to  Collen  van 
my  gehored?    De  prester  sprak:    Id  is  de  geyst  van  Hinrike 

Buschmanne Do  wolde  Amd  denu  f.  4  fehlt.    Es  fehlt 

was  dem  Seelmannschen  Texte  S.  42,  Zeile  22  bis  47, 
S.  43,  Zeile  1  bis  4  entsprach.  f.  5*  (f.  3a  Babuckes) 
„Amd:  Ik  weyt  nicht,  wo  vele  der  wunden  weren"  — 


f)  Der  Schreiber  hatte  zuerst  8mochsta  geschrieben,  das  er  dann 
durchstrich. 

2)  Vor  „  iammer  *  in  der  Handschrift  eine  Rasur. 


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—     9     — 

f.  44b  „Desse  vorschreuene  openbaringhe  begunde  in  sunte 
Mertens  auende  vnd  endigede  vp  den  dach  der  hemmelvard 
Cristi  vnses  heren,  also  stund  id  XXVI  weken.  Vnd  were 
jemand,  de  desser  openbaringe  nicht  gelouen  konde,  de  mochte 
komen1)  f.  45a  in  dat  vorbenomede  dorp  Mederich  vnd  vragen 
dar  vele  lude,  den  id  witlik  is,  vnd  by  namen  Bernde  Busch- 
manne, Fyen  syne  husfruwen,  wente  id  vp  erem  erue  geschen 
is,  Hinrike  Pasmanne,  eren  knecht,  vnd  alle  ere  andere  gesinde, 
den  id  alien  wol  witlik  is;  vnd  vele  andere  lude,  de  Arnd 
dar  ok  by  brachte,  der  ichtwelke  in  deme  suluen  dorpe  vnd  et- 
like  dar  by  in  anderen  dorperen  vnd  jegenoden  wonen,  alse 
mit  namen  Hanse  Buschmanne  van  Berge,  Euerd  Busch- 
mannes 2)  sone,  vnd  Hinricuse,  des  pastores  brodere  van  Mederich, 
de  myt  Arnde  to  Aken  ging,  vnd  vele  andere  lude,  den  dyt 
mede  witlik  is.  Ok  mochte  me  Hinrike  Buschmanne  hemeliken 
vragen,  deme  de  geyst  syne  teyn  kynder  gedodet  hadde,  vnd 
wo  Arnd  eme  dat  witlik  dede. 

Arnd  lerde  noch  scriuen  vnd  heft  desse  hystorien  ge- 
screuen,  ok  is  se  van  anderen  lerden  luden  bescreuen,  den  se 
Arnd  gesecht  heft.  God  geue  vns  hir  also  to  leuende,  dat  wy 
myt  gode  ewygen  moten  leuen.    Amen.    Et  sic  est  finis." 

Beachtung  verdient  vor  allem  der  Schluss  der  Emder 
Fassung,  der  den  bisher  bekannten  fehlt,  der  ausdrtickliche 
Hinweis  auf  gelehrte  Bearbeiter  der  Geschichte.  Dass  Arnd 
erst  schreiben  lernen  musste,  um  sie  aufzeichnen  zu  konnen, 
ist  eine  kleine  Konzession  an  die  Wahrscheinlichkeit.  Es  ist 
vollig  iiberfliissig,  mit  Graeber  und  Seelmann,  zu  untersuchen, 
wieviel  von  den  erzahlten  Vorgangen  der  Wirklichkeit  ent- 
sprach,  da  das  Ganze  offenbare  Dichtung  ist.  Wichtiger  ist 
die  Frage,  wer  als  Urheber  derselben  zu  betrachten  ist.  Seel- 
mann hielt  „irgend  einen  Kleriker"  ftir  den  Verfasser.  Er  hat 
dabei  die  eigentliche  Tendenz  der  Erzahlung  vollig  tibersehen. 
Es  war  sicher  nicht  zuf&llig,  dass  es  gerade  ein  Dominikaner 


')  Es  folgte  ursprunglich  Bto",  das  der  Schreiber  aber  selbst 
durchstrich. 

2)  Dor  Schreiber  irrte  hier  von  einem  ersten  „8one"  auf  das 
folgendQ  zweite  ab  und  (ibersprang  daher  die  Worte,  bei  Seelmann  nach 
den  Hsa  ABC:  ,sone  und  Arnoldus  Lakem  Borchardus." 


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—     10     — 

war,  „frater  Johannes  de  Essendia,  ordinis  praedicatorum  con- 
ventus  Wesaliensis,  sacre  theologie  professor tf,  der  sie  schon 
1444  ins  Lateinische  tibertrug. x)  Mit  Recht  wunderte  der  Ueber- 
setzer  sich,  dass  die  Messen  auf  Geheiss  des  Geistes  in  Koln, 
nicht  in  der  Clever  Gegend  gehalten,  und  auch  die  Almosen 
dort  verteilt  werden  sollten.  Er  setzte  es  aber  auf  Rechnung 
des  bosen  Geistes,  der  in  seiner  Bosheit  die  Clever  Geistlichen 
und  Armen  habe  verdachtigen  wollen.  Priifen  wir  die  Sache 
selbst. 

Die  betreffende  Stelle  lautet  in  der  Emder  Hand- 
schrift  f.  5a  (Babuckes  f.  3a )  „Du  scholt  nemen  XXXVI  Rey- 
naldus  guldene  vnd  dre  Colnesche  witte  penninge  vnd  gha  hen 
to  Colne  vnd  kop  dar  brot  mede  vnd  ga  vor  de  kerken, 
dar  arme  lude  sin  vnd  der  alemyssen  begeren,  vnd  giff  isliken 
armen  mynschen  eyn  brod  van  eynen  Collenschen  morken,  so 
is  der  allemyssen  genuch.  Dar  na  lad  lesen  XXX  myssen  in 
desser  wyse :  Gha  to  der  predekere  clostere,  den  ersten  prester, 
den  du  dar  sust,  den  lad  lesen  vyff  selemyssen  vnd  giff  erne 
souen  Collensche  wytte  pennynge.  So  ga  to  dem  gardiane  van 
den  mynren  broderen,  deme  lat  lesen  de  negen  myssen  van 
den  negen  koren  der  hilghen  engele  vnd  gyff  erne  IX  Collensche 
witte  pennynge.  Denne  ga  to  vnser  leuen  vrowen  broderen  in 
der  capellen,  dar  dat  grote  bilde  vnser  leuen  vrowen  steyt. 
Welk  prester  vor  deme  belde  misse  leset,  deme  lat  lesen  de 
XII  missen  f.  5b  van  den  XII  apostelen  vnd  giff  erne  XII  Col- 
lensche wytte  pennynge.  Do  sprak  Arnd:  Vnse  kerkhere  be- 
geret  ok,  dat  he  der  myssen  welke  moge  lesen.2)  De  geyst 
sprak:  So  lat  erne  lesen  de  IIII  missen  van  vnser  leuen 
vruwen,  der  werden  moder  Cristi. 

Arnd  gyng  hen  to  Collen  vnde  dede,  alse  eme  de  geyst 
gesecht  hadde,  vnd  gyng  to  den  presteren  vnd  sede  ene  alle 
vorschreuene  stucke  van  deme  geyste  vnd  vragede  erer  isliken, 
wat   he   wolde   nemen   vor  de   myssen    to   lesende.      Vnd  se 


!)  Die  alteste  Hs.  dieser  Uebersetzung  war  friiher  im  Besitz  des 
Dominikaners  Heinrich  Kaltisen,  vgl.  Seelmann  Nd.  Jb.  VI,  35. 

a)  In  der  Seelmannschen  Fassung  wird  hervorgehoben,  dass  der 
Pfarrer  die  Seelenmessen  unentgeltlich  lesen  will:  „umme  godes  willen* 
a.  a  0.  45,  vgl.  die  Anmerkungen  S.  13,  14,  15. 


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—   11   — 

spreken  alle,  dat  he  geue  wat  he  wolde,  se  wolden  id  gerne 
don.  Arnt  gaff  erer  islikem  dat  gelt,  alse  erne  de  geyst  hadde 
ghesecht,  vnd  de  myssen  worden  alle  gelesen.u 

Die  Messen  sollen  also  in  Koln  von  einem  Prediger- 
monche  (Dominikaner),  einem  Minderbruder  (Minoriten,  Franzis- 
kaner),  einem  Frauenbruder  (Carmeliter)  gelesen  werden.  Erst 
als  Arnd  auf  den  ausdrlicklichen  Wunsch  seines  Pfarrherrn  hin- 
weist,  wird  auch  dieser  berucksichtigt.  f.  6b  (f.  4b  Babuckes) 
horen  wir  Naheres  von  ihm,  es  ist  „her  Johan,  deghen,  unse 
pastor  to  sunte  Aposteln"  in  Koln.  Er  hat  statt  der  aufge- 
tragenen  vier  Messen  deren  funf  gelesen:  „vppe  dat  id  deste 
beter  worde,  wente  wy  alle  breklik  sin  vnd  vnuullenkomenu, 
also  nach  der  Meinung  des  Verfassers,  im  Gefiihl  seiner  Unzu- 
langlichkeit.  Es  ist  unverkennbar,  die  Ordensgeistlichen  stehen 
dem  Verfasser  hoher  als  die  Weltgeistlichen.  So  sind  auch 
an  andern  Stellen  der  Erzahlung,  wo  von  Priestern  die  Rede 
ist,  immer  Ordensgeistliche  gemeint,  vgl.  S.  13  fgg.  Beabsichtigt  ist 
ferner  die  Reihenfolge,  in  der  die  Ordensgeistlichen  hier  genannt 
werden,  zuerst  die  Bettelmonche,  an  ihrer  Spitze  die  Domini- 
kaner. l)  Noch  an  einer  andern  Stelle  zeigt  sich,  wie  sehr  dem 
Verfasser  die  Hervorhebung  der  Dominikaner  am  Herzen  liegt. 
Arnd  kann  durch  seinen  „perner  Johan  von  Dinslaken",  vgl. 
oben  S.  7  fg.,  nicht  erfahren,  wie  er  den  Geist  beschworen  soil,  auch 
die  „doctores  vnd  lerde  lude  to  Collentf  konnen  ihm  keinen 
Rat  geben,  es  muss  ein  verklarter  Priester  vom  Himmel 
kommen  —  deshalb  wagt  Arnd  ihn  nicht  anzublicken,  vgl.  S.  8. 
Er  tragt  weisse  Kleider,  nicht  als  Verklarter,  sondern  als  Domini- 
kaner. Es  musste  also  ein  Dominikaner  aus  dem  Himmel 
kommen,  um  die  wunderbaren  Offenbarungen  des  Hinrik  Busch- 
man  zu  ermoglichen,  kein  anderer  ware  so  wtirdig  gewesen, 
dass  er  die  Beschworungsformel  hatte  wissen  und  lehren 
konnen. 

Nicht  verschweigen  will  ich,  dass  eine  andere  Stelle 
eine  besondere  Vorliebe  fur  die  Franziskaner  an  den  Tag  legt. 
Der  einzige  Heilige,  der  ausser  Maria  und  Jakob  von  Compo- 


!)  So  ist  es  wohl  auch  nicht  zufallig,  dass  der  Dominikaner  fiir 
8  eine  funf  Seelenmessen  sieben  kolnische  Weisspfennige  erhalt,  wahrend 
die  ubrigen  Ordensgeistlichen  fiir  je  eine  Seelenmesse  einen  kolnischen, 
Weis8pfennig  bekommen.  Der  Weltgeistliche  liest  seine  „um  godes  willen." 


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—     12     — 

stella  in  der  Erzahlung  namentlich  aufgeftihrt  wird,  ist  Fran- 
ziskus.  f.  31b  (Babucke)  heisst  es  von  ihm  „De  wyle  sunte  Fran- 
ciscus  noch  wertlik  was,  do  enwas  he  noch  der  mynsten 
vroude  nicht  werdich,  men  dar  na,  alse  he  sik  meer  vnd  raeer 
to  gode  gaff,  ward  he  meer  vnd  meer  vroude  werdich.  Vnd 
ik  sach  ene  in  der  jegenwardicheyd  Ihesu  Cristi,  vnd  he  hadde 
eyn  so  wol  getzieret  cruce  in  synen  handen  myt  so  groten 
vrouden,  dat  id  nicht  mynschlik  is  to  sprekende.tf 

Weitere  Aufschltisse  liber  den  Kreis,  in  dem  der  Ver- 
fasser  zu  suchen  ist,  uber  seine  Anschauungen  und  seine  Ab- 
sichten,  sowie  tiber  die  Beachtung,  die  seine  Ansichten  fanden, 
geben  die  zahlreichen  Randbemerkungen  der  Emder  Hand- 
schrift,  die  oft  von  einem  Nota  oder  einer  ausgestreckten  Hand 
begleitet,  auf  die  fur  die  damalige  Zeit  wichtigsten  oder  inter- 
essantesten  Stellen  die  Benutzer  der  Handschrift  aufmerk" 
sam  machten.  Sie  geben  keineswegs  den  Inhalt  aller  Ab" 
schnitte  !)  an.  Sie  sind  bald  lateinisch,  bald  deutsch  abgefasst' 
stammen  alle  aber  von  der  Hand  des  Rubrikators.  Sie  be- 
finden  sich  meistens  auf  dem  Seitenrande,  einigemal  auf  dem 
oberen  Rande,  daher  ist  im  Folgenden  nur  das  Letztere  ange- 
merkt,  sie  selbst  sind  durch  fetten  Druck  bezeichnet.  Die  Blatt- 
zahlen  sind  der  Bequemlichkeit  halber  uberall  im  Folgenden 
die  Babuckes. 

Der  Rubrikator  teilt  uberall  die  Auffassung  des  Ver- 
fassers,  wir  haben  auch  ihn  ohne  Zweifel  in  einem  Kloster  der 
Bettelmonche,  sei  es  der  Ordnung  des  h.  Dominicus,  sei  es  der 
Ordnung  des  h.  Franciscus  zu  suchen. 

Er  lenkt  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Stelle,  wo  von 
einem  Weltgeistlichendie  Rede  ist,  der  an  den  Sonn-  und  Fest- 
tagen  mit  seinen  Bauern  in  den  Krug  ging,  mit  ihnen  wiirfelte 
und  auch  sonst  boses  Beispiel  gab. 

f.  20b  „Turpe  est  doctori,  cum  culpa  redarguit  ipsum.  Cepit 
Ihesus  facere  et  docere  etc.  (De  pastor)  is  in  groten  pynen, 
doch  wet  he  wol,  dat  he  dar  van  komen  schal,  na  velen  iaren, 
anders  is  syn  pyne  der  helle  pyne  gelyk.    Do  vragede  Arnd: 


^Unrichtig  sagt  Seelmann  a.  a.  0.  39,  nach  Liibbens  Mitteilung: 
„doch  soil  am  Rande  angemerkt  sein,  welchen  Inhalt  die  einzelnen  Ab- 
schnitte  haben.'4 


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—     13    — 

Wor  mede  heft  he  de  pyne  vorschuldet?  De  geyst  sprak:  He 
denede1)  meer  der  werlde  vnde  den  sunden  wenne  gode.  He  ge- 
bod  synen  kerspelluden  to  holdende  de  bode  godes  vnd  der 
hilgen  kerken,  men  suluen  held  he  se  nicht.  He  gebod  to 
vyrende  de  hilgen  daghe,  men  suluen  vyrede  he  nicht.  He 
gyng  myt  synen  geburen  to  krughe,  he  dobelde,  he  botzede, 
he  vnkuschede,  he  ghyrede  na  velen  lenen.  He  was  steyl  vnd 
homodich.2)  Sus  nemen  syne  kerspellude  bylde  van  eme,  vnd 
dachten,  were  dyt  so  grote  sunde,  alse  he  prediket,  so  endede 
he  id  yo  suluen  nicht.  Wy  don,  alse  he  deyt,  he  wil  io  ok 
gerne  to  gode  komen.  Alsus  leueden  etlike  na  eme  vnd  liden 
ok  nu  de  pyne  myt  eme." 

Auf  das  Loos  der  Ordensleute  im  Jenseits 
weist  er  hin: 

f.  35*  „van  begheuenen  luden  vnd  van  presteren3)  Arnd  sprak : 
Varen  ok  wol4)  geystlike  lude  to  den  pynen,  de  de  ordene  hebben 
entfangen?  De  geyst  sprak:  Alle  geystlike  lude,  monneke,  nun- 
nen,  prestere,  welkes  ordens  se  synt,  de  komen  sunder  pyne 
to  gode,  eft  se  eren  orden  rechte  geholden  hebben;  men  se 
moten  erst  alle  pyne  seen,  er  se  to  gode  komen.  Dar  voret 
se  de  engel  vry  dor,  sunder  pyne.  Jtem  de  monachys  qui  non 
tenuerunt  ordinem  suum  etiam  cuiuscunque  status  ab  ecclesia  ap- 
probatum.  De  auer  eren  orden  nicht  gheholden  hebben,  de 
werden  gepyneged  sunder  barmherticheyt,  id  ensy  dat  se  peni- 
tencien  dan  hebben." 

Die  Priest  er  und  ihre  Pflichten  betreffen  noch  ver- 
schiedene  Randbemerkungen. 


!)  Vor  „meer"  eine  grossere  Rasur. 

*)  Die  Seelmannsche  Fassung  stellt  sich  auf  die  Seite  der  Welt- 
geistlichen,  a.  a.  0.  53  steht  nur:  „he  plach  to  gebeiden  de  hilgen  dage 
to  viren  und  brak  se  selven  myt  arbeyde  und  myt  korne  in  to  vorene." 
Dagegen  werden  an  der  folgenden  Stelle  die  Sunden  der  Ordensleute 
genauer  angegeben,  statt  „de  auer  eren  orden  nicht  geholden  hebben" 
unserer  Fassung,  heifct  es  bei  Seelmann  „de  eren  orden  gebroken  hebt 
myt  houerdige,  myt  giricheit  und  myt  unkuscheyt." 

')  Bezieht  sich,  wie  aus  dem  Folgenden  hervorgeht,  nur  auf  die 
Ordensgeistlichen. 

*)  Nach  „wol"  „vele"  vom  Schreiber  durchstrichen. 


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—     14    — 

f.  21*  „van  der  misse  vnd  de  se  holden  Arnd  sprak :  Synt 
de  missen  van  alien  presteren  allyke  gud  geholden,  vnde  den 
luden  de  se  horen. *)  De  geyst  sprak:  God  is  allyke  grot  vnd 
allyke  weldich  in  eyner  ysliken  myssen,  men  f.  22*  yd  en  is 
deme  prestere,  de  yn  dodsunden  consecreret  vnd  eyne  quade 
vorsate  heft,  nicht  vromelik,  ok  den,  de  syne  bosheyt  mede 
weten,  nicht  so  hulpelik,  alse  wan  se  van  eynen  guden  prester 
mysse2)  horen.  Wente  wol  dat  dat  werde  sacrament  al- 
lyke ho  vnd  mechtich  is,  de  oratione  sacerdotis  so  en  is  doch 
eynes  snoden  presters  gebed  god  so  anname  nicht  alse  eynes 
guden.  Wente  god  horet  gerne  reyne3)  herte.  Wan  auer  eyn 
prester  syne  bycht  deyt  in  warer  ruwe  synesherten,  in  guder 
vorsate,  so  is  syn  bed  gud.  van  dem  offer  vp  dat  altar  Arnd 
sprak:  Wan  men  offerd  vp  dat  altar,  kumpt  dat  ok  den 
selen  to  nut.  De  geyst  sprak:  Dat  offer  is  eyn  alemyssen 
vnd  id  is  den  selen  gar  nutte  myt  der  myssen,  eft  dat  offer 
van  rechtuerdigem  gude  is.  Vnd  dar  na  alse  dat  offer  in  sik 
gud  is,  so  is  id  ok  vor  gode  gud,  dest  id  rechte  ghewunnen  sy, 
alse  myt  swarem  arbeyde,  edder  van  gude,  dat  god  vnd  de 
nature  geuen  heft4).  Is  id  auer  van  duue,  roue,  wukere,  val- 
scher  kopenschop  edder  in  snoden  spelen  vorworuen,  so  enis 
id  gode  nicht  anname.  Vnd  f.  22b  dat  is  sere  vromelik,  dat  me 
rechtuerdich  gud  ofifere  vp  dat  altar,  dar  de  mysse  iegenwar- 
dich  is.  Malum  est  sacerdotibus,  si  non  reddant  pro  offertorijs 
Missas,  vigilias  et  psalmos  etc.  Et  si  non  fuerit  eis  necesse,  dent 
pauperibus  etc.  non  tenentur  persoluere  cum  orationibus  propriis  etc. 
Id  is  auer  den  presteren  bose,  eft  se  ere  gebed  nicht  endon 
vor  dat  offer  myt  myssen,   vigilien   vnd  salmen.5)    Vnd  welk 


*)  Hier  fehlt  wol:  „ allyke  gud  gehort."  Bei  Seelmann,  a.  a.  0.  53 
ist  die  ganze  Stelle  wieder  absichtlich  gekiirzt.  Die  Frage  lautet:  „Sint 
de  mysse  van  alien  preisteren  gelike  gud  gehoirt."  Der  Geist  nimmt 
demgemass  dort  nur  auf  die,  welche  die  Messen  h6ren,  Rucksicht. 

2)  Nach  „my8seu  eine  grossere  Rasur. 

s)  Vor  „herteu  ein  „hu  vom  Schreiber  durchstrichen. 

4)  Auch  hier  ausdriickliche  Rucksichtnahme  auf  bauerliche  Ver- 
haltnisse.  Es  ist  wol  nicht  zufallig,  dass  sie  bei  Seelmann  a.  a.  0.  64 
fehlt;  ebenso  wie  der  folgende  Satz  „Id  is  auer  —  gode  nicht  anname." 

*)  Bei  Seelmann :  „it  is  den  preisteren  bose,  wan  dat  se  dat  offer 
nicht  en  verdeynen,  alse  se  schuldich  sint,  myt  vigilien  und  myssen/1 


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—     15    — 

prester  des  offers  nen  behuff  heft,  de  schal  id  geuen  armen 
luden  edder  presteren,  de  des  behuff  hebben.  So  is  he  vnuor- 
plichtet,  vor  dat  offer  to  biddende."1) 

Auf  die  Strafe  des  bosen  Beispiels  weist  er  auch 
noch  an  einer  andern  Stelle  hin. 

f.  17a  „de  malo  exemplo  Welk  prester  edder  we  id  sy, 
de  dar  bose  lere  edder  quade  bylde  gifft  anderen  luden  myt 
homode,  myt  gyricheyd,  myt  swalge,  myt  quatze,  myt  dobelende 
edder  myt  anderen  bosen  spelen  vnd  myt  vnkuscheyd,  edder 
welkerleye  arch  id  sy,2)  alle  de  genne,  de  na  erer  lere  vnd  na 
eren  bilden  in  de  pyne  komen,  de  vorbeyden  denne  syner  in 
groten  pynen.  Wan  he  denne  steruet,  so  varen  se  denne  myt 
erne  to  groteren  pynen. a 

Mit  Recht  findet  der  Rubrikator  die  Stelle  beachtens- 
wert,  wo  auseinandergesetzt  wird,  dassman  in  jedem  Stande 
selig  werdenkonne,  dass  aber  wer  ins  Kloster  gehe,  um  Weiss- 
brod  zu  essen  und  gute  Tage  zu  haben,  die  Ordensregeln  aber 
nicht  befolgen  wolle,  besser  in  den  Ehestand  trete  und  esse, 
was  die  Arbeit  seiner  Hande  ihm  einbringe. 

f.  32b  „Nota  hie  aliqua  bona.  In  omni  statu  ab  ecclesia  ap- 
probate possit  quivis  saluari,  si  debite  viuit  in  eodem.  Arnd  sprak : 
Watte  stad  mach  ik  annemen,  dar  ik  salich  inne  werde?  De 
geyst   sprak:   In3)    alien    staten,    de  van    der   hilgen    kerken 


»)  Bei  Seelmann  nur:  „Und  wan  se  des  nicht  enbehouen,  so 
solden  se  id  umme  god  gheven,  so  weren  se  darvan  vrig  und  lois.u 

a)  Auch  hier  mildert  die  Seelmannsche  Fassung,  sie  redet  nur 
von  den  Priestern  und  nur  von  dem  bosen  Beispiele,  nicht  von  der  bosen 
Lehre  und  ist  dabei  viel  kxirzer,  vgl.  a.  a.  0.  60:  „Und  so  is  id  ock  myt 
den  preisteren,  de  quade  exempele  geuen  den  luden  myt  giricheit,  hover- 
digen  vnd  unkuscheit  vnd  myt  quaden  spelende." 

*)  Die  Seelmannsche  Fassung  a.  a.  0.  69  zeigt  wieder  beachtens- 
werte  Abweichungen ,  die  wol  samtlich  beabsichtigt  sind.  Zunachst 
hat  sie:  „In  allerleie  state,  de  nicht  verboden  en  is  in  der  hilgen  scrift," 
wahrend  die  Worte  der  Emder  Fassung  sich  vor  allem  auf  die  Orden 
beziehen,  die  von  der  Kirche  verboten  sind.  Nach  diesem  ersten  Satz  hat 
die  Seelmannsche  Fassung  ein  Plus:  „It  were  groit  verdreit,  de  eynen 
orden  aneme,  den  he  nicht  halden  en  mochte,  winte  oppe  dat  ende,  dat 
ene  got  halde."  Im  folgenden  fehlt  bei  Seelmann  der  charakteristische  Be- 
weggrund  zum  Eintritt  in  einen  Orden.  Ebenso  fehlt  dann  alles  von 
„und  worde  vordomed"  bis  „der  almyssen  dar  leuede."  Diese  letzten  Worte 
deuten  wieder  auf  die  Bettelorden. 


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—     16     — 

nicht  vorboden  synt,  mogen  de  lude  salich  werden.  We  ok 
seghe  eynen  orden,  de  nicht  gehalden  worde,  gynge  he  dar  in. 
nicht  vmme  godes  willen  desulven  wyse  to  holdende,  vnd  nicht 
na  der  regelen  to  leuende,  men  dat  he  wys  brod  vnd  gude 
dage  mochte  hebben,  de  dede  alse  eyn,  de  deme  anderen 
volgede  in  eyne  putten,  vp  dat  he  sik  mede  vordrenkede. 
Id  were  erne  nutter,  dat  he  ginge  in  dat  hilge  echte, 
f.  33a  vnd  ete  dat  arbeyd  syner  hande,  vnde  queme  in 
den  chor  der  echten  lude,  wen  dat  he  den  hogesten  chor  vor- 
denen  wolde,  vnd  worde  vordomed  in  de  grunt  der  helle, 
dar  vmme  dat  he  den  orden  annam  vnd  der  almyssen  dar 
leuede  vnd  den  orden  nicht  halden  wolde." 

Nachst  den  Ordensleuten  liegen  dem  Verfasser  und  dem 
Rubrikator  am  meisten  die  unteren  Volksschichten  am 
Herzen,  deren  Rechte  die  Bettelmonche  den  Reichen  und 
Machtigen  gegeniiber  mit  Entschiedenheit  zu  wahren  suchten. 
Darauf  fuhren  mehrere  Randbemerkungen. 

f.  33a  „Ackerlude  Arnd  sprak:  Komen  ok  vele  acker- 
Jude  in  de  pyne?  De  geyst  sprak:  De1)  ackerlude  hedden  wol 
eyn  seker  leuent,  wen  se  de  gebode  helden.  Vnd  dar  na  alse 
se  de  gebode  holden,  werden  se  gepyneged  vnd  gevrowed.  Ik 
hebbe  vele  ackerlude  in  den  pynen  geseen,  men  doch  nicht  in 
den2)  grotesten  pynen.  Wente  de  weldenere  vnd  de  rouere 
nemen  ere  pyne  vele  van  ene  vppe  eren  nacken,  wor  se  de 
armen  lude  vorweldigen  vnd  pynegen.  Ik  hebbe  der  vele  gheseen 
in  den  grotesten  pynen,  de  sik  des  vrouweden,  wan  orloge 
vnd  vnvrede  vpstund,  vppe  dat  se  der  armen  lude  gud  mochten 


*)  In  dem  entsprechenden  Abschnitt  bei  Seelmann  a.  a.  0.  60 
ist  weder  von  dem  „sichern  Leben"  der  Bauern,  noch  von  den  „armen 
Leutenuund  ihrer  „sauren  Arbeit"  die  Rede.  Es  heisst  dort:  „Id  is  myt 
alien  luden  darna  dat  se  de  teyn  gebode  godes  halden.  Ik  hebbe  vele 
ackerlude  in  pinen  gesein  und  nicht  vele  in  der  meisten  pine.  De  rovere, 
dey  se  plegen  to  versturen,  de  nemen  ock  erer  sunde  vele,  und  dey  hebn 
de  meysten  pine,  vnd  ock  so  heb  ik  wol  doitslegere  geseyn,  de  vele  lude 
to  unrechte  doit  gestagen  hadden  und  de  hadden  ock  alle  der  lude  pine, 
de  van  den  to  unrechte  vormordet  weren,  und  de  meisten  pine  hadden 
de  ghene,  dey  groit  orloghe  opgehaven  hadden,  dat  dorpe  vnd  stede  ver- 
brant  worden  und  de  lude  to  unrecht  doit  geslagen  worden,  dey  saten 
in  alte  groten  pine." 

2)  Vor  „grotesten"  eine  Rasur. 


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—     17     — 

kryghen.1)  Vnde  de  genne,  de  sodane  orloge  vnd  krych 
maken,  dar  lude  vnde  dorppere  vrame  vorderuen,  vnd  arme 
lude,  de  vnschuldich  synt,  gequelet  vnd  eres  suren  arbeydes 
entweldiged  f.  33b  werden,  de  hebben  myt  Lucifer  de 
grotesten  pyne,  eft  se  nene  penetencien  don.  Dariiber  am 
oberen  Rande  der  Seite:  Qui  ordinant  discordias  et  ordinant, 
quod  boni  et  simplices  subpeditantur  et  eorum  bona  arripiantur,  et 
in  hoc  gaudium  tales  peruenient  et  post  banc  vitam  cum  Lucifero  etc." 

f.  33b  „van  orloge  vnd  roue.  Ik  hebbe  suluen  ok  alto  grote 
pyne  gehad  dorch  orloges 2)  willen.  Wente  do  ik  by  mynen  XXV 
jaren  old  was,  do  wart  ik  mede  vorbodet  vppe  eyne  reyse. 
Dar  men  rouede  vnd  brande,  dar  was  ik  mede  vnd  stak  ok 
eyn  hus  an,  darvan  der  kerken  hus  mede  vorbrande.  Dat  hadde 
ik  gebichtet,  men  ik  enhadde  so  vele  bote  dar  nicht  vor  gedan, 
alse  dar  vor  borede,  dar  vmme  moste  ik  dat  swarliken  vor- 
boten  in  deme  vegevure." 

f.  25*  „  Do  vragede  Arnd  na  ichtwelken  steden,  de  he 
benomede,  dar  de  lude  vnder  wilen  sodanne  wunder  plegen  to 
seende.  wad  id  were.  Do3)  sede  de  geyst  van  so  velen  selen, 
de  dar  gepyneged  werden,  dat  id  vordretlik  vnd  altolank 
altomale  to  scriuende  were.  Van  doden  ackerluden,  deuen,  roueren, 
swolgeren  etc.  Vnd  de  mynste  deel  weren  ackerlude  gewesen, 
de  sik  vnredeliken  ander  lude  gudes  vnderwunden  hadden,  alse 
myt  afplogende,  edder  anders.  Dar  weren  welke  mede,  de 
bouen  sostich  jar  hadden  dod  gewesen,  Vnd  menliken  werden 
se  in  den  steden  vnd  jegenden  gepyneged,  dar  se  gesundiged 


*)  Vor  „kryghen"  eine  grossere  Rasur. 

*)  Bei  Seelmann  „vmme  bernens  willen/1  Im  Folgenden  ist  die 
Erzahlung  bei  Seelmann  viel  ungeschickter :  „op  eyne  reyse,  dar  wy 
branden  vele  huse.  Dar  was  ick  al  myt  den  eirsten  vnd  stack  de  huser 
mede  an.  Do  was  dar  ein  hus  mede,  dat  horde  der  hilgen  kerken  to, 
dar  stack  ik  eyn  hus  so  na  by  an,  dat  der  kerken  hus  mede  brante.u 
Auffallender  Weise  ist  dann  bei  Seelmann  von  der  Beichte  keine  Rede, 
was  gewiss  nicht  zufallig  ist. 

*)  Vgl.  zu  dem  Folgenden  bei  Seelmann  a.  a.  0.  55,  wo  u.  a.  die 
grflssere  Kurze  und  die  abweichende  Reihenfolge  auffallt:  „Do  sachte  de 
geyst  van  somygen  luden,  der  ein  deil  wol  sestich  iare  doit  hadden  ge- 
wesen, dat  id  wunder  was,  vnd  id  waren  de  meiste  deil  ackerlude  ge- 
west  und  hadden  mallick  ander  er  eyn  dem  anderen  sin  land  affgewunnen 
und  gestolen,  und  ock  ander  sake  gedan  und  waren  de  meiste  deil  oppe 
den  steden,  dar  se  de  sunde  gedaen  hadden/1 

Jahrbach  der  Gwollsch.  f.  b.  K.  a.  vaterl.  AltertUmor  zu  Emdon,  Bd.  XIV.  2 


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—    18    — 

hebben,  alse  mit  stelende,  mit  rouende,  myt  afplogende,  myt 
dobelende,  myt  swelgende,  edder  anders,  wo  denne  de  sunde 
geweset  is.  Vnde  der  kumpt  welk  noch  to  gode  na  velen  jaren. 
Vnd  etlike  moten  to  der  vordo-  f.  25b  menisse,  de  ere  sunde 
nicht  beruwet  vnd  gebichtet  hebben.  * 

f.  24b  Oben  am  Rande:  „Walt  vnd  der  werlde  klukheyd. 
Ik1)  bekande  wol  eynen  man,  de  hadde  wald  vnd  der  werlde 
klukheyd.  He  plach  arme  symple  lude  to  vorweldigende  vnd 
vordruckende  myt  syner  behenden  clukheyd  vnd  wald.  Desse 
besloch  vnd  brak  vnder  sik  eynen  kamp,  de  der  gemeynheyt 
to  horede,  dar  armer  lude  quek  vnde  haue  plach  dar  vppe  to 
weydende.  Dar  na,  do  he  starff,  ward  he  dre  jar  vppe  deme 
kampe  gepyneged  in  den  helschen  vlammen.  Dar  na  ward  he 
begrauen  in  de  helle,  dar  schal  he  werden  gepyneged  ewygen 
sunder  ende.  Vreuel  vnd  bose,  kundich  vppe  houewerk.  Ok  be- 
kande ik  eynen  man,  de  was  vreuel  vnd  bose  vnd  dede  vele 
arges.  He  was  kundich  vnd  wacker  vppe  houewerk,  de  ward 
to  lest  dod  erslagen  van  synen  vyenden.  Vnd  he  scholde  noch 
achte  jar  hebben  geleued,  er  he  naturlikes  dodes  gestoruen 
were.  De  was  de  VIII  jar  in  groten  pynen  vp  der  erden  vnd 
quam  dar  na  in  grotere  pyne  der  helle.  Ok  sede  de  geyst  van 
so  velen  geysten,  van  woldeneren  vnd  roueren  dat  rouere 
vnd  weldenere  plegen  to  wesende,  wo  de  vppe  der  erden  ry- 
den  vnd  gepyneged  werden  de  tyd,  de  se  noch  f.  25a  oben  am 
Rande:  van  den  dede  ere  eghen  lif  vnd  leuent  vorkorten  nota  hie 
mochten  geleued  hebben.  Vnd  van  anderen  wertliken  luden, 
de  ere  leuend  vorkorted  hadden  mennigerhande2)  wys,  myt  quatze, 
myt  swalge,  edder  mit  dodslage.  Van  denseren  vnd  houereren 
myt  eren  vrowen  in  groten  pynen.  Vnd  wo  etlike  dantzen  vnd 
houeren  myt  eren  schonen  vrouwen  in  so  groten  pynen,  dat 
id  greselik  is  to  horende,  vnd  denne  noch  in  vele  grotere  pyne 
der  helle  moten  komen  vnd  ewich  bliuen.tf 

Geschickt  weiss  der  Rubrikator  aus  den  Selbstbekennt- 
nissen  Hinrik  Buschmans  das  Charakteristische  herauszufinden. 


>)  Vgl.  bei  Seelmann  a.  a.  0.  65,  wo  alle  charakteristischen 
Zuge  unserer  Fassung  fehlen.  Der  Abschnitt  ,0k  sede  de  geyst  van  so 
velen  geysten  —  ewich  bliuena  fehlt  dort  ganz. 

2)  Vorher  „mennyger  leye  wis",  von  derselben  Hand  durchstrichen. 


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Er  lenkt   die   Aufmerksamkeit    gerade  auf  Kleinbilder  aus 
dem  Leben  der  damaligen  Bauern. 

f.  9a  am  oberen  Rand:  „propter  tria  peccata  tarn  diu 
fuit  Buschman  in  penis.  Am  Seitenrande  stehen  die  be- 
treffenden  Zahlen.  1.  To  deme  ersten,  do  ik  was  by  XX 
jaren  old,  do  dede  ik  eyne  sunde  myt  vnkuschet,  de  dar  ropt 
in  den  hemmel:  Wrek  here,  wrek.  Vnd  dor  schemede  willen 
hadde  ik  de  sunde  nicht  clar  vthgebichtet,  so  dat  de  prester 
nicht  wol  konde  vnderscheden  de  grote  der  sunde.  2.  De  ander 
sunde  was  dyt.  Ik  hadde  eynen  sone  vnder  mynen  kynderen, 
de  beslep *)  eynes  armen  mannes  dochter.  De  wart  erne  so  leff , 
dat  he  se  wolde  to  der  ee  beholden  wedder  mynen  willen. 
Vnd  dat  sperede  ik  lange,  dat  se  in  echtescop  nicht  scholden 
syn.  Wente  ik  hadde  gerne  seen,  dat  he  se  hedde  vorlaten  vnd 
hedde  wor  eynes2)  ryken  mannes  dochter  genomen;  mer  he 
beheld  se  to  der  ee  wedder  mynen  willen.  Dar  vrame3) 
warp  ik  myne  vnhulde  vp  ene.  Vnd  god  halp  erne,  dat  he 
meer  tytlikes  gudes  vnd  ere  ghewan,  wen  alle  myne  anderen 
kyndere  nach  der  werlde  lope.  Desses  hinderes  vnd  der  vn- 
hulde achtede  ik  vor  nene  sunde.  Vnd  dat  is  harde  swarliken 
an  my  ghe-  f.  9b  pyneged.  3.  De  drudde  sunde  was.  Ik  hadde 
entfangen  van  eyneme  manne  de  Testamento  XII  guldene,  de 
bevol  he  my  in  syme  testamente,  dat  ik  de  scholde  keren  in 
godes  ere  armen  luden.  Vnd  dat  let  ik  vngedan  wol  XXII 
weken.  Vnd  de  suluen  XII  guldene  weren  myt  deme  gelde, 
dat  myne  kyndere  my  stelen,  dar  hir  vore  aff  gesecht  is.  Vnd 
vmme  des  suluen  geldes  willen  mostestu  de  alemyssen  to 
Colne  geuen,  alse  vore  ghesecht  is.  Anders  hadde  ik  nene  so 
grote  sunde  gedan,  dar  ik  sus  lange  so  grote  pyne  vmme 
drofte  geleden  hebben." 


x)  Bei  Seelmann  ist  es  verfeinert,  der  Sohn  heiratet  das  arme 
Madchen  gleich,  vgl.  a.  a.  0.  47  „de  betruwede  eyns  armen  mannes 
dochter  und  behelt  sey  to  der  ee.  Dat  kerde  ick  mannighe  tijt,  dat  se 
nicht  in  echtschop  en  solden  sin,  und  ick  hedde  gerne  geseyn,  dat  he  se 
achter  weghen  gelaten  hedde  und  hedde  eyns  riken  mannes  dochter  ge- 
nomen, mer  myn  sone  behelt  se  tgegen  mynen  willen." 

*)  Vor  „ryken"  eine  Rasur. 

»)  Vor  „warpu  eine  grossere  Rasur. 

2* 


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f.  9b  „eynes  hundes  leuent  Arnd  vragede.  Worumme 
openbaredestu  *)  dy  ersten  alse  eyn  hund,  vnde  na  alse  eyn 
mynsche?  De  geyst  sprak:  In  myner  jungen  ioged  hadde  ik 
eyn  derlik  leuent.  Vhd  do  ik  was  by  mynen  XX  jaren,  do 
ward  ik  wilde  vnd  vnkusch,  vnd  hadde  eynes  hundes  leuent. 
Ik  en  dachte  nicht  vele  vppe  god,  noch  vppe  dat  tokomende 
leuend,  men  ik  leuede  so  hen  myt  anderen  jungen  doraftigen 
luden  na  deme  vlesche.  Ik  at  des  sondages  vor  missen.  Ik 
gyng  gerne  tho  spelen,  to  dantzen,  to  loser  gesel-  f.  10*  schop 
vnd  nicht  gerne  to  der  kerken,  efte  na  aflate.  Dat  allend 
eynes  vnredeliken  deres  leuend  was.  Men  do  ik  quam  to  mynen 
XXX  jaren,  do  nam  ik  eyne  echte  husvrouwen  vnd  begunde  do 
to  synne  to  grypende,  alse  dat  ik  ichteswat  begunde  to  leuende 
alse  eyn  mynsche.  Darvmme  openbarde  ik  my  dy2)  erst  alse 
eyn  hund  vnd  na  alse  eyn  mynsche.  Vnd  darvan  hebbe  ik  noch 
pyne.  Wente  myne  bloyenden  ioged  vnd  inwendigen 8) 
krefte,  sterke,  vornuft  vnde  wysheid,  de  my  god  hadde  geuen, 
de  scholde  ik  erne  hebben  weddervpgeofferd,  also  dat  ik  der 
scholde  hebben  gebruket  to  godes  loue,  to  syme  denste  vnd  to 
syner  ere.  Do  offerde  ik  dit4)  den  duuelen,  myneme  vlesche 
vnd  der  werld  vnd  den  sunden,  dat  is  sere  in  my  gepyneget.  6)u 

f.  10b  „de  peccatis  Luciferi  Arnd  sprak:  Welk  weren  de 
sunde,  dar  Lucifer  vmme  ward6)  vorstod?  De  geyst  sprak: 
Homod  vnd  had.  Vnd  do  ik  by  mynen  XXV  jaren  old  was, 
do  ward  ik  houardich  vnd  bleff  also  wol  XXX  jar,  er  ik 
penitencien  dar  van  dede.  Arnd  sprak:  Wat  was  dyn  houard? 
De  geyst  sprak :  Ik  leet  my  dunken,  ik  were  beter  vnd  erebarer 
wen  etlike  andere  lude.  de  vestimentis  Ik  leet  my  maken  vor- 
wendede  cleder,  de  scholden  yo  sunderlik  vnd  seltzen  wesen.  Ik 
wolde   scho   hebben   yo  myt  langen  sneuelen,   rocke  myt  vor- 


»)  Zuerst  hatte  der  Schreiber  „openbarest"geschrieben,  das  er  dann 
durchstrich. 

2)  „dyu  vom  Rubrikator  iiber  der  Zeile  nachgetragen. 

3)  Nach  „inwendigen"  eine  grossere  Rasur. 

4)  „dit"  auf  dem  Rande  von  der  ersten  Hand  nachgetragen. 
*)  Zur  ganzen  Stelle  vgl.  bei  Seelmann  a.  a.  0.  47. 

°)  Nach  „ward"  eine  Rasur. 


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—    21     — 

wendeden  knopen,  kogelen  mit  langen  talteren.1)  Ik  wolde  yo 
mit  den  besten  geseen  wesen  na  der  werlde  lope,  dat  allend 
houardicheyd  is.2)  Ok  plach  ik  den  duuele  to  erende  in  synen 
spelen.  Vnd  vnerede  mynen  schepper  vnd  loser,  in  deme  dat 
ik  plach  to  ouende  de  vormaledyeden  spele,  alse3)  dobelen, 
worptafelen,  botzen  vnd  andere  bose  spele,  dar  had,  afgunst, 
vormaledygynge  vnd  vnrechte  begherlicheyt  ane  was.4)  Dat  dede 
ik  wol  seuen  jar,  er  ik  affleyt.  Vnd  hedde  ik  f.  lla  dat  noch 
eyn  jar  lenger  gedan,  so  wolde5)  my  god  hebben  laten  dot 
slan  vp  deme  spele,  vnde  scholde  denne  ewichliken  vordomed 
syn  gewesed." 

f.  "lla  am  oberen  Rande:  „Hic  enumerantur  qui  prae 
ceteris  dampnantur  propter  grauedinem  et  enormitatem  peccatorum 
vt  patet  intuenti  Ac.  Arnd  sprak:  Welker  hande  sunder  werden 
meyst  vnd  swarest6)  vordomed?  De  geyst  sprak:  Nota.  De 
grauitate  peccati  et  dampnatione  peccatorum.  Mordere  vnd  be- 
sundergen,  de  sik  suluen  edder  ere  eygenen  kynder,  edder  ere 
maghe  morden,  vnd  dodslegere,  houardige  mynschen,  dobelere, 
woeldenere,  valsche  rychtere,  wukerere,  vnd  de  in  deme  banne 
vorhardet  blyuen,  eebrekere,  vnkuscher  vnd  vord  andere  sundige 
lude.  Dar  na  alse  de  sunde  in  ene  grod  syn,  dar  na  werden  se 
sware    vordomed.      Nota.      We  auer    syne  sunde  bichtet  vnd 

>)  Bei  Seelmann  lautet  die  Stelle  a.  a.  0.  47:  „Ik  leit  my  ver- 
went  cleiden  vnd  leit  schou  maken  myt  langen  snabben.  Ick  leit  rocke 
maken  myt  verwenden  knopen  vnd  kogelen  myt  velen  sterten."  Nach 
AC. :  „induebar  vestibus  superbis  et  preciosis  calceis  cum  longis  rostris  et 
induebar  tunicia  curiose  nodatis,  capuciis  fractilitatis" ;  nach  0.:  „ich  lyess 
mich  euenturlich  cleyden;  ich  lyess  schoen  machen  myt  langen  sneuelen. 
Ich  lyess  roecke  machen  myt  verweinden  knoiffen.  Ich  lyess  koegelen 
machen  myt  vyll  snytzelen."  Meine  Hs.  hat  am  Schl.:  „couelen  mit  veel 
hackelen."    S.  20  Z.  8  hat  sie  st.  „vor  missen"  „onder  der  missen". 

*)  Bei  Seelmann  a.  a.  0.  47  „myd  den  meisten  (meine  Hs. :  „mitten 
besten  gesien  wesen  end  mitten  meesten")  gesein  wesen  na  der  werlde 
lope"  mit  Fortlassung  des  Folgenden  „dat  allend  —  in  deme  dat." 

*)  Nach  „alse"  eine  grossere  Rasur. 

4)  Bei  Seelmann  fehlt  „vnd  andere  —  ane  was." 

•)  Nach  „ wolde"  eine  Rasur. 

•)  ,vnd  swarest"  fehlt  bei  Seelmann  a.  a.  0.  48.  Der  Geist  ant- 
wortet  dort  nur:  „Doitslegere  und  dobbeler  und  ander  sundere,  dar  na 
dat  se  grot  sint  in  sunden  und  bisunder,  de  ere  eighenen  kindere  doden 
efte  des  geliken,  de  werden  alle  verdomet,  und  vort  wokener,  hoverdighe 
vnd  unkusche  lude."    Meine  Hs.  fiigt  hinzu:  „end  ouerspoelre." 


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—     22     — 

beruwed,  de  nemach  nicht  werden  vordomed,  wo  grod  ok 
de  sunde  sy,  vnd  wo  vele  erer  syn.  De  vsura.  woker.  Arnd 
sprak :  Wat  is  woker  vnd1)  ban  ?  De  geyst  sprak :  Wat  de  hilge 
kerke  vor  wuker  holt,  dat  is  ok  vor  gode  wuker.  Vnd  wene 
de  hilghe  kerke  myt  rechte  to  banne  deyt,  de  is  ok  vor  gode 
in  deme  banne.  Werd  auer  jemand  myt  vnrechte  to  banne, 
dan  so  kumpt  de  ban  vp  den,  de  ene  dar  myt  vnrechte  in- 
brachte,  vnd  en  schadet  desseme  nicht.  Wene  ok  de  hilge 
kerke  myt  rechte  absolueret,  de  is  vor  gode  geloset." 

f.  14*  oben  am  Rande:  „Houardie  vnd  vndanknamicheyt 
f.  13b  Arnd  sprak:  Van  watte  sunden  quam  f.  14*  dy  desse 
pyne  nu  an?  De  geyst  sprak:  Van2)  myner  houardye  vnd  vn- 
danknamycheyd.  Ik  was  stark  vnd  gesund  an  myner  com- 
plexyen  vnd  vthwendigen  ledematen  vnd  gebrukede  der  meer 
to  der  werlde  behegelicheyd  vnd  to  den  sunden,  wen  to  der 
ere  godes.3)  Ik  wart  achtevnachtentich  iar  old,  vnd  god4) 
gaff  my  vele  tytlikes  gudes,  men  ik  en  was  gode  dar  so5) 
danknamich  nicht  vor,   alse  ik  bilken  plichtich  was.     Ik  tru- 


*)  „vnd  ban"  fehlt  wie  es  scheint  aus  Versehen  in  der  Seel- 
mannschen  Fassung,  da  die  Antwort  darauf  Riicksicht  nimmt;  im  Fol- 
genden  l&sst  diese  Bearbeitung  aber  wohl  absichtlich  die  Bemerkung 
iiber  den  unverschuldeten  Bann,  die  Worte  „  Werd  auer  —  en  schadet  desseme 
nicht"  aus. 

J)  Auch  in  diesem  Absatz  zeigt  die  Seelmannsche  Fassung  a.  a. 
0.  49  dem  Emder  Texte  gegenuber  manchfache  Verkurzung.  Es  fehlt  im 
ersten  Satze  „vnd  vndanknamycheid,"  im  zweiten  folgt  auf  „gesund* 
nur  noch  „(was)  in  myme  levene",  alles  iibrige  ist  gestrichen,  ebenso  der 
Satz  „Ik  truwede  —  weren".  Auch  die  darauf  folgenden  Saltze  sind  ver- 
kiirzt,  die  Seelmannsche  Fassung  hat  nur:  „alse  ick  in  de  kercken  quam, 
so  wolde  ick  sitten  an  dem  hogesten  ende  und  sochte  eyne  sachte  stede, 
und  als  men  dat  hilge  sacrament  opborde,  so  en  kneigede  ick  nicht  dan 
op  eynen  kneige  und  nicht  op  beiden  kneigen  als  ick  schuldig  was"  u.  s.  w. 
Von  weniger  Bedeutendem  abgesehen,  ist  dann  der  zweite  und  dritte 
Grand  seines  Reichtums  bei  Seelmann  unverstandig  zusammengeworfen. 
Es  heisst  dort:  8Und  wat  dat  ick  der  hilgen  kercken  schuldich  was  van 
teynden  off  van  anderer  schult  und  ock  wertliken  luden,  dat  plach  ick 
to  betalen,  als  ick  hedde  gewolt,  dat  men  my  hedde  gedaen,  wan  men 
my  wot  schuldich  was." 

3)  Nach  „ godes"  eine  Rasur. 

4)  »god"  auf  dem  Rande  von  demselben  Schreiber  nachgetragen. 
*)  Nach  ,80"  eine  Rasur. 


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—     23     — 

wede  vppe  myn  grote  gud  vnd l)  achtede  my  dar  van 
edeler  vnd  beter  syn  wen  andere  lude,  de  arm,  sympel  vnd 
othmodich  weren.  van  kerk  ghande  sunder  homod.  Wan  ik  ok 
quam  in  de  kerken,  so  kos  ik  yo  vth  eyne  hoge  vnd  sachte 
stede,  vnd  menede,  dat  ik  vor  anderen  luden  des  wol  werdich 
were.  Dat  allend  homod  was.  In  der  vphavinghe  Christi  so  sat 
ik  vp  eynen  kny.  Vnd  alse  men  vpborede  den  licham  Ihesu 
Christi,  dat  hogede  werde  sacrament,  so  satte  ik  my  men  vppe 
eyn  kny  vnd  nicht  vppe  beyde  kne,  alse  ik  plichtich  was.  Vnd v 
wan  me  den  soten  namen  Ihesus  edder  Maria  sang  edder  las, 
so  nygede  ik  my  f.  14b  nycht,  alse  ik  plichtigen  scholde  dan 
hebben,  vnd  hebben  gode  danket  vor  syne  gude  vnd  woldat, 
dat  ik  ok  ryke  was  van  tydlikem  gude.  Diuicie  fuerunt  sibi 
date  primo  propter  veritatem  verbi  et  facti  etc.  vt  patet  hie.  Vnd 
dat  gaff  my  god  vmme  drierleye  sake  willen.  To  deme  ersten. 
Ik  was  waraftich  in  mynen  worden,  vnd  bewysede  dat  myt 
den  werken.  Wente  myn  ja  was  ya  vnd  myn  nen  bleff  nen. 
2.  To  deme  anderen  male.  Wes  ik  plychtich  was  der  hilghen 
kerken  vnd  mynen  ouersten,  dat  gaff  ik  yo  van  deme  besten 
vnd  nicht  van  deme  slymmesten.  3.  To  deme  drudden  male. 
Weme  ik  wat  schuldich  edder  wes  plichtich  was,  dat  betalede 
ik  to  rechten  tyden  vngemanet,  alse  ik  wolde,  dat  me  my 
gedan  hedde.  Dit  held  ik  also  van  der  tid  an,  alse  ik  begunde  to 
rykende,  bet  dat  ik2)  starff. 

Vnde  wete,  alse  ik  old  was  by  XXX  jaren,3)  do  was 


!)  Nach  „ vnd"  eine  grossere  Rasur. 

*)  Ebenso  nach  „ick". 

')  Willkfirlich  geM,ndert  in  der  Seelmannschen  Fassung,  a.  a.  0.  49: 
„Do  ick  eyn  junck  man  was  van  dertich  jaren.8  Im  Folgenden  fehlt  dort 
„vnd  ock  v.  dogeden/  Nachher  heisst  es  dort  bloss:  „Ick  plach  des  hilgen 
dages  to  arbeiden,  wat  ick  to  done  hadde,  boden  to  senden  (meine  Hs.: 
„van  byen  te  snyden,"),  dat  dede  ick  op  den  hilgen  sundach,  und  kopen- 
schop  to  handeln.  Ick  plach  ock  myn  korn  in  to  voren  in  dem  bowede 
op  den  hilgen  dach  und  plach  ock  des  hilgen  dages  to  dobbelen  und  to 
dantzen.  (Meine  Hs.  fiigt  hinzu:  „End  ander  spoel  te  doen,  dienochveel 
cleynre  waren,  daer  ic  enen  penninck  mede  wan  of  verloes.")  Hijr  hadde 
ick  alle  dey  teyn  gebode  godes  mede  gebrocken  und  dar  umme  so  wort 
got  tornich  op  my,  wante  ick  des  hilgen  dages  gut  wolde  wynnen,  und 
he  leit  myn  gut  dar  umme  vergaen  myt  grotem  ungelucke.B  Ich  habe 
die  ganze  Stelle  angefuhrt,  damit  man  das  Ungeschickte  und  Verworrene 
dieser  Darstellung  erkennen  kann. 


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—     24     — 

ik  noch  arm  van  tydliken  gude,  vnd  ok  van  dogeden. 
Ik  was  vlitich  vnd  dede  groten  arbeyd,  men  yd  en  halp 
my  nicht,  vnd  dat  was  myner  groten  sunde  schult.  An 
f.  15a  oben  am  Rande:  Hir  volget,  wo  Buschman  langhe  arm 
was,  dar  van  dat  he  nicht  vyrde  den  sondach  vnd  ander  hilghe 
daghe  etc.  den  hilghen  sondagen  vnd  ok  an  anderen  hilgen  da- 
gen  wolde  ik  yo  gud  wynnen,  dat  tegen  got  was.  Ik  arbeydede 
suluen,  wes  ik  in  deme  huse  to  donde  hadde,  vnd  myne 
knechte  vnd  kinder  mosten  to  holte  vnde  to  der  stad  varen 
vmme  kopenschopp,  vnd  mosten  in  der  erne  myn  korne  in- 
bringen.  Vnd  wan  ik  sulkes  nicht  to  donde  hadde,  so  vyl  ik 
vp  eyn  erger,  alse  vppe  dobelen,  worptafeln,  botzen,  edder 
vppe  ander  sundige  werk.  Vnd  wente  ik  des  hilgen  dages  yo 
wolde  gud  wynnen  tegen  den  willen  vnd  tegen  de  gebode 
mynes  scheppers  vnd  teghen  de  gebode  der  hilghen  kerken, 
dar  vmme  sande  god  vppe  my  syne1)  wrake. 

Wente2)  ik  ward  gevanghen  vnd  geschatted,  dat  wedder 
vorsluch  myn  korne  vp  deme  velde,  perde,  koye,  schaep  vor- 
storuen  my.  Vnd  ik  ward  to  lesten  so  arm,  dat  ik  dorch 
schemede  willen  wolde  hebben  gaan  vth  deme  lande.  Alse 
ik  in  desseme  iammere  was,  f.  15b  gyng  ik  to  myneme  kerk- 
heren  vnd  klagede  erne  myn  grote  vngelucke.  Do  sprak  de 
kerkhere:  Dit  ungelucke  ne  kumpt  dy  anders  nerghen  vmme 
to,  wen  vmme  dyne  sunde  vnd  besunderen  dar  vmme,  dat 
du  nicht  wult  vyren  de  hilghen  daghe,  men  du  wult  gud  wyn- 
nen mit  quaden  spele,  vnd  myt  arbeyde,  de  tegen  den  willen 
godes  syn.  Do  antwordede  ik  erne  vnd  sede:  In  den  hoghen 
festen  vnd  in  den  aposteldagen  plege  ik  nicht  to  arbeydende, 
mer  ik  dobele,  edder  botze  wol,  edder  spele  vp  den  worp- 
tafelen  vmme  tytvordriff.3)  Do  sprak  de  kerkhere:  Dies  domi- 
nica  est  summum  festum,  ergo  sanctifica  illam  cum  observatione 


»)  Nach  „  syne a  eine  Rasur  in  der  Handschrift. 

*)  Auch  hier  macht  die  Seelmannsche  Fassung  den  Eindruck 
nicht  gerade  geschickter  Bearbeitung,  a.  a.  0.  50:  „Ick  wart  gevangen 
und  geschattet  und  dat  weder  ersloich  myn  korn,  de  mort  sloich  myn 
have  doit  perde  koyge,  dat  ick  so  arm  wort,  dat  ick  ute  deme  lande 
wolde  gaen,  op  dat  ick  dar  nicht  verschemet  en  worde,  wan  dat  ick 
broit  solde  bidden.    Und  do  ick  sus  arm  wort,  dou  u.  s.  w. 

8)  Statt  dessen  stent  bei  Seelmann  nur:  „Ik  plege  doch  de 
aposteldage  to  viren  und  de  groten  hochtide." 


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—     25    — 

aliorum  mandator  urn,  si  vis  vitam  ingredi  etc.  Id  en  is  nen  groter 
hilge  dach  wen  de  hilghe  sondach,  den  god  suluen  gheboden 
heft.  Vnd  wultu  salich  werden  an  lyue  vnd  an  sele,  so  hold 
de  ghebode.  Vnd  in  den  spelen  brekstu1)  serer  dyne  vire 
wen  myt  arbeydende.  Wente  in  den  hilghen  dagen  schalme 
betrachten  vnd  bedenken  de  woldade  godes,  vnd  louen  vnde 
benedyen  god.  Auer  in  dessen  f.  16a  spelen  werd  god  gehon- 
spraket  vnd  vormaledyed.  God  gebud  vns  ok,  wy  en  scholen 
nicht  begheren  eynes  anderen  gudes.  Merke,  we  myt  derae 
anderen  spelet,  wen  he  nicht  synes  gudes  beghere!  Vnd  dar 
mede  heft  he  godes  bod  gebroken,  ane  ander  mennigerleye 
sunde,  de  in  den  spelen  schen,  alse  vormaledyginge,  honsprake, 
dure  swerend,  had,  afgunst,  gyricheyt,  torn,  vnd  vnderwilen  ok 
mord  vnd  dodslach.  Dar  vrarae  hatet  god  de  spele  gantz  sere. 
Hir  vmme  rade  ik  dy,  dat  du  holdest  de  gebode  godes  vnd 
der  hilgen  kerken  vnd  vyre  de  hilgen  dage  na  alle  dyner 
mogelicheyt.  Do  ik  desse  rede  horede  mit  velen  anderen 
stucken  vnd  guden  leren.  de  he  my  dar  vortellede,  do  nam 
ik  dat  sere  to  synne.  Vnd  ging  dar  na  wedder  to  eme  vnd  dede 
myne  bicht  van  der  vyrebrake  vnd  van  den  bosen  spelen  vnd 
entfeng  myne  bute  vnd  vyrede  do  meer  de  hylghen  dage  vnd 
leet  van  den  vordomeden  spelen.  f.  16b  Dar  na  enstarff  my 
myne  haue  nicht  meer  vnd  ik  ward  gantz  rijke  van  tijdliken 
guderen  vnd  schal  nu  hebben  dat  ewyge  gud  by  gode.u 

Von  den  Lebensregeln,  auf  die  der  Rubrikator  auf- 
merksam  macht,  seien  nur  wenige  aufgefuhrt,  sie  zeigen,  wie 
sehr  die  Erzahlung  auch  in  dieser  Beziehung  die  Bediirfnisse 
der  unteren  Volksklassen  im  Auge  behalt. 

f.  36b  „Arnd  sprak:  Wo2)  mach  ik  ghesund  werden  an 
der  sele?  De  geyst  sprak:  serva  mandata.  Hold  de  gebode. 
Wes  othmodich,  barmhertich3),  rechtuerdich,  do  eynem  ysliken 
alse  du  woldest,    dat   he   dy   scholde  don.    Sis   paciens.    Vnd 


*)  Bei  Seelmann  folgt  noch:  „vnd  vijr  den  hilgen  sundach  gelich 
dem  hilgen  kerstendaghe  van  alien  saken  gut  to  wynnen."  Alles  was 
dann  die  Emder  Fassung  fiber  das  Spielen  hat,  fehlt  dort,  also  alles 
von  „Vnd  in  den  spelen  —  na  alle  dyner  mogelicheit,u  wahrend  in  dem 
darauf  Folgenden  auch  dort  des  Spielens  wieder  gedacht  wird. 

2)  Vgl.  Seelmann  a.  a.  0.  61. 

*)  Vorher  stent  von  derselben  Hand  „barm",  das  durchstrichen  ist. 


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—     26     — 

wes  geduldich  in  alle  deme,  dat  dy   god  tovoged,   so  werstu 
wol  gesund  an  der  sele  vnd  ok  an  deme  lichamme.1)" 

f.  41b  „des  morgens  so  schalme  vro  gode  denen.  Lere2)  ok, 
dat  du  gode  des  morgens  vro  denest,  slap  nicht  in  den  sun  den 
so  lange,  dat  de  sunne  dy  beschyne  vp  dyneme  bedde.  Wente 
Christus  alle  tyd  vru  vor  vns  gewaket  hefft.  He  brak  syne 
rowe8)  vru,4)  vppe  dat  he  vns  vru  brachte  in  de  ewygen  rouwe." 

Wie  sehr  der  Verfasser  auf  die  Anschauungen  des 
Volkes  Riicksicht  nimmt,  zeige  zum  Schlusse  die  Stelle,  die 
auch  der  Rubrikator  besonders  hervorhebt.  Er  setzt  statt  des 
kirchlichen  Begriffes  derSchutzpatrone  den  echt  volks- 
tiimlichen  der  „kornotena. 

f.  34b  „Vnusquisque  debet  habere  aliquos  sanctos  in  honore 
praecipuo  et  reuerentia  hie  eo  viuente,  vt  subueniant  illi  in  ex- 
tremis necessitates  ad  dominum  deum.  Sunte6)  Jacob  hadde  ik 
gekoren  to  eynen  vorspreken  in  der  tyd,  wan  ik  scholde 
steruen.  Vnd  darvmme  erede  ik  ene  meer  wen  andere  apostole. 
Vnd  also  mach6)  eyn  islik  mynsche  welke  hilghen  vthkesen, 
de  he  sunderliken  ere,  alse  syn  kornuten,  de  stan  denne  tru- 
weliken  by  erne  in  synen  noden,  wan  he  steruen  schal.a 

Aus  der  in  den  Anmerkungen  durchgefuhrten  Ver- 
gleichung  der  beiden  Fassungen  hat  sich  ergeben,  dass  die 
bisher  bekannte  eine  sp&tere  Bearbeitung  ist,  die  absichtlich 
den  urspriinglichen  volkstiimlichen  Charakter  der  Schrift  ver- 
wischt.  Sie  stellt  sich  auf  die  Seite  der  Weltgeistlichen,  ver- 
sucht  iiberall  kirchlich  korrekte  Anschauungen  zum  Ausdruck 
zu  bringen  und  hat  nur  noch  ein  geringes  Interesse  far  die 
unteren  Volkskreise. 

Die  Beurteilung  der  zweiten  Handschrift,  der  eigent- 
lichen  Handschrift  des  Gedichtes  Josepes,   die  noch  im  funf- 


*)  Vorhergeht  durchstrichenes  »lyue". 

*)  Vgl.  Seelmann  a.  a.  0.  63. 

')  „rowe"  am  Rande  von  demselben  Schreiber  nachgetragen. 

4)  Nach  „vru"  eine  Rasur. 

»)  Vgl.  Seelmann  a.  a.  0.  60.  Statt  des  letzten  Satzes  mit  seinem 
volkstiimlichen  Gehalte  steht  dort  das  kirchlich  Korrekte :  „Und  so  mach 
eyn  yuvelich  apostel  vor  den  menschen  bidden  in  dem  dode." 

•)  Nach  „mach"  eine  Rasur. 


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—     27     — 

zehnten  Jahrhundert  mit  der  Buschmannhandschrift  zu- 
sammengebunden  worden,  kann  vollig  absehen  von  den  drei 
letzten  Stticken,  dem  Inhalt  von  f.  213b  bis  219b ,  denn  sie 
offenbaren  hochstens  die  Denkweise  <derjenigen,  die  beide 
Handschriften  zusammenbinden  liessen.  Der  wahre  Charakter 
der  Handschrift  zeigt  sich  bei  der  Betrachtung  der  Stiicke 
1  bis  5  (=  5  bis  9  der  Gesamthandschrift). 

„De  ere  der  hemelschen  ovinge,"  die  das  irdische 
Leben  als  Vorbereitung  fur  das  himmlische  auffasst,  ist  das 
geistliche  Gegenstiick  zu  der  weltlichen  Prosa,  in  der  an  der 
Hand  ausgewahlter  Stellen  aus  alten  Klassikern  und  Kirchen- 
schriftstellern  Anweisungen  gegeben  werden,  wie  man  sich  urn 
das  gemeine  Wesen  verdient  machen  soil.  Zwischen  beiden 
Stticken  steht  ein  kurzer  Nachweis  in  Form  eines  Ketten- 
schlusses,  dass  Gott  in  dem  Masse,  wie  man  ihn  lieb  habe,  wolle, 
wie  man  wolle.  Ich  lasse  diese  drei  Stiicke  nun  in  der  Reihen- 
folge  der  Handschrift  folgen,  zunachst  die  weltliche  Prosa,  die 
wol  geeignet  ist,'  uns  das  Verstandnis  der  Eigenart  der  Josep- 
handschrift  zu  erschliessen.  Sie  zeigt,  wie  die  klassischen 
Studien  damals  das  Interesse  fur  das  Gemeinwesen  belebten. 
Die  Aeusserungen  der  klassischen  und  kirchlichen  Schriftsteller 
waren  wol  kaum  aus  eigener  Lesung  ihrer  Werke  gewonnen, 
sondern  entstammten  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  Sammlungen 
von  „Auctoritates,a  die  sich  in  lateinischen  Handschriften  der 
Zeit  oft  genug  finden  lassen.  Unverkennbar  ist  in  der  Schrift 
die  Vorliebe  fur  die  „undersatena,  die  „undertanena, 
den  Herren  werden  ihre  Pflichten  jenen  gegenuber  in  ernster 
Weise  vorgehalten. 

f.  142a  bonfe  doctrine  pro  communi  bono.  Hir  sind  ghe- 
sammelt  gude,  nutte  lere  der  heydenschen  vnd  andere  meyster  to 
der  ghemeynen  nud.  Plato  secht  inThymeo:  De  stad  werd 
alderrechtuerdighest  gheschicket,  dar  nement  syner  eygene 
begherede  en  volghede,  dar  eyn  juwelik  mere .  vnd  vordere 
sochte  dat  ghemeyne  gud  wen  syn  vordel.  Dar  vp  secht 
Tulius  in  deme  boke  van  dem  ampte.  Platonis  lere  vnd 
gebot  was,  dat  me  to  deme  ersten  denken  schal  vp  den  ghe- 
meynen vromen,  vnd  dar  vmme  vorgheten  schal  me  eghenen 
vromen  vnd  vordel.  Dat  ander  ghebot  is,  dat  me  so  dat  ghe- 
meyne achte,  dat  me  io  nicht  dat  ene  deyl  the  vor  dat  ander 


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—     28     — 

del.  Tulius  in  deme  drudden  boke  der  ampte  secht: 
Der1)  voerweser  meyninghe  schal  syn,  dat  ere  vrome  sy  der 
ghemeynheit  vrome,  vnd  scholen  der  nature  volghen  vnd  don 
alle  vnse  werk  in  dat  ghemeyne.  We  syn  vordel  socht  myt 
eynes  anderen  schaden,  dat  is  mere  wedder  de  nature  wen  de 
doet.  Ok  mot  van  not  dat  gemene  vorghan,  wor  eyn  socht 
syn  vordel  f.  142b  myt  eynes  anderen  schaden.  Dat  erste 
fundament  vnd  grunt  der  rechtticheit  is,  datme  nemende  schaden 
do.  Dat  ander,  datme  deme  ghemenen  gude  dene.  Tulius 
in  tusculanis  questionibus  secht  alsus:  We  mach  in 
deme  mynschen  efte  mynschliken  slechte  beter  wezen,  wen  de 
sik  rekent  gheboren  to  hulpe  vnd  to  bewarende  ander  lude. 
Tulius  secht  echter  ad  Philippum:  Deme  edelen  horet  to 
grote  dinghe  to  achtende,  nicht  ghelt,  nicht  eghene  wait  edder 
macht,  sunder  leue,  ere  vnd  vromen  der  borgher  vnd  der  vnder- 
saten  vnd  eren  vrede.  Nicht  myn  sorghe  ik,  wo  dat  ghemeyne 
gut  na  mynem  dode  sy,  wen  wo  id  hude2)  edder  dallingh 
sy.  So  secht  ok  Tulius  in  libro  de  officiis.  Sunte  Au- 
gustinus  in  libro  de  civitate  dei  secht:  Do  de  Romeschen 
vorsten  hadden  bekanntnisse  vnd  wetenheyt  der  dyngh,  de 
ghescheyn  weren,  vnd  dar  vth  merkeden  tokomende  dinghe, 
do  stot  ere  rike  vredeliken  vnd  wol.  Do  se  auer  leten  regeren 
de  vnuorsochten  iungelynge,  de  de  rechticheit  nicht  bekanden 
vnd  annamere  weren  der  personen,  f.  143*  do  vorloren  se 
dat  rike  der  werlde.  Hir  vmme  worden  desse  versch  ghescreuen  to 
Rome  in  eyne  ewyge  dechtnisse.  Versus:  Moribus  antiquis  res 
stat  Romana  virisque.  Dyt  is  so  vele  secht:  By  olden  guden  seden 
vnd  by  olden  mennen  bleff  bestande  dat  Romesche  ghemeyne 
gud.  Versus.  Est  triplex  vile:  tacitus  liuor,  et  iuvenile  consi- 
lium, pro  me  sunt  hec  destructio  Rome.  Dyt  is:  Dryerleye  sno- 
dicheyt  dat  vorderuede  Rome  vnd  ok  noch  alle  stede,  vorholen 
hat  vnd  kyntlik  rath.  Eygene  nuth,  allent  vor  myk,  de  vor- 
storen  mennich  blyk.  Vnde  versus:  Roma  vetus  veteres  dum  te 
rexere  Quirites,  nee  bonus  immunis,  nee  malus  vllus  erat.    0 


>)  Verleitet  durch  den  Anfang  des  vorhergehenden  Satzes  schrieb 
der  Schreiber  hier  irrtiimlich  „datu. 

*)  E8  folgt  in  der  Handschrift  nach  einem  ausradierten  Buch- 
staben  „hute". 


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—    29    — 

Roma,  do  dy  regereden  de  olden,  do  bleff  neyn  vrome  vnbe- 
kant  vnd  neyn  bose  vnghepynighet.  Vnde  versus:  Defunctis 
patribus  sepultis  praua  iuuentus,  quorum  consiliis  debilitata 
ruis.  Do  de  veder  begrauen  weren,  do  volgede  de  quade  io- 
ghet,  myt  der  rade  du  krenket  wordest  vnd  vellest.  Dyt 
merken  alle  stede  vnd  lande,  vnd  laten  de  olden  redeliken 
raden,  willen  se  by  eren  bliuen. 

Beter1)  is  wisheyt  wen  sterke  vnde  eyn  vorsynnich 
man  efte  vorsichtich  f.  143b  meer  wen  eyn  rese.  Hir  vmrae 
horet  ghy  konynghe  vnd  gy  vorwesere  vnd  richter  der  werlt: 
Iw  is  ghegeuen  van  dem  heren  macht  vnd  kraft  van  deme 
ouersten,  de  wil  beuragen  iuwe  werk  vnd  vndersoken  alle 
iuwe  danken,  wente  alse  gy  synt  deners  synes  rykes.  En 
hebbe  gy  nicht  rechte  geordelt  noch  gheholden  de  ee  der 
rechticheyt  vnd  gewandert  na  deme  willen  godes,  so  wert  he 
iw  to  hant  greseliken  vnd  swarliken  openbar,  wente  dat  alder 
hardeste  ordel  schal  werden  den  vorstenderen,  den  kleynen 
vnde  den  vndersaten  schal  barmherticheyt  scheyn.  Auer  de 
mechtighen  scholen  mechtliken2)  ghepyniget  werden,  den 
sterkesten  is  instande  de  starkeste  pyne  vnd  crucinge.  Hyr 
vmme  o  gy  regerer 3)  tho  iw  syn  myne  rede,  vppe  dat  gy 
leren  wysheyt,  wente  we  der  rechtuerdicheyt  wardet,  de 
wert  recht. 

Hebbet  lef  de  rechtuerdicheyt,  gy  de  de  ordelt  de  werlt. 
We  deme  lande,  secht  Salomon4),  dar  de  here  eyn  kynt  is  vnd 
de  vorsten  vro  ethen.  Alse  de  vorste  is,  so  werd  gherne  sin 
volk.  Eyn  vnwetende  vnd  vngeleret  konningh  efte  vorste  is 
vorderfnisse  sines  volkes.  f.  144*  De  stede  bestat  vnd  werdet 
vorvullet  van  deme  vorsynighen  efte  vorsichtighen.  In  psalmo 
secundo  :5)  Et  nunc  reges  intelligite  etc.  Nu  gy  konynge  vorstat 
vnd   latet  iu  leren  gy  richter  der  erden.    Augustinus  scrift 


J)  Am  Rande:  „1°  sap  2°*  =  libro  Sapientiae  secundo.  Gemeint 
ist  Eccl.  9,  10:   „Et  dicebam  ego,  meliorem  esse  sapientiam  fortitudine.8 

*)  Vorhergeht  „mechtic*,  das  der  Schreiber  durchstrichen. 

a)  Vorher  durchatrichenes  „richtera. 

4)  Am  Rande:  „sap  l°a  =  Sapientiae  primo.  Eccl.  10,  16:  „Vae 
tibi  terra,  cuius  rex  puer  est  et  cuius  principes  mane  edunt.* 

•)  Ps.  2,  10:  8Et  nunc  reges  intelligite,  erudimini  qui  iudicatis 
terram.* 


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—    30    — 

dar  vp :  Id  is  iw  nutte,  dat  gy  leren  vnd  nicht  myt  dur  konic- 
heyt  en  herschen,  sunder  myt  vruchten  des  heren  aller  heren, 
dar  van  iw  vorstantnisse  vnd  lere  mach  ghegeuen  werden, 
deme  denet  mit  vruchten.  Vnrecht  krenket,  recht  sterket, 
doget  vorhoghet,  vndoget  vorstoret,  darvmme  was  de  werlt 
guldene,  do  de  wysen  regereden  vnd  de  ouersten  de  wisen 
hoerden  vnd  de  mester.  Dyt  schole  gy  vorsten  merken  vnd 
hoeren.  To  deme  ersten  so  wetet,  dat  neman  schal  der  her- 
schop  begheren  dor  syner  lust  edder  vromen,  sunder  dorch 
vromen  der  meynheyt.  De  herschop  eschet  sorge  vnd  arbeyt, 
dar  to  wert  eyn  vorstender  ghekoren,  nicht  to  syner  lust,  noch 
dar  vmme  dat  he  moghe  beyaghen  noch  bekrigen  land  vnd 
lude  edder  wreken  synen  torne,  sunder  wo  he  dat  ghemeyne 
gud  vordere,  vortsette  und  betere  myt  redelicheyt  vnd  rechte. 
Merket  ok,  wo  vele  de  olden  vromen  vorwesere  ghedan  vnd 
geleden  hebben  vmme  dat  f.  144b  gemeyne.  Augustinus 
secht:  Ane  rechtichet  syn  de  rike  vnd  de  lande  nicht  men 
mortkulen.  Idem:  Rechticheit  is  not  alien  riken  vnd  steden 
vnd  ok  den  bosen.  De  rouere  vnd  mordere  konden  nicht 
bestan  ane  rechticheyt,  se  moten  like  delen  den  roff,  edder 
ere  ghesellen  werdet  deme  houetmanne  gram  vnd  settet  ene 
aff.  Ambrosius  secht:  De  rechte  heft  dat  gemene  gud  vor 
syn  eghene  vnd  syn  eghen  vor  dat  gemene.1)  Justicia,  rechtuer- 
dicheit  is  erst  to  gode,  dar  na  in  dat  ghemene  lant,  dar 
na  in  de  elderen  vnd  kinder,  dar  na  in  den  vrunden  vnd 
maghen,  to  deme  lesten  in  aldermalken  mynschen.  Wente 
se2)  gyft  eynem  iowelken  dat  erne  tohoret,  Gode  lof  vnd  ere, 
den  ouersten  horsam,  den  geliken  rad,  leue  vnd  hulpe,  den 
vndersaten  hude,  vromen  vnd  dwank.  Godes  ere  geyt  alle- 
tyt  vore.  Dar  vmme  schalme  nemande  vromen  yegen  godes 
ere  vnd  ee.  Ok  schal  nement  baten  edder  vromelik  wesen 
synen  elderen  edder  vrunden  noch  kynderen  yeghen  ere,  sette 
edder  tegen  vromen  des  meynen  landes.  Rechtuerdicheyt3)  is 
eyn  konninghynne  aller  doghet,  dar  f.  145a  vmme  secht 
Tulius:  Neman  is  rechtuerdich,  den  de  den  dot  edder  artnot 


*)  Vorher  durchstrichenes  „ghene.' 

2)  „sea  am  Rande  hinzugefugt. 

3)  Am  Rande:  „Iustinianusa. 


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-     31    — 

edder  ienich  lident  settet  vor  rechticheyt.  Endracht,  rechtuer- 
dicheyt  holt  dat  houet  in  deme  ghemenen  gude,  wen  id  myt 
endrachte  gesammelt  wert.  Grot  not  is,  dat  endracht  sy  in 
deme  gemenen  gude.  Augustinus  secht:  Ik  late  iw  eyn  vast 
rike,  blyue  gy  een,  eyn  krank  rike  in  twedracht.  Wente  also 
van  endracht  kleyne  dyngh  wassen,  also  vorghan  grote  dingh 
van  twedracht.  Jeronymus  de  lerer  secht:  Dat  quadeste, 
dat  de  duuel  seygen  mach  in  de  werlde,  dat  is  vnvrede  vnd 
twedracht.  He  en  seyget  ok  neyn  sat  so  gherne,  ok  vnder  gude 
hide,  alse  vnvrede  vnd  twedracht,  Augustinus  in  libro 
XIX0  de  ciuitate  dei  secht  van  der  salicheyt  des  vredes: 
Vrede  is  eyn  lutterheyt  der  synne  vnd  entvoldicheit  des  herten 
vnd  eyn  vat  der  leue.  Vrede  benympt  strit  vnd  scheydet  or- 
lyge  vnd  vorstillet  den  storm.  Vrede  tred  den  houard  vnder 
de  vote.  Vrede  vorsonet  twedracht  vnd  voreyneget  vyentschop 
vnd  is  alien  luden  gesellich  vnd  bequeme.  Valerius  secht: 
Wor  eyndracht  wesen  schal,  dar  mot  ok  f.  145b  truwe  wesen, 
ane  truwe  deyt  me  schaden,  entwerde  myt  macht  also  de  lowe, 
edder  myt  drogene  alse  de  vos;  de  scholen  beyde  verne  syn 
van  deme  mynschen.  AJse  de  mynsche  is  noch  louwe  effte 
vos,  so  schal  he  ok  ere  werk  nicht  bewisen  in  bosem.  De 
rike  schaden  dicke  myt  macht,  de  armen  myt  droghene,  dat 
is  vntruwe  vnd  vngeloue.  Truwe  vnd  ghelouen  men  kan  nicht 
kopen  myt  golde  edder  myt  tydliker  bate,  sunder  myt  doghet, 
Ambrosius  in  libro  de  officiis.  Me  schal  ok  dat  ghemene 
gud  myt  rade  schiken,  wente  dar  is  heil,  dar  vele  rades  is, 
sechtSalomon  in  prouerbiis  2401).  Tulius  secht : Me  bederuet 
clene  wapens,  wor  gud  rad  is.  Salomonis  rad  halp  der  stat 
Athenis  bet  wen  de  strid  Themustuclis.  Seneca  de  secht:  He 
ne  batet  nicht  allene  deme  gemenen  gude,  de  it  myt  wapene 
beschermet,  sunder  de  ok,  de  de  lude  anherdet  vnd  leret  to 
dogheden  vnd  holt  se  van  vndoghet.  Al  wonet  he  in  eynem 
wynckel,  nochtent  werket  he  dat  ghemene  gud.  De  knechte  in 
deme  schepe  de  lopen,  de  remen,  de  klymmen  den  mastbom, 
de  ienne  auer  de  f.  146a  dat  roder  vort,  de  sit  stille,  de  deyt 
doch  dat  meste  vnd  dat  beste  werk;  nicht  myt  kreften,  nicht 
myt   snelheyt  edder   rynicheit  werden  grote  dinghere  gedan, 


»)  Prov.  24,  6:  „erit  fialus,  ubi  multa  consilia  sunt." 


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—     32     — 

sunder  myt  rade  vnd  wisheyt.  Iroboam,  Salomonis  sone,  vor- 
loes  X  slechte  van  Israhel,  dar  vmme  dat  he  nicht  envolgede 
der  olden  rat.  Me  mach  den  olden  entlopen,1)  auer  nicht  ent- 
raden.  Valerius  de  secht2)  van  eyneme  de  drowede,  he  hedde 
vele  swerde,  de  ander  de  antworde  vnd  sede3):  Ik  hebbe  vele 
jar.  Mit  rade  der  olden  werd  dat  mene  gud  gemeret  vnd 
bewaret,  also  Augustinus  scrift  vnd  vortellet  van  Philippo 
Tenustocle.  Vnd  Valerius  secht:  Archimendis  raet  batede 
der  stat  Syracusanam,  dat  se  Marcellus  nicht  ghewynnen  konde. 
Isydorus  secht:  Demostenes  vant  dyt  byspil  ieghen  konyng 
Philippus  in  Grecia.  De  eschede  van  der  stat  Athenis,  de  he 
belecht  hadde,  X  wise  mestere,  gheuen  se  de  erne  darvth,  so 
wolde  he  afteyn.  Demostenes  sprak:  De  wulue  wolden  vrunt- 
schop  myt  den  schaperen  anghan  vnd  beden,  dat  me  en 
gheue  de  hunde  to  ghysel  des  vredes,  wente  dar  van  kerne  al 
ere  kyff  tho.  Do  dat  schude,  do  voren  de  wulue  ane  vruchten 
vnd  vare  in  de  schap.  So  wolde  Philippus  f.  146b  ok  don 
deme  volke,  hedde  he  de  wisen.  Hir  vmme  secht  Seneca: 
Geloues  my,  de  de  nicht  schynen  to  donde,  de  doet  dat  meste. 
Des  ghelik  halp  Pytagoras,  de  leffhebber  der  wisheyt,  so  no- 
mede  he  sik,  do  me  ene  vragede,  wat  he  were,  do  sprak  he: 
Ik  byn  eyn  philosophus,  dat  sprikt  eyn  lefhebber  der  wisheyt. 
Vor  erne  heten  de  mestere  Sapientes,  dat  is  de  wisen;  auer 
he  rekende  sik  nicht  vor  eynen  wisen,  sunder  vor  eynen,  de 
de  wisheit  lefhadde.  Desse  sulue  Pythagoras  makede  eyne 
gantze  stad,  dat  is  jungh  vnd  olt,  vrauwen  vnd  man,  kusch 
vnde  vrome,  de  vor  erne  weren  vnkusch  vnde  aller  vndoghede  vul. 
Nicht  allene  myt  guden  seden,  tzyret  me  dat  mene  gud,5) 
men  ok  myt  wisem  rade  schalme  schikken  dat  mene  gud.  Me 
schal  id  ok6)  tzyren  myt  guden  seden  vnd  doghentliken  won- 
heyden,  also  Augustinus  secht  vppe  dat  vers  de  ciuitate 
dei:  Moribus  antiquis  stat  res  Romana  virisque:  By  den  alden 


radiert. 


>)  Nach  ,, olden8  eine  grossere  Rasur. 

2)  „  secht a  am  Rande  hinzugefugt. 

3)  „sedea  am  Rande  hinzugefugt. 

4)  Am  Rande  „2°  ethia  isid."  =  secundo  libro  etymologiarum  Isidori. 
*>)  Nach  ;;sedentf  mehrere  Buchstaben,  nach  „tzyreta   einer  aus- 

6)  Nach  „oka  eine  Rasur  von  etwa  zwei  Buchstaben. 


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—     33    — 

mennen  vnd  seden  bleff  dat  Romesche  ryke,  vnd  vrarae  gebrek 
der  alden  manne  so  synt  ok  de  sede  vorghan.  Salustiusde  phi- 
losophus  vnd  ok  Augustinus  de  civitate  dei  libro  2.°  c.° 
14.°  f.  147*  secht  aldus:  Gy  enscholet  des  nicht  menen,  dat 
vnse  olden  dat  gemene  gud  grod  nutteden  myt  wapen,  were 
dat  also,  so  stunde  id  nu  to  male  wol,  wente  wy  hebbet  schoner 
vnd  mer  wapene  vnd  mer  perde  vnd  gheldes,  sunder  id  weren 
ander  dinghe,  dar  se  dat  gemene  gud  mede  vortsetteden,  de 
vns  vromede  syn,  alse  vorsichticheyt  bynnen  deme  huse, 
rechtuerdicheyt  enbuten,  vrimot,  de  noch  myt  vorsumenisse, 
noch  myt  quader  lust  was,  noch  myt  giricheyt  bevlecket.  Hir 
vore  hebbe  wy  nu  vnkuscheyt,  giricheyt,  openbare  vorheuinghe, 
hemelke  ouerulodicheyt,  wy  priset  rykedom,  wy  volgen  vnser 
tracheyt,  vnder  deme  guden  vnd  quaden  enholde  wy  nenerleye 
vnderscheyt.  Hyr  vmme  wor  noch  gude  sede  synt,  dar  wert 
dat  gemeyne  gud  wol  gheschicket,  vnde  wor  se  nicht  en  syn, 
dar  mot  id  vorghan.  Augustinus  libro  III.0  de  ciuitate  dei 
capitulo  4.°  secht  van  den  edelen  Romeren  Scipion,  de  enrekende 
dat  gemene  gud  nicht  salich,  wen  de  guden  sede  vellen,  al  bleuen 
de  tynnen  vnd  de  torne  bestande.  Augustinus  epistola  5: 
De  vorkerden  wedderstreuigen  herte  der  sterfliken  mynschen 
holden  dat  ge-  f.  147 b  mene  gud  denne  salich  vnd  menen,  dat 
id  wol  sta,  alse  se  seyn  de  dake  vnd  ok  de  tynnen  blencken, 
vnd  merken  nicht  de  vnuledicheyt  der  sele.  Se  denken,  wo 
se  grote  vnd  stolte  radhuse  tymmern,  vnd  achten  nicht,  dat 
de  grund  der  doghet  vorstoret  wert.  De  ouersten  achten 
nicht  rechte  to  richtende  der  vndersaten  sake,  se  denken  allene 
ouer  se  to  herschende,  se  en  achten  nicht,  wo  se  gude  vndersaten 
hebben,  mer  wo  vele  se  vore  syn.  Augustinus  in  libro  de  doc- 
trina  cristiana  dicit:  In  vsu  rerum  quarundam  temporalium 
mala  concupiam  reprobare,  quare  per  istas  fit  abusus.  Des  landes 
heren  regeren  nicht  de  sede,  sunder  de  herschop  ouer  de  lude 
vnd  ere  gud,  ere  sorghe  is,  dat  se  pleghen  erer  wollust.  Johannes 
Crisostomus  secht:  Vmme  godes  willen  efte  vmme  doghet  willen 
enkont  se  nichtes  nicht  don,  auer  vmme  bate  vnd  vordel,  vmme 
lust  erer  ydelen  ere  don  se  alle  dat  se  don.  Gude  sede  komet 
vt  guder  rechten  leue,  secht  Augustinus  in  epistola  34.a  Recht 
leue  is  ok  nergen  mer  in  louigen,  truwen,  vromen  krystenen 
mynschen,  de  god  bouen  alle  dingh  so  lef  hebben,  vmme  syne 

Jahrbach  der  Gesellsch.  t.  b.  E.  a.  vaterl.  Altertiimer  zu  Em  don,  Bd.  XIV.  3 


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—     34    — 

ere  vnd  sin  loff  so  sere  soken,  dat  se  leuer  wolden  dusent 
dode  steruen,  den  van  eme  treden,  vnd  hebbet  dar  na  leff  dat 
gemene  gud  ok  vor  alle  f.  148R  erer  liffliker  vrunde  gud. 
Ambrosius  in  libro  I.°  de  of ficiis  secht:  Darna  dat  de  leue  des 
herten  is,  dar  na  syn  de  sede  eynes  yewelken  vnd  alle  syne 
bewegynge  in  donde,  in  latende.  Dat  vlut  vt  der  leue  des 
herten.  Eyn  mynsche  weyt  dat,  efte  wetes  nicht.  Et  cetera.1)  Au- 
gustinus  in  quodam  serraone  de2)  innocentibus  dicit: 
Lucrum  in  archa,  dampnum  in  consciencia,  tulit  vestem  et 
perdidit  fidem,  acquirit  pecuniam  et  amittit  iusticiam.  Vte  deme 
herten  vleten  dre  beke,  dat  synt  ere,  lust,  vrome,  vmme  desser 
dryer3)  willen  deyt  eyn  yewelik  dat  he  deyt,  edder  he  hopet  ere 
to  beyagende,  edder  to  sadende  syne  lust,  edder  vordel  efte  bate 
to  krygende.  Doch  nicht  gelyk  alle  lude,  wente  eyn  socht  so 
sere  de  ere,  dat  he  sik  der  lust  vnd  des  vromen  trostet,  de 
ander  volget  so  sere  syner  lust,  dat  he  noch  ere  noch  vordel 
an  sut,  de  drudde  gift  sik  so  sere  to  der  bate,  dat  he  noch 
ere  noch  lust  achtet,  wo  he  vordel  vnd  bate  krygen  moge. 
Vte  dessen  quaden  beken  kumpt  alle  vnvledicheyt  vnd  vndoget. 
Desse  dre  heten  in  der  hilghen  scrift  gyricheyt,  vnkuscheyt 
vnd  houart.  f.  148b  Wor  auer  de  rechte  borne,  dat  is  eyn  gut 
herte,  vullenkomen  is,  dar  springen  desse  dre  beke  sute  vnde 
gud  vth,  dat  is  auer  allene,  wor  de  borne  gheplantet  is  in  de 
guden  erde  vnd  in  den  harden  steyn  Jhesu  Cristo,  dar  vlut  vth 
lust,  war  vrome  vnd  ewich  ere.  Dar  vmme  secht  Augustinus 
in  libro  de  verbo  domini:  Hebbe  god  lef  vnd  do  wattu  wult, 
alse  eft  he  seggen  wolde,  hefstu  god  leff  bouen  alle  dingh,  so 
enkanstu  nicht  ouel  don. 

To4)  deme  gemenen  gude  horet  ok  eyn  wol  gheschicket 


*)  Die  Handschrift  hat  hier,  soweit  es  sich  durch  gewohnliche 
Typen  ausdnicken  lasst,  „2Bte"  mit  einem  Kompendium  iiber  dem  „e\ 
„B"  durfte  fur  die  missverstandene  Verbindung  „Cea  der  Vorlage  gesetzt 
sein.  Wollte  man  das  erste  Zeichen  ala  blossen  SchnSrkel  des  „B",  den 
letzten  Buchstaben  als  „s"  fassen,  so  ergabe  sich  das  hier  unduldbare 
„Beatusa,  was  auch  nur  als  Schlimmbesserung  der  nicht  verstandenen 
Abkiirzung  „Et  cetera"  aufgefasst  werden  konnte. 

a)  Nach  „de"  eine  Rasur. 

3)  Vorher  „drygera  ausgestrichen. 

4)  Voraus  geht  von  der  Hand  desselben  Schreibers  die  Bemerkung: 
„hir  mach  me  vernoemen,  wo  me  dat  mene  gud  regeren  schal  etc.8 


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—    35    — 

andacht,  menynge  edder  vpsate,  so  dat  alle  de  yennen,  de  dat 
mene  gud  regeren  schollen1),  de  scholen  hebben  eynen  willen 
vnd  eyne  gude  vpsate,  dat  dat  ghemene  gud  blyue  vnd  vortga, 
alsoTulius  secht  2.°libro  de  officiis.  Desse andacht  hadden de 
olden,  de  alle  tyt  den  menen  vromen  setteden  vor  eren  eghenen 
vromen.  Dar  vmme  secht  Augustinus:  Eyn  wisman  en  achtet 
vnd  en  rekent  nicht  syn  ghud  mer,  wen  enes  yesliken  anderen 
gud.  Auer  de  dulle  gyricheyt,  de  en  rekent  yd  nicht,  dat  id 
syn  sy,  dat  geme-  f.  149a  ne  is,  vnd  spreken  de  doraftigen  hide, 
we  deme  gemenen  denet,  de  en  denet  nemende,  vnd  merken  des 
nicht,  dat  de  gode  vnd  alien  vromen  luden  denet  vnd  sik 
suluen  mest.  Seneca  secht:  De  is  luttik  luden  boren,  de  allene 
vor  dat  volk  syner  daghe  denket,  vele  myn  vnd  ergher  is,  de 
de  allene  vor  sik  suluen  denket.  Wo  de  olden  heren  vnd 
vorsten  leuer  hadden  dat  gemene  gud,  wen  ere  eghene  gud 
vnd  ok  ere  lif,  des  syn  vele  exemple,  dat  is  bilde,  der  heyden. 
To  voren  van  konnigh  Codrus,  de2)  de  envndetwynthygeste  was8) 
vanAthenis,  dar  van  vnd  van  anderen  scrift  Augustinus  de 
ciuitate  dei  libro  5°.  capitulo  80.4)  Codrus  gaf  syk  in  den  dot 
in  de  kulen  to  Rome.  Brutus  dodede  synen  eghenen  sone,  do  he 
was  yegen  dat  gemene  gud.  Seneca  secht:  De  en  leuet  sik 
suluen  nicht,  de  nicht  leuet  to  anderer  lude  nutticheit.  Augu- 
stinus de  secht:  Leden  de  heyden  alien  schaden  vnd  not  vnd 
vordret,  vorsmaheyt  vnd  gynghen  in  alle  vare  liues  vnd  gudes 
vnd  leden  willichliken  ok  den  dot  vmme  dat  gemene  gud, 
wat  scholden  denne  de5)  cristene  lude  don  vor  dat  ewy-  f .  149 b 
ghe  gud,  ewigen  ere  vnd  vroude  vnd  waren  rikedom?  Deden 
dyt  de  heyden,  ambedere  des  duuels,  vmme  ydele  ere  edder 
vmme  dogede  edder  vmme  vromen  des  landes,  vele  mere 
scholen  id  don  de  cristene  vmme  godes  ere  willen  vnd  vmme 
der  mynschen  vnd  ere  suluen  eghenen  salicheyt.  Alsus  hebben 
ghedan  nicht  allene  de  heydene,  mer  ok  yoden,  de  godes  vrunde 
weren,  vnd  hopeden  myt  erne  deel  to  hebbende  na  desseme 


>)  Vorher  durchstrichenes  Bscholdea. 
*)  Ein  „detf  am  Rande  hinzugefugt. 

3)  „wasa  von  anderer  Hand. 

4)  Ausnahmsweise   berichtige   ich   hier   das   Citat,   Augustinus 
spricht  XVIII,  19  von  Codrus. 

*)  Vor  „de*  durchstrichenes  „criste\ 

3* 


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—    36    — 

leuende  in  synem  rike.  Alse  Abraham,  Moyses,  Josue,  Jepte, 
Gedeon,  Barach,  Daniel,  Samnel,  Judas  Machabeus  vnd  syne 
brodere  vnd  ere  vadere  Mathatias,  de  sik  alle  gesettet  hebben 
vor  dat  mene  volk  in  den  dot,  so  me  in  deme  olden  testamente 
in  Moyses  boken  vnd  Josue  vnd  in  Judicum,  der  richter,  vnde 
Machabeorum  vnd  der  konnynghe  van  israhel  vint  ghescreuen 
openbare.  Crisostomus  super  Matheum:  Non  solum  illeest 
proditor  veritatis,  qui  mendacium  loquitur,  sed  etiam  qui  non 
libenter  loquitur  veritatem,  vbi  est  loquenda,  seu  non  libenter 
veritatem  pronunciat,  quam  libenter  pronunciare, *)  ac  non 
libenter  veritatem  defendit,  quam  libenter  defendere  conuenit. 
Hec  Crisostomus.  Lichtliken  tret  de  van  der  rechticheit,  de 
de  mer  der  lude  oghe  vruchtet  wen  godes,  dat  f.  150*  secht 
Johannes  myt  deme  guldene  munde.  Aristotiles,  de 
vorste  der  wisen  heydene,  de  de  vele  heft  ghescreuen  vte  dem 
lichte  der  nature,  wo  de  lude  leuen  scholen,  wome  huse,  stede 
vnd  land  vortsetten  vnd  regeren  schole,  wo  de  ouersten  myt 
den  vndersaten  to  deme  gemenen  gude  denen  scholen,  he  scrift 
quintopoliticorum:2)  De  ouerste  schal  sin  godevruchtig, 
so  eren  vnd  vruchten  ene  syne  vndersaten.  He  schal  de 
guden  eren  vnd  vorhoghen  vnd  sik  en  vruntliken  bewisen,  de 
bosen  schal  he  laten  ander  lude  pynigen,  nicht  suluen.  De 
ouerste  doget  des  ouersten  is,  dat  he  sik  entholde  van  der 
vndersaten  gude  vnd  entholde  sik  van  veleme  sprekende. 

Der  ouersten  rechticheit  is  beter  wen  titlik  salicheit. 
Aristotiles  primo  rethoricorum,  de  secht:  Salich  is  de  stat, 
dar  de  philosofi  regeren.  Hat  vnd  leue  vnd  eghen  bate  latet  dicke 
den  richter  nicht  war  seggen.  Quader  vnd  snoder  sin  de,  de 
van  nyges  rike  werden,  wen  de  van  oldynges  rike  weren,3)  wen 
se  to  der  herscop  komen.  Aristotiles  primo  politicorum 
secht  echter  f.  150b  so:  Also  dat  beste  is  eyn  mynsche,  de  der  ee 
bruket,  so  is  dat  ergeste,  dat  de  mynsche  ane  ee  vnd  ane 
rechtichet  leuet.  Doget  gif  vnderscheydinge  twischen  den 
edelen  vnd  vnedelen.  Isidorus  dicit:  Virtus  est  animi  habitus, 
nature  decus,  vite  racio,  morum  pietas,  cultus  diuinitatis,  honor 
humanitatis,  eterne  beatitudinis  meritum.  Ethimologia  etiam  vir- 


*)  Die  Hs.  hat  „pronunciaria. 

*)  Verbessert  in  der  Hs.  aus  „polliticorum\ 

3)  Vorher  durchstrichenes  „weren  worden". 


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—     37     — 

tutis  hec  est:  Virtus  enim  dicitur  quasi  vis  intus,  et  hec  vis 
consistit  in  acgressione  arduorum  et  in  tollerancia  aduersorum 
et  in  abstinencia  placitorum.  Hec  Ysidorus.  Borger,  secht 
Aristotiles  2°.  politicorum,  syn  gesellen  van  eyner  stad.  Dat 
beste  eyner  stad  is,  dat  se  eyn  syn  in  vruntscop,  der  vrunde 
gud  is  erer  alle  gemeyne.  We  lust  wil  hebben  ane  drofnisse, 
de  gheue  sik  to  der  philosophien.  Eyn  stat  is  nicht  eyn  vmme 
eyner  muren  willen,  sunder  vmme  ener  ee  vnd  eyner  wise  to 
leuende  willen.  De  kan  nicht  wol  herschoppen,  de  nicht  heft 
vndersate  gewesen.1)  Alle  de  yenne,  dede  vortsettet  dat  mene 
gud,  de  synt  rechte  heren,  dede  auer  eren  vromen  soken,  dat 
synt  tyrannen.  Hec  philosophus.  Aristotiles  politicorum  V°. 
secht:  Unmogelik  is,  dat  de  knechte  sorchuoldich  f.  151a  syn, 
dar  de  here  vorsumende  is.2) 

Das  Zwischenstiick  fiillt  die  Riickseite  des  letzten 
Blattes  dieser  weltlichen  Prosa.    Es  hat  folgenden  Wortlaut3): 

f.  151b  Also  vele  alse  du  god  lef  hest,  also  vele  vruch- 
testu  god.    Also  vele  alse  du  god  vruchtest,  also  vele  bewarest 


T)  Hierauf  weist  eine  Hand  auf  dem  Rande  besonders  hin. 

*)  Darauf  folgt  ohne  Absatz  von  der  Hand  desselben  Schreibers 
das  Folgende,  das  also  schon  in  der  Vorlage  gestanden  hat:  „Noch  lof 
schoner  kledere,  noch  velheyt  gheldes  baten  to  deme  wiue  so  sere  also 
doghet  der  sede.  Vele  swarliker  drecht  eyn,  dat  erne  sin  ere  ghenomen 
werde,  wen  dat  erne  syn  gud  genomen  werde.  Beter  is  de  dot,  wen  don 
yeghen  de  doghet.  Ambrosius  de  virginibus  scrift:  Nemet  eyn  bilde 
van  den  standen  yuncvrouwen  vnd  entfanghet  vruchten  van  den  vallenden. 
In  yw  en  sy  neyn  vnhouesch  antlad,  wilde  oghen,  vngetemede  tunghen, 
tzyrlik  lachent,  lodderspyl,  vntemelke  kledere  vnd  klenade,  houerdich 
ghank.  Begheret  myne  leuen  dochtere  van  gantzen  herten  den,  („deK  ist 
hinzuzufugen)  schone  oghen  formet  bouen  alle  mynschen,  Jhesum  Cristum, 
de  gecruciget  is.  Ambrosius.  Wy  bidden  ene,  dat  he  vns  vnd  alle  yuwe 
leuen  vrunde  vorvulle  myt  syner  gotliken  gnade  vnd  geue  vrede,  so  dat 
wy  alle  den  ewyghen  vrede  moghen  besitten  in  syner  glorien  myt  eme 
vnde  myt  alle  synen  hiighen.  Amen.*  —  Das  Ganze  schloss  sich  wol 
ursprunglich  an  als  weitere  Ausfiihrung  der  zuletzt  stehenden  Lehren 
von  der  Tugend,  richtet  sich  aber  offenbar  an  Klosterfrauen.  Der  wirk- 
liche  Schluss  der  „Bone  doctrine  pro  communi  bono*  fehlt  wohl.  Eine 
genauere  Untersuchung  des  Ganzen  unter  voller  Beriicksichtigung  der 
Citate  behalte  ich  mir  vor.  Hier  verbot  die  Riicksicht  auf  den  zur  Ver- 
fQgung  stehenden  Raum  jedes  nahere  Eingehen. 

*)  Ich  lasse  es  hier  folgen,  obgleich  es  schon  langst  abgedruckt 
ist,  weil  es  im  Zusammenhange  anders  wirkt  als  vereinzelt. 


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—    38     — 

du  dik  vor  sunden.  Also  vele  alse  du  dik  vor  sunden  bewarest, 
also  vele  bistu  by  dik  sulven.  Also  vele  alse  du  by  dik  sulven 
bist,  also  vele  bekennestu  dik  suluen.  Also  vele  alse  du  dik 
sulven  bekennest,  also  vele  vorsmastu  dik  suluen.  Also  vele 
alse  du  dik  suluen  vorsmaest,  also  wenich  klagestu  dynen 
ghebreken.  Also  wenich  alse  du  dyne  gebreke  clagest,  also 
duldich  bistu.  Also  duldich  alse  du  bist,  also  wenich  be- 
gherestu  loves.  Also  wenich  alse  du  loues  begherest,  also 
wenich  vorsmadestu  den,  de  dik  vorsmad.  Also  wenich  alse 
du  den  vorsmadest,  de  dik  vorsmat,  alse  wenich  bystu  dynes 
suluen.  Also  wenich  alse  du  dynes  sulues  willen  bist,  also 
vele  is  dy  god  leff.  Also  vele  alse  dy  god  leff  is,  also  vele 
wultu,  dat  god  wel.  Also  vele  also  du  wult  dat  got  wel,  also 
vele  wel  god,  dat  du  wult.  Hir  vmme  van  deme  ersten  to 
deme  lesten :  also  vele  alse  du  god  leff  hest,  also  vele  wel  god, 
dat  du  wult,  vnd  also  blifstu  an  gode,  also  sunte  Johannes 
secht. 

[Die  Fortsetzung  erscheint  im  nachsten  Jahrbuch.] 

Greifswald.  Al.  Reifferscheid. 


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Die  Ostfriesen  auf  Universitaten. 

Von  Fr.  Sundermann,  Lehrer  in  Norden. 


Dritter  Beitrag:  Heidelberg  1386— 1662. ]) 

In  Bd.  XL  p.  113  wurde  1364  als  das  Grundungsjahr 
der  Heidelberger  Hochschule  angegeben,  wahrend  es  nach  den 
neuesten  Untersuchungen  1386  heissen  muss.  Prof.  Hautz  in 
seiner  „Geschichte  der  Universitat  Heidelberg"  I.  p.  Ill  ff. 
nimmt  zwar  an,  dass  Pfalzgraf  (spater  Kurftirst)  Ruprecht  I., 
der  Stifter  dieser  Hochschule,  schon  zu  Lebzeiten  seines  Bru- 
ders,  des  Kurfiirsten  Rudolf  II.,  vor  oder  um  1346  die  erste 
Einrichtung  zur  Beforderung  der  Wissenschaften  traf  und  somit 
die  erste  Anlage  zur  Universitas  machte,  giebt  aber  zu,  dass 
es  dennoch  erst  nach  Erapfang  der  1385  ausgestellten  Autori- 
sationsbulle  Papst  Urbans  VI.  am  18.  Oktober  1386  zur  Eroffnung 
einer  Hochschule  kam.  Die  altern  Schriftsteller  schwanken 
zwischen  1339  und  1376,  durch  die  Quellenstudien  von  Toepke 
1884,  Denifle  1885  und  Thorbecke  1886  steht  jedoch  als  Jahr 
der  Grtindung  nunmehr  1386  urkundlich  fest.  Lokalpatriotis- 
mus  h&tte  Heidelberg  gerne  die  Prioritat  vor  Prag  und  Wien 
gesichert,  er  spielte  nicht  nur  hier  seine  verdunkelnde  Rolle. 

Thorbecke  weist  in  seiner  Jubilaumsschrift:  „Die  ftlteste 
Zeit  der  Universitat  Heidelberg  1386—1449"  (Heidelberg  1886) 
p.  6  ff.  nach,  dass  die  Ursache  der  Grtindung  h5chst  wahr- 
scheinlich  in  der  Nachwirkung  des   1378  erfolgten  papstlichen 


*)  I.  Bologna,  K51n,  Erfurt:  Jahrb.  XI.  1895.  S.  105;  II.  Rostock: 
Jahrb.  XH.  1897.  S.  48. 


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—     40     — 

Schisma,  verkorpert  in  dem  feindlichen  Gegensatz  Rom  und 
Avignon,  lag,  welches  bald  die  ganze  abendlandische  Christen- 
heit  einschneidend  bertihrte.  Wie  hier  Ruprecbt  durch  seine 
rasche  und  entschlossene  Stellung  fiir  die  kanonische  Giiltig- 
keit  der  Wahl  Urbans  VI.  diesem  romischen  Pontifex  auch 
den  politischen  Sukkurs  der  deutschen  Reichsstande  sicherte, 
so  gewann  er  in  ibm  zugleich  die  gesuchte  Kraft,  deren  er  zur 
Verwirklichung  seines  Wunsches  einer  Universitatsgriindung 
und  damit  zur  Vermehrung  seines  Ansehens  unerlasslich  be- 
durfte. 

Die  Pariser  Hochschule,  damals  noch  immer  von  den 
Deutschen  am  starksten  besucht,  hatte  zwar  auch  sofort  Ur- 
ban VI.  als  Papst  anerkannt,  fiel  dann  aber  unter  dem  Drucke 
des  vom  franzosischen  Hofe  und  der  Kurie  von  Avignon  aus- 
gehenden  List,  Gewalt  und  Ueberredung  dem  franzosischen  Ge- 
genpapst  zu,  worauf  um  1383  die  meisten  Deutschen  als  ent- 
schiedene  Anhanger  Rom's  die  Pariser  Hochschule  verliessen. 
Unter  ihnen  befanden  sich  verschiedene  hochangesehene  Lehrer 
wieHeinrich  von  Langenstein1),  Buridanus  und  Marsilius  von 
Inghen2).  Dieser  trat  zu  Ruprecht  in  ein  naheres  Verhaltnis 
und  wurde  von  ihm  mit  der  Durchfuhrung  der  Griindung  einer 
Hochschule  nach  Art  der  Pariser  betraut  (Hautz  I.  123).  Nach 
erlangter  Bestatigungsbulle  Urbans  vom  23.  Oktober  1385  ver- 
lieh  der  Kurfiirst  seiner  ,,geliebten  Tochter"  alle  fiir  Paris  gel- 
tenden  Vorrechte:  besondern  Schutz  den  samtlichen  Akademi- 
kern  sowohl  auf  der  Reise,  als  auch  wahrend  des  Aufenthalts 
in  Heidelberg;  Freiheit  von  Zollen  und  Abgaben;  Abschatzung 
der  Hausmieten;  Schlichtung  von  Streitigkeiten  unter  Akade- 
mikern  oder  von  diesen  mit  den  Stadtern  durch  den  Rektor 
u.  a.  m.  Die  4  Fakultaten  wurden  installiert3),  ein  feierliches 
Hochamt  eroffnete  am  18.  Oktober  1386  die  neue  Universitat 
und  am  19.  Oktober  begann  die  stille  Arbeit  der  Vorlesungen 
durch  die  3  zuerst  noch  nur  vorhandenen  Professoren. 


1)  Der  kuhne  Vorfechter  der  Konzilien,  Neuorganisator  der  bis 
dahin  noch  nicht  zu  wirklichem  Leben  gekommenen  Wiener  Hochschule. 

2)  Ein  Niederlander  von  Geburt,  seiner  Richtung  nach  Nomina- 
list, von  freierer,  kritischerer  Haltung  in  der  scholastischen  Theologie. 

3)  Die  medizini8che  erhielt  ihren  ersten  Vertreter  gegen  Ende  des 
Jahres  1387  und  wurde  erst  1390  wirklich  formiert. 


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—     41     — 

An  der  Spitze  der  Universitat  stand  ein  Rektor.  Dieser 
wurde  nach  der  in  Paris  eingefuhrten  Ordnung  auch  hier  an- 
fanglich  jedes  Vierteljahr  gewahlt.  Die  Wahl  aber  war,  wie  in 
Paris,  auf  die  Mitglieder  der  Artisten-Fakultat  (d.  h.  der  Philo- 
sophen)  beschrankt,  da  diese  die  breite  Grundlage  der  Hoch- 
schule  bildete.  Jeder  Lehrer,  auch  in  andern  Fakultaten,  ge- 
horte  ihr  gewissertnassen  an;  von  ihr  musste  er  erst  den 
Meistergrad  erlangt  haben,  bevor  er  als  Lehrer  in  den  andern 
Fakultaten  auftreten  konnte  (Hautz  I.  138).  Durch  das  scharfe 
Vorgehen  eines  neu  eingetretenen  Theologieprofessors  Soltow 
wurde  dann  freilich  dies  Vorrecht  schon  1395  beseitigt  und 
auch  die  Wahl  von  Rektoren  anderer  Fakultaten  zugestanden. 
Desgleichen  wurde  der  Quartalwechsel  1393  zum  Semestral- 
wechsel  erhoben,  der  bis  1522  iiblich  blieb,  worauf  die  Annual- 
wahl  in  Kraft  trat. 

Zu  den  ersten  Einrichtungen  gehorte  das  Anlegen  eines 
Matrikelbuchs.  In  dieses  mussten  sich  alle,  welche  die  Privi- 
legien  der  Universitat  geniessen  wollten,  kurze  Zeit  nach  ihrer 
Ankunft  am  Orte  nach  Universitatsbrauch  einschreiben  lassen1) 
und  zugleich  schworen,  den  Gesetzen  der  Schule  Gehorsam 
leisten,  sowie  die  eintrachtige  Erhaltung  des  Generalstudiums 
fordern  zu  wollen.  Das  Immatrikulieren  (anfanglich  gewohn- 
lich  intitulare;  Hautz  I.  61)  geschah  das  ganze  Jahr  hindurch. 
Das  Matrikelgeld  betrug  in  der  ersten  Periode  12  silberne  De- 
nare,  spater  2  Turonenser  (Livres  tournois).  Nach  Ottheinrich's 
Reformation  der  Universitat  (1556 — 9)  hatten  Btirgerliche  10 
Kreuzer,  Adlige  1  Gld.  zu  bezahlen.  Von  den  Studiosen  waren 
die  vermogenslosen  frei  von  Matrikelgebiihren.  Hinter  ihren 
Namen  findet  sich  gewohnlich  auch  ein  p(auper);  diejenigen, 
welche  bezahlten,  waren  mit  einem  d(edit)  bezeichnet.  Weil 
das  Intitulieren  an  keinen  Ausweis  liber  etwaige  Vorstudien  oder 


l)  Dies  Privilegium  gait  nicht  nur  fur  Professoren  und  Studenten 
(civibus  academicis)  selbst,  fur  ihre  Familien  und  ihr  Gesinde,  sondern 
es  umfasste  auch  die  cives  illiterati:  Bedelli,  Librarii  (qui  et  nova  et 
Vetera  scribunt),  Stationarii  (welche  in  Buden  oder  Standen  ihre  Biicher 
feilboten  oder  zur  Abschrift  herliehen),  Pergamentarii  (Pergamentgerber), 
Scriptores  (Copisten),  Illuminatores  (Kunstmaler  der  Initialen  etc.)-  In 
8paterer  Zeit  wurden  sogar  die  Schuler  des  Padagogiums,  einer  Vorbe- 
reitungsanstalt,  immatrikuliert  (Hautz  I.  127.  132). 


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-     42     — 

an  die  Bedingung  eines  gewissen  Alters  gebunden  war,  so  kara 
fruh  das  Unwesen  selbst  des  Einschreibens  von  Knaben  vor. 
Ausserdem  aber  liessen  sich  viele  in  die  Matrikel  eintragen, 
welche  sich  zu  ganz  andern  Zwecken  als  denen  eines  Studiums 
in  der  Stadt  aufhielten  (Kaufleute,  Reisende  etc.)1),  nur  urn  die 
Freiheiten  von  Studierenden  zu  geniessen. 

Ein  wesentlicher  Bestandteil  der  altern,  Paris  nachge- 
bildeten  Hochschulen  waren  die  Convikte  (Contubernien,  Colle- 
gien,  Regentien,  Bursen,  Coderien),  in  welchen  die  Studierenden 
teils  unentgeltlich,  teils  gegen  m£ssige  Entschadigung  Wohnung 
und  Unterhalt  fanden.  War  anfanglich  ein  Hauptgrund  zu  ihrer 
Errichtung  die  Mittellosigkeit  vieler  Studierenden  gewesen, 
denen  man  hierdurch  den  Aufenthalt  am  Studienort  zu  erleich- 
tern  suchte,  so  trat  als  ein  zweiter  Grund  bald  die  padago- 
gische  Beaufsichtigung  hinzu,  welche  sich  sowohl  in  Schutz  ge- 
gen die  Sittenlosigkeit,  als  auch  in  der  Ueberwachung  der  Studien 
ausserte.  Spater  wurden  diese  Anstalten  zu  formlichen  Pen- 
sionaten  ausgebildet,  deren  Insassen  von  Vorstehern  (Rektoren, 
Regenten,  Conventoren)  beaufsichtigt  wurden.  Diese  „loci  ap- 
probatea  wie  die  offentlich  anerkannten  Bursen  genannt  wur- 
den, waren  jedoch  langst  nicht  immer  das,  was  sie  sein  soil- 
ten,  da  auch  5fter  ihre  Vorsteher  eigene  Vorteile .  im  Auge 
hatten.     (Jahrb.  XI.  114.) 

Unter  den  Convikten  Heidelbergs  interessiert  uns  beson- 
ders  das  „Contubernium  Dionysianum",  auch  „C.  Pauperuma 
(Armenburse)  und  spater  nach  seinem  Erneuerer  „Casimiria- 
numa  genannt.  Den  Grund  zu  dieser  Anstalt  legte  zwar  1396 
Gerlach  von  Homburg,  der  ihr  sein  Haus  zur  Griindung  „einer 
Herberge  vor  arme  Schuler"  vermachte,  doch  hatte  sie  kein 
rechtes  Gedeihen,  bis  ihr  unter  Kurftirst  Ludwig  III.  (1410 — 
1436)  reiche  Schenkungen  zugefuhrt  wurden.  Von  diesen 
stammte  eine  von  Gerhard  von  Hohenkirchen,  Professor 
der  Medizin  und  Canonicus  bei  dem  Stifte  zum  H.  Geist,  der 
als  unser  Landsmann  im  Engern  (er  stammte  aus  Hohenkirchen, 
alta  ecclesia,  im  Wangerlande)  unser  Interesse  beansprucht. 
Vor  seinem  Tode  (1448)  setzte  er  das  Dionysianum  als  Erbe 
seiner   ansehnlichen  Bibliothek   und   einer   bedeutenden  Geld- 


!)  Studentes  non  etudentes  (Bianco,  Qesch.  der  Univ.  Coin  I.  8). 


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—    43    — 

summe  ein.  Diese  Bibliothek  wurde  der  Grundstock  der  spater 
bedeutenden  Dionysianums-Bticherei,  die  unter  der  Aufsicht  des 
Univ.-Rektors  stand  (Hautz  I.  198.  II.  39). 

Zur  Entwicklungsgeschichte  der  Universitat  ubergehend, 
bemerken  wir  besonders  folgende  Punkte: 

Anfanglich  fehlte  es  ihr  an  eigenen  Gebauden.  Die 
Vorlesungen  wurden  in  verschiedenen  Klostern  und  Capellen 
gehalten.  Erst,  nachdem  Ruprecht  II.  1391  die  Juden  aus 
Heidelberg  vertrieben  und  ihre  Hauser  der  Hochschule  geschenkt 
hatte,  erwuchsen  ihr  Auditorien1)  (Hautz  I.  117.  170.  101).  Diese 
wurden  nach  Bedarf  erneuert,  vergrossert,  vereinigt,  verlassen, 
bis  endlich  1735  die  alma  mater  in  dem  jetzigen  Universitats- 
Gebaude,  der  domus  Wilhelmiana,  ihr  Domizil  fand  (Hautz  II.  246). 

An  Lehrern  zahlte  die  Anstalt  gleich  im  ersten  Jahre 
6  Doktoren  der  Theologie,  5  Licentiaten  der  Jurisprudenz,  5 
Licentiaten  der  Medizin  und  43  Magister  und  Baccalauren  der 
Philosophie.  Die  meisten  von  ihnen  waren  aus  Prag  und  Paris 
gekommen.  Da  unter  ihnen  mehrere  aus  den  Niederlanden 
stammten,  so  zogen  diese  ersichtlich  Landsleute  als  Schiller 
nach.  Schon  bis  Ende  1388  zahlt  de  Wal  (Nederlanders,  Stu- 
denten  te  Heidelberg.  1886)  deren  134,  bis  1500  dann  erst  631. 
Der  erste  Ostfriese  ostlich  der  Ems  erscheint  im  Sommer  1416 
aus  Edelsom,  Eilsum.  Als  1419  der  Ostfriese  Gerard  von 
Hohenkerken,  der  von  1420  bis  1448  der  einzige  ordentliche 
Honorarprofessor  der  Medizin  war,  einzog,  wahrte  es  nicht 
lange,  dass  sich  auch  einige  seiner  Landsleute  einfanden.  In- 
dessen  wurde  Heidelberg  erst,  nachdem  es  eine  reformierte  Hoch- 
schule geworden  war  (12.  Aug.  1560),  mehr  von  Ostfriesen  be- 
sucht,  jedoch  tritt  es  in  dieser  Hinsicht  hinter  andern  Hoch- 
schulen  zuriick. 

Die  Immatrikulationen  umfassten  im  1.  Jahre  525 
(unter  ihnen  viele  Canonici,  Pfarrer  und  Monche,  vergl.  Jahrb. 
XI.  125),  im  2.  Jahre  236  und  im  3.  Jahre  289,  sodass  im 
Jahre  1390  die  Gesammtzahl  der  Inscriptionen  1050  betrug. 
Wahrscheinlich  ware  schon  anfangs  die  Frequenz  eine  grossere 
gewesen,   wenn  nicht   durch   die  Fehde   der  Pfalzgrafen  und 

')  Auch  Karl  IV.  zwang  die  Juden,  Prag  zu  raumen  und  schenkte 
ihre  Hauser  der  Universitat  daselbst.  Da  findet  unser  Sprichwort  An- 
wendung:  Ut  annermanns  Leer  (Leder)  is  god  Remen  sniden. 


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—     44     — 

ihrer  Verbundeten  wider  die  schwabischen  und  rheinischen 
Stadtebunde  (Graf  Eberhard  im  Barte  siegt  entscheidend  bei 
Doffingen  am  25.  Aug.  1388)  und  durch  eine  Pest  das  Studium 
jah  unterbrochen  worden  w&re. 

Solcher  Unterbrechungen,  teils  durch  Epidemien,  mehr 
aber  noch  durch  Handel  und  Kriege  hervorgerufen,  hatte  Heidel- 
berg mehr  als  andere  Hochschulen  zu  erleiden,  nach  Thorbecke 
Anmerkungen  p.  11*  spielten  Kriegshandel  eine  Rolle  in  den 
Jahren  1388,  1405,  1410,  1461—2,  1468—9,  1474  u.  s.  w.,  Epi- 
demien 1388,  1426,  1438,  1459,  1474  u.  ferner;  was  der  30j&h- 
rige  Krieg  an  Heidelberg  that,  wird  weiter  unten  noch  kurz 
beriihrt  werden. 

Wenn  nun  auch  die  Matrikel  diese  Verhaltnisse  in  stei- 
genden  oder  fallenden  Zahlen  wiederspiegelt,  so  dtirften  nach 
Thorbecke  p.  17  die  Ziffern  der  Intitulationen  nur  fiir  die  erste 
Zeit  als  einigermassen  zuverlassige  gelten,  da  anzunehmen  sei, 
dass  anfangs  die  Einzeichnung  seitens  der  Scholaren  mit  gros- 
serer  Piinktlichkeit  erfolgte,  als  spater.  Fiir  die  spateren 
Jahre  gentige  jedoch  die  Matrikelangabe  nicht  zur  Feststellung 
einer  Prasenzziffer,  da  es  trotz  aller  Vorschriften  nie  ermoglicht 
worden  sei,  dass  alle  diejenigen,  welche  an  der  Universitat 
lehrten  oder  lernten,  sich  dem  Rektor  vorstellten  und  fiir  die 
Einzeichnung  ihrer  Namen  Sorge  trugen  (Jahrb.  XL  114). 

Nach  Thorbecke's  Ermittelungen  (p.  18)  diirfte  von 
1386—1449  die  Durchschnittsziffer  fur's  Jahr  127  Immatrikula- 
tionen  ergeben. 

Rekrutierten  sich  die  Eingeschriebenen  anfanglich  aus 
den  Diocesen  Worms,  Mainz,  Koln,  Utrecht,  Liittich,  Speier  und 
Trier,  so  stellte  etwas  spater  der  Mittel-  und  Unterrhein  das 
Hauptkontingent,  bis  mit  der  Griindung  von  Hochschulen  in 
Koln  1388,  Erfurt  1392  u.  a.  der  Zuzug  von  hier  sich  verminderte, 
wogegen  die  Sprengel  des  Oberrheins  und  die  Maingegenden  in 
der  Mitte  des  15.  Jahrh.  die  Heimat  der  meisten  Heidelberger 
Studenten  ausmachten. 

Die  innere  Entwicklung  des  Generalstudiums  wurde 
wahrend  der  Periode  der  Scholastik  bis  1449  durch  nichts  ge- 
stort;  tief  eingreifende  Krisen,  wie  sie  wohl  an  andern  Hoch- 
schulen eintraten  und  deren  Existenz  gefahrdeten,  blieben  ihr 
fern;  wahrend  der  hochbewegten  Konzilienzeit  bewahrte  der 


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—    45     — 

Lehrkorper  eine  ausgepragt  reservierte  Haltung  (Thorb.  p.  33), 
wobei  das  gute  Verhaltnis  zur  romischen  Kurie  gesichert  blieb. 

Auch  (lurch  die  immer  deutlicher  hervortretenden  Hare- 
sien  wurde  die  Universitat  nicht  bertihrt,  in  natiirlicher  Kon- 
sequenz  ihres  kirchlichen,  papstfreundlichen  Charakters  trat  sie 
gegenteils  fur  die  herrschende  Glaubensrichtung  und  kirchliche 
Einheit  in  die  Schranken  und  nahm  an  der  Verdammung  von 
Irrlehren  und  Irrlehrern  (Flagellanten,  Begharden  und  Beghinen, 
Wiklefiten,  Hussiten)  thatigen  Anteil  (Thorb.  33—5). 

Von  besonderer  Bedeutung  fur  die  Entwicklung  des  Sta- 
diums war  die  Griindung  und  sorgsame  Pfiege  der  Biblio- 
theken,  die  der  Universitat  einen  Ruf  verschafften,  der  weit 
tiber  die  Grenzen  Deutschlands  sich  erstreckte.  Anfanglich  aus 
Schenkungen  privater  Btichereien  erwachsend,  erhielten  sie 
durch  Rudolf  Agricola  und  Reuchlin  eine  Richtschnur  zur  Ver- 
grosserung,  die  auch  die  Klassicitat  sicherte.  Es  ist  nicht  un- 
interessant,  zu  erfahren,  was  es  mit  jenen  grundlegenden 
Schenkungen  auf  sich  hatte,  die  ja  nur  aus  kostspieligen  Per- 
gamenten  bestanden.  Unter  den  168  nachgelassenen  Werken 
des  ersten  Universitatskanzlers  Geylnhausen  waren  84  theolo- 
gische,  61  juristische,  28  naturwissenschaftliche  und  5  tiber 
Logik.  Die  Bibliothek  des  ersten  Rektors  Marsilius  bestand 
aus  221  Werken.  Von  ihnen  waren  76  theologische,  11  juristi- 
sche, 7  medizinische,  6  metaphysische,  30  tiber  die  Ethik,  33 
tiber  Naturwissenschaft,  29  mathematische,  18  logische  und  11 
grammatische  Schriften.  —  Wie  sorgsam  man  diese  litterari- 
schen  Schatze,  die  nur  unter  Beobachtung  der  vorgeschriebenen 
strengen  Nutzungsregeln  zu  erreichen  waren,  htitete,  ergiebt 
der  Beleg,  dass  noch  im  Jahre  1463  die  Bitte  des  Pfalzgrafen 
Philipp,  des  Enkels  Ludwigs  III.,  um  die  Mitteilung  eines  klei- 
nen  Buches  aus  dem  Vermachtnis  seines  Grossvaters  erst  dem 
versammelten  Senate  vorgetragen  und  darauf  ihm  der  Gebrauch 
desselben  ordnungsgemass  nur  auf  einen  Monat  gestattet  wurde 
(Hautz  I.  261). 

Die  Bticher  wurden  tibrigens  zu  Anfang  nicht  in  Schran- 
ken aufbewahrt,  sondern  sie  lagen  auf  Pulten.  Diese  mtissen 
oft  von  betrachtlicher  Lange  gewesen  sein,  da  auf  manchen 
dreissig  und  mehr  Werke  aufgelegt  waren.  Gegen  Entwendung 
wurden  sie  dadurch  gesichert,  dass  man  die  Codices  jedes  Pul- 


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—     46     — 

tes  durch  eine  Kette  verband,  und  die  letztere  durch  ein  Schloss 
festlegte.  Das  Lesen  solcher  angeketteten  Biicher  durfte  grade 
nicht  sehr  bequem  gewesen  sein.  —  „Unter  den  jetzt"  (1862 
geschrieben)  „vorhandenen  Bibliotheken  hat  noch  die  Medizi- 
nisch-Laurentianische  Bibl.  zu  Florenz  diese  altertumliche  Weise 
der  Auf bewahrung  beibehalten"  (Wilken,  Geschichte  der  Heidelb. 
Btichersammlgii.  174—5). 

War  die  erste  Zeit  der  Universitat  eine  durchaus  ruhige 
Periode  gewesen,  so  ist  dies  nicht  ganz  der  Fall  mit  jener  von 
1449 — 1556,  der  zweiten  Periode  von  der  Reform  durch  Kurf. 
Friedrich  I.  bis  zur  Umgestaltung  durch  Otto  Heinrich.  Zuerst 
trat  ein  heftiger  Kampf  zwischen  den  beiden  Hauptrichtungen 
der  scholastischen  Philosophie,  dem  Nominalismus  und  dem 
Realismus,  auf.  Duch  Marsilius  war  ersterer  von  Paris  aus 
nach  Heidelberg  verpflanzt  und  hier  60  Jahre  hindurch  aus- 
schliesslich  gelehrt  worden.  Seine  neue,  kritisierende,  in  das 
gesamte  kirchliche  und  politische  Leben  der  Zeit  eingreifende 
Gestalt  hatte  er  von  dem  mutigen  Vorkampfer  der  Reforma- 
tion Wilhelm  von  Occam  (1280 — 1349)  erhalten,  dem  darnach 
der  erschlaffte,  doch  allgemach  wieder  erstarkende  positivere 
Realismus,  nach  seinem  geistvollsten  Vertreter  Thomas  von 
Aquino  auch  die  via  Thomistica  genannt,  entgegengestellt  wurde* 
Wenn  auch  zeitweilig  beschwichtigt,  konnte  der  sich  durch 
alle  Fakultaten  verbreitende  Kampf  nie  ganz  unterdriickt 
werden,  und,  bis  zur  Reformation  dauernd,  storte  er  mehr- 
fach  den  Frieden  und  die  Eintracht  der  Universitat  (Hautz  I. 
308). 

Eine  heftige  Fehde  zwischen  dem  Erzbischof  und  Kur- 
fursten  Diether  von  Mainz,  auf  dessen  Seite  auch  der  Pfalzer 
Friedrich  I.  stand,  und  dem  Mainzer  Domherrn,  Grafen  Adolph 
von  Nassau  nebst  ansehnlichen  Verbundeten,  in  dessen  Verlauf 
der  energisch  vorgehende  Pfalzer  sogar  von  Papst  Pius  II. 
(Aeneas  Sylvius)  in  den  Bann  gethan  wurde  (1462—4),  brachte 
nach  dem  glanzenden  Siege  Friedrichs  und  seiner  darauf  er- 
folgten  teilweisen  Bannlosung  der  Universitat  durch  die  Erobe- 
rung  von  Mainz  und  darauf  folgenden  Flucht  der  seither  in 
diese  Stadt  gebannten  Buchdrucker  eine  neue,  kostbare  Acqui- 
sition. Schon  1465  erteilte  Friedrich  Schutzbriefe  an  Buch- 
drucker und  Buchhandler,  und  bereits  zu  Anfang  1466  erschien 


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—     47     — 

in  Heidelberg  „Bartholomaei  Facei  dialogus  de  felicitate"  (Hautz 
I.  319). 

Unter  Kurf.  Philipp  (1476—1508),  selber  wissenschaftlich 
gebildet  und  gerichtet,  erbliihte  zwar  dem  Hofe  ein  reges  geisti- 
ges  Leben,  indem  durch  die  Berufung  der  ausgezeichnetsten  Ge- 
lehrten,  eines  J.  von  Dalberg,  Dietrich  von  Plenningen,  Rudolph 
Agricola,  Conrad  Celtes,  Jacob  Wimpheling,  Johann  Tritheim, 
Johann  Reuchlin  u.  and.  die  klassischen  Studien  gepflegt  wurden, 
andererseits  aber  widerstrebte  die  Universitat,  deren  Docenten 
dem  alten  System  und  der  erstarrten  Gelehrsamkeit  treu  blie- 
ben,  den  wohlgemeinten  Bemtihungen  des  Fiirsten  zur  Belebung 
der  Wissenschaften  (Zarncke,  Die  deutschen  Univ.  im  Mittel- 
alter.  I.).  In  diese  Zeit  fallt  auch  Johann  Wessel's  von  Gro- 
ningen  kurze  und  fruchtlose  Wirksamkeit  an  der  Universitat, 
an  die  er  von  Philipp  weniger  als  Humanist,  denn  als  Refor- 
mator  berufen  worden  war  (1477).  Trotzdem  er  sich  zur  Ton- 
sur  nicht  verstand  und  infolge  dessen  nicht  in  der  theologi- 
schen  Fakultat  auftreten  durfte,  wurde  er  als  Lehrer  der 
klassischen  Litteratur  in  der  Artisten- Fakultat  von  den  scho- 
lastischen  Theologen  aller  Richtungen  bitter  und  hart  verfolgt, 
sodass  er  sich  wieder  nach  Groningen  zuriickverfugte.  Auch 
an  seines  Freundes  Johann  von  Wesel  Ketzergericht,  das  mit 
dem  Abschwur  seiner  Lehre  und  lebenslanglicher  Gefangen- 
schaft  im  Augustinerkloster  zu  Mainz  endete,  beteiligte  sich 
die  theologische  Fakultat  Heidelbergs  (Ullmann,  J.  v.  Wesel, 
367—418). 

Luthers  Anwesenheit  in  Heidelberg  1518,  wo  er  nebst 
Staupitz  und  Joh.  Lang  einem  Augustiner-Convent  beiwohnte, 
dem  eine  offentliche  Disputation  unter  seinem  Vorsitz  folgte, 
fuhrte  ihm  zwar  eine  Anzahl  Studenten  zu,  die  wie  Martin 
Frecht,  Martin  Bucer,  Joh.  Brenz,  Franz  Jrenicus,  Erhard 
Schnepf  u.  and.  seine  Anhanger  wurden,  doch  blieb  die  Uni- 
versitat eine  heftige  Gegnerin  kirchenreformatorischer  Bestre- 
bungen  (Hautz  I.  381  ff).  Trotzdem  fand  seine  Lehre  immer 
mehr  Eingang. 

In  lebenslanglicher,  ununterbrochener  Verbindung  mit 
der  Ruperto-Carolina  stand  ihr  grosster  Schiller  Philipp  Schwarz- 
erd,  genannt  Melanchthon,  der  auch  auf  das  spatere  wissen- 
schaftliche  und  kirchliche  Leben  der  Rheinpfalz  einen  grossen 


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—    48     — 

Einfluss  iibte.  Seine  Studien  erstreckten  sich  von  1509—1512; 
als  er  dann  die  verlangte  Magisterwtirde  in  seinem  14.  Lebens- 
jahre  nicht  erzielte,  siedelte  er  nach  Tubingen  ttber.  Zu  der 
von  Kurfttrst  Friedrich  II.  (1544 — 56)  angestrebten  Reform  der 
Hochschule  nahm  auch  er,  der  am  28.  M&rz  1545  in  ehren- 
vollster  Weise,  doch  fruchtlos,  zum  Lehrer  berufen  worden  war, 
Stellung,  ohne  diesmal  jedoch  eingreifend  mitwirken  zu  konnen, 
da  auch  die  geplante  Aenderung  erfolglos  verlief. 

Nachdem  am  20.  Dez.  1545  die  Gemeinde  Heidelberg 
sich  unzweideutig  fttr  Luther's  Lehre  erklart,  die  Kurfurstin 
und  viele  Hofleute  das  Abendmahl  in  beiderlei  Gestalt  genom- 
men  und  der  Kurfttrst  sich  „aus  Furcht  vor  dem  Volke",  wie 
sein  Biograph  Leodius  sagt,  zu  einer  evangelischen  Kirchenord- 
nung  in  churpfalzischen  Landen  verstanden  hatte,  war  es  nur 
noch  eine  Frage  der  Zeit,  wann  auch  die  Universitat  mit  ihrer 
Tradition  brechen  musste.  1551  gab  sie,  von  Papst  Julius  III. 
zur  Beschickung  des  Concils  zu  Trient  (1545—63),  wiewohl 
vergeblich,  aufgefordert,  zum  letztenmal  in  ihrer  Gesamtheit  als 
Lehrkorper  der  Autoritiit  des  romischen  Stuhles  ihre  Anerken- 
nung.  Von  da  ab  wandten  sich  ihre  Glieder  immer  mehr  der 
lutherischen  Lehre  zu,  so  dass  beim  Regierungsantritt  Otto 
Heinrichs  1556  nur  noch  —  zwei  katholische  Professoren 
existierten,  welche  sich  „ihror  Profession  begaben." 

Mit  dem  Regierungsantritt  Otto  Heinrichs  (1556)  be- 
ginnt  der  evangelisch-protestantische  Zeitraum  der  Hochschule, 
der  in  einen  vorherrschend  lutherischen,  melanchthonisch  ge- 
richteten  Abteil  (4.  April  1556  inauguriert),  einen  vorwiegend 
calvinischen  (12.  Aug.  1560),  einen  entschieden  lutherischen  (1577) 
und  einen  ausschliesslich  streng-calvinischen  (1584)  zerfallt,  um 
alsdann  einem  Interregnum  der  Jesuiten  vom  6.  Sept.  1622  bis 
zum  1 .  Nov.  1652  anheimzufallen.  Kaum  30  Jahre  lang  darnach 
dem  reformierten  Bekenntnis  wiedergegeben,  wird  das  Schiff  der 
pfalzischen  Kirche  und  Schule  von  den  Wellen  der  tosenden  Zeit 
wieder  an  das  katholische  Ufer  geworfen,  an  welchem  es  von 
1685—1803  verbleibt,  um  alsdann  das  evangelische  Fahrwasser 
zu  erreichen,  in  dessen  neuerm  Bette  es  sich  bis  heute  befindet. 

Dass  nach  dem  Bildcrsturm  in  den  Niederlanden  und  Her- 
zogs  Alba  Blutregiment  die  dortigen  Reformierten  den  Rhein 
hinauf   flttchteten   und  sich    namentlich  in  der  Pfalz  nieder- 


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—     49     — 

liessen,  von  wo  aus  ihr  Hauptsymbolum,  der  Heidelbergische 
Katechismus  (1563),  starkend  und  befruchtend  in  der  Diaspora 
wirkte,  sei  nur  der  Vollstandigkeit  halber  hier  erwahnt. 

Des  beschrankten  Raumes  halber  sei  auch  nur  vorliber- 
gehend  der  Einfuhrung  der  rigorosen  Genfer  Kirchenzucht  (13. 
Juli  1570)  gedacht,  deren  Gegner,  gefuhrt  vom  kurfurstlichen 
Leibarzte  und  ausgezeichneten  Mediciner  Thomas  Erast,  Amt 
und  Brot  verloren,  teils  selbst  als  Arianer  bitter  verfolgt  wur- 
den  (Matthias  Uehe  s.  Jahrb.  XII.  Ill1),  und  von  denen  sogar 
einer,  der  reformierte  Superintendent  von  Ladenburg,  Johann 
Sylvan,  am  23.  Decbr.  1573  auf  dem  Markte  zu  Heidelberg 
durch  das  Schwert  als  „Gotteslasterer"  hingerichtet  wurde, 
ein  Seitenstiick  zur  Genfer  Inquisition  (Servede's  Verbrennung) 
1553  (Hautz  II.  78  ff). 

Verlegungen  der  Universitat  wegen  ansteckender  Krank- 
heiten  fanden  wiederholt  statt,  so  1491  nach  Speyer,  1502, 
1507  u.  8,  1509,  1519,  1529  (damals  nach  Eberbach),  1547  u. 
1555  ebendahin,  1563  nach  Oppenheim,  1564  nach  Eppingen 
und  so  weiter.  Unter  solchen  Storungen  litt  der  Besuch.  Es 
gab  Jahre,  wie  1520,  wo  nur  14,  und  1529,  wo  25  Immatrikulatio- 
nen  erfolgten,  wahrend  gesichertere  Zeiten  die  Zahlen  steigerten. 
Im  Allgemeinen  wurde  die  Hochschule  unter  Friedrich  III  (1559 
bis  1576)  ihres  streng  calvinischen  Charakters  halber,  den  keine 
andere  deutsche  Universitat  besass,  ziemlich  stark  frequentiert, 
namentlich  vom  Auslande  (Hausser  II.  69).  Unter  Casimir 
(1583 — 1592)  wurde  dies  in  noch  hoherem  Maasse  der  Fall,  in- 
dem  die  jungen  Calvinisten  ganz  Europas  und  zwar  viele  aus  dem 
reformierten  Adel  und  den  Ftirstenfamilien  ihre  Studien  dort 
machten.  So  erfolgten  1584  =  255,  1585  =  312,  1586  =  314  Ein- 
schreibungen.  Dass  im  Wintersemester  1582—3  sich  die  3  mitt- 
leren  Sohne  Graf  Edzards  II.,  Gustav,  Johannes  und  Christoph 
(im  Alter  von  17,  16,  u.  13  Jahren  stehend),  auf  ihrer  Studien- 
reise  hier  aufhielten,  geschah  teils  aus  Riicksicht  auf  einige 
bedeutende    Hochlehrer,    worunter    Sylburg.    Janus    Gruterus, 


»)  Dort  ist  nachzufttgen  Z.  12  v.  unt. :  VI  (1878)  2.  In  der  Zeit- 
schr.  „Frisia*  1843  No.  9  p.  33  teilt  H.  Suur  diese  Notiz  aus  Elsenius  mit, 
kennt  aber  weiter  nichts  von  diesem  durch  die  Pfalzer  Calvinisten  ver- 
triebenen  und  auch  hier  arg  gequalten  Manne. 

Jahrbuch  dor  Oosellsch.  f.  b.  K.  u.  vaterl.  AHorttimor  za  Emdon,  Bd.  XIV.  4 


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—     50     — 

Aemilius  Portus,  Stenins  u.  and.  hervorragenden  Ruf  besassen, 
teils  aus  hofischen  Riicksichten  und  verwandtschaftlichen  Be- 
ziehungen. 

Nachdem  am  25.  September  1619  Kurfurst  Friedrich  V. 
seinen  Zug  als  „Winterk5niga  B6hmens  nach  Prag  ange- 
treten  hatte,  welcher  ihm  und  seinem  Lande  zum  Verderben 
gereichen  sollte,  begann  das  grossartige  Trauerspiel  des  30  j&h- 
rigen  Krieges,  der  entsetzlichsten  Periode  Deutschlands.  Als 
das  Kriegstheater  sich  an  den  Rhein  verzog,  verfiel  die  Pfalz 
und  mit  ihr  Stadt  und  Universitat  Heidelberg  dem  Greuel  der 
Verwiistung  (Kayser,  Heidelberg,  369  ff).  Den  Jesuiten,  welche 
mit  Tilly  1622  einzogen,  wurden  die  weitgehendsten  Befugnisse 
erteilt,  worauf  sie  sich  einfach  in  den  Besitz  der  Universitats- 
lehrstuhle  setzten.  Damit  war  das  Schicksal  der  Universitat 
besiegelt,  Immatrikulationen  fanden  1623  =  2,  1624  =  3, 
1625  =  2,  1626  =  1  statt.  Von  1631  bis  November  1652  sind 
keine  Aufnahmen  vermerkt,  ob  die  Thatigkeit  der  Hochschule 
w&hrend  dieser  Zeit  eingestellt  wurde,  ist  nicht  sicher.  Zwar 
eroberten  die  Schweden  1633  vorubergehend  die  Stadt  und 
vertrieben  die  Romischen,  doch  setzten  diese  sich  nach  der 
Schlacht  bei  Nordlingen  1634  wieder  in  ihren  ungestorten  Be- 
sitz (Hautz  II.  162  ff). 

Zu  den  schwersten  Verlusten,  welche  Heidelberg  in 
diesem  Kriegstrubel  erlitt,  zahlt  die  Entfuhrung  ihrer  beriihm- 
ten,  an  alten  und  seltenen  Handschriften  reichen  Bibliothek. 
Kaum  hatte  Tilly  als  Oberstfeldstatthalter  des  Kurfursten  Maxi- 
milian I.  von  Bayern  die  Stadt  erstiirmt,  so  bemachtigte  er 
sich  ihrer  Schriftschatze,  die  Max  schon  fruher  Papst  Gregor  XV. 
als  Geschenk  versprochen  hatte,  wenn  und  sobald  er  Herr  der 
Stadt  sein  wurde.  Schon  am  23.  Okt.  1622  traf  der  gelehrte 
Philologe  und  nachmalige  Custos  der  Vatikanischen  Biblio- 
thek, Leo  Allatius,  als  papstlicher  Bevollmachtigter  zu  ihrem 
Empfange  ein.  Ausser  vielen  wertvollen  Drucken  nahm  er  von 
Manuscripten  an  sich  431  griechische,  1956  lateinische,  289  ara- 
bische,  syrische  und  hebraische  und  851  deutsche.  Sie  fullten 
im  Vatikan  an  30  Schranke  und  bildeten  als  solche  die  Biblio- 
theka  Palatina.  Fiigen  wir  gleich  hinzu,  dass  nach  den  na- 
poleonischen  Umwalzungen  es  Oesterreichs  und  Preussens  Ver- 
mittlungen  gelang,  dass  aus  der  Palatina  samtliche  altdeutsche 


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—    51     — 

Handschriften  nebst  einigen  andern  Codices,  zusammen  890 
Stuck,   an  Heidelberg  zurtickgegeben  wurden  (Wilken  238  ff). 

Den  Gipfel  der  Not  erreichte  Heidelberg  im  sogen.  Or- 
leans'schen  Erbfolgekrieg  (1688 — 1693).  Es  verlangte  namlich 
1688  der  franzosische  „Sonnenkoniga  Ludwig  XIV.  fur  seine 
an  den  Herzog  Philipp  von  Orleans  verheiratete  Schwagerin 
Elisabeth  Charlotte  von  #  der  Pfalz  (Liselotte),  als  Erbin  ihres 
verstorbenen  Bruders,  des  Kurfursten  Karl  (1680 — 85),  den  Lan- 
derbesitz  desselben.  Zur  Unterstutzung  seiner  Forderung  brach 
seine  mordbrennerische  Soldatesca  unter  General  Melac  in  die 
Pfalz  ein,  die  auf  das  emporendste  verwustet  wurde.  Uner- 
horte  Greuel  geschahen  und  Heidelberg  ward  vom  16.  Febr.  bis 
zum  2.  Marz  1689  in  einen  Schutthaufen  verwandelt.  Was 
noch  widerstanden  oder  sich  kummerlich  erholt  hatte,  fand 
dann  seine  vollige  Vernichtung  bei  einem  zweiten  verraterischen 
Ueberfall  im  Mai  1693.  Die  Universitat  erlitt  hierbei,  da  un- 
mittelbar  vor  der  Zerstorung  der  Stadt  ihr  Archiv  nach  Frank- 
furt a.  M.  gerettet  wurde,  ausser  an  der  neuerrichteten  Biblio- 
thek  glucklicherweise  keine  allzugrossen  Verluste,  doch  wurde 
sie  faktisch  aufgehoben.  Die  nach  alien  Seiten  gefllichteten 
Professoren  fanden  sich  zum  Teil  in  Frankfurt  wieder  zusam- 
men und  konstituierten  dort  1694  die  Hochschule  von  neuem. 
Nach  eingekehrter  Ruhe  siedelte  man  Ende  Juni  1698  nach 
Weinheim  iiber,  wo  auch  der  Kurfiirst  zunachst  seine  Residenz 
aufgeschlagen  hatte,  um  sodann  zu  Anfang  des  Jahres  1700 
nach  Heidelberg  heimzukehren  (Hautz  II.  223  ff;  Kayser  514  ff). 

Die  ferneren  Schicksale  der  so  hartgepruften  Hoch- 
schule, die  sich  nach  1700  noch  lange  mit  den  Jesuiten  zu 
benehmen  hatte,  welche  von  den  Kurfursten  bevorzugt  wurden, 
mtissen  hier  iibergangen  werden.  In  bedenklicher  Lage  erstand 
ihr  in  dem  hochherzigen  Kurfursten  von  Baden,  Karl  Friedrich, 
welchem  infolge  des  Luneviller  Friedens  1802  der  grosste  Teil 
der  diesseitigen  Pfalz  zugefallen  war,  ihr  Retter.  Als  ein 
zweiter  Ruprecht  I.  sprach  er  aufs  neue  das  „\Verdeu  liber 
die  Anstalt  und  weckte  sie  aus  leiblichem  Elende  und  geistigem 
Tode,  Seitdem  besteht  sie  wieder  in  ihrem  ehemaligen  „flor 
und  essetf  (Hautz  II.  309). 

Die  Ueberweisung  mehrerer  Quellenschriften  zu  dieser 
vorstehenden  Uebersicht  verdanke   ich  dem  „Historisch-Philo- 

4* 


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—     52     — 

Heideib^  1388  sophischeri    Verein    (Universitats-Bibliothek)    zu    Heidelberg" 
dessen  freundliche  Unterstutzung  diesen  einleitenden  Teil  der  Ar- 
beit wesentlich  forderte,    wofur  ihm  unser  Dank  gesichert  ist. 

Der  nun  folgende  Auszug  ist  der  Jubiliiumsgabe  ent- 
nommen:  „Die  Matrikel  der  Universitat  Heidelberg  von  13SG 
bis  1662.  Bearbeitet  und  herausgegeben  von  Gustav  Toepke, 
Doktor  der  Rechte.  Erster  Teil  von  1386  bis  1553."  (Heidel- 
berg. Selbstverlag  des  Herausgebers.  1884.  Gr.  8°.  LXXVI. 
u.  697  SS.  —  Widmung:  „Der  Grossherzoglich  Badischen  Rup- 
recht-Carls-Universitat  in  Heidelberg  zur  Feier  ihres  600jahrigen 
Bestehens  1886. u)  —  „Zweiter  Teil  von  1554  bis  1662."  (Wie 
vorhin;  1886.     622  SS.) 

Unter  Ostfriesen  sind  wie  in  den  frliheren  Auszugen 
die  Bewohner  der  Friesenlande  zwischen  Unterems  und  Unter- 
weser  zu  verstehen  (Jahrb.  XI,  108).  Nichtostfriesen,  die  gleich- 
wohl  zu  Ostfriesland  in  einem  nahern  Verhaltnis  gestanden 
haben,  wurden  in  Klammern  eingefasst  vorgestellt. 

Die  Anordnung  des  Auszuges  umfasst  1.  die  Register- 
nummer  des  Rektorats,  2.  den  Namen  des  Rektors,  3.  den  Tag 
des  Amtsantritts  desselben,  4.  die  Anzahl  der  Immatrikulationen, 

5.  die  Registernummer  des  Immatrikulirten  (erst  vom  2.  Bde.  an), 

6.  den  Namen  des  Studenten  samt  anderweiter  Angaben  (Titel, 
Stammort,  Diocesanangabe)  desselben,  7.  das  Datum  seiner 
Einschreibung  und  8.  etwaige  Zusatze  verschiedener  Art,  teils 
von  Toepke,  teils  von  de  Wal,  teils  von  mir,  und  erstere  als 
solche  durch  T.  oder  W.  gekennzeichnet. 


Band  I. 

Redorat.  Ditmarus  de  Schwerte,  23.  Juni  1388.  57  Imm. 
Petrus  Fridgeri  de  Frisia,  solvit. 
Die  weitere  Herkunft  bleibt  ungewiss,  wenn  man  auch 
mit  Mr.  J.  de  Wal  in  Nederlanders,  Studenten  te  Heidel- 
berg (1886)  in  anbetracht  des  damaligen  starken  Zuflusses 
der  Niederlander  ihn  eher  einen  West-  als  einen  Ost- 
friesen nennen  mag. 


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-     53    — 

(de  Wal  halt  ferner  unter  zweien  im  J.  1400  intitul.  Heidelberg  uig 
Brudern  aus  Baftlo  de  Fresia  einen  Rodulphus  fur  den 
Grossvater  des  bekannten  fries.  Humanisten  Rudolph 
Agricola  und  seiner  in  Ostfriesland  wirkenden  Brtider; 
Jahrb.  XL  122.  111.  XII.  78;  da  aber  weder  der  nieder- 
deutsche  noch  der  latinisirte  Stammname  den  Vornamen 
jener  beigefugt  ist,  so  scheint  die  Annahme  gewagt. 

Unter  dem  54.  R.  Ludwig  de  Busco  wurde  1405  intit. 
Mag.  Jeronymus  de  Praga  Parisiensis,  J.  Hus1  Mitstreiter. 
Dazu  mcrkt  T.  aus  den  Un.-Akten  an:  Combustus  postea 
Constancie  in  generali  concilio  propter  hereses.  —  vgl.  p. 
45  u.  47  ob.) 

75.  R.     Johannes  de  Francfurt,  23.  Juni  1416.     105  I. 

Albertus  de  Edelsom  Monasteriens.  dioces.  dedit. 
T.  in  Note  2)  A.  de  Edelsum;  baccal.  art.  Juli  1417.  Von 
Edelsura,  Eilsum  nw.  v.  Emden.  Der  erste  sicher  nach- 
zuweisende  Ostfriese. 

82.  R.      Ysebrandus  Johannis  de  Woringen,  20.  Dec.  1419.    62  I. 

Magister  Gerardus  de  Hoenkerken,  alias  de 
Hoenburch,  doctor  in  medicinis,  Bremensis  dioces.  sub- 
dyaconus;  Jahrb.  XL  114 — 15.  Propinavi  ex  parte  uni- 
versitatis;  das.  117,  119.  R. 

Da  er  seinen  Stammort  selbst  mit  alta  ecclesia 
iibersetzt,  will  jene  Annahme,  dass  dcrselbe  urspriinglich 
Gokerken  geheissen  haben  soil  —  Bruschius,  Jeverland  p. 
16  —  als  nicht  geniigend  fundiert  erscheinen;  s.  aber 
Sello,  Studien  zur  Gesch.  v.  Oestringen  u.  Riistringen 
(1898)  p.  2.  102.  105. 

Dieser  Wangerlander  war  der  einzige  ordentl.  Prof, 
der  Medizin  von  1420-48,  Rector  Magn.  1420  u.  1429, 
Leibarzt  Kurf.  Ludwigs  III.,  f  26.  Dec.  1448.  Die  Leichen- 
rede  rtihmt  seine  freigebige  Frommigkeit,  die  sich  in  einer 
Reihe  Stiftungen  zeigte;  s.  ob.  p.  42;  in  ihr  wird  er  auch 
als  quondam  Pragensis  magister  et  studii  Lipcensis  pri- 
mas  inchoator,  studii  Coloniensis  doctor  ordinarius  et 
rector  bezeichnet.  Unter  Prag  u.  Leipzig  werden  wir  ihn 
wiederfinden. 


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—     54     — 

Heidelberg  1420  £5.  R.  Gherhardus  de  Hohenkirchen  (de  alta  ecclesia)  20.  Dec.  1420.  64  L 

Arnoldus  de  Honkirchen  Bremens.  dioc.  nihil  ddt. 
est  discipulus  rectoris.  —  Jahrb.  XI.  117. 

97.  R.     Wilhelmus  Divitis  (Ryke)  de  Lier,    20.  Dec.  1426.      78  I. 

Theodricus  Gerhardi  de  Horst.  Nichil  cepi  ob 
reverentiam  domini  Gerhardi  de  Honkirchen,  doctoris  in 
medicinis.  —  Jahrb.  XI.  117.  115. 

Ob  von  der  Horst  w.  oder  v.  Horsten  s.  v.  Jever? 

103.  R.     Johannes  de  Richen,  20.  Dec.  1129.    74  I. 

Petrus  de  Norda  Brcmensis  dioc.     paup. 
Wieder  tritt  Norden  vor  Emden  auf.  —  Jahrb.  XI.  Ill,  126; 
XII.  53. 

155.  R.   Johannes  Schroder  al.  Hafner  (Lutifiguli)  20.  Dec.  1455.    62 1. 
(Johannes  de  Lticzburg,  16.  Jan.  1456  ddt. 
So  verlockend  es  auch  ist,  diesen  Studenten  aus  Ltitzburg 

0.  v.  Norden  stammen   zu  lassen,  so  wahrscheinlich  ist 
es,  ihn  Luczelburg  Treverensis  dioc.  uberlassen  zu  rnussen.) 

(Mag.  Coloniensis  Wessellus  [Wesselius  W.]  Goss- 
fort    de    Gruningen  [Grunningen  W.]   Trajectens.    dioc. 

1.  Juni  1456.  ddt. 

T.  Note10):  Recip.  ad  fac.  art.utmagister  23.  Juni  1456. 
Als  Dekan  in  der  Artistenfakultat  determinirte  er  im 
selben  Jahre  mehrere  Baccalare  zu  Licentiaten. 

1477  berief  diesen  beruhmten  Schiiler  des  Thomas 
a  Kempis  und  congenialen  Vorganger  Luthers  Kurfurst 
Philipp  als  Professor  der  Theologie  nach  Heidelberg.  Seine 
Schicksale  dort  s.  pag.  47  ob.  Wie  man  ihn  hasste,  er- 
giebt  sich  daraus,  dass  sein  Name  in  den  Akten  der 
Universitat  nicht  vorkommt.  —  Jahrb.  XL  121.) 

157.  R.     Sebastianus  de  Pfortzcn,  20.  Dec.  1456.     45  I. 

(Conradus  Keck  de  Dornheym  4.  Jan.  1457.  ddt. 
gehort  wohl  eher  Dornhaym  Constanc.  dioc.  als  unserm 
Dornum  o.  v.  Norden  an?  —  Jahrb.  XI.  126.) 

(Im  213.  R.  ad  ann.  1484 — 5  wird  ein  Henri cus 
Agricola  de  Gruningen  dioc.  Monaster,  am  6.  Febr.  1485 
inmatrikulirt.     Sollte  es  unwahrscheinlich  sein,   dass  der 


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—     55     — 

hier  1483  zu  Hofe  gehende  berlihmte  Humanist  Rudolph  Heidelberg  1156 
Agricola    ihn    als    seinen   Bruder    von   Rostock   nachzog 
[Jahrb.  XII.  78]?) 

(Im  212.  R.  wurde  am  13.  Dezbr.  1484  intitulirt  der 
beriihmte  Humanist  und  erste  deutsche  poeta  caesar. 
laureatus  Conrad  Celtes  Protucius  (Meissel)  de  Erbipoli 
(Wurzburg),  der  hier  in  dem  Friesen  Rudolph  Agricola 
(s.  ob.  p.  47 ;  Jahrb.  XL  [1895]  122)  einen  ausgezeichneten 
Lehrer  fand.  Celtes  Lobgedicht  auf  die  drei  bertihmten 
friesischen  Humanisten  Rud.  Agricola,  Aylt  Allena  aus 
Osterhusen  bei  Emden  und  Ulsenius  findet  man  unt.  and. 
bei  (Tjaden)  Das  gelehrte  Ost-Friesland  I.  13.) 

(Rudolph  Agricola,  der  bereits  1483  von  Kurf. 
Philipp  an  den  Pfalzischen  Hof  gezogen  worden  war  und 
sich  um  das  Bibliothekswesen  in  hohem  Grade  verdient 
machte,  las  an  der  Universitat,  ohne  als  Professor  ange- 
stellt  zu  sein,  liber  Logik  und  Physik,  iiber  des  Aristoteles 
Naturgeschichte  der  Thiere,  besonders  aber  iiber  Eloquenz 
sowie  iiber  die  lateinische  und  die  griechische  Sprache. 
Wahrscheinlich  zog  er  seinen  Bruder  Henricus,  der  1482 
den  3.  Marz  zu  Rostock  intitulirt  wurde,  von  dort  hierher. 
Leider  starb  Rudolph  bereits  am  28.  Oktbr.  1485,  erst 
42  Jahre  alt  und  wurde  im  Minoriten-Franziskaner-Kloster 
im  Franziskaner-Gewande  beigesetzt.  Eine  von  ihm  in 
Heidelberg  verfasste  Schrift  „De  formando  studio"  [1484] 
fand  eifrige  Verbreitung.) 
326.  R.    Johannes  Wagemann.    20.  Decbr.  1552.    87  I. 

Udalricus  Volckarsheymer  Frisiae  orientalis  ex 
Emede  oriundus  —  de  diocesi  nihil  constitit  (weil  Ost- 
friesland  damals  bereits  vollig  aus  den  Diocesanverbanden 
losgelost  war)  —  19.  Decbris.  (Wie  dies  moglich  war, 
da  doch  der  neue  Rector  erst  am  20.  Decbr.  gewahlt 
wurde,  ist  ohne  Kenntnis  der  Situation  nicht  anzugeben.) 

Immatr.  Orleans  1555  als  Ulricus  Folkersheimer,  er 
wird  nach  Art  damaliger  Studenten  wohl  noch  weitere 
Schulen  bereist  haben. 

Er  wohnte  spater  auf  der  Burg  zu  Twixlum  w.  v. 
Emden  und  verlor  dort  am  13.  Juli  1670  seine  Gattin 
Jeje   (Harkenroht.  0.  0.    (1731)  289.)     E.   F.   Harkenroht 


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—     56     — 

Heidelberg  ir^,2  giebt  zu  E.  Beningas  0.  Chron.  (ed.  1723)  p.  674  f. 
(vgl.  680  f.)  an,  dass  die  Familie  Folkersheim  anfangs 
Goldsmidt  geheissen  habe.  Der  Name  weist  auf  anfang- 
liche  Ausubung  dieses  Kunstgewerbes  hin,  das  in  Fries- 
land  und  auch  in  Ostfriesland  bei  der  weitverbreiteten 
und  landcsublichen  Sitte,  vom  Kopf  und  Hals  bis  zu 
Gtirtel,  Hand  und  Fuss  reichen  Gold-  und  Silberschmuck 
zu  tragen,  in  Blttte  stand  (Jahrb.  X.  2.  Heft  [1893]). 
Dass  aus  wohlhabenden  Familien  der  Handwerker  sehon 
fruh  Sohne  dem  Studium  oblagen,  beweist  jede  Matrikel. 
Die  Goldschmiede  (oder  Familie  Goldschmidt?)  in  Emden 
stellten  seit  1445  ein  reichliches  Kontingent  Gelehrter, 
die  —  spater  freilich  erst  ersichtlich  —  in  mittleren  Be- 
amtenkreisen  des  graflich  gewordenen  Ostfrieslands  Ver- 
wendung  fanden  (vgl.  Jahrb.  XII.  [1897]  61  f.)  So  finden 
wir  1445  in  Coin  einen  Juristen  Wilhelmus  Aurifabri  de 
Emyda,  dem  Stammnamen  zufolge  also  der  Sohn  eines 
Goldsehmiedes,  der  1449  zum  Baccalareus  decretorum 
graduirte;  1470  studirte  Rudolphus  Gholtsmyt  de  Emda 
zu  Rostock,  1480  Ditmarus  G.  de  Emida  (neben  Johannes 
G.  de  Norda),  1498  Rudolphus  Aurifabri  de  Emeda,  1501 
Johannes  G.  de  Emda,  1508  Henninges  Aurifaber  de  Emda 
(hier  hat  sich  der  Name  schon  das  Familienrecht  errungen). 
Vielleicht  war  Henninges  der  Hofmeister  der  mit  ihm 
immatrikulirten  nobiles  Phrisii:  Homerus1)  und  Johannes 
Beninga  de  Emda,  Verwandten  des  Grafenhauses.  Gewiss 
ist  nach  Eggerik  Beninga  jedoch  schon  hier,  dass  urn  diese 
Zeit  eine  Familie  Goldschmidt  im  Dienste  Graf  Edzards  I. 
stand,  die  sich  (nach  der  Uebersiedlung  zur  Burg  Twix- 
lum?)  Folkersheimer  und  Folkersheim  nannte. 

Verstandlich  wurde  der  Namenwechsel  sein,  wenn 
die  Twixlumer  Burg  nach  ihrem  mutmasslichen  Erbauer 
Folker  die  Folkersburg  genannt  worden  ware  (vgl.  E. 
Beninga  a.  a.  0.  141). 

Aus  der  neubenannten  Familie  Folkersheim(er),  die 
sich  nun  auch  zu  den  nobiles  zahlte,  wie  auf  Jeje's  Grab- 

x)  Das  Portrait  des  Homerus  befindet  sich  neben  vielen  andern, 
teils  noch  zu  eruirenden  Bildnissen  aus  der  Familie  Beninga  auf  Gut 
Stiekelkamp. 


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—     57     — 

stein  zu  lesen  ist,  ging  eine  fernere  Reihe  Studenten  her-  Hoideiborg  1352 
vor.    Johannes  F.  erscheint  1565  im  340.  R.,  Christopho- 
rus  F.  studiert  1576  zu  Genf  (Jahrb.  VI.  1.  Hft.  [1884]  57), 
und  wieder  ein  Johannes  F.  zeichnet  sich  im  Album  stu- 
diosor.  Gymnas.  Bremensis  als  Twixlumanus  Frisius  ein. 

Wahrscheinlich  lebte  Christoph  F.  spater  als  Notar 
zu  Norden.  Ein  Rechtsverwalter  dies.  Nam.  wurde  nam- 
lich  hier  im  J.  1591  mit  5  andern  angesehenen  Biirgern 
Nordens  von  Graf  Edzard  II.  des  Majestiitsverbrechens  an- 
geklagt  und  in  Berum  gefangen  gehalten,  ein  durch  das 
in  Norden  und  Emden  immer  starker  hervortretende  Ge- 
liist  derCalvinisten  nach  derOberherrschaft  hervorgerufener 
Gewaltakt,  der  mittelbar  die  Emder  Revolution  von  1595 
mit  hervorrief.  —  Ueber  den  Verlauf  der  Norder  Affare 
vgl.  Chronicon  mspt.  rer.  Fris.  orient,  auctore  Bernardo 
Elsenio  ad  ann.  1591  d.  13.  Sept.  ff.  (Abschrift  in  der 
Norder  Stadtbibliothek  Sammelband  No.  884  in  Folio: 
No.  IV);  Apologia,  Das  ist,  Vollkommene  Verantwortung, 
so  Burgermeister  und  Rath  . . .  der  Stadt  Embden  . . .  mussen 
aufgeben  Wider  etc.  (Groningen.  Gerhard  Ketel.  Anno  1602. 
584  SS4°)  15—16,  32-3;  Funck,  Ost.-Fr.  Chronick  4.  Teil 
(1785)  6  ff. 

(Nicolaus  a  Starckenburg,  Frisius  Groningensis 
(\V:  Frisicus   Groning.),  dioc.  Monasteriensis,  29.  Juli  53. 

Ein  Dr.  Nic.  Stark,  in  Emden  korrespondiert  mit  dem 
Bremer  Gymnasial-Rector  Molanus  [Jahrb.  IX.  2.  lift.  (1891) 
43];  was  er  hier  war,  ist  mir  trotz  Umfrage  unbekannt 
geblieben.  Ed.  Meiners  in  Oostvr.  Kerk.  Geschied.  II.  33 
fuhrt  um  jene  Zeit  einen  Dr.  St.  als  Mitglied  des  reform. 
Emder  Kirchenrats  an.  Im  Emder  Coetus  trat  er  als 
heftigster  Opponent  des  Mag.  Joh.  Ligarius  in  der  Dispu- 
tation am  12.  Juli  1563  auf  (M.  Folcher  Ligarii  Kurtze 
vnd  eintfaltige  anleitung  recht  zu  urteilen,  mit  was  wahr- 
heit  das  Embdische  Buch,  Anno  1594  zu  Bremen  gedruckt, 
den  alten  Herrn  Johannem  Ligarium  offentlich  verleumb- 
det  etc.  [Rostock.  1599]  Bll.  B8—  E1).  Weil  im  Coetus  nur 
Theologen  verkehren,  so  muss  auch  Dr.  St.  als  solcher 
angesprochen  werden,  und  weil  mit  ihm  in  dieser  Dispu- 
tation der  Emder  Lateinschulrektor,  Bernh.  Meppen,  auf- 


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_     68     — 

Heid«ib«s  1563  trat,  so  halte  ich  auch  jenen  fiir  einen  Lehrer  an  der- 
selben  Lateinschule. 

Die  Starkenburg  waren  seit  1570  der  niederl.-spani- 
schen  Handel  halber  aus  Groningen  und  Ommelanden  ge- 
fliichtet  und  stellten  ein  bedeutendes  Kontingent  Exu- 
lanten  in  Ostfriesland.  —  Harkenroht,  0.  0.  [1731]  153. 
367—70.) 


Band  II. 

333.  R.     Thomas  Erastus  Helvetius,  20.  Dec.  1558.    110  I. 

(41.  Bernardus  Rodolphus  Frisius  11.  Juni  1559. 
W:  „B.  Rudolphus.  Later  predikant  te  Jemgum,  in  1581 
door  het  dryven  van  Ligarius  weggezonden  en  te  Bingum 
beroepen.  —  Meiners,  Oostvrieschlandts  kerkelyke  Ge- 
schiedenisse.  II.  [1739]  155  ff.a 

Meiners  nennt  (150  Jahre  spater)  den  Jemgumer  Pre- 
dikanten  nur  Rudolphus;  der  „Grtindtlicke  Warhafftige 
Bericht"  der  Emder  Geistlichkeit  von  1594  p.  354,  eben 
Meiners  Quelle,  sagt  Rodolphus;  die  „Antwort  der  Recht- 
glaubigen  Predicanten  in  Ostfrieszlandt  auff  die  Missive* 
von  1593  Bl.  Evij  f.  hat  nur  seinen  Titel  Capellan.  Unter 
Geldenhauers  Vesohnungsbrief  vom  20.  Aug.  1584  (Mei- 
ners II.  229  ff.)  unterzeichnete  sich  der  damalige  Bingumer 
Pastor  als  Rodolphus  Dammonensis  Ecclesiae  Bingumanae 
Minister.  In  Reershemius  Ostfrieslandischem  Prediger- 
Denkmahl  von  1796  wird  er  p.  590  unter  dem  Namen  Ru- 
dolph Lubbert  Artopaeus  zu  Jemgum,  zu  Bingum  p.  300 
als  Rudolph  Artop.,  „burtig  von  Appingadam,"  aufgefuhrt 
und  fiir  seinen  ausfuhrlich  geschilderten  Lebenslauf  auf 
Brucheri  Gedenkboek  van  Stad  en  Lande  (Groningen  1792) 
verwiesen.  Falls  letzterer  ihn  wie  Reershem.  nennt,  ist 
Ws.  Annahme  irrig.) 

335.  R.     Caspar  Agricola,  20.  Dec.  1560.    105  I. 

(Joannes  Bolyander  Gandavus Flander  14.  Maiil561. 
Lies  Polyander.  W.  sagt:  Zyn  zoon,  de  beroemde  Leid- 
sche  Hoogleeraar,  schryft  in  een  brief  van  1.  Aug.  1634 


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—     59     — 

[Alg.  Biogr.  Woordb.  d.  Nederl.  XV.  392]:  „I1  est  certain  Heidelberg  lseo 
que  feu  mon  p&re  m'a  diet  en  ma  jeunesse,  qu'il  estait 
de  Tancienne  et  noble  race  de  ceux  de  la  maison  dite 
van  den  Kerchoven,  originellement  de  Gand.a  —  Er  musste 
in  den  spanisch-niederl.  Handeln  1569  Metz  verlassen  und 
fliichtete  nach  der  Pfalz.  1571 — 98  war  er  franzosisch- 
reform.  Prediger  in  Emden;  Jahrb.  I.  1.  [1872]  50;  Wenz, 
Gesch.  der  fr.-ref.  Kirche  in  Emden  [1819]  125  ff ;  Meiners, 
Oostvr.  Kerk.  Gesch.  II.  3  ff ;  B.  van  Meer,  De  Synode  te 
Emden  1571  [1892]  100  If.  141  ff.;  [Brenneysen]  Ostfr. 
Historie  I.  [1720]  389  ff.) 

337.  B.     Nicolaus  Cisnerus,  21.  Bee.  1562.    67  I. 

(Ludolphus  Potterus  Frisius  14.  Maii  1563. 
W.  fragt,  ob  dieser  nicht  der  aus  Groningen  gebiirtige,  1615  f 
Rector  der  Lateinschule  zu  Alkmaar  sein  konne,  der  auch 
eine  neue  Ausgabe  von  Kiliaan's  Etymologicon  Teutonicae 
linguae,  Alcmariae  1605,  besorgt  habe?  —  Reershemius  p. 
426  verzeichnet  auch  einen  Rector  gl.  Nam.  und  gebiirtig  aus 
Groningen,  zu  Norden  1574 — 77  oder  78,  und  schreibt  ihm 
gleichfalls  eine  Ausgabe  desselben  Werkes  zu.  Wahrschein- 
lich  beruht  die  letzte  Angabe  auf  Verwechslung  beider  Per- 
sonen,  wahrend  die  erste  sich  auf  noch  vorhandene  Akten 
stiitzt:  Uthgaue  der  Karrken  tho  Norden  van  Jan.  Ao.  1564 
bis  79  beide  inclusiue,  geftihrt  von  Hajo  Rykena  (Mspt. 
im  Staatsarchiv  zu  Aurich)  Fol.  43  ad  ann.  1574  [„in 
de  Stilleweke  mit  Potter  nha  die  Gried  (Greetsiel)  ge- 
reyset"];  Fol.  44  ej.  ann.  [„Item  Pottero  tho  eyn  Voreh- 
ring,  dat  he  eyn  Comedie  ageren  laten,  3  Gld.tf];  Fol.  55 
ad  ann.  1575  [nItem  Rectori  (Potter)  ad  agendam  Comce- 
diam  to  hiilpe  2  Gld.  4  Sch.tt];  Fol.  68  ad  ann.  1578 
[Rector  Potter  hat  1577  den  von  den  Kirchverwaltern 
zum  Lehrer  an  der  Lateinschule  neben  (?)  Potter  ange- 
stellten  Doctor  Laurentius  Orschott  am  Dienstantritt  ge- 
hindert];  Fol.  72  ad  ann.  1579  [Zahlung  einer  Hausmiete 
vom  Jahre  1577,  „als  wy  de  Meysteren  Doct.  Oerschot 
vnd  Gerardo  Velthusio  Woeninge  gehuret"];  vgl.  Babucke, 
Gesch.  d.  Ulrichsschule  zu  Norden  [1877]  18.  146. 

Beide  Potter   sind   streitlos  verschiedene  Personen, 


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—    60     - 

lioidoiborg  1563  und  wohl  nur  der  Alkmaarer  hat  jene  Ausgabe  von  Kili- 
aan  besorgt.  Welcher  von  beiden  indessen  der  obige  sein 
mag,  ist  nicht  zu  entscheiden.) 

339.  B.     Petrus  Boquinus,  20.  Bee   1564.     130  L 

105.  Egbertus  Brassius,  Phris.  Embdensis  15. 
Octbr.  1565.  Sohn  des  Emder  Pred.  Hermann  Br.,  Reers- 
hemius  481;  J.  J.  Harkenroht,  Emdens  Herder-staf  (1716) 
6;  Prediger  zu  Twixlum  1567— 74  f;  Reershem.  577. 

107.  Euricus  Suelis  Fris.  Emdensis  25.  Oct.  65. 
Reershem.  617:  Swelis,  Prediger  zu  Oldersum  von  1568 
bis  1572  f. 

(118.  Menso  Alting  Fris.  Gruningensis  25.  Oct.  1565. 
Der  bekannte  Emder  Prediger  von  1575—1612  f,  geb.  zu 
Eelde  in  der  Drente.  Ueber  ihn  ist  eine  ausgebreitete, 
doch  zerstreute  Literatur  vorhanden,  aus  der  hervorzu- 
heben  ist:  Uthgaue  der  Karrken  tho  Norden  1564—79 
[s.  ob.  p.  59]  Fol.  72.  76.;  Chronicon  mspt.  rer.  Frisiae 
or.  Auctore  B.  Elsenio,  Pastore  Nordano  1584 — 1611  +  ad 
unn.  1588—1596;  Antwort  Der  Rechtgelaubigen  Predican- 
ten  in  Ostfrieszlandt  auff  die  Missive  .  .  .  [Embden  bey 
Johan  von  Oldersum  1593]  Bll.  Dij  in  v.,  Dvj  in  v.,  Fv.  in 
r.  u.  v. ;  Vita  Mensonis  Altingii  [Auctore  Ubbone  Emmivs 
1614;  Ed.  A.  M.  Isinck.  Groningae  1728];  Honorii  Ri- 
garpii  [i.  e.  E.  G.  Coldewey]  Commentarii  Februaque  ad 
Mens.  Alt.  .  .  .  vitam.  Mspt.  v.  1734;  Joh.  Fr.  Bertram 
Parerga  Ostfrisica  [Bremae.  1735]  138  ff.;  Ed.  Meiners 
Oostvr.  kerk.  Geschied.  I.  [1738]  461—78.  II.  [1739] 
Bladtwyzer.  Tt  5;  ders.  Bevestiging  en  Verdediging  van 
Oostvr.  gereformeerde  Hervorminge  [Emden.  1738]  139  ff. 
E.  Hoyer,  Apologia  Nordana  [1674]  54  ff  ;  J.  J.  Harken 
roht,  Emdens  Herder-staf  [1716]  12  ff.;  Tjaden,  Das  Gel 
Ost-Fr.  II.  316.  338;  Chr.  Funck,  Ost-Fries.  Chronick.  HI 
[1785]  202  ff.  235—352.  IV.  [ej.  ann.]  22  ff.;  P.  Fr.  Reers 
hemius  Ostfr.  Pred.-Denkm.  [1796]  489  ff.;  Helias  Loesing 
Gesch.  d.  Stadt  Emden  bis  1595  [1843]  172—258;  zur  un 
parteiischen  Wiirdigung  der  Zeitverhaltnisse  und  Ereig 
nisse  jener  erregten  Zeitperiode  dient  Dr.  J.  Reitsma's 
kerkelyk  hoogleeraar's  te  Groningen,  Geschiedenis  van  de 


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-      61     — 

hervorming  en  de  hervormde  kerk  der  Nederlanden  [Gronin-  n<a<i©ii>en?  i;*r> 

gen.  1893]  95  ff.  102  ff.  112  ff.  121  fif.  127  ff.  134  ff.  101  ff. ; 

zur  Wiirdigung  der  Emder  Verhaltnisse  bringt  der  Stadt- 

konimandant  Fr.  van  Vervov  in   seinen  Aufzeichnungen 

jener  Tage:  Enige  gedenckwerdige  Geschiedenissen  [Leeu- 

warden   1841]  wertvolle  Aufschliisse,  so  namentlich  185. 

199.   213.   226  f.   228  f.  256.  259  f.  267.  274.  279.  290  IT. 

301   fif.   304  ft.  322.   327.   332.   342   ff.  349  ff.  362  ff.  364. 

366  f.  375  fif.  383.  387.  389.;  Wiarda,  0.  G.  III.  273.  322.; 

Genealogia  Familiae  Altingiorum  ab  Henrico  Alting  (1694) 

Mspt.) 

126.  Udo  Detelefius  Frisius  Dec.  7.  1565. 
Fehlt  in  der  Stammtafel  der  Familie  Deteleff  im  Jahrb.  VI. 
2.  (1885)  185  ff.  —  Immatr.  Marburg  4.  Oct.  1569. 

310.  B.     Chrvitoph  Comes  Palatinus,  20.  Dec.  1565.    118  I. 

16.  Abrahamus  Frisius,  Eylsumanus  12.  Apr.  1560. 
Vermutlich  ein  Angehoriger  der  bekannten  ostfriesischen 
Predigerfamilie  Eilshemius,  die  ihren  Namen  von  dem 
Dorfe  Eilsum  hat  und  in  der  auch  der  Name  Abraham 
vorkommt,  vgl.  Romein,  Naamlijst  der  Predikanten  ... 
van  Friesland,  Leeuwarden  1886,  S.  309. 

31.  Johannes  Folkersheimer  Frisius  18.  Apr.  66. 
s.  326.  R. 

77.  Johannes  Nicasius  Frisius  7.  Oct.  66. 
Prediger  zu  Gross-Borsum  mindestens  schon  1578,  wo  or 
als  Testamentszeuge  Bojoeke's  von  Oldersum  erscheint; 
Ost-Friesische  Mannigfaltigkeiten.  III.  (1786)  107;  im  sel- 
ben  Jahre  Opponent  der  Wiedertaufer  in  der  Disputation 
zu  Emden  vom  27.  Febr.  bis  zum  17.  Mai ;  Protocol.  Dath 
is  Alle  handelinge  des  Gesprecks  tho  Embden  in  Oist- 
frieszlandt  mit  den  Wedderdoperen,  de  sick  Flamingo 
nomen,  geholden;  auch  „Wt  de  Sassensche  in  Nederlandt- 
sche  sprake  .  .  .  getrouwelycken  overgheset"  (beide  Aus- 
gaben  gedruckt  zu  Emden  1579);  Meiners,  0.  K.  Gesch.  II. 
11 — 13  giebt  irrtumlich  den  Druck  der  ersten  nieder- 
land.  Ausgabe  zum  Jahr  1616  an,  die  bereits  der  2.  Druck 
ist.  —  N.  zog  1585  nach  Groothusen,  1595  nach  Middel- 
stum  in  Groningerland,  war  nach  W.  Vorsitzer  der  „eerste 


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—     02     — 

HoWoiborg  i5cc  kerkvergadering  in  Drenthe,  11.  Sept.  1600  gehouden," 
und  nach  Brucheri,  Gedenkboek  126  von  1613 — 1617  f 
Pred.  zur  Burtange;  Reershemius  640.  714;  Magnin,  Ker- 
kelyke  Geschiedenis  van  Drenthe  197. 

96.  Hinricus  Artopaeus,  Embdanus  30.  Oct.  66. 
s.  333.  R. ;  kommt  als  Lie.  jur.  in  den,  der  1745  bei  H. 
Tapper  in  Aurich  neu  aufgelegten  Neuen  Ostfries.  Chro- 
nica von  Johann  Friderich  Ravinga  angefugten  Nachricht 
von  denen  Graf-  und  Ftirstl.  Ostfries.  Bedienten  an  denen 
Oberen  Collegiis,  imgleichen  von  den  Btirgermeistern  und 
Syndicis  der  Stadt  Emden,  und  zwar  in  vorletzter  Eigen- 
schaft  1595  vor.  Man  hatte  ihn  in  der  Emder  Revolution 
dies.  J.  am  24.  Marz  zum  prasidierenden  Biirgermeister 
gewahlt,  doch  nahm  er  die  Wahl  nicht  an,  weil  er  die  Wah- 
lenden  nicht  zur  Wahl  flir  berechtigt  hielt;  Loesing, 
Gesch.  d.  St.  Emden.  196.  202.  242. 

(101.  Bernhardus  Reidanus  8.  Nov.  66. 
W.  nimmt  ihn  als  Niedcrlander  an  und  citirt  nach  Roter- 
munds  Anhang  zu  J5cher's  Gelehrten-Lexicon  VI.  1632  den 
Titel  seines  Werkes:  Epitome  Juris  Civilis  ex  libris 
Pandectarum  et  Codicis.  Colon.  1565;  das  ihn  als  Jurist  en 
kennzeichnet.     Ob  er  Reiderlander  war?) 


Frisii 

10.  Dec. 

66. 


115.  Rembertus  Ackema  (W.  Aelzema) 

116.  Luderus  Huinga 

117.  Rodolphus  Langius 
W.  nimmt  ohne  Beweise  alle  drei  fur  Niederlander  an. 
Doch  ist  der  Stamm  Ackema  auch  in  Ostfr.  zu  Hause, 
der  Vorname  Luderus  sogar  mehr  in  Ostfr.  als  in  Nord- 
niederland,  und  somit  Gewissheit  fur  No.  115  u.  116  nicht 
gegeben.  —  In  Harkenroht,  Emdens  Herder-staf  14 — 15 
wird  von  1575—6  f  als  Emder  Prediger  Rudolphus  Lan- 
dius  aus  der  Drente  genannt,  zuerst  als  Prediger  in  der 
Nahe  Heidelbergs  zu  Pfeffelkom  angestellt  gewesen,  den 
Reershemius  492  jedoch  nach  Emder  Stadtrechnungen 
(Vorbericht  VI— VII !)  Rud.  Langius  nennt,  wahrscheinlich 
No.  117 ;  doch  vgl.  E.  Meiners  I.  478. 

118.  Mauritius  Frese,  Frisius,13.  Dec.  66. 

Nach  der  Geneal.  Famil.    Frese,  tarn  lineae  Weihensis  et 
Nienburgicae   quam  Hintanae,    ex  Mspto.  Gerlaci  Frese, 


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—     63    — 

assessor.  Spirensis  communicato  H.  B.  de  Appelle  (Mspt.)  Heidelberg  iggg 
kOnnte  es  der  Sohn  des  Nicolaus  Frese,  capit.  in  Hinte 
et  Uttum,  dross.  Leranus  sein,  der  hier  als  Mauritius  Fr. 
Leranus,  f  1589  aufgefuhrt  wird,  iiber  die  Familie  Frese 
vgl.  (Tjaden)  Das  Gel.  O.-Fr.  III.  28  ff.;  E.  Beninga,  Chro- 
nik  (1723)  619. 

341.  R.     Sigismund  Melanthon  20.  Dec.  1566.     116  I. 

(22.  Habbo  Aldringa  Groninganus  19.  Febr.  1567. 
W.  verweist  nach  (Tjaden's)  Gel.  O.-Fr.  I.  223  ff,  wo  be- 
reits  ein  H&uptling  gleich.  Nam.  in  der  Mitte  des  16.  Jahrh. 
zu  Nesse  im  Norderlande  erscheint.  Da  er  indessen 
selber  schon  einen  1566  am  30.  Oct.  intit.  Jibbo  Aldringa 
Groning.  dem  Friesischen  Adel  (Stamboek  von  den  Fr.  Ad. 
I.  76)  zuweist,  so  dilrfte  auch  obig.  Student  dort  unter- 
zubringen  sein ;  in  der  Series  Consulum  ...  in  civitate 
Groningana  ab  ao.  1260  usque  ad  ann.  1646  findet  sich 
unter  den  Deputierten  der  Ommelanden  1631  ein  Jibbo  A. 
wieder,  Jonkheer  zu  Aduard,  spater  ein  Wigbolt  A.  Da 
eine  Stammtafel  der  Aldringa  mir  nicht  zu  gebote  steht,  ver- 
mag  ich  den  oder  einen  Zusammenhang  mit  der  ostfr. 
Linie  nicht  nachzuweisen,  aus  welcher  der  beriihmte  Ju- 
rist Hajo  Aldringa  von  Nesse,  Rostocker  Prof,  und  Meck- 
lenburg. Kanzler  entstammte;  Jahrb.  XII.  116.) 

35.  Joannes  Hildebrand,  Frisius  17.  Maji  1567. 
Ein  Pastor  Marcus  H.  1639  zu  Gerdsweer ;  Reershem.  584. 

48.  Joannes  Bramius  Frisius  9.  Junii  67. 
Im  347.  R.  wird  am  10.  Juli  1573  Joannes  Bramsche  Fri- 
sius immatr.,  und  wir  gehn  wohl  nicht  irre,  wenn  wir 
zwei  Studenten  in  ihnen  annehmen.  1551  am  19.  Nov. 
treten  zu  Wittenberg  die  Brtider  Victor  und  Hector  ab 
Aldersheim  in  die  Univ.  ein  und  mit  ihnen  noch  3  Friesen, 
darunter  Johannes  Bramius,  Embdensis  consulis  filius. 
Alle  drei  werden  im  Sept.  1552  zu  Rostock  intit.,  Jahrb. 
XII.  106.  107.  —  Hier  zu  Heidelberg  wird  mit  Joa.  Bra- 
mius gemeinsam  ein  Edelhardus  Priccard,  Frisius  intit., 
gleichfalls  ein  Emder  Kind.  Bis  hierher  halte  ich  J. 
Bramius  fiir  eine  Person,  und  zwar  fur  den  Sohn  des 
Emder    Btirgermeisters    Johannes   Brsemsche   f  1565.  — 


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.—     04     — 

Hoiaoiben?  i5G7  Der  1569  zu  Marburg  insrib.  Joannes  Bromsche  (lies 
Bramsche)  Frisius  oriontalis,  der  mit  dem  uns  schon  be- 
kannten  Hinricus  Artopaeus  (s.  p.  02  ob.)  Embdensis  ge- 
meinsam  auftritt,  1573  (s.  ob.)  mit  Enno  Diebholt  (lies  a 
Diepholt,  nobilis  Emdanus)  in  Heidelberg  zum  Studiura 
zugelassen  wird  und  1580  als  Joa.  Bramius.  Fris.  or.  zu 
Basel  eintritt,  ist  dann  der  zweite  des  Namens,  der  einer 
andern  Linie  Brams,  Braarns,  Brahms  zuzuweisen  sein 
wird.  —  Im  tibrigen  bleibt  beiden  trotzdem  eine  Studien- 
zeit  (1551— 15G7;  1569—80),  die  das  ubliche  Mass  von  6 
Jahren  weit  iibersteigt;  Jahrb.  XII.  107—8. 

49.  Edelhardus  Priccard,  Frisius,  9.  Junii  67. 
Mit  No.  48  gemeinsam  und  wahrscheinlich  gleich  diesem 
ein  Emder  aus  der  Familic  Pricker,  die  um  diese  Zeit 
mehrere  Studenten  aussendet;  Jahrb.  XI.  241  und  422; 
Series  Cons.  Reip.  Embdanae  1442 — 1661  ad  ann.  1581.  — 
Was  die  Endung  in  Priccard  anlangt,  so  ist  dieselbe  in 
der  jener  Zeit  viclgelibten  Umformung  gewohnlicher  in  gc- 
lehrt  klingende  Nam  en  begriindet.  —  Andre  Pricker  in 
Heidelberg  s.  345.  u.  351.  R. 

342.  It.     Bertholdus  JRedlich  20.  Dec.  1567.  212  I. 

7.  Johannes  Petrejus  Groninganus  12.  Jan.  1568. 
W.  halt  ihn  fur  einen  Ostfriesen.  Nach  Harkenroht,  Em- 
dens  Herder-staf  15  war  er  1546  zu  Emden  geboren, 
muss  nach  Reershemius  574  um  1573  als  Prediger  zu  Larrelt 
angestellt  worden  sein,  wo  er  mit  seinem  Kollegen  Clant 
liber  kirchliche  Fragen  in  Streit  geriet,  wurde  1576  den 
9.  Sept.  als  erster  funfter  Prediger  der  Emder  ref.  Gem. 
eingefiihrt  und  f  1596  den  2.  Mai;  das.  493.  Eingehen- 
deres  bei  Ed.  Meiners,  0.  K.  Gesch.  II.  427  f. 

8.  Johannes  Sibesz  Oldershemius  12.  Jan.  1568. 
Mit  No.  7  gemeinsam.  Schwab,  Syllab.  Rector.  Magnif. 
Univ.  Heid.  I.  130  nennt  ihn  Sibertz.  Nach  Reershemius 
626  stand  1572  zu  Oldersumer-Gast  (nun  Tergast)  ein  Pre- 
diger Albart  Siebes. 

37.  Fridericus  Ilstensis  Frisius  )  A  .    .     .,  -_0 

oo    a     i  u      •  14-  APnl  1568- 

38.  Andreas  Hagius  „       J 

Wohl  Niederlander. 


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Oct. 
68. 


—    65    — 

41.  Petrus  Faber  Frisius  15.  Apr.  68.  Heidelberg  1568 

Vielleicht  Petr.  Gellius  F.,  zweiter  Sohn  des  bekannten 
Emder  Pred.  Gellius  Faber  de  Bouma,  zuerst  Pred.  zu 
Alzey  in  der  Pfalz  um  1574,  darnach  zu  Nymwegen  1580, 
zu  Ziitphen  1583,  zu  Leer  15S4  und  zum  zweitenmal  zu 
Zutphen  1592,  wo  er  1604  den  3.  Aug.  f.  —  Ed.  Meiners, 
0.  K.  Gesch.  I.  209—218;  Reershem.  651—2. 

70.  Fridericus  Tammius,  Frisius  orientalist  ,,  .  nc% 
-<   ™  .,     •         m-  J  Mai  68. 

71.  Fridericus  Tiarps  „  „        ) 

171.  Georgius  Critius,  ex  agro  Embdano, 
paup. 

172.  Titus  Acronius,  eiusdem  patriae,  paup. 
Nr.  171  wurde  um  1574  Pred.  zu  Gandersum,  f  1594; 
Reershem.  623.  —  No.  172  wohl  Sohn  des  Dominicus  Acr., 
Pred.  zu  Grimersum  um  1560,  u.  Bruder  von  Johann  Acr., 
Pred.  zu  Eilsum  um  1580;  vgl.  Reershem.  725.  728.  W. 
sagt:  „Wahrscheinlich  ein  Sohn  von  Bernardus  Acr.,  Pred. 
zu  Jarsum  bei  Emden.  Ruurd  und  Johannes  Acr.  waren 
seine  Bruder, a  fuhrt  dazu  aber  keine  Quellen  an.  Reers- 
hem. 646  nennt  zu  Jarsum  nach  dem  Uphuser  Contr.- 
Prot.  1569  nur  einen  Pred.  Bernardus. 

343.  B.     Eermannus  Witikindus,  20.  Dec.  1568.     166  I. 

25.  Rodolphus  Steenwick  Frisius  6.  Marz  1569. 
Wohl  der  Sohn  des  ersten  evang.  Pred.  Albert  van  St.  zu 
Oldersum  1526  ff;  (vgl.  Ulr.  v.  Dornum,  Disputation  to 
Oldersum  .  .  .  1526,  Bl.  Avij  in  r. ;  Reershem.  615)  und  der 
Bruder  des  zu  Oldersumer-Gast  1573  ff.  beamteten  Pred. 
Wilhelm  Albrecht  v.  St.  (das.  626). 

52.  Hector  Fridericus  Frisius  orient.  21.  Mai  1569. 
Imm.  Marburg  29.  Apr.  70  als  Hicco  Frid.  Fr.  or.  (ur- 
spriinglicher  Taufname)  nebst  Joa.  Duirkop  und  Joa. 
Belensis,  Frisii  or.  —  Wird  auf  seiner  Studienreise  wohl 
noch  anderwarts  gefunden  werden. 

Der  bekannte  J.  U.  D.  Hektor  Friedrichs  a  Wicht. 
Er  entstammte  der  in  Hof-  und  Staatsdiensten  allmahlich 
emporwachsenden  Familie  zu  (tho)  Wicht,  deren  Glieder 
sich  grade  in  dieser  Generation  trotz  bedeutenderen  Auf- 
schwungs  der  Abstammungs-Angabe  enthalten,  wahrend 

Jahrbuch  der  Gesellach.  I.  b.  K.  u.  valerl.  Altortumor  zu  Emdon,  Bd.  XIV.  5 


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—    66    — 

Heidelberg  i6C9  Hektor's  Kinder  sich  samtlich  des  Namens  „von  (a)  Wicht* 
bedienen.  Wie  die  alten  Kontrakten-Protokolle,  Urkunden 
und  Familienakten  auf  alien  Seiten  Belege  dafiir  bieten, 
dass  vor  1600  weder  eine  gesicherte  Genealogie  noch  eine 
zweifellose  Benennung  derselben  Familie,  ja  oft  selbst 
einer  und  derselben  Person  vorliegt,  genau  so  beweisend 
sind  sie  gegen  die  Annahme  nachgeborener  Generationen, 
die  sich  gerne  irgend  eine  Ader  von  Adel  imputieren 
mOchten.  Die  Sucht  vieler  Parvenu's,  mit  altadligem 
Wappenglanze  paradieren  zu  konnen,  fiihrt  zu  den 
raffiniertesten  Combinationen  und  wunderbarsten  Seifen- 
blasen1). 

Dank  den  fleissigen  Sammlern  und  Ordnern  aiterer 
historischer  Aufzeichnungen  iiber  einheimische  Familien, 
Regierungsrat  Matthias  von  Wicht  dem  Aeltern  (1694  bis 
1778  f)2)  und  namentlich  dessen  Sohn,  dem  Referendar 
gl.  Nam.  (1751 — 1824  f),  sind  viele  wertvolle  Nachrichten 
aus  altern  Tagen  auf  uns  gekommen,  die  bei  dem  Er- 
loschen  so  vieler  Patrizierhauser  wohl  sonst  auf  immer 
verloren  gegangen  sein  wurden.  So  hat  iiber  die  Glieder 
seiner  Familie  und  einiger  naher  mit  ihr  verbundenen  Ge- 
schlechter  Matthias  der  Jtingere  eingehendere  Studien  an- 
gestellt,  die  samt  den  genealogischen  Tabellen  in  mehr- 
facher  Abschrift  zerstreut  verbreitet  sind.  Ein  von  mir 
benutztes  Original  in  Folio  befindet  sich  im  Besitz  der 
von  Wicht'schen  Familie,  nachdem  es  vorher  in  Handen 
des  ^Calculator  et  Logista  (!)  Auricae"  Enno  Ulrich  Hab- 

»)  Als  vor  etwa  20  Jahren  besondere  Studien  mir  genauere 
Einblicke  in  unsere  vielfach  so  verworrene  ostfr.  Genealogie  gew&hrten, 
(ibernahm  ich  hin  und  wieder  Auftriige  zur  Klarung  einzelner  Familien. 
Welche  Anspriiche  dabei  hinsichtlich  der  Abstammung  gemacht  wurden, 
soil  hier  nur  in  einem  Beispiel  festgelegt  werden,  wo  ein  zaher  Ahnen- 
j&ger  mit  Gewalt  von  einer  angesehenen,  langst  ausgestorbenen  Familie 
abstammen  wollte  und,  da  sich  hierfur  nicht  der  allergeringste  Anhalt 
bot,  endlich  sogar  mit  einer  unehelichen  Abkunft  sich  begnugen  zu  wollen 
erkl&rte.    De  gustibus  non  est  disputandum. 

*)  Jahrb.  VIII.  2.  103.;  XI.  141-2;  Pallas,  Eine  ostfr.  Jahres- 
schrift  auf  1802,  IV.  Jahrg.  (Norden)  31  ff;  Mohlmann,  Kritik  der  Fries. 
Geschichtschreibung  (Emden.  1862)  p.  97;  Tjaden,  Das  Gel.  Ost-Fr.  I. 
176;  Adr.  Reershemii  Ostfriesland.  Pred.-Denkmal  (Aurich.  1765)  Widmung 
u.  Vorrede. 


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-     67     — 

bert  gewesen  war,  der  auch  auf  Fol.  112 — 3  einen  miss-  ueideiberg  mo 

gltickten  Versuch  zur  Aufstellung  einer  Geneal.  seiner  Fa- 

milie  gemacht  hat.    Nach  Mohlmanns  mundlicher  Mittei- 

lung  1862  an  mich  scheint  ein  sehr  schones  Folioexemplar 

von  der  Hand  Matthias  d.  J.,  welches  auf  dessen  Neffen, 

Rechnungssteller  Ernst  Friedr.  v.  Wicht  zu  Leer,   iiber- 

kommen  war,   ganzlich  verloren  gegangen  zu  sein  (vgl. 

Ostfries.  Amtsblatt  fur  1843.  p.  1109.  1171),  wahrend  an- 

dere  Copien  von  v.  Wicht'scher  Hand  teils  in  Folio,  teils  in 

Quart  und  Octav  den  Biichereien  der  Herren  Gutsbesitzer 

Dr.  Peterssen  in  Berum,  Burgermeister  Becker  in  Esens 

(der  die  seinige  jetzt  der  „Kunsta  geschenkt  hat),  Kauf- 

mann  St.  Rykena  in  Norden  u.  a.  m.  einverleibt  sind. 

Unsers  Hector  Friedrichs  vita  findet  sich  ausser  in 
der  obengen.  Familiengeschichte  Fol.  180 — 90  aus  dieser 
gektirzt  in  Adrian  Reershemii  Ostfriesland.  Prediger-Denk- 
mal  (1765)  im  Anhange  No.  3,  wo  sie  in  den  „Zusatzen 
zu  dem  Jocherschen  Gelehrten-Lexiko"  p.  625 — 30  zu  fin- 
den  ist;  ferner  etwas  erweitert  bei  Tjaden  im  Gelehrt. 
Ost.-Fr.  I.  (1785)  p.  239—44.  Hiernach  ist  er  um  1546  zu 
Norden  geboren,  besuchte  wahrscheinlich  gleich  andern 
Familiengliedern  die  Norder  Lateinschule  (Babucke,  Ul- 
richsschule  zu  Norden.  165.  172),  studierte  wie  oben  an- 
gegeben,  promovierte  zu  Marburg  unter  Hermann  Vultejus 
am  27.  Aug.  unbekannten  Jahres  (1575?)  zum  Doctor  bei- 
der  Rechte,  wurde  um  1585  zum  Syndikus  der  Ostfries. 
Landstande  berufen,  war  in  den  damals  haufigen  Landes- 
wirren  „fax  et  tuba"  der  Opposition  wider  Graf  Edzard  II., 
stritt  heftig  um  Eigentumsrechte  an  den  vom  Grafen  in 
der  Westermarsch  vorgenommenen  Eindeichungen  (vgl. 
Jahrb.  I.  1.  p.  10.  Note  2;  II.  1.  p.  12;  2.  p.  155),  wurde 
1597  President  des  Niedergerichts  zu  Emden  und  1599 
Burgermeister  daselbst,  sollte  anstatt  des  entflohenen 
Biirgermeisters  Bernhard  Minister  (Jahrb.  XII.  99;  Funck, 
Ost-Fr.  Chronick.  IV.  241  f.;  Elsenius  Chronik  ad  ann. 
1600  d.  12.  Marz,  28.  Marz  u.  26.  Juni)  diesen  Posten  in 
Norden  bekleiden,  „averst  Ihre  Fiirstliche  Gnaden,  unse 
gnedige  Frouwe"  (Catharina,  Graf  Ennos  III.  Mutter),  „hefft 
Hectorem  repudieret  und  nicht  liden  willen"  (Elsenius), 

6* 


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—    68    — 

Heiaoibers  1569  was  nach  dem  Vorgefallenen  als  selbstverstandlich  er- 
scheint.  Seine  geschatzte  Kraft  in  jener  wirrnisvollen 
Zeit  zu  verwerten,  w&hlte  ihn  im  selben  Jahre  das  Ost- 
fries.  Hofgericht  zum  Assessor  (Nachricht  von  denen  Graf- 
und  Furstlichen  Bedienten.  [Aurich.  1745]  Bl.  M  2  in  v.), 
zugleich  auch  ernannte  ihn  Graf  Enno  III.  zum  Mitgliede 
der  Untersuchungskommission  in  den  Konfessionsquerelen, 
von  der  Elsenius  unterm  1.  Juli  1600  berichtet:  „Dewile 
de  Grafflicke  Ostfresische  Weduwe"  (Edzards  II.)  na  Thur- 
lach  verreiset  was,  vnd  ouerst  idtlicke  Buren  in  Grettmer 
Amte,  Emder  Amte  vnd  Ortmer  Amte  thouoren  geklaget 
hadden,  dat  enen  de  Luttersche  Pastoren  van  Grave 
Edzarden  Christmilder  Gedechtniss  vpgedrungen  weren, 
als  hefft  Grav  Enno  specimen  suae  constantiae  ge(ver?) 
foget,  vnd  hefft  an  diissen  Dage  in  afwesende  siner  Frou- 
wen  Moder  de  Luthersche  Pastoren  tho  Grimersum,  Grodt- 
husen,  Uttum,  Hinte,  Hatzum  vnd  anderen  Orteren  mer 
gar  ergerlick  affgesettet.  (Jahrb.  XII.  120 — 1.  344.  R. ; 
Reershemius  0.  Pr.  D.  [1796]  531—6;  Funck  0.  Chr.  IV. 
243—5;  249  f;  U.  Emmius,  Vita  Altingii  [1614;  1728] 
187 — 98).  1603  wurde  er  Landrichter  und  nahm  diesen 
Posten  neben  dem  Hofassessorat  bis  zum  Jahre  1612 
wahr.  Zum  Regierungsrat  war  er  schon  1611  befordert 
und  ubernahm  als  solcher  das  Drostenamt  zu  Norden 
1612.  Erwahnenswert  dtirfte  nach  Norder  Kirchen-  und 
Gerichtsakten  und  Chroniken  aus  dieser  letzten  Periode 
noch  folgendes  sein.  Der  Pastor  B.  Elsenius  hatte  es  sich 
sehr  angelegen  sein  lassen,  der  durch  Junker  Balthasars 
von  Esens  Brandzuge  1531  ff.  (Beninga  679—83;  E.  Fr.  v. 
Wicht,  Annales  Frisiae  [Mspt.]  ad  ann.  1531  f.)  arg  ver- 
wusteten  Ludgerkirche  wieder  ein  wurdigeres  Ansehen  zu 
verschaflFen  (vgl.  sein  Chronicon  von  1596  an).  Anno  1597 
hatte  er  es  erreicht,  dass  am  10.  Aug.  „in  de  olde  Karckea, 
d.  h.  dem  Langschiff,  „de  erste  Dode  begraven  wert,a 
nachdem  „dl\sse  Karcke  hadde  gantze  63  Jaren  thovoren 
desolut  und  woste  gestaen."  An  der  Renovierung  des 
Baus  wurde  noch  mehrere  Jahrzehnte  gearbeitet,  da  auch 
im  Btirgerkriege  1602  die  graflichen  Truppen  „de  Karcke 
jammerlick  thogerichtet"  .  .  .  und  „den  Thorn  afgedecket^ 


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—     69    — 

(Funck  V.  18. 21.)  u.  in  der  Mansfeldschen  Invasion  1622 — 4  Heidoibon,- 1669 
die  Greuel  der  Verwustung  die  Kirche  wiederum  zur  Ruine 
erniedrigten.  An  diesem  Wiederherstellungswerk  war  v. 
Wicht  lebhaft  beteiligt.  Die  1567  von  Andreas  von  Em- 
den  anstatt  des  zuerst  gebrauchten  Positivs  erbaute  Orgel 
hatte  schwer  gelitten,  Drost  Hektor  erreichte  es,  dass 
am  16.  Mai  1616  mit  dem  Orgelbauer  Edo  Evers  von 
Jever  einer  „gantz  neyen  Orgell"  halber  contrahiert  wurde. 
Diese  sollte  ausser  dem  Haupt-  oder  „Groten  Wercke"  mit  9 
klingenden  Stimmen  und  „ein  Pedall  Gebruck  darana  (ange- 
hangtes  Pedal)  noch  ein  Brustpositiv  mit  3  und  ein  Riicken- 
positiv  mit  6  Registern  enthalten  und  war  mithin  ein  an- 
sehnliches  Werk,  die  grosste  Orgel  in  Ostfriesland.  1618 
war  das  Instrument  fertig,  es  kostete  1000  Emder  Gulden. 

Dem  religiosen  Moderantismus  Graf  Ennos  III.  sich 
anschliessend,  war  er  tolerant  gegen  Juden,  Mennoniten 
und  Remonstranten.  Letztere,  die  vor  dem  fanatischen 
Calvinismus  aus  den  Niederlanden  fliehen  mussten  und 
weder  in  Leer  noch  in  Emden  aus  gleicher  Ursache  Unter- 
kunft  fanden,  suchten  und  erhielten  diese  in  Norden. 
Hier  errichteten  sie  mit  Bewilligung  des  „Grafl.  Rahts  vnd 
Drosten  Hector  Fridrich  D.a  zwei  Buchdruckereien,  die 
des  „  Peter  Arendszen,  Ihro  Gnaden  bestalter  Buchdrucker44 
(Wiarda  0.  Gesch.  IV.  138;  Grotefend,  Gesch.  der  Buch- 
druckereien in  den  Hannov.  etc.  Landen  [1840]  unter 
„Nordentf ;  Bibliogr.  Adversaria  V.  ['s  Gravenhage  1883 — 6] 
280;  das.  2.  Reeks.  1.  Deel  [1887—941  233;  Norder  Biir- 
gerakten)  und  des  Dirck  Raphaels  Kamphuisen  (Adr.  Reers- 
hemius  0.  Pr.  D.  [1765]  614—5). 

Die  letzten  Jahre  seines  Lebens  wurden  getrubt  und 
ihm  erschwert  durch  die  Mansfeldsche  Invasion  mit  ihrem 
Gefolge  von  Brutalitaten  sondergleichen,  Pest  und  Hungers- 
not,  deren  Ende  er  nicht  mehr  erlebte,  da  er  im  hohen 
Alter  von  78  Jahren  am  29.  Marz  1624  verstarb.  (Spieghel 
van  der  Calvinisten  Tyrannie  gheplecht  in  Oost-Frieslandt 
onder  het  beleyt  van  den  Grave  von  Mansfelt  in  dienste 
van  de  Generale  Staten.  Ghedruckt  ...  tot  Norden  in 
Oost-Fr.  1623  —  Wohl  bei  Kamphuisen?  —  [4°  8  Bll.]; 
Funck,  V.  239.) 


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—     70     — 

Hoideiberg  1669  Ueber  seine  Schriften  s.  Tjaden  I.  243.     Von  ihnen 

ist  nur  sein  Bericht  iiber  die  bekannte  Norder  Teelacht 
mit  Erlauterungen  von  Dr.  Wenckebach  1759  zu  Halle  ge- 
druckt  und  1880  fiir  die  Teelbauern  unverandert  bei  Sol- 
tau  in  Norden  neugedruckt  worden. 

56.  Mag.  Bonnius  Volkerus,  Frisius  25.  Mai  1569. 
Zwei  Bruder  Volkerus,  Gerhard  und  Hermann,  waren 
zwischen  1579  und  1617  als  Prediger  zu  Sudwolde  (und 
Aurich)  und  Westerende  (u.  Riepe)  angestellt.  Reersh. 
158.  99.  150.  135.  Audi  der  Name  Bonne,  Bonno  zeigt 
nach  Ostfriesland  hin. 

97.  Sibrandus  Occo,  Frisius  17.  Aug.  69. 

107.  Guilielmus  Fockaeus,  Frisius  20.  Sept.  69. 
Mit  3  Westfriesen  in  Auffolge  immatr. 

111.  Gerhardus  de  Langhen,  Frisius  22.  Sept.  69. 
Ein  Prediger  dieses  Nam.  aus  dem  Stift  Osnabrtick  war 
1688  zu  Spikeroog,  kann  also  mit  obig.  nicht  identisch 
sein.    Reersh.  396. 

113.  Daniel  Georgius,  Frisius  23.  Sept.  69. 
W.:    „Leden  (Glieder)  van   het  geslacht  uit  Emden  treft 
men  elders  aan.a     Im  17.  Jahrh.  lebte  eine  Emder  Familie 
Jorgena,  vgl.  u.  411  R. 

122.  Arnoldus  Piscator  Emdanus  2.  Oct.  69. 
Der  Stamm  war  Fischer.  Ein  Arnoldus  de  Fischer  (Vis- 
scher)  war  1553  Pred.  in  Loppersum,  wurde  1556  nach  den 
Niederlanden  verlangt,  war  nach  dem  Protokoll  des  Emder 
Coetus  vom  13.  Juni  1576,  Art.  20  Visitator  der  ostfr. 
reform.  Gemeinden.  E.  Meiners  II.  25.;  Reersh.  545.  Ob 
beide  identisch  sind?  Es  kam  vor,  dass  bereits  ordinierte 
Geistliche  zur  Erganzung  ihrer  Studien  wie  audi  zur  Auf- 
nahme  neuer  Studien  von  neuem  die  Hochschule  be- 
suchten.  Oder  haben  wir  hier  einen  Fall,  wie  ob.  p.  42 
genannt,  dass  er  sich  zu  andern  Zwecken  in  Heidelberg 
aufhielt?  Es  bestand  grade  zu  dieser  Zeit  ein  ausserst 
lebhafter  Verkehr  zwischen  den  reform.  Fluchtlingen  in 
der  Pfalz  und  den  tonangebenden  Reformierten  in  Ost- 
friesland, bezw.  Emden.  —  B.  van  Meer,  De  Synode  te 
Emden  1571  (1892)  81  ff.;  E.  Meiners  I.  420  f.  426.  464  i 


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—     71     — 

(E.   Graf  Knyphausen-Lutzburg)   Geschichte   der   Reform.  H«d«ibwg  1569 
Kirche  zu  Bargebuhr  (1868)  8. 

137.  Foxius  Posthusius,  Frisius  20.  Oct.  69. 

158.  Mag.  Edo  Hildericus  Jeverensis  18.  Nov.  69. 
Jahrb.  XII.  104.  Wenn  er  sich  zu  Rostock  als  Frisius, 
zu  Wittenberg  und  hier  als  Jeverensis  immatrik.  lasst,  in 
Marburg  als  Jeverensis  die  Doctorwtirde  empfangt,  so  ist 
die  Annahme  einer  Abstammung  aus  Varel  (Hautz  II.  106 
nennt  ihn  E.  H.  de  Varelle)  haltlos.  Hautz  sagt  von  seiner 
Berufung  a.  a.  0.,  dass  „dieser  Edelmann"  (der  er  nicht 
war !)  bei  der  Einfuhrung  des  Luthertums  durch  Kurf.  Lud- 
wig  VI.  als  Nachfolger  des  Tremellius  von  Frankfurt  a.  Od. 
zura  Professor  der  Theologie  und  der  orientalischen  Sprachen 
berufen  worden  sei.  Als  Schuler  Melanchthons  sei  er 
dessen  Richtung  zugethan  und  ein  Feind  theolog.  Z&nke- 
reien  gewesen.  Als  er  nun  das  Concordienbuch  nicht 
habe  unterschreiben  wollen,  sei  dies  der  Grund  flir  seine 
Entlassung  geworden.  Er  ging  darauf  Ende  1580  nach 
Altorf,  wo  er  1599  f. 

344.  R.     Nicolaus  Dobbin  20.  Dec.  1569.     177  I. 

1.  Johannes  Bertoldus  a  Roderwolt,  Phrysius 
23.  Decbr. 

(38.  Melchior  van  Amsweer,  Frisius  13.  Apr.  1570. 
Von  Geburt  Groninger,  Bruder  von  Doede;  beide  fltich- 
teten  in  den  niederl.-span.  Handeln  nach  Ostfriesland  [J. 
J.  Harkenroht,  Oostfr.  Ooorspr.  (1731)  139  nennt  hier  nur 
Doede].  Mit  Melchior  Clant  bediente  er  als  Pred.  die 
Lutherische  Gemeinde  zu  Antwerpen  [Kerkhist.  Studien 
von  Dr.  Ch.  Sepp  (1885)  224].  Ueber  die  Familie  von 
Amsweer  s.  Nic.  Westendorp,  Byzonderheden  uit  de  Ge- 
schiedenis  der  Hervorming  in  de  Prov.  Groningen  [1832].) 

39.  Jacobus  Rebartus  Frisius  eodem. 

53.  Timannus  Slotanus,  Phrysius,  paup.  27.  Apr. 
Beide  wohl  Niederlander. 

108.  Leo  (lies  Ico)  Kniphusen  1    ™  .     , 
mn    wiu   1           v    •    u                   Phrysn  orient. 

109.  Wilhelmus  Kniphusen  ,/  _  ..  nr. 

nn   w      a       tvt        •  11-  Juh  70- 

110.  Wiardus  Nannius  J 

Immatr.  Marburg  29.  Nov.  1571. 


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—     72     — 

Hoidoiberg  i5o9  Ico  und  Wilhelm  waren  die  Sohne  des  tapfern  Haupt- 
lings  Tido  von  In-  und  Kniphusen  (1500—1565)  aus  seiner 
Ehe  mit  der  Grafin  Eva  von  Rennenberg.  Sie  besuchten 
verschiedene  Hochschulen,  darunter  Orleans,  und  blieben 
hier  auf  fast  wunderbare  Weise  am  Leben,  als  in  der 
beriichtigten  Bartholomausnacht  1572  die  Evangelischen 
Frankreichs  schrecklich  gemordet  wurden.  Der  altere  Bru- 
der  Ico  vermahlte  sich  rait  einer  Freiin  zu  Eltern  und  Vo- 
gelsang im  Herzogtum  Luxemburg,  Wilhelm  dagegen  mit 
der  einzigen  Tochter  des  Hauptlings  Unico  Manninga  zu 
Lutsburg,  Hima.  Auf  ihn  vererbte  sich  der  Manninga'sche 
Familienbesitz,  das  erste  Fideicommiss  Ostfrieslands,  und 
so  wurde  er  der  Begrlinder  der  Lutsburger  Linie  zu  Inn- 
und  Knyphausen.  Zweiter  Sohn  Wilhelms  war  der  be- 
kannte  schwedische  Feldmarschall  Dodo  v.  Knyphausen. 
Ico  wurde  1588,  Wilhelm  erst  1600  vom  Kaiser  baroni- 
siert.  Wilhelms  Anteil  an  der  ostfriesischen  Politik  ist 
gleich  der  seines  Schwiegervaters  Unico  bis  hierzu  wenig 
geklart,  auch  die  Ansatze  im  Jahrb.  XI  bedtirfen  sehr 
der  Erweiterung  und  Prazisierung.  —  Gesch.  der  Reform. 
Kirche  zu  Bargebuhr.  (Norden.  1868.)  13—18.  Funck  IV. 
19.  121.  164  ff.  247  ff.;  Wiarda  III.  320  f.  342  f.  347  f.; 
Mithof,  Kunstdenkmale  und  Altertumer  im  Hannoverschen ; 
VII.  79.  136;  Geneal.  Famil.  Knypens.  bei  von  Wicht  Ta- 
bula geneal.;  (Brenneysen)  Ost.-Fr.  Historie  I.  437  ff. 

Nr.  110  war  Hofmeister  der  beiden  Junker. 

132.  Engelbertus  Scemerinck,  Phrys.  orient.  21. 
Aug. 
Imm.  Marburg  29.  Nov.  1571  als  E.  Schemeringius. 

135.  Theodorus    Ackmannus,    Phrys.   orient.   16. 
Sept. 

154.  Wernerus  Meinhart,  Phrys.  orient.  28.  Oct. 

345.  jR.     Hieromjmus  Zanchius  20.  Dec.  1570.     140  I. 

10.  Henricus  Pricker,  Frisius,  4.  Marz  1571. 
s.  341.  u.  351.  R.;  Jahrb.  VI.  (1884.)  45.  XL  (1895.)  422. 

•20.  Samuel  Taconis,  Frisius  15.  April. 
(Nr.  37  ist  ein  Jacobus  Ligarius  Parisiensis.) 


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—     73    — 

52.  Florus    (\V\:    Florentius)    Gerardus.  Prisms  n^is^i>v» 
19.  Mai. 

54.  Frisraarus  Aedo,  Fris.  orient.  23.  Mai. 

55.  Ricardus  Faber,  Fris.  orient.  23.  Juli. 

346.  B.     Pefrus  Alostanus  20.  Dec.  1571.     137  I. 

8.  Ottho  Calandt,  Frisius,  17.  Jan.  1572.  (W.:  Otto 
Clant.) 

37.  Boetius  Haringa,  Fris.  orient.  18.  Apr.  (\V.: 
Occident.,  was  dem  Namen  zufolge  eher  zutreften  dttrfte). 

57.  Hajonis(!)  &  Diepholt,nobilisEmdanus  12.  Juni. 
Die  aus  Diepholz  stammende  Familie  war  unter  Graf 
Edzard  I.  an  den  graft.  Hof  nach  Emden  gezogen  wordon, 
wo  wir  Glieder  derselben  in  Stellung  finden.  Der  ira  347. 
R.  intitulierte  Enno  von  D.  wurde  bei  der  Einftihrung  des 
ostfr.  Hofgerichts  am  1.  Aug.  1593  als  adliger  Hofgerichts- 
assessor  angestellt.  —  Funck  IV.  15. ;  Beamtenverzeichnis 
bei  Ravinga  rediv.  (1745)  Bog.  M.  2;  Ostfr.  Monatsblatt 
VUI.  (1880)  248;  die  Geneal.  Midluman.  etc.  bei  v.  Wicht 
ex  chartis  Midlum.  collecta  a  Dom.  de  Appelle  kennt 
obigen  Hajo  nicht,  der  dem  Alter  nach  ein  Enkel  des 
graft,  ostfr.  Feldobersten  Otto  von  D.  und  Bruderssohn 
des  Justus  v.  D.  sein  konnte. 

347.  R.     Thomas  Erastus  20.  Decbr.  1572.    156  L 

74.  Jeremias  Bastingius,  Emdanus,  18.  Mai  73. 
Freund  des  U.  Emmius,  s.  Jahrb.  VI.  1.  S.  45.  J.  (Hiere- 
mias)  B.  war  1554  in  Ypern  geboren,  seine  Eltern  flohen 
aus  Gent ;  nach  Studien  in  Bremen,  Genf,  Heidelberg  wurdo 
J.  B.  Prediger  in  Antwerpen  und,  als  Alexander  von  Parma 
diese  Stadt  1585  eroberte,  in  Dordrecht;  er  starb  1598, 
bald  nachdem  er  als  Professor  der  Theologie  nach  Leiden 
berufen  worden  war.  (Hoogstraten  en  Schuer,  Groot  algom. 
hist.,  geogr.  en  oordeelkundig  woordenboek.  Amst.  1733.) 

106.  Joannes  Bramsche,  Frisius,  s.  341.  R.\  10. 

107.  Enno  Diebholt,  s.  346.  R.  /Juli. 
(Zu  Nr.  106  sagt  W.    „Waarschynlyk  een  Groninger,  uit 
het  geslacht  van  Johan   Braemsche,   vermeld  by  Feith, 
Archief  I.  321—3.    Kan  he  ook  dezelfde  zyn  als  Dr.  Joh. 


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—     74     — 

Heidciborg  1573  Braems,  „wiens  weduwe  de  huiszittenarmen  te  Groningen 
in  1594  zoo  mild  begiftigde?"  Da  er  mit  einem  Emder 
gemeinsam  immatr.  wird,  halte  ich  auch  ihn  fur  einen 
Emder.) 

318.  Ii.     Lambcrtus  Ludolfus  Pithopous  de  Deventer  19.  Dec.  1573. 

89  I. 

14.  Bernerus  Weseke,  Emdensis,  16.  Marz  1574. 
(W.  Waarschynlyk  de  vader  van  den  Echteld'schen  predi- 
kant  Bernhardus  Vesekius,  die  in  1620  en  volgende  jaren 
wegens  de  onverzaagde  uiting  zyner  remonstrantsche  ge- 
voelens  telkens  op  nieuw  de  zwaarste  beproevingen  onder- 
ging. 

28.  Egbertus  Clant;  s.  346.  R.   )    «...    fi   „  . 
on      *       w    ,  '  \    Fnsn,  6.  Mai. 

29.  Dego  Tadema  i  ' 

Dem  Namen  nach  Niederlander. 

319.  R.    Immanuel   Tremcllius  de  Ferrara  20.  Bee.  1574.    112  I. 

Die  Sucht,  seinen  Namen  zu  gracisieren  oder  zu  romani- 
sieren,  sieht  man  auch  hier  bltihen,  daher  die  Melanch- 
thon  fiir  Schwarzerd,  Pithopous  fur  Fassbinder,  vielleicht 
(weil  aus  Deventer)  fur  Kuper  oder  selbst  Pottbacker, 
Ephippiarius  fiir  Sattler,  Servilius  fiir  Knappe,  Polyander 
fiir  Kerkhof  u.  a.  m. 

51.  Pomponius  Ellamaphileus1),  Frisius,  3.  Juni. 

67.  Rembertus  Romberti,  Bergomensis  Frisius, 
7.  Sept. 
Note  l)  baccal.  art.  6.  Decbr.  1575.    Wohl  Niederlander. 

74.  Hericus  Castens,  Frisius  orient.        \  q  o  th 

75.  Henrikus  Harterwick,  Fris.  orient.  I 

Ob    Sohn    des    Pilsumer    Predigers    Johann    Harderwyk 

f  1560? 

Auffallenderweise  hat  W.  im  ganzen  Jahrg.  1575  nur  einen 


')  Diese  Uebertragung  auf  den  Stammnamen  zuruckzufuhren 
wollte  nicht  gelingen.  Vielleicht  ist  P.  E.  jener  Pomponius  (Poppe?)  EI- 
kama  „Groninganus,  homo  et  doctus  et  humanus",  mit  dem  U.  Emmius 
am  12.  Juli  1576  in  Basel  zusammentraf  (Jahrb.  VI.  1.  S.  51)  und  der  sich 
auch  in  Hermann  Prickers  von  Emden  Stammbuch  einschrieb  (Vrije 
Fries  VII.  289.) 


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—     75    — 

Niederlander  verzeichnet,  wogegen  mein  Auszug  ausserdem  Hoidoiberg  1575 

noch  5   Friesen   nachweist.     Was   in   diesen  Jahren  von 

der  Friesenktiste  nach  Heidelberg  zog,  war  zumeist  Jurist, 

da  ausser  andern  bedeutenden  Rechtslehrern  sich  der  be- 

ruhmte  Hugo  Donellus  hier  3  Jahre  niedergelassen  hatte, 

um  dann  nach  Leyden  uberzusiedeln,  wo  ihm  die  Verhiilt- 

nisse  besser  behagten. 

350.  R.     Caspar  Agricola  20.  Decbr.  1575.     128  I. 

94.  Pomponius  Leontinus,  Frisius,  26.  Sept.  1576. 
99.  Joannes  Reingars  (wohl  Rengers),  Fris.  orient., 

I.  Octbr. 

Vielleicht  aus  der   groningerland.  Fluchtlingsfamilie  Ren- 
gers ten  Post. 

351.  R.     Lttdovicus  Grav  20.  Decbr.  1576.     125  I. 

8.  Hermannus  Prucker  (lies  Pricker),  Fris.  orient. 
5.  Febr.  77;  s.  341.  u.  345.  R. 

352.  R.     Simon  Grynaeus  20.  Decbr.  1577.    83  I. 

57.  Magister  Edo  Hildericus  [&  Varel],  rectore  ma- 
gistro  Hermanno  Witekindo  anno  69  (Nov.  18)  inscriptus 
(s.  343.  R.  Nr.  158),  anno  78  9.  Septembris  ab  illustrissimo 
principe  electore  etc.  commendatus  ad  professionem  theo- 
logicam  renovavit  inscriptionem,  fide  bona  se  omnia 
prestaturum  quae  in  iuramento  continentur  data.  Pro 
renovatione  nihil  dedit.  Actum  9.  Sept.  1578.  Wenn  er 
hier  „von  Varel"  zubenannt  wird,  so  steht  das  im  Wider- 
sprach  mit  seinen  fruhern  Angaben. 

355.  R.     Carolus,  comes  palatintts  Rheni  19.  Decbr.  1579.     153  I. 

(91.  Fridericus  Hildersen  [a  Varel],  Jenensis, 
Filius  Edonis  Hilderici  doctoris,  15.  Aug.  80.  —  Der  Name 
deckt  sich  vollig  mit  dem  seines  [mutmaszlichen]  Gross- 
vaters  [Jahrb.  XI.  95  Nr.  43]:  Fridericus  Hildersen  de 
Esens,  doch  wird  flir  das  jiingere  Geschlecht  die  bewusste 
oder  tendenziose  Tauschung,  als  ob  sie  adlig  seien,  akut.) 

356.  R.     Valentin  Forstcr  19.  Decbr.  1580.     218  I. 

2.  Sibo  &  Dornum,  cognomento  Gersma,  Frissius, 

II.  Jan.  81. 


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—     76     — 

ueidoiberg  1580  Hier  befinden  wir  uns  wieder  vor  einem  durch  samtliche 
mir  zu  Gebote  stehenden  Geschlechtstabellen  nicht  zu 
losenden  Ratsel.  Ob  dies  ein  Attena,  in  deren  absteigen- 
der  Linie  seit  1410  bis  1520  sich  3  Hauptlinge  (Junker) 
dieses  Namens  befinden,  sein  mag  oder  aber  ein  Kankena, 
ist  unbekannt.  Der  Zuname  deutet  etwa  auf  eine  Ge- 
trtibtheit  dcs  Stammes  hin  oder  sollte,  wie  das  ja  haufig 
der  Fall  ist,  auch  hier  in  den  Dorf-  und  Nachbarfamilien 
der  bekanntere  [und  beruhmtere]  Hauptlingsname  in  Nach- 
gebrauch  genommen  worden  sein?1) 

357.  R.     Ludwig  Graf  20.  Decbr.  1581.     199  I. 

27.  Abrahamus  Akum annus  (?  Akkumanus) 
Phrys.  orient. 

28.  Joannes  Otthonius,  Embdanus 

29.  Hermannus  Steckmannus,  Embdanus 

30.  Hermannus  Kolde,  Phrys.  orient. 
Ein  Vierblatt  Theologen,  von  denen  Nr.  27  noch  1583  in 
Leyden  studierte,  Nr.  28  von  1584—5  (f)  Prediger  zu 
Groothusen  war  (Reersh.  714;  Meiners  Kerk.  Gesch.  II. 
243),  Nr.  29  zuerst  als  Conrector  in  Leer,  1590  als  Pre- 
diger in  Wirdum,  1603—35  (f)  Anstellung  in  Groningen 
fand  (Reersh.  764.  723)  und  Nr.  30  schon  1585  als  Pre- 
diger in  Oldersum,  spater  1591  zu  Leeuwarden  in  Dienst 
stand.    Des  letztern  Sohn  wurde  im  379.  R.  intituliert. 


23. 
Marz 
1582. 


*)  W.  sagt  (libers.):  „Dass  dieser  ein  Ostfriese  gewesen  ist, 
scheint  nicht  zweifelhaft  Einer  der  Herren  von  Dornum  begab  sich  nach 
1600  mit  Ernst  Friedrich  v.  Wicht  in  auswartige  Kriegsdienste,  nachdem 
letzterer  vorher  studiert  und  sich  den  Grad  eines  Doctors  beider  Rechte 
erworben  hatte."  —  W.  verwechselt  hier  Ernst  Fr.  mit  Hicco  (Hector)  Fr. 
(8.  343.  R.),  von  jenem  weiss  sein  Biograph  Matthias  v.  Wicht  jun.  dies 
nicht.  Auch  glaubt  Matthias  nicht  an  „die  Sage,  dass  er  mit  einem 
Herrn  von  Dornum  in  den  Krieg  und  zwar  nach  Polen  gezogen  und  da- 
selbst  in  einer  Schlacht  urns  Leben  gekemmen  sei,a  da  er  ihm  ein  starkes 
Phlegma  sowie  um  1602,  dem  Schlusse  seiner  Chronik,  ein  Alter  von 
etwa  55  Jahren  zumisst,  „zu  alt,  um  noch  als  Volontair  in  fremde  Kriegs- 
dienste zu  treten."  —  Was  nun  dazu  noch  die  obige  Zusammenstellung 
mit  „ einem"  (iiberall  unbekannten)  „ Herrn  v.  Dornum"  hier  besagen  soil, 
ist  vdllig  unerfindlich,  da  weder  eine  gemeinsame  Immatr.  vorliegt  noch 
bei  Gersma  irgend  etwas  auf  jenen  „Herrna  hindeutet. 


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—     77     — 

Von  Nr.  122  bis  130  sind  nobiles  Holsati  am  20.  Aug.  Heueiborg  ias2 
inscribiert,  darunter  ein  Nicolaus  von  Ha  gen.  Hier- 
durch  ist  die  Annahme  von  Halem's  in  den  „Gemein- 
niitzigen  Nachrichten  f.  d.  Pro  v.  Ostfr.a  Jahrg.  180G.  407  f. 
(und  wiederholt  ira  „Ostfr.  Monatsbl."  IV.  [1876.]  393), 
dass  dieser  wahrscheinlich  Hofmeister  der  drei  unter  Nr. 
206—8  am  12.  Novbr.  immatrik.  ostfr.  Grafen  gewesen 
sei,  hinfallig,  umsomehr,  als  dort  auch  der  Hofmeister 
sich  unter  Nr.  203  prasentiert. 

(171.  Martinus  Nordanus,  Lubeccensis  3.  Octbr. 
—  Jahrb.  XL  110.  113.) 

203.  Petrus  Ficinus,  Noviomagus  *      12. 

205.  Adolphus  Ripperda,  nobilis  Geldrus  /  Novbr. 

206.  Gustavus  x   fratres,  comites  et  domini 

207.  Joannes  >Phrisiae  orientalis  etc.  etc. 

208.  Christophorus'  12.  Novbr.  1582. 
Ernst  Friedr.  v.  Wicht  schreibt  in  seinem  gleichzeitigen 
Chronicon  zum  J.  1582:  „Sub  idem  tempus  tres  minores 
Frisiae  Comites,  Gustavus  (geb.  1565),  Johannes  (geb.  1566) 
et  Christophorus  (geb.  1569)  profecti  sunt  in  Academiam 
Heidelbergensem",  wozu  Funck  III.  275  hinzufiigt:  „auf 
dass  die  jungen  Herren  Grafen  daselbst  ihre  wohl  ange- 
fangene  Studia  fortsetzen  mochten."  Diese  mittleren 
Sohne  Graf  Edzards  II.  und  seiner  Gemahlin  Catharina 
von  Schweden  setzten  ihre  hiermit  begonnene  Studien- 
und  Hofreise  iiber  Strassburg  nach  Frankreich,  Italien 
u.  w.  fort.  Als  Praceptor  war  ihnen  der  unt.  Nr.  203 
immatr.  Petrus  Ficinus  von  Nymwegen,  als  Begleiter  und 
Reisemarschall  der  Sohn  des  1616  als  3.  Hofrichter  f 
Mauritz  Ripperda,  Adolf,  unter  Nr.  205  immatr.,  beigesellt. 

