Skip to main content

Full text of ""

See other formats


r 

,sls . -34*. ^8* '***-. j. iT^s.J- 



. s&fe -i* ..-~3s@K-~ - .v 

Ms ; '3i, 



'^'iC " 




!fW J 

Ip!^- ^''-^~A '^-" : -- " , "^r.^^? V.|s '^ '""' -|ii^^^^^ 

i 









i-VV- 






c :;-i 



"W- 5 



^^f^ 



fefc^fc.. '%': A*, " " -^^fe:' 1 ^ tfe:: '?? ?^fe^^ 

1^,:%,, '^- " / ^ ' -^ ' .^^.--^Xffc.*: 



-% -I.J.: j - - -^..., -..^T: 

v;^.- v-%-:.-"^^ 

.^ :;":a*p^i 
%:,:^ ai/ : ^.,,^^m, 

^-r ' ^^.-SSJ* 







' W^ffe^mT'^^ ^%, ;%".%& ":?;^^S^^% ^ : * : 





Class 



University of Chicago Library 



BERLIN COLLECTION 

GIVEN BY 

MARTIN A. RYERSON 
H. H. KOHLSAAT BYRON L. SMITH 

CHAS. L. HUTCHINSON C. R. CRANE 
H. A. RUST CYRUS H. McCoRMiCK 

A. A. SPRAGUE C. J. SINGER 



System der griecMseheo Mythologie 



von 



Julius Franz Lauer. 

\\ 



Prolegomena und die griechischen Himmelsgotter. 



Nebst Anlagen. 



Berlin, 1853. 
Druck und Verlag von Georg Reimer. 



Litterarischer Naehlass 



von 



Julius Franz Laner. 



Zweiter Band. Zur Mythologie. 



Herausgegeben 



von 



Hermann Wichmann. 



Berlin, 1853. 
Druck und Verlag vop Georg Reimer. 



-WU V 



In dem Vorwort zu dem ersten Bande dieses littera- 
rischen Nachlasses haben die Herren The odor Bee- 
card und Martin Hertz iiber Leben und Bildungs- 
gang Lauers Mittheilungen gegeben , die es mit 
Riicksicht auf diejenigen Leser, denen der erste Band 
nicht bekannt ist, angemessen erscheint hier unter 
Einfiigung einiger Erganzungen kurz zu wiederholen. 

Im Jahre 4819 zu Anklam geboren kam Lauer, 
nachdem er seine erste Bildung auf dem damaligen 
Progymnasium seiner Vaterstadt erhalten, im Jahre 1 834 
auf das Gymnasium zu Neu-Ruppin. Nicht leicht sich 
Anderen anschliefsend lebte er schon damals in einer 
eigenen geistigen Welt. Heimathsliebe war fiir sie das 
belebende Element; zu der tiefen Innigkeit, mit der 
Lauer an dem elterlichen Hause hing, gesellte sich 
die wachsende Freude an den Sagen und der Ge- 
schichte Pommerns, und iiber die heimische See hin- 
ober, die mit ihren Wogen und Wassergeistern vor 
ihm lebte, fesselte seinen Blick die grofsarlige Mythenwelt 



VI 

des fiir ihn seelenverwandlen Nordens. Mehrere Jahre 
vorzugsweise in diesen durch sein Gemiithsleben be- 
herrschten Kreisen verweilend und mil Liebe sich in 
ihnen ansiedelnd gewann Lauer in der letzten Zeit 
seines Aufenthalts auf dem Gymnasium eine neue Rich- 
tung, die mit der Entwickelung seines Characters im 
engsten Zusammenhange stand. Eine Zeit lang aus 
seiner Zuriickgezogenheit herausgetreten wurde er 
bald des Gegensatzes inne, der zwischen der Un- 
ruhe seines geistigen Lebens und der friiheren 
Stille desselben bestand; und erschreckt durch 
diese Wahrnehmung arbeitete er mit Beharrlichkeit 
daran sich innerlich zu concentriren. Es geschah 

t_* 

dies, indem er die jenem Streben entsprechende An- 
sicht ausfiihrlich zu begriinden suchte, dafs in der 
Odyssee der Kampf des nach sittlicher Reinheit und 
fester Beherrschung seines Inhalts ringenden Geistes 
gegen die mit zauberischem Reiz ihn verlockende und 
verwirrende Macht des Naturlebens dargestellt sei; und 
wie er einmal mit bewegter Stimme die Sehnsucht 
des Odysseus den Rauch von dem Dache seines Hauses 
aufsteigen zu sehen auf das dem Geiste innewohnende 
Verlangen bezog in einer uber die Wirren der Aufsen- 
welt erhobenen inneren Welt als in seiner Heimath zu 
leben, so fand er fiir sich diese Heimath durch die 
strenge Verfolgung jenes Grundgedankens , die ihm 
ebensowohl eine fesle Stellung zu dem Leben gab, 
als sie ihn mehr und mehr sich in die Fragen 

\ 

uber Inhalt und Entstehung der Homerischen Gesange 



VII 

vertiefen und zu dem Entschlufs gelangen liefs die 
Erforschung dieser Fragen zu eiuer Aufgabe seines 
Lebens zu machen. Erst hiermit entschied er sich fur 
das Stadium der Philologie. 

So in den Hauptrichtungen seines Lebens bestimmt 
bezog Lauer zu Michaelis 1838 die Universitat Berlin, 
die er fur das Jahr 1840 41 mit Leipzig vertauschte 
urn dann nach Berlin zuriickzukehrea. Dafs er das 
sittliche Prinzip seines Lebens, den Kampf gegen die 
Natur, auch in dem Widerstande gegen einen stets 
krankelnden Korper zu bethatigen hatte^ konnte ihn 
zwar auf Zeiten hemmen, erhohte aber nur den Ernst 
seines Strebens nach wissenschaftlicher Ausbildung. 
Seine Beschaftigung mit Homer, an die sich mehr 
und mehr die Erforschung der griechischen Sage 
schlofs, bildete den Mittelpunkt seiner Studien; neben 
den ubrigen Disciplines der Alterthumswissenschaft 
waren es deutsche Sage und Geschichte, alt- und mittel- 
hochdeutsche Sprache und Poesie, denen er ein leb- 
haftes und innerliches Interesse zuvvandte ; und neu 
angeregt durch die ethische Richtung und die reiche 
Phantasie seines Lehrers und Freundes Stuhr zog er 
mit andauernder, spaterhin wachsender Liebe die My- 
thologie in den Kreis seiner Beschaftigungen. So sehr 
aber Lauer bestrebt war den Umfang seines Wissens 
zu erweitern, ein noch grofseres Gewicht legte er 
darauf demselben Klarheit und Zusammenhang zu ge- 
beu ; und dies Bestreben, das ihn bei all 1 seinen Studien 
leitele, obwohl und weil mit denselben sein reiches 



VIII 

Gemiithsleben auf das Eogste verflochten war, gab 
sich wahrend der ersten Jahre seiner akademischen 
Studienzeit auch in der besondern Weise kund, wie 
er die mil Freunden gepflogenen Unterhaltungen ver- 
werthete. Hatte namlich der Verlauf eines Gespraches 
in ihm einen fesselnden Eindruck zuriickgelassen 
und es war dies nichts Aufsergewohnliches, da ernicht 
blofs in hohem Grade anregend war, sondern auch 
mit seltener Hingabe an die Sache den ihm entgegen 
kommenden Anregungen za folgen und in der leben- 
digen Verkniipfung der eigenen und fremden Gedanken 
einen gemeiusam durchlebten und durchdachten Inhalt 
zu Tage zu fordern wufste , so begniigte er sich 
nicht damit am Schlufs des Gespraches auf den Gang 
desselben zuriickzublicken um sich der Einheit dessel- 
ben bewufst zu werden; vielmehr unterliefs er nur 
selten die Unterhaltung nach ihrem ganzen Verlaufe 
in ein vorzugsweise fur diesen Zweck bestimmtes 
Tagebuch einzutragen. Theils Freude an dem neu 
gewonnenen Inhalt, der noch einmal durchlebt und 
festgehalten sein wollte, theils und mehr noch das 
Interesse daran das Gesprach in seinen Uebergangen 
zu tiberschauen, die Faden desselben blofs zu legen 
und zusammenzufassen, veranlafsten ihn zu diesen 
bei seinem treuen Gedachtnifs schnell absolvirten 
Uebungen. 

Aber jenes auch spaterhin bei reicherer Entwicke- 
lung mit Beharrlichkeit verfolgte nnd stets festgehaltene 
Streben Lauers seinen Geist zu klaren uud den Inhalt 



IX 

desselben sich zu anschaulichem in sich zusammenhan- 
gendem Bewufstsein zu bringen war bei ihm sehr weit 
entfernt der innerlichen Erfassung der Objects Abbruch 
zu thun; vielmehr hatte es den Zweck ihn desto 
leichter die Adern auffinden zu lassen, die zu dem 
Lebenspunkt der Dinge fiihrten, und dem Leben, das 
sie in ihm gewannen, eine klar ausgepragte durchihre 
eigenen Gesetze bestimmte Gestalt zu geben. Denn 
mehr und mehr produzirend wurde das Wachsthum 
Lauers; und wie sehr er, fern von jeder aufserlich 
reflectirenden Leitung dieses Wachsthums, den inneren 
Gesetzen desselben nachlebte, das offenbarte sich auch 
darin, dafs er niemals ausschliefslich einen Zweig sei- 
ner produzirenden Thatigkeit pflegte, bis er Friichte 
von ihm gewinnen konnte; sondern wenn in weiterer 
Entfaltung neue Sprosse hervorkamen, so mufste er 
diesen erst so weit seine Aufmerksamkeit widmen, 
dafs sie Kraft genug gewannen um spaterer Pflege 
barren zu konnen. Wie aber bei diesem stillen von 
sinniger Hand geforderten Wachsen die innere Welt, 
auf welche der Achtzehnjahrige wie auf seine Hei- 
math geblickt hatte, sich auch mit reichem Leben 
fiillte, wird die folgende Angabe der Plane darthun, 
deren Ausfuhrung er im Verlauf seiner Entwickelung 
theils begann, theils durch Ansammlung umfangreichen 
Materials vorbereitete. 

Im Jahre 1843 verofifentlichte Lauer eine Ab- 
handlung, mit der er in ehrenvoller Auszeichnung die 
philosophische Doctorvvurde der hiesigen Universitat 



erworben hatte, betitelt: ,,Qaaestiones Homericae. 
Quaestio prima: de undecimi Odysseae libri forma 
germana et patria." Ihr Zweck war nachzaweisen, dafs 
die NexvLa urspriinglich ein fvir sich bestehendes 
Lied gewesen und in Boiotien entstanden sei. Diese 
Schrift gab ihrem Verfasser mit der Anerkennung, die 
sie ihm von Seiten hervorragender Vertreler der 
Philologie eintrug, eine fb'rdernde Ermunterung auf der 
von ihm betretenen Bahn forlzuschreiten. Noch in 
demselben Jahre erschienen in den Jahrbiichern fiir 
wissenschaftliche Kritik (II. November No. 88 fg. und 
December No. \ 13 fg.) zwei Recensionen, liber die 
Schrift von Zell die Iliade und das Nibelungenlied und 
den I. Band von Hoffmanns Quaestiones Homericae; 
aber es trat auch mehr und mehr neben den Home- 
rischen Studien die Mythologie hervor, wie die in 
derselben Zeitschrift (1 844, II. November No. 93 95 
und 1845 II. November No. 8183) enthalteuen Beur- 
theilungen von Sommers Abhandlung de Theophili 
cum diabolo foedere (diesem Bande als Anlage beige- 
fiigt) und Eckermanns Lehrbuch der Religionsge- 
schichte und Mythologie darthun. Zugleich fielin diese 
Zeit der Vorbereitung auf die Habilitation ueben anderen 
Planen, die sich herausarbeiteten, entsprechend dem 
eigenen Bildungsgange Lauers und in weiterer Ver- 
folgung des in demselben begrlindeten Strebens die 
Geschichte des inneren Lebens der Volker und na- 
mentlich der Griechen zu erfassen, die andauernde mil 

\ 

der Saimnluns; vielen Materials fiir diesen Zweck ver- 



XI 

bundene Beschaftigung mit einer Ethik der Griechen. 
Im April 1846 habilitirte Lauer sich an der hiesigen 
Universitat mit einer Abhandiung ,,Untersuchungen iiber 
die Bedeutung der Odysseussage", an die sich eine 
vor der Fakultat gehaltene Vorlesung ,,uber die angeb- 
lichen Spuren einer Kenntnifs von deni nordlichen Europa 
im Homer" und eine Antrittsvorlesung ,,iiber die Bedeu- 
tung des mythologischen Studiums mit besonderm Bezug 
auf die wissenschaftlichen Forderungen der Gegenwart" 
reihten. Seine Vortrage bezogen sich auf die epische 
Poesie der Griechen mit vorzugsweiser Beriicksichti- 
gung der Homerischen Gesange und auf griechische 
Mythologie ; eine Vorlesung uber die dramatische Poesie 
der Griechen war angektindigt, konnte aber nicht ge- 
halten werden, weil Lauer damals durch seinenKb'r- 
perzustand genothigt war Berlin zu verlassen. Vortrage 
iiber die griechischen Privatalterthiimer sollten zunachst 
sich anschliefsen. QDervon Lauers Str eb en nach einer 
auf wissenschaftlichen Prinzipien beruhenden Darstel- 
lung zeugende Plan zu diesen Vortragen 1st in der 
untenstehenden Note mitgetheilt *).) Daneben aber 

J )Erstes Buch. D. i e Wohnliclikeitder grie- 

chischenFamilie.*) 
Abschnittl. Das Land, a) Gestalt i 

b) Frachtbarkeitl s P, ecie Athen und 
: t Sparta. 

c) Klima J 

*) Die Wohnung ist bei Grundung der Familie das erste (oJxov 
[tfv nQcoTiffra yvvKixKTe Hes. O. D. 405.), die Bedingung und Vorans- 
setzung derselben. Daher fragt bei Theocr. Id. 27, 35 die Jungfrau 
ihren Daphnis: rev^tis poi &aA.K(j.cog, Ttv%is xal dtofta xal uA?; 
worauf er antwortet: TSV%CO 001 ^aAa^wff. Datum heifst der &ala[*os 
in desselben Theocrit. Brautlied auf Helena (Id. XVIII, 3) vsoyQan- 
TOS; vergl. des Protesilaos do/uos ftpiTslris B, 701; Menelaos macht 
des Euphorbos Frau zur Wittwe |Uu^o"3 ^KA,uoto veoio P, 36. 



XII 

beabsichtigte er die Hauptresultate seiner Homerischen 
Studien in einer umfassenden bis auf die Gegenwart 
gefiihrten Geschichte der Homerischen Poesie zusam- 
menzufassen , von der die ersten zwolf Bogen noch 
bei seinen Lebzeiten gedruckt warden; ihr sollte eine 
Sammlung auf Homer beziiglicher Aufsatze folgen, von 
denen Einiges in den ersten Band seines Nachlasses 
aufgeiLommen 1st. 



Abschnitt 2. Die Stadte. Im Allgemeinen: Grofse. Burg und 
Unterstadt. a) Platze [. Baustellen, p. Markte]. b) Mauern. 
c)Strafsen. [. Pflaster, /S. Rinnsteine]. d)Gebaude [a.heilige, 
/S. offenttiche (Rathhaus. Zeughaus. Leschen. Hallen. Borse. 
Theater. Odeen. Gymnasien. Statuen. Bader. Gasthauser.) 
y. private], e) Garten, f) Grabstatten. g) Acker. L)Wege. 
i) Wasserbauten. 
Abschnitt 3. Dorfer. 
Abscbnitt4. Hausgerathe. 

Zweites Buch. Die Grundung der griechi- 
schen Familie. [Neben der Ueberschrift dieses Buches fan- 
den sicli am Rande die Notizen: Fr. Osann de caelibum ap. vett. 

conditione Comm. I. Giess. 1827. vgl. O. Miiller Dor. II, 280.] 
Abschnitt 1. Die Liebe. Kap. I. Der Aasdruck. Kap. II. Die 
Erforschung. Kap. III. Die Erweckung [A. Tranke, B. Zau- 
bereij. Kap. IV. Die Beschwichtigung [A. Mittel, B. Zau- 
berei]. 
Abschnitt 2. Die Verlobung. Kap. I. Personen. Kap. II. Ge- 

brauche. 

Abschnitt 3. DieHochzeit. Kap. I. Vor derHochzeit [Opfer.] 
Kap. II. Der Hochzeitstag [A. Zeit desselben. (a. in Bezug 
auf das Alter der Brautlente, b. in Bezug auf die Jahres- 
zeit.) B. Feier desselben (a. das Lied, b. Abholung der 
Braut, c. das Hochzeitsmahl, d. dasBrautgemach.)] Kap. III. 
Nach der Hochzeit. [A. Der erste Tag. B. Der zweite Tag. 
C. Der dritte Tag.] 
Drittes Buch. Das Leben der griechischen 

Familie. 

Abschnitt 1. Die Erhaltung des Lebens. Kap. I. Nahrung. 
[A. Erwerb der N. (a, unmittelbar (1. Ackerbau. 2. Gar- 



XIII 

Nach Vollendung dieser Homer betreffenden Werke 
wollte Lauer sich ganz der Erforschung der griechi- 
schen Mythologie hingeben , die in seinem geistigen 
Leben nach und nach den Vorrang vor Homer erworben 
hatte und von der er noch einige Monate vor seinem Tode 
aufserte, dafs die Beschaftigung mit ihr seiner Geistes- 
anlage doch mehr zusage, als diejenige mit Homer. 
Die Mythologie zu einer "Wissenschaft zu erheben war 
sein Ziel ; und wie sehr er in dem Streben nach Er- 
reichung desselben der inneren Nothigung nachgab, 



tenbau. 3. Jagd. 4. Fischerei.) b, mittelbar (Handel 1. zu 
Lande, 2. zu Wasser.)) B. Bereitung der N. (a, Gerath. 

b, Personen. c, Art und Weise). C. Genufs der N. (a, ge- 
wiihnliche Mahlzeiten (1. wann? 2. wie?) b, Feten. (l.Ge- 
burtstage. 2. Todtenfeier. 3. Abreise oder Riickkehr eines 
Freundes.) c, Fest- und Opferschmause. d, Picknicks. 

.(1. Ssinvov ana Gvpfioloiv. 2. egavos oder Selnvov anb 
anvQtSos.') e) 6fi ? entliche Mahlzeiten (1. des Staats, 2. der 
Phratrie, 3. der Phyle).) D. Entfernung der N.] Kap. H. 
Kleidung [A. Stoffe. (a. Felle, b. Wolle, c. Leinwand, 
d. Baumwolle, e. Seide.) B. Form, (a* Kopf, b. Hals, 

c. Brust, d. Leib, e. Brust und Leib, f. Beine, g. Fufse, 
h. Arme, i. Hande.) C. Verfertignng. (a. Gerath, b. Per- 
sonen.)] 

Abschnitt 2. Der Inhalt des Lebens. Kap. I. Kinderleben. 

[A. Gebnrt. B. Erziehung.] Kap. II. Jugendleben. [A. Kna- 

ben. B. Madchen.] Kap. III. A. Mannerleben. B. Frauen- 

leben. Kap. IV. Greisenleben. 
Vie.rtes Buch. DieAuflosung der griechi- 

schen Familie. 
Abschnitt 1. Die freiwillige Auflosung. 1. Wegen Unver- 

traglichkeit. 2. Kinderlosigkeit. 3. Ehebruch. 4. Verwei- 

gerung der ehelichen Pflicht. 
Abschnitt %. Die unfreiwillige Auflosung. Kap. I. Die 

politische. [A. Wegen zu naher Verwandschaft. B. Wegen 

unterlassener Verlobung.] Kap. II. Die naturliche. [A. Krank- 

heit. B. Tod. C. Begrabnifs.] 



XIV 



welche die Sachen auf ihn iibten, das erhellte aus 
seinem steten und ernsten Bemiihen das System, wel- 
ches er sich allmahlig herausbildete , nicht aufserlich 
festzustellen , sondern durch fortgesetztes Aufsuchen 
der sich aus der Mythologie selbst ergebenden Prin- 
cipien immer sachgemafser zu gestalten. Man wolle 
dies festhalten bei der Beurtheilung der Form, 
welche das in diesem Bande zu einem Theil ge- 
gebene System hat; sie bildet mir einen Ab- 
schnitt in dem Werden jenes Systems, keinen voll- 
standigen Abschlufs desselben in Bezug auf diesen 
Theil. Auch war es Lauers Absicht auf diesem Ge- 
biete nur allmahlig mit Verofleutlichungen vorzugehen; 
zunachst, und zwar etwa um die jetzige Zeit, sollte 
,,Pallas Athene. Eine mythologische Untersuchung" er- 
scheinen, dann nach einem Zwischenraum, in welchen 
er eine Abhaodlung ,,Ansichten iiber einige Punkte aus 
der Urgeschichte der Menschheit" fiigen wollte (auch 
sammelte Lauer fiir eine in spaterer Zeit zu haltende 
Voiiesung iiber die Urgeschichte Europas) ,,ein System 
der griechischen Mythologie"; und diesem beabsichtigte 
er nach Voraufsendung der oben erwahnten griechi- 
schen Ethik ein den ,,Untergang des Heidenthums und 
das Fortleben desselben im Ghristenthum" betreffendes 
Werk folgen zu lassen. (Andeutungen iiber seine Auf- 
fassung des zuletzt genaunten Gegenstandes entlialt 
die in der Anlage befindliche Recension vonSommers 
Schrift). Den Schlufs seiner Plane bildete eine ,,Phy- 

\ 

siologie der Sage." Aber aus der stillen und emsigen 



XV 

Arbeit an der Vollendung und Herausbildung dieser 
grofsen Entwiirfe wurde der eben erst Dreifsigjahrige 
durch den Tod hinweggenommen. Nur wenige Monate 
mit einer Gattin verbunden, an welche ihn seit lange 
eine Neigung gefesselt, die einen verklarenden Schim- 
mer iiber die Bllithenwelt seines Geistes breitete, erlag 
er im Marz 1850 in seiner Heimath einem unheilbaren 
Herzleiden. 

Der erste im Jahre 1851 erschienene Band von 
seinem litterarischen Nachlafs enthalt aufser dem noch 
unter seiner eigenen Leitung Gedruckten als theilweise 
Fortsetzung der Geschichte der homerischen Poesie 
Abschnitte aus der oben erwahnten Habilitationsschrift 
und einem Aufsatze ,,Homer und die Kreophylier" nebst 
vier Aufsatzen unter dem Titel ,,Homerisehe Studien." 
Das Ganze in dem von den Herausgebern Angefugten 
nur auch aufserlich zum Abschlufs Gediehenes enthal- 
tend hat in der Zeitschrift fur die Oesterreichischen 
Gymnasien 1851. S. 861 867 von dem Hrn. Prof. 
G. Curtius, in der Berlinischen Zeitschrift fur das Gym- 
nasialwesen 1 852. S. 475478 von dem Hrn. Dir. Gott- 
s chick und in dem Litterar. Centralblatt fur Deutsch- 
land No. 38, S. 630 f. eine anerkennende Beurtheilung 
gefunden. Diesem zweitenBande verhiefs Stuhr unter 
Aeufserungen reicher Liebe zu dem verblichenen Freunde 
einleitende Worte voraufzusenden, wobei er den Wunsch 
aufserte, dafs nichts von demjenigen, was in Lauers 
Papieren gegen ihn gesagt sei, unterdruckt oder ge- 
mildert werden mochte. Mit Lebhafligkeit erwahnte er 



XVI 

Lauers nach seinem Urtheil treffender Vergleichung 
der Athene und der Valkyrien ; er wollte hieriiber in 
der Vorrede sich auslassen neben genauerem Einge- 
hen auf die geschichtliche Verbindung des scandina- 
vischen Nordens mit dem griechischen Reiche und mil 
Beibringung von Beweisen fiir ein friiheres Bestehen 
dieser Verbindung, als bisher angenommen worden. 
Aber wie Lachmann, der die Vorrede zu dem ersten 
Bande zu schreiben unternommen hatte, folgte auch 
Stuhr nach Jahresfrist dem voraufgegangenen Freunde. 
Mochte die litterarische Hinterlassenschaft des edlen und 
reichbegabten Mannes bald veroffeutlicht werden, so 
weit sie schon jetzt veroffentlicht werden kann. 

Das fur diesen zweiten Band von Lauers litte-- 
rarischem Nachlafs benutzte Material bestand aus einem 
zu Vorlesungen wahrend des Winterhalbjahres 1 847/8 
geschriebenen Hefte Lauers, an welches sich 
reichhaltige Collectaneen lehnten, aus einer besonderen 
im Auszuge und mit theilweisen Aenderungen in dies 
Heft aufgenommenen Abhandlung iiber Athene und zwei 
wahrend der Vorlesung im Winterhalbjahr 1849/50 
nachgeschriebenen zum Theil mit Unterbrechungen bis 
ziemlich zum Schlufs der Athene, d.h. zum Schlufs der Vor- 
lesung reichenden Heften, fur deren bereitwillige Mitthei- 
lung den Hrn. Holm ausLiibeck und Botson in Danzig 
derHerausgeber nicht unterlassen konnle hier seinenDank 
abzustatten, wenn nicht dieRiicksicht auf das freundschaft- 
lich Verhaitnifs, in welcheni namentlich der Letztgenannte 
zu Lauer stand, ihm dies untersagte. Aufser dem 



XVII 

bezeichneten Material waren schriftJiche Aufzeichnungen, 
welche der Herausgeber wahrend miindlicher Mitthei- 
lungen Lauers sich gemacht hatte, deshalb mit zube- 
nutzen, well Lauer bei diesen Mittheilungen manche 
in den nachgeschriebenen Heften nicht erwahnte Punkte 
nach seinem Urtheil besser gefafst hatle, als in dem 
Heft und der erwShnten grofsern Abhandlung. Ersteres 
war in der Einleitung und den beiden ersten Kapitem 
der Prolegomena fast durchgangig mit Sorgfalt ausgear- 
beitet, dagegen von hier ab, namenllich aber in dem drit- 
ten Hauptabschnitt (die griechische Gotterwelt I.) haupt- 
sachlich andeutungsweise; dasselbe war, jedoch in 
geringerem Grade, bei der Abhandlung iiber Athene 
der Fall. Fur den Inhalt gaben, was die Deutungen 
anlangt, die nachgeschriebenen Hefte oft wefthvolle 
Erganzungen; auch boten selbst in dieser Beziehung 
die Collectaneen Manches dar, was aber, well' sie alter 
waren, nur dann benutzt wurde, wenn es mit dem 
Uebrigen iibereinstimmte. In Betrefif der Form durfte 
der Herausgeber, so sehr es sein Bestreben war auch 
hierin das Eigehthumliche beizubehalten, sich die kurze 
sprachliche Ausfuhrung von Gedanken, die haufig nur 
durch ein oder ein Paar Worte angedeutet waren, oder 
die Vornahme von Aenderungen nicht versagen. Dies 
Letztere auch deswegen nicht, weil in dem erwahnten 
Hauptabschnitte die Anordnung des Stoffes bei der 
Darstellung der einzelnen Gottheiten einer durchgrei- 
fenden Umgestaltung unterworfen werden mufste. Lauer 
hatte namlich wahrend der letzten Vorlesung zum 



XVIII 

brauch seiner Zuhorer einen zum Theil erst nach seinera 
Tode geclruckten, die frtihere Anordnung wesentlich 
andernden ,,Gfundrifs zu Vorlesungen iiber ein System 
der griechischen Mythologie" entworfen, unter Vorbe- 
halt einer spa'teren Umarbeitnng des Heftes nach dem- 
selben. Dieser Grundrifs reichte gedruckt bis zur 
Athene einschliefslich I, b (Herrin der Gewasser) tind 
konnte von da ab fur die Darstellung dieser Gottheit 
aus einem Entwnrf mit Zuhiilfenahme des von Herrn 
Dr. Bo ts on nachgeschriebenen Heftes erganzt werden. 
Das Folgende blieb in der Anordnung ungeandert, 
nur dafs die Korybanten, Telchinen u. s. w., welche 
ursprunglich bei dem Kretischen Zeus im Anschlufs an 
die Kureten behandelt waren, hierhergenommen wur- 
den, weil an der betreffenden Stelle des Heftes an- 
gedeutel war, dafs sie von dort ausgeschieden werden 
sollten. Bei all' diesen durch die Verschmelzung 
und Umordnung des Stoffes und die vorgefundene 
Form der Bearbeitung desselben gebolenen Aenderun- 
gen hat jedoch der Herausgeber es sich zur strengen 
Pflicht gemacht, das Sachliche von denselben unbe- 
riihrt zu lassen; weder Einschaltungen noch Ausfiih- 
rungen wurden vorgenommen. Auch erschien es in 
einzelnen Fallen geboten Widerspriiche, wie sie in 
einem allmahlig entstandenen Hefte naturlich sind, un- 
ausgeglichen zu lassen, wenn namlich eine Ausglei- 
chung derselben nur uioglich war durch Entfernung 
von Urtheilen, die an ihrer Stelle eine'Berechtigung 
hatten. In dieser Beziehung moge, um ein Beispiel 



XIX 

hervorzuheben, auf den theilweisen Widerspruch bin- 
gedeutet werden, der zwischen dein auf S. 75 wie 
an andern Stellen und dem auf S. 84 liber den Cha- 
racter der Erdkulte Gesagten stattfmdet. Wie schwer 
tibrigens bei derartigen Zusamnienstellungen die ge- 
wissenhafte Befolgung des Gesetzes 1st, dafs jede 
auch die unbedeutendste Ausfuhrung unterbleibe, 
erhellt von selbst; und es war daher dem Heraus- 
geber lieb, dafs der von Interesse fur die Sache 
erfiillte Neffe Lauers, Herr Cand. med. Stropp, sich 
um deswillen der Aufgabe unterzog das Heft und die 
Abhandlung iiber Athene in Verbindung init den redac- 
tionellen Anordnungen abzuschreiben , weil dies die 
Nothigung gab, die Griinde fiir alle nur irgendwie 
bedeutungsvollen Anordnungen schriftlich zu ent- 
wickeln. 

Obgleich in dein Heft von den Erdgottheiten noch 
in kurzen Skizzen Ge, Rhea, Dione und Aphrodite 
(Eros) behandelt und die ausfiirlichere Darstellung der 
Hera begonnen war, so erschien es doch angemes- 
sener hiervon nichts mehr aufzunehmen. Die Reihen- 
folge, in welcher die iibrigen Erdgottheiten dargestellt 
werden sollten, giebt eiue Skizze in folgender Weise 
an: c 'H$a (ElldSvia. "Hftrj (rarv^a, Ma. Taw- 
[rfdris) Xdyis, Xdyirss. '2ycu. MolQcu (sie haben 
grofse Verwandtschaft zu den weisen Frauen, Feen, 
Nornen.)) A^j\xr\^ (Ilt-qai-yovri (Evyojnr]. 
e (KrQ. ^rrj). Nfyi-Gis. 'A^arsia. 
Mrjns. Mv^uoavvq. Mala. EVQVI/O/LIT] u. A. 



XX 



Von Heroinen, die urspriinglich Erdgottheiten waren, 
gehoren hierher, aufser Jo (s. Hera) Dia u. A. frtiher 
zu erwahnenden : Danae, Niobe, Semele, Alkmene, Leda 
und viele Andere , deren Betrachtung jedoch der He- 
roologie mehr ansteht, als der Mylhologie, weil diese 
Heroinen nur als solche, nicht raehr als Gottinnen, 
Bedeutung haben. [Vergleiche iiber die Umwand- 
lung von Mythen in Sageu Lauers Geschichte der 
homer. Poesie p. 131 sqq.] IJKovrwv ' f c !Aidi]s ff, 

Jiovvaog. Odvarog. XaQwv. Keq- 



Die Inseln der Seligen. Der Glaube an die 
Unsterblichkeit. Die Mysterien. Theologische Speku- 
lation. Untergang und Fortleben des Heidenthums. 
Die Skizze fur die in zweiter Stelle zu behandelnden 
Wassergottheiten war nicht in gleichem Grade festge^ 
stellt; fiir diese wie fur die Erdgotter waren indefs 
die Gollectaneen in derselben Vollstandigkeit vorhan- 
den, wie fr die HimmelsgOfter. 

Auch in diesem ersten Theil der griechischen 
Gotterwelt liefsen mehrere Abschnilte sich nur in einer 
Skizze geben. Zunachst im zweitenKapitel der Einleitung, 
die Litteratur der griechischen Mythologie, iiber welche 
sich zwar noch besondere aber nur Theile betrefifende 
Ausarbeitungen vorfanden. Das hier Gegebene ist 
wortlich dem Grundrifs entlehnt. Dasselbe ist der Fall 
niit dem ersten Kapitel des besondern Theils der Pro- 
legomena (S. 4 1 8), von welchem ebenfalls nur Bruch- 
stiicke vorhanden waren. Die Unterabtheilung dieses 



XXI 

Kapitels ,,das Land der Griechen" veranlafst zu der 
Erwahnung, dafs Lauer eine Geographic zur Mytho- 
logie vermifste, in welcher der Character der Natur 
von Seiten ihres Einflusses auf die Erzeugung heid- 
nisch-religioser Vorstellungen genau dargelegt wiirde. 
Zur Erweiterung dieser Andeutung diene das 
von Lauer iiber den Character des Aegyptischen 
Landes Zusammengestellte. Die Vortrage iiber die 
Sonnen- und Mondgb'tter waren in den nachgeschrie- 
beneu Heften nur mit starken Unterbrechungen aufge- 
zeichnet, weshalb viele Partien fast nur nach der Skizze 
des Gruridrisses gegeben werden konnten. Aber diese 
und andere Lticken in dem vorhandenen Material durf- 
ten den Herausgeber nicht bestimmen , den Entschlufs 
zur Verb'fferitlichung des in diesem Bande Enthaltenen 
aufzugeben. Denn zu dem Wunsche des verblichenen 
Freundes gesellte sich die freudige Ueberzeugung, dafs^ 
auch diese zu Trummern gewordenen Anfange eines 
grofsen Baues Zeugnifs ablegen wiirden von dem 
tiefen und klaren Geiste ihres Urhebers. Es mufs 
freilich als die Sache Anderer betrachtet werden 
iiber den wissenschaftlichen Werth dieses Bruehstuckes 
von einem System der griechischen Mythologie ein 
6'flFentliches Urtheil abzugeben ; dennoch aber vermag 
der Unterzeichnete nicht die Meinung zuruckzuhalten, 
dafs sowohl die Anlage dieses auf einfachen und na- 
turgemafsen Prinzipien beruhenden Systems als von 
der begonnenen Ausfuhrung desselben die ersten Ka- 



xsn 

pitel der Prolegomena und in der griechischen My- 
thologie besonders die Darstellang der Athene und 
der Wolkendamonen theils Anregendes, theils wesent- 
lich Neues nnd Treffliches geben. 

Berlin am 20. December 1852. 



Hermann 



Inhaltsverzeiclmiss. 



Einleitung. Seite 3 19. 

Erstes Kapitel. Ueber das Studium der griechi- 
schen Mythologie S. 3 16. 

Zweites Kapitel. Litteratur der griechischen 
Mythologie S. 1619. 

Prolegomena. S. 20149. 

I. Allgemeiner Theil. S. 20117. 

Erstes Kapitel. Vom Ursprunge der Mythologie 
oder den Elementen der heidnischen Reli- 
gion. S. 2049. . 

1. Das subjective Element der Religion. S. 21 28. 

2. Das objective Element der Religion. S. 2949. 

Zweites Kapitel. Von den vers chiedene n For- 
men der Myth ologie oder der formellen Er- 
scheinung der heidnischen Religion. S. 49 100. 

1. Uebersicht. S. 4956. 

2. Polytheisinus.. S. 5664. 

3. Parsismus. S. 6470. 

4. Schamanenthum. S. 7174. 

5. Gaiolatrie. S. 74 77. 

6. Uranolatrie. S. 7879. 

7. Astrolatrie. S. 7987. 

8. Zoolatrie. S. 8794. 

9. Fetischismns. S. 9497. 
10. Schlufs. S. 97100. 

Drittes Kapitel. Von den Mythen oder der ma- 
teriellen Erscheinung der heidnischen Reli- 
gion. S. 100-117. 

1. Begriff des Mythos. S. 100102. 

2. Ursprung des Mythos. S. 102106. 

3. Form des Mythos. S. 106112. 

4. Inhalt des Mythos. S. 112116. 

5. Methode der Deutung. S. 116117. 

If. Besonderer Theil. S. 118 149. 

Erstes Kapitel. Vom Ursprunge der griechi- 
schen Mythologie (nicht ausgefiihrt). S. 118. 



XXIV 

Zweites Kapitel. Von den verschiedenen For- 
men der griechischen Mythologie. S. 118 132. 

1. Die vorgriechische Form. S. 118 123. 

2. Die pelasgisclie Form. 123126. 

3. Die hellenische Form. S. 126129. 

4. Die hellenistisclie Form. S. 129132. 

Drittes Kapitel. Von den griechischen Mytheri. 
S. 132149. 

1. Ursprung. S. 132. 

2. Form. S. 133. 

3. Inhalt (Uebersicht iiber die Mythendeutungen). 
S. 133-149. 

Die griechische Gb'tterwelt. S. 150, 

Erster Theil. Die Himmelsgo tter. S. 152401. 

Erstes Kapitel. Die Aethergotter. S. 152248. 

1. OVQKVOS. S. 156^164. 

2. KQOVOS. S. 164172. 

3. Zevs. S. 172220. 

4. 'JEftuijfff. S. 220232. 

5. Ituv. S. 233241, 

6. tyqs. S. 241247. 
Riickblick. S. 247248. 

Zweites Kapitel. Die Sonneng5tter. S. 248-285. 

1. "ffhos. S. 249253. 

2. IdaoMuw. S. 253280. 

3. ^ax^nios. S. 280285. 



Drittes Kapitel. Die MondgStter. S. 285309. 

1. Selfa. 285287. 

2. '!AQTS(*IS. S. 287304. 

3. 'jExanj. S. 304309. 

Viertes Kapitel. Die Sterngo tter. S. 309 310. 

Funftes Kapitel. Die Nacht- und Taggotter. 
S. 310311. 

Sechstes Kapitel* Die Wqlkengo tter. S. 311 398. 

1. "ASrivatK. S. 311381. 

2. "Hyataros. S. 381386. 

3. Wolkendamonen. S. 386-396. 

4. Movaai. S. 396398^ 

Siebentes Kapitel. Gottin des Regenbogerts. 

5. 398400. 

Achtes Kapitel. Die Windgotter. S. 400 401. 

Anlage I. Athene mit dem Widder.. S. 402410. 
Anlage II. Recension von: Sommer de TheophilL cum diabolo foe- 
dere. S. 411428. 



System der griechischen Mythologie. 

Prolegomena und erster Theil der griech. Gotterwelt. 



Lauer Griech. Mylhologie. 



E i n I e i t u n 



Erstes Kapitel. 

Ueber das Stadium der griechischen Mythologie. 



1. Begriff der griechischen Mythologie. 

Hie griechische Mythologie, als wissenscKaftliche Discipliix 
genommen, 1st, .in Hirer weitesten Bedeutung, die Lehre 
von dem religiosen Leben der Griechen. Sie umfafst daher 
die drei Richtungen, nach welchen sich alles religiose Leben 
offenbart, folglich auch das griechische : .Glaube (Dogmatik), 
Kultus (Symbolik), sittliches Leben (Moral). Unsrer Eirchen- 
geschichte wiirde eine Geschichte der griechischen Religion 
entsprechen, welche Ursprung, Ausbildung und Untergang 
dieser Religion, so .wie ihre theilweise Fortdauer im Chri- 
stenlhutne zu behandeln hiitte. Ira engern Shine abet 
versteht man unter griechischer Mythologie nur die erste 
Richtung, die Lehre voni griechischen Glauben oder von 
den griechischen Mylhen (griechische Dogmatik). Mi t dieser 
Mythologie im engern Sinne haben ^yir es hier zu 



Die zweite Richtung (Kultus, Symbolik) behandeln die Re- 
ligionsalterlhiimer, die erst in neuster Zeit wieder bearbeitet 
sind; die dritte Richtung (sittliches Leben, Moral) ist bisher 
noch ganz unberucksichtigt geblieben^ und ein System der 
griechischen Moral gehb'rt zu den piis desidcriis. 

Da der Stoff der griechischen Mythologie ein historisch 
gegebener ist, so kann sie selbst, w'enn sie iiberhaupt eine 
Wissenschaft ist, nur eine historische \Vissenschaft sein. 
Ich sage ,,wenn sie iiberhaupt eine Wissenschaft ist;" denn 
es giebt Viele, die alles Ernstes bezweifeln, dafs die grie- 
chische Mythologie einer wissenschaftlichen Behandlung fahig 
sei. Und man kann auch wirklich nicht leugnen, dafs dieser 
Zweifel den Schein fiir sich hat, sehr begriindet zu sein. 
Denn wenn man sieht, wie die griechische Mythologie so 
lange schon und in so unzahligen Werken ohne Prinzipien 
und ohne systematische Form behandelt worden ist, so kann 
man allerdings wohl'zu dem Glauben veranlafst werden, es 
habe rait ihr dieselbe Bewandtnifs, wie mil den griechischen 
Privatalterthumern, die noch nicht wissenschaftlicher Be- 
handlung sich haben fiigen wollen, und von denen ihr neu- 
ster Bearbeiter W. A. Becker in der Vorrede zum Cha- 
ricles p. XIII. ausdriicklich erklart, dads er sie auch einer 
systematischen Behandlung fiir durchaus unfahig halte. 
Und ware es so, liefse die griechische Mythologie keine auf 
bestimmten Principien basierte Darstellung zu, dann diirfte 
sie auch nicht zum Gegenstande akademischer Vorlesungen 
gemacht werden. Aber einerseits darf man doch den Un- 
verstand und die Willkiihr, womit Einzelne einen Gegenstand 
behandeln, nicht diesem selbst zum Vorwurfe machen; 
andrerseits haben die Schriften von 0. Mu'ller, Welcker 

s 

u. A., namentlich aber die von Stuhr hinlanglich gezeigt, 
dafs die Mythen wissenschaftlich behandelt und gedeutet 
werden konnen. Und wie sollten sie auch nicht? Die grie- 



chische Mythologie tra'gt alle Charaktere historischer W.is- 
senschaft an sich: sie lafst sich in ihrer Entstehung als 
auf allgeineinen Principien beruhend, in ihrer formellen 
Erscheinung als nach allgemeinen Gesetzen geschichtlicher 
Entwickelung verlaufend, in ihrer materiellen Erscheinung 
als ein systematischer Gliederung und Darstellung fahiges 
Ganze erkennen. Diese Vorlesungen werden versuchen, 
durch sich selbst den Beweis hierfiir zu liefern. 

1st die griechische Mythologie somit die VVissenschaft 
des griechischen Glaubens, so hat sie damit unmittelbar die 
Moglichkeit und Berechtigung, zu den akademischen Lehr- 
objekten gezahlt zu werden. Ihre Nolhwendigkeit hat sie 
auch von anderer Seite. Was schpn der Name besagt, 
ergiebt sich unten. 

2. Wichtigkeit ihres Studiums. 

Ein Blick auf die mythologische Litteratur, sollte man 
meinen, konne allein hinreichen, von der Wichtigkeit des 
Studiums der griechischen Mythologie z,u iiberzeugen. Nieht 
allein, dafs Jahr aus . Jahr ein eine Menge von Schriften 
dariiber erscheinen, von denen jede ein em langst gefiihlten 
Bediirfnisse abhelfen will; sondern wir besitzen aiich eine 
grofse Menge von Biichern, welche darauf berechnet sind, 
in den verschiedensten Formen fur die verschiedensten 
Klassen der menschlichen Gesellschaft die griechische My- 
thologie pafsrecht zu machen. Wir haben ,,Briefe iiber die 
griechische Mythologie" 1 ) eine ,,griechische Mythologie fiir 
Dilettanten" ? ), ,,fiirKunslliebhaber" 3 ) sogar eine ,,griechische 

a ) Von Demoustier, G. A. Dietl, Caroline von la Mo tte 
Fouque u. A. 

*) Versuch einer griechischen Mythologie fiir Dilettanten. Lon- 
don 1805. 8. 

3 ) Rambach, Abrifs oder Darstellung einer Mythologie fur 
Kunstliebhaber. 2. Thl. 8. Berlin 1796, 97. 



Mythologie fur Kinder" 4 ). Inclefs wollen wir es doch nicHt 
so machen, vvie Jener, der das Dasein Gottes aus deni 
Vorhandensein der Kirchen beweisen wollte. Fur uns hat 
die grofse Riihrigkeit, die auf detn Gebiete der mythologi- 
schen Litteratur geherrscht hat und noch herrschty kei.ne 
weitere Beweiskraft; im Gegentheil ware sie eher geeignet, 
von der Beschaftigung mil der griechischen Mythologie ab- 
zuschrecken. Was sie uns wichtig maxjht, sind ganz andere 
Riicksichten. Erstens die, dafs sie eine Wissenschaft ist 
und als solche gleich alien andern unsre Aufmerksamkeit 
verdient. Und das um so mehr, als dieses Studium trotz, 
vielleicht grade wegen der vielen ihm gewidmeten Biicher 
noch sehr im Argen liegt, namentlich im Vergleich zu den 
iibrigen Disciplinen der klassischen Alterthumsforschung. 
Sodann aber ist das Studium der griechischen Mythologie 
wichtig wegen der grofsen Bedeutung, die es fiir andere 
Wissenschaften hat. Und-zwar ".'-'. 

1) Fiir die Alterthumsforschung selbst. Wenn 
diese sich die Aufgabe stellt, das Alterthum nach alien 
seinen Richtungen zu begreifen, so darf sie natiirlich Eine 
Seite nicht unberiicksichtigt lassen, am wenigsten eine solche, 
die von der allergrofslen Bedeutung fiir das antike Leben 
ist. Es war aber bei den Griechen : wie iiberall die 
Religion die Basis ihres gesammten Lebens, des politischen 
sowohi als des socialen, dergestalt dafs kein Theil des grie- 
chischen Alterthums, weder des in Worten. noch des in 
sinnlichen Formen zu uns redendenj ohne genaue Kenntnifs 
der Mythologie erschopfend verstanden werden kann. 5 ) Der 



4 ) B Ian chard, Mythologie de la jeunesse. Paris 1809. .2 Bde. 
mit Kupferni 

5 ) Vgl. O. Miiller, Prolegg. zu einer wissenschaftlichen Mytho- 
logie. Gottingen 1825. 8. p. 206 sq.' Daher auch mit Recht die 
Beschaftigang mit Mythologie den Schulen neuerdings wieder empfoh- 



ganze grieehische Staat wurzelte in der. Religion oder wurife 
von ihr durchzogen 6 ) ; fast keine irgend bedeutsame Hand- 
lung des Privatlebens war ohne Betheiligung der Religion 7 ) ; 
alle Poesie hatte ihre letzten Wurzeln in der Religion und 
ihre hatiptsachlichsle Stelle an den Gotterfesten"); die Wis- 
senschafl ist von Priestern gepflegt und aus Tempeln her- 



len ist: F. Winiewsky, Ueber die Behandlung der Religion der 
Alien auf Gelehrten-Schulen. Minister 1841. 

6 ) Vgl. C. FT. Hermann Staatsalterthiimer ed. III. .5; 10; 
11 sqq. 74; 100; 105, 12; 113,6; 1J5, 10; 127, 1 ; 129, 1 ; u. a. C. G. 
Haupt de necessitudine quae apud Graecos inter res ~sacraset ci- 
viles intercessit (Quaest. Aeschyl. Spec. II. Lips. 1829. 8. p. 100 sqq.) 
A. Zambelli, Da quali causa derivd rinfluenza politica delle reli- 
gione antiche? Prima causa: le divinazione (giornale dell' Ins tit. 
Lombardp e Biblioteca Italiana. 1844. Fasc. XXVI. p. 169191). 
Der politische Einflufs der Orakel ist bekannt, namentlich der des 
delphisclien (Citate bei Hermann, Staatsalterthhmer . 23, 17. got- 
tesd. Alterth. . 5, 7 nnd . 40). Hieher kann man auch den Ein- 
flufs der Gotthejten auf die Ortsnamen rechnen, /worober Panofka 
in den Sclmfteh der Akademie za Berlin 1840 p. 333 382. nnd 1841 
p. 81^ 107 handelt. E. S. des rapports da droit et de la religion 
dans le ,jnonde aneien (Bibl.nniv.de Geneve. 1844. Juli. p. 5 43) 
vgl. die Asyle. Ueber die Arnphiktyonien, Bode, Gesch. der 
episclien Dichtk. p. 217 not. 

7 ) z.^B. Ehe, Geburt, Begrabnifs, Reise'u. s. w. 

8 ) Dfe alteste Gattung der Poesie, lyrisches Epos, steht in in- 
nigster nnd nnmittelbarer Beziehung znr Religion, O. Mliller L.Q.I, 
26 squj. vgl. Stich, Ueber den religiosen Charakter der griechisehen 
Dichtung und die Weltalter der Poesiei Bamberg 1847. 

Epos: Vortrag an den Gotterfesten. Hymnen. 

Lyrik: Vgl. Bode, Geschichte der lyrischen Dichtkunst der 

Hellenen. Bd. I. Leipzig 1838. 8. Bd. II. 

Bernhardy, L. G. II. 407 sqq., 419 sqq., .438 sqq., 

447 sqq., 465 sqq. 
Drama: Citate bei Hermann gottesd. Alterthum. ; 29, 20. 

Schlegel, Vorlesungen iiber dramatische Kunst and 

Litteratur I. Bernliardy II. 559 sqq. 
Musik und Tanz, die Genossen der Poesie nnd Diener der 

Religion: Hermann a. a. O. .29. Bernhardy II, 

419 sqq. 



8 

vorgegangen e ) ; die Kunst endlich hat im Dienste der ^^ Reli- 
gion ihre schonsten, ewigen Triumphe gefeiert 10 ). 

2) Fiir die Theologje 11 ). Es ist merkwurdig, wie 
weni'g sich unsre Theologen mil den klassischen Religionen 
beschaftigen, auf deren Trummern doch das Christenlhum 
seine erste Statte sich . bereitete. Schon dies geschichllich 
gegebene Verhaltnifs sollte hinreichen, den Blick der Theo- 



9 ) Dies gilt besonders von der Medizin (E. P. A. Gauthier, 
Recherches historiques surTexercice de la medecine dans les tem- 
ples de I'antiquite. Pa;ris und Lyon 1844. 8. \gl. A. Maury in der 
Revue philol. Paris 1845. p. 446 454. E. Curtius, Ueber Askle- 
piosheiligthumer und die damit verbundenen Kurorter des alteii 
Griechenlands, Archaol. Zeitung- 1845. No. 4. Panofka, s. unter 
Asklepios)undden Naturwissenschaften (vgl. Beckmann, dehist. 
veter. nat. cp. 5. Geschichte der Erfindungen Bd. II, 3. p. 364. Mtin- 
ter, Religion der Gartliager p. 66). Doch fand auch die Geschichte 
in der Religion ihre Fitrsorgerin, indem in den Tempeln nicht bios 
chronologisclie Verzeichnisse (z. B. in Argos eines der Heraprieste- 
rinnen, Hellanjc. fragm. ed. Sturz p. 79, Miiller p. XXVII), son- 
dern hin und wieder auch, wie es scheint, eine Art von Archiven 
sich vorfanden. . 

10 ) Petersen zur Geschichte der Religion und Kunst bei den 
Griechen. Hamburg 1845. 4. (1. In welchem Verhaltnifs zur Religion 
entwickelten sich die bildenden Kiinste? ' .2. Welche Eigenthum- 
lichkeit der Religion hat die bildenden Kiinste der Vollendung ent- 
gegengefuhrt ? vgl. Witzschel, Jahrb. fur Ph. und Pad. Bd. XLVI, 
3. p. 271280). David, Recherches sur Tart statuaire chez le's 
anciens et chez:les modernes. Paris 1805. p. 92 sq. Bottiger, An- 
deutungen zur Archaologie. Dresden 1806. p. 154 sqq. Jacobs, 
Verm. Schriften, Bd. III. p. 439 sqq. (Ueber den Reichthum der Grie- 
chen an plastischen Kunstwerken). Heyne, de auctoribus formarum, 
quibus dii in priscis artis operibus eificti sunt (comment. Acad. Got- 
ting. Tom. VIII.) vgl. Hermann, gottesd. Alterth. . 6. Jahrb. fiir 
Ph. und Pad. Bd. XL. 3. p. 346 sq. Schaffer, Ueber die christ- 
lichen Kunstideale, vergiichen mit denen der alten Volker. Ratibor 
1848. 4. 16. S. Prgr. . . . 

Jl ) Vgl. Fi elite, Aphorismen iiber die Zukunft der Theologie 
in ihrem Verhaltnifs zur Spekulation und Mythologie (in seiner Zeit- 
schrift fur Philosophic und spekul. Theologie. 1839. Bd. Ill, 2. 
p. 199. 285). 



logen auf die grieehische Mylhologie zii leiiken. Warurh 
ist sie dem Christenthum gevvichen und " waruni hat sie ihni 
so lange widerstanden (vyie z. B. tier Kultus der Rybele)? 
Diese, fiir die Kirchengeschichte nicht bios, sondern fur die 
ganze Wissenschaft des Christenllmms ungemein wichtige 
Fragen konnen nur beantwortet werden aus einer genauen 
Kenntnifs der griechischen Mythologie. Weit mehr rioch 
aber wird der Theologe auf die heidnischen Religionen, beson- 
ders die grieehische, hingewiesen durch die Unraoglichkeit, 
das Wesen des Christenthums zii erkennen, wenn er seinen 
Slandpunkt nicht iiber demselben . nimint, es iin Gegensatze 
zu den ubrigen Formen des religiosen Bewufstseins betrachtet 
und in seiner Gattungsgleichheit mil andern Arten des reli- 
giosen- Lebens. Dies ist von den einsichtsvollern Theologen 
ich nenne nur Schleiermacher und Nitzsch u ) ^~ 
sehr wohl bemerkt \vorden, oline dafs sie jedoch bis jetzt 
mil ihrer Anmahnung Gehor gefunden hatten. Es findet 
jetzt yielmehr grade das Gegentheil von dera statt, was vor 
dreihundert Jahren. war. Damals und bis zu Anfang des 
achtzehnten Jahrhund^rts waren die Theologen sehr eifrige, 
ja fast die einzigen My tholpgen ; und wenn sich zwar nicht 
leugnen liifst, dafs ihre Beschaftigung mil der griechischen 
Mythologie dieser wenig Nutzen gebracht hat, sie durch das 
Bestreben, Vergleichungen zwischen griechischen Mythen 
und Erzahlungen des Alien Testaments herzustellen, die 
grieehische Religion als eine allmahlige Verkiimmerung der 
durch Gott dem Moses gemachten Offenbarungen zu erwei- 
sen, viel Verwirrung auf dem Gebiete der griechischen 
Mythologie angerichtet haben (Phrixos oder Iphigenie gleich 
Isaac, Achill gleich Christus) : so darf ihnen dessenungeachtet 

12 ) Schleiermacher, der christl. Glaube. II. Aufl. Berlin 
iSSO. I, p. 42 sqq. Nitzsch, System der christlichen Lehre e^. V. 
Bonn 1844. 8. . 5. 



to 

unsere Anerkennung nicht versagt werden , .weilsie, 
obschon befangen in den beschrankten Ansichten damaliger 
' -Dogma tik und durch sie zu unrichiiger Methode verleitet, 
mil Takt erkannten, dafs Heidenthum und Chrislenthum, in 
wiefern nemlich beide sich unter den allgemeinen Begriff 
der Religion subsumiren, eine, freilich nicht aufserliche Ver- 
wandtschaft, haben, und demnach das Studium der Mytho- 
logie mit dera der Theologie verbunden werden miisse 13 ). 
Namentlich aber in unserer Zeit ist das Studium der grie- 
chischen Mythologie fur den Theologen von der grofsten 
Bedeutsamkeit. Der Zeit, in welcher ein namhafter Theolog 
in Neander's Denkwiirdigkeiten u ) , das griechische Hei- 
denthum fiir eine Ausgeburt tiefer Verdorbenheit, niedrigster 
Entsittlichung ohne Widerspruch erklaren durfte, ist eine 
andere gefolgt, die mit Geist, Scharfe und Gelehrsamkeit 
:das Ghristenthum mythisch zu machen und zugleich mit dem 
.Heidenlhume als einen anthropologischen Traum zu erweisen 
sucht. Diesen AngrifFen auf das Christenthum kann wis- 
senschaftiich der Theologe nur widerstehen, ^Vnn er sich 
in das Heidenthum selbst vertieft und sich dadurch klar 
wird liber den Unterschied , der zwischen Heidenthiun und 
Chrislenthum besteht. So iange dieser Unterschied nicht 
deutlich erkannt und dargelegt ist, werden sich christliche 
Theologen und unchristliche Anthropologen unversohnt und 
unbesiegt gegeniiberstehen. . 

3) Fiir die Geschiehtsforschung. Dafs auf dem 
Gebiete der griechischen Geschichte ohne Kenntnifs der 



13 ) Vgl. Note 12 und P..F. Stuhr, das Verhaltnifs xler christ- 
lichen Tlieologie zur Plulosopliie und Mythologie. Berlin 1842. 8. 

14 ) Aag. Neanders Denkwurdigkeiten aus der Geschichte des 
Christenthums und des christlichen Lebens. Berlin 1823. Bd. I.: 
Ueber das Wesen und den sittlichen Einflufs des Heidenthums, be- 
sonders unter Griechen und Rb'merh , mit Hinsicht auf das Olm- 
stenthum. 



11 

Mytholtigie in vielen Theilen nichts anzufangen sei, ist Jedem 
bekannt, der sich mit griechischer Geschichte beschaftigt 
oder aueh nur einen Blick in die Schriften O. -Millie FS 
gethan hat. Die griechische Geschichle beginnt nicht bios, 
vvie alle Geschichte, ganz mythisch, sondern sie ist mit 
mythischen Elementen fast bis auf die Perserkriege so durch- 
zogen, dafs, wer eine wahrhafte Kenntnifs des wirklich Ge- 
schehenen erwerben will, dies nieht anders kann, als indem 
er sich eine wahrhafte Kenntnifs des Mythischen erwirbt 
und so zur Unterscheidung beider miteinander yerflochtenen 
Elemente befahigt. Eine Unterscheidung, die keineswegs 
so leicht ist, als man denken sollte 15 ). \Vie ware sonst em 
Professor N, N. darauf gekommen, den Herakles fiir den 
Anfiihrer einer schwarzen Schaar, fiir einen Parteiganger, 
der sich der Sache eines jeden Unterdriickten angenommen, 
zu erklaren? Oder umgekehrt: \vie haiten Andere behaupten 
konnen, die ganze griechische Geschichte bis lange nach 
den Olympiaden seien nur mythische Trjiume? z. B. der 
trojariische Krieg kein wirklicher Krieg, sondern mythische 
Darstellung der Zustande und Veranderurigeri der troischen 
Ebene, ihre Ueberschwemmung durch den Skamandros u. s. w. 
Es giebt aber noch einen andern Gesichtspunkt, von 
dein aus das Studium der griechischen Mythologie detn Hi- 
storiker wichtig erscheinen mufs. Seit dem Ende des vori- 
gen Jahrhunderts hat sich die Wissenschaft von verschie- 
denen Gebieten aus der Frage iiber die Urgeschichle der 
Menschheit bemlichtigt. Die grofsen, damals angeregteri, 
Untersuchungen iiber den Ursprung der Staaten, der Sprache, 
des Menschengeschlechts und seiner Verbreitung iiber die 
Erde, sind seitdem sehr umfassend fortgefiihrt \yorden, na- 



") Lob ell, Weltgeschichte in Umrissen und Ansfdhrungen. 
Leipzig 1846. Bd. I, 51 sq. vgl. O. Miiller Prolegg. p. 315 sqq. 



8 

vorgegangen 9 ); die Kunst endlich hat im Dienste der 
gion ihre schonsten, ewig'en Triumphe gefeiert 10 ). ".,'., 

2) F ii r. die T h e o 1 o g.i e "). Es is.t merk wiirdig, wie 
wenig sich unsre Theologen mil den klassischen Religionen 
beschaftigen, auf deren Trummern doch '.das Ghristenlhum 
seine erste Statte sich . bereitete. Schon dies geschichllich 
gegebene Verhaltnifs sollte hinreichen, den Blick der Theo- 



9 ) Dies gilt besonders von der Medizin (E. P. A. Gauthier, 
Recherches historiques sur 1'exercice de la medecine dans les tem- 
ples de 1'antiquite. Paris und Lyon 1844. 8. ygl.'A. Maury in der 
Revue philol. Paris 1845. p. 446 454. E. Curtius, Ueber Askle- 
piosheiligthumer Und die datnit verbundenen Kurorter des'alteh 
Griechenlands , Archaol. Zeitiing 1845. No. 4. Panofka, s, unter 
Asklep.ios) und den Natuiwissenschaften (vgl. Beckmann, dehist. 
veter. nat. cp. 5. Geschichte der Erfindungen Bd. II, 3. p. 364. M "un- 
ter, Religion der Cartliager p. 66). Doch fand auch die Geschichte 
in der Religion ihre Fiirsorgerin, indem. in den Tempeln nicht bios 
chronologisdie Verzeichnisse (z. B. in Argos eines der Heraprieste- 
rinnen, Hellanjc. fragm. ed. Sturz;p. 79, Muller p. XXVII), son- 
dern hin und wieder auch, wie es scheint, eirie Art vbn Archiven_ 
sich vorfanden. . 

10 ) Petersen zur Geschichte der Religion und Kunst bei den 
Griechen. Hamburg 1845. 4. (1, In welchein Verhaltnifs zur Religion . 
entwickelten sich die bildenden Kiinste? . 2. Welche Eigenthum- 
lichkeit der Religion hat die bildenden Kunste der Vollendung ent- . 
gegengefdhrt ? vgl. Witzs ch el, Jahrb. fur Ph. und Pad. Bd. XL VI, 
3. p. 271 280). David, Recherches sur Tart statuaire chez les 
anciens et chez:les modernes. Paris 1805. p. 92 sq. Bottiger, An- 
deutungen zur Archaologie. Dresden 1806. p. 154 sqq. Jacobs, 
Verm. Schriften, Bd. III. p. 439 sqq. (Ueber den Reichthum der Grie- 
chen an plastischen Kunstwerkeh). Heyne, de auctoribus formarum, 
quibus dii in priscis artis operibus eiFicti snnt (comment. Acad. Get- 
ting. Tom. VIII.) vgl. Hermann, gottesd. Alterth. . 6. Jahrb, fur 
Ph. und Pad. Bd. XL. 3. p. 346 sq. Schaffer, Ueber die christ- 
lichen Kunstideale, verglichen mit denen der alien Volker. Ratibor 
1848. 4. 16. S. Prgr. . . 

11 ) Vgl. Fi elite, Aphorismen iiber die Zukunft der Theologie 
in ihrem Verhaltnifs zur Spekulatioh und Mythologie (in seiner Zeit- 
schrift fur Philosophie und spekul. Theologie, 1839. Bd. Ill, 2. 
p. 199. 285). . 



' '' . . ' 9 

logen auf die grieehische My thologie zir leiiken. Warurh 
ist sie dem Ghristenlhum gewichen und wartmi hat sie ihoi 
so lange widerstanden (wie z. B. dor Kultus der Rybele)? 
Diese, fiir die Kirchengeschichte nicht bios, sondern fur die 
ganze Wissenschaft des Christenlhums ungemeiii wichtige 
Fragen konnen nur beantwortet werdeh aus einer geriauen 
Kenntnifs der griechischen Mythologie. Weit mehr rioch 
aber wird der Theologe auf die heidnischen Religionen, bespn- 
ders die grieehische , hingewiesen durch die Unmoglichkeit, 
das Wesen des Christenthums zii erkennen^ vvenn er seinen 
Standpunkt nicht iiber demselben nimmt, es im Gegensatze 
zu den ubrigen Formen des religiosen Bewufstseins betrachtet 
und in seiner Gattungsgleichheit mil anderri iArten des reli- 
giosen Lebens. Dies ist von den einsichtsvollern Theologen 
ich nenne nur Schleiermacher und Nitzsch 12 ) 
sehr wohl bemerkt worden, ohne dafs sie jedoch bis jetzt 
mit ihrer Anmahnung Gehor gefunden batten. Es findet 
jetzt yielmehr grade das Gegenlheil von dem statt, was vor 
dreihundert Jabren. war. Damals und bis zu Anfang des 
achtzehnten Jahrhunderts waren die Theologen sehr eifrige, 
ja fast die einzigen Mytholpgen; und wenn sich zwar nicht 
leugnen lafst, dafs ihre Beschaiftigung mit der griechischen 
Mythologie dieser wenig Nutzen gebracht hat, sie durch das 
Bestreben, Vergleichungen zwischen griechischen' My then 
und Erzahlungen des Alien Testaments herzustellen , die 
grieehische Religion als eine allmahlige Verkiimmerung der 
durch Gott dem Moses gemachten Offenbarungen zu erwei- 
seri, viel Verwirruhg auf dem Gebiete der griechischen 
Mythologie angerichtet haben (Phrixps oder Iphigenie gleich 
Isaac, Achill gleich Christus) : so darf ihnen dessenungeachtet 

la ) Schleiermacher, der christl. Glaube. II. Anfl. Berlin 
1830. I, p. 42sqq. Nitzsch, System der christlichen Lehre eii. V. 
Bonn 1844. 8. . 5. 



to 

*d0ch unsere Anerkennung nicht versagt<werden^\veil;sie, 
absehon befangen in den beschrankten Ansichten damaliger 
Dogmatik und durch sie zu unrichtiger Methode verleitet, 
mil Takt erkannten, dafs Heidenthum und Christenthum, in 
wiefern nemlich beide sich unter den ^allgemeinen Begriff 
der Religion subsumiren, eine, freilich nieht aufserliche Ver- 
wandtschaft, haben, und demnach das Studium der My tho- 
logie mil dem der Theologie verbunden wer.den musse 13 ); 
Namentlich aber in unserer Zeit ist das Studium der grie- 
.chischen Mythologie fiir den Theologen von der grofsten 
Bedeatsamkeit. Der Zeit, in welcher em namhafter Theolog 
in Neander's Denkwurdigkeiten 14 ), das griechisehe Hei- 
denthum fiir eine Ausgeburt tiefer Verdorbenheit, niedrigster 
Entsittlichung ohne Widerspruch erklaren durfte, ist eine 
andere gefolgt, die mil Geist , Scharfe und Gelehrsamkeit 
;das Christenthum mythisch zu machen und zugleich mit dem 
iHeidenthuine als einen anthropologischen Traum zu erweisen 
sucht. Diesen Angriffen auf das Ghrislenthum kann wis- 
senschaftHch der Theologe nur widerstehen, wenn cr sich 
in das Heidenthum selbst vertieFt und sich dadurch klar 
wird liber den Unterschied, der zwischen Heidenthum und 
Ghrislenthum besteht. So Jange dieser Unterschied nicht 
deutlich erkannt und dargelegt ist, werden sich christliche 
Theoiogen und unchristliche Anthropologen unversohnt und 
unbesiegt ; gegeniiberstehen. 

3) Fiir die Geschichtsforschung. Dafs auf dem 
Gebiete der griechischen Geschichte ohne Kenntnifs der 



13 ) Vgl. Note 12 und P. F. Stuhr, das Verhaltnifs der christ- 
lichen Theologie zur Philosppliie und Mythologie, Berlin 1842.. 8. 

14 ) Aug. Neanders Denkwurdigkeiten aus der Gesclrickte des 
Christenthums und des christlichen Lebens. Berlin 1823. Bd. I. : 
Ueber das Wesen und den sittlichen Einflufs des Heidenthnms , be- 
sonders nnter Griechen und Bomern,, mit Hinsicht auf das Gliri- 
stenthum. 



11 

Mythologie in vielen Theileri nichts anzufangeri sei, ist Jedem 
bekanntj der sich mit griechischer Geschichte beschaftigt 
oder aneh nur einen Blick in die Schriften 0. Miillers 
gethan hat. Die griechische Geschichle beginnt nicht bios, 
\vie alle Geschichte, ganz my thisch, sondern sie ist mit 
mythischen Elementen fast bis auf die Perserkriege so durch- 
zogen, dafs, wer eine wahrhafte Kenntnifs des wirklich Ge- 
schehenen erwerben will, dies nieht anders kann, als indem 
er sich eine wahrhafte Kenntnifs des Mythischen erwirbt 
und so zur Unterscheidung beider miteinander verflochtenen 
Elemente befahigt. Eine Unterscheidung, die keineswegs 
so leicht ist, als man denken sollte 15 ). Wie ware sonst ein 
Professor N, N. darauf gekommen, den Mierakles fur den 
Anfiihrer einer schwarzen Schaar, fiir einen Parteiganger, 
der sich der Sache eines jejden Unterdriickten angenommen, 
zu erklaren? Oder umgekehrt: wie halten Andere behaupten 
kohnen, die ganze griechische Geschichte bis lange nach 
den Olympiaden seien nur niythische Traiimie? z. B. der 
tfojariische Krieg kein wirklicher Krieg, sondern mythisehe 
Darstellung der Zustande und \ 7 eranderungen der troisehen 
Ebene, ihre Ueberschwemmung durch den Skamandros u. S; w. 
Es giebt aber noch einen andern Gesichtspunkt, von 
dem aus das Studium der griechischen Mytholbgie dein Hi- 
storiker wichtig erscheinen mufs. Seit dem Ende de& vori- 
gen Jahrhunderts hat sich die Wissenschaft von VerscKie- 
denen Gebielen aus der Frage iiber die Urgeschichte der 
Menschheit bemachtigt. Die gTofsen , damals angeregteh, 
Untersuchungen iiber den Ursprung der Staaten, der Sprache, 
des Menschengeschlechts und seiner Verbreitung iiber die 
Erde, sind seitdem sehr umfassend fortgefiihrt Ayorden, na- 



ls ) L 6 b ell, Weltgeschichte in Umrissen and Ausfdhrungen. 
Leipzig 1846. Bd. I, 51 sq. vgl. O. Mullet Prolegg. p. 315 sqq. 



12 

mentlich durch die vergleichende Sprachforschuhg l6 ). Aufser 
der Sprache aber giebt es fiir die Erkenntnifs jener Urzeit 
nur noch eine Quelle: die Mythologie. Die Mythologie ist, 
neben der Sprache, die alteste Produktion des menschlichen 
Geisles und gleich ihr so geartet, dafs siej trolz aller Ab- 
wandlungeri und Fortbildungen, einen gewissen granitnen 
Kern bewahrt, der, ewig sich selbst gleich, sich durch das 
ganze Leben eines Volkes hindtirch erhalti Dieser Kern ist 
das Erblheil der betreffenden Volker aus ihrer Urzeit und 
giebt Aufschlufs iiber den Urzustand des beziiglichen V6I- 
kerkomplexes , ev. der Menschheit. Ich will nicht sagen, 
dafs der Mythologe auf Erkennen dieses Kerns sein Haupt- 
augenmerk richten miisse; aber jedenfalls mufs erihn.be- 
achlen, theils weil es an und fiir sich wichtig ist, theils, 
\vie gesagt, fiir den Geschichtsforscher von grofser Bedeu- 
tung. Ich werde spaterhin noch einiges Na'here hieriiber 
bemerken. 

4) Fiir die Philosophic scheint die Mylhologie am 
wenigsten Interesse zu liaben. Sie scheinen vvie Glauben 
und Wissen sogar einander gegenuber zu stehen. Indefs 
abgesehen dayon, dafs die Religionsphilosophie einer genauen 
Kenntnifs aller Religionsformen, also auch der griechischen, 
b'edarf, ist es fiir die Geschichte der -Philosophic durchaiis 
rtothwendig, eine Einsicht in die reKgiosen Ziistahde bei den 
Griechen zu haben. Denn wie die eigentliche Philosophic 
erst ein Kind des griechischen Geiste.s ist, so ist \viederum 
die'griechische Philosophic aus der Religion hervorgewach- 
sen und hat sich zuerst als theologische Spekulation offen- 
bart. Wer kann die Lehren des Pythagoras bis in ihre 
letzten Griinde verstehen; wer die phantastischen Korabina- 



1G ) Man vgl. statt weiterm Kuhn, Zur altesten Geschicbte der 
indogerm. Volker. Berlin 1845. 4. 18 S. 



13 

tionen der .Neuplatoniker , ohne Rucksicht auf die religib'sen 
Ideen, die mylhischen Vorstellungen zu nehmen, : unter deren 
Einflufs jene Philosophien entstanden? 

.. Ich schliefse diese Bemerkungeri iiber die Wichtigkeit 
des -Stadiums der griechischen Mythologie, obgleich sie sich 
noch weiter fuhren liefsen i7 ). Am liebsten ware ich ihret 
iiberhoben gewesen. Allein ich sehe, dais man gegen die 
griechische Mythologie sehr gleichgiiltig ist, nicht aus Apar 
Ihie, sondern aus dem unbegriindeten Vorurtheile, dafs die 
Beschaftigung mit ihr durchaus irrelevant sei. 

3. Schwierigkeit ihres Studiums. 

Bei aller Wichtigkeit des Studiums (i der griechischen 
Mythologie darf man doch nicht die Schwierigkeiten iiber- 
sehen, mit welchen dasselbe verbunden 1st. Der unermefs- 
liche Stoff sehr zerstreut und fragmentarisch; die Schriften, 
die ihn iibeiiiefern, liickenhaft, verderbt; der Stoff selbst 
durch eine miihsame Kritik zu sichten und zu verbinden. 

Macht so schon das Herbeischaffen , Sichten und Ver- 
binden des mythologischen Materials grofse Schwierigkeiten, 
so steigern sich dieselben bedeutend, sobald wir nach dem 
geistigen Inhalte fragen, der in dieser mythischen Hiille 
sich niedergelegt hat. Denn der auf uns gekommene my- 
thologische Stoff bleibt im Allgemeinen doch stets derselbe, 
wenn er auch im Laufe der Zeit durch die Fortschritte der 
Interpretation und Kritik sich im Einzelnen modificierl oder 
durch neuentdeckte Quellen hier und da anwachst. Und 
so kann, well sich der Stoff bis auf einen gewissen Grad 



") Choleviu.s^ Von der Einfahrung der antiken Mythologie in 
die Poesie der Deutschen; eine geschichtliclie Uebersicht. Konigs- 
berg 1843. 4. 24 S. Progr. Just. Henr. Rumker, diss. de my- 
tbologiae Deorum gentilium abusu in poesi Christiana. Lips. 1709. 4. 
Acta Erudit. 1693. p. 149. 



14 

mil objektiver Sicherheit zusammenbringeu Jafst, der Fleifs 
der Vergangenheit uns bei unsern mythologischen Studieii 
Erleichterung und Nulzen verschaffen. Aber die Belebung 
dieses Stdffes, die Deutung der Mylhen, ist sowohl in frii- 
hern Jahrhunderteri als in unserer Zeit so oft von falschen 
Principien aus unternommen, so sehr von ungehorigen Ein- 
flussen, beschrankten und vorgefafsten Meinungen, nicht sel- 
ten von reinen , Zufalligkeiten bestimmt word en, dafs von 
einem eigentlichen Vortheile, der aus den Deutungen frii- 
herer Mythologen fiir uns zu gewinnen \viire, Jiur sehr be- 
dingt die .Rede sein kann. Ja, ich stehe nicht an zu behaupten, 
dafs ein System der gr. Mythologie, eine Behandlung dieser 
Disciplin nach wissenschaftlichen Grundsatzen bis jetzt noch 
zu d0n frommen Wiinschen gehort. 

Jedoch diese Schwierigkeiten aus friihern Deutungen 
der My then sind riur zufiillige. Man kann sich ihrer entle- 
digen, wenn man die altern Behandlungen der griechischen 
Mythologie bei Seite lafst. Und dies zu thun mochte ich 
alien Denen rathen, die griechisehe Mythologie studieren und 
verstehen lerhen wollen. Welcher Manner Schriften ich da-r 
von ausnehme, will ich .spater angeben. Hier mache. ich 
noch auf andere Schwierigkeiten aufmerksam, die sich jedem 
Einzelnen mehr oder weniger entgegenstellen: es sind die 
Schwierigkeiten, die in der geistigen Iridividualitat jedes Ein- 
zelnen beruhen. 

Man mufs namlich von der Mythologie nicht glauben, 
dafs ein Jeder, der sich mit ihr beschafUgt, nun auch im 
Stande sei, sie zu verstehen, oder gar zu ihrer Aufhellung 
beizutragen 18 ). Dies ist ein Irrthum > der eine Menge hochst 
unbrauchbarer Schriften hervorgebraeht hat. Die Mythologie 
verlangt, wie jede andere Wissenschaft, eine gewisse Wahl- 



18 ) O. Miiller, Prolegg. p. 293. 



15 

verwandtschaft de$ Subjekts mit ihr; nur wo diese /stattfin- 
det, offenbart sie sich dem forschenden Geiste. Nicht ? AHe 
sind befahigt zur Mathematik oder Philosophic oder zu Spraeh- 
studien und naturvvissensehaftliehen Beobachtungen. Ebenso 
Wenig reicht das Sich - mit - My thologie - beschaftigen - wollen 
und wirklich beschaftigen aus, Urn diese Beschaftiguug zii 
einef erspriefslichen zu machen. Mag Jemand noch so viel 
Generalbafs stiidieren, sobald er nicht Melddien ira Kopfe hal^ 
wird er iiie ein K oniponist werden ; und ein Mythenlorscnr 
kann alle Einzelheiten der griechischen My thologie kennen 
und mufs davor^ wie vor einem Rathsel stehen, wenii der 
Inhalt dieser mythischen Fdrmen nicht schon in seinem 
Geiste lebt. Es fragt sich, welche Qualification der wahre 
Mythenforscher haben miisse? a) Lebendiges Natur- 
gefiihl, d. h. die Fahigkeit poetischer Auffassung derNatur 
oder vielmehr die Fahigkeit des Wiederempfindens einer 
solchen Auffassung (Welcker, theilweise For ch hammer), 
b) Hislorischen Sinn, um das Verhallnifs einzelner My- 
then und Sagen zur Gesehiehte und auch dev ganzen My- 
thologie zur Nationalgeschichte richtig erkennen und beur- 
theilen zu konnen (Stuhr, 0. Miiller). c) Grofse kjri- 
tische Nuchternheit, obgleich damit nicht eine solche 
gemeint ist, vvie sie J. H. Vofs besafs, aber eine solche, 
wie sie Creuzern fehlte. Diese drei Eigehschaflen sind 
es, welche ein Mythenforscher besitzett mufs; die erste, um 
den Ursprung, die zweite um die formelle Ersdheinung, die 
dritte um die materielle Erscheinung der My then zu er- 

^- .""'.-'" 

griinden; Ihre Verschiedenarligleit macht freilich ihre Ver- 
einigung in Einer Person zu etwas, das nicht liberall und in 
Jedem sicK vorfindet. Z. B. 0. Miiller hatte b + c, aber 
nicht a; Stuhr a-fb, weiiiger G; VVeleker a in hohem 
Grade, wenigei- b -j-c; Lobeck c, aber nicht so a-j-b. 
Gleichwohl mufs man sich hierdurch nicht abschrecken 



16 

lassen von der Beschaftigung mil der Mythologie. Wer nicht 
selbstslandige Forschungen zu machen bez\veckt, derbedarf 
der zweiten und dritten Eigenschaft weniger; nur die erste 
ist unter alien Umstanden unerlafslich. Wir verlangen nicht 
vonJedem, der Philosophic studiert, dafs er selbst im Stande 
sei, tiefe philosophische Gedanken zu producieren; wohl aber, 
dafs er die gedachten nachderiken, wiederdenken konne. 
Grade so ist es bei dem Studium der Mythologie: ihr Ver- 
standnifs ist gekniipft an die Fahigkeit, Naturempfundenes 
.wieder zu empfinden. Wer die Erde nicht als Mutter, den 
Mond nicht als keusche Jungfrau, den Winter nicht als Greis 
oder Wittwe u. s. \v. empfinden kann, dem freilich mufs die 
Mythologie ein Buch rait sieben Siegeln bleiben. 



Zweites Kapitel. 

Litteratur der - griechischen Mythologie. 



I. daellen: O. Muller Prolegg. za einer wiss. Myth. Getting. 
. 8 p. 81 sqq, . 

A. Directe. . 

.. 1) Schriftliche. . . .. . 

a) Dichter. , 

) Epiter: Schol. Venet. in Homer, ed. Villoison. Venet. 

1788. fol. Bekker. Hesiodi, Eumeli etc. frgin. ed. 

Ma rckscheffel Lips. 1840. 8. HesioiH Thepg. ed. v an 

Lennep. Amste!o4. 1843, 8. Schomann. Apoltonii 

- Rhod. .ArgonautidW'ed. .Wellanef. Lips. 1828. 8. II. 

CaUimnchi Hymni etc. ed. Ernesti. LB. 1761. 8. II. 

: (Ez. Spanheim). -^ Tzetzae commentarii in Lyco- 

phronem ed. C. G. Muller. Lips. 1811. 8. Ill, 

M. G. Hermann Handb. d. Myth. Bd. I. Hoin. u. 
Hesiod. Berlin 1787. 8; 1800. 8. G. E. Burk- 
hardt Handb. d. klass. Mythol. Bd. I. (Horn. . 
Hesiod.) Leipzig 1843. 8. 



17 



/9) Lyriker : Poelae Lyrici Graeci ed. B er gk. Lips. 1843. 8. 
Piridafi Opp. ed. Bockh. Lips. 1811 sqq. 4. ID. 
(Gotschel. Zeyss. Eberz. Seebeck. Bippart.) 

M.G. Hermann: Handb. d.Myth. Bd. n. Berl. 1790. 8. 

y) Dramatiker: Aischylos (Cunerth. Klansen. Haym. Scho- 

mann. Zimmermann. Nagelsbach.) SopJioliles (Schwab. 

Fittbogen. Heaser, Peters.) Euripides (Mutter. Rum- 

pel. lessen.) . 

Aristophanes (Bottiger.) Schol. in Aristoph. Paris. 
1842. 4. 
6) Prosaiker. 

) Geschichtschreiber: C. Miiller Fragmenta Hist. Grae- 
cor. Paris. 1841 sqq. 4. HI. 

) Mythographen : ' A. Westermann Mythographi 
Graeci. Brunsv. 1843. 8. JpoHorfori Bibt. ed. 
Heyne. Getting. 1803. 8. U. ed. Clarier. Paris 
1805. 8. II. . | ; 

/S/J) Logographen: Pherecydis et Acusilai fragm. ed. II. 
Sturz. Lips. 1824. 8. Hellnnici fragm. ed. II. 
Sturz. Lips. 1826. 8. " : 

yy) Historiographen : Herodot (C.reuzer Comment. 
Herodot. P..L Lips. 1818. 8. Th. Studer Quafide 
dixerit Herod. Graecos- ab Aegyptiis deos*suosac 
religiones accepisse? Berol. 1830. 4. ^'Botticher. 
Hoffmeister.) Xenophon (J. Grammias Hist, deoram 
ex Xenoph. Havn. 1715. 4.) Diodoros ed. Wesse- 
ling. Amstelod. 1746. fol. He.yne de fontibns 
Diodori, vor ed. Bipont. Tom. I. p.. XIX sqq.) 
Plutnrch. . . . 

rfJ) PoUtienschreiber: Beraclidis Politiarum quae extant 

rec. P. G. Schneidewin. Getting. .1847. 8. 
fs), Periegeten: Preller de historiaatqne arteperiege- 
. tarnm .(Polemonis frgm: Lips. 1838. 8. p. 155 sqq.) 

Pausanias (Konig de Pausaniae fide et aucto- 
ritate. Berol. 1832. 8.) ed. Siebelis. Lips. 
182228. 8. V.. ed. S chub art et Walz. Lips. 
1838. 8. II. ed. L. Dindorf. Paris. 1845. 4. 
ff) Geographen: Stralo ed. Casanbonus. Genev. 1587. 
fol. ed. Kramer. Berol. 1844 sqq. 8. 1. u. II. Uebers. 
von Groskurd. Berl. 1831 sqq. 8. IV. Stephanus 
Byznntius ed. Meineke. Berol. 1849 sq. 8. II 
TJTJ) Miscellanschriftsteller: Athenacus ed.. Sch-weig- 
hauser. Bipont. 1801 sq. 8. XIV. Dindorf.: 
C ob et. Lucianus. Paradoxographi graeci ed. 
Westermann. Brunsyig. 1839. 8. 
Griech. Mythologie. 2 



IS 



Lexikograpken : He&jahfas ed. Alfeerti. LB. 1746 
und 66. fol. II. Suidas ed. Gaisford. Oxon. 1834. 
fol. II. ed. Berntardy. Hah 1835 sqq. 4. 
/S) Redher: Oratores Attici ed. J. Bekker. Berol. 1823 sq. 

8. V. ed. Baiter et Sauppe. Turks. 1838 sqq. 4. 
y)- Philosophen : Diogenes Lnef tins '&A^H^ibn en Lips. 1828. 
, S. IV. (III. u. IV. Commentar deS Menage.) Cicero de 
Nat. Deor. ed. Moser et Creu^ert Lips. 1818. 8. 

AniiaGm CornuJMs (Phurttutus) 5r^i ^fwv (pvascos ed. 
. Fr. Osann. Getting. 1844. 8. 
2) ;Stoffliche. : . 
n) Archaologische Denkmaler : O. Mftll er Handb. d. Arcjiaologie 

und Kunst. ed. HI. Breslau 1847* 8. 

ft} Miinzen: Eckhel Doctrina nummorum. Vindob. 1792 98. 

4. VIII. Mionnet Description, de medailles antiques. Pa- 

ris 180619. 8. VI. und I. Abbild. Sftpplem. ebend. 1822 bis 

32. 8. IX. 

) Inschriften: Bockh Corpus inscr. Gr* Bef 61. 1825 sqq. fol. 

I-IH, 2. 
B. Indirekte Quellen. 

1) Roinische Sclmftsteller : Cicero (A, l,b,y) Auctores mytho- 
graph! latini (Hyginus, Falgentitis, Lactantias, Albricus) ed. 
A. v. Staveren. LB. 1742. 4. A. Mai Classic! auctores e codd.- 
Vatic. Tom. II[. Rom. 1831. 8; (G. H. Bode Scriptores rer. 
mytliic. latini tres. Cellig 1834. 8. II.) 

2) Cliristliche Apologeteii: Athvnagoras nfje ffji&ta ns gl XQIGTIKVUV 
ed. Rechenber-g. Lips. 1685. 8. TatiMi TIQOS "JSMyvas ed. 
Worth. Oxoiu 1700. 8. -^- C?Jcmes,von Alexandrien Opp. ed. 
Klotz. Lips. 1831 sqq. 8, IV. Enseltius Evnyyehxrls KTIO- 
SstfratS nccQaffxev^ ed. Gaisford. Oxon. 1843. 4. IV. Ar- 
nobius ad versus nationes libb. VII. d. Hil deb rand. Halis 
1844.8; ed. Oehler. Lips. 1846. 8. . -r- Lactantius Divinae 
institutiones ediO, F.Fritzs che. Lips. 1842. 8. 

II.. Hiilfsmittel. 

-A. Schriftwerke : Joannis Bocatii negi ytveKkoytas deorum libri 
XV. Venet. 1472. fol. Basil. 1552. fol. Lili us Gyraldus 
Historia deorum gentilium. Basil. 1548. fol. (Opp. Omn. LB. 
1696. fol. I, 1468.) Natalis Comes Mythologiae libri X. 
Venet. 1568. 4. Hanov. 1669. 8. Gerh. Joh. Vossiiis de 
theologia gehtili et physiologia Christiana sive de origine et pro- 
gressn idololatriae libri IX. Amstel. 1642. 4. Francof. 1675. 4. 
(Opp. Amstel. 1701. fol.) Ant. Banier La mythologie et les 
fables de Fantiquite expliques par 1'histoire. Paris 1710 sqq. 8. III. 
(a Ja Haye 1713 sqq. II.) 173840. 4. III~ u. 12. VIII. (iibers. von 



19 

J. A. Schlegel u. Schrockh. Leipz. 175466. 8. V.) Fr. Creu- 
z er Symbolik u. Mythologie d. alten Volker. Darmstadt 181012. 
8. IV; 181922; 1836-43. (Guigniaut Religions del'antiquite, 
ouvrage traduit de TAllemand de Dr. Fr. Creuzer. Paris 1825 
sqq. 8. mit einem Recenil de planches). Joh. H.. V q s s MythoL 
Briefe. Konigsb. 1792. 8. II; Stuttg. 1827. 8. HI; IV u. V. Leipz. 
1834. 8. (a. u. d. T.: Mythol. Forschungen herausg. v. Brzoska). 
Antisymbolik. Stuttg. 182426. 8. II. F. G. Welcker An- 
liang zu K. Schwenk Etymol. mythol. Andeutungen. Elberfeld 
1823. 8. p. 251 347. u. sonst in einzelnen Aufsatzen u. Werken, 
z. B. Bine Kretische Kolonie in Theben. Bonn 1824. 8. Aeschy- 
lische Trilogie Prometheus. Darmstadt 1824. 8. Nachtrag dazu 
Frkfi a. M. 1826. 8; P. F. Stuhr Allgemeine Religionsge- 
schichte der heidnischen Volker. Berlin 1836 sqq. 8. Bd. I. u. II. 
Ed. Jac.obi Handworterbuch d. gr. u. rom. Mythologie. Ko- 
burg u. Leipzig 1835. 8. (Neuer Titel 1846.) 

K. Schwenk D. Mythol. d. Griechen. Frank, a. M. 1844.8. 

M. W. Heffter Die Rel. <I. Gr.Rom. hach histor. u. 
philos. Grundsatzeri. Brandenburg 1845. 8. (Neue Aufl. 1 848.) 

K. Eckermann Lehrbuch der Religionsgeschichte und 
Mythol. d. Torziiglichsten Volker d. "Alterthums. T!fach d. 
Anordnung K. O. Miillers. Bd. I. a. n. Halle 1845. 8. (Neuer 
Titel 1847.) - 

B. Bildwerke: A. Hirt Bilderbuch fur Mythol. Archaol. u. Kunst. 
% Hefte Text u. 2 Hefte Kupfer. Berlin 1805 u. 1816. 4. A. 
N L. Millin Gallerie mythologiqiie. Paris 1811. 190 -Bl. (Deutsch 
von Tolken. Berlin 1820. 8; 1847). Fr. Creuzer Abbildun- 
gen zuir Symb. u. Myth; Darmstadt 1819. fol. (bedeutend vermehrt 
von Gnighiaut Hi, A.) O. Muller Denkmaler d. alten Kunst. 
Gottiiigen 1832 sqq. fol. bis jetzt 8 Hefte, das letzte von Wie- 
seler. C-h. Lenormant u. J. de W i 1 1 e Elite des monuments 
ceramographiques. Materiaux pour 1'intelligence des religions 
et des inoeurs de 1'ahtiquite. Paris 1844 sqq. 4. 



Prolegomena. 



L. Noack. Die Religion in ihrem allgemeinen Wesen u. ihrer my- 
thologischen Entwicklung. Darmstadt 1845. 8. 



T. AJlgemeiner Theil. 



Erstes Kapitel. 

Vom Ursprung der Mythologie oder den Elementen der 
. heidnischen Religion. 

Chr. Meiners de falsarum religionum origine ac diffe- 
rentia (Act. Soc. Getting. 1784); Allgem. krit. Gesch. d. 
Religionen. Hannover 1805. sq. 8. II. Ph. Chr. Reinhard 
Abrifs einer Gesch. d. Entstehang ii. Ausbildung d. relig. 
Ideen. Jena 1794. 8. Sclileierriiacher Ueber d. Reli- 
gion. Reden an d. Gebildeten unter ihren Verachtern. Ber- 
lin 1799. 8. B. Constant De la religion. Paris 1824. 
sqq. 8. V. (Deutsch von Petri. Berlin 1824 u. 27. 8. II.). 
F. C. Baiir Symbolik n. Mythol. oder d. Naturreligipn d. 
Alterthums. Stuttg. 1824 sq. 8. II. " 

Die Frage nach dem Ursprange der Mythologie ist we- 
sentlich nicht verschieden von der nach derh Ursprunge der 
Religion (s. Einleit. 1,1). In den verschiedenen Mythologien 
haben sich dieselben Empfindungen und Gefiihle zu befrie- 
digen gesucht, wie im Christenthume, wenngleich auf andere 



Weise; Wir haben demnach hier die beiden Voraussetzun^ 
gen oder Faktoren der Religion, das Subjekt und Objekt 
derselben zu betrachten. 

1. Das subjektive Element der Religion. 

Subjekt der Religion kann nur der Mensch sein. Gott 
und Thier haben keine Religion. Die Voraussetzung der 
Religion daher nach Seiten des Subjektes ist das urspriing- 
liche Wesen des menschlichen Geistes, seine ursprvingliche 
Stimmung. Es ist als dieselbe zu bezeichnen das Gefiihl' 
der Ohnmacht und der Ungeniigsamkeit des ver- 
einzelten Daseins. Was man sonst wohl als den 
subjektiven Grund der Religion 1 ) und somit als die ur- 



Subjektiv. 
Grand. 



J ) Reinhard p. XIII sqq. 

) Grund der Moglichkeit, gleich Erkenntnifsvermogen. 
a) Fahigkeit oder Nothwendigkeit, wahrgenommene 
Wirkungen von vorhergegangenen Ursachen ab-. 
zuleiten .und dadurch hohere d. h. machtigere 
und vorziiglichere Wesen, als wir selbst sind 
(oder auch nur Eines dergleichen) zu denken. 
p) Vernunft als das Vennogen, das Absolute zu 

denken. 

&) Grund ,der Wirklichkeft. Liegt in dem mit dem 
Vermogen yerbundenen Triebe oder Bediirfnisse. 
Dieser Trieb 1st: 

) ein auf Gliickseligkeit gerichteter, sinnlicher; 
^3) ein vernunftiger, auf Sittlichkeij; gerichteter. 
,,Religiose Ideen entstehen also, oder werden wirklich im Ge- 
muthe des Mensclien, wenn . 

1) der sinnliche Trieb (der in den Trieb nacli Erkenntnifs und 
nach Wohlsein getherlt werden kann) oder 

2) der sittliche Trieb fordert, dafs er Ein -oder mehrere hohere 
Wesen 

1) als Ursache der Ereignisse in der Sinnen welt, oder 

2) als Oberhaupt der moralischen Welt 

anerkenne und verehre. Liegt der .Grund der Moglichkeit im Ver- 
stande [a, ], so wird er mehrere Ursachen oder Gotter, liegt er in. 
der Vernunft [ft, J, so wird er Eine letzte Ursache anerkeiinen." 
(p. XV)." ..-'... .: . ; .... : : . .. ; .- . - ... -......-: ;.;.. 



23 

sprungliche Stimmung des menschlichen Geistesgesetzth.il 
(primitives Gottesbewufstsein, Furcht, Abhangigkeitsgefuhl), 
das Alles ist erst eine F.olge jenes van uns als uranfa'ngliche 
Stimmung des menschlichen Geistes angenommenen Gefuhls 
subjektiver Ohnmacht. Denn diese ist rein subjeklives Ge- 
fiihl mit Reflexivbeziehung auf das Subjekt selbst; wahrend 
Gottesbewufstsein, Furcht, Abhangigkeitsgefiihl schon Be-? 
ziehung auf em Anderes, Beziehung auf ein Objekt haben, 
welches doch fur unsre Betrachtung noch gar nicht vor- 
handen ist. Es ist freilich wahr, dafs das vollstandige 
Bewufstsein seiner Ohnmacht dem Subjekt erst im Gegen-^ 
satze zu einem Objekt wird. Aber man sagt hiermit nichts 
Anderes aus, als dafs unserm Geiste, so bald er keine aufsere 
Natur sich gegeniiber ha'tte, jegliches Bewufstsein, mithin 
auch das seiner Ohnmacht fehlen wiirde; dafs das Subjekt 
als Subjekt gesetzt, schon ein Objekt, zu dem es Subjekt 
ist, voraussetze. Darum handeit es sich indefs hier gar 
nicht; vielmehr nur. darum, welche Regung des Subjekts 
den subjektivsten Charakter habe, vpai Objekjt am unab- 
hangigsten sei. Und da ist es denn eben keine Frage, dafs 
dies das Gefiihl der Ohnmacht ist. Denn 

1. der Begriff eines primitiven Go ttesbewufst- 
seins 2 ) ist ein hypothetischer, erst durch das Christenthum 
gegebener 3 ), den in dieser Weise weder die Philosophic 
noch das Heidenthum 4 ) kennt, und den die Wissenschaft 
der heidnischen Religion daher urn so mehr bei Seite lassen 



*)-J. H. A. Ebrard, De cognitione Dei intiata. Erlang. 1841. 

3 ) Clem. Alex. Str. V. p. 612. Tertull. adv. Marc. 1, 10. testiin. 
anim. 1. Apol. cp. 17. Arnob. I, 33. Job* Damasc. Exp. fid. I, 3 : 
T] yvwais rov elvcu &<ov <pvGiy.<os ^(Jilv iyxaT&nctQTKt,. 

4 ) Cic. N. D. I, 16. 17; II, 4. 5. Tusc. I, 15. Seneca Epp. 117 
de benef. IV, 68. Jamblich. de myst. I, 3. ZvvvnvQxei rjpaiv avty 
rfj ova f ft rj negl #6<3r l/i^uro? yvdiais, xqfaeas rs naarfs tart 

re xal 



mufs, als .er, genau analysiert, nur als dag {iber siqh hinaus- 
gegangene Gefiihl der .Ohnmaeht erscheint. Soil aber .das 
,,primitive Gottesbewufstsein" die Mogliehkeit eines Verhait* 
nis.se> zur Gottheit iiberhaupt, d. h. die Mogliehkeit zur 
Religion liezeiehnen, so ist eben nichts damit gesagt. 

2. Die Fur cht als den subjektiven Faktor der Reli- 
gion zu setzen, ist einseitig 5 ), da die Liebe 6 ), die Bewun- 
derung und andere positive Empfmdungen ebensogut zur 
Entstehung der Goiter mitgewirkt haben, und dem Menschen 
ebenso friih zum Bewufstsein kominen als die Furcht 7 ). 
Ueberdies kann die Furcht schon una deswillen nicht als 
letzte Quelle der Religion angenommen vverden, well sie 
erst eine Folge der Ohnmacht.ist. Ich fcihle mich nicht 
ohnraachtig, weil ich mich fiirchte, sondern umgekehrt: weil 
ich mich ohnmachtig fiihle, fiirchte ieh mich ; ebensogut 
als ich erst liebe, weil ich rm'r selbst nicht genug.bin 8 ). 

3. Das Abhangigkeitsgefiihl liegt noch ferner ab 
als Furcht und Gottesbewufstsein. Denn zu demselben ge- 
langt der "Mensch erst, nachdem er im Kontakt mil einem 
Objekt nicht bios seiner Inferioritat , seiner geringern Macht 
sich bewufst geworden ist, sondern auch erfahren hat, ,dafs 
dieses Objekt in direkter Beziehung zu ihm steht und an- 
dauernde Wirkung auf inn ausiibt. Um ein Beispiel zu ge- 
brauchen: Die dunkle, schwarze Gewitterwolke jkann in 



5 ) Stat. Theb. Ill, 661 : JPrimns in orbe deos fecit timor. . 

6 ) Cic. N. D. II, 5. 

~) Daher denn einseitig auch Prodikos Recht hatte, wenn er 
sagte, dafs die Ahen Sonne, Mond, Flusse, Qaellen, Triften und 
iiberhaupt, was unsrem Leben niitze, wegen der daraus ffiefsenden 
Wohlthat, fur Gotter gehalten hatten, und dafs darnm das Brod als 
Bemeter^ der Wein als Diony&ps,. <ias Wasser als Poseidon, das Fener 
als Hephaistos verehrt vrorden sei und so jedes Wohlthatige. Cic. 
N. D. I, 42. Sext. Empir. I, 18, 52. Welcker, Kl. Schr. II, 520 sqq. 

8 ) Vgl. Schleiermacher's Reden ttbef die Religion, p. 109 
sq. ed. IV, 



Menschen das Gefiihl der Furcht erregen; zieht sie voruber, 
so ist in dem Menschen eben nur die Furcht rege gewor- 
den. Soil das Abhangigkeitsgefuhl in ihm lebendig werden, 
so ist erforderlich, dafs die Wolke donnere, blitze, der Blitz 
neben dem Menschen niederfahre u. s, w. Mit andern Wor- 
ten: zur Erregung des Abhangigkeitsgefiihls ist eine weit 

w . - . 

grofsere Thaligkeit des Objektes und eine weit positivere 
Beziehung desselben zum Subjekt erforderlich als bei der 
Furcht. Das Abhangigkeitsgefiihl ist weit weniger subjektiv 
als die Furcht, und kann daher noch weit weniger als diese 
als das urspriinglichste, d. h. subjektivste Gefiihl des Sub- 
jektes gelten. 

Alle drei aber Gottesbewufstsein,. Furcht, Abhangig- 
keitsgefiihl postulieren weit mehr ein Objekt als die Ohn- 
macht; ja sie qualificieren gewissermafsen schon das Objektj 
indem sie es als ein in direkter Beziehung und Wirkung 
zum Subjekt stehendes auffassen. Im Gegensatze dazu ist 
die Ohnmacht als dasjenige Gefiihl zu bezeichnen, welches 
von alien den subjektivsten Charakter hat und von dem 
Objekt noch gar keine Qualitatsbeziehung auf sich pradiciert. 
Denn als Objekt zum Subjekt Ohnmacht ist es zuhachst bios 
Macht, Macht an sich, noch hicht Macht aufser sich, d. h. 
noch nicht Macht mit Absicht auf das Subjekt. Ja, wir 
konnen noch weiter gehen und sagen : das Gefiihl der Ohn- 
macht erheischt gar nicht einmal ein Objekt; es ist nicht 
durch ein A n d e r e s erregt, sondern durch das Subjekt selbst ; 
es hat seinen Grund in der Qualitat des Subjekles qua We- 
sen an und fur sich. , Das Gefiihl des Mangels an Kraft 
kann durch ein machtigeres Objekt zum Bewufstsein ge- 
bracht sein, aber. es kann auch unmittelbar sein, hervorge- 
rufen durch die Unentwickeltheit des Subjektes. 

Denn das Gefiihl der Ohnmacht ist zwar die ,erste 
Regung des Bewufstseins, aber es hat wiederum seinen 



25 

Grund im Unbewlifsten. Wir haben namlich den Menschen 
gleich anfangs als zwar mit den Anlagen und Fahigkeiten 
zii Aliem, was er spater in seiner geschichtlichen Entwik- 
kelung aus sich entfaltet. potentia als Alles, aber actu als 
Nichts zu denken. Von alien seinen in ihm schlummernden 
Moglichkeiten ist noch keine einzige zu Leben und Selbst- 
standigkeit erwacht; er ist noch ganz unentwickelt. Somit 
kann denn auch die erste Regung seines Bewufstseins keine 
andere gewesen sein, als eben das Gefiihl dieser seiner 
Unentwickeltheit, das Gefiihl seiner Ohnmacht. Denn das 
ist eben das besondere der unentfalteten Kraft, dafs sie 
grade so das Gefiihl 'der Ohnmacht erweckl, wie andrerseits 
entfallete Kraft Selbstbewufstsein, Selbstvertrauen giebt. 

In dem Bisherigen haben wir nun geseheri sowbhl, dafs 
das Gefiihl der Ohnmacht das allererste im Menschen seij 
als auch dafs es seinen Grund nur allein im Subjekt selbst 
habe, nicht in einem Anderen aufser ihm, nicht in einem 
Objekt. Dieses Gefiihl kann daher auch nur die letzte 
Voraussetzung der Religion, nach Seiten des Subjekts hin, 
sein. Religios ist dieses Gefiihl noch keineswegs , sondern 
bios wie ich festzuhalten bitte die subjektive Voraus- 
setzung der Religion. Gehen wir jetzt weiter und unter- 
suchen, wie von diesem subjektiven Grunde aus zu dem 
objektiven Grunde der Religion gelangt und aus dem Zu- 
sammenwirken beider die Religion selbst wirklich werde. 

Das Gefiihl der Ohnmacht ist wie aus dem eben 
bemerkten hinlanglich erhellen wird ein negatives. Es 
ist das G.efiihl des.Nichtseins; folglich nur etwas Acciden- 
telles, nichts Substantielles. Es ist ein Verschwindendes. 
Das Gefiihl des Nichtseiris ist aber fiir den Menschen als 
ein unwesentliches, zugleich ein driickendes. Er sucht sich 
dessen zu entledigen und hat die Sehnsucht nach Erlosung 

seiner Unvollkommenheit unmittelbar mit seinem Dasein 



26 

selbst. Dieses Verlangen der Befreiung von seiner 
macht, oder, was dasselbe ist, das Verlangen nach Macht, 
kann der Mensch nun auf zwiefache Weise stillen : Einmal, 
indem er sich selbst . stark > raachtig, die in ihm ruhenden 
Moglichkeiten zu Wirklichkeiten macht und sich so das Be- 
wufstsein der Macht, Selbstbewufstsein verschafft; zweitens, 
indem er, da es ihm an eigener Kraft gebricht, sich nach 
einer andern, aufser ihm seienden, umsieht und diese sich 
zu eigen zu machen strebt. 

Was das Erstere betrifft, so ist die Entwiekelung der 
Kra'fte des Einzelnen die That seines Lebens, die Entwik- 
kelurig der Kriifte der Menschheit die That der Weltge- 
schichte. Wie sehr aber immer diese Entwiekelung gelingen 
und fortsehreiten mag, nie wird sie, namentlich nicht die 
des Einzelnen, dahin gebraeht werden konnen, dafs sie 
einerseits in sich vollendet, andrerseits selbstbewufst genug 
ware, um dies Selbstbewufstsein keiner andern Macht gegen- 
iiber. zu verlieren. Um wie viel mehr niufs dies der Fall 
sein zu Anfarige, wo die Entwiekelung iiberhaupt erst be- 
ginnt. Da darf der Mensch nicht hoffen, durch sich selbst 
zu einer Macht zu gelangen, wovon das Bewufstsein ihn 
stets gleich sehr erfiillte. Er kann nicht mit einem Sprunge 
seine ganze Entwiekelung volienden. Und selbst, wenn er 
sie vollendet hatte, er wird sich immer vielen andern Mach- 
ten gegeniiber als ein schwacherer und schwacher erapfin- 
den und. deshalb als ohnmachtig. Er kann nicht allmachtig, 
nicht allwissend, nicht korperlich unsterblieh sein ; und so 
lange und weil er dies nicht ist und durch sich nicht sein 
kann, wird er des Gefiihls seiner Ohnmacht durch sich nie 
vollstandig le^ig werden > vielmehr sich nach einer aufser 
ihm seienden Macht umsehen, durch Verbindung mit 
welcher er <Jen Mangel 4er eigenen auszugleichen hof- 
davf. 



27 

Wir hahen das Gefiihl der Ohmnacht als die subjektive 
Vorausaetzung der Religion betrachtet. Baraus folgt, 
dafs- -mil dem Gefiihl der Ohnmacht zugleich die Religion 
wegfa'llt, dafs das Schwinden der Religion mil dem Schwhir 
den jenes Gefiihls zusammenhangt; andrerseits folgt daraus 
dafs, wenn die Ohnmachtigkeit und Beschranktheit mensch- 
lieher Natur durch keine noch so polenzierte Entwickelung 
ganz aufzuheben ist, auch unentaufserh'ch in dem Menschen 
die Religion vorausgesetzt ist. Hieriiber habe ich mich 
schon vorhin ausgesprochen. Was aber den ZusammenhaHg 
zwischen dem Schwinden der Ohnmacht und dem Schwin- 
den der Religion betrifft, so 'haben wir Beispiele dafiir genug 
in unserer Zeit, wo Viele im Gefiihle der eigenen Kraft 
uud ihrer Ueberlegenheit iiber Andere ein Selbstvertraiien 
gewonnen haben, welches sie consequent der Religion ab- 
gewendet und entfremdet hat. Aus dei* strotzendea Fulle 
subjektiver Thatkraft und der Ueberschatzung der eigenen 
oder der durch Association mil andern gewonnenen Maeht 
sind dergleichen Erscheinungen ebenso erklarlich als der 
* umgekehrte Fall, dafs schwachliche Charaktere und ein 
grofser Theil des sogenannten schwachen Geschlechts iiber- 
mafsig religib's sind bis zur Superstition. Auch. das Heiden- 
thum liefert dieselben Erscheinungen (Aias, Polypheni) *). 
Daher gottlose, freche, bose Figuren in der My thologie und 
Sage riesenhaft an Grofse lind Kraft dargestellt za werden 
pflegen (Polyphem, Hagen, Riesen der Kindermarchen). Dies 
ist eine fiir das Verstandnifs von Mythen und Sagen nicht 
unwichtige Bemerkung. 

Ich kniipfe wieder an an den Satz, dafs der Menseh 
durch sich selbst sich des Gefuhls der Ohnmacht nicht ent- 
aufsern kann, sondern seinem innersten Wesen nach ange- 



9 ) Grimm D. M. p. 358. not- 



28 

wiesen ist sich an Ein, alles Das, was er nicht ist und nicht 
hat, seiendes und habendes Objekt anzulehnen, mil diesem 
sich zu verbinden 10 ). Gilt dies fiir die ganze Menschheit 
im Allgemeinen und iiberhaupt, um wie viel mehr fiir die 
ersten Menschen, die noch ganz unentwickelt waren und 
daher das GefuhL ihrer Schwache besonders lebhaft haben 
mufsten. Ihnen blieb nichts anderes iibrig als sich an ein 
Objekt anzuschliefsen, das entweder ihre Schwache schonte 
oder durch Unterstiitzung aufhob. Indern sie der Unmog- 
iichkeit inne waren, mit dem Mafse ihrer eignen Kraft sich 
von jeder objektiven Macht zu emancipieren, sich ihr aequi- 
valent gegeniiberzustellen, fiihlten sie sich auch unmittelbar 
gedrungen, in ein Verhaltnifs zu dieser objekliven Macht zu 
treten, Naturlich konnte dies keine andere objeklive Macht 
sein, als eine solche, deren Uebermachtigkeit sie empfanden, 
in deren Bereich sie sich fiihlten, deren Wirken auf sie von 
ihnen wahrgenommen wurde. So entwickelte sich in der 
Brust des Menschen das Gefuhl seiner Abhangigkeit von 
allgemeinern und hohern Machten des Lebens, welches 
Gefuhl sich individualisiert als Furcht und Liebe. Diese 
beiden Empfindungen sind es, welche das Geiniith des Men- 
schen religios beweg'en, aus denen subjektiv die Religion, 
die yorstelhing von der Gotlheit entsprang, einer Gott- 
heit, ,,vor der entweder in Furcht das Geiniith erbebt, 
oder der es in .Liebe sich zuneigt." .- Hier erst konnen 
wir von Abhangigkeitsgefuhl, von Furcht und Liebe 

reden. . 

Wir sind nunmehr vom Subjekt aus zum Objekt ge-, 
langt. Betrachten vnr dies naher. 



10 ) VgU L. Feuerbach Werke I, 440 sq. (No. 29 und 30.) 



29 

2. Das objektive Element der Religion. 

Durch das eben bezeichnete Wesen des religiosen Sub- 
jekts war schon das Wesen des religiosen Objekts im All- 
gemeinen beslimmt. Dies nemlich fconnte in nichts Anderes 
gesetzt werden, als in das Gegentheil der Ohnmaeht: die 
Macht. 

Der Begriff der Macht ist kein absoluter. Es ist Aes- 
halb auch nicht nothig, dafs das religiose Objekt eihe 
absolute Macht sei, sondern nur eine relative, eine Macht, 
die das Subjekt iiberragt, die der Mensch als iiber ihm 
stehend, ihn bedingend erkennt und die in ihm das Bedurf- 
nifs erregt, sich an sie anzulehnen. Daher haben auch 
Goiter, die nicht ailmachtig waren, naturlich aber immer 
machtiger als der Mensch, entweder wirklich oder geglaubt, 
dem religiosen Gemiithe der Heiden genug thun konnen. 
Es fragt sich nur, welche Macht der Mensch als eine solche 
iiber ihm stehende, ihn bedingende wahrnimmt und aner- 
kennt. 11 ) 



") Alles was Eindruck macht, merkwiirdig ist etc.. wird 
Gottheit oder mit ihr in Verbinduiig gebracht. 

1. So weihten die Birmanen ein Eriegsbpot der Gottheit, well 
es in einer fast unglaublich kurzen Zeit ilmen eine wichtige Nach- 
richt \iberbrachte, durch welche die Nation gerettet ward, -Marryat, 
Olla podrida, aus dem Englischen. Braunschweig 1841. thl. I, 159 
(Werke Bd. L1I.) 

2. Die Apolloniaten, als sie von den Epidamniern Hiilfe erbeten 
batten, und anf den an ihren Mauern yoriiberfliefsenden Aias gewie- 
sen waren, nahmen dies an, gaben dein Flusse die Spitze der 
Schlachtreihe und siegten. Ton da ab sollen sie ihn gottlich verehrt 
und stets in ihren Schlachten obenan gestellt haben. Valer. Max. I, 5 
zu Ende. 

3. ,,UeberalI, wo Bewegung ist, sieht der Mensch auch Leben. 
Der rollende Stein scheint ihm entweder ihn zu fliehen, oder ihn zu 
verfolgen; der tosende Strom stlirzt sichaufilm; irgend ein erziirn- 
ter Gott wohnt in dem schanmenden Wasserfalle ; der heulende Wind 
ist der Aosdruck des Leidens oder der Drohung 1 ; der Wiederhall des 
Felsens prophezeit oder giebt Antwort, und-wenn. der Europaer;dem 



30 

. Die Maeht der Na'tuiv 

W. v. Go the, der Mensch und die eleuientarische Nfrtar. Stutt- 
gart 1845. 8. 

Die erste objektive Macht, welche in dieser Beziehuhg 
dem Menschen zutri. Bewufstsein korhint, 1st die Maefrt 
des Naturlebens, die in der Natur wirksame und sieh 
-bethafcigende Kraft, wie sie als solche dem Mensehen un- 
raittelbar sich <iaTbietet. Die Lebendigkeit des Eindruckes 
dieser Naturmacht auf das Gemiith der ersten Merischen 
durfen wir nicht nach dem Eindrucke beurtheilen, den wir 
von ihr empfangen. Wir sind dtirch eineh, Jahrtaus^nde 
krag wider die Natur gefiihrten, Kampf dieser enlft-emd^t 
und es ist uns schwer, ja wohl geradezu iinmoglich, mil 
lauserm Gneist an sie so rucksichtslos uns hinzugeben, um 
die twiendliche Fiille von Kraften, welche sie in sich tragt 
wild die in ihr wirken, in ungelriibter Lebhaftigkeit zu eiai- 
pfitiden. Darum werden wir auch nie ganz im Stande sein, 
uns von dem Zustande eine vollkominene Vorstellung zu 
machen, in welchem die ersten Menschen der Natur gegen- 
iiber sich befanden. Wenn wir in die Natur treten, so 
vernehmen wir viele Richtungen derselben gar nicht mehr. 
Und nicht etwa bios solche, .welche einsehr empfindliches 
Gefiihl voraussetzen. Wir sehen die Wolkeh ah, die der 
Wind jagt, freuen uns vielleicht an der Bewegung und den 
verschiedenen Gestaltungen, prophezeien baldigeh Regen 
und damit gut; wir behagen uns in der Sonne, uns wird 
wohl in ;ihrem Scheme, wir lieben sie aber damit ist es 



Wilden die Magnetriadel zeigt, so erblickt dieser darin ein seinem 
Vaterlande entfuhrtes Wesen, das sich. T>egierig und angstlich nach 
ersehnten Gegenden kehrt." B. Constant, la Religion. Liy. IljCh. 2. 
,,Wie der Wilde iiberall .da, wo Bewegung ist, Leben yoraus- 
setzt, ebenso setzt er uberall, wo Leben ist, eine ihn betreffeitde 
Wirkung ond Absicht vorans." ibifl. 



31 

aueh gui Weiture, tiefere, nachhaitige Empfindungen haberi 
wir nieht von Wolke und Sonne; \vir erbeben racht mehf 
bei ihrem Anblicke, uns dufchzittert nicht mehr rait stau- 
nender, heiliger Ehrfurcht das Jagen der Wolken und der 
Sennenschein. Was Uh land in seinem ,,FruhHngslied des 
Recensenten" von Einigen in Bezug auf den Friihling sag^ 
das kann in Bezug auf viele andere Richtungen des Natur- 
lebens von uns alien gelten. Die Natur nlit einem Musik- 
sliicke vergleichend konnte man sagen> dafs, wie nicht jedes 
Ohr so fein hort, um in dem Zusamraenklange einer Menge 
von T6iBen jeden einzelnen oder den Wohlklang jeder bar- 
raoniscfeeji Tonkambination wahraunehmen ^ | so auch unset 
(iefiiblj durch maacherlei Ursacben in seiner ufsprfinglicbeh 
Empfindsarnkeit beeintraehtigt, niebt mehr im Stande 1st, 
manche Natartone zu empfinden, manche Harnsonien df 
Natur in uns wiederklingen zu lassen. So kann Von tins 
in gewisser Weise gelten, was Pythagoras sagte. Indem 
ihn die Ordnung und Gesetzmafsigkeit des Weltgebiiades 
auf den Gedanken, brachte, das harmonische Ineinanderwir- 
ken der einzelnen Theile erzeuge eine Spharenmusik, er- 
klarte er den Umstand, dafe wir .nichts davon horenj ans 
dein allmahUgen Abstumpfen unsers Ohrs dafiir. .Auf unser 
Verhaltnifs ztir Natur lafst sich dies mil mehr Griind an- 
wenden. Denn hier wissen wir. wenigstens^ dafs bei ent- 
sprechender Disposition unseres Geistes derselbe Wirkungen 
von der Natur erfahrt, fur die er zii andern Zeiten unzu- 
ga'nglich war.. Wir sind nur nicht immer und nicht durch 
uns selbst so disponiert. Unsere Dichter miissen Tins diese 
Naturgefiihle oft erst vermitteln odev besondere Umstande 
uns dafiir empfanglich machen. 

Nicht so war es bei den ersten Menschen. Diese mit 
ibren unabgestumpften Sinnen batten keines Vermittlers 
nothig, sie erapfandeh die Natur unmittelbar und nach ihrem 



32 

ganzen Inhalte. Gleichsam noch wie (lurch, eiiie Nabelschnur 
auf das Innigste mil der Natur verkniipft, noch in unmittel- 
barer Kindeseinheit mit ihr, bedurften die ersten Menschen 
noch nicht eines Strebens, einer sie disponierenden Thatigkeit, 
urn das Leben des Universums auf ihre frischen Sinne wir- 

t 

ken zu lassen, Unbewufst nahmeh sie es ganz und tief in 
sich auf. 

Denken wir uns den ersten Mensehen ohne alle Vor- 
aussetzung, so wie er aus der Hand der Schopfung hervor- 
ging, in die Welt gestellt. Alles ist ihm noch fremd und 
unbekannt und wird daher, wie alles Neue, den lebhaftesten 
Eindruck auf ihn machen. Sind uns doch die Bilder unsrer 
Jugend grade deshalb so lebhaft, weil sie sich daraals, als 
etwas Neues und Ungewohntes , mit grofsem Gewichte un- 
serem Geiste einpragten. In wie viel hoherem Grade mufste 
dies bei den ersten Menschen der Fall sein in Bezug auf 
die Eindriicke der Natur. Zum ersten und mit einemMale 
<lrangen sie in ihrem ganzen Reichthum auf ihn ein. Die 
Sonne lacht ihn an und die bluuiige Flur; ihn stimmen 
ernst das weite Meer, die Hohen und die Tiefen; Donner, 
Blitz, Sturm erschrecken ihn; die Wolken, leicht und duftig 
und an Gestalt und Farbe so mannigfach, die die Luft 
durchschiffen und Regen, Schnee und Hagel zur Erde sen- 
den, tragen seine Phantasie Jhinauf und iiber die Berge; 
der Vogel Gesang und frb'hliche Geschaftigkeit stimmt ihn 
Jieiter; das Wasser quillt und rinnt und fliistert; der Wind 
rauscht geheimnifsvoll in den Blattern der Baume; und iiber 
Allem wolbt sich in ewiger Ruhe und Klarheit der unend- 
liche Aether. Alles dieses drang gleichzeitig auf den ersten 
Menschen ein, und die Wirkung davon mufste urn so mach- 
tiger sein, als er jeden einzelnen Eindruck ganz und auf 
das lebhafteste empfand, weil er noch an keinen derselben 
gewohnt, gegen keinen abgeschlpssen und verhartet war. --*- 



Wenn wir'nach langerer Krankheit, wahrend welcher wir 
von den Eindriicken unserer Lebensverhaltnisse etwas be- 
freit zu sein pflegen, die Natur uns etwas Ungewohntes, 
Neues, unser Gefiihl reizbarer geworden ist, zum ersten 
Male wieder in die frische warme Friihlingsnatur hinaustre- 
ten und jener dibnysische Hauch, der sie durchzieht und 
durchweht, unser Herz beriihrt: dann empfinden wir wohl 
ein Gefiihl, welches dem ahnlich sein mag, das einst die 
Brust der erslen Menschen mufs bewegt haben. Tausend 
widerstrebende Empfindungen , 'durch. die Natur hervorge- 
rufen, stiirmten auf sie ein und machten, dafs sie sich in- 
mitten aller dieser Fiille von Kraft und Leben ohnmachtig 
fuhlten, dafs sie von dem Uebermaafse sie libermannender 
Geftihle erdriickt wurden und niedersanken vor der Grb'fse, 
Pracht und Herrlichkeit, die sie umgab. Hier, in diesem 
Kontakt von Subjekt und Objekt, ist Religion vvirklich ge- 
worden 12 ). 



12 ) Vgl. Aristoteles bei Cicero. N. D. II, 37. ,,Wenn es Men- 
schen gabe, die stets unter der Erde gewohnt hatten in schohen und 
glanzenden, mit Stataen nnd Gemalden und alien iibrigen, zn einem 
gliickliclien Leben erforderlichen, Dingen geschmuckten Wohnungen, 
sie waren aber niemals iiber die Erde gekommen, ' sondern hatten 
nur durch das Geriicht und vom Horensagen erfahren, dafs es eine 
gottliche Wesenheit und Macht. gabe; wenn dann diese Menschen 
einmal durch die geoffneten Erdspalten aus ihren verborgenen Sitzen 
an die Orte kamen, welche wir b'ewohnen; wenn sie urplotzlich Erde 
und Meer und Himmel gesehen, die Grofse der Wolken und der 
Winde Kraft erkannt, die Sonne erblickt und ihre Grofse, Schonheit 
und Wirknng, wie sie den Tag mache durch ihr iiber den ganzen 
Himmel ergossenes Licht, erkannt; wenn sie ferner, sobald die Nacht 
die Erde bedeckt, den ganzen Himmel mit Sternen gezeichnet und 
geschiniickt, den Wechsel des wachsenden nnd abnehmenden Mond- 
lichtes, d-en Aufgang und .Untergang aller Gestirne und ihren fur 
alle Ewigkeit geordneten, unveranderlichen Lanf wahrgenommen 
hatten: wenn sie dies alles gesehen, wahrhaftig, sie wiirden iiber-. 
zeugt sein, dafs es Goiter gabe, und dafs alle diese Herrlichkeiten 
Werke der Goiter seien." - Ygl. Sext. Emp. adv.Phys.Lb. IX, 22. 
p. 554 Fabr. 

Lauer Griech. Mythologie. 3 



So nahmen also die ersten Menschen in der Natur cine 
auf sie wirkende und ihnen unendlich ttberlegene Macht 
wahiy den Naturgeist, welcher, wie er einerseits dem Men- 
schen das Gefiihl seiner Ohnmacht recht lebendig zum 
Bewufstsein brachte, doch andrerseits auch grade wieder 
geeignet war, es aufzuheben. Nemlich im AUgemeinen 
inwiefern er Macht war; im Besonderen inwiefern er eine 
Macht war, deren enge, unmittelbare und wohlthatige Be- 
ziehung auf ihn der 'Mensch erkannte. Darum zog denn 
auch diese Naturmacht, dieser Nalurgeist, den Menschen an 
sich und der Mensch ergab sich ihm, weil jene objektive 
Macht der Natur ihm das Bedurfnifs, die Unruhe seines 
bangenden, sich ohnmachtig fiihlenden Herzens stillte 13 ). 

Man mufs dieses intensive Naturgefiihl, woraus dem 
Menschen die Religion erwuchs, nicht verwechseln mit jenem 
andern, welches in der Sentimentalitat und falschen Ro- 
mantik zu Tage kommt. Dieses letztere ist krankhaft, aus 
Ueberreizung oder verkehrten Zustanden der menschlichen 
Gesellschaft hervorgegangen, zufallige Eigenschaft schwiich- 
licher Seelen, partikular, voriibergehend; jenes ist gesund, 
frisch, lebendig, thatkraftig, klar in sich, allgemein, ewig, 
weil es auf dem wesenhaflen Verhaltnifs des menschlichen 
Geistes zur Natur beruht. Es ist das Produkt unverdorbe- 
ner, einfacher, durch keine verschrankende Einfliisse der 
Kiiltur beeintrachtigter Gemiilher. Jenes ist Empfindsamkeit, 
dieses Empfindung. Und zwar eine Empfindung der tiefsten 
und umfassendsten Art. Man kann sagen, sie ist Empfin- 
dung schlechthin, well sie alles empfindet und mit gleicher 



13 ) ,,Est enim animorum ingenioramque hatarale qUbddam pa- 
bulum consideratio contemplatioque naturae, Erigimur, elatiores 
jfieri videmur, humana despicimus, cogitantesqne supera atque coe- 
lestia haec nostra, ut exigua et minima, contemnimus." Cic. Acad. 
II, 41. 



3ft 

Lebendigkeit jede Regung der Natur in sich aufnimmt. Sie 
war das Eigenthum jener ersten Menscheri, weil diese noch 
gegen niehts gleichgiiltig und abgestuiiipft sein konnten, 
die Natur in alien ihren Richtungen, ganz und als Ganzes, 
als eine, alJgemeine Macht empfiriden niufsten. Alles was 
das Auge schaute o der das Ohr beriihrte und der Sinn er- 
fai'ste, tonte in der Seele wieder und so vielseitig und so 
stark, dafs es in derselben nur ein chaotisches Ineinander- 
wogen vpri Empfindungen gegeben haben kann, die alle von 
dem Naturgeist erzeugi \varen. 1st nun diese Beziehung 
zwischen Subjekt und Objekl Religion, so kann diese Reli- 
gion der ersten Menschen nur als ein ; primiliver Pan- 
theism us bezeichnet werden, in welchem der Naturgeist 
noch nicht nach seinen einzelnen Richtungen, sondern eben 
nur als ein Ganzes, Allgemeines , in seiner Totaiitat ,erfafst 
und gefiihlt wurde. Dieser primitive Pantheismus ist die 
Urreligion, aber nicht die erste Form der Religion. Er 
geht alien bestimmten Religionsformen voran und liegt alien 
zum Grunde. Er ist die Voraussetzung aller Form, fprmlos. 
Und wie sich aus dem Chaos, nach griechischer Vorstellung, 
alle Formen des Daseins entwickelt haben, so aus diesem 
primitiven Pantheismus alle Religionsformen. 

Jene Universalitat der Empfinduhg in den ersten Men- 
schen la'fst tins den Zustarid derselben als eirien besonders 
herrlichen erscheinen. Denn herrlich und begluekend mufs 
es sein und ist es, mit noch nicht beeintrachtigter und ge- 
schmalerter Empfindungsfahigkeit nicht bios . den ganzen 
Reiz der Natur, sondern auch des Menschenlebens zu ge- 
niefsen. Diese geistige Universalitat jener ersten Zeit hat 
in den nachkommenden Geschlechtern, welche immer mehr 
an Empfindimg zusammenschrumpften, jenen schonen Mythos 

dem paradiesischen Leben erzeugt, welches die ersten 

3* 



Menschen sollten gelebt haben u ). Ein Paradies, ein goi- 
denes Zeitalter steht jedem Volke zu Anfange seines Daseins, 
und jeder von uns blickt auf seine Jugend mil so viel Liebe 
und Sehnsucht, weil er fiihlt und weifs, wieviel er an Em- 
pfindungsfahigkeit und Weichheit des Gemuths eingebiifst 
habe. Keine Erzahlung im ganzen Alten Testament ist 
psychologisch wahrer als die von den ersten Menschen> 
ihrer Uhschuld, dem Paradiese und dem Falle. 

Ich sagte, dafs der Naturg'eist die erste objektive Macht 
sei, welche dem Menschen zum Bewufstsein komme und 
dafs der Einflufs dieses Naturgeistes bei den ersten Men- 
schen ein iiberwaltigender gewesen sein musse; ich bemerkte, 
dafs mit der hierdurch bewirkten Hingebung und Ergebung 
des ohnmachtigen Subjektes an das machtige Objekt Reli- 
gion wirkli'ch geworden, ja dafs diese Hingebung selbst 
Religion sei; ich machte endlich noch darauf aufmerksam, 
dafs,'wegen der noch durch nichts geschmalerten Vollkom- 
inenheit des Empfindungsvermogens in den ersten Menschen, 
die Natur in alien ihren Richtungen, als Ganzes, als Tota- 
litat empfuhden, und deshalb die Urreligion als ein prinii- 
tiver Pantheismus zu bezeichnen sei. Es fragt sich nunmehr, 
ob die ersten Menschen aufser der Natur noch ein anderes 
Objekt sich gegeniiber haben konnten, durch das sie gleich 
oder ahnlich bewegt und ergrifFen wprden wa'ren? Und ob 
es demnach aufser jener Urreligion noch eine andere geben 



14 ) Indem ihnen die Natar Gott war und sie mit dieser eng ver- 
banden lebten , lebten die ersten Menschen in inniger Gemeinscliaft 
mit der Gottheit, den Gb'ttern. Da der Gang der mensciilichen 
Entwickelnng in immer grofserer Loslb'sung von der Natur besteht, 
so fafst das heidnisch-religiose Gemiith dies als eine Loslb'sung von 
der Gottheit, als eine immer grofsere Entfremdung von ihr, als eine 
Verschlecliterung der Gesinnung auf. Dies ist .in der Sage vom 
Prometheus ausgedruckt und von dem goldenen Zeitalter. (Data bei 
Bergk. Reliq. com. att. antq. p. 188 sqq.) 



37 

konne, von jener verschieden, niindestens aber in der Ur- 
religion aufser dem natvirlichen noch ein anderes Element? 

&. Die Macht des Menschen. 

Da es im Bereiche der Natur aufser der sinnlichen 
aiifsern Natur nur Ein davon Unterschiedjenes giebt, den 
menschlichen Geist, so ist jene eben gestellte Frage gleich 
mit der: ob der Menseh seinem geistigen Sein nach sich 
selbst ein solches Objekt konne gewesen sein, wie er es als 
ohnmachtiges Subjekt erheischt? Diese Frage ist unzweifel- 
haft mit Ja zu beantworten. 

Es lafst sich kein erster Menseh denken, sondern nur 
erste Menschen. Menseh ist der Menseh nur in Verbindung 
mit andern. Der Mann wiirde die Menschheit nur einseitig, 
nur zur Ha'Ifte darstellen, ebenso die Frau, daher mindestens 
aber aiich nothwendig neben dem Manne noch das Weib 
zu denken ist und damit weiter die Familie. Die Mosaische 
Urkunde 15 ) driickt dies sehr schon mit den Worten aus : } ,Nach- 
dem Gott die Welt und Adam geschaffen, sprach er alsbald: 
Es ist nicht gut, 1 dafs der Menseh allein sei; ich will ihm 
eine Gehiilfin machen, die um ihn sei." Hieher gehort auch 
der Ausspruch des Aristo tele's, dafs der Menseh ein twov 
no^itiv.ov sei, und dafs. der, welcher in strenger Abgeschie- 
denheit von Andern lebte, entweder ein Gott oder ein 
reifsendes Thier sein miisse. Wie der Menseh durch seine 
subjektive Ohnmacht und die Ungenugsamkeit seines ver- 
einzelten Daseins im letzten Ende an die Verbindung mit 
der objektiven Macht gewiesen ist, so aus demselben Grande 
zunachst an die Association und Verbindung mit seines 
Gleichen. 

Wenn wir also von Anfang an den Menschen neben 



15' 



') I, 2, 18. 



dem Menschen und im Familienverbande sehen , so fragt 
sich eben, ob hieraus nicht Seelenbewegungen fur ihn heri- 
vorgehen, welche er als nicht von dem Naturgeist erzeugte, 
auf ihn unmittelbar zuriickzufuhrende, sondern als davon 
verschiedene, aber gleichwohl gewaltige und von eineriiber- 
legenen Macht herstammende erkennt; v mit einem Wort, ob 
nicht, er selbst sich als Objekt gesetzt, aus dem Verhaltnisse 
des Menschen ztim Menschen Seelenbewegungen resultieren, 
welche in ahnlicher Weise, wie die aus der Natur entsprun- 
genen, ihn ergreifen und die Vorstellung von ein'er hohern 
Macht in ihm hervorrufen? Und daran ist, wie gesagt, nicht 
zu.zweifeln. , 

Sobald nemlich, nach dem bisher Auseinaridergesetzten, 
religiose Empfindung oder Religion entsteht aus demjenigen 
Verhaltnisse des Suhjekts zum Objekt, in welchetn dieses 
die Ohmnacht jenes theilweise oder vollstandig aufhebt, so 
naiissen religiose Empfindungen auch aus dem Verhaltnisse 
des Menschen zum Menschen hervorgehen, im Falle auch 
:durch dieses Verhaltnifs eine theilweise, mehr oder minder 
vollstandige Aufhebung der Ohnmacht bewirkt wird. Dais 
dies nun wirklich statt habe, liegt auf der Hand. Ich will 
hierbei nicht grade an ein Wort Luther's erinnern, welcher 
sagte, dafs uns Jemand, der uns im Dunkeln oder in der 
Verirrung und Einsamkeit begegne , lieber sei und mehr 
heruhige als das innigste Gebet 16 ); auch nicht daran, dafs 
selbst schwache Leute grolsen Muth und grofses Selbstver- 
trauen ge\yinnen, wenn sie in Masse zusammen sind, wobei 
e.ben wiederum ihre Vereinigung mit andern das Gefiihl der 
Ohnmacht ihn.en nimmt 17 ), Wohl aber sind hier eine Menge 



16 ) ,,Dem Menschen ist 

Bin Mensch noch immer lieber al& ein Engel." 

Lessing, Nathan I, 1 gegen Ende. 

17 ) Vgl. Luther bei Feuerbach I, 334, 335, 336, 337. 



80 

anderer Verhaitnisse des menschlichen Lebens zu beachten, 
in denen und durch die dasselbe stattfindet. Lassen Sie 
uns zunachst an das einfachste aller Verhaitnisse denken, 
an die Liebe des einen Menschen zum andern 18 ). .Jene 
geistige Macht, welche zwei Menschen auf das innigste mit 
einander verband, zu einander trieb, an einander fesselte, 
das auf beiden Seiten gleich stark war und daher nicht aus 
der Qualitat des Indiyiduums hergeleitet werden zu konnen 
schien, um so weniger, als, man doch in dem Andern immer 
nur seines Gleichen sah diese geistige Macht, welche auf 
das intensivste die Herzen bewegte und hielt, mufste noth- 
wendig als eine Uebermacht erscheinen^. als Wirkung und 
Wohlthat eines hoheren Geistes. Und zwar eines Geistes, 
weil hn Bereiche der Natur sich nichts fand, wovon man 
jene grofse Seelehbewegung hatte herleiten kSnnen i9 ). - 
Oder betrachten wir ein anderes ... Verhaltnifs. Der Eine 
zeichnet sich vor den Andern aus durch Muth, Klugheit,, 
oder durch Verblendung, selbst Wahnsinn, iiberall nahm 
man Eigenschaften wahr, die sich inarkierten; man bemerkte 
ihr Vorhandensejn, erkannte sie als etwas Andern Fehlendes 
an und konnte sich doch nicht Rechenschaft dariiber geben, 



1S ) ,,Mein Abgott, mein Engel, meine Gottin"!! 

19 ) Da nun die Minne das vollbrachte 

und mich zuuii Ueberwund'nen inachte, 

so treibt sie Pflicht und Recht dazu, 

dafs sie der Zweien eines tliu; 

sie mir in Liebe zuzuwenden, . 

sonst mache sie. mein Lieben enden: 

dena anders ware ich verloren. 

Dafs ich. zur Freundin hab' erkoren 

die Feindin, die mich hafst so selir, 

kommt nicht von meinem Sinne her: 

Da ist allein die Minne Schuld. . 

Hartmann y. d. Aiie Iwein 1647 sqq. 
(Fr. Koch, d. Ritterbuch Bd, I. Halle 1848. 12. p. 58.) 



40 

woher sie entstanden. So kam man ganz einfach dazu, sie 
als Gabe oder Schickiing einer geistigen Macht auzusehen, 
die vorzugsweise Ira Besitze derselben ware. Alle solche 
Verhaltnisse, die im Menschenleben und durch dasselbe zur 
Erscheinung kommen, nenne ich ethische, mil pragnanter 
Bedeutung dieses Wortes, riicht als identiseh mil ,,sittlich." 
Und alle diese Verhaltnisse bewegen mehr oder minder das 
Gemiith der Mensehen und mufsten deshalb auch kohsequent 
von einer Ursache abgeleitet werden, die, weil sie in der 
aufsern Natur nicht zu entdecken war und nicht mit dem 
Trager identificiert wurde 20 ), als geistige Personlichkeit ge- 
dacht wurde und wiederum als eine machtige, weil sie> 
wenn sie nicht rna'chtig, nicht mach tiger als der Mensch' 
gewesen ware, diesen ja nicht hatte. bewegen konnen. 
Aus den verschiedenen, durch die Einwirkung des Mensehen 
auf den Mensehen erzeugten, Seelenbewegungen aber tritt 
besonders eine hervor, die gewaltigste von alien -, die 
gewaltigste, weil keine so wie sie dem Mensehen das Be- 
wufstsein seiner Ohnmacht aufdringl, ja vor Augen ftihrt. 
Diese Macht, der keine andere in dem ganzen Bereiche der 
Natur _ gleichkommt, der zu entrinnen dem Mensehen all' und 
jedes Mittel fehlt, die schonungslos und ohne Erbarmen 
uberall hineingreiftj die Gewaltigsten niederschmettert, die 
Starksten vernichtet , diese Macht ist der Tod 21 ). Ver- 
setzen wir uns in die Seele der ersten Mensehen. Mitten 
in der Freude des Daseins, im Kreise der Familie, sehen 



20 ) Vergl. jedoch Buch der Weisheit 14, 15 sqq. und Grimm, 
Gesch. der deutsch. Sptache I, p. 19. 

21 ) ,,Die Gbtter .sind nur die iibermensclilichen Machte in zweiter 
Instanz, aber die ubermenschliche Macht in erster Instanz, die Macht, 
vor der zuerst der Mensch das Knie beugt, ist die Macht der Noth 
die Macht iiber Tod und Leben." L. F e u e r b a ch Sammtl. Werke 
Bd. I. Lpzg. 1846. 8. p. 361. vgl. p. 340. 



41 

sie durch unsichlbare Hand plotzlich ein Leben verloscht, 
das bis dahin noch sich ,gefreut, den Arm gelahmt, der 
ihnen sonst in den Muhen und Arbeiten des Lebens hulfreich 
beigestanden hatte. Sie fuhlen sich plotzlich verwaist und 
einsam, das Gefuhl ihrer eigenen Ohmnacht und Hinfalligkeit 
tritt ihnen mit erneuter und scharf fassender Kraft vor die 
Seele. Sie erbeben auf das tiefste bei dem Anblicke des 
Todten, an dem sie die gewaltige Hand einer ernsten uh- 
sichtbaren Wesenheit und ihr eigenes Geschick erkennen 22 ). 
Die Seelenbewegungen, die hieraus entstehen, sind gleich* 
falls als ethische zu bezeichnen und unter alien als die be- 
deutendsten anzusehen. Dies hat sogar Manche yeranlafsti 
an sie den Ursprung der Religion anzuknupfen. Einige 
haben dies sehr unverstandig in der Weise gethan, dafs sie 
behaupteten, Todtenkult, d. h. eine gottliche Verehrurig der 
Gestorbenen selbst, sei die Quelle aller Religion (i'ch spireche 
hier natiirlich stets nur von der heidnischen) gewesen 23 }. 
Das ist zwiefach einseitig; 1) weil alle'andern, sowohl 
schen als naturlichen (d. h. dureh die Natur erzeugten) 
lenbewegungen hintenangesetzt werden; 2) weil aus Vereh^ 
rung der Gestorbenen nur ein Damonen- oder Heroenfcult 
hervorgehen kann, nicht aber Religion. Bei weitem riehtiger 
und mit Geist geltend gemacht ist die Meinung Stuhr's, 
der gleichfalls von den Seelenbewegungen, welche der Tod 
hervorruft, als der Hauptquelle der Religion aiisgeht. In 
Bezug auf die griechische meint er, dafs der dpdonaische 
Zeus die alteste Form dieses Gottes urspriinglich 
heryorgegangen sei aus dem Glauben an das Umschwebt- 



s - a ) Vgl. E. Simon, Geschichte des Glaubens an ejttie Geister- 
welt. Heilbr^ 1834. 8. ' . ' 

23 ) Z. B. L. Rofs, Hellenica Bd. I. 1. HaUe 1846. 4. p, .41. 
Hugh Farmer The general Prevalence of the Worship of human 
Spirits in the ancients Heathen nations. London 1783. 8. 495 S. 



42 

werden von den Seelen der Verstorbenen, indem das Wesen 
der Abgeschiedenen im Zeus zum Einheitsbegriff zusammen- 
gefafst sei; und wie Zeus als allgemeines Sinnbild der 
mannlichen Verstorbenen gedacht sei, in demselben Sinne 
Dione als ein Bild fur die weiblichen. Dem Glauben an 
die Damonen, d. h. dem aus der Verehrung der Seelen der 
Verstorbenen als Beschiitzer des Hauswesens der Hinter- 
bliebenen entstandenen Glauben , entspreche das Wesen 
reiner Geistigkeit, zu dessen Vergegenwartigung in der Vor- 
stellung sich das Bewufstsein anfangs rein an die Erinnerung 
an;die Seelen der Verstorbenen und an die Empfindung des 
Urtischwebtwerdens von denselben gehalten habe. Nach 
und nach habe sich diese Empfindung mehr und mehr zur 
Gegenstandlichkeit ausgebildet und die Vorstellung des Zeus 
Und der Dione hervorgerafen 24 j. Wahrhaft gegenwartig sei 
dem Bewufstsein der >alten Pelasger ihr Zeus indefs nur in 
seinen Wirkungen geworden, wenn er im Rauschen des 
Windes darch die Luft lind die laubige Krone der Eiche 
sich bewegte. Hier finde sich schpn durch Vermittlung einer 
an die Vorstellung von Wind und Luft sich anschliefsenden 
sinnlichen Auffassungsweise eine im Bewufstsein vollzogene 
Uebertragung geistiger Ahnungen auf Naturanschauungen 25 ). 
Dieses Hineinsenken urspriinglich geistiger Ahnungen in die 
Natur sei immer mehr vollzogen, habe so die in sinnlich 
plastischer Gestalt erscheinenden griechischen Gotter eraeugt, 
schh'efslich aber durch vollstandiges Hineinsinken in die 
Natur der ganzen grjechischen Religion den Untergang ge- 
bracht. So miisse die Naturseite der griechischen Religion 
gefafst werden, Es sei eine im Bewufstsein vollzogene Be^ 
geistigung des Naturlebens, aus welcher sinnbildliche Vor- 



z4 ) P. F. Stuhr Religionss. d. Hellen. p. 
) Stuhr a. a. O. p. 43. 



stellungen Hervorgingen , an denen sich mehr die inner en 
Bewegungen des Seelenlebens abspiegelten, ills das a u ST 
sere Leben der Natur. Die Natur sei im Bewufstsein 
durch den Geist belebt und beseell worden 26 ). :i 

Stuhr gent" also- voii der ethischen Macht des Todes 
aus und leitet hieraus den Ursprung der griechischen .Reli- 
gion ab. Oder, um alles in meine Terininologie zu iiber- 
setzen, er erklart den Ursprung der Religion aus dem 
Kontakt des religiosen Subjekts mil dem von uns als zweites 
gesetzten religiosen Objekt , dem Menschengeist, den er 
seiner Hauptaufserung nach im Tode fafst, Dem : ersten 
Objekt, dem Natiirgeist, raumt er keinen Antheil bei Ent- 
stehung der Religion ein, sondern erkentit bios eine Ueberr 
tragung der aus der Beriihrung von Subjekt mit Objekt? 
gewonnenen religiosen Empfindungen lind Yorstellungen-auf 
die Natiir an. Ich kann diese Ansicht nicht theilen. Die 
Griinde sind leicht aus dem zu entnehmen, was ich in Be? 
treff der Wirkungen gesagt habe, welehe die Natur no th- 
wendig auf die ersten Menschen ausubeq mufste. War die 
Natur ihnen nicht gleichgiiltigy sondern brachte sie Bewe- 
gungen und ergreifende Eindriicke in der Brust hervor, 
dann mufs sie auch ztir Entstehung der Religion mitgewirkt 
haben. : 

Indem ich so von Stuhr abweiche, kann ich nicht 
umhin, auf das grofse Verdienst anfraerksam zu nntachenj 
weiehes diese seine mit vie! Geist von ihm durchgefuhrte 
Ansicht hat. Sie zum ersten Male hat sowohl jener mater 
rialistischen Auffassung der Mythologie, wonach diese nur 
auf die Natiir zurUekzufuhren ware, als auch jener moriir 
h'schen Auffassung, welehe in der ganzea Mythologie nur 
Personifikationen von Begriffen fand, wirksam entgegeu- 



Stuhr a. a. O. p. 47. 



44 

gearbeitet. Ein Verdienst, welches alle diejenigen seinem 
hohen Werthe nach zu schatzen wissen, welche gezwungen 
gewesen sind, sich durch eine Menge von Schriften durch- 
zuarbeiten, von denen die materialistisehen durch ihr wiistes 
Material ebenso ungeniefsbar sind, als die mit BegrifFen ope- 
rierenden durch ihre Begriffslosigkeit. 

Noch em Anderes in der Stuhr'schen Ansicht ist, und 
mit Zustimmung, hervorzuheben, nemlich dies, dafs in der 
Religion eine Uebertragung ethischer Momente auf Natur 
ebenso stattgefunden habe, als eine Vergeistigung, Yerkla- 
rung der Natur. Dies naher nachzuweisen, ist hier nicht 
der Ort; ich werde es spaterhin an den einzelnen Gotler- 
gestalten thun. Hier will ich nur darauf aufmerksam ma- 
chen, dafs diese gegenseitige Beriihrung und Durchdringung 
der. aus beiden Objekten gewonnenen Eleniente, meiner 
Meinung nach, als eine uranfangliche zu. setzen ist. Die 
ethische Empfindung blieb nicht ohne Anlehnung an ein 
Naturobjekt, und die Naturempfindung ward zu einer ethi- 
schen verklart. Nur darf man hierbei nicht denken, dafs in 
jenen Uranfangen die einzelne Empfindung als solche fest- 
gehalten worden sei. Die dazu nothige auseinanderhaltende, 
unterscheidende Kraft fehlte dem Bewufstsein der ersten 
Menschen noch. Wie sie die Natur als ein Garizes erfafs- 
ten, so entstand ihnen aus den vefschiedenen ethischen 
Regungeh die Vorstellung allgemeiner Geistigkeit, ganz un- 
bestimmt, verschwimmend. Und wiederum konnen sie nicht 
im Staude gewesen sein, diese zwei Arten von Eindriicken, 
naturliche und ethische, zu sonderri, weil sie damals noch 
nicht zur Kraft der Unterscheidung gelangt waren. \ 7 iehiiehr 
die aus beiden Objekten (Natur- und Menschengeist) auf 
das Subjekt \iberstromenden Gefiihle bildeten in diesem ein 
Chaos von Enapfindungen, in welchem die beiden Elemente, 
aus denen es gemischt war, Eine verschwimmende Masse 



45 

ausmachten. Die Urreligion war -urn es zu wiederholen 
eine form- und gestaltenlose, pantheistische. 

Fragen wir, welches Element in diesem Chaos von 
Gefuhlen das iiberwiegende werde gewesen sein, so habe 
ich mich schon gegen Stuhr fur das Naturelement ent- 
schieden, ohne damit im mindesten das geistige Element 
gering anschlagen zu wollen. Aber einmal scheinen mir 
die von der Natur ausgehenden Eindnicke urn deswillen 
tiefer gewesen zu sein, weil die Natur stets dieselbe und 
eine allgegenwartige ist, wahrend dies in derselben Weise 
von den ethischen Verhaltnissen nicht zu sagen ist; iind 
zweitens gehort zu der Komplicierung von Verhaltnisserij 
in -welchen die ethischen Seelenbewegungen in voller Kraft 
und Bestimmtheit, in einiger Vollstandigkeit ztir Erscheinung 
kommen, ein nicht unbetrachtlicher Zeitraum^ bis zu dem 
hin also die Natur mit entschiedenem Uebergewicht auf did 
Menschen influiert hatte. 

Ich bitte, aus den bisherigen Untersuchungen festzu- 
halten 1) dafs zur Entstehung der Religion zwei objektive 
Faktoren gewirkt haben, Macht der Natur und Macht des 
Menschen, beide, nicht einseitig entwedef Natur- oder 
Menschengeist ; aber der erstere Faktor bedeutender; 2) dafs 
das Produkt dieses zwiefachen Objektes und des Subjektes 
eine Religion gewesen sein miisse, die, bei gegenseitiger 
Durchdringung des natiirlichen und ethischen Elements in 
ihr, pantheistisch war, eirierseits wegeh der universellert 
Empfindungsfahigkeit .des Subjektes, andrerseits wegen 
der noch sehr unbedeutenden Urtheilsfahigkeit des Sub- 
jektes, vermoge welcher dieses spwohl im Objekt als in 
seinen subjektiven Empfindungen hatte sondern und unter- 
seheiden konnen. Lafst sich aber aufser den genannten 
beiden nicht noch ein drittes Objekt denken? Sehen wir. 



46 

c. Die Macht Gottea. 

Wenn der absolute Geist Gott in dasUniversum 
nicht aufgeht, mit ihm nicht zusammenfallt, .sondern der 
Lehre des Christenthums zufolge Golt.zwar in der Welt 
und im Menschen sich ofFenbart, aber nicht erschopft; wenn 
er aufser ihnen seine gesonderte Existenz, seine Persb'nlich- 
keit bewahrt, sich bei sich behalt; kurzum, wenn es einen 
aufserweltlichen personlichen Gott giebt 27 ): so isf klar, dafs 
dann noch ein drittes Objekt vorhanden ist.fiir das religiose 
Subjekt. Da nun der subjeklive Grund der Religion in dem 
Gefiihle der Ohnmacht zu suchen war, aus welchem ebenso 
die Liebe zum Leben und die Furcht vor dera Tode, d. b. 
das Streben, die Personlichkeit zu bewahren, hervorgeht, 
als es von dem Wesen des Menschen nicht zu trennen ist: 
so : leuchtet ein, dafs es fur das religiose Bewufstsein kein 
hoheres und sein Veiiangen mehr befriedigendes Objekt 
geben:kann, als einen personlichen Gott , der allinachtig 
ist; der z war die Welt der Erscheinungen und den Men- 
schen durch sein allmachtiges Wort erschuf und ins Dasein 
rief, selbst aber personlich iiber aller Erscheinung steht und 
doch allgegenwarlig, ewig, unwandelbar, allgutig, allweise 
ist. 1st Religion Bedurfnifs des Menschen und haftet an 
ihm unentaufserlich das Verlangen nach Verbindung mit 
einer objektiven Macht, so kann keine andere Religion 
jemais dem menschlichen Herzen so voile Gentige leisten 
als die christliche; so ist sie die absolute Religion, Religion 
schlechthin. Denn der Gott, welchen das Chrislenthum 



2T ) G. A. Fricke Argumenta pro Dei exitentia exponnntur et 
judicantur. P. I. Lips. 1847. 8. 77 S 

F. J. Stahl Fundamente einer christlichen Philosophic, ed. II. 
Heidelberg 1846. 8. 

Fortlage Darstellung und Kritik der Bevreise fur's Dasein 
Gottes. Heidelb. 1840. 



lehrt, ist in allem unendlich: an Macht, Liebe, HeiiigkeiL 
Hierin liegt das Geheimnifs, weshalb vor dem Christenthuine 
alle heidnischen Religionen zu Schanden gewprden sind und 
haben zu Schanden werden miissen. Denn sie alle batten 
.statt Eines, alle Gottlichkeit in sich vereinigenden Gottes, 
eine Vielheit von Gottern, statt eines absoluten, vollkom- 
menen, unendlichen Goties nur relative, unvollkommene, 
beschrankte Gotter 28 ). 

Soil nun aber dieser aufserweltliche Gott in seiner 
ewigen Wahrheit und Unendlichkeit Objekt der Religion 
werden, so kann er dies nur auf dem Wege der Oiffenba- 
rung und nur auf diesem 89 ). Wir batten also anzunehmen, 
dafs, wenn dies dritte Objekt ausschliefslich oder mitvvirkend 
bei dera Ursprunge der Religion betheiligt gewesen ware, 
Gott sich den ersten Menschen geoffenbart hatte iind dafs 
folglich jede heidnische Religion nur eine mehr oder minder 
grofse Triibung und V erfalschung der reinen urspriinglichen 
Religion, der geoffenbarten WahrKeit ware 30 ). Und dies ist 
allerdings die Ueberzeugung einer grofsen Menge von My- 
thologen ehedem gewesen und noch jetzt 31 ). Sie haben 
diese Ueberzeugung in verschiedener Weise ausgesprochen. 
Die Einen meinten, Gott habe, wie den Moses im feurigen 
Busche, die ersten Menschen unmittelbar unterrichtet , An- 
dere, die Engel des Himmels hatten die ersten Menschen 
in der wahren Religion unterwiesen; noch Andere erklarten 
das Heidenthum flir ein verderbtes Judenthum, woraus denn 



58 ) Vgl. Feuerbach I, 274sqq. 

29 ) F. Schwubbe de gentium cognitione Dei. Paderborn 1844. 

4OO C ' ' - " 

f**& U+ ' 

?0 ) Ansicht.der Socinianer. 

31 ) Vgl. Humboldt.Kosmos II, 147. Sclielling Methode d. 
akad. Stadiums, p. 167169. Kanne, Rixner, Windischmann, 
Fr. Schlegel. 



der Satz folgte, dafs es vor d'er Stindfluth kein Heidenthum, 
sondern nur Atheismus gegeben' habe 38 ). Es ist nicht 
nothig, hiergegen vom Standpunkte der Wissensehaft aus 
zu polemisieren, da von allem andern zu schweigen 
diese Behauptungen nur auf Glauben basieren und nicht ein- 
Thal mit einem Scheme von Bevveis umkleidet, sondern nur 
ganz nackt und bios hingestellt sind 33 ). Hiervon aber auch 
abgesehen, so kann der ganzen Frage ,,ob der absolute 
Gott Objekt der ersten Religion gewesen sei" fiir die Wis- 
senschaft des Heidenthums keine weitere Wichtigkeit bei- 
gelegt werden. Denn wenti geoffenbarte Religion die erste 
war, und die heidnischen aus ihr nur dadurch entstanden, 
dafs der Sinn sich der Natur- oder Selbstvergb'tterung zu- 
wandte, d. h. also, wenn das, was das Heidenthum erst 
zum Heidenthume macht, das Specifische an ihm, aus Natur- 
und Menschengeist, nicht aus dem gottlichen Geiste her- 
stammt, so kommen wir auch so auf die beiden zuerst 
besprochenen Objekte als die beiden einzigen Quellen der 
heidnischen Religion zuriick. Denn aufser diesen drei Ob- 
jekten lafst sich kein weiteres dem religios empfindenden 
SubjekV deni Menschen gegeniiber denken 34 ). 



3a ) Budde Hist. Vet. Test. Per. I. Sect. 1. p. 159. Koch <le 
culta serpentam. Lips. 1717. 4. p. 3 sq. Gegen die'sen Satz jedoch 
sclion Tertnllian. 

33 ) Vgl. Plato Phileb. p. 1C, p. 31, Stallb. Cicero Tusc, I, 12. 

34 ) Die ortliodoxe Theologie kannte freilich nocli zwei andere, 
dem Menschen iiberlegene Machte, die daher fiir ihn moglicherweise 
batten religioses Objekt sein konnen: Engel und Teufel. Es haben 
daher aucft Theologen nicht angestanden, von beiden den Ursprung 
der heidnischen Relfgion' ahzuleiten. 

a) Engel. Joh. Clericus Compend. hist. univ. Amstel. 1698. 8. 
p. 9 sq. Dabei wird die Frage, ob Kenntnifs von den Engeln 
naturaliter gegeben sei Joh. Schmidius diss. de angelis 
ex principiis philosophicis non demonstrabilibns; Joh. Dav. 
Hoheseil An Angelornm existentia ex naturae hunine demon- 



49 

Nitzsch Ueber d. Religionsbegriff tier Aiten (Ullmann und 
Umbreit Studien 1828. p. 527 sqq.) J. G. Miiller ebendas. 
1835. Hahn Comment, de religionis et superstitionis na- 
tura. Vratisl. 1834. Dietrich de etymologia vocis religio. 
Schneeberg 1836. C. F. Braunig Religio, riach Ursprnng 
und Bedentung erortert. Leipzig 1837. 



Zweites Kapitel. 

Von den verschiedenen Formen der Mythologie oder 
der formellen Erscheinung der heidnischen Religion. 



Isaac Abarbanel de variis idololatriae speciebus, latine 
yersa a Buxtorfio. Alex. Rossaeus de religionibus mrindi 
deutsch von Albert Reimarns. Amsterd. 1668. 8.; franz. V. 
Thorn, le Grue. Amsterd. 1666. 4. 

1. Uebersicht. 

Wir haben im vorigen Abschnitte gesehen, dafs die 
Religion aus dem Kontakt von Subjekt und den beiden Ob- 
jekten Natur und Menschengeist entstanden und die Urreli- 
gion als primitiver Pantheismus zu bezeichnen sei, der, an 



strari possit? als zu bejahen yorausgesetzt, und unter anderm 
auch gemeint, dafs die Engel zum Theil in den Statuen Qrakel 
gegeben hatten. Clericus 1. 1. 

b) Teufel. :Schon die spatern Juden nnd namentlich die TJeber- 
setzer LXX hielten die Goiter der Heid en fiir Damonen, d. h. 
.. abgefallene Engel oder yon solcheh mit menschlichen Weibern 
gezeugte. Dann aber machten diese Ansicht, wie sie auch kaum 
anders konnten, -besonders die christlichen Apologeten geltend; 
Tgl. Tzschirner, Fall des Heidenthumes p. 288 sqq^. Tert'ullian 
de. baptism, cp. 5. de praescr. adv. haer. cp. 41. Natiirlich wa- 
ren die Teufel oder die mali spiritas aiich diejenigen, welche in 
den : Orakeln agierten, s. Hugo Gro tins de verit.relig. Christ. 
Lb. IV. . 9. ibq. intpp. 

Lauer Griech. Mythologie. 4 



50 

sich formlos und Voraussetzung aller Form, alien einzelnen 
bestimmten Religionsformen yorausgehe und gleichmafsig 
zu Grunde liege. Ich sagte, wie aus dem Chaos sich alle 
Fonnen des Daseins entwickelt hatten, so aus diesem pri- 
mitiven Pantheismus alle Religionsformen. Diese Urreligion 
Jiat wegen ihrer Universalitat, womit sie die gesammte , 
Natur, ingleichen auch die Manifestationen des menschiichen 
Geistes umfafst, erne Art Einheit in ihrem Objekt. Aber 
doch nur insofern, als sie dies Objekt total erfafst und weder 
in ihm selbst unterscheidet noch neben ihm ein Anderes 
anerkennt: ein nav, kein ev. Es ist daher ein Irrthum, wenn 
man den primitiven. Pantheismus mit Monotheismus identi- 
ficiert und die Urreligion fur monotheistisch erklart 3S ). Den- 
selben Fehler begeht man, wenn man die alteste Form der 
einzelnen Religionen bei den verschiedenen Volkern als 
Monotheismus bezeichnet 3B ). Denn nicht bios, dafs jede 
einzelne Religion YOU jenem primitiven Pantheismus ausge- 
gangen ist, mithin von ihr dasselbe gilt, was von diesem. 



3S ) Z. B. R. Cudyrorth Systema intellectuale hujus. universi 
latine vert, et rec. J. L. M o she mi us. Lugd. Bat. 1773. 4. II. Voll. 
Wyttenbach Num deum tinum esse sola rationis yi demonstrari 
possit, et gentesne exstiterint, quibus nulla revelationis ope adjutis 
haec veritas cognita. fuerit? Diss. de unitate Dei in s. opusc. select.' 
ed. Friedeinan.n. Tom. II. (Hiergegen ist gerichtet Meiners hi- 
storia de Deo vero. Lemgo. 1780). Bberhard Neue Apologie des 
Sokrates. Berlin 1772. 

3B ) Es ist dies geschehen, iiberliaupt: Klemm, Culturgeschichte 
VII. Lpzg. 1849. p. 357.; in Betreff 

der Aegypter: Jablonsky Opuscnla 1804 13. IV. . 
der Perser: Tli. Hyde liistoria religionis veterum Persa- 

rum. Oxon. 1700. 4. Gregen ilin Anquetil du 
Perron. 

der Griechen: z. B. Lucas de deabus colligeris. p. 8 sq. 
(docli vgl. O. Miiller Prolegg. p.244sq.) 
Lange Einleitung in die gr. Mythol. Berlin 
1825. 8. p. 30 sqq. Creuzer I, 46. 
der Germanen: Jac. Grimm: D. Myth. XL1V sq. 



' . 51 

sondern man hat sich auch bei Annahme solches partiku- 
laren Monotheismus eihe Verwechselung anderer Art zu 
Schulden kommeri lassen. Man unterschied nicht zwischen 
einem der Art nach einzigen, hb'ehsten Wesen, und einem 
komparativ hochsten, gleichartig einer Menge anderer Cotter 
und nur dem Range nach von ihnen verschieden 37 ). Nur 
wo das erstere verehrt wird, kann von Monotheismus die 
Rede sein, und das ist in keiner Mythologie der Fall gewe- 
sen. Alle heidnischen Religionen haben vielmehr nur ein 
komparativ hochstes Wesen, das zwar, wie z. B. bei den 
Griechen Zeus, an der Spitze der ganzen Gotterwelt steht, 
aber neben sich noch eine Menge anderer Cotter hat und 
weit entfernt ist in seinen Beziehungen zu ihnen eine ab- 
solute Gewalt auszutiben. Die Sache ist in den einzelnen 
Religionen diese. Je weiter man eine jede riickwarts ver- 
folgt, um so mehr vereinfacht sie sich. Die zuerst selbst- 
staridig, in scharf von einander abgegrenzter Gestalt, er- 
scheinenden Cotter : schmelzen immer mehr zusammen, so 
dafs, was zuerst in viele Cotter geschieden war, zuletzt in 
Eine gottliche Wesenheit sich zusammenfafst. Aber man 
kommt bei dieser Untersuchung zuletzt nicht auf Einen 
Gott. Vielmehr verliert jede gottliche Personlichkeit in dem 
Augenblicke, wo sie mit einer andern zusammenfallt, an 
ihrer Personlichkeit; ihre Umrisse triiben sich. Zwei Ge- 
slalten, die sich miteinander beruhren, gehen in einander 
iiber, verschwimmen und verlieren an anschaulich conceri- 
trierter Selbststandigkeit, wie zwei Farben im Abendroth. 
So gelangt man schliefslich nicht zu Einer gottlichen Per- 
soniichkeit, zum Monotheismus, sondern zu einer 



31 ) Ygl. P. Chr. Reinhard Abrifs d. Entstehung und Ausbil- 
dung d. relig. Ideen. Jena 1794. 8. p. 5 sqq. 

4* 



52 . 

stimmten, nicht in klarer Anschauung gefafsten, sondern 
alles in sich chaotisch enthaltenden gottlichen Wesenheit, 
zu einem gottlichen Alleins, eben zii jenem primitiven Pan- 
theismus 38 ). - 

Der Fortschritt aus diesem Pantheismus heraus zu be- 
stimmten Religionsformen, deren kurze Betrachtung uns 
jetzt obliegt, ist abhangig, und bedingt von den Verande- 
rungen sowohl ira Subjekt als im Objekt. Denn so gut 
namlich 

a) das Subjekt beeintrachtigt sein kann durch kli- 
matische Einfliisse , durch zu grofse Hitze oder 
Ka'lte, oder nachdem es allmahlig eine typisch ge- 
wordene Charaktereigenthumlichkeit angenommen 
hat, kann auch . 

b) das Objekt beeintrachtigt sein, weil die Natur in 
den verschiedenen Theilen so geartet sein kann, 
dafs sie sich dem Menschen nur v,orzugsweise von 
einer oder mehreren Seiten, nicht aber in ihrer All- 
seitigkeit zeigt. 

Je nachdem nun die Beziehung des Objekts und des 
Subjekts aufeinander eine vollkommne oder unvollkommne 
ist, je nachdem das Subjekt das Objekt allseitig oder theil- 
weis auffafst oder dieses sich auffassen lafst, entstehen aus 
der Urreligion = -|- s (Objekt allseitig, Subjekt unentwik- 
kelt) folgende Religionsformen: '. . 



3S ) Dieser Pantheismus ist nicht zu. verwechseln mit jenem an- 
dern, wonach alles Sein der Ausflufs der Gottheit und diese in jenem 
enthalten ist, welclien man auch fur die alteste Religionsform gehal- 
ten hat. Z. B. R. Cud worth Syst. intell. cp. IV. . 17. p. 356. . 18. 
p. 414. . 34. p. 627. C. Calvper Saxonia inferior antiqua Lb. I. 
cp. 5. p. 13 sqq. A. Hinckelmann Detect, fundam. Boehmian. 
p. 106 sqq. . . - 



53 

1) 0-f S (Objekt allseitig, Subjekt entwickelt) Polytheismus. 

2) o -f S (Objekteinseitig, Subjektentwickelt) 

Parsismus ooSchamanenthum. 
Gaiolatrie ooUranolatrie. 
Astrolatrie ooZoolatrie. 

3) o -fs(Objekteinseitig,Subjektunentwickelt) Fetischismus. 

Auf diese drei Grundverhaltnisse [0 -f S, o -f- S, o -j-s] 
lassen sich alle einzelnen heidnischen Religionsformen zu- 
riickfiihren. Ihr Vorkpmmen ist abhangig vori den Bedin- 
gungen, welche die Veranderungen in der Empfindung und 
dem Urtheil herbeifiihren. Diese Bedingungen sind die, 
welchen der Mensch durch die Natur des Landes, in dem 
er sich -ahgesiedelt hat, unterworfen ist 39 ). Ein schones 
freundliches Land, welches den Menschen anlachelt.und zu 
seinem Herzen spricht, welches sich durch die Mannigfal- 
tigkeit seiner Formen und die Lieblichkeit seines Klimas 
auszeichnet, welches dem Menschen willfahrig und wie von 
selbst darbietet, was er zii seinem Unterhalte bedarf, wel- 
ches ihn zu keiner grofsen Anstrengung verpflichtet und zu 
keinerbedeutendenAnwendung seiner physischen und geistigen 
Kra'fte: ein solches Land wird vor alien andern geeignet sein, 
die Empfindungsfahigkeit des Menschen zu erhalten, dagegen 
weniger geeignet zur Ausbildung seiner ihtellektuelleh, seiner 
geistigen Kraft. Ein solches Land wird demnach vermogen 
einen Zustand der Religion festzuhalten, welcher ' dem ur- 
spriinglichen sehr nahe steht. Die Erfahrung bestatigt diesen 
Satz. Indien hat alle die Eigenschaften , von denen eben 
die Rede war, und der Zustand des religib'sen Bewufstseins 



. 39 ) ,,DasKlima" sagtschonPolybioffIV.5.s.f., ,,bildet die Sitten 
der Vqlker, ihre Gestalt und Farbe." Vgl. J. G. Kohl, der Yer- 
kehr u. d. Ansiedelnngen d. Menschen in ihrer Abhangigkeit v. d. 
Gestaltung der Erdoberflache. Mit 24 Steindrucktafeln. gr. 8. Dres- 
den 1841. 



54 

der Indier 1st rnehr als^der irgend eines andern Volkes jenem 
priiriitiven Pantheismus _verwandt. . Die Indier stehen, wie 
durch ihre Sp.rache, so durch ihre Religion, und durch diese 
trotz ihrer Gotterbilder und My then, dem Urzustande des 
menschlichen Geschlechts nahe. Sie bilden den Ueber- 
gang zu einef andern Religionsform. Es ist in ihrem Be- 
vvufstsein ein Ringen aus diesem Pantheismus, in dem alles 
verschwiiiimtj'heraus und.zu. klarer Anschauung zu gelangen. 
Aber ihre geistige Kraft, niedergehalten durch die Ueppigkeit 
ihrer Natur, ist nicht slark genug dazu. Sie ist zerfahren 
in der Sinnenwelt, nicht concentriert in sieh; daher 1 die 
mafs- und formlosen Tempelbauten und Gotterbilder. Weil 
seine geistige Kraft sich nicht zu intensiver Consistenz zu- 
sammengezogen hat, vermag der Indier nicht, in ein mensch- 
lich gestaltetes Gotterbild den Ausdruck von Kraft zu legen; 
diese seine Kraft ist noch extensiv; daher giebt er dem 
Bilde viel Kopfe um die Klugheit, viele Arme um die 
Kraft, viele Fiifse um die Schnelligkeit. auszudriicken. 
Ueberall in der indischen Religion treten die deutlichsten 
Zeichen hervor von einem Zustande des Bewufstseins,. wel- 
ches zwischen pantheistischer Verdunkelung und klarer, 
scharf begrenzter Erfassung der Gottheit schwankt. Die 
Ursache davon lag in der durch die Natur zuriickgehallenen 
Ausbildiing der geistigen Krafte. 

Denken wir. uns nun ein Land, welches auf der einen 
Seite alle die Vorziige Indiens vereinigt, auf der andern 
aber so geartet isl, dafs es seinen Bewohnern nicht in sorg- 
loser Unthatigkeit dahinzuleben gestattet, sondern ihnen 
Miihe und Arbeit auferlegt: so wird es sowohl die Empfin- 
dungsfahigkeit erhalten als die intellektuellen Krafte der 
Bewohner ausbilden. Und daraus wird eine Religionsform 
sich bilden miissen, in welcher eine reiche und lebendige 
Auffassung des Nalur- und Menschenlebens nach ihren ein- 



55 

- j . 

zelnen Richtungen in sinnlich plastischen Gottergestalten 
sich vergegenstandlicht. Iin Allgemeinen kann man von dem 
grb'fsten Theile von Europa sagen, dafs er eine splche Reli- 
gionsform begtinstige und auch wirklich hervorgebracht habe. 
Ich nenne dieselbe Polytheismus. 

Bei den Volkern der iibrigen Erdtheile dagegen finden 
wir Religionsformen, in deneri sich eine betrachtliche Ver- 
minderung der ursprunglichen Empfindungsfahigkeit des 
Menschen kundgiebt. Diese Beeintriichtigung der Empfang- 
lichkeit fiir Eindriicke der Natur mufste natiirlieh iiberall 
da eintreten, wo die Natur iiberhaupt wenig Eindriicke ge- 
ben konnte. Denn nur durch Uebung wird die. Kraft er- 
halten. 1st der Wohnsitz eines Volkes verkiiimiiert, so ver- 
kummert auch das Volk. Wie das Land, so seine Bewohner. 
Die verschiedenen Religionsformen nun, in denen wir eine 
solche Verkummerung der urspriinglich universellen Empfin- 
dungsfahigkeit des Menschen wahrnehmen, lassen sich in 
drei Gegensatz-Paaren darstellen: Parsismus Schamanen- 
thum; Gaiolatrie Uranolatrie; Sabaeismus (Astrolatrie) : 
Zoolatrie 40 ). In alien diesen Religionen ist die Empfindung 
nach und nach abgestumpft, die intellektuelle Kraft ausgebildet; 
sie gehoren daher zu der zweiten Art (o-}-S). Die dritte 
Art, wo Empfindung und geistige Krafte gleich sehr dar- 
niederliegen und die deshalb einen diametralen Gegensatz 
zum Polylheismus bildet, die. unterste Stufe aller Religion 
ist der Fetischismus (o-|-s). Sie ist die Religionsform derje- 
nigen Lander, in denen die Natur den Menschen nicht bios 
nicht freundlich beriihrt, sondern ihn geistig und korperlich 
darnieder driickt. Im Allgemeinen konnen wir sagen, dafs 



40 ). Denominatio fit a potiori. Ansatze zum Polytheismus finden 
sich in alien Religionsformen; man kam aber allmahlig in die Ein- 
seitigkeit durcli.die Eiaseitigkeit der Natur; 



56 

der Fetischismus die Religion Afrika's ist, die zweite Art 
von Religionen Asien angehb'rt, der Polytheismus Eurbpa. 
Betrachten wir jetzt diese einzelnen Religionsformen naher. 

2. Polytheismus. 

Inder: Stuhr I, 54 sqq. E. Bnrnouf Introduction a I'hi- 

stoire du Buddhisine indien Tom. I. Paris 1844. 4. 
W. Schott TJeber den Buddhaismus in Hochasien 
und China. Berlin 1845. 4. J. P.P. Jourdain De 
la mythologie indienne de la cdte de Malabar et de 
la peninsule de 1'Inde. Paris 1846. 8. Lassen^In- 
dische Alterthumskunde. Bonn 1847. 8. 

Kelten: P. Martin La religion des Gaulois. Paris 1 727. 4. II. 
Eckermann (p. 19.) Bd.III. 

Germanen: J. Grimm Deatsclie Mythologie ed. II. Getting. 
1844. 8. II. C. F. Koppen Literar. Einleitung in 
d. Nordische Mythologie. Berlin 1837. 81 

Slayen: J. J Hanusch. D. Wissenscliaft d. slavischen Mythus. 
Lemberg- 1842. 8. Schaffarik Slavische Alterthu- 
mer. Uebers. Leipz. 1843. 8. II. 

Romer: J. A. Hartung D. Religion d. Romer. Erlangen 
1836. 8. II. 

Griechen. - 

Das in der Urreligion noch unbestimmte und in sich 
noch nicht unterschiedene religiose Objekt mufste in seinen 
Veranderungen abhangig sein von derien des Subjekts., Die 
erste Veranderung, welche mit diesera vorging, war die 
Reaklion gegen die auf ihn influierenden Eindriicke. Es ist 
di'ese Reaktion keine ablehnende, sondern nur eine sondernde, 
orientierende. Der Mensch sucht iiber sein religioses Objekt 
Klarheit zu gewinnen, er lernt die verschiedenen Eindriicke 
unterscheiden, ' wird sich ihrer als yerschiedener bewufst und 
empfindet sie in ihrer Einzelnheit. Eine zweite Veranderung 
ist die, dafs er gemafs seiner eigenen einheitlichen Weseh- 
heit sich selbst von der Natur zu unters.cheiden lernte. Er 
fuhlt sich zwar immer noch als Theil der Natur, ist sich 
aber doch schon insoweit seiner selbst bewufst geworden, 



57 

dafs er sich als geistige Persbnlichkeit der Natur gegeniiber 
weifs. Mit dieser Sichselbstunterscheidung des Subjekts von 
der Natur ist der erste Schritt gethan; um das religiose 
Objekt der Gottheit von der unmittelbaren Natur zu unter- 
scheiden, sie geistig und personlich und zwar als eine 
menschlich gestaltete geistige Personlichkeit zu fassen. 
Dieser zwiefachen Veranderung im Subjekt mufste eine 
zwiefache im Objekt entsprechen. Entweder nemlich konnte 
der urspriingliche pantheistische Gottesbegriff sich in sich 
zusammenziehen, kondensieren , krystallisieren zur Einheit 
oder sich scheiden zur Vielheit; er konnte sich entweder 
aus der Natur heraus zu Einer personlichen Geistigkeit zu- 
riickziehen oder in der Mannigfaltigkeit der Natur zu einer 
Menge einzelner Personlichkeiten auseinandergehen ; mit 
eineni Wort, es niiifste sich aus dem prioiitiven Pantheismus 
gema'fs der Veranderungen des Subjekts entweder Theismus 
oder Polytheismus entwickeln. . 

Theismus ist die Religion des Judenthums 41 ), deren 
Betrachtung uns hier nicht beschaftigen kann. Polytheistisch 
sind aber alle Religionsformen , in denen die Gottheit ge- 
spalten ist in eine Mehrheit personlich gedachter Goiter. In 
specie aber ist Polytheismus diejenige Religion zu nennen, 
welche bei der Unterscheidung in den eirizelnen Richtungen 
des Naturlebens am universellsten verfahrt, also in welcher 
das Subjekt sich seine Empfindung am unbeschranktesten 
erhalt und seine intellektuellen Krafte am vollkommensten 
entwickelt. Es ist die Religion der geislreicheren Volker, 

41 ) Die Kondensation des Allgemehien zur Einheit zeigt 
sich rioch in dem Gebrauche der Namen Elohini Jehova, 
Lob ell I, 196. Kl o s e De polytheismi vestigiis apud Hebraeos ante 
Mosen. Getting, 1830. vgl. Jos. 24, 2i 14. I. Mos. 3,22. 6,2. 28, 
20 sqq. 35, 2 sq. 31, 19. 30 sqq. Nicht richtig urtheilt Sieger, Ent- 
wickelung der Meinungen Mosis iiber die Gottheiten der Nichtisrae- 
liten (Henke Magazin, IV. 135 sqq.). - " 



58 

der indo-europaischen. Sie haben den Reichthum des Gei- 
stes, womit dieser in die Welt getreten war, am meisten 
bewahrt, Sinn und Herz offengehalten fur die Mannigfaltig- 
keit natiirlicher und ethischer Eindriicke. 

Was nun die Entstehung dieses Polytheismus im be- 
sondern betrifft, so mufste sich der pantheistische Gottes- 
begriff zu einem polytheistischen scheiden nach derselben 
Art, wie man in der Natur unterschied; zuerst also in eine 
Zweiheit von Gottern. Denn bei seiner Orientierung innerhalb 
der __ Welt, in die er gestellt war, mufste sich dem Menschen 
alsbald der Dualismus dieser Welt in Himmel und Erde 
darbieten, dergestalt dafs die Summe der religib'sen Gefuhle, 
welche der Pantheismus in sich schlofs, sich in zwei grofse 
Halften schied, deren eine an den Himmel, deren andere an 
die Erde gekniipft wurde. Dies ist das Fundament alles 
Polytheismus. Himmelsgottheit und Erdgottheit sind die 
beiden altesten Goltergestalten und immerdar in der Re- 
ligion die beiden Hauptgottheiten geblieben 42 ). Hierbeiblieb 
man aber nicht stehen. Zunachst schon lag die Unter- 



* s ) ,jm ganzen heidenthum treten trilogien der hauptgotter 
TOT, die icli ZUT iibersicht aufstelle: - 

lat. Mars. Mercurius. Jupiter., 

gr. 'Idqrjs. .. 'EQftrjs. Ztvg. , 

kelt- Hesus. Teutates. Taranis (xeQctvvos). 

ahd. Zio. Wuotan (Wiithen, Wehen, Donar ..(y denan i. e. ten- 

Sturm), dere). 

altn. Tyr. O^inn. . Th6rr. 

si. Svjatovit.Radigast. . Perun (v. prati-ferire). 

litth. Pykullas. Potrimpos. Perkunas (v. fairguni 

. Waldgebirge). 

ind. Siva. Brahma. Vishmis. 

es ist die kriegerische , schopferische und donaernde (erdbefruch- 

tende) gewalt." Grimm. G. d. d. Spr. I, ll9. 

Wenn man die erste zu der etliischen Reihe zahlt, hat man in 
der schopferischen die Erde, in der befruchtenden, donnerndea den 
Himmel. Poch leidet diese ganze Dreitheilung yielen Zweifei, 



59 

scheidung zwischen Erde und Wasser sehr nahe, die 
daher auch als eine uralte zu setzen ist, Damit aber ist 
denn auch die Unterscheidung im Qrofsen vollendet, aufser 
diesen drei grofsen Theilen der Natur giebt es keine sich 
so scharf von einander abgrenzende. Hierin liegt derGrund, 
dafs wir an der Spitze aller polytheistischeri Gottersysteme 
eine Dreihe'it von Gottern finden, welche den genannten 
drei Richtungen im Naturleben entsprechen: dem Himmel, 
der Erde und dem Wasser (Zeus. Pluton. Poseidon) 43 ). 
Eine weitere Unterscheidung konnte vorgenommen werden 
innerhalb dieser drei Richtungen. So liefs der Himmel in 
sich wieder eine Sonderung zu zwischen dem blauen Him- 
melsgewolbe (Aether), Sonne, Mond, Sternen, Wolken. Im 
Wasser konnte man trennen: Meer, Fiiisse, Quellen, Seen, 
Feuchtigkeit. In der Erde: Fruhling (Sommer) und Winter 
als Leben und Tod der Erde , Feuer, Berge, Baume etc. 
Eine Grenze ist hier nicht gegeben, sondern diese Schei- 
dung und Spaltung hing allein ab von der grofsern oder 
geringern Empfindlichkeit des Subjekts fiir die verschiedenen 
Richtungen des Naturlebens, Das ethrsche Moment der 
Religion fand gleichfails eine solche :Zertheilung und ward, 
wie ich bereits friiher bemerkt habe, an einzelne adaquate 
Richtungen des Natudebens angelehnt 44 ).. Z., B. da die 



43 ) Die weiblichen Gottheiten sind spater und stammen vorzngs- 
weise aus der Zeit des. AckerbanJebens. Grimm. G. d. d. Spr. I, 71. 

-"*) Die Moglichkeit, Natiirliches zu einem Ethischen zu machen, 
in der Natur und ihrem Leben sich selbst uiid sein eigenes Seelen- 
leben zit erkennen , beruht auf eiriem z.wiefachen Grunde. Erstens 
darauf, dafs der Mensch in seinem unmittelbaren Sein sich. nicht von 
der Natur untersclieidet. Er empfindet sich als einen Theil von ihr, 
als Glied des grofsen Weltganzen und f ulilt demgemafs auch sich 
den allgenieinen Gesetzen alles Lebens, alles Seins' unterworfen. 
Was in der Natur Gedeihen und Fruchtbarkeit schafft, das mufs 
auch im Menschenleben Gedeihen und Fruchtbarkeit schaffen; die 
Naturmacht, welche die Saaten Avachsen, die Thiere gesund 



60 

Erde alles hervorbringt, die Menschen nahrt, an sich selbst 
das Entstehen und Vergehen darstellt, den leblosen Korper 
wieder in sich zuriicknimmt: so \var die Anlehnung der 
ethisch-religiosen Empfindungen, welche in der Geburt, der 
Ehe und dem Tode zur Erscheinung kamen, an die Erd- 
gottheit sehr leicht. Oder, urn ein anderes Beispiel zu 
nehmen: Da das Wissen als ein geistiges Sehen und Unter- 
scheiden zu betrachten ist, als eine Klarheit, die der Mensch 
iiber sonst dunkle Gegenstande sich erwirbt, so mufs es 
naturlich erscheinen, wenn dies Wissen, Sehen, die Einsicht, 
Weisheit, das relative Allwissendsein auf Naturgottheiten 
zuriickgefuhrt wurde, denen ihr Natursein sowohl Klarheit 
an sich, Helle, Licht gab, sis auch einen iiber allem bele- 
genen Ort, von wo aus ein umfassenderes Sehen moglich 
ward; also wenn die genannten ethischen Richtungen an die 
Gottheiten des Himmels, der Sonne und der Wolken oder 
auch an das Wasser (Zeus, Apollon, Athene oder Nereus, 
Proteus, Sirenen) angeschlosseri wurden. 

Wir haben so zwei Scheidungen, die der Polytheismus 
in seinem religiosen Objekt macht, 1) nach den drei grofsen 
Haupttheilen der Natur; 2) innerhalb eines jeden dieser 



stark sein lafst, dieselbe giebt dem Menschen Waclisthum, Gesund- 
heit und Starke., I>ieser Glaube wurzelt in der Korperliehkeit des 
Menschen. D.enn seinem korperlichen Sein nach ist er durchaus und 
vollstandig denselben Gesetzen unterworfen, welche in der sinn- 
lichen Natur herrschen. Zweitens aber beruht die Moglichkeit, das 
Naturliche in's Ethische zu erheben auf der Korrelation des Geistes 
mit der Natur. Der Mensch fdhlt sich nemlich nicht bios korperlich 
in Relation und Abharigigkeit von der Natur, sondern auch geistig. 
Das natiirlich Helle wird zum geistig Hellen ; das natiirlich Finstere 
zum geistig Finsterri; das natiirlich Heitere zum geistig Heitern; 
das natiirlich Trube zum geistig Triiben; das natiirlich Kampfende 
zum geistig Kampfenden u. s. w. Jede Sprache hat ja daher auch 
gleiche Ausdriicke fur die beziiglichen geistigen und naturlichen 
Zustande. Der Geist ist ein Analogon der Natur; ein Spiegel, in 
welchem sich die Sinnenwelt reflektiert. 



61 

Haupttheile. Eine dritte Scheidung nimmt der Polytheismus 
vor, indem er diese zweite Theilung dadurch noch weiter 
fortsetzt, dafs er eine nicht geringe Anzahl von Gotterge- 
stalten wiederum spaltet nach den verschiedenen Richtungen, 
die noch in jeder. vereinigt sind. Um es an einem Beispiel 
klar zu machen. Der Mond 1st zwar an sich ein Einfaches, 
aber in seinen Beziehungen, aufser dafs er als mannlich oder 
weiblich gefafst werdenkann (Lunus Luna, Freyr Freyja) 
ein Vielfaches. Man kann ihn nach sehr verschiedenen 
Richtungen hin auffassen .") : 1) in Bezug auf das ge- 
schlechtliche Leben 46 ) (Artemis von Ephesos), seinen 
Einflufs auf Menstruation u. s. w., welchen Einflufs alle 
Volker ohne Ausnahme wahrgeriommen haben. Hieraus ent- 
stand denn natiirlich die Vorstellung von dem Monde als 
einer aller Zeugung vorstehenden, zeugerischen Gottheit. 
Hiermit nun kontrastiert 2) sehr ein anderer Eindruck des 
Mondes: Keuschheit und Milde (dorische Artemis). Den 
macht der Mond auf ein sinniges, empfangliches Gemuth, 
wenn es ihn in seinen scharfen Umrissen, seiner ernsten und 
zugleich milden Klarheit, erhaben iiber allem irdischen- Ge- 
wuhle am Himmel still einherziehen sieht. Oder 3) der 
Mond erregt in der Seele Empfindungen der Furcht und 
des Entsetzens (Hekate). Wenn der Mond so geheim- 
nifsvoll die Gegenstande beleuchtet, mil zweifelhaftem Lichte 
ihre Umrisse mehr triibt als erhellt, bleich die ganze Natur 
farbt, so stimmt er dadurch das Gemuth furchtsain, zeigt 
sich als eine unheimliche, finstre, menschenfeindHche Macht. 
-^ Oder aber 4) man schaut den Mond an als zugehorig 



- -.**). YgL Baur Symbol. 1,183 sq. * 

* 6 ) Jean Paul (Sammtl. Werke XXXVII. Berlin 1827. Levana 
Bd. II, 91) will Madchen in der Sternkunde nnterrichtet wissen, 
,,wobei es auch nicht schadet, dafs ein Madchen erfahrt, woher eine 
langste Nacht zum Schlafen, ein Vollmond zum Lieben komme." 



62 

ziir Sonne (Geschwister : Apollon und Artemis: Mann undFrau: 
dieselben) 47 ), der er immer folgt und die er me erreicht 
(ungliickliche Liebe: Selene und Endymion); er macht den 
Eindruck des Traurigen, Sehnsiichtigen, Vereinsamten, Un- 
gliicklichen; er wirkt in der Brust des Menschen eine 
Specieis von Melancholie. Die Verschiedenartigkeit dieser 
durch ein und dasselbe Qbjekt, den Mond, erregten Empfin- 
dungen wird so, der Grand fur eben so viele verschiedene 
Gotlheiten, die alle auf den Mond zuriickgehen, alJe die 
Spuren dieses ihren Ursprunges an sich tragen, nahe mit 
einander verwandt sind, aber doch eben als unterschiedliche 
Gottlieiten von der Vorstellung festgehalten werden. Dies 
wird besonders der Fall sein an verschiedenen Orten, wo, 
gemafs des verschiedenen Volkscharakters, hier diese, dort 
jene Auffassung vorwog. Denn die Gottlieiten entsprechen 
immer' den geistigen Volksindividualitaten und richten sich 
nach den Bedurfnissen, welche zu befriedigen waren. Wie 
Plinius 48 ) sagt: Fragilis et laboriosa mortalitas in partes 
ita digessit, ut portionibus coleret quisque quo maxime 
indigeret. Itaque nomina alia aliis gentibus et numina in 
iisdem innumerabilia reperimus. Da nun die verschiedenen 
Eindriicke des Naturobjekts durch die Beinamen der Gotter 
charakterisiert und hervorgehoben werden, so geschieht es, 
dafs sich unzahlig oft solche Beinamen loslb'sen und Eigen- 
namen besonderer Gottheiten werden.. Hera (Hebe, Eilei- 
thyia). Athene (Nike). 

Eine vierte Scheidung wird im Polytheismus bewirkt, 
indem das Subjekt nicht bios in den verschiedenen Rich- 
tungen des Natur- und Menschenlebehs unlerscheidet, son- 
dern auch zwischeh Natiirlichem und Ethischem. Ich habe 



* 7 ) Bust, ad" Horn. p'. 1197, 38. 
48 ) Hist. Nat. II, 7. 



63 

inich schon friiher dahin erklart, dafs ieh eine absolute 
Trennung dieser beiden Momente urspriinglich nicht annehme. 
JNach und nach findet sie allerdings statt, und zwar in fol- 
gender Weise, Wenii im Anfange der religiosen Entwik- 
kelung das Naturelement iiberwiegen, das ethische Element 
verhaltnifsmafsig gering sein mufste, wie ich friiher ausein- 
andergesetzt habe, so trat hierin eine naturliche und noth- 
wendige Veranderung ein, sobald das Subjekt durch seine 
eigene Entfaltung bedeutender wird und folglich auch be- 
deutendere Eindriicke von sich empfangt. Wurden dadurch 
nun auch zunaehst nicht grade neue, rein ethische Gotter ge- 
schaffen, so war doch eine fortschreitende Vergeistigung der 
alien Gotter, in denen das Naturelement iiberwiegend war, 
die unausbleibliche Folge der geistigen Entwiekelung des 
Subjekts. So wurden zuerst immer mehr und mehr beide 
Elemente in einer Gottheit ins Gleichgewicht gesetzt, bis 
endlich das ethische iiberwog. Wenn dies letztere nun der 
Fall war, so schied sich die eine Gottergestalt in zwei 
verschiedene Formen, welche beide aus denselben Elemen- 
ten bestanden, von denen aber in der einen Form- das eine, 
in der andern das andere vorherrschte (N -{- g, n -{- G); 
z. B. aus dem Helios schieden sich 1) Helios (N-j-g) und 
2) Apollon (n-|-G). Von hier war denn weiter. der Schritt 
nicht allzugrofs , ethische Momente rein als solche festzu- 
halten und zu personlichen Gottheiten zu objektivieren. Vgl. 
die romischen Gottinnen Fides, Spes, dementia, Pietas, 
Pudicitia, Concordia. Bei den Griechen: Hymen, The- 
mis, Dike, Aidos. So hatte Dikaiarch der Aetoler am 
Hellespont zwei Altare, UaQavofilas xcel ldaB$da& geweihf. 
So also erzeugt der Polytheismus eine Fiille von ein- 
zelnen Gottheiten, die durch nichts begrenzt ist; wie weit 
die Scheidung getrieben wurde, hangt bei den verschiedenen 
Volkern von der Empfindungs- und Unterseheidungsfahigkeit 



64 

des einzelnen, auch von ihrer Zerspaltung in einzelne 
Stamme ab. Ja, die schliefsliche Verehrung eines un- 
bekannten Go ties 49 ) ist eine nothwendige Consequent 
dieser Scheidung und Spaltung des allgemeinen religio- 
sen Objekts. Ebenso die Adoption fremder Gotthei- 
ten 50 ), wodurch gleichfalls die Zahl der Gotter vermehrt, 
freilich aber das religiose Bediirfnifs nicht gestillt wurde. 
(Pantheon in Rom. ) Weiter kann der Polytheismus 
nicht gehen;'er ist hiermit an seinem Ende und bei seinem 
Untergange angekommen. Der unbekannte Gott befriedigt 
nicht, weil er nieht bestimmt und klar ist; er bildet den 
Uebergang zu dem sekundaren Pantheismus; die Vereini- 
gung aller Gotter aller Volker befriedigt ebensowenig das 
ohnmachtige Herz. Denn Macht -}- Macht -}- Macht . . . . . 
ist gleich X Macht, nie gleich Allmacht, die doch allein das 
absolute Objekt fiir das religiose Subjekt ist. (p. 46 sq.) 

3. Parsismus. 

Zend-Avesta traduit en. francais par Anquetil da 
Perron. Paris 1771. 4. III. Deutsch von J. F. Kleu- 
ker. Riga 1776 sq. 4. III. Anhang dazu. Riga und 
Leipzig. Bd. I. (3. Abtheilnng) 1781. Bd. II. (3. Abtheil.) 
1783.4. Enthalt: A. Vendidat Sade: a) Yacna (Izeschne 



49 ) Z. B. in Athen: Diog. Laert. I, 110 ibq. Menage Tom. I, 
Hiibner. Act. Apost. XVII, 23. vgl. Heinrlca Epimenides 

Lpzg. 1801. p. 89 sqq. Anseline Sur le Diea inconna des Athenians. 
(Mem. de 1'Ac. des Inscr. Tom. VI, 298 317 ed. 8). J oh. Jac. Hel- 
ler de deo ignoto Atheniensium (in Gronov. Thes. Ant. Gr. Tom. VII.) 
Dieser so wie Moslieim de ignoto Atticorum deo. behauptet, dafs 
das hochste .Wesen unter dem unbekannten Gotte verstanden und 
die Griechen gewonnt gewesen, den waliren Gott also zu hennen. 

Vgl. Wolf Curae philol. 

50 ) In Athen wurden neue Gotter, nacli voraufgegangenem An- 
trage, durch den Areopag aufgenommen. vgl. Hemsterh. z. Hesych. 
Tom. I, p. 1694, 27. Alb. Das gab den Komikern haufig zn. bittrem 
Spotte Veranlassung, Aristoph. Lys. 388 sqq. Cic. Legg. 11. 15, 37, 



65 

im Pehlvi). b) Vispered. c) Vendidat. B. Bundehesch. 
Kleuker Zend-Avesta im Kleinen. Riga 1789. 8. 
.Eugene Bnrhouf Vendidat Sade avec un com- 
mentaire, une tradaction nouvelle etc. Paris 1830. fol. 
Commentaire sur le Yac,na. Paris 1833. 4. J. Gorres 
Das Heldenbuch von Iran nach dem Schah-Nameh. Ber- 
lin 1820. 8. II. 

B. Brissonins de regio Persarnm principatu. libri III. 
ed. Lederlin. Argen tor. 1710. Th. Hyde Historia reli- 
gionis veteram Persarum ed. II. Oxon. 1760. 4. J Q. 
Rhode D. heilige Sage n. A. gesammte Religionssystem 
der alten Baktrief, Meder u. Perser oder des Zendvolkes. 
Frankf. a. M. 1820. Stuhr I, 339 375. Creuzerl,2. 

Beck Anleit. znr allgemeinen Weltgesch. I, 1. 

p. 634 sqq. Crenzer I, 2. p. 181 193. 

Der Parsismus ist eine Religionsform, in welcher sich 
eine Beeintrachtigung des Naturgefuhls kundgiebt. Er hat 
als seine Grundelemente: ein ethisches (GeisterglaubCj 
angelehnt an das Naturmoment der Finsternifs) und ein na- 
tiirliches (Licht- oder Feuerdienst). Er hebt also aus dem 
Bereiche des Naturlebens einseitig die beiden Momente des 
Lichts urid der Finsternifs hervor, wahrend er gegen die 
iibrigen verschlossen, abgestumpft ist. Die Heimath dieser 
Religionsform ist das iranische Hochland,>welches rings von 
Bergen eingeschlossen und pstlich durch den Indus von In- 
dien getrennt wird. Es umfafst die^lten Lander MedieDi 
Persien, Arien und Baktrien. Hier auf diesem Plateau 
haben die Bewohner desselben denjenigen Gharakter erhal- 
ten^ 51 ), von welchem der Parsismus der Reflex ist. Der 
Parsismus ist <Ier getreue Wiederschein der Natur yon Iran. 
Darum hat er auch Nichts mit dem Polytheismus gemein, 
obgleich seine Bekenner zu dem grofsen indo europaischen 



B1 ) R. Gpsche de Ariana linguae gentisqae Armeniacae indole 
prolegg, Berol. 1847. 

Lauer Griech. Mythologie. 5 



66 

Volksstamme gehoren. Sie shid geistig herabgesunken, als 
sie sich in Iran heimisch machten. 

In den altesten Zeiten, als die Volker Irans noch no- 
madisch umherzogen, herrschte unter ihnen ein einfacher 
Naturdienst, dessen eine Seite durch Geisterglauben auf das 
dem Norden eigene Schahianenthum hinwies, von dem gleich 
nachher die Rede seiri soil, dessen andere Seile aber der 
spaterhin immer bedeutender und eigenthunilich hervortre- 
tende Lichtdienst bildete. Wie nun alle religiose Entwik- 
kelung mil der politischen Hand in Hand zu gehen pflegt, 
so wurdeh die Volker Irans aus ihrem patriarchalischen 
Leben und der einfachen Form ihres religiosen Bewufstseins 
gerissen durch den Helden Dschemschid, welcher der 
Sage nach die den Ormuzd (Licht) verehrenden Volker zu 
Ackerbau und hoherer Ausbildung anleitete B ?). Seinem 
Vater hatte .Horn, ein raythischer Religionsreformator, das 
Gesetz ofFenbart 53 ), demgemafs Dschemschid das Leben 
seines Volkes ordnete und es in vier Klassen eintheilte 54 ). 
Alles was sich auf den.Lobpreis der Ansiedelung und des 
Ackerbaues in der Lehre des F.euerdienstes bezieht, staimnt 
schon aus Dsch ems chid' s Zeiten, gehort einer friihern 
Zeit an als der des Zerduscht, aber ist spater als der 
nomadische Zustand der Urzeit 55 J. Mit Dsch ems chid, 
dem politischen, und Horn, dem religiosen Heroen, beginnt 
die zwefte Stufe der Entwickelung des Parsismus. Die 
drilte urid Jetzte Stufe, zu der das religiose Bewufstseih der 



ss ) Vendid. farg. 2 {Kleuker II, 304sqq.) 

") Izeschne I. ha 9 (Kleuker I, - : 92>. _'." 

s *) Kleuker II, 40. Gorres Heldenbiich I, 12 sq. Malcolm 
The histopy of Persia. London 1815. 4. (ed. II. 1821. ed. III. 1829. 
franz. Paris 1821. 4 Bde. Deutsch von G. W. Becker; Lpzg. 1830. 
8. II Bde.) I, 516 sq. ullers Fragmente iiber die Religion des 
Zoroaster. Bonn 1831. 8. p. 32 sq. 

SB ) Siuhr I, 351. 



67 

Parsen sich erhoben hat, ward unter dem Konige Guschtasb 
herbeigefuhrt; dem ein anderer Religionsstifter, Zerduscht 
(Zoroaster), zur Seite steht. Wenn es auch mehr als zwei- 
felhaft ist, ob Dschemschid mit Dejoces (700 a. Chr.) 
zu identificieren sei, so hat doch die Annahme viel fur sich, 
dafs Guschtasb und Darius Hystaspis dieselbe Person 
seien. Es spricht dafiir die Uebereinstimmung dessen, was 
orientalische und griechische Geschichtschreiber iiber die 
Thaten beider berichten 56 ), und die nicht bios aufsere 
Gleichheit der Namen. Denn grade wie Darius Hystaspis 
durch das Wiehern seines Rosses den Thron erwarb 57 ), so 
bedeutet Guschtasb einen, dessen Pferd gewiehert hat 58 ) 
oder einen Pferdeerwerber 59 ). Hiezu kommen andere Griinde, 
die sich aus der Betrachtuhg geschichllicher Verhaltnisse 
ergeben. Wahrend die Meder jene an die Namen Dschem- 
schid und H o m gekniipfta Religionsforni festhielten, lafst 
es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussetzen, <Iafs 
durch die neiien Conjunkturen, welche die Perser in d^e 
Geschichte einfuhrten, auch die Religion zu einer neuen 
Phase ihrer Entwickelung sei angeregt worden. Denn der 
von Hause aus kraftigere Geist der Perser kam bald mit 
den assyrischen Yolkern, mit Aegyptern und Griechen in 
Berulirung und mufste in Folge dessen auf die manhigfachste 
Weise erregt werden. So ward zunachst eine Umgestal- 
tung der politischen Verhaltnisse des Perserreichs bewirkt> 
welehe Gusehtasb (Darius Hystaspis) vorriahm, wahrend 
Zerduscht die religiosen Verhaltnisse neugestaltete. Die 
Angaben iiber das Zeitalter des Zerduscht weichen frei- 



56 ) Malcolm I, 540. 

5T ) Herodot. Ill, 82 sqq. . 

58 ) Vullers p. 104. 

59 ) Creuzer I, 188 not. 1. Lessen Z. f. d. K. d. Morgen- 
landes Bd. VI, 1. p. 9. 

5* 



68 

lich sehr von einander ab und gehen in eine weit friihere 
Zeit als die des Darius Hystaspis. Indefs wenn Gusch- 
tasb und Darius Hystaspis identisch sind, so niufs auch 
der mil ihm stets verbundene Zerduscht in dieselbe Zeit 
gesetzt werden 60 ). Der Parsismus bliihte als herrsehende 
Religion, bis zum Sturze des persischen Reiches durch die 
Araber im siebenten Jahrhundert. Ein Theil seiner Anhanger 
wanderte gegen Siidosten aus, wo sie im Reiche Ilestan 
namentlich im zehnten Jahrhundert machtig waren. Ein 
Theil ging weiter bis Indien, wo sie noch heut zu Tage als 
Parsen exislieren. Viele blieben im Lande und im Verbor- 
genen dem alien Glauben getreu, daher sie Guebern (Un- 
glaubige) von den Mdslemim genannt werden. 

Dies sind die aufsern Entwicklungsverhalthisse des 
Parsismus. Was die inneren betrifft, so sind dieselben 
gekniipft an die eberi genannten drei Perioden. Ich habe 
vorhin bemerkt, dafs die Parsen geislig gegen die mit ihnen 
verwandten Volker gesunken seien, d. h. die universelle 
Empfindung der Naturj aus welcher bei deri iibrigen sich 
Polytheismus entwickelte, eingebiifst haben. Dafs sie ihnen 
anfanglich liicht gefehlt habe, ersehen wir daraus, dafs uns 
berichtet wird, die Parsen hatten von Alters her demHimmel, 
der Sonne, dem Monde, der Erde, dem Feuer und Wasser 
und den VVinden geopfert 61 ). Aber wenn auch vielleicht 
diese mehr universelle Richlung auf die Natur sich nie ganz 
verloren hat, so ist sie doch sehr frfih und bereits'in der 
ersten Periode sehr in den Hintergrund gedrangt worden 
durch die .beiden andern Elemente des Parsismus: Geister- 
glaube und Lichtdienst. Bei der Eritwickelung dieser Re- 



60 J Creuzer I, 184 sqq., Vgl.' Lauer Rezension von Ecker- 
mann, Lehrb. d. Religionsgeschichte ni. Mytliolpgle, in Jahrbb. f. 
wissenschftl. Kritik 1845. No. 82, p. 655 sq. 

6I ) Herod. I, 131. Aeschyl. Pers. 491. Brissonius p. 357. 



69 

ligionsform ware eine doppelte Richtung moglich gewesen. 
Entweder hatte der Geisterglaube uberwiegen konnen oder 
der Lichtdienst. In jenem Falle wiirden wir Schamanenthum 
statt .des Parsismus erhalten haben. Aber der Charakter 
Iran& liefs die Parsen die andere Richtung nehmen. In 
diesem Hochlande mil seinem klaren, heitern Himmel, zu 
weit vom Meere und zu trocken, urn von regenschwangeren 
Wolken oder Nebeldiinsteh iiberzogen zu werden, umstrahlt 
von der tiefen BJaue eines reinen Aethers, gebirglos und 
des Schmuckes der Gewachse beraubt, wodurch der Sinn 
an die Erde gefesselt wird, fuhUen die Bewohner sich an- 
gezogen, freundlich beriihrt von dem Lichte und verloren 
sich mit ihrem Sinn an dasselbe. Das Licht und sein irdi- 
scher Abglanz, das Feuer, wurde deshalb, wegen der ange- 
nehmen Eindriicke, die man von ihm empfing, ebenso mit 
dem Guten identificiert', als die Finsternifs, die Nacht (die 
Geistermutter) abstofsend, furchterregend, unheimlich wie sie 
war, als das Bose erschien. Dieser Dualismus, unmitlelbar 
hervorgegangen aus der eigensten Wirkung naturlicher Ver- 
haltnisse, mufs als der Kern der gesammten iranischen Re- 
ligion angesehen werden. Je reicher sich ifn Bewufstsein 
die Vorstellung von Gutem und Bosem, von Licht und 
Finsternifs, entfaltete, uni so scharfer bildete sich der Glaube 
das Verhaltnifs beider Gegensatze zu einander aus. Es 
entwickelte sich die Ansicht von dem Kampfe beider Prin- 
cipe und entstand ein Dualismus in der gesammten Welt, 
wonach Alles, was Schaden brachte, der Finsternifs (Ahri- 
man), jede wohlwollende, niitzliche, freunidliche Macht dem 
Lichte (Ormuzd) zugetheilt Avurde. In diesen Kanipf war 
auch der M^nsch hineingerissen und in die Mitte dieser 
beiden Machte gestellt, von beiden begehrt, von beiden 
umworbenj besteht seine sittliche Aufgabe darin, dafs er 
sich nach der Freiheit seines Willens fiir eine entscheide, 



70 

und zwar fiir Ormuzd, dagegen wider Ahfiman kampfe und 
dessen Reich auf Erden zu zerstoren strebe. 

In der Religionsform , welche an Horn angeschlossen 
wird, war dieser Kampf gegen Ahriman ein mehr aufserer; 
die Religion des Horn wies den Menschen auf Ausrqttung 
wilder und schadlicher, dem Ahriman zugehb'riger Thiere, 
auf Bearbeitung des Feldes u.. dgl. Des Zerduscht Lehre 
dagegen verlangte vorzugsweise einen innern Kampf: Stre- 
ben nach Reinigkeit des Gedankens, Reinigkeit des Wortes, 
Reinigkeit der That. So hat der Parsismus alle Stufen der 
religiosen Entwickelung duvchlaufen: aus dem Naturleben 
heraus zu ethischer Vefklariing. , 

Was aber dieser Religion in alien ihren Phasen eigen- 
thiimlich ist und einen hohen Vorzug an ihr bildet, istdies, 
dafs sie nicht iiberschwengliche Hingebung im Glauben, 
spekulative Versenkung in die Gottheit, blofse Beobachtung 
aufsern Ceremoniels gestattete, sondern vielmehr Thatigkeit, 
Kampf gegen das Bose und die Siinde im Menschen und 
aufser ihm verlangte. Es entspricht dies dem Charakter des 
Landes. Hierdurch hat der iranische Feuerdienst seinen 
Bekennern eine durchaus praktische, sittliche Richtung, einen 
Charakter energischer Willenskraft gegeben, der durch die 
Religion stels angeregt und zu thatlicher Aeufserung aufge" 
fordert, auch auf die Gestaltung der politischen Verhaltnisse 
von dem grofsten Eiriflusse gewesen ist. 

Diese sittliche Richtung hat ihren Einflufs auch auf 
andere Religionen geiibt 62 ): Teufel, Manichaer. 



b2 ) F. Norck Vergl. MytHol. z. nalieren Verstandnifs vieler 
Bibelstellen. Leipz. 1836. gr. 8. Desselben Mythen d. alien Perser, 
als Quellen d. christl. Glaubenslehren und Ritualien. Leipz. 1835. 
Desselben Rabbin. Quellen u. Parallelen zii neutestamentl. Schrift- 
stellen. Leipz. 183ft. gr. 8. 



71 

4. Schamanenthuni 

Castren im Helsingfors Morgenbladet 1843 u. 44. Bul- 
letin de la classe des sciences hist, de TAc.de St. Pe- 
tersb. Tom. IV. 1847. Stuhr I, 242 sqq. P. de Tchi- 
h a tcheff Voyage scientifique dans 1'AItai oriental et 
les parties adjacentes de la frontiere de Chine. Paris 
1845. 4. 

Finnen: Ch. Ganander Thomasson Mythblogia Fennica 
(schwedisch) Abo 1789. 4. Finnische Mythologies Aus 
d. .Schwed. Reval 1821. 8. Leohzon Leduc La Fin- 
lande, son histoire primitive, sa mytholbgie epiqne etc. 
Paris 1845. 8. II. 

Lappen: J. Scheffer .Lapponia. Francof. 1673. 4. 

Magyaren: Cornidensius De religione veterum Hangarum. (?) 

Schamanenthum heifst soviel als Religion der Zauberei, 
\ye\l Schamane einen Zauberer bedeutet 63 ). Ich lasse das 
Schamanenthum unmittelbar auf den Parsismus folgeii, weil 
es in der That nicht davon zu trennen isl. Es hat dieselben 
Fundamente wie der Parsismus; * man kann es einen umge- 
kehrten Parsismus nennen. Denn wenn in diesem der Lichtkfdt 
den Geisterglauben iiberwog und zuriickdrarigte, so ist grade 
das Qegenlheil im Schamanenthum der Fall. In ihm hat 
die Fins ternifs und der mil ihr verkniipfte Geisterglaube 
sich der Gemuther bema'chtigt, Auch das Schamanenthum 
ist ein Produkt der Lander, in welchen vvir es finden. Wo 
Kalte die Natur erstarren macht-und verodet;. wo Wiiste- 
neien sich ausdehnen und die Triebkraft der Erde den 
grofsten Theil des Jahres unter der Eisdecke zuriickgehal- 
ten wird, da verkiimmert auch der Geist, zumal wenn die 
Bewohner solcher Lander von dem Verkehr mit andern 
reicher begabten oder gliicklicher situierten. Volkern abge- 



63 ) Bei den Tungusen, welche die Russen zuerst kennen lernten, 
vgl. W. Schott iiber den Doppelsinn des Wortes Schamane (Abhd. 



d. Akd. d. W. 1842. p. 461 sqq.) 



72 

sondert bleiben. Dies trifft fiir die Schamanenlander zu 84 ). 
Es sind hauptsachlich die Volker Mittelasiens und der Nord- 
gegend der Erde, bei welchen diese Religionsform sich 
findet. Der Haupt- und Ursitz des Schamanenthums ist die 
Gegend am Lenaflufs und vom Baikalsee langs des Altai 
viber den Jenisey, den Ob herunter, dann siidlich die Wiiste 
Hochasiens, inwieweit sie in den altesten Zeiten als bewohnt 
gedacht werden kann. Die Bewohner der kleinen Bucharei 
vermittelten, auch ihrer aufsern Lage. nach, in ihrer Religion 
das Sehamanenthum mil dem Parsismus, wie andrerseits 
das Alpenland Tibet das Schamanenthum mit dem Buddhis- 
mus. Westlich vom Ural waren es vorzugsweise Volker 
finnischen Stammes, die seil den altesten Zeiten dem Scha- 
manenthum ergeben waren, dabei jedoch in einera reicheren 
Bevvufstsein auch wirkliche Gottergestalten schufen 65 ). 

Wahrend diejenigen Volker, \yelche in einer Natur 
leben, die mehr oder minder zu freundlichem Verkehr mit 
sich auffordert, mit ihrem Sinn an die Natur sich wenden 
und an sie sich verlieren: entfremdet sich das Bewufstsein 
der Volker, der en Heimath stiefmutterlich von der Natur 
bedacht ist, dem Leben <ler Natur und zieht sich auf sich 
zuriicL So geschah es denn auch, dafs die Bewohner der 
eben umgranzten Erdstriche mehr den geistigen Eindriicken 
als denen der Natur ausgesetzt waren. Daher erscheint der 
Geisterglaube der schamanischen Volker als das unraittel- 
bare und nothwendige Produkt der: von ihnen bewohnten 



64 ) W. Sctott Aelteste Nachrichten von Mpngolen mid Tataren. 
Berlin 1847. 4. 30 S. iiber d. Altaische oder Finnisch-Tatarische 
Sprachengeschlecht. Berlin 1849. 4. 

KellgrenD. Finnische Volk u. d. Ural-AUaische Volkerstamm. 
(Jahresb. d. Deatschen morgenl. Ges. 1846 [Lpz. .1847] p. 180197). 
Grundziige d. Finnischen Sprache. Berlin 1847. 8. 

6R ) Stuhr a. a. O. : 



73 

Lander. ,,Der Geisterglaube der schamanischen Volker ruht 
auf der Vorstellung, dafs die Seelen der Verstorbenen als 
Gespenster durch die Luft, tiber die Wuslen und die Schnee- 
f elder schweben. In der Art, wie in dem Glauben jener 
Volker die Natur vergbttert wird, zeigt sich nichts von 
einem gediegenen Kraftgefiihle seelenvoll lebendiger Natur- 
begeisterung." Wenn auch die Naturmachte im Schama- 
nenthume einiger Verehrung geniefsen, so tritt dieselbe doch 
vollig in den Hintergrund gegen den Geisterglauberi. Die 
wiiste pder erstarrte oder eisige Natur yermochte nur in 
triibem, wiisteni Bilde sich im Bewufstsein des Mehschen 
abzuspiegeln 66 ). Vielmehr gerieth dies vorzugsweise und 
ausschirefslieh in die Gewalt des Glaubens an die Geister 
der Verstorbenen, ,,welche iiber die weiten Wusten, 
die Schneeflachen und die von Reif starrendeh Tahnenwal- 
der durch die Nacht irrend umherschweifen und in Fels- 
kluflen und tiefen Abgriinden hausen." .* Mit dieser Vor- 
stellung hangt, dem Charakter der Natur entsprechend, die 
andere eng zusammen, dafs diese Geister nur auf den Scha- 
den der Menschen bedacht seien. 

In dem, aus denselberi Elementen entspruhgeneh, Par- 
sismus halte, der Natur Irans gemafs, der Geisterglaube mit 
dem Lichtkulte sich verbunden; umgekehrt hatte im Scha- 
manenthume der Geisterglaube sich an die Finsternifs ange- 
schlossen, weil. die Natur dazu hintrieb. Wie --.nun der 
Parsismus eine ubervviegend ethische, thatkraftige Richtung 
genommen halle, so auch im Schamanenthume, nur wieder 
umgekehrt. Denn wahrend der Parse fur seine Gottheit 
kampft,- kampft der Schamane gegen sie. Der Parse hafst 
und verabscheut den Geist der Finsternifs imd kampft gegen 



66 ) Eine Beschreibung der Steppen bei Humboldt Ans. d. Nat. 
I, 8 Sqq. 



74 

ihn, well dieser ihn von seiner Verbindung mil deni Geiste 
des Lichtes abhalten will, durch Hingebung an welchen der 
Parse seine subjektive Ohnmacht aufhebt. Der Schamane 
sucht diese Ohnmacht nicht durch Verbindung rait dem 
Objekt aufzuheben, sondern durch Geltendmachung seiner 
subjektiven Kraft (vgl. -p. 26 sq.). Da ihm die Geister, ge- 
mafs der Natur, in \yelcher er lebte, als menschenfeindlich 
erscheinen mufsten, so gait es niclit, sich ihnen hinzugeben, 
sondern zu widersetzenu Eine Natur, mit der der Mensch 
inamerdar kampfen mufste, um ihr nur soviel abzuringen, 
als er zu.r Fristung seines kiimmerlichen Daseins bedurfte, 
oder um nur nicht von ihr .erdriickt und vernichtet zu wer- 
den, eine solche Natur mufste dem Geiste eine grofse Selbsl- 
standigkeit geben, Vertrauen auf die eigerie Kraft. So ver- 
einigte sich Alles, um jenen urspriinglichen Geisterglauben 
in einer einseitigen Natur einseitig an die Nacht zu kniipfen; 
die Geister als Bose erscheinen zu lassen und den Menschen 
zu jener keckeri Trotzigkeit zu ;bringen, in welcher er sein 
religib'ses Bediirfnifs stiilt, ,,indem er die von G cistern be- 
volkerte Welt mit Freiheit zu beherrschen, mit derselben 
zu verkehreh, die in ihr vvaltenden Machte nach eigenem 
freien Willen zu leiten strebt." Der Schamane sucht durch 
Bann und Beschworung die ubermenschliehen Machte in 
seine Gewalt zu bringen und .sich durch Bezwingung der- 
selben ihrer Unterstutzung zu vergewissern. 

5. Gaiolatrie. 

Lenormant Etude sur la religion Phrygienne 

(Annal. de I'lnst. arch. Franc. Tom. I. Paris 1836. 

p. 215 sqq.). Creuzer II, 364388. 
Lyder: Menke Lydiaca. Berol. 1843. 8. 

Karer: Soldan im Rhein. Museum. 1835. 

Kappadocier: T. Eckhard be templo Cappadociae Comano. 

Quedlinb. et Ascan. 1721. 4. H isely disp. de hi- 



75 

stor. Cappadociae, cui praemittitnr descriptio Cap- 
padociae et disquisitio de Cappadocum origine, 
lingua, religione. C. tab. geogr. s. 1. (Comment, lat. 
Class. III. Inst. : Reg. Belg. Vol. VI.) 1832. 4. vgl. 
Stulir II, 244 sci. - 

Wenn der Polytheismus H i m in e 1 und E r d e zugleich 
und in ihren uiannigfaltigsten Beziehungen erfafst, der Par- 
sismus, bei Beeinlraehtigung der ursprunglichen Empfin- 
dungsfahigkeit, einseilig das Lich.t, das Schamanenthum 
einseitig die Fihsternifs aus der Richtung des Naturlebens 
hervorhebt, so ist es in der Gaiolatrie die Erde, an die 
vorzugsweise und deshalb einseitig das Bevvufstsein sich 
verliert. Die Eindriicke des Himmels sind in dieser. Reli- 
gionsform ganz zur.upkgeschoben. _ 

Alle Religionen oder Kulte, deren Mittelpunkt das Erd- 
leben ausmacht, sind duster und wild, voll Wehmuth und 
Trauer. Wenn der Mensch mil alien seinen Sinnen an das 
Leben der Erde sich anschliefst, an ihrer Schonheit sich 
freut, an dem Schinuck und der Pracht ihres Farbenspieles 
sich weidet: so kann er nicht umhin, auch alle die wech- 
selnden Empfindungen in sich zu erleben, welche der Wechsel 
dieses Naturlebens erzeugt. Heute geboren und morgen 
todt, das ist das Losungswort. aller Hervorbringungen der 
Erde. Und je inniger sich der Mensch nait . diesen schwin- 
denden Gestalten yertraut gemacht, je tiefer er aus dem 
Bliithenkelche sufsathmender Natur Freude und Reiz geso- 
gen hatte, um so tiefer mufste. ihn die Trauer ergreifen, 
wenn er das Leben der Erde Ayelken und absterben sah, 
um so ausgelassener seine Freude sein, Avenn neues Leben 
wieder erwachte. Dies ist dehn auch ^yirklich der Cha- 
rakter deijenigen Volker, bei denen vvir die Gaiolatrie finden. 
d. h. eine Religion y in der das Bewufstsein vorzugsweise 
oder ausschliefslich der Gewalt des Erdlebens anheiuige- 
fallen war. Es sind dies aber die unter dem allgemeinen 



76 

/ 

Namen der ,,thrakischen" zusammengefafsten Volkerstamme, 
welche von Europa aus uber den Hellespont nach Klein- 
asien gewandert waren und die ganze westliche Ha'lfte des- 
selben bis zum Halys (Kizil Irmak) bewohnten. Die beiden 
bedeutendsten Stamme waren die Lydier und Phrygier, mil 
den beiden Hauptstadten Sardeis und Pessinus. Diese bei- 
den Stadte, nanientlich aber die letzlere, waren der Hauptsitz 
dieses Religionsdienstes. 

Fast die ganze mythische Vorstellung dieser Volker- 
schaften absorbiert sich in dem einen Mythos von der Gottin 
Kybele und ihrem Lielilinge Attis. Es wurde in der Ky- 
bele die Erde, aus deren Schoofse Alles so schon und so 
lieblich emporbliiht, als miitterliche Gfottheit verehrt. An 
diese auflebende und absterbende Natur, diesen Schimmer 
des Daseins, war der Sinn gewendet; wehmuthig trauerte 
er uber den Untergang' des Erdenlebens, den Tod des 
Attis, und feierte in larmender Freude sein Wiedererwachen, 
sein Wiederaufleben. -.Das Gefolge der Kybele bilden die 
Korybanten, die in schwarmender Begeisterung durclr wil- 
den Tanz und Waffengeklirr, mit Pfeifen und Pauken und 
lautem Geschrei die Opfer der Gottin feiern. 

Friede und Versohnung kamnicht in das Gemiith dieser 
Volker; es war und blieb zerrissen,. indem. es bald tiber- 
mafsiger Trauer erlag, bald in ungebandigter Freude auf- 
jauchzte. Der Phrygier vergafs die HinfaUigkeit alles Le- 
bens weder ini Rausche der Sinnlichkeit, noch setzte er 
sich in freier venvegener Personlichkeit daruber hinweg, 
noch auch suchte er Trost in Vorstellungen von einemjen~ 
seitigen Leben, Das Dasein liefs ihn rasen in unendlicher 
Freude; beiin Anbliek der Verganglichkeit zerschmelterte ihn 
unendlicher Schmerz. 

Wie der ganze Kult sich um Kybele und ihren friih, 
in der Bliithe der Jahre, verstorbenen Liebling bewegt, so 



77 

veranschaulicht der Mythos von beiden den gesamnaten 
Zustand des Bewufstseins der thrakischen Volker. Dieser 
Mythos hat sich in verschiedenen Gegenden verschieden 
gestaltet, aber uberall dieselben Grundideen festgehalten. 
Zweierlei tritt daran hervor: die Trauer uber die Vergang- 
lichkeit des Daseins und die Zerstorungswuth sinnlicher 
Lust. Denn entweder durch sich selbst oder einen Andern 
entmannt litt Attis in bliihender Jugend den Tod. Und so 
trugen auch die dem Attis und der Kybele veranstalteten 
Feste ganz den Charakter, der einem solchen Glauben ent- 
sprechend und iny thisch in .den Korybanten vorgebildet war. 
Trauerfeierlichkeilen, Fasten und Biissungen fande.n statt 
und wilde Festraserei, die sich zur blutigen Selbstentman- 
nung steigerte. Dieser Fanatismus erklart sich aus dem 
Zustande der Gemiithszerrissenheit jener Volkerschaften, und 
dieser Zustand selbst wieder aus dem Verlorensein an das 
Erdenleben und aus den aufsern Existenzverhaltnissen der 
genannteh Volker Vorderasiens. Oestlich von ihnen wohn- 
ten die Syrischen Stamme, die der grofsten sinnlichen Lust 
und Ausschweifung anheimgefallen waren. Wie nun sudlich 
die Israeliten im Gegensatze zu dieser Sinnlichkeit in das 
Extrem starrer Sittlichkeit ubergingen, so westlich die thra- 
kischen Volker in ahnlicher Weise. Indem sie im Dienste 
der Kybele unter rauschendem Larm der Gymbehi und 
Pauken sich selbst entmannten, iiberwanden sie die Sinn- 
lichkeit aber nur aufserlich, hicht durch die Macht des 
Geistes, wie die Israeliten es versuchten. 

Diese Religionsform ist wichtig wegen ihres Einflusses 
sowohl auf das griechische und romische Leben (sie gelangte 
207 a. Chr. von Pessinus nach Rom) als auf das Christen^ 
thum 67 ). 



67t 



7 ) S. in der Anlage Lauer's Recension yon Sommer: De 
Theophili cum diabolo foedere. 



78 



6. Uranolatrie. 

Hager Pantheon chinois. . Paris 1806.4. Stuhr. Die 
. chines. Reichsreligion u. d. Systeme d. ind. Philosophic. 
Berlin 1835. 8; Religionssysteme I, 9 36. 
Confucii Chi-King ed, Mohl. Stuttg. 1830. 8. Y-King 
ed. Mohl. Stnttg. 1834 sqq. 8. II. Werke des tschines. 
Weisen Kung-Fa-Dsuu. seiner Schiller. Uebers. von 
Schott Halle 1826. 8. II. Kd. Biot Recherches sur 
les moeurs dies anciens Chinois, d'apres le Chi-King 
(Journ. Asiat. Ser. IV. Tom. IT, 307sqq. 430 sqq.). Kurz 
Mem. sur 1'etat politique et religieux de la Chine, 2300 
ans avaht notre 4re, selon le Chonking. Paris 1831. 

Den Gegensatz zur Gaiolatrie bildel die Uranolatrie. 
Sie 1st die Religionsform China's. Da dem \ 7 olkscharakter 
die Religion entspricht und der Religion der Volkscharakter, 
so bildet der Zustand des chinesischen Bewufstseins auch 
einen ebenso entschiedenen Gegensatz zu dem der thrakisch- 
phrygischen Vb'lker. Wie dieses zerrissen, aufgeregt, excen- 
trisch, so jenes einfach, ruhig, starr. Von der Unvera'nder- 
lichkeitj Stabilitat, ewig wandellosen Gleichheit des Himmels, 
des blauen Himmelsgewb'lbes ist die chinesische Religion 
und das ganze chinesische Leben der gelreuste Reflex. Die 
oberste Gottheit der Chiriesen ist Tian oder Schangti, in 
welchem der Aether und die Gestirne zu Einer Vorstellung 
zusamniengefafst Werden, der Himmel. "Von ihm soil das 
Leben und die menschliche Seele das Abbild sein.. Die 
ewige Ordnung de& Himmels soil auch aufErderi dargestellt 
werden. Der Mensch soil sich von aller Aufregung, alien 
Leidenschaften frei, stets in der .rechten Mitte halten, in 
steteui Gleichgewicht. Ruhe und Frieden der Seele und 
des Lebens sind die hochsten Aufgaben. Monotonie ist der 
Charakter des ganzen chinesischen Lebens. Besteht doch 
auch ihr ganzer Sprachschatz nur aus 450 einsylbigen Wor- 
tern, ohne Deklination und Konjugation. 



79 

Diese vollkommene Stabilitat des Chiriesenthums ist die 
Folge ihres einseitigen Verlorenseins an das Naturobjekt 
des ewig unveranderlichen Himmels. Haben sie auch die 
Erde neben ihn gestellt ais Gotlheit, so tritt diese doch sehr 
in den Hintergrund und hat in keiner YVeise Einfiufs auf 
das Bewufstsein geubt. Begiinstigt ist diese Stabilitat wor- 
den 'durch die Abgeschlossenheit des Wtihnsitzes; 

7. .Astrolatrie. 

R. Moses Maimonides- de idololatria liber c. in- 
terpr. Dionysii Vossii. 1668. 4. J. E. Ostermann 
disp. de.- astrolatria. Bock Essai sar 1'histoire 
du sabeisme. 1785. Kleuker Ueber d. Ursprang d. 
Zabaismus (Zend-Avesta ira Kleihen zu Arif.). Rein- 
hard (p. 20) p. 40 sqq. 60 sqq. Baur (p, 20) I, 181 sqq. 
J. Selden. De dis Syrrs syntagmata II. ed. Andr. 
Beyer Lips. 1 072. 8. S t all r I, 376 sqq. Creuzer 
11,2. J. L. Movers Die Phoiiizier. Bd. I. Bonn 
1842, 8. Bd. II. Berlin 1849. K. S ckwenck Mythol. 
d. Semiten. Frkf. a, M. 1849. 8. 

Karthager: Fr. Miinter Rel. d. Karth. ed. II. Kopenbagen.1821.4. 
Crea.zer.II, 437 sqq. 

Babylohier: Fr. Miinter Rel. d. Babyl. Kppenh. 1827. 4. 

Araber: Stuhr I, 396 sqq. .. . 

Die Religionsform, . welche wir mit dem Namen Astro- 
latrie .(Gestirndienst) . bezeichnen, heifst auch Sabaismus 
(Zabiah von Zebaoth haschamajim). Sie ist die Religion 
der semitischen Volker und geographisch zwischen dem 
Parsismus und der Gaiolatrie gelegen. In der Astrolatrie 
ist die Abstumpfung und Zersplitterung noch grofser, als in 
den friiher betrachteteii Fbrnien. Diese batten entweder 
die ganze Nalur oder doch wenigstens grofsere, aDgemeinere 
Richlungen derselben (Licht, Finsternifs, Erde, Himmel.) 
erfafst ; in der Astrolatrie ist das Bewufstsein an Einzeln- 
heiten verloren. Es ist nicht mehr der ganze grofse blaue, 
den Aether und die Gestirne zugleich umfassende Himmel, 



80 

an welchen sich das Bewufstsein hingiebt, sondern es sind 
die Einzelnheiten des Himmels: Sonne, Mond und 
Sterne 68 ). Bei dieser Zersplitterung des Geistes konnte 
derselbe naturlich auch nur einseitig, nur unvollkommen die 
Eindrucke der Gestirne in sich aufnehmen. Damit hangt 
der Rationalismus zusammen, das Verstandesmafsige, der 
Mangel an Gefiihl, dem wir uberall bei den Anhangern die- 
ser Religionsform begegnen. Sehen wir nSher. 

-Die Lander,, in denen die Astrolatrie heimisch war, 
sind, mil Ausnahme des kleinen syrischen Kiistenstriches 
(Phoenizien und Palaestina) Ebenen. Sie bestehen aus drei 
Theilen: 1) dein Tieflande des Tigris und. Eufrat (Mesopo- 
tamien und Babylonien) und dera syrisch-arabischen Tief- 
lande; 2) der syrisch-arabischen Wuste; 3)- dein arabischen 
Hochlande. Sowohl jene Tieflander als das arabische Hoch- 
land i- von der Wiiste. versteht es sich von selbst sind 
trocken, steinig, wenig fruchtbar. Mesopotamien ist theils 
wiiste, theils grasreiche Steppe; Babylonien nur durch 
kunstliche Bewasserung unza'hliger Kanale zu einem hohen 
Grade von Fruchtbarkeit gebracht Der Bauiiiwuchs fehlt 
entweder ganz oder ;ist sehr diirftig 69 ). Ein solches Land 
fesselte wenig den Sinn und die Einbildungskraft : Blick 
zum Himmel 70 ) (ewig klar und heiter wegen der Diirre); 
Ausbildung des Verstandes (den moglichsten Erirag der Erde 
abzugewinnen); Richtung auf Handel, wo Flusse (Babylon) 



* s ) Dafs- die Religion cler semitischen Volker urspriinglich nicht 
Sabaismus gewesen sei, behauptet O. Muller. Kl. Schr. II, 53. 

69 ) Wetlsted Travels in Arabia. London 1838. Jomard Etu- 
des geogr. et histor. snr 1' Arabic. Paris 1839. 

70 ) Hnmboldt Kosmos II, 50 (in Bezug auf Arabien): ,,Wo 
dem Boden der Schmuck der Walder fehlt, beschaftigen\ die Lufter- 
scheinungen, Sturm, Gewitter und langersehnter. Regen urn so mehr 
die Rinbildangskraft." 



81 

oder die Kiiste (Phonizien) dazu einluden, um von auswarts 
zu holen, was man brauchte .und nichl besafs. 

So ist sowohl die Religion jener Lander, als der Cha- 
rakter der Volker, die dort wohnten, ein Produkt natiirlicher 
Verhaltnisse. Dies lafst sich noch weiter ausfuhreni Nachr 
dem einmal der Blick durch die Natur des Landes dem 
Himmel zugewandt war, auch um deswillen 71 ), weil in 
jenen uniibersehbaren Ebenen, wo keine Stadte und kerne 
Berge als Merkzeichen dienen konnten, die Sterne bei Wan- 
derungen zu Lande und bei Seefahrten als Fiihrer dienen 
mufsten: so blieb der Blick am Himmel gefesselt, und der 
Sinn verier sich an die Eindriicke der Gestirne umsomehr, 
als die der Erde sehr diirftig waren. Man sah die Bewe- 
gung der Gestirne und hielt sie fur belebt 72 ); man nahm 
den Einflufs derselben auf die ganze Natur, die Macht der 
Sonnenstrahlen, das Erquickende des Thaues und der Kiih- 
lung bei Aufgang des Mondes wahr und gewann die Vor- 
stellung weitwirkender, wohlthatiger Machte. Man 
beobachtete ferner die Regelmafsigkeit des Laufes undStan- 
des der Gestirne 73 ), wie sie in ewig gleicher Ordnung die 
Jahreszeiten bestimmen, fur' die Thiere die Zeit der Geburt, 
fur die Gewiichse die Zeit derlieife herbeifuhren, und ward 



"> Reinhard 1. I. 

TZ ) Cic. N. D. II, 15: hac mundi divinitate perspecta, tribuenda 
est sideribns eadem divinitas; quae ex mobilissima purissima- 
que aether-is parte gignuntur, neque ulla praeterea sunt 
admista natura, totaque sunt calida atque perlucida, ut 
ea quoq.ue rectissime et animantia esse et sentire atque intelligere 
videantnr. . 

71 ) Daraus argumentieren Hire Gottlichkeit auch die Stoiker bei 
Cifc. N. D. II, 16; ihre Ungottlichkeit Lactant. Instit II, 5. (Ex hoc 
enim apparet decs non esse, quod exorbitare illis a praestitutis 
itineribus non licet) und ein peruanischer Ynca bei Garcilasso de 
la Vega Hist, des Yncas. Amsterd. 1704. Tom. II. p 394 sqq. (Lb. IX. 
cp. 10.) vgl. H. Grotius 1. 1. Lb. IV. . 5. 