Ficinus,  ein  angesehener  Gelehrter,  bekleidete  die 
Stelle  des  Prinzenerziehers  am  Grafenhofe  Ostfrieslands, 
wo  von  1560  bis  1579  elf  Kinder  geboren  wurden,  mehrere 
Jahrzehnte  lang  (Funck  III.  267  nennt  ihn  zwar  erst  um 
1580  als  solchen).  Da  er  des  Grafen  Sache  vertrat,  in 
vielen  Fallen  und  besonders  nach  seiner  Ernennung  zum 
Regierungsrat  1590  (Ravinga  rediv.;  Nachricht  Bl.  M.  1) 
mit  politischen  Auftragen  betraut  war,  (H.  Loosing,  Gesch. 
der  Stadt   Emden  bis    1595.  [1843]  226.),  dabei  voll  und 


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—     78     — 

Hoidoibciv  1582  ganz  seines  Herrn  Interessen  vorfocht  und  den  Monarcho- 
machis  (Brenncysen.  O.-Fr.  Hist.  I.  Vorr.  p.  10—12.  Text 
436  ff.)  ein  Stein  des  Anstosses  war,  so  hassten  ihn  die 
Radelsfuhrer  in  Emden,  liber  deren  Gebahren  der  dama- 
lige  Kornmandant  Fr.  van  Vervou  (Geschiodenisscn.  [1841 
godruckt]  226—7.  322.  334.  344.  352.  364—5.  367.  389) 
gelegentlich  dankenswerten  Aufschluss  giebt,  so  bitter, 
dass  sie  ihn  in  ihren  iibertreibenden,  maszlos  heftigen 
und  mit  Gift  und  Galle  getrankten  Streitschriften  wider 
das  Grafenhaus  und  dessen  Anhanger  einen  Jesuiten 
nannten,  der  Edzards  Sohne  romisch  erzogen  habe1),  (sum- 
marised bei  0.  Klopp.  Gesch.  Ostfr.  II.  32.  62—3.).  Da 
wir  aber  grade  laut  alien  Zeitgenossen  in  Edzard  und 
Catharina  musterhafte  Orthodoxe  vor  uns  haben,  die  bis 
in  die  neuesten  Geschichtswerke  hinein  sich  des  Vorzugs 
erfreuen,  von  ungetrubtem  gegnerischen  Glaubenseifer  der 
Nachwelt  als  warnendes  Beispiel  lutherischer  Verstockt- 
heit  vorgefuhrt  zu  werden,  so  will  die  Annahme  des  lang- 
jahrigen  Aufenthaltes  eines  romischen  Erziehers  am  Hofe 
wenig  glaubhaft  erscheinen,  wozu  zum  Beweise,  dass  ge- 
genteils  Ficinus  eifriger  Lutheraner  gewesen,  Mohlmann, 
Kritik  der  fries.  Geschichtschreibg.  (1862)  208  einen  Brief 
des  jesuitenfeindlichen  Professors  zu  Wittenberg,  Jak. 
Martini,  ehemaligen  Hofpredigers  der  Catharina  zu  Berum 
(Funck  IV.  228.  238  ff.  255.  280  ff.),  citiert. 

359.  R.     Mattheus  Entzlin  20.  Decbr.  1583.     199  I. 

167.  Gerlachius  Habbonius,  Fris.  orient.  |  21.  Oct. 
169.  Dodo  Wiarda,  Fris.  orient.  i      84. 

Da  mir  die  (nicht  im  Buchhandel  erschienenen)  „Familien- 


l)  Ueber  die  Einfliisse,  welche  die  Conversionen  der  Grafen  Jo- 
hann  (I.),  Johann  (III.)  u.  Christoph  (II)  u.  verschiedener  Prinzessinnen 
zur  romischen  Kirche  im  Gefolge  hatten,  sind  bisher  erst  Forschungsan- 
satze  gemacht  worden.  Funck  hat  sich  bemuht,  auch  hier  nach  Kriiften 
unparteiisch  zu  berichten  (II.  201  f.  231.  IV.  279),  doch  ware  zu  unter- 
suchen,  woher  einerseits  der  Hof  seine  gesellschaftlichen  Beziige  von  ca. 
1480—1600  empfing  und  andererseits,  welche  politischen  Einfliisse  zur 
Conversion  trieben.  Uebrigens  litten  auch  die  In-  und  Knyphauser  an 
derselben  Krankheit,  wie  seit  einem  Semisiikulum  viele  deutsche  Adels- 
geschlechter. 


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—     79     — 

nachrichten  von  C.  H.  Wiarda  (Aurich  1872)a  trotz  mehr-  HoMeiberg  1m 
fachen  Bemiihens  nicht  zu  gebote  stehen,  vermag  ich 
uber  Nr.  169  nichts  zu  sagen.  Die  Familie  Wiarda,  aus 
den  Niederlanden  stammend,  trat  zumeist  im  Dienste  der 
Themis  auf  und  lag  demgemass  dem  juristischen  Studium 
ob.  —  Jahrb.  XI.  422—4.  Ravinga  rediv.  Bll.  L.  8  in  v., 
M  1  in  r.  et  v.,  M  2  in  v.,  M  3  in  r.  In  der  Geneal.  Fam. 
Wiarda  ex  Coll.  Appellianis  ist  urn  diese  Zeit  nur  ein 
Dothias  W.,  der  spatere  Kanzler  Graf  Enno's  III.  ver- 
zeichnet.    Ob  beide  identisch  sind?1)  —  Funck  VI.  15  ff. 

360.  R.     Eberhard,  comes  in  Solms  9.  Decbr.  1584.  241  I. 

2.  Joannes    Schaberbeckius,    Embdanus,     24. 
Decbr.  84. 

Aus  der  franzos.-reform.  (wallonischen)  Gemeinde  Emdens; 
Wenz,  Gesch.  d.  fr.-ref.  Kirche  (1819)  120.  Imm.  Leyden 
3.  Nov.  1578  als  Emdanus  u.  Litterarum  stud. 

(55.  Abel  Coenders,  Frisius  5.  Mai  1585. 
Bekannter  Groninger,  in  den  span.-niederland.  Wirren 
nach  Ostfriesland  gefltichtet;  —  erwahnt  in  der  Grab- 
schrift  seines  Vaters  zu  Leer  bei  J.  J.  Harkenroht,  Oost- 
friesche  Oorsprongkelykheden  (1731)  365.  —  Die  Familie 
stammte  von  Helpen  und  ist  bekannt  wegen  ihrer  litte- 
rarisehen  Neigungen.  Nach  T.  ging  stud.  Abel  C.  van 
Helpen  Mitte  1586  nach  Marburg,  wo  er  bereits  am  11. 
April  1584  immatr.  worden  war,  zuruck,  um  einer  Klage 
wider  ihn  auf  Alimentation  zu  entgehen.  —  Nach  W.  war 
Abel  C.  zu  Groningen  den  8.  Aug.  1564  geb.  u.  trat  spater 
als  niederl.  Staatsmann  und  Curator  der  Universitat  Gro- 
ningen hervor.  —  Funck.  V.  82.  121.  144.) 

93.  Folricus  Gretusanus,  Frisius        \         .  ..  . 

94.  Bernhardus  Theodorus,  Frisius  ' 

Nr.  93  imm.  zu  Marburg  als  Volericus  Reithusanus  Fris. 


>)  Auch  die  obengenannten  Wiardaschen  Familiennachrichten, 
in  die  ich  wahrend  des  Druckes  Einsicht  nehmen  konnte,  verzeichnen 
keinen  Dodo  Wiarda.  Es  kann  daher  nur  der  1565  geborene,  1G37  ge- 
storbene  spatere  Kanzler  Dothias  Wiarda  gemeint  sein,  uber  den  die  Fa- 
miliennachrichten S.  13  u.  S.  59— G7  ausfuhrliche  Nachrichten  zusam- 
menstellen. 


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—    80    — 

Heidoiberg  im  25.  Mai  85.  [WahrscheinlichSohn  des  Ciriak  (=  Cirk)  Volrichs, 
der  nach  Jahrb.  X.  1.  90  i.  J.  1576  unter  dem  Drosten  Occo 
Valk  Amtsschreiber  in  Greetsiel  war.  Nach  dem  Ver- 
zeichnis  der  Handschriften  der  Universitats-Bibliothek  zu 
Gottingen  (Band  I  Juridica  Nr.  736)  besitzt  die  Universi- 
tats-Bibliothek eine  Handschrift  des  ostfriesischen  Land- 
rechtes  nebst  einem  Kalendarium,  in  dem  Familiengedenk- 
tage  der  Besitzer  aus  dem  Ende  des  XVI.  Jahrh.  ver- 
zeichnet  stehen,  darunter  z.  J.  1586:  „unser  broder  Foel- 
ryck  tho  Heydelberg  gestorven."  Dies  ist  ohne  Zweifel 
unser  Folricus  Gretusanus,  und  seiner  Familie  hat  die 
Gottinger  Handschrift  einmal  geh5rt.  R.] 

124.  Sethus  Eymerus,  Wurdanus  Phrysius  29.  Juli. 
179.  Bolo  Bolardus  Phrysius  15.  Octbr. 
vgl.  Jahrb.  XII.  100.  110.  W.  sagt  (fibers.):  „Dass  er  ein 
Ostfriese  war,  lehrt  die  Matricula  nationis  Germanicae 
von  Padua.  Er  ward  1584  zu  Genf  immatr.,  1585  zu  Hei- 
delberg, 1586  den  1.  Octbr.  zu  Marburg  und  am  5.  Juni 
1590  zu  Padua. a  [Suursche  Familiennachrichten  im  Be- 
sitze  unserer  Gesellschaft  nennen  ihn  Junker  B.  B.  (f  1612); 
er  war  Sobn  des  Dr.  Bolo  Bolardus  in  Emden,  Enkel  des 
1533  in  der  Schlacht  bei  Jemgum  gefallenen  Emder  Bur- 
ger-Fahnrichs  Gerd  Bolardus  und  durch  diesen  Grossvater 
aus  dessen  zweiter  Ehe  Vetter  des  bekannten  Emder 
Biirger-Obersten  und  Burgermeisters  Gerhardus  Bolardus 
(1544—1612).  Kaiser  Rudolf  II.  adelte  ihn  oder  —  nach 
dem  Ausdruck  des  Adelsbriefes  —  bestatigte  seinen  alten 
Adel  i.  J.  1598.  R.] 

181.  Timannus  zum  Camp  Phrysius  15.  Octbr. 
(220.  Daniel  Embdensis,  Antwerpianus  15.  Novbr.) 
(222.  Egbertus  Alberda,  Frisius  16.  Novbr. 
W.  sagt  (tibers.):  „Sohn  von  Reynt  Alberda  und  Wilmke 
Coenders  [van  Helpen].  Nachdem  der  Vater,  Burger- 
meister  von  Groningen,  durch  Rennenberg  gefangen  ge- 
setzt,  aber  entkommen  war,  fliichtete  die  Familie  nach 
Ostfriesland.  Die  Sohne  Egbert  und  Pabanus  besuchten 
die  Hochschule  zu  Genf,  ersterer  auch  die  zu  Heidelberg. 
Dieser  wurde  nach  der  Reduction  Groningens  1594  Bur- 


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-    81    - 

germeister   von  Groningen   und  Mitglied   des  Hofes   der  Heideiborg  i585 
Generalstaaten.    Er  starb  den  16.  Sept.  1604. a) 

361.  R.    Johannes  Jungnicius  20.  Decbr.  1585.    300  I. 

58.  Gerardus  Rufelaert,  Frisius  3.  Apr.  1586. 
Aus  einem  Patricier-Geschlecht  von  Gent,  das  vor  der 
spanischen  Kriegswoge  urn-  1570  nach  Emden  gefluchtet 
war,  wo  sich  schon  seit  1554  eine  sanktionierte  wallo- 
nische  Gemeinde  befand.  Nach  W.  war  er  in  Emden  geb., 
ist  im  Album  studios.  Acad.  Lugduno  -  Batavae  (Leyden) 
intit.  als  G.  R.  Emdensis,  Litterar.  studios.  10.  Mai  1582., 
ferner  zu  Marburg  am  27.  Mai  1587,  und  wurde  in  der 
Emder  Revolution  1595  als  Gesandter  der  Stadt  an  den 
Kaiser  nach  Prag  geschickt,  um  die  Sanktion  der  Rebellion 
bei  Rudolf  II.  zu  erwirken;  —  Emder  Apologie  (1602) 
99—104;  Wiarda,  0.  Gesch.  III.  253  ff.  273  Notei;  Loesing, 
Gesch.  der  St.  Emden  bis  1595  (1843)  241. 

161.  Eggericus  Beningha,  Phrys.  2.  Juli  86. 
Immatr.  zu  Helmstedt  als  Egericus  Benninga  Fris.  den 
4.  Aug.  1582,  zu  Marburg  als  Ericus  a  Grimersum  Fris. 
21.  Apr.  1585  und  wird  wohl  noch  weiter  gefunden  wer- 
den.  Er  war  der  Enkel  unsers  Chronisten  gl.  Nam.  und 
der  Sohn  von  Snelger  B.  (Jahrb.  XII.  107).  Er  starb 
schon  fruh  als  Hauptling  von  Grimersum  und  Loppersum 
im  Jahre  1605.  —  Funck.  V.  44.  63. 

184.  Eltco  Amptzonius  \    Phrysii,  Fratres 

185.  Jelmerus  Amptzonius   /  30.  Juli 

Ob  Ostfriesen?  —  T.  merkt  zu  Nr.  184  Note  2)  an:  Elco 
erlag  am  20.  Sept.  1586  den  ihm  von  Burgern  der  Stadt 
zugeftigten  Wunden.  —  Zur  Erlauterung  dient  T.  p.  97  die 
Erzahlung,  dass  im  Herbst  1586  ein  „wol  bezechter" 
Student  sich  vor  der  Stadt  ail  Frauen  und  Jungfrauen 
vergriffen  habe,  von  den  zur  Hilfe  alsbald  herbeigeeilten 
Thorhtitern  (Stadtknechten)  nach  scharfer  Gegenwehr  iiber- 
w&ltigt  und  dem  Stadtschultheissen  tiberantwortet  wor- 
den  sei.  Die  gespannten  Beziehungen  der  Stadtobrigkeit 
zur  Universitat  liessen  es  nun  dahin  kommen,  dass  hier 
jeder  Teil  Richter  zu  sein  vermeinte,  worauf  ein  Tumult 
ausbrach  (Septbr.  86),  in  dem  viele  Studenten  von  den 

Jahrboch  der  Qocellsch.  f.  b.  K.  a.  vatorl.  Altertumer  zu  Emdon,  Bd.  XI V.  g 


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—    82    — 

Beidoiberg  1586  vielgereizten  Biirgern  verwundet  wurden;  Eilco  Amptzonius 
verstarb  infolgedessen. 

191.  Henricus  Betto  Hincken,  Frisius,  26.  Aug.  87. 
Von  Hage  oder  Norden  aus  der  Patricierfamilie  dies.  Nam. 
Jahrb.  XII.  88.  —  vgl.  Apologia  Nordana  (1674)  179  ff. ; 
Funck,  Ost.-Fr.  Chron.  III.  226  f. 

362.  R.     Fridericus  comes   Palatinus  ad  Rhenum.  20.  Dec.  1586. 
203  I. 

150.  Hieronymus  Atten  Frisius,  5.  Sept.  1587. 
lmm.  Herborn  1585  (Nr.  29,  Dat.  fehlt)  als  Hero  A.,  Fris. 
orient.,  dazu  folgt  die  Note:  Huic  Heroni  postea  impo- 
situm  est  nomen  Hieronymi  in  sacro  baptismo;  quem 
adultus  demum  suscepit  hie  Herbornae  15.  Maji  1586, 
testimonii  causa  assistentibus  D.  Doctore  Casparo  Ole- 
viano,  D.  Bernhardo  Condertz  ab  Helpen  et  me  (Rect. 
Johannes  Piscator.  Sund.)  —  Er  wurde  1591  Prediger  zu 
Jennelt,  1594  zu  Baflo.     Reershem.  742.    Harkenroht  790. 

167.  Sibrandus  Jacobi,  Fris.  orient.,  20.  Sept.  87. 
Imm.  Herborn  1586  (Nr.  30,  Dat.  fehlt).  Pastor  zu  Can- 
husen  1590,  Pilsum  1592  u.  Gerdsweer  1600  (f  1603). 
Reersh.  549.  707.  584. 

199.  Josias  Eternig  (W.:  Eternius),  Frisius,  16. 
Nov.  87. 

Imm.  Herborn  1586  (Nr.  6)  mit  3  and.  Ostfr.  als  I.  Etering 
Fr.  orient. 

363.  R.     Fridericus  comes  Palatinus.  20.  Dec.  1587.    160  I. 

6.  Melchior  Clant,  Frisius.  6.  Jan.  1588. 
Aus  der  bekannten  Adelsfamilie  Groninger  Herkunft,  \V. 
kennt  ihn  nicht.  Naeh  Harkenroht  799  war  ein  M.  CI. 
Prediger  zu  Llitsburg  1580—4,  daher  Zeit-  und  Ortsge- 
nosse  Phil,  von  Marnix  hierselbst;  nach  Reershem.  747 
wurde  er  darnaeh  Prediger  in  Westfriesland.  Es  ist  mog- 
lich,  dass  er  vorubergehend  1588  zu  Heidelberg  war,  um 
in  den  Spanisch-Niederl.  Handeln  unauffallig  vertrauliche 
Dienste  zu  leisten;  vgl.  343  R.  Nr.  122.  —  Ungeklart 
bleibt  die  Angabe  in  (Edzard  Graf  Knyphausen)  Gesch. 
der  Reform.  Kirche  zu  Bargebuhr  (1868)  109,  wonach  er 


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—    83    — 

auch  Campegius  genannt  worden  und  1595  von  Lutsburg  Heidoiborg  iws 
nach  Jennelt  berufen  worden  seit  da  Harkenroht  a.  a.  0. 
nach  Pastor  Ruckerts  Grtindl.  Warh.  Bericht  (1674)  diesen 
Campegius    erst    1587    in   Lutsburg    auffuhrt,    der    nach 
Reershem.  742  dann  1595  nach  Jennelt  verzieht. 

29.  Edo  Barlagius,  Fris.  orient.,  6.  Apr.  88.  — 
Jahrb.  XII.  118. 

33.  Obbo  Assveri,  Frisius,  9.  Apr.  88. 

48.  Johannes  Metelen,  Frisius,  25.  Apr.  88. 

69.  Fridericus  Hildericus  [deFarel], Fris. orient.,  30. 
Mai  88. 

343.  352.  355.  R.  —  Wenn  er  1579  auch  injuratus  war, 
so  ist  die  nochmalige  Intitulation  trotzdem  nicht  ver- 
standlich,  wenn  er  hier  Schiiler  des  Padagogiums  blieb. 
Oder  ging  er  1584  nach  Helmstedt,  wo  am  22.  Okt.  ein 
Hildericus  Friderici  Jeverensis  Phrisius  imm.  wird,  und 
kehrte  er  von  dort  hierher  zuriick?  Die  beiden  Intit.  decken 
sich  freilich  im  Namen  nicht. 

365.  E.     Simon  Stenius,  20.  *Decbr.  1589.     150  I. 

16.  Eberhardus  ab  Aschendorf,  Frisius)  24.  Febr. 

17.  Joachimus  ab  Aschendorf,        „      J       90. 
Jahrb.  XL  127.  XII.  53. 

60.  Walterus  Morlingius,  Frisius  Emdensis.  18. 
Mai  90. 

366.  B.     Jacobus  Kimedoncius .     19.   Dec.  1590.     175  I. 

44.  Johannes  Rogge,  Embdanus,  inscriptionem 
rectore  Encelino  (21.  Octb.  1584)  factam  renovavit  5. 
Aprilis  (1591)  gratis. 

Unter  R.  Entzlin  wurde  sub  Nr.  164  intitulirt  Joannes 
Roge  Amstedamensis  21.  Oct.  1584.  Sowohl  in  den  Nie- 
derlanden  als  auch  in  Emden  und  im  Holsteinschen  be- 
gegnen  uns  um  diese  Zeit  Familien  dies.  Nam.  —  W.  ver- 
wirft  die  Angabe  von  1584,  wornach  er  von  Amsterdam 
sei,  auch  beanstandet  er  die  Angabe  Vriemoet's  (Athen. 
Fris.  85),  dass  Rogge  zuerst  ^professor  linguae  Hebraeae 
in  Academia  Heidelbergensi"  gewesen  sei,  da  er  bereits 
1591  ^inspector  bursae  et  disciplinarum  mathematicarum 

6* 


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—    84    — 

Hoidoibers  i59i  professor"  zu  Franeker  wurde.  Seine  Jugend  war  seinem 
Ansehen  bei  den  Studenten  dieser  Hochschule  Westfries- 
lands  hinderlich,  so  dass  er  vorzog,  ins  Predigtamt  uber- 
zugehen.  Er  f  1618  zu  Hoorn.  —  Boeles,  Geschiedenis 
der  Friesche  Hoogeschool.  II.  62  ff. 

367.  R.     Philipp  Ludwig,  comes  in  Hanau.  20.  Decbr.  1591.    245. I. 

43.  Petrus    Pinius    Embdanus,    Fris.   orient.  30. 
Marz  92. 
Imm.  Leyden  19.  Oct.  1593  als  P.  Pineus,  stud,  theol. 

(49.  Tido  Hermannus  liber  Baro  ab  Inhausen  et 
Knipphausen  in  Eltern  et  Vogelsang,  major  hereditarius 
in  Bastanack,  injuratus,  1.  April  92.  —  vgl.  344.  R.) 

97.  Joannes  Schlutter,  Embdanus,  Fris.  orient., 
13.  Mai  92. 

Imm.  Herborn  1585  als  J.  Sluterus,  19.  Juni  1588  in  Mar- 
burg, spater  1694  zu  Basel  —  Jahrb.  XI.  423.  —  J.  U.  D., 
Sekretar  der  Stadt  Emden  1603—35. 

98.  Rudolphus  Artopaeus,  Embdanus,  Fr.  or., 
13.  Mai  92. 

Imm.  Leyden  19.  Okt.  1593  (mit  P.  Pineus)  als  theol.  stud. 
—  Von  Heidelberg  soil  er  laut  W.  1583  nach  Wittenberg 
verzogen  sein  und  dort  graduirt  haben,  wogegen  bereits 
Reershem.  301  die  richtige  Jahrzahl  1593  ansetzt. 

189.  Raenerus  Blanc,  Buttlnsis(!),  Fris.  orient., 
20.  Sept.  92. 

Lies  Butjensis.  —  Jahrb.  XII.  118.  —  T.  in  Note  b:  Blank, 
stud,  in  contubernio,  discessit  ao.  1595. 
(W.   nennt  noch    Boccatius  Malda    Levardiensis.    Fris. 
Orientalis,  5.  Oct.,  wohl  verschrieben  anstatt  occid.) 

369.  R.  Theophilus  Mader,  20.  Dec.  1593.     193  I. 

46.  Georgius  Wiarda,  Frisius,  3.  Apr.  94. 
Weil  mit  einem  Saeckma  aus  Kollum  in  Westfriesl.  gemein- 
sam  immatr.,  wird  auch  er  Westfriese  sein. 

370.  R.     Daniel  Tossanus.     20.  Decbr.  1594.     163  I. 

109.  Johannes  Bogermannus  junior,  Frisius 
occidentalis    Lewardiensis,    19.  Aug.  1595.      Geboren    zu 


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—    85    — 

Uplewert  w.  von  Emden  als  Sohn  des  dortigen  Predigers  Heidelberg  1594 
Johann  B.,  studirte  er  zu  Heidelberg,  Genf,  Zurich,  Lau- 
sanne, Oxford  u.  Cambridge  (Boeles,  Fr.  Hoogesch  I.  143) 
und  wurde  beriihmt  als  Professor  und  Vorsitzender  der 
Dortrechtschen  Synode  1618 — 19,  die  den  Calvinismus  als 
die  Orthodoxie  der  ref.  Kirche  stabilirte  (Hase). — Reershem. 
719;  Harkenroht  0.  0.  468  f.  verwechselt  Vater  und  Sohn 
miteinander. 

(W.  nennt  hier  noch  Wilhelmus  Johannis  Sutlareus 
Frisius  19.  Aug.  95,  den  ich  als  aus  Siidlaren  in  Drente 
stammend,  ungebucht  gelassen  hatte.  Er  kann  indessen 
Ostfriese  sein,  vgl.  Reershem.  488.  583.  Harkenroht  Emdens 
Herder-Staf  11.) 

132.  Johannes  a  Mark,  nobilis  Frisius,  19. Sept. 95. 
Jahrb.  XII.  102.  123.  —  Zu  Rostock  studierte  1608  Folckar- 
dus  Onken,  der  hier  1610  unter  Vorsitz  des  ehemaligen 
ostfr.  Vicehofrichters  Paul  Berens  Thesen  de  feudi  acquisi- 
tione  vertheidigte(P.  Berens  Disputationes  Feudalis.  Rostock 
1611,  Disp.  VI)  und  dabei  als  Folckardus  a  Mark  erscheint. 
Spater  wurde  er  ostfr.  Regierungsrat  (Ravinga  rediv.  in 
Nachricht  pp.  Bl.  M  *  in  r.  zwischen  1611  u.  1620).  Er 
war  ein  Sohn  des  Norder  Drosten  Reiner  von  Mark  und 
jiingerer  Bruder  des  obengen.  Johannes.  Auch  letzterer 
scheint  Jurist  gewesen  zu  sein,  der  seinen  Wohnsitz  wohl  zu 
Emden  hatte,  da  er  im  Emder  Contracten-Protocoll  den 
27.  April  1604  als  „edelvester  Junker  Johann  von  der  Mark" 
erscheint  (Staatsarch.  zu  Aurich).  —  Bei  dieser  Gelegenheit 
sei  darauf  aufmerksam  gemacht  1)1  dass  in  den  jetzt 
grosstentheils  ins  Auricher  Staatsarchiv  gliicklich 
himibergeretteten  alten  Amtsprotokollen  von  Norden  und 
Emden  wertvolles  Material  fur  die  Geschichte  der  Ge- 
schlechter,  Strassen  und  Hauser  beider  Stadte  u.  Aemter 
verborgen  liegt,  ja  selbst  die  politische  und  Kirchenhistorie 
hier  manchen  schatzbaren  Fund  heben  kann.  Hoffentlich 
wird  die  geplante  Fortsetzung  des  Ostfr.  Urkundenbuchs 
bis  1600  auch  diese  Urkunden  beriicksichtigen. 


*)  Vgl.  de  Vries  Jahrb.  X  2  S.  52 ;   schon  Reershemius  in  seinem 
Prediger-Denkmal  hat  die  Kontrakten-Protokolle  vielfach  benutzt. 


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—     86     — 

Heidelberg  i50o  138.  H ei nri cu s Berlagius , Phrysius orient., 4. Oct. 95. 

Imm.  1593  zu  Herborn  als  Henricus  Barlagius,  1594  den 
2.  Sept.  als  H.  Berlach  zu  Marburg,  u.  zwar  gemeinsam 
mit  Tido,  Dodo  et  Enno  ab  Inhausen  et  Kniphausen,  Sohnen 
Wilhelms  (ob.  p.  72),  so  dass  es  den  Anschein  hat,  als 
sei  er  hier  deren  Mentor  gewesen,  wahrend  zwei  der- 
selben  in  Heidelberg  1596  mit  je  einem  andern  Ephorus 
zusammen  intit.  wurden. 

371.  R.     Petrus  Heyrnann.    20.  Dec.  1595.     91  I. 

Die  geringe  Anzahl  der  Eintragungen  erklart  sich  aus  der 
in  diesem  Jahre  hier  auftretenden  orientalischen  Pest. 

58.  Lambertus  Adameius,  Frisius,  4.  Juni  96. 
Er   wurde   1600  d.  11.  Apr.  renovirt,    so   dasz    man   auf 
Pestflucht  schliessen  darf. 

60.  Jacobus  Polyander,  Emdanus,  12.  Juni  96. 
Imm.  Leyden  1592  als  Theol.  Er  war  ein  Sohn  des  im 
335.  R.  int.  Jean  P.,  wallon.  Predigers  zu  Emden  und  Nach- 
folger  desselben  von  1599—1602  (f).  —  Wenz,  Gesch.  der 
franz.-ref.  Kirche  in  Emden  (1819)  127.  Jahrb.1. 1.  (1872)50 
Adrian  Reershem.  Nachtrag  z.  0.  Pred.  D.  (1823)  71. 

372.  R.  Henricus  Smetius.     21.  Dec.  1596.     114  I. 

13.  Ludolfus  Spikermannus  Embdensis, 
26.  Marz  97. 

Ravinga  red.  nennt  unter  den  ,,Gelahrten  Assessores  des 
Ostfr.  Hofgerichts"  Bl.  M-  einen  J.  U.  D.  Georg  Spickerman 
1593,  der  1600  resignirte. 

373.  R.     Simon  Stenius.    20.  Dec.  1597.     191  1. 

49.  Volcardus  ab  Horn,  Emdensis,  3.  Mai  97. 
T. :  Note  *)  Volckmarus  ab  H.,  Emdanus,  stud,  in  contu- 
bernio,  discessit  ao.  1599.  —  Imm.  Helmstedt  1594  als 
Volckhardus  ab  Horenna,  Frisius,  Rav.  red.  Bll.  N  1  u.  2 
fuhrt  unter  den  Emder  Burgermeistern  von  1581— 1595  (f) 
einen  Nicolaus  (Claus)  Horen  auf.  Die  in  Emden  und 
Leer  bis  auf  heute  ansassige  Familie  van  Hoorn  fuhrt  ihren 
Ursprung  auf  eingewanderte  niederlandische  Fliichtlinge 
zunick.  —  Reersh.  689  kennt  jedoch  einen  alteren  v.  Horn. 


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—     87     — 

169.  Gerardus  Vogelsang,  Frisius,  Novembri.       Heidelberg  1597 
Imm.  Leyden  1596  als  G.  a.  V ,    aet.  ao.  20,  stud.  jur.    Ein 
Hinricus  Vaghelsank   de   Emeda   ist   bereits   zu  Rostock 
1453.     Jahrb.  XII.  61. 

189.  Conradus  Gerlacius,  Fris.  orient.  Decbri. 
Um  diese  Zeit  studiren  mehrere  Gerlach,  so  Jacobus  Ger- 
lachius  zu  Helmstedt  1596  u.  Marburg  1598,  Gerlacus 
Gerlaci  1621  zu  Leyden  (Reershem.  740.  703),  zu  Rostock 
bereits  1575  ein  Onno  Gerlacus,  dem  wohl  obengen.  als 
C.  Gerlacus  April  1593  folgt.  -  Jahrb.  XII.  121. 
Des  Sibrand  Gerlacianus  Grimersumanus  Testament  vom 
22.  Jan.  1600.  das  bis  auf  heute  in  dem  darin  errichteten 
Stipendium  fur  Studirende  seiner  Familie  fortwirkt,  nennt 
Jacobus  G.  seinen  lieben  Bruder.  —  Der  Wunsch,  aus  der 
Geschichte  der  Stiftung  einmal  etwas  Naheres  fur  die  Ge- 
lehrtengeschichte  Ostfr.  zu  erfahren,  ist  bis  heute  noch 
nicht  erfullt  worden.  —  Ostfries.  Monatsblatt  VII  (1879) 
262  ff. 

374.  R.     David  Parens.     20.  Decbr.  1598.     157  I. 

58.  Lubbertus  Riclevi,  Frisius,  25.  Apr.  1599. 
vgl.  Friedr.  Arends  Erdbeschr.  des  Furstenth.  Ostfriesland 
(1824)  522—3. 

375.  R.     Philipp  Hoffmann.     20.  Decbr.  1599.     182  I. 

61.  FridericusKlingius,  Oldenburgens.  Frisius, 
26.  Mai  1600. 

88.  Emmo  (lies  Enno)  Wilhelmus  ab  Innhausen 
et  Kniphausen,  liber  baro  ex  Frisia  orientali  7.  Juli 
1600.  Imm.  Marburg  1594  (vgl.  370.  R.  Nr.  138.)  —  Wiarda 
O.Gesch.  VI.  8;  (Graf  E.  v.  Knyph.)  Gesch.  d.  Ref.Kirche  zu 
Bargebuhr  19. 

89.  Henricus  Eppius,  Frisius  orientalis,  eodem. 
Ephorus  praedicti  baronis.  Imm.  Marburg  10.  Dec.  1600. 
Sonderbarerweise  reisen  und  studiren  die  3  Bruder  nicht 
gemeinsam  (vgl.  Nr.  145  dieses  R.  u.  Jahrb.  XI.  243),  auch 
haben  sie  seit  Basel  dementsprechend  verschiedeneErzieher. 
Deber  Eppius,  „diesen  grossen  Rechts-Gelahrten  unseres 
Vater-Landes"     besitzen   wir    eine    ziemlich  ausfuhrliche 


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—    88    — 

Hoidoibcrg  1590  Biographie  von  Tjaden  im  II.  Band  seines  Gelehrten  Ost- 
Frieslands  p.  207—78  samt  Proben  seiner  Poemata.  Hier- 
nach  war  er  ein  Sohn  des  J.  U.  Lie.  Jtirgen  E.  zu  Emden, 
studirte  zu  Bremen,  Groningen,  Bergen  op  Zoom  u.  Marburg 
und  graduirte  1611  zu  Orleans  zum  J.  U.  D.  Nach  kurzer 
Rechtspraxis  zu  Emden  und  Lutsburg  wurde  er  1611  Hof- 
gerichts-Assessor  und  starb  als  solcher  1636. 

119.  Petrus  Petrejus  Embdanus,  Frisius,  17.  Sept. 
Sohn  des  Pred.  Johann  P.  zu  Emden  (342.  R.),  geb.  1580  zu  Em- 
den, studirte  zu  Franeker,  Genf  u.  Heidelberg,  soil  etwa  1603 
nach  Unterdriickung  derLutheranerref.Prediger  zuWoerden 
in  Holland  geworden  sein  und  war  darauf  von  1611—1646  (f) 
Pred.  zu  Emden.  —  Harkenr.  Emdens  Herder-Staf  (1716) 
20—1 ;  Ed.  Meiners  Oostvr.  Kerk.  Geschiedenisse.  II.  (1739) 
434 — 5;  fehlt  in  Schultz-Jacobi  u.  Domela  Nieuwenhuis 
Bydragen  tot  de  Geschiedenis  der  ev.-luth.  Kerk  in  de 
Nederlanden.    3.  Stuk  (1841). 

145.  Tido  ab  Innhausen  et  Kniphausen,  no- 
bilissimae  familiae  ex  orientali  Frisia.     18.  Octbr.  1600. 

146.  Hieronymus  Curio,  Basiliensis,  eodem 
praedicti  ephorus. 

s.  ob.  Nr.  88  u.  89.    Wo  Dodo,    spater   schwedischer  Feld- 

marschall  und  evang.  Parteifuhrer  im  30jahr.  Kriege,  seit 

Basel  (Jahrb.  XI.  423)  blieb,  lasst  sich  nicht  ersehen,  wohl 

aber,  dass  er  nicht  nach  Heidelberg  verzog1). 

Baron  Tido  ward  1611  ritterschaftlicher  Hofgerichts-Assessor 

(Ravinga   red.  Bl.  M 2),    fiber  ihn   vgl.   (Tjaden)  Das    Gel. 

Ostfr.  II.  215—27. 

Ob   der   ephorus   Curio   ein  Angehoriger   des   bekannten 

italien.  Humanisten  u.  Satirikers,  spater  Prof,  der  Eloquenz 

zu  Basel,  Coelius  Secundus  C.  war  ?   Der  Zusatz  Basiliensis 

lasst  dies  vermuten. 

376.  R.     Lubbertus  Esthius.     20.  Decbr.  1600.     163  J. 

31.    Hermannus    Wesselius,      Serquerensis, 


!)  Nach  Sattler  (Reichsfreiherr  Dodo  zu  Innhausen  und  Knyp- 
hausen,  Norden  1891,  S.  3)  studierten  beide  B  ruder,  Tido  und  Dodo,  inHer- 
born,  Marburg,  Wittenberg  (1600)  und  Strassburg  (1602);  Basel  erwahnen 
Sattlers  Quellen  nicht. 


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—     89     — 

Phrys.  orient.   9.  Apr.  1601.     Imm.  Helmstedt  10.  Decbr.  Heidelberg  ieoo 

1595  als  H.  Guesselius  Frisius. 

Von  Cirkwerum  n.  v.  Emden,  vielleicht  ein  Sohn  des  Pred. 
Wesselus  Bokel  daselbst,  der  dort  von  1573—1610  (f) 
amtete.  —  Reersh.  584  weist  indessen  einen  Pred.  Herm.  W. 
von  1603—27  (f)  zu  Gerdsweer  nach,  der  ein  Sohn  des 
Pastors  Johann  W.  in  der  Grete  (seit  1461  auch  Greetsiel 
genannt)  war  (Reersh.  703),  und  unt.  and.  1602  auch  zu 
Basel  studirte  TJahrb.  XL  423).  Wenn  am  zuletzt  angezog. 
Orte  gesagt  wird,  dass  der  Gretmer  Pastor  Johann  Wessel 
vermutlich  vorher  in  Cirkwerum  gewesen  sei,  so  lasst 
sich  dort  von  1568  an  keine  Liicke  im  Predigerdienst  ent- 
decken,  die  er  hatte  ausfullen  konnen.  Moglich  ist  es 
indessen,  dass  er  hier  Schulmeister  gewesen  ware  und 
erst  spat  ins  geistliche  Amt  iibersiedelte. 

34.  Joannes  Siriozius    1  n,   .  ..     .     ,  ....  .      .crk. 

nBr    t    1.1.     x       ^        j-    <  Phnsn  orient.  14.Apr.1601 

35.  Lubbertus  Exerdi    J  r 

Die  Siriocee  war  nicht  zu  klaren,  aus  dem  Exerdi  ent- 
wickelte  sich  indessen  ein  Liibbert  Edzardi,  der  1598  als 
L.  Essardi  mit  einem  Katgerus  Bulandus  zu  Marburg  ein- 
getragen  wurde.  Aus  letzterem  entfaltete  sich  allmahlich 
ein  Rotgerus  Bolardus  Emdensis.  Ja,  diese  Hieroglyphen! 
Ob  der  Siriocius  etwa  einen  Krautner,  Kruidenier  ver- 
decken  soil? 

169.  ScottoBeninga,nobilisPhrysius,  11. Dec.  1601 
Imm.  als  Schotte  B.  von  Grimesheim,  Fris.  orient.  11.  Decbr. 
1600  zu  Marburg;  als  Scotto  B.  v.  Grimersheim  1602  zu 
Orleans.  Wahrscheinlich  hat  er  auch  andere  Universitaten 
besucht. 

Um  diese  Zeit  befindet  sich  eine  Reihe  Beninga  auf  Hoch- 
schulen,  ausser  Scotto  der  im  361.  R.  auftretende  Eggericus, 
ferner  Focco  1593  zu  Marburg  und  1594  zu  Basel,  Justus 

1596  zu  Helmstedt  und  1598  zu  Leyden,  sowie  Remmerus 
1603  zu  Marburg.  Es  ist  die  Zeit,  wo  der  ostfr.  Adel  das 
Schwert  endgttltig  aus  der  Hand  legt  und  es  mit  der 
Feder  vertauscht,  wo  er  sich  aus  dem  Sattel  schwingt 
und  dafur  den  curulischen  Sessel  einnimmt,  den  Doktor- 
hut  dem  Ritterschlag  vorzieht  und  sich  geschickt  machen 
lasst,  seine  bisherigen  Machtspriiche  in  Rechtsspriiche  zu 


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24.  Sept.  1604. 


—     90    — 

Heidelberg  1601  ubersetzen.  Eine  Zusammenstellung  der  adeligen  Studen- 
ten  samt  dem  Nachweise  ihrer  spatern  Amtsstellungen 
wird  uns  weiterhin  beschaftigen.  Man  beachte  dazu  0. 
Klopp,  0.  Gesch.  II.  432. 

Nach  v.  Wichts  Tab.  Osterh.-Grimers.  war  Schotto  (auch 
Scotto,  in  spatern  Gliedern  der  Familie  Scato  geschrieben) 
ein  Sohn  des  Egerus  (Eggericus)  B.,  Hauptl.  zu  Grimersum 
und  Dornum  (Jahrb.  XII.  108).  Er  wird  Hauptling  zu 
Grimersum  und  Cirkwerum  genannt,  wurde  von  Enno  IE. 
zum  Drosten  von  Emden  ernannt,  sowie  1630  adliger 
Hofgerichtsassessor.     Er  f  24.  Nov.  1638. 

379.  JR.     Daniel  Nebel     20.  Decbr.  1603.     156  I. 

116.  Hobbius  ab  Aylva, 
Frisius,  iniuratus 

117.  PhocasKoldeFris., 
nondum  iuravit  ob  aetatem , 

Zu  Nr.  117  macht  T.  die  Note:  Noch  im  Sept.  1606  „cum 

suo  discipulo"  in  Heid. 

Beide  wurden  imm.  9.  Juni  1603  zu  Marburg  als  Ubertus 

(sic !)  ab  Aylva,  Fris.  occid.  et  Foccius  (er  wird  also  Focco 

getauft   worden   sein)  K.,    Fris.  occid.,   sowie  nach   dem 

25.  Juli  dess.  Jahr.  zu  Herborn  als  Hobius  ab  Aiwa,  Fris. 

u.  Phocas  Koldt,  Fris. 

W.  kennt  beide  nicht  naher,  vermutet  aber  in  Aylva  einen 

n&her  bezeichn.  westfr.  Junker.  — 

Der   halbgrazisierte   F.  Kolde   war   ein  Sohn  von  Pastor 

Hermann  K.  (357.  R.),  der  1591  von  Oldersum  nach  Leeu- 

waarden  zog,  so  dass  Focco  sich  mit  einigem  Recht  jetzt 

Fr.  occid.  nennen   konnte   (vgl.  366.  u.  370.  R.),   obgleich 

er  ein  geborener  Ostfriese  war.     Dem  Anschein  nach  etwas 

alter  als  Aylva,  war  er  diesem  als  Mentor  beigesellt. 

381.  R.    Joh.  Casimir,  comes  Palat.     20.  Decbr.  1605.    145  I. 

117.  Boetius  &  Mansslach,  nobilisFris.l. Nov.  1606. 
1613  als  „Boetius  seu  Botricus  a  M.a  renovirt. 
Imm.  Marburg  30.  April  1605  als  Boetius  Sunken  von  Man- 
schlagt,  Fris.  orient. 
[BotrikSunkena  muss  in  den  20er  Jahren des  XVII.  Jahr- 


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—    91    — 

hunderts  Drost  zu  Greetsiel  gewesen  sein.  Er  war  Be-  Heideiben?  a** 
sitzer  der  Pergament-Handschrift,  aus  der  Imel  Agena  von 
Upgant  1629  die  6  Ueberkuren  und  die  12  Emsiger  Domen 
abschrieb,  deren  Text  M.  v.  Wicht  wieder  von  Jmel  Agena 
tibemahm  (v.  Wicht  Ostfr.  Land-Recht  S.  823:  „Anno  1629 
den  25.  martii  heb  ick  Jmel  Agena  fon  Upgant  hit  nei- 
folgende  schrioun  ut  een  aeld  freesch  loendriucht  in 
parckelment  aelde  munckescrifft ;  dit  boek  het  to  kemn 
Boterick  Suntkena  fon-Manslach  druste  in  di  Greet44, 
vgl.  v.  Richthofen  Rechtsquellen  S.  98).  Eine  einst  dem 
Botrik  Sunkena  gehorige  Handschrift  des  ostfr.  Landrechts 
besitzt  jetzt  die  Gottinger  Bibliothek.  (Verzeichnis  I 
Juridica  Nr.  745.)  Am  Schlusse  ist  dort  eingetragen: 
„Ende  des  ganntzen  landrechts,  geschreven  imjare  1572, 
denn  negennteynden  februarius  geendiget  dorch  my  Sunk e 
Gaeykenn  wonnendetho  Mannslacht,  vnd  thomynenn 
egen  wollusten  vnde  geuallen  hebbe  dith  sulffste  boeck 
geschreuenn."  Der  Sohn  (?)  des  Schreibers  nennt  sich  Bl.  2 
mit  den  Worten  „Hereditario  iure  me  possidet  Botricus 
Sunkena."  In  seinem  Verzeichnis  ostfriesischer  Beamten, 
das  mit  seinem  handschriftlichen  Nachlass  an  die  Gesell- 
schaft  f.  K.  u.  v.  A.  nach  Emden  gekommen  ist,  erw&hnt 
K.  Fr.  Freese  zwar  Botrik  Sunkena  als  Drosten  von  Greet- 
siel, giebt  aber  tiber  seine  Amtszeit  nichts  an.  Ueber  seine 
Familienbeziehungen  geht  einiges  aus  den  Grabregistern 
der  Grossen  Kirche  in  Emden  hervor:  „Dat  168ste  graft 
dar  Geeske  Witte  begrauen  licht  mit  Albert  Tidtken  etc. 
(Der  Stein  liegt  noch  im  siidlichen  Langsgange  der  Kirche), 
nu  Doct.  Botericus  Sonkena  wegen  siner  Huefsfrouwen 
vnd  dessen  vader  Sal.  Borgemeister  Buckelt  thostendich". 
(Johanii  van  Buckelt  Burgermeister  1606,  1610—1615, 
gest.  1619.)    R.] 

382.  R.  Quirinus  Renter,  20.  Decbr.  1606.     209  I. 

138.  Gerlacus  aVullen,  Fris.  orient.  26.  Sept.  1607 . 
Imm.  Marburg  4.  Aug.  1606  als  Gerlachius  a  Vullen,  Fries 
orient. 

W.  (der  Reershemius  kennt)  sagt:  „men  leze  a  Wullen", 
was  nach  Reersh.  595  richtig  sein   soli,    da  ein  Prediger 


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92 


18. 

Novbr. 

1609. 


Heidelberg  1608  mit  diesem  Stammnamen  zwischen  1577  und  1595  zu 
Midlum  im  Rheiderland  angestellt  war.  Vermutlich  war 
es  ein  Gerlach  von  Vollen  (vgl.  auch  373.  R.). 

384.  R.     Joannes  Jodocus  Lucius,  20.  Decbr.  1608.     154  1. 

129.  Huldericus  Antonius    ]    fratres, 

de  Varel  iniurati 

130.  Wolfgangus  Fridericus  ob 

de  Varel  aetatem 

131.  Nicolaus  Gramannus,  al.  Gro- 
mannus  ipsorum  ephorus  (auch:  studiosus  et 
praeceptor  Varellorum) 

132.  JacobusGuester,Narmannus(sic!), 
Famulus  ipsorum  nobilium 
Man  vgl.  343.,  352.,  355.  u.  363.  R.  —  ferner  Jahrb.  XII.  95. 
104.  —  Wenn  nicht  eine  Nobilitirung  der  oder  in  der 
Familie  Hilders  stattgefunden  hat,  so  liegt  ein  Beispiel 
unverfrorenster  Selbstadelung  vor.  Es  ware  interessant, 
den  weiteren  Gang  der  Familie  verfolgen  zu  konnen. 

385.  R.  Wolfgang  Lossius,  20.  Decbr.  1610.     152  I. 

6.  Henricus  Schonburgius,  Frisius,  14.Febr.1610. 
Eine  Familie  dies.  N.  war  in  Emden  eingewandert  und 
muss  spater  nach  Norden  verzogen  sein,  wo  sie  nach  1600 
erscheint  (Kontr.-Prot.). 

386.  R.     David  Parens,  20.  Decbr.  1610.    269  I. 

fatres,  nobiles 

23.  Jacobus  Ripperda(  ex  FrisiaGronin- 

24.  Hero  Mauritius  „     gana,  iniurati  ob 

aetatem 

25.  Heinricus  Krauthoff,  Dusseldorp., 
ephorus 

In  v.  Wicht's  Ripperdaeor.  Familia  in  Farmsum,  Petkum, 
Dornum,  Rysum  etc.  werden  diese  beiden  als  Sfthne 
Joachims  Ripp.  in  Farmsum  (f  1593)  u.  Occas  a  Closter 
(Jahrb.  VIII.  I.  [1888]  58  Nr.  6,  wo  nur  ein  Sohn  Haro  M. 
R.  genannt  wird)  vorgestellt.  Jacobus  heiratete  Hima 
Christina  van  Delen,  Domina  in  Rysum.  Hero  Maur.? 
dominus  in  Farmsum,  nahm  eine  Rengers  von  Schildwolde 


28. 
Febr. 
1611. 


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—    93    — 

zur  Frau  und  zeugte  mit  ihr  eine  Tochter  Occa  Johanna,  Heidelberg  ion 
die  sich  1639  mit  Enno  Adam  von  Knyphausen-Ltitsburg  ver- 
mahlte.  W.kennt  von  beiden  nur  wenig(Stud.teHeidelb.  111). 

387.  R.     Phil.  Hoffmann,  20.  Decbr.  1611.    161  I. 

27.  RutgerusBolardus,  Fris.  orient.  11.  Apr.  1612. 
Er  nennt  sich  ephorus  von  Nr.  26:  Kempo  Donia,  nobil. 
Fris.  occid.,  Sohn  des  gleichnam.  Exulanten. 
Imm.  Marburg  2.  Juli  1598  als  Katgerus  Bolandus,  Fr.  or. ; 
er  war  Emder  und  wahrscheinlich  Urenkel  des  1533 
in  der  Schlacht  bei  Jemgum  erschlagenen  Emder  Burger- 
Fahnrichs  Gerd  Bolardus,  der  3  Sohne:  Abel,  Rotger, 
Bolo  hinterliess  (der  1612  gestorbene  Biirgermeister 
Gerhardus  Bolardus  war  Sohn  des  Abel  B.).  Die  unserer 
Gesellschaft  gehorigen  Auszuge  aus  einem  Stammbaume 
der  mit  dem  Bolardus  verwandten  Emder  Familie  Suur 
verzeichnen  diesen  Rotger  B.  nicht.  —  Wer  liefert  uns 
Geschlechtstabellen  der  Patricier  unserer  Stadte  ?  sie  sind 
zum  Ausbau  unserer  Geschichte  durchaus  notwendig. 
Gleichfalls  wurde  eine  einigermassen  vollstandige  Liste 
der  einflussreicheren  Fluchtlinge  zwischen  1500  u.  1600, 
die  in  Ostfriesland  Aufnahme  fanden,  von  Wert  sein. 
Ansatze  dazu  findet  man  bei  Harkenroht  0.  0.  136  ff.  153  f. 
364  ff.;  Wenz,  Gesch.der  franz.-ref.  Kirche  in  Emden  (1819) 
102  ff.  110  ff.  209  ff;  Blaupot  ten  Cate  u.  sonst  zerstreut. 

108.  Petrus  Pinius,  Em d anu s  Frisius,  anno  1592 
Rect.  Doct.  Julio  Pacio  iurisconsulto  inscriptionem  factam 
renovari  voluit  21.  Sept.  1612. 

367.  R.  —  W.  nennt  ihn  Paulus  P.  —  In  einer  andern 
mir  z.  Zt.  nicht   zugangl.  Matrikel   heisst  er  Petrus  Pyn. 

388.  R.     Ludwig  Graf,  20.  Dec.  1612.    (?  vergessen.) 

27.  Matthias  Petreius,  Embdanus,  9.  Apr.  1613. 
Pastor  zu  Jarsum  1616—1669  f-     Reershem.  646. 

(74.  Joannes  Amos,  Nivanus  Moravus  19.  Juni 
1613;  imm.  Herborn  30.  Marz  1611  als  J.  A.  Nivmizensis. 
—  Der  bekannte  Padagog  u.  Bischof  der  Mahrischen 
Briidergemeinde  Comenius.  Ueber  Beziehungen  zu  Ost- 
friesland scheint  noch  nichts  veroffentlicht  zu  sein.) 


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—    94    — 

Hoidoihorg  igi3  84.  Henricus  Alting,  Embdanus,  professor  theo- 

log.  30.  Juli  1613. 

Imm.  Herborn  1602  als  prof,  theol.  Heidelbergensis ;  junio- 
rum  principum  palatinor.  praecept. ;  prof,  post  Groningen- 
sis;  ferner  Leyden  1619  als  Dr.  H.  Altingius,  hon.  grat. 
mit  Dr.  Abraham  Scultetus  gemeinsam. 
In  dem  von  mir  benutzten  Mspt:  der  von  Wicht'schen 
Genealogien  enthalten  die  letzten  32  Folien  die  „Gene- 
alogia  Familiae  Altingiorum.  Novem  Tabulis  distincta  et 
expositione  historica  illustrata  ab  Henrico  Alting  Anno 
Christi  MDCXLIV,  aetatis  suae  LXII.  cum  continuatione 
illustr.  Dni.  Mensonis  Altingii  Consulis  Gron.  et  anno- 
tationibus  quibusdam  Vice-Praesidis  Gerh.  Altingii",  wozu 
auf  dem  Titelblatt  der  Nachsatz  folgt:  „ex  Autographo 
Dni.  Auctoris  verbotenus  exscripta  a  me  M(atthias)  v(on) 
W(icht)a  —  NB.  junior,  343.  R.  —  „ad  hoc  negotium  data 
mihi  mutuo  a  Dno.  T.  D.  Wiarda  Seer.,  pro  temp,  pos- 
sessore." Hier  wird  er  vorgestellt  als  das  8.  Kind  unter 
zwolfen  des  Emder  Predigers  Menso  Alting  (339.  R.),  geb. 
zu  Emden  den  17.  Febr.  1583.  Er  studirte  zu  Emden, 
Groningen,  Herborn,  Heidelberg  u.  Sedan,  wurde  1605 
Prinzen-Erzieher  und  1616  Rector  in  dem  collegio  sapientiae. 
Der  rWinterkonigtf,  Kurfurst  Friedrich  V.,  war  sein  lang- 
jahriger  Schtiler,  die  lateinischen  Exercitien  desselben 
wurden  mit  der  Univ.-Bibliothek  nach  Rom  iibergefuhrt 
und  als  Seltenheit  den  Besuchern  .  der  Vatikan-Bibliothek 
gezeigt  (Tjaden,  Das  Gel.  Ostfr.  II.  318).  Tjaden  a.  a.  0. 
•  319  schliesst  aus  Emmii  Worten  in  Vita  Mensonis  Altingii 
104,  dass  A.  sich  in  England  den  Gtad  eines  Dr.  theol.  er- 
worben  habe,  was  an  sich  ja  recht  wohl  moglich  ist,  doch 
sagt  die  Selbstbiographie  nichts  dariiber  („hunc  bis 
Sedanum  in  Gallias,  nempe  1605  et  1608,  semel  in 
Angliam  anno  1612  secutus  est").  Eine  mit  verschiedenen 
interessanten  Episoden  aus  A.'s  Leben  durchflochtene 
Lebensskizze    giebt    Tjaden  im  Gel.  Ostfr.  II.  316— 339. l) 

»)  Was  dort  pag.  324  fiber  die  Herkunft  Tilly's  aus  Ostfriesland  ge- 
sagt  wird,  ist  wie  alles,  was  Harkenroht,  von  Wicht  und  Tjaden  dariiber 
mitteilen,  durch  nichts  historisch  zu  begrunden,  und  eitel 
Fabelei. 


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—    95    — 

Alting  musste  1622  nach  der  Erstiirmung  Heidelbergs  Heidoiborg  teia 
fliichten;  trotzdem  ihm  zu  Emden  die  Stelle  eines  Pre- 
digers  und  1625  zu  Franeker  eine  Professur  angeboten 
wurde,  schlug  er  beides  aus  und  iibernahm  erst  1627  eine 
Professur  in  Groningen,  wo  er  1644  d.  25.  Aug.  starb.  Er 
wird  geriihmt  als  Erzieher  und  akademischer  Lehrer,  seine 
Verdienste  um  die  Hebraistik  und  das  Studium  der  Theo- 
logie  sind  anerkannt,  in  der  Gelehrtengeschichte  hat  er 
dauernd  Platz  gefunden. 

103.  Boetius  seu  Botricus  a  Manslag,  nobilis 
Phrysius,  inscriptionem  anno  1606  factam  renovavit  23. 
Sept.  1613.  —  381.  R. 

106.  Paulus  Altingus,  Embdan.  Phrisius  29. 
Sept.  1613. 

Jungster  Bruder  von  Nr.  84,  geb.  zu  Emden  1593  den 
18.  Februar.  Er  besuchte  die  Schulen  zu  Emden,  Bremen, 
Heidelberg,  Herborn,  Marburg,  Strassburg,  Basel,  Zurich, 
Bern  und  Genf,  kehrte  darauf  nach  der  Pfalz  zurtick  und 
iibernahm  1618  das  Pfarramt  zu  Neuhausel.  •  Die  obenerw. 
Geneal.  schliesst:  „Ab  hac,  moto  bello  civili,  morte  prae- 
matura  separatus  fuitWormatiae,  quo  se  receperat  occu- 
pato  jam  a  milite  Neuhusio,  d.  6.  Oct.  A.  C.  1620;  aetatis 
suae  27.  Vir,  ob  pietatem,  doctrinam,  zelum,  longiore 
vita  dignissimus. a 

115.  Arnoldus  Meinardi,  Phris.  Orient.  Embdan. 
25.  Octbr.  1613. 

389.  R.     Reiner  Bachoven  20.  Decbr.  1613.  177  I. 

32.  Balduinus  Abrahami,  Frisius,  27.  Apr.  1614. 
Aus  Kniphusen,  1617  Pastor  zu  Bettewehr,  1624  zu  Freep- 
sum,  f  1651  aet.  64.     Reersh.  (1796)  587.  563. 

40.  Wesselus  Emmius,  Frisius,  6.  Mai  1614. 
Aeltester  Sohn    des  Professors  Ubbo  Emmius   aus   seiner 
2.  Ehe  mit  Margaretha  van  Bergen.     Er  war   geboren   zu 
Leer    und  wurde    1620  noch    als  Proponent  (cand.  min.) 
Prediger   zu   Groningen,   f    1654.  —  Gel.  O.-Fr.  II.  31—2. 

41.  Rodolphus  Surius,  Frisius,  6.  Mai  1614. 

Mit  Wessel  Emmen  gemeinsam  immatr.  —  Die  Familie 
Suur,  wie  sie  sich  spater  schreibt,  taucht   um   die  Mitte 


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—    96    — 

Heidoiberg  ioi3  des  17.  Jahrh.  in  Emden  auf,  und  besonders  im  Verwaltungs- 
dienst  sieht  man  sie  langsam  steigen,  bis  sie  in  der  1. 
Halfte  des  19.  Jahrh.  einerseits  das  Burgermeisteramt, 
andererseits  den  Posten  eines  kgL  Amtmanns  erreicht 
hatte.  Auch  von  ihr  ist  das  zum  387.  R.  Gesagte  erwunscht. 
45.  Joannes  Dominicus  Walrichemius,  Frisius, 
7.  Mai  1614.  —  Ob  Westfriese  aus  Workum  an  der 
Zuiderzee  (Woldrichem,  Woudrichem)? 

109.  Ludovicus  Freitag,  orient. Fris.,  24.  Sept.  1614. 
In  (Mohlmanns)  Stammtafel  der  Familie  von  Freytag 
kommt  erst  ein  1654  zu  Wichhusen  b.  Hinte  geborener 
Ludwig  Joachim  innerhalb  dieser  Familie  vor,  der  als 
holland.  Hauptmann  starb.  Gleichfalls  kommt  kein  anderer 
Ludwig  in  von  dem  Appelle's  Geneal.  Freitagiorum  vor.  — 
Jahrb.  XI.  124.  XII.  102. 

391.  Jt.     Daniel  Nebel  20.  Decbr.  1615.     178  I. 

28.  RhaterusHeinrici  &Werva,Fris.orient.l  3.Apr. 

29.  Dodo  Maninga,  Frisius  orientalis  J  1616. 
Nr.  28  wohl  Mentor  von  Nr.  29;  dieser  war  der  Sohn  des 
Lutet  Manninga,  Hauptlings  zu  Langehaus  b.  Norden,  Ur- 
enkels  von  Dodo  M.  von  Ltitsburg  (f  1533).  Ueber  die 
vollige  Degenerirung  der  langere  Zeit  so  bliihenden  Familie 
Manninga  vgl.  man  (Mohlmann)  Stammtafeln  (1832)  39. 
42.  Merkwtirdigerweise  fehlen  die  M.'s  in  den  Tafeln  der 
„Denkschrift,  betreffend  dieZugehorigkeit  der  graflich  Knyp- 
hausen'schen  Familie  zum  deutschen  hohen  Adel.  Ent- 
worfen  von  Fritz  Andr6,  Dr.  jur.u  (Norden  1887.) 

392.  R.    Simon  Opsopaeus  20.  Decbr.  1616.    230  I. 

54.  Gerhardus  Tycken,  Fris.  orient.,  26.  Apr.  1617. 
Lies  Tytken;  eine  Familie  dies.  Nam.  lebte  in  Emden  und 
Norden.    Imm.  Marburg  1616  d.  8.  Apr. 

58.  Petrus  Eilshemius,  Fris.  orient.;  26.  Apr.  1617. 
Sohn  des  Emder  Predigers  Daniel  B.  E.  (Jahrb.  XII.  114), 
geb.  zu  Emden  1595,  studirte  zu  Groningen,  Bremen  und 
Heidelberg,  war  12  Jahre  Prediger  in  Westfriesland,  ging 
1632  nach  Emden  und  f  1649.  —  Reersh.  (1796)  503. 

159.  Gerhardus  Biinning,  Phrys.  23.  Sept.  1617. 
Prediger  zu  Bettewehr,  f  1666.  —  Reersh.  587. 


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—    97    — 

393.  R.  Joh.  Balthasar  Baumbach.  20.  Decbr.  1617.     192  L  Hoidoiber*  iei7 

(17.  Mag.  Abrahamus  Scultetus,  serenissimi  prin- 
cipis  Palatini  aulicus  concionator,  in  professorem  veteris 
testamenti  electus  9.  Marz  1618. 

T.  Note  l).  Er  legte  bereits  am  27.  Mai  1620  seine  Pro- 
fessur  nieder,  vocatus  a  rege  et  consiliariis  ad  aliud  officium 
in  Bohemia,  nachdem  er  schon  vorher  wiederholt  langere 
Zeit  abwesend  gewesen  war.  Die  Univ.  sprach  die  Hoff- 
nung  aus,  dass  es  ihm  iiber  kurz  oder  lang  moglich  sein 
werde,  wieder  zur  Univ.  zuriickzukehren,  interim  sit  et 
maneat  civis  academicus  quoad  iura  et  privilegia  acade- 
miae.  Letzteres  nahm  Scult.  mit  Dank  an. 
Die  Wogen  des  Krieges  warfen  ihn  dann  1622  an  das 
Emder  Ufer,  wo  er  bereits  1624  f. —  Reershem.  499  ff.; 
Ed.  Meiners,  Oostvr.  Kerk  Geschieden.  II.  (1739)  439  ff. ; 
Abr.  Sculteti,  De  curriculo  vitae  .  .  .,  Emdae  1625;  Cuno 
in  der  Allg.  deutschen  Biogr.) 

49.  SamuelRitzius,  Fris.Embdanus,  13.Apr.  1618. 
Sohn  des  Emder  Predigers  Ritzius  Lucas  Grimershemius, 
geb.  zu  Jarssum  1596.  Nachdem  er  17  Jahre  Prediger  in 
Holland  gewesen,  kam  er  1638  nachEmden,  wo  er  1665  f. 
—  E.  Meiners  II.  432.  448.;  Reershem.  504. 

Die  Kriegswirren  losten  die  Universitat  auf,  s  ob. 
p.  50.;  von  1620—1662  fehlen  die  Akten  der  Univers., 
mit  1652  beginnen  wieder  Aufnahmen. 

405.  R.     Pftdzgraf  Carl  Ludwig,  1.  Novbr.  1652.     127  I. 

9.  Tido  Guilhelm  Frese,  nobilis  Fris.  orient,  23. 
Novbr.  52. 

Sohn   von  Nicolaus  Fr.    zu  Hinte   und  Groothusen;   f  zu 
Groothusen  1667. 

18.  Everhard  ter  Braeck,  Oostfrisius.  1.  Decbr.  52. 
Jahrb.  VII.  1.  Heft  (1886)  157.  Nr.  22. 

19.  Johannes  Antonius  Orth,  Embda-Frisius. 
2.  Decbr.  52. 

vgl.  Reershem.  627.  Nr.  14. 

20.  Everhard  ter  Braeck,  Fris.  orient.  3.  Decbr.  52. 
T.  Note  *).  Nicht  identisch  mit  Nr.  18,  wie  aus  der  eigen- 
handigen  Einzeichnung  der  beiden  ersichtlich.  —  Ein  Stu- 

lahrbaih  der  Gesellsch.  f.  b.  K.  u.  vaterl.  Altortvimer  2U  Emrlon,  Bd.  XIV.  7 


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—    98    - 

Hoiaeiberg  iG52  diosus  Everh.  Br.  war  noch  im  Septbr.  1654  in  Heidelb.  — 
Jahrb.  VII.  1.  fuhrt  pag.  157  u.  158  insgesamt  3  Everharde 
auf;  vielleicht  war  dieser  ein  Sohn  des  Bingumer  Arend 
t.  Br. 

51.   Carolus   Hieronymus    liber    baro    ab    In-  et 
Kniphausen,  Fris.  orient.  15.  Apr.  53. 
Sohn  von  Enno  Wilhelm,   Hauptl.   zu  Upleward  u.  Enkel 
von  Wilhelm,  dem  Begrunder  der  Lutsburger  Linie   derer 
zu  In-  u.  Knyph.  —  Er  war  geb.  1632  u.  f  bereits  1664. 

86.  Henricus  Menger,  Embdensis,  11.  Aug.  53. 
Imm.  13.  Decbr.  52  zu  Leyden,  damals  23  Jahre  alt  u. 
stud,  jur.,  ferner  1654  zu  Basel;  als  J.  U.  Dr.  1662  Sekretar, 
1675—84  (f)  Burgermeister  zu  Emden.  —  Ravinga  rediv. 
(1745)  Bl.  N  3;  Jahrb.  XL  424. 

87.  HermannusMeningius,  Fris. orient.,  16. Sept. 53. 
vgl.  Reershem.  652;  Ravinga  rediv.  Bl.  M  2  in  verso. 

91.  UlricusaWerdum,nobilis fris. orient.  23.Sept.53. 
Unser  bekannter  Reisender,  Schriftsteller  und  endlich 
furstl.  Geheimrat,  Kanzlei-  und  Vize-Kammer-Prasident, 
geb.  1.  Jan.  1632  zu  Werdum,  f  20.  Marz  1681  zu  Aurich. 
(Tjaden)  Das  Gel.  Ost  Friesl.  III.  77—110. ;  Ostfr.  Mannig- 
faltigkeiten.  I.  (1784)  169—183.;  J.  Fr.  Bertram,  Parerga 
Ostfrisica  (Bremae  1735)  86 — 92;  Gemeinntitzige  Nach- 
richten  fur  das  Departement  Ostfr.  IV.  (1808)  417—23.; 
Pannenborg,  Jahrb.  III.  1.  (1878)  89ff.;  IX.  2.  (1891)47  ff.; 
XIII.  1.  (1899)  92  ff. 

406.  R.     Johannes  Fans,  7.  Jan.  1654.     46  I. 

26.  Bernhardus  &  Lengen,  Aurico- Orient.  Friso. 
26.  Aug.  54. 

Aus  einer  um  diese  Zeit  aufsteigenden  Juristenfamilie,  die 
einige  furstl.  Drosten  und  Amtmanner  stellte.  In  Her- 
quet's  Miscellen  findet  sie  sich  nicht. 

28.  Ulricus  Wiarda,  Fris.  orient.  28.  Aug.  54. 
Sohn  von  TilemannW.,  Praefect.  Leerani. 

407.  B.     Joannes  de  Lcuneschlos,  20.  Decbr.  1654.  43  I. 

17.JohanHenrichStamler,  orient. Fris. ,  10. Mai 55. 
Geb.    zu   Aurich  22.  Oct.  1634  als  Sohn  des  furstl.  ostfr. 


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—    99    — 

Raths  und  Hofgerichts-Assessors  Edzard  St.  Er  besuchte  Hoidoiborg  ie55 
die  Schulen  zu  Aurich  (unter  Nesselius),  Marburg,  Heidel- 
berg und  Giessen,  wurde  an  letztgen.  Ort  1657  J.  U.  Dr., 
schrieb  dazu  eine  Inaugural -Dissertation  de  reservatis 
Imperatoris-Roraano-Germanici,  fur  die  er  1686  von  Kaiser 
Leopold  I.  in  den  Adelsstand  erhoben  wurde,  und  f  1692 
zu  Aurich  als  furstl.  Geheimrat,  Kanzler  und  erster  Minister. 

—  Ausfiihrlich  uber  ihn  bei  Tjaden  D.  Gel.  Ost.  Fr.  HI.  117  ff. 

409.  R.     Philipp  Burchard,  20.  Decbr.  1656.    86  I. 

65.  Ajoldus  Tammena,  Fris.  orient.,  legum  cand. 
21.  Sept.  57. 

J.  U.  Dr.,  wurde  1668  Hofgerichts-Assessor,  1693  neunter 
Vize-Hofrichter,  resignirte  1707,  f  1708.  —  Ravinga  red. 
M  2  in  v.;  Tjaden  Das  Gel.  Ost  Fr.  III.,  198. 

84.  Enno  Dietlieb,  Fries,  orient.,  legum  stud.. 
9.  Jan.  58. 

In  Holtmanns  Gonealogie  der  Familie  Deteleff  (Jahrb.  VI. 
2.  186  ff.),  die  aus  Norden  stammt,  fehlen  verschiedene 
im  Norder  Kontr.  Protokoll  vorkommendeGlieder.  Ebenso 
sind  nicht  verzeichnet  Udo  (339.  R.)  und  obiger  Enno,  der 
noch  mehrere  Univ.  besuchte. 

411  R.     Pfalzgraf  Friedr.  Ludwig,  23.  Decbr.  1658.     102  L 

18.  Eddo  Wilhelm  Harringa,  Emda-Fris.,  25. 
Apr.  59. 

J.  U.  Lie.  Hofgerichts-Assessor  1690,  f  1702.  Rav.  red. 
M  3  in  r. ;  Jahrb.  XI.  424.;  (Mohlmann)  Stammtaf.  25. 

19.  Matthias  Jorgena,  Emda-Fris.,  25.  Apr.  59. 

J.  U.  Dr.,  Burgermeister  zu  Emden  1679,  Assessor 
Dicasterii  1680  d.  17.  Juli,  f  1701.  Rav.  red.  N  3  in  r. 
Jahrb.  XL  424. 

20.  Dothias  Wiarda,  Liera-Fris.,  25.  Apr.  59. 
Sohn  des  Amtmanns  Tilemann  \V.  zu  Leerort  und  B ruder 
des  Ulrich  im  406.  R.,  geb.  1637  zu  Bingum  (bezw.  Leerort), 
1665  Amtmann  zu  Aurich  und  Consiliarius  (Rat.),  f  1703. 

—  Geneal.  Wiarda  ex  coll.  Appellianis. 

21.  Jiscus  Harringa,  Emda-Fris.  25.  Apr.  59. 
Fehlt  in  (Mohlmann)  Stammtaf.  25.     Ob  er  identisch  sein 


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—     100    — 

HeUeiborg  igm  kann  mit  Isemt  H.,  geb.  1636,  dem  Bruder  von  Nr.  18? 
Der  Name  Jiscus  kommt  uberhaupt  in  der  ganzen  Familie 
nicht  vor,  doch  ist  bei  den  stellenweise  halbverriickten 
Namenverrenkungen  unter  uns  nicht  unmoglich,  dass  der 
Sprossling  sich  so  nennen  konnte. 

36.  Menso  Alting,  Emda  Frisius,  30.  Mai  1659. 
Jiingster  Sohn  des  Majors  gl.  Nam.  in  Emden,  Enkel  des 
bekannten  Predigers  das.  —  339.  R.  Er  wurde  Biirger- 
meister  zu  Groningen  und  ist  der  Verfasser  der  Notitia 
Germaniae  inferioris.  —  Tjaden,  Gel.  Ost  Fr.  II.  339.; 
Geneal.  fam.  Altingior.  Fol.  12  in  v.;  26  in  v.  et  27  in  r. 
69.  Friedericus  Kohlmeyer,  Jevera-Friso,  theol. 
stud.  5.  Sept.  59. 

T.  Note  5)  Im  Januar  1661  noch  zu  Heidelb.  causa  matri- 
monialis  Buchertin  contra  stud.  Kohlmeyer. 

412.  B.     Pfalzgraf  Carl.  20.  Decbr.  1659.    83  1. 

43.ChristianusFridericus  von  und  zuFrincking, 
Frisius,  10.  Sept.  1660. 
Fehlt  in  Herquets  Miscellen. 

413.  It.    Johannes  Fr.  Bockelmann.  20.  Decbr.  1660.     102  I. 

69.  Hermannus  M.  D.  Meier,  Emda-Frisius,  19. 
Aug.  1661. 

Intit.  Basel  1661;  1662  zum  Doktor  der  Rechte  in  Basel 
promoviert  mit  der  Dissertation  de  Emphytheuseos  Jure. 
(Tjaden,  D.  G.  0.  I.  203:  hier  heisst  er  aber  Meirer.) 

Der  4.  Bd.  der  Matrikel  endet  mit  Schluss  des  Jahres 
1662.  Der  5.  Bd.,  der  den  Zeitraum  vom  22.  Decbr.  1662 
bis  zum  5.  April  1704  ausfiillen  wtirde,  ist  aller  Wahr- 
scheinlichkeit  zufolge  bei  der  Einascherung  Heidelberg's 
durch  die  Franzosen  am  22.  Mai  1693  verbrannt,  weil 
damals  die  ganze  Habe  des  zeitigen  Rektors  Lorenz  Croll  ein 
Raub  der  Flammen  ward,  derselbe  aber  kraft  seines  Amtes 
die  laufende  Matrikel  in  seinem  Hause  aufzubewahren 
hatte.  Das  Univ.- Archiv  war,  wie  imVorbericht  bemerkt, 
rechtzeitig  vor  der  Eroberung  der  Stadt  ausgefiihrt  worden, 
zuerst  nach  Frankfurt  a.  M.,  dann  nach  Marburg  und  Wein- 
heim,  endlich  1700  zurttck  nach  Hdlbg.     Schon  von  1G24 


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-     101     — 

bis  1651,  als  die  Universitat  in  den  Handen  der  Bayern  Hoideiberg  1663 
lag,  hatte  Frankfurt  das  schiitzende  Quartier  fiir  dasselbe 
abgegeben,  wodurch  es  der  Gefahr  der  Einbusse  oder  Be- 
raubung  entgegen  der  Un.-Bibliothek  entging.  Von  1693 
bis  1704,  wo  die  Univ.  in  diirftigster  Weise  vegetirte,  teils 
ausserhalb  Heidelb.  bestand,  fehlen  alle  Einzeichnungen. 
Durch  Abschrift  erhalten  ist  die  Matricula  Univ.  1663  *bis 
1668  im  General-Landesarchiv  zu  Karlsruhe. 

416.  R.  Joh.  Ludw.  Fabricius,     21.  Decbr.  1663.     (?  I.) 

Antonius  Schinkel,  Emda-Frisius  1664. 
Imm.  Basel  im  selb.  Jahr.     Ein  Otto  Sch.  wird  1679  Emder 
Biirgermeister.    Rav.  red.  Bl.  N  3  in  r.  et  v. 

Johannes  Eleis,  Emda-Fris,  1664. 
Wahrscheinlich  Elers  oder  Eilers  und  vom  Copisten  ver- 
schrieben. 

Gothofridus  Hillinus,  Emda-Fris.  orient.  1664. 
Imm.  Basel  1667.  Jahrb.  XI.  425.  GehOrte  wohl  zur 
Patriz.-Fam.  Hilling,  aus  der  1650  der  Emder  Biirgermeister 
H.,  J.  U.  D.,  hervorging. 

417.  R.     Banierus  Schuttzen.  20.  Decbr.  1664.     71  I. 

Timannus  Mullerus,  iur.  stud.,  Oldersumo-Fris. 
orient.  1665. 

Hermannus  Crumme,  iur.stud.,  Emda-Fris.or.1665. 

Johannes  Diurcken,  ss.  legum  stud.,  Emda-Fris. 
or.  1665. 

Hermannus  Hoppe,Embilanus(=Embdanus)1665. 
Imm.  Basel  1666.    Jahrb.  XI.  425. 

Johannes  Laubigeois,  Embdanus  1665. 
Imm.  Basel  1666.    Jahrb.  XI.  425. 

410.  R.     Stephan  Gerlach,  20.  Decbr,  1666.    68  I. 

Diedericus  Scherff,  Ostfrisius  1667. 


In  einem  nach  T.  keineswegs  vollstandigen  „Album 
Magistrorum  artium  a.  1391 — 1620a,  welches  aus  den 
Akten  der  Artistenfakultat  zusammengestellt  wurde,  fand 


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—     102    — 

Heidelberg  ich  nur  den  im  359.  R.  inskribirten  und  im  366.  R.  re- 
novirten  Johannes  Rogge,  Embdanus,  der  am 6.  April 
1592  unter  Stenius  Vorsitz  zum  Magister  promovirte,  als 
einzigen  Ostfriesen.  Zu  Rogge's  Abgang  von  der  Univer- 
sity Franeker  vergl.  man  Jahrb.  III.  1.  Heft  (1879)  36—7. 
In  einer  Matricula  alumnorum  iuris  de  anno  1527 — 81 
•  finden  sich  einige  Namen,  die  vielleicht  auf  Ostfriesen  ge- 
deutet  werden  konnten: 

1561.  Isbrandus  Balccius  Reinhardus,  Frisius 

1561.  Eccius  Jelsenus,  Phrisius. 

1569.  Rudolphus  Steinwick,  Phrisius. 

1575.  Rembertus  Romberti,  Fris.  Bergumensis. 
Von  diesen  promovirte  der  erste  1565  zum  Licentiaten 
beider  Rechte. 

Eine  auch  nur  liickenhafte  Matricula  studiosorum  theo- 
logiae  de  anno  1556 — 1685  nennt  von  unsern  Studenten: 

1585.  Joannes  Roge,  Amsterdamensis. 

1590.  Nicolaus  Clandt. 

1590.  Waltherus  Morlingius,  Embdanus. 

1592.  Petrus  Pyn,  Embdanus. 

1595.  Joannes  Bogermannus,  Frisius. 

1595.  Wilhelmus  Sutlareus,  Fris. 

1606.  Phocas  Kolde,  Emdanus. 
(1609  nur  in  actis  erwahnt  Gerlacus  a  Vullen,  Fris.) 

1613.  Arnold  us  Menardi,  Emdano-Fris. 

1613.  Matthias  Petraeus,  Emdano-Fris. 

1613.  Paulus  Altingius,  Emdanus. 

1616.  Wesselus  Emmius,  Fris. 

1616.  Rhaterus  Henrici,  Fris. 

1616.  Paulus  Alting,  Emdanus. 

1619.  Rhaterus  Henrici  a  Werva. 


Auch  in  den  Promotiones  factae  in  facilitate  theo- 
logica  ab  anno  1404—1683  erscheinen  2  Ostfriesen: 
A0  1587  die  22.  Junii  decano  Francisco  Junio,  promotore 
dom.  Daniele  Tossano  theologiae  doctor  creatus  et  renun- 
ciatus  est  reverendus  et  doctissimus  vir,  dom.  Sibrandus 
Lubbertus,    Frisius  praestito   iuramento    ad   earn  rem 


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—     103     — 

legitime  institute*.  —  Vgl.  Reersh.  493.    Tjaden  Gel.  Ostfr.    uoidoiberg 
I.  245  ff.    Ed.  Meiners  Oostvr.  Kerk.  Geschieden.  II.  425  f. 
Die  Promotion  erfolgte  in  dieser  Weise: 

Die  Mercurii  17.  Maji  reverendus  vir  dom.  Sibrandus 
Lubbertus,  Frisius,  scholae  Franikanae  in  Frisia  occiden- 
tal! professor  ordinarius,  in  collegio  facultatis  nostrae 
examinatus  est  pro  adipiscendo  doctoris  gradu.  Die 
Sabbathi  27.  eiusdem  mensis  publicam  disputationem 
habuit  de  hac  questione,  an  homo  in  hac  vita  legem  dei 
perfecte  praestare  possit.  Die  Mercurii  ultimo  lectionem 
quam  vocant  cursoriam  publice  habuit  in  auditorio  facul- 
tatis nostrae  et  locum  Galat.  II,  15  interpretatus  est. 
Tandem  die  22.  Junii  ornatus  est  doctoris  gradu  in  summo 
templo,  quod  a  s.  spiritu  nomen  habet. 

Der  zweite  Fall  erfolgte  26  Jahre  spater: 
A°  1613  18.  Novbris  solenni  ritu  conferebantur  insignia 
doctoralia  reverendo  et  clarissimo  viro  dom.  Heinrico 
Altingo,  locorum  communium  professori  (seit  dem  August 
dieses  Jahres),  doctore  Bartholomeo  Coppenio  promotore 
designato,  cum  prius  a  decano  licentiam  impetrasset, 
verba  faciente  eodem  de  nupero  Jesuitarum  cum  Dur- 
lacensibus  ministris  colloquio. 


Nachtrag.  Jahrbuch  XII.  108.  267  R.  Nr.  16  mutmasate 
ich,  class  Dido  ein  Bruder  Unico  Manninga's  gewesen  sei.  Dies  bestatigt 
E.  Graf  Knyphausen-Lutzburg  in  Gesch.  der  Reform.  Kirche  zu  Bargebuhr 
(1868)  p.  6.  —  In  Andrd's  Denkschrift  kommt  keine  Geschlechtstafel  der 
Manninga  vor.  —  Das.  p.  109—10;  278  R.  Nr.  29.  Durch  eine  Anfrage 
aufmerksam  gemacht,  dass  die  Citate  zur  Begrundung  der  Aussagen  der 
Erganzung  bediirften,  sei  bemerkt,  dass  die  urspningliche  Handschrift 
allerdings  meine  Hauptquellen  enthalt,  dass  diese  aber  bei  der  Korrektur 
ge8trichenwurden.  Gegemiber  densich  immerwieder  erneuerndenAngriffen 
auf  den  scharfen  Gegner  der  Calvinisten  seien  dann  zwei  unparteiische 
Quellen  nachtraglich  genannt :  Dr.  A.  Rauschenbusch,  Bilder  westfalischer 
Theologen.  I.  Hamelmann's  Leben  (Schwelm  1830),  und  Lie.  theol.  Max 
Goebel,  Geschichte  des  christl.  Lebens  in  der  rheinisch-westfalischen 
evangelischen  Kirche.  I.  (Coblenz  1849. )  455  ff.,  vgl.  auch  Konsistorialrat 
Prof.  Dr.  Goebel,  Die  Einfiihrung  der  Reformation  in  Bielefeld  (im 
Jahresber.  des  Histor.  Vereins  f.  d.  Grafsch.  Ravensberg  n.  1878). 


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Beitrage  zur  Gesehiehte  der  Friesen  und  Chauken. 

Von  Dr.  B.  Bunt e  in  Hannover  •}••*) 


Zweiter  Teil. 

Ueber  die  Wohnsitze  der  Chauken  und  ihrer  Nachbarn. 

(Schluss.) 

Ueber  den  Eindruck,  welchen  die  chaukischen  Gebiete 
und  ihre  Bewohner  im  ersten  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung 
auf  den  Beschauer  machten,  giebt  der  bekannte  Bericht  bei 
Plinius  (H.  N.  16,  1)  Auskunft.  Nachdem  Plinius  von  Obst- 
b&umen  und  Eichelnahrung  gesprochen  hat,  kniipft  er  hieran 
eine  Bemerkung  fiber  Gegenden,  wo  es  keine  Baurae  und  Ge- 
strauche  gebe,  und  fahrt  dann  fort :  „ Wir  haben  erwahnt,  dass 
mehrere  Volker  im  Orient,  in  der  Nahe  des  Oceans,  sich  in 
dieser  bedr&ngten  Lage  befinden;  es  sind  uns  aber  auch  im 
Norden  die  Volksstamme  der  Chauken,  welche  mit  dem  Namen 
der  grossen  und  kleinen  bezeichnet  werden,  durch  den  Augen- 
schein  bekannt  geworden.  In  gewaltigem  Andrang  treibt  dort 
zweimal  in  den  Zwischenraumen  je  eines  Tages  und  einer  Nacht, 
unermesslich  weit  ausgedehnt,  dor  Ocean  heran,  indem  er  den 
abwechselnden  Widerstreit  eines  Naturvorganges  verbirgt,  und 
zweifelhaft  ist  es,  ob  man  hier  Land  oder  einen  Teil  des 
Meeres  vor  sich  hat.  Dort  bewohnt  ein  armseliges  Volk  hohe 
Erdhugel,  die  wie  Tribunale  nach  Massgabe  der  hochsten  Flut 
mit  den  Handen  errichtet  sind,  und  mit  den  darauf  erbauten 
Hiitten  gleichen  sie  Schiffenden,   wenn  die  Gewasser  die  Um- 


«)  vgl.  Jahrbuch  XIII  (1899)  S.  1,  184,  257.  Wir  wiederholen,  dass 
der  verdiente  Verfasser,  unser  langjahriger  Mitarbeiter,  dessen  handschriit- 
lichen  Nachlass,  soweit  er  sich  auf  Friesland  bezieht,  jetzt  unsere  Gesell- 
schaft  besitzt,  schon  am  4.  Februar  1898  heimgegangen  ist. 


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—    105    — 

gegend  bedecken,  Schiffbrtichigen  aber,  wenn  dieselben  zuriick- 
getreten  sind.  In  der  Nahe  ihrer  Hutten  machen  sie  Jagd.  auf 
die  zugleich  mit  dem  Meere  fliehenden  Fische.  Nicht  ist  ihnen 
das  Gliick  zuteil  geworden,  ein  Stuck  Vieh  zu  besitzen  oder 
sich  mit  Milch  zu  ernahren ;  ja  nicht  einmal  mit  wilden  Tieren 
zu  kampfen,  da  alles  Gebiisch  fehlt.  Aus  Schilf  und  Sumpf- 
binsen  flechten  sie  Stricke  zu  Fischnetzen,  und  indem  sie  mit 
den  Handen  gefassten  Schlamm  mehr  durch  den  Wind  als 
durch  die  Sonne  trocken  werden  lassen,  kochen  sie  an  der 
brennbaren  Erde  ihre  Speisen  und  erwarmen  damit  ihre  vom 
Nordwinde  erstarrten  Eingeweide.  Als  Getrank  haben  sie  nur 
Regenwasser,  welches  auf  dem  Vorplatze  des  Hauses  in  Gruben 
aufbewahrt  wird.  Und  diese  Menschen  behaupten  noch,  dass 
sie  Sklaven  sein  wiirden,  wenn  sie  heutigen  Tages  von  dem 
romischen  Volk  besiegt  werden  sollten.  Aber  wahrlich  so  ist 
es:  viele  spart  das  Geschick  zu  ihrer  Strafe  auf.a  Dieser  auf 
Autopsie  beruhende  Bericht,  der  sich  augenscheinlich  aber  nur 
auf  die  in  der  Nahe  der  Kiisten  und  unmittelbar  an  den  Miin- 
dungen  der  Flusse  wohnende  Bevolkerung  bezieht,  und  nicht 
etwa  als  eine  vollstandige  Schilderung  von  Land  und  Leuten 
angesehen  werden  kann,  macht  im  ganzen  den  Eindruck  der 
vollen  Wahrheit.  Die  Cisterne  („Regenbackea),  welche  in  den 
Gegenden  an  der  Nordseektiste,  wo  Brunnen  mit  gutem  und 
trinkbarem  Wasser  zu  den  Seltenheiten  gehoren,  noch  jetzt 
eine  unentbehrliche  Einrichtung  ist,  war  in  den  Zeiten,  wo  die 
Romer  zuerst  in  diese  Gegenden  kamen,  schon  langst  vor- 
handen,  und  sie  muss  hier  tiblich  gewesen  sein,  seitdem 
uberhaupt  Menschen  in  diesen  Gegenden  wohnten.  Ebenso  ist 
die  Verwertung  des  Torfs  oder  des  sogenannten  Dargs,  einer 
geringeren,  mit  Schwefelwasserstoff  stark  durchsetzten  Sorte 
von  Torf,  angedeutet.  Ferner  erscheinen  in  diesem  Berichte 
jene  bekannten  Hiigel,  welche  hier  zu  Lande  mit  dem  Namen 
der  Wurten,  Warfen  u.  s.  w.  bezeichnet  werden.  Diese  waren 
aber  nicht,  wie  bei  Plinius  angedeutet  wird,  samtlich  von 
Menschenhanden  errichtet,  vielmehr  waren  viele  derselben  wahr- 
scheinlich  alte  Dlinen  und  von  den  Meeresfluten  aufgeworfene 
Sandhugel,  welche  spater  hier  und  da,  um  sie  dem  Stande  des 
Wassers  bei  sehr  hohen  Fluten  gleich  zu  machen,  kiinstlich 
erh6ht  und  mit  kleinen  Schutzdeichen  versehen  wurden.    Zu- 


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—     106    — 

treffend  ist  ferner  fur  die  Bewohner  dieser  Kustenstriche,  die  vor 
zweitausend  Jahren  und  viel  spater  viel  weiter  hinaus  lagen 
als  jetzt,  die  Bemerkung,  dass  es  dort  kein  Gebiisch  gebe  und 
ebenso  keine  wilden  Tiere;  denn  das  salzige  Wasser  und  die 
selten  unterbrochenen  Sttirme  lassen  den  Baumwuchs  nicht  ge- 
deihen,  und  wo  kein  Wald  und  kein  Gebiisch  war,  da  gab  es 
auch  keine  wilden  Tiere.  Nicht  zutreffend  ist  dagegen  die 
Angabe,  dass  die  Chauken  kein  Vieh  hatten  und  nur .  von 
Fischfang  lebten. 

Im  Anschluss  an  den  obigen  Bericht  macht  Plinius  noch 
eine  Mitteilung  iiber  sehr  hoch  gelegene  Walder  und  uber 
schwiramende  mit  Baumen  besetzte  Inseltriimmer,  die  man  in 
nicht  weiter  Entfernung  von  den  Chauken  oft  beobachten  konne. 
„Ein  anderes  Wunder2  sagt  er,  ist  noch  in  betreff  der  Walder 
zu  bemerken.  Das  ganze  tibrige  Germanien  bedecken  sie  und 
ftigen  der  Kalte  noch  den  Schatten  hinzu.  Sehr  hohe  Waldungen 
sind  jedoch  nicht  weit  von  den  Chaukeu  (haut  procul  supra 
dictis  Chaucis),  besonders  an  zwei  Seen.  Die  Ufer  selbst  sind 
mit  hohen  Eichen  von  vorzuglichem  Wuchse  besetzt,  und  wenn 
diese  von  den  Fluten  untergraben  und  durch  den  Wind  fort- 
getrieben  werden,  so  reissen  sie  umfangreiche  Inseln,  in  welche 
sie  mit  den  Wurzeln  verflochten  sind,  mit  sich  fort  und 
schwimmen,  durch  das  gewaltige  Takelwerk  ihrer  Aeste  im 
Gleichgewicht  gehalten,  aufrecht  stehend  davon.  Oft  haben 
solche  Baume  unsere  Flotten  erschreckt,  wenn  sie  wahrend 
der  Nacht,  gleichsam  wie  mit  Vorsatz,  durch  die  Fluten  auf 
die  Vorderteile  unserer  vor  Anker  liegenden  Schiffe  getrieben 
wurden,  die  dann,  in  Ermangelung  anderer  Hulfe,  gezwungen 
waren,  gegen  die  Baume  ein  Schiffstreffen  zu  lief  em."  Die  Nach- 
richt  tiber  schwimmende  Baume  und  Inseln  darf  durchaus 
nicht  bezweifelt  werden.  Schwimmende  Baume,  die  dem  auf 
Moorgrund  ruhenden  Marschboden  entwachsen  waren,  konnte 
man  in  der  romischen  Zeit,  besonders  in  dem  unteren  Lauf 
der  grosseren  Fltisse  und  an  den  Miindungen  derselben  sicher- 
lich  vielfach  beobachten.  Schwimmende  mit  Baumen  besetzte 
Inseln  triff t  man  noch  jetzt  in  Norwegen  und  anderswo,  und 
etwas  Aehnliches  kann  man  in  unsern  grossen  Mooren  sehen, 
wo  oft  grosse  Torfschichten  emporgehoben  werden  und  mit  dem 
Vieh  und  allem,  was  darauf  ist,  umherschwimmen ;  vgl.  z.  B. 


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—     107     — 

Kohl  (Westdeutsche  Skizzen,  Bremen  1864)  iiber  das  schwim- 
mende  Land  von  Waakhusen  und  das  Teufelsmoor  im  Herzog- 
tum  Bremen.  Wo  sich  jedoch  die  beiden  von  Plinius  erwahnten 
Seen  befanden,  lasst  sich  wegen  der  vollig  unzureichenden  An- 
gabe  iiber  die  Lage  derselben,  durchaus  nicht  bestimmen.  Un- 
genau  ist  es,  wenn  Reinking  (Die  Kriege  der  Romer  in  Ger- 
manien  S.  4),  unter  Berufung  auf  Plinius,  bemerkt,  die  Chauken 
hatten  hauptsachlich  um  zwei  Seen  gewohnt,  und  ebenso,  wenn 
Klopp  (Ostfriesische  Gesch.  1,  12)  und  Dahn  (Urgeschichte  u.  s.  w. 
1,  28)  von  zwei  Seen  im  Lande  der  Chauken  sprechen. 

Von  dem  Innern  der  chaukischen  Gebiete  und  von  den 
dortigen  Geestbauern,  die  jedenfalls  den  Kern  der  Bev61kerung 
ausmachten,  hat  Plinius  nichts  gemeldet  und  sicherlich  auch 
nichts  erfahren.  Diese  fuhrten  ohne  Zweifel  ein  behaglicheres 
Leben  als  die  armen  Kusten-  und  Inselbewohner.  Ihre  haupt- 
sachlichsten  Nahrungsmittel  waren  wohl  ausser  Milch  und 
Feldfrtichten  das  Fleisch  jagdbarer  Tiere  und  Pferdefleisch, 
dessen  Genuss  erst  durch  die  christlichen  Missionare  den  Friesen 
und  Sachsen  verboten  wurde.  Auch  verstanden  sie  jedenfalls, 
ebenso  gut  wie  die  ubrigen  Germanen,  die  Bereitung  von 
Butter,  Kase,  Bier,  Haferbrei  u.  s.  w. ;  denn  nur  so  lasst  sich 
die  grosse  und  durch  hohen  Korperbau  hervorragende  Volks- 
menge  erklaren,  welche  dem  Geschichtschreiber  Velleius,  als  er 
im  Jahre  5  n.  Chr.  mit  einem  Heere  des  Tiberius,  wahrschein- 
lich  von  Westfalen  aus,  in  die  Gegend  an  der  unteren  Weser 
kam,  ganz  besonders  auffiel. 

Dass  Plinius  sich  in  Germanien  aufgehalten  hat,  wird 
durch  seinen  Neffen  (vgl.  Plin.  epp.  3,  5,  4)  bezeugt;  wir  wissen 
aber  hieriiber  weiter  nichts,  als  dass  er  dort  eine  Zeit  lang 
im  romischen  Heere  diente  und  die  Vorarbeiten  zu  seiner  Schrift 
iiber  die  Kriege  in  Germanien  (Bellorum  Germaniae  libri  XX) 
entworfen  haben  soil.  Wiedemann  (Geschichte  des  Herzogtums 
Bremen)  vermutet,  er  sei  mit  der  Flotte,  welche  im  Jahre 
5  n.  Chr.  eine  Expedition  in  die  Nordsee  unternahm,  zu  den 
Chauken  gekommen;  v.  Wersebe  dagegen  (S.  109)  meint,  dass 
er  sich  bei  der  Heeresabteilung  des  Vitellius  befunden  habe, 
welche  im  Jahre  15  n.  Chr.  (Tac.  ann.  1,  70)  eine  Sturmflut 
erlitt.  Diese  Vermutungen  sind  jedoch  unhaltbar,  weil  Plinius 
erst  im  Jahre  23  n.  Chr.  geboren  wurde.    Meitzen  (Wanderungen, 


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—     108     — 

Anbau  und  Agrarrecht  u.  s.  w.,  Berlin  1895,  Bd.  2,  S.  91)  be- 
hauptet,  Plinius  sei  mit  der  Reiterei  des  Pomponius  vom  Rhein 
aus  bis  zur  Kiiste  der  Chauken  gekommen  und  habe  das 
Wohnen  derselben  auf  den  Wattinseln  sehr  lebendig  geschildert. 
Hier  liegt  aber  offenbar  eine  Verwechslung  der  Chauken  mit 
den  Chatten  vor ;  denn  der  Legat  P.  Pomponius  bekampfte  im 
Jahre  50  n.  Chr.  nicht  die  Chauken,  sondern  die  Chatten,  welche 
in  Obergermanien  Raubereien  veriibt  hatten  (Tac.  ann.  12,  27). 
Auch  gehorte  damals,  wenn  man  die  Beschaffenheit  des  Terrains 
beriicksichtigt,  ein  Ritt  vom  Rhein  aus  bis  an  die  Kiiste  der 
Chauken  sioherlich  zu  den  unmoglichen  Dingen.  Wenn  nun 
Plinius  wirklich  eine  Fahrt  in  die  Nordsee  unternommen  haben 
sollte,  so  kSnnte  dies  nur  in  der  Zeit  geschehen  sein,  als  Cn. 
Domitius  Corbulo,  der  Statthalter  von  Nieder  -  Germanien,  im 
Jahre  47  den  Plan  gefasst  hatte,  die  friesischen  und  chaukischen 
Gebiete  mit  dem  rOmischen  Reiche  fur  immer  zu  vereinigen, 
woran  er  jedoch  durch  das  Eingreifen  des  Kaisers  Claudius 
verhindert  wurde  (Tac.  ann.  11,  19  fg.).  Vergleicht  man  aber, 
abgesehen  von  der  Mitteilung  liber  die  Chauken,  die  aber  auch 
nur  fur  einen  ganz  kleinen  Teil  dieses  Volkes  einigermassen 
passt,  alle  iibrigen  Nachrichten,  die  uns  Plinius  iiber  die  Ge- 
biete nordwarts  von  der  Waal  und  Maas,  z.  B.  iiber  die  Kiisten- 
lange,  iiber  die  Entfernung  des  Festlandes  von  Britannien.  iiber 
einige  Nordseeinseln,  iiber  herba  Britannica,  iiber  die  Fundorte 
des  Bernsteins  u.  s.  w.  iiberliefert  hat,  so  finden  wir  darin  fiir 
die  Behauptung,  dass  derselbe  sich  eingehend  mit  der  Nordsee- 
kiiste  beschaftigt  habe,  dass  seine  Angaben  iiber  diese  Gegen- 
den  auf  Autopsie  beruhten,  und  dass  er  sogar  eine  Zeit  lang 
im  Lande  der  Friesen  und  Chauken  gelebt  habe,  nicht  den  ge- 
ringsten  Anhaltspunkt.  Bei  alien  diesen  Angaben  beruft  er 
sich  teiis  auf  griechische  Schriftsteller  (Pytheas,  Hecataeus, 
Philemon,  Timaeus,  Isidorus,  Polybius  u.  a.),  teils  auf  lateinische 
(Agrippa,  Nepos  Cornelius),  teils  im  allgemeinen  auf  Nach- 
richten aus  der  Zeit  des  Germanicus  (H.N.  25,  6  §  20;  37, 
11  §  30  fgg.). 

Ueber  die  Wohnsitze  der  Friesen  giebt  er  nirgends  eine 
klare  Anweisung;  an  einer  Stelle  (H.  N.  4,  101)  werden  Frisia- 
vones  und  Frisii  in  konfuser  Weise  neben  einander  genannt 
als   Bewohner  von  Inseln  auf  der  Westseite  des  Flistromes. 


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—     109    — 

Von  den  Nordseeinseln  meldet  er  nicht,  dass  er  sie  selbst  ge- 
sehen,  und  noch  weniger,  dass  er  sie  besucht  habe,  sondern 
bemerkt  nur,  dass  den  romischen  Waffen  von  der  Spitze  von 
Jutland  oder  dem  kimbrischen  Vorgebirge  an  (wahrscheinlich 
bis  zu  der  Nordspitze  der  jetzigen  Provinz  Nordholland)  23 
Inseln  bekannt  geworden  seien,  von  welchen  Burcana,  Austeravia 
und  Actavia  die  bedeutendsten  seien  (H.  N.  4,  27,  97).  Diese 
23  Inseln  aber  sind  den  Romern  durch  die  Expedition  im  Jahre 
5  n.  Chr.  bekannt  geworden,  nachdem  sie  vorher  nur  einige  der- 
selben  zur  Zeit  des  Drusus  entdeckt  hatten.  In  betreff  der 
Insel  Burcana  (Borkum)  bemerkt  Plinius,  dass  sie  von  Romern 
Fabaria  genannt  werde,  und  an  einer  anderen  Stelle  bemerkt 
er  wieder,  es  gebe  in  dem  nordlichen  Ocean  mehrere  Inseln, 
namens  Fabariae  (H.  N.  18,  12,  30).  Ziemlich  verworren  lauten 
auch  die  Angaben  iiber  die  Fundorte  des  Bernsteins.  Nachdem 
er  namlich  (H.  N.  4,  30, 103)  gesagt  hat,  dass  in  dem  germ&- 
nischen  Meere  die  sogenannten  glasischen  Inseln  (Glaesiae 
insulae)  lagen,  welche  von  den  jiingeren  griechischen  Schrift- 
stellern  Elektriden  genannt  wurden,  weil  dort  Bernstein  hervor- 
gebracht  werden  solle,  bemerkt  er  an  einer  anderen  Stelle 
(37,  42),  es  sei  Thatsache,  dass  auf  den  Inseln  im  nordlichen 
Ocean,  worunter  er  die  Nordsee  und  Ostsee  versteht,  Bernstein 
gefunden  werde,  und  eine  Insel,  welche  von  den  Barbaren 
Austeravia  genannt  werde,  habe  von  den  Romern  zu  der  Zeit, 
als  Germanicus  Casar  dort  mit  seinen  Schiffen  thatig  gewesen 
sei,  den  Namen  Glaesaria  (d.  h.  Bernsteininsel)  erhalten.  An 
diese  Bemerkung,  wobei  wir  annehmen  miissen,  dass  Auster- 
avia (d.  h.  die  ostwarts  liegende  Insel  oder  die  Osterinsel) 
irgendwo  in  der  Nordsee  lag,  wird  gerade  so,  als  wenn  es  sich 
hierbei  auch  um  die  Nordseektiste  hand  el te,  sogleich  wieder  die 
Bemerkung  geknupft,  der  Bernstein  werde  von  den  Germanen 
meistens  nach  Pannonien  gebracht,  und  zur  Zeit  Neros  sei  ein 
romischer  Ritter  von  Carnuntum  in  Pannonien  nach  der  Bern- 
steinkiiste  d.  h.  der  jetzigen  preussischen  Ostseekiiste  gereist, 
und  durch  ihn  sei  damals  eine  grosse  Menge  Bernstein  nach 
Rom  gekommen.  Ueber  die  Beschaffenheit  des  Bernsteins 
und  seine  Fundorte  giebt  Plinius  aus  verschiedenen  Schrift- 
stellern  interessante  Mitteilungen,  aus  welchen  Tacitus  (G.  45) 
einiges  entlehnt  zu  haben  scheint;   er   selbst   aber   hat   keine 


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—     110    — 

Gelegenheit  gehabt,  dies  von  ihm  mehrfach  untersuchte  Natur- 
produkt  an  der  Nordseektiste  und  auf  den  Inseln  der  Nordsee 
in  Augenschein  zu  nehmen.  Er  beschreibt  auch  (H.  N.  25,  20) 
eine  den  Romern  zur  Zeit  des  Germanicus  Casar  an  der  frie- 
sischen  Ktiste  bekannt  gewordene  Pflanze,  namens  herba 
Britannica;  er  hat  dieselbe  aber,  wie  man  aus  seiner  Be- 
schreibung  sieht,  nicht  selbst  gekannt,  sondern  die  Angaben 
hiertiber  vielleicht  aus  einem  medicinischen  Werke  entlehnt. 
Auffallend  ist  hierbei  die  Angabe,  die  romischen  Soldaten  hatten 
ein  Mundleiden,  wahrscheinlich  Skorbut,  bekommen,  nachdem 
sie  aus  einer  Quelle  mit  stissem  Wasser  getrunken  hatten. 
Denn  das  Wasser  aus  solchen  Quellen  pflegt  gewohnlich  nicht 
schadlich  zu  wirken,  wohl  aber  Moor-  und  Sumpfwasser.  V61- 
lig  unbestimmt  in  Beziehung  auf  die  Oertlichkeit  ist  auch  die 
vorhin  erwahnte  Angabe  tiber  die  hochgelegenen  Walder  und 
die  beiden  Seen,  worunter  nicht  Binnenseen,  sondern  nur  See- 
buchten  verstanden  werden  konnen,  die  nicht  weit  von  dem 
Gebiete  der  Chauken  gelegen  haben  sollen,  und  manches  andere. 
Selbst  liber  die  Wohnsitze  der  Chauken  wird  uns  bei  Plinius 
(H.  N.  16,  2  fgg.)  keine  andere  Andeutung  geboten,  als  dass  sie 
in  dem  nordlichen  Himmelsstriche  (in  septentrionali  plaga) 
wohnten. 

Da  sich  nun  aus  alien  diesen  Angaben  ergiebt,  dass 
Plinius  von  der  Nordsee  und  den  Gegenden  an  der  Nordsee 
nur  eine  hochst  unklare  Vorstellung  hatte,  und  dass  seine  An- 
gaben hiertiber  aus  alteren  und  neueren  Schriftstellern,  hier  und  da 
auch  aus  Berichten  tiber  die  Expedition  des  Tiberius  im  Jahre 
5  n.  Chr.  und  tiber  die  Fahrten  des  Germanicus  im  Jahre  15 
und  16  n.  Chr.  herrtihren,  so  muss  die  bisher  geltende  Annahme, 
dass  in  den  Worten  (H.  N.  16,  2):  sunt  vero  et  in  septentrione 
visae  nobis  (gentes)  Chaucorum,  qui  maiores  minoresque 
appellantur,  das  Wort  nobis  im  Sinne  von  „mihia  zu  deuten 
sei,  und  dass  Plinius  die  Gebiete  der  Chauken  mit  eigenen 
Augen  gesehen  habe,  als  unhaltbar  zurtickgewiesen  werden. 
Auch  ist  es  vollig  undenkbar,  dass  ein  Mann  von  so  feiner 
Beobachtungsgabe,  dem  wir  so  manche  kulturhistorische  An- 
gaben tiber  Germanien  verdanken,  vom  Rhein  aus  eine  Fahrt 
zu  Schiffe  an  der  Nordseektiste  unternommen  haben  sollte,  ohne 
dass  er  irgend  etwas  anderes  beobachtet  oder  sich  ftir  irgend 


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—   Ill   — 

etwas  anderes  interessiert  haben  sollte,  als  fur  die  armseligen 
Hutten  und  die  Lebensweise  einiger  in  der  Nahe  der  Meeres- 
kiiste  ganz  vereinsamt  wohnenden  Chauken.  Fur  einen  Bericht- 
erstatter  aus  dem  Anfange  des  ersten  Jahrhunderts  unserer 
Zeitrechnung,  der  sich  in  den  Hutten  dieser  Leute  etwas  urn- 
gesehen  hatte,  wurde  die  Bemerkung,  dass  die  Chauken  kein 
Vieh  hatten,  sondern  nur  vom  Fischfang  lebten  und  also  zu 
den  Ichthyophagen  gehorten,  allenfalls  zu  entschuldigen  sein; 
wenn  aber  ein  Schriftsteller,  der  nach  der  Mitte  des  ersten 
Jahrhunderts  schrieb,  so  etwas  in  einem  Reiseberichte  gemeldet 
haben  sollte,  so  miisste  man  ihn  fur  einen  sehr  oberflachlichen 
und  unzuverlassigen  Reporter  halten.  Der  ganze  Bericht 
macht  den  Eindruck,  als  wenn  er  etwa  von  einem  Bericht- 
erstatter  herriihrte,  welcher  mit  Germanicus  im  Jahre  16  n.  Chr. 
durch  eine  Sturmflut  an  die  Ktiste  der  Chauken  verschlagen 
war  und  sich  dort  in  den  Hutten  dieser  Leute  fliichtig  um- 
gesehen  hatte.  Plinius  aber  hat  sich  wahrscheinlich  und  zwar 
urn  das  Jahr  50  n.  Chr.,  als  der  Legat  P.  Pomponius  Recundus 
hier  den  Oberbefehl  hatte  (Tac.ann.  12,27),  nur  in  Ober-Germanien 
aufgehalten  und  ist  in  die  untere  Rheingegend,  sowie  in  die 
nordwarts  davon  hefindlichen  Landerstriche  niemals  gekommen. 
Die  der  Geographie  angehorigen  Biicher  2 — 6  des  Plinius  be- 
zeichnet  Kiepert  (Lehrbuch  der  alten  Geographie,  Berlin  1878, 
S.  9)  als  eine  wiiste  und  unkritische  Kompilation. 

Die  Behauptang  von  G.  Freytag  (Bilder  aus  der  deutschen 
Vergangenheit,  Leipzig  1888,  Bd.  1,  S.  33),  dass  Tacitus  seine 
Nachrichten  fiber  Germanien  wahrscheinlich  als  Reisender  am 
Niederrhein  gesammelt  und  vielleicht  sogar  die  Gastfreundschaft 
vornehmer  Bataven  und  Chauken  genossen  habe,  bedarf  kaum 
einer  ernsten  Widerlegung.  Denn  wenn  dies  der  Fall  ware, 
so  wfirden  gewiss  manche  seiner  Angaben  ganz  anders  lauten. 
Nun  sind  aber  manche  seiner  Nachrichten  iiber  Gegenden  und 
Oertlichkeiten  am  Niederrhein,  z.  B.  in  der  Beschreibung  des 
Aufstandes  des  Civilis,  von  solcher  Art,  dass  von  einer  ge- 
naueren  Kenntnis  dieser  Gegenden  bei  ihm  nicht  die  Rede  sein 
kann,  undje  weiter  er  von  dort  an  nordwarts  hinaufgeht,  um 
so  unklarer  wird  er  vielfach  in  seinen  Angaben.  Wenn  er 
z.  B.  (G.  40)  von  den  Volkerschaften  der  Aviones,  Anglii, 
Varini  u.  s.  w.,   welche   teils   auf  Inseln,  teils   in  dem  jetzigen 


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—    112    — 

Jutland,  Schleswig,  Holstein,  Lauenburg  und  Mecklenburg  ihre 

Wohnsitze  gehabt  zu  haben  scheinen,  beilaufig  bemerkt,   dass 

dieselben  durch  Flusse  und  Wiilder  geschutzt  seien.  so  ist  dies  in 

Wahrheit  nur  eine  rhetorische  Wendung,  aus  der  hervorgeht,  dass 

er  iiber  diese  Gegenden  und  ihre  Bewohner  nicht  viel  zu  sagen 

wusste.    Ferner  erwahnt  er  die  Cimbern  nicht  unter  den  nord- 

elbischen  Volkern,  sondern   setzt   sie   nur   (G.  37),  nachdem  er 

iiber  Chauken   und   Cherusken   gesprochen   hat,   in   ganz   un- 

bestimmter  Weise  in  den  nordlichen  Himmelsstrich,  und  da  er 

nichts  Neues  iiber  sie  vorzubringen  weiss,  so   verliert   er   sich 

in  einen  kleinen  Exkurs  iiber  den  ehemaligen  Ruhm  der  Cimbern 

und  die  Widerstandsfahigkeit  der  Germanen  und  deren  Kampfe 

mit  den  Romern.     Unmoglich   kann   auch    aus   dem,    was   er 

iiber  die  Dichtigkeit  der  Bevolkerung  in  den  chaukischen  Ge- 

bieten,   so   wie   iiber   den   Charakter   der  Bewohner  sagt,   ge- 

schlossen  werden,  dass  er  diese  Gegenden  mit   eigenen  Augen 

gesehen   habe.    Nachdem   er  namlich   (G.  35)   die   grosse  Aus- 

dehnung  dieser  Gebiete,  jedoch  ohne  dieselben  durch  Flusslaufe 

genauer  zu  bestimmen,  hervorgehoben  hat,   fahrt  er  folgender- 

massen  fort:  „Diesen   ungeheuren  Landstrich  haben  sie  nicht 

bloss  inne,  sondern  fiilleu  ihn  auch  aus.     Sie  sind  das  edelste 

Volk  unter  den  Germanen,  welches  seine  Grosse   am  liebsten 

durch  Gerechtigkeit  zu  schiitzen  sucht.  Ohne  Gier  nach  fremdem 

Gute,  ohne  Uebermut  leben  sie  ruhig  und  abgesondert  fur  sich 

hin.    Sie  reizen  nicht  zum  Kriege,  rauben  und  plundern  nicht, 

und  dies  ist  der  vorziiglichste  Beweis  ihrer  Tiichtigkeit  und 

Kraft,  dass  sie  ihre  Ueberlegenheit  nicht  durch  Unrecht  geltend 

machen.    Sobald  es   aber    die  Umstande  erlauben,   sind   alien 

die  Waff  en  flugs  zur  Hand,  und  ein  Heer  steht  bereit,  reich  an 

Mannschaft  und  Rossen,  und  auch,  wenn  sie  sich  ruhig  ver- 

halten,    geniessen    sie    denselben  Ruf.u  —  Dass    die  Chauken 

schon  im  Anfange  des  ersten  Jahrhunderts  unserer  Zeitrechnung, 

hauptsachlich  in  den  hoher  gelegenen  und  daher  zum  Acker- 

bau   und   zur  Viehzucht   besonders   geeigneten   Bezirken   eine 

nicht  unbedeutende  Bevolkerung  aufzuweisen  hatten,  darf  mit 

Rucksicht  auf  eine  Angabe  bei  Velleius  (2,  106),  der  im  Jahre 

5  n.  Chr.  von  Westfalen  aus  mit  dem  Heere  des  Tiberius  in  die 

Gegenden  an  der  Hunte  und  der  unteren  Weser  gekommen  zu 

sein  scheint,  mit  Sicherheit  angenommen  werden.     Wenn  aber 


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—    113    — 

Tacitus  behauptet,  dass  die  Chauken  die  weithin  ausgedehnten 
Bezirke  ihres  Landes  nicht  bloss  innegehabt,  sondern  auch 
ausgefullt  hatten.  so  sieht  man  hieraus,  dass  derselbe  von  der 
geologischen  Beschaffenheit  dieser  Gegenden  nicht  die  geringste 
Vorstellung  gehabt  hat.  Denn  wenn  man  die  ungeheuren 
Sumpf-  und  Moorflachen  in  Betracht  zieht,  sowie  die  Kusten- 
striche,  welche  bei  jeder  hohen  Flut  meilenweit  uberschwemmt 
wurden  und  deswegen  zu  menschlichen  Ansiedelungen  und 
zum  Anbau  entweder  gar  nicht  oder  nur  an  sehr  vereinzelten 
Stellen  geeignet  waren,  so  konnte  von  einem  eigentlichen  Aus- 
fiillen  des  Landes  durch  die  Bevolkerung  in  Wahrheit  nicht  die 
Rede  sein.  In  vielen  Landesteilen  gab  es  sicherlich  in ,  der 
ganzen  romischen  Zeit  und  noch  lange  nachher  nur  eine  ausserst 
sparliche  Bevolkerung.  —  Das  iibertriebene  Lob  aber,  welches 
den  Chauken  erteilt  wird,  die  als  ein  wahres  Muster volk  hin- 
gestellt  werden,  macht  infolge  der  stark  rhetorisch  gefarbten 
Schilderung  den  Eindruck,  dass  hier  Wahrheit  und  Dichtung 
in  kiihner  Weise  verbunden  sind.  Beeinflusst  ist  diese  Schilde- 
rung, wie  es  scheint,  hauptsachlich  durch  die  friedliche  Stellung, 
welche  die  Chauken  zur  Zeit  des  Tacitus  und  lange  vorher 
den  Romern  gegeniiber  einnahmen.  Auch  sassen  dieselben,  in- 
folge der  naturlichen  Beschaffenheit  ihres  Landes  und  ihrer 
wirtschaftlichen  Verhaltnisse,  wohl  meistens,  wenn  nicht  etwa 
innere  Fehden  vorhanden  waren  oder  Ueberschwemmungen  zur 
Veranderung  der  Wohnsitze  veranlassten,  ebenso  wie  die 
Friesen,  ruhig  und  zufrieden  hinter  ihren  Sumpfen  oder  iibten 
sich  da,  wo  sie  an  den  Ktisten  wohnten,  im  Kampfe  mit  ihrem 
grimmigsten  Feinde,  von  welchem  sie  bestandig  bedroht  wurden, 
namlich  dem  Meere.  Sie  haben  ferner,  nachdem  sie  mehrmals 
die  gewaltigen  Flotten  und  Heeresmassen  der  Romer  gesehen 
hatten,  die  mit  dem  einen  oder  andern  Feldherrn  geschlossenen 
Vertrage  getreulich  gehalten  und  sich  in  ihrer  Gesamtheit  nie- 
mals  zu  einem  Aufstande  oder  zu  einem  Kriege  mit  den  Romern 
erhoben,  wahrend  ihre  Nachbarn,  die  Friesen,  durch  romische 
Habsucht  und  Brutalitat  gereizt,  bereits  im  Jahre  28  n.  Chr.  zu 
den  Waffen  griffen.  lbr  anscheinend  friedfertiges  Verhaltnis 
zu  den  Romern,  wie  es  bei  ihren  noch  wenig  entwickelten  Ver- 
haltnissen  wahrend  der  Regierung  des  Augustus  und  Tiberius 
bestand,  hatte   sich   aber   im  Verlauf  des  ersten  Jahrhunderts 

Jabrbiwh  der  Gosellsch.  I.  b.  K.  ti.  voterL  Altertflmer  zu  Em  den,  Bd.  XIV.  3 


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—    114    — 

doch  schon  wesentlich  ge&ndert,  und  auffallend  ist  es  jeden- 
falls,  dass  bei  der  obigen  Schilderung  gewisse,  am  Ende  des 
ersten  Jahrhunderts  langst  bekannte  und  von  Tacitus  in  den 
Annalen  und  Historien  mitgeteilte  Thatsachen  gar  nicht  be- 
nicksichtigt  sind.  Dahin  gehort  z.  B.  die  Nachricht,  dass  ein- 
zelne  Freischaren  aus  diesem  Volke  schon  vor  der  Mitte  des 
ersten  Jahrhunderts  als  Seerauber  in  Nieder-Germanien  und 
Gallien  erschienen  waren  (Tac.  ann.  11,  18  fg.),  dass  ferner  die 
Amsivaren  oder  wenigstens  ein  grosser  Teil  derselben,  welche 
zu  der  Gefolgschaft  des  Hauptlings  Bojokal  gehorten,  von  den 
Chauken,  wahrscheinlich  den  Weser-Chauken,  vertrieben  waren 
(Tac.  ann.  13,  55  fg.),  und  dass  einige  von  ihnen  ausgesandte 
Mannschaften  sich  mit  Eifer  an  dem  Aufstande  des  Civilis  be- 
teiligt  hatten.  Auch  in  den  Nachrichten  anderer  Schriftsteller, 
die  ihrer  gelegentlich  gedenken,  erscheinen  sie  keineswegs  in 
einem  besseren  Lichte  als  ihre  Nachbarn.  Wenn  Plinius  z.  B. 
(H.  N.  16,  76)  von  germanischen  Seeraubern  spricht,  die  in  aus- 
gehfthlten  Baumst&mmen  umherfuhren,  von  welchen  einige 
etwa  dreissigMann  fassen  konnten,  so  dtirfen  wir  hierbei,  mit 
Riicksicht  auf  die  weiten  von  ihnen  bewohnten  Gebiete,  ge- 
wiss  hauptsachlich  an  die  Friesen  und  Chauken  denken. 

Ueber  das  Verhaltnis  der  Chauken  zu  den  Rom  em 
sind  wir  schlecht  unterrichtet.  Dass  Drusus  mit  ihnen  irgend 
welche  Abmachungen  getroffen  und  ihnen  einen  ahnlichen 
Tribut  wie  den  Friesen  auferlegt  haben  sollte,  wird  vermutungs- 
weise  hier  und  da  behauptet,  aber  von  keinem  alten  Schrift- 
steller berichtet.  Sicher  ist  nur  die  Nachricht  des  Velleius 
(2,  106),  dass  Tiberius  sie  im  Jahre  5  n.  Chr.,  als  er,  wie  es 
scheint,  an  der  unteren  Weser  ein  Lager  aufgeschlagen  und 
hierher  die  Vorsteher  ihrer  Gaue  entboten  hatte,  in  ein  Bundnis 
aufnahm,  nachdem  vorher  kein  Kampf  mit  ihnen  stattgefunden 
hatte,  was  daraus  geschlossen  werden  kann,  dass  auf  diesem 
bis  in  die  fernsten  Gegenden  Germaniens  ausgedehnten  Feld- 
zuge,  abgesehen  von  einem  Ueberfall,  der  aber  von  Tiberius 
blutig  geracht  wurde,  alles  ruhig  verlief.  Wahrscheinlich  aber 
wurden  die  Chauken  durch  diesen  Bundesvertrag,  bei  dessen 
Abschluss  ihnen  Tiberius  durch  ein  gewaltiges  Heer  die  Macht 
des  romischen  Volkes  vor  Augen  fiihrte,  vorlaufig  zu  nichts 
anderem  verpflichtet,  als  dass  sie  geloben  mussten,  sich  ruhig 


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—     115    — 

zu  verhalten.  die  rftmische  Oberhoheit  anzuerkennen,  den 
Romern  bei  ihren  etwaigen  ferneren  Feldztigen  keine  Schwierig- 
keiten  in  den  Weg  zu  legen  und  sie  bei  solchen  Gelegenheiten 
mit  Proviant  und  durch  Stellung  von  Htilfsmannschaften  zu 
unterstdtzen.  Dass  sie  das  Letztere  gethan  haben,  ergibt  sich 
aus  Tacitus  (ann.  1,  60),  welcher  meldet,  sie  h&tten  dem  Ger- 
manicus  im  Jahre  15  n.  Chr.  Htilfsmannschaften  versprochen 
und  zugefuhrt,  und  ebenso  werden  bei  Tacitus  zum  Jahre  16 
(ann.  2,  17)  chaukische  Htilfstruppen  im  Heere  des  Germanicus 
erwahnt.  Diese  Mannschaften  aber  wurden  warscheinlich 
jedesmal  nach  Beendigung  des  Feldzuges  an  den  Grenzen  so- 
gleich  wieder  entlassen.  —  Manche,  die,  trotz  des  Mangels 
jeglicher  Nachricht  hieriiber,  behaupten,  dass  schon  Drusus  mit 
den  Chauken  ein  Biindnis  abgeschlossen  habe,  deuten  die 
Worte  des  Velleius  2,  106  „receptae  Cauchorum  nationes"  so, 
dass  Tiberius  die  Chauken,  welche  bald  nach  der  Zeit  des 
Drusus  untreu  geworden  und  von  den  Romern  abgefallen  seien, 
von  neuem  in  ein  Biindnis  aufgenommen  habe.  Dies  ist  jedoch 
eine  Vermutung,  welche  nicht  die  allergeringste  Wahrscheinlich- 
keit  fur  sich  hat.  Denn  das  Verhaltnis,  in  welchem  die  weitab 
von  Gallien  wohnenden  Chauken  zu  den  Romern  gestanden 
haben,  scheint  kein  irgendwie  driickendes  gewesen  zu  sein, 
und  wenn  sie  von  Drusus  wirklich  in  ein  Biindnis  aufgenommen 
sein  sollten,  so  wurden  sie  gewiss  nicht  in  der  Zeit  von  9 
v.  Chr.  bis  5  n.  Chr.,  wahrend  ibre  Nachbarn,  die  Friesen,  mit 
den  Romern  vollig  in  Frieden  lebten,  abgefallen  sein.  Auch 
wurde  ihnen  eine  derbe  Ziichtigung  hierfiir  sicherlich  nicht  er- 
lassen  sein;  dass  aber  eine  solche  an  ihrer  Gesamtheit  jemals 
vollzogen  sein  sollte,  kann  durch  keine  Nachricht  erwiesen 
werden. 

Aus  dem  Umstande,  dass  die  Chauken  an  dem  Aufstande 
gegen  Varus  nicht  beteiligt  waren  und,  unter  der  Fiihrung  des 
Germanicus,  sogar  gegen  die  Bruktern  und  Cherusken  kampften, 
haben  manche,  jedoch  mit  Unrecht,  gefolgert,  dass  zwischen 
diesen  Volksstammen  eine  Stammesfeindschaft  bestanden  haben 
musse.  Denn  von  den  Planen  des  Arminius  im  Jahre  9  n.  Chr. 
haben  die  weitab  wohnenden  Chauken  sicherlich  nichts  erfahren, 
da  es  sich  hierhei  um  eine  Verschworung  handelte,  welche 
rasch  beschlossen  und  ins  Werk  gesetzt  wurde,  und  in  welche 

8* 


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—     116     — 

bei  der  Gef&hrlichkeit  der  Sache  nur  einige  der  n&chsten  und 
zuverl&ssigsten  Nachbarn  eingeweiht  werden  konnten.  Wenn 
sie  aber  in  den  Jabren  15  und  16  n.  Chr.  dem  (Jermanicus 
Hiilfstruppen  stellten,  so  geschah  dies  auch  wohl  nicht  aus 
grosser  Liebe  zu  den  RSmern  und  aus  Feindschaft  gegen  die 
Bruktern  und  Cherusken,  sondern  weil  sie  von  Germanicus 
hierza  in  bestimmter  Weise  aufgefordert  waren.  Bemerkens- 
wert  ist  hierbei  noch  die  Bemerkung*  des  Tacitus  (A.  2, 17), 
dass  die  Chauken,  einer  Nachricht  zufolge,  den  in  der  Schlacht 
bei  Idistaviso  verwundeten  Arminius  durch  ihre  Reihen  hatten 
entschltipfen  lassen. 

Die  kurze  Nachricht  des  Suetonius  (Claud.  24),  dass 
Gabinius  Secundus  unter  der  Regierung  des  Claudius  die  Chauken 
besiegt  und  infolge  davon  den  Beinamen  Cauchius  erhalten 
habe  (Gabinio  Secundo,  Cauchis  gente  germanica  superatis, 
cognomen  Cauchius  usurpare  concessit),  darf  gewiss  nicht  so 
verstanden  werden,  dass  die  Chauken  damals  einen  grossen 
Aufstand  erregt  und  in  ihrem  eigenen  Lande  von  Gabinius 
niedergeworfen  seien,  sondern  muss  wohl  so  gedeutet  werden, 
dass  derselbe  chaukische  Seerauberscharen  am  Niederrhein, 
woselbst  er  Statthalter  war,  zurtickdrangte  und  besiegte,  wie 
dies  einige  Jahre  spater  durch  Corbulo  in  derselben  Gegend 
geschah.  Eben  dieser  Gabinius  wird  als  Publius  Gabinius  zu 
dem  Jahre  41  n.  Chr.  auch  bei  Cassius  Dio  60,  8  erw&hnt,  der, 
wie  es  scheint,  noch  uber  einen  anderen  Sieg  desselben  berichtet, 
woriiber  die  Angabe  so  lautet:  xalxoi  xal  xotixcp  xcj)  ixa  8  %i 
rdlftag  SovXnlxiog  Xdxxovg  IxQdxr/oe  xal  Tloinhog  Ta$lvi% 
MavQovalovg  vixtfoag  xd  xe  dXXa  eidoxlfirjae  xal  dexbv 
oxQaxuoxixbv,  dg  (idvog  iu  naq9  atirolg  ix  tfjg  %ov  OddQW 
oviKpoqag  IjVj  ixofitaato.  In  diesen  Worten  ist  die  Lesart 
Mavgovolovg  oflfenbar  falsch  und  irrttimlicher  Weise  dadurch 
entstanden,  dass  kurz  vorher  von  den  Maurusen  in  Afrika  die 
Rede  ist.  Neuerdings  haben  manche  Gelehrte  die  Meinung  ge- 
aussert,  dass  mit  Rticksicht  auf  die  eben  erwahnte  Stelle 
Sue  tons,  wonach  Gabinius  die  Chauken  besiegte,  bei  Dio 
Xavxovg  zu  schreiben  sei.  Allein  an  die  Chauken,  die  hier  nur 
durch  eine  gewaltsame  Emendation  eingeschoben  werden,  und 
die  sich,  wie  ich  schon  vorhin  bemerkt  habe,  an  der  Varus- 
schlacht  nicht  beteiligten  und  deshalb  bei  dieser  Gelegenheit 


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—     117     — 

auch  keinen  romischen  Adler  erbeutet  haben  konnen,  ist  in 
keiner  Weise  zu  denken.  Naher  liegt  es  doch  jedenfalls,  wie 
schon  Reimarus  annahm,  an  die  Marsen  zu  denken  und  bei 
Dio  MdQoovg  zu  schreiben.  Die  Marsen  haben  sich  ohne  Zweifel 
an  der  Niederlage  des  Varus  stark  beteiligt  und  Hervorragendes 
geleistet,  weshalb  Germanicus  sie  im  Jahre  14  n.  Cbr.  in  grau- 
samer  Weise  tiberfiel.  Bei  der  obigen  Angabe  Dios  aber  handelt 
es  sich  wahrscheinlich  um  einen  im  Jahre  41  von  Galba,  der 
Statthalter  im  oberen  Germanien  war,  und  zu  gleicher  Zeit  von 
Gabinius,  demStatthalter^im  unteren  Germanien,  unternommenen 
kombinierten  Angrifif  auf  die  Chatten  und  die  zwischen  der  Ruhr 
und  Lippe  wohnenden  Marsen,  wie  ein  solcher  gegen  eben  diese 
beiden  Volksst&mme  im  Jahre  15  n.  Chr.  von  Germanicus  und 
Caecina  unternommen  war,  und  vielleicht  stammt  die  Angabe  Dios, 
der  z.  B.  auch  in  den  Nachrichten  uber  den  Feldherrn  Corbulo 
den  Tacitus  als  Quelle  benutzt  zu  haben  scheint,  aus  dem  ver- 
loren  gegangenen  7.  Buche  der  Annalen  des  Tacitus,  wo  die 
von  Dio  erwahnten  Vorfalle  gewiss  benihrt  worden  sind.  Von 
den  romischen  Adlern,  die  in  der  Varusschlacht  verloren  ge- 
gangen  waren,  wurde,  nach  sicheren  Nachrichten,  einer  im 
Jahre  15  im  Lande  der  Bruktern  (Tac.  A.  1,  60),  ein  anderer 
(Tac.  A.  2,  25)  in  dem  Gebiete  der  Marsen  wieder  aufgefunden, 
und  falls  nun  bei  Dio  a.  a.  0.  MdQoovg  zu  lesen  ist,  so  wiirde 
anzunehmen  sein,  dass  der  dritte  und  letzte  Adler  im  Jahre  41 
zum  Vorschein  kam,  und  dass  die  Marsen  im  ganzen  2  Adler 
erbeutet  hatten. 


DritterTeil. 
Ueber  RSmerlager  im  Lande  der  Friesen  und  Chauken. 

Nachdem  ich  im  Vorhergehenden  die  Gebiete  der  Friesen 
und  Chauken,  sowie  die  ihrer  Nachbarn  zu  bestimmen  versucht 
habe,  fiige  ich  hierzu  noch  einige  Untersuchungen  iiber  RSmer- 
lager in  diesen  Gegenden. 

R5mische  Lager,  die  nur  zeitweilig  bestanden,  konnen  in 


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—    118    — 

den  Gauen  der  Friesen  an  mehreren  Stellen  vorhanden  gewesen 
sein ;  von  solchen  aber,  die  eine  langere  Zeit  hindurch  dort  be- 
standen  haben,  ist  in  der  ganzen  alten  Litteratur  nur  ein  einziges 
nachzuweisen,  n&mlich  „castellum  Flevum",  welches  von 
Tacitus  (ann.  4,  72)  bei  der  Erzahlung  tiber  den  Aufstand  der 
Friesen  im  Jahre  23  n.  Chr.  erwahnt  wird.  Ein  einziges,  mit 
einer  Besatzung  versehenes  Castell  war  auch  bei  dem  friedlichen 
Verhaltnis,  in  welchem  die  Friesen  langere  Zeit  hindurch  zu 
dem  rSmischen  Imperium  standen,  vSllig  geniigend.  Leider 
aber  ist  bei  dem  Mangel  an  Nachrichten  nicht  einmal  die  Lage 
dieser  Festung  mit  aller  Sicherheit  zu  bestimmen.  Zwar  hat 
der  Geograph  Ptolem&us  (2.  11,  27)  unter  den  grosseren  Ort- 
schaften  und  Ansiedelungen  in  altgermanischen  Gebieten  auch 
die  Lage  von  QArjotip,  welches,  allem  Anschein  nach,  eine 
Niederlassung  bei  dem  castellum  Flevum  war,  zu  bestimmen 
versucht,  aber  leider  ist  mit  seinen  L&ngen-  und  Breitengraden, 
die  zum  grossten  Teil  nicht  auf  genauen  astronomischen,  sondern 
ziemlich  willkurlichen  Berechnungen  beruhen,  nicht  viel  an- 
zufangen ;  sie  passen  meistens  nur  wie  die  Faust  auf  das  Auge. 
Auch  ist  der  ganze  Kiistenstrich  von  Spanien  an  aufwarts  bei 
Ptolem&us  viel  zu  hoch  hinaufgertickt,  und  infolge  davon  sind 
auch  Ortschaften  und  Kustenfltisse  zu  weit  nach  Norden  ver- 
legt.  Phleum  z.  B.  soil  noch  tiber  54}/2  °  n.  Breite  gelegen  haben, 
wahrend  die  Mundungen  der  Ems  und  Weser  unter  55  °  gesetzt 
werden.  Mit  Rticksicht  auf  den  Namen  aber  lasst  sich  mit 
aller  Sicherheit  annehmen,  dass  das  castellum  Flevum,  wo 
nach  der  Angabe  des  Tacitus,  bis  zur  Zerstorung  desselben 
durch  die  Friesen  im  Jahre  28  n.  Chr.,  eine  nicht  zu  verachtende 
Mannschaft  von  romischen  Biirgern  und  Bundesgenossen  die 
Ktisten  des  Oceans  beschtitzte,  nirgends  anderswo  gelegen  hat 
als  an  dem  Seengebiete,  welches  nach  Pomponius  Mela  den 
Namen  lacus  Flevo  ftihrte.  In  eben  diese  Gegend  fiihrt  uns 
auch  die  Nachricht  tiber  die  Belagerung  dieses  Kastells.  (Tac. 
ann.  4,  72) 

Die  Friesen  standen  seit  der  Zeit  des  Drusus,  der  im 
Jahre  12  v.  Chr.  (Dio  54,  22)  mit  einer  Flotte  und  einem  Land- 
heer  an  ihr  Gebiet  herangekommen  war,  in  einem  friedlichen 
Verhaltnisse  zu  den  Romern  und  mussten  jahrlich,  zum  Bedarf 
ftir  die  romischen  Soldaten,  eine  Anzahl  Rinderhaute  als  Tribut 


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—    119    — 

liefern,  woraus  sich  ergiebt,  dass  Ackerbau  und  Viehzucht  vor 

mehr  als  neunzehnhundert  Jahren  schon  stark  bei  ihnen  be- 

trieben  wurden.    Zu  der  Zeit  aber,  als  Lucius  Apronius  Statt- 

halter  am  Niederrhein  war,  wollte  Olennius,   der  damals  als 

Oberbefehlshaber  in  Friesland   stand,   sogar  die  GrSsse  dieser 

Haute  bestimmen  und  nahm  als  Massstab   eine  grosse  Biiffel- 

haut,   deren   Umfang   die  zu  liefernden  Haute  haben  sollten. 

Da  aber  die  Friesen  diesem  Gebote  nicht  nachkommen  konnten, 

weil   die    Haute    ihres    Viehs    viel    kleiner    waren,    so    nahm 

Olennius  ihre  Rinder  und  Aecker  in  Beschlag  und  liess  Frauen 

und  Kinder  als  Sklaven  abfuhren.    Hieniber  emp5rt,  beschlossen 

die  Friesen  das  romische   Joch   abzuschutteln.     Sie   ergrifien 

daher  die   romischen   Soldaten,   welche   das   Einsammeln   der 

Haute    besorgen    sollten,    und    kniipften   sie  -am    Galgen   auf. 

Olennius  fliichtete  noch  zu  rechter  Zeit  in  das  Kastell  Flevum, 

welches  nun  von  den  Friesen   belagert   wurde.     Da    aber   die 

Belagerung  ohne  Erfolg  war,  so  zogen  sie  sich,  um  ihr  Besitz- 

tum  zu  schiitzen,  zurtick.    Auf  die  Nachricht  hiervon  zog  der 

Statthalter  Apronius,    der  wahrscheinlich  seinen  Sitz  in  K51n 

hatte,   ein  grosseres,   aus  Reiterei  und  Fussvolk  bestehendes 

Herr  zusammen  und  fuhr  den  Rhein  hinab,  wahrscheinlich  durch 

die  fossa  Drusiana,  nach   dem   friesischen  Gebiete.    Hier  liess 

er  die   zunachst   liegenden   aestuaria,    d.  h.    niedrig   gelegene 

Stellen,   welche   gewohnlich   trocken  lagen,  bei  hohen  Fluten 

aber  tiberschwemmt  wurden,  mit  Dammen  und  Briicken   ver- 

sehen,   um   die  schwere  Heeresabteilung  hinuberzufuhren,  und 

ging  dann  sogleich  zum  Angriff  liber,  wobei  sich  besonders  die 

5.  Legion,  die  aus  dem  Standquartier  in  Vetera  herbeigefuhrt 

war,   hervorthat.    Die  Friesen  wurden   zwar    zurtickgedrangt, 

aber  Apronius  zog  nicht  weiter  zur  Verfolgung  aus ;  ja,  er  liess 

nicht   einmal  die  Leichen   bestatten,    obgleich   viele  von   den 

Tribunen,    Prafecten    und    angesehenen   Centurionen    gefallen 

waren,    und  bald  nachher  erfuhr  man  von  Ueberlaufern,  dass 

900  R5mer  in  dem  heiligen  Hain  der  Baduenna  —  dies  ist,  wie 

Miillenhoff  annahm,  die  richtigere  Form  fiir  Baduhenna  —  er- 

schlagen  seien,  und  dass  400  Romer,  die  sich  um  das  Gehoft 

des  Kruptorix,  eines  ehemaligen  romischen  Soldners,  gefliichtet 

hatten,  sich  selbst  umgebracht  hatten.    Es  war  dies  also  eine 

schmahliche   Niederlage:   eine  Niederlage,   wie  sie   die  Romer 


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—     120    — 

seit  der  Zeit  des  Varus  nicht  wieder  erlebt  hatten,  und  durch 
diese  That  wurde  der  Name  der  Friesen,  wie  Tacitus  bemerkt, 
unter  den  Germanen  beriihmt.  Der  Kaiser  Tiberius  aber  hielt 
es  nicht  fur  n5tig,  diese  Schmach  zu  r&chen  und  einen  Krieg, 
dessen  Ausgang  unsicher  war,  fortzusetzen. 

Nach  dieser  Sachlage  ergiebt  sich  offenbar,  wie  verkehrt 
es  ist,  wenn  z.  B.  Menso  Alting  (Notitia  infer.  Germaniae, 
Amstelaedami  1697),  nach  den  unsicheren  Gradbestimmungen 
des  Ptolemaus  das  Kastell  Flevum  an  die  Ostseite  der  Hunse 
verlegt,  oder  wenn  andere  dasselbe  an  die  Ems  oder  gar  in 
das  Gebiet  verlegen,  welches  jetzt  unter  den  Fluten  des  Dollart 
liegt  (vergl.  z.  B.  Fiedler,  Geschichten  und  Alterttimer  des  unteren 
Germaniens,  I,  51).  Denn  wenn  sich  Apronius  mit  seinem 
Heere  so  weit  vorgewagt  h&tte,  so  ware  bei  der  furchtbaren 
Erbitterung  der  Friesen  sicherlich  kein  Soldat  des  romischen 
Heeres  wieder  an  den  Rhein  zuruckgekommen.  Aller  Wahr- 
scheinlichkeit  nach  ist  er  aber  nicht  weiter  gekommen,  als  in 
den  siidlichen  Teil  des  Gaues,  welcher  spater  Westergo  hiess, 
sowie  in  die  Gaue  Suthergo  und  Waldago,  und  aus  dem  Um- 
stande,  dass  Olennius  sich  noch  in  das  Kastell  Flevum  retten 
konnte,  ergibt  sich  jedenfalls,  dass  der  Kampfplatz  nicht  sehr 
weit  von  diesem  Kastell  entfernt  lag.  Eben  so  unannehmbar 
und  hinfallig  wie  die  eben  erwahnten  Vermutungen  sind  auch 
noch  einige  andere,  welche  ich  der  Vollstandigkeit  wegen  noch 
erwahnen  will.  Ottema  (De  vrije  Fries,  Leeuwarden  1846, 
Vierde  deel,  S.  120)  meint,  dass  das  genannte  Kastell  auf  der 
Westseite  des  Fli  gelegen  habe,  wo  der  Ortsname  Castricum 
(in  Nordholland,  S.  von  Alkmaar)  auf  einen  alten  Lagerplatz 
hindeute,  allein  dieser  Ort  heisst  urkundlich  zum  Jahre  993 
Castrichem,  1083  Kasterchem,  1231  Casterkem,  und  dies  muss 
gedeutet  werden  als  der  Wohnplatz  des  Kastrick,  Kasterk. 
Noch  andere  vermuten,  dass  das  Kastell  auf  der  Insel  Vlieland 
oder  auf  der  Insel  Urk  gelegen  habe,  und  Bartels  (Emder 
Jahrbuch,  Bd.  3,  Heft  1.  Emden  1878)  setzt  dasselbe  auf  einer 
Karte  in  die  Nahe  von  Katwijk,  NW.  von  Leiden.  Neuerdings 
hat  Jakel  (Die  Grafen  von  Mittelfriesland,  Gotha  1895)  auf 
einen  Ort  Fie  (Flhe)  hingewiesen,  der  urkundlich  zu  den  Jahren 
1200  und  1298  erwahnt  wird  und  in  einem  untergegangenen 
Teile  des  friesischen  Westergo  gelegen  zu  haben  scheint,  und 


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—     121     — 

nimmt  an,  dass  Drusus,  um  der  romischen  Flotte  den  Wasser- 

weg  zur  Nordsee  zu  sichem,  in  der  N&he  dieser  Niederlassung 

das  Kastell  Flevum  erbaut  habe.     Diese  Annahme  ist  jeden- 

falls  besser  begrtindet  als  alle  bisherigen  Vermutungen.    Frei- 

lich  ist  das  Vorhandensein  eines  kleinen  Dorfes,  namens  Fie, 

noch  kein  ganz  sicherer  Beweis  dafur,   dass  hier  das  Kastell 

Flevum  gelegen  haben  muss.    Da  aber  der  Name  dieses  Kastells 

jedenfalls  in  Zusammenhang  mit  dem  See  Flevo  stehen  muss, 

der  sich  siidlich  von  der  Gegend,   wo  jetzt  Staveren  liegt,  in 

dem   siidlichen,    spater   stark   erweiterten   Teile   der  jetzigen 

Zuiderzee  befand,  und  da  sich  hier  spater  noch  eine  Oertlich- 

keit  vorfand,  die  an  den  Namen  dieses  Sees  ebenfalls  erinnert, 

so  ist  die  Vermutung  Jakels  ohne  Zweifel  annehmbar.    Hiernach 

kann  denn  auch  die  Landung  der  Romer  im  Jahre  28  n.  Chr. 

in  eben  dieser  Gegend  stattgefunden  haben,  wahrend  sich  die 

damals  erfolgte  Niederlage  derselben  in  den  weiter  ostwarts 

von  Staveren  befindlichen  Gegenden  ereignet  zu  haben  scheint. 

Seit  dem  Jahre  28  n.  Chr.  blieben  die  Friesen  l&ngere  Zeit 

von  den  Romern  unbelastigt.     Unter  der  Regierung  des  Kaisers 

Claudius  aber  (41—54),  erschien  am  Niederrhein  der  Statthalter 

Corbulo  zu  der  Zeit,  als  chaukische  Scharen  unter  der  An- 

fuhrung  des  Gannask  (Gannascus)  am  Niederrhein  und  in  Gallien 

eingefallen  waren  und  Raubereien  vertibt  hatten  (Tac.  ann.  11, 

18  fg.).     Corbulo  stellte  ihnen  auf  dem   Rhein  Triremen  ent- 

gegen  und  entsandte  andere  Schiffe  durch  die  Aestuarien  und 

Kanale  (per  aestuaria  et  fossas),  und  mit  Hiilfe  seiner  Flotte, 

durch  welche  er  die  leichten  Schiffe  der  Chauken  zerstorte, 

drangte  er  die  Angreifer  zurtick,  und  ihr  Anfiihrer  floh  in  das 

Gebiet  der  grosseren  Chauken.     Durch  diese  Erfolge  ermutigt 

und  von  tiberlegenen  Streitkraften  unterstiitzt,  entschloss  sich 

Corbulo,  seinerseits  gegen  die  Friesen  und  Chauken  vorzugehen, 

und  zwar  mit  der  Absicht,  nicht  bloss  das  friihere  Verhaltnis 

wieder  herzustellen,  sondern  vielmehr  die  Gebiete  beider  Volks- 

st&mme   in   die   Form   einer   romischen   Provinz   zu   bringen. 

Nachdem  er  dann  zunachst  die  alte,  in  Verfall  geratene  Kriegs- 

zucht  unter  seinen  Legionen,   die  der  Arbeit  entwohnt  waren 

und  sich  an  Pliinderungen  ergotzten,  mit  aller  Strenge  wieder 

hergestellt  hatte,  zwang  er  zuerst  die  Friesen,  die,  wie  Tacitus 

sagt,  seit  der  Niederlage  des  Apronius  ein  feindliches  und  un- 


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—     122     — 

zuverlassiges  Volk  waren,  zur  Stellung  von  Geiseln,  errichtete 
einen  Senat,  dessen  Sitz  oder  Versammlungsort  leider  nicht  ge- 
nannt  wird,  und  setzte  ihre  Grenzen  fest.    Desgleichen  ernannte 
er  Verwaltungsbeamte,  gab  Gesetze  und  legte  eine  Besatzung 
in  ihr  Land.    Hierauf  beschloss  er  auch  die  Unterwerfung  der 
Chauken  und  schickte  Gesandte  aus  zu  den  grosseren  Chauken, 
welche  diese  zur  Unterwerfung  auffordern  sollten,  und  zugleich 
mit  dem  Auftrage,  den  Freischarenfuhrer  Gannask,  der  sich  zu 
ihnen  gefltichtet  hatte,   aufzusuchen   und   durch   List   zu  be- 
seitigen,   was   Tacitus   einem   Ueberlaufer   und   Treubnichigen 
gegentiber  fur  ein  durchaus  gerechtes  Verfahren  erklart.    Durch 
die  Ermordung  dieses  Mannes  aber  wurden   die  Chauken  so 
erbittert,  dass  ein  allgemeiner  Aufstand  derselben  in  Aussicht 
stand.    Schon  hatte  Corbulo  den  Plan  gefasst,  in  ihrem  Gebiete 
ein  Lager  zu  errichten,   als  plotzlich  Kaiser  Claudius  den  Be- 
fehl   erteilte,    die  Besatzungen   unverztiglich  tiber  den  Rhein 
zurtickzuziehen  und  von  jedem  ferneren  Angriffskriege   gegen 
die  Germanen  abzustehen.    Voll  Missmut  und  nachdem  er  bei 
Empfang  dieser  Nachricht  weiter  nichts  gesagt  hatte  als:  „0 
die   ehemals  glticklichen  romischen  Feldherrn!11  (vergl.  ausser 
Tacitus  auch  C.  Dio),  verliess  Corbulo  die  friesischen  Gaue,  wo 
er  so  grossartige  Plane  auszufiihren  gedacht  hatte,  und  kon- 
zentrierte  sich  riickwarts   nach   dem  Niederrhein   hin,   wo  er 
fortan  noch  eine  Zeit  lang  seine  Stellung  behauptete  und  sich, 
um  noch  einige  Spuren  seiner  Thatigkeit  zu  hinterlassen,  einer 
friedlicheren  Beschaftigung  hingab.    Er  liess  namlich,  um  nicht 
seine  Soldaten  in  trager  Ruhe  verkommen  zu   lassen  und  um 
die  vielfachen  Ueberschwemmungen  in  dem  Mundungsgebiete 
des   Rheins    zu  verhindern,   zwischen   dem    Rhein,    d.  h.    dem 
eigentlichen  Rhein,   dessen   Mundung   nach   Ptolemaus  in  der 
Nahe  von  Lugdunum  Batavorum  lag,  und  der  Maas  einen  langen 
Kanal    graben,    der    nach    ihm    fossa   Corbulonis   genannt 
wurde.    Nach  der  gewohnlichen  Annahme  hatte  dieser  Kanal 
ungefahr  die  Richtung  wie  der  jetzige  Wasserlauf,  welcher  sich 
unter  dernNamenFliet  von  Leiden  in  siidlicher  Richtung  erstreckt. 
Zu  der  Annahme,  dass  die  Wachtposten  und  Lager   der 
Romer   bis   in   die   Gegend   von  Groningen   vorgeriickt   sein 
sollten,  oder  dass  Corbulo,  wie  Wenzelburger  (Geschichte  der 
Niederlande  1,  11)   u.  a.  annehmen,   an  der   Stelle,    wo   jetzt 


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—    123    — 

Groningen  liegt,  ein  romisches  Kastell  angelegt  habe,  sind  wir 
nach  den  Angaben  der  alten  Schriftsteller  nicht  berechtigt.  Die 
jetzigo  Stadt  Groningen  ist  nach  und  nach  aus  der  auf  altsach- 
sischem  Boden  erbauten  villa  Gruoninga  (Cruoninga,  Groninga) 
entstanden.  Das  Kastell  Flevum  aber,  welches  in  den  Nachrichten 
fiber  Corbulo  nicht  erwahnt  wird,  ist  von  den  Friesen  wahrschein- 
lich  bald  nach  der  Niederlage  des  Apronius  zerst6rt  worden. 

Seit  dem  Abzuge  des  Corbulo  aus  Friesland  im  Jahre  47 
n.  Chr.  bildete  der  eigentliche  Rhein,  welcher  auf  der  Nordseite 
der  batavischen  Insel  dem  Meere  zufloss,  im  allgemeinen  die 
Grenze  des  romischen  Reiches  an  der  germanischen  Kuste,  und 
romische  Feldherrn  sind  seitdem  nicht  wieder  mit  ihren  Heeren 
in  den  friesischen  Gebieten  erschienen.  Zwar  werden  noch  in 
spaterer  Zeit  Kampfe  der  Romer  mit  den  Friesen  und  Chauken 
erwahnt,  aber  alle  diese  Begebenheiten  fanden  am  Niederrhein 
statt.  Hier  aber,  wo  sich  romische  Militarstrassen,  z.  B.  von 
Vetera  nach  dem  batavischen  Lugdunum,  sowie  eine  ganze 
Reihe  von  Kastellen  und  befestigten  Platzen  befanden,  unter 
welchen  freilich  von  Zeit  zu  Zeit,  z.  B.  bei  der  Emporung  des 
Civilis,  durch  die  Germanen  stark  aufgeraumt  wurde,  hat  die 
romische  Herrschaft  noch  lange  weiterbestanden.  Ein  Teil  der 
Friesen,  namlich  die  westwarts  vom  Flistrom  wohnenden 
Frisii  minores,  welche  man  als  die  Westfriesen  der  romischen 
Zeit  bezeichnen  kann,  sowie  die  Kannenefaten  scheinen  noch 
langere  Zeit  in  Abhangigkeit  von  Rom  geblieben  zu  sein  (vergl. 
Mommsen,  R.  G.  5,  115).  Im  Jahre  58  n.  Chr.  wurden  auch  noch 
die  Amsivaren,  und  kurze  Zeit  vorher  einige  Mannschaften  der 
Friesen,  welche,  wie  es  scheint,  aus  dem  damals  freien  Ost- 
friesland,  d.  h.  dem  Gebiete  zwischen  dem  Flistrom  und  der 
Ems,  aus^ewandert  waren,  aus  demRheinufer strich  zwischen 
dem  Rhein,  der  Yssel  und  der  Lippe  mit  Gewalt  zurtickgetrieben 
(Tac.  ann.  13,  54  fg.).  Die  batavische  Insel  war  erst  etwa  seit 
dem  Jahre  295  durch  den  immer  machtiger  werdenden  Andrang 
der  salischen  Franken  fur  die  Romer  verloren,  und  einige 
spatere  Versuche,  sie  wiederzugewinnen,  waren  vergebens  (vergl. 
Zeitschr.  des  Aachener  Geschichtsvereins,  Bd.  4  S.  219).  Im 
Anfange  des  5.  Jahrhunderts  aber  gab  Stilicho  den  Befehl,  alle 
Truppen  aus  den  Rheingegenden  zuruckzuziehen. 

Dass   Germanicus,   ehe   er  im   Jahre  15  n.  Chr.   seine 


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Fahrt  nach  der  Ems  hin  unternahm,  in  Friesland  ein  Lager 
hatte,  erfahren  wir  aus  einer  Nachricht  des  Plinius.  Dieser  meldet 
namlich  (H.  N.  25,  6)  an  einer  Stelle,  wo  er  die  Eigenschaften 
einer  Pflanze,  namens  herba  Britannica,  erklart,  folgendes: 
„Zu  der  Zeit,  als  Germanicus  C&sar  sein  Lager  uber  den  Rhein 
vorgeschoben  hatte,  fand  man  in  einem  am  Meere  gelegenen 
Bezirk  (maritimo  tractu)  eine  einzige  Quelle  mit  sussem  Wasser, 
und  wer  daraus  getrunken  hatte,  dem  fielen  innerhalb  zwei 
Tagen  die  Zahne  aus,  und  die  Sehnen  der  Kniee  15sten  sich . . . 
Die  Friesen,  welche  damals  treu  waren,  und  in  deren  Lande 
sich  das  Lager  befand,  wussten  Rat  gegen  das  Leiden  und 
zeigten  den  R6mern  die  genannte  Pflanze."  In  betreff  der 
Lage  dieses  Lagerplatzes  drtickt  sich  Plinius  ebenso  unbestimmt 
aus,  wie  bei  vielen  anderen  Angaben  tiber  die  Nordseegegenden 
und  den  europaischen  Norden.  Wie  es  scheint,  liess  Germanicus 
in  dem  genannten  Jahre  in  dem  nordlichen  Teile  der  jetzigen 
Provinz  Friesland  ein  grosses  Marschlager  errichten,  welches 
zu  einem  Sammelplatze  bestimmt  war,  sowohl  bei  der  Abfahrt 
nach  der  Ems,  wie  bei  der  Rilckkehr  von  da,  und  zwar  an 
einer  Stelle,  wo  die  Schiffe  in  einem  Kiistenflusse  sicher  vor 
Anker  liegen  konnten,  und  hierbei  darf  man  wohl  an  das  Ge- 
wasser  denken,  welches  seit  dem  8.  Jahrhundert  als  Grenz- 
scheide  zwischen  den  friesischen  Gauen  Westergo  und  Ostergo 
unter  den  Namen  Bordne,  Bordena,  Burdine,  Borndiep  hervor- 
tritt  und  spater  an  seiner  Mfindung  eine  breite  Seebucht  bildete. 
In  dieser  Gegend  schlug  auch  Karl  Martell  ein  Lager  auf,  als 
er  im  Jahre  734  zum  Kampfe  gegen  den  friesischen  Herzog 
Bobbo  (Poppo)  auszog,  und  ebenso  erzahlt  Willibald  in  der 
vit.  Bonif.  (SS.  2,  350),  Bonifacius  habe  mit  seinen  Begleitern 
im  Jahre  755  seine  Zelte  aufgeschlagen  secus  ripam  fluminis 
Bordne.  —  Nach  diesem  Lagerplatze  begab  sich  wahrscheinlich 
auch  Germanicus,  als  er  im  Jahre  16  n.  Chr.  die  Sturmflut  an 
der  Mtindung  der  Ems  tiberstanden  und  einige  Tage  an  der 
chaukischen  Kiiste  und  wahrscheinlich  auch  in  der  Hutte  eines 
Chauken  verweilt  hatte,  und  sandte  von  hieraus,  ehe  er  an 
den  Rhein  zurtickkehrte,  Schiffe  aus,  um  wo  moglich  noch 
einige  traurige  Reste  seiner  vordem  gewaltigen  Flotte  auf- 
zusuchen  und  hier  und  da  Schiffbrtichige,  die  zum  Teil  nach 
weit  entfernten  Inseln  verschlagen  waren,  aufzunehmen.    Denn 


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von  der  Stelle  aus,  wohin  er  als  hiilfloser  Schiffbriichiger  mit 
seiner  Trireme  und  wenigen  Begleitem  verschlagen  war  (Tac. 
ann.  2,  24),  konnte  er  einen  solchen  Befehl  nicht  ergehen 
lassen.  —  Nach  eben  dieser  Gegend  war  im  vorhergehenden 
Jahre  (15  n.  Cbr.),  nach  Beendigung  des  Feldzuges,  wahrschein- 
lich  auch  Vitellius  beordert,  als  er  den  Auftrag  erhalten  hatte, 
die  zweite  und  vierzehnte  Legion  zunachst  auf  dem  Landwege 
weiter  zu  fuhren,  damit  die  Schiffe  in  dem  wattenreichen  Meere 
rascher  fortkommen  und  zur  Zeit  der  Ebbe  sicberer  liegen 
konnten  (Tac.  ann.  1,  70  fg.).  Knoke  (Die  Kriegsziige  des  Ger- 
manicus,  S.  283)  ist  der  Ansicht,  Vitellius  habe  seinen  Marsch 
nicht  von  der  Ems  aus  durch  das  Groninger  Gebiet  angetreten, 
sondern  eine  Rekognoszierung  nach  derWeser  hin  unternommen, 
wahrend  Germanicus  eine  solche  zur  See  ausgefilhrt  und  dann 
die  Legionen  des  Vitellius  an  der  Weser  aufgenommen  habe. 
Diese  Annahmc  steht  aber  mit  den  Angaben  des  Tacitus  in 
Widerspruch.  Dieser  deutet  n&mlich  bestimmt  an,  dass  das 
Gesamtheer  im  Jahre  15  auf  dem  Rttckmarsche  nach  der  Ems 
zuruckgefuhrt  wurde;  denn  nur  so  konften  die  Worte  „Mox 
reducto  ad  Amisiam  exercitu"  verstanden  werden.  An  irgend 
einem  Punkte  der  Ems,  der  aber  von  der  Mtindung  noch  sehr 
weit  entfernt  sein  konnte,  wurde  dann  in  betreff  der  Flotte 
beschlossen,  dass  diese  nur  einen  Teil  der  Legionen  aufnehmen 
sollte,  und  Vitellius  erhielt  den  Auftrag,  die  zweite  und  vier- 
zehnte Legion  zunachst  zu  Lande  weiter  zu  fiihren,  damit  die 
Schiffe  nicht  zu  sehr  belastet  wtirden.  Vitellius  zog  also 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  an  der  Ems  abw&rts  und  ge- 
langte,  nachdem  er,  wahrscheinlich  in  dem  nordlichen  Teile 
der  jetzigen  Provinz  Groningen,  durch  eine  Sturmflut  grosse 
Verluste  erlitten  hatte,  zuletzt  zu  dem  Flusse,  wohin  Germanicus 
mit  einem  Teile  der  Flotte  vorausgeeilt  war,  und  der  ihm  im 
voraus  als  die  Stelle  bezeichnet  war,  wo  er  sich  mit  seinen 
Mannschaften  zur  Einschiffung  einstellen  sollte.  Hierbei  ist 
freilich  die  Lesart  „penetratumque  ad  amnem  Visurgin"  vollig 
unbrauchbar.  Menso  Alting  (1,  129  a.  a.  0.)  meint,  dass  statt 
Visurgin  zu  lesen  sei  Unsingin,  und  dass  hiermit  der  Fluss 
Hunse  gemeint  sei,  allein  mit  Unrecht.  Denn  diese  Bezeichnung 
ist  gar  nicht  nachzuweisen,  und  sie  ist  schon  insofern  nicht 
annehmbar,   als   die   Endung  — ing   in    altgermanischen    und 


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deutschen  Flussnamen  gar  nicht  vorkommt.  Sprachlich  un- 
mdglich  ist  auch  die  Erklatrung  von  Bartels  (Emder  Jahrbuch, 
Bd.  3,  S.  14),  welcher  annimmt,  dass  Visurgis,  im  Gegensatz  zu 
einem  kleinen  Abfluss  der  Ems,  namens  Ehe,  welcher  ehemals 
von  Weener  aus  durch  das  Reiderland  floss,  so  viel  wie 
Wester— a  oder  Westfluss  bedeuten  konne,  und  dass  hiermit 
die  Hunse  gemeint  sei.  Der  Name  dieses  Flusses,  welcher 
ubrigens  schon  seit  mehr  als  dreihundert  Jahren  nicht  mehr 
in  Gebrauch  ist  und  seitdem  die  Namen  Schuitendiep  und 
Reitdiep  erhalten  hat,  heisst  in  altester  Form  in  der  Chronik 
von  Wittewierum  zum  Jahre  1250  und  1257  Hunesa.  Ferner 
ist  es  nicht  wahrscheinlich,  dass  Vitellius  nur  bis  an  die 
Hunse  gezogen  sein  sollte,  welche  ihren  Abfluss  in  die  jetzige 
Lauwers-See  hatte;  denn  dann  ware  die  Absicht,  die  Schiffe 
ohne  die  Legionen  durch  die  gefahrlichen  Stellen  an  der  Kiiste 
fahren  zu  lassen,  nur  teilweise  erreicht  worden.  Richtiger  ist 
es  wohl,  anzunehmen,  dass  Vitellius  beordert  war,  nach  dem 
Ktistenflusse  zu  marschieren,  in  dessen  Nahe  sich  das  von  mir 
angenommene  Lager  des  Germanicus  befand.  Ich  nehme  ausser- 
dem  mit  Lipsius  u.  a.  an,  dass  bei  Tacitus  ursprfinglich  ad 
amnem  V  id  rum  gestanden  hat,  und  dass  ein  Abschreiber  fur 
diesen  ihm  unbekannten,  aber  jedenfalls  nicht  unrichtig  ge- 
bildeten  Namen,  dessen  germanische  Stammform  an  das  alt- 
friesische  wettir,  wittir  (d.  i.  Wasser)  zu  erinnern  schoint, 
irrtumlicher  Weise  Visurgim  gesetzt  hat.  Der  Vidrus,  welcher, 
nebenbei  bemerkt,  mit  dem  Namen  der  westfalischen  Vecht, 
auf  welchen  manche  hinweisen,  durchaus  nicht  in  Zusammen- 
hang  steht,  wird  zwar  ausdrucklich  nur  von  Ptolemaus  2,  11, 1 
erwahnt,  aber  jedenfalls  ist  er  von  ihm  nicht  erdacht,  und  er 
war  zugleich  von  solcher  Bedeutung,  dass  Ptolemaus  ihn  neben 
den  anderen  grosseren  Kustenfliissen  in  dieser  Gegend  mathe- 
matisch  zu  bestimmen  versucht  hat.  Ueber  die  Reihenfolge 
dieser  Wasserztige  bemerkt  er:  Hinter  den  Ausfliissen  des 
Rheins  folgen  die  Mundungen  des  Vidrus,  der  Hafen  Manarmanis, 
die  Ausfltisse  der  Ems,  Weser  und  Elbe.  Der  Vidrus  aber  kann 
hiernach  kein  anderer  Fluss  sein  als  das  vorhin  erwahnte,  ira 
Mittelalter  als  Bordena,  Borndiep  u.  s.  w,  bezeichnete  Gew&sser, 
wahrend  der  Hafen  Manarmanis  an  der  jetzigen  Lauwers-See 
gelegen  zu  haben  scheint. 


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Die  Behauptung  Schierenbergs  (Die  R8mer  im  Cherusker- 
lande,  Frankfurt  1862  S.  12),  dass  das  Winterlager  zweier 
Cohorten  (hiberna  castra  duarum  cohortium),  welches  von 
Tacitus  (H.  4,  15)  in  der  Erzahlung  tiber  den  Aufstand  des 
Civilis  erwahnt  wird,  im  Lande  der  Friesen  gelegen  habe, 
kann  nicht  als  richtig  anerkannt  werden.  Dies  Lager,  welches 
von  den  Aufstandischen  von  der  Seeseite  her  angegriffen  wurde, 
muss  vielmehr  in  der  Nahe  der.ehemaligen  Rheinmundung  und 
nicht  weit  von  dem  batavischen  Lugdunum  gelegen  haben, 
wahrscheinlich  im  Gebiete  der  Kannenefaten.  In  dem  Ge- 
biete  dieses  Volksstammes,  welcher  zu  den  Romern  in  einem 
ahnlichen  Verhaltnisse  stand,  wie  die  Bataven,  indem  er  nur 
Mannschaften  zu  stellen  brauchte,  aber  von  Abgaben  frei  war, 
fing,  unter  Mitwissen  des  Civilis,  im  Jahre  69  die  Emporung 
an  und  verbreitete  sich  in  kurzer  Zeit  tiber  das  ganze  Gebiet 
der  Bataven,  welches  sich,  wie  ich  schon  oben  bemerkt  habe, 
auch  uber  ihre  Insel  hinaus  ausdehnte,  und  bald  darauf  ent- 
stand  eine  allgemeine  Bewegung  der  auf  beiden  Seiten  des 
Rheins  wohnenden  Germanen.  Der  zum  Anftihrer  gewahlte 
Brinno,  welcher  aus  einer  Ethelingsfamilie  der  Kannenefaten 
stammte,  rief  die  Friesen  aus  dem  benachbarten  Gegenden 
herbei,  und  nun  griffen  die  vereinigten  Bataven,  Kannenefaten 
und  Friesen  das  genannte  Winterlager  an.  Dasselbe  wurde 
sogleich  erobert  und  zerstort.  Auch  wurden  die  romischen 
Marketender  und  Lieferanten,  welche  sich  dort  aufhielten,  iiber- 
fallen.  Die  in  der  Nahe  des  Winterlagers  befindlichen  Kastelle 
aber  wurden,  weil  sie  unhaltbar  waren,  von  den  Lager- 
prafekten  selbst  angeztindet,  und  hierauf  zog  sich  der  Rest 
der  romischen  Mannschaften,  unter  Mitnahme  der  Feldzeichen 
und  Fahnen,  nach  dem  oberen,  d.  h.  ostwarts  gelegenen  Teile 
der  Insel  zuriick,  wo  sie  noch  eine  Zeit  lang  unter  Anfiihrung 
des  Primipilars  Aquillius  standhielten.  Nachdem  aber  die 
Cohorte  der  Tungern  mit  ihren  Fahnen  zu  Civilis  tibergegangen 
war,  wurde  auch  diese  Mannschaft,  welche,  wie  Tacitus  bemerkt, 
mehr  dem  Namen  als  der  Starke  nach  ein  Heer  gewesen  war, 
weil  Vitellius  den  Kern  derselben  weggefuhrt  hatte,  tiberwaltigt, 
und  zu  gleicher  Zeit  wurde  die  ganze,  aus  24  Schiffen  be- 
stehende  Flotte,  auf  welcher  viele  Bataven  als  Ruderknechte 
dienten,  erobert.    Die  auf  der  Insel  befindlichen  Romer  aber 


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wurden  teils  getOtet,  teils  vertrieben  (Tac.  H.  4,  16).  Wahrend 
sich  nun  die  stidwarts  der  batavischen  Insel  wohnenden  Volks- 
st&mme,  mit  Ausnahme  der  Gugern,  anfangs  von  dem  Unter- 
nehmen  des  Civilis  fern  hielten,  schlossen  sich  den  vereinigten 
Bataven,  Kannenefaten  und  Friesen  alsbald  auch  einzelne 
Scharen  der  Chauken  an,  und  ebenso  schickten  die  Bruktern 
und  die  zwischen  der  Ruhr  und  Sieg  wohnenden  Tenktern 
Hiilfsmannschaften.  Desgleichen  erhoben  sich  im  allgemeinen 
Interesse  die  Chatten,  Usipeten  und  Mattiaken  und  zogen, 
wahrend  Civilis  Vetera  belagerte,  zur  Belagerung  von  Mainz 
aus.  Da  aber  dieser  Versuch  misslang,  so  kehrten  sie  alsbald 
zuruck  und  begntlgten  sich  damit,  Beute  gemacht  zu  haben. 
Die  Kannenefaten  dagegen  stellten  nicht  bloss  Mannschaften, 
sondern  verteidigten  auch  die  Kuste,  als  hier  romische  Schiffe 
von  Britannien  herankamen,  um  die  Bataven  von  der  Seeseite 
her  anzugreifen.  Die  meisten  dieser  Schiffe  wurden  von  ihnen 
versenkt  oder  in  Besitz  genommen  (Tac.  H.  4,  79).  Die  14. 
Legion  aber,  welche  ebenfalls  zu  Schiffe  aus  Britannien  heruber- 
gekommen  war,  wurde,  nachdem  sie  den  Kannenefaten  ent- 
gangen  war,  an  der  flandrischen  Kuste  ans  Land  gesetzt  und 
gegen  die  Nervier  und  Tungern  gefuhrt.  Von  festen  Platzen 
werden  von  Tacitus  in  der  Erzahlung  uber  diesen  Aufstand 
Trier,  Mainz,  Bonn,  Koln,  Neuss  (Novesium),  Gellep  (Gelduba), 
Asberg  (Asciburgium)  und  Vetera  genannt.  Der  Ort  Vetera 
wurde,  nachdem  das  Kastell  bei  der  zweiten  Belagerung  des 
Civilis  im  Jahre  71  ganzlich  zerstort  war,  spater  zwar  wieder 
aufgebaut,  verlor  aber  von  dieser  Zeit  an  als  Milit&rstation 
seine  Bedeutung.  An  die  Stelle  dieses  Lagers  trat  bald  nachher 
das  in  der  Nahe  befindliche  und  von  Trajan,  der  unter  der  Re- 
gierung  des  Nerva  vor  dem  Jahre  98  Statthalter  am  Rhein 
war,  gegriindete  Lager,  welches  den  Namen  castra  Ulpia  und 
Tricensimae  fiihrte.  Ausser  den  vorhin  genannten  Lagerplatzen 
werden  bei  Tacitus  nebenbei  noch  erwahnt  Arenacum,  Batavo- 
durum,  Grinnes  und  Vada.  Arenacum  war  nicht,  wie  man 
friiher  annahm,  Arnheim,  sondern  lag  an  der  Stelle  des  jetzigen 
Dorfes  Rindern  im  Regb.  Diisseldorf  (vergl.  Dederich,  Geschichte 
der  R5mer  u.  s.  w.  S.  36).  Batavodurum,  welches  ausserhalb 
der  batavischen  Insel,  am  linken  Ufer  der  Waal  lag,  hiess  nach 
der   Zerstorung   durch   Civilis   Noviomagus    (jetzt    Nimwegen, 


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niederl.  Nijmegen).  Grinnes  und  Vada,  zwei  Lagerplatze  von 
Kohorten  und  Reitern  (Tac.  H.  5,  20),  lagen  nach  der  gewohn- 
lichen  Annahme  westlich  von  Nimwegen  (vergl.  SchrSder  in 
v.  Sybels  Zeitschr.  Bd.  43  S.  8).  Kurze  Zeit  vorher,  ehe  der 
romische  Oberbefehlshaber  Cerialis,  welcher  dem  Aufstande  ein 
Ende  machte,  von  Trier  aus  heranriickte,  wurde  eine  Abteilung 
Friesen  und  Chauken,  welche  in  Tolbiacum  (jetzt  Zulpich 
im  Regb.  Koln)  briiderlich  neben  einander  standen  und  als  eine 
sehr  ungesttime  Mannschaft  bezeichnet  werden,  durch  die  Hinter- 
list  der  Ubier,  deren  Kohorten  beim  Beginn  des  Krieges  in 
Marcodurum  (jetzt  Duren  an  der  Roer)  erschlagen  waren,  urn- 
gebracht,  indem  sie  bei  einem  Schmause  durch  Wein  ein- 
geschlafert  und  darauf,  nachdem  die  Thuren  verschlossen 
waren,  lebendig  verbrannt  wurden.  Nach  dieser  Begebenheit 
schickten  die  Chauken  zu  der  Zeit,  als  sich  der  Aufstand  schon 
zu  Ende  neigte,  nochmals  Htilfsmannschaften  (Tac.  H.  5,  9), 
doch  scheinen  dieselben  nicht  mehr  zur  Verwendung  gekommen 
zu  sein.  Nach  Beendigung  dieses  Freiheitskampfes  aber  muss 
sowohl  die  Insel  der  Bataven,  wo  zugleich  noch  eine  Ueber- 
schwemmung  stattfand,  wie  tiberhaupt  das  ganze  Gebiet,  wo 
sich  der  Krieg  abgespielt  hatte,  ein  sehr  wtistes  Aussehen  ge- 
habt  haben.  Die  Standlager  waren  an  den  meisten  Orten  ge- 
schleift  und  verbrannt,  mit  Ausnahme  von  Vindonissa  (jetzt 
Windisch  im  Kanton  Bern)  und  Mainz,  und  der  romische  Feld- 
herr  Cerialis  verwiistete  noch  selbst  nach  Beendigung  der 
Kampfe  die  batavische  Insel,  wobei  indess  die  Landereien  und 
das  Landgut  des  Civilis  verschont  blieben  (Tac.  H.  5,  23). 

Die  Nachrichten  der  alten  Schriftsteller  tiber  Lager  im 
Lande  der  Friesen  sind,  wie  sich  aus  den  obigen  Andeutungen 
ergibt,  nur  sehr  durftig.  Von  Kastellen,  welche  langere  Zeit 
in  ihrem  Lande  vorhanden  waren,  wird  nur  ein  einziges  er- 
wahnt,  nahmlich  das  castellumFlevum,  welches  unmittel- 
bar  an  dem  Flevo-See,  dem  es  seinen  Namen  verdankte,  ge- 
legen  haben  muss,  wahrscheinlich  in  der  Gegend  von  Staveren. 
Ausserdem  ist  nur  noch  von  einem  Lager  die  Rede,  welches 
Germanicus,  wie  es  scheint,  in  dem  nflrdlichen  Teile  der 
jetzigen  Provinz  Friesland  errichten  liess,  sowie  von  einer  Be- 
satzung,  welche  der  Feldherr  Corbulo  im  Jahre47n.  Chr.  hierher 
verlegen  liess  (Tac.  ann.  1 1 ,  19).  Ueber  Lager  in  dem  Lande  der  fern 

Jahrbuch  der  Oosollsch.  f.  b.  K.  u.  vatcrl.  AltertUuier  zu  Emden.  Bd.  XI V.  9 


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wohnenden  Chauken  aber,  deren  Gaue  die  Romer  nur  selten 
beriihrt  zu  haben  scheinen,  sind  wir  noch  viel  schlechter  unter- 
richtet,  und  alle  Angaben  der  neueren  Schriftsteller  hieruber 
sind  nur  schwankende  Vermutungen.  Mit  grosser  Zuversicht 
und  Entschiedenheit  behaupten  zwar  manche,  unter  Hinweisung 
auf  Tacitus,  noch  immer  die  Existenz  eines  Kastells,  namens 
Amisia,  ohne  jedoch  iiberzeugende  Beweise  hierfur  beizubringen 
und  ohne  sich  tiber  die  Lage  desselben  einigen  zu  konnen. 
Man  hat  hierbei  namlich  auf  Emden,  auf  Delfzijl,  auf 
Westeremden,  welches  Emden  gegentiber  (W.  von  Appinga- 
dara)  in  der  Provinz  Groningen  liegt,  sowie  auf  Rhede  (W.  von 
Aschendorf)  und  Emsbtiren  hinwiesen.  Bei  der  Hinweisung 
auf  Emden  und  Westeremden  nimmt  man  irrtumlicher  Weise 
auch  an,  dass  diese  Ortschaften  nach  der  Ems  (Amisia)  be- 
nannt  seien,  was  aber  durchaus  nicht  der  Fall  ist.  Die  Ems 
floss  zwar  friiher  unmittelbar  bei  Emden  vorbei,  wahrend  sie 
jetzt  3  Kilom.  von  der  Stadt  entfernt  ist,  und  ausserdem 
mundeten  hier  ehemals  mehrere  kleine  Gewasser,  z.  B.  die  von 
Aurich  her  kommende  Ehe.  Der  alteste  und  sehr  sinnreiche  Name 
dieser  Stadt  aber,  welcher  in  altester  Form  auf  einer  Miinze 
des  13.  Jahrhunderts  Amuthon  lautet,  hangt  mit  den  Namen 
dieser  Gewasser  gar  nicht  unmittelbar  zusammen,  sondern  ist 
ebenso  wie  die  gleichlautende  Bezeichnung  fur  das  Dorf  Wester- 
emden und  fur  die  Stadt  Muiden  (SO.  von  Amsterdam)  zu  er- 
klaren,  namlich  =&-mfithon,  d.  h.  zu  den  Wassermiindungen 
oder  Ort  an  den  Wassermiindungen  {vergl.  hieruber  meine  aus- 
fiihrlichen  Angaben  im  Emder  Jahrbuche,  Bd.  11  S.  412  fgg.)- 
Ein  Kastell,  namens  Amisia,  wird  aber  in  der  ganzen  alten 
Litteratur  nirgends  erwahnt,  und  die  beiden  Stellen  bei  Tacitus 
(ann.  1,  63  und  2,  8),  auf  welche  man  sich  beruft,  lassen  diese 
Annahme  durchaus  nicht  zu.  Zu  der  ersten  Stelle,  wo  ge- 
meldet  wird,  Germanicus  habe  im  Jahre  15  nach  seinem  letzten 
Kampfe,  bei  welchem  noch  sein  ganzes  Heer  beteiligt  war,  den 
Riickzug  ad  Amisiam  angeordnet,  bemerkt  z.  B.  Pfitzner  in 
seiner  Ausgabe  (Gotha  1883,  vergl.  auch  Schierenberg  S.  309  a. 
a.  0.):  „Es  ist  noch  unaufgeklart,  ob  Fluss  oder  Kastell.  Dem 
Flussnamen  pflegt  Tacitus  sonst  amnis  oder  flumen  beizufugen.a 
Allein  abgesehen  davon,  dass  die  letztere  Bemerkung  nicht  fur 
alle  Falle  passt,  so  war  in  den  Worten  Mox  reducto  ad  Amisiam 


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—    131    — 

exercitu  (ann.  1,  63)  ein  weiterer  Zusatz  durchaus  unnfttig,  weil 
Tacitus  kurz  vorher  (ann.  1,  60)  den  Emsfluss  bereits  zweimal 
erwahnt  hat  (ad  flumen  Amisiam  mittit  und  Amisiam  et  Lupiam 
amnes  inter).  Wie  sollte  nun  plotzlich  in  Kapitel  63,  ohne 
dass  dies  irgendwie  vorher  angedeutet  war,  von  einem  Kastell 
Araisia  die  Rede  sein  konnen?  Dasselbe  gilt  von  der  zweiten 
Stelle  (ann.  2, 8)  „lacus  inde  et  oceanum  usque  ad  Amisiam 
flumen  secunda  navigatione  pervehitur.  Classis  Amisiae  relicta 
laevo  amne  etc.",  wo  die  letzten  Worte  nur  so  iibersetzt  werden 
konnen :  „Die  Flotte  wurde  an  der  linken  Seite  der  Ems  zuriick- 
gelassen. tf  Wenn  aber  Knoke  (S.  336)  die  immerhin  befremdende 
Stellung  des  Wortes  Amisiae  dadurch  zu  erklaren  sucht,  dass 
er  meint,  Tacitus  hatte  durch  diese  Stellung  hervorheben  wollen, 
dass  Germanicus  seine  Flotte  in  der  Ems,  und  nicht  in  der 
Hase  habe  anlegen  lassen,  so  kann  ich  ihm  hierin  nicht  bei- 
stimmen;  denn  Tacitus,  dem  keine  auch  nur  einigermassen 
brauchbaren  Landkarten  und  noch  weniger  Specialkarten  zu 
Gebote  standen,  hat  offenbar  weder  liber  die  Nebenfliisse  der 
Ems,  noch  uber  das  Emsgebiet  tiberhaupt  eine  genauere  Kennt- 
nis  gehabt.  Es  scheint  hier  vielmehr  eine  Lucke  zu  sein,  und 
die  richtige  Lesart  ist  ohne  Zweifel  die  von  Seyffert  auf- 
gestellte,  namlich:  „Classis  Amisiae  ore  relicta  laevo  amnea. 
Hiernach  muss  also  diese  ganze  Stelle  so  iibersetzt  werden: 
rHierauf  gelangte  er  durch  die  Seen  und  den  Ocean  in  gltick- 
licher  Fahrt  bis  an  den  Emsfluss.  Die  Flotte  wurde  in  dem 
Mundungsgebiete  der  Ems,  und  zwar  an  der  linken  Seite  des 
Flusses,  zuriickgelassen,  und  Germanicus  beging  darin  einen 
Fehler,  dass  er  die  Soldaten,  welche  doch  in  die  rechts  liegen- 
den  Lander  geftihrt  werden  sollten,  nicht  stromaufwarts  fiihrte." 
Dass  nun  aber  die  Stelle,  wo  Germanicus  im  Jahre  16  seine 
Schiffe  anlegen  liess,  unmittelbar  an  der  Mundung  der  Ems 
gelegen  haben  sollte,  braucht  hieraus  noch  keineswegs  ge- 
schlossen  zu  werden;  denn  mit  der  allgemeinen  Bezeichnung 
j,os  Amisiae"  konnte  auch  eine  Stelle  angedeutet  sein,  welche 
von  der  eigentlichen  Mtindung  noch  weit  entfernt  lag.  Der 
Tadel  aber,  welchen  Tacitus,  wahrscheinlich  nach  einem  ihm 
vorliegenden  Berichte,  dem  Germanicus  erteilt,  ist  gewiss  nicht 
gerechtfertigt.  Denn  dieser  hatte  in  dem  vorhergehenden  Jahre 
jedenfalls  die  Verhaltnisse  in  Beziehung  auf  das  Fahrwasser  in 

9* 


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der  schwer  zu  befahrenden  Ems  so  genau  kennen  gelernt.  dass 
er  in  dieser  Hinsicht  keinen  Fehler  begehen  konnte.  Wahr- 
scheinlich  Hess  er  in  der  Gegend  von  Weener,  wo  das  Fahr- 
wasser  so  breit  ist,  dass  dort  eine  grosse  Flotte  ruhig  vor 
Anker  liegen  konnte,  die  grosseren  Schiffe  zuruck,  wahrend  die 
leicht  gebauten  Schiffe  weiter  hinauf  und  alsdann  in  die  Hase 
fuhren,  in  deren  Nahe  wahrscheinlich  hier  und  da  blockhaus- 
ahnliche  Proviantmagazine  errichtet  und  Wachtposten  aus- 
gestellt  wurden.  In  eben  der  Gegend,  wo  die  grosseren  Trans- 
portschiffe  zuruckblieben,  wurden,  wie  Tacitus  bemerkt  (ann. 
2,  8),  auch  Brlicken  uber  die  Ems  gebaut,  auf  welchen  die  aus 
den  friesischen  Bezirken  herankommenden  Reiter  und  Hiilfs- 
mannschaften  auf  das  rechte  Emsufer  ubergesetzt  wurden. 
Nicht  weit  von  Weener,  in  der  Nahe  von  Bin  gum,  wo  die 
Ems  ungefahr  800  Fuss  breit  ist,  hat  man  auch  im  Jahre  1864 
auf  einem  offenen  Felde  romische  Munzen  gefunden,  die  wahr- 
scheinlich aus  dem  Jahre  16  n.  Chr.  herruhren,  als  Germanicus, 
wie  mir  scheint*  in  dieser  Gegend  ein  Schiffslager  hatte  errichten 
lassen.  Keine  dieser  Munzen  reicht  namlich  iiber  die  Zeit  des 
Germanicus  hinaus  (vergl.  Grotefend  und  Ritter  in  der  Zeit- 
schrift  des  historischen  Vereins  fur  Niedersachsen,  1864,  S.  53; 
Mommsen,  die  Oertlichkeit  der  Varusschlacht  S.  39 ;  Veltmannn, 
Funde  von  Romermunzen  u.  s.  w.  Osnabruck  1886).  Ob  aber 
die  uralten,  ganz  und  gar  verharteten  Baumstamme,  die  man 
zur  Zeit  der  Erbauung  der  Eisenbahnbriicke  bei  Weener  auf- 
gefunden  hat,  noch  von  dem  Bruckenbau  des  Germanicus  her- 
riihrten,  muss  dahingestellt  bleiben. 

Nach  den  obigen  Andeutungen  kann  die  Existenz  eines 
romischen  Kastells,  namens  Amisia,  welches  in  der  Nahe  der 
Emsmtindung  gelegen  haben  soil,  aus  Tacitus  in  keiner  Weise 
bewiesen  werden,  aber  ebenso  wenig  darf  man  hierbei  auf 
Ptolemaus  2,  11,  28  hinweisen.  Dieser  erwahnt  zwar  unter 
den  grosseren  Ortschaften  in  Germanien,  die  er  nach  seiner 
Anschauung  als  ndZeig  bezeichnet,  einen  Ort,  namens  'Apieia 
(djieola,  dfidaeia),  doch  kann  derselbe  nicht  in  dem  Miindungs- 
gebiete  der  Ems  gelegen  haben,  sondern  muss  mehr  nach  dem 
Quellengebiete  hin  gesucht  werden.  Er  verlegt  namlich  die 
Mundung  der  Ems  unter  55  °  n.  Br.  in  das  von  ihm  angenommene 
arktische  Klima,  dagegen  den  Ort  Amisia  in  das  darunter  be- 


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findliche  Klima  unter  51  °  30'  n.  Br.,  also  mohrere  Breitengrade 
sud  warts  von  der  Miindung  der  Ems.  Von  anderen  Ortschaften, 
die  hier  ausser  Amisia  noch  genannt  werden,  lasst  sich  wenig- 
stens  einer  genau  bestimmen,  namlich  Asciburgium,  worunter 
wohl  ohne  Zweifel  Asberg  am  Rhein  zu  verstehen  ist,  woselbst 
ein  wahrscheinlich  von  Drusus  erbautes  Kastell  lag.  Ein 
anderer  Ort,  namens  Lupia  (Aovjita),  scheint  von  Ptolemaus 
irrtumlicher  Weise  zu  weit  nach  Osten  gesetzt  zu  sein;  denn 
dieser  Name  deutet  wohl  auf  einen  Ort  an  dem  gleichnamigen 
Flusse  Lupia  (jetzt  Lippe;  vergl.  Tac.  ann.  2,  7  castellum  Lupiae 
adpositum).  Ferner  ist  unter  Na  valia  (NavaMa)  wahrscheinlich 
ein  Ort  zu  verstehen,  wo  sich  eine  Schiffswerft  befand,  und 
dieser  Wohnplatz  muss  an  derselben  Stelle  gelegen  haben,  wo 
nach  Ptolemaus  2,  11,  2  der  ostliche  Rheinarm  (d.  i.  die  Yssel) 
mundete,  also  ungefahr  in  der  Gegend,  wo  jetzt  Kampen  an 
der  Zuiderzee  liegt.  Ptolemaus  setzt  namlich  beide  Punkte 
ganz  genau  unter  denselben  Langen-  und  Breitengrad.  Knoke 
(a.  a.  0.  S.  333)  verweist  bei  Amisia  auf  Wiedenbrtick  an  der 
Ems,  doch  lasst  sich  Genaueres  hieruber  nicht  bestimmen. 
Jedenfalls  steht  aber  so  viel  fest,  dass  der  von  Ptolemaus 
erwahnte  und  nach  der  Ems  (Amisia)  benannte  Ort  weit  von 
der  Emsmundung  und  von  den  Wohnsitzen  der  Chauken  lag. 
Nach  der  jetzigen  Berechnung  fallen  die  Mtindungen  der  Ems 
unter  53V2  °  n.  Br.  Der  Rathausturm  in  Emden  (vergl.  de  Vries 
undFocken,  Ostfriesland,  Emden  1881,  S.  5)  liegt  unter  53°  22' 
6"n.  Br.  und  24°  52 '37"  Gstlich  von  Ferro,  und  der  langste 
Tag  betragt  fur  Emden  16  Stunden  42  Minuten.  Bemerkens- 
wert  ist  auch,  dass  Ptolemaus  die  beiden  von  ihm  als  hervor- 
ragende  germanische  Stadte  angesehenen  Ortschaften  Amisia 
und  Lupia  noch  an  einer  anderen  Stelle  (8,  6,  3)  erwahnt,  wo 
er  bemerkt,  der  langste  Tag  dauere  in  Amisia  16  Stunden 
30  Minuten,  in  Lupia  16  Stunden  33  Minuten. 

Uebrigens  sind  manche  Schriftsteller  mit  einem  einzigen 
Kastell,  welches  sie  im  Lande  der  Chauken,  angeblich  bei 
Tacitus,  entdeckt  zu  haben  glauben,  noch  nicht  zufrieden, 
sondern  meinen,  es  mussten  dort  noch  mehr  Kastelle  gelegen 
haben.  So  hat  z.  B.  Schierenberg  (Die  Romer  im  Cherusker. 
lande,  S.  63,  133)  aus  einer  verkehrten  Lesart  bei  Tacitus 
(ann.  1,  70)  ein  eigenes  Kastell  konstruiert,   welches   an  der 


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unteren  Weser  gelegen  und  Visurgia  oder  castra  Visurgia 
geheissen  haben  soil.  Er  meint  namlich,  die  richtige  Lesart 
bei  Tacitus  a.  a.  0.  sei:  „penetratumque  ad  amnem  Visurgia", 
und  zu  dieser  haarstraubenden  Vermutung  fiigt  er  eine  ebenso 
schlechte  Uebersetzung  und  Erklarung  der  ganzen  Stelle.  — 
Desgleichen  glaubt  Schuchhardt,  der  auch  noch  an  der  Existenz 
des  Kastells  Amisia  festhalt,  durch  seine  Ausgrabungen  (vergl. 
Zeitschr.  des  historischen  Vereins  zu  Osnabriick,  Bd.  16,  S.  315  fgg.) 
mehrere  romische  Standlager  entdeckt  zu  haben,  welche  vonDrusus 
in  den  Jahren  11  oder  10  v.  Chr.  in  der  Gegend  von  Meppen  und 
weiterhin  ost warts,  bis  wohin  er  das  Gebiet  der  zwischen  der 
Ems  und  Weser  wohnenden  Chauken  ausdehnt,  erbaut  und  bis 
zum  Jahre  47  n.  Chr.  in  ununterbrochenem  Besitz  der  Romer 
gewesen  sein  sollen,  doch  sind  auch  hierfiir  die  notigen  Beweise 
nicht  beizubringen, 

Sehr  schwierig  ist  die  Frage,  was  von  dem  praesidium 
in  Chaucis  zu  halten  ist,  welches  von  Tacitus  (ann.  1, 38)  unter 
den  Nachrichten  iiber  die  Vorfalle  im  Jahre  14  n.  Chr.  erwahnt 
wird.  Unmittelbar  nach  dem  Tode  des  Augustus  und  nach 
der  Thronbesteigung  des  Tiberius  emporte  sich,  wie  Tacitus 
erzahlt,  das  unter  dem  Legaten  Junius  Blaesus  stehende  pan- 
nonische  Heer,  welches  damals  in  einem  Sommerlager  nicht 
weit  von  Nauportus  (jetzt  Ober-Laibach)  stand,  und  verlangte 
hoheren  Lohn  und  ktirzere  Dienstzeit.  Bis  dahin  hatten  namlich 
die  Soldaten  dieses  Heeres,  zu  welchem  die  8.,  9.  und  15. 
Legion  (Augusta,  Hispana  und  Apollinaris  gehorten),  bei  einer 
zwanzigjahrigen  Dienstzeit  taglich  nur  zehn  As  erhalten,  womit 
sie  die  Ausgaben  fur  Kleidung,  Waffen  und  Zelte  bestreiten  und 
ausserdem  noch  eine  gute  Behandlung  von  Seiten  der  Cen- 
turionen,  sowie  Befreiung  von  Dienstarbeiten  erkaufen  mussten, 
wahrend  die  pratorianischen  Kohorten  taglich  zwei  Denare 
(ungefahr  1  Mk.  50  Pfg.)  erhielten  und  nach  sechszehnjahriger 
Dienstzeit  entlassen  wurden.  Sie  verlangten  nun  taglich  einen 
Denar  Sold  und  wollten  in  Beziehung  auf  die  Dienstzeit  den 
Pratorianern  gleichgestellt  werden,  was  eine  keineswegs  un- 
billige  Forderung  war.  Der  Aufruhr  wurde  indea  durch  List 
gestillt,  und  die  Radelsfuhrer  wurden  getotet  (Tac.  ann.  16—31). 
—  Fast  um  dieselbe  Zeit  und  aus  denselben  Griinden  brach 
bei  dem  in  dem  oberen  Germanien  am  Niederrhein  stehenden 


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Heere  ein  Aufstand  aus,  der  noch  viel  gefahrlicher  zu  werden 
schien  als  der  pannonische.  Die  acht  Legionen,  welche  hier 
unter  dem  Oberbefehl  des  Germanicus  standen,  waren  in  zwei 
Abteilungen,  jede  zu  vier  Legionen,  geteilt.  Zu  dem  oberen 
Heere,  welches  der  Legat  C.  Silius  befehligte,  gehorten  die  2., 
13.,  14.  und  16.  Legion  (Augusta,  Gemina,  Gemina  Martia 
Victrix  und  Gallica),  zu  dem  unteren  Heere,  welches  unter  dem 
Befehl  des  A.  Caecina  stand,  geh6rten  die  1.,  5.,  20.,  21.  Legion 
(Germanica,  Alauda,  Valeria  Victrix,  Rapax).  Von  den  letzteren 
hatten  die  1.  und  20.  Legion  ihr  Standquartier  in  der  Stadt  der 
Ubier,  in  Koln,  wo  sich  zwei  getrennte  Lager  befanden.  Die 
5.  und  21.  Legion  dagegen  hatten  ihr  Winterquartier  in  Vetera 
castra1).  Zu  der  Zeit  nun,  als  die  Unzufriedenheit  und  die 
Unruhen  unter  den  Truppen  ausbrachen,  standen  die  vier  ge- 
nannten  niederrheinischen  Regimenter  zufallig  alle  zusammen 
in  einem  Sommerlager  in  dem  Gebiete  der  Ubier,  wo  sie  ziemlich 
mussige  Tage  und  einem  bequemen  Dienst  hatten.  Hier 
emporten  sich  zuerst  die  5.  und  21.  Legion,  welche  die 
stehende  Besatzung  von  Vetera  bildeten.  Die  Veteranen,  von 
welchen  viele  mehr  als  dreissig  Jahre  gedient  hatten  und  schon 
zahnlos  geworden  waren,  forderten  ungestiim  ihre  Entlassung, 
die  jiingeren  Soldaten  dagegen  verlangten  hoheren  Sold  und 
beschwerten  sich  ausserdem  fiber  grausame  Behandlung  durch 
die  Centurionen,  von  welchen  ein  grosser  Teil  sogleich  er- 
schlagen  wurde.  Bei  der  Nachricht  von  dieser  Empflrung  eilte 
Germanicus,  der  sich  damals,  der  Schatzung  wegen,  in  Gallien 
aufhielt,  sogleich  herbei  und  stellte,  nachdem  er  selbst  eine 
Zeit  lang  in  Lebensgefahr  geschwebt  hatte,  durch  sein  kluges 
und  standhaftes  Benehmen  die  Ruhe  wieder  her,  indem  er  zu- 
gleich  einige  Veteranen  entliess  und  Geld  austeilte,  was  aber 
Tiberius,    als    er   dies   erfuhr,    durchaus   missbilligte.     Darauf 


»)  Auf  einem  dem  Manuskript  beiliegenden  Zettel  hat  sich  der  ver- 
storbene  Verfasser  aus  dem  VI.  Bande  der  Westdeutschen  Zeitschrift 
(Trier  1887)  S.  82  nachtraglich  notiert,  dass  1886  Ziegel  mit  dem  Stempel 
der  XXI.  Legion  in  Mainz  gefunden  worden  seien,  dass  diese  nach  der 
Varusschlacht  errichtet,  unter  Claudius  in  Vindonissa  quartiert,  dann 
gegen  Civilis  geschickt  und  zur  Zeit  des  Domitian  nach  Mainz  verlegt 
worden  sei,  wo  sie  bis  zu  ihrem  Verschwinden,  wahrscheinlich  unter 
Domitian,  gestanden  habe. 


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wurden  die  1.  und  20.  Legion  nach  Koln  zuruckgefuhrt,  die  5. 
und  21.  dagegen  zogen  nach  Vetera  ab.  Als  dies  geschehen 
war,  begab  sich  Germanicus  nach  der  oberen  Armee,  welche 
bis  dahin  eine  abwartende  Stellung  beobachtet  hatte,  und 
suchte  auch  hier  die  Soldaten  zu  beruhigen.  Bei  der  2.,  13. 
und  16.  Legion  gelang  ihm  dies  auch  ohne  viele  Miihe,  dagegen 
machte  die  14.  Legion  anfangs  grosse  Schwierigkeiten  und 
wurde  erst,  nachdem  Entlassungen  und  Geld  bewilligt  waren, 
umgestimmt  (Tac.  ann.  1,  31 — 37).  Von  dem  oberen  Heere  be- 
gab sich  Germanicus  alsdann  wieder  nach  K61n,  wo  bald 
darauf  eine  Gesandtschaft  des  romischen  Senates  eintraf,  und 
als  infolge  hiervon  das  Geriicht  entstanden  war,  dass  die  ver- 
abredeten  Vergiinstigungen  rtickg&ngig  gemacht  werden  konnten, 
brach  der  Aufstand  von  neuem  aus,  doch  wurde  ein  Teil  der 
Soldaten  bald  darauf  durch  eine  Rede  des  Germanicus  um- 
gestimmt, und  nachdem  einige  Radelsfuhrer  hingerichtet  und 
einige  Centurionen  aus  dem  Dienste  entlassen  waren,  wurde 
die  Ruhe  wieder  hergestellt  (Tac.  ann.  1.  39 — 45).  Dagegen 
wollte  sich  die  5.  und  21.  Legion,  welche  Caecina  nach  Vetera 
abgeftihrt  hatte,  noch  immer  nicht  beruhigen,  und  schon  war 
Germanicus  im  Begriff,  mit  einer  Heeresabteilung  und  einer 
Flotte  dorthin  aufzubrechen,  als  die  Nachricht  kam,  dass 
Caecina  alle  Aufriihrer  habe  erschlagen  lassen.  Bei  diesem 
Gemetzel  wurden  aber  auch  viele  Unschuldige  getotet,  und 
das  Lager  hatte  zuletzt  das  Aussehen  eines  Schlachtfeldes 
(Tac.  ann.  1,  45.  48  fg.). x) 

Im  Anschluss  an  die  Verhandlung  des  Germanicus  mit 
dem  oberen  Heere  und  bevor  das,  was  gleich  nachher  in 
Vetera  geschah,  erzahlt  wird,  erwahnt  Tacitus  (ann.  1, 38) 
nebenbei  einen  Aufstand  der  Vexillarier,  die  in  einem  Sommer- 
lager  standen,  welches  nicht  im  Gebiete  der  Ubier  lag.  Der 
Bericht  hiertiber  lautet  so:  „Aber  in  dem  Gebiete  der 
Chauken  (At  in  Chaucis)  begannen  die  als  Besatzung  dort 
liegenden  Vexillarier  der  meuterischen  Legionen  einen  Auf- 
stand und   wurden   durch    die    sofortige   Hinrichtung   zweier 


f)  Eine  ganz  kurze  Uebersicht  viber  den  Aufstand  der  Legionen 
am  Rhein  gibt  auch,  ohne  jedoch  die  Vorfalle  in  Vetera  zu  be- 
rfchren,  Cassius  Dio  57,  5;  ihm  scheint  Tacitus  als  Quelle  gedient  zu 
haben.    (Zettelnotiz  des  Verfassers.) 


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Soldaten  einstweilen  zur  Ruhe  gebracht.  Den  Boiehl  dazu 
hatte  der  Lagerprafekt  Manius  Ennius  gegeben,  mehr  dos 
guten  Beispiels  wegen,  als  nach  dem  ihm  zustehenden  Rechto. 
Xachdem  er  aber  bei  zunehmendem  Aufstande  fltichtig  go- 
worden  und  wieder  aufgefunden  war,  suchte  er,  da  Schlupf- 
winkel  keine  Zuflucht  gewahrten,  in  ktihner  Rede  Schutz: 
Nicht  der  Prafekt  werde  von  ihnen  entehrt,  sondern  Germani- 
cus,  der  Feldherr,  und  Tiberius,  der  Imperator.  Zu  gleichor 
Zeit  riss  er  zum  Schrecken  derjenigen,  welche  ihm  entgegen- 
getreten  waren,  das  Vexill  empor  und  wendeto  es  dem  Ufer 
zu,  und  mit  dem  Rufe,  dass  jeder,  der  sich  unterstiinde,  aus 
dem  Zuge  zu  weichen,  ftir  einen  Ausreisser  angesehen  werdon 
sollte,  fuhrte  er  die  Aufrtihrerischen  und  nichts  Wagenden  in 
das  Winterlager  zuriick.a  —  Dieser  Bericht  tiber  einon  ver- 
gebens  versuchten  Aufstand  von  Vexillariern  der  Rheinarmee 
oder,  wie  Tacitus  sagt,  der  meuterischen  rheinischen  Legionen 
war  nicht,  wie  Orelli  meint,  ein  spaterer  Vorfall,  sondern 
jedenfalls  einer,  der  sich  ganz  zu  derselben  Zeit  ereignete. 
Ueber  die  Lage  dieses  Sommerlagers  —  denn  dass  es  ein 
solches  war,  ergibt  sich  daraus,  dass  die  Soldaten  von  dort, 
wie  ausdrticklich  bemerkt  wird,  in  ihr  Winterlager  geftihrt 
wurden  —  sind  sehr  abweichende  Vermutungen  aufgestellt 
worden. 

Mehrere  Herausgeber  der  Annalen  des  Tacitus,  z.B.Draeger, 
Pfitzner  und  Andresen,  verweisen  hierbei  auf  das  jetzige  Ost- 
friesland  oder  das  Gebiet  der  zwischen  der  Ems  und  Wesor 
wohnenden  Chauken,  dagegen  wird  von  ihnen  tiber  das  Wort 
ripa,  welches  uns  allein  einen  Anhaltspunkt  zu  einer  ungef&hr 
zutreffenden  Bestimmung  tiber  die  Lage  dieses  Lagerplatzes 
dienen  kann,  nichts  bemerkt.  Unter  ripa  aber  ist  hier  ebenso 
wie  in  cap.  36  (si  ripa  omitteretur)  und  an  anderen  Stellen  bei 
Tacitus,  wo  kein  besonderer  Zusatz  hinzugeftigt  ist  (z.  B. 
ann.  13, 54)  offenbar  kein  anderes  Flussufer  zu  verstehen  als 
das  Rheinufer.  Auch  steht  vorher  (cap.  31),  wo  der  ganze 
Bericht  tiber  den  Aufstand  der  rheinischen  Regimenter  beginnt, 
ausdrticklich :  »Duo  apud  ripam  Rheni  exercitus  erant."  Wenn 
sich  aber  das  genannte  Lager  in  dem  jetzigen  Ostfriesland 
oder  tiberhaupt  an  der  rechten  oder  linken  Seite  der  unteren 
Ems  befunden  h&tte,  wo  manche  auch  das  angebliche  Kastell 


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—     138    — 

Amisia  suchen,  so  hiitte  der  Berichterstattor,  welchem  Tacitus 
gefolgt  ist,  doch  unmoglich  melden  konnen,  der  Lagerprafekt 
Ennius  habe  das  Vexill  ergriffen  und  nach  dem  Rheinufer  hin 
gelenkt.  Auch  ware  es  eine  hochst  wunderbare  Truppen- 
verlegung  gewesen,  wenn  ein  romischer  Feldherr  ein  Detache- 
ment  der  Rheinarmee  fortgeschickt  hatte,  um  in  Ostfriesland, 
welches  in  damaliger  Zeit  noch  eins  der  schaurigsten  Sumpf- 
gebiete  des  alten  Germaniens  war,  wahrend  des  Sommers  ihre 
Zeit  in  Musse  zu  verbringen ;  denn  abgesehen  davon,  dass  diese 
Gegend  viel  zu  weit  entfernt  lag  und  gewiss  nicht  auf  einer 
festen  Strasse,  etwa  von  Vetera  aus,  zu  erreichen  war,  so 
wiirden  auch,  wie  jeder,  der  diese  Gegend  naher  kennt,  zu- 
geben  muss,  die  dorthin  verlegten  Truppen  ohne  Zweifel  so- 
gleich  das  Sumpffieber  und  andere  Krankheiten  bekommen 
haben.  Von  einem  Sommerlager  rheinischer  Truppen  in  dem 
Miindungsgebiete  der  Ems  kann  also,  wie  auch  Reinking  (Die 
Kriege  der  Romer  in  Germanien,  Mlinster  1863,  S.  176)  annahm, 
in  keiner  Weise  die  Rede  sein;  dasselbe  muss  vielmehr  ganz 
in  der  Nahe  des  Rheins  gelegen  haben.  Hier  aber  sindWohn- 
sitze  der  Chauken  nicht  nachzuweisen ;  denn  die  verworrene 
Stelle  bei  Plinius  H.  N.  4,  29  §  101,  sowie  die  Angaben  einiger 
Dichter,  z.  B.  des  Lucanus  und  Claudianus,  und  eine  Bemerkung 
auf  der  Tab.  Peutingeriana  konnen  hierfur,  wie  ich  schon  oben 
angedeutet  habe,  nicht  als  Beweise  herangezogen  werden. 
Nicht  annehmbar  ist  daher  die  Vermutung  von  Wormstall 
(Progr.  aus  Minister  1880  S.  5),  welcher,  unter  Hinweisung  auf 
die  obengenannte  Stelle  des  Plinius,  den  sicheren  Ausspruch 
thut:  „Es  war  die  ausserste  Ktistenstation  der  Rheinraundung*. 
Andere  nehmen  an,  dass  statt  der  Worte  „At  in  Chaucis", 
an  deren  Richtigkeit  zuerst  Ernesti  zweifelte,  zu  schreiben  sei 
„At  in  castris",  und  so  ubersetzt  z.  B.  Reinking  (S.  175  a.  a.  0.): 
„Aber  in  dem  Lager"  und  denkt  hierbei  an  das  Lager  in  Vetera. 
Allein  diese  Umanderung  ist  schon  aus  palaographischen  Grunden 
vollig  unwahrscheinlich.  Noch  andere  meinen,  man  miisse  „At 
in  Chamavis"  schreiben,  und  dieser  Vorschlag  erscheint  auf 
den  ersten  Blick  insofern  annehmbar,  als  die  Chamaven,  wie 
es  scheint,  damals  oberhalb  der  Yssel  und  also  nicht  weit 
von  der  batavischen  Insel  und  dem  Rhein  wohnten.  Da  aber 
nicht  nachgewiesen  werden  kann,  dass  die  erwahnten  Vexillarier 


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—     139     — 

ihr  Winterquartier  in  Vetera  hatten,  und  da  auch  fur  einen 
Lagerprafekten,  der  in  einem  Gebiete  stand,  welches  zu  der 
jetzigen  Provinz  Oberijssel  gehorte,  die  Worte  „vexillum  ad 
ripam  (Rheni)  vertit"  nicht  passen  wurden,  weil  er  dort 
zwischen  sich  und  dem  Rhein  noch  die  Yssel  gehabt  haben 
wtirde,  so  muss  auch  dieser  Vorschlag  bei  Seite  geschoben 
werden.  Die  einzig  richtige  Aenderung,  zu  welcher  die  An- 
gaben  des  Tacitus  vollkommen  passen,  kann  nur  die  sein,  dass 
man,  wie  Luden  (Gesch.  des  deutschen  Volkes  S.  668)  vor- 
geschlagen  hat,  „At  in  Chattisa  schreibt.  Eine  Verwechselung 
der  Namen  Chatti  und  Chauci  in  den  Handschriften  ist  auch 
sonst  nachzuweisen.  So  findet  sich  z.  B.  in  der  Inhalts- 
angabe  von  Livius  lib.  140  die  Bemerkung:  „Cherusci,  Tenc- 
teri,  Chatti  (ungenaue  Lesart  Chauci)  aliaeque  Germanorum 
gentes  subactae  a  Druso  referuntur",  und  bei  Sidonius  Apolli- 
naris  (carm.  7,  390)  ist  in  den  Worten:  „Saxonis  incursus 
cessat  Chattumque  palustri  Alligat  Albis  aquaa  statt  Chattumquo 
wahrscheinlich  Chaucumque  zu  lesen.  Die  genannten  Vexillarier 
aber  gehorten  wahrscheinlich  zu  den  Truppen  in  Mainz,  der 
Ort  aber,  wo  sie  untergebracht  waren,  lag  nicht,  wie  Luden 
annahm,  auf  dem  Taunus,  sondern  in  der  Nahe  des  Taunus, 
und  zwar  bei  dem  jetzigen  Dorfe  Heddernheim  an  der  Nidda, 
welches  in  geringer  Entfernung  von  Mainz  liegt,  und  wo  vor 
einiger  Zeit  durch  Ausgrabungen  die  Trummer  eines  grossartigon 
Lagerplatzes,  sowie  mancherlei  Altertiimer  zum  Vorschein  ge- 
koramen  sind.  An  dieser  Stelle,  von  wo  mehrere  Strassen  aus- 
liefen,  lag  wahrscheinlich  auch  das  von  Cassius  Dio  54,  33  er- 
wahnte  und  von  Drusus  im  Jahre  10  v.  Chr.  erbaute  cpgovQiov 
iv  Xdttoig.  Dio  fiigt  zwar  hinzu  nag'  atixcp  %(#  'P/jvtp,  allein 
aus  diesem  Zusatze  braucht  nicht  unbedingt  gefolgert  zu  werden, 
dass  dieses  Kastell  unmittelbar  am  Rhein  gelegen  habe.  Nach 
der  Niederlage  des  Varus  wurde  freilich  dies  Kastell,  welches 
durch  eine  von  Drusus  erbaute  Strasse  mit  der  Festung  Mainz, 
sowie  mit  dem  gleichfalls  von  Drusus  errichteten  Briickenkopfe 
bei  Mainz,  dem  castellum  Mattiacorum  (jetzt  Kastel),  in  Ver- 
bindung  stand,  zerstftrt,  aber  es  ist  nicht  denkbar,  dass, 
wahrend  romische  Legionen  in  Mainz  standen,  die  Chatten  die 
Gegend  am  Taunus  besetzt  und  Jahre  lang  im  Besitz  gehabt 
haben    sollten;   vielmehr   muss  dieselbe  schon    bald   nachher, 


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—     140     — 

wahrscheinlich  schon  in  den  Jahren  10  und  11  n.  Chr,  zu 
welcher  Zeit  Tiberius  den  Oberbefehl  am  Rhein  hatte,  wieder 
im  Besitz  der  Romer  und  durch  romische  Besatzungen  ge- 
sichert  gewesen  sein.  Bisher  nahm  man  an,  dass  Drusus  im 
Jahre  10  v.  Chr.  auf  dem  Taunus  selbst  (Tac.  ann.  1,  56  in 
monte  Tauno)  ein  Kastell  errichtet  und  dass  Germanicus  im 
Jahre  15  n.  Chr.  auf  den  Triimmern  dieses  Kastells  (super 
vestigia  paterni  praesidii)  die  sogenannte  Saalburg  erbaut  habe; 
nach  v.  Cohausen  aber  (Der  romische  Grenzwall  in  Deutschland, 
Wiesbaden  1884,  S.  109)  wurden  beide  Kastelle  nach  einander 
in  der  Nahe  von  Heddernheim  erbaut,  und  das  Kastell  auf  dem 
Taunus,  ein  Limes-Kastell,  war  eine  viel  spatere  Anlage,  die 
aber  vielleicht  bis  zum  Ende  des  3.  Jahrhundert  erhalten  blieb. 
Drusus  hat  auf  dem  Taunus  wahrscheinlich  nur  eine  einfache 
Schanze  herstellen  lassen.  Die  bei  der  Saalburg  gefundenen 
Munzen  gehoren  der  Zeit  von  M.  Antonius  bis  Claudius  Gothicus 
an,  und  ausserdem  hat  man  hier  Ziegelstempel  der  8.  und  22. 
Legion  gefunden,  aber  nicht,  wie  in  Heddernheim,  Ziegelstempel 
der  14.  Legion,  die  zur  Zeit  des  Germanicus  ihr  Standquartier 
in  Mainz  hatte.  Aus  den  romischen  Anlagen  bei  Heddern- 
heim ist  im  Laufe  der  Zeit  eine  grosse  Niederlassung  ent- 
standen,  und  wahrscheinlich  ist  dies  derselbe  Ort,  welchen 
Ptolemaus  2,  11,  29  "Aqiavvov  nennt  und  in  ziemlich  zutreffen- 
der  Berechnung  unter  50  °  n.  Br.  verlegt.  In  alteren  Ausgaben 
des  Ptolemaus  steht  Arctaunon,  und  dies  deutete  man  fniher 
unrichtiger  Weise  als  arx  Tauni,  mit  Hinweisung  auf  die 
Saalburg.  Der  Name  Artaunon  aber  scheint  keltischen  Ur- 
sprungs  zu  sein  und  wird  jetzt  richtiger  fur  gleichbedeutend 
mit  Aretaunon,  d.  h.  Ort  neben  dem  Taunus,  gehalten  (vergl. 
z.  B.  Bonner  Jahrbucher,  Heft  67,  Bonn  1879,  S.  16  fgg.). 

Eine  kurze  Besprechung  verdient  hier  schliesslich  noch  eine 
Stelle  des  Geschichtsschreibers  Florus,  auf  welche  einige  neuere 
Schriftsteller  bei  ihren  Angaben  iiber  die  Leistungen  der  Romer 
im  Lande  der  Chauken  hingewiesen  haben.  Dieser  bemerkt 
namlich  in  den  ganz  kurz  und  fltichtig  zusammengerafften 
Nachrichten  iiber  die  Thaten  des  Drusus  folgendes  (4,  12): 
„Praeterea  in  tulelam  provinciae  praesidia  atque  custodias 
ubique  disposuit,  per  Mosam  flumen,  per  Albim,  per  Visurgim. 
Nam  per  Rheni  quidem  ripam  quinquaginta  amplius  castella 


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direxit".  Hier  ist  die  neuerdings  von  Jahn  aufgenommene 
Lesart  „provinciaea  jedenfalls  die  richtigere,  wahrend  die  aitere 
Lesart  „provinciaruma  ohne  jede  nahere  Bezeichnung  keinen 
rechten  Sinn  gibt  und  zu  Irrtiimern  fiihren  kann.  Dederich 
(Die  Feldziige  des  Drusus  und  Tiberius  u.  s.  w.  S.  69)  meint 
zwar,  mit  dem  Worte  „  Provinzen"  seien  die  eroberten  rechts- 
rheinischen  germanischen  Provinzen  gemeint,  allein  von  solchen 
konnte  in  der  Zeit  des  Drusus  nicht  die  Rede  sein.  An  den 
Gedanken,  das  rechtsrheinische  Gebiet  in  eine  Provinz,  aber 
nicht  in  Provinzen,  zu  verwandeln,  sind  die  Romer  erst  zur 
Zeit  des  Varus  herangetreten.  Mit  der  von  Florus  erwahnten 
provincia  aber  ist  jedenfalls  die  Provinz  Gallien  gemeint,  mit 
Einschluss  der  bis  an  die  ftordseite  der  batavischen  Insel 
reichenden  Gebiete,  fiber  welche  Gegend  Drusus  im  Jahre 
13.  v.  Chr.  als  Statthalter  gesetzt  war.  Um  diese  Provinz  zu 
sichern,  traf  Drusus  die  weitumfassendsten  Anordnungen.  Das 
Wichtigste  hierbei  war  gewiss  die  Sicherung  der  Rheingrenze, 
und  zu  diesem  Zwecke  hat  Drusus  am  linken  Rheinufer,  von 
Augusta  Rauracorum  (j.  Augst  bei  Basel)  an,  eine  Reihe  von 
Kastellen,  Garnisonen  und  Wachtposten  aufstellen  lassen.  Ob 
freilich  die  Anzahl  derselben,  wie  Florus  meldet,  allein  schon 
mehr  als  funfzig  betrug,  oder  ob  dies  nur  eine  Angabe  der 
rhetorisierenden  Geschichtschreibung  ist,  muss  dahin  gestellt 
bleiben.  Einen  Versuch,  einige  der  von  Drusus  in  dieser 
Gegend  erbauten  Anlagen  nachzuweisen,  hat  v.  Peucker  (Das 
deutsche  Kriegswesen  der  Urzeiten  3,  362)  gemacht,  doch  be- 
ruhen  diese  Angaben  nur  auf  Vermutungen,  und  genauere  Nach- 
richten  hieruber  sind  juns  nicht  uberliefert.  Im  Jahre  13  v.  Chr., 
als  Drusus  den  Oberbefehl  am  Rhein  erhielt,  bestanden  schon 
die  drei  grossen  Lagerplatze  zu  Mainz  (Mogontiacum),  zu  Koln, 
welches  damals  Ara  Ubiorum  oder  bloss  Ara  hiess  und  erst 
spater  colonia  Agrippina  oder  Aprippinensis  genannt  wurde, 
und  zu  Vetera,  und  jedenfalls  waren  damals  auch  schon,  zur 
Verbindung  mit  diesen  Lagerplatzen,  hier  und  da  Kastelle  und 
kleinere  Beobachtungsposten  aufgestellt.  —  Was  ferner  die 
Lesart  „per  Mosam"  betrifft,  so  liegt  kein  Grund  vor,  an  der 
Richtigkeit  derselben  zu  zweifeln.  Dederich  (S.  53  a.  a.  0.) 
meint  freilich,  Kastelle  an  der  Maas  konnten  erst  in  spaterer 
Zeit   erbaut   sein,   und   vermutet,   dass    statt    der    genannten 


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—     142    — 

Lesart  zu  schreiben  sei  „per  Amasiam",  und  dass  man  an  ein 
Kastell  an  der  Ems,  namens  Flevum,  welches  in  der  Nahe  von 
Delfzijl  gelegen  habe,  denken  miisse,  allein  diese  Annahme  ist 
ganzlich  verfehlt.  Grosse  Festungen  an  der  Maas  werden  freilich 
erst  in  spaterer  Zeit  erwahnt,  da  aber  zu  der  Zeit,  als  Drusus 
seine  Statthalterschaft  antrat,  ebenso  wie  einige  Jahre  vorher, 
fortwahrend  unruhige  Bewegungen  auf  beiden  Seiten  des  Rheins 
stattfanden,  infolge  deren  Drusus  sich  veranlasst  sah,  sogleich 
zum  Angriff  iiberzugehen  (vergl.  Liv.  epit.  137  Civitates  Germaniae 
cis  Rhenum  et  trans  Rhenum  positae  oppugnantur  a  Druso,  et 
tumultus  etc.),  so  war  es  doch  ganz  naturlich,  dass  er  auch 
an  der  Maas  Schanzen  erbauen  und  Wachtposten  aufstellen 
liess.  Noch  in  spaterer  Zeit  liess  Julianus  Apostata,  urn  die 
Rheingegenden,  welche  kurze  Zeit  vor  seinem  Eintreffen  in 
arger  Weise  verwustet  waren,  gegen  fernere  Angriffe  zu 
schiitzen,  nicht  bloss  an  der  linken  Rheinseite  mehrere  Be- 
festigungen  wieder  aufbauen,  sondern  stellte  auch  drei  Fest- 
ungen an  der  Maas  wieder  her  (Amm.  Marcellinus  17,  9).  Dass 
ferner  an  der  unteren  Ems  weder  ein  Kastell,  namens  Amisia, 
noch  ein  Kastell,  namens  Flevum,  gelegen  haben  kann,  glaube 
ich  oben  nachgewiesen  zu  haben.  —  Das  Kastell  Aliso  an  der 
Lippe  wird  von  Florus  garnicht  erwahnt,  und  ebenso  erfahren 
wir  bei  ihm,  sowie  in  den  uberlieferten  epitomae  des  Livius, 
welche  gegen  das  Ende  hin  immer  diirftiger  werden,  nichts 
iiber  die  grossartigen  Anlagen  des  Drusus  auf  und  neben  der 
batavischen  Insel,  iiber  den  von  Suetonius  (Claud.  1)  be- 
wunderten  Drusus-Kanal  und  die  Fahrt  des  Drusus  in  den 
Ocean  an  der  friesischen  Kiiste  entlang,  dagegen  spricht  er 
noch  von  Besatzungen  und  Wachtposten  an  der  Elbe  und 
Weser.  Diese  Angabe  aber  muss  von  vornherein  unser  Miss- 
trauen  erregen.  Dass  Drusus  auf  seiner  Oceanfahrt  im  Jahre 
12  v.  Chr.  bis  zu  den  Miindungen  der  Elbe  gekommen  sein 
sollte,  ist  eine  Annahme,  welche  durch  eine  Bemerkung  des 
Velleius  (2,  106  am  Ende)  ganzlich  widerlegt  wird.  Bis  zu 
den  Miindungen  der  Weser  kann  er  moglicher  Weise  vor- 
gedrungen  sein,  aber  unglaublich  ist  es,  dass  er  hier  oder  im 
Emsgebiete  sogleich  Besatzungen  zuriickgelassen  haben  sollte, 
und  spater  ist  er  nie  wieder  in  diese  Gegenden  gekommen. 
Dass  es  ihm  an  Mut  gefehlt  haben  sollte,   nochmals  diese  Ge- 


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—     143    — 

genden  aufzusuchen,  kann  gewiss  nicht  behauptet  werden. 
Vorlaufig  aber  hatte  er  auf  seiner  Rekognoscierungsfahrt  nach 
dem  Emsgebiete  hin  —  denn  anders  kann  das  Unternehmen 
nicht  bezeichnet  werden  —  wohl  jedenfalls  den  Eindruck  ge- 
wonnen,  dass  von  den  Chauken  zunachst  nichts  zu  befiirchten, 
und  dass  es  weit  notiger  sei,  die  noch  immer  bedrohten  Rhein- 
gegenden  in  jeder  Hinsicht  zu  sichern,  als  die  schwer  zugang- 
lichen  Gaue  der  Chauken  zum  Anschluss  an  Rom  zu  bringen.  Nach 
sichern  Nachrichten  ist  Drusus  an  die  Elbe  nur  einmal  gekommen, 
und  zwar  auf  dem  Sommerfeldzuge  des  Jahres  9  v.  Chr.  Damals 
zog  er  wahrscheinlich  von  Mainz  aus,  am  Taunus  entlang, 
durch  das  Gebiet  der  Chatten,  bahnte  sich  einen  Weg  durch 
den  hercynischen  Wald,  worunter  wahrscheinlich  der  Thuringer 
Wald  zu  verstehen  ist,  kam  dann  in  das  Land  der  an  der 
Ostseite  der  Weser  wohnenden  Cherusken  und  weiterhin  bis  zu 
der  mittleren  Elbe,  die  er,  wie  es  scheint,  erreichte,  nachdem 
er  die  thiiringische  Saale  —  denn  dies  ist  wohl  der  von  Strabo 
(7,  291)  erwahnte  Fluss  Salas  — ,  etwa  bei  Halle,  iiberschritten 
hatte  (Dio  55,  1,  Florus  4,  12).  Damals  hat  er  an  der  Elbe 
jedenfalls  ein  Lager  aufschlagen  lassen  und  eine  Zeit  lang,  um 
die  Gegend  auszukundschaften,  dort  verweilt,  aber  ausser 
einem  von  Dio  erwahnten  Siegeszeichen  (tropaea  Drusi),  welches 
wahrscheinlich  innerhalb  des  dort  errichteten  Lagers  aufgestellt 
war,  hat  er  hier  kein  Denkmal  seiner  Thatigkeit  hinterlassen, 
und  auf  dem  Riickzuge  fand  er,  infolge  eines  Schenkelbruchs, 
seinen  Tod.  —  Ebenso  wie  an  der  Elbe,  soil  Drusus,  nach  der 
Angabe  des  Florus,  auch  Besatzungen  und  Wachtposten  an 
der  Weser  aufgestellt  haben.  An  die  Weser  kam  Drusus  als 
der  erste  romische  Feldherr  auf  seinem  zweiten  Feldzuge  im 
Jahre  11  v.  Chr.  (Dio  54,  33;  Liv.  epit.  138).  Damals  war  er 
von  der  batavischen  Insel  aufgebrochen,  und,  nachdem  er  nicht 
weit  von  derselben  den  Rhein  iiberschritten  hatte,  unterwarf 
er  die  Usipeten  und  Tenktern,  der  en  Gaue  er  schon  in  dem 
vorhergehenden  Jahre  verwiistet  hatte,  liess  dann,  wahrscheinlich 
in  der  Nahe  der  jetzigen  Stadt  Harara,  eine  Briicke  tiber  die  Lippe 
bauen,  durchzog  das  Land  der  Sugambern  und  drang  zuletzt  in 
die  an  der  Westseite  der  Weser  befindlichen  Gaue  der  Cherusken 
ein,  wo  er  an  der  Weser  Halt  machte.  Hier  liess  er  wahr- 
scheinlich   ein   Lager    errichten    und,    unter    Aufstellung   von 


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—     144     — 

Wachtposten,  das  Ufergebiet  an  der  linken  Seite  dieses  Flusses 
weithin  untersuchen.  Von  einem  Kampfe  mit  den  Cherusken 
ist  hierbei  nicht  die  Rede,  und  wenn  in  der  genannten  Epitome 
des  Livius  die  Cherusken  als  unterworfenes  Volk  bezeicnet 
werden,  so  konnen  hiermit  nur  nur  die  an  der  Westseite  der 
Weser  wohnenden  gemeint  sein.  Die  Weser  aber  uberschritt 
Drusus  damals  nicht,  angeblich,  wie  Dio  bemerkt,  aus  Mangel 
an  Lebensmitteln,  sowie  wegen  der  boson  Vorbedeutung  eines 
Bienenschwarms  und  weil  der  Winter  schon  herannahte,  haupt- 
sachlich  aber  wohl,  weil  er  erfahren  hatte,  dass  sich  Volker- 
schaften  hinter  sein  em  Riicken  zu  einem  Ueberfall  verbiindet 
hatten.  In  der  That  wurde  auch  der  Rtickzug  nicht  ohne 
schwere  Verluste,  wie  Julius  Obsequens  (prodig.  132),  wahr- 
scheinlich  nach  Livius,  andeutet,  bewerkstelligt,  und  einmal 
war  Drusus  sogar  nahe  daran,  in  einem  Engpasse,  wie  Dio 
meldet,  oder  in  der  Nahe  einer  leider  nicht  zu  ermittelnden 
Oertlichkeit,  welche  von  Plinius  (H.  N.  11,  18)  Arbalo  genannt 
wird,  vollig  aufgerieben  zu  werden,  indem  er  von  den  vereinigten 
Sugambem,  Cherusken  und  anderen  Volksst&mmen  umstellt 
war.  Wegen  der  Planlosigkeit  der  Angreifer  aber  gelang  es 
ihm,  sich  durchzuschlagen.  Diese  That  wird  von  Plinius  als 
ein  glanzender  Sieg  bezeichnet,  Florus  aber  weiss  hieriiber  noch 
Ausfiihrlicheres  zu  berichten,  doch  macht  seine  Angabe  hieriiber 
durchweg  den  Eindruck,  als  ob  sie  aus  einer  Sammlung  von  Anek- 
doten  stammte.  Er  meldet  namlich,  die  verbiindeten  Volksstftmme 
seien  ihrer  Rache  so  gewiss  gewesen,  dass  sie  schon  vorher 
aber  die  Teilung  der  Beute  sich  geeinigt  hatten.  Die  Cherusken 
hatten  die  Pferde,  die  Sueven  das  GoM  und  Silber,  die  Sikam- 
bern  die  Gefangenen  gewahlt,  aber  alles  sei  anders  ausgefallen ; 
denn  Drusus  habe  als  Sieger  ihre  Pferde,  ihr  Vieh,  ihre  Hals- 
ketten  und  sie  selbst  als  Beute  verteilt  und  verkauft.  Nach 
den  erwahnten  Umstanden  aber  wird  Drusus  vor  seinem  Ab- 
zuge  von  der  Weser  wohl  schwerlich  daran  gedacht  haben, 
Wachtposten  daselbst  zuriickzulassen.  Bei  der  Beendigung 
des  Feldzuges  aber  liess  er  an  der  Lippe  das  Kastell  Aliso 
bauen,  wahrscheinlich  in  der  Nahe  von  Hamm,  wo  mittlerweile 
die  Vorarbeiten  hierzu  vielleicht  schon  begonnen  hatten,  und 
wo  auch  die  Briicke  gelegen  zu  haben  scheint,  welche  bei  der 
Eroffnung    des   Feldzuges    erbaut    und    wahrscheinlich    durch 


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—     145     — 

zuriickgelassene  Mannschaften  bis  zum  Ende  des  Feldzuges 
bewacht  worden  war.  Eine  an  dieser  Stelle  erbaute  Festung 
konnte  zu  jeder  Zeit  durch  Schiffe,  wie  durch  Transporte 
zu  Lande,  vom  Rhein  aus  sehr  leicht  mit  Proviant  ver- 
sehen  werden,  und  ebenso  konnte,  im  Fall  der  Not,  hierher 
von  Vetera  aus  sehr  schnell  militarische  Hiilfe  herbeigeschafft 
werden.  Auf  seinem  letzten  Feldzuge  im  Jahre  9  v.  Chr.  soil 
Drusus  nochmals  den  Visurgis  uberschritten  haben  (Dio  55,  1), 
wobei  er  in  einen  Teil  der  an  der  Ostseite  der  Weser  liegenden 
Gebiete  der  Cherusken  gelangte,  doch  nehmen  manche  an,  dass 
hier  vielleicht  auch  die  Werra  gemeint  sein  konne,  und  dass 
er  von  da  aus  in  jene  Gegenden  gelangt  sei. 

Nach  diesen  Untersuchungen  kann  von  militarischen  Ein- 
richtungen  der  Romer  in  dem  Lande  der  Chauken  nicht  die 
Rede  sein.  Die  Annahme  eines  Kastells,  namens  Amisia, 
welches  irgendwo  in  den  Sumpfgebieten  an  der  unteren  Ems 
gelegen  haben  soil,  beruht  lediglich  auf  einer  falsch  erklarten  und 
wahrscheinlich  ltickenhaften  Stelle  des  Tacitus  (ann.  2,  8),  und 
das  angebliche  praesidium  in  Chaukis  (Tac. ann.  1,38), wobei 
man  gewohnlich  wieder  auf  das  ungltickliche  Kastell  Amisia 
hinweist,  scheint  nur  einer  Textverderbnis  seinen  Ursprung 
zu  verdanken.  Die  richtige  Lesart  bei  Tacitus  (ann.  2,  8)  ist 
wohl:  „Classis  Amisiae  ore  relicta  etc.tf,  und  ann.  1,  38  ist,  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach,  „Chattisa  statt  „Chaucistf  zu  schreiben, 
und  hiernach  muss  an  eine  Besatzung  rheinischer  Truppen  ge- 
dacht  werden,  welche  ihr  Standquartier  in  der  Nahe  des 
jetzigen  Dorfes  Heddernheim  am  Taunus  hatte  und  im  Winter 
in  Mainz  untergebracht  war.  —  Ferner  kann  aus  einer  Angabe 
bei  Florus  (4,  12,  21)  nicht  geschlossen  werden,  dass  Drusus 
in  dem  Lande  der  Chauken,  etwa  an  der  unteren  Elbe  oder 
an  der  unteren  Weser,  Besatzungen  aufgestellt  habe.  Denn  an 
die  untere  Elbe  ist  derselbe  niemals  gekommen,  und  dass  er, 
wie  einige  annehmen,  auf  seiner  Oceanfahrt  im  Jahre  12  v.  Chr. 
bis  zu  den  Miindungen  der  Weser  vorgedrungen  sein  sollte,  ist 
moglich,  aber  nicht  mit  Sicherheit  zu  behaupten.  Eine  Be- 
satzung aber  hat  er  hier  damals  jedenfalls  nicht  zuriickgelassen. 
Bei  seinem  Eintreffen  an  der  mittleren  Weser,  wohin  er  im 
Jahre  11  v.  Chr.  kam,  und  bei  seiner  Ankunft  an  der  mittleren 

Jahrtrach  der  Gesellsch.  f.  b.  K.  11.  vaterl.  Altorttiraer  zu  Em  den,  Bd.  XIV.  jq 


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—    146    — 

Elbe,  welche  er  auf  seinem  letzten  Feldzuge  im  Jahre  9  v.  Chr. 
erreichte,  wird  er,  so  lange  er  dort  verweilte,  jedenfalls  Wacht- 
posten  aufgestellt  haben.  Dass  aber  zu  seiner  Zeit  an  irgend 
einem  Punkte  in  der  unmittelbaren  N&he  dieser  beiden  Fliisse 
dauernde  Besatzungen  und  Wachtposten  gelegen  haben  sollten, 
ist  nach  den  uns  (iberlieferten  Nachrichten  vollig  undenkbar. 
Ob  Florus  nun  hieriiber  bei  einem  alteren  Schriftsteller  eine 
Andeutung  gefunden  hat,  oder  ob  dies  nur  seine  eigene,  aus 
einem  Missverst&ndnisse  hervorgegangene  Kombination  ist,  lasst 
sich  nicht  nachweisen.  Er  hat  zwar  in  seiner  Schrift  haupt- 
s&chlich  den  Livius  benutzt,  aber  Livius  ist  nicht  seine  einzige 
Quelle.  Ausserdem  hat  er  auch  an  manchen  Stellen  die  Nach- 
richten des  Livius  geradezu  entstellt,  wie  dies  z.  B.  Mtillen- 
hoff  (D.  Alt.  2,  158)  in  betreff  der  Angaben  iiber  die  Kimbern 
und  Teutonen  nachgewiesen  hat.  Auch  gehort  er  zu  denjenigen 
Schrift stellern,  welche  mehr  auf  Pathos,  als  auf  historische 
Treue  bedacht  waren,  und  wirft,  ohne  Beobachtung  der  Zeit- 
folge,  die  Ereignisse  verschiedener  Jahre  oft  durch  einander. 
Dies  zeigt  sich  z.  B.  auch  in  seinen  Angaben  iiber  die  Thaten 
des  Drusus.  Hier  meldet  er  u.  a.  ganz  nebenbei,  nachdem  er 
tiber  die  Kastellbauten  des  Drusus  gesprochen  hat,  derselbe 
sei  auch  in  den  bis  dahin  vollig  unzuganglichen  hercynischen 
Wald  (d.  i.  den  Thiiringer  Wald)  eingedrungen,  wahrend  Cassius 
Dio  (54,  36),  der  sein  Erscheinen  in  dieser  Gegend  ebenfalls 
andeutet,  in  genauerer  Angabe  meldet,  er  sei  im  Jahre  9  v.  Chr. 
von  den  Chatten  aus  zu  dem  Gebiete  der  Sueven  vorgedrungen. 
Den  ganzen  Bericht  iiber  Drusus  aber  schliesst  er  mit  den 
pomphaften  und  iiberschwenglichen  Worten:  „In  Germanien 
herrschte  ein  solcher  Friede,  dass  die  Menschen  verandert,  das 
Land  ein  anderes  und  sogar  das  Klima  freundlicher  und  milder 
zu  sein  schien  als  gewohnlich". 


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Ostfriesische  Urkunden  aus  dem  vatikanisehen 
Archiv  zu  Rom. 

Von  Dr.  phil.  M.  Klinkenborg  in  Berlin. 


Der  Veroffentlichung  der  nachfolgenden  Urkunden  aus 
dem  vatikanisehen  Archiv  zu  Rom  muss  ich  das  Gestandnis 
vorausschicken,  dass  ihre  Sammlung  keineswegs  die  Frucht 
systematischer  Forschung  ist.  Meine  amtliche  Thatigkeit  fiir 
das  Repertorium  Germanicum  l)  gestattete  mir  nicht,  auch  nur 
fiir  ein  Jahr  die  papstlichen  Register  2)  auf  Ostfrisiaca  durch- 
znsehen,  so  dass  sie  keineswegs  fiir  die  Zeit,  der  unsere  Ur- 
kunden angehoren,  fiir  unsere  Landschaft  ausgebeutet  sind. 
Vielmehr  sind  die  Urkunden  mir  teils  zufallig  bei  meinen  Ar- 
beiten  unter  die  Hande  gekommen,  teils  von  liebenswurdigen 
Freanden  mitgeteilt  worden.  Ihnen,  insbesondere  dem  Leiter 
unseres  Unternehmens  Dr.  Arnold,  Prof.  Dr.  Blok  aus  Leiden 
und  Dr.  Rosenfeld  aus  Magdeburg,  sage  ich  auch  an  dieser 
Stelle  meinen  verbindlichsten  Dank. 

Verschiedene  Griinde  darf  ich  aber  zur  Entschuldigung 
fur  diese  etwas  vorzeitige  Veroffentlichung  geltend  machen. 
Sie  wtirde  am  besten  gerechtfertigt  werden,  wenn  von  ihr  aus 
die  Anregung  zu  einer  vollstandigen  Durchforschung  der  vati- 
kanisehen Schatze  fiir  ostfriesische  Geschichte  ausginge,  wie 
dies  ja  schon  fiir  einzelne  Gegenden  unseres  Vaterlandes  (Baden, 
Elsass-Lothringen,  Westfalen,  Rheinprovinz,  Provinz  Sachsen  etc.) 
geschehen  ist  oder  noch  geschieht.    Gewiss  wurde  unser  Land- 

»)  Das  Repertorium  Germanicum  soil  die  Regesten  aller  in  Rom 
befindlichen  papstlichen  Urkunden  fiir  Deutschland  aus  den  Jahren  1378 
bis  1447  umfassen.  Bisher  erschienen:  Pontifikat  Eugens  IV.  Band  I  be- 
arbeitet  von  Arnold. 

*)  Die  mitgeteilten  Urkunden  sind  ausschliesslich  den  Lateran- 
(Reg.  Lat.)  und  Supplikenregistern  (Reg.  Suppl.)  entnommen. 

10* 


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—     148     — 

schaftskollegium,  das  ja  schon  so  haufig  sein  Interesse  fiir  die 
heimische  Geschichte  bewiesen  hat,  den  lebhaftesten  Dank 
unserer  Historiker  erwerben,  wenn  es  diese  Aufgabe  zu  der 
seinigen  machte.  Es  wtirde  uns  eine  grosse  Reihe  der  wert- 
vollsten  Dokumente  bescheren,  die  gerade  bei  der  geringen 
Anzahl  der  heimischen  Urkunden  so  manches  Ereignis  unserer 
Geschichte  erst  in  das  rechte  Licht  riicken  wiirden.  Ich  darf 
hierftir  als  Beispiel  schon  meine  kleine  Sammlung  anfuhren, 
die  einen  recht  grossen  Ertrag  fur  die  Aufklarung  der  Ge- 
schichte ihrer  Zeit  liefert.  Nur  zwei  Punkte  hebe  ich  daraus 
hervor,  da  sie  durch  ihren  Gegenstand  allgemeineres  Interesse 
erregen  werden.  Sie  betreffen  die  Baugeschichte  der  Ludgeri- 
kirche  zu  Norden,  der  schonsten  Kirche  Ostfrieslands,  und 
die  Anfange  des  Cirksena'schen  Hauses. 

Ueber  den  Bau  der  Ludgerikirche  war  bisher  nur  ein 
Datum  bekannt,  das  der  vielbesprochenen  Inschrift  an  der 
Kirche  selbst  entnommen  ist,  nach  der  im  Jahre  1445  der 
Chor  mit  Unterstiitzung  von  Ulrich  Cirksena  von  den  Nordera 
gebaut  wurde.  Da  jedoch  Langhaus  und  Querhaus  zwei  anderen 
Perioden  angehoren,  so  entstand  sofort  die  Streitfrage,  ob  sie 
fruher  oder  spater  als  der  Chor  entstanden  seien.  Nach 
Mithoff1)  ist  das  Querhaus  der  alteste  Bau,  der  noch  dem 
14.  Jahrhundert  angehort  und  einen  Bestandteil  einer  ehe- 
maligen  Kreuzkirche  ausgemacht  hat.  Anders  Houtrouw.  *) 
Er  halt  das  Langhaus  fiir  den  altesten  Teil,  wahrend  Quer- 
haus und  Chor  gleichzeitig  entstanden  seien.  Jetzt  bringt  unsere 
Urkunde  vom  12.  Mai  1403  neue  Aufklarung  tiber  die  Bau- 
geschichte der  Kirche.  Papst  Bonifaz  IX.  erteilt  durch  sie 
alien  Besuchern  und  Unterstutzern  der  Pfarrkirche  zu  Norden 
und  der  auf  dem  Pfarrkirchhof  erbauten  Ludgerikapelle,  in 
denen  das  Wort  Gottes  zu  verschiedenen  Zeiten  dem  Volke  ge- 
predigt  wird,  Ablass.  Aus  dieser  Urkunde  geht  deutlich  hervor, 
dass  im  Jahre  1403  an  der  Stelle  der  Ludgerikirche  nur  eine 
Kapelle  stand,  von  der  nattirlich  kein  Teil  in  der  heutigen 
Kirche  erhalten  geblieben  ist.  Ferner  darf  aus  der  Urkunde 
geschlossen  werden,  dass  man  damals  noch  nicht  den  Ent- 
schluss  gefasst  hatte,  an  der  Stelle  der  Kapelle  einen  Neubau 

*)  Kunstdenkmale  .  .  im  Hannoverschen  Bd.  VII,  S.  166. 
*)  Ostfriesland  Bd.  II,  S.  217  ff. 


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zu  errichten.  Einer  solchen  Thatsache  hatte  man  in  einer 
Indulgenzbulle  gedacht  —  schon  um  die  Glaubigen  zu  grosseren 
Gaben  anzuspornen;  in  ihr  ist  aber  ausschliesslich  von  der 
Unterhaltung  der  Kirche  und  Kapelle  die  Rede.  Es  kann  daher 
jetzt  kaum  mehr  zweifelhaft  sein,  dass  die  Anregung  zum 
Bau  der  Ludgerikirche  von  dem  kunstsinnigen  Ulrich  Cirksena 
ausgegangen  ist,  dem  wir  ja  auch  sonst  noch  eine  Anzahl  der 
stattlichsten  Bauwerke  unserer  Heimat  verdanken.  Der  Chor 
ist  mithin  der  alteste  Teil,  dem  spater  Querhaus  und  Langhaus 
angefugt  worden  sind. 

Dass  auch  schon  die  Vorfahren  Ulrichs  ein  baulustiges 
Geschlecht  gewesen  sind,  erfahren  wir  erst  jetzt  durch  unsere 
Urkunden.  Nach  ihnen  hat  sein  Onkel  Haro  die  Greetsieler 
Kirche  gegrilndet,  wahrend  sein  Vater  Enno  und  sein  Bruder 
Edzard  das  Kloster  Appingen  gebaut  haben.  Hieriiber  bringen 
unsere  Urkunden  eine  Fulle  von  Nachrichten,  die  ganz  neues 
Licht  auf  die  alteste  Geschichte  der  Cirksenas  und  der  beiden 
genannten  Ortschaften  Greetsiel  und  Appingen  werfen. 

Bisher  nahm  man  allgemein  an,  dass  der  Stammsitz  der 
Cirksenas  Greetsiel  sei,  denn  von  der  sagenhaften  Erzahlung 
des  Eilhardus  Loringa  durfen  wir  wohl  absehen,  nach  der 
namlich  der  Stammvater  Cirk  ein  vornehmer  Btirger  aus 
Norden  von  der  alten  Sozietat,  der  Theelacht,  gewesen  sei.  *) 
Unsere  Urkunden  bringen  uns  jetzt  einen  Schritt  weiter;  nach 
ihnen  ist  Appingen  ihre  alte  Heimat,  die  sie  erst  kurz  vor 
1400  mit  dem  neuentstandenen  Greetsiel  vertauscht  haben. 
Dass  letzteres  ein  verhaltnismassig  junger  Ort  im  Gegensatz 
zu  den  umherliegenden  Dorfern  sei,  dafur  konnte  der  Germanist 
aus  dem  Gebiete  der  Ortsnamenforschung  bereits  gute  Griinde 
beibringen.  Sein  Name  gehort  namlich  nicht  zu  den  alten 
Bildungen,  mit  denen  hier  die  ersten  Ansiedlungen  bezeichnet 
worden  sind,  mit  „hemtf  und  „warta,  sondern  gait  noch  in 
historischer  Zeit  im  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  fur  den 
Namen  einer  Flur,  wie  die  stete  Verbindung  seiner  altesten 
Form  Greed  mit  dem  Artikel  beweist  z.  B.  Haro  Edzardisna, 
hovetlinc  in  der  Greet,  neben  Haro  Ayldisna,  hovetlinc  to  Falren, 
Jmelo  Edzardisna,  hovetling  to  Edelsum  etc.  (Fr.  169).  Damals 
war  also    das   Bewusstsein,    dass  Greed   ein   Flur-   und   kein 

')  Mithoff,  Kunstdenkmale  Bd.  VII,  S.  96. 


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Ortsname1)  sei,  noch  lebendig;  es  w&re  aber  sicher  langst  ver- 
loren  gewesen,  wenn  de  Greed  schon  in  alter  Zeit  besiedelt 
worden  ware.  Dies  bestatigen  uns  unsere  Urkunden  durchaus, 
denn  aus  ihnen  diirfen  wir  den  Schluss  Ziehen,   dass  erst  urn 

1400  sich  in  Greetsiel  eine  Ortschaft  gebildet  hat.  Der  beste 
Beweis  dafur  ist,  dass  erst  damals  Greetsiel  eine  Kirche  er- 
halt  und  zum  selbststandigen  Pfarrbezirk  erhoben  wird,  wahrend 
es  friiher  nach  Pilsum  eingepfarrt  gewesen  war.    Am  30.  Marz 

1401  bestatigte  namlich  Papst  Bonifaz  IX.  auf  Bitten  des 
H&uptlings  Haro  Edzardisna  von  Greetsiel  die  von  ihm  unter 
Zustimmung  des  Bischofs  Otto  von  Munster  vollzogene  Er- 
richtung  einer  Pfarrkirche  zu  Ehren  der  Jungfrau  Maria  zu 
Greetsiel  in  dem  alteren  Pfarrbezirk  von  Pilsum.  Gleichzeitig 
genehmigte  der  Papst,  dass  die  ganzlich  verarmte  Pfarrkirche 
B.  Maria  zu  Appingen  mit  der  neugegriindeten  vereinigt,  und 
dass  der  von  Haro  prasentierte  Baro  Nomana  als  Pfarrer 
eingesetzt  wird.  Aus  der  spateren  Urkunde  vom  3.  Marz  1437 
ersehen  wir  dann  weiter,  dass  die  Unierung  beider  Kirchen  in 
der  That  erfolgt  ist. 2) 

Bei  dem  grossen  Bedurfnis  nun,  das  die  Leute  damaliger 
Zeit  empfanden,  eine  Kirche  an  ihrem  Wohnsitz  zu  haben,  kann 
es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  erst  damals,  als  dies  Be- 
dtirfnis in  Greetsiel  sich  geltend  machte  und  erfullt  wurde, 
dort  grossere  Ansiedlungen  stattfanden.  Dabei  ist  zu  be- 
achten,  dass,  wahrend  in  Greetsiel  eine  Pfarrkirche  notwendig 
wurde,  die  alte  zu  Appingen  uberflussig  wurde,  denn  sie  war 
schon  1401  fere  dirupta  et  exilis,  adeo  devastata,  quod  de 
fructibus,  redditibus  etc.  presbiter,  qui  in  ea  deservit  divinis, 
congrue  se  sustentare  et  iura  episcopalia  solvere  non  valebat. 
Beide  Ereignisse,  die  Besiedlung  Greetsiels  und  die  Verodung 
Appingens,  stehen  in  engstem  Zusammenhang ;  die  eine  That- 
sache  ist  die  Folge  der  anderen:  Greetsiel  ist  von  den  Ein- 
wohnern  Appingens    bevolkert    worden.      Darauf   deuten   die 


»)  Ich  nehme  „gr§d"  hier  als  spezielle  Flurbezeichnung ;  es  be- 
deutet  tiberhaupt  Wiesenland,  vgl.  v.  Richthofen,  Altfriesisches  Worter- 
buch  S.  782;  Schiller-Lubben,  MittelniederdeutschesWorterbuch  II,  S.145; 
Sundermann,  Friesische  und  niedersachsische  Bestandteile  in  den  Orts- 
namen  Ostfrieslands,  S.  26. 

2)  vgl.  unsere  Urkunden  Nr.  II.  und  XI. 


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—     151     — 

engen  Beziehungen  dieser  beiden  benachbarten  Orte  hin;  denn 
wahrend  die  der  Jungfrau  Maria  geweihte  Kirche  in  Appingen 
verfallt,  grundet  man  zu  Ehren  der  Gottesmutter  eine  neue  in 
Greetsiel,  und  zugleich  wird  die  alte  mit  der  neuen  vereint. 
Ja,  fiir  eine  Familie,  fur  die  Cirksenas,  vermogen  wir  diese 
Umsiedelung  von  Appingen  nach  Greetsiel  direkt  nach- 
zuweisen.  Nach  unseren  Urkunden  sind  sie  dort  nicht  nur  die 
domini  loci,  die  auch  das  Kirchenpatronat  innehaben,  sondern 
in  Appingen  liegen  auch  ihre  alten  Familiengtiter.  Als  Enno 
und  Edzard  aus  ihnen,  insbesondere  aus  der  alten  Kirche,  das 
von  ihnen  gegriindete  Karmeliterkloster  dotieren  wollen,  holen 
sie  die  Zustimmung  der  zweiten  Linie  ihres  Hauses  dazu  ein, 
die  durch  den  Hauptling  Sibrand  II.  von  Eilsum  vertreten 
wird.1)  Sicherlich  hatte  dessen  Zustimmung  nicht  eingeholt  zu 
werden  brauchen,  wenn  nicht  der  gemeinsame  Stammvater 
beider  Linien  diese  Giiter  bereits  besessen  hatte.  Gerade  von 
Seiten  der  Schenker  wurde  auf  diese  Zustimmung  Gewicht  ge- 
legt,  denn  in  ihrer  Supplik  wird  sie  erwahnt,  wahrend  sie  in 
der  entsprechenden  Bulle  mit  Stills chweigen  iibergangen  ist. 
Der  gemeinsame  Stammvater  beider  Linien  ist  Edzard 
Cirksena.  Da  dies  bisher  nicht  festgestellt  ist,  so  sei  es  mir 
hier  gestattet,  in  Kiirze  einen  Stammbaum  der  altesten 
Cirksenas  nach  den  Urkunden  zu  entwerfen.  Nach  Ubbo 
Emmius  (Hist.  S.  246)  hatte  Edzard  drei  Sohne,  Jmel,  Haro 
und  Enno.  Wir  fugen  hinzu,  dass  auch  Sibrand  I.  von  Eilsum 
sein  Sohn,  wahrscheinlich  der  alteste,  war.  Sein  Siegel  lasst 
uber  das  Verwandtschaftsverhaltnis  keinen  Zweifel  aufkommen. 
Es  ist  an  der  Urkunde  vom  7.  Juli  1370  (Fr.  115)  erhalten; 
das  Bild  stellt  die  gekronte  Jungfrau  Maria  mit  dem  Christus- 
kinde  dar,  vor  welchem  ein  betender  Monch  kniet,  liber  dem 
ein  Engel  mit  einem  Palmzweig  schwebt.  Die  Umschrift  lautet 
erganzt:  „[S.  Sibrandi]  Echardi  [de  Edel]sumtf.  Er  wird  hier  also 
als  Sohn  des  Edzard  (Echard)  bezeichnet.  Da  nun  Jmel  von 
Eilsum,  der  Sohn  des  Edzard  Cirksena,  das  gleiche  Bild  und  die 
gleiche  Umschrift  (S.  Jmelonis  Echardi  de  Edelsum  bei  Fr.  169)  im 
Siegel  hat  und  ausserdem  dem  Sibrand  in  der  Hauptlingswtirde 
zu  Eilsum  nachfolgt,  so  kann  es   nicht  zweifelhaft  sein,   dass 

*)  vgl.  unsere  Urkunde  Nr.  XI.    Nach  den  Norder  Annalen  wurde 
das  Kloster  1466  von  ven  Karmelitern  bezogen. 


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—     152    — 

Sibrand  sein  Bruder  und  Sohn  des  Edzard  Cirksena  war.  Ge- 
sichert  wird  dies  Ergebnis  noch  dadurch,  dass  auch  der  dritte 
Sohn  Edzards,  Haro  von  Greetsiel,  das  gleiche  Siegel  fuhrt  (Fr.  169 
und  171).  Zugleich  schliesst  das  tibereinstimmende  Siegel  der 
drei  Brtider  aus,  dass  Sibrand  und  Jmel  das  gleiche  Siegel  in 
ihrer  Eigenschaft  als  Hauptlinge  von  Eilsum  fuhren.  Sibrand 
ist  als  Hauptling  von  Eilsum  von  1370—1379  (Fr.  115  und  136) 
nachzuweisen,  Jmel  von  1400—1404  (Fr.  169  und  193).  Wahrend 
Sibrand  keine  Kinder  hinterlassen  hat,  stammt  von  Jmel  der 
Hauptling  Sibrand  II.  von  Eilsum  ab,  der  ausdnicklich  als  Sofcn 
des  Jmel  (Jmellena  bei  Fr.  823)  bezeichnet  wird.  Seine  3u- 
gehorigkeit  zum  Cirksena'schen  Hause  wird  auch  dadurch  be- 
zeugt,  dass  nach  seinem  kinderlosen-Tode  (vor  1465  April  5) 
der   Graf  Ulrich   seine  Hinterlassenschaft   in  Anspruch  nahm. 

Der  dritte  Sohn  Edzards,  Haro  von  Greetsiel,  der  von 
1400—1409  (Fr.  169  und  1750)  urkundet,  hat  gleichfalls  keine 
Kinder  hinterlassen,  dagegen  ist  der  jiingste  Sohn  Enno  von 
Norden  der  Begninder  der  graflichen  Familie.  Er  ist  auch  der 
erste,  der  die  Harpye  im  Wappen.  fuhrt.  Schon  sein  altestes 
Siegel  hat  auf  einem  Wappenschild  die  Harpye  und  auf  dem 
gekronten  Helm  einen  Adler;  rechts  und  links  im  Siegelfeld 
befindet  sich  je  eine  Lilie  (Fr.  169).  Aber  daneben  hat  er  noch 
ein  anderes  Siegel  gefuhrt,  in  dem  auf  dem  Wappenschild  ein 
rechtssehender  Adler  und  a.uf  dem  Helm  eine  Lilie  dargestellt 
ist  (Fr.  368).  Wie  ich  glaube,  ist  letzteres  das  eigentliche 
Wappen  der  Cirksenas,  denn  auch  Ennos  Neffe  Sibrand  II.  von 
Eilsum  fuhrt  es.  Von  ihm  ist  uns  ein  Siegel  (Fr.  354)  erhalten, 
das  im  Wappenschild  einen  rechtssehenden  Adler  hat.  Der 
Helm  hat  als  Kleinod  ebenfalls  einen  Adler,  als  Schildhalter 
rechts  ein  Einhorn  mit  Hirschgeweih  und   links  einen  Hund.  *) 

Aus  dieser  Genealogie  geht  klar  hervor,  dass  der  gemein- 
same  Stammherr  der  Eilsumer  und  Greetsieler  Linien  Edzard 
war,  dass  er  also  schon  der  Besitzer  der  Appinger  Guter  war, 
die  Enno  unter  Zustimmung  des  Sibrand  verschenkte.     Aber 


»)  Nach  den  Norder  Annalen  ist  ein  Ulricus  Sircsena  im  Jahre  1373 
im  Kampfe  iuxta  Wigmondiam  gefallen.  Nach  v.  Wichts  Annalen  ist 
Edzard  erst  1400  gestorben.  Unter  Benutzung  dieser  an  sich  glaub- 
wurdigen  Nachrichten  und  der  Angaben  der  Genealogen  ist  der  Stamm- 
baum  der  alteren  Cirksenas  folgender: 


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—    153    — 

Edzard   hat  diese  Giiter  nicht  nur  besessen,  sondern  auch  in 

Appingen   selbst  gewohnt.    Wir  schliessen  dies   daraus,   dass 

seine  drei  altesten  Sohne  Sibrand,  Jmel  und  Haro  das  Appinger 

Kirchensiegel  als  das  ihre  fuhren.    Sicherlich  h&tten  sie   dies 

nicht  gethan,  wenn  sie  nicht  eben  Appingen  als  ihren  Heimats- 

ort   ansehen  konnten.     Ihre   oben   beschriebenen  Siegel  sind 

namlich    identisch    mit    dem   Appinger   Kirchensiegel.      Letz- 

teres  ist  uns   zwar  nicht    erhalten,    aber    wir    vermogen    es 

aus  dem  Appinger  Klostersiegel  zu  rekonstruieren.    Da  Kirche 

und   Kloster   beide    der   Jungfrau   Maria    geweiht   waren,    so 

wurde,  wie  so  haufig,  das   Kirchensiegel  in  das  Klostersiegel 

ubernomraen.     Es    zeigt    uns   die    Jungfrau   Maria    mit    dem 

Christuskind   auf  blumenreichem   Grunde   sitzend1)   (Fr.  823). 

Kann  daher  an  der  Umsiedlung  der  Cirksenas  von  Appingen 

nach  Greetsiel  kein  Zweifel  sein,   so   ist  auch  die  Annahme, 

dass  die  ubrigen  Einwohner  Appingens  ihrem  Beispiel  gefolgt 

sind,  gerechtfertigt,  zumal  die  Quellen  uns  ja  direkt  bestatigen, 

dass   Appingen   zur  Wtistung  wurde,   als   Greetsiel   aufbluhte. 

Fragen    wir    nun    nach    den  Griinden    dieses    Vorganges,    so 

finden   sie    ihre    Erklarung    einerseits   in   den   Veranderungen 

der  dortigen  Kiistenstriche  und  andererseits  in  den  politischen 


Ulrich 
t  1373 


Sibrand  I. 
von  Eilsum 
(1370-1379) 


Edzard  Cirksena 
mit  Etta  v.  Visquard 


Enno  Cirksena 

mit  Adda  Beninga 

von  Groothusen 

Edzard  f  1406 
mit  Doda  ten  Brok 


Jmel 
von  Eilsum 
(1400—1404) 


Haro 

von  Greetsiel 

(1400-1409) 


Enno 

von  Norden 

(1400-1449) 

t  1450 


Edzard 


Ulrich 


Sibrand  II.  von  Eilsum 

(1427—1460) 

t  vor  1466  April  6. 

*)  Auf  die  alten  Beziehungen  Appingens  zu  den  Cirksenas  deutet 
das  Siegel  auch  dadurch  hin,  dass  in  ihm  ein  Wappenschild  mit  der 
Harpye  aufgenommen  ist. 


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—     154    — 

Verhaltnissen.  Gerade  im  14.  Jahrhundert  hat  die  Leybucht, 
an  der  Greetsiel  und  Appingen  liegen,  durch  arge  Sturmfluten 
die  grossten  Veranderungen  erlitten.  Zu  den  Jahren  1361. 
1374  und  1377  berichten  uns  die  Norder  Annalen  von  grossen 
Ueberschwemmungen  dieser  Gegenden.  Urkundlich  bezeugt 
ist,  dass  ein  ganzes  Dorf,  Westeel,  von  den  Meeresfluten  um 
1380  weggespult  wurde  (Fr.  157).  Aber  was  das  Meer  im 
Innern  der  Bucht  nahm,  scheint  es  an  den  beiden  Spitzen 
wieder  angesetzt  zu  haben.  Wenigstens  wissen  wir  genau, 
dass  schon  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  die  ganze  nord- 
liche  Spitze  der  Leybucht  dem  Meere  durch  die  Eindeichungen 
der  Grafin  Anna  im  Jahre  1551  und  1552  entrungen  wurden. l) 
Solche  Landansetzungen  haben  auch  an  der  Sudspitze  statt- 
gefunden.  Wir  besitzen  dariiber  ein  positives  Zeugnis  in  der 
Meldung  der  Norder  Annalen,  dass  Ulrich  Cirksena  im  Jahre  1461 
den  Siel  bei  Greetsiel  vollendet  habe,  dass  also  erst  damals 
die  dortige  Eindeichung  ihren  Abschluss  erreicht  hat.2) 

Durch  das  neugewonnene  Land  wurde  aber  das  alte  Dorf 
Appingen  gerade  in  einer  Zeit  vom  Meere  abgeschnitten,  in 
der  die  Hafenplatze  namentlich  fur  die  Politik  der  kleinen  Ge- 
walthaber  dieser  Gegenden  so  grosse  Bedeutung  erlangten. 
Waren  es  doch  die  Zeiten,  in  denen  die  als  Seerauber  be- 
rtichtigten  Vitalienbriider  an  der  ostfriesischen  Ktiste  Aufnahme 
suchten  und  f  and  en.  Jeder  kleine  Hauptling,  dessen  Sitz 
giinstige  Lage  hatte,  suchte  sie  als  Sttitzen  seiner  Macht 
an  sich  zu  Ziehen.  Natiirlich  war  dies  den  Cirksenas  in 
dem  jetzt  landeinwarts  gelegenen  Appingen  unmoglich; 
bessere  Platze  mussten  dafur  gewahlt  werden.  Und  dies 
haben  die  Cirksenas  in  ausgezeichneter  Weise  verstanden. 
Um  1400  besassen  die  drei  Bnider  Jmel,  Haro  und  Enno  gleich- 
zeitig  die  Gewalt  an  drei  Orten,  durch  die  sie  die  Leybucht  be- 
herrschten:  Enno  als  Hauptling  von  Norden,  Jmel  als  Haupt- 
ling des  damals  noch  naher  am  Meere  gelegenen  Eilsum  und 
endlich  Haro  als  Beherrscher  des  hochgeschatzten  Hafens  von 
Greetsiel  (Fr.  1700).  Um  ihre  Macht  an  der  Leybucht  zu  be- 
griinden,  haben  sie  in  kluger  Berechnung  ihre  Wohnsitze  ge- 


*)  Wiarda,  Ostfr.  Gesch.  Ill,  S.  470. 

*)  Die  Anlage  des  Siels  muss  bereits   um  1420  erfolgt  sein,  denn 
seit  1421  ist  die  Verbindung  Greetsiel  nachweisbar. 


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—    155    — 

wechselt  und  die  neue  Ortschaft  Greetsiel  angelegt.  Es  wird 
kaum  notig  sein  hinzuzufugen,  dass  sie  auch,  um  ihre  Ziele 
zu  erreichen,  das  obengenannte  Mittel  gebrauchten:  alle  drei 
Briider  waren  gleichzeitig  Heger  und  Beschiitzer  derSeerauber 
(Fr.  169  und  171).  Dass  sie  aber  trotzdem  auch  ihre  Rechnung 
im  Himmel  giinstig  zu  stellen  suchten,  beweist  die  ebenfalls 
gleichzeitige  Errichtung  der  Greetsieler  Kirche  durch  Haro. 

I. 

Papst  Bonifaz  IX.  befiehlt  dem  Abt  zu  Norden,  dem  Dekan  der 
Hamburger  Kirche  und  dem  Thesaurar  der  Bremer  Kirche,  die 
Exkomtnunikationsscntenz,  die  der  Abt  Heinrich  von  Wittewierum 
uber  Edo  Wimmeien  wegen  Ermordung  des  Priesters  Hereho  ver- 
hangt  hat,  zur  Ausfilhrung  zu  bringen  und  eventuell  zu  verscharfen. 

1400  December  13. 

Reg.  Lat.  Bd.  87  f.  225. 
Bonifacius  [episcopus  servus  servorum  dei] l)  dilectis  filiis 
abbati  monasterii  in  Norda  et  decano  Hamburgensis  Bremensis 
diocesis  ac  thesaurario  Bremensis  ecclesiarum  salutem  [et 
apostolicam  benedictionem].  Sua  nobis  dilectus  filius  Hil- 
marus,  rector  parrochialis  ecclesie  in  Schortenze2)  Bremen- 
sis diocesis,  conquestione  monstravit,  quod  pridem  Edo  Wym- 
meken,  laicus  dicte  diocesis,  dei  timore  postposito  quondam 
Herekonem,  presbiterum,  ipsius  Hilmori  fratrem  carnalem, 
captivavit  ipsumque  percussit  et  in  capite  ipsius  letaliter 
vulneravit  et  manus  sibi  a  tergo  ad  instar  famosi  latronis 
sacerdotali  spreta  dignitate  ligari  et  ipsum  per  viam  sic 
ligatum  versus  quoddam  suum  castrum  duci  fecerat  eundem, 
in  quo  Herekonem  diris  vinculis  mandaverat  mancipari  et 
nichilominus  mala  malis  accumulando  subditis  suis  in  eodem 
castro  precepit  et  mandavit,  ut  ipsi  Herekoni  in  cibo  vel  alio 
nutrimentorum  beneficio  nullatenus  subvenirent,  sic  quod  idem 
Hereko  post  paucos  dies  in  ipsis  vinculis  sic  detentus  diem 
suum  clausit  extremum.  Quapropter  dilectus  filius  Henricus, 
abbas  monasterii  in  Werum3)  ordinis  Premonstratensis  Mona- 

')  Das  Eingeklammerte  nach  Formelbtichern  etc.  erg&nzt. 
J)  Schortens  siidlich  von  Jever. 
3)  Wittewierum  bei  Appingadam. 


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—     156    — 

steriensis  diocesis,  subexecutor  constitucionum  felicis  recorda- 
cionis  Honorii  pape  III.,  predecessoris  nostri,  ac  clare  memorie 
Frederici,  Romanorum  imperatoris  *)  semper  augusti,  contra 
hec  et  similia  perpetrantes  promulgatarum  a  dilecto  filio 
Wernero,  decano  ecclesie  Hamburgensis  dicte  Bremensis  dio- 
cesis, executore  principali,  unacum  quibusdam  suis  in  hac 
parte  collegis  a  sede  apostolica  deputato,  subdeputatus,  recepta 
per  eum  informacione  de  premissis  diligenti  ipsum  Edonem  ob 
premissa  sentenciam  excomunicacionis  incurrisse  declaravit 
ipsumque  excomunicatum  denunciavit  et  denunciari  mandavit 
et  fecit,  prout  in  Uteris  suis  super  hoc  confectis  plenius  con- 
tinetur.  Cum  autem,  sicut  eadem  peticio  subiungebat,  idem 
Edo  huiusmodi  spretis  sentenciis  eas  sustinet  animo  indura- 
to,  non  curans  ad  ecclesie  redire  unitatem,  quare  pro  parte 
ipsius  Hilmari  nobis  fuit  humiliter  supplicatum,  ut  huiusmodi 
sentencias  aggravari  et  reaggravari  et  execucioni  debite  de- 
mandari  mandare  et  alias  providere  super  hoc  de  oportuno 
remedio  de  benignitate  apostolica  dignaremur :  nos  igitur,  ne  faci- 
litas  venie  tribuat  incentivum  delinquendi,  volentes  huiusmodi 
supplicacionibus  inclinati  super  hoc  salubriter,  prout  ex  debito 
tenemur  pastoralis  officii,  providere,  discrecioni  vestre  per 
apostolica  scripta  mandamus,  quatenus  vos  vel  duo  aut  unus 
vestrum  per  vos  vel  alium  seu  alios  ipsius  Henrici  subexecu- 
toris  literas  huiusmodi  execucioni  debite  demandantes 2)  ipsum- 
que Edonem  in  penas  et  sentencias  tam  ipsorum  Honorii,  prede- 
cessoris nostri,  et  Frederici,  Romanorum  imperatoris  semper 
augusti,  quam  eciam  in  iure  scriptas  auctoritate  nostra  inci- 
disse  declaretis  et  nichilominus  legitimis  per  vos  super  hiis 
habitis  processibus  eos,  quociens  opus  fuerit,  aggravare  et5) 
reaggravare  curetis,  contradictores  per  censuram  ecclesiasti- 
cam  [appellacione  postposita  compescendo],  invocato  ad  hoc, 
si  opus  fuerit,  auxilio  brachii  secularis.  Ceterum  si  per 
summariam  informacionem  per  vos  super  hoc  habendam 
constiterit,  quod  eius  Edonis  presencia  aut  ipsius  domicilii 
accessus  pro  citacionibus  et  monicionibus  de  ipso  super 
hiis    faciendis    tute    haberi    non    possit,    nos    vobis    citaci- 


»)  im  Reg.  pauperatorum. 

J)  Konstruktion  ist  nicht  in  Ordnung. 

*)  fehlt  im  Reg. 


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—     157     — 

ones  et  moniciones  quaslibet  per  edicta  publica  locis  affigen- 
da  publicis  partibus  illis  vicinis,  de  quibus  sit  verisimilis 
coniectura,  quod  ad  noticiam  dicti  Edonis  et  aliorum,  quos 
concement,  valeant  pervenire,  faciendi  plenam  concedimus 
auctoritate  predicta  tenore  presencium  facultatem;  ab  huius- 
modi  execucionibus  non  cessantes,  quousque  idem  Edo  ad 
gremium  sancte  matris  ecclesie  rediens  de  huiusmodi  ex- 
cessibus  satisfecerit  et  absolucionis  beneficium  meruerit  obtinere, 
ac  volumus  et  eadem  auctoritate  decernimus,  quod  huiusmodi 
citaciones  et  moniciones  eundem  Edonem  et  alios,  quos  concer- 
ned, perinde  arceant1)  ac  si  eis  intimati  et2)  insinuati  presen- 
cialiter  et  personaliter  extitissent;  non  obstantibus  constituci- 
onibus  apostolicis  contrariis  quibuscunque  seu,  si  prefato 
Edoni  vel  quibusvis  aliis  comuniter3)  vel  divisim  a  sede 
apostolica  sit  indultum,  quod  interdici,  suspendi  vel  exco- 
municari  non  possint  per  literas  apostolicas  non  facientes 
plenam  et  expressam  ac  de  verbo  ad  verbum  de  indulto  huius- 
modi mencionem.  Dat.  Rome  apud  sanctum  Petrum  id.  decembr. 
anno  duodecimo. 


II. 

Papst  Bonifaz  IX.    bestdtigt   die   Errichtung   der    Pfarrkirche   eu 
Greeisiel  durch  den  Hauptling  Haro  Edzardisna. 

1401  Mftrz  30. 

Reg.  Lat.  Bd.  90  f.  85. 
Bonifacius  [episcopus  servus  servorum  dei]  ad  futuram 
rei  memoriam.  Ad  ea  ex  iniuncto  nobis  apostolatus  officio 
libenter  impendimus,  per  que  ecclesiarum  ac  personarum  in 
illis  divinis  laudibus  deditarum  commodum  et  utilitates4) 
conspiciuntur,  et  ut  ea,  que  pro  divini  cultus  augmento  et 
personarum  ipsarum  status  conservacione  provide  facta  sunt 
et    concessa,    illibata    persistant,    cum    a    nobis    requiritur, 


*)  arttent  im  Reg. 
*)  fehlt  im  Reg. 
*)  comm.  im  Reg. 
4)  utilitatem  im  Reg. 


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—     158    — 

adiicimus  firmitatem.  Sane  pro  parte  dilecti  filii  nobilis  viri 
Haronis  Edzardisna,  capitanei  in  Grede1)  terre  Frisie  Monasteri- 
ensis  diocesis,  nobis  oblata  2)  peticio  continebat,  quod  ipse  olim 
terrena  cupiens  felici  comercio  in  celestia  commutare  quandam 
ecclesiam  ad  laudem,  titulum  et  honorem  beate  Marie  semperque 
virginis  in  Grede  licet  in  districtu  parrochialis  ecclesie  in 
Pilsum3)  dicte  diocesis  de  consensu  et  assensu  venerabilis 
fratris  nostri  Ottonis,  episcopi  Monasteriensis,  erexit,  construxit 
et  dotavit  ipsique  ecclesie  in  Grede  ecclesiam  parrochialem  in 
Appungum4)  dicte  diocesis  fere  diruptam  et  exilem,  adeo 
devastatam,  quod  de  fructibus,  redditibus,  proventibus,  iuribus 
et  obvencionibus  ipsius  universis  presbiter,  qui  in  ea  deservit 
divinis,  congrue  se  sustentare  et  iura  episcopalia  solvere  non 
valebat,  idem  episcopus  cum  prediis,  agris,  reliquiis,  cura 
animarum  et  pertinenciis  suis,  salvis  tamen  ceptis5)  cimiterii 
eiusdem  ecclesie  in  Appungum  et  iure  cuiuscumque,  univit  et 
incorporavit,  prout  in  litteris  autenticis  ipsius  episcopi  plenius 
continetur.  Et  sicut  eadem  peticio  subiungebat,  dictus  Haro 
dilectum  filium  Baronem  Nomana,  presbiterum  dicte  diocesis, 
archidiacono  Monasteriensi 6)  ad  dictam  ecclesiam  in  Grede 
tamquam  rectorem  parrochialis  ecclesie  presentavit,  ac  dictus 
archidiaconus,  ad  hoc  mandatum  habens,  eundem  presbiterum 
instituit,  investivit  et  taliter  confirmavit.  Quare  pro  parte 
dicti  Haronis  nobis  fuit  humiliter  supplicatum,  ut  erectioni, 
construction!,  donacioni,  unioni,  incorporacioni,  presentacioni 
et  institucioni  ac  omnibus  in  prefatis  litteris  contentis  robur 
apostolice  confirmacionis  adiicere  de  benignitate  apostolica 
dignaremur.  Nos  igitur  huiusmodi  supplicacionibus  inclinati 
erectionem,  constructionem,  donacionem,  unionem,  incorpora- 
cionem  dicte  ecclesie  in  Grede,  cuius  fructus,  redditus  et  pro- 
ventus  quatuor  marcharum  argenti  communi  extimacione 7)  va- 
lorem annuum,  ut  asserit,  non  excedunt,  ac  presentacionein  et 


>)  Greeteiel,  Kr.  Emden. 

J)  im  Reg.  oblate. 

s)  im  Reg.  Pilsam. 

*)  Appingen  bei  Greetsiel. 

»)  fur  septis. 

•)  im  Reg.  archidiaconum  Monasteriensem. 

7)  extimacio  Abschatzung. 


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—     159    — 

institucionem  predictas  et,  quecumque  inde  secuta  ac  in  pre- 
dicts litteris  contenta,  rata  habentes  et  grata  ilia  auctoritate 
apostolica  ex  certa  sciencia  confirmamus  et  presentis  scripti 
patrocinio  communimus,  supplentes  eadem  auctoritate  omnes 
defectus  in  premissis,  per  quos  huiusmodi  ecclesie  parrochiali 
in  Grede  ac  rectori  pro  tempore  existenti  in  eadem  possit 
detrimentum  seu  preiudicium  aliquod  generari.  Nulli  ergo 
[omnino  hominum  liceat  hanc  paginam]  nostre  confirmacionis 
infringere  [vel  ei  ausu  temerario  contraire].  Siquis  autem 
[hoc  attemptare  presumpserit,  indignacionem  omnipotentis  dei 
ac  beatorum  Petri  et  Pauli  apostolorum  eius  se  noverit  in- 
cursurum].  Dat.  Rome  apud  sanctum  Petrum  tercio  kal.  aprilis 
anno  duodecimo. 

III. 

Papst  Bonifaz  IX.  befiehlt  dem  Scholasticus  der  Bremer  Kirche, 
die   Pfarrer   Frieslands    gegen    Uebergriffe    der    Bettelmonche    zu 

schiitzcn. 

1403  Mai  12. 

Reg.  Lat.  Bd.  108  f.  142. 
Bonifacius  [episcopus  servus  servorum  dei]  dilecto  filio 
scolastico  ecclesie  Bremensis  salutem  [et  apostolicam  benedic- 
tionem].  Licet  regularis  ordinis  professores  illos  presertim, 
quos  maioris  libertatis  sedes  apostolica  privilegiis  honoravit, 
congruis  attollere  favoribus  et  ipsorum  illibate  conservare 
privilegia  racionabilia  intendamus,  sic  tamen  ipsos  suis  iuribus 
volumus  esse  contentos,  quod  eorumdem  suorum  privilegiorum 
limites  observantes  iura  non  impediant  nee  occupont  aliena. 
Sane  gravem  dilectorum  filiorum  Adekonis  de  Pilsum,  Johannis 
Meynardi,  Terlingi  Ockonis,  Richardi  Ulbrandi  et  Alverici  de 
Hove  in  Norda  et  Wiardi  Tunonis  in  Haghen1)  parrochialium 
ecclesiarum  rectorum  Bremensis  diocesis  querelam  accepimus 
continentem,  quod  nonnulli  predicatorum  et  aliorum  mendi- 
cancium  ordinum  fratres  et  monachi  funera  parrochianorum 
defunctorum  utriusque  sexus,  qui  sepulturas  elegerunt  aut 
quorum  maiores  sepeliri  consueverant  apud  eorum  ecclesias, 

')  Hage  bei  Norden. 


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—     160    - 

contra  laudabilem  consuetudinem  in  civitate  et  diocesi  Bremensi 
et  locis  circumvicinis,  qua  cavetur,   quod  huiusmodi   funera, 
antequam   ad   ecclesias  domorum   et  monasteriorum   fratrum 
et  monachorum  predictorum  deportentur,  primo  ad  parrochiales 
ecclesias  suas  predictas,  que  de  antiqua  et  approbata  ac  hac- 
tenus  pacifice  observata   consuetudine   sub    tua    iurisdictione 
spirituali  immediate   consistunt,   presentari  et  exequiis  solitis 
inibi  peragi  debent,  inconcusse  observatam  parrochialibus  eccle- 
siis  suis  huiusmodi  penitus  derelictis  nee  aliqua  canonica  eisdem 
rectoribus  porcione  dimissa  favore,  opera  et  auxilio  quorumdam 
parrochianorum  predictorum  huiusmodi  subtilitatibus  eorumdem 
fratrum   et  monachorum  ad  hoc  inductorum   ad   ecclesias  do- 
morum et  monasteriorum  huiusmodi  deferri  et  apud  eos  sepe- 
liri  facere  et  permittere,  et  eciam  in  ecclesiis  earumdem  domo- 
rum illis  horis,  quibus  id  in  ecclesiis  huiusmodi  parrochialibus 
fieri  consuetum  est,  ad  populum  publice  predicare,  ipsique  fra- 
tres  et  nonnulli  questuarii   et  elemosinarum  questores  absque 
eorumdem  rectorum  licencia  et  consensu  confessiones  parrochia- 
norum dictarum  ecclesiarum  audire  et  ipsos  a  peccatis  eorum 
absolvere  et  alia  eis  ecclesiastica  sacramenta,  in  casibus  eciam 
a  iure  non  permissis,  sub  diversis  coloribus  ministrare,  et  alia, 
que  rectores  huiusmodi  pro  tempore  existentes  habent  de  iure 
racione  suarum  ecclesiarum  predictarum  exercere,  ipsi  fratres 
predicatores   et  monachi  perperam   se  alienis   iuribus  immis- 
centes  facere  non  verentur  ac  eciam   ipsi  fratres  predicatores 
novas  inducentes  abusiones  in  eorum  domibus  aut  earumdem 
domorum  ecclesiis  confratrias  et  congregaciones  insolitas  cum 
eisdem  parrochianis,   per  quas  mentes   eorumdem   parrochia- 
norum pocius  a  bonis  retrahuntur,  faciunt,  per   quas  rectores 
ipsi  plurimum  damnificantur  et  exquisitis  coloribus    ac  subtili 
ingenio  parrochianos  eosdem  a  parrochialibus  ecclesiis  et  eorum 
rectoribus  subtrahunt  et  alliciunt.  ut  ipsi  parrochiani  dimissis 
huiusmodi  eorum  parrochialibus  ecclesiis  catervatim   confluant 
ad  easdem  ecclesias  fratrum  predicatorum  sive  passim1)  con- 
veniant  in   eisdem   et  presertim    certis   deputatis   diebus  ad 
audiendum  pro  tunc  inibi   divina   officia   ac  eciam   sermones 
fratrum  eorumdem,  unde  dicti  parrochiani  diebus  eisdem  eas- 


»)  im  Reg.  passum. 


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—     161     — 

dem  parrochiales  ecclesias  aut  raro  aut  nunquam  visitant;  et 
alia  multa  ipsi  fratres  necnon  monachi  et  alii  religiosi  ac 
questores  eciam  contra  sacrorum  canonum  instituta  necnon  que- 
dam  specialia  indulta  seu  privilegia  apostolica  rectoribus  ipsis 
seu  aliquibus  eorum  eciam  contra  eosdem  fratres  alias  premis- 
sorum  occasione  concessa,  quibus  non  est  in  aliquo  derogatum, 
gravamina  inferunt  et  iacturas,  per  que,  non  est  dubium,  eciam 
deus  offenditur  et  periculosius x)  eorumdem  parrochianorum 
anime  in  laqueum  ii\teritus  pertrahuntur  et  in  animarum 
suarum  periculis  damnabilius  immerguntur,  ius  ipsarum  par- 
rochialium  ecclesiarum  leditur  et  indevocio  ac  contemptus 
pullulant  ipsorum  parrochianorum,  quoad  rectores  eosdem  et 
divinus  cultus  in  eisdem  ecclesiis  parrochialibus  diminuitur  ac 
scandala  in  clero  et  populo  illarum  parcium  frequencius  oriun- 
tur.  Quare  pro  parte  ipsorum  rectorum  nobis  fuit  humiliter 
supplicatum,  ut  eorum  iura  illesa  conservari  mandare  ac 
eorumdem  parrochianorum  saluti  consulere  et  alias  in  premissis 
de  oportuno  eis  remedio  providere  de  benignitate  apostolica 
dignaremur.  Nos  igitur  attendentes,  quod  parum  esset  iura 
condere,  nisi,  qui  eadem  tueantur,  existant,  et  huiusmodi  abusi- 
ones  ac2)  excessus  reprimere  cupientes  huiusmodi  supplicacioni- 
bus  inclinati  discrecioni  tue  per  apostolica  scripta  mandamus, 
quatenus  eisdem  rectoribus  contra  eosdem  fratres  et  monachos 
ac  ceteros  religiosos  necnon  questuarios  et  alios  clericos  etlaicos 
in  talibus  culpabiles  seu,  qui  ea  committere  presumpserint,  opor- 
tune  defensionis  auxilio  auctoritate  apostolica  assistens  et  lau- 
dabiles  consuetudines  prefatas  observari  faciens  non  permittas 
ipsos  rectores  earumdem8)  parrochialium  ecclesiarum,  qui  sunt  et 
erunt  pro  tempore,  contra  canonum  instituta  seu  indulta  huius- 
modi in  sepulturis  et  aliis  sacramentis  ac  parrochialibus  iuri- 
bus  huiusmodi  ad  eosdem  rectores  quomodolibet  pertinentibus 
per  ipsos  fratres,  monachos  et  ceteros  religiosos  questuarios 
et  alios  quoscunque  indebite  molestari  nee  premissa  seu  con- 
similia  de  cetero  attemptari  contra  rectores  ac  parrochiales 
ecclesias  antedictas,  ipsosque  predicatorum  et  aliorum  mendi- 
cancium  et  non  mendicancium  fratres  et  monachos  quoscunque 

!)  im  Reg.  periculo  suis. 
*)  im  Reg,  abuei  nos. 
•)  im  Reg.  eorumdem. 

Jabrboeh  der  Qetellsoh.  f.  b.  E.  u.  vatarl.  Altertflmer  zn  Em  den,  Bd.  XIV.  11 


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—     162    — 

tarn  presentes  quam  posteros  in  terris  Frisie  et  alibi  eciam  tue 
iurisdictioni  non  subiectis  commorantes  et,  quod  confratrias 
iam  factas  per  eos  dissolvant  nee  ulterius  prosequantur,  neque 
deinceps  congregaciones  huiusmodi  novas  et  insolitas  sive  abu- 
sivas  in  eisdem  ecclesiis  suarum  domorum  presertim  in  preiu- 
dicium  eorumdem  rectorum  fieri  permittant  neque  per  se  fa- 
ciant,  et  alias  ad  observacionem  dictorum  privilegiorum  sive 
indultorum  ac  canonum  in  hac  parte  auctoritate  predicta 
appellacione  postposita  racione  previa  compellas,  contradic- 
tores  per  censuram  ecclesiasticam  [appellacione  postposita 
compescendo].  Nos  enim  tibi,  ut  servatis  per  te  super 
hiis  habendis  processibus  legitimis,  eos,  quociens  expedient, 
prout  iustum  fuerit,  aggravandi  auctoritate  predicta  conce- 
dimus  facultatem,  non  obstantibus  tarn  felicis  recordacionis 
Bonifacii  pape  VIII.  predecessoris  nostri,  in  quibus  cave- 
tur,  ne  aliquis  extra  suam  civitatem  seu  diocesim  nisi  in 
certis  exceptis  casibus  et  in  illis  ultra  unam  dietam  a  fine  sue 
diocesis  ad  iudicium  evocetur,  seu  ne  iudices  a  sede  deputati 
predicta  extra  civitatem  et  diocesim,  in  quibus  deputati  fuerint, 
contra  quoscumque  procedere  sive  alii  vel  aliis  vices  suas 
committere  aut  aliquos  ultra  unam  dietam  a  fine  diocesium1) 
earumdem  trahere  presumant,  dummodo  ultra  duas  dietas 
aliquis  extra  suam  civitatem  vel  diocesim  auctoritate  presen- 
cium  non  trahatur,  quam  aliis  quibuscunque  constitucionibus 
apostolicis  contrariis  necnon  exempcionibus  specialibus  vel  ge- 
neralibus  fratribus  et  ordinibus  predictis  vel  alicui  seu  ali- 
quibus  fratrum  et  ordinum  eorumdem2)  seu  monachorum  et 
aliorum  religiosorum  necnon  questuariorum  et  aliorum  prefa- 
torum  communiter  vel  divisim  sub  quacunque  forma  vel 
expressione  verborum  ab  eadem  sede  concessis,  et  eciam 
si  ordinibus  ipsis  et  locis  eorumdem  a  dicta  sit  sede 
indultum,  quod  persone  ipsorum  ordinum  extra  vel  ultra  certa 
loca  ad  iudicium  evocari  aut  excommunicari  seu  suspendi  vel 
eorum  loca  interdici  non  possint,  per  litteras  apostolicas,  non 
facientes  plenam  et  expressam  ac  de  verbo  ad  verbum  de  in- 
dulto  huiusmodi  mencionem,  et  quibuslibet  aliis  dicte  sedis 
indulgenciis  generalibus  vel  specialibus  quorumcunque  tenorum 


»)  im  Reg.  diocesum. 
a)  im  Reg.  earumdem. 


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—    163    — 

existent,  per  quas  presentibus  non  expressas  vel  totaliter  non 
insertas  tue  iurisdictionis  explicacio  in  hac  parte  valeat 
quomodolibet  impediri,  quas  quoad  hoc  illis  volumus  aliqua- 
tenus  suffragari.  Dat.  Rome  apud  sanctum  Petrtim  quarto 
idus  maii  anno  quartodecimo. 

IV. 

Papst  Bonifcut  IX.  bewiUigt  fur  die  Pfarrkirche  und  die  Ludgeri- 
hapeUe  zu  Norden  einen  Ablass. 

1403  Mai  13. 

Reg.  Lat.  Bd.  108  f.  27. 
Bonifacius  [episcopus  servus  servorum  dei]  universis  Christi 
fidelibus  presences  litteras  inspecturis  salutem  [et  aposto- 
licam  benedictionem].  Licet  is  etc. *)  Cum  itaque,  sicut  acce- 
pimus,  in  parrochiali  ecclesia  in  Norda  Bremensis  diocesis  et 
in  capella  sancti2)  Ludgeri,  sita  in  cimiterio  eiusdem,  in  diversis 
anni  temporibus  verbum  dei  ad  populum  predicari  consueve- 
ritt  et  ad  predicacionem  huiusmodi  magna  Christi  fidelium  cum 
devocione  conveniat  multitudo,  nos  cupientes,  ut  ecclesia  et 
capella  prefate  a  Christi  fidelibus  congruis  honoribus  frequenten- 
tur  et  eciam  conserventur,  et  ut  fideles  ipsi  eo  libencius  tempore 
predicacionis  huiusmodi  causa  devocionis  confluant  ad  easdem 
ecclesiam  et  capellam  et  ad  conservacionem  huiusmodi  manus 
prompcius  porrigant  adiutrices,  quo  ex  hoc  ibidem  dono  cele- 
stis  gratie  uberius  conspexerint  se  refectos,  de  omnipotentis'dei 
misericordia  et  beatorum  Petri  et  Pauli,  apostolorum  eius, 
auctoritate  confisi,  omnibus  vere  penitentibus  et  confessis,  qui 
alteram  ex  ecclesia  et  capella  predictis  tempore  predicacionis 
huiusmodi  devote  visitaverint  et  huiusmodi  predicacioni  inter- 
fuerint  et  usque  ad  finem  eiusdem  predicacionis  inibi  perseve- 
raverint  necnon  ad  conservacionem  huiusmodi  manus  porrexerint 
adiutrices,  singulis  videlicet  temporibus,  quibus  alteram  ex 
ecclesia  et  capella  prefatis  visitaverint  et  predicacioni  huius- 
modi interfuerint  et  ad  finem  predicacionis  huiusmodi  perse- 
veraverint  necnon   manus  adiutrices  porrexerint,  ut  prefertur, 

')  Die  zu  erganzende  Formel  ohne  inhaltliches  Interesse. 
*)  im  Reg.  doppelt  geschrieben. 

11* 


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—     164    — 

unum  annum  et  quadraginta  dies  de  iniunctis  eis  penitenciis 
misericorditer  relaxamus,  presentibus  post  decennium  minime 
valituris.  Volumus  autem,  quod,  si  alias  dictas  ecclesiam  et 
capellam  tempore  eiusdem  predicacionis  visitantibus  vel  eidem 
predicacioni  interessentibus,  ut  prefertur,  aut  ad  ipsarum  con- 
servacionem  seu  fabricam  manus  adiutrices  porrigentibus1) 
aliqua  alia  indulgencia  in  perpetuum  vel  ad  certum  tempus 
nondum  elapsum  duratura  preter  illam,  quam  dudum  visitanti- 
bus easdem  ecclesiam  et  capellam  certis  tunc  expressis  diebus 
et  ad  ipsarum  conservacionem  manus  porrigentibus  adiutrices 
dicuntur  concessisse,  videlicet  quinque  annorum  et  tot  idem 
quadragenarum,  per  nos  concessa  fuerit,  presentes  littere  nullius 
existant  roboris  vel  momenti.  Dat.  Rome  apud  sanctum  Petrum 
quarto  idus  maii  anno  quartodecimo. 

V. 

Papst    Eugen  IV.   hewilligt   fur  das   Kloster   Marienhamp   einen 

Ablass.2) 

1431  Mai  23. 

Reg.  Lat.  Bd.  804  f.  68. 
Eugenius  [episcopus  servus  servorum  dei]  universis  Christi 
fidelibus  presentes  litteras  inspecturis  salutem  [et  apostolicam 
benedictionem].  Jnter  desiderabilia  etc.3)  Sane  cum,  sicut 
accepimus,  ecclesia  monasterii  Campi,  quod  adeo  in  partibus 
illis  insigne  et  notabile  existit,  sub  vocabulo  ipsius  Marie4) 
prope  Esingen,  Herlinghen  vulgariter  nuncupatum,  ordinis 
sancti  Augustini  canonicorum  regularium  Bremensis  dio- 
cesis,  et  in  quo  dilecti  filii  nonnulli  dicti  ordinis  pro- 
fessores  ultra  numero  centum  sub  habitu  regulari  divinis 
obsequiis  mancipati  horis  devote  et  incessanter  vacant  canoni- 
cis  in  suis  et  ipsius  monasterii  reparacione  indigeat  edificiis  et 
structuris  non  modicum  sumptuosa,  nee  ad  id  proprie  suppe- 
tant  facultates:  nos  cupientes,  ut  dicta  ecclesia,  ad  quam 
devocionis  causa  populi  confluit  multitudo,  eo  devocius  confluant 

*)  im  Reg.  folgt  aut. 

*)  vgl.   Repertorium   Germanicum:    Pontificat  Eugens  IV.   Bd.  I 
S/182,  Nr.  1110. 

*)  Die  zu  erganzende  Formel  ohne  inhaltliches  Interesse. 
4)  Kloster  Marienkamp  bei  Esens. 


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—     165    — 

ad  eandem  et  ad  reparacionem  huiusmodi  manus  prompcius 
porrigant  adiutrices,  quo  ex  hoc  ibidem  animarum  salutem 
speraverint  se  posse  consequi,  de  omnipotentis  dei  miseri- 
cordia  et  beatorum  Petri  et  Pauli,  apostolorum  eius,  auctori- 
tate  confisi,  omnibus  vere  penitentibus  et  confessis,  qui  in 
nativitatis,  circumcisionis,  epiphanie,  resurrectionis,  ascensionis 
et  corporis  domini  nostri  Jesu  Christi  ac  penthecostes  necnon 
nativitatis,  annunciacionis,  purificacionis  et  assumpcionis  beate 
Marie  virginis,  nativitatis  beati  Johannis  Baptiste,  apostolorum 
eorumdem  et  dedicacionis  ipsius  ecclesie  festivitatibus  ac  cele- 
britate  omnium  sanctorum  necnon  per  ipsarum  nativitatis, 
epiphanie,  resurrectionis,  ascensionis  et  corporis  domini, 
nativitatis  et  assumpcionis  beate  Marie,  nativitatis  beati  Jo- 
hannis ac  apostolorum  predictorum  festivitatum  octavas  nec- 
non sex  dictam  festivitatem  penthecostes  immediate  sequen- 
tes  eandem  ecclesiam  devote  visitaverint  annuatim  et  ad 
huiusmodi  reparacionem  manus  porrexerint  adiutrices,  singulis 
videlicet  festivitatum  et  celebritatis  tres  annos  et  totidem 
quadragenas,  octavarum  vero  et  sex  dierum  predictorum  diebus, 
quibus  ecclesiam  ipsam  visitaverint  et  manus  porrexerint,  ut 
prefertur,  centum  dies  de  iniunctis  eis  penitenciis  misericorditer 
relaxamus,  presentibus  post  viginti  annos  minime  valituris. 
Volumus  autem,  quod  si  alias  visitantibus  dictam  ecclesiam 
aut  ad  reparacionem  huiusmodi  manus  porrigentibus  adiutrices 
seu  alias  inibi  pias  elemosinas  erogantibus  vel  alias  aliqua 
alia  indulgencia  imperpetuum  vel  ad  certum  tempus  nondum 
lapsum  duratura  per  nos  concessa  fuerit,  presentes  litere  nullius 
existant  roboris  vel  momenti.  Dat.  Rome  apud  sanctum  Petrum 
anno  incarnacionis  dominice  millesimo  quadringentesimo  trice- 
simo  primo  decimo  kal.  iunii  anno  primo. 

VI. 

Papst  Eugen  IV.  bewilligt  Supplik  des  Karmelitcrordens  um   Er- 
laubnis  ssur  Annahme  der  Marienkirche  zu  Appingen.1) 

1433  Dec.  10. 

Reg.  Suppl.  Bd.  287  f.  199. 
Exponitur  sanctitati  vestre,  beatissime  pater,  pro  parte 


>)  vgl.  Nr.  XI.  u.  XH. 


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—     166    — 

devotorum  sanctitatis  eiusdem  provincialis  et  fratrum  provincie 
Alemannie  Inferioris  ordinis  Carmelitarum,  quod,  cum  quidam 
nobilis  vir  Enno,  domicellus  in  de  Grede, *)  donaverit  seu  donare 
intendat  quandam  ecclesiam  suam  de  jure  patronatus,  dictam 
beate  virginis  in2)  Apingen8)  terre  Emsgonie4)  et  diocesis  Mona- 
steriensis,  ut  edificetur  et  constituatur  unum  monasterium  pre- 
dicti  ordinis  in  honore  virginis  gloriose,  quam  quidem  ecclesiam 
pro  huiusmodi  causa  recipere  non  valent  sine  sedis  apostolice 
gracia  et  licencia  speciali.  Eapropter  supplicant  predicti  pro- 
vincialis et  fratres  vestre  eidem  sanctitati,  quatenus  quod 
possint  dictam  donacionem  acceptare,  edificare  et  dictam  eccle- 
siam inhabitare  cum  singulis  indulgenciis,  privilegiis  et  exem- 
pcionibus,  quibus  alii  dicti  ordinis  domus  et  conventus  gaudent 
et  gaudere  consueverunt,  cuiuscumque  tamen  jure  semper  salvo, 
concedere  dignemini  de  gracia  speciali,  in  contrarium  facientibus 
non  obstantibus  quibuscumque  et  cum  aliis  non  obstantibus  et 
clausulis  oportunis. 

Concessum,  dummodo  non  sit  parrochialis,  in  presencia 
domini  nostri  pape.  B.  Gradensis.6)  Dat.  Rome  apud  sanctum 
Petrum  quarto  idus  decembris  anno  tertio. 


VII. 

Papst  Eugen  IV.  bewilligt  Supplik  des  Norder  Priesters  Tirlingus 

Ockonis  und  des  Klerikers  Hayo  Rannardi  um  Dispensation  und 

Absolution  von  nicht  beabsichtigter  Totung  des  Heriko.6) 

1434  April  28. 

Reg.  Suppl.  Bd.  290  f.  179. 
Beatissime  pater.    Exponitur  sanctitati  vestre   pro   parte 


>)  Greetsiel,  Kreis  Emden. 

*)  im  Reg.  fehlt  in. 

*)  Appingen  bei  Greetsiel. 

4)  im  Reg.  Emsdome. 

6)  Patriarch  Blasius  von  Grado,  Leiter  der  papstlichen  Kanzlei. 

«)  vgl.  Nr.  Vm  bis  X. 


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—     167     — 

devoti  oratoris  vestri  Tirlingi  Ockonis,  presbiteri  beneficiati  in 
ecclesia  Nordensi1)  Bremensis  diocesis,  quod,  dum  olim  quon- 
dam Herico  laicus,  tunc  eius  familiaris,  quamdam  pecunie  sum- 
mam  sibi  furtive  subtraxit,  quam  prefatus  T.  vendicare  et 
recuperare  cupiens,2)  deficientibus  in  partibus  illis  propter 
guerras  tunc  inibi  vigentes  iudicibus,  Hayoni  Rannardi,  clerico 
dicte  diocesis,  suo  tunc  domestico  et  continuo  commensali, 
commisit,  ut  dictum  furem  caperet,  et  post  tergum  manibus 
ligatis  eum  super  premisso  furto  examinaret.  Jpseque  Hayo 
iuxta  factam  sibi  commissionem  dictum  furem  ligavit,  qui  post 
confessionem  furti  clam  evasit,  quern  dictus  Hayo  casualiter 
iterum  cepit,  et  de  prefati  T.  mandato  postea,  ut  prius,  liga- 
vit et  compedibus  mancipavit.  Deinde  quidam  laycus  eundem, 
ut  furtum  post  evasionem  negatum  confiteretur,  ad  genitalia 
cum  quibusdam  virgulis  percussit,  prefato  Hayone  eas  sibi 
afferente;  tandem  prefatus  fur  occasione  nimie  affectionis, 
quam  pro  sui  de  dictis  compedibus  liberacione  gesserat,  vin- 
culorum  obstante  strictitudine  in  manibus  et  pede  seu  crure 
sinistro  graviter  ledebatur,  que  lesiones  statim  putrescebant. 
Postmodum  vero  prefatus  fur  matri  sue  restitutus  fuerat,  que 
circa  ipsius  sanacionem  curam  et  operam  oportunas  adhibere 
neglexit,  et  eciam  medicamina  lesionibus  filii  a  quodam  cyro- 
logo  adhibita,  ut  idem  asseruit,  deposuit,  ita  quod  post 
viginti  duos  dies  expiravit.  Cum  igitur,  pater  sancte,  T. 
et  H.  prefati  in  morte  dicti  furis  alias  culpabiles  non  existant 
et  ex  magno  desiderent  devocionis  fervore  in  omnibus  sacris 
ordinibus  ministrare,  supplicant  eidem  san#titati  vestre,  qua- 
tenus  super  hiis  paterae  consulentes  cum  eis  super  irregulari- 
tate,  si  quam  premissorum  occasione  contraxerunt,  quodque 
nichilominus  dictus  T.  in  dictis  ordinibus  ministrare  et  prefa- 
tum  beneficium  retinere,  ac  ipse  H.  ad  omnes  sacros  ordines 
promo veri  necnon  quecunque,  quotcunque  et  qualiacunque 
beneficia  ecclesiastica  cum  cura  vel  sine  cura,  eciam  si  canoni- 
catus  et  prebende,  dignitates,  personatus,  perpetue  administra- 
ciones  vel  officia  eciam  curata  et  electiva  in  cathedralibus, 
metropolitanis  vel  collegiatis  ecclesiis  fuerint,  recipere  et  eciam 


x)  im  Reg.  Mordensi. 

*)  Construktion  in  Unordnung. 


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—    168    — 

retinere  valeant,  dispensare,  omnemque  inhabilitatis  et  infamie 
maculam  sive  notam  per  ipsos  dicta  occasione  contractam 
abolere  dignemini,  non  obstantibus  contrariis  quibuscunque 
cum  clausulis  oportunis. 

Concessum  de  absolucione  in  presencia  domini  nostri 
pape.  B.  Gradensis.1)  Dat.  Rome  apud  sanctum  Grisogonum 
quarto  kal.  maii  anno  quarto. 


VIII. 

Papst  Eugen  IV.  bewiUigt   Supplik  der   Priester   Eayo   Rcmberti, 

Jeldericus  Walderici  und    Terlingus   Ockonis  urn  Erlaubniss  gur 

Annahme  tines  Beichtvaters  mil  besonderen  Fakultdienr) 

1435  Aug.  5. 

Reg.  Suppl.  Bd.  302  f.  58. 

Beatissime  pater.  Supplicat  sanctitati  vestre  devotus 
vester  Hayo 3)  Remberti,  presbiter  Bremensis  diocesis,  quatenus 
ipsi  graciam  facientes  specialem,  ut  quilibet  presbiter  sive 
regularis,  quern  ad  hoc  duxerit  eligendum,  ipsum  ab  omnibus 
pertractis  criminibus  et  excessibus  suis  necnon  a  quibuscunque 
excommunicacionis,  suspensionis  et  interdicti  sentenciis  sive 
ab  homine  sive  a  jure  in  eum  generaliter  latis,  eciam  in  casi- 
bus  sedi  apostolice  reservatis,  ac  ab  omnibus  aliis  censuris  et 
penis  ecclesiasticis  quacunque  occasione  per  eum  in  officiis, 
beneficiis  sive  orc^nibus  commissis  absolvat  ipsique  desuper 
penitenciam  debitam  iniungat  et  salutarem  secumque  super 
irregularitate  et  inhabilitate  undequacumque  contractis  dis- 
penset  omnesque4)  inhabilitatis,  irregularitatis  ac  infamie 
maculas  circa  ipsum  penitus  aboleat  et  abstergat,  indulgere 
misericorditer  dignemini  de  vestra  gracia  speciali,  in  contra- 
rium  facientibus  non  obstantibus  quibuscunque  cum  clausulis 
necessariis  et  oportunis. 

Similem    graciam    in    omnibus    et    per    omnia    eadem 


*)  Patriarch  Blasius  von  Qrado,  Leiter  der  papstlichen  Kanzlel 

*)  vgl.  Nr.  VII,  IX  und  X. 

*)  im  Reg.  Haya. 

4)  im  Reg.  omnemque. 


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—    169    — 

sanctitas  vestra  facere  dignetur  et  concedere  devotis  vestris 
Jelderico  Walderici  et  Terlingo  Ockonis,  presbiteris  Bremensis 
diocesis,  de  vestra  gratia  speciali  cum  clausulis  necessariis 
et  oportunis. 

Concessum,  ut  petitur,  pro  utroque  semel  in  foro  con- 
scientie  in  presencia  domini  nostri  pape.  C.  Cerviensis.1)  Datum 
Florencie  nonis  augusti  anno  quinto. 


IX. 

Papst  EugenlV.  bewilligt  Supplih  des  Norder  Pricsters  Tirlingus 
Ockonis  und  des  Rlerikers  Hayo  Rinnardi  urn  Dispens  und  Abso- 
lution von  nicht  beabsichtigter  Totting  des  Herico.2) 

1435  Sept.  30. 

Reg.  Suppl.  Bd.  306  f.  9. 
Beatissime  pater.  Exponitur  sanctitati  vestre  pro  parte 
devoti  oratoris  vestri  Tirlingi  Ockonis,  presbiteri  beneficiati  in 
ecclesia  Nordensi  Bremensis  diocesis,  quod  olim  quidam  Hericus, 
laicus  dicte  diocesis,  tunc  eius  familiaris,  quandam  pecunie 
summam  sibi  furtive  subtraxit,  quam  prefatus  T.  vendicare 
et  recuperare  cupiens,  Hayoni  Rinnardi,  clerico  dicte  diocesis, 
suo  tunc  domestico  et  continuo  commensali,  commisit,  ut 
dictum  furem  caperet  et  post  tergum  manibus  ligatis  super 
premisso  furto  examinaret.  Ipseque  Hayo  iuxta  factam  sibi 
commissionem  dictum  furem  ligavit,  qui  post  confessionem 
furti  clam  evasit,  [quem  dictus  Hayo  casualiter  iterum  cepit, 
et  de  prefati  T.  mandato  forcius  ligando  compedibus  mancipa- 
vit;  tandem  fur  antedictus  occasione  nimie  affectionis,  quam 
pro  sui  de  dictis  compedibus  liberacione  gesserat,  vinculorum 
obstante  strictitudine  in  manibus  et  uno  crure  seu  eciam  pede 
ledebatur,  que  lesiones  statim  putrescebant.  Postmodum  vero 
fideiussione  ab  uno  suorum  cognatorum  facta  de  restituendo 
certam  dicte  pecunie  quantitatem  eidem  et  matri  sue 8)  extitit 


»)  Bischof  Christophorus  von  Cervia,  Leiter  der  p&pstlichen  Kanzlei. 
*)  vgl.  Nr.  VH,  Vm  und  X. 
*)  im  Reg.  minime. 


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—     170     — 

restitutus,  que  circa  ipsius  sanacionem *)  curam  et  operam 
oportunam  neglexit  adhibere,  medicamina  eciam  a  quodam 
cirologo  lesjpnibus  adhibita,  ut  idem  asseruit,  deponendo,  ita 
quod  vicesima  secunda  die,  sicut  domino  placuit,  expiravit. 
Cum  igitur,  pater  sancte,  T.  et  H.  predicti  mortem  dicti  furis 
nequaquam  intenderint  et  ex  magno  desiderent  devocionis 
affectu  in  omnibus  sacris  ordinibus  domino  famulari,  supplicant 
humiliter  eidem  sanctitati  vestre,  quatenus  super  hiis  paterne 
consulentes  cum  eis  super  irregularitate,  si  quam  premis- 
sorum  occasione2)  contraxerunt,  quodque  nichilominus  dictus 
T.  in  susceptis  ordinibus  ministrare  ac  prefatum  beneficium 
retinere  et  Hayo  ad  omnes  eciam  sacros  ordines  promoveri 
necnon  quotcunque,  quecunque  et  qualiacunque  beneficia 
ecclesiastica  cum  cura  vel  sine  cura,  eciam  si  canonicatus 
et  prebende,  dignitates,  personatus,  perpetue  administraciones 
vel  officia  eciam  curata  et  electiva  in  cathedralibus,  metropoli- 
tanis  vel  collegiatis  ecclesiis  fuerint,  recipere  et  retinere  valeant, 
dispensare  omnemque  inhabilitatis  et  infamie  maculam  sive 
notam  per  ipsos  dicta  occasione  contractam  abolere  digne- 
mini  de  vestra  gracia  speciali,  non  obstantibus  contrariis  qui- 
buscunque  cum  clausulis  oportunis. 

Concessum,   ut  petitur,  in  presencia  domini  nostri  pape. 
C.  Cerviensis.3)  Dat.  Florencie  pridie  kal.  octobr.  anno  quinto. 


X. 

Papst  Eugen  IV.   bemlligt  Supplih   des  Hayo  Reynardi   urn  Dis- 
pens  und  Absolution  von  nicht  beabsichtigter  Totung  des  Herico*) 

1435  October  10. 

Reg.  Suppl.  Bd.  306  f.  153. 
Beatissime    pater.     Exponit    sanctitati    vestre    devotus 


*)  im  Reg.  sanationis. 

*)  im  Reg.  fehlt  occasione. 

*)  Bischof  Christophorus,  Leiter  der  papstlichen  Kanzlei. 

*)  vgl.  Nr.  VH  bis  IX. 


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—     171     — 

vester  Hayo  Reynardi,  acolitus  Bremensis  diocesis,  quod,  dum 
olim  quidam  Herico,  laicus  dicte  diocesis,  cuidam  Tirlingo 
Ockonis,  presbitero,  cuius  ipse  Hayo  tunc  continuus  commen- 
salis  domesticus  et  familiaris  existeret,  ipsi  T.  certain  pecu- 
niarum  quantitatem  clam  et  furtive  subtraxisset,  idem  T. 
eidem  dedit  in  mandatis,  quod  dictum  furem,  si  posset,  caperet 
et  captum  torqueret,  quousque  dictam  subtraxisse  pecuniam 
confiteretur ;  quod  et  factum  fuit.  Quo  facto  idem  Herico  de 
nocte  clam  aufugit  et  evasit;  deinde  idem  Herico,  qui  sic  au- 
fugit,  per  ipsum  Hayonem  iterato  captus  fuit  et  de  mandato, 
ut  prius,  T.  ipsum  forcius  ligando  compedibus  mancipavit. 
Tandem  dictus  fur  occasione  nimie  affectionis,  quam  pro  sui 
de  dictis  conpedibus  gesserat  liberacione,  vinculorum  obstante 
strictitudine  in  manibus  et  uno  crure  seu  pede  ledebatur,  que 
lesiones  statim  et  incontinenti  putrescebant.  Postmodum  vero 
fideiussione  ab  uno  suorum  cognatorum  facta  de  restituendo 
certain  dicte  pecunie  subtracte  quantitatem  eidem  et  matri 
sue  fuit  restitutus,  que  circa  ipsius  sanacionem  curam  et  ope- 
ram  oportunas1)  neglexit  adhibere,  medicamina  a  quodam 
gyrologo  (sic)  experto2)  lesionibus  ipsius  furis  adhibita,  ut  idem 
asseruit,  deponendo,  sic  quod  post8)  viginti  duos  dies,  sicut  do- 
mino placuit,  expiravit.  Cum  igitur,  pater  sancte,  ipse  Hayo 
in  mortem  ipsius  furis  nequaquam  intenderit,  sed  solummodo 
ad  rehabicionem  pecuniarum  subtractarum,  desideratque  zelo 
devocionis  accensus  ad  omnes  sacros  ordines  promoveri  et  in 
ipsis  ministrare,  supplicat  eidem  sanctitati  vestre  idem'expo- 
nens,  quatenus  ipsum  ad  cautelam  ipsam  a  reatu  homicidii 
excessibus  huiusmodi  etc.  absolvi  secumque  super  irregulari- 
tate  premissorum  occasione  contracta,  si  quam  contraxit, 
cautela  simili  misericorditer  dispensare  mandare  omnemque 
inhabilitatis  et  infamie  maculam  circa  eum  penitus  abolere 
dignemini4)  de  vestra  gracia  speciali,  constitucionibus  et  ordi- 
nacionibus  apostolicis  ceterisque  in  contrarium  facientibus  non 
obstantibus  quibuscunque  cum  clausulis  necessariis  et  oportunis. 


»)  im  Reg.  oportuna. 

*)  im  Reg.  expertus. 

s)  im  Reg.  fehlt  post. 

4)  im  Reg.  nur  abolendo,  dignemini  fehlt. 


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—     172     — 

Concessum,  ut  petitur,  in  presencia  domini  nostri   pape. 
C.  Cerviensis.1)  Dat.  Florencie  sexto  idus  octobris  anno  quinto. 


XI. 

Papst  Eugen  IV.  bewilligt  Supplik  urn  Bestatigung  der  SchcnJcung 

der  Kirche  zu  Appingen  an  den  Karmeliterorden  seitens  der  Haupt- 

linge  Enno  und  Edzard  von  Greetsiel.2) 

1437  M&rz  3. 


Reg.  Suppl.  Bd.  325  f.  180. 
Beatissime  pater.  Alias  Enno  et  Edzardus,  eius  natus, 
capitales  in  Greed4)  et  in  nova  terra  Norden3)  parcium  Frisie 
Orientalis  Monasteriensis  diocesis  ac  domini  loci  in  Appinghe5) 
eiusdem  diocesis,  ecclesiam  dicti  loci  necnon  ius  patronatus, 
ipsis  in  ea  competens,  de  consensu,  favore  et  unanimi  volun- 
tate  suorum  subditorum,  cum  quibus  desuper  seriosam  rela- 
cionem  habuerunt,  religioso  viro  Danieli  de  Vilfordia,  fratri 
ordinis  beate  Marie  Carmelitarum,  necnon  eidem  ordini  cum  om- 
nibus ipsius  ecclesie  pertinenciis,  enelodiis  (sic),  agri3,  pratis  et 
redditibus,  pro  usu  et  habitacione  fratrum  dicti  ordinis  inibi 
regulariter  sub  illius  habitu  et  observancia  perpetuo  altissimo 
famulaturorum  libere  concesserunt,  et  deinde  venerabilis  vir 
dominus  Harko,  rector  parrochialis  ecclesie  in  Greed,  infra 
cuius  parrochie  limites  dicta  ecclesia  in  Appinghe  consistit, 
libere  dedit  et  resignavit  omne  ius,  sibi  in  dicta  ecclesia  in 
Appinghe  racione  iuris  parrochialis  et  superioritatis  quomo- 
dolibet  competens,  ac  dicte  concessioni  per  prefatos  capitales 
facte   consensit  necnon  illam  ratificavit,   et  deinde  Enno  et 


*)  Bischof  Christophorus  von  Cervia,  Leiter  der  papstlichen  Kanzlei. 

*)  Vgl.  Nr.  XII.:  Die  der  Supplik  entsprechende  Bulle. 

*)  Greetsiel  Kr.  Emden. 

*)  im  Reg.  Nordey. 

8)  Appingen  bei  Greetsiel. 


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—     173    — 

Edzardus  predicti  necnon  nobilis  vir  Zibrandus,  capitaneus 
in  Edelsum,1)  ad  divitii  cultus  augmentum  dictam  ecclesiam 
sive  cappellam  in  Appinghe  priori,  provinciali  dicti  ordinis  ac 
illius  fratribus  cum  iuribus  et  pertinenciis  supradictis  ac  uni- 
versis  aliis  tunc  inibi  emptis  ac  donatis  necnon  donandis  et 
habendis  cum  cimiterio  ac  terra  eidem  adiuncta,  videlicet  a 
parte  orientali  usque  ad  comunem  viam,  a  parte  occidentali 
usque  ad  secundum  fossatum  sive  domum  Gerlaci,  a2)  parte 
australi  usque  ad  comunem  viam,  et  similiter  a  parte8)  aquilo- 
nari  donaverunt,  contulerunt  et  assignarunt  ac  promiserunt, 
quod  pro  prima  mansione  fratrum  deberent  construere  seu 
edificare  unam  domum  lapideam  notabilem,  ubi  tres  vel  quatuor 
sacerdotes  possent  honeste  manere  cum  distinctione  sive  dis- 
iunctis  cameris,  necnon  edificare  unum  molendinum  ad  usum 
fratrum  predictorum,  ita  videlicet  quod  omnes  proventus  eius- 
dem  molendini  cedere  deberent  dictis  fratribus,  reservatis 
eisdem  capitalibus  et  capitaneo  pro  ipsorum  castro  ipsius  mo- 
lendini usibus,  quantum  pro  ipsis  et  eorum  familia  sufficeret, 
prout  in  litteris  autenticis,  desuper  confectis,  ipsorum  capitalium 
et  capitanei  necnon  rectoris  sigillis  munitis,  dicitur  plenius 
contineri.  Ut  igitur  concessio,  dacio,  resignacio,  concensus  {sic), 
prestacio,  ratificacio,  donacio,  collacio,  assignacio  et  promis- 
siones  predicte  sanctitatis  vestre  ministerio  pocioris  firmitatis 
robore  solidentur,  supplicatur  sanctitati  vestre,  quatenus  con- 
cessionem,  dacionem,  resignacionem,  concensus,  prestacionem, 
ratificacionem,  donacionem,  collacionem.  assignacionem  et 
promissiones  predictas  ac,  quecunque  inde  secuta,  rata  et 
grata  ea  omnia  apostolica  auctoritate  cum  supplecione  defec- 
tuum  etc.  confirmare  et  approbare  dignemini,  non  obstantibus 
contrariis  quibuscunque  cum  clausulis  oportunis. 

Concessum,  ut  petitur,  in  presencia  domini  nostri  pape. 
Johannes  de  Mella.4)  Dat.  Bononie  quinto  nonas  marcii  anno 
sexto. 


!)  Eilsum  Kreis  Emden. 
*)  im  Reg.'fehlt  a. 

3)  im  Reg.  a  parte  zweimal  geschrieben. 

4)  p&pstlicher  Kanzleibeamter. 


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—     174    — 

XII. 

Papst  Eugen  IV.  befiehlt  dem  Abte  zu  Jhlo,  die  von  Enno  Edzardi, 

Herrn  von  Appingen,  und  seinem  Sohne  Edzatd  gemachte  Schenkung 

der   MarienJcapelle   zu   Appingen    an   den   Karmeliterorden   behufs 

Anlage  eines  Klosters  nach  Priifung  zu  bestatigen.1) 

1437  Mftrz  3. 

Reg.  Lat.  335  f.  234. 
Eugenius  [episcopus  servus  servorum  dei]  dilecto  Alio 
abbati  monasterii  de  Yle  in  Scola  dei2)  Bremensis  diocesis 
salutem  [et  apostolicam  benedictionem].  Ad  ea,  per  que  di- 
vini  cultus  augmento  et  religionis  propagacioni  consulitur, 
libenter  intendimus  illisque,  quantum  cum  deo  possumus, 
favorem  benivolum  impertimur.  Sane  pro  parte  dilectorum 
filiorum  magistri,  provincialis  et  nonnullorum  religiosorum 
ordinis  beate  Marie  de  Montecarmeli  provincie  Alamanie  In- 
ferioris  iuxta  morem  dicti  ordinis  nobis  nuper  exhibita  petitio 
continebat,  quod  olim  dilecti  filii  nobiles  viri  Enno  Edzardi, 
dominus  loci  inAppinghe3)  Monasteriensis  diocesis,  ac  Edzardus, 
eius  natus,  ob  singularem,  quern  ad  ordinem  predictum  illi- 
usque  religiosos  gerebant,  prout  gerunt,  devocionis  affectum  et 
ad  hoc,  ut  quedam  capella  sub  vocabulo  beate  Marie  in  loco  pre- 
dicto  tunc  de  novo  constructa  in  domum  conventualem  dicti 
ordinis  pro  quorumdam  illius  religiosorum  sub  regulari  eiusdem 
ordinis  observancia  inibi  degencium  usu  et  habitacione  per- 
petuo4)  erigeretur,  ius  patronatus,  quod  habebant  in  prefata 
capella,  cum  aliis  iuribus  et  pertinenciis  suis  omnibus  de 
suorum  subditorum  ac  dilecti  filii  Harkonis,  rectoris  parrochi- 
alis  ecclesie  in  Greed, B)  infra  cuius  parrochie  metas  ipsa  capella 
consistit,  voluntate  et  consensu  dilecto  filio  Danieli  de  Vilfordia, 
prefati  ordinis  professori,  ac  prefatis  provinciali  et  ordini 
succesive  concesserunt,  donarunt  et  assignarunt  ac  ulterius 
pro   prima    religiosorum   huiusmodi   inibi    facienda    mansione 


l)  vergl.  Nr.  XI :  Die  der  Bulle  entsprechende  Supplik. 

*)  Kloster  Ihlo  bei  Aurich. 

*)  Appingen  bei  Greetsiel  Kr.  Emden. 

*)  im  Reg.  perpetuis. 

B)  Greetsiel  Kr.  Emden. 


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—     175     — 

certas  tunc  expressa  habitaciones  ac  unum  molendinum  eorum 
sumptibus  et  expensis  sub  certis  modo  et  forma  tunc  expres- 
sis  construere  et  edificare  seu  construi  et  edificari  facere  ob- 
tulerunt,  prout  in  diversis  dictorum  exponencium  ac  rectoris 
eorum  sigillis  munitis  litteris  dicitur  plenius  contineri.  Quare 
pro  parte  provincialis  ac  religiosorum  exponencium  predictorum 
nobis  fuit  humiliter  supplicatum,  ut  super  hoc  eorum  ac  dicti 
ordinis  statui  oportune  providere  de  benignitate  apostolica 
dignaremur.  Nos  igitur,  qui  nostris  potissime  temporibus 
cultum  et  religionem  huiusmodi  ubique  locorum  adaugeri  inten- 
sis  desideriis  affectamus,  de  premissis  certam  noticiam  non 
habentes  huiusmodi  supplicacionibus  inclinati  discrecioni  tue 
per  apostolica  scripta  mandamus,  quatenus  de  premissis  omni- 
bus et  singulis  ac  eorum  circumstanciis  universis  auctoritate 
nostra  te  diligenter  informes,  et  si  per  informacionem  huius- 
modi erectionem  et  constructionem  predictas,  si  fiant,  in  aug- 
mentum  cultus  et  propagacionem  religionis  huiusmodi  cedere 
locumque,  in  quo  prefata  capella  consistit,  ad  id  aptum 
et  accomodum  fore  reppereris,  super  quo  tuam  conscien- 
ciam  oneramus,  concessiones,  donaciones,  assignaciones,  obla- 
ciones  et  alia  in  dictis  litteris  contenta  huiusmodi  et  inde 
secuta  auctoritate  predicta  approbes  et  confirmes  suppleasque 
omnes  defectus,  si  qui  forsan  intervenerint  in  eisdem,  nee  non 
nobilibus,  provinciali  et  aliis  religiosis  predictis  et  eorum 
singulis  capellam  predictam  cum  domibus,  habitacionibus .  ac 
territoriis  illi  contiguis  canonice  acquisitis  et  forsan  imposte- 
rum  acquirendis  in  domum  conventualem  prefati  ordinis  cum 
ecclesia  campanili,  campana,  claustro,  refectorio,  dormitorio, 
ortis,  ortaliciis  et  aliis  necessariis  officinis  pro  usu  et 
habitacione  perpetuis  quorundam  religiosorum  ordinis  huius- 
modi, qui  inibi  sub  observancia  predicta  vivere  debeant, 
erigendi,  construendi  et  edificandi  seu  erigi,  construi  et  edi- 
ficari faciendi,  nee  non  eisdem  religiosis  et  eorum  singulis 
domum  predictam  precipiendi  et  in  ea  sub  observancia 
huiusmodi  perpetuo  permanendi  et  commorandi,  felicis  recor- 
dations Bonifacii  pape  VIII.  predecessoris  nostri,  qua  prohi- 
betur,  ne  fratres  dicti  ordinis  in  aliqua  civitate,  castro,  villa 
aut  alio  quocunque  loco  domum  de  novo  construi  facere  presu- 
mant  absque  sedis  apostolice  licencia  speciali,  non  faciente 


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—     176    — 

plenam  et  expressam  ac  de  verbo  ad  verbum  de  prohibicione 
huiusmodi  mencionem,  ac  quibuscunque  aliis  constitucionibus 
apostolicis  ceterisque  contrariis  nequaquam  obstantibus,  plenam 
et  liberam  auctoritate  predicta  licenciam  largiaris.  Nos  enim, 
si  licenciam  huiusmodi  per  te  vigor e  presencium  concedi  con- 
tingat,  priori  et  fratribus  dicti  ordinis  in  prefata  erigenda 
domo  pro  tempore  morantibus  eorumque  servientibus  et  per- 
sonis,  ut  ipsi  omnibus  et  singulis  privilegiis,  libertatibus,  exemp- 
cionibus,  indultis  et  graciis,  per  nos  vel  sedem  apostolicam  aliis 
prefati  ordinis  domibus  et  religiosis  generaliter  concessis  uti 
valeant  et  pariter  gaudere,  eadem  auctoritate  tenore  presencium 
concedimus  pariter  et  indulgemus.  Dat.  Bononie  anno  incar- 
nacionis  dominice  millesimo  quadringentesimo  tricesimo  sexto 
quinto  nonas  marcii  anno  sexto. 


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Ein  Hausbueh  Eggerik  Beningas. 

Von  Dr.C.  Borchling  in  Gflttingen. 


In  der  Vorrede  zu  seiner  Ausgabe  der  Ostfriesischen 
Chronik  Eggerik  Beningas  riihmt  Harkenroht  S.  2b  unsern 
Chronisten  einmal  deshalb,  weil  er  so  viele  echte  Urkunden 
mit  ihren  eigenen  Worten  in  seine  Chronik  aufgenommen 
habe;  eine  nicht  minder  wertvolle  Bekraftigung  der  Glaub- 
wtirdigkeit  Beningas  sieht  H.  aber  auch  darin,  dass  er  von 
edelen  Voreltern  abstamme,  die  selbst  vieles  erlebt  haben,  und 
die  auch  in  ihren  Hausbuchern  vieles  werden  schriftlich  hinter- 
lassen  haben.  Von  solchen  Hausbuchern  der  alteren  Beninga 
ist  leider  nichts  auf  uns  gekommen,  falls  nicht  noch  die  schier 
unerschopfliche  „Grimersumer  Kiste"  unserer  „Kunsta  uns  etwas 
Derartiges  bescheren  sollte.  Dafiir  haben  wir  aber  von  Eggerik 
Beninga  selbst  einen  ansehnlichen  Folianten  uberkommen,  der 
uns  eine  wertvolle,  in  ihrer  Vielseitigkeit  fur  die  mannigfachen 
Interessen  Beningas  hochst  charakteristische  Collectaneensamm- 
lung  erhalten  hat.  Das  Manuscript  No.  336  der  Kgl.  Universitats- 
Bibliothek  zu  Bonn  bringt  sie  unter  dem  bescheidenen  Titel: 
„Varia  Curiosa  ad  Ecclesiastica  et  Politica  Ostfrisica  etc.  per- 
tinentia  originalia".  So  wie  wir  den  Band  jetzt  vor  uns  haben, 
geh5rt  er  zwar  erst  einer  viel  spateren  Zeit  an,  als  ihn  der 
Emder  Burgermeister  Houwo  Bonno  Penborg  im  Jahre  1720 
sorgfaltig  durchschiessen  und  einbinden  liess  und  ein  Register 
der  ganzen  Sammlung  vorne  einschrieb.  Seitdera  ist  die  Hand- 
schrift  unter  dem  Namen  der  „Penborgschen  Collectaneen"  ein 
begehrenswertes  Quellenbuch  fur  die  Geschichtsschreiber  der 
ostfriesischen  Kirchenhistorie  des  Reformationsjahrhunderts 
geworden,  wie  die  Zusammenstellungen  Ritters  im  Emder 
Jahrbuch  13  (1899)  S.  283—285  zeigen.  Vor  allem  Meiners 
hat  in   den  beiden  Banden   seiner  Kerkelyken  Geschiedenisse 

J*hrbuc:h  der  0«sellsch.  f.  b.  K.  a.  vaterl.  AltertQmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  J2 


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—     178    — 

den  ausgiebigsten  Gebrauch  von  den  mannigfachen  seltenen 
Stucken  gemacht,  die  „het  geschreven  boek  van  den  Heer 
Burgermeester  Penneborg"  enthielt.  Aber  der  Wert  unserer 
Handschrift  ist  mit  den  theologischen  Stucken,  die  freilich 
nachdrticklich  genug  an  den  Anfang  gestellt  sind,  nicht  er- 
schopft:  auch  zur  Geschichte  der  weltlichen  Obrigkeit  in  Ost- 
friesland  im  4.  und  5.  Jahrzehnt  des  16.  Jahrhunderts  liefern 
Beningas  Aufzeichnungen,  gerade  hier  durchweg  von  seiner 
eigenen  Hand,  die  wertvollsten  Aufschltisse.  Nur  zum 
geringen  Teil  hat  er  sie  in  seine  Chronik  hinubergenommen, 
wie  z.  B.  die  Polizeiordnung  der  Grafin  Anna  von  1545; 
meistens  laufen  sie  neben  der  knappen  chronikalischen  Dar- 
stellung  her,  erganzen  sie  auf  das  Willkommenste  und  lassen 
uns  einen  tiefen  Blick  in  Beningas  Arbeitsweise  thun. 

Einer  genauen  Inhaltsangabe  der  Handschrift  mit  alien  ihren 
Abteilungen  und  Stiickchen  schicke  ich  eine  kurze  Geschichte  ihrer 
Entstehung,  soweit  sie  sich  aus  der  Handschrift  selbst  ergiebt, 
voraus.  Der  Hauptstock  des  Ganzen,  die  Stiicke  5—20  meiner 
Einteilung,  sind,  soweit  sie  nicht  von  Eggerik  Beningas  eigener 
Hand  herriihren,  jedenfalls  unter  seinen  Augen  und  fur  ihn  ge- 
schrieben  worden.  Sie  zerfallen  deutlich  in  eine  geistliche  und 
eine  weltliche  Gruppe.  Innerhalb  der  ersteren,  die  auch  in 
unserem  Bande  vorangeht,  sie  umfasst  Stuck  5 — 9,  ist  eine 
strenge  chronologische  Reihenfolge  eingehalten :  den  beruhmten 
Thesen  des  Aportanus  vom  Jahre  1526,  die  hier  allerdings 
kaum  in  einer  gleichzeitigen  Abschrift  vorliegen,  folgt  die 
s.  g.  Bremische  Kirchenordnung  Graf  Ennos  II  von  Ende  1529, 
und  dieser  die  beiden  Nachtrage  zur  s.  g.  Liineburger  Kirchen- 
ordnung von  1535.  Es  ist  auffallig,  dass  in  dieser  Reihe  der 
ostfriesischen  reformatorischen  Kirchenordnungen  die  Liine- 
burger Ordnung  von  1535  selbst  fehlt ;  leicht  moglich,  dass  sie 
unserer  Handschrift,  ehe  sie  noch  eingebunden  war,  abhanden 
gekommen  ist.  Stuck  6 — 8  sind  von  einer  regelmassigen  Hand 
geschrieben  worden,  sodass  also  jedenfalls  die  Bremische 
Kirchenordnung  nicht  gleichzeitig  niedergeschrieben  ist.  Eher 
kSnnte  man  das  von  Stuck  9,  dem  ostfriesischen  Interim,  be- 
haupten;  es  scheint  mir  so  unmoglich  nicht,  dass  Beninga  als 
vertrauter  Rat  der  Grafin  Anna  selbst  mit  zur  Abfassung 
dieses  precaren  Erlasses  herangezogen  worden  ist.     Bei  der 


Digiti 


zed  by  GoOgk 


—     179    — 

Gelegenheit  hatte  er  sich  dann  eine  Abschrift  der  frtiheren 
Kirchenordnungen  anfertigen  lassen  und  sie  uns  auf  diese  Weise 
allein  erhalten. 

Viel  bunter  sieht  es  in  der  anderen  Gruppe  der  Auf- 
zeichnungen  Beningas  aus,  den  Stiicken  10—20.  An  der  Spitze 
stehen  die  Schriftstticke,  die  sich  um  die  Polizeiordnung  der 
Grafin  Anna  von  1545  gruppieren.  Ging  schon  aus  dem  von 
Tiaden  aus  unserer  Handschrift  bekannt  gemachten  grossen 
Briefe  Beningas  an  Reynerus  Melchior  von  1543  hervor,  dass 
Ausarbeitungen  Beningas  in  grosserem  Massstabe  in  die  Polizei- 
ordnung tibergegangen  sind,  so  hebt  die  grosse  Anzahl  von 
Stiicken  unserer  Handschrift,  vor  alien  die  m.  E.  von  Beninga 
herriihrende  Redaction  der  Polizeiartikel  von  1544,  jeden 
Zweifel  daran.  Dass  diese  Stticke  alle  gleichzeitig  und  nicht 
etwa  spater  von  Beninga  selbst  geraachte  Copien  sind,  be- 
weisen  einmal  die  im  Original  beigefugten  Bedenken  der  ubrigen 
graflichen  Rate,  andererseits  der  Umstand,  dass  die  sp&tere 
Ordinanz  der  Grafin  Anna  von  1556,  eine  Erganzung  der  Polizei- 
ordnung von  1545,  auch  in  unserer  Handschrift  an  einer  viel 
spateren  Stelle  nachgetragen  ist. 

Es  folgen  zunalchst  rein  historische  Aufzeichnungen  auf 
die  Jahre  1550  fif.,  den  Krieg  des  Reiches  mit  der  Krone  Frank- 
reich  betr.  Sie  documentieren  sich  auch  ausserlich  schon  als 
reine  Collectaneen,  die  der  rege  Mann  sich  aus  den  verschieden- 
sten  Quellen  zu  verschaffen  wusste.  Nur  zum  kleinen  Teil  sind 
die  Schriftstticke  Beninga  selbst  zugeschickt  worden,  wie  z.  B. 
15  g,  meistens  hat  er  sie  nach  den  mundlichen  Berichten  von 
Augenzeugen,  oder  noch  5fter  aus  den  Neuen  Zeitungen  und 
officiellen  Berichten  ausgeschrieben.  Man  sieht,  Eggerik  Beninga 
hat  sein  Interesse  nicht  auf  das  enge  Gebiet  Ostfrieslands  be- 
schrankt,  und  an  der  Art,  wie  er  die  ihm  sonst  doch  fern- 
liegende  Reichspolitik  verfolgt,  kann  man  abnehmen,  mit 
welchem  Sammeleifer  er  sich  bei  der  Abfassung  seiner  Chronik 
um  die  authentischen  Quellen  zur  ostfriesischen  Geschichte  be- 
miiht  haben  mag. 

Nach  dem  Ausblick  auf  das  weite  Feld  der  Reichspolitik, 
den  uns  die  in  Stuck  15  vereinigten  historischen  Aufzeichnungen 
Beningas  thun  lassen,  werden  wir  sogleich  wieder  zurtickgefuhrt 
auf  den  engen  Kreis  ostfriesischer  Rechtssachen  durch  die  Ver- 

12* 


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—     180     — 

handlungen  zweier  Privatprocesse  in  Sttick  16  und  17.  Nur 
bei  dem  letzteren,  der  Appellationsklage  urn  den  Nachlass 
des  Johan  Northoren  und  seiner  Frau  Albeit,  ist  Beninga 
selbst  als  einer  der  Commissarien  fur  die  Appellation  thatig 
gewesen.  Sttick  17  enthalt  ausser  einer  Aufstellung  des  That- 
bestandes  durch  den  Klager,  den  Rentmeister  Johan  Goltsmit, 
Beningas  eigene  Bedenken  zu  der  Sache.  Mit  dem  Process 
zwischen  Dr.  Hayo  Hompen  und  seinen  Schwagern  Hans  van 
Lingen  und  Otto  van  Depholt  um  den  Nachlass  des  Biirger- 
meisters  Hompe  Hayen  und  seiner  Frau  Fosse  hat  Beninga 
dagegen  gar  nichts  zu  thun  gehabt.  Als  dieser  Process  spielte, 
im  Jahre  1527,  war  Beninga  noch  Drost  von  Leerort,  und  eine 
Reibe  aiterer  Manner  werden  uns  zu  Anfang  des  Documentes 
als  die  verordneten  Commissarien  genannt.  Da  aber  beide  Pro 
cesse  ganz  ahnlicher  Natur  sind,  in  beiden  handelt  es  sich  um 
Erbschaftsklagen  zwischen  Sohnen  und  Schwiegersohnen  der 
Erblasser,  in  beiden  spielen  Hillickesvorworden  und  ahnliche 
specielle  Rechtsbestimmungen  eine  bedeutende  Rolle,  beide  sind 
endlich  Appellationsverfahren,  so  liegt  es  nahe  anzunehmen, 
Beninga  habe  sich,  als  er  kurz  vor  1550  mit  der  Appellation  des 
Rentmeisters  Johan  Goltsmit  beschaftigt  war,  eine  Abschrift 
des  sllteren  Verfahrens  gegen  Dr.  Haien  Appellation  besorgt 
Denn  eine  spatere  Abschrift  ist  Stuck  16  nur,  vielleicht  gar 
nur  eine  Copia  copiae.  Dass  Beninga  etwa  in  naherer  ver- 
wandtschaftlicher  Beziehung  zu  der  angesehenen  Familie  Hompe 
Hayens  gestanden  habe,  lasst  sich  nicht  erweisen ;  es  ist  auch 
wohl  nur  Zufall,  dass  sich  unter  dem  bunten  Anhange  unserer 
Handschrift  eine  von  dem  Vorfahren  des  Burgermeisters,  dem 
Emder  Biirger  Hayo  Hompen,  im  Jahre  1449  ausgestellte 
Privaturkunde  befindet.  Sie  wird  schwerlich  gerade  zusammen 
mit  der  Abschrift  des  Processverfahrens  von  1527  in  Beningas 
Hande  gekommen  sein,  sich  iiberhaupt  nicht  in  der  Familie 
des  Ausstellers  Hayo  Hompen,  sondern  in  der  des  Empfangers, 
der  dem  Hayo  das  benannte  Haus  am  Delfte  abkaufte,  ver- 
erbt  haben.  So  braucht  sie  gar  nicht  von  Beninga  selbst  in 
seinen  Sammelband  hineingelegt  worden  zu  sein,  sondern  das 
kann  ebenso  gut  der  spatere  Besitzer  gethan  haben,  der  den 
unten  zu  besprechenden  Anhang  hinzufugte. 

Mit   der  vielseitigen   und   erspriesslichen   Thatigkeit,   die 


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—     181     — 

Beninga  als  vertrauter  Rat  der  Grafin  und  Commissar  fiir  die 
hochsten  Gerichtsangelegenheiten  entwickelte,  machen  uns  end- 
lich  auch  noch  die  beiden  letzten  Bestandteile  der  urspriing- 
lichen  Sammlung  bekannt :  Beningas  Abschrift  der  Ordinanz  der 
Grafin  Anna  vom  4.  Mai  1556  ist  eins  der  spatesten  Stiicke, 
die  er  in  sein  Hausbuch  eintrug.  Dass  Beninga,  obwohl  wir 
ihn  bereits  im  Marz  des  Jahres  1556  wieder  in  Leerort  finden 
(Chronik  S.  842),  dennoch  an  der  Ausarbeitung  auch  dieser 
Polizeiordnung  beteiligt  gewesen  ist,  kann  ich  zwar  nicht  be- 
weisen,  halte  es  aber  fiir  sehr  wahrscheinlich,  da  ja  die  Ordi- 
nanz von  1556  nur  eine  weitere  Ausfiihrung  einiger  Haupt- 
artikel  der  Polizeiordnung  von  1545  ist,  an  der  Beninga  so 
grossen  Anteil  hatte.  Grafin  Anna  hat  auch  diesmal  die  Hiilfe 
ihrer  Berater  in  Anspruch  genommen,  das  lasst  sich  aus 
Beningas  Worten  (Chronik  S.  839),  Grafin  Anna  habe  die 
alten  Artikel  „mit  rypen  Raed  gecorrigeert",  wohl  entnehmen. 
Erwiesen  ist  Beningas  Beteiligung  an  dem  letzten  Stiicke  des 
Bandes,  den  Bekenntnissen  der  Hexen  in  den  grauenvollen 
Processen  des  Jahres  1543.  Hier  war  er  der  erste  Vorsitzende 
des  hochnotpeinlichen  Gerichtshofes,  der  in  der  letzten  Instanz 
die  Angeklagten  vernahm.  Wir  diirfen  es  deshalb  auch  wohl 
seinem  Verdienste  zurechnen,  wenn  der  Gang  des  Processes 
sich  wenigstens  einigermassen  in  den  Formen  des  geordneten 
juristischen  Verfahrens  halt,  wiewohl  uns  ja  auch  so  noch  die 
summarische  Art  der  Processfiihrung  entsetzt.  Die  vielen  Zusatze, 
die  Beninga  unserem  Protokolle  am  Rande  und  im  Contexte 
hinzugefiigt  hat,  machen  es  wahrscheinlich,  dass  er  sich  diese 
Abschrift  der  Bekenntnisse  bald  nach  den  Verhandlungen  be- 
sorgte,  als  ihm  selbst  die  Sachen  noch  gegenw&rtig  waren 
und  er  aus  eigenem  Wissen  das  Protokoll  erganzen  konnte. 
Dass  die  Bekenntnisse  der  Toverschen  einmal  den  Schluss 
unserer  Handschrift  gebildet  haben,  macht  uns  auch  um  so 
eher  verstandlich,  wie  der  Schluss  des  zweiten  Processes  ver- 
loren  gehen  konnte. 

Das  so  beschriebene  Hausbuch  vermachte  Eggerik  Beninga 
bei  seinem  Tode  seinem  Sohne  Snelger  Beninga,  der  wie  der 
Vater  auf  Grimersum  residierte.  Er  fugte  die  vier  Stiicke 
hinzu,  die  seitdem  den  Anfang  der  Handschrift  bilden,  es  sind 
die  wichtigen    Bekenntnisschriften    der    ostfriesischen    Refor- 


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—     182     — 

mierten  und  Lutheraner  von  1579  und  1580.  Snelger  Beninga 
hat  sie  fur  sich  aus  den  Originalen  abschreiben  lassen,  der 
Fuhrer  der  reformierten  Partei,  Menso  Alting,  steht  selbst  mit 
ihm  in  Brief wechsel,  tibersendet  ihm  eins  der  kostbaren  Docu- 
mente  und  bittet  um  seine  Meinung  dariiber.  Dass  erst 
Snelger  Beninga  unsere  ganze  Handscbrift  aus  den  zerstreuten 
Papieren  seines  Vaters  zusammengestellt  habe,  ist  nicht  an- 
zunehmen.  Dazu  ist  die  alte  Sammlung  Eggerik  Beningas 
bereits  zu  mannigfaltiger  Art,  Snelger  wlirde  sich,  falls  er  die 
Auswahl  aus  den  Papieren  seines  Vater  getroffen  hatte,  etwa 
auf  die  kirchenhistorisch  wichtigen  Stticke  beschrankt  haben. 
Wenn  er  aber  seine  eigenen  Zusatze  nicht  bescheiden  hinten 
anhangte,  sondern  sie  an  die  Spitze  des  Buches  stellte,  so  erklart 
sich  das  leicht  aus  der  Actualitat  der  Stiicke  und  der  leb- 
haften  Beteiligung  Snelgers  an  den  Abendmahlsstreitigkeiten 
dieser  Jahre. 

Von  unserer  ganzen  Handschrift  ist  nun  bloss  noch  der 
aus  verschiedenen  Urkunden  bestehende  Anhang,  Stuck  21—28 
meiner  Zahlung,  tibrig.  Er  gehort  mit  Ausnahme  der  beiden 
Urkunden  des  15.  Jahrhunderts  (Stuck  26  und  28),  iiber  deren 
Herkunft  nichts  Sicheres  feststeht,  erst  dem  17.  Jahrhundert 
an.  Snelger  Beninga  starb  bereits  am  15.  Oktober  desselben 
Jahres  1580,  in  dem  Stuck  1—4  unserer  Handschrift  entstanden 
sind.  Von  ihm  ruhrt  also  keine  der  Urkunden  des  Anhangs  her, 
und  im  Uebrigen  unterrichtet  uns  von  dem  Verbleib  unseres 
Manuscriptes  im  Besitze  der  Familie  Beninga  nur  ein  kleiner 
Zettel,  der  sich  in  die  historischen  Collectaneen  Eggerik  Beningas 
verirrt  hat,  Stuck  15  i  =  Bl.  130  der  Handschrift.  Es  ist 
eine  Beglaubigung  fur  den  Sohn  Snelgers  und  gleichnamigen 
Enkel  des  grossen  Eggerik,  sie  ist  ausgestellt  im  Jahre  1597 
in  Gredtsyl.  Dieser  gewohnlich  bloss  Eger  Beninga  genannte 
Nachkomme  des  Chronisten,  der  erste  Hofrichter  bei  dera 
1593  eingesetzten  ostfriesischen  Hofgericht,  starb  1605.  Vom 
14.  December  desselben  Jahres  stammt  die  erste  Urkunde  des 
Anhangs  unserer  Handschrift,  das  Rescript  Graf  Ennos  III, 
die  Auf  hebung  der  Schtittemeister  des  Amtes  Gredtsyl  durch  die 
Emder  betr.  Als  eine  Original-Urkunde,  die  von  Rechts  wegen 
im  Besitze  der  Stadt  Emden  als  der  Empfangerin  sein  miisste, 
weist  dieses  Stuck  also  bereits  deutlich  auf  einen  der  beiden 


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—     183     — 

Erader  Biirgermeister  hin,  die  wir  als  die  nachsten  Besitzer 
unserer  Handschriit  kennen  lernen.  Bonno  Sibelius Bonhuus,  Med. 
Dr.,  stammte  hochstwahrscheinlich  aus  einer  alten  friesischen 
Eigenerbenfamilie  des  Oberledingerlandes,  die  den  Platz  Bonhuus 
(jetzt  Bonnhausen,  Gemeinde  Amdorf,  Kr.  Leer,  beim  Einfluss 
der  Jumme  in  die  Leda,  vgl.  Arends,  Erdbeschr.  d.  Fiirst.  Ostfr., 
Emden  1824,  S.  190)  besass.  Er  wurde  1648  als  Liera-Frisius 
Orientalis  in  der  Groninger  philosophischen  Facultat  inscribiert 
(vgl.  Ostfr.  Monatsbl.  1879,  S.  399)  und  ist  vielleicht  erst  durch 
seine  Heirat  mit  Gesina  Potgieters  nach  Emden  gezogen  worden. 
Bonhuus  war  seit  1666  Kirchenaltester  der  Emder  reformierten 
Gemeinde,  1669  Vierziger,  1681  Ratsherr  mit  Dr.  Timon  Rudolphi 
zusammen,  am  17.  Juni  1691  legte  er  den  Grundstein  zur 
neuen  Hauptwache,  1696 — 1704  war  er  Biirgermeister  von  Emden 
and  starb  am  17.  Juni  1704.  Er  ist  durch  die  Angabe  seines 
Enkels  Penborg  auf  Bl.  la  unserer  Handschrift  als  ihr  Be- 
sitzer beglaubigt.  Welchen  Weg  sie  aber  im  Laufe  des 
17.  Jahrhunderts  von  Eggerik  Beninga  dem  Jtingeren  bis  zu 
Bonhuus  genommen  hat,  vermag  ich  nicht  aufzuhellen.  Viel- 
leicht ist  sie  schon  durch  Eger  Beninga  der  Grimersumer  Burg 
entfremdet  worden  und  dann  spater  durch  die  Hande  eines 
Theologen,  fur  den  sie  ja  in  erster  Linie  von  Interesse  war, 
bis  auf  Bonhuus  gelangt.  Die  Stticke  22—24  deuten  nach 
Norden  und  haben  gewiss  einerlei  Ursprung;  auch  der  Auszug 
aus  den  Veenhuser  Kirchenrechnungen  ist  zu  derselben  Zeit 
ausgeschrieben  worden  und  lasst  die  Feder  eines  Theologen 
vermuten.  Derselbe  miisste  jedenfalls  ein  Verwandter  oder 
zum  wenigsten  ein  guter  Freund  des  Pastors  Engelbert  Hoyer 
oder  seiner  Familie  gewesen  sein,  denn  wie  sollte  er  sonst  in 
den  Besitz  des  Autographon  von  Hoyers  Vita  gekommen  sein? 
Erst  Bonhuus  wird  dann  zu  unserer  Handschrift  das  Rescript 
Graf  Ennos  III  von  1605  gethan  haben,  er  mag  auch  durch 
Familienverwandtschaft  in  den  Besitz  der  alten  Urkunde  Hayo 
Hompens  von  1449  gekommen  sein,  von  der  ich  oben  bereits 
gesprochen  habe.  Die  beiden  letzten  Stticke  unserer  Hand- 
schrift endlich  fasse  ich  als  Curiosa  auf,  die  Gott  weiss  auf 
welchem  Wege  in  die  Hand  von  Bonhuus  oder  Penborg  ge- 
langt sind.  Weder  die  franzosische  Urkunde  fiber  eine  Miss- 
geburt  zu  Bordeaux  noch  der   Klostereid  der  Weyne  Gerrits- 


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—     184    — 

dochter  aus  einem  Kloster  der  eigentlichen  Niederlande  haben 
die  geringste  Bedeutung  fiir  Ostfriesland,  sie  haben  nur  einen 
Sammelwert. 

Aus  Bonhuus  Bibliothek  ging  die  Handschrift  an  seinen 
Enkel  Houwo  Bonno  Penborg,  den  Sohn  des  Administrators 
Houwo  Cornelius  Penborg  und  der  Henrica  Bonhusen,  liber.  Auch 
er  hat  einen  hervorragenden  Platz  in  der  Geschichte  der  Stadt 
Emden  eingenommen.  1718Vierziger,  1728  Ratsherr,  1729  bis  zu 
seinem  Tode  am  21.  Juli  1748  Biirgerraeister  von  Emden,  ist 
er  besonders  bekannt  durch  seine  Teilnahme  an  den  Ver- 
handlungen  der  Stadt  Emden  mit  Friedrich  dem  Grossen  wegen 
einer  geheimen  Convention  1740 — 1744.1)  Er  wurde  gleich 
beim  Beginn  der  Verhandlungen  in  die  engere  Deputation  ge- 
w&hlt,  der  die  Verhandlungen  oblagen,  und  trat  am  20.  Mai  1743 
nach  dem  Tode  des  Biirgermeisters  Wermelskirchen  an  die 
Spitze  dieser  Deputation.  Welchen  Wert  Penborg  auf  den  Be- 
sitz  unserer  Handschrift  legte,  geht  deutlich  aus  der  sorg 
samen  Behandlung  hervor,  die  er  ihr  zu  Teil  werden  liess. 
Er  liess  sie  in  einen  festen  Schweinslederband  binden  und  ccit 
Schreibpapier  durchschiessen.  Seine  eigene  Beschaftigung  nit 
der  Handschrift  ging  allerdings  nicht  weiter,  als  dass  er  ein 
genaues  Inhaltsverzeichnis  ihrer  zahlreichen  Stiicke  anfing  und 
den  Brief  Graf  Johanns  an  Eggerik  Beninga  von  1542  (Stuck  12) 
selbst  abschrieb.  Dagegen  uberliess  er  seine  Handschrift  gem 
an  befreundete  Gelehrte,  wofur  ihm  z.  B.  Meiners  in  seiner 
Vorrede  Bl.  5bherzlich  dankt. 

Nach  Penborgs  Tode  erwarb  die  Handschrift  durch  Kauf 
Mathias  v.  Wicht,  der  beruhmte  Herausgeber  des  Ostfriesischen 
Landrechts.  Auch  er  hat  sich  eingehend  mit  dem  Inhalte  der 
Sammlung  beschaftigt,  wie  oftere  gelegentliche  Notizen  von 
seiner  Hand  beweisen.  In  dieser  Zeit  hat  auch  Reershemius, 
der  Verfasser  des  Ostfriesl.  Prediger-Denkmahls,  das  Manuscript 
eingesehen  und  fiir  sein  Werk  benutzt.  Er  erw&hnt  danach 
S.  645  den  Brief  Beningas  an  Reynerus  Melchior,  und  S.  9  ff. 
druckt  er  das  Ostfriesische  Interim  in  einer  hochdeutschen 
Uebertragung  ab.  Nach  v.  Wichts  Tode  1778  beginnt  eine 
zweite  Periode,  in  der  unsere  Handschrift  vollig  verschwunden 

')  Vgl.  Schussler  im  Programm  des  Emder  Gymnasiums  1901, 
S.  12.  17  u.  6. 


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—     185     — 

ist.  Erst  heutigen  Tages  taucht  sie  wieder  in  der  Bonner 
Universitats-Bibliothek  auf,  ohne  dass  zu  ermitteln  ware,  wann 
und  woher  sie  dorthin  gekommen  sein  mag.  Den  Mangel  jeg- 
licher  Nachrichten  liber  die  Accession  der  Handschrift  nach  Bonn 
bestatigt  mir  auf  meine  Anfrage  Herr  Oberbibliothekar  Dr. 
Klette-Bonn;  es  ist  danach  wohl  der  Schluss  erlaubt,  dass  die 
Handschrift  bereits  lange  Jahrzehnte  in  der  Bonner  U.-B.  ruht 
und  nicht  etwa  erst  aus  der  Sammlung  Mohlmanns  dahin  ge- 
wandert  ist,  wie  man  nach  einer  undeutlichen  Angabe  des 
Kataloges  von  Mohlmanns  Handschriften  annehmen  mochte. 
In  Bonn  fiel  sie  mir  im  Winter  1897/1898  in  die  Hande, 
als  ich  die  Bibliothek  nach  alteren  niederdeutschen  Hand- 
schriften durchforschte.  Eine  kurze  Notiz  an  die  Emder  Ge- 
sellschaft  gentigte,  urn  mir  den  hervorragenden  Wert  des 
Manuscriptes  fur  die  ostfriesische  Geschichte  deutlich  zu 
machen.  Auf  die  ausfiihrlichen  Nachweise  hin,  die  mir  Herr 
Dr.  Ritter  sofort  zur  Verfugung  stellte,  bestellte  ich  mir  die 
Handschrift  auf  die  Gottinger  Universitatsbibliothek  und  konnte 
sie  dort,  Dank  der  Liberalitat  der  Bonner  Bibliothek,  in  voller 
Musse  bearbeiten.  Als  Ergebnis  dieser  Arbeit  lege  ich  den 
Mitgliedern  der  Emder  Gesellschaft  das  folgende  ausftihrliche 
Inhaltsverzeichnis  der  Handschrift  und  dazu  eine  Reihe  von 
Anlagen  vor,  die  die  kiirzeren  Stiicke  der  Sammlung  so  gut 
wie  sammtlich  und  von  den  umfangreicheren  die  wichtigen 
Hexenprocessprotokolle  und  die  Sententie  im  Process  um  Btirger- 
meister  Humpe  Hayens  Nachlass,  alles  nach  meinen  eigenen 
Abschriften,  zum  Abdruck  bringen.  Ich  habe  tiberall  die  nicht 
gerade  sehr  zahlreichen *)  Abkiirzungen  der  Handschrift  auf- 
gelost,  ferner  alien  Eigennamen  einen  grossen  Anfangsbuch- 
staben  gegeben  und  schliesslich  auch  eine  knappe  Inter- 
punction  eingeftihrt.  In  alien  iibrigen  Punkten  aber  habe  ich 
die  Formen  der  Handschrift  genau  gewahrt,  auch  in  der  wahl- 
losen  Verwendung  der  grossen  Anfangsbuchstaben,   ausser  bei 


')  Haufig  sind  nur  in  den  lateinischen  Partien  von  Beilage  VII  die 
abgekurzten  Citate  aus  dem  Corpus  Juris  und  den  Glossatoren ;  auch  hier 
habe  ich  die  Abkiirzungen  durchweg  aufgelost  und  den  Citaten  die  ge- 
nauen  Zahlen  der  modernen  Ausgaben  in  Klammern  hinzugefiigt.  Fur 
seine  freundliche  UnterstUtzung  bei  dieser  mir  ungewohnten  Arbeit  bin 
icb  Herm  Dr.  jur.  Julius  Gierke-Gottingen  grossen  Dank  schuldig. 


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—     186    — 

den  Eigennamen.  Alle  Erganzungen  zum  Texte  der  Hand- 
schrift  sind  in  runde,  alle  zu  tilgenden  Worter  in  eckige 
Klammern  gesetzt.  —  Fur  manchen  wichtigen  Nachweis 
zu  den  einzelnen  Stucken  der  Handschrift  bin  ich  den 
Herren  Generalsuperintendent  D.  Bartels  und  Archivrat  Dr. 
Wachter  zu  Aurich,  besonders  aber  Herrn  Dr.  Ritter  zu 
Emden  zu  um  so  grosserem  Danke  verpflichtet,  als  ja  diese 
Arbeit  dem  Gebiete  meiner   eigentlichen  Studien  ferner  liegt. 

Die  Handschrift  der  Bonner  Universitats-Bibliothek  No.  336 
(alt  218,  b)8)  zahlt  im  Ganzen  381  Bll.  Davon  sind  aber  200 
leere  Durchschussblatter.  Die  alte  Sammlung,  Handschriften 
und  Urkunden,  umfasst  181  Bll.,  jede  Urkunde  als  6in  Blatt 
gerechnet.  Sie  ist  beim  Einbinden  so  durchschossen,  dass 
jedem  Blatt  der  alten  Handschrift  ein  leeres  Durchschussblatt 
folgt,  nur  Bl.  135  (leer)  und  177—178  (178  leer)  entbehren 
desselben.  Ausserdem  sind  vorn  7  und  hinten  15  leere  Blatter 
hinzugesetzt.  Ich  beziffere  die  leeren  Blatter  vorn  in  der  Hs. 
als  I— VIII  und  beginne  die  neue  Zahlung  bei  Bl.  1  der  alten 
Handschrift,  indem  ich  jedesmal  das  Blatt  der  alten  Hs.  und 
das  dazu  gehorige  Durchschussblatt  als  6in  Blatt  zahle.  Das 
Format  der  Durchschussblatter  ist  33X21,5  cm,  also  Folio. 
Die  Blatter  der  alten  Hs.  sind  gewohnlich  nur  ein  wenig 
kleiner;  wo  sich  grSssere  Abweichungen  des  Formats  fin- 
den,  habe  ich  sie  jedesmal  besonders  angegeben.  Die 
Blatter  der  ursprfinglichen  Handschriften  sind  z.  T.  an  den 
ausseren  Randern,  besonders  oben,  durch  Moder  beschadigt 
Zu  dem  Einschusspapiere  sind  2  verschiedene  Papiersorten 
derselben  Fabrik  verwandt:  die  grosse  Masse  der  Blatter  zeigt 
als  Wasserzeichen  auf  dem  einen  Blatt  des  Bogens  einen 
grossen  Bienenkorb  in  barock  stilisiertem  Rahmen,  der  oben 
in  einen  Fruchtbaum  auslauft;  das  2.  Blatt  hat  die  Initialen 
GR,  dariiber  eine  7zackige  Krone,  deren  mittlerer  Stein  ein 
Kreuzchen  tragt.  Nur  Bll.  Ill— IV  u.  191—196  zeigen  den 
2.  Typus:  Bl.  1  des  Bogens  einen  durch  Pallissaden  abgegrenzten 
ovalen  Raum,   in    dem    zur   Rechten   ein   im   Geschmack   der 


*)  Vgl.  Chirographorum  in  Bibl.  Acad.  Bonn,  servatorum  Catalogue 
Volumen  II,  quo  libri  descripti  sunt  praeter  orientales  relicui,  compo- 
suerunt  Antonius  Klette  et  Josephus  Staender.  Bonn.  1868—1876,  S.  92. 


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—     187     -- 

Barockzeit  prachtig  gekleideter  Ritter  sitzt,  in  der  erhobenen 
Rechten  tragt  er  ein  Scepter  (?).  Vor  ihm  ein  nach  Links 
gewandter  schreitender  gekronter  Lowe,  der  in  der  rechten 
Vorderklaue  ein  kurzes  Schwert  erhebt,  in  der  Linken  ein 
Biindel  Pfeile  tragt.  Das  2.  Blatt  hat  wiederum  ein  GR  und 
daruber  die  Krone  in  etwas  veranderter  Gestalt.  —  Der  Einband 
ist  der  im  17./18.  Jahrhundert  tibliche  weisse  Schweinsleder- 
band,  die  Deckel  zeigen  eine  einfache  Pressung,  der  Riicken 
tragt  in  vergoldeten  Capitallettern  den  Titel:  Varia  |  Manu- 
scripta  |  Rarissima  |  Histor:  Refor-  |  mat:  Ostfris:  |. 

Bl.  1  enthalt  den  ausgeschnittenen  Rest  des  Titelblattes 
der  ganzen  Hs.;  er  ist  auf  ein  Blatt  starkeren  Papiers  (Um- 
schlagpapier)  aufgeklebt.  Von  der  Aufschrift  scheint  nichts 
verloren  gegangen  zu  sein.  Sie  lautet:  Varia  Curiosa  |  ad 
Ecclesiastica  |  et  Politica  |  Ostfrisica  Ac  |  pertinentia 
origin  alia.  Soweit  der  ursprungliche  Titel  von  H.  B.  Penborgs 
Hand  in  ziemlich  fltichtigen  Ziigen,  spater  hat  er  in  festerer 
engerer  Schrift  hinzugesetzt :  antehac  in  Familia  Nobilisfimorum 
Beninganorum  asservata,  nach  einem  grosseren  Zwischenraum 
weiter:  quae  nunc  jure  haereditario  in  |  Bibliothecam  Avitam 
Consulis  |  B.  S.  Bonhusii  posfidet  |  H.  B.  Penborg  |  1720. 
Darunter  endlich  von  v.  Wichts  Hand:  Jam  vero  emt.  tit.  | 
MvWicht  174( ),  die  verlorene  Zahl  war  nach  dem  erhaltenen 
Ansatze  zu  schliessen  eine  3  oder  8.  Da  Penborg  1748  starb, 
werden  wir  1748  einsetzen  durfen. 

Bl.  2—3  Inhaltsangabe  des  Bandes  von  der  Hand  Penborgs. 
Dieses  Inhaltsverzeichnis  und  seine  Stellung  in  der  Hs.  beweist, 
dass  erst  Penborg  den  Band  in  der  Ordnung,  wie  wir  ihn  hier 
vor  uns  haben,  hat  einbinden  lassen.  Das  Inhaltsverzeichnis 
weist  bereits  die  kleinen  Lticken,  die  einzelne  Blatter  an  der 
oberen  ausseren  Ecke  erlitten  haben,  auf.  Penborg  hat  es  bis 
Stuck  10  meiner  Zahlung  (bei  ihm  XIII)  gefuhrt,  seine  Angaben 
sind  reichlich  und  genau;  von  Abschnitt  XIII  hat  er  nur  noch 
die  Zahl  geschrieben,  eine  ein  wenig  spatere  Hand  hat  dann 
das  Register  in  kurzen  Titeln  bis  auf  Stuck  XIX  (bei  mir  14) 
weitergefuhrt. 

1)  Bl.  4»  —  llb:  Ein  Christlyck  bedenken  van  einer 
forma  der  Concordia,  (....)  |  tho  affschaffinge  offt  vor- 
midinge  aller  vnenicheit  in  nafolgenden  ar(tikeln)  |  in  der  lere 


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—     188     - 

vam  hillygen  Nachtmale,  vnd  der  persoenlicker  vore(ninge) 
der  naturen  in  christo,  ock  de  Communicatione  Idiomatum, 
dath  i(s  van  der)  |  mith  delinge  der  egenschafTten,  vnd  der 
vpfaert  Christi  thorn  hem(mel)  |  vnde  sittent  thor  rechteren 
Gades,  vnd  van  denn  Ceremonien  de(s)  |  Nachtmaels  in  desser 
Graeffschap l)  van  Oestfreefslandt  |  Dath  volck  einfoldich  tho  leren 
nuttlyck  |  gebrucken  mochte.  —  Up  G.  bevellich  des  wollge- 
baren  Hern,  Hern  Edzardt,  Graue(n  vnd)  |  Hern  tho  Oestfriefs- 
landt,  eres  Genedigen  Heren,  vnderdenich  gestell(et)  |  van  den 
predigern  godtlyckes  wordes,  de  nha  olden  lofflycken  ge(bruke)  j 
in  dem  Coetu  tho  Embden  vorsammelen. 

Van  dem  Hilligen  Auentmale. 

Dath  Auentmael  Christi  is  ein  hillich  Sacrament  offte 
hande(linge)  |  etc.  Bl.  7 b :  Volget  van  der  Persone  vnses  Heren 
Jesu  Christi  (16  Punkte).  Bl.  8 b :  De  Communicatione  idio- 
matum, dath  is  van  der  mitdelinge  der  egenschafften  (14  Punkte). 
Bl.  9b:  Van  den  6.  Articulo  vnses  Christlycken  gelouens,  vp- 
gevaren  tho  hemmel  Ac  (10  Punkte).  Bl.  10  b:  Van  den  Ceremonien 
des  hillygen  Nachtmaels.  Bl.  11 a:  Van  den  brode  des  hillygen 
Auentmaels.  —  Schluss  Bl.  11 b:  Al  werdt  ock  dath  Luther 
suluen  offte  ein  engel  vam  hemmel  anders  lerede,  so  sy  he 
vormaledyet,  dan  gy  moten  nicht  Luther  sunder  Christi  dis- 
cipulen  syn.  —  Finis.  —  Jn  gratiam  Clarifsimi  viri,  Nobilitate 
generis,  ^pietate,  eruditione,  virtute  ac  sapientia  praestantis, 
Snelgeri  Beninga,  Domini  ac  Capitanei  in  Widdelswer,  Grymer- 
sum  etc.,  Domini  &  Patroni  sui  summa  obseruantia  colendi, 
scripsit  manu  sua,  Daniel  Bernhardi  Eylsumanae  Ecclesiae 
minister,  Anno  ab  Incarnatione  Filij  Dei  1580.  7.  Jduum 
Januar.  —  Bl.  10 — 11  sind  besonders  stark  beschadigt,  am 
oberen  ausseren  Rande  sind  grosse  Stiicke  des  Textes  ab- 
gefault  oder  abgefressen. 

Das  fiir  die  ostfriesische  Kirchengeschichte  sehr  wichtige 
Stuck  ist  nach  unserer  Handschrift,  leider  aber  nur  in  einer 
niederlandischen  Uebertragung,  abgedruckt  von  Meiners,   Oost- 


*)  Anm.:  Das  ae  in  Graefschap  ist  in  der  Handschrift  als  a  mit 
iibergesetztem  e  geschrieben.  Diese  a,  o,  e  mit  iibergeschriebenem  e  sind 
der  unbequemen  Typen  wegen  stets  als  ae,  oe,  ee  wiedergegeben;  nur  an 
ein  paar  Stellen,  wo  oe  sicher  den  Umlaut  bezeichnet,  ist  dafiir  ein  o 
eingeaetat. 


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—     189     — 

vrieschl.  Kerk.  Gesch.  n  (1739),  S.  94—124.  Es  ist  die  Be- 
kenntnisschrift  der  reformierten  Prediger  Ostfrieslands,  die  sie 
am  20.  Dec.  1579  dem  Grafen  Edzard  zu  Aurich  einlieferten. 
Den  Anstoss  zur  Ausarbeitung  dieser  Schrift  gab  die  Zu- 
sammenkunft  zu  Behrum  am  25.  Nov.  1579,  wohin  Graf  Edzard 
einige  der  hervorragendsten  reformierten  und  lutherischen 
Prediger  berufen  hatte,  um  durch  ein  Religionsgesprach  die 
gerade  in  Norden  eben  wieder  entbrannten  Religionsstreitigkeiten 
beizulegen.  Anstatt  aber  sich  auf  eine  Disputation  einzu- 
lassen,  beschloss  man  vielmehr,  an  die  Ausarbeitung  einer 
christlichen  Concordienformel  zu  gehen  und  dadurch  die  Einig- 
keit  wiederherzustellen.  So  war  das  Resultat  des  Tages,  dass 
Graf  Edzard  beiden  Parteien  aufgab,  ihren  Standpunkt  binnen 
Monatsfrist  in  einer  ausfuhrlichen  Bekenntnisschrift  darzulegen. 
Bereits  am  16.  December  konnten  die  vier  mit  der  Ausarbeitung 
beauftragten  reformierten  Geistlicheg,  unter  ihnen  war  Monso 
Alting  der  bedeutendste,  die  fertige  Schrift  dem  Coetus  zu 
Emden  zur  Genehmigung  vorlegen.  Zur  festgesetzten  Zeit  wurde 
sie  in  Aurich  eingeliefert,  um  dort  von  Ligarius,  dem  Haupte  der 
lutherischen  Partei,  und  seinen  Anhangern  durchgearbeitet  zu 
werden.  Die  gleichzeitig  von  der  Seite  des  Ligarius  einge- 
gangene  Bekenntnisschrift  der  Lutheraner  findet  sich  ebenfalls 
in  unserer  Handschrift  als  Stuck  4.  Da  sie  aber  nicht 
alle  strittigen  Punkte,  die  man  vorher  zur  Besprechung  auf- 
gestellt  hatte,  behandelte,  sah  sich  Ligarius  auf  das  Dr&ngen 
der  reformierten  Prediger  hin  genotigt,  zur  Erganzung  noch 
eine  zweite  Schrift  auszuarbeiten,  die  am  15.  Februar  1580  dem 
Emder  Coetus  iiberreicht  wurde.  Auch  diese  bewahrt  unsere 
Handschrift  auf,  sie  ist  das  folgende  Stuck  2. 

2)  Bl.  12a— 15V  Eine  Copie1)  der  (zweiten)  latei- 
nischen  Gegenschrift  des  Joh.  Ligarius.  Bl.  12a  enth&lt 
nur  den  Vermerk:  Redditum  a  D.  Cancellario  et  Gene.  Comitum 
Praeceptore.  15.  Februarii.  A0.  80.  Bl.  12 b :  Decretum  Concilii 
Chalcedonensis  =  ein  paar  auf  Christi  Person  sich  beziehende 
Punkte  aus  den  Beschliissen  dieses  Concils,  in  griechischer 
Sprache.    Bl.  13 a  beg.  der  Tractat  selbst:  De  unione  Personali, 


*)  v.  Wicht  hat  vorn  im  Inhaltsverzeichnis  bei   Stack  2  ausdruck- 
lich  bemerkt,  es  sei  nicht  Ligarius  Hand. 


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—    190    — 

et  communicatione  idiomatum  in  Christo.  Vnio  Personalis  est 
magnum  6fioXoyovfiiva)g  mysterium  etc.  —  Schluss  Bl.  15*:  In 
talibus  rebus,  tota  ratio  facti,  est  potentia  facientis.  —  Johan: 
Lig:  —  Bl.  15 b  leer.  —  Zu  diesem  Stiicke  gehort  ferner  Bl.  16, 
ein  kurzes  Begleitschreiben  Menso  Altings  (Original): 
S.  Mitto  nobilitati  tuse  D.  Ligarii  theses  de  Hypostatica  vnion(e) 
naturarum  in  Christo  &  idiomatum  communicatione  conscriptas. 
(serius)  |  quidem  quam  volueras,  sed  quum  antea  non  satis 
commode  potuerim,  volo  sane  moram  excusatam.  Quid  de 
thesibus  sentiam  nondum  exprimo,  quia  quasdam  non  satis 
intelligo  propter  quasdam  phrases  nostris  theologis  invsitatas. 
Si  quid.  t.  n.  pro  accurato  iudicio  animaduertat  in  ijs,  quod 
causae  publicae  prodesse  aut  obesse  queat,  rogo  maiorem  in 
modum  vt  me  in  tempore  moneas.  —  Bene  vale  vir  praestantiss. 
cum  vxore  lectiss.  &  tota  familia.  Raptiss.  3.  Kal.  Mar.  A°80. 
T.  N.  studiosiss.  Menso  JUting.  Die  Rlickseite  von  Bl.  16 
tragt  die  Adresse  von  Altings  Hand:  Amplissimo  viro  D. 
Snelgero  Benninga,  Capitaneo  in  Grimersum  Fautori  optirao. 
—  Die  Thesen  des  Ligarius  sind  abgedruckt  bei  Meiners  II. 
S.  167 — 172;  die  in  der  Ueberschrift  genannten  Ueberreicher 
sind  der  Kanzler  Doctor  Wilhelmus  Miiller  und  der  Lehrer 
der  graflichen  Familie  Petrus  Ficinus.  Der  Brief  Menso 
Altings  ist  in  Ubbo  Emmius  Vita  M.  Altingii  nicht  abgedruckt, 
auch  sonst  habe  ich  ihn  nirgends  gefunden. 

3)  Bl.  17a"~b:  Eigenhandiger  lateinischer  Brief  des  Lucas 
Ritzius  an  Snelger  Beninga;  er  ist  unterzeichnet  mit:  Lucas 
Ritz,  v.  Wicht  hat  noch  einmal  darunter  geschrieben:  Lucas 
Ritzius.  Abgedruckt  bei  Meiners  I,  S.  173—175.  Der  Brief 
selbst  tragt  kein  Datum,  es  ergiebt  sich  aber  aus  seinem  In- 
halte,  dass  er  am  28.  Januar  1580  zu  Grimersum,  wo  Ritzius 
Prediger  war,  geschrieben  ist.  Ritzius  berichtet  darin  in  Menso 
Altings  Auftrage  kurz  iiber  die  Ereignisse  der  zweiten  Halfte 
des  Januars,  ausfiihrlich  dagegen  tiber  die  am  Tage  vorher,  den 
27.  Januar,  auf  der  Burg  zu  Emden  abgehaltene  Verhandlung 
des  Emder  Coetus  mit  Graf  Edzard  selbst.  Menso  Alting  als 
Wortfuhrer  der  Prediger  hatte  in  langerer  glanzender  Rede  das 
Verhalten  des  Coetus  gerechtfertigt  und  es  dadurch  erreicht, 
dass  der  Graf  dem  Ligarius  aufgab,  den  Wunschen  der  Emder 
Prediger  gemass  seine  zweite  Gegenschrift  auszuarbeiten.    Aus 


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—    191    — 

dem  Briefe  des  Ritzius  geht  weiter  hervor,  dass  Ritzius,  der 
selbst  am  Tage  vorher  mit  in  Emden  gewesen  war,  fiir  Snelger 
Beninga  das  Original  der  erst  en  Gegenschrift  des  Ligarius 
mitgebracht  hatte.  Dieses  Schriftstiick  circulierte  damals  noch 
unter  den  Emder  Predigern,  und  Ritzius  hatte  es  nur  fiir 
2  Tage  von  Dr.  Gibbo *)  geliehen  bekommen.  Er  bittet  deshalb 
Beninga,  es  doch  ja  noch  am  selben  Tage  abschreiben  zu 
lassen,  falls  er  eine  Abschrift  davon  zu  haben  wtinsche.  Das 
hat  Beninga  denn  auch  besorgen  lassen,  die  von  einem  ge- 
wissen  I C  angefertigte  Abschrift  bildet  das  folgende  (4.)  Sttick 
unserer  Sammlung.  Der  Brief  des  Ritzius  kann  also,  wie  oben 
der  des  Menso  Alting,  auch  als  Begleitbrief  zu  Sttick  4  auf- 
gefasst  werden,  er  wirft  jedenfalls  ein  bedeutsames  Licht  auf 
die  Entstehung  des  ersten  Teils  unserer  Sammlung. 

4)  Bl.  18a  —  25a:  Scriptum  Theologorum  Augus- 
tan se  Confessionis  in  Frisia  orientali  ad  iussum  illust:  et 
Generosi  Domini  D.  Edzardi  Comitis  et  Domini  Frisiee  Orien- 
talis  etc:  clementiae  suae  exhibitum:  Anno  Domini  .15.7.9.  21 
Decemb :  —  Anfang  Bl.  19 a :  Isagoge  ad  Concordiam  in  Contro- 
uersia  de  Coena  Domini.  —  Schluss  Bl.  25 a :  Haec  durabilis  est 
concordia  et  Orthodoxa  pax.  Es  folgt  noch  ein  kurzer  grie- 
chischer  Aussprucb  des  Justinus  Martyr,  dann :  Finis  I C  scrip- 
sit.  —  Bl.  25 b  leer.  —  Nach  unserer  Hs.  ist  diese  (erste)  Be- 
kenntnisschrift  der  lutherischen  Prediger  Ostfrieslands  ab- 
gedruckt  bei  Meiners  I,  S.  125 — 150.  Vgl.  was  ich  oben  zu 
Stuck  1  u.  3  ausgefuhrt  habe. 

5)  Bl.  26*  —  28R:  Hyr  na  volgenn  de  houet  artikelen 
des  hylligen  Sacramentes  blodes2)  vnde  vlesches  Jesu 
Christi,  dorch  Meister  Jurgen  vam  Dare  predicante  tho 
Embdenn  vp  48  articulen  jm  jaer  1626  gestelt.  Anf.:  1.  De 
minsche  ys  van  beginne  na  gades  bylde  gemacket  etc.  — 
Schluss  des  48.  Artikels  :  de  schall  sunder  straffe  nicht  bliuen, 
dan  alfs  ein  vorachter  (Der  gotlyke  gnade)  gestraffet  werden.  — 
Bl.  28 b  leer.  —  Nach  unserer  Hs.  abgedruckt  bei  Meiners  II, 
S.  114—123  (und  in  nld.   Uebertragung  S.    123-131).     Noch 

l)  Gibbo  Meinders  von  Nordoog  (Nortochius),  Prediger  in  Wirdum 
(also  Nachbar  des  L.  R.),  einer  der  vier  Bevollm&chtigten  des  Emder 
Coetus,  vgl.  Meiners  L,  181.  186.    Reershem.  722. 

l)  corr.  aus  brodes. 


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—     192     — 

Emmius  bezeugt  in  seiner  Historia  rer.  Fris.,  Lib.  LV,  pag.  862 
das  Vorhandensein  des  von  Aportanus  selbst  geschriebenen 
Originals *)  der  beriihmten  Thesen,  aber  schon  zu  Meiners  Zeit 
war  unsere  Handschrift,  het  geschrevene  boek  van  den  Heer 
Burgermeester  Penneborg,  die  einzige  Quelle  dieser  fur  Ost- 
frieslands  Reformationsgeschichte  ausserst  wichtigen  Schrift. 
Die  Copie  unserer  Hs.  konnte  wohl  fur  Snelger  Beninga 
gemacht  sein,  sie  gehort  aber  wahrscheinlich  mit  den  folgen- 
den  Stiicken  zu  einer  Gruppe  zusammen,  ist  also  danach  bereits 
fiir  Eggerik  Beninga  abgeschrieben  worden,  obwohl  kein  ausseres 
Zeichen  darauf  hindeutet  und  die  Handschrift  die  Frage  nicht 
entscheidet. 

6)  Bl.  29a  —  35*  :  Ordenunge  vnnd  Articule  so  wy 
En  no  Graue  vnnd  Herr  tho  Oestfreeslandt  etc.  Jnn  vnnsen 
Landenn  Allenn  Predicanten  vnnd  Vnderdanenn  gebadenn  heb- 
benn,  ernnstlick  thoe  holdenn,  seer  nutlikenn  tho  leesenn.  — 
Anno  [1533  durchstrichen,  dafiir  eingesetzt]  1529.  Anf.:  Dem 
nach,  vnnd  de  wile  sick  vast  ein  lange  tyt  vnder  denn  Predi- 
cantenn  vnnd  anderenn  vnseren  Vnderdanenn,  JnnSakenn  des 
hilligenn  Godtlikenn  Woerdes,  twyspalt,  vneynicheyt,  raifsuor- 
stant,  vnnd  rnisbruck  begeuenn  etc.  Schluss  der  Vorrede:  Ge- 
geuen  Jnn  vnnse  Stadt  Embdenn,  vnder  vnsem  Pitzyr,  vnnd 
mit  egener  handt  vnderschreuenn,  Mandages  nha  Conceptionis 
Mariae  (=  12.  Dec.)  Anno  &c  XXIX  (=  1529).  —  Am  Rande  sind 
uberall  die  Stellen  der  HI.  Schrift,  auf  die  sich  die  Verordnung 
beruft,  angemerkt.  Einzelnes  im  Texte  unterstrichen  und  am 
Rande  hinzugefugt  hat  eine  andere  Hand.  Ferner  hat  Eggerik 
Beninga  einzelne  Ueberschriften  hinzugesetzt.  —  Das  ebenfalls 
sehr  wichtige  Stuck  ist  nach  unserer  Hs.  abgedruckt  bei 
Meiners  I,  S.  575—590,  vgl.  S.  93.  Emmius  giebt  in  seiner  Hist, 
rer.  Fris.,  Liber  LV,  pag.  850  ff.  einen  langeren  Auszug  daraus, 
den  Meiners  I,  S.  87  ff.  in  nld.  Uebersetzung  wiederholt.  An 
einer  anderen  Stelle,  Lib.  LIV,  pag.  849,  berichtet  Emmius,  diese 
von  den  zwei  durch  den  Grafen  ins  Land  gerufenen  Bremer 
Predicanten  aufgestellte  Ordenunge  sei  am   12.  Dec.  1529  von 


*)  So  fasst  wenigstens  Meiners  I,  114  die  Worte  des  Emmius  auf. 
Extat  etiam  nunc  summa  doctrinae  ejus  manu  scripta,  quam  anno  M.  D. 
XXVI  conceptam  adversariis  opposuit.  Dass  Emmius  damit  das  Original 
des  Aportanus  meine,  lasst  sich  aber  nicht  erweisen. 


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—    193    — 

Graf  Enno  durch  seine  Unterschrift  und  sein  Siegel  confirmiert 
worden,  aber  noch  nicht  gleich  bekannt  gegeben,  weil  der  Graf 
damals  gerade  dnrch  andere  wichtige  Geschafte  in  Anspruch  ge- 
nommen  worden  sei.  Erst  am  13.  Januar  1530  ist  die  Verordnung 
dann  den  zu  Einden  versammelten  Predigern  vom  Grafen  selbst 
vorgelegt  worden.  Die  Prediger  entwarfen  darauf  sofort  eine 
Gegenschrift,  die  dem  Grafen  bereits  am  folgenden  Tage,  den 
14.  Januar  1530,  tiberreicht  wurde;  sie  ist  von  Emmius  a.  a.  0. 
uberliefert  und  danach  bei  Meiners  I,  S.  94  ff.  und  in 
Harkenrohts  Ausgabe  des  Beninga  unter  dem  Texte  der  Seiten 
665 — 670  abgedruckt  worden.  Beninga  selbst  erwahnt  die 
Antwortschrift  der  Prediger  uberhaupt  nicht,  die  Verordnung 
Graf  Ennos  thut  er  S.  656  f.  mit  wenigen  Worten  ab. 

7)  Bl.  35 b  —  37 b  (von  derselben  regelm&ssigen,  kraftigen 
Hand  wie  6):  Wo  de  beiden  Grauen  tho  Oestfreeslandt  vmtrent 
.20.  Articulenn  up  de  ordinantie  so  vormaels  dorch  der 
Bremer  vnnd  Luinenborger  Predicanten  hebben  jn  alien  karcken 
der  Grauesscup  Oestfreeslandt  publiceren  laten,  als  volgett. 
Anno  1533  (sic!).  — Anf.:  Tom  ersten  willen  wy  dattet  Gotlicke 
wordt  van  allenn  Predicanten,  so  jn  vnsenn  landen  gedencken 
to  wanen,  reyn  vnnd  klaer  geprediget  werde  etc.  Egg.  Beninga 
hat  wiederum  mehrere  Ueberschriften  hinzugefiigt.  —  Schluss 
Bl.  37 b  :  wente  sodane  dingen  konnen  vnnd  willen  wy  jn 
unsem  Lande  nicht  lenger  dulden  vnnd  lyden.  Abgedruckt  bei 
Meiners  I,  S.  143—149  (und  in  nld.  Uebersetzung  S.  149—156), 
vgl.  S.  141  f.  156  ff.  „Meiners  hat  im  Anschluss  an  den  Emder 
Reformationsbericht  von  1594  S.  120  ff.  die  unter  7)  mitgeteilten 
Artikel  fur  die  vielbesprochene  aber  unauffindbare  „Ltineburgi- 
sche  Kirchenordnung"  selbst  ansehen  und  die  Existenz  der 
letzteren  uberhaupt  in  Abrede  nehmen  wollen,  was  iiber  die 
Angaben  von  Beninga  (Chron.  703  ff.  708)  und  Emmius  (Rer. 
fris.  Hist.  881  ff.)  hinausging.  Die  in  der  Penborgschen  Samm- 
lung  nicht  vorhandene  Kirchenordnung  ist  kiirzlich  wieder  ans 
Licht  gezogen  nach  einer  Handschrift  des  Auricher  Staats- 
archivs  und  verSffentlicht  durch  Sehling,  Deutsohe  Zeitschr. 
f.  Kirchenrecht  IV,  2  (1894),  S.  129  ff. :  Die  Ostfriesische  (sogen. 
Liineburgische)  Kirchenordnung  von  1535.  Der  von  Bertram 
(Erlaut.  u.  vertheid.  Ostfr.  Ref.  u.  Kirchengesch.  S.  50  ff.)  ge- 
ausserte  Zweifel  gegen  die  Aechtheit  oder  Vollstandigkeit  des 

Jahrbnc-Ji  d«r  Gesellsch.  f.  b.  K.  u.  vaterl.  Altertttmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  23 


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—     194    — 

in  20  Artikel  zerlegten  Mandats  N.  7  (vergl.  dagg.  Meiners, 
Bevest.  S.  87  ff.)  ist  wenig  zutreffend.  Die  beiden  Stucke  7 
u.  8  und  die  von  Sehling  veroffentlichte  Kirchenordnung  be- 
statigen  und  beglaubigen  sich  gegenseitig  sprachlich  und  in- 
haltlich  als  zusammengehorig  und  acht.  Es  ist  mit  Wahr- 
scheinlichkeit  zu  vermuten,  dass  die  beiden  der  Penborgschen 
Sammlung  angehorenden  Stucke  schon  von  Eggerik  Beninga 
selbst,  nicht  erst  von  seinem  Sohne  aufgehoben  sind."  (Bt.) 

8)  Bl.  38 a  —  45a(dieselbe  Hand):  Volget  wes  de  Luinen- 
borger  Predicanten  belangende  des  Superattendenten,  vnnd 
der  Predicanten,  wo  de  schoelen  geschickt  vnnd  wat  eer  Arapt 
sy,  oeck  wat  eer  vnnderholt  vnnd  befsoldinge  synn  schall  etc. 
Anf. :  Vann  denn  Superattendentenn.  —  Schluss  Bl.  45  *  (im  Ab- 
satze:  Dusse  nhauolgende  Festen  vyret  men  Jnn  vnsenn  kar- 
ckenn):  dat  dat  Volck  Gades  woert  hoere  vnnd  leere.  — 
Bl.  45 b  leer.  —  Abgedruckt  bei  Meiners  I,  S.  591-608,  vgl. 
auch  S.  141  ff.,  desgl.  Meiners,  Bevestiging  en  verdediging  van 
Oostvrieslands  gereform.  Hervorming,  S.  72  ff.  Das  Stuck  ist 
ein  weiterer  Nachtrag  zu  der  vielbesprochenen  Ltineburger 
Kirchenordnung,  vgl.  die  oben  zu  Stuck  7  gegebenen  Nach- 
weise  Bartels. 

9)  Bl.  46 a  —  49 a  (von  anderer  Hand,  nur  die  Ueberschrift 
von  Egg.  Beningas  Hand) :  Anno  1549  den  16den  Julij.  Anfang: 
Erstlichen  Sollenn  alle  vnnd  Jcklicke  vnsere  Predicantenn  der 
Kay.  Mt.  Ordnungh,  des  Jnterims  halbenn  sich  dermathenn 
schickenn  vnd  holden,  wie  sie  dat  Christlich  vor  Godt  dem 
Heren  vnnd  dem  minschen  wetenn  tho  vorandtwortenn  etc. 
Zu  der  Ordnung  des  Gottesdienstes  BL  47 b  —  48 a  hat  Beninga 
wiederum  verschiedene  Erlauterungen  hinzugefugt.  —  Schluss 
Bl.  49 a  (im  Absatze :  Flesch  Edtenn) :  Olde  swache  luede,  Kynder 
himit  nicht  vorbunden  sein.  —  Bl.  49 b  leer.  —  Nach  unserer 
Hs.  ist  diese  Verordnung  iiber  das  Interim  in  Ostfriesland  ab- 
gedruckt von  Meiners  I,  S.  303—308,  in  hochdeutscher  Ueber- 
tragung  noch  einmal  von  Reershemius,  Prediger  -  Denkmahl 
(1796),  S.  9—14.  Beninga  selbst  erwahnt  es  kurz  S.  808;  vgl. 
auch  Wiarda  III,  41  ff. 

10)  Bl.  50a~ b:  Eigenhandiger  Brief  Eggerik  Beningas 
an  Reynerus  Melchyor  pastor  to  Jarsum  vom  30.  Dec.  1543. 
Beninga  dankt  M.  fur  die  Ausarbeitung  und  Uebersendung  einer 


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—    195    — 

Polizeiordnung  fur  Ostfriesland,  doch  beanstandet  er  einige 
Artikel  und  tibersendet  deshalb  dem  M.  die  folgende  l&ngere 
Disputation  iiber  die  ostfriesischen  Zustande,  die  er  angeb- 
lich  aus  dem  Munde  zweier  Manner,  eines  Egenarveden  und 
eines  Hiirmans,  gehort  haben  will.  Es  ist  das  in  unserer  Hs. 
im  Original  folgende  Stuck. 

11)  Bl.  51 a  —  61 a  (Egg.  Beningas  Hand):  Die  Disputation 
beginnt  ohne  Ueberschrift :  De  wyle  de  Hurman  thorn  Ersten 
clagewys  vorgaff,  woe  de  Lantheren  vnd  Egenarueden  allent- 
haluen  ere  Hurlude  de  lande  to  hoch  vorhurden  etc.  Schluss 
Bl.  61 a :  dat  he  vns  dorch  synen  Enigen  gebaren  soen  vnsen 
heren  vnd  heylandt  Jesu  Christi  tho  enen  saligen  Ende  wjl 
gonnen  amen.  —  Auf  Bl.  61 b  hat  Beninga  ein  nd.  Spruchgedicht 
von  26  Zeilen  eingetragen,  das  in  den  ersten  6  Zeilen  einen 
Jamais  sehr  gangigen l)  Spruch  (Hadde  wy  to  Christo  alle  enen 
gelouen  etc.)  zu  Grunde  legt,  im  Uebrigen  aber  von  Beninga 
selbst  erweitert  worden  ist. 

Bl.  62  ganz  leer.  —  Der  Brief  Beningas  in  Nr.  10  und 
die  sich  anschliessende  Abhandlung  sind  von  Tiaden  in  seinem 
Gelehrten  Ostfriesland,  Bd.  1  (Aurich  1785),  S.  98—121  ziemlich 
genau  abgedruckt  worden;  Tiaden  hat  offenbar  unsere  Hs.  zu 
Grunde  gelegt,  obwohl  er  es  nicht  ausdrucklich  angiebt.  Die 
auf  die  ostfriesischen  Trachten  sich  beziehenden  Stucke  von 
Beningas  Abhandlung  sind  nach  Tiaden  noch  einmal  abgedruckt 
in  diesem  Jahrbuch  X  2,  1893,  S.  25;  der  Anfang  des  Briefes 
in  nld.  Uebertragung  auch  bei  Meiners,  Kerk.  Gesch.  I,  S.  290. 
Vgl.  auch  Reershemius,  Prediger  -  Denkmahl  (1796),  S.  645. 
Eine  genaue  Collation  der  beiden  Stucke  mit  Tiadens  Abdruck 
folgt  unten  als  Beilage  III. 

12)  Bl.  63a  =  moderne  (Penborgs)  Abschrift  von  Bl.  64 a: 
Beningas  Copie  eines  Briefes  des  Grafen  Johan  v.  Ost- 
friesland an   Beninga,   Briissel   1.   April   1542.      Der  Graf 

f)  Tiaden  a.  a.  0.  weist  ihn  bereits  aus  einer  SyhlmSnker  Hs.  des 
08tfrie8.  Landrechts  von  1559  nach,  die  jetzt  in  der  Landschaftl.  Bibl.  zu 
Aurich  ist,  vgl.  Niederd.  Jahrbuch  8  (1882),  S.  97.  Vgl.  ferner  eine  Gro- 
ninger  Hs.  aus  dem  Ende  des  16.  Jh.,  Univ.-Bibl.  No.  256,  Bl.  255  ^  (Brug- 
mans  Catalogus,  p.  128),  Niederdeutsches  Reimbuchlein,  herausg.  von 
Seelmann,  S.  4  V.  28—33,  und  die  von  mir  in  meinem  zweiten  Reise- 
berichte  (Nachrichten  d.  Kgl.  Ges.  d.  Wiss.  zu  Gottingen,  phil.-hist.  CI. 
1900.  Beiheft)  S.  56  f.  aufgezahlten  Handschriften  und  Drucke. 

13* 


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-    196    — 

(Mitvormund  ttber  die  graflichen  Kinder,  vgl.  Tiaden  I,  96) 
kiindigt  seine  baldige  Riickkehr  nach  Ostfriesland  an.  Er  nennt 
sich  Johan  graue  tho  Ostfreeslant  Ac.  Her  tho  Darbw  Romesche 
Keyserlike  Mayestat  statholder  to  lymborch  valkenborch  daelen 
vnnd  de  lande  ouer  de  Maese.  Nach  Beningas  Chronik  S.  732  war 
der  Graf  gegen  Mittfasten  1542  zum  Statthalter  der  genannten 
Lande  ernannt  worden.  Erst  kurz  vorher  war  er  nach  Briissel 
an  den  Hof  der  Konigin  Marie  gereist,  kam  aber  wirklich  be- 
reits  bald  nach  dem  Briefe  an  Beninga  auf  ktirzere  Zeit  nach 
Ostfriesland  zuriick.  —  Meiners  I,  S.  290  bezieht  diesen  Brief 
irrtiimlich  auf  die  folgenden  Stiicke;  der  Brief  enthalt  nichts 
von  einer  Polizeiordnung.  Vgl.  den  Abdruck  des  Briefes  unten 
als  Beilage  II. 

13)  Bl.  65 ft  —  79 a:  (Egg.  Beningas  Hand,  nach  d.  Inhalts- 
verz.  von  ihm  selbst  concipiert):  Der  rede  goede  Menunge 
up  graue  Johans  Articulen  belant  (von  B.  selbst  mit 
anderer  Tinte  in  belangent  verb.)  goede  politie  Annoetc.44. 
Jtem  thom  Ersten  myt  den  rechten  Scholen  de  Amptlude  erste, 
vnnd  de  landrichter  darnae  yn  den  Saeken  de  one  vorkamen, 
Nae  Edes  plicht,  alien  flyt  vorwenden,  dat  de  parten  van  den 
anderen  gehulpen  werden  etc.  Bl.  69 b  u.  74 a  ist  ein  schmaler 
Streifen  mit  einem  Zusatze  angeklebt,  andere  Zusatze  ofter 
am  Rande  nachgetragen.  —  Schluss  Bl.  79*  (im  Artikel :  Van  de 
ffromde  bedelers) :  vnnd  darhen  wyse  dar  se  waenachtich  vnnd 
gebaren  synnen.  —  Dyt  alles  up  Corexie  myner  g.  ff.  vnd  de 
rede  samptlich.  Bl.  79 b :  wat  der  vorordenten  vnnd  geswaren 
Rede  goede  menunge,  up  dusse  voruatede  Articulen  der  ordi- 
nantien,  Soe  den  reden  van  vnsen  gnedigen  Heren  grauen 
Johan  up  gelecht,  de  van  dusse  noch  torn  anderen  mael  dorch 
se  myt  vornuftigen  vorstande  synen  doer  gesehen,  vnnd  wes 
se  dar  yn  vor  andert  vnd  vormeret  wart  men  hyr  nae  mit  eer 
Egene  Hant  gescreuen  (vortekent;  fynden.  Es  folgen  nun  als 
Anlagen  die  eigenhandigen  Bedenken  der  einzelnen  Rate: 

13 ft)  Bl.  80 a  —  81ftmit  der  Unterschrift :  Dyt  ys  vnse  be- 
denckent  na  vnfer  geringe  vorstande  vp  Correctie  vnfer  g  ff 
ende  der  Reden.  —  Hommerus   beningha  abt  tho  Tedinge. 

13 b)  Bl.  82a  —  83a:  Hicko  van  doernum. 

13 c)  Bl.  84 a  —  86 b :  Volget  myn  geringe  bedenckent  vp 
de  ordinancie  my  van  myner  g  ff  togescict  etc.    Am  Schlusse: 


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—     197     — 

Dit  ifs  myn  bedenckent  na  mynen  geringen  verstande  vp 
correctie  myner  gnedigen  fro  wen  vnd  der  rede.  —  Hero  van 
olderzhen  etc.  —  Bl.  87  leer. 

13d)  Bl.  88a  —  89a :  Henrick  grawertz.  Dieses  Sttick 
hatkeine  der  Subscriptionen,  wie  sie  a)— c)  aufweisen,  sondern 
redet  Beninga  selbst  an:  Erentueste  gunstige  leue  Juncker. 
Inhaltlich  deckt  es  sich  aber  mit  den  vorigen  Stticken. 
-  Bl.  89 b  —  90 a  leer. 

Stuck  13  gehSrt  mit   10)  u.  11)  zu  den  Vorarbeiten   der 

Polizeiordnung  der  Grafin  Anna,  des  Stttcks  14  unserer  Hand- 

schrift.     Wir  ersehen  daraus,  wie  eng  Beningas  Th&tigkeit  mit 

der  Entstehung  dieser  wichtigen  Verordnung  verkntipft  ist.    In 

Stuck  13  haben  wir,  soweit   ich   die  Angaben  der  Handschrift 

verstehe,  nicht  die  von  Graf  Johann  proponierten  Artikel  einer 

Polizeiordnung  selbst,  sondern  bereits  ihre  ersteUeberarbeitung 

durch  die  Grafin  Anna  und  ihre  gesamten  Rate  vor  uns.     Das 

besagt,  meine  ich,  die  Subscriptio  Bl.  79  *  :  Dyt  alles  up  Corexie 

myner  g(nedigen)  ff(rowen)  vnd  de  rede  samptlich,  verglichen 

mit  der  Ueberschrift  des  Ganzen  Bl.  79 a.    An  dieser  Redaction 

wird  Beninga  die  Hauptarbeit  gethan  haben,  das  scheint  ja  auch 

Penborg  vorn  im  Inhaltsverzeichnisse  des  Bandes  anzudeuten, 

wenn    er    Stiick  13    „von  Beninga    selbst    concipierta   nennt. 

Dagegen    stellen    die    angeh&ngten    Bedenken    der    einzelnen 

Rate    Bl.  79 b  ff.    eine   weitere    zweite    Ueberarbeitung    der 

Artikel    Graf  Johanns  dar,   wie   Bl.  79 b  (thorn  anderen    mael 

doer    gesehen)    ausdnicklich    sagt.     Dass   von    Beninga   kein 

solches  zweites  Bedenken  vorliegt,  scheint  mir  ein  weiterer  Be- 

weis  dafiir  zu  sein,  dass  Beninga  eben  alles  was  er  zu  sagen 

hatte  bereits  in  der   ersten  Redaction  niedergelegt  hatte,   wo 

er  der  Hauptredactor  war.  —  Im  Uebrigen  verlangen  alle  diese 

Fragen,    die  sich  an  die  Vorgeschichte  der  Polizeiordnung  der 

Grafin   Anna  kniipfen,  nach  Auffindung  des  neuen  Materials 

unserer  Handschrift  aufs  Dringendste  eine  Aufarbeitung  durch 

einen  Specialforscher  des  ftlteren  ostfriesischen  Rechtes. 

14)  Bl.  90  b  — 109 a  (Egg.  Beningas  Hand):  Ohne  Ueberschrift. 
Nach  dem  Alle  ouericheyt  tho  bescharmen  de  framen  vnnd  tho 
straffen  de  oueldederen  van  godt  almechtich  geordineert  syn- 
nen  etc.  Die  Polizeiordnung  der  Grafin  Anna,  Datum 
wt  vnser  stadt  Emden  den  XVden  ffebruarij  Anno  XVCL1V  (vgl. 


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-     198    — 

Bl.  90bunten).  Es  ist  das  Concept  Beningas,  mit  vielen 
Verbesserungen  darin.  —  Schluss  Bl.  109*  (im  Artikel:  Van  de 
foerlude  de  my t  perde  vnd  wagen  de  lude  foren) :  vnd  des  dages 
scholen  se  nemen  twe  schap  vor  enen  wagen  to  voren,  vnnd 
nicht  mer.  by  pena  X  ryder  gulden.  —  Bl.  109 b  —  112 b  leer.— 
Diese  Polizeiordnung  hat  Beninga  vollstandig  in  seine  Chronik 
aufgenommen,  vgl.  S.  745 — 783,  der  Schluss  unserer  Hs.  findet 
sich  dort  schon  S.  780  Mitte.  Ein  anderer  Text  der  Polizei- 
ordnung ist  bei  Brenneysen,  Ostfries.  Historie  u.  Landes-Ver- 
fassung  II,  183  ff.  abgedruckt.  Eine  alte  Handschrift  davon 
hat  Tiaden  besessen,  vgl.  sein  Gelehrtes  Ostfriesland  I,  S.  132 
in  Anm.  56;  wohin  sie  geraten  ist,  vermag  ich  nicht  an- 
zugeben.  Die  Jahreszahl  1542,  die  Tiaden  aus  der  Subcriptio 
dieser  Handschrift  anfuhrt,  wird  kaum  ihre  Richtigkeit  haben. 

15)  Bl.  113*  —  143  b  (bis  auf  126  »  —  130 b  u.  136*  -  143 b 
alles  von  Egg.  Beningas  Hand):  Franz oischen  Handel  myt 
den  Curfursten  tegen  Carolo  5  romescher  keyser,  war  dorch  de 
Corfurste  Hartoch  Hans  vnnd  de  lantgraue  ere  gefenckenisse 
Entlediget.  Bl.  113  enthalt  nur  diesen  Titel.  Die  folgenden 
historischen  Collectaneen  Eggerik  Beningas  beziehen  sich,  mit 
ganz  vereinzelten  Ausnahmen,  auf  die  Jahre  1550 — 1553;  am 
Schluss  ist  der  Friedenstractat  von  Chateau  Cambresis  1559 
angeh&ngt.  Man  sieht,  mit  wie  lebhaftem  Interesse  Beninga 
auch  die  Reichspolitik  verfolgte.  Eine  genauere  Durcharbeitung 
dieses  Teils  unserer  Handschrift  muss  einem  Historiker  liber- 
lassen  bleiben. 

a)  Bl.  114a  —  118*  :  Sends(ch)ryft  der  Konyncklichen 
Mayestaet  zu  Franckrich  Ac.  An  de  Cur  vnnd  Fursten  stende 
vnnd  stede  des  hylligen  romeschen  riches  dudescher  Nation, 
dar  yn  se  sick  erer  Jtzigen  kriges  rustunge  haluen  upt  korteste 
ercleret.  -  Hynricus  Secundus  Francorum  Rex  Vindex  Libertatis 
Garmaniae  Et  Principum  Captiuorum  Anno  1552.  —  Van  gotz 
gnaden  wy  Henrich  de  anderde  Coninck  tho  Franckrich  Entbeden 
Jw  den  Hoechwerdigesten  Erenwerdigesten  vnnd  Hoechgebaren 
Cur  vnnd  Fursten,  ock  prelaten  etc.  etc.  —  Schluss  Bl.  118*: 
vnnd  vns  Euweren  gemoete  dorch  ene  wederwmme  vorstendigen. 
Der  Almechtige  got  wyl  Jw  alien,  vnd  dat  Jwe,  yn  gotlichem 
wesende  wolfertich  beholden,  gegeuen  yn  vnser  konincklichen 
Huse  Fonteneplo  ym  derden  februarij  nach  Christe  geborte  1552. 


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—     199     — 

—  Am  Anfang  (Bl.  114 a)  hat  v.  Wicht  notiert:  Vid.  Hortleder, 
Vom  deutschen  Kriege  Tom:  II,  pag.  1009. 

b)  Bl.  118b :  Nye  Tydinge  van  dusse  to  kumstige  Sware 
krige.  —  De  turck  heft  ytzunder  twemael  hundert  dusent  man 

to  velde.    De  Hauemester  van  prutzen 3000  perde, 

ym  Corfursten  lande  yn  alien  steden  vnnd  dorperen  licht  yd 
vul  knechte  etc.  Schluss:  De  graue  van  Solmes  ys  to  Cassel 
gefangen. 

c)  Bl.  119a— b:  velt  heren  A0  Ac.  41,  nur  Aufzahlung  der 
Namen. 

d)  Bl.  120 a :  De  ritmesteren  dusses  ytzigen  kriges  yn 
dudescher  nation  ouer  de  ruteren  synt  dusse  nauolgende  etc. 
Aufzahlung  der  Namen  und  der  Anzahl  von  Pferden,  die  ein 
jeder  unter  sich  hat.  —  Bl.  120 b  leer. 

e)  Bl.  121 a  —  124 b :  Wt  scriuinge  ytlicher  Corfursten 
Farsten  vnnd  stende  des  hilligen  Romeschen  rykes,  dar  yn  an- 
gezeiget  synt  de  orsaeken,  der  wegen  se  vnnd  andere  Christelike 
koninge,  potentaten,  fursten,  stede  vnd  stende  to  tegen  wor- 
digen  velt  toch  vnnd  kriges  rustunge  gedrungen  werden  etc- 
A0. 1552.  Van  gotz  genaden  wy  Mauritz  Hartoch  to  Sassen  des 
hilligen  romeschen  rikes  Ertzmaerschaick  vnnd  Corfurste  etc. 
—  Schluss  Bl.  124 b  Mitte :  wo  wol  wy  vor  got  betugen  dat  wy 
der  armen  vnschuldygen  vnderdanen  haluen  eren  schaden  vele 
leuer  vorhoet  vnnd  vor  tokamen  segen  etc.  —  Hortleder,  Vom 
deutschen  Kriege  T.  II,  p.  1013  (v.  Wicht). 

f)  Bl.  124 b  Mitte  —  125 a:  Nye  tydunge  de  nu  den 
20"ten  May  wt  dat  velt  leger  vor  der  Clus  gescreuen  A0  52. 
Wy  geuen  Jw  to  erkennen  dat  wy  gusteren  vnnd  er  gusteren 
twalf  venlen  wol  bedecket  myt  knechten  yn  eren  groten  vordel 
hebben  an  gegrepen  etc.  —  Schluss:  vnnd  ys  yn  de  lenge  van 
des  Coruorsten  erlosunge  alle  erdychtet  dynck  gewest.  —  Bl. 
125 b  leer. 

g)  Bl.  126  a  —  127 b  (andere  Hand,  Canzleischrift) :  Der  von 
Magdeborch  Reutter  vnd  Knechte  seind  den  18  Decembris  Jm 
viftichstenn  jaer  jnn  der  nacht  durch  beide  legger  Buckhow 
vnd  Destroff  gezogenn  etc.  Nachrichten  vom  Kriege  um 
Magdeburg  1550.  —  Schluss:  Vnd  volget  nach  vil  meh 
Victorie,  welcker  Jck  korter  Zeit  J.  L.  will  schriuen.    Vale. 

h)  Bl.  128a— 129R  (wieder    andere    Hand):   Buntnusse 


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—    200     — 

vnd  vortrag  so  zwuschen  dem  khunig  v.  Franckreich 
vnd  Marggraff  Albrecht  v.  Numberg  Ac.  Zu  Baden  in 
Schweitzerlandt  neulich  eingangen  vnd  vpgericht  worden  ist. 
Erstlich  hat  sich  Marggraf  Albrecht  vorplicht  dem  Frantzosen 
die  dage  seines  leuendes  treuhertziglich  tho  dienen  etc.  — 
Schluss:  neffen  Wilhelm  Van  Grumbachen  vnd  einem  v. 
Streitbach  tho  Gisel  gesatzt.  Vnd  ist  also  der  Vertrag  ge- 
schlossen.  —  Bl.  129 b  leer. 

i)  Bl.  130  ist  ein  schmaler  Zettel  von  19  cm  Breite  und 
8,5  cm  Hohe,  der  sich  in  diese  seinem  Inhalte  vollig  fremde 
Sammlung  historischer  Documente  verirrt  hat.  Er  enthalt  eine 
Bescheinigung  des  Reinck  Reners  zu  Greetsiel  vom 
10.  Mai  1597  ftirEggerikBeninga,  den  gleichnamigen  Enkel 
des  Geschichtsschreibers :  Dei  wile  ffocke  Tien  vnd  Loke  otten 
als  Borgen  vor  Johan  hanfsen  vormoge  vordrach  an  den  Edlen 
vnd  Erentfesten  Juncker  Eggerich  Beninga  p.  de  vperlechte  beta- 
lunge  nicht  gedan,  ifs  genanten  Juncker  gestadet  so  fele  pennige 
als  vorschenen  vp  gedachter  borgen  schade  van  andere  Luden 
vpthonemen.  sollen  dei  Borgen  schuldig  sein  vnd  geholden 
werden  Alle  schaden  interefse  oder  Monadtgeldt  dahr  von  tho 
entrichten.    Greidtziill  10  May  f  h  97.  —  Reinck  Reners. 

k)  Bl.  131*  (von  hier  ab  wieder  Beningas  Hand):  Nye  Ty- 
dunge  So  nu  kortlich  van  Coll  en  gekamen  synnen  dorch 
Doctor  Jacup1)  A0. 1552.  To  den  Ersten  gyft  he  vor  dat  de 
marckgraue  synen  wyllen  van  der  stat  Nurenborch  erlanget, 
hebben  sick  myt  groter  Egendoem  vnnd  denstbaerheyt  vor- 
plichtet  etc.  —  Schluss:  vnd  noch  eyn  hus  ynt  lant  van  luck 
dat  eyn  pape  voraden  hadde  yn  genamen. 

1)  Bl.  131b— 132a:  In  volgenden  Artikulen  Soe  de 
fursten  vnnd  buntzuorwanten  den  keyser  vnnd  den  romeschen 
koninck  to  passauw  hebben  vor  geuen  laten  Anno  1552  yn 
Junij.  —  To  den  Ersten  hebben  se  laten  vorgeuen  dat  se  de 
religion  nae  der  Ausborgeschen  Confession  wulden  geholden 
hebben  etc.  Im  Ganzen  werden  11  Punkte  aufgez&hlt.  —  Schluss: 
Tom  Elften  yn  geliken  valle  wes  ock  de  koninck  van  Frankryken 
vorhen  vnnd  ock  nu  yn  dussen  krich   wes   van  den  ryke  af- 


*)  Der  hier  genannte  Dr.  Jacup  ist  vielleicht  ein  Dr.  Jacobus 
Cornitius,  der  nach  dem  Rechnungsbuche  der  Grafin  Anna  Bl.  178 a  tt.  S. 
183  b  1660  und  1651  im  Dienste  des  Hofes  stand.    R. 


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—     201     — 

getagen  vnnd  gewunnen  ock  weder  vmme  to  dem  ryke  kamen 
laten  wyll.  —  Angeschlossen  sind  Bl.  132 a  :  De  Namen  der 
fursten  Soe  yn  Egener  persone  up  den  geholden  dach  to  passau 
gewest  synnen,  dann:  Dusse  nae  gerorten  fursten  hebben  ore 
vulmacht  up  den  geholden  dach  to  passau  gehat.  Am  Schlusse : 
Anno  1552  den  20 8t-  Julij. 

m)  Bl.  132 b— 133 b:  Ohne  Ueberschrift.  Wm  trent 
Assumpsionis  Maria  Js  graue'Christoffers1)  dener, 
stich  genant,  van  synen  heren  den  3  augusti  van  worms 
gekamen  heft  vor  nye  bracht  dat  syn  here  vnd  de  marc- 
graue  dat  gantze  sticht  mentz  vnnder  den  koninck  van 
vranckrike  vnnd  den  fursten  gebracht  etc.  —  Mitte  der  Seite: 
Dar  nae  ysgert  van  Essen  wt  den  legeren  gekamen,  gyft 
vor  wo  dat  hartocb  mauritz  myt  vnwyllen  van  den  fursten 
vor  franckfort  wer  up  gebraken  etc.  —  Schluss  Bl.  133 b : 
vnnd  to  sehen  dar  he  geseten  hadde.  Dyt  ys  gescheen  ynt 
leste  van  augusti. 

n)  Bl.  134 a:  Anno  1553  den  Negenden  Julij.  —  Des  Son- 
dages  wm  trent  ver  wre  up  den  Namiddach  js  ene  slacht  wm 
trent  Hannouer  up  Siuershuser  velt  dorch  Hartoch  Mauritz 
vnnd  Hartoch  Hynrick  van  brunswick  myt  ander  fursten  vnd 
grauen  de  hyr  nae  genompt  werden  etc.  Schluss:  dar  to 
sechtmen  wm  trent  v  dusend  gulden  de  se  by  den  tros  dat 
den  marckgrauen  to  horde  erlanget.  —  Bl.  134 b  u.  Bl.  135  leer, 
o)  Bl.  136 a  —  142  a  (andere  Hand,  Canzleischrift,  die  sich 
aber  bereits  Bl.  136 b  unten  in  einfache  Currentschrift  ver- 
wandelt;  dem  Schreiber  war  das  Hochdeutsche  ganz  unge- 
l&ufig):  Substantia  vertzeichnufs  der  punctenn  des 
abgeretten  vertrags  (Hs.  verirggs)  zwischen  dem  kunig  zuHis- 
panien,  vnde  dem  kuning  vann  Franckrich  den  3  Aprilis  (1559) 
zu  Chasteau  Cambresij  beschlossenn.  Anf.:  Eherstlich  solle 
alle  hieuoriige  Vertrage  weider  bestettigt  vnde  Confirmeirdt 
werdenn;  etc.    29  Punkte  werden  aufgezahlt,  dann  folgen  noch 


')  Graf  Christof  v.  Oldenburg  war  der  Bruder  der  Grafin  Anna 
und  ihr  treuer  Berater.  Ueber  seine  Beteiligung  an  den  hier  behandelten 
Ereignissen  vgl.  H.  Oncken,  Graf  Christof  v.  Oldenburg  im  Furstenkriege 
1552  (Jahrbuch  des  Oldenburg.  Vereins  XVI,  1897),  H.  Oncken,  Ein  ver- 
meintl.  Revolutionsprogramm,  Sybels  Zeitschrift  N.  F.  XLIX  (1900), 
S.  455  ff.     R. 


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—     202     - 

einige  langere  Absatze.  —  Schluss  Bl.  142 a :  Vnnd  solle  de 
widerstellunge  jnnerhalb  zwein  Monaten  nach  Dato  des  Ver- 
trags  erfolgen.  —  Bl.  142  b  —  143 b  leer. 

16)  Bl.  144*— 148 b  (andere  Hand):  Copie  der  Verhand- 
lungen  im  Rechtsstreite  zwischen  Hans  van  Lingen 
und  Otto  van  Depholt  einerseits  und  Dr.  Haio  Hompen 
andererseits,  wegen  des  Nachlasses  des  Burgermeisters  Humpe 
Hayen  (f  1511)  und  seiner  Frau  Fosse  (f  1527).  Am  Schlusse 
die  Beglaubigung  der.  Abschrift  durch  H.  Probus  Ultrajectinus, 
wahrscheinlich  haben  wir  aber  eine  Copia  copiae  vor  uns. 
Die  Sache  selbst  spielte  im  Jahre  1527,  ein  Urteil  des  Land- 
richters  ist  bereits  ergangen,  unsere  Acten  enthalten  das  be- 
gnindete  Urteil  der  gedeputerden  Commissarien,  die  als  Appel- 
lationsinstanz  das  Urteil  des  Landrichters  umstossen.  Ein 
genauer  Abdruck  der  Schrift  folgt  unten  als  Beilage  VIL 
[Otto  van  Depholt,  aus  einem  Bastardzweige  der  Grafen 
von  Diepholz  (Sicke  Benninge  in  Brouer  v.  Nideks  AnaJecta 
S.  243),  angeblich  Sohn  des  Utrechter  Bischofs  Rudolf  v. 
Diepholz, l)  ist  Edzards  I  bekannter  Feldoberst  aus  der  sach- 
sischen  Fehde;  1536  soil  er  Statthalter  Karls  V  in  Amersfoort 
gewesen  sein  und  einige  F&hnlein  Reiter  kommandiert  haben; 
sein  und  seiner  Gemahlin  Grabstein  liegt  noch  im  Chore  der 
Gasthauskirche  zu  Emden  auf  der  ehemaligen  Statte  der  Hompen- 
schen  Familiengraber.  —  Sein  Schwager  Dr.  Haio  Hompen 
ist  wahrscheinlich  der  in  Erasmus  Briefen  von  1518  bis 
1532  vielgenannte  Haio  Hermannus  Phrysius,  der  als  Schwieger- 
sohn  des   in  Amsterdam  ansassigen    friesischen   Humanisten- 

*)  Es  gab  aber  auch  andere  Mitglieder  des  Diepholzer  Grafenhauses 
im  Stifte  Utrecht,  vgl.  Nieberding,  Gesch.  des  ehem.  Niederst.  Munster  I, 
307.  Johannes  v.  Diepholt,  S.  des  Grafen  Otto  v.  Diepholz  und  der  Heil- 
wig  v.  Bronkhorst,  Grossneffe  des  Bischofs  Rudolf  v.  D.,  erscheint  1474 
bis  1497  als  canonicus  und  scholasticus  s.  Lebuini  zu  Deventer;  als 
artium  magister  &  utriusque  iuris  doctor,  Aldensalensis,  Amerafordensis 
ac  Davantriensis  ecclesiarum  canonicus  ac  eiusdem  eccl.  Davantriensis 
scolasticus  war  er  1474—76  „  utriusque  universitatis  dominorum  iuristarum 
studii  rector"  in  Bologna  und  liess  als  solcher  1476  sein  Wappen  in  die 
Matrikel  malen  (Knod,  Biogr.  Jndex  z.  d.  Acta  nationis  Germanicae  uni?. 
Bononiensis  Nr.  634).  Bischof  Rudolf  v.  Diepholz  starb  hochbetagt  schon 
1455.  Dfirfte  daher  zwischen  Rudolf  und  Johannes  v.  D.  gewahlt  werden, 
so  wiirde  die  Zeit  eher  dafur  sprechen,  dass  unser  Otto  v.  D.  Sohn  des 
Scholastikers  von  Deventer,  dessen  Vater  ja  auch  Otto  hiess,  ware.   R. 


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—     203     - 

freundes    Pompeius    (Poppe)    Occo    und    als    Verwandter 
Rudolf  Agricolas  dem  Erasmus   fur  seine  grosse  Seneca- 
Ausgabe     (Basel    1529)     die     Benutzung    von     R.    Agricolas 
handschriftlichem    Nachlasse    ermdglichte.      Pompeius    Occo, 
in   dessen    Hause   1521    der    Danenkonig    Christian   II    Gast- 
freundschaft    fand,    war    Neffe    des    beruhmten    aus    Fries- 
land     stammenden     Augsburger     Arztes    Adolphus    Occo, 
mit    dem     R.    Agricola,     sein     Jugendfreund,     eine     gemein- 
same    Bibliothek    besessen    hatte    (Tiaden,    D.  gel.  Ostfr.  I  1, 
sieht  in  Adolphus   Occo  —  wohl  irrtumlich  —  einen  Allena 
aus   Osterhusen    bei    Emden).      Zugleich    war    Haio    Hompen 
durch   seinen  Schwager,   den  obengenannten  Hans  v.  Lingen, 
auch  mit  R.  Agricolas  Bruder,  dem  ostfriesischen  Landrichter 
(bis  1507)  Johannes  Huesmann,   dessen  Gattin   Gertrud  Hans 
v.  Lingens  Vaterschwester  war,   verwandt.     Dr.  Haio  wurde, 
wie  es  scheint  auf  Verwendung  seines  Gonners  Erasmus  bei  dem 
brabantischen  Kanzler  Joh.  Carondilet,  Erzbischof  von  Palermo, 
und  Erard  v.  d.  Mark,  Bischof  v.  Luttich,  nach  Studien  in  Koln, 
LSwen,  Paris  und  in  Italien,  um   1528   Rat   Karls  V  in  Leeu- 
warden,  1532  raet  extraordinaris  in  Utrecht  (das  Diplom  seiner 
Ernennung  zu  der  letzten  Stellung  ist  unter  den  Midlumer  und 
Grimersumer  Papieren  an  unsere  Gesellschaft  gelangt).     Sein 
Schwager  Sibrand  Occo  wurde  spater  Biirgermeister  in  Amster- 
dam.    Gestorben  muss  H.  H.   schon  zwischen  1530  und  1540 
sein.    Unter  dem  entstellten  Namen  „Ugo  (fur  Hayo?)  Hermannus, 
Caesaris  apud  Leowardienses  a  consiliis,    cuius  nomen  apud 
viros  doctos  celebre  esta  tritt  er  vermutlich  auf  in  der  jiingst 
im  vatikanischen  Archive  entdeckten  geographisch-historischen 
Beschreibung  Ostfrieslands  von  Henricus  Ubbius  (aus  d.  J.  1530), 
deren  Kenntnis  und  Abschrift  wir  Herrn  Dr.  Klinkenborg  ver- 
danken.  —  Der   Streitfall   ist   fur   Emden   auch   insofern   von 
Interesse,  als  Biirgermeister  Hompe  Hayens  Gattin  Fosse  als 
Tochter  des  Remet  Reersna  (Hauptlings  von  Gross-Midlum 
und  Domini  arcis  Clunderborg  in  Emden,   Jahrbuch  IX  2  1891 
S.  91)  neben  2  frtihverstorbenen  Briidern  Miterbin  der  Klunder- 
burg   war,   als    deren  Besitzer  ihr  Halbbruder  Folef  von   Inn- 
und  Knyphausen  (f  1531)   gerade  im  Jahre  ihres  Todes,   1527, 
zum  ersten  Male  erscheint  (Ffirbringer,  Die  Stadt  Emden,  S.  83). 
Dass  1527  nicht  bloss  unter  den  Kindern   der  Fossa,  sondern 


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—     204     — 

wegen  der  Kl  under  burg  auch  zwischen  ihr,  ihrem  Stiefbruder 
Folefv.Knyphausen  und  einer  unbekannten  Gegenpartei  eineend- 
gtiltige  Auseinandersetzung  stattfand,  zeigt  der  von  Furbringer 
unvollstandig  wiedergegebene  Auszug  aus  dem  freilich  noch  bei 
Fossas  Lebzeiten  ergangenen  „Endurteilu  Edzards  I  v.  J.  1527 
(Abschr.  im  Rathaus-Archiv,  alte  Registratur,  Fascikel  303): 
„Dat  huss  die  Klunderborch  genannt,  so  die  ehrbare  Fulff  tho 
Knypentz  jnss  besitt  hefft,  schal  he  jnn  besit  vnnd  gebruck 
beholden,  so  lange  he  mit  recht  draff  gewyset,  frow  Fossa 
schal  derhalue  vnbemoit  blyuen,  vndt  nitt  pflichtig  syn  dar 
tho  antworden.  Hiermit  sollen  beide  parthen  entlichen  ge- 
scheiden  sein  vndt  nha  dissen  dage  nemandt  den  andern  vmb 
einige  schulde,  erue,  husere  oder  gudere  mehr  anspreken,  dat 
sei  wor  van  dat  sei.  Vrkundt  mit  vnsern  anhangent  segel  ver- 
segelt.  Geuen  tho  Embden  am  mandage  assumptions  Marie 
(=  19  August)  anno  27. u  Danach  muss  Fossa,  nach  dem  Tode 
ihrer  Brtider  tiber  deren  Anrechte  mitverfugend  (Jahrb.  IX  2 1891 
S.  92),  die  Klunderburg  ihrem  Halbbruder  Folefv.Knyphausen  ab- 
gestanden  haben  (nach  Anna  v.  Diepholt's  Bericht  im  Jahrb. 
a.  a.  0.,  zum  Entgelt  fur  seine  Beihiilfe  bei  der  Gewinnung  der 
Burg  Midlum  fiir  sie  und  ihren  ersten  Gemahl  Wiltet  v.  Vis- 
quard,  also  schon  vor  ihrer  Vermahlung  mit  Hompe  Hayen); 
die  ungenannten  Process-Gegner  der  beiden  sind  ohne  Zweifel  An- 
gehorige  ihrer  verstorbenen  Bruder  N.  N.  Reersnas  in  Hinte  oder 
des  von  Gerh.  Bolardus  erschlagenen  Wiltet  Reersna  von  Midlum 
(Jahrb.  IX  a.  a.  0.).  —  Hompe  Hayen1)  war,  scheint  es,  Fossas 
zweiter  Gemahl,  der  erste  Wiltet  v.  Visquard,  Drost  zu  Greet- 
siel  und  durch  sie  Hauptling  von  Gross-Midlum,  Sohn   des  Ast 


»)  Sein  seit  1396  in  Emden  nachweisbares  Geschlecht  (Friedl., 
Urk.  1701)  muss  Hauptlingsfamilien  in  der  Emder  Gegend  schon  lange 
nahe  gestanden  haben.  Witwe  eines  Hompe  war  1372  die  Schwester  des 
Borsumer  Hauptlings  Friedrich,  Reynsedis  Hompana,  um  deren  Nachlass 
an  Landereien  und  Kleinodien  1382  das  Kloster  Langen  einen  Streit  mit 
ihrem  Bruder  hatte  (Friedl,  Urk.  120  und  142).  Bei  den  Misshelligkeiten 
zwischen  Ulrich  Cirksena  und  der  Stadt  Groningen  i.  J.  1442  bildete  u.  a. 
die  Gefangennahme  des  Emder  Burgers  BHaijo  Homponius  lautae  familiae 
et  rei"  (Emmius  S.  354)  und  seines  Sohnes  Hompo  durch  Groninger  Rauber 
einen  Streitpunkt.  Unter  den  friesischen  Geschlechtern  Emdens  nennt 
Emmius  im  Gegensatz  zu  eingewanderten  Westfalen  und  Niedersachsen 
die  Familie  S.  326. 


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—     205    — 

Widena  von  Upgant  (Wiltets  und  Fossas  Sohn  war  Ast  von 
Midlum;  die  Quelle  der  Nachrichten  im  Jahrb.  DC  2,  ein  Zettel 
wahrscheinlich  von  H.  B.  v.  d.  Appelles  Hand  im  Midlumer 
und  Grimersumer  Archive,  wird  als  die  Abschrift  einer  Auf- 
zeichnung  der  Anna  v.  Diepholt  bezeichnet;  diese  konnte 
eben  als  Tochter  der  Fossa  Hompen  die  Verwandtschafts- 
verhaltnisse  der  ehemaligen  Besitzer  der  Klunderburg  genau 
kennen).  Auch  diese  Beziehungen  werden  den  unverkiirzten 
Abdruck  der  Anlage  VII  rechtfertigen.    R.] 

17)  Bl.  149*  — 151 b:  Verschiedene  Stiicke  aus  einer  Erb- 
schaftsklage,  die  Beninga  mit  zu  entscheiden  hatte. 

a)  BL  149a~~b  (andere  Hand):  Ohne  Ueberschrift.  Johan 
Northoren  *)  vnd  aleyt  syn  echte  huysfrouwe  hebben  dre  kinder 
in  de  echte  getoegen  etc.  Aufstellung  des  Sachverhalts  und 
Erhebung  der  Forderungen  der  einen  Partei. 

b)  BL  150  a  (Beningas  Hand) :  Dat  steyt  yn  dat  Lantrecht 
van  de  hilkesforworden.  Beningas  Bedenken  zu  dieser  Sache. 
—  BL  150  b  leer. 

c)  BL  151 a :  Dat  steyt  yn  dat  lantrecht  van  hilkesforwor- 
den. Eine  nur  wenig  ausfuhrlichere  Wiederholung  von  Absatz  1 
des  BL  150 R,  ebenfalls  von  Beningas  Hand.  Der  Absatz 
schliesst  mit  den  friesischen  Worten  des  Landrechts: 

wet        me        diu        foune        louwet 

Det  schelmen  yr  laste. 
v.  Wicht  hat  diese  beiden  Zeilen  noch  einmal  in  seiner 
deutlicheren  Schrift  darunter  geschrieben  und  eine  lateinische 
Uebersetzung  hinzugefugt.  —  Die  Ruckseite  des  Blattes  tragt 
die  Adresse  von  der  Hand,  die  17 a)  geschrieben  hat.  Dem 
Erentfesten  vnd  Erbaren  Eggerick  Beninga  van  Grimerfsum  toe 
Gerson  vnd  widdelswuer  Hoefftlinck  mynen  vruntlicken  leuen 
Oemen  ff.  g.  —  Die  Klage  betrifft  die  Hinterlassenschaft  des 
Johan  Northoren  und  seiner  Frau  Alheit.  Der  recht  ver- 
zwickte  Rechtsfall  wird  durch  die  uns  erhaltenen  Bruchstiicke 
nicht  gentigend  aufgeklart,  die  Aufstellung  des  Thatbestandes 
in  Stuck  16  *)  ist  allzu  einseitig.  Eine  willkommene  Erganzung 
bietet  da  eine  von  Dr.  Ritter  mir  freundlichst  mitgeteilte 
Notiz    im   Rechnungsbuche    der    Grafin    Anna    (Staats-Archiv 

')  Johan  Northoren  genannt  Kan(negeter  ?)  hat  einen  Grabstein 
von  1528  Oder  1638  in  der  Grossen  Kirche  vor  der  Orgel. 


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—     206    — 

Aurich)  aus  dein  vom  1.  Oct.  1551  laufenden  Rechnungsjahre 
(S.  42  der  Hs.):  „Die  Executorn  salige  Alheit  Kannengieters 
guder  hebben  betalt  den  Hern  die  vyfhundert  Embder  gulden, 
die  an  Renthebrief  auergewiseth  sind,  van  broke  weghen  des 
Rentemesters  Johann  goltsrait  herkomend  van  salige  Alheitz 
testamentz  weghen  dat  die  Rentemester  als  faJsch  impug- 
nierde  vnd  darumb  in  die  pen  verordeilt  wort  vnd  erklert* 
Diese  Notiz  giebt  uns  nicht  nur  den  Namen  des  vielge- 
nannten  Rentmeisters  an,  sondern  berichtet  uns  auch  uber 
Zeit  und  Ausgang  des  Processes:  der  Rentmeister  wurde  mit 
seiner  Anfechtung  des  Testamentes  der  Alheit  abgewiesen  und 
zu  einer  hohen  Poen  verurteilt.  Uebrigens  gehoren  die  Acten 
unserer  Handschrift  bereits  zu  der  Appellation,  die  der  Rent- 
iiieister  von  der  bereits  ergangenen  Sententie  des  Landrichters 
an  die  „Commissarien  edder  Reden"  gerichtet  hat.  —  Ein  voll- 
st&ndiger  Abdruck  von  Stuck  17  findet  sich  unten  als 
Beilage  VIII. 

18)  Bl.  152  *  (andere  Hand,  aber  mit  einer  Randbemerkung 
Beningas) :  Der  erste  Absatz  der  Verordnung,  deren  vollstandige 
Fassung  die  folgende  Nummer  bildet.    Bl.  152 b  leer. 

19)  Bl.  153a—  157 b  (von  Beningas  Hand):  Ordinanz 
der  Gr&fin  Anna  vom  4.  Mai  1556,  die  Erganzung  der 
friiheren  Polizeiordnung.  Vgl.  oben  S.  181.  Anf. :  Wy  Anna  ge- 
baren  to  oldenborch  vnnd-  delmenhorst  grafynne  tho  Ostfrees- 
landt  weduwe  doen  kundt  jdermenniglichen  vnsen  vndersaten 
geestlick  vnnd  weltlich  Edell  vnnd  vnEdell  Borger  Huslude  vnd 
gemeente  Wo  wol  wy  vor  ytliche  Jaren  yn  vnser  publiceerden 
ordinantz  enen  Artikel  (woe  de  landheren  jegen  ore  hurlude 
sick  holden  Solden)  gesett  hebben  So  befinden  wy  dan  noch 
dat  vele  landheren  Edell  vnnd  vnEdell  vns  ;weynich  gehorsaem 
dar  ynne  leysten  etc.  Andere  Absatze  der  Verordnung  haben 
die  Ueberschriften  Bl.  154 b :  Van  vorkopinge  der  huser  wm  des 
landes  willen.  Bl.  155 a :  Van  wynkoepe.  ibid. :  Van  lauelberen 
trostelberen  gylden  karmissen  up  hillige  auende,  vastelauende 
etc.  Letzter  Absatz  Bl.  157  * :  Van  den  Doetslegeren.  —  Schluss 
Bl.  157 b :  Alle  dusse  vorgerorte  puncten  vnnd  Articulen  hyr  yn 
begrepen  wyllen  wy  alsq  yn  synen  werden  geholden  hebben 
etc.  etc.  Datum  yn  vnser  stat  Emden  den  4  den  May  Anno  1556 
(mit   schwarzerer    Tinte   aus   1536   corrigiert).  —  Bl.  158  leer. 


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—     207     — 

Angehangt  sind:  19*)  Bl.  159*  (andere  Hand):  Der  hern 
lande,  wthgenomen  vmb  Embden  dat  thor  stadt  gebruk(t)  | 
wert,  sollen  10  schap  gelden  thor  huer  etc.  =  Erl&uterungen 
zum  1.  Absatz  der  vorigen  Ordinanz.  —  Bl.  159 b  leer. 

19 b)  Bl.  160  a  —  161 b  (von  Beningas  Hand) :  De  ordinantie 
Erenstlick  tho  vnderholden,  wart  men  yn  naeuolgenden  Articu- 
len  bofynden,  wat  den  karken  deneren  vnnd  vorstenderen  der 
armen,  antoclagen  vnd  an  to  tekenen  yn  der  ordinantie 
beualen  is. 

20)  Bl.  162* —  171 b:  Bekentenisse  der  touerschen 
toaurickvorbrant.  Es  sind  die  ausfiihrlichen  Protokolle 
zweier  Hexenprocesse,  die  sich  beinahe  gleichzeitig  zu  Anfang 
des  Jahres  1543  in  Aurich  abgespielt  haben.  In  beiden  hat 
Beninga  als  Rat  und  Vertrauter  der  Gr&fin  Anna  den  obersten 
Vorsitz  gefiihrt.  Die  Protokolle  sind  zum  ersten  Processe 
teilweise,  zum  2.  Processe  ganz  von  Beninga  selbst  aufge- 
zeichnet,  doch  sind  die  Acten  des  zweiten  nur  sehr  unvoll- 
standig  erhalten.  Das  letzte  Blatt  des  Erhaltenen,  Bl.  171,  ist 
der  Lange  nach  halb  herausgerissen.  Ich  verweise  hier  auf 
meinen  Abdruck  der  gesamten  Acten  der  beiden  Processe, 
unten  Beilage  IX,  wo  ich  auch  eine  kurze  Uebersicht  iiber 
die  sonst  aus  Ostfriesland  bekannten  Hexenprocesse  geben 
werde. 

21)  Bl.  172  (jetzt  noch  33X38  cm  =  Hohe  und  Latage, 
an  einigen  Stellen  beschadigt):  Original-Urkunde  (Papier) 
Graf  Ennos  III  an  die  Stadt  Emden  vom  14.  Dec.  1606, 
betr.  Klage  der  Unterthanen  des  Amts  Greetsiel  gegen  die 
Stadt  Emden  wegen  widerrechtlicher  Gefangensetzung  der 
Schuttemeister  von  Wirdum,  Grimersum,  Eilsum,  Uttum,  Vis- 
quard,  Pilsum,  Grothusen,  Upleward,  Hamswehrum  und  Auf- 
erlegung  einer  widerrechtlichen  Schatzung  durch  die  Emder. 
—  Geben  vff  vnserm  haus  Esens  vnder  vnserm  Cantzleisecret 
vnd  handzeichen  den  14ten  decembris  Anno  1605.  —  Auf  die 
hier  beriihrten  Ereignisse  nimmt  Wiarda  III,  499  kurz  Bezug, 
seine  Quelle  ist  die  kurze  Notiz  des  Emmius  in  der  Historia 
nostri  temporis  (Groningae  1732),  S.  170.  Unsere  Urkunde 
wird  nirgends  ausdriicklich  erwahnt,  ich  habe  deshalb  einen 
genauen  Abdruck  unter  Beilage  IV  gegeben. 

22)  Bl.  173*  —  174b :  Abschrift  einer  Verordnung  Graf 


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—     208     — 

Ennos  III  an  den  Rat  und  Drosten  zu  Norden  u.  Berum  vora 
30.  Marz  1618,  betr.  die  Supplication  des  Edo  Onnen, 
dem  ein  ererbter  Herd  Landes  von  der  Stadt  Norden  streitig 
gemacht  wurde. 

23)  Bl.  175*  :  Ein  gedrucktes  (Typis  Helvici  Kallenbach) 
Blatt  41X29,5  cm  (=  Hohe  X  Breite).  fcs  enthalt  in  2  Spalten, 
links  in  lateinischer,  rechts  in  hochdeutscher  Sprache  die 
Verordnung  Graf  Ulrichs  vom  11.  Sonntag  nach  Trini- 
tatis  (=  31.  Aug.,  falls  es  nach  d.  greg.  Kalender  gerechnet 
ist)  1631,  betr.  die  Wiederaufrichtung  der  Gelehrten 
Schule  zu  Norden.  Das  Blatt  tragt  die  eigenhandige  Unter- 
schrift  Ulrichs  und  sein  Siegel.  Es  ist  nach  dem  Exemplare 
des  Auricher  Staatsarchivs  (=  Konsistor.  -  Arch.  Aurich  15, 
ebenfalls  mit  eigenhandiger  Unterschrift  Ulrichs)  abgedruckt 
von  Babucke,  Gesch.  des  Kgl.  Progymnasiums  (der  Ulrichs- 
schule)  zu  Norden,  Emden  1877,  S.  26. 

24)  Bl.  176  (von  etwas  grosserem  Format  als  die  iibrigen) 
enthalt  auf  der  Vorderseite  in  2  Spalten  die  von  ihm  selbst 
niedergeschriebene  Lebensbeschreibung  des  Pastors 
Engelbertus  Hoyer.  Anf.:  Jm  namen  der  heiligen  Drey- 
einigkeit.    Ego  Engelbertus  Hoyer  natus   sum  Anno  1614.  den 

1.  Martij  Herfordiae  Westfalorum  etc.  Das  Latein  der  ersten 
Zeilen  geht  sehr  bald  ins  Hochdeutsche  liber.  Die  letzte  Ein- 
tragtmg  ist  von  1681,  3.  April,   und  berichtet   den  Tod  seiner 

2.  Frau.  Hoyer  war  lange  Jahre  Pastor  in  Norden,  vorher  zu 
Kappel  in  Holstein.  Seine  2.  Frau  war  Memwer  Loringa,  die 
Tochter  des  Drosten  Wilhelm  Loringa  zu  Berum.  Reershemius, 
Prediger-Denkmahl  (1796),  S.  232  giebt  ein  ausfuhrlicheres  Ver- 
zeichnis  seiner  Werke  als  unsere  Handschrift,  auch  teilt  er  die 
Grabschrift  Hoyers  mit,  die  ihm  sein  Sohn  setzen  liess.  Danach 
ist  Engelb.  Hoyer  am  10.  Mai  1692  im  79.  Jahre  gestorben; 
aus  den  Worten  der  Grabschrift  „aetat.  79"  hat  Reershemius 
falschlich  das  Jahr  1613  als  Geburtsjahr  Hoyers  erschlossen. 
—  Die  Riickseite  enthalt  folgende,  mit  der  Vorderseite  in 
keinem  Zusammenhang  stehende  Widmung  in  Buchschrift: 
Doctissimo  et  optima  de  me  merito  Viro  Iuveni  Dr.  Hinrico 
Boccatio  Praeceptori  meo  aeternum  colendo  librum  hunc  in 
debitae  gratitudinis  testificationem  perpetuumque  amicitiee  vin- 
culum dono  dedi,  1.  ,Martij  Anno  1616.    Henricus  Rumor  C  F. 


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—    209    — 

Semper  inoblita  repetam  tua  munera  mente 
Et  mea  me  tellus  audiat  esse  tuum. 
Darunter  von  der  Hand  Hoyers :  Hsereditario  jure  posfidet 
jam  Engelbertus  Hoyer.  Anno  1641  (Hoyers  erste  Frau  war 
Dorothea,  wl.  M.  Henrici  Bocatii,  Pastors  zu  Cappel,  Tochter). 
Danach  scheint  das  Blatt  urspriinglich  ein  Umschlag  gewesen 
zu  sein.  —  Einen  Abdruck  der  Vita  Engelbert  Hoyers  gebe  ich 
unten  als  Beilage  V. 

25)  177a— b:  In  dem  Veenhuser  Kirchen-Rechnungs- 
Protocoll  war  folgendes  befindlich.  Anno  Domini  1585,  als 
ich  Johannes  Zuitterius  Hesfus1)  von  dem  Coetu  zu  Leer 
bin  zum  Ministerio  admittiret,  und  von  der  Gemeine  zu  Veen- 
hausen  auf  ein  Jahr  lang  zu  prtifen  vor  ihren  pastorn  ange- 
nommen,  haben  sie  mich  angangen  sehr  hefftig,  ihnen  die 
Haustheilung  nachzulassen  etc.  —  Schrift  des  ausgehen- 
den  17.  oder  beg.  18.  Jh.  Abgedruckt  unten  als  Beilage  VI. 
-  Bl.  178  leer. 

26)  Bl.  179  eine  Original-Urkunde  (Perg.T  28,5X19,7  cm 
=  Breite  X  Hohe)  des  Hayo  hompen  borgher  to  Emeden 
von  1449  des  sonauendes  na  vnser  leuen  vrouwen  daghe  as- 
sumpcionis.  Sie  betrifft  den  Verkauf  eines  Hauses  (mit  den 
werue  bynnen  Emeden  ghelegen  twisschen  ditmer  backers  vnde 
Enno  frederdes  hus.  mit  enen  haluen  ganghe  vp  dat  suden. 
welker  werff  vnde  gang  heuet  sick  an  bider  strate  vnde 
strecket  vp  den  delue  etc.)  an  Johan  Sterke  Harmens  sone. 
Das  Siegel  ist  abgeschnitten.  —  Ein  Auszug  dieser  Urkunde 
bei  Friedlaender,  Ostfries.  Urkundenb.  No.  618,  F.  giebt  als 
Quelle  an  eine  Abschrift  „ex  membrana  Auricana  (=  unserer 
Handschrift!)a  in  Farrago  dipl.  Ostfris.  II,  No.  38.  Einen  voll- 
standigen  Abdruck  der  Urkunde  gebe  ich  unten  als  Beilage  I. 

27)  BL  180:  Eine  franzosische  Original-Urkunde 
(Perg.,  37,5X25,5  cm  =  Breite  X  Hohe,  die  seitlichen  Rander 
durch  Mausefrass  stark  beschadigt)  vom  30.  Nov.  1600  aus 
Bordeaux.  Sie  bezieht  sich  nicht  auf  Ostfriesland,  sondern 
auf  eine  privatrechtliche  Sache  zwischen  Btirgern  von  Bordeaux 
(Missgeburt). 


f)  Reerehemius,  Prediger-Denkmahl,  S.  660  giebt  ganz  kurz  nur  den 
Namen  und  das  Berufungsjahr  des  Mannes  an. 

Jahrbach  der  Geullsch.  f.  b.  K.  a.  vaUrl.  AlUrt timer  zu  Emden,  Bd.  XI V.  14 


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—    210    — 

28)  Bl.  181:  Eine  ndl.  Original-Urkunde  aus  dem 
15.  Jh.  (Pergament,  15  X  19,5  cm  =  Hohe  X  Breite).  Buchschrift 
des  15.  Jh.,  alle  grossen  Anfangsbuchstaben  sind  rubriciert, 
am  Anfang  und  am  Schlusse  sind  gemalte  mehrfarbige  Vig- 
netten  hinzugefiigt.  Das  auf  10  (urspr.  vorgezogenen)  Linien 
geschriebene  Klostergeliibde  lautet: 

ICk  suster  Weijne  Gerrits  dochter  loue  mit  die 
hulpe  gods  in  tegenwoerdicheit  der  heijliger  reliquien  die  in 
deser  kercken  onthouden  zijn  die  ghesticht  is  inder  eeren  van 
sinte.  Agnieten.  eewijghe  renicbeijt  ende  ghehoersaemheijt  v 
mater.  Priorinne  ende  uwen  rechten  naecomelinghen.  Ende 
gheue  den  cloester  tot  een  ewich  testament  al  dat  mi  aenghe- 
comen  is  ende  aencomen  sal  ende  onse  conuent  trouwe  te 
wesen:  —  Darunter  in  einem  Kreise  eine  Vignette,  aus  zwei 
sich  kreuzenden  InitiaM  gebildet ;  dieselbe  Form  hat  wenigstens 
das  Initial-I  des  Geltibdes  selbst. 

Bl.  182 — 196,  der  Rest  der  Hs.,  sind  leere  Durchschuss- 
blatter. 


Beilage  I. 

Urkunde  des  Kayo  Hompen  borgher  to  Emeden  vom  16.  August  1449. 

Stuck  26  der  Hs.  =  Bl.  179 a:  Wytlick  kundich  vnde 
openbar  fy  alle  den  ghenne  de  deffen  breff  zeen  off  horen 
lefen,  wo  ick  Hayo  Hompen  borgher  to  Emeden  Bekenne 
vnde  betughe  vor  allefweme  in  deffer  fcrifft,  Dat  ick  mit  vrien 
willen  vnde  vorberaden  mode  mit  confent  vnde  vulbord  myner 
vrunde  hebbe  vorkoft  vnde  vorkope  ieghenwordich  in  craft 
deffes  breues  to  enen  fteden  vaften  ewighen  erfkope  deme  be- 
fchedene  manne  Johann  Sterke  Harmens  fone  en  hus  mit  den 
werue  bynnen  Emeden  ghelegen  twiffchen  Ditmer  Backers  vnde 
Enno  Frederdes  hus  mit  enen  haluen  ganghe  vp  dat  fuden. 
welker  warff  vnde  gang  heuet  fick  an  bider  ftrate  vnde  ftrecket 
vp  den  delue  vnde  is  famentliken  ghekoft  vor  ene  fumme  ghel- 
des,  der  he  my  gutliken  heft  vntricht  vnde  wal  betald  to  mynen 
willen  de  erfte  pennyng  mitten  leften,  des  ick  em  dancke.    So 


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—    211     - 

dat  ick  Hayo  vorfcreuen  myne  kindere  vnde  erfname  boren  vnde 
vngheboren  fcholen  vnde  willen  deffen   vorbenanten  Johanne 
vnde  finen  rechten  erfnamen  dit  vorgenante   hus   vnde   werff 
mitten  haluen  ganghe  famentliken  rechtes  kopes  vri  vnde  vn- 
bekummert  warende  wefen  to  ewighen  tijden  vor  alle  anfprake 
gheeftelikes  vnde  werlfches  rechtes  funder  yenigher  leye   arge- 
Hft  hulperede   vnde   nye   vunde.     Des   to   tughe   hebben   hiir 
yeghenwordich  mede  bij  an  vnde   ouer  ghewefen  Michiel   van 
den  Rine,   Otto   van  Duten  Borgermeifters,  Johan  van   Duten, 
Hans  Crogher  vp  der  koeplude   hus   vnde  anders  vele   guder 
Jude  jn  orkunde  vnde  merer  tuchniffe  der  warheit.     So  hebbe 
ick  Hayo    vorfcreuen    vruntliken   ghebeden    den   Erwerdighen 
mefter  Johannes  Vredewolt  proueft  vnde  kerkhere   to  Emeden 
vnde  den  Erfamen  Borgermefters  dar  fulues   deffen  breff  van 
myner  weghen  to   befeghelende.  --  Vnde  Jck  Johannes  Vrede- 
wolt vorgenant  bekenne  dat  ick  myn  Jngefegel  vnde  wij  vor- 
benanten Borgermeftere  vnfe  Stad  Jngesegel    vm   bede  wille 
deffes    ergenanten   Hayen   hebben   witliken    vnde    mit    guden 
willen  hangen  heten  to  deffen  breue.    Scriptum  na   der   borth 
christi  M.  cccc.  xlix  yar  des  fonauendes  na  vnfer  leuen  vrouwen 
daghe   Affumpcionis.     Auf  der  Riickseite  von   anderer   Hand, 
16.  Jh. :    Jtem    een   huef  vnde   ganck   vp   den   delft.   —   Die 
beiden  Siegel  jetzt  abgerissen,  die  Pergamentstreifen   der  An- 
satze  noch  da. 


Beilage  II. 

Brief  Graf  Johanns  von  Ostfriesland  an  Eggerik  Beninga. 

Stiick  12  der  Hs.  =  Bl.  64a(Beningas  Hand): 
Johan  graue  tho  Oftfreeflant  Ac  Her  tho  Darbw  Romefche 
Keyferlike  Mayeftat  ftatholder  to  Lymborch  Valkenborch  Daelen 
vnnd  de  lande  ouer  de  Maefe. 

Wolgelerte  leue  getruwe.  Nach  dem  wy  bysher  up  ytzigen 
erlanten  auefchet  hebben  moten  vortouen  vnnd  nu  nae  Lym- 
borch wrab  vnfe  officien  tho  entfangen  getagen,  wyllen  wy 
foe  balde  vns  mogelick  weder  heym  f chaff  en.  Vnnd  dragon 
to  Jw  fampt  anderen  officieren  gewyffe  tovorfycht,  gy  werden 

14* 


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-    212    — 

der  dike  haluen  *)  vnnd  anderer  der  lande  to  fallenden  noettruft 
goede  tovorficht  nemen  Darme  de  lande  vor  tokamenden 
fchaden  vorhott.  dat  fulue  nemen  wy  to  befunderen  geuallen. 
wat  fuft  Nies  Alhyr  togedragen,  werden  gy  yn  kort,  wyl  de 
Almechtige,  van  vns  muntlich  vornemen.  Datum  Bruffell  den 
ersten  aprilis  A°  Ac  42. 


Beilage  III. 

Collation  des  Briefes  Beningas  an  Reinerus  Melchior. 

Stiick  10—11  der  Hs.  =  Bl.  50 a  ff.  Die  rein  orthographischen 
Varianten  fiihre  ich  nicht  an,  darin  hat  Tiaden  am  Anfang 
stark  normalisiert,  dann  aber  hochst  ungleichm&ssig  oft  die 
Schreibweise  des  Originals  gewahrt.  Ueberschrift  [Tiaden I 
S.  98]:  Jarfum2)  —  befunderen  —  S.  98  Z.  8  v.  u.:  ge- 
mene  —  7  ordenunghe  —  6  Polotie  [so  immer]  —  maken  — 
duffe  —  4  markelike  [u.  so  6fter]  —  3  ock  —  1  nu  [st.  un]  — 
S.  99  Z.  3:  goedere  [u.  so  ofter]  —  4  jamerl(liken??)  [der  aussere 
Rand  von  Bl.  50 a  ist  zum  Teil  verblasst  u.  ein  wenig  laediert] 

—  5  ouerflodiche(it?)  [ein  Beweis,  dass  auch  Tiaden  den  ver- 
loschten  Rand  nicht  mehr  hat  entziffern  k6nnen]  —  8  ander 
warreltlike(n?)  —  9darvan  —  mannichfoldich  —  lOhebben  — 
11 — 12  vnderichtinge  vntf(angen??)  —  13  ene(n?)  parte  —  von 
dem  „alsa  nur  noch  das  1  zu  sehen,  es  ist  das  letzte  Wort  von 
Bl.  50 a—  14  das  ausgelassene  Wort  ist  deutlich  tuchen,  wohl 
fur  tufchen  verschr.  —  15  Ac  [st.  und]  —  16  lantheren  —  17 
wol  —  hinter  LX  fehlt  Jaren  —  18  kein  Absatz  —  19  konen 

—  20  difputatio  —  twe  —  21  parfonen  —  24  werden  —  26  faeke 

—  27  ordenunge  vnd  polotie  —  Erenftlik  —  28  myt  wyderen 


»)  Nach  Tiaden  I,  96  f.  war  Beninga  nebst  Haro  von  Oldersum 
und  Godens  von  Graf  Johann  zum  Oberaufseher  der  Deiche  bestellt.  Eine 
„ ordenunghe  der  dyken  So  Graue  Johan  de  tyt  finer  Regerunge  beleuet 
heft*,  sowie  ein  „Mandaet  fo  Graue  Johan  heft  publicieren  laten,  Anno 
(15)42"  finde  ich  in  der  Wernigeroder  Handschrift  des  Ostfriesischen 
Landrechts  (Ze  48  in  4°)  am  Schlusse  des  Deich-  und  Sylrechte,  Bl.  209»  ff 
und  212a  ff. 

*)  Die  Typen  fur  u,  a,  e  mit  ubergesetztem  Strich  (=  urn,  nn. 
an,  en  etc.)  fehlen  leider  in  der  Druckerei,  so  habe  ich  auch  in  dieser 
Beilage  die  Abkurzungen  der  Handschrift  auflflsen  miissen. 


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—     213    — 

boger  —  31  van  olderen  herkumpft  —  32  Eren  —  S.  100  Z.  2 
gefpreck  —  3  fcryftlick  —  dar  beneuen  —  eentvoldyge  —  4 
hyr  yne  —  fcryftlik  —  5  bewagen  —  6  werden  —  8  almech- 
tigen  —  10  XVC  43  —  In  der  Unterschr  :  beenyngha  to. 

Auf  den  folgenden  Seiten  u.  a.:  Tiaden  S.  101  Z.  5:  to 
voren.  —  Z.  10  v.  u.  punt  —  S.  102  Z.  9  men  [st.  eine]  — 
11  vnnd  [st.  wand]  —  S.  104  Z.  3  den  lantheren  gyft  —  Z.  13 
drierleye  —  15  Veyde  —  Lappe  [so  6.]  —  16  tappe  —  26  vnn- 
derfcheden  —  hinter  enen  fehlt  eine  ganze  Reihe :  Egen  arueden 
Hufman,  vnd  ene  —  S.  105  Z.  4  den  lande  —  7  laken  fnideren 

—  9  Jumfferen  —  14  den  apen  —  17  f.  ander  —  S.  106  Z.  3 
talmetzchen  —  7  konen  —  9  orynge  ftukelbande  harflechten 
fterenfpangen  —  12  gepreuilieert  —  13  up  eren  —  15  den  ge- 
raenen  —  Z.  5  v.  u.  Engelfchen  —  S.  107  Z.  6  (Text)  warfchope 

—  8  den  —  10  fruwen  —  12  ton  tyden  —  Z.  4  v.  u.  nargent 

—  3  v.  u.  konen  —  2  v.  u.  konen  [statt  kann]  —  Z.  1  v.  u.  wagen 
vnd  fchepen  —  vorfwelgen  —  S.  108  Z.  5  andere  —  14  wort 
— 15  hinter  kefe  fehlt  koren  [das  en  halb  abg.]  —  18  meeftlick 

—  21  vntberen  —  23  nae  [statt  van]  —  25  dan  —  to  de  rode 

—  waert  —  27  wente  —  Z.  1  v.  u.  dan  fporet  me  —  wt  den 
drunck  [mit  blasser  Tinte  in  druncken  verbessert]  —  S.  109  Z.  1 
fpruten  —  dee  heren  —  Z.  3  van  den  oueldederen  vnd  druncken 
bolten  —  11  de  anderen  —  16  hinter  ock  Komma  —  19  ynge- 
koft  —  24  mydelmetige  —  26  borgeren   —   2  v.  u.   almechtige 

—  S.  110  Z.  3  gantze  —  14  Euangelion  —  Z.  7  v.  u.  fehlt  vor 
dorch:  ock  —  5  v.  u.  anderen  —  S.  Ill  Z.  12  wunne(?)  — 
13  dat  we  —  19  grote  —  20  fnideren  —  21  pelfers  —  tymer- 
lude  —  S.  112  Z.  1  graueren  —  2  ducht  aus  dunket  verb.  — 
6  vnder  wunden  —  Z.  4  v.  u.  das  ||  nicht  in  der  Hs.  —  S.  113 
Z.  7  Meyeren  —  fweleren  graueren  —  8  ander  —  10  fynne  — 
13  arbeyden.  —  18  voete  —  19  tauelle  —  S.  114  Z.  3  negeften 

—  5  almechtich  —  11  muchten  —  13  druncken  —  15  dar  — 
24  hinter  Gerichte  fehlt :  vnnd  de  myddelmetige  nicht  mer  als 
dre  gerichte  —  Z.  5  v.  u.  werden  —  den  —  S.  115  Z.  1  then 

—  5  dynxtedach  —  6  vor  der  funnen  fchyn  —  10  vorbrecken 

—  anbrochte  —  18  drinkendes  —  19  vor  vaderen  —  21  brude- 
gaem  —  25  vorbrent  —  Z.  6  v.  u.  megeden  —  5  Jumfferen  — 
3  vor  vaderen  —  1  fehlt  hinter  beer:  yn  warfchope  noch 
kynderdope   —   S.  116   Z.  2  heren  —  7  myddelmetigen  —   16 


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—     214    — 

hoegen  vnd  beften  —  17  Eemfe  —  18  grafe  —  6  v.  u.  teemlich 

—  S.  117  Z.  6  myt  j  c  ij  c  eder  80 l)  —  14  gefettet  —  2  v.  u. 
Edzartz  —  1  dar  —  kr  —  S.  118  Z.  1  ytliken  —  4  befruchten 

—  5  morgen  —   rechte(?)   —  6  wer  —  9  befwaret  —  10  alle 
[statt  dese]  —  11  befnede  —  letzte  Z.  der  Prosa  gunnen. 

Gedicht  V.  1  tho  —  3  goeden  —  S.  119  Z.  5  wulden  - 
voert  An  des  olden  ffrefen  fprick  wort  —  6  doeck  vnde  de  — 
lappe  —  7  fulden  —  vnde  de  —  tappe  —  S.  120  Z.  1  redelich 

—  S.  121  Z.  3  dyt  —  5  graue  ist  erst  spater  Zusatz  v.  Wichts. 


Beilage  IV. 

Edict  des  Grafen  Enno  III  an  die  Stadt  Emden  vom  14.  Dec.  1605. 

Sttick  21  der  Handschrift  =  Bl.  172  * :  Wir  Enno  Graff 
vnd  Herr  Zu  Oftfriefslandt,  Herr  Zue  Efens,  Stedesdorff  vnd 
Wittmundt  Fugen  hiemit  Burgemeiftern  vnd  Rath  auch  den 
Viertzigern  vnnd  der  Gemeinde  Vnfer  Stadt  Emden  zu  wifsen, 
dafs  Vnnfs  Vnfere  Vnderthanen  Vnfers  Ambts  Gretfyel,  durch 
Jhren  ausfchufs  vnderthenig  Supplicirendt  zue  erkennen  geben 
haben,  Was  geftalt  Jhr  verruckter  tagen  die  Schuttemeifter 
von  Wirdum,  Grimerfum,  Eilfum,  Vttum,  Vifsquart,  Pilfum, 
Grothaufen,  Uplewerdt  vnd  Hambswehrurrtb  bei  nachtlicher 
weil,  durch  gewerte  Soldaten,  aus  Jhren  wohnungen  vnd  von 
Jhrem  Lager  gewaltiglich  gefangen,  gefPannen  in  Vnfer  Stadt 
Embden  gefchleppet,  vnd  in  fchwere  hafftung  vnd  verftrickunge 
gelegt,  vnd  diefelbe  vber  vielfaltige  erfuchunge,  zu  grofser 
Jhrer  befchwerde,  fchaden  vnd  nachtheil,  wieder  recht  vnd 
billigkeit,  gefenglich  enthielten,  alles  ohn  einige  redliche  Vrfach, 
sine  causae  cognitione,  vnd  fchlecht  de  facto  wieder  recht,  allein 
zu  dem  ende,  vnd  der  intention,  dadurch  Jhnen  der  gemeinde 
zu  ihrem  grofsen  verderb,  eine  fchatzung  wiederrechtlich  vff- 
zudringen.  Deswegen  fie  dann  Vnns  vmb  troft  vnd  huelff, 
auch  vmb  einfehen,  aus  tragender  Lands  Obrigkeit  vnd  Ambts- 
wegen  zuthuen  vnderthenigs  fleifses  gebeten.    Wan  dann  an- 


0  Das  j  in  ijc  hat  in  der  Handschrift  einen  wagerechten  Strich 
durch  den  Schwanz,  bedeutet  also  '/«»  nicht  1.  Die  Ziffern  der  Hand- 
schrift sind  aufzulosen  als  „1C0,  150,  oder  180\ 


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—     215     — 

geregtes   euer  vnbegin  ynd   gewaltthetige  gefengnus   den    ge- 
meinen  vnd   Landrechten,    auch    hochverpoenten    Kays:    Con- 
stitutionen  fonderlich  des  Landfriedens,  vnd  in  den  Oftfrififchen 
lachen  erfolgter  Jhrer  Maytt:    refolution,   fchuerftraks  (!)   ver- 
botten,  vnd  euch  im  wenigsten  nut  gebueret,  in  Vnfern  Amb- 
tern  einiger  Jurisdiction,  vielweniger  fchatzvnge  anzulegen,  vnd 
defswegen  zu  fangen  vnd   fPannen  euch  Zu  vnderziehen,  Da- 
hero  gerurte  ewer  gewaltthadligkeit  nullo   iure   zu  Justificiren 
vnd  alfo  nach  b(efte) l)  der  Rechten  |:  krafft  deren  quod  de  facto 
tit,  de  facto    aboleri    debet  :|   auch   der  Kayf:    refolution   dis- 
fal(lsSt)  praecepto  vnd  Executive,  zuuerfechten  [ftehet  durchstr.], 
Vnfer  Jurisdiction  auch   vnzweiflich   fundirt  ift,   Vnd  wir  Vns 
aus  tragender  hohen  Landts  Obrigkeit  fchuldig  wifsen,  Vnfern 
Vnderthanen  vff  Jhr  anr(rue)ffen,  gebuerende  Rechtshulffe  wieder- 
fahren  zu  lafsen,  Dohero   difses  Vnfer   mandatum   ihnen   heut 
dato  erkant,      Hierumb  gebieten  Wir  euch  gerichtts  vnd  Rechts, 
auch  Ambts  vnd   hoher   Landts   Obrigkeit    wegen  hiemit  bei 
Poen  zweitaufent  Reichsthaler   vnd   bei   ft  raff  der  Kayf:  refo- 
lution vff  die  verbrecher  derfelben  gefetzt,  ernftlich  vnd  wollen, 
dafs  Jhr  Zur  ftund  vnd  angeficht  diefes  vnfers  mandatj,  ohne 
alien  verzug,  ausflucht  vnd   widerrede,   die   von   euch   wieder- 
rechtlich  gefangene  vnd  verftrickte  Schutt(e)meifter,  ohne  einigen 
endtgeltt  Jhrer  hafften  loifszehlett,  erlafset,  vnd  vff  freyen  fues 
ftellet.     Vnd   ob   Jhr   einige  ZufPruche   oder   forderung   iegen 
diefelbe  zu  haben  vermeinet,   diefelb(e)  i(egen   fie)  vor  Vnfern 
Beambten   des  Ambts  Gretfyel,   oder   an  Vnfer   Cantzlei   oder 
Hoffgericht  gebuerlich  v(orbrin)g(e)t,   mit   ordentlichem  Recht 
verfolget,  vnd  an  defsen  endfcheid  friedlich  feyt.    Wir  Citiren, 
heifchen  vnd  l(ade)n   euch   auch,   dafs   Jhr  den   Neunden   tag 
nach  infinuation  diefes,   deren   drei  tagh   wir  euch    vor    den 
(erften),    (vnd)    vor    den    andern    vnd    drei    vor   den    dritten 
vnd   letzten   gerichtstag  peremptory   anfetzen  vnd   ernennen, 
oder  ob  derfelbe  kein  gerichtstag  wehre,   den   erften  gerichts- 
tag hernach,  an  Vnfer  Cantzlei  Zu  Aurigh,  durch  eueren  gnug- 
famb  gevolmechtigten,  vor  Vnns  oder  Vnfern  darzu  Comittirten 
Rhaten  erfcheinet  vnd  glaubliche  anzeige  thuet,  dafs  diefem 

•)  An  den  hier  von  mir  erg&nzten  Stellen  ist  das  Papier  der  Urkunde 
durch  die  Tinte  und  durch  Abschabungen  von  der  Ruckseite  aus  zer- 
stSrt  worden,  die  Zuge  der  Buchstaben  sind  aber  oft  noch  zu   erkennen. 


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—    216    — 

Vnfern  Mandato  alles  feines  einhalts  gehorfamblich  gelebett 
vnd  pariret  fey,  oder  aber  fehet  vnd  hSret,  euch  vmb  euers 
vngehorfambs  willen,  in  obberurte  p5en  erklern  vnd  Condem- 
niren  oder  aber  vrfachen,  ob  Jhr  deren  zuhaben  vermeinet, 
worumb  folche  declaration  vnnd  Condemnation  rechtswegen 
niet  gefchehn  folte,  vorbringen, l)  vnd  vnfer  fernerer  erklerung 
darueber  im  Recht  erwartet.  Dann  Jhr  thuet  deme  alfo  oder 
nicht,  wirdt  nichts  defto  weniger  vff  des  gehorfamen  vnd  be- 
leidigten  theils  anruffen,  ergehen  was  recht  ift.  Wornach 
Jhr  euch  zurichten.  Geben  vff  vnferm  Haus  Efens  vnder 
vnrerm  Cantzleifecret  vnd  handzeichen  den  14.  Decembris 
Anno  1605. 

Enno2)  (Siegel)8) 


Beilage  V. 
Lebensbeschreibung  des  P.  Engelbcrtus  Hoyer. 

Sttick  24  der  Hs.  =  Bl.  176 a.  Spalte  1:  Jra  namen  der 
heiligen  Dreyeinigkeit  —  Ego  Engelbertus  Hoyer  Natus  sum 
Anno  1614  den  1.  Martij  Herfordise  Weftfalorum.  Parens  fuit 
Frantz  Hoyer  Patricius  et  Capitaneus  urbis,  Mater  Anna  Pipers 
Vomemen4)  Kaufhandlerfs  Tochter  dafelbft.  Educatus  sum  in 
Schola  Herfordiensi,  donee  Anno  1630  circa  tempus  Johannis 
ich  nach  der  damals  berumbten  Schuele  Zu  Hannover  gefchickt, 
da  ich  geblieben  infs  dritte  jahr,  vnder  der  difciplin  der 
berumbten  M&nner  M.  Joh.  Strubij  Rectoris  vnd  M.  David 
Erij(tr)ophili 5)  Conrectoris,  bei  dem  ich  die  Stube  vndt  Schlaf 
Kammer  gehabt. 

Alfs   ich  nu  laut  vorhandenen  Teftimonien  (tii)chtig  ge- 


!)  In  t  verbessert. 

*)  Die  verschnorkelten  Zeichen  darunter  nicht  zu  entziffern. 

*)  Das  Siegel  zeigt  die  grafliche  Krone,  darunter  4  Wappenschilder, 
links  oben  Harpye,  rechts  oben  nicht  zu  erkennen,  links  unten  2  ge- 
kreuzte  Peitschen,  rechts  unten  nach  links  blickender  schreitender  L6we. 
Unter  der  Krone  E  N  N  0,  in  der  Mitte  des  Siegels  G  V  H,  unter 
den  Wappen  Z  0,   d.  h.  Enno  Graf  Vnd  Herr  Zu  Ostfriesland. 

4)  Aus  Merc(atoris)  gebessert. 

*)  Die  Zeilenanfange  sind  im  Folgenden  etwas  beschadigt. 


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—     217     — 

achtet  worden  nach  Academien  mich  zu  begeben,  (bi)n  ich 
nach  Roftoch  gereifset,  da  ich  ankommen  Ao  1633  (..)  April, 
dafelbft  ich  geblieben  bifs  den  9  Julij  Ao  1637  erft  vnd  letzt 
beym  (..)  und  im  haufse  herrn  D.  Cothmanni.  Jnzwischen  bin 
ich  (auf)  der  Universitet  Gripswald  auch  einige  Zeit  ge(we)fen, 
aber  meine  studia  zu  Roftoch  continuieret,  (we)il  die  Acade- 
mie  die  beften  leute  ohn  die  Professoren  damalfs  hatte:  in 
(P)hilosophia  M.  Reinboth,  M.  Calovius,  M.  Dreyer,  in  Philo- 
lo(gi)a  M.  Gesium  Bohlen  vnd  M.  Fabricium  etc.,  die  ihre 
extraordinaria  collegia  pri(va)ta  hielten,  derer  alumnus  ich  mit 
gewefen. 

Nach  dem  aber  mein  S,  Vater  1636  auf  S.  Nicolai  (Ab)end 
geftorben  war,  und  der  ftatus  meiner  mutter  (nicht)1)  leiden 
konnen  dafs  ich  mich  auf  Academien  lenger  aufhielte,  vnd 
herr  D.  Clotz,  General  Superint.  in  Holstein,  mir  per  literas  auf- 
trug  einige  Subftitution  beim  alten  (P)rediger,  mit  einiger  hoff- 
nung  der  kunftigen  Suc(ce)ssion,  lb  hab  ich  mich  erft  auf 
Flenfsburg  bey  (..)  D.  Clotz  begeben,  da  ich  mich  eine  Zeitlang 
aufge(h)alten,  bifs  herr  M.  Joannes  Rosselius,  Paftor  zu  Cappel, 
felbft  herilber  kommen  vnd  mir  die  subftitution  angebotten.  Dem 
ich  14  tag  hernach  gefolget  vnd  diefelbe  angenommen  1637  umb 
Michaeli,  da  dan  durch  fonderliche  fchickung  Gotts,  nach  aufs- 
geftandenen  todlichen  Krankheit,  ich  mich  ehelich  eingelafsen 
mit  defselben  Stieftochter,  Dorothea,  weiland  herrn  M.  Hinrici 
Bocatij  Paft.  Zu  Cappel  eheliche  Tochter  1638  den  6.  Novem. 
auf  rath  herrn  D.  Clotz  Gen.  Superint.  (vnd)  herrn  D.  Sleidani, 
Dompredigern  zu  Schlefswich,  da  (i)ch  den  Zu  Cappel  die  sub- 
ftitution verwaltet  bifs  (..)  Annum  1644  nach  Pflngsten. 

Als  domahls  die  Schwedifche  armade  gantz  holftein  vnd 
JUdland  geoccupiret,  vnd  die  danifche  vnd  Kayferliche  armade 
begriffen  die  Schwedifchen  zu  da  logiren,  daher  in  offenen 
flecken  vnd  St&then  grofse  unficherheit  war,  bin  ich  mit  guten 
Teftimonijs  von  dem  hertzogen  Zu  Gottorp,  wie  auch  von  denen 
KSniglich  vnd  Fiirstl.  General  Superintendenten  an  den  herrn 
graven  zu  Oldenburg  gerecommandiret,  da  ich  gute  vertroftung 
der  promotion  erhaltend,  mich  auf  die  ruckreife  nach  holftein 


•)  Statt  „nicht8  hat  die  Hs.  eine  Abkurzung,  ein  o  (Null?)  mit  einem 
wagerechten  Strich  dartiber.  Damit  schliesst  die  Zeile,  am  Anfang  der 
folgenden  ist  das  Wort  flenger"  dick  durchstrichen. 


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—     218     — 

durch  holland  zu  pafsieren,  begeben.  wie  aber  ich  bin  zu 
Aurich  kommen,  hat  herr  D.  Brandanus  Dsetrius,  Superint.1)  mir 
gerathen  alhir  nach  Norden  mich  zu  begeben,  vndt  mich  hiefsiger 
gemein  zur  vacantz  der  Siiderpaftorey  zu  praefentiren ;  da  fich 
den  befunden  dafs  es  Gotts  fchickung  gewefen,  alhir  zu  bleiben; 
immafsen  als  ich  Ao.  1644  auf  Jacobi  tag  meine  gaftpredigt 
alhir  gethan,  den  folgenden  Sontag  darauf  von  hiefsiger  gemein 
zur  probpredigt  gevociret  vnd  zum  Paftoren  erwehlet  worden; 
welche  vocation  den  folgenden  Freytag  hernach,  war  am  mo- 
nathlichen  general  Bettetage,  vor  der  gantzen  gemeine,  ohn 
jemands  contradiction  ift  nachmals  geconfirmirt  worden. 