Lauer Griech. Mythologie. 6 



82 

dadurch nicht bios zu genauer Erforschung der dabei ob- 
waltenden Gesetze veranlafst, sondern bildete auch die 
Arisicht aus, dafs diesen iinwandelbaren Gesetzen der Ge- 
stirne auch dais menschliche Leben unterworfen sei. Dieser 
-Zusammenhang zwischen dem Leben der "Erde und dem 
Laufe der Gestirne allein war es, welcher das syrisch-ara- 
bische Gemiith bemhrte. Hohere Regungen treten nirgends 
irri Bewufstseih hervbr 74 ). Die Sonnei als die inachtigste, 
war der Gott der Goiter. Na'chst ihr wurde tlem Monde 
vorziigliche Verehrung geleistet und weiter einzelnen Ster- 
nen, an deren Stellung am Himmel, an deren Erscheinen 
und Verschwinden zu verschiedenen Jahreszeiten sieh die 
Witterurigskunde anschlofs. 

Dies Verlorensein des Bewufstseins an die Gestirne 
hatte ziir naliirlichen Folge: 1) eine Verflachung des Ge- 
miitbs, Gefiihllosigkeit, Vorwiegen des Verstandes, Rationa- 
lismus, Harte, Grausamkeit, Blutdurst. Dies tritt sehr 
bestimmt hervbr an der Art und Weise, wie der Araber die 
Blutrache vollzog, und an der Harte und Grausamkeit, womit 
er seine Goiter selbst bekleidete. Die Araber weihten nicht 
selten ihre .eignen Kinder dem Todeoder den Gotlern, wie 
die Phonizier ihrem Moloch, die Babylonier ihrenri Bal, und 
begrubeh ihre neugebornen Tb'chler aus Furcht, sie mochten 
sie nicht ernahren konnen , oder die Tochter konnten ihnen 
einst geraubt und geschandet werden. In kalter Verslan- 
digkeil berechnet der Araber den Vortheil und Nachlheil, 
der ihm aus Handlungen und Ereignissen entspringen kann, 
und abhangig yon dem Laufe der Gestirne sich fiihlend, die 
in weiter Feme und festbeslimmter Nothwendigkeit das 
Leben und ihn selbst bestimmen, waren seine Gedanken 
nur darauf gerichtet, wie er das durch die Gestirne ihm 



*) Heeren Ideen. Buck XIX, 4. Humboldt Kosmos II, 265. 



83 

beyorstehende erkenne, es zu seinem Nutzen ausbeute oder 
sich vor Schaden behuie. Die Astronomic und Astrologie, 
obgleich nicht in Arabien erbluhl 75 ), sondern unter den 
Chaldaern zu Babylon 76 ), sincl naturliche und- nothwendige 
Keime eines Geistes, dec sich ganz an die Gestirne hinge- 
geben hat. Es ist klar, dafs bei dem Gefuhl der Abhangig- 
keit des Menschen von den Gestimen und ihrer ewig gesetz.- 
mafsigen Noth\vendigkeit von einem freien, sittlichen, durch 
sich selbst bestimmten Handeln nicht die Rede sein kann. 
Der Chaldaer priifte nicht sich selbst als den Grund seiner 
Thaten und Geschicke, sondern las in dem objektiven Ge- 
setze der Sterne, welches, seinem Glauben nach, sein 
Handeln bestimmte. Audi hierin spricht sich eine grofse 
Zersplitterung des Geistes, eine grofse Gefiihllosigkeit ausj 
Mangel an personlicher Kraft, die sich relict, indem sie 
flieht. 

Aufser der Gefiihllosigkeit und dem Rationalismus, der 
Hiirte und Diirre der Gesinnung;, erkennbar an der Blulrache 
und Grausamkeit der Araber, der Astrologie der Chaldaer, 
hat die Astrolatrie noch eine andere hervorslechende Folge : 
unendliche Sinnlichkeit. Dies kann paradox erscheinen. 
Gewohnlich nimiiit man an, Sinnlichkeit werde begiinstigt 
durch Verkehr mil der Natur, d. h. mil dem Leben und 
Treiben der Erde; der Anblick des gestirnten Himmels 
dagegen erhebe und lautere durch Vorstellunge : n des Erha- 



") Vgl. Humboldt a. a. O. II, 258 sq. 

7S ) S. Delambre hist, de 1'Astronomie ancienne. Paris 1817. 

Chasles Recherches sur rastronomie . indienne et chaldeenne, 
in den Comptes read us de TAcad. des Sciences. Tom. XXIII. 1846. 
Ueber die Chaldaer vgl. : Ditmar d. Vaterland d. Chaldaer. Berlin 
1790. 8. Palmblad de rebus" Babyloniis et originibus teterum 
Chaldaeornm. Upsal. 1820. 4. Rodiger fiber Chaldaer und Kurden 
(Z. f. d. Kde. d. Morgenlandes. Bd. III.) 

' ' ' 



benen nnd Ewigen die Gesinnung. Wie begriindet dies 
scheinen mag, die Erfahrung straft diese Behauptung Lugen 
und zeigt, dafs grade das Umgekehrte der Fall sei. Alles 
Familienleben, alle Kultur und Sittlichkeit kniipft sich an 
das Erdleben, an Ackerbau 77 ). In einem solchen Verkehr 
mil der Erde werden alle edleren Gefuhle und Empfindun- 
gen angeregt; das Mutterliche, Fiirsorgende, Freundliche der 
Erde mildert, sanftigt, lauteii alle Gefuhle. Die grofste 
Unsittlichkeit ist iminer da, wo mil Zuriickdrangung des 
Gefuhls eine verstandesmafsige Beschafligung vorherrscht : 
Handel, Fabrikeh, . Krieg, Diplomatic. Sinnlichkeit ist auch 
mit dein Ackerbauleben verkniipft; aber theils nichl in so 
hohem Grade (Land Stadt), theils ohne die demoralisie- 
rende, zerriittende Wirkung, welche stets mit der Sinnlich- 
keit des Ralionalismus verkniipft ist. Die Sinnlichkeit des 
Ackerbaulebens ist eine mehr natiirliche die des Ratio- 
nalismus eine gemiithlose, kiinstliche, raffinierte, schranken- 
lose. Um zu unserm Gegenstande zuriickzukehren, so 
mufste also die Sinnlichkeit der Gestirndiener, wegen ihres 
gefiihllosen rationellen Charakters, eine bodenlose sein, 
wenn sie in diese Sinnlichkeit verfielen. Sie verfielen aber 
nothwendig darin, sowohl wegen ihrer rationellen Gesinnung 
als auch wegen ihrer Astrolatrie. Denn weil sie^ wie ich 
bemerkt habe, die Gestirne mit Riicksicht auf das Leben 
der Erde, auf Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit betrachteten, 
der Mond, den sie hoch verehrten, den merklichsten Einflufs 
auf das geschlechtliche Leben hat, so ward ihrer Gesinnung 
auch eben eine Richtung auf die Sinnlichkeit gegeben. Denn 
der Mensch ist so wie seine Goiter, weil seine Goiter so 



7 ") S. Gaiolatrie, Erd- und Ehegottinnen (Hera Demeter). Mit 
dem Ackerbau tritt Monogamie ein; in dem friihern Hirten- oder 
Nomadenleben ist Polygamie. Grimm Gesch. d. d. Spr. I, 18. 



85 

sind vvie er. Und v er glaubt sie zu.ehreii, wenn er dem 
Charakter gemafs handelt, den er ihnen beilegt. Wenn der 
Mond verehrt wird mil Riicksicht auf das geschlechtliche 
Leben, auf seine zeugerische Kraft, und wenn ihm em dieser 
Auffassung entsprechender Charakter beigelegt wird, so mufs 
er einen ausschweifend sinnlichen Dienst hervorrufen. 
So ist denn aus dem Rationalismus und der Astrolatrie, 
oder auch aus dieser letztern allein, weil jener aus dieser 
entstand, die ausschweifende Unsittlichkeit zu erklaren, die 
wir, weniger bei den Arabern, aber in abschreckend hohem 
Grade bei den ubrigen verwandten Volkerh , namentlich 
den beiden Hauptzweigen , Phoniziern und Babyloniern 78 ) 
fihden. 

Eine dritte Eigenthiimlichkeit ist die religiose 
Ver ehrung von Stein en. Sie ist wohl nicht unmittel- 
bare, sondern nur mittelbare Folge der Astrolatrie ; zunachst 
resultierend aus der Zersplitterung des Bewufstsein.s, die 
ihrerseits freilich aus der Astrolatrie hervorging. Wie das Be- 
wufstsein an die Einzelheit des Himmels verloren war, so 
verlor es sich auch an die Einzelheit des Erdlebens, den 
Stein. Was der Stern am Himmel war der Stein auf der 
Erde. Der Stein gait dem Araber als der Vermittler mil 



7S ) ,,Mesopotamiae homines effrenatae libidinis sunt in utroque 
sexu.'^ Sallust. bei Sch. Juvenal. Sat. I, 104. (Phonizier = Semiten, 
Ewald Gesch. d. Volkes Israel Bd. I, 278 sq. =Hamiten (zu denen 
auch die Aegypter gehoren): I Mos. cap. 10. vgl. Bertheau zur 
Geschichte d. Israeliten p. 163 sq.) Herbdpt I, 181. 199 ibq. 
Bahr. Munter Rel. d. "Babylon, p. 72. 74. Rel. d. Karth. p. 79 82. 
Heyne Comm. Societ. Getting. Tom. XVI. Stulir a. a. O. Bd. I, 
384 sqq. Crenzer a. a. O. p. 350 sqq. u.a. Engel Kypros. Berlin 
1841. Bd. II, 9 15 und an andern SJellen betretfend die Kypr, 
Aphrodite. 

Fisch und Taube. Tempelbordelle. Danim in der Bibel Hurerei 
soviel als AbgottereK 



86 

/ 

iien Gestirnen 79 ). Vor alien ward dafiir der schwarze Stein 
angesehen, den die Moslemim noch heutiges Tages in der 
Kaaba verehren, und von dem man glaubte, dafs in ihin 
alle Sternenkrafte beschlossen seien. Von diesem Stejne 
: hatte dann wieder der einzelne Stammstein seine Kraft, und 
von diesem endlich der Stein, den der Einzelne am Leibe 
trug, und der durch den Stammstein und den Hauptstein 
in der Kaaba die lebendige Kraft der gottlichen Machte, 
der Gestirne, dem Einzelnen zu seinem besondern Schutz 
mittheilte 80 ). Die Verehrung der himmlischen Machte 
fiihrt am leichtesten zur Idololatrie, weil sie so fern sind 
und daher der Mensch die Sehnsucht nach ihnen sich 
in etwas stillt durch ein sinnliches Abbild oder ein sinn- 
liches Surrogat. Stein, als starkstes, hartestes, Symbol der 
Kraft? Dieser Steindienst, in dem sich ein.e grofse Zer- 
splitterung des Bexvufstseins kundgiebt, zeigt schon auf 
Afrika, auf den Felischismus hin, wie denn auch Arabien 
seinem ganzen Character nach sowohl zu Asien als zu 
Afrika gehort. Ueberhaupt ist die ganze Astrolatrie eine 
Religionsform , die wenig Europaisches an sich hat; dem 
europaischen Wesen stehen Gaiolatrie, Parsismus und Scha- 
manenthum ungleich naher. Astrolatrie ist die Religionsform, 
welche Asien mil Afrika vermittelt, nicht bios durch den 
Steindienst. Wir werden gleich eine afrikanische Religions- 
form kennen lernen, die, obgleich oie noch Jiiedriger zu 



79 ) ,,Die Steine warden heilig gehalten als Gedenksteine zur 
Erinnerung an geschlossene Biindnisse mit den gottlichen Machten. 
(Jacob). Sie dienten den Arabern anch zum Zeugnisse geleisteter 
Eidschwiire. Die Heiligkeit, welche dem noch heute von den 
Moslemin verelirten schwarzen Stein in der siidostlichen Ecke der 
Kaaba beigelegt war, bezog sich auf die Macht der Gotter, die, 
durch die heiligsten Schwure .angerufen, wachten uber die Heilig- 
haltung des geschlossenen Bundnisses." Stuhr 1. I. p. 402. 

) Stuhr 1. 1. p. 411 sq. 



87 

setzen ist als die Astrolatrie, doch mil ihr korrespondiert 
Wie nemlich in der Astrolatrie sich das Bewufstsein eirt- 
seitig an eine Einzelheit des Himmels verliert, so konnte 
es sich auch einseitig an eine Richtung des Erdlebens ver- 
lieren. 

8. Z-ooiatrie. 

Reinhard (p. 20) p. 22 sqq. Jabl on ski Pantheon 
Aegyptiorum. Francof. 175052. 8. III. C. Pri chard 
Darstellnng der agypt. Mythol. Aus d., .Engl. yon Hay- 
mann, mit Vorrede von A. W. r. SchlegeL Bonn 1837.8. 
.Creuzer II, 1. M. Schwartze Das alte Aegypten. 
Bd. I. {2 Theile). Leipz. 1843. 4. K. Schwenck Die 
Mythol. d. Aegypter. Frkf. a. M. 1846/8. 

Eine noch weit grofsere Einseitigkeit im Empfinden des 
religiosen Objektes, als wir sie in den bisher betrachteten 
Religionsformen fanden, und eine weit grofsere Zersplitte- 
rung des Bewufstseins zeigt sich in der Vergb'tterung einer 
Einzelnheit des Erdlebens, der Thierwelt, in der Zoolatrie. 
Es ist dies die Religion Aegyptens. Die Aegypter verehrten 
die Thiere nicht etwa in symbolischer Bedeutung, als Ab- 
bild oder Symbol der Gottheit, .wie Einige mit Rucksieht 
auf Herodot 81 ) gemeint haben; sondern die Thiere in ihrer 
untnittelbaren sinnlichen Erscheiiumg wurden heilig gehalten 
und gottlich verehrt, nach ihrem Tode einbalsamiert und 
auf ihre Todtung die hiirteste Slrafe gesetzt 88 ). Jeder 
Gau verehrte seine besondern Thiere, deren Mumien man 
zum Theil noch jelzt findet 83 ). Gevvisse Thiere wurden 



- 81 ) II, 65: iwv Je fS.vty.tv aveirat z IQU tl Ifyoipi, xT/Safijv av 

8 *) ,,Firmiores . eniui videas apud eos opiniones esse de bestiis 
quibusdam, quam apud nos de sanctissimis templis et simulacris 
deorom." Cic. N. D. "I, 29. 

"* 3 ) Creuzer Bd. II, 201 sq. 



88 

iiberall heilig gehalten imd verehrt: Stier, Hund, .Kalze, 
Schlange, Ibis, Falke und Kafer 84 ). 

Man hat diese Vergo tier ting der Thiere auf verschiedene 
Weise zu erkliiren versucht 85 ). . 

1) Aus der Nutzlichkeit und Schadlichkeit der Thiere 86 ) ; 

2) aus dem Glauben an Seelenwanderung 87 ); 

3) aus Hieroglyphen , in welchen mil Thieren Cotter 
bezeichnet wurden 88 ); 

4) aus astronomischen Vorstellungen. So sagt Creu- 
zer II, 197 sqq.: 

,,Die Erde spiegelt den Hiinmel ab. Sie giebt den 
Wiederschein in Metallen, Steinen, Edelsteinen, Pflanzen 
und Thieren. Sie antwortet der Spharenharmonie durch 
die Chore und Musik der Tempel. Vorzuglich aber sehen 
wir das Heer des Himmels, den Kreis der himmlischen 
Thiere, am deutlichsten reflektirt im universellen und im 
provinziellen Thierkreise des ganzen aegyptischen Landes 
und aller einzelnen Nomen. Aegypten ist ein grdfses Pan- 
theon und jeder Nomos, jeder Gau antwortet den Revieren 
des Himmels. Das Ganze ist ein Haus heiliger Thiere und 
hat im Himmelsgewolbe seine Decke. Daher lauft auch 
der ganze Thierkreis des Himmels auf der aegyptischen 
Erde fort. Es ist eine groise heilige Heerde, unter den 
Schutz des Himmels gestelit. Von Thebae oder Grofs- 
Diospolis an bis nach Canobus, an die Nilmtindung hin ist 



S4 ) Vgl. Noack p. 266. . . . 

85 ) Schon im Alteftlmme: Diodor. I, p. 97. sqq. Phit. de Is. et 
Osir. s. Reinhard p. ^2 29. Am besten wohl Hegel bei Creu- 
zer'I, 30. not. und besonders B. Constant La Religion. Liv. II. 
Ch. 2. (Tom. I, 257 sqq i. d. Uebers.)- 

86 ) Cic. N. D. I, 36. Euseb. P. E. II, I. .Mosheim zu Cud- 
worth cp. IV. . 19. p. 419 sqq. Greiizer II, 205 sq. 

ST ) J. H. Ursinus Anal. S. Vol. I, 409 sqq. 
") Clem. Al. Strom. V, 7. 



89 

ein hieratisch-animalisches Leben. Jedes Revier des Him- 
mels hat wieder sein Thier und sein Haus fiir die Thiere. 
Jeder Gau hat sein heiliges Thier und seinen Tempel, worin 
es die Pflege der Menschen empfangt. Sie stellen ja auch 
alle Phanomene des Himmels in sich dar, diese Thiere; sie 
sind ja auch die natiirlichen Gnomone der wechselnden 
Zeken, die Boten der natiirlichen Veranderungen die 
Brunst des Widders im Fruhling, das Gebrull des Lowen 
bei heifser Sonnenglut, das angstliche Treiben und Laufen 
der Gazelle nach der Regenzeit, und der spurende Hund, 
dieser Namentra'ger des hellsten Sterries. Soli einmal Na- 
turreligion sein, soil ein jedes naliirliche Ding seine Wiir- 
digung und seinen Platz in dem Kultus finden so miissen 
wir die grofse, ja grofsartige Consequenz bevvundern, womit 
Aegyptens Priesterschaft diese natiirlichen Regungen des 
Volkes ergriffeh und behandelt hat." 

Dies hort sich recht schon an, wenn es nur wahrware. 

Aber abgesehen davon, dafs Creuzer wie iiberhaiipt, so 

auch besonders in der agyptischen Religion, viel zu tief- 

sinnige, spirituelle, systematische Vorstellungen erblickt, wo 

nicht im geringsten daran zu denken ist, so fallt seine ganze 

Erklarung des agyptischen Thierdienstes in sich zusammen, 

weil das Princip, auf dem sie beruht, haltlos ist. Denn 

J) diirfen wir den Aegyptern keine umfassenden astro- 

nomischen Beobachtungen zuschreiben, weil die 

agyptische Lut't stets so mil Diinsten angefullt ist, 

dafs selbst in heitern Nachten die Sterne zweiter und 

dritter Grofse nicht gesehen vverden 89 ); 

2) ist nichts ausgemachter, als dafs die altesten Aegypter 



9H ) Biot Reckerches sur plusieurs points de TAstronomie egypt. 
Paris 1823. p. 224 Stuhr a. a. O. Bel. I, XXIY. 



90 

den Thierkreis nicht gekannt, sondern erst von den 
Chaldiiern kennen gelernt haben 90 ); 
3) bezeugt der in Alexandrien lebende Jude Philo 81 ) 
ausdriicklich, dafs die Aegypter allein die Erde gott- 
licher Verehrung wurdigten, dagegen den Himmel 
einer solchen nicht weiih achteten 9 *). Weil nemlich 
in Aegypten der Himmel keinen Regen gab 93 ),9und 
deshalb keinen segensreichen Einflufs ubte, sondern 
das Land durch Uebertreten des Nils befruchtet ward, 
so blieb der Sinn der Aegypter der Erde zugewendet 
und ward weder durch die Wohlthat des fruchlbaren 
Regens noch des freundlichen Sternenlichtes zur 
Verehrung des Himmels veranlafst. Isis (Erde) 94 ) 



9n ) Ideler Ueber d. Ursprung des Thierkreises. Berlin 1838. 4. 
Letronne Sur Torigine du Zodiaque grec et sur plusieurs points 
de I'astronomie des Chaldeens. Paris 1840. 4. (aus d. Journ. des Sa- 
rants 1839) Surl'origme grecque des Zodiaques pretendues egyptiens. 
Paris 1837. (Revue des d. M.) Analyse critique des representations 
zodiakales en Egypte. Paris 1846. 

9I ) Vit. Mosis Lb. III. p. 682. 

97 3 Der aegyptische Himmel hat kein blanes, sondern silber- 
graues Licht, welches naturlich hochst lastig sein mufste, und gewifs 
ebenso sebr, wie die kahlen ron der Sonne beschienenen Sahdebe- 
nen, die in Aegypten so haufigenAugenkrankheiten erzeugten: Juvenal. 
Sat. XHI, 93. Pers. Sat. Y,. 186 ibq. Plum p. 484 sq. Pruner die 
Krankheiten d. Orients. Erlangen 1847. 8. cp. 12. 

93 ) Herod. HI, 10: ,,Unter dem Konige der Aegypter Psam- 
menit, dem Sohne des Amasis, kam in Aegypten die ganz merkwur- 
dige Erscheinung vor, dafs es in Theben regnete, welches doch nie, 
weder vorher noch nachher bis auf mich beregnet ist, wie die 
Thebaner selbst sagen. Denn in Oberagypten regnet es uberhanpt 
gar nicht." Auch heut zuTage haben von den 365 Tagen des Jahres : 

242 ganz reinen HimmelA 

84 einige Wolken f s. Fran z Prun er Topographic me- 

32 bedeckten Himmel /dicale du Caire. Munich. 1847. 
7 Nebei mit Regen / 

365 . 

94 ) Demeter s. Herod. II, 59. Plut. Is. et Osir. 



91 

und Osiris (Nil) 95 ) sind die beiden Hauptgottheiten 
der Aegypter. Diese beiden verehren sie und daneben 
sind heilig die Thiere.. . 

Der Thierdienst der Aegypter wird iiberall als das 
Charakteristische ihrer Religion hervorgehoben und diese 
Zoolatrie hat weder in dem Glauben an Seelenwanderung, 
noch in der Wiederspiegelung des himmlischen Thierkreises 
in dem irdischen, noch in denHieroglypheri 96 ) seinenGrund; 
auch nicht zuletzt iii der Niitzlichkeit und Schadlichkeit 
gewisser Thiere. Allerdings mufste ein Land wie Aegypten, 
das, sonst diirr und trocken, nur durch das regelmafsige 
Steigen des Nils befruchtet wurde, zur Verehrung dieses 
Flusses und der durch ihn fruchtbaren Erde hinleiten. Ebenso 
mufste es die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dafs der Ibis 
erschien nach dem Fallen des Nils und das zuriickgebliebene 
Gewiirm vertilgte; dafs. die schiichterne Gazelle vor dem 
Steigen des Nils in die Wiiste floh. Die iippige Thierwelt 
der Krokodile, Schlangen, Eidechsen u. s. w., welche durch 



95 ) Athanas. contra gentes: ndvrtav [talta-ia AlyvniiQi TO VIOQ 
(den Nil) nQOTSTiprixaaiv. Plat. Is. et Osir. Vgl. Heliodor. Aeth. 
IX, 9. Jal. Firm. Mat. de err. prof, relig. Voss de idol. Lb. II, 74 
p. 689. Er wurde in der Form des Stieres Apis verehrt. 
Aegypti siccitatem temperat Nilus amnis. Minuc. Fel. 18, 3. 

96 ) Dafs es mit dem Vorkommen von Thiergestalten in.', den Hie- 
roglyphen eine ganz andere Bewandtnifs habe, als man friiher annahm, 
beweisen die neasten Untersnchungen nber den Charakter dieser 
Schrift. Die Hieroglyphen sind namlicb 

a) phonetische : z. B. Schate (Kelol) Miitze (Klaft) == K. (wenn 
im Deutschen Lamm, Licht, Loffel = L). 

b) symbolische: z. B. Sonne = Tag^; Lowe = Herrschaft. 

c) figurative: z. B. Gazelle = Gazelle; Spaten = Spaten. 
Die hieratische Schrift besteht aus abgekiirzten Hieroglyphen. Die 
Volks-Schrift (enchorische , demotische, epistolographische) ist die 
noch mehr zusammengezogene hieratische. 

O s an n iiber d. alteste. Schrift der Aegyptier. Rh.Museuiu. 
1848. Heft 4. p. 579589. 



92 - 

die Ueberschwemmung zum Vorschein kam, konnte den 
Blick auf sich ziehen 9 ?). Aber dafs man diese Thierwelt 
gottlich verehrte , aus der reichen Fulle des Daseins kein 
Objekt fand, welches mehi Eindruck machte und deshalb 
mehr zur Vergotterung aufforderte, dafs man in den 
Thieren eine Macht erkannte, die man uber sich zu stellen 
veranlafst wurde und der man sich deshalb 'imterwarf: dies 



9: ) ,,Ks ist in den Thieren etwas unbekanntes, wir konnten 
sagen geheimnifsvolles vorhanden, das den Wilden veranlassen mufs, 
sie zu verehren. . 

Die Unmoglichkeit sie zu beurtheilen und zu begreifen, eine 
Unmoglichkeit, die wir ubrigens mit ihnen theilen, die wir aber aus 
Gewohnheit nicht mehr wahrnehmen; ihr viel sicherer Naturtrieb, 
als unsre Vernunft; ihre Blicke , die so kraftig und lebhaft aus-' 
drueken, was in ihnen vorgeht; die Verschiedenheit und Seltsamkeit 
ilirer Gestalten; die oft in Staunen setzende Schnelligkeit ihrer Be- 
wegungen; ihr Mitgefiihl mit der Natur, das ihnen die Annaherung 
der naturlichen Erscheinungen yerkiindigt, die der Mensch nicht 
voraussehen kann; endlich die Scheidewand, die der Mangel der 
Sprache auf ewig zwischen ihnen und ilun bildet dies alles macht 
sie zu rathselhaften Wesen. 

So lange er ihnen durch ihre Unteijochung nicht den rathsel- 
haften Zauber genommen hat, so lange theilen sie init ilun Leben 
und Herrschaft, so lahge herrschen sie als seinesgleichen in den 
Waldern.- Sie sprechen ihm Hohn in den hohen Liiften wie in den 
tiefen Wellen; sie besitzen einige seiner Krafte' in einem hoheren 
Grade; sie sind bald seine Sieger, bald seine Beutey und man be- 
greift, dafs, indem er uberall den verborgenen Sitz der nnsichtbaren 
Krafte sucht, er ihn oft im Innern jener Wesen findet, deren Dasein 
ihm durch nichts erklart, und deren Bestimmung ihm durph niclits 
ofFenbart wird. 

Die Verehrung welche der Wilde den Thieren erweist, erstreckt 
_sich sogar noch iiber den Zeitptinkt hinaus, wo er- sie zahmt und 
sich dienstbar macht. Der Besitz eines Hausthieres bringt in seinem 
Leben. eine so grofse Umwalzung hervor, dafs er daruber nur noch 
geneigter wird, diesem neuen Gefahrten seiner Arbeit eine fast 
gottliche Natur beizulegen. (Herder Ideen z. Thil. d. Gesch. I.)" 
Vgl. Benj. Constant d. Relig. p.257sqq. d. Uebers. und Hegel, 
Phil. d. Relig. I, 235 sq. (Beinahe dasselbe mit denslben Worten und 
vielleicht aus Constant entlehnt.) 



93 

setzt eine solctfe Abschwaehung und Zersplitterung, ein 
solches Einseitig-geworden-sein des menschlichen Geistes 
voraus, wie vvir es in den bisherigen Religtonsformen noch 
nicht gefunden haben. Und das ist der eigentliche, wahre 
und letzte Grund der Zoolatrie. 

Ejiese Verwilderung und Gesunkenheit des religiosen 
Bewufstseins offenbart sich auclr nach einer andern Seile 
hin, Schon bei der Astrolatrie bemerkien wir die grofse, 
ausschweifende Sinnliehkeit, die mil ihr verknupft war. 
Aber jene Sinnliehkeit hat fast noch etwas Edles, eih.In- 
karnat von Seele, wenn man sie mil der agyptischen Vollerei 
und Wollust vergleicht 98 ). Man kann sich kaum etwas 
Widerlicheres denken als das verschlammte, bestialische 
Bewufstsein der alien Aegypter. Niichterner Rationalismus, 
Schlauheit, verstandige Berechnung, Mangel an jeglichem 
GefiihJ, welches den Mensehen iiber das Thier erhebt, dies 
sind wie Produkte des Landes und der Religion, so die 
Bestandtheile des agyptischen Charakters. Trotz aller Kultur, 
die niemals einen nothwendigen Zusammenhang mit sitllich 
freier Bildung hat"), steht das agyptische Leben unendlich 
lief. Thieriscly das ist der rechte Ausdruck dafur, derWi- 
derschein der Religion. Es geniigt anzunihren, dafs in dem, 
an einer der Nilmiindungen belegenen , Mendes besonders 
die Ziegenbocke heilig gehalten und verehrt wurden 100 ) 
und dafs fast unglaublich , aber doch sicher die 
Frauen des Mendesischen Nomos sich diesen Bocken preis- 
zugeben pflegten. Und nicht etwa nach Verirrung einzelner 



-98 ) D. aeg-. Frauen waren jjesonders ifruchtbar (s. Citate bei 
Fea zu Winckelmann Gesch. d. Est. Bd. II. Kp. 1. . I. (Werke 
III, 144, not. 1. ed. Eiselein) und hatteri ubermassig grofse Brnste. 
(ibd. . 5). 

") Wie umgekehrt das Christenthum zeigt. 

J0 ") Wesseling ; zn Diodor. I, 84. 



94 

verworfener Individuen, sonderri allgemeineti und religib'sen 
Vorstellungen gemafs 101 ). 

9. Fetischismus. 

De Brosse. Du culte des dieux Fetiches, s. 1. 1760. 
(Peutsch.v. Pistorius. Berlin u. Stralsund 1785. 8.). 
Steger Fetischismus, die Quelle aller Religionen 
(Deutsche Monatsschr. 1790. St. Y1L). Tiedemann 
Ueber den Fetischdienst nnd seine Entstehnng (ebend. 
St. IX.). 

Diese Religionsform hat durch de Brosse ihren Namen 
von dein Portugiesischen Worte fetisso (/fatum) d. h. eine 
bezauberte, gottiiche Sache, ein zauberkraftiges Ding. Sie 
ist vorzugsweise die Religion der afrikanischen Volker, der 
Neger, die, wie sie anderweitig dem Urbilde der Menschheit 
ain unahnliehsten geworden sind, so auch hinsichts der 
Religion am tiefsten stehen. Der Fetischismus zeigt die 
grofsle Beeintrachtigung der urspriinglichen Empfindungs- 
fahigkeit und das Minimum geistiger Ausbildung. Die 
p. 6594 betrachteten Religionsformen hatten doch dufch 
die grofsere oder geringere geistige Entwickelung und 
Erstarkung vermocht zwar nur einzelne Richtungen der 
Natur, aber diese doch einheitiich und zu einer gi'ofsern 
Ganzheit aufzufassen. Selbst in der Astroiatrie und Zoo- 
latrie, wo sich der Geist schon in grb'fserer Zersplitterung 



101 )' Pindar gedenkt dieser namenlosen Entartung in einem 
Fragment bei Strab. XVII. p. 1154 (no. 215 Bckh. 179 Bgk.) sowie 
Herodot II, 46. Und -von den Bewohnern der Bocksstadt Thmdis im 
Delta erzahlt es Clem.. Alexdr. Protr. p. 1% Pott. Creuzer II, 199. 
Vgl. die vielen obsconen Abbildungen. Vornehnie nnd schone Frauen 
wurden .erst drei Tage nach dem Tode balsamiert, tva (*y G( f l * TK ~ 
Qi%evTal ptaycovrai Trjai yvvtxijil. Herod. II, 89. Es warden Heirathen 
vollzogen, die anderwarts f iir Blutschande galten u. s. w. u. s. w. 
Ueber die Entartung der Bewohner von Kanobus s. Fea z. 
Winckelmann Gesch. d. Kst. II, lj 4. 



95 

und an Einzelnheiten des Naturlebens, Gestirne und Thieve, 
verloren zeigte, hatte er doch noch so viel Kraft gehabt, 
wenigstens an diesen bestimniten Einzelnheiten , an dem 
Komplex von Natureinzelnheiten festzuhalten ; abef selbst 
diese geringe Kraft fehlt dem Fetischdiener. Nicht eine 
bestimmte Art oder Gattung von Einzelheiten, eine Totalital 
1st ihm Objekt der gottlichen Yerehrung*, sondern jede 
Einzelnheit, jedes Ding, jede Zufalligkeit des einzelnen Ge- 
genstandes ist hinreiehend, urn ihn eine iiber ihm stehende, 
ihm uberlegene Macht erkennen zu lassen. Die Sonne 
macht nicht mehr Eindruck auf ihn, als unter Umstanden 
ein bunler Flicken; das Gewitter nicht mehr als ein Kno- 
chen, das Bliihen und Keimen der Erde nicht mehr als eine 
Schlange oder ein Lowenschvyanz, ein Stuck Holz, eine 
Muschel, ein Fisch, eine PflanzeV ein Hammel, eine alte 
Flasche. Kurz der erste beste materielle Gegenstand kann 
Fetisch vverden, dem man gottliehe Verehrung erweist, zu 
dem man betet, dem man opfert. Das Ding fur sich ist 
hier Gottheit, andervvarls hochstens Symbol. 

Das Wesentliche hierbei und das, was. dem Fetischismus 
seinen Platz als unterste Stufe der Religion anweist, ist 
dies, dafs der materielle Gegenstand als solcher gottlich 
verehrt wird. Wir finden auch in andern Religionsfprmen 
und besonders auch im Polytheismus eine Heilighaltung von 
Bergen, Baumen, Hainen, Thieren. ^ Aber hier sirid diese 
Objekte nicht an und fiir sich Gegenstande der Verehrung, 
sondern nur, inwiefern sie durch den Glauben init der Gott- 
heit in -Verbindung gesetzt werden und dazu dienen, das 
Gemiith zu bewegen und zur Gottheit empor zu heben. 
Dies ist ein sehr wesentlicher und nicht zu iibersehender 
L[nterschied. Die alien Pelasger zu Dodona verehrten die 
heilige Eiche, aber nur weil sie durch dieselbe reh'gios be- 
wegt wurden, und in dem Rauschen ihrer Blatter die Gott- 



96 

heit wahrnahmen, die zu ihnen sprach. Der Fetischdiener 
verehrt den Baum als solchen gottlich; er glaubt, der Baum 
selbst habe die Kraft, ihm zu helfen, zu ntilzen, zu schaden. 
Geistige Vorstellungen verkniipft er damit nicht. Fetischi- 
stische Elemente begegnen uns freilich in alien Religions- 
formen, d. h. Erscheinungen der Verehrung, bei welchen 
man nicht auseinanderhalt Mitt el und Zweck, das Ding, 
durch das gewirkt wird, und das Ding, welches selbst wirkt. 
Aber dergleichen Erscheinungen sind anderwarts nur ver- 
einzelte Ausnahmen von der Regel, wahrend sie im Feti- 
schismus die Regel ohne Ausnahme bilden. Am meisten 
Verwandtschaft zum Fetischismus zeigen in dieser Beziehung 
die Astrolatrie (durch ihren Steinkult) und noch mehr die 
Zoolatrie 102 ), die ich deshalb auch kurz vor den Fetischis- 
mus gestellt habe. Schon geographisch sind sie dem Feti- 
schismus nahe gelegen. 

Im Fetischismus ist der Geist von der Natur iibervvu- 
chert. Der Geist ist durch die ubermafsige Hitze ausgedorrt, 
entnervt, zerbrockelt; ihm ist die Fahigkeit des Zusammen- 
fassens, die in den andern Religionsformen noch mehr oder 
weniger hervortrat, verloren gegangen; er kann die Natur 
bios noch in ihren einzelnen, zufalligen Existenzen erfassen. 
Welche Schwachung des menschlichen Geistes setzt es vor- 
aus, einem Knochen oder einem Lowenschwanze eine Macht 
zuzuschreiben, welche auf den Menschen bedingenden Einflufs 
ausiiben konnte? Da 1st kein richtiges unyerdorbenes Natur- 
gefiihl mehr ; dies miifste solchen Dingen einen ganz andern 
Platz anweisen. Nein, im Fetischismus ist die urspriingliche 
universelle Empfindungsfahigkeit des Geistes ebenso auf ein 



10J ) Bildeten doch auch die Aegypter schon durch die Farbe 
ihrer Haut einen Uebergang zu den Negern (s. Winckelmann 
Werke HI, 145. Gesch._d. Kst. II, 1, 3), wie sie gleichfalls eingebo- 
gene Nasen hatten (ibid. . 5). 



97 

/ 

Minimum reduziert, als er selbst in seiner Entwickelung fast 
um Nichls vorgeschritten ist. An Empfindung sind die 
Fetischdiener. Kinder ge worden, an geisliger Ausbildung sind 
sie Kinder geblieben. 

Wir sahen in 'der AstroJatrie und Zoolatrie die.Sinn- 
lichkeit in entsprechehdem Verhaltnifs zu der Abstumpfung 
des Gefiihls stehen. Wenn dies richtig bemprkt ist, so mufs 
die sinnliche Enta'rtung unter den Negern, als den Anhan- 
gern einer Religionsform, in der sich die grofste Beein- 
trachtigung des Gefiihls kundgiebt, auch am grofsten sein. 
Und so ist es auch. Ich will nicht darauf aufmerksani 
maehen, dafs von Liebe der Eltern zu den Kindern oder 
der Kinder zu den Eltern, von Treue und Vertrauen bei 
ihnen keine Rede ist; wohl aber ist hervorzuheben, dafs 
unter den Negern bei Heirathen keinerlei Art von VerwandU 
schaft berucksichtigtwird, selbst nicht zwischen Sohn und 
Mutter, Bruder und Schwester, Vater und Tochter etc. 
Kein Neger soil eine Nacht sine concubitu zubringen kon- 
nen 103 ). 

Genug dieser Scheufslichkeiten. Wir sind in die Tiefen 
gestiegen, bis zu denen der Mensch herabgesunken ist; .ei> 
heben wir uns nunmehr wieder auf das Niveau derMensch- 
heit, welches uns dieselbe sich selbst getreuer und ihrer 
Gottahnlichkeit naher z*eigt. 

10. Schlufs. 

Es lassen sich noch andere Formen denken, z.-B. Den-- 
drolatrie, Orolalrie, Pyrolatrie u. s. w. Jedoch sind diese 
nicht in grofserem Umfange als besondere Religionen zur 

1Q3 ) ,,Sie konnen' nicht erro then, nicht sich schamen." ,,So- 
gar die Negerin verbarg", dafs ,,die Nacht sich in ihre Glieder 
gegossen.hatV und dafs ,,ihr Haar eine Finsternifs ist, dieanf Fin- 
sternifs rnht." Andersen, eines Dichters Bazar Thl.- Ill, 11. 

Lauer Griech. Mythologie. 7 



98 

Erscheinung gekommen, sohdern linden sich nur als Theile 
der vorhin behandelten. 

Der Gang, welchen ich in der Darstellung der ver- 
schiedenen Religionsfonnen bei ihrer Entwickelurig aus dem 
Urzustande des religiosen Bewufslseins genommen habe, 1st 
demjenigen grade entgegengesetzt, den man bisher hierbei 
befolgt hat. Fur gewohnlich wird der Fetischismus als 
Anfangsstufe in der religiosen Entwickelung belrachtet 10 *) 
und der Polytheismus als die hochste und letzte. Ich habe 
mil dieser Ansicht das gemein, dafs auch ich den Fetischis- 
mus als unterste, niedrigste, den Polytheismus als 
hochste, vollkbmmensle heidnische Religionsform be- 
trachte. Aber ich unterscheide mich von ihr dadurch, dafs 
ich den Fetischismus nicht als erste, sondern als letzte 
Stufe ansehe. Die Grttnde fur diese meine Ansicht 



104 ) Aiich halte ich den Zustand der Wildheit nicht fiir denje- 
liigen, in welchem sich das menschliche GescMecht bei seiner Ent- 
stehung befunden habe; ich setze mich nicht an die Wiege der Welt, 
ich will nicht bestimmen, wie die Religion begonnen hat, sondern 
nur, auf welcne Weise sie, /wenn sie sich in dem rohesten Zustande 
betindet, der nur gedacht werden kann, aus einem solchen Zustande 
sich erhebt und aUmahlig zu reinern Begriffen gelangt. Ich behaupte 
keineswegs, dafs dieser rohe Zustand der erste gewesen sei; ich 
habe nichts dagegen, dafs man ihn fur eine Verschlimmerung , eine 
Herabvriirdigung, einen Fall halte. Benj. Constant. De la Religion 
Liv. I, chap. 8. 

Reinhard a. a. O. p. 9 sqq. Derselbe meint p. 8 ,,dafs 
der Mensch , wie in allem , was zur Menschenkultur gehort> 
so auch in Rucksicht seiner religiosen Ween von unten beginnt, und 
nor allmahlig, sowie er sich selbst veredelt und bildet, zu wiirdige- 
ren Begriffen von der Gottheit fortschreitet." Aber die Religion 
gehort nicht zur Kultur, beruht nicht auf Ideen, sondern auf Vor- 
stellungen, nicht auf dem Verstande, sondern auf dem Gefiihl. 
Bottiger KM. I, 5 sq. (neben Gestirn- u. Feuerdienst). Vgl. Her- 
mann Gottesd. Alterth. .2,2.. 

Andre setzen Astrolatrie als erste Religionsform; t. B. Euseb. 
P. E, I, 6. Ill, 2. Y, 3. I, 9. Arabische Sclmfts teller Ibn Hazn> 



99 

habe ich zum Theil schon in friihern Auseinandersetzungen 
dargelegt, fiige hier indessen noch folgende hinzu. 

1. Wenn die Menschheit einen Anfang gehabt hat, 
woran nicht zu zweifeln, so mufs der Mensch in diesem 
Anfange wahrhafter, ganzer Mensch gewesen sein, alles in 
sich getragen haben, was dem Mensch en als solchem zu- 
kommt. Keine Kenntnifs,. keine tiefe Wissenschaft, keine 
wahre Religion, wie Viele und darunter sehr vernunftige 
Manner geglaubt haben; wohl aber ein unverkummertes 
Gefiihl 'fur die Natur und alle menschlichen Regungen. 
Der Verstand fangt allerdings von unten an, nicht aber da8 
Gefiihl, auf deoi doch die Religion beruht. Wir diirfen also 
keinen Zustand, in welchem sich, wie bei dem Fetischdiener, 
eine Verkummerung des Gefiihls offenbart, als den urspriing- 
lichen, sondern nur als einen sekundaren setzen. Sollten 
aber die Menschen nicht von Einem Paare abstammen, son- 
dern, zwar gleichartig, aber doch an verschiedenen Stellen 
der Erde entstanden sein, so folgt daraus npch weit mehr, 
dafs der Zustand des Fetischdieners nicht benutzt werden 
darf, um eine Analogic fiir den Urzustand der kaukasischen 
Race abzugeben. 

2. Der geislige Zustand der Fetischdiener ist uns nur 
der relativ letzte, ein empirischer. Niemand biirgt dafur^ 
dafs es nicht Stamme giebt in einena Zustande, in wel- 
chem der Mensch gar keine Religion o der eine noch unter 



Mohamed Abi Taleb u. Scharistani. A, van Dale de orig. etprogr. 
idol. I, 1 p. 14. Jac. Basnage Antiquites Judaiques Tom. II. cp.2. 
p. 391. Humph. Pride aux history of the Jews. Tom. I. London 
1717. fol. (Deutsch v. A. Tittel. Dresden 1721. 4). cf. De la Roche 
Bibl. Angloise. Tom. I. P. 1. p. 12 sq. . 

Badde hist. Yet. Test. Per. I. Sect. 1. p. 242. UschoidVor- 
halle zur griechischen Gesch. u. Mythol. Stuttg. u. Tubing. 1838 sq. 
II Bde. Ihm folgt Vater, Verhattnifs der Linguistik zur Mythol. u. 
Arehaologie. Kasan 1846. 

7* 



100 

; Fetischismus stehende hat. Als relativ und empirisch, 
kann daher dieser Zustand nicht zum Ausgangspunkte einer 
wissenschaftlichen DarsteUung gemacht werden. Diese mufs 
auf Prinzipien, nicht auf Empiric ruhen. An der Hand der 
Empiric aber und durch Spekulation kommen wir dazu, 
von dem Urzustande des menschlichen Geschlechts die Vor- 
stellimg zu gewinnen, die ich p. 29 45 erortert habe. 

3. Die Sprache vieler Stamtne, welche dem Fetischis- 
naus ergeben sind, und die man geneigt ist in ihrem jetzigen 
Zustande als Bilder des primitiven Zustandes der Menschheit 
zu betrachten, lehrt, dafs jene Sta'mme nur verwildert, ver- 
kommene Triimmer aus den Schiffbriichen eines friiher unter 
ihrien vorhandenen hoheren Lebens sind 105 ). 



Drittes Kapitel. 

Von den Mythen oder der materiellen Erscheinung der 

heidnischen Religion. 



Baur. I, 27 68. Q. Miiller Prolegg. zu ein. wiss. 
Mythol. Getting. 1825. 8. J. F. L. George Mythus und 
Sage. Berlin 1837. 8. 

1. B egriff des Mythos. 

O. Miiller p. 59. George p. 98 sq. Creuzer IV, 

520 sqq. 
Sage: Lauer Gesch. d. horn. Poesie. Zweites Buch p. 131 sqq. 

(Litterarischer Nachlafs v. J, F. Laner I. Berlin 1851, 

herausgegeben von Th. Beccard u. M. Hertz). 
MarchenK Huch-Aesopus oder Versuch fiber den Unterschied zwi- 
Fabel )' sclien Fabel und Marclien. Wittenb. 1769, 8. 



10B ) Humboldt. Kosmos Bd. II, 147. 



101 

Der Begriff, der mit einem Worle verbunden ist, ist 
entweder nothwendig da mit verbunden , also ein unmit- 
telbarer, wo das Wort selbst zugleich sein ganzer Inhalt ist 
(z. B. ,,Sage" gleich was ,,gesagt wird"), oder willkuhrlich, 
also zufallig (z. B. ,,Pietismus" hat bei uns einen andern 
BegrifF, als den das Wort selbst voraussetzen lafst: ,,Mahre" 
gleich ,,schlechtes Pferd"). In der Regel pflegt bei wissen- 
schaftlichen Terminis beides vereinigt zu sein. Sie haben 
den BegrifF, der ihnen ihrem Ursprunge nach, also wesent- 
lich, nothwendig zukommt, modificiert durch den usus, 
indem der urspriingliche Begriff durch Ableitung erweitert 
oder naher bestitnmt ist. So ist es auch mit dem Begriffe 
des Mythos. Urspriinglich bezeichnet dies Wort ([tv&os) 
jede Rede, Erzahlung, ohne Riicksicht auf Wahrheit 
oder Erdichtung des Inhaltes. So stets bei Homer. Spater 
ward (.tvd-os fiir erdichtete Erzahlung gebraucht oder viei- 
mehr fiir eine Erzahlung, die nicht in den Bereich der 
wirklichen, pragmatischen Geschichte gehprt 106 ). Daher 
sagt 0. Miiller 107 ) ganz recht: ,,Was die Griechischen 
Gelehrten nv&ovg nannten und in Sammlungen, wie Apol- 
lodor's Bibliothek, Dionysios xvxhos itv&ixog, als einen 
gleichartigen StofF behandelteri, besteht in einer Masse von 
Erzahlungen von Handlungen und Schicksaleri per- 
sonlicher Einzelwesen, welche nach ihrem Zu- 
sammenhange und ihrer Verflechtung insgesammt 
eine friihere, von der eigentlichen Geschichte 
Griechenlands ziemlich genau getrennte,.Zeit be- 
treffen." 

Bei uns ist der BegrifF des IIV&QS nicht mehr so weit. 
Wir haben seinen ursprunglichen Umfang so getheilt', dafs 



10B ) Vgl. Creuzer a. a. O. Ge o rge a. a.O. 
107 J a. a. O. 



102 

wir im Allgemeinen Mythos diejenige wunderbare Erzah- 
lung nennen, dereh Mittelpunkt die Gottheit 1st, Sage die- 
jenige, deren Mittelpunkt ein in irgend einer Weise hervor- 
ragender, bemerkenswerther Mensch ist, in historischen Thaten 
oder Lokalen auftreterid. Den Gottern gehb'rt der Mythos, 
den Menschen die Sage. (Das March en ist eine Sage mit 
nicht bestimmlen Personen und Lokalen, in den Kreisen des 
individuellen Lebens sich bevvegend.) 108 ) 

Diese Definition des Mythos ist nur eine aufserliche, 
formelle. Der innerliche wesentliche Begriff, den wir mit 
dem Worte Mythos verkniipfen, ist der, dafs wir unter 
Mythos das Dogma der heidnischen Religion ver- 
stehen. Mythos ist eine Erzahlung, durch welche und in 
welcher das geglaubte Wesen der Gottheit manifestiert und 
erkannt wird. Er unterscheidet sich demnach vom christ- 
lichen Dogma dadurch, dafs er in concreto darstellt, was 
dieses in abstracto, als Glaubenssatz ausspricht. Das for- 
mell- wesentliche am Mythos ist somit, dafs er Erzahlung 
sei; das materiell- wesentliche, dafs er das Wesen, den 
Charakter der Gottheit, wie ihn sich das Subjekt vor- 
stellt, sichtbar werden lasse. Er ist Gehalt, Inhalt des 
reUgiosen Objekts. Dies hat an sich keinen, sondern ge^ 
winnt ihn nur durch die Vorstellung des Subjekts von ihm. 
Deshalb ist der Mythos die materielle, substantielle Erschei- 
nung der heidnischen Religion. 

2. Ursprung des Mythos, 

Von dem Ursprunge des Mythos haben die Meisten gar 
keine, Viele sehr unrichtige Vorstellungen. Wir wollen 
versuchen, uns den Ursprung der Mythen aus Dem klar zu 
machen, was wir im ersten Kapitel iiber den Ursprung 



108 



') S. Huch-Aesopus a. a. O. 



103 

der Religion mil einander erortert haben. Wir haben dort 
gesehen, dafs die Religion ihren Ursprung habe in der Wir- 
kung einer objektiven Macht, der Natur oder des Menschen- 
geistes, auf den Menschen. Von dieser Wirkung, diesem 
Eindrucke des Objektes auf das Subjekt miissen wir bei 
Erorterung des Ursprunges?der Mythen ausgehen. 

Der Eindruck, welchen das Subjekt vom Objekt erfahrt, 
ist eine Empirie des Gefiihts, nicht der Erkenntnifs. Das 
Objekt regt das Gefiihl, nicht den Verstand an, und kann 
daher weiter in dem Subjekt nur die Phantasie, die vor- 
stellende Thiitigkeit, nicht das Denken, die begreifende 
Thatigkeit anregen 109 ). Die Vorstellung erwachst unmittel- 
bar aus dem Gefiihl. Das Gefuhls- oder Empfindungsver- 
mogen des Menschen ist wie ein Spiegel, in welchen das 
Objekt fallt und aus welchem es als ein Bild die Vorstellung 
reflektiert. Dieser Reflex des Objekts aus dem Subjekt ist 
der Mythos. Er ist die Vorstellung des Subjekts vom Ob- 
jekt. Diese Vorstellung ist eine nothwendige, durch nichts 
vermittelte, eine unmittelbare. 

Diese Vorstellung aber wurde voriibergehen rait dem 
Eindrucke, wenn dieser selbst ein unbedeutender, voruber- 
gehender, oder wenn das Objekt kein dauerndes fiir das 
Subjekt ware. Sie fixiert sich aber im entgegengesetzten 
Falle, weil wiederholte Eindrucke oder tiefe einen Eindruck 
in der Seele zuriicklassen. Auf der andern Seite kommt 
dem das Subjekt selbst entgegen, indem es von Natur so 
geartet ist, dafs es angenehme und unangenehme, freudige 
und schmerzliche, aufrichtende und schreckliche Empfin- 
dungen, wenn sie tief waren, in gleichem Mafse festzuhalten 



109 ) Dies urn so weniger, als in jenen Zeiten, in die der Ursprung 
des Mythos zu verlegen ist, das Denkvermogen ganz gegen daa Em- 
pfindungsvermogen zuruckstand und noch ganz unentwickelt war. 



104 

pflegt. Alles wird in der Erinnerung angenehm, Gutes wie 
Boses. Dieses Bestreben, das Seelenleben vor sich festzu- 
halten, das innedich Empfundene zu objektivieren, die 
Empfindung an und in ihrer Objektivierung zu fixieren, sie 
selbst aus ihrer Verkorperung wieder zu verinnerlichen, hat 
auch den Mythos erzeugt. In Sim wird der Eindruck des 
religiosen Objekts auf das Subjekt dargestellt und aus seiner 
Anschauung der Eindruck auf das Subjekt wiedergewonnen. 
Er ist der Ausdruek des Eindrucks und dient dem Subjekt 
sowohl um die innern Empfindungen durch ihn auszuspre- 
chen und an ihm darzustellen , als auch um dieselben Em- 
pfindungen wieder in dem Subjekte hervorzurufen. Dei- 
Myth os theilt diese Eigenschaften mit dem Symbol. Auch 
das Symbol ist dazu bestimmt, ein Innerliches festzuhalten 
und der Erinnerung wieder zuzufiihren 110 ). Davon heifst 
es eben av^po^ov, das ist Verbindungszeichen (in welchem 
ein. Innerliches mit einem Aeufserlichen verkniipft ist), Er- 
kennungszeichen (in welchem Aeufserlichen ich das Inner- 
liche wiedererkenne, durch welches ich an das Inneiiiche 
erinnert werde) lil ). 

Der Unterschied aber zwischen Symbol und Mythos 
besteht darin, dafs das Symbol nicht ein Innerliches des 
Subjekts, sondern des Objekls, nicht eine Empfindung, son- 
dern eine Eigenschaft festhalten und an diese erinnern soil. 
Das Symbol ist fur das Auge, der Mythos fiir das Ohr; 
das Symbol ist ein Gegenstand, ein aufseres Zeichen, der 
Mythos ein Gesprochenes, Gesagtes m ). 



110 ) Vom Symbol unterscheidet sich wieder die Reliquie dadurch, 
dafs diese nicht ein tnnerliches, sondern ein Aeufserliches festhalten 
und an dieses erinnern will. . 

11 ) S. Greuzer Symbol. IV, 503 517. 

I1? ) Dies eben bezeichnete Wesen des Symbols bescheinigt am 
besten der agyptische Apis, der Sfier, Symbol des Osiris und als 



105 

Von dem Symbol unterscheidet sich wieder die Alle- 
gorie dadurch, ,,dafs im Symbol sich als vollig mit einander 
verwachsen Form und Inhalt unzertrennbar durchdringen; 
in; der Allegoric dagegen umhiillt sich nur irgend ein, an 
und fur sich selbst im Bewufstsein schon in ganz anderer 
Form bestehender Gedanke mit sinnbildlichen .Zeichen in 
sojcher Art, dafs das sinnbildliche Zeichen selbst . ein fur 
sich Bestehendes und als solches sinn- und gedankenlos ist, 
und nur Sinn und Bedeutung gewinnt durch die Beziehung, 
die demselben im betrachtenden Bewufstsein auf ein Anderes, 
als es selbst ist, in eigner Form der Vorstellung Bestehendes 
gegeben wird" 113 ). Die Allegorie wird mil Reflexion, das 
Symbol durch Anschauung begriffen. Wahrend also der 
Myth os fur den Sinn des Ohres, das Symbol fiir den 
Sinn des Auges, beide also fur die Sinne sind und deshalb 
ihren Inhalt zugleich und wesentlich mit ihrer Form haben 
miissen, 1st die Allegorie fiir den Verstand und erhalt 
ihren Inhalt, den sie an und fiir sich nicht hat, erst durch 
die reflektierende Betrachtung. 

Das Gotterbild vereinigt Mythos und Symbol; wie 
jener zunachst die Vorstellung des Subjekts, das Symbol die 
Eigenschaft des Objekts fixieren vvill, so das Gotterbild Vor- 
stellung und Eigenschaft. In ihm durchdringen sich Mythos 
und Symbol. Esist nicht so korperlos als der Mythos, nicht 
so formlos als das Symbol. 



Osiris selbst genommen. Zeugerische Kraft. Deshalb wnrde er, 
wenn er 25 Jahr alt und bis dahin nicht gestorben war, getodtet, 
weil er bei so hohem Alter aufhorte das zu sein , was er sollte : 
Symbol der befruchtenden , zeugerischen Kraft. Creuzer. Com- 
ment. Herod, p. I. p. 144 sq. 

" 3 ) Stuhr a. a. O. I. p. LIT. Vgl. Creuzer a. a. O. IV, 539 sqq. 
O. M filler Kl. Schr. II, 62 sq.-' 



106 

Um zum Mythos zuriickzukehren 1st er also eine un- 
mittelbar und ndthwendig aus dem Eindrucke des Objekts 
auf das Siibjekt hervorgehende Vorstellung, fixiert durch 
das Wort. Sie hat ihren Ursprung in dem Eindrucke des 
Objekts auf das Subjekt. Das Objekt ruft . gleichsam in die 
Seelenschluchten des Subjekts hinein, dafs als Echo der 
Mythos daraus hervorgeht. 

Wenn somit der Mythos seinen objektiven Ursprung in 
dem Einflufs des religiosen Objekts hat, so kann er begreif- 
licherweise auch aus dem Symbol hervorgehen, welches, 
wie wir gesehen haben, ja moglichst dieselben Eigenschaflen 
hat, die dem Objekt zukommen, von dem es Symbol ist. 
Das Symbol wird einen analogen Eindruck auf das Subjekt 
machen und folglich auch analoge Vorstellungen erzeugen 
miissen. . 

Dies sind die beiden Hauptursachen fiir den Mythos. 
Andere, weniger bedeutende, iibergehe ich hier. 

3. Form des Mythos. 

1. Erzahlung. Schon mit dem, was ich p. 101 sq. 
bemerkt habe, ist gesagt und angedeutet worden, dafs 
die Form des Mythos die erzahlende sei, der Mythos 
also Erzahlung im engern Sinne. Es liefse sich wohl den- 
ken, dafs an und fiir sich die Empfindung als solche d. h. 
lyrisch ausgesprochen ware, und es ist auch nicht zu zwei- 
feln, dafs sie neben der Darstellung im Mythos, episch, auch 
lyrisch, in Liedern sei ausgesprochen worden. Indefs kann 
dies doch nur sehr beschrankt zugestanden werden. Die 
Empfindung wurde ja nicht, um tnich so auszudriicken , als 
reine Empfindung empfunden, und deshalb auch nicht als 
solche festgehalten. Vielmehr, da umnittelbar die Empfin- 
dung eine Vorstellung erweckte, zur Vorsteilung sich ge- 



107 

staltete, so mufs auch ihr Ausdruck ein dem entsprechender, 
d. h. ein epischer, es mufs der Mythos Erzahlung gewesen 
sein. Das lyrische Element und die mil ihm wahlver- 
wandte Miisik fand semen Plata im Kultus, wo es haupt- 
sachlich darauf ankam, die Empfindung, nicht festzuhalten, 
sondern anzuregen und zu wecken. Dazu bediente man 
sich denn auch der Lokalitat, welche dem Wesen der Gott- 
heit entsprechend gewahlt war, prachtvoller Aufziige, Rau- 
cherwerks u. s. w., dessen Belrachtung hier nicht hergehort. 
Das Wesen des Mythos beruht viel mehr auf dem Festhalten, 
als auf dem Erwecken der Empfindung, obgleich er das 
Jetztere allerdings auch vermochte. 

2. Personen. Betrachten wir die Form, in der dies 
Festhalten der Empfindung geschah, die Form der Vorstel- 
lung des Subjekts vom Objekt, die Form des Mythos genauer, 
so ist diese Form bedingt sowohl durch das Objekt als durch 
das Subjekt. Der Mythos mufs Correlat von beiden sein. 
Als Hauptpunkt ist hier hervorzuheben, dafs, weil das Sub- 
jekt eine menschliche Personlichkeit, eine geistige Wesenheit 
ist, die aus ihm reflektierte Vorstellung auch nur eine ent- 
sprechende sein kann. Der Empfindungsstrahl, der vom 
Objekt in den Krystall der Seele fallt, nimmt die Farbung 
des Mediums an, durch das er geht. Die Vorstellung, die 
das Subjekt sich vom Objekt macht, indecn es dazu von 
ihm erregt wird, kann daher auch bei einem Subjekt, wel- 
ches wahrhaft Mensch ist, keine andere sein, als die Vor- 
stellung einer menschlich gearteten, aber iiber dem Menschen 
stehenden Personlichkeit, einer . geistigen Wesenheit. Indem 
das Gemuth durch empfindungsvolle Anschauung des Him- 
mels diesen gleichsam in sich aufnahm, gestaltete sich der 
Himmel im Innern der Seele zu einer Personlichkeit, welche 
dem Objekt durch den Charakter, dem Subjekt durch ihre 



108 

Gestalt entsprach. Der Charakter der Wirkung, der Em- 
pfindung, wurde Charakter der Ursache, des Objekts, und 
zwar des zu einer Persb'nlichkeit umgestalteten, concentrier- 
ten Objekts. Wenn der Mensch von den Eindriicken des 
Mondes beriihrt wurde, so erzeugten dieselben in ihra die 
Vorstellung einer geistigen Wesenheit, der er eiiien Cha- 
rakter beilegen mufste, welcher rait den Wirkungen har- 
monierte, die das Objekt hervorgebracht hatte. Oder um 
ein anderes Beispiel zu wahlen: wenn der Mensch von der 
Gewitterwolke beriihrt wurde, so veranlafste ihn die gewal- 
tige Macht, welche sich ihm im Gewitter kundthat, die so 
schrecklich krachen liefs, so mil Feuer um sich warf, zu 
der Vorstellung einer unsichtbaren geistigen Person, von 
der alles dies ausging, das in der Wolke wirkte. Wo 
das Subjekt thierische Farbung hat, wird das Objekt in der 
Vorstellung Thiergestalt annehmen, wie bei den Aegyptern; 
hat das Subjekt sein Gefiihl eingebiifst und sich unter das Niveau 
freier personlicher Menschheit verloren, wie bei denFetischdie- 
nern, so wird das Objekt gar keine Vorstellung erzeugen, son- 
dern als reines Objekt in seiner wirklichen realen Form erfefst 
werden 114 ). Bei allem diesen ist vorweg vorausgesetzt, dafs 
der Mensch Ursache und Wirkung, Bewegendes und Bewegtes, 
Geist und Materie uriterscheide. Ich will es hier mit dem 
Gesagten bewenden lassen und nicht naher die vielbehan- 
delte Frage erortern, wie der Mensch zur Vorstellung der 
Geistigkeit iiberhaupt komme und dazu gelange, statt der 



114 ) Vgl. Xenophanes bei Clem. Alxdr. Strom. V. p. 601 c: ,,wenn 
die Ochsen und die Lowen Hande hatten, um damit zu malen und 
Werke auszufuhren, wie die Menschen, so wiirden sie auch die Ge- 
stalten und Korper der Gotter ebenso malen , wie sie selbst yon 
Korper beschaffen sind, die Pferde gteich Pferden, die Ochsen gleich 
Ochsen." 



109 

unmittelbaren Objekte selbst eine. hinter ihnen stehende gei- 
stige Wesenheit anzunehmen und sich vorzustelien 115 ). 

3. Handlungen. Wenn nun so dem Menschen die 
objektive Macht zu einer Personlichkeit wird, so konnen 
ihm auch die Wirkungen dieser Macht, die objektiven Ma- 
nifestationen nur zu Handlungen dieser Personlichkeit wer- 
den. Und damit ist die eigentliche Form des Mythos 
vollendet. Er ist die aus der Empfindung hervorgegangene 
und ausgesprochene Vorstellung des Subjekts, welches die 
objektive Macht unter die Form einer menschlich gearteten 
Person und ihre Aeufserungen unter die Form von Hand- 
lungen eines nach mensehlichen Motiven wirkenden geistigen 
Wesens fafsl. 

4. Abstammungsverhaltnifs. Die Folgen einer 
Kraft wird das Subjekt nur als den Ausflufs/ als Erzeugnifs, 
als Kind derselben sich vorstellen, und umgekehrt die Ur- 
sache als den Erzeuger; z. B. die Wolke entweder als Kind 
des Himmels oder des Wassers ; die Erde als Erzeuger aller 
Keime, des Friihlings; das Feuer als Kind des Himmels 
oder der Erde; den Friihling als Kind der Erde oder der 
Sonrie; die Nacht als Erzeuger der Sonne, des Mondes, 
der Ge.stir.ne u. s. w. Damit ist noch nicht nothwendig 
das Geschlecht gegeben (vgl. Gott Christus. Zeus 
Athene. Hera Hephaistos). Es sind diese Vorstellungen, 
ich wiederhole es nochmals, nicht Resultate irgend welcher 
Reflexion, sondern der unmittelbaren Anschauung und der 



"") Vgl. B. Constant, la Religion Liy. II. ch.3 (Bd.I. p.2TOsqq. 
d. d. Uebers.) Traum. Atheni. Luft (Doddna). Tod. Gespenster- 
furcht etc. "Wenn ubrigens B._ Constant von den beiden Wahrneh- 
mungen, der Ruhe und der Bewegung ausgeht^nnd davon, dafs den 
Wilden die Ursache der Bewegung niemals sichtbar ist: so kann 
daraus kein Abschlufs auf Geistigkeit gemacht werden, da die Ursache 
der Bewegung ja immanent sein kann. 



110 

durch sie gewirkten Empfindung. Am besten kann man 
sich dies klar machen, wenn man yersucht, sich dadurch 
auf einen mythischen Standpunkt zu versetzen, dafs man 
das Objekt sich selbst personlich und gegeniiber denkt und 
es anredel. Nehmen wir das Lied von Goethe ,,An Luna": 

Sclvwester von dem ersten Licht, 
Bild der Zartlichkeit in Trauef! 
Nebel schwillt mit Silberschauer 
Um dein reizendes Gesicht. 

Deines leisen Fusses Lauf 
Weckt aus tagverschlofsnen Hoien 
Traurig abgeschiedne Seelen, 
Mich, und nacht'ge Vogel auf. 

Hier haben wir eine dureh und durch mythische Vorstellung, 
die aber weder aus Reflexion hervorgegangen ist, noch 
durch Reflexion verstanden wird. Die Anschauung des 
Mondes in stiller, schauerlicher Nacht hat in der Seele des 
Dichters Empfindungen erzeugt, welche von der Phantasie 
zu dem Bilde gestaltet sind, das uns in dem Gedichte ge- 
geben wird. Wir verstehen dies Bild gleichfalls unmittelbar, 
durch geistige Anschauung und Nachempfindung der ihm 
zu Grande liegenden Seelenbewegungen. Grade nun eine 
solche, die Empfindung dichterisch-gestaltende, Phantasie ist 
es, die uberall die Mythen erzeugt hat. Die Mythen sind 
die grofsartigsten poetischen Bilder. 

5. Sexus deorum. Eine andere Frage, die gleich- 
falls die formelle Seite der Mythen betrifft, ist die, unter 
welcher Form die Personlichkeit vorgestellt werde : ob als 
Mann oder Weib. Dies mufste natiirlich in den einzelnen 
Fallen von dem Charakter des Eindruckes abhangen, den 
das Objekt auf das Subjekt machte. Hatte ein unddasselbe 
Objekt in seinen Einfliissen beide Chafaktere, so geschah 
es wohl, dafs die Vorstellung von ihm eine hermaphrodi- 
tische war, die wiederum eine doppelte sein konnte: es wog 



Ill 

entweder das Ma'nnliche oder das Weibliehe vor. Es lafst 
sich in Bezug auf das einzelne Naturobjekt daruber nichts 
Bestimmles sagen; z. B. der Sonne und die Sonne. Im 
Allgemeinen kann man sagen, dais die weiblicjien GotU 
heiten, da sie vorzugsweise aus dem Ackerbauleben zu 
stammen scheinen (s. p. 59 not. 43), die jungern, die altern 
dagegen mannliche sind. 

6. Potenziertes Menschenleben. Die Vorstel- 
lung von den Gottern lafst diese sich in einem Leben be- 
wegen, weLches dem menschlichen zwar analog, aber poten- 
ziert ist. Die Goiter haben in der mythischen Vprstellung 
so ziemlich alle Bediirfnisse der Menschen. Aber es ist 
alles grofsartiger, erhabener, gewaltiger, besser, schoner, 
reicher, kurz alles in einem hoheren Grade bei ihnen; na- 
tiirlich in Bezug auf Bediirftigkeit in geringerem Grade* 
Sie wtirden ja im entgegengesetzten Falle hicht die Eigen- 
schaften haben, vermoge deren aliein sie Gegenstand der 
Religion sind. Das Heroenleben ist zwar auch in gewisser 
Weise potenziertes Menschenleben, aber mit dem Unter- 
schiede, dafs das Heroenleben fur alle Menschen mehr oder 
weniger die . Moglichkeit des Erreichens hat, nicht so das 
Gotterleben. Obgleieh sich auch in der Mythologie an ein- 
zelnen Beispielen der Wunsch, das Gotterleben zu erreichen, 
in dem thatsachlichen Glauben ausspricht, dafs es wirkh'ch 
von Einzelnen erreicht (Herakles) oder Einzelnen zugetheilt 
sei (Tantalos), so war doch in der guten Zeit der griechischen 
Religion eine Kluft zwischen Menschen und Gottern, welche 
fiir die Menschen unubersteiglich war. Der Gang, den in 
dieser Beziehung die Vorstellung himmt, ist dieser: 

Gotter Goiter Menschen 

Hero en Gott.-Mensch. Gottermensch. 

' Menschen Menschen Gotter 

pelasg.W. homer. W. hellen. W. Apotheose. Untergang. 



112. 

Dieser Gang hangt genau zusanmien mil den Entwik-: 
kelungsphasen des Subjekts; Seine Gotter sinken in dem- 
selben Grade, als es selbst steigl (vgl. p. 26 sq.). Daher im 
Verlaufe der Zeit die immer grofsere Ausbildung und das 
scharfere - Heryortreten des Schicksals. 

7. Wunder. Dafs der Mythos nicht ohne "Wunder 
bestehen konne, ist etwas, das sich aus dem Begriffe der 
Religion schon von selbst ergiebt. Der Mythos als persb'n- 
lich-gestaltetes Abbild des Objekts mufs diesem entsprechen; 
folglich, \veil das Objekt als ein uber dem Menschen ste- 
hendes empfunden und geglaubt wird, mufs auch der Mythos 
die Person iibermenschlich darstellen. Dies kann auf zwie- 
fache Weise geschehen: 1) man konnte die Personen des 
Mythos mit iibermenschlichem Kb'rper ausstatten, also: 
a) riesig an Grofse. Davon Beispiele in alien Mythologien. 
(Ares im Homer); /?) sublimiert, mit verklartem Leibe (Aphro- 
dite's IXGJQ)', y] unsterblich (Nektar und Ambrosia) 2) mil 
iibermenschlichem Geiste : a) an Kraft (Schb'pfung, Erhal- 
tungetc.); @) an Intelligenz ; y) an Sittlichkeit, welcher Punkt 
jedoch der schwachste ist. Der iibermenschliche Geist ist 
die Hauptsache, kann daher nie fehlen; wohl aber der 
iibermenschliche Kb'rper, da es auch Zwerggotter giebt. 
Die griechischen Gotter sind keine Riesen, obwohl sie freir 
lich alle mit etwas iibermenschlicher Grofse dargestellt zu 
sein pflegen; es mufs auch der Korper schon die Erhaben- 
heit iiber den Menschen andeuten. Absolut braucht die 
Macht der Gotter nicht zu sein, wie ich~ schon friiher 
(p. 29.) bemerkt habe. 

4. Inhalt des Mythos. 

Die Frage nach dem Inhalte des Mythos ist gleich mit 
der nach der Bedeutung des Mythos, jener Frage, die von 
jeher, so lange man sich mit Mythologie beschaftigt hat, 



113 

Gegenstand so vieler Debatten gewesen und auf die ver- 
schiedenste Weise beantwortetist. Wenn es mir gelungen ist, 
in den bisherigen Auseinandersetzungen sowohl den Ursprung 
der Mythologie als den der Mythen klar zu machen, so ist 
damit auch schon implicite festgestellt, was der Inhalt des 
Mythos sein miisse. Zunaehst ganz allgeniein gefafst ist 
also der Mythos der Ausdruck der inythischen VorsteDung, 
welche aus der Empfindung hervorging, die das Objekt im 
Subjekt erregte. Der Inhalt des Mythos kann daher nichts 
weiter sein ais der Inhalt der mythischen Vorstellung, d. b. 
die religiose Empfindung. Der Inhalt des bestimmten, ein- 
zelnen Mythos ist die specifische Empfindung eines bestimm- 
ten Objektes. Z. B, Apoll ist die Persb'nlichkeit, welche 
aus der religib'sen Empfindung des Objekts ,,Sonne" in der 
Vorstellung des Griechen sieh bildete ; der Inhalt des Mythos 
fiber die Ruckkehr von den Hyperboreern ist nur die spe- 
cifisehe Empfindung, welche die Sonne in irgend einem 
besondern Verhaltnifs in deni Menschen hervorbrachte, d. h. 
die Sonne im Friihling.; 

Hieraus folgt nun zweierlei: 1) dafs die Ansicht der- 
jenigen ganz irrig ist, welche philosophische Satze, Begriffe, 
Abstraktionen fiir den Inhalt der Mythen erklaren (intellek- 
tuelle Deutung; s. unten b, fi, /?/?), den sie dann auch, mit 
Unterscheidung esoterischer und exoterischer Lehren, aus 
einer uralten Priesterweisheit abgeleitet haben,. welche in 
Mythen gehullt sei, damit sie hicht vom Volke verstanden 
werde. Dadurch wird zugleich der Mythos allegorisch, 
wahrend er symbolisch ist. 2) Dafs iiberall bei der My- 
thenforschung das vornehmste Bestreben darauf gerichtet 
sein mufs, nicht sowohl das 'Objekt, welches eine religiose 
Empfindung erzeugte, zu. erkennen, als vielmehr die Empfin- 
dung selbst, aus der die mythische Vorstellung eritstand, zu 
begreifen. Ich mufs aus dem Mythos zuerst die Empfindung 

Latter Griech. Mythologie. 8 



114 

enlwickeln, durch welche das Subjekt bewegt wurde, und 
3ann zeigen, von.welchem Objekt wieder diese Empfindung 
herriihrt und wie sie von ihm herriihren komite. Dies 1st 
Wohl zu unterscheiden und nainentlich gegen diejenigen 
festzuhaiten , welche sich ganz aufserlich und bios kritisch 
zu den Mythen verhaltend eine Deutung derselben unter- 
npmmen haben. Blofse Vernunftoperationen offenbaren uns 
nicht den innersten Gehalt der Mythen, Der Mythologe 
mufs sich ganz in den Mythos hineinversenken, ihn gewisser- 
niafsen in sich reproducieren. Hat er das gethan, so wird 
sich ihra meist ganz von selbst das Objekt dazu darbieten. 
Im Aligemeinen kann man sagen, dafs die meisten Mytho- 
logen wenigstens principiel anerkannt, obschon praktisch 
nicht immer beachtet haben, dafs der Gehalt des Mythos 
eine Empfindung sei. Nur wenn es weiter geht, von der 
Empfindung zuriick auf das Objekt, entslehen grofse Diffe- 
renzen. 

, Hier konnen wir uns nun auf das beziehen, was wir 
friiher iiber das religiose Objekt erortert haben (p. 28 48). 
Die Deutung der Mythen namlich ist bei den verschiedenen 
Mythologen durchaus abhangig davon, was sie fvir ein Objekt 
der Religion anerkennen. Sieht man die Naturmacht als 
dies Objekt an, so fragt sich, ob sie universel oder parti- 
kular aufgefafst isl. Das Erstere findet bei dem specifischen 
Polytheismus statt, das zweite bei den Religionsformen der 
zweilen Ordnung. Fiir jenen ist daher die Deutung noth- 
wendig eine uniyerselle, fiir diese. eine partikula're. Andere 
nehmen die Einwirkung des Menschengeistes auf den Men- 
schen fiir das Objekt der Religion an. Sie sehen in der 
Mythologie eine Darstellung der altesten Volkergeschichten, 
und deuten so pragmatisch (Euhemeros) oder symholisch, 
o4ev sie deuten innerlich geschichtlich, indem die Mythen 
auf die innere geistige Eritwickelung zuruckgefuhrt werden.; 



115 

Diejenigen, welche Gott als das Objekt der Religion anse* 
hen, also theologisch deuten, nehmen an, dafs die Mythen 
nuf Verkiimmerungen der ursprunglichen Wahrheit seien. 
Es ergiebt sieh hiernach fiir die nach 'den verschiedenen 
D.eutungen verschiedenen Inhaltsbeslimmungen des Mythos 
folgende Uebersicht: . 

o) physisch; 
a) uniyersel; 
/?) particular; 
6) ethisch; 

a) aufserlich geschichtlich; 
act) pragmatisch; 
/?/?) symbolisch; 
/?) innerlich geschichtlich; 
act) moralisch; 
$9) intellectuel; 
c) theologisch. 

Alle diese Deutungen sind einseitig. Die wahre Deu-- 
tung ist bestiramt dureh das iiber das Objekt der Religion 
Beirierkte. Natur und Menschengeist sind die beiden 
objektiven, natiirliche und ethische Empfindungen die beideri 
subjektiven Ursachen der Mythen. Daher nur auf diese 
beiden, aber auch auf beide die Mythen zu deuten sind. 
Dies jedoch nicht so, dafs man beides auseinander fallen 5 
la'fst; denn wie gesagt (p. 44 sq.) natiirliche und ethische 
Momente durchdringen sich in der Gottheit Es gieht sehr 
wenig rein natiirliche Gottheiten, sehr wenig rein ethische. 
In den altesten Zeiten, wo ethische Eindriicke noch nicht 
sehr umfangreich sein konnten, werden wir mehr das Na- 
turobjekt hervorzuheben haben, spater dagegen mehr das 
ethische, das auch dureh den Anthropomorphismus begun- 
stigt wird. 

Dies iiber das Princip der Mythendeutung, iiber den 

8* 



116 

Inhalt des Mylhos. Ich schliefse hieran einige allgemeine 
leitende Bemerkungen uber die 

5. -Methode der Deutung 

d.h. iiber die Art und Weise, wie wir zur Kenntnifs jenes 
Inhaltes des Mythos gelangen. 

1. Durch Conjecturalgenie? Etvvas unbestimmter 
Ausdruck 116 ). Besser: lebendiges Gefiihl sowohl fur Ein- 
driicke der Natur als fur ethische Empfindungen. Dies ist 
das wesentlichste und allgeineinsle Erfordernifs fur Mythen- 
deutung; das wesentlichste, weil nur dadurch das Wesen 
des Mythos erfafst und verstanden werden kann; das allge- 
meinste, weil es auch da dienen raufs, wo uns andere Mittel 
der Deutung abgehen. Die Bedeutung der Mythen er- 
kennen wir ferner: 

2. durch die Mythen unmittelbar, wodurch z. B. 
klar wird, dafs Poseidon ein Wassergott, Deineter eine Erd- 
gottin ist u. s. w. 

3. Durch den Namen 117 ); a) unmittelbar, wenn 
der Name der Gottheit und des Objekts identisch sind; 
z. B. ovfjavog, yrj. Virtus. Concordia. Nlxrj. b) mitt el- 
bar, durch Etymologie, wenn der Name eine hervorstechende 
und besondere Eigenthiimlichkeil des Objekts bezeichnet, 
nach welcher es empfunden und benannt ist; oder wenn 
der Name der Gottheit in der Sprache nicht mehr gebrauch- 
lich ist fur das Objekt, z. B. Zevg- Aufser den Eigennamen 
geben aber auch die Beinamen Aufschlufs, indem diese sich 

16 ) Creuzer a. a. O. J, p. XL . 

117 ) Beck deietymologiae vocabulornm et nominum usu in expli- 
candis mythoram rationibas. Lips. 1826. O; Miiller Prolegg. 
p. 283 sqq. Julianas Aurelius (s. Burmann Syll. Epistol. Tom.II, 
231) de cognominibus Deorum gentilium libri III. Antwerp. 1541 ; 
Basil. 1543. 8. (mi't Phornutus); Franecq. 1696. 8. Anch in Clausing 
Jns Publ. Roman. Tom. IV. 1 sqq. Lemgov. 1737. 8. 



117 

auf den Kult oder auf eine einzelne Seite im Wesen v der 
Gottheit beziehen. Wenn der Name der Gottheit mil dem 
des Lokals ubereinstimmt, so ist das Lokal immer nach der 
Gottheit benannt. 

4. Aus der Genealogie 118 ). 

5. Durch Erklarungen der Heiden selbst Ich 
meine hiermit nicht eigentliehe Deutung, bei der man schon 
aufser und iiber dem Mythos steht, sondern es brieht oft 
bei den Heiden das lebhafte Gefiihl von dein Wesen des 
Mythos zu mehr oder weniger deutlichem Ausspreehen des- 
selben durch. 

6. Aus den Variationen der Mythen. Wenn 
nemlich anderweitig ein Mythos deutlich ist, so erhalt seine 
Variation dadurch gleichfalls Licht. Dies gilt vom ganzen 
Mythos, vvie von einzelnen Theilen desselben. Tritt z. B. 
in einem Mythos eine von uns erkannte Figur auf, so wird 
ihr Substitut in demselben, aber anders gewandten Mythos 
uns nicht minder erkennbar sein. Es ist in dieser Bezie- 
hung in der Mytholpgie wie in der Mathematik: man kann 
gleiehe Werthe einander substituieren. Hat man in einem 
Gotte als Objekt den Himmel erkannt, .in seiner Gemalin 
die Erde, so ist vorweg zu prasumieren, dafs alle Gottinnen, 
welche als Geraalinnen des Himmelsgottes auftreten , Erd- 
gottinnen sind. x 

Erst durch Kombinatipn aller oder niehrerer dieser 
Punkte gewinnt man eine gedeihliche und wahre Einsicht 
in den Gehalt.der Mythen. 



*. t9 ) O. !' Mailer p. 270 sqq. 



118 



II. Besonderer Theil. 



Erstes Kapitel. 

Vom Urspriinge der griechischen Mythologie. 



1. Das Volk der Griechen. 

. Sein Ursprung und Verhaltnifs zu andern. 
6. Seine Geschichte. 
c. Sein Charakter. 

2. Das Land der Griechen. 

3. Die Mythologie der Griechen. 
Anm. des Heransgebers. Ueber den Grand, weshalb die Aiis- 
fdhrung dieses Capitels nicht mitgetheilt wird, s. die Vorrede. 



Zweites Kapitel. 

Von den verschiedenen Form en der griechischen 

Mythologie. . 



1. Die vorgriechis.che Form. 

Da die Griechen nicht von Anfang an in Griechenland 
sefshaft gewesen sind, sondern eine geraume Zeit hindurch 
mit den ihnen sprachverwandten Volkerii Ein Volk ausge- 
macht haben miissen, so miissen sie auch schon eine Reli- 
gion mil nach Griechenland gebracht haben. Die Form 
dieser Religion, welche die Griechen hatten, ehe sie indem 



110 

Lande sich ansiedelten, welches nachmals Griechenland hiefs, 
ist die alteste, die vorgriechische. Sie mufs wesentlich 
identisch gewesen sein rait der altesten Religionsform der 
ubrigen hindo - europiiischen Volker. Sie kann nur bezeiehnet 
werden als ein Uebei'gang aus dem primitiven Pantheisnius 
zum Polytheismus (s. oben p. 56 sqq.). Eine nahere Be- 
stimmung der Form, eine genauere Angabe, wieweit die 
polytheistische Scheidung des religibsen Objektes in der 
vorgriechischen Zeit getrieben geweseri sei, ist aufserordent- 
lich schwierig. Es giebt zwei Wege dazu: 1) aus der grie- 
chischen Mythologie selbst auf ihre alteste, aus griechischen 
Quellen nachweisliche Form, ziiriickzudringen. 2) Verglei- 
chung mit den Religionen der verwandten Volker. In 
neuerer. Zeit hat man mit besonderer Vorliebe diesen letz- 
teren Weg eingeschlagen. Obgleich ich nun die Wichtigkeit 
und das Erspriefsliche einer solehen Vergleichung keinen 
Augenblick.verkenne, so mufs ich doch auf einige Punkte 
aufmerksam machen, die man bisher ganz unberlicksichtigt 
gelassen hat, und durch deren Nichtachtung man -ein ganz 
falsches Bild der altesten Religionsform der hindo -euro^ 
paischen . Volker gewinnen vviirde oder sogar schon gevvon- 
nen hat. 

Die Ueber.einstimmung oder, was ungleich ha'uGger ist, 
die Aehnlichkeit in den Vorstellungsformen verschiedenei 1 
Volker berechtigt noch keineswegs, dieselben aus einer 
aufsern Verwandtschaft abzuleiten, sie als bereits in der 
Urzeit vorhanden zu betrachten. Gewifs werden stammver- 
wandte Volker bis zu dem Punkte, da sie ein Volk zu sein 
aufhorten und sich in einzelne besondere Nationen theilten, 
ihre Goiter und die Mythen von denselben bis' zu einem 
gewissen Grade entwickelt haben; wieweit aber und in 
weicher Vollstandigkeit, das ist eine Frage, die sich weder 
a priori beantworten lafst, noch empirisch auf dem bishefc 



120 

eingehaltenen Wege. Ich habe gegen diese Mythenver- 
gleichung, sobald sie mehr als vergleichen will, folgende 
Bedenken: 

1. Da die fieligionen der einzelnen Zweigvolker des 
indo-europaischen Stammes sich noch nach ihrer Trennung 
bedeutend verandert und entwickelt haben, wie nicht bios 
die zwischen den einzelnen bestehenden grofsen Differenzen 
zeigen, sondern auch die Umwandlungen, welche wir wah- 
rend der geschichtlichen Existenz jedes einzelnen Volkes 
wahrnehmen: so ist vor alien Dingen bei einem jeden zur 
Vergleichung ver wendeten Zuge zu fragen, ob er auch nicht 
erst nach der Volkertrennung entstanden sei. Da die Keime 
dieselben \varen, warum hatten sich in ihrer Entwickelung 
nicht grofsere oder geringere Aehnlichkeiten der Vorstel- 
lungen erzeugen sollen? Ja, da die Voraussetzungen die- 
selben oder ahnliche waren, so mufsten auch die Resultate 
gleich oder ahnlich werden. Deshalb kann man Ueberein- 
stimmung in Mythen nicht so ohne Weiteres benutzen zur 
Herstellung eines Bildes yon dera religiosen Bewufstsein der 
indp - europaischen Urzeit. Dies um so weniger als : 

2. zwischen den verschiedenen Mythologieen Ueber- 
einstimmungen sich erzeugen konnen, ohne auf gemein- 
schaftliche Keime sich zuriickzubeziehen, weil der mensch- 
liche Geist und die aufsere Natur, diese beiden Bedingungen 
der Mythologie, bis auf einen gevvissen Grad uberall dieselben" 
sind 119 ). .Man hat vie! dariiber gestritten, ob die Natur 
einen objektiven Charakter habe? Ohne Zweifel. Wie der 
menschliche Geist in alien noch so verschiedenen Nationa- 

r . 119 ) Hieraus allein und zwar nicht bios die Uebereinstimmimg in 
der Mythologie, sondern auch die der Sprache ableiten zu wollen, 
wie Fr. Vater das Verhaltnifs der Linguistik zur Mythologie und 
Afchaologie. Kasan 1846. 8. 80 S. will, heifst die ganze neuer'e 
Wissenschaft nicht kennen, oder ihr ins Gesicht schlagen. 



121 

litaten nie aufhort, gewisse allgemeine unveraufserliche Ziige 
zu behalten, dasjenige, wodurch ein Merisch Mensch ist, 
wodurch er aufser Individuum noch Mensch ist; wie die 
Gattungscharaktere des merischlichen Geistes in alien gleich 
sein miissen: so ist.es auch mil der Natur. Die Natur ist 
iiberall mehr oder weniger verschieden durch die Lage der 
einzelnen Lander auf der Erdkiigel. Aber sie hat doch auch 
wieder iiberall gewisse alJgemeine Eigenschaften, wodurch 
z. 6. Griechenland und Gronland, China und Sudamerika 
unter einen und denselben GattungsbegrifF subsumiert werden 
konnen; wodurch die Sonne iiberall Sonne, der Mond iiberall 
Mond ist u. s. w. Deshalb wird auch der menschliche Geist 
iiberall auf Erden von denselben Naturobjekten dieselben 
oder einander ahnliche Eindriicke enapfangen. Ebenso ist 
es mil ethischen Eindriicken (aus Geist auf ^jeist). In 
Bezug auf das Denken ist man schon lange einig, dafs die 
Geselze. desselben iiberall und in alien Menschen dieselben 
sind; von den Vorstellungen ist ganz dasselbe zu sagen, 
und wenn man das bis jetzt yefkannt hat, so liegt die Schuld 
nur daran, dafs man die Gesetze des Vorstellungsvermogens 
noch nicht so genau untersucht hat, als die logischen. Es 
fehlt noch eine Physiologic der Seele. Als Beweis fiir 
die eben ausgesprochenen Behauptungen berufe ich mieh 
weniger darauf, dafs z. B. dieselben Erfindungen, dasselbe 
Prinzip des Kolorits bei Griechen und Mexikanern 12 ), 
Schiefspulver, Stellenwerth der Zahlen 121 ) unabhangig Von 



12n ) Webb Untersuchung des Schonen'in der Malerey. Zurich 
1766. 8. p. 96. 

IZI ) Sowohl von den .Indern als Tiiscern erf linden. In Bezug 
hieraaf sagt Humboldt, Kosmos II, 264: ,,Warum sollten in dem 
Gefdhl ahnlicher Bediirfnisse dieselben Ideenverbindungen sich nicht 
bei hochbegabten Volkern verschiedenen Stammes abgesondert dar- 
geboten haben?" 



122 

einander an mehreren Orten gemaeht sind; aber wir be- 
gegnen hochst auffallend ahnlichen Vorstellungen, Bildern, 
Anschauungen, Erzahlungen bei den verschiedensten Vol- 
kern, zwischen deren Sprachen bis jetzt noch durchaus kejne 
Verwandtschaft nachgewiesen ist und auf die daher die 
Zuriickfuhrung in eine gemeinschaftliche Urzeit keine An- 
wendung leidet. 

3. Entziehen sich uns die Wege, auf denen die Volker 
ihre Vorstellungen mil einander ausgelauscht haben, Sagen 
und Mythen von diesera Volke zu jenem ubergegangen sein 
korineii, dermafsen, dafs es aufserordentlich gefahrlich isl, 
jede andere Vermittelung als die durch gemeinschaftliche 
Abstammung leugnen zu wollen. Den besten Beweis geben 
Volkslieder, die bis auf die Worte iibereinstimmend in 
Schottland, Schweden, Spanien gesungen werden. 

Schon die Moglichkeit, die-Uebereinstimmungen zwi- 
schen zwei Mythologien auf eine vx>n diesen drei x^rten 
erklaren zu konnen, raufs uns abhatten, solche Ueberein- 
stimmungen gleich in die Urzeit zu versetzen und aus ihnen 
ein Bild der damals vorhandenen Religion zusammerizusetzen. 
Wir ihiissen -da.durch. nothwendig ein falsches Bild erhal- 
tn. Ueberdids fiihrt diese vergleichende Methode sehr leicht 
dahin, das eigentlich Nationelle der einzelnen Mylhologieen 
zu iibersehen und zu verwischen, eine synkretistische Ver- 
wirrung hi der My thologie anzurichten, phantastischen Trau- 
men und ausbundigen Kombinatiohen Thor und Thiir zu 

offnen 182 ). , . 

Das Leben ist riur in der Individualitat. Nur was den 
Einzelnen von den Uebrigen unterscheidet, giebt ihm In- 



12? ) H, Miiller d. nordische Griechenthum. Wiirzburg 1844. 8. 
Hundeiker Ueber die Wirksamkeit d, genhanischert Elements in 
d. Urgeschichte d. Menschheit (Archiv f. Phil. u. Pad. 1845). ; 



423 

teresse, Bedeuturig, Werth. Daher hat der Forscher in der 
griechischen Mythologie sein Augenmerk nicht auf die Ur- 
zeit, auf die vorgriechische Form der Mythologie zii richten, 
sondern nur auf diejenige Form, welche die alteste grie- 
chische ist. Erst mufs das Bild der grieehischen Religion, 
welches in tausend Triimmer zerschlagen daliegt, wieder 
zusammengesetzt und so viel als moglich in seiner achten 
Form und Reinheit mit keuscher sinniger Hand .aus sich 
selbst wieder hergeslellt werden. Dann mag man es mit 
dem anderer Religionen vergleichend zusaminenhalten und 
sehen, ob in diesen, unter den verschiedensten Himmels?- 
stricheh und Verhaltnissen entwickelten Gesichtern , verwit- 
tert und" benarbt, die Spuren herauszufinden sind, welche 
sie alle als Geschvvister zu erkennen geben; Dann erst ist 
die schwierige uud interessante, unter alien Umstanden 
hochst intrikate Untersuchung an ihrer Stelle, welches die 
vorgriechische Form der griechischen Mythologie gewesen 
sei, d. h. welche Form die Religion der indo-europaischen 
Volker gehabt habe, als diese Volker noch eine geniein- 
schaftliche Heimat besafsen. Wir lassen diese Frage bei 
Seite; und wenn ich vergleichende Blicke auf andere My- 
thologieen werfe, so geschieht es^ wie ich ausdriicklich 
bemerke, nur allein deshalb, um durch diese Vergleichung 
eine Vorstellung unserem Versta'ndnifs naher zu bringen, 
sie als eine naturliche und dem menschlichen Geiste gemafse 
darzustellen. . 

2. Die pelasgische Form. 

Baumlein Pelasgischer <Glaube und Homers Verhklt- 
nifs zu demselben (Zeitschr. f. d. Alth.1839. no. 147151). 
O. Mailer p. 347 sq<j. C. F, Dorfmiiller De Graeciae 
primbrdiis. Stuttg. 1844..8. 

Einer der beriihmtesten Sitze pelasgischer Religion war 



124 

Dodona. Schon Homer kennt es 1M ). Herodot sagt 1M ) : ,,Zu- 
erst opferten die Pelasger mil Anrufung der Goiter, wie ich 
zu Dodona gehort habe; Benennung aber und Namen gaben 
sie keinem derseiben, well sie noch .nichts da von gehort 
hatten. &eov$ nannten sie sie , weil sie alle Dinge so 
schicklich gemacht halten (&evtes ^ navta nqriyfjuna). 
Spater, nach Verlauf einer langen Zeit, erfuhren sie von 
Aegypten her die Namen der iibrigen Gotter; den des Dio- 
nysos aber viel spater. Und nach einiger Zeit fragten sie 
wegen der Namen das Orakel zu Dodona, denn dies Orakel 
wird fur das alteste der Hellenen gehalten und war dazumal 
das einzige. Als die Pelasger nun dariiber in Dodona an- 
f rag ten, ob sie die von den Barbaren kommenden Namen 
annehmen sollten, antwortete das Orakel, sie sollten sie 
brauchen. Von der Zeit an opferten sie, indem sie sich 
der Namen der Gotter bedienten." Konnte sich wohl 
einige Erinnerung an einen solchen Zustand erhalten haben? 
oder war dies bios Vorstellung des Herodot oder derer zu 
Dodona? Wie dem auch sei, es ist richtig, was Herodot 
sagt, wenn wir Aegypten und diese aufserliche Namens- 
gebung bei Seite lassen: man verehrte Gotter im Allgemei- 
nen, ohne klare und bestimmte Unterscheidung der einzelnen, 
die nachher scharfer sich von einahder sonderten und jeder 



m ) XT, 233 sqq. B, 750. I, 327 sq. T, 296 sq. 

124 ) II, 52. cf. Bahr ad h. 1. Heyne Comment. Soc. Gott. 
Vol. II. Getting. 1780. p. 125. (iibers. i. d.Bibl. d. schon. Kste. u. W. 
Lpzg. Bd. 23. St. 2. p. 5 sqq.). Gegen Heyn.e cf. M einer s histor. 
doctrinae de vero Deo. Lemgov. 1780. Sect. VI. Bottigeir Kunst- 
mythol. II. p. 295. O. Miiller Prolegg, p. 213 sq. G. Hermann 
Br. ii. d. Theogon. p. 11 sqq. Creuzer ibid. p. 27 sq. Ou war off 
Ti. d. Yorliom. Zeitalter. p. 11 sq. 15. Bo de Orph. p. 48 sq. O. Mul- 
ler LG. I, 153. G Hermann de mythol.gr. antq. p. 4 (Opusc. 
II, 171). Gottling Hesiod. p.XLl. Weifse fiber Begr. etc. d.Myth. 
p. 44 sq. 



125 

seinen Namen bekamen. Dieser Fortschritt des religiosen 
Bewufstseins ist ganz dem gemafs, was p. 56 sqq. ttber den 
Polytheismus bemerkt 1st. Wir finden die aiten Pelasger 
auf derselben Stufe religiosen Bewufstseins, auf welchem 
die Gefmanen zu Tacitus Zeit standen. Ihre Religion war 
einfacher Naturdiensl, ohne scharfe Trennuhg der einzelnen 
Gottheiten, die haufig zusammenfliefsen , ohne bestinimte 
Ausbildung des Charakters jeder einzelnen Gottheit und 
demgemafse Benennung, ohne Abbild der Gottheit 125 ). Hei- 
lige schauerliche Walder und ausgezeichiiete Ba'ume (Eiche 
zu Dodona) waren es, an die sich die, Verehrung der Gott- 
heit ankniipfte. Auf hohen Bergen, an Felsengrunden und 
Wasserstiirzen opferte man. Man betete nicht das Natur- 
objekt selbst an, aber man dachte sich in seiner Nahe die 
Goltheit, die noch nicht so weit : in der Vorstellung erstarkt 
war, um selbststandig, ohne Anlehnung an das Naturobjekt 
bestehen ,zu kb'nnen. Das Bewufstsein des alten Pelasgers 
hatte noch nicht die Konsistenz gewonnen, sich klare Vorr 
stellungen von den Gottern zu machen; und wenn er eine 
fafste, so zerflofs sie ihm leicht wieder in den aljgemeinen, 
pantheistischen Gottesbegriff. Eine Hindeutung darauf liegt 
in der Angabe, dafs Dione nicht von Alters her dem Zeus 
in Dodona zur Seite gestanden habe. Zeus \yar urspriing- 
lich noch Alles, der iiberall in der Natur waltende. Nachher 
schied man aus ihm die Dione, eine gottliche Weiblichkeit, 
die Erdgottin. Dafs die Pelasger als Ackerbauer die Mutter 



* zs ) Einen Uebergang dazu sehen wir in deii Symbolen, welche 
die Gottheit- vergegenwartigten: . 

, Robe Steine (Hermes, Apollon, Hades) 
Brett (Hera zu Samos) 
Zweig (Hera zu Thespiai) 
Balkeh (Athene zu Lindos) 

vgl. O. Miiller Arch. .66. ed. II.. 



126 

Erde warden verehrt haben, ist an sich begreiflich und durch 
Zeugnisse bevyiesen. Dieser Kult war sogar sehr bedeu- 
tend; sein Character traurig, geheimnifsvdll und mysteries 
wie das Leben der Erde selbst (Samothrake, Eleusis). Hier- 
mit hangt Todtenkult zusammen, der gleichfalls ein bedeu- 
tendes Element der pelasgischen Religion gevvesen zu sein 
scheint. 

Scnyeit im Allgemeinen iiber die auf Natursymbolik 
beruhende pelasgische Religionsform, die genauer nur durch 
Zuriickschreiten aus der hellenischen begriffen werden kann. 

3. Die hellenische Form. 

Einen Aufschwung nahm das pelasgische Leben durch 
den Eintritt der heroischen Zeit. Jede grofse politische 
Regsamkeit und Entwickelung hat ihren entschiedenen Ein- 
flufs auch auf die Religion. Durch jenes regere Leben, 
welches der ritterliche Sinn hellenischer Stamme anregte, 
ward auch die Religion zu einer neuen Phase ihrer Ent- 
wickelung geftihTt. Das Bewufstsein, in Kampfe der man- 
nigfaltigsten Art gezogen, erstarkt und klart sich. Es wird 
aus der ruhigefen Beschaulichkeit, welche durch ein agra- 
risches Leben begunstigt wird, herausgerissen; tausend bis 
dahin unbekaniite Empfindungen werden in der Seele wach 
und iiberwiegen diejehigen, welche vordem hauptsachh'ch 
von der Natur aus auf die Seele eindrangen. Jene alten 
Goiter, welche noch so wesentlich im Naturleben wurzeln, 
konnen nicht mehr dem kraftigeren, ethischer gewordenen 
Sinne genugen. Er verlangt klare, anschauliche Gestalten, 
Cotter, welche einen Charakter haben, der ihui entspricht. 
Der Mensch, seiner hohern geistigen Natur lebendiger sich 
bewufst geworden, sich in seiner menschlichen Kraft und 
Herrlichkeit fiihlend, empfindet das Bedurfnifs nach Gb'tterii, 
die im Menschenleben walten, die nicht an die Natur ge- 



127 

kniipl't, sonclern in selbstslandiger Existenz ihm helfend und 
schiitzend in den Kampfen des Lebens zur Seite stehen. 

So vermittelte sich auf Grundlage der alten in Natur- 
symbolik ruhenden Religion eine neue Form des religiosen 
Bewufstseins, in welcher die alien Nalurgotler, zwar nicht 
ganz aus. der Natur, der sie ihren Ursprung verdankteh, 
herausgehoben , aber doch ethisch verklart wurden, so dafs 
das ethische Element jn ihnen bei weitem vorwog. Waren 
die Gotter bis dahin natursymbolische gewesen, so wurden. 
sie jetzt kunstsymbolische. . . 

kunstsymbolik hat man diese hellenische Form der 
griechischen Religion genannt, weil sie, wenn auch nicht 
aus der Kunst hervorgegangen , doch ihre wesentliche Aus- 
bildung durch die Kunst erhalten hat. Nachdem namlich 
das heroische Leben den Anstofs zu dieser ethischen 
klarung gegeben hatte, waren es die epische Poesie, 
plastische unddramatische Kunst, welche der innern Em- 
pfindung einen entsprechenden Ausdruck gaben. 

1 . D i e e p i s c h e P o e s i e (friiher mil mehr lyrischem, 
Charakter). In diesem Sinne hat Herodot m ) ganz recht,, 
wenn er sagt: ,,Woher aber jeder einzelne Golt gekommen 
oder ob immer alle waren und von was Gestalt ein Jeg- 
licher, das \yar den Hellenen nieht eher bekanntV als seit, 
gestern und vorgestern, dafs ich. so sage. Denn Hesiod uhd, 
Homer sind meiner Meinimg nach um 400 Jahre alter als 
ich und nicht tlaiiiber. Urid diese sind es, welche den Hellenen 
ihre Gotter welt gedichtet, den Gottern ihre Benennungen ge- 
geben, Ehre und Kiinsle ausgetheilt und ihre Gestalt bezeichnet 
haben." An aUenFeslen wurde Homer rhapsodiert m ). r- 



126 ) II, 53. 

127 J Ausfulirliciieres iiber den Einflufs Homer's auf die religiose 
Rntwickelung der Griechen s. in Laner's GescJj. der homer. Poesie 
p. :13 16. 



128 

Man mufs jedoch nicht nur grade auf Homer diesen Ein- 
flufs beschranken. Es gab schon vor Homer epische Dich- 
ter, weil es schon vor Homer ein heroisches Zeitalter gab. 
Mil einem solchen 1st episehe Poesie nothwendig verkniipft, 
weil sie der nothwendige Ausdruck davon ist. Wann der 
Beginn der heroischen Zeit zu setzen, kann uns gleichgiiltig 
sein und ist x nicht genau zu sagen. Doch fallt er gewifs 
einige Jahrhunderte vor den troischen Krieg. Genau lafst 
sich das schon deswegen nicht bestimmen, weil dieser Fort- 
schritt nicht als ein plotzlicher zu betrachten ist. Mit der 
epischen Dichtkunst stand 

2. die plastische Kunst in innigster Verbindung. 
Sie scheint den Hauptanstofs zu ihrer Vervollkommnung in 
Kreta erhalten zu haben. Hier war es, wo in grauer Vor- 
zeit von Osten und Westen her . Niederlassungen angelegt 
wurden, wo orientalische und occidentalische Elemente sich 
begegneten und durchdrangen ; hier zuerst wurden die 
Hellenen, angehaucht von der sinnlicheren Glut des Orients, 
zu hoherem geistigen Streben und Bilden angeregt. Ob- 
gleich man an manchen Orten die Geburtsstatte des Zeus 
zeigte, so war es doch ganz besonders Kreta, welches der- 
selben sich riihmeh durfte. Inwiefern von hier aus der 
occidentalische Charakter des hellenischen Glaub ens zu sinn- 
licheren, warmeren, lebensvolleren Vorstellungen sich um- 
bildete, konnte man mil Recht den hellenischen, olympischen 
Zeus in seiner plaslischen, hestimmtern Gestalt, die er im 
Gegensatze zu seiner fruhern pelasgischen, dodonaischen 
Unbestimmtheit gewann, auf Kreta geboren nennen 128 ). 

Nach Kreta nun wird .auch der Altmeister aller grie- 
chischen Plastik, Daidalos, gesetztj von dem es heifst, dafs 



m ) Stuhr 11, 152 sqq. Erklart sich hieraus, was Sallust bei 
Serv. Aen. Ill, sagt: Primos Cretenses constat invenisse religionem? 



er zuerst die Golterbilder .beseelte, indem er ihnen Augen, 
bewegte Anne und schreitende Fiifse gab, so dafs sie zu 
leben schienen 129 ). Hiermit war der Anfang gemacht, 
von dem rohen Natursymbol, welches die Goltheit verge- 
genwartigte, fortzuschreiten zu jenen erhabenen Kunstsym- 
bolen, welche die vollendete plastische Kunst schuf, indem 
sie, nach dem Vorgange der epischen Poesie, Goiter bildete, 
welche in menschlicher idealverklarter Gestalt zu einer Be- 
stitnmtheit und Anschaulichkeit gelangten, wie bei keinem 
anderen Volke. Man hat oft den Einflufs der Religion 
auf die Kunst besprochen; man-sollte auch umgekehrt und 
in umfassender Weise den Einflufs der Kunst auf die Reli- 
gion darlegen. 

Zu ihrer hochsten Vollendung gelangte die hellehische 
Form der griechischeri Religion 

3. durch die dramatische Kunst, welche mit der 
Hohe der plastischen Kunst gleichzeitig ist. Es bedarf 
keines Hinweises darauf, wie durch und durch ethisch die 
Gb'tter in der Tragodie aiiftreten. Hier tritt das Nalurele- 
ment, obschori immer noch erkennbar, doch so sehr in den 

- . j- 

Hintergrund, dafs es ohne alle Bedeutung ist 130 ). Aeschylus 
zeigt uns die Bliilhe der hellenischen Religionsform. 

Mit dieser hochsten Entwickelung ist aber die Religion 
zugleich auf dem Punkt angekommen, wo sie wieder sinkt; 
wo sie eine neue Form annimmt: die hellenistische. 

4. Die hellenistische Form. 

Der Fortschritt dieser Form gegen die vorige besteht 
darin, dafs das ethische Moment, welches in der hellenischen 



1?9 ) S. Gedike z. Plat. Menon. Exc. III. ed. Buttm. Berlin 
p. 76 sq.' ' .- 

13 ) Berhhardy II, 691 sqq. 

Lauer Griecli. Mythologie. 9 



130 

Form seine hb'chste Verklarung im Anschlufs an die vom 
Glauben gegebenen Goiter gefunden haite, 1) getriibt wird 
durch Triibung der elhischen Verhaltnisse (des Steals- und 
Privatlebens), 2) dafs durch die grofsartige namentlich durch 
Alexander d. G. herbeigefuhrte Verbindung mit Asien fremde, 
und dies ausschliefslich auf Natur basierte Religionselemente 
in die griechische Religion aufgenommen wurden; 3) dafs 
der Geist zu so grofsem Selbstbewufstsein erstarkt war, dafs 
er .in abstrakter philosophischer Form erfafste, was man 
friiher in mythischer Vorstellung angeschaut halle. Das 
Geistige, Ethische sonderle sich aus dem Glauben, der Re- 
ligion, so dafs bios ein natiirJicher Riickstand blieb. So 
entstand ein Bruch zwischen Wissenden und Glaubenden, 
der fur die Religion, weil sie einer weitern Verklarung und 
Lauterung nicht mehr fahig war, aufserordentlich nachtheilig 
sein mufste. Neben der eigentlichen Philosophic und 
dieser voraus ging eine Art theologischer Spekulation, deren 
Weiteres Umsichgreifen man als einen vierten Grund fiir die 
Veranderung der hellenischen Form ansehen kann. Es ist 
dies die theologische Spekulation der Mysterien, welche 
Glauben und Wissen zu vereiiiigen suchte. Die Anfa'nge 
der Mysterien gehen bis in die pelasgische Zeit zuruck Ial ). 
Ihren im Uebrigen dunklen Ursprung haben sie in der Ver- 
ehrung der Erdgottheiten, deren Kult etwas Geheimes ha tie. 
Den ersten Anstofs zu weiterer Entwickelung gab die Aus- 
bildung des hellenischen Lebens, durch welche die pelas- 
gische zuriickgedrangt wurde und sich in den Mysterienkult 
zuriickzog. Da dieser Kult sich wesentlich um Ideen ernes 



1S1 ) Daher Mysterien besonders an den Orten, wo seit alter Zeit 
Pelasger wohnten: 

Boiotien (Pythagoreer, Orphiker) 

Attika (Eleusis) 

Samothrake. 



131 

kiinftigen Lebens drehte, so mufste er in demselben Grade 
an! Theilnahme und Ansehen gewinnen, als dies Leben in 
sich zerfiel, den Geist nicht befriedigte; als der Glaube an 
die hellenischen Goiter wankend wurde und man-.. in. ihm 
nicht mehr den Trost fand, die Starke und Hulfe, die man 
von ihm veiiangte. Und grade je mehr man andrerseits 
durch orientalische Einfliisse dem Naluiieben verfiel, empfahd 
man das Bediirfnifs, ttber dasseibe gehoben zu werden 132 ). 
Eine ganz ahnliche Erscheinung bietet die zweite Halfte des 
vorigen Jahrhunderts, wo neben rationalistischer Aufklarung 
und senlimentalem Naturleben (Thomson, Gefsner, Gothe's 
Werther u. s. w.) die geheimen Gesellschaften der Freimau- 
rer, Illuminaten, Rosenkreuzer u. s. vv. eine bedeutende Rolle 
spielten, und Milglieder dieser Gesellschaften sich zugleich 
viel mit den alien Mysierien beschiiftigten. (Z. B. Starck, 
Oberhofprediger in Darmstadt; der beriichtigte Illuminat 
Weishaupt u. A.) 

Die Betrachtung dieser hellenistischen Form der grie- 
chischen Religion wird uhs in dieser Vorlesung ebenso wenig 
beschaftigen als die vorgriechische. Ihre Betrachtung gehort 
in die Geschichle des Unterganges des Heidehthumes. Wie 
die vorgriechische noch nicht griechisch , so ist die helle- 
nistische nicht mehr griechisch. Man sieht aber leicht, 
wie sehr die hellenistische Form den Uebergang zum Chri- 
stenthume erleichterte. Erstens negativ dadurch,. dafs der 
Glaube an die alien Gb'tter geschwacht und getrubt war; 
zweitens positiv durch die Sehnsucht, welche das heid- 
nische Gemitth durch die Mysterieri offenbart, aus der Ver- 
ganglichkeit dieses Daseins sich zu ewigem Leben zu retten. 
Beidem kam das Christenthum entgegen, erstens, indem es 



132 ) So werden schliefslich fast alle Kulte mysterios. 

9* 



132 

einen in ewiger Reinheit und Herrlichkeit erhabenen Gott 
bot, allmachtig, allweise, allgiitig, allbarmherzig, allwissend, 
kurz Einen absoliiten Go-It, uber aller Welt und Erschei- 
nung erhaben; zweitens, indem es den Glauben an ein 
ewiges Leben predigte, und nicht mysteries, fii'r wenige 
Eingeweihte, sondern als eine durch die Auferstehung Christi 
besiegelte Wahrheit alien Meiischen verkiindigte. Der 
Untergang des Heidenthums gehort zu den anziehendsten 
Gegenstanden der Betrachtung, und doch ist er so wenig 
beachtet und in so verkehrtem Lichte angesehen. 



Drittes Kapitel. 

Von den grtechischen Mylhen. 



O. Milller a. a. O. C. M. Fleischer De mythi im- 
primis Gtaeci natura; Halis 1838. 4. 

1. Ursprung. 

Er fallt zuin Theil in die Urzeit, (sobald das Gefiihl 
Vorstellungen erweckt, spricht es sie auch aus) zum gros- 
sern Theil jedoch in die spatere Zeit, wie aus der Eigen- 
thiimlichkeit der griechischen Mythen hervorgeht. Siewurden 
erzeugt durch die Eindriicke, welch e die Natur auf die 
Griechen machte; ihre erste, mil dem Kultus noch verbun- 
dene, Ausbildung erhielten sie durch Priester, Sanger und 
Dichter, welche in den meisten Fallen das Wesen des 
Mythos unverletzt liefsen. 



133 

2. Form. 

Sie entspricht dem Charakler des Volkes und Landes; 
nichts Sehnsuchtiges,/ nichts Verhiilltes. Der _ griechisehe 
My thus ist, vvie das ganze Volk, plastisch. 

3. Inhalt. 

Er 1st die in der Vorstellung des griechischen Geisles 
von der griechischen Natur entlialtene Empfindung. Im 
Allgemeinen ist das Nb'thige schon in dem entsprechenden 
Abschnitte des ersten Theiles gegeben. Ich will das dort 
gegebene Schema der verschiedenen Methoden der Deutung 
hier ausfiillen, indem ich eine kurze Uebersicht der bishe- 

, * - " . 

rigen Deutungen der griechischen Mythen gebe. 

Emeric-David Jupiter. Paris 1833. 8. Tom. I. Introd. 
Stuhr Allgemeiner Ueberblicfc iiber d. Gesch. der Be- 
handlung u. Deutung der Mythen (in Bauer's Zeitschr. 
f. specul. Theol; Bd. I, 2. II, 1.) 

Mil Erforschung des Inhaltes der Mythen haben sich 
schon die Alien abgegeben. Ihre ersten Versuche in dieser 
Beziehung schlossen sich an Homer und Hesiod. Der alteste 
ist Thea genes aus Rhegion (525). Ihm folgte Metro- 
doros aus Lampsakos (490), welcher alle Gotter und die 
ganze homerische Poesie auf Physik zuruckfiihrte 133 ). 
Aehnlich waren wohl die Bestrebungen. der iibrigen allego- 
rischen Erklarer des Homer (Stesimbrotps (460), Anaxi- 
mandros (445), Glaukoh (445)), was ja auch dem Gha- 
rakter der Philosophic, die von der Natur ausging, voll- 
kommen entsprach. Als man von der Naturphilosophie zur 
Philosophic des subjektiven Geistes fortgeschritten war, fing 
man auch an, die Mythen ethisch zu deuten und zvvar 
indem man in ihnen vorzugsweise gewisse Vorschriften der 



'*") Tatian, cp. 37, p. 80. 



134 

Moral versinnbildlicht glaubte. Anaxagoras deutete den Zeus 
als vovg, die Athene als Kunst; die homerischen Gedichte 
handelten von Tugend und GerechtigkeiJ (vgl. p. 115, b, /?,$?.) 
Antisthehes deutete; tnoralisch; so war ihm Zeus die Ge- 
rechtigkeit, Hera die Keuschheit. : Diese beiden Methoden 
gehen das ganze Alterthum hindurch neben einander, so 
jedoch, dafs die physische, der namentlich die Stoiker 
zugethan waren, den Vorzug hatte. Seit Alexander kam 
erne neue Methode in Aufnahme: die Goiter wurden aufser- 
Jich geschichtlich aufgefafst. Euhetneros, der Haupt- 
reprasentant dieser Methode, von Kassander zu einer See- 
expedition iiber Babelwiandeb hinaus verwandt, erzahlte in 
seiner ISQCC avaygcupij, dafs er auf einer, irn siidlichen Ocean 
gelegenen , von Greta aus kolonisierten paradiesischen Insel 
Panchaia in einem prachtvollen Tempel des Zeus die Le- 
bensbeschreibungen der griechischen Hauptgotter und dabei 
die Nachricht gefunden habe, dafs diese Gotter allesammt 
friiher Menschen gevvesen seien 134 ). Von seinen, an jene 
erdichteten Thatsachen sich anschliefsenden, Erklarungen 
einige Beispiele. Zuerst herrschte auf Erden die Titanen- 
dynastie des Kronos, dessen Nachfolger Zeus Konig von 
Kreta war. Dieser unterwarf sich alle Volker, civilisierte 
sie durch Ackerbau und Religion, und starb nach langen 
Umherfahrten auf Kreta , wo er zu Knossos begraben 
wurde. ' Kadinos, der Grofsvatef des Bakchos, Koch des 
Konigs von Sidon, floh von dort mit der Harmonia, einer 
Flotenspielerin, nach Theben. Dieser Methode des Euhe- 
meros schlossen sich grofstentheils die Geschichtschreiber an. 
Die Kirchenvater (Lactantius) deuteten theologisch, 
indem sie Alles auf die Bibel zuruckzufiihren suchten; ^u- 



134 ) Vgl. Krahner Grundlinien zur Geschichte des Verfalls der 
romischen Staatsreligion. Halle 1837. 4. p. 2.2 sqq. 