Wie  treulich  ich  der  gemeine  in  der  hefsefchen  einqvar- 
tirung ;  in  der  fchweren  haupt  Krankheit  Anno  1651 ;  vnd  in 
der  faft  3jahrigen  peftZeit  vorgeftanden,  ift  ehrlichen  bieder- 
leuten  bekant.     1665.  66.  67. 

was  ich  nachgehends  fur  arbeid  vnd  forge  gehabt  fur 
die  religion,  bezeuget  die  alfo  benannte  abgenotigte  ant- 
wort  contra  P.  Riickert  Paft.  Ltitzeburgenf.2) 

Was  ich  Zu  Norden  in  den  jahren  meines  Ministerij  fur 
gute  materien  gepredigt,  zeuget  der  catalogus  im  verguldeten 
fchreibbuch  hinter  dem  51.  Pfalm.  NB.  Mein  Leichtext  foil 
fein  2.  Tim.  ult.  v.  18. 

Spalte  2:  In  Conjugio  noftro  gezeuget3): 
I.  Zu  Cappel  in  Holstein. 

1.  Frantz  Hinrich  Ao.  1639.  20  Julij  hora  2.  raatutin. 
im  neuen  mond,  in  Signo  Leonis.  *Vocatus  Paftor  1665  Dom. 
Laetare.  Nupfit  1668.  31.|4) 

2.  Anna  f  Magdalena  1642.  den  6.  Novem.  hor.  7.  ves* 
pertin.  im  Stierszeichen  im  vollen  Mond.  *Quse  nupsit  1663 
Martij  *et  obijt  den  18.  Novem.  1681. 

II.  Zu  Norden. 

3.  Dorothea  Elifabeth  Anno   1645.    11.  Januar.   mane. 


*)  Vgl.  Heynacher,  Festschrift  des  Gymnasiums  zu  Aurich,  1896,  S  71. 

*)  Diese  Hauptschrift  Hoyers  heisst  auch  Apologia  Nordana  wider 
den  unzeitigen  Lutsburgischen  Bericht  1652,  vgl.  Reershemius,  P.-D.,  S.  232. 

*)  Diese  Familientafel  enthalt  zahlreiche  Zusatze,  die  zu  verschiede- 
nen  Zeiten  eingetragen  worden  sind.  Ich  habe  sie  mit  *  bezeichnet 
Es  ergiebt  sich  aus  ihnen,  dass  unser  Blatt  zwischen  1667—1670  nieder- 
geschrieben  ist,  alle  spateren  Ereignisse  gehoren  den  Zusatzen  an. 

4)  Die  Striche  zeigen  Verluste  der  Hs.  am  Ende  der  Zeilen  an. 


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—    219     — 

im  Zeichen  Scorpions.     *Quae  nupsit   1668.   23.  April.    *Vidva 
facta  1674. 

4.  Arnd  f  Reinhold  1647.  7  Januar  h.  11.  vefpert.  im 
Zun|  qui  obijt  Bremse  1667  im  Julio. 

5.  f  Magdalena  1649.  15.  Xbr.  Hora  12.  noctis.  Sonne 
und  Jupiter  im  Gesechstschein.1)  *Nvpsit  1671.  4.  Trinitatis 
obijt  1676.  24.  Janv.  in  tertio  puer(o). 

6.  Engelbert  1652.  14  Julij  h.  x.  matutina.  Sonne  und 
Saturn  in  Conjunction.  Fische.1)  gef|  nach  Hamborg  1667.  8.  Junij. 

7.  Hinricus  Eberhard.  Anno  1655,  26.  Septembr.  die 
Cypriani.  *  missus  Roftochium  1673.  24.  Julij.  Lerdam  1675. 
9 8br- 1676] 

8.  Maria  f  1660.  19.  8bri8  hor.  6.  vespert.  quae  ftatim  obijt 
den  5.  Novem. 

Anno  1663  den  21.  Xbr.:  hora  1.  pomerid.  ift  endlich 
meinj  S.  Frau  Dorothea,  nach  eilfjahriger  leibes  fchwacheit,  un| 
jahrigen  bettlager  felig  entfchlaffen,  vnd  den  30.  dito|  grofser 
frequentz  diefer  gemeine,  nebeft  Fttrft-  vnd  hochge|  abgefanten 
zum  ruhebette  begleitet,  und  der  corperj  in  die  Schlepgrellifche 
begrebnufs  unfer  Kirchen  (w|  auch  S.  mariken  corper  ift)  bei- 
gefetzet  worden.  der  gnedige  Gott  gebe  unfs  eine  frolige  felige 
Zurammenkunfft  an  jenem  tage!  — 

Anno  1666.  13.  Septemb.  habe  ich  nach  Gotts  willen  ander- 
weit  getrawet  rnit  der  Edlen  und  Tugentreichen  Memwer 
Loringa  weiland  herrn  Wilhelmj  Loringa  gewefenen  Droften  zu 
Berumb  ehelicher  tochter;  Gott  aller  gnade  gebe  feinen  fegen 
vnd  gnade  dazu.    Amen. 

Diefelbe  ift  vorhin  1660  7.  xbr.  getrawet  m(it)  S.  Ade 
Ufen,  mit  welchem  fie  im  eheftand  gewefen  nur  3.  wochen  vnd 
1.  tag,  nach  dem  gedachter  Ade  29.  xbr.  geftorben  vnd 
8  Januar  1661  begraben.2) 

Anno  1681  auf  den  h.  oftertag  den  3.  April  ift  diefse  meine 
liebe  Eheliebfte  geftorben  felig  in  dem  Hern,  Gott  erfrewe 
ihre  Seele  fur  alle  die  liebe  vnd  trewe  die  Sie  an  mir  und 
meinen  Kindern  gethan  hat  vnd  lafse  vns  mit  freuden  im 
ewigen  leben  zufam  kommen. 


l)  Die  astrologischen  Aspecten  sind  hier  in   der  Hs.  nur  mit  den 
astrologischen  Zeichen  gegeben. 

*)  Dieser  Absatz  wieder  durchgestrichen. 


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—     220     — 
Beilage  VI. 

AusMug  aus  dem  Rechnungsprotokoll  der  Kirche  zu  Veenhusen. 

Stttck  25  der  Hs.  =  Bl.  177  »-b:  In  dem  Veenhufer 
Kirchen-Rechnungs-Protocoll  war  folgendes  befindlich.  Anno 
Domini  1585,  als  ich  Johannes  Zuitterius  Hesfus  von  dem 
Coetu  zu  Leer  bin  zum  Ministerio  admittiret,  und  von 
der  Gemeine  zu  Veenhausen  auf  ein  Jahr  lang  zu  prilfen 
vor  ihren  paftorn  angenommen,  haben  fie  mich  angangen 
fehr  hefftig,  ihnen  die  Haustheilung  nachzulafsen,  welchs 
ich  mich  nicht  ein  wenig  geweigert,  doch  zuletz  als  ich 
dasmahl  nicht  anders  gekonnt,  hab  ich  allein  auf  ein  Jahr 
lang,  denn  linger  war  ich  nicht  angenommen,  die  Helffte  der 
Haufstheilung  ihnen  gefchenket,  doch  auf  beliebung  des  lob- 
lichen  Coetus  zu  Leer  und  der  Obrigkeit  |:  wiewohl  folches 
niemahls  noch  der  Obrigkeit  noch  dem  Coetui  vorkommen  ift  :| 
Nach  Verlauff  des  Jahrs  follte  folche  Quitfcheidung  gantz  todt 
feyn.  Dieweil  ich  aber  aus  Sanfftmiltigkeit  keinen  Zanck  mit 
einem  Menfchen  machen  wollte  j:  denn  viele  find,  die  die 
andere  Helffte  noch  mit  Weigerung  gegeben  :|  fo  habe  ich  mit 
meinem  Schaden  allfo  viel  nachgegeben.  Vnd  ift  mir  die  andere 
Helffte,  die  mir  fonft  auch  zukGmt,  niemahls  worden.  Diefes 
aber  hab  ich  darum  gefchrieben,  mich  vor  meinen  Succesfori- 
bus  und  vor  jedermann  zu  entfchuldigen,  auf  dafs  ich  nicht 
werde  ange(Bl.  177  b)fehen,  als  der  die  proventus  paftoratus 
hujus  vergeringert  habe.  DieSchuld  ift  nicht  bey  mir,  fondem 
bei  denen,  die  es  erlegen  follten,  gewefen. 


Beilage  VII. 

Sententie   der  Commissarien  in   der  Erbschaftshlage  zivischen   den 
Erben  des  Burgermeisters  Humpe  Hayen  und  seiner  Frau  Fosse. l) 

Stack  16  der  Hs.  =  Bl.  144  »ff.:  Wy  Uldrich2)  van  Dorn- 
hum  tho  Efsens  Witmunde  vnd  Olderfum,  Doctor  Poppe  Mannings 

*)  [Da  in  der  folgenden  Sentenz  die  mit  sichtlichem  Stolze  heran- 
gezogenen  Citate  aus  der  romischen  und  italienischen  Rechtswissenschaft 
und  die  gegen  den  Landrichter  der  ersten  Instanz  so  ternichtend  ge- 


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—    221     — 

tho  Peweffum  vnd  [vnd]  Embden  paftor,  Hicke  van  Dornhum 
vnd  Petkum  Junckeren,  Roleff  Droft  tho  Embden,  vnd  Mefter 
Hinric(h)  Grawers  burchfcriuer  darfulffs,  vulmechtige  gedepu- 
terde  Commifsarien  defs  Edelen  vnd  woilgebaren  Heren  heren 
Edezarde  Grauen  tho  Oiftureslant  Ac  Jn  Taken  twifschen 
Hans  van  Lingen  vnd  Otto  van  Depholt  eyns,  vnd 
Doctor  Haien  Anderdels,  aengaende  Burgemeifter 
Humpen  vnd  Fofsen  zeliger  nhagelaten  guderen,  wair 
in  wy  in  Jegenwordicheit  des  Edelen  grauen  Jobans  Ac  Jn 
den  rechthuife  meftlich  erfchenen,  klage,  antwordt,  Replicen, 
Tummarien,  defenforien,  hillickesvoirworden.  Teftament,  thom 
leften  ein  fententie,  van  den  Lantrichter  vthgegangen,  dair 
van  de  kleger  appelleert,  vnd  tho  vnfer  vorhoringe  gekomen, 
flitich  hebben  gehoert,  auergelefen  vnd  tho  fynne  genomen. 

Hirmede  hebben  de  parten  tho  beiden  tzyden  gentzlick 
concludert,  vnd  wuften  derhaluen  nicht  nyes  voir  tho  brengen, 
vullenkomelicken  bewilliget  an  vns  mit  hanttaftinge  wat  wy 
derhaluen  erkennen  woirden  voir  recht  vpthonemen  vnd 
entlicken  dair  by  tho  bliuen,  dit  fus  beleuet,  angenhomen:  vnd 
van  einen  Jederen  parth  funderliche  geuordert,  vnfe  vthfprake s) 
eerftlich  darinne  tho  doen,  welck  wy  binnen  ein  maent  tho  ge- 
fcheen  belouet.    Doich  de  parten  tho  fruntfchup  radende  Ock 


handhabte  Ironie  die  Frage  nach  der  Person  des  ostfriesischen  Verfassers 
nahelegen,  so  darf  hier  wohl  die  Bemerkung  ausgesprochen  werden,  dass 
nnter  den  im  Eingang  genannten  Appellations-Commissarien,  Ulrich  von 
Dornum,  Poppo  Manninga,  Hicco  von  Dornum,  Drost  Rolef  (Cirksena)  und 
Hinrich  Grawers,  die  Ausarbeitung  eines  solchen  Schriftstficks  keinem  so 
sehr  zuzutrauen  ist  als  dem  Vorsitzenden  des  Gerichtshofes  Ulrich 
Attena  von  Dornum  selbst,  der  1481  in  Rostock  studiert  zu  haben 
scheint  (Sundermann,  Jahrb.  XII,  77)  und  nach  langen  streitbaren  Jahren 
als  Sdldnerhauptmann  sich  in  der  ostfriesischen  Reformationsgeschichte 
durch  das  kleine  Meisterwerk,  die  Schilderung  des  von  ihm  selbst  ver- 
anlassten  Oldersumer  Religionsgespraches  (1526),  ein  Denkmal  gesetzt 
hat.  Eggerik  Beninga,  sein  Schwager,  ruhmt  in  dem  Nachrufe  z.  J.  1536 
(Chronik  S.  707)  ausdrucklich  Ulrichs  Gelehrsamkeit  auch  in  „keyser- 
lichen  (=weltlichen)  Recht  en8.  An  Hicco  (Kankena)  vonDornum  (f  1554), 
der  1503  in  Koln  und  1506  in  Bologna  (Heinricus  =  Hicco)  studierte,  ist 
wegen  der  Bemerkung  fiber  inn  Bl.  144  b  (u.  S.  222)  kaum  zu  denken.      R.] 

*)  d  in  1  zu  besseni  gesucht. 

*)  In  der  Hs.  vnthfprake;  an  anderen  Stellen  hat  der  Schreiber  selbst 
rnth-  in  vuth-  verbessert,  vgl.  weiter  unten  vuthvoren,  vuthgefcheiden. 


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—    222     — 

dat  fe  nicht  in  eren  Rechte  vorfnellet  worden,  twailff  dagen 
vorgunth,  noch  vortobrengen  dat  einen  Jederen  tho  fyner  Taken 
vthdracht  beft  denen  mochte. 

Hirauer  hefft  meyns  6.  H.  Cantzler1)  itliche  Jnduction 
begerdt  van  wegen  doctor  Haiens,  foe  ock  fulueft  nha  des  mith 
itlichen  Jnformatien  itlicher  doctoren  vor  vns  erfchenen  vnd 
vorgebracht.  Ouerft  wider  vnd  lenger  tho  vor-  (Bl.  144 b) 
ftrecken  nha  luidt  fyner  egene  handtfcrifft  vtherlicken  begert, 
welck  oen  is  geftadet,  doich  myt  fulcher  mate.  Nachdem  wy 
Commifsarien,  vthgenomen  Hicko  van  Dornhum  Ac,  vaft  accor- 
deert,  de  faeke  mith  ripen  titlichen  Rhade  durchgefehen,  de 
rechten  darup  allenthaluen  voirlefen,  wolden  vnd  muften  proce- 
deren,  de  Sententie  vpt  forderlickfte  in  fchrifften  fetten,  Noch- 
tans  de  fuluigen  nicht  pronuntieren  er  de  tit,  de  vpgenante 
medebefeelhebberen  Ac  vnd  de  Cantzeler  itzundes  affwefende 
hyr  tho  lande  by  weren. 

Anfenckelich  alsdan  vormarcke  wy,  wo  de  beclaechte[n] 
fick  beduncken  leth,  wo  fe  (1.  he)  ein  gewunnen  recht  heefft  vnd 
de  fententie  fy  in  rem  iudicatam  gegangen,  darumb  de  klegers 
vorfumet  die  appellation  tho  rechter  beftemmeder  tit  in  den 
rechte  nicht  profequeert  vnd  voruolget  hadden.  Nochdem  dan. 
fo  ruchtich  vnd  ock  opentlich  tho  bewifen  is,  die  klegers 
alien  mogelicken  flith  hebben  vorgeweent,  Vnffen  g.  h.  auer- 
flodich  derwegen  myth  denftliche  demoth  alftedes  aengefocht, 


l)  [Der  Dr.  Haio  Hompens  Sache  vertretende  ostfrieaische  Kanzler 
kann  nur  Wilhelm  Ubbena  sein  (in  Emmius  handschriftlichem  Catalogus 
magistratuum  z.  d.  J.  1609—1520  auch  Wilhelm  von  Emden  oder  Wil- 
helm Remedes  genannt,  also  vielleicht  ein  Sohn,  jedenfalls  aber  ein 
Verwandter  des  Emder  Ratsherrn  Remet  Ubbena  (1494—1514)  und  An- 
gehSriger  der  in  Emden  und  Larrelt  ans&ssigen  Familie  Ubbena,  vgL 
Emmius,  R.  Fr.  H.  ad  a.  1506,  S.  661 :  Guilhelmus  Vbbius  Cancellarius, 
Larleti  honesto  loco  natus,  S.  881  ad  a.  1534 :  Cancellarius  in  papismo 
vehemens  fuit,  Harkenr.  Oorspr.,  S.  285).  Ein  Ratsel  ist  aber  vorlaufig, 
wenn  nicht  ein  Irrtum  vorliegt,  wie  ihn  Alardus  von  Amsterdam  in  der 
VoiTede-Epistel  zu  R.  Agricolae  Lucubrationes  II  (Coloniae  1539)  Dr. 
Haios  8leiblichen  Bruder"  nennen  konnte :  Agricolas  Briefe,  die  Alardus 
von  PompeiusOcco  erhielt,  waren  diesem  (ibersandt  worden  „  a  fratreger- 
mano  Haionis  soceri  sui  —  in  der  That  war  Dr.  Haio  aber  Occos  Schwieger- 
sohn  —  Guielmo  Vbbino  orientalis  Phrisiae  cancellario  uiro  non  solum  dome- 
stica  fortuna  ac  maiorum  suorum  imaginibus,  uerum  etiam  religionis 
uerae  Christianae  ac  morum  integritate  Phrisiam  suam  illustrante*.  RJ 


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—     223     — 

mach  fyn  gnaden  mit  mercklicken  anliggenden  fch(r)iflften  be- 
hafft,  villichte  nicht  hebben  koenen  voerwaren.  Eder  fyn  g. 
vth  luther  mildelicker  gunft  vnd  gnade  hebben  fulchs  doctor 
Haien  tho  guiden  gedaen  vnd  fyne  bykumpft  vorbeidet,  vp 
dat  he  Jn  egener  perfonen  by  fyner  faeke  fulueft  queme  vnd 
de  nha  nothtrufft  mit  den  besten  rechte  moechte  vuthvoeren. 
Wente  dan  die  vorfumenifse  vnd  fchulde  by  den  appellan- 
ten  nicht  gelegen,  Reftituere  wy  den  fuluigen  tho  orhen  vullen 
vorigen  rechte,  nha  luidt  des  capituli  ex  ratione  extravagan- 
tium  de  appellatione  (=  Decretalia,  Buch  II,  Titel  28,  Cap.  8). 
daer  fick  gemeenlichen  alle  doctoren  in  funderen,  dar  bliue 
wy  ock  gentzlich  by  vnd  weten  daraff  nicht  tho  wiken. 

Woe  nhu  de  Lantrichter  x)  fo  vorgeten  offt  vormeten  is 
geweft,  dat  he  klaer  Lantrecht  voerwerpe,  Hillicksvoirworden 
vnangefehen  voirbygheyt,  wo  woill  de  (Bl.  145 a)  myt  vnfes 
g.  h.  a.nhangende  ingefegell  beueftiget,  late  wy  one  vor  Godt 
vnd  den  luden  vorantworden  vnd  vp  fyner  kappen  ftaen. 

2)  Hillicksvoirworden,  nicht  allein  hir  to  lande,  dan  ouer 
gantze  gemene  Frieflandt,  fyn  foe  krefftich,  bundich  vnd  ftarck 
in  dem  fwaenge  vnd  gebruicke,  dat  men  de  alderwegen  onuoir- 
feert,  vnuorandert,  oeningebroken  recht  ftaende,  vnuorrucket, 
in  oeren  worden  vnd  weerden  ftendich  holdet  vnd  bliuen 
leeth,  alle  nye  infpiringe  vnd  lifticheit  buitengefloten,  Sunder 
alfo  de  fuluigen  principalicken  gehandelt,  gededinget,  gefcreuen 
vnd  vorfegelt  fyn,8)  funder  alle  tho,  offte  affdoent  recht 
ftaende  warende. 

De  Claufulen  des  hillicksvorworden  vnd  Teftamentz  tegen 
ein  ander  gefeth,  vp  dat  de  warheit  des  tho  helle(r)  er- 
fchine,  Auerwinnen,  voirdriuen,  douen  vnd  doden  de  erften 
vnd  de  leften,  nha  inholt  der  hillicksvorworden  ludende  aldus: 
Frouke  bringet  mede  dat  oeher  Humpe  vnde  Fofse  geuen, 
hundert  graefe  landes  Ac,  Span,  Armger,  Schartzam4),  vorheuen 


•)  [Fur  1526  und  1527  verzeichnet  eine  handschriftliche  BOfficianten- 
Liste"  (Ms.  18)  als  ostfriesischen  Landrichter  Jeltco  Brunders  (=Jeltco 
van  Idcrhave,  spater  Drost  in  Berum?).    R.] 

»)  Am  Rande  hinzugefttgt :  Nota. 

*)  aus  fynt  corr. 

4)  Ueber  diesen  friesischen  Frauenschmuck  vgl.  Jahrb.  X  2,  1893, 
S  73;  Armger  ist  unbekannt. 


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—     224    — 

gordell  vnd  anders  gekledet  nha  eerlicher  gewoenlicher  wife. 
Vnd  nha  Humpen  vnd  Fofsen  beider  doet  fall  Frouke  weder 
inbringen  wat  fe  entfangen  heftt  vnd  dan  mit  broderen  vnd 
fufteren  delen,  hebben  fufter  deell,  vthgenom(en)  dat  huis  dar 
Humpe  vnd  Fofse  in  woenen,  welck  Haie,  Froucken  broder, 
fall  tho  voeren  aff  hebben,  alfoe  dat  fteit.1) 

Des  Teftamentes  Claufule  wornach  dat  Haio  vor  aff  fall 
hebben  dat  huis  mit  den  weenie  (Bl.  145 b)  vnd  de  boden  vnd 
mith  alien  inguderen  vnd  huifsgerade  vnd  wat  dar  is,  nichts 
vuthgefcheiden,  volget  in  dufse  menunge,  nha  Humpens  vnd 
Fofsens  dode  fullen  broder  vnd  fufteren  beide  ohere  famptliche 
nhagelatene  guderen  deilen,  nha  Eemfinge  Lantrecht.  Emefinge 
Lantrecht  is,  dat  de  broeder  myt  twen  handen,  vnd  de  fufter 
myt  einer  totaftet,  Beholdende  den  broeder  den  heerdt  vQraff 
mith  foe  voele  dat  he  hilligen  vnd  heren  dairuan  foil  mach 
dohen,  vnd  der  fufter  dat  Smyde. 

lam  teftamentum  feruandum  eft  quatenus  Lex  et  fua  natura 
patitur  et  non  vltra  (L.  Cerdonem  ff.  de  operis  libertorum 
=  Digesta,  Titel  38,  1,  Lex  42).  Sed  dictio  „omnisa,  facit, 
quod  comprehendantur  omnia  quae  comprehendi  poffunt,  ex 
natura  fermonis  (Bartolus  L.  qui  habebat,  de  legatis  3 
=  Bartolus2)  zu  Digesta,  Titel  32,  Lex  101).  Quia  pacta  funt 
feruanda  et  cuftodienda  (L.  Juris  gentium  §  pretor  ff.  de 
pactis  =  Digesta,  Titel  2,  14,  Lex  7,  §  7.  vt  etiam  vult 
Speculator,   Hoftienfis,  Baldus,  Alexander3)  in  diuerfis  locis), 


»)  [1630  verkaufte  der  Bhochgelehrde  Doctor  Haeyo  Hompens*  sein 
v&terliches  Haus  auf  der  Westseite  der  „Deichstrassea  in  Emden  an  den 
Brauer  Tonnys  (Contracten-Protokolle  1530,  S.  145);  es  gehorte  1566  dem 
Bierbrauer  und  gr&flichen  Accismeister  Philipp  Hoykens  (Brenneysen  I. 
S.  307  u.  347)  und  muss  an  der  Westseite  der  heutigen  Kiunderburg- 
strasse  schrag  gegenuber  der  Klunderburg  an  der  Nordecke  der  Schul- 
strasse  gelegen  haben.    R.] 

*)  Bartolns  de  Sassoferrato,  der  beriihmteste  Rechtslehrer  des 
Mittelalters,  1314—1357.  Vgl.  v.  Savigny,  Geschichte  des  Romischen  Rechts 
im  Mittelalter,  2.  Ausg ,  Bd.  6,  S.  137-184. 

*)  Speculator  ist  der  ubliche  Name  fur  Guilielmus  Durantis 
1237—1296,  vgl.  J.  F.  von  Schulte,  Die  Geschichte  der  Quellen  u.  Lite- 
ratur  des  Canonischen  Rechts,  Bd.  2,  S.  144  ff.  Savigny  6,  571  ff.  — 
Hostiensis  f  1271,  vgl.  v.  Schulte  a.  a.  0.,  S.  123  ff.  —  Baldus  de  Ubaldis 
1327—1400,  vgl.  Savigny  6,  208  ff.  —  Alexander  de  Imola  f  1477,  vgl 
Savigny  6,  312  ff. 


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-     225    — 

Teftator  Temper  praefumitur  fuam  difpofitionem  velle  intelli- 
gere  et  modificare  fecundum  Juris  Municipalis  difpofitionem 
(Alexander  Confilia  14.  4  parte,  Joannes  de  Imola1)  in  L. 
[heredes  §  cum  ita  ff.  ad  trebell.  durchstrichen!]  fmali  de  con- 
dicionibus  et  demonstrationibus  =  Digesta,  Titel  35,  Lex  113[?]. 
Dinus,  Bartolus  et  Angelus2)  in  L.  heredes  §  cum  ita  ff.  ad 
Trebellianum  =  Digesta,  Titel  36,  1,  Lex  59,  §  1,  et  plenius 
in  confilio  Andre  Barbatiae3)  fpectabilis).  Obligatio  nanque  eft 
mater  actionis  et  Iuris  vinculum. 

Hirmede  weren  Humpe  vnd  Fofse  zeliger  foe  harde  ver- 
bunden,  dat  fe  hillicksvorworden  vnd  klare  Lantrechten,  daran 
fe  beleuet,  geenes  finnes  mochten  vntlediget  vnd  afflegen 
worden,  bederuen  ock  geen  ander  probation,  declaration  offt 
interpretation  hir  intholaten. 

Quia  verba  clara  non  patiuntur  interpretationem,  neque  his 
addendum  neque  minuendum  est.  (Bl.  146 a)  Namque  verba 
statuti  adeo  funt  intelligenda,  quod  ab  eis  non  eft  receden- 
dum  (Bartolus  in  L.  conftitutum  ff.  de  militari  testamento 
=  Digesta,  Titel  29,  1,  Lex  21)  et  nunquam  funt  calum- 
nianda,  fed  fane  intelligenda. 

Dat  nhu  Frouke  nha  vormoge  der  hillicksvorworden  fall 
vnd  moeth  vor  eerften  aff  alles  weder  inbringen  wat  fe  der- 
wegen  entfangen  hefft,  golt,  fuluer,  fmide,  erfguidt  vnd  anders, 
vnd  dan  fall  fe  fufter  deel  hebben :  Woe  kan  vnd  mach  klairer 
vnd  opentlicher  voirblycken  Humpe  vnd  Fofsens  gemoete  in 
dufsen  fall,  dan  wan  foedaens  vander  fufter  gefcheen,  fal  fe 
moten  [lies  mit]  oerhen  anderen  fufteren  einen  frien  thoganck 
hebben,  tho  golt,  fuluer,  fmide,  vnd  alien  anderen  guderen  repp- 
lick  vnd  vnreplick,  allene  vthgenomen  dat  huis  datze  tho  be- 
wonen  plegen  fall  de  broder  vor  aff  hebben  foe  dat  fteit. 

Dufse  bewillunge  is  lickformich  den  Lantrechten  bouen 
angetogen,  ock  vorliket  fick  mith  des  Teftamentes  nhauolgende 
Claufulen,  dat  nha  der  beider  olderen  doet  broderen  vnd  fufte- 


»)  Ueber  die  Consilia  des  Alexander  de  Imola,  vgl.  Savigny  6,  318. 
—  Joannes  de  Imola  f  1436,  Savigny  6,  277  ff 

*)  Dinus  de  Mugello  f  bald  nach  1298,  Savigny  5,  447—464.  — 
Angelus  de  Ubaldis  1328—1407,  Savigny  6,  249—255. 

»)  Andreas  Barbatia,  geb.  zu  Messina  urn  1400,  f  1479  zu  Bologna, 
Savigny  6,  481. 

Jahrbach  der  Gesellsch.  f.  b.  K.  a.  vaterl.  Altertttmer  za  Emden,  Bd.  XIV.  J6 


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—     226    — 

ren  oerhe  famptliche  nha  gelaten  guderen  fullen  nha  Emefinge 
Lantrecht  delen. 

Hir  hebben  wy  oick  ein  generaell  woirdt,  famptliche  guder, 
dat  den  hillickesvorworden  tho  ftuhre  kumpt.  Nam  appellatione 
omnium  bonorum  precipue  omnium  relictorum,  vt  hie,  venit 
quod  quis  potest  vendicare  etc.  Modo  precedens  Claufula  in 
pactis  dotalibus  clara  eft  maioris  efficatie  ad  determinandum 
fequentia  quam  fequens  Testamenti  ad  determinandum  prece- 
dentia.  Cum  qualitas  nimia  reprobatur  et  verba  generalia 
non  fufficiunt,  quando  mentio  fpetialis  fieri  debet,  Ita  intelli- 
guntur  de  fimilibus  fpetialiter  expreffis.  Nam  generalia  verba 
reftringuntur  ad  fimilia  exprefsa  (Cardinalis x)  in  Clementina 
de  procuratoribus  =  Clement.  Liber  I,  Titel  10)  et  fie  de 
fimilibus  ad  fimilia  rite  procedendum  est.  (Bl.  146 b)  Sit  gene- 
ralis  fermo  quicunque  fuerit,  nunquam  conprehendit  prohibita 
neque  concludit  cafus  fraudulentos. 

Anders  tho  feggen  vnd  anders  tho  menen,  vnd  bouen 
klare  ouerkumpfte  vnd  fchinbarliche  vorfegelinge  ander  pro- 
bation totolaten,  dat  weer  velen  liftigen  vnd  frywaren  men- 
fchen  de  porte  der  bedregerie  veils  to  widt  vpgedaen,  welck 
de  rechten  ftarck  vorbeden.  Imo  efset  permaxima  iniquitas  et 
circumuentio,  fraus  et  dolus,  quae  nemini  debet  patrocinari. 
Quare  verba  generalia  et  captiofa  funt  euitanda  et  non  profunt 
fallenti.  Sint  quaecunque  verba  voluerint,  femper  fumenda 
funt  in  potiori  fignificatu,  ex  quo  ceffat  odium  et  nulla  ex  tali 
intellectu  refultat  iniquitas  (c.  ad  aud.  de  deci.=?).  Adest2)  etiam 
vrgens  caufa  reftringendi,  Si  pacta  alias  dotalia  inmobiliter 
illefa  obferuari  debent  Neque  aliquo  contrario  actu  inualidari, 
infringi  aut  retractari  poffunt.  Hoc  permifso,  ex  eo  nafceren- 
tur  abfurditates,  innumere  lites,  difcordie,  fraudes,  controuerfiae. 
contentiones  infinite  et  indeterminabiles,  vt  supra  tactum. 

Cum  Iuris  liquidifsimi  est,  pacta  dotalia,  quae  dotis  con- 
ditionem  deteriorem  non  reddunt,  funt  feruanda  (L.  finalis  § 
finalis  C.  de  rei  vxoriae  actu  =  Codex,   Titel  5,  13  am  Ende), 


»)  Die  Hs.  hat  nur  die  Abktirzung  »Car.\  deren  mir  nicht  gelungene 
Auflflsung  ich  Herrn  Geh.  Justizrat  Prof.  Dr.  Frensdorff  zu  G6ttingen  ver- 
dank©.  Gemeint  ist  die  Lectura  super  Clementinis  des  Cardinals  Francis- 
cus  de  Zabarellis  (1335—1417),  vgl.  Schulte  2,  283  ff. 

*)  In  der  Hs.  in  zwei  Wtfrtern. 


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—    227     — 

quanto  magis  ilia  non  funt  feruanda,   quae   conditionem   dete- 

riorem  reddunt  (L.  de  die1)  ff.  de  pactis  dotalibus  =  Digesta, 

Titel  23,  4,  Lex  14).    pactum   namque   fauorabile  pofitum   in 

fauorem    alicuius    non    potest    in   eius   odium   redundare   (L. 

quod   fauore    C.    de    legibus    et    conftitutionibus    principum 

=  Codex,   Titel   1,   14,   Lex  6).     Mutare   conf ilium  quis   non 

poteft  in  alterius  detrimentum  (L.  non   potest  mutare  ff.  de 

regulis  Iuris   =  Digesta,   Titel  50,   17,  Lex   75).   Quod   femel 

placuit,  amplius  difplicere  non  potest  (de  regulis  Juris  Liber  6 

=  Liber  Sextus  Decretalium,   Buch  5,   Titel   12,   Regula  21). 

(Bl.  147 a)2)  Dit  fulue  vorutgelecht  mitten  nhafolgende  Rechten. 

nemen  wy  vorgenoempte  Commifsarien   Godt  voir   ogen    vnd 

kennen  vnd  vthfpreken  vor  recht,   dat   ergenante   doctor  Haie 

de  hillicksvorworden  voir  alien  dingen  aff  fchuldich  vnd  plich- 

tich  is  in  alien  oren  Articulen  vnd   puncten,   fo   de  gededinge 

begrepen  vnd  vorfegelt  fyn,    onuorlettet3)  tho  holden,   ane  alle 

andere  nye  inforinge  vnd  gefeerde ;  dar  nhu  einigerleie  gebreck 

infallen  weer,  fall  erftes  dages  vulenthogen  vnde  vullenkamener 

genoege  Hanfs  van  Lingen  van  doctor  Haio  vorgudet  vnd  vul- 

daen  werden. 

Voert  mehr,  wan  nha  vormoege  der  hillicksvorworden 
Frouke  dat  fulue  oir  medegeuen  is  an  golt,  fuluer,  fmide  vnd 
andere  guideren  replik  vnd  vnreplick  weder  inbringet,  fall  fe 
myt  or  fufter  alle  golt,  fuluer,  fmide,  vnd  wat  daer  mer  is 
in  reden  gelde  vnd  erffguideren,  nha  Emefinge  Lantrecht  mith 
oren  broeder,  Doctor  Haien,  moegen  delen  vnd  geneten.  Nicht 
weder ftaende  die  Claufule  des  Teftamentes,3)  dair  or  broder 
fchall  hebben  dat  huifs  Ac  mith  al  dat  dar  is,  nicht  vthgenomen. 
Wente  de  Claufula  in  der  hillicksvorworden  begrepen  binth 
Doctor  Haien,  nicht  mher  vorafftonemen,  behaluen  offt  vth- 
genomen dat  huifs  alfo  dat  fteit. 

Want  men  nhu  ein  huifs  vorhuert,  vorkofft  edder  vth 
der  handt  enwech  gifft,  alfs4)  fteit,  koenen  in  genen  wegen 
de  guider,  de  in  den  huifse  fyn,  billichen  vorftaen  worden,  dan 
alfet  fteit  dat  is  fo  guidt,  fo  quaedt,  fo  groith  offte  klein  alfet 


»)  Die  Hs.  hat  diet,  ein  Versehen  des  Abschreibers. 
*)  Am  Rande  hinzugesetzt :  Nota. 

3)  Am  Rande  eine  hinweisende  Hand. 

4)  1st  zu  lesen  alft  (=  als  et)  ? 

15» 


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—     228     — 

is.  Contrahentiu(m)  enim  verba  grofsa  (1.  grofso)  modo  probata 
groffo  modo  intelligi  debent.  Hoc  Iuris  rigore  dictum  efse  vo- 
lumus.  Quoties  enim  idem  fermo  duas  fententias  exprimit, 
potiffimum  accipiatur,  quae  rei  gerendee  aptior  est.  In  ambi- 
guis  refpondere  pro  dote  melius  est  (ff.  de  regulis  Iuris  =  Digests, 
Titel  50,  17,  Lex  85).  (Bl.  147 b)  Nochtans,  Toe  wy  ock  machit) 
hebben  in  der  goede  tho  handelen,  vnd  dufse  fake  vaft  gun- 
ftiglich  vnd  twifschen  frunden  gelegen,  moegen  wy  woill  er- 
liden  mith  willen  vnfes  g.  h.  de  Claufule  alfet  fteit  pro  dorao 
inftructa  woirde  genomen,  woe  anders  doctor  Haio  fyne 
fufteren  fruntlichen  beiegent  vnd  oen  ein  redelicke  erkentenys 
vnd  gedechtenis  daraff  geuen  woirde.  So  kandt  nochtans  dit 
huifs  gene  wyn  vth  fynen  egen  kelder  nha  fick  trecken,  wy 
fwigen  daen  golt,  fuluer,  fmide  offt  gelt  vth  befmeden  kiften 
(L.  ficta  ff.  de  fundo  inftructo  =  Digesta,  Titel  33,  7,  Lex  26? 
facit  ad  hoc  Lex  cum  de  Laicis l)  eodem  tit.  in  fine  =  Digesta. 
Titel  33,  7,  Lex  18  Cum  de  lanionis !  L.  fundo  legato  ff.  de 
fuppellectile  =  Digesta,  Titel  33,  10,  Lex  14).  weer  ock  noempt- 
lichen  van  golde  vnd  fuluer  vthgedruckt,  alfe  hir  nicht  is  ge- 
fcheen,  foe  kanth  noch  geen  gemuntet  gelt  begripen  (L.  cum 
aurum  et  argentum  ff.  de  auro  et  argento  legato  =  Digesta. 
Titel  34,  2,  Lex  19.  •  L.  fi  mihi  menia  =  Digesta,  Titel  32, 
Lex  92  Si  mihi  Maevia.  L.  Quintus  Mutius  eodem  titulo 
=  Digesta,  Titel  34,  2,  Lex  27).  —  oppofitio  L.  quibus  allegata 
ft.  de  conditionibus  et  demonftrationibus  (=  Digesta,  Titel  35, 1- 
Lex  40)  magis  refragatur  appellato  quam  fuffragatur.  Nam  hoc 
vult  ilia  lex,  quod  dies  impediment  non  computatur  in  ter- 
mino.  Adfunt  literae  inhibitoriae  Gratiofi2),  quibus  appellantes 
prepediti,  ergo  Ac.  De  wederworp  van  L.  quefitum  (=  Digesta, 
Titel  35,  1,  Lex  57?)  foluert  de  text  fulueft.  Alfoe  oeck  L. 
fi  ita(=?)  doet,  by  namen  in  der  glofsen,  et  cum  his  concordat 
Bartolus.     Des  fuluen  geliken  L.  Balifta(=?)  parum  aut  nichil 


*)  Ueber  der  zweiten  Halfte  des  Wortes  ein  Strich,  in  der  Vorlage 
unserer  Hs.  wird  also  laiois  mit  Strich  daruber  (=  lanionis)  gestanden 
haben. 

2)  Ein  Gratiosus  wird  unter  den  Glossatoren  nicht  genannt,  es  wird 
also  vielleicht  an  ein  praktischen  Zwecken  dienendes  populares  Hulfs- 
buch  de  terminis  zu  denken  sein. 


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—     229     — 

facit  ad  rem,  Plcut  patebit  intuenti,  fi  oppofitio  Bartoli  inter 
quicquam  et  quantacunque  pecunia  recte  profpexerit. 

Thorn  leften  dat  Hans  van  Lingen  folde  alfo  ein  executor 
des  teftamentes  hiruth  genaten  vnd  genomen,  darumb  hadde 
beleuet  an  den  Teftament  vnd  vormochte  derwegen  hir  nicht 
wederumb  entegen  kamen,  woe  dan  alrede  gefcheen,  So  hadde 
nochtans  Frouke  nicht  beleuet,  der  de  faeke  vpt  meefte  angheit 
(L.  fi  pater  ff.  de  collatione  dotis  =  Digesta,  Titel  37,  7,  Lex  4), 
quod  filia  habebit  etiam  dotem  praecipuam  et  legatum.  De 
frouwesperfonen  finnen  ock  per  beneficium  Velliani  maech- 
licken  in  mannigerhande  wife  foe  preuigeleert,  datmen  fe 
nicht  lichtlicken  vangen  edder  vorfnellen  mach,  Jdt  fy  dan 
fake,  dat  fe  gans  dorch  den  Notarium  vorfekeert  vnd  bericht 
werde,  dat  fe  der  faken  grunt  gans  erinnert  vnd  ein  egentlick 
vorftant  hebben  moegen,  darmede  men  fe  vorplichten  vnd 
vorbinden  will.  Hadde  nhu  Frouke  dem  (Bl.  148 R)  handel  vther- 
lick  geweten  vnd  mith  willen  oeres  maens  hirin  confentert, 
foe  hadde  fe  or  recht  vortogen,  vnd  dat  weer  or  vnd  den 
anderen  fufteren  fchedelich  vnd  gantz  affdrechtich  geweeft. 

Welck  nicht  gefcheen,  darumb  in  dufsen  fall  ghein  gene- 
ral vnd  duncker  rede  ghelden  moethen.  Obfcuritas  enim 
fermonis  contra  proferentem  interpretari  debet  (L.  fi  Labeo 
fcribit  ff.  de  contrahenda  emptione  =  Digesta,  Titel  18,  1, 
Lex  21.  c.  L.  fi  arborem  §  haec[=?].  L.  et  tibi[=?].  Bartolus  Ac). 
Jtem  mith  vthgedruckten  noemplichen  woerden  moetmen  in 
fodane  faken  handelen  (L.  quefitum  de  legatis  3  =  Digesta, 
Titel  32,  Lex  78.  L.  fun.  pall.  [=?].  Sintemaell  dan  de  lant- 
richter  de  hillicksvorworden  auergefprungen,  die  Claufule 
des  Teftaments  meher  dan  halff  in  de  vedderen  geholden, 
Rechten  hir  tho  allegert  dufser  faeken  twydregende,  Thorn 
leften  van  einem  Calendario  Thefaurum  perpetuum  gemackt, 
darin  he  den  voeth  gantzlichen  beueftiget  vnd  alle  fyn  werck 
darin  fundert  hefft,  is  gantzlick  den  Rechten  onmetelick  vnd 
mith  alien  tho  vorwerpen,  Nachdem  enen  Jderen  binnen  vnd 
buten  Embden  kundich,  woe  felige  Humpe  all  fyn  gelt  vp 
einen  dach  in  groenen  guiden  Eruen  mochte  beftadet  hebben, 
Jd  weher  onuorholden  tho  gelike  dair  hen  gefloten. 

Alfo  nhu  doctor  Haio  fulffs  in  fyn  fcriftliche  auerantworde 
Refpons  opentlich  belyet  in  fyn  ander  gefette  int   laefte,   dar 


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he  de  fchulth  vnd  vorfumenifse  den  fchriuers  vplecht.  Voirt- 
meher  woe  fyn  groteuader  vnd  grotenioder  fcriueren  vnd  ge- 
meinen  man  nicht  wolden  ore  rickdom  wifsmaken,  wo  woill 
vp  dat  maell  or  penninck  gantz  weinich  was,  fo  fe  dat  in 
landt  vnd  eruen  daglicks  vthgeuen.  lam  imputetur  fibi  ipfis, 
quod  non  exprefserunt  quae  de  iure  necefsario  exprimi  de- 
buifsent.  Ista  est  confefsio  mera  Juditialis  in  libello  vel  pofi- 
tionibus  producta,  ergo  probat  L.  cum  precum  per  glofsam  in 
verbo  tuarum  et  doctores  C.  de  liberali  causa  (=  Codex, 
Titel  7,  16,  Lex  9  mit  der  Glosse  und  den  Doctores  zu  dem 
Worte  tuarum)  et  Baldus  in  additione  speculi  de  confefsione1). 
Tollit  deindo  Juris  praefumptionem  inductam  fauore  confitentis 
Baldus  in  L.  in  contractibus  4.  9  de  nup.  pe.(=?),  et  talis  con- 
fefsio probat  quoad  condemnationem  Ac. 

Eodem  modo  confitetur  pecuniam  fuisse  ab  eo  numeratam 
fculptam  habens  formam,  cum  iam  pecunia  fignata  Temper 
(Bl.  148 b)  habetur  vt  expendatur  (ff.  L.  1.  de  contrahenda 
emptione  =  Digesta,  Titel  18,  1,  Lex  1).  Ideo  habetur  tam- 
quam  venalis,  et  id  quod  est  ve[ne]nale  legato  vniuerfali  non 
cedit,  vt  L.  pediculis  §  item  cum  quereretur  ff.  de  auro  et 
argento  legato  (—Digesta,  Titel  34,  2,  Lex  32,  §  4).  Haec 
Bartolus.  Quare  ea  fola  videntur  esse  in  fundo,  quae  ibi  funt 
et  perpetuo  fint  et  non  vt  expendantur  (Bartolus  de  3°  L.  que- 
fitum  §  predia  =  B.  zu  Digesta,  Titel  32,  Lex  78,  §  2). 

Mit  dufsen  vnd  alto  vole  meher  rheden  hir  tho  langk 
vallende  is  bewiflich  vnd  rechtformlich,  dat  de  lantrechter  ouell 
heft  gefententiert,  vnd  van  den  klegers  woll  fy  appelliert.  So 
ock  doctor  Haio  mitten  huefe  dat  gelt  dat  dar  in  is  alftedes 
heft  willen  winnen.  Soe  is  oick,  dat  he  edder  fyne  vormunder, 
de  Tick  des  huifses  anmeten  vnd  angenomen  hebben,  voir 
fumme  des  geldes  richtlichen  antworden  [laeten  durchstrichen] 
moeten  offte  Tick  purgeren  als  yt2)  fick  nha  recht  gebuert.  — 

Vander  anderen  appellation,  zeligen  Heben  nhagelaten 
guederen  andrepen,3)  Seggen  wy  den  lantrechter  nha  dem  Ede 
v.  g.  gedaen,   dar  he  klair  lantrecht  vor  fick  hefft,  gantz    fy 


f)  Ueber  die  Additiones   des  Baldus  zum  Speculum  iudiciale    des 
Guilielmus  Durantis  vgl.  Savigny  5,  587. 

*)  „als  yttf  von  Beninga  aus  Bas  fet*  corr. 

5)  Am  Rande  von  Beninga  hinzugef. :  betagen  lof  goderen. 


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—    231     - 

vorple(cht)  darna  tho  rechten.  Alfs  dan  de  guider  betogen, 
licht  nicht  daran,  offt  dat  kint  na  oder  voir  der  moderjterfft, 
wente  idt  is  van  der  moder  wegen  allikewoill  bethogen, 
darumb  vallen  fodane  guideren  an  de  fibbefte  handt.  Alfo 
nhu  men  ein  broder  vnd  twe  fufteren  fyn,  betemet,  dat  Te  dit 
fulue  gudt  nha  befchreuen  lantrecht  gelick  leefflichen  delen. 
Hir  entegen  vechtet  nicht,  Jdt  is  fecundum  Johannem,  fecun- 
dum  Haionem,  Gallikonem  eder  Wiardum1)  fo  geholden:  de 
Euangeliften  finnen  vns  vnbekant,  bliuen  by  dit  vnd  wifen 
dat  befcreuen  Lantrecht  krefftich  tho  fyn,  dar  Tick  de  parten 
allenthaluen  fullen  nha  rechten.  Sufst  taxatien  der  onkoften 
hir  up  gelopen  beholden  wy  dit  maell  vor  vns  thot  fyner  titt 
to  declareren.  Jn  meherder  vorftarckunge  dufses  hebben  wy 
bouengemelte  Commifsarien  vnfe  gewoentliche  pittfchyr  ein- 
drachtigen  hirunder  ahn  doen  drucken.  Jnt  Jaer  domen 
fchreff  dufent  viffhundert  vnd  fouen  vntwin(tich). 

Perlectam  et  diligenter  aufcultatam  prefentem  hanc 
Copiam  cum  fuo  autentico  et  infcriptorum  omnium  Commifsa- 
riorum  figillis  corroborato 2)  atque  illefo  originali  verbatim 
concordare  teftatur  Hermannus  Probus  Ultraiectinus  Notarius 
publicus  et  iuratus  hac  fua  fubfcripta  et  confueta  manu. 

HProbus  Vltraiectinus. 


Beilage  VIII. 

Aden   aus   einer  Erbschaftsklage  zwischen   den  Erben   des  Johan 
Northoren*)  und  seiner  Frau  AlheiL 

Stuck  17  der  Hs.  =  Bl.  149 a  ff.:  Johan  Northoren  vnd  Aleijt 
fijn  echte  huijffrouwe  hebben  dre  kinder  in  de  echte  getoegen: 


*)  [Diese  „Evangelisten"  sind  wahrscheinlich  dieJLandrichter  Hayo, 
Dodena  (1476— 1483),  Johannes  Huesman,  Rud.  AgricolasBruder  (1489— 1507), 
Wiard  Meckena  (1511-1514)  und  Jeltco  (=Gallico  ?)  Brunders  (1526  u.  1527) 
vgl.  U.  Emmiu8,  Catal.  magistr.  Emdan.  z.  d.  J.  1476—1627.    R.] 

*)  In  der  Hs.  corrobata. 

*)  [Ms  Johann  Scroder  erscheint  er  in  Geldangelegenheiten,  die  ihn 
als  wohlhabenden  Mann  zeigen,  mit  seiner  Frau  Alheid  schon  i.d.J.  1499 
und  1500  (Friedl.,  Urk.  1618  und  1668,  vgl.  Urk.  1035  v.  J.  1480).  Die  Iden- 
tity von  Joh.  Scroder  und  Joh.  Kannegeter  von  Northoren  ;ergiebt  sich 


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—     232     - 

Lubbert,  Johan  gebroederen  vnd  Hille  des  Rentemefters  huel- 
urouwe.  —  Lubbert  heft  eijnen  foen  Johan  Lubberts  geheten  nae 
gelaeten.  Johan  heeft  twe  kinderen  Johan  vnd  Lucke  geheten 
nae  gelaeten.  Hille  ijs  van  hoeren  vader  vnd  moeder  anden 
Rentemefter  beraden  vnd  hoer  medegeloeft  nae  der  vader  vnd 
moeder  doot  broeder  deel. 

Johan  Northoern  vnd  Alheijt  beraeden  Lubbert  oeck  vnd 
geuen  hem  mede  wt  hoeren  famptlicken  goederen  60  grafe 
landes  vnd  eijn  hues. 

Daernae  fteruet  Johan  Noerthoren  vnd  eruet  fijn  goet 
nae  rechte  op  fijn  dre  kinderen,  foe  dat  Lubbert  dat  darden 
deel  boeuen  fijn  bruetfcap  in  fijnes  vaders  goet  hadde,  wewal 
de  moeder  Alheijt  den  lijfftucht  van  hoers  mans  goederen  hoer 
leuent  lanck  behilt. 

Nae  Johan  Noerthoeren  fteruet  Lubbert  vnd  fijnen  ent- 
fangenen  bruetfcat,  daer  toe  de  egendom  vnd  gerechticheijt 
van  dat  darden  deel,  dat  he  in  fijnes  vaders  goet  hadde,  daer 
de  moeder  de  lijfftucht  in  hadde,  op  fijnen  foene  Johan  Lubberts. 

Deffe  Johan  Lubberts  fteruet  junck,  doch  als  fijnes  vaders 
broeder  Johan  al  doot  was  vnd  de  groetemoeder  Alheijt  vnd 
Hille  Rentemefters  noch  leueden. 

Nu  ijs  queftie,  op  welcken  diffes  jungen  Johan  Lubbers 
goet  (welcker  toe  loeue  ab  inteftato  verualt)  aruet.  oft  het  op 
de  groetemoeder.  oft  op  de  rentemefterfche,  edder  op  des  oems 
Johans  kinderen. 

Soe  holden  nu  deffe  Lantrechten,  als  dat  fulue  de  Lant- 
rechter  in  fijner  fententien  anteeckent,  Dat  alle  arffgoet  welcker 
toe  loue  ab  inteftato  verualt  (als  dijt  ijs)  erue  op  den  geenen 
daer  idt  van  wtgekoemen  ijs,  vnd  nicht  op  dat  negefte  bloet 
Alfoe  dat  vanden  vader  edder  groetevader  wtgekomen  ijs. 
dat  valt  weder  daer  hen  oft  op  hoeren  aruen;  Dat.  vander 
moeder  edder  groetemoeder  wtgekoemen  ijs,  dat  valt  weder 
daer  hen. 

Nae  dem  nu  deffe  Johan  Lubbers  goet,  noemptlick  fijnes 


aus  den  Contr.-Prot.  z.  J.  1519  (S.  305),  wo  Joh.  Scroder  von  Northoren 
mit  seiner  Frau  Alheid  und  seinem  Sonne  Lubbert  als  Besitzer  eines 
Hauses  an  der  Sudseite  der  Grossen  Strasse  in  Emden  genannt  wird; 
dasselbe  Haus  gehorte  1535  (Contr.-Prot.  S.  607)  den  Erben  des  verstorbenen 
Lubbert  Kannegeter.    R.] 


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—    233     — 

vaders  bruetfcat  de  hem  allene  oeuergeleuert  was,  de  helffte 
van  Johan  Noerthoeren  de  ander  helffte  van  Alheijt  wtge- 
koemen  was,  foe  wijfet  de  Lantrechter  recht,  dat  de  helffte 
van  dat  oeuergeleuerde  goet  op  Alheijt  de  groetemoeder  daer 
het  van  wtgekoemen  was,  vnd  de  ander  helffte  op  de  Rente- 
mefterfche  des  vaders  negefte  erue,  vnd  nicht  op  de  broeder 
kinder  de  eyn  lit  vorder  fijn  vallet. 

Noch  foe  fpreckt  de  Rentemefter  in  kracht  deffes  bouen 
geroerten  lantrechtes  ock  dat  darde  part  an,  dat  Johan  Lubbers 
dat  kindt  hadde  in  des  groeteuaders  goederen  (dat  Alheyt 
noch  toe  lijfiftucht  hadde),  als  dat  het  fulue  darde  part  euen 
op  fijnder  huefurouwen  heel  veruallen  fij,  we  de  helffte  van- 
den  bruetfchat,  (Bl.  149 b)1)  vnd  fteijt  daervan  Alheijt  nicht 
toe,  nae  dem  fe  vromde  toe  des  kindes  vader  goet  was,  Welck 
nicht  van  hoer  was  wtgekoemen;  noch  des  broeders  Johans 
kinderen,  de  wijle  fe  eijn  lit  vorder  finnen  als  Hille  hoer  moije 
voergefcreuen.  2)  Hier  van  ijs  noch  nicht  expreffelick  vanden 
Lantrichter  in  fijnder  fententien  wtgefproecken,  begeert  der 
haluen  dairin  eijn  verklaeringe  vanden  commiffarien  edder 
Reden.  Edder  foe  he  wil  dat  he  daervan  genoechfaem  fenten- 
tiert  heft,  begeert  de  Rentemefter  noch  eijn  verklaringe  vanden 
commiffarien  edder  Reden,  oft  fe  den  punt  oeck  foe  verftaen 
willen  hebben  als  de  Lantrechter  den  nu  mach  wtleggen, 
welckeer  he  joe  tegens  Lantrecht  nicht  doen  enkan,  dat  des 
kindes  goet  vanden  groeteuader  heerkoemende  der  Rente- 
mefterfchen  alheel  afif3)  kent. 

De  ander  queftie  vandes  moeders  goet  ijs  deffe:  Nae 
dem  de  vader  vnd  moeder  in  hoer  difpofition  verordent  hebben 
vnd  der  Rentemefterfchen  dat  fulue  in  hilixforwerden  ock  be- 
loeuet  ijs,  voernemplick  vander  moeder  Alheijt,  dat  fe  ter  laeter 
doot  jegens  hoeren  broederen  (wen  eijn  ijder  inbracht  hadde 
wat  he  in  hilixuorwerden  entfangen  hadde)  in  moeders  goederen 
toe  gelijcke  deel  fal  gaen,  alfoe  dat  de  foene  nicht  meer  vandes 
moeders  goederen  na  hoeren  dode  fal  hebben  als  de  dochter, 
welckeer  difpofition  vnd  hillickesforwerden  de  Lantrichter  in 
macht  heft  gekent:   Oft  dan   hoeres   broeders   kinderen  Johan 


')  am  Rande:  Nota. 

2)  Am  Rande  eine  hinweisende  Hand. 

*)  Beninga  hat  „aff"  aus  „toe"  corr. 


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vnd  Lucke  alle  des  moeders  goederen  de  fe  nae  laeten  heft, 
mijt  den  Rentemefterfche  nicht  gelijck  follen  deelen.  Dan  foe 
hoer  broeders  kinderen  Johan  vnd  Lucke  foe  voele  voerwt 
folden  hebben  vander  groetemoeders  goet,  als  de  Rente- 
mefterfche van  Johan  Lubbers  goet  dorch  verftarff  ijs  toe  ge- 
uallen,  foe  kreech  de  Rentemefterfche  Hille  van  hoer  moeders 
nae  gelaeten  goederen  nauwe  fufterdeel,  welckeer  weer  jegens 
de  difpofition  vnd  hoer  hillickesforwerden,  daer  geen  bedroch 
in  hoert  toe  weefen,  vnd  welckeer  oeck  in  vulmacht  vanden 
Lantrechter  erkendt  ijs. 

Soe  de  wederpart  feggen,  dat  des  moeders  teftament  oeck 
in  macht  fij  gewefen,  antwort  de  Rentemefter,  dat  twe  dingen 
de  dat  eijne  tegens  dat  ander  ijs  enkoenen  nicht  alle  beijde 
toe  gelijcke  beftaen,  begeert  derhaluen  van  den  commiffarien 
edder  Reden  eijn  verclaeringe,  wen  eijn  teftament  thegens  voer- 
gaende  pacta  confirmata  ijs  vnd  tegen  hillickesvorwerden,  oft 
dan  de  pacta  vnd  hillickesvorwerden  vorgaen  follen  edder  dat 
teftament,1)  verhoepet  de  Rentemefter  dat  nae  Lantrechte  de 
voergaende  pacta  vnd  hillickesvorwerden  voergaen  follen,  als 
dat  de  Reden  ermaels  fententieert  folden  hebben,  daervan 
noch  copien  folden  fijn. 

Bl.  150 a  (von  Beningas  Hand):  Dat  fteyt  yn  dat  Lant- 
recht  van  de  hilkefforworden:  Eyn  yderman  Schal  vor- 
fichtich  wefen,  wat  he  fyner  dochter  eder  vrunden  van  fruwes- 
perfonen  medelauet  to  brutfchatte,  dat  fchalmen  one  geuen 
Sunder  Jenigerleye  bedroch  eder  wederfprekent.  vnd  wat  men 
yn  hilkefuorwerden  lauet  vnd  van  fick  fecht,  Dat  mach  men 
nicht  voranderen,  wente  alle  hilkefforworde  fcholen  ftaen,  nae 
meldunge  des  lantrechtes,  Soe  de  gemaket  fynnen  Sunder  be- 
droch: wet  me  diu  foune  louwet  det  fchelme  yr  lafte. 
van  betaegen  loefgoet. 

Waer  twe  Echte  lude  fynnen  vnd  theen  foens  vnd 
dochteren,  vnnd  fe  fynnen  alle  wtgebolet  vnnd  beraden,  vnnd 
erer  ene  kynder  tut,  vnnd  fe  ftaruen  to  voren  vnnd  dat  kynt 
darnae,  vnnd  de  olders  leuen  noch,  Soe  nemen  de  olders  dat 
betagen  loefgoet.  Js  Auerft  der  older  ene  doet,  Soe  nympt  de 
older  de  dar  leuet  de  helfte  lauwe,  vnnd  de  kynder  de  ander 


!)  Am  Rande  eine  hinweisende  Hand. 


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helfte,  de  Sufter  alfoe  vele  als  de  broder,  want  dat  goet  be- 
tagen  ys. 

Waer  Eyn  man  ofte  fruwe  valt  up  fyn  kranckbedde,  alfo 
maken  fe  ene  Schedunge  van  eren  goederen  vor  den  preefter 
vnnd  goeden  luden,  Soe  fchal  dat  alfo  bliuen.  Synnen  auerft 
de  araen  dar  nicht  mede  to  freden,  Soe  maken  fe  der  beyder 
goeder  foe  goet  alfe  dat  was,  doe  fe  to  hope  qwemen,  vnnd 
delen  dan  bate  vnd  fchade.  dat  ys  lantrecht  vnd  fteyt  yn 
penninge  Schulde  ock  alfus1). 

Dar  eyn  man  ofte  wyff  valt  up  fyn  kranckbedde,  woe  fe 
dat  dan  maken  vor  eren  karckheren  vnnd  goeden  buren  vnnd 
dat  dan  nemant  ftraffet,  Soe  fchal  de  reddinge  ftaen  bliuen.  Jft 
oner  ft  dat  yd  geftraffet  wort,  foe  fchal  dat  nicht  ftaen  bliuen, 
Soe  fcholen  fe  dat  goet  gelik  maken,  alfe  dat  to  voren  was, 
vnnd  delen  dan  Schade  vnd  bate. 

De  wyle  nu  Aleyt  yn  eren  Teftament  antut  van  de 
naftendige  rente  van  eres  Soens  Johans  kynderen,  Johan  vnd 
Lucken,  up  gebort  weder  wt  to  geuen,  Soe  lange  Jaren  her  fe 
de  goeder  an  Tick  nae  eres  foens  Johans  doet,  den  kynderen 
vorgefcreuen  to  entrichten  van  eren  goederen, 

Hyr  tegen  wyl  ock  behartoget  fyn  de  rente  van  de  goeder, 
fo  an  Hillen  van  oren  broder  Lubbert  vnd  fynen  foen  Johan 
voruallen,  des  fe  ock  to  duffer  tyt  Nae  ordeell  nicht  genaten  4c. 
—  Bl.  150 b  leer. 


[Der  Schluss,  Beilage  IX,  die  Bekentenisse  der  touerschen,  erscheint 
im  nachstert  Jahrbuche.] 


»)  Vgl.  v.  Richthofens  Fries.  Rechtequellen,  S.  206  f.  §  47. 


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Das  Stadtwappen  von  Emden. 


Auf  den  im  Mai  1898  ausgesprochenen  Wunsch  des 
Magistrats  zu  Emden  hat  Herr  Archivrat  Dr.  Sello  zu  Olden- 
burg im  Juli  1899  ein  Gutachten  uber  das  Emder  Stadtwappen 
erstattet,  und  sich  mit  der  demn&chstigen  Publication  desselben 
einverstanden  erklart.  Da  diese  Aufschub  erlitt,  sind  in  der 
vom  Wirklichen  Geheimen  Oberregierungsrat  und  vortragenden 
Rat  im  Ministerium  der  offentlichen  Arbeiten,  Mitgliede  des 
Hauses  der  Abgeordneten,  Herrn  C.  Schweckendieck,  heraus- 
gegebenen  „Festschrift  zur  Eroffnung  des  neuen  Emder  See- 
hafens  durch  Seine  Majestat  den  Kaiser  und  Konig  Wilhelm  II 
im  August  1901"  (Berlin  1901)  die  zu  dem  Gutachten  gehorigen 
Siegel-  und  Wappenabbildungen  1 — 6  und  8 — 15  nebst  ihren 
Beschreibungen  von  Herrn  Oberbiirgermeister  Fiirbringer  mit- 
geteilt  worden.  Nunmehr  erfolgt  hier  der  Abdruck  des  ganzen 
Gutachtens  in  der  Form,  welche  ihm  der  Herr  Verfasser 
selbst  fur  die  Publication  gegeben  hat.  Im  urspriinglichen 
Plane  lag  es,  ausser  den  folgenden  15  Siegel-  und  Wappen- 
zeichnungen  weitere  9  vom  Verfasser  dem  Gutachten  bei- 
gegebene  Tafeln,  3  mit  zusammen  32  Abbildungen  nach  Zeich- 
nungen  des  Verfassers,  und  6  nach  photographischen  Auf- 
nahmen  stadtischer  Gebaude,  als  Beilagen  zu  veroffentlichen. 
welche  die  im  Texte  ausgeftihrte  Formengeschichte  der  deutschen 
Konigs-  und  Kaiserkrone  im  Allgemeinen,  und  die  Entwickelung 
der  Krone  des  Emder  Stadtwappens  im  Besondern  anschaulich 
erlautern  sollten.  Die  Umstande  haben  dies  jedoch  nicht  zur 
Ausftihrung  gelangen  lassen. 


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—     237     — 


Einleitung. 

Ostfrieslands  Sphragistik  ist  wenig  gepflegt  worden.  Die 
Siegelbeschreibungen  in  Friedlaenders  Ostfriesischem  Urkunden- 
buche  sind,  so  dankbar  man  bei  der  ganzen  Sachlage  dem 
Herausgeber  fur  dieselben  sein  muss,  doch  nur  ein  Notbehelf. 
Ein  besonders  interessantes  Kapitel  der  friesischen  Siegelkunde 
bilden  die  Siegel  der  aus  den  alten  Gauen  hervorgegangenen 
Landdistricte.  Die  Geschichte  dieser  in  der  Zeit  ihrer  Blute 
zu  einem  rings  gefurchteten  Staatenbunde  zusammengefassten 
Landchen  gehort  nach  alien  Gesichtspunkten,  von  denen  aus 
wir  das  Leben  eines  Volkes  zu  betrachten  gelernt  haben,  zu 
den  lockendsten  und  lohnendsten  Aufgaben,  welche  die  Forschung 
in  den  deutschen  Kustengebieten  der  Nordsee  findet.  Und  als 
zeitgenossische  Illustrationen  echt  nationaler  Farbung  treten  uns 
aus  den  Siegeln  der  friesischen  Landdistricte  in  altvaterisch- 
einfacher  Gewandung  und  Bewaffnung  die  harten  Krieger  ent- 
gegen,  welche  die  Darsteller  dieser  Geschichte  waren,  wie  ihre 
Ahnen  die  Helden  des  Epos  von  Gudrun.  Sie  wechseln  ab  mit 
dem  ehrwiirdigen  Bilde  des  grossen  Kaisers  Karl,  welchen  die 
NationaJsage  so  innig  mit  der  Vorstellung  von  der  Friesen- 
freiheit  verwoben;  wol  auch  mit  den  Bildern  der  Gottesmutter 
oder  anderer  Heiliger,  denen  die  fromme  Einfalt  ftir  Schutz 
und  Hilfe  im  Kampfe  gegen  den  roten  Schild  der  Nordmannen 
und  den  hohen  Helm  der  Sachsen  sich  zu  Dank  verpflichtet 
fuhlte. 

Ein  Teil  der  Landessiegel  Hollandisch-Frieslands  ist  ge- 
sammelt  in  „Friesche  Oudheden,  uitgegeven  door  het  Friesch 
Genootschap  van  geschied-,  oudheid-  en  taalkunde  te  Leeuwarden, 
1875";  die  oldenburgisch-friesischen  Landessiegel  habe  ich  in 
meinen  Studien  zur  Geschichte  von  Ostringen  und  Riistringen 
1898  publiciert;  Ostfriesland,  mitten  inne  gelegen,  ist  mit  den 
seinigen  noch  im  Riickstand.1) 

Das  Fehlen  einer  Publication  liber  dieHauptlingssiegel 
nebst  den  Siegeln  der  spateren  Grafen  und  Fiirsten, 


»)  Zwei  Siegel  des  Norderlandes   in   schlechter  Lithographic   bei 
H.  Suur,  Gesch.  d.  ehemal.  K15ster  in  der  Provinz  Ostfriesland.  Emden  1838. 


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welche  ausschliesslich  heraldisches  Interesse  haben,  wird  einiger- 
massen  ersetzt  durch  die  guten  Mtlnzabbildungen  bei  Tergast, 
Die  Miinzen  Ostfrieslands  (1, 1883).  Der  geschatzte  Herr  Verfasser 
hat  in  seinen  erl&uternden  Ausfiihrungen  stets  gebiihrender- 
massen  die  Heraldik  beriicksichtigt,  und  zur  Vergleichung  die 
Siegel  herangezogen.  Dass  ihm  seine  Berufsgeschafte  dieVoll- 
endung  des  2.  Teils  immer  noch  nicht  gestattet  haben,  ist  leb- 
haftest  zu  bedauern. 

Die  interessanten  Stadtsiegel  von  Niederl&ndisch-Fries- 
land  bringt  das  schon  genannte  Werk:  Friesche  Oudheden; 
Oldenburgisch-Friesland  hat  im  Mittelalter  keine  Stadte  be- 
sessen;  Ostfrieslands  Stadt-Sphragistik  ist  noch  unbearbeitet; 
nur  die  Wappen  der  Stadte  des  Landes  sind  so,  wie  sie  sich  in 
der  Vorstellung  moderner  Heraldiker  gestaltet  haben,  von 
Ad.  M.  Hildebrandt-Berlin  gezeichnet,  und  von  W.  Schwalbe  in 
Emden  auf  einer  grossen  farbigen  Tafel  herausgegeben  worden. 

Die  Entwickelung  des  Siegelwesens  in  den  Stadten  der 
deutschen  Nordseekiiste  steht  im  AUgemeinen  erheblich  zurtlck 
hinter  der  in  den  Ostseelandern.  Eine  Ausnahme  macht  Emden, 
der  Mittelpunkt  nationalfriesischen  Unternehmungsgeistes  und 
nationalfriesischer  Intelligenz,  von  wo  aus  —  ein  bedeutsames 
Moment  in  der  neueren  Geschichte  Norddeutschlands  —  der 
Brandenburgische  Adler  zum  ersten  Male  seine  Fittiche  iiber 
das  Weltmeer  zu  breiten  sich  anschickte. 

An  GrSsse  und  Formenschonheit  kflnnen  zwar  auch  die 
Siegel  der  Stadt  Emden  sich  nicht  messen  mit  denen  ihrer 
Sch western  am  Baltischen  Meer.  Dafiir  sind  sie  aber  um 
so  reicher  an  geschichtlichen  Beziehungen.  Die  in  grosser 
Mannigfaltigkeit  vom  Ende  des  14.  bis  zum  Schluss  des 
17.  Jahrhunderts  vorliegenden  Siegeltypen  —  spaterhin  verdorrt 
und  erstarrt  der  lebendige  Geist  der  stadtischen  Sphragistik 
—  geben  dem,  welcher  ihre  Schrift  zu  lesen  vermag,  ein 
deutliches  Bild  von  der  Stellung  des  Gemeinwesens  zu  den 
herrschenden  Geschlechtern  des  Landes,  und  von  der  raschen 
Aufeinanderfolge  dieser  Geschlechter  selbst.  Einen  Abschnitt 
in  diesem  historischen  Bildercyklus  bezeichnet  die  Consoli- 
dierung  der  landesherrlichen  Gewalt  der  H&uptlinge  von  Greet- 
siel,  der  Cirksena.  W&hrend  bis  dahin  die  Stadt  dem  all- 
gemeinen  Brauche  entsprechend  ihre  Insignien  selbst  gew&blt 


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raid  nach  Bedarf  sinngem&ss  ge&ndert  hatte,  Hess  sie  sich  nun 
durch  das  Reichsoberhaupt,  Konig  Maximilian  I,  im  Jahre  1495 
feierlich  ein  eigenes  Wappen  verleihen,  in  welchem  die  heral- 
dische  Formel,  welche  bisher  schon  faktisch  ihr  VerMltnis  zu 
dem  Landesherrn  ausgedrtickt  hatte,  nun  wappenrechtlich  fixiert 
wurde.  War  dieses  neue  Abzeichen  in  erster  Linie  nattirlich 
dazu  bestimmt,  die  Flaggen  der  Emder  Schiffe  zu  schmticken, 
so  konnte  es  doch  auch  auf  den  Siegeln  des  Rates  nicht 
fehlen.  Dazu  kam  es  indessen  erst  9  Jahre  spater,  im  Jahre 
1504,  vielleicht,  weil  der  alte,  sparsamerweise  weiter  gebrauchte 
Stempel  damals  schadhaft  wurde.  Das  jiingst  verliehene  Wappen 
erlangte  aber  bald  noch  eine  andere  kiinstlerische  Bedeutung. 
Der  wachsende  Wolstand  der  Stadt  fand  seinen  Ausdruck  in 
der  Errichtung  stattlicher  stadtischer  Gebaude,  und  das  stei- 
gende  Selbstgefuhl  von  Rat  und  Burgerschaft  pr&gte  sich  in 
h&ufiger  Anbringung  dieses  Wappens  an  den  neuen  Bauten  aus. 
Den  Bildnern  geniigte  jedoch  der  einfache  Schild,  wie  er  Gegen- 
stand  des  koniglichen  Wappenbriefes  gewesen  war,  nicht;  sie 
entlehnten  aus  der  Miniatur  des  Wappenbriefmalers  das  sinnige 
und  wirkungsvolle  Motiv  des  den  Schild  umschlingenden,  oben 
von  einer  Konigskrone  zusammengehaltenen  Blattornaments. 
Hiervon  ausgehend,  aber  bald  in  die  Bahnen  der  noch  lebens- 
vollen  Volksheraldik  einlenkend,  aus  der  im  Volksglauben  zur 
geschichtlichen  Thatsache  verdichteten  Karls-Sage  stets  neue 
Anregung  schopfend,  und  an  das  Vorbild  der  stamm-  und 
geistesverwandten  Niederlaiide  sich  anlehnend,  schufen  die 
einheimischen  Kiinstler  —  Bildhauer,  Formschneider,  Kupfer- 
stecher,  Miinzmeister  und  Goldschmiede  —  in  reichem  Wechsel 
mannigfaltiger,  doch  mit  logischer  Consequenz  sich  weiter  ent- 
wickelnder  Gestaltungen  wahrend  dreier  Jahrhunderte  die 
heraldisch  unanfechtbare  Form  des  stadtischen  Wappens> 
wonach  auf  dem  Schilde  eine  altertiimliche  Krone  ruht. 

Wer  es  gelernt  hat,  die  geistige  und  kiinstlerische  Ent- 
wickelung  des  Volkes  im  Ganzen  und  in  seinen  einzelnen 
Gruppen  historisch  zu  verfolgen,  und  seine  SchOpfungen  aus 
ihrem  Werdeprocess  heraus  zu  verstehen  und  zu  erklaren, 
wird  mit  Wolgefallen  dieses  selten  gebotene  Schauspiel  naiver 
und  doch  so  sachgem&sser  volkstilmlicher  Wappenbildung  be- 
trachten.    Niemand  stSrte   die  Emder  im  Besitze  ihres  wohl- 


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erworbenen  Rechts,  bis  ein  seinen  Namen  verhiillender  Berufs- 
heraldiker  es  im  Jahre  1894  fiir  seine  Pflicht  hielt,  sie  im 
„Deutschen  Herold"  dartiber  zu  belehren,  dass  die  Fiihrung  der 
Krone  auf  dem  Schilde  eine  vollig  unberechtigte  sei.  Dem  mit 
viel  Schulweisheit  aber  geringer  Kenntnis  der  einschlagigen 
historischen  Verhaltnisse  ausgestatteten  Artikel  ware  keine  Be- 
deutung  beizumessen  gewesen,  wenn  nicht  in  unverkennbarem 
Zusammenhange  mit  ihm  in  Emden  selbst  die  schon  oben  er- 
wahnte  Wappentafel  erschienen  ware,  welche  dem  Emder 
Wappen  nicht  nur  nach  Anweisung  jenes  Zunft-Wei stums  die 
alte  Konigskrone  strich,  sondern  dasselbe  durch  Verleihung 
einer  noch  dazu  recht  maniriert  gezeichneten  neuen  Mauer- 
krone  verunstaltete.  Praktische  Folgen  hatte  auch  dieses 
Attentat  nicht;  aber  es  erweckte  doch  in  weiteren  Kreisen 
der  Bevolkerung  eine  gewisse  Beunruhigung.  Dem  gegeniiber 
erschien  es  wiinschenswert,  den  Thatbestand  an  der  Hand  des 
urkundlichen,  sphragistischen,  numismatischen,  skulpturellen 
und  kulturhistorischen  Quellenmaterials  darzulegen. 

Dabei  bot  sich  willkommene  Gelegenheit,  auch  die  friihere 
Geschichte  des  Emder  Siegelwesens  einleitungsweise  zu  be- 
handeln.  Von  den  Siegeln  der  Stadt  sind  die  alteren  bis  1504, 
soweit  sie  mir  bekannt  geworden,  samtlich  nach  meinen  Zeich- 
nungen  zur  Darstellung  gebracht;  von  den  spateren  nur  die 
besonders  charakteristischen  Typen.  Ein  orientierendes  Ver- 
zeichnis  aller  Abbildungen  folgt  am  Schlusse   der  Abhandlung. 


1.  Wappen  und  Siegel  bis  1495. 

Das  erste  bekannte  Siegel  der  Stadt  Emden  vom  Jahre  1427 
(Taf.  I,  Fig.  1)  zeigt  im  gespaltenen  Schilde  rechts  (heraldisch) 
einen  halben  Adler,  links  tiber  einem  „Flussu  ein  gothisches 
Initial  -  E.  Der  Adler  entstammt  dem  Wappen  des  Hauptlings- 
geschlechts  torn  Brok,  und  kann  dem  Stadtwappen  fruhestens 
1413  hinzugefugt  sein,  weil  von  da  an  bis  1427  die  Stabt  sich 
im  Besitze  der  torn  Brok  befand. 

Vorher  zeigte  das  Stadtwappen  wahrscheinlich  nur  das  E 
tiber   dem  „Flussal).     In   dem   Rosettenfries   tiber  dem  West- 

»)  Das  Wappen  k8nnte  als  ein  sredendes*  bezeichnet  werden  Prin* 
(Emder  Jahrb.  X,  1.  S.  86)  deutet  den  Stadtnamen :  Ort  an  der  Ems,  Bunte 


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portal    der    Grossen    Kirche   zu    Emden    sind    ausser    einigen 

leeren     Wappenblenden     zwei     Wappen- 

schilde1)    mit    stark    versttimmelten    und 

verwitterten  Bildern  angebracht;   der  zur 

Linken  des  Beschauers   enthalt  die  Reste 

eines   Lovven,    das  Wappen2)    der   Haupt- 

lingsfamilie    von    Emden,    der  Abdena; 

der  zur  Rechten    noch   heut   deutlich   er- 

kennbar   den  „Fluss"    und    dariiber   einen 

unkenntlich  gewordenen  rundlichen  Gegen- 

stand,    wie    ich  vermute,    nichts   anderes  Fi£-  1 

als   das   erwahnte   E  (Fig.  1),   welches   fur   sich   allein   sp&ter 

noch  das  Zeichen  der  Emder  Goldschmiede  bildete 3). 


dagegen  (1.  c.  XI,  S.  412)  als :  Ort  an  der  Flussmiindung,  oder  vielmehr : 
Ort  an  den  Flussmundungen.  Denn  man  braucht  nicht,  wie  Fftrbringer 
treffend  bemerkt,  an  einen  bestimmten  Fluss  zu  denken.  In  der  N&he 
Emdens  vereinigten  sich  mit  der  Ems  die  Emder  Ehe,  die  Rheider- 
lander  Ehe  und  die  Groninger  Aa  Das  gothische  Initial-E  iiber  dem 
Strom  hat  als  differenzierendes  heraldisches  Beizeichen  zu  gelten.  — 
Merkwurdigerweise  findet  sich  das  Wappenbild  des  altesten  Stadtsiegela 
vollstandig  wieder  auf  dem  Entwurf  zu  einem  Emder  Gulden  von  1623, 
wahrscheinlich  von  dem  in  diesem  Jahre  angestellten  ersten  stadtischen 
Munzmeister  Gerrit  van  Roemunde  (Stadtarchiv  Emden,  Registr.  I  No.  3046), 
nur  dass  der  halbe  Adler  hier  als  Reichsadler  mit  dem  Nimbus  um  das 
Haupt  gedacht  ist.  Die  andere  Seite  des  Guldens  sollte  das  Stadtwappen 
von  1495  mit  daraufstehender  Laubkrone  darstellen. 

')  Zuerst,  aber  nicht  vollstandig,  beschrieben  von  Wiarda,  Ost- 
friesische  Geschichte,  II  (1792)  S.  69;  als  ,,friiher  angebracht  gewesen"  in 
Emd.  Jahrb.  I,  3. 1874  S.  123  erwahnt;  von  Mithoff,  Kunstdenkm.  und  Altert. 
im  Hannoverschen,  VII  1880  S.  63  kurz  als  „jetzt  verwittert"  bezeichnet. 

*)  Der  Stempel  dieses  Sigillum  iuvenis  Wiardi  in  Emetha 
(Fig.  2)  wurde  1702  bei  Oldeborg  im  Brokmerlande  (Kr.  Aurich),  wo  die 
Stammburg  der  torn  Broks  stand,  gefuhden  (Harkenroht,  Oorspr.,  Voor- 
reeden,  und  S.  100),  und  wird  jetzt  im  Staatsarchiv  zu  Aurich  aufbewahrt. 
Abdriicke  desselben  an  Urkunden  sind  nicht  bekannt ;  deshalb  steht  die 
Person  des  Siegelfuhrers  auch  nicht  fest;  Ostfr.  UB.  I  No.  159  Anm.  wird 
zwar  angenommen,  dass  er  identisch  mit  dem  Wiard  Wiardisna  im  Jahre 
1390,  aber  auch  bemerkt,  dass  dessen  bekanntes  Siegel  abweichend  sei. 
Harkenroht  (1.  c.)  gibt  eine  schlechte  Abb.  mit  falscher  Lesung  der  Umschrift ; 
letztere  berichtigt  Loesing,  Gesch.  d.  Stadt  Emden  S.  87  Anm.,  glaubt 
aber  irrig,  dass  der  Adler  fiber  dem  Schilde,  der  nur  sphragistisches 
Beizeichen  ist,  zum  Wappen  der  Abdena  gehdre. 

*)  Emd.  Jahrb.  IV  1  S.  61. 

Jabrboch  der  Gesellsch.  f.  b.  K.  u  ralerl.  Altertttmer  xu  Emden,  Bd.  XIV.  iq 


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-     242    — 

Obwohl  die  Entstehungszeit  dieser 

Scalptur  weder  mit  Hilfe  der  Quellen- 

schriften  noch  durch  ihren  Stil  genau  fest- 

zustellen  ist,  so  muss  sie  doch  alter  als 

1413  sein,  danach  dem  Rtickfall  Emdens 

an  die  Abdena,  1427,  deren  Wappenlowe 

(Fig.2)nichtblos  an  sichwieder  zu  seinem 

Rechte  kam,  sondern  auch  in  das  Stadt- 

wappen  aufgenommen  wurde.    Auf  dem 

zweiten  Stadtsiegel  von  1438  (Tafel  1, 2) 

erblicken  wir  dasselbe   in  seiner  neuen 

Gestalt:  im  quergeteilten  Schilde  unten 

Fig.  2  ein  „Flussa,  oben  ein  wachsender  Lowe1); 

(8.  S.  241,  Anm.  3)  uber   dem    Schilde   als    sphragistiscbes 

Beizeichen2),   auf  einem  Ruhebette  nebeneinander  sitzend,  die 

Patrone  der  Grossen  Kirche,  s.  Cosmas  und  s.  Damianus3).   Nach 

»)  Loesing,  Geschichte  der  Stadt  Emden,  1843,  S.  85,  bezieht  sich  fur 
seine  wunderliche  Angabe,  „das  alteste  Wappen  der  Stadt  waren  zwei 
aus  dem  Wasser  springende  L6wenu,  auf  Harkenroht,  Ostfr.  hist.  Chron. 
ad  ann.  1496  und  Ostfr.  Chron.  von  1775  ad  ann.  1495.  [Harkenrohts  kleine 
Ostfries.  Chronik  ist,  nach  gefalliger  Mitteilung  des  Herrn  Oberlehrer  Dr. 
P.  Ritter,  teils  als  Sonderdruck  (zuerst  1700),  teils  als  Anhang  zu  Emdcr 
Kalendern  (noch  bis  ins  neunzehnte  Jahrhundert  hinein,  ohne  seinen 
Namen)  gedruckt  worden;  die  fragliche  Stelle  lautet  z.  B.  in  BOostfries 
Historis  Kronykje",  Anhang  zu  „Opregte  Embder  Almanach"  fur  1773. 
't  oudste  Stads  Wapen  waar  2  Leeuwen  uit  het  water  springende]. 

*)  Des  Ubbo  Emmius  Beschreibung  (vgl.  Ostfr.  UB.  I,  No.  512) 
lautet  zwar:  sigillum  civitatis  habet  Cosmam  et  Damianum  cum  scuto 
minusculo  etc. ;  danach  waren  die  Bilder  der  beiden  Heiligen  Hauptgegen- 
stand  der  Darstellung.  In  Uebereinstimmung  mit  Furst  Hohenlohes 
sphragistischem  System  (vgl.  desselben  Monographic :  Mein  sphragistisches 
System  zur  Classification  aller  Siegel  nach  ihren  4  verschiedenen  Haupt- 
typen,  1877,  S.  19)  sehe  ich  auch  hier  den  Charakter  des  Siegels  durch 
das  Wappen  bestimmt. 

*)  Beschreibung  des  Siegels  bei  J.  J.  Harkenroht,  Oorspr.,  1731  S.  117; 
derselbe  beschreibt  S.  706  eine  Emder  Miinze,  welche  er  1730  bei  dem 
dortigen  Stadtsekretar  Haykens  gesehen :  „aan  de  eene  zijde,  zoo  veel  men 
zien  kan,  een  Leeuw,  verbeeldende  het  oude  Emder  Waapen, 
met  de  Omschrift 

+    MONETA    *    NOVA    *    EMEDENSIS. 
Aan  de  andere  zijde  een  Kruis,    in  wiens   midden   een   Schild,  daarin 
Kosmus  (!)  en  Damianus  op  eenen  Brugge  met  dit  Omschrift 
BENEDICTVS    #    DOMINVS    *    DEVS. 


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—    243    — 

dem  Sturze  der  Abdena  befand  sich  Emden  von  1433  bis 
1439  in  der  Gewalt  der  Stadt  Hamburg,  dann  kurze  Zeit  im 
Besitze  Ulrichs  Cirksena,  darnach  bis  1453  wieder  in  den 
Handen  der  Hamburger,  und  seit  letzterem  Jahre  endgtiltig  in 
der  Gewalt  Junker  Ulrichs. 

Die  Stadt  war  es  miide  geworden,  die  h&ufigen  Besitz- 
wechsel  auch  fernerhin  in  Wappen  und  Siegel  zum  Ausdruck 
zu  bringen.  Sie  gab  notgedrungen  den  zuletzt  gefiihrten 
Stempel  mit  dem  aus  dem  Abdenaschen  Wappen  entlehnten 
wachsenden  Lowen  auf  und  bediente  sich  von  nun  ab  eines 
„Bildsiegelsa  statt  eines  „Wappensiegelsa  (Tafe  1,  3).  Dasselbe 
stellt  die  Schutzpatrone  der  altesten  Pfarrkirche  Emdens, 
die   beiden  Heiligen   Cosmas   und   Damianus,   stehend   dar1). 

Der  Gebrauch  eines  Wappens  ist  zun&chst  nicht  nach- 
weisbar.  Die  Stadt  mag  vorlaufig  darauf  verzichtet  haben, 
etwa  weil  sie  besorgte,  dass  sie  wiederum,  wie  frtiher,  veran- 
lasst  werden  konnte,  das  Wappen  des  neuen  Herrscherhauses 
in  dasselbe  aufzunehmen,  diesem  aber  keine  langere  Dauer 
zutraute. 


2.  Der  Wappenbrief  von  1495. 

Nachdem  die  Macht  der  Cirksena  sich  immer  mehr  be- 
festigt,  und  endlich  durch  die  Erneuerung  des  vielbesprochenen 
Lehnsbriefs  von  1454  durch  Konig  Maximilian  am  5.  April  1495 
ihr  rechtliches  Fundament  erhalten  hatte2),  bat  die  Stadt  selbst 
den  romischen  Konig  um  ein  neues  Wappen.     Dieser  verlieh 


Tergast  (Miinzen  Ostfrieslands  I  79)  meint,  dass  nach  der  Beschreibung 
zu  urteilen,  die  Harkenroht  von  den  ubrigen  Hauptlingsmiinzen  giebt,  an 
der  Richtigkeit  seiner  Darstellung  nicht  zu  zweifeln  sei.  Jedenfalls  ist 
der  Lowe  auf  Emder  Munzen  niemals  Stadt-,  sondern  stets  Hauptlings- 
wappenbild.  Und  die  Briicke,  auf  welcher  die  beiden  Heiligen  sich  be- 
finden  sollen,  scheint  mir  recht  bedenklich. 

')  Harkenroht  (Oorspr.  S.  100)  besass  einen  Abdruck  Bvan  het  kleine 
oudste   Emder   Stads   Zegel,    staande    rondom   haare   Stads    Bescherm- 

heiligen in  oude  Monneken Letters:  Secretum  .  cium  .  in  .  Emeda". 

Mir  ist  ein  solches  Siegel  nicht  vorgekommen. 

*)  Friedlaender,  Ostfr.  UB.  II,  No.  1433;  warum  der  Herausgeber 
1.  c  S.  446  Anm.  3  die  Echtheit  auch  der  Urkunde  von  1495  fur  „nicht  un- 
zweifelhaft*  halt,  weiss  ich  nicht;  v.  Bippen,  Hans.  Gesch.  Bl.  1883  S.  81, 
halt  sie  fur  echt. 

16* 


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—     244    — 

am  10.  August  1495  *)  „unsern  und  des  reichs  lieben  getreuen 
burgermeistern  und  rate  unser  und  des  heiligen  reichs  stat 
Emden,  under  dem  graven  zu  Ostfriesland  gelegen",   folgendes 


Fig.  3 

„wappen  und  cleinat,  mit  namen  einen  schilt  in  drei  teil  geteilt, 
das  under  mit  fliessendem  wasser  bedeckt,  das  mitter  ein  rote 
maur  mit  funf  zinnen,  und  das  oberteil  swarz,  darin  ein  gelber 
vogel,  Harpy  a  genannt,  mit  einem  gekronten  jungfrauenhaubt 
und  seinen  ausgepraiten  flugeln,    als  dann   derselb   schilt  und 


»)  Ostfr.  UB.  II  No.  1460.  Kurze  Zeit  vorher,  am  20.  Juli  dess.  J., 
hatte  auch  der  Emder  Biirgermeister  Humpo  Hayena  einen  kdniglichen 
Wappenbrief  erhalten,  Ostfr.  UB.  H  No.  1449. 


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—    245     — 

wappen  in  disem  unserm  kuniglichen  brief  gemalt  und  mit 
farben  eigentlichen  ausgestrichen  sein. tf  Auf  der  Miniatur,  welche 
diesem  Wappenbrief  eingefiigt  ist  (Fig.  3,  s.  S.  244),  wird  der 
Schild  von  einem  stilisirten  Blattkranz  umgeben,  welchen  zwei 
Zweige  bilden,  die  unterhalb  des  Schildes  sich  kreuzend  dort  durch 
eine  Schnur  verbunden  sind,  wahrend  ihre  oberen  freien  Enden 
sich  durch  eine  Krone  schlingen,  die  aus  einem  mit  8  Blatter- 
zacken  nnd  ebensoviel  dazwischenstehenden  niedrigen  spitzen 
Zacken  besetzten  Reifen  besteht,  iiber  dem  sich  ein  quer  ge- 
stellter,  mit  gothischen  Krabben  gezierter  und  von  einem  in 
drei  Absatzen  gegliederten  Knauf  bekronter  Biigel  erhebt.  Diese 
Krone  entspricht  im  Wcsentlichen  der  Krone  auf  dem  der 
Urkunde  angehangten  Siegel  Konig  Maximilians,  nur  dass  auf 
letzterem  6  reicher  gegliederte  Laubzacken  mit  kleinen  Lilien- 
zacken  dazwischen  abwechseln  und  der  Biigel  den  sog.  Reichs- 
apfel  (Kugel  mit  Kreuz  darauf)  tragt. 

Im  Uebrigen  stimmt  die  Blasonirung  des  Wappens  mit 
dem  Wappengemalde  nicht  ganz  uberein;  sie  ist  vielmehr 
ebenso  schief,  wie  die  Zeichnung  des  Schildes  im  Bilde1).  Nach 
jener  miissten  wir  uns  ein  durch  zwei  Querteilungslinien  her- 
gestelltes  Dreifelderwappen  denken,  dessen  unterstes  und 
mittelstes  Feld  gegen  alien  heraldischen  Gebrauch  von  den 
ihnen  zugewiesenen  Bildern,  „fliessendes  Wasser"  resp.  „rote 
fiinfzinnige  Mauer",  ganz  bedeckt  wiiren,  das  oberste  aber  in 
Schwarz  die  ganze  Figur  einer  gelben  Harpyie  enthalten  sollte. 
Das  Bild  dagegen  zeigt  im  schwarzen  Felde  eine  aus  blauem 
Wasser  sich  erhebende  rote  Mauer  mit  5  Zinnen,  und  hinter 
dieser  einen  „wachsendena,  d.  h.  nur  zur  oberen  Halfte  sicht- 
baren  gekrftnten  „Jungfrauenadlera. 

Von  diesem  Widerspruch  abgesehen,  den  der  Gebrauch 
zu  Gunsten  der  Miniatur  entschieden  hat,  ergiebt  sich  aus  dem 
Wortlaut  der  Urkunde  sowie  aus  der  Art  der  zeichnerischen 
Darstellung,  dass  heraldisches  Object  der  Verleihung 
lediglich  der  Schild  ist,  und  dass  Kranz  und  Krone 
freie  dekorative  Zuthat  des  Malers  sind. 

Betrachten  wir  das  Wappenbild  selbst,  so  finden  wir  zu- 
n&chst  das  alte  Stadtzeichen,   den  „Flussa,   welchem  zweck- 

')  Die  Form,  welche  er  haben  sollte,  ist  in  Fig.  3  durch  eine 
punctirte  Linie  angedeutet. 


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—     246    — 

m&ssiger  Weise  eines  der  tiblichen  heraldischen  Stadtsymbole, 
die  Zinnenmauer,  beigesellt  ist.  Der  wachsende  Jungfrauen- 
adler,  im  Emder  Volksmund  sinnig  als  „Engelke  up  de 
Miira  bezeichnet,  entstammt  dem  Wappen  des  neuen  ost- 
friesischen  Herrschergeschlechts.  der  Cirksena. 

Neben  der  Harpyie  fiihrten  dieselben  als  Beizeichen  bald 
Lilien,  zuerst  auf  einemSiegel  von  1400  *)  wegen  Faldern(?),  bald 
Adler  (auf  einem  Flindrich  Ulrichs  I,  Tergast  1, 77)  wegen  Brokmer- 
land,  bald  (und  dieses  demnachst  regelmassig)  4  Sterne  (zuerst 
auf  Fljndrichen  Ennos  Edzardsna  f  1441,  Tergast  I,  132)  wegen 
Norden2).  In  das  Stadtwappen  wurde  nach  der  Bestimmung 
des  kSniglichen  Wappenbriefes  nur  das  Stammwappen  des 
Grafenhauses,  der  Jungfrauenadler  ohne  begleitende  Sterne3), 
aufgenommen,  aber  Gedankentragheit  spaterer  Zeiten  hat  diesen 
Mangel  freiwillig  erganzt.  Dass  wir  die  Sporenrader  auf  der 
an  sich  trefflichen  Darstellung  des  Emder  Wappens  in  des  got 
gr&flich  gesinnten  Gnapheus  Lobgedicht  auf  die  Stadt  Emden 
(1557)  finden,  ist  nicht  auffallig;  wir  bemerken  sie  aber  auch 
an  einer  Anzahl  offentlicher  stadtischer  Gebaude,  an  dem  Hafen- 
thor  (1635),  dem  Portal  der  Neuen  Kirche  (1645),  der  Haupt- 
wache  (1692),  ja  sogar  auf  den  beiden  jtingsten  Formen  des 
Stadtsiegels,  deren  letzteres  noch  heute  in  Gebrauch  ist. 


*)  Was  von  der  Herkunft  der  goldenen  Lilie  als  Helmzier  der 
Cirksena  erzahlt  wird  (vgl.  Tergast,  Miinzen  Ostfrieslands  I,  S.  138). 
ist  eine  der  ublichen  Kreuzritter-Wappensagen  ohne  historischen  Wert. 
Das  Ostfr.  UB.  erwahnt  diese  Helmzier  zuerst  auf  einem  Siegel  Ennos 
Edzardsna,  1427  (I  No.  349) ;  derselbe  fiihrte  1400  einen  Adler  auf  dem 
Helm  (1.  c.  I  No.  169). 

2)  2  Sterne  finden  sich  zuerst  als  sphragistisches  Beizeichen  zum 
Bilde  des  h.  Ludgerus  im  Siegel  des  Norderlandes,  Ende  des  13.  Jh 
(Friedlaender,  Ostfr.  UB.  I,  No.  37).  Spater  erscheinen  3  Sterne  in  einem 
Schilde  (2  :  1)  im  Siegel  der  Stadt  Norden  (1.  c.  II,  No.  1582).  Es  ist  mir 
zweifellos,  dass  der  aus  dekorativen  Griinden  in  der  Mehrzahl 
dargestellte  Stern  Bezug  auf  den  Namen  „Norden*  hat;  es  ist  der  Nord- 
stern,  der  Polarstern.  —  Ocko  I  torn  Brok,  voriibergehend  im  Besitz  des 
Norderlandes,  fiihrte  deswegen  2  Sterne  als  heraldisches  Beizeichen 
(Tergast  I,  S.  93  Fig.  62);  die  sog.  „ Sporenrader"  im  Wappen  der  Cirksena 
sind  urspriinglich  eben  auch  nur  symmetrische  Vervielfaltigung  des 
Sterns  vom  Norderland. 

•)  Das  Gegenteil  behauptet  irrig  Rolffs,  Die  antike  Rustkammer  etc, 
S.  LVH,  Anm. 


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—     247     — 

Gnapheus  *  deutet  in   poetischer   Weise  die  Harpyie   des 
graflichen  Wappens  als  einen  Hinweis  auf  die  Harpyien  gleich 
die  Kusten  verwtistenden  Seerauber,   welche   von   den  Grafen 
besiegt  worden.    In  Wahrheit  haben  wir  es  nicht  mit  den  all- 
mahlich     zu     einem 
greulichen  Raubvogel- 
gesindel     degenerier- 
ten      Winddamonen, 
welche  das  klassische 
Altertum       Harpyien 
nennt1),   sondern  mit 
dem  uns  wunderlich 
diinkenden     Produkt 

mittelalterlicher 
Bilderschrift  zu  thun, 
welches  seit  dem  An- 
fang  des  13.  Jahr- 
hunderts  das  Nurn- 
berger        Stadtsiegel 

schmuckte  (s.  Fig.  4) :  Fig  4 

ein   Adler   mit;  lang- 
gelocktem,  gekrontem  Jfinglingskopfe2).     Dieses   Bild    ist   die 


»)  K.  0.  MGller,  Handb.  d.  Archaol.  d.  Kunst,  1878,  S.  652. 

2)  In  der  reichen  Sammlung  des  Herrn  P.  H.  Trummer-Hamburg  befin- 
den  sich  zwei  in  der  Zeichnung  des  Adlers  und  der  Form  der  Buchstaben  ver- 
schiedene  Nurnberger  Originalsiegel  dieses  Typus,  welche  beide,  ihremRuck- 
siegel  zufolge,  nach  1349  entstanden  sind.  Das  nach  der  Stilisierung  dieses 
Rucksiegels  als  das  altere  von  beiden  zu  bezeichnende  Siegel  ist  oben 
im  Text  abgebildet,  das  jungere  dagegen  bei  R.  v.  Rettberg,  Das  Siegel 
der  Stadt  Nurnberg,  in  Anz.  f.  K.  d.  D.  Vorz.  Ill,  1866,  Sp.  127 ;  danach  in 
,Die  Sammlungen  des  German.  Museums,  1868,  S.  27 ;  Seyler,  Gesch.  d. 
Heraldik  1885—1889,  S.  157.  Dies  jungere  Siegel  ist  merkwiirdig  durch  die 
ungewohnliche  und  zweckwidrige  Art,  in  welcher  der  Stecher  die  den  Leib 
des  Adler  bedeckenden  Federn  (durch  eine  Art  von  Quaderung)  zur  Dar- 
stellung  gebracht  hat  (die  verkleinerte  Abb.  bei  Mummenhoff,  Alt-Nurn- 
berg,  1890,  S.  23,  lasst  davon  nichts  erkennen).  Die  wunderlichen  Schltisse, 
welche  Seyler  aus  dieser  kunstlerischen  Freiheit  gezogen  —  er  spricht 
von  einem  „gemauerten  oder  gepanzerten  Leib"  —  mogen  a.  a.  0.  nach- 
gelesen  werden ;  auch  Mummenhoff  1.  c.  S.  22  nennt  ubrigens  den  Adler  „bi8 
zum  Hals  geschuppt".  Auf  der  Abbildung  bei  Rettberg  und  ihren  Wieder- 
holungen  sind  dieFange  des  Adlers  unten  mitsageartigenZahnen  besetzt 


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—     248     — 

„monogrammatische  Zusammenziehung"  zweier  verschiedener 
an  sich  gleichwertiger  Wappen-  resp.  Siegelbilder  zum  Zwecke 
ihrer  gemeinsamen  Darstellung  in  dem  beschrankten  Raume 
eines  Wappenschildes  oder  eines  Siegelfeldes.  Hier  handelt 
es  sich  um  Vereinigung  eines  Bildes  des  Kaisers,  Kaiser 
Friedrichs  II,  welcher  1219  der  Stadt  den  ersten  Freiheits- 
brief  verliehen  hatte1),  mit  dem  Bilde  des  Adlers,  d.  h.  dcs 
Reichsadlers,  welchen  der  Niirnberger  Stadtschultheiss  bereite 
im  Wappen  resp.  Siegel  fiihrte2).  Der  gleiche  Vorgang,  nur 
mit  vertauschten  Rollen,  fand  in  Tangermunde  (Altmark)  statt. 
Hier  fiihrte  die  Stadt  den  gewohnlichen  markgraflichen  Adler, 
das  SchQffencollegium  aber  den  Adler  mit  langgelocktem  (un- 


genaue  Unterauchung  verschiedener  Originale  ergiebt  aber,  dass  der  Zeich- 
ner  einen  schlechten  Stempelabdruck  benutzt  bat,  auf  welcbem  die"stark 
herausmodellierten  Ballen  an  denFusszehen  in  dieser  zum  Irrtum  verfuhren- 
den  Form  sich  ausgedrtickt  haben.  H.  Boscb,  Mittlgn.  aus  dem  German. 
Nation.-Mus.  1898,  S.  132  kennt  diesen  zweiten  Stempel  gar  nicbt.  Ein 
Seitenstuck  zu  der  gemauerten  oder  gepanzerten  Harpyie  bilden  die  mit 
einem  „Panzerhemdea  —  in  Wabrheit  mit  starkem  Zottelpelz  —  be- 
kleideten  schildbaltenden  Baren,  welche  0.  Scbwebel  (Aus  Alt-Berlin,  1891, 
S.  5)  im  zweiten  Berliner  Stadtsiegel  zu  sehen  meinte.  Durch  ahnliches 
Misverstandnis  ist  das  heraldiscbe  Bild  des  nbrennenden"  (mit  Flammen 
bestreuten)  Adlers  im  alteren  bSbmischen  Konigswappen  (Seyler  1.  c.  S.  249) 
entstanden ;  bier  handelte  es  sich  ursprunglicb  um  eigentumlich  stilisierte 
Federn,  wie  z.  B.  der  Adler  auf  dem  Siegel  Landgraf  Friedrichs  des  Frei- 
digen  von  Thiiringen  (1284;  der  Licbtdruck  bei  0.  Posse,  Siegel  der 
Wettiner,  Taf.  VII,  3  ist  nicht  deutlich  genug)  aufweist 

')  Andere  Stadte  haben  nur  das  Kaiserbild  in  ibre  Siegel  auf 
genommen. 

*)  Aus  demselben  Gedankengange  heraus  ist  das  Gerichtssiegel  der 
Stadt  Liiben  (Reg.-Bez.  Liegnitz),  1492,  entstanden.  Hier  ist  der  Ober- 
kdrper  eines  Marienbildes  mit  dem  schlesiscben  Adler  monogrammatisch 
verbunden,  indem  er  diesem  an  Stelle  des  Kopfes  dient  (Herold,  XVI,  1886, 
S.  84).  Auch  das  Siegel  des  Heinrich  Flans  von  Orlamunde,  1311 :  oberer 
Teil  einee  L5wen,  unterer  Teil  eines  Adlers  (Furst  Hobenlobe,  Sphragist 
Aphorismen,  1886,  S.  59  Taf.  XV,  No.  170)  gehort  hierher.  Um  die  Zeit  der 
Entstebung  des  Nurnberger  Stadtsiegels  macbte  der  Propst  Werner, 
Archidiacon  von  Regensburg  (1228),  einen  andern  ebenfalls  asthetisch  als 
misgltickt  zu  bezeichnenden  Versuch  der  monogrammatischen  Vereinigung 
von  Mann  und  Adler  im  Siegel,  indem  er  beide  Bilder  langs  teilte  und 
die  Halften  aneinanderruckte.  Dasselbe  wurde  Mitte  des  15.  Jh.  auf  einem 
Munchener  geistlichen  Siegel  wiederholt  (Fiirst  Hohenlohe,  1.  c.  S.  86 
Tafel  XX,  No.  223). 


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—    249    — 

gekrontem)  Jttnglingskopf.  Ob  die  Beliebtheit,  welche  der 
„Jungfernadlertf  bei  Holsteinischen  Adelsfamilien  (Nouwe,  Plone, 
Ryxstorp,  Scheie,  Wiltperch)  genoss,  der  Absonderlichkeit  des 
Bildes  ihre  Entstehung  verdankt,  oder  dem  Wunsche,  das  so 
haufig  vorkommende  Adlerwappen  zu  differenzieren,  wird  schwer 
festzustellen  sein.  Bei  den  Cirksena  mochte  man  sich  fiir  das 
letztere  Motiv  entscheiden.  Fiir  sie  war  es  zweifellos  von 
grosser  Bedeutung,  den  Reichsadler1),  mit  dem  sie,  gleich 
vielen  anderen  friesischen  Hauptlingsfamilien,  in  Erinnerung 
an  die  alte  Sage,  dass  Kaiser  Karl  d.  Gr.  den  Friesen 
sein  Wappenzeichen  (der  Adler  wird  in  dieser  Bedeutung 
noch  heut  vielfach  auf  friesischen  Bauernsiegeln  halb  ge- 
fuhrt  —  auch  vom  Marschendichter  Hermann  Allmers)  ver- 
liehen  habe,  anfanglich  ihren  Schild  schmuckten,  von  dem 
gleichartigen  Wappenbilde  der  ihnen  benachbarten  und  mit 
ihnen  im  Ringen  um  die  Herrsohaft  wetteifernden  Familie  torn 
Brok  deutlich  zu  unterscheiden. 

Allmahlich  schwand  das  Verstandnis  fiir  die  alte  Symbolik 
des  Bildes;  aus  dem  Kaiserhaupte  wurde  ein  Jungfrauenkopf 
—  das  ist  der  Standpunkt  des  koniglichen  Wappenbriefes  fiir 
Emden  —  dann  „kommt  die  iippige  Ktinstlerphantasie,  welche 
die  noch  notwendigen  Erganzungen  vornimmt,  und  das  Jung- 
frauenwappen  ist  fertig"2). 


')  Dass  dieser  gemeint  ist,  zeigen  die  Farben  des  Wappens,  Gold 
in  Schwarz,  wie  auf  dem  1475  vom  Kaiser  der  Stadt  Neuss  verliehenen 
Wappen  (goldener  Reichsadler  im  schwarzen  Felde)  d.  h.  die  „ver- 
wechselten"    Tinkturen    des    Reichswappens    (schwarzer  Adler  in  Gold)* 

2)  E.  Mummenhoff,  1.  c.  S.  24.  —  H.  Bosch,  1.  c.  S.  76.  131.  —  Beide 
Gelehrte  sind  sich  uber  die  Begriffe  „Siegeltt  —  „Siegelbild"  —  ,,  Wappen" 
nicht  ganz  klar.  Gewiss  ist  der  Adler  im  Niirnberger  Schultheissen-  resp. 
der  Kaiserhauptadler  im  Stadtsiegei  zunachst  „Siegelbildu,  weil  er  auf 
Siegeln  dargestellt  ist;  er  kann  aber  zu  gleicher  Zeit  auch  sehr  wol 
sWappenbilda,  undzwar  hier  im  „Siegelfelde"  sein.  Dassog.  „eigentlichea, 
angeblich  uralte  „Stadtwappen  Niirnbergs"  (gespalten,  vorn.halber  Adler 
schwarz  in  Gold,  jedenfalls  dem  Schultheissensiegel  entstammend,  hinten 
sechsfach  schragrechts  von  Rot  und  Weiss  geteilt,  nach  der  Andeutung 
Conrads  von  Mure,  Mitte  des  13.  Jahrhunderts,  vielieicht  das  alte  Burg- 
grafen- Wappen)  erscheint,  v.  Rettberg  1.  c.  zufolge,  zuerst  seit  1349  als 
Rucksiegel  des  Kaiserhauptadler-Siegels.  Es  liegt  nahe,  einen  Zusammen- 
hang  zwischen  diesem  neuen  Wappensiegel  und  der  nach  Unterdriickung 
des  Handwerkeraufstandes  1349  erfolgten  Wiedereinsetzung  des  patrizischen 


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-     250    — 

Es  ist  interessant  zu  beobachten,  wie  die  Darsteller  des 
Emder  „Engelke  up  de  Mfir"  in  dieser  Frage  sich  in  zwei 
stilistisch  getrennte  Gruppen  teilen.  Bei  den  Einen  erscheint 
ein  Zwittergebilde  von  Weib  und  Vogel,  welches  sich  in  der 
Richtung  weiter  entwickelt,  dass  die  weiblichen  Formen  immer 
mehr  Uebergewicht  erlangen  und  schliesslich  (wie  auf  dem 
Entwurfe  Hildebrandts)  ein  nacktes  uppiges  Weib  vor  uns 
steht,  bei  dem  an  den  Adler  nur  noch  die  Fliigel  und  ein 
von  den  Huften  abw&rts  reichender  Federschurz  erinnern1). 
Bei  den  Anderen  scheint  noch  eine  Erinnerung  an  die  Schild- 
jungfrauen  der  germanischen  Mythe  und  ihr  Schwanengewand 
fortzuleben;  sie  geben  uns  die  Vorstellung  eines  menschlichen 
Korpers,  den  ein  aus  Federn  gefertigtes  Kleid,  an  welchem 
auch  die  Fliigel  befestigt  sind,  verhullt.  Auf  dem  Holzschnitt 
bei  Gnapheus  ist  dieses  Gewand  oben  am  Halse  durch  einen 
Saum  und  eine  Agraffe  zuchtig  geschlossen2);   allmahlich  be- 


Rates  in  Niirnberg  (Mummenhoff  1.  c.  S.  24)  zu  vermuten  (vgl.  1.  c.  S.26). 
Nach  v.  Rettbergs  Angabe  1.  c.  war  „die  Schnur  des  Gerichtssiegels 
(welches  dem  alten  Schultheissensiegel  nachgebildet  wurde),  und  zwar 
nur  diese,  rot  und  weiss."  Vielleicht  ware  es  danach  rich  tig,  den  Kaiser- 
hauptadler  als  Siegel-  resp.  Wappenbild  der  Stadt,  das  sogen.  Beigent- 
liche  Stadtwappen"  als  Wappen  des  Rates  anzusprechen.  Es  mochte 
ferner  zu  erwagen  sein,  ob  bei  der  Umgestaltung  des  Kaiserhaupt-Adlers 
zur  weiblich  gebildeten  sog.  Harpyie  nicht  die  Vorstellung  von  den 
Sirenen  mitgewirkt  hat,  welche  das  klassische  Altertum  bereits  ent- 
sprechend  modellierte,  und  die,  soweit  ich  sehe,  in  der  Kunstmythologie 
und  in  der  didaktischen  Litteratur  des  Mittelalters  eine  bedeutend 
grossere  Rolle  spielten  als  die  Harpyien.  Der  Einfluss  der  Formen- 
sprache  der  Renaissance  wird  ebenfalls  nicht  zu  unterschatzen  sein. 
Vollkommen  weiblich  gestaltet  auf  einem  halb-officiellen  Bildwerk  er- 
scheint die  Harpyie  in  Nurnberg  zuerst  auf  dem  Titelholzschnitt  zur 
„Nurnberger  Reformation",  in  der  Ausgabe  von  Hieronymus  Holtzel,  Nurn- 
berg 1503.  Dabei  mag  an  die  stymphalischen  Vogel  auf  dem  Herkules- 
Gemalde  Diirers  von  1500,  so  wie  an  die  durchaus  im  Geist  der  Renaissance 
gehaltenen  zierlichen  Sirenen-Figuren  an  Peter  Fischers  Sebaldus-Grab, 
1508—1519,  erinnert  werden. 

!)  Auch  dieser  letztere  ist  noch  verloren  gegangen  auf  der  Abb. 
des  Stadtwappens  in  der  Sammlung  ^Deutsche  St§.dtewappena,  welche 
der  bekannte  heraldische  Verlag  von  Wilhelm  Rommel  in  Frankfurt  a.  M. 
herausgegeben  hat. 

a)  Das  altere  Nurnberger  Stadtsiegel  (s.  Fig.  4)  lasst  am  Halse  eben- 
falls einen  Abschluss  des  Federkleides  erkennen;  auf  dem  jungeren 
reichen  die  Federn  bis  zum  Kinn  herauf. 


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ginnen  sich  auch  unter  diesem  Kleide   die   weiblichen  Formen 

zu  runden,  und  man  findet  Gefallen  daran>  sie  zur   Schau  zu 

stellen,   entweder   so   derb    unverhullt, 

wie  an  dem  Portal   der  Neuen  Kirche 

daselbst,  oder  so  kokett  dekolletiert  wie 

an  der  Hauptwache  zu  Emden.     Aber 

auch  die  Kleidermode  kam  zum  Worte. 

Auf  einer  Kuchenform   (Fig.  5)   in   den 

Sammlungen     der     „Kunsta     ist     das 

„Engelke"    mit    steifer     „Schnurbrustu 

gepanzert. 


3.  Das  Hauptsiegel  der  Stadt  bis  zum  Ende  des   17.  Jahrhunderts. 

Das  neue  Wappen  fand  nicht  sofort  Aufnahme  in  das 
Stadtsiegel.  Erst  1504  wurde  ein  neuer  Siegelstempel  (er  tragt 
die  Jahreszahl)  beschafft,  welcher  in  zierlicher  Zeichnung  genau 
das  zur  Darstellung  brachte,  was  der  Wappenbrief  verliehen 
hatte,  den  Schild  mit  seinem  Bilde  (Tafel  I,  4).  Diesem  Haupt- 
siegel entspricht  durchaus,  nur  dass  die  Composition,  der  ge- 
ringeren  Grosse  gemass,  etwas  einfacher  ist,  ein  Sekretsiegel, 
dessen  Stempel  gleichfalls  noch  vorhanden  ist.  Ausserdem 
wurde  nach  der  Erwerbung  der  Herrschaft  Oldersum  (1631) 
zum  ausschliesslichen  Gebrauch  fur  diese  ein  neues  grosses 
Siegel  angeschafft,  welches  in  der  Hauptsache  dem  Stadtsiegel 
von  1504  gleicht,  nur  insofern  reicher  ausgestattet  ist,  als  der 
Wappenschild  einer  vielfach  geschweiften  Barock-Kartusche 
aufgelegt  ist  (Tafel  I,  5). 


4.  Das  neue  Hauptsiegel  seit  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts. 

Das  Siegel  von  1504  war  nach  Harkenrohts  Angabe 
(Oorspr.  2.  Ausgabe  1731  S.  106)  zu  seiner  Zeit  noch  in  Ge- 
brauch. Es  liegt  indessen  schon  aus  dem  Ende  des  17.  Jahr- 
hunderts der  Abdruck  eines  neuen  Stempels  vor,  welcher  ein 
durchaus  abweichendes  Geprage  tragt  und  eine  wichtige 
scheinbar  unvermittelte  Aenderung  aufweist.  Auf  diesem 
neuen  Siegel  ist  der  Schild,  welcher  das  gewohnliche  Wappen- 


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—     252    — 

bild  tr&gt,  rechts  und  links  beseitet  von  zwei  unten  gekreuzten 
Palmzweigen,  und  auf  dem  Schilde  steht  eine  ge- 
schlossene  Krone  mit  3  (6)  Btigeln  (Tafel  II,  2). 

Ein  zweites  Siegel  dieses  neuen  Typus  beseitigt  die 
Palmzweige,  behalt  die  (etwas  modificierte)  Krone  auf  dem 
Schilde  bei  und  ftigt  je  einen  Stern  rechts  und  links  vom 
Kopfe  der  Harpyie  hinzu  (Tafel  II,  3). 

Das  dritte  jetzt  noch  gebrauchliche  Siegel  dieser  Gattung 
(Tafel  II,  4)  gleicht  dem  vorhergehenden  darin,  dass  es  die  beiden 
Sterne  mit  aufnimmt;  es  setzt  aber  auf  den  Schild  eine  unge- 
schickte  Nachbildung  der  sog.  Rudolfs-Krone  *)  (die  jetzige  oster- 
reichische  Kaiserkrone).  Zu  ihrer  Wahl  mochte  die  weithin 
sichtbare  Krone  auf  dem  Turme  der  Neuen  Kirche  den  An- 
stoss  gegeben  haben. 


5.  Das  Emder  Stadtwappen  auf  der  „Ostfriesischen  Wappentafel". 

Gegen  die  Fuhrung  der  Krone  auf  dem  Emder  Stadtwappen 
hat  ein  mit  der  Initiate  H.  zeichnender  Heraldiker  im  Jahre  1894 
Einspruch  erhoben2).  „Misverstandliche  Deutungen  einzelner 
Ausdrucke  in  alteren  Wappenbriefen",  so  sagt  er,  „sind  be- 
kanntlich  nicht  selten;  sie  entstehen  dadurch,  dass  gewissen 
Formeln  des  Kanzleistils  frtiherer  Jahrhunderte  ein  Wert  bei- 
gelegt  wird,   den   dieselben  durchaus   nicht  besitzen.    Es  ist 

verzeihlich,   wenn  Leute,   usw aber  nicht  verzeihlich  ist 

es,  wenn  sie  den  Belehrungen  derjenigen,  die  in  der  Auslegung 
alter  Diplome   erfahren   sind,  ein  hartnackiges  „Besser-wissen- 

wollen"   entgegensetzen Zu   den   oben   erwahnten  Mis- 

verstandnissen  gehort  es  auch,  wenn  die  Stadt  Emden  in  Ost- 


•)  Zu  besserem  Verstandnis  ihrer  etwas  absonderlichen  Form  setae 
ich  die  Beschreibung  her,  welche   das  archaologische  Worterbuch  von 

Miiller  und  Mothes  S.  GOO  giebt:  auf  ihrem mit  4  grosseren  und  4 

kleineren  Blattern  besetzten  Reif  erheben  sich  auf  jeder  Seite  zwei  oben 
spitz  zulaufende,  konvexe  und  sich  zu  je  einer  Viertelskugel  vereinigende 

• Schilder,  die  in  der  Mitte  von  vorn  nach  hinten  einen  breiten  keil- 

formigen  Ausschnitt  lassen,  in  welchem  man  die  rote  Kronkappe  sieht 

In  dem  Ausschnitt  steigt  ein  von  vorn  nach  hinten  gehender Bugel 

auf,  der  ein  Kreuz tragt.* 

2)  Der  deutsche  HeroldXXV  (Berlin  1894)  S.  117  (Septembernummer). 


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friesland  fiber  ihrem  Wappenschilde  eine  Kaiserkrone  fiihrt(Reif 
mit  Biigeln).  Wie  uns  zuverlassig  mitgeteilt  wird,  b^griindet 
man  in  Emden  den  Anspruch  auf  die  Fiihrung  der  Krone 
mit  dem  Wappenbriefe,  den  die  Stadt  d.  d.  10.  August  1495 
vom  Kaiser  Maximilian  erhielt  und  zwar  insbesondere  — 
erstaunlicher  Weise  —  mit  dem  Ausdruck   darin:    „„Wir  ver- 

leihen das  nachbeschriebene  Wappen  und  Cleinodaa.    Ein 

gelehrter  Emder,  der  wohl  ausser  diesem  Wappenbriefe  nie- 
mals  einen  anderen  in  Handen  gehabt  hat . . .  ,  nahm  an,  dass 
in  der  kanzleimassigen  Formel  des  Diploms  „„  wappen  und 
cleinotaa  (welches  gleichbedeutende  Worte)  unter  letzterem 
nichts  anderes  verstanden  werden  ketone,  als  die  kaiserliche 
Krone,  und  wurde  in  dieser  Meinung  bestarkt  durch  die 
Malerei  des  Wappenbriefes,  in  welcher  indessen  die  gothisch 
stilisierte  Arabeske,  welche  oben  in  eine  Kaiserkrone  endigt, 
nur  klinstlerisches  Beiwerk.  In  Emden  scheint  man  jedoch 
anderer  Ansicht  zu  sein,  da  eine  uns  vorliegende  Zeichnung 
des  Stadtwappens  dortselbst  wegen  der  fehlenden  Krone  be- 
mangelt  wurde". 

Die  von  H.  erwahnte  Kritik  der  Emder  richtete  sich  gegen 
die  von  W.  Schwalbe  in  Emden  herausgegebene  „Ostfriesische 
Wappentafel,  nach  Entwurf  von  Professor  Ad.  M.  Hildebrandt." 
Auf  diesec  Wappentafel  ist  das  Wappen  von  Emden  (gleich 
denen  von  Aurich,  Esens,  Wilhelmshaven)  so  dargestellt,  dass 
der  von  zwei  unten  sich  kreuzenden  Lorbeerzweigen  beseitete 
Schild  einer  Barockkartusche  aufgelegt  ist;  statt  der  sog. 
„Kaiserkrone"  steht  auf  der  Schildumrahmung  eine  rote 
„Mauerkrone".  Gef&lliger  Mitteilung  des  Verlegers  zufolge  hat 
der  Autor  der  Wappentafel  diese  Form  des  Emder  Wappens 
ausdrticklich  ftir  „absolut  rich  tig"  erklSLrt. 

In  wie  weit  dies  hinsichtlich  der  Weglassung  der  sog. 
Kaiserkrone  zutrifft,  wird  weiterhin  zu  erortern  sein;  hier 
kommt  es  zun&chst  darauf  an,  festzustellen,  mit  welchem  Rechte 
die  „Mauerkroneul)  hinzugefiigt  ist. 


•)  Nach  freundlicher  Mitteilung  Mummenhoffs  tragt  der  Nurnberger 
Jungfemadler  seit  1819  dieses  abscheuliche  Attribut  sogar  auf  dem 
Haupte;  vgl.  den  Revers  der  Durer-Medaille  von  1828  bei  R.  v.  Rettberg, 
Nurnbergs  Kunstleben,  1854,  S.  203.  Ausserdem  prangt  dasselbe  natiirlich 
dort  aucb  auf  dem  Schilde. 


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6.  Die  Mauerkrone. 

Die  „Mauerkronen"  sind  unter  dem  Einfluss  classischer 
Reminiscenzen1)  entstandene  Erzeugnisse  moderner  Heraldik, 
in  welche  die  franzdsische  Schule  des  ersten  Kaiserreichs 
eine  Art  von  System  gebracht  hat.  Den  Heraldikern  des 
17.  und  18.  Jahrhunderts  ist  das  Gebilde  unbekannt.  6.  A. 
Seyler  (Geschichte  der  Heraldik,  1885,  S.  478)  will  zwar  ihr 
Vorkommen  bis  in  die  ersten  Jahrzehnte  des  16.  Jahrhunderts 
hinaufrucken,  indem  er  auf  dem  seit  1532  gebrauchten  sigillum 
minus  der  Stadt  Czaslau  in  Bohmen  „einen  von  der  Mauer- 
krone uberhohten  Schild  mit  dem  bohmischen  Lowen"  erblickt, 
Strohl  (Heraldischer  Atlas,  1894,  Text  zu  Tafel  52,  Fig.  10) 
folgt  ihm  darin  und  geht  sogar  so  weit,  das  der  Stadt  1472 
verliehene  grosse  Wappen  mit  dieser  „ Mauerkrone"  bedeckt 
darzustellen.  Wer  aber  Siegel  und  Wappen  recht  zu  lesen 
versteht,  erblickt  auf  der  von  Seyler  selbst  (1.  c.  No.  500)  mit- 
geteilten  Abbildung  nichts  als  die  gewohnliche  Darstellung 
eines  gezinnten  Mauerturms  mit  davorstehendem,  allerdings 
tibergrossen  landesherrlichen  Wappenschilde,  eine  leicht  ver- 
st&ndliche  Abbreviatur  des  1472  verliehenen  Wappenbildes. 
Einen  ahnlichen,  fast  200  Jahre  alteren  Fall,  der  Seyler  ent- 
gangen,  finden  wir  in  Endrulats  Niederrheinischen  Stadte- 
siegeln  (1882)  verzeichnet.  Das  dort  (Tafel  IV,  No.  15) 
abgebildete  Siegelbild  der  Stadt  Huissen  von  1348  wird  vom 
Herausgeber  (S.  17)  erklart  entweder  als  ein  Kastell  mit 
starkem  Mittelturm  und  2  Seitentiirmen,  am  ersteren  das  herz- 
formige  Clevesche  Wappen,  wobei  der  Stecher  vergessen  habe, 
,,zu  beiden  Seiten  des  untern  schmalen  Teils  des  Wappen- 
schildes  das  Gemauer  des  Turmes,  das  hier  notwendig  sicht- 
bar  sein  mtisste,  anzudeuten"  (vielleicht  tragt  auch  der  Zeichner 
der  nicht  gerade  mustergiltigen  Abbildungen  die  Schuld?)  oder 
fiir  eine  Stadtmauer  mit  dem  von  der  „stadtischen  Mauerkrone 


*)  Die  goldene  corona  muralis  (auch  castrensis  oder  vallaris)  war 
eine  militarische  Auszeichnung  fur  den,  welcher  bei  der  Ereturmung 
einer  Stadt  zuerst  die  Befestigung  erstiegen  hatte.  Die  „Turmkrone"  ist 
das  Abzeichen  der  Rhea  Kybele  und,  in  den  nach  Alexanders  d.  Gr.  Zeit 
gegrttndeten  Stadten,  der  Stadtgattin  (K.  0.  Mailer,  Handb.  d.  ArchioL 
der  Kunst,  1878,  S.  635.  66i). 


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—    255    — 

geschmttckten  Landeswappen".  Der  Herausgeber  hat  sich  ver- 
standigerweise  fiir  die  erstere  Deutung  entschieden.  Dass  der 
gesunden  alteren  deutschen  Heraldik  der  Begriff  der  „Mauer- 
krone"  vollig  unbekannt  geblieben  ist,  lehrt  das  Beispiel  der 
Stadtsiegel  von  Dramburg  und  Penkun  in  Pommern.  Aeltere 
Stempel  zeigen  bei  ersterem  fiber  einem  Thorbogen  ein  ganz 
schmales  Ttirmchen  mit  weitausladender  Zinnenbekronung,  bei 
letzterem  steht  ein  Greif  auf  einem  beturmten  Zinnenmauer- 
stuck.  Als  neue  Sterapel  notig  wurden,  verstanden  die  Ver- 
fertiger  derselben  die  eigentliche  Bedeutung  dieser  losgelosten 
Zinnenstiicke  nicht  mehr;  sie  stilisierten  dieselben  zu  Kronen 
um,  aber  nicht  etwa,  wie  man  nach  dem,  was  unsere  Theo- 
retiker  von  den  „Mauerkronen"  lehren,  als  das  Nachstliegende 
erwarten  sollte,  zu  solchen,  sondern  zu  gewohnlichen  heral- 
dischen  Kronen  (Kratz,  die  Stadte  in  Pommern,  S.  125.  293). 
Auch  das,  was  Seyler  I.e.  fiber  die Mauerkrone  auf  Familien- 
wappen  sagt,  grundet  seine  Theorie  nicht  fester.  Die  beiden 
urkundlichen  Beispiele,  welche  er  mitteilt,  gehoren  erstlich  sehr 
junger  Zeit  an  (1624  und  1642),  sodann  spricht  der  Urkunden- 
text  gar  nicht  von  ,,Mauerkronen",  sondern  in  dem  einen  Fall 
von  einer  „giildenen  Mauer  mit  3  Schusslochern",  im  andern 
von  „3  Zinnen  mit  Schiesslochern",  beide  Male  stehen  diese 
Architekturgebilde  auf  dem  Helm  und  hinter  ihnen  erhebt  sich 
als  weiterer  Bestandteil  der  Helmzier  eine  Figur.  Es  handelt 
sich  in  beiden  pfalzgraflichen  Wappenverleihungen  (solches  sind 
die  fraglichen  Urkunden)  nicht  um  eine  besondere  Gattung  von 
Kronen  als  Ersatz  der  in  solchen  Fallen  ublichen  Helmkronen, 
sondern  um  Stucke  einer  individuellen  Helmzier,  denen  ihre 
zufallige  Aehnlichkeit  mit  den  „Mauerkronena  der  modernen 
Heraldik  nicht  angerechnet  werden  darf.  Ein  viel  alteres  Bei- 
spiel eines  als  Helmzier  verwendeten  Mauerstticks  findet  sich 
iibrigens  in  dem  Wappenbuch  des  Heyne  genannt  Gelre,  Herolds 
vonGeldern,  Mitte  des  14.  Jahrhunderts1).  Mit  Fug  und  Recht 
muss  also  die  Stadt  Emden  sich  dagegen  verwahren,  dass  man 
ihren  alten  Wappenschild  durch  eine  historisch  so  ungeniigend 
gerechtfertigte  heraldische  Neubildung  verunstaltet. 


•)  Abbildung  bei  Str5hl,  herald.  Atlas,  Tafel  XXII,  No.  14. 


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7.  Angebliche  BegrOndung  des  „gegenw&rtigen  Stadtwappens"  durch 
den  Wappenbrief  von  1495. 

Ich  komme  auf  den  H.-Artikel  im  Herold  zuriick.  Aus 
jeder  Zeile  desselben  geht  hervor,  dass  der  Verfasser  mit  den 
allgemeinen  geschichtlichen  Verhaltnissen  des  deutschen  Reichs 
zu  Ende  des  15.  Jahrhunderts  wenig,  mit  der  Spezialgeschichte 
des  Stadtwappens  von  Emden  aber  gar  nicht  vertraut  ist.  Das 
ware  verzeihlich  —  doch  nicht  verzeihlich  ist  der  von  ihra  an- 
geschlagene  Ton  des  „Besserwissen  -  wollens",  und  das  Urteil. 
mit  welchem  er  seine  Erorterung  schliesst:  „Wir  glauben 
aber,  dass  man  sich  bei  besserer  Ueberlegung,  unter  Be- 
riicksichtigung  des  Vorstehenden  (s.  Abschnitt  5)  und  nament- 
lich  unter  Beriicksichtigung  des  Umstandes,  dass  der  Wort- 
laut  des  Wappenbriefes  auch  nicht  die  leiseste  Andeutung 
einer  Verleihung  der  kaiserlichen  Krone  enthalt,  in  Emden 
der  Thatsache  nicht  wird  verschliessen  konnen,  dass  die 
Krone  nicht  zum  Stadtwappen  gehort  und  dass  die  Fiihrung 
derselben  eine  unberechtigte  sein  wiirde". 

Die  Stadt  Emden  hat  nicht  unter  Berufung  auf  den 
Wappenbrief  und  nicht  erst  neuerdings,  wie  H.  anzunebmen 
scheint,  die  Krone  auf  ihren  Wappenschild  gesetzt,  sondern 
man  hat  sich  zur  Erklarung  der  unbestreitbaren  Thatsache. 
dass  seit  fast  400  Jahren  der  Emder  Wappenschild 
in  dieser  oder  jener  Form  mit  einer  Krone  vereinigt 
iiberaus  haufig  auf  Siegeln,  Munzen  und  Skulpturen  an  offent- 
lichen  Gebauden  dargestellt  worden  ist,  in  jiingsterZeit 
auf  den  Wappenbrief  berufen.  Ist  diese  Berufung  irrig1)  — 
und  sie  ist  es  in  der  That  — ,  so  wird  doch  dadurch  die  Gut- 
glaubigkeit  und  vor  allem  die  Rechtmassigkeit  des  langst  vor- 
her  geiibten  Besitzes  der  Krone  nicht  erschiittert. 


»)  Dem  Irrtum  wurde  unzweifelhaft  Vorschub  geleistet  durch  die 
vom  Herausgeber  des  Ostfries.  UB.  (II,  No.  1450)  fur  den  Wappenbrief 
gewahlte  Ueberschrift :  „Konig  Maximilian  verleiht  der  Stadt  Emden  von 
Neuem  Wappen  und  Kleinod";  aus  dem  Wappenbrief  fur  den  Burger- 
meister  Humpo  Hayena  1495  Juli  20  (1.  c.  No.  1449)  zog  man  dann  often- 
bar  den  irrigen  Schluss,  dass  „Kleinodu  in  diesem  den  ausdrucklich  mit 
dem  Schilde  verliehenen  Wappenhelm  bedeute,  dass  also  weiter  im 
Wappenbriefe  der  Stadt  darunter  die  iiber  demselben  gemalte,  im  Text 
nicht  erwahnte  KOnigskrone  zu  verstehen  sei. 


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8.  Formengeschichte  der  Krone  des  Emder  Stadtwappens. 

Fiirbringer  sagt  in  seinem  Buche  „Die  Stadt  Emden" 
(1892,  S.  19):  „Das  gegenw&rtige  Stadt wappen  (s.  dessen  Ab- 
bildung  in  der  Mitte  des  ausseren  Titelblattes)  ist  der  Stadt 
von  Kaiser  Maximilian  verliehen  durch  die  Urkunde  d.  d.  Worms 
10.  August  1495".  Darauf  folgt  der  passus  concernens  der 
Urkunde,  und  dann  heisst  es:  „Unter  dem  Kleinod  ist  die 
Konigskrone  zu  verstehen,  die  Tiber  dem  Wappenschilde 
angebracht  ist.a 

Die  an  sich  irrige,  wenn  schon  fiir  die  Entscheidung  der 
ganzen  Frage  belanglose  Identificierung  des  „Kleinods"  im  Text 
des  Wappenbriefes  mit  der  „K6nigskroneu  der  Wappen-Miniatur, 
und  die  Beziehung,  in  welche  diese  zu  dem  „gegenwartigen 
Stadtwappen"  gebracht  wird,  nStigt  uns,  das  formengeschicht- 
liche  Verhaltnis  der  Krone,  wie  sie  thatsachlich  Jahrhunderte 
hindurch  auf  dem  Emder  Stadtwappen  gefuhrt  wurde,  zu  der- 
jenigen  des  Wappenbriefes  zu  untersuchen. 

Auf  dem  Titelblatte  von  Furbringers  Buche  ist  nicht 
das  „gegenwartige  Stadtwappen"  (d.  h.  das  Wappen,  welches 
die  Stadt  heutigen  Tages  z.  B.  in  ihrem  Siegel  fuhrt),  sondern 
die  Malerei  des  Wappenbriefes  von  1495  mit  dem  von 
Konig  (nicht  Kaiser)  Maximilian  damals  verliehenen  Wappen- 
schilde abgebildet.  Die  Krone,  welche  den  Kranz  um  diesen 
Wappenschild  oben  zusammenschliesst,  ist  allerdings  die 
KSnigskrone,  wie  sie  Maximilian  bis  zur  Annahme 
des  Kaisertitels  1508  fuhrte.  Dieselbe  ist  eine  Nachahmung 
der  offenen  englischen  Lilienkrone,  welche  der  w&hrend 
des  Interregnums  zum  deutschen  KSnig  erw&hlte  Graf  Richard 
von  Cornwallis  gelegentlich  seiner  KrSnung  in  K61n  1257  durch 
Aufsetzen  eines  von  vorn  nach  hinten  gestellten  Bugels  und 
und  eines  Kreuzes  der  alten  deutschen  Krflnungs-Krone,  der 
sog.  Krone  Karls  d.  Gr.,  moglichst  ahnlich  zu  gestalten  ge- 
sucht  hatte.  Da  dieser  eine  Btigel  in  der  Frontansicht  schwer 
darzustellen  ist,  bildete  man  die  mit  ihm  versehene  Konigs- 
krone gewohnlich  in  der  Seitenansicht  (Btigel  querstehend)  ab. 
Diese  KSnigskrone  Maximilians  I  findet  sich  aber  in  Verbindung 
mit  Darstellungen  des  Emder  Stadtwappens  nur  in  der  ersten 
Zeit  h&ufiger.     In  spaterer  Zeit    taucht    sie    bloss    vereinzelt 

Jahrimch  der  Geeellsch.  f.  b.  K.  u.  vateil.  AltertUmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  17 


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wieder  auf ;  ein  verhftltnismassig  junges,  diesem  Typus  ange- 
horiges  Specimen  zeigt  eine  holzerne  (Kuchen-?)  Form  in  der 
Sammlung  der  Emder  „Kunsttf  (Fig.  6).     Es  ist  aus  dem  volks- 

ttimlichen    Kunstgewerbe     hervorge- 

gangen,  und  noch  dadurch  besonders 

merkwttrdig,  dass  auch  das  ^Engelke" 

die  gothische  Biigelkrone  erhalten  hat, 

An    die   Stelle    derselben    tritt  sehr 

bald    in  der  Regel   eine   mannigfach 

modificierte    Nachbildung  .der  alten 

gothisch  stilisierten  Kaiserkrone,  mit 

2,   3  oder  4  sich  kreuzenden  Biigeln, 

wie  sie  sich  auf  Kaisersiegeln  bis  zu 

Karl   IV,    dann    wieder    auf  Siegeln 

Kaiser  Karls  V,  endlich  in  Miniaturen, 

Buch-Illustrationen  und  dgl.  bildlichen 

Darstellungen  noch  weit  bis  in  das 

16.  Jahrhundert  findet,  und  aus  der 

FiS-  6-  nachmals,  indem  die  Biigel  niedriger, 

aber  nach  aussen  geschweift  wurden,  die  heutige  Konigskrone 

entstand.    Letzterer  gleicht  darum  auch  die  Krone  in  dem  vor- 

und  drittletzten  Hauptsiegel  der  Stadt  und   auf  verschiedenen 

Skulpturen   wie  Munzen   aus  jungerer  Zeit.     Nur  in  einzelnen 

Fallen  tritt  an  die  Stelle  der  Krone  mit  mehreren  Biigeln,  wie 

schon  bemerkt,  die  sog.  Rudolfs-Krone.    Eine  willkiirliche  Form. 

ahnlich  einem  Fiirstenhute,  hat  die  Krone  an  der  Hauptwache 

erhalten.     Wenn  sich  vereinzelt  auch  die  Form   der  einfachen 

Laubkrone  ohne  Biigel  auf  st&dtischen  Miinzen  findet,  so  wird 

sich  dies  durch  die  berechnete  Nachahmung  graflicher  Munzen 

erkl^ren;  dieselbe  Kronenform  am  Kommerzien-Magazin,  1752, 

ist  vielleicht  nur  auf  Kosten  einer  Verstiimmelung  der  Skulptur 

zu  setzen. 

Wir  diirfen  also  konstatieren,  dass  in  der  Mehrzahl  der 
Falle  die  Bildner  eine  Kaiser-Krone  zur  Darstellung  brachteD. 
ob  mit  Absicht,  oder  nur,  weil  diese  Form  ihnen  gelaufiger 
war,  mag  vorlaufig  dahin  gestellt  bleiben. 


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9.  Einwirkung  der  Reich sstadt-Theorie  auf  die  Gestaltung  des 

Stadtwappens. 

Die  Malerei  des  Wappenbriefs  hatte  urspriinglich  den  An- 
stoss  zur  Vereinigung  von  Krone  und  Schild  auf  den  ver- 
schiedenartigsten  Wappendarstellungen  gegeben.  Allmahlich 
geriet  aber  diese  im  Stadtarchiv  gehtitete,  und  darum  nur 
Wenigen  zugangliche  Darstellung  in  Vergessenheit ;  und  die  von 
den  Ktinstlern  bevorzugten  abweichenden  Formen  begegneten 
sich  mit  d$r,  durch  die  concreten  politischen  Verhaltnisse 
hervorgerufenen,  in  alien  Kreisen  der  stadtischen  Bevolkerung 
verbreiteten  Autfassung,  dass  der  Krone  auf  dem  Stadtwappen 
eine  besondere  staatsrechtliche  Bedeutung  innewohne1).  Ktinstler 
und  Stadtpolitiker  stiitzten  und  fSrderten  sich  gegenseitig  in 
der  Ausbildung  der  neuen  Doctrin.  Diese,  welche  den  formellen 
Unterschied  zwischen  deutschem  Konigtum  und  romischem 
Kaisertum  unberucksichtigt  liess,  kam  zu  recht  pragnantem 
Ausdruck  bei  den  Streitigkeiten  der  Stadt  mit  der  Ostfriesischen 
Ritterschaft  betr.  die  durch  den  Erwerb  der  adelichen  Herr- 
schaften  nach  ihrer  Behauptung  auf  sie  iibergangene  Ritter- 
schaft. Im  Jahre  1638  erklarten  die  Vertreter  der  Stadt  ge- 
radezu,  dieselbe  sei  „edel  wegen  der  kaiserlichen  Privi- 
legien  und  Regalien,  und  dahero  den  freien  Reichs- 
stadten  gleich"2);  ja,  .Eiferer  wie  Harkenroht  (Oorspr.  S.  119) 
nannten  Emden  ohne  weiteres  eine  ,,Reichsstadt"3).  Bis  zu 
dieser  Hohe  sachlich  nicht  vollig  begriindeten  Stolzes  war  man 
auf  dem  Wege  allmahlich  sich  steigernder  Opposition  gegen  die 
grafliche   Landeshoheit    ausserlich    ganz    folgerichtig    gelangt. 


')  Selbst  Brenneysen  (Ostfr.  Historie  und  Landesverfassung  Tom.  I 
lib.  I,  c.  9,  pars  8,  S.  213)  legt  der  Wappenmalerei  anscheinend  mehr  als 
bloss  dekorative  Bedeutung  bei7  wenn  er  seine  etwaa  nnklare,  dem  Abdruck 
der  Urkunde  beigefugte  Beschreibung  derselben  so  formuliert :  „Im  Mitten 
des  principalen  Briefs  stund  der  Stadt  Emden  Wapen  in  aller  Gestalt 
wie  hie  geschrieben,  im  schwarzen  Oberfelde,  mit  einer  gelbfarbichten 
verhogen  Krone,  in  geler,  roter  und  blauer  Farbe  geschildert  und  mit 
Laubwerk  ausgeputzet". 

a)  Brenneysen,  Ostfries.  Historie  und  Landesverfassung,  Aurich  I, 
1720,  Tom  I,  lib.  VII,  No.  74,  S.  472. 

*)  Liegt  hier  etwa  ein  Misverstehen  der  im  Wappenbrief  gebrauchten 
Formel:  miser  und  des  heiligen  reichs  8 tat  Emden,  zu  Grande? 

17* 


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—    260    — 

Schon  nach  dem  Delfsieler  Vergleiche,  1595,  so  klagt  Brenn- 
eysen1),  habe  man  aufgehflrt,  das  grafliche  Wappen,  wie 
frtiher,  an  den  st&dtischen  Geb&uden  anzubringen,  „als  wenn 
man  keinen  Landesherrn  mehr  h&tte". 

Seit  dem  Ende  des  16.  Jahrhunderts 2)  hatte  der  Magistrat 
nach  dem  Vorbilde  des  alten  Rom,  die  an  dem  Geb&ude  der 
lateinischen  Schule  angebrachte  Widmungstafel  mit  der  Signa- 
tur:  S.  P.  Q.  Embd.:  Senatus  populusque  Embdensis3)  ver- 
sehen,  das  Siegel  fur  die  Herrschaft  Oldersum  (Tafel  I,  5) 
nach  1631  als  Sigillum  rei  publicae  Embdensis  bezeichnet 
und  1689Ducaten  mit  der  Aufschrift:  Moneta  nova  rei  publi- 
cae Embdensis  pr&gen  lassen. 

Wohin  man  blickte  im  Reich,  sah  man  Corporationen, 
welche,  besonderen  kaiserlichen  Schutzes  sich  nihmend,  zum 
Zeichen  dessen  der  kaiserlichen  Wappeninsignien  sich  bedienten; 
insbesondere  war  es  die  Hanse,  welche  auch  aus  diesem 
Grunde  seit  geraumer  Zeit  schon  die  Augen  auf  sich  gezogen 
hatte.  Die  ambassiatores  derselben  in  London  fiihrten  1437 
in  ihrem  Siegel  die  Kaiserkrone;  ihr  Londoner  Contor 
zeigte  1442  im  Siegel  den  Reichsadler,  dessen  beide  Kopfe 
durch  die  Btigel  der  Kaiserkrone  geschoben  sind,  und  das 
Wappen  des  Contors  zu  Briigge  war,  allerdings  auf  Grand  be- 
sonderer  kaiserlicher  Verleihung  von  1486,  mit  einem  die  kaiser- 
liche  Krone  tragenden  Wappenhelma  geziert4).  Man  sah 
nunmehr  auch  in  Emden  einen  Widerschein  der  herrlichen 
„kaiserlichen"  Privilegien,  deren  man  sich  bertihmte,  in  den 
Kronen,  welche  das  Stadtwappen  an  offentlichen  Gebauden. 
auf  st&dtischen  Munzen  und  Siegeln  zierten.  Das  ist  nmso 
begreiflicher,  als  seit  Jahrhunderten  eine  Sage  von  einer 
wundersamen  Krone,  als  dem  Symbol  und  Palladium  friesischer 
Freiheit,  durch  die  Geschichte  Frieslands  klingt. 


•)  1.  c.  Tom.  I,  lib.  V,  No.  45. 

»)  Es  fragt  sich,  ob  der  Inschriftstein,  iiber  welchen  das  Citat  aus 
dem  Trifolium  aureum  bei  Furbringer,  die  Stadt  Emden,  S.  88  zu  w 
gleichen  ist,  nicht  alter  sei,  als  das  dariiber  befindliche  schon  gezeichnete, 
leider  beschadigte  Stadtwappen  mit  der  verstummelten  Jahreszahl  160  . 

•)  Die  Signatur  S.  P.  Q.  E.  tragt  schon  das  Richtschwert  von  16tf 
auf  dem  Emder  Rathause  (Rolffs,  Die  antike  Rustkammer  des  Emder 
Rathauses.  1861.  S.  100). 

<)  Hansische  Geschichts-Bl.  1872,  S.  12.  1873,  S.  48. 


I 


—    261     — 

10.  Die  friesische  Kronensage. 

Schon  in  dem  unechten  Friesenprivileg  Karls  d.  Gr.  von 

802,  einer  Falschung  des  13.  Jahrhunderts,  heisst  es  bedeutsam 

genug:   scutum  suae  militiae  a  dicto  potestate  (d.  h.  podestSt, 

StatthaHer)  recipere  debent,  in  quo  corona   imperialis   in 

signum  libertatis  a  nobis  concessae  debet  esse  depicta1). 

Dieses   gefalschte  Privileg  hat  eine  wunderbare  Rolle  speciell 

auch   in   Ostfriesland    gespielt.      1479   wurde    es   von    Kaiser 

Friedrich  III  confirmiert  und  transsumiert,  und  1598  zogen  die 

ostfriesischen  Stande,  um  sich  seiner  in  ihrem  Streit  mit  dem 

Grafen    zu    bedienen,    damit    zum    Kaiser,    Eggerick    Beninga 

nahm  es  in  seine  ostfriesische  Chronik  auf,  und  man  fugte  es 

Handschriften   des   ostfriesischen  Landrechts  bei2).     Dass  mit 

dem  Inhalt  dieses  kostlichen  Freibriefs  manniglich  in  Friesland 

vertraut  war,    ist  natiirlich,   und   des   dankbaren  Motivs   der 

Krone   als   friesischen  Freiheitssymbols   bemachtigte  sich  mit 

Eifer  die   historische   Sage.    Zunachst  erweiterte  sie   es   und 

heraldisierte  es  dahin  um:  „volgens  de  aloude  overlevering  .  .  . 

heeft  Keizer  Karel  de  Groote  den  Friezen  toegestaan,  zijnen 

adelaar    ten    halve    in    hunne    schilden   te    voeren,    en    die 

schilden    met    de    vrijheerlijke    Kroon    te    dekkena 

(Friesche  Oudheden  S.  38).      Dann   griff  man   weiter   zurtick. 

Der  grosse  Frankenkaiser  hatte  nur  ein  in  vorangegangenen 

Ungluckszeiten  verlorenes  Palladium  wieder  erneuert.    Japhet 

hatte   von   seinem  Vater  Noah,   so   erzahlt   die   dem  16.  Jahr- 

hundert  angehorige  Reimchronik  „Thet  Freske  Riim"3),  zugleich 

mit    der    Weissagung,    dass    seine    Nachkommen    in   Europa 

herrschen  sollten,  „ene  crone,  thi  was  van  golde  scone",  nebst 

einer  blutroten  Fahne  (v.  422  ff.)  erhalten.    Als  nun  die  Nach- 


•)  v.  Richthofen,  Fries.  Rechtsqu.  356.  Ph.  Heck,  Die  Altfries. 
(jerichtsverfassung,  1894,  welcher  die  Ansicht  vertritt  (S.  432  ff.),  dass 
das  Karlsprivileg  1247  gefertigt  wurde,  um  die  Friesen  fur  den  sechsten 
Kreuzzug  zu  gewinnen,  meint  (S.  445),  den  Kreuzpredigern  habe  vor  allem 
daran  gelegen,  ein  gut  und  gleichmassig  bewaffnetes,  wenn  moglich  durch 
aussere  Abzeichen  organisiertes  Kreuzheer  zusammenzubringen.  Dadurch 
erklare  sich  die  Anordnung,  dass  alle  friesischen  milites  ihr  (!)  Schild 
gleichmassig  mit  der  Kaiserkrone  zu  schmucken  hatten(!). 

*)  v.  Richthofen,  Untersuch.  uber  Fries.  R.  G.  n  167. 

»)  Oude  Friesche  Kronijken,  Leeuwarden  1853. 


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—     262     - 

k8mmlinge  Japhets,   die  Stammv&ter  der  Friesen,   zu  Schiffe 
gingen,  urn  die  neue  Heimat  zu  suchen: 

tha  gevenze  himmen  mede  thine  fana  and  tha  crone 

to  ene  waerteken  scone: 

in  huck  land  thet  se  come, 

thet  hit  alia  liode  fornome, 

thet  se  were  to  wera 

al  fri  boren  hera.  (v.  485  ff.) 
Ja,  eine  andere  Form  der  Sage,  welche  Suffridus  Petrus 
mitteilt  (De  Frisiorum  antiquitate,  edit.  Franeker  1698  S.  522; 
1.  Ausg.  1590),  nennt  als  Trager  der  Krone  und  Fahne  keinen  ge. 
ringeren  als  den  heros  eponymos  der  Friesen,  den  Friso  selbst, 
den  darauf  hin  P.  Winsemius,  seit  1616  „Historiograph  von  Fries- 
land",  mit  den  heiligen  Attributen  im  Bilde  hat  darstellen 
lassen *),  Als  die  Danenkonige  spater  Friesland  unterjochten,  er- 
zwangen  sie  die  Auslieferung  der  Krone,  die  Fahne  aber  wurde 
vergraben  und  von  dem  andern  friesischen  Sagenhelden,  Magnus, 
wieder  aufgefunden.  Unter  ihr  brachten  er  und  seine  Friesen 
Karl  d.  Gr.  bei  dem  Kampfe  um  Rom  wirksame  Hilfe ;  fur  diese 
und  andere  tapfere  Thaten  in  freiwilligem  Dienste  des  Kaisers 
erhielten  sie  nach  der  Sage  das  obenerwahnte  Privilegium  von 
802,  und  so  verkniipfen  sich  beide  Sagen  bedeutsam  mit- 
einander. 

Der  Einfluss  dieser  in  ihrer  ttberlieferten  Form  gelehrtenT 
aber  in  ihrem  Kerne  jedenfalls  volksttimlichen  Sagen  auf  die 
Gemiiter  der  Friesen  uberhaupt2)  und  der  in  ihrer  Kraft  sich 
fuhlenden  Bevolkerung  Emdens  im  besonderen  darf  nicht  ge- 
ring  angeschlagen  werden.  Sie  gaben  stets  den  poetisch  und 
patriotisch  hochgestimmten  Commentar  zu  alien  Wandelungen, 
in  denen  das  Emder  Stadtwappen  seit  der  Verleihung  des 
Wappenbriefs  von  1495  bis  zu  seiner  jiingsten  Gestaltung  voll- 
kommen  organisch  sich  weiter  bildete.  Denn  der  scheinbar 
unvermittelte  Sprung  von  der  Wappenform  des  Jahres  1504 
zu  der  am  Ende  des  17.  Jahrhundert  angenommenen,  wie  er  sich 
uns  bei  Betrachtung  des  grossen  Stadtsiegels  (Abschn.  3.  4) 
bot,  ist  in  Wahrheit  nicht  vorhanden ;  er  wird  vorbereitet  und 


*)  Chronique  etc.  van  Vrisland,  Franeker  1622  fol.  6. 
J)  Es  sei  an   die  Munze  Ocko's  d.  J.  torn  Brok  mit  der  Krone  im 
Revere  erinnert,  Tergast  I,  S.  108  Fig.  72. 


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—    263    — 

tlbergeleitet  durch  eine  enggeschlossene  Kette  von  Wappen- 
darstellungen  auf  Nebensiegeln,  Mtinzen  und  Skulpturen,  welche 
in  ihrer  fortschreitenden  Entwickelung  durchaus  den  heral- 
dischen  Gesetzen  ihrer  Zeit  folgen. 

Diesen  Werdegang  gilt  es  nun  zu  veranschaulichen. 


11.  Die  Heraldisierung  des  dekorativen  Wappenbildes  von  1495. 

Das  Geschaftssiegel  der  Stadt  (secretum  ad  causas),  welches 
in  der  zweiten  Halfte  des  16.  Jahrhundert  in  Gebrauch  erscheint, 
enth&lt  die  genaue  Wiedergabe  der  Malerei  des  Wappenbriefes, 
also  den  Wappenschild,  umgeben  von  dem  durch  eine  KGnigs- 
krone  zusammengefassten  stilisierten  Kranz  (Tafel  II,  1);  ein 
neuer,  etwas  grosserer  Stempel  mit  derselben  Darstellung  ist 
in  der  ersten  Halfte  des  17.  Jahrhunderts  in  Gebrauch. 

Dieses  vollig  unanfechtbare  Siegelbild  wurde  in  ebenso  ein- 
wandsfreier  Weise  mit  ausgezeichneter  dekorativer  Wirkung  bild- 
hauerisch  zum  Schmucke  offentlicher  Gebaude  verwertet.  Die 
Composition  in  ihrer  urspriinglichen  Gestaltung  „laga  aber  den 
Bildhauern,  welche  fur  solche  Zwecke  heraldisch  strenger  stili- 
sierte  Arbeiten  zu  fertigen  pflegten,  nicht  recht.  Unabsichtlich, 
durch  die  Werkstatt-Routine  geleitet,  begannen  sie  Schritt  flir 
Schritt,  das  Ur-Modell  zu  heraldisieren *).  Es  ist  iiberaus  interes- 
sant,  diesen  Process  zu  verfolgen.  Der  Kranz  wird  iramer  neben- 
sachlicher  behandelt,  wahrend  die  Krone  immer  selbstbewusster 
und   in   immer  direkterer  Beziehung  zum  Schilde  hervortritt. 

Am  Rathausgiebel  (1574  bis  1576)  steht  das  Stadt- 
wappen  zusammen  mit  drei  fiirstlichen  Wappen.  In  seiner 
Anlage  entspricht  es  noch  durchaus  der  Malerei  des  Wappen- 
briefes   oder    dem    Bilde    des    Secretum    ad    causas.      Noch 


')  Auf  einem  anderen  Kunstgebiete  gewfthrt  ein  recht  lehrhaftes 
Beispiel  hierfiir  das  Stadtwappen  auf  Peter  Bast's  groasem  Emder  Stadt- 
plan  (Trifol.  aur.  I,  No.  26,  Emder  Stadtarchiv)  wahrscheinlich  von  1699; 
vgl.  meine  Schrift:  Des  David  Fabricius  Karte  von  Ostfriesland  S.  26). 
Dort  ist  unbedenklich  die  Krone  auf  den  Schild  gesetzt  und  um  das 
ganze  der  Kranz  gelegt  (s.  Emder  Hafendenkschrift,  1901,  Tafel  HI  zu  S.  18); 
nur  das  Wappen  in  dieser  Gestalt  (ohne  Kranz)  bringt  Nicol.  Geilkerk  auf 
seinem  Plan  von  Emden,  1616,  bei  Ubbo  Emmius :  De  statu  rei  p.  et.  eccl. 
in  Frisia  orient. 


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--     264     — 

schlingen  sich  die  Ranken  des  unten  geknflpflen  Kranzes 
durch  den  BGgel  der  KSnigskrone;  aber  die  Raumverhalt- 
nisse  und  die  &sthetische  Notwendigkeit,  in  einer  gewissen 
Uebereinstimmung  mit  den  nebenstehenden  Wappen,  ins- 
besondere  dem  raumlich  correspondierenden  schwedischen,  zu 
bleiben,  haben  die  Krone  auf  den  oberen  Schildrand  herab- 
gedrtickt,  auf  dem  sie  fest  und  sicher,  wie  ein  heraldischer 
Bestandteil  des  Wappens  ruht1). 

Besser  gewahrt  scheint  der  Character  der  Wappen- 
Miniatur  bei  dem  Wappen  iiber  dem  Portale  der  alten  Haupt- 
wache  (1692),  aber  nur  scheinbar.  Die  Krone  schwebt  zwar 
noch  iiber  dem  Schilde,  dieser  aber  ist  durch  Binder  mit  ihr 
verkntipft,  und  das  Rankenwerk  schlingt  sich  nicht  mehr 
durch  sie  hindurch,  sondern  zieht  sich  bescheiden  hinter  ihr  her. 

Die  weitere  stilistische  Entwickelung  wandelt  nun  zwei 
verschiedene  Wege.  Entweder  steigt  das  Rankenwerk  nicht 
mehr  von  unten  nach  oben,  es  schwindet  unten  und  rankt 
sich  wie  Helmdecken,  denen  es  immer  ahnlicher  wird,  von 
oben  aus  der  Krone  herab.  So  erblicken  wir  es  schon 
1583  am  alten  Zollhause  (das  Wappen  befindet  sich  jetzt 
auf  der  Rtistkammer2),  vorausgesetzt,  dass  nicht  auch 
hier  (wie  mutmasslich  an  der  alten  lateinischen  Scbule) 
Wappen  und  Inschrifttafel  verschiedenen  Zeiten  angehoren, 
und  diesmal  das  Wappen  jtinger  ware  als  das  Datum  der 
Inschrift.  Tr&fe  letztere  Vermutung  nicht  zu,  so  wflrde 
dieses  Bildwerk  das  alteste  mir  bekannte  Beispiel  der  Ver- 
wertung  der  Krone  als  heraldisches  Nebenstuck  an  einem 
st&dtischen  Gebaude  darstellen.  Ein  weiteres  Beispiel  der- 
selben  Art  bietet  das  Wappen  an  der  abgebrochenen  Rathaus- 
briicke  von  1775  (jetzt  im  Garten  der  „Kunst"). 

Diese    Compositionsweise    ist    aber    immer    noch    mehr 


!)  Genau  dieser  Darstellung  entsprechend  ist  das  Stadtwappen  auf 
der  prachtigen  grossen  Stadtansicht  im  Trifol.  aur.  1,  No.  21,  welche  die 
Bezeichnung  Henricus  Johan.  Miccerus  fri  fecit  tragt,  und  in  das  Jahr 
1626  gehSrt  (s.  Emder  Hafendenkschrift,   1901,   Tafel  zu  S.  2  des  Textes). 

a)  Die  Schleife,  welche  urspriinglich  den  Kranz  unten  knupfte,  ist 
hier  formell  noch  in  Gestalt  eines  Bandes  erhalten,  von  dem  zwei  in 
Qua8ten  auslaufende  Enden  ganz  unmotiviert  hinter  dem  untern  Rande 
des  Schildes  sich  hervordrangen. 


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—    265    — 

dekorativ  als  heraldisch;  denn  Helmdecken  sind  nun  einmal 
ihrer  Natur  nach  mit  Kronen  auf  dem  Schilde  nicht  wol  zu 
vereinigen.  Auch  der  am  Giebel  des  Commerzmag^zins,  1752, 
gemachte  Versuch,  die  Helmdecken  durch  eine  Art  von  Wappen- 
mantel  zu  ersetzen,  kann,  so  originell  er  an  sich  ist,  nicht 
befriedigen. 

Man  suchte  daher  eine  andere,  heraldisch  bessere  Form, 
und  fand  diese,  indem  man  die  Krone  ganz  von  Rankenwerk 
befreit  auf  dem  oberen  Schildrande  liess,  und  den  Schild  in 
einer  wahrend  des  17.  und  18.  Jahrhundert  tiberaus  beliebten 
Manier  mit  zwei  unten  gekreuzten,  anfangs  mehr  oder  weniger 
reich  entwickelten,  spater  zu  mageren  Palmen-  oder  Lorbeer- 
wedeln  zusammenschrumpfenden  Zweigen  beseitete. 

Das  alteste  Beispiel  dafiir  wtirde  der  wunderschone 
Stempel  sein,  welcher  nach  gefalliger  Auskunft  des  Konig- 
lichen  Staatsarchivs  zu  Aurich  in  der  Zeit  von  1564 — 1568  fiir 
den  Einband  der  Emder  Contracten  -  Biicher  (jetzt  in  dem  ge- 
dachten  Staatsarchiv)  verwendet  wurde.  Der  Stempel  ist 
ausserdem  merkwiirdig  dadurch,  dass  er,  wie  bereits  wieder- 
holt  bemerkt,  die  Form  der  Rudolfs  -  Krone  zeigt,  und 
er  wtirde,  falls  die  Datierung  richtig1),  tiberhaupt  das 
friiheste  Beispiel  einer  Emder  Stadtwappendarstellung  mit 
direkt  auf  dem  Schilde  stehender  Krone  sein.  Auf  stadtischen 
MQnzen  und  Medaillen  ist  gerade  diese  Form  besonders  beliebt, 
und  das  unmittelbare  Vorbild  zu  dem  Hauptsiegel  Ende  des 
17.  Jahrhunderts  scheint  ein  Emder  Zweidrittel-Thaler  von  1688 
zu  sein2). 


*)  Da  verschiedene  einander  ziemlich  ahnliche  Einbandstempel  fur 
die  Contractenbucher  hintereinander  gebraucht  wurden,  lage  eine  Ver- 
wechselung  nicht  ganz  ausserhalb  des  Bereichs  der  Moglichkeit.  Das 
Motiv  des  von  unten  aufsteigenden,  den  Schild  nur  beseitenden  Ranken- 
werks  zeigen  andere  Bucheinband  -  Stempel  der  Emder  Stadtverwaltung, 
z.  B.  die  Kammereirechnungen,  durch  das  ganze  17.  Jahrhundert  hin- 
durch  bis  in  die  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  ausserordentlich  reich  ent- 
wickelt  Einer  dieser  Stempel,  1610  gebraucht,  tragt  den  Stecher-Namen 
Blom. 

*)  Die  Vergleichung  der  Emder  Stadtmunzen  ist  durch  die  von 
Herrn  Kreisphysikus  Sanitatsrat  Dr.  Tergast  freundlichst  gestattete  Be- 
nutzung  der  Abbildungen  zu  dem  noch  nicht  erschienenen  II.  Bande 
seiner  ,Munzen  Ostfrieslands"  wesentlich  erleichtert  worden. 


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—     266     — 

Noch  eine  zweite  Gruppe  von  Darstellungen  ist  fiir  die  Ent- 
wicklungsgeschichte  de3  Emder  Stadtwappens  von  Bedeutung: 
die  im  Kartuschen-Stil  der  Spatrenaissance  und  des  Barock 
componierten. 

Von  solchen,  auf  denen  der  Schild  selbst  den  Launen 
dieser  Stilarten  gemslss  gebildet  worden,  kenne  ich  nur  zwei 
Beispiele:  in  des  Gnapheus  Encomium  Emdense  und  an  der 
alten  Lateinschule. 

Wohl  aber  findet  sich  haufig  der  einfache  unten  ab- 
gerundete  Schild  einer  Renaissance  -Kartusche  aufgelegt.  Die 
so  entstehende,  ein  reizvolles  Spiel  von  Licht  und  Schatten 
schaffende,  mannigfach  ausgeschnittene,  gerollte,  durchstochene 
Umrandung  des  Schildes  ist  rein  dekorativ,  nicht  heraldisch, 
und  dem  auf  die  gothisch-stilisierte  Umkranzung  des  Wappens 
im  Wappenbrief  von  1495  zuriickgehenden  Ranken-  und  Laub- 
werk  der  anderen  Compositionsrichtung  gleichwertig.  Da  ist 
es  denn  nun  begreiflich,  dass  ihre  Vertreter  hinter  dem  Prunke 
der  letzteren  nicht  zuriickstehen  wollten,  und  auf  die  reiche 
Umrahmung  die  Krone  stellten.  Besonders  haufig  findet  sich 
diese  Form  auf  stadtischen  Mtinzen.  Eine  interessante  Com- 
bination beider  Dekorationsweisen  bietet  das  Wappen  am 
Portal  der  Neuen  Kirche,  wo  die  Kartusche  noch  von  Lorbeer- 
zweigen  umschlungen  wird. 

Mit  dem  allmahlichen  Absterben  des  Barockstils  wird  die 
Kartuschen-Umrahmung  des  Schildes  immer  magerer,  knapper 
und  nebensachlicher.  Endlich  fallt  sie  ganz  fort;  nur  die 
Krone  verbleibt  auf  dem  einfachen  Schilde. 

Noch  1674  zeigt  ein  Emder  Thaler  den  Schild  mit  Kar- 
tusche und  Krone,  ein  Zweidrittelstuck  von  1687  hat  nur  eine 
reich  verzierte  Biigelkrone,  und  ist  das  erste  mir  bekannte 
bestimmt  datierte  Beispiel  dieser  modernsten  Wappenform. 

Abgesehen  von  den  besprochenen  Kunst-  und  Kleinkunst- 
produkten  ist  in  der  prachtigen  Rustkammer  des  Emder  Rat- 
hauses1)  eine  Fulle  von  Gegenstanden  aufgespeichert,  Werk- 
zeuge  und  Geratschaften,  wie  sie  der  Haushalt  einer  statt- 
lichen,  fast  unabhangigen  Stadt  bedarf,  meistens  dem  18.  Jahr- 


*)  Vgl.  iiber  dieselbe  neuerdings  Wendelin  Boeheim,  Die  Rust- 
kammer der  Stadt  Emden,  in  Zeitschr  f.  histor.  Waffenkunde  II,  4  (1900) 
S.  89  ff. 


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hundert  angehflrig,  alles  reich  mit  dem  Stadtwappen  in  den 
geschilderten  verschiedenartigen  Formen,  je  nach  dem  persOn- 
lichen  Geschmack  des  Bestellers  oder  Verfertigers,  geschmiickt. 
Da  sind  kleine  Bronzekanonen  von  1752,  mit  denen  das  Emder 
Zollschiff  armiert  war,  Fahnen  der  Stadtcompagnien  von  1677, 
1778,  1787,  grosse  Trommeln  mit  dem  aufgemalten  oder  in 
Messing  gepressten  Wappen,  wappengeschmiickte  Patronen- 
taschen,  die  Loos-Urne  fur  die  Stadtlotterie  von  1708,  eine 
Schandtonne  zur  bffentlichen  Ausstellung  zankischer  Weiber 
aus  dem  Ende  desselben  Jahrhunderts.  Alle  diese  Dinge 
zeigen  das  „Engelke  up  de  Mtira  in  seinem  von  der  Krone 
bedeckten  Schilde,  der  bald  auf  einer  Kartusche  liegend,  bald 
von  Rankenwerk  oder  Zweigen  eingefasst  erscheint. 

Ftir  die  Entwickelungsgeschichte  des  Stadtwappens  bieten 
diese  Gegenstande  uns  keine  neuen  Gesichtspunkte,  und  wir 
mussen  es  uns  daher  versagen,  auf  sie  im  Einzelnen  ein- 
zugehen.  Aber  immerhin  verlangt  ihre  Gesammtheit  gewissen- 
hafte  Beachtung,  da  sie  uns  lehrhaft  zeigt,  wie  das  gekronte 
Wappen  auf  das  innigste  verwachsen  mit  dem  heimatstolzen 
Bewusstsein  aller  Berufs-  und  Bevolkerungskreise  der  Stadt. 


12.  Schildkronen. 

Es  wurde  im  Vorhergehenden  bemerkt,  dass  die  Ent- 
wickelung  des  Emder  Stadtwappens  aus  den  beiden  Parallel- 
formen,  welche  es  nach  Erteilung  des  Wappenbriefes  von  1495 
annahm,  der  heraldischen  auf  Grund  des  Textes.  der  dekora- 
tiven  auf  Grund  der  Malerei  der  Urkunde,  zu  der  bereits  in 
der  2.  H&lfte  des  17.  Jahrhunderts  iiblichen  und  heute  noch 
im  Gebrauch  befindlichen  neuen  heraldischen  Gestaltung, 
durch  Zusammenfliessen  jener  beiden  urspriinglichen  Typen 
den  jeweiligen  heraldischen  Gesetzen,  oder  besser  der  jeweilig 
herrschenden  heraldischen  Mode   entsprechend  vor  sich  ging. 

Insbesondere  ein  Moment  ist  dabei  von  hervorragender 
Wichtigkeit.  Im  Laufe  des  15.  Jahrhunderts  hatte  der  zu 
Ende  des  13.  Jahrhunderts  vereinzelt,  im  14.  Jahrhundert 
haufiger  geflbte  Gebrauch,  auf  Wappenschilde  des  hohen  wie 
des  niederen  Adels   statt  Wappenhelms  mit  Helmzier  Kronen 


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—     268     — 

zu  setzen,  welche  die  moderns  Wissenschaffc1)  im  Gegensatz 
zu  den  heraldischen  „Helmkronen"  als  heraldische  Rang- 
kronen  bezeichnet,  sehr  an  Verbreitung  gewonnen.  Die 
Form  dieser  Rangkronen  war  anfanglich  die  der  a  It  en 
Konigskrone  (d.  h.  eine  offene  Laubkrone);  nach  und  nach 
verwendete  man  dazu  auch  andere,  den  betr.  Wappeninhabern 
historisch  zustehende  Kronenformen ;  so  fiihrte  die  Gemahlin 
Kaiser  Friedrichs  III,  Elisabeth,  1460  die  damalige  Kaiser- 
krone  als  Rangkrone  iiber  dem  Schilde.  Hier  setzte  die 
kunstelnde  Theorie  des  17.  bis  18.  Jahrhunderts  ein,  die  Zunft- 
heraldiker  des  19.  Jahrhunderts  folgten,  und  man  ersann  fur 
jede  Rangklasse  des  im  weitesten  Sinne  gefassten  Adels  eine 
eigene  Rangkronenform.  Daher  die  Definition  Ad.  M.  Hildebrandts 
(Wappen-Fibel  S.  36):  Rangkronen  nenne  man  die  seit  un- 
gefahr  200  Jahren  in  der  Heraldik  eingefuhrten  Kronen,  welche 
den  Rang  ihrer  Inhaber  durch  die  Zahl  ihrer  Spitzen  und 
Perlen  angeben.  Eine  notwendige  Folge  dieser  in  den  heral- 
dischen Quellen  nicht  begrundeten  Spielerei  war  die  Erfindung 
der  Mauerkronen  ftir  St&dtewappen  und  ihre  Einfugung  in  das 
System ;  vgl.  Strohl,  Herald.  Atlas,  Text,  Tafel  XVI,  der  da- 
selbst  (zu  Fig.  54)  noch  eine  bestimmte  Vorschrift  vermisst, 
welche  den  Mauerkronen  je  nach  Bedeutung  und  GrSsse  der 
betr.  Stadte  mehr  oder  weniger  Turme  zuweist!  Die  neue 
Mode  gefiel  einer  Zeit,  in  welcher  der  ritterliche  Ursprung  der 
Wappen  immer  mehr  in  Vergessenheit  geriet,  so  gut,  dass  man 
sie  auf  die  weitesten  Kreise  der  Wappeninteressenten  an- 
wendete.  Zuerst  verliehen  die  Kaiser  St&dten  und  Land- 
schaften  zur  Belohnung  fur  besondere  Treue  das  Recht,  die 
kaiserliche  Krone  in  Verbindung  mit  ihren  Wappen  zu  fuhren2). 
Diese  Kronen  nehmen  formell  dieselbe  Stelle  ein,  wie  die  Rang- 
kronen, konnen  aber  ihrer  Bedeutung  nach  als  solche  nicht 
angesprochen  werden.  Das  Beispiel  reizte  zur  Nachahmung. 
Andere  Stadte,  welche  auf  ihren  Wappen  Wappenhelme  nie  ge- 
fiihrt  hatten,  aber  auch  mit  einem  vollstandigen  Wappen  zu 
paradieren  wunschten,  setzten  nun  auf  den  Schild  ebenfalls 
eine  Krone.    In  der  Regel  waren  dies  offene  Laubkronen;  in 


»)  Vgl.  Furst  Hohenlohe,  Sphragist.  Aphorismen,  S.  70.  87.  118. 
a)  z.  B.  Landschaft  Crain,  Stadt  Neuss,  Amsterdam. 


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—     269    — 

einzelnen  Fallen  aber,  wo  man  Gewicht  darauf  legte,  gewisse 
Momente  der  stadtischen  Vergangenheit  in  lebendige  Erinnerung 
zu  bringen,  wahlte  man  auch  andere  Formen,  Kaiser-  und 
Konigskronen  oder  Kurhtite.  Den  stadtischen  Corporationen 
folgten  die  gewerblichen,  die  Ztinfte,  welche  man  noch  heut 
im  Besitze  so  stattlicher  Insignien  sehen  kann *). 

Da  der  Gebrauch  dieser  keinesfalls  mehr  unter  den  Be- 
griff  der  Rangkronen  fallenden  Art  heraldischer  Kronen  ein 
thatsachlich  unbestreitbarer,  weit  verbreiteter  und  durch  die 
Gewohnheit  sanctionierter  war  —  die  lebendige  Heraldik  der 
alteren  Zeit  beruht  lediglich  auf  Gewohnheitsrecht,  dessen  Um- 
fang  nur  durch  die  Grenzen  bestimmt  wird,  welche  die  Zwecke 
der  Wappenkunst  und  die  technischen  Mittel  derselben  vor- 
schrieben  — ,  so  gebiihrt  ihm  unzweifelhaft  ein  Platz  in  dem 
System  der  Heraldik.  So  viel  ich  sehe,  hat  man  noch  nicht 
versucht,  ihm  denselben  anzuweissen.  Wir  miissen  daher,  um 
in  der  uns  interessierenden  Frage  mit  bestimmten  Begriffen 
operieren  zu  konnen,  diesen  Schritt  selbst  thun.  Wir  be- 
zeichnen,  im  Gegensatz  zu  den  begrifflich  feststehenden  Helm- 
kronen,  alle  auf  Schilden  stehenden  Kronen  als  S  child - 
kronen.  Diese  teilen  wir  ein  in  Rangkronen,  Gnaden- 
kronen,  d.  h.  ursprtingliche  Rangkronen,  welche  von  deren 
Eigentumern  anderen  Wappenfahigen  als  Schildkronen  ver- 
liehen  worden  sind,  und  Wahlkronen,  d.  h.  solche,  welche 
nach  Analogic  der  Ubrigen  Schildkronen  von  dem  Wappen- 
fiihrer  aus  freier  Wahl  angenommen  worden  sind.  Letztere 
wiirden  wieder  zerfallen  in  Gedachtniskronen,  welche  in 
der  Regel  schon  durch  ihre  besondere  Form  andeuten,  dass 
sie  mit  Riicksicht  auf  irgend  eine  bestimmte  Seite  der  Stadt- 
geschichte  gew&hlt  wurden,   und  in   einfache  Zierkronen2). 


»)  A.  Grenser,  Zunft-Wappen,  1889,  bespricht  das  Gemeinsame  dieser 
bei  Innungs-Wappen  doch  recht  merkwurdigen  Erscheinung  nicht,  sondern 
erwahnt  nur  die  von  ihm  beobachteten  Einzelf&lle.  Ein  sehr  inter- 
essantes,  fruhes  Beispiel  bietet  das  Siegel  der  mercatores  zu  Goslar, 
welches  nur  die  Konigskrone  als  Siegelbild  zeigt. 

*)  Wo  bei  einerWappenbeschreibung  es  nicht  zweifellos  ist,  welcher 
Unterabteilung  eine  auf  dem  Schilde  stehende  Krone  angehort,  wird  man 
sie  mit  hinreichender  Deutlichkeit  und  ohne  jedes  Prajudiz  kurzweg  als 
Schildkrone  bezeichnen.    Fur  die  Praxis  wurde  diese  kurze  Bezeichnung 


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—     270     — 
13.  Niederlftndische  Stadtwappen  mit  „Schildkronen". 

Die  beiden  letzteren  Gruppen,  die  Gedachtnis-  und  die 
Zierkronen,  fanden  eine  besonderts  reiche  Verwendung  in  den 
Niederlanden.  In  der  von  dem  hollandischen  Archivaris  van 
het  Rijk,  van  den  Bergh,  im  amtlichen  Auftrage  heraus- 
gegebenen  Beschrijving  der  vroegere  Nederlandsche  Gemeente- 
zegels  in  het  Rijks-Archief  en  ook  elders  bewaard  ('s  Graven- 
hage  1878)  sind  nicht  weniger  als  69  grossere  und  kleinere  Ort- 
schaften  verzeichnet,  welche  von  der  2.  Halfte  des  16.  Jahr- 
hunderts  (1570)  an  solche  Kronen  fuhrten. 

Ihr  Beispiel  musste  auf  Emden  von  ganz  besonderem 
Einflusse  sein.  Denn  diese  Stadt,  deren  geistige  Interessen 
seit  der  Reformation  bis  in  die  Neuzeit  auf  das  engste  mit 
den  Niederlanden  verbunden  waren,  erscheint  schliesslich  so 
gut  hollandisch,  dass  bis  weit  in  das  19.  Jahrhundert  hinein 
hollandisch  dort  die  Kirchensprache  war.  Und  wie  Emden 
seine  kunstlerischen  Anregungen  aus  den  Niederlanden  empfing 
—  es  sei  nur  an  die  Schranken  des  griiflichen  Begrabnischors 
in  der  Grossen  Kirche  erinnert,  welche  dem  Atelier  des  Ant- 
werpeners  Cornells  Floris  entstammen1),  und  an  das  nach 
dem  Vorbilde  des  ebenfalls  von  Cornells  Floris  entworfenen 
Rathauses  zu  Antwerpen  errichtete  neue  Rathaus  — ,  so  fiel 
bei  regstem  geschaftlichem  Verkehr  die  von  der  Composition 
der  niederlandischen  Stadtsiegel  ausgehende  Anregung  in 
Emden  auf  einen,  durch  die  eigenen,  lokaler  und  gemein- 
friesischer  Sage  und  Tradition  entsprossenen,  im  Kampfe  ur- 
alter  Freiheitsideen  gegen  landesherrliche  Hoheitsrechte  er- 
starkten  Anspriiche  gut  vorbereiteten  Boden. 


uberhaupt  jeder  Specialisierung  (welche  nur  fur  die  Geschichte  dieser 
Kronen  von  Belang  ist)  vorzuziehen  sein;  in  einem  Zusatz  ware  die 
etwaige  besondere  Form  der  Krone  kurz  zu  vermerken. 

»)  Vgl.  dariiber  meine  8Studien  zur  Geschichte  von  Oestringen  und 
Rastringen",  1898,  S.  34,  Anm.  8,  und  H.  Ehrenberg,  „Die  Renaissance- 
Denkmaler  in  Jeverw  in  .Repertorium  f.  Kunstwissenschaft4'  XXII,  Heft  3 
(1899),  Seite  12  des  Sonderabdrucks. 


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—     271     — 
14.  Kaiserkronen  als  Schildkronen  auf  niederlfindischen  Stfidtewappen. 

Insbesondere  kommen  eine  Reihe  niederlandischer  Stadte 
in  Betracht,  welche  ihre  Wappen  mit  der  Kaiserkrone 
schmuckten.  Es  sind  das  zunachst  Deventer,  Kampen, 
Tiel  und  Nymwegen.  Ueber  die  drei  ersteren  habe  ich 
nahere  Nachrichten  nicht  erhalten  konnen,  tiber  Nymwegen 
verdanke  ich  dem  Stadtarchivar  daselbst.  Herrn  Dr.  van 
Schevichaven,  interessante  Auskunft.  Die  dortige  Burg  war 
in  karolingischer  Zeit  eine  villa  regia;  im  kaiserlichen  Besitz 
blieb  sie  bis  1247,  und  kara  dann  in  die  Hand  der  Graf  en  von 
Geldern.  Aus  diesen  alten  Beziehungen  zu  Kaiser  und  Reich 
hat  sich  die  Lokaltradition  entwickelt,  dass  die  Stadt  ehemals 
eine  freie  Reichsstadt  gewesen  sei,  und  zur  Erinnerung  daran 
nahm  sie  seit  1663  die  kaiserliche  Schildkrone  an.  Autorisiert 
wurde  diese  Form  des  Wappens  durch  Beschluss  des  Hoogen 
Raad  van  Adel  vom  20.  Juli  1816. 

Eine  ganz  besondere  Rolle  spielt  in  der  Kronenfrage 
Amsterdam.  Dieser  Stadt  verlieh  Konig  Maximiliam  am 
11.  Februar  1488  „aensiende  hoe  dieselve  stede  niet  gheciert 
en  is  mit  eenen  alsulcken  wapen,  als  sy  wel  behoort  te 
hebben",  das  Recht  ,.dat  sy  van  nu  voortaen  tot  eeuwighen 
daghen  haere  wapen  voeren  ende  bekleeden,  tot  een  eeuwige 
memorie  van  onser  gracie,  metter  crone  van  onsen  ryke". 
Die  Stadt  behielt  ihr  altes  Siegel  bei,  liess  aber  ein  kleines 
Rucksiegel  fur  dasselbe  fertigen,  welches  als  Siegelbild  eine 
mit  4  Biigeln  geschlossene  Krone  zeigte,  ersichtlich  nicht  die 
damals  gebrauchliche  konigliche  Krone,  sondern  die  alte  tra- 
ditionelle  kaiserliche.  Als  Hinrich  de  Keyser  im  Jahre 
1620  die  Westerkirche  in  Amsterdam  erbaute,  setzte  er  ihrem 
Turm  eine  Krone  in  Form  der  Rudolfskrone  auf,  die  seitdem 
zu  einer  Art  von  Wahrzeichen  der  Stadt  wurde;  offenbar  nach 
ihrem  Vorbilde  wurde  am  20.  Marz  1646  mit  derselben  Krone 
die  Spitze  des  Turmes  der  Neuen  Kirche  zu  Emden  geziert. 
Dieser  uns  etwas  wunderliche  Kirchturmsschmuck  war  hier 
wie  dort  demselben  Geiste  entsprungen.  Er  brachte  die 
volksttimliche  Vorstellung  von  der  durch  die  Kaiserkrone  ge- 
w&hrleisteten  und  geschutzten  „Reichsfreiheit"  oder  „Beinahe- 
Reichsfreiheit"  zu  allgemein  verstandlichem  Ausdruck  und  hat 


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—     272     — 

sicherlich  kraftig  dazu  beigetragen,    dieselbe   zu   starken  und 
fortzupflanzen. 

Warm  die  Kaiserkrone  aus  dem  Amsterdamer  Contra- 
sigillum  auf  den  Schild  des  Stadtwappens  verpflanzt  wurde, 
ist  mir  unbekannt;  auf  dem  Siegel  von  1656  ist  dies  noch 
nicht  geschehen1);  jedenfalls  ist  aber  bei  der  amtlichen  Fest 
stellung  der  hollandischen  Stadtewappen  1816  die  vollendete 
Thatsache  als  sachlich  begriindet  anerkannt  worden.  Neuer- 
dings  wurde  durch  Erlass  des  Justizministers  vom  7.  Juli 
eine  etwas  ver&nderte  Form  der  Schildkrone  festgestellt. 


15.  Rechtliche  BegrQndung  des  gekrflnten  Emder  Stadtwappens. 

Wir  treten  nun  an  die  Frage  heran,  ob  die  Stadt  Emden 
zur  Annahme  einer  Krone  auf  ihrem  Wappenschilde,  wie  wir 
sie  in  Abschnitt  4.  8.  9.  11.  als  thatsachlich  geschehen  fest- 
gestellt haben,  auch  ohne  ausdrtickliche  Verleihung  durch  eine 
dazu  berufene  Instanz  berechtigt  war,  und  zu  ihrer  Fiihrung 
noch  heut  berechtigt  ist.  Dabei  hat  der  Fall,  wo  es  sich  um 
eine  dekorative  Darstellung  in  der  Weise  der  Wappenminiatur 
handeln  wiirde  —  eine  Darstellung,  die  fiir  Banner-Malerei  und 
Bildhauerarbeit  ganz  besonders  wirkungsvoll  erscheint,  da  das 
Rankenwerk  den  sonst  fehlenden  effectreichen  Schmuck  der 
Helmdecken  oder  des  Wappenmantels  trefflich  ersetzt  — ,  von 
vornherein  auszuscheiden.  Diese  Darstellung  ist  keine  heral- 
dische  und  unterUegt  unter  keinen  Umstanden  irgend  welchen 
begriindeten  oder  willkiirlich  geschaflfenen  Regeln  der  Heraldik. 

Aus  der  im  12.  Abschnitt  gegebenen  Uebersicht  aber  die 
Entwickelung  der  Schildkronen  erhellt  zur  Evidenz,  dass 
wenigstens   bis   gegen  Ende   des  18.  Jahrhunderts  es  wappen- 


')  Strohl,  Herald.  Atlas,  Text,  Tafel  LTI,  No.  1  sagt  „seit  1508  ruht 
die  r6mi8ch  -  deutsche  Kaiserkrone  gemass  dem  Wortlaut  des  von  K6nig 
Maximilian  I.  verliehenen  Diploms  vom  11.  Febr.  1489  (sic)  auf  dem  Schilde". 
Wie  Inhaltsangabe  und  Jahreszahl  der  KSnigsurkunde  mag  auch  das  Jahr 
1608  irrig  sein.  Die  ,Beschrijving  dervroegere  nederl.  gemeentezegels*  S.  7 
erwahnt  das  Gegensiegel  mit  der  Kaiserkrone  erst  zum  Jahre  1583; 
eine  Kaiserkrone  auf  dem  Schilde  kennt  sie  bei  keinem  der  von 
ihr  beschriebenen  Haupteiegel  von  1583,  1654,  1666. 


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—    273    — 

fthigen  Privaten  und  Corporationen  unbedingt  gestattet 
war,  ihre  Wappen  mit  den  damals  ftblichen  Schildkronen 
zu  schmticken,  oder  mit  solchen,  denen  man  aus  irgend 
welchen  Grtinden  abweichende  Gestalt  zu  geben  beliebte. 
Und  nicht  minder  ist  es  iiber  alien  Zweifel  erhaben,  dass  dies 
noch  heut  ebenso  der  Fall  ist,  abgesehen  vielleicht  vonOester- 
reich,  wo  nach  einem  Erlasse  des  K.  K.  Ministeriums  des 
Innern  an  die  „Freie  Genossenschaft  der  Graveure  Wiens"1) 
nur  „der  Fiirsten-,  der  Grafen-  und  der  Freiherrenstand  zur 
Ftthrung  der  Kronen  als  characteristisches  Wappenattribut^be- 
rechtigt  sindu. 

Dieses  Ergebnis  unserer  historischen  Betrachtung  deckt 
sich  auf  dais  Vollkommenste  mit  den  Resultaten,  zu  welchen 
Dr.  jur.  F.  Hauptmann  in  seinem  Buche  „Das  Wappenrecht, 
historische  und  dogmatische  Darstellung  der  im  Wappenwesen 
geltenden  Rechtssatze,  ein  Beitrag  zum  deutschen  Privat- 
recht"  (Bonn  1896)  gelangt  ist.  Er  sagt  dort,  §  164,  „haufiger 
kam  es  vor,  dass  in  einem  Diplom  ein  Wappen  nur  unvoll- 
s  tan  dig  verliehen  wurde,  etwa  nur  der  Schild,  oder  indem 
eine  Farbe  vergessen  wurde.  In  alien  diesen  Fallen  konnen 
die  Betreffenden  ein  Wappen  nach  Belieben  annehmen  resp. 
erg&nzen,  da  die  Wappenf&higkeit  durch  die  gleichzeitige 
Verleihung  eines  bestimmten  Wappens  nicht  bedingt,  durch 
die  Verleihung  eines  unvollst&ndigen  Wappens  also  nicht 
alterirt  ist".  Voraussetzung  ist,  dass  die  Wappen&nderung 
oder  Erg&nzung  keinen  Eingriff  in  das  Wappeneigentum  eines 
Dritten  darstellt  (Hauptmann  §  107  ff.).  Fernere  Voraussetzung 
ist,  dass  Wappenanderungen  nicht  durch  die  Gesetzgebung 
untersagt  sind,  wie  in  Frankreich  allgemein  (Hauptmann  S.  289 
§  121  Anm.  7)  und  in  Sachsen  (Konigreich  Sachsen?)  hinsicht- 
lich  der  Stadtewappen  (1.  c.  S.  447,  zu  §  154).  In  Preussen  ist 
es  jedenfalls,  wie  das  Beispiel  der  Stadt  Berlin  von  1875  zeigt, 
Stadten  gestattet,  ihr  Wappen  zu  &ndern  (1.  c.  S.  290). 

In  unserm  Falle  handelt  es  sich  um  Verleihung  eines  un- 
vollstandigen  Wappens;  es  fehlt  das  sog.  Ober -Wappen.  Die 
Stadt  selbst  hat  seit  Jahrhunderten  diesen  Mangel  dahin  er- 
g&nzt,    dass    sie   vSllig   berechtigter  Weise    dem    ihr 


*)  Ausaug  ohne  Datum  bei  Seyler  S.  774. 

Jahrtroch  der  Qetellsch.  f.  b.  K.  u.  vateii.  Altertttmer  zu  Emden,  Bd.  XXV.  18 


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—     274    — 

verliehenen  Wappenschilde  eine  Schildkrone  hinzu- 
fftgte  und  zwar  eine  Ged&chtniskrone.  Soweit  die 
wappenm&ssige  Ftihrung  dieser  Ged&chtniskrone  nicht  mit  den 
wappenm&ssigen  Rechten  collidiert,  welche  etwa  Dritte  an 
dieser  Krone  besitzen,  ist  sie  auch  nach  heutigem  Wappen- 
rechte  so  zweifellos  legitim,  dass  die  Frage,  ob  nicht  etwa  in 
eventum  die  Grunds&tze  der  longissimi  temporis  praesciptio 
Platz  zu  greifen  hatten,  gar  nicht  beriihrt  zu  werden  braucht. 


16.  Historisch  richtige  Zeichnung  des  Emder  Stadtwappens. 

Es  fragt  sich  nun,  welche  Form  diese  Gedachtniskrone 
zu  erhalten  habe.  Die  aussere  Veranlassung  zur  Verbindung 
der  Krone  mit  dem  Schilde  ist  unbezweifelbar  die  Malerei  des 
Wappenbriefes  gewesen.  An  das  von  derselben  gegebene  Vor- 
bild  hat  man  sich  freilich  je  langer  je  weniger  gebunden.  In 
der  geschichtlich  unzutreffenden  Annahme,  dass  Maximilian  L 
bei  der  Verleihung  des  Wappens,  1495,  Kaiser  gewesen  sei 
(sein  Vorgftnger  und  Vater  Kaiser  Friedrich  III.  war  zwar 
schon  1493  gestorben,  Maximilian  selbst  nahm  aber  erst  1508 
den  Kaisertitel  an,  und  fuhrte  daher  in  unserer  Urkunde  recht- 
m&ssigerweise  nur  den  Konigstitel),  und  beeinflusst  durch  die 
nicht  minder  irrige  Vorstellung  von  einer  alten  Kaiserfreiheit 
der  Friesen  iiberhaupt  wie  von  einer  an  Reichsfreiheit  grenzen- 
den,  den  Landesherrn  entgegenstehenden  Ausnahmestellung 
der  Stadt  auf  Grund  kaiserlicher  Privilegisn,  als  deren  Symbol 
man  anderwarts  die  kaiserlichen  Insignien  erblickte,  war  man 
allmahlich  zu  der  Ansicht  gelangt,  dass  die  Krone  auf  dem 
Schilde  die  Kaiserkrone  bedeute,  und  hatte  es  vollig  in  der 
Ordnung  gefunden,  dass  die  Ktinstler  sie  in  einer  Form  dar- 
stellten,  welche  man  traditionell  fiir  die  Kaiserkrone  hielt.  Da 
die  Formen  der  alten  Kaiserkrone  w&hrend  der  gothischen 
Stilperiode  ikonographisch  durchaus  nicht  feststehen  *),  und  da 


»)  Eine  solche  Krone  hat  auch  thatsachlich  nie  existirt.  Die  bei 
den  Kaiserkr5nungen  gebrauchte,  noch  heut  in  Wien  aufbewahrte  sog. 
Krone  Karls  d.  Gr.,  die  alte  Reichskrone,  ist  auf  bildnerischen  histo- 
riachen  Darstellungen  nie  verwendet  worden;  A.  Dtirer  hat  sie  wohl  «u- 
erst  auf  aUegorischen  Bildern   verwertet.    Die  Kronen,    welche  sich  als 


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die  Heraldiker    des    17.  und  18.  Jahrhunderts    ftir    derartige 

Unterschiede  kein  Verstandnis  mehr  besassen,   erhielt  schliess- 

lich  die  Emder  Krone   durch  Angleichung  an  verwandte  Dar- 

stellungen  die  Gestalt  einer   modernen  Kflnigskrone,   indem 

die   Btigel   niedriger    und    nach    Aussen    geschweift   wurden. 

Diese  Zweideutigkeit  ist  absolut  zu  verwerfen.    Das  hat  man 

offenbar    schon    frtiher   empfunden,   sodass    man  gelegentlich, 

zuletzt  aber  ftir  das  jetzt  gebr&uchliche  Hauptsiegel,  als  angeb- 

lich    unbezweifelbare  Kaiserkrone    die  sog.   Rudolfskrone, 

wahlte.     Diese   ist   indessen   durchaus   nicht   die   romische 

Kaiserkrone.     Eine    ahnliche   Form   (nur  steht   der   Bugel 

nicht  zwischen  den  Hornern,  sondern  quer  liber  ihnen)  weisen 

zwar  schon  die  Miniaturen  in  der  goldenen  Bulle   dem   Kaiser 

Karl  IV.  zu,  Kaiser  Friedrich  III.  und  Maximilian  I.  als  Kaiser 

fuhrten  dann  das  Urbild  der  Rudolfskrone;  unter  Karl  V.  finde 

ich   ein   anderes  Modell;   Maximilian  II.    griff  wieder   auf  die 

Krone  Maximilians  I.  zuriick,  und  diese  liess  Kaiser  Rudolf  II. 

als   ein   Meisterstiick   der   Goldschmiedekunst  1602   ausfuhren. 

Sie  war  die  Habsburgische  „Hauskronea  und  wurde  bei 

dem  Einzug   zur   Kaiserkronung   in   Frankfurt  a.  M.  getragen. 

Zur   ?lOesterreichischen  Kaiserkrone"  wurde  sie  nach 

Auflosung  des  Deutschen  Reichs   durch  Oesterreichs  Erhebung 

zum  Kaiserreich.    Da  diese  Krone  also,  ebenso  wie  das  Modell 

der  Kftnigskrone,  heutzutage  noch  vollgtiltiges  Rangzeichen  ist, 

so    erscheint    ihre    Verwendung    als    Wahl  -  Schildkrone    nach 

Wappenrecht  unzulassig.    Ihre  Anbringung  auf  den  Wappen- 

schilden   von   Nymwegen   und  Amsterdam   kann  daher,   trotz 

der   Ausfiihrungen    des    Stadtarchivars    Dr.  Veder    beziiglich 

letzterer  Stadt,  nicht  gutgeheissen  werden.    Dahingegen  wtirde 

vom  wappenrechtlichen  Standpunkt  nichts  einzuwenden  sein, 

wenn   man  in  Emden  ein  gut  gothisch  -  stilisiertes  Modell  der 

alten   eigentlichen   Kaiserkrone,    etwa   wie   auf  dem   Amster- 

damer   Gegensiegel,    gewahlt    h&tte.      Umsomehr    aber    vom 

historischen. 


Hoheitssymbole  auf  Siegeln,  Grabsteinen,  historischen  Gem&lden  und 
Illuatrationen  finden,  sind  conventionelle  Zeichen,  deren  Ausgestaltung 
innerhalb  gewisser  durch  das  Herkommen  gezogener  Grenzen  den  bilden- 
den  KQnstlern  aberlassen  war. 

18* 


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-     276     — 

Soil  die  Wahlkrone  auf  dem  Emder  Stadtwappen  ihre 
unzweideutige  Bestimmung  erfiillen,  die  dankbare  Erinnerung 
an  die  thatsachliche  Begnadung  der  Stadt  durcb  Konig 
Maximilian  I.  und  an  andere  mehr  sagenhafte  Kaiserprivilegien 
fttr  alle  Zeiten  lebendig  zu  erhalten,  so  ist  es  unumganglich 
notwendig,  bei  ihrer  Gestaltung  auf  die  Form  der  deko- 
rativen  Krone  des  Wappenbriefes  von  1495,  resp.  der 
ihr  entsprechenden  heraldischen  Krone  auf  dem 
Konigssiegel  dieser  Urkunde  zuriickzugehen. 

Reicherer  oder  einfacherer  Ausstattung  im  Einzelnen  ver- 
bleibt  dabei  immer  noch  geniigender  Spielraum.  Ebenso  balte 
man  sich  bei  der  Zeichnung  des  Wappenbildes  genau  an  die 
Textworte  der  Urkunde  in  der  ihnen  durch  den  Maler  ge- 
gebenen  Auslegung !)  und  vergesse  insbesondere  nicht,  dass  ein 
Adler  mit  einem  gekronten  Jungfrauenkopfe  dargestellt 
werden  soil,  kein  mehr  oder  weniger  nacktes,  hier  und  da  mit 
Federn  bewachsenes  und  mit  Adlerfliigeln  an  Stelle  der  Arme 
verunstaltetes  Frauenbild,  wenn  man  sich  auch  wegen  dieser 
Auffassung  auf  das  Vorbild  Albrecht  Diirers  berufen  konnte2). 
Ausgezeichnetes  Vorbild  in  dieser  Hinsicht  ist  der  Holzschnitt  bei 
Gnapheus,  nach  welchem  die  unserer  Abhandlung  beige- 
gebene  Farbentafel  (Tafellll)  entworfen  ist.  Fur  dekorative 
Zwecke  wiirde  es  hochlich  zu  empfehlen  sein,  ausser  dem  Wappen 
von  1495  gelegentlich  auch  die  alteren  Formen  (Fig.  1,  S.  241  und 
Tafel  I,  1.  2.,  letztere  Darstellung  naturlich  ohne  die  Heiligen. 
die  tibrigens  unter  Umstanden  als  Wappenhalter  an  ihrem 
Platze  w&ren)  zu  verwenden.    Da  als  Stadtfarben  Gelb-Rot-Blau 


»)  Vergl.  oben  Abschnitt  2. 

a)  Als  hierher  gehflrig  kenne  ich  eigentlich  nur  den  Titelholzschniti 
zur  3.  Ausgabe  der  ^Reformation  der  Stadt  Nurnberg",  1522,  bezeichnet 
mit  1521,  den  A.  v.  Eye,  Leben  und  Wirken  Albrecht  Durers,  2.  Aufl.  1869, 
S.  455,  Durer  zuschreibt,  R.  v.  Rettberg,  Durers  Kupferatiche  und  Hola- 
schnitte,  1871,  S.  115  ihm  abspricht.  Die  gemalte  mit  1508  bezeichneie 
Fensterscheibe,  welche  ausser  den  Wappen  dieses  Holzschnitts  noch  das 
Wappen  der  Geuder  zu  Nurnberg  enthalt  (Seyler,  Gesch.  d.  Heraldik  Abb. 
No.  501)  geh6rt  schwerlich  hierher.  E.  Mummenhoff,  Alt-Nurnberg,  S.  8* 
lasst  die  ^durchaus  unhistorische  Verbildung*  des  Kaiserhaupt-Adlers 
^seit  Albrecht  Durer"  beginnen.  Dass  sie  thatsachlich  mindestens  schon 
1503  einsetzte,  haben  wir  oben  S.  250  gesehen. 


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—    277     — 

gelten  *)  —  richtiger  Rot-Gelb-Blau,  wie  sie  Herzog  Friedrich  von 
Wurttemberg  1592  auf  einemEmder  Seeschiff  sah  (Emd.  Jahrb.  IV, 
2.  S.  116);  ausser  anderen  Urkunden  zeigt  der  Wappenbrief  von 
1495  diese  Farben  an  seiner  Siegelschnur  — ,  so  konnte  die  ein- 
fache  Wappenform  so  tingiert  werden :  im  goldenen  Schild  ein 
blauer  Fluss,  dartiber  ein  rotes  gothisches  Initial-E.  Als  torn 
Brok'sche  Farben  gelten  Gold  in  Rot;  dies  sind  somit  die 
Farben  der  vorderen  Schildh&lfte  Tafel  I,  1.;  die  Abdena'schen 
Farben  scheinen  unbekannt;  man  konnte  sie,  urn  in  der  Skala 
der  Stadtfarben  zu  bleiben,  fiir  das  Wappen  in  dem  2.  Siegel 
(Tafel  I.  2)  ebenfalls  Gold  in  Rot  ansetzen. 


Nachschrift.  Wahrend  des  Druckes  erwies  es  sich  als 
zweckm&ssig,  die  Abbildungen  anders,  wie  urspriinglich  beabsichtigt 
war,  zu8ammenzu8tellen  nnd  demgemass  zu  numerieren.  Die  oben,  S.  286, 
angegebenen  Ziffern  der  bereits  in  der  nHafendenkschriftu  mitgeteilten 
Abbildungen  treffen  daher  nicht  mehr  zu.  Nach  der  neuen  Numerierung 
befinden  sich  von  unseren  Abbildungen:  Fig.  1  in  Hafendenkschrift  S.  7 
Fig.  2;  Fig.  2  ibid.  S.  7  Fig.  3;  Fig.  3  ibid.  S.  62  Fig.  6;  Fig.  5  ibid.  S.  80 
Fig.  7;  Fig.  6  ibid.  Anh.  S.  25  Fig.  13;  Tafel  I,  1  ibid.  S.  7  Fig.  1;  Tafel  I, 
2  ibid.  S.  29  Fig.  4;  Tafel  I,  3  ibid.  S.  48  Fig.  5;  Tafel  I,  4  ibid.  S.  80 
Fig.  8;  Tafel  I,  5  ibid.  S.  80  Fig.  9;  Tafel  II,  1  ibid.  Anhang  S.  30  Fig.  14 ; 
Tafel  II,  2  ibid.  S.  80  Fig.  10;  Tafel  II,  3  ibid.  Anhang  S.  26  Fig.  11; 
Tafel  n,  4  ibid.  S.  25  Fig.  12. 


Verzeiehnis  der  Abbildungen. 


I.  Abbildungen  im  Text: 
Fig.  1.    Wappen  der  Stadt  Emden,   im  Fries  tiber  dem  Westportal  der 
Grossen  Kirche    zu  Emden;    verstiimmelt.    Ende  des  14./Anf. 
des  15.  Jahrh.  —  stark  verkleinert.  —  Seite  241. 


>)  Vgl.  Harkenroht,  Oorspr.  1731,  S.  122;  Furbringer  S.  19.  Nach 
Loesing,  S.  87,  soil  die  Stadt  Emden  im  Osterhusischen  Accord  (1611, 
Mai  21,  §  16)  das  Recht  erhalten  haben,  auf  ihrer  „gelb-rot-blau"  gestreiften 
Flagge  das  Stadtwappen  zu  ftihren ;  die  citierte  Stelle  enth&lt  davon  nichts, 
eine  anderweitige  Bestatigung  der  Behauptung  habe  ich  nicht  zu  ermitteln 
yermocht.  In  der  von  Loesing  geschilderten  Form  eracheint  die  Handels- 
flagge  der  Stadt  z.  B.  auf  einer  schdnen  Denkmunze  der  Clementiner- 
Bruderschaft  (Emder  Hafendenkschrift,  1901,  Munz-  u.  Medaillentafel  No.  16). 


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—    278    — 

Fig.  2.  *  s  •  rouems  :  wiardi  :  m :  emeriiA*  -sign 

lum  iuvenis  Wiardi  in  Emetha.  Ende  14.  Jahrh.  —  Stempel 
im  Staatsarchiv  zu  Aurich.  —  Wie  alle  tibrigen  Siegelabbildungen 
in  0riginalgr688e.  —  Seite  242. 

Fig  3.  Wappen  der  Stadt  Emden,  nach  der  Miniatur  in  dem  Wappen- 
brief  Kflnig  Maximilians,  d.  d.  Worms,  10.  August  1496,  Ostfr. 
UB.  II  No.  1450.  —  Originalgrosse.  —  S.  244. 

Fig.  4.    *  SIOTLLVOl  DIUV  •  •   SITATIS 01  D6 

•  VR6NB6RQII  •  —  Sigillum  universitatis  civiun 
de  Nurenberch;  nach  einem  Abguss  aus  der  Sammlung  des 
Herrn  P.  H.  Trummer-Hamburg.  —  S.  247. 

Fig.  6.    Stadtwappen  von  Emden ;  Kuchenform ;  18.  Jahrh.  —  verkleinert 

—  Sammlung  der  Gesellsch.  f.  b.  K.  u.  vaterl.  Altertiim.  zu  Emden. 

—  S  261. 

Fig.  6.    Stadtwappen  von  Emden;  hSlzeme  Kuchenform  (?);  18.  Jahrh. 

—  verkleinert  —  Sammlung  der  Gesellsch.  etc.  zu  Emden.  —  S.  258. 

n.  Beilagen.  —  Tafel  I. 

Fig.  1.  4&>  sigillum  '  burg  .  .  .  torn  '  o>tbt  '  emebenfts  .  —  Sigillum 
burgensium  opidi  Emedensis.  1427.  Juni  10.  Orig. 
Staatsarchiv  zu  Bremen.    Ostfries.  UB.  I  No.  354.   —  zu  S.  242. 

Fig.  2.  x  stgtltom  x  opt  x  bi  x  c  .  .  .  .  us  x  —  Sigillum  opidi  Eme- 
densis. 1438.  Febr.3.  Orig.  Stadtarchiv  zu  Emden.  Ostfr.DB.  I 
No.  489,  S.  439,  wo  die  Umschrift  noch  als  vSllig  erhalten  be- 
8chrieben  wird.  Die  bei  Furbringer,  Die  Stadt  Emden,  S.  21  mit- 
geteilte  Lesung  der  Umschrift:  Sigillum  opidi  civ.  Ehms 
ist  nicht  richtig.  Ubbo  Emmius  hat  das  Siegel  („eres  wicbeldes 
ingesegel")  auch  an  einer  Urkunde  von  1440  Jan.  2  gesehen, 
richtig  beschrieben  und  die  Umschrift  zutreffend  gelesen.  S.  Ost- 
fries. UB.  I  No.  512.  —  zu  S.  242. 

Fig.  3.  4^)  s  ;  burgcfium  '  in  *  cmcbcn.  —  Sigillum  burgensium 
in  Erne  den.  Stempel  im  Stadtarchiv  zu  Emden;  im  Gebrauch 
1442  Aug.  22  (Ostfries.  UB.  I  No.  546),  1498  Jan.  19  (ibid.  H  No.  1582); 
vgl  Harkenroht,  Oorspr.  S  95  ft;  schlechte  Abb.  daselbst  S.  96; 
falsche  Lesung  der  Umschrift  daselbst  S.  98:  S  .  burg  .  e\  cium 
in  Emeden;  falsche  Deutung  dieser  falschen  Lesung:  Sigil- 
lum burgomagistrorum  (oder  burgmannorum)  et 
civium  in  Emeden.    Richtige  Lesung  Ostfr.   UB.  No.  691. 

—  zu  S  243. 

Fig.  4.  §  SIGILLVM  X  CIVITATIS  o  EMEDENSIS  t  1504  t  —  Sigillum 
civitatis  Emedensis.  1504.  Stempel  im  Stadtarchiv  iu 
Emden;  nach  Harkenroht,  Oorspr.  2.  Ausg.  S.  106  noch  1731  in 
Gebrauch;  thatsachlich  findet  sich  jedoch  das  folgende  Siegel 
(Tafel  II  Fig.  2)  schon  zu  Ende  des  17.  Jahrh.  Den  Typus  von 
1504    wiederholt    ein    etwas    einfacheres,    erheblich    kleineres 


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—    279     — 

Secretum  civitatis  Emdensis,  Stempel  ibid.,  o.  J.  —  Ueber 
dem  Wappen,  zwischen  den  beiden  Enden  des  Bandes,  welches 
die  Legende  tr&gt,  zeigt  sich  eine  heraldische  Lilie.  Dasselbe 
sphragistische  Beizeichen  steht  auf  dem  Tafel  I,  5  abgebildeten 
Siegel  in  sehr  kleinem  Massstabe  unmittelbar  auf  dem  Schilde. 
Es  erinnert  vielleicht  an  das  Wappen  der  H&uptlinge  von  Faldern ; 
Mittel-Faldern,  wo  jetzt  das  Rathaus  sich  befindet,  war  schon 
Ende  des  14.  Jahrh  mit  Emden  verbunden  (Houtrouw  I,  S.  52; 
Furbringer  S.  268).  -zuS.  261. 
Fig.  6.  +  SIGILL  .  REIP  .  EMBD  .  ADCAVS  .  OLDERSVMANAS  .  — 
Sigillum  rei  publicae  Embdensis  ad  causas  Older- 
sumanas.  Stempel  ibid.;  die  Herrschaft  Olderaum  wurde 
1631  von  Emden  erworben.  Wegen  der  Lilie  auf  dem  Schilde 
vgl.  die  Bemerkung  zu  Fig.  4.  —  Von  demselben  Typus,  aber 
geringerem  Durchmesser  und  mit  kleinen  stilistischen  Varianten  • 
Secretum  civitatis  Embdensis,  Stempel  ibid.,  1617—1668 
in  Gebrauch.  —  zu  S.  261. 

Tafel  n. 

Fig.  i.oo  seaROTVM :  givithtis  :  erieDaNsis  :  hd  : 

GKS  I  —  Sigillum  civitatis  Emedensis  ad  causas. 
Stempel  im  Stadtarchiv  zu  Emden ;  1568  in  Gebrauch.  —  Ent- 
sprechender,  etwas  grdsserer  Stempel:  Secretum  civitatis 
Embdensis  ad  causas,  ibid.,  in  Gebrauch  1628.  —  zu  S.  263. 

Fig-  2.  SIGILLVM  CIVITATIS  EMBDAE.  Stempel  ibid.,  1691  ff.  Auf 
Miinzen  erscheint  der  Wappentypus  dieses  Siegels  1668.  —  Dem 
Stempel  entspricht  das  1899  in  Gebrauch  befindliche  Emder 
Kammerei  -  Siegel,  welches  indessen  statt  der  Palmenwedel 
Eichenzweige  hat.  —  zu  S.  252. 

Fig.  3.  SIGILLVM  CIVITATIS  EMDA.  19.  Jahrh.  Abdr.  in  der  Samm- 
lung  des  Verfassers;  ebenda  Abdruck  eines  andern,  in  Gr6sse 
und  Zeichnung  dem  hier  abgebildeten  vollig  entsprechenden 
Stempels  mit  der  Umschrift  SIGILLVM  .  CIVITATIS  .  EMDjE  4&> 

—  zu  S.  252. 

Fig    4.     SIGILLVM    CIVITATIS    EMDJE;    1899  gebrauchlicher  Stempel. 

—  zu  S.  252. 

Tafel  in. 
Wappen  der  Stadt  Emden;  vom  Verfasser  unter  Zu- 
grundelegung  der  Wappenbrief  -  Miniatur  vom  10.  August  1496 
und  des  Holzschnitts  auf  dem  Schlussblatt  von:  Aembdanae 
civitatis  iyxcofuov  ....  per  Guilielmum  Fullonium  Gna- 
pheum.  Aembdae  1567,  entworfen. 


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Kleinere  Mitteilungen. 

L 
Nooh  einmal  die  Walburgiskirohe  in  Emden. 

Von  Dr.  P.  Wagner,  Archivdirektor  in  Wiesbaden. 


Im  XII.  Bande  des  Jahrbuchs,  S.  168,  habe  ich  auf  die 
fttr  den  Franziskanerorden  ausgestellte  Bulle  des  Papstes 
Johann  XXII.  vom  19.  Mai  1317  hingewiesen,  die  einigd  fQr 
die  Stadtgeschichte  von  Emden  wichtige  Angaben  enthalc  Es 
ergiebt  sich  bekanntlich  aus  ihr  das  Grtlndungsjahr  des  dortigen 
Franziskanerklosters  und  ausserdem  die  Stelle  der  Errichtung 
desselben  in  loco,  qui  dicitur  Wdlburgehareha  (inter  Imetha  ct 
FdUerne). 

Ueber  diese  in  Emden  vSUig  unbekannte  Stelle  habe  ich 
a.  a.  0.  die  Vermutung  ge&ussert,  dass  in  der  Urkunde  statt 
Wdlburgehareha  wohl  Walburgekarcha  zu  lesen  sein  diirfbe,  und 
ich  folgerte  daraus,  dass  es  in  Emden  vor  der  Errichtung  des 
Klosters  eine  Walburgiskirche  gegeben  haben  muss,  die  in- 
dessen  eingegangen  sein  wird,  so  dass  nur  noch  die  Stelle  be- 
kannt  war,  wo  sie  gestanden  hat,  als  im  Jahre  1317  das 
Kloster  errichtet  wurde.  Zur  Sttitze  dieser  Vermutung  wies 
ich  darauf  hin,  dass  die  h.  Walburgis  eine  Schwester  der 
beiden  Heiligen  Willibald  und  Wunnibald,  der  Genossen  des 
Friesenapostels  Willibrord,  gewesen  ist,  und  dass  sie  in  friesi- 
schen  Gegenden  viel  verehrt  worden  sein  mag,  da  man  hier 
auch  anderw&rts  Walburgiskirchen  findet. 

Meine  Deutung  hatte  damals  bei  Gelehrten,  deren  Sach- 
kenntnis  ich  anzuerkennen  alle  Ursache  habe,  namentlich  aus 
sprachlichen  Grtinden  einige  Bedenken  hervorgerufen,  die  mir 
schriftlich  gestussert  wurden,  mich  aber  doch  nicht  von  der 
Unrichtigkeit  meiner  Erklarung  iiberzeugen  konnten. 


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—    281    — 

Nun  hat  diese  ErklSrung  Offentlichen  Widerspruch  ge- 
funden  in  der  ^Festschrift  zur  Eroflnung  des  neuen  Emder  See 
hafens  durch  Se.  Majest&t  den  Kaiser  und  K&nig  Wilhelm  II  im 
August  1901 a  (Berlin,  1901).  Dort  wird  in  den  Eriauterungen, 
S.  7  Anm.,  der  Vermutung,  dass  fQr  Walburgi$harcha  richtig 
Woiburgisharcha  zu  lesen  sei,  der  Ausdruck  locus  entgegen- 
gehalten,  der  nicht  Kirche  bedeuten  konne,  und  die  Meinung 
ausgesprochen,  harcha,  archa  entspreche  dem  Worte  area 
in  der  Bedeutung  „Grabu,  zwischen  Emden  und  Faldern  sei  das 
Grab  der  heil.  Walburgis  gewesen,  und  am  Orte  desselben  das 
Franziskanerkloster  Faldern  errichtet  worden. 

Darauf  mOchte  ich  hier  erwidern,  dass  ich  die  Ausdriicke 
locus  und  „Kirche"  einander  gar  nicht  gleichgesetzt,  vielmehr 
hinreichend  deutlich  auseinandergesetzt  habe,  dass  die  Wal- 
burgiskirche  im  Jahre  1317  nicht  mehr  vorhanden  gewesen  ist, 
eben  weil  damals  nur  von  einem  locus,  qui  dicitur  Walburge- 
harcha  in  der  Bulle  die  Rede  ist,  dass  nur  die  Stelle,  an  der 
die  Kirche  gestanden  hat,  noch  Walburgekarcha,  „ Walburgis. 
kirche"  genannt  worden  ist.  Hinzusetzen  mSchte  ich  noch,  dass 
die  Kirche  vielleicht  zerstfirt,  oder  verbrannt  gewesen  sein  mag, 
und  nur  ein  Triimmerhaufen  noch  die  Stelle  bezeichnete,  wo 
sie  gestanden  hat. 

Was  nun  die  der  meinigen  entgegengestellte  Erkl&rung 
des  locus,  qui  dicitur  Walburgeharcha,  anbelangt,  so  muss  ich  die 
Ableitung  des  Wortes  harcha  von  area  den  Sprachforschern 
tiberlassen.  Mich  interessiert  hier  nur  die  Anwendung,  die 
in  jener  Kritik  hiervon  gemacht  wird,  indem  Walburgeharcha 
fiir  „Grab  der  h.  Walburgis"  erkl&rt  und  daraus  gefolgert  wird, 
die  h.  Walburgis  sei  zwischen  Emden  und  Faldern  bestattet 
worden.  Gesetzt  einmal,  es  ware  so,  so  wiirde  es  bei  der 
Heiligenverehrung  der  katholischen  Kirche  ein  R&tsel  bleiben, 
wie  das  Grab  der  Heiligen  ohne  die  Kirche  zu  denken  ist. 
Allein  fiir  das  Grab  der  h.  Walburgis  kann  Emden  in  keinem 
Falle  in  Betracht  kommen.  Ein  Blick  in  die  Lebensgeschichte 
der  h.  Walburgis  lehrt,  dass  sie  als  Vorsteherin  des  Klosters 
Heidenheim  in  der  Diocese  Eichstadt  in  Baiern  am  25.  Februar  779 
gestorben  und  dort  auch  begraben  ist,  und  weiter,  dass  ihre 
Wunder  wirkenden  Gebeine  im  Jahre  871  von  dort  erhoben 
und  in   die   spater  nach   ihr   benannte  Kirche  vom   heiligen 


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—     282    — 

Kreuz  tiberftihrt  worden  sind,  wo  sie  sich  noch  heute  befinden1). 
Von  ihrem  Grabe  in  Emden  kann  also  gar  nicht  die  Rede  sein, 
und  damit  f&llt  von  selbst  diese  Deutung  von  Walburgeharcha. 

Vor  der  Hand  muss  ich  daher  bei  meiner  Erklarung,  dass 
der  Name  aus  einem  Schreibfehler  entstanden  ist,  bleiben.  Um 
die  MOglichkeit  eines  solchen  wahrscheinlich  zu  machen, 
m5chte  ich  nur  hervorheben,  dass  uns  die  Urkunde  vom 
19.  Mai  1317  ja  nicht  im  Original  erhalten  ist,  sondern  nur 
eine  Abschrift  davon  in  einem  Registerbande  der  papstlichen 
Kanzlei  vorliegt,  und  dass  diese  ohne  Zweifel  von  einem  nicht- 
deutschen,  jedenfalls  nichtfriesischen  Schreiber  herrtthrt.  Sollte 
es,  wenn  man  sich  dies  vergegenw&rtigt,  da  so  unwahrschein- 
lich  sein,  dass  der  Schreiber  bei  dem  ihm  gewiss  sehr  fremd 
klingenden  Namen  einen  Fehler  in  der  Niederschrift  begangen 
hat,  mag  nun  in  seiner  Vorlage  das  Wort  Wcdburgiskarcha 
oder  Walburgiskercha,  oder  wie  sonst,  gelautet  haben?  Wer 
die  vielen  Lesefehler  der  Schreiber  in  den  RegisterbSnden, 
namentlich  bei  den  barbarisch  klingenden  deutschen  Namen, 
kennt,  wird  an  meiner  Erklarung  gewiss  keinen  Anstoss  nehmen. 

Fttr  das  Vorkommen  von  Kirchen,  die  der  h.  Walburgis 
geweiht  waren,  erw&hne  ich  ausser  der  Groninger  (Jahrbuch  XII, 
S.  160)  auch  noch  eine  Walburgiskirche  in  Zutphen2). 

Die  Urkunde  vom  19.  Mai  1317,  die  mir  fruher  nur  in 
einem  Regest  vorlag,  ist  jetzt  in  dem  von  Pater  C.  Eubel 
herausgegebenen  5.  Bande  des  „Bullarium  Franciscanum  sive 
Romanorum  pontificum  constitutiones,  epistolae,  diplomata  tri- 
bus  ordinibus  Minorum,  Clarissarum,  Poenitentium . . .  concessa", 
Rom,  1898,  von  neuem  und  verbessert  abgedruckt  worden.  Da 
es  in  Anbetracht  ihrer  Wichtigkeit  fttr  Emden  interessant  sein 
dttrfte,  ihren  Wortlaut  kennen  zu  lernen,  und  das  Bullarium 
Franciscanum  nicht  leicht  jedermann  zur  Hand  ist,  lasse  ich 
denselben  in  der  Beilage  folgen. 

Im  Anschluss  hieran  bemerke  ich  noch,  dass  das  Emder 
Franziskanerkloster  auch  in  dem  Provinciale   ordinis  fratrum 


*)  Vgl.  Anonymus  Haseriensis  in  den  Monumenta  Germaniae  histo- 
rica,  Scriptores,  VII  265,  und  den  Artikel  Walburgis  in  Wetzer  und  Welte, 
Kirchenlexicon,  Bd.  XII,  1180—1182. 

*)  Blok,  Geschiedenis  van  het  nederlandsche  volk  I,  168. 


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—    283    — 

minorum  erw&hnt  wird,  welches  Eubel  in  der  Appendix  I  zum 
Bullarium,  S.  579,  von  neuem  herausgegeben  hat.  Es  ist  dies 
ein  Verzeichnis  der  K16ster  des  Ordens,  nach  Provinzen  ge- 
ordnet,  das  nach  Eubels  Meinung  von  dem  Franziskaner 
Paulinus  von  Venedig,  1324—1344  Bischof  von  Puteoli,  ver- 
fasst  ist.  Dort  heisst  es  unter  VIII  Colonia  (Kolner  Ordens- 
provinz) : 

VI  Daventriae  (d.  h.  Custodie  Deventer):  Daventriam  (De- 
venter),  Herdervike  (Harderwyk),  Campis  (Kampen),  Gronigniae 
(Groningen),  Bodelstuerde  (Bolsward).  interne  (Gross-Faldern).1) 


Beilage. 

Papst  Johann  XII.  erlaubt   dem   Ordensmeister   des  Franziskaner- 

ordens  Michael,   an   zehn   naher  beeeichneten  Orten   Ordensnieder- 

lassungen  einsurichten.    Avignon  1317,  Mai  19. 

Dilecto  filio  Michaeli  ministro  generali  ordinis  fratrum 
Minorum. 

In  ecclesiae  finnamento  tuus  ordo  sidereo  nitore  corus- 
cans  universam  gregis  dominici  aulam  illuminat  et  currenti- 
bus  in  stadio  rectum  iter  insinuat,  quo  ad  salutis  bravium  fa- 
cilius  pervenitur,  hie  in  valle  paupertatis  terrenae  militans  in 
coelestium  triumphat  eminentia  facultatum.  Cupientes  igitur 
ut  hie  ordo  conspicuus  per  orbem  eo  amplius  propagetur  et 
novae  prolis  foetu  iugiter  amplietur,  quo  ipsius  sacra  religio 
virtutum  fecunditate  referta  et  tota  per  bonorum  operum 
studia  domino  ex  suae  institutionis  exordio  dedicata  ad  robur 
et  munimentum  fidei  orthodoxae  per  insignium  gratiam  meri- 
torum  et  exemplaris  vitae  doctrinam  uberes  hactenus  in  uni- 
versali  ecclesia  honestatis  fructus  protulit  et  salutis:  tuis 
supplicationibus  inclinati  decern  recipiendi  loca  in  partibus  et 
provinciis  infrascriptis,  videlicet  in  Emsgovia  in  loco  qui 
dicitur  Walburgeharcha  (inter  Emetha  et  Fallerne) 
ac  in  loco  vocato  Leucha,   in   comitatu  etiam  Astariacen.,   in 


0  Die  zu  Fallerne  hinzugesetzte  Erlauterung  „Gro88-Faldern",  die 
Tom  Herausgeber  herrahrt,  ist  in  „Mittel-Falderna  zu  verbessern. 


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—    284    — 

villa,  quae  Miranda  vocatur,  et  in  Burgo  Sinicini  et  Liquate  ac 
Tocti  castris  (Monasteries,  Strigonien.,  Auxitan.,  Creraonen., 
Agrigentin.  et  Theatin.  dioec.)  necnon  in  Romaniae  partibus 
duo,  in  Hungariae  quoque  confinio  versus  Tartaros  unum,  in 
Tusciae  unum  provinciis  fratrum  dicti  ordinis  loca  juxta  tuae 
discretionis  arbitrium  ponendique  ibidem  fratres  dicti  ordinis, 
prout  tibi  videbitur  expedire,  tibi  ac  ipsis  fratribus  in  eisdem 
locis  taliter  positis,  ibidem  aedificandi  oratoria,  domos  et 
necessarias  officinas  (felicis  recordationis  Bonifatii  papae  VIII 
praedecessoris  nostri  qua  inhibetur  etc.,  et  qualibet  alia 
constitutione  contraria  nequaquam  obstantibus)  plenam  et 
liberam  concedimus  auctoritate  praesentium  facultatem.  Nulli 
ergo  etc.    Datum  Avinione  XIV  kal.  junii  anno  primo. 

Reg.  Vatic,  torn.  66  fol.  267,  ep.  3969. 


II. 
Eine  Reisenotiz  Ober  Emden  aus  dem  Jahre  1454. 

Folgende  bisher  bei  uns  unbeachtet  gebliebenen  Reise- 
notizen  liber  Emden,  Leer  und  Stickhausen  aus  dem  Jahre  1454 
finden  sich  in  dem  Reise  -  Rechnungsbuch  des  Lttneburger 
Bttrgermeisters  Albert  van  der  Molen,  das  von  der  Ropp  im 
Jahrgang  1887  der  „Hansischen  Geschichtsblatter"  unter  der 
Ueberschrift :  „Unkosten  einer  Lttneburger  Romfahrt  im  Jahre 
1454"  veroffentlicht  hat.  Der  Biirgermeister  v.  d.  Molen  war 
aus  Anlass  des  Streites  der  Stadt  Lttneburg  und  der  auf  der 
Lttneburger  Sttlze  begttterten  Pr&laten  (Kirchen  und  KISster  in 
und  bei  Lttneburg)  mit  dem  spateren  Lttneburger  Protonotar 
Nikolaus  Stoketo  nach  Rom  geschickt  worden,  um  die  Befreiung 
einiger  von  den  Geistlichen  gefangen  gesetzten  Bttrger  und  zu* 
gleich  die  Aufhebung  des  ohne  VerhOr  ttber  Lttneburg  ver- 
hangten  papstlichen  Interdiktes  zu  erwirken.  Die  Rttckreise 
ging  ttber  Florenz,  Bologna,  Mailand,  ttber  den  Gotthard,  Basel, 
den  Rhein  hinunter  zu  Schiff  nach  Koln  und  weiter  nach  De- 
venter,   Kampen,  Groningen,  Emden,  Bremen,  Lttneburg.    Die 


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—    285    — 

zehnmonatliche  Reise  blieb  ohne  Erfolg  und  kostete  etwa 
2000  Rheinische  Gulden  (Silberwert  14000  Mark,  damalige  Kauf- 
kraft  aber  ungefahr  fiinfmal  soviel?);  bald  nach  der  Riickkehr 
brach  in  Liineburg  ein  Aufruhr  gegen  den  Rat  aus,  und  Biirger- 
meister  und  Rat  mussten  ihrer  Wtirde  entsagen.  Der  darauf 
folgenden  Untersuchung  (iber  die  bisherige  Finanzwirtschaft  der 
Stadt  verdanken  wir  die  genaue  Rechnungsablage  von  der 
Hand  des  obengenannten  Nikolaus  Stoteko.  Die  auch  fur  die 
Kenntnis  der  damaligen  Mtinzverh&ltnisse  nicht  unwicbtige 
Stelle  lautet,  soweit  sie  sich  auf  Ostfriesland  bezieht,  folgender- 
massen  (S.  58): 

[4.  S  e  p  t  e  m  b.]  1  mil.  van  Damme  (Appingadam)  over- 
tovorende  na  Em e den  over  de  Empsen  1  Rinsgulden 
(Silberwert  6—7  Mark,  Kaufkraft  35  Mark?)  3  witte  stuver 
(1  w.  St.  =  34  Pfg.). 

Vor  Emeden  den  spelluden  6  witte  stuver,   quia  ibi 
propinarunt  nobis   solemniter   racione  nuptiarum  („nach 
Hochzeitweise"?  oder  „aus  Anlass  einer  Hochzeitu?). 
Dem  smede  to  Emeden  8  witte  stuver  . .  . 

5.  Septemb.  in  Emeden  hospiti  1  Rinsgulden  vor  bfir  in 
hospicio  domini  proconsulis;  1  Renensem  pro  ha- 
vena;  2  kolnsche  witten  (1  W.  =  27V2  Pfg.)  barbi- 
tonsori  .  .  . 

6.  Sept.  pro  cerevisia  in  meridie  20  krumstert  (1  Kr. 
=  27V,  Pfg-)  •  •  • 

7.  Sept.  pro  cerevisia  11  krumstert. 

8.  Sept.  20  krumstert  to  bere;  cost,  haveren,  how  und 
bfer  in  des  borgemesters  herberge,  dar  stunden 
6  perde  5  dage  over,  4  Rinsgulden  25  krumstert;  familie 
(dem  Gesinde)  8  krumstert;  in  Gobelen,  Nickels,  Bunsen 
und  Wernern  (der  4  begleitenden  Knechte)  herberge  vor 
bfer,  cost  und  how  und  kome  4  Rinsgulden  34  krumstert, 
quorum  36  valent  florenum;  familie  6  kr.;  Bernardo, 
junchern  Olrikes  schriver1),  4  Rinsgulden,  uppe  dat 
he  na  Oldenburg  rede  umme  geleyde  .  .  . 


')  Dieser   Schreiber  Ulrich   Cirksenas,  Bernardus,  ist  sonst  nicht 
nachzuweisen. 


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—     286    — 

9.  Septemb.  in  Lerte  (Leer)  vor  haveren  mid  koste 
46  krumstert. 

In  Stickhusen,    deme   vogede    und    sineme   gesinde 
2  Rinsgulden ;  item  deme  geve  wi  2  flaschen  mit  Romenie 
(Romanischem,    d.  i.  griechischem  Wein)    und   hern  Johan 
(des  Johann  Garbrecht,   eines  Reisegef&hrten)  sin  swerd; 
item  2  postulaten  gulden  vor  den  leydebreff;    to  Stick- 
husen in  der  herberge  2x/2  Rinsgulden;  van  Stickhusen  de 
perde    overtoleyden    und    uns    to    schepe    overtovorende 
34  krumstert;  1  leydesmanne  3  krumstert. 
Das  „hospitium  proconsulis",    das  in  Emden   die  vor- 
nehmen  G&ste  aufnimmt,  ist,  wie  die  gleich  darauffolgende  nieder- 
deutsche  Wendung   beweist,    des  Btirgermeisters  Herberge, 
entweder  das  Haus    des   Btirgermeisters,    das    nur   in   diesem 
Falle  als  Herberge  diente,    oder   das  Wirtshaus    eines   Emder 
Btirgers,  der  zugleich  Btirgermeister  war.     „proconsul4  ist  hier 
der  Ausdruck  fiir  Btirgermeister,  wie  z.  B.  in  der  Urkunde  des 
Ostfriesischen    Urkundenbuchs    No.  1341   (v.  J.  1492)    fur   den 
Hamburger  Btirgermeister  Hermann  Langenbeken;   ebenso  auf 
der  von  Dr.  Timon  Rudolphi  beschriebenen,  jetzt  verschwundenen 
Glocke  der  Grossen  Kirche  zu  Emden  v.  J.  1521  (Mithoff,  Kunst- 
denkmale  S.  67)  und  auf  der  grossten  Glocke  zu  Vol] en  v.  J.  1520 
(Houtrouw  I  203,  aber  mit  der  falschen  Interpunktion:  pastoris 
Ukonis,  proconsulis   Brunoldi)    ftir    den   Emder   Btirgermeister 
Uko  Goldsmit1).    Das  Wort  wurde  im  mittelalterlichen  Latein 
wahrscheinlich    als    „Vorsitzender   der   consules"    (Ratsherm), 
,,Ober-Konsul"    verstanden.      Die    4  Btirgermeister    in   Emden 
waren  1454   Albert  Tydken,   Johan    van  Wynsen,   Johan  van 
Duten,  Meyo  Tiadmersna  (Urk.  No.  680). 


•)  Es  ist  wohl  nicht  zweifelhaft,  dass  die  VSllener  Glocke  aus 
Emden  stammt;  vielleicht  ist  es  eben  die  von  Timon  Rudolphi  1663  be- 
schriebene,  die  von  Mithoff  S.  67  nach  der  Kirchenbeschreibung  von  1861 
als  jetzt  nicht  mehr  vorhanden  in  der  Emder  Grossen  Kirche  be- 
zeichnet  wird. 


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—    287    — 

III. 
Enno  von  Emden. 

Von  Ernst  Friedlaender. 

Ein  kurzlich  in  das  Geheime  Staats-Archiv  zu  Berlin  ge- 
langtes  wertvolles  Manuskript,  ein  starker  Foliant,  ftthrt  den 
Titel:  „Der  Reichskanzlei  Original -Wappenbuch  von  1640  bis 
1566".  —  Es  hat  damit  folgende  Bewandtnis.  Die  Personen  oder 
Korporationen,  die  ihr  Wappen  vom  Kaiser  best&tigt  zu  haben 
wtinschten,  reichten  eine  Zeichnung  davon  bei  der  Reichs- 
kanzlei ein  und  baten,  entweder  auf  demselben  Blatte,  auf  dem 
sich  die  Zeichnung  befindet,  oder  in  einem  besonderen  Schrift- 
stflcke,  um  die  Anerkennung.  Der  Reichs-Vice-Kanzler  fttgte 
nun  die  Bemerkung  hinzu,  ob  das  Wappen  bewilligt  wurde 
oder  nicht,  und  begriindete  im  Falle  der  Ablehnung,  weshalb 
diese  erfolgte,  oder  gab  an,  welche  Stucke  des  Wappens  ent- 
fernt  werden  sollten,  um  es  genehm  zu  gestalten.  Meist 
wurden  die  den  Wappenhelmen  beigegebenen  Kronen  oder 
wohl  auch  die  gew&hlten  Wappentiere  beanstandet.  Die  „vor 
werth  gehaltenen"  Wappen  sind  dann  in  das  Wappenbuch  der 
Reichskanzlei  aufgenommen  worden  und  zwar  einfach  dadurch, 
dass  das  Blatt  mit  einer  Nummer  versehen  und  dann  ein- 
geklebt  oder  eingeheftet  wurde.  Der  Folioband  umfasst 
443  Wappen. 

Als  No.  17,  zum  Jahre  1548,  findet  sich  darin  ein  grosses 
Blatt,  das  weit  fiber  die  Folioseite  des  Buches  hinausragend, 
umgeschlagen  ist  und  das  schon  gemalte  Wappen  des  Enno 
von  Emden  enth&lt.  Die  mit  diesem  Wappen  eingereichte 
Eingabe  ist  nicht  erhalten;  doch  ergiebt  sich  deren  Inhalt  aus 
folgender  links  neben  dem  Wappen  befindlichen  Eintragung: 
„Der  Supplicant  soil  zuevorderst  glaublich  darthuen,  das  die 
jetzregierenden  graven  in  Ostfriessland  inne  fiir  den  wie  er  in 
seiner  Supplication  anzaigt,  namlich  das  er  von  grave  Enno 
saligen  naturlichen  son  Rudolphen  geboren,  und  das  sy  ime 
sollich  wappen  fueren  gelassen  irnthalb  bewilliget  haben,  und 
so  das  beschicht,  will  sich  die  Ro.  Kon.  Ma!L  gn£diklich  ent- 
schliessen."      Die    „jetzregierendenu    Grafen    in    Ostfriesland 


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—    288    — 

waren  die  drei  Brflder  Edzard,  geb.  t532,  Christof,  geb.  1536, 
und  Johann,  geb.  1538,  damals,  im  Jahre  1548,  noch  minder- 
jahrig,  so  dass  der  Ausdruck  des  Kaisers  nicht  wortlich  zu 
nehmen  ist,  denn  Gr&fin  Anna,  die  Witwe  des  Grafen  Enno  II 
(f  1540)  und  Mutter  der  drei  Brflder,  fuhrte  die  vormund- 
schaftliche  Regierung  in  Ostfriesland. 

Auf  die  rechte  Seite  des  Blattes  ist  dann  die  kaiserliche 
Bestatigung  mit  diesen  Worten  gesetzt  worden:  „UfF.  ferrer 
flirbracht  anzaig  und  urkunt  bewilliget  die  Ro.  etc.  Mall  Enno 
von  Embden  (folgt  durchstrichen  trost)  weltlichen  probst  zue 
Embden  und  seinen  eelichen  leibserben  diss  wappen  sampt 
der  nobilitation,  zue  Augspurg  den  24.  tag  Maii  anno  etc.  48." 

Das  Wappen  ist  dieses:  ein  l&ngsgetheilter  Schild,  rechts 
im  schwarzen  Felde  die  rechte  Halfte  einer  goldenen  gekronten 
Harpyie,  begleitet  (d.  h.  im  Felde  oben  und  unten)  von  zwei 
goldenen  sechsstrahligen  Sternen;  links  im  blauen  Felde  ein 
schr&grechts  gestellter  goldener  erniedrigter  Balken,  begleitet 
von  drei  (2.  1.,  d.  h.  oben  2,  unten  1)  goldenen  sechsstrahligen 
Sternen.  Ueber  dem  Schilde  ein  gekrSnter  Helm  mit  Hals- 
kleinod;  als  Helmschmuck  drei  Federn,  rechts  und  links  je  eine 
weisse,  die  mittlere  gold  und  diese  belegt  mit  einem  goldenen 
zwOlfstrahligen  Sterne.  Die  Helmdecken  sind  rechts  schwarz 
und  gold,  links  gold  und  blau. 

Durch  dieses  interessante  Blatt  wird  bestfttigt,  was 
Wiarda,  Ostfriesische  Geschichte  Bd.  II  S.  205,  Bertram  folgend, 
alswahrscheinlich  hinstellt,  dass  namlich  Rudolph  Cirksena 
ausser  einer  Tochter  Moetke  auch  einen  Sohn,  Namens  Enno, 
gehabt  habe.  In  dem  Ostfriesischen  Monatsblatte  von  1878 
wird  auf  S.  288  nach  diesem  Enno  gefragt  und  in  einem  aus- 
ftihrlichen  Aufsatze  des  Prasidenten  Wiarda  auf  S.  327  ff. 
Auskunft  ertheilt,  wonach  Enno  v.  Emden  in  Paris,  wo  er 
seinen  Studien  oblag,  am  18.  Juli  1545  23  Jahre  alt  gestorben 
sei,  wie  die  umfangreiche  Grabschrift  auf  dem  zu  seinem  An* 
denken  in  der  S.  Severinskirche  zu  Paris  errichteten  Monumente 
angebe.  Bertram  theilt  die  Grabschriften  aus  dem  Buche  von 
Germain  Brice.  Description  de  la  ville  de  Paris  etc.  Nouvelle 
Edition.  Paris  1752  mit.  Hier  wird  Band  HI  S.  22  die  S. 
Severinskirche  zu  Paris  beschrieben  und  gesagt:  Dans  le 
cimetifere  de  la  mSme  6glise  de  Saint  Severin  on  distinguera  on 


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—    289    — 

tombeau  de  pierre  6\ev6  de  10  &  12  pieds,  d'un  dessein,  qui 
n'a  rien  d'extraordinaire.  II  a  6t6  6rig6  pour  conserver  la 
m6moire  d'un  seigneur  stranger,  qui  &  l'exemple  de  plusieurs 
autres,  6tait  venu  exprfcs  &  Paris,  pour  faire  ses  6tudes  dans 

l'universitg Voici  les  Spitaphes,  qui   se  lisent  encore 

facilement  autour  de  ce  monument. 
Sie  lauten  also: 

1.  Nobilitate  generis  comitum  Orientalis  Phrisiae  et  animi 
corporisque  dotibus  praeclaro  domino  Ennoni  de  Emda,  civi- 
tatis  Emdensis  praeposito  ac  electo  satrapae,  propter  certain 
huius  corporis  resurrecturi  spem  ac  in  amoris  sinceri  testi- 
monium, avia  materque  pia  unico  suo  filio,  qui  hie  ex  studiorum 
cursu,  patriae,  amicis  omnibus,  magno  cum  luctu  anno  aetatis 
suae  XXIII  morte  praereptus  est,  hoc  monumentum  statuerunt 
anno  Domini  1545,  18  Julii. 

2.  En  souvenance  du  trfcs-noble  sang  des  comtes  de 
Phrise  Orientale,  aussi  pour  les  dons  de  grace,  tant  de  Tesprit 
que  du  corps,  de  feu  noble  homme  Ennon  de  Emda,  61u  gou- 
verneur  et  satrape  de  la  cit£  de  Emda:  qui  sur  le  cours  de 
ses  etudes  fut  ici  ravi  par  mort  en  rage  de  vingt-trois  ans,  au 
grand  regret  de  son  pays  et  de  tous  ses  amis :  nobles  femmes, 
sa  mere-grand  et  sa  dolante  mere  ont  &  leur  cher  et  unique 
fils  fait  dresser  ce  present  tombeau  en  t^moignage  du  devoir 
de  vraie  et  pure  amitte,  et  certaine  esperance  de  la  resur- 
rection du  corps,  qui  ici  repose.  II  trSpassa  Tan  de  notre 
Seigneur  1545,  le  dix  huiti&me  de  juillet. 

3.  Quid  fuerim,  nostra  haec  recubans  commonstrat  imago: 
Quid  sim,  quam  teneo,  putrida  calva  docet. 
Peccati  hanc  nobis  poenam  ingenuere  parentes, 
Cuius  sed  Christus  solvere  vincla  venit. 
Hie  mihi  viventi  spes  qui  fuit  et  morienti. 
Aeternum  corpus  quale  habet  ille,  dabit 
Peccati,  fidei,  Christique  hinc  perspice  vires, 
Dt  te  mortificet1)  vivificetque  Deus2).  — 


«)  Brice:  mortifices. 

*)  [In  unsern  handschriftlichen  „Varia  historiam  Frisiae  orient. 
....  concernentia*  des  G.  W.  Lantzius  von  Grimersum  (f  1769)  findet 
sich  8. 244  folgender  Auszug  aus  der  Topographia  Galliae  cum  figuris 

Jahrbnoh  der  Gtwllich.  U  b.  K.  u.  TmterL  Altertflmw  zxx  Emden,  Bd.  XIV.  19 


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—     290    — 

Wie  man  sieht,  sind  die  Inschriften  des  Grabdenkmals 
von  1546  nicht  in  Uebereinstimmung  mit  der  vorher  mit- 
geteilten  Wappenbest&tigung  und  Nobilitierung,  die  aus  dem 
Jahre  1548  ist,  und  die  Schwierigkeit  wird  dadurch  noch  ver- 
mehrt,  dass  in  der  kaiserlichen  Bestatigung  gesagt  wird, 
Rudolf  sei  ein  natiirlicher  Sohn  des  Grafen  Enno  gewesen, 
wahrend  T.  D.  Wiarda,  immer  Bertram  folgend,  ihn  als  natur- 
lichen  Sohn  des  Grafen  Uko  bezeichnet.  Dass  aber  der  Enno 
der  Grabschrift  und  der  der  Nobilitierung  die  namliche  Person 
ist,  scheint  mir  daraus  hervorzugehen,  dass  er  an  beiden 
Stellen  mit  denselben  Aemtern  bezeichnet  wird,  namlich  dort 
als  civitatis  Emdensis  praepositus  et  satraps  und  hier  (durch- 
strichen  trost  und)  weltlicher  Propst  von  Emden  genannt  wird. 

Wessen  Enkel  ist  er  nun,  Ukos  oder  Ennos,  dessen  Namen 
er  tragt,  und  welches  Datum  ist  richtig? 

Bertram1)  spricht  die  Vermutung  aus,  dass  Enno  des 
Junkers  Rudolf  Cirksena  ehelicher,  und  dieser  des  Grafen  Uko 
(f  1507)  natiirlicher  Sohn  gewesen  sei.  Diese  seine  BMuth- 
massung",  sagt  er  weiterhin2),  wird  durch  ein  Manuskript  be- 
statigt  (er  meint  wohl  die  Ostfriesische  Chronik  des  Ravinga), 
das  die  Reihe  der  Emder  Biirgermeister  enthiilt  und  zum 
Jahre  1524  „Junker  Roeleff,  comitis  Uckonis  filius  naturalist 
als    Drost    auffuhrt.      Zum   Jahre  1533   findet   sich    in  jenera 


Casp.  Merian  (Amsterd.  1660)  I  S.  292:  „De  derde  Wyk  (der  Stadt  Paris) 
is  genaemt  die  van  St.  Severin  ende  de  Strate  van  St.  Jacques,  in  dese  is 
ten  eersten  gelegen  de  Parochie-Kercke  van  St.  Severin,  deselve  is  van 
een  oude  Stichtinge,  als  mede  een  der  schoonste  in  dit  geweste  van  de 
Stadt,  en  eenigsints  herbouwt  gheworden  in  de  Jare  1534,  oock  verciert 
door  eenKerckhof  waer  op  men  de  Grafstede  van  eenen  Enno  Grave  van 
Embden  vindt  in  den  Jare  1546  tot  Paris  overleden  en  alhier  begraven \ 
Die  Kirche  liegt  im  Quartier  latin.  Ein  Sohn  unserer  Stadt,  Hr.  Fr. 
Kappelhoff,  hat  im  Mai  1900  den  jetzigen  Pfarrer  der  Kirche,  Herrn  Gondre, 
aufgesucht;  dieser  erinnerte  sich  des  Grabsteines  sehr  wohl  und  verwies 
ihn  auf  ein  demnachst  erscheinendes  Werk  von  ihm  uber  die  St.  Severins- 
kirche,  in  dem  auch  die  Inschrift  abgedruckt  sein  wurde.  Der  Kirchhof 
ist  jetzt  verschwunden,  der  Grabstein  ist  aber  vielleicht  noch  im  Turme 
der  Kirche  untergebracht.    Anm.  der  Red.] 

1)  Geographische  Beschreibung  des  Furstenthums  Ostfriesland,  samt 
angehangter  Ostfriesischer  Regententafel.    Aurich  1735.    Zugabe   S.  133, 

2)  Nachlese  S.  31. 


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—    291     — 

Manuskripte  dann  die  Notiz  „obiit  hoc  anno  15  Martii  sub- 
mersus  prope  Knockam".  „Solcher  Gestalt",  schliesst  Bertram, 
„bleibt  bei  meiner  Entdeckung  oder  Muthmassung  wohl  kein 
Zweifel  mehr  librig".  Und  diesen  bestimmten  Angaben  gegen- 
uber  taucht  nun  dennoch  ein  Zweifel  auf:  denn  nach  den 
kaiserlichen  Bestatigungsworten  ist  Rudolf  der  nattirliche 
Sohn,  nicht  des  Grafen  Uko,  sondern  des  Grafen  Enno 
(t  18  Febr.  1491)  gewesen.  —  Und  dann  das  Datum :  Brice 
sagt,  wie  wir  horten,  dass  die  Grabschriften  sich  noch  leicht 
lesen  lassen.  Beide  werden  also  wirklich  das  Jahr  1545  ent- 
halten.  Und  andererseits  steht  die  kaiserliche  Best&tigung  von 
unzweifelhaft  gleichzeitiger  Hand  in  einer  originalen  Nieder- 
schrift  mit  deutlichen  Ziffern  in  genau  richtiger  chronologischer 
Reihe   zwischen   anderen  Bestatigungen   aus   dem  Jahre  1548! 

Kommt  auch  nicht  allzuviel  auf  die  Klarung  dieser 
beiden  Widerspriiche  an,  so  ware  es  doch  von  Interesse  und 
Werth,  wenn  die  Lokalforschung  sich  einer  Untersuchung 
dieser  Verhaltnisse  unterziehen  mSchte. 

Zum  Beweise  dafiir.  dass  die  Jahreszahl  1548  nicht  richtig 
ist  und  dass  Enno  1547  bereits  todt  war,  theilt  Herr  Sanit&ts- 
rath  Dr.  Tergast  in  Emden  schon  jetzt  eine  Notiz  des  Herrn 
P.  v.  Rensen  aus  einem  alten  Rechnungsbuche  im  Archive  der 
Grossen  Kirche  in  Emden  mit.    Die  Handschrift l)  hat  den  Titel : 

nGerhardus  torn  Camp  syn  rekenboek." 
Im  Eingange  dieses  Buches  erwahnt  Gerardus  torn  Camp, 
dass  ihm  in  Gemeinschaft  mit  Peter  van  Utrecht  und  Herman 
Maler  unterm  30.  April  1547  von  der  Gr&fin  Anna  der  Auftrag 
gegeben  sei,  die  kirchlichen  Einkiinfte  „antomanen  unnd  tho 
entfangen  mit  bewylginge  unnd  raedt  des  superattendenten, 
ock  mit  synen  wyllen  darvan  rekenschup  to  doen.tf 

In  diesem  Rechnungsbuche,  das  bis  zu  Ende  der  funfziger 
Jahre  von  torn  Camps,  darnach  von  anderer  Hand  gefilhrt 
worden  ist,  befinden  sich  die  Aufkiinfte  vom  Jahre  1547  ab 
und  zwar  in  der  Weise,  dass  die  einzelnen  Vermogensobjekte 
(Grundstiicke,  Hypotheken  und  sonstige  Renten)  je  fur  sich  auf 
einer  Blattseite  und   darunter   die   betr.  Aufkiinfte,   event.  Be- 


«)  Sehr  erwun8cht  waren  eingehende  Mittheilungen  ttber  dieses  Buch! 

19 


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—    292    — 

merkungen  wegen  Nichtzahlung  notirt  werden.  Einige  Posten 
beziehen  sich  auf  den  „saligen  Drosten  Roleff"  und  dessen 
Witwe  „die  Drostinne",  die  hier  aber  nicht  weiter  interessiren. 
Anders  ist  es  mit  der  folgenden  Eintragung  auf  pag.  52  betr. 
„de  provestes  Landen  de  tho  Emden  gebruket  werdena,  also 
lautend : 

„In  unfse  gnedigen  heren  venne  6  grafse,  na  luedt  doktor 
„Poppen  (Propst  Poppo  Manninga)  register,  daer  de 
„  drostinne  4  koen  in  der  heren  venne  van  wegen  ores 
„soens  Enno,  de  laestemael  provest  bynnen  Emden  was, 
„voer  plach  tho  holden,  als  ons  secht  ys ;  welck  seer  (=  seit) 
„salige  Ennen  doet  der  kerken  restet. 

„Droste  Roleff  ein  demeth  landes  (edder  ll/2  grafs),  dat 

„Johan  Buntwerker  plecht  tho   gebruken,   welck  nu  tot 

„des  drosten  vyschedik  ys  (ausgelassen  ist  wohl:  utgraven) 

„dat  de  heren,  als  de  drostinne  secht,  oren   saligen  man 

„geschunken  hebben.    Doch  dewyle  se  daer  gheen  bewyfs 

„van  heft,  wyl  se  yarlix  geven,   als   doctor   Poppo  unnd 

„de  salige  droste,   als   de  drostinne  secht,    overens  synt 

„komen,  yarlix  darvoer  9  schaep." 

Nach    einer    Eintragung    auf    pag.  67     des    Campschen 

Buches  hat  die  Drostin  die  auf  die  Propsteigerechtsame  bezug- 

lichen  Dokumente  dem  Gert  torn  Camp  und  seinen  Kollegen 

„  wegen  oeres  soens"  iibergeben.  — 

[Die  weder  in  Gerh.  torn  Camps  Rechenbuch  noch  in  der 
Pariser  Grabschrift  mit  Namen  genannte  Mutter  Enno  Cirksenas 
lasst  sich  ebenso  wie  die  Grossmutter  mit  einiger  Wahr- 
scheinlichkeit  aus  den  „Emder  Kontrakten  -  Protokollen"  im 
Staatsarchiv  zu  Aurich  n&her  bestimmen.  Diese  erwahnen 
z.  B.  1542  (S.  1241)  und  1551  (S.  398)  eine  „Gebbeke  drostinne6 
oder  „drostinschea,  1556  (S.  699)  „Gebbeke  des  erbaren  drost 
Roleffs  wedewe",  1563  (S.  516)  „de  erbare  frouw  Gebbeke,  milder 
gedachtenisse  droste  Roleffs  wedewe  in  vortiden",  1567  (S.  682) 
„de  olde  drostinsche".  1559  kaufte  die  Drostin  Gebbeke  ein 
Haus  an  der  Nordseite  der  heutigen  Burgstrasse  (in  der  Gegend 
des  durch  seinen  Treppenaufgang  in  die  Augen  fallenden  goti- 
schen,  aber  offenbar  seines  obersten  Stockwerkes  und  Dach- 
giebels  beraubten,  zur  Zeit  der  Stadt  gehorigen  Hauses,  das  nach 
der    Inschrift    liber   der    Thilr   1488    gebaut,    1672    restauriert 


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—    293    — 

wurde),  wo  sie  ein  ostlich  davon  gelegenes,  vorher  als  Eigen- 
tum  des  Miinzmeisters  Hinrik  werdeyne  bezeichnetes  Haus 
schon  1548  besessen  hatte;  ebenso  hatte  sie  schon  friiher  da- 
hinter  an  der  Holzs&gerstrasse  Besitz.  1542  (S.  1241)  bekennt 
Hermann  Tytken,  der  „erbaren  und  doegentsamen  Teelke  munte- 
meestersche"  und  „oerer  fruntlicken  leuen  dochter  Gebkenn 
drostinne"  9  Emder  Gulden  Rente  aus  seinem  Hause  in  der 
Gr.  Deichstrasse  verkauft  zu  haben.  Teelke  heisst  aber  1531 
(S.  227)  des  „eerafftigen  und  achtbaren  Hinrick  werdeyne 
muntemeestersa  Frau.  Diirfte  also  „Drost  Roleff"  auf  den 
Emder  Drosten  Rudolf  Cirksena  bezogen  werden,  so  wiirde 
Gebbeke,  des  graflichen  Miinzmeisters  Hinrik  werdeyne  (vgl. 
iiber  diesen  Jahrb.  III.  1.  52)  Tochter,  als  seine  Gattin  und  mit 
ihrer  Mutter  Teelke  als  Stifterin  des  Pariser  Grabes  v.  J.  1545 
anzusehen  sein.    Anm.  der  Red.] 

Zum  Schlusse  noch  ein  Wort  iiber  Moetke  v.  Diepholt,  die 
Tochter  des  Rudolf  Cirksena. 

Was  T.  D.  Wiarda  II.  S.  205  von  ihrem  Wappen  sagt,  ist 
nicht  ganz  zutreffend.  Danach  soil  es  ein  getheilter  Schild  sein, 
rechts  eine  halbe  Harpyie  mit  2  Sternen,  links  ein  Balken. 
Das  den  Wappenschild  enthaltende  Siegel  befindet  sich  unter 
ihrem  im  "Grimersumer  Archive  beruhenden  Testamente  von 
1593.  Dieses  Originaldiplom,  das  jetzt  als  Urkunde  No.  243 
(des  Grimersumer  Archivs)  in  den  Sammlungen  unserer  Gesell- 
schaft  in  Emden  aufbewahrt  wird,  ist  mir  freundlich  mitgetheilt 
worden1),  so  dass  ich  das  Siegel  gesehen  habe.  Es  enthalt 
links  nicht  einen  Balken,  sondern  nur  zwei  sechsstrahlige 
Sterne,  je  einen  oben  und  unten  im  Schilde.  —  Sehr  bemerkens- 
werth  ist  dabei,  dass  die  Geschwister  Enno  und  Moetke  zwei 
zwar  einander  sehr  ahnliche,  dennoch  aber  verschiedene 
Wappen  fiihrten,  und  der  Grund  dafur  ist  nicht  einzusehen. 
Gemeinsam  haben  sie,  als  Abkommlinge  der  Cirksena,  die 
rechte  Seite  des  Wappens,  den  halben  Jungfrauenadler  von 
2  Sternen  begleitet,  die  linke  Seite  ist  aber  verschieden. 
Moetke,  die  sich  selbst  „Moetke  v.  Dephoelt  w."  unterschreibt 
(w.  bedeutet  Witwe),  hat  im  Siegel  iiber  dem  Schilde  die 
Buchstaben  M.  v.  D. 


')  wofiir  ich  Herrn  Sanitatsrath  Dr.  Tergast  herzlich  dankbar  bin. 


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—    294     — 

IV. 
Testament  der  Moetke  von  Diepholz  1593. 

Mitgeteilt  von  Ernst  Friedlaender. 

Im  Anschlusse  an  die  vorstehende  Mittheilung  moge  hier 
das  Testament  der  Moetke  von  Diepholz  Platz  finden,  das 
namentlich  wegen  ihrer  darin  genannten  Nachkommenschaft 
von  Interesse  ist,  aber  auch  sonst  manches  Bemerkenswerthe 
bietet,  insbesondere  fiir  die  Topographie  von  Emden  Beachtung 
verdient. 


Vor   dem  Jcaiserlichen    Notar   Oswald   Brinner  macht  Moetke  von 
Diepholz,  die  Witwe  des  Jost  von  Diepholz,  ihr  Testament. 

Heisfelde,  11.  November  1593. 

Beglaubigt  Leerort,   13.  November  1593,    durch   den   dortigen  Awt- 
mann  Johannes  Elth  von  Emden. 

Orig.  Papier.  Grimersumer  Archiv,  Urk.  No.  243  im  Archive  der  Gesell- 
schaft  fiir  bildende  Kunst  und  vaterlandische  Alterthumer  zu  Emden. 
[Die  Urkunde  gehorte  eigentlich  zum  Archiv  der  Familien  v.  Diepholt  - 
v.  d.  Appelle  in  Gross-Midlum  und  war  von  hier  mit  den  ubrigen  Familien- 
papiercn  auf  noch  unerklarte  Weise  an  die  Lantzius  -  Beninga  in 
Grimersum  gekommen.    Anm.  der  Red.] 

Im  nahmen  Gottes  der  heiligen  und  unzertheilten  Drey- 
faltigkeit,  Amen.  Kundt  und  zu  wissen  sey  jedermenniglichen, 
dafs  die  Edle  und  thugentsahme  frau  Moetke  von  Diefholtt. 
wittib  zu  Haisfeldtt 1),  vor  mir  unterbenenttem  keyserlichem 
offenbahrem  Notario,  und  hierunder  darzu  erbettenen  gezeugen 
den  11  Novembris  defs  lauffenden  drey  und  neunzigsten  Jahrs, 
zu  Haisfeldt  in  ihrer  kleinen  Kammern  negst  an  der  Kuchen, 
auf  einem  geflochtenem  Korbstuel  sitzende,  schwach  Alters 
halben  am  Leibe,  jedoch  starck  am  Vorstande,  und  ihrer  sinnen 


>)  Heisfelde  bei  Leer. 


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—    295     — 

wol  mechtig,  ist  erschienen  und  wolte  ihr  testament  unter 
ihren  Kindern,  in  Betrachtung,  dafs  alles  was  gebohren  ist, 
wieder  abgebohren  und  zur  erden,  darvon  &  genommen, 
werden  mufs,  folgender  gestalt  beschrieben  und  aufgerichtet 
haben:  Zu  welches  Beschreibung  obgemelte  Edle  frau  mich 
keyserlichen  Notarium  ambtshalben  sonderlich  erfordertt  und 
gebetten. 

Erstlichn  thuet  Sie  Gott  dem  almechtigen  ihre  unsterbliche 
Sehle  durch  dafs  leiden  und  sterben  unsers  hern  Jhesu  Christi, 
ohne  alien  ihren  vordienst  und  wurdigkeit  aufs  lautter  gnade  und 
barmhertzigkeit  von  alien  so  wol  angeerbter  als  auch  selbsten 
begangnen  sunde  erlost,  noch  (—  nach)  ihrera  todtlichen  ab- 
gangk  treulichen  befehlen;  den  sterblichen  leib  aber  der  erden 
zu  einer  frolichen  aufferstehung  nach  landtublichen  gebrauch 
und  christlichen  Ceremonien  uberantworten.  Darmitt  aber 
noch  ihrem  todtlichem  abfall  unter  ihren  Kindern  wegen  ihres 
nachlaefs  ettwa  kunftig  nicht  mochte  zank,  hader  oder  un- 
einigkeit  entstehen  und  erwachsen,  so  wehre  ihr  wille  und 
raeinung,  welche  sie  bey  sich  wol  bedachtsara  aufs  darzu 
gnugsam  bewegenden  Ursachen  entschlossen  und  also  auch 
gehalten  haben  wollte,  dafs  ihre  Kinder  als  Rudolf  zu  Albers- 
wehre,  Remett  zum  Stikelkamp,  Enno  zu  Midlum,  Teckla  zu 
Grimersum.  Margretha  zu  Rhune  aufn  neuenHofe1).  Fossa  und 
Anna  sollen  zu  ihrer  nachgelassener  erbschaft  gleiche  erb- 
genahmen  sein,  wie  solchs  in  theilung  ihrer  vaterlichen  guttern 
geschehen2),  nemblichn  nach  ublichen  Frisischem  landtrecht 
und  gewonheit,  soil  ein  Bruder  Bruder-,  eine  Schwestet  aber 
Schwestertheil  haben  und  entpfangen.  Jedoch  derogestalt  und 
mit  dem  anhange,  demnach  ihre  zwo  jungste  tochter  Fossa 
und  Anna  ihr  alien  kindtlichen  gehorsam  geleistet,  auch  in 
ihrem  schwehren  altter  mit  trost,  dienst  und  beystande  die 
hulfliche  handt  geliehen,  zudehme  auch  Sie  testatrix  ihres  Vaters 
guttern  bey  ihren  lebezeitten  genossen  und  gebrauchett,   von 


')  Margaretha  v  Diepholt  war  verheiratet  mit  dem  niederlandischen 
Edelmann  Anton  van  Polman  aufNieuhof  bei  Ruinen  in  Drente,  dem 
Stammvater  des  ostfriesischen  Zweiges  der  Familie  Polman. 

*)  Diese  Teilung  war  schon  am  1.  Nov.  1686  voraufgegangen  (Grimer- 
sumer  Archiv  Urk.  233). 


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—    296    — 

welcher  administration  und  Vorwaltung  sie  niemals  einige 
rechenschaft  gemahnett,  viel  weniger  abgefordert;  dafs  sie  zu 
erstattungk  s<?lchs  noch  ihrem  absterben,  sollen  erblichen  haben 
und  zuvorn  aufsn  absque  collatione  oder  einbringung  besitzen 
alle  die  guttere,  so  im  sterbhause  Haisfeldtt  auf  ihren  sterb- 
tage  werden  zu  finden  sein,  als  alien  Haufsraedt  in  golde, 
silber,  messig,  zinnen,  Linnwantt,  Betten,  Decken  und  nicht 
aufsbesondertt,  wie  dan  gleichfals  alle  lebendige  thiere  raid 
beesten,  nemblichen  pferde,  ochsen,  kuhe,  Kelber,  Schweine, 
Schaffe,  Gense,  Hunner,  Anttvogel,  Tauben,  sampt  alle  pfluge, 
Egen,  Wagen  und  andere  instrumenta  zum  ackerbau  und 
Haufshaltung  notig,  mitt  allem  getreide,  als  Weitzen,  Korn, 
Gersten,  Haber,  Malz,  Wein,  Bier,  Hewe  und  Stro  entpfangen, 
und  noch  ihrem  Tode  das  Haysfeldtt  mit  alien  seinen  perti- 
nentiis  und  Zugehor  besitzen,  und  noch  ihrem  gefallen 
gebrauchen  ein  Jahr  und  tagk,  und  noch  abweichung 
und  Vorfliessung  itzo  gemeltes  Jahrs  und  tags,  soil  itzo  ge- 
dachten  ihren  zwo  jungsten  tochtern  Fossen  und  Annen  frey 
stehen,  thut  auch  aufs  obbemelten  ursachen,  mutterlicher  liebe 
und  Zuneigunge  hiermit  sie  mechtigen,  dafs  Guet  Haisfeldt  cum 
omnibus  suis  pertinentiis,  Zubehohrunge  und  Vorbesserunge  umb 
den  Kaufschilling  und  Geldt,  so  der  Kauf brief  *)  vormeldett  und 
nicht  hoher  an  sich  zu  nehmen  und  zu  kauffen 2).  Und  im  Fall 
ihnen  solcher  Kauf  einzugehen  nicht  angenehme  noch  anstehen 
wiirde,  sie  nicht  eher  dafs  Haus  Haisfeldt  mit  oberzehlten 
Hausraett  und  einguett,  eher  und  bevorn  sie  ihren  adelichen 
Zieraeht,  schmuck,  kleider  und  kleinodien  gleich  ihre  vorige 
zwo  schwestern,  wie  sie  ehlichen  aufsgesteurett  und  bestattet 
worden  seindt,  entpfangen,  auch  bekommen  haben,  reumen  und 
vorlassen,  und  hernacher,  wie  es  zur  selben  Zeitt  am  hochsten 
kan  aufsgebracht  werden,  einem  andem  vorkauffen,  und 
solchs  unter  sich  lieb  und  freundlich  unter  einander  theilen 
sollen.    Im  Fall  nun  erzehltermassen  ihre  zwo  jungste  tochtere 


»)  „Moetke  heeft  1537  (?)  het  huis  Hayesfelde  mit  de  Horst  etc.  ran 
Occo  Frese,  Drost  en  Borgermeester  te  Emden,  voor  9000  gulden  en  26O0O 
backstenen  en  twee  Portugaloser  gekocht  en  heeft  sich  daar  hen  als 
wedwe  met  de  woning  begeven  en  alle  haar  verstorven  manns  goeder  de 
kinder   overgeven*.     (Onko  v.  Rehdens   Genealogien,   Ms.    der  ^unst*.) 

*)  Or.  keuffen. 


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—    297     — 

dafs  Gut  Haisfeldt,  wie  obgesetzt,  nicht  halten  wollen  oder 
wtbrden,  sollen  sie  die  Zeit  ihres  Lebens  in  ihrem  Hause  in  der 
Burgkstrassen,  so  itzundt  ledig  stehet,  und  von  niemant  be- 
wohnet  wird  mit  dem  Hofe  und  aller  Zugehorung  ihres  Gefallens 
gebrauchen,  selbsten  bewohnen  oder  verhuehren.  Und  im  Fall 
ihr  Sohn  Remett  zum  Stickelkamp  seinen  Teil  der  v&terlichen 
Guttern  vom  Hausger&the  nicht  gentzlichen  genossen  noch  ent- 
pfangen  hette,  besondern  von  demselben  ihme  etwas  noch  aus- 
stendig  wehre,  aufs  itzo  gemeltes  Hauses  ein  guett  und  Haus- 
rathe  ihme  ergentzet  und  gefolget  wehrden.  Demnach  auch 
Brun  Deneke  von  Luneburgk  auf  sonderliche  Commendation 
und  Beriihmung  ihres  seligen  Jungkern  und  lieben  Haufsherns 
Jost  von  Diefholtt  in  alien  ihren  angeerbten  beschwehrungen 
und  hernacher  auch  zufelligen  entstandenen  lasten,  welche  ihr 
am  allerbesten  bewust  und  kundtbar  gewesen,  ihr  erbar,  auf- 
richtig  und  getreulichen  nach  ihrem  befehlich,  eigenem  Willen 
und  gefallen  zu  ihrem  und  ihrer  Kinder  nutz,  Vortheil  und 
frommen  eine  geraume  Zeitt  gedienet  und  ihre  sache  mit  allem 
Fleifs  vorrichtet  und  vorwaltet,  welcher  seiner  Vorwaltung  er 
ihr  auch  eine  ufrichtige  wolbestendige  rechnung,  reliqua  und 
Hinderstall,  mit  welchen  sie  wol  zufrieden  gewesen,  in  alien 
gethan  und  eingeantwortet,  auch  noch  solcher  beschehung  sie 
ihn  mit  Handt  und  Siegel  gebiirlichen  und  gnugsam  quietiret, 
und  in  kraft  dieses  nochmals  ihn  quietire,  welches  sie  bei  ihren 
adelichen  ehren,  guttem  glauben,  und  wahren  wortten  an  Aides- 
statt  wolte  unvorbruchlichn  gehalten  haben,  wehre  auch  ihr 
eigenttlicher  wille  und  befehlich,  dafs  ihre  Kinder  und  erben 
gemelten  Brun  bei  solcher  gethanender  Rechnung  und  quietung 
sollen  vorbleiben  und  ihn  niemmermehr  diesfals  molestiren,  noch 
ihre  ausgegebene  Handt  und  Siegel  in  Zweifel  Ziehen,  auch 
ihnen  Brun  bei  ihre  lebezeitten,  dafs  Leibszuchtsweise  gegebene 
Haufs  am  Delft,  zwischen  Johan  Geerdes  und  dem  Landt- 
richtern  Heinrich  Geerdes  stehende,  seines  eigenen  Gefallens 
noch  Leibzuchtsrecht  und  gewonheit  gebrauchen,  bewohnen 
oder  vorhuehren  lassen  sollen.  Es  will  auch  testatrix  den 
Armen  zu  Embden  ihre  vier  Kammern  in  Wendell  von  Older- 
sum  Strassen  hinder  dem  Raedthause  zu  bewohnen  erblich  ge- 
geben  haben,  mitt  angehefter  Condition  und  Vorbehalt,  dafs 
ihre  Kinder  oder  erben  sollen  gemechtigt  oder  berechtigt  sein, 


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—    298    — 

in  dieselben  Kammern  Armen  einzusetzen,  welche  ihnen  jeder- 
zeit  als  dan  gelieben  und  gefallen  werden:  und  noch  den1) 
Armen  zu  Haisfeldt,  hernacher  auch  des  ortts  an  welchem  sie 
wirdt  begraben  und  zur  Erden  bestettigt  werden,  jedes  Orts  in- 
sonderheit  fiinfzig  Thaler,  einen  jeden  zu  15  Schaf  gerechnett, 
aufs  ihrem  Hinderlafs  ihren  Erben  zu  entrichten  anbefohlen 
und  committiret  haben.  Und  im  Fall  diefs  ihr  testament,  als 
unter  ihre  Kinder  aufgericht,  nicht  solde  vor  ein  solenne 
testament  bestehen  konnen,  dafs  es  alsdann  bestehen  moge 
vor  ein  Codicill,  Donation  causa  mortis  oder  noch  artt  eines 
andern  letzten  Willens.  Zu  Urkundt  und  befestigung  solchs 
hat  die  Edle  Frau  testatrix  diesen  ihren  letzsten  Willen  noch 
Vorlesung  mit  ihrer  eigener  Handt  unterschrieben  und  Auf- 
druckung  ihres  Pitzschafts  bekreftigt  und  die  hierzu  erbettene 
gezeugen  unterschrieben. 

(Siegel) 2)  Moetke  v.  Deoephoelt  w.3) 

Yck  Gerit  ynt  Bot  als  getuyghe4). 

Thomass  Uken  uti  testis  testor  ut  supra. 

Ick  Lukas  Hetsynghe  als  ghetuighe. 

Ick  Berendt  Kystmacker  to  Leyrsoirt  herto 

gerofen  aels  eyn  tuge. 

Dyt  bekenne  yck  Klaess  van  Laer  alss  eyn  getoge5). 

Dafs  diefs  allefs  wie  obgeschrieben  geschehen  die,  mense, 
anno  et  loco  ut  supra  bezeuge  ich 

0.  Brinner  manu  propria  mit  meiner  eigenen  Handt 
und  ufgedruckten  pitzschaft  hierzu  sonderlich  Amptshalben 
erfordert  und  gebeten. 

(Siegel) 


!)  den  von  Moetke  eigenhandig. 

2)  Die  Bogen  sind  mit  schwarz  und   rothen  Faden   gcheftet,  deren 
Enden  mit  gesiegelt  sind. 

3)  eigenhandige  Unterschrift 

4)  Obgleich  die  Handschrift  hinter  ,.ynt"   einen  Punkt  hat,  scheint 
nGerit  ynt  Bot"  als  ein  Name  gefasst  werden  zu  mussen. 

*)  Or.  gegetoge. 


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—    299     — 

Diefs  Testament  ist  heut  dato  auf  begerendt  und  an- 
haltend  der  Erbaren,  Erenfesten  und  Viltugendreichen 
Moeke  von  Diepf  holtz  und  ihres  vulmechtigen,  des  Erbaren 
und  wolgelertten  Oswaldi  Brinner  prothocolliret,  fleifsig 
collationiret  und  auscultiret  wurden.  Oirkundtlich  mein 
Handt.     Lehrohrtt,   den  13ten  Novembris  anno  etc.  1593. 

Johannes  Elth1)  von  Embden,  Amptmann 
des  Hauses  Lehrohrtt,  bekhenne  dis  mit 
eigener  Handt  also  geschehen  zu  sein. 

m.  pr. 


V. 
Norder  Seebrief  v.  J.  1581. 

Die  Kgl.  Universitats-Bibliothek  zu  Christiania  besitzt  einen 
Folioband(=  No.  347)  „Kammergerichts  Ordnung  vnd  Procefs  etc. 
Gedruckt  zu  Franckfurt  am  Main  durch  Georg  Raben  MDLXVII", 
der  auf  einer  grossen  Zahl  hinten  angebundener,  ursprtinglich 
leerer  Blatter  handschriftliche  Aufzeichnungen  eines  oder 
mehrerer  Besitzer  dieses  Buches  enthalt.  Sie  sind  geschrieben 
in  Bergen  in  Norwegen  und  beziehen  sich  durchweg  auf 
diese  altberiihmte  Kaufstadt.  Das  wichtigste  der  hier  einge- 
tragenen  Stucke  ist  die  vom  Herausgeber  des  Sttickes  fur  die 
beste  Handschrift  erklarte  und  seiner  Ausgabe  zu  Grunde  ge- 
legte  Handschrift  des  danischen  Originals  von  Herluf  Laurits- 
sons  Bergens  Fundats  (vgl.  Norske  Magasin,  ed.  Nicolaysen, 
Bd.  I  (Christ.  1860)  S.  513-564,  iiber  die  Handschrift  speciell 
S.  516).  Alles  Uebrige  sind  Abschriften  lateinischer,  nieder- 
deutscher,  niederlandischer,  hochdeutscher  und  danischer  Ur- 
kunden  der  letzten  Jahrzehnte  des  16.  Jahrhundert,  denen  der 
Schreiber  unserer  Handschrift  zeitlich  nicht  fern  steht. 

Uns  interessiert  hier  nun  besonders  No.  2  dieser  Ab- 
schriften, ein  von  der  Stadt  Norden  in  Ostfriesland  Anno  1581 


»)  Oder  Elch. 


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—    300    — 

dem  Hermannus  Elen,  Btirger  der  Stadt  Norden,  ausgestellter 
Schifferbrief  in  lateinischer  Sprache.  Ich  gebe  hier  einen  ge- 
treuen  Abdruck  der  Handschrift: 

Viaticum  marinum. 

Nos  iudices  et  Magistratus  ciuitatis  et  iurisdictionis  Nor- 
danae  sub  generos :  et  inclyt :  Frisiae  orientalis  comit.  et  dn: 
dn:  nost:  clement:  sitae,  post  bonj  publici  impricationem 
omnisque  beneuolentiae  ac  studij  nostri  delationem  notum  faci- 
mus  et  declaramus,  quod  hsec  nauis  l)  lastarum  ad  praesentem 
nautam  Hermannum  Elen  ciuera  nostrum  sola  pertineat,  et 
quia  institutj  eius  apud  nos,  ad  quos  dictus  nauarchus  merca- 
turse  nomine  comeabit  testimonium  certum  extare  percupiat, 
rebusque  suis  necessarium  adfirmat.  Ideo  nos  quj  ipsius  tam 
pijs  ac  honestis  conatibus  deesse  non  debuimus  omnes  atque 
singulos,  in  quocumque  dignitatis  aut  deraandatae  prouincior2) 
statu,  constitutj  sunt,  rogatos  et  obtestatos  esse  volumus,  vt 
praedictum  nauarchum  pro  ciue  nostro  agnoscere,  ac  humani- 
tatis  officijs,  consilio,  grataque  voluntate  et  terra  et  man 
adiuuare,  promouere,  ac  ab  omnj  iniuria,  et  ipsum  et  amicorum 
suorum  bona,  tuerj  ac  defendere  nee  non  tutum  vbique  iter  et 
adnauigando  et  enauigando,  ej  permittere  ac  procurare  velint. 
Quod  cum  naturae  et  gentium  Jus,  turn  maxime  Christiana 
religio  et  dictet  et  iubeat,  ab  omnibus  et  singulis  omnino 
sperare  et  expectare  volumus.  Et  Nos  quidem  pro  vnius- 
cuiusque  conditione  ac  statu,  in  similibus  et  maioribus,  omni 
beneuolentiae  ac  beneficenti®  studio,  id  promererj  paratissimj 
sumus.  Jn  cuius  rei  fidem  sigillum  nobis  commissi  nostrum 
appendimus.    Anno  XVC  octuagesimo  primo  Decimo  nono  Julij. 

C.  Borchling. 


!)  Ein  Raum  freigelassen  fur  die  Zahl. 
*)  1.  provincial 


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—    301     — 

VI. 
Die  flltesten  Beziehungen  der  Hohenzollern  zu  Emden1). 

1.   Brief  Em  dens  an  Joachim  Friedrich  von  Branden- 
burg 1594. 

Orig.,  2  Folioblatter.  —  Berlin.  Geh.  Staatsarchiv  Rep.  50.  156.  Emden. 

Durchleuchtiger  hochgeborner  Furst,  E.  F.  G.  sein  unsere 
underthenige  geflifzene  Deinste  zuvor.  Gnedigster  Furst  unnd 
Herr,  Wes  E.  F.  G.  under  Dato  den  27ten  Maii  Anno  praesenti, 
an  unfz,  wegen  eines  Pferdes  gnedigst  gelangen  lafsen,  das  ist 
unfz  am  19.  diefzes,  von  Zeigern  woll  uberantwordet  worden, 
haben  darauf  zu  E.  F.  G.  zu  underthenigen  gefallen,  unfs  umb 
einen  gutten  Hengst,  wir  bearbeitet,  den  E.  F.  G.  wir  uber- 
schicken,  mit  undertheniger  bitt,  E.  F.  G.  sich  denselben 
gnedigst  gefallen  lafsen,  und  unser  gnediger  Furst  und 
Herr  sein  und  blieben  wollen.  E.  F.  G.  hiemit  den  gnaden- 
reichen  schutz  des  Almechtigen  zu  furstlicher  Wolstandt  und 
regierung  underthenich  empfehlendt.  Datum  under  unser 
Secret.     Anno  etc.  1594.     Am  28.  Junii. 

E.  F.  G. 
underthenige 

Burgermeister  und  Raith 
der  Stadt  Embden. 

Adresse  auf  der  Ruckseite  des  zweiten  Blattes: 
Dem  durchleuchtigen  hochgeborenen  Fursten  und  Herrn 
Joachim  Fridrichen  Postulirten  Administratorn  des  Primat  und 
Erdz  Stiffts  Magdeburgk,  Marggrafen  zu  Brandenburgk  etc.  zu 
Preufzen  etc.  Hertzogk  unsern  gnedigsten  Fursten  unnd  Herrn 
underthenich. 

Siegel:  Secretum  civitatis  Emdensis,  wohl  identisch  mit  dem  vom 
Oberburgermeister  Furbringer  im  Anhang  zu  Schweckendieck  S.  33  Sp.  1 
unten  erwahnten  kleinen  Secretum  civitatis  Emdensis.  —  Hat  auf  der 
Ruckseite  des  zweiten  Blattes  als  Verschluss  gedient, 

M.  Klinkenborg. 


•)  Die  Hafen  -  Festschrift  nennt  S.  4  den  Brief  des  Grossen  Kur- 
fursten  v.  J.  1672  die  erste  unmittelbare  Beriihrung  zwischen  Brandenburg 
und  Emden. 


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—     302     — 


2.  Eine  Erganzung  dazu  bildet  folgendes  aus  denselben  Tagen 
stammende,  an  Graf  Edzard  II  von  Ostfriesland1)  gerichtete 
Original  -  Schreiben  Joachim  Fricdrichs,  das  sich  im 
Etnder  Stadtarchiv  {Beg.  I.  Fasc.  264,   „Geschenke  an  Fursten"2) 

findet. 

Vonn  Gottes  gnadenn  Joachim  Friderich  Postulirter  Ad- 
ministrator des  Primatt  vnnd  Erz  -  Stiffts  Magdeburgk,  Marg- 
graf  zu  Brandennburgk,  Inn  Preufzen  etc.  Herzogk  etc. 

Unnsernn  gunnstigenn  grus  vnnd  gneigten  willen  zuuor, 
Wolgeborner  vnd  Edler  besonder  lieber,  Wir  mogenn  euch 
wolmeinenndt  nicht  Vorhalten,  das  wir  in  Vnsern  annge- 
legenenn  sachen,  mittelst  Gottlicher  gnaden  Vorleyhung,  Vor- 
hoffentlich,  in  gannz  kurzem  eine  Weite  Reyse  Vor  vnns 
nehmen,  Vnd  darzue  gueter  Reidt  Pferde,  woll  bedurffenn 
werdenn,  Wann    wir   vnns   dann   derselbenn   vff  er- 

suchenn  vnnserer  einstheils  Hernn,  vnd  freunde,  gehn  wehren- 
dem  Unngerischem  Zuege,  ein  Zeithero  dermafzenn  ennt- 
blofzett,  als  woll  in  newligkeith  nicht  geschehen,  Vnnd  aber 
das  in  eurem  Mahr  Stalle,  so  baldt  als  ann  Irgenndts  einem 
Orth,  Thaurhafftige  hiibsche  Pferde  an  Zutreffenn,  Zu  eurem 
sonndernn  ruhm?  nachrichtung  bekommenn,  Auch  inn  eure 
Personn  disfals  ein  besonnders  Vortrawenn  geseztt  habenn, 
Als  gesinnenn  wir  in  gnedigem  ersuchen  hiermit,  Ihr  euch  so 
wilferigk  erweisen,  vnd  vnns  mit  einem  mittelmessigen, 
rechten  Alters  Vndtersetztem  Niederstemmigen  rittigem  Henngst 
Vnntter  vnnsernn  selbst  Leibe,  Zugebrauchenn,  auf  diefsmahll, 
ausZuhelffen,  vnd  denselben  ehistes  Tages  Inn  vnnser  hofflager 
annhero  Zu  vbersennden,  guthwilligk  vnnbeschweret  erZeigen 
wollett,  Zuuorsichtigk  Ihr  vnns  gestalten  sachenn  nach,  disfals 
nicht  lassenn,  Sonndernn  mit  Vorhoffenntlicher  wilfahrung  be- 
gegnen  werdett,  Seinndt  solches  in  gunstigen  gnedigenn  willenn 


f)  Ein  Schreiben  Graf  Edzards  voin  2.  Juni  1685  an  Joachim 
Friedrich  wegen  eines  geschenkten  „guten  fanfft  trabenden  Hengstes"  1st 
im  Ostfries.  Monatsblatt  III,  1875,  S.  431  abgedruckt. 

>)  Das  aus  24  Acten  bestehende  Biindel  betrifft  grosstenteils 
Schenkungen  von  ostfriesischen  Pferden  durch  die  Stadt  i.  d.  J.  1561—1612. 


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—    303    — 

damitt  wir  euch  Zuforderst  woll  gewogen,  In  dergleichen  vnd 
sonnstenn,  Zuvorfellender  gelegenheitt  Zuerkennenn,  vnd  Zu- 
erwiedernn  gneigtt,  Datum  Halla  (!)  denn  24  May  ao.  94. 

Joachim  Friderich  etc.  Manu 
ppria  fft. 

Auf  der  Ruckseite  des  zweiten  Blattes: 

Dem    Wolgebornenn    vnnd    Edlenn,    vnnserm    besonnder 
Liebenn,  Herrnn  Ezartenn  Grauen  vnnd  Herrn  Zu  Ostfriefzlanndt. 

Kanzleivermerk: 

Recept.  Aurich  den  17.  Junij  ao.  94. 


3.  Aber  schon  vom  20.  Juli  1589  (pder  1586,  die  9  ist  nicht 
deutlich)  liegt  das  Konzept  eines  Schreibens  vor,  nach  welchem 
Burgermeister  und  Rat  der  Stadt  Emden  dem  „Fiirsten  und 
Herrn"  Joachim  Friedrich  auf  sein  gnddiges  Gesinnen  „einen 
schonen  Christanien  braunen  Gatdl  mit  ein  Weissen  Schnxttze 
vnnd  after  mit  zwei  weissen  Fussenu  iibersenden  1}mit  dienst- 
licher  bitt  E.  F.  G.  solch  gering  geschennk  Gnedigst  vormcrken 
vnnd  sich  gefallenn  lassenn  wollenn,  Redden  wir  ein  bessernn 
Gaulenn  konnen  bekomen  solte  derselbe  E.  F.  G.  gewordenn  seinn. 


4.  Zum  dritten  Male  erscheint  der  inzwischen  Kurfilrst  gewordene 

Joachim    Friedrich  (1598 — 1608)   mit    der    gleichen    Bitte    an 

Emden,  zuglcich  aber  mit  der  Absicht  auf  grosser e  Pfvrdeankaufe 

in  Ostfriesland  am  12.  Februar  1600. 

(Emder  Rathaus-Archiv  1.  c,  Original.) 

Von  Gottes  gnaden,  Joachim  Friederich,  Marggraf  zu 
Brandenburgk,  des  hay:  Rom:  Reichs  ErzGammerer  vnd  Chur- 
fiirst,  Jn  Preuffen  etc.  Herzogk  etc. 

Unsern  gnedigen  grus,  vnnd  geneigten  willen,  zuuorn,  Ehr- 
bare,  weise,  Besondere  Liebe,  wir  geben  euch.  hiermit  In 
gnaden  Zuuornehmen,  Das  wir  vns   eine  Zeithero,   vf 


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—     304    — 

beschehenes  ansuchen  vnserer  herrn  vnnd  freunde1),  gutei 
Pferde,  zimblichen  vnd  alfs  entblSfset,  dafs  wir  auch  Itzo,  fast 
nichts  sonderlichs,  vf  vnserer  Strew,  so  wir  vnter  vnsern  Leib, 
gebrauchen  kunthen. 

Warm  wir  dann,  ganz  gem  wiederumb  etwas  Tuchtiges 
von  guten  Pferden,  an  die  Handt  bringen,  vnd  vnsernn  gleich 
Newerbawethen  Stall,  damit  Zieren,  vnnd  ein  anseben  geben 
wolten,  dieselben  aber,  dieser  ortt  Landes,  da  gleich  viell 
darauf  gewendet,  fueglich  nicht  Zuerlangen  wissen,  Vnd  aber, 
Zu  eurem  besondern  Rhum,  die  gewisse  nachrichtung  empfangen, 
das  bey  euch,  In  eurem  Stall,  so  baldt  als  sonst  an  Irgendt 
einem  orth1),  JederZeit  aufsbunndige  schone  gute  Pferde,  voi- 
handen  sein  sollen,  Alfs  haben  wir  Kegenwertigen  vnsern  Rofs- 
bereyter,  vnd  Lieben  getrewen  Hippolytum  de  Modino,  hiemit 
abfertigen  wollen,  In  ganz  gnedigenn  gesinnen,  wollet  vns  nicht 
allein,  mit  einem  dergleichenn  woldrabendem  wolgewachssenem 
schGnen  Hengst,  so  wir  vnter  unsern  selbst  Leib,  gebrauchen 
konnen,  In  vnbeschwerter  guthwilligkeit  bedencken  vnnd  aufs- 
helffen2),  sondern  auch,  gemeltem  vnserm  Rofsbereytter  so  weit 
einrhiitig  erscheinen,  weill  auch  in  euerer  Stadtt,  vnter  euerer 
Burgerschafft  gute  Pferde  anzutreffen  sein  sollen,  dafs  daselbst 
vnnd  vmblangk,  In  der  nahe,  In  eurem  Nahmen,  vnd  vf  euren 
schlagk,  samb  wehret  Ihr  Ihrer,  Zu  euerer  selbst  notturfft  be- 
hueft,  ebener  gestaldt  etwas  aufsbundiges,  vmb  bahre  billich- 
mefsige  beZahlung,  erhandelen,  vnd  was  er  alfo  mechtigk  wirt, 
vns  den  nhesten,  so  forder  vnderthenigst  moge  anherobringen, 
In  gnediger  Zuuorsicht,  Ihr  vns  vor  diefsmhall,  damit  nicht 
lassen2),  Sondern  euch  hierunter  also  erweisen  werdet,  wie 
vnser  sonderbahres  vnzweifeltes  gnedigstes  vortrawen,  Daran 
beschicht  vns,  von  euch,  Zu  sonderm  angenehmen  gnedigstem 
gefallen,  Thun  vns  auch  dazu  genzlich  vorlafsen,  vnnd  seindt 
es  hiernegst,  nicht  allein,  In  dergleichen,  besondern  auch,  In 
einem  mhererm,  mit  allem  gnedigem  willen,  darin  wir  euch 
ohndem  woll  Zugethan,  hinwieder  Zuerkennen  vnd  Zubedencken 
erbottigk  vnnd  geneigt,  Datum  Coin  an  der  SPrew,  den 

12  February  ao.  600. 

Joachim  Friderich  Kurfurst. 


»)  Derselbe  Wortlaut  in  dem  Schreiben  an  Graf  Edzard  S.  302. 
a)  vgl.  oben  S.  302. 


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—     305     — 


Im  dorso : 


Den  Erbarn  vnnd  Weisen  Vnsern  besondern  liebenn,  dem 
Rathe  der  Stadt  Embden. 

Kanzleivermerk : 

R.  1600  am  4  Martij  von  dem  Herrn  Churfursten 
zu  Brandenburch. 

Das  Siegel  ist  erhalten. 


5.    Auf  diese    Bitte    erfolgte    diesmal    eine    ablehnende 
Anttcort  der  Stadt,  die  im  Konzept  beiliegt: 

Durchleutigster  (!)   hochPorner   Churfurst   etc 

Gnedigster  Herr,  was  E.  Churf.  Durchl.  vndern  Dato  den  12  des 
negst  vorwichen.  February  wegen  eines  schonen  hengstes 
damit  dieselbe  wir  guthwilligklich  bedencken  Vnd  aushelffenn, 
auch  sonsten  deroselbigen  abgefertigten  In  Ankauffungh 
etzlicher  guthen  Pferten  behulffigh  seyn  wolthen  an  unfs  jn 
schrifften  gnedigst  begeret,  solches  haben  wir  mit  gPurender 
reuerents  endtfangen  vnd  wol  vorstanden.  Darauff  dan 
E.  Churf.  Durchl.  wir  zu  vnderthienigster  andtwordtt  nicht  vor- 
halten  sollen,  welcher  massen  wir  auff  vnser  StroS  mit 
keinen  Pferten  jhemals  vorsehen.  Dan  weiln  diese  Statt  eine 
Sehe  statt  vnd  sich  der  SchiPfhardt  mehrentheils  erneret. 
Alfs  hat  man  den  gebrauch  der  Pferten  alhie  so  grofs  nichtt 
wie  sonst  jn  andern  landtstetten  von  noten.  Ew.  Churf.  etc. 
wollen  es  gewisslich  dafur  halten,  da  wir  mitt  eynigen  aus- 
bundigen  Pferten  vorsehen  das  Ew:  Churf.  D.  wir  Einen 
solchen,  den  dieselbigen  vnder  Ihrem  selbst  leibe  zu  ge- 
brauchen  hetten,  von  hertzen  gerne  vorehret  vnd  vnterthienigst 
zugschicket  haben  wolthen.  Nun  es  aber  an  deme  gemangelt, 
alfs  wollen  dahero  E.  Churf:  D.  vnfs  fiir  genughsamb  excusiret 
vnd  endtschuldiget  halten,  seindt  aber  sonst  wir  unserem 
gerinckfugigen  vormugen  nach  geflissen  vnd  willigh  E.  Churf.  D. 
angenehme  vnderthienigste  Dienste  zu  erweisen  vnd  zu  leisten, 

Wie  dan  auch  deroselbigen  abgeordneten  wir  jn  alien, 
sie  an  vns  begeret  gerne  gefurdertt  znd  f  hurdttgehulffen  haben, 
vnd  solches  hinferner  mitt  aller  geflissenheit  zu  thun  vns  so 
schuldigh  als  willigh  erkennen. 

Jahrbuch  dor  Qesellsch.  f.  b,  E.  a.  ratal.  Altertttmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  20 


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—    306    — 

E.  Churf.  D.  hiemit  dem  Almugenden  in  seyne  gnedighe 
beschuttungh  zu  langkwirigen  Churftirstlichen  wolstande  vnd 
gltickhafter  regirungh  deroselbigen  aber  uns  zu  gnaden  vnder- 
thienigst  endtpfelendt  am  13.  Martij  Ao.  1600. 

E.  Churf.  D. 
vnderthienigst  geflissene 
Burg  und  Rath  der 
Statt  E. 

Troiz  dieser  begrundeten  Entschuldigung  ist  1607  sogar  von 
12  Pferden  die  Rede,  welche  die  Stadt  den  Grafen  Johann  und 
Christoph  eu  Ostfriesland  und  Bietherg  zur  Verehrung  versprocken 
hatte1)  (Mahnbrief  des  Rietbergiwhcn  Stallmeisters  wegen  ^hinter- 
stelliger*  6  Pferde  vom  19.  Sept  1607),  und  am  7.  Juni  1612  dankt 
PrinM  Mauritz  von  Oranien  aus  dem  Haag  fur  3  geschenkte  Hetigste. 


VII. 
Bettelgedicht  des  Studenten  Simon  Petri  in  Emden  1600. 

DEm  Erbarn  Achtbarn  Vnd  Vornemen  Wollter  Dingklage 
Borger  in  der  Stadt  Embden,  Minem  Velgiinftigen  tho  handen2). 
Heill  in  Christo,  Tho  Tidtlicher  vnd  Ewiger  Wollfaert,  Sambt 
minem  demodigen  Gebet  Idertidt  beuorn.  Erbar,  Achtbar,  Vor- 
nemer  gtinstiger  Her  Patron  vnd  befurderer,  Vth  hochdrengen- 
der  jam  in  summa  rerum  mearum  necessitate  kan  vnd  mag 
ick  armer  studiosus  V.  E.  L.  supplicerende  niet  vmbgahn, 
Watergestalt  ick   ein  Tidtlang  tho  Franicker  in  Westfrefsland 


f)  vgl.  Wiarda  in  617.  Am  21.  September  1607  entechuldigt  sich  die 
Stadt  mit  Mangel  an  „geredem"  Gelde  und  „weil  der  Stadt  ansehnliche 
Schiffe  und  Leutt  in  Hispanien  confiscirt"  (Wiarda  VI  528),  verspricht 
aber,  sobald  die  Schiffe  wieder  anlangen  „oder  wir  sonsten  zu  Geldc 
kommen",  die  versprochenen  6  Pferde  nachzuliefern. 

*)  Wolter  van  Dinklage  war  Quartiermeister  der  Stadt  und  Kirch- 
vogt;  wird  auch  ^procurator  scholae  apud  Embdanos"  in  einem  andern 
Bittschreiben  v.  J.  1604  genannt. 


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—    307    — 

gestuderet  hebbe,  Ock  in  Groningerlandt  einen  functionem 
scholasticam  verwaltet,  Nu  sint  der  Tidt  ein  Tidtlang  Schwar 
krank  gelegen,  Hebbe  derwegen  niet  vnderlathen  mogen  Sunder 
V.  E.  A.  mit  duth  min  geringe  schriuen  thouorehren,  Denstlich 
biddende  L.  E.  L.  wollen  idt  in  gunsten  von  mi  Annemen,  Vnd 
mi  vth  Christlicher  leue  mit  einen  Tehrpenning  vorehren, 
Solches  werdt  Gott  belonen  vnd  ick  bins  vmb  V.  E.  L.  na 
Vterster  vermogenheit  wedderumb  thouorschulden  willig. 

Act.  Ao.  1600. 
V.  E.  A. 

denstwilliger 
Simon  Petri. 


Dat  Gulden  ABC  in  duetsche  Verschen  Reimerwise  Gestelt  dorch 

S.  P. 

Ach  Mensch  bedenck  dat  Ende  Din, 

So  Du  willt  Gotes  Denaer  sin, 
Bruck  Wit,  vnde  ock  guden  Raedt, 

Hoede  Di  vor  alle  quaede  Daet, 
Christus  de  will  Din  Hillper  sin, 

Vnd  di  loesen  vth  aller  Pin, 
Dinen  Negsten  do  all  Ehr  vnd  gudt, 

So  blifstu  woll  in  Gotes  Huet, 
Ehrlich  vnd  fromb  holdt  di  alltidt, 

Alle  Vnckuscheit  gahr  vermidt, 
Frag  nicht  na  homodt  vnd  na  Pracht, 

Vp  Erdschen  Dingen  weinig  Acht, 
Gelt  vnde  gudt  acht  gahr  gering, 

Sunder  nachs  Ricke  Gotes  dring, 
Holt  Di  an  Got  vnd  an  sin  wordt, 

He  werdt  Di  helpen  hir  vnd  dort, 
In  Angst  vnd  Nodt  verzage  nicht, 

Der  Her  weeth  woll  wat  Di  gebricht, 
Klaap  (!)  nicht  thoueell  sunder  sprick  wahr, 

Hebb  acht  vp  alle  Dingen  Claer, 
Lath  Di  gefallen  gude  lehr, 

Daruan  hefstu  ock  Prifs  vnd  Ehr, 
Metigheit  alltidt  beflith  Dich, 

20* 


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—    308    — 

Vertrw  den  Heren  Vestiglich. 
Nicht  Tohrne  Bald,  sunder  mehr  lidt, 

Din  Negsten  Qaaedt  Di  nicht  verblidt. 
Oldere,  Auricheit  boldt  in  Ehrn, 

So  werdt  Di  Got  alles  beschern, 
Predig  vnd  Gotes  Wort  gem  hoer, 

Up  dat  Satan  Di  nicht  verfoer, 
Quaedt  will  der  Heere  Straffen  twaer, 

Vnd  damit  nicht  Schertzen  verwahr, 
Recht  Gerechtigkeit  wahne  bi, 

Vnrecht  Stedes  entholde  Di. 
Sorge  nicht  vor  den  Morgen  Dag, 

Elck  Dag  sin  eigen  Plaeg  vermag, 
Trotze  nicht  seher  vp  din  Rickdohmb, 

Der  Heer  kant  gahr  bald  storten  vmb 
Verachte  nicht  der  Wisen  Lehr, 

Sunder  Di  stedes  tho  hem  kehr, 
Wedwen,  Weisen  Verstote  nicht, 

Sunder  Trost  se  gantz  williglick, 
Xerxes  vorleth  sick  up  sin  Heer, 

Darauer  werth  gestagen  sehr, 
Ydellheit  latth  fern  van  Di  sin, 

Ernstafftig  wefs  in  Dingen  Din, 
Zir  all  Din  Doent  tho  Gotes  ehrn, 

He  werdt  Di  alles  dohn  beschern. 

finis. 

Aus  dem  Archiv  der  Grossen  Kirche  in  Emdea 
Mitgeteilt  von  Pastor  Haenisch. 


vm. 


Aus  einem  Rechnungsbuche  des  frflheren  Amtes  Gredtsyhl  m  ct 

1607. 

Aus  einem  unter  den  alten  Akten  des  Kgl.  Landrats- 
amtes  Emden  -  Landkreis  aufbewahrten  Manuscripte  habe  icb 
mir    vor    lftngeren    Jahren    folgende   Ausziige    gemacht.    Das 


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—    309    — 

Manuscript  bestand  aus  23  Bll.  Papier  in  Folio  und  war  ein- 
gebunden  in  ein  Doppelblatt  Pergament  aus  einem  lateinischen 
Lectionar  in  Folio  von  etwa  1500.  Bl.  1*  trug  den  Titel  des 
Bandes  in  lateinischen  Lettern: 

Rechnungh  Deren  Jm  Ambte  Griedtfyhle  Zu  Landt 
Recht  aufserkanter  Briiche  Vnd  Mtihlenfteuhr. 

Wie  die  durch  mich  Cafparn  MOllern  erhoben  vnd  ein- 
genommen,  Herjegen  auff  speciall  Grafflichen  Befehlich, 
auch  wohin  wiederumb  verwendet  vnd  aufsgekehret 
worden. 

Im  Januario  &  Februario  Jahrfs  1607  circa  festum 
Bartholomaei  fich  endigende. 

BL  2a  — 14 b  enthielten  die  Einnahmen  aus  den 
Bruchen,  Bl.  13 b — 14 a  die  Miihlenstheur.  Es  werden  nur 
3  Mil  hi  en  aufgezahlt:  1)  Gredtmer  Muhle  =  75  g.  7  sch.  1  w. 
2)  Grothauler  Mtthle  =  32  g.  9  sch.  14  w.  3)  Utthumer  Muhle 
=  35  g.  —  sch.  10  w.     =  Summa:  143  g.  7  sch.  5  w. 

Unter  den  Ausgaben  Bl.  15*  —  21 b  (Bl.  22  f.  leer) 
sind  besonders  hervorzuheben :  1)  Bl.  15 b :  Anno  1607.  Aufs- 
gabe  Aufserkanter  Landt  Rechtrs  Briiche.  Vnd  Jft  Quitierungh 
der  Ver-Pflagungh  defs  Herm  Englifchen  Geranten1) 
Zu  Delfffyhll. 

Jtem  Alfs  der  Wollgeborner  etc.  Mein  genediger  Graff  vnnd 
herr  Jn  gnaden  verordnet,  Vnd  in  Gr&fflicher  Perfoin  mir  An- 
befohlen,  rait  dem  Herm  Gefanten  der  KSniglichen  Maiestat  Zu 
Grofs  Britannien  Nacher  Delfffiehll  Vberzufahren,  Vnnd  der  Herr 
Drofth  Knyphaufen  etc.  Mir  Aufs  S.  G.  speciall  befehlich  ferner 
Angemeldet,  dafs  Jch  die  Notturfft  geldes  Zu  deffen  Aufs- 
quitirungh  vnd  Verpflegungh  mitnehmen  folte,  So  ift  darunter 
Auflfgangen  vnd  Aufsgekehret  Wie  Ab  Nebenliggender  Rechnungh 
Litera  F2*1*  notiret,  Zuerfehen  benentlich  122  g.  6  sch.  —  w. 
Summa  lateris  per  fe. 

2)  Bl.  18bff.:  Anno  1607.  Noch  Aufsgabe  Geldefs.  Vnd 
Jft  Wafs  vff  die  Gefangene  Kinder  Morderinne 
Hillen  Meinertz  von  Boefell,  vnd  alfs  diefelbe  endt- 
lich  justificirt  worden,  deren  execution  gegangen  ift. 


«)  Wynwood  (vgl.  Wiarda  III  507  ff.). 


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—     310    — 

Erftlich  Alfs  den  22.  Julij  dem  Wollgebomen  etc.  Meinem 
gnedigen  Grauen  vnd  Herrn,  obgenanter  Kinder  MSrderifchen 
factum,  Vnd  wafs  Sie  deffentwegen  in  der  gtite  Zugeftanden  Vnd 
bekennet,  Vndertheniglich  Zugefchickt  worden,  Vnd  Jhrer  6. 
darauff  gnediglich  befohlen,  Zu  beftendiger  erkundigtmgh  der 
Warheit,  die  gefangene  Anfencklich  durch  die  Paftoren  noch- 
mahln  Jn  der  gttte  Zu  befragen,  Vnd  Wen  fie  fich  Vff  einen 
oder  den  Andern  Articull  nicht  rundt  Vnd  richtig  erkleren 
Wilrde,  Sie  dem  ScharfRichter  Vorzustellen,  Selbigen  Alles,  fo 
zur  Tortur  Von  N6then,  Vnd  gleichfamb  er  Sie  geftrachs  An- 
greiffen  wolte,  in  Jhrer  KegenWart  Anzuftellen,  Gleichwoll 
Aber  ohne  einige  Angriff  Zubedrauwen,  Wafs  die  Aigentliche 
Warheit,  Zuerkunden,  Vnd  Jhrer  G.  Alle  Verrichtung  Zu  endt- 
licher  ferner  Verordnung  gehorfamblich  einzufchicken.  Vnd  dan 
folchem  Allen  Zu  fchuldiger  folge  Jch  den  ScharffRichter  von 
Awrich  Anhero  holen  laffen  muffen,  So  hat  der  Vogt  Harmen 
Von  Lehr  mit  demfelben,  Vnd  feinem  bei  fich  habenden  ge- 
finde  Vnder  Weghs  bifs  Anhero  Vorzehret,  lauth  feiner  mir  zu- 
geftelleten  Rechnungh  2  g.  5  sch.  10  w. 

Summa  lateris  per  fe. 

Bl.  19 a:  Anno  1607.  Noch  Aufsgabe  Gelders  An  be- 
melten  gefencknufs  vnd  execution  Koften. 

Jtem  24.  Julij,  Alfs  der  Scharffrichter  Alhie  Angelanget 
vnnd  das  feine  bey  der  Gefangenen  verrichtet,  So  hat  er  in 
Tiudt  Gelbitz  behaulung  Alhie,  fambt  feinem  Knechte  Vnnd 
Jungen  verzehret,  lauts  des  wtirts  bekentnufs  Hierbei  liegend 
4  g.  7  sch.  —  w. 

Jtem  den  25.  eiusdem  Menfis,  Alfs  Jch  gedachten  Scharff- 
richtern,  durch  den  Ambtzdiener  Heddo  Reinken  wiedemm 
nacher  Aurich  brengen  laffen,  derfelbige  hin  Vnnd  herwieder 
vorzehret,  befage  feiner  Handt:  3  g.  —  sch.  —  w. 

Jtem  Alfs  Wollgedachter  mein  gnediger  Graff  vnnd  herre. 
obbefagter  kinder  MOrderfchen  endtlich  ein  Peinlich  Vrtheill  ge- 
fprochen,  Vnd  dem  Herrn  Drofthen  vnd  mir  daffelbe  Vn- 
gefeumet  zu  exequiren  eifferich  Anbefohlen,  hat  man  Am 
28.  Julij  den  Ambtzdiener  Dethmar  Sper  zu  Anheroholung  des 
Scharffrichterrn  vnd  feinen  beyhabenden  gefinde,  lautz  feiner 
handt  Vorzehret :  2  g.  4  sch.  —  w. 


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—    311    - 

Jtem  in  der  Herberge  bey  Wulff  Obendorff  hat  der  Scharff 
Richter  Zeit  w&hrender  execution  mit  feinem  weibe,  Knechte 
vnnd  Jungen  Vorzehret  13  g.  8  sch.  —  w. 

Summa  lateris  Zwantzig  drey  gulden  Neun  fchaff. 

Bl.  19 b:  Anno  1607.  Noch  Aufsgabe  Geldefs  An  Vor- 
beruerten  execution  Koften. 

Jtem  Zu  dem  Sacke,  darinnen  Vorangeregte  Kinder 
Morderfche,  nach  Peinlich  erSffneter  Vrtheill,  benendtlich  Am 
30.  Julij  geftegket,  Vnd  die  Vrthell  Alfo  vftllig  exequiret  Worden, 
habe  Jch  erkaufft  10  Ellen  Sack  Linnenwandt,  ein  Jeder  Elle 
bezahlet  mit  7  Sefslingen,  Vnd  vor  2  fefslinge  Hoifen  Zwern, 
damit  der  fack  geneyet  worden.     facit  2  g.  1  sch.  12  w. 

Jtem  Alfs  nach  Verrichteter  execution  der  Burchgraue 
Zacharias  Heitman  verordnet,  den  Scharffrichterrn  vnd  die 
feinigen  Wiederumb  in  Aurich  Zufehligen,  hat  derfelbe  mit 
demfelben,  Auch  vor  fich  Aufs  vnd  zu  Haufs  vorzehret 
3  g.  —  sch.  —  w.  [Dieser  Absatz  ist  bei  der  Revision  durch- 
strichen  worden,  vgl.  die  Summa  lateris!] 

Jtem  Demnach  Mehrgedachte  KinderMorderfche  den  1.  Julij 
Alhero  Zu  hafften  kommen,  Vnd  bifs  vff  den  30.  eiusdem  Menfis 
gefencklich  enthalten  Worden,  benendtlich  Voile  Neun  vnnd 
Zwantzig  Tage,  vnd  Jnmittelft  der  Burchgraue  fie  gefpeifet, 
feint  Jhme  Vor  Jeden  Dagh  7  ftufer  die  Atzungskoften  lauth 
feiner  bekentnufs,  bezahlet.  Thuet  Zufamen  10  g.  5  sch.  —  w. 
Summa  lateris  [15  verbess.  in]  12  g.  6  sch.  12  w. 

Bl.  20* :  Anno  etc.  1607.  Noch  Aufsgabe  Geldefs  An  be- 
ruerten  execution  Koften. 

Jtem  Alfs  donnerftages  den  31.  Julij  die  kinder  Morderfche 
vor  Gericht  gefuhret,  vnnd  justificirt  Werden  follen,  vnnd  defs 
vorigen  Tages  Jhr  fulches  denuncyret  vnnd  Angektindiget, 
Darauff  Alfsbaldt  derofelben  Vier  Paftorn  fie  zuberichten  Vnd 
Zubekehren,  Auch  Notturfftige  Perfoinen,  Aufs  dem  Flegken 
Alhie  zur  Wacht  zugeordnet,  Jft  vor  diefelben  folche  Nacht 
vber  an  Wein  vnd  Bier  bey  Hinrich  koch,  durch  den  Burch- 
grauen  geholet,  Vnnd  Jhme  hernach,  lauth  feines  Zettelfs,  be- 
zahlet Worden  Die  Summa  benendtlich  2  g.  6  sch.  10  w. 

Jtem    Alfs   der   Burchgraue   Am  1.  Augustj    den   Scharff- 


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—    312    — 

richter  Neben  den  feinigen  wiederumb  nacher  Aurich  begleitet, 
hat  Er  Zur  Zehrung  empfangen,  laut  feiner  Vhrkundt  mit  X  2 
zeichnet  3  g.  —  sch.  —  w. 

Summa  lateris  Vunff  gulden  Sechs  fchaff  Zehen  witten. 

Summarum  Alles  deffsen,  So  vff  die  execution  benanter 
kinder  Morderin  gegangen,  erftregken  fich  zu  [47  verbess.  in] 
44  g.  7  sch.  12  w. 

3)  Bl.  20 b :  Anno  etc.  1607.  Noch  Aufsgabe  Geldefs  Vnd  ift 
Was  Jch  an  Fifchwerk  nach  dem  Grafflichen  Hoff- 
lager  gefchicket. 

Den  28.  Martij.  Jtem  Zwey  Teerbutten,  mit  einem  krebfs, 
vnd  Vier  krabben,  So  von  Borckum  Anhero  kommen,  nachei 
Efentz  gefchicket,  dem  Botten  Johan  Kopman,  der  Sie  dahin 
getragen,  Zu  Botten  Lohn  Verrichtet     1  g.  2  sch.  —  w. 

Den  l.Aprilis.  Jtem  Zwei  kleine  Salmen,  drey  Golgenf?) 
Vnd   einen  Schnepell  Nacher  Efens   gefchicket,   dafiir  bezahlet 

1  g.  5  sch.  —  w.  —  Jtem  dem  Botten  Gerdt  Stadtland  der 
Sie  dahin  getragen,  Weill  es  hefftich  geregnet,  vnd  fehr  vnge- 
fchlachtig    wetter    gewefen    zu    Botten    Lohn    verrichtet  1  g. 

2  sch.  —  w. 

Den  22.  Julij.  Jtem  bey  dem  Lackeyen  Ludwig,  Welcher 
Von  Jhren  G.  darumb  Alhero  gefchicket,  von  Eylfumer  Syhll 
nacher  Aurick  gefchicket,  ein  groffen  Schnepell  vnd  Sieben 
Mittelmeffige  Zungen,  Daruor  bezahlet  —  g.  7  sch.  10  w. 

Summa  lateris  &  totalis  4  g.  6  sch.  10  w. 

4)  Bl.  21  a  Mitte:  Wan  Jch  Auch  in  Vorigen  beiden  Jahren 
keinPappyr  berechnet,  mir  gleichwoll  Aufferhalb  deffen,  Was 
Jch  von  Andern  Alfs  Hanfen  von  Harle,  vnd  Guiliam  Martini 
gehabt,  von  Hanfen  Mufch  dem  Embder  Buchbinder  Vor  vnnd 
nach,  lauth  deffen  Vrkunden,  mir  deffen  etzliche  ryfs  liefern 
laffen,  (Bl.  21 b)  Sonderlich  weill  die  Hebung  und  Einnahrab 
der  Muhlen  vnnd  Bier  fteuhren  in  den  beiden  Jahren  ein  ohn- 
faglich  Pappir  erfordert,  vnnd  dan  gleichwoll  Andern  Ambt- 
leuthen,  deffen  in  Rechnung  Paffirt  wtirt.  Alfs  getrofte  Jch 
mich  gleichfalfs  vndertheniglich  der  Wollgeborner  etc.  Mein  gne- 
diger  Graff  vnnd  Herr  werde  gnediglich  geruhen,  Dafs  mir  zuffl 


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—    313    — 

Weinigften  in  ermelten  beiden  Jahren  difs  weinige  in  Rechnung 
Paffire  vnd  thuet  daffelbe  fich  erftregken,  meldung  des  Buch- 
bindern  Verzeichnufs  28  g.  8  sch.  10  w. 

Am  Ende  der  Seite  die  Revisionsbescheinigung:   Calculirt 
auff  Gnediege  ratification  Jn  Efens  den  26.  Martij  An.  (1)608. 

Veith  Knipheim. 
Cafp.  Moller. 

Gottingen.  Conrad  Borchling. 


IX. 
Ein  ostfriesischer  Po6ta  Laureatus. 

Unter   den  von  Johan  Rist  (Dichter  der  Gesange:    „Man 

lobt   Dich  in  der  Stille",    „Werde  munter,  mein  Gemiite",    „0 

Ewigkeit,  du  Donnerwort",  Stifter  des  Elbschwanordens,  Pastor 

zu   Wedel,    Kaiserl.   Pfalz-   u.   Hofgraf,  Poeta   laureatus)   zum 

Dichter  etc.   gekrSnten   Personen   nennt   Detlefsen,  Z.  d.  V.  f. 

Schlesw.-Holst.-Lauenb.  Gesch.  XXI  (1891)  S.  285  unter  No.  62: 

Creatione  Poeticae  H.  Johann  Hinrich  Sterenbarch,  Cum 

donatione  nobilissimae  Armaturae  von  Embden  biirtig,   am 

Tage  Sophiae  oder  15.  Maij  1662.    Detlefsen  weiss  weiter  nichts 

von  diesem  Manne  (vgl  S.  292).    Dr.  Ritter  maoht  mich  darauf 

aufmerksam,  dass  die  Familie  Stiirenburg  sich  friiher  so  ge- 

schrieben  haben  solle,   und  weist  mir  daraufhin  unsern  P.  L. 

in   Tiadens  Gelehrtem  Osfriesl.  Ill  (Aurich  1790)   S.  68  Anm.  1 

nach.      Tiaden   sagt  unter   der  Vita   des  Hinrich  Stiirenburg, 

f  1680:    Dieses    Geschlecht   hat  sich   in   den   altesten   Zeiten 

Sternborg  geschrieben.    Es  fuhret  auch  einen  Stern  im  Waapen. 

Dieses   unsers  Stiirenburgs  GrosVater  hat,   wie  der  grosse  in 

Sark  ausgehauene  Leichen  -  Stein  auf  hiesigem  Kirchhofe  gegen 

die  Cantors  -  Schule    iiber    liegend    zeiget,    sich    noch    Johann 

Sternborg  geschrieben,  sein  Vater  schrieb  sich  Stiirenborg  und 

er  selbst  Stiirenburg.    Ich  finde  auch,   dass  noch  um  die  Mitte 

des     vorigen   Jahrhunderts    sich    noch    einer   Johann   Hinrich 

Sternberg  geschrieben  hat.    Dieser  muss  ein  Vaters  Bruder  des 


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—    314    — 

Ltippo  Stttmborg,  Sohn(!)  gewesen  seyn.  Eine  Juristische 
Inaugural  -  Dissertation,  welche  dem  Ftirsten  Georg  Christian 
zugeeignet  ist,  bew&hret   solches:   Dissertatio  Juridica  inaogu- 

ralis  de  Hereditatis  Petitione etc.  etc.     Johannes 

Henricus  Sternberg,  P.  L.  Cses.  Frisius  Orientalis 
ad  diem  Junii  MDCLXIII.  —  Franekerae  ex  officina  Joh. 
Wellens  1663. 

Als  Vierziger   in  Emden  erscheint  J.  H.  Sterenborg,  Jur. 
utr.  Dr.,  1673. 

Gottingen.  Conrad  Borchling. 


X. 

Borkum  und  die  Grdnlandsfahrl 

Von  Generalsuperintendent  D.  Bartels. 

Es  wird  nun  reichlich  50  Jahre  her  sein,  aber  noch  heute 
muss  ich  unwillktirlich  lachen,  wenn  mir  die  verdutzten  6e- 
sichter  wieder  einfallen,  mit  denen  unser  ein  halbes  Dutzend 
munterer  Burschen  am  Weststrande  von  Borkum  aus  den 
schaumenden  Wellen  emporfuhren,  denen  wir  soeben  als  alten 
Bekannten  in  die  ausgestreckten  Arme  gesprungen  waren. 
Mitten  auf  dem  harten  Badestrande  glitten  wir  unvermutet 
auf  schlftpfrigem  Boden  hin  und  her,  die  uns  nacheilenden  Ge- 
nossen  stiirzten  einer  nach  dem  andern,  so  bald  sie  an  die 
Stelle  kamen,  und  nach  ein  paar  Secunden  stand  der  ganze 
Chor  ein  paar  Schritt  abseits  laut  lachend  und  zugleich  mit 
dem  urkomischen  Ausdruck  einer  Mischung  von  Ekel  und 
Gruseln  auf  den  Angesichtern :  einen  entsetzlicheren  Moder- 
geruch,  als  so  eben  unter  Wasser  an  der  schlupfrigen  Stelle 
hatten  wir  noch  nie  versptirt!  Wir  wussten  nicht,  dass  wir 
uns  an  der  namlichen  Stelle  befanden,  wo  den  Herbst  vorher 
^ine  ahnlich  tragikomische  Scene  noch  ungleich  lauter  sich  ab- 
gespielt  hatte.  In  einer  sttirmischen  Herbstnacht  des  Jahres 
1849  hatte  ein  beherzter  Insulaner   in   dichter   Finsternis  den 


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—    315     — 

Strand   abpatrouilliert,   um   zu   sehen,   ob   es  auch  etwas  be- 
sonderes    g&be,   als    er  mit    einemmal    sich    dicht    vor   einer 
auf  den  Strand  geworfenen  schwarzen  Masse  befand,   die   ein 
Schiffsrumpf  zu  sein  schien.    Auf  sein  Anrufen   in   alien   ihm 
zu  Gebote  stehenden  Sprachen  erfolgte  keine  Antwort,  er  ward 
ganz   gruselig,   Gedanken   an   ein   Wrack   mit  bereits   todter 
Mannschaft  kreuzten  sich  mit  solchen  an  den  fliegenden  Hol- 
lander und  wer  weiss  was  fur  unheimlichen  Seemannsphanta- 
sieen,  bis  er  endlich  sich  ein  Herz  fasste  und  ein  paar  Schritte 
durchs  Wasser  watend  gang  nahe  herantrat,  um  womOglich  an 
Bord  zu  steigen  —  aber  was  war  das  ?  Der  Schiffsrumpf  ftihlte 
sich  weich,   schleimig   und   eisig   kalt   an,   dass   das  Gruseln 
vollig  flberhand  nahm  und  er  im  Begriff  stand,  die  Flucht  zu 
ergreifen,  als  ein  Augenblick  Besinnens  und  ein  geringer  Licht- 
schimmer  durch  die  schwarz  am  Himmel  dahinjagenden  Wolken 
das  Ratsel  aufklarten:  es  war  ein  toter  Walfisch!  Dies  erkennen, 
nachhauseeilen,  leise,  leise  mit  vertrauter  Mannschaft  und  Ge- 
ratschaft   zuriickkommen   war   das  Werk   unglaublich   kurzer 
Zeit.    Aber  so  verstohlen  war  es  nicht  ins  Werk   gesetzt,  bei 
dem  fetten  Fang  den  Vorsprung  zu  gewinnen,  dass  nicht  feine 
Spfirnasen  doch  etwas  gewittert  hatten.     Noch  bevor  der  Tag 
graute,  war  alles  auf  den  Beinen,   selbst   alte  Miitterchen,  die 
noch  einen  Napf  oder  Tiegel  disponibel  machen  konnten,  nicht 
ausgenommen,    um    an    dem    Gesch&ft    zu    participieren,     so 
schmierig  auch  ein  Walfisch  ist,  und  so  reinlich  ein  richtiger 
Borkumer.    Nichts  irgend  brauchbares  von  dem  Walfisch  blieb 
an  der  Stelle,  und  noch  Jahre  hernach  fand  sich  hier  ein  Fuss- 
schemel,   dort  ein  Brett  zum  Abtreten  vor  der  Thur,   das  wei- 
land    dem  Knochengeriist   unseres  Walfisches   angehort  hatte. 
Reste    der   ganzlich   unbrauchbaren  Abfalle  aber  waren  es  ge- 
wesen,  die,  bei  stark  bewegter  See  wieder  aus  dem  Sand  her- 
vorgeschlagen  und    stark    in    der   Verwesung    vorgeschritten, 
uns    Badende  zu  Fall   gebracht   und    mit   ihrem   penetranten 
Modergeruch  schier  aus  dem  Wasser  gejagt  hatten,  w&ren  die 
Wellen  nicht  gar  zu  schon,  und  wir  mit  einigen  Schritten  aus 
dem  Bereich  dieser  abscheulichen  Atmosphere  herausgewesen. 
Wo  aber  die  Rede  auf  den  Walfisch  kam,  ward  bei  unsern 
Borkumern  manche  wehmiitige  Erinnerung  wieder  lebendig  an 
entschwundene   gute  alte  Zeiten,   deren  Zeugen  noch  die  Ein- 


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—    316    — 

friedigungen  mancher  G&rten  sind,  die  der  Insel  einen  Teil  ihres 
eigentiimlichen,  jetzt  leider  stark  zusammenschwindenden1)  Ge- 
prSLges  verleihen,  sie  bestehen  eben  aus  in  die  Erde  gerammten 
aneinandergereihten  Walfischrippen.  Dass  einer  der  Riesen  des 
Eismeeres  der  Harpune  verfallen  und  doch  dem  Walfischjager 
entronnen,  tot  an  den  Strand  unserer  Inseln  geworfen  wird, 
ist  zwar  nicht  unerhort  aber  doch  selten;  desto  fleissiger  ward 
vordem  das  nSrdliche  Eismeer  von  unsern  Inseln,  vornamlich 
auch  von  Borkum  aus,  aufgesucht,  und  mancher  riesige  Wal 
fiel  den  kuhnen  und  geschickten  Borkumer  Seeleuten  zur  Beute, 
mancher  von  diesen  fand  seinen  Tod  in  dem  gefahrvollen 
Treiben  der  gewinnversprechenden  Gronlandsfahrt.  So  alt  ist 
dieselbe  freilich  nicht,  dass  wir  versucht  sein  konnten,  die 
Umzaunung  der  Borkumer  Garten  mit  Walfischgraten  mit 
einem  unserer  alteren  ostfriesischen  Geschichtsforscher  auf  alt- 
germanische  Sitte  zuruckzufuhren  und  diese  schon  mit  dem 
ahnlichen  Verfahren  zusammenzustellen,  welches  Strabo  von 
den  Ichthyophagen  auf  den  Inseln  des  indischen  Meeres  be- 
zeugt2).  Die  Gronlandsfahrt  der  Inselfriesen  datiert  friihestens 
vom  Anfang  des  siebzehnten  Jahrhunderts  und  gewann  erst 
um  die  Mitte  desselben  einige  Bedeutung.  Die  Hollander, 
durch  ihre  kiihnen  Nordpolfahrer  Barends,  Heemskerk  u.  a.  auf 
die  Gefahren  wie  auf  die  Schatze  des  nordlichen  Eismeeres 
aufmerksam  gemacht,  betrieben  seit  1614  mit  Eifer  den  Wal- 
fischfang    durch    eine    eigens    dazu    privilegierte    „Noordsche 


f)  [Um  einen  Anhalt  fur  die  Beteiligung  der  Borkumer  am  Wal- 
fischfang  zu  gewinnen,  hat  unser  Mitglied,  Herr  Apotheker  Bakker  in 
Borkum,  die  Freundlichkeit  gehabt,  einmal  die  noch  jetzt  vorhandenen 
Walfischkiefer  zu  zahlen  und  etwa  620  gefunden,  obgleich  die  Zahl 
sich  nicht  genau  angeben  lasst,  da  manche  in  Garten  und  Wallen  ver- 
borgen  liegen.  Die  schlanken,  schwertartigen  Walfischrippen  sind  jetzt 
vollig  verschwunden,  sie  sind  grosstenteils  an  Badegaste  verkauft 
worden.  Herr  Pastor  Houtrouw,  der  1863—1867  die  Borkumer  Pfarrateile 
verwaltet  hat,  erganzt  das  Obige  durch  die  Mitteilung,  dass  die  Walfisch- 
rippen ein  Geschenk  an  die  Kommandeure  und,  wo  sie  ein  Haus  um- 
zaunt  hatten,  das  Merkmal  einer  Kommandeurs-Wohnung  gewesen  seien. 
Eine  solche  war  auch  die  alte  Pastorei,  die  noch  zu  seiner  Zeit  mit 
Walfischrippen  eingefriedigt  war.    Anm.  der  Red.] 

s)  Wiarda,  wenn  ich  irre,  in  einer  seiner  alteren  Schriften  hat  die^ 
Mutmassung  geaussert,  ich  kann  dieStelle  nicht  gleich  wieder  auffinden. 


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—    317     — 

Maatschappy",  die  sich  aber  1642  auflfiste,  um  die  GrOnlands- 

fahrt  privaten   Unternehmem   zu   iiberlassen.     Bis  dahin  be- 

teiligte  sich  nur  Hamburg  an  dem  Walfischfang,  nach  der  Auf- 

losung   der  Noordsche  Maatschappy   regte   sich   der  Unterneh- 

mungsgeist  auch  in  Bremen   und  in  Emden:   hier   ward   1643 

das  erste  Schiff  der  kurz  zuvor  begrtindeten  „Gronlandischen 

Compagnie"  ausgesandt,  und  bald  verfiigte  dieselbe  tiber  eine 

ganz   ansehnliche  Flottille,   zu  deren  Bemannung  Borkum  ein 

betrachtliches    Contingent   stellte,    denn   Borkum   und  Emden 

hingen  von  Alters   her   zusammen,   und   obwohl  die  Bliite  der 

Emder  Compagnie  von  nur  kurzer  Dauer  war1),  fand  doch  die 

Tiichtigkeit  der  Borkumer  Seeleute  so  viel  Anerkennung,  dass 

sie  fur  die  Hamburger  und  Amsterdamer  Gronlandsfahrer  ge- 

suchte  Kommandeure  und  Mannschaften   blieben.    Rasch  hob 

sich  das  Eiland  zu  einer  bisher  unbekannten  Bliite;  1650  zahlte 

man  auf  demselben  44  Hauser,   etwa  ein  Jahrhundert  spater 

hatte  sich  die  Zahl  mehr  als  verdreifacht,   eine  amtliche  Be- 

schreibung  von  1743  sagt:   „Die  Insel  Borkum  ist  ziemlich  be- 

wohnt,  indem  darauf  147  Hauser  gezahlt  werden.    Es  fahren 

von  dort  durchgehends  15  bis  16  Commandeurs  Oder  Capitans 

der  von  Amsterdam  und  Hamburg  nach  Gronland   oder  der 

Strasse  Davids  zum  Walfischfang  destinierten  Schiffe,  und  tiber- 

dem  sind  hier  eine  Menge  anderer  Schiffer,  so   auf  die  Ost-  und 

Nordsee   wie   auch   nach   Amsterdam,   Hamburg   und    andern 

Orten  sich  befrachten  lassen."    In  den   folgenden  Jahren   hob 

sich  die  Insel  noch  mehr. 

Mit  der  GrSnlandsfahrt  kam  unter  samtliche  Inselfriesen 
ein  machtiger  Schwung.  Zur  Zeit  wo  der  Walfischfang  am 
eifrigsten  betrieben  ward,  sollen  von  den  nordfriesischen  Inseln 
uber  3  000  Mann  auf  die  Gronlandsfahrt  gegangen  sein,  von  der 
Insel  Fohr  allein  gegen  1500;  Borkum  wird  damals  sein  Kon- 
tingent  mit  150 — 200  Mann  gestellt  haben,  jeder  Kommandeur 
hatte  30—40  Leute  unter  sich,  zu  welchen  er  mit  Vorliebe 
seine   Angehorigen    und    Inselgenossen2)    wahlte    vom    12   bis 


')  vgl.  jedoch  unten  S.  324  ff. 

*)  [Wie  heutzutage  auf  den  Herings-Loggern  scheinen  aber  auch 
auf  den  Walfischfangern  die  „Lippskeru  (Westfalen,  namentlich  aus 
Lappe-Detmold  und  vom  Steinhuder  Meer)  einen  grossen  Teil  der  Mann- 
schaft  ausgemacht  haben,  8.  u.  S.  319.    Anm.  der  Red.] 


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—    318     — 

14jfthrigen  Knaben  bis  zum  66,  70j&hrigen  Greis.  Gegen  Ende 
April  pflegten  die  GrOnlandsfahrer  meist  nach  Amsterdam  und 
nach  Hamburg  aufzubrechen  und  im  Juni  Spitzbergen  zu  er- 
reichen.  Dann  entspann  sich  in  der  menschenleeren  Oede  des 
Nordens  bis  gegen  Ende  August  ein  gesch&ftiges  Treiben.  Alle 
an  dem  Walfischfang  beteiligten  Nationen  hatten  dort  ihre 
Etablissements,  deren  Mittelpunkt  auf  Spitzbergen  die  mit  dem 
bezeichnenden  Namen  „Smeerenburg"  belegte  Thransiederei 
war;  ftir  Nordfriesen,  Ostfriesen,  Westfriesen  ein  gemeinsamer 
Sammelpunkt,  wie  ihn  in  ihrer  Art  vor  Alters  die  Land- 
tage  bei  Upstallsboom  dem  zersplitterten  Volksstamm  kaum 
in  solchem  Umfange  dargeboten  haben.  Die  Inselfriesen  bilde- 
ten  so  tiberwiegend  die  Bemannung  der  von  Holland  und  den 
Hansastadten  ausgesandten  Schiffe,  dass  eine  Ecke  von  West- 
spitzbergen  den  Namen  „Neufrieslanda  erhielt.  M&chtig  wurde 
da  unter  den  riesigen  Bewohnern  des  Eismeers  aufger&umt; 
Hamburg  entsandte  durchweg  etwa  50  Schiffe,  Holland  drei  bis 
fiinfmal  so  viel,  welche  in  der  ersten  lohnendsten  Zeit  jahrlich 
1500  bis  2000  Walen  das  Leben  kosteten.  Nach  und  nach 
wurden  die  Tiere  der  Gefahr  inne  und  zogen  sich  von  ihren 
bisherigen  Tummelpl&tzen,  der  Insel  Spitzbergen,  Jan  Mayen, 
Nova-Zembla  zuriick;  seit  1686  nahmen  sorgf&ltige  Beobachter 
wahr,  wie  ganze  Ztige  nach  Siiden  schwaramen:  der  Fisch  zog 
sich  um  GrGnland  herum  in  die  BaflRnsbai,  die  Insel  Disko 
wurde  mehr  und  mehr  der  Mittelpunkt  ftir  den  Walfischfang. 
Je  scheuer  die  Verfolgten  sich  den  Eisfeldern  und  der  Kuste 
zuwandten,  desto  gefahrvoller  wurde  ftir  die  Verfolger  der 
Fang;  von  den  ausgesandten  Schiflfen  gingen  nicht  selten  5% 
und  dartiber  verloren,  vom  Eise  umzingelt  und  durch  Eisberge 
zermalmt;  verh&ltnism&ssig  zahlreiche  Opfer  fanden  ihr  Grab 
in  den  Wellen  des  Eismeers  und  auf  dem  „Doodemanslanda  in 
der  nebelumhttllten  Stiderbai  von  Spitzbergen.  Wftren  die 
Borkumer  GrSnlandsfahrer  und  ihre  Nachkommen  auf  der  Insel 
wohnen  geblieben,  so  wtirden  die  von  dortigen  Kommandeurs 
gewiss  so  gut  wie  von  manchen  Amelandern,  Syltern,  Foh- 
ringern  usw.  gemachten  Aufzeichnungen1)  manches  denkwtirdige 

0  Ueber  die  GrSnlandsfahrt  der  Inselfriesen  giebt  Hansen,  Chronik 
der  friesischen  Uthlande,  2.  Aufl.  Garding  1877,  ausflihrlichere  Nachricbten? 
besonders  S.  126  ff,  144  if,  156  if;  die  Schrift  eines  hollandischen  Komman- 


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—    319    — 

Erlebnis  aufbewahrt  haben,  sp&teren  Zeiten  ein  anschauliches 
Bild  ihrer  Miihen  und  K&mpfe,  ihrer  Freuden  und  Trtibsale;  — 
es  ist  nichts  auf  uns  gekommen  als  hin  und  wieder  eine  meist 
dtirr  und  diirftig  genug  ins  Todtenprotokoll  der  Inselgemeinde 
eingetragene  Nachricht1),  hinter  ihr  ist  freilich  ergreifend  ge- 
nug das  Wehklagen  zu  erkennen,  das  die  H&user  des  Eilands 
fiillte,  wenn  statt  der  sehnlich  gehofften  Wiederkehr  von  30, 
40  und  mehr  AngehOrigen  der  Gemeinde  jegliche  Kunde  aus- 
blieb,  oder  wohlbehalten  Heimkehrende  die  Todesnachricht  der 
hoffnungsvoll  mit  ihnen  Ausgezogenen  zuruckbrachten  oder  die 
verwaiste  Habe  von  Verungltickten,  mitunter  auch  den  wochen- 
lang  aufgeborgenen  verpichten  Sarg  eines  AngehOrigen,  dessen 
letzten  Wunsch  zu  er fallen  die  Treue  des  Seemanns  sich  keine 
Mtihe  und  Gefahr  zu  viel  sein  liess:  er  mochte  nicht  in  der 
Dodemannsdelle  von  Spitzbergen  seine  letzte  Ruhest&tte  finden, 


deurs  Zorgdrager  fiber  den  Gegenstand  ist  mir  leider  nicht  zu  Gesicht 
gekommen,  sie  durfte  auch  Uber  Borkum  und  seinen  Antheil  an  der  Fahrt 
noch  weitere  Nachrichten  enthalten.  [Herrn  Apotheker  Bakker  in  Borkum 
verdanken  wir  die  Kenntnis  eines  dem  F&hrschiffer  K.  Gerhards  gehorigen 
gedruckten  SchifFsjournals  v.  J.  1786,  das  der  Kommandeur  Marten  Mooy  aus 
Amsterdam  1787  verdffentlichte  und  das  ein  anschauliches  Bild  von  den 
Gefahren  des  Eismeers  bei  Spitzbergen  und  von  dem  frommen  Sinn  der 
Schiffer  giebt ;  in  der  Mannschaftsliste  (Munster-rol)  werden  keine  Borkumer, 
wohl  aber  Nordfriesen,  von  der  Insel  F6hr,  und  Westfalen,  z.  B.  Jan 
Boekwinkel,  Christiaan  Strooper,  Gerrit  Boekwinkel  von  Osnabruck,  Barent 
Hul8kamp  van  Munsterland,  Frans  Smit,  Coenraad  Denike,  Joh,  Fiirsten- 
hof  v.  Pruysminne  (Preussisch-Minden),  Willem  Kulling  von  Hessen  (aus 
der  Gegend  vonRinteln?)  erwahnt.  (Omstandig  journal  van  de  reize  naar 
Groenland,    gedaen   door   Commandeur   Maarten   Mooy   met   het  Schip 

Frankendaal te  bekomen  te  Amsterdam  by  David  Weege,  Boek- 

Terkoper  in  de  Kalverstraat  1787.    Anm.  der  Red.] 

')  [In  dem  alten  Hypothekenbuch  der  Insel  Borkum  hat  Herr 
Amtsrichter  Richard  vorne  einen  Brief  des  Schulmeisters  Cornelius  Alberts 
an  den  Rat  und  Amtsverwalter  W.  F.  von  Halem  in  Greetsiel  vom 
29.  Juli  1772  eingeheftet  gefunden,  der  folgenden  Passus  enth&lt:  BComman- 
deur  Gerrit  Visser  ist  gestern  von  seine  nach  die  Straat-Davids  gethane 
Reise  Uber  Amsterdam  zu  Hause  gekommen,  urn  sich  hieselbst  ein  paar 
Tage  aufzuhaltcn.  Dass  GlUck  hat  ihm  wiederum  ziemlich  gedient,  Er 
hat  7  schwere  Walfische  gefangen  und  einen  todten  gefunden.  Er  ver- 
langet  Ew.  Wolgeboron  seinetwegen  freundlichst  und  gehorsamst  zu 
begrUssen".    Anm.  der  Red.] 


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—     320     — 

sondern  neben  seinen  Angeh5rigen  im  Schatten  (Jes  Borkumer 
Thurms. 

Um  die  Zeit  der  beginnenden  Grfinlandsfahrt  richtete 
kaum  jemand  auf  Borkum  seine  Blicke  so  sorgenvoll  in  die  Zu- 
kunft  wie  Johannes  Hermannus,  der  Pastor  der  Insel.  Er  sah 
liber  sein  Eiland  und  das  nachstliegende  Ostfriesland,  besonders 
Emden,  ein  Zeitalter  hereinbrechen,  wo  tippiges  und  hoch- 
fahrendes  Leben  schwere  Heimsuchungen  durch  Schiffbriiche, 
LandeskalamitSLten  und  Kriegselend  heraufbeschworen  wiirde, 
und  sandte  1644  einige  Briefe,  wie  ihm  solches  alles  in  Ge- 
sichten  und  n&chtlichen  Stimmen  gezeigt  worden  sei,  nach 
Emden  und  anderen  Gemeinden  aus.  Es  waren  die  Zeiten  der 
dreissigj&hrigen  Kriegsnot  und  dieselben  Jahre,  in  welchen  der 
Mystiker  Giftheil  unheilverkundend  Deutschland,  Holland  und 
England  durchzog  und  u.  a.  auch  in  Aurich  unter  dem  Namen 
„Der  Kriegsfiirst  des  Herrna  nicht  ohne  Eindruck  zu  machen. 
seine  Stimme  erhob  und  seine  Schriften  ausgehen  liess,  mit 
welchen  die  Sendschreiben  des  Borkumer  Pastors  verwandten 
Inhalts  gewesen  zu  sein  scheinen1).  Wenn  Johannes  Hermannus 
mit  seinen  sonst  ja  durch  die  Zeitl&ufe  nahe   genug  gelegten 


»)  Von  den  bei  J.  J.  Harkenroht,  Nieuwjaarsvloeds  Kort  verhaal 
S.507  erwahnten  Druckschriften  und  Sendschreiben  des  Pastors  Johannes 
Hermannus  ist  wohl  nur  noch  durch  miindliche  Ueberlieferung  der  all- 
gemeine  Inhalt  bekannt.    Dass  Harkenroht   im  Cdtusprotokoll  uber  ihn 
mehr  gelesen,  diirfte  ein  lapsus  memoriae  sein;  mir  ist  wenigstens  allein 
im  Emder  Kirchenrathsprotokoll  vom  18.  Febr.  1644  die  kurze  Notiz  vor- 
gekommen:  „Jst  goed  unde  noedig  gefunden,  wegen  des  briefefs  so  der 
Pastor  toe  Borckum  Johannes  alher  an  die  Predigere  gesonden,  inholdende 
eine  gesichte  demselvigen  geschehen,  denselvigen  door  einen  brief,  so 
Dom.  Petrejus  vorfertigen  woll,  toe  versoeken,  um  eerstes   dages  overto- 
komen  unde  daarover  examineret  unde  daarover  in  Persoen   gehoert  to 
mogen  worden,"  —  von  seiner  Ueberkunft  und  der  weiteren  Verhandlung 
wird   nichts   angegeben.     Ein   Zusammenhang    mit   den    kurz    vorher- 
gegangenen  Kundgebungen,  des  „Kriegsfursten  des  Herrna  (so  bezeichnet 
und  unterzeichnet  sich  eben  Giftheil)   ist  um  so  wahrscheinlicher,  da 
dessen   Auftreten  in   Ostfriesland   nachweisbar   Eindruck   gemacht  und 
er  auch  mit  Geistlichen  des  Landes  in  Verbindung  gestanden  hat   Vgl- 
die  Mittheilung  von  Herquet  „Das  Bluteis  in  Aurich  1641 u  (Miscellen  wr 
Gesch.  Ostfriesl.  S.38n°.),  der  freilich  Giftheil  nicht  in  dem  .Kriegsfursten* 
erkannt  hat,  und  Gottfried  Arnold,   Kirchen- u.  Ketzergesch.  Ausg.  v 
1729  Thl.  IH  S.  100  ff.  103. 


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—    321     — 

Sorgen  den  Einfluss  der  GrSnlandsfahrt  auf  seine  Inselgemeinde 
im  Auge  gehabt  hat,  so  hat  er  zum  Gliick  far  diese  sich  ge- 
irrt;  die  Gronlandsfahrt  hat  sich  vielmehr  auf  Borkum  ebenso 
wie  auf  den  nordfriesischen  Inseln  als  eine  tiichtige  Schule  des 
Lebens  erwiesen.    Die  miindliche  Ueberlieferung  weiss  zwar  auch 
auf  Borkum  wohl  von  Fallen  zu  erz&hlen,  wo  das  auf  der  See 
von  den  M&nnern  miihsam  Erworbene  daheim  von  Weibern  in 
Tragheit  und  Flatterhaftigkeit  verzehrt,   oder  wo   der  Gewinn 
des  Sommers    im   Winter    verjubelt    sei.      Solche   Auswiichse 
kommen  ja  tlberall  vor,  wo  eine  seefahrende  BevOlkerung  wohnt, 
besonders  wenn  sie  mit  den  Versuohungen  und  demoralisiren- 
den  Einfltlssen  grosser  Stadte  inBenihrung  kommt;  auf  Borkum 
haben  ausserdem  im  Zeitalter  der  Gronlandsfahrt  manche  aufs 
Eiland  verschlagene  Existenzen  problematischer  Art  ihre  Rolle 
gespielt,  von  denen  man  noch  spslter  zu  erzahlen  wusste,   be- 
sonders der  „malle  Graaf"  von  Rottum  und  seine  Genossen1). 
Allein  die  Grftnlandsfahrer  waren  im   oden  Eismeer  mehr  als 
andere  dem  Einfluss  der  Hafenstadte  entzogen  und  bildeten 
umgekehrt  einen  schtitzenden  Damm  gegen  daheim  auftauchende 
ubermiitige  und  leichtfertige  Elemente.     Was  die   reichlicher 
fliessenden  Quellen  tiber  die  nordfriesischen  und  westfriesischen 
Inseln  berichten,  findet  fiir  Borkum  an  den  sp&rlich  erhaltenen 
Daten  doch  hinreichend  Bestatigung,   und  danach  haben  wir 
tms  die  Grflnlandsfahrer  tiberwiegend  als  ernste,  wenig  welt- 
gewandte  aber  praktisch  ttichtige  Leute  vorzustellen,   die  sich 
durch  schlichte  aber  in  ernster  Schule  des  Lebens   erworbene 
Religiosit&t,   strenge  Rechtlichkeit,  treue  Kameradschaft,  Mild- 
thatigkeit    gegen  Arme    und    vor   allem    durch    ausgepragten 
Familiensinn  kennzeichneten.    Gab  es  an  Bord  mit  dem  Fang 
oder  nach  dem  Fang  in  der  „Smeerenburga  nichts  zu  thun,  so 
wussten  sie  sich  zu  besch&ftigen.    So  sind  z.  B.  die  jetzt  noch 
einzeln,    frtiher  reichlich,  auf  Borkum  wie  auf  Ameland  und 
den  nordfriesischen  Inseln  anzutreffenden  geschnitzten  Banke 


»)  Ausser  beiHerquet,  Die  Insel  Borkum,  Emdenl886,  S.103,  96 ff. 
sind  tiber  diesen  „mallen  Graf  en"  und  sein  Treiben  Nachrichten  mit- 
geteilt  an  einer  Stelle,  wo  man  sie  schwerlich  suchen  wiirde,  bei 
Westerhoff,  de  Kwelderkwestie  nader  toegelicht  (Groningen  1844) 
S.  112  und  aanteekeningen  S.  128  ff.  Not.  160;  er  hauste  auf  Rottum 
von  1707  bis  1731. 

Jahrbnch  der  Gesellsch.  f.  b.  K.  a.  vatorL  AltertQmer  za  Emdon,  Bd.  XIV.  21 


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—     322    — 

vor  den  Betten,  geschnitzte  Truhen,  Plattbretter  (Mangelbordjes) 
und  dergleicben  geschnitztes  Holzwerk  mehr  zum  ansehnlichen 
Teil  an  Bord  der  Grflnlandsfahrer  gearbeitet  zum  Mitbringen 
von  der  Reise,  wahrend  die  Rippen  und  Kieferknochen  der  Un- 
gettlme  gern  mitgenommen  wurden,  um  daheim  zur  Umz&unung 
des  Gartens  zu  dienen.  Das  Schiff  auf  der  See  und  das  be- 
scheidene,  aber  gemtitlich,  jede  Kommandeurswohnung  nach 
demselben  Zuschnitt  wie  die  anderen,  eingerichtete  Daheim 
auf  der  Insel  war  ihre  Welt  fiir  sich,  in  welcher  sie  fiir  die 
Entbehrungen  des  oden  Nordens  Entsch&digung  suchten  und 
fanden,  um  w£hrend  der  Wintermonate  ftir  neue  Arbeit  und 
Gefahr  sich  zu  riisten,  und  ihren  bescheidenen  Bedarf  an  see- 
m&nnischen  Kenntnissen  zu  sammeln  und  zu  mehren  sich  be- 
fleissigten.  Meist  fuhren  sie  nicht  auf  feste  Monatsgage. 
sondern  auf  Anteil  am  Gewinn ;  da  gab  es  denn  Jahre,  wo  ein 
Schiff  3,  4  Wale  und  mehr  erlegte,  dann  hatten  sie  ihr  reich- 
liches  Einkommen  und  ertibrigten  etwas,  es  kamen  andre,  wo 
auf  jedes  Schiff  ein  Fisch  kam  oder  nicht  einmal  einer,  und 
•dann  kam  es  knapp  aus.  Neben  dem  Eismeer  selbst  scheinen 
sie  den  Krieg  und  das  Kaperwesen  als  ihren  Hauptfeind  ge- 
furchtet  zu  haben,  zumal  die  deutschen  Schiffe  auf  der  See 
keinen  Schutz  durch  eine  deutsche  Flotte,  und,  wenn  sie  auf- 
gebracht  waren,  bei  den  englischen  und  franzosischen  Prisen- 
gerichten  keinen  Fiirsprecher  hatten,  der  allenfalls  auch  mehr 
als  gute  Worte  aufzubieten  vermocht  h&tte.  Bei  dem  alien 
und  aller  Wechself&lle  imgeachtet  blieb  die  GrSnlandsfahrt  f&r 
Borkum  eine  Quelle  bescheidenen  und  zufriedenen  Wohlstands 
etwa  150  Jahre  lang. 

Bis  zum  Jahre  1782  behauptete  sich  der  Wohlstand  der 
Insel;  damals  sollen  30  Kommandeure  dort  gewohnt  haben 
und  eigentlich  Arme  wenig  vorhanden  gewesen  sein,  welche 
dann  von  den  wohlbehalten  heimkehrenden  Kommandeurs  mit 
dem  tibriggebliebenen  Schiffsproviant  so  ausk5mmlich  versorgt 
wurden,  dass  die  Armenkasse  von  den  ihr  freiwillig  zugewende- 
ten  Gaben  noch  iibrig  behielt  und  damals  2000  Gulden  auf 
Zinsen  hatte.  Aber  vom  genannten  Jahre  an  datiert  man  den 
Niedergang  der  Gronlandsfahrt  auf  Borkum  und  den  Verfall 
der  Insel  tiberhaupt.  Im  Herbst  1782  verungliickten  vor  der 
Elbe   drei   Gronlandsfahrer,    deren    Kommandeurs    nebst  dem 


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—    323    — 

grossten  Teil  der  Mannschaft  Borkum  angeh6rten:   sie  liessen 
an  50  Witwen  und  Waisen  zum  grossen  Teil  in  Diirftigkeit 
zuriick.    Ein  ebenso  harter  Schlag  traf  im  folgenden  Jahre  die 
von  Holland  ausfahrenden  Kommandeurs ;  es  war  Krieg  mit  Eng- 
land ausgebrochen :  samtliche  Borkumer  wurden  von  den  Eng- 
landern   aufgebracht,   fiber   ein  Jahr   lang  gefangen  gebaltenr 
und   ihre    Schiffe    condemniert.     In    dieselbe   Zeit    fallt    ein 
schwerer  Schaden,  den  die  Insel  selbst  erlitt,  indem  die  West- 
dtinen  „ubersetztena,  d.h.  durch  Verstaubung  die  Garten  und 
H&user,  welche  ibnen  zunachst  lagen,  bedeckten  und  zum  Teil 
vollig  verschfltteten.    Von  der  Zeit  an  zogen  viele  von  der 
Insel  weg,  meist  nach  Hamburg  und  Altona,  unter  ihnen  sollen 
gerade  die  Wohlhabendsten  und  die  tiichtigsten  Seeleute  sich. 
befunden  haben.    Einen  volligen  Ruin  brachte   die  Franzosen- 
zeit.      Die    wohlhabenden    Einwohner    von    Borkum    hatten 
grosstenteils    ihre    Kapitalien    auf   Hauser    in    Hamburg    und 
Altona  eingetragen;  gerade  diese  Hauser  wurden  1813  bei  der 
Belagerung   Hamburgs   ruiniert;   andere,    welche  ihr   Geld    in 
Schiffsportionen  angelegt  hatten,   wurden  durch   Kaperei   und 
durch  die  Continentalsperre  zu  Grunde  gerichtet,   noch  andere 
batten  ihr  Eriibrigtes   in  holl&ndischen  Staatsobligationen  an- 
gelegt und  verloren  das  Ihrige  durch  die  mannigfaltigen  Mani- 
pulationen   im   hollandischen   Staatsschuldenwesen   der   bona- 
partischen  Zeit.    Was  sie  aber   auf  der   Insel   selbst   hatten. 
wurde  ruiniert  durch  Einquartierung  von  franzosischem  Militar 
und  Schanzarbeitern,  die  durch  Requisitionen  bei  den  Insulanern 
unterhalten  werden  sollten,  und  wenn  man  etwas  von  englischen 
Waren  oder  Gerat  bei  ihnen  fand,   das  sie  durch  Kauf  oder 
Erbschaft  besassen,  so  ward   es   unter   dem  Vorgeben,   es   sei 
„Contrebandea,  weggenommen,  als  wenn  die  verodete  Seefahrt 
sie  nicht  langst  brodlos  gemacht  hatte  und  unfahig,   Contre- 
bande  zu  kaufen.    Es  war  ein  Zustand  trostloser  Verarmung,. 
in  welchem  das  Eiland  aus  der  Franzosenzeit  hervorging;   im 
Frtthjahr  1818  berichtete  der  damalige  Pastor  ans  Consistoriumr 
„Wenn   die    Vorsehung    diesen  Winter  einen    strengen  Frost 
und    keine  HSLringe   gegeben    hatte,    so    waren    hier  mehrere 
Personen  vor  Hunger  gestorben.    Denn  es  giebt  hier  mehrere 
Familien,  die,  wie  mir  versichert  worden,  des  Morgens,  Mittaga 
und  Abends  nichts  als  Haringe  gegessen  haben,  und  im  jetzigea 

21* 


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—     324    — 

Augenblick  werden  Kohl,  Rtiben,  Wurzeln,  die  man,  urn  Samen 
zu  Ziehen,  in  der  Erde  gelassen  oder  gepflanzt  hat,  gestohlen, 
wie  auch  neulich  gesetzte  Kartoffeln  des  Nachts  aus  den 
Garten  wieder  aufgescharrt  und  geraubt,  wahrscheinlich  am 
den  Hunger  zu  stillen".  So  erging  ein  ganzes  Menschenalter 
hindurch  eine  Heimsuchung  nach  der  andern  tiber  das  Eiland, 
und  die  Umz&unungen  aus  Walfischrippen,  welche  eine  Zeit 
des  Wohlstandes  als  Denkmaler  seemannischer  Gefahren  und 
Erfolge  errichtet  hatte,  iiberschauten  die  verMeten  Garten  und 
Wiesen  schier  wie  Leichensteine  einen  Friedhof. 


[Zu  S.  317  Anm.  1.  Einige  bisher  unbenutzte  Notizen  uber  die 
Emder  Gronlandsfahrt,  die  zeitweise  von  mehreren  Kompagnien 
betrieben  sein  muss,  enthalt  das  „Entfancka-Buch  des  Gasthauses  von 
1637—1674: 

1646  August  9.  de  Hopman  Hessel  Budde  brenget  in  so  de 
rederen  van  deGroenlantsche  Compannij 
vnsen  armen  gegeven  hebben         ....  f .  50 

1648  Sept.  17.    Die  Participanten  der  „Groenlantsche 

Compagnie8  geben f .  50 

1656  Mai  6.  Q.(uartiermeister)  Hindrik  Luers  Brenget  in  soo 
die  Groenlantse  Compagnie  onsen  Armen 
vereeren  daer  Harmen  Hindriks  Kuper 
Commandeur  op  is f .  33.  7 

(Hier  ist  gewiss  eine  Kompagnie  gemeint,  die  sich  fur  nur  ein 
Schiff  gebildet  hatte.) 

1656  Mai  27.    Noch  heeft  die  Groenlantsche  Compagnie 

genaemt  die  Leu  we  onsen  Armen  vereert  .  f .  40 

1666  Aug.  6.  Ontfangen  van  een  Harpenier  van  de  Olde 
Groenlantse  Compagnie  onse  Armen  ver- 
eert       f.  a  7.  5 

1665  Aug.  12.     Olderman  Jan  Frericks  Brenget  in   soo    de 

Olde  groenlantse  Compagnie  onse  Armen 

vereeren f .  50 

1666  Jan.  27.    Olderman   Q.   Wolter   Dirks   Brenget   in    ont- 

fangen van  Cornellis  Davids  Holstein 
wegen  het  schip  die  Jonas  soo  op  Groenlant 
vaert  aen  onse  Armen  vereert        ....  f .  25 

(Aus  dem  Vorstellungskreise  eines  GrSnlandfahrers  entstammt  ge- 
wiss auch  das  schdne  alte  Relief,  das  den  aus  dem  Walfisch  ans 
Land  geworfenen  Jonas  darstellt,  an  dem  Hause  Gr.  Faldernstr. 
No.  42,  jetzt  abgebildet  in  der  Hafendenkschrift  S.  27.) 


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—    325    — 

1666  Febr.  17.     Olderman  Q.  Wolter  Dirks  Brenget  in  soo 

ontfangen  van  Peeter  Davids  Hoi  stein  soo 
haer  groenlantse  Compagnie  onse  Armen 
vereeret  van  her  jongste  Voyages       .       .       .  f.  60 

1657  Febr.  6.  Hop:  (Hopman)  Tooede  Reins  Brenget  in  soo 
ontfangen  van  Peeter  Davids  soo  haer 
groenlantse  Compagnie  onsen  Armen  ver- 
eert  hebben f .  36 

1657  Febr.  15.  Gelykfals  soo  de  groenlantse  Com- 
pagnie van  het  Schip  de  Jonas  onse  Armen 
vereert  hebben f .  20 

1667  April  10.    Noch  brenget  in  soo  de  Groenlantse  Com- 

pagnie   van    Harmen    Cuper    Commandeur 

onsen  Armen  vereert f .  30 

1657  April  18.  Lut:  Dirk  Garbrants  Brenget  in  soo  de 
Groenlantse  Comp.  van  Commandeur 
Jurgen  Cornellis  Backer  gegeuen  hebben    .  f.  20 

1668  Aug.  1.    Hop:  Tode  Reintzs  Brenget  in  soo  ontfangen 

van  de  Groenlantse  Comp.  van  Harmen 
Kuper  aen  onsen  Armen  vereert"         ...  f .  20 

Noch  brenget  in  soo  entfangen  van  de  Groen- 
lantse Comp.  van  de  Golden  Leuw  aen 
onsen  Armen f.  t& 

(Vielfach  erscheinen  in  dieser  Zeit  auch  einzelne  „Schippera 
(Kapitane)  mit  Gaben  von  10,  15,  16  Gulden  nach  „gedaene  groen- 
lantze  Reyse8.) 

1659  Sept.  4.     „Borrefelt  Brenget  in  soo  Harmen  Cupers 

Participanten  onfs  Armen  van  syne  Godt  loft 

gedhane  Gronling.  (!)  Reifse  vhorehret*  .  f.  17 

1660  Febr.5.  Die  ^Groenlantse  Compagnie  die  Jonas" 

giebt f .  27 

1660  Febr.  12.  Commandor  Petter  Tonnis  vrinden.. 
van  syn  Goedt  loft  gedhaene  Groenlantze 

Reifse f.  36 

1660  April  23.  Lut:  Dirk  Garbrantz  brenget  in  soo  Com- 
mandor   Petter    Tonnis    onfs    Armen     vdt 

Mildadicheit  vherehrt8 f.  2.  14 

1660  August  26.   Companij  van  Commandor  Abraham 

Harmens  van  zijn  Groenlantse  Reifse  .       .        f.  18.  18 

Herr  Generalsuperintendent  D.  Bartels  weist  ferner  auf  die  Nach- 
richten  in  derKleinen  „Chronyk  of  beknopt  verhaal"  etc.  hinter  dem  op- 
regten  Emder  Almanach  z.  B.  von  1809  hin: 

1643  is  de  Groenlandische  Compagnie  te  Emden  gestigt  | 
en  van  daar  de  eerste  Togt  op  de  Walvischvangst  gedaan. 


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—    326    — 

1657  den  9  &  10  August  Zyn  vier  Groenlandsvaarders  te 
Emden  binnen  gekoomen  |  Zijnde  de  vijf  overigen  |  die  van  de 
Compagnie  in  deezenJaare  waren  uitgerust  |  in  May  in'tYs  vergaan. 

1668.  In  August  zyn  tien  Emder  Groenlandsvaarders  wel- 
geladen  aldaar  gearriveert,  waaronder  Hopmann  Eli  as  Duifs  Schip 
met  tien  Vifsen  was. 

1660  denlSAugust  zyn  vyftien  Emder  Groenlandsvaarders 
aldaar  behouden  binnen  gekomen. 

(1705  in  de  Maand  Septbr:  is  er  een  Vloot  van  95  Hollandsche 
Groenlands  Vaarders  de  Eems  opgekomen  end  voor  Delfziel  ten 
Anker  gegaan.) 

1741  hebben  Krull  en  .  .  .  Wichman  te  Emden . .  .  Scheepsbouwery 
opgerigt  |  gelykwys  ook  d.'HnSecretaris  Haykens  een  Groenlands 
Vaarder  uitgerust  die  hem  in't  volgende  Jaar  6  Walvissen  binnen 
bragte  |  het  welk  te  Emden  in  veele  Jaaren  niet  gebeurt  was. 

1743  d.  7.  April  hadde  men  hier  te  Lande  een  sterken  N,  W.  Wind 
waarby  evenswel  geen  sonderlinge  echaade  voorviel als  dat  de  Groenlands 
Vaarder  van  de  Hr:  Secretaris  Heykens  onder  Borkum  op  strand 
kwam  te  sitten.  ' 

1755  Den  12  Aug.  kwam  aldaar  ook  binnen  het  Schip  |  de  Unie  | 
met  zeeven  Walvissen  van  Groenland. 

Ein  Sohn  des  obengenannten  Stadtsekretars  und  Rheders  Dr.  jur. 
MentetHaykens,  eines  planereichen  und  ausftihrungslustigen,  viel- 
seitigen  Mannes  (er  war  u.  a.  auch  Schriftsteller  und  Munzsammler  und 
stand  durch  Verwandtschaft  den  Harkenrohts  nahe),  der  1748  infolge 
eines  schlimmen  Prozesses  Emden  verlassen  musste,  spater  aber  ala 
„Pensionaris  des  collegie  des  landes  van  den  vryen*  (des  .Franc*  «u 
BrGgge)  in  den  Niederlanden  wieder  eine  nicht  unbedeutende  Rolle  spielte, 
war  der  Verfasser  der  dem  Emder  Magistrat  gewidmeten  ^Dissertatio 
juridica  inauguralis  de  Derelicto,  in  specie  de  navi  in  mari  glaciali 
naufragio  rupta,  a  vectoribus  abdicata  et  ab  alio  inventa*  (Frane- 
querae  1747),  Haico  Hay  ken  8,  Embda  Frisius  Orientalis.  Die  ausser 
der  Widmung  und  Gluckwunschgedichten  von  W.  F.  S.  von  Burmania, 
J.  G.  a  Burmania,  E.  a  Burmania,  seinem  Jugendfreunde  Johannes 
Wermelskircher,  S.  Nauta,  W.  Wyngaerd  und  C.  G.  Beuch  25  Quartseiten 
umfassende  Abhandlung  knupft  an  den  konkreten  Fall  an,  dass  ein  am 
31.  Mai  1745  mit  vielen  andern  bei  Gronland  verungiacktes  und  unter 
dem  81.  Grade  von  seinem  Kommandeur  (magister  navis)  mit  der  Mann- 
8chaft  verlassenes  Amsterdamer  Schiff  10  Tage  nachher  von  einem  Emder 
Kapitan  (a  Gubernatore  quodam  navis  Embdanae)  gefunden,  unter 
grosster  Gefahr  nach  der  Magdalenen-Bai  in  Gronland  geschleppt,  dort 
aii8geladen  und  die  Ladung  mit  einem  Teile  der  Schiffsausrflstong  nach 
Emden  gebracht  worden  war,  worauf  der  Amsterdamer  Rheder  (Patronos) 
bei  dem  Rheder  des  Emder  Gronlandfahrers  —  dem  Vater  des  Verfassers?  — 
auf  die  Halfte  der  geborgenen  Guter  Anspruch  erhoben  hatte. 


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—    327     — 

Ein  aus  der  alien  Emder  Kaufmanns-Familie  Bouman  herrfihrendes 
Oelgemalde,  das  einen  Emder  Grdnlandsfahrer  aus  der  Zeit  Friedrichs 
des  Gr.  darstellt,  wird  im  Hause  der  Frau  Kommerzienr.  Y.  Brons  (f  am 
2.  April  1902)  Terwahrt. 

Weiteres  uber  die  Emder  Grdnlandsfahrt  in  der  Hafendenkschrift, 
Erlauterungen  S.  16,  wo  manches  dem  Manuskripte  der  obigen  Mitteilungen 
entnommen  worden  ist.    Anm.  der  Red.] 


XI. 
Der  MQnzfund  bei  Norden1). 

Im  Mai  1900  wurde  auf  dem  Terrain  der  Norder  Eisen- 
hfltte  beim  Ausheben  einer  Baugrube  eine  12  cm  lange  kupferne, 
patronenfOrmige  RShre  mit  Deckel  gefunden,  welche  108  Silber- 
mflnzen2)  enthielt.  Unter  diesen  fanden  sich  14  Wittenpfennige 
von  Widzeld  torn  Brok,  sowie  ein  halber  Flindrich  von  Udo 
von  Norden.    Von 

Widzeld  torn  Brok  1381—1399 

war  bislang  nur  eine  kleine  SilbermOnze  bekannt,  die  ich  in 
einem  Convolut  neuerer  Munzen  bei  einem  Privatsammler  ent- 
deckte.  Das  Exemplar  ist  in  der  Zeitschrift  f.  Num.  VI.  S.  104 
beschrieben8). 

Nun  ist  durch  den  obigen  Fund  ein  neuer  Typus  hinzu- 
gekommen,  der  s&mmtlichen  14  Expl.  gemeinsam  ist;  die  Vorder- 
seite  zeigt  den  torn  Brok'schen  fusslosen  Adler,  die  Rilckseite 
ein  von  4  Kronen  umstelltes  Kreuz  im  Perlenkreise.  Es  sind 
drei  Stempelverschiedenheiten  vorhanden. 


»)  Zuerst  verSffentlicht  in  der  Zeitschrift  fur  Numismatik,  XXm.  Bd.t 
S.  67,  deren  Herausgeber  und  Verleger,  Herr  Dr.  Menadier  und  die 
Weidmannsche  Buchhandlung  in  Berlin,  uns  die  Munzabbildungen  freund* 
lichst  zor  Verfttgung  gestellt  haben. 

*)  Von  Philipp  IV  v.  Frankr.  34  Tournosen,  Ludwig  X  5  dgl.,  Philipp  V 
28  dgL,  Karl  IV  7  dgl.,  4  Stack  contremarkierte  bdhmische  Groschen,  von 
Wilhelm  von  JGlich  3  Tournosen,  Robert,  Herzog  v.  Bar  dgl.,  Johann  HI 
von  Sayn  1  dgl.,  sowie  je  1  Munze  v.  Diilken,  Bacharach,  Kiel,  Coblenzt 
Rimini,  Brabant,  Hennegau,  Mailand,  Anclam. 

*)  s.  auch  die  Munzen  Ostfr.  I.  Fig.  66. 


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328    — 


1)  *  WIDZALDI  t  KENISNA  Rechts  blickender  Adler 
ohne  Fiisse.  Rs.  tt1)  MONET  A  :  DE  :  BROCA  Kreuz  im  Perlen- 
kreise,  von  4  Kronen  umstellt.    (10  Expl.) 

2)  +  WIDZALDI  :  KENISNA  etc.  Rs.  *  MONETA  t  DE 
t  BROCA  etc.    (1  Expl.) 

3)  Vorders.  wie  2,  Riicks.  wie  1.    (3  Expl.) 

Interessant  sind  die  4  Kronen  in  den  Kreuzwinkeln.  Die 
Miinzen  Ritters  Ocko  I  haben  liber  den  Adlerfldgeln  Punkte 
oder  Sterne,  der  Adler  seines  Sohnes  Keno  tr&gt  in  dessen 
Siegel  eine  Krone  auf  dem  Kopfe,  auf  seinen  Miinzen  sind  die 
Kronen  durch  Flttgelansatze  angedeutet,  der  Bastard  Widzeld 
ist  der  erste.  welcher  die  Krone  im  freien  Felde  aufweist,  und 
Ocko  d.  Jtingere  endlich  fiihrt  sowohl  den  flagel-  als  den  kopf- 
gekrSnten  Adler  neben  der  freien  Krone  auf  seinen  Miinzen. 

Nach  dem  1391  erfolgten  Tode  seines  Vaters  war  Keno 
noch  minderj&hrig,  (iber  ihn  ftihrten  seine  Mutter,  die  quade 
Poelke,  sowie  der  illegitime  Spross  des  Hauses,  Widzeld,  die 
Vormundschaft.  Mit  letzterer  ging  bald  auch  die  Regentscbaft 
in  Widzeld's  Hande  liber.  1398  lasst  er  sich  die  v&terlichen 
Besitzungen  von  Herzog  Albrecht  v.  Baiern  zu  Lehn  tibertrag^i 
und  tritt  damit  nach  aussen  hin  in  die  Rechte  des  regierenden 
H&uptlings  von  Brokmerland  ein.  Mit  der  Uebernahme  der 
H^uptlingswiirde  iibte  er  auch  das  Mlinzrecht  aus,  hat  von 
demselben  jedoch  nur  kurze  Zeit  Gebrauch  machen  konnen, 
da  er  bereits  ein  halbes  Jahr  spater  in  der  Schlacht  bei 
Detern  fiel. 


«)  Die  Trennungszeichen  entsprechen  nicht  genau  dem  OriginaL 


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—    329    ^- 

Mit  den  Miinzen  des  Hauptlings 

Udo  von  Norden  1421—1433 

hat  uns  1877  der  Goldfund  zu  Nordoog  bekannt  gemacht.  Der- 
selbe  enthielt  13  Goldgulden  Udo's  in  5  verschiedenen  Pragungen. 
Silbermiinzen  waren  bis  dahin  von  ihm  nicht  vorhanden.  Der 
erste  halbe  Flindrich,  welcher  zu  Tage  trat,  fand  sich  1898  in 
dem  Btickener  Funde1).  Dieselbe  Mtinze  war  in  dem  Norder 
Funde  vertreten.  sie  misst  wie  jene  24  mm  im  Purchmesser, 
hat  aber  ein  Gewicht  von  9,45  gr.  (!).  Wir  haben  also  offen- 
bar  hier  das  Probe-Pr&gsttick  des  halben  Flindrichs  vor  uns. 


*  VDONIS  ♦  CAPITALIS  #  IN*  NORDA  LowenschUd  im 
Vierpass.  Rs.  *  MONE  -  TA  ♦  NO  -  VA  ♦  NO  -  RDENS1  durchlaufendes 
befusstes  Kreuz,  von  den  Norder  Sternen  umstellt. 

Das  Gepr&ge  ist  vorziiglich  erhalten,  der  Typus  der  Vorder- 
seite  ahnlich  den  Ritter-Goldgulden  Udo's2). 

Udo  war  der  Sohn  des  Mormerlander  Hftuptlings  Focko 
Ukena.  Er  kam  in  den  Besitz  des  Norderlandes  durch  seine 
Heirat  mit  Hymba,  einer  Tochter  aus  dem  alten  Norder  Ge- 
schlechte  der  Itzinga^,  und  ftlhrt  von  diesem  Augenblicke  an 
den  Titel  eines  Hauptlings  von  Norden.  Als  solcher  kommt 
er  jedoch  voriaufig  neben  seinem  machtigen  Vater  wenig  oder 
garnicht  zur  Geltung.  Erst  mit  dem  Jahre  1427  tritt  er  selb- 
standig  als  „Ude  to  Norden  hovetling"  in  die  Reihe  der  tibrigen 
Regenten  ein8).  Die  Pragung  der  Mftnzen  ist  demnach  wohl 
in  die  letzte  Halfte  seiner  Regierungszeit  zu  verlegen. 

Tergast. 


«)  Beschrieben  von  Heye  im  Num.  sphrag.  Anz.  No.  12. 
*)  Die  Mftnzen  Ostfr.  I,  Fig.  76. 
*)  Ostfr.  Urk.-Buch  No.  348. 


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—    330    — 

XII. 
Der  Name  der  Klunderburg  in  Emden1). 

Von  Sanit&tsrat  Dr.  Lohmeyer  in  Emden. 

Schon  Sfters  fiel  es  mir  beim  Lesen  historischer  und 
sprachwissenschaftlicher  Werke,  sowie  bei  anderen  Gelegen- 
heiten  auf,  dass  das  Wort  ^Klunderburg*  bislang  keine  zu- 
treffende  Erkl&rung  fand.  So  erkl&rt  Stttrenburg  in  seinem  ost- 
friesischen  Wflrterbuche  die  Klunderburg  als  eine  Burg,  deren 
Name  mit  dem  Worte  „klundern*  in  einer  nicht  zu  ermitteln- 
den  Verbindung  steht;  —  so  bringt  auch  ten  Doornkaat-Koolman 
in  seinem  WOrterbuche  der  ostfriesischen  Sprache  dieses  Wort 
mit  dem  Worte  „klundern*  in  Verbindung,  weil  es  nach  einem 
frOheren  Volksglauben  in  derselben  „spuke  und  poltere",  — 
oder  weil  wegen  der  weitl&ufigen  Bauart  und  vielen  langen 
Gftnge  und  Korridore  in  derselben  jedes  Ger&usch  und  jeder 
Tritt  oder  Stoss  nachhalle  und  ein  weithin  hallendes  Ger&usch 
oder  Gepolter  verursache;  —  und  endlich  ist  in  Emden  noch 
eine  den  Namen  „Klunderburgtf  betreffende  Sage  g&ngig.  Nach 
dieser  sollen  zwei  Frftulein  Knyphausen  die  Burg  erbaut  haben. 
Da  der  grossartige  Bau  viel  Geld  kostete,  soil  man  sie  gefragt 
haben,  ob  sie  auch  die  zur  Vollendung  des  Baues  erforderlichen 
Mittel  bes&ssen.  Schweigend  h&tten  sie  dann  eine  Kiste  ge- 
holt,  diese  geschttttelt  und  dann  gesagt:  „ett  kluntert  noch: 
t'sall  wall  langen  !a  Hiernach  wftre  die  Burg  ,die  Klunder- 
burg* benannt. 

Dass  diese  und  andere  Erkl&rungen  nicht  zutreffend,  viel- 
mehr  gezwungen  und  weit  hergeholt  sind,  ist  bei  unbefangener 
Erw&gung  nicht  unschwer  zu  ermessen.  Schon  der  Umstand 
berechtigt  zum  Zweifel  an  der  Richtigkeit  obiger  Erkl&rungen, 
dass  das  hochdeutsche  Wort  „spuken<  im  ostfriesischen  Piatt 
nicht  „klunterna,  sondern  nspeukena,  nsp6kena,  heisst  und  ,klun- 
terna  dort  niemals  im  Sinne  von  wspukena  gebraucht  wird.— 

Auch  Houtrouw  halt  die  g&ngigen  und  gelaufigen  Er- 
klSrungen  des  Wortes  wKlunderburga  wohl  nicht  far  aus- 
reichend,  denn  in  seinem  Werke  „Ostfrieslanda  Bd.  I  p.  41  sagt 
er:  „Woher  der  Name  nwKlunderburgaa  (klundern,  polteror 
larmen),  mag  hier  unerSrtert  bleibena. 

0  Zur  Geschichte  der  Klunderburg  vgl.  oben  S.  203  f. 


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—    331    — 

Dass  die  Altertums-  und  Sprachforscher  eine  ausreichende 
und  zutreffende  Erkl&rung  nicht  fanden,  ist  vielleicht  durch 
den  Umstand  begrfindet,  dass  ihnen  das  in  ihren  Worterbachern 
nicht  vorkommende  Wort  „Kluntera  entging;  —  entging,  weil 
dieses  in  der  KrummhOrn  allgemein  bekannte  Wort  in  Norder-, 
Broekmer-  und  Auricher-Land  und  anderen  Teilen  Ostfrieslands 
nicht  gebrauchlich  ist  oder  gebr&uchlich  war. 

Das  Wort  „Kluntera  h&ngt  mit  dem  Worte  „klunteriga, 
„kluntergtf,  klobig,  klotzig,  plump,  unformlich,  zusammen, 
welches  gar  nicht  selten  mit  dem  Worte  „Steina  in  Verbindung 
gebracht  wird:  „klunterige*  Steine  sind  plumpe,  unfGrmliche 
Steine,  und  das  Wort  „Kluntersa  bezeichnet  also  die  klobigen,1 
klotzigen,  plumpen  Steine,  aus  welchen  in  alten  Zeiten  Burgen, 
Kirchen  etc.  hergestellt  wurden  und  welche  noch  jetzt  allerorten 
in  Ostfriesland  anzutreffen  sind.  Eine  Klunderburg  ist  mithin 
eine  aus  Kluntern  erbaute  Burg.  Urspriinglich  mag  dieses 
Wort  auch  „Klunterburgtf  geschrieben  und  gesprochen  sein,  bis 
durch  Umwandlung  des  „ta  in  „dtf  durch  den  jetzigen  Sprach- 
gebrauch  das  jetzige  Klunderborg  entstand.  Wird  dieses  fest- 
gehalten,  dann  ist  Klunderburg  gleichbedeutend  mit  Steinhaus, 
nur  mit  dem  Unterschied,  dass  im  ersteren  Wort  die  Form 
und  Art  der  Steine  hervorgehoben  ist.  Entsprechende  Wort- 
bildungen  sind  z.  B.  Marmor-Palais  =  marmorsteinernes  Palais, 
Steinhaus  =  steinernes  Haus ;  Klinkerstrasse  =  klinkersteinerne 
Strasse  usw. 

In  Larrelt  werden  noch  einige  H&usser,  welche  nordw&rts 
vom  Deiche  und  ostw&rts  vom  Orte  liegen,  „de  Klunderb6rga 
genannt.  Es  ist  dies  die  Stelle,  auf  welcher  Enno  in.  1602 
eine  Burg  (aus  Klunders)  und  ein  Lager  errichtete.  Reste  von 
ihr  sollen,  wie  mir  ein  Augenzeuge  berichtete,  noch  vor  der 
letzten  Flut  und  unmittelbar  an  dem  damals  vorhandenen 
Deich  gestanden  haben.  —  Houtrouw  giebt  1.  c.  an,  dass  diese 
Burg  stldw&rts  von  Larrelt  und  an  dem  nach  Logumer-Vorwerk 
f&hrenden  Wege  gestanden  h&tte.  Dieses  dtirfte  wohl  nicht 
zutreffend  sein,  denn  das  dort  gelegene  Haus  heisst  jetzt 
„Hoek  van  Loguma.  Eine  dritte  allerdings  sUdlich  von  Larrelt 
gelegene  Burg  ist  mit  einem  Teile  Larrelts  (Judenstrasse  etc.) 
in  den  Dollart  versunken.  — 


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—    332    — 

XIII. 
Zur  ostfriesischen  Glockenkunde. 

I. 

Die  grossere  der  beiden  Glocken  zu  Nortmoor  hat  ausser 
der  bis  jetzt  bekannten  Inschrift :  Maria  ik  hete,  dat  kasspel 
to  Nortmoor  het  mi  Iaten  gheten.  Anno  mccccc  unde  IX,  noch 
folgende  Inschrift  mit  kleineren  Buchstaben  unter  der  ersten: 

rebertrs  +  weiarde  +  onniko  +  vockna  +  herr  +  toodena  •  memmo 

•  habena  •  iurian  •  adrien  •  bastiaen  •  bertolt  •  klinge  •  mi  • 

goeten  •  haet  •  goet  •  geve  •  siner  •  seilen  •  raet  • 

Aus  dieser  Inschrift  ist  eine  Erganzung  der  bis  jetzt  fiber 
die  Glockengiesserfamilie  der  Klinges  bekannten  Nachrichten,  wie 
sie  Grotefend  im  Ostfr.  Monatsbl.  Jahrg.  1878  S.  53  ff.  gegeben 
hat,  zu  entnehmen.  Wenn  man  die  dem  Namen  Klinge  voran- 
gehenden  vier  Namen  vergleicht  mit  den  auf  der  fruheren  Fonte 
von  Canum  vom  Jahre  1506  angegebenen,  die  Harkenroht  CLber- 
liefert  hat  in  der  Form:  „ Jasper  Malghgher,  Ghurian,  Adrian 
Ba  .  .  .  Bartolt  Klinghe  de  mi  gaten  hata,  so  ist  nicht  zu  ver- 
kennen,  dass  dem  bekannten  Namen  Bertolt  Klinge  hier  wie 
auf  der  Glocke  von  Nortmoor  drei  Namen  vorhergehen :  „  Jurian 
(Jtirgen?),  Adrian,  Bastian",  die  als  weitere  Vornamen  des 
Giessers  in  Anspruch  genommen  werden  mussen. 

Ich   vermute,    dass    diese   beiden   Inschriften    auf  einen 
jtingeren  Klinge  hinweisen,  der  sich  mit  seinem  vollen  Tauf- 
namen  bezeichnet  hat,  um  sich  zu  unterscheiden  von  dem  immer 
einfach   Bertolt   Klinge   bezeichneten  Meister,    von  dem  nach 
Grotefend   Glocken    aus   den  Jahren   1472 — 92    bekannt  sindL 
Nach  der  von  Houtrouw  (Ostfriesland  I  S.  248)  angegebenen  In- 
schrift ist  aber  auch  noch  eine  Glocke  vom  Jahre  1509,  namlich 
die  zu  Kirchborgum,   von  Bartolt  Klinge   gegossen.   —  Ausge- 
schlossen  ist  nicht,  dass  der  Meister  Bartolt  Klinge  in  den  beiden 
Gusswerken   zu   Canum  und   zu  Nortmoor  seinen  Namen  ab- 
weichend  von  seiner  sonstigen  Gewohnheit  vollstandig  angegeben 
hat.   Jedenfalls  ist  die  Deutung  der  Namen  als  Heiligennamen 
ausgeschlossen,  welche  Grotefend  S.  65  und  Houtrouw  I S.  444, 
der  Ba  .  .  .  zu  Balthasar  erganzt,  angenommen  haben. 


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—    333    — 

An  der  Vorder-  und  Rtickseite  tragt  die  Glocke  je  ein 
Relief:  1.  Maria  mit  dem  Jesuskind  auf  dem  Arm,  neben  ihr 
der  gepanzerte  Georg,  den  Drachen  tStend,  und  2.  Christus  am 
Kreuz  mit  Maria  und  Johannes  rechts  und  links  vom  Kreuz, 
letzterer  durch  ein  Buch  im  Arm  als  Evangelist  charakterisiert, 
iiber  dem  Kreuz  die  Buchstaben:   i  n  r  i  . 

II. 

Die  kleinere  Glocke  zu  Nortmoor  ist  an  ihrer  Vorderseite 
bezeichnet  mit  einem  grossen  aus  zarten  Doppellinien  gebildeten 
Monogramm  in  der  Form  eines  stilisiert  gezeichneten  A  mit 
einem  kleinen  Kreuz  auf  dem  A  stehend  und  einem  an  dem 
Querstrich  des  A  Mngend. 

Friedlaender  giebt  im  Jahrbuch  I  Heft  2  als  Marke  auf 
einer  Glocke  zu  Westerhusen  das  Zeichen  J  an  und  verweist 
auf  die  Hausmarke  des  Peter  von  Kampen  zu  Emden,  die  auch 
ein  A  mit  daraufstehendem  Kreuz,  aber  ohne  Querbalken  auf- 
weist,  indem  er  eine  Beziehung  zu  der  Glockengiesserfamilie 
der  Wou  de  Campis  vermutet. 

Nach  dem  Monogramm  auf  der  Glocke  zu  Nortmoor 
mochte  sich  vielleicht  auch  der  Querbalken  auf  der  Marke  der 
Glocke  zu  Westerhusen  als  durch  besondere  Zeichnung  des  A 
hervorgerufen  erweisen  (cf.  das  A  im  Monogramm  von  Albrecht 
Dflrer)  und  die  Aehnlichkeit  der  Marke  mit  der  Peters  von 
Kampen  dadurch  zur  Identit&t  erhoben  werden.  Oder  findet 
sich  auch  dort  das  an  dem  Querstrich  des  A  angehangte  Kreuz, 
wie  in  Nortmoor? 

An  dem  unteren  Rande  hat  diese  Glocke  noch  ein  kleines 
Zeichen,  einen  Doppelwinkel,  der  mit  einem  vorniibergeneigten 
grossen  lateinischen  Z  am  einfachsten  bezeichnet  wird.  Eine 
Buchstabenform  liegt  aber  diesem  Zeichen  nicht  zu  Grunde. 
Im  Uebrigen  ist  die  Glocke  ohne  jede  Inschrift. 

Nortmoor.  F  r  e  r  i  c  h  s. 


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—    334    — 

XIV. 
Ueber  die  Familie  von  Hoen. 

Im  Anschluss  an  die  im  vorigen  Jahrbuch  S.  244  ff.  be- 
findlichen  Nachrichten  iiber  die  Familie  von  Hoen  mache  ich 
die  Mitteilung,  dass  diese  Familie  auf  der  Munkeburg  in  Nort- 
moor  ansassig  war.  Das  im  Jahrbuch  abgebildete  Wappen 
befindet  sich  auch  an  der  Kanzel  zu  Nortmoor  vom  Jahre  1652. 
Ueber  demselben  sind  die  Buchstaben  eingeschnitten:  E.  V.  E 
C.  M.  V.  D.  D.  d.  i.  Eylart  von  Hoen  Christina  Margaretha  von 
der  Decken.  —  Aus  den  Kirchenbiichern  von  Nortmoor  sind 
iiber  diese  Familie  noch  mehrere  Nachrichten  zu  entnehmen. 
Danach  ist  Ewo  von  Hoen  um  1632  verstorben.  Seine  Sohne 
sind  Jiirgen  und  Eilart.  Letzterer  wohnte  hier  und  war  zuerst 
mit  Kunegunde  von  Rhinen  (sie  lebte  noch  am  2.  Febr.  1650) 
und  in  zweiter  Ehe  mit  Christina  Margaretha  von  der  Decken 
f  27.  Oct.  1671  verheiratet.  Er  starb  als  Major  zu  Stickhausen 
am  8.  Aug.  1679.  —  Seine  Kinder  sind  Ewo  Friedrich  von  Hoen 
geb.  im  Marz  1650  und  Katharina  Elisabeth  geb.  um  1656, 
f  13.  Juni  1716  als  verwitwete  von  Weyhe.  Ewo  Friedrich 
wurde  getraut  am  3.  Nov.  1698  mit  dem  Fr&ulein  Christina 
Sophia  Dorothea  von  Kettenbergen  (oder  Kettenburg).  Die 
Kinder  aus  dieser  Ehe  starben  sammtlich  jung.  Ewo  Friedrich 
starb  am  23.  Mai  1708.  —  Sein  Nachfolger  auf  der  Munkeburg 
war  Eylard  Christian  von  Hoen,  der  sich  1718  mit  Anna  Maria 
de  Borg  (oder  Bernhards)  verheiratete.  Als  Kinder  aus  dieser 
Ehe  werden  ausser  zwei  jung  verstorbenen  Sohnen  angegeben: 
Friedrich  Christian  geb.  12.  April  1718  und  Anna  Sophia 
Christina  geb.  20.  Mai  1721.  Eylard  Christian  von  Hoen  starb 
im  November  1728. 

Die  Munkeburg  ging  um  1735  in  den  Besitz  der  Familie 
von  Schatteburg  iiber,  und  von  da  an  sind  Nachrichten  fiber 
die  Familie  von  Hoen  hier  nicht  mehr  vorhanden. 

Nach  der  von  Herquet  (Miscellen  S.  177  f.)  angegebenen 
Jagdconcession  ist  schon  der  beriihmte  Leerorter  Drost  Jiirgen 
von  Hoen  1534  Besitzer  des  Hauses  Munkeburg  gewesen. 
Herquet  nimmt  dort  irrtiimlich  die  Miinkeburg  bei  Oldersum 
an,  wogegen  schon  der  Tenor  der  Concession:    „  under  Nort- 


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—    335    — 

moormer  und  Holtlander  Klockenschlag  tho  jagen"  streitet.1) 
Der  Tradition  und  dem  Namen  nach  ist  das  Gut  vorher  ein 
Klostergut  gewesen  (wahrscheinlich  zu  Barthe  gehorig),  und  es 
wird  dort  die  nach  Ubbo  Emmius  und  Beninga  im  Jahre  1558 
vom  Grafen  abgebrochene  Kapelle  up  Noortmoer  gestanden 
haben.  (Der  Druckfehler  Grelle  bei  Beninga  S.  849  (Quartausg. 
v.  1723)  ist  nach  Ubbo  Emmius,  der  sacellum  schreibt,  in 
Kapelle  zu  verbessern.)  Der  Leerorter  Drost  hat  offenbar,  wie 
andere  grafliche  Beamte,  Gelegenheit  gehabt  und  benutzt,  in 
den  Besitz  des  eingezogenen  Klosterguts  zu  kommen.  Die  1826 
abgebrochene  Burg  soil  1550  erbaut  gewesen  sein. 

Die  freie  Jagd  unter  Nortmoormer  und  Holtlander  Glocken- 
schlag  ist  tibrigens  nach  einem  gewonnenen  und  rechtskr&ftigen 
Urteil  de  dato  Aurich  den  10.  Nov.  1810  als  Gutsgerechtigkeit 
behauptet  und  erst  in  Folge  der  Gesetzgebung  des  Jahres  1848 
abgelost  worden. 

Nortmoor.  F  r  e  r  i  c  h  s. 


*)  auch  8pricht  er  S.  232  selbst  von  der  Jagdgerechtigkeit  der  von 
loen  im  Amte  Stickhausen. 


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Siegel  der  Stadt  Emden. 

Tafel  I 

Fig.  1                                                           Fig.  2 

1127                                                                1438 

:                                                 Fig.  3 

:                                                         1442 

Fig.  4                                                   Fig.  5 

1504                                                        1631 

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Siegel  der  Stadt  Emden. 


Tafel  II 


Fig.  1 
1568 


Fig.  3 
19.  Jahrhundert 


Fig.  4 
1899 


Fig.  2 
Ende  des  17.  Jahrhunderts. 


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Tap.nr 


WAPPEN  DER  STADT  EMDEN 


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—    337    — 

XV. 
Studi&n  in  Nederlandsche  Namenkunde 

door  Johan  Winkler. 
Haarlem,  bei  H.  D.  Tjeenk  Willink  &  Zoon.    1900. 

Mit  diesem  Buche  hat  der  Verfasser,  der  bewahrte  Freund 
unserer  Gesellschaft,  unsere  Blicherei  in  sehr  angenehmer  Weise 
bereichert,  wie  dies  schon  oft  vorher  mit  andern  Erzeugnissen 
seines  rastlosen  Gelehrtenfleisses  geschah. 

Man  hat  bei  Winkler  einen  grossen  Vorteil,  das  ist  der, 
dass  alles,  was  er  giebt,  auf  griindlicher  eigener  Forschung  be- 
ruht  und  mit  der  grossten  Gewissenhaftigkeit  behandelt  worden 
ist.  Man  kann  sich  demgemass  dern  Genusse  des  Geboteneji  mit 
Ruhe  widmen  und  gewinnt  umsomehr  Freude  an  diesen,  an  sich 
ja  nicht  leicht  zu  behandelnden  Stoffen,  als  der  Verfasser  dabei 
noch  iiber  eine  so  anziehende  Art  der  Darstellung  verfugt,  dass 
sie,  audi  abgesehen  von  dem  wissenschaftlichen  Inhalte,  den 
Leser  in  angenehmer  Angeregtheit  halt.  Der  Verfasser  hat  sein 
vorziigliches  Erzablertalent  frtiher  schon  einmal  (1876)  selbst- 
standig  in  „Vier  verhalen  uit  Friesland"  wirken  lassen.  Hier 
tritt  es  gleich  in  den  ersten  der  sieben  Abhandlungen,  die  das 
Buch  umfasst,  „Spotnamen  van  steden  en  dorpen"  an  ver- 
schiedenen  Stellen  wieder  hervor ;  so  namentlich  wo  er  erzahlt, 
wie  die  Einwohner  von  Leeuwarden  zu  dem  Spottnamen 
„Galgelapperstf  (Galgenflicker)  und  die  von  Dokkum  zu  dem 
aGarnaten"  gekommen  sind.  Die  iiber  den  Leeuwarder  Galgen 
mitgeteilte  kleine  Schilderung  ruft  dem  Leser  lebhaft  in  die 
Erinnerung  zunick  einen  ausserst  interessanten  Aufsatz  des 
Verfassers,  der  seine  Jugenderinnerungen  aus  Leeuwarden  be- 
handelt „Herinneringen  uit  den  tijd  der  lijfstraffelijke  rechts- 
pleging".  Man  gewahrt  daraus  so  recht  den  gewaltigen  Urn- 
schwung  unserer  Kulturverhaltnisse,  namentlich  mit  Beziehung 
auf  das  offentliche  Strafverfahren. 

Der  Verfasser  versteht  unter  Niederlandisch  im  Titel 
seines  Buches  alles,  was  zum  Niederdeutschen  im  sprachlichen 
Sinne  tiberhaupt  gehftrt,  also  das  Plattdeutsche,  das  Friesische, 

Jahrbuch  dor  Ooaellsch.  f.  b.  K.  n.  vatorl.  Altortttraor  ra  Emdon,  Bd.  XIV.  22 


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—    338    — 

das  Niederl&ndische  und  das  Vl&mische.  Er  betont.  dass  ihm 
als  Westfriesen  die  westfriesischen  Spottnamen  am  besten  be- 
kannt  seien  und  dass  sie  daher  auch  den  Hauptstoff  zu  diesem 
ersten  Aufsatze  seines  Buches  lieferten,  er  bemerkt  aber  dabei, 
dass  abgesehen  davon,  die  Westfriesen  und  neben  ihnen  die 
Vl&minger  sich  ihrer  am  meisten  bedienten.  In  Ostfriesland 
seien  ihrer  weniger  zu  fin  den;  die  er  kennt,  teilt  er  rait:  z.  B 
De  Potschieters  van  Emden,  De  Klokkedijven  van  Carolines 
siel,  De  Voolenvangers  van  Hooksiel,  De  Poggen  van  Aurich, 
De  Bokhexen  van  Thunum,  De  Fleuters  van  Negenbargen.  Mil 
Beziehung  auf  den  Emder  Spottnamen  fiihrt  er  folgendes  Ge- 
sprach  aus  „De  Spaansche  Brabander"  des  beriihmten  Lustspiel- 
dichters  G.  A.  Brederoo  aus  dem  Anfange  des  17ten  Jahr- 
hunderts  an: 

Gerolimo:  Van  waar  syde  ghy? 

Robbeknol:  Van  waar?  Van  Embden,  God  bettert. 

Gerolimo:   Ho,  ho,  een  Embder  potschijter.     Wei  zemers. 
dat  komt  snel. 

Robbeknol :   Ja,  ja,   praet  jy  wat,   d'  Amsterdammers  en 
Brabanders  kennen't  oock  wel1). 

Der  zweite  Aufsatz,  „Nederlandsche  Namen  in  Frankrijk8, 
ist  so  recht  dem  germanischen  Vollgefuhle  des  Verfassers  ent- 
sprungen  und  zugleich  inhaltlich  ausserordentlich  anziehend. 
Erdreichkunde  (um  hier  das  treffende  niederlandische  Wort  fifr 
Geographie  wortlich  wiederzugeben),  Volkerkunde,  Sprachkunde 
sind  Lieblingswissenschaften  der  Germanen,  sagt  er ;  die  Ro- 
manischen  Volker  beschaftigen  sich  mit  ihnen  wenig.  Daher  auch 
ihre  oft  grundfalschen  Ansichten  auf  diesen  Gebieten.  Daher  auch 
die  vielen  Vorurteile  und  falschen  Ansichten  der  Franzosen  z.  B. 
mit  Beziehung  auf  die  ursprtinglich  germanischen  und  gliicklicher- 
weise  zum  grossen  deutschen  Vaterlande  zuriickgekehrten  Lander 
Elsass  und  Lothringen  und  auf  alles,  was  damit  zusaramen- 
hangt.  So  bilden  sie  sich  auch  vielfach  ein,  Frankreich,  Land 
und  Volk,  sei  ein  Ganzes,  franzosisch  durch  und  durch,  wie 
Paris;  ja  selbst  noch  mancher  Gau  ausserhalb  der  politischen 
Grenzen  Frankreichs  gehore  nach  Ursprung  und  Recht  zu 
letzterem,    z.  B.    das    wallonische    Belgien,   ja   vielleicht  das 


')  Ueber  diesen  Spottnamen  der  Emder  vgl.  u.  S.  348. 


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—    339    — 

vISmische  dazu  und  die  franz6sischsprechenden  Schweizer  Can- 
tone,  um  von  Savoyen,  Nizza  und  Corsica  zu  geschweigen,  die 
schon  (von  v61kerrechtlichem,  erdreichkundigem  und  geschichts- 
kundigem  Standpunkte  widerrechtlich)  Frankreich  einverleibt 
worden  sind.  Wer  auch  nur  die  Anfangsgriinde  der  genannten 
drei  Wissenschaften  kennt,  weiss,  dass  es  sich  gerade  um- 
gekehrt  verhalt,  dass  das  franzosische  Volk  aus  den  ver- 
schiedensten,  keinesweges  durchweg  urspriinglich  verwandten 
Bestandteilen  zusammengesetzt  ist:  aus  Germanen  nieder- 
und  hochdeutschen  Ursprungs,  Skandinaviern,  Galliern,  Kelten, 
Basken  usw.  Das  weiss  der  Sprachkundige  aus  der  geaichten 
franzosischen  Biichersprache,  noch  mehr  aus  der  Sprechweise 
des  Volks  in  den  verschiedenen  Gegenden  Frankreichs  that- 
sachlich  nachzuweisen,  der  Volkerkundige  aus  den  Eigenttimlich- 
keiten  der  Bewohner  der  verschiedenen  Landesteile.  In  der 
That  bei  dera  Gelehrten  oder  dem  auch  nur  aufmerksamen 
Beobachter  kann  weder  von  einer  in  sich  abgerundeten  Sprache 
noch  von  einem  gleichmassigen  Volkswesen  durch  ganz  Frank- 
reich die  Rede  sein. 

Eine  der  sichersten  Wegweisungen  nach  dieser  Richtung 
hin  liegt  in  den  Namen  der  Stadte,  Dorfer,  Weiler,  Hofe, 
Felder,  Huge],  Flusse,  Wasserlaufe  usw.  vl&mischen,  nieder- 
deutschen,  burgundischen,  rheinisch-fr&nkischen,  allemannischen, 
gothischen,  nordischen,  keltischen,  arabischen  Ursprungs.  Es 
handelt  sich  nur  darum,  sie  aus  der  franzosischen  Ver- 
basterung  herauszusch&len.  Dies  Feld  ist  so  dankbar  fiir  den 
Forscher,  wie  es  gross  ist.  Den  Germanen  wird  es  nattirlich 
vorzugsweise  treiben,  germanischen  Spuren  nachzugehen,  zumal 
der  Umfang  des  Stoffs  doch  zu  einer  Arbeitsteilung  zwingt. 
Dass  Franzosisch-Flandern,  wo  die  niederdeutsche  Sprache  noch 
heutzutage  lebendig  ist,  mit  Diinkirchen,  Hazebrouck,  Greve- 
lingen  usw.  germanisches  Land  und  Volk  ist,  liegt  auf  der 
Hand.  Der  Verfasser  will  sich  dabei  denn  auch  nicht  auf- 
halten,  er  geht  gleich  einen  Schritt  weiter  nach  Artesien 
(Artois)  mit  den  Stadten  Kales  (Calais),  Boonen  (Boulogne- 
sur-Mer),  wo  die  einst  vlamische  Volkssprache  schon  bis  auf 
einige  Reste  im  Osten  durch  das  „anmassendea  FranzSsische . 
verdrangt  ist.  Doch  weist  die  ftanzSsiche  Volkssprache  in 
Artesien  noch  zahlreiche   Spuren   des   Vl&mischen   auf.     Vor 

22* 


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—    340    — 

allera  aber  stehen  die  Ortsnamen  des  Landes  da,  alsWahr- 
zeichen  des  Germanentums  seiner  Bewohner.  Da  sind  zunachst 
einige  Ortsnamen  in  der  heutigen  officiellen  Schreibweise;  sie 
zeigen  schon  m.  o.  w.  franzdsische  Beeinflussung. 

1.  Ricmaringhen,  Andinghen,  Hervelinghen  usw.  Es  sind 
einfache  Vaternamen  (patronymica)  im  Ortsfall  (locativns). 
Das  altgermanische  h  ist  geblieben. 

2.  Bonningues,  Peuplingue,  Bessingue.  Diese  sind  nichts 
anderes  als  die  ersteren,  nur  mehr  franzosisiert. 

3.  Lottinghem,  Trelinghem,  Tatinghem  usw.  Dies  sind 
Abstammungsnamen  mit  der  Beifuge  hem  =  heim  der  Hocb- 
deutschen,  hiem  der  Friesen,  heem  der  Nord-Niederlander,  home 
der  Engl&nder,  hjem  der  Norweger  und  D&nen.  Eine  lateinische 
Urkunde  aus  dem  7ten  Jahrhundert  weist  dies  klar  nach: 
Tatingham  heisst  dort  Tatinga  villa,  der  Wohnplatz  dei 
Tatingen;  ing  (S&chsisch  ink,  Friesisch  inga)  bezeichnet  die 
Abstammung.  Diese  Form  ist  uralt  germanisch.  Weiter 
kommen  in  Artesien  noch  germanische  Ortsnamen  mit  an- 
gehangtem  tun  oder  thun  u.  a.  Anhangen  vor,  z.  B.  Warinc- 
thun,  Alincthun,  Olinctun.  Dies  thun  ist  das  hochdeutsche 
Zaun.  Im  HoMndischen  und  im  Plattdeutschen  bedeutet  heut- 
zutage  tuin,  tune  zwar  Garten,  die  urspriingliche  Bedeutung 
ist  vom  Umhegenden  auf  das  Umhegte  iibergegangen :  allein  hie 
und  da  ist  die  erstere  noch  erhalten,  so  z.  B.  in  unserm  ost- 
friesischen  Volksreim 

Aleit, 

De  wind,  dij  wait, 

De  molen  drait, 

De  vos  sit  up  de  tune. 
Im  benachbarten  England  hat  sich  dieselbe  Uebertragung 
in  etwas  anderer  Weise  vollzogen:  aus  obigem  tun,  thun  ist 
ton,  town  geworden.  Diese  Ortsnamen  mit  tun,  thun,  ton  am 
Ende  sind  zahlreich  in  Artesien  (dem  friiher  s.  g.  litus  saxoni- 
cum)  und  dem  benachbarten  England.  Sie  machten  in  der 
That-  bei  den  Angel-Sachsen  etwa  l/B  aller  Ortsnamen  aus. 
Bei  den  Germanen  in  den  alten  Sitzen  der  Angelsachsen  in 
Deutschland  und  den  Niederlanden  suchen  wir  sie  aber  fast 
vergebens.  Der  Verfasser  schliesst  daraus  auf  eine  n&here  Bluts- 
verwandtschaft  zwischen  den  Sachsen  in  Artesien  und  England 


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—     341     — 

Weiter  macht   er  darauf  atifmerksam,    dass   in    diesen   Orts- 
bezeichnungen  die  Abstammungsendung  ink  lautet,   in  denen 
auf  hen  und  hem  aber  ing.    Nun  ist  ink  die  s&chsische  Form, 
ing  die  frankische,  wie  inga  die  friesische.    Es  liegt,  nach  dem 
Verfasser,  also  nahe   anzunehmen,   dass   die  in   Artesien   ein- 
gewanderten  Germanen    einerseits   Sachsen   und   andererseits 
Franken  oder  Friesen  gewesen  sind.     Dass  die  tun-  und  hem- 
Namen  sowohl  in  Artesien  wie  in  England  durch-  und  neben, 
einander  vorkommen,  ist  nicht  verwunderlich,  wissen  wir  doch, 
dass  die   Eroberer   Englands    sich    aus   Schw&rmen   Sachsen, 
Angeln,    Jtiten    (oder   Nordfriesen)    und    Friesen    zusammen- 
setzten.    Die  genaue  Uebereinstimmung  vieler  der  aus  Patro- 
nymiken  gebildeten  Ortsnamen  in  Artesien  und  England,  z.  B. 
in  Artesien:  in  England: 

Alincthun,  Allington 

Balinghem  Ballingham 

Elinghen  Ellingham 

Maninghen  Manningham 

hat  einige  Forscher  vermuten  lassen,  diese  Orte  seien  von  den- 
selben  Leuten  gegriindet  worden,  d.  h.  von  Angehorigen  derselben 
Familie,   die  obigen  also  von  den  Allingen,  den  Ballingen  usw. 
Andere,    englische  Forscher,  haben  gemeint,  Aus  wanderer  aus 
den  genannten  englischen  Orten  nach  Artesien  h&tten  dort  in 
Erinnerung  an  ihren  englischen  Heimatsort  diese  Namen  wieder 
aufleben  lassen.     Der   Verfasser    weist    indessen   darauf  hin- 
dass  die  Ansiedlung  der  Sachsen  und  anderer  Niederdeutschen 
in  Artesien  sehr  alten  Datums  ist,  zum  Teil  alteren  als   deren 
Ansiedlung  in  England  und  meint,  die  Uebereinstimmung  dieser 
Ortsbezeichnungen    erklare    sich   viel    einfacher    aus   der  All- 
gemeinheit  der  ihnen  zu  Grunde  liegenden  Personennamen  bei 
diesen  Stammen.    Er  nimmt  als  wahrscheinlich  an,   dass   die 
nordwestgermanischen    Auswanderer,    wegen    der    Schwierig- 
keit,   die   ihnen   lange   Seereisen   auf   ihren    kleineji    gebrech- 
lichen  Schiffen1)  boten,    langsam    so    lange    langs    der    Fest- 
landktiste    nach  Westen   drftngten,    bis    sie   in    Artesien    aus 
*)  jKielen".    Das  friesische  Wort  BTjalk"  (westfriesisch  tejalk)  ist 
vollkommen  dasselbe  Wort  wie  „Kiela  mit  der  friesischen  Verwandlung 
des  k  in  tj  (vgl.  holi&ndisch  kerk,  westfriesisch  tsjerke,  englisch  church, 
ahnlich    schwedisch   kyrka,   ausgesprochen  tjdrka)  und  in  der  bei   den 
Friesen  beliebten  zartlichen  Verkleinerungsform :  kleiner  Kiel. 


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—    342    — 

den  uralten  H&fen  Kales  und  Boonen  (Calais  und  Boulogne) 
eine  kurze  Ueberfahrt  nach  England  fanden,  die  sie  indesseu 
nur  zum  Teil  benutzten,  indem  im  Laufe  dieser  langsamen 
Wanderung  sowohl  ein  Teil  unterwegs  sesshaft  geworden  wai. 
worauf  zahlreiche  Spuren  von  Sachsen,  Friesen  und  Sueven  in 
Seeland  und  Flandern  noch  heute  hinweisen,  als  in  dem 
schdnen  Artesien  zurtickblieb  oder  noch  weiter  die  Kuste  ent- 
lang  in  die  Normandie  hineindrang.  Von  500  n.  Chr.  und 
frtiher  an  bis  1500  besetzten  die  Germanen  Artesien  und  er- 
klang  ihre  Sprache  in  dem  ganzen  Lande. 

In  der  Normandie,  in  den  heutigen  Departements  Calvados 
und  La  Manche,  findet  sich  im  Jahre  843  ein  Gau  Otlinga 
Saxonica  erw&hnt,  und  Gregor  von  Tours  erzahlt,  dass  in 
dieser  Gegend  die  Saxones  bajocassini  wohnen.  Letzteres 
Wort  ist  abgeleitet  von  der  Stadt  Bajoccas,  jetzt  Bayeux,  die 
im  Gau  jener  lag.  So  hiess  auch  die  Hauptstadt  der  heutigen 
Basse  Normandie,  Caen,  ursprtinglich  Catheim  oder  Cathem 
und  lag  in  einem  germanischen  Gau.  Noch  viele  andere  Orts- 
namen  in  der  Normandie  deuten  auf  gleichen  Ursprung,  z.  B. 
Sassetot,  Hermanville,  Etreham,  Le  Ham,  Cottun,  Etainhus. 
Heuland,  Douvres,  Hardinvast,  Thorigny  usw. 

Sassetot;  das  tot  als  Anhang  bei  Ortsnamen  ist  das 
nordische  toft  (Koppel,  Gemarkung). 

Hermanville ;  das  ville  ist  hier  keinesweges  das  lateiniscbe 
villa,  sondern  das  germanische  Weiler. 

Etreham;  frtiher  Ouistreham,  ist  Westerham,  der  westliche 
Wohnort. 

Cottun;  Cotun  ist  Kuhzaun,  ein  Gehege  ftir  Kiihe. 

Etainhus  ist  Steinhaus. 

Douvres  ist  die  Ufer. 

Hardinvast,  Thorigny  u.  a.  sind  patronymicale  Ortsnamen 

Im  Uebrigen  ist  die  ganze  Normandie  rait  germanischen 
Namen,    meist   indessen   scandinavischen  Ursprungs,    bedeck! 

Der  steile  Absturz  der  felsigen  Kuste  der  Normandie  mit 
hie  und  da  einzeln  stehenden  Felsen  im  Wasser  davor  heisst 
heutzutage  Les  Falaises.  Der  Franzose  ahnt  nicht,  dass  darin 
das  deutsche  die  Felsen  steckt. 

Zu  Artesien  zurtickkehrend  erlautert  der  Verfasser  das 
angeh&ngte  selles,   zele   der  Ortsnamen  Andreselles,  Aringzele, 


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Tramezele.  In  ihm  steckt  das  deutsche  Saal,  Halle.  Die  gleiche 
Endung  ist  vielen  vlamischen  Ortsnamen  eigen. 

Polincove,  Westhove,  Au  Pauvre  usw.  sind  artesische 
Ortsnamen  mit  angehangtem  hof,  verbogen  hove.  Polincove 
ist  ursprunglich  Polinkhove,  Au  Pauvre  Ophove. 

Offekerque  hat  hove  an  der  Spitze  gehabt  und  ursprunglich 
Hovekerke  gehiessen,  wie  noch  aus  alten  Urkunden  zu  sehen  ist. 

Artesien  ist  namentlich  im  Suden  hiigelig  mit  lieblichen 
Thalern.  Auch  das  gab  den  dortigen  Germanen,  die  als  Be- 
wohner  ebener  Lander  schon  leicht  einen  Htigel  Berg  nannten, 
Anleitungen  zu  Ortsbezeichnungen:  Boulemberg,  Colemberg, 
Fauquembergue  (d.  i.  Falkenberg),  weiter  Dalle  (Thai),  Waterdal, 
Langhendal,  Bruckdal.  In  Bruckdal  steckt  in  der  ersten  Silbe 
das  Wort  Bruch,  welches  auch  in  dem  Ortsnamen  Brtissel 
(ursprunglich  Broekzele)  den  Anfang  bildet.  Auch  Quellen 
(Bronn,  Born,  hochdeutsch  Brunnen,  Born,  englisch  burn,  born) 
und  Bache  gaben  selbstverstandlich  in  Artesien  zu  Ortsnamen 
Veranlassung:  Courtebourne  (nach  mittelalterlichen  Urkunden 
Curtebrona,  Curtebrune),  Cousebourne,  im  Mittelalter  Cuseburna, 
ist  keuscher  Born,  also  reiner  Quell,  Lienbrune  heisst  ein 
offentlicher  Brunnen  bei  Tingry.  d.  i.  Leutebrunnen,  also  ein 
Brunnen  fur  jedermann.  Rousquebrune  heisst  ein  anderer,  d.  i. 
rauschender  Brunnen. 

In  Morbeque  ist  die  letzte  Silbe  beek,  Bach.  Sangatte 
und  Wissant  liegen  an  der  See  in  den  Dunen.  Der  mittel- 
alterliche  artesische  Geschichtsschreiber  Lambert  von  Ardres 
meldet,  dass  dort  an  ersterem  Orte  sich  die  See  ein  Loch 
durch  die  Dunen  gebrochen  hatte  und  dass  die  Leute  dem  Orte 
deswegen  den  Namen  Arenae  foramen  gegeben  hatten.  Und 
vom  Dorfe  Wissant,  heutzutage  auch  selbst  Wissan  geschrieben, 
meldet  derselbe  Schriftsteller :  Ab  albedine  arenae  vulgari 
nomine  appellatur  Witsand. 

Wendet  man  sich  nun  gar  von  diesen,  noch  heutzutage 
in  mehr  oder  weniger  verbasterter  Form  geltenden  germanischen 
Namen  zu  solchen,  die  nicht  mehr  in  Geltung  sind,  wie  man 
sie  in  Grundbiichern,  alten  Kaufbriefen,  mittelalterlichen  Ur- 
kunden usw.  findet,  so  wachst  ihre  Anzahl  ins  Ungemessene. 
Viele  von  diesen  sind  Mr  den  Sprachforscher  von  grosstem 
Interesse.    Der  Raum  verbietet  dem  Verfasser  auf  sie  einzu- 


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—     344     — 

gehen,  wie  er  es  wohl  m6chte;  er  kSnnte  einen  Band  darfiber 
schreiben.  Er  giebt  nur  einige  Beispiele.  Da  sind  Stuck- 
l&ndereien:  Grotstic,  Langstic,  Cromstic,  Stridland,  Stienvelt; 
GehSlze:  Cortebosc,  Bocholt  (Buchenholz),  in  Boucquehault 
franzosisiert ;  Strassen:  Ostraet  (Hochstrasse,  schier  allgemein 
in  den  Stadten  und  Dftrfern  Artesiens),  Stienstraet,  Weststraet; 
Wege:  Oudewog,  Papenwoge,  Herewog;  Deiche:  Koldic,  Scardic 
(Schaardeich) ;  Gruben:  Calkpit,  Marlepit;  Hauser:  Winthus. 
Das  Rathaus  in  der  Stadt  Ouderwijk  (franz.  Audruicq)  hiess 
noch  vor  zwei  Jahrhunderten  le  Landshus;  denn  es  diente 
nicht  nur  fiir  diese  Stadt,  sondern  fiir  den  ganzen  Gau  Breeden- 
aerde,  in  dem  diese  liegt. 

Bei  St.  Omaars  fliesst  die  Aa,  uralte  Bezeichnung  der  Ger- 
manen  fiir  fliessendes  Wasser,  im  Friesischen  Ee,  le,  Ije,  Ij. 
Ein  Fliisschen  zwischen  Gisen  (Guines)  und  Kales  (Calais) 
hiess  noch  im  Mittelalter  Leda. 

Auch  altgermanische  Personennamen  kommen  heutzutage 
in  Artesien  noch  zahlreich  vor.  Der  Verfasser  giebt  davon  am 
Schlusse  seiner  Abhandlungen  eine  ganze  Reihe  Beispiele.  Er 
berichtigt  dabei  zugleich  eine  verkehrte  Auffassung  derselben 
seitens  des  franzosischen  Schriftstellers  C.  Thelu,  der  diese 
Namen  in  ihrem  altgerraanischen  Ursprung  gar  nicht  erkannt 
hat,  indem  er  sie  samtlich  von  romisch-katholischen  Heiligen 
und  biblischen  Namen  ableiten  will,  so  z.  B.  Eppo  von  Absalon, 
Douwe  von  David,  Femmetje  von  Euphemia. 

Ebensowenig  mangelt  es  in  Artesien  an  altgermanischen 
Geschlechtsnamen,  z.  B.  De  Poorter,  De  Rode,  Dagbert. 

So  hat  der  Verfasser  durch  seine  mit  kundigem  Auge  und 
Ohr  unternommenen  Wanderungen  durch  die  Gaue  und  Orte 
Artesiens  und  durch  seine  sie  begleitenden  Studien  in  alten 
Schriften  uns  einen  weiten,  das  Herz  erfreuenden  Blick  in  alte 
vergessene  Gaue  der  Deutschen  (im  weiteren  Sinne)  eroflnet. 
Unzweifelhaft  harren  hier  noch  manche  Schatze  der  Forderung 
ans  Tageslicht.  Moge  er  unter  unsern  jungen  deutschen  Sprach- 
forschern  eifrige  Nachfolger  finden ! 

Der  nachste  Aufsatz  des  Buches  behandelt  Geschlechts- 
namen aus  der  Stadt  Gent,  nicht  in  streng  wissenschaftlicher 
Form,  wie  der  Verfasser  einleitend  bemerkt,  sondern  mehr  als 
eine  Unterhaltung  auf  sprachlichem  Gebiete.    Die   bescheidene 


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Einleitung  nimmt  nicht  weg,  dass  diese  Unterhaltung  dem  Leser 
eine  Ftille  gediegenen,  auch  wissenschaftlich  sehr  interessanten 
Stoffs  bietet.    Der  Raum  verbietet  hier  n&her  darauf  einzugehen. 
Folgt  IV  eine  Abhandlung  fiber  Namen  von  Einwohnern 
der    Stadt    Helraond    aus    dem    Mittelalter.      Sie    behandelt 
eine  Naraensammlung,  die  der  Archivar  von  Helmond,  Herr  A. 
Sassen,    fur   den   Verfasser    zwecks    seiner   Forschungen    mit 
Sorgfalt  aus  alten  Urkunden  und  Akten,  namentlich  auch  aus 
den  Schoffenakten  zusammengelesen  hat,  etwa  200.    Boten  die 
gentischen    Geschlechtsnamen,    obgleich    einem    Verzeichnisse 
von  1878  entnommen,  einen  Einblick  in  den  hohen  Kulturstand 
der    grossen    vlamischen    Handelsstadte     am    Schlusse     des 
Mittelalters,   so  giebt  die  helmondische  Namenliste   dem  Ver- 
fasser  Veranlassung   an   der   Hand  der  Namenforschung   den 
Leser   auf  manches   Interessante   mit  Beziehung   auf   die  Zu- 
stande   in   den   kleinen   Stadten   und   auf  dem  platten  Lande 
Brabants   zu   der   genannten  -Zeit  hinzuweisen.    Die  damalige 
natiirliche    Unbefangenheit    des    Denkens    tritt    in    manchen 
Namen  in  einer  fur  heutige  Anschauungen  wunderbaren  Weise 
hervor,    z.  B.    in    folgenden    Namen:    Bele   naturlyke   dochter 
Arnts  van  Rypelberch,  Matthys  Jan  Spapensoen  van  Zoraeren, 
d.  i.  Matthys,   der  Sohn  von  Jan,   dem   Pfaffen  von  Zomeren. 
Folgt  weiter  unter  V  ein  Aufsatz  uber  friesische  Namen. 
Der  Verfasser  weist  einleitend  darauf  hin,  dass  vieles,  was  jetzt 
fur  eigentiimlich  friesisch  gehalten   wird,   dies   eigentlich  von 
Alters  her  nicht  gewesen  ist,  sondern  allgemeines  germanisches 
Eigentum,  namentlich  der  Friesen,  Sachsen,   Franken  und  ver- 
wandter  Stamme.    So  hatten  z.  B.  vor  1500  Jahren  die  Sprachen 
der  Sachsen,  der  Friesen  und  der  Angelsachsen  sich  sehr  nahe 
gestanden.    Dasselbe  gelte  von  der  Kleidung  und  den  Namen. 
Die  Friesen  hatten  nur  fester  zum  Alten  gehalten.     Sie  haben 
sich  namentlich  die  alten  germanischen  Namen  durch  die  Kirche, 
welche  auf  deren  Vertilgung  formlich  ausging,  nicht  entreissen 
lassen.     Aber  verktirzt,  abgeschliffen,  umgeformt  haben  sie  sie 
gemass  ihrer  sprachlichen  Eigenart,  die  namentlich  auch  eine 
ausgesprochene  Neigung  zum  Bilden  von  Koseformen  umfasst. 
Aus  Siegrich,  Siegrik  wurde  z.  B.  Sierk,   Sijrk,   aus   Friederich, 
Frederic,  Freerk,  aus  Siegfried,  Siegfert,  Sjoert,  Altfriesisch  und 
Altnordisch  Sigurd,    davon   auch  die   Ostfriesischen  Personen- 


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und  Geschlechtsnamen  Sjut  und  Sjuts.  Dann  ist  dieser  Name 
in  den  Zeiten  des  Humanismus  latinisiert  zu  Suffridus  nnd 
letzterer  wieder  zu  Suflfried  verdeutscht.  Weiblich  ist  Sjoerd 
zu  Sjoerdtsje,  Sjoerdje  geworden  und  dann  in  neuerdings  be- 
liebter  Weise  nach  Jan  Ballhorn  zu  Sjoerdina  gemacht,  augen- 
scheinlich  in  dem  unbewussten  Suchen  nach  mehr  Vollklang. 
Der  Verfasser  mahnt  zu  den  alten  schonen,  sprachlich  richtigen 
Formen  Sigurd,  Sigurda,  Siegfried  zuriickzukehren. 

Eelke,  Eelkje,  heutigen  friesischen  Frauennamen,  liegt  zu 
Grunde  Edel  oder  Edele,  letzteres  eine  neuere  Form  des 
Altfriesischen.  Athal;  die  weibliche  Form  davon  ist  Athala 
oder  Adela.  Davon  ist,  von  den  Franken  her,  bei  den  Franzosen 
Ad&le  geworden. 

Geschlechtsnamen  von  Personennamen  hergeleitet,  haben 
die  Abstammungssilben  inga,  verschliffen  enga  (in  Ostfries- 
land  durch  hochdeutschen  Einfluss  auch  unga),  ia  und  a,  z.  B. 
Siebinga,  Bottenga,  Bojunga,  Sinia  (vollstandig  Sininga),  Andela. 
Zu  denen  auf  a  gehoren  wahrscheinlich  auch  die  namentlich 
in  Ostfriesland  vorkommenden  auf  na  und   sna  z.  B.  Uken-a. 

Die  Abstammungsendung  ma  geht  auf  Mann  zuriick,  sma 
ist  eine  neuere  Form  davon  mit  vorgestelltem  Genitiv,  z.  B. 
Popma,  Reemtsma. 

Eine  zweite  grosse  Gruppe  von  Familiennamen  ist  von 
Ortsbezeichnungen  abgeleitet  mit  Hinzufiigung  eines  einfachen 
a,  z.  B.  Ferwerda,  Rauwerda  von  Fervverd  und  Rauwerd,  oder 
durch  Hinzufiigung  der  Endsilbe  stra,  z.  B.  Lemstra,  Joustra 
von  de  Lemmer  und  de  Joure. 

Den  Schluss  dieses  interessanten  Aufsatzes  bildet  eine 
Besprechung  uber  die  Kosenamen  der  Friesen. 

Folgt  unter  VI  eine  Behandlung  der  Namen  der  Ein- 
wohner  Leeuwardens  um  1511.  Ihr  liegen  Steuerlisten  aus  der 
Zeit  zu  Grunde,  die  alle  umfassen,  welche  unter  dem  Klokslag 
der  Stadt,  d.  h.  in  ihrem  Rechtsgebiete  wohnten,  vom  Geringsten 
bis  zum  Angesehensten. 

Feste  Familiennamen  fiihrten  damals  die  adligen  Familien 
z.  B.  Franz  Mennema,  Peter  Kamminga,  und  ein  Teil  der  Erb- 
gesessenen  auf  dem  Lande  und  in  den  Stadten.  Alle  anderen 
fiihrten  nur  ihren  Personennamen  mit  dem  des  Vaters  im 
Genitiv,  z.  B.  Folkert  Oenes,  Tsjalling  Hiddes.    Diesem  Gebrauche 


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unterlagen  auch  diejenigen  Nichtadeligen,  die  Familiennamen 
hatten,  im  taglichen  Leben,  grade  wie  das  in  Ostfriesland  auch 
der  Fall  war  und  auf  dem  Lande  auch  jetzt  noch  vorkommt. 
So  hiess  Folkert  Oenes  vielleicht  eigentlich  Folkert  Algra, 
Tsjalling  Hiddes  eigentlich  Tsjalling  Romkema,  und  bloss  ihre 
Vater  Oene  und  Hidde.  Wahrscheinlich  sind  in  diesen 
Registern  eine  Menge  vorhandener  altfriesischer  Familien- 
namen einfach  weggelassen.  Um  diese  Zeit  fingen  auch 
die  vollen  Ausklange  der  Namen  an  zu  verschleissen  und  in 
ein  tonloses  e  iiberzugehen.  Bei  geringen  und  armen  Leuten 
liess  man  auch  den  Vaternamen  weg  und  nannte  sie  einfach 
mit  dem  Personennamen,  so  auch  in  den  Leeuwarder  Re- 
gistern, z.  B.  die  „alheel  Paupers"  Fern,  Baef,  Eelck.  ZurUnter- 
scheidung  fugte  man  dann  wol  noch  eine  Eigenschaft  der 
betreffenden  Person  hinzu,  z.  B.  Blynde  Gertza,  Groote  Jeldert. 
Die  Geistlichen  bezeichnete  man  mit  Her,  z.  B.  Her  Dowe,  Her 
Sypke,  die  wissenschaftlich  oder  kunstlerisch  thatigen  mit 
Meester,  z.  B.  Meester  Hemmo.  Dazu  gehorten  namentlich 
auch  die  Barbiere,  die  mit  den  Wundarzten  gleichstanden. 
Bei  Handwerkern  und  dergl.  Leuten  fugte  man  dem  Personen- 
namen eine  entsprechende  Bezeichnung  bei,  z.  B.  Take 
Timmermann,  Jelke  Pelser.  Die  Pelzer,  d.  h.  Kurschner  oder 
Buntwirker,  mtissen  im  Mittelalter  zahlreich  gewesen  sein,  da 
sowohl  in  Groningen  wie  in  Emden  eine  Strasse  nach  ihnen 
genannt  ist.  Diese  Bezeichnungen  geben  eine  vollstandige 
Uebersicht  der  damaligen  gewerblichen  Thatigkeit  und  des 
Kulturzustandes.  Alle  Handwerke  waren  naturlich  in  einer 
Stadt  wie  Leeuwarden  vertreten.  Die  Skroaren,  altfr.  skreder, 
Schneider  (von  da  der  Geschlechtsname  Schr6der)  sind  weniger 
zahlreich.  als  man  nach  heutigen  Anschauungen  erwarten 
sollte:  es  war  damals  noch  eine  der  Arbeiten  der  Frauen,  im 
Hause  auch  die  Kleidung  der  Manner  herzustellen.  Um  so 
zahlreicher  sind  die  heute  durch  die  Dampfmaschine  ganzlich 
verdrangten  Weber,  die  ja  in  den  Zeiten  ebenfalls  in  unsern 
ostfriesischen  Stadten  und  Dorfern  in  Menge  vorhanden  waren. 
Auch  der  Goldschmiede  waren  viele.  Ein  Bildschnitzer,  ein 
Schwertfeger,  ein  Seidensticker,  ein  Buchbinder  finden  sich. 
Die  Skuteferger  (Schuytenfahrer)  sind  zahlreich.  Unter  den 
Frauen  ist  eine  Hebamme. 


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Anderen  Namen  wurde  zur  naheren  Bezeichnung  der  Ort 
der  Herkunft  des  Tr&gers  hinzugefiigt,  z.  B.  Jan  van  Horen, 
oder  die  Nationalit&t,  z.  B.  Jan  Hollander,  oder  die  einer  Eigen- 
schaft,  z.  B.  Grijthie  Onbeleefd. 

Zum  Schluss  folgt  unter  VII  „De  Hel  in  Frieslanda.  Der 
Verfasser  erinnert  daran,  dass  bei  den  alten  Germanen  im  All- 
gemeinen,  und  so  auch  bei  den  Friesen,  die  Vorstellung  all- 
gemein  gewesen  sei,  dass  die  Geister  der  Bdsen,  der  Feigen, 
der  Unseligen  nach  dem  Tode  an  einem  finsteren  traurigen 
Orte  unter  der  Erde,  dem  die  Gottin  Hella  vorstand,  ver- 
sammelt  wtirden  und  dass  man  im  Flachlande  tiefe  Brunnen, 
Koike  und  dergl.  Orte  fttr  Eing&nge  zu  diesem  Todtenweiher 
ansah,  im  Gebirge  Bergspalten,  Quellen  und  dergl.  Der  Name 
dieser  Orte  ging  dann  bisweilen  auf  an  der  Stelle  gebaute  Ge- 
hofte  uber.  So  giebt  es  in  Friesland  in  der  „Heidenschafttf 
unter  Workum  noch  heute  zwei  dergleichen,  die  De  Hel  und 
De  lytse  Hel  heissen ;  lytse  =  klein.  Der  Name  des  Gaus,  Jt 
Heidenskip  (die  Heidenschaft),  weist  noch  deutlich  darauf  hin, 
dass  die  alien  heidnischen  Gewohnheiten  und  Bezeichnungen 
feindlich  gesinnte  christliche  Kultur  hier  erst  spat  eingedrungen 
ist.  Ein  anderes  Gehoft  in  Friesland  heisst  Helbird  (bird  —  Bord, 
Rand);  ein  Stuck  Land  in  den  Meeden  von  Ferwerderadeel 
heisst  de  Helsdoar  (doar  =  Thur),  von  der  gleichen  Bezeichnung 
eines  anderen  Orts  ist  nach  Winkler  der  Name  des  Seehafens 
in  Nord-Holland,  De  Helder,  entstanden.  Hel  ist  auch  wohl  in 
Hoi  tibergegangen.  Eine  Dobbe  in  Westfriesland  heisst  Fetsehol. 
Mit  Fetse  bezeichnet  man  in  Friesland  und  auf  den  friesischen 
Inseln  Dobben  im  Felde,   die  brauchbares  Trinkwasser  liefern. 

Ich  bin  am  Ende  meines  Berichts  angelangt  und  schliesse 
mit  dem  Wunsche,  dass  das  besprochene  Buch  in  unseren 
Kreisen  viele  eifrige  Leser  finden  m5ge:  es  wird  ihnen  alien 
so  Belehrung  wie  Freude  am  Genossenen  bringen.  Dem  Ver- 
fasser aber  werden  seine  Leser  mit  mir  noch  lange  Jahre 
riistiger  Kraft  wiinschen  auf  seiner  auch  fur  den  friesischen 
Stamm,  dem  er  angehGrt,  ehrenvollen  Gelehrtenlaufbahn. 

Emden.  Bernhard  Brons. 

[Zu  S.  338  Anm.  Das  Citat  aus  Bredero  ist  einem  Gesprach  zwischen 
dem  „kahlentf,  prahlerischen  Junker  Jerolimo  Rodrigo,  der  aus  Antwerpen 
nach  Amsterdam  gekommen  ist,  und  dem  sich  ihm  als  Diener  anbietenden 


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Invaliden  und  Bettler  Robbeknol  aus  Emden  entnommen.  Den  Spottnamen 
derEmder,  wegen  dessen  schon  vor  langen  Jahren  Anfragen  aus  Holland 
an  uns  gerichtet  worden  sind,  erklart  der  Herausgeber  des  Stuckes,  Nauta, 
wie  Winkler  angiebt,  aus  dem  Nam  en  eines  Amsterdamer  Packhauses,  „de 
Pot*,  worin  imXVI.Jahrhundert  die  Protestanten,  genauer  die  Lutheraner, 
ihre  gottesdienstlichen  Zusammenkunfte  abgehalten  hatten ;  da  die  Emder 
Predikanten  als  sehr  eifrige  Vorkampfer  der  Reformation  bekannt  gewesen 
seien,  hatten  die  Leiter  dieser  ketzerischen  Zusammenkunfte  im  Packhause 
,de  Pot*  nach  ihnen  ihren  Scheltnamen  erhalten.  Terwey  in  seiner  Ausgabe 
vermutet  in  ihm  die  Bedeutung  „Betruger*.  Winkler  selbst  verwirft  mit 
Recht  beide  Erklarungsversuche  und  halt  sich  an  Jerolimo's  Auf- 
fassung,  der  das  Wort  in  seiner  „eigenlijke,  voor  de  hand  liggende  be- 
teekenis*  verstehe.  Vielleicht  aber  liegt  eine,  wenn  auch  verdunkelte 
Erinnerung  an  das  altet  auch  jetzt  im  Volksmunde  noch  keineswegs  ganz 
vergessene  Wahrzeichen  Emdens  vor,  das  Daniel  in  seinem  Hand- 
buche  der  Geographie  (5.  Aufl.,  1878)  IV  S.  437  ohne  Quellenangabe  so  be- 
schreibt:  „Ein  kleiner  nackter  Kerl,  welcher  den  Hinteren  zeigt  und  mit 
einer  Handbewegung  zu  Qaste  ladet,  er  findet  sich  nur  noch  an  einer  der 
Kanzel  gegenuberliegenden  S&ule  der  Grossen  Kirche;  daher  druckt  der 
gemeine  Mann  in  Emden  eine  weit  verbreitete  grObliche  Aufforderung 
durch  Handbewegung  und  die  Worte  aus :  Du  kenst  doch  dat  wapen  van 
Emden?*  Das  Alter  der  Tradition  fiber  dies  Wahrzeichen  geht  aus 
Wiarda  hervor,  der  sich  (0.  G.  VII S.  117)  uber  den  Titel  des  gegen  den  ehe- 
maligen  Emder  Stadtsekretar  Dr.  jur.  Mentet  Haykens  (vgl.  oben  S.  326) 
gerichteten  derben  Pamphlets:  De  mof  in  de  kakstoel  of  de  lasterpen 
van  Mentet  Haykens  door  .  .  .  Lafargue  ('s  Gravenhage  1768)  folgender- 
massen  aussert:  „Wer  das  sogenannte  Wahrzeichen  der  Stadt  Emden 
kennt,  dem  wird  die  Anspielung  des  ungezogenen  Hollanders  erklarbar 
sein*.  Wiarda  und  Daniel  oder  dessen  uns  unbekannter  Gew&hrsmann 
konnen  nur  eins  der  sehr  alten  Steinbilder  oben  an  den  Saulen  in  der 
Grossen  Kirche  —  es  sind  12,  davon  allein  7  in  einer  der  Brederoschen 
Bezeichnung  wenigstens  einigermassen  entsprechenden  Haltung  — ,  die 
uns  auch  durch  die  Gipsabgusse  in  unserer  Sammlung  bekannt  genug 
sind,  im  Auge  gehabt  haben.  Eins  von  ihnen  hat  jedenfalls  jenes  Hand- 
werksburschen-Wahrzeichen  abgegeben.  Die  Vorliebe  des  Volkes  fur  der- 
artige  Scherze,  die  sich,  namentlich  wenn  sich  die  Bilder  in  Kirchen  be- 
finden,  leicht  und  dauernd  einpragen,  ist  ja  bekannt.  So  haben  z.  B. 
Mereeburg,  Goslar,  Osnabriick,  Dresden  ganz  ahnliche  Wahrzeichen 
(Daniel  S.  287,  426,  433,  495).  Fur  den,  der  an  das  Emder  Wahrzeichen 
denkt,  wird  der  Spott  des  spanischen  Brabanters  leichter  verstandlich 
als  bei  andern  Deutungen.  In  einer  Zeit,  wo  Holland  und  Emden  politisch 
und  kirchlich  in  so  enger  Wechselwirkung  standen,  kfinnen  die  auffallen- 
den  Spottbilder  in  der  Hauptkirche  Emdens,  der  „moederkerk*,  und  der 
Scheltname  der  Emder  in  den  Niederlanden  nicht  unbekannt  geblieben 
sein  (wenn  er  nicht  etwa  gar  in  diesen  erst  aufgekommen  ist).  Durch 
das  Zeugnis  Bredero's  wurde  das  Alter  des  8Wahrzeichens  von  Emden* 
bis  mindestens  in  die  Zeit  um  1600  hinaufgeruckt  werden.  Anm.  der  Red.] 


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—     350    — 

XVI. 
Nachtrag  zu  S.  178  ff.  (Ein  Hausbuch  Eggerik  Beningas.) 

Eine  nachtraglich  von  mir  vorgenommene  genauere  Unter- 
suchung  der  Bonner  Beninga-Handschrift  auf  ihre  einzelnen 
Lagen  hin  hat  tiberall  meine  Zerlegung  der  Handschrift  und 
die  daraus  gewonnenen  Resultate  fur  die  Geschichte  des 
Sammelbandes  bestatigt.  An  einigen  Stellen  kann  ich  sogar 
frtiher  nur  Vermutetes  jetzt  als  sicher  aussprechen ;  so  gehort 
die  wichtige  Copie  der  Thesen  des  Aportanus  wirklich  zu  der 
ihr  unmittelbar  folgenden  Gruppe,  und  nicht  zu  den  von 
Snelger  Beninga  gesammelten  Stiicken  (vgl.  oben  S.  192).  Da 
aber  eine  genauere  Kenntnis  der  einzelnen  Lagen  der  Hs.  auch 
fiir  die  historischen  Aufzeichnungen  Beningas  in  15)  und  die 
um  die  Polizeiordnung  der  GrafinAnna  sich  gruppierenden  Be- 
standteile  der  Hs.  von  Wichtigkeit  ist,  und  andererseits  beim 
Einbinden  der  alten  Stticke  die  moglichste  Riicksicht  auf  ihre 
alte  Zusammengehorigkeit  genommen  ist,  so  bringe  ich  hier 
kurz  das  Verzeichnis  der  einzelnen  Lagen  der  Hs.  als  Erganzung 
zu  meiner  friiheren  Besohreibung  der  Handschrift: 

Lage  l1)  =  Bl.  I— VIII,  die  modernen  Vorsetzblatter. 

Lage  2  =  Bl.  1,  das  Titelblatt  Penborgs. 

Lage  3  =  Bl.  2—3,  das  Inhaltsverzeichnis  Penborgs. 

Lage  4  =  Bl.  4—11,   Stuck  1:   Ein  Christlyck  bedenken. 

Lage  5  =  Bl.  12—15,  Stuck  2:  Die  2.  Gegenschrift  des 
Ligarius. 

Lage  6  =  Bl.  16—17,  2  Einzelblatter  mit  Stack  2(a)  und  3, 
den  Briefen  Menso  Altings  und  Lucas  Ritzius. 

Lage  7  =  Bl.  18—25,  Stuck  4:  Scriptum  theologorum 
Augustanae  Confessionis. 

Lage  8  =  Bl.  26—37;  Stuck  5—7.  Die  Lage  enthielt  ur- 
spriinglich  nur  die  Bremer  Kirchenordnung  und  den  1.  Nach- 
trag zur  Liineburger  K.-O.  Das  dabei  freigebliebene  erste 
Blatt  der  Lage  (Bl.  26)  wurde  dann,  zugleich  mit  den  erst  zu 
diesem  Zweck  eingelegten  Bll.  27 — 28,  von  einer  anderen 
Hand   mit    der  Copie   der   Artikel    des  Aportanus    ausgefullt 


')  Ich  z&hle  die  Lagen  der  jetzigen  Handschrift. 


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—    351     — 

Lage  9  =  Bl.  38—45,  Stiick  8 :  Der  2.  Nachtrag  zur  Ltine- 
burger  K.-O. 

Lage  10  =  Bl.  46—49,    Stiick  9:   Die  Interims  -  Ordnung. 

Lage  11  =  Bl.  50—61,  Stiick  10—11:  Beningas  Brief  an 
Reynerus  Melchyor  und  die  mitgesandte  Disputation.  Bl.  51 
und  61  sind  einzelne  Blatter,  die  der  sonst  ganz  zusammen- 
h&ngenden  Lage  eingelegt  sind. 

Lage  12  =  Bl.  62—79.  Bl.  63  u.  64  (Stiick  12:  Brief  Graf 
Johanns  an  Beninga)  sind  zwei  eingelegte  Einzelblatter ;  im 
Uebrigen  enthalt  die  Lage  Stiick  13:  Das  von  Beninga  redi- 
gierte  Gutachten  der  vereinigten  Rate  auf  die  Artikel  Graf 
Johanns.  Bl.  76—77  ist  ein  zur  Ausfiillung  eingelegtes  Doppel- 
blatt.  Es  h&ngen  demnach  Bl.  62  (leer)  rait  79,  Bl.  65  mit  78 
zusaramen,  und  Bl.  66—75  bilden  den  fortlaufenden  Kern  der 
Lage. 

Lage  13  =  Bl.  80-89,  Stiick  13a"d;  die  Bedenken  der 
einzelnen  Rate  sind  jedes  fur  sich  geheftet. 

Lage  14  =  Bl.  90—112,  Stiick  14:  Die  Polizeiorcjnung  der 
Grafin  Anna.  Bl.  100  ist  zur  Ausfiillung  eingelegt,  es  ist  nur 
wenig  mehr  als  ein  halbes  Blatt;  im  Uebrigen  ist  die  P.-O.  also 
auf  einer  einzigen  zusammenhangenden  Lage  geschrieben. 

Lage  15  =  Bl.  113—125,  Stiick  15a~f:  Die  erste  Gruppe 
der  historischen  Collectaneen,  von  Beningas  Hand.  Bl.  119  ist 
ein  eingelegtes  Einzelblatt,  ebenso  sind  Bl.  121 — 124  noch  ein- 
mal  ein  Einschussblatt,  wahrend  Bl.  125  wieder  mit  113  zu- 
sammenhangt. 

Lage  16  =  Bl.  126—130,  Stuck  15^:  Die  nicht  von  Beninga 
geschriebenen  Teile  der  hist.  Coll.  (ausser  16°).  Die  Lage  zer- 
f&llt  in  3  selbstandige  Bestandteile,  die  den  3  Stiicken  15*-' 
entsprechen. 

Lage  17  =  Bl.  131—135,  Stuck  15k~n:  Hist.  Coll.  Ill  (von 
Beningas  Hand).    Bl.  134  ist  eingelegt. 

Lage  18  =  Bl.  136—142,  Stiick  15°:  Der  Vertrag  von 
Chasteau  Cambresy.  Das  (unbeschriebene)  Erganzungsblatt  zu 
Blatt  136  ist  hinter  Bl.  142  fortgefallen. 

Lage  19  =  Bl.  143—148,   Stiick  16:    Process    Dr.  Haien. 

Lage  20  =  Bl.  149—151,  Stiick  17:  Process  der  Familie 
Northoren.    Bl.  160  ist  eingelegt. 

Lage  21  =  Bl.  152—161,  Stiick  18  u.  19:  Die  Ordinanz  von 


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—    352    — 

1556  und  Stack  19 b:  Die  Einsch&rfung  der  Ordinanz.  BI.  160-161 
stehen  fur  sich.  Bl.  152  u.  159  die  Aussenblatter  der  Lage 
waren  wohl  ursprtinglich  leer. 

Lage  22  =  Bl.  162—171,  Stuck  20:  Die  Hexenprocess- 
Protokolle.  Hinter  Bl.  170  ist  das  zu  Bl.  162  gehflrige  Blatt 
herausgeschnitten ;  Bl.  171  ist  ein  Einzelblatt,  dessen  Ansatz 
vor  Bl.  162  festgeklebt  ist. 

Alles  Folgende  sind  einzelne  Blatter  Oder  einfache  Doppel- 
blotter,  die  den  Nummern  der  Beschreibung  entsprechen. 

C.  Borchling. 


XVII. 
f  Rektor  J.  Fr.  de  Vries. 

Es  giebt  Personlichkeiten,  deren  Bedeutung  sich  erst  dann 
in  ihrem  vollen  Umfange  zeigt,  wenn  der  Tod  sie  hinwegnimmt. 
Zu  diesen  gehort  der  langjahrige  Bibliothekar  der  Gesell- 
schaft  fur  bildende  Kunst  u.  vaterl.  Altertiimer,  Rektor  J.  Fr. 
de  Vries,  der  uns  am  11.  Okt.  1898  im  besten  Mannesalter, 
mitten  aus  seinem  rastlosen  Wirken,  nach  einer  schweren  Ge- 
hirnerkrankung  durch  den  Tod  entrissen  wurde.  Er  war  ein 
Mann,  der  im  offentlichen  Leben  bescheiden  zuriicktrat,  aber 
desto  intensiver  und  sorgfaltiger  arbeitete;  sein  Heimgang 
hat  besonders  in  alien  Kreisen,  die  sich  mit  ostfriesischer  Ge- 
schichte  und  Sitte  beschaftigen,  nicht  nur  aufrichtige  Trauer 
geweckt,  sondern  auch  eine  Liicke  gelassen,  die  schwer  wieder 
auszufullen  sein  wird.  Wenn  die  Bitte  an  mich  ergangen  ist, 
ihm  an  dieser  Stelle  einen  Nachruf  zu  widmen,  so  komme  ich 
derselben  gerne  nach,  da  der  Entschlafene  mir  eine  lange 
Reihe  von  Jahren  in  gemeinsamer  Arbeit  und  treuer  Freund- 
schaft  nahe  gestanden  hat. 

de  Vries  entstammte  einer  einfachen  Handwerkerfamilie 
in  Cirkwehrum  bei  Ernden,  wo  er  am  3.  Mai  1843  geboren 
wurde.  Als  einziger  Sohn  von  seinen  sinnigen  Eltern,  denen 
er  bis  zu  ihrem  Tode  mit   inniger  Liebe   anhing,    sorgsam  er- 


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—     353    — 

zogen,  wuchs  er  in  l&ndlicher  Stille  zu  einem  geweckten 
Knaben  heran.  Der  Ortslehrer  Janssen  (spater  in  Hamswehrum), 
dem  er  lebenslang  fiir  den  anregenden  Unterricht  dankbar  blieb, 
beeinflusste  seine  Eltern  dahin,  dass  sie  ihren  Johann  Friedrich 
fur  den  Lehrerberuf  bestimmten,  aber  erst  nachdem  sich  der 
zartgebaute  Knabe  fiir  landliche  Arbeiten  untauglich  erwiesen 
hatte.  Im  Winter  1857/58  war  er  bei  dem  als  Rechenmeister 
bekannten  Lehrer  Lolling  in  Larrelt;  dann  kehrte  er  auf  ein 
Jahr  ins  Elternhaus  zuriick,  urn  sich  auf  das  Hulfslehrer- 
examen  vorzubereiten,  das  er  Ostern  1859  bestand,  so  dass  er 
nun  an  der  Volksschule  eine  selbst&ndige  Gehiilfenstelle,  d.  h. 
eine  solche,  wo  er  in  einem  besonderen  Lokale  die  Kleinsten 
za  unterrichten  hatte,  wahrnehmen  konnte. 

Obwohl   die  hiermit   fiir  unsern  de  Vries  abschliessende 

erste  Jugendzeit  sehr  einfach  verlaufen  war,  hat  sie  doch   fiir 

sein  ganzes  Leben  einen  bestimmenden  Einfluss  behalten.    Sein 

Heimatsd<3rfchen  war  ihm  bis   dahin   seine  Welt  gewesen,   die 

er  aber  schon  scharf  beobachtet  und  in  deren  Einzelheiten  er 

sich  liebend  vertieft  hatte.    Gem  erz&hlte   er  kleine  Ztige  aus 

seinem  Jugendleben,   die   er   mit  charakteristischer  Treue  fest- 

gehalten  hatte;  und  wie  trefflich  wusste  er  seine  Dorfler,  vom 

reichen  Marschbauern  bis  zum  Kleinknecht,  zu   schildern,   wie 

naturgetreu  die  Gesten  und  Reden  origineller  Jugendbekannten 

nachzuahmen !    Er  behauptete,  und  nicht  zu  Unrecht,  an  seinen 

eigenen  Kindern   die   Erfahrung   gemacht   zu  haben,   wie   das 

Stadtleben  trotz   seiner  Vielseitigkeit   doch   fiir    ein   Kind    an 

nachhaltigen  Eindriicken  arm  sei  gegen  das  Landleben.     „Eine 

grosse  Bauernscheune  als  Tummelplatz",  pflegte  er  zu   sagen, 

„ist  mehr  fiir  die  Kinder  wert,  als  ein  ganzer  Jahrmarkt  in  der 

Stadt".     Trotz  der  einf5rmigen  Reizlosigkeit   des  Krummhorns 

blieb  dieser  ihm  das  interessanteste  Fleckchen  Erde,   weil   es 

seine  Heimat  war.    Das  Fliistern  des  Schilfes  und  das  Quaken 

der  FrSsche  in  den  Graben  der  Marsch,   der   Ruf  der  Wachtel 

und  der  Gesang  der  Lerche  waren  ihm  auch  in  spateren  Tagen 

die  anheimelndste  Musik.    Schon  als  Knabe  erwachte   in  ihm 

Sinn  und  Neigung  fiir  die  Altertumskunde  seiner  Heimat.    Die 

Grabsteine  in  der  Kirche  und  auf  dem  Friedhofe  Cirkwehrums 

und   der  benachbarten  D5rfer,   alte  Hauserinschriften  u.  a.  m. 

zogen  bereits  friih  seine  Aufmerksamkeit  auf  sich ;  daneben  be- 

Jahrbuch  der  Gwellich.  L  b.  K.  u.  vaterL  Altertttmer  za  Emden,  Bd.  X1Y.  23 


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—    364    — 

gann  er  schon  als  Schiiler  originelle  plattdeutsche  Redensarten 
aufzuzeichnen  und  die  Flora  und  Fauna  seiner  Heimat  zu 
beachten. 

Da  seine  Eltern  fiir  seine  Ausbildung  keine  Opfer  bringen 
konnten,  war  er  auf  die  handwerksmassige  Weise  angewiesen, 
die  damals  in  Ostfriesland  fiir  die  Heranbildung  der  Lehrer 
noch  gang  und  gabe  war.  Eins  brachte  er  fur  seinen  Beruf 
mit,  was  ihn  von  vornherein  zu  einem  guten  Jugendlehrer 
machte,  n&mlich  Liebe  zu  den  Kindern.  Von  Ostern  1859  bis 
Ostern  1862  war  er  nacheinander  Hulfslehrer  in  Leer,  Ditzum 
und  Weener,  wo  er  sich  bei  schwerer  Arbeit  und  karglichem 
Lohn  dennoch  eifrig  dem  Studium  hingab  und  jede  Gelegenheit 
zur  Erweiterung  seiner  Kenntnisse  benutzte.  Ostern  1862 
wurde  er  als  Hulfslehrer  an  die  reformierte  Klassenschule  in 
Emden  berufen,  die  von  da  an  sein  Arbeitsgebiet  blieb.    Ostern 

1864  bestand  er  als  Autodidakt  sein  Hauptlehrerexamen  in 
Aurich,  und  bald  darauf  erfolgte  seine  feste  Anstellung  als 
2.  Knabenlehrer  an  der  hies,  reform.  Klassenschule.     Am  1.  Okt 

1865  verheiratete  er  sich  mit  Elisabeth  Bartels,  der  Tochter 
eines  hiesigen  Burgers,  die  ihm  zwei  Tochter  und  einen  Sohn 
schenkte  und  ihm  eine  gemutliche,  echt  ostfriesische  Hauslich- 
keit  schuf.  Als  zum  1.  April  1887  die  Stelle  des  Leiters  der 
reform.  Klassenschule  zur  Erledigung  kam,  wurde  de  Vries  fur 
dieselbe  gewahlt  und  von  der  Regierung  unter  der  Auflage  be- 
statigt,  nachtraglich  sich  dem  Rektorexamen  pro  loco  in  Han- 
nover zu  unterziehen.  Am  7.  Mai  1889  bestand  er  dasselbe  mit 
so  gutem  Erfolge,  dass  ihm  die  voile  Qualifikation  als  Rektor 
fiir  Volksschulen  erteilt  wurde. 

Neben  seiner  umfangreichen  Schularbeit,  der  er  sich  mit 
grosser  Gewissenhaftigkeit  hingab,  widmete  er  alle  seine  Musse- 
stunden  der  Besch&ftigung  mit  den  geschichtlichen  und  geo- 
graphischen  Verhaltnissen  seiner  engeren  Heimat.  Schon  in 
seiner  Jugend  hatte  er  mit  dem  Sammeln  wertvoller  Notizen 
auf  diesem  Gebiete  begonnen,  und  von  Jahr  zu  Jahr  weitete 
und  scharfte  sich  sein  Blick  fiir  diese  Arbeit.  Die  Lucken  der 
autodidaktischen  Bildung,  die  sich  ihm  unabweislich  dabei  auf- 
drangten,  suchte  er  mit  rastlosem  Fleisse  auszufiillen,  so  dass 
er  z.  B.  noch  in  seinen  alten  Tagen  Latein  trieb,  urn  Ur- 
kunden  ohne  fremde  Htilfe  lesen  zu  konnen.    Sehr  zu  statten 


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—     356    — 

kam  ihm  seine  Vertrautheit  mit  dem  Hollandischen,  wie  er 
als  Reformierter  zeitlebens  eine  grosse  Vorliebe  fur  das  stamm- 
und  religionsverwandte  Nachbarland  empfand.  Gaben  ihm 
doch  auch  die  dortigen  Forschungsergebnisse  manchen  wert- 
vollen  Fingerzeig  und  Anhaltspunkt  fur  die  heimatlichen  Ver- 
haltnisse  frtiherer  Zeit,  in  der  besonders  Emden  eine  rege  Ver- 
bindung  mit  Holland  unterhielt. 

Im  Ostfriesischen  Schulblatte,  dem  Organ  des  ostfriesischen 
Lehrervereins,  verflflfentlichte  de  Vries  seinen  ersten  Aufsatz 
liber  „Das  Volksschulwesen  in  Emden  im  16.  und  Anfang  des 

17.  Jahrhunderts",  dem  sp&ter  eine  Reihe  kleinerer  Beitrage 
zur  Geschichte  des  ostfriesischen  Schulwesens  folgte.  Dabei 
spricht  er  schon  die  ihn  leitende  Ueberzeugung  aus:  „Nur  aus 
vielen  Spezialgeschichten  lasst  sich  ein  richtiges  Gesamtbild 
der  Vergangenheit  entwerfen".  Besonders  interessierten  ihn 
auch  die  Schulbucher  der  Emder  Volksschule  im  16.,   17.  und 

18.  Jahrhundert,  denen  er  im  Ostfr.  Schulblatte  1879  einen  aus- 
fiihrlichen  Bericht  widmete. 

Als  1887  die  Fiihrung  von  Schulchroniken  fur  jede  Schul- 
gemeinde  vonseiten  der  Behorde  angeordnet  wurde,  hatte 
de  Vries  bereits  einen  umfangreichen  Stoff  fur  seine  Schule  ge- 
sammelt  und  zum  Teil  im  „ Ostfriesischen  Monatsblatt"  ver- 
offentlicht.  Diese  1873  durch  Zwitzers  begrtindete  Zeitschrift 
zahlte  ihn  von  Anfang  an  zu  ihren  eifrigsten  Mitarbeitern. 
Gleich  im  ersten  Jahrgange  derselben  brachte  er  Artikel  iiber 
, Superintendent  Hahn  in  Aurich",  iiber  „Hexen  im  Uphuser 
Almanach",  sowie  eine  Reihe  von  Hsluserinschriften  aus  Emden 
und  Umgegend,  denen  spater  Aufsatze  iiber  „Emdens  Ein- 
richtungen  zu  wohlthatigen  Zwecken",  „Gilden  und  Ztinfte 
Emdens",  „Emdens  Buchhandel  im  16.,  17.  und  18.  Jahrhundert", 
„ Emder  Hauser  und  Strassennamen",  „Karten,  Plane  und  An- 
sichten  von  Emden"  u.  a.  m.  folgten. 

Gewissermassen  als  Vorl&ufer  des  1881  von  de  Vries  und 
dem  Schreiber  dieses  herausgegebenen  Werkes:  „Ostfriesland. 
Land  und  Volk  in  Wort  und  Bilda  veroffentlichte  er  im  Monats- 
blatt  eine  ausfiihrliche  Uebersicht  iiber  die  geographischen  Be- 
schreibxmgen  von  Ostfriesland.  Der  dem  genannten  Buche  bei- 
gefiigte  Anhang  iiber  ostfriesische  Karten  ist  ebenfalls  von 
de  Vries  bearbeitet,   wie   er   auch   die   beigegebene  Karte  von 

23* 


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—    356    — 

Ostfriesland   zeichnete,    die    seitdem    schon    mehrfach  in  ge- 
sonderter   Ausgabe   wieder   aufgelegt   ist.    Man   lernte  nnseni 
de  Vries  in   gemeinsamer  Arbeit  am  besten  kennen,  weil  er 
sich  sonst  in  seiner  feinfuhligen  Art  nicht  leicht  einem  andern 
gegeniiber  offen  hingab.    In  grosser  Gesellschaft  linkisch  mid 
verlegen,   gegen  Aufdringlichkeit  und  Schmeichelei   ablehnend 
und  wortkarg,  war  er  im  kleinen.  vertrauten  Kreise  der  humor- 
vollste  Plauderer.     Beseelt  von   einem   empfindlichen  Rechts- 
geftihl,  verabscheute  er  jede  Rohheit  und  Frivolitat.    In  seinen 
Studien    war    er    Detaillist    im    besten    Sinn    des   Wortes,  in 
Kleinigkeiten  peinlich  genau,   oft   ringend   mit   dem  Ausdruci 
aber   dann    auch   in   seinen   schriftlichen  Darstellungen  um  so 
praciser.    Mit  grosster  Ausdauer  verfolgte  er  die  geschichtlichen 
F&den,  die  er  in  der  Hand  hatte,  und  helle  Freude  erfiillte  ihn, 
wenn   er  neue  Ergebnisse   seiner  unermiidlichen  Findigkeit  za 
verzeichnen  hatte.     Was  ihn  zur  Zeit  beschaftigte,   nahm  alle 
seine  Gedanken   ein   und   begleitete   ihn   auf  Weg   und  Steg. 
Eine  gewonnene  Ueberzeugung  hielt  er  mit  friesischer  Zahigkeit 
fest,   und   es  wurde  ihm  schwer,  liebgewordene  Vorstellungen 
fallen  lassen  zu  miissen.     Das   mysteriSse  Oera  Linda  Buch 
hatte  ihn  so  gefangen   genommen,   dass  es  ihm   noch  Kampf 
kostete,  an  die  Unechtheit   desselben   zu   glauben,   als  andere 
schon  langst  damit  fertig  waren. 

1883  trat  er  der  Gesellschaft  fiir  bildende  Kunst  und 
vaterlandische  Altertiimer  als  Mitglied  bei  und  hatte  damit  ein 
Arbeitsfeld  gefunden,  wie  es  nicht  besser  fiir  ihn  gesucht 
werden  konnte.  Bereits  Ostern  1884  wurde  er,  nachdem  der 
Bibliothekar  der  Gesellschaft,  Dr.  Deiter,  nach  Aurich  ver- 
setzt  war,  zu  dessen  Nachfolger  ernannt,  und  bis  zu  seiner 
Erkrankung  hat  er  die  meisten  seiner  dienstfreien  Stunden  auf 
die  Durchsicht,  Ordnung  und  Eruierung  der  reichen  Biicher-  and 
Archivalienschatze  der  „Kunst"  verwendet.  Gleich  die  erste 
Arbeit,  welche  er  1885  im  Jahrbuch  der  Gesellschaft  fiber  ,rK* 
Gebrtider  Harkenroht"  veroffentlichte,  bewies  seinen  Fleiss  und 
sein  Geschick  in  der  Benutzung  archivalischer  Quellen.  Eine 
ganze  Reihe  von  grosseren  Abhandlungen  und  kleineren  Mit* 
teilungen  in  den  spateren  Heften  des  Jahrbuchs,  sowie  ver- 
schiedene  wissenschaftliche  Vortrage  in  der  „Kunst"  bezeugten 
seine    fortgesetzte    rege    Arbeit.      So    veroffentlichte    er  l&S 


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—    357     — 

„20  Urkunden  aus  einem  Buss-  und  Brtichebuch  des  Emder 
Amtmannes  Jarch  Boelsena  1467 — 1476a,  1886  ",Mitteilungen 
aus  dem  Jahre  1757",  1887  „die  Biographie  des  Heinrich  Bern- 
hard  von  dem  Appell",  1888  ,,Notizen  zur  Geschichte  der 
Stadt  Papenburg"  und  „Grabinschriften  aus  der  Grossen  Kirche 
in  Emden",  1890  „Das  Schicksal  eines  Madonnenbildes  aus  der 
Grossen  Kirche  in  Emden",  1891  „Zur  Geschichte  der  Klunder- 
burg  in  Emdenu,  1892  einen  „Brief  des  ostfriesischen  Ftirsten 
Georg  Albrecht",  „Briefe  liber  den  Einfall  der  Conflanser  in 
Emden",  „2  eigenhandige  Dankschreiben  Friedrich  Wilhelms  HI", 
1894  „Notizen  aus  den  Protokollen  des  Kirchenrats  der  Grossen 
Kirche  uber  die  Schlacht  bei  Jemgum  1568",  1896  „Bemerkungen 
liber  alte  Ortsnamen  in  Rheiderland",  einige  bislang  unbekannte 
„Daten  iiber  den  Vater  des  David  Fabricius",  ein  „Schreiben 
des  Landsknechts  Hans  Bloemhoff  aus  der  Zeit  des  30jahrigen 
Krieges",  schliesslich  1898  (erst  nach  seinem  Tode  gedruckt) 
eine  Abhandlung  iiber  die  Kette  des  Schtitzenvereins  in  Up- 
lengen. 

Zahlreiche  von  ihm  gesammelte  Notizen  zur  ostfriesischen 
Geschichte  und  Kultur,  die  nach  seinem  Tode  von  der  „Kunsttf 
erworben  sind,  harrten  noch  ihrer  Zusammenstellung  und  Ver- 
wertung;  umfassende  Aufgaben  hatte  er  sich  noch  zu  losen 
vorgenommen,  so  u.  a.  die  Rekonstruktion  der  alten  Topo- 
graphic Emdens,  die  Geschichte  der  alten  Gilden  und  Zunfte 
unserer  Stadt  u.  a.  m.,  als  unerwartet  ein  tiickisches  Gehirn- 
leiden  ihn  befiel  und  seinem  th&tigen  Leben  ein  Ende  setzte. 
Ars  longa,  vita  brevis!  Noch  in  seinen  letzten  Leidenstagen, 
als  bereits  ein  schwerer  Druck  auf  seinem  Geiste  lastete  und 
ihm  die  Klarheit  des  Denkens  benahm,  beschaftigte  er  sich 
traumhaft  mit  seiner  Sehule  und  der  „Kunst".  Als  seine 
irdische  Hulle  am  15.  Okt.  1898  unter  grosser  Beteiligung  aus 
alien  Kreisen  der  Stadt  auf  dem  Friedhofe  der  Grossen  Kirche 
bestattet  wurde,  da  bezeugten  die  Thranen  in  manches  Mannes 
Auge  die  Trauer  um  den  Heimgang  eines  unserer  edelsten 
Friesen.  Sein  Name  wird  noch  lange  in  Ostfriesland  geehrt 
und  genannt  werden. 

Emden.  Th.  Focken. 


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Naehriehten  liber  die  Gesellsohaft  vom  1.  Mai  1899 
bis  zum  1  Mai  1902. 


Durch  Neuaufnahme  hat  die  Gesellsohaft  23  Mitglieder 
gewonnen,  durch  Tod  oder  Austritt  20  Mitglieder  verloren;  die 
Zahl  ist  also  von  170  auf  173  gestiegen.  Dass  diese  Zahl  noch 
nicht  einen  befriedigenden  Stand  erreicht  hat,  erklSrt  sick 
wenigstens  zura  Teil,  aus  der  gegen  andere  Gesellschaften  sehr 
bedeutenden  H5he  des  Jahresbeitrages,  namentlich  der  Emder 
Mitglieder,  welche  wieder  aufs  Engste  mit  dem  ursprunglichen 
Zweck  unserer  vor  82  Jahren  gegriindeten  Gesellsohaft,  der 
Erhaltung  der  durch  die  Gefahr "  der  Verschleppung  bedrohten 
Kunstsch&tze  in  Emden,  zusammenhangt.  Eine  Herabsetzung 
ist  schon  mehrfach  in  Erw&gung  gezogen  worden,  hat  sich 
aber  finanzieller  Bedenken  wegen  leider  vorlaufig  noch  nicht 
durchfiihren  lassen.  # 

Folgende  Herren  sind  neu  beigetreten:  Landrat  Bayer  in 
Norden,  Pastor  de  Boer  in  Siegelsum,  Kaufmann  Otto  Boning 
in  Bremen,  Pastor  Frerichs  in  Nortmoor,  Apothekenbesitzer 
Conr.  Habben  in  Mtihlhausen  i.  Th.,  Gemeinde-  und  Orts- 
vorsteher  T.  Kieviet  in  Borkum,  Badearzt  Dr.  Kok  in  Borkum. 
Oberlehrer  Dr.  Diedr.  Kohl  in  Oldenburg,  Huttendirektor  Land- 
mann  in  Norden,  Dr.  Otmar  Baron  Potier  in  Wien,  Forstmeister 
Schwerdtfeger  in  Friedeburg,  Dr.  med.  Albers,  Kaufmann  Henn 
Brons,  Kaufmann  F.  R.  Bunnemann,  Bankvorsteher  L.  Gitter- 
mann,  Wasserbauinspektor  Hessler,  Fischerei  -  Direktor  Dr.  D. 
Kool,  Kaufmann  H.  Kappelhoff,  Amtsrichter  Richard,  Fischerei- 
direktor  Ruyl,  Baurat  Schulze,  Photograph  N.  Troger,  Kauf- 
mann A.  ter  Vehn  in  Emden. 


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—    359    — 

Wir  betrauern  den  Tod  folgender  Mitglieder:  des  Guts- 
besitzers  Koopmann  in  Gr.-Midlum,  gest.  am  30.  Sept.  1899, 
des  Gutsbesitzers  P.  L.  Bleeker  in  Emden,  gest.  Ende  Januar 
1900,  des  Dr.  Peters  sen  in  Berum,  gest.  am  5.  Sept  1900,  des 
Dr.  med.  Herlyn  in  Emden,  gest.  am  25.  Dez.  1900,  des 
Deichrichters  Free rk sen  in  Larrelt,  gest.  im  April  1901,  des 
Stadtsyndikus  Werthen  in  Emden,  gest.  am  29.  Sept.  1991,  des 
Superintendenten  Sanders  in  Westerhusen,  gest.  am  5. Dez.  1901, 
des  Konsistorialrates  Kirchhoff  in  Aurich,  gest.  im  selben 
Monate,  des  Superintendenten  a.  D.  Voss,  friiher  in  Esens, 
gest.  in  Weissenfels  am  25.  Marz  1902 ;  einen  Tag  darauf  ver- 
schied  der  fruhere  Apothekenbesitzer  0.  H.  van  Sen  den  in 
Emden,  ein  Nachkomme  des  letzten  Abtes  von  Ihlo  und  ersten 
protestantischen  Predigers  in  Larrelt,  Antonius  v.  Senden 
(f  1563).  Unter  den  korrespondierenden  und  Ehren-Mitgliedern 
hat  der  Tod  dahingerafft  den  Lehrer  Fr.  Eilers  in  Reepsholt1), 
gest.  im  Dezember  1900,  und  am  9.  Marz  1902  Hermann 
Allmers.  Diesem  edlen,  menschenfreundlichen  Dichter  ist  die 
Gesellschaft  zuerst  im  Jahre  1878  nahergetreten,  indem  sie 
ihm  damals  die  Bitte  aussprach,  er  moge  auch  fiir  die  Ems- 
marschen  ein  „Marschenbucha  schreiben;  1892  nahm  er  die 
Ehrenmitgliedschaft  an2),  und  bald  darauf  hatten  wir  auch  die 


•)  vgl.  Jahrbuch  XIII,  S.  258  und  292.  Seinem  Amtsgenossen  und 
Freunde,  Herrn  Lehrer  Tjarks  in  Abickhafe  bei  Reepsholt,  verdanken 
wir  folgende  Nachrichten  fiber  den  ausseren  Verlauf  seines  kurzen 
Lebens:  Frerich  Wilhelm  Jiirgens  Eilers  wurde  am  20.  September  1870 
als  Sohn  des  Landwirts  Jiirgen  Eilers  in  Strakholt  geboren  und 
besuchte  Mich.  1887  bis  Mich.  1890  die  Praparanden  -  Anstalt  und 
das  Seminar  zu  Aurich.  Seine  erste  Stelle  zu  Munkeboe  1891 
musste  er  wegen  eines  heftigen  Blutsturzes  schon  nach  wenigen  Tagen 
aufgeben.  Axis  dem  Krankenhause  in  Leer  entlassen  erhielt  er  1892  die 
zweite  Lehrstelle  zu  Arle,  Ostern  1893  die  zweite  Stelle  zu  Reepsholt. 
Haufiger  Blutsturz  und  grosse  allgemeine  K6rperschwache  zwangen  ihn 
zu  Kuren  in  Honnef,  Lippspringe  und  Norderney ;  i.  J.  1900  war  er  zwei- 
mal  in  Lippspringe;  todkrank  wollte  er  gegen  Ende  des  Jahres  noch 
Rettung  in  Davos  suchen,  starb  aber  schon  auf  der  Hinreise  im 
Henriettenstift  zu  Hannover  am  5.  Dezember  1900. 

l)  Das  Schreiben,  mit  dem  A.  die  Annahme  erklarte,  ist  im  Aus- 
zuge  im  Jahrbuche  X,  1,  1892,  S.  159  abgedruckt.  Der  liebenswiirdige 
und  interessante  Brief  vom  Jahre  1878  hat  folgenden  Wortlaut: 


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—    360    - 

Freude,  ihn  einmal  in  unserer  Mitte  zu  sehen.  —  Durch  die  Er- 
nennung  zum  korrespondierenden  Mitgliede  wollten  wir  uns, 
wenn  auch  spat,  dankbar  erweisen  einem  schon  lange  in  der 
Fremde  weilenden,  dem  Gesichtskreise  seiner  Heimat  fast  ent- 
schwundenen  Landsmanne,  der  sich  vor  mehr  als  einem  halben 
Jahrhundert,  als  die  wissenschaftliche  Erforschung  der  frie- 
sischen  Dialekte  noch  in  den  ersten  Anfangen  lag,  die  gr6ssten 
Verdienste  um  diese  erworben  hat,  dem  aus  Jever  stammen- 
den  hochbetagten  Dr.   Joh.   Friedr.   Minssen,  Professor   am 


Fur  Ihr  mir  so  schmeichelhaftes  Schreiben  vom  2.  d.  M. 
so  wie  fur  die  dasselbe  begleitende  Uebersendung  Direr  Jahr- 
buchhefte  nehmen  Sie  meinen  aufrichtigsten  und  freudigsten 
Dank.  Dass  mein  Marschenbuch  Ihr  Interesse  erregt  hat,  dass  Sie 
die  Schilderungen  meiner  Heimat  mit  so  freundlichem  Wohlwollen 
entgegengenommen,  ja,  dass  Sie  sogar  den  Wunsch  aussern,  ich 
mflchte  meine  Feder  auch  einmal  meinem  friesischen  Stamm-  und 
Mutterlande  an  den  Ufern  der  Ems  widmen,  macht  mich  wahrhafl 
stolz  und  glucklich,  weil  es  mir  der  schdnste  und  herzerfreuendste 
Beweis  ist,  nicht  vergebens  gearbeitet  und  gewirkt  zu  haben.  In 
ganz  ahnlicher  Weise  wurde  ich  bereits  auch  von  verechiednen 
Seiten  jenseits  der  Elbe  aufgefordert,  die  dortigen  bluhenden  Marsch- 
striche  zu  durchwandern  und  zu  schildern,  die  iippige  Wilster-  und 
Eiderstedter  Marach,  das  reiche  Land  der  ruhmvollen  Dithmarsen 
und  das  unsrer  friesischen  Brtider  im  aussersten  Norden  Deutsch- 
lands.  —  Ein  paar  Ansatze  dazu  wurden  auch  schon  gemacht,  aber 
dabei  ist  es  geblieben,  weil  gar  Manches  Bedenken  erregend  und 
hindernd  dazwischen  trat.  — 

In  den  letzten  Jahren  war  es  vorzugsweise  das  Gebiet  der 
Kulturgeschichte  und  bildenden  Kunst,  was  mich  davon  abzog  und 
nachhaltig  fesselte,   und   eine  projectirte   abermalige   Reise    nach 
Italien  und  —  vielleicht  bis  nach  Griechenland   muss   erst  hinter 
mir  liegen,  ehe  ich  wieder  daran  denken  kann   mich  mit  gamer 
Seele  vaterlandischen  Gegenstanden  zuzuwenden.     Dass  ich  indess 
den  Gedanken  nicht  fallen  lassen  will,  ja,  dass  ich  es  als  ein  gluck- 
bringendes  Ziel  und  meine  schflnste  Aufgabe  betrachte   meinem 
iiberall  so  freundlich  aufgenommenen  Marschenbuche  einen  zweiten 
Teil   anzufiigen,   darf  ich   Ihnen  versichern.   —   Bewahren  Sie  mir 
denn  Ihr  freundliches  Wohlwollen,  welches  mich   vor  Allem  daw 
ermutigen    kann,    und   nehmen    Sie  nochmals    meinen   warmsten 
Dank  fur  Ihre  giitige  und  ehrenvolle  Znschrift. 