135 

gleich bedienten sie sich des Euhemerismus als einer Waffe 
gegeh den griechischen Volksglauben. 

Dieselben drei Methoden der Mytheiideutung bestanden 
auch im Mittelalter; doeh ist iiber diese Zeit, aus der 
ohnehin das Meiste ungedruckl ist, wenig zu berichten. 

Der erste eigentliche Mythendeuter der neuern. Zeit 
ist Nalalis Comes. Gleich zu Anfang seines Werkes 
erklart er sich dahin, dafs die gesammten Lehren der Phi- 
losophie von Alters her bis auf Plato und Aristoteles in 
Mythen iiberJiefert seien, nachdem die Griechen durch die 
Aegypter diese verhiillte Art zu philosophieren kennen ge- 
lernt ha'tten 135 ). Man habe sich derselben bedient, damit 
nicht die erhabenen Sa'tze der Philosophic unter das Volk 
kamen und mifsverstanden dieses verdiirben. Das Geschaft 
des Mythologen bestehe nun eben in der Enthiillung dieses 
Kerns der Mythen, der in ihnen enthaltenen philosophischen 
Dogmen, die sich entweder auf Krafte und Handlungen der 
Nalur, auf Krai'te und Bewegung der Gestirne bezogen Oder 
auf Bildung der Sitten und die Einrichtung eines verniinf- 
tigen Lebens. Wie hier im Prinzip so halt sich auch in 
der Ausfiihrung physische und ethische Deutung das Gleich- 
gewicht. Seine Deutung fafste er in lib. X. kurz zusammen. 

Hundert Jahre lang, bis zur Mitte des siebzehnten Jahr- 
hunderts, ist Nat. Gomes das Hauptbuch t'iir die griechische 
Mythologie gewesen. Da erschienen andere, die ihn ver- 
drangten. Weniger kann man dies von Baco von Ve- 
rulam sagen, der in der Schrift: De sapientia veterum. 
Londin. 1609. 1617. 1634. 8. Lugd, Bat 1634. frz. 1641. 
Paris. Deutsch von Schiefler. Koln 1838. ethisch deutet; 
vvohl aber von G. Job. Vofs, sowohl weii die Methode 



J3ft ) Dies ist aucli noch die Ansicht von Emeric- David, s. seinem 
Jupiter. Introd. . 



136 

der Kirchenvater, die er fortsetzte, durchaus dem damaligen 
Zeitgeist entsprechend war, als auch wegen seiner enormen 
Gelehrsamkeit. Er war nicht der Erste, der das Heiden- 
thum mil orthodox - christlichem Lichte erhellen wollte. Zum 
Theil, wie schon bemerkt, waren ihrn darin die Kirchenvater 
vorangegangen, zum Theil aber auch neuere Gelehrte. 
Jedoch bleibt dem Vofs der unbestrittene Rtihm , diese 
ganze Methode am griindlichsten und mil der grb'fslen Ge- 
lehrsamkeit, in ihrer ganzen Consequenz zuerst angevvandt 
zu haben. Da er natiirlich ganz auf biblischem Standpunkte 
steht, so kann er mil dem Ursprunge des Heidenthumes 
nicht weiter als bis auf Noah, von dem alle Menschen ab- 
stammen, zuriickgehen 136 ). Die Nachkommen des Noah 
theilten sich in zwei Zweige, deren einem das auserwahlte 
Volk, deren anderem alle ubrigen Volker entspriefsen (p. 2). 
Diese behielten von ihrer Abktmft den Glauben an Einen 
Gott, den chopfer der Welt, der da belohne und strafe. 
Hierin seien sie durch die JBetrachtung der Natur unterstiitzl 
worden, als welche ihnen zeige, dafs sie mil Vernunft von 
Einem regiert und erhalten werde ( p. 13). Von dieser 
Verehrung des wahren einzigen Gottes seien sie auf zwie- 
fache Weise abgeirrt: 1) defectu (irreligiositate) ; 2) excessu 
(superslitione). (p. 16 sqq.) Ein solcher excessus findetstatt, 
indem ) veri dei cultus praestatur falso numini oder b) falso 
cultu Deus ver.us coli existimatur. Beides ist Idololatrie, 
bespnders das erste (p. 18.22). Zu dieser superstitio sei 
man gekommen 1) durch Unwissenheit. Die Menschen 
begriffen nicht, was ihnen die Natur vor Augen stellte und 
fafsten es daher falsch und verschieden auf, (p. 22) gemafs 



136 ) Fur ein orthodox - christliclies Gemiith auch der einzig mog- 
liche Standpunkt, daher von solchen auch zu alien Zeiten einge- 
nommen. So. noch in der Rede von Jac. van Rhoer de fontibtis 
quibusdam, unde res sacras hauserint profani. 



137 

ihrer geistigen Verschiedenheit; 2) dijrch Tragheit, die 
stall selbst zit forschen , sich lieb.er den Ansichten Anderer 
anschliefst; 3) durch Welllusl u. d. m. So allmalig von 
dem Glauben und'der Verehrung des wahren Goltes abge- 
lenkt, fing man an, die Kreatur stall ,des Schopfers zu.ver- 
ehren. Man slellle einen bosen Geisl dem guten gegenuber 
(p. 30 sq.), und zerlheilte dann beide in mehrere (p. 40), 
wobei die von Noah mitgebrachte Tradition wirktej dafs es 
gewisse Geisler gebe, deren sich Golt bei Verwaltung der 
Welt bediene. Hieraus entwickelte sich auch die Vorstel- 
lung von Geistererscheinungen, die nur das Werk der bosen 
Geister selbst sind (p, 42), ebenso wie die Orakel, die Magie, 
Wunder u. dgl, die von dem Teufel und semen Genossen 
herriihren ( p. 46). Was die Deutung im Einzelnen 
betrifft, so 1st Neptun Japetos (I. cp. 15); Mars = Nim- 
rod; Apollon = Jubal (cp. 16)-, Minerva = Naama, Thu- 
balkains Schwester (cp. 17); Saturn = Noah (cp. 18); Bac- 
chus, Janus = Noah (cp. 19) u.-s..w. . 

Diese Art von Mythendeutung fand und mufste finden 
aufserordenllich viel Beifall und Nachfolge. Es erschienen 
eine Menge grofserer Werke und kleinerer Schriften mil 
derselben Tendenz, von denen ich nur einige wenige nam- 
haft mache; 

J. D. Huet, Abt zu Aunay und Bischof v. Avranches, 
Demonstratio Evangelica. Paris 1679 fol. Alnetanae Quae- 
stiones de. concordia rationis et fidei. Paris 1693. 4. 
Sam. Bo chart Geographia Sacra (Opp. omn. ed. IV. L. 
Bat. 1712). Dpminiqu.e de Colonia (Jesuit) La reli- 
gion chretienne autorisee par le temoignage des anciens 
auteurs payens. Lyon 1718. 8. II Bde. Derselben Rich- 
tung und Zeit gehb'ren an Schriften wie J. G. Michaelis 
Diss. de Abrahamo et Isaaco a Graecis in Hyrieum et 
Orionem conversis (Bibl. hist, theol. phil. Class. VI. Fasc. 1). 



138 

P. van Sarn Mercurii cum Angelo foederis comparatio 
(ibid. Cl. V. Fasc. 2). J. D. Matthaeus Nisus Samsonis 
symbolum. Witteb. 1724. 4 M. J. Monet a Problema 
mythologicum : Utrum immolatio Phrixi eadem sit ac Isaaci 
necne? in qua affirmativam sententiam sludet defendere. 
Witteb 1733. 4. 

Man kann die Dauer dieser theologischen Mythenbehand- 
lung auf etwa hundert Jahre, bis gegen die Mitte des vo- 
rigen Jahrhunderts anschlagen. Ihr zur Seite geht eine 
analoge, auch auf Orthodoxie beruhende, die ebenso uner- 
quicklich war : die euhemeristische. Sie ging zu Anfang 
des achtzehnten Jahrhunderts von Frankreich aus und hat 
in diesem Lande noch heute sehr viele Anhauger. Sie 
verhalt sich nicht orthodox gegen das Christenthimi, son- 
dern gegen die Mythologie, und bildet in sofern die Ergan- 
zung und den Gegensatz der andern. Sie ist nuchtern, 
rationel, operiert mit Astronomic und Mathematik und fiihrt 
daher auch gern auf Astrolatrie zuriick. Hierher gehoren: 
Ant. Banier (p. 18 sq.). Freret (Mem. de 1'Acad. des 
Inscr. Tom. VII sqq.). Des Spasses halber: T; Pownall A 
treatise on the study of antiquities. Lond. 1782. 8. (Nach 
ihm enthalt ein Handels- und Schiffahrtssystem auf dem 
agaischen und schwarzen Meere die Auflosung fast der 
ganzen griechischen Mythologie.) 

In Deutschland fand das Studium der Mythologie wenig 
Freunde. Seit 1763 beschaftigte sich Heyne mit.demselben 
theils in Vorlesungen, theils in einer Reihe von Abhand- 
lungen in den Comment. Societ. Gotting. Man kann von 
Heyne nicht sagen, dafs er sich selbst recht klar gewesen 
ware iiber den Ursprung und den Inhalt der My then. Heyne 
hatte weder Phantasie noch spekulativen Geist: er halt sich 
liberal! mehr an der Oberflache; daher er mehr asthetisiert, 
als wirkJich griindlich forscht. Ihm zufolge ist der Mythos 



139 

entweder Ausdruck fur eine gesehichtliche Begebenheit oder 
fiir eine Meinung der altesten Zeit, wonach also die Mythen 
in historische und philosophische zerfallen. Ein solcher Aus- 
druck (sermo symbolicus s. mythicus) war fiir jene friihen 
Zeiten nothwendig, weil ihnen der eigentliche, ihren Ge- 
danken bestimmt entsprechende, Ausdruck fehlte. Hierin 
bestand ein grofser Fortschritt, wenn Heyne jm Stande 
gewesen ware, diesen Gedanken fruchtbar anzuwenden. Aber 
das war er nicht , und so kann man ihm eigentlich wenig 
Einflufs auf Behandlung der Mythen einraumen. (Gegen 
ihn sind die mythologischen Briefe von Vofs gerichtet.) 
Weit grofser war der Vorschub, den er der Mythologie 
leistete durch die Beforderung der klassischen Studien uber- 
haupt: Diese sowohl als das regere geistige Leben, welches 
riach dem siebenjahrigen Kriege iiberall sich offenbarte, und 
in welchem der Geist aus der rationalistischen niichternen 
Erstarrung der ersten Halfte des achtzehnten Jahrhunderts 
sich herausrifs, indem er einerseits sich sentimental in die 
Natur verlor, um an ihr wieder zu erwarmen, andrerseits 
zu frischer Thatkraftigkeit auf wissenschaftlichem und prak- 
tischem Gebiete sich ernaannte (Winckelmann, Kant, Gb'the, 
Herder, Schiller, Wolf, Franzosische Revolution), haben einer 
gedeihlicheren Behandlung der Mythen, wie sie seildem sich 
geltend gemacht hat, Bahn gebrochen. 

Die franzosische Revolution, der>konkreteste Ausdruck 
der Ideen , welche in der ihr yorangehenden Zeit sich ent- 
wickelt hatten, hatte besonders das Prinzip der Freiheit und 
Gleichheit zur Basis. Liberte, egalite, fraternite ist ihre 
Devise. Diese war das Produkt der geistigen Ruhrigkeit 
in der zweiten Halfte des vorigen Jahrhunderts. Ist dies 
der Fall, waren die Geister in eine Richtung gekornmen, 
welche ein solches Prinzip hervorbrachte, so ist auch schon 
a priori vorauszusetzen, dafs man dasselbe Prinzip auch bei 



140 

Behandlung der My then werde, natiirlich in entsprechender 
Weise, zur Anwendung gebracht haben. Dies ist nun auch 
allerdings der Fall gewesen, und zwar grade wieder in 
Frankreich. 

Dupnis (Origine de tous les ciiltes ou religion univer- 
selle. Par Dupuis, citoyen Francois. Paris, Tan III de la 

r 

republique. une et indivisible, Liberte, Egalite, Fraternite. 
Ill Bde. u. ein Bd. Planches. 4. Deutsch v. C. G. Rhe. 
Stuttg. 1839. 8. Gegen Dupuis: Calkoen iiber den 
Ursprung des mosaischen und christlichen Gottesdienstes) 
findet in alien Religionen denselben Inhalt; ihren geraein- 
samen Ursprung sieht er in der Astrolatiie. Aehnlich 
deutet Bailly (Essai sur les fables et sur leur histoire. Paris, 
an. VII. II Bde. 8. Sabaische Deulung auch in dem Artikel 
,,Mythologie" in der Encyklopadie methodique. Tom. IV.). 
Von Bailly's Volk der Atlanten auf den Gebirgsebenen Cen- 
tralasiens sagt D'Alembert ,,dafs es uns alles gelehrt hat, 
ausgenommen , seinen Namen und sein Dasein." Hierbei 
darf man nicht iibersehen die anderweitigen Anregungen, 
welche diese Manner auf wissenschaftlichem Gebiete erfah- 
ren hatten (Anquetil du Perron, Sanskritstudien). 

Angeregt zum Theil von denselben Ideen, aber sie mil 
reicherem Geist, tieferem Gefiihl und griindlicherer Kenntnifs 
anders gestaltend, hat Fr. Creuzer in seinem Epoche ma- 
chenden VVerke iiber die Symbolik und Mythologie der 
alien Volker sich verbreitet. Mit Schleiermacher m ) 
theilt er die schon friiher von demselben ausgesprochene 
Ansicht, dafs die Religion auf Gefiihl beruhe, mit Dupuis, 
Bailly und Schelling, dem Restaurator der Naturphilosophie, 
die VorsteUung von einem Urvolke, welches im Besitze alter 



137 ) S. dessen Reden iiber die Religion an die Gebildeten unter 
ihren Verachtern. Berlin 1799. 



141 

Weisheit und einer reinen Religion einst im Orient gelebt 
halte (III, 5.10). Trummer dieser Weisheit und Religion 
seien auf alle Vb'lker ubergegangen, indem vorzugsweise die 
Priester Triiger derselben gewesen waren. Diese Elemente 
reinerer Erkenntnifs, meint Creuzer, batten dem rohen 
Volke als solche nieht gegeben werden konnen, sondern 
nur indem man sie in Bilder verhullte. Daher der Unter- 
schied zwischen esoterischer und exoterischer Weisheit. 
Als das religiose Objekt der griechischen Religion nimmt er 
die Natur an. ,,Die sichtbareri Cotter, wie die Bildergotter," 
sagt er (I. p. 65 sq.), ,,waren Elementargotter ; und der ur- 
spriingliehe Inhalt der ganzen Gotterlehre, so wie der Ge- 
genstand der Pelasgisch - Hellenischen Kulte, war nichts 
Anderes als Physiologie." Daher erklart er (p. 67), ,,dafs 
die Stoiker insoweit mil ihren Erklarungen der griechi- 
schen Gotterlehre auf dem rechten Wege waren; obschoti 
sie dem allgenieinen Fehler aller systematischen Philosophen 
unterlagen, diesen riehtigen Grundansichten zuviel aus ihrer 
Physik und Ethik beizumischen." Die alteste, pelasgische 
Form der griechischen Mythologie bezeiehnet er als Religion 

\ * . 

des Magismus, als ein psychisches Heidenthuni (1, 8); die 
Erzahlungen von den Kyklopen, Giganten und Phaiaken 
sind ihm eine alte Sage yon .drei Urvolkern, welche durch 
mittelbare oder unmittelbare Abstammung mil einander ver- 
wandt, sich doch in Gaben und Lebensart von einander 
unterschieden (p. 11). ,,Fassen wir diese Ueberlieferung 
Pelasgischer Urzustande auf unsere Weise auf und lesen 
die einzelnen Merkmale zusammen, die uns die grieehische 
Sage von diesen Urstammen aufbehalten hat, so werden 
wir allenthalben einen Charakter von Unmittelbarkeit ihnen 
aufgepragt finden. Es ist, als hatten wir nicht mil Fleisch 
und Blut geborne Menschen, sondern Elementargeister vor 
uns, begabt mil einem wunderbaren Einblick in die Naturen 



142 

der Dinge, mil einem so zu sagen magnetischartigen AU- 
gefuhl. Sie besitzen Kra'fte Feuer, Wasser, Winde zu be- 
meistern" (p. 13 sq.). Zu diesen ersten Anfangen der 
Religion seien nun von den verschiedensten Seiten her, aus 
Aegypten, Libyen, Phonizien und den scythischen Landern 
Elemente nach Griechenland gekommen, vvelche die mate- 
rielle Substanz der grieehischen Religion bilden, wahrend 
der hellenische Geist si& durchdrang und ihnen seine Form 
aufpragte (HI, 5 sqq.). j,Uie neueste Mythologie bewegt 
sich noch iiiimer um ganz entgegenslehende Pole und wird 
auch ferner sich in dieser Richtung bewegen, so langeman 
sich nicht entschliefsen wird, von "Anfang anzufangen und 
die Wiege der griechisch-ilalischen Gdttheiten da aufzu- 
suchen, wo sie zu linden sind, namlich im Orient" (III, 510). 
Von seiner synkretistischen und mystischen Art, die Mythen 
zu deuten, werde ich mehrfach bei der Darslellung der 
grieehischen Goiter zu sprechen Gelegenheit haben; vergl. 
inzwischen iiber Janus I, 58 sqq.; iiber die kyklopischen 
Bauten I, 61 sq.; iiber Abaris II, 543 sqq. 660 sqq.; u'ber 
Athene Tritogenia III, 369. Daher kommt es, dafs er den 
Orphikern und Neuplatonikern grofses Gewicht beilegt 
(I, 51 sqq.), dagegen dem Hesiod nur geringes (1,71). Da 
Creuzer (I, XII) selbst sagt, dafs ihm die Grundsatze und 
Ansichten Gerhards ' unter alien am meisten zusagen, so will 
ich lieber ein Beispiel der Mythendeutung von Gerhard ent- 
lehnen, um damit zugleich den Standpunkt dieses Koryphaen 
der Archaologen, dem die Andern mehr oder weniger alle 
folgen, zu bezeichnen. 

Gerhard hat die Principien seiner mythologischen 
Ansichten ausgesprochen in einem Aufsatze seiner Hyper- 
boreisch-Romischen Studien. Berlin 1833. Th.I, und aufser- 
dem in einer Reihe von einzelnen Erkiamngen antiker 
Kunstwerke. Ich entlehne eine Deutung der Hera aus seinem 



143 

Prodromus mythol. Kunsterklarung. Sluttg. 1828. Er sagt 
dort p. 8: ,,Hera ist in ihrer popularsten Beschrankung die 
mil dem obern Himmel gepaarte niedere Luft, in hoherer 
und unseres Bediinkens aiterer Ansicht die Mondscheibe als 
Gemahlin eines als Sonne gedachten, die Erde und Unter- 
vvelt in gleichem Verhaltnifs zu einem als Himmelsgewolbe 
oder als erzeugende Erdkraft ausgesprochenen Zeus (sic); als 
Gemahlin eines universellen dreifachen Zeus aber ist sie 
eines wie das andere, ein irdischer Mond namlich, eine 
lunarische Erde und befruchtende Mutter der Sinnen welt, so 
gut als ein himmlischer Mond, eine atherische. Erde als ge- 
barendes* Princip der gesammten Schopfung des Univer- 
sums." In der That, man inufs gestehen, dafs diese Art 
der Mythendeutung sich nach Form und Inhalt ganz nahe 
zu der Creuzerscheri stellt, der zu Folge der Kult der Hera 
iiber Phonizien aus dem Orient zu den Griechen gekommen 
und mit dem der babylonischen Mylitta und indischen Bha- 
vani identisch ist; der zu Folge Hera der Mond, Stern 
Venus, Erde und vieles andere ist; der zu Folge endlich 
die Ehe des Zeus mit der Hera nichts anderes darstelli als 
eine Personifikation der Natur, aufgefafst in dem bestandigen 
Wendepunkt von Chaos und Kosmos. 

Wer Joh. H. Vofs nur aus Einer seiner Schriften 
kennt, kann leicht von selbst abnehmen, ein wie entschie- 
dener Gegner der Creuzerschen Auffassung der Mythologie 
er sein mufste. Er hat sich denn auch mil seiner ganzen 
'Niichternheit und Grobheit gegen dieselbe ins Geschirr ge- 
legt und sie bis an seinen Tod bekampft. Die von Creuzer 
so gefeierten Orphiker nannte er ,,pfaffische Biindler, Glie- 
der einer geheimen Briiderschaft, welche das von Judaa 
und durch die Philosophic gewonnene Licht, durch die 
schandlichsten, Erfindungen verunstaltet , zum leiblichen 
Nutzen einer habsiichtigen Priesterschaft anzuwenden trach- 



144 

teten." - Vois ist kein Mythologe, und ich werde kaum- 
Gelegenheit nehmeh, mich im Verlaufe dieser Vorlesungen 
auf ihn zu beziehen. Daher will ich auch nicht naher auf 
seine Ansichten eingehen 138 ). Im Allgemeinen erhalt man 
sie, wenn man das direkte Gegentheil von dem annimmt, 
was Creuzer. Sein bedeutendster Anhanger istLobeck, 
der sich daher auch mit seiner enormen Gelehrsamkeit 
darangemacht hat und mit gutem Grunde, in seinem Aglao- 
phamus die Fragmente der Orphiker als spatere Machwerke 
zu erweisen. 

Creuzer verha'lt sich zu Vofs wie der Pietist oder Su- 
pranaturalist zum Rationalisten. Deshalb stehen alle mysli- 
schen Naturen, namentlich bigotte Katholiken, auf Creuzers 
Seite: also Baur, Kanne, C. Hitter, Schelling; Gorres, 
Wagner, Hug, Windischmann u. A. 

In gleicher Weise wie dem rationellen Charakter von ' 
Vofs, mufsten die Creuzerschen Ansichten G. Herrmann 
mifsfallen. Von ihm gilt dasselbe wie von Vofs : er ist ^ 
kein Mytholog. Seine Ansichten hat er in mehreren kleinen 
Schriften dargelegt: de mythologia Graecoruni antiquissima. 
Lips. 1817. De historiae Graecae pritnordiis. ibd. 1818. 
(beide in Opusc. II, 167216). Briefe uber Homer und 
Hesiod. Heidelberg 1818. 8. Ueber das Wesen und die 
Behandlung der Mythologie. Lpzg. 18l9.;8. 139 ) ,,Quae 
hac dissertatione et ea, quae sequitur, scripta sunt, fuerunt 
qui vel ut lusum riderent, vel, si serio dicta essent, vitu- 
perarent." Opusc. II, 167. not: ,,Quae superiore anno de 
antiquissima Graecoruni mythologia scripsi, fuerunt qui 
joco scripta putarent." Opusc. II, 195. My thus ist ihm 
bildliche Darstellimg einer Ideej der Weisheit oder des 



138 ) Vgl. O. Millie r. Prolegg. p. 321 sqq. 

139 ) Vgl. O.Mii Her. Prolegg. p. 336 - 



145 

gesattmiten menschlichen Wissens, welches ganz in den 
Handen der Priester war. In dem Ersten stimmt er mil 
Vofs, in dem Zweiten mil Creuzer iiberein. 

Auf demselben fationalislischen Slandpunkle steht A. 
Boi tiger (Kunstmythologie. Dresden 1826 u. 1836.IIBde.8.) 
Trosilos niichtern, mil entschiedener Vorliebe fur den Euh&- 
merismus. Fetischisnius ist ihm die altesle Religionsform 
Griechenlands, die durch Einwanderungen iiber Kleinasien, 
spater durch Landungen der Phonizier an den griechischen 
Inseln und Kiistenlandern, Zusatze aus dera Sternendienst 
des Orients erhielt. Die Titanenfabel kommt durch eirie 
kaukasische Kolonie. Aber noch viel bestimmter enipfirigen 
Griechenlands rohe Urbewohner den Sternen-, d. hi den 
Sonnen- und Mond-Dienst, durch ihren friihesten Verkehr 
mil den Phoniziern (II, 213). Von seinen Deutungen ein 
Beispiel. Die Sage von Kleobis und Biton wird folgender- 
mafsen erklart. (II, 282 not.): ,,die vierundzwanzig Stadien, 
die Hitze, ; der Schlaf im Tempel. Natiirlich mufste ein 
Schtagflufs erfolgen." 

Wahrend Creuzer, Gb'rres und Genossen den fruchtba- 
renKeim, welchen Schleiermacher zuniichst fiir die christliche 

* -' .' Y" ' ' . 

Religion dadurch angeregt hatte, dafs er die Fleligion wesentlich 
in 4as Gefuhl'Selzte, auf dem Gebiete der Mythologie zu.einem 
wucherischen, phanlastischen Baum subjektiver Traumereieh 
grofsgezogen hatteri, waren. im Gegensatze dazu Vofs, Her- 
mann, Botliger in ihrer rationellen Verstandigkeit darauf 
beharrt, die Religion als. ein Produkt des Verstandes, logi- 
sch6r Qperalionen zu betrachten. Der erste, der diese beiden 
Extreme in eine hohere Einheit leitete; stall des myslischen, 
verschwimmenden-Gefuhls das sich selbst gewisse, bestimmte, 
klare Gefiihl statt des Ralionalismus das Gefiihl u'ber- 

haupt fiir die Mythologie geltend machte, war: 

' *.','. - - 

Lauer Griech. Mylhologie. 10 



146 

Ph. Bullmann Myihologus. II Bde. 8. Berlin 1828 sq. 
Indent er den glinzlichen Untevschiecl tier Mythen von alter 
Gesehichle behau|)tel (Vorrede), uiid dafs die Goiter- von 
dem Voike nieht gesucht oder erfunden werden, sondern 
sich ihm gleichsam von selbst in den Weg stellen , erklart 
er sich sowohl gegen die euhemeristische als gegeh die 
rationalistisehe Mythendeutung. ,,Rohe Vblker, sagt er I, 
12 sq., bilden sich nie eine Gottheit aus nichts, inn ihr ein 
Geschlifl aufzulragen. Nicht nur dafs Gotter seien, son- 
dern selbst, dafs diese und jene beslimmte Gottheit sei, 
ist. ihnen ein Gegensiand der Erfahritng, sovvie die Existenz 
dieses oder jenes Menschen. So erfuhren sie jene aller- 
ersten physischen Gotter, Sonne, Mond, Feuer u. s. w. So 
stellten sich ihnen unvermerkt, ohne ihren Willen, bios durch 
Eingesphranktheit derSprache und derBegriffe, auch andere 
Gegenstande, wie Erde und Meei-j wie Liebe und Klugheit, 
als Gqttheiten dar." ,,Abstrakte BegrifFe" [ethische] ,,erhebt 
ein jttnges Volk noch wenig zu eigenen Gottheiten. Es 
tragt die Macht und Aufsicht uber solche Gegenstande 
Jieber einer schon vorhandeneii' physisehen Gottheit auf." 
(I, 6 sq.) Indien betrachlet Buttniann als Urland; auf 
Griechenland haben nach ihni in religib'ser Hinsicht ^infliisse 
vori Asien stattgefunden. Bei semen Deutungen wendet er 
Mythenvergleichung an. . 

Durch Buttmann angeregt hatte sich 0; Muller my- 
tholpgischen Studien zugewandt.. Er hat seine Arisichten 
theils in seinen Schriften iiber Orchomenos und die Dorier, 
in seiner Abhandlung iiber Athene, theils in seinen mehrfach 
genannten Prolegomenen niedergelegt. Einen Fortschritt 
gegen Buttrnann hat er schon dadurch gemacht, dafs ihm 
die asiatischen Einfliisse verschwinden , er die griechische 
Mylhologie aus sich selbst begreift, als Produkl des grie- 
chischen Geistes. Auf der andern Seite mufs ich sagen, 



147 

.dafs 0. Muller, %yas seine theoretischen Ansichten beirifft-, 
hinter Btittmann zuriicksleht. Er steht einerseits dem Euhe- 
merismus, andrerseits dem. Rationalismus naher als jener. 
Nach O. Muller enthalt namlich der Mythos Angabe des 
Geschehenen und Gedachtes, Reelles und Ideelles, 
beides meist eng mil einander verflochten, so dafs der Aus- 
druck ,,historische und jihilosophische Mythen" nur.auf.sehr 
wenige passe (6770). ,,Von der mythischen Darstellung 
irgend eine Klasse .von Ideen und Gedanken zum voraus 
auszuschliefsen , haben wir keinen Grund, .wenri irgend 
denkbar ist, dafs sie innerhalb des Kreises der geistigen 
Thatigkeit jener friiheren Menschen gelegen haben konne. 
Ganz ini Gegentheil ist es sehr wabrscheinlich, dafs eine 
Gesatnmtheit von Wissen und Denken. in der "Mythologie 
enthalten ist" (77 sq.). ,.Der mythische Ausdruek isfc einer 
Zeit nothwendig, welche no.ch nicht gewobnt war, Ge- 
dachles als solches, so vvie das reine Ergebnifs deir Erfah- 
rung mit Bestimmtheit auszudriicken und das Eine vom 
Andern gesondert zu halten" (p. 78). .T Riicksichtlich dc 
F.aktisch.en sagt 0. Muller p. 81, ,;,es lasse sich, obwohl 
so manches von den Mythen als mythischer Ausdruek hin- 
wegfalle und oft als That dargestellt werde, was nicht 
eigentliche That war, doch im Ganzen nicht zweifehi, dafs 
Tradiiipnen von dem Leben und Treiben heroischer Stamm- 
anfiihrer einer frtihern Zeit Griechenlands die Hauptmasse 
seien und dem Ganzen die Farhe gegeben ha'tten." 

An welchen Mangeln diese Ansichten leiden, ist un- 
schwer .zu sehen 140 }. . Der Hauptmangel ist r dafs Muller zu 
wenig die Religion in der griechischen Mythologie im 
Auge hat. Als Historiker behandelt er sie zu aufserh'ch; 



14fl ) Vergl. Fie is. cher, und.Stuhr ,,O. MaUer als Mytholog" 
Hall. Jahrb. 1838. Dcbr. no. 294 299. 

10* 



148 

dafs sie auf dem Gefuhle ruhe, lafst er ganz unbeachtet. 
Sie ist ihm zu -se.hr. ein todter Korper, an dem er seine 
anatomischen Untersuchungen macht. .Daher ist seinHaupt- 
geschaft auch das Verfolgen der histprischen Entwiekelung 
und Ausbreitung eines Kultus, sein Verhaltnifs zum politi- 
schen Leben u. s. w.; und. in dieser Beziehung ist aufser- 
ordentlich viel von Miiller zu lernen. Aber er war keine 
hingebende Natur, die von. dem Mythos sich hatte durch- 
ziehen und erfiillen lassen, die den Mythos in sich wieder- 
gefiihlt hatte. Er stand dem Mythos stets als Kritiker, 
Philolog, Historiker, Archaolog gegeniiber. .Eine ganz 
andere Natur ist in dieser Hinsicht 

F. G. Weicker, vgl. oben. .Ihm ist die ganze grie- 
chische Mythologie ein hieratisches Natursystem, eine Kette 
von Anschauungen und Spekulationen iiber die Natur, in 
Rathsel eingekleidet durch Priester. Gliicklicherweise haben 
diese Principien \yenig Einflufs auf die Deutungen Welckers 
gehabt, ja ich mochte bezweifeln, dafs er sie noch jetzt 
feslhalte. In seinen Deutungen verrath sich ein feines Gefiihl 
fiir die Natur und sie.sind deshalb mehr als die irgend eines 
andern Mythologeh brauchbar und anregerid. N.ur ist Weicker 
nicht immer ganz klar, weder im Ausdruck .noch im Ge- 
danken. .''''.' 

Mil Weicker, O. Miiller und Buttmann hat die Mythen- 
forschung einen bedeutenden Fortschritt gegen die friiheren 
gemacht. Der bedeutendste Mytholog der neuern Zeit 
aber ist 

P. F. Stuhr. Seine Ansichten s. oberi p. 41 sqq. Man 
darf beim Lesen seiner Schriften nicht vergessen, dafs es ihm 
dabei weniger darum zu thun gewesen ist, die ganze Masse 
des Stoffes in ihrem verwirrenden und verwbrrenen Reich- 
thum neben einander zu stellen, als vielmehr darum, einer- 
seits das geistig bedeutsame in den heidnischen Religionen 



149 

hervorziiheben, andrerseits die religiose Entwickelnng der Vol- 
ker im Verhaltnisse zur Natur.und Geschichte (I, Vorrede, p. 3) 
nachzuweisen. Das Heidenthum hat seinen Boden in derNatur, 
inwiefern namlich alle heidnische Gesirinung ihre urspriing- 
liche Wurzel in dem Verfallensein des menschlichen Geistes 
an die Natur hat (ibd. -XIX). ,,Die Welt des Mythos nun 
ist nichts ancfares, als eine Welt geistiger Vorstellungen, in 
welcher sich der Geist des innern Reichthuras der Geschichte 
seines Seelenlebens bewufst wird. Nicht ein aufserUcher, 
natiirlicher Gegenstand, noch eine aufserliche, geschichtliche 
Begebenheit bildet oder erftillt den Inhalt eines Mythos; 
dieser \ielmehr ist ein Erzeugnifs aus der Bewegung der 
Erregtheit des innern Seelenlebens" (fl, p. VII sq.). 



Die grlecliisehe GOtterwelt; 



Ehe man an cine Belraehtung der reichen Fulle grie- 
chischer GoUergestalten gehen kaim, ist es nothig> sich 
etwas darin zu orienlieren, die Cotter zii klassificieren , urn 
einen Ueberblick zu gewinnen. Hierbei sind verschiedene 
Methoden moglich: 1) die genealogische 1 ). Diese war 
durchaus passend fiir die griechischen Mythographen, weil 
sie an die Wirklichkeit. glaubten und eineh historischen Stoff 
nur historisch behandeln konnten, weii sie in ihm staiiden. 
Wir kohnen dies ganz aufserliche Princip nicht befolgen. 
2) Nach der Rangordnung. Im Allgemeinen also: olyih- 
pische Cotter, Halbgotter, Heroen etc.; im Besonderen die 
Zwolfgotter, deren Verehrung sich als die bedeutendste in 
Griechenland herausgeschieden hat. Au'ch dies Prineip, wie 
oft es auch angewandt sein mag, ist unbrauchbar. Denn 
erstens besteht dieser Verein. von zvvolf Goltern nicht immer 
und ,nicht uberall aus denselben Gpttheiten. Gewohnlich 
sind es: Zeus Hera, Poseidon Demeter, Ares Aphro- 
dite, Hermes : Hestia, Apollon ~ Artemis, Hephaestbs 



') S. "die Tafeln bei Heyne . zvini Apollodor (oben p. 17). 
C. F. S. Liscovius Systema genealogiae mythologicae in tab. red. 
Lips. 1822 fol. * 



151 

Athene 2 ). Diese Gruppe ist wohl ziierst in Athen gebiidet, 
wo auf dem Markte der Altar dieser Zwdlfgolter stand 3 ). 
Aber die Glieder dieser Zwb'lfzahl schwanken mehrfaeh 4 ), 
und ist demnach kein allgemein giilliges Anordhuiigsprinclp 
hieraus zu entnehmen. Urn so weniger als zweitens durchaus 
nicht einmal anzunehmen ist, dafs alle diese Haiiptgotter 
liberal!: verehrt worden seien. Denn was 0. Mtiller 5 ) sagi, 
,,dafs es wohl keinen .bedeutenden St.aat gab, der nicht alle 
Hauptgo.lter, wenn auch manche auf eine minder feierliche 
Weise, verehrt hatte," darf man doch nicht ohne alle Ein- 
schrankung zugeben. Ware es aber auch, so war doch in 
deri verschiedenen Staateh das Ansehen der einzelnen Goiter 
ein sem* verschiedenes, dergestalt dafs hier fur den vor- 
nehmsten Goit geachtet, der anderwiirts : kaum beachtet 
wurde, wie z. B. Pan, in Arcadien HaUptgottj erst riach der 
Schlacht bei Marathon nach Athen kain. 3) Nach den 
drei grofsen Einheiten der Natur, aus welchen alle 
Goiter hervorgingeh und auf welclie sich alle zuruckfiihren 
lassen (s. oben p. 5B sqq)- Dies ist oflenbar die richtigslie 
Einlheilung. Sie isl einfach, beruht auf friiher Entwickeltem 
und hat zugleich die Auloritat des Alterthums fur sich. 
Denn die Vertheilung der Welt unter Zeus, Hades und 
Poseidon, wie sie schon Homer kennt 6 ), ist uralt und zu 
alien Zeiten'giiltig gewesen 7 ). Also &eol 



2 ) Juno, Vesta, Minerva, Ceres, Diana, Venus, Mars, Mercurius, 
Jovis, Neptunus, Vulcanus, Apollo (Ennius). 

3 ) Thucyd. VIj 54. . : 

*) Vgl. Gerhard Ueber die Zwolfgotter Grids. .(Sclav d.Berl. 
Akad. 1840. p. 383 396.J. Preller (Verhandl. A. <ften Vefs. deutscli. 
Phllol. 1846. p.. 48 sqq.). K. Fr. Hef inanh Gottesd. AttertH. d.- Gf. 
. 6,7. - . ' . 

5 ) Prolegg, p. .238. - 

Vd-i 187 sqq. 
') Vgi. Pi-eller Demeter u, Persephone. Hainb, 1837; 8. p. 184. 



152 

%&6vioi. Diese Einlheilung nimmt jedoch nur Riicksicht 
auf das Naturobjekt, nicht auf. die ethische Auffassung einer 
Gottheitj nach welcher auch Hera zu den #eot vnatoi, ge- 
rechnet werden miifste. " Ich trenne indessen auch nicht 
Natiirliches und Ethisches, weil, wie ich bereits friiher mehr- 
fach bemerkt habe, beides in der Religion selbst auf das 
Innigste mil einander verbunden erscheint. 



Erster Theil. 

Die Himmelsgotter (&eol vnaroi.~) 

Die Besonderheiten , welche am Himuiei hervortreten 
(Aether, Sonne, Mond, Sterne, .Tag und Nacht (Morgen- 
und Abendroth) Wolken, Regenbogen, Wind) geben auch 
das Prinzip fiir die Eintheilung der Gottheiten, welche unter 
dem Gesammtnamen ,,Hmiinelsgottei*" begriffen werden. 



Erstes Kapitel. 

Die Aethe;r goiter. 



Unter diesem Namen werden die Gotter des blauen 
Himmelsgewolbes verstanden; doch konnen . diese als die 
universellsten Himmelsgotter auch die iibrigen ' Himmelsv 
gottheilen in sich schliefsen. - 

Wenn man die Reichhaltigkeit des Wesens der Aether- 
goiter betrachtet, so sollte man beinahe glauben, dafs der 



153 

Himmel in seiner verhaltnifsmafsig einformigen Erschei- 
nung kaum so reiche Empfindungen in der Seele konne 
geweckt haben, als si e in den Mythen von diesen Gottern 
niedergelegt sind. Gleichwohl ist es eine nicht zu bezwei- 
felnde und auch bei genauerem Eingehen leicht erkennbare 
Wahrheit, dafs der Himmel (als Totalitat-gefafst, Sonne, 
Mond und Sterne inbegriffen), in seinen Eindriicken unend- 
lich reich und vielseitig ist und darin vollkommen der Uni- 
versalitat der Griechischen Himmelsgotter entspricht. Ich 
will versuchen, die wichtigsten dieser Eindriicke anschaulich 
zu machen. 

Der Anblick des liber die Erde hingebreiteten, sie 
gleichsam umfassenden Himmels, der ihren Schoofs rait seir 
nem Regen befruchtet, erzeugte die grofsartige Anschauung, 
nach welcher Himmel und Erde als Mann und Frau gedacht 
wurden. Das innige Wechselverhaltnifs des Himmels und 
der Erde, wie es sich in der Wirklichkeit zeigt, hat auch 
bewirkt, dais uberall und stets die Himmelsgottheiten in eine 
nahere Beziehung zu den Erdgottheiten gestellt erscheinen. 
So sind Zeus und Hera aufser Ehegatten auch Geschvvister; 
die Wolken- und .Wondgdttheiten werden als Begleiter der 
Erde, der Sternenhimmel als ihr Schmiiek angesehen 8 ). 

Spielen schori diese Anschauungen in's Ethische, so ist 
dies noch mehr der Fall, vvenn der aller Orten uns nahe, 
Liclit und Warme gebende Himmel, der mil seinem Auge 
iiber uns wacht und die Friichte gedeihen lafst, durch die 
wir leben, als Vater dargestellt wird. Wie sehr aber diese 
Anschauungen alien Volkerh gerecht sind, zeigen Stellen 
aus neueren Dichtern. Holderlin hat ein Gedicht ,,an den 



8 ) Anders gestaltet sich das Verhaltnifs des Meeres zur Erde: 
es spielt die Rolle eines die Erde verfolgenden Liebhabers ( 
don Demeter), 



154 

Aether" 9 ), in welchem Vater Aether" mehrmals vorkoniint; 
dann aber eine Stelle io ) : Und wenn ich oft dalag unter 
den Blumen und am zartlichen Fruhlingslichte mich sonnte, 
und hinauf sah in's heitere Blau, das die warine Erde utn- 
fing, wenn ich unter den Ul'men und Weiden, im Schoofse 
des Berges safs, naeh einem erquickehden Regen, Wenn die 
Ziweige noch bebten von der Beriihrung des Himmels und 
unter dein tropfelnden Walde sich goldene Wolken beweg- 
ten hast Du mich lieb, guter Vater im Himmel! 
fragt' ich dann leise, und fiihlte seine Antwort so sicher 
und selig am Herzen." Go the: ,,\Venn der uralte Heilige 
Vater, Mil gelassener Hand Aus rollenden Wolken Seg- 
nende Blitze Ueber die Erde sat, Kufs' ich den letzten 
Saum seines Kleides, K i n d 1 i c h e Schauer treu in der Brust." 
Heine 11 ): ,,sobald er aber fort war, fingen die Baume 
wieder an JBU sprechen, und die Sonnenstrahlen erklangen, 
und die Wiesenbliiniehen tanzten, und der blaue Himmel 
u m a r m t e die griine E r d e." Derselbe an einer anderen 
Stelle. 12 ): ,,Die in Nebel versinkende Sonne habe ausgese- 
hen wie eine rothgliihende Rose, die der galante Himmel 
herabgewprfen in den weitausgebreiteten , weifsen Braut- 
schleier seiner geliebten Erde."- ; 

Damit ich aber nieht moderne Anschauungen den Alien 
unterzuschieben scheine, fuhre:. ich noch zwei Stellen aus 
Euripides und Aeschylus an. Euripides 13 ): 



,,Siehst Du den blauen Aether endlos iiber Dir" 

,jDie Erd umfassenrt rings mit zattem, feiiclitem Arm?" 

,,Den halte. Du fiir Zeus, den bete an als Gott." 



9 ) Werke I, 102 flgd. 

10 ) Werke I, Abth. 2, P ; 9, 
") Reisebilder 1^ 181. 

1J ) Ebendaselbst p, 



3 ) Valckenaer Diatr. in Eur. perdit. dram, relig. \>. 47. 



155 

Aeschylus 14 ): 

,,Es s.ehnt dev keusche Himmel sich zu umfalm die ErcV" 
,,Sehnsuclit ergreift die Erd f sich zu vermahlen ihm;" 
,,Vom schlunimerstillen Himmel stromt des Regens Gufs," 
,,Die Erd' empfanget und gebiert den Sterbliclien" 
,,Der Heerden Grasung und Deineters milde Frucht;" 
,,Des Waldes bluhnden Frukling laTst die regnende'V 
,,Brautnacht erwachen." 

Ira Anschlufs an die ethische -Auffassung des Hirmiiels 
als Vater wuf de ads den natiirlichen Eigenschaften des 
Aethers eine Reihe von Eigenschaften des Himmelsgottes 
abgeleitet. Die unerreichte Hohe des Himinels Weckte die 
Vorstelhing des Erhabenen und Ewigeh, sein Glanz die des 
Weisen und Giitigen; aus der Bla'ue und AHgegenwai't er- 
\vuchs die Eigenschaft der Trette 15 ), der Barmhefzigkeit und 
des Hulfreichen; aus der Unwandelbarkeit die Vorstellung 
des Ernsten, Machtigen und Gerechten. 

Jemehr nun der Volksglaube Sonne und Sterne von 
der Totalitat des Himmels sonderte und sie zu selbststan- 
digen Gottheiteh herausbildete, desto mehr macliten den 
Wirkungskreis der Aethergotte^r die Wo 1 ken aus. Diese 
wurden angeschaut als Schild (Homer), als Wagen (bei Ares) 
.-als- Schiff (bei Athene) ja auch als Gans oder Schwari. Eine 
besonders be|iebte Vorstellung der Wolke ist jedoch die 
eiries Weifsvlfefsjgen Widders. 18 ) (auch einer Ziege ctl't*~ 
Aegis). Zu mahcherlei Bildern hat der B li tz Verahlassung 



14 ) Bei Atben. XIII, 600 (aus den Danaiden Frg. 108. Ahr. 
38 Dind.) 

*) Vgl. in Anastasius Griin's ,,Meerfahrt" die Stelle: 
,,Wie- so rein des Himmels Blaue" 
j,Ueber. ineinem Hanpte glanzt"- 
,,Licht lind fest wie ew'ge Treue," 
,,Wandellos und unbegrenzt." 
6 j Vgh un ten den Aufsatz; ,,Athene mit dem Widder." 



16) 



156 

gegeben. Er wurde angeschaut als Schlange (besonders 
wegen des stechenden Blicks der : Schlange) als Eule, aus 
deren dunklem Gefieder das Auge hervorblitzt, als Wolf, 
aus dessen weifsgrauem Fell das Auge leuchtet t! ). 

Der Donner hat zu keiner Anschauung Material ge- 
liefert, wohlaber zu einer Vorstellurig. Er erschreckt, und 
daher ist die Donnergottheit als schreckliche gedacht, mit 
gewaltiger Stimme begabt, woraus sich dann aber mitBezug 
auf diese Gottheit auch die Vorstellung des Musikalischeri 
gebildet hat. Der Regen wird als Segenspender angese- 
hen, weil er Nahrung, Gesundheit und Reichthum giebt. 
Endlich hat das Herumziehen und Toben am Himmel, das 
Blitzen und Donnern , und das Spiel der Wolken. die Vor- 
stellung von Krieg und Tanz 18 ) erweckt, und daher sind 
diese Gottheiten Krieger, Jager, Gymnasten und Tanzer. 

1. OvQctvog. 

. Als der alteste Gott, dessen Name ihn schph selbst als 
den Gdtt des Himmels bezeichnet, wird. Uranos genanqt, 
wenigstens von den nachhomerischen Schriftstellern. Er 1st 
nur eine theogonische Figur, kerne lebendige Geslalt des 
Glaubens. Er hat nie Verehrung genossen. Wenn 0, 36 
und E, 184 in einem Schwur yctia xccl OVQCCVOS SVQVS VTHSQ- 
&ev angerufen werden, so ist ^einfach Erde und Hiinmel, 
nicht Erdgb'ttin und Himmelsgott zu verstehen, und daher. 
auch yala und OVQUVOQ zu schreiben,- wie dies Bekker 



17 ) You den Deutschen ist der Blitz als Luchs und als Katze 
aufgefafst (Bullerluchs, Bullerkater). die Wolkengotter (wie bei den 
Griechen) als Popanze. Vgl. G*imm, d. M. II. Aufl. p. 473. 
19 ) Vgl. in Lenau's Gedicht: ,,Meine Braut" 

An der duftverlorneri Granze 
Jener Berge tanzn hold 
Abendwolken ihre Tanze, 
Leichtgeschiirzt im Strahlengold. 



157 

gethan hat. Ebenso wenig fiihrt der Ausdruck 
dessen sich Homer bedient, auf eine Person Ovgavosj er 
bezeichiiel vielmehr die .Goiter als Himmelsbewohner; als 
die Himmlischen , nicht als Nachkommen des Uranos 19 ). 
Daher braucht Homer auch nie den Ausdruck Ovqavidat 
von den Gottern, wohl aber Hesiod, b'ei deiii wir zuefst 
den Uranos als Person finden. Man mufs sich iiberhaupt 
huten, jede bei einem Dichter vorkommende mythische Figur 
zugleich fiir eine.im Kulte und in der Religion gefeierte 
und anerkannte zu halten. Was uns Hesiod vom Uranos 
erzahlt, ist theogonische Spekulation, in der allgemeih -my- 
thische E^lemente mil subj.ektiven vermisciit sind. . 

Nach Hesiod 20 ) war im Anfange das .Chaps, aus dem 
sich zuerst die.Fcff SVQVOTSQVOS urid unterhalb ihrer der 
Tartaros ausschieden ,. nebst dem Eros. Die Ge aber er- 
zeugte den sternigen LIranos, damil er sie rings umschlosse 
und den seligen GSttern ein ewig fester Wohnsitz sei 21 )j 
dann zeugte sie die grpfsen Berge, der. Goiter angenehme 
Behausungen (129) und das unfruchlbare Meer im Wogen- 
schwall brausend, nemlich. den Pontos (131 sq.). 

Diese Vorstelliingen sind die Produkte einer einfachen, 
sinnig -reflektiereriden Naturbetrachtung. Wer sich die Art 
und Weise, wie alles entslanden sei, yprstellen will, der 
wird kaum anders als mit der fprmlosen Materie, dem un- 
geordneten, fliissigen, noch' nichi zu was gewordenen Stoffe, 
als der Mb'glichkeit alles Seins. beginrien konnen 22 ). Aus 
diesem Chaos sondert sich ztierst die Erde (Ge). Warum 



") Vgl. Volcker Japet. p. 294. 324. Horn. Geogr. p. 19 sq. 

20 ) TK. 116 "sqq.. 

at ) Nach. dem Dichter der Titanomachie war Uranos Al&fgos vtos. 
(Cramer An. Oxon. I, 75). 

22 ) Anders fafst den Begriff des Chaos. Schomann Aesch. Prom, 
p. 107 sq. 



158 

diese? Sie 1st dein Belrachtenden das Erste, dessen er selbst 
bedarf. Sie 1st ihm zugleich das unmittelbar Gewisse und 
Niichste; erscheint dein auf ihr befindlichen Menschen als 
d'e'r Mittelpunkt des ganzen grofsen Weltenbaues. Und wenn 
nun von der Erde der beobachtende Blick ausgeht, so sielil 
er "zunachst von ihr aus den Himmel sich erheben. Es ist, 
als ob er von ihr heraus sich iiber ihr wolbe und insofern 
von ihr erzeugt sei 23 ). . 

Mil den Bergen, diesen grofsen Briisten der Erde, ist 
es nicht anders, .und auch die B.etrachtung des Meeres er- 
zeugt dieselbe Vorstellung 84 ). . 

Der Tartaros (TCCQTCCQK yegoewd) bezeichnet die 
Schluchten unterhalb, nicht innerhalb der Erde. Sobald die 
Erde als feststehend hirigestellt ist, s,ind unterhalb ihrer der 
Vorstellung ebenso Schluchten und.dunkle, sonnenleere 
Raurae gegeben, als oberhalb der weite, helle Luftraum. 
Was den Eros betrifft, so ist anzunehmen, dafs .die alteste 
Theogonie diesen nicbt gekannt hat. Nicht bios steht er 
ganz wirkungs- und beziehungslos da, sondern er fallt 
auch als dynamisches Princip nicht in das unmittelbare 
Volksbewufstsein. Es scheint in dieaem Eros orphischer 
Einflufs sichtbar. Der Eros des Volksglaubens war nicht 
eine geistig geslaltende, schaffende Macht 28 ). - 

Bei Hesiod zeugt nun weiter Uranos mil der Ge 



* 3 ) ,,Cpeluin for si tan e terra natam dieitar, ,quum ad sensura 
oculorum ex ultima ora terrae prodire yideatur." ST. Tragird de 



variis mythorum systematt. ap. Gr. P. II. Gryph. 1805. 4. p. 10. 

24 ) ,,Pelagus autem, yai mare mediterraneiim significare oportet, 
quum Oceani in subsequentibus mentio fiat, e terra oriundus dici 
videtur, quod ab omni parte a margine ejus circumdatns quasi sinu 
ipsius fovetur." Tragard a. a. O. p. 10. 

5 ) Vgl. Brand is Gesch. der Philos. I, p. 74 sq. 



251 



159 

1. Die Titanen 26 ) 

Kolog, 'YneQtav, Qdcc,, Q>oifiq, K(>eiog, 
, Tij&vg, Kgovog, 'Pela, e(.ug, Mvrjfioavvq. 

Okeanps. Wahrend der Pontqs, das innere, rings 
von der Erde iimschlossene Meer als Sohn der Ge allein 
betrachtet wird, erscheint der Okeanos, das die Erde um- 
gebende Meer, zugleich als ein Sohn des Uranos, well auch 
er vom Hiramel eingeschlossen wir.d, . der an deji aufsersten 
Grenzen ihn zw beriihren scheint 27 ). 

Eoios^ der Feurige, yon Kaito* 8 ) (zeugtmit der Phoibe 
die Asterie und Leto) 29 ) und 

Hyperion, der Hoch- oder Dariiberwandler, be- 
zeichnen sehr deutlich die Sonne 30 ), sowie 

Theia, die G 1 a n z e n d e, von dscco&cti,* l ), und 

Phoibe^ die Strahlende, auf den Mond gehen 32 ). 

Kreios, der Gewaltige, ist auf das Meer zudeuten 33 ). 

Japetos, von lamto', werfen, schleudern, geht 
ebenfalls auf das Hin- Und Hervvogen des Meeres, daher 
auch eih Meergolt JZaytAag, der Schwingeride. Diese Auf- 
fassung .des Japetos weichfr sehr ab von der Schomann*s 34 ). 



S6 ) Der Name von TircuK = Erde? S. Miiller Ares p. 41, 

ai ) Nach O. Miiller Prolegg. p. 379 ist der Pontos als Sohn 
der Ge allein angesehen worden, weil er Salzwasser enthalt, der 
Okeanos a'ber als -Sohn der Liebe zwischen Uranos und Ge, weil er 
nach der Yorstelhing der Griechen als Vater aller Fliisse Sufswasser 
enthielt! . . 

9S ) Schomann de Titanibus Hesiodeis. Gryph. 1844. 4. p. 15 sq. 
18 sq. 26. .;.-.- '.'' ' ' . 

Z9 )Vgl. Schomann Tit. p, 18. 

30 ) Schomann 1. 1. Aesch. Prom. p. 104 sq. 

31 ) Schomann Tit. p. 21, 

32 ) Schomann 1. 1. p. 21. 26. Prometh. 104 sq. *ot'/S>j als 
Tochter der Erde Fnj4 genannt ron Antim. ir. 84. Sch. 

") Schomann Tit. 19 sq. 26. Prom. 105. 
34 ) Tit. p. 22. 



160 

Aber Schomann hat .sich. durch die ethische Wendung der 
Sage vom Prometheus, dem. Spline des Japelos, irrefuhren 
lassen, den Japelos fur den zu halten, iinde humani generis 
ingenium atque indoles animi repetenda sit. 

Wenn wir die Tethys, des Okeanos Gemahlin, als zu 
diesem gehorig zahlen, bJeiben iins noch vier Titanen iibrigy 
die nicht so leicht unterzubringeii sind, als die andern: 
Kronos, Rhea, Themis, Mnemosyne. Rronos und Rhea wer- 
den gleich selbststandig behandelt und als Himmels- und 
Erdgottheit nachgewiesen werden, also als Wiederholung 
von Uranos und Ge. Was aber fangen wir inmitten dieser 
ganz auf Naturanschauung ruhenden Gestalten mil den Got- 
tinnen des ewigen Rechtes und[ der Erinnerung an? So nem- 
lich fassen auch in dieser Verbindung die Themis und Mne- 
mosyne 0. Muller 35 ) und Schomann 36 ). Billigen wir diese 
Erklarung, so wird uns kaum etwas anderes bleiben, als niit 
O. Muller zu sagen, dafs der Schopfer dieser Genealogie 
mil den Nameh der Themis und Mnemosyne die grofse 
Oekonomie der Natiir, die yomi Zusammenwirken von Erde 
und Himmel -abhangtj in einer he-iligen Zwolfzahl von Per- 
sonen darstellen wollte und dafs in der Hesiodischen Theo- 
gonie, indem sie jene zwolf auffuhrt und nun doch nachher 
den Titanenkampf und die Einkerkerung in den Tartaros" 
berichtet, Verschiedenarliges ohne gehorige Ausgleichung 
verarbeitet worden sei. iDoch mogen folgende Bemer- 
kungen erlaubt sein. Themis lafst sich ohne Gewalt auf die 
Erdgottin zuruekfiihren 37 ). Die ewige Gesetzmafsigkeit, der 
unabanderliche Kreislauf des Lebens der Erde qualificierte 
die Erdgottin ebenso unmittelbar zur Gottin des Rechts wie 



35 ) Prolegg. p. 375. 

36 ) Tit. p. 23 sq. Prom. p. 104. 

37 ) Welker zu Schwenck, p. 563 in. Trii. p. 39 sqq. 



161 . 

zur Gottin der Strafe : zur Themis wie zur Demeter 
Erinnys. Weiter ha'ngt alle Ordnung, alles gesetzmafsige 
Leben, die biirgeriiche Existenz in Staat und Gemeinde wie 
ethisch vom Rechte, so materiel vom Ackerbau ab, wie 
die Alten hundertfach selbst ausgesprochen haben 38 ). Ich 
komme spater darauf zuriick. Haben wir so dasabstrakte 
,,ewige Recht" aus diesem kosmischen Vorstellungskreise 
entfernt, so vverden wir die Mnemosyne noch einmal darauf 
ansehen, ob sie wirklich eine allegorische Figur ,,die Erin- 
nerung" s.ei, odef gleichfalls auf einem realen Objekte berime, 
(lessen Anschauung sie zur Toehter des Uranos und 4er Ge 
machte. Wenn man bedenkt, dafs Mnemosyne fiir die Mutter 
der Musen vom Zeus gilt, als deren Eltern auch Uranos 
und Ge angegeben werden; dafs ferner die Musen in ihrem 
Ursprunge gleichfalls auf Naturansehauung beruhen, wie.ich 
seiner Zeit darlhun werde; dafs Mnemosyne bei d,en Romern 
Moneta hiefs , welchen Namen auch Juno , die ^fdgottih, 
fiihrte:. so kann man wohl auf den Gedanken kommen, die 
hier mitten (inter kosmischen Figuren stehende Mnemosyne 
fiir eine Formation der Erdgottheit zu halten. . Doch wfll 
ich riicht leugnen, dafs auch mir Themis und Mnemosyne 
ihren Platz unter den Titanen .-nur- ethisch - theologischer 
Spekulation zu verdanken scheinen. 

2. Die .drei Kyklopen, deren Name ,,Rundauge" 
von Schema nn 39 ) sehr igut.auf Wildheit und Verwegenheit 
gedeutet wird, gehen auf das Gewitter 40 ). Der Name ist 
nicht schwer zu erklareri, da Wolkengotter haufig nach dem 
Auge bezeichnet werden ^Ad-^vri yhavxwrtis) und em feuri- 



3S ) S. Creuizer I, 157's.qq. 
3S ) a. a. O. p. 4. 

40 ) Vgl, Spanheim zu Callim. Dian. 68 p,?16Ern. Welcker 
Aesch. Tril. p. 147. Schomann Tit. p. 4. 

Laaer Griech. Mythologie. 11 



162 

ges, Tapferkeit verkiindendes Auge nicht breit gezogen, 
sondern rund ist (ehixtoTteg ld.%(xiol). 

Die Namen der drei Kyklopen sind: 
Donner (figovTij) 
, Blitz (oregony) 

agyyg, der Glanzende, Leuchtende, Schnelle. 
3. Die drei Hekatoncheiren: 

Kovvog, der Grollende , 

, der Gewaltige 
der Sehnige 41 ) 

gehen offenbar auf das Meer 42 ). Statt Fvyg haben einige 
Manuskripte der Theogonie rvyrjg, eine FOITW, die ich vor- 
ziehe und die auch Mutzell 43 ) vertheidigt. Gyges ist gleich- 
bedeutend mil Ogyges; die Beziehung auf das Meer ist also 
unverkennbar. Dafs das abgeworfen, kann nicht auffallen, 
.da dies ofter geschiellt Clhevg stall *OTtt.Bvg, Bgi^w statt 
J O/%/ww). Am zwingendsten fuhrt auf das Meer Briareos, 
lessen anderer Name ^dlyaicov**) (Wpgner) auch schlecht- 
hin dem Poseidon gegeben wird. Ja der Tragiker Jon 49 ) 
nannte den Briareos geradezu frcdaaaqg ntxida, und die 
dem Eumelas zugeschriebene .Titanomachie 46 ) den Aigaion 
Sohn der Ge und des Pontos. . . 

Wir haben also in den Kindern dieser makrokosmischen 
Ehe zwischen Uranos und Ge, die sich in der des Kronos 
und der Rhea wiederholt, die.einzelnen Hauptrichtungen des 



41 ) Hermann ttod Schomann Tit. p. 5. 

42 ) Auf Winterfiuthen gedeutet von Mull er Ares p. 38. Vergl. 
Wfilcker, Aesch. Tril. p^ 147 sqq. Schomann Tit. p. 5. Pro- 
meth. 105. Creuzer Br. uber Horn, unfl Hesiod p. 163sqq. 

43 ) De emendat. Theog. p. 205 sqq. 
**) A. 403. 

45 ) Frg. 58. Kpke. 

46 ) Sch. Apollon. I, 1165. 



163 

Naturlebens, wie sie dem Auge sich am nachdriickiichsten 
aufdrangen und das Gefiihl am eindringlichsten beruhi*en, 
poelisch angeschaut. H immel und Erde erzeugen das Meer 
(Okeanos und Tethys) und seinen hundertarmigen Wellen- 
schlag (Hekatoncheiren, JapetoSjKreios); Son ne (Kpios, Hy- 
perion) und Mond (Theia,Phoibe) sind ihre Kinder; Donner 
und Blitz (die drei Kyklopen) ihf Geschlecht. Von diesen 
durchaus mylhischen Vorsteliurigen ist schwer zusagen, ob 
sie bios dem Dichter oder dem Volke selbst gehoren. 
Wahrscheinlich indessen sind Volkgelemerite von dem Dich- 
ter bearbeiiet worden und dann in ihrer Umgestalluhg wieder 
in den Glauben des Vplkes ubergegangen. Im Kult haben 
diese mythischen Gestalten nicht gelebt oder wenigstens nur 
ausnahmsweise und sehr in den Hintergrund tretend. Die 
Kyklopen halten ein Heiligthum zu Corinth, /Sw/uog Kvuhti- 
die Hekatoncheiren wurden unter . dem Nameh 
zuAtheh verehrt 48 ). Allgemeiner noch die Ge. 
Auf die Erzahlung von den Zeugungen des Uranos folgt 
bei Hesiod eine andere von dem Sturze des Uranos. Det 
Dichter erzahlt: ,,Uranos habe seine Sohne, die Kyklopen 
und Hekatoncheiren in den Tartaros gey?orfen, in die 
Schluchten unterhalb der Erde. Ge, hieriiber erziirnt, -reizt 
ihre ubrigen Kinder, die Titanen auf, sich gegen den Vater 
zu emporen; dem Kronos giebt sie eine diamantene Sichel. 
Alle, Okeanos ausgenpmmen, emporen sich; Kronos ent- 
mannt mit der Sichel den Vater und wirft die Schaamtheile 
ins Meer. Daraus entstand Aphrodite; aus den Blutstrppfen 
aber, welche auf die Erde gefallen, " nach Jahresfrist die 
Erihyen, die Giganten und die melischen Nymphen. Hierauf 
ward Kronos Beherrscher der Welt" Der Sinn dieser 



47 



') Pausan. II, 2, 2. 
43 ) Said. s. v. Tgtn 

11* 



164 

Erzahlung diirfte nicht sch'wer zu erkennen sein, obgleich 
Schomarin? 9 ) ihn verfehlt hat, wenn er sagt : ,,Nachdeni Alles 
durch die zeugerische Kraft des Himmels hervorgebracht 
war, war es nothig, auch ein Ende diesev Zeugungen zu 
setzen, well eben nur cine begrenzte Zahl, die sich immer 
wiederholt, vorhanden ist in der Natur. Hatte Uranos im- 
mer fortgezeugt, er wiirde immer neue Arten und Fprmen 
ins Leben gerufen haben. Nun aber horte 'mil der Erzeu- 
gung der bestimmten begrenzten Erscheinungen des Daseins 
die J schopferische Kraft '. aii'f, d. h. Uranos wurde durch. seine 
eigenen Kinder der Zeugungskraft beraubt." Diie Angabe 
von der Rache fiir die Einkerkerung der Kyklopen und 
Hekatoncheiren halt Schomann fiir spalteren Zusatz und fiir 
absurd. Diese teleologische Reflexion ist vJollkommen 
zuziigeben, aber urspriinglich liegt etwas Anderes in der 
Sage. Wenn die Kyklopen und Hekatoncheiren Gewitler- 
und Wasserdamonen waren, und Uranos sie unter der Erde 
fesseite, so mufste Gaia wohl zurnen, da sie des befruchtenden 
Regens bedarf; sie regt diese Gewalten also auf, und sie 
stiirmen gegen den Himmel an, wo dann die Entmannung 
ganz einfach so erfolgt, dafs, durch den Blitz (hier die 
Sichel) hervorgelockt, die Regentropfen (der Saame) auf die 
Erde und in das Meer. fallen. ; 

ii 

.2; KQOVOQ: 

Natalis Comes. Lb. H, 2. p. 113 130. Buttmann 
: Mythol. II, 28 69. Bottiger Kstmyth. I, 219 sqq. 
II, 15 sqq. Heffter Ueber d. Kronos d. Gr. (Allgein. 
Schulz. .1833., p. 225237). S tub r II, 24 sqq, G. Sip- 
pell de cultu Saturni. Marburg 1848. 8. (geht meist anf 
den romischen G'ott). 



49 



) Tit. p. 9 sq. 



165 

A. Name. Die Stoiker 5fl ) nahinen den xgovog = 
So auch Buttmann 51 ), Boitiger 92 ), Stuhr 83 ), Creu- 

zer 54 ); ahnlich O. Miiller ss ). Diese Etymologic pafst riur 
dann zur Mythologie, wenn man Kronos als Gott der Jah- 
reszeiten fafst. Besser ist die Ablei lung von xQcclvco 
(reifen)j also der, welcher reifen macht. Vergleiche xoog 
von xa/ft) ; xvovog von KTstva) 59 ). Andre haben an xoiQCtvog 
urid ^vyoggedacht; mythisch richtig, aber nicht sprachlich. 

B. G e n e a 1 o gi e. KQOVOQ ist Sohn des Uranos iirid 
der Ge und daher, wie nicht bezweifelt werden karni, eben- 
falls eine Auffassung des Himmels. Denn das Gezeugte hat 
immep die Natur des Erzeugers, wie z. B. Helios, Sohii des 
Hyperion, gleich diesem Sonnengott ist. - 

C. Mythologie. Nachdeni Kronos zur Herrschaft 
der Welt gelangt war, seine Briider aber, die Kyklopen 
und Hekatoncheiren, im Tartaros gelassen hatte, prophezeiten 
ihm seine Eltern, er werde gleichfalls durch seme Kinder 
der Herrschaft beraubt werden. Urn dies zu verhuten, ver- 
schlang er sie gleich nach der Geburt. Bhea, seine Ge- 
nialin, mit Zeus schwanger, verbirgt sich vor Kronos und 
gebiert im Verborgenen den Zeus, der von Cureten bewacht 
und von der Ziege Amaltheia ernahrt wird, Als er heran- 
gewachsen ist, iibernimmt er mit seinen Geschwisiern den 
Kampf gegen Kronos und dessen Geschwister, die Titanen 
(Titanomachie). Da dieser Kampf tmentschieden bleibt, so 



50 J Bei Cic. N. D. H, 25. 



") I, 225 u. 230 not. 11. 

'") P. 28. . 

M ) III, 58. 62. 

5 *) L. G. I, 154, .wo er Ztve Kgovitov oder Kpovidtjs als Sohn 



der Vorzeit oder Urzeit fafst. 

56 ) Vgl.Soph. Tracli. 127. o HHVTK XQKIIHOV 
Heffter p. 225 sq. Schomann de Tit. p. 23. 



166 

befreit Zeus auf die Weissagung der Ge die Kyklopen und 
Hekatohcheiren und besiegt mil deren Hiilfe die Titarien, 
die er in den Tartaros verslofst und unter die Obhut der 
Hekatoncheiren giebt 

Unter die Herrschaft des Kronos wird auch das goi- 
defte Zeitalter 57 ) verlegt, in welchem die Menschen sorglos 
und ohne Kuminer ihre Tage dahinlebten, reieh an Heerden 
und den freiwilligen Gaben der Erde. Die Erinnerung an 
diese gliickliche Zeit war zum Theil erhalten in den Festen, 
welche dem Kronos zu Ehren gefeiert wurden, z. B. in 
Athen am 12ten Hekatombaion (= Isten Aug. 427 (01. 88, 2) 
= 6ten Juli 430 (01. 87, 3)). Hier schmauste man frohlich 
beisammen; der Hausvater bediente seine Knechte, Spiel 
und Tanz und lauter Lust machten in diesen Tagen die 
einzige Beschaftigung aus 58 ). Es waren diese Kgovia of- 
fenbar Dank- und Aerndtefeste 59 ). Ein Freudenfest farid 
auch zu Kyrene statt, an welchem. man sich mil frischen 
Feigen bekranzte und mil Kuchen beschenkte 60 ), - Einen 
ahnlichen Bezug auf Ackerbau mufs man wohl der Vereh- 
rung des Kronos zu Elis geben.. Hier lag, -bei Olympia, 
ein dem Kronos geweihter Hiigel 61 ). Dort solUen schon 
die Menschen des goldenen Zeitalters dem Kronos ein Hei- 
ligthum gegmndet haben 62 ), Auf dem Cipfel dieses Hiigels 



57 ) Bergk Rel. com. att. ant. p. 188 sqq. Ueber das Zeitulter 
iiberhaupt vgl. ErkL zu Hesiod. O. P. p. 109 sqq. Buttmann Myth. 
II. 36sqq. Volcker D. Mythol. A. Japetischen Geschlechts. Giefsen 
1824. 8. p. 250280. Hermann Gottesdienstl. Alth. d, Gr. . 4, 7. 

58 ) L. Accius. bei Macrob. Sat. I, 7. 

59 > Vgl. Heffter p. 227 sq. Hermann Gd. A. . 54, 7 sq. 

60 ) Macrob. Sat. I, 7. 

61 ) KQOVIOS lotpos Find. Ol. V. 17. KQOVOV Ao'cpos Ol. VIII, 17. 
nctyos JKgovov Ol. XI, 50. onos KQOVIOV Paasan. VI, 20, 1. 
XenopL. Hellen. VU, 4, 14. 

6S ) Pausan. V. 7, 6. 



167 

opferten .die sogenannten Baattcti dem Krpnps zur Zeit der 
Friihlingsnachtgleiche im Monat Etaphios 03 ). (Urn dieselbe 
Zeit wurde zu Atlien, am 15ten Elaphebofion (=29/31 MW. 
dem Kronos geopfert 64 ). Vielleicht geschah diese Opferung 
auf dem Altar, den Kekrops gegriindet haben spllte 65 ), Dpch 
gab es aueh im Befcirk des Olympieion, siidostlich von 4er. 
Akropolis, eineii Tempel des Kronos und der JRhea 66 ).) Aus- 
serdem befand sich zu Olympia unter den sechs, den : z wolf 
Gottern geweihten, AHiiren einer fiir Kronos und Rhea 87 ). -: 
Unzweifelhafl Beziehung auf Fruchtbarkeit und. Gedeihen 
hat der Kronos. zu Lebadeia. Er stand hier mil dem Crakel 
des Tr*ophonios, des ernahrenden Gottes des Ackerfeldes, in 
Verbindung, indem jeder, bevor er den Golt; befragte^ unter 
andern auch dem Kronos, der Hera fiaGiUg, de^i Zevs 
Paodevs und der Demeterj opfern miifste 68 ), lauter Goltheir 
ten, welche dem Segen des Ackerlandes vorstehen . ; ; 

Inwieweit der Kronos, dem man auf Rhodos 69 ) ua<J 
Krqta 70 ) Mensqhenopfer brachte, ein griechischer und oicht 
vielmehr ein phb'nizischer Bal oder Moloch gewesen, den 
man mit dem griechischen Kronos zu identificieren pflegt, 
mus dahingesteUt bieiben 7 *j. Jedenfalis aber scheint es 
mir sehr gewagt, so vielen unverdachtigen Zeugnissen ge- 
geniiber eine Verehrung des Kronos ableugnen zu wollen. 



") Pausau. VI. 20, 1. 

64 ) Bockh. C. J. no. 523, 23. (Toin. L p. 483.) 

*") Philochoros bei Macrob. Sat. I, 10. (fr. 13 Mull.) 

b6 ) Pausan. I, 18, 7. 

67 ) Sch. Find. "Ol. V. 8 a. 10. 

69 ) Pausan. IX, 39, 4 sq. O. Mil Her Orch. .p. 148. Zu 
(Sctaiievs vgl. die Baaikca zu Olympia. 

69 ) Porphyr. de abst. II, 54. : 

71) ) Ister bei Euseb. P. E. IV, 16. fr. 47. Miiller. 

71 ) Menschenopfer , bei den Barbaren dem Kronos dargebraclit, 
erwahnt Soph, bei Hesych. KOVQOV (fr. 457. Ahr, 132 Dind.). 



168 

wie Buttmann, Stuhr, Bottiger, V bicker 72 ), Gerhard 73 ) und 
Andere thun, denen jedoch Heffter 74 )/ Schomann 75 ) und 
Aridere widersprechen. 

Wenn aber Kronos eine wirkliche Existenz im Glauben 
und Kultus hatte, so mufste ein Volksmythds vorhanden 
sein, mit welchem der des Hesiod ubereinzustimmen scheint 
und dessen Erklarung uns obliegt. Der Mythos besteht aus 
zwei Theilen: Verschlingen der Kinder und Vertreibuhg des 
Kronos. In Bezug auf das Erstere sind . die Meinungen sehr 
getheilt. Bottiger will in demselben die dem phonizischen 
Moloch dargebrachten Kinderopfer erkennen. Heynesagt^): 
,,condere in se et consumere videri ac dici potest tempus 
annos, menses, dies, progeniem suam." Gottling 7! ): ,,Sa- 
turnus ille Neptunum et Plutonem devorans indicare videtur 
ante Jovem in uno numine contenta fuisse regna maris, 
Orci etc.j quae post diversis diis tradita sunt a Jove i. e. 
Saturnus evomuit istos reges, quos antea in suo corpore. 
coarctarat." Stuhr 78 ): ,,So lange Krorios herrschte, 
hatle der Geist der Ahnen des Griechenvolkes noch nicht 
jene Anschauungskraft gewonnen, in welcher er, sein eige- 
nes Leben fiir sich selbst yergegenwartigend, im Stande 
gewesen ware, die im Bewufstsein erzeugte Vorstellung 
festzuhallen. Welche Anschauungen im Bewufslsein sich 
gestalteten, sie verschwammen wieder in Nebelgestalt. Zur 
Zeit der Herrschaft des Kronos hatte es dem Bewufstsein 
nicht geeignet, in der Kraft der Erinnerung, des Gedacht- 
nisses, das Leben der Vergangenheit fiir die Gegenwart 



72 ) Japet. p. 282. 

13 ) Prodr. p. 14 sq. not. 3. 

" 4 ) a. a. O. 

") de Tit. p. 25. 

76 ) Obss. Apollod. p. 6 sq. 

") Zu Hesiod. Th. 497. 



'") p. 27 sq. 



169 

festzuhalten, Selig und sorglos im vollkraftigen, lebendigen 
Ergreifen des Augenblickes hatten die Menschen ihre Tage 
dahingelebt und sich nicht gekiimmert um :den morgenden 
Tag, so weiiig, wie auf den gestrigen zuruckgesehen. Das 
Bewufstsein war in der Unmittelbarkeit des Gefuhls, in der 
es sich bewegte, dem Augenblicke dahingegeben und somit 
der Zeitiichkeit (XQOVOS = XQOvos) ." Heffter: ,,Das Ver- 
schlingen seiner Kinder ist eine acht Kretische Fabel und 
leicht zu erklaren aus deiii orgiastischen Zeuskult auf diesev 
Insel, aus dem sie sich gebildet hat. Das in Wirklichkeit 
bestehende, der Kureterttanz, das gerauschvolle Miisiciereh 
uV s. w. sotlte, nachdem es schon lange bestanden, seinenl 
Ursppuhge nach erklart werden, und die Pliantasie erschuf 
den bekannten Mythus." Alle diese Erklarungen tr'efferi 
das Wahre' nicht. Sie zeigen riur das Schwierige der 
Sache 79 ). Ich beahspruche nicht, die Sache ganz ins 
Licht zu setzen. Doch maehe ieh auf folgende Punkte auf- 
merksam. Wenn Kronos der Himmei 80 ), Rhea die Efd'Cj 
so k(5nnen ihre Kinder nur die Hervorbringungen der 
Erde sein unter dem Einflufs des alles reifenden Himmels. 
Kann man nun wohl weiter sagen, der Himmei vernichtCj 
verschlinge wieder, was unter ihm die Erde geboren? Oja; 
Gerade, wenn der Himmei alle Keime der Erde zu vdlleF 
Reife gebracht, verschlingt er sie wieder. Kronos verschlingt 
die Histia, Demeter, Hera und den Hades d. h. der Erde 
Leben, er verschlingt auch den Ennosigaios, das Meer, oder, 
um des Hesiod malenden Ausdriick beizubehalten, erschliirft 



") Auch Funcke (Uranos , Kronos u. Zeus im Eampfe um den 
Herrscherthron. Z. f. A. 1839. Decbr. no. 152 sq< p. 12.20 1229.) er- 
klart nichts. ' -'-.-- 

80 ) Pythagoras nannte das Meer ,,die Thrane des Kronos" (KQOVOV 
Plutarch. Is. u. Osir. cp. 32. p. 364. A. 



170 

auf (xafe7twe) 8i ) seine Kinder, nur nicht den Zeus. 7-80 
aufgefafst scheinl mir der Mythos von dem seine Kinder 
fressenden Krpnos dem grauesten Alterthum anzugehoren. 
Er ist eirie naiv-kindliche Auffassung des Lebens der Erde, 
ihres Gebarens und Verwaisens. >'.".' 

Mit diesef grofsartigen Natufanschauung steht der zweite 
Theil des Mythos von der Vertreibung des Kronos clurch 
Zeus im genausten und nothwendigen Zusammenhange. 
Zeus, der jugendlich heitere Himmel, zwingt im Friihling 
seines Lebens, im Fruhlinge \iberhaupt, den Himmel, der 
das Erdenleben verschlang, man kann sagen den herbstlichen 
und winterlichen 82 ), wieder frei zu geben, was er raubte, 
wieder zu gebaren das Leben der Erde: Histja, Demeter, 
Her5, Hades und das nahrende, tobende Meer, den Ennosigaios. 

Wir haben somit in dem Mythos von Kronos die my- 
thische Anschauung des Naturlebensy wie es sich vom Herbsl 
an durch den Winter bis zum Friihling darstellt. Man kann 
daher den Kronos erklaren . als den Himmelsgott, aufgefafst 
in seiner herbstlichen und winterlichen Thatigkeit: als den 
alles reifenden, hervorbringenden, aber alsbald alles binden- 
den 83 ). Dies Herbstliche und Winterliche im Kronos sym- 
bolisieren auch die Attribute, welche man ihin in plastischen 
Darstellungen gejgeben hat 84 ). Kronos wird dargesteUt mil 



') Theog. 459. 467. 497. 

82 ) Nach Theopomp. bei Piatarch. Isis u. Osir. cp 69. p. 378 
(fr. 293 Miill.) gradezu ^s/^uwj/. Das Fest des init ihm identisch ge- 
setzten Saturnus im December gefeieft. Geht darauf aucli die 
merkwlirdige Nachricht des Phylarchos bei Jo. Lyd. de mens. p. 276 
Hase (fr. 34. MiilL), dafs in den Tempel des Kronos keine Frau, 
kein Hand, keine Fliege, d. h. nichts Fruclitbares kommen durfte? 

93 ) Dalier sagt mit Recht von ih-m.d. Orpli. Hymn, 20: ,jDer du 
alles verschlingst und. alles auch wieder gedeilm machst." , 

84 ) Vergl. .O. Miiller Arch. . 395, 2. Winckelmann Pierres 
gravees de Mr. Stosch. U Kl. 1 Abth. Bottiger 1, 230 sqq. Heff- 
ter p. 233 



171 

S i c h el ((xqnij) und v e r h till te m Ha u p t e 85 ). Die Sichel 
(als welehe sehr leicht der Blitz zu fassen) dieutet deii 
Friichtesegen im Herbste ,an; die Versehleierung Ue Ver T 
hiillung des Himmels im Winter. Auf das Winterliehe geht 
auch, was weiter dem Kronos beigelegt wird: graue 
Ha a re, 1 anger Bart. Er wird als bleich, diirr, vertrock- 
ne.t, mil blaulicher Hautfarbe, gekriimmt, finster, murrisch 
dargestellt 86 j. Keine menschliche Bildiing symbolisiert den 
Winter besser als die eines Greises 87 ). Unserer Auffas- 
sung des Kronos entspricht auch seine Fesselung nait 
w o 1 1 e n e n F u f s b i n d e n 88 ). Er war das ganze Jahr uber, 
gebunden; an seinem Feste warden die Bande gelost 89 ); 
Wenn man den Erndtesegen hatte, bratfchte man den Gott 
nichl mehr zu fesseln, damit er nicht enlflohe. 

Die Entihronung des greisen Winters durch selnen 
jugendlichen Sohn Fruliling lafst der Mythps nicht ohne 
Kampf'und Streit vor sieh gehen. Er berichtet uns von. 
der Titanomachie 90 )> dem Kampfe des Zeus und seiner Ge/r 
schwister gegen Kronos und dessen Geschwister, Dieser 



85 ). G e r ha r d Prodr. p.-' 14.- not. 2. sagt unrichtig von dieser Ver- 
iiiillang ,,man kann sie auch bios als ehrwiirdige Tracht des altesten 
Gottes gelten lassen." . 

")' Heffter p.233. 

87 ) KQovixKllrjpai. Aristoph. Plat. 581. Diogen, V, 63 ibq. Leutsch. 
Der Augenausflufs alter Leute, der den Blick triibe, duster 
(Winter) ma'cht* Daher KQovos=y^fav (Bergk de ireliq. com. Att. 
ant. p. 9). KQOVOV nvyy (Kronossteifs) altes unempfindliches Stuck 
Fleisch, Diogen. V, 64. KQOVOS = alt, dumm, moros, unempfind- 
lich s- Plat. Euthydem. p. 287 B. ibq. Heind. Anders gemeint ist 
es, wenn Plat. Symp. p. 195 B. "Epios KQOVOV xat 'lanerov 
TQQS heifst. 

") Plat. Cratyl. 45. p. 404. A. ibq. Heind. Heffter p. 

89 ) Apollod. bei Macrob, Sat. ;I, 8. fr. 41 Muller. 

90 ) Aufser dem oben citierten Aufsatze von Funcke ist hier 
nock zu erwahnen: F. W. Zimmermann Coinm. de Graecor. vete- 
ribus diis spec. Hal. 1834. 8. 



172 

Theil des Mythds ist zu deuten auf den Kampf der Machte 
des Frvihlings gegen die Machte des Winters , deren Besie- 
gung bewerkstelligl wird mit Hiilfe der bis dahin im Tar- 
taros verschiossenen Kyklopen und Hekatoncheiren, d. h. 
mit Hiilfe von Gewittergewolk, von Donner, Blitz und 
Wetterstrahl. Die winterlichen Gewalten, welche die Erde 
beherrschen, bedecken, verhiillen, vertreibt der Friihlings- 
himmel etc. . 

Nachdem so Zeus, des Kronos Sohh, zur Herrschaft 

-gekommen, lehnen sich die Giganten 91 ) gegen ihn atif, wer- 

den aber vom Zeus, dem die iibrigen Gotter Beistand leisten, 

besiegt. Den einzelnen Gottern entsprechen immer Giganten, 

die nichts Andres sind,- als sie selbst. 

Aus der Vorstellung von dem segenspendenden und 
dahingeschwundenen Kronos, aus der herbstlichen Frohlich- 
keit und der winterlichen Ruhe und Sorglosigkeit hat sich 
aufser der Vorstellung von dem herrlichen, sorglosen Leben 
unter der Herrschaft des Kronos und von der Verstofsung 
desselben in den Tartaros noch eine andere entwickelt, 
die Vorstellung namlich, dafs Kronos an den Enden der 
Erde auf den Inseln der Seligen herrsche 92 ). 

3. Zevs. 

Lil. Gyraldus p. 75 117. Natalis Comes Lb. II, 1. 
p.78 113. B 6 ttiger 1,299 sqq. II, 3-210. Emeric 
David Jupiter. Recherches siir ce diea, sur son culte 
et sur les monuments qui le representent. Paris 1835. 
8. II. .Stuhr il, 268sqq. Creuzer III, 72sqq. 



91 ) Ueber die Gigantomachie s. Ryck de Gigantibus. Zwerg 
de Gigantibus. Kil. 172. . Fabricius Syll. Opuscul. Hamb. 1738. 
p. 443 sqq. Volcker a. a. O, p. 307 not. 32. Darstellungen bei 
O. Mil iler Arch. .396,4. Lenormant und de Witte (p. 19) 
PL 111. 

92 ) Hesiod O. D.. 168 sqq. Find. Ol. II, 75 sqq. Bockh. 



173 

A. Name. Zevg z/vg; Zyv ^r\v\ Zav 

33 



3 ) 

Die Bedeutung des Namens Zeus 1st den Alien ver- 
borgen geblieben und aucli den neuern Gelehrten. Erstmit 
Hiilfe des Sanskrit ist sie ermittelt. Die Allen gaben sehr 
verschiedene und abenleuerliche Elymologien : von tijv**), 
di ovtfiv ctel na,Gi TOIS ts&ai, vyra^et; von t,etv 95 ) (warmen); 
mylhisch richlig, aber nichl sprachlich. Dasselbe isl zu ur- 
Iheilen iiber die Ableitung von dsvBiv 96 ) (benelzen). Nichl 
besser sind die Etymologiender Neuern 97 ). 

Konnlen die Alien nichl eine richlige Ableitung von 
deni Namen Zeus geben, so haben sie ihn doch alle richtig 
erfclarl und gedeutel. Schon in deni Mythos bei Homer 98 ) 
wonach die drei Briider Zeus, Poseidon, Hades unter sick 
die Well verlosen, dem Hades das Innere der Erde, deni 
Poseidon das Meer, dem Zeus aber der Himmel zufa'll^ 
zeigl sich das Gefiihl fur die Nalurbeslimmlheit des Zeus. 
Stellen anzufiihren, in welchen die Allen den Zeus auf den 
Aelher deutelen, isl iiberflussig, da sie Einem fasl iiberall 
begegnen. Ersl spaler findel sich die Deutung auf die 
Sonne, z. B. bei Macrobiusj aber schon bei Democril"). 
Der erslen Erklarung schliessen sich die meislen Neuereh 
an; nur wenige, z. B. Schwenck 100 ) der zweilen. 

Der Name des Zeus (Zevg, devs) entspricht genau 



93 ) Vergl. Herodian. n. p, L p. 6, 15. Eustath. Od. , 27. 
p.1387, 27. Spitzher zu ,265. 

'*) Plato Cratyl. p. 30. Bekk. und die Stoifcer (Diog. Laert. 
Vir, 147). 

95 ) Etyui. M. . . 

96 ) Eustath. p. 153, 35. p. 436, 18. 
91 ) VgT. Creuzer IV, 633 sq. . 
") O, 187 sqq. 

") Eustath. Od. p. 1713, 16. 

10 ) Etym. mythol. Andeut. p. 32 sqq. 



It4 

dem Scr. djaus = Hi mm el; Glanz , Tag t01 ). (Jupi- 
ter = Jus, Djus pater, vergl. Dijovis). Aus dieser un- 
zweifelhaften Bedeutung des Namens ist klar, dafs, wenn 
man spater auch Poseidon und Hades Zeus nannte, wie 
allerdings mehrfach geschehen , dies nur erst moglich war, 
nachdem sich die ursprungliche Bedeutung des Namens 
verloren und zu der allgemeinen ,,des erhabenen Gottes, 
Gottes iiberhaupt," erweitert hatte, wie dergleichen Verall- 
gemeinerungen des Begriffes auch sonst in der Sprache 
mehrfach wahrzunehmen sind 102 ). 

B. Genealogie. Zeus ist Sohn des Kronos und der 
Rhea, des Himmels und der Erde. ' 

C. Mythologie. Bei keinem Gotte kommt man bei 
Betrachtung der iiber ihn vorhandenen Mythen so in Ver- 
legenheit als beim Zeus. Theils sind sie so aufserordentlich 
mannigfaltig, theils so streng von, einander unterschieden, 
iheils ist Natiirliches und Ethfeches so in ihnen durchdrun- 
gen, dafs eine Scheidung und Anordnung . aufserordentlich 
schwierig ist. Das beste scheint mir, den pelasgischen 
und hellenischen Zeus, soweit dies iiberhaupt zulassig 
ist, auseinanderzuhalten. Jener wallet im Naturleben, die- 
ser vorzugsweise im Mensehenleben. Es sind namentlich 
drei uralte, pelasgische Kultuslokale des Zeus, die wir ein- 
zeln betraehten miissen: Dodona, Arcadien, Kreta. Der 
kretensische Zeus macht den Uebergang zum hellenischen 
(homerischen),. der seine vollendetste Gestalt poetisch durch 
die Tragiker, plastisch durch Phidias erhalten hat. 



101 



') Vgl. Pott Etym. Forsch. I, 99. M. Schmidt in Jahn J.f. 
Ph. 1830. Bd.XII, 333349. Grimm DM. p. 175 sqq. O. Miiller 
Kl. Schr. IIj 88. 
102 ) Z. B. 



175 



I. D.er Pelasgische Zeus 103 ). 

1. D er dodonSisclie Zeus. 
(6 J(oS(avctios und vorzugsweise 6 



Fr. Cordes de oracnlo Dodonaeo. Groning. 1826. 8. 
Jos. Arrieth Ueber das Taubenorakel zu Dodona, 
Wien 1840. E. v. Lassaulx D. Pelasgische Qrakel d. 
Zeus zu Dodona. Wiirzbufg 1841. 4. Crenzer HI, 
175191. 

Der Ort Dodona lag in Epeiros, am Fusse des quel- 
lenreichen Berges Tomaros. Hier wohnten in altester Zeit 
die Chaoner, spater die Thesproter, pelasgische Stamme t05 ). 
Homer 406 ) gedenkt der Perhaiber, welche das boswinterliche 
Dodona bewohnten j wir kennen diese sonst nur in Thessa- 
lien. Die Gegend, in welcher Dodona lag, hiefs Hellopia. 
Hesiod 107 ) beschreibt sie folgendermafsen: ,,Es ist ein Land 
Hellopia, mit tippigen Saatfeldern und Wiesen; reich an 
Schaafen und drehfiissigen Rindern (elhunctdeaai posaaiv). 
Darin wohnen viele heerdenreiche, unzahlige Manner, Ge- 
schlechter slerblicher Menscheri. Dort am aufsersten Ende 
ist Dodona erbaut, welches Zeus liebte imd zu seinem 
Orakel machte, geehrt von den Menschen. Dort holen sich 
die Erdbewohner alle Orakel. Wer nun dorthingehend den 
unsterblichen Gotl befragen will, Geschenke bringend, der 
moge kommen mit guten Schicksalsvogeln." 



103 ) Vgl. p. 123 sqq. 

ln4 ) Apollod. fr. 1. Mull.: Kadaneg ol xov dltt da&tovalov 
S, ori SldfoGiv r\fJilv ra Kya&a, Uelaaytzov (Tg, on rrjs yrjs 
Die erste Etymologic ist nicht uneben ; die zweite weicht der 
andern, wonach die Pelasger selbst als die Ackerb auer erscheinen. 

105 ) O. Mailer' Dor. I, 6. 

106 ) B, 750.. - 

10T ) In einem Frgm. aus d. Eoen bei Sch. Soph. Trach. 1174 
(no. 149 Marcksch.) 



176 

Wir sehen hieraus, dafs Hellopia aufserordenilich frucht- 
bar war, woraus sich schon einigermafsen auf den Charakter 
der dort verehrten Gottheit schliefsen liifst Es war der 
Himmelsgolt, in besonderer Beziehung auf die Fruchtbarkeit 
des Landes und das Gedeihen der Heerden und Menschen. 
Darauf weisen viele einzelne Angaben: 1) Zevg Nalos ioa ), 
der Wasserzeus, dem man in Epeiros die Notice 109 ) feierte; 
2) jedem Orakelspruch war die Aufforderung beigefugt, 
lAypkuHp &veiv } wobei das Wort id^Awog allgemein fur' das 
nahrende Wasser 110 ) gebraucht wurde; 3) ebendarauf 
deuten auch die Tauben. .Herodot 1 ") erzahlt: ,,es waren 
zwei schwarze Tauben aus dem Aegyptischen Theben aus- 
geflogen, und die eine nach Libyen, die andere nach Dodona 
gekommen. Diese habe sich auf einer Eiche niedergelassen 
und mil menschlicher Stimme geredet, hier solle.ein OrakeL 
des Zeus sein. 1 ' Ohne Zweifel ist dies spatere Deutelei 
und Gelehrsamkeitj aber die Stiftung durch Tauben wird 
uralte Sage sein. Wie man die Wolke als Schwan be- 
trachtet, so kann man sie auch als Taube ansehen, die sich 
auf der Eiche niederlafst und zu den Menschen mit Donner 
und Blitz redet. In jedem Symbol ist eine Coincidenz von 
Riicksichten zu bemerken. Die .Taube gait den Alien als 
besonders fruchtbar, und deshalb konnte die Wolke, welche 
ja als fruchtbringend angesehen wurde , leicht mit dem 
Bilde der Taube bezeichnet werden; 4) wurde neb en dem 
Zeus in Dodona verehrt die Diohe (von demselben Wort- 
stamm, aber die Erde bezeichnend), deren Tochter Aphro- 
dite, die im Friihling bliihende Erde, war. 



M9 ) Bekfcer Anecd. I, 283. 
109 ) C. J. no. 2908. 



lin ) Ephoros bei Macrob. V, 18 (fr. 27. Miill.). linger Theb. 
Par. p. 183. 

'") II, 55. ,. ' 



177 

Die Diener des Zeus wareri die 2ehKol oder c E%ho.l, 
die der Dione, wie es scheint, die neheiades- Beide Namen 
sind sehr verschiederi erklart: c Ehhoi ano fwv shiov Ttov 
nsgl TO ieQOv ilz ). Andere haben 2ehi.ol rait aehcc$ zusam- 
mengebracht, doch sind diese Etymologien sehr zweifel- 
haft. Jlshsiddss sind die Priesterinnen der Dione offehbar 
von den Wolken genannt, den Begleiterinnen der Erde, wie 
die Priester der Kybele, die Korybanten , Wolkendamo- 
nen sind. ' , . 

Die Seller nennt Homer 113 ) avmxonodeg, 
Vgl. Sophocles 1 14 ) : }) ra)v OQSLCOV v.al "/ctpawoiTcov syco 
saek&a>v aAa.og" und was Tacitus 115 ) iiber den Hainkult der 
Semnonen sagt. Der Kult des Zeus schlofs sich an die hochhei- 
lige Eiche (Bucheiche, quercus esculus, dgvg, 9>^yog),mit siifsen, 
efsbaren Fruchten, nach dem Glauben der Griechen der Men- 
schen erste Speise. Die Eiche kann auch gewahlt " sein, 
weil sie der schonste Bauni ist und weil sie die Blitze 
anzieht 116 ), wohin der Hiramelsgott also im Blitze nieder- 
steigt. Im Rauschen der Eiche glauble man daher die 
Stimme des Gottes zu vernehmen 117 ). In dem Gipfel der 
Eiche liefs man Tauben nisten dieselbe Symbolikj die 
den Widder um die Mauern von Tanagra tragen liefs. 
(S. unten: Athene mil dem Widder.) Am Fufse der Eiche, 
gleichsam aus ihren Wurzeln, flofs ein Quell, dessen Mur- 



112 ) Apollod. bei Strab. VII, 505. B. (fr. 175 Mull.) 

113 ) n, 235. 

* 14 ) Trach. 1106 sq. 

115 ) Germ. 39. 

11S ) Claussen Q; Herod, p. 28. 

117 j Said. Jaidutvri. Aof einen ahnlichen Kult scheinen hinzudeu- 
ten: Zeiis ,Sqvfivio? bei den Pamphyliern (vielleicht von o dqvfios, 
der Eichwald), Lycophr. Cass. 536 ibiq. Tzetz. Zevs~ evdsvSgos auf 
Rhodes (Hesych. s. v.). Zevs (prjyovaios (Creuzer III, 184, 84). 

Lauer Griech. Mythologie. 12 



178 

meln die Priesterin deutete 118 }. Er war ein avanav6(Avog, 
em intermittierender l19 ), Wahrscheinlich wtircle drittensdie 
gottliche Stimme noch vernommen aus tonendem Erz. Wir 
haben dariiber zwei etwas von einander abweichende Nach- 
richten ; nach der ersten 12 ) ist das Heiliglhum zu Dodona 
nicht mil Mauern umgeben gewesen, sondera mit sich be- 
ruhrenden Dreifiifsen oder Kesseln, die, wenn einer ange- 
schlagen wurde, ,alle mitklangen und einen lange anhaltenden 
Ton gaben; nach der andern 121 ) standen zwei Sa'ulen neben 
einander > auf deren einer sich ein ehernes.Becken befand, 
wahrend auf der andern ein Knabe mit einer Geifsel stand, 
die, vom Winde bewegt, das Becken beriihrte 122 ). 

Obgleich in der geschichtlichen Zeit dem delphischen 
Orakel naclistehend, blieb das zu Dodona doch noch immer 
in Ansehen. Erst als die Aetolier in dem Kriege gegen 
Philipp III. von Macedonien das Heiliglhum zerstort und 
seiner Schatze beraubt hatten (c. 220), sank es, und zu 
Strabo's Zeit hatte es fast ganz aufgehort. 

Auch dies Orakel zeigt den Golt des Himmels. Das 
Rauschen der Eiche und des Quells gilt fiir seine Sprache, 
fiir Ofienbarung des Willens jenes grofsen Geistes, dessen 
Wohnsitz im Himmel ist und der.den Menschen Regeh und 
ihren Friichten Gedeihen giebt. Die Vorstellung von ihm 
hat sich noch nicht zu klarer, plastischer Anschaulichkeit 
durchgebildet, und daher gab es auch in Dodona noch keine 
Bilder von Zeus. Es ist das geheimnifsvolle Vernehmen 



118 ) Serv. z. Aen. Ill, 466. 

119 ) Plin. H. N. II cp..i06 Mill. 



) Demon fr. 17sqq. Mull, (bei Steph. Byz. Jtodtovy, Suid. 



12t ) Polemon. fr. 30. Prell. 

122 ) Ueber diese Diiferenz vergl. Preller a. a. O. p. 57 sqq. und 
Creuzer III, 185 sqq. 



179 

des gottlichen Geistes, wie er in der Eichenkrone oder im 
sprudelnden Quell sich zu erkennen giebt.' 

Bei Pausariias it3 ) werden zwei Verse angefiihrt, welche 
von alien die altesten gewesen und von den Peleiaden sollen 
gesungen worden sein: ,,Zeus war, Zeus ist, Zeus wird 
sein, grofser Zeus: die Erde sendet Fruchte empor, darum 
nennt die Erde Mutter." Auch hier trill die Beziehung auf 
Fruchlbarkeit hervor. Ebenso in den gewifs alien und den 
pelasgischen Zeus angehenden Versen des mythischen Pam- 
phos 12 *): ,,Zeus hehrester, grofster der Goiter, eingewickelt 
in Mist von SchaCen, Rosseh und Maulern." 

Der pelasgische dodonaische Zeus war der Stammgott 
der Myrmidonen in Thessalien, wo ebenfalls ein Dodona 
lag, und der Stamnlvater der Aiakiden, Aiakos, ausgezeichnet 
durch Frommigkeit und Gerechtigkeit und daher auch Riehter 
der Todten li!5 ), war ein Sohn des Zeus iind der Aigina, 
der Tochter des Flufsgolles Asopos. Aigina erinnert an a%j;, 
Ziege, Wolke; so konnle sie Tochler des Flufsgolles sein, 
und Zeusj wie die Sage berichlet, sie als Adler" rauben und 
als Flamme iiberraschen. 

Als Hellas einsl von einer grofsen Diirre heimgesucht 
wurde, und die Pylhia Hjilfe verhiefs, wenn Aiakos zu den 
Gottern bete, wurden Gesandte an Aiakos geschickt, auf 
dessen Gebet zum Zeus der ersehnte Regen eintrat. Zum 
Dank wurde dem Zeus navsKK^vios oder eMaviog oder 
acpsaiog ein Tempel gevveiht 126 ). Nach Hesiod 127 ) beklagte 



123 ) X, 12, 10. 

124 ) Bei Philost. Heroic, cp. 2, 19. p. 98. Boiss. 

125 ) Plat. Gorgias p. 523. Apollod. HI, 12, 6. Auch der Todten- 
richter Minos ein Sohn des Zeus. 

126 ) ApoUod. Ill, 12, 6. Pausan. II, 29. I. H, 9. O. Miiller 
Aegin. p. 18 sq. 

1S ") Bei Sch. Find. Nem. Ill, 21 (no. 92. Mcksch.). 

12* 



180 

sich Aiakos, als er alleih auf Aigina lebte, und Zeus waii- 
delte alle Ameisen des Landes in Menschen, welche da von 
Myrmidonen genannt wurden. Offenbar liegt hierin eine 
Beziehung auf Ackerbau : die erdaufwiihlendeii Ameisen sind 
Ackerbauer. Dergleichen Uebertragungen finden sich hau- 
figer, z. B. vvtg, Pflugschar, von .vg. Die Ameisen werden 
auch sonst ahnlich gebraucht. 

2. Der Arkadisch^ Zeus. 

Arkadien war einer der altesien Sitze der Pelasger 128 ), 
daher die Arkadier sich nQoae&rjvoi 129 ) nannten. Wegen 
der Natur ihres Landes sind sie stets ziemlich unverandert 
geblieben. Das ganze arkadische Wesen darf fiir ein sehr 
altes gelten, als welches es auch yon den Griechen selbst 
anerkannt worden ist. So gleich darin, dafs man, aufser 
Kreta, keinem Lande in gleichem Mafse wie Arkadien den 
Ruhm zugestand, den Zeus geboren zu haben iao ). Es gebar 
Rhea den Zeus auf dem Berge Lykaion 131 ), der im Stid- 
westen von Arkadien in der Landschaft Parrhasia lag 132 )- 
Auf diesem Berge befand sich ein Ort (#), welcher 
Kgijvea hiefs und wo eben Zeus erzogen sein sollte 133 ). 
Als seine Ammen werden genannt die drei Nymphen Qeiao a 
(Ort am Lykaios), Neda (Flufs, auf dem Lykaios entsprin- 
gend) und 'Ayvta (Quelle daselbst). Wenn Durre lange Zeit 
angehalten hatte und Saaten und Friichte anfingen zu ver- 
trocknen, dann betete der Priester des Zeus Lykaios an 



19S ) Herrmann St. A. .8, 5. 

189 ) Apollon. Rh. IV, 264 ibiq. Schol. Vgl. Heyne Opusc. II, 



333 sqq. 

13 ) Pausan. VIII. 36, 2 sqq. 38, 2 sq. 

131 ) Pausan. a. a. O. 

132 ) Callimach. Jov. 10. 
4 ") Pausan. VIH, 38, 2. 



181 

dem Wasser dieser Quelle Hagno, opferte nach Herkommen 
und beriihrte die Oberflache des Wassers mil einem Eichen- 
zweige, worauf das Wasser sich bewegte, ein Nebel aufstieg 
und als Wolke dem Lande Regen brachte 134 ). So nahrten 
Hagno, Neda und Theisoa den Himmel, wie der Berg, auf 
welchem die Wolkeri erzeugehden Quellen entspringen, mit 
Recht die Geburtsstatte des Zeus genannl werden kanri. 
-dvKoios heifst dieser Berg vom Lichte und Glanze, so wie 
Zevg selbst Dahinein schlagt auch, was Pausanias 135 ) welter 
erzahIl:-,,Auf dem Berge Lykaios ist ein heiliger Hain des 
Zeus Lykaios, den zu betreten Niemand erlaubt ist. Hat 
ihn einer betreten, so mufs er binnen Jahresfrist sterben 136 ). 
Und Menschen sowohl als Thiere, welche in den Bezirk 
kommen, verlieren ihren Schatten." In dem Letztern zeigt 
sich die Einwirkung des Lichtgottes. Entsprecnend den 
feierlichen Regungen, welche dieser unnahbare Hain in den 
Verehrern des Zeus hervorrufen mufste, waren die, welche 
sich nothwendig an den Altar des Zeus auf eben jenem 
Berge kniipften. Auf der hochsten Spitze war namlich ein 
Erdhiigel aufgeworfen, von dem aus man fast den ganzen 
Peloponnes iiberschauen konnte, und vor diesem als Altar 
dienenden Erdhiigel standen gegen Morgen zwei Saulen mit 
goldenen Adlern. 

Die Einrichtung des arkadischeri Zeuskultes wird an 
Lykaon gekniipft, Sohn des Pelasgos und der Meliboia 137 ) 
(d. h. Arkadien) oder der Kyllehe 138 ). Er stiftete dem Zeus 
das Fest Avxat mit Wettkampfen, opferte ihm ein Kind i39 ) 



134 ) Paasan. VIII, 38, 4. 

135 ) a. a. O. 

13S ) Vergl. Tacitus Germ. 39, wo von dem heiligen Haine der 
Semnonen die Rede ist, den sie mir g'efesselt betreten etc, 
137 ) Apollod. HI, 8, 1. 
13S ) Sch. Eurip. Or. 1642. 
'") Nyctunos: Tzetz. Lye. 481. Arkas : Eratosth. Cat. 8. 



182 

und ward deshalb wahrend des Opfers in einen Wolf ver- 
wandelt uo ). 

Dies Zusammentreffen von Zsvg ^tvxaiog, von ^ivxacov 
und dessen Verwandlung in einen Wolf (Avxog) isl nichts 
zufalliges, sondern bedeutungsvolles. Wenn man bios diese 
Reihe von Namen betrachtet, kann man aiif die Vermulhung 
kommen, dafs Zsvs ^tvxaios seinen Namen hichl, wie ich 
deutete, vom Lichl, sondern vom Wolfe habe. Mil Un- 
recht. Bei Apollon, den wir als Sonnengott kennen lernen 
werden, ist derselbe Fall. Auch bei ihm, der seine lichte 
Natur vom Vatev Zeus hat , begegnen uns fast als stele 
Begleiter des Gottes die Wolfe. So wenig nun bei dem 
Gott. der Sonne das Accessil des Wolfes friiher sein kann, 
als das des Lichtes, ebenso wenig beim Gott des hellen, 
glanzenden, strahlenden Aethers. Aber was sollen denn die 
Wolfe? Ihre Verbindung mit Zeus sowohl als mil Apollon 
zeigt, dafs sie in irgend einer Riieksicht in Bezug auf Licht 
und Helle miissen gesetzt worden sein 141 ). Dafs dies wegen 
der aufsern Namensgleichheit (kvxri und Mxos) geschehen 
seiV ist kaum ^glaublich U2 ). Deri Alien selbst waren die 
Grtinde nicht mehr deutlich, daher sie selbst welche gesucht 
haben, z. B. alle Wolfe gebiiren in zwolf Tagen, d. h. in 



14 ) Pausan. VIII. 2, 3. Diese Sage vom Lykaon ist Gegenstancl 
der Tragodie ld.avs des Achaios. 

t41 ) Vgl. O. Miiller Dor. I, 305-^309. Creuzer H, 531535. 

***) v gl. lux, Auj/l und Luchs (lugen, leuchten). Mit den Augen 
verschlingen = sciiarf sehen. Sollte die Wurzel Ivx ver- 
schlingen bedeuten, und daraus einerseits der Wolf als verschlin- 
gendes Raubtliier, andrerseits das Licht als die Finsternifs ver- 
schlingend benannt sein? Macrob. Sat. I, 17. Die Sonne als Fin- 
sternifs und Winter vernichtend werden wir bei Apollon kennen 
lernen. Das Verschlingende ist besonders charakteristisch am Wolf, 
daher die Uebertragung von Kvxos auf einen Raubfisch u. A. s. He- 
sych. 



183 

so viel Tagen, als Leto in Gestalt einer Wolfin gebraucht 
habe, um von den Hyperboreern nach Delos zu wandern * 43 ). 
Neuere Mythologeri haben theils an das scharfe G e- 
si ch t 144 ), theils an die h el I e F a r b e des Wolfes gedacht 145 ), 
ohne grofse Wahrscheinlichkeit i46 ). Schwartz 147 ) will wedsr 
den^TtoMcov kuKGiog noch den Zevg -dvxcuos auf Licht 
beziehen, s,ondern beide auf den Wolf, den er was er 
freilich aiich war als Symbol des Sieges fafst. Indefs, 
abgesehen von dem , was den Apollon als Licht- und Son- 
nengott zu erkennen giebt, so ist der Zevg ^tvxcuog schon 
nach dem, was ich oben auseinandersetzte, auf Licht und 
Glanz zu deuten, um so mehr, als ihn Achaios 148 ) geradezu 
aaTSQtonos nennt. VVenn mir nun so die Verbindung von 
Licht .11 nd Wolf bei Zeus und Apollon aufser Zweifel 
steht, so kann ich doch nicht sagen, dafs oiir in gleicher 
Weise der Grand dieser Verbindung klar seii Denn die 
vorhin angefiihrten Er^arungen genugen mir keineswegs; 
am wenigsten die von der hellen Farbe des Wolfes; mehr 
die andere von seinem scharfen, in die Feme dringen^n 
Auge, das im Dunkeln leuchtet und sieht 149 ), denn Auge 
und Licht, Sonne sind nahverbimdene Begriife. Man kann 
mehrere Griinde zusammen gelten lassen, wie dies bei Sym- 
bolen in der Regel der Fall ist. Man vergleiche die Eule 
bei der Athene, den Habicht und die Katze beim Horus. 



143 ) Aristot. H. A VI, 35. 
14 *) S. Aelian. H. An. X, 26. 

145 ) O. Mailer Dor. I, p. 308. 

146 ) Ebenso \venig genugt, was Macrobius Sat. J, 17 sagt, weil 
die Wolfe zur Zeit der Morgendammerung auf Raub ausgehen (ygl. 
Hiob XXIV, 5). Virg. Aen. II, 355. Apollon. Arg. II, 124. Oppian. 
Qyneg. Ill, 305. 

147 ) De antq. Apoll. nat. Berol. 1843. p.37sqq. 

148 ) Bei Sch. Eurip- Orest. 383. 

149 ) Plin. H. N. XI, 55. Vgl. Wernsdorf Rapt. Auror. .p. 325 sqq. 



184 

Am liebsten wiirde ich den Wolf als Symbol der Gewitier- 
wolke ansehen 150 ). 

Die ^IvKaia, welche dem Zeus zu Lykosura gefeiert 
wurden, waren mil Wettkampfen verbunden, in welchen 
vwwvceg tixevsoi fif-wvcai 15i ). Unter diesen axsvrj sind 
goldene Striegel (crcfoyyides XQVOCU) zu yerstehen l52 ). Das 
grofse Alter dieses Festes ist an zweierlei zu erkennen: 
1) dafs an demselben noch in spaleren Zeiten, vielleicht 
sogar noch zur Zeit des Pausanias 153 ) Menschen geopfert 
wurden 154 ) , wie dies mythisch in der Sage vom Lykaon 
praindiciert ist; 2) dafs die Sage ging, jeder der an den 
Lykaien von den Speisen esse, unter welche Menschenfleisch 
gemischt wiirde, verwandle sich in einen Wolf, werde ein 
Kvxavd-Qwnos*) (Werwolf). Plato erzahlt auch aus Euan- 
thes 156 ): in Arkadien wiirde aus dem Geschlechte eines 
gewissen Anthos Einer durchs Loos beslimmt und an einen 
See gefiihrt. Nachdem dort seine+.Kleider an eine Eiche 
aufgehangt seien, schwimme er iiber den See,-fliehe in die 
Walder, werde ein Wolf und bleibe neun Jahre lang unter 
den iibrigen Wolfen. Habe er in dieser Zeit kein Menschen- 



1?0 J Vgl. Bullerkater, Bullerlux, [AOQftoluxsiov. Grimm D. M. 
p. 471. 473. 474. Po.pel, ein anderer Ausdruck fiir Ballerkater, 
heilst im Hennebergischen eine dunkle Wolke. "TJeber den Katzen- 
veit s. Grimm D. M. p. 448. . . . 

151 ) Sch. Find. OL VII, 153. 

152 ) Xenoph. Anab. I, 2, 10. vgl. Hermann Antq. II. . 51, 10. 
163 ) VIII, 38, 5. 

16 *) Theophrast. bei Porphyr. de abstin. II, 27. Ueber diese 
Menschenopfer handelt R. Suchier de victimis humanis apud Grae- 
cos. P. I. Marburg 1848. 4. Cp. I. 

1S5 ) Plat. Repb. VIII, 565 D. Plin. H. N. VIII, 34 Ein Frgm. des 
Marcellns 6 SiS^jrjs iiber Lykanthropie steht bei Ideler Medici 
Gr. I, 13. 

t56 3 S., iiber ihn Vofs de hist. Gr. p. 438. West. Miiller liest: 
Neanthes, s. Fragm. Hist. Gr. III. 



185 

fleisch gegessen, so kehre er zu demselben See zuriick, 
schwimme wieder hindurch und erhalte seine ehemalige, 
nur urn neim Jahr gealterte Gestalt wieder 157 ). Den 
Grund dieser Vorsteliung von dem Verwandeln der Men- 
schengestalt in eine Wolfsgestalt finde ich noch von Nie- 
mand geniigend angegeben. Der Glaube daran mufs bis in 
die Urzeit zuriiekgehen. Ob er mit dem Menschenopfer 
zusammenhangt? und gewissermafsen eine Kautel war gegen 
den Genufs des Menschenfleisches? Da man die Opferung 
eines Menschen fiir Forderung der Gottheit hielt und des- 
halb nicht unterlassen zu konnen glaubte, suchte man sie 
wenigstens dadurch zu mildern, dais man verhinderte von 
d6m Fleische zu essen. Menschenopfer werden uns noch 
einige Male im Dienste des Zeus begegnen, namentMch 
beim Zeus hcccpvarioG 138 ). Ob die ^vxatcf, wie Creuzer 
meint, ein Fruhlingsfest waren, lasse ich dahingestellt. Doch 
scheint mir nach Vergleichung der ahnlichen Feste des Zeus 
nicht zweifelhaft, dafs sie eine Beziehung auf die Frucht- 
barkeit des Jahres hatten. Dies wiirde sich mit Sicherheit 
entscheiden iassen, wenn wir etwas iiber die Zeit wiifsten^ 
in der dieses Fest gefeiert wiirde. Ich habe schon mehrfacrf 
bemerkt, dafs alle Kulte, welche sich auf das Leben der 
Erde beziehen, wie sehr sie einerseits die Gesitiung befor- 
dert haben, doch andrerseits duster und grausam sind, 
gleichsam ais ob man alle Wildheit des Lebens in dieser 
Einen Kultuswildheit abthun wollte. 



157 ) Vgl. Thorlacius Opusc. Tom. IV, 54sqq. Bottiger Kl. Schr.I, 
135 sqq. und die ahnliche germanische Sage bei Grimm D. M. 
p. 1047 sqq. . 

158 ) Auf Menschenopfer gehen aach wohl die Beinamen 



186 



3. Der Kretische Zeus. 
Hock Kretal, 160sqq. 

Mehr als vom dodonaischen und arkadischen Zeus wissen 
wir vom kretischen. Der Grund davon liegt in der grofse- 
ren Bedeutung, welche die Gestaltung, wie Zeus sie auf 
Kreta gewann, fiir das griechische Leben gehabt hat. 