Hochachtungsvoll 
Rechtenfleth,  H.  Allmere. 

d.  12.  Apr.  78 


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—    361    — 

LycSe  Hoche  in  Versailles  und  an  der  Milit&rschule  zu  St.-Cyr. 
Wir  benutzten   die  Gelegenheit  seiner  goldenen  Hochzeit,  am 
21.  April  1901,  von  der   wir  Kenntnis   erhielten,   um   ihm   die 
Mitgliedschaft  unserer  Gesellschaft  anzutragen.    Zu  den  Unsern 
sollten  wir  ihn  nicht  lange  z&hlen;  schon  am  20.  August  des- 
selben  Jahres  ist  er  unerwartet,  ohne  vorangegangenes  Leiden, 
mitten  im  Kreise  der  Seinen  sanft  verschieden.     [J.  Fr.  M.,  geb. 
am  24.  Juli  1823  als  Sohn  des  Kantors  Friedr.  Bernh.  Minssen, 
stammte  aus  einer  geachteten,  altjeverschen  Familie,  der  auch 
der  bekannte  Hofrat  Ehrentraut  und  der  beriihmte  Chemiker 
Eilhard  Mitscherlich    angehorten.     Nachdem   er  in   Jever  das 
Gymnasium   besucht  und   in  Jena  und   Berlin   Theologie   und 
Philologie  studiert,  beschloss  er,  da  er  wegen  zu  grosser  Jugend 
auf  ein  Pfarramt  noch  zwei  Jahre  zu   warten  hatte,   auf  den 
Rat  seines  Oheims  und  Vormundes  Ehrentraut,  auf  Reisen  zu 
gehen,  erftillte  jedoch  vorher,  gleichfalls  unter  Ehrentrauts  Ein- 
fluss,  in  seiner  Heimat  einen  von  Jugend  auf  gehegten  Wunsch. 
„Es  war  von  jeher  einer  meiner  Lieblingswtinsche  gewesen, 
das  Saterland,  seine  Bewohner  und  Sitten,  n&her  kennen  zu 
lernen;  ich  reiste  deshalb,  als  ich   die   zu  den   ersten  Studien 
notige  Zeit  hatte,    mit  grosser  Freude   im  Herbst  1846   dahin 
und  lebte  ein  ganzes  Vierteljahr   unter  den  Saterlandern",   er- 
zahlt   er   selbst   in   den   „Mitteilungen   aus   dem    Saterlande". 
Als   erste    Frucht    seiner    friesischen    Forschungen    wurde    in 
Ehrentrauts  Friesischem  Archive  die  „Vergleichende  Darstellung 
der   Laut-   und   Flexionsverh&ltnisse   der   noch  lebenden   neu- 
friesischenMundarten  undihresVerhaltnisses  zumAltfriesischen" 
(Fries.  Archiv  I,  1849,   S.  165—276,    datiert  Tossens  im  Butja- 
dingerland  Juli  7.  1847)  veroffentlicht.     Die  „Mitteilungen   aus 
dem  Saterland  von  Dr.  phil.  J.  Fr.  Minssen,  Prof,  am  Lyceum 
in  Nantes"  (im  Inhaltsverzeichnisse  steht  „Prof.  am  Lyceum  in 
Versailles"),  erschienen   erst   im   II.  Band   des    Fries.    Archivs 
S.  135—227,    der    1854   abgeschlossen    vorlag.      Reiche    Stoff- 
sammlungen    Minssens    aus    dem    Saterlande,    aus    denen    L. 
Strackerjan  (Aberglaube  und  Sagen  aus  dem  Herzogtum  Olden- 
burg, 2  Bde.,  Oldenburg  1867)  einzelne  Marchen,  Sagen,  Schwslnke 
und   andere  Aufzeichnungen  (leider  nur  in  Uebersetzung)   mit- 
geteilt  hat,  sind  seit  seiner  Uebersiedlung  nach  Frankreich  ver- 
loren  gegangen  (vgl.  Siebs,  Das  Saterland,   in  der  Zeitschrift 


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—    362    — 

des  Vereins  fiir  Volkskunde  in,  1893,  S.  240  u.  380  und 
BrOring,  Das  Saterland  n,  1901,  S.  VII).  Sein  Universitats- 
freund  Gesenius,  der  als  Erzieher  im  Hause  des  englischen 
Staatsmannes  Lord  John  Russell  wirkte,  hatte  ihn  inzwischen 
mit  dem  Versprechen,  ihm  bald  eine  ahnliche  Stelle  zu  ver- 
schaffen,  nach  England  eingeladen.  Auf  der  Reise  dorthin,  im 
Sommer  1847,  traf  er  im  Theater  zu  Briissel  mit  seinem 
Jenenser  Lehrer,  dem  Kirchenrat  J.  K.  S.  Schwarz,  zusammen, 
der  ihm  riet,  vor  dem  Verlassen  des  Festlandes  eine  Zeit 
lang  in  Paris  FranzGsisch  zu  treiben,  weil  die  Kenntnis  des 
Franz5sischen  in  England  eine  Empfehlung  fur  ihn  sein  wurde. 
In  Paris  angekommen  erhielt  er  durch  den  bekannten  Pada- 
gogen  Adler  Mesnard  das  Anerbieten,  als  Lehrer  des  Deutschen 
nach  Havre  zu  gehen.  Als  solcher  hatte  M.,  empfohlen  durch 
die  einflussreiche  Familie  Monod,  bald  sein  gutes  Auskommen; 
in  der  Familie  des  in  Havre  lebenden  friiheren  Plantagen- 
besitzers  Higgin  aus  Jamaica  lernte  er  auch  seine  spatere 
Gattin,  die  zweite  Tochter  des  Hauses,  Margaret,  kennen.  Die 
Ereignisse  der  Jahre  1848  und  1849  in  Deutschland  und  die 
sichere  Aussicht,  in  Frankreich  seine  Braut  heimfuhren  zu 
k&nnen,  verleideten  dem  milden,  friedliebenden  Manne  die  Riick- 
kehr  in  sein  Vaterland,  und  so  entschloss  er  sich  jetzt,  wie  es 
sein  Vater  auch  schon  gethan,  das  Pfarramt  aufzugeben  und 
sich  dauernd  dem  Lehrerberufe  in  Frankreich  zu  widmen.  An 
der  Sorbonne  erwarb  er  sich  das  certificat  d'  aptitude,  worauf 
er  als  Lehrer  des  Deutschen  nach  Limoges  geschickt  wurde. 
Als  agr6g6  kam  er  dann  im  Oktober  1850  an  das  Lyceum  in 
Nantes,  vermahlte  sich  hier  und  wurde  nach  einem  ausserst 
glticklich  verlebten  Jahre  im  Oktober  1851  nach  Versailles  be- 
rufen.  Hier  ist  er,  obgleich  ihm  Stellungen  in  Paris  angeboten 
wurden,  bis  zu  seinem  Tode  glucklich  und  zufrieden  geblieben. 
Neben  seinem  Lehramt  in  Versailles  am  Lyc6e  Hoche  bekleidete 
er  seit  1863  eine  Professur  der  deutschen  Sprache  an  der 
Militarschule  des  nahegelegenen  St.-Cyr.  Die  reichliche  Arbeit, 
die  ihm  dies  doppelte  Amt  brachte,  hinderte  ihn  nicht,  als 
Reformierter  sich  auf  das  Eifrigste  am  kirchlichen  Leben  zn 
beteiligen.  Der  schone  Nachruf,  den  Herr  H.  J.  Messines. 
Pastor  der  reformierten  Gemeinde  zu  Versailles,  in  der  Zeit- 
schrift  fiir  die  reformierte  Kirche  in  Frankreich  (Le  christiani- 


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—    363    — 

sme  an  XX e  sifecle)  am  30.  August  1901  ihm  widmete,  rtihmt 
an  M.,  wie  er  gleich  von  der  ersten  Zeit  seines  Wirkens  in 
Versailles  an  bis  zuletzt  in  Gemeinschaft  mit  seiner  gleich- 
gesinnten  Gemahlin  seine  Kraft  uneigenntitzig  in  den  Dienst 
des  Gemeindelebens  stellte  und  dem  Seelsorger  stets  eine  feste 
Sttitze  war.  Zugleich  entwickelte  er  eine  rege  litterarische 
Th&tigkeit,  die  ihn  haupts&chlich  als  einen  Vermittler  deutschen 
Geistes  in  Frankreich  zeigt.  Dahin  gehflren  die  Uebersetzung 
der  grossen  „Geschichte  des  XIX.  Jahrhunderts"  von  Gervinus 
und  ein  Reisebericht  tiber  den  Mittelschul-  und  Hochschul- 
Unterricht  in  Deutschland,  den  er  auf  Veranlassung  des  um 
die  Hebung  des  franzflsischen  Unterrichtswesens  so  hoch- 
verdienten  Ministers  und  Freundes  des  Kaisers  Napoleons  III, 
Victor  Duruy,  erstattete  (Etude  sur  Instruction  secondaire  et 
sup6rieure  en  Allemagne,  &  la  suite  d'une  mission  confine 
par  M.  V.  Duruy),  ferner  im  Anschluss  an  seine  Aufgabe  in 
St.  -Cyr  ein  „Dictionnaire  des  sciences  militaires  allemand- 
fran<jais",  ^Lectures  militaires  allemandesa,  „Termes,  sujets, 
dialogues  militaires".  Seine  Tiichtigkeit  als  Lehrer,  Erzieher 
und  Gelehrter  fand  Anerkennnng  durch  die  nacheinander  er- 
folgte  Ernennung  zum  „officier  d'Acad6miea,  „officier  de 
Tlnstruction  publique",  zum  Offizier  und  Ritter  der  Ehren- 
Iegion.  Von  der  Achtung  und  Liebe  aber,  die  er  auch  als 
Mensch  genoss,  legten  die  glanzende  Feier  seiner  goldenen 
Hochzeit  und  sein  Begrabnis  ab,  bei  denen  ihm  aus  alien 
Kreisen  der  Bevolkerung  die  innigsten  Beweise  der  Dankbarkeit 
dargebracht  wurden.  Im  Kriege  von  1870  hatte  er  den  Schmerz, 
seinen  ftltesten  Sohn  als  angehenden  Militararzt  im  Feldlazaret 
zu  Tours  verlieren  zu  mtissen.  (Nach  Mitteilungen  der  An- 
gehorigen  in  Versailles.)] 

Nachdem  der  bisherige  Vorsitzende,  Kommerzienrat 
Schnedermann,  in  Rticksicht  auf  seine  leidende  Gesundheit 
zu  unserm  Bedauern  sein  Amt  niedergelegt  hat,  ist  Medizinal- 
rat  Dr.  Tergast  an  seine  Stelle  gewahlt  worden.  Mit  den' 
Erg&nzungen  auf  die  statutenmassige  Zahl  von  8  Mitgliedern 
setzt  sich  der  Vorstand  jetzt  wie  folgt  zusammen:  Medizinal- 
rat  Dr.  Tergast  (Vorsitzender  und  Konservator  der  Miinzen), 
Prof.  Dr.  Ritter  (Stellvertreter  des  Vorsitzenden  und  Konser- 
vator der  Altertiimer),  Sekretar  der  Handelskammer  fiir  Ost- 


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friesland  und  Papenburg  P.  van  Ren  sen  (Schatzmeister), 
Bankvorsteher  L.  Gittermann  (Schriftftihrer),  Apotheken- 
besitzer  C.  Herrmann  (Gem&lde  und  Altertiimer),  Senator 
Dreesmann  Penning  (Hausangelegenheiten),  Pastor  Meden- 
wald  (Bibliothekar),  Amtsrichter  Richard. 

Auf  dem  Zuwachs  unserer  Sammlungen  in  dem  letzt- 
verflossenen  Zeitraume  blicken  wir  mit  besonderer  Freude 
zurtick.  Unter  anderm  fiberwies  uns  Frau  Sanitatsrat  Dr. 
Wychgram,  geb.  Vietor,  aus  dem  Nachlasse  ihres  1895  ver- 
storbenen  Vaters,  unseres  hochverdienten  und  unvergessenen 
Mitgliedes,  des  Kirchenrats  Vietor,  dessen  handschriftliche 
Kollektaneen  zur  ostfriesischen  Geschichte  und  erlaubte  uns 
aus  seiner  Bibliothek,  soweit  sie  noch  im  Besitze  der  Familie 
war,  das  uns  geeignet  Erscheinende  auszuwahlen.  Frau  A. 
Weers,  geb.  Brauer,  zu  Emblichheim  in  der  Grafschaft  Bent- 
heim,  eine  geborne  Emderin,  schenkte  uns  eine  reiche  Samm- 
lung  wertvoller  ostfriesischer  und  nichtostfriesischer  Miinzen. 
Herrn  Major  0.  v.  Fromm  in  Meiningen,  frtiher  beim  Emder 
Bataillon  des  ostfriesischen  Infanterie-Regiments  No.  78,  ver- 
danken  wir  eine  ausserst  wertvolle  und  interessante  Zu- 
wendung:  eine  Reihe  von  Abbildungen  alter  Bauwerke  Ost- 
frieslands,  die  ein  in  Emden  ans&ssiger  Vorfahr  seiner  Ge- 
mahlin,  geb.  Freifrau  v.  Eelking,  urn  1620  eigenhandig  mit 
Bleistift  nach  den  Originalen  skizziert  hat  (vgl.  u.  in  den 
„Mitteilungen  aus  den  Versammlungen"  zum  19.  Juni  1900). 
Eine  Gabe,  wie  sie  unserer  Gesellschaft  seit  ihrer  Griindung 
zuvor  noch  nicht  zu  Teil  geworden  ist,  war  die  grossartige 
Sammlung  ostfriesischer  Miinzen,  die  der  am  5.  September  1899 
verstorbene  Dr.  Peterssen  auf  Schloss  Nordeck  bei  Berum 
uns  kurz  vor  seinem  Tode  vermachte.  Eine  eingehende  Be- 
schreibung  der  Sammlung  sowie  einen  Ruckblick  auf  das  Leben 
des  tiber  Ostfriesland  hinaus  bekannten  und  geschatzten 
Mannes  hoffen  wir  demn&chst  bringen  zu  k6nnen.  —  Ueber 
•  die  sonstige  Vermehrung  unserer  Sammlungen  durch  Geschenke 
und  Ankaufe  giebt  die  unten  folgende  Uebersicht  Auskunft. 
Die  Kehrseite  dieses  Anwachsens  diirfen  wir  hier  nicht  ver- 
schweigen :  schon  jetzt  empfinden  wir  trotz  des  Erweiterungs- 
baues  im  Jahre  1887  in  jeder  Abteilung  unserer  Sammlungen, 
wie  schwer  ihre  Entwicklung  unter  dem  Raummangel  leidet. 


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—    365    — 

Im  Vergleich  zu  zahlreichen  anderen  geschichtlichen 
Vereinen,  deren  Wirksamkeit  ein  so  fruchtbares  Gebiet  wie 
das  unsere  umfasst,  sind  wir  dadurch  ungiinstiger  gestellt, 
dass  uns  die  beratende  und  anregende  dauernde  persSnliche 
Gegenwart  eines  Archivars  von  Beruf  fehlt  und  dass  wir  die 
archivalischen  Grundlagen  unserer  Thatigkeit  zu  ihrem  wesent- 
lichen  Teile  nicht  am  Orte  haben.  Mit  Dankbarkeit  mtissen 
wir  es  daher  anerkennen,  dass  unser  Bemiihen,  den  Nachteilen 
dieser  raumlichen  Trennung  durch  enge  Verbindung  mit  dem 
KSniglichen  Staatsarchive  in  Aurich  einigermassen  abzuhelfen, 
durch  den  jetzigen  Leiter  desselben,  Archivrat  Dr.  Wachter, 
in  so  tiberaus  entgegenkommender  Weise  unterstiitzt  wird. 
Wir  brauchen  unsern  Mitgliedern  nur  die  wiederholten  Be- 
suche  und  Vortrage  des  genannten  Herrn  in  unserer  Mitte  und 
die  genussreichen,  fur  ihn  freilich  immer  miihevollen  Ausfliige, 
die  wir  auf  seine  Einladung  dem  KSniglichen  Staatsarchive  und 
dem  freundlichen  Aurich  abstatteten,  ins  Gedachtnis  zuriick- 
zurufen. 

Das  vorliegende  Jahrbuch  wiirde  viel  weniger  reichhaltig 
erscheinen,  wenn  wir  nicht  das  Gliiek  hatten,  unter  unseren 
Mitgliedern  zwei  jungere  Landsleute  zu  z&hlen,  die,  durch  ihre 
Studien  und  ihren  Beruf  in  Bibliotheken  und  Archiven  Deutsch- 
lands  und  des  Auslandes  weit  umher  vertraut  geworden,  auch 
in  der  Feme  dem  Lande  ihrer  Jugendjahre  ihr  Interesse  treu 
bewahrt  und  uns  von  ihren  Ostfriesland  beriihrenden  Funden 
unermtidlich  Kenntnis  gegeben  und  dieselben  auch  eindringend 
selbst  erforscht  haben.  Beiden,  Dr.  Conrad  Borchling  aus 
Emden,  jetzt  in  GSttingen,  und  Dr.  Melle  Klinkenborg  aus 
Eilsum,  jetzt  in  Berlin,  der  eine  Germanist,  der  andere  Histo- 
riker,  sind  diesmal  in  so  ungewohnlieh  reichem  Masse  und  mit 
so  glticklichem  Erfolge  fur  ihre  Heimat  thatig  gewesen,  dass 
wir  die  Friichte  ihres  Forschens  —  ausser  kleineren  Mitteilungen 
und  den  schon  jetzt  abgedruckten  Beitr&gen  sind  es  das  aus- 
ftihrliche  Tagebuch  des  „Unterkaufmanns"  Jean  Franpois 
Michel  aus  Mecheln  uber  die  Fahrt  des  Emder  Sehiffes 
„Burg  von  Emden"  (von  der  preussisch-asiatischen  Kom- 
pagnie)  nach  Kanton  in  den  Jahren  1752/54  aus  der  KSniglichen 
Bibliothek  in  Bnissel,  die  geographisch-historische  Beschreibung 
von  Ostfriesland,   verfasst  von  Henricus  Ubbius  i.  J.  1530 


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(das  alteste  bekannte  derartige  Werk)  aus  dem  vatikanischen 
Archive  und  eine  ungeahnte  Menge  von  kirchlichen  Urkunden 
iiber  den  nftrdlichen,  einst  zur  Diozese  Bremen  gehorigen  Teil 
Ostfrieslands,  die  bis  in  das  13.  Jahrhundert  zuriickreichen, 
im  Koniglichen  Staatsarchive  zu  Hannover  —  jetzt  nur  in  be- 
grenztem  Umfange  verftffentlichen  konnen  und  sie  notgedrungen 
auf  mehrere  Jahrgange  unserer  Zeitschrift  verteilen  miissen. 
Es  ist  nur  eine  Pflicht  der  Dankbarkeit,  wenn  wir  ihrer  hin- 
gebenden  Arbeit,  der  sie  sich  im  Drange  anderer  Pflichten  doch 
bereitwilligst  unterzogen  haben,  auch  an  dieser  Stelle  ausdriick- 
lich  gedenken.  Fiir  die  Mitteilung  eines  sehr  alten  wichtigen  und 
interessanten  Fundes,  eines  Nekrologiums  mit  Namen  von 
Angehorigen  der  Hauptlingsfamilien  von  Emden  und  Osterhusen- 
Hinte  aus  der  ersten  Halfte  des  XIV.  Jahrhunderts,  und  fur 
die  Freundlichkeit,  durch  die  uns  eine  unbeschrankte  griind- 
liche  Einsicht  in  das  Original  ermoglicht  wurde,  sind  wir  der 
Stadtbibliothek  zu  Aachen  und  namentlich  ihren  Vorstanden, 
dem  friiheren,  Dr.  Richel  (jetzt  in  Frankfurt  a./M.),  und  dem 
jetzigen,  Dr.  M.  Miiller,  lebhaften  Dank  schuldig.  Das  Nekro 
logium  befindet  sich  auf  den  Riickseiten  eines  Kalendariums  der 
Diftzese  Minister  in  einem  reich  verzierten  Psalter,  der  auf  un- 
erklarliche  Weise  aus  einem  noch  nicht  bestimmten  Kloster  (?) 
der  Emder  Gegend  nach  Koln  und  von  da  nach  Aachen  ver- 
schlagen  ist. 

Unter  den  ubrigen  Ergebnissen  der  letzten  beiden  Jahre 
in  unserm  Wirkungsgebiete  heben  wir  die  beiden  N order 
Mtinzfunde,  im  Mai  und  im  Oktober  1900,  iiber  die  wir  uns 
eingehendere  Mitteilungen  vorbehalten1),  die  Auffindung  einer 
nach  Groningen  geratenen,  uns  bisher  unbekannten  und  einst 
der  Kirche  zu  Kampen  bei  Emden  gehorigen  ostfriesischen 
Monstranz  und  die  Blosslegung  von  Wandmalereien  in  der 
Kirche  zu  Hinte  hervor.  Die  Monstranz,  vielleicht  ein  Werk 
einheimischer  Goldschmiedekunst  in  spat-gotischen  Stilformen, 
nach  dem  Westerhuser  Diadem  vermutlich  das  alteste,  welches 
Ostfriesland  aufzuweisen  hat,  das,  wahrscheinlich  in  den  Wirren 
der  Reformation,  aus  der  Kirche  zu  Kampen  nach  Holland  ge- 
fltichtet  worden  ist,   beabsichtigen  wir  in  einem  Artikel  wenn 


»)  iiber  den  einen  s.  oben  S.  327. 


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moglich  des  nachsten  Jahrbuchs  zu  behandeln.  Sie  tragt  am 
Fusse  eingraviert  die  Namen  des  Stammvaters  der  SJtern  ost- 
friesischen  Linie  der  Familie  v.  Frese,  Victor  Frese,  Hauptlings 
von  Loquard,  sowie  des  Pfarrers  und  eines  Kirchvogtes  von 
Kampen  und  die  Jahreszahl  1527. 

Seit  langeren  Jahren  (vgl.  Jahrb.  XI,  1895,  S.  448,  und 
XIII,  S.  288)  haben  wir  dahin  zu  wirken  gesucht,  dass,  wie  es 
jetzt  selbst  in  einer  Reihe  von  Landkirchen  geschehen  ist, 
wenigstens  die  wertvolleren  unter  den  zahlreichen  Grab- 
steinen  der  hiesigen  reformierten  Kirchen  durch  Fortnahme 
von  der  gefahrdeten  Stelle  oder  durch  Bedeckung  vor  der 
immer  naher  drohenden  Vernichtung  bewahrt  wtirden.  Wah- 
rend  in  der  Gasthauskirche  infolge  unserer  Anregung  auf  An- 
ordnung  des  Magisirats  die  am  meisten  betretenen  Steine  mit 
Matten  belegt  worden  sind,  ist  in  der  Grossen  Kirche  und  in 
der  Neuen  Kirche,  in  denen  mehrere  hundert,  teilweise  tiber 
das  lokale  Interesse  hinaus  bedeutende  Grabsteine,  nachweislich 
ohne  dass  sie  samtlich  von  Anfang  an  ihren  jetzigen  Platz 
eingenommen  hatten,  als  Pflaster  benutzt  werden,  der  Zustand 
vollig  der  alte  geblieben.  Mit  Freuden  haben  wir  es  deshalb 
begriisst,  nach  friiheren  vergeblichen  Versuchen  in  einem  neu- 
eingetretenen  Mitgliede,  Photograph  Troger,  endlich  das 
notige  Interesse  und  Verstandnis  und  die  ausreichende  Ge. 
schicklichkeit  zu  finden,  um  eine  systematische  Aufnahme 
dieser  ehrwurdigen,  vielfach  unersetzlichen  Zeugen  der  Ver- 
gangenheit  ins  Werk  zu  setzen.  Ungeachtet  der  grossen 
Schwierigkeit,  umfangreiche  horizontalliegende  Gegenstande  zu 
photographieren,  ist  sie,  vorlaufig  bei  etwa  100  Steinen,  tiber 
alles  Erwarten  vorztiglich  gelungen,  und  wir  besitzen  in  den 
getreuen  und  deutlichen  Abbildungen  einen  Schatz,  fiir  den 
unsere  Nachfolger  dem  Kiinstler  und  uns  alle  Ursache  haben 
dankbar  zu  sein.  Wie  in  den  Kirchen  Emdens,  mochten  wir 
nach  und  nach  auch  im  iibrigen  Ostfriesland  Aufnahmen  der 
hervorragenden  Denkmaler  herstellen  lassen. 

Die  ErhaJtung  und  Wiederherstellung  des  Ren ais sane e- 
Giebels  am  Delft  No.  24  (vgl.  Jahrbuch  XIII  S.  259)  ist 
dank  dem  hochherzigen  Eintreten  von  4  teils  friihern,  teils 
gegenwartigen  Mitgliedern  des  Magistrats,  die  zugleich  unserer 
Gesellschaft  angehOren,   und  einer  weitern  Untersttitzung  aus 


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staatlichen  Mitteln  zu  Ende  gefuhrt  worden,  leider  nicht  unter 
der  sorgfaltigen  Aufsicht,  auf  deren  Notwendigkeit  wir  recht- 
zeitig  w&hrend  der  Bauarbeiten  unter  Bezeichnung  der 
besserungsbediirftigen  Teile  der  Restauration  in  mehreren  Vor- 
stellungen  an  den  Magistrat  hingewiesen  hatten. 

Endlich  diirfen  wir  hier  auch  ein  im  Oktober  1899  an  den 
hiesigen  Magistrat  gerichtetes  Schreiben  nicht  unerw&hnt  lassen, 
in  welchem  wir  dem  unter  uns  schon  seit  lange  geauserten 
Wunsche  Ausdruck  gaben,  von  Seiten  der  stadtischen  Behorden 
mochten  Schritte  gethan  werden,  damit  bei  der  lebhaften  Bau- 
thatigkeit  in  Emden  die  Architektur  der  neuen  Hauser 
mehr  als  bisher  unter  Beriicksichtigung  des  geschichtlichen 
und  landschaftlichen  Charakters  der  Stadt  den  Grundsatzen 
der  Sch5nheit  Rechnung  trage.  Die  vom  Konsul  B.  Brons 
angeregte  Eingabe  ist,  obwohl  dies  nicht  unsere  Absicht  war, 
auf  Veranlassung  des  Magistrats  verftffentlicht  worden  und  hat, 
wie  das  vom  Baurat  Klingenberg  in  Oldenburg  entworfene,  sehr 
ansprechende,  die  ganze  Stadt  zierende  Geb&ude  der  Erader 
Bank  beweist,  zu  unsrer  Freude  schon  Friichte  getragen.  Die 
Emder  Bank,  die  sich,  ohne  dass  ihr  die  Signatur  einer  frisch 
und  kr&ftig  vorwartsstrebenden  Gegenwart  fehlt,  harmonisch 
dem  architektonischen  Charakter  der  Stadt  einfiigt,  wie  er 
dieser  durch  die  Renaissance-Giebel  aus  ihrer  Bliitezeit  auf- 
gepr&gt  ist,  hat  wieder  das  Muster  fur  andere  Privathauser 
abgegeben.  MSgen  auch  die  ktinftigen  Neubauten,  namentlich 
die  Ofifentlichen,  staatliche  wie  stadtische,  nicht  zuriickbleiben ! 


Mitteilungen  aus  den  Versammlungen. 

9.  Aug.  1898.  Ueber  den  von  Hrn.  Starcke  in  seiner  Arbeit 
tiber  das  Enno-Denkmal  (Jahrb.  IV,  2,  1881,  S.  102)  erwahnten 
Kamin  „aus  einem  Emder  Patriziorhause*  mit 
Karyatiden  und  einem  Relief,  das  den  Kampf  der  Horatier  und 
Curiatier  darstellte,  „von  ahnlicher  Arbeit  wie  die  des  Enno- 
Denkmals",  den  urn  1880  fur  3000  Mk.  die  Rothschildsche 
Sammlung  in  Frankfurt  a.  M.  erwarb,  teilt  Hr.  Haynel  mit> 
dass  er  aus  dem  sog.  Dornumer  Hause  an  der  Gr.  BrGckstrasse 


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(v.  J.  1579,  jetzt  der  Familie  Abegg  gehorig)  stammte.  Eine 
Anfrage  soil,  wenn  auch  die  Zeit  nicht  ftir  eine  Herkunft  beider 
Werke  etwa  aus  gleicher  Schule  spricht,  nach  Frankfurt  ge- 
richtet  werden. 

Herr  Kommerzienrat  Schnedermann  erzahlt  nach  eigenen 
Erinnerungen  einiges  aus  der  Geschichte  der  hiesigen 
Lotsengesellschaft1),  vor  deren  Grtindung  im  Jahre  1858 
die  Schiflfe  ganz  auf  den  guten  Willen  der  Lotsen  angewiesen 
waren.  Emder  Schiflfe  kannten  das  Fahrwasser  und  hatten 
keine  Lotsen  n5tig,  fremde  Schiflfe  liefen  wegen  der  ungeord- 
neten  Lotsen- Verh&ltnisse  nur  ungern  in  die  Ems  ein.  Hiesigen 
Kauf  leuten  war  es  zuweilen  nicht  mGglich,  auslandische  Waren 
nach  Emden  zu  erhalten,  weil  kein  nichtemdisches  Schiflf  Ladung 
ftir  die  Ems  nehmen  wollte.  Als  die  kaufm&nnische  Deputation 
in  Emden  Besserung  schaflfen  wollte,  zeigte  die  Hannoversche 
Regierung  wenig  Bereitwilligkeit  zu  ausreichender  Unter- 
stutzung;  und  als  endlich  zur  Grtindung  einer  Lotsen- 
gesellschaft geschritten  werden  konnte,  war  es  schwierig, 
unter  den  Kaufleuten  Manner  zu  finden,  die  geneigt  waren  an 
die  Spitze  zu  treten.  Die  neue  Einrichtung  war  bei  den  alten 
Lotsen  und  den  ostfriesischen  Schiflfern,  die  bisher  fremde 
Konkurrenz  auf  der  Ems  wegen  des  mangelhaften  Lotsenwesens 
nicht  zu  ftirchten  hatten  und  nun  noch  die  ftir  sie  selbst  ent- 
behrlichen  Lotsen  zu  nehmen  und  zu  bezahlen  gezwungen 
wurden,  so  unpopular,  dass  selbst  manche  Kaufleute  sich 
scheuten,  oflfen  ftir  die  Neuordnung  einzutreten. 

Auf  eine  gelegentliche  Anfrage  wegen  der  zweifelhaften 
Lesung  im  Texte  der  Trachtenbilder  des  Manninga- 
Buches  (Jahrb.  X,  2,  18 u. 82):  „gescoeckede  hasena  oder  „ge- 
scackede  hasen",  entscheidet  sich  Herr  Archivrat  Dr.  Sello  in 
Oldenburg  auf  Grund  einer  Photographie  des  Originales  mit 
Herrn  Prof.  Dr.  Siebs  in  Greifswald  ftir  die  letzte  Lesung  und 
erkl&rt  den  Ausdruck  wie  Siebs  im  Nachtrag  S.  82  als  „Strtimpfe, 
die  mit  Edelsteinen  besetzt  sinda.  Zum  Beleg  sendet  er  einen 
von  ihm  verfassten  Aufsatz :  „Zur  Trachtengeschichte  der  Mark 


•)  vgl.  Purbringer,  Adress-  und  Stadthandbuch,  1877,  S.  532  u.  555 
and  P.  van  Renaen,  Der  Lootszwang  auf  der  Ems,  Ostfr.  Monateblatt  V, 
1877,  S.  86  u.  188. 

Jahrtrach  dtr  GetelUch.  L  b.  K.  u.  valerL  Altertftmw  zu  Emden,  Bd.  XIV.  24 


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Brandenburg"  (Sonderabzug  aus  den  Forschungen  zur  Brandenb. 
und  Preussischen  Geschichte  IV  2),  in  dem  S.  286  die  Be- 
zeichnung:  scacatae  caligae  (Hosen  von  gewiirfeltem  Stoffe)aus 
einer  bischflflichen  Verfilgung  ftir  den  Havelberger  Klerus  vom 
Jahre  1427  angefiihrt  wird  (vgl.  Du  Cange :  scacatus  =  quadris 
diversi  colons  distinctus). 

16.  Aug.  1898.  In  Heft  2  des  X.  Bandes  der  Zeitschrift 
des  Vereins  fiir  Hamburgische  Geschichte  schildert  ein  Auf- 
satz  iiber  die  Geschichte  der  Gemeinde  der  Portugiesischen 
Juden  in  Hamburg  die  K&mpfe  zwischen  Senat  und  Geistlich- 
keit,  die  der  Aufnahme  der  ersten  7  Familien  der  Gemeinde 
voraufgingen.  Im  Jahre  1611  wurden  Gutachten  von  den 
Fakult&ten  in  Frankfurt  a./O.  und  Jena  eingeholt;  Jena  empfahl 
die  Aufnahme  unter  Bedingungen;  die  Zulassung  erfolgte  aber 
erst,  als  Stade  die  Portugiesischen  Juden  einlud.  Manche  alten 
Familiennamen  haben  sich  unter  den  Hamburger  Juden  bis 
heute  erhalten.  Einer  der  alten  Hamburger  Namen  (Curiel) 
ist  noch  im  XIX.  Jahrhundert  in  Emden  vertreten  gewesen. 
Auch  in  der  sehr  alten  jtidischen  Gemeinde  in  Emden 
befanden  sich  im  XVI.,  XVII.  u.  XVIII.  Jahrhundert  zahlreiche 
portugiesische  oder  spanische  Fltichtlinge. 

23.  Aug.  1898.  In  Paul  u.  Braunes  Beitragen  zur  Geschichte 
der  deutschen  Sprache,  herausgeg.  v.  E.  Sievers,  1898,  S.  224, 
werden  die  Bezeichnungen  „Steuerborda  und  „Backbordu 
durch  die  Einrichtung  der  alten  Schiffe  erklSLrt,  die  das  Steuer 
(Ruder)  an  der  rechten  Seite  des  Schiffes.  vom  Standpunkte 
des  Steuernden  aus,  hatten,  sodass  dieser  der  linken  Seite 
des  Schiffes  mehr  seinen  Rticken  (Back)  zuwandte. 

Heraldische  und  genealogische  Nachrichten  tiber  die  aus 
Ostfriesland  stammende  Familie  Falck,  der  z.  B.  der  Nach- 
folger  des  Drosten  Unico  Manninga  in  Emden  1570,  der  spatere 
Drost  von  Greetsiel,  Occo  Valk,  entstammte,  enthalten  die 
hollandischen  Zeitschriften  „Wapenherauta  1898  Nr.  5/6  und 
„De  Navorscher",  1898,  Lieferung  61).    Ein  Enkel  des  um  1720 


>)  Die  uns  in  Emden  zuganglichen  Nachrichten  fiber  die  alteste  Ge- 
schichte dieser  ursprunglich  wohl  nicht  ostfriesischen  und  nichtadeligen 
Familie  sind  nachher  in  Vorsterman  van  Oyens  Nederl.  Familieblad  1901 
S.  88  ff.  mitgeteilt  worden,  vgl.  Jahrg.  1901  S.  229, 264  und  Jahrg.  1902  S.  71 
(hier  eine  Abbildung   des   Wappens).     Die  dort  als  mSglich  hingestellte 


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—    37X     — 

aus  Larrelt  nach  Utrecht  gezogenen  dftnischen  Oberstleutnants 
Falck  (Wiarda  VII,  53)  wurde  niederl&ndischer  Gouverneur  von 
Ceylon,  ein  spaterer  Nachkomme  niederl&ndischer  Minister.  — 
Von  dem  Herausgeber  des  „Wapenherauttf,  D.  G.  van  Epen,  ist 
eine  Schrift:  „De  Predikanten - Familie  Knottnerus"  (Pr.  2  fl.) 
erschienen.  Der  Stammvater  dieser  aus  der  Pfalz  gefltichteten 
Theologen-Familie,  Joh.  Michael  Knottnerus,  kam  1645  nach 
Greetsiel,  nachdem  er  vorher  mehrere  Jahre  in  Pilsum  gewirkt 
hatte.  Sein  Grabstein  liegt  in  der  Kirche  zu  Greetsiel 
(Houtrouw  I  517)  und  ist  nach  Mitteilung  des  Herrn  Pastors 
Victor  jiingst  aus  der  Mitte  der  Kirche  an  eine  geschutztere 
Stelle  verlegt  worden. 

Herr  P.  Bleeker  weist  auf  die  Verdienste  des  verstorbenen 

Senators  Mustert  um  unsere  Stadt  hin   und  meint,   es  sei 

Pflicht,  sein  Andenken  auf  irgend  eine  Weise,  etwa  durch  eine 

Gedenktafel  an  einer  Hauptstatte  seiner  Wirksamkeit,  auf  dem 

Walle,    zu    ehren.      Kommerzienrat    Schnedermann,    der    als 

Kollege    im   Magistrat   lange    Jahre    dem    Verstorbenen    nahe- 

gestanden  hat,  erz&hlt  von  den  ausserordentlichen  Schwierig- 

keiten,    die   dieser  bei   seinen  Bestrebungen  ftir  die  Neuanlage 

des  Walles  zu  tiberwinden  hatte.    Geld  stand  anfangs  wenig 

zur  Verftigung ;  seine  Plane  fanden  lange  Zeit  nur  geringes  Ver- 

st&ndnis.    Durch  seine  Umw&lzungen  auf  dem  Walle  und  sein 

nicht  selten  autokratisches  Auftreten  zog  er  sich  von  manchen 

Seiten  Feindschaft  zu,   die  er  sogar  in   seinem  Gesch&fte  zu 

fiihlen  bekam.    M.  liess  sich  aber  in  dem  Streben  nach  seinem 

Ziele  durch  nichts  beirren  und  brachte,  indem  er  die  Arbeiten 


Herkunft  der  Familie  aus  dem  Munsterlande,  woher  namentlich  nach 
Emden  der  Zuzug  stark  war  (was  schon  U.  Emmius  beobachtete,  vgl.  oben 
S.  204  Anm.  1  und  R.  fr.  h.  S.  326),  findet  dadurch  eine  gewisse  Stutze,  dass 
der  erste  bekannte  ostfriesische  Tr&ger  des  Namens,  Bernhard  Valke, 
„iudex  et  conservator  iurium  . . .  conventus  monasterii  Scole  Dei  in  Yletf 
(Ihlo),  zugleich  Domdekan  in  Miinster  war  (Friedl.  Urk.  685  v.  J.  1447) 
und  dass  die  munsterlandische  Familie  Valcke  dem  Dome  zu 
Munster  viele  Qeistliche  stellte  (vgl.  Fahne,  die  Herrn  und  Freiherrn 
v.  H6vel,  K6ln  I860,  I,  2,  S.  176;  hier  wird  unter  dem  Jahre  1421  „Berndt 
Valcke,  Scholaster  des  Domes  zu  Munster"  aufgefiihrt;  auch  sind  die 
gleichen  Vornamen:  Heinrich,  Johann,  Fye,  in  der  ostfriesischen  und  in 
der  miinsterischen  Familie  mehrfach  vertreten;  endlich  stellt  das  Wappen 
beider  Familien  den  Falken  mit  erhobenem  rechten  Fusse  dar. 

24* 


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—     372     — 

Jahre  lahg  Tag  fur  Tag  selbst  beaufsichtigte  und  diese  Zeit 
seinen  Gesch&ften  entzog,  sogar  persflnliche  Opfer.  Sein  Beirat 
war  der  Obergartner  des  Grafen  Wedel  auf  Evenburg  bei  Leer, 
Ohle.  —  Die  altesten  Bemiihungen  um  eine  Verschonerung 
des  Walles  gehen,  nachdem  er  schon  lange  vorher  mit 
B&umen  bepflanzt  gewesen  war,  in  die  20er  Jahre  des  Jahr- 
hunderts  zuriick,  wo  der  Senator  Friedr.  Ulrich  Reimers  (1772 
bis  1834)  im  Gelbe-Miihlen-Zwinger  am  Norderthor  die  jetzigen 
Anlagen  anregte.  An  Stelle  der  Grotte  in  der  Mitte  befand  sich 
hier  zuerst  ein  Teich  mit  Schwanen,  die  von  der  Stadt  unter- 
halten  wurden  und  Halsbander  mit  dem  Emder  Wappen  trugen. 
In  den  50er  Jahren  kam  eine  Baumschule  im  Heuzwinger  am 
Boltenthore,  der  Anfang  zu  dem  heutigen  hubschen  „Stadt- 
waldchen",  hinzu.  Sp&ter  machten  sich  um  den  Wall  be- 
sonders  2  Mitglieder  der  st&dtischen  Kollegien,  der  Weinhandler 
Fisser  und  Dr.  med.  de  Beer,  verdient.  Die  stadtische  Ver- 
schonerungskommission  wurde  1869  eingesetzt  (vgl.  Furbringer, 
Adress-  und  Stadt  -  Handbuch  der  Stadt  Emden,  1877,  S.  496) 
und  trat  bald  unter  die  Leitung  des  Senators  Mustert.  Aus 
dem  Ende  des  XVIII ten  Jahrhunderts  ist  die  Nachricht  von 
Wiarda  (0.  G.  IV,  S.  194)  zu  erwahnen,  dass  zu  seiner  Zeit 
(1794)  noch  schone  metallene  Kanonen  mit  dem  Wappen  und 
dem  Namen  des  Grafen  von  Mansfeld  auf  dem  Emder  W&Uen 
gelegen  hatten.  Aus  Seumes  Leben  sind  die  Larmkanonen  be- 
kannt,  die  vom  Emder  Walle  die  Flucht  des  in  der  Richtung 
auf  Uphusen  desertierten  Dichters  anktindigten. 

In  dem  zweiten  Bande  des  Werkes  von  Schlie,  Die  Kunst- 
und  Geschichtsdenkmaler  des  Grossherzogtums  Mecklenburg, 
sind  abgesehen  von  den  Bemerkungen  tiber  die  Einfliisse  des 
niederlandischen  Grotteskestils  (Cornelis  Floris  de  Vriendt, 
Wauters,  Jacob  Floris  und  Cornelis  Bos)  auf  den  Renaissance- 
Bau  des  Fiirstenhofes  in  Wismar  (S.  192)  fur  uns  namentlich 
von  Interesse  die  Mitteilungen  iiber  den  uns  bisher  so  gut  wie 
unbekannten  Architekten  und  Festungsingenieur,  „Kapitan* 
Geert  Evert(s)  Piloot  aus  Emden  (S.  602  ff).  Unter  den 
Erbauern  des  alten  Schlosses  zu  Schwerin  nimmt  er  die 
namhafteste  Stelle  ein:  er  war  Leiter  der  glanzenden  Schloss- 
bauten  in  den  Jahren  1617—1629,  wenn  auch  seine  Plane  nnr 
zum  Teile  ausgeftihrt  wurden;   seine  Entwtirfe  aus  den  Jahren 


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1612  und  1619  sind  aber  erhalten  und  bei  Schlie  S.  608  u.  609 

abgebildet.  Schlie  S.610:  „Hier  entfaltet  sich  im  Sinne  nordischer, 

besonders  niederdeutscher  Renaissance  jenes  reiche  und  luftige, 

an  die  Wimperge  und   Fialen   der   Gothik    anklingende   Spiel 

hoher  und   steiler   Schneckengiebel  mit   zierlichen   Belastungs- 

pyramiden,  auf  deren  Spitzen  kleine  Sterne,  Monde  und  Sonnen 

erglanzen  und  deren  von  Balustraden  gestiitzte  Fenster  jene 

Einiassungen  erhalten,    die  man  in  der  Baukunst  als  Diamant- 

verzierungen  bezeichnet;  ihnen  entsprechen  hoch  aus  dem  Dach 

aufsteigende    Essen   mit   glockenturmartigen   Aufsatzen"    usw. 

(vgl.  S.  532,  602,  608,  610,  620).    Fast  aller  dieser  Eigentumlich- 

keiten  begegnen  wir  noch  heute  auf  Schritt  und  Tritt  bei  einer 

Wanderung  durch  Emden.     Von  Gerd  Everts  Piloot  ist  auf  der 

Insel  Poel  bei  Wismar   fur  den   Herzog  Adolf  Friedrich   ein 

befestigtes  Schloss  erbaut  worden,  von  dem  Schlie  S.  226  einen 

Grundriss  und  S.  229  ein  (an  das  Emder  Hafenthor  v.  J.  1635 

erinnerndes)  Wall-Thor  (1618)  abbildet.   —  Naheres  berichten 

nach  Schweriner  Akten  iiber  Piloot  Lisch  in  den  Mecklenburg. 

Jahrbuchern  V  (1840)  S.  45  in  einer  Geschichte  des  Schlosses 

zu  Schwerin  und  Wigger  ebenda  XL VIII  (1883)  S.  1  ff.  in  einem 

Aufsatz  iiber  die  Festung  P61.    Gert  Evert  Piloot,  „Btirger  der 

Stadt  Emden",  trat  Martini  1612  in   die  Dienste   des   Herzogs 

von  Mecklenburg ;  er  war  jedoch  schon  vorher  in  Mecklenburg, 

da  der  Graf  von  Ostfriesland  ihn  im   selben  Jahr  auf  einige 

Zeit  zuriickerbat.     Am  31.  Januar  1613  wurde  Piloot  an  die 

Riickreise  nach  Mecklenburg  gemahnt,  weil   es  Zeit  zum  Bau 

werde   (den  Grundplan  zum  Neubau  des  Schweriner  Schlosses 

hatte  der  Herzog  schon  1612  mit  ihm  beredet).    Er  sollte  auch 

gute  niederl&ndische  Gesellen  und  allerlei  Arbeiter   mitbringen, 

denen  die  Reise  bis  Hamburg  zur  See  anempfohlen  wurde.  Noch 

im  Oktober  1622  bat  Graf  Enno  von  Ostfriesland  den  Herzog 

Adolf  Friedrich1),   ihm   doch   den  Baumeister  Gerd   auf  einige 

Zeit  zu  schicken,  da  er  an  seinem  Hause  zu  Aurich  ein  Stuck 

neu   Gebftude   anfangen  wolle  und  Gerd    auch   Erlauterungen 

iiber  einige  Vermessungen   geben  k5nne,   die  er   friiher  in 

Ostfriesland   ausgefiihrt    habe.     Die    Feste    auf  Poel    erbaute 

Piloot  in  den  Jahren  1614—1618  und   erhielt  dann  in  bevor- 


»)  Enno  III  war  Adolf  Friedrichs  Schwiegervater,  s.  u. 


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—     374     — 

zugter,  reichdotierter  Stellung  sein  Patent  als  Kommandant  anf 
Poel  und  Generalbaumeister  Adolf  Friedrichs  („Der  Kunstreiche 
vnser  lieber  getrewer  Gerdt  Ebers  genant  Pilote  van  Embden . .. 
Kapitein  auff  vnser  Vestung  P6le  vnd  vber  Vnsere  Schiffe,  auch 
vnser  General  -  Baumeister  und  Ingenieur").  Er  starb  um  die 
Zeit,  wo  Wallenstein  Herr  in  Mecklenburg  geworden  war  und 
sich  auch  in  dem  Besitz  von  Poel  gesetzt  hatte,  im  Febr.  1629. 
—  Beira  Bau  des  jetzigen  Schlosses  zu  Schwerin,  1845—1857, 
zeigten  sich  die  von  Piloot  herriihrenden  Teile  des  alten 
Schlosses  so  gut  fundamentiert,  dass  seine  Pfahl-  und  Mauer- 
werke  ohne  Wei  teres  benutzt  werden  konnten,  wahrend  sich 
die  der  tibrigen  Baumeister  durchweg  als  unbrauchbar  erwiesen 
(Schlie  S.  602  u.  611). 

[Zu  den  obigen  Nachrichten  tiber  Gert  Everts  Piloot  haben 
sich  bis  jetzt  folgende  Erganzungen  gefunden.  In  unserer 
„Offizianten-Listea  (Ms.  18  S.  253)  wird  er  als  Stadtbaumeister 
in  Emden  fiir  die  Jahre  1599  und  1600  genannt.  Nach  einer 
Aufzeichnung  im  Aktbuch  von  Btirgermeister  und  Rat  der 
Stadt  Groningen  wurde  am  24.  Juli  1602  die  Insel  Ulsda  im 
Dollart  zwischen  Bunde  und  Winschoten  im  Beisein  von 
3  Bttrgermeistern,  6  Ratsherrn  u.  a.  durch  Gerridt  Everts  ver- 
raessen:  „den  volgenden  dag  (24.  Juli  1602)  .  .  .  heft  Gerrijd 
Everdts,  een  ervaeren  geometria,  een  stock  steeckende  up  een 
berchtyen  ofte  hoege  plaetze  (daer  men  secht  in  voertyden  een 
edelmans  hues  gestaen  thebben)  de  maete  van  Ulsda  genoemen2 
(Feith  im  Groningsche  Volksalmanak  fiir  1901,  S.  239).  Am 
24.  Juli  1606  sandte  der  Kommandant  der  niederlandischen 
Garnison  in  Emden,  Friedrich  van  Vervou,  2  Entwiirfe  zur  Be- 
festigung  der  Emder  Vorstadte  gegen  einen  Ueberfall  der  Spanier 
unter  Spinola  von  der  Hand  des  Mr.  Gerryt  Euerts  Piloot  an 
Graf  Wilhelm  und  Prinz  Moritz  von  Oranien  (Fr.  v.  Vervou, 
Enige  gedenckweerdige  geschiedenissen,  Leeuwarden  1841, 
S.  226).  Beabsichtigt  waren  zunachst  ein  Aussenwerk  vor  dem 
Herrenthor  und  eine  Contrescarpe  an  der  Ems  zwischen  fde 
Nadorst"  und  „Grouuela  (S.  215—240).  Schon  vorher,  am 
24.  April  1606,  hatten  die  Emder  durch  Isaak  Bourgeois  die 
Vorstadte  abmessen  lassen,  um  sie  durch  einen  Graben  der 
st&dtischen  Jurisdiktion  einzuverleiben  (S.  210).  Piloots  An- 
wesenheit  in  Emden  1612,  ehe  er  nach  Mecklenburg  im  Anfang 


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—     375     — 

des  Jahres  1613  zurtickgerufen  wurde  (s.  o.  S.  373),  wird  durch 

Aufzeichnungen  im  Diarium  der  Stadt  Emden  I,  1612,  S.  22  und 

in  den  Rechnungsbel&gen  der  Grossen  Kirche  bestaligt,   die 

Herr  Pastor  Haenisch  mitteilt:  am  30.  Juni  1612  liefert  Gerryt 

Everts  einen  „afris  des  gartensa    (bei   der  graflichen  Burg  zu 

Eraden)  fur  den  Grafen;  am  5.  Dezember  desselben  Jahres  misst 

er  fur  die  Kirche,   aber  wahrscheinlich  auf  Veranlassung  der 

Stadt,  die  „gronden  off  weruen  der  olden  kaemeren   an   der 

Stroostraesse  staende  ten  oosten  an  de  olde  bolwarck".    Dass 

G.  E.  Piloot,    vielleicht   unter   der   Oberleitung   der   Ingenieure 

Moritz   von   Oraniens,   des   Joh.  v.  Rijswijck   und   des   Joh.  v. 

Falkenberg,  an  den  grossen  Befestigungsarbeiten  in  den  Jahren 

1615  und  1616  (Wiarda  IV  53)  mitwirkte,   zeigt   ein   mit   dem 

Datum  „22.  Jan.  1615"  bezeichneter  Plan  der  nSrdlichen  Halfte 

der  Stadt  von  ihm  im  Trifolium   des   Timon  Rudolphi  Nr.  24: 

„Annotitie  des  aussgelechten  Werkes".     Moritz   von  Oranien 

scheint   damals   die  Befestigung   der   protestantischen   Stftdte 

Deutschlands,  namentlich  der  Hansast&dte,   eifrig  betrieben  zu 

haben;    ftir   Emden   muss   in   dieser    Angelegenheit    nach  der 

Altingschen  Familiengeschichte  (vgl.  Wiarda  IV,  25  ff.)  der  Stadt- 

sekret&r  Daniel  Alting,  Menso  Altings  Sohn,  geb.  1575,  gest.  1618, 

der  Unterhandler  gewesen  sein.     In   dem   Protokollbuche   des 

hiesigen  Gasthauses  erscheint  G.  E.  P.  als  Besitzer  von  Grab- 

stellen   in   der   Gasthauskirche  z.  J.  1611:  26  dyto   (Februar) 

hefft  Gerrytt  Euertz  pyloot  voer  die    beide   neye   groeuen   den 

gasthuifs  syn   graft   liggende   in   de  5  rige  nha  hett  Reuenter 

wedder  transporterett  vnd  ouergedragen.     Ein  Sohn   von   ihm 

ist  in  dem  Ratsherrn  Evert  Gerrits,  Vierziger  1628—1643,  Rats- 

herr  1643 — 1653,  zu  vermuten. 

Die  Berufung  G.  E.  Piloots  nach  Mecklenburg  h&ngt  ohne 
Zweifel  mit  den  engen  Beziehungen  zusammen,  die  im  ersten 
Viertel  des  XVII.  Jahrhunderts  der  mecklenburgische  und  der 
ostfriesische  Hof  zu  einander  unterhielten.  Graf  Ennos  III.  und 
seiner  zweiten  Gemahlin,  Anna  von  Holstein-Gottorp,  Tochter, 
Anna  Maria,  wurde  1622  Gattin  des  Herzogs  Adolf  Friedrich  von 
Mecklenburg  (Wiarda  IV  230),  aber  schon  1613  hatte  des  letztern 
Mutter  „des  Grafen  von  Friessland  Fraulein"  in  Schwerin  bei 
sich,  und  im  Dezember  1614  besuchte  ihn  Graf  Enno  III.  und 
wollte  ihn  „persuadirentf    zu  heiraten  (nach  den  Tagebtichern 


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—    376    — 

des  Herzoges,  im  Auszuge  abgedruckt  in  den  JahrbUchern  des 
Vereins  ffftr  mecklenb.  Geschichte  1847,  S.  59  f.).  Zu  gleicher 
Zeit  war  mecklenburgischer  Kanzler  ein  Ostfriese,  der  beruhmte 
Rechtsgelehrte  Hajo  von  Nesse  (1560 — 1620),  vgl.  Tiaden  I 
223  und  die  erwahnten  Tagebticher  des  Herzogs  Adolf  Friedrich 
S.  61 — 71,  der  sich  auch  an  mehreren  Stellen  argerlich  iiber 
die  Hinneigung  seines  Bruders  Johann  Albrechts  II.  zum 
Calvinismus  und  iiber  das  „Einreissen  der  Calvinisterey* 
in  Mecklenburg  ausspricht.  An  diesem  wird  die  damalige  Ver- 
bindung  mit  Ostfriesland  gewiss  ihren  Anteil  gehabt  haben. 
1648  bestellte  Ennos  III.  zweiter  Sohn,  Graf  Ulrich  II.,  vor 
seinem  Tode  Herzog  Adolf  Friedrich  zum  Mitvormunde  fiber 
seinen  unerwachsenen  Sohn  Enno  Ludwig  (Wiarda  V,  S.  2  ff). 
Verwandtschaft  bestand  zwischen  dem  ostfriesischen  und  dem 
mecklenburgischen  Herrscherhause  schon  seit  Graf  Edzard  II. 
und  Herzog  Christopher  von  Mecklenburg,  die  beide  schwedische 
Konigstochter  zu  Gemahlinnen  hatten;  1582  erhielt  Edzard  II. 
sogar  den  Besuch  seines  mecklenburgischen  Schwagers  und  seiner 
SchwsLgerin  (Wiarda  III  164).  Erwahnung  verdient  noch,  dass 
durch  die  nahe  Verbindung  Adolf  Friedrichs  mit  dem  ostfriesi- 
schen Grafenhause  Cirksenasches  Blut  in  dieHohenzollern 
gekommen  ist:  nach  dem  Tode  seiner  ersten  Gemahlin  Anna 
Maria  (f  1634)  vermahlte  sich  Adolf  Friedrich,  der  Stammvater 
beider  Linien,  Mecklenburg-Schwerin  und  Mecklenburg-Strelitz, 
mit  der  Enkelin  des  ostfriesischen  Grafen  Edzards  II.  (f  1599) 
und  der  Katharina  von  Schweden,  Maria  Katharina  (Tochter 
des  Herzogs  Julius  Ernst  von  Braunschweig  -  Dannenberg  und 
der  Maria  von  Ostfriesland);  ihre  Ururenkelin  war  Konigin 
Luise  (Prinzessin  von  Mecklenburg-Strelitz).  Infolgedessen  weist 
unsere  n&chste  Umgebung  2  AhnengraLber  Kaiser  Wilhelms  D. 
auf :  das  des  Uko  Fokkena,  des  Vaters  der  Grafin  Theda,  in  der 
Gasthauskirche  (abgebildet  in  der  Hafendenkschrift S. 8)  und 
dasjenige  seiner  Gemahlin  Heba  Attena  unter  der  Kanzel  der 
Kirche  zu  Hinte]. 

30.  Aug.  1898.  Das  kiirzlich  erschienene  Werk  von  Planei 
und  Reissmann  iiber  Seume  (Leipzig  1898)  bringt  auch  fur 
Seumes  Erlebnisse  in  Emden  einiges  Neue.  Den  zweiten  Flucbt- 
versuch  i.  J.  1787  nach  dem  ersten  i.  J.  1784  machte  Seume, 
weil  die  ihm  durch  Courbfere   gemachte  Hoffnung,   Offizier  zu 


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werden,  infolge  Einschubs  ausw&rtiger  Offiziere  fehlgeschlagen 
war.  Unter  den  Freunden  und  Wohlthatern  Seumes  in  Emden 
wird  neben  dem  Kaufmann  Bauermann  und  dem  Lehrer  der 
franz.-reformierten  Gemeinde  Tapernon  auch  der  Kaufmann 
Barthagen  genannt,  ein  Name,  der  einzelnen  Anwesenden  noch 
wohl  bekannt  ist;  ein  Mitglied  erinnert  sich  u.  a.,  dass  ein 
Barthagen  als  Geselle  bei  seinem  Vater  beschaftigt  war. 

Wegen  ostfriesischen  Goldschmucks,  der  nach 
einer  Zeitungsmeldung  beim  Missionsfest  in  Strackholt  in 
Menge  als  Gabe  eingegangen  ist,  haben  wir  dem  dortigen 
Prediger  die  Bitte  ausgesprochen,  uns  eventuell  einen  Kauf  zu 
ermSglichen,  statt  derartige  Sachen  an  Goldschmiede  oder 
Altertumshandler  abzugeben. 

In  der  Emder  Schutzenordnung  v.  J.  1550,  die  aus  Anlass 

der  50jahrigen  Jubelfeier  des  jetzigen  Schiitzenvereins   in   der 

Ostfriesischen    Zeitung   vom    23.   August    abgedruckt    worden 

(=  Ostfr.    Monatsblatt    IX,    1881,   S.    433    f.),    ist    das    Wort 

^Benitte"    ungewohnlich.      Liibben    erklart    es    in    seinem 

Worterbuch  unter  dem  Worte  „benittt  als  einen  mit  Schnuren 

oder  anderen   Zierraten  besetzten  Hut  (Franz,  bonnet).     Dies 

findet   seine   Bestatigung  in  dem  Rechnungsbuch    der   Gr&fin 

Anna  (Handschrift  im  Staatsarchive  zu  Aurich):   Bl.  99  (1544) 

Mester    Charls    frawen    vor   benytte    imnd    allerley    dat     sie 

wth   Brabant    brochte   den   Jungen   Heren    10   Embd.    gulden 

(Magister  Charles  Benoit  war  Erzieher  der  jungen  Grafen,  vgl. 

Bartels,   Jahrbuch  I,    3,   S.  72,   Bertrams  Analecta  I,  S.  41  f.). 

—  Bl.  124  (1445)  den  jungen  Heren  tho  Benitthe  8  Embd.  gl.  — 

Bl.  138  (1547)  den  jungen  Heren  vor  Sammitz  benitte  6  gl.  4  sch.  — 

Bl.  142  vor  Benitthe  den  jungen  Heren  8  Embd.  gl.  —  Bl.  154  (1548) 

dem  parlsticker  Reiner  vor  Sammit  unnd  Benitte  8  Embd.  gl. 

6.  Sept.  1898.  Regierungsassessor  Barwinkel  in  St.  Wendel 

(Reg.-Bez.  Trier)  bittet  um  Auskunft  iiber  einen   vermutlichen 

Vorfahren  aus  Emden,  der  am  5.  Dez.  1543  zu  Wittenberg  von 

Bugenhagen  zum  Pfarramt  ordiniert  worden  sei.    („Mattheus 

Berwinkel  von  Emden  in  Friesland,   Biirger  und  Schneyder 

zu  Thimenick".  —  Th.  ist  Gross-Thiemig  in  der  Provinz  Sachsen.) 

Herr  C.  Thiele  teilt  einen  von  ihm  gemachten  Auszug  aus 

einem  192  Seiten  langen  Schriftstucke  betr.  den  Verkauf  von 

15  H&usern  der  „Kgl.  Preussischen  Heringsfischereigesellschaft" 


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—    378    — 

an  den  Kaufmann  P.  J.  Abegg  v.  J.  1814  mit.  Unter  den  Ge- 
b&uden  befindet  sich  unter  der  Bezeichnung  „Portofranko-Hau$8 
oder  „Das  grosse  Magazin"  das  Kommerzienmagazin  an 
der  Siidecke  der  Westerbutfenne,  das  eine  Reliefdarstellung 
von  10  Thaten  des  Herkules  und  die  Jahreszahl  1752  tragt 
Ob  das  sehr  sorgf&ltig  und  kunstvoll  ausgefuhrte  Relief  nicht 
aber  viel  alter  ist,  erscheint  zweifelhaft.  Nach  Fiirbringer,  Die 
Stadt  Emden  S.  87,  wurde  das  Kommerzienmagazin  1752  an 
Stelle  des  schon  im  XV.  Jahrhundert  vorhanden  gewesenen 
„Koeplude-husa  eingerichtet,  was  nicht  richtig  sein  durfte, 
da  die  Westerbutfenne  erst  im  XVI.  Jahrhundert  bebaut  wurde1). 
Das  hohe  Nachbarhaus  im  Norden,  das  ursprtinglich  wohl  kein 
Packhaus  war,  tragt  die  Inschrift:  „Anno  1566.  Dit  is  in 
Goedens".  Danach  scheint  es  der  in  Emden  begliterten 
H&uptlingsfamilie  zu  Goedens  gehort  zu  haben2),  aus  der  urn 
die  Mitte  des  XVI.  Jahrhunderts  eine  Erbtochter,  Almut,  den 
westfalischen  Edelmann  Joh.  v.  Oldenbokum  heiratete ;  dieselbe 
Familie  ist  auch  Besitzerin  des  jetzigen  Amtsgerichtsgebaudes 
(„Goedenser  Haus")  gewesen,  das  auf  einem  halbzertrummerten 
Steine  an  der  Nordseite  noch  die  Inschrift: 

...  en  vnd  Kniphausen  genandt 

....  von  Loringhoff  to  Goedens 
trSgt.  Im  Hofe  ist  das  Freitagsche  Wappen  angebracht 
(Franz  von  Freitag-Loringhoff  aus  Westfalen  erhielt  durch  seine 
Heirat  mit  Almut  v.  Oldenbokum  1574  die  Goedenser  Be- 
sitzungen).  Die  von  Herrn  Thiele  aus  Anlass  einer  Anfrage 
nach  der  Geschichte  des  Kommerzienmagazins  durchgesehenen 
Papiere  sind  Eigentum  der  Abeggschen  Erben. 

Am  27.  August  entdeckte  der  Moorvogt  Briinings  in  Hopels 


*)  Da8„Koplude-Hus"  hat  sicher  in  derAltstadt  gestanden  (siehe 
Urk.  618  v.  J.  1449  und  Urk.  900  v.  J.  1471 ;  es  diente  1449  einem  „crogher4 
zur  Wohnung  und  war  Ort  von  gerichtlichen  Handlungen;  1471  wird  es 
im  Besitz  der  Burgermeister-Familie  van  Duten  genannt,  die  es  von  dem 
Propst  Joh.  Vredewold  gekauft  hatte ;  aber  schon  1449  scheinen  die  van 
Duten  in  besonders  naher  Beziehung  dazu  gestanden  zu  haben.  Vielleicht 
vertrat  es,  bevor  ein  eignes  Gebaude  dafur  eingerichtet  wurde,  die 
Stelle  eines  Rathauses,  vgi.  oben  S. 286 „des  Biirgermeisters Herberge^) 

*)  2  eingemauerte  Steine  tragen  die  Oldersumer  Lilien  (rechts)  and 
den  Goedenser  (oder  Knyphauser?)  Lowen  (links). 


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bei  Revision  der  Torfmoore  im  Moordistrikte  Mtthlenberg  in 
1,5  m  Tiefe  die  Reste  eines  alten  Bohlweges,  dessen  Richtung 
von  Norden  nach  Stiden  ging.  Die  eichenen  Bohlen  waren 
6  cm  dick,  die  bis  auf  den  Sand  gerammten  Pf&hle,  die  be- 
reits  gespalten  waren,  l/2  m  lang  und  keilformig  zugespitzt. 
Der  Finder  will  die  Bearbeitung  des  Holzes  mit  metallenen 
Instrumenten  noch  deutlich  wahrgenommen  haben.  Vor  noch 
nicht  langer  Zeit  soil  auch  zwischen  Oltmannsfehn  und  Brede- 
horn  im  Torf  ein  Bohlweg  aufgefunden  worden  sein. 

Eine  Besprechung  des  Mtinzfundes  von  Dietrichsfeld 
bei  Aurich  (Jahrb.  XII  184)  findet  sich  im  neuesten  Bande  des 
grossen  Werkes  von  Dannenberg  iiber  die  Miinzen  der  sach- 
sischen  Kaiser  (III.  S.  772);  D.  halt  den  friesischen  Ursprung 
eines  Teiles  der  Mtinzen  ftir  wahrscheinlich. 

13.  Sept.  1898.    Die  schon  auf  dem  Wege  nach  Apolda  in 

Thuringen   zur  Einschmelzung   in  der  Glockengiesserei   befind- 

lichen  beiden  Pogumer  Glocken,  von  denen  die  aitere  nach 

einer   bei  Mithoff  und  Houtrouw   erwahnten  Sage   aus   einem 

untergegangenen  Dollart-Dorfe  stammen  soil,  haben  glticklicher- 

weise  noch  auf  dem  Bahnhofe  zu  Emden  angehalten  werden 

konnen,  und  mit  Genehmigung  des  Kirchenvorstandes  in  Pogum 

ist  von   der   hiesigen   Giiterexpedition   die   Erlaubnis    erwirkt 

worden,  sie  zum  Photographieren  und  zur  Herstellung  von  Ab- 

driicken   der  Inschriften  und  Verzierungen  in  Gips   und  Fliess- 

papier  auspacken   zu   lassen.     Beides   ist   unter   Leitung   des 

Herrn  Buchhandlers  Schwalbe  in  vortrefflicher  Weise  gelungen. 

Beschrieben  werden   die   Glocken,   von   denen   die  altere  mit 

einem  schftnen  romanischen  Ornamentstreifen,  die  jiingere  vom 

Jahre  1579  mit  der  Cirksena'schen  Harpyie  und  dem   Reichs- 

doppeladler  verziert  ist,  bei  Mithoff  und  Houtrouw.    Die  altere 

setzt  der  Monteur  der  Glockengiesserei,  der  in  Pogum  zur  Auf- 

stellung    der    neuen    Glocken    anwesend    war,    wegen    ihrer 

schmalen  Form  in  das  XII.  oder  XIII.  Jahrhundert,  der  in  der 

heutigen  Versammlung  gegenwartige  Direktor  der  Kunstgewerbe- 

schule   zu   Oldenburg,  Herr  Narten,    in   das  XIV.  Jahrhundert. 

4.  Okt.  1898.     Im  „Wapenherauta  1898,  Heft  3  u.  4,  wird 

der  Baron  Gustaaf  Willem  van  Imhoff,  Sohn  des  Ostfr.  Geh- 

Rates   Willem  Hendrik  v.  I.   und   der  Isabella   Sophia  Boreel, 

geb.  1705  in  Leer,    gest.  1750,    erwahnt.     Er   war  1736—1740 


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Gouverneur  von  Ceylon,  sp&ter  Generalgouverneur  von  NiederL- 
Ostindien.  Auf  seine  Ernennung  zum  Generalgouverneur  wurde 
wegen  seiner  grossen  Verdienste  eine  Denkmtinze  mit  seinem 
Bildnis  gepragt.  (Naheres  Tiber  J.  in  der  „AUgem.  deutschen 
Biographietf.) 

1.  Nov.  1898.  Der  „Verslagu  Tiber  die  am  7.  Juni  1898  ab- 
gehaltene  81.  Versammlung  der  Vereeniging  tot  beoefening  van 
Overijsselsch  regt  en  geschiedenis  zu  Zwolle  enthalt  u.  a. 
Mitteilungen  uber  die  Geschichte  des  Glockenspieles  in  den 
Niederlanden  (in  dem  der  Verfasser  etwas  von  dem  ^alt- 
hollandischen  Geiste"  zu  versptiren  glaubt).  Fur  uns  sind  be- 
sonders  die  Nachrichten  uber  den  auch  in  Eraden  thatig  ge- 
wesenen  Glockenspiel  -  Fabrikanten  Francois  H  e m  o  n y  aus 
Utrecht  (um  1650)  von  Wert.  In  Emden  hatte  die  Grosse  Kirche 
ein  Glockenspiel,  dessen  Glocken  aber  1746  als  iiberfltissig  ver- 
kauft  wurden.  Nach  dem  Trifolium  des  Timon  Rudolphi  war 
auch  ftir  das  Rathaus  eins  projektiert,  es  war  zu  5000  fl. 
veranschlagt. 

Herr  Oberbiirgermeister  Fiirbringer  tibergiebt  2  Nummern 
des  Beiblattes  der  Magdeburgischen  Zeitung,  der  Blatter  far 
Handel,  Gewerbe  und  soziales  Leben,  vom  16.  und  23.  Septbr. 
1895  mit  einem  interessanten  Aufsatz  des  Archivrats  Dr.  Sello 
liber  die  Flucht  der  Kurfiirstin  Elisabeth  von  Brandenburg  aus 
Berlin  im  Jahre  1528,  deren  n&here  Umst&nde  Wilibald  Alexis 
den  Stofif  zu  seinem  Roman  „Der  Warwolf"  geboten  haben.  Der 
Grund  zu  ihrer  Flucht  waren  der  Gegensatz,  in  den  sie  durch 
Hinneigung  zu  Luthers  Lehre  zu  den  religiSsen  Anschauungen 
ihres  streng  katholischen  Gemahls  Joachims  I.  trat,  und  die 
Kr&nkungen,  die  ihr  dieser  durch  eheliche  Untreue  zufugte. 
Wahrend  ihrer  Entweichung  weilte  am  Hofe  zu  Berlin  die 
spatere  Grafin  Anna  von  Ostfriesland,  die  als  olden- 
burgische  Grafentochter  mit  der  Kurfiirstin,  der  Tochter  des 
D&nenkonigs  Johann,  blutsverwandt  war.  Sie  schrieb  am  3. 
und  9.  April  1528,  einige  Wochen  nach  dem  Ereignisse  (24/25. 
M&rz),  aus  Berlin  ihrer  Mutter,  die  sich  damals  als  Tochter  des 
Ftirsten  Georg  I.  von  Anhalt1)  in  Dessau  aufhielt,  2  Briefe,  die 


»)  Durch  diese  Verwandtschaft  erklart  sich  auch  die  Anspielung  m 
Wilhelm  Gnapheus  Anrede  an  die  jungen  ostfriesischen  Grafen  in  seinem 
Lobgedicht  auf  Emden: 


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—    381     — 

Sello  nach  den  im  Archive  zu  Dessau  befindlichen  Originalen 

veroffentlicht.    In  dem  zweiten  sehr  ausftihrlichen,  halb  hoch-, 

halb  niederdeutsch  geschriebenen  Briefe  erzahlt  Anna,  wie  die 

Kurfflrstin  sie  am  Abend  vor   der  Flucht   beschenkt,    umarmt 

und  ihr  „gute  Nachttf  gesagt  und  wie  am  andern  Morgen  nach 

Entdeckung  der  Flucht  der  Kurfurst  mit  andern  auch  sie  ver- 

hort  habe.     Die  Kurftirstin  blieb  17  Jahre   in   freiwilliger  Ver- 

bannung  ausserhalb  Brandenburgs,  bis  sie  1546,  6  Jahre  nach 

dem  Tode  ihres  Gemahles,  infolge  der  Bemtihungen  ihres  zweiten 

Sohnes  Joh.  v.  Ktistrin  in  die  Mark  zurtickkehrte.    Auch  sonst 

teilt  Sello  manches  Interessante  zur  Charakteristik  Annas  mit, 

z.  B.  einen  in  Oldenburg  geschriebenen  ganz   niederdeutschen 

Brief  v.  J.   1529    aus   dem    28.  Lebensjahre  der   damals  noch 

unvermahlten  Gr&fin  Anna,    in  welchem  sie  ihrer  Mutter  eine 

derbe    ihr    angethane   Fastnachtsneckerei    schildert.      Erst    in 

diesem   Jahre  1529   wurde    sie    auf   Betreiben    des    fltichtigen 

DanenkSnigs  Christians  II.  —  der,  aus  seinem  Lande  ver- 

trieben,  urn  1530  bei  Graf  Enno  II.    eine  Zuflucht  im  Kloster 

Blauhaus  bei  Emden    fand   (Wiarda  II  374,    387)    —   zum 

Zeichen,    dass    der    alte    Hader    um    Jever    und   Butjadingen 

zwischen  Ostfriesland  und  Oldenburg  begraben   sei,   mit  dem 

4   Jahre  jiingeren   Grafen   Enno  II.    von   Ostfriesland   verlobt. 

Die  Verbindung  mit  Berlin  erhielt  sie  noch  im  Alter  aufrecht, 

indem  sie  1661   ihren  Lieblingssohn  Johann  an  den  Branden- 

burger  Hof  sandte,  damit  er  sich  um   die  Hand  einer  Tochter 

Joachims  II.  bewerbe.    Die  Reise  blieb  freilich  ohne  Erfolg,  da 

der    Kurfurst   seine   Tochter   einem   Manne   ohne  Land   nicht 

geben  wollte. 

8.  Nov.  1898.  Die  historische  Kommission  der  Provinz 
Hessen  zu  Marburg,  die  eine  Herausgabe  der  Traditiones 
Fuldenses  vorbereitet,  bittet  um  Zusendung  des  XI.  Bandes 
unseres  Jahrbuchs  wegen  der  darin  S.  83  ff.  (vgl.  X,  1,  29) 
enthaltenen  Untersuchungen  des  Dr.  Bunte  tiber  die  sich  auf 
Friesland  beziehenden  Stticke  der  Trad.  Fuldenses. 


proximus  accedat  vobis  etAnhaltius  heros, 

clarus  Apollineo  munere,  clarus  avis, 
an  der  Babucke  (S.  52  Anm.  30)  Anstoss  nahm;  der  den  Grafen  als  Vor- 
bild    hingestellte  Askanier  war   vielleicht   Annas  Vetter,    Joachim    von 
Anhalt-Dessau  (t  1661). 


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-    382    — 

In  der  Schrift:    „Die  Renaissancebauten  Bremens  im  Zo- 
sammenhange   mit   der  Renaissance  in  Nordwestdeutschland8 
(Leipzig  1890)  zeigt  sich  der  Verfasser  Dr.  Gustav  Pauli  aus 
Bremen,  Bibliothekar  der  Kgl.Gem£ldegallerie  in  Dresden1),  auch 
in  Emden  grtindlich  bewandert  und  macht  zahlreiche   fur  das 
Verst&ndnis  der  Emder  Bauten  bedeutungsvolle  Bemerkungen, 
so  S.  34  fiber  das  Enno-Denkmal  in  der  Grossen  Kirche.  Mit 
dem  Giebel  des  Brinkmannschen  Ha  uses  am  Delft  vergleicht 
auch  er  den  des  Hauses  zum  Salm  in  Mecheln  (Jahrb.  XIII,  S.  261). 
Woher  er  das  Erbauungsjahr  1547  fttr  das  ahnliche  Hillerssche 
Haus  an  der  Westseite  des  Alten  Marktes  erfahren   hat,   giebt 
er    leider    ebensowenig   wie    Henrici    an.      Bei    verschiedenen 
Bremer  Giebeln  des  Baumeisters  ^nSteinhauersa)  Ltider  von 
Bentheim,    der  in   Bremen  von  1580—1613  wirkte,    glaubt 
Pauli  den  Einfluss  Emdens  zu  erkennen,  so  besonder3  bei  dem 
1591  gebauten  Kornhaus  in  Bremen  und  der  1587  entstandenen, 
jetzt  restaurierten  Stadtwage.     Als  charakteristisch  fiir  Emden 
sieht  Pauli  das  in  Emden  allgemein  gebr&uchliche  Muschel- 
ornament  tiber  den  Fenstern2)  an,   das  sich  in   Emden  zum 
ersten  Male  an   der  Rttckseite   unseres  Rathauses  findet,  und 
die   breiten  Sandsteinstreifen,    mit  denen   die   Backstein- 
raauer  unterbrochen  wird.    [Dergleichen  Sandsteinstreifen  zeigt 
in  Emden  zum   ersten  Mai   das    Haus   des   Leerorter  Drosten 
Jtirgen    van    Hoen    aus    dem    Jahre    1540,    vgl.    Jahrb.    XIII, 
S.  244;    auch   in   der  Verwendung   von  Obelisken   stimmt  die 
Bremer  Stadtwage  mit  den  Emder  Bauten  iiberein   (vgl.   oben 
zum  23.  Aug.,  S.  373);   in  die  Augen  fallend  ist  die  Verwandt- 
schaft  des  Stiles  der  Bremer  Giebel  bei  dem  jetzigen  Packhause 
„de  bruine   Harttf   an  der  Ostseite   der  Gr.  Deichstrasse  und 
bei   dem   alten  Fleischhause  an  der  Grossen  Briickstrasse  der 
Post  gegentiber  in  Emden,  die  aber  beide  erst  aus  dem  Anfange 
des  XVII.  Jahrhunderts   stammen.]     Der  von  Ltider  von  Bent- 
heim  in  der  Fassade   der  Stadtwage   und  des  Kornhauses  ge- 
schaffene  Typus  hat  sich  in  Bremen  drei  Jahrzehnte  hindurch 
behauptet.     Die    Stadtwage    und    das    Kornhaus    hatten  Be- 
malung:   der  Sandstein  war,   nach  den  Resten  zu  schliessen, 


*)  Jetzt  Direktor  der  Kunsthalle  in  Bremen. 
*)  in  Emden  „Niinea  genannt. 


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—    383     — 

blau,  rot,  golden  gestrichen,  welche  Farben  an  der  Stadtwage 
neuerdings  vorsichtig  wieder  hergestellt  worden  sind.  Lttder 
von  Bentheim  hat  auch  an  der  jetzt  restaurierten  Ratsapotheke 
in  Bremen,  dem  Rathause  gegenuber,  mitgebaut,  sein  Hauptwerk 
ist  die  Fassade  des  Bremer  Rathauses  1612.  — 

Hinsichtlich  der  eisernen  Ringe,  die  vor  dem  Hillers- 
schen  und  dem  Riihmekorbschen  Hause  an  den  S&ulen  imd 
bei  anderen  ftlteren  H&usern  uber  dem  Erdgeschosse  angebracht 
sind,  wird  die  Meinung  ausgesprochen,  dass  sie  zur  Befestigung 
von  holzernen  Lauben  gedient  haben.  Herr  Landschaftsrat 
Klug  erinnert  sich  aus  seinen  Kinderjahren,  solche  noch  an 
einem  Hause  an  der  Nordseite  des  Alten  Marktes  gesehen  zu 
haben.  Dass  die  noch  vorhandenen  eisernen  Ringe  am  Rat- 
hause diesen  Zweck  hatten,  zeigt  das  Grendetsche  Modell  vom 
Jahre  1687  in  unserer  Sammlung,  welches  das  Emder  Rathaus 
noch  mit  den  Lauben  darstellt.  Da  sie  die  Erdgeschoss-Raume 
verdunkeln,  sind  sie  in  Wegfall  gekommen. 

15.  Nov.  1898.  Der  Norder  Kirchenvorstand  beabsichtigt 
fur  den  jetzt  restaurierten  Teil  der  Ludgeri-Kirche  die  alte 
Inschrift  vom  Jahre  1445  erneuern  zu  lassen  und  fordert 
deshalb  zur  Erganzung  der  vollst&ndig  versttimmelten  Inschrift 
auf,  um  die  sich  bisher  namentlich  der  verst.  Oberamtsrichter 
Rob  en  (im  Ostfr.  Monatsblatt  1879,  S.  433)  verdient  gemacht 
hat.  Aus  einem  von  dem  Tischler  und  Bildhauer  Wiemers  in 
Norden  hergestellten  Abklatsch  geht  hervor,  dass  nur  sehr 
wenig  erhalten  ist  und  dass  dies  nicht  ausreicht,  um  eine 
sichere  Erganzung  fur  die  geplante  Erneuerung  der  Inschrift 
vorzunehmen. 

Herr  Kommerzienrat  Schnedermann  verliest  Akten  aus 
dem  Jahre  1711,  von  denen  er  vor  langen  Jahren  im  Konigl. 
Staatsarchive  eine  Abschrift  genommen  hat;  sie  betreffen  die 
Entfernung  einer  Galgenleiter  vor  dem  fiirstlichen  Jagd- 
hause  (dem  jetzigen  „Piqueurhoftf)  in  Aurich,  welche,  aus 
Furcht  vor  dem  Ehrloswerden,  Tischler  und  Soldaten  aus- 
zuftihren  sich  weigerten;  der  Scharfrichter  FrobOse  musste 
selbst  Hand  anlegen.  Ebenso  hatten  sich  nach  dem  Diarium 
der  Stadt  Emden  schon  1608,  als  der  Emder  Btirger-Fahn- 
rich  Daniel  van  Wingene  einen  Soldaten  vor  dessen  Hin- 
richtung  beim  Ausziehen  des  Mantels  behilflich  war,  die  Btirger- 


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—     384    — 

kompagnien  beschwert  und  es  dahin  gebracht,  dass  die 
Fahne  dem  D.  v.  Wingene  aus  dem  Hause  geholt  und  aufs  Rat- 
haus  gebracht  wurde. 

29.  Nov.  1898.  Aus  Anlass  einer  Meinungsverschiedenheit 
zwischen  der  Stadt  Emden  und  der  Konigl.  Bauinspektion 
wegen  zweier  Grundstticke  nOrdlich  und  stidlich  von  der 
Kesselschleuse,  war  angefragt  worden,  ob  der  Stadtgraben 
bei  der  Kesselschleuse,  soweit  er  fur  die  (durch  Zuschtittung 
entstandenen)  beiden  Parzellen  in  Betracht  kommt,  vielleicht 
ursprtinglich  ein  nattirlicher  schiffbarer  Wasserlauf  gewesen 
sei.  Wir  haben  es  mit  Hinweis  auf  den  altesten  Plan  von 
Emden,  der  vor  dem  Bau  des  jetzigen  Rathauses  entworfen 
sein  muss  und  im  Trifolium  des  Timon  Rudolphi  aufbewahrt 
wird  —  diese  Zeichnung  scheint  die  Vorlage  fiir  den  im 
Braun  -  Hogenbergs  Theatrum  civitatum  Europae  gedruckten 
Plan  aus  der  Zeit  vor  1574  abgegeben  zu  haben  —  als  wahr- 
scheinlich  hingestellt,  dass  wenigstens  die  nSrdliche  der  beiden 
Parzellen  auf  das  im  Plane  des  Trifoliums  und  bei  Braun- 
Hogenberg  verzeichnete  Vorland  des  Rote-Miihlenzwingers  falle, 
dass  also  an  dieser  Stelle  niemals  ein  nattirlicher  Wasserlauf 
gewesen  sei.  Das  Wolthuser  Tief,  das  seinen  Ausfluss  in 
den  Falderndelft  hat,  konnte  freilich  frtiher  auch  eine  Ver- 
bindung  mit  dem  Doele-  und  Rummelhilgen-Tiefe  gehabt 
haben;  es  ist  aber  nicht  nachzuweisen,  dass  diese  eine  natiir- 
liche  schiffbare  war,  und  das  n5rdliche  Grundsttick  wtirde  doch 
ausser  dem  Bereiche  der  Verbindung  liegen.  Bei  dem  sudlichen 
Grundsttick,  das  mehr  in  der  Laufrichtung  des  Wolthuser  Tiefes 
zum  Falderndelft  liegt.  ist  die  Annahme  einer  ktinstlichen  Ent- 
stehung  nicht  so  wahrscheinlich.  Es  ist  ubrigens  mSglich,  dass 
in  alten  Zeiten  das  Wolthuser  Tief,  das,  nach  seinen  Krum- 
mungen  zu  urteilen,  sicher  ein  nattirlicher  Wasserlauf  war, 
seine  Mtindung  nicht  durch  den  Roten  Siel  in  den  Falderndelft, 
sondern  durch  das  jetzige  Herrenthors-Tief  in  die  Ems  gehabt 
hat.  Im  XV.  Jahrhundert  gab  es  einen  Siel  beim  Lazarus- 
Haus,  das  an  der  Lienbahnstrasse  beim  Herrenthor  zu  suchen 
ist;  dieser  vom  Propst  Hisco  angelegte  Siel  wurde  erst  1458 
an  das  „Falder-Klostera  (an  die  heutige  Kettenbrticke?)  gelegt 
(Beninga  S.  364).  Entgegen  unserer  oben  dargelegten  Meinung, 
dass  mindestens  die  nGrdliche   der   beiden  streitigen  Parzellen 


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—    385    — 

der  Stadt  zukomme,  sind  beide  Grundstttcke  der  KOnigl.  Bau- 
inspektion  zugesprochen  worden.  Die  Unsicherheit  fiber  die 
alte  Hydro graphie  des  Emder  Stadtgebiets  zeigt,  wie  not- 
wendig  Nachforschungen  in  dieser  Hinsicht  sind:  was  natiir- 
licher,  was  kiinstlicher  Wasserlauf  in  dem  verwickelten  System 
der  Emder  Wasserarme  ist,  liegt  in  wichtigen  Punkten  noch  in 
tiefem  Dunkel. 

6.  Dez.  1898.    Eingegangen  ist  der  X.  Jahrgang  des  vor- 
trefflichen   „Groningsche  Volksalmanak"  (fur  1899),   mit  einem 
Beitrage  iiber  den  lateinischen  Dichter  Heerkens  aus  Groningen, 
der  Friedrich  dem  Grossen  bei  seinem  Besuche  i.  J.  1755 
in   Emden   Dichtungen    tiberreichen    wollte:    halb    Groningen 
stromte  damals,  wie  erzahlt  wird,  nach  Emden,  um  den  Konig 
zu  sehen.     Ein  anderer   Aufsatz   berichtet  aus  ungedruckten 
Quellen    iiber    den    grossen    Heidelberger  Humanisten  Rudolf 
Agricola,    geb.  in  Baflo    im    Groningerland,    den    Sohn    des 
sp&teren    Abtes    von    Selwerd;     sein    Halbbruder    Johann 
Huesmann  war  Sekretar  der  Grafin  Theda  und  Landrichter 
unter  Edzard  I.  von  Ostfriesland  (der  Pastor  Heinrich  Hues- 
mann in  Grimersum    war    wahrscheinlich    ein   zweiter    Halb- 
bruder Agricolas).   —  In   der  Kirche   zu  Westerwijtwerd   sind 
unter  der  Tunche  Wandgemalde  entdeckt  worden,  die  streitende 
Ritter  in  der  Riistung  des  XII.  Jahrh.    darstellen;   dergleichen 
Bilder,    die    sich    zuweilen    in   Psalter  -  Handschriften    und    in 
Kirchen   finden,   werden    symbolisch   als    eine   Erinnerung  an 
den  geistigen  Streit,   den   der  Christ  stetig    gegen    das   Bose 
zu   kampfen   hat,    gedeutet   [auch   aus   der   alten  Kirche   zu 
Marienhafe   sind   solche    Darstellungen   bekannt;    vgl.    „Die 
alte  Kirche  zu  Marienhafe",  Tafel  XI].  —  In    dem    Besitz   des 
Herzogs  von  Devonshire  ist  oder  war1)  ein  silberner  diamanten- 
besetzter  Becher  in  der  Form   eines  Adlers,    den    1697  Georg 
Wilhelm  von  Knyphausen,  Herr  von  Nienoord  bei  Groningen, 
ein  Glied   der   ostfriesischen    Familie   Knyphausen,    zur  Er- 
innerung an  die  Beilegung  eines  Streites   zwischen  2  Zweigen 


*)  1851.  Der  „ Knyphausen  hawk"  des  Herzogs  von  Devonshire  war 
damals  auf  der  Londoner  Weltausstellung.  Die  Form  des  Adlers,  die  fur 
den  Vers5hnungsbecher  gewahlt  wurde,  sollte  an  das  alte  Wappen  der 
Familie  van  Ewsum  auf  Nienoord  (urspr.  Oert),  aus  der  Nienoord  durch 
Heirat  an  die  Knyphausen  gelangt  war,  erinnern. 

Jahrbuch  der  Gesellsoh.  f.  b.  K.  u.  vaterL  Altortttmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  25 


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der  Familie  um  das  von  Unico  Manninga  gegrtadete  Fidei- 
kommiss  Lfitzburg  stiftete.  —  Die  5.  Fortsetzung  der  Aufsatze 
von  C.  H.  Peters  iiber  „Oud-Groninger  Kunsta,  die  u.  a.  einen 
hochst  interessanten  Rekonstruktions-Versuch  der  alten  Kirche 
zu  Stedum  (aus  dem  XIII.  Jahrh.)  enthalt,  weckt  wieder  das 
Bedauern,  dass  uns  in  Ostfriesland  zur  Zeit  ein  mit  geschicht- 
lichen  Interessen  begabter  Architekt  fehlt,  der  auf  dem  so  gat 
wie  unangebauten  Felde  der  Geschichte  des  ostfriesischen 
Kirchenbaus  in  ahnlicher  Weise  forschend  und  anregend 
wirkte. 

Herr  Pastor  Cuno  in  Eddigehausen  bei  Gottingen  bittet 
um  Auskunft  wegen  einiger  Men  so  Alting  betr.  Schriftstticke 
in  des  verst.  Rektor  deVries  Nachlass:  wegen  Notizen  tiber  einen 
Besuch  Pezels  und  Cruzigers  (des  jungeren)  bei  M.  Alting, 
ferner  betr.  Altings  geistliches  Lied  tiber  die  12  Artikel  des  christ- 
lichen  allgemeinen  Glaubens,  ausserdem  tiber  M.  Altings  Buch- 
lein  wider  David  Joris  und  die  Libertiner  und  tiber  Proto- 
kolle  des  Emder  Coetus  aus  Altings  Zeit.  Ueber  den  Besuch 
des  Chr.  Pezelius  und  des  Kaspar  Cruciger  in  Emden  zitiert 
Outhof  in  seiner  Waarschouwinge  (Emden  1723,  S.  464)  des 
Professor  Sibr.  Ltibbert  Brief  an  Hugo  Grotius  und  Pezelius 
Vorrede  zu  dem  Bericht  der  Emder  Prediger  vom  Streit  des 
Nachtmahles.  de  Vries  hat  in  seinem  Exemplar  des  Outhof 
dazu  folgende  Notiz  aus  dem  Expensenbuch  der  hiesigen 
Grossen  Kirche  von  1572—1596  geschrieben:  „Ao.  1583  als 
Doctor  Crutziger  und  Dr.  Petzelius  by  Dno  Mensoni  begastet. 
heft  Menso  de  kost  vnd  bier  dartho  gedan,  de  kerken  auerst 
mitt  wyn  versehen,  dar  treffliche  mannen  versamlet4fl.  4  8011.* 
Interessant  ist,  dass  Outhof  S.  635  im  Besitze  seines  Zeit- 
genossen,  des  Professors  der  Geschichte  und  der  romischen 
Beredtsamkeit  Adam  Menso  Is  ink,  eines  Urenkels  von  Menso 
Alting,  zu  Groningen  „153  brieven  van  Alting  aan  Sibran- 
dus  Lubbertus  Hoogleeraar  te  Franiker  en  70  brieven  aan 
Doctor  Pezelius  geschreeven  als  ook  nog  eenen  bondel  brieven 
van  Beza,  Ursinus,  Tossanus,  Pareus,  01evianusr 
Piscator,  Pezelius,  Martinius  en  van  meer  andere 
braave  Mannen  aan  onsen  Alting  geschreeven"  erwabnt.  Nach 
ihrem  Verbleib  fragen  Feith  und  Reitsma  im  Nederl. 
Archievenblad  1899/1900  S.  116. 


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13.  Dez.  1898.  Aus  einem  der  reformierten  Gemeinde 
gehorigen  Aktenbiindel  betr.  die  jetzigen  reformierten  Schul- 
gebaude  zwischen  Apfelmarkt  und  Beuljenstrasse,  frtiher 
teilweise  H&user  der  Familie  Rosingh,  wird  zum  Belege  fQr  den 
gewaltigen  Niedergang  Emdens  gegen  Ende  des  XVII.  Jahr- 
hunderts  erwfthnt,  dass  1654  ftir  eins  der  H&user  800  fl.,  1702 
dagegen  nur  400  fl.  bezahlt  wurde.  In  einem  beiliegenden 
Aktenregister  wird  als  frtiherer  Besitzer  (um  1580 — 1590)  der 
bekannte  Tonjes  Pricker  (vgl.  Jahrb.  XI  241,  422,  477)1)  mit 
seiner  Frau  geb.  Kulen  (aus  der  von  Bremen  eingewanderten 
Emder  Familie  Kuel,  vgl.  Jahrb.  XI  274,  335  und  Spiegel, 
Hardenberg  S.  363)  genannt.  Die  Beuljenstrasse  ist  als 
Strasse  des  „Beulsa,  Battels,  Henkers,  der  in  der  N&he  (im 
„Tien-Turma?)  wohnte,  zu  erklaren.  Eine  „Boedelleya 
(Bttttelwohnung)  lag  um  1550  in  der  Pelzerstrasse  (vergl.  z.  B. 
Kontrakten-Protrok.  1552,  18.  Mai). 

20.  Dez.  1898.  Das  dritte  Heft  des  „ Vrije  Fries"  Band  XIX 
(1898)  enthalt  ausser  der  Urkunden-Publikation  von  Blok  uber 
Friesland  und  Frankreich  und  die  Upstalsb6m-Versammlungen 
im  XIV.  Jahrhundert  (vgl.  Jahrb.  XIII,  S.  262)  eine  Arbeit  liber 
friesische  Gesandte  beim  Friedenschluss  zu  Minister  1648.  Einer 
der  4  Kommittierten  der  Generalitat  war  der  friesische  Edel- 
mann  Donia,  als  dessen  Schwager  S.  448  der  Prediger  Hendrik 
Hinken  van  Hinkenborg,  ein  „ostfriesischer  Edelmann",  genannt 
wird.  Die  Familie  Hinkena,  mit  der  auch  Ubbo  Emmius  ver- 
wandt  war,  hatte  ihren  Stammsitz  zu  Lintel  bei  Norden,  vgl. 
Sundermann,  Jahrb.  XII  S.  882). 

Auch  an  den  Fassaden  des  Heidelberger  Schlosses  sind 
jetzt,    wie   die   Kunstchronik  X  Heft  7  berichtet,    Spuren  ehe- 


»)  Ein  fiir  T6njes  Pricker  1559  gebautes  stattliches  Haus  mit  den 
Anfangsbuchstaben  seines'  Namens  und  dem  Verse:  „Katte,  du  schalt 
weten,  vorgunet  brodt  werdt  oick  gegeten"  (vgl.  Jahrb.  XL,  S.  166;  der 
dazu  gehorige  Sandstein  mit  der  Darstellung  der  Katze  und  der  Eule  be- 
findet  sich  jetzt  in  unserer  Sammlung)  stent  an  der  Ecke  der  Schul-  und 
Kleinen  Deichstrasse. 

*)  Einen  Jonkheer  Henricus  Hinckena  van  Hinkenburg  nennt  Romein, 
Naamlij8t  der  Predikanten  .  .  .  van  Friesland,  S.  93  1596  als  Prediger  in 
Berlikum,  S.  47  1697  in  Britsum. 

25* 


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—    388    — 

maliger  Bemalung  entdeckt  worden;  von  Bremer  Renais- 
sance-Giebeln  teilt  dasselbe  Pauli  in  seiner  Schrift  (s.  o.  z. 
8.  Nov.,  S.  382)  mit. 

3.  Jan.  1899.  In  der  „Zeitschrift  des  Vereins  fur  Lubekische 
Geschichte  und  Altertumskunde"  Bd.VII  veroffentlicht  Brehmer 
Beitrage   zu   einer   Baugeschichte  Liibecks.     Nach  S.  393 
stammt  der  erste  Renaissance-Bau  Liibecks,  das  dort  abge- 
bildete  Miihlenthor,  aus  d.  J.  1541 — 1554,  aus  welcher  Zeit  auch 
die  &ltesten  Renaissance  -  H&user  Emdens,  das  Ruhmekorbsche 
mit  der  Jahreszahl  1543  und  wahrscheinlich  auch  das  ehemalige 
Brinkmannsche  am  Delft  No.  24  sowie  das  Hillerssche  am  Alten 
Markt  No.  14  herrtthren.     Die  Gestalt  der   Treppengiebel, 
welche  die  Renaissance  von  der  Gothik   iibernahm,   wurde  in 
Lubeck  noch  bis  1650  bei  fast  alien  Privatbauten  in  Anwendung 
gebracht.    Die  S.  398  abgebildete  Westseite  des  alten  Holsten- 
thores  v.  J.  1585  erinnert  lebhaft  an  die  von  Pauli  besprochenen 
Bremer  und  Emder  Renaissance  -  Bauten.  —  1609  bestellte  der 
Feldoberst  der  Stadte  Lttbeck,   Bremen,   Hamburg,  Magdeburg. 
Braunschweig  und  Luneburg,   Graf  Friedrich  von  Solms,  zur 
Besichtigung,  Besserung  und  zum  Neubau  der  Festungswerke 
dieser  Stadte    als  Ingenieur    einen  Schtiler    des    hollandischen 
Baumeisters  Johann  v.  Rijswijk,  den  Hollander  Johann  v.  Falken- 
berg,    den   der  Ltibecker  Ratsherr  Heinrich  Brockes  1611,  als 
beim  Abschluss   eines   Btindnisses   zwischen  Lttbeck   und  den 
Generalstaaten   gegen  Danemark  Oldenbarneveld  auf  die  Not- 
wendigkeit   einer  Instandsetzung   der   Befestigungen   Liibecks 
hinwies,    von   Haag    mit    nach  Lubeck  brachte.     Von  Johann 
v.  Falkenberg  sind   die  Plane  fur  die  Befestigungswerke  von 
Braunschweig,   Bremen,   Hamburg,  Lubeck,  Ulm  und  Em  den 
Bei  alien  brachte  er  die  holl&ndische  Bastionsbefestigung 
(bei  Lubeck  „in  ihrer  zu  jener  Zeit  schon  verknocherten  Weise-! 
zur  Anwendung  (S.  406  f.).    Naheres  ttber   Joh.  v.  Falkenberg 
findet   sich   in   einem  Vortrage,    den  Dr.  H.  A.  Schumacher  in 
der   25.  Versammlung   der   historischen  Abteilung  des  Bremer 
Ktinstlervereins    am     12.    Februar    1869    gehalten    hat.     Vod 
Aussenwerken,  die  Em  den  gehabt  zu  baben  scheint,  habefl 
sich  Spuren  ostlich  von  der  Landstrasse  nach  Hinte  erhalten. 

10.  Jan.  1899.      Das    angekaufte   Werk    des  Suffridus 
Petrus,    de    scriptoribus  Frisiae   decades   sedecim  et  semis. 


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Colon Agr.  1593,  klein-8°  (vgl.Bartels,  D.  apokryphischeGeschichts- 

schreibung  im  Zeitalter  des  U.  Emmius,  Jahrb.  Ill  1,  S.  4  ff.),  ist 

die  Originalausgabe,  von  der  sich  unsere  aus  Mohlmanns  Biblio- 

thek  stammende  Ausgabe  von  1699    nicht    wesentlich    unter- 

scheidet.    Auf  dem  Vorlegeblatt  der  Ausgabe   von  1593  steht 

der  Name  „Fr.  Salbadar  de  Radichinaa  geschrieben.    Die  Jahres- 

zahl  1593   ist   erst   aus  1293  verbessert  worden;    darunter  ist 

von  Suffr.  Petrus   selbst   eine  Widmung  geschrieben:   Reveren- 

dissimo    Praesuli    et    Illustrissimo    Principi    Octauio,    Legato 

Apostolico,  Tricaricensi  episcopo1),  Maecenati  suo  unice  colendo 

A.  D.  D.  (=  Author  Donat  Dedicat).    Da  Suffr.  Petrus  (*  1527 

f  1597)   u.  a.    Sekretar  Granvellas   und   spater   canonicus   ad 

SS.  Apostolos   in    Koln2)   war,   hat   die   Dedikation    an   einen 

katholischen  Bischof  fur  ihn  nichts  Auffalliges. 

17.  Jan.  1899.    Aus  dem  reichen  Inhalt   der   in  mancher 

Hinsicht  bahnbrechenden  Studien  von  Sello  zur  Geschichte  von 

Oestringen   und  Rustringen,    die   Herr   Oberburgermeister  Fur- 

bringer  vor  kurzem  als  Gesohenk  des  Verfassers  ubergab,  einer 

Fundgrube    fur   die   Kenntniss  der   friesischen  Vergangenheit, 

wird  einiges  Ostfriesland   und  Emden   naher  Bertihrende   mit- 

geteilt.      Der   erste  Aufsatz  „Renaissance-Denkmaler  in  Jever" 

vveist  u.  a.  nach,  dass  das  1561 — 1564  gebaute  Edo  Wiemken- 

Denkmal    in   Jever    wahrscheinlich   aus    der   Werkstatte   des 

Cornelis  Floris  de  Vriendt  von  Antwerpen  hervorgegangen 

ist;  von  demselben  Bildhauer  und  Architekten,    der   in  Emden 

als  Erbauer  des  alten  Rathauses  zu  Antwerpen  wohlbekannt  ist, 

stammt  das  1552  vollendete  Grabmal  Konig  Friedrichs  I.  im  Dome 

zu  Schleswig.    S.  6  macht  Sello  nach  Pauli  darauf  aufmerksam, 

dass  die  beiden  grottesken  Hermengestalten  am  Eingange  zum 

Emder  Enno-Denkmal   nach   1557   erschienenen  Entwiirfen  des 

Cornelis  Floris   (vgl.  v.  Alten   und   Kohlmann  im  Jahrb.  1885, 

S.  170)  kopiert   sind,   dass   eine   der  Hermen  in  verkleinertem 

Massstabe   sich   am   Kuppelbau   des   Edo    Wiemken-Denkmals 

findet,  und  deutet  damit  zugleich  die  Wahrscheinlichkeit  einer 

*)  Octavius  Mirto,  1592  Bischof  von  Tricarico  in  Siiditalien  (nordw. 
von  Tarent),  spater  in  Tarent,  f  1606  (vgl.  Gams,  Series  episcoporum . . ., 
quotquot  innotuerunt,  Ratisbonae,  Manz). 

*)  vgl.  Ottema,  Over  het  leven  van  Suifr.  Petrus,  Vrije  Fries  II, 
1841,  S.  413  ff. 


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Herkunft  auch  der  Emder  Denkm&ler  aus  der  Schule  desselben 
Kflnstlers  an.  —  S.  3  bringt  Sello  die  vielumstrittene  Frage  nach 
der  Entstehungszeit  der  Schlossdecke  zu  Jever  zu  einer, 
wie  es  scheint,  endgflltigen  LOsung;  die  an  einer  Konsole  befind- 
liche  Zahl  1836,  ftir  die  von  Alten  und  Kohlmann  in  unserm 
Jahrb.VI,  2  (1885),  1536,Ltibke  1636,  Herquet  gar  1736  lesen  wollten. 
lautete  ursprtlnglich,  wie  eine  sorgf&ltige  Untersuchung  Sellos 
ergeben  hat,  1566,  eine  Zeit,  die  jedenfalls  besser  auch  als  1536 
zu  der  Entstehungszeit  der  Denkm&ler  in  Emden  und  Schles- 
wig  und  des  Edo  Wiemken-Denkmals  passt.  S.  6  wird  als 
th&tig  am  Schlossbau  in  Jever  i.  J.  1549  u.  a.  der  Emder 
„Harthauera  Hermann  Steneborch  oder  Stenebreke  (soil 
vielleicht  heissen  Steneberch)  erw&hnt,  der  Gesimse  und 
„Fenstersteinea  aus  Sandstein,  auch  ganze  Sandsteinblocke 
lieferte.  Sellos  Notiz  findet  eine  ErgaLnzung  in  Emder  Ur- 
kunden,  wo  Hermann  Steneborchs  Name  von  1540 — 1560 
(1563)  in  den  mannigfaltigsten  Formen  entgegentritt :  Sten- 
borch, Stenberch,  Stenfelde,  Stenforde1).  —  Nach  S.  7  (leider 


*)  1540  verzeichnen  die  Kontrakten-Protokolle  (II S.  1105)  einen  Ehe- 
vertrag    zwischen    Hermann  Stemberch    van    dem    Gildehus    and 
Remmerich,  Ocke  Tonkericks  zu  Pewsum  Tochter  (Jahrb.  X,  2,  S.  58).   Nach 
dem  Tode  seiner  ersten  Frau  muss  er  Grete,  Schiffer  Eyte  Fedden  Tochter, 
geheiratet  haben;  am  11.  Marz  1548  bezeugt  er  mit  dieser  Geld  fur  ein 
Haus  in  Groningen  int  rechte  Jat,  sal.  Mester  Bens  hus,   empfangen  ra 
haben  (Herm.  v.  Stenforde).     Am   18.  Mai  1552  wird  er  (Herm.  van 
Stenborch)  als  Besitzer  oder  Bewohner  eines  Hauses  in  der  Vlakenstr. 
(Pelzerstr.)  genannt;  1554  (Kontrakten-Protok.  S.  240)  heisst  er  Herm.  van 
Stenuelde  an  der  Valkenstr.,  im  selben  Jahre  am  auende  circumcisionis 
dni.  kauft  Herm.  v.  Stenuelde  van  dem  Gildehuess  eine  .Kamer*  auf  der 
Neustadt  beim  Bollwerk.    1555  (1. 1.  S.  466)  erscheint  er  wieder  als  Herm. 
v.  Stenborch  mit  seiner  Frau  Grete  im  Besitze  eines  zweiten  Hauses  in  der 
Vlakenstr.,   das  er  fur  400  fl.  gekauft  hatte;  1555  (S.  655)  hat  Herm  v. 
Stenberch   ein   Haus   — -   vermutlich    das  erste  —   in  der  Vlakenstr.  fir 
950  fl.  verkauft  (der  Kaufer  Gisebert  Kuper  giebt  dieses  1557  wieder  fur 
2000  fl.  an  einen   andern  ab).    1560  lebte  H.  v.  St.  nicht  mehr;  seine  Fran 
heisst   in   diesem  Jahre  (Kontr.-Prot.  S.  632)    Gattin   des   Dirk  Napken, 
1561  und  1563  schon  wieder  Gattin  des  Joh.  Tonnis  (8Herm.  v.  Stemborch*. 
„ Grete  v.  Stemberch").    In  seinem  zweiten  Hause  hatte  H.  v.  St  als  Nach- 
baren  im  Westen  Mester  Hans  Harthouwer  und  seine  GattinEucke 
(Kontr.-Prot.  1553—1561,  das  Haus  lag  an  der  Sudseite  der  Vlakenstrasse, 
im  Osten  war  eine  Seitenstrasse,  nach  Kontr.-Prot  1561  S.  25  hiess  es  viel- 
leicht „de  Samson").    Da  H.  v.  St.   in  den  Emder  Quellen  nie  fester* 


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—    391    — 

fehlen  n&here  Nachweise)  ist  „Spiekera  (Speicher)  die  ftir  das 

feste  Wohnhaus    der    kleinen   friesischen  Burgen  iibliche  Be- 

zeichnung.    Ein  Anwesender  schlagt  vor,  den  Namen  „Spiekera 

(eigentlich  „up  de  Spieker"),  den  in  Emden  auf  Sttdfaldern  ein 

in  dem  Winkel  zwischen  der  Neuen  Strasse,  der  Miihlenstrasse 

und  dem  ostlichen  Arme  des  Falderndelftes  liegender  Stadtteil 

tind  2  sich  dort  kreuzende  Strassen  tragen,  ebenso  zu  erkl&ren, 

da  vielleicht  in  der  Gegend  des  jetzigen  Spiekers  die  1408  von 

Keno    torn    Brok    und    Hisco    v.  Emden    zerstorte    Burg    des 

Hauptlings  von  Siidfaldern,   Garrelt  Wiardsna  (Losing,  Gesch. 

d.  Stadt  Emden,  S.  24),  lag,  wenn   auch   iiber  das   erste  Auf- 

tauchen   des   Namens  Nachforschungen  noch  nicht   angestellt 

worden  sind.    Auf  den  Braun-Hogenbergischen  Stadtplanen  ist 

zwischen  der  von  Norden  nach  Suden  gehenden  „Spiekera  ge- 

nannten  Strasse  und   der  Neuen  Strasse  ein  mit  Graben  urn- 

gebener  Platz  gezeichnet;  die  west-5stlich  laufende,    ebenfalls 

„Spiekera    heissende   Strasse    fuhrt    ziemlich    genau   auf  den 

Westeingang  dieses  Platzes.    An  eine  alte  Burgstelle  in  dieser 

Gegend  wiirde  auch  bei  dem  Namen  „Junkershofa   gedacht 

werden  konnen,  wenn  nicht  gerade  in  diesem  Teile  der  Stadt 

um  1566  der  Junker  Claes  Frese  Besitz  gehabt  hatte  („Junkers- 

hofa  ist  „ Garten  des  Junkers").    Dass  feste  Hauser  den  Namen 

„Speichera  fuhrten,  ist,  wie  Herr  Oberbtirgermeister  Fiirbringer 

bemerkt,   wegen   der  Bedeutung   der   Vorrate   bei   einer   Ein- 

schliessung  im  Kriege  nicht  auffallend   (vgl.  die  als  Festungen 

benutzten  Speicher  in  Syrakus.  Liv.  XXIV,  21).     „Spieker"  heisst 

auch  bei  Beninga  S.  585  (und  noch  jetzt)  ein  besonders  starkes  und 


heisst,  so  muss  er  eine  niedrigere  Stufe  (Jes  Handwerks  eingenommeri 
haben,  als  sein  Nachbar  Mester  Hans  Harthouwer,  auf  den  in  der  bau- 
lustigen  Zeit  um  1560  ohne  Zweifel  manche  Emder  Bauten  zuruckgehen 
und  dessen  Wirksamkeit  nahere  Nachforschungen  verdient.  Der  Zusatz 
van  dem  Gildehus,  den  sein  Name  zuweilen  erhalt,  weist  deutlich  auf 
Herm.  v.  St.'s  Herkunft  aus  dem  Hausteine  liefernden  Bentheim  hin, 
und  darum  hat  unter  den  wechselnden  Schreibungen  seines  Namens  die 
SH.  v.  Stenforde"  (Burgsteinfurt)  am  meisten  fur  sich.  Bentheim  wird 
nicht  bloss  Steine,  sondern  auch  Steinhauer  geliefert  haben  (vgl.  Liider  v. 
Bentheim  in  Bremen).  Andere  Namen  von  Emder  Steinhauern  aus  gleicher 
Zeit  sind:  Hinrich  Harthouwer  v.  Benthem  (Kontr.-Prot.  1562  S. 391) 
und  M  ester  Hendrik  Kluto  Harthouwer  (in  der Loekfenne,  Kontr.- 
Protok.  15.  Marz  1549  u.  oft). 


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als  solches  1515  von  Sflldnern  besetztes  Haus  beiStickhausen 
(vgl.  Harkenr.  Oorspr.  639  ff.).1)  —  Ausserordentlich  interessant 
sind  die  S.  90  ff .  mitgeteilten  sich  auf  Siegel  vom  XIII.  Jahrhundert 
an    ira    Oldenburger    Archive    griindenden    Entdeckungen    zur 
friesischen  Trachtenkunde  und  u.  a.  auch  die  uberraschen- 
den   und   anziehenden  Untersuchungen   iiber   die  Entwicklung 
des   Wappens    der   Familie    v.  Frese  (S.  91  u.  95.)*    ..Die 
Friesen  standen  bei  ihren  sachsischen  Nachbarn  im  Rufe   der 
Wildheit  und  Bosartigkeit ;  diese  Vorstellung  spricht  sich  u.  %. 
in  dem  redenden  Wappen  eines  schon  im  XIII.  Jahrhundert  ;m 
Osnabriickschen  und   Oldenburgischen   nachweisbaren  Dienst- 
mannengeschlechtes     aus,     dessen     Zuname    Vriso     seinen 
friesischen  Ursprung  verrat;  das  Wappen  dieses  Geschlechtes 
stellt  einen  indianerartig  mit  Federn  geputzten  Kopf  dar,  den 
Kopf  eines  wilden  Friesen;   aus   dem  Kopfe   und   den   Federn 
wurde    nach    und    nach    ein    Helm    mit   Hahnenfedern,    und 
schliesslich  verblieben  diese  allein  der  jetzigen  Familie  v.  Frese2 
(der  kurz  vor  1500  aus  der  Grafschaft  Hoya  nach  Ostfriesland 
gewanderte  Zweig  der  Familie  hat  einen  Helm  mit  3  Straussen- 
federn).    Alte  Wappen  der  Familie  von  1328 — 1349  aus  dem 
Oldenburger  Archive  werden  auf  Tafel  A  abgebildet*  —  Die  Be- 
arbeitung    der   Sundermannschen   Matrikelausztige    der   Uni- 
versit&ten   Bologna,   Koln,   Erfurt,   Rostock    fur   das  olden- 
burgische  Friesland  S.  86  ff.   bestatigt   die  Bedeutung  solcher 
miihevollen  Sammlungen   fur   die  Landesgeschichte  und  ihren 
grossen  kulturgeschichtlichen  Wert.  —  Ergebnisreich  auch  fur 
Ostfriesland  und  methodisch  vorbildlich  sind  S.  38  f.  und  100  ff. 
Sellos  Quellenforschungen  zur  friesischen  Chronistik. 

Herr  Rassau  in  Aurich  schenkt  eine  Zeichnung  von  den 
Resten  der  Inschrift  auf  dem  sogen.  Grabsteine  der  Qua  den 
Foelke  in  Aurich,  der  jetzt  der  Familie  Buss  gehort.  Woher 
die  Sage  (vgl.  Friedl.  zu  Urk.  253  Anm.  2)  stammt,  dass  es 
der  Grabstein  der  Quaden  Foelke  sei,  ist  unbekannt.  Die  In- 
schrift,  von   der   nur   die   Worte  anno  dni  MCCCC.  (?)  zu  er- 


»)  Sollte  aber  fur  den  Emder  Namen  „Spiekera  die  nachstliegende 
einfache  Erklarung  „Platz  mit  Warenspeichern*  nicht  ausreichen? 
Houtrouw  I  S.  51  behauptet  sehr  bestimmt,  aber  ohne  seine  Quellcn  so 
nennen:  „Die  Burg  von  Kleinfaldern  lag  jenseits  der  Kettenbrocke  »m 
Strohdeich". 


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—    393    — 

kennen,  w&hrend  das  Uebrige,  wenigstens  nach  der  Zeichnung, 
zusammenhangslose  Buchstaben  sind,  ist  vorlaufig  so  un- 
verstandlich,  dass  sie  weder  als  Beweis  ftir  noch  gegen  die 
Sage  dienen  kann.  Herr  Landschaftsrat  Klug  bemerkt,  dass 
er  den  Grabstein  vor  40  Jahren  einmal  mit  dera  Geschichts- 
forscher  Dr.  Mohlmann  besichtigt  habe  und  dass  dieser  gegen 
die  Richtigkeit  der  Bezeichnung  starke  Zweifel  ge&ussert  habe. 
31.  Jan.  1899.  Die  Verhandlungen  der  am  14.  Sept.  1898 
in  Emden  abgehaltenen  reformierten  Bezirkssynode,  die  uns 
zugesandt  worden  sind,  enthalten  einen  manche  Anregung 
bietenden  Vortrag  des  Pastors  Hesse  in  Larrelt  tiber  kirch- 
liche  Alterttimer  in  dem  Bezirk. 

In  dem  zweiten  Hefte  der  seit  dem  1.  Jan.  d.  J.  von  der 
Schriftleitung  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung  heraus- 
gegebenen  Zeitschrift  „Die  Denkmalpflege"  verdient  besondere 
Beachtung  ein  Artikel  von  Haupt,  Professor  an  der  Technischen 
Hochschule  zu  Hannover,  tiber  „dekorative  Malerei  in  Deutsch- 
land  aus  den  letzten  Jahrhunderten  und  ihr  baldiger  Untergang"; 
S.  15  dringt  er  darauf,  vor  Abbruch  oder  Herstellung  jedes 
Gebaude  aus  der  Renaissance-Zeit  auf  Malereien  an  der 
Wand  und  Decke,  an  Holz  und  Steinwerk  zu  untersuchen ;  die 
Liebhaberei  fur  dergleichen  Schmuck  sei  in  Deutschland  viel 
verbreiteter  gewesen  als  gewohnlich  angenommen  werde.  Auch 
bei  einer  Besichtigung  des  Emder  Rathauses  soil  Dombau- 
meister  Ehrhardt  aus  Bremen  in  verschiedenen  Bureaux  an  den 
Deckenbalken  auf  Reste  farbiger  Malerei  gestossen  sein  (vgl. 
oben  z.  20.  Dez.  und  z.  8.  Nov.  1898). 

Herr  Lehrer  Fr.  Eilers  in  Reepsholt,  der  uns  neulich  von 
einem  Miinzfund  in  Wiesede  in  Kenntnis  setzte,  hatte  zu- 
gleich  an  den  Landrat  des  Kreises  Wittmund  die  Bitte  ge- 
richtet,  eine  Verausserung  des  Fundes  vor  einer  Besichtigung 
durch  Sachverstandige  zu  verhindern.  Herr  Landrat  Dr.  Budde 
ist  darauf  personlich  mit  Herrn  Eilers  nach  Wiesede  gefahren, 
urn  den  Finder  zu  veranlassen  uns  Proben  der  Munzen  zu- 
komraen  au  lassen.  Unter  Beiftigung  der  12  gefundenen 
Munzen  ist  nun  u.  d.  25.  Januar  ein  Schreiben  des  Landrats 
Dr.  B.  eingegangen  mit  naherer  Angabe  der  Umstande  des 
Fundes  und  der  Anfrage,  ob  unsere  Gesellschaft  etwa  beab- 
sichtige  die  Munzen  zu  erwerben  oder  ob  sie  ftir   ein   anderes 


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Museum  von  Interesse  sein  wiirden  und  event,  zu  welchem 
Mindestpreise  dem  Eigentiimer  der  Verkauf  an  Handler  an- 
zuraten  sei.  Die  Mtlnzen  sind  in  Wiesede  auf  Grand  und  Boden 
des  Landwirts  Nanne  Frerichs  in  der  Erde  ohne  Umhtlllung 
gefunden  worden.  In  der  Familie  des  Landwirts  Frerichs  hatte 
sich  nach  Mitteilung  des  Herrn  Landrats  B.  die  Tradition  ver- 
erbt,  dass  ein  Vorfahr,  als  er  in  der  ersten  Halfte  des 
XVII.  Jahrhunderts  pestkrank  auf  dem  Sterbebette  lag,  seinen 
draussen  am  Fenster  stehenden  Verwandten  zugerufen  habe,  er 
hatte  sein  Geld,  um  es  vor  den  Kriegsleuten  zu  sichern,  in 
einem  nahe  beim  Hause  liegenden  Waldchen  vergraben.  In 
diesem  Waldchen  ist  auch  haufig,  ohne  Erfolg,  gesucht  worden. 
bis  karzlich  die  12  Mtinzen  unter  den  Wurzeln  einer  Eiche, 
deren  Ausrottung  man  vornahm,  gefunden  wurden ;  Herr  Land- 
rat  B.  meint,  es  sei  anzunehmen,  dass  weitere  Nachforschungen 
noch  mehr  zu  Tage  fSrdern  wiirden.  Von  den  12  Munzen 
sind  4  Oesterreichische  Thaler:  darunter  2  Tiroler  Thaler  des 
Kaisers  Rudolf  n.  von  1605,  ein  Elsasser  Thaler  desselben 
Kaisers  von  1612  und  ein  Els&sser  Thaler  des  1595  gestorbenen 
Erzherzogs  Ferdinand  ohne  Jahreszahl;  6  Mttnzen  sind  Nieder- 
l&ndische:  1  vielleicht  ein  westfriesischer  Thaler  von  1619,  2 
ein  Utrechter  Thaler  von  1620,  3  und  4  vielleicht  Seelandische 
Thaler  von  1620,  bei  5  und  6  ist  ausser  der  Jahreszahl  1620 
nichts  mehr  zu  erkennen.  Von  der  elften  Miinze  ist  nur  noch 
der  Name  Ulricus  dux  (?)  zu  lesen.  Am  interessantesten  ist 
ein  Mansfelder  Thaler  von  1611  (Vorderortische  Linie  in 
Bornstadt),  auf  der  Vorderseite  der  hi.  Georg  mit  dem  Drachen 
umgeben  von  einem  Blsltterkranz  und  der  Umschrift:  Comi  e 
Domi  Mansfe  Nob  Do  J  H  (d.  h.  Heldrungen),  auf  der  Ruck- 
seite  ein  Wappen  mit  der  Umschrift,  so  weit  zu  lesen:  Bruno 
Seni  Wilh  Ha  Ge  Volrat  1611  (d.  i.:  Bruno  II.  senior,  Wilhelm, 
Hans,  Georg,  Volrat  —  nach  dem  Riemannschen  Katalog 
Nr.  9399  waren  W.  H.  G.  V.  S5hne  des  Bruno).  Da  die  Munzen 
ihrer  Zeit  nach  alle  vor  dem  Aufenthalt  der  Mansfelder  in 
Ostfriesland  (1622—1624)  liegen  und  da  sich  ausser  dem  Mans- 
felder Thaler  so  viele  Niederlandische  Thaler  unter  ihnen  be- 
finden,  so  steht  der  Fund  wahrscheinlich  in  irgend  einer  Be- 
ziehung  zu  den  Mansfeldern,  die  von  den  Niederlanden  aus  in 
Ostfriesland  eindrangen.     Auch  insofern  konnte  in  der  Tradition 


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der  Familie  Frerichs  in  Wiesede  ein  wahrer  Kern  stecken,  als 
gerade  damals  die  Pest  in  Ostfriesland,  auch  unter  den  Mans- 
feldern,  wtitete.  Diese  kOnnten  auf  ihrem  Zuge  nach  Jever 
(Wiarda  IV  170  und  196)  in  die  N&he  von  Wiesede  gekommen 
sein1). 

7.   Febr.   1899.    Zur  Untersuchung   der   Frage  nach  den 

ehemaligen  Burgstatten  der  Hauptlinge  von  Nord-  und 

Sftd-Faldern   (Gross-   und   Klein-Faldern)   haben  einige  Mit- 

glieder  die   in  Betracht  kommenden  Oertlichkeiten  besichtigt. 

Fur  Gross-Faldern   wurde  die   Vermutung   ausgesprochen,   ein 

auf  dem  altesten  Plane  von  Emden,  dem  Braun-Hogenbergschen 

(vor  1576),  mit  Graben  umgebener  Platz,  der  mit  dem  heutigen 

hochliegenden    Pannewarf    zusammenfallt    und    im  Norden 

durch  das  Rummelhilgentief,  im  Westen   durch   den   jetzt   zu- 

geworfenen  Lindengraben  begrenzt  wird,    konne   die   einstige 

1408  zerstSrte  H&uptlingsburg  getragen  haben.    Wenn  nicht  der 

jetzige Pannewarf,  sondern  der  Neue  Kirchhof  der  hochste 

Punkt  von  Gross-Faldern  ist,  so  spricht  dies  nicht  notwendig 

gegen  die  Annahme,  dass  der  Pannewarf  der  Sitz   des  Haupt- 

Hngs  gewesen   sei,   da   auch   in   der  Altstadt  Emden  der  ehe- 

malige  H&uptlingssitz  nicht  auf  der  hochsten  Stelle,  zwischen 

Holzs&ger-  und  Gr.  Deichstrasse,    stand.      Leider    ist   die   Be- 

sichtigung  ohne  Ergebnis  geblieben.    Weder   von    einem  Ring- 

graben  im  Osten  und  Siiden   des  Pannewarfs  noch  von  alten 

Fundamenten  in  den  Garten  der  Bewohner  haben  sich  Spuren 

vorgefunden.    Auf  der  H5he  des  Pannewarfs  westlich  von  der 

Strasse  ist  man,   wie  mitgeteilt    wurde,   bei   der   Anlage   der 

Kanalisation  1885—1887  auf  Leichen   gestossen,    die   auf  eine 

alte  Begrabnisstatte  schliessen  lassen  wiirden.    So  konnen  nur 

griindliche  Nachgrabungen   weiterfuhren,    und   der  Pannewarf 

hat  als  alte  Burgstelle  vorl&ufig  keine  gr5ssere  Wahrscheinlich- 

keit  ftir  sich,  als  die  Stelle  des  Goedenser  Hauses,  des  jetzigen 

Amtsgerichtes,  oder  der  noch  hoher  gelegene  Platz  der  Neuen 

Kirche,  der  vor  dem  Bau  der  Kirche  1643—1648  eine  fur  das 


")  S.  194  spricht  Wiarda  von  einigen  schonen  metallenenKanonen, 
die  „noch  itzo  (1794)  mit  dem  Wappen  und  dem  Namen  des  Grafen  von 
Mansfeld  auf  den  Emder  Wallen  liegen".  —  Mansfelder  Georgs- 
thaler  mit  der  Inschrift:  „Bei  Gott  ist  Rat  und  That"  wurden  von  den 
Soldaten  als  Amulett  getragen  (H.  Schulz,  Wallenstein,  Bielefeld  1898,  S.  58). 


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Dorf  Gross  -  Faldem  auffallend  umfangreiche  unbebaute  Statte 
war.  Schon  lange  vor  1643,  auf  dem  Braun-Hogenbergschen 
Stadtplane  von  1576(?),  trslgt  der  jetzige  Neue  Kirchhof  die  Be- 
zeichnung  „Nieuwe  Kerkhof  (Tholens,  Ged&chtnis-Predigt  1848 
S.  8  u.  24,  bezieht  irrtiimlich  eine  Nachricht  aus  Groenewoldts 
Kleiner  Ostfr.  Chronica  von  1656,  die  1613  auf  „Ihro  Gnaden 
Bleeke  buten  de  Nije  Poorta  den  ersten  Toten  begraben  lasst, 
auf  den  Neuen  Kirchhof),  auf  dem  altesten  Plane  aber  findet 
sich  dort  nur  ein  unbezeichneter  freier  Platz.  Vielleicht  ergiebt 
sich  Genaueres  aus  Beobachtungen  beim  Ausschachten  von 
Gr&bern.  —  In  Klein-Faldern  (vgl.  10.  Febr.)  sollen  auf  der 
Siidseite  des  Spiekers  hinter  dem  Hause  des  Fuhrmanns  Ocke 
Meyer  (No.  2)  Pfahle  in  der  Erde  entdeckt  worden  seien,  die  als 
Einfassung  eines  Grabens  gedient  haben  konnten. 

Bei  der  Ausschachtung  fur  das  Dienstgebaude  der  Wasser- 
bau-Inspektion  am  Strohdeiche1)  ist  eine  Bohlenwand  zu 
Tage  getreten,  die  den  Nordrand  der  alt  en  Ems  zu  be- 
zeichnen  scheint. 

Von  dem  Leipziger  Universitatsdozenten  Dr.  Priifer  ist 
der  Briefwechsel  eines  ehemaligen  Emder  Gymnasiallehrers,  des 
Rektors  Dr.  Ed.  Krftger2),  mit  dem  1852  verstorbenen  Ober- 
tribunalsrat  v.  Winterfeld  in  Berlin  herausgegeben  worden 
(Leipzig  1898).  Winterfeld  war  ein  bekannter  musikalischer 
Schriftsteller,  der  insbesondere  fiir  die  FOrderung  der  heiligen 
Musik  wirkte;  auf  demselben  Gebiete  arbeitete  der  feinsinnige 
Kriiger,  den  seine  Neigungen  schon  als  Studenten  zur  Musik  ge- 
zogen  hatten,  und  so  hat  sich  seit  1845  zwischen  beiden  ein 
Briefwechsel  angesponnen,  der  manches  Streiflicht  auch  auf 
Emder  Verh&ltnisse   zwischen    1845  und  1851    wirft.    Zur 


!)  Statt  des  Namens  Bam  Strohdeiche",  der  die  Erinnerung  an  die 
fruhere  Beschaffenheit  des  Stadtteils,  an  die  unter  Emdens  Wallen  einst 
vorbeifliessende  Ems,  lebendig  erhalten  wiirde,  ist  nach  Niederlegung  des 
Deiches  fur  die  neuangelegte  Strasse  der  Name  „Martin  Faberstrasse8 
gewahlt  worden. 

*)  Geb.  1807  in  Luneburg,  in  Emden  1833—1851,  auf  Staves  Ein- 
ladung  1848  und  1849  einige  Monate  Redakteur  der  Hannoverschen  Zei- 
tung  in  Hannover,  1851—1869  Oberschulinspektor  in  Aurich,  1861  ao. 
Professor  der  Musik  in  Gottingen,  f  1885.  Das  Emder  Turnwesen  ist 
seine  Schopfung.  Die  Veranlassung  zur  Herausgabe  des  Briefwechsels 
hat  KrUgere  Tochter,  Frau  Theda  Brons  in  Gottingen,  gegeben. 


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Sprache  koramen  unter  anderm  das  musikalische  Leben  in 
Emden,  die  Stellung  der  Emder  Kirche  zur  Musik  und  das  Jahr 

1848  in  Emden.  Erwahnung  verdient  auch  die  Mitteilung,  dass 
ein  Freund  des  Dr.  Krtiger,  Rat  Sturenburg  in  Aurich,  ein 
Pergamentblatt  mit  Noten  aufgefunden  hatte,  das  aus  dem 
Kloster  Ihlo  zu  stammen  schien  und  nicht  unbedeutenden 
rausikalischen  Wert  gehabt  haben  soil.    In  dem  von  Krimphoft' 

1849  herausgegebenen  Emder  Volksblatt  ist  eine  gegen  die 
Wiederanstellung  Kriigers  am  hiesigen  Gymnasium  gerichtete 
Petition  einzelner  Btirger  abgedruckt,  die  ihm  seine  Thatigkeit 
als  Redakteur  der  regierungsfreundlichen  Hannoverschen  Zei- 
tung  vorwarf. 

21.  Februar  1899.  Der  Titel  des  von  Borchling  im 
v.  Hedemannschen  Familienarchive  auf  Deutsch-Nienhof  bei 
Rendsburg  u.  a.  aufgefundenen  Schriftstttckes :  „Protokoll  vom 
Ostfriesischen  Hofe  betr .  Verabschiedung  von  Wangenheims 
und  Ernennung  v.  Moltkes  zum  Erzieher  des  jungen  Herrn" 
(Jahrb.  XIII  S.  239)  scheint  durch  Wiarda  V  S.  63  einige  Auf- 
klarung  zu  erhalten:  Jacob  v.  Wangenheim,  friiher  Portu- 
giesischer  Rittmeister,  auf  Vorschlag  des  Prinzen  von  Oranien 
zum  Hofmeister  von  Enno  Ludwig  ernannt,  und  Levin  Claus 
Moltke,  Edelmann  am  Holstein-Gottorpschen  Hofe,  Wangenheims 
Freund,  spiel  en  in  dem  Marenholtzischen  Handel  um  1651 
eine  Rolle.  Naheres  zum  Verstandnis  der  Mitteilung  des  Herrn 
Dr.  Borchling  ist  aber  aus  Wiarda  nicht  zu  ersehen.  Vielleicht 
ist  das  Schriftstuck  durch  den  Holsteiner  Moltke  nach  Holstein 
gekommen. 

7.  Marz  1899.  Aus  dem  neu  erschienenen  zweiten  Bande 
der  Geschichte  der  Stadt  Bremen  von  W.  v.  Bippen  (Bremen 
1898)  werden  Mitteilungen  tiber  den  1625  und  1626  als  Rat- 
geber  des  Bremer  Senats  an  der  Neubefestigung  Bremens  be- 
teiligt  gewesenen  „Ingenieur  der  Stadt  Emden",  Johann 
van  Laer,  gemacht.  Nachdem  der  Senat  schon  1601  be- 
schlossen  hatte  an  Stelle  der  alten  Walle  und  Rondeele  das 
seit  einiger  Zeit  in  Frankreich  und  in  den  Niederlanden  ange- 
nommene  System  der  spitzen  Hornwerke  oder  Bastionen  in 
Anwendung  zu  bringen  (S.  288),  zu  deren  Ausfiihrung  bei  dem 
(niederl&ndischen)  Drosten  von  Lingen  der  Ingenieur  Johann 
v.  Rijswick  und  sein  Diener  Valkenburg  erbeten  wurde,  nahmen 


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im  Jahre  1609  die  enger  verbttndeten  Hansastadte  unter  ihrem 
gemeinsamen  Feldobersten  Graf  Friedrich  von  Solms  den  niedei- 
l&ndischen   Ingenieur  Johann  v.  Valkenburg  als  Kriegs-Bau- 
meister  in  ihre  Dienste,  denselben,  der  auch  inEmden,  Ham- 
burg, Braunschweig   und   in   Ulm   neue  Festungswerke  gebaut 
hat   (v.  B.  verweist  auf  des  Liibecker  Ratsherrn  Brockes  Tage- 
buuh  z.  J.  1611  in  der  Zeitschr.  f.  Liib.  Geschichte  I,  339 ;  Focke, 
die  Werkmeister  des  Bremer  Rathaus-Umbaus,  Bremer  Jahrb. 
XIV  S.  187  und  213;  vgl.  oben  z.  3.  Jan.  1899).    Als  1615  Prinz 
Moritz  von  Oranien  Valkenburg  zu  sich  nach  dem  Haag  entbot, 
nahm  dieser  vom  Rate  ein  Schreiben  an  den  Prinzen  mit,  det 
die  Bitte  enthielt,   Valkenburg  mit  seinem  Rate  beizustehen. 
Die  Ausfiihrung  der  Plane  des  vielbeschaftigten  Joh.  v.  Valken- 
burg ftir  die  Befestigung  des  linken  Weserufers   begann   aber 
erst  1623,  nachdem  noch  ein  Gutachten  des  Ingenieurs  Joh.  v. 
Laer  in  Emden  (S.  291)  eingeholt  worden  war.     An  Valken- 
burgs   Stelle,   der   1624  auf  seinen   Wunsch    aus    bremischen 
Diensten  entlassen  wurde,   trat  1625  der  genannte  Johann  v. 
Laer  selbst;  dieser  scheint  aber  nicht  dauernd  in  Bremen  an- 
s&ssig  gewesen  zu  sein,  da  er  im  Nov.  1625  seine  Ratschlage 
schriftlich  erteilt.    Der  Umfang  der  Stadt  wurde  (wie  in  Emden) 
durch  die  neue  Umwallung   fast  verdoppelt,    und   es   daueite 
Jahrzehnte,    bis   der   Raum   der   Neustadt   einigermassen   mit 
Bauten  ausgeflillt  war  (S.  294)1). 

21.  Marz  1899.  In  einem  Briefe  vom  18.  und  19.  Marz 
berichtet  Herr  Lehrer  Eilers  in  Reepsholt  wieder  fiber 
Altertumsfunde,  die  er  gemacht.  In  dem  Walde  des  Grafen 
Knyphausen  bei  Reepsholt  waren  in  einem  Hfigel  von 
1  m  Hohe  3  Granitsteine  sichtbar  geworden,  von  welchen  die 
gr&flichen  Beamten  den  einen  mit  einer  Marke  versehenen  fur 
ein  Grenzzeichen  erklarten.    Bei  einer  Untersuchung  des  Hfigels 


')  vgl.  Jahrb.  XIII,  S.  182.  Nachrichten  uber  spatere  Overijsselsche 
Mitglieder  dieser  an  tuchtigen  Mannern  roichen  Familie  giebt  Mr.  R. 
E.  Hattink  in  Almelo  in  einer  als  Manuskript  gedruckten  Schrift  sGeslacht- 
lijst  van  Laer,  Proeve  van  bewerking"  (1893).  In  Emden  lEsst  sie  sich 
vom  Ende  des  XVI.  bis  in  die  Mitte  des  XVIII.  Jahrhunderts  verfolgen. 
Einen  bei  Festungsbauten  in  Herzogenbusch  1532  beschaftigten  Steinhauer 
Jan  van  der  Laer  sowie  einen  Goldschmied  gleichen  Namens  aus 
Herzogenbusch  urn  1645  nennt  Galland,  Geschichte  der  holl.  Baukunst 
S.  611  und  267. 


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durch  Herrn  Eilers  fand  sich  in  der  Mitte  ein  fast  kugelrunder 

Stein  von  1  m  Durchmesser,  um   den  herum,  aber  nicht  an. 

gelehnt,  4  Steine  von  je  80  cm  L&nge,  72  cm  Breite  und  43  cm 

Dicke    standen.      Nach    Wegraumung    des    mittleren    runden 

Steines  zeigte  sich  eine  kreisrunde  schwarze  Flache  von  70  cm 

Durchmesser,  in  der  Eisen-  und  Knochenreste,  Torfstiicke  und 

Moorerde   liber-    und    durcheinander    lagen.      Die    Zusammen- 

geh6rigkeit   der   Metallmasse   war  trotz   aller   Vorsicht    nicht 

mehr  festzustellen.    Alle  festen  Fundteile  hat  Herr  E.  mittels 

des  Motorbootes  heute  iibersandt.  —  Am  18.  Marz  hat  Herr  E. 

in  dem  Garten  der  Lehrerwohnung  zu  Abickhafe  nach- 

gesucht,    wo    ein    Arbeiter    2    Spatenstiche    tief   menschliche 

Skelette    und    zu    den   Fussen   des    einen    „  einen   Teller   voll 

Bronze"  gefunden  und  wieder  vergraben  zu  haben  behauptet 

hatte.      Herr    E.    hat    in    der    That    alles    noch    vorgefunden 

und    dazu    kleine    Urnenscherben    und    einige    scheinbar 

geschliffene  Steine.     Die  Knochen  der  Skelette   fielen   sofort 

auseinander.     Da   auf  dem  Platze   der  jetzigen   Schule   einst 

eine    Kapelle    stand,    die    1532    von    Graf    Enno    II.    ab- 

gebrochen    wurde    (der    Sage    nach    781    von    dem    Apostel 

Willehad   gestiftet,   Houtrouw  II.  174),    so    ist   wahrscheinlich 

eine  Begrabnisstatte,  vielleicht   noch   aus   vorchristlicher  Zeit, 

anzunehmen.    Auch   dieser   Fund   ist  mitgesandt  worden,   zu- 

gleich  mit  den  von  Herrn  E.    vor   einiger   Zeit   im  Rabbels- 

berg  bei  Siid-Dunum  gefundenen  Bronzesachen. 

Herr  Senator  Penning  macht  auf  einen  grossen  Stein, 
der  auf  dem  Pannewarf  hinter  dem  Hause  No.  13  (de  Boer) 
gefunden  worden  und  nicht  zu  heben  ist,  aufmerksam.  Viel- 
leicht lassen  sich  auf  Grund  dieses  Fundes  die  Nachforschungen 
nach  der  ehemaligen  Hauptlingsburg  von  Gross-Faldern 
(vgl.  o.  z.  7.  Februar  1899)  wieder  aufnehmen.  Ausser  dem 
Pannewarf  konnen  fur  diese  wohl  nur  die  Statte  des  jetzigen 
Neuen  Kirchhofs  und  die  des  Amtsgerichtsgeb&udes  in  Betracht 
kommen. 

Auf  eine  Anfrage  nach  dem  in  unserer  Sammlung  wieder 
aufgebauten  von  Herrn  Senator  Kappelhoff  geschenkten  Kamin 
wird  die  Auskunft  erteilt,  dass  er  aus  dem  friiher  Kappelhoff- 
schen  Packhause  „Dit  is  int  Kreweel  1590"  an  der  Nordseite 
der  Pelzerstrasse  herausgebrochen  worden  sei. 


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—    400    — 

11.  April  1899.  Herr  Lehrer  Eilers  in  Reepsholt  macht 
Mitteilung  iiber  Spuren  eines  Urnenfriedhofes,  die  bei  der 
Anlage  des  neuen  Kirchhofes  zuOst-Warsingsfehn  zu Tage 
getreten  sind. 

18.  April  1899.  Das  5.  Heft  der  „Denkmalpflegea  enthalt 
einen  eingehonden  Bericht  iiber  die  Wiederherstellung  des 
Tabernakels  der  Kirche  zu  Arle  durch  den  Bildhauer 
Ktisthardt, 

Aus  dem  Nachlass  des  verstorbenen  Kirchenrates  Vietor 
werden  ein  Zettel  mit  der  Aufschrift  „J.  H.  v.  Wicht  1767". 
ein  „ Extract"  aus  dem  „Altonaer  Merkur"  vom  Jahre  1769  iiber 
Gellerts  Tod  (gest.  am  14.  Dez.  1769)  und  handschriftliche  Er- 
innerungen  v.  Wichts  an  einen  Besuch  v.  Wichts  in  Gellerts 
HSrsaale  zu  Leipzig  von  1766  oder  1767  iiberreicht.  Nach  einer 
Aufzeichnung  des  Kirchenrats  V.  riihrt  das  zuerst  erwahnte 
Blatt  wahrscheinlich  aus  einem  Exemplare  von  Gellerts  Werken 
im  Besitze  v.  Wichts  her. 

Aus  dem  Antiquariat  von  W.  P.  v.  Stockum  &  Sohn  in 
Haag  ist  eine  umfangreiche  handschriftliche  Genealogie 
der  Familie  des  Haro  von  Uiterstewehr  in  ihren  zahlreichen 
Verzweigungen  etwa  bis  1760  erworben  worden.  Es  hat  sich 
herausgestellt,  dass  wir  von  derselben  Hand  geschrieben  in 
gleichem  Einband  und  Format  2  handschriftliche  B&nde,  be- 
titelt  „de  Genealogische  Tijdkorter"  (No.  119)  besitzen,  mit  denen 
die  im  Haag  angekaufte  Handschrift  ohne  Zweifel  zusammen- 
gehOrt  (vgl.  u.  z.  27.  Juni). 

Herr  Staatsarchivar  Dr.  Wachter  in  Aurich  fragt  wegen 
eines  von  dem  Ingenieur  Wttbbe  Coens  1694  entworfenen 
Plan  de  la  ville  d1  Embden  an.  Unter  den  von  dem  Auricher 
Landgerichte  abgegebenen  altern  Akten  fand  sich  ein  solcher 
Plan  handschriftlich  als  Anlage  zum  Prozesse  des  Kaufmannes 
Gerh.  Wybrands  in  Jemgum  gegen  den  Magistrat  von  Emden 
wegen  eines  Grundstiicks,  das  „Geerdea  genannt  wird,  an  der 
Boltenpforte  in  den  Jahren  1 776/77 x).  Ueber  diesen  Plan  ist 
in  Emden  nichts  bekannt,  als  dass  ein  ebenfalls  handschrift- 
licher  Situationsplan  zu  dem  Prozesse  im  III.  Bande  des  Trifo* 
Hum  im  Rathaus-Archiv :    „  Situations  Plan   des   zwischen   der 


»)  Tiaden  D.  G.  0.  erwahnt  den  Prozess  I  202. 


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Stadt  und  G.  Wybrands  zu  Jemgum  streitigen  Landes  vor  dem 
Boltenthor  stidwarts  der  Bottertille,  v.  Northeim,  de  1773 
den  12.  August"  als  Nr.  73  eingeheftet  ist.  Herr  0.  G.  v. 
Senden  erwahnt,  dass  Wiibbe  (Wibbe,  auch  Wigbold)  Coens 
durch  seine  Tochter  einer  seiner  Vorfahren  sei.  [Bei  einer 
spateren  Vorlegung  des  Planes  durch  Herm  Dr.  Wachter 
erregten  namentlich  die  kunstvollen  Gartenanlagen 
auf  dem  nicht  mit  Hausern  besetzten  Stadtterrain  n6rdlich 
vom  Neuen  Thore  innerhalb  des  Walles  Interesse.] 

25.  April  1899.  Frau  Sanitatsrat  Dr.  Wychgram  tiberweist 
folgende  Schriftstticke  aus  dem  Nachlasse  ihres  verstorbenen 
Vaters,  des  Kirchenrates  Vietor: 

1.  Auszug  aus  dem  Index  proventuum  des  Past.  Jacobus 
Canter,  vicarius  perpetuus  des  Al tares  sanctae  crucis  in  der 
Grossen  Kirche  (aus  dem  Archive  der  Grossen  Kirche). 

2.  Ausziige  aus  Protokollen  der  Grossen  Kirche  von 
1608—1640. 

3.  Aufzeichnungen  uber  Glocken  und  Grabsteine  der 
Grossen  Kirche  mit  Zeichnungen  des  Architekten  Visser. 

4.  gedruckte  Kirchenzettel  von  1735,  1785,  1789. 
(Gottesdienst  wurde  1735  alle  Tage  ausser  Montags  abgehalten.) 

5.  Notizen  betr.  die  Stunden  des  Gottesdienstes 
(1594  fand  der  erste  Gottesdienst  um  6  Uhr  morgens,  1739 
urn  8V2  Uhr,    1785   um   9  Uhr   statt,    seit  1865  um  9V2  Uhr). 

6.  Aufzeichnungen  iiber  den  1545  in  Paris  gestorbenen 
Enno  von  Emden,  den  Sohn  des  Emder  Drosten  und  Burger- 
meisters,  Rudolf  Cirksena  (abgedruckt  im  Ostfr.  Monatsblatt 
1878  S.  331.  Die  Stelle  stammt  aus  Riggenbach,  Chroniken 
des  Konr.  Pellikan,  Basel  1877:  1544  war  Enno  in  Zurich 
bei  Pellikan  und  iiberbrachte  diesem  Griisse  von  J.  a.  Lasco; 
der  junge  Theologe  Gerard  zum  Camp  aus  Emden  kommt 
nach  Ziirich,  um  10  Monate  Pellikans  Gast  zu  sein,  desgl.  Alb. 
Hardenberg  auf  4  Tage,   vgl.  Spiegel,  Hardenberg,  S.  46).1) 


f)  Ueber  Enno  Cirksena  vgl.  o.  S.  287.  Im  folgenden  Jahre,  1545, 
hatte  Pellicanus  wieder  einen  Gast  aus  Ostfriesland,  den  Gerh.  Wester- 
burg  den  Zuricher  Predigern  Bullinger,  Pellicanus  usw.  in  einem  Brief e 
Bus  Strassburg  vom  8.  Sept.  1645  ankundigt  (Krafft,  Briefe  und  Doku- 
mente  aus  der  Zeit  der  Reformation,  Elberfeld  1875,  S.  88) :  Qui  has  adfert 
titeras,  est  nobilis  iuvenis  Ludolphus  nomine  et  de  prima  nobilitate 
Jahrboch  dtr  Qefellioh.  f.  b.  K.  n.  rated.  Altertttmer  ta  Emden,  Bd.  XIV.  26 


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7.  Abschrift  eines  lateinischen  Originalbriefes  von  D. 
Emmius  an  den  Professor  Sibrand  Ltibbert  in  Franeker 
vom  18.  Nov.  1606  aus  der  Bibliothek  der  RemonstrantenGe- 
meinde  zu  Rotterdam,  ohne  Ortsangabe,  aber  sicher  in  Gro- 
ningen  geschrieben  [U.  E.  ist  bis  zum  26.  Oktober,  5  Wochen 
lang,  in  Emden  gewesen,  um  eine  Wunde  kurieren  zu  lassen; 
da  nur  die  Haut  geheilt  ist,  fiirchtet  E.,  dass  die  Wunde  selbst 
wieder  aufbrechen  wird ;  —  politische  Verhaltnisse :  die  General- 
staaten  und  die  Engl&nder  iibernehmen  die  Garantie  des  letzten 
Landtagsschlusses,  des  Vergleiches  zwischen  Graf  und  Emden; 
von  den  4  Gesandten  der  Generalstaaten  ist  einer,  Camminga, 
in  Emden  gestorben  (vgl.  Wiarda  III,  509,  Niiheres  in  Vervous, 
des  Kommandanten  der  staatischen  Garnison  in  Emden, 
Memoiren  S.  251  ff.);  —  Thuanus  hat  ihm  den  zweiten  Theil 
seiner  Historia  geschickt]. 

8.  betr.  ein  bemaltes  Fenster  im  Kloster  Frens- 
wegen  mit  dem  Wappen  der  Maria  Ernestine  Francisca,  Grafin 
von  Ostfriesland,  Erbgr&fin  von  Ritberg  1693. 

9.  Drucksachen  aus  dem  Jahre  1848. 

10.  „Welkoma  an  „Domine  en  Juffrouw  vanSanten  met 
het  arrivement  binnen  ons  Vleck  01dersumu  (v. S.  wurde  180S 
als  Pastor  in  Oldersum  eingefuhrt). 

11.  2  Blatter  mit  einer  Anfrage  von  unbekannter  Hand 
(Rengers  v.  Naerssen?,  vgl.  27.  Juni)  nach  dem  Wappen  und 
der  Familie  Detelef. 

Herr  P.  H.  Meekhoff  Doornbosch  in  Baflo  macht  Mit- 
teilung  von  20  eigenh&ndigen  Brief  en  des  Predigers  J.  J- 
Harkenroht  in  Larrelt  an  den  Amsterdamer  Altertums- 
forscher  Ludolph  Smids  (uber  diesen  vgl.  Groninger  Volks- 
almanak  f.  1892,  III,  S.  74)  und  2  Antworten  von  diesem  aos 
den  Jahren  1714—1728,  die  er  in  der  Bibliothek  der  Maatschappij 
der  Nederlandsche  Letterkunde  in  Leiden  aufgefunden  habe, 
ferner   von   einer   Eintragung   im  Traubuch   zu  Warfum  vom 


nostrae  Frisiae  orientalis,  bonae  indolis,  probus,  honestus,  quem  voti* 
commendatum  esse  velim,  et  optarem,  si  fieri  posset,  ut  cum  D.  Pellicano 
hospitaretur,  nam  Polono  suo  Johanni  est  notissimus.  tLudolphus'  ist 
der  1548  in  London  an  der  Pest  gestorbene  Lutet  Manninga,  Unioo 
Manningas  Bruder  (v.Wichts  Geneal.  Tafel  XVII) ;  BPolonus  Johannes1 
Joh.  a.  Lasco,  nicht,  wie  Krafft  angiebt,  Matzinski. 


J 


—    403    — 

8.  Nov.  1640,  dass  Isebr.  Eilh.  Harkenroht,  der  beiden  Rechte 
Doctor  und  Btirgermeister  der  Stadt  Emden,  und  „de  eer-en 
deuchtsame  dochter  Aeltien  Hylckens  anders  Santfoort*  sich 
verro&hlt  haben,  desgl.  vom  3.  Marz  1644,  dass  Egbert  Arends, 
Biirgerleutnant  zu  Emden,  sich  mit  Grietjen  Hylckens  Santfoort 
verehelicht  habe;  der  von  de  Vries  in  seinem  Aufsatz  iiber  die 
Briider  Harkenroht  erwahnte  Name  Eva  van  Voorst,  der  an- 
geblichen  Gattin  des  Burgermeisters  J.  E.  Harkenroht,  musse 
falsch  sein,  da  es  eine  adelige  Familie  van  Voorst  zu  Augusti- 
nusga  nicht  gegeben  habe.1)  Anderes  hofft  Herr  D.  noch  im 
Oroninger  Archive  sowie  im  Rathaus-  und  im  Kirchen-Archive 
zu  Appingadam  zu  finden. 

25.  April  1899.  In  einer  der  friihern  Versammlungen  war 
aus  Anlass  der  250jahrigen  Jubelfeier  der  hies.  NeuenKirche 
behauptet  worden,  dass  die  Geldmittel  zum  Bau  der  Kirche 
von  alien  Burgern  gemeinsam,  nicht  von  den  Reformierten 
allein,  aufgebracht  worden  seien.  Die  Inschrift  vor  der  Kirche 
sagt  in  der  That:  Ex  liberali  civium  contributione  afflicto 
quamvis  patriae  statu  templum  hoc  exstructum.  Demgegen- 
iiber  spricht  aber  Eylshemius  in  seiner  gedruckten  Predigt  vom 
Jahre  1648,  der  ersten  in  der  Neuen  Kirche  gehaltenen,  aus- 
schliesslich  von  der  Opferwilligkeit  der  Reformierten2),  und 
Harkenroht,  Oorspr.S.  J 31,  hebt  ebenfalls  hervor,  dass  bei  „Menno- 
niten  oder  anderen"  nicht  gesammelt  worden  ware:  de  Bouw- 
kosten  zouden  gezaamelt  worden  op  drie  naavolgende  jaaren 
Paaschdag,  wat  een  jeegelijk  vrywillig  hier  toe  wilde  geeven, 
zonder  Mennisten  of  anderen  daar  mede  toe  te  verzoeken. 
(vgl.  Tholens,  Gedachtnisspredigt  usw.  1848,  S.  8.)  Seltsam 
klingt  es,  dass  den  Reformierten  nur  die  „Mennisten  of  anderen" 
entgegengesetzt  werden.  Sind  die  Lutherischen  unter  den 
„ anderen"  einbegriffen,  oder  gab  es  solche  damals  nicht  in 
Emden?  Das  letzte  ist  nicht  anzunehmen,  sie  werden  aber 
keinen    nennenswerten  Bestandteil   der  Einwohnerschaft   aus- 


»)  Eine  Familie  van  Voorst  gab  es  in  Deventer  (vgl.  u.  z.  29.  Aug.). 

*)  „Gelijck  oock  de  gantsche  Gereformeerde  Burgerye  [want  andere 
biwoonders  van  dese  Stadt  en  zijn  daer  toe  niet  versocht  geweest] 
met  een  verwonderens-weerdige  gewillicheyt  .  .  .  dese  Godts-dienstige 
limmeragie  door  haere  vereeringen  hebben  soecken  te  promo veeren" 
Eylshemius  in  der  Widmung). 

26* 


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—    404    — 

gemacht  haben.  Diese  wird  tiberhaupt  fast  ganz  reformiert 
gewesen  sein.  So  wtirde  es  auch  gar  kein  Widerspruch  sein, 
wenn  nach  der  einen  Ueberlieferung  die  Reformierten,  nach 
der  anderen  die  „Btirgera  die  Kirche  bezahlt  haben. 

9.  Mai  1899.  Eine  Diskussion  fiber  das  ostfriesische 
Wappen  und  seine  neueste  Darstellung  durch  den  Professor 
Ad.  Hildebrandt  zu  Berlin,  der  in  dem  vor  einigen  Jahren  bei 
W.  Schwalbe  in  Emden  erschienenen  Wappen  u.  a.  die  sog. 
Wittmunder  Peitschen  durch  Fahnen,  wie  sie  sich 
schon  bei  Siebmacher  (1605)  finden,  ersetzt  hat,  ergiebt  Fol- 
gendes:  Von  verschiedenen  Seiten  wird  bestatigt,  dass  die 
Heraldiker  Peitschen  als  unheraldisch  erklaren  und,  wo  sie 
erscheinen,  in  ihnen  korrumpierte  Turnierfahnen  sehen.  Ber- 
tram (Geographische  Beschreibung  des  Furstenthums  Ostfries- 
land,  Aurich  1787,  S.  27,  nach  ihm  Freese,  OstFriess-  und  Han- 
lingerland,  S.  57,  und  Friedlaender,  Ostfr.  Monatsblatt  1876, 
S.  51)  spricht  aber  von  zwei  kreuzweise  iibereinander  liegenden 
goldenen  Peitschen  und  verwirft  „Fahnlein,  wie  verschiedene 
Heraldiker  vorgeben",  ausdrticklich.  Herr  Sanit&tsr.  Dr.  Tergast 
legt  eine  Reihe  von  ostfriesischen  Mtinzen  im  Original,  in 
Holzschnittkopien  und  in  Gipsabgtissen  vor,  die  ebenfalls  deut- 
lich  Peitschen  oder  Geisseln  zeigen,  so  einen  sehr  seltenen 
Doppelthaler  Ennos  II.  (ohne  Jahr),  den  allerdings  Wiarda  IV 
S.  232  Enno  dem  III.  zuschreibt,  von  dem  aber  Herr  Dr.  T. 
nachweist,  dass  er  aus  dem  Jahre  1530,  wo  Enno  II.  sich  nach 
Besiegung  Junker  Balthasars  im  Besitze  von  Esens  und 
Wittmund  befand,  stammt  (der  Thaler  ist  sehr  seiten,  weil 
er  nach  dem  Frieden  mit  Junker  Balthasar,  durch  den  dieser 
Esens  und  Wittmund  wieder  erhielt,  wahrscheinlich  ein- 
gezogen  oder  nicht  weiter  gepr&gt  wurde);  Peitschen  sind 
auch  unverkennbar  auf  den  Mtinzen  Ennos  III.,  unter  dem  das 
Wittmunder  Wappen  auf  Mtinzen  zuerst  wieder  erscheint  (vgl. 
Wiarda  HI  355).  Die  Urkunden-Siegel  der  alten  Wittmunder 
Hauptlingsfamilie  Kankena  weisen  nach  Friedlaenders  Be- 
schreibungen  im  Urkundenbuche  einen  rechtssehenden  Adler 
(Urk..  349  v.  1427,  355,  482,  543  usw.)  oder  ebenfalls  Peitschen 
(Urk.  1251  u.  1335  von  1489  u.  1492)  auf.  Bei  diesem  schein- 
bar  unlosbaren  Widerspruche  ist  nun  die  sehr  genaue  Dar- 
stellung des  Kankenaschen  Wappens  auf  dem  schOnen  gotischen 


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—    405     — 

Grabsteine  eines  Kankena  im  Abendmahlschor   der  Grossen 

Kirche  zu  Emden,   des  treuen  Ratgebers  Edzards  des  Grossen, 

des  H&uptlings  zu  Wittraund  and  Propstes  zu  Emden  H  i  c  c  o 

vanDornum  (gest.  an  der  Pest  1515),  willkommen :  ein  rechts- 

sehender  ztingelnder  Adler,  dariiber  drei  gebundene  Kornbiischel, 

Helmzier:    rechtssehender    ztingelnder  Adlerkopf,    der,   wie   es 

scheint,    aus   einer   halben  Korngarbe  hervorwachst,    an  jeder 

Seite  zwei  mit  einer  Garbe  beladene  F&hnlein  (vgl.  Holtmanns 

Ostfr.    Monatsbl.    1880,    S.    366,    Jahrb.  VIII,    1,    S.  57).      Vor 

diesem  Zeugnis  werden  die  nicht  immer  deutlich  erkennbaren 

Siegel  und  die  erst  seit  1530  rait  den  Wittmunder  Peitschen 

gepragten   Miinzen    zuriicktreten    miissen:    die    Fahnen    sind 

das  Aeltere,   die  Peitschen  auf  Miinzen  eben  das  Jtingere.  — 

Fur  Manslagt  hat  Hildebrandt  im  Ostfriesischen  Wappen  sechs 

Rauten,  Bertram,  Freese  und  Friedlaender  erwahnen  nur  fiinf. 

Auf  den  Miinzen  ist  die  Zahl,    wie  Herr  Dr.  Tergast  mitteilt, 

sehr  verschieden,  es  kommen  bald  5,  bald  6,   auf  den   alteren 

Miinzen  auch  8  vor. 

Aus  den  Miinzen  Georg  Christians  (1660 — 1665),  die 
sehr  sorgfaltig  gepr&gt  sind,  geht  hervor,  dass  das  Portr&t 
dieses  Fiirsten  in  Aurich  (auf  dem  Schlosse  und  in  einer 
Kopie  im  Gebaude  der  Landschaft)  getreuer  ist  als  der  nach 
dem  Gemalde  des  Emder  Malers  Alexander  Sanders  her- 
gestellte  Kupferstich  von  Abrah.  Blotelingh  im  Trifolium  (vgl. 
Jahrb.  XIII  S.  176;  die  Bilder  der  ostfriesischen  Regenten  im 
Saale  der  Landschaft  zu  Aurich  sollen  erst  vor  40  Jahren  nach 
den  Originalen  im  Schlosse  gemalt  worden  sein). 

Herr  Pastor  Nellner  in  Ochtersum  iibersendet  folgende 
in  einer  Urne  gefundenen  Gegenst&nde :  2  Stiicke  Bronze,  die 
an  die  Nippzangen  der  jiingeren  Bronzezeit  erinnern,  ein  Stiick 
griinliches  Glas,  ein  Stiick  von  einem  weissen  Knochen,  einen 
kleinen  runden  Gegenstand  mit  einem  Haken  (von  Glas?).  Die 
Urne,  die  von  dem  Finder  zerschlagen  wurde,  aber  sp&ter 
wieder  zusammengesetzt  werden  konnte  (sie  ist  uns  nach- 
traglich  geschenkt  worden),  ist  kreisrund,  am  Halse  weit  ge- 
schweift  und  bis  auf  2  hervortretende  Ringe  am  Halse  ohne 
alle  Unebenheiten  der  Oberflache,  sie  hat  einen  Durchmesser 
von  28  cm  (am  Halse  13  cm,  am  Boden  9l/2  cm)»  eine  H5he 
von    22  cm,    ausser  den   genannten   Gegenstanden   und   Erde 


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bildete  den  Inhalt  ein  Bodensatz  von  Knochen  und  Asche.  Sie 
stand  neben  anderen  verzierten  Urnen  etwa  1  m  tief  auf  einem 
hochgelegenen  Acker  unter  der  Humusschicht  in  rotem  eisen- 
haltigen  Sande  („Ura,  „rode  Sanda),  umgeben  von  schwarzer 
Erde.  Die  Urnen  waren  parallel,  aber  nicht  in  graden  Reihen, 
sondern  kreuzweis  (in  „quincunxa)  gebettet.  Diese  Beschreibung 
scheint  auf  einen  Friedhof  aus  friihsachsischer  Zeit  hin- 
zuweisen,  wohin  auch  wohl  der  im  Jahrbuch  X,  1  (1892),  S.  137 
beschriebene  Fund   von  Lintel   bei   Norden   zu   rechnen  ist. 

16.  Mai  1899.  Einiges  Neues  fiber  die  dunkle  Jugendgeschichte 
des  Georg  Aportanus  hat  Dr.  M.  Schoengen  in  der  82.Versamm- 
lung  der  Vereeniging  tot  beoefening  van  Overijsselsch  regt  en  ge- 
schiedenis  zu  Zwolle  (vgl.  den  Bericht  tiber  die  Versammlung  vom 
25.  Okt.  1898)  mitgeteilt.  Aportanus,  der  nach  Zwolleschen 
Chroniken  aus  Zwolle  stammte  und  in  der  Zwolleschen  Nieder- 
lassung  der  Briider  vom  gemeinsamen  Leben  auferzogen  wurder 
war  spater  Konrektor  an  dieser  Schule,  die  nach  Schoengen 
um  1500  mit  der  in  Deventer  zu  den  beriihmtesten  in  „Deutsch- 
land"  zahlte.  Sein  hollandischer  Name  lautet  in  den  Zwoller 
Urkunden  „Jurgen  bij  der  Deurea  oder  „van  der  Daere".  Da 
dieser  Name  in  Zwolle  sonst  nicht  vorkommt,  so  stellt 
Schoengen  es  als  moglich  hin,  dass  Aportanus  als  Findling  in 
das  Fraterhaus  aufgenommen  wurde.  [Sollte  etwa  schon  in 
dem  Namen  („der  bei  der  Thiir  Gefundene"?)  ein  Hinweis 
auf  seine  Herkunft  liegen?]  Aus  den  Stadtrechnungen  von 
Zwolle,  die  fur  Aportanus  noch  nicht  durchforscht  worden 
sind,  lasst  sich  hoffentlich  noch  mehr  tiber  ihn  feststellen. 
[Der  Name  „by  dem  Darea  erscheint  iibrigens  auch  in 
Wildeshausen;  1513  war  Robke  by  dem  Dare  daselbst 
Biirgermeister,  s.  Nieberding,  Gesch.  d.  ehem.  Niederstifts 
Minister  III,  Urk.  122.] 

30.  Mai  1899.  Herr  Jac.  M.  v.  d.  Walde  schenkt  einen 
sehr  schonen  braunglasierten  rheinischen  (Raerener,  aus 
Raeren  bei  Aachen)  Krug  mit  der  Geschichte  der  Susanna, 
der  Jahreszahl  1585  und  den  Buchstaben  P.  E.,  der  beim  Bau 
des  Cassensschen  Hauses  an  der  Grossen  Briickstrasse  in  der 
Erde  gefunden  worden  ist.  Ein  ahnlicher  Krug  mit  der  Ge- 
schichte der  Susanna,  aber  entstellter  Inschrift  ohne  Jahreszahl 
ist  schon  friiher,  beimBau  des  st&dtischen  Krankenhauses,  an 


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der  Stelle  der  alten  Burg  gefunden  worden  und  in  unsere 
Sammlung  gekommen.  Naheres  tiber  solche  Kriige  giebt 
Jaennicke,  Grundriss  der  Keramik  (Stuttgart  1879)  S.  433,  an. 
Die  Geschichte  der  Susanna  kommt  auf  Raerener  Kriigen  sehr 
haufig  mit  der  Inschrift:  Dit  is  dei  schone  historia  van 
Susanna  int  korte  ein  gesneden,  und  den  Jahreszahlen  1563, 
1584,  1593,  1597,  1598,  1599,  1637  oder  ohne  sie  vor.  Kriige 
mit  unserer  Jahreszahl  1585  nennt  J.  nicht.  Die  Buchstaben 
P.  E.,  die  vielleicht  auf  den  Topfer  hindeuten,  erwahnt  J.  im 
Anhang  S.  29  No.  632,  zwei  Raerener  Topferfamilien  waren 
Emens  und  Ernst. 

20.  Juni  1899.  Von  der  hiesigen  Menno  nit  en -Gemeinde 
wird  durch  Herrn  B.  Brons  ein  Biindel  Papiere  iiberwiesen, 
die  teilweise  einen  langwierigen  Prozess  der  Armen-Vorsteher 
der  Gemeinde  gegen  Witze  de  Vriesen  (Vreesen)  Witwe 
und  darnach  gegen  Grietje  Cras  Kinder  (Gr.  Cr.  war  eben  W. 
de  Vr.  Witwe),  Haiko  de  Vries  et  cons.,  wegen  einer  aus  dem 
Jahre  1693  herriihrenden  Schuldforderung  von  1000  fl.  betreffen, 
aus  den  Jahren  1708,  1714,  1733  bis  1745,  1790.  Als  Diakonen 
der  Gemeinde  werden  in  der  Mitte  des  XVIII.  Jahrhunderts  ge- 
nannt:  Isaac  Baumann  (Bauman),  Simon  Foelderks,  Peter 
Aries  Rijsdijk,  als  Angehorige  der  Familie  de  Vries  die  beiden 
noch  heute  bestehenden  Familien  van  Hoorn1)  (eine  Tochter 
der  Grietje  Cras  war  Gattin  eines  Hayke  van  Hoorn)  und 
Visseringh  in  Leer. 

Herr  Prediger  N.  Bakker  in  Wyckel(Westfriesland)  fragt  an, 
ob  eine Emder Bibliothek  die  lateinischen Schriften  des  Johan- 
nes Acronius  (geb.  wahrscheinlich  zu  Grimersum,  besuchte 
die  lateinische  Schule  in  Emden,  1584—1601  Pfarrer  in  Eilsum, 
1601 — 17  Prediger  an  verschiedenen  Orten  Hollands,  1617 — 19 
Professor  in  Franeker)  besitze:  1)  Syntagma  theologiae,  Gron. 
1605.  —  2)  Elenchus  orthodoxus  pseudo-religionis  Romano-Ca- 
tholicae,  Devent.  1615.  —  3)  Probuleuma  theologicum  de  no- 
mine Elohim,  Gron.  1618.  —  4)  Probuleuma  de  studio  theologiae 


*)  Johan  Ysaac  Bauman  erbaute  mit  seiner  Gattin  Imke  Tobias 
van  Hoorn  1760  die  1900  abgebrochene  Oelmuhle  an  der  Hinter  Land- 
strasse  (nach  der  Inschrift  auf  einem  Steine,  den  Herr  M.  Schnedermann  jr., 
ein  Nachkomme  der  beiden  Eheleute,  der  Gesellschaft  geschenkt  hat). 


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recte  privatim  instituendo  et  concionibus  ecclesiasticis,  Fra- 
neker  1618.  In  der  Bibliothek  der  Grossen  Kirche  und  in 
unserer  Bibliothek  sind  diese  Schriften  nicht  vorhanden. 

Herr  van  Rensen  erw&hnt  nach  Akten  der  hies.  Menno- 
niten-Gemeinde  aus  dem  Ende  des  XVII.  und  dem  Anfang  des 
XVIII.  Jahrhunderts,  dass  „Hof  von  Holland"  und  „Budden- 
b  o  r  gu  (letzteres  ein  Haus  an  der  Schoonhovenstrasse,  jetzt  im 
Besitze  des  friiheren  Eisenhandlers  Janssen)  ehemals  Wirtshaus- 
Namen  waren:  der  „Hof  von  Holland",  von  dem  die  jetzige 
Strasse  gleichen  Namens  benannt  sein  muss,  ist  wahrscheinlich 
das  jetzt  dem  Lehrer  Harms  gehorige  Haus  an  der  Westseite 
der  Strasse  gewesen. 

Der  bei  Schiller -Ltibben  fehlende  Ausdruck  „Parde- 
wesche  Beiseu,  der  in  Beziehung  zu  milden  Gaben  der  Emder 
Schiffer  nach  grosseren  Seereisen  (wie  „Norsche",  BRigschea, 
„Groenlandschea,  „Franschea,  „Nanteschea,  ,,Ostersche",  auch 
„Indiaensche"  Reise)  in  Rechnungsbuchern  des  hiesigen  Gast- 
hauses  aus  dem  XVII.  Jahrhundert  ofter  vorkommt,  findet 
auch  in  der  Versammlung  keine  Erklarung. 

Herr  I.  de  Beer  jr.  stellt  2  Oel-Portrats  aus,  die  sich 
als  Bilder  des  Fiirsten  Karl  Edzard  und  seiner  Gemahlin 
erweisen. 

27.  Juni  1899.  Herr  Reichsarchivar  Dr.  J.  A.  Feith  in 
Groningen  tiberlasst  verschiedene  Ostfrisica,  die  ihm  auf  der 
Auktion  des  Antiquariats  von  W.  P.  van  Stockum  &  Sohn  zu 
Haag  im  Marz  d.  J.  zugefallen  waren. 

I.    4  gebundene  genealogische  Handschriften : 

1)  Das  Tagebuch  des  Administrators  Coop  van  Rehden 
vom  Jahre  1649—1675  mit  Geburts-  und  Todesnachrichten  aus 
seiner  Familie,  1737  aus  dem  Originale  abgeschrieben  von 
Onko  v.  Rheden;  —  ahnliche  Nachrichten  von  1700—1755 
eigenhandig  eingetragen  von  Onko  v.  Rheden;  —  Abschrift  des 
Liber  Genethliacus  ,  .  .  Familiae  von  Rehden,  verfasst  1676 
von  Alrich  von  Rehden,  fortgesetzt  von  diesem  bis  1691;  — 
endlich  eine  Menge  meist  genealogischer  Notizen  von  Onko 
v.  Rheden  (4°). 

2)  a.  „Genealogis-Historise  Beschrijving  van  die  na  Oost- 

vriesland  verspreide  van  Rehdense  Familie"  etc b.  „Genea- 

logische  und  Historische  Nachrichten  von  denen  von  Rehdens . . . 


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aufgesetzet  durch  ein  Mitglied  dieser  Familie"  mit  einem 
voraufgeschickten  Briefe  („Lieber  Vetter4'),  der  die  Aufzeich- 
nung  der  „Nachrichten"  damit  begrtindet,  dass  die  Familie 
von  Rehden  von  manchen  nicht  als  adlig  anerkannt  werde, 
nach  S.  15  No.  33  offenbar  von  Onko  v.  Rehden,  Erbherr  zu 
Bollinghausen  und  Heisfelde.  Die  teilweise  sehr  ausfiihrlichen 
Nachrichten  gehen  bis  1761,  bis  zum  Eindringen  der  Franzosen 
unter  Conflans  in  Ostfriesland  (Folio). 

Aus  No.  1  und  2,  wie  aus  den  folgenden  Stiicken,  geht 
hervor,  dass  die  von  Rehden  u.  a.  mit  den  Familien  Andr^e 
Freytag,  Groeneveld,  Hesse  in  Weener,  Homfeld, 
Losing,  de  Pottere,  Rosingh,  Suur,  Zernemann,  aber 
auch  mit  vielen  h611&ndischen  Familien  (van  Aytzema, 
v.  Idsinga  u.  a.)  verschwagert  waren. 

3)  einen  dicken  Band  in  4°,  der  die  Nachkommenschaft  der 
Tiada  von  Groothusen  (bis  etwa  auf  1761),  die  Genealogien  der 
Hauptlinge  von  Uiterstewehr,  Faldern,  01dersum,Uphusen,  Emden, 
Osterhusen,  der  Familien  Meckenaborg,  Jhering,  Brenneysen, 
Freytag,  Kettler,  van  Ewsum,  Wappenbeschreibungen  und  einen 
Brief  in  Konzept  betr.  geneal.  Untersuchungen  enthalt.  Als 
Quellen  werden  genannt:  v.  d.  Appelle,  v.  Wicht,  Jhering, 
Muller  in  Esens,  Ulrich  v.  Werdum,  Upgant,  v.  Wingene  in 
Groothusen,  Loringa,  ein  Manuskript  zu  Nienoord  in  Groninger- 
land. 

4)  einen  diinneren  Band  in  4° :  Die  Nachkommenschaft  von 
Gerbrand  von  Ayta,  darunter  auch  die  v.  Rehden,  Wiarda  usw. 

II.     Ein   Btindel  loser   Papiere,   ebenfalls   grosstenteils    auf 
die  Familie  v.  Rehden  beziiglich. 

1)  einen  Stammbaum  der  Familie,  von  derselben  Hand,  wie 
das  Meiste  in  den  vorher  genannten  Manuskripten,  also  auch 
von  Onko  v.  Rehden. 

2)  beglaubigte  Abschrift  des  Freiherrn  -  Diplomes  von 
Rudolf  Jacob  (=  Coop)  v.  Rehden,  des  Sohnes  von  Onko 
v.  Rehden,  vom  Jahre  1786. 

3)  Genealogien  und  Stammbaum  der  Familie  Wiarda  aus 
dem  XVIII.  Jahrhundert. 

4)  Die  Nachkommenschaft  von  Onko  v.  Rehden,  2  grosse 
Blatter  in  hollandischer  Sprache  mit  schonen  Wappen- 
zeichnungen  aus  dem  XIX.  Jahrhundert. 


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—    410    — 

5)  Genealogien  der  Familie  v.  Rehden  bis  zur  Mitte  des 
XVIII.  Jahrhundert  in  hollandischer  Sprache,  50  Seiten,  Hand- 
schrift  des  XIX.  Jahrhundert,  teilweise  wortlich  mit  I.  2)  uber- 
einstimmend. 

6)  Eine  Menge  loser  Zettel  mit  genealogischen  Auf- 
zeichnungen  in  hollandischer  Sprache  aus  dem  XIX.  Jahrh. 
Ein  beiliegender  Brief  ist  an  den  Genealogen  Baron  Lamoraal 
Ubbo  RengersvanNaerssen  zu  Groningen  gerichtet.  [Dass 
dieser  der  Verfasser  der  Aufzeichnungen  ist,  hat  spater  Herr 
Dr.  Corn.  Hofstede  de  Groot  aus  Haag,  dessen  Urgrossmutter 
Octavia  Cornelia  Susanna  van  Sw  in  der  en  eine  geborene 
v.  Rehden  aus  Leer  (Tochter  von  Onko  v.  Rehden)  war,  bei 
einem  Besuche  in  Emden  bestatigt]. 

7)  Titelblatt  und  Vorrede  der  „Mathematische  Rariteit- 
Kamer  .  .  .  door  Symon  Panser,  Stads  Mathem:  Leer- 
Meester  der  Wis,  Sterre  en  Zeevaart  Kunde  tot  Embden". 
Groningen  1747,  mit  Portrat  des  Symon  Panser,  „gesneden  door 
J.  Heze  Franse  Cantor  Embd:u. 

III.  Pergamentband  in  4°  mit  zahlreichen  Drucksachen  aus 
dem  Anfang  des  XVII.  Jahrhundert  betr.  den  Streit  des  Grafen 
von  Ostfriesland  mit  den  St  and  en  und  Emden  sowie  betr. 
die  gr&fliche  und  fiirstliche  Familie.  Eingeklebt  ist  vorne  ein 
Zettel  mit  dem  Namen:  J.  Baart  de  la  Faille,  Med.  Prof., 
Groningen.1) 

Nach  dem  Inhalt  der  Handschriften,  den  Einb&nden,  dem 
Format  und   nach   der  Schrift   ist  nicht   daran    zu    zweifeln, 
dass   sie   mit   dem   im   Frtihjahr    bei  W.  P.  van  Stockum  im 
Haag  angekauften  genealogischen  Manuskripte  (vgl.  Protok.  v. 
18.  April  1899)  und  den  unter  No.  119  unseres  Kataloges  ver- 
zeichneten  2  Banden  „De  genealogische  Tijdkorter"  zusammen- 
gehoren  und  dass  alles  aus  der  Familie  von  Rehden  in  Leer 
und  Bollinghausen,    wahrscheinlich   meist   von   dem  1717 
geborenen  und  1776  gestorbenen  Onko  v.  Rehden  stammt,  der 
das   genealogische   Interesse   seines   Oheims  Alrich  v.  Rehden, 
des  Verfassers  der  Liber  Genethliacus  vom  Jahre  1676,  geerbt 
haben    und    zu    weiterer    Ausdehnung    seiner    genealogischen 
Nachforschungen    durch    die    Angriffe    auf    den    Adel    seiner 


»)  Professor  1790—1823. 


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—    411    — 

Familie  veranlasst  sein  wird.  In  Band  I.  4)  liegt  ein  Zettel 
mit  folgenden  Worten  von  der  Schrift  der  meisten  einliegenden 
kleinen  Zettel  (Rengers  v.  Naerssen):  „gekocht  in  auctie 
Mohlmann  te  Emden,  Catalogus  no.  7478b- ,  waarschijnlijck 
door  een  lid  van  de  Oostfr.  familie  v.  Rehden  opgemaakt". 
Alle  v.  Rehdenschen  Manuskripte  sind  also  im  Besitz  von 
Mohlmann  gewesen,  dessen  grosse  Bibliotkek  im  Jahre  1865 
durch  Herrn  W.  Haynel  versteigert  worden  ist.  In  der  That 
steht  in  dem  gedruckten  Katalog  der  MShlmannschen 
Bibliothek  das  oben  unter  I.  1)  angefuhrte  Manuskript  unter 
No.  7467  (brachte  nach  einer  handschriftlichen  Notiz  in  unserm 
Exemplar  des  Katalogs  18  Groschen),  I.  2)  unter  No.  7472,  1. 4) 
unter  No.  7478b ;  der  schon  friiher  in  unserer  Bibliothek  gewesene 
„Genealogische  Tijdkorter"  unter  No.  7484-5  (Preis  20  Groschen), 
der  wertvolle  reich  illustrierte  Liber  Genethliacus  . .  .  Majorum 
Familiae  v.  Rehden  (No.  143  unserer  Handschriften),  der  auf 
der  Mohlmannschen  Auktion  fiir  10  Groschen  (!)  verkauft 
wurde,  unter  No.  7540.  Der  Katalog  der  Mohlmannschen 
Bibliothek  fiihrt  noch  eine  Menge  anderer  geneal.  Manuskripte 
aus  der  v.  Rehdenschen  Familie  auf  (z.  B.  No.  7473-77),  die 
leider  in  alle  4  Winde  verstreut  sind.1)  An  unsere  Gesellschaft 
sind  ausser  den  obengenannten  nur  noch  No.  138  und  140 
unserer  Sammlung  gelangt.  Es  ist  zu  bedauern,  dass  die  da- 
maligen  Mitglieder  nicht  achtsamer  gewesen  sind:  eine  ahn- 
liche  Sammlung  von  ostfriesischen  Druck-  und  Handschriften 
ist  wohl  niemals  in  offentlicher  Auktion  verkauft  worden. 
Bei  der  Bedeutung  der  ehemaligen  Mohlmannschen  Bibliothek, 
die  aus  8—9000  Nummern,  darunter  uber  500  Handschriften, 
bestand,  ware  schon  viel  gewonnen,  wenn  sich  wenigstens  fiir 
die  wertvolleren  Stiicke  die  Kaufer  noch  ausfindig  machen 
liessen.  In  den  Besitz  der  Firma  W.  P.  v.  Stockum  A  Sohn 
im  Haag  ist  die  grosse  Masse  der  im  M&rz  d.  J.  versteigerten 
Bucher  und  Handschriften  nach  Angabe  des  gedruckten  Kata- 
loges  aus  dem  Nachlass  des  Barons  L.  U.  Rengers  v.  Naerssen 
gekommen  ;  diesem  haben  jedenfalls  die  oben  unter  No.  I.  u.  II. 
1)  -  6)  angegebenen  Handschriften  gehort. 


!)  Einen  Band  besitzt  unser  Mitglied,  Herr  Weinhandler  St.  Rykena 
in  Norden. 


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—    412    — 

Fraulein  Piepersberg  in  Emden  schenkt  das  Bruchstiick 
eines  handschriftlichen  Gedichtes  in  hollandischer 
Sprache  aus  dem  Anfang  des  XIX.  Jahrhunderts :  „Uittreksel 
uit  mijne  lotgevallen".  Wie  aus  dem  Inhalte  hervorgeht,  ist 
der  ungenannte  Verfasser  aus  Holland  (aus  Anlass  der  Streitig- 
keiten  zwischen  der  Oranje-  und  Patrioten  -  Partei  ?)  nach 
Emden  gefltichtet  und  hier  sehr  freundlich  aufgenommen 
worden;  genannt  werden  u.  a.  die  Emder  Familien  Bauer- 
mann,  van  Kammenga,  van  Geesten,  ter  Garsten, 
de  Leeuw,  van  Olst,  Waalkes,  Ryken,  van  Borssum, 
Westermann,  Rosingh,  Wilkens  (mit  dieser  Familie  ist 
die  bisherige  Besitzerin  verwandt)  und  der  Prediger  Pante- 
koek.  Wegen  ihrer  Kunstfertigkeit  in  „Borduren,  Knipwerk, 
Tekenkunde"  auf  „Paneel"  und  Papier  und  auch  als  Dichterin 
wird  die  Witwe  des  Ratsherrn  Stoschius  (?es  scheint  da- 
zustehen  „Stortius")  *)  geriihmt.  Nach  3jahrigem  Aufenthalte 
zwingt  den  Verfasser  der  Stillstand  der  Schiffahrt  in  Emden 
(die  Beschlagnahme  der  Emder  Schiffe  durch  die  Englander 
im  Jahre  1806?)  Emden  wieder  zu  verlassen. 

4.  Juli  1899.  Auch  in  den  Beitr&gen  zur  Geschichte  der 
Stadt  Rostock  (II  Heft  4)  erwahnt  ein  Aufsatz  von  Krause 
iiber  Rostocks  Kriegswesen  die  Festungsbaumeister  Joh. 
van  Rijswijk  und  Joh.  van  Valkenburg,  der  letztere  ist  auch 
aus  der  Geschichte  der  Neubefestigung  von  Emden  im  Anfang 
des  XVII.  Jahrhunderts  bekannt  (vgl.  3.  Januar  u.  7.  Marz  1899). 
Die  niederl&ndische  Befestigungskunst  gait  seit  der  Verteidigung 
von  Leiden  und  seit  Moritz  von  Oranien,  aus  dessen  Schule 
J.  v.  Rijswijk  und  J.  v.  Valkenburg  hervorgegangen  sind,  als 
Muster  fur  die  (ibrigen  Lander. 

Aus  einer  auch  sonst  nicht  uninteressanten,  wenn  auch  ge- 
wiss  liickenhaften  Zusammenstellung  der  noch  erhaltenen  Jahres- 

»)  Johann  Adolph  Stoschius  war  Ratsherr  1770 (?)  bis  1798.  Von 
seiner  Gattin  besitzt  die  Bibliothek  der  Grossen  Kirche  eine  kleine 
Sammlung  von  religiosen  Dichtungen :  „De  groote  verborgenheid  der  god- 
zaligheid  in  zes  zangen  naar  1.  Tim.  3:  16,  door  wijlen  mejuffrouyr 
Stoschius  geb.  Kruger;  te  Groningen  bij  J.  H.  Bolt  1836".  In  der  Vorrede 
des  Herausgebers,  ihres  Bruders  Kruger  in  Emden,  heisst  sie:  „Henrika 
Kruger,  in  leven  echtgenoote  van  wijlen  den  Heer  A.  Stoschius,  Raads- 
heer  te  dezer  stede",  als  ihr  Geburts-  und  Todestag  werden  dort  der 
1.  Januar  1761  und  der  6.  Dez.  1809  angegeben,  auch  erwahnt  der  Bruder, 
dass  sie  „door  veel  druk  en  kruis  beproeft"  gewesen  sei. 


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—    413    — 

zahlen  an  Emder  Bauwerken  des  XVI.  und  XVII.  Jahrhunderts 
geht  hervor,  dass  die  Bauth&tigkeit  in  Emden  ganz 
besonders  lebhaft  in  den  Jahren  1580 — 1590  war. 

[Eine  Jahreszahl  fehlt  oder  ist  verschwunden  an  den  aus  dem 
XV.  und  XVI.  Jahrhundert  stammenden  Hausern :  Gr.  Deichstrasse  8  (Ost- 
seite,  gotisch),  25  (Westseite,  gotisch),  Grosse  Strasse  5  (sog.  Altes 
Rathaus,  gotisch,  nach  der  Grossen  Strasse  hin  mit  liberstehendem  oberen 
Stockwerke  und  Holzgiebel),  Alter  Markt  3  (Wienholtz),  14  (Hillers),  Am 
Delft   24   (Albers),    Neuthorstrasse   (Ost)    17—19   („Valkhof"?)«),    Grosse 


0  Nach  der  Osterstrasse  hin  sind  iiber  dem  Thor  die  Wappen  der 

Familien  van  derMarck  (rechts)und  Valck  (links)  angebracht.    Gerhard 

van  der  Marck   und    seine   Gattin  Fia  Valck,   die   Tochter    des   Johann 

Valck  zu  Glimme  bei  Groningen,  miissen  das  Haus  vor  1695  besessen 

haben;   beide  liegen  in  der  Grossen  Kirche  am  Westende  des  sudlichen 

Langsganges  (bei  der  Orgel)  begraben;  G.  v.  d.  M.   starb  nach  der  Grab- 

schrift,  50  Jahre  alt,  Pfingsten  1595,  F.  V.   schon  im  Jahre  1590.    Ihre 

Erben,    die   Kinder   ihres   Vetters  Tammo  Valck   zu  Marienwehr,  der 

vielleicht    ein   Sohn    des    in    Marienwehr    begrabenen    Emder    „Amts- 

verwaltere"  (1571)  und  spateren  Greetsieler  Drosten  Occo  Valck   war 

(fl584,  vgl.  Jahrb.  XI,  1895,  S.  43,  242,  350,  393,  475,  477,  478),   verkaufen 

1697   den  Valkhof  fur  15600  Gulden  an   den  Emder   Ratsherrn  Reiner 

Nitters  (Mitteilung  des  Jhr.  Edzard  K.  G.  Falck  in  's  Gravenhage  in 

Vorsterman  van  Oyens  Alg.  nederl.  familieblad  1901  S.  229;    ein  Kirchen- 

altester  und  Vorsteher  des  Gasthauses  in  den  Jahren  1696—1609  Reiner 

Nitters,  nicht  ein  Ratsherr  d.  N.,  ist  uns  aus  unserer  „0ffizianten-Liste8, 

Ms.  18,  bekannt).   —   1616   und   1520   heisst  der  damals  moglicherweise 

noch  unbebaute  Platz  (Garten)  nach  dem  Larrelter  Pastor,  Leerer  Propst 

und  Ratgeber  Graf  Edzards  I   flMester  Dirk  Valken  hof;  Edzard 

Valck,  wahrscheinlich   sein  Neffe,    dem  Kaiser  Karl  V.  zu  Brussel  am 

20.  September  1521  ein  Wappen  verlieh  (nach  Jhr.  Edzard  Falck   war  er 

Oberstallmeister  Karls  V.)   erscheint  um  1530  und  1540  als  Besitzer  des 

Valkhofs;  er  hat  dem  Hause  wohl  die  bis  heute  in  kummerlichen,   aber 

malerischen  Resten  erhaltene  Gestalt  gegeben.    1548  gehort  der  Valkhof 

seinem  Sonne  Johann  Valck,   dem  Gatten  der  Emder  Burgermeisters- 

tochter  und  Hauptlingstochter  von  Groothusen,  Euler  Meckena,  der  auch 

in  Hatshusen,  Ayenwolde  und  im  Groningerlande  zu   Glimme  begiitert 

war;  Fia  Valck  war  seine  Tochter  oder  seine  Enkelin.     1558  heisst  es 

plotzlich :   „In  der  straeten  achter  Joh.  v.  Oldersum  (=  Kl.  Osterstrasse) 

an    der  fraw  van  Diepholtz  hof,  wandage  die  Valckhof  geheten" 

(Kontr.-Protok.  1558  vom  28.  Jan.  S.  154):  Anna  van  Diepholt,   Tochter 

des  BGrgermeisters  Hompe  Hayena   und   Gattin   des  Otto  van  Diepholt 

(8.  o.  S.  202  u.  294),  war  vielleicht  nur  Mieterin  oder  besass  nur  einen 

Teil  des  Hauses ;  denn,  wie  erw&hnt,   1697   war   es   wieder  Erbgut  der 

Familie  Valck.    Auf  den  altesten  Stadtpl&nen  ist  der  „  Valkhof"  mit  einem 

Turme  abgebildet  (vgl.  oben  S.  370). 


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—    414    — 

Faldernstrasse  (Sttd)  21  (Janssen),  Gr.  Deichstrasse  (West)  19  (Steffler), 
Alter  Markt  (Ost)  1  (Y.  Brons),  Dalerstrasse  2  und  9  (mit  hebraischer  In- 
schrift)t  Gr.  Deichstrasse  (Ost)  3  (,Bruine  Hart8,  aus  dem  Anfang  des 
XVII.  Jahrhundert8?)  und  andere.  Die  alteste  erhaltene  Jahreszahl  ist 
1488  an  dem  Hause  Burgstrasse  (Nord)  22,  renoviert  1672,  vgl.  o.  S.  292  — 
1540  Judenstrasse  (Nord)  38  („Dit  is  dat  erste  nie  gebou  vp  Falderen  en 
is  geschet  1540",  vgl.  Ostfr.  Monatsbl.  1875,  S.  510)  —  1540  Kl.  Deichstr. 
(West)  10  (des  Leerorter  Drosten  Jurgen  van  Hoen  Haus,  vgl.  Jahrb.  XIII, 
1899,  S.  244  und  oben  S.  334)  —  1541  Lilienstrasse  (West,  Ecke  der  Look- 
fenne)  9  (van  Jindelt,  erbaut  von  Hicco  v.  Dornum  d.  j  ?)  —  1543  Alter 
Markt  (Ost)  4  (Ruhmekorb,  vgl.  Jahrb.  XEI,  262,  264)  —  1552  die  Klunder- 
burg  —  1556  Gr.  Faldernstrasse  (Nord)  25  (ter  Vehn,  die  Zahl  ist  mit 
einer  Hausmarke  und  den  Buchstaben  E.  I.  auf  einem  Giebelsteine  im 
Innern  des  Hauses  angebracht)  —  1558  Gr.  Faldernstr.  (Nord)  26  (Tile- 
mann)  —  1558  Gr.  Deichstrasse  (Ost)  1  (de  Ruyter)  —  1559  Gr.  Deichsfr. 
(West)  20  (Stomberg)  —  1559  Am  Delft  6  (Zum  goldenen  Turm,  die  In- 
schrift  ist  jetzt  unter  dem  Cementanwurf  verborgen)  —  1559  Kl.  Deichstr. 
(Ost)  8  (Ecke  Schulstrasse,  erbaut  von  TSnnis  Pricker)  —  1559  Boltenthor- 
strasse  (Sud)  40  (Ecke  der  Bismarkstr.,  das  Haus  „de  gouden  ploeg*)  — 
1561  Neuthorstr.  (West)  33  und  34  (M.J.  Miiller  u.  Stein,  erbaut  von  Albert  van 
Pewsum,  s.  u.  S.  416)  —  1566  Westerbutfenne  17  („Dit  is  in  Goedens", 
vgl.  o.  S.  378)  —  1568  Kl.  Faldernstr.  (West)  22  (Gasthaus  zum  Goldenen 
Adler,  neben  der  Jahreszahl  eine  Hausmarke  u.  die  Buchstaben  L  K.  s.  u  zu 
1572)  —  1568  Stein  mit  denWappen  der  Familien  Meyerhoff  und  Conradi 
Krudener,  fruher  am  Ausgang  der  Boltenthorstr.  (Nordseite)  nach  dem 
Walle  hin,  jetzt  in  der  „Kunsta  —  1569  Strohstrasse  9  (sStads-HalleB  am 
Faldernthor)  —  1570  Kl.  Briickstr.  8,  Ecke  der  Hofstr.  (die  untere  Halfte 
des  Steines  mit  der  Jahreszahl  ist  jetzt  verdeckt;  sie  war  Harkenroht 
noch  bekannt,  s.  Oostfries  Historis  Kronykje  z.  J.  1570:  ,1570  is  de  Hof- 
straat  te  Emden  eerstelyk  met  Huisen  bebouwt  /  zulx  blykt  uit  de 
z  ar  k  8 1  e  e  n  uit  de  zijd  van't  eerste  Huijs".  Die  Worte :  „Dit  is  dat  eerste 
ghebow*  sind  noch  jetzt  zu  sehen.)  — 1572  Neuthorstr.  (Ost)  26  (Mustert, 
fruher  Eisenhandler  Wessel  Brons;  neben  der  Jahreszahl  dieselbe  Haus- 
marke und  dieselben  Buchstaben  I,  K.,  wie  auf  dem  Steine  vom  , Goldenen 
Adler",  Kl.  Faldernstr.  22');  der  Stein  ist  von  der  Hofseite  des  Hauses 
Neuthorstr.  26,  wo  er  angebracht  war,  fortgenommen  und  an  der  Hinter- 
seite  des  neuen  Hauses  von  Y.  Brons  zwischen  beiden  Bleichen  wieder 
eingemauert  worden)  —  1572  Neuthorstr.  (West)  40  (Reints)  —  1572 
Lilienstr.  (Ost)  7  —  1574—6  Rathaus  —  1578  Neuthorstr.  (West)  29  (ter 
Vehn,  dem  Rathause  gegenuber)  —  1579  Am  Delft  28  (Brons,  der  Stein 
liegt  jetzt  auf  dem  Boden  des  Hauses ;  ausser  der  Jahreszahl  tragt  er  ein 


*)  Ausserdom  sind  an!  ihm  die  3  Stadion  dor  Mtinzbereitung :  das  Schmelzen  des  MeUlls, 
das  Waken  and  das  Pragen  dargestollt ;  der  Erbaner  des  Hauses,  das  der  Stein  nrsprinffie* 
schmuckte,  war  also  gewiss  wie  dor  des  Hauses  Kleine  Faldernstrasse  22  Munzmeiater.  Als  sokfeer 
wird  1568—1568  im  Dienste  des  Graf  en  zu  Emden,  Dietrich  Idor  genannt  Kruytkremer,  ein  Ver» 


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—    415    — 

Wappen:  Sstrahligen  Stern  und  Herz  zwischen  2  Flugeln)*)  —  1579  Gr. 
Briick8tra88e  (Sud)  38  (,Dornumer  Hausa,  Abegg)  —  1581  Judenstr.  (Sud) 
13  —  1581  Kl.  Deichstrasse  (Oat)  1  („Hinderik  v.  Ruletf)  —  1582  Pelzer- 
strasse  (SQd)  14  —  1583  Kl.  Osterstrasse  (Slid)  7  („Ider  se  vp  sick  sul- 
uen",  Meinardi)  —  1583  Das  alte  Zollhaus  am  Eingang  des  Ratsdelfts 
neben  der  ,Langen  Briicke",  jetzt  abgebrochen,  vgl.  Ostfr.  Monatsbl.  1873, 
S.  606)  —  1584  Apfelmarkt  (Ost)  1  (Bronger,  Ecke  des  Bollwerks)  —  1584 
Giebelstein  unbekannter  Herkunft  in  der  ^Kunst",  mit  den  Buchstaben 
I.  R.,  V.  L.,  H.  T.)  —  1584  Alter  Markt  (West)  8  (jetzt  in  die  ,Delfthalle8 
hineinverbaut,  der  Stein  ist  in  der  „Kunsta)  —  1585  Norderthorstrasse 
(West)  12  (Ecke  Schoonhovenstr.,  mit  den  Buchstaben  F.  R.)  —  1586 
(Schuhmachergilde-Haus  auf  der  wSchu8terinselK)  Pottgiesserstr.  13  (Stein  in 
der  ,Kunsta)  — 1587  Spiegelstr.  (West)  10  —  1588  Zwischen  beiden  Markten 
(West)  12  (Backer  Thein,  mit  den  Buchstaben  D.  I.  =  Dirk  Joosten?)  — 1588 
Judenstrasse  (Sud)  14  (Webergilde-Haus)  —  1588  Pottebackerstrasse  (Nord) 
25  (Packhaus  Antwerpen,  ostlich  davon  das  Hohenlohesche  Wappen)  — 
1590  Pelzerstrasse  (Nord)  56  („Dit  is  int  Kreweel")  —  1590  Pelzerstrasse 
(Sud)  5  (mit  den  Buchstaben  E.  C,  „Dit  is  in  den  blawe  Engel")  — 
1590  (?)  Oldersumer  Strasse  (Sud)  20  —  1591  Sackstrasse  6  (mit  Dar- 
stellung  eines  Schweines  und  den  Buchstaben  CM.  —  1591  Grosse 
Deichstrasse  (West)  15  —  1593  Kirchstrasse  (West)  20  —  1596  Wester- 
butfenne  (West)  21  (Stein  mit  den  Buchstaben  E.  P.  in  der  „KunstB)  — 
1596  Kl.  Osterstr.  (Siid)  17  —  1601  Grosse  Strasse  (Sud)  12t  (die  alte 
„Rentei*  der  „Kunsta  gegenuber)  —  1605  Muhlenstr.  (Nord)  53  (1685 
Kirchhaus  der  Lutherischen  Gemeinde,  Stein  in  der  „Kunsta)  —  1608 
Thor  des  Gasthauses  nach  der  Kl.  Faldernstr.  hin  —  1609  Neuer  Markt 
(Nord)  9  (Gasthaus  zum  LQwen,  mit  den  Wappen  der  Familien  Conradi 
Krudener  und  Kumpenie)  —  1612  Norderstr.  (Ost)  9  —  1614  Am  Delft  1 
(Bremer  Schlussel)  —  1615  Gr.  Faldernstr.  (Sud)  2  (Schellstede,  friiher 
van  Ameren)  —  16**(?)  Spiegelstr.  (West)  15  und  16  (BDanse  Fiagge8, 
mit  den  Wappen  der  Familien  de  Pottere  und  Stipel)  —  1617  Norderstr. 
(Ost)  4  und  5  —  1617  (?)  Gr.  Faldernstr.  (Slid)  19  (Schroder)  —  1621  Thor 
der  Gasthauskirche  nach  der  Kl.  Bruckstr.  hin  —  1622  Gr.  Briickstr. 
(Nord)  84  —  1623  Gr. Bruckstr.  (Sud)  54  („NeuesFleischhausa,  „Kornvorrata) 
—  1625  Am  Burggraben  (Ost)  12  (mit  den  Buchstaben  F.  G.  (?)  —  1630  (?) 
Neuer  Markt  (Sud)  10  —  1631  Westerbutfenne  4  (During)  —  1632  Kl. 
Osterstr.  (Sud)  5  (Ecke  Wallstr.,  mit  den  Buchstaben  K.  D.)  —  1632  Gr. 


wandter  der  Emder  MQnzmeister-Familie  Nykamer,  erwtthnt  (vgl.  Sauer,  Jahrb.  Ill,  1,  1878,  S.  54 
und  66),  der  vorher  Miinzmeister  in  Jever  war  and  1568  infolge  eines  Prozesses  seine  Stellang 
verloren  zn  haben  scheint  Dass  er  aber  auch  sp&ter  noch  in  Emdon  prftgte,  zeigt  ein  Erinnerongs- 
thaler  von  ihm  aus  dem  Jahre  1571,  der  in  der  „Revue  beige  de  nnmismatiquo,<  1892  beschrieben 
worden  ist  (vgl.  u.  z.  31.  Oktober  1899).    Sollte  I.  K.  =  Ider  Krnytkremer  sein  ? 

*)  Das  Wappen  erinnert  an  das  des  1624  gest  Emder  Rat&herrn  Garloff  Tiaden  anf 
seinem  Grabstein  in  der  Siidwestecke  des  Traachors  der  Orosson  Kirche  (von  Garleff  Tiaden  ist  nach 
einer  Eintragung  dem  Rathaose  die  alteste  Beninga-Handschrift  gestiftet  worden).  Ganz  dasselbe 
Wappen  findet  sich  aber  anf  einem  fast  verwischten  Grabstein e  im  Mittelgange  der  Grossen  Kirche 
und  anf  einer  Sftnle,  deren  Herkunft  leider  nnbekannt  ist,  in  nnserer  Sammlung. 


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—    416    — 

Faldernstr.  (Nord)  40,  Ecke  Hofstr.  („Wappen  von  Oldenburg*,  sZoete 
Inval")  — 1635  Das  alte  Hafenthor  ( jetzt  in  der  „Kunst")  —  1637  Oldersumer 
Str.  (Sud)  19  —  1643  Strohstr.  11  und  12  —  1648  Neue  Kirche  -  1648 
Haus  Ecke  Rosentief  (Oat)  15  und  Hinter  dem  Deiche  —  1649  Alter 
Markt  (West)  11  —  1655  Schlichte  (Ost)  10  (auf  dem  Dachgiebel  der 
„01iphant"  der  Tabakfirma  Payne)  — 1658  Strohstr.  (West)  13  —  1668  (?) 
Judenstr.  (Sud)  23  —  1677  Gruner  Weg  2  (Gartnerei,  mit  dem  Payneschen 
und  dem  Heilemannschen(?)  Wappen  —  1677  Burgstr.  (Nord)  24,  EckeHolz- 
sagerstr.  (Zwitzers;  das  Haus  ist  aber  viel  alter,  und  die  Zahl  kann 
sich  nur  auf  einen  Umbau  beziehen)  —  1689  (?)  Bismarckstr.  (Nord)  18 
—  1692  Die  Wache  —  1693  Pottebackerstr.  (Nord)  13  —  1697  Olivensfr. 
(Sud)  2  (das  Haus  ist  alter)  ] 

1.  August  1899.  Aus  Akten  der  Grossen  Kirche  und  der 
Mennoniten-Gemeinde  hat  Herr  van  Rensen  Nachrichten  iiber 
das  Haus  „de  gouden  ploeg"  an  der  Ecke  der  Bismarck- 
strasse  (Sudseite)  und  Boltenthorstrasse  zusammen- 
gestellt;  es  tr&gt  die  Jahreszahl  1559,  eine  Hausmarke  /\ 
sowie  an  den  3  von  den  beiden  Strassen  aus  sichtbaren  H+ 
Dachecken  Doppelk6pfe.  1556  wurde  das  der  Grossen  Kirche  ge- 
hSrige  Grundsttick  zwischen  der  jetzigen  Bismarckstrasse  und 
dem  Neuen  Markt  an  der  Boltenthorstrasse  an  Gerd  Bolte  ver- 
kauft ;  er  wird  der  Erbauer  des  Hauses  und  die  Hausmarke  die 
seinige  sein.  1564  wird  als  Besitzer  Reint  Diuts,  der  sonst  auch 
wohl  R.  Diuts  von  Pewsum  heisst  (vgl.  Duitswarf  bei  Pewsum), 
1565  Hinrich  Holtsager,  sp&ter  Baumeister  Gosen  Reigers  genannt. 
Der  Name  „gouden  ploeg"  erscheint  1620.  In  der  zweiten  Halfte 
des  XVII.  Jahrh.  gehorte  das  Haus  dem  1665  (an  der  Pest?) 
gestorbenen  Sibrand  Peters.  Um  das  VermSgen  seiner  Tochter 
Meike  Sibrands  handelt  es  sich  in  den  Akten  der  Mennoniten- 
Gemeinde.  Um  diese  Zeit  wurde  das  Haus  auf  3500  fl. 
geschatzt. 

Die  Doppelkopfe  an  den  Dachecken  scheinen  eine 
beliebte  Verzierung  von  Emder  H&usern  um  1560  gewesen  zu 
sein ;  ganz  ahnliche  —  ein  bartiger  und  ein  unb&rtiger  Mannes- 
kopf  —  finden  sich  noch  an  dem  von  Kaufmann  M.  J.  Miiller  und 
von  Sattler  Stein  bewohnten  Doppelhause  an  der  Westseite 
der  Neuthorstrasse,  das  die  Jahreszahl  1561,  die  Buchstaben 
A.  v.  P.  (nach  den  Kontrakten-Protokollen  =  Albert  v.  P  e  w  s  u  m) 
und  die  bekannte  Inschrift  tragt:  „Ick  se,  ick  hore,  ick 
swige  vnde  vordrage,  alsus  weet  nemant  wat  ick  jage,  wente 
Godt  allene  is  de  man,  de  geven  un  falsche  nidertungen  wech 


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—    417     — 

nemen  kan".  Eine  ahnliche  Stelle  an  einem  Hause  muss  auch 
der  im  Mai  von  Herrn  J.  de  Beer  jr.  geschenkte  Doppelkopf, 
der  in  Larrelt  nach  dem  Brande  des  Praalschen  Hauses  im 
Schutt  gefunden  sein  soil,  eingenommen  haben.  DoppelkOpfe 
in  roher  Ausfuhrung  sind  auch  zu  sehen  am  Dache  eines  alten 
Hauses  an  der  Ostseite  der  Kirchstrasse. 

Ein    an    der    Neptunstrasse    ausgegrabener    Waif  is  ch- 

knochen  (Gelenkkugel  des  Kinnbackens)  wird  unserer  Samm- 

lung  geschenkt.    Friiher  waren  Walfischknochen,  wie  es  deren 

aus  der  Zeit  der  Borkumer  Gronlandsfahrten  noch  zu  Hunderten 

in  Borkum  giebt,  auch  in  der  Nahe  von  Emden  zu  sehen ;  einer, 

der  jetzt  als  Reibepfahl  fiir  das  Vieh  dient,  hat   sich  noch  in 

Wolthusen   auf  einer  Wiese   des   Landwirts   Ohling    erhalten. 

Aus  einem  Hause  am  Neuen  Markt,   dem  siidlichen  Teile 

des  ehemaligen  „6asthofs  zur  Sonne",   werden   drei   kunstvoll 

gearbeitete    eiserne   Hausanker   angekauft.    Aehnliche   sind 

noch   angebracht  z.  B.  an  dem  einstigen  Hause  des  Leerorter 

Drosten  Jurgen  v.  Hoen  v.  J.  1540  (Jahrb.  XIII,  S.  244),  am  Nord- 

heimerschen  Hause  am  Alten  Markt,  am  ehemaligen  Hause  des 

Biirgermeisters  Petrus  Medmann  an  der  Siidecke   der   Grossen 

Strasse    und    des    Burggrabens,    an    dem    wahrscheinlich    als 

„Valkhof  a)   anzusprechenden  Hause  an  der  Nordecke  der  Kl. 

Osterstrasse  und  der  Neuthorstrasse  und  an  einem  einstdckigen 

Hause  an   der  Westseite  der  Norderstrasse   in   der  Nahe   von 

J.  Graepel  jr.    Die  schonen  (jiingern)  Anker  an  der  Vorderseite 

des  Rathauses  sind  anders  stilisiert,  ebenso   die   vom  ,,bruine 

Hart*  in  der  Gr.  Deichstrasse  (heraldische  Lilien). 

8.  Aug.  1899.    Herr  v.  Rensen  macht  auf  einen  Irrtum  im 

XHI.  Band  des  Jahrbuches  betr.  den  Maler  Alexander  Sanders 

aufmerksam.    S.  175  wird  gesagt,  mit  dem  Gasthause  sei  die 

Fursorge  fiir  die  „hussitten"  Armen  vereinigt  gewesen.    In  der 

That  sind  aber  die   3  Kollegien  der  haussitzenden  Armen, 

der  Fremdlingsarmen  und   die  Vorsteher  des  Gasthauses 

streng  geschieden  gewesen.    Es  herrschte  sogar   eine   gewisse 

Eifersucht  unter  ihnen,  und   nur   fiir   die  jahrliche  Rechnungs- 

ablage  kamen  Vertreter  aller  3  Kollegien  zusammen,   um  Auf- 

sicht  liber  die  richtige  Verteilung  der  milden  Gaben   zu   iiben. 

Das  Geinalde,    die  Diakonen   der  haussitzenden  Armen,   kann 

~™~~      l)  V8L  o.  S.370  und  413.    . 

Jahrbuch  der  Gosellsch.  1.  b.  E.  a.  vaterl.  Altertttmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  27 


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—    418    — 

also  nicht  aus  dem  Gasthause  stammen,  es  wird  von  jeher  in 
der  Konsistorienstube    der   Grossen  Kirchen   gehangen  haben. 
Dr.  Aug.  Andrae  in  Hannover   (friiher  in   Weener)  uber- 
sendet  Abzlige    eines  Aufsatzes    von    ihm  im   „ Globus"  1899 
S.  384  ff. :    Hausinschriften    aus   Ostf riesland,  der, 
von  einigen   kleineren   Irrtiimern   abgesehen,   viel   Neues  und 
Interessantes,  besonders  aus  Emden,  bietet.    Die  Inschriften  hat 
der    Verfasser    grOsstenteils    selbst    gesammelt,    wenn  auch 
manches  schon  von  J.  F.   de  Vries  im  Ostfriesischen  Monats- 
blatte  I,    1873,   505  ff.    abgedruckt    war.      Aus   Anlass   dieses 
Geschenkeswerden  einige  in  unserer  handschriftlichen  Sammlung 
noch  fehlende  alte  Em  der  Hausernamen  besprochen.    Die 
am  20.  Juni  erwahnte  „Buddenborg"  in  der  Schoonhoven- 
strasse  hatte  friiher  ein  burgahnliches  Aussehen  und  stand  nach 
der  Alten  Reihe  hin  in  Verbindung  mit  dem  jetzigen  Hause  des 
Altertumerhandlers  van   Essen,   welches   das   Haus    „mit  de 
runde  Dor"  genannt  wurde.    Das   alterttimliche  Eckhaus  an 
der  Ecke  der   beiden  Strassen  mit  der  Jahreszahl  1585  hiess 
„de  witte  Duwe".     Wie  in  Norden,  so  hiess  auch  in  Emden 
(an  der  Neuen   Strasse)   eiif  Haus    „de  Splkerbor"   (Nagel- 
bohrer);    es    war   von    einem    Eisenhandler   bewohnt.     Nach 
einem  Herrn  v.  Rensen  gehorigen,  sein  elterliches  Haus  an  der 
Grossen  Briickstrasse   betreffenden    Kaufbrief  v.  J.  1761   trug 
das  Nachbarhaus  an  der  Ecke  der  Grossen  Briickstrasse  (No.  74) 
und   des   Hofes   von   Holland,   das   vor  einiger  Zeit  aus  dem 
Besitze     des     Herrn    A.   Jasper    in    den    des    Photographen 
Mohaupt  iibergangen  ist,  den  Namen:  „Wereld  vol  kruisen". 
„Rosinenkorba   war  das  Drostesche,  friiher  R.  Graepelsche 
Haus   an   der  Nordseite   des  Alten  Marktes  (No.  19,   mit  alter- 
tttmlichen  Hausankern),    „S t ad t  Norden"    das   Eckhaus  am 
Alten  Markte  und  an  der  Strasse  „Zwischen  beiden  MarkteiT, 
„Upstalsb6ma    das  Eckhaus  an  der  Sudseite   der  Grossen 
Strasse  und  am  Burggraben,  friiher  ein  Wirtshaus,  in  das  sicb 
auch   zu   gerichtlichen   Verhandlungen   die   Parteien   von   der 
nahen  Burg  zu  begeben  pflegten  (Amtbeschreibung  von  Emden 
1735),   urspriinglich   Petrus  Medmanns  Haus;    „Immenkorb4 
das  Haus  des  Backers  Lorentz   an   der   Ostseite   der  Neuthor- 
strasse    No.  17.     Eine    Hauptquelle    fiir    solche    Namen    sind 
ausser  der  miindlichen  Ueberlieferung  und  den  Urkunden  die 


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alten  Zeitungen.    Weitere  Namen,  die  Herr  Schnedermann  jr. 
gesammelt  hat,   sind  folgende:     „Missver stand",  ein  Haus 
an  der  Ecke  der  Beuljenstrasse  (Ostseite)  und  des  Bollwerkes, 
so  genannt  nach  einem  Bilde  von  Leuten,  die  2  Balken  ungeschickt 
und  deshalb  vergeblich  durch  die  Hausthtir  zu  schaffen  ver- 
suchen,  und  von  2  Sperlingen,  die  2  Halme  geschickter  hinein- 
bringen;  „Oranjeb6ma,  in  der  Nahe  der  Neuen  Kirche,  an  der 
Ecke  der  Huhnerverk&uferstrasse  (Sudseite)  und  der  Alten  Reihe ; 
„Morgenhahna   an   der  Ostseite  der  „Schlichtea;    „S 6 w en- 
steer  nea,  nach  einem  Bilde  mit  liegendem  Monde  und  7  Sternen 
darunter,    an    der  Ecke   der  Kl.   Bruckstrasse  (Sud)   und   der 
Strohstrasse  (J.  Th.  Barth);  „Karseb6ma  an  der  Schornstein- 
fegerstrasse;     „Windhunda     an    der    Sudseite    der    Grossen 
Strasse    Nr.  13  oder   16.     Diese    Namen    fehlen    teilweise    in 
zwei   vor  langeren  Jahren   angelegten  Verzeichnissen   unserer 
Gesellschaft. 

Herr  Pastor  Medenwald  berichtet  iiber  den  Besuch  des 

polnischen   Lasko-Forschers  Dr.  Theodor  Wierzbowski, 

Professors  an  der  Universitat  zu  Warschau  (Herausg.  der  Biblio- 

graphia  polonica  XV  ac  XVI  saec,  Varsoviae  1889—94),  der  in 

Emden  noch  unbenutzte  Quellen  fiir  J.  a  Lasko  zu  finden  hoffte. 

Frau  Rechtsanwalt  Kramer  hat  auf  unsere  Bitte  ein  dem 

MartinFaber  zugeschriebenes Oelgemalde,  das  die Schlacht 

zwischen  Occo   torn  Brok  und  Focko  Ukena   auf  den  Wilden 

Aeckern   bei   Upgant  darstellen   soil,   zugesandt.    Den  Hinter- 

grund  bildet  eine  brennende  Stadt  mit  mehreren  Tiirmen;  auf 

dem    Schlachtfeld  ragt  ein   einsamer  Kirchturm   hervor.    Der 

Gegenstand  des  Gemaldes  und  der  Maler  sind  aber,  trotzdem  in 

der  rechten  Ecke  „Martien  (sic)  Faber  fecit"  steht,  sehr  zweifel- 

haft.      Martin  Faber  zeichnete  sonst  seinen  Namen  ganz  anders. 

(Nach   mundlicher  Mitteilung  des  Herrn  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot 

ist  eine  Schlacht  zwischen  Niederlandern  undSpaniern  abgebildet.) 

15.   August  1899.    Auf  eine  Frage  nach  dem  Alter  des 

Namens   der   Apotheke    zum   Einhorn    erwidert   der    jetzige 

Besitzer,  Herr  Herrmann,  dass  der  Name  sehr  jung  sei.    Erst 

sein     Vorganger,    Kohl,    wahlte    ihn   in    Erinnerung    an   seine 

Wirkungszeit  in  der  Bremer  Apotheke  zum  Einhorn. 

22.  August  1899.    Das  20ste  Stuck  der  verslagen  en  me- 
iedeelingen  der  Vereeniging  tot  beoefening  van  Overijsselsch 

27* 


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—    420    — 

regt  en  geschiedenes  zu  Zwolle  (1899)  enthalt  Mitteilungen 
iiber  alte  Familien  von  Deventer  (ter  Borch,  van  Voorst  u.  a.), 
in  denen  auch  Emder  Familien  beriihrt  werden:  van  Roer- 
monde,  Stalpaert,  Harkenroht  (der  ostfriesische  Munz- 
meister  Joh.  v.  Roermonde  vermahlte  sich  nach  Emder  Trau- 
Protokollen  1617  mit  Jacques  Stalpaerts  Witwe;  ein  Daniel 
Stalpaert  war  nach  Jahrb.  XIII  S.  178  als  stadtischer  Architekt 
zu  Amsterdam  Amtsgenosse  des  1614  in  Emden  geborenen 
Malers  Simon  Bosboom.)  Herr  Kommerzienrat  Schnedennann 
weist  fur  die  Feststellung  der  Familienzusammengehorigkeit 
auf  die  Bedeutung  der  Vornamen  hin,  die  sich  vielfach  durch 
lange  Generationen  hindurch  erhalten.  So  konnte  die  Zu- 
gehorigkeit  einer  jetzt  in  Mtinchcn  wohnenden  Mediziner- 
Familie  von  Nor  den  zu  einer  alten  Emder  Familie  dieses 
Namens  u.  a.  auch  dadurch  festgestellt  worden,  dass  sich  in 
beiden  der  Vornamen  Uko  findet. 

Herr  M.  Schnedermann  jr.  schenkt  einen  kleinen  Band 
in  16°  mit  Pergamentumschlag :  Analysis  Logica  et  Rhetorica 
Libri  Quarti  Aeneidos  P.  Virgil ii . . .  de  miserabili .  .  .  Tragoedia 
ex  amore  Didonis  ac  Aeneae  . .  .  nata  ...  in  usum  atque  com- 
modum  scholasticae  juventutis  continuata  studio  et  opera 
Christiani  Friderici  Anhalt(ini),  Sch.  Emd.  Rectoris,  1656. 
Excusa  Emdae  Typis  Joachimi  Mennonis  (194  paginierte  und 
6  unpaginierte  Seiten).  Das  Buch  ist  ein  interessanter  Beitrag 
zur  Geschichte  des  Unterrichts  und  des  Emder  Gymnasiums 
im  XVII.  Jahrhundert1).    Der  Verfasser  Christian  Friderici  aus 


*)  Die  Thatigkeit  der  Emder  Lateinlehrer  fur  ihre  Schule  scheint 
nach  den  uns  bekannten  Schulbuchern  im  XVII.  Jahrhundert   ziemlich 
lebhaft   gewesen   zu  sein.     Von  Christian  Friderici   selbst  ruhren  noch 
her:   Praxis  oratoria,  1657,    und  Praxis   logica,    genetica    et   analytic*, 
Emdae    1669.       Sein    Sohn    Joh.    Christiani    schrieb     ein    -Com- 
pendium  historiae    de   monarches,    Emdae    1662*    (Reersh.  S.   758). 
Schon   vorher   erschienen   die   Rudimenta  Rhetoricae    de   Tropis  et 
Figuris,  Ex   libro  primo  Rhetoricae  Talaei  excerpta,  Jn  usum  Scholae 
Emdanae,  .  .  .    per    Johannem    Piscatorem,    Editio    Quarta,  .  .  - 
Emdae,   Typis  Helvici  Kallenbachi  eiusdem   Reipubl.   typographi  ordin- 
exscripta,    Anno  1652     (Kl.    8°.    Unser   unvollstandiges   Exemplar   hat 
54   Seiten);    —   ferner    Terentius    Enucleatus    Sive    Gnomologia    et 
Phraseologia   Latino  -  Germanica  Ex   P.  Terentii    Afri    Comoediis    Sex 
in  Usum   Scholae   Embdanae.     Embdae,   Sumptibus   Hermanni  Alrichs 


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—    421     — 

Anhalt  war  nach  Reershemius  S.  760  u.  757  1637—1654  Kon- 

rektor  und  von  da  an  Rektor  des  Gymnasiums  und  starb  1670. 

Als  Besitzer  hat  seinen  Namen  vorne  eingetragen  ein  Vorfahr 

des  Herrn  Schnedermann,  Jacques  dePottere  Anno  1656  (die 

5  ist   undeutlich);   von   ihm   stammen   die   sehr    sorgfaltigen 

lateinischen  hoch-  und  niederdeutschen  Erklarungen  und  Ueber- 

setzungen  auf  den  Blattern,  mit  denen  das  ganze  Buch  durch- 

schossen  ist.    Er  ist  wahrscheinlich  der  spatere  Emder  Biirger- 

meister  J.  de  P.,    der    nach   handschriftlichen  Nachrichten   in 

unserm   Ravinga- Exemplar    1692    sein    Amt   antrat    und    am 

15.  Januar  1710  starb;  ein  gedrucktes  Leichencarmen  auf  ihn 

vom  Jahre  1710  hat   sich  in   unserer  Bibliothek  vorgefunden. 

Herr  Dr. Klinkenborg   fragt  wegen  einer  Aktiengesell- 

schaft  fur  uberseeische  Unternehmungen  mit  20  Mill. 

Gulden  Kapital  an,  die  1720  in  Emden  geplant  wurde;  ein  Statut 

dieser  Gesellschaft  sei  am  3.  Oktober  1720  zu  Emden  by  de  Vrouw 

van  Callenbach   gedruckt   worden,   und  wegen  der  Griindung 

habe  Emden  mit  dem  Fursten  einen  Prozess  vor  dem  Reichs- 

hofrat  gefuhrt.     Die  Anfrage  wunscht  zu  wissen,   inwieweit 

ein  Elie  Geraud  aus   Bordeaux   daran  beteiligt  war.     Weder 

Ring,  Asiatische  Handlungskompagnien  Friedrichs  d.  Gr.,  noch 

Berger,  Ueberseeische  Handelsbestrebungen  .  .  .  unter  Friedrich 

dem  Grossen  (Leipzig  1899),  erwahnen   die    Kompagnie,    wohl 

aber   Wiarda  VII   107    ff.,   Klopp  II  507  f.    (die    Statuten   bei 

Funck,  Ost-Fries.  Chron.  VIII  287,   das   kaiserliche  Verbot  bei 

[Brenneysen]  U.  Emmii  Tractat  von  Ostfriesland,  Aurich  1732, 

S.  455).     In   seiner    „Kerkrede  over  Oostfrieslands  kersvloed" 

(Emden  1721)  erzahlt  J.  J.  Harkenroht  S.  315,  dass  wegen  des 


Oort  1664,  am  Schluss:  Einbdae  Excusa  typis  Davidis  Henrici  a  Borckum 
(16°,  390  S.  und  6  unbezeichnete  S.).  Die  Vorrede  ist  unterzeichnet : 
H.  W.  und  S.  E.  CR. ;  H.  W.  ist  Hermann  Wesselius,  Konrektor  in 
Emden  1654,  Rektor  1670—1678  (Reersh.  760  und  768).  Aeltere  Schul- 
bucher  sind  aus  Nor  den  bekannt:  Der  Rektor  Joh.  Oldewelt  gab  1613 
eine  Facula  ludi  Nordensis,  1617  eine  Grammatica  Latina  (Nathanis 
Chytraei  grammatica  latina.  Opera  M.  J.  Oldeweldt  Frisii,  scholae  Nord. 
rect.,  Emdae  1617),  sein  Nachfolger  Hibbeus  Magnus  eine  zu  Emden  bei 
Kallenbach  gedruckte  didiat-ig  lectionum  et  exercitiorum  in  schola 
Nordana  1620  habendarum  heraus  (Reersh.  S.  437  und  438;  Babucke, 
Gesch.  d.  Ulrichsschule  in  Norden,  erwahnt  nur  den  Stundenplan  des 
Hibbeus  Magnus,  S.  75  f.). 


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—    422    — 

schftnen  Emder  Hafens  „tegenwoordig  in  dit  jaar  1720  den 
21.  Oktober  de  Inteikening  is  geschiet  op  het  grote  Ruim 
van't  Stads  Huis  te  Emden  ter  Opregting  van  eene  zeekere 
Compagnie  van  Commerci  Navigatie  en  Asfurantie  etc.  binnen 
de  Stadt  Embden,  met  Consent  van  Heeren  Borgermeesteren 
en  Raad  der  selver  Steede  ,verleenende  aan  deeze  Compagnie 
een  Octroy  van  Viertig  jaaren,  met  uitsluitinge  van  alle  andere 
diergelyke  Compagnien;  daar  van  de  Conditien  ten  getal  van 
XXII  door  den  Druk  by  den  Ordinaris  Stad  en  Landschaps 
Boekdrukker  zyn  bekent  gemaakt  te  Emden  den  3.  October*. 
In  dem  von  Harkenroht  abgedruckten  Anfang  des  Octroy  wird 
u.  a.  gesagt,  dass  Biirgermeister  und  Rat  eingewilligt  hatten 
„considereerende  de  goede  situatie  hunner  Stad,  hoe  dat 
namentlyk  dezelve  door  de  nabyheid  der  Zee .  .  .  zeer  be- 
kwaam  is,  zynde  boven  dien  hunne  Haven  van  zodanigen  ge- 
stalte,  dat  zelfs  grote  Scheepen  tot  200  Lasten  toe,  fonder 
eenige  ligtinge  daar  konnen  inkomen"  etc.  Am  Schluss 
seines  Buches   S.  343   bittet   Harkenroht   Gott,   die   3  Stande 

Ostfrieslands  „met  Vreedzaame  gedagten"  zu  segnen adar 

by  wy  ook  den  Goddelyken  zeegen  verder  wenschen  over  den 
Nieuwen  geOctroyeerden  Commercie  en  Navigatie  Kompagny 
binnen  onze  Vaderstad  Emden,  ten  besten  van  den  Stad  en 
ons  gantsche  Land".  Obgleich  das  fur  Emden  in  der  Zeit 
seines  tiefsten  Verfalls  im  Jahre  1720  gewaltige  Aktienkapital 
von  20  Millionen  stutzig  machen  musste,  ist  es  doch  Funck 
und  Wiarda  sowohl  wie  Klopp  entgangen,  dass  die  Kompagnie 
nichts  anderes  als  eine  Schwindelbank  nach  Art  der  Lawschen 
Unternehmen  war  (John  Law  kam  in  Paris  gerade  1720  zu 
Fall),  die  wahrscheinlich  von  Holland  aus  angeregt  worden 
war.  Wir  besitzen  eine  Sammlung  von  hollandischen  Spott- 
blattern  mit  den  vorgedruckten  Statuten  von  etwa  30  ahn- 
lichen  Kompagnien  —  alle  aus  dem  Jahre  1720  —  3 van 
Commercie,  Navigatie,  Assurantie,  Scheepsbouw,  Manufacturer 
Beleninge"  etc.  in  Amsterdam,  Rotterdam,  's  Gravenhage, 
Utrecht,  Alcmaar,  Delft,  Dordrecht,  Edam,  Enkhuizen,  Gouda, 
Hasselt,  Harlingen,  Hoorn,  Kampen,  Monnikedam,  Middelburg, 
Schiedam,  Vlissingen,  Zwol  usw.,  deren  Fassung  fast  wortlich 
mit  der  in  Emden  ubereinstimmt  (Het  groote  tafereel  der 
dwaasheid,  vertoonende  de  opkomst,  voortgang  en  ondergang 


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—    423    — 

der  Actie,  Bubbel  en  Windnegotie,  in  Vrankryk,  Engeland  en 
de  Nederlanden,  gepleegt  in  den  Jaare  MDCCXX  ....  Gedrukt 
tot  waarschouwinge  .  . .  voor  veel  Zotte  en  Wyze  1720.) ;  vgl. 
van  Kampen,   Geschichte   der  Niederlande,   Hamburg  1833,  II 
S.  392.     Ein  Sammelband  unseres  Archives  (No.  37),   der  aus 
dem  Suurschen  Nachlasse  stammt,   enthalt  ausser  dem  oben- 
erwahnten  Prospekt  vom  3.  Oktober   1720,   dem   Verbot    der 
Kompagnie   durch    den   Fiirsten  vom   8.  Oktober,    der    gegen 
dieses    erlassenen    Bekanntmachung    des    Emder    Rates    vom 
24.  Oktober  2  unausgeftillte  Formulare  fur  Gesuche  um  Anteil- 
scheine  der  Gesellschaft,  einen  Anteilschein  fiir  Petrus  Suur, 
J.  Utr.  Dr.,   woonende  in  der  Borgstrate  tot  Embden,  lautend 
auf  10  Aktien  =  20000  fl.   vom   18.  Nov.,   unterschrieben   von 
Joh.  Hillingh,  Dr.,  Raadsheer,  und  J.  Laubegeois,  Rekenmeester 
(=  Stadtkammerer),  und  endlieh  ein  Register  von  Aktionaren, 
ebenfalls   vom   18.  November,    das   mit   seiner  tiberwiegenden 
Menge  von  Namen  portugiesischer  Israeliten  in  Amsterdam  den 
Schwindelcharakter  des  Instituts  durchaus  bestatigt:  ^Register 
der   Mans  Personen   die   Eligibel  fijn  tot  Directeurs  en  Hooft- 
participanten  Van  de  Compagnie  van  Commerci,  Navigatie  etc. 
binnen  de  Stadt  Embden,  Den  18.  Nov.  1720  gedruckt  t'  Embden 
by   de  Vrouw  van   Callenbach  Ordinaris  Stad  en  Landschaps 
Boekdrukkerske".    Em  den  selbst  ist  hier   mit  nur  4  Namen 
vertreten,  voran  Herr  Petrus  Suur  J:  U:  Dr:  (10  Actien),  Mons: 
Paul  Bourdeaux  (10  Aktien),    Mr:   Eliae  (!)  Geraud  (25),   Mess: 
Levi    et  Jonas   Goutsmit   (10);    Amsterdam    dagegen    mit 
184  Namen,   darunter  Sebastian  Guttieres  d'  Espinose,   Doctor 
Spinosa,  Jan  Pierre  La  Costa,  Jac.  de  Fonseka,  Pierre  Ferrieres, 
Jac.  Gomay  da  Costa,   Abrah.  Mendez  Mumazar,   Timha  Aben- 
hacar  Bondia,   Hayman  Hartog,   Gabriel  Kohan,    David  Gomes 
dasilva,    Benj.  Nunes    Garcia;    Rotterdam    mit    96    Namen, 
darunter  ein  Abrah.  Geraud;   Haag  mit  18  Namen,   worunter 
Abrah.,   Moses,   Isaac  und  David  de  Soura  bryto  (sic),   Ham- 
burg mit  4  Namen,  darunter  wieder  2  Angehorige  der  Familie 
Geraud,   Isaac   und   Jeanne  G.    Die   ubrigen   Aktien   sind   ge- 
zeichnet  in  Leipzig  (2),  Brugge  (3),  Leyden  (3),   London 
(5),   Enkhuizen(l),  Zwolle(l),  Delf shaven  (2),  Munnike- 
dam  (3).    Den  Inhalt   eines   auf  die   Kompagnie   beziiglichen 
Aktenbiindels    im   Geheimen    Staatsarchive    zu    Berlin 


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—    424    — 

giebt  Herr   Dr.   Klinkenborg,     der     unsere     Nachforschungen 
iiber  die  Kompagnie  angeregt  hat,   wie  folgt,    an:   die  Akten 
bestehen    1)  aus   einem   Promemoria    des    Reichshofrats   von 
Martensegg   betr.   die   Kompagnie   mit   6   Beilagen   (Kontrakt 
Emdens  mit  den  Kaufleuten,   die  in  Frage  kommenden  Privi- 
legien  der  Stadt,   die  Schreiben  des  Fiirsten  von  Ostfriesland), 
2)  Statut   der   Kompagnie,   3)  Gesuch   des   Elie  Geraud  urn 
Unterstiitzung  des  KSnigsvonPreussen,  4)  Reskript  des 
KSnigs  vom  26.  November  1720  an  seinen  Wiener  Residenten 
Canngiesser,  den  Prozess  der  Stadt  Emden  beim  Reichshofrat 
zu  untersttttzen  und  sich  deswegen  mit  Martensegg  sowie  mit 
dera  Emdischen  Agenten  von  Hanisch  in  Verbindung  zu  setzen. 

Herr  Pastor  Ltipkes  aus  Marienhafe  macht  Mitteilungen 
iiber  seine  die  unsrigen  fortfuhrenden  Bemiihungen,  die  ver- 
schleppten  Steinbilder  der  alten  Kirche  zu  Marienhafe 
wieder  aufzufinden  und  zu  sammeln.  Mit  Hilfe  der  von 
unserer  Gesellschaft  1845  herausgegebenen  Schrift  iiber  die 
Kirche  hat  er  die  Identitat  eines  im  Hause  des  Lehrers  Oster- 
mann  eingemauerten  Steinbildes  mit  Tafel  VII  2  der  Schrift 
festgestellt;  ein  Saulenkapital  im  Besitze  des  Lehrers  Oster- 
mann,  ein  Kopf,  ein  Lowe  und  ein  anderes  Saulenkapital  bei 
dem  Landwirt  Leerhof  in  Hakerei,  ein  Steinbild  am  Hause  des 
Zimmermeisters  Coordes  stehen  nicht  in  der  Schrift  verzeichnet 

Das  neue  Werk  des  Wiirzburger  Professors  Ernst  Mayer, 
Deutsche  und  franzosische  Verfassungsgeschichte  vom  9.  bis 
zum  14.  Jahrhundert  (I.  Bd.,  Leipzig  1899),  enthalt  eine  Menge 
von  bedeutenden  Ergebnissen  auch  fur  Friesland,  die  freilich 
an  dieser  Stelle  nicht  auf  Spezial-Untersuchungen  zu  beruhen 
scheinen.  Die  alte  Auffassung  von  der  thatsachlichen 
Unabhangigkeit  der  Friesen  kommt  nach  S.  471  ff.  der 
Wahrheit  viel  naher  als  die  v.  Richthofensche,  der  die  spatere 
Literatur  (bis  auf  Heck)  ausnahmslos  gefolgt  sei.  Es  hat  zwar 
kaiserliche  Grafen  in  Friesland  gegeben,  diese  hatten  aber 
samtlich  ihren  Sitz  ausserhalb  des  Landes  (Bernhard  von 
Sachsen,  die  Markgrafen  von  Meissen,  Graf  Heinrich  von 
Northeim  in  Westfriesland  etc. ;  spater  wird  gar  kein  Graf 
erwahnt).  Die  Grafschaft  der  Emsgo  ist  dem  Namen  nach  in 
den  H&nden  der  Grafen  von  Kalvelage-Ravensberg,  also  eines 
westfalischen  Geschlechtes,  seit  1252   in  denen  des  Bischofes 


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—    425    — 

von  Mttnster.    Am  n&chsten  dem  friesischen  Gebiete  herrschen 
die  Oldenburger  Grafen,   aber  Astringen,  Riistringen,  Norder- 
land  (soil  wohl  heissen  Wangerland)  sind  nur  theoretisch  ihr 
Gebiet.    An  effektiver  Gewalt  gebricht  es  den  Grafen:  Herzog 
Bernhard  von  Sachsen  wird  in  Friesland  beim  Einfordern  des 
verweigerten  Tributes   1056   ermordet,    ebenso    1103  Heinrich 
von  Northeim.    Die  Grafen  von  Holland  konnen  ihre  Herrschaft 
ostlich   von   der  Zuidersee  erst   gegen   Ende   des   Mittelalters 
durchfiihren.     Die    Friesen    der    Groninger    Ommelanden    be- 
zeichnen  sich  in  den  grossen  K&mpfen  um  Drente   im  Anfang 
des  13.  Jahrhunderts  als  vollkommen  unabhangig.    Die  Friesen 
des    Emslandes    unterstehen    theoretisch    der   Grafschaft    in 
Minister,  in  der  Bischofssiihne  1276  tritt  aber  keine  Spur  einer 
weltlichen  Gewalt  des  Bischofs  hervor,  und  ebensowenig  unter 
den  Grafen  von  Kalvelage-Ravensberg1).     Aehnlich  ist  es  bei 
den  Butjadingern  und   Rustringem;   diese  letztern  treten  im 
Anfang  des  13.  Jahrhunderts  als  eine  vollkommen  unabhangige 
Macht  auf,   die  das  dem  Grafen  von  Oldenburg  unterworfene 
Stedingerland  ihrer  Herrschaft  zu   unterwerfen   suchen.    Alles 
zusammengefasst,    so   ist    in    Friesland  die    Gewalt   der   aus- 
wartigen  Grafen  grade  in  der  alteren  Zeit  sehr  beschrankt:  es 
handelt  sich  wesentlich  um  Tributzahlung  und  Anteil   an   den 
Strafen.    Dazu  sind   allerdings  Schultheissen   eingesetzt,    aber 
diese   gehoren  zur   einheimischen  Aristokratie,    und  wenn   sie 
auch   in   den   ersten  Jahrhunderten   nach   der  karolingischen 
Unterwerfung   abhangig   sind,    spater   ist  jede   Spur    der  Ab- 
hangigkeit  verwischt ;  die  Schultheissen  holen  den  K6nigsbann- 
anteil  und  die  huslaga  fur  sich  selber  ein,  sind  allodiale  Haupt- 
linge  geworden.     In  alien  Nachrichten  erscheinen   ferner   die 
Friesen  als  selbstandig  handelnde  Volkerschaften,   uberall  wo 
sie    auftreten,    ist    nicht   von   dem  Fiihrer,    sondern   von   der 
handelnden  Volkerschaft,  „den  Friesen*,  die  Rede.    Die  Schult- 
heissen   stehen    unter    der    allgemeinen   Bundesversammlung, 
welche  die  hohe  Gerichtsbarkeit  ausubt.     Die  Rechtsprechung 
ist  also  noch  Rechtsprechung  des  Volkes,  und  es  besteht  nur 
ein  Anteil  des  Grafen  an  den  Gerichtsfallen.    Aehnlich  ist  es 
aber  mit  der  thatsachlichen  Unabhangigkeit  des  Volkes  auch 


•)  [Doch  wohl  bis  auf  die  Miinzgerechtigkeit.] 


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—    426    — 

in  Drente,  im  Stedingerland,  in  Ditmarschen.  Die  Upstals- 
b6m-Versammlungen  halt  Mayer  fiir  alter,  als  v.  Richthofen 
meint.  So  wenig  man  direkt  beweisen  kann,  dass  sie  uralt, 
ebensowenig  l&sst  sich  erweisen,  dass  sie  zuerst  im  XII.  Jahr- 
hundert  entstanden.  Schon  Emo  nennt  sie  de  more 
vetustissmo.  Wahrscheinlich  sind  sie  schon  urspriinglich  eine 
Versammlung  fiir  mehrere  Gaue. 

Der  Verleger  des  Werkes:  Das  Bauemhaus  im  Herzog- 
tum  Schleswig  und  das  Leben  des  schleswigschen  Bauem- 
standes  im  16.,  17.,  18.  Jahrhundert,  von  R.  Meiborg,  deutsche 
Ausgabe  besorgt  von  Richard  Haupt  (Schleswig  1896),  uber- 
sendet  ausfuhrliche  Auszuge  und  Besprechungen,  nach  denen 
die  Untersuchungen  auch  fiir  Ostfriesland  reiche  Anregung  zu 
bieten  scheinen. 

29.  August  1899.  Aus  Gr.-Midlum  wird  ein  dort  auf  dem 
Kirchhof  gefundener  Metallring  (Fingerring?)  angekauft,  der 
nach  seiner  Beschaffenheit  ein  Exemplar  der  „gestrengen- 
den  Ringe"  (Jahrb.  X,  2,  S.  78)  zu  sein  scheint.  [Einen  ganz 
ahnlichen  bei  Norden  gefundenen  Ring  von  Gold  hat  Herr 
Rykena  in  Norden  erworben.] 

5.  September  1899.  Herr  Starcke  in  Melle  teilt  einen  an 
ihn  gerichteten  Brief  des  Dr.  Abr.  Bredius  im  Haag  uber  die 
„Buitenmoedersa  und  den  Maler  Alexander  Sanders  mit 
(vgl.  Jahrb.  XIII.,  S.  174  f.).  „Wie  gut  muss  das  merkwtirdige 
Regentinnenstiick  des  Al.  Sanders  sein!a  lauten  die  Worte  des 
Herrn  Br.,  der  nur  die  unvollkommene  Nachbildung  in  unserm 
Jahrbuch  kennt.  Nach  Bredius  lebte  und  arbeitete  am  1650 
in  Amsterdam  ein  Maler  Hercules  Sanders,  von  dem  ihm 
nur  2  Bilder  bekannt  sind :  1)  vollbezeichnet,  Hercules  Sanders 
fc.  1651,  darstellend  einen  Vater  mit  Frau  oder  Schwagerin  und 
3  Kindern,  eine  Familiengruppe  a  la  de  Keyser,  bei  Herrn  Fehdmer 
in  Antwerpen,  der  das  Bild  als  einen  de  Keyser  fur  20000  fr. 
anbot.  2)  ein  in  Bredius  Katalog  beschriebenes  Portrait  im 
Rijksmuseum  zu  Amsterdam.  Vielleicht  ist  Hercules  Sanders 
ein  Verwandter  des  Alexander  Sanders. 

In  der  „Denkmalpflegea  I  S.  92  schreibt  E.  Otto,  bis  vor 
Kurzem  Kgl.  Bauinspektor  in  Leer,  uber  die  bekannte  Older- 
sumer  Inschrift  v.  J.  1580:  de  waerheit  is  to  hemmel 
ghetogen  etc.,  die  er  nach  ihrem  Verschwinden  aus  Oldersum 


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—    427     — 

1898  zu  Loga  bei  Leer  an  dem  neuen  Hause  eines  pensio- 
nierten  Bahnmeisters,  die  Jahreszahl  ttber  der  HaustMr,  das 
Uebrige  in  die  Scheunenwand  eingelassen,  wieder  aufgefunden. 
Herr  Dr.  Borchling  bemerkt  dazu,  dass  der  Spruch  als  Haus- 
inschrift  weitverbreitet  sei,  und  stellt  nahere  Angaben 
in  Aussicht. 

12.  September  1899.  Die  Angabe  des  jetzt  in  unserer 
Sammlung  verwahrten  Balk  ens  aus  dem  hies.  Gasthause, 
bei  Harkenroht  zu  Beninga  S.  858  und  darnach  bei  Wiarda 
(V,  332)  und  Klopp  (II,  428,  629),  dass  die  Pest  zu  Emden  im 
Jahre  1665  5518  Menschen  hingerafft  habe1)  (richtiger,  dass 
so  viel  Sarge  in  dem  einen  Jahre  durch  das  Gasthaus  her- 
gestellt  worden  seien?),  war  von  einem  Mitgliede  in  Zweifel  ge- 
stellt  worden.  Da  ist  eine  bisher  unbenutzte  gleichzeitige 
Nachricht  in  einer  bis  1666  reichenden  handschriftlichen 
Chronik,  die  wahrscheinlich  von  einem  Angehorigen  des  Emder 
Magistrates  zusammengestellt  worden  ist  (Ms.  18  unserer  Biblio- 
thek),  von  Interesse;  nach  dieser  hat  die  Zahl  der  Toten  allein 
vom  25.  Juni  bis  31.  Dezember  1665,  ungerechnet  die  Schiffs- 
zimmerleute  und  die  Juden,  auf  die  sich  das  Privilegium  des 
Gasthauses,  alle  Totenkisten  ftir  Emden  herzustellen2),  nicht 
erstreckte,  5211  betragen.  Die  Stelle  lautet:  „Anno  1665  is 
oock  tot  Embden,  Norden,  Lier,  in  de  Grete  ende  ander 
Plaetsen  meer  in  Oostfriesslandt  soo  een  Sware  besmetlycke 
Pestilentfe  sickte  geweest  als    by    Menschen    gedencken   niet 


0  Ebenso  das  Tri folium  (Folium  3:  „represent6rende  d'  order 
und  vervolg  der  Borgemeistere  und  syndicen  tot  Embden  mit  ter  syden 
gedenckwaerdige  Geschiedenisfen"  ...  bis  1683,  Bl.  13):  ,1665  van  den 
1.  Januarij,  tot  den  letzten  decembris,  inclus:  sint  tot  Emden  an  de  Pest 
gesturven,  6518  menschen,  olden  und  jungen,  daronder  3  Pastores,  Dr. 
Ritzius,  Swart,  Lampe.  Deswegen  binnen  Emden  vole  Huesen  un- 
bewohnet  und  ledig  staen"  (also  noch  1683 !).  Die  gleiche  Zahl  6518  be- 
weist  deutlich,  dass  auch  Dr.  Timon  Rudolphis  Quelle  der  Gasthausbalken 
war,  dass  also  mit  diesem  das  Trifolium,  Harkenroht,  Wiarda,  Klopp  nur 
ein  und  dieselbe  Ueberlieferung  darstellen. 

»)  Die  erste  Spur  dieses  erst  in  der  Mitte  der  70er  Jahre  des  XlXten 
Jahrhunderts  aufgehobenen  Privilegs  findet  sich  im  Diarium  der  Stadt 
(Protokolle  der  Magistratsbeschlusse)  vom  27.  Februar  1623,  vergl.  Herm. 
Meier,  „Das  Gasthaus  und  das  Privilegium  der  Sargemacherei",  Ostfr. 
Monatsbl.  I,  1873,  S.  480  f. 


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—    428    — 

erhoort  is.    Doen  het  op   het   hoochste   is   geweest,  sijn  tot 
Embden   529  dooden  in   een  weeke   geweest,   te  weeten  den 
3.  Septembr.  Ende  van   den   25.  Junij   tot   den   31.  December 
zyn  daer  in  alles  5211  geweest,  ende  daer  noch  en  bouen  die 
scheeps  Timmerluden  zoo   haer   eygen   kisten  maeken,  gelick- 
fals  oock  de  Joden.     Oock  staet  hier  by  to  gedencken,  datter 
verscheiden   gemeene   luyden  zijn  geweest,   soe  2  k  3  dooden 
in  een  kiste  gedaen  hebben,  ja,   my  is  bekent  van  2,  die  7  in 
een   kiste   gedaen   hebben.     Dat   is   bouen't   getal"1)-  — Eine 
Zahl  von  mehr  als  5000  Sargen  lasst  sich  aber  auch  aus  den 
Einnahmebuchern   des  Gasthauses   nachrechnen,  welche  leider 
nur  die  Einnahme   aus   dem  Verkauf  der   Sarge,   nicht  deren 
Zahl  selbst  angegeben.    Da  die  Zahl  der  Sarge  erst   seit  1666 
bekannt  ist,  so  kommen  fur  die  Berechnung  des  Verhaltnisses 
der   jiihrlichen    Einnahme    zu    der   Zahl    der   Sarge    die  Auf- 
zeichnungen  der  Gasthaus-Bucher  nur  fur  diese  Zeit  nach  1665 
in  Betracht.     1666  hatte   das   Gasthaus   aus   den  Sargen  eine 
Einnahme  von  4371  fl.,   auf  dem  Balken  sind  fur   dieses  Jahr 
936  Sarge  angegeben;  1667:  3720  fl.  770  Sarge;   1668:  2984  fl. 
678  Sarge;  1669:  2935  fl.  725  Sarge;  1670:  2668  fl.  642  Sarge; 
1671:    2357  fl.    558   Sarge;    1672:    2433   fl.   573   Sarge;    1673: 
3022  fl.  615  Sarge.     Die    Einnahme   steht    also   zur   Zahl  der 
Sarge  annahernd  im  Verhaltnis  von  4  zu  1  (genauer  41/.,  zu  1). 
Um  daher  fur  1665  aus  der  Einnahme  des  Gasthauses  die  Zahl 
der  Sarge,   die   es  geliefert,   mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  zu 
bestimmen,   ist   die   Geldsumme   des  Jahres  1665   durch  4  zu 
teilen.    Diese   betrug   nun   aber   fur    1665  21628  fl.    10  stuber 
5  schaap.    Das  wiirde  5470  Sarge  ergeben  (bei  dem  Verhaltnis 
von  4V2  zu  1:  4806  Sarge).     Dabei   muss   aber   in   Rucksicht 
gezogen  werden,   dass   in   der  Pestzeit  die  Kontrole  des  Sarg- 
privilegiums  durch  das  Gasthaus  gewiss   nicht   so   scharf  ge- 
handhabt  werden  konnte,  dass  ferner  nicht  alle  ein  ordnungs- 
massiges  Begrabnis  erhielten,  und  endlich,  dass  ein  Sarg,  wie 
die   erwahnte   Chronik  ja   ausdriicklich   berichtet,   haufig  fur 
mehrere  Leichen  benutzt  wurde.    Die  Zahl  der  Opfer  ist  also 


»)  Aehnlich  eine  kleine  gedruckte  Kalender-Chronik  v.  J.  1685  zum 
J.  1665:  Van  den  halven  July  tot  den  halven  December  is  so  groten 
starffte  in  Oostfriefsland  gewest,  dat  tho  Embden  syn  gesturven  5000 
min8chen. 


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—    429    — 

mit  5518  keineswegs  zu  hoch  angegeben;  sie  ist  wahr- 
scheinlich  noch  viel  grosser  gewesen.  Der  Preis  eines  Sarges 
geht  aus  dem  Einnahme-Buch  nicht  hervor :  nur  bei  den  S&rgen 
der  husfitten  Armen  ist  einigemal  angegeben,  dass  fur  einen 
Erwachsenen  24  stuber,  fur  ein  Kind  12  stiiber  berechnet 
wurden;  der  Durchschnittspreis  war  nattirlich  viel  hoher; 
im  Jahre  1617  kostete  nach  einem  Protokolle  des  Gasthauses 
ein  Sarg  („husholta,  „dodenkistea)  4  fl.  Dass  die  Seuche,  wie 
unsere  Chronik  meldet,  in  der  zweiten  H&lfte  des  Jahres  am 
schlimmsten  wiitete,  wird  durch  die  Einnahmen  des  Gasthauses 
in  dieser  Zeit  bestatigt:  von  Januar  bis  Marz  wurden  1051  fl., 
von  April  bis  Juni  984  fl.,  dagegen  von  Juli  bis  September 
12410  fl.,  von  Oktober  bis  Dezember  6356  fl.  eingenommen. 
Ueber  die  damalige  Einwohnerzahl  der  Stadt  fehlt  leider 
alle  Kunde;  Nachforschungen  uber  die  Bewegung  der  Be- 
volkerung  in  Emden  im  XVI.  und  XVII.  Jahrhundert,  die  sich 
im  Archive  des  Rathauses  ohne  Zweifel  mit  Erfolg  anstellen 
liessen,  waren  dringend  zu  wiinschen. 

Aus  unserer  Urkundensammlung  werden  einige  Urkunden 
vorgelegt:  Der  Ehevertrag  E.Beningasu.  Gela  v.  Borssums 
vom  Jahre  1632,  eine  Abschrift  von  E.  Beningas  Testament 
vom  2.  Dezember  1561  und  ein  den  Grafen  Georg  Friedrich 
von  Hohenlohe-Langenburg  betr.  Dokument  vom  Jahre  1622. 
Die  von  dem  Landrichter  Hermann  Pricker  und  dem  Dr.  jur.  Reiners 
1562  auf  Befehl  der  Grafin  Anna  beglaubigte  Abschrift  des 
Beningaschen  Testamentes  ist  fur  seine  legitimierten 
Sohne  Garrelt  und  Snelger  Beninga  angefertigt  worden. 
Testamentsvollstrecker  war  u.  a.  U  n  c  o  (!)  M  a  n  n  i  n  g  a ,  der  also 
Beninga  befreundet  gewesen  sein  muss,  was  bemerkenswert 
ist,  da  auch  Manninga  das  geschichtliche  Interesse  seines 
Freundes  besessen  hat,  wie  die  Trachtenbilder  und  die  Haus- 
chronik  von  Liitzburg  beweisen.  Auch  Beninga  (in  seiner 
Chronik  und  in  seinem  Briefe  an  den  Pastor  Melchers)  legte 
Gewicht  auf  die  Erhaltung  der  alten  friesischen  Tracht  und 
des  Schmuckes,  und  sein  Einfluss  ist  gewiss  auch  in  den 
dahingehenden  Bestimmungen  der  Polizeiordnung  der  Grafin 
Anna  vom  Jahre  1545  zu  erkennen.  —  Die  Urkunde  v.  26.  Aug. 
1622  quittiert  dem  Obersten  Grafen  G.  F.  v.  Hohenlohe- 
Langenborch   die  Zahlung  von  550  Gulden  ftir  ein  kleines 


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—    430    — 

Haus  („kamera),  das  in  der  jetzigen  Rosenstrasse  gelegen  zu 
haben  scheint,  hinter  dem  Hause  des  Grafen  v.  Hohenlohe  in 
der  Burgstrasse,  das  noch  jetzt  an  der  Hofseite  des  sud- 
ostlichen  Fliigels  das  Hohenlohesche  Wappen  tr&gt  und  gegen- 
wartig  im  Besitze  des  Pastors  Herm.  Alb.  Hesse  ist.  Die  Ur- 
kunde  wurde  in  einem  Schranke  vorgefunden,  der  dem  Burger- 
meister  Kettler,  dem  ehemaligen  Eigentiimer  des  Hesseschen 
Hauses,  dann  dem  Dr.  med.  Lange,  dem  friiheren  Vorsitzenden 
unserer  Gesellschaft,  und  spater  dem  Tischler  Stomberg  gehorte. 
Dieser  hat  uns  die  Urkunde  vor  etwa  20  Jahren  iibergeben. 
Sie  ist  eine  Best&tigung  der  Ueberlieferung,  dass  im  XVH.  Jahr- 
hundert  ein  Graf  Hohenlohe  in  der  Emder  Altstadt  gewohnt 
habe,  und  die  genaue  Angabe  des  Namens  ermoglicht  zugleich 
die  n&here  Bestimmung  der  Personlichkeit :  Graf  Georg  Friedrich 
v.  Hohenlohe  hielt  sich  als  einer  der  Fiihrer  der  bohmischen  Er- 
hebung  d.  J.  1618—1620,  vom  Kaiser  geachtet,  in  Emden  auf1). 


>)  Das  Rathaus-Archiv  (Registr.  I  Fasz.  730.)  bewahrt  unter  Urkunden 
von  1631—1658,  die  sein  Haus  betreffen,  auch  einen  von  ihm  an  den 
Magistrat  gerichteten  Brief  vom  9  April  1631  aus  Weikersheimb  (an  der 
Tauber  bei  Mergentheim  in  Wurttemberg),  in  welchem  er  bittet,  semen 
Bevollmachtigten  bei  Nachforschungen  wegen  des  Emder  Hauses,  das  er 
von  dem  Freiherrn  Friedrich  von  Schwarzenberg  und  Hohenlands- 
berg,  Herrn  zu  Oldersum  und  Oisterweda,  gekauft  habe,  zu  unter- 
8tiitzen.  Der  Brief  beginnt  mit  den  Worten:  „Ehrnueste  Wohlweisse 
Sonnders  Liebe  Herrn  vnd  guete  Freundt,  Wann  es  Ihnen,  der  gannzen 
Biirgerschaft  vnd  Stadt,  nach  Belieben  ergehet,  Gonn  Jchs  Jhnen,  vnd 
hore  es  gar  gerne,  erinnere  mich  der  Zeit  meines  zue  Embden  Anwefsens, 
vnd  mir  daselbst  erwiefsener  Guetthaten.  Bin  defswegen  noch  immer- 
dar  dem  Herren  dankbar"  usw.  Einen  Dienst  hatte  die  Stadt  schon 
seinem  Oheim,  dem  unten  genannten  Philipp  von  Hohenlohe- 
Langenburg,  erweisen  kfinnen,  dem  sie  vom  15.  Okt.  1600  bis  zum 
1.  Mai  1601  sein  Silberzeug  aufbewahrte.  Das  erwahnte  Wappen  hat  im 
1.  und  4  seiner  4  Felder  2  Leoparden  mit  hangendem,  zwischen  die 
Hinterbeine  gezogenem  Schwanze,  im  2.  und  3.  einen  Ldwen  mit  er- 
hobenem  Schwanze  Qber  8  (4t  4)  Rauten,  die  Tiere  auf  der  rechten  Seite 
schauen  nach  links,  die  auf  der  linken  nach  rechts,  darunter :  Anno  1623, 
daruber :  Fortuna  bulla ;  auf  einem  zweiten  hoher  angebrachten  Steine 
steht  die  Inschrift:  Georg  Friederich  Grave  von  Hohenloe  vn.  Her  zu 
Langenbvrg  avch  der  Herschaften  Jvngen  Bvntzell,  Cosmanos  vn.  Grvlich 
Obrister  vn  Ritter.  Beide  Steine  haben  sich  fruher  vielleicht  uber  der 
Hausthur  an  der  Burgstrasse  befunden,  wo  jetzt  2  Wappen  mit  Barok- 
Dekoration  (wie  das  Innere  des  Hauses)  eingemauert  sind,  von  denen  das 


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—    431     — 

Er  ist  einer  der  anziehenderen  und  bedeutenderen,  wenn  auch 
weniger  bekannten  Gestalten  des  dreissigjahrigen  Krieges.  Sein 
Vater  Wolfgang  war  alterer  Bruder  des  tapfern,  aber  wenig 
glucklichen  Feldherrn  Wilhelms  von  Oranien,  Philipp  v.  Hohen- 
lohe-Langenburg.  Als  22jahriger  Jungling  zog  G.  F.,  nach  dem 
Vorbild  seines  Oheims  die  kriegerische  Laufbahn  wahlend, 
1591  mit  24  Pferden  Heinrich  dem  Vierten  von  Frankreich  zu 
und  kampfte  fur  ihn  gegen  die  Ligue,  hielt  sich  dann  u.  a.  in 
den  Niederlanden  auf,  zog  1595  als  Oberst  an  der  Spitze  von 
1000  Reitern  gegen  die  Tiirken,  1599  gegen  die  spanischen 
Freibeuter  unter  Mendoza  in  Westfalen  und  erhielt  1612  von 
seinem  dankbaren  Kaiser  Matthias  den  Ritterschlag  und  andere 
Auszeichnungen.  Durch  seine  Vermahlung  mit  einer  Tochter 
aus  dem  Hause  Waldstein,  Eva  v.  W.,  wurde  er  1618  in  die 
bohmischen  Wirren  hineingezogen.  Als  Mitglied  der  bohmischen 
Stande  und  als  eifriger  Protestant  liess  er  sich  iiberreden  eine 


Manneswappen  den  Ripperdaschen  Reiter  [die  Rechte  aber  mit  einem 
Pfeile,  die  Linke  mit  einem  Fullhorn  (?),  Helmzier:  5  Pfeile]  darzustellen 
scheint,  wahrend  das  Frauenwappen  einen  linksgewandten  Vogel,  der 
auf  einem  korbartigen  Gegenstande  stent,  zeigt.  Die  Jahreszahl  des 
Hohenloheschen  Wappens  deutet  wahrscheinlich  einen  im  Jahre  1623 
erfolgten  Um-  oder  Neubau  an,  fur  welchen  der  Graf  1622  das  fruher 
dem  Lubbert  Hugen  und  zuletzt  dessen  Enkeln,  dem  Biirgermeister  Rudolf 
Kamholt  und  dem  Ratsherr  Melchior  van  Eyck,  gehorige  Hinterhaus  an 
der  Rosenstrasse  angekauft  hatte.  Der  einzige  Ripper  da,  bei  dem  sich 
bis  jetzt  ein  etwaiger  Zusammenhang  mit  dem  Hohenloheschen  Hause  in 
Emden  hat  verfolgen  lassen,  war  Eggerik  Adrian  Ripperda,  der  erste 
Gatte  der  Occa  Sibilla  Nagel  v.  Plettenberg,  der  Erbin  von  Oldersum,  die 
in  zweiter  Ehe,  nachdem  Eggerik  Ripperda  in  Westfalen  ertrunken  war, 
1618  dem  verschwenderischen  und  gewissenlosen  obengenannten  Freiherrn 
Friedrich  von  Schwarzenberg  (1582—1640,  niederl.  Rittmeister,  begraben  in 
der  Martinikirche  zu  Groningen,  vgl.  Wapenheraut  1901,  S  215)  ihre 
Reichtumer  zubrachte;  es  ist  derselbe,  der  nach  dem  Tode  seiner  Ge- 
mahlin  1631  die  Herrlichkeit  Oldersum  an  die  Stadt  Emden  verkaufte. 
Hatte  Eggerik  Ripperda  das  Haus  einmal  besessen,  so  miisste  dies  vor 
dem  Graf  en  Hohenlohe  gewesen  sein,  das  Ripperdasche  Wappen  wurde 
dann  schon  ursprtaglich  seinen  jetzigen  Platz  iiber  der  Hausthiir  inne- 
gehabt  und  das  Hohenlohesche  Wappen  ebenfalls  seine  urspriingliche 
S telle  bewahrt  haben.  Aber  das  Manneswappen  ist  wegen  der  Pfeile  und 
des  Fullhorns  (?)  als  Ripperdasches  Wappen  nicht  sicher,  und  das 
Frauenwappen  entspricht  nicht  den  Beschreibungen  des  Plettenbergischen 
Wappens,  z.  B.  bei  Holtmanns,  Ostfr.  Monatsblatt  IX,  1881,  S.  8.   —  Fur 


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—    432     — 

Art  Kriegsminister  in  Prag  zu  spielen  und  zugleich  neben 
Graf  Thurn  und  Ernst  von  Mansfeld  im  Felde  zu  komman- 
dieren.  Auch  als  der  junge  Pfalzgraf  Friedrich  zum  Konig 
gewahlt  wurde,  trennte  sich  G.  F.  v.  H.,  obgleich  er  die  Wahl 
als  verfehlt  erkannte,  nicht  von  der  bShmischen  Sache  und 
musste  als  Oberbefehlshaber  neben  Furst  Christian  von  Anhalt 
1620  in  der  Schlacht  am  Weissen  Berge  ihren  Untergang 
erleben.  In  der  Not  verliess  er  den  Konig  nicht,  sondern 
iibernahm  den  schweren  Auftrag,  Kurfurst  Johann  Georg 
von  Sachsen  durch  das  Anerbieten  der  Herrschaft  liber 
alle  L&nder  der  bohmischen  Krone  zur  Rettung  seines  Herrn 
zu  bewegen.  Zuriickgewiesen  eilte  er  diesem  nach  Wolfen- 
biittel  nach,  nahm  wahrscheinlich  hier  am  20.  Januar  1621 
Abschied  von  ihm  und  fiihrte  darauf,  am  22.  Januar  1621  mit 
dem  Kurfiirsten  in  die  Acht  erklart,  ein  unst&tes  Wanderleben 
in  Norddeutschland  und  den   Niederlanden ;   langere   Zeit  fand 


die  weitere  Geschichte  des  Hauses  ist  ein  Schriftstuck  von  Bedeutrmg, 
dessen  Kenntnis  wir  der  Giite  der  jetzigen  Besitzerin  der  Osterburg  in 
Groothusen  und  des  v.  Wingeneschen  Familienarchivs  verdanken:  am 
24. Marz  /  3.  April  1G90  erteilte  Heinrich  Graf  Hohenloe  und  Gleichen, 
Herr  zu  Langenburch  und  Kranichfeld,  seinem  Agenten  und  „Practicou 
Martin  Beeckmann  im  Haag  Vollmacht,  das  damals  vom  General-Rent- 
meister  Conring  bewohnte,  „sonsten  Oldersumsche  Haus  ge- 
nannte"  Haus  an  der  Burgstrasse  zu  verkaufen.  Da  sich  diese  Urkunde 
unter  den  Papieren  der  Nachkommen  des  ostfriesischen  Landrentmeisters 
Warner  Conring,  der  Familie  v.  Wingene  -  Kempe,  befindet  und  das 
Hohenlohesche  Haus  spater  als  Eigentum  der  Familie  v.  Wingene 
erscheint,  so  ist  dieses  vielleicht  schon  1690  in  die  Hande  der  Conring- 
v.  Wingene  ubergegangen.  Nach  Kaufbriefen  und  Papieren,  die  Herr 
Pastor  Hesse  freundlichst  mitteiltet  war  das  geraumige  Haus  mit  seinem 
stillent  schonen  Garten  1742  im  Besitze  der  Erben  des  Eberhard  van 
Wingene,  Sekretars  der  ostfriesischen  Stande  (f  1741,  sein  Vater  war 
Paul  van  Wingene,  Burgermeister  von  Emden  1705-1716,  vgl.  Holtmanns 
Jahrb.  Vn,  1,  S.  160—167;  ein  v.  Wingene  war  schon  Prokurator  des 
Freiherrn  v.  Schwarzenberg  fur  das  Haus),  dessen  Sohn  Alrich  v.  Wingene 
auf  Wichusen  (t  1782)  es  1781  mit  einem  Angebaude  fur  6500  Gulden 
noil,  an  Wiardus  Hommes  verkaufte.  1761  hatte  bei  der  Familie  van 
Wingene  in  dem  Hause  der  Marquis  de  Con  flans  sein  Quartier.  1783 
ging  es  fiir  den  alten  Preis  von  5500  Gulden  iiber  an  den  Burgermeister 
Hieron.  Ibeling  van  San  ten  (f  1803?)  und  Frau,  geb.  Benoit;  1800  wurde 
es  nebst  2  Angebauden  auf  29000  Gulden  noil,  taxiert.  Darnach  kaufte 
es  der   spatere    Senator  Conr.  Herm.  Metger,    worauf  1837   der  Stadt- 


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—    433    — 

er  in  Magdeburg,  Bremen,  Em  den,  Delft  eine  Zuflucht.     1631 

trat  6.  F.  in  die  Dienste  Gustav  Adolfs,   der  ihm   schwierige 

Vertrauensposten  ubertrug.     Nach  Gustav  Adolfs  Tod  gab   er 

seine  Stellung  bei  den  Schweden  auf  und  musste,   seiner  Be- 

sitzungen  beraubt,  noch  einmal  in  die  Fremde  wandern.    Erst 

1639,  als  70jahriger  Greis,  kehrte  er  in  die  frankische  Heimat 

zuriick  und   starb  in  Langenburg   am   7.  Juli  1645  (nach   der 

Allg.  Deutschen  Biographie).    Der  Kauf  eines  eigenen   Hauses 

in  Emden  beweist  deutlich,   dass  H.  in  Emden  anfslnglich  auf 

einen  dauernden  Aufenthalt   rechnete.     Mit    ihm    zusammen, 

und  vermutlich  nicht  ohne  sein  Zuthun,   weilte  seit   1622   bis 

zu  seinem  bald  erfolgten   Tode   im   Jahre  1624   sein   Leidens- 

gefahrte  aus  Bohmen,  KGnig  Friedrichs  ehemaliger  Hofprediger, 

Abraham  Scultetus,  als  Seelsorger  der  Emder  reformierten 

Gemeinde  in  Emden1). 

Bei  der  Revision  unserer  Handschriften  hat  sich  ein  um- 
fangreiches  handschriftliches  Verzeichnis  der  Manuskripte 
des  1792  gestorbenen  Geheimrats  M.  W.  von  dem  Appelle  von 
163    enggeschriebenen    Seiten    in   4°    vorgefunden,    aus    dem 


syndikus  (spater  Burgermeister,  zuletzt  Oberamtsrichter)  Stephan  Rudolf 

Emilius   Beninga-Kettler  fiir  7000  holl.  Gulden  Besitzer  der  3  Hauser 

Comp.  IV,  No.  24,  28,  29,  jetzt  No.  14,  15,  16,  wurde.    Der  jetzige  Eigen- 

tumer  erwarb  sie  1879  fiir  15000  Mk.  von  dem  Schwiegersohne  des  Ober- 

amtsrichters  Beninga-Kettler,  dem  Obergerichtsanwalt  Vissering  in  Aurich. 

—   In    der   ersten  Halfte   des    16.  Jahrhunderts   muss   nach    einer  Ver- 

mutung  des  Herrn  P.  van  Rensen,   die  sich   auf  die  Emder  Kontrakten- 

Protokolle    im    Staatsarchive    zu   Aurich    griindet,    in    der   Nahe    das 

Haus    des  bekannten  Junkers  Ulrich  van  Dornum  (vgl.  oben  S.  221) 

gelegen  haben:  i.  J.  1530  verkaufen  die  Kirchvo'gte  der  Kirchspielskirche 

zu  Emden  unter  Zustimmung  des  Poppo  Manninga,  Doctors,  Propstes  und 

Pastors  zu  Emden,  dem  Ulrich  van  Dornum,  zu   Esens,   Wittmund    und 

Oldersum  Junker,   einen  Warf,   belegen  in   der  Kirchstrasse  zu  Emden, 

„beswettet  uppet  W.  mit  der  Kerckstraten,  uppet  N.  mit  des  erentfesten 

Junckeren  egenen  Huse  (dies  muss  das  jetzige  v.  d.  Laan-Kluversche 

Haus,  das  vormalige  Heim  unserer  Gesellschaft,  gewesen  sein),  uppet  0. 

mit   der  Kerken  werff  u.  uppet  S.    mit   der  Rosenstrate11  fur  60  Emder 

Gulden    und  1000  Steine.  —  Ein  von  einem   Lowen  gehaltener  Wappen- 

stein  mit  dem  Hohenloheschen  Wappen   stent  auf  einer  Hofmauer 

an  der  Nordseite  der  Pottebackerstrasse. 

*)  Scultetus  Grabstein  liegt,  leider  teilweise  zertriimmert  und  un- 
beachtet  (er  ist  ohne  Zweifel  von  seiner  alten  Stelle  fortgeschafft  worden) 
in  der  Grossen  Kirche  hinter  der  Orgel  an  der  Westwand. 

Jahrbuch  der  Geaellsch.  f.  b.  K.  a.  vaterl.  AJtortfimer  za  Emden,  Bd.  XIV.  28 


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—     434    — 

hervorgeht,  dass  ein  grosser  Teil  unserer  Handschriften 
(Chroniken,  Urkunden,  Stammbucher,  Genealogien,  Gebetbiicher) 
aus  dem  Appelleschen  Familienarchive  zu  Gross-Midlum  stammt, 
woruber  sonst  gar  keine  Aufzeichnungen  in  unseren  Akten  vor- 
handen  sind  und  bei  der  jetzigen  Generation  unserer  Gesellschaft 
jede  Erinnerung  verloren  gegangen  war.  Unter  anderm 
scheint  unsere  wertvollste  Handschrift:  Arnd  Buschmanns 
Geistergeschichte  und  Josephs  Gedicht  von  den  7  Tod- 
siinden  in  Appelleschem  Besitze  gewesen  zu  sein.  Vorlaufig  kann 
dies  freilich  nur  aus  der  fast  gleiohlautenden  Bezeichnung 
der  Handschrift  in  dem  Appelleschen  Kataloge  S.  15  und  in 
unserm  gedyuckten  Kataloge  S.  217  No.  64:  „ein  altes  Buch 
vom  Jahre  1437.  N.  B.  Monchschrift,  led.  B.a  geschlossen  werden, 
da  die  Handschrift  selbst  noch  in  den  Handen  des  Prof. 
Reifferscheid  zu  Greifswald  ist.  Ausser  dem  Handschriften- 
Verzeichnisse  besitzt  unsere  Bibliothek  auch  einen  gedruckten 
Katalog  der  am  9.  Sept.  1793  auf  der  Sterrenburg  bei  Emden 
versteigerten  Drucksachen  aus  dem  Nachlasse  des  M.  W.  v.  d 
Appelle.  Wie  die  Appelleschen  Papiere  in  unser  Archiv  ge- 
kommen  sind,  hat  sich  leider  noch  nicht  aufklaren  lassen. 

Ein  Fund,  den  der  neue  Archivar  der  Stadt  Brussel,  van 
Malderghem,  gemacht  hat,  konnte  bei  den  engen  Beziehungen, 
die  Emden  zur  Zeit  der  asiatischen  Handelskompagnien  zu  den 
Handelskreisen  Belgiens  gehabt  hat,  auch  fur  die  Geschichte 
des  Emder  Handels  und  der  Emder  Schiffahrt  interessante  Auf- 
schliisse  gewahren.  Beim  Durchsuchen  eines  Nebengebaudes 
des  Brtisseler  Rathauses,  in  dem  sich  Haufen  alter,  nicht 
geordneter  Akten  befanden,  entdeckte  v.  M.  ganze  B&nde 
Handelsberichte  aus  dem  17.  und  18.  Jahrhundert,  die  ein- 
gehende  Nachrichten  iiber  die  belgischen  Handelsbeziehungen, 
die   Selbstkosten-   und   die  Verkaufspreise   der  Waren  geben. 

19.  Sept.  1899.  Ein  Aufsatz  von  Franz  Dtilberg  iiber  die 
Personlichkeit  des  Lucas  von  Leyden  (1494—1533,  Freund 
von  Albrecht  Diirer)  in  „Oud-Hollanda  XVII  erwahnt  S.  74 
unter  den  4  erhaltenen  Fiirsten-Portrats  des  L.  v.  L.  ein  Ge- 
malde,  das  Edzard  I.  von  Ostfriesland  darstellt.  Wahr- 
scheinlich  ist  das  im  Augusteum  zu  Oldenburg  befindliche 
gemeint. 

Herr    Auktionator    E.    C.    Ulferts    in    Esens    ubersendet 


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—    435    — 

nebst    genauer    Beschreibung    des    Fundortes    einen    Steig- 
b  tig  el  mit  Bronzeuberzug  (?)   von   sehr   altertumlicher  Form, 
den   der  Landwirt  Poppe  Eilts    in    Holtgast    beim  Wiihlen 
ca.  12  Fuss    tief  unter  der   Erdoberflache  zwischen   Holtgast 
und   dem  Barkholter  Berge    an    einer   Stelle,    wo    die    Land- 
strasse  eine   „Wasserleitunga   (Graben,   Wasserlauf)  uber- 
schreitet,    fand.     Diese    „Wasserleitunga    entspringt    in    den 
Moorflachen   siidlich   und   siidostlich   von  Holtgast,  durfchlauft 
eine    muldenartige  Niederung    am  Fundorte    vorbei    zwischen 
hohen  Sandrucken  nach  Roggenstede  und  Dornum  und  miindet 
bei  Dornumer-  und  Westeraccumer-Siel  in  die  See.    Am  Fund- 
orte vermutet   Herr  Ulferts   in  alter  Zeit   eine   Furt,    welche 
die  Esener  Hohe  mit  dem  „Holtriema,  der  Gegend  zwischen 
Barkholt  und  Nenndorf,  verband.    Die  Mulde  der  Wasserleitung 
wird  der  Rest  einer  ehemaligen  Seeader  sein:   sie  enthalt 
im  Untergrunde  Schliek.    Als  sich  der  Ausgang  dieser  Seeader 
verstopfte,  bildete  das  stagnierende  Wasser  die  obengenannten 
Moorflachen.    Friiher  scheint  die  Mulde   auch  nach  Osten  zur 
Harle  hindurchgegangen  zu   sein,   sodass   die  Hohe   von  Esens 
eine  Insel   im  Wattenmeer  war.    Ueberall  findet  man  Schliek- 
lager  (dort  als  Mergel  bezeichnet).     Bei  Roggenstede  ist  in 
der  „ Wasserleitung"  das  Schiff  aufgefunden   worden,   das    im 
Jahre  1891  die  Gesellschaft  durch  einige  Mitglieder  besichtigen 
Hess  (JahrbuchlX,  1,  134;   von   einem   nach  Roggenstede   bei 
der  Weihnachtsflut  1717   verschlagenen   „Snikschipa   berichtet 
Harkenroht    in    seinem    „Kersvloeds    kort    Ontwerp"    S.  329: 
„1  Snikschip  van  de  Ree  verdreeven  naa  Rogste  in  Harlinger- 
land").     Der  Steigbugel  ist  vielleicht  einem  Reiter  beim  Ueber- 
schreiten   der   von   Herrn  Ulferts   genannten   Furt   abgefallen. 
Aus  unserm  Archive  wird  ein   eigenhandiger  Brief  des 
Ubbo  Emmius  vom  2.  April  1621    an   den   Emder  Magistrat 
mitgeteilt,  ein  Begleitschreiben  bei  Uebersendung  seiner  Schrift 
iiber   den  Grafen  Wilhelm  Ludwig  von  Nassau,   Statthalter   in 
Groningen  (vgl.  Tiaden  II,  S.  196).     Der  Brief  lag  bei  den   am 
12.  September  erwahnten  Appelleschen  Papieren1). 

»)  Amplifsimi  domini,  uirtute,  doctrina,  prudentia,  dignitate, 
praeftantif8imi  uiri,  Confules  &  Senatores  reip.  Emdanae. 

Mitto  uobis  exemplar  libri  iam  recens  a  me  editi,  purgatum  manu 
mea  a  fphalmatis  &  mendis  typographicis,  multo  pluribus  quam  sunt  in 

28* 


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—    436    — 

Zur  Erg&nzung  unserer  Sammlung  von  Emder  Hausnamen 
wird  mitgeteilt,  dass  das  jetzt  von  dem  Wirte  Poppinga  be- 
wohnte  Haus  „Gasthaus  zur  Stadt  iiber  Land  und  Meer"  (!)  an 
der  Ecke  der  Bonnesse  und  der  Krahnstrasse  in  alter  Zeit  den 
Namen  „de  lfiren  Knapsack"  gefiihrt  habe. 

Mittwoch  den  20.  September  veranstaltete  unsere  Gesell- 
schaft  einen  Ausflug  nach  Aurich  zur  Besichtigung  des  Konigl. 
Staatsarchives,  von  dem  die  Teilnehmer  (aus  Aurich  und 
Emden)  dank  den  aufopfernden  Bemiihungen  des  Staatsarchivars 
Dr.  Wachter  reich  befriedigt  und  voller  Anregung  zuruckkehrten. 
Einen  ausftihrlichen  Bericht  brachte  die  „Ostfriesische  Zeitung* 
vom  22.  September. 

17.  Oktober  1899.  Das  Antiquariat  vonFrederikMuller&Co. 
zu  Amsterdam  sendet  einen  sch5n  ausgestatteten  Katalog  von 
Kunstgegenst&nden,  Gem&lden  und  Altertiimern,  die  vom  24.  bis 
zum  26.  Oktober  versteigert  werden  sollen.  No.  11  ist  ein 
Portrat  des  Julius  van  Bey  ma,  Commandeur  van  Emden  1690. 

24.  Oktober  1899.  Mitteilungen  tiber  den  Glockengiesser  G. 
de  Wou  de  Campis  enthalten  wieder  die  Verhandlungen  der 
Vereeniging  tot  boefening  van  Overijsselsch  regt  en  geschiedenis, 
83ste  vergadering,  vom  6.  Juni  1899  (vgl.  Jahrbuch  XIII. 
S.  288).  In  der  von  derselben  Gesellschaft  1898  heraus- 
gegebenen  Schrift  von  Hoefer,   De  klokken   in   den   toren   der 


mendorum  indice  notata.  Scripfi  librum  fenio  &  morbo  infinnus,  rogatos 
a  clarifsimis  &  eruditifsimis  collegia  meis,  ac  uiris  alijs  magnis,  com- 
plexufque  eo  Turn  uitam  &  praecipuas  res  geftas,  &  mores  ac  mortem 
illuftris  herois  domini  Guilhelmi  Ludouici  Comitis  in  Nafsou  Act.  guber- 
natoris  nostri  anno  fuperiore  defuncti,  qui  uestram  ciuitatem  uelut  hospi- 
tium  Ecclefiae  reformatae  uetuftifsimum  Temper  amauit  plurimum. 
Oro  ut  exemplar  hoc  OTjfieiov  meae  erga  uos  obfevuantiae  a  me  habere, 
atque  ei  quoque  locum  aliquem  in  bibliotheca  curiae  uestrae  dare  non 
dedignemini.  Erit  hoc  mihi  gratifsimum.  Valete  foelicitert  &  prospers 
agite,  &  me,  ut  foletis,  uestris  Amplitudinibus  commendatum  habete- 
Groningae  postrid.  Pafchatos  anno  MDCXXI,  aetatis  meae  LXXHII. 

A.  A.  V.  V.  obfer- 
uantif8imus 
Vbbo  Emmius. 
Auf  der  Rtickseite :  Amplifsimis  dominis,  uirtute,  prudentia,  doctrina. 
dignitate,  praeftantifsimis  &  clarifsimis,  ciuitatis  Emdanae  Consulibus  i 
Senatoribus  dignifsimis,  dominis  fuis  plurimum  colendis. 

Kanzleivermerk:  Receptum  6.  Aprilis  Ao.  1621, 


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—    437    — 

Bovenkerke  en  in  den  Nieuwen  Toren  te  Kampen,  werden 
Glocken  von  6.  de  Wou  beschrieben  und  abgebildet:  sie  sind 
zum  Teil  dem  hi.  Martin,  St.  Nikolaus  und  der  Jungfrau  Maria 
gewidmet;  gertthmt  wird  die  kunstvolle  Darstellung  der 
Heiligen-Figuren  und  die  Anordnung  der  Inschriften;  w&hrend 
sonst  die  Inschriften  auf  Glocken  sich  zu  wiederholen  pflegen, 
hat  G.  de  Wou  fast  jeder  Glocke  eine  eigene  Inschrift  gegeben, 
vgl.  Ostfr.  Monatsbl.  I  S.  64,  II  S.  494,  VI  S.  51. 

Angekauft  wird  aus  dem  Antiquariat  von  Ferd.  Schoningh 
in  Osnabriick  die  erste  Auflage  der  beriichtigten  friesischen 
Chronik  des  AndreasCornelius:  „ Croniicke  ende  warachtige 
Beschryvinge  van  Vrieslant . . .  Eerst  door  Ockam  Scharlensem 
zeer  vlytelick  by  een  gheteeckent.  Ende  ander-mael  door 
Joannem  Vlitarp  weder  vernieut .  .  .  Als  nu  oock  ♦ . .  ten  derde- 
mal  door  Andream  Cornelium  Stavriensem  .  .  .  gheschiet  is. 
Leevwerden  Jac.  Jansen  MDXCVII".  Dieses  Exemplar  enthalt 
ausser  den  Planen  von  Franeker  und  Leeuwarden  auf  dem 
Titelblatte  eine  Karte  von  Friesland  zur  Romerzeit  und  acht 
Trachtenbilder,  die  auf  das  Manningabuch  zuriickgehen  miissen 
(vgl.  Jahrbuch  X,  2,  34).  Ein  anderes  in  Katalog  20  des  F. 
Schoninghschen  Antiquariats  verzeichnetes  Buch :  „Abdruck  der 
Facti  specii  in  Sachen  der  drei  Geschwistern  Freulein  von 
Closter  zu  Dornum  Erbtochtern  Inpetrantinnen,  contra 
seine  fiirstliche  Durchlaucht  von  Ostfriesland  et 
cons.,  Inpetraten  mandati,  das  adeliche  Haus  und  die  Herrlich- 
keit  Petkum  betr.  1728tf  (mit  2  Stammbaumen)  war  schon 
verkauft. 

Der  Name  „Generalsgangtf  fur  einen  Gang,  der  slldlich 
von  der  Hahnschen  Buchdruckerei  indieEmsstrasse  mtindet, 
nach  dessen  Bedeutung  gefragt  wird,  bezieht  sich  auf  den 
hannoverschen  Generalmajor  Rudolph  Bodecker,  der  als  Kom- 
mandant  von  Emden  in  den  20er  Jahren  dieses  Jahrhunderts 
in  dem  jetzigen  Hahnschen  Hause  wohnte  (vgl.  Opregte  Emder 
Almanach  fur  1826)1). 

31.  Oktober  1899.  Herr  Vorsterman  van  Oyen  in  Rijswijk 
bei  Haag  schenkt  einen  Ausschnitt  von  5  Seiten  aus  der  Revue 


•)  Bei  Gelegenheit  seines  SOjahrigen  Jubilaums  im  Dezember  1825 
erhielt  er  das  „grosse  Biirgerrecht"  der  Stadt  Emden  (Mitteilung  seines 
Enkels,  des  Justizrats  Boning  in  Emden,   der  das  Diplom   noch  besitzt). 


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—     438     — 

beige  de  numismatique  1892  mit  einem  Artikel  des  Grafen 
Maurin  de  Nahuys:  Thaler  comm^moratif  frappS  &  Emden 
en  1571  et  se  rapportant  aux  troubles  des  Pays-Bas.  Der 
Verfasser  hat  die  Miinze  abgebildet  in  der  Revue  beige  de 
numismatique  1878  pi.  II  No.  6  (MSdailles  et  jetons  in&lits 
relatifs  &  l'histoire  des  dix-sept  anciennes  provinces  des  Pays- 
Bas):  auf  der  Vorderseite  steht  ein  vomehmer  Mann  im  Pelz- 
mantel,  das  Haupt  mit  einer  platten  Miinze  (b6ret)  bedeckt, 
der  von  einem  spanischen  Soldaten  mit  dem  Degen  ange- 
griffen  wird.  Aufschrift:  MENYCH  BENYT  DAT  EEN  ANDER 
GHENIET.  Riickseite:  zwei  reichgekleidete  Herrn  mit  ent- 
blosstem  Haupte,  die  Mtitze  (b£ret)  in  der  Hand;  Aufschrift: 
ALS  IHY  MEDE  GENIET  SO  1ST  HEM  GEEN  VERDRIET  1571. 
In  der  Miinze  wird  eine  Anspielung  auf  die  Erhebung  des 
zehnten  Pfennigs  durch  Alba  im  Jahre  1571  gesehn,  die  in 
Briissel  und  Utrecht  zu  Unruhen  Anlass  gab.  Der  Munz- 
stempel  hinter  der  Aufschrift  der  Vorderseite  besteht  aus 
einem  gestielten  vierlappigen  Blatte  oder  einer  vierblattrigen 
Blume,  deren  Stengel  kreuzweise  (en  sautoir)  von  einer  Art 
Hacke  durchbohrt  ist,  die  einige  Numismatiker  als  Zainhammer 
(rechaussoir)  erklaren.  Es  ist  der  Stempel  des  EmderMCinz- 
meisters  Diedrich  Jder  genannt  Krautkramer  (vgl.  Sauer. 
Jahrb.  Ill,  1,  1878,  S.  54  u.  56),  der  1563  von  der  Grafin  Anna 
aus  Jever  nach  Emden  berufen  wurde.  Derselbe  Stempel  be- 
findet  sich  auf  Jeverschen  Thalern,  vgl.  P.  v.  Lehmann,  Die 
Thaler  und  kleinern  Miinzen  des  Fraulein  Maria  von  Jever. 
Erbherrin  von  Rustringen  usw.,  Wiesbaden  1887.  Der  eigent- 
liche  Stempel  des  D.  Jder  scheint  nach  anderen  Miinzen  nor 
aus  einem  Blatte  ohne  Hacke  bestanden  zu  haben  und  die 
letztere  das  Zeichen  eines  unbekannten  Miinz-Graveurs  za  sein 
(vgl.  oben  zum  4.  Juli,  S.  414). 

Interessant  ist  die  Nachricht  Harkenrohts  in  seinem 
„Ostfries  Historis  Kronykje"  (Beigabe  zu  einem  Emder  Al- 
manach  seit  1700),  von  dem  unsere  Bibliothek  viele  Jahr- 
gange  besitzt,  zum  Jahre  1635 :  A.  1635  is  te  Emden  de  eerstt 
Steen  gelegt  aan  de  Cyrlyke  Poorte  voor  de  Lange  Brugge  aan 
de  Ems,  door  Borgermeester  Dr.  Harkenroht,  deszelfs  Bouw- 
meester  waar  Raadsheer  Martinus  Faber.  Dass  Martin  Faber 
Baumeister   des  jetzt  in  unserm  Garten  wieder  aufgerichteten 


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—    439     — 

Hafenthors  war,  sagt  auch  Losing  in  seinen  handschriftlichen 
Nachrichten  iiber  Emder  Maler,  aber  ohne  Quellenangabe.  Nach 
Losings  Geschichte  der  Stadt  Emden  ist  das  Thor  von  Wilbrant 
Garrels  gebaut  worden:  ohne  Zweifel  stammt  aber  der  Entwurf 
von  M.  Faber  (Jahrb.  XIII.  S.  171).  Dieser  wird  mit  Wilbrant 
Garrels  zusammen  von  Harkenroht,  Embdens  Herderstaf  S.  32. 
auch  fur  die  Neue  Kirche  genannt.  Die  Harkenrohts  waren 
Verwandte   von   M.  Faber   (de  Vries,  Jahrb.  VI,  2,  1885,  S.  3). 

7.  November  1899.  Herr  Pastor  Medenwald  erinnert 
daran,  dass  in  diesem  Jahre  der  400jahrige  Geburtstag  J. 
a  Las  cos,  dessen  genaues  Datum  freilich  nicht  feststeht,  ge- 
feiert  werden  konnte,  und  teilt  mit,  dass  eine  solche  Feier  in 
den  Kreisen  der  hiesigen  Prediger  zur  Sprache  gekommen  sei, 
dass  man  aber  geglaubt   habe,   von   ihr   absehen   zu   miissen. 

14.  November  1899.  Das  3.  und  4.  Heft  des  V.  Jahrgangs 
der  Zeitschrift  „Niedersachsena  bringt  einen  Aufsatz  iiber 
das  Steinhaus  zu  Bunde,  der  sich  auf  Houtrouws  Ost- 
friesland,  aber  auch  auf  eine  Familienchronik  der  Familie  van 
Heteren  sttitzt.  Houtrouw  I  238  teilt  als  Geriicht  mit,  dass 
die  Dokumente  des  Steinhauses  ans  Reichskammer- 
gericht  zu  Wetzlar  gekommen  seien.  —  S. 57:  Nachrichten 
iiber  den  Verfasser  des  Werkes,  „De  rebus  publicis  hanseaticisa 
(Leiden  1631),  Joh.  Angelius  von  Werdenhagen,  Mohlmanns 
Gewahrsmann  fur  seine  Behauptung,  Emden  sei  1615—1630 
Hansestadt  gewesen  (Jahrbuch  XIII,  1899,  221).  Das  Buch, 
das  S.  57  (gewiss  mit  Uebertreibung)  als  wertlos  bezeichnet 
wird,  wurde  1631  vom  Hamburger  Senat  als  verlaumderisch 
gegen  Hamburg  bei  100  Reichsth.  Strafe  verboten.  Die  zweite 
Auflage  von  1641  (Frankfurt  bei  Matth.  Merian),  einen  Folioband 
von  etwa  800  Seiten  mit  zahlreichen  Stadtplanen1),  Karten  und 
Portrats,  besitzt  die  Bibliothek  der  hiesigen  Grossen  Kirche. 
Die  wirkliche  Aufnahme  Emdens  in  die  Hansa  behauptet 
Werdenhagen  dort  (Part.  IV,  S.  36)   gar  nicht.     Er  sagt  nur, 


•)  Vor  S.  97  im  IV.  Teile  ein  schoner  Plan  von  Emden,  der  von 
de  Vries  im  Ostfries.  Monatsblatt  1883,  S.  391,  No.  15  ohne  genaue  Angabe 
des  Ursprungs  aufgefuhrt  wird.  —  Im  III.  Teile  S.  196  das  lateinische 
Gedicht  eines  uns  unbekannten  Ostfriesen  GerlachiusLuthetus  „In 
Hanseatica  Werdenhagii". 


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—    440    — 

dass    sie    zweimal,     1615    und    16161),    auf    Hansatagen    be- 
schlossen  gewesen  sei,  dass  aber  der  alte  Hass  der  Hamburger 
sie  hintertrieben  habe;  jedoch  werde  es  von  den  Meisten  dem 
Gemeinbeschlusse    gem&ss    als    Glied    der    Hansa    betrachtet 
(velut  idem  Anno  1615  A  1616  bis  conclusum  fuit,  nisi  vet  us 
rancorHamburgensium  id  distulisset  et  suspicio  subesset 
quod  singularis  Belgarum  praxis   id  potius  urgeret,  quam 
ipsa    negotii    opportunitas ;    attamen   a  pluribus    pro  membro 
Hansae    habetur    iuxta    conclufum    commune).      Wenn   auch 
Werdenhagens  Zuverlassigkeit  stark  angezweifelt  wird  (Herm 
Conrings  Urteil:   ineptus  auctor,   ut   molliter   dicam,   nihil  de 
origine  foederis  Hanseatici  certi  prodit,  bezieht  sich  freilich  nor 
auf  die  Urgeschichte  der  Hansa),  so  scheint  in  diesem  Falle  die 
Sache  doch  wirklich  so  zu  liegen.    Er  konnte  jedenfalls  die 
Wahrheit  ganz  genau  wissen,  wenigstens  fur  die   zweite  Aus- 
gabe,    da   er   von  1637    bis    zu  seinem  Tode  1652  kaiserlicher 
Gesandter  bei  den  Hansestadten  war  und  an  der  Quelle  selbst, 
in  Ltibeck,  wohnte,  wo  er  nach  S.  90  „bina  ingentia  volumina* 
mit  Rezessen  und  Privilegien  durchstQberte  (ebenso  aber  auch 
schon  in  der  Auflage  von  1631  S.  1246) ;  auch  erwahnt  er  dort, 
dass  er  1620  ex  commissione  communis  Hansae  mit  mehreren 
Stadten,  die  von  einigen  Schriftstellern  (D.  Chytraeus,  Bertius) 
irrtiimlich  als  ausgestossen  betrachtet  wtirden,  als  Beauftragter 
der  Hansa   noch  selbst   unterhandelt   habe.     Andererseits   ist 
sein    sichtliches    Wohlwollen    gegen    Emden    nicht    ganz    un- 
verdachtig,  da  er  Hamburg  bitter  hasste,   das    1627   seine  Be- 
werbung  um   ein   Syndikat   zurtickgewiesen   hatte  und  wo  er 
auch  sonst  Anfeindungen  ausgesetzt  gewesen  war.    Schon  die 
Ueberschrift  zu  dem  Kapitel  iiber  Emden  (ihm  ist  ein   eigenes 
langes  Kapitel   gewidmet)   S.  33  lautet  vielsagend:    „De   urbe 
Embdana   et  quousque  (!)  Hanseatica   dici    queat,    ubi    et   de 
Hamburgensium    callidis    attentatis     iterum    agitur*.       Dass 
Werdenhagen  die  Hamburger,   die  auch,   als  1580  die  Hansa- 


»)  Wegen  der  Bewerbung  im  Jahre  1579  vgl.  die  sich  auf  Suur  (in 
Buerens  Jahrbuchlein  auf  das  Jahr  1838),  Schweckendieck  und  Mohl- 
mann  stiitzenden  Angaben  im  Jahrbuch  XITI,  1899,  S.  221.  Die  Frage  ist 
aber  noch  langst  nicht  vfillig  geklart,  u.  a.  verdient  die  ratselhafte 
Haltung  des  ostfriesischen  Kanzlers  Dr.  Wilh.  M oiler,  der  fast  gleich- 
zeitig  Syndikus  des  Hamburger  Rates  war,  eingehendere  Nachforschungen. 


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—    441     — 

stadte  in  Emdens  Aufnahme  eingewilligt  hatten,   dagegen  ge- 
wesen  waren  (S.  36 :  civitates  in  receptionem  turn  consenserant, 
licet  Hamburgenses  difficultates  obicerent  suas  ex  postfacto), 
argern  wollte,   wo   er   nur  konnte,   zeigt   sich   fast  auf  jeder 
Seite.    Dass  aber  noch  im  Anfang  des  XVII.  Jahrhunderts,  sei 
es  von   Emden   selbst   oder   von   andern,    Anstrengungen   ge- 
macht  wurden,   Emden  in  die  Hansa   zu   bringen,   geht   doch 
aus  Werdenhagen,    der  ja   die   Originalakten   kannte,    sicher 
hervor.    Wenn  nur  der  Grund  klar  ware  und  der  Vorteil,   den 
Emden  dabei  gehabt  hatte !  Sollten  die  Generalstaaten  dahinter 
gesteckt  haben1)?  Prinz  Moritz  von  Oranien  war  damals  eng  ver- 
btindet  mit  den  Hansastadten,  und  er  scheint  namentlich  ihre 
Neubefestigung  betrieben  zu  haben ;  von  ihm  erhielt  der  hansische 
Feldoberst  Graf  Friedrich  von  Solms  (s.  ob.  S.  388  und  398) 
seine  Festungsingenieure  fur  Liibeck,    Bremen   (wo  u.  a.  1623 
und  vorher   Joh.  van  Laer  aus  Emden  thatig  war),   Hamburg, 
Magdeburg,  Braunschweig,  Liineburg,  und  in  seiner  Hand  war 
auch    Emden    und    Ostfriesland.2)     Der    Kriegsbaumeister   der 
Generalstaaten  in  den  Hansastadten,  Joh.  v.  Falkenburg,  hatte 
auch  die  Oberleitung  der  Festungsbauten  in  Emden.    Moglicher- 
weise    war  den   Niederlanden    und    wahrscheinlich    auch    der 
Hansa  selbst  zur  Starkung  der  protestantischen  Union  gegen  die 
1609  gegrundete  katholische  Liga  an  einer  engeren  Verbindung 
Emdens   mit   der  Hansa   gelegen,   zu   der  ja   auch   zahlreiche 
hollandische  Stadte  (14  nach  der  alten  Liste  bei  Werdenhagen 
S.  89,  dazu  mindestens  13  zweifelhafte,  Dordrecht,  Amsterdam, 
Enkhuizen   —   neben   diesen  steht  auch  Emden  —  u.  a.)  ge- 
horten.    Vielleicht  wirkte  auch  der  Wunsch  mit,  Emden  gegen 
seinen  Grafen  stark  zu  rnachen.    [Johann  Angelius  (v.)  Werden- 
hagen 1581—1652,  geb.  in  Helmstedt,  1616—1618  Professor  der 
Ethik    in  Helmstedt,   Giinstling   des   Herzogs   Friedrich   Ulrich 
von  Braunschweig-Liineburg,  dann  bis  1626  Stadtsyndikus  von 
Magdeburg,  1627  bewarb  er  sich  vergebens  um  ein  Syndikat  in 


')  vgl.  die  oben  angefuhrte  Stelle:  „nisi  .  .  .  suspicio  subesset 
quod  singularis  Belgaruin  praxis  id  potius  urgeret  quam  ipsa  negotii 
opportunitas*. 

*)  Graf  Enno  III.  von  Ostfriesland  setzte  u.  a.  Prinz  Moritz  zum 
Mitvormund  uber  seine  Kinder  und  zum  Mitexecutor  seines  Testamentes 
ein  (Wiarda  III,  606). 


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—     442     — 

Hamburg,  1627-1632  wohnte  er  in  Leiden  und  Haag,  1632  Kammer- 
und  Geheimrat  des  Erzbischofs  Johann  Friedrich  von  Bremen, 
nach  dessen  Tode  war  er  wieder  in  Diensten  der  Stadt  Magde- 
burg und  des  Herzogs  August  zu  Braunschweig-Liineburg,  seit 
1637  geadelt  und  kaiserlicher  Reichsrat,  ordentlicher  kaiser- 
licher  Gesandter  bei  den  Hansestadten  mit  dem  Sitze  in  Lubeck. 
(Paul  Zimmermann  in  der  Allg.  Deutschen  Biographie.)] 

Aus  Anlass  der  Anfrage  des  Herrn  P.  H.  Meekhoff  Dorn- 
bosch  in  Baflo  wegen  des  J.  J.  Harkenroht  ist  die  „Biblio- 
theca  Historico-Philol.-Theologica  Bremensis"  in  dem  acht- 
b&ndigen  Exemplar  der  Grossen  Kirche  durchgesehen  worden. 
Diese  Zeitschrift  wurde  1718—1725  von  dem  Professor  am 
akademischen  Gymnasium  zu  Bremen,  Theodoras  Hasaeus 
(de  Haas),  herausgegeben  und  hat  fur  uns  Interesse  wegen 
ihrer  ostfriesischen  Mitarbeiter:  Bernh.  Peter  Karl  (Pastor  in 
Bingum,  f  1723),  Joach.  Christian  Jhering  (f  1729  als  Pastor 
in  Bingum),  der  nach  Reershemius  S.  304  handschriftlich  eine 
ausfuhrliche  Kirchenhistorie  von  Ostfriesland  hinterliess  (Reersh. 
lieh  die  Handschrift  von  dem  Herausgeber  des  Landrechts. 
Matth.  v.  Wicht),  ferner  des  G.  Outhof,  des  Isebr.  Eilh. 
Harkenroht  (Pastor  in  Hinte,  spater  in  Hindelopen)  und  vor 
allem  seines  Vaters,  des  Beninga  -  Herausgebers  Eilh.  Folk. 
Harkenroht.  Dieser  verwaltete  die  Bibliothek  und  das  Archiv 
der  Emder  Kirche  (de  Vries,  Jahrb.  VI,  1885,  S.  36),  und  wie  seine 
Beninga-Ausgabe,  so  ist  auch  die  Bibl.  Bremensis  von  ihm  zur 
Veroffentlichung  von  Funden  aus  der  Emder  Kirchenbibliothek 
benutzt  worden.  Band  (Classis)  V,  1721,  enthalt  S.  117—129 
Eilh.  F.  Harkenrohtii  ad  Th.  Hasaeum  Epistola,  in  quo  de 
Martino  Fabro  et  de  familia  HadrianiVI  Papae  disseritur. 
M.  Faber  ist  der  bekannte  lutherische  Prediger  inHage,  f  1588; 
Harkenroht  vermutet  (aber  auf  ganz  unsicherer  Grundlage), 
dass  der  Emder  Maler  und  Architekt  M.  Faber  (mit  dem 
Harkenroht  verwandt  war)  ein  Nachkomme  des  Predigers  sei 
Ueber  den  Papst  Hadrian  VI.  enthalt  eine  in  der  Bibliothek 
der  Grossen  Kirche  befindliche  Schrift  desselben  (Theol.  392, 89): 
Quaestiones  de  sacramentis,  eine  von  Alb.  Hardenberg  in 
LSwen  1539  eigenhandig  eingetragene  Nachricht,  die  Harkenr. 
S.  125  (nach  einer  Vergleichung  des  verst.  Kirchenrats  Vietor 
ungenau)   abdruckt:    Hadrian    stamme    aus    der    Gegend   von 


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—    443    — 

Zwolle  und  sei  nach  zuverlassigen  Zeugnissen  sein  Verwandter 
gewesen,  als  Papst  habe  er  das  Wappen  der  Familie  Harden- 
berg,  2  Angeln  und  2  gekronte  Lowen  (duos  piscales  hamos  et 
duos  leones  coronatos),  wieder  angenommen,  vgl.  Spiegel, 
Hardenberg,  S  3—19.  —  S.  316—351  der  Ribl.  Brem.  V  wird  von 
Harkenr.  und  Hasaeus  Gerhardi  Eobani  Geldenhauerad  Eccle- 
siae  Emdanae  ministros  Epistola  Irenica  1584  abgedruckt.  — 
Ein  ehrwtirdiges  Buch  ist  nach  S.  708  (Excerpta  ex  Uteris  E. 
F.  H.  ad  Th.  Hasaeum)  eine  zu  Lowen  bei  dem  magister 
Johannes  Veldener  gedruckte,  von  Joh.  Andreas  emendierte 
und  Papst  Paul  II.  (1464—1471)  gewidmete  Ausgabe  von 
LucansPharsalia1),  die  Rudolf  Agricola  dem  Dr.  Jac.  Canter 
(aus  Groningen,  poeta  laureatus,  Priester  in  Emden,  Gegner 
des  Aportanus),  dieser  dem  Joh.  Antonius  Liber,  Monch  in 
dem  durch  seine  Grosse  und  durch  seine  Schule  benihmten 
Cisterzienser - Kloster  Aduard  bei  Groningen  schenkte,  die 
zuletzt  Hardenberg  und  von  diesem  die  Grosse  Kirche  erhielt2). 


')  In   der  Widmung  an    den   Papst  Paul  II.   sagt  der  ungenannte 
Herausgeber,  der  aber  offenbar  Jo.  Andreas  selbst  ist:    „Pharsaliam  .  .  . 
Joh.  Andreas  Antistites  (!)  Aleriensis  diligentissime  nostro  tempore 
emendauit  rogante    magistro  Johanni  veldener  Louaniensis  (!) 
impressore  qui  ne  lingua  brabantina  pereat  libros  laudabili   Jnuentione 
imprimit",  und  den  Schluss  der  Ausgabe  bilden  folgende  Verse: 
Quisquis  amat  nosse  ciuilis  vulnera  belli 
Fraternas  clades  et  atrotia  fata  parentum 
Hos  legat  impressos  louanij  et  artis  am  at  or 
Laudibus  anctorem  meritis  ad  sydera  tollat. 
Nach  Jocher  war  Joh.  Antonius  de  Buxiis,  der  von  einigen  mit  Unrecht  (?) 
Joh.  Andreas  genannt  werde,  erst  Sekretar  der  vatikanischen  Bibliothek, 
1468  Bischof  zu  Aleria  in  Corsika  und  starb  1475  in  Rom. 

2)  Hier  tragt  es  jetzt  die  Nummer:  Philologia  in  folio  32.  Harden- 
bergs  Eintragung  aus  Aduard  1535  lautet:  Hunc  Lucanum  Rodolphus  a 
Ziloha,  alias  Agricola,  dedit  Doct.  Jacobo  Canter,  poetae  Laureato, 
is  porro  donauit  ob  fingulare  ingenium  Dno.  Joanni  Antonio  Libero1 
Monacho  Aduuardenfi,  cuius  pater  Anthonius  Liber  et  ipse  Laurea 
poetica  a  Foederico  (!)  Caesare  eius  nominis  tercio  erat  donatus  cum 
Rodolpho  Langio,  Paulo  Pelantino,  Joane  Nuceriano  et  alijs  pluribus  qui 
apud  nos  ilia  etate  florebant.  Mortuo  Joane  Libero,  Anthonij  filio,  cuius 
heic  adhuc  quedam  excellentia  sed  imperfecta  extant  monumenta,  is 
liber  ad  Dominum  Gerhardum  a  Doettinckhem,  virum  excellentis 
doctrinae  (pro  sua  etate),  deuenit  qui  paulo  ante  mortem  eundem  mihi 
donauit.    Jtaque  rogo  quisquis  eo  postea  vteris  ut  propter  magnorum 


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—    444    — 

Harkenrohts  Interesse  fur  Aduard  zeigen  seine  Bemerkungen 
zu  Beninga  S.  447  f.  —  Bibl.  Brem.  VI,  1720,  S.  110—169 
Briefe  a  Lascos  an  Hardenberg.  —  B.  Br.  VI,  538—561  E.  F. 
H.  epistola,  in  qua  nonnulla  ad  historiam  sacram  et  literariam 
saec.  XVI  spectantia  exhibentur,  betr.  Rud.  Agricola  und  die 
Prediger  Joh.  Arcerius,  Martin  Eliacus  (1573),  Adrianus 
Gorinus  aus  Peronne  (in  Emden  1561).  —  Irrtumlich  behauptet 
Harkenroht  S.  539,  dass  Rud.  Agricola  seinen  Beinamen 
„a  Siloha"  von  dem  Kloster  Sielraonken  (Silo)  bei  Emden 
empfangen  habe;  R.  A.  nannte  sich  so  von  dem  Benediktiner- 


hominum   memoriam   reuerenter   et   amice   eundem    tractes,    et  Adu- 
uardiae  femper  relinquas.    Jd  me  rogauit  D.  Doettinckhem   et  ego  te 
porro  rogo,  quisquis  hec  uidebis,  amice  Lector  1635. 
Albertus  Hardenbergus. 
Unter  der  Vorrede  steht: 

Iacwbus  Canter 

Accipe  Iwannes  hoc  nostri  pignus  amoris 

Antoni:  &  nostri  quum  legis  esto  memor. 

Die  ohne  Frage  bedeutende  Personlichkeit  des  Dr.  Jac.  Canter 
aus  Groningen,  des  bekannten  vicarius  perpetuus  am  Kreuzaltar  der 
EmderKirche  (in  Emden  1508-1539?,  sicher  bis  1529,  vgl.  Harkenr. 
zu  Beninga  S.  073)  und  Widersachers  der  Reformation,  dessen  Freund- 
schaft  mit  R.  Agricola,  soweit  uns  bekannt,  nur  durch  die  nicht  an- 
zuzweifelnde  Erwahnung  in  dem  Lucan-Exemplar  der  Grossen  Kirche  be- 
glaubigt  ist,  und  seine  als  ein  Wunder  ihrer  Zeit  angestaunte  Familie 
verdienen  eine  eigene  Darstellung.  Die  interessanten  Mitteilungen  von 
Dirks  und  Feith  im  Groninger  Volksalmanak  fiir  1891 :  „ Jacob  Canter* 
und  „De  familie  Canter,  een  geleerd  geslacht"  lassen  sich  aus  hiesigen 
und  andern  deutschen  Quellen  wesentlich  erganzen.  Der  Vater  des 
Monches  Joh.  Antonius  Liber  von  Aduard  war  der  vertraute  Freund 
R.  Agricolas,  der  Humanist  Antonius  Liber  (Vrije)  Susasentis  (von 
Soest),  der  in  Groningen,  Emmerich,  K61n  wirkte  und  dann  mit  seiner 
Tochter  Barbara  in  Kampen,  Amsterdam  und  in  Alcmaar  lehrte.  Zwei 
an  ihn  gerichtete  Briefe  Agricolas,  datiert  1471  und  1484,  sind  bei 
Alardus  Aemstelredamus  (Agricolae  lucubrationes  aliquot,  n,  Colon.  1539, 
S.  174  und  176)  abgedruckt;  mit  Agricola,  R.  von  Langen,  Alex.  Hegius 
hatte  er  seine  elementare  Bildung  in  Deventer  bei  den  Briidern  vom 
Gemeinsamen  Leben  erhalten  und  darauf  (wahrscheinlich  mit  Agricola) 
in  Pavia  studiert.  Seine  Gattin  stammte  aus  einer  Groninger  Familie 
(vgl.  Crecelius  in  der  Allg.  Deutschen  Biographie).  Nach  Hamelmann, 
Opp.  S.  340,  war  der  spatere  Papst  Hadrian  (1622/3),  Hardenbergs  V«r- 
wandter,  sein  Schuler. 


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—    445    — 

Kloster  Selwert  (Syloe)  bei  Groningen,  vgl.  Acker  Stratingh, 
Over  de  afkomst  en  jeugd  van  R.  Agricola,  Groninger  Bijdragen 
II,  1865,  S.  31  ff.  und  45.  —  B.  Br.  VU,  1723,  S.  310-349 
excerpta  ex  Uteris  E.  F.  H.  ad  Th.  H.,  in  qua  (!)  de  nonnullis 
memorabilibus  Bibl.  Emdensis  et  nevtag  literarum  a  Jo.  a  Lasco 
ad  Drusillam  Sissinga  (Hardenbergs  spatere  Gattin)  scrip- 
tarum  exhibetur.  Die  hier  von  Harkenroht  gegebene  kurze 
Geschichte  der  Bibl.  der  Grossen  Kirche  ist  ausfuhrlicher 
als  die  von  Vietor  in  der  Evangelisch  -  reformierten  Kirchen- 
zeitung  1858  S.  293  und  bei  Houtrouw  I  28  gegebene.  Einer 
der  altesten  und  wertvollsten  Bestandteile  sind  einige  Biicher 
aus  dem  Nachlasse  des  Erasmus,  die  nach  einer  hand- 
schriftlichen  Notiz  Alb.  Hardenbergs  in  Joh.  Reuchlini  de 
rudimentis  Hebraicis  (Katal.  der  Bibl.  S.  54,  Theol.  54  fol.)  und 
in  Reuchlini  de  verbo  mirifico  (Katal.  S.  54)  J.  a  Lasco  von 
Erasmus  mit  dessen  tibriger  Bibliothek  schon  bei  Lebzeiten 
des  Erasmus  (f  1536)  fur  200  fl.  kaufte  und  spater  Hardenberg 
schenkte1).  In  die  zweite  Schrift  Reuchlins  hat  Erasmus  ein- 
getragen:  „Ex  dono  Autoris  Sum  Erasmi  nee  muto  Dominum". 
Houtrouw  schreibt  a.  a.  0.  einen  Zuwachs  der  Bibliothek 
im  Jahre  1625  aus  dem  Nachlasse  des  Predigers  Friedrich 
Salmuth  eignen  Aufwendungen  der  Kirche  zu;  nach  Harkenr. 
S.  311  kaufte  jedoch  der  Magistrat  dessen  Bibliothek  an:  Biblio- 
thecae  Emdanae  .  .  .  fundatio,  quae  .  .  .  Hardenbergii, 
Medmani  .  .  .,  Focconis2)  Crummmingae  .  .  .  aliorumque 
liberalitate  multum  aucta,  praesertim  Amplissimi  Magistratus 
Emdensis  Munificentia  in  hodiernum  statum  redacta,  postquam 
nummis  aliquot  (d.  h.  mit  ziemlich  bedeutenden  Geldern) 
Friderici  Salmuthi  pastoris  Emdani  Bibliothecam  a  defuncti 
vidua  acquisiverat.  Der  Bibliotheksraum  wurde  von  Onno 
Tiabberen  „Senatore  Emdano,  aedile  magni  templi 
ejusque  collegis  ex  praecepto  Vitruvii  lib.  V  archit.  cap.  7  ad 
orientem  spectans"  schon  1578  eingerichtet  (recte  aptatus), 
also  offenbar  auf  Kosten  der  Kirche3).  —  B.  Br.  VII 1052—1074 

0  vgl.  Spiegel,  Hardenberg  (Bremen  1869),  S.  19. 

*)  nach  dem  Trifolium  des  Biirgermeisters  Timon  Rudolphi  (No.  33) 
war  Stifter  der  Stadtsyndikus  Dr.  Geldricus  Crumminga  (f  1655,  s.  u). 

*)  Wahrscheinlich  haben  im  XVII.  Jahrhundert  einmal  eine  Zeitlang 
zugleich  zwei  „6ffentlichea  Bibliotheken  in  Emden  getrennt  be- 
standen:  die  in  der  Grossen  Kirche,   deren  erste  Grundlage  die  aus- 


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—    446     — 

Analecta  anecdota  ad  Hist,  eccles.  seculi  XV  facientia  cum 
notis  E.  F.  H.  (betreffend  die  Griindung  einer  Antiphone  an 
der  Grossen  Kirche  1453,  einer  Vikarie  1479  durch  die 
Eheleute  Henr.  Matthiae  und  Geseke  in  Emden  —  in  der 
Nahe  der  „Swakenborga  wohnhaft  — ,  die  sich,  urn  der  „guten 
Werke"  teilhaftig  zu  werden,  1467 — 1489  in  verschiedenen 
religiosen  Briiderschaften,  sogar  zu  Zwolle,  einkaufen).  —  B.  Br. 
VIII,  1725,  S.  111—120  de  Guil.  Gnapheo.  —  S.  703  Brevis  de 
G.  Sopingio  relatio  (Sop.,  als  Erklarer  des  Hesychius  bekannt, 
war  ein  Sohn  des  Nicol.  S oping,  der  nach  Reershemius  S. 702 
1587   von  Greetsiel  als  Prediger  nach  Utrecht  berufen  wurde). 


drucklich  der  Kirche  vermachten  Bucher  des  Kirchenaltesten  Gerh.  torn 
Camp  (Aeltester  1667/8)  waren  (vgl.  Bartels  Jahrb.  I,  3,  S.  88),  und  die  der 
Stadt  legierte,  spater  in  die  der  Grossen  Kirche  aufgenommene  des  Syndicus 
Dr.  Geldricus  Crumminga  (|  1656).  Denn  obwohl  jene  schon  langst 
bestand,  lagen  die  Bucher  des  letzteren  noch  1681  zur  Zeit  des 
Burgermeistera  Dr.  Timon  Rudolphi  (anscheinend,  recht  verwahrlost) 
im  oberen  Stock  des  Fleischhauses  an  der  Grossen  Bruckstrasse 
(Fiirbringer,  Die  Stadt  Emden,  S  90).  Auch  noch  in  dem  Vergleiche  mit 
dem  Grossen  Kurfursten  vom  29.  Januar  1685  (Ms.  der  „Kunsta  48,  S.  98) 
wird  die  „Stadtbibliothek8  ausdrucklich  als  im  Fleischhause  befindlich 
bezeichnet:  „Burgermeister  und  Rat  haben  .  .  .  zu  Anfang  grosse  Diffi- 
cultaten  gefunden  ....  in  Erwagung  sothanes  Haus  mitten  in  der  Stadt 
gelegen  und  man  nicht  leichten  einen  solchen  bequehmen  Orth  zum  Fleisch- 
haufs,  daran  der  Stadt  sonderlich  wegen  der  Accisen  viel  gelegen,  auch 
der  Stadt  Bibliothec  und  allerhand  Krieges  Materialien,  so  in  diesem 
Gebaude  verwahrt  werden,  wurde  ausfinden  konnen.8  Auch  wird  bei  der 
Abtretung  des  Fleischhauses  zur  Bedingung  gemacht,  dass  S.  Churf.  D. 
zur  Erbauung  eines  neuen  Fleischhauses  ....  „wie  auch  zur  Aptierung 
eines  anderwartigen  Platzes  zu  der  Bibliothec  .  .  .  .  so  viel  Holz  als 
dazu  nothig  ....  durch  Dero  anher  destinierte  Schiffe  frei  und  ohne 
Entgelt  uberbringen  lassen  werden8.  Also  noch  1685  war  nur  die 
Crummingasche  Bibliothek  „Stadtbibliothek8.  Im  Anfange  des 
XVI1L  Jahrh.  wurde  zwar  auch  die  Bibliothek  der  Grossen  Kirche  hin  und 
wieder  als  „Stadtbibliothek*  bezeichnet,  selbst  von  ihrem  Ordner  um 
1709,  dem  Visitator  Gerhard  Outhof  (Waarschouwinge  S.  329  und  352: 
„op  onze  Stads  Bibliotheek8),  obgleich  er  selbst  unzweideutig  erwahnt 
dass  Gerardus  Kamp  seine  Bucher  „aan  ons  Consistorie8  verehrte 
(S.  396)  und  dass  er  den  Auftrag  zur  Neuordnung  von  dem  Kirchenrat 
erhalten  habe.  Diese  Bezeichnung  diirfte  aber  nichts  anders  als  96fifent- 
liche  Bibliothek8  bedeuten,  wobei  zu  berfccksichtigen  ist,  dass  die  Bibliothek 
in  der  Grossen  Kirche  durch  die  Einverleibung  der  Crummingaschen 
BUcher   allerdings   mehr   als   fruher   deu    Charakter   einer    , stadt ischen4 


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—     447     — 

Bibliothek  erhalten  hatte.  So  nennt  aucb  Meiners  [Oostvr.  kerkel.  ge- 
schiedenisse  I  (1738)  S.  256  und  467]  sie,  mit  Stolz  auf  seine  Vaterstadt, 
„onze  openbare*  Oder  „gemeene  Bibliotheek*.  Die  Worte  des  Zach.  Conr. 
v.  Uffenbach,  der  1710  durcb  Emden  reiste  und  in  seiner  1763  erschienenen 
Reisebe8cbreibung  (vgl.  Ostfr.  Monatsbl.  1876  S.  8)  erzahlt:  »In  diesem 
Gebaude  bey  der  Kirche  soil  der  Magistrat  auch  eine  kleine  Bibliothek 
haben;  sie  wurde  uns  aber  so  geringe  gemacht,  dass  wir  Bedenken 
trugen,  selbige  zu  sehen,  zumalen  ein  Ratsherr  den  Schliissel  dazu  hat", 
beweisen  freilich,  dass  seinem  Gewahrsmanne  1710  der  Magistrat 
wenigstens  als  Miteigentiimer  gait.  Das  Eigentumsrecht  der  Stadt  kann 
sich  aber  nach  dem  Obengesagten  in  der  That  nur  auf  einzelne  Bestand- 
teile  der  Bibliothek,  auf  den  Crummingaschen  Nachlass,  und  hochstens 
noch  auf  die  Bticher  des  Predigers  Salmuth,  gegrtindet  haben.  Diese 
letztern  scheinen  aber,  wenn  auch  aus  der  Stadtkasse  bezahlt,  der  Biblio- 
thek der  Grossen  Kirche  geschenkt  worden  zu  sein;  denn,  warum  sie 
andernfalls  nicht  in  der  „herrlichen  Stadtbibliothek"  im  Fleischhause,  wie 
T.  Rudolphi  sie  nennt  (Fiirbr.  90),  aufgestellt  worden  waren,  ist  nicht 
einzusehen  (vgl.  u.  S.  448).  Andererseits  aber  wurde  die  Stadt,  wenn  sie 
sich  schon  bei  Crummingas  Tod  1656  als  Besitzerin  der  Bibliothek  in  der 
Grossen  Kirche  hatte  betrachten  diirfen,  die  Bibliothek  des  Verstorbenen 
doch  nicht  erst  lange  Jahre  bei  den  Hinterbliebenen  belassen  und  dann 
im  Fleischhause,  sondern  gleich  in  der  Grossen  Kirche  untergebracht 
haben.  Es  ist  1685  nur  das  Fehlen  eines  eigenen  Raumes  fur  die  „Stadt- 
bibliothek",  das  Nichtvorhandensein  einer  wirklichen  Stadt- 
bibliothek,  gewesen,  das  den  Magistrat  notigte,  Crummingas  Bticher 
der  Kirchenbibliothek  zu  iiberweisen,  wo  sie  natiirlich  willkommen  ge- 
heissen  wurden,  wenn  sich  auch  die  Stadt  ihr  Eigentumsrecht  daran 
wahrte.  Dies  Verhaltnis  wird  seinen  aussern  Ausdruck  darin  gefunden 
haben,  dass  dem  Deputierten  des  Magistrats  ein  Schliissel  zur  Verfugung 
gestellt  und  der  jederzeitige  Zutritt,  vielleicht  auch  die  Mitaufsicht,  ge- 
wahrt  wurde.  —  Mag  auch  das  Eigentum  der  Kirche  in  dem  ersten  Jahr- 
hundert  nach  der  Reformation  von  dem  der  Stadt  nicht  tiberall  scharf 
geschieden  gewesen  sein,  in  den  Anfangszeiten  der  Bibliothek  treten 
unzweifelhaft  die  kirchlichen  Organe  als  Verwalter  in  den  Vordergrund, 
und  sie  betrachten  sich  als  verantwortlich  fiir  ihre  Verwahrung.  Das 
zeigen  deutlich  die  Protokolle  des  Kirchenrats;  so  im  Jahre  1570: 
,13  Nouemb.  A0  70  Heft  Mortannia  voergestelt  van  S.  Gerardi 
Campij  boeken  den  deneren  der  gemeene  alhyr  in  syn  testament 
gemaket,  de  by  hem  bet  vp  dissen  dach  gelaten  sint  vnd  in  de  vloodt- 
schade  (in  der  Allerheiligenflut  1570)  myt  syn  eigen  boken  schade  ge- 
geleden  hebben.  So  yst  voer  idt  beste  angesien  dat  de  gude  boeken  hyr 
vp  idt  Consistorium  gebracht  worden,  vnd  de  gans  nicht  doegen,  dat 
men  de  enwech  werpen  sall(!)K;  1575:  „den  10  Octobris  an0  76  Js  de 
wolgelerde  vnde  Christliche  getruwe  broder  Martinus  Barnerus  de 
Rector  desser  Scholen  vnd  bockvorwarer  desses  con- 
sist or ij  in  den  Heeren  vorsturuen";  Protok.  vom  19.  Dezember  1676: 
8Dominus  Oierus  vnd  Herman   sporemaker  hebben  van  salighe   doctor 


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Alberti  (Hardenberg)  weduwe  inghebracht  sie  mit  Tammo  Coenders 
bedacht  is  eerst  tho  bespreken  vnde  dahr  na  copia  van  idt  testaments 
punct,  so  dem  consistorio  concerneet  (sic)  gheven  zampt  een  inuen- 
tarium  syner  bibliotecae*;  26.  Dez.  1575:  Dominus  Oierus  vnde  Herman 
sporemaker  hebben  copiam  van  idt  punct  des  testaments  salig.  dock 
Alberti,  concernerende  de  biblioteca  ghevordert  van  fyn  weduwe 
Thrude  vnde  willen  oock  mede  inuentarium  der  boke  van  de  weduwe 
vorderen";  16.  Jan.  1676:  „Dns.  Oierus  sal  vlitich  mit  Borg.  Metmanno  vlitich 
(sic)  anholden,  om  een  inuentarium  van  de  Weduwe  Thrude  Sissinge 
der  boken  doctoris  Alberti  piae  memoriae  to  becomen8;  19.  Mai  1678: 
„D.  Joes  Petrejus  schal  met  2  syner  oldestenn  gaen,  thot  Onno  Tyabberen 
Raetsheren,  vnd  syn  Erb:  ernstlick  ermanen  vnd  anspreckenn,  dat  zyn 
Erb:  doch  met  zyn  mithhulperen  de  karckvoechdenn,  wil  voertfaren,  in 
de  libery  tho  timmeren".  Die  lateinische  Bezeichnung  ist  gern 
„Bibliotheca  consistorialis",  und  nach  Salmuths  Tod  1625  gent 
die  Anregung  zum  Ankauf  seiner  Bibliothek  durch  die  Stadt  von  dem 
wahrscheinlich  unter  des  Predigers  Petrus  Petrejus,  des  damaligen 
Bibliothekars,  Einfluss  stehenden  Kirchenrate  aus  (dessen  eifriges  Mitglied 
Emdens  benihmtester  Stadtsyndikus,  Dr.  Joh.  Althusius,  Kirchenaltester 
1617—1637,  war),  indem  der  Magistrat  zugleich  gebeten  wurde,  die 
Biicher  Salmuths  derKirche  zu  sverehrenu  (Kirchenrats-Protokoll  vom 
13.  Februar  1626),  was  gewiss  geschehen  ist,  da  auch  der  erste  Teil  des 
Wunsches  Gewahrung  fand.  Zu  dem  Vermachtnisse  Gerhard  torn  Kamps 
(uber  ihn  s.  ob.S.  291  u.  401,  er  ist  als  Kirchenaltester  1557  u.  1558  nach- 
zuweisen,  lebte  aber  noch  1559,  vgl.  seinen  Brief  an  Hardenberg  bei 
Spiegel  S.  372),  Hardenbergs  (t  1574),  des  Burgermeister  Petrus 
Medmann  (f  1584)  und  den  Zuweisungen  des  XVII.  Jahrhunderts 
(Salmuths  und  Crummingas  Bibliotheken)  sind  1727  die  Schenkung 
der  Erben  des  Dr.  jur.  utr.  Adrianus  Meyer,  Sekretars  des  Vierziger- 
kollegiums  und  Kirchenaltesten  (vgl  Bartels  Jahrb  XI,  1895,  S.  424  No  42), 
sowie  im  XIX.  Jahrhundert  die  Vermachtnisse  des  Stadtverorduetensekr. 
D.  B.  Loesing  und  des  Gutsbesitzers  G.  Wenckebach  von  Upgant 
hinzugetreten.  Die  zahlreichen  Geschenke  von  meist  theologischen  und 
historischen  Werken,  die  ihr  in  den  letzten  150  Jahren  zu  teil  wurden, 
sind  der  Bibliothek  ohne  Zweifel  nur  als  K  i  r  c  h  e  n  bibliothek  zugefallen ; 
so  machten  es  sich  die  Mitglieder  des  Presbyteriums  zur  Pflicht,  ihr  je 
einen  Louisd'or  oder  ein  Werk  von  wenigstens  gleichem  Werte  bei  ihrem 
Amtsantritte  darzubieten  (vgl.  Vietor,  Evangel.-reform.  Kirchenzeitung, 
Erlangen  1858,  S  293  ff .).  Ebenso  sind  alle  Unterhaltungs-  und  Ver- 
mehrungskosten  seit  mindestens  150  Jahren  nachweislich  von  der 
Kirchenkasse  getragen.  —  Der  Syndikus  Dr.  Geldericus  Crumuiinga 
war  wohl  Sohn  des  im  Abendmahlschor  der  Grossen  Kirche  begrabenen 
Vierzigers  Focco  Boelsen  (Boles)  Crumroinga  [Vierziger  1599—1626,  1620 
standischer  Administrator  (Wiarda  IV,  128)],  von  dem  der  ebenfalls  im 
Abendmahlschor  der  Grossen  Kirche  liegende  Hemmo  Crumminga  (t  1622 
32  Jahr  alt)  vielleicht  ein  Bruder  war ;  als  Geschwister  nennt  sein  Testa- 
ment Boltzenius  Cr.  (nach  Reershemius  S.  707   seit  1603  Prediger  in 


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—    449    — 

Pil8um;  ein  Bolzenius  Crumminga  Embdanus,   der  in  Franeker  zum  Dr. 

jur.  promoviert  war,  studierte  aber  mit  dem  sp&teren  Burgermeister  Dr. 

Isbrand  Eilbard  Harkenroht  und  dem  nachherigen  Emder  StadtsekretSr  Dr. 

Steffen  Jorgena  1619  in  Herborn),  Dedde,  dessen  Sonne  Focco  und  Ailco 

Cr.  waren,  und  T  i  a  1  d  e  (nach  M.  v.  Wichts  Genealogien  No.  50  verheiratet 

mit  Joachim  Eltjes).    Seine  Mutter  muss  Tetta  Hemmen,  die  Tocher  des 

Hemmo  Deddinga  von  Eppingewehr  bei  Jemgum,  gewesen  sein  (vgl.  M.  v. 

Wicht  1.  a),  der  durch  seinen  Sohn  Aiico  Hemmen  Deddinga  (t  1669)  und 

seinen  Enkel  Andreas  Ailken  Deddinga  auf  Eppingewehr  (f  1629,  verheir. 

mit  Bauwa  Dyurken)  Urgrossvater  des  Emder  Burgermeisters  Djurko 

An  dree   (t  1691  66  Jahr  alt)   war.     Geldericus   Cr.    studierte   1614    in 

Marburg,  1617  in  Basel  (Bartels,  Jahrb.  XI,  S.  423),  wo  er  am  22.  Mai  1618 

mit  der  Dissertation:   Assertionum  forensium  dodecas  (gewidmet   dem 

Assessor  des  Reichskammergerichts  zu   Speier  Franz  Jugerth  und   dem 

Rate  und  den  Vierzigern  von  Emden)  zum  Dr.  jur.  utr.  promo vierte,  1626 

war  er  Advocatus  patriae  (Bartels  1.  a);   am  19.  Dez.   1637  wurde  er, 

noch  zu  Lebzeiten  des   bisherigen  Syndikus  Dr.  Joh.  Althus,  zum  Stadt- 

syndikus   gewahlt.     Nach    seinem    Testament   war    er    namentlich    im 

Reiderlande,  zu  Weener,   Bohmerwold   und  in  Jemgumergast,   reich  be- 

giitert,  auch  zu  Uphusen  besass  er  einen  Heerd;   seine  Emder  Wohnung 

lag  in   der  Lilienstrasse      W&hrend   er  in  jungeren  Jahren    als  Stutzer 

ADsto8s  erregte  (1621  trug  der  Kirchenrat  dem  Prediger  Ritzius  auf,  Doctor 

Crumminga  ,van  wegen  zyn  pracht  in  zyn   lobben  und  hozebanden"  an- 

zusprechen  und  zu  vermahnen  (Jahrb.  X,  2,  S.  49),  fuhlte  sich  spater  der 

Kirchenrat  verpflichtet,  ihm  fur  Dienste,  die  er  der  Kirche  als  advocatus 

erwiesen,    durch    ein    Geschenk   seine   Dankbarkeit   auszudriicken    (vgl. 

Grabregister  der  Grossen  Kirche),  und  auch  das  Testament  vom  17.  Sept. 

1665  l&88t  von  ihm  den  Eindruck  eines  aulrichtig  frommen,  verst&ndigen 

Mannes  zuruck.    Der  Grossen  Kirche  stand  er  schon  durch  seinen  Vater, 

der  fast  20  Jahre  (1608—1626)  Kirchvogt  war,  nahe.    Ob  daher  die  anfang- 

liche  Trennung  seiner  Bibliothek,  die   in  das  Fleischhaus,   wie  erwahnt, 

erst  l&ngere  Zeit  nach   seinem  Tode   geschafft   wurde,   von   der   in   der 

Kirche  seinem  eigentlichen  Willen  entsprach,  ob  er  mit  dem  Ausdruck 

des  Testamentes:  ,Der  Stadt  Emden  vermache  ich  meine  ganze  Bibliothek " 

nicht   doch   schon  die  offentliche  Bibliothek   in  der  Grossen  Kirche   im 

Auge  hatte,   ist  nicht  sicher.    In   den  Stammbaumen   der  Reiderlander 

HHuptling8familie  Krumminga,   die  im  Anfang  des  XVIII.  Jahrhunderts 

ausstarb,   fehlen  sein   und   seiner  Angehorigen  Namen.     Er  ist  vielleicht 

zu  einer  von  denjenigen  Familien  dieses  Namens  zu  rechnen,  auf  die  der 

Reim  gemunzt  ist:    Dit   sind    die  Crumminga,    die    man   findt;    De  sick 

sonst   Crumminga   nendt,   De   sin   von  Wiebesbilt   oder   bastart   Kindt. 

(9Rhythmi  Wehnerae  fenestrae  cuidam   angulari    infcripti"    in    Onko    v. 

Rehdens  Genealogien  VI,  S.  108.)    Wahrend  des  Druckes  geht  noch   ein 

interessanter   Beitrag  zur   Geschichte    der   Familie    des    Dr.    Geldricus 

Crumminga  ein:   in  einem  von  unserm  Dr.  Borchling  auf  der  Gottinger 

Universit&tsbibliothek   entdeckten  bissigen   Spottgedicht   auf  die  Emder 

Jahrbnch  der  Gesellsch.  f.  b.  K.  a.  vater!.  Altertttmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  29 


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—    450    — 

21.  November  1899.  Die  Zeitschrift  fur  bildende  KunstXI 
bringt  auf  S.  46  eine  Besprechung  des  Werkes  von  H.  Ehren- 
berg,  Die  Kunst  am  Hofe  der  Herzoge  von  Preussen  (Berlin  u. 
Leipzig,  1899,  Preis  27  Mk.),  von  Czihak.  Ehrenberg  weist 
u.  a.  die  Epitaphien  des  Herzogs  Albrecht  und  seiner  beiden 
Gemahlinnen  im  Chor  des  Kftnigsberger  Domes,  „ohne  Zweifel 
die  hervorragendsten  Schflpfungen  der  nordischen  Renaissance- 
Skulptur  des  XVI.  Jahrhundert  in  der  preussischen  Konigs- 
stadta,  als  Werke  des  Cornelis  Floris  de  Vriendt  von  Ant- 
werpen  nach.  In  Corn.  Floris,  dem  Erbauer  des  alten  Ant- 
werpener  Rathauses,  der  nach  Sello  und  Ehrenberg  auch  das 
Edo  Wiemken  -  Denkmal  und  die  Scblossdecke  in  Jever  ge- 
schaffen  hat,  ist  nach  den  von  Pauli  (Die  Renaissancebauten 
Bremens,  1890,  S.  34)  und  Sello  gegebenen  Andeutungen  wahr- 
scheinlich  der  Schopfer  des  Enno-Grabmals  und  der  Abschluss- 
wand  in  der  Grossen  Kirche  zu  suchen.  Das  genannte  Buch 
von  Ehrenberg  iiber  die  Kunst  am  Hofe  der  Herzoge  von 
Preussen  wird  als  epochemachend  fur  Corn.  Floris  bezeichnet, 
und  eine  Anzeige  im  Litter.  Central blatt  1899  S.  1299  von  Lange 
bestatigt  das  mit  noch  rtihmenderen  Worten. 

Herr  Auktionator  E.  C.  Ulferts  in  Esens  iibersendet  das 
bei  Langefeld  4  Fuss  tief  unter  der  Oberflache  des  Hoch- 
moors  gefundene  alte  Holzger&t  (von  ihm  selbst  riihrt  die 
scherzhafte  Benennung  „Radbod-Loffela  her)  und  giebt  eine 
interessante  ausfiihrliche  Beschreibung  des  Fundortes  und  der 


„Rebellentf  von  1609  findet  sich  folgende  gegen  Geldricus  Cr/a  Vater,  Focke 
Boelsen  Crumminga,  gerichtete  Stelle: 

Dem  (Jost  Beninga)  ist  nu  beigesetzet  recht 

von  gleicher  arth  ein  bauren  Knecht, 

Der  will  sich  schreiben  Crumminga 

Dazu  auch  Focke  Bolsenna, 

Da  doch  sein  Grosvatter  zuuor, 

Ein  S c h m i t  gewesen  auf  Weinigermoor, 

Sein  vatter  Bolsen  Amofsen  auch 

Meinaidig  ist  geworden,  noch 

Will  dieser  bube  redlich  sein, 

Da  er  doch  der  Rebellen  ein  usw. 
Die  Herkunft   der  Familie  aus   Wenigermoor  im  Reiderland  wird 
durch.eine  Schuldverschreibung  iiber  10  hoornsche  Thacler  von  der  Hand 
des  „Bolsen  Amsen  vp  Wengermora  von  Mitfasten  1564   im  v.  Wingene- 
achen  Archive  zu  Groothusen  bestatigt. 


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—    451     — 

umliegenden  Landschaft.    Die  Grenze  zwischen  dem  Harlinger-, 
Auricher-  und  Norderland  bildet  ein  gewaltiges  Hochmoor, 
auf  dessen  westlichem  Auslaufer  das  Berumer  Fehn  entstanden 
ist  und  in  dessen  Mitte  als  Rest  des  ehemaligen  Moorsees  das 
„Ewige  Meera  liegt,  im  Norden  und  Sfidosten  von  2  Landriicken 
eingeschlossen,  der  nordliche  ist  der  „Holtriema,  der  siidliche 
derjenige,  auf  dem  Langefeld  (das  „lange  Feld")  liegt,  auf  dem 
Wege  zwischen   Aurich,   Tannenhausen   und   Esens.     Parallel 
dem  von  Siidwesten  nach  Nordosten  sich  hinziehenden  Lange- 
felder  Sandriicken   an   der  Grenze   zwischen   Moor   und   Sand 
fuhrt  der  „Htinschloota,  eine  Anlage  r&tselhaften  Zweckes, 
da  sie  zur  Entwasserung   des  Moores   schwerlich   gedient  hat. 
300  m  nflrdlich  vom  „Hunschloota   und  ebenfalls  300  m   von 
dem  alten  Harlinger  Landesgrenzzeichen  am  Wege  von  Lange- 
feld  nach  Blomberg,   dem   „Roten  Pfahl",    wurde    der    grosse 
holzerne  LSffel  (Lange  des  Stieles  1  m,  Durchmesser  des  Loffels 
35  und  32  cm)  auf  dem  Kolonate  des  Kolonisten  Groenewold 
zu  Langefeld  4  Fuss  tief  unter  der  Oberflache  gefunden.    Nach 
Herrn  Ulferts  hat  er  vtelleicht  zum  Schopfen  des  Torfschlammes 
fiir  sp&tere  Trocknung  gedient.    Ein  alter  Kolonist  erzahlte  jhm, 
beim  Ausraumen  des  Hunsohloots  seien  einmal  alte  Schiffsteile 
gefunden  worden,   und   schloss   daraus,    was   auch    unter  der 
dortigen  Bevolkerung  geglaubt  wird,   dass  er  einst  viel  breiter 
und    tiefer   und   schiffbar   gewesen    sei.      Herr   Ulferts    weist 
ferner  darauf  hin,  dass  der  n5rdliche  Sandriicken,  der  Holtriem, 
alte  Ansiedlungen   und  Kulturstatten   getragen   haben  miisse, 
was  aus  Urnenfunden   und   der  Existenz  des   Barkholter 
Berges  hervorgehe.    Urnen   wurden   u.  a.   bei   Holtgast   beim 
Bau   der  Landstrasse  von  Westerholt    nach   Esens   gefunden, 
eine     mit    Knochen    und    Asche    gefullte    war     sehr    schon 
und  ist  auf  Weisung  der  Behorde  in  das  Provinzialmuseum  zu 
Hannover  gekommen1). 

28.  Nov.  1899.  Das  in  der  vorigen  Versammlung  erwahnte 
Werk  des  Konigsberger  Staats  -  Archivars  und  Dozenten  H. 
Ehrenberg,  Die  Kunst  am  Hofe  der  Herzoge  von  Preussen,  war 


!)  Auf  dem  „Holtriema  liegen  auch  die  durch  unseres  Ehren- 
mitgliedes,  des  Herrn  Amtsvogtes  Rose,  Ausgrabungen  uns  wohl- 
bekannten  Orte :  Westerholt,  Nenndorf,  Schweinfeld,  Terheide,  Narp,  Utarp, 
Ochtersum,  Schoo  usw. 

29* 


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—    452    — 

noch  nicht  zur  Einsicht  zu  erhalten,  daftir  giebt  aber  ein  Auf- 
satz  desselben  Verfassers  im  Repertorium  fur  Kunstwissen- 
schaft  von  Thode  und  v.Tschudi,  Bd.XXII,  1899,  S.  195—207: 
„Die  Renaissance  -  Denkmaler  in  Jever"  die  Resultate  seiner 
Forschungen  iiber  Cornelis  Floris  de  Vriendt,  auch  soweit 
sie  ftir  Emden  in  Betracht  kommen.  Bei  einer  Durch- 
forschung  der  Bildhauerei  Norddeutschlands  und  der  Nieder- 
lande  in  der  zweiten  Halfte  des  XVI.  Jahrhunderts  zur  kunst- 
geschichtlichen  Wiirdigung  der  Renaissance  -  Denkmaler  im 
Dome  zu  K5nigsberg  i.  Pr.  drangte  sich  ihm,  so  berichtet  er, 
schon  vor  mehreren  Jahren  die  Ueberzeugung  auf,  dass  auch 
gewisse  Renaissance  -  Denkmaler  in  Nordwestdeutschland  auf 
Corn.  Floris  und  seine  Werkstatte  zuriickzufiihren  seien.  Fur 
die  Denkmaler  in  Jever  hatte  schon,  ehe  Ehrenberg  die  Ergeb- 
nisse  seiner  Studien  veroffentlichen  konnte,  unabhangig  von  ihm 
Sello  dieselbe  Gewissheit  erlangt.  Nachdem  E.  S.  200  ff .  seine  Be- 
grtindung  ftir  die  Zuriickfuhrung  der  Jeverschen  Denkmaler,  des 
Edo  Wiemken-Mausoleums  und  der  Schlossdecke,  auf  Corn.  Floris 
gegeben  hat,  schliesst  er  S.  206  unter-  Hinweis  auf  Paulis 
Schrift,  Die  Renaissancebauten  Bremens  (1890),  der  wegen  der 
Identit&t  der  beiden  grossen  grottesken  I5wenk6pfigen  At- 
lanten  rechts  und  links  vom  Eingang  des  Enno-Mausoleums 
in  Emden  mit  den  phantastischen  Figuren  einer  Ornamentstich- 
Sammlung  des  Corn.  Floris  v.  J.  1557  beim  Enno  -  Denkmale 
zuerst  an  Floris  gedacht  hat1),  eine  kurze  Beweisftihrung  auch 
ftir  dieses  an,  obwohl  er  nur  nach  Abbildungen  zu  urteilen 
scheint.  Es  muss  nach  ihm  ganz  unzweifelhaft  dem  Floris 
zuseschrieben  werden  und  bildet  das  Bindeglied,  welches  Maria 
von  Jever  mit  dem  Kiinstler  zusammenfuhrte.  Die  Entstehung 
des  Enno-Denkmals  setzt  er,  wie  Mithoflf  und  Starcke,  vor  das 
Jahr  1553,  wo  Gnapheus  es  in  seinem  Lobgedicht  auf  Emden 
besingt,  und  sieht  eine  Best&tigung  dieser  Datierung  in  dem 
Umstande,  dass  es,  worauf  schon  Pauli  aufmerksam  gemacht 


>)  Vor  Pauli  hat  namentlich  Graul  in  seinen  Beitrfigen  zur  Ge- 
schichte  der  dekorativen  Skulptur  in  den  Niederlanden  (Leipzig  1889) 
S.  47  ff,  die  Aufmerksamkeit  auf  Floris  gelenkt.  —  Die  hermenartigen  Ge- 
stagen mit  LowenkSpfen  zu  beiden  Seiten  des  Eingangs  am  Enno-Denk- 
mal  finden  sich  in  verkleinertem  Massstabe  auch  am  Kuppelbau  des  Edo 
Wiemken-Denkmals  (Sello,  Studien  z.G.  v.Oestr.u  R.,  S.34,  Ehrenberg  S.908). 


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—    453    — 

hat,  auf  einer  hoheren  Stufe  stehe  als  das  1561 — 1564  aus- 
gefiihrte  Edo  Wiemken-Denkmal.  In  dem  EmderWerke  will  er 
den  echten  Floris,  seine  eigene  Hand,  nicht  die  untergeordneter 
Schfller  erkennen,  was  namentlich  bei  den  Karyatiden,  die 
durchaus  dem  allgemeinen  Floris-Typus  entsprachen,  und  den 
kleinen  Medusenhauptern  hervortrete,  von  denen  eins  sich  auf 
das  Genaueste  am  Epitaph  der  Herzogin  Dorothea  v.  J.  1549 
in  Konigsberg  wieder  finde1).  Eine  so  reiche  und  pracbtige 
Grabmals-Anlage  miisse  dem  unweit  Emdens  wohnenden  Frau- 
lein  Maria,  sei  es  durch  eignen  Besuch,  sei  es  durch  Horen- 
sagen,  bekannt  geworden  sein  und  werde  sie  zur  Nacheiferung 
und  zur  Beauftragung  desselben  Meisters  veranlasst  haben,  auf 
andere  Weise  lasse  es  sich  gar  nicht  erklaren,  dass  in*Jever 
sich  derselbe  reliefartig  behandelte  Leichenzug  wiederfinde,  wie 
in  Emden.  —  Corn.  Floris2)  (geb.  1514  oder  1518  in  Antwerpen, 
gestorben  ebendort   1575)    bezeichnet    nach    Ehrenberg    einen 


')  Einige  Figuren  an  den  Saulen-Postamenten  erinnern  Ehrenberg 
stilistisch  an  gewisse  Plaketten  von  Peter  Flotner  (Konr.  Lange,  Peter 
Flotner,  Berlin  1897).  Die  trauernden  Frauengestalten  an  den  Saulen- 
Postamenten  rechte  vom  Eingang  lassen,  was  den  bisherigen  Beschauern 
entgangen  zu  sein  scheint,  deutlich  die  friesische  Tracht  der 
Manninga-Bilder  (Hatte,  Stukelbant,  Faltengewand,  Scherssoen, 
Esschart,  Glockchen  auf  den  Schultern)  erkennen.  U.  Manninga  legte  seine 
Hau8chronik  zwar  erst  1561  an  (Jahrb.  X,  2,  S.  9);  dass  aber  die  alte 
friesische  Kleidung  schon  vorher  in  Ostfriesland  historisches  und  wirt- 
schaftliches  Interesse  erregte,  zeigen  die  Schilderungen  in  Beningas  Brief 
an  den  Prediger  Melchers  1643  und  bei  Gnapheus,  der  ja  auch  schon  ganz 
oder  teilweise  das  Enno-Grabmal  schildert  (vgl.  Jahrb.  X,  2,  S.  24  ff.). 
Die  Gestalten  der  Siegesgdttin  in  den  Zwickeln  der  Bogen  mit  Kranz  und 
Palme  an  den  Floris- Werken  in  Schleswig  und  Roeskilde  kehren  auch  in 
Emden  wieder,  und  zwar  nicht  bloss  am  Enno-Denkmal,  sondern  auch 
am  Portal  des  Rathauses. 

*)  Ein  Stammbaum  seiner  Familie  von  seinem  Urgrossvater  Floris 
deVriendt,  Geschworenem  der  Gilde  von  den  vier  Kronen  in  Antwerpen, 
(t  1476)  an,  bis  auf  seinen  1660  gest.  Enkel,  den  Maler  Johann  F.  bei 
A.  J.  Wauters,  Die  vlamische  Malerei,  iibersetzt  von  L.  Neustadt  (Leipzig 
1893)  S.  136.  Sein  gleichnamiger  Sohn  Corn.  Fl.,  Maler  und  Bildhauer, 
starb  1615,  seine  Tochter  Susanne  war  Gattin  des  Malers  Franz  Pourbus 
des  Aeltern.  Sein  Bruder,  der  bekannte  italianisierende  Maler  Franz 
Floris,  ist  in  unserer  Sammlung  durch  ein  der  Konigl.  Nationalgallerie 
in  Berlin  gehSriges  kleines  weibliches  Portrat^  vertreten.  Ein  anderer 
Bruder,  Jacques  Floris,  hatte  alsGlasmaler  grossen  Ruhm  (Kramm, 
De  levens  en  werken  d.  h.  e.  vl.  Kunstschilders  etc.  II  472). 


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—    464    — 

entscheidenden  Wendepunkt  in  der  Geschichte  der  nieder- 
landischen  Bildnerei  und  Verzierungskunst,  insofern  er  zu 
einem  Teile  noch  der  rein  italianisierenden  Renaissance  an- 
gehorte,  die  in  den  Niederlanden  besonders  wahrend  des 
zweiten  Viertels  des  XVI.  Jahrhunderts  herrschte,  zum  andem 
Teile  der  vielleicht  fruchtbringendste  und  erfolgreichste  FSrderer 
der  nordischen  Gegenbewegung  war,  die,  unter  naturalistischer 
Umbildung  und  Benutzung  der  Grotteske,  zwischen  1540  und 
1550  die  allgemeine  Herrschaft  errang.  Guicciardini  schreibt 
Floris  das  Verdienst  zu,  dass  er  als  erster  von  Italien  nach 
den  Niederlanden  die  Kunst  eingefiihrt  habe,  die  Grottesken 
im  Anschluss  an  die  Natur  zu  entwerfen  (Guicciardini, 
Descrizione  di  t.  i.  P.  B.,  Antw.  1567,  S.  101 :  Corn.  Floris,  frateUo 
di  Francesco  Floris,  &  architettore  e  scultor  grande,  huomo 
molto  diligente  e  serviziale,  a  cui  s'  attribuisce  V  honore  d 
essere  stato  il  primo  che  portasse  d'  Italia  in  questi  paesi  T 
arte  del  contrafare  le  grottesche  al  naturale).  Als  sicher 
nimmt  Ehrenberg  an,  dass  Floris  als  einer  der  Ersten  das 
Rollwerk  mit  seinen  Verkriimmungen  und  Durchschiebungen 
unter  gleichzeitiger  Verwendung  von  nordischen  Frucht-  und 
Blumen-Btischeln1)  in  derjenigen  Weise  ausgebildet  hat,  wie  sie 
uns  in  Nord-  und  Mitteleuropa  gelaufig  ist;  insbesondere  seien 
beim  Epitaph  in  den  Niederlanden,  in  Norddeutschland, 
Danemark  usw.  mehrere  Jahrzehnte  hindurch  fast  ausschliess- 
lich  die  von  Floris  erfundenen  Formen  zur  Anwendung  ge- 
langt.  Fur  die  Erkenntnis  seiner  Bedeutung  sind  2  Ornament- 
stich-Folgen  wichtig,  die  er  teil  weise  als  Entwtirfe  ohne  be- 
stimmten  Gebrauchszweck  herausgab:  1)  Veelderley  Verande- 
ringhe  van  Grotissen  (=  Grottesken)  ende  Compartimenten 
(=  Kartuschen)  ghemaeckt  tot  Dienste  van  alle  die  de  Conste 
beminnen  ende  ghebruiken,  ghedruckt  by  Hieronimus  Cock  1556 
Cornells  Floris  inventor.  Libro  primo  (12  Blatter)2);  2)  Veelderley 

»)  Abgesehen  vom  Enno-Denkmale  vgl.  auch  die  Fruchtkorbe  fiber 
der  unteren  Fensterreihe  des  Emder  Rathauses.  Fur  die  Rollwerk-Yer- 
zierung  —  Umrollung  der  Rand-Teile  des  Zierechildes  —  gewahren  die 
zahlreichen  Giebelsteine  von  Emder  Hausern  aus  den  Jahren  1668—1590. 
die  in  unsere  Sammlung  gelangt  sind,  ein  anschauliches  Beispiel. 

x)  Auf  dies  erste  Werk  des  Floris  haben  schon  von  Alten  und 
Kohlmann,  der  letztere  in  seinem  Aufsatze  iiber  die  Renaissancedecke 
im  Schlosse  zu  Jever,  Jahrb.  VI,  2.  1885,  S.  170,  hingewiesen. 


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—    455     — 

niewe  Jnventien  van  antycksche  Sepulturen  .  .  .  met  noch  zeer 
fraeye1)  Grotissen  ....  voer  Beeltsniders,  Antycksniders, 
Schilders  ende  alle  Constenaers  .  .  .  1557.  C.  Floris 
invent.  Libro  secundo  (14  Blatt).  Der  Einfluss  italienischer 
Renaissance  verrat  sich  hier  u.  a.,  worauf  im  Hinblick  auf  die 
Reliefs  des  Leichenzuges  am  Enno-Denkmal  hinzuweisen  ist, 
in  der  Anordnung  scenischer,  reliefartig  gedachter  Darstellungen. 
Wahrend  Fl.  in  diesen  Stichen  seiner  kunstlerischen  Laune 
mitunter  auf  das  Freiste  die  Ztigel  schiessen  lasst  —  auf 
mehreren  Blattern  trifft  man  eine  ganz  spukhafte  Phantastik, 
die  Ehrenberg  als  ein  nordgermanisches  Erbteil  seiner  Kunst 
ansieht  — ,  zeigen  seine  in  Stein  ausgefuhrten  Werke  durchweg 
strengere  Regelmassigkeit  und  harmonische  Abrundung,  obgleich 
er  auch  in  ihnen  nicht  auf  seine  nordischen  Verzierungsmotive 
und  Spukgestalten  —  Rollwerk,  Blumen  und  Fruchte,  Grottes- 
ken2)  —  verzichtete.  —  Das  nachweisbar  friihste  Werk  des 
Floris,  Ausschmiickungen  in  der  Lucas -Gilde  zu  Antwerpen, 
fallt  in  d.  J.  1541,  das  Emder-Denkmal  soil  1548  entstanden 
sein8),  das  Dorotheen-Epitaph  stammt  aus  d.  J.  1549,  1561  bis 

*)  =  schone  Grottesken.  Ehrenberg  ist  das  einem  Ostpreussen 
verzeihliche  Versehen  begegnet,  Bsehr  freiea  zu  iibersetzen. 

*)  vgl.  das  Enno-Denkmal.  Besonders  charakteristisch  fiir  Floris 
sind  die  Behalter  („rostartigea  Korbe)  mit  iiberquellenden  Fnichten  und 
Blumen  tiber  den  ionischen  Kapitalen  (der  2  Atlanten)  des  Enno-Denkmals, 
aber  auch  fiber  den  untern  Fenstern  des  Rathauses,  rechts  vom  Portal 
(vgl.  Graul  S.  50),  ebenso  die  in  dem  Gitterwerk  des  Enno-Denkmales 
gefesselten  mannlichen  und  weiblichen  Telamonen  (Ehrenberg  S.  198). 

*)  Die  von  Starcke  in  unserm  Jahrbuche  (IV,  2,  1881,  S.  96)  nicht 
genannte  Quelle  fur  diese  Jahreszahl  sind  von  Wichts  ungedruckte 
Annalen ;  es  wird  dort  aber  nur  gesagt,  in  diesem  Jahre  seien  die  Ge- 
beine  der  ostfriesischen  Grafen  in  Norden  ausgegraben  und  nach  Emden 
gebracht  worden:  „A.  1548  effodiebantur  Nordae  ossa  ac  monumenta 
Comit.  Fris.  —  unter  letzteren  ist  z.  B.  der  Totenschild  des  1491  vor 
Friedeburg  umgekommenen  Grafen  Ennos  I ,  jetzt  an  der  Siidwand  der 
Grabkapelle,  zu  verstehen  —  et  Emdam  deferebantur ;  postea  nemo  ex 
aula  amplius  Nordae  humi  reconditus  est.a  Dass  sich  der  ohne  Zeit- 
angabe  folgende  Satz:  „Sed  Emdae  splendidum  monumentum  et  simula- 
crum extructum  est,  in  quo  cadavera  sepulturae  tradebantur*,  auf  das 
Jahr  1648  und  auf  das  ganze  heutige  Mausoleum  bezieht,  ist  nicht  ganz 
sicher.  Beninga  (f  1562)  erwahnt  nichts  von  dem  Denkmal,  Emmius 
S.  908  nicht  die  Zeit  des  Baues;  Gnapheus  (1553)  spricht  vielleicht  nur 
von  dem  eigentlichen  Enno-Grabmal,  wenn  er  auch  die  „grandia  busta", 
8Praxiteli8  novi  opus",  8molem  Parii  lapidis"  preist. 


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—    466    - 

1564  baute  Floris  das  Antwerpener  Rathaus,  urn  dieselbe  Zeit 
entstand  das  Edo  Wiemken-Denkmal,  1566  nach  Sello  die  Schloss- 
decke  in  Jever,  1568  (?)  war  das  ehemalige  Haus  der  deutschen 
Hansa  in  Antwerpen  vollendet,  das  Herzog  Albrecht-Denkmal  in 
Konigsberg  tr&gt  die  Jahreszahl  1570,  von  anderen  Werken  sind 
besonders  zu  nennen  die  Denkmaler  fiir  Konig  Friedrich  I.  von 
Danemark  zu  Schleswig  (1552?)  und  fiir  Christian  III.  in  Roeskilde 
(1569?).  Nach  seinen  zahlreichen  Arbeiten,  die  als  sichere 
Grundlagen  fiir  Zuweisungen  weiterer  Werke  an  ihn  dienen 
konnen,  charakterisiert  Ehrenberg  Corn.  Floris  als  einen  stets  ge- 
schmackvollen,  dekorativ  vielseitigen  Kiinstler  von  streng  urn- 
grenzter  Eigenart,  der,  nicht  allzu  sehr  in  die  Tiefe  gehend,  bei 
den  Figuren  auf  wahre  Beseelung  des  Gesteins  keinen  allzu- 
grossen  Wert  legte;  seine  Arbeitweise  sei  je  l&nger  je  mehr 
auf  Werkstatten-Fabrikation  hinausgelaufen  und  habe  sich  zum 
Teil  in  Manierismus  verflacht,  wofur  das  Herzog-Albrecht- 
Denkmal  in  Konigsberg  einen  besonders  charakteristischen  Be- 
leg  bildet:  nach  dem  Hinscheiden  des  hochbetagten  Fiirsten 
1568  war  eine  sorgfaltige  Totenmaske  hergestellt  worden,  der 
Kopf  des  Denkmals  tragt  jedoch  die  verschonten  nichtssagenden 
Ziige  eines  Mannes  in  den  besten  Jahren1).  —  Die  Ergebnisse 
Ehrenbergs  fiir  die  Jeverschen  Denkmaler  begegnen  denen 
Sellos,  auch  in  der  Anerkennung  der  Jahreszahl  1566  fiir  die 
Schlossdecke2).     Wie  fur  Jever  und  Emden,  so  stutzte  sich  der 

»)  vgl.  v.  Czihak,  Z.  f.  bild.  Kunst  XI,  1899/1900,  S.  47 :  8Der  ausgedehnte 
Geschaftsbetrieb  des  Floris  muss  wesentlich  (?)  kaufmannisch  gewesen 
sein,  da  dieser  in  dem  Kontrakt  fiir  den  Lettner  in  Tournai  als  „marchand 
d'Anvers"  bezeichnet  wirda.  Ehrenberg,  Kunstchronik  IX,  1897/8,  S.216: 
„Die  Ge8ammtsumme  der  Werke  des  Floris  ist  so  betrachtlich,  dass  sie 
das  Vorhandensein  einer  grossen  Werkstatte  unbedingt  zur  Voraussetzung 
hat.  Wir  wissen  urkundlich,  dass  er  mehrere  tuchtige  Gesellen  be- 
schaftigte;  wir  erkennen  es  aber  auch  an  den  Denkmalern  selbst,  dass 
hier  mitunter  ein  Betrieb  geherrscht  hat,  der  an  das  Fabrikmassige 
grenzte  .  .  .  Bewilligte  der  Auftraggeber  eine  hohe  Summe,  so  wurde  ein 
Uebriges  dazu  gethan ;  war  das  Honorar  nur  massig,  so  konnte  der  Be- 
steller  mit  der  Durchschnittsleistung,  die  er  erhielt,  immer  noch  sehr 
zufrieden  seina.  Ungleichheiten  in  der  Ausfuhrung  fehlen  auch  in  der 
Skulpturen-Wand  unseres  Enno-Denkmals  nicht :  man  vergleiche  nor  ein- 
mal  die  originellen  kraftvollen  Tierkopfe  mit  den  unschSnen,  seelenlosen 
menschlichen  Kopfen  der  Hermen  und  Karyatiden. 

8)  Dass  am  Bau  des  Schlosses  zu  Jever  urn  1550  als  Werkmeister 
der  Emder  „Harthauera  Hermann  Steneborch  Oder  Stenebreke  (in  Emder 


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—    457    — 

Nachweis,  dass  Corn.  Floris  der  Kiinstler  sei,  auch  fur  die 
Denkraaler  in  Konigsberg  anfangs  nur  auf  die  stilistischen 
Merkmale,  und  erst  nachher  konnte  der  urkundliche  Beweis 
erbracht  werden.  Hoffentlich  gelingt  dies  auch  in  Jever  und 
Emden.  —  Das  Material,  aus  dem  die  Denkm&ler  in  Schleswig, 
Jever,  Roeskilde  bestehen,  ist  bei  alien  das  gleiche:  Floris  scheint 
eine  ausgesprocbene  Vorliebe  fiir  tiefschwarzen  Marmor  aus 
der  belgischen  Kohlenformation  (aus  Dinant)  fur  raumgliedernde 
Teile,  z.  B.  Gesimsplatten,  fiir  rotlichen  Marmor  zu  Saulen 
und  ahnlichen  Baugliedern,  fiir  weissen  englischen  Alabaster 
zu  den  eigentlichen  Bildhauerarbeiten  gehabt  zu  haben:  die 
3  Gesteinsarten  stimmen  auf  das  Schonste  zusammen,  und  ihre 
Farbenharmonie  legt  ein  neues  Zeugnis  fiir  den  feinen  Geschmack 
des  Floris  ab1).  In  Emden  besteht  die  Figur  Ennos  II.  aus 
italienischem(?)  Alabaster,  fiir  die  Westwand  des  Mausoleums 
ist  —  was  bei  dem  kiinstlerischen  Werte  der  Darstellungen 
im  hOchsten  Grade  auffallt  —  ein  grauer,  der  Verwitterung 
sehr  ausgesetzter  weicher  Sandstein  gewahlt  (Starcke  in 
unserm  Jahrbuche  IV,  2,  1881,  S.  97  und  103).  —  Dem  Floris- 
stil  gehftrt  nach  Ehrenberg  auch  das  Chorportal  der  Stadtkirche 
und  das  Portal  der  Rentei,  der  jetzigen  Hofapotheke,  in  Jever 
(aus  grauem  Sandstein)  an.  Das  Manning  a- Epitaph  in 
N  o  r  den ,  das  auch  als  Werk  des  C.  Floris  ausgegeben  worden 
ist,  scheint  E.  viel  jiinger  (Unico  Manninga  starb  1588,  Floris 
schon  1575),  wenn  er  auch  gewisse  Anklange  an  Floris  nicht 
leugnet.  —  Ehrenbergs  Forschungen  legen  fiir  Emden  u.  a.  die 


Dokumenten  H.  v.  Stenborch,  Stenberch,  Stenfelde,  Stenforde;  sein  Nach- 
bar  in  der  Vlakenstrasse  zu  Emden  war  Me  ester  Hans  Harthouwer) 
nach  Sello  S.  34  beteiligt  war,  ist  in  einer  friiheren  Versammlung  (vgl.  ob. 
zum  17.  Januar)  schon  zur  Sprache  gekommen,  auch  dass  er  wahr- 
scheinlich  aus  dem  Bentheimschen  stammte  und  sein  eigentlicher  Name 
wohl  H.  v.  Stenforde  (Burgsteinfurt)  war.  Das  Monogramm  HH  am  Edo 
Wiemken-Denkmal  will  Ehrenberg  als  das  des  Bildhauers  Heinrich  Hagart, 
der  1563  aus  Floris  Werkstatt  nach  Innsbruck  ging,  urn  bei  dem  Denk- 
male  far  Maximilian  I.  Beschaftigung  zu  finden,  erklart  wissen.  In 
Emden  ist  nach.  einem  Kunstler-Monogramme  bis  jetzt  vergeblich  gesucht 
worden;  vielleicht  ist  ein  in  der  Eingangsthur  des  Enno-Denkmals  links 
hervortretendes,  einem  doppelten  H  ahnliches  Zeichen  ein  solches. 

')  v.  Czihak  S.  47  bezeichnet  diese  Material-Zusammenstellung  als 
allgemeinen  Gebrauch  in  den  flandrischen  Werkstatten. 


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—    458    — 

Frage  nahe,  ob  Floras'  Einfluss  nicht  auch  an  anderen  Emder 
Bauwerken  zu  spiiren  sei.  Sollte  z.  B.  in  Emden,  als  um  1570 
der  Plan  eines  neuen  Rathauses  auftauchte,  nicht  auch  an 
den  in  Emden  wohlbekannten  (falls  Sello  und  Ehrenberg  recht 
haben)  und  damals  noch  vollkraftig  wirkenden,  50— 60jahrigen 
Schopfer  des  Antwerpener  Rathauses  gedacht  worden  sein, 
und  sollte  er  ganz  ohne  Beziehung  zu  dem  fthnlichen  und  doch 
so  selbst&ndigen  Abbilde  desselben  in  Emden  stehen?  Auch 
den  Wunsch  lasst  der  neue  kunstgeschichtliche  Fund  wieder 
rege  werden,  zu  wissen,  unter  welchen  Einflussen  Hauser,  wie 
das  am  Delft  No.  24  mit  seinen  eigenartigen  Baldachinen,  seinem 
Vasenschmuck  auf  dem  Dachgiebel,  seinem  kraftig  vortretenden, 
dem  des  Enno-Mausoleums  ahnlich  profilierten  Gurtgesimse  ent- 
standen  seien.  [So  lange  der  erhoffte  urkundliche  Beweis  fur 
Corn.  Floris1  Thatigkeit  an  den  Denkmalern  in  Jever  und  Emden 
noch  fehlt,  muss  eine  Nachricht,  auf  die  wir  nachtraglich  ge- 
stossen  sind,  willkommen  sein,  aus  der  wenigstens  die  zeit- 
weilige  Anwesenheit  des  Corn.  Fl.  in  Emden  hervorzugehen 
scheint,  wenn  sie  sich  auch  vorl&ufig  mit  der  Zeit  des  Enno- 
Denkmales  nicht  ganz  vereinen  lasst.  Die  „Stukken  betreffende 
de  Diaconie  der  Vreemdelingen  te  Emden  15601) — 1576tf  herausg. 
von  J.  van  Toorenenbergen  (Werken  der  Marnix-Vereeniging, 
Serie  I  Deel  II,  Utrecht  1876)  verzeichnen  zum  18.  April  1570 
unter  den  Einnahmen  der  Emder  Fremden-Diakonie  (S.  19): 
Noch  ontfaen  van  Cornelis  Floris,  commende 
van  eenen  coop  van  eenen  schepe  3  gulden, 

zum  25.  November  1571  (S.  30): 

Ontfanghen    den    25   Novembris    wt    handen    van 

Cornelis  Floris,   wonende   in  des  raedtheeren  Johan 

van  Amsterdam  kelder   van   een   testamente  dat  sijn 

verstorbene  huysvrouwe  Elysabeth  den  armen  duytschen 

vremdelingen  binnen  Embden  gelegateert  heeft     8  gulden. 

Die  Identitat   des   Emder   und   des   Antwerpener   Corn.  Floris 

vorausgesetzt,   bliebe  noch  die  Frage  unentschieden,   ob  Com. 

Floris  in  den  Jahren  1570  und  1571  in  Emden  dauernd  seinen 

Wohnsitz  genommen  habe,  etwa  als  Fluchtling  vor  den  Spaniern, 

oder  ob  die  Schenkungen  auf  einer  zweimaligen  Durchreise  durch 


»)  richtiger  1569. 


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—    459    — 

Emden  gemacht  worden  seien.  Aber  auch  im  letzten  Falle 
konnte  die  Einwirkung  des  Meisters  Floris  eine  nachhaltige 
gewesen  sein,  wenn  namlich  sein  Aufenthalt  im  Hause  eines 
Emder  Ratsherrn1)  gegen  Ende  des  Jahres  1571  mit  dem  ge- 
rade  urn  diese  Zeit  die  Gemtiter  der  Emder  bewegenden  Projekte 
eines  Rathaus-Neubaues  im  Zusammenhange  stehen  sollte.  Nach 
Exzerpten  aus  Emder  Annalen  von  1556—74  im  Tablinum  des 
Syndikus  Lambert  Oldenhove  hatte  der  Emder  Senat  schon 
1571  den  Beschluss,  ein  neues  Rathaus  zu  bauen,  gefasst,  im 
Dezember  dieses  Jahres  aber  verweigerte  Graf  Edzard  die  Er- 
laubnis  dazu  (Pannenborg  im  Ostfr.  Monatsbl.  1875,  S.  46). 
Da  von  dem  als  Erbauer  des  Emder  Rathauses  genannten 
Marten  Arens  von  Delft  sonst  gar  keine  Bauwerke  be- 
kannt  sind,  so  ist  die  Moglichkeit  ins  Auge  zu  fassen,  ob  er  nicht 
etwa  bloss  die  Ausfuhrung  des  Baus  versah,  der  Architekt  oder 
urspriingliche  Entwerfer  des  Planes  aber  ein  anderer,  vielleicht 
eben  Cornelis  Floris,  war,  wenn  dieser  auch  die  Vollendung  des 
Rathauses  im  Jahre  1576  nicht  mehr  erlebte.  Der  Aufenthalt 
des  Corn.  Floris  in  Emden  wiirde  in  die  Zeit  zwischen  der 
Entstehung  des  Herzog-Albrecht-Denkmals,  das  die  Jahreszahl 
1570  tragt,  und  des  Lettners  zu  Tournai  in  Flandern  aus  den 
Jahren  1572/3  fallen.  Weiteres  ist  von  einer  genauen  Durch- 
sicht  der  Emder  Kirchenbiicher,  der  Kontrakten-Protokolle, 
vielleicht  auch  des  Emder  Btirgerbuches,  und  von  Antwerpener 
Akten  zu  erhoffen.  Es  darf  iibrigens  nicht  verschwiegen 
werden,  dass  anscheinend  im  Widerspruch  zu  dem  in  der 
Emder  Quelle  angegebenen  Todesjahr  der  Elisabeth  Floris, 
1571,  nach  danischen  Urkunden  ^Elisabeth  Wedewe  wilen 
Cornelis  Floris  Bildehower"  noch  nach  der  Plunderung  von 
Antwerpen  im  Nov.  1576  wegen  Christians  III.  Denkmal  in 
Roeskilde  mit  Konig  Friedrich  II.  von  Danemark  in  Unter- 
handlung  stand  (Friis  Steen,  Roskilde  Domkirke,  Kopenhagen 
1851/2,  S.  269).     War  es  eine  zweite  Gattin   des  Corn.  Floris, 


*)  Johann  van  Amsterdam,  alias  van  Boningen,  der  Jungere,  wahr- 
8cheinlich  ein  Sohn  des  Biirgermeisters  Jon.  v.  Amsterdam  senior  (der 
um  1542  und  1563  in  einem  bald  nach  1642  gebauten  Hause  an  der  West- 
seite  des  Alten  Marktes  gewohnt  zu  haben  scheint,  Biirgermeister  von 
1564-67)  war  Ratsherr  von  1571—1574  (Ms.  18  unserer  Bibliothek  S.228). 


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—     460    — 

gleichen  Namens  wie  die  erste?1)  —  Eine  weitere  Nachricht, 
die  einige  Bedeutung  fiir  die  Baugeschichte  Emdens  haben 
kSnnte,  enthalten  die  Stukken  betr.  die  Diaconie  derVreemde- 
lingen  te  Emden  S.  33:  am  20.  Jan.  1573  werden  der  Diakonie 
18  Gulden  „van  hetgene  Gillis  Hofmann  van  Antwerpen 
den  armen  ghegheven  heeft  in't  appoinctement  allhier  metten 
muermetser  ghemaect".  Obgleich  der  Sinn  der  Stelle  nicht 
ganz  klar  ist  (bedeutet  in't  appoinctement  „nach  Verabredung8?), 
so  geht  aus  den  Worten  doch  so  viel  hervor,  dass  es  sich  um 
eine  verh&ltnismassig  bedeutende  Gabe,  um  einen  Steinmetzen 
und  um  einen  Antwerpener  handelt.  Dies  Zusammentreffen 
lasst  es  als  mdglich  erscheinen,  dass  der  Steinmetz  in  Be- 
ziehung  zu  irgend  einem  kunstvollen  Werke,  das  1573  zu 
Emden  im  Bau  war,  zu  setzen  sei.  —  Von  Interesse  fur  die 
Geschichte  des  Enno-Denkmals  in  Emden  ist  im  Chor  der 
Kirche  zu  Hinte  das  leider  fast  ganz  zerstorte  Epitaph 
des  um  15672)  15Jahrealt  gestorbenen  Omko  Ripperda,  weil 
es  nach  der  unter  der  Tiinche  noch  erkennbaren  Inschrift  1567 
von  dem  H&uptling  Unico  Manninga  zu  Ltitzburg  in  seinem 
und  seiner  Miterben  Namen  gestiftet  wurde  und  weil  es,  wie 
die  Abschlusswand  des  Enno-Denkmales,  nach  den  teilweise 
lose  umherliegenden  Resten  zu  urteilen,  einen  aus  Frauen  in 
friesischen  Trauergew&ndern  (sogar  mit  „Hattea  und  Schulter- 
GlOckchen)  bestehenden  Leichenzug  als  Relief-Fries  getragen 
hat.  Bei  den  Darstellungen  in  Emden  war  der  Einfluss  des 
hochangesehenen,  kunstliebenden  und  mit  den  niederlandischen 
Protestanten  in  den  engsten  Beziehungen  stehenden  gr&flichen 
Rates  aus  den  friesischen  Trachten  nur  zu  vermuten,  bei  dem 
Epitaph  in  Hinte  ist  er  durch  die  Inschrift  ausdriicklich  bezeugt. 
Die  uberaus  sorgfaltige  Steinmetz  -  Arbeit  zu  Hinte  lasst  auf 
eine  bedeutende  Werkst&tte  schliessen,  in  der  Verwendung  des 


x)  Cornells  Floris  (van  Teylingen)  hiess  auch  ein  Amsterdamer 
Biirgermeister ,  der  sein  Amt  1579—1593  bekleidete  (Wagenaar,  Amster- 
dam in  zyne  opkomst  etc.  Ill,  S.  300  ff.).  Floris  ist  ein  nicht  seltener 
niederlandischer  Name.  Die  Wahrscheinlichkeit  direkter  oder  indirekter 
Mitwirkung  des  Corn.  Floris  de  Vriendt  beim  Bau  des  Emder  Rathauses 
bleibt  aber,  auch  wenn  seine  Anwesenheit  in  Emden  nicht  nachweisbar 
ist,  bestehen. 

*)  Omko  Ripperda  war  nach  Beninga  S.  826  1654  ein  Jahr  alt. 


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—    461    — 

Rollwerks,  der  Frttchte,  des  Frieses  mit  dem  Grabgefolge,  in 
der  Art  der  Aufbahrung  der  Toten  —  es  sind  zwei  —  und  in 
der  Behandlung  der  Karyatiden  klingt  das  m&chtige  Renais- 
sance-Epitaph durchaus  an  den  oben  von  Ehrenberg  charakte- 
risierten  Floris-Stil  an1). —  Ueber  die  Th&tigkeit  von  nieder- 
landischen  Kunsthandwerkern  in  der  Grossen  Kirche  zu  Emden 
bringt  nach  Auszttgen  des  Herrn  P.  van  Rensen  das  „Staatboektf 
der  Kirche  von  1560—1570  bemerkenswerte  Nachrichten:  in 
den  Jahren  1564—1571  verursachten  Arbeiten  an  der  Ein- 
friedigung  des  gr&flichen  Begr&bnisses  (to  dat  Richel- 
wark  by  der  Heren  grove)  viele  Unkosten ;  zu  gleicher  Zeit 
arbeiteten  damals  Kttnstler  aus  den  franzflsisch  redenden 
Niederlanden  in  der  Kirche,  wie  aus  S.  72  hervorgeht:  1565 
erMlt  „de  welsche  stoeldreier"  2  gulden  4  schaep  „vor 
lampetten  to  den  predigstoel  to  dreien".] 

Von   dem  Verfasser  wird  die  Schrift  geschenkt:    „Inhalt 

des    5ffentlichen    Archivs    der    Familie    v.  Hedemann    gen. 

v.  Heespen  zu  Deutsch  -  Nienhof,  von  P.  v.  Hedemann"   (Aus- 

schnitt    aus    der    Zeitschrift    der    Gesellschaft    ftir  Schleswig- 

Holstein-Lauenburgische  Geschichte  XX,  1890).   Einige  Ostfrisica 

dieses  Archivs,   die  Herr  Dr.  Borchling  schon  entdeckt  hatte, 

werden   im  Jahrbuch  XIII,   S.  239   erw&hnt.     Ausserdem   be- 

ziehen  sich  noch  folgende  von  den  307  Nummern  auf  Ostfries- 

land:  No.  13.  Dat  friesche  Land-  und  Dikrecht.  —  No.  18. 

Dat  ostfriesche  Landrecht  1589.  —  No.  91.  Herleitung  des 

Stammbaumes  der  verw.  Fttrstin  Christine  Charlotte  v. 

Ostfr.,  geb.  Herzogin  von  Wiirttemberg,  von  den  alten  Friesen- 

k5nigen  1674.   —  No.  126.  „Ehepakten  des   Herzogs   Joachim 

Friedrich    (von    Holstein  -  Plon,    vgl.  Wiarda  VI  445  ff.)   mit 

Juliane  von  Ostfriesland  1721  und  Magdalene  Juliane,  Pfalz- 

gr&fin  bei  Rhein  1704a  (!).  —  No.  285.  Die  64  Agnaten  der  Fttrstin 

Eberhardine  Sophie  v.  Ostfr.,    Prinzessin  von  Oettingen, 

Frau    zu   Esens  usw.    1557—1687.     Wie    diese    Akten    nach 

Schleswig  -  Holstein   gelangt  sind  (Deutsch  -  Nienhof  liegt  bei 

Rendsburg),   geht   aus  der  Schrift,   der   eine  Einleitung  fehlt, 

nicht  hervor. 


»)  Auch  die  Gesteinsart  —  weicher  Sandstein  (s.  o.  S.  457)  —  scheint 
bei  bei  den  Denkm&lern  in  Hinte  und  in  Emden  die  gleicbe  zu  sein. 


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—    462    — 

Herr  Sanit&tsr.  Dr.  Tergast  legt  Miinzen  und  Medaillen 
Ennos  II.  und  Ennos  III.   zum  Vergleich   mit   einer   Abbildung 
des  Enno-Kopfes   in   der   Grossen  Kirche   vor.    Mit  dem 
bartlosen  Portr&t  Ennos  II.  auf  einem  Goldgulden  und   einem 
silbernen  3  Stuber-Stiick  sowie   auf  der  nach  Oelgemalden  im 
Schlosse  zu  Aurich  hergestellten  Fiirstentafel  (z.B.  bei  Houtrouw) 
hat    der    Enno  -  Kopf    in    der    Grossen    Kirche,     den    unser 
hochbetagtes  Ehrenmitglied,    Professor  Engelhard   in    Han- 
nover,   bei    einer    Restauration    des  Grabdenkmals    im    Jahre 
1845   modelliert   hat,   nicht   die   geringste  Aehnlichkeit,    wohl 
aber  mit  dem  Bilde  Ennos  III.  auf  der   Fiirstentafel   und   auf 
einer  Doppelthaler-Klippe  und  einer  Henkelmedaille.    Auch  das 
Fragment   des  Original-Kopfes   vom   Denkmal  Ennos  n.    (mit 
dichtem,  lockigem  Haare),  das  in  unserer  Sammlung  verwahrt 
wird,    spricht    ftir   die   Annahme,    dass   Engelhard   nicht   den 
rechten  Kopf  dargestellt  habe.    [Auf  eine  Anfrage  ist  von  dem 
Sohne  des  Prof.  Engelhard,  Herrn  Bildhauer  Roland  Engelhard 
in  Hannover,  spater  die  leider  negative  Antwort  eingegangen, 
dass  sein  Vater  sich  nicht  mehr  erinnere,  wonach  er  den  Kopf 
ausgefiihrt  habe.    Unter  den  Papieren  des  Prof.  Engelhard  be- 
finden    sich    verschiedene    Handzeichnungen    mittelalterlicher 
Riistungsstlicke     von    seinem    Lehrer    Schwanthaler    in 
Miinchen,  aus  denen  hervorgeht,  dass  auch  dieser  sich  ftir  das 
Enno-Grabmal    interessierte.      Herr    Engelhard  jr.    meint,    der 
Kopf  werde  aus  der  Phantasie  hergestellt  sein,   da  sich  sonst 
jedenfalls  unter  den  Zeichnungen  seines  Vaters  Skizzen  nach 
einem  Original   befinden   wiirden.      Auch   Nachforschungen   in 
unseren    altesten   Protokollbiichern    und    in    den   Akten    der 
Grossen  Kirche,   die   Herr  Dr.  Tergast  spatter   angestellt  hat, 
haben   zwar  manches  fiber  den  Anteil,   den   Schwanthaler  an 
der  Arbeit  seines  Schiilers  nahm,  aber  nichts   liber   die  Frage 
nach  der  Vorlage  des  jetzigen  Enno-Kopfes  ergeben.] 

5.  Dezember  1899.  Ueber  das  neue  Werk  von  BaaschT 
Beitrage  zur  Geschichte  des  deutschen  Seeschiffsbaus  und 
der  deutschen  Schiffsbaupolitik  (Hamburg  1899),  das  nach  un- 
gedruckten  Quellen  im  Emder  Ratsarchiv  namentlich  auf  S.  70-88 
auch  liber  den  Emder  Schiffsbau  vom  XV.  bis  zum  XVIII. 
Jahrhundert  N&heres  bringt,  giebt  Herr  van  Rensen  ein  aus- 
ftthrliches  Referat. 


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—    463    — 

Das  grosse  Werk  von  Blok,  Geschiedenis  van  het 
nederlandsche  volk,  von  dem  4  Bande  erschienen  und  noch 
3  Bande  zu  erwarten  sind,  will,  wie  mitgeteilt  wird,  auf 
Wunsch  des  Verfassers  unser  Mitglied,  Herr  Pastor  Houtrouw 
in  Neermoor,  der  schon  fruher  den  Aufsatz  desselben  Ver- 
fassers: Studien  over  Friesche  toestanden  in  de  midde- 
leeuwen  tibertragen  hat,  fiir  Perthes'  Verlag  in  Gotha  ins 
Deutsche  tibersetzen. 

Herr  Wilhelm  Seume,  Papierfabrikant  in  Dresden,  der 
Grossneffe  des  Dichters  und  Senior  der  Familie  Seume,  lasst 
durch  Herrn  H.  Geelvink  das  Bild  der  Mutter  Seumes,  einen 
Kupferstich  nach  einem  Gemalde  von  Schnorr  von  Carolsfeld, 
uberreichen.  Schon  fruher  ist  uns  von  ihm  ein  Bild  des 
Dichters  selbst,  das  Herr  W.  Seume  zur  Erinnerung  an  die 
Seumefeier  in  Teplitz  gestiftet  hat,  geschenkt  worden;  auch  dies 
ist  die  Reproduktion  eines  Gemaldes  von  Schnorr  v.  Carolsfeld, 
dem  Freunde  von  Joh.  Gottfr.  Seume.  Hoffentlich  giebt  die 
gegenwartige  Erweiterung  unserer  Stadt,  wo  der  Dichter  so 
ergreifende  Leiden  uberstand  und  wo  sein  Schicksal  infolge 
des  Mitgefuhls  einiger  Burger  zuerst  eine  Wendung  zum 
Bessern  nahm,  Gelegenheit  seinen  Namen  durch  Benennung 
einer  Strasse  nach  ihm  auch  im  Volke  von  Emden  lebendig  zu 
erhalten1). 

Das  grSssere  Werk  von  Ehrenberg,  Die  Kunst  am  Hofe 
der  HerzSge  von  Preussen  (Berlin  und  Leipzig  1899,  vergl. 
Protok.  vom  21.  u.  28.  Nov.),  das  jetzt  selbst  hat  eingesehen 
werden  k6nnen,  ist  alter  als  der  Artikel  im  Repertorium  fiir 
Kunstwissenschaft  und  wird  deshalb,  soweit  seine  Forschungen 
die  Floris-Denkmaler  in  Emden  und  Jever  betreffen, 
zum  grossten  Teile  von  diesem  iiberholt,  enthalt  aber  naturlich 
noch  immer  zahlreiches  Interessante  fiir  Emden.  Die  Ver- 
mittlung  zwischen  den  Niederlanden  und  dem  fernen  Preussen 
bildet  ftir  Floris  der  danische  Hof :  Herzog  Albrechts  (1525-1568) 
erste  Gemahlin  war  Dorothea,  die  Schwester  Konig  Christians  III. 
von  D&nemark  (f  1549).  Durch  diese  Verwandtschaft  wurde 
der  aus  Koln  stammende,  in  Kopenhagen  lebende  bedeutende 
Maler  und  Architekt  Jacob  Bink  nach  Kflnigsberg  gezogen,  und 


•)  Ist  im  Jahre  1900  geachehen. 


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—    464    — 

wie  fttr  das  Denkmal  Friedrichs  I.  von  Danemark  im  Dome  zn 
Schleswig  (1552)  und  sp&ter  fttr  das  Christians  III.  in  Roeskilde 
(1569),  so  fiihrte  Bink  auch  fttr  die  Konigsberger  Werke  (1549 
bis  1570)  die  Verhandlungen  mit  dem  Antwerpener  Corn.  Floris, 
der   persOnlich    gewiss   niemals    in   KSnigsberg    gewesen    ist. 
Ehrenbergs    mit   Sello    zusammentreffende   Ansicht    ttber    das 
Emder  Enno-Denkmal  scheint  bei  der  Abfassung  seines  Werkes 
ttber  die  Kunst  in  Preussen  noch  nicht  ganz  festgestanden  zu 
haben:  S.  129  spricht  er  —  wohl   im   Anschluss    an   Pauli  — 
bloss  von  Ankl&ngen  an  die  Floris-Denkmaler,  die  bei  dem  Enno- 
Denkmale  zu  bemerken  seien,  und  er  setzt  es   sp&ter  als    das 
Edo  Wiemken-Denkmal.     Eine  Uebersicht  ttber  die  Floris  sicher 
oder   wahrscheinlich   zuzuschreibenden  Werke  giebt  E.  S.  58: 
von  den  Niederlanden  (Aalst,  Antwerpen,  Breda,  Brtigge,  Gheel, 
Herzogenbusch,  L6au  bei  Tirlemont,  Lowen,  Solesmes,  Toumai) 
Ziehen   sich   die  Spuren  seiner  Thatigkeit  ttber  Emden,    Jever, 
Schleswig     nach   D&nemark     und   vielleicht    nach   Upsala    in 
Schweden    (Gustav  Wasa-Denkmal),    so  wie    nach    Konigsberg; 
vielleicht     sind     auch    die     Grabdenkmaler     der    Erzbischofe 
Adolf   (1546—56)    und    Anton    von    Schauenburg    (1556—58) 
im  Kfllner  Dome  von  ihm   (einen  neuen  Floris-Fund  in  Danzig 
deutet   Ehrenberg   im   Rep.  f.  Kunstwissenschaft   S.   199   an). 
S.  63  ff.  versucht  E.   an  der  Hand  gegenseitiger  Vergleichung 
eine    genaue    Charakteristik    der    Arbeiten    des    Floris:    Das 
Albrecht-Epitaph  in  Konigsberg  erinnert  u.  a.  in  seinem  Aufbau 
mit  Saulenpaaren  und  Nischen,   in   dem   allegorische   Figuren 
stehen,   an   das  Frontispiz  des  Antwerpener  Rathauses.    Dass 
seine  Kunst  fttr  Herrscher  wie  Friedrich  I.  und  Christian  III. 
von  Danemark   und   den  Reformator  Preussens  und  Grttnder 
der  K6nigsberger  Universit&t,   Herzog  Albrecht  von  Preussen, 
in  Anspruch  genommen  wurde,  ist  des  Beweises  genug  fttr  den 
Ruf,   den  Floris   genoss.  —  Auch  in    den  Auszttgen   aus  den 
Rechnungsbtichern  der  herzoglichen  Rentkammer  von  1524  bis 
1618  findet  sich  S.  258  eine  kleine  Emden  bertthrende  Notiz: 
„1582    19.  Mai   Einem   so   m.  g.  H.  (Herzog   Georg   Friedrich) 
einen    Abriss    der    Stadt    Emden    aus  Friesland  gewiesen 
52V2  Schilling**  (an  Metallwert  etwas  weniger  als  3  Mark,  aber 
viel  mehr  an  wirklichem  damaligen  Werte;  1  preussische  Mark 
=  60  Schillinge  k  12  Pfennige  =  3  deutsche  Reichsmark).    Eine 


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—    465    — 

Summe  von  52V2  Schilling  fur  das  blosse  Vorzeigen  ist 
eine  gute  Belohnung,  die  beweist,  wie  Emden  gegen 
Ende  des  16.  Jahrhunderts  von  sich  reden  machte.  Der 
„Abrisstf  kann  wohl  nur  der  aus  Braun  -  Hogenberg  be- 
kannte  Stadtplan  sein. 

Als  Geschenk  des  Verfassers  ubergiebt  Herr  Pastor 
Medenwald:  „Guyot,Groningue  Lieu  de  Refuge.  Notes  sur  les 
r£fugi£s  extraites  des  archives.  Groningue  1892a  (2  Hefte) 
mit  vielen  aus  Emden  bekannten  Namen  von  Fliichtlingen.  In 
dem  Erscheinen  eines  andern  die  Wallonischen  Ge- 
meinden  in  den  Niederlanden  betreffenden  Werkes:  „Livre 
synodal  contenant  les  articles  r^solus  dans  les  synodes  des 
dglises  wallonnes  des  Pays-Bas,  publie  par  la  commission  de 
Thistoire  des  Eglises  wallonnes  1563-— 1685a  ist  wegen  Mangels 
an  Mitteln  leider  eine  Stockung  eingetreten. 

12.  Dezember   1899.     Angekauft   wird    der    „Groningsche 

Volksalmanak  voor  het  jaar  1900.  Jaarboekje  voor  Geschiedenis, 

Taal-  en  Oudheidkunde   der   Prov.  Groningen.     Onder  Redactie 

van  Mr.  J.  A.  Feith.  Groningen  1899".     Der  erste  Beitrag:  De 

Vice-admiral   Rudolph   Coenders   (gefallen  1666,   28  Jahre  alt, 

unter  de  Ruyter  in  der  Seeschlacht  bei  Diinkirchen)  von  dem 

Herausgeber   erwahnt   als   hollandischen   Seehelden   des  XVII. 

Jahrhunderts  den  Ostfriesen  EnnoDoedesStar,  der  ebenfalls 

Viceadmiral  im  Dienste  der  Admiralitat  von  Friesland  war  und 

dessen  Lebensbeschreibung  S.  4  S.  Haagsma  in  Aussicht  stellt1). 

Der  Verfasser  des  Beitrages :  „Het  uitspreken  der  H.  in  Groningen 

en  elders",  Herr  J.  A.  Smith,  ist   durch   topographische  Nach- 

forschungen  iiber  die  Schlacht  bei  Heiligerlee  fur  den  Aufsatz 

von  Franz,   Ostfriesland   und   die   Niederlande   (Jahrbuch  XI), 


»)  Er  wurde  1611  zu  Osterhusen  wahrend  der  Verhandlungen,  die 
zu  dem  Osterhuser  Akkord  fuhrten,  geboren  und  zu  Hinte  getauft.  Seine 
Paten  waren  die  Genetalstaaten,  die  ihm  die  Namen  des  damaligen  ost- 
friesischen  Grafen  (Enno)  und  des  Prasidenten  der  Ritterschaft  (Dodo 
v.  Knyphausen)  gaben;  er  starb  1705  auf  seinem  Gute  bei  Wirdum  in 
den  Ommelanden  (J.  I.  Harkenr.  Oorspr.  S.  179,  E.  F.  Harkenr.  Gesch.  beh. 
tot  d.  moederkcrke  S.  108,  darnach  Houtrouw  I  429).  Ueber  seine  Eltern 
ist  uns  nichts  bekannt ;  vielleicht  war  sein  Vater  einer  der  Kommittierten 
der  Generalstaaten.  Nachkommen  von  E.  D.  Star  sind  nach  mundlicher 
Mitteilung  die  Groninger  Familien  Star  Numan   und  Hofstede  de  Groot. 

Jahrbuch  der  Qesellsch.  1.  b.  K.  u.  r&terL  Altertttmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  30 


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—    466     — 

Mitarbeiter  unseres  Jahrbuches  gewesen.  Auf  dem  oben- 
erw&hnten  Aufsatz  von  Franz  beruht  teilweise  die  dritte  Arbeit 
des  Groninger  Volksalmanaks  von  Andreae,  Uit  den  tijd  der 
Qeuzen  troebelen,  deren  Gegenstand  besonders  der  Wasser- 
geuse  Bartolt  Entens  van  Menteda  ist.  Die  Geschichte  des 
zwischen  Staat  und  Gemeinde  i.  J.  1878  abgeschlossenen  Ver- 
trages  wegen  Abtragung  der  Walle  von  Groningen  S.  150  von 
ten  Bruggen  Cate  lasst  die  hoffentlich  und  voraussichtlich  in 
weitester  Feme  liegende  Moglichkeit  einer  Abtragung  der 
Emder  W&lle  vor  unserm  Geiste  aufsteigen.  Die  zehnte  Fort- 
setzung  der  sehr  hiibschen,  reich  illustrierten  „Wandelingen 
door  het  oude  Groningen"  von  Feith  (eines  Vorbildes  fur 
ahnliche  Schilderungen  aus  Alt-Emden)  behandeln  diesmal  das 
alte  „Rechthuisa  am  Fusse  des  Martiniturmes,  das  friiher  fur 
das  aiteste  Rathaus  Groningens  gehalten  und  in  das  XIV.  Jahr- 
hundert  gesetzt  wurde.  F.  weist  nach,  dass  es  erst  1509  als 
Gerichtshaus  erbaut  worden  ist..  Zuletzt  war  es  Hauptwache 
und  ist  im  Jahre  1898  auf  Betreiben  des  Referenten  fur  Kunst 
und  Wissenschaft  im  Ministerium  van  binnenlandsche  Zaken, 
Jhr.  V.  de  Stuers,  dem  Niederland  die  Erhaltung  zahlreicher 
Kunstsch&tze  zu  verdanken  hat,  unter  Entfernung  des  Cement- 
anwurfes  in  dem  ursprlinglichen  malerischen  gotischen  Stile 
hergestellt  worden. 

19.  Dezember  1899.  In  dem  jungst  erschienenen  zweiten 
Bande  des  Hottenrothschen  Werkes :  Die  deutschen  Volkstrachten 
(Frankfurt  1899),  ist  besonders  interessant  die  Mitteilung  auf 
Seite  132,  dass  sich  die  ganze  Sammlung  der  Manninga- 
Bilder  Blatt  fttr  Blatt  noch  zum  zweiten  Male  vorgefunden 
hat  auf  der  Darmstadter  Hofbibliothek.  Dass  sie  dort 
bis  heute  vergraben  blieb,  erklart  sich  aus  einem  seltsamen 
Irrtume.  Die  Blatter  bilden  in  der  Darmstadter  Bibliothek  einen 
Teil  des  bertihmten  „  Thesaurus  picturarum",  sind  aber  nicht 
an  der  richtigen  Stelle,  sondern  unter  dem  Sondertitel 
„Phrygia  orientalis"  in  der  Abteilung  fur  das  osmanische 
Reich  eingeheftet.  Da  die  alten  Phrygier  den  hochfarbigen 
Gewandern  und  dem  uberreichen  Schmuck  zugethan  waren 
und  andererseits  die  friesische  Kleidung  nicht  das  geringste 
mit  der  zeitgenOssischen  Schlitztracht  der  Landsknechte  noch 
der    sonstigen   &ltern   Tracht   gemein   hatte,    so   ist  die  Ver- 


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—     467     — 

wechselung    einigermassen    begreiflich1).      Daher    hat    selbst 

v.  Hefner- Alteneck  in  seinem  grossen  Werke :  Die  Trachten  des 

christlichen  Mittelalters  und   der  Renaissance,   obwohl   er  den 

Bildern  gewiss  Beachtung  geschenkt  hat,  ihnen  keine  Aufnahme 

gewahrt.    Sein  Interesse  fur  die  Trachtenbilder  des  Manninga- 

buches  hat  Hottenroth  (friiher  in  Stuttgart,  jetzt  in  Frankfurt 

am  Main),  der  die  Darmstadter  Bilder   selbst   zuerst   in   ihrer 

Bedeutung  erkannt  hat,  schon  frtiher   einmal   bei   dem   Funde 

des   W ester huser   Diadem-Restes    in    einem    Briefe   vom 

8.  Dezember  1894  bekundet,  indem  er  die  am  obern  Rande  des 

Schmuckes  sichtbaren  Scharniere  als  bestimmt  zur  Befestigung 

einer  eigenen  BekrSnung  deutete  und   fur   diese  Erkl&rung  auf 

Abbildungen  von  Bremer  Trachten  in  dem  Werke  von  J.  6.  Kohl, 

Denkmale   der  Geschichte   und  Kunst   der   freien   Hansestadt 

Bremen,  hinwies.    Hier  findet   sich  auf  der  ersten  Farbentafel 

eine  junge  Frau  abgebildet,  die  mit  einer  „Paeltf  und  zugleich 

mit  einer  auf  die  Pael  gesttilpten  hohen  Brautkrone  geschmuckt 

ist   (jetzt   abgebildet   nach   Kohl   bei   Hottenroth  S.  173).    Ob 

auch  der  Name  Pael  in   Bremen  vorkommt,   sagt  Hottenroth 

leider  nicht.    Seine  Ausfiihrungen  liber  die  Manninga-Bilder  und 

die  friesische  Tracht  auf  Grund  unseres  Jahrbuchs  X  2  in  den 

„Deutschen  Volkstrachten"   S.  114—176  sind  ganz   besonders 

eingehend  und  bilden  eine  vortreff liche  sachkundige  Erlauterung 

zu  unserer  Veroffentlichung.    Seine  Grtinde  gegen  die  Prioritat 

der  Bilder  im  Manninga-Buche  sind  freilich  wenig  einleuchtend. 

[Der  „ Thesaurus  picturarum",  ein  Sammelwerk  des  pfalzischen 

Kirchenrats  Marcus  zum  Lamb  von  32  B&nden  —  Abbildungen 

versehiedener   Art   nebst    geschriebenen   oder   gedruckten   Er- 


!)  Sollte  die  Aufschrift  „Phrygiau  alt  sein,  so  wurde  die  bekannte 
Fabel  friesischer  Chronisten  des  XV.  und  XVI.  Jahrhunderts  von  der 
phrygischen  (trojanischen)  Abkunft  der  Friesen  mit  im  Spiele  gewesen 
sein.  Als  Rudolf  Agricola  1476  zu  Ferrara  am  Hofe  des  Herzogs  Hercules 
von  Este  seine  erste  Rede  fiber  das  Lob  der  Philosophie  hielt,  gerieten 
nach  dem  Berichte  von  anwesenden  Groningern  die  italienischen  ZuhSrer 
voll  Staunen  ausser  sich  und  fragten,  wer  der  Mann  ware,  woher  er 
kame.  Da  antworteten  einige:  Er  ist  ein  Phrygier;  andere:  er  ist  ein 
Friese.  (Kan  im  Groninger  Volksalmanak  fur  1899:  Nieuwe  levens- 
berichten  van  Wessel  Gansfort  en  Rudolph  Agricola,  medegedeeld  uit  een 
Weener  Hs.,  S.  81 )  Unter  den  Humanisten  des  XVI.  Jahrhunderts  war 
die  Schreibung  Phrysius  gewOhnlich. 

30* 


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—    468    — 

lSuterungen,  Beschreibungen  und  Erz&hlungen  merkwiirdiger 
Thatsachen  — ,  das  die  Aufmerksamkeit  der  hessischen  Land- 
grafin  Sophie  Eleonore  erregte  und  auf  ihren  Wunsch  1644  in 
die  Grossherzogl.  Hofbibliothek  zu  Darmstadt  kam,  ist  erst 
1572—1620  angelegt  worden,  vgl.  die  Mitteilungen  aus  Walther, 
Beitr&ge  zur  n&heren  Kenntnis  der  Grossh.  Hof  bibl.  zu  Darm- 
stadt, Darmst.  1867,  im  „Deutschen  Herold"  1901,  S.  212.] 

16.  Januar  1900.  Herr  Kaufmann  J.  de  Beer  jr.  schenkt 
einen  an  ihn  gerichteten  Brief  von  Theodor  Fontanevom 
29.  Juli  1894,  der  sich  auf  die  Norder  Altertumer-Ausstellung 
im  Jahre  1894,  auf  das  jetzt  uns  gehorige  Diadem  aus  Wester- 
husen  und  einen  angeblichen  Jan  Steen  im  Besitze  des  Herrn 
de  Beer  bezieht.  Dieser  hatte  den  liebenswtirdigen  markischen 
Dichter  durch  eine  zuf&llige  Begegnung  in  Berlin  personlich 
kennen  gelernt.  Hr.  Haynel  erw&hnt  dazu,  dass  Th.  Fontane  sich 
seit  langer  Zeit  fur  Ostfriesland  lebhaft  interessierte  und  u.  a.  eine 
sehr  freundliche  Besprechung  des  Werkes  von  Focken  und  deVries 
geschrieben  hat,  die  jetzt  in  den  H&nden  des  Rektors  Focken 
ist.  Bekannt  wird  bei  dieser  Gelegenheit  das  grosse  Interesse, 
dass  Fontane,  ein  treuer  Gast  der  Insel  Norderney,  an  der 
alten  Kirche  zu  Marienhafe  nahm;  sie  erinnerte  ihn  an  eng- 
lische  Kirchenanlagen. 

In  einem  Aufsatz  der  Zeitschrift  Oud-Holland  XVII  (1899): 
Kritische  opmerkingen  omtrent  eenige  schilderijen  in's  Rijks- 
museum,  vergleicht  Hofstede  de  Groot  S.  167  ein  Portrat  des 
Rijsmuseums  (No.  594),  das  ein  Ehepaar  aus  der  Eamilie  Bere- 
steyn  mit  seinem  Kinde  am  Seestrand  darstellt  (um  1640),  mit 
einem  ahnlichen  Stuck  im  Besitz  des  Fr&uleins  Abegg  in 
Em  den:  Familie  am  Strande,  mit  der  Aufschrift :  't  Gaetal 
naer  Santvoort,  und  der  Bezeichnung:  Isack  L.  Das 
Amsterdamer  Bild  weist  W.  Bode  dem  Abraham  Willaerts  zu. 
von  dem  Hofstede  de  Groot  sich  nicht  erinnert  dergleichen  Stucke 
gesehen  zu  haben.  Hofstede  de  Groot  mochte  das  Emder  und 
das  Amsterdamer  Gemalde  beide  dem  IsaackLuttichhuys  zu- 
schreiben.  Von  dem  ohne  Zweifel  derselben  Familie  angehorigen 
Simon  Lutikhuis  erw&hnt  Hofstede  de  Gr.  in  seinen  Quellen 
studien  zur  holland.  Kunstgeschichte  S.  431  Bildnisse  Karls  1 
von  England  und  seiner  Briider,  die  1660  in  Breda  gemalt 
worden  waren. 


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—    469    — 

Herr  Starcke  tibersendet  eine  Mitteilung  des  Herrn  Dr. 
Hofstede  de  Groot  an  ihn,  nach  der  unser  Martin  Faber 
unter  dem  Namen  Martin  Fabritius  Frisius  bei  Kramm 
erwahnt  werde1).  Nach  W.  Burger,  Les  Musses  de  la  Hollande  II. 
(Rotterdam  1860),  S.  177,  besitzt  das  Museum  Boymans  in 
Rotterdam  eine  Zeichnung  von  M.  Faber.  —  Sonnette  auf 
Bildnisse  eines  N.  Sanders  erw&hnt  Houbraken.  Der  Verfasser 
dieser  Sonnette  ist  nach  Hofstede  de  Gr.  (Quellenstudien  S.  404) 
Joh.  Blasius,  der  ein  Sonnett  gedichtet  hat:  „0p  de  afbeelding 
van  Mejuffrouw  Keria  Koenrings,  gedaen  door  N.  Sanders 
Emden  2.  Oct.  1660a.  Der  Buchstabe  N  deutet  an,  dass  Blasius 
den  Vornamen  des  Malers  nicht  kannte;  es  ist  unser  Emder 
Alexander  Sanders. 

Aus  Schottland  ist  wegen  einer  ehemaligen  schottischen 
Gemeinde,  die  in  Emden  bestanden  haben  soil,  angefragt 
worden.  Nicht  iiber  eine  schottische,  wohl  aber  iiber  eine 
englische  Gemeinde  in  Emden  berichtet  Meiners  Oostvr.  kerkel. 
gesch.  I.  329  (Wiarda  III  50).  Zu  ihr  gehorte  unter  dem  Titel 
eines  Bischofes  der  englischen  Gemeinde  bis  1559  der  spatere 
Bischof  von  Hartford,  Shorri  (Reershem.  S.  528).    Aus  Schott- 


!)  Kramm   (De   levens   en  werken   der  hollandsche  en  vlaamsche 

kunstschilders  etc.,  Amsterd.  1858,   II,  S.  473)  erwahnt   ein  sehr  grosses 

und  gutes  Gemalde,  das  die  Auferweckung  des  Lazarus  vorstelle  und  sich 

in   Gent  befinde,   bezeichnet:    Martinus  Fabritius,   Frysius,    inventor   et 

pinxit.    A0.   1617.     Auch  was  Kramm    S.  472  nach  einem  Aufsatz   des 

Marquis  PhiL.de  Chenevieres  Pointel   iiber    den  Maler  Louis   Finsonius 

aus    Brugge   (1580—1632)   in   der   Briisseler   Zeitschrift   La  Renaissance, 

vol.  XV  101  ff.,  von  Martin  Faber  erzahlt,  ist  uns  bisher  unbekannt  ge- 

wesen.     Da  Martin  Fabers  Kunst  mit  der  Schule  von  Brugge  Ueberein- 

stimmung  zeigt  und  er  in  derselben  Manier  wie  sein  Freund  Ludovicus 

Finsonius  malte,  so  haben  ihn  einige   als  gebornen  Briigger  bezeichnet; 

auch  soil  er  Gold-  oder  Waffenschmied  gewesen  sein.    Sein  Selbstportrat 

soil    die  Aufschrift   tragen:    „Martinus  Herman.  Faber,  Emdensis  Frisius, 

suo  se  marte  effigiavit  anno  1613  Nulla  dris  (so  Kramm)  sine  linea."    Es 

wird  als  eben  so  bizarr  wie  das  Selbstportrat  seines  Freundes  und  viel- 

leicht  Lehrers  Ludovicus  Finsonius  beschrieben:  dieser  stellte  sich   mit 

nacktem  Oberkorper,  mit  Helm  ohne  Visier,  die  rechte  Hand  unter  dem 

Kinn,  die  linke  mit  einer  Keule  bewaffnet,    dar   und   schrieb    auf   einen 

Ledergurtel:    ^Ludovicus    Finsonius   Belga   Brugensis   suo    se   penicillo 

pinxit  Aquis-Sextiis  anno  1613."    (Unter  Aquae  Sextiae  scheint  Kramm 

Aachen  zu  verstehen,  wahrend  es  nur  das  siidfranzosische  Aix  sein  kann; 

in  Sudfrankreich  hat  sich  L.  F.  nach  S.  488  lange  aufgehalten.) 


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—    470    — 

land  stammte  der  „Prediger  der  Gefltichteten"  David  Simson, 
ein  Zeitgenosse  des  Martin  Micronius  (Wenz,  Gesch.  d.  franz.- 
reform.  Kirche  in  Emden.  S.  115). 

23.  Januar  1900.  Nach  den  „Verhandlungen  der  Berliner 
Gesellschaft  f.  Anthropologie"  usw.  1899  S.  490  hat  Virchow 
in  der  Sitzung  vom  13.  Mai  zwei  S  chad  el  von  der  alten 
Klosterstelle  zu  Reepsholt  (das  Kloster  wurde  983  ge- 
griindet  und  wahrscheinlich  1465  zerst6rt)  und  vom  alten  Fried- 
hof  der  781  (?)  erbauten  und  1532  abgebrochenen  Kapelle  zu 
Abickhafe  (vgl.  oben  z.  21.  Marz  1899),  die  Lehrer  EUers  ihm 
zugesandt,  besprochen.  Er  bezeichnet  sie  als  charakteristische 
Beispiele  des  altfriesischen  Typus  mit  langer,  verh&ltnismassig 
niedriger  Form.  [Auf  Grund  dieser  und  anderer  Schadelfunde 
hat  Virchow  sp&ter  seine  Hypothese  tiber  den  Neanderthaler 
Sch&del  weitergebildet.] 

Zahn   &   Jaensch   Antiquariat   in   Dresden   sendet   einen 
Katalog,  in  dem  unter    No.  1018   die   fur   die   niederlandische 
Chronistik  und   fiir  Beninga   wichtige   seltene   mittelalterliche 
Weltchronik:    [Werner   Rolevink]    Fasciculus    temporum, 
Utrecht,  Jan  Veldenaer  1480,   obwohl  Vor-  und  Schlussblatt 
fehlen,  fiir  160  Mk.  angeboten  wird.    Es  ist  die  niederlandische 
Uebersetzung    des   1474    erschienenen   lateinischen    Originates, 
dem  von  dem  Utrechter  Drucker  Veldenaer  die  Chroniken  von 
Frankreich,  England,  Brabant,  Utrecht,  Holland  usw.  beigefugt 
sind.    Der  Verfasser  des  Fasciculus  W.  Rolevink  war  Westfale 
und  Karthauser  in  Koln.     Bei  Beninga  finden  sich  deutliche 
Spuren  einer  Bekanntschaft  mit   diesen  Chroniken,   wie  z.  B. 
S.  145    in    der    Harkenrohtschen    Ausgabe    zum    Jahre   1351 
(candela   rotunda)    mit   Rolevink   S.  180b  ubereinstimmt.     Die 
Bibl.  der  Grossen  Kirche  besitzt  ein  vollstandig  erhaltenes 
Exemplar,  das  nach  einer  Eintragung   am    Schlusse   aus  dem 
Kloster  des   h.  Antonius  in  Alberghen   ordinis   canonicorum 
regularium  stammt,   dem  es  von  Rudolphus  a  Beuervoerde  ge- 
schenkt  war.    Alberghen  liegt  in  der  ntederlandischen  Provinz 
Overijssel,  ostl.  von  Almelo.     Vielleicht  gehort  das  Buch  zu  den 
von  Albert  Hardenberg  der  Bibliothek  vermachten  Werken, 
Hardenbergs  Heimat  war  Overijssel. 

30.  Januar  1900.     Wegen  der  Handschrift  Josephs  Ge- 
dicht  v.  d.  7  Todsiinden,    die    frtiher    einmal    Eigentum  der 


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—    471    — 

Familie  v.  d.  Appelle  zu  Gross-Midlum  gewesen  sein  muss  (s.  o. 
z.  12.  Sept.  1899),   ist   in   den   alteren   Akten    der   Gesellschafb 
nach  der  Geschichte  der  von  der  Beninga-Burg  in  Grimersum 
stammenden  Dokumente   und  Biicher  unserer  Bibliothek  nach- 
gesucht,   aber  nur  ein  kurzes  Schreiben  des  Stadtbaumeisters 
Martens  v.  J.  1850  mit  einer  Nachricht  liber  ihre  Rettung  vom 
Boden  der  Burg  und  ein  von  Martens  geschriebener  ungenauer 
Katalog  der  Grimersumer  Urkunden  gefunden  worden ;  ein  Ver- 
zeichnis  der  ubrigen  Grimersumer  Sachen  liegt  von  ihm  nicht 
vor.    Da   aber,   soweit   bekannt,   gleichzeitig  eine  grossere 
Menge  von  Handschriften  nur  e  i  n  m  a  1 ,  namlich  eben  aus  der 
Burg  zu  Grimersum,  unserer  Gesellschaft  zugefallen  ist  und  da 
die  Appelleschen  Stflcke  noch  jetzt   in   unserem  Archive   mit 
Beningaschen  Handschriften  vermischt  stehen,   so    sind   wahr- 
scheinlich   die   Appelleschen   Handschriften  und   unter 
ihnen   die  Joseph-Handschrift  von  Gr.-Midlum   nach  Grimer- 
sum und  von  dort  an  uns  gekommen. 

6.  Februar  1900.  Das  „Algemeen  Nederlandsche  Familie- 
blada  von  A.  A.  Vorsterman  van  Oyen  in  Rijswijk  enthalt 
irn  ersten  Heft  des  XIII.  Jahrgangs  u.  a.  einen  Beitrag  tiber 
Wappen  in  der  reformierten  Kirche  zu  Oudshoorn  bei  Delft. 
Auf  einer  Wappentafel,  die  1669  die  Amsterdamer  Admiralitat 
dem  Jonkheer  Cornells  de  Vlaming  van  Outshoorn  fiir  die 
Kirche  schenkte,  befindet  sich  das  Wappen  eines  vermut- 
lichen  Nachkommen  von  UbboEmmius,  des  Egbertus  Emmius, 
„gecommitteerd  (in  die  Amsterdamer  Admiralitat)  wegen  de 
provintie  van  Groeningen",  das  S.  16  so  beschrieben  wird: 
„in  zilver  een  kepersgewijs  geplaatste  blauwe  passer,  in  den 
voet  vergezeld  van  een  zespuntig  roode  stera. 

Von  der  Vereeniging  tot  beoefening  van  Overijsselsch  regt 
en  geschiedenis  zu  Zwolle  ist  die  Schrift  eingegangen:  Be- 
scheiden  betreffende  de  Hervorming  in  Overijssel  uitg.  door  Dr. 
J.  de  Hullu,  Archivaris  van  Deventer,  I  deel:  Deventer  1522 
bis  1546,  S.  113—345  (Deventer  1899,  S.  1—112  ist  schon  1897 
erschienen).  Dieser  Deventer  behandelnde  Teil  wirft  manches 
Licht  auch  auf  die  ostfriesische  Reformationsgeschichte ;  eine 
Menge  Namen  sind  auch  aus  Ostfriesland  wohlbekannt.  Der 
von  Borchling  im  Jahrbuche  von  1899  (XIII)  S.  219  nach  nor- 
wegischen  Quellen  erwahnte  Pastor  Melchior  Pilgrim,    der 


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—    472     — 

1549  von  Salzwedel  im  Lande  des  Kurftirsten  von  Brandenburg 
nach  Bergen  in  Norwegen,  1558  von  Bergen  nach  Ostfriesland 
verschlagen  wurde  und  der  erste  protestantische  Prediger  in 
Visquard  wurde,  ist  vielleicht  identisch  mit  dem  von  de 
Hullu  S.  2  u.  Ill  genannten  Melchior  Pelegrinus,  der  1566  und 
1567  in  Deventer  beim  Kampfe  gegen  den  spanischen  Statt- 
halter  Arenberg  eine  hervorragende  Rolle  spielte.1)  —  Im 
Hause  der  Briider  vom  gemeinsamen  Leben  in  Deventer  traf 
Gerhard  Geldenhauer  Noviomagus  (der  Vater  des  Emder  Pre- 
digers  Gerh.  Eobanus  Geldenhauer)  i.  J.  1525  den  Johannes 
Oder  Hinnius  Rhodius  (S.  76  u.  118  f.;  Rhodius  war  1527 
Prediger  in  Norden  und  spater  in  Wolthusen;  Bucer  schrieb 
ihm  in  einem  Briefe  an  Zwingli  1525  ein  Hauptverdienst  an 
der  Ausbreitung  der  Reformation  in  Holland  und  Friesland  zu, 
vgl.  Reershemius  S.  255).  —  Die  in  dem  vorliegenden  Hefte 
vorwiegend  behandelte  Zeit  der  Kirchengeschichte  von  Deventer 
(bis  1546)  nennt  de  Hullu  die  anabaptistische  Periode.  Zahl- 
reich  sind  darum  in  seiner  Schrift  die  Ankntipfungspunkte  an 
Emden  inbezug  auf  die  Wiedertaufer,  und  die  Bedeutung 
Emdens  als  eines  Sammelplatzes  der  Wiedertaufer  zur  Zeit 
der  Miinsterschen  Unruhen  um  1530 — 1540  tritt  recht  an- 
schaulich  zu  Tage.  Der  1535  in  Deventer  hingerichtete  Jacob 
van  Herwerden  oder  von  Antwerpen  bekannte  nach  dem 
S.  210  f.  abgedruckten  ausfuhrlichen  Verhore,  in  Emden  ge- 
tauft  zu  sein  von  Derk  Tasschemaker  V.Amsterdam;  unter 


')  Die  Nachrichten  uber  Melchior  Pilgrim  haben  sich  erganzen 
lassen  aus  dem  dritten  Bande  des  Registers  van  Charters  en  Bescheiden 
in  het  oude  archief  van  Kampen.  Nach  No.  2.01  vom  2.  Juni  1548  kam 
Melchior  Pelgrim,  friiher  Priester  in  Kampen,  nachdem  er  sich  nach 
Wittenberg  und  zum  Markgrafen  Joachim  v.  Brandenburg  und  andern 
lutherischen  Ketzern  begeben  hatte,  ohne  kaiserliche  Remission  oder 
Admission  vom  Offizial  des  Bischofs  nach  Kampen,  um  die  Erbschaft 
seines  Vaters  in  Empfang  zu  nehmen;  er  wird  durch  den  Rat  ,bei 
scheinender  Sonne u  ausgewiesen.  Am  15.  April  1556  schreiben  die  Aelter- 
leute  des  Hanse-Kontors  zu  Bergen,  dessen  Prediger  M.  P.  war,  fur  ibren 
„getreuen  Prediger  und  Seelsorger"  an  den  Rat  von  Kampen,  man  moge 
ihm  „in  weerwil  van  zijne  professie,  door  zommigen  ongunstig  op- 
genomen"  in  der  Erbschaftsangelegenheit  nach  Billigkeit  behulflich  sein 
und  ihn  zur  Riickkehr  nach  Bergen  bewegen,  vgl.  Hohlbaum,  Kolner  In- 
ventare  I,  S.  426. 


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—     473    — 

den  Groninger  Wiedert&ufern  nennt  Jacob  v.  Herwerden  S.  215 

den  von  Starcke   im  Jahrbuch  XIII  S.  180   unter   den   Emder 

Ktostlern   aufgefiihrten  Lucas  Beldensnyder   bottercoper; 

ebenso   scheint   die  aus  Groningen  stammende  Emder  Familie 

Moysteen  den  Wiedertaufern  angehSrt  zu  haben,  wenn  anders 

der  von  Jac.  v.  Herwerden  S.  215  angegebene  Henrick  Moyssyen 

cremer  aus  Groningen  ein  Mitglied  dieser  Familie  ist.     Andere 

Namen  sind  Jan  Volkerts  Tripmaker,   der  in  Emden  durch 

Melchior  Hofmann  und  dessen  Nachfolger  getauft  wurde1), 

und  Jacob  Kremer,  der  auch  aus  Beninga  (S.  705)  bekannte 

Abgesandte   der   Miinsterschen   Wiedertaufer    fiir   Ostfriesland 

(S.  178  u.  211).    S.  250  bekennt  Jan  van  Bat  en  burg  im  Ge- 

fangnis   zu   Vilvoorde   bei   Bnissel   im   Jahre  1538  einen  von 

den  Wiedertaufern   geplanten  Anschlag  an f  Emden.    Aus- 

fuhrlich   sind    besonders   die   Quellen   iiber   die   tragische  Ge- 

schichte  der  Deventer  Ratsfamilie  van  Winssen  (Winsum),2) 

deren  Haus   der  Mittelpunkt  der  Wiedertaufer  in  Deventer  ge- 

wesen  zu  sein  scheint.      1534    war    die   Schwiegermutter   des 

Biirgermeisters    Jac.    v.    Winssen,    die    betagte    Witwe    des 

Magisters   Lubbert  Reusing  oder  van  Renssen  im  Gefangnis 

zu  Zwolle,   wohin  sie,   auf  der  Fahrt   nach  Minister  begriffen, 

mit  3  andern  Frauen  auf  die  Nachricht  von  der  Einschliessung 

der  Wiedertaufer   in  Minister  zuruckgegangen  war  (S.  346  ff.). 

Des  Biirgermeisters  Sohn,  Jan  v.  Winssen,  wird  1535  nach  er- 

littener  Tortur  auf  dem  Brink  zu  Deventer  hingerichtet.    Johann 

v.  Winssen  der  Aeltere  wurde  nebst  seiner  Frau  mit  Verbannung 

begnadigt  (S.  235).     S.  113  ff  (1520)   wird   ein   hochgestellter 

Geistlicher   in   Deventer,    der  Kanonikus    des   Lebuini-Kapitels 

Johannes  Oostendorp   erwahnt,   der   zu   dem  Kreise   der  im 

Kloster    Aduard    bei    Groningen    gebildeten    niederlandischen 

Humanisten  gehorte  und  schon  1520   in   einem  Gesprache   mit 

Gerh.  Geldenhauer  seine  Hinneigung  zur  Reformation  bekundete. 

Ein  Verwandter  von  ihm  ist  vielleicht  der  1575   in  Emden   an 

der  Pest  gestorbene,  bei  de  Hullu  S.  48  (1563)  erwahnte  Johannes 

Ostendorpius,  der  aus  Overijssel  stammte  und  1573  von  Norden 

')  vgl.  zur  Linden,  Melchior  Hofmann  (Haarlem  1895),  S.  239,  U. 
Emmius,  S.  882. 

*)  Kort  van  Winsum  aus  Deventer  (1528)  war  nach  de  Vries  im 
Ostfries.  Monatsblatt  1879,  S.  3,  der  erste  Emder  Buchdrucker. 


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—    474     — 

nach  Rysum,  1574  nach  Emden  berufen  wurde  (Reershemius 
S.488u.  648);  sein  Grabstein  l&sst  sich  noch  im  Abendmahls- 
chor  der  Grossen  Kirche  nachweisen.  Als  Quelle  hat  dem 
hochverdienten  Herausgeber  ausser  dem  Stadtarchive  zu 
Deventer  namentlich  das  bertihmte  Archiv  der  Taufgesinnten 
Gemeinde  zu  Amsterdam  gedient.  Mit  Spannung  diirfen  wii 
dem  die  Stadt  Zwolle  behandelnden  Teile  der  Veroffentlichungen 
von  de  Hullu  entgegensehen,  da  aus  dem  Zwolleschen  Frater- 
hause  Georg  Aportanus  nach  Emden  gekommen  ist. 

Herr  Herrmann  berichtet  tiber  eine  Kirchenglocke  zu 
Westerhusen,  die  vor  einiger  Zeit,  namentlich  infolge  des 
„Beiernstf,  gesprungen  ist1)  und  jetzt  in  eine  thiiringische 
Glockengiesserei  zum  Einschmelzen  gesandt  werden  soil ;  sie  hat 
die  alte  schmale,  hohe  Form  und  ist  ohne  sonstige  Verzierung 
nur  mit  einer  Hausmarke  gezeichnet.2) 

27.  Febr.  1900.  Die  Zeitschrift  der  Gesellschaft  f.  Schleswig- 
Holstein-Lauenburgische   Geschichte   enthalt    im    XXIX.  Band 

!)  An  anderen  Orten  ist  das  Lauten  durch  Unberufene  streng  untcr- 
sagt  In  einer  Verfugung  des  bischoflichen  Offizialats  zu  Vechta  vom 
Jahre  1901  heisst  es  z.  B.:  „Es  bestand  seither  in  einigen  Kirchspielen 
das  Herkommen,  dass  das  gewohnliche  Totengelaute  —  ganz  oder  zum 
Teile  —  nicht  vom  Kiister,  sondern  von  dritten  Personen,  z.  B.  Nach- 
baren,  verrichtet  wurde.  Es  bedarf  wohl  kaum  der  Erwahnung,  dass 
es  gewiss  nicht  passend  und  zweckmassig  sein  kann,  die  Kirchen- 
glocken  fremden  Handen  anzuvertrauen.  Allein  der  in  Eid  und  Pflicht 
stehende  Kuster  giebt  Garantie  dafur,  dass  bei  dem  Lauten  Ordnung 
herrscht  und  die  Glocken  gehSrig  behandelt  und  geschont  werden.  Kann 
er  auch  selbst  nicht  alles  Gelaute  allein  verrichten,  so  nimmt  er  doch 
Personen  zur  Hulfe,  auf  die  er  sich  verlassen  kann  und  die  seinen 
Weisungen  Folge  leisten.  Dass  dagegen  da,  wo  das  Lauten  yon  Hof- 
bediensteten,  Nachbaren  usw.  besorgt  wird,  nicht  selten  Unfug  verubt 
wird  und  die  geweihten  und  kostspieligen  Glocken  in  den  Handen  von 
unkundigen,  unvorsichtigen  und  nicht  immer  ganz  nuchternen  Personen 
vor  Beschadigungen  usw.  nicht  gesichert  sind,  ist  leicht  begreiflich  und 
lehrt  die  Erfahrung."  Es  ist  iibrigens  nicht  leicht  festzustellen,  bei  welchem 
Lauten  ein  an  der  Glocke  wahrgenommener  Schaden  entstanden  ist,  und 
namentlich  der  schlimmste  Schaden,  das  Bersten  der  Kirchenglocke, 
wird  gewohnlich  erst  spater  an  dem  veranderten  Ton  der  Glocke  entdeckt 

*)  Durch  eine  Untersuchung  im  Laboratorium  der  Bergakademie  za 
Klausthal  ist  nach  einer  spateren  Mitteilung  des  Herrn  Herrmann  bei  dex 
gesprungenen  Glocke  die  iibliche  Zusammensetzung  festgestellt  worden: 
22—26  °/0  Zinn,  71—76  %  Kupfer,  dazu  Spuren  von  Blei  und  vielleicht 
von  Eisen,  aber  sicher  nicht  von  Silber. 


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(Kiel  1900)  u.  a.  einen  Aufsatz  von  Hansen  iiber  den  urn  1550 
lebenden  Ditmarsischen  Chronisten  JohannRusse,  den  Vor- 
gftnger  des  Neocorus.  In  seinem  handschriftlichen  Nachlasse 
findet  sich  auch  eine  bisher  unbenutzte  kleine  Nachricht  zur 
ostfriesischen  Geschichte,  nach  der  im  Jahre  1514  Graf 
Edzard  v.  Ostfr.  Boten  nach  Ditmarschen  sandte,  um  Sdldner 
und  Reiter  gegen  Herzog  Georg  von  Meissen  anzuwerben. 
Manche  folgten  der  Aufforderung,  wurden  aber  im  „ Junker 
Johanns"  Land  als  ungehorsam  gegen  des  Kaisers  Gebot  ge- 
fangen  und  „geblocketa.  Herzog  Georg  nahm  darauf  auch 
Schiffer  aus  Ditmarschen  gefangen  (wahrscheinlich  in  West- 
friesland). 

Auf  einen  Kehrichthaufen  neben  dem  Burggraben  haben 
sich  2  Schriftstiicke  aus  dem  Nachlasse  des  bekannten  Emder 
Biirgermeisters  Hauo  Bonno  Penborg  gefunden,  die  Herr 
J.  de  Beer  jr.  schenkt :  1)  Eine  Anzeige  von  dem  Tode  des  eben 
zum  Major  avancierten  Jan  Willem  Cramer,  der  in  Batavia 
nach  einer  „quackelende  ziekte  van  omtrent  14  dagen"  am 
25.  Nov.  1743  starb;  sie  ist  abgesandt  worden  im  Auftrage 
seines  dem  „Burgermeister  und  Rath  H.  B.  Penneburg"  ver- 
wandten  Prinzipales  (sein  Name  wird  nicht  genannt)  von  W. 
Bertling  in  Batavia  den  12.  Januar  1744.  Cramer  gehGrte 
wahrscheinlich1)  der  Familie  des  aus  dem  Renitenten-Kriege 
bekannten  tiichtigen  Emder  Kapitans  Reinhard  Cramer  (ge- 
fallen  zu  Grimersum  1727,  vgl.  Wiarda  VII  S.  348)  an,  dessen 
Nachkommen  von  seiner  Gattin,  geb.  von  Baumgarten,  den 
Namen  Cramer  v.  Baumgarten  annahmen.  —  2)  Eine  Rechnung 
iiber  Eisenwaaren  fur  den  Burgermeister  Pei^enborg  (!)  v.  J.  1736. 
Leider  hat  sich  nicht  mehr  in  Erfahrung  bringen  lassen,  woher 
die  Papiere  an  den  Fundort  geraten  sind.  Da  Penborg,  der 
einstige  Besitzer  der  Bonner  Beninga-Handschrift,  wahrscheinlich 
auch  andere  Handschriften  besass,  ware  es  von  Interesse,    die 


')  Nach  Holtmanns  im  Jahrb.  VII,  1,  1876,  S.  164  war  Johann 
Wilhelm  von  Cramer  der  einzige  Sohn  des  zu  Grimersum  erschossenen 
Kapitans  Reiner  Kramer  und  der  Foelke  von  Baumgarten.  Der  17jahrige 
F&hnrich,  der,  den  Tod  seines  Vaters  verheimlichend,  die  Verteidigung 
der  Burg  zu  Grimersum  fortsetzte,  heisst  aber  bei  Wiarda  a.  a.  0.  Arnold 
Friedrich  Cramer  (er  trat  spater  in  hollandische  Dienste  und  starb 
81  Jahr  alt  1792  als  Generalmajor  und  Kommandant  von  Coevorden). 


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—    476    — 

Herkunft  zu  kennen,   um   vielleicht   weitere  Papiere   vor  dem 
Untergang  zu  rotten.1) 

6.  M&rz  1900.  In  der  Zeitschrift  Niedersachsen  V,  Heft  11 
teilt  der  Lehrer  Eilers  in  Reepsholt  (auf  S.  4  des  Beiblattes) 
eine  Grabschrift  aus  Reepsholt  mit:  „Anno  1569  den  8. 
November  16  Deernt  (lies:  is  de  erntfeste)  vrame  junge  (?) 
Johan  Kloppenborch  entslapen,  sine  sele  rowet  im  Heren*. 
Johan  Kloppenborch  „  upper  Dose"  wird  in  den  Em  der 
Kontraktenprotokollen  z.  J.  1552  (S.  703),   1555  (S.  305),   1561 


!)  vgl.  Jahrb.  XIII  S.  285  und  oben  S.  184.  Eine  Nachricht  iiber  die 
Familien  Bonhuus  und  Penborg,  die  uns  bisher  entgangen  war,  findet 
sich  in  Gittermanns  Ostfriesischem  Taschenbuche  auf  1825  (Norden,  Joh. 
Friedr.  Schmidt),  S.  42  ff.:  „Konchie  Hene,  eine  vormals  in  Emden  getaufte 
Turkin."  Bei  der  Ersturmung  der  Stadt  Of  en  in  Ungarn  1686  fiel  in  die 
Hande  der  Christen  die  Gattin  des  dortigen  Mufti  und  Tochter  des  Pascha 
von  Kanizsa,  Konchie  Hene  (oder  Hanum).  In  Wien  nahm  sich  der 
Gefangenen  die  menschenfreundliche  Fiirstin  Christine  Charlotte  von 
Ostfriesland  an,  die  sich  damals  als  Vormunderin  ihres  Sohnes  Christian 
Eberhard  in  Regierungsangelegenheiten  dort  aufhielt,  und  bewog  sie, 
ihren  Glauben  mit  dem  christlichen  zu  vertauschen.  1689  wurde  Konchie 
Hene  unter  dem  Namen  Christine  Sophie  in  der  Grossen  Kirche  zu 
Emden  von  dem  reformierten  Prediger  Alardin  getauft.  Nach  mehr- 
jahrigem  Aufenthalte  am  furstlichcn  Hofe  zu  Aurich  kam  sie  nach  Emden 
in  das  Haus  des  verwitweten  Predigers  Alardin  und  um  1702  in  das  der 
verwitweten  Administratorin  Henrina  Penborg,  die  nach  dem  Tode 
ihres  Gatten  wieder  bei  ihrem  Vater,  dem  Burgermeister  und  Doctor  der 
Medizin  Bonno  Sibelius  Bonnhuus,  wohnte;  nach  dem  Tode  seiner 
Tochter  sorgte  Bonnhuus  auch  weiterhin  fur  die  heimatlose  Glaubens- 
genossin,  indem  er  am  13.  Nov.  1703  der  „Juffrouw  Christina  Sophia 
Hanum",  so  lange  sie  „by  onze  Religie"  bleiben  wiirde,  jahrlich  100 
Gulden  holl.  vermachte,  die  Zinsen  eines  Kapitals  von  2000  Gulden,  das 
B.  seinem  Vetter,  dem  Prediger  Johannes  Cypriani  zu  Bellingwolde  im 
Groningerland,  geliehen  hatte.  B.  starb  schon  am  17.  Juli  1704;  aber 
sein  Enkel  Ocko  Cornelius  Penborg  erfullte  nicht  nur  diesen  Willen  seines 
Grossvaters,  sondern  legte,  in  Ausftihrung  eines  Gedankens,  den  sein 
Grossvater  noch  in  den  letzten  Stunden  geaussert  hatte,  am  11.  April  1710 
fur  sich  und  seinen  minderjahrigen  Bruder,  den  nachherigen  Burgermeister 
Houwo  Bonno  Penborg,  50  Gulden  jahrlich  hinzu.  Als  Quelle  der  obigen 
Mitteilungen  nennt  der  "Verfasser  des  Aufsatzes,  Dr.  J.  Ch.  H.  Gitter- 
mann,  luth.  Prediger  in  Emden,  eins  der  ersten  Mitglieder  unserer  Ge- 
sellschaft  (f  1834  am  29.  Januar),  Akten  des  B.  S.  Bonnhuus  und  seines 
Enkels,  die  „ein  geschatzter  Freund  des  Herausgebers  unter  alten 
Papieren  gefunden*  hatte,  sowie  Emder  Kirchenprotokolle  v.  J.  1689. 


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bis  1563  (S.  333)  und  sonst  erwahnt,  mehrfach  mit  dem  Emder 
Biirger  Strus  van  Reepsholt  zusammen. 

Von  der  M.  Nijhoffschen  Buchhandlung  im  Haag  ist  mit 
zwei  sehr  wertvollen  Katalogen  dieser  grossen  Firma  (Biblio- 
theca  historico-neerlandica,  471  Seiten,  6498  Nummern,  1899,  — 
Catalogue  g&iSral  No.  293,  436  Seiten,  3092  Nummern,  61  Facsi- 
miles, 1899)  ein  zur  Ansicht  erbetener  Emder  Druck  vom 
Jahre  1560  zugesandt  worden,  der  nicht  von  de  Vries  in 
seinen  Aufsatzen  tiber  den  Emder  Buchhandel  im  Ostfr. 
Monatsblatt  1878  u.  1879  erwahnt  wird : 

Van  Den  |  ^etjligtje  (Srutjje    fommige    fdjoone    troojlelidce 
Sermoenen,  Door  |Hermannum  Brassium  Sttenaer  Des  | 
goMidcert  H)oorbes  Muneu  Smb  |  Den,  ^oortijDen  troutoelick  glje  | 
prebidct,   enbe  nu  na  jijn   boobt  Door  |  g^elcerDer    enDe  goDt- 
urecfenDcr  |  manttcn  raeDt  enDc  ernjliglje  be  |  gljeerte,  tot  fonDer- 
Iicke  bertroo- 1  jlmglje  attcr  beDruc&ter  Ijer- 1  ten  in  ljet    lidjt  | 
gljebradjt  |  2lct.  14  D.  22  |  $oor  Dele  $roefeniffe  moetmen  in 
Ijet  |  rijcfce   ©oDts   gaen  |  Gedruckt  te  Embden  by- 1  Gellium 
Ctematium  |  An.  1560.    (Klein  Oktav,  14 y2 : 9  cm,  68  Blatter, 
das  letzte  unbezeichnet.)    Die  Vorrede  ist   von   dem  1559  ge- 
storbenen  Prediger  Hermann  Brass   selbst1).  —  Es  sind   sechs 
Predigten,   die  nach  Meiners  i.  J.  1598  und  1616  von  neuem 
aufgelegt  wurden :  l)Dat  eerste  Sermoen,  waerin  veruat  is,  hoe 
dat  de  Christelicke  Ghemeente  hier  op  der  aerden  is  ghemeen- 
lick  onder  het  Cruyce  (3  Kapitel).     2)  fol.  8.  Dat  tweedde  Ser- 
moen,  waer  in  verklaert   wort  van    wien    voornemelick    dat 
Cruyce    wort    der    Ghemeente    Godts    aenghedaen    (3  Kap.). 
3)  fol.  12  Het  derde   Sermoen,    waerin    de   oorsake    desseluen 
cruyces  woort  begrepen  [3  Kap.).    4)  fol.  35b  Dat  vierde  Sermoen, 
waerin  gheleert  wort,  hoe  de  Christenen  henseluen   sullen   het 
cruyce  draghen  (4  Kap.).    5)  fol.  43  Dat  vijfste  Sermoen,  waerin 

')  Sein  Grab  in  der  Grossen  Kirche  wird  im  ersten  Teile  des 
„Grufte  ende  Stoelteboeks"  der  Grossen  Kirche  unter  No.  55,  56,  65,  66 
von  dem  Fiihrer  des  Buches  Warners  1740  mit  folgenden  Worten  er- 
wahnt: Hermann  Brassius  onder  eene  Steen,  waaronder  een  kelder  ge- 
metzelt  (wahrscheinlich  im  Abendmahlschor).  Den  Keller  kaufte  „Excell. 
v.  Dankelman",  dessen  Kindeskind,  Frau  von  Wedel,  1740  die  vier  Grab- 
stellen  dem  Isac  Caron  „verehrtea.  Nach  den  Kontraktenprotokollen 
1550  S.  179  besassen  Herm.  Brass,  der  nach  Reershemius  aus  Osterhusen 
stammte,  und  sein  Bruder  Ubbo  Land  bei  Suurhusen. 


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ghehandelt  wordt  van  de  vertroostinghe  in  het  cruyce  (8 Kap.). 
6)  fol.  59  Dat  seste  Sermoen,  waerin  de  staet  ende  gheleghent- 
heyt  der  ghener,  die  hen  niet  en  bekeeren.  verklaert  wort 
(4  Kap.).  Die  Predigten  sind  offenbar  zum  Lesen  namentlich 
fiir  die  unter  der  spanischen  Knechtung  leidenden  Niederlande 
in  den  Druck  gegeben  worden  und  haben  mit  ihrer  uber- 
zeugungsvollen,  herzlichen  Sprache  ihren  Zweck,  die  Gemeinden 
„ unter  dem  Kreuze"  zu  trosten,  gewiss  erfiillt.  Unmittelbar 
historisches  Interesse  bieten  sie  sonst  wenig.  Auf  Bl.  llb  rechnet 
Brass  sich  mit  unter  die  Lutherschen  („eer  Godt  .  .  .  segt, 
gaet  henen,  wapent  v,  ende  verderft  dat  Oostfrieslant  tot  den 
boden  toe,  ende  royt  daer  alle  de  Lutersche  wt:  so  moegen 
sy  lacchen  hoe  sy  willen").  Eine  scharfe  Scheidung  zwischen 
Lutheranern  und  Zwinglianern  oder  Kalvinisten  scheint  also 
um  1560  in  Emden  noch  nicht  durchgedrungen  zu  sein.  Bl.  20 
wird  auf  die  Pliinderung  Ostfriesland  durch  die  Gelderschen 
hingewiesen.  Die  Sprache  ist  ein  etwas  mit  Niederdeutsch  ge- 
mischtes  Niederl&ndisch,  es  fehlt  ihr,  dem  damaligen  Nieder- 
l&ndischen  entsprechend,  nicht  an  Fremdwortern,  sonst  ist  sie 
aber  einfach  und  popul&r  und  reich  an  Bildern  und  Sprich- 
wOrtern:  Bl.  6b  Also  moetmen  in  dese  Schole  vleesch  ende 
blot  tot  Schoelghelt  gheuen;  Bl.  27  Also  beproeft  dan  de  Heere 
syne  christenen  door  het  cruyce,  ende  examineert  se,  ende 
laetse  haer  lesse  opseggen,  ende  doet  in  dessen  deele  ghelyck 
een  ghetrouwe  Schoelmeester ;  Bl.  16 b  (Gott  ist  ein  Hausvater, 
der)  met  der  byle  aen  den  boom  hawt  .  .  .,  om  denseluen  te 
besnoyen,  op  dat  hy  beter  worde ;  Bl.  22 b  Als  den  Esel  wel 
gaet,  so  danst  hy  op  het  ys,  so  breeckt  hy  een  been;  B1.59b 
Hoe  erger  bouuen,  hoe  beter  gheluck;  Bl.  58  ist  dat  wy  niet 
en  willen  een  kleyn  dinck  lyden  .  .  .  ende  sulck  eenen  stinke- 
den  madensack  .  . .  onder  het  cruyce  begheuen,  om  een  eerlick 
ende  geglorificeert  lichaem  wedder  te  gekrygen.  Der  Druck  ist 
ausserordentlich  schon  und  sorgfaltig.  Das  Exemplar  hat  friiher 
den  niederl&ndischen  Historikern  W.  Moll  und  Doedes  gehorf; 
der  letztere  hat  auf  das  Titelblatt  geschrieben:  „zie  over  den 
Schryver  en  andere  uitgaven  van  dit  zeer  zeeldzame  boekske 
Meiners  Oostv.  kerk.  gesch.  I  354a  (vgl.  Doedes,  Collectie  van 
Rariora2,  Utrecht  1892,  S.  31).  —  Die  beiden  Antiquariats- 
Kataloge  enthalten  ausser   dem   besprochenen  Predigten  von 


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H.  Brass  auch  sonst  vieles  auf  Ostfriesland  Beztigliche,  z.  B. 
folgende  Emder  Drucke:  Catal.  g6n6ral  No.  317  Die  erste 
Ausgabe  der  Mennonitenbibel  von  Nicolaes  Biestkens 
v.  Diest  1560  4°  (LeLong  667),  No.  318  Die  Bibel  von  Lenaert 
der  Kinderen  1563  4°  (Le  Long  669,  Doedes,  Rariora,*  S.  19), 
No.  338  Das  neue  Testament  von  Lenaert  der  Kinderen 
1562  in  Klein-Oktav  (Doedes,  1. 1.  S.  25,  Text  nach  dem  neuen 
Testament  von  N.  Biestkens);  ferner  No.  380  [P.  Bloccius] 
Meer  dan  twee  hondert  ketteryen,  blasphemien,  ende 
nieuwe  leeringen,  welck  wt  de  Misse  zyn  gecomen  ...  In 
Duytsch  voor  slechte  menschen  ouerghesett,  op  datse  moghen 
weten  dat  de  Paussche-kerck  een  fonteyn  is  van  alien  ketteryen 
onder  decksel  van  heylicheyt.  S.  1.  (Emden?),  1567,  Klein-Oktav, 
vgl.  Kist  Archief  voor  kerkgesch.  1842,  II,  Doedes,  S.  29;  — 
No.  2836  Uvtlegghinghe  des  sesthienden  Capittels  van  Sinte 
Jans  Euangelie.  S.  1.  (Emden  oder  Koln),  Niclaes  v.  Oldenborch 
1534,  Klein-Oktav.  [Niclaes  v.  Oldenburg  wird  in  der  Zeit- 
schrift  von  Moll  und  de  Hoop  Scheffer,  Studien  en  Bijdragen 
op't  gebied  der  hist,  theologie  II  S.  156  u.  160  unter  die  Emder 
Buchdrucker  in  den  Jahren  1525—1531  gerechnet;  Herr  Fr. 
Sundermann  in  Norden  glaubt  aber  Beweise  zu  haben,  dass 
dies  ein  Irrtum  sei.] 

13.  Marz  1900.  An  die  Kreisphysici  ist,  wie  der  Vor- 
sitzende  mitteilt,  vom  Ministerium  der  geistlichen  Angelegen- 
heiten  eine  Anfrage  wegen  ehemaliger  Leprosenhauser  er- 
gangen;  diese  seien  h&ufig  dem  heil.  Georg  geweiht  worden 
oder  nach  Lazarus  benannt  worden.  Bei  dem  Emder 
Lazarus-Haus,  bei  dem  aber  von  einer  Bestimmung  Mr 
Aussatzige  nichts  ausdrucklich  bekannt  ist,  lag  nach  Beninga 
S.  180  u.  615  der  Siel,  der  1408  vom  Propste  Hisco  an  das  Faldern- 
Kloster  verlegt  wurde1).    Nach  einer  von  Harkenroht  zu  dieser 


')  vgl.  Emmius  S.  251,  Loesing,  Gesch.  d.  St.  Emden,  S.  24.  Im 
Widerspruche  zu  dieser  Zeitangabe  steht  die  ebenfalls  von  Emmius 
(S.  383)  und  Loesing  (S.  71  u.  73)  ohne  einen  Zweifel  wiederholte  Nachricht 
bei  Beninga  S.  354,  dass  der  Siel  von  Siid-Faldern  erst  unter  Ulrich 
Cirksena  1458  an  das  Faldernkloster  (S.  615  „itzunder  .  .  voor  Valder- 
poorte")  gelegt  worden  sei:  „Daerna  wurt  oock  de  Zyhl,  de  van  Provest 
Hisken  tyden  by  des  Lazarus  hues  gelecht  wurt  und  nu  over  50  jaer  ge- 
legen,  upgenamen  und  by  Valder  Clooster  nedergelecht*.     Dass  die  Ver- 


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Stelle  abgedruckten  Urkunde  der  Diaconie  der  hussitten  Armen 
kaufte  1625  Enno  Tiaden  v.  Borssum  Mr  400  fl.  „het  Lazarus- 
Huis  staende  in  de  Lynbane  stratea.  Nachdem  die  Armen  es 
wieder  erhalten,  wird  1635  das  Lazarus-Haus  „staande  voor 
de  Heere  poorte  int  Noorden  van  de  gulden  klokkea  mit  zwei 
Kammern  dahinter  fur  700  fl.  wieder  verkauft.    Dass  es  aber 


legung  schon  um  1408  erfolgte,  dass  die  bei  Emmius  S.  383  und  Loesing 
S.  71  u.  73  fur  1458  massgebend  gewesene  Nachricht  E  Beningas  S.  354 
falsch  ist,  lehrt  der  urspriingliche  Text  dieser  Stelle  in  der  Emder 
Beninga-Handschrift,  dem  altera,  Emmius  gewiss  unbekannt  gebliebenen 
Entwurfe  der  Chronik,  S.  242:  Dar  na  uurt  ock  deSyll,  de  by  prauest  Hisken 
tiden  by  der  Stadt  ann  V aider  en  Kloester  gelecht  was,  ueder  vornyet  vnnd 
vorbetertj  de  vyflich  jaer  dar  gelegen  hadde.  Der  Ausdruck  „weder8  bei 
Beninga  z.  J.  1408  S.  180,  den  Emmius  S.  25L  „rursumK  ubersetzt  („Hiske . . . 
leet  de  Zyhl  by  Valderen  upnemen  und  by  Valder  Clooster  we  der  vor 
Embden  legenu),  darf  nicht  etwa  zu  der  Auffassung  verleiten,  als  sei  am 
Faldern-Kloster  schon  vor  1408  ein  Siel  gewesen.  Harkenroht  zu  Beninga 
S.  180  vermutet  den  alten  Siel  an  der  Stelle,  wo  zu  seiner  Zeit  das 
Stinktief  (j.  Rosentief)  einen  Ausfluss  durch  den  Strohdeich  in  die 
Ems  gehabt  habe;  das  Stinktief  sei  ein  Ueberbleibsel  des  Siel-Wasser- 
zuges,  der  landeinwarts  einerseits  in  der  Richtung  des  spateren  Roten 
Siels  nach  Wolt-  und  Uphusen,  anderseits  nach  Norden  durch  die 
„Schoonhaver  Pipe"  bei  der  Herberge  Keysers  Hoff  (also  durch  die  heutige 
Strassen  „Hof  von  Holland8  und  St.  Jorisstrasse,  die  sich  durch  ihre  Breite 
in  der  That  als  zugeworfene  Wasserarme  zu  erweisen  scheinen)  gegangen 
sei.  Ankniipfend  an  diese  Vermutung  Harkenrohts  iiber  die  Lage  des 
altesten  Sieles  von  Sud-Faldern  sucht  Loesing  S.  24  (vgl.  Furbringer,  Die 
Stadt  Emden,  S.  272)  die  widersprechenden  Berichte  bei  Beninga  durch 
die  sicher  irrtumliche  Annahme  zu  vereinen,  dassHisko  1408  den  Siel 
vom  Strohdeiche  „gegenuber  dem  sogenannten  Stinktief*  fortgenommen 
und  weiter  nach  Osten  bei  dem  jetzigen  Herrenthor,  „bei  einem  an 
der  Ecke  der  Lien-Bahnen-Strasse  stehenden  Gasthause*  (dem  Lazarus- 
hause),  wieder  angelegt  habe.  Leider  reichen  die  Quellen  und  unsere 
jetzige  Kenntnis  von  der  Bodengestaltung  Sud-Falderns  nicht  aus,  um  die 
Oertlichkeit  des  altesten  Sieles  fiir  das  Uphuser  Tief,  ob  er  im  Strohdeiche 
oder  beim  Herrenthore  (in  beiden  Fallen  konnte  wahrscheinlich  mit 
gleichem  Rechte  das  Lazarus-Haus  als  in  der  Nahe  liegend  bezeichnet 
werden)  Oder  anderswo  lag,  mit  Sicherheit  zu  bestimmen,  aber  keinem 
Zweifel  unterliegt  es,  dass  nach  Niederwerfung  der  Hauptlinge  von 
Faldern  i.  d.  J.  1407  und  1408  Hisko  den  neuen  Siel  nicht  am  Herrenthore, 
86ndern  naher  dem  damaligen  Emden  in  der  Gegend  der  spateren  Ketten- 
brdcke  baute,  und  dass  dieser  Siel  am  Faldern-Kloster  nicht  erst  1458, 
sondera  eben  schon  zu  Hiskos  Zeiten  um  1408  entstand.  —  Nach  Vor- 
stehendem  ist  o.  S.  384  zu  berichtigen  und  zu  erganzen. 


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bis  an  die  Krahnstrasse  (vielleicht  nur  mit  dem  Gartenraum) 

gereicht   hat,    geht    aus    einer  Urkunde    in    den    Kontrakten- 

Protokollen  vom  18.  Okt.  1567  (S.  720)   hervor,   nach   welcher 

Claess  van  Gelder  von  seiner  Schwiegermutter  Tonnis  Alberts 

in  Groningen   200   Emder   Gulden   geliehen    erh&lt    auf    eine 

„Kammera  (kleines  Haus,  das  aus  einem  Wohnraume  besteht) 

„up  den  Bonness  iegen   des   Lazari   huiss   inth   Zueden,    ahn 

de  Krane  Strate,   inth  westen  ahn  Martini  Moermans  werff, 

inth  Oesten  an   de  Grote   Valder  Strate   (dies   kann  nur   die 

jetzige    Neue   Strasse    sein)    und    inth    Norden   ahn  Junker 

Claess  Fresen  werue  und  grunde".     Das  Lazarus-Haus  muss 

also  zwischen  der  Lienbahn- und  der  Krahnstrasse  gelegen 

haben;  es  ist  aber  nicht  ganz  sicher,  ob  ostlich  oder  westlich 

von  der  jetzigen  Neuen  Strasse :  die  Lienbahnstrasse  wenigstens 

reichte  nach  Harkenr.  zu  Beninga   S.  354  bis  zum  Junkershof, 

da  eine  Kammer  „up   dat  junkershof  an   der  Lynbahnstrate" 

erwahnt  wird  (der  Name  „Junkershoftf  hangt  vielleicht  mit 

dem  obengenannten  Junker  Claes  Frese  zusammen).    Unverein- 

bar  scheint  mit  der  oben  vermuteten  Lage  des  Lazarus  -  Hauses 

der  Ausdruck   in   der   Urkunde   bei   Harkenr.  S.  354:    staande 

voordeHeere  porte,  der  nach  dem  heutigen Sprachgebrauche 

„ausserhalb  des  Thores"  bedeuten  wtirde.     Es  wird  dem   mit 

Recht  entgegengehalten,  dass  hierfiir  wahrscheinlich  „buten  de . . 

poorte"  gesagt  worden  ware.    Jedenfalls  kann  aber   „voor  de 

Heere    poorte"     ebensogut    „  innerhalb"    als    „ausserhalb    des 

Thores"    sein.      Vor    der    Stadterweiterung    von    1570    wtirde 

iibrigens  das  Lazarus-Haus  doch  ausserhalb  der  Stadt  gelegen 

haben.     Die  Leprosenhauser  pflegten  nicht  innerhalb  der  Stadte 

angelegt  zu  werden.    Wie  an  anderen  Orten,  so  scheint  auch 

in  Emden  das  Lazarus  -  Haus   eine   eigene  Kapelle  gehabt  zu 

haben. 

Ftir  die  dringend  notwendige  Instandsetzung  des  durch 
sein  schSnes  gotisches  Deckengew5lbe  und  durch  seine  Grab- 
denkm&ler  ausgezeichneten  Chores  der  Kirche  zu  Hinte 
sind  von  der  Provinzialkommission  zur  Erhaltung  der  Denk- 
m&Ier  in  der  Provinz  Hannover  1000  M.  bewilligt  worden  unter 
der  Bedingung,  dass  sich  die  Gemeinde  Hinte  mit  einem  Zu- 
schusse  beteiligt  und  die  Arbeiten  innerhalb  der  n&chsten  drei 
Jahre  beginnen.    Die  Kosten  sind  im  Ganzen  auf  9500  M.,  ver- 

Jahrbnch  der  Gesellich.  f.  b.  E.  a.  vaterl.  AltertOmer  zu  Emden,  Bd.  XIV.  31 


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anschlagt  worden.  Die  Provinzialkommission  beabsichtigt  beim 
Kultusministerium  zu  beantragen,  dass  zur  Erhaltung  be- 
sonders  kirchlicher  Denkmftler  in  der  Provinz  in  den  Etat  der 
hannoverschen  Klosterkammer  ein  Posten  eingestellt  werde; 
wird  der  Antrag  angenommen,  so  wurde  ein  Teil  der  Kosten 
von  der  Klosterkammer  getragen  werden. 

20.  Marz  1900.  In  dem  Aufsatze  von  Hartmann,  Beitrage 
zur  Geschichte  von  Wiedenbriick,  in  den  Mitteilungen  des 
Vereins  fiir  Geschichte  und  Landeskunde  von  Osnabriick 
(XXIV.  Bd.,  1899)  wird  S.  96  ein  Armenhaus  erwahnt,  das,  wie 
in  Emden  die  H&uschen  des  Antonius  -Warfes  (an  der  Ems- 
strasse),  dem  heil.  Antonius  geweiht  war  (in  honorem  St. 
Antonii  Eremitae  1495).  Nach  dem  Beitrage  von  Runge,  Die 
Wahl  des  Kardinals  Eitel  Friedrich  von  Hohenzollern  zum 
Bischof  von  Osnabriick,  S.  160,  liess,  als  1623  ein  neuer  Bischof 
in  Osnabriick  zu  wahlen  war,  der  Graf  von  Ostfries- 
land  durch  seine  Gesandten  Valeke  (?)  und  Wippermann  fur 
Graf  Enno  Philipp  von  Ritberg,  seinen  Verwandten,  agitieren. 
Eitel  Friedrich  von  Hohenzollern  wurde  aber  von  dem  Dom- 
kapitel  mit  7  gegen  2  Stimmen,   die   Ritberg  erhielt,   erwahlt 

Aus  Anlass  einer  geschenkten  Emder  Brandordnung  von 
1693  wird  die  altfriesische  Einteilung  in  Kluften  erortert 
In  Emden  bestanden  „von  alters  her"  5  Kluften1):  1)  bey  der 
blouwen  Thurn,  2)  am  newen  marckte  (begreifft  die  gantze 
grofse  strafse  etc.),  3)  bey  dem  Rahthause,  4)  Suidfaldern,  5) 
Noordfaldern  von  der  rohten  Syle  bifs  der  alten  grafften;  vgl. 
Ftirbringer,  Adressbuch  S.  179  (Brandordnung  von  1584,  aber 
auch  Kirchenprotokolle  von  1570  erwahnen  die  Einteilung 
schon).  Fur  das  Land  war  „Klufttf  (kleft  =  Spaltung)  im 
Altfriesischen  soviel  wie  Bauernschaft  (Heck  und  Siebs.  Die 
Altfries.  Gerichtsverfassung,  S.  131  u.  430).  Unter  den  Cirk- 
senas  war  die  ganze  Grafschaft  Ostfriesland  fiir  die  Ver- 
pachtung  des  Impostes  in  7  Kliifte  geteilt  (Kluft-Ordnung  von 
1631  bei  Brenneysen  II,  S.643,  vgl.Wiarda  III,  S.513  z.  J.  1606). 
27.  Marz  1900.  Pastor  Nellner  in  Ochtersum  schreibt 
unterm  19.  Marz   von  neuen  Urnenfunden  auf  dem   fruher 


!)  Fiir  die  kirchliche  Armenpflege  ist  die  Einteilung  in  6  Kluften 
(statt  der  in  Wieken)  auch  noch  in  neuster  Zeit  in  Gebrauch  gewesen 
(Ftirbringer,  Adressbuch,  S.  179  u.  461). 


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—    483    — 

erw&hnten  Grundstiicke  (s.  o.  S.  405).  Beim  Abtragen  von  Sand 
sind  wieder  einige  Scherben  von  Urnen.  teilweise  mit  Strich- 
ornamenten,  zu  Tage  gefordert  worden;  die  Urnen  standen 
2  Fuss   unter  der  Erdoberfl&che  iiber  dem  sog.   roten  Sande. 

Beim  Baggern  im  Fehntjer-Tief  bei  Oldersum  ist  ein  wohl- 
erhaltener  brauner  Raerener  Krug1)  (mit  Zinndeckel)  hervor- 
gekommen,  der  sich  jetzt  im  Besitze  des  Landwirts  Kryns 
Ohling  in  Oldersumer  Hamrich  befindet  und  genau  mit  einem 
von  Brinkmann  in  seinem  Werke  tiber  das  Hamburger  Museum 
S.  259  beschriebenen  tibereinstimmt.  Der  Krug  tr&gt  die  Zahl 
1590  und  ist  bedeckt  mit  einer  Darstellung  von  Musikern  und 
tanzenden  Bauernpaaren;  tiber  und  unter  den  Tanzern 
dieWorte:  „Drissen  geit  for  alien  dengen,  danssen  und  sprengen, 
Gerhet  (d.  i.  Gerhard  ?)  du  mus  daper  blasen,  so  danssen  dei 
Buren  als.  weren  si  rasen,  frs  uf  spricht  bastor  ich  verdans.2) 
Nach  Brinkmann  hat  der  Formenstecher  der  Topferei  10  Kupfer- 
stiche  von  Hans  Sebald  Behaim  a.  d.  J.  1546  nachgeahmt,  aber 
die  bei  Behaim  gegebene  Beziehung  auf  die  12  Monate  auf- 
gegeben.  Eine  Scherbe  mit  ahnlicher  Darstellung  von  Bauern- 
tanzen  und  ahnlicher  Aufschrift  besitzt  unsere  Sammlung. 
Die  auffallend  haufigen  Funde  von  rheinischem  Steinzeug 
aus  der  Zeit  um  1600  in  und  bei  Emden  sind  wohl  ein  Be- 
weis  fur  die  lebhaften  damaligen  Beziehungen  zwischen  Emden 
und  den  Rheinlanden.  Den  Handel  nach  Emden  vermittelten 
wahrscheinlich  Holland  oder  Kolnische  Kaufleute,  vgl.  Dorn- 
busch,  Die  Kunstgilde  der  Topfer  in  . . .  Siegburg,  Ann.  d.  hist. 
V.  f.  d.  Niederrhein  XXV,  1873,  S.  32. 

3.  April  1900.  Die  Zeitschrift  der  Historischen  Gesellschaft 
ftir  die  Provinz  Posen  bringt  im  XIV.  Bde.  S.  343  eine  Anzeige 
der  Schrift  von  Lie.  Kruske  in  Reinersdorf  in  Schlesien,  dem 
unsere  Bibliothek  verschiedene  seltene  Bticher  und  Handschriften 
zur  Verftigung  gestellt  hat:    Joh.  a  Lasco  im  Sakramentstreit. 


0  vgl.  oben  zum  30.  Mai  1899,  S.  406. 

*)  Vollstandig  bei  Jaennicke  Gesch.  d.  Keramik  S.  433:  ich  verdans 
die  Kap  mit  den  Kor;  wer  sein  Hoept  wilt  halten  gantz,  der  las  den 
Hunden  er  Brulvest  ende  dei  Buren  eren  Dansz.  —  Fur  „frs  uf*  giebt 
Dombusch  in  den  Annalen  d.  hist.  Vereins  f.  d.  Niederrhein  XXV  (KSln 
1873)  S.  87  if.  die  Schreibungen  „fis  uf"  und  .fry  uf",  ftir  ,Brulvest« 
,Brvlvefta  (mittelniederd.  bruloft  =  Brautlauf,  Hochzeit?). 

31* 


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—    484    — 

Unser  Mitglied,  Herr  Lehrer  Dirksen  in  Meiderich,  ver- 
Sffentlicht  im  Jahrb.  d.  Vereins  fttr  niederdeutsche  Sprach- 
forschung  XXV,  1899,  S.  97  ein  „Verzeichnis  der  im  ten 
Doornkaat  Koolmanschen  W6rterbuch  fehlenden  ost- 
friesischen  WOrter".  Die  Erganzung  kann  natiirlich  auch  nur 
ltickenhaft  sein. 

24.  April  1900.  Auf  S.  214  im  V.  Jahrgange  der  Zeitr 
schrift  „Niedersachsena  verSffentlicht  ein  geborener  Ostfriese, 
G.  Terburg-Arminius  in  Osterholz.  einen  Beitrag  tiber  Oster- 
brauche  in  Ostfriesland.  Der  Ausdruck  „L6hnske- 
Bahn",  auf  der  zu  Ostern  rait  Eiern  gespielt  wird  (lonsken  = 
auf  einer  solchen  Bahn  mit  Eier  spielen),  ist  in  Emden  nicht 
bekannt  und  scheint,  da  er  von  den  Anwesenden  nur  dem  Sen. 
Dreesmann  Penning,  einem  geborenen  Reiderl&nder  aus  Jemgum, 
bekannt  ist,  dem  Reiderland  eigenttimlich  zu  sein.  Die  „Lohnske- 
Bahna  ist  sanft  abwarts  geneigt;  das  Wort  hangt  vielleicht 
mit  „lonea  oder  „launea  (holl.  laan),  „ungepflasterter  abwarts- 
fuhrender  schmaler  Feldweg",  zusammen.  Auch  auf  dem  ver- 
h&ltnism&ssig  engen  Raum  von  Ostfriesland  giebt  es  in  der 
einen  Gegend  viele  W6rter,  die  in  der  anderen  ganz  ungebrauchlich 
sind ;  dadurch  erklaren  sich  viele  Auslassungen  bei  Doornkaat. 
So  heisst  z.  B.  die  glasierte  Steinkugel  (beim  Spielen  mit 
Wallntissen),  die  von  Terburg-Arminius  „Katten-Kopa  genannt 
wird,  in  Emden  „dottea;  in  Leer  wird  eine  Eisscholle,  auf 
der  die  Knaben  spielen  „liklaklflna,  in  Emden  „schorske- 
overa  genannt  (schorske-over  lopen;  vgl.  holl.  „schorsa  = 
Rinde?);  „Dtitea  soil  in  Rysum  „pudela  (Beutel)  heissen,  Bp€itfi 
in  der  Bedeutung  „Beutela  im  Harlingerland  nicht  gebraluchlich 
sein.  Im  Westen  Ostfrieslands,  namentlich  in  Emden,  erklart 
sich  manche  Eigenttimlichkeit  (tien  =  zehn  in  Emden,  sonst 
„teina)  durch  die  Einwirkung  Hollands.  Liegen  dagegen  solche 
Einfltisse  nicht  vor,  so  verdienen  Eigentumlichkeiten  die  Prufang, 
ob  in  ihnen  nicht  etwa  altfriesische  Reste  erhalten  sind.  Sie 
sind  vor  allem  im  Harlingerlande  zu  vermuten,  in  dem  ja 
noch  gegen  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts  Cadovius  sein  Meraoriale 
linguae  Frisicae  sammeln  konnte.  Auch  an  anderen  Orten,  die 
vor  der  Zeit  der  Chauss^en  und  Eisenbahnen  von  der  Aussen- 
welt  abgeschlossen  dalagen,  werden  sie  noch  vorhanden  sein; 
merkwiirdig,    ist  u.    a.    die   selbst    von    dem   n&chsten    Dorf, 


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—    485    — 

Loquard,  vftllig  abweichende  altere  Aussprache  von  Rysum 
(n'n  kirl  up'n  plrd  mit'n  langen  stlrt,"  lautet  ein  Volksreim 
aus  dem  KrumhSrn,  der  den  Rysumer  Dialekt  charakterisieren 
soil).  Ganz  ohne  friesische  Elemente  in  ihrer  Sprache  wird 
aber  keine  Gegend  Ostfrieslands  geblieben  sein,  ein  volliges 
Verschwinden  ware  von  vornherein  undenkbar. 

•Von  ostfriesischen  Worten,  die  bei  Doornkaat  fehlen,  werden 
heute  folgende  angefiihrt:  „p&ppea  holzerner  Schulbticher- 
kasten  mit  geschobenem  Deckel  (die  erste  Silbe  enthalt  ein  lang- 
gezogenes  offenes  a,  wie  im  franzosischen  „passera);  „papiren 
bontjea  trockene  Schlammkruste,  diinnes  Eis;  „pintje- 
knirda  oder  „krintekakkera  Kleinigkeitskramer. 

Aus  Anlass   der   Arbeit    des   Archivrats   Sello    iiber   das 

Wappen   der  Stadt  Emden  wird   eine  Original-Urkunde  im 

Besitze   unserer   Gesellschaft  vorgelegt,  nach  welcher  —  fast 

gleichzeitig  mit  der  zu  Worms  am  10.  August  1495  erfolgten 

Erteilung  des  Stadtwappens  —  einer  der  4  Burgermeister  von 

Emden,  Humpo   Hayena,  von  Kaiser  Maximilian  zu  Worms 

am  20.  Juli  1495  „fiir  die  getreuen  und  willigen  Diensto,  die 

er  dem  Kaiser  und  dem  heil.  Reiche  gethan  hat  und  noch  thun 

wird",  „ von  Neuema  Wappen  und  Kleinod  erhalt.    Ohne  Zweifel 

ist   Humpo   Hayena   derjenige,   der   1495   die  Unterhandlungen 

fur  die  Stadt  in  Worms  fuhrte.    Der  Wappenbrief  des  Humpo 

Hayena  muss   mit   den   Appelleschen   Papieren   und    dem 

Grimersumer  Archiv  in  unsere  Sammlung  gekommen  sein: 

in  dem  neulich  wieder  aufgefundenen  Kataloge  der  Appelleschen 

Handschriften  (Ms.  84)  wird  er  S.  163  als  ^Diploma  Maximiliani  I 

Imp.    quo  Humponi   Hayena   jus   insignium    conceditur   1495tf 

aufgefuhrt.    [Daneben  steht  ein  Diploma  Caroli  V  Caesaris,  quo 

Hajoni  quodam(!)  confertur  munus  consiliarii  in  curia  Trajectina; 

dieser    kaiserliche  Rat    in    Utrecht    war  Hayo  Hompen, 

Humpo  Hayenas  Sohn1).]    Mit  der  Familie  des  Humpo  Hayena 

(Hayen,  Hajunga)  waren  die  v.  d.  Appelle  verwandt  geworden 

duxch  die  Familie  van  Diepholt,  indem  des  Burgermeisters  H.  H. 

*)  vgl.  jetzt  o.  S.  202  f.  u.  S.  433.  Der  Appellesche  Katalog  fuhrt  u.  a. 
noch  folgende,  wahrscheinlich  schon  auf  der  Burg  zu  Grimersum  verlorne 
oder  vernichtete  Handschriften  auf:  S. 73,  No.  122  BHumponis  Hajunga 
Staatbuch",  S.  74,  No.  125b  Bein  altes  Annotationsbuch,  worin  Ver- 
zeichnungen  von  Otto  v.  D  i  e  p  h  o  1 1 ,  seiner  Frauen  Anna  Hajunga,  seinem 
Sohn,  Jost  v.  Diepholt,  und  v.  Frau  Susanna  Mekama,  Witwe  v.  Diepholt. 


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—    486    — 

Tochter  Anna  Hajunga  den  Otto  v.  Diepholt,  Edzards  I. 
Feldherrn,  und  Adelgunde  v.  Diepbolt  1663  den  Joost  Eberhard 
v.  d.  Appelle  heiratete. 