Wir haben auf Kreta einein grofsen Theile nach die- 
selben Volkselemente, wie auf dem griechischen Festlande I59 ). 
Seit den friihesten Zeiten waren hier Pelasger heimisch. 
E's ist sogar nicht unwahrsclieinlich , dafs die Dorier, noch 
ehe sie in den Peloponnes gewandert waren, von Thessalien 
aus eine Kolonie nach Kreta geschickt hatten 160 ), obgleich 
Hock" 1 ) und Bockh 162 ) dies leugnen. Jedenfalls sind auf 
Kreta uralte hellenische Elemente, pelasgische, welche durch 
die eigenthiimliche Lage der Insel begiinstigt vor denen 
des Festlandes sich entwickelten, \vie in staatlichen Dingen, 
so auch in religiosen, und was uns hier aunachst bertihrt, 
in Bezug auf den Kult des Zeus. Wie man Arkadien, we- 
gen der erhaltenen Alterthumlichkeit seiner Bewohner, be- 
reitwiUig als eine Geburtsstatte des Zeus betrachtete, so 
andrerseits fast mit noch mehr Anerkennung Kreta. Denn 
hier hatte der nachmalige hellenische Zeus zuerst sich ent- 
wickelt. Es ist ein sehr irriger Satz, den franzosische Ge- 
lehrte, z. B. Freret 163 ) aufgestellt habep } und den Botti- 
ger 164 ) billigt, dafs eine Gotthejt da, wohin ihr Geburtsort 
verlegt werde, zuerst verehrt worden sei. Dieser Glaube 



159 ) Hock II, 3sqq. 

16 ) (J. Miiller Dor. I, 31 sqq. 

161 ) II, 15 sqq. 

162 ) C. J. II, 450. 

163 ) H. de 1'Ac. Tom. XXIII, p. 22. 

164 ) II, 228. 



187 

hat ganz andere Ursachen. An die Geburt der Gottheit 
wurde geglaubt, theils well man sie menschlich dachte, 
theils weil sie auf Natur beruhte, die man nicht anders als 
em Gewordenes sich vorstellen fconnte. Glaubte man aber 
an die Geburt, so brachte ein sehr naturliches Gefuhl es 
mil sich, dieselbe an den jedesmaligen Ort, an welchem 
man wohnte, zu verlegen, die Gottheit zu lokalisieren. Die 
Gottheit mufste sich zugleich. mit den Menschen heimisch 
machen in den Wohnsitzen, sich einwohnen. So ward denn, 
wie ich schon bemerkt habe, die Ehre, Geburtsstatle des 
Zeus zu sein, von unzahligen Lokalen beansprucht 165 ), z.B. 
von Ida in Troas 166 ), Theben lw ), Aigion in Achaia ls8 ), Olenos 
in* Aitolien 169 ) u. A. Aber aufser Arkadien ward diese 
Ehre keinem andern Lokale in gleichem Mafse wie Kreta 
zugestanden. 

Nach Hesiod 170 ) gebar Rhea den Zeus bei Lyktos, in 
einer Hohle des Berges Aigaion oder Argaion. Andere 
Angaben nennen den Berg Ida 171 ) oder Dikte 172 ). Zeus 
wurde den Kureten zur Bewachung und zween Nymphen, 
des Melisseus Tochtern, zur Erna'hrung ubergeben. Diese 
nahrten ihn mit der Milch der Ziege Amaltheia und mit 
Honig, den die Bienen, oder mit Ambrosia, welche Tau- 

vom Okeanos hertrugen 173 ). 

vgl. oben hvxy, hvxog. jiiyaiov 1st von 
cut; gebildet, wovon gleich naher. Die Variation ^4(>y ctl ov 



165 
166 

161 



Pausan. IV. 33, 1. 
l ) Sch. Apolton. Ill, 134. 
') Tzetz. Lye. 1194. 
16S ) Strab. VIII, 387. vgl. Pausan. VII. 24, 4. 

169 ) Arat. Phaen. 164. 

1 70 ) Tl. 477 sqq. 

171 ) Callim. Jov. 6. 

172 ) Apollod. I. 1, 6. 

173 ) Apollod. I. J, 6sq. Athen, XI, 70. 



188 

wiirde man auf aqyog (glanzend, schimmernd) zuruckzufiih- 
ren haben, s. oben. -E)er Name des Berges Ida, der ehg 
mil dem Zeuskult verbunden ist (vergl. 3> Idvj in Troas), hat 
wohl Zusammenhang mil der Wtirzel ISa), eldto; (da von der 
Name des kretischen Helden 3 ldoi*evvg) 174 ). Dikte erin- 
nert an die kretische Artemis Diktynna, deren Namen die 
Alien von dixeiv (werfen), wovon auch dlffxog un d 
ableiteten, und welche sie auf das Strahlenwerfen des 
des deuteten 175 ) 5 das Wort ist gemeinsamen Stammes mit 



Die Kureten 176 ). Die Alteh unterschieden diese my- 
thischen Kureten von den historischen, welche als Einwohner 
Aetoliens und Euboias genannt wefden 177 ). Inwieweit die 
historischen Kureten historisch sind, geht uns hier nicht 
weiter an. Was die mythischen betrifft, so haben die bis- 
herigen Untersuchungen die Sache eher verwirrt als aufge- 
klart. Gehen wir unsern eigenen Weg. Einigermafsen 
bestimmt sind die Kureten alsHiiter des Himmelsgottes;. 
naher bestimmt wird ihr Wesen durch ihre Genealogie. 
Hekataios (= Apollon, Sonne) zeugt mit der Tochter des 
Phoroneus (Wasser) die Bergnymphen, Satyrn, Kureten 178 ). 
Damit stimmt iiberein eine andere Genealogie, nach wel- 
cher Apollon die Kureten zeugte mit der kretischen Nymphe 
Danais 179 ). Fragen wir nun, was in der Natur wohl, 
mit Riieksicht auf den Him m el, Kind der Sonne und des 
Wassers genannt werden kb'nne, so liegt wohl nahe, an die 



114 ) Hoffmann ft. H. II, 13. 
'") S^anh. Kallim. h. in Dian. 2a5. p. 
76 ) Lobeck Aglaophamus. Regim. 1829 sq. II, 11111139. 
*") Hermann St. A. .7, 10. Brandstater Gesch. d. aeto.' 
Landes. Berlin 1844. p. 4 sqq. 

179 ) Hesiod. bei Strab. X, 471. (fr. 28. Mcksch.) 
1T9 ) Tzetz. Lye, 77. 



189 

Wo Ike zu denken 180 ). , In unserm Mythos nahren nicht 
die Kureten den Zeus, sondern behiiten ihn hur. Die 
Kureten sind das Donnergewolk; darum heifst es von 
ihnen, sie batten init ihren Schilden Larm gemacht; darum 
werden sie Tanzer genannt, die in eherner Rustung den 
jungen Zeus auf der Spitze des Ida oder Dikte umtan- 
zen 181 )- Diese Deutung der Kureten bestatigt sich durch 
mehreres Andere: 1) Ovid 182 ) nennt sie Sohne eines starken 
Regens, largo ab. imbri satos; 2) sie gelten fur Erfinder 
der ErzwafFen 183 ) (vgl. den Wolkehgott Hephaistos); 3) sie 
sind Zauberer; 4) sie haben prophetisches Wissen 184 ), 
und sind 5) Begleiter der Athene 185 ) (Wolke), wobei ich an 
Pausanias 186 ) erinnere, "welcher auf dem lakonischen Vor- 
gebirge Brasiai ein Standbild der Athene sah und daneben 
drei kleine, nur einen Fufs hohe Bilder aus Erz, welche 
Hiite 187 ) aufhatten, und von denen Pausanias nicht entschei- 
den mag, ob sie 4 IOOXOVQOI, waren oder KoqvfiawEs. Er 
hatte auch y KovQfJTeg hinzufiigen konnen. Denn 4t,6<J- 
novqoi, RoQvpavtes und KovQfjves sind nicht verschieden 
von einander. 

Dies beweist zuniichst der Name dios-xovgoi, Kogv- 
KoyQfjves- Alle drei gehen auf die Wurzel XOQ '-, 



18 ") Vgl- oben den arkad. Zeus, den die drei Nymphen Theisoa, 
Neda, Hagno, d. h. die dnellen, deren Diinste zum Himmel empor- 
steigen, nahren. 

1S1 ) Vgl. das Tanzen der Wolken urn die Zinken der Gletscher 
in Schillers Berglied. 

182 ) Met. IV, 282. 

183 ) Lobeck Agl. pi 1119. 

184 ) Vgl. Lobeck p. 1118, der die Kureten sehr gut mit den 
Paliken, den Hephaistossohnen vergleicht. 

-* 85 ) Proclus bei Lobeck. Agl. p. 541. 

1B6 ) III, 24, 5. 

1S7 ) Die Nebelkappen unserer Zwerge, der Helm der Athene, 
die Kappe des Hephaistos u. s. w. Vergl. Andersen ImproT. I, 208: 
,,Die Gebirge haben ihre Nebelkappe aufgesetzt." 



190 

die einen Jiingling bedeutet, in welcher Bedeutung bei Ho- 
mer 188 ) geradezu xovgytes lA.yja.itav steht. So aber sind 
diese mythischen Personen nach derselben Vorstellung be- 
nannt, welche die Athene . = Wolke zur Jungfrau machte 
und gleichfalls XOQIJ benannte 189 ) (das Weitere iiber . die 
Korybanten s. unten bei den Wolkendamonen). 

Wahrend die Kureten, d.eren Erklarung ich eben ver- 
sucht habe, den Zeus bewachen, indem sie ihn mil Waffen- 
geklirr umtanzen, pflegen seiner zwei Nymphen, des Melis- 
seus Tochter, indem sie ihn mit Honig na'hren, welcher 
durch Bienen herbeigetragen wird. Ueber die Bienen vgl. 
Creuzer 19 ). So heifst auch em Sohn des Zeus Melwevs 191 )- 
Sind die Sterne als Bienen angeschaut, der Himmel als 
Bienenkorb ? Die Tauben, welche vom Okeanos Ambrosia 
bringen, sind VVolken m ). Darauf geht auch die Ziege 
Amaltheia. Sie heifst unter andern Tochter des Okeanos 
oder Melisseus, Ihr Name 193 ) von aftah&evetv 19/l ) (na'hren) j 
(melken); vielleicht zusammenhangeiid mit ^aA^ 
Garbe, wovon Demeter aitaklocpoQos, was recht, 
gut zu der fruchtbringenden Natur der Wolke pafste. Diese 
ihre Nalurbestimmtheit ist auch aus ihrer Mythologie er- 
sichtlich. Sie ist w e i f s und s c h o n, aber dabei so f U r c h t e r- 
lichen Anblicks, dafs die Titanen, die ihn nicht zu 



188 ) T, 193. 248. 

189 ) Creuzer III, 429 sq. 

19 ) Symb. IV. 348 sqq. W. Menzel Myth. Forsch. u. Samml. 
Stuttgart 1842. 8. p. 171 334. 
191 > Antonin. Lib. 13. 
193 ) Vgl. Volcker lapet. p. 83. 

193 ) Sickler De Amaltheae etymo et de cornatis Deorum imagi- 
nibus. Hilpertok. 1821. (vgl. O. Muller G. G. A. 1824. St. 88.) 

194 ) Hesych. 

195 ) Schwenck Andeutungen. p. 41. 



191 

ertragen vermochten, die Erde baten, sie zu verber- 
gen t96 ), Die Erzahlung von ihrem Home, dem Horn der 
Fiille und Fruehtbarkeit, ist bekannt und leicht zu verstehen 
aus dem Wolkenwesen der Amaltheia 197 ). Wenn eine,. ob- 
schon spate Sage sie zur Mutter des Dionysos (des Erd- 
lebens) machte, so bestatigt dies jene Auifassung der Amal- 
theia. : Das Sternbild der Ziege, d. h. der von Zeus unter 
die Sterne versetzten Amaltheia bedeutet Sturm 198 ), wie 
die Tceheiddeg Regen verkiinden. , Mil der Sibylle Amal- 
theia 199 ) vergleiche die prophetischen Kureten, die zauberi- 
schen Daktylen und Telchinen, die kluge, prophetische 
Athene. 

Uns bleibt noch das Bild der Ziege zu erlautern, 
welches nichts anders ist und sein kann als ein Bild der 
Wolke. Um dies deutlieher zu machen, erinnere ich daran, 
dafs Zeus alylo%os hiefs 200 ), wie aiis Homer hinlanglich 
bekannt ist. Das Wort wird verschieden abgeleitet: 1) itaqa 
TJJV e alyos oxrjv 201 ); 2) richtiger von aiyig l%eo. HierJ>ei 
leitet man alylg a) von t (Ziege), b) von aig (stiirmische 
Bewegung) ab. Beides aberistgleich; denn al sowohl als 
i'| stammen von aiaato, springen, sturmen; es findet hier 
dieselbe Coincidenz statt, wie oben bei Mxij und kuxog. 
Nicht wegen des Gleichklanges ward niit der sturmenden 
Wolke das Bild der Ziege verbunden, sondern Weil eine 
lebensvolle Anschauung der Wolke freilich nicht jeder 
Wolke das Bild der Ziege von selbst in der Seele weckte. 



196 ) Creuzer IV, 364. 

19T ) Ueber die Amalthea vgl. Bottiger Amalthea I, 65s(jq. 

198 ) Buttmann zu Ideler iiber die Sternnamen. p. 309. 

'") Salmas. Exerc. Plin. p. 75. Creuzer IE, 656 not. 

20 ) Dasselbe bedeuten die Homer, die Zeus als Ammon fiihrt. 

S01 ) S. Spanh. zu Callim. JOY. 49. p.46. Bottiger II, 225. 



192 

V 

Hier erinnere ich nur, dafs diese Aigis 802 ), welche Zeus 
fiihrt, die quastenumbordete 203 }, hell von Glanz, durch deren 
Schiittern Zeus donnert und blitzt, mit der er den- Ida ver- 
hiilit 204 ), die Achaier erschreckt 205 ), welche Hephaistos ver- 
fertigt hat 206 }, und von hundert zierlichen Quasten aus 
lauterem Golde umfafst wird 207 ): diese Aigis, sage ich, 
ist nichts anderes als die Wetterwolke am Himmel, dunkel 
und fiirchterlich, die vom Golde der Sonne umsaumt blitzt 
und donnert, und in ihrer graugelben Farbe und welligen 
Bildung an ein Ziegenfell mahnt. Diese Ideenreihe werde 
ich bei Athene weiter verfolgen und nachweisen. (S. die 
Abhandlung iiber Athene mit dem Widder in der Anlage.) 
Nicht minder gerecht ist der Phantasie, die Wetterwolke 
als einen Schild anzusehen, hinter dem hervor Zeus Donner 
und Blitz, seine Waffen entsendet, mit dem er sich selbst 
verbirgt. Dieser Schild, dem Zeus eigen, wird andern 
Gottheiten von ihm geliehen 208 ), natiirlich aur solchen, deren 
Natur dies gestattete, z. B. dem Apollon 209 ), der Athene. 
Als diese 210 ) sich mit den Waffen ihres Vaters riistet, wirft 
sie sich auch die Aigis um die Schultern, welche war 

Fiirchferlicli, rund umher mit drohendetn Schr.eckqn gekranzet. 
Drauf ist Streit, drauf Starke und drauf die starre Verfolgnng, 
Drauf auch der Gorgo Haupt, des entsetzlichen Ungeheuers, 
Schreekenvoll und entsetzlich, das Graun" des donnernden Vaters. 



20Z ) Ueber die Aigis vgl. Facius iiber die Aigis. Erlangen 1774. 
Creuzer.1V, 364. not. 1. S. Visconti Osservazioni sopra un antico 
cammeo rappresentante Giove Egioco. 

so3 ) E, 738. 

204 > P. 593 sqq. 

205 ) J. 167. E. 738 sqq. 

soe ) O. 308 sqq. 

207 ) B. 447 sqq. '. 

zoay Yg^ \y~ieseler Jahrb. d.. Vereins v. Altertlmmsfreunden iin 
Rheinl. Bd. V u. VI. Bonn 1844. 8. p. 352 sqq. 

209 ) O. 229. 

21 ) E. 733 s^q. 



193 

Natiirlich hat der Schild alle die Eigenschaften des Natur- 
objekts, auf deni er berulit 211 ). Nunmehr wird auch das 
Beiwort alyotyayog*) klar sein. - 

Abbildiingen. Millin. V. 17. Rhea, Zeus mit Amaltheia u. Kureten. 
X, 18. Zeus auf (her Ziege. XI, 38. Zeus, in der Rech- 
'...' ten den Blitz, um den linken Arm die Aigis mit 
Schlangen, vgl. MiHIer 'Arcli.v. 351, !.. 

-' '. . ' '. . V 

'.Eine wie grof^e Veranderung dieser kretische Zeus 
mit seinen Kurieten gegen den tlodonaischen und arkadischen 
erfahren hatte/ ist leicht ersichtlich. Dem dodonaischen und 
arkadis"chen Zeus wareh die Kureten nicht beigegeben. Aber 
die& war nicht die einzige Umwaridlung, welche Zeus auf 
Kreta erfuhr. Hier sind die Ele'mehte seiner riachmaligen 
olympischen Gestaltung zu suchen, w.eil hier, auf Krela, 
friiher als irgendvvb auf dem griechischen Festlande das 
politische Leben einen hohern Aufschwung nahm. Damit 
hangt immer religiose Entwickelung zusammen und zwar, 
indem das politische Leben die geistigen Kra'fte des Men- 
scheii reicher enlfaltel, mufste die ih.m verkniipfte religiose 
EntwickeJung eine" aus Natursymbolik zu ethischer Verkla- 
rung fortschreitende sein. 

Als Reprasentant der politischen Grofse Kretas gilt 
Minos. Ohne' uns an den Namen dieses kretischen Herr- 



211 ) Wenn, wie oben bemerkt, gesagt wird, Hephaistos habe die 
Aigis verfertigt and zwar so fest und gediegen, dafs selbst des Zeus 
Blitz sie nickt zerschmettern kondfe (4>, 400): so pafst dies sowohl 
auf den Scbild als die Wolke Aigis, Pie Wolke kann ihrer feurigen 
Natur nach als von Hephaistos ausgegangen betrachtet werden, und 
dafs sie nicht yom Blitz kiinne. zerschmettert werden, 1st eine jener 
Zitkelbemerkungen, die der Mythologie ganz gerecht sind. Das- 
selbe.sagt die Mythe von der Aigis der Athene, wonach.sie arsprfing- 
lich ein erdgebornes .feuerspeiendes Thier War, das Pallas erlegte 
und dessen Fell sie zur Waffe machte. Diod. HI, 70. 

212 > Nikandros bei Etym. M. p. .27, 51. 

Lauer Grieeh. Mythologie. 13 



194 

sellers zu halten, der immerbin eine my thische Person seiii 
mag, werden wir doch aus dem, was liber ihn erzahlt wird, 
erkennen, dafs schon lange vor dem troischen Kriege, also 
in den altesten Zeiten, das politische Leben auf Kreta 
zu einer gewissen Entwickelung gelangte, und. im Gegen- 
satze zu der Gesetzlosigkeit jener friihen Zeilen auf einem 
Prinzipe der Gesittung und Gerechtigkei't beruhte: Dadnrch 
gelangte Kreta im Innern zu grofsem Wohlstande, nach 
Aufsen zu grofser Macht 213 ). Schon Homer 214 ) ist Minos 
als Konig auf Kreta bekannt, SVVSCDQOG 215 ) ^/tog (.teyalov 
octqiozris. Er ist ausgezeichnet durch seine Gerechtigkelt 
und deshalb nach seinem Tode Richter der Schatten iui 
Hades 216 )... Auf ihn werden die kretischen Gesetze zuriick- 
gefiihrt, die er als gottliche Gebote vom Zeus selbst wah- 
rend des langen Umganges mit ihm erhalten haberi soil. 
Von ihm wird auch berichtet, dafs er die Karer und Leleger 
bezwungen, ihren Seeraubereien ein Ende gemacht, viele 
Inseln des aegaischen Meeres unterworferi, selbst his Alhen 
seine Macht ausgedehnt habe. Durch das enge Verhaltnifs 
des Minos zum Zeus (Sohn, Schiiler) wird es sehr wahr- 
scheinlich, dafs dieser hohere Grad von Civilisation und 
politischer Grofse sich an den Zeuskult angeschlossen und 
demnach diesen selbst kunstsymbolischer gestaltet habe. Ja, 
man darf Minos selbst als eine Epiphanie des Zeus be- 
trachten. Dafs gleichwohl der kretische Zeusdienst noch 
weit entfernt war, ein olympischer zu sein, sieht man aus 



* l3 ),Vgl. Hock Kreta 11, 45 sqq. u. d. Litt. bei Hermann St. A. 
.9,8. - 

214 ) T, 178 sq. vgl. auch <?, 523. v, 450. Minos, Sohn des Zeus: 

s, m. : . ' . - 

S1S ) tvvstoQog = neun Halbjahre la_ng, cf. E. Miiller de Aethone 
satyrico Acliaei Eretriensis, Ratibor. 1837. 4. p. 16 sqq. 
216 ) A. 568. 



195 

den Menschenopfeny die ihm fielen. Denn darauf offeribai' 
ist die Sage von dem Mivtoravgog zu deuten 817 ). Ich fcaiin 
diesen Mylhenkreis hier hicht naher erorlern. 

Denselben Einflufs, den der politische Minos auf die Fdrt- 
bi Idling des Zeusdiensles ausuble, hatte der ihm zur Seite 
gestellle kvinstlerische Daidalos. Er ist nur eine Variante 
vom Hephaistos. Siehe diesen 218 ). 

In diesen beiden Momeriten lag jedoch nur erst 'der 
Anfang hoherer Entwickelung, vvie der Religion iibefhaupt, 
so des Zeuskultes insbesondere. Theils war die pldstische 
Kunst noch zu unvollkommen, theijs fehlte die epische Poesie, 
welclie ungleich -besser die Gotterxyelt in ihrer idealisierteh 
Menschlichkeit darstelJen kojinte, a!s x die plastische Eunst 
und iiberdies dieser erst die Ideale schaffen raufste. Die 
epische Poesie aber konnte in so friiher Zeit noch nicht zu 
bedeutender Bltilhe gelangen, weil der Boden, auf dera sie 
wachst, Heldeiilhat, heroische Gestalten, damals noch nicht 
bereitet war. Diesen Boden hat die epische Poesie auch 
niemals in Kreta gel'unden. Des Heldenruhmes Uhd des 
Epos Mutter war das eigentliche Hellas. An dem Vorhan- 
densein eines vorhomerischen Epos ist, so wenig Nachrichten 
vvir von ihm haben, nicht zu zweifeln. Aber die home- 
rischen Lieder haben alle friihern iibertroffen, sowohl weil 
die Helden in ihnen die idealsten waren, als weil sie G5tter 
schilderten, wie sie dem griechischen Bewufstsein am 
meisten entsprachen. Auf ihnen ruht das ganze griechische 
Leben, auf ihnen die spatere dramalische und plastische 



?17 > Sncbier (p. 184. not. 154J cp. 3. S tephani D. Kampf zwi- 
schen Theseus u. Minotauros. Lpz. 1842 fol. 

2IS ) Y'gl' inzwischen JaidaMdca u. '-HcpcuaTiKdixi. za Athen r und 
Welcker Aesch. Tril. p. 291. Ueber den Heros 'PadKfiKvSvs, der 
ebenfalls eine Epiphanie des Zeus ist, -ygl. Preller (Z. f. A. 183.8. 
No. 135 sq.) 

13* 



196 

Kunst* 19 ). Diese beiden letzterh Kiinste haben die griechi- 
schen Goiter so veredelt, vergeistigt, versittlicht, gelaulert 
von alien natiirlichen Elementen, als- dies dem griechischen 
Geisle iiberhaupt mb'glich war, obgleich- ffeilich der Natur- 
boden, auf dem die Gb'ttergestalt ruht, ihr niemals vollkom- 
men kann entzogeh werden: es kann nur aus dem Him- 
melsgotte der Vater im Himmel werden. 

Indem ich dies iiber den Gang der Entwickelung der 
einzelnen Gottergestalten ein fiir allemal bemerkt babe, gehe 
ich nun iiber zur Betrachtung des bellenischen bder olym- 
pischen Zeus. Ich werde seine Betrachtung in zwei Theile 
zerfallen lassen, indem ich 1) von dem naturlichen (natur- 
symbolischen) Zeus, 2) von Jdem ethischen (kunstsymbo- 
lischen) handle. 

II. Der Hellenische Zeus. 
1. D.er naturliche* 

Der heltenische Zeus .in seiner Naturbesthnmtheit mufs 

. * 

ebenso Golt des Himmels sein, als es der pelasgische war, 
aus dem er sich entvvickelt hat, und ist es aucn 820 ); daher 
beherrscht er Wolken, Licht und Warme und giebt alles 
Gedeihen im Naturleben. 

a) Herr der Wolken, Das malt ein prachtiges Bild 
bei Homer m ), wo die beiden Aias, Odysseus und Diomedes 
die Feinde erwarten ,,den Wolken gleich, die Kronion bei 



Sl9 ) Vgl. Gesch. d. Horn. Poesie, p. 32 47. 

SI ") Vgl. oben die Stelle aus Aeschylos Danaiden und Euripides 
bei A then. I, 20 B. : [noifis] onoaag 6 Zevs avoKfratvei. IStov els 
ovqavbv evpvv fleht Menelaos zu ihm r. 364 sqq. ; ai^i vuCiav B. 
. J, 166; ovqcivios Callim. Jor. 55. Anthol. 1,254.463.478. 

Creuzer III, 141. 

5I1 > E, 522 sqq. 



197 

stillem Wetter um die Bergspitzen (en axqanoKoiaiv O 
aiv) stellt, unbeweglich, wenn des Boreas und der andern 
heftigen Winde Gewalt schlumniert, welche wehend die 
schattigen Wolken mil scharfem Hauche zerstreuen," Davon 
heifst er vecpetyyeQera 222 ), xehaivecpijg 223 ), v 



o) Re gen, Ha gel, Schnee kommen von ihm. 

. 4tdg- voTOg*"), Zqvos xax%.a(ov vaapog** 9 ), 
ncttg aGTtsros O^QQS 229 )- Er heifst der beregnende 
und bedorrende, e&rcofifiQttJv enavx^cfccg 23 ), y,Bifia- 
^wv 23i ). Deshalb warden bei anhaltender Diirre zu Athen 
Prozessionen veranstaltet r um vom Zeus Regen zu erfle- 
hen' 232 ). Eine sv%ij ^^vaicov 233 ) lautet: vow, vaov, ta 
XUTCC rag ccQOvgag t&v ^&ijvaitov xai T&V 
Auf Keos feierte man zur Zeit der Hundstage 
ein Fest des Zevg Ix^uatog 235 ) (von IK^UIVW, feuchten), damit 
die Etesien Regen brachten 236 ). Dies Fest stand in Ver- 



12Z ) A, 517, 511, 560. 4, 30. E, 631, 736, 764, 888. Zf, 280, 454. 
, 38, 469. Hesiod O. D. 43. 

a ") A, ^97. B, 412. Z, 267. 
. ?24 ) Pindar. Ol. V, 17. 

** s ) Paus. III. 10, 6. Steph. Byz. p. 256, 12. West, hat ZXOTIVKS; 
all ein dies en Fehler verbessert schon Meurs. Lacon. 

* 26 ) E t 91. Hesiod. O. D. 626. 

.*") Aesch. Ag. 1391 (vom Thau). 

SI?8 ) Lycofphr. Cass. 80 u. v. a. -...".' 

*") Makron. bei Athen. II, 64 E. 

* 3n ) Soph. fr. 188. Ahr. 

") Soph. O. C. 1504. 

?3a ) Jamblich. Pyth. 10. 

533 ) Bei Marc. Anton, ad se ips. V 3 7. p. 37. D 

234 ) Ilf-Sitfav Lassanlx liber d. Gebete d. Gr. u, Rora. Wiirzbarg 
1842. 4. p. 6. not. 21. 

."*"). Preller Demet. 248. not. 15. Welck er bei Schwenck 
342. Creiizer Symb. I, 33. 111,146. not. 3. Apotlon. Rhod. II, 
522, Well. 

"*) Sch. Apolion. Rh. II, 498. Hermann Gottesd. Alt. . 65,21. 



198 

btndung mil dem Kulte des. jVristaios 237 ), - der selbst nur eine 
besfchrankte Fassung des Zeus ist. Am Berge Pelion 
fand urn dieselbe Zeit eine feierliche Prozession statt, wobei 
man, in Bocksfelle gekleidet, zum Zsvg .i^raTog 238 ) (von 
VMvalvw, worm sich axvij (Ufer) and axiiv (Sonnenstrahl) 
begegnen, ,,dahersehiefsen, stunnen") um Schutz gegen den 
brennenden Sirius flehte 239 ). Vergleiche oben die Quelle 
Hagno in Arkadien. Zu den Beinamen shhdvios 24 ), nav- 
cH^vtog 241 ) und acpsaios***) (Entsender, Befveier) siehe 
oben die Sage vom Aiakos. Zsvg of.i@()i,og z * 3 )., vsTiog 244 ), 
ovQtog z * 5 ) , .vcuog 246 ), alylo%og z * 7 )., atyo^aj/og a48 ) ; die 
FHisse werden ^unsTets genannt. Zu FeA^avog 249 ) (He- 
sychius: o Zei/s naga Kgialtp. Tstylvios TKXQO, Kgyaiv?) 
siehe unf en bei den Wolkengottern die Tel chin en. Eine 



237 > O. M 'tiller. Orcliom. 342 sq. Jacobr p. 131. Hermann Got- 
tesd. Alt. .65, 21. 

23S J Preller 1. 1. O. Miiller 1. L u. p. 243 sq. .. 
239 ) Dikaearch. fragm. de Pelio. 

'^) Pind...Nem. V, 19. Herod. IX, 7. Aristoph. Eq. 1253. Plutarch. 
Lycurg. 6. Vergl. Jacobi s. Panhellenios p. 699. Miiller Aegin. 
p. 18 sq. ' 

24J ) Pausan. I. 44, 9. 18, 9. 
2 ") Pausan. 1/44,9. - 

? * 3 ) Pansan. I. 32,2. Lycophr. Cass. 166. ;. 

44<v ) Pausan. IX. 39, 4. 1.24,3. 11.19,8. Pollux I, 1. Enmeli 
fr. 17 Mckscli. u. v. a. 

245 ) Jacobs Antli. Pal.p.947. B u ttrnann Lexil. 11, 34. Senge- 
buscli Sinop. p. 36. not. 3. Fr. V a ter Argonaut. Hit. I. (Kasan. 
1845. 8.) p. 145. not. 4. N. N. bei J. Taylor Comment, de Debitore 
inope secund. jus atticum 'in partes secando. p. 23 sqq. Creuzer 
HI, 141. not. 2. 

24G ) Lassaulx Orakel z. Dodona. p. 6. Bockh C. J. no. 2908. 
247 ) Hesiod. fr. 177, 2. Gttlg. A, 202, 222. B, 157,348, 375, 491, 
598, 787. F, 426. E, 115, 396, 635, 693, 714, 733, 742,815. 2T, 420. 
H, 60. 0,287, 352, 375, 384. 

<J49 > S. oben beim kretischen Zeus. 

a49 ) P. G. Secchi Giove FEAXANOZ el' oraculo suo nell' 
antro ideo. Rom 1840. 



199 

sprechende Darstelliing des Regenzeus (auf def Ehrensauie 
des Mare-Aurel zu Rom), s. bei Millin IX, 41. Vgl. Bratin, 
Antike Marmorwerke. I Dec. I, 3, 4. 

/?) Er sendet Donner und Blitz 250 ); daher 

8 - 5 ' 2 -) , KEQaWOfiohoS Z 3 ) , VljJ 

256 ), egiydovTioG* 57 ), 
), xavctifta- 

. (Ob auch x^ayog 263 ) (vielleicht 
vom Lavmen) und, ^4<xxedal[.itov Z6 *) (,,Schvei gott ? vergl. 
/?OT)V aya&os Mevehaog) sich auf den Dbnnergott beziehen?) 
Daher JIOQ xe^awo/ 265 ); @QOVV<XV d 3 ovx s(.tov, aAAa ^/tog 266 ). 
Am schonsten zeigt sich Zeus als Herr des Donners und 



a.-,oy Ygl. uber die hierauf beziiglichen Beiworter Ed. Maetzner 
de Jove Homeri. Berol. 1834. 8. p. 2934. 

251 ) A, 419. JB, 478, 781. 0, 2. 

252 ) Pausan. V, 14, 7. 
'") C.J. no. 15.13. 
9M ) A, 354. 

a ") Soph. Ant. 1116. 
256 ) Orpb. H. 14, 9. 
'' 57 )\E, 672. H, 411. 

"?) O. Miiller Dor. I, 242. Strab. IX, p. 619. 
a5 *) IIvQip6()os am. Soph. Ph. 1198. vgl. O. C. 1658. -4, 580,609. 
JT, 443. 

26n ) Achaios b. Sch. Ear. Orest. 373. Vergl. Eurip. Jon. 1078. 



26-1 ) Pausan. V, 14, 10. Apollodor.fr. 34 Mii.ll. vgl. P. B urmann 
Z. k. s. Jupiter Fulgurator in Cyrrhestarum numis. (Vectigal. pop. 
Rom. L. B. 1734. 4.) Creuzer Symb. I, 468. Lycoph. Cass. 1370. 
Pollux I, 1. Aristoph. Pax. 42. Aehhlich Jehovah im Alten Testa- 
mente. Vergl. Hezel, Gedanken iiber den babylonischen Thurmban. 
p. 18 sqq. 

26J ) Strabo XIV, 660. 

263 ) Lycoph. Cass. 542 ibiq. Tzetz. 
. 264 ) Herod. VI, 56. 

265 ) Soph. Elect. 824. vgl. 0, 405. Vgl. H. Chr. Biitzow De 
Jove Elicio. Havn. 1716. 4. 

2C6 ) Incert. bei Pint, de adulat. cp. 10. 



^200 

Blitzes bei Sophocles (0. C. 1448 sqq.): ,,Es ertont, siehe, 
dahergerollt Wieder das gewaltge Tosen von Zeus! 
Emportreibt Entsetzen mein Hauptgelock.! Mein Muth 
erbebt. Von den Himmelshohn fahrt neuer Strahl Ent- 
flammt herab. Und welch Gesehick bringt er uns? -^- 
Ich zittre. Nicht wird er umsonst daher sturmen, nicht 
von Unfalle frei. grofser Aether! Zeus! sieh, o sieh! 
Und abermals erschallt ringsumher gewaltigeres Getos. 
Griadig, o Gott, \valte! Gnadig, erhebst Du'heut. etwa 
dem Mutterland des Zorns Finsternifs! Ein Fromraer sei 
der Mann und werde fiir den gottverhafsten Cast ge- 
winnloser Dank mi r nicht zugetheilt. Zeus, o ich flehe 

O .'.... 

Dir!" Diese tiefe Beweeuney welche Donner und Blitz 

& ". . '. 

in dem Menschen hervorrufen und die ihn den Donnerer 
recht in seiner Macht und Grb'fse, den Menschen in seiner 
Ohnmacht fiihlen lafst, ist ofienbar der Grund fiir das eine 
ethische Moment, welches mil der Person des Zeus ver- 
kniipft wurde: Allmacht, Ernst, Erhabenheit, Gerechtigkeit 
u. s. w. Darum wendet sieh der Mensch.bei diesen Natur- 
erscheinungen zu ernsterem, heiligem Sinne 267 ). 

y) Als Wolkengott ist Zeus auch Herr des Sturms. 
,,Der Donnerfrohe Zeus Sendele hoch vom Idagebirg uner- 
mefslichen Sturmwind, der zu den SchifFen den Staub hin- 
wirbelte, dafs den Achaiern Sank der Muth, doch der Troer 
und Heklors Ruhtn sieh erhohte" 268 ). ,,Diese (die Troer) 
rauschten einher, wie der Sturm unbandiger Winde, der 
vor dem rollenden Wetter des Donnerers . iiber das Feld 
braust, Graunvoll dann mil Getos in die Fluth einstiirzt 
und emporbaumt Viel lautklatschende Wogen des weitauf- 
rauschenden Meeres, Krutnmgewolbt und beschaumt, vorn 



3es 



H, 478sqq. , 75 sqq. l^sqq. 170 sq. 
) M, 253 sqq. 



201 

Andr' urid Andere hinten." 269 ) In dieser seiner Herrschaft 
iiber deri Sturm zeigt sich Zeus besonders im Herbst. 
Dann ist er Zevg '{laifiaMnrjg? 70 ), nach dem auch derMonat 
Maimakterion benannt isl 271 ). Am zwanzigsten Maimakte- 
rion war das Fest des Zsvg fiaifidxTTjg, mil Siihnppfern 
verbunden, weil der anscheinend ziirnende Gott die Gemuther 
bufsfertig stimmte 272 ). Dieser Zevg n-aip. ist nicht ver- 
schieden von dem neitt%ios* 73 ), xa&aQaiog"*).. Dem Zevg 
fisiU^ioq wurde das Fest der Jiaaia gefeiert,. welches auf 
den dreiundzwanzigsten Anthesterion 275 ) fiel und denselben 
Charakler, den eiries Siihnfestes, haite. An ihm wurden 
bios Feldfriichte geopfert 276 ). Fcuav en;iifJV%Qvfftv srjjaiat 
sx Jibs ccvQa^ 277 ). Evavenos Z78 ). ; 

d) Die Bergspitzen sind ihm heilig 279 ), weii um 
diese die Wolken sich lagern. Daher sitzt.er ax^o- 
xoQvcpfi nokvdeiQadog Ov^vftnoto^ ), cMQflg sv nro- 



ai>9 ) N, 795. V'ergl. II, 364 sq. /, 67sqq. ft, 313 sq. , 175 sq. 
o, 297.475. 

27 ) Phot, and Harpocrat. MKi{j.Kxrr\Qt(av* Vergl. P teller De- 
meter. 248. 

"9 01. 88, 2 = 17. Novbr. 15. Decbr. 427-, 
01. 87, 3 = 21. Octbr. 19. Novbr. 430. 

* 72 ) Hermann G. A. .57. 

273 ) Preller Demet. 246 sqq. Paus. I, 37, 4. II. 9, 6. 20, 1 sq. 
Antonin. VI. p. 207, 1 West. Hermann Die attischen Diasien und 
die Verehrung des Z. Meilicliios zu Athen. Philol. II, 1. p. 1 .11. 

'"*) Preller Demet. a. a. O. Paus. V. 14, 8. , Plutarch, de esu 
earn. II, 1. Pollux VIII, 142. 

I7S ) 7. Marz 426, 9. Marz 429. 

27 ) Hermann G..A. ,58,23. 

27T ) Apollon. Rliod. II, 525. 

2T8 j Pausan. III. 13,8. 

379 ) Max. Tyr. VIII, 1 : Ine^utaKV 3e xai jil tcyKlfiara of 
civ&Q(onoi, xoQv<f>c<s 6pe5v, "Olv/nnov aai "idyv xtti tin AAo ooos 

TO) OL'OBVftJ- 

JSO ) A, 499. E, 754. , 3. 



202 

1 ), d. h. auf der Akropolis 282 ). Auf der :axqa von 
Agrigent wollten die Agrigentiner dem Zeus einen Tempel 
bauen 283 ). Daher fiihrt er auch die Beinamen 7rax<uog 284 ), 

85 ), x(>tog 286 ), xogvcpaiog 287 ), 



(uog 293 ),, nach einem Berge auf Rhodes, 

5 )., vom Berge Idnsaag bei Nemea, y 
, ^.Ivrjaiog ^tog 297 ), vom Berge Airios auf Kepha- 
lenia, ^tTvaiog 298 ) u. v. a. 

b) . Herr des Lichtes und der Warme. Ich babe 
schon friiher bemerkt > dafs in den Aethergottern sich der 
Bimmel in seiner Totalitat, also auch die Sonne mitbegrif- 
fen, darstellt. Vor Allen .ist dies bei Zeus der Fall: die 



2S1 ) Callim. Jov. 82. 

as *> S. RrResti u. Spanh. zn Callim. a. a. O. 

*" 3 ) Polyaen. Strat. V, 1. 

- S4 ) Hesych. 

23S ) In Boiotien. Spanh. cle U. et.P. N. I, 391. Ueber den Accent 
s. Meineke frg. Com. p. 29, 116. 

296 ) Vgl. Apollodor. p. 41 7 a. TJnger Theb. 463. Bergk Gr. Mo- 
natskunde 56 sq. Herod. I, 171. V, 66. Phot. Lex. p. 132, 8. 

28 7 ) Pausan. II, 4, 5. 

28S ) A, 353. 508. 580. 583. 589. 609. B, 309. z/, 160. Z,, 28.2. 
,335. Aesch. Bum. 664. Solon fr. XII, 1. Theognis 341. Arnob. 
HI, 31. (In Syrakus Diod. XVI, 70. Ebert 2i%. p. 128. 131 sq.) 
Soph. El. 209. Aeschin. Timarch. 23. 31. 34. (ain Mysischen Olymp). 

289 ) Soph. fr. 621 Ahr. Aesch. Ag. 285. Hesych. I. p. 133. 

2!) ") Soph. Trach. 1191. vgl. 436 (200). - 

S91 ) 77, 605. vgl. Aesch. fr. 169 Ahr. Spanh. z. Callim. Jov. 6. p. 32. 

292 j Strab. X, 733. C. J. no. 2555, 11. Vgl. Jtos lixoov ibid. no. 
2554, 135. 

29r ) Pind. Ol. VII, 159 sq. ibq. Sch. Apollod. 111.2,1. Heyne 
Obss. p. 218. 

= 34 ) Pausan. IX. 2, 4. 

795 ) Pausan. VI. 15, 3. Steph. Byz. s. v. 

I96 j Pausan. Ill, 26, 6 u. ofter. 

'*') Sch. Apollon. II, 297. 

" 8 ) Pind. Ol. VI, 162 ibq. Sch, 



203 

Sonrie ist gleichsam sein .Auge 299 ). Den Zsvg 
auf der Burg Larissa zu Argos erklart Pausanias 30P ). als 
Himmels-, Wasser- und Erdzeus; so auch Creuzer 301 ). 
Schwenck 302 ) fafst-ihn als den Gott der drei Jahreszeiten. 
Vielleicht Blitz Zeus? Vgl. Kyklopen, Athene yhctvKWTtig. 
Dafs er als Lichtgolt gedacht sei in dieser symbolischen 
Darstellurig geht theils aus der symboHsehen Bedeutung des 
Atiges an sich hervor, theils daraus, dafs Pausanias sagt, 
der VCCOQ des Zeus auf der Burg Larissa habe kein Dach 
gehabt ; dafs dieser dreiaugige Zeus in dem Tempel der 
Athene stand; dafs er aus Troja mitgebracht sein sollte 303 ), 
wo ihh Priamos sv vn&l&Qip vfjg avkfjc; aufgestellt gehabt 
hab'e 304 ). (Vgl. Athene yoQy&mg zu Ilion.) Den Lichtgott 
bezeichnen die Beinamen ai&lo'W 305 ), axraids 306 ) (p- 
7 ) , Ivxaws 308 ) (p. 180sqq.) 3 ^ewg 309 ), yavcuog 



307 



'") Vogel des Zeus (Zyvos OQVIV) nennt sie Aeschyl. Suppl. 212. 
6 ctltv oqdav xvxios /lib$ nennt Soph. O. C. 704 das Ange des Zeus. 
, 837 'fI%T] ffafj.(fOTQ(ov txfT cd&e'QK xcil /tiog avyug. 

30 ) II. 24, 3 sq. 

301 ) III, 195. I,43sq. 

302 ) Andeutungen p. 44. 

303 ) Dutch Sthenelos d. Aitoleri Hieraus erklart sich vielleicht 
die Sage von dem Dreiaugigen, den die Dorer beim Einznge 
in den Peloponnes zum Fiihrer nelmien sollten, Oxylos, O. Miiller 
Dor. I, 62. 

'"*) Vgl, Sell. Euripid. Troad. 16.; / 

3ns ) Tzetz. Lycophr. 536. 

3<l6 >Preller Demeter. p. 248. not. 15. O. Miiller Orchom. 
p. 243 sq. 342 sq. 

3n7 ) Pans. V, 5, 5. Vielleicht yLuxnlog. 

309 ) Paus. IV. 22, 7. VIII. 230,- 2. 8. 38, 1-7. 53, II. Callirn. 
.lov. 4. Schwartz Apoll. 40. not. 1. Jacobi p. 891 sq. Schwen ck 
p. 39 sq. - . ' : . 

3n9 ) Zu Elis Steph, Byz. . . 

: 110 ) Euripid. Rhes. 355. Welcker Gr. Tr. Ill,' 11 18 sq. vergl. 
Apollon. 



204 



15 ). Darum kommen auch Tage und Nachte von 
ihtn 316 ), so wie die Jahre 3t1? ) und ihre Zeiten. Diesem 
Verhaltnifs als Heraufbringer der Jahreszeiten verdankt er 
den Beinamen f/otgaj/e'Fjys 318 ). Kvvai.&eyg at9 ), die Hitze 
in den Hundstagen erregender; xpwog 320 ), weil er dutch 
Hitze Staub hervorbringt; artof-ivios m )> Fliegen abwehrend" 
durch den Regeri. 

c) Herr des Gedeihens, theiis als Warme verlei- 
hender Gdtt des Aethers, theiis als Sender des Regens. 
,,Reichliche Gabe des Zeus aus den jahrlichen griinenden 
Fluren bandigt die Hunger erregenden Uebel" 328 ). ,,Wann 
Zeus aus der herben Traube den Wein bereitel, dann ist 
schon Kalte in den Hausern" 323 ). ,,Zeus segne das Land 
mit reifender Frucht in.jeder Jahreszeit." 324 ). Er ist daher 



3lt ) Zf-vs iv @rjpKi$ Hesych. p. 1176. 

31 *) Hesych. p. 1497 Alb.: 6 Zsvs lv 

3J1 ) A, 498. E, 265. 0, 206. 442. 

314 ) Soph. O. C. 1086. 

3>s ) Antonin. VI. p. 207, 1 West. Callim. Jov. 82ibq. Spanh. (p. 64). 
Hesych. s. v. Apollon. Rh. II, 1126 (vgl. Aesch. Sppl. 388). 

3I6 ) ooaai yao vvxres re xctl TI(JI?(>KI fr. dios siotv, I, 93. 

3 ") B, 134. 

31B ) Pausan. V. 15^5. VIII. 37, 1. X. 24, 4. Der Beweis sollte 
nach dem urspriinglichen Wortlaute nnten bei den Moiren gegeben 
werden, zu deren DarsteUung der Verfasser aber nicht mehr ge- 
komtnen ist. 

319 ) Tzetz. Lycophr. 399. Schwenck p. 42. 

32n ) Paus. I. 40, 6. 

Ml ) Pausan. V. 14, 1. Aelian. H. A. V, 17. 1st gleicli S^rVa 
II Reg. I, 2. Luc. XI, 15. ,,Fliegengott" zu Akron. Daraus durch'Knt- 
stellung mit Absicht faet.&povl (Kothgott). Matth. XII, 24. Lucas 1. 1. 
Vgl. Gloss. Philol. sacr. p. 987. Buxtorff Lex. Talm. p.1088. Job.. 
Lightfoot Hor. Hebr. ad Matth. p. 168. Leusden Phil. Kbr. p. 340. 
Albert! Porta Linguae sanctae. Budissae. 1704. 4. p. 135. 

"*)' Aesch. Ag. 1014 sq. . 

353 ) ibid. 970. 

"*) Aesch. Suppl. 689 sqq. 



205 

5 ), und die Friichte reifen, wenn seine Zeiten 
iiber sie konimen 326 ). 'ETudwtqg 3 "), g)VTatyiiog 3 ), TS- 
/Utog 3 * 9 ) = Vollender?; TctUawg 330 ) (auf Kreta). Seinen 
nahen Bezug auf Aekerbau zeigt das Beiwort egycttog 33 *), 
ebenso egex&evgl 3 *) und yswgyog 333 ), dessen Opfer an dem- 
selben Tage dargebracht wurde, an welchem man dein Zsvg 
^.ai^ioDtirjs opferte. IlehcoQog ist schwer zu deuten ; .die 
Beziehung auf Ackerbau geht daraus hervor, dafs die in 
Thessalien gefeierten JlsXtoQict mil dem Erndtefest der Sa- 
turnalien verglichen werden 334 ). Hierher gehoren auch 
die 4t7t6hia 335 ) oder Bovcpovia, welche man am yierzehn- 
ten Skirophorion 336 ) zu Athen beging zu Ehren des Zeus 
ndhtsvg (des Burgschutzers). Der Name Bovcpovia kommt 
von einem Gebrauch bei der Feier^ Es ward Gerste auf 
den Altar des Zevg nohevg gelegt; der Slier frafs und 
wurde getodtet durch einen Priester aus dem Geschlechte 
der Thauioniden 337 ), fiovtvrtog, fiovyovog, der dann mifc 
zuruckgelassenem Beile floh. Dies Beil wurde in das Pry- 



335 ) Callim Jov. 91. 

3J6 ) o> T 344. Vgl. Arat. Diosemea 10 sq. 

327 ) Pausan. VIII, 9, 2. 

329 ) Hesych. Vgl. V 6 1 c k e r Japet. p. 1 63 sq. 

3;9 ) Aesch. Bum. 28. Ag. 973. Suppl. 535. Philoclu fr. 179 Mlill. 
Pausan, VIII. 48, 6. Vgl. Spanh. zn Callim. in Pallad. 135. p. 728 sq. 
[Ueber den Begriff von ratios iiberhanpt Spanh. zu Callim. Jov. 57. 
p. 52. Gegen ihn Ruhnk. Tim. p. 224 sq. (vgl. Soph. O. C. 1079)]. 
Pind. Pyth. I, 67. Plat. Euth. p. 5. Diodqr. Sic. V, 73. 

33 ) Hesych. s. v. Vgl. Welcker bei Schwenck p. 265, 275, 340. 

331 ) =: ae'gios Zsvg. H.esych. p. 1417 Alb. Statt KSQIOS hat man 
vorgeschlagen agoTQtos, ciyQtos, cigeios. s. Interpp. zu Hesych. 1. 1. 

332 ) Tzetz. Lye. 156. 431. 

3J3 j C. J. 523, 12. / 

334 ) Athen. XIV. p. 640. Vergl. Hermann G. A. .64,21. 

335 J Vgl. Hermann G. A. . 61, 15. 

ssej _. 24 j un i 426. 

337 ) Bossier de gentibus et familiis Atticae sacerdotal. Darm- 
stadt 1833. 4. p.l4sqq. 



206 

laneum gebracht, vertuiheitt and in's Meer gevvorfen. 
Dafs auch Zevg ficcatkevg 23 *) ein Gott des Ackerlandes uncl 
xler Fruchtbarkeit sei, ha be ich schon friiher, als ich votn 
Kronos zu Lebadeia redete, angedeutet. Diesem Zevg /?- 
aifavg, der riicht verschieden ist votn Tgoqiwviog 333 ), \vurde 
zu Lebadeia das Fest Baatheia oder Tgocpcovia gefeiert. 
Man hat mehrfach diesen Trophonius mil Hades identifi- 
cieren wollen, unter Andern Panofka 340 ); aber es ist mir 
sehr zweifelhaft; ob dies zulassig. Dafs auch der in 
Boiotien verehrte Zevg b/uohtoios 311 ) auf Ackerbau zu be- 
ziehen sei, liefse sich vielleicht aus dem Umstande schliefsen, 
dafs an dem Feste der bfio^coicc Zeus verehrt wurde zu- 
gleich mil Gottheiten, die sich auf Ackerbau beziehen, mil 
Demeter, Athene und Enyo. Sicher dagegen gehoren 
hierher die Beiworter STIMCCQ'TTWS*), f.whevs**' 3 ) (Vorsteher 
der Muhlen), avxdaiog 344 ) , f^OQiog^ 5 ) (der die Oelbaume 



JS8 J Thebais fr. 3. p. 587 Paris. Solon, fr. 29. Tlieognis 285. 370. 
Aesch. Prom. 532. Ag. 355. Pausan. IV. 22, 7. IX 39, 4 sq. Creuzer 
Symb. IV, 422. 6. Mliller Orch. 146 sqq. Dio Clirysost. I. p. 14: 
/?acrt'Atro<r axqK, tfQK /Itog fiaaiJ.stas. ibd. p. 8: fj.6vos &iav nctTrjQ xal 
paail.evs ^Tioro^sTcu (?). Soph. Tr.' 127. [Zu Haliartos (Plut. 
narr. ainat. 1), wo es aber der Hades ist.] Plat. Alcib. II, 9. p. 143 A. 
Dion. Halic. A. R. II, Tom. I, p. 80, 33 Sylb. 

339 ) Strabo IX, 414 b. Diodor. XV, 53. p. 45 Wess. Livius XLV. 
27, 8. Nach Pithoei von Hildebrand gebilligter Cbnjektar auch Ar- 
nob.1,20. (IV, 14). O. Miiller Orch. p.!46sqq. Panofka Archaot. 
Zeit. 1843. p. 4. - 

34 ) Z. Basil, u. Heracles KaUinikes. Berlin 1847. 4. p. 10. Der- 
selbe Trophoniuskultus in Rhegium. Schr. d. Akd. aus d. J. 1848. 

34t ) Ister fr. 10 Mull. Unger Theb. 463 sq. 323 sqq. Hermann 
G. A. .63,21. O. Miiller Orch. p.228sq. 

34 2 ) Hesych. s.v. 

343 ) Tzetz. Lye. 435. 

344 ) Hesych. avy.d&w. 

345 ) Heyne Apollod. fr. p. 401 (Sch. Soph. O. C. 701.) fr. 34 
Miill. Wander zu Soph. O. C. 703. Vejrgl. Sch. Aristopb. Nub. 1005. 
He user de numine divino apud Soph. p.&. Mnage zu Diog. Laert. 
H/, 26. p.489sq. Hiibn. 



207 

getleihen Jafst), &v&eios 34e ), und die den Fiirsorger der 
Heerden bekimden: vof-iiog 347 ), j 



2. Der e th ische 3r '). 

Belrachten wir nun, was fiir ein ethischer Zeus aus 
dem eben skizzierlen natiirlichen werden mufste. Wir wollen 
dabei yon den einzelnen Momenten der Naturbeslimmtheit 
des Zeus ausgehen, wie ich sie im Vorhergehenden aufge- 
fuhrt habe 351 ). 

Mil Bezug nuf.das Himmelsgewolbe ist Zeus 
) efhaben und ewig. $7FTOg 352 ), vTcsQTarog 353 ),, 
5 *), a&dvctTOS 3 )- Dies geht freilich weniger auf 



3>6 ) Welcker zu Schwenck p.275. ' 

347 ) Arcliyt^s beim Stobaus Serin. X-LI, p. ^69 sq. 

3 ' 9 ) O. MiilLer Orch. p. 155. Eel. IL 

349 ) AufNaxos. C. J. 2418. aufKorkyra C. J 1870: B ocklj Staats- 
liatishalt. 2. p. 398. O/ Mil Her Orch. p. 155. 

35n ) Ueber die Moglichkeit, Naturliches zu Pjthischem zu machen 
s. oben p. 59 not. 44. 

351 ) Wie selir die Griechen allezeit den Natargrund ihres Zeus 
fiihlten, kann man iiberall sehen. Vgl. z. B. Phil. Bybl, bei Enseb. 
P. E. I. X. TOVTOV &eov Ivopi&v t uovov OVQKVOV xvoiov, Bstkadfuiv 

y.KJ.OUVTZS , O tOTl nttQK l PQlVl'^i ZVQIOS OVQcn'OV , ZfV'S tFi TltlQ 

"Ell.rjOi. 

352 J Pansan. I. 26, 5. HI. 17, 6. VIII. 2, 3 (14,7). IX. 19, 3. Pind, 
Ol. Xllf, 23. E, 756 (0, 22 VTJUTOV ^GTCDQ .) 0, 31 (vn. ZQI-IOVTCOV). 

3M ) Aesch. Suppl. 681. 

3M ) Aesch. Earn. 28. Soph. Phil. 1289. Paasan. II. 2,8. V. 15,5; 
IX. 8, 5.. Horn. u. Hesiod. C. p. 320, 2 Gttl. Vgl Unger Theb. 323. 
335. 343. Boc-kji C. J. I. p. 475. ,,Prof. Ulrichs (Z. f. A. 1844. Hft. 1. 
p. 20) scheint das Bema selbst fiir den Altar des Zeus Hypsistos zu 
halten. Dies konnte doch nur in sehr spater riimischer Zeit gesche- 
hen sein, wo das Bema nicht mehr als Rednerbiiline gebraucht 
wurde." G(i tiling Rh. Mus. 1845. p. 337. not. 69. Spanh. zu 
Callim. Jov. 91. p. 71. Pind. Nem. I, 91. Spon. Misc. p.315. 

355 ) B, 741. Soph. Ant. 585 sqq. Bckli. : Wer mag Deine Gewalt, 
o Zeus, kiihn aufhalten in frevlem Hochmuth, die nimmer der Schlaf 
fahet, der allentkrafter % nimmer der Gotter rasche Monden! In nie 
alternder Zeit .bewohnst Du des Olymps lichte, strahlende Gipfel, 
Herrscher ! 



208 

den anfangs- als auf den endlosen Zeus; er ist nur aiwvoi; 
XQGCOV aTTCHWou 356 ). Wie denn iiberhaupt die G otter nur 
alev eowes, asl yev&ai sind, insofern sie nicht von Ewig- 
keit her, sondern nur CC^QOTOI sind. Aber selbst diese 
Unsterblichkeit des Zeus ist nicht eine vollkommen absolute, 
so wenig als seine Macht, da auch Zeus die Moglichkeit 
gegeben war, durch einen Machligeren gestiirzt und in 
den Tartaros gestofsen zu werden. Mufste er doch die 
Metis verschlingen, damit diese nicht einen dem Vater 
iiberlegenen Sohn gebare 357 ). Die Unsterblichkeit ist somit 
nur relativ zu fassen: Zeus ist weniger sterblich als die 
Menschen. 

An. die Blaue und Allgegenwart des Himmels schliefst 
sich die Vorstellung von dem treuen und allgegenwar- 
tigen. Daher Zsvg yrtWog 358 ); er halt auf die im Schwur 
gelobte Treue: ogxios 359 ), OQXCOV ra^ias 360 )- Er selbst ist 
wahrhaftig, und was er zusagt, das halt er 361 ). 

Wie von alien Eindrucken des Himmels keiner mach- 
tiger ist als der durch das Gewitter hervorgerufene, so hat 
sich auch der vornehmste ethische Charakter des Zeus aus 
dem Herrscher im Donnergewolk gebildet. Macht, die 
sich fast bis ziir Allmacht sleigert, Ernst, Erhabenheit: die 
fiihlt der Mensch in dem Walten des Gewitters und legt 
sie daher nothwendig auch dem Herrn des Gewilters als 



3S6 ) Aesch. Su^pl. 574. 
" 7 ) Ygl Aesch. Prometheus y. Schomann. 
35S ) Dion. Hal. 2, 49. Vergl. Eur. Med. 170. 
359 ) Pausan. V. 24, 9. Soph. Phil. 1324 (O. C. 1767). vgl. ^, 155sq. 
#,76,411. Matzner p. 50 sqq. 
36 ) Eurip. Med. 169. 
36 ') Aesch. Snppl. 90 sqq. Eurip. Ale. 978 sq. 



. 209 

Attribute bei. Zeus ist peyag 362 J i, fisyiGTog 363 ) , 

(Herr), xoc&vTteQTeQog 366 ), xvdiaTog 567 ), a&eviog 35 *), 
3S9 ), fyi&yog 370 ), vyiiiedav 37i ),navda[i(xi;{OQ 371a ), 
2 ), rtaveQyetrjs 373 ), TiavTctgxog &ewv 37 *). ,,Herr der 
Herren, der Seligen Seligster, aller Gewaltigen Gewaltigster, 
gliicklicher Zeus, erhor' und Jafsgeschehn," 375 ) ,,Herrin eigner 
Machtvollkommenheit (civz6%ei(> aval;) 376 ) herrscht er, keinem 
unterworfen, liber die minder machtigen und fiirchtet keinen 
iiber ihin stehenden. Da steht mit dem Worte das Werk, 
zu vollfiihren sofort, was er ersann." Vergl. Homer. Auf 
diese Macht beziehen sich auch die Beinamen 



An die Macht des Zeus, .wie sie im Gewitter sich of- 
fenbart, lehnt sieh auch die Eigenschaft des ziirnenden, 
strafenden. Wie er das Unrecht uberhaupt racht, (ala- 



362 ) Horn. u. Hesiod. Cert. a. a. O. B, 134. -JE, 907. Z, 304,312. 
H, 24. Soph. Elect. 209, 175. Cratin. fr. 4. p. 8 Mein. 

363 ) Theognis 285. Auf Lesbos Inscript. Plehn 118. Aesch. 
Gh. 203. C. J. 1513. B, 412. F, 276. 298. 320. H, 202. 

364 ) Demosth. gegen Lacrit. p. 597. Basil. Soph. O. C. 1485. Tr. 
274. 1089, F, 351. J2, ,194. 200. 

3GS ) Hesych. Tom. I, 1445 Alb. e$os' 6 Ztvs. 

366 ) Theokrit. Id. XXIY, 97. - 

361 ) B, 412. T, 276. 298. 320. H, 202. 

368 ) Pans. II, 32, 7. 34, 6. 

369 ) JB, 350.403. H, 315,481. @, 470. 
37 ) 4, 166. H, 69. 

3T1 ) Epigr. bei Diog. Laert. prooem. 4. ' 

31) a) Elmsl. z. Ear. Her. 900. 

3 ") Aesch. Agam. 1486. 

373 ) ibid. - 

37+ ) Soph., O. C. 1095. 

375 ) Aesch. Suppl. 524 sqq, 

376 ) ibd. 592. 

3 ") Eustath. II. II, 25. p. 168. 
") Bacchylid.fr. 48 Bgk. Simonid. fr. 231 Bgk. 

379 ) Sappho fr. 149 Bgk. . Ueber den appellativen Gebrauch 
dieser Nomina propria vgl. Lauer Gesch. d. hom.Poesie. p.lSSsqq. 

Lauer Griech. Mythologie. 14 



210 

GTOiq - 80 ) (die Rache nicht vergessende), 
(>og 382 ) (auf Kypros),) so insbesondere das Unrecht gegen 
die Eltern 383 ), und .vor allem den Mord. Daher Zsvg 
7ia3Lct(j.vaiog 3S4 ) (so hiefs eigentlich der Blutschuldige selbst), 
der die Biutrache vollbringende. DerSchuldige sucht als Ix&njg 
Schutz und Siihne bei einem ihm Befreundeten (gsvog). Zur 
Entsiihnung wurde in der Regel ein Ferkel geschlachtet 
(XOIQOXVOVOI xa&aQi-iol) , mil dessen Blute die Hande des 
Mbrders bestrichen wurden, indem er dabei zum Zsvg [Ai- 
U%iog (s. unten) iflehte 885 ).. MeiUy^ia (als Versohnungs- 
mittel) und Ra&ctQaia (als Siihnungsmittel) hiefsen diese 
Opfer, welche dargebracht wurden um die erziirnten Manen 
und die ra'ehende Gottheit zu versohnen. Aus der friiher 
erorterten Beziehung des Widders zu Zeus wird der Grund 
kiar sein, weshalb man sich auch eines Widderfeiles (4iog 
Kqdiov, oder Slov x^dtov) 386 ) zur Entsuhnung bediente, auf 
dem der zu Siihnende mit dem linfcen Fufse stehen mufste. 
(Vgl. unten den Aufsatz : Athene mit dem Widder.) ZIJTIJQ, 
den Hesychius als Zeus auf Cypern anfiihrt, scheint eben- 
fails ein rachender Gott zu sein. 

Unwandelbar wie der Himmel wird Zeus zum Gott 
der hochsten Gerechtigkeit. Er hat die Handhabung 
des Rechts in himmlischen und irdischen Dingen; den Ge- 



38 ) Epimer. Horn, bei Cramer Anecd. I. p. 62. Pherecyd. fr. 114a. 
Miiller. Hesych. . 

381 ) Rulinken. Tim. p. 34. Ueber das Wort s. Do der 1 ein zu 
Soph. O. C. 364. p. 319 sqq. 

39Z ) Clem. Alexdr. Prot. p. 24 Sylb. 

383 ) Soph. Elect. 205 sqq. 

394 ) Aristot. de mundo Til, 6. Apollon. Rhod. Argon. IV, 709. 
Vgl. Creuzer III, 121. not. 2. ' . 

385 ) Vgl. iiber die Entsiihnung H e rm ann G. A. .23. B e n e d. 
Averranus diss. 22 ad Euripidein (Opp. Tom. I, 459). 

386 ) Vgl. Preller, Polem. p. 139 sqq. 



211 

selzen giebt er rvyflv aya&rjv xai x$og 38 , 7 ). 
OvQctvidflGi 363 ). Antigone 389 ) sagt zu Kreon: ,,Nicht Zeus 
ja. war es , der mir dies verkiinden liefs." ditoytpogos S9 ). 
Jlxrj J-vvedQOs //tog 391 ). Die auf Erden. Recht sprechen, 
thun es auf Verordnung des Zeus 398 ). Im Aias 393 ) fleht 
Tetikros, es moge der Vater Zeus, der den Olymp beherrscht, 
bose die Bosen verderben. c ETQO(}e7tij<; 39 *) (der mit gfei- 1 
cher Wage wagt). KAa^tog 395 ) wird vom Scholiasten zu 
Aesch. Suppl. 396 ) von einem Zeus erklart, der Allen ihren 
gerechten Theil zutheilt, was Spanheim 397 ) billigt; mirscheint 
es sich aber aiif den Licht- und Warmegott zu bezieheii, 
da es wohl eher mit clarus als mit xA^og zusammenhangt 
MoiQayT7]s A9B ), ethisch gefafst als Lenker des Schieksa!s 
(Fiihrer der Moiren). Ne^eiae 399 ), vjW^TJ?g 400 ), vefisTWQ* *). 
Das Wohlthuende des Lichts und der Warme hat in 
Verbindung mit dem Vaterlichen des Himmels den Him- 
inelsgo tt als einen in i 1 d e n u n d b a r m h e r z i g e n erscheinen 



18 7 ) Solon, fr. 29. Vgl. Minos. 

38S ) Callim. Jov. 3. 

389 ) 450. 

39 ) Aeschyl. Ag. 5?5. 

39 Soph. O". C.l38lsq. 

392 ) ^, ^38. 

393 ) 1389 sqq. 

394 ) Aeschyl. Suppl. 403. 

395 ) Pans. VIII, 53, 9; zu Tegea, wo ihm jahrlich ein Fest ge- 
feiert wurde. Vgl. Hermann Antiquit. II. p.,258jl2. 

396 ) 355. 

397 ) Callim. JOY. 80. p. 63. 

398 ) Paus. V, 15, 5. VIII, 37, 1. X, 24, 4. 

3 ") Zu Nemea. Paus. II, 15, 2 sq. 20, 3. IV, 27, 6. Dieser pelo- 
ponnesische ist auch gemeint Pind. fr. 46, 7. (ygl. 12) Bgk. In Locris, 
-wo Oinoe /libs N. tegov hiels. Horn, und Hesiod Cert. p. 322, 27. 
p. 323,1 Goto. -. 

40 ) Steph. Byz. p. 209, 8 West. 

401 ) Aeschyl. S. c. Th. 485. 

14* . 



212 

lassen 402 ). "HTUOS auf Kreta 403 ), x%wi> 404 ), t^Ttog 405 ) auf 
Kypros, , 3 der versohnte", wie tieiUftiog, dem man opferte, 
wenn nach dem rauhen, unfreundlichen Winter der milde, 
freundliche Lena erschien. Mehaffcuog* 06 ), navo&vnog w ), 
S ) (= der Schutzflehenden), Jx&wos* ol Vfoos- 410 ), 
TtQoaTQonaios*) (der das Ungluck abvvendet), 
3 ), sUvvf-isvos^*)- Auch gehort hierher die Stelle 
aus Sophocles 415 ): Z^n avv&axog &QOVCOV Videos sn I^yoig 
Ttuaiv. 

An das Aufsteigen imd Aneinanderstofsen der Wolken 
knupft sich die .Vorstellung von Zeus, dem Krieger und 
Furs ten. 



42 ), ^o^atov^os 4tl ),. 



4ej ) Vgl. FeuerLach Werke I, S. 380, 381. 
403 ) Etym. M. p. 434. Creuzer 111,99. 
* 04 ) Pans. VHI. 12, 1. 

405 ) Hesych. Ygl. Giese Aeol. Dial. p. 253. not. 

406 ) Hesych. s. Y. 

407 ) Soph. fr. 199 Ahr. 

408 ) J. Pr. Leisner de Jove Ixeirjafy. Lips. 1738. 4. 

* 09 ) Pherekyd. fr. 114a. Mull. Soph. Phil. 484. Apollori. Rhod. 
Argon. U, 215. Ill, 358. IV, 700. Tryphiodor. 98. 

41 ) Aesch. Suppl. 385. ' 

411 ) Sophocl. Phil. 1182. 

415 ) Hesych. Jionopnela&Ki. Vgl. Creuzer III, 121. 
4 ") Aesch. Suppl. 1. 

414 ) 'Ev KvQrtvy Hesych. p. 1177. Vgl. Giese a. a. O. 

415 ) O. C. 1267, 68. 

416 ) Pans. V, 14, 6. Welcker.Tril. not. 258. 
41T ) Steph. Byz. 

418 ) Hermann .53,28. O, Muller Dor. H, 95, not. 5. 236, 
not. 9. Ygl. 337, 2. 

419 ) Plutarch. Pyrrh. 5. Soldan Rh. Mus. 1835. p. 112, not. 93. 
4SO ) Paus. in, 12, 9. Soph. Ant. 143. Tr. 303. C. J. no. 173. Vgl. 

Peters Theol. Soph. p. 42. not.**). Eurip. Heraclid. 870. 940. 
421 ) Dion. Halic. II. (Tom. I. p. J02, 31 Sylb.) 
4 s ) ibid. 



213 

(Beutebringer), vMijcpogos* 23 ), 677^00/^05 424 ). Mehr auf das 
Ringen gehenaywvtpg 421 ), TtfaAafO^g 426 ). Auch als Tanzer 
wird Zeus genannt 427 ). 

Aus dem Natur-Zeus, welcher Licht und Warme sendet, 
entwickelt sich nach ethischer Seite bin eine andere Vor- 
stellung. Licht und Helle stehen in unmittelbarer Bezie- 

^P 1 . 

hung zum Wissen 428 ) ; daher Himmel, Sonne, Wolke, Wasser 
prophetisch oder vielwissend. So wird der helle, lichte 
Zeus zum weisen. Er ist nai^ o nuvxonxa^}, o navtf 
oQtiv* 30 ), tyo&ev axonog* 31 ), TU PQOTCOV soft's 432 ); aber 
auch TOJV (.isMtOvtwv Tccfj.iccg oxi XQTJ TeTshea&ai, 433 ). 
Datum kommen alle Wahrzeicheu 434 ) und Orakel von 
ihm; die Propheten sind seine Herolde und selbst Apol- 
lon spricht nur nach seiner Eingebung 435 ). Die hier- 
auf beziiglichen Beiwb'rter sind: Ttavo^icpaiog* 36 ) , 



423 ) Cic. legg. II, 11, 28. Drakenb. ad Sil. XII, 672. 

424 ) Gleich ,,Waffentrager" (in Karien.) Strab. XIV. p. 659. 
. 425 ) Soph. Tr. 26. 

426 ) Lycoph. Cass. 41. 

427 ) Athen. I. p. 22 C. Eustath. p. 1602, 26. 

428 ) Die gleicjie Wurzel iS bedeutetim Griech. Wissen und Sehen. 
Vgl. umsichtig; klarer, heller Verstand, Einsicht, ein- 
leuchtend, erleuchtet; mir scheint. 

449 ) Aeschyl. Suppi. 139. vgl. Enmen. 1046. Soph. O. C. 1086. 
43 ) Soph. Ant. 184. Apoltoiu Rhod. B, 1179. Well.: Zevs ainos 

Ttt HxttG-f ImdsQXSTttl. 

43 ') Aesch. Suppl. 381. Vergl. sari ftfyas ouQctvt^ Zeus, os (poQK 
ndvra y.ul xgcavvei. Soph. El. 174 sq. 

432 ) Soph. O.K. 498. 

433 ) Soph. fr. 515 Dind. 524. Ahr. 

434 ) Diese auch deshalb, weil sie vornemlich am Himmel vor 
sich gehen. 

435 ) Aesch Euinen. 19. 616 sqq. Soph. El. 659. O. C. 623. 793. 
O. R. 498. Andere Stellen siehe bei S ch w'alb e iiber die Bed. d. Paan. 
p. 2. not. 1. 

436 ) 6[Mpri v. tlnf.iv wie ffT(>0|U/3o- v. d. Wurzel argeq). Pott.1.180. 
0.250. Simonid. fr. 146, 2. Vgl. Maetzner de Jove Homeri.p.34 43. 
Phavorin. TQOKCUK. Eustath. p. 169, 26. 711,52. 1885,8. 



214 

/ 

, fftyuaAe'og 438 ), &7i/uog 439 ); auch 
/tog 440 ) (Eingeweidezersehneider), kann yielleicht auf Pro- 
phetie bezogen werden. Auch im Rathwissen wie in kluger 
Erfindung offenbart sich die Weisheit des Zeus; er ist 
ixcp&vta nqdea eldtos***), (.irpieTa 442 j, /M??/aj>i5g 443 ). 

Aus dem Herrn des Gedeihens ehtwickelt sich Zeus 
als Schtitzer und Erhalter. Daher* OIOTTJQ***) (dem 
zu Athen am letzten Tage des Jahres geopfert wurde), 

5 ), aacavys* 46 ), eniatarfQiog** 7 ), gwAa| 448 ), l 



437 ) Lycophr. Cass. 536. Nach Tzetz. Zeus bei den Thuriern, 
nach Potter Apollon. 



4 ' 8 ) = Wetterzeichengcber. Pausan. 1. 32,2. 
439 J Hesych. 

440\ 



) Auf Kypros. AtLen. IV, 174 (vgl. Eustath. 6d. p. 1413, 24). 
Engel, Kypros H, 660, will dies Beiwort lieber vom clithonischen 
Zeus verstehen. 

441 ) ^2, 88. Hesiod. fr. 135,2 Mcksch. und sonst sehr haufig. 

442 ) A, 175. 508. jB, 197. 324. Z, 198. JJ, 478. 0, 170. Hes. Th. 
56, 520, 904, 914. Sc. 33, 333. O. D. 104. 

443 ) Paus. II, 22, 2. Bergk Gf. Monatsk. 17 19. 

444 ) Philoch. fr. 179 Mull. Pind. Ol. V, 17. Aescli. Snppl. 27. 

Apollod. II, 5, 1. Pausan. VIII. 9, 2. II. 20, 6, 31, 10. HI. 23, 10. IV. 

31, 6. 34, 6. V. 5, 1. VII. 23, 9. Antonin. VI. p 207, 1. West. 350, 5. 

Lysias Euandr. . 6. p. 790 R. Lycurg. gegen Leocr. . 136 sq. . 17. 

Demosth. Prooem. p. 1460 R. (no. 52 Bekk.). Fest acar-^Qtce, dictco- 

rflQia. In Athen als ^(OTTJQ xcd 'Etevfrfyios zusammen verehrt. vgl. 
Hemsterh. zu Sch. Arist. Plut. 1175. Vergl. C. J. no. 157, 25 ibq. 
Bockh Tom. I. p. 252. Was man aus dieser Inschrift schon folgern 
konnte, dafs die &vaCa rip 4il ry awrflQt gegen- Ende des Jahres 
miisse gefeiert sein, bestimmt, obgleich es yon Bockh u. Hermann 
Antq. II. 61, 15 ubersehen worden, ganz genan Lys. Euandr. 1.1.: 
r\ yap avQiov ri^QK f^ovr} Aot7z>j rov tviaurov Idiiv, v ds rctvTi] rtii 
/Ju T$ acorfJQi Qvaia ytyvercu. Diese Stelle .hatten schon beriick- 
sichtigt Hemsterh. 1. L Meier zu Leake Topogr. p. 445. Miiller 
Eumenid. p. 188. (welcher p. 186189 liber Zeus Soter handelt). 
In Kyzikos: Marquardt p. 133. 

445 ) Soph. fr. 199. 

446 ) Paus. IX. 26, 7. 
4 *') In Kreta. Hesych. s. v. 

448 ) Aesch. Sappl. 388 vgl.277. Vgl, Span h. zu Callim. Joy. 81. 
p. 63 u. das Romische Jupiter Gustos. 



215 



, , j, , 

3 }. Besonders aber schiitzt und erhalt Zeus 
die Gemeinscnaften.. So die Familie: j/o^Atog 454 ), 
ysv&hos***), yeveEcciog'* 9 ), .'tyyias** 7 ), *%*0ff* 58 )- Die 
Ver wan disc haft: o/uoywog 459 ), 6|Ho< 



(Ob ao(>aT(HOg 466 ) nur dialektische Verschiedenheit von 

. Die Freundschaft: iTa^fitog 467 ) (dem zu Ma- 



449 ) Paus. 1.3,2. IX. 2, 5sqq. X.21,6. Plutarch. Aristid. cp.21,1. 
Aeschin. dial. 11,1. Pind Ol. XII, 1. Strab. p. 41?. ZuAthen: Hem- 
sterh. z. Sch. Arist. Plut. 1175. 

45 ) Eustath. z. Od. x. fin. 

, 451 ) Soph. O. C. 143 (vgl. Aias 187). 

452 ) Aesch. ScTli. 8. 

453 ) Apollod. I. 7, 2. 9, 1. Heyne Obss. p. 56. Pausan. II, 21, 2. 
Ill, 17, 9. Tzetz. Lycophr. 288: 6 Swaptvos notrjaat. (pvytiv rov x(v- 
dvvov. Sch. Apollon. Rh. IV, 699. 

4r ' 4 } Tzetz. Lye. 288. Himmel and Erde sind die beiden Gott- 
heilen, die vorzugsweise der Ehe vorstehen. Creuzer III, 118 sqq. 

455 ) Arist. de mand. VII, 5. Plutarch. Amat. cp. 20. 11. Creuzer 
III, 116 sqq. 

* 56 ) Apollon. Rh. II, 1009. 

45T ) Der Ehestiftende. Hesych. s. v. vgl. Aesch. Eumen. 213sq. 

458 ) ,,Vollender." Aesch. Eumen. 28. Ag. 973. Suppl. 535. Philoch. 
fr. 1 79 Mull.'. Pausan. VIII, 48, 6. Vgl. S p an h. z, Callim. in Pallad. 135. 
p. 728 sq. [Ueber den Begriff von rsteios iiberhauptSpanh.z. Callim. 
Jov. 57. p. 52. GegenihnRuh n k. Tim. p. 224sq. (vgl. Soph. O, C. 1079)]. 
Pind. Pytli-I, 67. Plat. Euth. p. 5. Diodor. Sic. V, 73. 

459 J Ruhnk. z. Tim. p.!92sq. 

46 ) Plato Legg. VIII. p.8, 142. 

461 ) Apollod. 11,8,4. Soph. Tr.288. 755. Cornut. cp. IX. p. 29. 
Osann. vgl. p. 255. 

462 ) Exiripid. bei Pollux III, 5. = 6 T rrjs avyysvttus Sixuin 

tyOQUV. 

463 > Soph. Ant. 659. 

464 ) Heind. z. Plat. Euthyd. p.302D. Hermann G. A..56,28. 
C. I. 2555, 11. (zu Hierapytna). 

465 ) Conon. p. 143, 3 West. 

466 ) Hock Kreta HI, 140. 

467 ) Herod. I, 44. Athen.XlII, 573. Parthen. XVIII, .p. 171, 24 West. 
Hock Kreta III, 126. 



216 

gnesia em Fest 'EfatQideicc gefeiert wurde) 468 ), plJ 

), evios* 7i ), sniQvvTios"*) (?). Das Haus: 
, syeGTios"*) , o/weWog 475 ), oxoyi5Aa* 76 ).' Die 
Stadte: nokievQ 477 ), yroAtov/og 478 ). Die Grenzen: 
479 ), o^tog 48 ), ^vg 481 ), xaawg 482 ), 



468 ) Hegesandros bei Athen 1. 1. 

469 ) Plat. Phaeclr. p. 234. Pausan. VIII. 31, 4 (hier dem Dionysos 
ahnlich gebildet). VgV. Creuzer III, 78. Preller Archaol. Zeit. 
1845, no. 31. 

47 ) Plut. Thes. cp. XIV, 3. Philoch. fr. 37 Miill. 

471 ) i, 271. vgl. T, 351 sqq. Alexdr. Aetol. b, Parthen.XIV. p. 167, 
21. West. Parthen. XVIII, p. 171, 24. West. Paus. XIII. 11, 11. Schol. 
Soph. Aj. 487. Racht %vcov xccl ixsfwv aSixltts. Plutarch. Amat. 
cp. XX," 11. Zu Amathus auf Kypros mit Menschenopfer. Ovid. Met. 
X, 221. ibq. Lutat. Vgl. 3. G. Biedermann de Jove hospital!. Fri- 
berg 1768. 4. ' 

475 ) Hesych. Zsvg Iv KQ^TIJ. 

473 ) x- 334 sq. Herod. VI, 68. Soph. Ant. 487. fr. p. 250 a Ahr. Pau- 
san. V. 14, 7. VIII, 46, 2. Creuzer III, 127 sq. Cornut. cp. IX, p.28. 
Os. vgl. p. 254. 

* 74 ) Soph. Aj. 492. Sp^nh. de Vesta. . 8. (Graevii Th. R. 
p. 675 sqq.) Sch. Soph. Aj. 487. 

* 75 ) Soph. fr. 274. 

476 ) Aesch. Suppl. 27. vergl. Matzner de Jove Horn. p. 62 sqq. 
Pet. Kuntzias de Jove ngonuhp. Jen. 1739. 4. 

477 ) Cornut. cp. IX. p.28. Os. vgl. p. 255. In Athen Paus. 1, 24, 4. 
In Lindos Ross Inscr. gr. ined. fasc. III. no. 271. In Alt-Paphos 
C.I. no. 2640. Ilokievs == arcis praeses, nachErnesti Callim. Jov.81. 

478 ) Nic. Schwebelius de Jove Tiohiovxy. 1740. 

479 ) Hermann de terminis. p. 15 sq. 

48 ) Bei dem die Grenznachbarn schworen. Polyb. II, 39 (wo 
Bekker jedoch opctQiov.) Hermann Rel. Alt. .68, 11. 

48 ') Lye. Cass. 706. Tzetz. : tog &(>%TI xat rfyfta TIKVTWV. 

48J ) Vom Berge KKGIOV in Syrien (Strab. XVI, 2. p. 750. Dionys. 
Per. 880. Suid.) s. Eckermann Myth. I, 119. Thucyd. Ill, 70. Mo- 
vers Phoniz. I, 669. Eckhel D.N. Ill, 326. Boivin Mem. de 1'Ac. 
Tom. II, 410 415. ed. Amst. vgl. p. 386 sq. Vgl. Creuzer Symb. 
111,205. no. 31. Vgl. Animadv. ad Anth. Gr. Tom. II, 2. p. 322 sq. 

483 ) Zu Lakedaimon, ein txQ-ybs At^off. (Paus. Ill, 22, 1.) == xura- 
7IKVT1JS, sedator von Orest's Wahnsinn. S. Ebert Diss. Sicul. Regim. 
1825. p. 201 sq. 



217 

wie er zuglefch der Ordner der menschiichen 
Gesellschaft 1st: aToi%adevg* 8 *) (inSicyon), xoo/^rag 485 ), 
ayoQcttog* 86 ), fiovhcuog 4 * 7 ) , opayvqiog***), (= Vereiniger, 
Versammler), eyuxomog 489 ). Fraglich ist, ob hierhef auch 
SQidfyuog (von drjftog) gehort, unter welchem Beinamen 
nachHesychius Zeus auf Rhodus verehrt wurde. Unzweifelhaft 
dagegen haben die angegebene Bedeutung die Beinamen 
apyiiffitov* 9 *) und oficcQiog* 91 ), der Vereiniger. 

Aus dem Herrn des Gedeihens isl ferner abzuleiten 
Zeus als Segenspender: dcovcog cc7tr][.iovt7]g 49Z ), e^axeavij- 
(Heiler), amjftiog* 9 *), giebt ein cpciQfiaxov rrjg 

497 ), 






484 ) Cramer Anecd. Oxon. Tom. IV. p. 320: TOiyagovv ol 
vioi Kara (pvkas favrovs rccgavTSS xal KQi&[*,r)0KVTf$ dio 

ISQOV l^QVffKVTO. 

4S5 ) Pans. III. 17, 4. 

486 ) Eurip. Heraclid. 70. Aristoph. Eq. 410. 500 ibq. Sch. Pausan. 
HI. 11, 9. V. 15, 4. IX. 35, 4. Hesych. p. 62. Alb. XyoQaTog- Zevs. 
Tlieophrast. b. Strb. XLII. p. 120 B. 

48T ) Pausan. I. 3, 5. ' 

488-j Welcker Episch. Cykl. p. 128. Zu Aigiqn, wo ihm eia Ge- 
sammtfest gefeiert wurde. Vgl. Merleker Achaic. p. 4. Pausan. VII. 
24,2. Ulrich. Rer. Sybarit. p. 49. not. 194. 

489 ) Auf Salamis. Hesych. 

49 ) Miiller Aegin. p. 31. 

491 ) Polyb. II, 39 Bekk. vgl. V, 93. Hermann de termin. p. 17. 
not. 62. 

49Z ) Callim, Jov. 92. - 

493 ) Hesych. s. v. 

494 ) Pans. I. 32, 2. = dcaraiQ Knr](j.ovtr)s. Callim Jov. 92. 
* 95 ) Soph. fr. 711 Ahr. 

496 ) Hesych. Zu Athen. Wesseling Diodor. IV, 3. 
Creuzer Melet. I, 18. Zur Archaol. Ill, 486 sqq. 

497 ) Paus. I. 31, 4. Isaios de Ciron. . 16. Antikleides bei Athen. 
XI, 473 B. Das Bild dieses Zeus wurde, in einem Schrein oder Ge- 
fafs verwahrt, in der Vorrathskanimer aufgestellt. S. Bernhardy z. 
Suidas II, 1. p.426, 11. 

498 ) Pausan. III. 19, 7. Vgl. Theognis 157 sq. 197. 231 sq. 
4 ") Aescb. Snppl. 526. 



218 

01 ), der Gewinnbringende. Dieser 
Begriff des Segenspendens verallgemeinert sich so vveit, 
dafs Zeus Gutes und Boses giebt: av&Q 3-sdg aMove AA<^, 
Zsvg ayad-ov rs xaxov ve didot dvvavai yag anavca 502 ). 
Das Umfassende des Himmels, das Nahrende, die Ansqhauung 
seines Verhallnisses zur Erde als eines ehelichen, alles dies 
giebt, nicht durch Reflexion vermittelt, sondern unmittelbar 
die Vorstellung eines himmlischen, fur die Menschen sor- 
genden Vaters:,6 TOJV anawcov Zevg TtavtjQ 503 ). Die 
Stellen, an welchen ^Vatev Zeus" vprkommt, sind nicht zu 
zahlen; es bezeichnet dieser Atisdruck aber nichl die Ab- 
stammung, sondern die fvirsorgliche Valerlichkeit. * 

So erhaben, als der griechische Glaube den Zeus auf- 
fassen konnte, hat ihn Aeschylos aufgefafst 504 ); und so er- 
haben, als diese AufFassung dargestellt werden konnte, hatle 
sie Phidias dargestellt in der beriihmten Statue 505 ) zu 
Olympia, dem Hauptkultusorte des Zeus. 

IdQiaTcuos 506 )- An das oben erwahnte Fest derJSoi;- 
cpovia erinnert und schliefst sich auch seiner Bedeutung nach 
genau ein Mythos an, der zu den altesten, beliebtesten und 
zugleich dunkelsten gehort : der Mythos von den Argo- 



50 ) Orph. h. 72, 4. 

5fil ) Lycoph. Cass. 1092. 



5oa ) S, 236 sq. Vgl. &., 525 sqq. u. v. a. Theognis 34J sqq. Mim- 
nerin. fr. II, 15 sq- Bgk. Soph. Trach. 1020 sqq. et fin. 

503 ) Soph. Trach. 275. 

5C4 ) Vgl. Aesch. Suppl 574sqq. Schomann Prometheus, u. Vin- 
diciae Jovis Aeschylei. Gryph. 1846. 4. 

5 " 5 ) Die Statue etwa 40' hoch auf einer Basis von 12 y , in der 
Rechten die Nike, in der Linken das Skeptron mit dem Adler. Vgl, 
O. Mii Her Arch. .115. u. die dort ci tier ten Schrif ten. 

506 ) Ueber diesen fanden sich in einem nachgeschriebenen Hefte 
und in den Papieren des Verfassers mir unvollstandige Notizen. 

Anm. d. Herausgebers. 



219 

naii ten 507 ). Wie elhisch derselbe auch im Verlaufe der 
Zeit ausgebildet sein mag, so dafs er als reine Heldensage 
erscheint: urspriinglich war er ein Mythos d. h. religios- 
poetisehe Auffassung einer Richtung des Naturlebens. Die 
Sage 1st aber diese : Athamas, Sohn des Aiolos (des bunten 
Himmels) zeugt mil der Nephele (Wolke) (oder der The- 
misto (Erde)), den 0Qi^og (Wolke) und die "EH?? (leuch- 
tende Wolke). Auf Geheifs der Hera hatte er sich mil 
Nephele vermahlt, liebte aber mehr als diese seine mensch- 
liche Gemahlin Ino , des Kadmos Tochter. (Ino = Jo Erd- 
gottheit). Dariiber erziknt, verschwindet Nephele. Jo hafst 
der Nephele Kinder und veranlafst, um sie-zu verderben, 
die Frauen des Landes, dafs sie den Waizensamen dorren. 
Dadurch kommt Unfruchtbarkeit ttber das Land. Das Orakel 
entscheidet, Phrixos miisse geopfert werden 508 ). Aber Ne- 
phele entruckt Sohn und Toqhter auf einera goldvliefsigen 
Widder nach Kolchis, Vvo Phrixos den Widder dem Zeus 
0v^iog oder ^ayvavtos (v. hacpvaaeiv, nach 0. Miiller ur- 
spriinglich = cpsvyeiv) .opferle. Beide Beinamen scheinen 
mir nicht richtig gedeutet: sie gehen auf das Wesen des 
Mythos, nicht auf die Aeufserlichkeit desselben. Vergleiche 
Zsvg eihan Maoris auf Kypros 509 ), ,,der Schmauser;" vom 
kayvaviog macht dies gegen 0. Miiller auch Hermann 510 ) 
geltend. Dieselbe Auffassung des Zeus findet sich in dem 
Beiworte an^ay^voxoiA.og, ,,Eingeweidezerschneider." Er ist 
der die Wolken aufsaugende Himmel. Die agrarische 



507 ) Heyne Obss. z. Apollod. 1.9. p. 54 sq. Sturz z. Pherekyd. 
fr. 40. p. 158 sqq. O. Miiller Orcli. p. 156 sqq.. Gerhard Phrixos 
d. Herold. Berlin 1842. 4. Vgl. auch unten: Athene mit dem Widder, 

508 ) Nach Pherekydes hot sich Phrixos, als grofse Diirre iiber 
das Land gekommen war, freiwillig zum Opfer. 

5 " 9 ) Athen. IV, 174. 

51 ) G. A. .27,4. Vgl. Hesych. s. v. kaipuaaei: uercc 0xu).f.ioC 
-let; tfnttQaGcfet, l.amtt, xaTttni'vei-, ,UT &vfj.ov 



220 

Bedeutung dieser Mythe tritt deutlich hervor. Was ihr 
Verwandtschaft zu dem Opfer der Bovcpovia (p. 205 sq.) giebt, 
ist dies, dafs, mythisch zuriickgefiihrt auf die vom Athamas 
beabsichtigte Opferung des Phrixos , zu Alos in Achaia der 
jedesmal alteste aus dem Geschlechte des Kytissoros, Sohnes 
des Phrixos, sich von dem Prytaneion fern halten mufste. 
Ging er hinein, so wurde er geopfert 511 ). Auch hier wieder 
zeigt sich die Grausamkeit und Wiistheit des Erdkultes. 



4. c 



Lil. Gyraldus p.295 309. Natalis Comes lb. V, 
p. 439 -451. Jo-h. Nicolai de Mercurio et Hermis. 
Francof. et Lips. 1687. 12. Fourmont diss. ou Ton 
montre, qu'il n'y a jamais eu qu'un Mercure (Mem. de 
1'Ac. d. J. torn. X. 1 sqq. ed. 8.). Pntsche de variis 
del Mercurii apud. Homerum muneribus atque epithetis 
ad nnam notionem revocandis. Vimar. 1833. 4. J. D. 
Guigniaut de 'Egpov s. Mercurii mythologia. Paris. 
1835. 8. E. Gerhard Hermes auf Vasenbildern. Berlin 
1839.4. Creuzer III, 286sqq. 501 sqq. 



A. Name, a) c JE^^g. b) 'Egf-telag. c) c EQ(.isag. 
d) "EQIICCOQ thessalisch 512 ). 

Die Alten leiteten den Namen ab von SQCD (rede) oder 
sQuyvEva) (dollmetsche). Zoega 513 ) aus dem Aegypli- 
schen ,,pater scientiae," wogegenChampollion 514 ) den Namen 
fiir rein griechischen Ursprungs halt, indem die Griechen 
den agyptischen Gottesnamen ubersetzt hatten! Creuzer 515 ) 
von eyed, sl f QCo sero, sermo ,,das Reden, das Denken 



51J ) Herodot. VII, 197. Auch O. Mliller erinnert hierbeiandie 
att. Buphonien. 

51S ) Vgl. Ussing Inscr. Gr. ined. no. 33. p. 33 u. 34. 

513 ) de obelise, p. 224. 581. 

514 ) 1'Bgypte sous les Pharaons I, 96. 
M5 ) II, 102. 



221 

und Schreiben in der Reihenfolge, das discursive Denken; 
so ware Hermes der Vater der Buchstabenschrift und alles 
diskursiven Denkens." - Haupt 516 ) von e^arj (Thau). 
Schwenck 517 ) von SQCC (Erde). O. Muller 518 ) von %<, 
Q(.iaj (Steinhaufen, Pfahl). Pott 519 ) ,,der sich verstellende, 
schlaue, oder der Besehiitzer." Bei dieser Differenz wird 
es erlaubt sein, die Erklarung des Namens auf sich beruhen 
.zu lassen. 

B. Genealogie. Wie Zeus auf der Hohe des Ly- 
kaion geboren sein sollte von Kronos und Rhea (Hinamel 
Erde), so Hermes auf der Hohe des Kyllene vom Zeus und 
der Maia (Himmel Erde) 520 ), (Maia' verhalt sich zu 
Ma/wie Gaia zu Ga, Ge) 521 ), wovon er;die Namen Mctid- 
dys oder Maiadevs* zz ), KvMijvei,os, Kvhtyvcuog oder KvA- 
lijviog 3 ) fiihrt. Nach dieser Genealogie gehort Hermes 
in die Reihe der Himmelsgottheiten* 

C. Mythblogie. Hermes jst meist zu den chthonischen 
Gottern gerechnet und von den verschiedenen Mythologen 
aus den verschiedensten Quellen abgeleitet. Gottling 524 ) 
fafst ihn als ,,G6tterherold." Putsche als ,,Schlauheit, die 
sich besonders im Gewinn ofienbart." Creuzer 525 ) und 
Bottiger ebenso, indem sie dafiir halten, dafs Hermes den 
Griechen durch phonizische Handelsleute zugefiihrt worden 
sei. Schwenck 526 ) bezeichnet ihn als ,,Erdgott"; so auch 



516 ) Z, f. A, 1842. no. 32. 

517 ) Andeut. p. 121. 
") Arch. . 379, 
519 ) I, 224. 

52 ) Horn. h. Merc. init. 

S21 ) Vgl. Aesch. Suppl.890.899: p F, ,u F d. h. Mutter Erde. 

"*) Hipponax fr. 10 Bgk. 

B ")w, L 

5M ) Im Hermes Bd. XXIX. p. 262. 

525 ) III, 286. 

586' 



') a. a. O. 



222 

O, Miiller 5 ' 7 ). Alle diese Erkiarungen sind mangelhaft, 
vveil sie entweder gar nicht oder nur hochst gezwungen 
alle Seiten des Hermes zu vereinigen vermogen. Mir scheint 
dagegen fur das vielseilige Wesen dieses Go ties eine Einheit 
erlangt zu werden, weiin man ihnals einen Gott fafst, der seinen 
Ursprung in dem Naturobjekt des Aethers hat, also gieichen 
Ursprungs ist mil Zeus. Hermes ist ein Zeus im verjiing- 
ten Mafsstabe, ein minorenner Zeus. Manche Eigenschaften 
des Zeus hat er ganz verloren, andere im geringeren Grade, 
andere dagegen wieder ausgebildeter und manche ganz neue. 
Ich hoffe, dafs sich diese Auffassung durch das Folgende 
bestatigen \vird. 

. Ich will hierbei nicht untersuchen, was von den Nachrich- 
ten, die wir aus spaterer Zeit iiber Hermes haben, noch dem 
pelasgischen zuzutheilen sei, sondern dieselben mil der Dar- 
stellung des hellenischen verbinden, der natiirlich nur eine 
auf pelasgischen Grundlagen basierende Weiterbildung 
sein kann. 

Hermes ist zwar nicht ausdriicklich als Himmelsgott 
genannt; das war zu sehrZeus, als dafs es neben ihm noch 
ein anderer hatte sein konnen. Aber als solchen zu erken- 
nen giebt sich Hermes noch an vielen Einzelnheiten , ja in 
Allem, was von ihm berichtet wird. 

a. Er ist Herr derWolken. Er sendet Regen 828 ). 
Davon heifst er'typgos oder 'i^/S^a^og 529 ). Deshalb sind 
ihm auch Quellen heilig 530 ), standen seine Heiliglhumer an 
Seen (enccKtios 531 ) zu Sikyon) und sprangen sogar in seinen 



521 > a. a. o. 

528 ) Arnob. I, 30 ibq. Hildebr. p. 45. 

529 ) Steph.Byz.p.146, 18 West. Welcker. Aesch. Tril. p.217sq. 
vgl. p. 193. 

53 ) Pausan. VIII. 16, 1. 
531 ) Hesych. s. v. 



223 

Tempeln Quellen; deshalb sind ihm auch mehrere Fische 
heiljg und vor AHem die Sehildkrote 532 ). Aus demselhen- 
Grunde ist er auch Kgiocpoyos 533 ), wie auch Bb'cke ihm 
geopfert werden 534 ). Daher auch die haufige Darstellung 
des Hermes auf einem Widder (S. unten Athene mil dem 
Widder). 

Seine Herrschaft iiberdie Wolken offenbart sich auch darin, 
dafs die Bergspitzen ihm heilig sind 533 ). "EQpaiov 
Berg und Vorgebirge auf Lemnos 536 ), Vorgebirge bei Kar- 
thago 537 ). EQficaos hocpog auf Ithaka? 538 ) Hierher gehort 
auch der Popanz Hermes 539 ). Vergleiche Wolkendamonen, 
Kyklopen, Gorgo u. A. 54 ) 

*Als Herr der Wolken tragt Hermes den nitaaog und 
die Ilediha. Man hat den erstern gewohnlich fiir einea 
Reisehut genommen. Das kann richtig sein, wenn manihn 
nur von der Wolke herleitet, mit dem Helm der Athene, 
den Hiiten der Dioskuren, des Hephaistos und anderer 



532 ) Pausan. VII. 22, 4. Vgl. Creuzer III, 501 sqq. Panofka 
Jahrb. d. Ver. v. Altthmfr. im Rheinlde. Bonn. 1848. p. 1720. 

533 ) Pausan. II. 3, 4. IV. 33, 4. V. 27, 8. IX. 22, 1. Vgl. d. goldnen 
Widder, den er dem Atreus schenkt. (A. J. Hoffmann Z. f. A. 1838. 
no. 139141. p. 1122 1137.) Merkwiirdig genug heifst der Ziegen- 
bock iin Reineke Hermen .and noch heute in Niedersachsen, West- 
falen uiid Hessen: Harm, Herm, Hirm. Bei Fischart: Hermanstofs- 
nicht. (Grimm G. d. d. Spr. I, 35.) Doch ist dies Hermen wohl aus 
man und her = Mann der Heerde, zusammengesetzt. 

534 ) T, 397 sq. 

535 ) Vgl. Kyllene. 

s36 ) Aesch. Ag. 283. Soph. Phil. 1459. Rhode Res Lemn. p. 6. 
531 ) Strab. XVII. p. 834. 

538 ) n, 471. 

539 ) Bei Callim. Dian. 68 sq. 

54 ) Ueber den blitzenden (?) Hermes s. Gori Thes. gemmar. 
antq. astrifer. vol. II. 



224 

Wolkengotter zusammenhalt 541 ). Erst .spater ist dieser TIs- 
Totaog geflugelt. 

JMillin 51,206.211. 52 (oben links). 53,223 (auclt mit <1. 
Widderfell). 55, 226. 56, 227. u. v. a. 

Die Ilsdika ,,schon r ambrosisch und golden, welche 
ilin trugen fiber Land und Meer a(.ia nvoif^g ave^ou? 54Z ), 
wovon anders konnen sie ein Bild sein als von den Wolken? 

Aus dieser Herrschaft iiber die Wolken entwickelte sich 
Hermes als ~ " 

b. Her r des Gedeihens. In Arkadien soil ilim 
Lykaon einen Tempel erbaut haben 543 ). Die Arkadier wa~ 
ren der Natur ihres Landes nach Hirten, daher ihr Hermes 
besonders der Fruchtbarkeit der Heerden vorsteht (vofttog 544 ), 
Hrjhoaaoos 545 ), eTTt^Atos 546 ))? obgleich nicht ausschiiefslich. 
Auf dem Berge Kv'k^yri stand sein Bild aus -d-vov (citrus). 
Ebenso auf Akakesion 547 ), von c E^ije axax^ra 548 ), dem 
Friichtegeber, benannt; axaxqawg 549 ). Das Beiwort SQL- 
ovvios 5b ) ist schwer zu erklaren, obwohl nicht zweifelhaft 
ist, dafs es auf den Gott des Gedeihens sich bezieht. Hierher 



541 ) Vergl. Grimm D. M. p. 431 sq. 308 sq. 476. 479. 828. in d. 
Skalda (p. 122) Iieifst der Himmel hialmr loptz (aeris galea). 



5 * a ) &, 340sqq. vgl. Grimm D. M. p. 471. 
543 ) Hygin. fb. 225. p. 347. 



544 ) Arist. Thesm. 983. Cornut. cp.XVI. p. 75. Os. cf. p. 287. 

545 ) Anthol. Palat. VI, 334. ~ 
546 ; Pausan. IX. 34, 2. 

541 ) Pausan. VIII. 36, 10. 

S4S ) IT, 185. (a, 10. 

549 ) Callim. Dian. 143. 

55 ) Y, 72. &, 360. 440. 457. 679. h. Merc. 3. 28. 145. 551. 
Aristoph. Ran. 1144. (vgl. Antonin. Lib. 25). C.I. no. 2569, 12. Ilgen 
adh.Merc.p. 352. - Creuzer III, 288 giebt noch einige Nacfrweisun- 
gen. ZQIOVVTJS Y, 34. , 322. Ob das Wort von fyi und ovvt]pi (der 
Vielniitzende) herzuleiten, ist schwer zu sagen. 



225 

gehort attch der Hermes, nohvyiog zu Troezen, an dessen 
Standbild der Sage nach der dort angelehnte Stab des He- 
racles Wurzeln schlug und griinte 531 ). JCOTWQ ed(oi> 552 )> 

Auf den Hermes der Fruchtbarkeit bezieht sich auch 
der Pdfidog 553 ), 2xf}a;i;QOv, KqQvxeioV) den man gewohnlich 
aus dem ethischen Hermes als Heroldsstab deutet. Ich kann 
nicht beslimmt sagen, aus welchem Naturmoment dieser Stab 
herzuleiten. Da er indessen durchaus als mil zauberischer Kraft 
begabt erscheint 554 ), so wird ihn Hermes wohl eben als ein 
Zaubergott haben, zu dem er als Himmelsgott, in dessen 
Natur auch die Wolken fallen, grade so wurde, wie andere 
Wolkendamonen 555 ). Vielleicht war auch urspriinglich dieser 
Stab* eih griinender Zweig 556 ) als Symbol des Wachsthums, 
was freilich in etwas mit dem Zauberstabe zusammenfallt 5a7 ). 
In dem homerisehen Hymnus auf Mercur 558 ) sagt Apollon 
zu Hermes: oA/Sov xctl nhomov dcoaco TceQixahhea gafidov. 
Lafst dies vielleicht annehmen, dafs 'mii/.-dem'jiafldog der 
Sonnenstrahl gemeint sei? Die Schlahgen auf dem Stabe 
sind wohl Symbol des Blitzes und gingen in die Bedeutung 
der keimenden Erdkraft iiber. Das Beiwort xyvav^ams ^ 
aus Homer 559 ) bekatint. 

Schliefslich erwahne ich noch, dafs der Sackel oder 
Beutel, mit welchem Hermes sehr oft erscheint, ethisch 
zwar richtig als Symbol des Segens und Reichthums be* 



654-j 
555\ 



i51 ) Pausan. II, 31, 13. Hoivyios von rtol ^ iiy = Vielschaffer? 
5 ") #, 335. 

553 ) Ueber den Stab vgl. Preller in Schrieidewin's PMIol. 1,3. 
p. 512522. 

4 ) Vgl. Moses, Hades, Athene, Kirke. 

5 ) Vgl. nnten die Kureten, Teichinen und Daktyleni 
556 ) Grimm D..M. p. 928. , 

5S1 ) Vgl. Wunschelruthe. Grimm D. M. p> 926 928. 

558 ) 529. vgl. 11 gen. 

559 ) , 87. x, 277, 331. 

Lauer Griech. Mythologie. 15 



226 

trachtet wird, physisch aber als Symbol tier Wolke anzu- 
sehen ist. Dies wird sehr anschaulich aus zwei pompeja- 
nischen Wandgemiilden, auf deren einem 5GO ) Hermes iiber 
die Fluren eilt, seinen Beutel vor sich haltend, wahrend 
auf dem andern 561 ) Demeter auf einetn Friichtkorbe sitzt 562 ) 
ihr Gewand auf dem Schoofse ausbreitend, urn den 
Beutel aufzunehmen, den Hermes hineinwerfen will. Noch 
deutlicher durch den Widder, welcher einen Querbeutel 
tragt 563 ). 

Hermes mit einem Beutel: 1. Mus. P. Clem. Tom. I. tb. 5. Clarac 
Musee de sculpt, pi. 655. no. 1507. Millin G. M. L, 203. 
O. Muller Denkm. 11,2. no. 313. 

2. Bronze im britt. Museum : Specimens of ancient sculpture. 
Tom. I. pi. 33. O. Miiller 11,2. no. 314. 

3. Gesclmittner Steia: Impronte gemm,. dell' Inst. di corr. 
arch. Cent. IV. no. 14. O. Miiller 11,2. no. 316. 

4. Statue d. Sammlung Ludovisi: Maffei Raccolta tb. 58. 
O. Miiller II, 2. no. 318. 

5. Auf einer silbernen Vase aus dem romischen Kastell bei 
Neuwied: Dorow DenkmalerBd.il. tb. 14. O. Miiller 
Denkm. II, 2. no. 325. 

6. Kleine Bronze: Paciaudi Statuetta del March, di Opi- 
tale. Napol. 1747. 4. O. Miiller 11,2. no. 327. 

7. Relief eines Altars: Museo Chiaramonti tb. 19. O. Miil- 
ler 11,2. no. 247. 

Auf diesen Charakter des Hermes ist auch seine alteste 
Darstellung zu beziehen, die offenbar noch aus pelasgischen 
Zeiten stammt, seine Darstellung nemlich als roher Stein- 
haufen 564 ) oder als Pfeiler oder als sogenannte Herme d. h. 



56 ) Museo Borbonico Tom. VI. tb. 2. O. Miiller Denkm. 11,2. 
no. 315. 

SG1 ) Museo Borbon. Tom. XI. tb. 38. O. Miiller Denkm. II,-2. 

no. 330. 

562 ) Warum O. Miiller diese Demeter als Todtengottin be- 
trachtet, weifs ich nicht. 

563 ) Buonarotti Med. ant. 41. Millin LI, 215. 

t64 ) = 'EnpKTos Ao'f/iof TT, 471 ? vgl. Eustatli. p. 1809, 26. 



' 227 

als ein Pfeiler, der einen bartigen Kopf und einen Phallos 
hatte. Solche H.ermen standen auf alien Strafsen und \ye- 
gen, auf Aeckern und in Garten 565 ). Symbol der Fruchtbar- 
keit; Steine vom Acker weggeraumt; Grenzstein, s. ob.Zeus. 

In Samothrake, dem hervorstechendsteri Kultuslokale 
des Hermes, wurde er als ein ithyphallischer verehrt. Von 
dort halten ihn, \vie Herodot 666 ) sagt, die Alhener aufge- 
nommen. Sein Name war hier KaG^Uog, Kccdplhog = 
Kadf-iog, welches wiederum mil Hermes identisch gesetzt 
wjrd 587 ). Kadf.iog = xoapog (vgl. Zeus, den Gott aller Ord- 
nung im Menschen- und Naturleben), nach Hesychius 568 ) 
= doQV, kocpOQ, aonLg. Welches auch die Bedeutung des 
Namens sei, die Bedeutung des Gottes 1st offenbar eine auf 
Fruchtbarkeit hinweisende. 

Fafst man den .Himmel nicht bios als den Glanz und 
Licht, sondern auch als die Finsternifs, das Dunkel der 
Nacht gebehden, der gleichzeitig auch wahrend der Nacht 
iiber dem Menschen wacht: so haben wir damit den Him" 
melsgott 

c) als den Herrn der Nacht. So erklart sich Her- 
mes als VVXTOS oTcwnTjTtJQ 569 ) (,,der Spaher der Nacht," von 
70 ), (auch ahvxnios 571 ), der Lichtlose?). 



5$s ) Davon T^t- a. TfTjpK^ecAoff? Lye, Cass. 674 ibq. Tzetz. Eu- 
stath. p. 1353, 3. Die Vier war ihm heilig (Plutarch. Symp. IX, 3. 
Eustath. Horn. p. 1353, 8), weshalb man am vierten Tage des Monats 
ihm opferte. Plutarch 1.1. Aristoph. Plut. 1128. Eccles. 1069. Her- 
mann G. A. . 44, 5. Vgl. Gerhard de religione Hermarum. 
Berol. 1845. 4. C. Fr. Hermann: de terminis .eorumque reli- 
gione ap. Gr. Getting. 1846. 4. 

" 6 ) II, 51. 

561 ) O. Miiller Orch. p. 453. 

568 ) II. p. 99. 

569 ) Homer, h. Merc. 15. 
B1 ) Aeschyl. Choeph. 727. 
S71 ) Steph. Byz. s. v. wAu^ij. 

15* 



228 

Hierher gehb'ren auch zwei Sagen, die ich kurz erwahnen 
will. Der hb'chst ergotzliche homerische Hymnus dreht sich 
hauptsachlich urn den Raub, den Hermes an den Rindern 
des Apollon beging. ,,Morgens geboren, spielte er Mittags 
auf der Kithara, Abends stahl er dem Apollon die Rinder." 
Er verbarg sie in einer Hb'hle, vor der er eine Schildkrbte 
fand, aus deren mil Darmsaiten iiberspanntem Schilde er 
zuerst eine Leier machte. Schliefslich mufs er die Rinder 
herausgeben, die ihm jedoch Apollon gegen die Leier abtritt. 
Diese Rinder weidete er dann und erfand sich statt der 
Leyer die Syrinx. Zum Verstandnifs dieses My thos mufs 
nian beachten : Musik und den Raub der Rinder Apollo's. 

% 

Wenn Apollon, wie sich spater ergeben wird, Sonnengott 
ist, was kann seine Rinderheerde sein? Die Sterne, welche 
der nachtliche Himmel gleichsam der Sohne raubt, ihr abei*, 
wenn sie zuriickkehrt, wiedergeben mufs. Darum stiehlt 
Hermes am Abend. 

Einigermafsen verwandt mit der Mythe vom Rinder- 
diebstahl ist ihrer Bedeutung nach eine andere: die von 
der Ermordung des Argos. Der Jo, der schonen Priesterin 
der Hera zu Argosj.stellte Zeus nach. Deshalb verwandelte 
sie Hera in eine Kuh und gab ihr den Argos zum Wa'chter, 
der am ganzen Leibe Atigen hatte und davon *!AqyoQ nav- 
OTtrris hiefs 572 ). Hermes todtet nach Auftrag von Zeus 
den Argos und entfiihrt die Jo 573 ). Von dieser That fiihrt 
Hermes den Namen ^ytgpoyr^g 574 )/obwohl andere in die- 
sem Beinamen den Hundetb'dter haben erblicken wollen, 
wobei der Hund das Symbol der Hitze ist. Lassen wir 



5 ") S. Millin 99, 384 (freilich nicht sehr signitikant). 

573 ) Apollod.II.1,3. Grotefend Z.f. A. 1839. no. 69. p. 561 568. 
Panofka Argos Panoptes. Berl. 1838. 4. Creuzer II, 298 sqq. 

574 ) B. 103 u. ofter. Apollod. H. 1,4. 



229 

den Namen bei Seite und halten wir uns an die Sache. 
^gyos Tcavonvrjg 1st mil ziemlicher Uebereinstimmung und, 
wie ich glaube, richtig auf den gestirnten Himmel gedeutet, 
den Wachter und Hitter der Erde. Die Todtung des Argos 
durch Hermes wiirde denmach die Vernichtung des Ster- 
nenhimmels durch den Taghimmel bedeuten, und dieser 
Mythos somit das Gegentheil von dem obigen sein. 

Anmerk. des Herausgebers. Im Grnndrifs folgen hier: a E^ar\. 
tevxog. (pKidQog. Wie das Verhaltnifs der. ersteren zu dem H. zu 
deuten sei, dariiber enthalten weder die Papiere Lauer's, noch die 
nachgeschriebenen Hefte etwas. In einem der letzteren 1st von 
den beiden Beinamen gesagt, dafs sie den H. als.Herrn des Lichts 
bezeichnen. 

t ' . 2. Der ethische Hermes. 

Je.mehr Zeus auch die Himmelsnatur in Besitz ge- 
nommen hat, um so mehr mufste die Vorstellung von Her- 
mes sich naeh der ethischen Seite hin ausbilden. 

An die wandelnde Wolke kniipfte sich die Vorsteliung 
von Hermes als 

a) dem Gott des Handels und Wandels, dem 
Beschiitzer der Wanderer und Aufseher der Wege. Davon 
heifst er dts/UTro^og 575 ), e^TroAatog 576 ), TiahyxanTjlos 577 ), 
fil'xoAog 578 ), evo(5tog 579 ), fjyspovios 580 ) , dem die Feldherrn 
zu Athen opferten, wenn sie ausmarschierten 581 ), noiinos, 

2 }, ayfocoQ 583 ). So nimmt er sich des 



575 ) Jacobi Lex. p. 441. y.SQS^unoQos Orph. H. 27, 6. 

576 ) Plat. c. princ. philos. 2, 4, wo Hermes auch fftftia&os heifst. 
Arist. Pint. 1155. 

577 ) ibid. 1156. 

578 ) Hesych. s.-v. 

579 ) Hesych. s. v. vgl. Theocrit. 25, 4 sqq. und Hermann G.A. 
.15,10. 

59 ) Aristoph. Plut. 1159. 

5S1 ) Bockh Sth. 11,254. 

582 ) S. zu diesen Beiwortern die Erklarer zu Arist, Plut. 1160, 

5S1 ) Paus. VIII, 31, 7. 



230 

irrenden Odysseus gegen die Kirke an 584 ), fiihrt den Prianios 
zu Achilles 585 ), geleitet den Perseus, als dieser das Haupt 
der Gorgo holt 586 ), und den Heracles in den Hades 587 ). 
Das Wandeln der Wolken macht den Hermes auch zum 
Gotterboten 588 ). Daher seine Herrschaft iiber die Sprache, 
wegen welcher er den Beinamen Aoytog 589 ), der Redege- 
wandte, fuhrt. 

Was bei Zeus Kriegerlichkeit war, ist bei Hermes 
Gymnastik. Dayon heifst er aywvtog 590 ), evaycoviog 691 ). 
Darum stand sein Bild am Eingange des olympischen Sta- 
diums 592 ), daneben der Altar des KctiQog (des Gliickes); 

594 ) Gymnasialfeste. 



Wie sich aus dem Lichte und Glanze des Himmels 
bei Zeus die Vorstellung von seiner Weisheit entwickelte, 
so bei Hermes die von seiner Klugheit und Erfindungs- 
gabe. 2ogpog 596 ), a^vAo^^g 597 ), TromAo^V^g 598 ), do- 



S94 ) x, 275 sqq. 

SS5 )'i2, 336 sqq. 

596 ) Apollod. II. 4, 2. 

587 ) Laner U. Horn. not. 83. 

58S ) Vgl. Horn. O'd. u. hymn. Merc. 

s ") N. F. Schwartz de linguis Mercuric apud Gr. sacris ad. 
Od. J 1 , 334. Viteb. 1716, 4. Nib el de Mercuric eloquentiae dec. 
Upsal. 17 . . 4. 

59 ) Find. Isthm. I, 60. 

5M ) Find. Pyth. II, 10. Vgl. Find. Nem. X, 53. Aristoph.Plut. 1163. 

592 ) Pans. V. 14, 9. 

593 ) Hesych. s. v. . 

594 ) Hermann .48, 10; 51, 22 u. 28. Aeschin. Timarch. 5,6. 