In   einem   Aufsatze   des   Korrespondenzblattes   des   V.  f. 
niederd.  Sprachforschung  (Heft  XXI  S.  5)  von  Hauschild:    Die 
Bedeutung  der  Assonanz  und  des  Ablautes  fur  die  Wortbildung 
im  Niederdeutschen  (vgl.  Walther  S.  40),  wird  auch  der  Aus- 
druck   „Rusemusea    in   der   Bedeutung   „grosse  Verwirrung3 
aufgeftihrt,  ohne  dass  auf  den  aus   der   Geschicbte   des   Cirk 
von   Friedeburg   bei   Beninga   S.  297   (1436)   bekannten   Vers: 
„Ruse  muse,  malk  se  to  sinen  husea  hingewiesen  wird.     Eine 
ahnliche  Bedeutung  scheint  auch  der  Ausdruck  „husen  busen6 
in  folgendem  auf  die  Tage  der  Osterwoche  gehenden  Spruche 
aus  Emden  und  aus  dem  KrummhSrn  zu  haben:  „Blaue  m&ndag, 
gele  dingsdag,  witte  midwfek,   grone  donderdag,  stille  fradag, 
husen  busen  saterdag,   hicken  bicken  sondag,    eiertrullende 
m&ndaga.     In  Emden  sagt  man  statt  „husen  busen"  „husende 
busende"  oder  gar  „huskende  bruskende  saterdag"  und  verbindet 
damit   die   Vorstellung    des    an    die   Unruhe   und   Verwiming 
reichen  Sonnabends  vor  dem  Osterfest.    Doornkaat  verzeichnet 
den   Spruch   unter   d.  W.   husen   nur   teilweise,    vollstandiger 
aber  Ltipkes,  Alte  Heimatkl&nge,  S.  32. 

In  einem  Auktions-Katalog  von  W.  P.  van  Stockum  und 
Sohn  in  Haag  wird  u.  Nr.  296  ein  Blatt  aus  dem  album 
amicorum  des  H.  Basting  von  Emden  angeboten  mit  der 
Handschrift  des  Petrus  Dathenus  (1531—1590):  1.  Tim.  6 
in  lateinischer  Sprache,  der  Widmung  des  Dathenus  an  Basting 
und  den  Worten:  „ Petrus  Dathenus  amicitiae  ergo  haec 
scribebat  pridie  calendas  decembris  1575. a  Auf  der  Rdckseite 
des  Blattes  ein  latein.  Vers  und  der  Name  C.  J.  Anobarbus 
vulgo  a  Tysenbar,  Heidelberg  21.  Junii  1576.  H.  Basting  aus 
Emden  muss  damals  Student  in  Heidelberg  gewesen  sein. 
[Ein  spaterer  Katalog  derselben  Firma  nennt  folgendes  Werk: 
H.  Bastingius,  Verclaringe  op  den  Catechisme  der  Christlicker 
religie.  Wt  de  Lat.  in  Nederd.  Sprake  gebracht  door  H.  van 
Corput.  Naar  de  2e  ed.  v.  1594  uitg.  door  F.  L.  Rutgers. 
Amst.  1891— 1895.] x) 

»)  iiber  Hieremias  Basting  s.  oben  S.  73     Willem  Basting  (Bastyn), 
Diakon  der  Fremdlingsarmen  in  Emden  1558  bis  1567,  war  wohl  sein  Vater; 


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8.  Mai  1900.  Angekauft  wird  die  in  einem  Antiquariats- 
Kataloge  angezeigte  Erzahlung:  Wunderbare  Schicksale  des 
Martin  Speelhoven,  eines  Kaufmanns  aus  dem  Clevischen, 
in  Emden  .  verstorben,  von  ihm  selbst  beschrieben  und  zur 
Unterhaltung  und  Belehrung  zeitgemass  bearbeitet  von  Fr.  G. 
Ferd.  Schlager,  Senior  minist.  u.  Past.  prim,  in  Hamelnt  Han- 
nover, Hahnsche  Hofbuchh.,  1858.  Nach  der  Vorrede  hat  dem 
Bearbeiter  ein  seltenes  Buch  aus  d.  J.  1763  vorgelegen:  „Die 
Glucks-  und  Unglticksfalle  Martins  Speelhoven,  eines  Kaufmanns 
aus  dem  Clevischen  gebiirtig,  welche  ihm  sowohl  in  seiner 
Jugend  als  auch  auf  Reisen  in  Amerika  begegnet,  noch  dessen 
Gefangennehmung  und  Flucht,  wie  auch  achtzehnjahriger  Auf- 
enthalt  auf  einer  damals  noch  nie  besuchten  Insel  und  end- 
liche  Befreiung,  von  ihm  selbst  beschrieben.  Dresden  und  Leip- 
zig, bei  Johann  Nikolaus  Gerlach  und  Sohn  1763".  Martin 
van  Speelhoven  wird  in  einem  kleinen  Dorfe  bei  Wesel  als 
Sohn  eines  aus  Holland  stammenden  Arbeiters  geboren,  der 
des  Sonntags  als  Musikus  den  Bauern  aufspielt ;  der  Vater,  ein 
Trunkenbold,  verschuldet  den  Tod  der  Mutter  und  flieht  aus 
Furcht  vor  Strafe.  Martin,  aller  Angehorigen  beraubt,  kommt 
nach  mannigfachen  Abenteuern,  die  lebendig  in  der  Art  des 
Simplicissimus  erzahlt  werden,  zu  einer  Pastorenwitwe  in 
Wesel.  Diese  vermahlt  sich  (S.  50)  mit  dem  reichen  Kaufmann 
van  Merkly  aus  Emden  und  nimmt  ihn  mit  nach  Emden, 
wo  er  7  Jahre  bei  Merkly  lernt  und  arbeitet;  dann  geht  er 
nach  Amsterdam  und  schifft  sich  i.  J.  1601  auf  einer  Ost- 
indischen  Flotte  unter  dem  Admiral  Spilberg1)  als  Untei-Schiffs- 
schreiber  ein.  Bei  einer  Fahrt  an  Land  in  Afrika  wird  er  von 
seinen  Gefahrten  abgeschnitten  und  rettet  sich,  von  Portugiesen 
bedrangt,  allein  auf  einem  portugiesischen  Boot  nach  einer  ein- 
samen  Insel.  Hier  bleibt  er  18  Jahre,  erhalt  sich  wie  Robinson, 
rettet  eine  ebenfalls  dorthin  verschlagene  Jungfrau  und  wird 
dann  durch  Englander  erlSst.     Zuletzt   gelangt  er  als  reicher 


die  Protokolle  des  Emder  Kirchenrats  berichten  seinen  Tod  (an  der  Pest) 
mit  den  Worten:  „den  24.  Augusti  Anno  75  is  onS  leue  broder  vnd  mede 
olderlinck  Willem  bastinck  in  den  here  entslapen." 

!)  Die  Schilderungen  der  Weltreisen  des  hollandischen  Admirals 
Joris  van  Spilbergen  1601—1618  waren  im  XVII.  Jahrhundert  eine  beliebte 
Lekture. 


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Mann  nach  Emden  zurtick  zu  seiner  friiheren  Beschatzerin 
(S.  378),  die  wieder  Witwe  geworden,  tibernimmt  das  grosse 
Merklysche  Gesch&ft  und  lebt  noch  lange  Jahre.  Die  Erzahlung 
ist,  wie  die  Inhaltsangabe  zeigt,  eine  Robinsonade;  Fried- 
laender,  der  im  Ostfr.  Monatsblatte  IV  (1876)  S.  289  einen  Beitrag 
liber  „Die  ostfriesische  Robinsonin"  (1755)  veroffentlichte,  scheint 
unser  Buch  nicht  gekannt  zu  haben.  Auf  Emden  selbst  nimmt 
der  Roman  wenig  Rticksicht,  wenn  auch  der  Verfasser  trier 
wohl  bekannt  gewesen  zu  sein  scheint.  Hit  dem  letzten 
Nachtquartier,  in  dem  Martin  Speelhoven  als  Knabe  auf  seiner 
Reise  von  Wesel  nach  Emden  vor  Ankunft  an  seinem  Ziel, 
2  Stunden  vor  Emden,  zubringt  (S.  53),  ist  offenbar  Older- 
sum  gemeint.  Der  erste  unbekannte  Herausgeber  spricht  in 
einem  Schlussworte  von  einem  Kriege,  der  einem  Lande 
nach  dem  andern  den  Umsturz  gedroht  und  auch  „unserer 
liebenStadtEmden"  ein  Hartes  zugedacht  habe,  und  er- 
zahlt,  er  erinnere  sich  aus  seiner  Jugend  noch  des  wohlangelegten 
Gartens  in  „der  Vorstadt"  von  Emden,  in  dem  sich  Martin 
Speelhoven  als  Greis  zumeist  aufgehalten  habe,  dort  sei  fur 
diesen  ein  kleines  Geb&ude  nach  dem  Muster  der  auf  der 
einsamen  Insel  errichteten  Htitte  aufgefiihrt  gewesen.  Der 
zweite  Herausgeber  Schl&ger  meinte,  M.  Sp.  habe  sich  in 
Emden  durch  Legate  verewigt,  woriiber  sich  auf  S.  381  eine 
sehr  unbestimmte  Andeutung  findet,  hat  aber  auf  eine  Anfrage 
bei  Emder  Predigern  keine  befriedigende  Antwort  erhalten.  — 
Die  Schilderung  der  Jugendjahre  Martin  Speelhovens  ist  so  an- 
schaulich,  dass  wahrscheinlich  wirkliche  Erlebnisse  den  Kern 
bilden.  Dass  der  Verfasser  des  1763  erschienenen  Originales 
gerade  Emden  als  Ausgangspunkt  seiner  Robinsonade  wahlte, 
ist  im  Zeitalter  der  asiatischen  Handlungskompagnien  in  Emden 
nicht  auffallend. 

Klopp  citiert  S.  464  im  dritten  Bande  seiner  Geschichte 
Ostfrieslands  als  Quelle  mehrere  kaufmannische  Laden- 
biicher(Winkelboekjes)  aus  dem  Anfange  des  XIX.  Jahr- 
hunderts,  die  ihm  durch  Vermittlung  des  Herrn  van  Senden 
zur  Einsicht  zugestellt  worden  seien.  Es  wird  deshalb  der 
Wunsch  ge&ussert,  dass  derartige  Biicher  unserer  Bibliothek 
zur  Verwahrung  ubergeben  werden  mochten. 

15.  Mai  1900.     Das   neue  Mittel   zur  Konservierung   von 


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Handschriften,  „Zapona,  ist  von  der  chemischen  Fabrik  von 
Dr.  J.  Perl  in  Berlin  zu  erhalten;  es  soil  das  Papier  um  30% 
starken. 

Herr  M.  Schnedermann  jr.  legt  eine  Spottmttnze  aus 
der  Zeit  des  Schmuggels  wahrend  der  Kontinentalsperre 
im  Anfang  des  XIX.  Jahrhunderts  vor:  auf  der  einen  Seite 
reicht  eine  Hand  dem  Zollbeamten  Geld,  auf  der  andern  halt 
dieser  die  Hand  vor  das  Gesicht;  dort  stehen  die  Worte: 
„Kommst  Du  mir  also",  hier:  „So  komme  ich  Dir  so". 

22.  Mai  1900.  An  der  alten  Kirche  zu  Engerhafe  hat 
das  Mauerwerk  eine  derartig  schiefe  Richtung  angenommen, 
dass  die  Gemeinde  aufgefordert  worden  ist,  dem  Bauwerk 
kraftige  Pfeiler  als  Stoitze  zu  geben  oder  zu  einem  Neubau  zu 
schreiten.  Hoffentlich  werden  Mittel  und  Wege  gefunden,  die 
ehrwiirdige,  ihren  Schwestern  in  Viktorbur,  Marienhafe  und 
Osteel  ebenbiirtige  Kirche  zu  erhalten. 

Die  von  J.  A.  Stargardts  Antiquariat  in  Berlin  in  Katal. 
211  No.  746  und  754  angezeigten  Hochzeitsgedichte  und 
Leichenpredigten  auf  Mitglieder  der  Familien  von  (!) 
Potter  und  von  Rheden,  deren  Ankauf  beschlossen  worden 
war  (5  Hochzeitsgedichte  und  Leichenreden  aus  der  Familie 
v.  P.  1641—82,  4°  u.  fol.,  Bremen  —  27  Hochzeitsgedichte  und 
Leichenreden  aus  der  Familie  v.  Rh.  1621 — 1783,  Bremen),  waren 
schon  verkauft. 

Bei  Doornkaat  fehlt  das  Wort  „nal&tzka  neugierig  (aus 
dem  Harlingerland).  „Spietzktf  (der  sich  leicht  argert,  vgl. 
't  spiet  mi)  bedeutet  im  Harlingerland :  spottisch. 

In  Verwahrung  giebt  Herr  Konsul  B.  Brons  5  der  hiesigen 
Mennoniten  -  Gemeinde  gehorige  Pergamenturkunden :  1)  vom 
30.  April  1621,  Friederich  Freiherr  zu  Schwartzenbergk  u. 
Hohenlandtsbergk,  Herr  zu  Oldersum  (vgl.  o.  S.  431),  sichert 
den  jetzt  in  Oldersum  wohnenden  „Mennonistena  seinen 
Schutz  und  Freiheit  von  „zocht  (!)  und  wachten,  item  Fend- 
richen  u.  Rottemeistern"  gegen  ein  Jahrgeld  von  2  Goldgulden 
fur  jedes  Hausgesinde,  den  Aermern  fur  2  Reichsthaler,  zu. 
2)  vom  6.  Marz  1622,  Attest  des  Bonno  Ausma  auf  Engersum 
zu  Uthuizen  u.  Uthuistermeden  (in  Groningerland),  „  Junckher  u. 
Hoeuetlinck",  fur  den  Backergesellen  Symen  Nannes,  einen 
„Manonitena.   3)  vom  22.  Oktober  1644,  Attest  des  Junkers  und 


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—    490    — 

H&uptlings  Joh.  Schaf fer  wegen  einer  Geldsumme,  die Einwohner 
von  Visvliet  (in  Groningerland)  von  dem  erentfesten  Joh. 
Warners  in  Emden  auf  ein  Haus  in  Visvliet  geliehen  haben  (Joh. 
Warners  muss  Vertreter  der  Emder  Mennoniten  gewesen  sein). 
4)  vom  17.  Juli  1660,  Attest  des  Emder  Magistrats  betr.  ein  Darlehen, 
das  Meister  Hinr.  Euertz  als  „Vorstander  der  Flamischen1) 
Manisten  Armen"  gewahrt  hat.  5)  eine  fast  ganz  ver- 
blichene  Urkunde,  ausgestellt  ftir  den  Emder  Magistrat  von  A. 
Cramer,  jur.  utr.  dr.,  Reip.  Embd.  Seer.  (Cramer  war  Substitut 
seit  1655,  Secret&r  seit  1665);  zu  erkennen  sind  u.  a.  noch  die 
Worte:  „demnach  bei  diesen  gefahrlichen  Zeiten  dieser  Stadt*. 

In  der  vierten  Lieferung  von  Oud-Holland  XVII  veroffent- 
licht  Hofstede  de  Groot  Mitteilungen  tiber  den  Schwiegervater 
des  aus  Emden  stammenden  Malers  Fredrik  deMoucheron, 
Isaac  de  Jouderville,  und  giebt  S  232  einige  Familiennachrichten 
tiber  Moucheron. 

12.  Juni  1900.  Ein  Giebelstein  mit  der  Jahreszahl  1605 
und  einem  Wappen  (einem  Kopfe,  den  ein  Engel  mit  einem 
Lorbeerkranze  krftnt)  wird  aus  dem  Besitze  des  Stauers 
Tammen,  Miihlenstrasse  No.  53,  angekauft.  Das  Haus  soil 
einst  von  den  Lutheranern  als  Kirche  benutzt  worden 
sein  [die  Schrift  von  Frerichs  tiber  die  Neubildung  der  luthe- 
rischen  Gemeinde  in  Emden  (1875)  giebt  S.  14  Miihlenstrasse 
No.  51  und  52  an]. 

Zwei  grosse  alte  Ziegelsteine  (31  :  9  :  16  cm  —  28  : 
137s  :  78A  cm)»  die  beim  Bau  der  Bahn  von  Emden  nach  der 
Schleuse  auf  dem  Warf  von  Nesserland  gefunden  worden, 
sind  unserer  schon  ziemlich  reichen,  interessanten  Sammlung 
von  Bausteinen  aus  fruhern  Jahrhunderten  einverleibt  worden. 
Der  grSssere  stimmt  in  seinen  Verhaltnissen  ganz  mit  den 
Steinen  der  ehemaligen  Nesserlander  Kirche  tiberein.  Etwa 
50  m  nordlich  vom  Kirchhof  zu  Nesserland  ist  beim  Aus- 
schachten  ftir  die  neue  Strasse  nach  Nesserland  eine  von  Osten 
nach  Westen  gehende  Mauer  aus  sebr  dicken,  aber  brockligen 
Steinen  zu  Tage  getreten,  die  anfangs  ftir  einen  Rest  der 
1437  zerstorten  Hauptlingsburg  gehalten  wurde.  Diese  soil 
aber  weiter  ostlich  in  der  Nahe  des  frtihern  „Hammrichs- 
hauses"  gelegen  haben  (Houtrouw  I.  303). 

>)  Ueber  die  „Alt-Flaminger"  s.  MGller,  Jahrb.  V,  1,  1882,  S.  7a 


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—    491    — 

Ein  „Copiarium  Beninganum",  aus  dem  Friedlaender 
mehrere  im  Original  verlorne  Urkunden  abgedruckt  hat,  ist 
vor  lingerer  Zeit  aus  dem  friesischen  Antiquariat  des  Herrn 
Haynel  an  den  Regierungsrat  Dr.  Lantzius-Beninga  in  Cassel 
verkauft  worden.  Da  unsere  Gesellschaft  einen  grossen  Teil 
des  Archives  der  Familie  Beninga  in  Grimersum  besitzt,  so 
wiirde  ein  Vergleich  des  „Copiarium  Beninganum"  mit  unserm 
Besitze  von  grossem  Interesse  sein.  Die  Handschrift  des  Herrn 
Dr.  L.-B.  soil  daher  zur  Durchsicht  erbeten  werden. 

19.  Juni  1900.  In  „Niedersachsena  Jahrg.  V  Heft  18  er- 
wahnt  ein  Beitrag  tiber  Hi tz acker  an  der  Elbe  die  auch  von 
Beninga  erzahlte  Sage,  dass  Hitzacker  von  Friesen  gegrtindet 
sei  (vgl.  Bolhuis  v.  Zeeburgh,  Krit.  der  friesche  geschieds- 
schrijving,  S.  76) ;  Beninga  nennt  in  dem  Manuskripte  seiner 
Chronik  auf  dem  Emder  Rathause  S.  68  (vgl.  Beninga  ed. 
Harkenr.  S.  66)  als  Griinder  einen  Friesen  Hidde  aus  dem 
ihm  verwandten  Geschlechte  der  Kankena  von  Wittmund  und 
Dornum,  in  welchem  der  Vorname  Hedde  beliebt  war.  Die 
Hineinziehung  von  Hitzacker  in  die  friesische  Sage  ist  nicht 
aufgeklart:  bekannt  konnte  den  Friesen  der  Ort  aus  ihren 
Rechtsbuchern  sein,  wo  er  als  Grenzort  im  Osten  genannt 
wird  (aster  to  Hiddisekre,  v.  Richthofen  Rechtsqu.  S.  18  und  19). 

Herr  Major  a.  D.  v.  Fromm  in  Meiningen,  friiher  Haupt- 
mann  im  Emder  Bataillon  des  78.  Regiments,  schenkt  5  sehr 
wertvolle  Bleistift-Skizzen  aus  d.  J.  1618—1620,  die  er 
unter  alten  Papieren  seines  verst.  Schwiegervaters,  des  Frei- 
herrn  Max  von  Eelking  in  Meiningen,  gefunden  hat.  Die  Zeich- 
nungen  scheinen  von  einem  unbekannten  Mitgliede  der  Familie 
von  Eelking,  die  aus  der  Gegend  von  Appingadam  stammt 
und  im  XVI.  Jahrh.  in  der  Zeit  der  religiosen  Wirren  aus  den 
Niederlanden  nach  Em  den  und  nach  Bremen  wanderte,1) 
gesammelt2)  zu  sein. 


')  vgl.  den  Stammbaum  der  Familie  im  BDeutschen  Herold"  XIII, 
1882,  S.  34  u.  35.  Marten  Eelking  (1614—1551)  ist  darnach  der  erste  in 
Emden  ansassig  gewesene  Angehdrige,  sein  Sohn  Claes  Martens  starb 
1624  in  Emden,  dessen  Sohn  Marten  Claessen  aber  1640  in  Bremen;  wahr- 
scheinlich  ist  dieser  der  Sammler  der  Skizzen.  Claes  Maertens  muss 
nach  Grabregistern  der  Grossen  Kirche  (als  Prokurator?)  zu  der  Amster- 
damer  Burgermeister-Familie  de  Graeff  (van  Polsbroek),  von  der  im  XVI. 


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—    492    — 

No.  1,  bezeichnet  »1618  15.  Julius  de  oude  karck  tho 
Norden",  stellt  die  (1314  geweihte,  1531  von  Junker  Balthasar 
zerstorte  und  1755  in  den  letzten  Resten  abgebrochene) 
Andreas-Kirche  inNorden  von  derTurmseite  aus  mit  dem 
Sudkreuz,  dem  Treppenhause  und  dem  Stucke  eines  der  beiden 
Chorturme  dar. 

No.  2,  bezeichnet  „de  oude  kark  to  Norden  1618* ,  das 
Innere  der  Kirchenruine  mit  den  beiden  Chorturmen 
(„M6dderingea). 

No.  1  u.  2  sind  wahrscheinlich  die  altesten  und  genauesten 
erhaltenen  Darstellungen  der  Norder  Andreas-Kirche;  Mithoff, 
Houtrouw  und  das  Ostfr.  Monatsblatt  VII  S.  559  erwabnen  ein 
Glasgemalde   in   der  Kirche,    geben   aber   nichts    Naheres  an. 

No.  3,  bezeichnet  „Castel  to  Jever  1618",  das  Schloss 
z  u  J  e  v  e  r.  An  dem  massiven  Turme  ist  eine  Bresche  erkenn- 
bar,  auf  der  kanonenbewehrten  Umfassungsmauer  ist  ein  kleiner 
Turm  umgeworfen,  ebenso  der  Dachaufsatz  auf  einem  anderen 
kuppelartigen  Turme;  das  Bild  scheint  also  kurz  nach  einer 
Belagerung  aufgenommen  worden  zu  sein.  Am  Fusse  der 
Mauer  Baume. 

No.  4,  bezeichnet  „Harlingen  1619  den  25.  Junius* ',  die 
Stadt  Harlingen  in  Westfriesland  von  der  Seeseite  aus. 

No.  5,  bezeichnet  „het  Hus  den  ordt  1620  den  12.feberwary". 
Diese  leider  fliichtiger  als  die  ubrigen  gearbeitete  Zeichnung 
stellt  ohne  Zweifel  die  alte  Festung  Leer  or  t  vor,  von  deren 
friiherer  Beschaffenheit  ausser  den  Festungsplanen  bisher  wohl 
keine  Abbildung  Kunde  gab8). 

Jahrhundert  AngehSrige  in  Emden  auftreten  und  in  der  Grossen  Kirche 
begraben  sind,  Beziehungen  unterhalten  haben.  Den  Namen  Eelking 
haben  wir  in  Groninger  Quellen  nicht  getroffen,  vielleicht  lautete  die 
altereForm:  Eelkama.  Einen  Eelkama-Heerd  gab  es  im  XIV.  Jahrhundert 
im  Kirchspiel  Zandweer  ('t  Zand),  nordwestl.  von  Delfsiel,  wo  auch  das 
adlige  Haus  Ompteda  stand  (vgl.  Inventaris  v.  h.  Familie-Archief  v.  h. 
geslacht  vanEwsum,  'sGravenh.  1899,  S.  6  u.44  ff,  Oudheden  en  Gestichten 
von  Groningen  S.  380)  —  Von  dem  obengenannten,  als  Schrifteteller  be- 
kannten  Oberetleutnant  Freiherrn  Max  v.  Eelking  (1813—1873)  enthalt 
die  Allg.  Deutsche  Biographic  einen  Lebensabriss. 

2)  nicht  gezeichnet,  wie  oben  S.  364  (infolge  eines  Irrtums  von 
unserer  Seite)  angegeben. 

*)  Im  Juni  1901  hat  Herr  Major  v.  Fromm  sein  schones  Geschenk 
durch  eine  nachtr&glich  entdeckte  Zeichnung  des  Pewsumer  Schlosses 


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—    493    — 

Ein  jetzt  in  Emden  befindlicher,  frtiher  dem  Landwirt 
Bode  in  Uphusen  gehGriger  sch6ner  alter  Renaissance -Sch rank 
hat  durch  ein  Allianzwappen  am  Gesimse,  das  die  seltene 
Moglichkeit  genauer  Zeitbestimmung  ftir  den  Schrank  gewahrt, 
die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gezogen:  rechts  ein  vierteiliger 
Schild,  im  I  und  IV  Felde  ein  Engel,  der  ein  Schwert  tr&gt,  in 
II  und  III  ein  Kreuz;  links  ein  Balken  mit  3  sechsstrahligen 
Sternen  nebst  2  rechtsblickenden  Vogeln  darttber  und  einem 
darunter.  Dasselbe  Allianzwappen  ist  auf  dem  Grabsteine  des 
am  21.  August  1691  gestorbenen  Cornelis  Eemsing  im 
Abendmahlschor  der  Grossen  Kirche,  das  gleiche  Eemsingsche 
Wappen  auch  auf  dem  Grabsteine  des  1652  gestorbenen 
Cornelis  Ehmsing  im  Trauchor  eingehauen.  Das  Wappen  rechts 
ist  nach  Herrn  B.  de  Vries  das  der  Emder  Familie  Payne. 
Der  schone  Schrank  ist  also  ftir  eine  Emder  Familie  und  zwar 
fur  den  1691  im  39.  Lebensjahre  gestorbenen  Corn.  Eemsing 
und  seine  Gattin,  geb.  Payne,  in  den  Jahren  1670—1690  her- 
gestellt  worden,  wahrscheinlich  in  Holland4),  dem  Mutterlande 
solcher  Spatrenaissance-Schranke  mit  architektonischer  Saulen- 
gliederung,  Flammleisten  von  Ebenholz  und  Kugelftissen.  Der 
Aufbau  des  Schrankes  ist  in  seinen  Verhaltnissen  ausser- 
ordentlich  kunstvoll,  der  Relief-Schmuck  der  Thtirftillungen, 
des  Frieses,  der  Ecken  mit  Blumengewinden,  Vogeln,  Lowen, 
und  Engelkftpfen  freilich  wenig  fein,  das  Wappen  aber  sehr 
sorgfaltig  ausgefiihrt.     Fast  ganz  gleiche  Schranke,  aber   mit 


von  derselben  Hand  erganzt,  bezeichnet:  „Het  Hus  to  peusem  1620  den 
29.  feberwa:a  —  Ueber  eine  „Freiherrl.  v.  Eelkingsche  Sammlung  von 
Handzeichnungen  alter  Meister*,  die  im  Juni  1902  bei  J.  M.  Heberle  in 
K61n  versteigert  wurde,  bringt  das  ,,Daheim"  in  No.  44  des  Jahrganges 
1902,  S.  26,  eine  Nachricht:  „Diese  im  XVII.  Jahrh.  begonnene,  bis  ins 
XVIII.  Jahrb.  fortgesetzte  Sammlung  des  grossen  Emdener  (?)  Handlungs- 
hauses  war  namentlich  durch  die  Fulle  hervorragender  Blatter  hollandischer 
und  vlamischer  Kiinstler  beriihmt,  und  unter  diesen  wieder  ragten  hervor 
19  Feder-  und  Tuschzeichnungen  Rembrandts;  diese  in  einem  Skizzen- 
buch  vereinigte  Rembrandt-Sammlung  brachte  annahernd  8008  Mark, 
leider  gingen  die  Blatter  ohneAusnahme  insAusland."  Ob  ein  Zusammen- 
hang  dieser  Sammlung  mit  den  obengenannten  Zeichnungen  bestand,  ist 
uns  nicht  bekannt. 

4)  Aehnliche  Schranke  finden  sich  aber  in  Ostfriesland  in  so  auf- 
ffilliger  Menge,  dass  die  M6glichkeit  ostfriesischen  Ursprungs  nicht  aus- 
geschlossen  ist. 


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—    494    — 

freistehenden  S&ulen  und  ohne  Wappen,  sind  u.  a.  im  Besitze 
des  Branntweinbrenners  Janssen  in  Aurich-Oldendorf  und  des 
Museums  zu  Liineburg.  Ueber  die  Familie  Eemsing  (=  Hemsing?) 
haben  sich  noch  folgende  Nachrichten  zusammengefunden: 
Corn.  Eemsing  war  1686  Vierziger  mit  (seinem  Verwandten?) 
Thomas  Payne  zusammen;  der  1652  gestorbene  Corn.  Eemsing 
(Embsingh)  war  1646—50  Diacon  der  franzSsischen  Kirche, 
woraus  hervorgeht,  dass  die  Familie  nicht  emdischen  Ursprungs 
war,  1650—52  Schaffer  der  Schiffergilde;  Jasper  Hemsinck 
1621 — 5  Diakon  der  Hussittenden  Armen  in  der  ersten  Kluft 
(nach  Ms.  18  und  53  unserer  Gesellschaft) ;  Bolardus  Emsing 
1648  nach  dem  Ostfr.  Monatsbl.  1878  S.  399  stud.  phil.  in 
Groningen,  aber  schon  unter  den  970  Emder  Burgern,  die  1593 
den  Vierzigern  Vollmacht  erteilten,  unterschreibt  Lewijn  Emsinck. 

Herr  E.  C.  Ulferts  in  Esens  sendet  4  kleine  Feuerstein- 
messer,  die  dicht  beim  Barkholter  Berg  im  Garten  des 
Chausseearbeiters  Wilken  gefunden,  und  einen  ungebrannten, 
oben  weit  offenen  Krug  von  19,5  cm  Hohe,  20  cm  Breite  in 
der  Mitte  und  17  cm  Breite  im  Durchmesser  des  oberen  Randes 
mit  2  Henkeln,  gef.  in  „Mergela  (=  alter  Schliekablagerung) 
2  m  tief  auf  einem  Grundstiicke  des  Kaufmanns  Hinrich  Riel 
Janssen  in  Barkholt,  am  nordlichen  Rande  des  Holtriems 
(vgl.  z.  19.  Sept.  und  21.  Nov.  1899)  500  m  nordlich  vom  Bark- 
holter Berg. 

26.  Juni  1900.  Die  im  „Wapenherauta,  Jahrg.  IV. 
erscheinenden  Zusammenstellungen  iiber  das  aus  Koln  nach 
den  Niederlanden  und  Emden  gewanderte  Geschlecht  van 
Ketwich  geben  zu  einigen  Berichtigungen  und  Erganzungen 
Anlass.  Joh.  v.  Ketwich  aus  Zwolle  gehOrte  1589  zu  den 
ersten  Vierzigern  in  Emden.  Sein  Sohn  Matthias  v.  Ketwich 
liegt  im  Trauchor  der  Grossen  Kirche  begraben  und  starb 
nach  der  Aufschrift  des  Grabsteines  1627  (Wapenheraut  S.  109 
unrichtig  1643);  Banke  in  der  Grossen  und  in  der  Gasthaus- 
Kirche  tragen  noch  seine  Hausmarke  mit  den  Buchstaben 
MVK.  Dessen  Kinder  zogen  teilweise  nach  Zwolle  zuriick, 
eine  Tochter  blieb  aber  in  Emden  als  Gattin  des  Stadtsekretars 
Dr.  jur.  utr.  Steffen  Jorgena,  dessen  Grabstein  im  Trauchor 
der  Gr.  Kirche  mit  wohlerhaltenem  Wappen  nicht  weit  von 
dem  seines  Schwiegervaters  liegt.    Unter  den  zahlreichen  S.  110 


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—    495    — 

genannten,  aber  nicht  sicher  als  zugehorig  zu  der  oben- 
genannten  Familie  nachzuweisenden  ostfriesischen  Ketwichs  ist 
der  bedeutendste  Dr.jur. Mentet  Kettwig  aus  Leer,  1674 
bis  1733,  ein  in  seiner  Zeit  beriihmter,  vielseitig  gebildeter 
Rechtsgelehrter  in  Emden,  dem  Tiaden  (Gelehrt.  Ost  Friesl.  Ill 
S.  194)  eine  eigene  interessante  Biographie  widmet.  Er  stand 
urn  1696  in  Briefwechsel  mit  Leibniz,  der  nach  Tiaden  durch 
ihn  u.  a.  Nachricht  von  Cadovius  Mullers  Memoriale  linguae 
Frisicae  erhalten  hat.  Leibniz  korrespondierte  zugleich  mit 
dem  ostfr.  Vice-KanzlerAvemann,  dem  Feinde  Kettwigs, 
und  beide  Gegner  sprechen  sich  in  dem  auf  der  Konigl. 
Bibliothek  zu  Hannover  teilweise  erhaltenen  Briefwechsel 
zu  Leibniz  iiber  einander  und  uber  ostfriesische  Verhalt- 
nisse  sehr  offenherzig  aus.  —  Ein  Wappen  in  unserer 
Nachbarschaft,  jetzt  liber  dem  Geelvink'schen  Thore  an  der 
Grossen  Strasse  No.  38,  soil  das  Kettwig  -  Rykenasche  Allianz- 
wappen  sein2) ;  ist  dies  richtig,  so  wurde  sich  darin  eine  Er- 
innerung  an  unsern  Mentet  Kettwig,  dessen  Gattin  nach  Tiaden 
S.  195  die  Tochter  des  Norder  Biirgermeisters  Hajo  Rykena 
war,  erhalten  haben. 

[Der  obenerwahnte  Briefwechsel  zwischen  Leibniz  und  Avemann  in 
der  Konigl.  Bibliothek  zu  Hannover  besteht  aus  33  Briefen  von 
1689—1698  und  einem  Brief e  von  Leibniz  an  Avemanns  Witwe  v.  J. 
1708.  Von  Briefen,  die  zwischen  Leibniz  und  Kettwig  gewechselt  worden, 
sind  noch  7  vorhanden:  1.  Emden,  d.  2ft  10.  1695  (Kettwig  ubersendet  L. 
eine  Handschrift  uber  Jurisprudenz  und  Hobbes).  —  2.  Hannover,  d. 
7.  Nov.  1695  (L.  dankt  K.  fur  die  Sendung,  weitere  Darlegung  seines 
Urteils  uber  Hobbes).  —  3.  Emden,  d.  4.  Febr.  1696  (Antwort  Kettwigs 
auf  No  3  und  Urteil  iiber  Huber,  dessen  jurisprudentia  frisica  und 
Grotius).  —  4.  Ohne  Ort  und  Tag  (26.3.  1696?  L.  an  K.  aber  Grotius, 
Hobbes,  Vine.  Placcius).  —  5.  Emden,  d.  5.  Juni  1696  (K.  an  L.,  s.  u.). 
—  6.  Hannover,  ohne  Datum  (L.  an  K,  s.  u.).  —  7.  Emden,  d.  12.  Okt.  1696 
(K.  an  L.:  Feltmann  habe  die  Absicht  gehabt,  U.  Emmius'  fries.  Ge- 
schichte  fortzusetzen;  Bitte,  bei  Avemann  ein  gutes  Wort  fur  K.  ein- 
zulegen.  Darunter  von  Leibniz:  Extrait  de  ma  lettre  a  M.  Avemann 
30.  Dez.  1696,  Furbitte  fur  Kettwig).  Die  folgende  Probe,  eine  Abschrift  der 
Brief e  5  u.  6  aus  den  Originalen,  verdanken  wir,  wie  die  obigen  Angaben, 


2)  Herr  St.  Rykena  in  Norden  bestatigt  es;  die  Angabe  iiber  das 
Rykenasche  Wappen  im  Ostfr.  Monatsbl.  1881  S.  11  beruht  auf  einer 
Mitteilung  des  Herrn  Rykena,  die  dieser  nachtraglich  als  irrtumlich 
erkannte,  an  Herrn  Holtmanns. 


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—    496    — 

einem  treuen  Freunde  unserer  Gesellschaft  in  Hannover;  die  ernste, 
vaterliche  Art,  wie  Leibniz  den  22jahrigen  Kettwig  zu  iiberzeugen  sucht, 
dass  dieser  den  ersten  Schritt  zur  VersShnung  mit  dem  Vice-Kanzler 
thun  miisse,  wird  mit  Achtung  auch  fur  den  Menschen  Leibniz  erfullen. 
Kettwig  an  Leibniz,  Emden,  d.  5.  Juni  1696. 
Viro  Jllustri  Godefrido  Guilielmo  Leibnitio  Mentetus  Kettwigius 
s.  d.  p.  Litterae  tuae  XXVI  Martii  ad  me  exaratae  non  nisi  ante  hoc 
triduum  mihi  sunt  redditae.  Etenim  cum  parentem  meum  Lerae  in 
Frisiis  Orientalibus  degentem  paucis  abhinc  diebus  salutarem,  forte 
fortuna  ibidem  eas  repperi,  cum  eodem  absente  famulo  essent  traditae 
ab  eoque  in  museo  Parentis  rejectae,  non  illi  primo  obtutu  visae.  Culpa 
id  factum  tabellarii  Auricani,  qui  litteras  ad  patrem  errore  nominis 
perferendas  dedit,  cum  uterque  nostrum  juris  utriusque  doctor  sit 
renuntiatus.  Optarem  itaque  si  quid  post  ad  me  curetur,  ut  inscriptio 
litterarum  locum  domicilii  mei,  E  m  d  a  m  scilicet,  prae  se  ferret  Caeterum 
nihil  unquam  mihi  gratius  obventurum  testor,  quam  ut  ansa  daretur 
studia  mea  excolendi,  cum  Carolinum  illud  plus  ultra  neminem  magis 
quam  studiosam  juventutem,  cui  curae  est  vitam  haud  quaquam 
silentio  transigere,  decere  putem.  Offers  ad  id,  VIR  ILLUSTRIS,  duo 
media,  turn,  ut  probe  ea,  quae  a  tedeHobbianis  et  juris  naturalis 
principiis  in  libro  de  Jure  Suprematus  et  praefatione  Codicis 
Diplomatici  sunt  dicta,  expenderem  legeremque,  cum,  uti  me  ad 
lectionem  eorum,  quae  Vir  eruditissimus  Vincentius  Placcius  in 
accessionibus  nuper  editis  de  jure  naturae  scientiaque  morali  disserutL 
accingerem  eaque,  quae  in  rem  viderentur,  notarem.  Fateor,  VIE 
ILLUSTRIS,  sic  quidem  commodissime  ad  veritatem  iri,  nee  esse  viam 
magis  commodam  et  eruendae  veritati  parem,  quam  quidem  amicam 
ejusmodi  collationem.  Ast  dubito,  num  tantum  onus  subire  humeri  mei 
ferant.  Non  tamen  provinciam  detrecto,  siquidem  mihi  juveni,  si  quae 
minus  recte  dixero,  Vos  veniam  f  aturos  nee  cupiditatem  meam  in  litteris 
praeclaraque  hac  scientia  proficiendi  malam  in  partem  interpretaturos 
confidam,  imo  certus  sim.  Itaque  cum  animus  mihi  sit  propediem 
Bremam  petendi,  dabo  operam,  ut  Viri  Clarissimi,  Vine.  Placcii, 
accessiones  ibidem  comparem,  dein  praevia  attenta  lectione,  si  quae 
habeam,  notabo  eademque  occasione  testatum  faciam,  tua,  praesertim  in 
libro  de  Jure  Suprematus,  mihi  lecta,  imo  relecta  esse.  Praefationem 
Codicis  J.  G.  Diplomatici  aliquando  apud  Amplissimum,  jam  vero  summo 
eruditiorum  cordolio  et  maximo  litterarum  dispendio  denatum  Felt- 
m annum  legi,  sed  omnia  exequi  per  otium  turn  non  licebat,  maxime 
quod  Vice-Cancellarius  Ampl.  Avemannus  librum  (Feltmanno 
enim  ad  breve  utendum  concesserat)  eodem  momento  repeteret,  nee  mihi 
heic  Emdae  repperire  datum  fuit;  quin  odium,  quo  D.  Vice-Cancellarius 
contra  me  immerentem  flagrat,  nullo  modo  mihi  ad  Eundem  aditum 
praebet,  taceo,  ut  librorunx  suorum  inspectionem  daret.  Certe  de  me 
actum  foret,  si  mihi  principali  gratia  niti  fors  injungeret;  optarem  tamen 
Eidem  reconciliarier,  si  qua  spes  esset,  id  tamen  per  TE  impetraturum 
me   spero,    cum   TE    plurimum    apud   Eundem   posse   sciam.    Caussas 


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—    497     — 

concepti  odii  varias  D.  Vicecancellarius  refert,  sed  earum  potissima  vide- 
tur  liber  a  me  de  Ambitu  seu  ad  legem  Juliam  ambitus  conscriptus. 
Jam  pridem  ad  Saurmannum  Bremam  litteris  dedi,  ut  meis  sumtibus  ad  Te 
exemplar  curaret,  hoc  an  factum  ignore  Si  sic,illud  expeterem,  cum  pub- 
lica  TE  ejusmodi  scripta  legere  prohibeant,  ut  ab  historicis  et  politicis  non 
alieno  librum  legendum  committeres,  an  talia  in  eo  reperiret,  quae  quis 
in  se  dicta  putare  posset.  Certe  amplissimus  BremensisSenatus,  cum 
proscriptionem  libri  Dn.  Avemannus  urgeret,  Commissarios  dedit,  qui 
viderent,  numne  liber  quid  proscriptione  dignum  contineret.  Qui  praevia 
relatione  decretam  de  non  distrahendo  inhibitionem  cassarunt  scriptumque 
non  inutile  judicarunt.  Hoc  amplius  liquide  jurare  et  per  omnia  sacra  affir- 
mare  possum  me  neminem  praesentium  mordaci  dente  rodere  voluisse,  nee 
caeteroquin  ad  me  pertinet,  si  quis  aliena  malefacta  sibi  ob  similitudinem 
morum  objecta  putet.  Tu  si  innocentem  me  quoque  absolveris,  hoc  bonum 
factum  tutum  contra  quosvis  praesidium  mihi  erit.  Vale,  Vir  Jllustris, 
et  quantocius  ea,  ad  quae  me  duxerint  cum  Tua,  turn  Placcii  scripta, 
expectato.    Dabam  Embdae  V  Jun.  veteris  stili  MDCXCVI. 

Leibniz  an  Kettwig,  Hannover,  ohne  Datum,  Antwort  auf 
Kettwigs  Brief  vom  5.  Juni  1606. 
Vir  Nobilissime  et  Consultissime,  Fautor  Honoratissime.  Gratissima 
erunt,  quae  vel  ad  Placcianavel  ad  mea  meditaberis.  Interim  ut 
libri  de  Suprematu  expressam  mentionem  facias  aut  ut  mihi  eum 
tribuas,  nihil  necesse  est.  Scripsi  olim  juvenis  libellum  de  methodo 
discendae  docendaeque  Jurisprudentiae,  in  quo  semina  jam 
sparsi  mearum  sententiarum,  sed  nunc  vix  occurret  in  officinis.  Doleo 
tibi  cum  illustri  Viro  Avemanno  non  optime  convenire  Ejus  cum 
explorata  sit  omnibus  magna  doctrina  et  experientia,  mihi  vero  privatim 
etiam  aequitas  et  moderatio,  e  re  putem  ut  nihil  omittas,  quo  tibi 
conciliari  possit.  Solet  facile  contingere,  ut  juvenes  Uteris  et  ingenio 
valentes  quadam  studiorum  fiducia  auctoritatis  et  meritorum  aetatisque 
etiam  proerogativam  in  aliis  non  satis  considerent  neque  expendant, 
quid  ipsi  sibi  vellent,  si  eo  loco  essent.  Jnde  offensiones,  qnae  deinde 
multorum  praeclarorum  ingeniorum  cursum  morantur.  Libellum  de 
ambitu  tuum  nondum  vidi,  ex  titulo  tamen  nescio  quid  mordacis  inesse 
suspicor  in  eos,  qui  viris  Claris  nimium  deferunt,  sed  hoc  peccatum  minus 
incommodi  habet  quam  irreverentiae.  Fateor  libertatem  generosam  non 
esse  supprimendam  veritatisque  majorem  esse  rationem  habendam  quam 
auctoritatis.  Ego  tamen  ipse  usu  demum  reperi,  plerumque  rectius 
aliorum  sententias  in  commodum  sensum  accipi  quam  refutari  et  magis 
nunc  cogitandum  esse  de  proferendis  scientiarum  pomoeriis  quam  de 
evertendis,  quae  jam  sunt  structa.  Quid  autem  Amplissimo  Avemanno 
in  tua  dissertatione  potissimum  displicuerit,  mihi  exploratum  non  est, 
purgationem  tuam  pro  humanitate  sua  libenter  admissurum  non  dubitem, 
praesertim  si  qua  ratione  publice  cultum  testeris  idque  agas  ut  intelligat, 
vere  Tibi  propositum  esse  ita  rem  gerere,  ut  ipsi  pariter  ac  principi 
animum  tuum,  quern  optimum  esse  non  dubito,  quavis  occasione  probes. 
Quodsi  ego  aliquid   conferre  possim,   nihil  omittam,   quod  in  me  situm 

Jahrbuch  der  Gesollsch.  f.  b.  K.  u.  vaterl.  Altertttmer  zn  Em  den,  Bd.  XIV.  32 


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—    498     — 

videri  queat.  Feltmanni  JCti  magni  obitum  non  exiguo  cum  dolore  intel- 
lexi.  Fuit  in  illo  doctrina  recondita  cum  acri  judicio  rerumque  usu  conjuncta. 
Thesauros  multiplicis  lectionis  suae  passim  sparsit  in  libris  editis,  sed  multa 
haud  dubie  restant  affecta,  quae  utinam  edi  possent.  Qualia  autem  sint, 
Tibi  omnium  optime  exploratum  esse  puto.   Vale.    Dabam  Hanoverae. 

Ob  der  von  Leibniz  angeratene  Versuch,  Avemann  zu  gewinnen, 
Erfolg  gehabt  haben  wQrde,  ist  bei  der  Meinung,  die  sich  bei  Avemann 
iiber  Kettwig  festgesetzt  hatte,  zu  bezweifeln.  Am  20.  (?)  Dez.  1G95 
schreibt  A.  aus  Aurich  an  Leibniz: ....  Le  Dr.  Ketwig  estoit  iustement 
en  cette  ville  lorsque  vostre  paquet  estoit  arrive^  ainsi  je  n'avais  pas 
besoin  de  me  servir  de  r  adresse  de  M.  Felt  man.  Je  suis  bien  aiae 
d'avoir  eu  la  pennission  de  lire  ce  que  vous  avez  repondu  a  sa  lettre, 
dont  il  pourra  bien  profiter  contre  sa  temerite  et  son  impertinence. 
Valet  ingenio  et  in  lectione  bonorum  auctorum  aliquo  modo  versatus  est, 
possetque  ad  altiora  aspirare  nisi  nimium  ipse  sibi  tribueret  et  blandiretur, 
caninaeque  facundiae  adeo  addictus  esset  ut  pudori  et  modestiae 
et  in  principem  reverentiae  nuncium  misisse  et  per  malas  artes 
inclarescere  velle  meliora  sentientibus  videatur,  quae  temeritas  in 
nervum  aliquando  erumpet  publice,  sicuti  earn  in  privatis  congressibus 
non  semel  verberibus  luit.  Amicus  ejus  (Feltmann?)  non  multo  melior 
est,  quern  tamen  propter  non  vulgarem  eruditionem  colo. 

In  Leibniz'   und  Avemanns   Brief  en  kommen   u.   a.   zur  Sprache: 
aTilemannus  Frisius  auctor  speculi    monetarii,    Consul    Gottingensis* 
(16.  April  1692);  Avemanns  Ernennung  zuStamlers  Nachfolger  (26.  Mai 
1693);    Reichsadmiralitat    des  Graf  en  Enno    II.  von    Ostfriesland ; 
Reichsdeichgrafschaft   der    Grafen  von  Oldenburg;    Vertrag   von 
Hannover  zwischen  Furst  und  Standen  Ostfrieslands,  Brandenburger  in 
Ostfriesland  (7.  Aug.  1693);  ein  Band  uber  ostfriesische  Angelegenheiten 
aus  der  Bibliothek  des  verst.  Conring;  Brenneisens  Buch  de  jure 
principum  circa  Adiaphora  (14.  Jan.  1696);  „Recherches  ou  Essais  msa 
de   la  langue  ancienne   du  pays  d'    Ostfrise*    (A.    an  L.,    Aurich 
18.  Oct.  1695:  Je  vous  supplie  de  me  les  renvoyer,  car  ils  ne  sont  pas  a 
moy  et  1'  antheur  qui  me  les  a  prestos  n'  en  a  que  le  seul  exemplaire/ 
Es  handelt  sich  ohne  Zweilel  um  Cadovius  Muller  —  1650—1725,  das 
Memoriale  wurde  1691  fertig  geatellt  —  und  nicht  Kettwig,  wie  Tiaden 
meint,     sondern    Avemann    vermittelte     die    Bekanntschaft) ;    General- 
superintendent  H  e  i  n  s  o  n  (14.  Mai  1698) ;  Herr  von  Greiffencrantz  in  Aurich 
(1695).  —  Leibniz'  Interesse  auch  fur  das  Friesische  und  seine  Kenntnis 
von  Cadovius  Muller    zeigt   sich  hauptsachlich  in    seinen    Collectanea 
etymologica  (Hannover  1717),  z.  B.  S.  89  heite  =  Vater,  vgl.  Cadov.  ed. 
Kukelhan  S.  37;  S.  149  sahs  =  culter  Frisiis  adhuc  iis,  qui  in  Embdana 
regione  utuntur  vetusta  sua  lingua,    derivata  a  veteri    Saxonica,  vgl. 
Cadov.  S.  42;  S.  188  tel  Frisonibus  hodie  pro  cito  (Leibniz  schreibt  ,tel* 
irrtumlich  statt   „fela);   S.  235  Friesische   Namen  aus  Emmius  Lib.  II; 
S.258  Hevdling  Frisonibus  veteribus  Dux  belli  teste  Mullero  MS  Fris. 
Jndice,  vgl.  Cadov.   S.  41.  Brief  des  Bremer  Theologen  Gerh.   Meier  an 
Leibniz  v.  J.  1698)  u.  s   w.] 


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—    499    — 

Herr  Senat.  Dreesraann  Penning  schenkt  den  sehr  schonen 
Wappenstein  mit  der  Jahreszahl  1568  von  dem  ihm  ge- 
horigen  kleinen  Hause  ara  Ausgang  der  Boltenthorstrasse  nach 
dem  Walle  hin,  das  jetzt  der  Zimmermeister  Dinkela  auf  Ab- 
bruch  gekauft  hat.  An  der  Richtigkeit  der  Erkl&rung  des 
Herrn  B.  de  Vries,  dass  die  beiden  Wappen  des  Steines,  ein 
Baum  zwischen  2  Lilien  (als  das  Meyerhoffsche  schon  friiher 
von  Herrn  Holtmanns  bestimmt)  und  ein  Balken  mit  3  Sternen 
iiber  einem  liegenden  Monde,  die  der  Familie  Meyerhoff  und 
Conradi  Krudener  seien,  w&hrend  sie  friiher  den  Familien 
Lafaille  oder  v.  Westendorp  zugewiesen  wurden,  ist  nicht  zu 
zweifeln,  da  die  gleichen  Wappen  mit  Namen  aus  beiden 
Familien  auf  Grabsteinen  in  der  Gasthauskirche  und  im 
Abendmahlschor  der  Grossen  Kirche  erscheinen;  das  Conradische 
Wappen  ist  mit  dem  der  alten  Emder  Familie  K  u  m  p  e  n  i  e  und 
der  Zahl  1609  auch  an  dem  Bakbandschen  Wirtshause  an  der 
Nordseite  des  Neuen  Marktes  zu  sehen.  Auffallend  ist  nur  die 
Jahreszahl  1568,  indem  sonst  Mitglieder  der  beiden  Familien 
Meyerhoff  und  Conradi  aus  dieser  Zeit  in  Emden  nicht  bekannt 
sind ;  sie  treten  erst  spater  hervor1).  Ein  Glied  der  Familie  M. 
war  der  Wohlthater  des  hies.  Gasthauses,  „Junkera  Gerardus 
Meyerhoff  (f  1662),  dessen  Portrat  unsere  Gallerie  besitzt. 

17.  Juli  1900.  Ein  Anwesender  macht  Mitteilung  von 
einer  alten  schwarzen  Muttergottesfigur  (Maria 
aegyptiaca)  in  der  Kirche  zu  Bagband;  die  Ftisse  ruhen 
auf  einem  Halbmonde. 

31.  Juli  1900.  In  den  Hansischen  Geschichtsbl&ttern, 
Jahrgang  1899,  ist  fiir  Emden,  wie  Herr  Pastor  Medenwald 
mitteilt,  namentlich  der  Aufsatz  von  Schafer,  Zur  Orientierung 
ttber  die  Sundzollregister,  von  Interesse.  Der  Sund  ist 
und  war  vielleicht  die  befahrendste  Seestrasse  der  Welt,  seit 
Jahrhunderten  ist  dort  Zoll  erhoben  worden,  und  die  Einnahine- 
register  sind  ira  Geheimarchive  zu  Kopenhagen  von  1497,  1503, 
1528,  1536—1548,  1557—1569  und  fast  vollstandig  von  1574 
bis  zur  Aufhebung  des  Zolles  i  J.  1857  erhalten.  In  den 
Sch&ferschen  Mitteilungen  treten  die  Emder  („Emdener  udt  Ost- 

«)  Der  alteste  uns  bekannte  Meyerhoff  ist  Gerd  Hinrichs  M.,  1687 
bis  1590  Hauptdiakon  und  Buchhalter  der  hussittenden  Armen,  1696  bis 
1602  Vierziger,  1609—1618  Ratsherr. 

32* 


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—     600    — 

freeslandt")  unter  einer  besonderen  Rubrik  neben  den  Nieder- 
l&ndern,  den  westlichen,  wendischen  und  Osterschen  Hanse- 
stadten,  den  Schotten  und  den  Englandern  zuerst  1557  auf. 
Genauere  Angaben  macht  Sch.  aber  nur  fiir  1563.  Zum  Schlusse 
dieses  Jahres  werden  in  den  Sundzollregistern  folgende  Ein- 
tragungen  zusammengestellt  (S.  109): 
Niederlftndische  Schiffe  (im  weitesten  Sinne) 

Emder 

Engender 

Schotten 

Franzosen 

Deutsche  Ostseeschiffe  ohne  wendische  . 
D&nische  und  wendische  mit  frcmdem  Gut 

Freie  wendische 

Unter  Emden   ist  wahrscheinlich  Ostfriesland  (d 
Emden")  zu   verstehen,    aber  Emden   wird   doch 


2892 
160 
144 
139 
22 
316 
175 
267 

e  „Grafschaft 
die    weitaus 


grftsste  Zahl  Schiffe  gestellt  haben:  es  kara  also  von  den 
Nordseestadten  und  -L&ndern  (von  Hamburg  und  Bremen 
fehlen  Einzelangaben)  gleich  hinter  den  Niederlandern,  vor  den 
Englandern  und  Schotten1).  Ausser  dieser  Nachricht  verdient 
zur  Geschichte  der  Emder  Schiffahrt  hauptsachlich  eine  nicht 
von  Wiarda,  Loesing,  Klopp  und  auch  nicht  von  Sch  weekend  ieek 
(Zur  Geschichte  von  Emdens  Handel  und  Schiffahrt,  in  unserm 
Jahrbuch  I3,  VI1  u.  VII1)  benutzte  Stelle  aus  Eramius  „Paralipo- 
mena  historiae  Frisiae  orientalis"  im  Auricher  Archiv,  in  denen 
ein  Abschnitt  Emder  Begebenheiten  von  1536—1580  erzahlt,-) 
Erw&hnung.  Der  Abschnitt  ist  (leider  in  Uebersetzung)  von 
Suur  abgedruckt  in  Buerens  Jahrbttchlein  auf  1837  S.  87— 105: 
(Seite  102)  „In  demselben  Jahre  1574  am  2.  Sept.,  langten  187 
Schiffe  von  Danzig  in  der  Ems  an,  unter  welchen  80  Emder. 
Sie  wurden  alle  von  5  kleineren  niederlandischen  Kriegsschiffen 


»)  vgl.  Klopp  II  413.  In  der  dort  nach  Hume  angegebenen  Zahl  der 
englischen  Schiffe  um  1582  (1232,  Ostfriesland  hatte  nach  dem  Kansler 
Frantzius  um  1600  1000  Schiffe)  sind  wohl  die  schottischen  Schiffe  nicht 
mit  einbegriffen. 

*)  Emmius  giebt  nur  dieAbschrift  eines  teils  lateinischen,  teils 
plattdeutschen  Originals,  dessen  Verfasser  unbekannt  ist;  es  muss  ein 
gut  unterrichteter  Emder  Burger  gewesen  sein,  vielleicht  einer  der  in 
Emmius  Kollektaneen  zu  Beninga  genannten  (vgl.  Bartels  Jahrb.  VI,  t,  32). 


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-     501     — 

bey  Borkum  festgehalten,  bis  die  Emder  am  9.  und  die  (ibrigen 
am  13.  September  nach  Emden  entlassen  wurden.  Man  glaubt, 
dass  sie  8000  Lasten  Rocken  in  die  Stadt  eingeftihrt  haben, 
nachdem  vorher  schon  3000  Lasten  dort  vorhanden  gewesen". 
7.  Aug.  1900.  Das  von  Herrn  Regierungsrat  Dr.  Lantzius- 
Beninga  in  Cassel  auf  unsere  Bitte  zugesandte  Copiarium 
Beninganum  ist  durchgesehen  und  mit  den  von  Fried- 
laender  i.  J.  1874/5  geordneten  Urkunden  der  „Grimersumer 
Kiste"  (den  Resten  des  Beningaschen  Familien- 
archivs)  in  unserer  Sammlung  verglichen  worden.  Es  ent- 
halt  von  der  Hand  des  Gustav  Wilhelm  Lantzius  (1705  bis 
1759),  "der  1739  Maria  Alexandrine,  die  Tochter  des  letzten 
mannlichen  Beninga,  des  Hofrichters  Folpmar  (von)  Beninga, 
heiratete,  des  Stammvaters  der  Familie Beninga-Kettler,1) 
die  um  1730  angefertigten  Abschriften  oder  Ausziige  von  172 
Dokumenten  des  damaligen  Beningaschen  Hausarchives  zu 
Grimersum  aus  den  Jahren  1379—1624.  Im  Allgemeinen  scheint 
sich  die  erfreuliche  Thatsache  zu  ergeben,  dass  die  Verluste 
an  Grimersumer  Urkunden  bei  weitem  nicht  so  gross  sind,  als 
bisher  geglaubt  werden  konnte,  und  dass  mit  den  in  der  Mitte 
des  XIX.  Jahrhunderts  in  unseren  Besitz  gelangten  Stticken 
ein  wesentlicher  Teil  des  alten  Beninga  -  Archives  gerettet 
worden  ist.  Den  172  Dokumenten  des  Copiarium  Beninganum 
stehen,  abgesehen  von  den  Akten  und  sonstigen  Schrifstucken, 
die  wir  besitzen,  558  Grimersumer  Urkunden  in  unserm  Archive 
gegentiber,  die  sich  freilich  nicht  bloss  auf  die  Familie  Beninga, 
sondern  auch  auf  die  mit  ihr  verwandten  Familien  v.  K 1  o  s  t  e  r 
und  von  dem  A  p  p  e  1 1  e  u.  a.  beziehen  und  bei  den  v.  d.  Appelle 
zum  grossen  Teile  noch  aus  der  Zeit  stammen,  wo  sie  im 
Luneburgischen  ansassig  waren.  Die  Urkunden  des  Cop.  Bening. 
bis  1500  sind  im  Ostfries.  Urkundenbuche  abgedruckt  worden, 
5  davon,   deren  Originale   verloren,   nach   den  Abschriften  im 

')  Eine  Tochter  von  G.  W.  Lantzius  heiratete  den  Erbherrn  auf 
Upgant,  B.  E  Kettler,  Grossvater  des  o.  S.  433  genannten  St.  Beninga- 
Kettler;  die  Stikelk  amp  er  Familie  Lantzius  -Beninga  stammt  von 
G.  W.  Lantzius'  jungerem  Bruder,  Erhard  Thomas  Lantzius  (1712—1780),  der 
sich  ebenfalls  mit  einer  Tochter  des  Folpmar  Beninga  vermahlte,  ab.  — 
Regesten  von  der  Hand  des  G.  W.  Lantzius  liegen  vielfach  noch  jetzt 
unsern  Grimersumer  Urkunden  bei. 


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—     502    — 

Cop.  Bening.,  das  Herr  Haynel,  der  damalige  Besitzer,  w&hrend 
der  Herausgabe  des  Urkundenbuches  Friedlaender  zur  Ver- 
ftigung  stellte.  Ein  Auszug  aus  Aild  Beningas  (f  1483) 
Testament  von  der  Hand  des  Grimersumer  Pastors Hinrich 
Huesmann  (vielleicht  eines  Halbbruders  des  Humanisten  Rudolf 
Agricola1)  auf  S.  130  weicht  im  Wortlaute  von  dem  bei  Fried- 
laender No.  938  abgedruckten  Testamente  vom  9.  Okt.  1474 
ganzlich  ab.  Die  Originate  der  Urkunden-Abschriften  vor  1501 
besitzen  wir  noch  bis  auf  sieben.  (Die  anfanglich  vermisste 
interessante  Urkunde  vom  18.  Juli  1379:  Vergleich  zwischen 
Ocko  torn  Brok  und  den  Beningamannen,  die  Deiter  im  Jahrb. 
XIII  S.  217  nur  nach  einer  Kopie  abdruckt,  hat  sich  wieder- 
gefunden,  vgl.  Friedl.  UB.  I  hinter  S.  819.)  Von  den  spateren 
Urkunden  sind  die  Originate  in  unserm  Archive  bei  folgenden 
17  nicht  mehr  vorhanden: 

1)  S.  446  d.  d.  Emden,  den  5.  Marz  1528:  Graf  Enno 
„begabt  .  .  auf  Bewilligung  des  .  .  .  Fiirsten,  Herrn  Friedrich. 
Bischofs  von  Miinster,  unsers  gn&digen  Herrna  E.  Beninga 
mit  der  Propstei  Weener. 

2)  S.  444  Ahaus,  den  22.  M&rz  1528:  Belehnung  Eggerik 
Beningas  mit  der  Propstei  Weener  durch  Bischof  Fride- 
ricus  von  Miinster. 

3)  S.  344  vom  18.  Jan.  1546:  Grafin  Anna  gewahrt  E. 
Beninga  um  seiner  getreuen  Dienste  willen  Freiheit  vom 
Hofdienst  und  „gemeinen  Werke"  bei  seinem  Hause  zu  Leer. 

4)  S.  447  v.  20.  Nov.  1561:  Grafin  Anna  verspricht  E.  B. 
auf  seine  Bitte  seinen  Sohn  Snelliger  Beninga  mit  den 
Propsteien  Weener  und  Hatzum  versehen  und  begaben 
zu  wollen. 


M  Bartels,  Egg.  Beninga  u.  s.  Cronica  der  Fresen,  Jahrb.  I,  3,  S.  3; 
H.  H.  ist  wahrscheinlich  E.  Beningas  Lehrer  gewesen.  Naheres,  aber 
nichts  Ruhmliches,  tiber  Agricolas  Halbbruder  Heinrich  ergiebt  sich  aas 
den  hdchst  interessanten,  aber  bei  uns  wenig  bekannten  Briefen,  die  R. 
Agricola  an  Alexander  Hegius  nnd  an  seinen  anderen  Halbbruder. 
den  08tfriesischen  Landrichter  Johannes  Huesmann,  richtete  (Alardns 
Aemstelredamus,  Rod.  Agricolae  Phrisii  lucubrationes  aliquot,  n,  Coloniac 
1639,  S.  182  ff.).  Die  Idendit&t  mit  dem  Grimersumer  Pastor  wird  aber 
dadurch  zweifelhaft,  dass  R.  A.  noch  im  Juli  1484  (falls  diese  Zahl  richtig) 
von  Heidelberg  aus  schreibt,  er  habe  seinen  Bruder  in  die  Heimat  ge» 
schickt;  vgl.  auch  Kan  im  Gron.  Volksalmanak  f.  1899,  S.  72. 


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—    503    — 

5)  S.  448  v.  10.  Sept.  1562:  Belehnung  Snelliger  Beningas 
mit  der  Propstei  Weener  durch  Bischof  Bernhard  v.  Mtinster. 

6)  S.  343  v.  4.  Mai  1564:  Grafin  Anna  befiehlt  der  Ryque 
Cordts  zu  Borssum  sich  aller  Ansprtiche  gegen  Gel  a  von 
Borssum  (der  Wit  we  Eggerik  Beningas)  zu  entschlagen  oder 
sie  innerhalb  eines  Monats  geltend  zu  raachen.  (In  Ryque 
Cordts  ist  die  im  Ostfr.  Monatsbl.  1879  S.  53  erwahnte  illegi- 
time  Tochter  E.  Beningas  vermutet  worden;  wahrscheinlich 
aber  war  sie  eine  Halbschwester  der  Gela  von  Borssum  und 
natiirliche  Tochter  des  H&uptlings  Hilmer  v.  Borssum;  nach 
den  Kontrakten  -  Protokollen  vom  Jahre  1531  S.  249  war  eine 
Tochter  des  Hilmer  von  Borssum,  Ryqwe,  mit  Job.  Sloerholt 
und  dann  mit  dem  Goldschmiede  Georg  von  Soest  zu  Emden 
verheiratet.) 

7)  S.  346  vom  24.  Mai  1565:  Etta  v.  Dornum  u.  Petkum 
bezeugt  ihrem  Sch wager  Garrelt  Beninga  zu  Grimersum, 
dass  seine  Meier  dem  Hause  Dornum  und  Petkum  zu  keinerlei 
Hofdienst  (wie  Eisen  und  Wachen)  verpflichtet  seien. 

8)  S.  364  1565 — 72:  Interessante  Zusammenstellung  des 
Folkmer  Beninga  von  dem,  was  er  fur  seine  Bruder  und 
Schwestern  1565 — 72  ausgelegt  und  von  ihnen  empfangen  und 
sonst  eingenommen  oder  ausgegeben  habe. 

9)  S.  333  v.  13.  Juli  1572:  Gela  v.  Borssum  beurkundet, 
dass  sie  die  Verwaltung  der  ihr  zur  Leibzucht  zugewiesenen 
Herrlichkeit  Widdelswehr  den  Sohnen  ihres  verst.  Ge- 
rnahles  Egg.  Beninga,  Garlicb  (Garrelt)  und  Snelliger,  zu- 
gewiesen  habe. 

10)  S.  397  1576:  Kurze  Notiz  betr.  den  Greetsieler  Drosten 
Ocko  Valck  und  den  Amtmann  Ciriac  Vollricht  in  Greet- 
siel  (s.  o.  S.  80). 

11)  S.  439  vom  1.  Jan.  1578:  Testament  des  kinder- 
losen  Hauptlings  Bojocco  v.  Oldersum  (wir  besitzen  im 
Ms.  4921  eine  andere  Abschrift). 

12)  S.  406  v.  7.  Jan.  1585:  Ast  von  Midlum,  Hauptling 
zu  „Kretzborcha  (?),  verkauft  seiner  „Moddera  (Kousine)  Thecla 
von  Diepholt,  der  Witwe  des  Snelliger  Beninga  zu  Grimer- 
sum, 1713/4  Gras  bei  Upleward,  Hamswerum,  Manslagt,  Pilsum, 
Visquard,  Grimersum,  Wirdum  f.  4294  Thaler  minus  1  Orth 
(das  Gras  zu  25  Thaler  h  15  Schaap). 


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—     504    — 

13)  S.  431  v.  28.  Sept.  1589:  Ehekontrakt  zwischen  En  no 
v.  Diepholt  und  Almet  Beninga  zu  Grimersum  und 
Dornum,  „Tochtertf  zu  Midlum. 

14)  S.  453  v.  20.  Jan.  1624:  Wilhelm  von  Inhausen  und 
Knyphausen  empfiehlt  das  (S.  450  abgeschriebene)  Gesuch 
seines  Vetters  Jobst  Beninga  bei  seinem  Schwager  Joh. 
v.  Westerholt. 

15)  S.  450  v.  24.  Jan.  1624:  Jost  Beninga  bittet  den 
Miinsterschen  Stifts  -  Marschall  und  Kanzler  Joh.  v.  Wester- 
holt, seine  Bewerbung  um  Belehnung  mit  der  Props tei 
(Singular!)  Weener  und  Hatzum,  die  seit  1422  bei  seinen 
Vorfahren  gewesen  sei,  beim  Kurfiirsten  befurworten  zu  wollen. 

16)  S.  267  (ohne  Jahr):  Bescheinigung  Sonneke's,  dass 
er  wegen  eines  Hauses  in  Oldersum  von  Egg.  Beninga  zu- 
friedengestellt  worden  sei. 

17)  S.  363  (ohne  Jahr):  Notiz  Eggerik  Beningas  betr. 
Erbstreitigkeiten  in  seiner  Familie  aus  friiherer  Zeit> 
namentlich    wegen    der   Anspriiche   auf  die  Burg   zu  Hinte. 

Ausserdem  sind  die  genauen  Siegelbeschreibungen, 
die  G.  W.  Lantzius  giebt,  von  Wert;  an  unseren  Original-Ur- 
kunden  ist  in  den  170  Jahren  seit  der  Benutzung  durch  G.  W. 
Lantzius  manches  Siegel  beschadigt  worden  oder  ganz  ab- 
gefallen.  Auch  die  schon  von  Friedlaender  benutzten  Urkunden- 
Abschriften  des  Cop.  Bening.  haben  ihre  Bedeutung  insofern 
nicht  verloren,  als  Friedlaender  in  seinem  Urkundenbuche  einige 
nur  in  Ausziigen  wiedergiebt,  wahrend  das  Cop.  Bening.  allein 
die  vollstandige  Fassung  bietet.  Dieses  hat  ohne  Frage  einst 
auch  dem  Grimersumer  Archiv  angehort;  wir  besitzen  unter 
No.  69  unserer  Handschriften  einen  interessanten  Sammelband 
mit  historischen  und  genealogischen  Notizen  von  der  Hand  des- 
selben  G.  W.  Lantzius,  in  welchem  S.  432  das  Cop.  Bening. 
sogar  ausdriicklich  unter  dem  Namen  „codex  Documentorum 
MSCTa  citiert  wird.  Es  ware  nicht  unmSglich,  dass  es  gleich 
den  anderen  Grimersumer  Papieren  einmal  unser  Eigentum 
war,  dass  es  verliehen  und  nicht  zuriickgegeben  worden  ist. 
Herr  Haynel  erinnert  sich,  die  Handschrift  1865  aus  Mohl- 
manns  Nachlass  erhalten  zu  haben.  —  Unter  den  uns  ge- 
horigen  Grimersumer  Handschriften  befindet  sich  u.  a.  auch 
eine   kurze  Geschichte   der  aus  Schwaben  nach  Oldenburg  ge- 


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—     505    — 

wanderten,  ursprtinglich  adligen  und  von  Lantzen  genannten 
Familie  Lantzius,  wahrscheinlich  von  der  Hand  des  jiingeren 
Braders  von  G.  W.  Lantzius,  des  Erhard  Thomas  Lantzius, 
der  ebenfalls  in  die  Familie  Beninga  hineinheiratete  (s.  o.  S.501). 

14.  Aug.  1900.  Die  Mitteilungen  der  Zeitungen  iiber  die 
jetzt  erfolgte  Aufstellung  der  Lipperheideschen  Kosttim- 
bibliothek  im  Konigl.  Kunstgewerbemuseum  in  Berlin  lassen 
auch  inbez.  auf  die  Trachtenbildor  des  Manninga-Buches 
hoffen,  dass  die  Lipperheideschen  Trachtenbilder  und  die  Bflcher- 
sammlung  in  den  noch  nicht  gelosten  Fragen  Auf  kl&rung  bieten. 

In  den  am  7.  August  erwahnten  Kollektaneen  zur 
ostfriesischen  Geschichte  von  dem  1759  gest.  G.  W. 
Lantzius  in  Grimersum,  Ms.  69:  Varia  Historiam  Frisiae 
Orient:  praesertim  Familiarum  patriae  Jllustrium  Genealogica 
et  Heraldica  concernentia  collectione  Gustavi  Guilielmi  Lantzius 
de  Grimersum,  die  S.  432  das  Copiarium  Beninganum  als 
Codex  Documentorum  MSCT  zitieren,  ist  u.  a.  S.  18 — 23  ein 
Auszug  aus  der  Chronik  des  David  Fabricius  von  Wert, 
die  Berthold  (Der  Magister  Joh.  Fabricius,  S.  56 !)  und  Sello 
(Des  Dav.  Fabricius  Karte  usw.,  S.  19)  als  verschollen  an- 
sehen.  Lantzius1  Auszug  riihrt  aus  einer  bisher  unbekannten 
Ausgabe  der  Chronik  v.  J.  1651  her,  deren  Titel  er  ahnlich  dem 
der  Ausgaben  von  1609  (Tiaden  I  217)  und  von  1640,  wie  folgt, 
angiebt:  „Kleine  Oestfriesische  Chronica  von  etlyken  besonderen 
Geschiedenifsen,  de  sick  in  Oestfrierzl.  und  den  benaberden 
Orden  thogedragen:  Beschreven  vor  desen  dorch  David  Fabricium 
Prediger  tho  Osteel  in  Oestfriefzl.  Nu  averst  upt  ney  upgelecht 
unde  mit  velen  denckwerdigen  Saken  vermehret  bet  up  iegen- 
werdiges  Jahr.  Gedruckt  tho  Embden  dorch  H.  Kallenbach  im 
Jahr  1651."  („Dieses  chronicon  war  hinter  einem  Kleinen  Emb- 
der  Calender  in  dem  Format  wie  des  Pastor:  Harkenrohts 
Ostvr:  Chron:")2).    Der  Titel  erinnert  lebhaft  an  den  von  zwei 


!)  Berthold  zitiert  den  Titel  der  Ausgaben  von  1606  und  1640  nur 
nach  dem  Autoren-Katalog  von  Ravingas  Chronik  1661  und  nach  Bertrams 
Parerga  Ostfrisica  (Bremae  1736),  S.  82. 

*)  Ravinga  bezeichnet  den  Titel  der  Ausgabe  von  1606  vielleicht 
nicht  genau:  „Davidis  Fabricii  Oostfriesisch  Chronicon  gedruckt  tho 
Hamborch  dorch  Philips  van  Ohr,  im  jahr  1606".    Als  eine  seiner  Quellen 


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—    606    — 

kleinen  gedruckten  Chroniken  unserer  Bibliothek,  die  von  Friso, 
dem  indischen  KOnigssohne,  bis  zu  den  Jahren  1685  und  1691 
reichen:  „KleineOostfriesische  Chronica,  Van  etlycken  besondern 
Geschiedenissen  de  sick  in  Oostfriefslant  en  angrensende  Orden 
hebben  thodragen  op  dese  Tyt  toe*  (1.  „Gedruckt  tot  Embden  by 
Helwich  Kallenbach  Vor  Lucas  Janssen  Tiabberen  tuschen  de 
beyde  Marckten  in  den  Boeck-binder."  —  2.  „Gedruckt  tot  Embden 
by  Menno  Callenbach  vor  de  Weduwe  van  Lucas  Tjabberen,  Boeke- 
verkoopster  Tuschen  de  beyde  Marckten  in  de  Boeck-binder.8 
Beide  24  Blotter  in  Klein-Sedez).    Da  nun   zugleich   die  Nach- 
richten  dieser  beiden  Chroniken  von  1685   und   1691    teilweise 
wortlich  mit   G.  W.  Lantzius1  Ausziigen   aus   David   Fabricius 
ubereinstimmen   (z.  B.  zu  d   J.  1495,   1540,   1574,    1581,    1589, 
1599,  1602,  1605,  ferner  zu  1622,  1625,  1628-1637),  so  ist  der 
Schluss   gewiss    erlaubt,   dass  auch  in  ihnen  fortgesetzte  Neu- 
auflagen  der  Chronik  des   D.  Fabricius   zu  sehen  seien.    Das 
bestatigen  auch  mehrere  Citate  aus  D.  Fabricius  bei  Funck,  der 
sich  in  seiner  Ost-Friesi  sehen  Chronik  (Aurich  1784 — 1788)  auf 
ihn  vielfach  fttr  die  Jahre  1554—1604  (III  12,   82,  84,  89,  100, 
118,   123,    125,   129,  140,  212,  265,  266,  IV  186,  193,  V  86)  be- 
ruft,  vgl.Wiarda  III  88,  279,  306,  437,  528,  IV  9  fur  1567-1607. 
D.  Fabricius'  Kalender-Chronik  —  als  Beigabe  zu  einem  Kalender 
scheint    sie,    wie  die  obenangefuhrte  von    1651,    seit   1606   er- 
schienen  zu  sein,  Sello  erwahnt  S.  19  ein  dem  Kalender  von  1614 
beigefugtes  Chronicon  des  Fabricius3)  —  ist  der  Vorlaufer  von 


nennt  Ravinga  auch  „Hermanni  Eilhardi  quondam  Consulis  Reip:  Erabd: 
annotatiunculae  manu  scriptae  in  Chron.  Davidis  Fabricii3  (Hennen 
Eyierts  war  Burgermeister  1606—1622  und  starb  1625). 

3)  vgl.  Berthold  „Der  Magister  Johann  Fabricius*  S  21  (Brief  Ton 
Scheie  an  Kepler  v.  J.  1605  liber  David  Fabricius:  ffpraeterea  Calendaria 
et  prognostica  scribit  et  edit").  Eine  weitere  Bestatigung  liefert  Harkenr. 
Oorspr.  an  einer  auch  sonst  fiir  die  Emder  Almanache  interessanten  Stelle, 
S.  886  (vgl.  S.  686):  „Desgelyks  vinde  ik  ook  noch  van  Burhave,  dat 
aldaar  een  jaarmerkt  op  den  29.  Augustus  zy  beroemt  geweest  |  dns 
vinde  ik  immers  aangeteekent  in  ecnen  Almanak  van  dem  jaare  1617. 
door  David  Fabricius  Predikant  te  Oosteel  beschreeven;  edog  in  een 
Almanak  des  jaars  1592  vinde  ik  evenwel  dit  Burhaver  jaarmerkt  niet ' 
beschreeven  door  Laurentius  van  Orschot  Med.  Doctor  te  Emden. 
aldaar  gedrukt  by  Johan  van  Oldersum  under  dat  01  de  Radthus, 
gelyk  ook  niet  in  een  Almanak  van  1635,  gemaaktdoor  JustusBlumins 
Conrector  te  Emden".    Ueber  den  Norder  Rektor  und  nachherigen  Emder 


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—     507     — 

Ravingas  „Neije  Oostfriesische  Chronica  der  besondersten  vndt 
wahrhafftigsten  geschichten  de  voor  vndt  nah  in  Oosfriefslandt 
vnde  in  de  angrensende  Landen  v.  d.  J.  1106  beth  thorn  J.  1661 
sich  hebben  thogedragen"  (Ravinga  stellt  seine  „neuea  Chronik 
vielleicht  in  Gegensatz  zu  der  „Kleinen  Chronik"  des  Fabricius), 
von  J.  I.  Harkenrohts  und  den  spatern  Emder  Chroniken,  u.  a. 
der  bis  1867  fortgesetzten  und  noch  1873  bei  H.  Woortmann 
aufgelegten  „Chronik  fur  dieProvinz  Ostfriesland",  die  also  eine 
fast  300j&hrige  Vergangenheit  hat.  Auch  die  beiden  Konkurrenz- 
Kalender  des  XVIII.  Jahrhunderts  in  Emden,  der  oprechte 
Emder  Almanach  und  der  U  p  h  u  s  e  r  Wunder  -  Almanach4) , 
hatten  solche  historische  Beigaben,  nicht  selten  in  tiber- 
einstimmender  Fassung.  Ohne  Chronik  erscheint  der  alte 
„  Emder  Almanach"  in  nur  wenig  vergr8ssertem  Format, 
namentlich  ftir  Schiffer  berechnet,  noch  heutzutage  bei  D.  Th. 
Woortman.   —  S.  215  der  G.  W.  Lantziusschen  Kollektaneen 


Arzt  Laur.  Orschott  vgl.  Reershem.  427  und  Babucke  Gesch.  d.  Ulrichs- 
schule  in  Norden  S.  18  u.  146  Vielleicht  war  er  ein  Freund  des  David 
Fabricius,  da  dieser  seinen  Tod  i.  J.  1601  in  seinem  Kalendarium  (Bunte, 
Jahrb.  VI,  2, 113)  verzeichnet.  —  Gleichzeitig  mit  den  Fabricius-Kalendern 
des  Buchdruckers  H.  Kallenbach  in  Emden  erschienen  die  Almanache  des 
Westerender  Pastors  Hermann  de  Werve,  die  H.  d.  W.  nach  seiner 
Amtsentsetzung  1624  von  Emden  aus  vertrieb  (Reershem.  S.151,  deVries 
Ostfr.  Monatsbl.  1878  S.  601).  Eine  uns  ebenfalls  nicht  zu  Gesicht  ge- 
kommene  gedruckte  Chronik:  „Joann.  Groenewoldt  M.  Dr.  Kleyne 
Oostfriesische  Chronica,  tho  Embden  1656"  kannte  noch  1848  der  Emder 
Prediger  Tholens  (Gedachtnifi  -  Predigt  auf  das  200jahrige  Bestehen  der 
neuen  Kirche,  Emden  1848,  S.  24),  vgl.  Harkenr.  Oorspr.  12,  Ostfr.  Mannig- 
faltigkeiten  II,  1786,  S.  163. 

«)  de  Vries,  Ostfr.  Monatsblatt  1878,  S.  509  u.  547.  Der  alteste 
„  Oprechte  Embder  Almanak",  den  unsere  Bibliothek  besitzt,  ist  zwar 
erst  von  1693  („door  Gysbertum  Anhalt  Ingenieur  en  gesworen  lantmeter 
der  Stadt  Embden").  Da  sein  Format  aber  das  der  Chronik  von  1685  und 
1691  ist  und  sich  als  Drucker  ein  Mitglied  derselben  Familie  nennt  („ge- 
druckt  tot  Embden  by  Lucas  Tjabberen  Boeckverkooper  tusschen  de 
beyde  Marckten"),  die  auf  dem  Titelblatt  der  Chroniken  von  1685  und 
1691  als  Verlegerin  erscheint,  so  ist  anzunehmen,  dass  diese  Chroniken 
als  Anhang  eben  zu  dem  ,Oprechte  Embder  Almanak"  gehSrten.  Ueber 
das  Verhaltnis  der  Tjabberen  zu  den  Kallenbach  s.  de  Vries  im  Ostfr. 
Monatsblatt  1878,  S.  507,  1879,  S.  17.  Der  Uphuser  Wunder-Almanach  ist 
bei  uns  zuerst  in  einem  Exemplar  ftir  172  L  vertreten;  zuletzt  (noch  1808) 
erschienen   beide   Almanache   bei  demselben  Buchdrucker,   H.  Wenthin. 


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—    508     — 

sind  2  Urkunden  von  1528  und  1555  iiber  das  bekannte  Haus 
Si  we  nordlich  von  Neermoor  in  der  Gemeinde  Tergast  (jetzt 
ein  einsam  gelogenes,  des  Winters  rings  von  Eis  umgebenes 
und  bis  tief  in  die  Nacht  von  Schlittschuhlaufern  umschwarrates 
Wirtshaus)  abgeschrieben,  nach  denen  die  dortigen  Landereien 
anfanglich  dem  Johanniter-Kloster  Hasselt  gehorten,  i.  J. 
1528  von  Graf  Ulrich,  Ennos  II.  Bruder,  dem  Ulrich  von 
Do  mum,  seinen  „frtindliken  leven  vedderen",  der  die  Siwe  in 
seine  „Bewehru  angenommen  .  .  .,  die  Wildnis  zu  gutem  Lande 
gemaeht,  mit  Graben,  Schloten  u.  dergl.  nicht  ohne  grosse  Un- 
kosten  und  Arbeiten  wbeigebrachta,  mit  Riicksicht  auch  auf  die 
mannigfaltigen  treuen  Wohlthaten,  die  Ulr.  v.  D.  in  der  (sach- 
sischen)  Fehde  den  Grafen  erwiesen1),  ubertragen  und  1555  von 
U.  v.  Dornums  Schwiegersohn,  Christoffer  v.  Ewsum,  und 
dessen  Gemahlin  Margaretha  von  Dornum  fur  7700  fl.  der 
Hebrich  von  Inhusen  u.  Kniphusen,  Frau  zu  Godens,  genannt 
von  Oldersum  Witwe  (der  Gattin  des  1539  gest.  Hauptlings 
Haro  v.  Oldersum  und  Schwester  des  Erbauers  der  Klunderburg 
in  ihrer  jetzigen  Gestalt,  Tido  v.  Knyphausen),  verkauft  wurden; 
Christoffer  v.  Ewsum  sollte,  falls  Kloster  Hasselt  auf  die  Siwe 
wieder  Anspruche  geltend  machte,  das  Kaufgeld  nicht  zu 
restituieren  brauchen.  In  don  Urkunden  von  1555  wird  die 
Siwe  „Haus  oder  Burg"  genannt2).  —  S.  244  ein  Auszug  aus 
der  Topographia  Galliae  (Amsterdam  1660,  mit  Figuren  von 
Caspar  Merian)  I  292  liber  das  Grab  ma  1  des  1545  als  Student 
in  Paris  gestorbenen  Enno  Cirksena  von  Emden  auf  dem 
Kirchhof  der  St.  Severins-Kirche  zu  Paris  (s.  o.  S.  289).  — 
S.  302  wird  der  ratselhafte,  jetzt  unbebaute  grosse  Warf 
zwischen  Cirkwerum  und  Damhusen,  nordlich  von  der 
Uttumer  Landstrasse,  als  eine  Burgstatte  des  Folcmar  Allena 
genannt.  —  S.  366  eine  tagebuchartige  Nachricht  iiber  die 
Riickkehr  des  Sehiffes  „Burg  von  Emdena  aus  China  am 
28.  Mai  1754,  das  am  4.  Dezember  1753  aus  Canton  abgesegelt 


f)  vgl.  den  Brief  Ulrichs  v.  Dornum  an  Graf  Enno  v.  J.  1529,  den 
Bartels  im  Jahrb.  VII,  2  (1887),  S.  104  veroffentlicht. 

2)  vgl.  Kontr.-Protok  1554  S.  294:  Gerth  Peters  zu  Wolthusen  ver- 
kauft 4  Gras  in  einer  „venne  negest  der  Junckfrowen  thor  Sywen 
landta.  In  Kloster  Hasselt  waren  in  der  2  Halfte  des  XVI.  Jahrhundert 
Beginen.    Sind  diese  unter  den  BJunckfrowen  thor  Sywen"  gemeint? 


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—     609     — 

war,  ein  Beweis,  wie  auch  die  Adligen  in  Ostfriesland  die 
Unternehmungen  der  Preussischen  Asiatischen  Handlungs- 
kompagnie  mit  Interesse  verfolgten  und  vielleicht  auch  als 
Aktion&re  beteiligt  waren.  Ausser  dem  Erw&hnten  bewahrt 
die  Handschrift  noch  eine  Menge  von  sonst  wahrscheinlich  ver- 
lornen  Kleinigkeiten  zur  Kenntnis  der  Vergangenheit  Ostfries- 
lands.  —  Die  Kollektaneen  sind  nach  G.  W.  Lantzius  Tode  yon 
seinem  Schwiegersohne,  B.  E.  Kettler  v.  Upgant,  fortgesetzt 
worden.  —  Den  geschiehtlichen  Sammeleifer  des  G.  W.  Lantzius 
bekundet  auch  ein  durchschossenes  Exemplar  der  Ravinga- 
Chronik  von  1661  mit  Eintragungen  von  ihm  in  unserer 
Bibliothek;  von  ihm  oder  seinem  jiingeren  Bruder  Erhard 
Thomas  Lantzius  besitzt  diese  ferner  die  Dissertatio 
historico-juridica  inauguralis  de  antiquis  Orientalis  Frisiae 
dynastis  des  G.  H.  M tiller  aus  Esens  (1730)  mit  zahlreichen 
wertvollen  Nachtr&gen  auf  mehr  als  100  Blattern. 

21.  Aug.  1900.  In  einem  Schreiben  vom  14.  Aug.  erklart 
Herr  Regierungsrat  Dr.  Lantzius  -  Beninga  in  Cassel,  dem  das 
Ergebnis  der  Vergleichung  des  Copiarium  Beninganum  mit 
unserm  Besitze  an  Akten  aus  Grimersum  mitgeteilt  worden  ist, 
er  sehe  ein,  dass  das  Cop.  Bening.  in  unsqre  Sammlung  gehftre, 
und  spricht  die  Bereitwilligkeit  aus,  es  uns  als  Eigentum  zu 
tiberlassen. 

An  einer  Stelle,  wo  Emdensien  kaura  zu  erwarten  sind, 
in  dem  Jahresberichte  des  Schweizerischen  Landes- 
museums  f.  1898 u.  1899  (Ztirich  1900),  finden  sich  Mitteilungen, 
die  ftir  die  Geschichte  einiger  Emder  Familien  von  Interesse 
sind.  Einen  tiefgefiihlten  Nachruf  widmet  der  Direktor  dieses 
erst  1898  er6ffneten  grossartigen  Institutes,  Dr.  H.  Angst, 
seinem  Freunde,  der  an  der  Griindung  des  Landesmuseums 
wesentlichen  Anteil  gehabt  hat,  dem  im  Nov.  1898  im  85. 
Lebensjahre  gestorbenen  Architekten  Joh.  Christoph  Kunkler 
von  St.  Gallen,  dessen  edler  charaktervoller  Kopf  den  Bericht 
schmiickt.  K.  hat  zu  Emden  in  den  engsten  verwandtschaft- 
lichen  Beziehungen  gestanden.  —  Zu  den  Sch&tzen  des  Landes- 
museums gehSrt  eine  der  grossten  keramischen  Seltenheiten, 
ein  Fayence-Becher  Kolner  Arbeit  aus  dem  zweiten  Viertel 
des  XVI.  Jahrhunderts,  den  die  Ueberlieferung  als  Trinkgef&ss 
UlrichZwinglis   im    Chorherrnstifte   des   Grossmtinsters  zu 


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—    510     - 

Ztirich  bezeichnet.  Dass  diese  Tradition  schon  urn  die  Mitte 
des  XVII.  Jahrhunderts  (Angst  schreibt  S.  114  nicht  ganz  richtig: 
vor  der  Mitte,  s.  u.)  verbreitet  war,  geht  aus  einem  Dokument 
hervor,  das  seit  jener  Zeit  mit  dem  Becher  in  einem  Holz- 
futteral  aufbewahrt  worden  ist.  Auf  einem  Zettel  mit  altera 
Wasserzeichen  steht  sicher  und  schSn  geschrieben: 

„Enno  de  Dietelieben  aus  Ostvrieslandt 
reformatae  religionis" 
und  darunter,  von  ungeilbter  Hand: 

„Hocherender  Her  oberst  pfahrer.  Weil  diser  H.  gh5rt, 
das  H.  Ulerich  Zwinglis  Sa:  B&cher,  daraus  er  gethrunkhen,  als 
pith  Ich,  fr.  Myn  hochgeerther  wel  diser  Myner  Magt  den 
b&cher  g&ben.  Sol  dem  H.  unverserth  wider  Zu  komraen.  Es 
wer  Jme  auch  Lieb  von  synem  Harkommen  und  begaabung 
Zu  wtisen.  So  dem  H.  nit  Zu  wider  wel  der  H.  fr.  gebaten 
sin  und  Jme  Etwas  pricht  darvon  volgen  Lasen,  dan  er  boch 
darnach  verlanget,  dan  er  solicher  sachen  ein  Lieberbaber. 
Damit  Mynem  hochgerten  H.  ein  guten  Tag.  dHdir  Hans 
Grttter  wirt  zum  Storckchen."  Der  Schreiber  dieser  Zeilen, 
Hans  Griiter,  Wirt  zum  Storchen  in  Zurich,  geb.  1618,  Amt- 
mann  zu  Kappel  1667,  gest.  1681,  war  naher  Verwandter  des 
Pfarrers  (Antistes)  Breitinger,  an  diesen  wird  das  Schreiben 
gerichtet  sein.  Der  Fremde,  „Enno  von  Dietelieben  aus  Ost- 
friesland",  hat  offenbar  seinen  Namen  auf  das  blanke  Stuck 
Papier  gesetzt  und  der  Wirt  darunter  die  eigenhandige  Bitte 
an  den  Herrn  Vetter.  Als  Andenken  an  den  reformierten  Be- 
sucher  aus  Ostfriesland  mag  dieser  den  Zettel  behalten  haben, 
worauf  sp&tere  Gencrationen  darin  einen  Beweis  fiir  die  Echt- 
heit  des  Bechers  erblickten.  An  das  Museum  ist  der  Becher, 
in  dem  noch  die  Jahreszahl  1520  zu  erkennen,  aus  dem  Besitze 
einer  Ziiricher  Familie  gelangt,  aus  der  verschiedene  Mitglieder 
dem  obengenannten  Mttnster  zu  Zurich  angehort  haben.  Der 
ostfriesische  Landsmann,  der  als  Reforraierter  so  ehrfurchtsvoll 
die  Zwingli-Reliquie  aufsuchte,  muss  ein  Mitglied  der  alten  ost- 
friesischen,  namentlich  in  Norden,  Emden  und  Osterhusen  an- 
sassig  gewesenen,  1861  im  Mannesstamm  zu  Emden  aus- 
gestorbenen  Familie  Deteleff  und  kann  wohl  nur  der  oben 
S.  99  von  Sundermann  als  Heidelberger  Student  1658  auf- 
geftihrte  „Enno  Dietlieb,  Fries,  orient.,  legura  stud.,  9.  Jan.  58* 


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—    511     — 

gewesen    sein    (vgl.   die    leider    ltickenhafte    Genealogie    der 
Familie    in    unserm    Jahrbuch    VI,     2,    1885,   S.    185   f.;    der 
alteste  Emder  Angehorige  scheint  der  in  den  Jahren  1465—1495 
genannte  Kirchvogt  Karstien  Zitzebuttel,  ein  spaterer  Karstien 
Deteleff,  auch  K.  Zitzebuttel  genannt,  um  1508  u.  1520  Priester 
am  Altar  der  Schroder-Gilde  an  der  Grossen  Kirche  zu  Emden, 
gewesen  zu  sein).    Von  Heidelberg  lag  fttr  einen  wissbegierigen, 
strengreformierten  Jiingling  der  Abstecher  nach   Ziirich   nicht 
fern.    Der  Ziiricher  Zettel   muss  also   aus   der  Zeit   um   1658 
stammen.   Die  ausfiihrlichste  Nachricht  tiber  E.  D.  gew&hrt  sein 
wohlerhaltener    Grabstein1)    im  Abendmahlschor  der   hiesigen 
Grossen  Kirche,   die   ihn   wegen   seiner   doctrina  lobt  und  als 
columen  patriae  riihmt  und  ausserdem  das  Alter  seiner  Familie 
hervorhebt:  der  Stolz  auf  dieses  hat  in  dem  Ziiricher  Dokument 
zu  der  eigenmachtigen  Nobilitierung   geftihrt.    Die   Grabschrift 
lautet:  Anno  1673  die  27  novembris   vir   optimus  antiquisima 
patricia    familia    rarisque    virtutis   et  doctrinae   dotibus   emi- 
nentissimus,  Dns.  Enno  Dietheleeven,  in  ipso  flore  et  robore, 
magno  bonorum  omnium,  sed  familiae  maximo  luctu,  ex  fragili 
hac   vita   evocatus   in   beatam  transmigravit  immortalitatem, 
cum   vixisset   annos   34   dies    16,    relicta   moestissima    vidua 
Margaretha    Mvstert,    filia    unica   Elisabetha    et   duobus    filhs 
Eilhardo  Dieterich  et  Fewone  Wilhelmo  Dietheleeven. 
Quem  modo  doctrina,  virtute  et  stemmate  clarum, 
quern  columen  patriae  viderat  Emda  suae, 
cuius  in  amplexu  longe  suavissima  coniunx 
et  dulcis  soboles  se  recreabat  ovans, 
abstulit  hev!    cita  mors,  et  ineluctabile  fatum 
praeripuit  tanti  gaudia  spemque  viri. 
Mens  adamata  deo  pleno  jam  fonte  triumphat, 
sed  quod  pulvis  erat,  flebilis  urna  tegit. 
Wenn  E.  D.  1673  34  Jahre  alt  war,  so  ist  1639   sein  Geburts- 
jahr,  und  in  Zttrich  war  er  als  zwanzigjahriger  Student.    Nach 
unserm    Offizianten  -  Verzeichnis    Ms.  18    war    er    1666—1670 
Schaffer  der  Schiffergilde  (Deetleeff),  1672  Vierziger  (Deeteleefen). 


>)  Das  Wappen  der  Familie:  2  Buffelhorner  mit  dem  Stirnstuck, 
Helmschmuck:  2  Buffelhtaier  (vgl.  Holtmanns,  Ostfr.  Monatsbl.  1880, 
S.  247)  ist  zwar  nicht  auf  dem  Grabsteine  des  £.  D.,  sonst  aber  vielfach 
auf  Grabateinen  in  den  Emder  Kirchen  und  in  Hinte-Oaterhusen  zu  sehen. 


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—     512     — 

Auf  diese  letzte  bis  zu  seinera  Tode  1673  begleidete  Wurde 
bezieht  sich  gewiss  das  Lob  der  Grabschrift:  „Stiitze  des  Vater- 
landes".  Enno  D.  war  ein  Sohn  des  Eilardus  D.,  Administrators 
des  dritten  Standes  (f  1642)  und  der  Aielke  Fewen;  sein 
Grossvater  war  Enno  Meendert  (Meners)  D.,  ebenfalls  Ad- 
ministrator des  dritten  Standes  (f  1632),  vgl.  Ms.  180  unsers 
Archives.  Seine  Gattin  war  die  Tochter  des  1645  gestorbenen, 
im  Chor  der  Gasthauskirche  begrabenen  Ratsherrn  Peter 
Mustert,  seine  einzige  Tochter  wurde  Gattin  des  Emder  Drosten 
Folkard  von  Polman  1659—1734,  eines  Sohnes  des  bekannten 
Junkers  Johann  Friedr.  v.  Polman  (MOhlmanns  Stammtafeln 
S.  46,  Jahrb.  II,  1,  1875,  S.  63),  dor  1701  die  Polmansburg  auf 
der  Stelle  der  jetzigen  Landratswohnung  an  der  Wilhelmstrasse, 
erbaut  bat.1) 

28.  August  1900.  Die  Durchsicht  der  Beninga-Appelleschen 
Papiere  (vgl.  o.  S.  433,  470,  485),  die  wegen  des  Lantziusschen 
Kopiars  notwendig  war,  hat  u.  a.  endlich  auch  fiir  die  r&tsel- 
hafte  Herkunft  des  augenblicklich  an  Prof.  Reiflferscheid  in  Greifs- 
wald  verliehenen  Manuskriptes  No.  64  Arend  Buschmanns 
Geistergeschichtc  und  Josephs  Gedicht  von  den  7  Tod- 
siinden  auf  eine  Spur  gefiihrt.  Der  verdiente  Verfasser  der 
Abhandlung  iiber  das  Gedicht,  Babucke  (Norden  1874),  der 
zuerst  auf  dieses  aufnlerksam  machte  (vermutlich  Andeutungen 
Friedlaenders  folgend,  der  damals  als  Herausgeber  des  Ostfr. 
Urkundenbuches  unsere  Handschriften  am  besten  kannte), 
konnte,  wie  er  S.  1  erw&hnt,  in  unserer  Gesellschaft  daruber 
nichts  erfahren;  er  war  nicht  abgeneigt,  in  Josephs  Gedicht 
ein  Produkt  Ostfrieslands  zu  sehen  (S.  2),  und  in  unserer 
Mitte  wurde  es  spater  einmal,  als  das  Nichtostfriesische 
der  Sprache  sich  allzu  unverkennbar  aufdrangte,  als  mog- 
lich  hingestellt,  dass  die  Dichtung  von  einem  Nichtostfriesen 
in  Ostfriesland  verfasst  worden  sei.  An  der  Herkunft 
aus   dem  v.  d.  Appelleschen  Nachlasse   ist,   da   die   von  den 


!)  v.  Wichts  und  M5hlmanns  Stammtafeln  nennen  F.  v.  Polmans 
Gattin  Ayolda,  0.  v.  Rehdens  handschriftliche  Genealogien  (III  129)  wie 
der  Grabatein:  Elisabeth  Dietheleeven.  In  Feltmanns  Opera  juridica 
(Arnhem  1764-9)  V  S.  243  ff.  sind  Akten  aus  einem  Erbschaftsprozesse  des 
Drosten  F.  v.  Polman  gegen  seine  Schwiegerm utter  und  deren  Sch wester 
Elisabeth  Mustert  v.  J.  1689  abgedruckt. 


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—    513    — 

Verfassern  unseres  Katalogs  1877  offenbar  nicht  selbst  gelesene 
Handschrift  sowohl  in  dem  Kataloge  unserer  Bibliothek  wie 
in  dem  handschriftlichen  Verzeichnisse  der  Manuskripte  des  Land- 
schaftsprasidenten  und  preussischen  Geheimen  Rates  Mauri tz 
Wilhelm  von  dem  Appelle1)  (No.  84  unseres  Archives) 
mit  fast  gleichen  Worten  bezeichnet  ist,  nicht  zu  zweifeln. 
Dass  sie  mit  Appelleschen  oder  Beningaschen  Manuskripten  in 
unser  Archiv  gekommen  ist,  wird  auch  durch  ihre  jetzige  Ver- 
wahrung  neben  Handschriften,  die  grosstenteils  nachweislich 
aus  den  Familien  v.  d.  Appelle  oder  Beninga  stammen,  wahr- 
scheinlich.  Es  ist,  weil  in  dem  Appelleschen  Kataloge  verzeichnet 
oder  sonst  kenntlich,  ausser  anderem  wohl  das  Meiste  zwischen 
No.  63  und  100;  sicher  ruhren  daher:  No.  65  —  67  Manuskripte 
von  Schriften  Ulrich  v.  Werdums,  No.  68  Observationes  Arithme- 
ticae  von  G.  W.  Lantzius.  No.  69  die  historisch-genealogischen 
Kollektaneen  von  G.  W.  Lantzius,  dem  Schwiegersohne  des 
letzten  mannlichen  Beninga  (s.  o.  S.  501).  No.  70  v.  Wichts 
Annalen  in  Abschrift,  No.  72  interessantes  „Calendarium  Pots- 
damense"  eines  ungenannten  Offiziers  von  1727 — 17392)  (nicht 
des  unten  genannten  Franz  Anton  v.  d.  Appelle),  der  bis  in  die 
erste  Regierungszeit  Friedrichs  des  Grossen  in  Potsdam  stand ; 
No.  73  Oldenburgische  Chronik2h),    No.  74  H.  B.  v.  d.  Appellesche 


')  gest.  im  Mai  1792,  vgl.  iiber  ihn  Wiarda  VIII  S.  480  u.  X  S.  81 ; 
er  war  ein  Sohn  des  bekannten  Heinr.  Bernh.  v.  d.  A.  (f  1766).  In  unserm 
Kataloge  S.  217  No.  64  wird  Josephs  Gedicht  als  „Lehrgedicht  in  nieder- 
deutscher  Sprache  etwa  aus  d.  J.  1437",  in  dem  v.  d.  Appelleschen  Ver- 
zeichnisse S.  15  No.  45  „Ein  altes  Buch  v.  J.  1437  N.  B.  Monchsschrift, 
led(erner)  B(and)"  bezeichnet.  [Die  Nummer  45  stent,  wie  sich  nach  Ruck- 
kehr  der  Handschrift  aus  Greifswald  ergeben  hat,  auch  jetzt  noch,  mit 
Tinte  geschrieben,  auf  dem  Riicken  des  Ledereinbandes.  Die  Jahreszahl 
1437  ist  dem  Anfange  der  Arnd  Buschmannschen  Geistergeschichte  auf 
der  ersten  Seite  der  Handschrift  entnommen,  vgl.  oben  S.  7.] 

2)  Unter  den  Titeln  ^Berliner'  Garnison-Chronik,  zugleich  Stadt 
Berlin'sche  Chronik  fur  d.  J.  1727— 1739*  und  „Calendarium  Potsdamense 
perpetuum"  in  den  Schriften  des  Vereins  fur  die  Geschichte  der  Stadt 
Berlin,  Heft  IX,  1873,  und  in  den  Schriften  des  Vereins  f.  d.  G.  Potsdams, 
N.  F.  I.  Teil,  1874,  S.  318,  veroffentlicht  von  Dr.  E  Friedlaender,  der  aber 
die  Herkunft  aus  dem  Appelleschen  Nachlass  noch  nicht  kannte. 

2b)  Handschrift  des  XVIII.  Jahrh. ;  wahrscheinlich  ist  sie  Johann 
v.  Harens  niederd.  Chronik  von  den  Oldenburgischen  „Arsegrevena,  fort- 
gesetzt  bis  1605. 

Jahrbuch  der  Qosellsoh.  f.  b.  K.  u.  rater).  Altortttmer  zu  Einden,  Bd.  XIV.  33 


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—     514    — 

Poesien,  (^Zeitvertreibmtlssiger  Stunden",  vgl.  de  Vries  Jahrb.  VII, 
2,  76  ff.),  No.  75  Stammbuch  ~der  Margareta  von  Gendt  aus  den 
Jahren  1570—1597,  No.  76  Lateinische  Grammatik  far  Noimen 
(„in  usum  coenobii  monialium  Saxoniae  inferioris"),  No.  78  das 
von  v.  Rensen  besprochene  Rechnungsbuch  eines  Dieners  von 
Eggerik  Beninga,  Berent  von  Quakenbriigge  (Jahrb.  X,  1,  1892, 
S.  88),  No.  79  Rechnungsbuch  von  Kettler  in  Grimersum  1757. 
No.  81  Hofrichter  Joost  von  Hanes  Kollektaneen,  No.  84  Ver- 
zeichnis  der  Manuskripte  aus  dem  Nachlass  des  M.  W.  v.  d. 
Appelle  1793,  No.  92  Boing  Beningas  Register  von  beheerdeschen 
Landen  1653,  No.  93  Franz  Anton  v.  d.  Appelles  Ingenieurkunst 
1740,  No/95  Authographum  der  Anna  Maria  v.  Schurman:  De 
eerste  beginselen  der  Christelyken  Religie  1656,  No.  97  das  von 
de  Vries  wiederentdeckte  und  von  Friedlaender  und  Liebe  in 
unserm  Jahrbuchr  VII,  1,  S.  19  ff.  veroffentlichte  Emder  Bruche- 
buch,  No.  99  Aufzeichnungen  des  XVI.  Jahrb.  aus  der  Familie 
v.  d.  Appelle  zu  Masendorf  bei  Uelzen  (Urkunden-Abschriften  v. 
1392—1570,  Ausgaben-Liste  v.  1523—1550,  Holtings-Protokolle 
v.  1544  u.  1596).  Zu  dem  Beninga-Appelleschen  Nachlasse  gehort 
aber  auch  manches  von  den  fruhern  und  spatern  Nummern 
unseres  Archives  und  ein  Haufen  Papiere,  die  Friedlaender  ge- 
ordnet  hat.  Ftir  diese  letztere  Aktenmasse  hatte  sich  in  unserer 
Gesellschaft  die  Bezeichnung:  Handschriften  der  „G rimer- 
sum  er  Kiste"  erhalten.  Die  umfangreichen  Appelleschen  Hand- 
schriften sind  vielfach  an  dem  gepressten  tapetenartigen  Papier- 
einband  kenntlich.  Leider  fehlen  in  den  Akten  der  Gesell- 
schaft ausreichende  Nachrichten  fiber  die  Geschichte  dieser 
wichtigsten  Bereicherung  unserer  Sammlungen;  der  kurze  Be- 
richt  eines  frtihern  sehr  verdienten  Mitgliedes,  des  verstorbenen 
Stadtbaumeisters  Martens  (Mitverfassers  des  Buches  uber 
die  alte  Kirche  zu  Marienhafe  1845),  aus  d.  J.  1850  erzahlt 
zwar,  wie  er  eine  Menge  von  alten  Bilchem  und  Dokumenten 
auf  dem  Boden  der  Grimersumer  Burg  vor  der  Vernichtung 
gerettet  u.  fur  die  Gesellschaft  erworben  habe,  sagt  aber  beinahe 
gar  nichts  tiber  ihren  Inhalt,  sodass  uber  die  Beninga-Appelle- 
schen Bestandteile  unserer  Handschriftensammlung  fast  nur  Ver- 
mutungen  aufgestellt  werden  konnen1).  —  Eine  grosse  Menge, 

*)  [Erst   im   Juli   1902   haben   wir  von   einem  aue  102  Nummern 
bestehenden,    nicht    vollst&ndigen   Verzeichnisse    des   Stadtbaumeisters 


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—    515    — 

Martens,  das  sein  Urenkel,  Herr  Dr.  Reimers  in  Aurich,  besitzt,  Kenntnis 
erhalten:  „Bucher,  Manuscripte  und  sonstige  Papiere  aus  dem  Hause 
Grimersum".  Josephs  Gedicht  ist  dort  wahrscheinlich  unter  der  Be- 
zeichnung:  „Ein  Gedicht  in  safiischer,  altostfriesischer  Sprache"  gemeint. 
Ausser  diesem  die  Urkunden  nicht  mit  umfassenden  Verzeichnisse  be- 
sitzt  Herr  Dr.  Reimers  ein  Register  aus  d.  J.  1732  fiber  171  Grimersumer 
Urkunden  von  1379—1665.  Samtliche  Urkunden  bis  1624  erwahnt  auch 
das  Copiarium  Beninganum,  und  nachtraglich  hat  sich  davon  auch 
eine  Abschrift  von  Martens  Hand  unter  unsern  Papieren  gefunden.  — 
Der  obengenannte  von  dem  damaligen  Vorsitzenden  der  Gesellschaft, 
Burgermeister  Suur,  mitunterzeichnete  Bericht  lautet  wie  folgt: 

Bericht   der  Unterzeichneten   uber   die   Bucher   und    Documente, 
welche  auf  die  alte  Geschichte  Ostfrieslands  Bezug   haben  und  fur    die- 
selbe  wertvoll  sind,  und  iiber  deren  Erwerb  durch  die  Gesellschaft  f.  b. 
K.  u.  .v.  A.  die  Protokolle  derselben  nichts  enthalten. 
Emden,  den  12.  April  1850. 

D.  W.  Suur.  M.  H.  Martens. 

Der  Erwerb  der  Manuscripte  und  Documente  von  dem  Hause  Grimersum. 

Al8  vor  einigen  Jahren   der  Mobiliar  -  Nachlass  des  Gutsbesitzers 

Kettler  zu  Grimersum  verkauft  werden  sollte,  begab  ich  mich  vor  dem 

Verkaufstage  dahin  die  Sachen  zu  besehen.    Bei  dieser  Gelegenheit  fand 

ich  auf  einem  der  Dachboden  des  Burggebaudes  eine  grosse  Menge 

Bucher  und  loser  Papiere  zerstreut  umherliegen,  die  mir  der  Muhe  werfc 

schienen  besser  aufgehoben  zu  werden,  da  es  geschriebene  Chroniken, 

Verzeichnisse,   Contracte,   Biindnisse  und  Notaten  und  Anmerkungen  die 

Geschichte  Ostfrieslands  besonders  betreffend  waren.    Auf  meine  Anfrage 

an  die  anwesenden  Erben,  ob  auch  diese  Sachen  verkauft  werden  sollten, 

erhielt  ich  zur  Antwort,  darauf  wiirde  niemand  bieten,  man  wolle  sie  an 

einen   Juden   als   altes  Papier  verkaufen.     Hierauf  erbot  ich   mich, 

immer  mehr  dafur  zu  geben,   als  einem  Juden  es  wert  sey.    Nachdem 

ich  ferner  erklart  hatte,   dass  unter   den  Papieren  etc.  mehrere  Stucke 

vorhanden  seven,  die  fur  den  Alterthumsforscher  Werth  hatten  und  dass 

ich  daher  beabsichtige   die   Sachen  fur   die  Emdische  Gesellschaft  fur 

bildende  Kunst  und  vaterlandische  Alterthumer  anzukaufen,  versprach  man 

mir  diese  Papiere,  Bucher  etc.  und  was  sonst  noch  im  Hause  dergleichen 

alter  Stucke  vorhanden  seyn  mochte,  mir  alles  zu  tiberschicken,  um  das 

Beste  fur  die  Gesellschaft  daraus  von  mir  aussuchen  zu  lassen,  und  hatte 

ich  demnachst  die  Bestimmung  dariiber  zu  erwarten.    Dieses  ist  geschehen, 

und    aus    der    grossen  Menge    sind  diejenigen  Dokumente    ausgesucht 

und    der   Gesellschaft    geschenkt   worden,    die   in   dem   platten 

Kasten  aufbewahrt  werden,  und  einige  geschriebene  Bucher,   die  in  der 

Buchersammlung    der  Gesellschaft   befindlich   und   besonders  gezeichnet 

sind.    Die  iibrigen  Papiere,  Verzeichnisse  etc.  sind  auf  Aufforderung  eines 

der  genannten  Erben  von  mir  wieder  zuruckgegeben  worden. 

Emden,  den  6.  April  1850. 

M.  H.  Martens. 

33* 


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—    516    — 

sicher  zur  Familie  v.  d.  Appelle  geh8render  Handschriften  ruhrt 
noch  aus  der  Zeit  her,  wo  die  Familie  im  Luneburgischen, 
namentlich  auf  Masendorf  (norddstl.  v.  Uelzen),  ansassig  war, 
und  geht  zum  Teil  noch  auf  die  erste  Halfte  des  XIII.  Jahr- 
hunderts  zuriick  (wir  besitzen  z.  B.  —  nicht  veroffentlichte  — 
Urkunden  von  Herzog  Otto  von  Braunschweig  -  Liineburg, 
Heinrichs  des  LOwen  Sohne,  von  1224  u.  1230).  Nach  Ost- 
friesland  kamen  die  Appelle  erst  durch  Eberhard  Justus  v.  d. 
Appelle  (den  Neffen  des  obengenannten  Hofrichters  Joost  Hane 
zu  Upgant),  der  1660  die  Erbin  von  Midlum,  Albringswehr  und 
Haysfelde,  die  Hauptlingstochter  Adelgunde  von  Diepholt,  hei- 
ratete.  —  Einen  Anhalt  zur  Weiterverfolgung  der  Herkunft 
des  Joseph-Manuskriptes  bietet  nun  der  auffallige  Umstand, 
dass  unter  den  Beninga-Appelleschen  Handschriften  zwei  oder 
drei  aus  einem  Nonnenkloster  hernihren:  1)  No.  76  die 
obengenannte  lateinische  Grammatik  fur  Nonnen  mit 
lateinisch  -  niederdeutschen  Gebeten  (die  niederdeutsche  Ueber- 
setzung  ist  Wort  fur  Wort  eingeschoben),  von  denen  im  Jahr- 
buch  des  Vereins  f.  niederd.  Sprachforschung  1878,  S.  62,  eine 
Probe  veroffentlicht  worden  ist,2)  im  Appelleschen  Katalog  S.  15 
No.  44  bezeichnet  als:  Grammatica  Latina  Seculo  decimo  quarto 
in  usum  coenobii  Monialium  Sax:  infer:  conscriptum  junctis 
precibus  Latino-Germanicis ;  2)  eine  Ermahnung  an  Nonnen, 
wahrscheinlich  aus  dem  Ende  des  XV.  Jahrh.8)  (Manusc.  No.  20 
der  von  Friedlaender  geordneten  Stiicke,  abgedruckt,  mit  nicht 
ganz   sicherer  Lesung,   von  Deiter  im  Jahrb.  d.  V.  f.  niederd. 


Dass  es  mit  den  Buchern,  Manuskripten,  Vertragen  und  andem 
Papieren  und  Schriften  sich  so  zugetragen,  wie  oben  bemerkt  wird,  und 
daft  selbe  au£  diese  Weise  in  den  Besitz  der  Gesellschaft  gekommen,  ist 
auch  mir  bekannt. 

Emden,  den  12.  April  1850. 

D.  W.  Suur.] 

*)  Die  Bezeichnung  „Gebetea  ist  aber  ungenau,  es  sind  grosstenteils 
Hymnen,  bemerkenswerter  Weise  in  der  Form  und  Ordnung  des  unten 
(No.  3)  aufgefuhrten  Breviariums. 

*)  Die  Mahnerin  (Aebtissin?)  sagt  u.  a.:  „Ick  hebbe  hir  nu  draden 
baven  de  sostigesten  jar  in  dussen  kloster  wesen  vnd  hebbe  nuwerlle 
sulk  kyuesche  sorores  seen  edder  hort  alse  gy  syn".  Vielleicbt  ge- 
wahrt  diese  Angabe  bei  Nachforschungen  wegen  der  Herkunft  des  Zettels 
eine  Unterstutzung. 


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—    517    -^ 

Sprachf.  XI,  1885,  S.  167);  3)  ein  Brevarium  aus  dem  Ende 
des  XV.  Jahrh.  mit  Kalender  und  beigefiigten  Hymnen,  No.  63 
(die  Joseph-Handschrift  ist  No.  64),  dessen  Zugehflrigkeit  zu  den 
Appelleschen  Handschriften  wenigstens  im  hochsten  Grade  wahr- 
scheinlich  ist.  Der  Ausdruck  bei  No.  76:  in  us.  coen.  Monialium 
Saxoniae  inferioris  weist  deutlich  auf  ein  nichtfriesisches  Kloster 
hin,  eben  dasselbe  zwingt  aber  auch  die  Sprache  anzunehmen. 
Und  da  liegt  es  bei  den  Beziehungen  der  Appelleschen  Familie 
zum  Luneburgischen  nahe,  hinsichtlich  der  Herkunft  der  Joseph- 
Handschrift  eben  an  ein  Liineburgisches  Nonnenkloster  zu 
denken1).    Nun  hat  aber  die  Familie  v.  d.  Appelle  nach  ihrem 


!)  Inzwischen  ist  die  Herkunft  wenigstens  des  unter  No.  3  ange- 

fuhrten  Breviariums  aus   einem   Frauenkloster   im  Liineburgischen   zur 

volligen  Gewissheit  erhoben   und  damit  die  Wahrscheinlichkeit  fur  die 

gleiche  Heimat    der  Joseph-Handschrift   wesentlich   verstarkt   worden. 

Auf    dem   Lederband    des  Breviars,    das    am    Schlusse    Hymnen    ent- 

halt,  ist  vielfach,    kaum    noch   erkennbar,    in   einem  Kreise   ein  Zeichen 

(Hausmarke  ?  es  ist  ein  Rechteck  mit  einem  Kreuz  an  der  nach  untenhin 

verl&ngerten  linken  Langsseite)   und   die   Umschrift    „S'  Johan  Ellevers" 

(=  Sigillum  J.  E.?)   in   gotischen  Majuskeln   eingepresst.     Durch    einen 

Zufall  wurde  uns  der  Name  Elver  als   der  einer  Luneburger  Patrizier- 

Familie  bekannt,  und  eine  Durchsicht  der  Buttnerschen  „Genealogien  .  .  . 

der  .  .  .  Liineburgischen  .  .  .   Patrizien(!)  -  Geschlechter*  (Liineburg  1704), 

auf  die  uns  Prof.  Theod.  Meyer  in  Liineburg  aufmerksam  machte,   ergab 

sogar,  dass  der  Vorname  „Johannes"  der  am  haufigsten  in  der  Familie 

vorkommende  ist  (er  findet  sich  von  1314—1664  19  mal)  und  dass  vier 

Tochter   zwischen    1641    und    1700   Konventualinnen   in   Ebstorf  waren 

(andre  in  Meding,  Liine,  Stendal,  Liibeck).    Am  wahrscheinlichsten  ist  es, 

dass  die  Handschrift  das  Zeichen  des  siebten  Joh.  E.   tr&gt,   den  Biittner 

als  „Magister  artium,  Vicarius  Bardovicensis,  vixit  circa  1500"  naher  be- 

zeichnet,  und  der  sie   einer  Verwandten,   etwa  als  „Morgengabe8,  beim 

Eintritt  in  ein  Kloster,  geschenkt  haben  mag.    Die  Namensformen  der 

Familie  sind  bei  Biittner:   Elverus,   Elvere,   Elver,   Elvers,   von  Elvern. 

Ferner  liegt  in  unserm  Breviar  ein  loser  kleiner  Zettel  mit  dem  Namen 

der   Margrete  Grunhagen,   die  ebenfalls  einer   Luneburger-Patrizier- 

Familie  angehdrt  haben  muss  und  wahrscheinlich  mit  den  Elvers  ver- 

wandt  war:  eine  Margareta  von  Groenhagen  geb.  von  Sanckenstedt  lebte 

nach  Biittner  in   der  ersten  Halfte   des  XVI.  Jahrhundert  (f  1644);   ihre 

Sch wester  Richel  war  Gattin  des  Thidericus  von  Elver,   „  consul   1500". 

Biittner  nennt  Gronhagen  „ein  iiberaus  angenehmes  Landgut  des  Klosters 

St.  Michaelis,  ohngefehr  2  Meilweges  von   Liineburg  gegen  Siiden  an  der 

Elmenau".  —  Erwahnung  verdient  es  auch,  dass  die  Hymnen  des  Breviars 

in  ihrer  Zusammenstellung  und  Form  auf  die  Bursfelder  Union  hin- 


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—    518    — 

Stammbaume,  wie  er  z.  B.  in  den  ungedruckten  v.  Wichtschen 
Genealogien  Tafel  XXXI  verzeichnet  steht  [sie  fussen  wahr- 
scheinlich  auf  Mitteilungen  des  H.  B.  v.  d.  Appelle;  aus  v.  Wicht 
Mflhlmann  in  seinen  Stammtafeln  einiger  ostfriesischer  Ge- 
schlechter  (Leer  1832)],  Jahrhunderte  lang  mit  keinera  Kloster 
in  naherer  Verbindung  gestanden,  als  mit  dem  10  Kilometer 
von  ihrem  Stammsitz  Masendorf  gelegenen  Benediktinerinnen- 
Stift  Ebstorf  bei  Uelzen:  1565 — 74  war  Barbara  v.  d.  Appelle 
die  erste  lutherische  Aebtissin  des  Klosters  (ein  eigenhandiger 
Brief  von  ihr  hat  sich  unter  unsern  Appelleschen  Papieren  er- 
halten),  ebenso  ihre  Nichte  Lucia  von  1594—1624,  eine  andere 
Nichte,  die  Vatersschwester  des  genannten  ersten  ostfriesischen 
y.  d.  A.  Eberhard  Justus,  Agnes  (f  1660),  war  Priorin,  zwei  andere 
Nichten,  Anna  und  Katharina,  Konventualinnen,  eine  Schwester 
des  Eberhard  Justus  v.  d.  A.,  Katharina,  1688—1703  Aebtissin, 
desgleichen  waren  selbst  noch  aus  Ostfriesland  Konventualinnen 
in  Ebstorf  2  Tochter  von  ihm  und  Schwestern  des  durch  den 
Appelle-Krieg  bekannten  Heinrich  Bernhard  v.  d.  Appelle2), 
Agnes  Adelgunde  (f  1711)  und  Katharina  Elisabeth  (f  1746). 
Nach  alledem  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  unsere  Joseph- 
Handschrift  mit  ihrem  geistlichen  Inhalte  in  den  Besitz  der 
Familie  v.  d.  Appelle  durch  die  alten  Verbindungen  derselben 
mit    dem    einstigen    Benediktinerinnen  -  Kloster    Ebstorf    ge- 


weisen,  der  sich  auch  die  Liineburger  Benediktinerkloster  angeschlossen 
hatten;  namentlich  erscheint  der  von  jiingerer  Hand  geschriebene  und  nach- 
traglich  eingeheftete  Hymnus  auf  die  Trinitat:  0  lux  beata,  Trinitas  etc. 
in  einer  seltenern  Form,  die  am  meisten  der  im  Brevarium  RR  PP. 
ordinis  D.  Benedicti  de  Observantia  per  Germaniam  et  Unionis  Burs- 
feldensis  .  .  .  auctoritate  annalis  Capituli  illustr.,  pars  aestivalis,  Lovani 
1608,  S.  165  ff.  gegebenen  entspricht.  Es  ware  moglich,  dass  die  von 
Reifferscheid  so  iiberzeugend  dargelegte  Tendenz  der  ganzen  Joseph- 
Handschrift  sich  eben  als  die  der  Bursfelder  Reformations-Bewegung 
erweist. 

2)  gest.  1766  80  Jahre  alt;  er  war  auch  die  Seele  der  geheimen 
Verhandlungen  Emdens  und  der  ostfries.  Stande  mit  Friedrich  d.  Gr.  vor 
1744,  vgl.  Wiarda  VIU  479,  de  Vries,  Jahrb.  VII,  2  (1887),  S.  73;  uber 
Eberh.  Justus  v.  d.  A.  Jahrb  VI,  1  (1884),  S.  116.  Am  Ende  der  Be- 
ziehungen  der  Familie  zu  Ebstorf  steht  ein  beklagenswerter  Prozess,  in 
den  eine  dritte  Schwester  des  H.  B.  v.  d.  A.,  die  Konventualin  Henrica 
Christina  v.  d.  A.  (f  1728),  verwickelt  war  und  uber  den  erschutternde 
Briefe  der  Angehorigen  in  unserer  Sammlung  nahern  Aufschluss  geben. 


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—    519    — 

koramen,  dass  etwa  em  Angehoriger  der  Familie,  vielleicht  der 
durch  lebhaftes  Interesse  und  grosse  Begabung  ftir  Altertums- 
forschungen  ausgezeichnete  H.  B.  v.  d.  Appelle,  sie  durch  Ver- 
mittlung  seiner  Schwestern  in  Ebstorf  der  Klosterbibliothek 
entliehen  und  nicht  wieder  zuriickerstattet  habe ;  in  dem  Kata- 
log  der  Appelleschen  Handschriften  folgt  sie  S.  15  als  No.  46 
gleich  hinter  der  lateinischen  Grammatik  fur  niedersachsische 
Nonnen  (No.  44),  deren  Titelaufschrift1)  von  der  HandH.  B.  v.  d. 
Appelles  zu  stammen  scheint,  wird  also  zur  Zeit  der  Abfassung 
des  Kataloges,  wahrscheinlich  aber  schon  lange  Jahre  vorher, 
ungelesen  und  unverstanden  wie  diese,  neben  ihr  gestanden 
haben.  Um  es  aber  glaublich  zu  machen,  dass  gerade  das 
Benediktinerinnen-Kloster  Ebstorf  Handschriften  wie  Josephs 
Gedicht  besitzen  konnte,  bedarf  es  nur  eines  Hinweises  auf  die 
bekannten  aus  Ebstorf  stammenden  und  noch  dort  oder  in 
Hannover  verwahrten  Litteratur-Denkmaler :  die  Ebstorf er  Welt- 
karte,  die  grosse  Ebstorfer  Liederhandschrift,  und  auf  das 
6  Seiten  umfassende  Verzeichnis  von  mittelniederdeutschen 
Handschriften  zu  Ebstorf  in  Borchlings  erstem  Reiseberichte 
S.  177—183  (worunter  nach  S.  179  No.  3  ein  niederdeutsches 
Gebetbuch  mit  dem  Anfange :  de  seuen  dot  sunden).  An  unsere 
,,Ermahnung  an  Nonnenu  und  an  die  lateinisch-niederdeutschen 
Gebete  (richtiger:  Hymnen)  hinter  der  lateinischen  Grammatik 
erinnern  bei  BorchlingS.  180  „Geistliche  Ansprachen  einer  Nonne 
an  die  Klosterschwestern  iiber  ihre  Klosterpflichten  anno  99u 
(d.  i.  1499?)  und  S.  183  „Lateinische  hymnische  Stucke  mit 
niederdeutschen  Glossen  und  Interlinearversion" ;  —  „ein  lat.- 
nd.-Glossar;  —  „Erklarung  und  Umschreibung  kirchlicher 
Hymnen  mit  Zuhilfenahme  des  Nd.";  —  „ein  sachlich  geordnetes 
lat.-nd.  Glossar".  Nach  den  kurz.en  bei  Borchling  gegebenen 
Proben  zu  urteilen,  stimmt  die  Sprache  unserer  Hymnen- 
Interlinearversion  hinter  der  lat.  Grammatik  No.  76  mit  der- 
jenigen  des  zuletzt  genannten  Glossars,  und  ein  genauer  Ver- 
gleich  wttrde  wohl  ergeben,  dass  das  Niederdeutsche  unserer 
geistlichen  aus  dem  Ltineburgischen  stammenden  Handschriften 
der  Dialekt  eben  der  Ebstorfer  Stilcke  ist.  —  Unaufgekl&rt 
bleibt    noch,    wie    die    Appelleschen    Manuskripte    —    der 

1)  Auffallend   ist  die  Unbestimmtheit  der  Bezeichnung  „in  usum 
co enobii  monial  ium".  Weshalb  ist  das  Kloster  nicht  selbst  angegeben? 


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—    520    — 

Hauptsitz  der  Familie  war  bis  zu  ihrem  Aussterben  Gross- 
Mi  dlum  —  nach  Grimersum  gelangen  konnten.  Moglicher- 
weise  wurde  der  1766  geborene  Erbe  von  Grimersum,  Stephan 
Rudolf  Beninga-Kettler  (s.  o.  S.  501,  f  1835),  Erbe  des  kinderlosen 
letzten  Appelle,  Mauritz  W.  v.  d.  Appelle  (f  im  Mai  1792), 
da  M.  W.  v.  d.  Appelles  Gattin  Adriana,  geb.  van  der  Marwede, 
Tochter  der  1778  gestorbenen  Hieronyma  Adelgunde  Katharine 
Beninga,  verheirateten  van  der  Marwede,  war  (Mohlmanns 
Stammtafeln  einiger  ostfries.  Familien  S.  21,  Houtrouw,  Ost- 
friesland,  I,  455.  Die  Familie  Beninga-Kettler  blieb  bis  in  die 
40er  Jahre  des  XIX.  Jahrhunderts  im  Besitze  der  Burg 
Grimersum;  jetzt  gehort  diese  als  Ruine,  deren  Verfall  nicht 
mehr  aufzuhalten  ist,  dem  Fursten  Knyphausen). 

Herr  Dr.  Borchling  in  Gottingen  ubersendet  seinen 
zweiten  Reisebericht  iiber  mittelniederdeutsche  Hand- 
schriften  in  Skandinavien,  Schleswig-Holstein,  Mecklenburg  und 
Vorpommern  (Nachrichten  v.  d.  Kgl.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften  zu  Gottingen,  Philos.-  histor.  Klasse,  1900,  Beiheft, 
Gottingen  1900).  Einiges,  das  hier  Ostfriesland  betrifft,  und 
manches,  das  in  dem  Reiseberichte  nicht  abgedruckt  worden 
ist,  hat  der  Verfasser  uns  schon  frtiher  mitgeteilt  (vgl.  Jahr- 
buch  XIII,  S.  218,  220,  239).  Sonst  enthalt  das  Heft  fur  uns 
weniger  als  der  erste  Reisebericht :  S.  57  Nachweise  aus  Kopen- 
hagen  iiber  das  Vorkommen  der  aus  Benin  gas  Brief  an  den 
Borssumer  Pastor  Melchers  (Tiaden  1 119)  bekannten  Priamel: 
Hadde  wy  in  Christo  alle  enen  geloven, 
Dat  gemene  Nutte  und  beste  vor  ogen  etc. 
S.  82  Nachrichten  aus  Kopenhagen  iiber  einen  Sammelband 
jungerer  niederd.  ostfr.  Chroniken  mit  Loringas  Genealogien 
und  ein  Konvolut  Papiere  des  XVII.  Jahrh.,  bezeichnet  als 
Genealogia  Frisiaca  (worin  u.  a.  eine  vollstandige  Handschrift 
der  niederd.  Loringaschen  Genealogien)1). 


!)  Die  in  Pannenborgs  Handschrift  fehlenden  lateinischen 
Stammregister  Loringas  (Jahrb.  XII,  S.  6)  enthalt,  worauf  Herr  Dr. 
Borchling  mtindlich  aufmerksam  macht,  eine  Abschrift  des  Autographon 
in  der  Groninger  Universitatsbibliothek  (vgl.  Brugmans  Catal.  codd.  Univ. 
Bibl.  Groningensis  No.  146,  S.  68  und  69). 


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—    621     — 

Zuwachs  der  Sammlungen  (bis  zum  1.  Juli  1901). 
1.  AltertOmer,  MOnzen  und  Medaillen.1) 


Grosses  Siegel  mit  Wappen  und  der  Umschrift:  Sigillum  judicii 
provincials  Jevrensis  (van  Hiilst  in  Lintel  bei  Norden).  —  Gestrickte 
Haube  aus  dem  Ende  des  XVIII.  Jahrh.,  in  Dornumersiel  getragen,  ge- 
stickter  Geldbeutel  (Knipke);  Ballschleife  von  der  Einweihungsfeier  der 
Hannoverschen  Westbahn  1856  (A.  Jasper).  —  Eisenreste  aus  dem  Knyp- 
hauser  Walde  bei  Reepsholt,  Bronze-  und  Urnenreste  aus  dem  Garten 
der  Lehrerwohnung  zu  Abickhafe,  Bronzesachen  aus  dem  Rabbelsberg  bei 
Dunum  (Lehrer  Eilers-Reepsholt,  vgl.  o.  S.  398).  —  Konvokationspfennig 
des  Biirgervorstehers  Reemtsma  1857;  ein  auf  Seide  gedrucktes  Gedicht, 
das  die  Arbeiter  dem  Kommerzienr.  Reemtsma  zur  goldenen  Hochzeit 
stifteten  (nach  letztwilliger  Verfugung  des  verst.  Kommerzienr.  Reemstma). 

—  Rathaus-Modell  aus  Kork,  geschnitten  von  dem  verst.  Photographen 
van  Laaten  (Fr.  Graepel).  —  Grtitze-Maasse  (aus  dem  Nachlasse  des 
verst.  Frl.  Graepel).  —  Ein  silberner  Patenthaler  in  einem  ledernen 
Beutelchen,  seit  dem  Ende  des  XVIII.  Jahrh.  in  der  Familie  Clandt  zu 
Aurich  (von  dem  verstorbenen  Backermeister  Clandt  zu  Aurich  als 
Geschenk  fur  unsere  Gesellschaft  bestimmt).  —  Spinnwirtel,  gef.  im 
Garten  des  Buckdruckereibesitzers  L.  Hahn;  Haarpfeil,  1898  in  Loquard 
gef.  (Lohmeyer).  —  Konvokationspfennig  v.  J.  1703  mit  dem  Namen  Adde 
Ulbers  und  einem  ratselhaften  Emblem,  das  mit  einem  Steinhauer-Hammer 
Aehnlichkeit  hat,  aus  d.  Besitze  des  Backermeisters  Woydt  (Lohmeyer).  — 
Steinerner  Doppelkopf,  der  nach  dem  Brande  des  Praalschen  Hauses  zu 
Larrelt  im  Schutt  gefunden  sein  soil  (J.  de  Beer  jr.,  vgl.  o.  S.  416).  —  Ge- 
schnitztes  Oberlichtfenster  von  einer  Hausthur  und  eine  Laterne  von  dem 
jetzt  umgebauten  Hause  am  Alten  Markt  No.  10  (Buhr  u.  Thiemens).  — 
Bronze-Stiicke  (Reste  einer  Nippzange),  Knochenrest,  gninliches  Glas,  ein 
kleiner  runder  Gegenstand  mit  einem  Haken,  eine  Urne  und  Urnenscherben 
aus  Ochtersum  (P.  Nellner-Ochtersum,  s.  o.  S.  405).  —  Braunglasierter 
Raerener  Krug  v.  J.  1585  (vgl.  S.  406,  J.  M.  v.  d.  Walde).  —  Hohler  eiserner 
Gegenstand  unbestimmten  Zweckes,  gef.  beim  Bau  der  Kleinbahn  Aurich- 
Wittmund  5  Fuss  tief  (v.  Jindelt  jun.)  —  3  eiserne  Hausanker  aus  dem 
XVI.  Jahrh.  (vgl.  S.  417).  —  Stempel  der  Emder  Maurergilde  (Logger- 
schiffer  Ph.  Herlyn).  —  Briefbeschwerer  aus  einem  Stucke  des  sog.  Grab- 
steines  der  Quaden  Foelke  in  Aurich  (Herrmann,  vgl.  S.  392).  —  Alter- 
tumliche  Thranlampe  (S.  Pels).   —   Stabchen  mit  Elfenbeinhand  (Vocke). 

—  Zinnbecher  der  Schmiedegilde   mit  Aufschrift  und   Zinnuntersatz  (die 


»)  abgesehen  von  dem  Vermachtnisse  des  Dr.  Peterssen  (vgl.  o.  S.364). 


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—    622     — 

eingravierte  Zahl  1804  giebt  das  Jahr  einer  Erneuerung  des  Bechers  an, 
gesch.  von  Frau  Rektor  de  Vries).  —  Grunliches,  glasiertes,  viereckiges  Ge- 
fass  (Tintenfass?)  mit  der  Jahreszahl  1651,  einem  Doppeladler  und  den 
Buchstaben  A.  v.  d  B.  SN.,  gef.  hinter  dem  Hause  des  Backermeistere 
StShr,  westl.  von  der  Neuen  Strasse  auf  dem  Spieker  (Stohr).  —  Fahne 
der  Emder  Maurerzunft  (aus  dem  Nachlass  des  Maurermeisters  Niemeyer, 
des  letzten  Zunftmeisters  der  Maurer).  —  Ein  an  der  Neptunstrasse  auf- 
gegrabener  Walfisch-Knochen  (Gelenkkugel  des  Kinnbackens).  —  2  alte 
Ziegelsteine  (32  cm.)  aus  einem  abgebrochenen  Hause  an  der  Emsmauer- 
strasse  (v.  Jindelt).  —  Die  erste  ausgegebene  Fahrkarte  der  neuen  Bahn 
Emden-Pewsum  (J.  Loosing).  —  2  Snuiter  (Frau  Kommerzienr.  Y.  Brons).  — 
Konvokationspfennig  der  Emder  Stadtverordneten,  deren  Kollegium  unter 
diesem  Nam  en  bis  1854  bestand  (Klug).  —  Walfisch-Kinnbacken  aus 
Borkum  (D.  Bakker  jr.  und  K.  J.  Akkermann  in  Borkum).  —  Metallring, 
gef.  auf  dem  Kirchhof  zu  Gr-Midlum  (vgl.  o.  S.  426).  —  Steigbugel,  gef. 
12  Fuss  tief  zwischen  Holtgaste  und  dem  Barkholter  Berg  (E.  C.  Ulferts  in 
Esens  und  Landwirt  Poppe  Eilts  in  Holtgast,  vgl.  S.  434).  —  Kesselhaken, 
(Lohmeyer).  —  LSwenkopf,  Schlussstein  des  Hauses  No.  23  in  der  Hof- 
strasse  (S.  Regendorp).  —  Herdvorsatz  (h§rdje),  platter  Topf,  Dreifuss 
(Lohmeyer).  —  Ziegelsteine  und  Holzverkleidung  eines  Kamins  mit 
Schnitzerei  aus  dem  Hause  an  der  Ecke  der  Grossenstr.  und  Lilienstr. 
No.  43.  —  Eiserner  Wasserkessel ;  LepelbOrtje  mit  5  runden  zinnemen 
Breiloffeln ;  eine  lange  Holzpfeife  aus  den  Freiheitskriegen  (Lohmeyer).  — 
Ldffelartiges  Holzgerat,  4  Fuss  tief  unter  dem  Hochmoore  bei  Langefeld 
gef.  (E.  C.  Ulferts.  vgl.  S.  450).  —  Abzeichen  der  Emder  Burgerwehr  v.  J. 
1848:  bleierner  Doppeladler  am  gelben  Band  (Frau  Wwe.  Benjamins; 
Landschaftsrat  Klug,  der  1848  die  Charge  eines  Feldwebels  in  der  Emder 
Burgerwehr  bekleidete,  erinnert  sich  eines  solchen  Abzeichens  nicht; 
die  obige  Bezeichnung  erscheint  daher  als  fraglich).  —  Ein  interessanter 
sehr  altertiimlicher  Schlussel,  der  l!/»  m  tief  beim  Bau  des  Gaswerks  in 
Drossen,  Kr.  Frankfurt  an  der  Oder,  an  der  Stelle  eines  fruhern  Klosters 
gefunden  wurde  (Pastor  Houtrouw-Neermoor).  —  Ein  altes  Pionierseiten- 
gewehr(?)  mit  Schiltpatt  und  versilbertem  Kupfer  am  Griff,  gef.  1  m  tief 
beim  Neubau  eines  Hauses  an  der  Wolthuser  Landstrasse  (Lokomotiv- 
fuhrer  Lucke).  —  Bronzene  Feldzugsmedaille  von  1815  (Lohmeyer).  — 
Verschliessbarer  Holzkasten  in  Form  eines  Folianten  mit  Ledereinband 
und  dem  Aufdruck  1748  (Schnedermann  jr.  Der  Kasten  stammt  wahr- 
scheinlich  aus  der  Familie  Adami).  —  Braunglasierte  Scherbe  von 
einem  rheinischen  Gefass  mit  Verzierungen,  von  denen  eine  Aehnlichkeit 
mit  einem  Wappen  hat;  ein  rundes,  offenes  Steingefass  aus  weichem 
Material  (Sandstein?),  7  cm  hoch,  7  cm  im  Durchmesser,  inwendig  hohl 
gedrechselt  mit  Ausgussoffnung  (Gussform??),  gef.  beim  Bau  des  Rechts- 
anwalt  Metgerschen  Hauses  Agterum  (Metger).  —  Scherben,  teilweise  von 
feinen  chinesischen  Porzellangefassen,  mit  blauer,  roter  und  goldener 
Farbe,  gef.  unter  einem  Packhaus  in  der  Oldersumer  Strasse  (SchwiUky). 
—  Schongestickte  GeldbQrse  (Knipke)  aus  Tuch  in  einem  Tuchfutteral  und 
eine  Frauenmutze  (Vlieger)   mit    feinster  Spitzenarbeit  (Klug,  aus  dem 


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-    623    — 

Nachlass  seiner  in  Norden  gebornen  Grossmutter,  geb.  Uven).  —  Spinn- 
rad  (Lohmeyer).  —  Schulbucherkasten  (Schnedermann  jr.).  —  12  Delfter 
Kacheln  aus  dem  Nachlass  des  Konsuls  Rodewyk  (Baumateralienh&ndler 
F.  Folkerts;  derartige  Kacheln  sollen  noch  um  1850  aus  Delft  eingefuhrt 
worden  sein).  —  Kleine  Haspel  zum  Spinnen  von  Seide  (Schnedermann  jr., 
aus  dem  Nachlass  seiner  Grossmutter,  Frau  Sen.  de  Pottere  geb.  Bouman). 

—  Deckel  eines  Schulbticherkastens  (Pappe)  mit  dem  Bilde  der  hiesigen 
Roten  Muhle  und  den  Buchstaben  P.  v.  R.  (P.  v.  Rensen).  — -  Schon 
erhaltener  Schulbucherkasten  mit  Abbildung  einer  Muhle  auf  dem  Schiebe- 
deckel  (Th.  Brons-Groothusen ;  solche  Kasten  wurden  des  Winters  von 
Tischlern  angefertigt  und  in  Eisenhandlungen  verkauft).  —  Flachshechel, 
Ripp-Eisen  fur  Flachs,  Kratze  fur  Sehafwolle,  um  vor  dem  Spinnen  die 
Knoten  herauszubringen  (Th.  Brons-Groothusen).  —  Goldwage  ohne  Kasten 
(Fr.  Graepel).  —  2  Schuppen  zum  Aussprengen  auf  der  Bleiche  (Bleichen- 
besitzerin  Klaassen).  —  Flachshechel  (Herlyn).  —  Schulbiicherkasten  (King) 

—  Stucke  eines  schonen  weissen  Kruges  mit  Henkeln,  wie  der  bei 
Brinkmann,  Das  Hamburgische  Museum,  S  259,  abgebildete  grau  •  blaue 
Raerener  Krug;  Hufeisen  mit  2  Seiteneisen  zum  Festbinden  („EiskrabbeB?); 
thurriegelartiges  Stuck  Eisen ;  Rest  eines  Henkels  von  feinem  griinlichen 
Glase;  hellbrauner  kleiner  kupferartiger  Gegenstand  mit  weisser  Glas- 
spitze,  alles  gefunden  beim  Bau  des  Metgerschen  Hauses  Agterum,  an 
einer  Stelle,  wo  sich  viele  Tierknochen  fanden  und  die  als  Abwurfsplatz 
benutzt  gewesen  zu  sein  scheint  (R.  Metger).  —  Messer  zum  Ausbreiten 
der  Knoten  (Nokken)  aus  dem  Flachse  und  eine  dazu  gehflrige  Leder- 
schiirze,  Ribbenlappe  genannt  (Herlyn ;  iiber  Flachsbereitung  in  Nordwest- 
deutschland  s.  BNiedersachsentf  1900,  15.  Nov.). —  4  Feuersteinmesser,  gef. 
beim  Barkholter  Berg,  und  ein  ungebrannter  Krug,  gef.  500  m  nordl.  vom 
Barkholter  Berg  (vgl.  S.  494);  Zunftpfennig  der  Emder  Zimmerleute  von 
1732  oder  1832  mit  den  Buchstaben  B.  D.  L  ;  eine  Glasscheibe  aus  der 
Klostermuhle  zu  Esens  mit  dem  Bilde  einer  Bockwindmuhle  (Ulferts- 
Esens)  —  Ofenplatte  aus  dem  Hause  des  Krautners  Enno  van  Pilsum  in  der 
Kl.  Osterstr.  No.  38  mit  Darstellung  der  Geburt  Christi,  der  Jahreszahl 
1777  oder  1737  und  Lucas  2,  Vers  8.  —  Eine  farbige  englische  Lithographie 
(J.  de  Ruyter).  —  Stuck  eines  Buchverschlusses  aus  Messing  v.  J.  1671 
(C.  v.  Jindelt).  —  Urnenscherben  und  Knochen  aus  einem  Warfe,  gen. 
„Knollkensa,  zwischen  Kanum  nnd  Sielmonken  (Heeren-Kanum).  —  Dienst- 
siegel  des  verst  Auktionators  Pape  in  Aurich  mit  der  Cirksenaschen 
Harpyie  im  Stempel  (Magistrat  der  Stadt  Aurich;  solche  Siegel  wurden  von 
den  beeidigten  ostfriesischen  Auktionatoren  nur  in  der  kurzen  Zeit  vom 
6.  August  1897  bis  zum  31.  Dezember  1899  gefuhrt).  —  Kleine  steinerne 
(Kanonen?)-Kugel,  die  beim  Baggern  vor  der  Schleuse  im  Aussenhafen 
gefunden  worden  ist  (Borsenwirt  Janssen).  —  Giebelstein  des  abgebrochenen 
Susemiehlschen  Wirtshauses  „Zum  Wappen  von  Oldenburg"  an  der  Nord- 
seite  der  Grossen  Faldern-  und  der  Hofstrasse  mit  einem  Baum,  der  Zahl 
1632  und  2  leeren  Wappenschildern  (Hagen  &  Benjamins).  —  2  Zieget- 
steine  (311/*  cm  :  15  cm  :  7  7*  cm),  wahrscheinlich  von  einer  alten  Kai- 
mauer,  gef.  beim  Neubau  des  Pelsschen  Hauses   an  der  Kettenbriicke 


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—    624    — 

(C.  v.  Jindelt).  —  Alte  Spielmtinze(?)  von  Messing,  mit  4  Kronen  und 
einer  Inschrift,  in  der  sich  das  Wort  „Nevo*  viennal  wiederholt,  gef. 
beim  Neubau  des  sWappens  von  Oldenburg"  (Jan  Groenhoff).  —  Hollan- 
discher  Tellerw&rmer  von  Kupfer.  —  Holzschnitzerei  mit  dem  Wappen 
der  Familie  de  Pottere  (3  Krugen  und  Sparren),  die  in  dem  de  Pottereschen 
Hause  an  der  Neuthorstrasse  an  einem  Kamin  angebracht  war  (Schneder- 
mann  jr.).  —  Stempel  der  Loh-  und  Rotgerber  -  Zunft  mit  Umschrift  und 
Darstellung  von  Schabinstrumenten  (Gittermann).  —  Die  kupferne  Hiilse, 
in  der  die  Munzen  des  Norder  Fundes  vom  Mai  d.  J.  lagen  (Kohlschutter- 
Norden).  —  Rest  eines  Grabsteines  mit  der  Jahreszahl  1668,  der  bei  der 
Anlage  der  Wasserleitung  in  der  Nahe  der  Wolthuser  Briicke  ausserhalb 
der  Stadt  links  vom  Wege  gefunden  worden  war  (Wasserwerk).  —  Ober- 
lichtfenster  der  Hausthur  des  A.  Mustertschen  Hauses  an  der  Sudseite 
der  Strasse  Zwischen  beiden  Sielen  (Ahlr.  Mustert).  —  Gewichtstuck 
mit  dem  Emder  Wappen,  wahrscheinlich  aus  einer  Gold  wage  (Schneder- 
mann  jr.).  —  2  steinerne  Statuen  aKriega  und  „Friedea  aus  dem  de  Pottere- 
schen Garten  an  der  Hinter  Landstrasse  (de  Pottere's  Erben).  —  Kleine 
Steinkugel  und  eine  eiserne  Kugel,  gefunden  im  Schlamme  sudlich  von 
der  Butfenne  (Quartaner  Hemmen).  —  2  Abstimmungsurnen  im  Stile 
Louis  XVI.  von  der  1891  aufgelosten  ersten  Emder  Assekuranzkompagnie 
v.  J.  1772  (mit  J  u.  N  =  Ja  und  Ne)  und  einem  Prasidenten-Hammer  der 
Kompagnie,  aus  dem  Nachlass  des  verst.  Herrn  B.  Brons  sen.  (Am.  Brons). 
—  6  ungewonlich  schon  erhaltene  sichelformige  Feuersteinwerkzeuge  aus 
der  jiingeren  Steinzeit,  gef.  auf  dem  Kolonat  des  Johann  Eden  Christians  zu 
Terheide,  und  ein  Palstab  mit  zwei  flachen  Schaftrinnen  an  beiden  Seiten 
aus  der  aitern  Bronzezeit,  gef.  sudlich  von  Terheide,  10  Fuss  tief  unter 
Moor  auf  dem  Urboden,  auf  dem  Kolonat  des  Heit  Tebben  Tapper  (E.  C. 
Ulferts-Esens).  —  Kleines,  am  Feuer  gehartetes  Gefass  mit  Henkeln,  gef. 
beim  Wiihlen  in  der  Feldmark  Larrelt,  nordl.  v.  Konrebberswege,  7-8  Fuss 
tief  (Wychgram-Wybel8um).  —  Messingstempel  der  judischen  Schlachter 
mit  hebraischer  Inschrift:  „Gemeinde  Emden  koscher*  (J.  de  Beer  jr.).— 
13  Delfter  Kacheln  aus  dem  Keller  des  Hauses  Krahnstrasse  No.  23  (Ecke 
Krahnstrasse  und  Rosentief),  2  mit  Darstellung  eines  Landsknechtes,  die 
iibrigen  mit  Meerweibchen  (Zimmermeister  Schelten).  —  Drei  Estriche 
(Kacheln)  mit  Darstellung  von  Landsknechten,  Bruchstucke  von  Kacheln, 
Scherben  von  Rheinischen  Krugen,  anscheinend  mit  Darstellung  desSunden- 
falls,  ausgegraben  vor  dem  Wirtshause  „  Bremer  Schlussel"  am  Delfte 
beim  Bau  der  neuen  Kajung  (Hessler).  —  Ein  altertumlicher  grosser 
seidener  Schirm  (Burgervorst.  Poelders).  —  Ein  schSner  Bronze-Morser 
mit  Stampfer,  die  Inschrift  lautet:  Jan  Janssen  van  Jssum,  Anno  Domini 
1656  (T.  Houtrouw  an  der  Neuen  Strasse).  —  Kleines  Thon  -  Gefass  mit 
Henkeln,  gef.  beim  Umbau  des  Pastor  Pleines'schen  Hauses  an  der 
Grossen  Strasse  41  (A.  Klaassen).  —  Bronzeloffel  mit  einer  Marke  und 
Spuren  ehemaliger  Versilberung,  am  Ende  des  Stieles  ein  Pferdefuss  (von 
demselben  Fundorte).  —  Flindrich  Ulrichs  von  Norden.  —  Vs-Thaler  Carl 
Edzards  1738.  —  V*-Thaler  Christian  Eberhards.  —  Ostfriesische  Munze 
von  Kupfer  mit  der  Umschrift:  „Da  pacem  in  diebus  nostris"   und  dem 


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—    526    — 

Fiir8ten-Namen  Christian. ...  —  Emder  Stiiver  ohne  Jahreszahl;  ^Stfiber 
1823  (Laarmann).  —  Pfennig  von  1848  (W.  P.  Mulder).  —  Denar  Herzog 
Berahards  II.  v.  Sachsen  (1011—1062)  aus  Jever  (Tergast  Fig.  2),  '/30  Thaler 
Edzards  und  Johanns  von  Ostfriesland,  eine  Miinze  Ennos  II.,  Stuber  von 
Christian  Eberhard,  2  Oertchen  von  Georg  Albrecht,  2  Mariengroschen  von 
Karl  Edzard,  Emder  Stiiber  und  7  andere,  nichtostfriesische  Miinzen 
(Lohmeyer).  —  l/eo  Thaler  von  Edzard  und  Johann  1572,  V*  Stiiber  von 
Enno  III.,  gef.  hinter  dem  Amtsgericht  (Maurer  J.  Nortmann).  —  Stuber  von 
Enno  III.,  Stuber  Christian  Eberhards,  Stuber  Anton  Gunthers  von  Olden- 
burg (Laarmann).  —  Konvokationspfennig  der  Emder  Stadtverordneten 
mit  dem  Namen  B.  J.  Bakker  1838  (J.  de  Beer  jr.).  —  Wittenpfennig  des 
Emder  Propstes  und  Hauptlings  Jmelo  mit  bisher  unbekanntem  Typus, 
mit  einem  nach  links  schreitenden  L6wen  in  dreieckigem  Schilde,  gef. 
bei  Gro8S-Midlum.  —  2  Stuber  und  2  halbe  Stuber  Christian  Eberhards, 
2  halbe  Stuber  und  1  Oertchen  von  Georg  Albrecht,  >/t  Stuber  und 
1  Oertchen  von  Georg  Christian,  1  Oortje  von  Groningen  uod  2  nicht- 
ostfriesische Miinzen  (0.  G.  van  Senden).  —  Eine  Kupfermedaille  mit 
dem  Bilde  Georgs  V  und  dem  Welfenross  (J.  de  Beer  jr.).  —  2/a  Thaler 
von  Braunschweig  -  Liineburg  1834,  VioGute  Groschen  von  Braunschweig- 
Luneburg  1824,  Mariengroschen  von  Waldeck  1814,  Ssterreichisches  Drei- 
Kreuzer-Stiick  von  1847  (0.  G.  v.  Senden).  —  Emder  Stiiver  aus  dem 
XVII.  Jahrhundert  (Th.  Brons-Groothusen).  —  6  Miinzen  des  Norder  Miinz- 
fundes  vom  Mai  1900:  Silbermiinze  Udos  v.  Norden  und  5  Widzeld-Munzen, 
vgl.  o.  S.  327  und  329.  —  l/4  Stuber  Friedrichs  des  Grossen  v.  J.  1747 
und  1  Mariengroschen  v.  J.  1766  in  Gold,  nach  dem  Miinzstempel  D 
in  Aurich  gepragt.  —  61  Kupfermiinzen,  103  Silbermunzen  (darunter 
14  Thaler  mit  einem  Upstalsboom  -  Thaler)  und  »/»  en£l-  Pfund  in  Gold 
(Frau  verw.  Einnehmer  A.  A.  Weers  in  Emlichheim,  Tochter  des  1778 
gebornen  und  1836  gestorbenen  Beamten  an  der  ehem.  kgl.  preussischen 
Bank  in  Emden,  die  bis  1806  bestand,  Jan  Janssen  Brauer).  —  Zwei- 
mariengroschen  -  Stuck  von  1746  mit  dem  Miinzzeichen  J.  C.  G.  (=  J.  C. 
Gittermann).  —  2  Stiiberstiicke  von  Christian  Eberhard  (0.  G.  v.  Senden). 
—  3  Petschafte  (J.  de  Beer).  —  Bemalte  Leinwandtapete  aus  dem  Hause 
No.  10  am  Alten  Markte  (Buhr  &  Thiemens).  —  Relief-Portrat  von  Herm. 
Allmers  in  Bronze  (A.  Brons).  —  Herdplatte  mit  biblischer  Darstellung  (die 
K6nigin  v.  Saba  vor  Salomo?)  aus  dem  Hause  der  Elisabeth  von  Ungnad 
zu  Wolthusen  (Valk).  —  4  Steine  aus  dem  Fundament  des  alten  Neuen 
Thores  (C.  van  Jindelt;  Grosse  des  einen  32  :  15 :  7l/«  cm,  der  drei  andern 
30  :  14  :  6!/i  cm).  —  Grabstein  mit  den  Namen  Jan  v.  Dalen  und  Hilke 
Reiken  und  einer  Hausmarke.  —  2  Steine  von  der  alten  Burgmauer  bei 
der  Taubstummenanstalt;  Grosse  30  :  15  :  7  cm  (C.  v.  Jindelt). 


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—    626    — 


II.  BOcher,  Handschriften  und  Gemftlde. 


„Die   Denkmalpflege",   herausgegeben  von   Sarrazin  und  Hossfeld 
(vom  Ministerium  der  geistl.,  Unterrichts-  und  Medizinalangelegenheiten). 
—  Geek,  Die  Kanalreisen  des  Herrn  Fr.  Merkens;  Sommerfahrplan  Harwich- 
Hoek  van  Holland  1898   mit  hiibschen   Abbildungen    von   hollandischen 
Renaissance-Bauten,   z.  B.  dem  Fleischhause  in  Haarlem  (v.  J.  1602),  das 
an   Bremer   und   Emder   Bauten    erinnert   (v.   Rensen).   —    sSchlesische 
Staats-,  Kriegs-  und  Friedenszeitungen"  vom  20.  Januar  1751   mit   einem 
ausfuhrlichem  „  Avertissement  von  der  Kgl.  Preuss.  Asiatischen  Handlungs- 
Kompagnie  von  Emden  auf  China"  (seltener  Druck,  vgl.  Ring  S.  77  f.).  — 
Suffridus  Petrus  de  scriptoribus  Frisiae  .  .  .  Colon.  Agripp.  1593  (vgL  o. 
S.  388).  —  „Urteil   uber    das  Westendorpsche  FideicommiS  mit   wider- 
legenden  Anmerkungen  von  Habbo  J.  L.  Bluhm  als  Erben  des  Frhr.  E 
v.  Westendorph",   Aurich  1814  .  .    —  Mennenga,    ein  Wort  an,   fur  und 
wider  die  „oudgereformeerdena  Papste  in  der  Grafschaft  Bentheim,  Neuen- 
haus  1868.  —  N.  Steffens,  Mennenga  u.  Koppelmann,  ihre  Zeugnisse  gegen 
die  Altreformierten  naher  beleuchtet  und  beurteilt,  Neuenhaus  und  Bent- 
heim 1868.  —  Tenge,  Der  Jeversche  Deichverband.  —  Burgerbrief  fur  Abbe 
Hinrichs  v.  J.  1772  (Rentner  Hagen).  —  Portrat  der  1S65  95  Jahre  alt  ge- 
storbenen  Wwe.  Heumann  geb  Mennen  (Pergament),  Kupferstich  mit  dem 
Bilde  des  Erasmus  (?,  v.  Heuvel).  —  Tewes,  Die  Steingraber  der  Provinz 
Hannover,  Hannover  1898.   —  Verhandlungen   der  am   14.  Sept.  1898  in 
Emden   abgehaltenen   reformierten   Bezirkssynode    (Synodalvorstand).  — 
U.  Meyer,  Aus  meinem  Leben,  Emden  1898.   —  Theaterzettel  des  Hof- 
theaters  zu  Weimar  v.  J.  1791  mit  dem  Personenverzeichnis  von  Ifflands 
Jagern  (Agena-Schoonoort).  —  Aegidius  Hunnius,  Bestendige  Widerlegung 
des  vnwarhafften  Berichts  v.  d.  Streit  des  Heil.  Abendmals,   In  welchem 
etliche  Caluinische  Predicanten  zu  Embden  usw.,  Wittenberg  1596.  —  Die 
Jahresberichte  der  hiesigen  Handelskammer  (Schnedermann  jr.)   —  Fr. 
Eug.  Frhr.   v.  Seida  u.  Landensberg,    Denkbuch   der    franz.    Revolution, 
Meiningen  1818,  mit  zahlreichen  Kupfern  (v.  Heuvel).  —  Riemann,  Kleine 
Aufsatze  zur  Geschichte  Jeverlands  I,  Jever  1895;  II  Chronica  Jeverensis 
geschreuen  dorch  Eil.  Springer,  Jever  1896 ;  III  Mag.  Braunsdorfs  . . .  Nach- 
richten,  1896;   Zwei  Aufsatze  z.  Gesch.  d.  Jeverlands:  Der  Schakelhaver- 
berg,  Das  Marialauten  zu  Jever,  Oldenburg  1896;  Die  Getreuen  von  Jever ; 
Das  Klotschiessen,  ein  friesisches  Volkswettspiel  (vom  Verf.).   —   Photo- 
graphic des  verst.  Kommerzienr.  Reemtsma ;  Schulzeugnis  des  Verstorbenen 
v.  J.  1833,  ausgestellt  von  dem  Lehrer  Wilkens  in  Jemgum  ^mit  28  Bgoed- 
keuringsblijkena  =  Loben),  unter  Glas;  Diplom  fur  die  Erteilung  des  Titels 
Kommerzienrat  v.  J.  1868,  nebst  einem  kalligraphischen  Gluckwunsch  und 
einer  Bitte  um  Unterstiitzung ;  BBismark-Denkmal  f.  d.  deutsche  Volk*.  — 
G.A.v.Halem,  Gesch.  d.  Herzogt.  Oldenburg,  Bd.IIu.III,  Oldenburg  1796; 
Berichte  der  Handelskammer  in  Emden  1867  u.  1869;   8De  vermakelyke 


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—     527     — 

heidin",  Amsterdam  1823  (eine  Wahrsagungskunst)  und  4  andere  nicht- 
ostfriesische  Werke  (Schnedermann  jr.).  —  Ein  Schriftstuck,  unterzeichnet 
vom  Reichsminister  desHandels,  Duckwitz:  Antwort  auf  das  Gesuch  von 
Edmund  Sonne  in  Hannover  um  Anstellung  im  Handelsministerium  zu 
Frankfurt  1849  (Graefenhain-Hannover).  —  Handelskammerbericht  von  1875 
(Dreesmann  Penning).  —  Akten  von  1793  betr.  die  Ausschlotung  eines 
Grabens  bei  Dornumersiel  (A.  Jasper).  —  ^Scheepsbussenboek"  der  Klemen- 
tinerbruderschaft  (Belege  der  eingegangenen  Gelder  1818—1836)  aus  dem 
Nachlass  des  Senators  de  Pottere,  der  Mitglied  der  BrQderschaft  war; 
Akten  der  Armenarbeitsanstalt  1832/3  (Schnedermann  jr.).  —  Programm 
des  Emder  Gymnasiums  nebst  Beilage  1899  (Direktion  des  Gymnasiums). 

—  Handelskammerberichte  von  1871,  1877,  1878  (v.  Rensen).  —  Druck- 
sachen  und  Handschriften  aus  des  verst.  Kirchenrats  Vietor  Nachlass 
(Frau  Sanitatsratin  Dr.  Wychgram,  vgl.  o.  S.  364,  400  u.  401).  —  Hand- 
schriftliche  Genealogie  des  Haro  v.  Uiterstewehr  (s.  o.  S.  400  u.  410).  — 
Abschrift  eines  Aussteuer-Inventars  v.  J.  1 780  aus  Aurich-Oldendorf  (Rechts- 
anwalt  Muller-Aurich).  —  6  Dokumente  v.  1841—82  betr.  das  Haus  des 
Schiffszimmermeisters  v.  Jindelt,  Kl.  Osterstr.  37.  Schuldschein  v.  J.  1813 
fiber  1000  fi.,  die  Antje  Verlee  von  Sywet  Harms  Sywets  geliehen  hat,  in 
franz.  Sprache  (v.  Jindelt).  —  Drei  Ausschnitte  aus  dem  Jahresberichte 
fur  germanische  Philologie  XVI,  S.  321-338,  XVIII,  337—352,  XIX,  325—332, 
1895—7,  mit  einer  Uebersicht  iiber  die  in  d.  J.  1895—7  erschienene  friesische 
Litteratur  von  Dr.  0.  Bremer  in  Halle  (vom  Verfasser).  —  Lehrbrief  der 
Emder  Goldschmiedezunft  1797 ;  Attest  des  Berliner  arztlichen  Kollegiums 
fur  den  Chirurgen  Brian  1799  (J.  de  Beer  jr.).  —  Schwedische  Seekarte  von 
1783  (A.  Jasper).  —  Zwei  Stiftungsurkunden  der  Heringsfischerei  Harmonie 
in  Emden  1818  (Schnedermann  jr.).  —  Jllustrierter  Neujahrsgluckwunsch 
v.  J.  1828,  unterschrieben  von  Praal-Larrelt  (vom  Landw.  Praal  in  Larrelt). 

—  Handschriftlicher  Katechismus  mit  einigen  gedruckten  Seiten,  der  nach 
einer  fast  unleserlichen  Aufschrift  um  1780  Reinder  Wubbena  in  Larrelt 
gehort  hat,  mit  einem  einliegenden  Briefe  aus  Accum  vom  31.  Aug.  1774 
von  Hinderk  Huibers;  Beilage  zum  Grundriss  der  Stadt  Emden  mit  Be- 
zeichnung  der  Verwustungen  v.  1825  vom  cand.  jar.  Cramer  1827  (J.  de 
Beer  jr.).  —  Handbuch  fur  die  Provinz  Hannover  1898  (Klug).  —  Drei 
Burgerbriefe  fur  Peter  David  Buss  1777,  David  Albert  Wilken  1800,  Jan 
Peters  Buss  1808  (Frau  Wwe.  Wilken).  —  Peer  Gynt  von  Ibsen,  ins 
Niederdeutsche  iibertragen  von  B.  Brons,  Emden  1899.  —  Blok,  Geschiede- 
nis  van  het  Nederlandsche  Volk,  Band  IV,  Groningen  1899  (vom  Ver- 
fasser). —  Poetischer  Gliickwunsch  von  Emder  Frauen  zum  50jahrigen 
Jubil&um  des  reformierten  Predigers  Timen  Slot  1839,  in  holland.  Sprache 
(Klugj.  —  Jahresbericht  der  Handelskammer  1898  I.  —  Borchling,  Mittel- 
niederdeutsche  Handschriften  in  Norddeutschland  und  den  Niederlanden, 
Abdruck  aus  dem  Jahrbuch  des  Vereins  fur  niederdeutsche  Sprach- 
forschung  (vom  Verfasser).  —  Akten  von  1708—1790  betr.  einen  Prozess 
der  hiesigen  Mennoniten-Gemeinde  (s.  o.  S.  407);  10  Steuerzettel  der  Ge- 
meinde  von  1810—1815;  3  Zeitungsnummern:  Politisches  Journal  ftir  die 
Provinz  Ostfriesland,  Aurich  29./6.  1814,  12./3.  1815,  Bekanntmachungen, 


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—    528    — 

Anzeigen  und  Nachrichten  von  Emden  vom  28./6.  1814  (B.  Brons).  — 
v.  Rehdensche  Papiere  und  ein  Pergamentband  mit  Drucksachen  aus  deni 
Anfang  des  XVII.  Jahrh.  (s.  o.  S.  408  ft).  —  Handschriftliches  Gedicht  in 
holl.  Sprache:  Uittreksel  uit  mijne  lotgevallen  (Frl.  Piepersberg,  s.  o.  S.  412). 

—  Marinerund8chau  1899,  Heft  7,  mit  P.  Lupkes'  Sammlung  von  Sprich- 
wortern,  die  das  Meer  betreffen  (Lupkes\  —  Schiffscertifikat  vom  3  April 
1600  fur  das  60  Last  grosse  Schiff  „Ktinig  David*,  Schiffer  Lubbert  Willems. 
unterzeichnet  in  Emden  von  Graf  Enno  III.  (Frl.  M.  Mulder).  —  Kruse, 
Geschichte  des  Seebades  Norderney,  Norden  1899.  —  Die  „Woches  1899 
No  5  mit  einem  Artikel  von  Furbringer  uber  Emden  —  Deiter,  Nieder- 
deutsche  Gelegenheitsgedichte,  Beilage  zum  Programm  des  Auricher 
Gymnasiums  1899  (vom  Verf.).  —  Ein  mit  ausserordentlicher  Sorgfalt  vot\ 
Herrn  Bernh.  de  Vries  angefertigtes  Verzeichnis  der  Grabschriften  und 
Wappen  der  Neuen  Kirche  (B.  de  Vries).  —  Andrae,  Hausinschriften  aus 
Ostfriesland,  Sonderabdruck  aus  dem  ,  Globus"  1899  S.  384  ff.  (2  Exemplare, 
vom  Verfasser  Dr.  A.  Andrae  in  Weener).  —  Deiter,  Spottgedichte  auf  die 
Anh&nger  der  ostfr.  Furstenfamilie  1725,  Abdruck  aus  dem  Jahrbuch  d. 
V.  f.  niederd.  Sprachf.  XXIV  (vom  Verf.).  —  Babucke,  Geschichte  des 
Kolosseums,  Beilage  zum  Osterprogramm  des  Altstadtischen  Gymnasiums 
in  KSnigsberg  1899  (vom  Verf.).  —  Riemann,  Das  Jeverland    (vom  Verf.) 

—  Portr&t  des  stud,  theol.  Brawe  aus  Arle  mit  der  Aufschrift:  Miseri- 
cordia  tua  melior  est  quam  vita,  propterea  labia  mea  te  laudabunt 
P8.  LXIII  V.  4.  A.  Monsieur  Brawe  Studioso  Theologiae  Arrel  aetatis  sua* 
16 . .  (?)  Pinxit  anno  1711  .  .  (vom  cand.  rer.  techn.  Wilke  HeubultX  - 
Analysis  Logica  et  Rhetorica  Libri  Quarti  Aeneidos  P.  Virgilii  .  .  . 
studio  et  opera  Christiani  Friderici . . .  Sch.  Emd.  Rectoris  1656  .  .  Emdae 
typis  Joachimi  Mennonis  (M.  Schnedermann  jr.,  s.  o.  S.  420)  —  Burc 
Gotthelfii  Struvii  Juris  publici  prudentia,  Ed  II,  Jenae  1730;  CI.  Salmasii 
de  subscribendi8  et  signandis  testamentis,  item  de  antiquorum  et  hodier- 
norum  sigillorum  differentia  tractatus  contra  Des.  Heraldum,  Lugd.  Bat- 
ex  off.  EUev.  1653;  Aesop  u.  Phaedrus  v.  Burmann  (von  demselben).  — 
Schriften  des  Rennsteigvereins  zu  Hildburghausen,  Heft  2  ^v.  Oberlehrer 
Dr.  Hertel  in  Hildburgh.).  —  Verordnung  auf  die  Klage  des  Kaufmanns 
Dirk  Cornelius  Cremer. .  v.  J.  1817;  Steuerzettel  v  J.  1817  (D.  W.  Cremer 
in  Norden).  —  Lupkes,  SprichwSrter  und  sprichwortl.  Redensarten  uber 
Seewesen,  Marine-Rundschau,  Heft  8  u.  9,  1899  (vom  Verf.)  —  Portrat  von 
Pestalozzi  (v.  Frau  Wwe.  Harberts,  der  Mutter  des  verst  Dichters  Harbert 
Harberts).  —  Portr&t  des  Dichters  J.  G.  Seume  (von  seinem  Grossneffen, 
Papierfabrikanten  W.  Seume  in  Dresden).  —  Portrat  a  Lascos  (H.  Klug). 

—  Gedrucktes  Gedicht  auf  den  Prediger  Tymen  Slot  (v.  Wwe.  Andreesen). 

—  Riemann,  Das  Portal  der  Hofapotheke  zu  Jever  in  seinem  Verhaltnisse 
zur  Renaissancedecke  im  Schlosse  zu  Jever,  Jeversches  Wochenblatt  v. 
31.  Aug.,  3.,  6.,  10.  Sept.  1899  (vom  Verfasser).  —  Aufzeichnungen  des 
verst  Kirchenrats  Victor  (s.  o.  S.  401,  von  der  Tochter  des  Verstorbeneiu 
Frau  8anit§,tsrat  Dr.  Wychgram).  —  End  -  Urtheil  in  Sachen  Weil.  Herrn 
Edzarten,  Grafen  v.  Ostfriesland  gegen  weil.  Herrn  Johann  GrafTen  zu 
Oldenburg,  Druckschrift  aus  dem  Anfang  des  XVII.  Jahrhunderts.  —  Aus- 


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—    529    — 

schnitt  aus  dem  Ostfr.  Schulblatt  mit  einem  Auteatze  von  Wachter  liber 
das   Staatsarchiv    in   Aurich    (v.    Lehrer   Fr.   Sundermann    in   Norden). 

—  Almanach  f.  d.  Geschichte  der  Menschheit  1796  (Schnedermann  jr.).  — 
Gesellenbrief  der  Zimmermanns-,  Rademacher-,  Maler-  und  Glaser-Zunft 
zu  Marienhafe  v.  J.  1797  (W.  P.  Mulder).  —  Job.  Zach.  Hartmann,  de 
Vicariatu  Saxonico  per  Frisiam  Oriental  em  commentatio  succincta, 
Lips.  1711(?)  —  Cbroniicke  ende  waracbtige  Bescbryvinghe  van  Vriesland  . . 
door  Ockam  Scbarlensem  .  .  .  Joannem  Vlitarp  .  .  .  Andr.  Cornelium 
Stavriensem,  Leevvverden  1597  (s.  o.  S.  437).  —  Nabuys,  Thaler  commd- 
moratif  frapp6  a  Emden  1571  et  se  rapportant  aux  troubles  des  Pays-Pas 
(s.  o.  S.  437  f,  von  Herrn  Vorsterman  van  Oyen  in  Rijswijk).  —  Goree, 
de  Republiek  der  Hebreen,  III,  Amsterdam  1705  (Laarmann).  —  Schreib- 
beft  der  Maeyke  Jansen  Bauman  in  Emden  1754/6;  Fr.  Arends,  Phys.  Ge- 
scbichte  der  Nordseekiiste;  Friedrichs  d.  Gr.  hinterlassene  Werke  1788, 
Bd.  1,  2,  4—10,  12,  13,  15  (Schnedermann  jr.).  —  Ein  holland.  Seeatlas 
(Zeevakkel)  in  2  Bden.  v.  CI.  J.  Voogt,  Amst,,  Hulst  v.  Keulen,  1788/1789. 

-  Emder  Kirchenzettel  von  1849  (Schnedermann  jr.).  —  E.  Gramberg, 
Das  Jeverland  unter  dem  Drosten  Boynck  v.  Oldersum  in  d.  J.  1627-1540, 
Diss.  Marburg  1898.  —  Einladungskarten  und  and  ere  Papiere  zur  Ein- 
weihung  der  Hannoverschen  Westbahn  1856  (Klug).  —  XIII.  Jahresbericht 
des  hist.  Vereins  fur  die  Grafschaft  Ravensberg  in  Bielefeld  mit  einem 
Aufsatz  von  Wilbrand :  Weitere  Untersuchungen  fiber  das  Munzwesen  der 
Grafen  von  Ravensberg  (Tergast).  —  Festschrift  zur  Feier  der  ErSffnung 
des  Dortmund-Em8-Kanals  (Senat.  Metger).  —  Ein  zweites  Exemplar  der 
Festschrift  (Magistrat).  —  v.  Hedemann,  Inhalt  des  offentl.  Archivs  der 
Familie  v.  Hedemann  gen.  v.  Heespen  zu  Deutsch-Nienhof  (s.  o.  S.  461).  — 
Hottenroth,  Deutsche  Volkstrachten  vom  XVI.  Jahrh.  an  bis  um  die  Mitte 
des  XIX.  Jahrh.,  Bd.  II :  Volkstrachten  aus  West-  und  Nordwest-Deutsch- 
land,  Frankfurt  a./M.  1900.  —  4  Blatter  aus  dem  Prachtwerk  von  Kall- 
morgen:  Ins  Land  der  Mitternachtsonne  (Haynel).  —  Guyot,  Groningue 
Lieu  de  Refuge,  Gron.  1892,  2  Hefte  (s.  o.  S.  466,  v.  P.  Medenwald).  — 
Sperling,  Herzog  Albrecht  der  Beherzte  von  Sachsen  als  Gubernator  von 
Friesland,  Progr.  d.  Kgl.  Gymn.  z.  Leipzig  1892.  —  Vogel,  Landl.  Ansied- 
lungen  der  Niederlander  und  anderer  deutschen  Stamme  in  Nord-  und 
Mitteldeutschland  wahrend  des  XII.  und  XHI.  Jahrh.,  Progr.  d.  Kgl.  Real- 
gymnasiums  zu  Ddbeln  1897.  —  Wossidlo,  Mecklenburgische  Volks- 
uberlieferungen,  Bd.  II,  Teil  1,  1899.  —  Baasch,  Beitrage  zur  Geschichte 
des  deutschen  Seeschiffsbaues  und  der  deutschen  Schiffsbaupolitik,  Ham- 
burg 1899.  —  Bild  der  Mutter  Seumes  (vom  Grossneffen  des  Dichters,  W. 
Seume  in  Dresden,  s.  o.  S.  463).  —  Friesch  Lieteboeck  ...  v.  J.  v.  Loon  . . . 
en  M.  de  Boer,  op'e  nij  bewirke  ...  v.  T.  E.  Halbertsma  en  W.  Faber, 
Leeuwarden  1899  (B.  Brons)  —  Groningsche  Volksalmanak  voor  h.  j.  1900. 
—  Schlie,  Die  Kunst-  und  Geschichtsdenkmaler  des  Grossherzogtums 
Mecklenburg,  Bd.  HI.  —  de  Jonge,  Geschiedenis  van  het  Nederlandsche 
zeewezen,  2  druk,  Haarlem  1858-62,  6  Bde.  —  Portrat  eines  funfjahrigen 
Knaben  v.  d.  Emder  Maler  G.  Ruys  1720  (Bauunternehmer  Theilen  jr.).  — 
Inventaris  van   het  Familie-Archief  van   het   geslacht   van   Ewsum  be- 

Jahrbuch  dor  Gesollsch.  f.  b.  K.  a.  vaterl.  AltortOmor  za  Em  don,  Bd.  XIV.  34 


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—    630     — 

rustende  in  het  Rijksarchief  te  Groningen,  Abdruck  aus  dem  Bericht  fiber 
das  Reichsarchiv  zu  Groningen  1896,  's  Gravenhage  1899  (Reichsarchivar 
J.  A.  Feith  in  Groningen).  —  Ursprung  des  Vierzigerkollegiuras  in  Emden, 
Emden,  Wenthin,  1786;  Wiarda,  Bruchstucke  zur  Topographic  von  Aurich, 
Emden  1835;  Friedlaender,  Westfalische  Hausmarken  (aus  der  Zeitschrift 
des  westf&lischen  Altertumsvereins  zu  Munster  1873);  Verhandlungen  der 
08tfrie8.  St&nde  die  in  Ostfriesland  anzulegenden  Verbindungs-Tiefe  betr., 
Emden  1821;  Edzards,  Friesisches  Jahrbuch  1867  (Schnedermann  jr.).  — 
Evangelium  des  Mattheus  ins  Landfriesische  ubersetzt  von  J.H.Halbertsma, 
Verlag  der  British  and  foreign  Bible  Society,  London  1884  (B.  Brons).  — 
Brief  von  Th.  Fontane  vom  29.  Juli  1894  (J.  de  Beer,  vgl.  o.  S.  468).  — 
Rembert,  Die  Wiedertaufer  im  Herzogtum  Jiilich,  Berlin  1899.  —  Folio- 
blatt  mit  kalligraphischen  Uebungen  (Maler  P.  Meyer).  —  Oud-Holland  XVII, 
3.  Lieferung,  mit  einem  Aufsatze  von  Hofstede  de  Groot,  Kritische  op- 
merkingen  omtrent  eenige  schilderijen  in's  Rijksmuseum  (a.  o.  S.  468,  v. 
Herrn  Starcke-Melle).  —  Hattink,  Geslachtslijst  van  Laer  1893  (v.  demselb.). 
—  '8  Waerelts  gezegende.Heyland  ....  voorgestelt  in  een  geestelijk  ge- 
sprek  tusschen  een  gelovig  vrager  uit  de  oude  kerk  .  .  .  T'  Emden  Ge- 
druckt  by  H.  van  Senden  en  L  Blanck,  Boekdruckers  en  Boek-verkoopers 
deeser  Stadt  1730,  4  Bl.  in  4°;  oben  in  den  Ecken  der  Seiten  stehen  ge- 
8chriebene  Zahlen  123—126;  als  Verfasser  nennt  sich  am  Schluss:  A: 
Alberthoma  geboren  ILBERI  (?,  geschenkt  von  Vorsterman  v.  Oyen  in 
Rijswijk).  —  Visitenkarte  des  Emder  Malers  J.  A.  Grunefeld  1822,  der  sich 
„  alien  honnetten  Familien*  zum  Unterricht  im  Zeichnen  und  Malen 
empfiehlt  (Schnedermann  jr.).  —  Uebersicht  uber  die  Verkehrsverhaltnisse 
des  Hafens  zu  Emden  i.  J.  1899,  herausgeg.  vom  Hafenamt,  Emden  1900 
(Herrmann).  —  Papiere  aus  dem  Nachlasse  des  Burgermeisters  H.  B. 
Penborg  (vgl.  o.  S.  475,  v.  Herrn  J.  de  Beer  jr.).  —  Schwerdtfeger,  Die 
Heimat  der  Homanen  (Jndogermanen),  Cruttinnen  1896—1898,  4  Hefte 
(vom  Verfasser,  Forstmeister  Schwerdtfeger  in  Friedeburg).  —  Bibliotheca 
historica-neerlandica  1899,  Catalogue  g£n£ral  1899  (herausgegeben  und 
geschenkt  von  der  Firma  Martinus  Nijhoff  im  Haag).  —  Pergament-Bulle 
des  Papstes  Innocenz  VHI  v.  3.  Marz  1491,  in  der  den  weiblichen  An- 
gehorigen  der  Benediktinerkldster  Clara  aqua  (Klaarwater  bei  Hattem  in 
Gelderland)  und  Syloe  (Selwerd  b.  Groningen)  der  Fleischgenuss  veratattet 
wird  (G.  R.  Friedlaender).  —  Klein  onderwijs  in  de  Arithmetica  .  .  . 
door  Gysb.  Anhalt,  .  .  .  Nagezien  door  Samuel  Gunther,  Schoolmeester  in 
Emden,  15de  druck,  Emden  1822,  Woortman  jr. ;  Brandordnung  d.  St. 
Emden  .  .  .  gedr.  bey  Cornelius  Blanck  .  .  .  1693;  Ordonnantie  waar  na 
men  zig  by  tijd  van  Brand  zal  hebben  te  reguleeren,  v.  12.  Febr.  1729; 
Vernieuwde  Brand  -  Ordonnantie  voor  de  St.  Emden  d.  d.  16  Maart  1803 
Gedr.  ...  by  C.  Wenthin  (J.  de  Beer  jr.).  —  Eckernf6rder  Zeitungen  v. 
1899  mit  Berichten  uber  die  Jubil&umsfeier  der  Schlacht  bei  EckernfSrde 
1849  (Gr&fenhain-Hannover).  —  Feith,  Register  van  het  archief  van  Gro- 
ningen 1853—1866  (8  Bde.).  —  Brieven  uit  het  archief  van  den  kerkeraad 
te  Emden  1561—1591,  uitg.  door  .  .  .  Janssen  en  ...  v.  Toorenenbergen 
(Werke   der  Marnix  -  Vereeniging),   Utrecht  1877.   —   Stukken   betr.   de 


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-     531    — 

diaconie  der  vreemdelingen  te  Emden  1660—76  uitg.  door  van  Toorenen- 
bergen,  Utrecht  1876.  —  2  brieven  van  Ger.  torn  Camp  betr.  eenige 
Hervormingsgezinden  uit  de  16  eeuw  in  Oost-Friesland  en  Groningen  (an 
Hardenberg  in  Bremen  1660-1560),  medegedeeld  dor  H.  0.  Feith,  Amsterd.  1859 
(Au8schnitt  aus  einer  holl&ndischen  kirchengeschichtlichen  Zeitschrift).  — 
Hofstede  de  Groot,  Honderd  jaren  uit  de  geschiedenis  der  Hervorming  in 
de  Nederlanden  1518—1619,  Leiden  1883.  —  Emder  Almanach  von  1789 
(cand.  pharm.  Hippen).  —  Emder  Almanach  v.  1815  mit  Eintragungen  des 
spateren  Auktionators  van  Mark  aus  Weener,  der  den  Feldzug  nach 
Frankreich  mitmachte  (J.  de  Beer  jr.).  —  Programm  der  HShern  M&dchen- 
schule  zu  Ostern  1900  (Dir.  Zwitzers).  —  10  Tafeln  des  Abdrucks  der 
Rathaus-Aufnahmen  durch  den  Stadtbaufuhrer  Schultz  (Magistrat  durch 
Vermittlung  des  Burgervorstehers  Hrn.  Herrmann).  —  Zoll-Quittung  aus 
der  franz6sischen  Zeit  fur  Willem  Boekhof  in  Bonda  v.  J.  1810  (A.  Jasper). 

—  2  photogr.  Ansichten  des  Innern  der  ehem.  franz.  Kirche ;  2  Pastellbilder 
des  franz.  Praefekten  Jeanneau  und  seiner  Frau  (von  den  Erben  des 
verstorbenen  Pastors  Pleines).  —  Die  neusten  Messtischblatter  fur  Ost- 
friesland.  —  Bekanntmachungen  und  Anzeigen  fur  Emden,  II.  Jahrg.,  1813 
(Th.  Hahn).  —  Schriftdruck  des  Kupferstiches  von  Prof.  Hans  Meyer  nach 
dem  von  Prof.  Friedr.  Gesellschap  in  der  Ruhmeshalle  in  Berlin  aus- 
gefiihrten  Wandgemalde  „Der  Friede"  (Ministerium  der  geistl.,  Unterr.-  u. 
Medizinal-Angelegenheiten).  —  Berge>,  Ueberseeische  Handelsbestrebungen 
und  koloniale  Plane  unter  Friedrich  d.  Gr.,  Leipzig  1899.  —  Flath,  Der 
Kaufmann  als  Examinator  und  Examinand,   Darmstadt  1859  (Th.  Hahn). 

—  Wunderbare  Schicksale  des  Martin  Speelhoven,  eines  Kaufmanns  .  .  . 
in  Emden  verstorben,  .  .  .  bearbeitet  von  Schlager,  Hannover  1858  (s.  o. 
S.  487).  —  Hazelius,  Bilder  aus  dem  Museum  Skansen  in  Stockholm  (vom 
Verfasser,  dem  Grander  und  Direktor  des  Museums).  —  Korte  Bekendte- 
nisse  ...  der  Gemeinde  Gades  to  Emden,  Bremen  1594;  eine  hebr&ische 
Pergamentrolle  mit  dem  Buche  Esther,  das  in  israelitischen  Hausern  am 
Hamansfeste  vorgelesen  wird  (J.  de  Beer  jr.).  —  Bild  des  Auricher  General- 
superindententen  G.  J.  Coners  v.  J.  1796  (Lohmeyer).  —  8Upstalsb6ma, 
Gedicht  des  Forstmeisters  Richnow  in  Aurich  zum  11.  Mai  1900.  —  E.  v. 
Rodiczky,  Friesland  u.  Holland  (ohne  Ort  und  Jahr).  —  Lupkes,  Das  Meer 
und  die  Verh&ltnisse  des  Meeres  im  ostfries.  Volksmunde,  Norden  1900 
(vom  Verfasser  in  mehreren  Exemplaren).  —  Urkunden  der  Mennoniten- 
gemeinde  von  1621—1660  (s.  o.  S.  489).  —  Katalog  der  Dresdener  Gem&lde- 
sammlung  (Laarmann).  —  Nieberg,  Niebergscher  Stammbaum,  K51n  1892 
(vom  Verf.,  Dr.  med.  Nieberg  in  Berge).  —  Wachter,  Das  Staatsarchiv  in 
Aurich,  n,  aus  dem  Ostfries.  Schulblatt  v.  1.  Juni  1900  (vom  Verf.).  —  Die 
dem  Hansischen  Geschichtsverein  und  dem  V.  f.  niederd.  Sprachforschung 
Pfingsten  1900  dargebrachte  Gottinger  Festschrift  (Borchling).  —  5  Bleistift- 
zeichnungen  von  ostfries.  Oertlichkeiten  aus  d.  J.  1618—1620  (s.  o.  S.  491, 
gesch.  v.  Major  a  D.  v.  Fromm  in  Meiningen).  —  Ein  Heft  mit  ostfriesischen 
Verordnungen :  1)  2  Publikationen  Georg  Albrechts  wegen  der  extra- 
ordin&ren  Kopfschatzung  v.  25.  u.  26.  Juni  1719,  2)  Publ.  Georg  Albrechts 
betr.  Feyrung  des  Oster-Festes  Anno  1724  v.  23.  Nov.  1723,   3)  betr.  Pest 

34* 


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—     632     — 

y.  12.  Sept.  1711,  4)  3  Publ.  Georg  Albrechte  wegen  des  Vorschusses  an 

die  Landtschafft  v.  18.  May,  24.  Junii,  9.  Okt  1719  und  andere  Verfugungen 

Georg  Albrechts.  —  Ein  Heft  mit  Verordnungen  wegen  der  Pest:  1)  Pest- 

Consilium  .  .  .  denen  Eingesessenen  des  Fiirstent.  Ost-Friesland  auf  hoch- 

fUrstl.  Befehl  zum  Druck  befSrdert  (ohne  Jahr),   2)  Verfugung  betr.  Pest 

v.  28.  Aug.  1712,   3)  Instruktion,   wonach   sich   die   ...  Aufseher  wegen 

ankommender  Persohnen  und  Guter  zu  verhalten  haben  (o.  J.).  —  Staata- 

handbuch   der   Prov.  Hannover   1899   (Klug).    —    Amneus,    La   ville  de 

Cristiania,    son  commerce    etc.,    1900     (B.    Brons).   —   Calisch,    Nieder- 

landisches  WSrterbuch,  2  Bde.  —  v.  Wicht,  Ostfriesisches  Landrecht  1746 

(B.  Brons).  —  Wychgram,  Drainageanlagen  in  Nordwestdeutschland  und 

Groningerland  (Dreesmann Penning).  —  Weyerman,  De  Lebensbeschryvingen 

der  nederlandsche   Konstschilders,  III,  1729.  —  Abbildungen  der  Reliefs 

aus  dem  wurttembergischen   Schlosse    Rosenstein   (Sparkassen-Rendant 

Neupert-Aurich).  —  Bley,  Karte  der  ostfriesischen  Fehne  1789  (Superint. 

Gossel-Marienhafe).  —  Eine  westfriesische  Schrift  uber  die  FSrderung  des 

Unterricht8   in  der  friesischen  Sprache   (B.  Brons).  —  Photographic  der 

Burgruine  zu   Grimersum  v.  20.  Juli  1900  (Schwalbe).  —  Hansische  Ge- 

schichtsblatter  1899.  —  Lehrbrief  v.  1799,  Burgerbrief  v.  21.  Dez.  1810  mit 

einem  Eid  auf  den  Kaiser  der  Franzosen  und  die  Stadt  Emden  fur  den 

Schuhmacher  Dirk  Frerichs,  Lehrschein  von  1843,  Dispensation  vom  ,Atis- 

haltena    der   vorschriftsmassigen   Wanderjahre    fur    den    Schuhmacher- 

gesellen  G.  D.  Spanhoff  (Schmiedemeister  Steinhauer).  —  G.  W.  Lantzius, 

Abschriften  von  teilweise  verlorenen  Urkunden  aus  dem  Beninga-Archiv 

zu  Grimersum  (s.  o.  S.  601,  Lantzius-Beninga-Kassel).  —  Borchling,  Zweiter 

Reisebericht  uber  mittelniederdeutsche  Handschriften  in  Skandinavien  etc. 

(8.  o.  S.  520,  vom  Verf.).  —  Articulen  ende  Statuten  v.  d.  Clementiner  of 

Schipper  Broderschup,  Embden  1756  (Rentier  J.  E.  Hagen).  —  W.  Ubbelohde, 

Lieder  und  Bilder  zu  Lande  und  zur  See  von  einem  deutschen  Matrosen, 

Hannover   1848  (der  Verfasser  war  Steuermann   auf  dem  Emder  Schiffe 

BAmicitia",  Kapt.  Wilms  Mennen,  und  spater  Dispacheur  in  Sudamerika; 

das  erste  Gedicht  ist  Emden  zur  Eroffnung  der  Schleuse  1848  gewidmet; 

geschenkt  von  B.  Brons  jr.).  —  Ein  Bundel  mit  wertvollen  Drucksachen: 

23  Emder  Stadt-Ordonnanzen   aus   dem   XVH.  u.   XVHI.   Jahrh.,    einem 

Geusen-Liederbuch,  Utrecht  1683,  usw.,  aus  der  Familie  Mulder,    welcher 

der  Verfasser  des  Buches :  Die  Diakonie  der  Fremdlingen-Armen,   Emden 

1858,  J.  Mulder  jr.,  angehSrte  (Frl.  Theda  Feldkamp).   —  Bar,  Geschichte 

des  Kgl.  Staatsarchives  in  Hannover;   Bar,  Uebersicht  uber  die  Bestande 

des  Kgl.  Staatsarchives  zu  Hannover,  Berlin  1900.  —  Papiere    aus  der 

Familie  Deteleff  v.  J.  1766   (Testament  der  Regierungs-  und  Konsistorial- 

Ratin  Bauwke  Arens   geb.  Terborg   zu   Aurich,    in   dem  Mitglieder   der 

Familien  Hillingh,  Adami,    Kettler,  Deteleff  bedacht  werden),  1767,   1769, 

1770  (mit  2  Briefen  des  Advocatus  Fisci  Homfeld  an  den  Auscultator  Peter 

Deteleff),  1770,  1818,   1827,   1834,  1861  (Dreesmann  Penning).  —  H.  Meder, 

De  openl.  Kerk-Leer  d.  Ev.-Geref.  Gemeente  in  Emden,  3  Bde.  (Medenwald). 

—  Alte   hollandische   Abschrift   des  Hagischen  Accordes  zwischen  Graf 

Enno  HI   und   der   Stadt   Emden  vom  8.  April  1603  (A.  A.  Vorsterman 


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-    533    — 

v.  Oyen-Rijswijk).  —  Ldpkes,  Seemannsspruche,  Berlin  1900  (v.  Verfasser). 

—  Au8schnitt  aus  den  Mitteilungen  aus  der  historischen  Litteratur, 
XXVTTT,  Band,  mit  Anzeige  unseres  Jahrbuchs  XIII  (vom  Verleger,  Gaertner 
in  Berlin).  —  Sammlung  von  Visitenkarten  und  Familien-Anzeigen  1817 
bis  1831;  Einladung  zur  Feier  des  25j§,hrigen  Bestehens  der  Verfassung 
der  Stadt  Emden  im  Klub  zum  guten  Endzweck  v.  J.  1843  fur  den  Syndi- 
kus  de  Pottere  (Schnedermann  jr.).  —  Einige  Nummern  der  „Bekannt- 
machungen,  Anzeigen  und  Nachrichten  von  Ostfriesland"  1812  und  der 
Ostfries  Zeitung  1832  (von  demselben).  —  G.  v.  Bezold,  Die  Baukunst  der 
Renaissance  in  Deutschland,  Holland,  Belgien  und  Danemark,  Stuttgart 
1900.  —  Zeitschrift  f.  historische  Waffenkunde,  Bd.  II,  Heft  4,  Dresden 
1900,  mit  einem  Aufsatz  v.  W.  Boeheim,  Direktor  der  kunsthistorischen 
Sammlungen  des  kaiserl.  Hauses  zu  Wien,  fiber  die  Emder  Riistkammer 
(Fiirbringer).  —  Noldeke,  Lebenserinnerungen  II  (B.  Brons ;  N.  war  Lehrer 
am  Gymnasium  zu  Emden).  —  3  interessante  Briefe  und  1  Postkarte  des 
am  1.  November  1900  gest.  Waffenforschers  W.  Boeheim  an  Herrn  Starcke 
wegen  der  Emder  Riistkammer,  vom  28.  Febr.,  21.  Marz,  20.  April  und 
10.  April  1883  (Starcke).  —  Jahresbericht  der  Handelskammer  f.  0.  u.  P. 
f.  d.  J.  1899,  II.  Teil,  Leer  1900  (Herrmann).  —  2  Nummern  des  Ostfr. 
Volksboten  vom  18.  u.  20.  Sept.  1852  (Bertram).  —  Abdruck  des  Gilde- 
briefes  der  Emder  Schiffergilde  v.  J.  1820  (Fr.  Brons).  —  Facsimilie  eines 
Briefes  von  Schiller  v.  6.  Nov.  1780  (Frl.  M.  v.  Axen).  —  Photographic 
einer  Glasscheibe  aus  unserer  Sammlung  mit  dem  Namen  der  Wylmtyen 
Stipel  1610  (Lohmeyer).  —  Winkler,  Studien  in  nederlandsche  Namen- 
kunde,  Haarlem  o.  J.  (v.  Verfasser).  —  2  Lehrbriefe  der  Kr&merzunft  v. 
J.  1829  fur  Tetje  Albers  van  Ems  und  Anna  Weerts  Boekhoff,  die  bei 
dem  Ellenwaarenhandler  Weert  J.  Boekhoff  in  Emden  „ linger  als  4  Jahre 
im  Laden  gestanden  und  die  Handlung  in  Ellenwaaren  gehorig  erlernt 
haben",  unterschrieben  von  Kettler  als  Zunftpatron  und  L.  v.  Ameren  als 
Prases;  Biirgerbrief  fur  Weert  Boekhoff  v.  J.  1798;  Vernieuwde  Brand- 
Ordonnantie  voor  de  Stad  Embden,  Gepubliceerd  den  10  Maertl733,  Emden, 
Wenthin  (Poelders).  —  Gemalde  von  Fr.  Brauer,  In  den  Diinen  (zugef alien 
bei  der  Verloosung  des  Hannoverschen  Kunstvereins).  —  Eine  Nummer 
des  „Daheimsa  mit  Abbildung  von  2  Denkmunzen  der  Emder  asiatischen 
Kompagnie  (Schwalbe).  —  Hannoverscher  Anzeiger  vom  2.  Dez.  1900  mit 
einem  Aufsatz  iiber  die  ostfriesischen  Sturmfluten  (Grafenhain-Hannover). 

—  Klinkenborg,  Das  Privilegium  Lothars  v.  Supplinburg  ftir  das  Augustiner- 
stift  Riechenberg  bei  Goslar  (v.  Verf.,  aus  der  Zeitschr.  d.  histor.  Vereins 
fiir  Niedersachsen  1899).  —  Groningsche  Volksalmanak  f.  1901.  —  Zwei 
wahrscheinlich  aus  Emden  stammende  gedruckte  Kirchenzettel  aus  dem 
Anfange  des  XIX.  Jahrh.,  betitelt:  Voorbiddingen  der  Gemeente,  Dank- 
zeggingen  der  Gemeente  (H.  Geelvink).  —  Bericht  iiber  die  Verhandlungen 
der  12.  Bezirks-Synode  des  I.  Synodalbezirks  der  evang.-  reform.  Kirche  der 
Provinz  Hannover  am  12.  Sept.  1900,  als  Manuskript  gedruckt,  Leer  1900 
(Synodal-Vorstand).  —  Nieuwe  kaart  van  het  ankomen  van  der  Ooster 
en  Wester  Eemze  en  van  het  Hommegat  benevens  het  Vaarwater  na 
Emden   en   Delfzijl    opgesteld   door   Luitjes  Ruil,   Thomas  Douwes  van 


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-     634    — 

Kammenga  en  Jacob  Pieter  deVries  te  Embden  Ao.  1797.  Te  Amsterdam 
bij  G.  Hulst  van  Keulen1)  (v.  Frese-Hinte).  —  Grafliche  Verordnung  zu 
Gansten  der  Emder  Leineweber  v.  1581  mit  Neueinsch&rfung  yon  1691, 
Pergament-Urkunde  (ViStor-Hinte).  —  Het  Nieuwe  Testament  .  .  .  Jn 
Nederduytsch  na  der  Grieckscher  Waerheyt  ouergesett.  Nu  wederom 
ouersien  ende  verbetert.  Ghedruckt  by  lenaert  der  kinderen  Anno  1567 
(wahrscheinlich  ein  alter  Emder  Dnick).  —  Messtischblatt  No.  1109, 
Neustadt-Gddens.  —  Riemann,  Das  Interim  und  die  Herrschaft  Jever, 
Abdruck  aus  der  Zeitschrift  der  Gesellschaft  f.  niedersachsische  Kirchen- 
geschichte  1900;  derselbe,  Verzeichnis  der  Jeverland  betr.  Handschriften 
und  Drucke  des  Mariengymnasiums  in  Jever,  Jever  1899;  derselbe, 
Wangeroog  (v.  Verf.).  —  Statuten  der  Schiffergesellschaft  .Verbruderung* 
(Laarmann).  —  Landtagsprotokolle  der  Ostfriesischen  Landschaft  von 
1864—1900  (Klug).  —  G.  und  Th.  Peltman  Opera  Juridica,  ed.  J.  J.  van 
Hasselt,  Arnhem  1764—69,  7  Teile  in  3  Folio-Banden.  —  Biblia  Ectypa, 
Bildnussen  auf  die  heilige  Schrift  .  .  .  von  Christopb  Weigel,  Kupfer- 
stecher  in  Augsburg,  1695  (Frl.  E.  v.  Dohlen).  —  Siebs,  Geschichte  der 
friesischen  Sprache  (aus  Pauls  Grundriss  der  germanischen  Philologie, 
2.  Aufl.,  Bd.  2,  Strassburg  1901,  S.  1161—1464  (v.  Verfasser).  —  Photo- 
graphic der  v.  Freseschen  Monstranz  in  Groningen  nebst  Negativ-Platte.  — 
Abschrift  des  Leges  et  Acta  Coetus  Leerani  (1583 — 1591)  von  der  Hand 
des  Dr.  Mflhlmann  aus  dem  Nachlass  des  Kirchenrats  Vietor  (Vietor- 
Hinte).  —  Zwei  Photographien  des  verst.  Dr.  Peterssen  in  Berum  (Schelten- 
Peterssen-Koblenz). 


Reehensehaftsberieht 

tiber  den  finanziellen  Stand  der  Gesellschaft  fur  die  Zeit  vom  1.  Mai  1899 

bis  zum  30.  April  1902. 

Erstattet  von  dem  zeitigen  Rechnungsfuhrer  P.  van  RenseiL 


I.  Einnahme. 

1.  BeitrEge  der  Mitglieder  in  der  StadtEmden  1899/1900  JC  1020.— 

1900/01    „    1074.— 
1901/02   ,    1146.- 

JC  8240.- 
2.  BeitrEge  von  auswartigen  Mitgliedern  .  1899/1900  JC    486.— 

1900/01    „     492.- 
1901/02   „     492.- 

JC  1470.- 


zu  tibertragen:  JC  4710.— 


')  Ueber  dioso  mid  andore  Karten  von  Hulst  v.  Keulen  vgl.  Oltmanns  m  der  Ostfr.  Monats- 
schrift  1817,  S.  5,  und  Reinhold  u.  Oltmanns,  Der  deutscho  Handelskanal,  Leer  1817,  S.  238). 


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—    535    — 

Uebertrag:  JL  4710.- 
8.  Beihtilfe  der  Ostfriesischen  Landschaft 

zu  Aurich 1899/1900  JL  1600.—') 

1900/01    ,    1000.— 
1901/02   ,    1000.— 

JL  3500.- 

4.  Beihiilfe  aus  der  Provinzial-Hauptkasse 

in  Hannover       ....  1899/1900  JL    550.— 

1900/01    „     550  — 
1901/02   ,     550.- 

JL  1650.— 

5.  Zinsen 1899/1900  JL       6.68 

1900/01    ,       11.72 
1901/02  ,       21.22 

JL      40.12 

6.  Vermischte  Einnahmen  ....  1899/1900  JL    154.90 

1900/01    „       — .- 
1901/02   ,       — .— 

JL    154.90 

ganze  Einnahme  JL  10055.02 

II.  Ausgabe. 

1.  Zinsen  fur  Schuldkapitalien    .  .  1899/1900  JL    252.— 

1900/01   „     240.- 
1901/02   ,     228.— 

JL    720.— 

2.  Fur  Schuldentilgung        ....  1899/1900  JL    800.— 

1900/01   ,     800.- 
1901/02   ,     800.— 

JL    900.— 
8.  Lasten,  Abgaben,  Vereicherungspramien  1899/1900  JL    858.94 

1900/01    „     298.59 
1901/02  ,     828.92 

JL    981.45 

4.  Reparaturkosten  der  Gebaude  .  1899/1900  JL     91.20 

1900/01    ,     882.27 
1901/02   ,     155.66 

JL    629.18 

5.  Fur  die  Bibliotbek 1899/1900  JL    828.18 

1900/01    „     851.76 
1901/02   ,     884.78 

JL  1009.67 

zu  Qbertragen :  JL  4240.25 


■)  Daruntei  500  JC  Wr  die  Erhaltung  des  Giebels  am  Delft  No.  24. 


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—     536     — 

Uebertrag :  JL  4240.25 

6.  Far  die  Munzsammlung  ....  1899/1900  JC    183. — 

1900/01    ,     512.95 
1901/02    ,     250.- 

JL    950.95 

7.  Fur  die  Gemaldesammlung    .        .        .   1899/1900  .4L      22.05 

1900/01    ,       -.- 
1901/02    ,      125.- 

JL    147.05 

8.  Fur  die  Altertumssammlung         .        .  1899/1900  JC       7.20 

1900/01    „     119.10 
1901/02    ,     484.59 

JC    610.89 

9.  Fur  Mobilien  und  Utensilien  .  .  1899/1900  JL      89.02 

1900/01   ,       56.— 
1901/02   ,       10.60 

JL    115.62 

10.  Beitrage  an  Gesellschaften  fur  Kunst 

und  Wissenschaft     .  .  1899/1900  JL      58.50 

1900/01    ,       15.- 
1901/02    »       51.- 

«€    104.50 

11.  Verwaltungskosten  .  .  1899/1900  JL    202.96 

1900/01    „       76.05 
1901/02   ,       45.45 

M     532.44 

12.  Fur  Beleuchtung 1899/1900  JL      72.46 

1900/01    „       80.20 
1901/02   „       86.42 

etf    259.08 
15.  Fur  die  Besoldung  des  Hauswarts  nebst 

Heizung 1899/1900  JL     285.— 

1900/01    „     550.- 
1901/02   ,     550.- 

JL    985.- 

14.  Druckkosten  nebst  Buchbinderlohn      .  1899/1900  JL    868.57 

Druckkosten  ftir  1901/02  noch  nicht  bezahlt ,       — .— 

JL    868.57 

15.  Vermischte  Ausgaben     ....  1899/1900  JL  1026.74 

1900/01    „       26.74 
1901/02   ,       94.54 

<4L  1147.82 

ganze  Ausgabe  JC  9755.97 


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—     537     — 
III.  Vergleiohung  der  Einnahme  und  Ausgabe. 

Die  Einnahme  betrug  in  den  drei  Rechnungsjahren        .        .     JL  10055.02 
Die  Ausgabe  dagegen  (ohne  Druckkosten  far  1901/02)    .       .      »     9253.97 

also  Ueberschuss  JL     801.05 


IV.  Sohulden. 

Die  Schulden  betrugen  am  1.  Mai  1899 JL  5291.85 

Dagegen  am  1.  Mai  1902 ,    4090.80 

also  verminderten  dieselben  sich  um  JL  1201.05 

Hierbei  sind  die  noch  unbezahlten  Druckkosten  fiir  das  Rechnungs- 
jahr  1901/02  unberucksichtigt  geblieben. 


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Mitgliederverzeichnis. 


I.  Ehr*nmttgli«d«r. 

B artels,  Dr.  theol.,  reform.  General-Superintendent  in  Aurich. 

Berghuys,  Kaufmann  in  *s  Gravenhage. 

t  Engelhard,  Professor,  Bildhauer  in  Hannover  (gest.  am  24.  Juni  1902). 

Friedlaender,  Dr.,  Kgl.  Geh  Staatsarchivar  u.  Geh.  Archivrat  in  Berlin. 

Klopp,  Dr.,  Hofrat  in  Wien-Penzing. 

Kusthardt,  G.,  Bildhauer  in  Hannover. 

Merkens,  Franz,  Rentner  in  Kflln. 

Rassau,  Oscar,  Bildhauer  in  Dresden. 

Rose,  Amtssekret&r  a.  D.  in  Lintel  b.  Norden. 

Star  eke,  Fabrikbesitzer  in  Melle. 

II.  Korr*spondi«r«nd«  ■Hgli«d«is 

B  a  b  u  c  k  e ,  Dr.  phil.,  Direktor  des  Altst&dt.  Gymnasiums  in  Kdnigsberg  i.  Pr. 

Blok,  Dr.  phil.,  Professor  an  der  Universitat  Leiden. 

Borchling,  Dr.  phil.  in  Gfittingen. 

Bos chen,  Bildhauer  in  Oldenburg. 

Fabricius,   Dr.  juris,  Senatspr&sident  am  Oberlandesgericht  in  Breslau. 

Grevel,  Rentner  in  Dusseldorf. 

Holtmanns,  Rektoratsschullehrer  a.  D.  in  Cronenberg  bei  Elberfeld. 

Klinkenborg,  Dr.  phil.,  Hilfsarbeiter  am  Kgl.  Geh.  Staatsarchiv  zu  Berlin. 

Liebe,  Dr.  phil,  Kgl.  Staatsarchivar  in  Magdeburg. 

f  M  ins  sen,  Dr.,  Prof,  in  Versailles. 

Nanninga  Uitterdijk,  Archivar  der  Stadt  Kampen. 

Pannenborg,  Dr.  phil.,  Professor  in  Gflttingen. 

Peters,  Reichsbaumeister  in  Haag. 

Rose,  Burgermeister  in  Barth. 

Sello,  Dr.  jur.,  Grossh.  Archivrat  in  Oldenburg. 

Siebs,  Dr.  phil.,  ord.  Professor  an  der  Universitat  Breslau. 

Sundermann,  Lehrer  in  Norden. 

Wagner,  Dr.  phil.,  Archivdirektor  in  Wiesbaden. 

Winkler,  Jon.,  Arzt  in  Haarlem. 

III.  Wirkllohe  Mltglfeder. 

a.  Einheimische. 
Albers,  Dr.  med. 

Bauermann,  H.,  Kaufmann  ausGorontalo  (Celebes),  z.  Z.  in  Emden. 
Bertram,  Fr.,  Rentner. 
Brons,  A.,  Niederl&ndischer  Vize-Konsul,  Senator  a.  D. 


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—    539    — 

Br  on  8,  BM  Niederiandischer  Konsul,  Senator  a.  D. 

Brons,  Bemhard  J.  S.,  Kaufmann. 

Brons,  F.,  Schwedischer  Vize-Konsul. 

Brons,  Herm.,  Kaufmann. 

Brons,  Y.,  Kaufmann. 

Bunnemann,  Fr.,  Kaufmann. 

Butenberg,  0.,  Partikulier. 

Dekker,  Oberlehrer. 

van  Doomum,  C,  Kaufmann. 

v.  Frese,  Landrat. 

Ffirbringer,  Oberburgermeister. 

Geelvink,  H.,  Kaufmann. 

Geelvink,  P.,  Kaufmann. 

Gittermann,  L,  Bankvorsteher. 

Graepel,  Senator  a.  D. 

Haynel,  Buchh&ndler. 

Haenisch,  Pastor. 

Herrmann,  Apothekenbesitzer. 

H  e  s  8 1  e  r ,  Wasserbauinspektor. 

van  Heuvel,  beeidigter  Ostfr.  Auktionator. 

Hop  ken,  Dr.,  Oberlehrer. 

Jasper,  A.,  Kaufmann. 

Kappelhoff,  A.,  Senator. 

Kappelhoff,  H.,  Kaufmann. 

Klug,  Landschaftsrat. 

Kool,  Dr.,  Direktor  der  Fischereigesellschaft  wNeptunw. 

Koppel,  Bankier. 

Laarmann,  Lotsen-Kommandeur. 

Lindemann,  Russischer  Vize-Konsul. 

Loesing,  J.,  Kaufmann. 

Lohmeyer,  Dr.  med.,  Sanitatsrat. 

Mahlmann,  Dr.,  Apothekenbesitzer. 

Medenwald,  Pastor. 

Metger,  C.  H.,  Kommerzienrat,  Senator. 

Metger,  R.,  Rechtsanwalt 

Mustert.  J.,  Kaufmann. 

Pape,  Kommerzienrat. 

Penning,  T.  Dreesmann,  Senator. 

Philippstein,  W.,  Kaufmann. 

v.  Rensen,  P.,  Sekretar  d.  Handelskammer  f.  Ostfriesland  u.  Papenburg. 

Richard,  Amtsrichter. 

Ritter,  Dr.,  Professor  am  Gymnasium. 

Ruyl,  Fischereidirektor. 

Schnedermann,  Kommerzienrat. 

Schnedermann,  M.,  jr. 

Schulze,  Regierungs-  und  Baurat. 

Schussler,  Dr.,  Professor,  Gymnasial-Direktor. 


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—     540     — 

Schwalbe,  Buchh&ndler. 

Schwitzky,  Weinh&ndler. 

Smidt,  Joachim,  Kaufmann. 

Stracke,  G.,  Weinh§.ndler. 

Tergast,  Dr.  med.,  Medizinalrat. 

Thiele,  C,  Kaufmann. 

Thiele,  Fr.,  Kaufmann. 

Thomson,  Amtsgerichtsrat. 

Tillmann,  Dr.  med. 

TrSger,  N.,  Photograph. 

Valk,  K.,  Belgi8cher  Konsul. 

ter  Vehn,  A.,  Kaufmann. 

Zorn,  Dr.,  Buchdruckereibesitzer  und  Redakteur. 

b.  Auswartige. 

Bakker,  W.,  Apothekenbesitzer  auf  Bbrkum. 

Bayer,  Landrat  in  Norden. 

Becker,  Biirgermeister  in  Esens. 

Becker,  D.,  Kaufmann  in  Esens. 

de  Baer,  Pastor  in  Siegelsum. 

B5ning,  0.,  Kaufmann  in  Bremen. 

Brons,  ThM  Gutsbesitzer  in  Groothusen. 

Briigmann,  P.,  Holzh&ndler  in  Papenburg. 

Bruns,  Kaufmann  und  Konsul  in  Papenburg, 

Conring,  Dr.,  Amtsgerichtsrat  in  Aurich. 

Dammeyer,  Rentmeister  in  Petkum. 

Dieckhaus,  L.,  Fabrikbesitzer  und  Senator  in  Papenburg. 

Dirk  sen,  C,  Lehrer  in  Meiderich,  Reg.-Bez.  Dusseldorf. 

Ditzen,  Pastor  in  Lubeck. 

Doornbosch,  P.  H.  Meekhoff,  Baflo,  Prov.  Groningen. 

Doornkaat  Koolman,  Gutsbesitzer  in  Gross-Midlum. 

Drost,  Pastor  in  Marburg. 

Dunkmann,  A.,  Buchdruckereibesitzer  in  Aurich. 

v.  Brucken  Fock,  Dr.  juris,  Middelburg  in  Holland. 

v.  Brucken  Fock,  H.J.,  Kgl.  niederl.  Premierleutnant  a.  D.  in  Middelburg. 

Frerichs,  Pastor  in  Nortmoor. 

v.  Frese,  V.,  Landschaftsrat  zu  Hinta. 

Georgs,  Gutsbesitzer,  Landschaftsrat  zu  Damhusen. 

Goedel,  Marine-Oberpfarrer,  Konsistorialrat,  Wilhelmshaven. 

t  Graefenhain,  J.  R.,  Kaufmann  in  Hannover  (gest.  am  5.  August  1902). 

Grasshoff,  Steuerrat  a.  D.  in  Nauen. 

Haase,  J.,  Lehrer  in  Wirdumer  Neuland. 

Habben,  C,  Apothekenbesitzer  in  Muhlhausen  i.  Th. 

Heeren,  N.,  Gutsbesitzer  in  Canum. 

ter  Hell,  beeidigter  Ostfr.  Auktionator  in  Norden. 

Hesse,  Superintendent  in  Larrelt. 


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—     541     — 

Heuer,  J.,  cand.  min.  in  Schkeuditz  bei  Halle  a.  S. 

Hdfker,  Pastor  in  Wybelsum. 

Hofmeister,  Telegraphen-Direktor  a.  D.  in  Hameln. 

Hoogestraat,  Betriebs-Inspektor  der  Konigl.  Munitionsfabrik  in  Spandau. 

Houtrouw,  Pastor  in  Neermoor. 

van  Hove,  Gutsbesitzer  in  Larrelt. 

van  Hove,  Apothekenbesitzer  in  Neustadtgodens. 

Huhnstock,  Holzhandler  in  Papenburg. 

van  Hiilst,  Gutsbesitzer  in  Lintel  bei  Norden. 

John,  W.,  Kaufmann  in  Papenburg. 

Juzi,  Senator  a.  D.,  Direktor  der  Geestemunder  Bank. 

Kappelhoff,  H.,  Kaufmann  in  Hamburg. 

Kieviet,  T.,  Gemeinde-  und  Ortsvorsteher  in  Borkum. 

E.  Fiir8t  Knyphausen  auf  Liitzburg,  Durchlaucht. 

Klinkenborg,  Amtsgerichtsrat  in  Norden. 

Klumker,  Dr.,  Sekretar  des  Instituts  f.Gemeinwohl  in  Frankfurt  a.  M. 

Kohl,  Dr.,  Oberlehrer  in  Oldenburg. 

Kohlschiitter,  Hutten-Direktor  in  Norden. 

Kok,  Dr.  med.,  Badearzt  in  Borkum. 

Landmann,  Hutten-Direktor  in  Norden. 

Lantzius-Beninga,  Oberffirster  a.  D.  in  Aurich. 

Lantzius-Beninga,  Gutsbesitzer  auf  Gut  Stikelkamp. 

Lupkes,  Pastor  in  Marienhafe. 

Meyer,  U.,  Pastor  in  Pilsum. 

Meyer,  Lehrer  in  Visquard. 

Meyer,  Josef  L.,  Schiffswerftbesitzer  in  Papenburg. 

Meyer,  R.  D.,  Senator  in  Norden. 

Pleines,  Professor  zu  SchSnberg  in  Mecklenburg-Strelitz. 

Pleines,  Pastor  in  Canum. 

Pleines,  Dr.,  Oberlehrer  in  Otterndorf. 

Potier,  Dr.  0.  Baron,  Wien. 

Reichensperger,  Landgerichtsprasident  in  Aurich. 

Remmers,  Superintendent  in  Harburg  a.  d.  Elbe. 

Rigts,  Pastor  in  Woltzeten. 

Rulffes,  beeidigter  Ostfr.  Auktionator  in  Pewsum. 

Rykena,  Weinhandler  in  Norden. 

Sasse,  beeidigter  Ostfr.  Auktionator  in  Hage. 

Schaer,  Pastor  in  Rysum. 

Schweckendieck,  C,  Wirklicher  Geh.  Ober-Regierungsrat  in  Berlin. 

Schweckendieck,  E.,  Hutten-Direktor  in  Dortmund. 

Schwerdtfeger,  Porstmeister  in  Friedeburg. 

Schwiening,  Landschaftsrat,  Burgermeister  in  Aurich. 

Soltau,  Buchdruckereibe8tzer  in  Norden. 

Sundermann,H.,  Assistent  d.  deutsch.  Landwirtschaftsgesellschaft  i.  Berlin. 

Suur,  Direktor  des  Realgymnasiums  zu  Iserlohn. 

Tammen,  Dr.,  Oberlehrer  in  Aurich. 

U Herts,  beeidigter  Ostfr.  Auktionator  in  Esens. 


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—     542     — 

Ulferts,  Dj,  Gutsbesitzer  in  Upgant. 
Victor,  Landgerichtsrat  in  Hildesheim. 
Vietor,  Bleske,  Pastor  in  Hinte. 
Victor,  Pastor  in  Greetsiel. 
W  a  enter,  Dr.,  Archivrat  in  Aurich. 
Wolfes,  Dr.,  Rechtsanwalt  in  Dortmund. 
Wychgram,  N.,  Oekonomierat  in  Wybelsum. 
K6nigl.  Bibliothek  in  Berlin. 


Verzeichnis 

der  Vereine  und  Institute,  mit  denen   die  Qesellschaff   in 
Schriftenaustausch  stehf. 

Aachen:  Aachener  Geschichtsverein. 

Amsterdam:  Koninkl.  Oudheidkundig  Genootschap. 

Amsterdam:  Koninkl.  Akademie  van  Wetenschappen. 

Ass  en:  Provinciaal  Museum  van  Oudheden.  in  Drente. 

Bamberg:  Historischer  Verein  fur  Oberfranken. 

Berlin:  Gesellschaft  fur  Anthropologic,  Ethnographic  und  Urgeschichte. 

Berlin:  Gesellschaft  fiir  Heraldik,   Sphragistik  und   Genealogie.     (BDer 

deutsche  Herolda.) 
Bremen:  Historische  Gesellschaft  des  Kunstlervereins. 
Breslau:  Verein  fur  das  Museum  Schlesischer  Altertumer. 
Chemnitz:  Verein  fiir  Chemnitzer  Geschichte. 
Danzig:  Westpreussischer  Geschichtsverein. 

Darmstadt:  Historischer  Verein  fiir  das  Grossherzogtum  Hessen. 
Donaueschingen:  Verein  fiir  Geschichte  u. Naturgeschichte  der  Baar  eta 
Dorum:  Heimatbund  der  Manner  vom  Morgenstern. 
Dresden:  Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  Isis. 
Diisseldorf:  Diisseldorfer  Geschichtverein. 
Elberfeld:  Bergischer  Geschichtsverein. 
Em  den:  Naturforschende  Gesellschaft. 
Essen:  Historischer  Verein  fiir  Stadt  und  Stift  Essen. 
Frankfurt  a.M. :  Verein  fiir  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Freiberg  i.  S.:  Altertumsverein. 
Giessen:  Oberhessischer  Geschichtsverein. 
Graz:  Historischer  Verein  fur  Steiermark. 
Greifswald:  Rugisch- Pommerscher  G eschichtsverein. 
Groningen:  Societas  pro  excolendo  jure  patrio. 

Groningen:  Museum  van  Oudheden  voor  de  provincie  en  de  stad  Groningen. 
Guben  (Lubben):   Niederlausitzer   Gesellschaft    fur   Anthropologic    und 

Altertumskunde. 


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—    543    — 

Haag:  Heraldisch-Geneal.-Archief  (Dir.  D.  G.  v.  Epen). 

Haarlem:  Teyler's  tweede  Genootschap. 

Halle  a.  d.  S.:    Thuringisch  -  Sachsischer    Verein    fiir   Erforschung   des 

vaterl.  Altertums  etc. 
Hamburg:  Verein  fiir  Hamburgische  Geschichte. 
Hannover:  Historischer  Verein  fur  Niedersachsen. 
Heidelberg:  Historisch-Philosophischer  Verein. 
Helsingfors:  Finnische  Altertumsgesellschaft. 
Jena:  Verein  fur  Thuringische  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Kassel:  Verein  fur  Hessische  Geschichte  und  Landeskunde. 
Kiel:  Gesellschaft  fiir  Schleswig-Holsteinische  Geschichte. 
Kiel:  Gesellschaft  fiir  Kieler  Stadtgeschichte. 
Koln:  Historischer  Verein  fiir  den  Niederrhein. 
K 6  n  i  g  8  b  e  r g  i.  Pr. :  Physikalisch-Oekonomische  Gesellschaft. 
K  5  n  i  gs b e r  g  i.  Pr. :  Altertumsgesellschaft  ^Prussia". 
Leeuwarden:  Friesch  Genootschap  van  Geschied-,  Oudheid- en  Taalkunde. 
Leiden:  Maatschappij  der  Nederlandsche  Letterkunde. 
Lei  pa  in  Bohmen:  Nordbohmischer  Exkursionsklub. 
Linz  a.  D.:  Museum  Francisco-Carolinum. 

Lubeck:  Verein  fiir  Liibeckische  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Liineburg:  Museums  verein  fiir  das  Fiirstentum  Luneburg. 
Meissen:  Verein  fiir  die  Geschichte  der  Stadt  Meissen. 
Middelburg:  Zeeuwsch  Genootschap  der  Wetenschappen. 
Mitau:  Kurlandische  Gesellschaft  fur  Litteratur  und  Kunst. 
Miinchen:  K.  b.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Niirnberg:  Germanisohes  Nationalmuseum. 
Niirnberg:  Verein  fiir  Geschichte  der  Stadt  Niirnberg. 
Oldenburg:  Oldenb.  Verein  fur  Altertumskunde  und  Landesgeschichte. 
Osnabriick:  Verein  fiir  Geschichte  und  Landeskunde  von  Osnabriick. 
P  o  s  e  n :  Historische  Gesellschaft  fiir  die  Provinz  Posen. 
Prag:  Verein  fur  die  Geschichte  der  Deutschen  in  B6hmen. 
Riga:    Gesellschaft    fiir   Geschichte    und   Altertumskunde    der   Ostsee- 

provinzen  Russlands. 
R  i  j  8  w  i  j  k :  Genealogisch  en  Heraldisch  Archief  (A.  A.  Vorsterman  v.  Oyen). 
Romans  (D6p.  DrOme):   Soci6t6  d'histoire  eccl&iastique  et  d'arch^ologie 

religieuse  des  diocfcses  de  Valence  etc. 
Rostock:  Verein  fiir  Rostocks  Altertumer. 

Schmalkalden:  Verein  fiir Hennebergische Geschichte  und  Landeskunde. 
Schwerin:  Verein  fiir  Mecklenburgische  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Speier:  Historischer  Verein  der  Pfalz. 

Stettin:  Gesellschaft  fiir  Pommersche  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Stockholm:  Kongl.  Vitterhets  Historie  och  Antiqvitets  Akademien. 
Stockholm:  Nordiska  museet. 

Stuttgart:  Wiirttembergische  Kommission  fur  Landesgeschichte. 
Thorn:  Coppernicus -Verein  fiir  Kunst  und  Wissenschaft. 
Troppau:  Kaiser-Franz- Josefs-Museum  fiir  Kunst  und  Gewerbe. 
Utrecht:  Historisch  Genootschap. 


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—    544    — 

Utrecht:  Provinciaal  Utrechtsch  Genootschap  van  Kunsten  en  Weten- 

schappen. 
Washington:  Smithsonian  Institution. 

Wernigerode  a.  H.:  Harzverein  fur  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Wien:  Akademischer  Verein  deutscher  Historiker. 

Wiesbaden:  Verein  f.  Nassauische  Altertumsk.  u.  Geschichtsforschung. 
Wolfe nbuttel:  Geschichtsverein  fur  das  Herzogtum  Braunschweig. 
Wiirzburg:  Historischer  Verein  fur  Unterfranken  und  Aschaffenburg. 
Zurich:  Antiquarische  Gesellschaft. 
Zwickau:  Altertumsverein  fur  Zwickau  und  Umgegend. 
Zwolle:  Vereeniging  tot  beoefening  van  Overijsselsch  regt  en  geschiedenis. 


€^r 


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—    545     - 


Berichfigungen  und  Zus&fze. 

— ^-4-^ — 

S.  £02  ff.  Dio  sich  auf  H.  B.  v.  d.  Appollo  0.  v.  Rohden,  M.  v.  "Wicht  und  Mohlmann  griindon- 
den  Angabcn  ttbor  Dr.  Hayo  Ho  id  pen?  und  seiner  Schwostor,  Anna  v.  Diopholt, 
Vorwandtschaftsverhttltnisso  habon  sich  teiiweiso  als  unsicher  orwioson.  Eino  Nach- 
prufung  in  don  »Kontrakten-Protokollen«  durch  Horrn  P.  van  Rensen  hat  es  wahr- 
schoinlich  gemacht,  dass  boido  init  der  S.  224  genannton  Frouke  En  k  el  kinder  des 
BUrgernieisters  Horopo  Hayen  waren  (vgl.  S.  23()  oben).  Von  dem  Namon  dor  Eltern 
hat  sich  bis  jetzt  freilich  noch  koine  Spur  findon  lasson.  NHheres  wird  dariibor  der 
XV.  Band  dieses  Jahrbnchs  bringen. 

S.  £08  Z.  8  f.  Don  gemoinsaraen  Besitz  oinor  Bibliothok  durch  Adolphus  Occo  und  Rudolf 
Agricola  bostroitet  die  Hauptquelle  fiir  dio  Geschichto  dos  Adolphus  Occo,  Jac. 
Bruckeri  Historia  vitao  Adolphoruin  Occonum  (Lipsiae  1734),  S.  33.  —  Seine  Horkunft 
aus  Ostorhuson  in  Ostfriosland  wird  dort  S.  34,  nach  Familiennnchrichton  in  Augs- 
burg, bostimmt  bohauptet ;  S.  27  stoht  abor  »Osterhusao  in  Frisia  Occidental^,  und 
es  bleiben  auch  sonst  mancho  Zwoifol  gegen  dio  ost  friosische  Abstammung  d£s  A.  0. 
bostehon:  Rudolf  Agricola  spricht  oinmal  (Hartfeldor,  Unediorto  Briofo  des  R.  Agr.,  S.  21) 
von  oinom  1481  mit  ihm  gomoinsain  ira  Diensto  dor  Stadt  Groningen  stohondon  Bruder 
des  Ad.  0.,  Joannes  (•Joannes,  frator  tuus,  in  acio  .  .  .,  ogo  in  subsidiis«),  und  »Oster- 
huson«  gab  und  giebt  es  auch  jensoit  der  Ems;  so  lag  ein  odlor  Hoerd  Ostorhuis,  nicht 
woit  von  R.  Agricolas  Hoiiuat  Baflo,  im  Kirchspiol  Warfum  boi  Groningen  (v.  Richt- 
hofon,  TJntors.,  S.  826);  auch  liisst  dio  Amstordamer  Faniilio  Occo  (s.  o.  S.  70  u.  203) 
oher  oinen  niodorlHudischon  Ursprung  vorrauton.  ("Wo^on  des  obengonannten  »Joannes« 
hat  inzwischen  Herr  Reichsarchivar  J.  A.  Foith  in  Groningen  die  Gtite  gehabt,  Nach- 
forschuugon  anzustellen.  Wir  sind  ihm  bosondern  Dank  fiir  die  Mitteilung  schuldig, 
dass  R. Agricola  1481  wahrschoinlich  den  Groninger  BUrgormeistor  Johan  Thodeuia, 
der  aus  den  Ommelanden  stammte,  auf  oinor  Gosandtschaft  bejrlciteto.  In  den  Oramo- 
landen  liegen  3  Gohofto  des  Namens  Oosterhuizen.] 

S.  £88.    Wegon  dos  »Burgormeisters  Horborgee  vgl.  S.  378. 

S.  SOB  Zeile  11.  Richtiijnr :  don  srraflichon  Briidorn  Jnhann  von  Rietberg  und  Christoph  von 
Ostfriesland. 

S.  807  Zeile  6  v.  u.  lies :  Klap. 

S.  888.  Die  "Wandmaloroi  in  der  Kircho  zu  Hinto  ist,  sowoit  es  noch  moglich  war,  im  Juli 
und  August  1002  mit  liobovollstein  Vorstilndnis  den  Spuron  des  Originals  gotreu  in 
edlor  Einfachhoit  von  oinom  langjahrigen  Freundo  dor  ostfrioslschen  Marsch,  dem  Land- 
schaftsmalor  Wilhelra  Kalb  aus  Frankfurt  a.  31.,  wieder  hergestellt  wordon. 

S.  870.  Uober  PortugiesischeJaden  in  Emden  s.  jetzt  Ausftthrlichos  in  dor  Schrift  von  M. 
Grunwald,  Portugiesengraber  auf  deutscher  Erde  (Hamburg  1902),  S.  142—151. 

S.  884  Z.  8  v.  u.  Die  Nachricht  in  U.  Emmius'  Paralipomona  (Buorons  JahrbUchloin  auf  1837, 
S.  93),  dass  dor  »nouo  Syhl  auf  Valdoron  hinter  dom  llause  der  Frau  v.  Godons*  (dor 
Rote  Siol)  im  Mai  1570  gelogt  wordon  sei,  kann  sich  nur  auf  eino  Ernouorung  boziohon. 

S.  884  Z,  4  t.  u.  und  S.  805.  Richtigores  Uber  den  Ultesten  S  i  e  1  von  F  a  1  d  o  r  n  und  don 
spateren  von  1408  s.  S.  479. 

B.  408  Z.  10  1. :  Einiget  Noue. 

S.  411.  Ein  Toil  von  Onko  v.  Rohdens  genoalogischen  Sammlungen  scheint  1865  aus  Mohl- 
mann a  Bibliothok  auch  von  dor  Kgl.  Bibliothok  in  Hannover  angokauft  wordon  zu 
sein,  vgl.  den  Katalog  der  Handschriften  S.  312-3,  No.  1438  a  und  b. 


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—    646    — 

S.  414  Z.  2.  Ueber  die  jttdischen  H&oser  an  der  Daalerstr.  No.  2  a.  9  (1629  and  1746  ?,  dio  Giebel- 
stoine  scheinen  nach  ihrcr  Form  alter  zu  sein)  vgl.  das  obengenannte  Werk  Ton 
Grunwald  S.  142. 

S.  414  Z.  12.  Da*  Hans  an  der  Bcke  der  Boltanthoretr.  and  der  Bismarckstr.  (Nord)  trtgt  dfc» 
Inschrift:  »Gebaud  1556,  Verband  1806«. 

S.  4S8  1. :  gestrengeden  Ringe. 

S.  480.  Wio  die  Gew51be  and  dio  Wandmalerei  im  Chor  der  Kirche  za  Hinte,  so  1st,  nament~ 
lich  dank  den  rastlosen  Bemuhongen  des  Herrn  Pastors  Bleske-ViBtor,  im  Juli  1902 
auch  das  Rippord  a -Epitaph  restaoriert  word  en.  —  Die  beiden  liegenden  Flgoren 
stellen  wahrscheinlich  ein  and  donselben  Toten,  don  janggestorbenen  Omko  Ripperda, 
dar,  unton :  seiner  Beino  beraubt  (nach  einer  Ueberliefernng.  die  Herr  Landschaftsrat 
v.  Frose  bewahrt  hat,  verlor  er  sio  darch  don  Umstarz  seines  Wagons  in  Begleitang 
seinor  Matter  aaf  einer  Reise  in  Holland),  bekloidot;  oben :  onverstdmrnelt,  ohne  Kloidong. 

S.  485.    Ueber  Dr.  Hayo  Hompen  8.  o.  za  S.  202. 

S.  49fc  Z.  10  v.  anten :  't  Zand,  wo  das  Haas  Ompteda  stand,  ist  von  Zandewoer,  das  oblige  KOom . 
nordwestlich  von  'tZand  liegt,  zu  scheiden. 

S.  498  Z.  13  L:  Das  Wappon  links. 

S.  497  Z.  4  1. :  »Si  sic,  illad  orpoiorom*  etc.  (mit  Koroma). 

8.  524  Z.  8  v.  u.  1. :  van  Issom. 

16.  September  1902. 


**#" 


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*!* 


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