595 ) Paus. IX, 22, 2. 

596 ) Creuzer Melett. I. p. 33 not. 31. 
591 ) Horn. hymn. Merc. 13. 

598 ) Horn. hymn. Merc. 185. Vgl. KQOVOS M 



231 



3 )- Er ist Erfmder der Leyer und Syrinx 604 ), der 
Buchstaben 605 ) und Zahlen. 

b] Wie Zeus als Herr des Gedeihens Schiitzer der 
Gemeinschaften ist, so aus demselben Grunde Hermes. 
6 ), n^onvlaiog^) , TtQodvqaios 608 ), eni&aKapL- 
in Euboa, nvtydoxog 510 ), avQoqxxws 511 ) (der an den 
Thiirangeln stehende), siQrjvonoios 612 )- 

Dem Herrn des Gedeihens entspricht ferner im Ethi- 
schen: . 

Der Segenspender. Zfe^dcwos 613 ), n^ovrodofrjs 6 ^. 
Er ist auch Geber des unerwarteten Gliickes ^Egf.irjs V.QI- 
), Vorsteher der Loose und Wiirfel (Egpov xhfj- 



615 



5 ") Soph. Philoct. 133. Aristoph. Plut. 1157. Thesm. 1202. Cor- 
nut. c. 16. 

6fl ) Horn. hymn. Merc. 13. 
60 ') Horn. hymn. Merc. 413. 

602 ) Horn. hymn. Merc. 282. 

603 ) Hesych. s. v. 

604 ) Was die Beziehung des Hermes zur Musik betrifft, so erin- 
nere ich hier noch an Pan, der auch musikalischer .Gott ist, and von 
dem es gleichfalls heifst, dafs er zur Mittagszeit auf der Sy- 
rinx blase. Vgl. auch Athene aA.7iiy%. 

6r5 ) Mnaseas bei Sch. z. Dionys. Thr. 783, 13. Bekk. (Anecd. 
Oxon. IV, 318) u. 786, 12. TJebrigens theilt er diese Erfindung mit 
Vielen: Kadmos, Palamedes, Orpheus u. A. Vgl. JahnPalam. p.23sqq. 

606 ) Pans. I. 15, 1. II. 9, 7. III. 11,11. VII. 22, 2. IX. 17, 2. 

60 7 ) Paus. 1. 22, 8. 

608 ) Ueber diesen Thiirsteher Hermes vgl. Spanheim z. Callim. 
Dian. 142 p. 276 sq. Harlefs Opusc. Halis 1773. 8. p. 472 sqq. Ja- 
cobi 441. 

6n9 ) Hesych. s. -v. 

61 ) Horn. h. Merc. 15. 

151 ') Aristoph. Plut. 1153, wo Hermes sich selbst so nennt 

6 ") S. Osann zu Cornut. p. 279. Vgl. Orph. h. 27, 7. 

R13 ) Alciphron. Ep. III. 47. Heliod. Aeth. VI. p. 273. 

tll+ ) Eustath. p. 999, 10. 

6l5 ) Spanh. z. Callim. Dian. 70. p. 219 sqq. 



232 

und der Freuderiverleiher, xagtdwtrig *"). Ihm 
wurde ein Fest auf Samosgefeiert 618 ). Xa^ocpQcov 619 ). Er 
ist ein bliihender Jiingling, als welchen ihn schpn Homer 
kerint 620 ) und die plastisehe Kunst darstellt 621 ). 

Wie der natiirliche Hermes Herr der Nacht, so isl der 
, ethische 

c) Geber des Schlafs und dr Traume. c Ynvo- 
, vnvov nqoaxaTriQ 623 ), bvsiQOitof.mog^), rjyfowQ 
5 ). Deshalb spendete man ihm vor dem Schlafen- 
gehen 626 ). 

Als Herr des nachtlichen Himmels ist Hermes auch 
Gott der Diebe, qp^A^rwv aWf 627 ), wie in derselben Na- 
turbestimmtheit und in der Eigenschaft als Herr der wan- 
delnden Wolke sein Amt als Fiihrer der Todten be- 
grundet ist. 
yog 630 ), 



e16 ) Leutsch, Diogen. V. 38. / v . 

617 ) Horn. h. XVIII. 12. 

618 ) Pint. a. ,Gr. 55. 

619 ) Hesycb s. v. 

62 ) x, 277sqq. ,,und AnmuthverlieliihmKronion."Hymn.Merc. 575; 

621 ) O. Miiller ,380. 

62S ) Eastatli. ad Homer, p. 1574, 40. 

623 ) Vgl. Eiistath. 1574, 36. 1470, 62. 

6M ) Enstath. ad Homer, p. 1547, 40. Schol. Od. W, 198. 

625 ) Horn. hymn. Merc. 14. 

626 ) Vgl. Nitzsch zu Qd, II. p. 152sq. 

627 ) Eurip. Rhes. 217. A 

628 ) w z. Anfang. Horn. hymn. Merc. 569 sqq. 

629 ) Cornut. cp. XVI, p. 66 Os. 
63 ) Cornut. L 1. cf. p. 279. 
631 ) Soph. Elect. 111. 



233 



, 5. . JI a v. 

Lil. Gyraldus.p.451 455. Natalis Comes lb.V,6. 
p. 451 461. Tiedemann Sur le dieu Pan (Mem. de la 
soc. d. antiq.de Cassel. Tom. I, 165sqq.). Schwenck 
Andeut. (p. 19.) p.213sqq. Eld. Gerhard del dioFauno 
e de' suoi seguaci. Napol. 1825. 8. Schrb'ter TJeber 
den Mythos des Pan. Saarbriick 1838. 4. Motty de 
Fauno et Fauna. Berol. 1840. 8. p.l2.sqq. Creuzer 
IV, 5870. 208 sqq. 

t . ' . 

A. Der Name wird von Vielen aus dem Hebraischen 
abgeleitet, von Zoega aus dem Aegyptischen ,,der Affe". 
Schwenck bringt den Namen mit cpixco, cpalvto zusammen 
und naeint, dafs er aus dem Beiworte der Sonne cpavys 
gewocden sei. Die richtige Etymologic ist wohl die von 
Tudco ,,Hirt und Hort." 632 ) ,,Des wandernden Hirten Besitz- 
thum sind die Heerden; diese weidet (pascit), hiitet und 
schiitzt er (scr. pati); wie iiber sie, so ist er ELerr iiber 
Weib (patis, Herr, Gemal), Kind und Knecht und deren 
Versorger." Es ist also in der Benennung dieses Gottes 
der Himmel gefafst als der fiirsorgende , schiilzende; 
nahrende. Derin dafs auch Pan cine beschrankte Fas- 
sung des Himmelsgottes Zeus sei, wird das Folgende leh- 
ren 633i ). 

B. Die Genealogie ist schwankend, weil Pan erst 
spat in die griechische Gotterwelt gekommen ist , aber alle 
diese Schwankungen verwischen nicht die Himmelsnatur des 
Pan. Seine Eltern sind: 



63 2 ) Pott Etym. F. I. 191 sq. 

633 ) Motty fafst den Pan alsErde, Gerhard als Liclit, Soune. 



234 

1) Hermes oo Tochter des Dryops. Horn. hym. XIX, 34. 

oo Penelope. Herod. II, 145. Euphor. fr. 164. 
Norm. Dion. XIV, 92. Plutarch, def. or. 
p. 419 D. 

oo Odysseus. Schol. Theocrit. I, 123. 

oo alle Freier. Duris bei Tzetz. Lye. 772. 

oo Apollon. Pindar fr. 67. Bgk. 

2) Zeus oo Kallistoj 

n- } Schol. Theocr. I, 3. 
oo Oineis j 

oo Hybris. Apollod. I. 4, 1. (wo sonst Qv^Qig 
im Widerspruch mil den Manuskripten ge- 
lesen wurde). Tzetz. Lye. 766. 

3) Kronos. Euripid. Rhes. 36. ibq. Sch. 

4) Uranos oo Ge. Sch. Theocrit. I,. 123. 

5) Aither oo Oineisj _ 

XT . } Sch. Theocr. I, 123. 
oo Nereis) 

Wenn man den Hermes fafst, wie wir es gethan, so 
kommen alle Abstammungen auf eins heraus. Pan ist Sohn 
des Himmels und der Erde oder des Wassers. 

C. Mythologie. Man kann hier nicht gut trennen 
zwischen pelasgischer und hellenischer Gestalt des Pan, da 
er sich zu einer ethischen Gestalt nur in geringem Grade 
herausgebildet hat, vielmehr fast ganz in seinem natur- 
symbolischen alten Charakter festgehalten .worden ist. Denn 
was spatere philosophische Deutelei aus ihm gemacht hat, 
geht uns nichts an. Er blieb fast ausschliefslich Gott der 
pelasgischen Arkadier 634 ). 



!634 ) lAgxaStas [*.tde'<ov. Find. fr. &2. Bgk. Vgl. Skolion bei Bgk. 
p. 873. no. 10. ^Qxas Simonid. fr. 134. Bgk. Erst von hier hat sich 
in spatern Zeiten sein Kult nach andern Gegenden Grieclienlands 
verbreitet, daher ilm Herodot. II, 145 unter die rfamrnu ruv 
zahlt. 



235 

1. Der naturliche Pan. 
Als Himmelsgott 635 ) ist Pan 

a) H err der Wolken. Dies geht einmal aus 
dem IN amen hervor, der ihn als den fursorgenden, na'hren- 
den bezeichnet, dann aber auch aus dem Symbol des Bockes. 
Pan. ist alyi7i6dT]s 636 )> dixeQUQ), iQayonovs 6 ), cclyi^a- 
?S 639 ), aj/Aa#i0os 640 ) (glanzend behaart), av^sig^ 1 } 
(struppig). Dasselbe, nur noch verstarkt, driickt das nom. 
propr. Alyinctv*^) aus. 

Diese Auffassung des Pan wird feraer dadurch besta- 
tigt, dafs Berge und Wa'lder sein Aufenthalt sind. Er heifst 
deshalb oQsiccQ^g 643 ), o^eff^otV^g 644 ), ogsaaifiainys 645 ). 

* Besonders lieb sind ihm die beiden arkadischen Berge 
Mainalos und Lykaios 646 ). Berg Lampeias 647 ). Auf 
dem Lykaios war ein Heiligthum des Pan, bei welchem seit 
Alters her Spiele (^vxaia) gefeiert wurden 648 ). 

Den Wolkengott bezeichnen auch die Beiwb'rter A/- 
649 ) (der auf dem Meere schweifende) und 



635 ) Er scheint auch, \vie Zeus in Dodona, eng mit der Hain- 
verehrung zusammengehangen zuhaben, wie man aus dem von Caper 
Apoth. Horn. p. 86 mitgetheilten schliefsen moclite. 

636 ) Horn. hymn, in Pan. 2. 

637 ) ebendas. 

638 ) Simonid. r. 134 Bgk. Br. An. II. p. 382, 2. 

639 ) Theocr. Epigr. V, 6. 
64 ) Horn. hymn, in Pan. 5. 
64J ) ebendas. 6. 

G4a ) Apollod. I, 6. Semicaper Ovid. Met. XIV, 515. 

643 ) Rhian. epigr. 7, 4. (Me in! An. Alex. p. 210.) 

644 ) Jacobi Lex. 694. Vgl. ojwfcm??, Anth. Gr. IX, 824. >tAo- 
ay.6nsl.os, Anth. Gr. VI, 32. A<H/>W/T?;?, ibid. VI, 79. xQrjf-ivo^c'at]?, Ep. 
ad. 261 Br. 

645 ) Soph. O.K. 1100. vgl. Horn. hymn. 6 sqq. 

646 ) Paus. VIII. 36, 8. vgl. Theocrit. I, 123 sq. 

647 ) Paus. VIII, 24, 4. 
G48 ) Paus. VIII. 38, 5. 

649 ) Soph. Aj. 695 sqq. Solger iibersetz.t ,,wogenamrauschter"; 
ganz falsch, es geht auf die Wolke. 



236 

65 ) ,,Kiistengott." Und wie verschiedene Wolken- 
damonen (s.. bei Zeus die Kureten und unten ,,Wolkendamo- 

/ 

nen") als Begleiter der Rhea und Kybele genarmt werden, 
so ist auch Pan zum Begleiter der Kybele geworden 651 ). 
Pindar 652 ) nennt ihn xvva (teyahag &sov TtavwdaJiov. 
Dieselbe Bedeutung hat die enge Verbindung zwischen Pan 
und Dionysos, welche schon der homerische Hymnus an- 
deutet. Denn als Hermes -den von seiner Mutter verlassenen 
kleinen Pan auf den Olyrap tragt, freuen sich alle Goiter, 
am meisten aber Dionysos 653 ). 

Nicht alter als die Zahlung der Peitho unter die Cha- 
riten ist die Verbindung- des Pan mit der Peitho, welche 
von ihm . die Jynx gebar 654 ). Aber sein Verhaltnifs 
zu den Chariten, dessen schon Pindar 655 ) gedenkt, hat 
denselben Sinn wie die Verbindung mit Dionysos und 
Kybele. 

Aus seiner Wolkennatur erklart sich auch sein enger 
Zusammenhang mit den Nymphen, unter die er sich bald 
tanzend, bald voll briinstigem Verlangen gesellt. Nymphen 
sollen ihn erzogen haben 656 ), nach einer Angabe zugleich 
mit Zeus auf dem Ida 657 ). 

Als. Himmelsgott ist Pan ferner 

b) Herr des Lichtes. Daher cpcceayogog 858 ). Un- 
weit Akakesion in Arkadien war ein Heiligthum des Pan 



65 ) Theocrit. V, 14. ibq. Interpp. Find. fr. 64. Bgk. 

651 ) Find. Pyth. Ill, 77. Bockh z. Find. fr. 63. Wihckelmann 
zu Plntarch. Eroticus. (Turic. 1836. 8.) p. 173. 

652 ) fr.63. Bgk. 

653 ) Ihn en wurde gemeinschaftlich geopfert, wo der Erasinos 
(kleiner Flafs bei Argos) aus dem Fels briclit. Paus. II. 24, 6. 

654 ) s. Jahn Peitho. Grfswld. 1846, 8. p. 15. 

655 ) fr. 62. asf^VKV ^aptrtov juE'Ai}jua -KQTIVOV. 

656 ) Meineke z. Euplior. fr. 164. Paus. VIII, 30, 3.. ' 
651 ) Epimenid. b. Eratosth. Catast. 27. 

65S ) Orph. h. in Pan. 11. 



237 

mil -evvigem Feuer 659 ), und ebenso auf einem Altare des 
Pan zu Elis 660 ); und zu Athen hatte Pan jahrlich Opfer und 
Fackellauf 661 ). Deshalb hat er auch em Luxfeil 662 ) und 
ein rothes Gesicht 663 ), was dem Zeus al&loty entspricht. 

Wie Zeus und Hermes ist audi Pan 
c) Herr des Gedeihens im Naturleben. Dies be-, 
kunden die Beivvorter Aaj/vog 664 ) (geil), o/ew^e 665 ) (Besamer) 
und TCO&VGJTOQOS 666 ) (samenreich, vielzeugend). Deshalb ist 
ihm die Fichte (nnvq) heilig, wie der Kybele 667 ). Auch 
bezieht sich hierauf das Horn der Amaltheia, welches Pan. 
auf einigen Miinzen. tragt 668 ). . Unter seiner Obhut stehen 

die Heerden (vo/tuog) G69 ) und Bienen ((.ishiGGOGoog) 67 ). 

' 



2. Der ethische Pan. 

Die Anschauung, aus der der flinke Hermes, der 
Golt der Wanderer, die tanzenden Kureten und Kory- 
banten hervorgingen ; ja, nach der der Verfasser der Tita- 
nomachie den Zeus selbst zum Tanzer machte 671 ): dieselbe 
Anschauung hat aus dem Pan 

) einen Tanzer gemacht 672 ). Pindar 673 ) nennt ihn 



G59 ) Pans. VIII, 37, HI 

66 ) Pans. V, 15, 9. 

6G1 ) Herodot. VI, 105. 

G62 J Horn. hymn, in Pan. 23 sq. 

663 ) Virgil. Eclog. X, 26 sq. 

664 ) Cornut. cp. XXVII, p. 148 Os. 

665 ) Cornut. 1.1. Vgl. O. Miiller Arch, .387, 4.amSchlafs. 

666 ) Anthol. Gr. Tom. II. p. 21 5. 
G67 ) Vofs z. Virgil. Eel. VII. p. 71. 
66S ) Pellerin Recueil Tom.I. pi. 37. 
669 ) Horn. hymn. XIX, 5. 

67 ") Anthol. Gr. IX, 226. 
611 ) b. Athen. I. p. 22 C. 

672 ) Horn. hymn. XIX, 3. 

673 ) fr. 66 Bgk. Vgl. O. Miiller Arch. ,387, 4. 



238 

, Aeschylos 74 ) ,,<jptAo#o(Jog." Bei 
Sophocles 675 ) fordert Aias den Pan, ,,der Goiter Tahze 
Fuhrer/' auf, mit ihm zu tanzen. An das Rauschen der 
Gewitterwolke 676 ) kniipft sich die Vorstellung von Pan als 
einem Mu siker (vgl. oben Hermes). Er 1st der Erfinder der 
.Syrinx 677 ) und Meister auf derselben 678 ), wie er auch die 
Beinamen cpdoxgovos 67S ) und TCO&VXQOTOS 68 ) fiihrt. 

Dem kriegerischen Zeus, dem gymnastischen Hermes 
entspricht Pan der Jager und Krieger. IdLyqevg 1 ). 
Daher lafst Rhian 682 ) einen Jager nach gliicklicher Saujagd 
dem Pan weihen (9-rjxev) Keule, Bogen, die Fufse des Ebers, 
Kb'cher und das Halsband des Hundes und giebt dem Pan 
bei dieser Gelegenheit die Beinamen OQSKXQX^S un d ff^o- 
fiiiJTqS- Herodot 683 ) erzahlt, dafs, -als die Athener den 
Pheidippides nach Sparta sandten, um Hiilfe gegen die 
Perser zu fordern, dem Boten am Berge Parthenion Pan 
begegnet sei. Er trug dem Pheidippides auf, deh Athenern 
zu sagen, warum sie denn nicht an ihn dacht'en? Er habe 
ihnen schon oft geholfen und werde ihnen auch in Zukunft 
helfen. Deshalb verehrten ihn die Athener von der Zeit 
an in einer Grotte unter der Akropolis 684 ). Von der Zeit 



67 *) Pers. 447 sqq.: vrjaos iig icnl TtQoff&e cdap.ivos TOTZCOV, 
VKvalVi yv o (f>il6^0QOs Iluv fyfiaTfvei, TIOVTICCS uxrijs 

675 j Aj. 695 sqq. 

6T6 ) Daraus erklaren sich auch. die beiden Dioskurenhiite, welehe 
neben seinemBilde auf einigen Miinzen sich finden. P ellerin Recueil. 
Tom. I. pi. 37. 

6 ") Pans. VIII. .31, 3. VIII. 36, 8. VIII. 38, 11. 

679 ) Horn. hymn. 14 sqq. Vofs z. Virgil. Eel. H, p. 55 ed, II. 

619 ) Horn. h. 2. 

69 ) ibd. 37. 

681 ) Hesych. s. v. 

68Z ) Epigr. 7 (Meineke An. Al. p.210). 

683 ) VI, 105. 

684 ) Vgi. Paus. I. 28, 4. VIII. 54, 6. 



239 

schreibt sich auch wohl die Pansgrotte bei Marathon 685 ). 
Als Krieger fiihrtPan auch den Beinamen HQOTcaioyoQos 696 )- 
Er hat eine furchtbare Stimme; wenn er die erhebt, ver- 
breitet er grausiges Schrecken, navtxog (jpo/?og 68S ). We- 
gen seiner Herrschaft iiber die Wolken (s. unten Athene) 
ist Pan auch Erfinder des Web ens 688 ), woher Einige seinen 
Namen leiten wollten 689 ). 

Wie den klugen Hermes, den wissenden, prophetischen 
Zeus, so erzeugte der heitere klare Himmel (ydvyehogllav) 69 ) 

ty den prophetischen Pan. Wie anderwarts er- 
zahlt worden, dafs Apollon vom Zeus die Gabe des Prophe- 
zeiens erhalten habe, so wird berichtet, dafs Pan den Apollon 
in 'der Weissagung unterrichtet habe 691 ). 

Als Golt des heitern und klaren, wie zugleich des nah- 
renden Himmels ist Pan auch 

c) hvTrJQios 692 ) (zu Troezen), weil er' von der Pest 
befreite (Ao^og, Pest und Hunger). 

Die Havsg sind nichts weiter als die Einheit des Pan 
in der'Mehrheit: Wolkendamonen. Sie sind nicht verschie- 
den von den Satyrn 693 ), obgleich die bilderide Kunst diese 



6SS ) Pansan. I. 32, 7. 
68G ) Anthol. Plariud. 259. Jac. 

687 ) Bei Polyaen. I, 2 1st dieser nav. yo/S. bei Nacht, ebenso bei 
Pans. X. 23, 7, 10. 

68S ) Sch. 9', 762. Eustath. p. 1328, 48. 

689 ) s. Salnxas. z. Scr. Hist. Aug. I. p. 548. 

6Sn ) Horn. hymn. XIX, 37. 

691 ) Apollod. I. 4, 1. vgl. Paus. VIII. 37, 11. 

692 ) Pausan. II. 32, 6. 

693 ) Einige Alte und auch O. Miiller und Welcker nehmen 
OKTVQOS = TirvQog, Bock. Pott I, 225 no. 76 iibersetzt ,,Pfeiifer" 
Die Wolkennatur der Satyrn ergiebt sich aus Welcker, Tril. p. 77. 
iiot. 101, wo sie als Waffenschmiede des Hephaistos (s. dieseii) an- 
gefiihrt werden. Ueber Satyrn, Silenen und Faunen handelt Nat. 
Comes V, 7 9. p. 46168, Vgl. Gesner de Sileno et Silenis 
(Comm. Gott. Tom. IV. 1782). Heyae Antiq. Aufs. H, 5375. 



240 

letztern ohne Bocksflifse darzustellen pflegt. Aber sie haben 
doch ein fratzenhaftes Gesicht, gespitzte ziegenartige Ohren, 
borsliges Haar, einen Ziegensehwanz a posteriori (und a priori). 
Die altern Satyrn heifsen Seilene. Urspriinglich gab es 
auch wohl bios einen Ssityvog, einen glatzkopfigen Allen, 
schlauchartig, der meist auf einem Esel reitet. Trotz seiner 
Liebe zum Wein und zurRuhe ist er doch ein Ta'nzer 694 ), 
M u sikan t 695 ) und Phil o soph: er verachtet die Gliicksgiiter 
und das Leben, indem er nicht geboren zu sein flir das 
Beste erklarte 696 ). Ja nicht bios einWeiser ist er, sondern 
ein Weissager: Vergangenheit und Zukunft sind ihmbekannt. 
Vergleiche Pan. Wie Pan Gefahrte des Dionysos, so auch 
Seilen Erzieher, Lehrer, Begleiter des Bakchos. Der Name 
Seilenos scheint auf Feuchtigkeit zu gehen 697 ). 

Eine merkwiirdige Sage, deren Deutung ich nicht ver- 
suche, findet sich iiber den Tod des Pan beim Plutarch 698 ). 
Hier erzahlt ein gewisser Philippos, sein Lehrer Aemilian 
habe ihm eine Geschiehte mitgelheilt, die dessen Vater 
Epitherses begegnet sei. Als er nemlich nach Italien schiffte 
und bei den Echinaden vorbei gegen Abend in die Nahe 
der Insel Paxoi kam, rief von hier eine Stimrne den Steuer- 
mann Thamus, einen Aegypter, und trug ihm, als er beim 
dritten Ruf antwortete, auf, bei Palades gegen das Land zu 



69 *) Vgl. Paus. III. 25, 2. 

695 ) O. Miiller .386,3. . 

696 ) Arist. b. Plutarch, cons, ad Ap. 27, Dieser Ansspruch wird 
sehr haufig angefuhrt (Cic. Tusc. I, 48 u, b. Lactant. Ill, 19. Senec. 
de tranquill. cp. 3. Mela II. 2, 25. Auson. Id. XV. zu Ende.) und er- 
innert an jene schone Stelle in Soph. O. C. 1211 sqq. 

691 ) Welcker Nachtrag z. Trilog. p. 214sqq. 

698j j) e oracuior. def. cp. 17. p.419. Vgl. G. Ch. Wagner de 
morte magni Panis (Misc. Lips. Tom. IV, 143 163). J. Nymann 
(praes. Beronio) de magno Pane Plutarchi. Upsal. 1734. 8. 



241 

rufen, dafs der grofse Pan gestorben sei. 6 "). Alle erschraken. 
Als Thamus bei Palades seines Auftrages sich entledigte, ver- 
.nahm. man ein grofses Seufzen, das nicht von Einem sondern 
von Vielen ausging, af.ia &av[taait$ pepvyiievov. Das Ge- 
riicht dieses Ereignisses kam bald nach ;Rom .und zu Ohren 
des Tiberius, welcher den Thamus vor sich bringen liefs. 
Er glaubte iiim , und auf seine Frage meinten die Gelehr- 
ten, dafs jener Pan des Hermes und. der Penelope Sohn 
gewesen. . 

6)1 j 
. J Q 77 g. 

Lil. Gyraldus p. 313 320. Natalis Comes Ib. II, 7. 
p. 160 165. Creuzer HI, 277 280. H. D. Miiller 
Ares. Braunsclm. 1848. 8. ] ' 

A. Name. Formen : ^(wyg (mit a); ^gevg 700 )' 

> 

Bedeutung: von caqeiv, avatQSiv (todten) 701 ) Von CSQK 
(Verderben) 702 ). 3Nach Pott 703 ): ,,der Schutzer." Vergl. 
Pan. Buttmann 704 ) wollte ^QIJS nrit CCQQIJV zusammehbrin- 
gen. Welche Etyinologie die richlige sein mb'ge, beide 
Vorstellungen, des Kriegers und des Beschiitzers, gehen zu- 
sammen in dem Himmelsgotte. (,,Ueber die Abkunft des 
Ares ist so viel gemutmafst worden, dafs man, den horrens 
feris altaribus Hesus hinzugenommen, aueh an aes und eisen 
denken diirfte." 705 ) Ho f if m a n n 705 ) bringt das deutsche man, 



6 ") ,,Es war, als hatten Wald und Wiesen Stimme bekommen, 
als stimmten sie die Todtenhymne des Herbstes an : ,,der grofse Pan 
isttodt." Andersen Eines Dichters Bazar. Th. I. p. 12. (ed. II. "Braun- 
schweig 1846.) 

7nn ) Callim. Jov. 77. 

701 ) Phurnut.N. D. 21. 

*) Heraclid. ( t.) Allegoriae Homer, cp. 31, p. 103. ed. Schow. 

703 ) 1, 221 sq. 

704 ) Lexil. 1,195. . 

705 ) Grimm Gesch. d. d. Spr. I, 124. 
" 6 ) Q. H. II, 8sq. Vgl. p. 11. 40. 

Lauer Griech. Mythologie. " 1 



342 



das lat. m-as, M-ars mil "dgyg, agGiyv, ctQveg zusammen. 
Aber Mars ist = dem Indischen Gotte Marutas 707 ) (Beiname 
des Indra, Donnergottes)). 

B. Genealogie. Ares gilt durchweg fur einen Sohn 
des Zeus und der Hera 708 ). Vergl. Zeus, Sohn des Kronos 
und der Rhea, Hermes, Sohn des Zeus und der Maja. Nach 
der G-enealogie ist mithin Ares Himmelsgott. Wenn Ovid 709 ), 
die Hera durch Berijhrung einer Blume schwanger werden 
und den Ares gebaren la'fst, so ist das entweder blofse 
Nachahmung von der Erzeugung des Hephaistos oder aber 
hat denselben Sinn; was nach unserer Auffassung des Ares 
sehr wohl moglich ist. 

C. Mythologie. So wenig wir auch von der iilte- 
sten Gestalt des Ares wissen, so la'fst sich doch soviel 
deutlich erkennen, dafs er aus dein Zeus sich entwickelt 
hat 709a ), und zwar vorzugsweise aus dem in Sturm und 
Unwetter waltenden Zeus. 

1. Der natiirliche Ares. 

Er giebt sich als Himmelsgott dadurch zu erkennen, 
dafs er 

a) Herr der W oik en ist. Er fiihrt zuvveilen den 

Blitz 710 ), was unmoglich ware, wenn er nicht Macht iiber 

die Wolken besafse; er buhlt mil der Aphrodite 711 ), der 

Gottin des bliihenden, sprossenden Erdlebens, das von der 

'thauigen Wolke befruchtet wird. Sehr charakteristisch ist 



707 ) Kuhn in Haupt Z. f. d. A. V. 491 sq. 

-" 8 ) E, 896. 

9 ) Fast. V, 251 sqq. 

9a) Vergl. Zsve aQeios und dazn die Abbildnng bei Miiller 
Denkm. II, No. 21 (tb. II.) 

" 10 ) Soph. O. R. 469sq. Winckelmann Won. ined. Thl.I. 
K P . 1. (VII, 272). 

') ^, 266 sqq. 



243 

die Unterredung zwischen Apollon und Hermes dabei. 
Apollon: ,,Hattest <lu auch wohl Lust, in machtigen Baaden 
gefesselt, So auf dem Lager zu ruhn bei der goldenen 
Aphrodite?" Hermes: ,,0 geschahe doch das, ferntreffender 
Herrscher Apollon! Band', auch dreimai so viel, unendliche 
Mfflochte'n nrich -fesseln> und ihr all', o Gotter, es schaun 'and 
die Gottinnen alle! dennoch ruht' ich gern bei der goldenen 
Aphrodite!" Als Herrn der Wolken charakterisiert den Ares 
auch, dafs er auf einem Wagen einherfahrt 712 ). Vorzugsweise 
ist aber Ares als Wolkengott Herr des Sturmes; darum iist 
ihm Thrakien vor alien lieb 713 ) > das Land der rasenden Stiirrae; 
darum heult er wie zehntausend Mann 714 ), wie *er audh 
deshalb den Beinamen ^t^Tzrvog 715 ),- derigewaltig schreiende, 
fiihrt. Aus demselben Grunde besteht Feindschaft zwischen 
ihm und Athene 716 ). Fiir seine Wolkennatur spricht auch, 
dafs er SQXOS 3 0hvf,i7tov 717 ) genannt wird. Kvxvog hiefsen 
zwei Sohne von ihm , der eine von der Pelopia r18 ) > der 
andere von der Pyrene (!) 719 ). Der Name geht auf die als 
Schwan angeschaute Wolke. Davon der singende Schwan* 
Hierher gehort auch die ld.Q&ia KQijvq bei Theben 72 ). 

Als Himmelsgott ist Ares ferner daran kenntlich, 
dafs er 

6) Herr der Warme ist. Daher der Beiname 



7ia ) E, 356 sqq. vgl. Psalm 104,3: ,,-Du fahrest anf den Wolken 
wie auf einem Wagen und geliest auf den Fittichen des Windes." 
113 ) *, 361. 
714 ) E, 859 sqq. 
7I ?) 2VT, 521. 
716 ) E, 765 sqq. 
7t7 ) Horn. hym. in Mart. 3. 

718 ) Hesiod. Sc. 57, Gottling. 

719 ) Apollod. II. 5, 11. 

7JO ) Apollod. III. 4, 1. Unger .Theb. Parad. Hal. 1839. p. 103 sqq. 

16* 



244 

bei Sophocles 72i ). Vielleicht geht auch 
snog 722 ) (von [ivanf), die Bremse) auf die Hitze. 

Aus dem Herrn der Wolken und der Warme entwickelt 
sich Ares 

c) als Herr des Ge.deihens. Daher acpvetog zu 
Tegea 723 ). Hierher ziehe ich auch den !^^g yvvaMO&olvqs 
zu Tegea 724 ), an dessen Feste keine Manner theilnehmen 
durfteh 725 ), und den ywaix&v. zu Argos 726 ), obgleich die 
Sage den Nameri anders erklart. Auch gehort hierher die 
offenbar auf Ackerbau sich beziehende Mythe von der Fes- 
selung 727 ) des Ares durch die Aloaden eiden, Otos und 
Ephialtes 728 ). Ihr Name Aloiden (von aAwa, Saatfeld, Tenne, 
vgl. Demeter aAwag), ihre Verbindung mil Dionysos und 
den Musen, zeigen sie als agrarische Damonen und zwar, 
da sie nicht Erddamonen sind, als Wolkendamonen : so 



721 ) O'. R. 190sqq. : ,,Den gluhenden Ares, der schildlos jetzt 
mich brennt mit Geschrei anstiinnend, vertreibe aus dem:Vaterlande 
entweder in das grofse Haus der Amplritrite oder an die unwirth- 
liche Kiiste des thrakischen Meeres. Denn wenn etwas die Nacht 
ubrig liefs, das raubt der folgende Tag. Den, o der feuertragen- 
den Blitze (!) machtiger Verwalter, Vater Zens, vernichte mit Dei- 
nem Blitzstrahl!" Ygl. Nag els bach zur II. p=232. 

''"-) Cornut. cp.21. So lieset Creuzer init Villoison; andere 
ziehen ^Qirfnvos yor. S. Osann zu Cornut. p. 120. 

- 23 ) Pausan. VIII. 44, 7 sq. 

"*) Pausan. VIII. 48, 4 sq. 

" 25 ) Umgekehrt durften an den Festen des Ares zu Geronthrai 
keine Frauen in seinen heiligen Hain kommen. 

' 26 ) Lucian. Amor. 30. Vgl. Bode Gesch. d. gr. Litt. II, 2. p. 119. 

" !T ) Vgl. p. 171 die Fesselung des Kronos. Anm. d. Herausg. 

72S ) s. Creuzer III, 39 sq. Welcker bei Schwenck p. 313-sqq. 
vgl. p. 222. 36?. V olcker iiber die Aloiden (Seebode ,Krit. Bibl. 
1828. no. 2.). A. Eberz iiber die Fabel der Aloiden (Z. f. A. 1846. 
no. 99. p. 785 792. Aehnlichen Sinn mufs die Fesselung der Hera 
durch Hephaistos und ihre Befreiung durch Ares haben, s. Millinl3,48 
(aus Mazocchi Tab. Eferacl. p. 137). 



245 

wurden sie zu Riesen und der eine von ibnen^ Ephialtes, 
zum Schreckbild, wie Hermes und die Kyklopen. 

II'. Der ethische Ares. 
Als Herr. der Wolken ist Ares 

) Krieger und Tanzer; die wilde Kriegerlichkeit 
tritt in seinem ethischen Charakter besonders hervor. Er 
ist, wie physisch vorzugsweise der Gott des tobenden Stur- 
mes, so ethisch ein Brausekopf, ein wetterwendischer Kerl, 



g)6vrr]s 73Z ), pQOfohoiyos 733 ), piaKpovos 73 *). Vielleicht ge- 
hort hierher auch ^Q^g &r]()eii;as- In Kolchis King das 
goldene Vliefs an einer Eiche in seinem Haine 735 ). Von 
hifir sollten die Dioskuren(I) seine Bildsaule mitgebracht 
haben, . die in einem uralten Heiiigthume des 3 ^Q7je &T]QGi>tcts> 
auf dem Wege von Sparta nach Therapne, stand 736 ). 
Die Bezeichnung des Kriegerischen ist auch enthalten 
in den Beiwortern dt-fiiVQios 737 ), dt^covos 738 ), dejioaeigog 739 ). 
Bei dem Beinamen ^-oog 740 ) erinnere ich an f EQt*fjg evxohog 
und an die Wolkentanzer, welcbe wir bereits kennen ge- 
lernt haben. Wir werden es nur natiirlich finden, wenn 
auch Ares ein trefflicher Tanzer genannt wird. Nach Lu- 



729 3 E, 831, 889. 
73<1 ) ,831,889. 

731 ) E, 31, 455. 

732 ) B, 651. H, 166. P, 259. 



733 ) , 31, 455, 518,846,909. -4,295. M, 130. Y, 46. <*>, 421. 
9, 115, 349. 

734 ) E, 31. 455, 844. *, 402. Vgl. E, 289, 388, 461, 507, 717, 830, 
859, 863, 866, 904. H, 146, 241. Z, 203. 

735 ) Apollod. I. 9, 16. 

736 ) Pans. HI., 19, 7 sq. S. Welcker bei Schwenck p. 309 not. 

737 ) Zonaras Lex. gr. p. 507. 

738 ) Creuzer Melett. I, p. 35 sq. not. 32. 

739 ) Soph. Antig. 140. 
74 ) E, 430. , 215. 



246 

ciaa 741 )) erhielt Priapos, ein kriegerischer Damon, einer von 
den Titanen oder Idaischera Daktylen, von der Hera den 
Auftrag, ihren zwar noch sehr jungen aber wilden und iiber 
die Mafsen manneskrafligen Sohn Ares in der Kriegskunst 
zu unterrichten, was ihm nicht eher geJang, als bis er einen 
vollkommenen Tanzer aus ihm gemacht hatte. Vergleiche 
den Tanz der salischen Priester. 

b) Dems^^g |UA.E^og, dem Herrn der gliihenden Warme, 
enfcsprieht im Ethisehen Ares als Sender vonr Krarakheit 
und Pest 74 *). 

Von Ares urspruhglieh nicht versehieden ist 'Evv&foog. 
So ; wird das Wort bei Homer 743 ) fur Ares gebraucht; an 
einer Stelle 744 ) ist es Beiwort. Aristophanes 745 ) unter- 
seheidet scho Beide; da Ares der Hauptgott blieb, trat 
Enyalios zu ihm in das Verhaltnifs des Sohnes. Pausa- 
nias 746 ) erzahlt von der Fesselung des Enyalios. Ob sich 
diese auf Frachtbarkeit bezieht? 3 Ewt6 747 ) r welche in Theben 
Anlheii am Feste der Homoloi'en hatte,; und deren Bild zu 
Athen im Tempel des Ares stand 748 ), ist der weibliehe 
Ares. Dafs sie auf Wolkenanschauung beruhte, lafst sich 
nach Hesiod 749 ) annehmen. Pott 750 ) leitet den Namen von 
avvew, conficere, ab. 



'*') de salt, cp.21. 

742 ) Vgl. Musgrave z. Soph. Aj. 706. Soph. O.K. 190 sqq. 

7 ") B t 651 u. ofter. 

744 ) JP, 210. 

745 ) Pac. 457. 
74G ) III. 15, 7. 

747 ) E, 333,592, VergL Tiesler de Bellona. Berol. 1842. 8. 
p. 16 sqq. 

149 ) Pausan. I. 8, 4. 

749 ) Th. 273, wo Enyo Tochter von Phorkys und Keto genannt 
wird. 

75 ) I, 230. 



247 

, Jeipog, die Begleiter des Ares, sind 
Personifikationen ohne mythologisehen Werth, denn sie ha- 
ben keinen Kult. 

Ueber die wenigen Kunstdenkmale vgl. Miiller Arch. . 372 sq. 

R ti c k b 1 i c k. 

Werfen wir noch einen vergleichenden Blick auf das 
Verhaltnifs der einzelnen bisher betrachteten Himmelsgotter 
zu einander. Am universellsten hat Zeus die Himmelsnatur 
in seinem Wesen festgehalten und verklart; an ihm sind 
alle einzelnen physischen urid ethischen Richtungen wahr- 
zurtehmea, welche in den iibrigen Himmelsgottern bald inehr 
bald weniger vereinzelt sich vorfinden. Er ist der Vater 
der Goiter und Menschen, der giitige Fiirsorger, der seinen 
Kindern Nahrung, Gesundheit, Gliick und Wohlergehen 
giebt; er ist der weise und allwissende, der wahrhaftige, 
der freundliche und gnadige; der machtige Schiitzer aller 
Gemeinschaften auf Erden, des Hauses, der Verwandtschaft, 
der Freundschaft, der Stadt und des Staates, und die Ver- 
theidigung derselben unt'erstiitzt er mit seinem Arm und 
belohnt sie mit Sieg und Beute. Alles Unrecht hafst er 
und alien Frevel; er liebt die Gerechtigkeit, aber ist nicht 
unversohnlich; ohne Ende lebt er ein ernster, erhabener 
Lenker aller Geschicke der Einzelnen und der ganzen Welt. 
- Von diesem universellen Charakter des Zeus haben die 
iibrigen Himmelsgotter nur einen Theil .behalten. Am mei- 
sten noch Hermes. Neben seiner sehr bedeutend heryor- 
tretenden Beziehung auf Fruchtbarkeit des Ackers und der 
Heerden ist er iibervviegend ein Gott, welcher die Menschen 
im Leben wie ini Tode geleitet und behiitet. Er beschiitzt 
das Haus, die Knaben, die Wanderer; er beaufsichtigt die 
Wege, den Handel und Verkehr, Wohlergehen, Gliick und 



248 

Reichthum kommt auch von ihm, und ist er nicht weise 
und allwissend wie Zeus, so doch voll Klugheit und erfin- 
derischen Geistes. Weit beschrankter ist das Wesen des 
Pan, welches sich wenig fiber die Natursymbolik erhoben 
hat. Aufseher der Heerden, Schiitzer der Jager und Fischer; 
Meister auf der Syrinx, Urheljer plolzlichen Schreckens, 
zeigt er in seiner bocksftifsigen Gestalt, wie sehr er in der 
Natur wurzelt und von der Verklarung der iibrigen olym- 
pischen Cotter entfernt ist. Fast umgekehrt ist es rait 
Ares, dessen Wesen nicht weniger beschrankt ist, aber sich 
fast ausschliefslich in ethischen Verhaltnissen bewegt. Denn 
er ist in seiner hellenischen Gestalt beinahe nur Gott des 
stiirmischen, ungesturaen, wiithenden Krieges. 



Zweites Kapilel. 

Die Sonneneotter. 



Je nachdem die Sonne fiir sich, in ihrem Verhaitnifs 
zum Monde oder in Bezug auf Tages- und Jahreszeiten 
betrachtet wird, hat sie aueh verschiedene Vorstellungen 
erzeugt. Fiir sich betrachtet erscheint sie als ein Rad 751 ) 
oder ein durch den Himmel fahrender Wagen, als das Auge 
des Himmels 752 ), als Schild (jedoch nicht in der gpechi- 
schen, sondern nur in der deutschen Mythologie) 753 ), oder 



"') VgL Grimm.D.M. p.586sq. . 

752 ) Vgl. oben: 6 Kiev OQWV zvxlos Jios- Soph. O. C, 704; Py- 
thagor. b. Diog. Laert. VIII, 29 nennt die Angen 'HMov nv).ai. Vgl. 
den hellenischen Zeus 2, b, u. Grimm D. M. p. 665. 

153 ) Grimm D. M. p. 665. 



249 

als ein glanzender Gott mil goldigem Haar 754 ). Ueber das 
verschiedenartig gedachte Verhaltnifs des Mondes zur Sonne 
siehe oben, Scheidungen im Polytheismus. Der Unter- 
gang der Sonne, der auch auf die Griechen einen wehmii- 
thigen Eindruck machte, wie die auf denselben sich bezie- 
'henden Mythen darthun, wurde angeschaut als Tod (Hippo- 
lytos, Phaeton) oder Raub (Phaeton durch die Aphrodite 
entfiihrt). Auch die Beziehung der Sonne zu den Jahres- ; 
zeiten erweckte verschiedene Vorstelltingen. Im Friihjahr 
kehrt sie zuriick (von der Reise, vom 1 Tode) und erfreut 
den Menschen, todtet abev im Sommer durch brennende 
Hitze, und im Herbst verschwindet sie (gefesselt, verreisend, 
sterbend). 

Unter den Titanen, den Kindern des Uranos und der 
Ge, haben wir bereits zwei kennen gelernt , welche als 
Personifikationen der Sonne anzusehen waren: Kolog (der 
Feurige) und ^YnsgLcov (Hoch- oder Driiberwandler). So 
wenig nun, als dem Uranos eine selbststandige Verehrung 
je zu Theil geworden ist, so wenig diesen seinen beiden 
Sohnen. Sie sind, gleich wie der Vater, nur theogonische 
Potenzen, und haben als solche nur gedient, um andere 
dem Kuite naherstehende Sonnen- oder Mondgotter von sich 
herleiten zu lassen. So gleich den Helios. 

1. "H I i o g. 

A. Name. "Hfaog scheint einerseits mit dem Gothi- 
schen sauil (rund), ahd. segil, sagil, sahil, hhd. Siegel (O) 
zusammenzuhangen, andrerseits mit dem Gothischen hvil, 
isl. hiol, schwed. hjul (d. h. Rad) ; womit weiter wieder die 



754 ) Helios auf Mtinzen von Rhodos mit strahlenformig fliegeq- 
dem Haare dargestellt. 0. Miiller Arch. .400. 



250 

Monatsnamen lovkiog, iovhcilos, iKaloQ d. h. Sonnenmonat, 
nach dein Sonnenrade benannt, iibereinkommen 755 ). Dafs 
jjfaog das Digamma gehabt, ist nicht zu bezweifeln, 
da ofter /? vorgeschoben vvird. So fiajishioG bei den 
Pamphyliern ?56 ) ; afishos bei den Kretern 757 ), /SgAa bei den 
Lakonen 758 ). 

B. Genealogie. Helios ist Sohn des Hyperion und 
der Theia 759 ) (Glanzende, Mond) oder der Euryphaessa 760 ). 
Davon 'YneQiovldqs 761 ) und 'YneQiwv, wenn man diese Form 
als eine patronymische , nach Eustath. aus 'YnsQiovlcov zu- 
sammengezogene, gelten la'fst 762 ). Wenn man jedoch be- 
denkt, dais die Theogonien, also auch ihre Figuren, wesent- 
lich nachhomerisqh sind, dafs der Vers mit 'YneQiovidyg 
groisem Verdacht unterliegt und die Form c YneQio)v bei 
Homer nichl als Patronymikum gefafst zu werden braucht: 
so wird man gerieigt sein miissen, fur die alteste und auch 
noch fiir die homerische Zeit 'vnsQitav als ein blofses Bei- 
wort der Sonne, des Helios anzusehen 763 ). Wie aus "diesem 
Beiwort ein Vater, so entstand aus einem anderh ein Sohn 



C. Mythologie. Zu einer wirklich ethischen Aus- 
bildung ist Helios nicht gejangt. Er blieb ziemlich concret 
mit seinem Naturobjekte, mit dem er ja auch denselben 



755 ) S. Grimm D. M. p. 664. G. d. d. Spr. I, 106 sq. 

756 ) Bust 1654, 23. 

"") Hesych. vgl. Pott. 1,131. 
75S ) Hesych. s. v. 

759 ) Hesiod. Th. 371 sqq. Find. Isthm. IV, 1. 
76 ) Horn. h. in Sol. XXXI, 2. 
76 ') fj,, 176. hymn, in Cer. 74. 

lo2 ) S. Valcken. z. Theocr- Adoniaz. p. 413 (Id. XV.) Mattli, 
Gr. Gr. I. . 100 n. 101. 

763 ) Schomann de Titan, p. 21. 

764 ) S. iiber diesen Nat. Com. Lib. VI, p. 552 sqq. EngelKy- 
pros II, 643 sqq. 



251 

Nanaen fiihrt. Er sieht alles und hart alles 765 ), er isl&swv 
rjds xal avdytov 766 ), nokvcfaonog 767 ), n&vbn- 
un d wird deshalb bei Eidschwiiren angerafen 769 ). 
Zuweilen erscheint er auch prophetiseh, was bei seiner 
liehten N-atur nicht auffallt 

Morgens erhebt er sich aus dem Okeanos 77 ) und steigt 
an dem Himmel hinauf; Abends senkt er sich der Erde zu 
und in den Okeanos zuriiek 771 ). Dieser Vorstellung vom 
Okeanos widerspricht die andere nicht, nach welcher He- 
lios unter die Erde geht 772 ); denn sie-ist der Natur ebenso 
gerecht. 

Bei Homer ist nicht von einem Wagen und von Pfer- 
den des Helios die Rede 773 )-, vielleieht bios zufallig nicht. 
Dagegen ist wohl roehr als Zufall,. dafs Homer sowenig als 
Hesiod etwas iiber die Art undWeise berichtet, auf wekhe 
Helios iiber Nacht aus deni Westen in den Osten zuriick- 
kommt. Die spatere Zeit liefs den Helios uber Nacht in 
einem Kessel (Ae/%) 774 ) oder einem goldenen Beeher 775 ) 
auf dem Okeanos zu der Stelle seines Aufgangs zuriick- 
schiffen. Welcher Anschauung dies Sonnensqhiff seinen 



769 
77 



765 ) T, ^77. Solem q\iis dicere falsum audeat Virg. Georg. I, 463, 
Sol qui terrarum flammis opera oninia lustras. Virg. Aen. IV, 607. 
76G ) Horn. h. Cerer. 62- 
761 ) Find. fr. 74. 1. Bockh. 

- " 68 ) Aesch. Prom. 91. vgl. Horn. h. Cer. 69 sqq. ' 
9 ) F, 277. T, 259. Apollon. Rh. IV, 229, 1019. 
) H, 421 sq. T, 433 sq. y. init. mit Nitz s ch. 

771 ) Volcker Horn. Geogr. . 15 sq. 

772 ) x, 191. 

773 ) Sonst koinmen sie sehr hautig vor; zuerst in den Horn. 
Hymnen; 

774 ) Verf. d. Titanomaclue bei Athen. I, c.> p. 470. 

775 ) Peisandros (Ol. 33 = 645) bei Athen. XI, 469 sq. Vgl. S tur z 
zu PJierecyd. -[). 103 sq. Heyne Obss. Apollod. p. 161 163. Creu- 
zer Symb. 11, 668. Volcker Myth. Geogr. .17. Meineke z, 
Euphor. fr. 82. O, Muller Dor. I, 428, 



252 

Ursprung verdanke, will ich nicht eritscheiden. Die 
Heerden des Helios kann man auf die Sterne, oder auf die 
Tage und Wochen beziehen 776 ). 

Verehrung genofs Helios- seit den altesten Zeiten und 
an vielen Orten. Schon in der Odyssee 777 ) will Eurylochos, 
wenn er gliicklich nach Ithaka zuriickgekomuien sein wird, 
dem Helios einen prachtigen Tempel errichten und reiche 
Weihgeschenke aufhangen. Pausanias erwahnt eine Menge 
von Kultuslokalen des Helios. Der Hauptsitz seiner Ver- 
ehrung war jedoch nicht im eigentlichen Hellas, wo dieser 
Gott in seiner mehr natursymbolischen Geslalt kein passen- 
der Genosse der olympischen Goiter sein konnte, sondern 
in Rhodos, welches dem Helios geweiht war 778 ). Hier 
feierte man ihm jahrlich ein Fest, c ^ha oder L^A/eta mit 
gymnischen und musischen Spielen und einer grofsen Pro- 
zession, die wahrscheinlich das Opfer von vier Rossen be- 
gleitete, welche dem Gotte ins Meer gestiirzt wurden 779 ). 

Pferdeopfer werden auch sonst dem Helios darge- 
bracht; so auf dem Taygetos 78 ). Dieselben Opfer erhielt 
der Sonnengott bei den Persern 781 ), bei den Massageten 782 ), 
und bei den syrisch-semitischen Volkern 783 ). Es hat dies 
einen andern Grund als bei Opfern der Wassergb'tter und 
zwar den, dafs der Sonnengott mit seinen Rossen selbst in 
das Meer hinabzusteigen scheint. Aufserdem wurden dem 



" 6 ) Vgl. Nitzsch z. Od. Bd. HI, p. 386 sqq, 

777 ) p, 345 sqq. 

77S ) Vergl. Find. Ol. VII. 14 sq. Heffter d. Gotterdienste auf 
Rhodos. Hft. III. Zerbst 1833. 8. 

779 ) Hermann G. A. . 67 init. 

78n ) Paus. III. 20, 4. 

781 ) Herodot. I. 189 ibq. Bahr. 

78i> ) Herodot. 1,216. 

793 ) Miinter Rel. d. Bab. Kph. 1827. 4. p. 27. Rel. d. Karth, 
p. 14. not. 44. 



253 

Helios Eber 784 ) (als Symbol der Hitze) und weifse Wid- 
der 785 ) geopfert. Doch auch anderes; denn zunachst giebt 
man, was man hat; obgleich man, wenn man kann, das 
Opfer dem Charakter der Gottheit gemafs wahlt, wie grade 
an der letzten Stelle. 

Heilig war dem Heliols der H aim 786 ), wovon derGrund 
leicht einzusehen ist. 

Kotos, 'YTZSQIWV, <Dae&cov (als Sonnenuntergang anzu- 
schalien, oder auf die Jahreszeiten zu deuten) und 'Evdvpltov 
(der Hineintaticher) sind mil "Hliog identisch. 

Darstellnngen : O. Miiller Arch. .400,1. 

2. lA n 6 "k b co v. ' 

Creuzer II, 3. Stuhr II, 195 sqq. O. Miiller Dorier 
I, 200 370. Ha apt de Apollinis cnltti post Trojana 
tempora propagate et amplificato (Allg. Schulz. 1830. II. 
no. 74K Schwenck Mythol. Skizzen. Frkf. 1836. 12. 
p. 98 168. Gottscbick Apollinis cultus nnde dncen- 
dus sit. Berol. 1839. 4. Chr. Fresenius de Apollinis 
numine solari. Marburg 1840. 8. Ha/m de Apollinis 
origine et cultns vi. Spec. I. Laub. 1841. 4. W.Schwartz 
de antiquissima Apollinis natara. Berol. 1843. 8. S-chwalbe 
Ueber die Bedeutung des Paan als Gesang im Apollini- 
schen Kultus. , Magdeb. 1847. 4. Lersch Apollon der 
Heilspender. Bonn 1848. 4. 

Die Slelle, vvelche ich dem Apollon bei der Betrach- 
tung der Sonnengotter einraume, zeigt schon im Voraus, 
dafs ich die Meinung derjenigen nicht theile. welche fiir den 
Apotlon einen rein ethischen Ursprung annehmen 787 ). Es 
ist freilich wahr, dafs ausdriickliche Zeugnisse einer Iden- 



184 ) T, 197. 

5 ) r, 103 sq. 

186 ) Pausan. .V. 25. 10. 

787 ) Vofs Myth. Br. Bd. II. O. Miiller, Stahr n. A. 



254 

titat von Apollon und HeJios nichl iiber die Zeit des 
Aeschylos hinausgehen; aber es ist miv unbegreiflich, wie 
man eine rein ethische Gottergestalt mil ihren Beinamen, 
Attributen und Mythen ha'lte *nit einer natursymbolischen 
Gottheit vermischen und verschmelzen konnen, wenn nieht 
zwischen beiden eine urspriingliche Verwandtschaft bestan- 
den hatte. Ja, wie ware man sonst uberhaupt zu einer 
solchen Verschmelzung gekonaniten? Die Sache ist diese. 
Aus dem Verha'Hnifs der Sonne zum Erd- und Menschen- 
leben hatte sich aus der aHgemeinen Himmelsgottheit, Zeus, 
in fiiihester Zeit eine Sonnengottheit ausgeschieden, deren 
weitere Entwickelung darin bestand, dafs sie einerseits sich 
in ihrem natursymbolischen Wesen weiter entfaltete, andrer- 
seits- ihre ethischen Momente zu voller Ausbildung brachte. 
So geschrfh es, dafs schon vor Homer die Sonnengottheit 
zwei sehr verschiedene Gestalten angenommen hatte: eine 
mit iiberwiegend iiaturlichein, die andere mil iiber wiegend 
ethischem Charakler, Helios und Apollon. Wie man in 
Helios Keime zum Ethischen bin wahrnehmen kann, ob- 
gleich nur diirftig, so in Apollon Keime zum Natiirlichen 
zuriick. Diese Ansicht vom Ursprunge und der primitiven 
Identitat von Helios und Apollon ist geeignet, einerseits die 
grofse Differenz zwischen beiden Gottern zu erklaren, an- 
dererseits ihre spiitere Identificierung. Eine solche konnte 
nur vor sich gehen dadurch, dafs man die Kraft verlor, den 
Apollon in seiner ethischen Verklarung festzuhalten. Indem 
das griechische Volk, den Einfliissen des Orients unterlie- 
gend, dem Naturleben verfiel, die frele geistige ethische 
Hohe aufgab, zu der es sich einst emporgeschwungen hatte, 
mufsten natiirlich auch seine Gotter immer mehr und mehr 
in die Natur versinken. So Apollon. Er wurde in den 
spateren Zeiten des hellenischen Lebens, d. h. etwa vom 
Ende des peloponnesischen iCrieges an., das wieder, was er 



255 

einst gewesen war: Sonnengott, Helios 788 ). Es mufste 
doch wahrlich auch ein sonderbares Zusammenlreffen ge- 
nannt werden, dafs nicht bios Appllon so gut sich in den 
Helios schickte, sondern seine Schwester Artemis auch so 
gut in des Helios Schwester Selene. 

Betrachten wir nun naher, inwieweit der Name, die 
Genealogie und Mythologie des Apollon unsere Grundansicht 
iiber Apollon bestatigt. 

A. Name. b. Idnsllwv 789 ), c. lAnlovv thessa- 
Hsch 790 ). 

Die Allen, die ebenso erfinderisch als unglucklich im 
Etymologisieren waren, haben auch vomNamen des Apollon 
mancherlei Erklarungen aufgestellt 791 ). Plato 792 ): anc tol 
TiaJiJisiv rag axTivag, vom Schiefsen der Strahlen. Chry- 
sipp. 793 ): priv. und nohKoi; weil nicht viele sondern er 
allein das Licht hat 794 ), oder tog ovyl TIOV nohhcav nai 

It J *> ~ \ It r-\ . ' jati\ C 3 \ 

cpccvAtov ovoicov TOV nvQog ovca. opeusipp. ): cog <mo 

1 *J ** 3 (V ^ 3 * ** T7 1 tl7Qfi\ 

TTOA/WV ovOtiov nvQog amov avvsoTuxog. Kleanthes ): 
wg an ahhwv %ai aAAwv tag avaxokag jroiovfuevov. 
Neuere Gelehrte haben an fjfaog gedacht, wofiir die Lako- 
nen fisKa, die Kreter afiefaog sagten 797 ). Damit war denn 
der Uebergang in den Orient leicht gemacht: Bal, Bel der 



78S ) In Soph. El. 624 wird er nm Schntz angernfen gegen die 
nachtlichen SttftKTKl 

789 ) Ah r ens de dial. II. 122. 

") Plato Cratyl. 

731 ) S. Macrob. Sat. I, 17. p.295sq. Zeun. : ' 

792 ) bei Macrob. a. a. O. 

793 j ib4- 

194 ) Vgl. Sol von solus bei Yarro de lingua latina V. 10, 58. 
795 ) Macrob. a. a. O. 

195 ) ibd. 

797 ) Hesych. s. T. Vofs Th. gent. p. 390. 



256 , 

Sonnengolt 798 ). Buttmann 7 ") denkt an den Jabal oder 

Jubal der Bibel. Hoffmann 800 ), von der Bemerkung aus- 
gehend, dafs die erste Sylbe oft produciert wird, vermuthet. 
davor ein altes F, Fan, .welches er mil dem lateinischen 
vapor zusammenbringt, und erinnert an die Todtung der 
aus lutulenta tellure 801 ) geborenen Pytho (vgl. unlen). Ob 
der ganze Name abgeleitet oder zusammengesetzt sei, la'fst 
er unenlschieden, meint jedoch, er konne bedeuten vapori- 
bus interficiens (ohtofu). Kann er nicht heifsen: vapores 
interficiens? Dabei ware von der allernachsten Wahrneh- 
mung ausgegangen, dafs die Sonne, wenn sie erscheint, die 
nachtlichen Nebel verscheucht. 0. Muller 8(i2 ): derhin- 
wegtreibende, abwendende Gott (v. yiX ekawco). Diese 
Etymologic scheint richtig und der Name dem Sonnengotte 
ge^eben zu sein von der Anschauung aus, n'ach welcher 
die Tagessonne das Dunkel, die Schrecken der Nacht, die 
Furcht ervveckende Finsternifs vertreibt, die Friihlingssonne 
den unheimlichen, bosen Winter. Denn dies sind die bei- 
den Haupteindriicke, welche die Sonne auf den Menschen 

macht. 

B. Genealogie. Apollon gilt ebenso wie seine 
Schwester Arlemis durchweg fiir ein Kind des Zeus lind der 
Leto. Leto selbst ist die Tochter von Phoibe und Koios 
(Mond und Sonne) und nichts weiter als die Nacht. Sie ist 
die Dunkle, ihrem Namen nach, der mit la&ziv zusammen- 
hangt. 803 ). Diese Anschauung. des Ursprungs der Sonne 

79S ) Creuzer II. 567. Vofs a. a. O. 
199 ) Myth. I, 166 sqq. 
80 ) Q. H. II, 11 sq. 

801 ) Ovid. Met. I, 434. 

802 ) p. 303 sq., vgl Schwartz p. 33 sq. 

803 ) Schwenck Andeut. p. 192. O. Millie r Dor. I. 313. Arpio 
V vv'S Eustath. Od. p. 1883, 64. und z. II. p. 22, 29: ^rou? 3s vlos 6 

J.sytrai, TOVT^OTI vvxiog- SoxsT <ya$ & am^g ola 



257 

aus der Nacht, welche fur die Griechen Sophocles 804 ) be- 
zeugt, ist tibrigens mehr oder minder alien Volkern ge- 
recht.. , 

Wenn nun Leto die Dunkle ist, mit welcher der Him- 
mel sich galtet, wer kann diese Dunkle anders sein als die 
Nacht? Doch gewifs nicht die ,,noch ruhende und unsicht- 
bare Gottheit, aus welcher die sichtbare mit energischer 
Klarheit hervortritt" 805 ). Und wenn nun weiter Apollon 
Sohn des Himmels und der Nacht ist, der von jenem sein 
Wesen, von dieser sein Leben, aus dieser seinen Ursprung 
hat, kann, frage ich, dieser Sohn ein anderer sein als der 
Sonnengott? Diese Schliisse scheinen mir so zwingend, 
dafs ich in der That nicht weifs, wie man sich ihnen ent- 
ziehen kann. Da' das Wesen von Apollons Mutter so fest 
bestimmt ist 806 ), so haben wir, was sonst selten der Fall 
ist, schon allein mit der Genealogie des Gottes sein Wesen 
selbst. 

C. Mythologie. 

I. Der natiirliche Apollon. 

Er ist 

a) Herr der Sonne. Als solchen bezeichnen ihn 
die Beinamen, welche die Wurzel ^LYK enthalten. ^vxrj- 
yevr^g 807 ) 'ist auf Lycien, als Geburtsland des Gottes, auf 
Wolf und auf Licht gedeutet worden 808 ). Alle drei Deut- 



3r4 ) Trach: 94 sqq. ; 6V aidta w 

8n5 ) O.' Mil Her p. 313. 

806 ) Vgl. ihre Genealogie in Hesiod. Theog. 404 sqq., wo sie 
'ontnkog, fjtstii%os alsi, TJTIIOS KV&QCOJIOIGI xccl aO-cevaTOitii &eolGi 

heifst. 

807 ) J, 101, 119. 

80S ) CreuzerIT, 533sqq. O. Miiller 307. Schwartz p.lSsq. 
39 sq. 

Laner Griech. Mythologie. . 17 



258 

ungen kommen auf dasselbe hinaus. Ebendasselbe besagt 
das Beivvort Avx^og 809 ). Der Beiname (Dolfiog erklart sich 
von selbst 810 ). (Davcuos (voncpalvco) auf Chios 811 ), ^dlyhij- 
T^ 812 ). s HAetog und analog ha'ngen mil ijhios zusammen 813 ). 
Jt/Tratog 814 ) ist mil yvty (Geier) zusammengebracht worden; 
richtig, wenn das Stammwort eine significante Bedeutung 
hat. Man kann vielleicht an yvipog (Kreide) denken, so dafs 
es hiefse: der Leuchtende. Ob IAa(uog 815 ) zu Colophon 
rait clarus zusammenhangt? ^/?jhog slR ) bezeichnet den 
Leuchtenden, von drjhoG- IXaanaQiog^ XQVGHXMQ ,,der mil 
dpm goldenen Schwerte," von den Strahlen der Sonne 817 ), 
die aber auch als Haar angeschaut wurden, wie die Bei- 
worter %Qvaox6[.ii]s 8iS ) und axe^aexo^g 819 ) darthun. \Aqvo- 
xdju^g 820 ) wird von Neuern durch ,,H liter der Lammer" 
erklart; wahrscheinlicher ist die Bedeulung ,,lammhaarig," 
also weifshaarig. Ein sehr haufiges Beivvort ist jjav&og. 
c E^log 82t ). .^xTiog (mifajMrty, Sonnenstrahl, zusammenhan- 
gend) wurde zu Adrastea verehrt 822 ). Auch wurden ihm 



* 09 ) O. Muller 305 sq. Schwartz p. 37 sq. 

8l ) Vgl. Schomann de-Tit, p. 18 sq. Hartmann de Phoebo 
Apolline vet. Gr. ac Latii. Hal. 1787. 

8l1 ) Hesych. s. v. Friebel Fr. satyr, p. 55. 

S12 ) Apollon. Rhod. IV, 1716. 1730. Apollod. I. 9, 26. O. Muller. 
Dor. I, 286, not. 1. Hesych. s. v. 

813 ) Euphor. fr. 40. p. 75, Mein. 

814 ) Conon. narrat. 35. 

815 ) Nicandr. fr. 20. cf. Nicandr. Vit. p. 61 sq. West. Tacit. Annal. 
11,54. Dio Chrys. XLVII, p. 524. Mor: Kohoycavos, -/MITCH TIOI^V 
ov %ti()ovix 'OpqQov 7ipf/T/, Tov 'Anof.Acovtt. O. oVTiiller Dor. I, 227. 

o 1 " 5 ) Arnob. 1, 26. . 

8l1 ) Hesiod. O. D. 771. XQVGUOQOS Ap. Rh. Ill, 1283. 

81S ) Tyrt. II, 4. Winckelm. Wrk. IV, 289 sq. 

" 9 j Y, 39. Pollux-II, 35. 

s?n ) Macrob. Sat. 1, 17. p. 303. Zeun. 

821 ) Ap. Rh. II, 686, 700. Herodo*. bei Sell. Apollon. II, 684. 

822 ) Strabo XIII, 879. Vgl. Class. Journ. XVII, 367. 



259 

am tec in Akarnanien und auf Leucas gefeierl 823 ). 
$>a?os 824 ), so viel als Sv^a^s, herzerfreuend? oder der zu 
Thymbra verehrte? Zu Korone in Messenien hiefs Apollon 
xoQvdog 825 ). Creuzer 826 ) bezieht den Namen auf die 
Lerche, welche z. B. auf Leranos dem Apoll heilig war. 
Vielleicht bedeutet das Wort ,,der, die sich Erhebende," was 
charakteristisch fiir die Lerche wie fiir die Sonne ist. Die 
Beziehung dieses Beiwortes auf Lichterhellt ausdemUmstande, 
dafs nach dem Berichte des Pausanias in demselben Tempel 
ein Bild des Apollon agyeuTag stand. ( ) 827 ). /JQOftciiog 828 ) 
und (3oyd()6{.uog SZ9 ) bezeichnen die Sonne als La'ufer. *Eqe- 
GLO$ auf Lesbos 83 ), von egeaaco, bewegen. Dahin gehorte 
auch sQid-iog 83 *), wenn nicht an der angefiihrten Stelle 
sQvfrlpiogzulesen wiire 832 ). '( ) 833 ). ^o^/ag 834 ), als Eigen- 
name gebraucht, wird von hogog, krumm, abgeleitet, was 
auf den Sonnenball gehen ;wiirde. Man kann es auch von 



8M ) Hermann . G. A. .64, 14. 
8a4 ) Sturz z. Hellanic. fr. 136, p. 161. 

8J6 ) Pausan. IV, 34, 7. var. lect. XQQVVO-OS, woher Creuzer ver- 
inuthet zoQv&cilfiog. , 

826 ) Wiener Jahrbb. Bd. 11.9. p. 155. 

827 ) Im Grundrisse folgen die Beinamen: SeiQaSicoTtjs. 06ova. 
llryos. Kvv&ios. JWffrg', alle, mit Ausnahme von QOQVKJ;, mit 
Fragezeichen versehen. Erwahnt finden sich nur dovaards (mit 
dem Citat Theopomp. fr. 320) und &OQVK (Hesych. =_A.pollon). 

Anm. d. Herausgebers. 
8M ) Plut. Q. S. VIII. 4, 4. C. J. II. p. 406 B. 
829 J Panofka Denkm. u. Forsch. 1849. no. 8. p. 87 sq. 
8i5ft ) Hesych. I, p. 1413 Alb. O. Mullet Dor. I, 228. 

831 ) Ptolem. Heph. VII, p. 198, 11 West. 

832 ) O. Miiller Proleg. 417. Vgl. Engel Kypros 11,6 

833 ) Von den im. Grundrifs an dieser Stelle befindlichen Beiwor- 
tern kxKTO { u^aios^ und -0-oa'Sos ist nichts bemerkt als bei dem letztern 
die Verweisung auf Hesych. (oalor "Ano^wv). 

Anm. d. Herausgebers. 

834 J Macrob. Sat. I, 17. p. 300 Zeun. Eustath. p. 794, 54; 

17* 



260 

ableiten und auf den Propheten beziehen. Tgioatog, 
nach Hesych. = TQiocp&afyios, und svavQOs 635 ) gehen auf 
die Lichtnalur des Sonnengottes. 

Auf den taglichen Lauf der Sonne bezieht sich die 
Mythe von der Todtung des Drachen IIv&co, die zu Delphi, 
dem Hauptkultuslokale des Goltes noch vor Delos, vor alien 
beruhmt war und in einem eigenen Feste dargestellt wurde. 
Aus erwarmtem Schlamm entstanden 836 ), den Menschen 
schadlich 837 ), schrecklich 838 ) und ungeheuer 839 )., hausteneben 
der Quelle Kaslalia der Drache IIv&co oder IIv&wv (von 
^rivd; faulen, blasen, wehen, pusten) 84 ), mil anderem Na- 
men dshcpvvr] oder g)ivrj., was mil Tekcpovaaa oder Tik- 
cpovaa coaa gleich ist und mil olKyr) zusammenhangt 841 ). 
So war denn Pytho eine Ausgeburt der erwa'rmten , diin- 
stenden Feuchtigkeit. Als Leto mil ihren beiden Kindern 
schwanger war, verfolgte Pytho sie 842 ), weil er wufste, dafs 
er durch Leto's Kind umkommen wurde. Aber er fand sie 
nicht. Als darauf Apollon bald nach seiner Geburt an den 
Parnafs kam 843 ), todtete er mil seinen Pfeilen den Drachen ; 
d. h. die nachtlichen Nebel, welche die Naclit verfolgen, 
werderi von der kaum geborenen Sonne getodtet, ahnlich, 



835 ) Hesycli. s. v. ibq. intptt. 
836 X Ovid. Met. I, 440. 

837 ) H. in Apoll. 354. 

838 ) Callimach. hymn. Apoll. 100. 

839 ) Apollon. Rh. II, 706. Pytho zieht ein ahnliches Ungeheuer 
grofs, den von der Hera (Erde) a 11 ein erzeugten Typhaon (Horn, 
hymn. Apoll. 305 sq.) D^sselbe ist, wenn -4%; das Kind des Drachen 
Python heifst. (Plut Q. Gr. 12.) Vgl. O. Miiller Dor. I, 330. not. 2. 

84n ) Pott. I, 263. no. 252. 

84 J ) O. Miiller Orch. p. 142, 3. 468 sq. Ahrens. de dial. 1, 173. 
Vgl. den Fisch Delphin. 

845 ) Athen. XV, 701. Tzetz. Lycophr. 208. Macrob. Sat. I. 17. 
843 ) Forchhammer Apollons Ankunft in Delphi. Kiel. 1841. 



261 

wie Go the 844 ) sagt: ,,DieNebel desFlusses und-der Wies.en 
vvehrten sich eine Weile, endlich warden auch diese auf- 
gezehrt." 

Bei dem Feste, welches man zur Feier des Sieges fiber 
den Drachen beging, wurde ein ihm eigenthiimliches Lied 
gesungen, der Paian 845 ). Wie Apollon in diesem Kampfe 
fiir sich als Sieger, fur die Menschen als der Unheil ab- 
wendende erschien, so ertb'nte ihm der Paian theils als 
Siegeslied 846 ), theils als Siihnlied 847 ), theils als Zuversichts- 
lied. Spa'ter blieb es zwar, was es war, verlor aber die 
ausschliefsliche Beziehung zu Apollon 848 ). 

Vielleicht ist auch auf den Tageslauf der Sorine in 
demselben Sinn e, wie der von Python, der Mythos vender 
Todtung des Tivvog zu beziehen. Der Riese Tityos auf 
Euboia, Sohn der Erde 849 ), (oder des Zeus und der 
Elaira.) 850 ) stellte der Leto (oder der Arlemis) nach, als sie 
von Panopeus nach Pytho ging, und wurde deshalb von 
Artemis 851 ) (oder von Apollon und Artemis) 8 ^ 2 ) mil Pfeilen 



s44 ) Ital. Reise. Bd. XXXIII, 7. 

s * 5 ) So hiefs er nach Apollon, welcher diesen Namen vorzngs- 
weise als Heiler fiihrte, wie theils axis den Fakten, theils aus dem 
Gotterarzte Paion klar ist, wenngleich die Etymologic nicht deutlich 
vorjiegt. 

84fi ) Vgl. X, 391 sqq. 

s*') A, 473 sqq. ' , 

84S ) Ueber den Paian vgl. Bode Gesch. d. k hell. Dichtkst. II, 1. 
p. 7 25. Bernhardy Gr. Litt. Gesclu II, 447 sqq. Schwalbe 
iiber die Bedeutung des Paan als Gesang im Apollinischen Kultus. 
Magdeburg 184*7. p. 7. 

8 * 9 ) ryyevris Sturz Pherekyd. p. 151. FKI^IOS vtos r\. 324. 

85 ) ,,riv Zei>g , tneidri avvrji&f, Ssiaag "Hoav, vno yrjv 
xal TOV zuo(poQr)&VTK TiKiSa TiTvbv V7 
Apollod. I. 4, 1. 

951 ) Pind.-Pyth. IV, 160. 

852 ) Paus. III. 18, 15.. 



262 

getodtet. Naclr Welcker 853 ) ist dieser Tityos urspriinglich 
verschieden von dem bei Homer 854 ) in der Untenyelt be- 
straften. 

Auch I4n. dvfias 8 * 5 ) und 6idv(.icuog^ 5 ) diirften, insofern 
sich in diesen Namen die Vorstellung von dem geschwi- 
sterlichen Verhaltnifs zwischen Sonne und Mond ausspricht, 
auf den taglichen Lauf der Sonne zu deuten sein. 

Als Bildner der Woe he daseajen bezeichnen den 

O O 



Apollon die Beinamen efidonawg 85T ) und efido(.iaysTr]s 658 ). 
Den letzteren hat man erklart als Fiihrer der Sieben (Pleia- 
den), welche er im Friihling herbeifiihrt und mit ihnen die 
Erndle; der der siebente Heerfiihrer isl; dem am siebenten 
Tage jedes Monats geopfert wird. Die richtige Ueber- 
setzung ist wohl: Fiihrer des Siebenten (Tages), an dem 
Apollon als ein siebenmonatliches 85y ) Kind geboren sein 
sollte, und der ihm heilig war, wie davon tiberhaupt die 
Siebenzahl 860 ). . 

Schafft Apollon die Woche, dann auch die Monate und 
Jahreszeiten; in dieser letzteren Beziehung heifst er 
m Delphi 8G1 ) Dies giebt den Uebergang zu 



953 ) Kl. Schr. II. 75 not. 

854 ) A, 575 sqq. 

855 ) Tzetz. Lye. 522. Gewifs hat Apollon diesen Namen nicht 
wie Miiller Dor. 1.202, not. 2 vennuthet von der (pvtij 4v t udv(ov, 
sondern diese von ihm. 

856 ) In Milet. Herod. I, 157. Pans. VII, 2, 4. Arnob. I, 26. Diog. 
L. I, 29. O. Miiller Dor. I, 225 sq. Hock Kreta. II, 318sq. Lersch 
Ap. d. Heilsp. p. 11. Dafs er hier Orakelgott ist, tritt dieser Deu- 
tung nicht entgegen. 

857 ) C. J. I, 463. 

S5S ) Aesch. S. c. Th. 800. Vgl. G. Hermann opusc. VII, 293. 

S59 ) emKfjtrjvtalos Sch. .Callim. Del. 251. 

S6 ) Spanheim z. Callim. Del. 251. p. 350 sq. Menage z. Diog. 
Laert. Ill, 2 (Tom. I, 456 Hubn.) Bergk de reliq. com. p. 36. 
Welcker Alte Denkmaler I, 235. 

95) ) Paus. X, 24, 4. 



263 

b) dem Herrn der Friihlingssonne. In die- 
s'em Sinne 1st aufser der Deutung aui' deri Tageslauf 
der Sonne der oben ervvahnte Mythos von der Erlegung 
des Python zu fassen: es sind die winterlichen Nebel und 
Gewb'lke, welche die Friihlingssonne vertreibt. Diesen 
Sieg Apollon's feierten die pythischen Spiele, an denen ein 
Knnbe, dessen Vater und Mutter noch leben mufsten, den 
Apollon und dessen Kampf mit dem Drachen darstellte 862 ). 
Das Fest fiel in jedes dritte Olympiadenjahr und zvvar in 
den delphischen Monat Bukatios 863 ) und auf dessen siebenten 
Tag. Der Bukatios entspricht nach Bockh dem Munyehion 
(April, 425, 9. April) nach Hermann 864 ) dem Boedromion 
(September/October, 426, 14. September). Vom mytholo- 
gischen Standpunkt aus erscheint mir die Ansicht Bockh's 
die richtigere. Wie nach dem Mythos Apollon wegen 
der Erlegung des Drachen zur Siihne die Knechtschaft bei 
Admet erdulden mufste und, bevor er nach Delphi jzuruck- 
kehren durfte, sich reinigen mufste, so begab sich der bei 
der Festfeier den Gott darstellende Knabe gleich naeh der 
Darslellung des Sieges nach Tempe. Hier wurde er, nach- 
dem er unterwegs (bei Pherai) die Knechtschaft mimisch 
dargestellt hatte, im zweiten Friihlingsmonat gereinigt, wor- 
auf er den Lorbeer brach und mit ihm als Daphnephoros 
zur Heimath zuru'ckkehrte. Als Hen* der Friihlingssonne 
ist Apollon ferner Eroffner des Meeres fur dieSchiff- 
fahrt, indem er es von den Stiirmen des Winters befreit. 

dehcpiviog* 65 ), dem zu Aigina die Jshcpivia gefeiert 



86 *3 Hermann. . 29,23. 
S6:i ) C. J. no. 1688. 

***) De anno delphico p. 16 sqq. Vgl. G. A. . 49, 7, 12. 
>uifl ) Horn. hymn, in Apoll. 493. Vgl. Schwartz p. 66 sqq. [p. 67, 
not. 1 fiige Mnzu : cf. Ilgen. h. in Ap. Pyth.v. 317. Not. 3. cf.Hygin. 



264 

wur.den 856 ), vvobei ein ayuv 'YdqotpOQia xahov[.ievos , im 
Monat Delphinios, der unserm April entsprochen zu haben 
scheint; wenigstens war es so in Athen (16. Munychion = 
18. April 426, 21. April 429), wo. an demselben Tage, an 
welchem Theseus seine Seefahrt nach Kreta angetreten haben 
sollte, Madchen die IXST^QLUV, einen Olivenstab mil weifsen 
Wollenbinden , in das Delphinion trugen. Tetyovaios 8 * 7 ). 
3 Oyxcuos (xTr]s (s. unt. Athene^Oj/xa). ^An. sxfiaaios, der das 
Ausschiffen, Auslaufen beschirtnt 868 ). Als solcher hat er auf 
Miinzen den Fufs auf eineni Fisclie. ^Epfiaaios 869 ), STII^CCTJ]- 
Qios 870 )- AlsHort der Schifffahrt bezeichnen auch vielleicht den 
Apoll die Beinamen ftaAo'fitg 871 ), 



fb.l94;Aegin.p.!50. Not.4: Muller Aegin. p. 150 not. p. Plut. Thes. 
18,2. cf. 14,1.] J. de Witte Annal. del Inst. Vol.11, p. 180 sq. 
nott. 24.26. Rhiaii Epigr. 9, 3. Mein. p. 211. Ueber die Delphine 
vergl. C. Gesner aquatilium lust. p. 395. Beckmann z. Antig. 
Caryst. p.!09sq. Schneider z. Aelian An. II, 52. in Eclog. physic, 
p. 41. z. Aristot. Tom. II, p. 211. Bo ttiger KunstmytH. II. p.330sqq. 
399 (Schol. ApoUon. Rhod. Ill, 1248. Visconti in Mus. Pio-Clement. 
Tom. VII, p.Tl). Welcfcer Kl. Schr. I, p. 89 sq. Creuzer III, 
267273. Volcker Mythol. d. Japet. p. 158. Ueber Delphinmen- 
schen Nonn. Dion. 23, 292, 38, 271. 43, 191. 288. Creuzer III, 268. 
Ueber die Musik- und Menschenliebe der Delphine Lorentz de 
orig. vet. Tar. p. 20 sq. 

8G6 ) Hermann G. A. .52, 20. 

SG7 ) Tzetz. Lycophr. 561. 

S6S ) Apollon. Rh. I, 966, 1186. O. Muller Dor. I. 226, 6. 

869 ) Apollon. Rh. I, 404. 

87 ) Zu Troezene. Paus. II. 32, 2. Weihgeschenk des den Win- 
terstiirmen auf der Riickkehr von Troja entkommenen Diomedes. 

87J ) Hellan. fr. 58. St. p. 93 sq. Thucyd. 111,3. Nach Salmas. 
z. Solin. p. 46, b, E. von -//?;, nach Plehn Lesb. p. 116 sq. von dem 
Hafen von Mydlene. 

8 ") Auf dem Fels Malea in Greta. Rhian. (Mein. Anal, 
p. 185). 

S73 ) Bei Epidauros Paus. 11.27, 7; und in Lakedaimon, Pausan. 
III. 12, 8. 



265 ~ 

'.i 

*), vielleicht von dem Sumpfgewiichs f.iu'Qixrj 
(Tamariske) ? N 

_.v 

c) Herr der Summers onne.' Deshalb ist er xaxcu- 
fidxriS in Thessalien 8?5 ) (vgl. oben p. 199 Zeus xtmu/frm^). 
Daratif gebt aucb die Verbindung mib der Ziege 876 ); er 
giebt Regen 877 ), todtet die Phlegyer mil Blitz, Erdbeben 
und Pest 878 ). X/latog 879 ). 3 Ia{.tijvio<; (vom Fiufs Ismenos) 
hatle ein bedeutendes Orakel aus Asehe 88 ). 

AIs Herr der jS^orrimersonne ist Apollcn zeuge- 
risch im Naturleben: : ysv&coQ 881 ). Die Heerden ge- 
deihen unter seiner Pflege: >o/tuog 882 ), onacov fj-qkcov* 63 ), eni- 
Mfaog* 8 *), nolttvios* 85 ), vancuog 896 ) (von der StadtNape) 887 ). 
Er befordert das Wachsthum der Saaten , indem er 
alles ihnen Schadliche abbalt. Daher aiTcdxag 888 ) ; er ver- 
treibt die Heuschrecken, nagvomos 889 ) , und die Mause, 

874 ) Auf Lesbos. Sch. Nic. Ther. 613. Spank. Callim. Apoll. 
Tom^ II, p. 78. 

8T5 ) Sch. Eur. Phoen. 1416. Zenob. IV, 29. Vgl. Soph. O. R. 469. 

876 ) O. M'uller Dor. I, 320, not.2. 

S77 ) Arnob. I, 30. p. 45 Hild. , der diese Natur des Apollon mit 
dessen Beschiitzung der Seefahrt verbindet (Delphinios) .odervon dem 
Einflufs der Sonne auf die Witterung herleitet. 

978 ) Paus. IX, 36, 3. 

879 ) Procl. bei Phot". Bibl. c. 239. . . 

88 ) ibd. Paus. IX. 10, 4. SopIi.O.R.21. Hermann G.A. .39,10. 

88 *) Tim. b. Censor, de d. nat. cp. 2, 3 ibq. Jahn. Spanh. Callim. 
in Del. 282. Cratin. fr. ed. Runkel. p. 11. 

8S2 ) Callim. in Apoll. 47. Tkeocrit. XXV, 21. Apoll. Rh. IV, 1218. 
Sckol. Horn. <.447, Pind. Pytli. IX, 64. O. Mailer Dor. I, 282 sq. 

S33 ) Pind. Pyth. IX, 64 sq. vgl. JB, 763 sqq. Hymn, Merc. 

88 *) Auf Rkodos. Macrob. Saturn. I. 17, p. 303 Zeun. 

885 ) Auf Naxos. ibd. 

886 ) Aristoph. Nub. 144, wo unrichtig FOVVKTICUOS gelesen wurde. 
VgU Schol. Paris, p. 424. Maxsrob.,1. 1. 

SS7 ) Sturz Hellan. p.16. Plehn Lesb. p. 21. 

8S8 ) Pausan. X, 15, 2. 

8 ") Pausan. 1,24,8. Scliwalbe p. 5. not. 7. noyvoniui' bei den 
kleinasiatischen Aeolern Strabo XIII, 912. xoooncdog. bei Nicarid. Ther. 
614 statt x 



266 

1 ), der den Kornbrand abhalt; 
aavQOKTOvos S3Z ), 'tier Eidechsentodter. Auf den Gott der 
Fruchtbarkeit geht auch dexaTr]cp6()os B93 ) , der Zehntenem- 
pfanger oder Zehntenbringer. 

Der Mylhos von den Hyperboreerri. Nach Delos 
sollte Leto von den Hyperboreern gekommen sein. Von dort, 
so erzahlte ein alter Hymnus, der dem Olen zugeschrieben 
wurde, kamen zugleich mit den Gottern zwei hyperbo- 
reische Jungfrauen, 3 ^>/7? und Qms, deren Grab auf Delos 
gezeigt, und die selbst in Hymnen angerufen und verehrt 
wurden. Na.chher sandten die Hyperboreer zwei andere 
Jungfrauen, 'Ynegoyi] und ^od?, und ftiit ihnen fiinf 
Manner, IleQCpeQeeg (auch ^iicdKocpOQOi, OyAoqpo^ot), die 



ihren Naraen davon haben, dafs sie in Waizenbiindeln heilige 
Gaben braehten 894 ). Die Hyperboreer sind kein historisches 
Volk, wofiir man sie vielfach genommen hat 895 ), sondern 
ein mythisches, welches seine Existenz der Vorstellung von 
einer zeitweiligen Abwesenheit des Apollon (anodrftda, Ge- 
gensatz zu smdrjftlcc) 835 ) verdankt. Wenn der Gott in der 
Freinde gedacht wurde, so mufste er dort ein Volk finden, 
welches dem Charakter des Goltes selbst entsprach. So 
galten denn auch die Hyperboreer, die jenseits des Boreas, 



89 ) A, 39. Schwalbe p. 5. not. 7. O. Mailer Dorier I,- 287, 
not. 3. 

391 ) Strab. XIII, 613. Rofs Inscr. Gr. Fasc. HI, 277. 

892 ) Plin. XXXIV, 8, 19. Win eke 1m. Wrk. VII, 382s q. Welcker, 
Alte Denkmal. Bd. L p. 406 414. 

893 ) Pans. I, 42, 5. O. Miiller Dor. I, 230 sq. 
394 ) Herodot. IV, 3335. Schwartz p. 53 sqq. 

895 ) Gedoyn und Banier in Mem. de TAcad. Tom. VII. ed. 4. 
Freret Hist, de 1'Acad. Tom. XV11I. p. 192. Vgi. Joh. Eberh. 
Fischer Quaestiones Petropolitanae. Gotting. 1770. 4. p. 99 119. 
Schubart de Hyperboreis. Marburg 1825. 8. Volck er Myth. Geogr. 
p. 145 170. O. Miiller Dor. I, 269 sqq. 

89G ) s. Spanh. z. Callim. Apoll. 13. p. 87 sq. 



267 

iiber den Boreas hinauswohnenden, fin* ein seliges, gliick- 
liches, gerechtes Volk, welches nur von Friichten sich na'hre 
und ein tausendjahriges Alter erreiche 897 ). Sie opfern dem 
Apoll Hekatomben von Eseln 898 ). VVenn sie lebensmiide 
sind, bekranzen sie sich und stiirzen sich in's Meer, ein 
Gebrauch, der an die Thargelien und an den Kultus des 
Apollon auf Leukas erinnert. Der Mythos von den Hyper- 
boreern besagt nichls Anderes, als dafs des Apollon geliebtes 
Volk die Friichte auf Delos gedeihen lafst. Dem entspvicht 
denn auch, dafs das auf Delos gefeierte Fest ein Erndtefest 
war 899 ). . 

In Delphi war dem Sinne, nicht der Form nach, das- 
selbe Fest. Nach dem Hymnus einer Delpherin Boio 900 ) 
hatten zwei Hyperboreer das Orakel zu Delphi errichtet, 
wie denn auch zwei hyperboreische Heroen, Hyperochos 
und Laodikos, das delphische Heiligthum gegen die Gallier 
vertheidigten 901 ). Nach delphischer Sage besuchte der Gott 
seine geliebten Hyperboreer, um mit ihnen von der Friih- 
lingsnachtgleiche bis zum Friihaufgange der Pleiaden (bis 
gegen den Mai) zu tanzen und zu spielen ; dann , wenn in 



897 ) Find. Pyth. X, 37 44: ,,Nimmer weilet die Muse Vonihren 
Weisen. entfernt. Umher schwebet der Jvmgfrauentanz Und Lyra 
ertont und der Flot' aufjauchzender Laut. Mit goldprangendem 
Lorbeer lockiges Haar flechtend feiern sie Festmal' in Heiterkeit. 
Nicht Siechthum , noch Greisenalter, das kraftlose naht, dem ge- 
liebtesten Volk, Von Miia'n wie von Fehden fern r Leben air und' 
ntgehen der strengen Nemesis ^Zorn." 

898 ) Find. ap. Eustath. II. . 41. Cramer Anecd. IV, 266, 26: 
on TIKQK rot; f Y7iQf}oQois ovovs -frvovGiv ^.noiiwvi SIK Trjv Gndvrjv 
TOV ftSou. cf. Apollod. fr. 13. Hermann G. A. .26,7. O. Miiller 
Dor. I, 281. not. 1. Das erinnert an das Beiwort x(U.atos auf Lesbos 
Strab. XIH, G12. 

8 ") Schwalbe p. 22. 
9no ) Pausan. X. 5, 7 sq. 
90 ') O. Miiller I, 270. 



268 

Griechenland das erste Korn geschnitten wird 902 ), kehrt er 
mil der vollen reifen Aehre nach Delphi zuriick 903 ). AI- 
kaios 904 ) singt in einem Paian auf Apollon: ,,Als Apollon 
geboren war, schmtickle ihn Zeus mil goldener Binde und 
Leier und gab ihtn iiberdies einen Wagen Schwane wa- 
ren der Wagen und schickte ihn nach Delphi und zu 
Kastalias Fluthen, damit er dort Recht und Gesetz den 
Hellenen verkiinde. Apollon aber, sein Gespann besteigend, 
befahl den Schwanen, zu den Hyperboreern zu fliegen. Als 
das die Delpher inerkten, stellen sie einen Paian und Gesang 
und Chore von Jiinglingen an, und den Dreifufs umstehend 
rufen sie dem Gotte, dafs er von den Hyperboreern zuriick- 
komrne. Ein ganzes Jahr bleibt er dort Recht sprechend* 
Darauf befiehlt- er wiederum den Schwanen, von den Hyper- 
boreern wegzufliegen. Es war Sommer, ja Mitsommer, als 
Alkaios den Apollon von den Hyperboreern zuriickfiihrte, 
weshalb, wenn der Sommer glanzt und Apollon daheim ist, 
die Leier urn den Gott sich schmiickt Es singen die Nach- 
tigallen ihm, die Schwalben und Cikaden, deren Loos nicht 
ist, unter den Menschen zu singen, sonderri zur Ehre des 
Gottes; Kastalia stromt in silbernen Fluten und der grofse 
Kephissos hebt rauschend seine Wogen. 

So kehrt also der sommerliche Sonnengolt, der.zu 
seinen geliebten Hyperboreern sich zuriickgezogen , zur 
Sommerzeit mit vollen Handen von ihnen zuriick. Die 
Schwane, sein Wagen, sihd Wolken, wie ich schon friiher 
erklart habe 905 ). 



902 ) Hesiod. O. D. 383. vgl. Kruse Hellas. I, 251. 256. 

903 ) O. Miiller p. 271. 

904 ) fr. 2 Bgk. 

905 ) Dies bestiitigt sprecliend die Abbildung bei O. Miiller 
Denkmaler Bd. II, Taf. Ill, No. 48, wo ein Schwan den Blitz des 
Zeus Lerabtragt, als dieser seinen goldenen Regen auf die Danae 



269 

Die Riickkehr des Apoilon nach Delphi feierten die 
Theophania, vvelche Herodot 906 ) erwahnt, und mil denen 
das Fest der e7udqf.ua 907 ) ^AnoHcovoq identisch ist 908 ). 
Deri A p.. dcupviycpogos 909 ) stellte der Knabe dar, welcher 
von Tempe zuriickkam, indem er einen Lorbeer in der Hand 
trug. V\ 7 ie an vielen Orten Griechenlands, so wurden auch 
zu Theben bei dem Ismenion in achtjahrigem Cyclus Daph- 
nephorien gefeiert 910 ). Hierbei wurde vor dem Daphne- 
phoros ein mil Lorbeeren, Blumen und 365 Wollenbinden 
geschiniickter Olivenstnb einhergetragen , an welchem sich 
oben eine mehrere kleinere tragende eherne Kugel befand, 
unten eine minder grofse. Die Wollenbinden geheri auf die 
Tage, die grofse Kugel auf die Sonne, die mittlere und 
kleineren auf Mond und Sterne; das Tragen des so ge- 
schmiickten Olivenstabes vor dem Ap. daqtvyyoQOs bezeich- 
net die von dem Gott herbeigefiihrte. Verand^rting des 
Jahres und die Ankunft desselben bei dem Anfang der 
Erndte. 



herabfallen lafst. TafelXIII. no. 140 Apollon auf einem Schwan auf 
Delos herabschwebend. Ich billige nicht die von Schwartz 
(p. 43 sqq.) angenommene ausschliefsliche und primitive .Beziehnng 
des Schwanes auf die kampfende, kriegerische, siegverleihende Natur 
des Apollon, die vielmehr in dem siegreichen Kampfe der Sonne ge- 
gen die Damonen des Nebels und pestartiger Ausdiinstungen ihre 
Begriindung findet (S. Schwalbe p. 9. not. 5). Was sollen auch 
kriegerische Schwane in der milden Hyperboreersage? Will man 
sonst in dem Schwan jene Beziehnng linden, so kann dies erst eine 
ethische Herausbildung aus der Schwanenwolke sein. 

9n6 ) I, 51. 

90V ) Vgl. Zeibich de Apolline Im^rj^fc^ Witteb. 1754. 

9 " s ) Hermann G. A. 64, 4. [Ueber die im Grundrifs hier fol- 
genden Beinamen llKyccaatos und Tsf^nfirag finden sich nnr die No- 
tizen: Hayaa. Hes. Sc. 70. Sch. 1 s , 346 (Theb. cycl. fr. 6. Paris) 7ia~ 
s O. M. D. I, 205) T^UTT. (O. M. D. 1, 203). Anm. d. H.] 

909 ) Plut. Them. 15. 

9in ) S. O. Miiller Orchomenos p.215. 



270 

Wenn schon die delische und delphische Hyperboreer- 
sage und diejenigen Feste, welche die Rtickkunft des Gottes 
zur Zeit der Erndte feiern, den Apollon als den das Getreide 
zeitigenden Sonnengott darstellen, so ist ein fernerer Beweis 
fiir die Richtigkeit dieser Auffassung in anderen Festen ge- 
geben, welche dem Gotte mit Beziehung auf die Erndte 
begangen wurden. Kurz vor der Erndte, am 6. Thargelion 
(18. Mai 426, 20. Mai 429) feierte man in Athen die aq- 
j/jJiUa 911 ), hier das vornehmste Fest des apollinischen Kultus. 
Der Name Oagyrfhia = ndvTsg ol and yrjs xa^Tro/ 912 ); 
deshalb batten auch Helios und die Horen Theil daran. 
Die sittliche BedeUtung des Festes war die, dafs man es 
beging iin Gefiihl der Unwtirdigkeit und sich, erdriickt von 
so vieler im Spenden der Erndte hervortretenden Giite, zu 
siihnen und zu entsiindigen suchte. Wie es scheint, fiel 
mit diesem Feste die delische Theorie zusammen, zu wel- 
cher dasselbe Schiff gebraucht wurde, auf welchern Theseus 
nach Kreta gefahren war; und da Theseus dorthin Menschen 
als Opfer mitgenommen halte, so wurde an den Thargelien 
die Siihnung in der Weise vorgenommen, dafs man einen 
Mann und eine Frau, niit Feigenschniiren behangen, unter 
Flotenbegleitung vor die Stadt fuhrte und dort verbrannte 
oder vom Felsen stiirzte 913 ). Aehnlich war es mit dem 
Herabstiirzen bei dem Heiligthum des Apoll auf Leukas 914 ). 
Das eigentliche Erndtedankfest waren die IXvavsifJicc 915 ). 
Am 7. Pyanepsion (24. October 427, 28. September 430), 



9n ) Hermann G. A. . GO. Schwalbe p. 21 sq. 

91 2 ) Etymol. M. p. 443. 

913 ) O. Miiller Dor. 1, 329 sq. Suchier de vict. hum. ap. Gr. 
P. I, cp. 4. 

91 *J Miiller Dor. 1,233. 

915 J Hermann G. A. 56.8. Schwartz p. 62. Vgl.^n. 
(ein auf Kuchenwerk eingebackener Apollon) Hesych. s. v. 



271 

also im Herbst, warden dem Apollon' gekochte Hiilsen- 
friichte (davon der Name Ilvavsipicov) als Dankopfer fur 
den Enidlesegen dargebracht: auch trug ein ncug aiupi&a-- 
MIS (dessen beide Eltern noch lebten) einen mil Friichten 
behangenen Oelzvveig, siQsaiojvrj, umher und vor den Tempel 
des Apoll, wo er, wie auch an Privathausern, aufgehangt 
wurde, als ein Zeichen des Dankes und zugleieh als ein 
Symbol bestiindigen Segens 916 ). Etwas friiher scheint das 
Fest &eosvia gefallen zu sein, da der Monat Theoxenios 
zu Delphi wahrscheinlich dem Metageitnion (August) ent- 
sprach. An diesen delphischen Theoxenien ward Apollon 
mil einem Gastmahl bewirthet und bewirthete selbst die 

* 

anderen Goiter. Solche Feste wareniauch anderwarts, z. B. 
in Pellene, wo Apollon selbst Theoxenios hiefs 917 ). Man 
kann nicht umhin, hier der Erzahlung Homer's 918 ) zu ge- 
denken, nach welcher die Cotter bei den Aethiopen zum 
Mahle sind, d. h. bei einem mythischen Lieblingsvolke des 
Apollon, wie wir ein anderes in der Hyperboreersage kennen 
gelernt haben. Die Cotter sind bei den Aelhiopen zum 
Mahle, heifst aber nichts anderes, als dafs sie bei Apollon 
zum Mahle sind. So versteht man auch die fjUov TQCC- 
ns^cc bei den Aethiopen 919 ) und. .begreift' die auffallende 
Erscheinung von Mohrenkopfen in Delphi 920 ). Ueber die 
i ) wissen wir nichls naheres; nur wegen der 



916 ) Hermann G. A. .56,8. Schwartz p. 62sq. Hock 
Kreta II, p. 112 sqq. p. 118 sq. Hiermit hiingen auch wohl die klei- 
nen Bettlerliedchen zusammen, welche Athenaeus (VIII, 359 sqq.) 
anfiihrt. 

91T ) Pans. VII, 27, 4. Vgl. Bockh Expl. Find. p. 194. Hermann 
G. A. p.51,29sq. 10, 12. 



9l9 ) Herod. Ill, 18. 

92 ") Panofka Progr. zum Winckelmannsfest 1849. 

921 ) Etym. M. p. 202. 



272 

Zeit,"in welcher sic gefeievt wurden (September), sind sie 
vielleicht hierher gehorig. 

Die Sommersonne als vernich tende Gewalt. 

Wie die Sonne mil ihrem warmen Strahl das bliihende 

/ 

Pflanzenleben hervorruft, so lodtet. sie es atich mil 
ihrer sommerlichen Gluth. Auf diese Wirksamkeit 
des Apollon bezieht sich die Sage von Linos. Dieser, ein 
Sohn des Apollon und der Psamathe, welche den Sohn aus 
Furcht vor ihrem \ 7 ater Krotopos, Konig von Argos, aus- 
selzte, wird unter Lammern erzogen und von Hunden zer- 
rissen. Der Schmerz verrath die Mutter, die vom Vater 
getodtet wird. Apollon, erziirnt, schickt eine Pest in's Land, 
welche die Kinder von den Mutter n wegrafft. Zur Stihne 
mufsten der Psamathe und dem Linos Lammer geopfert 
werden, wobei Frauen und Jungfrauen beider Schicksal in 
Liedern besangen, welche klvoi hiefsen. Der Monat, in 
welchem dies Fest begangen wurde, hiefs ^Qveiog, das Fest 
selbst ^QVLQ (Lammerfest), oder xvvocpovviQ, weil an ihm 
alle Hunde erschlagen warden, welche man traf 922 ). Linos 
ist das Bliithenleben der Erde, unter Lammern (Regenwol- 
ken) erzogen und von Hunden (Gluthhitze) getodlet. Die 
Hunde wurden erschlagen, um die Hitze abzuwenden. Statt 
der Hunde ist es auch Apollon selbst, der den Linos todtet, 
was nach dem eben Gesagten auf eins hinauskommt. 

Hieher gehoren viele ahnliche Sagen, iiber welche 
Welcker a. a. 0. zu vergleichen ist. So die von f Yaxiv- 
9-og, dem zu Amyklai die Hyakinthien gefeiert wurden 923 ). 



9 ") Vgl. Hermann G. A. .9,7. Welcker Kl. Schr. I, 8 sqq. 
O. Mii Her Dor. I, 349 sqq. Lassau Ix die Linosklage.. Wiirzburg 
1842- 4. 8 S. 

'"") O. Miiller Dor. I, 357sq. Hermann G. A. .53,33. Lo- 
rentz de orig. Tar. p. 40. 



273 

Dem 2xscp()og, der bei dem Feste des ^An. ayvtevg semen 
Anlheil hatte, wurde zuTegea eine Trauerfeier begangen 924 ). 
Auf diese ausdorrende Kraft der Sommersonne beziehen 
sich auch die Beiworter xvveiog 925 ) und d-e^iog** 6 ). Ob 
F()vviog 927 ), dessen Tempel der Mittelpunkt der Aeolischen 
Kolonieh war, von ygvvog (Feuerbrand) abzuleiten ist? 
diog 9 * 8 ), Aschenapoll, HoSaevg}, oipoyayog 930 ), 
|tog 931 ) bezeichnen ebenfalls den Gott der vernichtenden 
Sommersonne. Ke%7]vc6g 932 ) (der gahnende)? Das zu Delphi 
gefeierte Fest Xaqila geht auf Mifswachs urid Hungers- 
noth , \vie man aus der Erzahluhg bei Plut. Q. Gr. 12 
ersieht. 

~ 

d) AlsWintersonne ist Apollon aufgefafst in dem 
Mythos von seiner Knechtschaft bei Admet (dem Unbe- 
zwungenen, Beiwort des Hades) 933 ) , dem er dienen mufste 
zur Siihne fiir die Erlegung des Python, oder wegen Tod- 
tung der Kyklopen 34 ) (Gewitterdamonen). Hier ist die 
Sonne als sterbend gedacht, mil jenem Mythos also iden- 
tisch die Angabe eines wirklichen Todes oder Hinabsteigens 
des Apollon in den Hades 935 ). Gleichen Sinn, obschon 



92 *) Pausan. VIII. 53, 2. 

9 ") Hesych. II, p. 380, s. v. Kvvvios. O. Muller Dor. I, 349. 
not. 3, 

92G ) In Elis. Pans: V. 15, 7. 

927 ) Paus. I, 21, 7. Strab. XIII, 622. Pliilostrat. Vit. Apoll. IV, 14. 
Aristid. I, p. 620 C. Serv. Virg. Eel. VI, 72. (Euphor. fr. 46 Mein.) 
Athen. IV, p. 149 C. O. Miiller Dor. 1,228. Hermann St. A. 
.7(5,12. G. A. 66,28. 

928 ) Paus. IX. 11, 7; 12, 1. . 

929 ) Zu Lindos. Rofs Inscr. III. no. 271. 
93 ) In Elis. Polemon. fr. 70. 71 Preller. 

931 ) Hesych. I, 1699. 

932 ) Polem. fr. 71 Prell. 

933 ) O. Muller Dor. I, 323. Prolegg. p.299sqq. 
9M ) O. Muller Dor. I, 325. not. 1. 

9V ) O. Muller 1.1. p. 324. not. 1. 

Lauer Griech. Mythologie. 18 



274 

etwas vefdunkelt, hat die Sage von des Apollon Knechlschaft 
bei Laomedon == Idyyattaog, IdyijaavdQos , Beinamen des 
Hades 936 ). Auch gehb'rt hierher das 'Beiwort Xa^atog 937 ), 
der Verborgene. 

2. Der ethische Apollon. 

Nur aus Apollon als dem Herrn der Friihlings- und 
Sommersonne entwickeln sich die ethischen Eigenschaften 
des Gottes. An die lichte, glanzende Sonne, welche oben 
am Himmel einherzieht, auf Alles herniederblickt und Alles 
sieht, hat sich eine Reihe von Vorstellungen angeschlossen, 
der zufolge Apollon erscheint 

c) als der leuchtende, helle, glanzende, reine 
Gott. Wie alles natiirlich Unreine, so ist iHm auch ailes 
moralisch Unreine zuwider; lauter und rein, wi.e er selbst, 
mufs Alles sein, was sich ihra naht und mil ihm in Beriih- 
rung tritt. Diese Vorstellung von Apollon ist fur das ganze 
griechische Leben von unendlich wichtiger Bedeutung ge- 
word'en. Denn gerade dieser Apollon war es, welcher der 
alien Blutrache entgegentrat und die Mordsiihne, der er 
sich einst selbst unterzogen hatte, einfiihrte (Orestes); wel- 
cher alien ungerechten Krieg verdamnite, und um dessen 
Tempel zu Delphi schon in den friihesten Zeiten erne 
Amphiktionie sich gebildet hatte, deren Zweck es war, keine 
der amphiktionischen Stadte je von Grund aus zu vertilgen, 
keiner jemals das Wasser abzuschneiden und das Heilig- 
thum des delphischen Gottes aus alien Kraften zu be- 
schutzen 938 ). . 

b) Als der weise, wissende, prophetische Gott. 



936 ) Schwartz p.27sqq. 

937 ) Strabo X, p. 459 D. Casaub. 

938 ) Hermann St. A. . 11 sqq. 



275 

Hieriiber ist nicht welter nb'thig zu reden 939 ); die Vermit- 
telung zwischen Natiirlichem und Ethischem ergiebt das 
oben p. 251 iiber Helios Angefuhrte. Das Orakel zu 
Delphi i.sl bekannt; Schriften iiber dasselbe siehe bei 
Hermann St. A. .23,17. Bei dem Orakel des Klari- 
schen Apollon bei Kolophon stieg ein Priester in dieheilige 
Grotte und trank von dem Wasser, dessen Kraift ihn zur 
Weissagung begeisterle 940 ). Im Didymaion, dem Orakel. des 
Apollon Didymaios bei Milet, welches ein eigenes Priester- 
geschlecht, das der Branchiden 941 ) besorgte, weissagle eine 
Frau, welche den Saum des Gewandes und die Fiifse mit 
dem Wasser der Quelle benelzte und den emporsteigenden 
Oampf an sich zog 942 ). Apollinische Qrakel bestanden auch 
zu ArgoSj Abaiu. a. 0. Auf den weissagenden Charakter 
Apollons gehen auch die Beiwbrter ^oo^tog 943 ), d-sci- 
Qiog 9 "), (Ao&as s.oben p.259sq.) alevgofiavris^) (Mehl- 
prophet). Die grofste Bedeutung fiir das Griechische 
Leben hatte das delphische Orakel, sowohl in religioser, 
als in polilischer Beziehung. Denn in Folge dieses del- 
phischen Einflusses geschah es, dafs auch nach den nicht 
dorischen Staaten der Kult Apollons kam, namentlich nach 
Athen, \vo er sehr bedeulend sich geltend machte, selbst 
zum Nachtheil urspriinglich einheimischer Gottheiten. Und 
wie in Griechenland der gesammte Kultus unter der Ober- 
leitung des delphischen Orakels stand, so wurde seiner Ent- 



939 ) Vergl. Hermann G. A. .40. ,,Von den apollinischen Ora- 
keln." 

94 ) S. Hermann a. a. O. 

941 ) Herod. I, 46, 92, 157. V, 36 u. 6ft. Vgl. Balir zu I, 46 u. 93. 
Sol dan das Orakel der Branchiden in Z. f. A. 1841. p. 546.584. 

942 ) Vgl. Hermann G. A. .40,26. 

943 ) Paus. I. 32, 2. Vates Latonius Arnob. Ill, 21. 
94 *) Pans. II. 31, 6. 

945 ) Hesych. 

18* 



276 

scheidung auch Krieg und Frieden, die Griindung von 
Kolonieen und das Ordnen bestehender Staalen anheimge- 
geben 946 ). 

Als der Alles sehende, beaufsichtigende Sonnengott ist 
Apollon der Sehutzer: siroifjios 9 * 7 ), eTtiTQomog*^), sTilaxo- 
nos 9 * 9 ), nQOOTctrfQios 950 ), aqtiJTCQQ 351 ). Wie man die Eiresione 
an den Thiiren aufhing, so stellte man vor den Thiiren einen 
Altar in Form eines Saulenkegels auf, welcher dem Apollon 
geweiht war. Er selbst hiefs davon d-VQCttos 952 )) und dyvievg 953 ) 
CUOS CCTTJS. VQ^svg am Eingange des Bosporus auf den 
Sympleyaden 954 ). @o ? em?g 955 )? ngonvl(xio$ 9b ). KCCQWOS, 
zu Alhen, atn Eingange des Gymnasiums in Form eines 
nicht grofsen pyramidalen Steines 957 ). ^eff^o^tog 958 ), Be- 
schiitzer der Geschlechter; ayoQctws 959 ), o^tog 960 ). Er ist 



94G ) S.Hermann G. A. .5. 

947 ) Hesych. Miiller Dor. I, 373, 3. 

948 ) Dion. Halic, IV, 25. 

949 ) Cornut. cp. XXXII, p. 198 Os. 
95 ) Paus. I, 44, 2. 

9 ") I. 404. 

952 ) Macrob. Sat. I, 9. 

953 ) Paus. I, 31, 6. Hesych. Tom. I. p. 72 'Ayvisvs' 6 ngb rwv 
l0T(as fiwfjibs Iv o^TjjUKT* xtovog. Eustath. II. p. 166, 32. Harpocr. 
Btym. M. Suid. Pollux IV, 123. VIII, 35. Sch. Aristoph. Vesp. 875. 
Tliesm. 489. Eurip. Phoen. 631 (Jon 184 sqq.). Meursius adHellad. 
Ctrestom. p. 70. Stanley ad Aesch. Agam. 1090.- Macrob. Sat. I, 9. 
Hermann G. A. . 15, 10 u. 12. 51, 12. Lers cli Apollon der Heil- 
spender. Bonn 1848. p. 10. Hesych. I. p. 72: ''AymmiS^g at ngo 



954 ) Paus. VII. 21, 13. 

955 ) In Lakedaimon. Hesych. I, 1724. 

956 ) Aristid, p. 16 Jebb. 

9Sr ) Paus. I. 44, 2. Vgl. Lersch, Ap. d. Heilsp. p. 10. 

958 ) Cornut. cp. 32, p. 2010s. O. Millie r Dor. 1,246 sq. Wei eke r 
Ep. CykL273. 

959 ) Paus. I. 41, 3. Doch wird da besser aygrtlos gelesen. 
96 ) Zu Hermione. Paus. II. 35, 2. 



277 

der Anbaliende, owwrFjfe 981 ), der bei dem Aussenden von 
Kolonieen als Griinder verehrte, xrtW^g 962 ), Fiihrer der 
Kolonieen, a^^er^s 963 ); naTQ&og 96 *) in Athen. Meva- 
ysiTviog 965 ), die nachbarlichen Verhaltnisse hiitend, oder 
vom Monat (August September)? CPflffffcog 966 ) in Milet. 

b) Apollon als Gott des Gesanges und des 
Saitenspiels, als der er uns schon bei Homer 967 ) entge- 
gentritt, obgleich spater erst weiter ausgebildet, wo er sogar 
zum f.iovar]yeTr]G gsB ) wird. Man hat dies abgeleitet von den 
ihm zu Ehren gesungenen Pa' an en ; Andere davon, weil er 
die Menschen zum Guten und Rechten, das er ilmen in 
Orakelspriichen kundthut, durch die Musik anlreibtj noch 
Andere dachten an die Harmonic im Lauf der Gestirne. 

--.-' / " 

Vielleicht riihrt dieser Charaklerzug im Wesen des Apollon 
daher, dafs die Sonne zur Frohlichkeit und zum Gesange 
stimmt, alle Vogel bei ihrem Erscheinen, ja die ganze Welt 
ihr frohlich entgegenjauchzt. Auch darf man wohl an das 
Vibrieren des Sonnenstrahls denken. An den Musiker lehnt 
sich der Tanzer, oQXWtrfs 969 ). 

c) Apollon als Schutze, was sich leicht erklart aus 



96! ) Spanh. ad Calliin. Apoll. 57. 
962 ) ibid. 

9G3 ) Find. Pyth. V, 56. Thucyd. VI, 3. B octdi Expl. Find. 1. 1. 
O. Miiller Dor. I, 231. not. 1. 

964 ) Paus. I. 3, 4. Apoll. Rh. I, 410. Macrob. I, 17. p. 302 Zeun. 
Sch. Aristoph. Nub. 1468 sagt, die Athener seien die Einzigen, bei 
denen Zsve TICCTQQOS xal lAnol-kav XUTK (pQrJTQus xcil dy/uovs xcu Gvy~ 
ye.Vf.ias verelirt wiirde. 

965 ) Harpocrat. p. 197. 

966 ) Arnob. I, 26. Macrob. Sat. I, 17. O. Miiller Dor. 1, .226 u, 
not. 8. Lersch Ap. d. Heilsp. p. 11. 

9 ") Vgl. Cup er Apoth. Homer, p. 30. 

968 ) Plut. a. S. IX, qo. 14. cp. 1, 1. 4, 3. 

969 ) Find. fr. 115 Bckh. 



278 

dem Stechen und Daherschiefsen der Sonnenstrahlen, welche 
durchweg als Pfeile angeschaut wurden 970 ). Gewohnlich 
zieht man hierher die Beiwortef exarog 971 ) und exasgyog 972 )> 
jedoch mil Unrecht; exaiog bedeutet ,,der ' Gewaltige," von 
der Sanskritwurzel vac, welche das Kb'nnen, Wollen, die 
Macht ausdruckt; exdsgyog ist ,,der starkglanzende" von 
agyog. Dagegen bezeichnen den Schiitzen tje^/SoAog 973 )' 
ExaTrjftehsrrjg 974 ) , aQyvQoio^og 975 ), x^VTOTO^og 976 ), evcpage- 
TQag 977 ). Als Sehiitze ist Apollon auch Jiiger: ay^evg 978 ), 
aygevcdg 979 ), wie zugleieh Krieger: aTQccrdyios 930 )- 

Als Gott der Sonne, welche dera Menschen reich- 
liche Nahrung verleiht und mil ihrem warmen Schein den 
Kranken Genesung giebt, ist Apollon aiich Herr der Ge- 
sundheit: ^coariJQiog 981 ), xovgorgocpog 982 ) , Aaoaaoog 983 ). 
Aber er kann auch die Volker verderben, indem 
er Hunger und Pest mit seinen gliihenden Strahlen er- 



97 ) Eine gleiche Anscliauung scbeint auch Psalin 91, 5 u. 121, 6 
zu sein. Wir sprechen von stechenden Augenj die ihre Pfeile 
schiefsen. 

97J ) Dera die 'Exmavvriaoi heilig waren. Strabo XIII, p. 618 Cas. 
A, 385. Y, 71. li. Apoll. 276. Simonid. fr. 34 Bgk. 

972 ) Tyrt. II, 3. Solon, fr. XII, 53. Sell. Callim. in Del. 292. 

973 ) _4, 14. Macrob. Sat. I, 17, p/306 Zeun. 
9T4 ) A t 75. 

975 ) A, 37. Tyrt. II, 3. 

97G ) (f, 267. 

9 ") Soph. Trach. 207. 

978 ) Orph. Hymn. 

979 > Soph. O..C. 1091. - 

98n ) Auf Rhodos. Rofs Inscr. fasc. 3. no. 282. 

981 ) Eurip. Vit. Meinecke Anal. Alex. p. 121 sqq. Von dem 
Ort Zoster in Attika, wo Leto den Giirtel gelost haben sollte, ehe 
sie auf Delos gebar. Steph. Byz. s. v. Zwairi^. 

982 ) Eustath. Od. T, 86. p. 1856, 34, II gen Hymn. p. 605. 
9S3 ) Y, 79. 



279 

zeugt 984 ). Den^Tt. xa^mog 985 ) fafst Welcker 986 ) als 'den 
Vernichtenden, von KSIQSLV; Andere erklaften sich rait Huck- 
sicht auf die am 7. des dorischen Monats Karneios (Meta- 
geitnion, August September) gefeierten Karneen 937 ) dage- 
gen. Doch haben diese offenbar nach dem, was Pausanias 988 ) 
iiber die Stiftung der Karneen erzahlt, aufser auf Krieg 
auch Bezug auf Pest und Fruchtbarkeit, was noch dadurch 
bestatigt wird, dafs es *An. xaQveiog ist, der den Hyakinthos, 
das Blumenleben der Erde, todtet 989 ). Auch deutet auf 
Natursymbolik die Stelle bei Hesych. s. v. aTacpvhodQOftoi: 
Tiveg rcov KaQvsceuwv TiccQOQf-iwyres TOVS snl TQvyrj. Ob das 
einer Auswanderung gleichende Zeltleben der Spartaner 
wahrend des neuntagigen Festes eine Flucht vor der Pest 
bezeichnen soil? Darauf weist wenigstens die eben ci- 
lierte Erzahlung des Pausanias iiber die Stiftung der 
Karneen bin. Den Pestgott bezeichnen auch die 
Beiworter ovUos 99 ) und Ao//aoe 991 ). Wie aber 
Apollon Krankheit sendet, so ist er auch der gnadige Gott, 
der gegen sie schiitzt oder vonihr befreit: 



984 ) Vgl. II. . Apoll. II. 5,9. Sch. Yen. *, 448. Bergk de 
relig. com. Att. antq. p. 38. 

985 ) Paus.II. 10,2; II. 11,3; III. 13, 3; III. 14, 6; in. 21, 8 ; 111. 
24,8; III. 25, 10; III. 26, 5 u. 7; IV. 31, 1. 

986 > Hecker med. Annal. 1832. S. 28. 

9S1 ) Ueber dies Fest s. O. Miiller Orch. p. 321 sqq. Starz 
z. Hellanic. fr. 53. p. 86 sqq. Du Theil recherches snr les fetes 
Carneennes. Mein.de 1'Ac. Tom. XXXIX, 185 202. HermannG.A. 
.53. Thrige Res Gyrenensium. Hafn. 1828. p.281. 

988 ) III. 13, 4. Als Hippotes den Wahrsager Karnos getb'dtet 
hatte, suchte Apollon das Heer mit einer Pest heim , bis die Dorer 
den Seher durch Stiftung des Festes versohnten. 

989 ) S. O. Miiller Dor. I, 357 sq. 

<}90 ) Auf Lindos. Rofs Inscr. Gr. fasc. HI, no. 271. 
"0 Zu Lindos. Macrob. Sat. I, 17. 

992 ) Aristoph. PI. 854. O. Miiller Dor. I, 298, 7. Vgl. a 
nopnas Pind. Pyth. V, 85. 



280 

* 3 ), A/xc<os 994 ), eTUjtov^og 995 ). Der Beiname 
) ( tfcov, cav) girig theils in die Bedeutung 
allgemeiner Hiiifsieistung iiber, theils loste er sich zu 
selbststandiger Gestaltung als Gb'tterarzt ganz von Apollon 

los 997 ). 

Aufser Paian sind Epiphanien des Apollon: *dxvata)i> } 
vgl. \Art. axTiog. 'Ilcov, Sohn des Phlegyas, ^der den 
Deioneus in eine feurige Grube stiirzt. Zeus reinigt ihn 
von diesem Morde und macht ihn der Ehre seines Tisches 
theilhaftig. Da stellt er der Hera nach, statt deren ihn 
Zeus ein Wolkengebilde umarmen lafst. Zur Strafe wird 
Ixion an ein feuriges Rad gebunden, das durch die Luft 
dahinrollt. c HaxAg 998 . C lirn6^vros 9 "). Oraevs u. -A. 



3. *A a x A TI n i 6 g. 

Greuzer Symb.III, 44 53. Panofka Asklepios und 
die Asklepiaden. Berl. 1846. 4. Vergl. Ueber die Heil- 
gotter d. Gr. Berl. 1845. 4. 

A. Name. Der Name des Asklepios ist meines Wis- 
sens bisher geniigend noch nicht erklart worden. Die 



993 ) In Elis. Paus. VI. ^4, 6. 
"*) Zu Athen. Paus. VIII, 41, 8. 



995 5 Zu Bassai bei Phigalia mit einem ausgezeiclmeten Tempel, 
der zur Zeit der Pest im peloponnesisclien Kriege erbaut /wurde. 
Paus. VIII, 41, 7 sqq. Vergl. Stackelberg der Apollotempel an 
Bassai. 

996 ) Soph. O. R. 154. Eur. Ale. 91. 220. Arist. Acharn. 1212. 
Plut. Q. Gr. IX, 14. p.745B. Creuzer z. Gemmenkunde p.lOGsqq. 
Ueber den Einflufs der Sonne auf Gesundheit s. Paus. VIT, 23, 8. 

997 ) Vgl. Schwalbe p. 6. not. 1. 

998 ) Ueber diesen s. Hagen de Herculis laboribus. Regiin. 1827. 
A. Vogel Hercules sec. Graecor. poetas et historicos descr. et illustr. 
Hal. 1830. 4. 

9 ") Most de Hippol. Tliesei Mo. Marb. 1840. L. v. Schmidt 
de Hippol. Troezenio (Rhein. Mus. 1849. VII, 1. p. 52 64). 



281 

Etymologien, der Alten sind der Art, dafs es nicht werth 
ist ihrer zu erwahnen 100 ). Von aaxdhafiog Eidech.se? 
Liegt in dem Stamm cine Beziehung auf die Sonne? 

B. Genealogie. Asklepios ist Sohn des Apollon 
und der Arsinoe, Tochter des Leukippos 1001 ); oder des 
Apollon und der Koronis, der Tochter des Phlegyas looz ). 
Der Vater und die Grofsvater weisen auf Licht hin. Die 
Koronis, wird erzahlt, liefs sich, von Apollon schwanger, 
rait dem Ischys em; weshalb sie getb'dtet wurde in ihrer 
Wohnung zu. Lakereia in Thessalien. Als sie schon auf 
dem Scheiterhaufen liegt und verbrannt werden soli, rettet 
Apollon (oder Hermes) 1003 ) das Kind, den Asklepios, aus 
den Flammen und ubergiebt ihn dem Cheiron zur Erzie- 
hung 1004 ). Nach einer andern Sage war Asklepios, b.ei 
Epidauros geboren und ausgesetzt, von einer Ziege ernahrt, 
von einem Hunde bewacht und durch einen Hirten gefun- 
den worden, welcher den Knaben von Blitzglanz umstrahlt 

-sah 1005 ): iiberall Licht und Glanz, welches in Verbindung 
mit seiner Abkunft vori Apollon auf eine urspriingliche Son- 
nengottheit zurtickweist. 

C. Mythologie. 

1. D er naturliche Asklepios. 
Als Herren der Sonne characterisieren den Asklepios 



100 ) Vergl. Intpp. z. Cornut. cp. 33. Hemsterh. z. Lucian. 
Tom. I. p. 442 sq. ed. Wetst. 

1001 3 Apollod. HI. 10, 3. Hesiod. b. Pausan. II, .26, 7. (fr. 99 
Mcksch.). 

1002 ) Hesiod. b. Sell. Find. III. 14 u. 48. (fr. 142Mckscli.) Vgl. 
Heyne Obss. Apollod. p.276sq. Schellenberg ad Antim. p. 80. 

ioo3-| Paus u. 26, 6. 

lon4 ) Find. Pyth. III. 
ll)05 ) Paus. II. 26, 4 sq. 



282 

die Beiworter cclylaw IOOG ), aylaonys 1007 ). Kaovows 1008 ) 
hangt wohl mil xalto zusamraen. Beziehung auf Frucht- 
barkeit deuten an: avAwviog 1009 )/ av^L&a^s 101 ) , 
dovrjs 1011 ). Hierher gehb'rt auch die a@dov avakrjipis, 
alljahrlich auf Kos gefeiertes Fest, welches wahrscheinlich 
dem Feste der Eiresione analog war 



iom 

) 



2. Der ethisclie Asklepios. 

Noch weniger wie Apollon hat Asklepios von dem 
universellen Charakter der Sonne an sich behalten. Er ist 

a) Schiitzer: aTTaAs^axps 1013 ). ^/ayfiVag 1014 ), yilo- 
Aaog t015 ), (fyaaiWos 1016 ). Hauptsachlich hat jedoch As- 
klepios die eine auch bei Apollon hervortretende Seite aus- 
gebildet: 

It) seine Beziehung zur Gesundheit. Man kann 
sagen, dafs Asklepios fast nichts anderes ist als Gott der 
Gesundheit Zu einem solchen ist er in der hellenischen 
Gotterwelt wohl erst nach Homer geworden, wahrend er 
friiher nur in Lokalkulten, namentlich in Thessalien, verehrt 
wurde. Spaterhin waren seine Tempel iiber die ganze 
griechische Welt verbreitet. Sie wurden besonders an rei- 
nen und gesunden Orten angelegt, in kiihlen Hainen, an 



1006 ) HesycL. I. p. 140. 

1007 ) Bei den Lakonen. Hesych. I. p. 54. 



1008) Bei e i nem Dorfe Knots in Arkadien. Paus. VIII. 25, 1. 

1009 ) Paus. IV. 36, 7, Ort in Messenien Sclilucht, Niederung. 
1010 )'Orph. Hymn. 66, 5. 

1011 ) Orph. Hymn. 66, 3. 

1012 ) Vgl. Hermann G. A. .67, 19. 

1013) Orplu Hymn. 66, 5. 

1014 ) Bei den Phokaiern, die ihm Alles, mit Ausnahme yon Zie- 
gen, opfern. Paus. X, 32, 12. 

1015 ) In Lakonika. Paus. III. 22, 9. 
lolt ) In Elis. Paus. VI. 21, 4. 



283 

kiihlenden oder heilkraftigen Quellen u. s. w. 1017 ) Die Priester 
solcher Heiligthumer waren zugleich Aerzte, und man kann 
die Asklepiostempel als eine Art Krankenhauser betrachten, 
die theils durch ihre gesunde Luft und Lage heilten (wes- 
halb sichKranke in die ^ffxA^TUsTa tragen liefsen) 1018 ), ' theils 
durch besondere Kuren, welche in ihnen vorgenommen wur- 
den. Natiirlich alles mit religiosem Anstrich. Daher auch 
die Incubation (syxolfMyffis) 1019 J. 

Die Beiworter, welche den Asklepios als Herren der 
Gesundheit bezeichnen, sind: iargog 1020 ), Ttaicov 21 ), xovv- 
Asvg 1022 ) , ayvLTas 10E3 ) (von ayvog , Keuschlamm ; wohl der 
Reinigende). In Titane, welches von dem Bruder des Helios 
erbaut sein sollte, errichtete wie Paus. II. 11, 5sqq. er- 
zahlt Alexanor, der Enkel des Asklepios, diesem ein 
Asklepieion, welches theils von Andern, theils von Hulfe- 
suchenden umwohnt wird. Innerhalb der Umzaunung ist 
ein alter Cypressenhain. Die Bildsaule, man konnte nicht 
erkennen ob von Metall oder Holz, zeigte nur Gesicht, Arme 
und Fiifse; sie war mit einem weifsen wollenen Unterkleide 
und Oberkleide angethan. Fast ebenso war das Ansehen 
der Hygieia. Dem Alexanor aber opfern sie gleich einem 



17 ) Hermann G. A. .14,4. 

Djog^ Laert. IV, 24. Hundertmark de incrementis artis 
medicae per expositionem aegrotorum in vias publicas et templa. 
Lips. 1749. 4. 

1019 ) F. A. Wolf Beitrag zur Geschichte des Somnambulismus 
aus dem Alterthum in seinen Miscellaneis. Halae. 1802. 8. p. 382 sqq. 
E. P. A. Gauthier Reclierches historiques sur 1'exercice de la me- 
decine dans les temples chez les peoples, de 1'antiquite. Paris et 
Lyon. 1844. 8. 

102 ) Paus. II. 26, 9. 

1021 ) Eurip. Androm. 900. 

1()22 ) Bei Tlierapne, von Herakles, dem er die Wunde an der 
Hliftpfanne geheilt. Paus. III. 19, 7. . 

1023 ) Zu Sparta. Pans. III. 14, 7. 



284 

Heroen nach Sonnenuntergang, dem Euamerion aber'wie 
einem Go lie. Diesen Euamerion, wenn ich recht verinuthe, 
nennen die Pergamener Telespho'ros, die Epidaurier 
Akesios. Idxeaios = Heiler; TsheacpoQog = zur Reife, 
Vollendung bringend ; EvafiSQiav = der einen guten Tag 
giebt? Idhe^avwQ = den Menschen helfend. Diesen askle- 
piadischen Damon finden wir verhiillt und ganz klein dar- 
gestellt 1024 ), und werden dadurch an den IdaxL Ttaig zu 
Megalopolis 1025 ) erinnert. 

Die vier Hauptstatten des Asklepiosdienstes sind l)Trikka 
in Thessalien 1026 ). Von dort kam er aller VVahrscheinlich- 
keit nach 2) nach Epidauros, welches gerade durch seine 
Verehrung des Asklepios beriihmt war 1027 ). 3) Von Epi- 
dauros hatte Kos seine Be vb'lkerung empfangen und mit 
ihr seinen Asklepiosdienst. Asklepiaden, von denen Hippo- 
krates abstammte 1028 ). 4) Pergamos 1029 ). Man hat auf 
diesen Asklepiosdienst die Stelle Offenb. Job. II, 12 sq. be- 
zogen 1030 ). Von hier war Galenos gebiirtig. 

Nach Rom wurde der Kult des Asklepios von Epidauros 
aus gebracht im Jahre 293, in Folge einer Pest und auf 
Rath der sibyllinischen Biicher 1031 ). 

Geopfert wurden dem Asklepios Hahne 1032 ), was an 
Apollon und Helios erinnert. Weshalb ihm der Hund 



10!!4 ) s. Millin No. 103, 104. 
J025 ) Paus. VIII, 32, 5. 

1026 ) Strabo IX. 437. XIV, 647. 

1027 ) Paus. II. 26 sq. Hier ein pentaeterisches sommerliches Fest 

) mit Wettkampfen. Hermann G. A. .52,13. Vgl. fiber 
den heutigen Zustand des Tempels Cit. b. Hermann G. A. .41,15. 
1028 J Hermann G.A. .67, 19. 

1029 ) Paus. HI. 26, 10. Herodian. IV. 8, 3. C. I. no. 3538. 
loan) y gl> DisSi yon R ossa |ii u- Hasaeus. 

1031 ) Liv. Xj 47. Valer. Max. I. 8, 2. 

1032 ) Plat. Phaed. s. f. Zu Athen dem Asklepios geopfert am 
8. Klaphebolion = 22. Marz 426c=24. Marz 429. 



285 

zugesellt vvird, ist schwieriger zu sagen. Als Symbol des 
Todes, etwa im Sinne der Mythe, wonach Zeus mil seinem 
Blitzstrahl den Asklepios todtete, weil er durch seine Kunst 
Niemand sterben Jiefs und selbst Todte erweckte 1033 )? 
Wahrscheinlicher indefs ist auch hier der Hund als Symbol 
der Sonnenhitze zu fassen. 

Das gewb'hnlichste Attribut des Asklepios ist die 
Schlange. Diese ist 1) Symbol des Blitzes; 2) der zeu- 
gerischen, segenspendenden Erdkraft; 3) des sich verjun- 
genden Lebens. Alles Dreies hangt genau zusammen ; aber 
nach der letzten Rticksicht scheint die Schlange dem Askle- 
pios zugetheilt zu sein. 

Abzweigungen des Asklepios sind iseine Sohne Ma%atov 
und nodaheiQioS' Vergl. Panofka Ueber die Heilgb'tter 
der Griechen 1034 ). Berlin 1845. 4. 



Drittes Kapitel. 

Die M o n d g o t t e r. 



(Ueber die Einclriicke und Vorstellnngen , welche der 
Mond erzeugt, und fiber das verschiedenartig gedachte 
Verhaltnifs desselben zur Sonne s. oben p. 61 sq.) 



1. 



V 



A. Der Name von as^ccg, J5 die Glanzende." 

B. Genealogie. Selene ist Tochter des Hyperion 



1033 ) Apollod.III. 10, 3sq. ibq. Heyne. 

1034 ) Schriften iiber diese, iiber inythische Physik, mythische 
Pflanzen undThiereverzeichnet L. Choulant Bibl. medico-historica. 
Lips. 1842. 8. mit den Nachtragen yon Rosenbaum. 



286 

(Sonne) und der Theia (Mond), Schwester des Helios 1035 ); 
des Hyperion und der Euryphaessa 103G ) (Mond); des Hype- 
rion und der Aithra 1037 ); des Helios 1038 ). Auch Kind des 
Zeus und der Leto 1039 ) oder des Wassergottes Pallas 104 ) 
wird sie genannt. 

C. Mythologie. Noch mehr als unter den Sonnen- 
gottern Helios 1st Selene mil ihrem Naturobjekt identisch 
geblieben. Das Auge der Nacht nennt sie Aeschylos 1041 ); 
Pausanias sah in Elis ihr Standbild gehornt 1042 ). Sehr schon 
beschreibt sie der Horn. Hymnus (XXXII) ; langgefliigelt, 
weifsarmig, schongelockt erleuchtet sie die dunkle Luft mil 
ihrem goldenen Kranz. Im Ok eanos badet sie den schonen 
Kb'rper, schirrt die slarknackigen, glanzenden Pferde 1043 ) an 
den Wagen und, angethan mil weitleuchtenden Kleidern, 
treibt sie eilig das schonmahnige Gespann 1044 ) vorwarts, 
Abends, in der Mitte des Monats, wann der grofse Kreis 1045 ) 
voll ist und die glanzendsten Strahlen von der wachsenden 
himmelher kommen. Ihr mildes, wohlthuendes Licht lafst 
sie als diegutige (nQoyqav) 10 * 9 ) erscheinen. Mit Zeus 1047 ) 5 
dem Himmelsgotte, zeugt Selene die Pandeia 1048 ); der Thau 



1035 ) Hesiod. Tli. 371. 
103(; ) Horn. hymn. 31, 6. 
103^ Hygin. p. 10. Stav. 

1038 ) Sch. Eurip. Phoen. 175. 

1039 ) ibd. 

1044 ) Hom. hymn, in Merc. 99 sq. 

1041 ) TiQeafiiGTOV aGTQtov, VVXTOS d(p&a)>.[i6s Aesch. S. c. Th. 390. 

10 * 2 ) dty.EQios. Paus. VI. 24, 6. 

10*3) pferde oder Maulesel. Paus.V. 11, 8. 

1044-j y gl- Eurip. Phoen. 179. 

1045 ) %QVGeoxvxkov (psyyos Eurip. Phoen. 176. xvxioaip 
Parmenid. fr. 130. 

046 ) Hom. hymn. XXXII, 18. 

104T ) Pan und Selene. Creuzer Syinb.IV, 255. 

1049 ) Hom. hymn. 32, 15. 



287 

ist ihr Kind 1049 ), und die Nemea wie.auch der Nemeische 
Lowe sollen von ihr herriihren 105 ). Bekannt ist ihr Ver- 
haltnifs zu Endymion, dem Konige von Elis (!). 'Evdvptlcov, 
von evdvco, der untertauchende, bezeichnet die untergehende 
Sonne; sehnsuchtig wandelt ihm in stiller Nacht Selene 
nach, urn ihn, wenn er zur Ruhe gegangen, zu kiissen. Sie 
zeugt niit ihm funfzig Tb'chter, die deutlich genug auf die 
funfzig Monate der Olympiade hinweisen 1051 ). 

Ganz identisch ist mit der Selene die Mtfvrj, welche 
beide Namen einer fiir'den andern gesetzt werden. Einen 
Mondgott (6 Mqv, deus Lunus) erwahnen erst sehr junge 
Nachrichten, und ist derselbe entweder von den Romern 
aufgenommen, oder, wie ich lieber glaube^ aus dem Sabais- 
mus. In beiden Fallen haben \vir uns hier um so weniger 
mit ihm zu befassen. 

2. . *!A Q r e (i i s- 

Lil. Gyraldusp.356 382. CreuzerII,3. Schwenck 
Andeutungen p. 218229. K. O. Mailer Dor. 1, 371397. 

A. Name. Plato 1058 ): dice TO aQTSfiss xcti TOV xoa- 
{.wv. Strabo 1053 ) : and TOV aQTepsag yioisiv. Macro- 
bius 1054 ) = ^asQorsfiis, hoc est aerem secans." Weil 
Clem. Alexdr. 1055 ) sagt, der Name der Artemis sei phry- 
gisch, so hat Jablonski 1056 ) ihn auch so erklaren wollen. 



1049 ) Alkman. fr. 32. Bgk. 

105 ) O. Miiller Dor.1,445. Vergl. Meinecke An. Alexdr. 
p. 84 sqq. 

1051 ) Bockh Expl. Find. p. 138. O. Miiller Dor.1,438. 

1052 ) Cratyl. p. 406. 
10 ") XIV, 635. 

4 ) Sat. VII, 16. p. 696. Zeun. 
5fi ) Strom. I. p. 384 Pott. 
" 5G ) de ling. Lycaon. p. 60. 



10541 
105B1 

105 



288 

Andere haben den Namen aus dem Hebraischen abgeleitet 
(Kanne ,,volles Licht." Sickler 3 ,Feindin der Unreinheit, 
des Dunkels, der Unkeuschheit." Schelling ,jZauberin."), 
aus dem Aegyptischen (Hug). Schwenck Jungfrau (jpaQ- 
TIS), ebehso Buttmann (aQTepijg, jungfraulich). Wel- 
cker 1057 ) = aQi-&e[ii$. 0. M tiller ,,die Gesunde, Heile 
und darnach die Heil imd Kraft vei-breitende." Pott 1058 ) 
37 aeQCc TSftvovaa ,,Luftdurchwandlerin." 

B. Genealogie. Die Eltern der Artemis sind Zeus 
und Leto. Cicero 1059 ) giebt noch zwei andere Genealogien: 
Zeus und Persephone, Upis und Glauke. Ganz singular 
hatte Aescbylus die Artemis eine Tochter der Demeter ge- 
nannt 1060 ). Darum ist auch wohl die zweite Genealogie 
sehr juhg. Die dritte kann alt sein (Upis = /OTTW ; Glauke = 
y^tiVKoq). Aber die allgemeine Genealogie ist die erste, die 
\vie der. Name auf den Mond fiihrt 

C. My thologie. 

I. Die natiirliche Artemis. 

Sie ist 

a) Herrin des Mondes. So fafst sie schon Aeschy- 
lus 1061 ): as (Erinnyen) owe niiupiS, fjllov nQoadsQxsTai, 
OVT aaTSQtoTiov ofj.f.ia ^Lr\Twa^ xogyg. Auch bezieht sich 
wohl hierauf der Lichterktichen (apcpicpcov), der ihr dar- 
gebracht wurde 1062 ). Auf den Mond gehen auch die vielen 



to5T ) Bei- Schwenck p. 263 sqq. 

loss-) E t y m . Forsck. I, 101. 

1059 ) N. D. Ill, 23. 

loco) Herod. II, 156. Pans. VIII, 31, 3. Doch auch ^wysveia S. c. 
Th. 148. Im Verhaltnifs zu Apollon heifst Artemis opoanoQos Soph. 
Trach.212. 

106 ') fr.209. Ahr. 

1062 ) Philemon, fr.63. p. 833. Mein. 



289 

Beinamen, vvelche die Lichtnatur der Artemis bezeichnen: 
Awcoa^g 1064 ), a W w#/a 1065 ) Qvalcc 1085 ), von 
, leuchten, cpcoacpoQog 1067 ), ashaag)6()os 1068 ) 3 fffiAa- 
ffm 1069 ), nvQcoviu 1070 ), anylnvQos^ 1 ), al&onla 1072 ). Auf 
Delos hiefs Artemis ^Qyug, Oi/Trtg 1073 ) (vgl. oben den Vater 
der Artemis); sie ist nicht verschieden von der Opis oder 
Upisj der Hyperboreerin j deren oben gedacht \yurde 1074 ). 
So hiefs Artemis auch zu Troizene 107S ), in Lakedaimon 1076 ) 
u. a. 0. Ihr zu Ehren sang man Upingen. Der Name 
dier andern Hyperboreerin , 3 ^Qyt] , die glanzende (nicht 
,,schnelle," wie 0. M tiller tibersetzt) , c xe^y^, die ge- 
waltig glanzende, ist zugleich Name der Artemis 1077 ) und 
bezeichnet sie ebenfalls als Mondgottin. Ob dieselbe Be- 
ziehung die Beiworter xvccyla 1078 ) (== xvyxij, die falbe?), 



IOG3 ) In Troezen. Paus. II. 31, 4. Q. Miiller Dor. I, 374. 229. 

10B ' > ) Paus. VIII. 36, 7. 

1065 ) Bei Eretria. Spanh. z. Calfim. p.305. 

10b6 ) Paus. I. 31, 4. 

106T ) Eurip. J. f. 21. Paus. IV. 3J, 10. O. Mailer Dor. 1. 384, 3. 
Vgl. Soph. O. R. 206 sq, Hesych. Cicero N. D. II, 27. Aristoph. Ran. 
1358sqq. Vgl. K^IJIVQOS. 

1068 ) Paus. 1.31,4. . 

i6 9j Hesych. 

107 ) Paus. VIII. 15, 9. 

10T1 ) Soph. Tr. 214. 

" 17 ?J Sappho, fr. 118, 3. Bgk. Steph. Byz. p. 22, 22. Hesych. I. 
p. 152 Ai&ionaida. Anth. Pal. VII, 705. O. Miiller Dor. I, 384 sq. 
389,5. *A()t. KWonia schon von Callimach. fr. 417 Bentl. (aus Steph. 
Byz.) auf den Moncl gedeutet. 

073 ) Callim. Dian. 204. ibq. Spanh. und zu in Del. 292. 

1(174 ) Herod. IV, 35. Paus. I. 43, 4. V. 7, 8 ibq. Sylb u. Kuhn. 

> 015 ) Sch. Apollon. I, 972. 

10 " !6 ) Palaiphaj;. 32. ; i:^ i 

10 ") Arge = Artemis Oi^^^er Dor. I, 373. = Hyperboreerin 
Herod. IV, 35. Hekaerge = Artemis O. Mull er a. a. O. u. 374, not. 5. 
226. Antonin. Lib. I. (p. 202, 15 West.) = Hyperboreerin Callim. in 
Del. 291 ibq. Sch. Paus. I. 43, 4. V. 7, 8. Etym. M. 

1078 ) Paus. III. 18,4. 

Lauer Griech. Mythologie. 19 



290 



uncl Hvaxeatis 108 ) haben? 3 EUog)6vos iosi ) 
gewohnlich als Hirschtodterin gefafsl, ist vielmehr die Licht- 
todterin in Bezug auf das Tageslicht. Aehnliche Beziehung 
driickt das Beiwort axttmg 1082 ) aus. ^nayxoftevr] 1083 ) (die 
erhangte)? Das Wandeln des Mondes gab der Artemis den 
Beinamen ayyehog 1084 ). Wird eine Gottheit auf Bergeshohen 
verehrt, \vie \d^x^ axQia 1085 ), xogvcpcila 1086 ) und o^smg 1087 )? 
so darf man annehmen, dafs sie Himmelsgoltin sei. Dies 
mil dem Voraufgegangenen verbunden, rechtfertigt die Be- 
ziehung def eben genannten Beinamen auf Artemis als 
Mondgottin. An jene Beinamen schliefst sich ovQSGicpohig 
nQoarjcjia auf Artemision im Euboia. T^Ae'/fa%og 1089 ), 
xAa(Ota 1090 ), %Qvayvios l09i ), die mil goldenen Ziigeln fa'hrt, 
und ^vff^Aaxairog 1098 ), die mil goldner Spindel, bezeichnen 
deutlich den Mond. 



"" 9 ) Pans. VIII. 23, 3. 

108 ) Pans. VIII, 53, 11. 

1081 ) Callim. Dian. 190. ibq. Spanh. Etym. m. p. 331, 54. 

1(182 ) Pans. VIII. 35, 5. 

1083 ) Paus. VIII. 23, 6. 7. Callim. fr. 3. s. J. Gronov. Defens. Diss. 
<le nece Judae p. 62. 

1084 ) In Syracus Sell. Theocrit. II, 12, Hesych. I. p. 39 Alb. 

loss) Hesych. 1,202. Daher braucht -Soph. Iphig. fr. 34 Miiller 
(Hesych.) von ihr das Wort KX()ov%tl. Hesych. erklart es von einem 
Berge bei Argos, wo Artemis ein Heiligtlmm liatte. 

1086 ) Auf der Spitze des Berges Koryphon bei Epidauros. Paus. 
II. 28,2. O. Miiller Dor. I. 378, 4. Steph. Byz. Kogvtf.Kiov. 

1087^ poiyb.XXXU. 25,11. Miiller Dor. I, 396. not. 9. 

l088 ) Cornnt. cp. 34. Vgl. f, 103. 

1089 3 Lucian. Lexiph. Tom. II. p. 335. 

109 ) Paus. VII. 19, 122, 11. ZljpPatrai in Achaja, mit einem 
jahrlichen Fest und einer navv^^^jD&s Priesterthum verwaltete 
eine Jungfrau, bis sie sich YerKeira-thete. Komaitho und Mela- 
nippos. Vgl. Hermann G. A. .51,34. 

1091 ) Z, 205. Miiller Dor. I. 383, 5. 

1092 ) Y, 70. 



291 

b) Der Einflufs des Mondes auf die Witterung, sein 
Erscheinen in thauiger Nacht, sein Emporsteigen aus dem 
Meere und seine Wichtigkeit fiir die Schiffer niachte Artemis 
zuv Herrin des Wassers. Daher fapvala* 093 ), die in 
Sparta auch iaacoQia genannt . wurde 1094 ) } tyivavig 1095 ), 
), elovaia 1097 ) ?, Troz^/a 1098 ), aj/j/^ag 1099 )> ^4.1- 
), Movvv%ia iloi ), Xrjaiag, 'l^Quatr] , von einem 
Vorgebirge und Fiufs auf Samos 1102 ), axvaia 1103 ), Ufer- 
Artemis (kann aber auch auf die Lichtnatur gehen), cuyl- 
am* 1104 ) ?, delyivicc 1105 ), evQw6faj llot ) (halb VVeib, halb 
Fisch), 



110 



Paus. If. 7, 6. 

1094 ) Paus. III. 14, 2. Vergl. 25,4. Caltim. in Dian. 172. Pint. 
Ages.32. Polyaen. II. 1,14. O. Miiller Dor. I, 378, not. 1. 

1095 ) Paus. III. 23, 10. IV, 4,2. 31,3. VII. 20, 7. VIII, 53, 11. 
O. Miiller Dor. I. 378 sq. Vgl. Revue archeol. 1845. no. X. 

109I T) In Messenien Hesych. 1, 1168. Wenn man nicht lieber ^Aa'a 
lesen und dies mit ijleftt (Strab. VIII, 350) auf die Herrin des Mondes 
beziehen will. 

109 ') In Ephesos. Hesych. I, 1184. 

1098 ) O. Miiller Dor. I, 379. 380, 3. 

io99j Hegych. j ? 39 : IdyyCrKs' OVO^LK Tiorctftov. xtu sari TTKQCC TO 
ffccyyaiov. 6 t uoi(ag '/.ccl vj 5 J4pTf ( u<?. 

tlo ) Pans. VI. 22, 8 sqq. Damit identisch hielten die Elier ihre 
).a<f,iatK. Vgl. O. Miiller Dor. I, 379 sqq. 

lini ) Paus. I. 1, 4. Miiller Dor. I. 384, not. 3. Pollux VI, 75. 
Zu Pygela, einer Stadt mit einem Hafen unweit Ephesos: Strabo 
XIV, 639. Auf dein Vordertheile eines Schiifs: Miinze von Magnesia 
in Thessalien, Denkmaler u. Forsch. 1849. no. 9, p. 91. 

lloa ) Callim. Dian. 228. ibq. Spanh. 

lll)3 ) Pint. Arat 32. 

1104 ) In Sparta. Paus. IIL 14,2. 

1105 ) Pollux VIII, 119. 

HOG-) Zu Phigalia in Arkadien. Paus. VIII. 41, 4sq. O. M tiller 
Dor. I, 380. 

1107 ) Paus. II. 32, 10. Hesych. Sch. Eurip. Hipp. 1200. Spanh. 
zu Callim. Del. 42, p.414sq. 

110S ) T] TKS nrjyccs ras &(Q[ias e/ei. Ael. Aristid. Tom. I. p. 321, 2. 
Jebb. Anf Lesbischen Inschriften hiefs sie @^t, meist init dem 

19* 



292 

c) Hervin der Fruchtbarkeit und des Gedei- 
hens. Diejenigen, welche fur Apollon und folglich auch 
fur seine Sch' wester Artemis einen rein ethischen Ursprung 
annehmen, miissen offenbar ins Gedrange koramen durch 
den Umstand, dafs Artemis in den altesten Kulten nach 
einer keineswegs ethischen Auffassung verehrt wird. Man 
konnte sagen, diese pelasgische Gottin habe ursprtinglich 
nichts mit der dorisch-hellenischen gemein. Indefs gehbren 
doch beide verwandten Volksstammen an und fiihren ganz 
denselben Namen. Jene pelasgische Gottin ist aber nicht 
als eine Nymphengottheit zu fassen, auf welche man sie 
deswegen hat zuriickfiihren wollen, weil nnmentlich in Ar- 
kadien, wo sie seit den altesten Zeiten verehrt wurde, ihre 
Tempel und Alta're an Fliissen und Quellen, Seen, in Nie- 
derungen u. s. w. standen , sondern als eine zeugerische 
Naturgottheit, eine ,,aus dem Feuchten produzierende und 
Leben schaffende" 1109 ). Um gleich auf den letzten Grund 
zu gehen, es ist die Mondgottin, aufgefafst nach ihrem vor- 
wiegenden Einflufs auf das geschlechlliche Leben der Men- 
schen und das Zeugen der Thierwelt und der Erde. 

Einen solchen Charakter hatte die aus den altesten Zeiten 
stammende Aetolische (^diTwhij) 1UO ) Artemis. Hier war sie 
Aatjp^/a 1111 ), welche auch 0. Miiller fiir eine Getraide- 
gottin erklart. Ganz dasselbe Wesen hatte die vordorische Arte- 
mis in Sparta. Hier war im Limnaion ein ISQOV der Artemis 



Beisatz tvaxoog (Gruter MLXVI, 19. 15). Ihr Fest wurde an.be- 
stimmten Tagen gefeiert (jiavyyvQis Q[AIKXCC), wozu ein navriyv- 
QiaQZas (Pocock. Inscr. antq. P. 1. cp, 4. 5. 6. p. 47. Corsinb.Paciaud, 
Monum. Pelop. Vol.1, p. 86). Vgl. Plehn p. 117. 

Jin9 ) O. Miiller Dor. I, 380. 

lll(1 ) Paus. X, 38, 1.2. O. Miiller Dor. I. 381, 5. Strab. V. p.215. 

11J1 ) Paus. IV. 31, 7. VII. 18, 8. O. Miiller 1. 1. u. Aegin. p. 167. 
Brandstater Gesch. des Aetol. Landes. p. 7sq. p. 4? sq. 



293 

, deren holzernes Bild Orest und Iphigeneia einst 
aus Taurica dorthin gebracht haben sollen. Als Astrabakos 
und Alopekos (Esel und Fuchs) das Bild in einem Stratich 
gefunden batten, wurden sie alsbald wahnsinnig. Und als 
die Limnaten und Bewohner anderer lakonischer Orte der 
Artemis opferten, entstand Streit und Word und nachher 
eine Krankheit, welche die iibrigen hinraffte. Zur Siihne 
wurden Menschenopfer eingesetzt, an deren Stelle seit Ly- 
kurg Knabengeifselung (rat 1113 ). Sie hiefs auch Jivyodsafia, 
OTI sv -d-dfivq) hvycov evQefy; mil diesem Lygos war auch 
das ganze Bild verhiillt 1114 ). *0(>9-la = erecta, steif, stramm; 
vergl. diovvaog OQ&OS und Hermes im Parthenon. Auch 
0. M tiller erkennt in dieser Artemis eine Gottin der Frucht- 
barkeit. Mit der OQ&la identisch ist Id-QX. dQ&coaia il15 ). 
Derselben Natur war IQT. cpaxefthig 1116 ), die in Reisbiin- 
deln eingehiillte. Die 'fyiysveia ist wohl nicht verschie- 
den von der Gottin selbst, wie sie denn sehr haufig nicht 
bios mil Artemis verbunden vorkommt, sondern auch iden- 
tificiert wird 1117 ). Ihr ganzer Mythos zeigt auf den blutigen 
Charakter des Kultus, dem sie angehort. 

Der Artemis zu Brauron (BQ<xvQ(ovta) ii18 ) waren die 
jungen Madchen zwischen fiinf und zehn Jahren geweiht, 
welche wahrend dieser Zeit Barinnen hiefsen (CCQXTOI). Sie 



*"*) Paus. II. 24, 5. III. 16, 7 11. 17, 1. VIII,23, 1. O. Mailer 
Dor. I, 385 sqq. Plut. Thes. 31, 3. Lycurg. 18. 

1113 ) Valcken. Adon. p. 277. L. B. 1773. Spanheim Callim. 
Dian. 174. 

11 14 ) Paus. Ill, 16, 711. Muller Dor. I, 386. 
m5 ) Herod.IV, 87. O. Muller Dor. I, 387,4. 

1116 ) Vgl. Schneidewin Diana Phacelitis et Orestes apud Rhe- 
ginos et Siculos. Getting. 1832. 8. 

1117 ) O. Muller Dor. I, 387. 

1118 ) Paus. 1.23, 7. 33, 1. Snchier de Diana Brauronia. Marb. 
1847. 8. 



294 

durften sich nicht eher verheirathen , als bis sie der Gottin 
gedient hatlen ($' lirj' aqxTevaeie nvj &e), und wahrschein- 
lich beim Abzuge der bisherigen und beirn Eintreten neuer 
Madchen wurde alle vier Jahre der Gottin ein grofses Fest 
gefeiert, zugleich mil dem des Dionysos, bei welchem die 
kleinen Madchen saffranfarbene Kleider trugen. Man 
wollte die Gottin versohnen, weil sie einst verderbliche Hun- 
gersnoth iiber die Athener verhangt hatte wegen eines ge- 
tb'dteten zahmen Baren oder eine Seuche 1119 ). Da diese 
Artemis Brauronia auch j4.lSonict hiefs (s. oben), so haben 
wir in ihr die Gottin des Mondes, welche Hungersnoth und 
Seuche, folglich auch von beiden das Gegentheil giebt, eine 
Gottin der Fruchtbarkeit 1120 ), als welche uns schon die mil 
ihr identische 'Ogdla zu Sparta erschien, und gewifs deshalb 
mufsten die jungen Madchen vor ihrer Verheirathung die- 
ser Artemis dienen, um in der Ehe gesegnet zu sein. 
Was soil aber das Symbol des Baren? 

Dasselbe erinnert an die bekannte Arkadische Mythe 
von der Kallisto, Tochter des Lykaon in Arkadien, Gefahrtin 
der Artemis. Sie gebar von Zeus den Arkas, den Stamm- 
vater der Arkader und wird von der Goltin in eine Barin 
verwandelt, und kommt als solche unter die Sterne 1121 ). 
Mit Recht bemerkt 0. Miiller 1122 ), es konne unmoglich ein 
Spiel des Zufalls sein, dafs die Gottin, der in Brauron Ba- 
rinnen dienen, eine Freundin und Begleiterin hat, welche in 
eine Barin verwandelt wird. Kallisto steht zu der Artemis 
in demselben Verhaftnifs wie Iphigenia. Grade wie diese 



1119 ) Sch. Aristoph. Lysistr. 645. Suid. '^QXIO S . Hermann G. A. 
. 62, 12. 

U2 ) Deshalb ldQT[.iiSt, BQavQwvla d-vsrcu cti. Hesych. I. p. 761. 

1121 ) Hesiod. fr. 182. Mcksch. Apollod. III. 8, 2. Pausan.I. 25, 1. 
VIII. 3, 6. 

ms ) Prolegg. p. 73 sqrj. 



295 

Graber bei den Heiligthiimern der Artemis halte, so war 
ein Grab der Kallisto bei Trikolonoi (nordlich von Megalo- 
polis). Es war ein grofser Hugel, auf dem sich ein ISQOV 
^QTsf^idos snixtyaiv KaMla-tys befand 1123 ). Zu Athen gab 
es eine '^QT. .Kcd/UW}? 1124 ). \Vas neulich von Jakob 1125 } 
gegen 0. M tiller eingewandt ist, verdient keine Beachtung, 
und beruht auf Unkenntnifs mytholpgischer Verhaltnisse. 
VVenn so aus dem Beinamen einer Gottheit sich eine neue 
gebildet, so gewinnt sie Selbstandigkeit fur sich und kann 
freilich nicht ohne Weiteres statt jener gesetzt werden. 
Eine solche Identitat hat 0. Miiller auch gar nicht be- 
hauptet, sondern nur, dafs der Mythos von der Kallisto 
Spuren enthalt, welche auf Artemis ftihren und zu dem 
Schlusse berechtigen, dafs ,,KaMtai;t0 nichts anderes ist, 
als die Gottin und ihr heiliges Thier in einen Begriff zu- 
sammengefafst." Urn auf die Ba'rin zuriickzukommen, so 
sagt 0. Miiller, dafs der Artemis, weil der alte Arkader 
sie als eine G.ottin gedacht habe, welche die Jungen des 
Wildes, wie das Menschenkind , tra'nkt und erzieht und ge- 
deihen lafst, der Bar heilig gewesen sei als eins der kraf- 
tigsten also von der Gottin besonders berucksichtigten 
Geschb'pfe der Natur. Diesen Grund konnte man gelten 
lassen, wenn nicht der uralte Mythos von Kallisto auf astrp- 
nomische Verhallnisse hinwiese, was unberucksichtigt gelassen 
zuhabenschon Creuzer 1126 ) an 0. Miiller tadelt, obgleich 
er selbst eine sehr wunderliche Ansicht hat. Der grofse 
Bar, den man seit den altesten Zeiten (Homer) als solchen 
am Himmel kannte, konnte sehr wohl dem poetischen 



1123 ) Paus. VIII. 35, 8. 

im ) Paus. I. 29, i (der sich auf Sappho beruft). 

"") Ueber die Behandlung der gr. Myth. Berlin. 1848. p. 55 63. 

112S ) Symb.IV, 710sqq. 



296 

Beschauer des Himmels als Begleiter und Diener des 
Mondes erscheinen. So erst, glaube ich, ist der Bar 
der Artemis heilig, Kallisto in eine Barin vervvandelt worden, 
und hiefsen die jungen Madchen in Brauron Barinnen. 
Was soil aber die Herkunft der Artemis OQ&ICC aus Tau- 
rien 1127 ) bedeuten? Wenn man bedenkt, dafs Artemis als 
Tav^oTroAog 1128 ) verehrt wurde und bei Sophokles U29 ) der 
Wahnsinn des Aias von ihr hergeleitet wird ; dafs auch nach 
Brauron in Attika Iphigenie das Bild dieser Artemis gebracht 
haben soil 1130 ), desgleichen nach Lemnos: so diinkt mich 
hat es wenig gegen sich anzunehmen, dafs dies Taurien 
urspriinglich nur, wie das Hyperboreerland, im Mythos 
existierte und erst spater auf wirkliche Lokale iibertragen 
wurde (vgl. Lykien). Je mehr die Menschenopfer in den 
griechischen Kulten sich verloren und einem gesitteteren 
Dienste wichen, um so mehr mufste man geneigt werden, 
jene wiisteren Kulte als aus der Fremde stammend zu be- 
trachteri ; und nachdem man sich an der, Siidkiiste des 
schwarzen Meeres angesiedelt und dort eine Gottin kennen 
gelernt hatte, die der Artemis sehr ahnlich war und mit 
Menschenopfern verehrt wurde, glaubte man, dafs dies das 
Taurien sei, in welches Artemis die Iphigenie entriickt, wo 
der wahnsinnige Orest seine Schwester wiedergefunden und 
von wo er sie und das Bild der Gottin nach Hellas ge- 
bracht hatte. 

Das Gemeinschaftliche in den Mythen dieser \A^x. rav- 
ist Wahnsinn und Menschenopfer. Man sieht 



1121 3 Vgl. Meyen De Diana Taurica et Anaitide. Berol. 1835. 8. 

1128 ) O. Mailer Dor. I, 391. Philol. 1,2. p. 350. 

1129 ) Aj. 172. 

U30-J ygj_ Suchier a. a. O. und uber die Menschenopfer der 
Brauronischen Artemis de vict. hum. ap. Gr. P. I. cp. 2. 



297 

auf den ersten Blick nicht recht, wie dies beides Bezug auf 
eine Gottin der Fruchtbarkeit haben kb'nne, als welche wir 
die lAqt. og&ia gedeutet haben. Ueber das Menschenopfer 
kommt man wohl leichter hinweg, vvenn man sich erinnert, 
dafs dasselbe nicht bios in den altesten Zeiten allgemein 
verbreitet war, sondern namentlich auch in den Kultenv.or- 
kam, die eben Bezug auf Fruchtbarkeit haben, z. B. bei Kronos, 
Zeus, Apollon (Thargelien) u. A. Grade da, wo die Gott- 
heit sich dem Menschen am freigiebigsten zeigt, riihrt sie 
ihn am meisten und erweckt in ihm ein Gefiihl der Dank- 
barkeit, welehem er nur glaubt genugthun zu.kb'nnen, indem 
er sich selbst der Gottheit als Gottergabe opfert. Schwie- 
riger erklart sich der Wahnsinn. leh weifs ihn auch nur 
so weit zu erklaren, als ich nachweise, dafs er auch ander- 
weitig in Kulten vorkommt, die sich auf Fruchtbarkeit be- 
ziehen. So werden die Tochter des Kekrops wahnsinnig, 
als sie die Kiste offnen, in welcher Erichthonios verborgen 
ist, s, un ten Athene ; Dionysos; Hera macht die ineine Kuh 
verwandelte Jo rasend. Deshalb ist jedoch Artemis nicht 
als Erdgottin zu fassen. Sie ist die Gedeihen, Fruchtbar- 
keit, Wohlsein schaffende Mondgottin, die als solche eben 
auch von allem das Gegentheil schicken und verhangen 
kann. Mondsiichtige hiefsen aetyvophrjToi, und 



Auch 3 ^Qf. xagvavis z u Karyai in Lakonien, an deren 
jahrlichem Feste Jungfrauen Reigentanze hielten, hat Bezie- 
hung auf Fruchtbarkeit im Menschenleben U32 ). 

Als den Thieren Gedeihen gebend bezeichnen die Goltin 



li31 ) Macrob. Sat. I, 17. p. 296. Zeun. 

ll "3 Paus. Ill, 10, 7. Barth'zu Stat. Tlieb. IV, 225. Tom. II. 
p. 978. O. Miiller Dor. 1,377. not. 11. Von jenen Tanzen der 
Name der Karyatiden genannten stiitzenden Bildsaulen. S. Miil- 
ler a. a. O. 



298 
die Beinamen: eAaqp/a 1133 ), ehacpiaict l134 ), irtmxij Ii35 ), J 



2. Die ethisclie Artemis. 

a) Keusch: ayvrf 1138 ), nctQ&evog aidofy ii39 ), ctUv 
l *). Daher bestraft sie die Unkeuschen (Kallisto, 
s. oben; Actaion, der die Artemis nackend im Bade sah und 
ihr Gewalt anthun wollte, ward, in einen Hirsch verwandelt, 
von seinen Hunden zerrissen) 1141 ). Schon: xaAA/tm? 1142 ), 
aqlaTri 1U3 ). Homer 1144 ) schildert sie als eine schone, 
bliihende, kraftige Jungfrau, schlank und schon gewachsen. 
Milde: evaxoos 1145 )- Machtig: tieyaty 11M ) , l>cra 1147 ). 
Wie der Mond aufser seinem Gianze so viel Sinniges, Nach- 
denkliches hat, so ist Artemis king: a^taro/Sov% tU8 ); von 
prophetischem Charakter finden sich jedoch nur geringe 
Spureri 114 "), die vielleicht in einer Uebertragung von Apollon 
auf Artemis ihren Ursprung haben. 



1133 ) Strabo VIII, p. 5.28. 

1134 ) In Elis. Paus. VI. 22, 10 sq. O. Miiller I, 382, 3. 
113n ) Schol. Find. Nem. I, 1. 

1I3G ) Find. Ol. Ill, 26. O. Miiller Dor. I, 383, 5. 

tl37 ) Paus. VIII. 14, 5. Bei Pheneos in Arkadien, weil Odysseus 
dort seine Pferde wiederfand. O. Miiller 1, 380, 3. 383, 5. 

l138 ) Aesch. Agam. 135. 

113!l ) a, 202. Vgl. Horn. h. 27, 2. 

114 ) Soph. Electr. 1239. 

u ' (1 ) Stat. Theb. II, 198. 

1142 ) Paus. I, 29, 2. VIII, 35, 8. O. Miiller Dor. I, 376, 391. 

l ' 43 ) Paus. 1.1. 

1144 ) f, 102 sqq. 

" 43 ) C. J. 2566. Vgl. teQpnitt p. 291 f. 

1H6 ) Callim. Pall. 110. 

1141 ) Aesch. Suppl. 676. 

1148 ) Zu Athen, mit einem Tempel, den Theniistocles ihr gebaut 
hatte. Pint. Themist. 22. 

J149 ) Vgl. O. Muller Dor. I, 375. 



299 



I) Schiitzerin: eTuVxoTrog 1150 ), nqod-vqaia il " al )^ nqo- 
1 ), nQoavaTrjQia 1153 ), ar^oqpof/a 1154 ), ^ys^ovrj 1155 ), 
), ewroe/a 11 ' 87 ), aarQOveia"**), dyoQaia 1159 ) yaido- 



Jagerin. Diese Vorstellung beruht auf denselben natiir- 
lichen Anlassen wie die, welche dem Apollon Pfeil und 
Bogen gaben. Auch Artemis ist damit ausgeriistet und in 
weiterer Ausbildung dieser Vorstellung zu einer Jungfrau 
geworden, welche auf waldigen Hohen streifend der Jagd 
pflegt. ^yQOTSQCt lisi ), 



. 115 ) In Elis, wo ihr Tempel bezeichnend Aristarcheion genannt 
wurde. Plut. Q. Gr. 47. 

1151 ) Sp anh. Callim. Dian. 38. O. Mailer. Dor. 1, 374, 10. 

1152 ) Pausan. I, 38, 6. Spanh. Callim. 1.1. O. Miiller 1.1. 

1153 ) Aesch. S. c. Th. 449. 

1154 ) Athen. VI b. p. 259. 

a155 ) Mit Fackeln Paus. VIII, 36, 10. Antonin. Lib. 4. Hesyck.s.v. 

1156 ) Hesych. Vielleicht auch nacli Verschinelzung der Art. u. 
Hekate von dieser auf jene iibertragen, und dann in anderem Sinne 
zu nehmen. 

1157 ) In Rhodes. Hesych. I, 1251. Spanh. z. Callim. p. 155. 

1158 ) In Laconica. Paus. Ill, 25, 3. Von dem Stillstand, den sie 
dem Heere der Amazonen gebot. 

1159 ; Paus. V, 15,4. 

116 ) Soph. O. R. 160, d. h. noXiov/os. Schol. 1. 1: tutrix hujus 
terrae, i. e. Boeotiae. Vgl. Zsijg yctiao%os. 
1I61 ) Eurip. J. T. 131 ibq. Markld. 
116a ) Paus. II, 9, 6. 

1163 ) Artemid. On. II, 35. p. 125. Dafiir wollte Rigalt. 'JEteu&ca 
schreiben, Bottiger Kl. Schr. I, 65, not.** 'Etev&ovau. 

1164 ) Schon bei Homer: , 471. Paus. I, 19, 6. 41,3. V, 15,8. 
VII, 26, 311. VIII, 32, 4. Pollux VIII, 91. Hesych. I. p. 70 : 'jtygo- 
TE^KV oQefav Tt)V ^j5T8 ( utv. S. Hemsterh. zu Pollax p. 982. Artemid. 
Oneir. II, 35, p. 203. Reisk. Arrian. de venat. 35. Antonin. Lib. IV. 
Ihr vrurde zu Athen am 6. Boedr. = 23. Septbr. 427, 28. Aug. 430 
ein Opfer von 500 Ziegen dargebracht, Herm. .56,4. 

1165 ) Ruhnken z. Tim. p.222sq. 

1166 ) ibd. 

116T ) E, 53, Z, 428. 



300 



e) Herrin des Gedeihens. Der Artemis 
errichtete Hypermnestra einen Tempei aus Dankbarkeit fur 
die Freisprechung von der Anklage, welche ihr Vater wegen 
der Scheming des Lynkeus iiber sie verhangt hatte 1172 ). 
'Y/EW/a 1173 ), die Hochzeitliche, wurde von alien Arkadiern 
verehrt. Der Art. Evxheia in Theben war, wie Plutarch 1174 ), 
berichtet, naqa ~ nciaav ayogav ein Altar geweiht, auf wel- 
chem die Brautleute vor der Hochzeit opferten. In Troizen 
weihten die Braute dem der Artemis innig befreundeten 
Hippolytos ihr Haar 1175 ). Dies erinnert an die Erzahlung 
Herodot's 1176 ), nach welcher die delischen Jungfrauen vor 
der Hochzeit eine Locke abschnitten und sie um eine Spindel 
gewickelt auf das Grabmal der Hyperboreerinnen legten, 
welches links vom Eingange des Artemistempels sich befand. 
Natiirlich standen ihnen die Jiinglinge nicht nach, die gleich- 
falls ihr Haar, um eine Pflanze gewickelt, auf jenem Grab- 
male niederlegten. ^io^eia 1 " 7 ), Wochenbetterin, Hebamme. 



1168 ) Soph. Tr. 214. Archaol. Zeit. 1847, no. 5. 

1169 ) Theogn. 11. 

11Tf ) Hesych. s. v. O. Mil Her Dor. J, 391, 1. 

1171 ) *, 511. 

1172 ) Paus. II, 21, 1. 

1173 ) Ihr Tempei zwischen Orchomenos und Mantineia Paus. VIH, 
5, 11. Vgl. 13, 1, 5. O. Miille r Dor. 1, 376. E. Braun Artemis 
Hymnia. Rom 1842. fol. 

"*) Aristid. cp. 20. Vgl. Becker Chanel. II, 458. Paus.IX,17,l. 
Sch. Soph. O. R. 161. ZuAthen Paus. 1, 14,5. Fest EvxUiK zu Corinth 
Xenoph. Hellen. IV, 4, 2. 

1175 ) Lucian de dea Syr. fin. Dies wird allgeineine Sitte ge- 
wesen sein Pollux III, 38. 

1176 ) IV, 34. 

1177 ) Pint. Symp. Ill, 10. p. 152. Spanh. zu Callim. Dian. 23, 
p. 186 sq. Hock Kretall, 174. Vgl. Aesch. Suppl, 676: ' 

fXKTUV yWKlZfOV ).0%OVS 



301 

178 ), entweder weil sie den jungfraulichen Giirtel 
loset, oder weil ihr die Erstgebarenden den Giirtel weihten. 
Geburlsgottin war auch Artemis Xvuwvr] lt79 ) la 118 ), 
M,&tovea* l&i ). Wie sie den Miittern Beistand leistet, so 
nimmt Artemis auch die Kinder unter ihre Obhut: XOQV- 
3-aMla ilBZ ), bei deren Tempel an dem Ammenfest 
eine Knabenlustration stattfand, xovgoTgocpog* 183 ), rt 
qpog 1184 ), (jptAo^t(>a 1185 ). Diese Herrin des Gedeihens 
steigert sich zu einer Gottin, in deren Hand Gesund- 
heit und Wohlergehen, Krankheit und Tod liegt. 
So heilt Artemis den verwundeten Aineias 1186 ); sie sendet 
Seuchen und Wahnsinn (s. oben), heilt ihn aber auch: 
rftieQaola 1187 ). Sie vvendet die jcaxag xfjgas ab 1188 ). Mil 
ihrem Bogen todtet sie die Menschen, namentlich die 
Frauen 1189 ). Auf Lemnos gab es eine Art Rothel (^u/ATog 
^bjlivia), von dem man glaubte, dafs er gegen Gift, Blutung, 
Diarrhoe u. A. gut sei. Davon acpgayldss mit dem Bilde 



1178 ) In Athen verelirt Sch. Apollon I, 288. Schlaeger de 
Diana Ivai&vcp. Hamburg 1735. 4. 

1179 ) Steph. Byz. 

lisn ) Mein. Exercit. in Athen. Sp. I, 45. O. M iill er Dor. I, 385,;3. 
Callim. Jov. 77 ibq. Sch. in Dian. 225. , 

1191 ) Hesych. s. v. 

1182 ) Athen IV. p. 139. O. Miiller Dor. I, 383. Hermann G. A. 
. 53, 24. 

* 183 ) Orph. h. 35,8. w,71. O. Miiller 1.1. 

11S4 ) Paus. IV, 34, 6. 

1185 ) Pans. VI, 23, 8. O. Miiller 1. 1. 

1186 ) E, 447 sq. 

1187 ) Paus. VIII, 18, 8. Miiller Dor. I, 379. S. Dind. Pans. 
Praef. p.Vsq. 

)188 ) Theognis 13. 

l189 ) a, 201, u. 6. bei Homer. 



302 



der Artemis ' 19 ). SajTeiqa ' 19 '), ovtia i 192 ), anayxonevr) 1193 ) 
(die erhangte), 



3. Mischg-estalten. 



) BQiTof-iaQTis auf Kreta. 0. Miiller Aegin. 
p. 163 sqq. Hock Kreta II, 158180. Ueber den Nam en 
vergl. Hock 1,146. II, 162 sq. GewohnJich vvird er ,,siisse 
Jungfrau" iibersetzt, was durchaus passend ist. Bei An- 
tonin. Lib. 40 in Asien geboren, von da nach Argos 
Kephallenia (^dacpgla) Kreta (^ixvvvva) Aigina fytcpaia, 
*Acparj). Zusammenhang zvvischen diesen Lokalen zeigt auch 
Herod. Ill, 59. Doch ist die Frage, ob die Gottin nicht 
vielmehr aus dem vvestiichen Griechehland (Kephallenien) 
nach Kreta gekommen ist. j4acp(>la s. p. 292. 4lxTvvva 
s. den Kretensischen Zeus p. 188. 4l%T. in Sparta Pausan. 
II, 30, 3. Antikyra Pausan. X. 36, 5. Plut. de solert. anim. 
cp. 36. p. 984 A : xccl ftqv ^.QTSf^idos ys 
viov T i^TToAAwyog ISQCC v.o.1 fitoftoi TCCCQK 



vcav slalv. 



b) (DsQaice. Gewohnlich ,,G6ttin von Pherai in Thes- 
salien." Zu Sikyon Pausan. II, 10, 7. Argos Pausan. II, 23, 5. 
Athen Pausan. 1. 1. Hesych. II. p. 1499: 0sqsa ((Deqala) 
IdL&TivfiOi, t-svixr] -9-eog. 0. Miiller Dor. 1, 384, not. 3. Diese 
Gottin wird fiir Artemis, Hekate (Tzetz. Lycoph. 1180), selbst 
Persephone gehalten. Also der.Mond nach seiner schreck- 
lichen, finsteren, furchtbaren Natur aufgefafst. Vgl. Schnei- 
d e win Philol. I, 2. p. 384 sq. 



119 ) Geoffroi Matiere medicinale I, 2. p. 109 sqq. Rhode R. 
Lenin, p. 19 sqq. 

im ) Paus. I, 40, 2 11. 6. Mitscherlich De Diana Sospita. Get- 
ting. 1821. Miiller Dor. I, 384. Schwenck M.Sk.lSSsq. 

1192 ) Pherekyd. fr. Sturz p. 198. 

1193 ) Paus. VIII. 23, 6 sq. 

1194 ) Paus. 1.1. 



303 

c) Bevdis, erne thrakische Gottin, die 01.87,3(429) 
in Athen eingefiihrt wurde (s. K. Fr. Hermann dereipubl. 
Plat, tempp. Marb. 1839.4. p. I2sqq). Fest der Bevdidstcc 
oder dsa (C. J. no. 157) am 20. Thargelion = 3. Juni 429 
= J. Juni 426. s. Bergk de reliq. com. p. 76 sqq. Intpp. zu 
Plat. Repbl. I, p. 354 A. C r e u z e r Symb. II, 530. 

d) *Eg)0l(x. J. Nic. Scholin De Diana Ephesia ad 
Act. XIX, 34, Witteb. 1687 (im Thes. Theol. Philol. Amstelod. 
1702. Tom. II, p. 491). Menetreius Dianae Ephesiae statua 
symbolica, Rom. 1688 (in Gronov. Thes. VII, 357). Sixtus 
Aspach. Hafn. 1694. Israel Nessel. Aboae 1708. Joh. 
Christ. Polck Lips. 1718. Caylus Mem. de 1'Ac. Tom. 
X^. 36. v. Meyer iiber die Vorstellung der Diana von 
Ephesus (Bibl d. alien Litt. u. Kunst; St. X. Gott. 1793). 
Guhl Ephesiaca. Berol. 1843. 8. Die Stadt, von Arkadiern 
und athen. Joniern gegriindet, hat den Namen von der 
Gottin. Vgl. oben ld.<paia } 3 ^4.n6M.Q)v ouprjTWQ. Die aus 
Arkadien hiniibergebrachte Gottin, schon im Mutterlande 
mit entschiedener Richtung auf Fruchlbarkeit, wurde hier 
unter einem iippigeren Klima und iippigeren Volkern zu 
jener hundertbriistigen Nahrmutter, die als solche einen sehr 
grellen Kontrast zu der keuschen, jungfraulichen Artemis 
bildet, welche die Dorier und die iibrigen Hellenen des 
Festlandes verehrten. Millin 30, 108. 32, 102. vgl. mit 34, 115. 
Wahrscheinlich ein Kybelekult mit der Artemis verschmol- 
zen. Stuhr II, 240 sqq. Spa'ter hatte diese ephesische Arte- 
mis sehr weite Verbreitung. Ebenso scheinen die Amazonen, 
welche mehrfach als Griinderinnen vorderasiatischer Sta'dte, 
namentlich auch von Ephesus genannt werden, auf eine 
grofse in Vorderasien verehrte Naturgb'ttin hinzuweisen, in 
deren Tempeln Hierodulen. O. Miiller Dor. I, 392 sqq. 
Doch erklaren sich nicht alle Amazonensagen hieraus, 
s. Vb'lcker Myth. Geogr. p. 216 sqq. Ueber das grofse 



304 

Fest der Artemis zu Ephesus s. Hermann G. A. .66,4. 
IlQMo&QOvia Paus. X, 38, 6. Vgl. 0. Muller Dor. I, 393. 

e) neQyala. 0. Muller Dor. I, 396. Diogen.V,6. 
p. 250 Leutsch. Creuzer 11,582. Spanh. zu Callim. Dian. 
p. 303 sq. 

f) ^dsvxocpQvvi] cpQvijvr] zu Magnesia am Maian- 
dros : Pausan. I, 26, 4. Ill, 18, 9. Xenoph. Hell. III. 2, 19. vgl. 
Buttmann Mylhol. II, 133 sqq. Ueber ihren Tempel Raoul 
Rochette Considerations archeologiques sur le temple de 
Diane Leucophryne recemment decouvert a Magnesie du 
Meandre. Paris 1845, 4. 24 S. (Journ. d. Sav. 1845. Octbr. 
u. Novbr.) mit der Recens. von Rofs Hellenica. Halle 1846. 
Bd. 1, 1. p. 40 58. An einem siifsen warmen Teiche. Der 
Ephes. ahnlich (Millin 30, 112). Ihr war der Biiffel heilig. 
O. Muller Dor. I, 396. 

g) "Ava.il'iig Paus. Ill, 1 6, 8. M e y e n de Diana Tau- 
rica et Anaitide: Berol. 18^35. 8. :'. Stiihr II, 246 sqq. 

A) Kivdvag Polyb. X^I, 12,3-* 

i) ^AdqaGiBia ^ Harpokr. ^Sq. VVie Apollon Raeher, 
so geht Artemis in die Adrasteia iiber. Vergl. Glaus sen 
Q. Herod, p. 40 sq. 

k) Mvala, zu Therapne. Paus. Ill, 20, 9. 
u. A. 

3. C E K a x rj. 

J. H. Vofs Myth. Br. Bd. Ill, 190 214. Fr. Weifs- 
gerber Observ. ad Theocriti pharmaceutriam. Freibarg 
1828. 8. Welcker Ann. dell' Inst. arch. Tom. II, 65 81. 
F. A. Werner de aetate sacri Hecates cultus apnd 
Graecos. Straubing. 1836. 4. P. v. Koppen Die drei- 
gestaltete Hekate and ihre Rolle in den Mysterien. 
Wien. 1823. 4. 

A. Der Name ist sehr verschieden erklart worden. 
Vofs ,,die Entfernende/Fluchabwendende." Gewohnlich die 



.305 

weitschiefsende. Aber da wird das eigentlich Beslimmende 
erst hineingelegt, Was mich die Mythologie der Hekate 
lehrt, dafs.sie die furchtbare, gewaltige, unheimliche Mond- 
gottin ist, das mufs auch in ihrem Namen liegen. Ich weifs 
dazu nicht die Etymologic, aber ich zweifle nicht, dafs die 
Sprachforschung die Hekate als die ,,gewaltige, schreck- 
liche" erkennen wird. Ich denke an exrjti, (Egftsiao, lA.na'k- 
faovos, 4iog exiyrt) 1195 ), bei Dorischen und Attischen Dich- 
tern SXCCTI. Dies kommt von Scr. && (desiderare, 
optare) ll96 ). Dieser Ableitung wiir'de mef^Hlffassung noch 
nicht widersprechen ; auch ware sie nicht hach der Analogic 
von lucus a non lucendo gebildet, sondern nach der in der 

.* . 

Mythologie ganz gebrauchlichen euphemistischen Benennung. 
Vergl. BQipco die Gewaltige, wie Hekate zu Pherai hiefs; 



B. Gene a logic. Als Eltern der Hekate werden ge- 
nannt: Perses und Asterie 1198 ); Zeus mil Demeter 1199 ), mit 
Hera 1200 ), mit Pheraia, der Tochter des Aiolos 1201 ), mit 
Leto 1202 ), mit Asterie 1203 ); Tartaros 1804 ).; Tartaros und 
Nyx 1205 ); Aristaios, Sohn des Paion 1206 ). 



1195 ) o, 319. T, 86. v, 42. 

1196 ) Longard de digammo. p. 22. 

1197 ) Hesiod. bei Paus. I. 43, 1. (fr. lUMcksch.) 

119S ) Hesiod. Th. 409 sqq. Apollod. I. 2, 4. n^Grji's Apollon. Rh. 
111,467.478. 

11S9 ) Sell. Theocr. II, 12, Sell. Apollon. Ill, 467. 
120 ) Schol. Theocr. II, 12. 
1201 ) Tzetz. Lye. 1 175. Sch. Theocr. II, 36. 
" 1202 ) Procl. z. Plat. Crat. p. 112. 
i203j Musaios bei Sch. Apollon. Ill, 467. 
J2 " 4 ) Orph. Arg. 975. 

12n!i ) Bacchylid. bei Schol. Apollon. Ill, 467 (fr. 38 Bgk.). 
120G ) Pherekyd. b. Sch. Apollon. 1. 1. (fr. 32 St.). 

Lauer Griech. Mylhologie. 20 



306 

C. Mythologie. 

1 . Die natiirliche H e k a t e. 

Sie 1st Herrin des Mondes. Daher 

bs 08 ), vnohaf-inieiQa). Aufser Helios gewahrt 
nur sie den Raub der Persephone durch Hades 1210 ). Sie 
wird mil Artemis identificiert 1211 ), welche selbst einige Mai 
sxa'CT] heifst 1212 ), wie denn ihr B ruder Apollon auch"ExaTog 
genannt wird-^^nd wie diesem die 'Exatovvrjaoi bei Lesbos 
geweiht ware^BR, so hiefs die kleine Insel bei Delos (!) 
'Escarps y^aog 1214 ). Auf nichts anders als auf die dreifache 
Gestalt 1215 ) des Mondes konnen auch die Beiwb'rter 



gedeutet werden. 

2. Die ethische Hekate. 
Schrecklich: daaTihfJTig 122 ), 



1S07 ) Eustath. ad Dion. P. v. 143. 

i208-j & as v xetQsaaiv %ovaa erscheint sie Horn. h. Cer. 52. 
Vgl. Bacchylides 1. 1. c xr, dqdoyoQov NVXTOS (isyakoxolnov -Svya- 
TSQ. Ueber '. Sad. \g\. Spanh. z. Callim. Dian. 11 und Muncker 
z. Antonin. Lib. 29. 

1209 j In Milet. Hesych. II, 1472. 

1MO ) Horn. h. Cer. 24 sqq. So neben Helios auch bei Soph. fr. 424 
(Sch. Apollon. Ill, 1214). 

"") Eratosthenes b. Steph. Byz. p. 22, 24. 

121 a ) Aesch. Suppl. 676. 

12t3 ) Strab. XIII, 618. 

12 ") Athen. XIV, 645 B. 

12 15 ) Wohl niit Anspielung auf die Dreizahl ist die T('j'A (See- 
barbe) der Hekate geweiht, O. Muller Kl. Schr. I, 459. 

1216 ) Tzetz. Lycophr. 1176. 

12 17 ) Orph. Argon. 974. 

1218 ) Athen. VI, 325 d. 

1219 ) Tzetz. Lycophr. 1186. 
1J2 ) Theocr. II, 14. 

12 ") Hesych. 



307 

[.no 1222 ). Schiitzerin: deshalb standen ihre Bilder ( f Exa- 
T<xia) izz3 ) vor den Thiiren 1224 ); von diesen Bildern holte 
man sich Orakel 1225 ). QvHag 1226 ), nQonvfa 1 ); in Athen 
war sie ertiTCvgyidla 1 ** 8 ), Burgbeschiitzerin. 3 Enainls izZ9 ). 

Herrin des Zaubers (,,MondbegIanzte Zaubernacht." 
Tieck), wie sie auch die Zauberei erfunden hat 1230 ). Herrin 
der Gespenster. Sie hauset auf Kreuzwegen, wandelt 
iiber Graber und schwarzes Blut 1231 ); bei Nachtzeit schwarmt 
sie umber mil den Geistern und die Hunde wittern ihre 
Nahe 1232 ). Daher slvodia 1233 ), TQiodins iZ3 *)iVV%Tiyi6Jiog 1235 ), 
TVi-ifiidla 1236 j. Auch Herrscherin iiber die Schatten in 
der Unterwelt ist sie: ##on' 1237 )> VSQTSQWV TtQvvavig 1 * 38 ). 

* 

Hekate sendet auch die Gespenster 1239 ) (cxcmm* 1240 ), av- 



1222 J Apollon. Rh. Ill, 1211, 861 sq. Tzetz. Lye. 1176. 

1223 ) Lo beck. Agl.II, 1336 sq. 

1224 ) Aesch. fr. 407 Akr. Aristoph. Vesp. 800. Eurip. Med. 396. 
1J25 ) Lobeck AgI.II, 1337. 

1226 ) Sell. Theocr. II, 12. Vgl. Hesych. <PvJLK<$ct j "Exarrj, wo mit 
Lobeck Agl. I, 545. not. [e]. f $>vktxzK oder f Pvla%tx zu schreiben ist. 

1227 ) Hesych. 

1228 ) Paus. II. 30, 2. 

1229 ) Tzetz. Lycoplir. 1176. 

123 ) Sch. Apollon. IV, 1020. Vgl. Apolion. Rh. Ill, 529 sqq. 478. 
738 u. o. Theocr. Id. II, 14 sqq. 

231 ) Theocr. II, 13. 

i232j Theocr. II, 12: TKV xal axviuxis TQOfteovTi. 35: ia,l xvvss 
auaiv KVK nToliv (oQvovTaf K -dabs Iv TQiodoioi. Virgil. Aen. VI, 257 
ibq. Heyn. Wunderlich z. TibuII.'I. 2, 54. 

1233 ) Eurip. Hel. 570. Hermann G. A. .15,14. 

1234 ) Hermann G. A. .15,15, der davon auch die Dreigestalt 
herleitet. 

1235 ) Apollon. Rh. IV, 829. 

1236) Orp]l Ji ymn . i n Hec. 47, in Tych. 5. 

1237 ) Tbeocrit. II, 12. 

J333 ) Schol. Theocr. II, 12,20. 

1239 ) Eurip. Hel. 569. 

*") Sch. Apollon. 111,861. Vgl. Tzetz. Lye. 1176.1184. 

20* 



308 

ram 1241 ), davon Hekate awcaa 12 "), weil sie dergleichen 
sendet (eTFtTF^MTTfit)) oder kommt selbst als Gespenst 1243 ). 
Daher die "Efinovaa bald fiir ein Gespenst der Hekate gilt, 
bald fur Hekate selbst 1244 ). Diese Empusa hat era ehernes 
und ein Mist- oder Eselsbein, nimmt allerlei Gestalt an, ist 
Blutsaugerin uhd Menschenfresserin 1245 ). 

Solche schreckliche Gb'ttin mufste man versohnen 1240 ). 
Man opferte ihr Hunde 1247 ), diese Leichenpropheten, woher 
ihr Beiname xvvoacpayijs iz * 8 )- Aus demselben Grunde kommt 
der Hund in Begleitung der Hekate vielfach vor. Die Gottin 
vvird sogar selbst xwoxefpcchog gedacht 1249 ). Am letzten 
Tage jedes Monats wurde ihr ein Reinigungsopfer darge- 
bracht 1250 ), und allerlei Speise auf die Strafse gestellt 
('Exdfiis Ssinvov) 1251 ), welche die Armen zu verzehren 
pflegten. 

Mysterien der Hekate waren in der Zerynthischen 
Hohle 1252 ) und namentlich auf Aigina 1253 ), vielleicht aueh 
auf Lemnos 1254 ). Auf Myslerien weist auch die Notiz bei 



1241 ) Hesych. s. v. 

1242 ) ibid. 



Hesych. 'i 

1M4 ) Sch. Aristoph. Ran. 293. Vgl. Aristoph. Eccl. 1056. 
1245 ) Vgl. iiber diese und andere Gespenster Becker Charikl. 
I, 34 sq. . 

11,36. Vgl. Dio Chrys.IV,168. 

12+7 ) Plut. Q. R. 49. 

i24sy Lycoph. Cass. 77. Vgl. Hesych. I. p. 28 sq. ^'Aynl^a 'ExKTr\c, 
mit Ruhnken z. Tim. p. 7sq. und Hermann G. A. .23,21. 26, 8. 

l249 ) Creuzerll, 526 sq. 

125 ) Athen. VII, 126. Vgl. Theopomp. b. Porphyr. de abst.11,16. 
p. 127 (fr. 283 Mull.). 

1251 ) Hermann G. A. .15, 16. tag 'EzarctiKS (tuytdas 
Sophocl.fr, 651. 

1252 ) Lycophr. Cass. 77. Sch. Aristoph. Pac. 277. 

1253 ) Paus. II, 30, 2. L o b e c k Agl. I, 242. 

1254 ) LobeckII,1214sq. 



309 

Etym. M. Suid. s. 3/ E^iTtovaa und Becker Anecd. p. 250, 
wonach die Mutter des Aischines Empusa hiefs, snsl anb 
axoTsivwv lontov avscpaivsvo foig [tvovftevoig, s. Lobeck 
Agl. p. 120 sq. Vergl. P. v. Koppen die dreigestaltete 
Hekate und ihre Rolle in den Mysterien, rait einer Kupfer- 
tafel. Wien. 1823. 4. 

Ihre Darstellung entspricht den ihr gegebenen Bei- 
namen. Vgl. 0. Mulier Arch. .397,4. 



Viertes Kapitel. 

Die Slerngotter. 



1. dioaxovQOi. Ueber dieselben habe ich schon fru'her 
(Zeus p. 188 sq.) bemerkt, dafs sie ursprunglich Wolken- 
damonen seien, und auch nur, wenn man dies feslhalt, kann 
man alle Einzelnheiten ihrer Mythologie erklaren. In spa- 
terer Zeit freilich galten sie fiir das Sternbild der Z\villinge 
und deshalb ervvahne ich ihrer hier. Vgl. D. J. Velgens 
De Dioscuris agcoyovavTaig (Symbol, litter. Amstelod. 1838. 
Vol. II, 31 sqq.). A. Eberz die Heteremerie der Dioskuren 
(Z. f. A. 1844. no. 51 sq. p. 4015, 40914.) Jacob! s. v. 
Ueber die Kappen der Dioskuren s. Fabric, zu Sext. Emp. 
p. 558. Hemsterh. zu Luciun. Tom. 1,281 sqq. 

2. f Yades, Hheiddes. Vgl. Schwenck Mythol. Skiz- 
zen, Frankf.a. M. 1836. 12. no. 1, p. 1 sqq. Volcker Mythol. 
d. Japet. p. 83 sqq. p. 245 sqq. 



310 

3. Der grofse Bar. Sehon bei Homer 2, 487 : 

5-', r?V xal af.ia^av enlxtyGiv xaheovffiv, s. s, 275 u. vergl. 
oben Artemis. 

4. Bocovrjg. s, 272, so genannt in Bezug auf die 
jcc; in Bezug auf den ^QXTOG heifst er lAgKxovqog, 

^. Hesiod. 0. D. 566. Krus e Hellas. 1, 241 sqq. 

5. SSLQIOQ. Vergl. X, 25 sqq., wo er xvwv ^QICOVOS 
genannt wird. 

6. *&QIWV. ^,486 sqq. X, 29. s, 274. Vergl. vl, 310. 
, 121 sqq. 0. Mil Her iiber Orion Rh. Mus. II, 1834. p. 129 
(Kl. Schr, H, 1 13133). J. Grimm D. M. p. 900 sqq. 



Funftes Kapitel. 

Die Nacht- and Taggotter. 



1. Nv^. Sie hat sich aus blofser Personification der 
Nacht nicht zu gottlicher Wesenheit erhoben und deswegen 
auch keiner Verehrung genossen. Vgl. ft, 259 sqq. Hes. Th. 
123 sqq. 21 1 sqq. Und vvenn ihre Statue im Tempel der 
ephesischen Artemis stand (Paus. X, 38, 6), so ist sie hier 
exoterisch genommene Leto. Was es mit dem Nvmbg xahov- 
[tevov [tavzstov auf sich hat. (Paus. 1, 40, 6), lasse ich unent- 
schieden. 

2. *dr]T(6. Von ihr ist weiter nichts zu bemerken, als 
was schon friiher bei Apollon und Artemis gesagt ist. Sie 
hat nur Gehalt durch ihre Kinder, mit denen sie auch meist 
gemeinschaftlich verehrt wurde. 



311 

3. BQI&. Her man nil, . 41,5sq. Wohl nicht ver- 
schieden von Hekate. 

4. "Ynvos (Chr. C. Fr. Jeep de somno eique eognatis 
numinibus. Wolfenb. 1831. 4.), "Ovsigos, Mogcpevg u. A. 

5. 
6. 
7. 0a)aq)OQog, " 



Sechstes Kapitel. 

Die Wolkengotter. 

(Siehe EinLeitung zu den Aethergottern p. 155 sq.) 



1. Id. & ?} v a I a. 

C. O. Miiller Minervae Poliadis sacra et aedes in arce 
Athenarum. Getting. 1820. 4. Pallas Athene (Kl. Schr. 
11,134242). Welcker Aeschyl. Tril. p.277sqq. B. 
Riickert der Dienst der Athene nach seinen ortlichen 
Verhaltnissen dargestellt. Hildburgh. 1829. 8. Schwenck 
Mythol. Skizzen. p. 61 97. G. Hermann de graeca 
Minerva. Lips. 1837. (Opusc. Tom. VII, 260 sqq.). Stuhr 
II, 333 sqq. Cr eu zer III, 308 477. 505 sqq. 

A. Name. 

a] Form. ^A^-rivaia'. so, nie ^dyva, lautet der 
Name vor Eukleides 1255 ). ^^ccvaicc, l4aavala$)\ ^ 
t, Idadvct, 



1255 ) Vgl. Bockh Sth. 11,200. Schafer zu Gregor. Cor. p. 394, 



312 

b) Bedeulung. Eine Menge haltloser Etymolo- 
gien verzeichnet Creuzer m6 ). 0. Miiller: JIorAZag 
Id&rjvaly ,,das athenische Madchen" U57 ) oder ,,die Jungfrau 
Athena" 1258 ), worin er rait S c h w e n c k t259 ) iibereinstimmt. 
Aber diese Erklarung bleibt einen Schritt vor dera Ende 
stehen, weil die Stadt nach der Gb'ttin, nicht diese nach 
jener benannt ist; sodann heifst Pallas auch nicht Jungfrau, 
wie sich aus der Genealogie ergiebt. Lobeck 1260 ) 
bringt den Namen mit av&og zusammen: Florentia und 
Flora. Die Zusammenstellung ist richtig 1281 ), aber nicht 
die Uebersetzung. Athene hat nichts mil Bliihen zu 
thun. Bliihen ist aber auch nicht die ursprungliche 
Bedeutung des Stammes av& , sondern ,,emporstre- 
ben" 1262 ), ,,aufgehn", ,,auflaulen", wie auch wir sa- 
gen 1263 ). Darnach also ware Athene ,,die, welche selbst 
emporstrebt" odev ,,die, welche emporstreben macht." Hier- 
mit fa'llt genau zusammen die Etymologic von Pott 1264 ): 
ava Yd/in (agitare), wozu auch dew, ava&eco, 
auflaufen, zu vergleichen ist. Suchen wir dieser noch 
sehr vieldeutigen Deutung des Nainens na'here Bestimmtheit 
zii geben durch die Genealogie. 



1256 ) p.340s<i. ' 

1257 ) Prolegg. p. 244. . 
125S ) Kl. Schr. 135sq. 

1259 > Andeut. p. 230. 
126 ) Rhemat. p. 300. 
1261 ) Bin Flecken in Kynuria heifst bei Pausan. III. 38, 6 "Av- 



7, V. L. I 

1262) y gL Buttmann Lexil. I. p.291. 

laes-j y on jj esem Stamme sind noch andere mythologische Namen 
gebildet. Vielleicht auch durch Assimilation ^rr/ff? vergl. "ATHY.K. 
, Sohn des Poseidon! nach Steph. Byz. der Griinder von 

. 
I, 211sq. 



313 

B. Genealogie. 

Ueber die Abstammung der Athene haben wir sehr 
viele theils mehr theils weniger tinter einander verschiedene 
Angaben. Nach der gewohnlichsten ist sie 

a) Tochter des Zeus. So durchaus bei Homer 1265 ), 
Hesiod, den Tragikern u. A. Und zwar wird uberall vor- 
ausgesetzt oder ausdriicklich bemerkt, dafs sie keine Mutter 
habe 1266 ), sondern von Zeus allein erzeugt 1267 ) und aus 
dessen Haupte 1268 ) geboren sei; daher sie auch a[.ir}TWQ 
genannt wird 12G9 ). Wenn hievon die Theogonie 127 ) insofern 
eine Ausnahme macht, als Zeus seine mil der Athene 
schwanger gehende Gemahlin Metis verschlingt und darauf 
die* Athene selbst gebiert, so ist zu bemerken, dafs hier eine 
elhische Umbiegung der ursprunglichen Volksmythe statt- 
gefunden hat 1271 ), wie sie der theologischen Spekulation 
der hesiodischen Dichter gema'fs ist. Ein Versetzen des 
Volksglaubens mil sblchen ethischen Elementen haben wir 
gleich anfangs, wo von der Mnemosyne und Themis, als 
Kindern des Uranos und der Ge die Rede war, be- 
merkt 1272 ). 



1265 ) Daher 'O^I^OTIKT^TJ a, 101. y,335. w,540. ,747. 0,391. 

1266 ) Vgl. E, 87.2 sqq. u. bes. 0, 352 (wo Here sie anredet alyio- 
%oio Jibs TSXOS) u. 427. vgl. 0, 360 7ictrr}Q ovpo?. 0, 384. 406, (420). 

1267 ) Zsi>s ctvTOTozos bei Nonnus. s. Creuzer Ilf, 426. Vgl. Scho- 
mann Theog. Hes. u. Horn. p. 22. 

1208 ) Kfplrjyovov 'ArQVTCovrjs Euplior. fr. 159. 
1269 ) Eurip. Phoen. 666. Pollux III, 26. Creuzer 111,426. 
127n ) 886 sqq. 

1271 ) Dock scheint Schomann Theog. Hes. und Horn. p.22sq. 
anznnelimen, dafs die Hesiodische MyUie dem urspriinglichen Volks- 
glauben angehore. Vgl. Mutzell de Hes. Theog. p. 424. 

72 ) Ueber die Bemerkung des Sch. Vulg. II. 5^,31 : zui yap ovis 
ovre 'l-lGiodos ^IIJTEQK ctvTrjs TictQctdidcoGiv vergl. Ruhnk. Ep. 
crit.1, 101. 



1272 



314 

Hiermit kontrastiert sehr eine andere Nachricht, vvo- 
nach Athene 

b) Tochter des Poseidon ist. Wir brauchen hierbei 
wenig.auf die Nachricht des Herodot l273 ) zu geben, wo er 
von den am libyschen See Tritonis wohnenden und die 
Athene verehrenden Machiyern und Auseern sagt, ,,dafs sie 
die Athene fur eine Tochter des Poseidon und der Tritonis 
ausgeben, welche sich einst wegen eines Vorwurfes, den 
sie gegen ihren Vater hatte, dem Zeus ubergeben habe und 
von diesem zu seiner Tochter gemacht sei." Dies konnte 
libysche Sage sein, in der slatt der einheimischen Gottheiten 
Herodot die hellenischen gesetzt hatte, obgleich immer zu 
beachten ist, dafs jene Volker, wie Herodot sagt, hellenische 
Anwohner batten 1274 ), und der Name Tritonis unzweifelhaft 
auf Hellenen als die Urheher dieser Mythe schliefsen lafst. 
Aber dieselbe erweist sich durch rein griechische Mythen 
ebenfalls als eine solche. 

Es ist bekannt, dafs Athene schon bei Homer 1275 ) und 
Hesiod 1276 ) Tqixoysveia heifst 1277 ). Zur Erklarung dieses 
Wortes hat man die wunderlichsten Ansichten vorge- 
bracht 1278 ). Sehr gewohniich ist die, dafs tqutw J3 Kopf" 
bedeute 1279 ), eine Ansichl, die selbst unter den Neuern 



"") IV, 180. 

127 *) Vergl. O. Miiller Orch.347sqq. Volcker Myth. Geogr. 
p.23sq. 34sqq. Japet. not. 303. 

1275 ) ^/, 515. @,39. X, 183. y, 378. 

1276 ) Th. 895. 924. Sc. 197. 

r2 ") Die Nebenform TQiToyevfe Horn. h. 28, 4. Orakel (Herod. 
VII, 141. Tzetz. Lye. 1419. Sell. Arist. Eq. 884.1040. Polyaen. Sir. I. 
p. 41.) Inscr. bei Rofs Demen no. 26. p. 55. Arist. Eq. 1189. Agath. 
Ep.LXI,4. 

1218 ) s. Brzoska de geogr. myth. Sp.I. Lips. 1831. 8. p.33sqq. 

1379 ) Bei den Athenern Cornut. 2; bei den Boiotern Tzetz. 
Lye. 519,- oder sonst wo Nicandr. bei Hesych. 



315 

manche Anhanger za'hlt 1280 ). Doch isl klar, dafs das Wort 
TQITCO wenigstens in dieser Bedeutung nur eine Fiktion ist, 
zu der man gebracht wurde aus Riicksicht auf die Mythe 
von der Erzeugung der Athene aus dein Haupte des Zeus. 
Ebenso wenig treffen das Richtige Ableitungen wie die 
von der Dreifachheit der ygovyais, wofiir Athene genommen 
wurde, welche nemlich umfasse TO vofjaai, TO elrcelv, TO 
TTOt^ffafc 1281 ); von den drei Jahreszeiten, Athene als Tochter 
des Zeus (= Himmel), sie selbst = Luft 1282 ) ; von der Ge- 
burt am dritten des Monats 1283 ); weil Athene als die dritte 
nach Apollon und Artemis geboren 1284 ); von TQSIV, weil 
sie die Bosen zittern mache und Kriegsschrecken iiber sie 
bringe 1285 ); u. a. m. ; 

Die einzig wahre Erklarung jenes Wortes, an der heu- 
tiges Tages auch wohl Niemand mehr zweifeln wird, ist 
,,die am oder vom Triton geborne." Es verschlagt nichts, 
ob wir TQLTCOV als Flufs oder See oder Person fassen. Das 
Wort ist gebildet von dem alten Stamme TQICO =<3e&>; daher 
TQLTca = Qsvfj,a 128G ), TQLTCOV Sohn des Poseidon und der 
Amphitrile, deren Namen selbst davon gebildet ist 1287 ). 
Ueberall geht der Name TQLTWV auf Wasser oder Wasser- 
gestalten. Einen Flufs oder See Triton gab es in Boiotien, 



128 ) Z. B. Heyne zu ^/, 515. 

1281 ) Demokrit. bei Tzetz. Lye. 519. bei Sch. u. Eustath. z. II. 
#,39. Vgl. Brzoska p. 38sqq. 

1282 ) Diodor. 1,12. Tzetz. Lye. 519. 

1283 ) Brzoska p. 41 sq. 

1284 ) Brzoska p. 42. 

1285 ) Cornut.20. Brzoska p. 52 sq. 
12S6 ) Hesych. 

12S7 J Schomann de Ocean, und Nereid, catal. Hesiod. Gryph. 
1843/4. p. 20. Schwenck Andeut. p. 182. Welcker Tril. p.282. 
rgeiv ,,zittern" hat, Avie aufserlich, so innerlich mit QSW Verwandt- 
schaft durch die zitternde Bewegung des Wassers. 



316 

Thessalien, Thrakien, Arkadien, Kreta, Libyen, selbst der 
Nil heifst so 1288 ). 

Wir kb'nnen also sagen, dafs TqiToyeveia in seinem 
letzten Grunde ,,die Wassergeborne" bedeute, oder, wenn 
wir uns noch in der Reihe der mythischen Vorstellungen 
halten wollen, ,,die Tochter des Triton," den wir uns eben 
als Wassergestalt'zu denken haben 1289 ). 

So fiihrt schon der Name TQwoyeveia zu demselben 
Resultate, das wir aus Herodot kennen gelernt hatten: 
Athene als Tochter des Poseidon. Ich kann hieran ohne 
weitere Bemerkungen einige andere Data anreihen. 

Athene ifuhrt auch den Beinamen IlaMdg, mit dein 
allein sie niemals von Homer oder Hesiod, wohl aber schon 
von Pindar genannt wird. Nun heifst zwar nur bei Cicero 129 ) 
und Tzetzes 1291 ), zwei ziemlich spaten und bedenklichen 
Autoren, Athene die Tochter des Giganten IlaMas, der 
Fliigelsohlen hatte und von Athenen getb'dtet wurde, weil 
er ihre Jungfrauliehkeit verletzen wollte; aber mit Athene 
erscheint so vielfach ein Pallas oder eine Pallas verbunden, 
dafs wir auch jener Nachricht ein Gewicht beilegen mussen. 
Einem Giganten Pallas zog Athene die Haul ab und be- 
deckte mit derselben wahrend des Gigantenkampfes ihren 
Kb'rper 1292 ). Athene ward vom Triton zugleich mit dessen 
Tochter Pallas, also einer echten TQiToysveux, erzogen. Als 
sie ein Kampfspiel hielten und Pallas eben einen Hieb fiih- 



1288) y gl Brzoska p. 43. O. Miiller Orch. 349 sqq. Welcker 
Tril. p. 282. not. 493. 

1289) Vergl. Kuhn Z. f. Sprm. Bil. I, S90 sq. Die Etymologic 
von Pott Etym. Forsch. I, 228, die er selbst nur ,,afserst schiichtern" 
hinstellt, ^IQITOV (miraculosum?) ysrog habend", ist durchaus tin- 
rich tig. TQiTOTiccTOQfs Windgotter! 

lz9 ") N. D. Ill, 23. 
I291 ) Lye. 355. 
129a ) ApolIod.I. 6,2. 



317 

ren wollte, parlerte der . dariiber erschreckte Zeus mil der 
Aigis. Pallas, furchtsam aufblickend, wurde von Athene 
verwundet und starb. Pallas hiefs auch ein Sohn des 
Kreios 1293 ) (= Meer, s. Uranos), ebenso ein Sohn des Ai- 
geus 1294 ) (= Poseidon). Wir haben demnach eine weibliche 
Pallas als Tochter des Triton (= Meer) und zwei mannliche 
Pallas, Sohne des Meeres, und werden daher wohl nicht 
anstehen, auch die Athene Tiaras fur eine wassergeborne 
Athene zu halten. Die Erklarung des Naraens llamas als 
,,die Jungfrau" ist ganz unmoliviert I295 ) und wird schon 
durch den Giganten Pallas und die Sohne des Kreios und 
Aigeus widerlegt. Viehnehr ist UaHag (zusammenhangend 
mil 7rAAci>, schwingen, sich heftig bewegen), wie TQITCOV 
(vervvandt mit TQSO), zittern) 129G ) Bezeichnung des Wassers, 
des Meeres: T\ JTHag, die Schwingende, Stiirmende, o 
JTHg, der Sliirmende, d. h. das stiirmende Meer. Diese 
Bedeutung stellt sich sehr nahe zu der oben von ^&7}vaia 
ermittelten. 

Nach diesen Auseinandersetzungen, die sich noch weiter 
fiihren liefsen, wird es nicht mehr. zweifelhaft sein, dafs den 
Griechen ihre Athene eben so gut eine Tochter des Him- 
mels (des Zeus) als des Wassers (Poseidon, Triton, Pallas) 
war. Und fragen wir uns nun, ulit Beriicksichtigung der 
Genealogie und des Nauiens IlahKaG ^Ad-r^vaLa, wer denn 
wohl dies emporstrebende, auflaufende, sich emporschwin- 
gende, stiirmende Kind des Wassers sein moge, welches 
sich, den Umarmungen des Meeres oder Seees entfliehend, 
dem Himmel in die Arme vvirft: was anders, werden wir 



93 ) Hes. Tli. 376. 
1294 ) Servins z. Virg. Aen. 8, 54. 

129r> ) Ebenso auch wohl ,,die Zengerin" mit (f-aXiog zusammen- 
hangend, Volcker Japet. p. 79. 83. 

1S96 ) S. oben p. 315. not. 1285 u. 1287. 



318 

"antworten, als ,,die Wolke," die aus dem Wasser enlslan- 
den an dem Himmel hinaufzieht und hoch iiber uns die 
Raume desselben durchwandelnd, mit gleichem Rechte eine 
Tochter des Wassers und des Himmels I297 ) genannt werden 
mochte? 1298 ) Wenn diese Auffassung und Deutung ihre 
Nothwendigkeit nicht schon in sich selbst hatte, konnten 
wir uns aut' den Aristoteles 1299 ) beziehen, welcher sagte: 
vscpety] xexQvcpd-ai, TT}V &eov, fov ds A 'la nhijtjavTa TO 
vsyog nQotprivai avxrjv. Doch die ganze Mythologie der 
Athene bestatigt unsre Erklarung. 

Ehe ich dies weiter darthue, erwahne ich kurz, wie 
andere Mythologen die Athene erklart haben. Von den Allen 
schweige ich 130 ). Welcker nahm sie fruher fur den Mond, 
spaterfiir ,,Aetherfeuer"; S chwenck indenAndeutungen 1301 ) 
,,l\Iond", in den Skizzen 1302 ) ,,Aether Oder obere Feuerluft"; 



1S9T ) Die Mytlie von der Geburt der Wolkengottin aus dem 
Haupte des Himmelsgottes lafst einen Vergleich mit einer nordischen 
zu, der nicht von der Hand zu weisen ist. Nach nordisclier Vor- 
stellung wurde die Welt aus -dem Korper des Riesen. Ymir gebtldet, 
und zwar aus seinem Scliadel der Himmel, aus seinem in die 
Luft geworfenen Him die Wolken. Grimm D. M. p. 526. In 
dreien von Grimm p. 531 sq. angefuhrten Stellen ist es umgekehrt; 
da wird Adam aus acht Tlieilen geschaffen genannt (octo pondera), 
darunter ist pondus nubis, inde est instabilitas mentium; thene 
thochta fon tha wolken ; von den wolchen daz mut. ,,Denn das 
Him bildet den Sitz des Denkens, und wie Wolken iiber den Him- 
mel, lassen wir sie noch heute durch die Gedanken ziehen ; um- 
\volkte Stirn beifst uns eine nachdenkliche, schwermiithige, tiefsin- 
nende, Grimnismal 45 b wird den Wolken das Epithet der uartmiiti- 
gen ertheilt." Grimm p. 533. Vgl. ebendaselbst p. 1218 sq. 

129S ) Ueber ihre Geburt auf Rhodes s. Bockh Expl. Find, 
p. 171. 

159 ) Bei Sch. Pind. Ol. VII, 66. 

130(1 ) Vgl. Menage zu Diog. Laert. VII, 147. Vol. II, 213 Hitbn. 
Creuzer III, 426 sq. 

110 ) p. 230 sqq. 



319 

Gerhard 1303 ) ,,Erdgottin"; Forchhammer 1304 ) , 5 Gottin 
der reinen, heitern Luft, welche die erzeugende Erde beriihrt 
und ohne die keines ihr.er ' Erzeugnisse Leben und Gedeihen 
gewinnl." 

Buttmann 1305 ), Riickert und G. Hermann deuten, 
indem sie alien Naturgrund der Athene abweisen, dieselbe 
auf Geistigkeit, Weisheit, worin ihnen unter den Alien 
manche vorangegangen sind 130 ). O. M. tiller schwankt 
zwischen physischer und ethischer Deutung, kommt der 
Wahrheit dabei unendlich nahe, aber findet sie nicht. 

Creuzers Ansicht in der Kiirze anzugeben, istschwer. 
Doch kann man sich eine ungefahre Vorstellung davon aus 
selnen Worten 1307 ) machen: ,,so will ich denn, falls der Name 
Athene nicht Aegyptischen Ursprungs ist, lieber abwarten, 
bis uns kunftig vielleicht eine gliickliche Entdeckung aus 
Indischen Schriften den wahren Ursprung des Namens bringt. 
Denn Indische Visehnulehre, verbunden mit Aegyptischer 
Lichttheorie, verrath sich doch gar zu detitlich in dem 
Grundgedanken von der Pallas Athene." Eine Deutung, 
die mir nicht viel besser scheint, als die eines gewissen 
Eurenius 1308 ), der die Minerva fur das Israelitische Volk 
nimmt. 

C. Mythologie. 

I. Die natiirliche Atliene. 
Im AUgemeinen werden vvir bei der Athene clieselben 



1303 ) Hyperb. rom. Stud. I, 36 sq. 
13()4 ) Hellenika p. 54 sqq. 133 sqq. 
13 " 5 ) Mythol. I, 9. 28 sq. 
1306 ) Brzoskal. 1. p.38sqq. 
107 ) III, 345. 

130S ) Atlantica orientalis. Berol. et Strals. 1764. 8. p. 172 ] 88. 
De Minerva. 



320 

Eigenschaften bemerken, wie bei den Aethergb'ttern , da 
deren hauptsachlichste Thatigkeit in ihrem Wirken in den 
Wolken besteht, wenn auch Athene, wie sich spaterhin 
ergeben wird, manches Besondere hat. Sie ist zunachst, 
wie jene 

) H.errin der Wolken. Dies bestatigt vor Allem 
die Mythe iiber ihre Geburt. Es wird namlich erzahlt, dafs 
als die Gebuvt bevorstand, Hephaistos oder Prometheus 1309 ) 
mil einem Beihe dem Zeus das Haupt gespalten habe, wor- 
auf dann Athene daraus hervorgesprungen 1310 ), bewaffnet 
wie zuerst Stesichoros gesagt haben soil 13U ). Die poetische 
Schilderung des Pindar 1312 ): ,,als durch des Hephaistos 
Kunst mit ehernem Beile Athanaia von des Vaters Haupt 
stiirmend mit uberrnaehtiger Stimme den Schlachtruf be- 
gann l313 ); Uranos aber erbebte dariiber und die Mutter Gaia", 
konnte auch von einem unserer Dichter ausgegangen sein, 
und wir wiirden diesen Vergleich schon finden, durch den 
die Gewitterwolke, welche in der Hohe des Himmels, 
gleichsain an seinem Scheitel sichtbar wird, als das Kind 
des Himmels gefafst wird, dem der Blilz das Haupt ge- 
spalten, damit die Wolkentochter daraus hervorspringe , die 
nun, wie der Donner, rnit Schlachtenruf dahersturmt, dafs 
die Erde dariiber erbebt. Nehmen wir hierzu, dafs Aeschy- 



1309 ) oder Palaimon der Meergott! Sch. Find. Ol. VII, 66. Ilaia- 
(j.K<av V. L. Halttfiafav Harpocrat. 'IrniiK 'A^VK. Vergl. Creuzer 
zii Cic. N. D. IH, 23. p. 624. 

13I< ) Apollod. I. 3, 6. Vgl.' Intpp. zu dieser Stelle und zu Find. 
Ol. VII, 35 sqq. 

131 1 ) Sch. Apolion. IV, 1310. (fr. 59Bgk.). Nach. dieser Angabe 
\viire also Horn. h. XXVIII, 5 j linger. Groddeck de hymn. Horn, 
reliquiis. Getting. 1786. 8. p. 57 sq. 

1312 ) 01. VII, 35 sqq. 

131T ) Vergl. die Stelle in Horn. hym. XX VIII, 5: 
f%ovaav, 



321 

Jus 1314 ) die Athene sagen lafst: ,,Die Schliissel zum Gemache 
vveifs im Gb'tterkreis nur ich, worin verschlossen ruht der 
Wetterstraihl," und dafs Athene von der Kunst haufig als 
blitztragende dargesfellt wurde 1315 ), so werden wir keinern 
Zweifel raehr liber die Woikennatur der Gottin Raum geben 
diirfen. Denn wie konnte Athene den BJitz fiihren, werin 
sie nicht die Wolken beherrschte? 

Wegen dieser in der Anschauung der Gewitterwolke 
gegebenen Verbindung der Athene mil dem Blitz sind wir 
auch berechtigt, Ausdriicke, welche auf das Gesicht der 
Athene gehen, auf ihre ursprungliche Woikennatur zu be- 
zi eh en; denn der Blitz, aus der dunklen Wolke hervorleuch- 
tend, mufste, wenn einmal die Wolke personificiert wurde, 
naturgemafs als deren Auge angeschaut werden. Von den 
Beiwortern, die sich hierauf beziehen, erwahne ich zunachst 
ylavKianis 1316 ) , das sowohl adjektivisch als substantivisch 
gebraucht wurde. Gewohnlich iibersetzt man es gla-u- oder 
blauaugig. Sehr unrichtig. Esheifst ,,die gianziiugige" 1317 ). 
Wegen des glanzenden Auges hiefs auch die kleine Eule 
(strix passerina, Kauzchen) yhavj;, und war sie der Athene 
heilig 1318 ). Darum brannte in dem Tempel der 




. 827 sq. 
. O. Mailer Arch. .370,5. p. 539. 

auch D.avxiaifj s. Wieseler die delph. Athena. 
p. 10 u. 13. yAKu* Eurip. Troad. 799. Theocrit. 28, -1. navxtSms: 
E, 133: 405. 420. 719. 793. 825. 853. Z, 88. H, 17. 33. 43. &, 30. 357. 
373. 406. (420). yi.Kvx<5^is ilata Euphor. fr. 140. Vergl. iiber die 
rXcevxcanis ^^ wegen der Nachweisungen Creuzer III, 370 372. 

131T ) Lucas Pgr. Bonn 1831. (de Minervae cognomento yiavx- 
observationes philologicae). Vgl. anch .4,200: detvw oi oaae 



1318 ) Aristoph. Av. 516. Jac obi Myth. Lex. p.329sq. O. Mailer 
Arch. . 371, 9. p. 543 sq. Sie gait auch fur king, s. Aesop, fab. (bei 
Dio Chrys. Orat. LXXII p. 631 sq. Morell.) 

Laner Griech. Mythologie. 21 



322 

zu Athen eine ewige Lampe; auf einer Miinze von Ilion 1319 ) 
halt sie selbst eine Lampe in der Hand 1320 ), wobei man 
unwillkiirlich an Homer 1321 ) erinnert wird, wo Athene dem 
Odysseus und Telemach vorleuchtet. Auf der Burg 1322 ) 
Troias stand ein Tempel der Athene rhavxwTcig, wohin die 
Frauen auf Helenos Rath wallfahrleten , um der Gb'ttin ein 
kostliehes Gewand darzubringen und ihr ein Opfer von zwolf 
Rindern zu geloben, ob sie sich vielleicht der Stadt, der 
troischen Weiber und unmiindigen Kinder erbarme 1323 ). Noch 
zu den Zeiten des Alkaios stand in Sigeion, das aus den 
Triimmern llions erbaut sein sollte, ein Heiligthum der 
Athene, F^CCVKCOTIOV genannt 1324 ); und selbst die Burg zu 
Athen, die Festung der Stadl, hiefs Fhavxcomov 1325 ). 



1319 ) Auch auf einem Sarkophag im Pallast Barberini. s. Welcker 
Z. f. a. Kst. I. p. 39. 

135n ) O. Mil Her Arch. .368, 4. p. 536. Creuzer III. 352 sq. not. 

1321 ) T, 33 sq. 

132a ) li/ nol'ei. KXQ^. Z, 297. 

1323 ) Z, 86 sq. 269 sqq. 

13S4 ) Alkaios bei Strab. XIII, 600. fr. 3.2 Bgk. 

1325 ) O. Miiller Prolegg. p. 263. Eustath. z. Od. p. 1451, 62. 



Athene heifst auch Kia^xof^svrj. Nun wird berichtet, dafs 
Alalkomenai in Boiotien benannt sei nach einem 'Aiakxo t uevos, 
der mit- einer Tochter des Hippobotes, Namens Athena'is ver- 
malt, von dieser Vater des Glaukopos gewesen sei und di^Athene 
erzogen habe. Pausan.IX,33,4. Steph. Byz. Id'kal.y.o^iviov. CBR.ller 
(Orch. p. 208) hatte dies keine ,,wunderlich alberne Fabel"^nennen, 
sondern anerkennen sollen, "wie auch hier auf dieselbe Weise, wie 
bei tausend andern Sagen, Athene -Elemente iiberall durchblicken. 
Uns weist diese Sage, wie sie ganz dem Mythenkreise der Athene 
und einem Lieblingsorte dieser Gottin angehort, so wiederum ganz 
in dieselben Vorstellungen wie die Tritogeneia. Lag amKopaischen 
See nicht eine Stadt Athen? Nicht Alalkomenai? unweit des Flusses 
Triton, der sich in jenen See ergiefst? Und von den Tochtern 
des Ogyges, den wir spaterhin als eine Identitat des Poseidon 
kennen lernen werden, hiefs eine 'AlcJ.xoftsvtct (Pausan. IX. 33, 4). 
Wie wimderlich sie sind, werden wir doch nunmehr anch nicht die 



323 



Dieselbe Bedeulting wie y^avxcajTig haben auch Athene 
o^vdeQxat 132G ) zu Argos, deren Tempel Diomedes gestiftet 
haben soil, weil die Gotlin ihm beim Kampfe vor Troia 
den Nebel von den Augen nahm 1327 ), onnkeris zu Sparta, 
welcher Lycurg der Sage nach einen Tempel baute, nach- 
dera er ein Auge veiioren hatte 1328 ), und 6cp&cdfUTig i3Z9 ). 

Verwandt mil den eben behandelten ist eine Reihe an- 
derer, jedenfalls unler sich zusammengehoriger 1330 ) Beinamen 
lAAaWa, eAA^Wa, elfavla i33i ), eMcoTis, eM-safy 1332 ), die man, 
wie die Ath. alia, mit Riicksicht auf das, was Ruhnken zum 
Timaeus 1333 ) beibringt, auf Glanz undLeuchten beziehen 
kann, ohne dafs man jedoch gezwungen ware, damit auf 
den Mond zuriickzugehen, wie dies Bdckh 1334 ) und Wel- 
cker 1335 ) thun. Vielmehr passen diese Beiworter ebenso 
gut als auf den Mond auf die VVolke 1336 ). Athene e 



Wahrheit verkennen, die in den Worten des Eusebius n. 236 liegt: 
Ogygis tempore apud lacum Tritonidem virgo apparuit, quam 
Graeci Minervam nuncupant. 

1326 ) Paus. II. 24, 2. Vgl. O. M iiller Dor. 1, 401. 

13 ") E, 127. 

13 J8 ) Plut. Lycurg. 11. 

13a9 ) Pansan. III. 18,2- In der Stelle Soph. O. T. 188sq. u^vaea 
ftuyuTsg /tiog SVWTIK nfyipov cD.xccv ist gewifs mit Spanh. Callim. 
Pall. 17. p. 167 und Peters Theol. Soph. p. 62. Athene zu verste- 
hen. Ob man aber berechtigt sei, daraus eine Athene evajjzis zu 
folgern, ist sehr zweifelhaft. Viele haben allerdings tvcaTia als Vo- 
cativ von evcanrjs = evdanis genommen. 

133 ) ,,Gewifs ist in diesem Beinamen (Hellotia) die Wurzel nur 
in der ersten Sylbe enthalten; der Beiname Hellesia ist nur eine 
andere Form davon." O. Miiller Kl. Sch. II, 225. not. 78. 

1331 ) Etym. M. p. 298, 26. 

1332 ) Hesych. C r e u z e r III, 436 not. 
1333 j p. 95 sqq. 

133 *) Expl. Find. p. 216 (fuit autem Hellotia Minerva lunae dea). 

133 --) Aesch. Tril. p. 280. 

1338 ) Hiob. 37, 15. ,,Und wenn er das Licht seiner Wolken lafst 
hervorbrechen." 21. ,,Jetzt siehet man das Licht nicht, das in den 
Wolken helle leu elite t." 

21* 



324 

in Sparta 1337 ). Eine Athene elkrjviu evwahnt Aristoteles 1339 ); 
auch Helle, die Schvvester des Phrixos, bezeichnete die 
glanzende W o 1 k e. C AA wr/g, auch C AA coma, hiefs Athene 
zu Corinth, wo ihr ein Fest 'EMcoTia mil Fackellaufen 
gefeiert wurde 1339 ). Die \A$. aksa zu Tegea fassen auch 
0. Miiller 1340 ), Creuzer 1341 ), Gerhard 1342 ) und We 1- 
cker 1343 ) als Lichtgottheit; ist sie dies, so kann sie es 
nach allem Voraufgegangenen nur mil Bezug auf die Wolke 
sein. 

Insofern die Athene Sxigag (s. unten die Skirophorien) 
durch ihre Abwesenheit Gluthitze erzeugt, ist dieser Name 
mil zu den Beiwortern zu stellen, vvelche die Wolkengottin 
Athene als die lichte, glanzende bezeichnen. Ebenso die 
\AS, %Qvari 1344 ) auf oder bei Lemnos, die goldne, leuchtende, 
von welcher mehrfach, wie ich glaube, ohne Grund be- 
zvveifelt worden ist, dafs sie unsere Goltin sei. 

Eine andere Anschauung von der Wolke gab Veran- 
lassungzudem Mythos von den Gorgonen. Wenn eine 



1337 ) Pint. Lycurg. cp. 6. 

1338 ) Mir. Ausc. 116; entweder dieser Name oder Myvfa (Etym. 
M. vgl. Wesseling z. Anton.Itin. p. 490) ist mit Miiller zu Tzetz. 
Lye. p. 880. not. 7. statt des bei Tzetzes stehenden YrcrAtxJjff zu setzen, 
wenn nicht ganz zu streichen. .j- 

1339 ) Find. Ol. XIII, 40 und sein Sch. zuv. 56. Cr euzerlll, 435. 
134 ) Dor. 1,401. not6. . 

1341 ) III, 434 sqq. ; zur Gemmenkunde. Darmst. 1834. 8. p.59sqq. 
169sqq. 

1342 ) Antike Bildwerke p. 139 sqq. 

1343 ) a. a. O. 

1344 ) Soph. Phil. 1327. Vgl. Heinrich de Chryse insula et dea. 
Bonn. 1831. 4. Rhode res Lemn. p. 69. Opfer der Gottin Chryse: 
Arch. Zeit. 1845. no. 35. Winckelm. M. Ined. no. 120 (Bd. VIII, 
142 sqq.). 



325 

Gewittervvolke so recht dunkel und schwarz i345 ) herauf- 
kommt, in der Ferae schon ihr Nahen durch dumpfen Dormer 
ankiindigt, wenn sie allmalig immer vveiter vorriickend die 
Sonne verhiillt und die Erde verdunkelt, rings um uns 
sich der ganze Himrael bezieht, Sturm sich erhebt, den 
Staub aufwirbelt, in den Baumen und um die Hauser heult, 
wenn die Blitze zucken, der Donner kracht: dann erbebt 
mil der ganzen Natur der Mensch selbst, der Anblick der 
finstern Wolke erschreckt ihn, und er zittert vor dem Un- 
gethiim, welches dort iiber ihm in den Liiften haust und 
wirthschaftet 134fi ). Aus diesem Eindrucke erwuchs dem 
Griechen die Vorstellung von der Gorgo; der zuckende, 
slechende Blitz wurde zum ieuchtenden, erstarrenden Auge, 
dessen Schrecken die Schlangenziige der Blitze erhohten, 
welche ziingelnd das Haupt des Wolkenungethiimes umga- 
ben. Diese Gorgo nun ist keine andere als die Athene 
selbst, die schon von Homer als eine schreckliche geschil- 
dert und von Andern ausdriicklich rogyw 1347 ) und yoQyca- 
ms 1348 ) genannt wurde. Wie dies so oft in der Mythologie 
geschieht, zertheilte man spaterhin die eine Gorgo in die 
drei Gorgonengestalten 2&sivco, Evgvdhr] und Msdovaa, 
welche letztere mit der Gorgo identisch ist. Als Tochter 
der Wassergottheiten Phorkys und Keto 1349 ) sind dieGor- 
gonen und ihre Sehwestern, die Graen IIscpQrjdd} un&'Evvto 
als Wolken zu fassen; von den beiden Sohnen, welche die 
Medusa mit dem Poseido.n erzeugt hatte, und die, nach- 



1345 ) Me^KVTSQOv rivTS nfaacc, z/, 277. liytt, 3s TS ).ctiict7iK 

iv, z/, 278. tyriav T iduv (d. Hirte), 4, 279. Vgl. das Gleich- 
nifs ^/, 275 sqq. 

1346) y gl Hiob 3gj 09 sq(lt 37^ i sqq . Thomson Soramer p. 1.61 sqq.- 

1347 ) Belegstellen bei Volcker, myth.. Geogr. p.24sqq. 
1348 J Soph. fr. 705. Ahr. 

n ) Hesiod. Th. 270 sqq. 



134n 



326 

dem Perseus ilire Mutler enthauptet, aus ihrem Korper 
hervorspringen, bezeichnet Chrysaor den Blitz und das Rofs 
Pegasos 135 ), welches hinauffliegt zura Zeus, dem es Donner 
und Blitz bringt (Hesiod.), das Donnergewolk. Dafs Athene 
dem Perseus bei der Todtung der Medusa Beistand leistet, 
oder sie selbst todtet 1351 ), darf nicht auffallen, da auch die 
Schwester und der Vater Pallas, welche Athene erschlug, 
mil ihr idenlische Wesen sind 1352 ). Zweifelhaft ist, ob 
auch das Beiwort vctQxala 1353 ), die betaubende, auf die Ge- 
witterwolke geht; das passendste Beiwovt fur die Wolke ist 
jedoch alo^6(.iOQ(pOQ 1354 ), die mannigfach gestallete. Un- 
zweifelhaft deutet auf denselben Naturcharakter die Athene 
axQia 1355 ), die auf den Hohen heimische (nicht die Burg- 
gottin) 1356 ), wie die i4#. 2ovvias i357 ), 2cc^covia i358 )-, (auf 
dem Vorgebirge Salmonion auf Kreta), l^axwS-ta 
(auf dem Berge Arakynthos in Boiotien) und Bofifivlda, 
Dafs Athene dem Griechen Herrin der Wolken war, geht 
schliefslich noch daraus hervor, dafs sie die Aegis fiihrt, 
und zwar nicht bios als eine vom Zeus geliehene, sondern 



136 ). 



135 ) Literatur iiber Pegasos s. bei Volcker, Myth. d. Japet. 
Geschlechtes p. 132, not. 81. 

1351 ) S. Volcker Myth. Geogr. p. 31. not. 59. 
135a ) Volcker a. a. O. p. 32. 
1353 ) Creuzer Symb. HI, p. 507, not. 
* 354 ) Orph. hymn. 31. 

1355 ) Zu Argos. O. Miiller Dor. I, 401. 

1356 ) ,,Die Beschiitzerin der Burgen hat sich offenbar erst aus 
der Bewohnerin -der Anhohen allmalig entwickelt ; die Athena-Polias 
ist eine Art von politischer Anwendung der Athena-Akria." O. Miil- 
ler Kl. Schr. II, 225, not. 79. 

13D7 ) Pans. I, 1,1. 
1358 ) C. J. 2555, 12. 

1359^ uhlan, bei Steph. Byz. p. 49, 25 West. 
136 ) Lye. Cass. 786 von BoppvUct xal Bopfiuhov nohg xca o 
c. Tzetz. 



327 

selbstandig, da sie von der Kunst als mit der Aegis be- 
kleidet dargestellt wird. Wie in dieser Aegis die Wolke 
als Ziegenfell angeschaut wurde, so sind an dem Helm 
der Athene Widderkopfe, und wird sie. dargestellt als 
reitend auf einem W id der. Athene ist aber auch 

1} Herrin der Gewasser. Der Zusammenhang 
zwischen Wolke und Wasser bietel sich von selbst dar: 
die Wolke entsteigt dem Wasser 1361 ) und sendet Wasser; 
sie kann mithin auch als eine in den Gewassern heimische 
und iiber ihnen waltende angeschaut werden. Und diese 
Anschauung haben die Griechen durch eine ganze Reihe 
von Beiwortern der Athene ausgesprochen. So heifst sie 
cu&via 1362 ), Wasservogel, ,,Taucher", in Megara, data 1363 ), 
die im Feuchten heimische, in Lakedaimon, yvyalq, nach 
Eustath. 1364 ) in Lydien verehrt, xohoxaala l365 ) (eine Art 
Bonne, die in Siimpfen und Seen wa'chst) in Sikyon, "ki- 
^vag 1366 ), vedovola 1357 ), am Flufs Nedon in Messenien, ngo- 
f.ta%6(>tia i368 ) ,,Beschutzerin der Buchten", exfiaaia 1369 ), die 
ein gliickliches Anlanden gewahrt, in Byzanz. Zweifelhaft 
konnte scheinen, ob ^'Oyxa hierher zu beziehen sei. Da fur 
spricht die Stelle des Aeschylus 1370 ): ,,Selige Herrin Onka 



136 ') 4, 276 rsfpog iQxopevov ZUTK novtov vno ZttfvQOio Icorjs. 

1362 ) Paus. I. 5, 3. 41, 6. 

1363 ) Paus. Ill, 24, 7. 
13G4 ) II. p. 366, 3. 

1365 ) Athen. Ill, 72. Eine kuriose, von Winckelmann Mon. 
ined. no. 151 (Werke VIII, 277) gebilligte Erklarung giebt Palmer 
Exercit. in Autor. Graec. ad Athen. p. 488, wonach Athene y.oloz. 
Athene ,,mit einem kurzen Filzmantel" bedeuten wiirde. 

1366 ) [Verwechselang init Artemis? S. C reuzer III, 435. not.3. 
Anm. d. H.] 

1367 ) Strabo VIII, 360. X, 487. 
136S ) Paus. II, 34, 8. 

1369 ) O. Miiller KL. Schr. II, 184. 
137 ") S. c. Th. 164 sqq. 



328 

draufsen am Thore hilt" dem siebenlhorigen, deinem Silz." 
Dafs "Oj/Jea = Athene sehen wir aus v. 486 sq. : yetvovag 
s'xcov^'Oyxag ^&<xvug, und v. 501 sq. : 

f.iev J 'Oyxtx UaMag, ^Y ay^Lnto^Lg, 
yeiTcov avdgog sx&aiQOvg V@QIV 
veoaawv cag dgaxovra dvo^iov. 
Sch. Aesch. S. c. Th. 148: 'Oyxala TOIVVV 17 ^3t]va r^tarat 
TtctQtx Oyfiaioig. J '0yx& ds naqa, olvij;i,v fj ^A^rjva. xal 
'Oyxalai nvhat. ^.sfivrftai TOVTCOV xal lAvr'niayjoc, xccl f Pi<xvog. 
Pausanias 1371 ) nennt die Gottin "Oyya. Er erklart wie auch 
Sch. Aesch. denNamen fvir Phonizisch und nicht Aegyptisch, 
und gedenkt eines @c0[i6g und ayah^a der J 'Oyya sv vrtal&Qq), 
von Kadmos gestiftet. Die Verehrung dieser "Oyxcc zu 
Theben bezeugen auch die onkaiischen Thore (oyxaideg Oder 
oyxatai, nvkai), iiber w.elche mit gewohnter Gelehrsamkeit 
Unger 1372 ) handelt. 

Auf die Nachricht, dafs der Name phonizisch sei, sich 
stiitzend, leitete denselben Valckenaer 1373 ) ab von STp^ 
von]/p3i?, wonach wir hier eine Athene axglct oder EJIL- 
rtVQyizig oder geradezu eine rtohag haben wiirden. 
Selden t374 ) denkt an lnp5X (anaca) = clamor, gemitus, 
planctus, indem er sich auf Hesych. bezieht, der oyxavai, 
durch @o$ erklart. Siclkler 1375 ) rekurriert auf tD^S?., 
welches physisch die Riesin, ethisch die Herrscherin 
bezeichne. Der Angabe von dem phonizischen Ursprunge 
des Wortes zum Trotz hielt* Jablonski 1376 ) dasselbe fin* 



1371 ) IX. \%, 2. 

1372 ) Theb. Par. p.?67sqq. 
13TS ) Eur. Phoen. 1068. 

1374 ) de diis Syris. ed. III. Lips. 1662. 12. Synt. II. cp. 4. p.295, 

1375 ) Kadmus p.LXXIXsq. 

1376 ) Vocc. Aegypt. p. 244. 



329 

Aegyptisch, inclera er zu den nvhai oyxaldsg die 
Nitrides von der agyptisehen Nifi& stellte. O. M til- 
ler 1377 ) leitet den Nameh von dejii Thebaischen Dorfe 
Onkai 1378 ) ab, wo das Bild der Goltin errichtet war, und 
meint, dafs er wohl am allernatiirlichsten mil dem Arka- 
dischen Onkeion, der Demeter Erinnys heilig 1379 ), in Ver- 
bindung zu setzen ware.' Ihm slimmt bei Creuzer 138 ). 

Ich kann sprachlich nicht entscheiden, in wieweit die 
Etymologic richtig ist, nach welcher Schwenck 1381 ) die 
Namen 'Qxeavog, 'Qyvyris, (Fvyrjg), J 'Oyya, ""Oyxa, 'OyxflGvog 
u. a. auf eine gemeinsame Wurzel zuriickfiihrt. Die drei 
ersten sind ohne Zweifel dieselben, und von den drei letzten 
kann ich wenigstens das mil Zuversicht behaupten, dafs 
vom mythologischen Standpunkte aus nichts gegen ihren 
Zusammenhang rait jenen sich einwenden, itn Gegentheil 
vieles dafiir sich anftihren lasse 1382 ). 

Was zunachst Onchestos betrifft, so ist alles, was sich 
an diesen Namen kniipft, Poseidonisch. Schon Ho- 
mer 1383 ) kennt 

'Oyxqavov & iegov, Iloaidrjiov ayhccov a'Aaog. 
Hier war schon seit den altesten Zeiten eine Amphiktyonie 
mit Wagenrennen zu Ehren des Poseidon, wobei die Pferde 
ohne Fuhrmann ihren Lauf machten 1384 ). Nattirlich mufste 



1377 ) Orch. p. 115. 

1378 ) Sch. Find. Ol. II, 39. Tzetz. Lye. 1235. Vgl. Unger Th. 
Par. p. 20. 

1379 ) Tzetz. Lye. 1225. 
I33n ) 10, 365 sqq. 

I3SI ) Andeut. p. 179 sq. . 

1382 ) ,,Der Name (Onkai, Onkeion) erinnert an Onchestos, wo 
eLenfalls alter Poseidonsdienst." Welcker Ep. Cycl. p. 67. not. 85. 

1383 ) J5, 506. 

i38*j Vergl. Hoin. hymn, in Appllin. 230 sqq. 5 O. M tiller Orch. 
p.65. 78.202. Hermann St. A. .11,8. 



330 

der Sage zufolge die Stadt von einem gevvissen Oncheslos 
gestiftet sein, der bald Sohn des Poseidon 1385 ), bald des 
Boiotos 1386 ) heifst, was dasselbe ist. Denn Wasser und 
Kinder sind der Mythologie zwei Identilaten, von denen 
spiiter die Rede sein wird 1387 ). Sollte doch der See bei 
Onehestos zum Vorzeichen der Zerstorung Thebens ein 
dumpfes Getose von sich gegeben haben, wie Stier- 
gebriill 1388 ), wobei man an die Glosse oyxaxcti fioqc erin- 
nert wird. 

Wir konnen immerhin unentschieden lassen, ob ^OyxflGTog 
mil 'Qxsavog, 'Qyrjvog u. a. oder mit 6%eco, o/og zusammen- 
hangt; so viel ist klar, dafs es in dem einen wie in dem 
andern Falle und durch seinen Kultus in enger Verbindung 
zu Poseidon steht. 

Weiter ist bemerkenswerth, dafs das onkaiische Thor 
auch nvkai "Qyvyiai hiefs 1389 ), der Sage nach von Ogygos, 
Sohn des Poseidon 1390 ) oder des Boiotos 1391 ). 

Die Sagen von dem Arkadischen Onkeion bewegen 
sich in demselben Kreise und bestarken so unsre Vermu- 
ihungen. Im westlichen Arkadien, nicht weit von Thelpusa 
am Flufs Ladon lag der Ort Onkeion, in welchem sieh ein 
Tempel der Demeter Erinys befand. Dieses Onkeion sollte 
nach Onkos, Sohn des Apollon, genannt sein, Demeter aber 
ihren Beinamen auf folgende Art erhalten haben. Hire ge- 
raubte Tochter suchend kam sie auch in diese Gegend. 
Poseidon, der dort als f innio$ verehrt wurde, verlangte nach 



138.^ p ausan . ix. 26, 5. 

13SG ) Hesiod. bei Stepli. Byz. p. 214, 33. West. Sell. 11. /?, 506. 

1387) VgL i nzw j sc i len Unger Th. Par. p.257sq. 

13SS ) O. Miiller Orch. p. 37. 

1389) Unger p.267sqq. 

I3aft ) Tzetz. Lye. 1206. p. 957 Miill. 

1VJI ) Unger 1. I. p.257sq. 



331 

ihr, sie aber floh und nahm, um dem Golte zu enlgehen, 
die Gestalt einer Stute an; Poseidon verwandelle sich dar- 
auf in einen Hengst und wohnte so der Gottin bei, die dar- 
iiber erziirnt den Namen Erinys erhielt, und aus der Um- 
armung des Gottes das Rofs Areion gebar. 

Dieselbe Geschichte nun wird nach Boiolien verlegt, 
wo Areion bei der Quelle Tilphusa erzeugt sein sollle 1392 ). 
Die Rolle, welche es bei dem Kriege gegen Theben und 
der Rettung des Adrastos spielt, ist bekannt. Und auf 
Kolonos waren Demeter, Poseidon, Adrastos und Athene 
neben einander. Bei der Erzeugung des Areion gedenkt 
man alsbald der Sage, wonach Poseidon auch der Athene 
nachgestellt haben soil. Ja ahnlich wie Hephaistos soil er 
bei dem Felsen von Kolonos schlafend Saamen verloren 
haben und aus demselben das Rofs 2xvq>ios oder Sxvgxo- 
virrjg entstanden sein 1393 ). 

Diese Andeutungen werden geniigen um einerseits zu 
zeigen, wie genau Poseidon mil den Lokalitaten Onchestos, 
Onkai und Onkeion in Verbindung steht ; andrerseits wie 
iibereinstimmend die Sagen sind, welche von diesen Loka- 
litaten und von der Athene erzahlt werden. 

Hiernach nun und nach dem Obigen nehme ich keinen 
Anstand zu behaupten, dafs die Athene Onka eine mit dem 
Poseidon innig verbundene 1394 ) gewesen sei und demgemafs 
sich auf SchifFfahrt bezogen habe. Dies wird dadurch noch 
gewisser, dafs wir neben einem Apollon dshcplviog einen 
oyxcuos kennen. Da nun Apollon als detylvioc; eiri Gott 
der Seefahrt 1395 ) und dieser Name -nicht verschieden ist von 



Welcker Ep. Cykl. p. 66 sq. Pretler Demet. p.lo.2sqq. 
Hermann Q. Oedip. p. 86 sq. 
J393 ) Tzetz. Lye. 766. 
13 '' 4 ) S. Hermann Q. Oed. p. 78 sq. 
139S ) Schwartz p. 66 sqq. 



332 

welcher vviederum auf die Quelle Telphussa 
zuriickgeht, mil welch er Apollon, wie wir oben sahen, raehr- 
fach verkniipft ist: da ferner an Telphussa der Name Onkai 
eng in den Sagen angeschlossen erscheint, und von dem 
Arkadischen Onkai nicht bios erzahlt wird, es sei von einem 
Sohn des Apollon Namens Onkos gestiftet, sondern Apollon 
an jenem Orte selbst einen Tempel und davon den Bei- 
namen 'Oyjcami^g 1397 ) hatte oder 'Oyxctios, wie ihn Anti- 
machus 1398 ) nennt: so wird kein Zweifel sein, dafs Apollon 
3 Oyxaiog ein 4e%cplvios d. h. ein Gott der Seefahrt gewesen 
sei. Was eben unsre obige Vermuthung iiber Athene Onka 
unterstiitzt. 

Schliefslich bemerke ich noch zweierlei, erstens dafs 
Riickert 1399 ) den Namen Onka von dem Hugel (o oyxog) 
entnommen glaubt, auf welchem die Burg Kadmeia erbaut 
war. Er scheint sie demnach mil der IA.&. ax(Ha, emnvQ- 
yiTig u. a. gleich zu stellen. Weshalb ich dies nicht glaube, 
geht aus dem Vorhergesagten hervor. Zvveitens, der 
beriichtigte Fourmont gab vor, in Amyklai einen Tempel 
der Onga und Inschriften, die sich auf diese Gottin beziehen, 
gefunden zu haben. Hierauf fufsend erklarte Welcker 1400 ) 
den Namen Onka fiir karisch oder pelasgisch, und machten 
Raoul Rochette 1401 ) und Creuzer 1402 ) Kombinationen. 
Alles verschwindet vor der Thatsache, dafs Tempel und 
Inschriften eine blofse Fiktion Fourmonts sind 1403 ) 



W9G ) s. Unger Th. Par. p. 117 sq. O. Muller Orch. p.468sq. 
139 Pans. VIII. 25, 11. 
J399j Bei pausan. VIII, 25, 9 (fr. 18 Schell.) 
1399 ) p. 76. 

W) Kret. Kol-'p. 11 u.61. 
J4nl ) Hist, des colon, grecques I, 205 sq. 
J40 ') III, 367 sq. 

14n3 ) Vergl. Bo ckh C. J. I. p. 65 sq. imd zu no. 48. 49. 50. 55. 60. 
61. 68. 



333 

Die Woike befruchtet das Erdreich und giebt 
den Saaten Gedeihen; daher ist Athene auch 

c) Herrin der Fruchtbarkeit. Diese Beziehung 
ist ausgesprochen in dem Mythos von Erechtheus. Athene 
kam zum Hephaistos U04 ), den bei dem Anblick der Gottin 
wolliistiges Verlangen ergriff, so dafs er ihr nachlief um sie 
zu umarmen. Sie aber, eine reine ziichtige Jungfrau, dul- 
dete es nicht. Aus Hephaistos Saamen aber, der auf die 
Erde gefallen war, erwuchs Erichthonios I405 ). Oder so, 
freilich nach einem schlechten Gewahrsmanne U06 ) : nachdem 
Prometheus durch seine Hiilfe die Athene aus dem Haupte 
des Zeus entbunden hatte, wollte er ihre Keuschheit ver- 
lelzen, ward aber dafiir. zur Strafe an den Kaukasos ge- 
schmiedet. Prometheus ist von dem Hephaistos nicht 
verschieden, daher auch die beiden Mythen nicht bios der 
Form nach auf eins hinauslaufen. Sie sind eine religios- 
poetische Auffassung jenes Naturphanomens, welches sich 
an der Gewitterwolke darstellt. Hephaistos, der Blitz, 
Athene die Wolke, und der Saame des Hephaistos der Re- 
gen, welcher das Erdreich befruchtet, dafs aus ihm das 
Wachsthum (Erichthonios) hervorgeht 1407 ). 



1404 ) Ihr Verhaltnifs ist ein selir inniges; natiirlich. So ist auf 
dem dreiseitigen borgh. Altar Athene mit Hephaistos gruppiert, wel- 
chen letzteren Winckelmann Gesch. d. K. III. 2, 6 nach falscher 
Erganzung far eine Juno Melt. Vgl. De la Barres in Mem. de 
FAc. d. Inscr. Tom. XVI. 

1405 ) Apollod. HI. 14,6. Creuzer Symb. Ill, 319. 

1406 ) Duris b. Sch. Apollon. U, 1.249 (vgl. Creuzer Symb. Ill, 
319 sq.) 

1407 ) Es ist bemerkenswerth, dafs von den Valkyrien, welche 
ebenfalls Wolkengestalten sind, erzahlt wird, wenn sich ihre Rosse 
schiitteln, triefe von den Mahnen Thau in die Thaler und frucht- 
barer Hagel auf die Baume (Grimm Myth. p. 3D3). Man sieht, wie 
ahnlich und doch wie verschieden, gemafs den verschiedenen Volks- 
charakteren, ein und dasselbe Naturobjekt angeschant worden ist. 



334 

Nachdem so Erichthonios entstanden war, nahm sich 
Athene seiner an, ernahrte ihn, ohne dafs die iibrigen Cotter 
daruni wufsten, und iibergab ihn, da sie ihn unsterblich 
machen wollte, und nachdem sie ihn in einer Kiste ver- 
borgen hatte, der Pandrosos, des Kekrops Tocliter, der sie 
zugleich verbot, die Kiste zu offnen. Die Schwestern der 
Pandrosos aber, Herse und Aglauros oder Agraulos 1408 ), 
offneten aus Neugier dennoch die Kiste, sahen den Knaben 
von einer Schlange umwunden und slarben, indem sie ent- 
weder yon der Schlange selbst getodtet wurden oder, durch 
den Zorn der Athene wahnsinnig, sieh von der Akropolis 
herabstiirzten. Erichthonios ward von der Athene im Hei- 
ligthume erzogen, wurde Kb'nig von Aihen, stiftele auf der 
Burg ein Bild der Athene, setzte die Panathenaen ein, hei- 
rathete IlQat;i&eav Nrjida vvf-icpyv, mil der er den Pandion 
zeugte, und ward, nachdem er gestorben war, in dem Hei- 
ligthume der Athene begraben. 

So berichlet die Sage Apollodor i409 ), fiir die Alter- 
thiinilichkeit von dessen Erzahlung die obgleich interpolierte 
Stelle des Homer 1410 ) burgt: 



140S-J j)j e Namen schwanken, Creuzer Symb. Ill, 391 sq. not. 4. 
Aehnliche Beispiele hat Meineke zn Euplior. fr. 83. Aber aus den 
Inschriften auf Kunstdenkmalern sehen wir, ,,dafs wenigstens in der 
Bliithezeit Athens die erstere Form im Gebrauche des Volks herrschte. 
S. J. de Witte descr. d'une coll. de vases peints. 1837. no. 105. 
p. 57 sq. Audi das Fragment bei Inghirami monum. Etruschi p.V. 
tav.LV. no. 5." O. Miiller Erschu. Gruber Encycl. p. 77. .4, not. 22. 
Der zweite Name mag durch die leichtere Aussprache oder die Be- 
deutung des ganzen Sagenkreises herbeigefiihrt sein. Vgl. die nnten 
bei Aglauros angefiihrten Stellen aus Welcker p. 286. 

I4ft9 ) III. 14, 6. 

" 10 ) B, 546 sqq 



335 

Drauf die A then bewohnten, des hochgesinnten Erechtheus 

Wohlgebauete Stadt, des Koniges, welchen Athene 

Pflegte, die Tochter des Zeus, als die frucktbare Erd' ilm 

geboren, 
Setzt' ihn drauf zu Athen in ihren gefeierten Tempel. 

(Vgl. r,, 81.) 

Dafs hier Erechtheus statt des Erichthonios genannt 1st, 
hat nichts auf sich; es sind nur zvvei verschiedene Formen 
ein und desselben Nainens 1411 ). 

Von Abweichungen dieser Sage, die wie in der Regel 
an dem Sinne selbst nichts andern, erwahne ich keine, da 
sie grade hier nur aufserst unbedeutend sind. Ueberall 
treten als beachtenswerth hervor das Verhaltnifs der Athene 
zu, Erichthonios, die drei Tochter des Kekrops und die 
Schlange. 

Nach dem, was ich schon oben liber das Verhaltnifs 
der Athene zum Hephaistos und den hieraus entsprungenen 
Erichthonios bemerkt habe, kann es nicht zweifelhaft sein, 
dafs wir uns hier in einem Mylhenkreise befinden, der sich 
durchaus auf agrarische Verhaltnisse bezieht. Dies ist auch 
von alien Mythologen richtig eingesehen worden 1412 ). Nur 
mufs man nicht, wie einige z. B. Creuzer gethan haben, 



1 " 11 ) Vergl. Sch. II. p, 547. Buttmann z. Plat. Alcib. I. p. 148. 
ed. IV. Leake Topogr. v. Ath. Zurich. 1844. 8. p. 2. not. 2. O. Miil- 
ler Orchom. p. 117. ed. II. Welcker Tril. p. 284. Hermann 
Antqt. I. . 92, 7. p. 205. ed. III. Sturz z. Hellanic. fr. 13. p. 55. 
ed. II. 

14ta ) Creuzer Symb. Ill, 389 sqq. 510 513. O. Miiller Encycl. 
. 4sqq. p. 77 sqq. Minerv. Pol. p. 3sqq. Riickert p. 13sqq. Brond- 
sted Reisen undUntersuchungen II, 229 sqq. Welcker Tril. 284 sqq. 
Panofka Ann. del Inst. 1829. Vol. I. p. 290 sqq. bei Gelegenheit des 
auch von Lange Epistola ad Ilgenium. 1831. 8. erklarten und bei 
Creuzer Symb. III. tb. VII. wiederholten Reliefs, welches die Athene 
darstellt, wie sie, zwischen Hephaistos und Poseidon stehend, den 
ihr von der Ge dargereichten Ericlithonios entgegennimmt. Vergl. 
O. Miiller Arch. .371,4. p. 542. Eurip. Jon. 267 sqq. 



336 

zu viel JLicht" hineinbringen. Der Mythos ist, wie gesagt, 
durchaus agrarisch. 

Eine sinnvolle Phantasie ward bei Betrachtung, d. h. 
empfindungsvoller Betrachtung der Gewitterwolke zu Vor- 
slellungen veranlafst, wonach der Blitz (Hephaistos) die 
Wolke (Athene) anzugreifen scheint und zwar in der Weise, 
dafs man, jenen mannlich, diesen weiblich denkerid, in die- 
sem physischen Vorgange einen Versuch des Hephaistos 
auf die Tugend der Athene, und in dem aus der Gewilter- 
wolke herabfliefsenden Regen den Saamen des Hephaistos 
zu erblicken glaubte, den er bei seinem Angriff aber ver- 
geblich vergossen hatte. Aus diesem Saamen nun entsprang 
Erichthonios 1413 ), das Produkt des befruchtenden Gewitter- 



141 ") Hier will ich bemerken, dafs icli die Gestalt unsres Mythos, 
wie wir sie aus Homer and Apollodor kennen, nicht mit Welcker 
(Tril. p. 285) fur eine Umwandlung der urspriinglichen halte, wonach 
Erichthonios wirklich Sohn des Hephaistos und der Athene gewesen 
ware und worauf das Epigrainm bei Spanheim zu Callim. 134 
p. 727 geht: 

'Htpctiarfp TIOTS TFaXlcts ITZ' Kyxovtqffi (.itysTaa 
Els svvrjV fyiyni Ilrikecog Iv -Scdafj-ois, 

noch auch mit eben demselben Gelehrten die Angabe, dafs Erich- 
thonios vom Hephaistos mit der Ge gezeugt sei (Pausan. I. 2, 6. 
Welcker Tril. p. 285, not. 497) fur nicht urspriinglich ansehe. 
Nemlich alle drei Vorstellungen gehen so leicht und natiirlich aus 
der Anschauung des Naturobjekts, auf dem sie beruhen, hervor, dafs 
man von keiner sagen kann, sie sei natiirlicher, also urspriinglicher 
als die andre. Vielinehr halte ich sie alle drei fiir gleich alt; sollte 
ich mich aber fiir eine besonders entscheiden, so wiirde ich sagen, 
dafs ich dies nnr nach Mafsgabe des Alters der Zeugnisse konnte 
d. h. mich fiir die erklaren miifste, welche der homerischen Stelle 
zu Grunde liegt. Aber wir werden uns ja wohl nach gerade daran 
gewb'lmt haben, verschiedene Mythen als gleich berechtigt anzusehen 
und als gleich urspriinglich neben einander bestehen zu lassen. 
[Wir lernten die Athene mittelbar oder unmittelbar als Mutter des 
Erichthonios kennen. Dies war gewil's der Grund, weshalb man im 
Mittelalter (a. 1019) den Tempel der Athene auf der Burg als Kirch e 
der Mutter Gottes benntzte. (Georg. Cedren. p. 717. Paris, vgl. Franc. 



337 

regens oder, was davon nicht unterschieden ist, der iin 
Schoofse der Erde durch die Gewitterwolke (Hephaistos und 
Athene) erst eigentlich zum Leben kommende Keim. Darauf 
geht auch sein Name 1414 )-. 



Philelphi Epist. Venet. 1503 fol. p. 31 b.); ebenso den Tempel des 
Theseus, der den Minotauros todtete, als Kirche des heiligen Georg.] 
Was die Mythe betrifft, nach welcher Hephaistos mit Ge den Erich- 
thonios erzeugt habe (Vf. d. Danais u. Pind. (fr. 231 Bgk.) bei Har- 
pocr. p. 41 Bekk.), so ist die poetische Anschauung, nach welcher 
der Blitz, der im Gewitter mit Regen verbunden in die Erde schlagt, 
diese schwangert und befruchtet und danach mit ihr als Erzeuger 
des Fruchtkeimes gilt, ebenso schon als einleuchtend. Weniger kann 
man dies von einer andern Nachricht sagen, der zufolge Nemesis 
des 'Erichthonios Mutter war (Suid. p. 3199 Gaisf. Phot. Lex. Gr. 
p. 416 Dobr. ed. Lips.). Es ist offenbar, dafs Nemesis nicht mit der 
Athene kann gleichgestellt werden. Wie aber, \venn sie nnr eine 
andre Gestalt jener Fata, noilcov ovoftdrcov [tOQcpr] pta (Aesch. 
Prom. 210) ware? Und in der That ist sie das, wie sich bei der 
Mythologie der Demeter ergiebt. Hier will ich nur darauf hinwei- 
sen, dafs alle Kulte, deren Mittelpunkt die Erde mit ihren wech- 
selnden, aufbliilienden und verwelkenden Erscheinnngen bildet, einen 
finsteren Charakter tragen , diister , schwermiithig , melancholisch, 
grausam, biutig sind. So war Erichthonios der Ackersmann nicht 
bios der Ge Sohn, sondern nach einer Version jener Ge Nemesis, 
die seit alten Zeiten zu Rhamnus verehrt wurde; und dafs diesem 
agrarischen Kulte die Grausamkeit nicht fehlte, ist oben bemerkt. 

t414 ) Creuzer Symb. Ill, 510 sq. 389. Welcker Tril. p.284. 
Heyne Obss : . Apollod. p. 328. Schwenck Etym. Andeut. p. 117. 
Die erste Halfte des Namens ZQI- hat man sehr verschieden abge- 
leitet; von 

o) sQig, in Bezug auf den Streit zwischen Heph. und Athene. 

Hygin. fb. 166. p. 282. Stav. Myth. Vat. 1, 128. II, 37 u. 40. 
&) SQIOV (Wolle), weil Athene den ihr an den Schenkel ge- 
kommenen Saamen des Heph. mit Wolle abgewischt, diese 
dann auf die Erde geworfen habe, woraus nun Erichthonios 
entstanden. Umgekehrt ist es richtig; der Zug entstand, 
weil man sich durch t(n- an SQIQV erinnern liefs. Kallimach. 
bei Sch. II. /S, 547. Tzetz. Lycophr. 111. 
c) sQa (Erde) Erdlander. Schwenck Andeut. p. 117. 
<0 IQIHO (aufreifseii) Erdaufreifser , als Ackersmann. Vgl. lE^u- 
at%&<ov. Vgl. Creuzer Symb. Ill, 510 sq. Ivoafy&cav K 

Lauer Griech. Mylhologie. 22 



338 

Seiner weitern Entwickelung nimmt sich Athene an, 
die ihn von der Ge empfangt. Die myslische Kiste, worin 
sie den jungen Erichthonios birgt, wird wohl der dunkle 
Schoofs der Erde sein, in dem der Keim seiner Vollendung 
entgegenreift 1415 ), wahrend seiner Pfiege warten 
Pandrosos = die Thaureiche, Allthau. 
Aglauros = die Heitre? (sc. des Himmels, derheitre 

Himmel)? 1416 ) 
und Herse 1417 ) = Thau (von 37 



Euplior. fr. 140. So auch Pott Ktym. Forsch. I, 90. ,,Auf- 
reifsung der Erde bewirkend." 

e) tgt (sehr z. B. iQipdttaQ. Welcker Tril. p. 284. So 
auch Forchhammer p. 55, da er ihn ,,den wahren Sohn 
der Erde, den Autochthonen" nennt. 

f) fQco (sero) Samann. Welcker Z. f. a. Kst. Bd. I. p. 112. 
not. 23, mit Verweisung auf Lennep Etym. V. SQU und 
Kanne Verwdschft. d. Gr. u. D. Spr. p. 134. 

1415 ) Ueber die naQaxKra^xat, aus dem Kreise des Demeter- 
kultes s. Welcker Tril. p. 285. 

M16) -flr enn man (j en N amen nicht lieber init Forchhammer 
p. 59 auf den glanzenden Thautropfen beziehen will. : O. Miiller 
Encycl. p. 78. not. 27 (Kl. Schr.II. p. 140) fiihrt das Wort mit Lucas 
d. Lexic. I. auf den Stamm TAAY (TAA ) zuriick, wovon TAA~YK 
eine Nebenform, ,,die hellglanzende." Vgl. Preller Demet.p.289. 
not. 18. 

1417 ) ,,Es bleibt immer auffallend, dafs die beiden Namen Herse 
und Pandrosos sich in ihrer Bedeutung so nahe liegen, und es 
mochte daher leicht die eine dieser Kekropiden aus einem Beinamen 
der andern entstanden sein. Man schwur nur bei der Aglauros und 
Pandrosos, nicht bei der Herse. Sell. Rav. ad Arist. Thesm. 533." 
O. M fill e r Encycl. p. 78. not. 28. (Kl. Schr. 1. 1.) 

1418 ) Sehr passend vergleicht Welcker p. 286 hierzu Ovid. 
Fast. I, 681 sq. 

Cum serimus coelum ventis aperite serenis 

(Aglauros) 
Cum latet aetheria spargite semen aqua. 

(Herse u. Pandrosos) 

Diese Bedeutung der drei Tochter war den Alten selbst auch kei- 
neswegs unbekannt. Steph. Byz. XyQavtij (p. 11, 6 West.): TQSIS 3e 
qffav ano TOJV av^ovTiov roiis XKQTIQVS (ovofjaOftfrcti 



339 

Aber, indem sie ihn pflegen, b'ffnen sie die Kiste, da der 
Keim, vom Thau genahrt, die Hiille des Erdreichs durch- 
bricht und zu dem Lichte strebt, der Thau selbst dagegen, 
von dem Keime und der Erdenhiille aufgenommen, ver- 
nichtet, getodtet wird. Dies ist wohl der Sinn von dem 
Tode der drei Schwestern, von dem ich nicht anstehe zu 
behaupten, dafs hierbei allerdings die Sage, wonach er 
durch den Drachen selbst bewirkt wird, alter sei als die 
andre, vielleicht durch die Tragodie gebildete, der zufplge 
die Tochter des Kekrops sich im VVahnsinn von der Burg 
herabstiirzen ul9 ). 

Die Schlange ist Symbol fur die zeugerische Kraft des 
Erdlebens. Man kam wohl auf dieses Symbol, indem man 
von der Aehnlichkeit geleitet wurde, die zwischen dem 
stillen, verborgenen, heimlichen Wirken des Keimes, iiber- 
haupt alles Erdenlebens,. welches sich aus dem Schoofse 
der Erde hindurchwindet zum Licht und Leben und der 
verborgenen, heimlichen, schlupfenden , unraittelbar an der 



] II. 'E. '^j/pai/Aof. Sie heifsen daher auch IIuQ&lvQi 24yQttv- 
Eurip. Jon. 23 (,,die auf dem Acker hausenden Jungfrauen, eine 
Art agrarische Nymphen." O. Miiller Encycl. p. 78. Kl.Schr.II. !.!.) 
vgl. Hesych. I. p. 64. '^yQavkoi ot Iv ay^y vvxTSQevovTSs- 

1419 ) Obgleich dies freilich auch nicht blofse Fiktion sein, son- 
dern, was Welcker Tril. p.285sq. und Creuzer III, 393 meinen, 
auf ein wirklich beim Kult gebrauchliches ehemaliges Menschenopfer 
zuriickdeuten mag. Denn Menschenopfer war anch in Salamis auf 
Kypros bei diesem Dienste, wo, wenigstens spaterhin, der Aglauros 
jahrlich (im Monat Aphrodisios, den deshalb Welcker Ep. Cycl. 
p. 303. not. 486 fur einen Fruhlingsmonat halt, wahrend -er nach 
Ideler der erste Herbstmonat war, freilich nur im Paphischen 
Kalender; denn die Salaminier hatten mit einiger Umstellung 
die aeg. Monate, vgl. Ideler.) ein J'ungling geopfert wurde, den man 
mit der Lanze durchbohrte. Porphyr. de abstin. n, 54. IV, 8. Vgl. 
Theodoret. Therapeut. Ib. VII. p. 894. ed. Schnlz. Cyrill. gegen Ju- 
lian. Ib. IV. p. 129. O. Miiller Encycl. .9. p.81.(Kl.Schr.II.p.l47.) 
Eng el Kypros II, 664 sqq. Euseb. P.E. IV, 16 (X, 9) in Constant, cp. 13. 

22* 



340 

Erde bin und aus ihr hervorkriechenden Schlange stattfand, 
der Schlange, die ja auch in etwas durch ihre Form rait 
den langlichen, im VVinde bin- und hergeschlangelten Ge- 
wachsen, und dadurch, dafs sie alljahrlich aus der alien 
Haul zu neuem Leben hervorgeht, rait dem Keime, der aus 
vergehendem Saamen ein neues Dasein enlwickelt, Aehn- 
lichkeit hat, und zugleich das grofste, auffallendste Tbier 
ist, welches unmittelbar an der Erde hinkriecht 142 ). Doch 
es bedarf bier keiner weitern Erorterung, da fiir unsern 
Zweck die einfache Erwahnung gentigt, dafs das Symbol 
der Schlange eiri solches ist 1421 ). Nur das will ich noch 
beilaufig bemerken, dafs auch die Schlange des Paradieses 
nicbts andres bedeutet als die Verfuhrung des Weibes durch 
die Sinnlichkeit des Geschlechtstriebes zum Genusse des- 
selben, wovon, wie bei Here und Aphrodite, der Apfel das 
Symbol ist 1422 ). 

Nachdem nun Erichthonios das Licht erblickt hat durch 
die zu ihm hindurchdringende Neugier der seiner wartenden 
Kekropstochter , iibernimmt seine weitere Pflege Athene 
selbst. Denn wahrend ihm in seiner Erdverhiillung zunachst 
der stille Thau und die Feuchte des Landes Nahrung gab 



so iist du. essen dein Lebelang." Anders deutet 
die Schlange (dqaxoiv) Forchhammer p. 57sq., indem er den Na- 
men von SQKCD, dg$Qaxa = TQ%CO ableitend sie fiir ein Symbol des 
lanfenden, sich schlangelnden Flusses erklart. Dagegen Gerhard 
Hyperb. Rom. St. 1, 14. not.: ,,S6 dient die feuchte, am Erd- 
boden haftende Schlange zarn sprechenden symbolischen Ausdruck 
der frachtbar feachten Erdkraft, wahrend abgezogene Eigenschaften 
and Erscheinungen desselben Thieres zar allegorischen Bezeichnung 
abstrakter Begriffe, der Heilkraft, der Klugheit, endlich gar der Zeit 
und Ewigkeit werden." 

1421 ) So fahrt Demeter mit Schlangen auf unzahligen Denk- 
malen. 

Schlange = phallus. 

Apfel = testicnH. 



341 

.und seine Hiille dadurch luftete, findet er nunmehr sein 
Gedeihen durch die Fiirsorge der Wolke, die mil befruch- 
tendem Regen ihn weiterem Wachsthum entgegenfuhrt. So 
gedeiht Erichthonios unter Athenens Schutz 1423 ). 



14Z3 > Der Uebergang dazu, dafs Erichtlionios Konig des Attischen 
Landes wird, 1st nicht so grofs, wie es vielleicht scheint. Wenn 
eininal die glaubige Phantasie den gedacliten Vorgang im Naturleben 
sich unter dem Bilde des Erichth. vergegenstandlicht hatte, so ward 
selir leicht aus ihm zugleich das Bild des ersten Ackerbauers des 
Attischen Landes und, inwiefern die altesten Bewohner von Attika^ 
welchen diese Mythe zu eigen war, Ackerbauer waren, aus dem 
Erichth. der Landesheros, von welchem sie selber abstammten. Daher 
auch, weil jedes Volk Anspruch auf das hochste Alter macht, Erichth. 
geradezu der erste Mensch genannt wird, Sch. zu Aristid. Panath. 
p.f02 Jebb. .';. 

Es bedarf nach dem, was eben iiber die Bedeutung des Erichth. 
gesagt ist, keines weiteren um den Sinn der Angaben zu verstehen, 

1) dafs er Konig von Attika war; 

2) als Schiedsrichter zwischen Poseidon und Athene 
dieser Attika zusprach. Apollod. III. 14, 1 (wo jedoch 

. . Westerm. 'EQvaix&ovK hat, was, wie wir sehen werden, in, der 
Sache nichts andert, und Apollod. der Meinung einiger wider- 
spricht, dafs Erichth. Schiedsrichter gewesen. 

U) dafs er den Dienst der Athene stiftete, ihr auf der 
Akropolis einen Tempel baute und ihr zu Ehren 
die Panathenaen anordnete. Hygin. P. A. II, 13. p. 446. 
Stav. Hellenic, b. Harpocr. HKV. (fr. 13 St.) Chron. Par. X, 1 7. 
p. 562Miiller. (C. Inscr. II, 300). Schneidewin Philol. I, 1. 
p. 11 sq. Stav. z. Hygin. 1. I. p. 447. not. 11. Apollod. Ill, 14, 6. 
Philoch. bei Harpocr. Kavr}(p6(ioi. 

4) dafs er zuerst das Viergespann anschirrte (Aristid. 
h. in Min. Vol. I. p. 12 Jebb. p. 18 Bind. Aelian. V. H. Ill, 38. 
Virg. Georg. Ill, 113 sq. Plin. H. N. VII, 56. Daher begleitet 
Erichth. die Rossebandigerin Athene unter den Figuren des 
westlichen Giebelfeldes vom Parthenon, s. Creuzerzu Stuart's 
Alterth. v. Athen. I, 544 549 der deutsch. Uebers. Bockh 
C. J. II. p. 313 (zu Chron. Par. 1. 1.), weshalb er auch spater als 
Fuhrinann unter die Sterne versetzt.wurde. Hygin. 1. 1. 

5) dafs er entweder (vgl. Creuzer III, 512sq.) 

) selbst Schlange war (Hygin. 1. 1. p. 447), oder 
6) nur Schlangenfiifse hatte (Hygin. 1. 1. p. 447. fb. 166. 
Serv. z. Georg. Ill, 113. 



342 

Ich komme zu den drei Schwestern Herse, Pandrosos 
und Aglauros. Allen dreien wurden zu Athen bedeutsame 



Die Bewohner Attika's verehrten seit den altesten Zeiten, gemafs 
dem Charakter der Pelasger, Goiter, die sick auf Ackerbau bezogen. 
(Darauf geht aach der Mythos von Androgeos und Eurygyes.) Solche 
Bezieliungen and daher aucli natiirlich grofse Verwandtschaft mit 
der eben behandelten Sage von Erechtheus treten uberall deutlich 
hervor. Aufser Erechth. namlich wird ein anderer als Autochthon 
gesetzt. Mit Agraulos, der Tochter des Aktaios, zeugte Kekrops 
den Erysichthon, die Agraulos, Herse und Pandrosos (Apollod. Ill, 
14, 2. Pans. I. 2, 5. Vgl. O. Miiller Kl. Schr. II, 89). Ueber die Kin- 
der des Kekrops so wie uber seine Gemalin Agraulos kann kein 
Zweifel stattfinden; dieselben Nainen haben wir vorhin erortert. 
Erysichthon ist ganz identisch mit Erechtheus, ,,der Erdaufreifser" 
(s. Preller Demet. p. 331. not. 7)., der Ackersmann. Aktaios, der 
Vater der Agraulos, ist wohl schwerlich etwas anderes als eihe Per- 
sonifikation des Kii stenstrich.es (KXTTJ), wie einst ganz Attika ge- 
heifsen haben soil (Steph. Byz.). Kekrops selbst mufs dasselbe be- 
deuten, was Erechtheus, denn an ihm haften dieselben Sagen. Denn 
anch er heifst avrox&wv (Apollod. Ill, 14, 1. Anonym, de incred. !. 
p. 321, 5. West. Myth.), Sohn der Erde (Antonin. Lib. 6. Hygin.fb.48. 
Euseb. Canon, chron. II. p. 226. ed. Mai) oder des Hephaistos (Hygin. 
fb. 158.) und wird zwiegestaltig (Supvris, Sch. Aristoph. Vesp. 438. 
Plut. 773. vgl. Creuzer Symb. Ill, 390. not. 1. Anonym, de incred. 1.1. 
u. Westerm. Myth. p. 374, 32) genannt, oben Mensch nnten Schlange 
(Apollod. Ill, 14, 1 u. v. A.) Somit ist denn Kekrops ganz in der 
Reihe agrarischer Kulte, zu der auch Erechtheus gehort. Und diese 
seine Wesenheit tritt auch in dem hervor, was sonst noch von ihm 
erzahlt wird : dafs er statt blutiger Opfer Kuchen (n&avoi) darge- 
bracht; den Streit zwischen Poseidon und Athenen (angeblich hatte 
der uralte Epiker Palaiphatos aus Athen auch geschrieben lAd^vas 
fQiv xal Iloaeidcavos 7irj a, Suid. s. v.), von denen jener auf der Burg 
einen Quell, diese eirien Oelbaum hervorgehen liefs, zu Gunsten der 
letzteren entschieden habe. Wie eng er iiberhaupt mit dem Dienste 
der Athene zusammenhangt, sehen wir daraus, dafs sein Grab auf 
der Burg im Tempel der Athene /ZoAtou^off war, grade wie Erech- 
theus das seine in dem der Polias hatte (Antiochos fr. 15 Mull.), und 
dafs ein Kekrops uns in Verbindung mit Athene noch mehrfach be- 
gegnet. So sollte das Diadische Athen auf Euboia einen Kekrops 
zum Griinder haben (O. Miiller Orch. p. 116), desgleichen Athen 
und Eleusis am Triton in Boiotien von einem Kekrops gestiftet sein, 



343 

Gebrauche gefeiert I484 ) und waren, wenigstens den beiden 
letztern, Heiligthumer daselbst gewidmet. 

Aglauros I425 ) hatte ihren Tempel auf der Nordseite der 
Akropolis 1426 ). Hier schworen die mit Schild und Lanze 
ausgeriisteten Epheben den Eid, nach Kraften das Vaterland 
und sein VVohl im Kriege und im Frieden zu erhalten, zu 
vertheidigen und zu mehren 142r ). Der Grund lag in dem 
Wesen der Agraulos, als einer das Gedeihen und das 
Wachsthum befordernden Gottheil; obgleich die Mythe einen 
andern angiebt: Als in einem Kriege die Athener das 
Orakel erhiellen, der Krieg werde enden, wenn Jemand 
freiwillig fiir die Stadt in den Tod gehe, da war es Agraulos, 
die, sich dem Vaterlande opferte. Es versteht sich aus dem 
vorhergehenden eigentlich von selbst, dafs Agraulos von 
der Athene nicht eigentlich verschieden ist, ebensowenig als 
Herse und Pandrosos. Zum Ueberflusse lernen wir es 



(lessen Heroon in der alten Stadt Haliartos noch Pausanias sah. 
(O. Muller a. a. O. Pans. IX, 33, 1). 

Es wiirde uns hier yiel za weit fdhren, wenn ich in derselben 
Weise, wie Kekrops und Erechtheus, die ubrigen mythiscben Per- 
sonen der attischen Urgeschichte and ihre Genealogien behandeln 
wollte. Die Riicksichten, nach denen sie aufgefafst und gedentet 
werden konnen, sind in dem Bislierigen gegeben, and wird die An- 
wendung auf die hier nicht zu besprechenden Heroen leicht sein. 
(Ueber Halirrhotios, Sohn des Ares nnd der Aglauros, s. O. Muller 
Encycl. p. 78. . 5. (Kl. Schr. II. p. 140.); iiber Bovtfyris Preller 
Demet. p. 290 sqq. vgl. 391 sq.). 

1424 ) Creuzer Symb. Ill, 393. 

1425 ) Hesych. I. p. 54 sq. "Aylavgog. &vyaTrj() K^xgonos' naga rf 

^i.TTl)tOlS Xttl OfAVVOVfflV XKT* KUTJJf. 7JV fit ifyeitt T^S !4#7JVCCff. 

14J6 ) Herod. VIII, 53. O. Muller Encycl. .9. p. 80 sq. (KLSchr. 
II, p. 146.) 

* 4 ") Vgl. die Cit. bei Hermann Antiqt. I. .123,7. Diesen 
Eid setzten Bockh Ind. lect. 18 19 / 20 und Vomel Z. f. A. 1846. 
no. 9. p. 68 70 mit einem Feste der Agraulos in Verbindung, wel- 
ches sie Agraulien nennen und an das Ende des Sommers oder 
Herbstes verlegen. 



344 

zunachst fur Aglauvos aus Harpocr. s. v. y 'Aykav()og 37 
yavTjQ KexQortog. eon de xal STCWW(.IOV Id&qvas 1428 ). Der 
Agraulos oder, wie wir sagen konnen, der Athene Agraulos 
waren bestimmte Feste zu Athen geweiht, die xaM,vvriJQict 
und nhvvTrjQia, an welchen das Bild der Goltin gewaschen 
und geschmiickt wurde 1489 ). 



1428 ) Vergl. Meurs. lectt. Attic. II, 13 in Gronov. Thes. Tom. IV. 
p. 1816 u. weiter^unten. 



s. v.: KaJJ.vvrriQiK XKI HivvT^Qia eoQTcav 
KVTKI OKQyrjiKovos /urjvbs, IwccTy /ntv tnl d4xa 
, devrfyq Ss (f&Cvovtos T II^vvxriQitt. to. 81 H^WTr/Qicc tptjai 
[TO fierci] rov S&VKTOV rijs lAyqavkov ivtos Iviavrov pr\ 7il.v&rjvKi ras 
[ISQKS] 109-rJTas, ft^' OVTIO nfod-efaus rr]V ovofjLctaiKV Aa/Seij/ ravTTjv. TCC 
3s KaMwrriQiK, on TTQCOTTI Soy.i % "AyQavkos ysvopfri] t^Qficc fovs 
&sov$ xoGfirjaai' dio y.ai KaMwrriQict aim) antdsi'Zav xal yag TO 
[xaklvveiv XKI] xoapsiv xal hafinQvytw Zartv. jjVon diesem Artikel 
besitzen wir noch. einen im Ganzen kiirzeren, im Einzelnen aber 
vollstandiger erhaltenen Auszug in den -dsts QTITOQIXCCI in Bekkers 
Anecd. I, p. 270. Derselbe lautet: .[jfiuaAAuvr^ia] unb TOV xaikvvetv 
xtu xoGftelv XKI A,a t u.7TQvvsiv. 'LfyQKvkos yQ ifysia TiQcarr] ysvopfrr] 
TOVS &eovs IxoGftqae. HlvVTi'iQiK Se xateirui dia TO /LISTK IQV &KVKTOV 
Trjs \AyQttvlov ivos (1. twos') IvictVTOv [tfj Trfo&rjvKt ras legas la&rJTccs. 
Die im Text des Photios eingeklammerten Worte sind aos diesem 
Auszoge erganzt, dessen erstes Wort wieder aus dem Photios er- 
ganzt ist." Petersen Z. f. A. 1846. no. 73. p. 578, not. 3. ,,Nach 
dieser Stelle, s. Petersen 1.1. p. 578, wie sie vorliegt, wurden die 
Kallynterien, an denen Agraulos die Gotter schmuckte, am 19., und 
die Plynterien, an denen man die heiligen Kleider wusch, am 29. 
ThargeLion gefeiert. Wenn nun, wie ans andern Stellen zu entneh- 
men ist, das Anlegen der Kleider und das Schmucken sowie die 
Entkleidnng und die Wasche der heiligen Gewander sich zunachst 
auf die Statue der Athene (das agzalov Pgercts im Tempel der Polias) 
bezog, so ware die Gottin nur zehn Tage im Jahre bekleidet, die 
ubrige Zeit unbekleidet gewesen. Dies ist nun sowohl an sich un- 
denkbar, als auch deshalb (p. 579), weil bei der Entkleidung der 
Tempel eingehegt und der TJenutzung Ungeweihter entzogen ward, 
das Jahr hindurch aber manche Feste gefeiert wurden, an denen der 
Tempel znganglich sein mnfste. Denn dafs hier an das Bild der 
Athene . Pallas im Ereclitheum zu denken sei, ist allgemein anerkannt. 
Man mochte zunachst an eine einfache Umstellung der Daten oder 
Festnamen denken, allein daran hindert uns eine andere Angabe 



345 

Ein besonderes Geschlecht, das der Praxiergiden, ver- 



iiber die Zeit der Plynterien, deren Urlieber glaubwiirdiger ist. 
Plutarchos nemlich im Leben des Alkib. c. 34. berichtet von dessen 
Riickkehr nach Athen im Jahre 411 v. Chr. Folgendes: OVTOJ Ss TOV 
lAlxijtiadov iafj.7iQ(3s evrjfieQOvvTOS, VTI^Q-QKTTSV IvCovs ofiotg 6 rrjt, xa&- 
6Sov xaiQos' y ^KQ ijj xctTSTiktvaev, I^QUTO TK II^vvT^Qtct Trj &eqi. 
(,,Beim Hesjch. heifst es dagegen: H^VVT^QICC EOQTT) l&riv)jai, f)V Irii 
IdLyqavko) , T?J KexQOTios ftwyctTQi ayovatv, was auf die Identitat der 
Agraulos und der Gottin schliefsen lafst." Vgl. oben) dgtoGi rfe .TK 
lQa'giSQytdtti QKQyrjhdavos XT$ (pfKvovros dno^rjTa, TOV TS 
xa&siiovTSS xai TO eSos xctTaxaimpavTes, o&ev v Tats 
T(3v Kno<f'QKd(ov TTJV riftl-oav TKVTT]V ItTiQttZTOV IdS^VKiQ 
Obgleich nun wohl Niemand die Richtigkeit der Angaben beim 
Pliotios wird yertheidigeti wollen, so ist es doch auch schwer, eine 
Verderbnifs zweier Zahlen anzunehmen, die nicht in Zeichen aus- 
ge,driickt, sondern in Worten vollstandig ausgeschrieben sind. Neh- 
men wir deshalb eine mit Auslassung verbundene Umstellung der 
Daten an, wie sie bei einem so ungeschickten Auszuge leiclit moglich 
war, so konnen die Daten Anfang und Ende einer Reihe von Festen, 
deren Mittelpunkt Plynterien und Kallynterien bildeten, bezeichnen, 
wie sie im Attischen Kalender haufig vorkommt. Dies ist nun aber 
keine bios willkuhrliche Annahme^ sondern wird durch Zeugnisse 
beglaubigt. Wir wissen, dafs der Drittletzte jedes Monats, also auch 
der 28. Thargelion (denn dieser war ein voller Monat d. L. we- 
nigstens in diesem Jahr ) der Athene heilig war (s. O. Miiller 
in der Allg. Enoycl. Sect. III. Bd. X. p. 85). Dieser Tag fallt aber 
innerhalb der angegebenen Zeitgranze. Ferner mufsten die Kallyn- 
terien auf die Plynterien folgen; wenn man also nicht annehmen 
will, dafs sie den Schlufs dieses Festcyklus gebildet haben, weil 
allerdings nicht wahrscheinlich, dafs das Bild der Gottin mehrere 
Tage unbekleidet gestanden habe, so miissen sie zwischen dem 26. 
und 29. gefeiert sein." Durch Kombination sucht nun Petersen 
wahrscheinlich zu niachen, dafs diese Feste folgendermafsen gefeiert 

worden: 

Thargelion 

19. Bevdtdeta (Procl. z. Tim. p. 9 _ ,, T , in 

20. fu.27,Basil.). Peters. p. 579 sq. Jum *iu. 

21. \ 

22. f Eintragung in das ItfiaQxixov. 1 Petersen 

23. f Leistung des Biirgereides im Haine der Agraulos.S _ R . * 

24. J Wahl der Magistrate. | p.aoi 



25., 

26. j 

27. * 

28. 
29. 



Plut. Alcib. cp. 34. 

s. oben. = 812. Juni 410. 

verl. Phot. 1.1. 



346 

waltete diese Gebrauehe 1430 ), wahrend welcher die ganze 
Stadt alle Geschafte ruhen liefs und wenigstens Einen der 
Festtage mil offentlicher Trauer beging 1431 ). Daher sahen 
es einige von den Athenern als ein Loses Omen an, dafs 
Alcibiades an dem Tage, 77 FLhvvziJQtct rjyev i] noXig, mil 
der Flotte im Peiraieus einlief. 

Man fragt rait Recht nach der Bedeutung dieses Festes. 
Wir diirfen uns schwerlich rait der Erklarung befriedigen, 
dafs das Waschen des alien Holzbildes und seiner Kleidung 
dem Kullus angehore, welcher die Bilder der Gottheit nach 
der Analogic eines menschlichen Korpers behandelte 1432 ). 
Schon die enge Beziehung, in die Aglauros, die wir als 
durchaus zu dem agrarischen Mythenkreise des Erich- 
thonios gehorig kennen, zu diesem Feste gesetzt wird, la'fst 
uns vermuthen, dafs das Fest selbst nicht ohne agrarische 
Beziige gewesen sei. Und dies wird uns nun allerdings 
bestatigt durch eine Notiz der Lexikographen U33 ) , wonach 
der Gottin an den Plynterien eine Feigenmasse dargebracht 
wurde zum Andenken an diese erste Nahrung civilisierteren 
Lebens. 



O. Miiller (Pliilol. Mus. Cambridg. Vol. II, 234.) setzte die 
IIlvvT. auf den 21. oder 22. Thargelion am dritten Tage nach den 
Bendideien, wahrend Dodwell (de cyclis p. 349) und C.Hermann 
(Ant. II. . 61) die abweiehende Bestimmung bei Plutarch aus der 
Ausdehnung des Festes iiber mehrere Tage erklaren. 

143n ) Hermann 1. 1. not. 5. Welche Stelle dabei den beiden 
Madchen nkvvTQiSzs oder lovT^CSsg (Phot. p. 231) zugekommen, und 
in welchem Verhaltnifs sie sowohl als auch der xaTavfntrjs, der den 
Schmutz unter dein nsnkos (XKTCO TOV -ntnKov) abzuwaschen hatte 
(Etym. M. p. 499), zu dem Geschlechte der Praxiergiden stand, wissen 
wir nicht. 

143 Plutarch. 1.1. Xeuoph. Hellen. I. 4, 12. 

1432 ) Hermann Antqt. II. . 61. p. 318. 

1433 ) Hesych. l //yjjr^/. Etym.M. p. 418: fiyrpogiti ncdci&ri auxcov, 
i]V ITU. ry nofiny TCOV 2Ii.vvrrj(ii(av (pfyouffir, ott qfiSQOv Tccvryf 

lW|j/ro. Vgl. Eustath. z. Od. p. 1964, 12. 



347 

Anm. 1. ZfiluvTifettt auf Paros. C. Inscr. no. 2265, 23 (Tom.II,218). 
Paros hatte hebst andern Inseln des ionischen Meeres 
ionische Bevolkerung aus Attika erhalten. Vgl. Hermann 
Antqt. I, . 77. p. 166. Bergk Monatskde. p.26. 

Anm. 2. Steph. Byz. ^yQavlri (p. 11, 4 West.) Srjpos lAS^v^ai Tys 
'jEQ%driC3os (pvtijs. Doch schrieben, wie Steph. selbst sagt, 
andre IdyQvJ.rj, und diese ScLreibart wenigstens 1st vorzu- 
zielien, obgleich man auch diesen Namen der Phyle Erech- 
theis auf einen mytliischen Hintergrund und zwar den des 
Erechtheus und der Aglauros wird zuruckftihren miissen. 
Ebenso die nol.ig ld.0-r}vai<ov unoixog v ZagdoZ, ano TOU 

T) Sleph. Byz. 1. 1. p. 11,8. 



Diese Bedeutung des Festes der Plynterien und Kal- 
lynterien wird noch deutlicher durch das der Herse zu 
Ehren gefeierte, die sogenannte 'EgaqqioQici. Von einem 
Heiligthume der Herse ist nichts ausfdriicklich iiberliefert. 
Forchhammer 1434 ) schlofs auf ein solches in der Nahe 
der Aphrodite sv xfaois ani ilissos befindliche aus Pausan. 
I. 27, 3. Indefs ist mir dies sehr zweifelhaft. 

Was den Nanien des Festes betrifFt, so schwankt der- 
selbe zwischen sQarjyoQia und a^jyqpog/a 1435 ), ebenso der 
Name der dabei wirkenden Madchen zwischen a^ijcpoQot 
und egQijcpoQOi; doch iiberwiegt die erstere Schreibart, und 
auch fiir den Namen des Festes wird aQfyyoQicc vorzuzie- 
hen, der andere nur aus der Bedeutung des Festes einge- 
fiihrt sein. Denn dafs die agQijcpOQia der Herse galten, ist 
sicher, wie aus dem Zeugnisse deslstros, so ausHesych. 1436 ): 
at vf] "EQOfl snvcehovvTes va vo^u^o^isva, und Moeris 1437 ): 
al vfjv dgoaov (pegovaai ff^'E^a^, obgleich auch hier, wie 



1434 ) p. 63. 

1435 ) Sch. Arist. Lysistr. 642 : ij^^o^ouv] ot ptv diet TOV a, 

cc, Zneidr) TK a$(ir)TK Iv xfarais (f(>ov rfj &t<5 at nttQ&svot. ot 

3 1 ft TOV SQGSqiOQlK. Tfj yKQ "Eptffl TTO^TTEUOl/fff, TJJ K&QOTCOS 

as taroQsl^'laTQos (fr. 17Miill.). 
t436 ) Tom, I, p. 1444. 
143T ) p. 141. 



348 

bei Aglauros und den n&vvnJQia die Athene immer die 
Hauptperson ist, daher Etym. M. p. 149 a^cpoQia' eoQTrj 
STtLTS^ov^tsvtj ifi \A.$riv( sv t< ^KiQocpOQicovi [trjvl; aus 
welcher Stelle wir zugleich sehen, dafs dies Fest im Skiro- 
phorion d. h. in dem auf den Thargelion folgenden Monate 
begangen wurde, also Juni/Juli. 

Es wurden aber hierzu vier junge Madchen von 7 11 
Jahren, die eben a^QrjyoQOL hiefsen, durch den aQ%cov {3aai,- 
hevg aus den atfligen Geschlechtern (V.O.T svysvsiav) er- 
wahlt 1438 ) und wahrend dieses Festes bei den heiligen Ge- 
brauchen verwandt. Das ganze Fest leiteten die Eteobu- 
taden, von denen gleich mehr gesagt werden soil. Zwei 
von diesen Madchen nahmen Theil an der Verfertigung des 
Peplos fiir die Gottin 1439 ); die beiden andern, welche in 
der Nahe des Tempeis der Athene Polias wohnten und sich 
einige Zeit bei der Gottin aufhielten 1440 ), mufslen, wenn 
das Fest da war, wahrend der Nacht Folgendes thun 1441 ). 
Die Priesterin gab ihnen etwas auf dem Kopfe zu tragen, 
wovon weder diese noch jene wufsten, was es sei; hiermit 
gingen sie zu einem Tteqi^o^og, nicht weit von der lA(pqo- 
dlrr] sv Kijnois, durch den man in eine unterirdische, von 
Natur vorhandene, Hohle kam, in welche die beiden 
Madchen hinabstiegen. Dort liefsen sie das, was sie mil- 
gebracht batten, und trugen darauf etwas anderes, aber 



.yj n fl zwar -wol!] schon ein Jahr vorher, wie man theils aus 
Pausan. I. 27, 3, theils daraus sieht, dafs das Weben des nenhos 
sclion am letzten Pyanepsion begann (Suid. /wAxfrn. Etym.M. p. 805.) 
Hermann G. A. . 56, 32. 

1439 > Etym. M. p. 149. Harpokr. p. 48. 

144 ) Vgl. Plut. Vit. Isocr. p. 244. 

1441 ) Sie waren init weifsen Kleidern und mit Gold geschmiickt 
(Etym. M. 1. 1.) und erhielten eine eigene Art Kuchen, 
(Hesych. u. Suid. vgl. Pauly Realencykl. Tom. I. p. 825. not.) 



349 

gleichtalls verhulltes, hinauf. Nachdem sie dies gelhan, 
wurden sie entlassen und amlre statt ihrer nach der Burg 
gefuhrt 1442 ). 

Was diese Madchen trugen? 0. Miiller 1443 ) denkt an 
recentes frondes et ramusculi, quae rore madida antro in 
vivo saxo excise servabantur 1444 ), Lobeck 1445 ) an inferiae. 
Das Wahrscheinlichste , auch von Lobeck angedeutete, 
raochte sein, dafs sie verhiillte Gefafse hintrugen und holten, 
Gefafse, welche dem Glauben nach ,,Thau" enlhielten, so 
dafs also die aus der Hb'hle auf die Burg gebrachten ge- 
wissermafsen ein Unterpfand bildeten fur den Thau der 
Saaten, und somit fur den Erndtesegen des attischen Lan- 
des, wahrend die beiden in der Hohle zuriickgelassenen 
von der giitigen Gottheit nach Jahresfrist, wenn man sie 
wieder holte, mit neuem Thau, wie man glaubte, angefiilit 
waren. Also nach jener geheimnifsvollen, symbolischen Be- 
ziehung des Mittels auf den Zweck, die dem natiirlichen 
Menschen so nahe liegt und daher uberall uns entgegen 
tritt. Hiermit stimmt auch vortrefflich Moeris p. 141: 
c E$Q7](p6()oi, al irp> dgoaov (psQovoai xfi "EgGfl, wo man 
weder mit Sallier und Pierson den Ace. dgoaov fiir 
falsch halten, noch weniger mit Kulenkamp zu Etym. M. 
p. 762 xr^v noftTtrjv tehovaai. andern darf. Ferner pafst zu 
dieser Annahme die Lage jener Hohle in den feuchten, 
thauigen Garten am llissos und die Hohle selbst, zu der 
der Sonnenstrahl, dieser Feind des Thaues, nicht hinzu 
konnte. Dafs Kinder zu dieser Feuchtigkeit vom Himmel 



1442 ) Pausan. I. 27, 3. Ein ausgezeichnetes Relief am Fries des 
Parthenon stellt die Priesterin und die Arrephoren dar. S. Stuart II, 
cp. I. pi. 24. 

1443 ) Min. Pol. p. 15. 

1444 ) Dafiir konnte man vergleichen Grimm Myth. p. 560 sq. 
144B ) Agl. II, 872 sq. 



350 

herabflehenden Feievlichkeit verwandt wurden, erinnert an 
Gebrauche, von welchen Grimm (p. 560 sqq.) berichtet. Sie 
sind noch unschuldig, und daher die Goiter giitig gegen sie. 

Uebrigens war die Besorgung des Festes und die Be- 
streitung der Kosten fiir den TrmAog eine eigne Litur- 
gie" 46 ). 

Auch der letzten der drei Schwestern, der Pandrosos, 
ist in dem altischen Kultus eine ganz nahe Beziehung zu 
Athene gegeben. Nicht nur dafs der Name Jldvd^oaog 
geradezu Beiname der Athene genannt wird 1447 ), sondern 
es hatte diese Tochter des Kekrops ihr eigenes Heiliglhum 
auf der Akropolis, das sogenannte IlavdQoaeiov, welches 
mil dem Erechtheion oder dem Tempel der Athene Polias 
zusammenhing; ihre eigenen ^ivGTriqia xai TsAsTai 1448 ), und 
ihr mufste, wenn man der wahrscheinlichen Verbesserung 
des Meursius U49 ) bei Harpokration [p. 112: sav ds Tig vfj 
^AQ-riv^ Svri ftovv, avayxalov laxi xal rfj Jlavdgoaq) (statt 
IlavdcoQa) -&vsiv oiv (.ISTCC (3ovs xcti exaheiTO TO &viia snl- 
fioiov\ folgt, ein Schaaf geopfert werden, wenn der Athene 
ein Rind dargebracht wurde 1450 ). Doch wissen wir Nichts 
iiber die Ceremonien der Pandrosos; ohne Zweifel waren 
auch diese ebenso mil denen der Athene verkniipft, wie die 
der Aglauros und Herse und bezogen sich gewifs in der- 
selben Weise auf Fruchtbarkeit und Gedeihen. 



1446 ) Vergl. Hermann Antqt. I. .161. not. 2. Schomann 
p. 326, 12. 

1447 ) Sch. Aristoph. Lys. 439. 
lll * s ) Athenagor. Legat. cp.-l. 
1449 ) Lectt. Att. Ill, 22. 

145 ) Bei der Pandrosos (j^ ir)V HavSgoaov Aristoph. Lys. 439) 
schworen die Frauen, haufiger noch bei der Aglauros (ov zot ftu 
rr\v ^ylavQOv Aristoph. Thesm. 533.), nie bei der Herse (Sch. Arist. 
Thesm. 533). 



351 

Diese Beziehung 1451 ) tritt auch ganz deutlich hervor 
an jener Procession, welche ia SxigocpOQia oder xa Sxlga 
hiefs und dem ganzen Monate den Namen gab 1452 ). Sie 
fand am 12. Skiroph. = 22. Juni stall und zwar in der 
Weise, dafs der Zug von der Priesterin der Athene und 
den Priestern des Poseidon oder Erechtheus und Helios 
nach Skiros geleitet wurde, nordwestlich von Athen, an der 
heiligen Strafse von Alhen nach Eleusis, wo das erste Saat- 
feld in Attika gewesen sein solite. Was aber der ganzen 
Feierlichkeit den Nainen gab, war ein grofser weifser Son- 
nenschirm (axlgov = cxiadeiov (.isya), unter dem die Prie- 
sterin und die Priester einhergingen, und nach welchem 
auch Athene selbst den Beinamen 2xigag hatte U53 ). Die 
Bedeutung dieser Feierlichkeit liegt auf der Hand. Sie 
wurde unternommen nqog ajioaTQoq>ijv TOV qhaxov xav- 
fj.aToe') darum die Verbindung jener drei Gottheiten, darum 
der weifse Sonnenschirm dies lelztere mil Riicksicht 
auf den schimmernden weifslichen Glanz, den die brennende 
Junisonne um Alles verbreitet 1454 ). Hiernach kann man 
auch beurtheilen, was von Gerhards Ansicht 1435 ) zuhallen 



VgL PreUer Demet. p. 124. 391. 

1452 ) Ueber dieses Fest vgl. die Citate bei Hermann II, . 61, U. 
Creuzer Symb. IV, 375. not. 2. Plutarch, conjng. praec.42. p.!44B. 
ld&r\VKioi TQsls KQOTOVS IsQOvs ciyovGi' nQwrov nl 2xiQO], TOV ncdKio- 
Tarov Ttov anoQiav vn6f.ivi]f^a. 

1453 ) Sch. Aristoph. Eccl. 18. Vesp. 926. Pollux IX, 96. Philoch. 
fr. 42 Miiller. Als solche hatte sie 

) einen Temp el in Phaleron. Paus. I, 1,4. 36,4. 
6) einen Tempel auf Salamis. Herodot. VIII, 94, vermuthlich 
auf dem Vorgebirge Skiradion. 

1454 ) Mifsbilligen mufs ich die Etymologie O. Miillers, wonach 
er den Namen der Ath. Skiras mit der weifsen kreidigen Beschafr 
fenheit des Erdbodens in der Gegend zusammenbringt (Pallas Athene, 
. 12, not. 82) und ihn von dem der 2xiQO(pogiK trennen will (. 23, 
p. 87), wahrend doch beide augenscheinlich zusammengehoren. 

1455 ) Auserles. Vasenb. p. 137 (196). 



352 

sei, der die Ath. 2xigas als eine beschattende mil dem 
chthonischen Dionysos in Verbindung bringt. 

Auch dieser Festlichkeit standen die Eteobutaden vor. 
Mil diesem Geschlechte verhielt es sich so. Bovvrjg 
war ein Sohn des Pandion und der Zeuxippe, B ruder 
des Erechtheus, Priester der Athene und des Posei- 
don 1456 ). Als seine Frau vvird Chthonia, des Erechtheus 
Tochter genannt U57 ). In dem Tempel der Athene Polias 
hatte er als Heros einen Altar neben denen des Poseidon, 
auf dem zugleich dem Erechtheus geopfert wurde 1458 ), 
einem Orakel zufolge, und des Hephaistos. Die Wande des 
Tempels aber enthielten Darstellungen auf das Geschlecht 
der Butaden bezuglich U59 ), welches sich riihmte, von dem 
Heros Butes abzustammen und gleich ihm den Priesterdienst 
der Athene Polias versah 1460 ). 

In dem Nainen l * 31 ) dieses Geschlechtes reflektiert sich 
der Kultus, dem es angehb'rte. BOVTJJS ist der Acker- 
bauer, der Bruder des Erechtheus, Sohn der Rofs- 
anschirrerin (Zeuxippe), Gemal der Chthonia, der Erd- 
jungfrau, die wiederum Tochter des Erechtheus war; er 
verwaltet ferner, so wie seine Nachkommenschaft, das 
Priesterthum der Athene Polias, deren Beziehung auf 



Apollod. III. 14, 8. 15, 1. 

1457 ) Apollod. III. 15, 1. 

** 58 ) Die Epidaurier hatten sich verpflichtet jalniiche Opfer dar- 
zubringen rjjf I4&ijvtt(g TS ry noltaSi xal Tft5 'E(>ex&ti (Herod. V, 82). 
Vielleicht an den jahrlichen Panathenaen. S. B, 546 sqq. u. Herod. 

VIII, 55. 

1459 ) Pausan. I. 26, 5. 

146 ) Vgl. O. Miiller Min, Pol. p. 8 sqq. 43 sqq. Bofsler gent. 

sacerd. p. 1 sqq. 

1461 ) Ritter Vorhalle p. 403 leitet den Namen der Butaden Ton 
dem vergotterten Religionslehrer Indiens, Buddha, her. 



353 

Ackerbau sich aus ihrem Verhallnifs zuni Buzyges 1462 ) 
ergiebt. 

Das Erechtheion, um auch von diesem Einiges zu sa- 
gen, bestand eigentlich aus drei kombinierten Gebauden: 
dera Tempel der Athene Polias, dem eigentlichen Erechtheion 
(auch Kekropion genannt) und dem Pandroseion. Es lag 
auf der nordlicheri Platform der Akropolis und war, wie 
wir bereits gesehen haben, der Schauplatz der bedeutsam- 
sten und altesten Cerimonien. Im Innern befand sich das 
alteste Holzbild der Gottin, ihr heiliger Oelbaum 1463 ) und 
ein Brurinen mil Meereswasser , den Poseidon entstehen 
liefs. Hier brannte auch eine ewige Lampe 1464 ) und stand 
ein Hermes von Holz, der Sage nach ein Weihgeschenk 
des Kekrops, und ganz in Myrthenzweige eingehiillt. Dies 
war offenbar ein phallischer und deshalb verhiillter Hermes, 
der passend seirien Platz in dem Tempel der Gottin hatte, 
die hie r als die Segen und Gedeihen verleihende verehrt 
wurde 1465 ). 

Die Athene TI&QWV*] zu Phlya fafst 0. Muller 1466 ) 
als gleichbedeutend mit TqiTcovrj, aus dem jener Name durch 



14b2 ) Ueber ihn und sein Gescblecht vgl. Bofslerl. 1. p.lOsqq. 
Preller Demet. p. 290 294. 

1463 ) Ov% OQKS iov HeiataTQaTOV TOV c !EAA7jv, rov ld&i\VKiov t Ini 

ir}V KXQOTlohv CCSl &eOVTK, (aGTlSQ TTJg KvSctlfJLOVtaS aVTO} XKTO()Vy(J.VT]S 

ixsl Gvv rfj IkaCn TTJ Tialctia, XKV ZzTisar) fj,r] KV%6[AVOV xa&' r\Gv%lav 
Jv ; Maxiin. Tyr. XXXV, 2 Reisk. ' 

1464 ) Der eine Palme von Erz als Schornstein diente. Pausan. 
I, 26, 7. Vgl. Jahn. Arch. Beitr. p. 41. 

1465 ) Vgl. Welcker Tril. p. 287 sq. Was die Verhullong 
betriflft, so konnte die vielleicht auch ein en ahnlichen Bezug auf 
herbeizuschaflfenden Regen haben, wie ahnliche Sitten bei den Serben 
und Neugriechen. Grimm p. 560. Vergl. iiber das Erechtheion 
Mullera.a.O. Encycl. p. 79 sq. .6sq.(Kl.Schr.II.p.l41sq.) Leake 
Topogr.v.Athen. Inwood u. Quast. Das Erechtheion. Berlin 1840. 

1466 ) Kl. Schr. 152, not. 93. 

Lauer Griech. Mythologie. 23 



354 

Versetzung entstanden sei. Gerhard 1467 ) iibersetzt ,,die 
Warmende." Wie dem auch sei, diese Athene ist dadurch 
als eine a gr arise he charakterisiert, dafs sich der Altai* 
derselben neben denen anderer Gotlheiten des Ackerbaues 
fand, der Demeter Anesidora, des Zeus Ktesios, der Kore 
Protogone und der Erinnyen 1468 ). Hierher ware auch die 
Athene nctvict (mundartlich fiir ntyapovrj, Sattigung, Ueber- 
flufs) in Argos 1469 ) zu ziehen, wenn die Lesart als eine 
richtige angenommen werden konnte. Wenn die Wolke 
das Erdreich befruchtet, und daher die Wolkengottin dem 
Ackerbau vorsteht, so ist natiirlich, dafs sie auch den Pflug 
erfiinden, Pferde und Ochsen anschirren und ackern gelehrt 
hat. Athene fiihrt deshalb die Beinamen *AyQicpa U7 ) 
(Spaten, Rechen), /?oa^/wm 147i ), povdeia 1472 ) , vavgorto- 
Aog 1473 ), tTTTr/a-fi/a 1474 ) xaAtvmg 1475 ), die dem Bellerophon 
das Wolkenrofs Pegasos gezugelt, und daiiaaiTiTtog 1 " 6 ), die 
Rossebandigerin. 

2. Die ethische Athene. 

a) Die Vorstellung von dem keuschen und jung- 
frauliclien Charakter der Wolkengottin Athene ist nicht 



1467 ) Hyperb. Rom. St. 1, 39. 

1468 ) Pausan. I. 31, 4. 
469 ) Paus. II, 22, 9. 
147 ) Hesych. 

1471 ) Tzetz. Lye. 520. 
1412 ) Potter z. Lye. 358. 

14 ") Sch. Aristoph. Lysist. 448. Snid. s. v. Welcker Ep. Cycl. 
II. not. 32. Vgl. oben Artemis lavqonolos p. 296. 

1474 ) Pans. I. 30, 4. Pind. Ol. XIII, 79. Soph. O. C. 1070. Vergl. 
Spanh. z. Callim. Pall. 6, p. 610. und oben Erechtheus. BockhExpl. 
Pind. p. 468. 

1475 ) Paus. II. 4,1. Volcker Japet.156. Eckhel D.N. Tom.II. 
237 sqq. Vgl. Pind. Ol. XIII, 81 sqq. 

1476 ) Schol. Aristoph. Nub. 967. 



355 

eine durch Reflektion vermittelte, sondern aus der unmittel- 
baren Anschauung der Wolke sich ergebende. Aus den 
Gewassern sich bildend zieht die Wolke von ihnen an das 
Hiinmelsgewolbe hinauf ; erscheint dies nicht wie eine Fluent? 
als-ob die Wolke, die feuchte Umarmung dessen, der sie 
erzeugle, fliehend sich dem Himmel in die Arme wiirfe, 
damit sie, selber licht und rein, in den himmlischen, von 
allem irdisch-materiellen freien Raumen ihre Unschuld be- 
wahre? Dieser aus dem Hinaufziehen der Wolke her- 
riihrende Eindruck ist denn auch wiedergegeben in dem 
oben erwahnten Mythus, wonach Athene, ihrem Vater Po- 
seidon ziirnend, sich dem Zeus zur Tochter gegeben habe; 
sowie in demjenigen, was Herodot 1477 ) weiter iiber Fest- 
gefirauche berichtet, vvelche die Machlyer und Auseer an 
dem See Triton, der Geburtsstatte der Athene, ihr 
zu Ehren begehen. ,,An dem jahrlichen Feste der Athene 
kampfen die Jungfrauen der Machlyer und Auseer in zwei 
Parteien wider einander mit Steinen und Kniitteln , indem 
sie, wie sie sagen, nach Sitte ihrer Vorfahren ihre einhei- 
mische Gottin feiern. Die Jungfrauen aber, welche an ihren 
Wunden sterben, nennen sie unechte Jungfrauen. Und 
ehe sie den Kampf enden, thun sieFolgendes: Sie schmucken 
gemeinschaftlich die preiswiirdigste Jungfrau von beiden 
Parteien mit einer vollstandigen hellenischen Riistung und 
einem korinthischen Helme, setzen sie alsdann auf einen 
Wagen und fahren sie rings um den See". Aber auch 
abgesehen von ihrer Flucht aus den Gewassern erweckt die 
in den reinen Hohen des Aethers schwebende Wolke die 
Vorstellung des Keuschen und Jungfraulichen ; und daher 
erklart sich denn auch, dafs ein anderer Mythus die Athene 
ihren Vater Pallas gerade deswegen erschlagen liefs, weil 

*") IV, 180. 

23* 



356 

er.ihr.hatte Gewalt anthun wollen. Der My thus von dem 
AngrifF des Hephaistos auf die Athene ist schon oben 
(p. 336 sq.) gedeutet. Wegen dieses ihres jungfraulichen 
Charakters fiihrt die Wolkengb'ttin die Beinamen 
vos U78 ) (ihr Tempel TKXQ&GVWV, Jungfrauengemach), a 
und x#ag(m>e 148 ). Schon oben (p. 59 sq. not. 44.) ist 
darauf hingewiesen, dafs wir zur Bezeichnung geistiger Zu- 
stande dieselben Ausdriicke gebrauchen, wie bei den natiir- 
lichen. Weifs ist die Farbe der Unschuld und Keuschheit, 
Schwarz die des Bosen (schwarze Seele); das natiirlich 
Leuchtende und Klare erscheint auch als das geistig Er- 
leuchtete, Klare (heller, klarer Kopf, Verstand). Das Weifse 
wird zum Wissen. So weckte die helle, klare Wolke, als 
Personlichkeit angeschaut, die Vorstellung von einer klugen, 
wissenden Gottheit; nimmt man hinzu, dafs uns derGeist 
selbst unter dem Bilde des Hauches erscheint, der Hauch 
aber mit der Wolke im nachsten Zusammenhange steht, so 
ist die Beziehung des Geistes zur Wolke noch inniger. 
Vergleiche die Erklarung eines Kirchenvaters zu der Stelle 
im II. Buch Mose, 13, 21 (Wolkensaule) : nvevfiafog yaQ 
vecpshij ffVjW/SoAoj' 1481 ), wo der Hebraische Ausdruck das- 
selbe Bild giebt. Daher.ist Athene, die Gbttin der lichten, 
glanzenden Wolke, als welche wir sie oben (I, a) kennen 
lernten, . nohvf}ovhos usz ), itQovoia (zu Prasiai in Attika in 
einem vom Diomedes gestifteten Heiligthum 1483 )-, zu Delphi, 
und zwar diese nicht zu verwechseln mit der ebendaselbst 



1478 ) Horn, hymn. 9, 3. Jahn Arch. Zeit. 1848. no. 15. 

* 479 ) Schpl. Arist. Nub. 967. 

148 ) Aristid. hymn, in Minerv. Weitere Angaben iiber diesen 
Charakter der. Athene s. b.ei Jacobi-Lex, p. 161. 

1481-j Yg^ ^j e yersqhiedenen Bedeutungen von ns^ffuS im Lex. 
u. Euphor. fr. 76. 

" 82 ) ,260. 

1483 ) Bekker Anecd. I. p. 299. 



357 

verehrteii nqovaia, s. tmten) und [,i<x%aviTig 1484 ) (zu Megalo- 
polis), woraus auch eine Ath. cpdoffocpog gemacht ist 1485 ). - 
Die kluge Wolkengottheit steigert sich zu einer prophetic 
schen. Als solche stand sie im Heiliglhume des Apoll zu 
Delphi 1486 ); dem Teiresias veriieh sie die Sehergabe 1487 ). 

Wie die natiirliche Athene Herrin der Gewasser, so ist 
die ethische 

b) Herrin der Seefahrt. Wer die Schriften des 
Cpt. Marryat gelesen hat, dem wird es bekannt sein, mit 
wie grofser Sorgfalt die Schiffer den Zug, die Gestalt und 
Farbe der Wolken beachten, weil ihnen das bei ihrer Fahrt 
durchaus nothig ist 1488 ). Die kleinste Unachtsamkeit hierbei 
fcann den Untergang des Schiffes herbeifiihren. Wenn die 
Seeleute eine Wolke heraufkommen sehen, wissen sie gleich, 
ob sie Sturm 1489 ), Regen oder Hagel bringen, wie der Wind 
umspringen, ob die See unruhig werden wird oder nicht 
u. dgl. m. Eine Hauptkunst des Seemannes beruht auf 
richtiger Kenntnifs der Witterungsanzeichen, die ihm die 
Wolke giebt. Aber die Wolke gleicht auch selbst einem 
Schiffe 1490 ). Nun wird es uns klar sein, weshalb Athene 
Schiffe zu bauen 1491 ), auf fliichtigem Kiele das Meer zu 



1434 ) Paas. VIII. 36, 5. 

1485 )S. Creuzer 111,309.322. 378.464. IV, 403. 

1486 ) 7iQovaa, s. Wieseler die delphische Athene (ans den Got- 
tinger Stndien). Getting. 1845. 8. 

1487 ) Callim. Lavacr. Pall. 75 sqq. 

1488) y gl% Thomson Sommer p. 1 52 sq. 

1489 ) Vgl. ^/, 275 sqq. ayst M re lailnna JioU^v. 

149() ) ,,Am_felauen Himmel oben schifften die weifsen Wolken." 
Heine Reisebilder. Hamb. 1826. Th. I, 137. ,,Mit schnellen Schritten 
segelt der verdoppelte Danst, Hanfen an Haufen, an denbeladehen 
Himmel hinauf." Thomson Fruhl. p. 14. 

1491 ) So heist sie Maxim. Tyr. diss. XXXVII. Tom.II,214Reisk. 
ij tvgfris TOV egyov TOVTOV (nemlich des Schiffes). Erfinderin der 
Argo (des ersten Schiffes, Ammian. Marc. XXII, 8. Vgl. Burmann 



358 

durchfahren gelehrt hat, weshalb sie auf Vorgebirgen und 
in Seehafen verehrt wird, Sturme erregt und stillt (avs- 
^ucortg) 1492 ); weshalb der Schiffer ihr Bild auf seinem Schiffe 
fiihrt und wiederum ihr dankt, wenn er nach gliicklich voll- 
brachter Reise mil freudigem Herzen den heimischen Strand 
betritt (x{}aala, s. obenp.327). 

Zu einer Erweiterung dieser Vorstellung mb'gen uns 
einige Worte Gb'the's fiihren. ,,Verzeihung, sagt er in einem 
Briefe von seiner Italienischen Reise 1493 ), dafs ich so sehr 
auf Wind und Wetter Acht habe: der Reisende zu Lande, 
fast so sehr als der Schiffer, ha'ngt von beiden ab" 1494 ). 



z. Valer. Flacc. II, 287) Claudian. B. Get. 15. Tertullian.de spect. 
cp. 8. Phaedr. fb. IV. 6, 9 : Fabricasset Argus opere Palladio ratem 
Inhospitalis prima quae Ponti sinus Patefecit. Valer. Flacc. I, 93. 
Aristid. Orat. in Min. Tom. I. p. 23, 26. 

1492 ) Paus. IV. 35, 5. 

1493 ) Bd. XXin, 6. ed. 1840. 

1494 ) Und die Wolke gleicht dem Wagen. Daher fahrt Athene 
auf einem Wagen Aesch. Bum. 381383 Well. ,,Von dort kam ich 
den Tinermudeten Fuls verfolgend olme Fliigel, indem ich sausen 
machte die Hohlung der Aegis , nachdem ich diesen Wagen mit un- 
ermiideten Gliedern (oder Fallen xioKois, nta^ois) angeschirrt." E, 745 
heifst es von Athene: Iff <T o^fa (pAoyecc noal p^cfero. Vgl. II Reg. 
2,11: ,,und es geschah, als sie fortgingen und redeten, siehe da, 
ein F cue r wag en und Feuerrosse, die trennten Beide, und Eli- 
jahu fuhr auf in einer Wetterwolke gen Himmel." Psalml04,3: 
,,Du fahrst auf den Wolken wie auf einem Wagen, und 
gehest auf den Fittigen des Windes." Von Herkules sagt Ovid. 
Met. IX, 272: Quern pater omnipotens inter cava nubila raptum Qua- 
drijugo curru radiantibus intulit astris. Vgl. uber Romulus Horat. 
Od. III. 3,16: Quirinus Martis equis Acheronta fugit. Ovid. Met. XIV, 
808 sqq. , wo Mars mit seinen Rossen den Romulus zum Himmel 
fahrt, nachdem Jupiter die Luft mit Wo Ik eh verhiillt und die Erde 
durch Donner und Blitz erschreckt hat. [Uebertragen und- ohne 
natursymbolische Bedeutung: Propert. III. 16, 8 (wo Ariadne mit dem 
Luchs des Bacchos zum Himmel fahrt.)]. ,,O konnf ich mit Euch 
jagen, auf dem Wolkenrofs, durch die sturinische Nacht, iiber die 
rollende See , zu den Sternen hinauf." Heine 1. 1. I, 227. ,,Wolken 
fahren iiber die Himmelshohn." Thomson Winter p. 104. ,,Wolken- 
gespann" Thomson Friihl. p. 63. 



359 

Darum war denn auch dieselbe Athene die Gottin, welche 
die Wanderer zu Lande sicher geleitete; und sie ist daher 
z. B. doppelt berechtigt zu der Rdlle des Mentor, in wel- 
cher sie den Telemachos nach Pylos begleitet, nemlich als 
seine und seines Vaters Hausgottin und als die Gottin 
gliicklicher Land- und Seefahrt iiberhaupt. Als solche (und 
als Gottin, die allera Kampfe, allem Siege vorsteht) steht 
Pallas Athene dem Menschen als schutzbringende Helferin 
in den Kampfen des Lebens, als Fiihrerin der Heroen, die 
im Thatendrange die Lander durchziehen und die Fluthen 
durchschiffen, steht sie einem Perseus, Bellerophon, Herakles, 
Tydeus, Diomedes und Odysseus leitend, errettend, sieg- 
,verleihend zur Seite. 

Wie im Naturleben, so schafft die Wolkengottin 
c) auch im Menschenleben Fruchtbarkeit und 
Gedeihen. Denn wie Hunger Seuchen, Fruchtbarkeit 
aber Gedeihen giebt, so giebt die Wolke auch den Men- 
schen Gedeihen, also den Miittern Fruchtbarkeit, den Kin- 
dern Wachsthum, den Geschlechtern und Volkern Wohl- 
ergehen und tiichtigen Nachwuchs UDS ). Daher ist Athene 
auchVorsteherin der Heilkunst. Der Athene c Fy/eta 1496 ) 
sollten die altesten Athener einen Altar gestiftet haben 1497 ). 
Eine Ath. c Yylsia sah Pausanias U98 ) auf der Burg zu Athen 



1495 ) s. Porpbyr. b, Prod. z. Tim. Lb.L 

a * 96 ) Pet. Zorn de Minerva medica. J. P. Reinhard Prgr.de 
Minerva medica, ad Curtii Ib. III. cp. 7. Erlang. 1763. 4. B. Thor- 
lacius Athene Graecorum Hygia. Hafn. 1804 (Opusc. Tom. 1, 112 120) 
und Minerva Romanor urn medica. Hafn. 1805. (Opusc. Tom.1,139 149). 
Vgl. Gruter p. 1067. Ch'r. Cellarius Dissertt. acad. p. 234. Gori 
Mns. Flor. II. p. 11.8. J. Hardouin Oper. select, p. 121 sq. J. H. 
Meibpm Comm. in jusjurand. Hippokratis. p. 62. J. H. Schul- 
zius Hist. Medic, p. 74. Ez. Spanheiin Ep, IV. ad Morellom 
p. 218. 

t497 ) Aristid. h. in Min. Vol.1, p. 14Jebb. p.22Dind. 

1499 ) 1,23.4. 



360 

neben Asklepios und Hygieia u "). Als Hygieia hat 
Athene einst gerade auf der Burg augenscheinlich Hiilfe 
geleistet und zvvar dem Manne, der, wie kein andrer, jenen 
Wohnsitz der grofsen Gottin verherrlicht hat. Perikles 1500 ) 
hatte die grofsen Baudenkmale daselbst fast vollendet. Eberi 
war er npch daran, die Propylaen anzufiigen, als sein Diener 
Mnesikles, der den Bau besichtigte, von der Hohe hefab- 
fallt. Er liegt scliwer danieder, und die Aerzle geben alle 
Hoffnung auf. Da erscheint dem tiefbetriibten Perikles 
Athene im Traume und giebt das Mittel an, durch dessen 
Gebrauch Mnesikles in Kurzem wieder hergestellt wird. 
Deswegen ward auch der Athene Hygieia ein Erzbild neberi 
dem Altar auf der Burg (der friiher schon da war, wie 
man sag!) geweiht. Das Mittel war das Mauerkraut ge- 
wesen. Es wurde aber seitdem das Kraut der Jungfrau 
genannt 1501 ). Auch wurde darauf gesehen, dafs durch sorg- 
faltige Ahpflanzung dieses Krautes um die Burg herum die 
wohlthatige Hiilfe der grofsen Burggottin im Angedenken 
der Nachwelt erhalten ward" 1502 ). 

Da iiberhaupt einmal der Begriff des ,,Gesundheitver- 
leihens" mit dem Wesen der Athene verkniipft war, so 
bedurfte es nicht einer gerade nach diesem Begriff beige- 
nannten Athene, um ihr fiir Gesundheit und Wohlergehen 
zu danken. So finden wir Votivtafeln von Kranken der 



1499 ) Ueber diese Statue vgl. Bergk Z. f. A. 1845. XI, 966 sqq. 
Leake Topogr. p. 248. Ob iibrigens, wie Creuzerlll, 404 will, 
die Hygieia sick erst von der Ath. Hygieia zu einer selbststandigen 
Gottheit, ahnlich wie Agraulos, Pandrosos u. A., losgelb'st liabe, will 
ich dahin gestellt sein lassen. Eine andere Statue der Ath, 'Yy. 
im Demos von Acharnai, Pans. I. 31, 6. 

150 ) Plutarch. Pericl. cp. 13. 

15( ") IlaQteviov. Plin. H. N. XXII. 17, 20. 

1502 ) Plutarch. Sulla cp. 13. Creuzer HI, 404 sq. 



361 

Athene Jlo/Uag 1503 ) und der IlaUas TQiToyevrjs 150 *) dar- 
gebracht. Eine Athene TlaLcovia stand am Kerameikos- 
thore 1505 ); eine solche war auch zu Oropos im Tempel des 
Amphiaraos, an einer Seite des Altars neben Aphrodite, 
Panakeia, Jaso und Hygieia 150e ). Hierher gehort vielleicht 
auch die Ath. y lccaovla i507 ). Die Athene (jp^a^/a 1308 ) isl 
wahrscheinlich die Athene, der mit dem Zevg cpQUfUQiog an 
dem Feste der Apaturien geopfert wurde 1509 ), und die in 
Troizen geradezu *Anaxov(>i(x hiefs 1510 ). Das Fest fiel zu 
Athen in den ryanepsion und dauerte mehrere Tage. Der 
erste Tag hiefs doQnsia^ 11 ) oder doQnla l * iZ ), von dem 
Zweckessen, zu dem die cpgavoQeg zusammenkamen ; der 
zweite avaQqvais von ava^vsiv = opfern ; der dritte %ov- 
QECOTIS vom Einschreiben der Knaben und Madchen in die 
Phratrien; der vierte enlfida (Nachfest) ""). 

Der Hauptfesttag war immer der dritte, an welchem 
die in dem Jahre gebornen oder iiberhaupt die noch nicht 
den Phratoren prasentierten Kinder diesen vorgestellt, und 
fiir jedes Kind ein Schaaf oder eine Ziege, XOVQSIOV, ge- 



1503 ) CreuzerIII,404. 

1504 ) Inscr. b. Rofs Demen no.26. p. 55. 

1505 ) Paus. I. 3, 5. 
1506-j Paus. i.34 } 3. 

1507 ) Sell. Apollon. I, 955. 

1509 ) Plat. Euthyd. p. 302 D., wozu d. Sch. beinerkt: 
TO tqiiov (J.BQOS xdazi]s (pvlris XKI ji&qvS (pgarQiK 

E(pOQOS- 

1509 ) Sch. Aristoph. Ach. 146. 
1510 } Pausan. II. 33, 1. 
"") Sch. Aristoph. 1.1. 

1512 ) Pollux VI, 102. 

1513 ) Vgl. Hermann I. ..100. II. . 56,28. sqq. 48, 12. 46,8. 
Meier de gentil. Att. p. 11 14. O. M'dller Prolegg. p.40Isq. 
C. W. Miiller (Prof, in Bern) in Pauty's Realencykl. s. v. p. 592 595. 
Der Ergotzung halber auch Creuzer Symb. IV, 151 160. 



362 

opfert wurde 1514 ). Der Darbringer des Opfers hiefs 
ytayog, das Darbringen usiaywy&v und das Thier selbst 
fisiov. Als Grund dieser Benennungen geben die Alien an, 
das Gewicht fiir das Opferthier sei festgesetzt gewesen, 
nichtsdestoweniger aber batten die Phratoren jedes Thier 
zu leicht befunden und deshalb [isiov, fielov gerufen 
natiirlich wegen des besseren Opferschmauses 1515 ). Doch 
mag urspriinglich in diesem Zuruf ein faustum omen fiir 
das gute Gedeihen des Kindes selbst erblickt worden sein. 
Denn wie das ganze Fest des jungen Nachwuchses wegen 
gefeiert wurde, so bezogen sich auf denselben auch die Ein- 
zelnheiten des Festes. Die Ableitung seines Namens von 
anciTav ist eine Spielerei 15i6 ), die auch die Geschichte zur 
Erklarung desselben hervorgebracht hat. Der Name ist von 
a = a^ict und einem Derivativum von TtctTrjQ gebildet, dem 
Zvvecke des Festes entsprechend. Ebenso ist der Name 
der Aphrodite ajiatovQOS zu deuten. Dies Beiwort be- 
zeichnet sie sowohl wie die Athene als die Gottin, welche 
den Phratrien Gedeihen giebt. Deshalb brachten zu Troizen 
die Jungfrauen bei ihrer Vermalung der Athene ld.no.- 
vovQty ihren Giirtel dar 1517 ). Daher hat .die Sage guten 
Grund, die den Theseus, welcher die zerstreuten Gemein- 
den Attika's urn Ein Prytaneion und in Eine Stadt am Fufse 
der alien kekropischen Burg vereinigte 1518 ), in dem Heilig- 



1514 ).Bekker Anecd.273. Etym.M.533,35. 

i5i5-j Hapokr. Suid. Phot. s. v. pstov. Sch. Aristoph. Ran. 798. 
Bekker Anecd. 279, 7. Etym. M. 533, 37. Pollux III, 53. vgl. C. F. 
HermannZ.f.A. 1835. p. 1142. u. St. A, 100,11. 

1516 ) Der Lycophr. Cass. 936 seine Athene cUom? (die Verfiih- 
rerin) nachgebildet hat. . 

1517 ) Paus. II. 33, 1, was nach Stat. Theb. II, 253 auch zu Argos 
stattfand. 

1519 ) Hermann St. A. .97. 



363 

thume dieser Athene zu Troizen gezeugt sein liefs l519 ). 
Seine Mutter Aithra (Helligkeil) stand also vermuthlich in 
demselben Verhaltnifs zu Athene in Troizen, wie Aglauros 
in Athen 1520 ). 

Dies Fest und also auch die damit zusammenfallende 
Verehrung einer Stamm- und Nachwuchs fordernden Athene 
war alien Jonern, soviel deren von Athen abstammten, ge~ 
mein 1521 ), und nur den Ephesiern und Kolophoniern nicht 
wegen eines Mordes. Sonst noch wird das Fest bezeugt 
fur Chios 1522 ) und Samos 1523 ); auch fiir Kyme lafst es sich 
oder doch ein ahnliches Fest voraussetzen wegen des dor- 
ligen Monats (DgaTQiog 1524 ). r Ganz aur Seite dieser 
Athene qjQdTQia und anaTOVQla stellt sich die 3 A&. revrj- 
S 152S ) und zu Elis die 14#. JH^r^ 1526 ). Sie verdankt 
ihren Namen und ihr Heiligthum folgender Veranlassung. 
Als Herakles Elis zerstort und das Land von jungen Leuten 
entvolkerl hatte, flehten die Frauen zur Athene, dafs sie 
doch mochten von der ersten Zusammenkunft mit ihren 
Mannern schwanger werden. Sie wurden erhort und stif- 
teten der Athene mit dem Beinamen Mjji^ ein Heiligthum. 
Das Verstandnifs dieser Sage ergiebt sich nach dem 
eben Gesaglen von selbst, und ich begreife nicht, wie 
Schwenck 1527 ) sagen kann: ,,Wi e dies zu fassen sei, ist 
nicht leicht zu sagen, und man kann die Frage nicht ab- 
weisen, ob dieses Hellenisch sei oder nach Elis gelangte 



tsl9 ) Pans. II. 33, 1. Hygin. fb.37. p. 98 Stay, 

1S2 ) O. Miiller Encykl.p.89. .27. (Kl. Schr.II, p. 168.) 

1S21 ) Herod. 1, 147. 

1SI2 ) Said. "OfAriQos. 

1523 ) Herod. Vit. Horn. cp. 12. 

1524 ) Hermann Monatskde. p. 80. 

1525 ) Creuzer Melett. I. p. 23. 

1526 ) Pausan. V. 3, 2. 

1527 ) Myth. Skizzen p. 65. 



364 

auslandische Religionsansicht, welche dort vermuthet werden 
darf. Wir kennen aber das Alter dieser Mythe nicht, und 
da sie verschiedene Erklarungen zulafst, miissen wir sie auf 
sich beruhen lassen." Wir brauchen uns auch nicht ab- 
zumiihen, wie wir den Granatapfel (Symbol des ehelichen 
Segens) deuten sollen, den Athene Nike auf der Akropolis 
zu Athen in der rechten Hand hatte 1528 ). Segen im Frieden 
und Segen im Kriege, das ist es, was man an diese Athene 
ankhupfte und von ihr wiinschte. 

Athene SCOTSIQCC hatte im Pei.raieus ein Heiligthum 1529 ). 
Im Allgemeinen freilich bezeichnet dieser Beiname der 
Athene die Gottin iiberhaupt als die Retterin, Helferin in 
jedweder Noth und Gefahr 1530 ); doch auch oder vielmehr 
ebendeshalb in specie als die Retterin aus Krankheit. Dah'er 
denn z. B. Aristoteles in dieser speciellen Riicksicht in 
seinem Testamente. dem Nikanor, fiir dessen Genesung er 
Geliibde gethan, auftrug, die gelobten Weihgeschenke in 
Stageira 'dii GCOTTJQI xal 3 ^4&i]v<x GfOTeigfl darzubringen 1531 ). 
Hieher gehoren auch die 3 A&. aAeftxaxog 1532 ) und eniaxo- 
Trog 1533 ),' welchen Beinamen die Gottin mit Riicksicht auf 
das sorgsam wachende und scharf blickende, schon von 
feme jede Gefahr abwendende Auge fiihrt 1534 ). 

c/) Reicher noch sind die Vorstellungen, die man sich 



1528 ) Harpokr. 

1629 ) Lycurg. c. Leocr. cp. 6. O. Miiller Encykl. .10. p. 81. 
not. 70.(Kl.Schr.II,p.l48.) Vgl. Spanheim z. Aristopli. Plut. 1176. 
Paus.1. 1,3. 

t530 ) Sch. Aristoph. Rah. 378: KIQEIS rrjv' 2(OTiQKV~] eaiiv A&i\- 
vyOt 'A\hiVK 2<aTiQtt AEyOjii^Vrj, f; xl $vov6iv. Lycurg. gegen 
Leocr. .17. 

1531 ) Diog. Laert. V, 16. 

1532 ) Aristid. h. in Min. p. 16Jebb. p.26Dind. 

1533 ) Solon, fr. Ill, 3 Bgk. 

1534 ) Aus derselben Riicksicbt heifsen die Goiter, im Allgemeinen 
t. s. Spanli. z. Callim. Jov. 82. p. 64. 



365 

von der Athene als der Stadt und Staat schutzenden 
gemacht hat, die aber alle in dem Natureharakter derGollin 
begriindet sind. Inwiefern namlich mil dem Ackerbau noth- 
wendig ein sefshaftes Leben verbunden ist und die Griin- 
dung von Gemeinsehaften, fur die wiederum Ordnung, Recht 
und Gesetz eine nothwendige Bedingung ist, so war es 
natiirlich, dafs die Wolkengottin, welche Saaten 
und Menschen Gedeihen und damit die Grundlage 
des staatlichen Lebens gab, auch als Beschutze- 
rin der Stadte, Vorsteherin der Volksversamm- 
lungen und Volkerverbindungen verehrt wurde. 
So die ]A&. nofadg, die Behuterin der Stadt, zu Athen, wo 
man dieser Gottin die Panathenaeen feierte (s. unten), zu 
Troizen 1535 ), zu Erythrai 1536 ), Megalopolis 1337 ), Priene 1538 ), 
Lindos auf Rhodes, und von hier iiber Gela nach Kamarina, 
Agrigent 1539 ) ; noliovws in Chios 1340 ), auf Kreta 1541 ), in 
Sparta 1542 ); nohiaTiQ in Tegea 1543 ), in deren Tempel der 
Priester jedes Jahr nur einmal ging. Das Heiligthum hiefs 
TO rov SQVf^ccTog IsQOv (das Heiligthum des Schutzes) und 
es ging die Sage, dafs Athene dem Kepheus, Sohn des 
Aleos, Haare von der Medusa geschenkt habe, als Unter- 
pfand der bestandigen Unbesieglichkeit der Stadt. In Abdera 



1535 ) Pausan. II. 30, 6. 

1536 ) Pausan. VII. 5, 9. 

1537 ) Pausan. VIII. 31, 9. 
1638 ) Bockh C. J. no. 2904. 

1539 ) s. Bockh Expl. Pind. p. 148 sq., der die aaffallende Be- 
merkung macht: ,,tam Athenas autem quam Lindum Polias Minerva 
ex Aegypto videtur advecta esse una cum artis sculptoriae initiis." 

vgi. p. m. 

154 ) Herodot. I, 160. 

1541 ) In einer Kretischen Bundesnrkunde bei Gruter Thes. 
p. DV. V, 12. 

1542 ) Pausan. III. 17,2. 
1MS ) Pausan. VIII. 47,5. 



366 
hiefs Athene sTcrnvgylvis 1544 ), Thurmbeschiitzerin ; eine 

<^i 

Athene nvlaiTig. wird mehrfach genannt 1545 ). Die ld&. xAet- 
tfotftog 1546 ) zu Athen auf die Stadtbeschutzerin zu beziehen, 
rath der Zusammenhang der Stelle bei Aristophanes 1347 ). 
Die Athene %ahtloixos- zu Sparta war dieselbe mil der 
yroAtotftog. Das, was Pausanias 1548 ) sagt, zeigt deutlich, 
dafs der Name zwar zunachst wohl davon genommen sein 
mag, dafs der Tempel aus Erz gebaut war ; aber wiederum 
war er aus Erz gebaut mit Riicksieht auf die Bedeutung 
der Gottin, der er gewidmet war. Reiche Nachweisungen 
giebt Creuzer Symb. Ill, 438 sq. 

Es reicht aber zum Wohlergehen und Bestehen des 
Staates nicht hin, dafs derselbe vor aufsern Gefahren ge- 
schiitzt sei: es mufs auch im Innern Ruhe und Frieden, 
Recht, Gesetz, Eintracht u. s. w. herrschen. Daher mufste 
auch hieriiber Athene wachen. Die Beinamen, welche sie 
nach dieser Richtung charakterisieren , sind: 



1544 ) Hesych. 

1545 ) Lycophr. Cass. 356, wo Tzetzes: Iv tais nv^aig yuQ Kv-tr\v 
TWV noie(ov zed T&V olxuav, vgl. Sch. Aesch. S. c. Th. 171: 

<?/ TO av<o&V laTaG&ai TKUTTJV iwv Trjs nolscos nvhtov. 

1546 ) Aristoph. Thesm. 1142, vermuthlich dieselbe, welche Phei- 
dias gebildet liatte. Plin. H. N. XXXIV, 19. Ueber diese Athene Tgl. 
Preller in Gerhard Arch, Zeit. 1846. no. 40. 

+7j y gl . Creuzer Syinb. 111,367. not. 1. IV, 198. Wesseling 
Observ. I. p. 7, dem Meineke zu Euphor. p. 108 (An. Alexdr.) bei- 
stimmt. Auf die Welsh eit der Pallas bezogen es Bellermann 
(Scarabaen-Gemmen. St. 1. p. 23). Indefs die mysteriose Bedeutung 
des Schliissels ist eine spatere. Die Priester haben ihn, eben weil 
sie das Heiligthum verschliefsen und hiiten. Allen Zweifel hebt 
Euphorion (fr. 68. p. 107 Meineke ed. II.), welcher von Athene als 
Schutzgottin von Dyme sagt: IJTIS %'S x^r(iSas 

,Kir]S- 

1548 ) III. 17, 2 u. 3. 

1549 ) Callim. Pall. 52. 



367 

* 

1551 ), fiovfala 1552 ). Daher schwo- 
ren bei ihr und dem Zeus {tovhatos die fiovfavrai bei ihrem 
Eintritt in das fiovfavTrJQiov , in welchem auch beide Golt- 
heiten ein ISQOV batten I553 ). Wahrscheinlich dieselbe Be- 
deutung hat auch die ^AQ-. a^ov^lct zu Sparta 1554 ); ayogalcc 
zu Sparta 1555 ), Vorsteherin der Volksversammlungen. Was 
von dem einzelnen Staate, dasselbe gilt auch von den Volker- 
verbindungen; auch sie stehen unter der Obhut der Athene. 
Hierher gehort die ld.&. nava^dtg (die Athene aller Achaier) 
zu Patrai 1556 ), vermuthlich Bundesgottin einer achaischen 
Aniphyktionie, vvie sie es von einer boiotischen, den Pam- 
boiotien 1557 ), unter dem Namen 'Irwvla 1558 ), vaia, :viag, 
vlg wa'r. Ueber diese Ath. Itonia mufs ich der Kiirze 
halber auf Creuzer III, 375 sqq. verweisen. 

Anm. d. Herausg. In dem Entwurf zum Grnndrisse folgen hier 
die in dem Heft und dem grofsern Aufsatz nicht erwahh- 
ten Beiworter ^ev(a t und yon diesem abgesondert nqa- 
%iSixij und al-ioTtoivoS' Wie das erstere sich an Athene als 
Vorsteherin der Volkerverbindangen anschliefst, erhelltvon 
selbst; weshalb- die letztgenannten Beiworter hier stehen, 
geht aus den Einleitungsworten za dieser Abtheilang hervor. 



155 ) Sch. Aristoph. Av. 515. Vgl. Bockh C. J, I. p.477. Leake 
Topogr. v. Athen p. 156. not. 3. 

1551 ) Auf einer Gemme. Leake Morea, Tom. II, 80. 

1552 ) Tafel dilucid. Find. (Ol. VII, 71 sqq.). Vol.1. p.256sqq. 

1553 ) Antiphon. de chor. .45. p. 146. Vergl. Hermann St. A. 
. 137, 2. p. 382. 

1554 ) Paus. 111.13,6. 

1555 ) Paus. IH. 11, 9. 
155G ) Paus. VII. 20, 2. 

1557 ) rear na^oioTi(ov IO^TTJ, in Koroneia gefeiert (Pint. narr. 
amat. 4, 5), und zwar nach der Erndte, in welche Zeit auch die Pan- 
athenaen fielen; daher mochte man in der 'Ircavta eine Sntwia 
vermuthen. 

155S ) Steph. Byz. p. 151, 15 West. O. Miiller Orch. p. 384sq. 
Me in eke An. Alexdr. p. 190. 



368 



e) Die Richtung der eben behandelten Beinamen ging 
auf die Sorge urn die Wohlfahrt derSladt und des Staates. 
Nun ist klar, dafs diese Sorge, soweit sie sich auf den 
Schulz vor Gefahren bezieht, nicht bios eine die Gefahr 
verhiitende, im voraus abwendende sein kann, sonderii oft 
auch eine die wirklich eintretende Gefahr zuriickschlagende 
sein mufs. Der kriegerische Charakter der Athene 
kniipft sich aber schon natursymbplisch an die Anschauting 
der Wolken, die, wenn der Sturm sie aneinander jagt, das 
lebendigste Bild, die sich unmittelbar aufdrangende Vor- 
stellung des Kampfes geben. Wolke gegen Wolke seheint da 
zu streiten oder, wie die Mythe nach poetischer Auffassung 
es ausdriickt, Athene gegen die Schwester oder die Ge- 
spielin 1559 ). Die B.einamen, welche Athene in dieser Riick- 



9j j)j e Yorstellung Y0 n der Kriegerlichkeit der Wolke ist den 
Neuerh nicht minder gelaufig als den Alten. So sagt Thomson, 
Sommer p. 153: ,,Das Ungewitter mustert seine Kriegsmacht an der 
Stirn des Vorgebirges." Vgl. Heine, Reisebilder p. 236 sq. Find. 
Pyth. VI, 10 sqq. nennt ,,den winterlichen Regen das rauhe Heer der 
laut rauschenden Wolke," die hier also als Kriegsherrin gedacht ist. 
Umgekehrt hat man auf Kriegsschaaren haufig das Bild der Wolke 
angewendet. So sagt Plut. Mar. XI, 5 von den Cimbern, ,,sie waren 
d'freg vtfpos in Italien eingefallen." Bei Homer ^/, 274 heifst es 
geradezu: Spa 3s v(pos tfnsro ns^cSv; und in den folgenden Versen 
wird die Sturm bringende Wolke mit den dunklen Schaafen der 
beiden Aias yerglichen, wie wir von Colonnen sprechen, die 
zum ,,Sturm" anriicken. Sehr schon nennt Aeschylus S. c. Th. 82. 
den Staub den stummen Boten des Heeres; wir wiirden von einer 
Staubwolke der Marschierenden reden. Wie vielen Einflufs hat nicht 
auch der Stand der Wolken und die Richtung des an sie gekniipften 
Windes (Staub, Regen, Hagel etc.) auf Gewinn odeir Verlust der 
Schlachten, vgl. die Beschreibung der Schlacht am Krimesos in Plut. 
Vit. Timoleont. cp. 27 sq. Wie die griechische Wolkengottin Athene 
kriegerischen Charakter besafs, so auch die Nordischen Valkyrien, 
iiber die man vgl. Frauner die Walkyrien der skandinavisch-ger- 
manischen Goiter- und Heldensage. Aus den nordischen Quellen 
^argestellt. Weimar 1846. 8. VIII. u. 88 S. 



369 

sicht fiihrt, sind: 7iofaf.iad6%og i5GO ), 



1562 ), ayelaia 1563 ) , ela I564 ) , 1S65 



, 



Volksfiihrerin , oder 1 und 2 Beutemacherin, 3 Heer- 
denbeschiitzerin , A^irtg 1566 ) , XacpQia 1567 ), * 1568 ), 
Vertheidigerin, vlxi] 1569 ) , VLK^OQOQ! 157 ), siQqvofpo* 
Qog i57i ), (durch den Sieg, den sie verleiht), cpofisai- 

1574 ) , <7tf 



156 ) Alcaeus fr. 7 Bgk. Phrynich. -bei Sell. Aristoph. Nub. 967. 
os C. J. no. 3538 (II, 856) noltfj-odozos , Stesicli. bei Tzetz. 
Cliil. I, 683. 

1564 ) Anacr. 57, 14. p. 733 Bgk. Orph. hymn. XXXI. 

1562 ) Creuzer 111,464. 

1563 ) Was hat es mit der Glosse bei Hesych. I, p. 40 : !4yA/ff. . 
clyQKviovs. auf sich? Haben wir hier eine Coincidenz? 

1564^ ^ 128. E, 765. Z,269. (y, 378 als Var. fiir xvftobj) r, 359, 
TT, 207. Hesiod. Th. 318. 

1565 ) Creuzer III, 342. J ac obi Lex. s. v. 

1566 ) K, 460. 

15G7 ) Lye. Cass. 356. (?j ayouaa TK tx TOV TtoJLspov JidfpvQa Tzetz. 
p. 560 Miill.) 1416. Hesych. J. p. 42 'Ayetefys' ^acpvQaycoyov XKI ^yoy- 
fj-svrjs TOV Tiohsftov. 'A&qvcis TO tTii&STOV. u. p. 38: i^ycAc/jj' ciyovaa 
ieiav. ieia Ss lerzt xriffffff TtTQctnodaiv. 

1568 ) Cornut. N. D. 20. Ihr stiftete Orestes nacli seiner Frei- 
sprechung einen Altar, Pausan. I. 28, 5. In Plataia ein Tempel aus 
der persischen Bente (Plutarch. Aristid. 20) erbaut und mit einer 
Statue von Pheidias geziert. Nach der UQEIK hat wohl Lye. 1416 
seine MK^QOK gebildet. 

15b9 ) O. Muller Arch. . 370, 7. p. 540. Als solche hatte sie auf 
der Burg von Megara ein Heiligthum, Euripid. Jon. 1529. vgl. 457, 
Pausan. I, 42, 4. 

157 ) C. J. no. 3553 (II, 865). Orph. hymn. XXXI. 

T1 ) Inscr. bei Paciaudi Mon. Pelop. I, 31. 

1572 ) Aristoph. Eq, 1177. 

1573 ) Callira. Pair. 43. Aristoph. Nub. 967. i&q. Sch. 

1574 ) Als solche von Pheidias dargestellt, O. Muller Arch. 
. 11&,3. p. 101. . 370, 4. p. 339. 

i575-j 2u Argos. Das Heiligthum der Sage nach von Hegeleos, 
Sohn des Tyrsenos gegrundet. Tyrsenos hatte die Trompete erfun- 
den und Hegeleos die Dorer, welche mit Temenos kamen, mit die- 
sem Instrumente bekannt gemacht. Pausan. II. 21, 3. Creuzer 111,437. 
Hierbei bietet sich von selbst dar Soph. Ai. 17, wo Odysseus von- 

Lauer Griech. Mythologie. 24 



370 

(Militaris), av^fia^og 1577 ), TraAA^v/g 1578 ), VTQV- 



Athenens Stimme sagt, dafs sie ,,wie tyrrhenischer Erzmundiger 
Feldtrompeten-Schall sein Herz erfafst." Vgl. Aesch.Eum. 566 sqq. 
Klausen Aen. II. p. 1240 sqq. 

Wir kb'nnen unentschieden lassen, ob, wie O. Miiller Dor. 
II, 327. not. 1 behauptet, ,,die Athene erst Vorsteherin der aa).nfyxT<xi, 
2a).7iiy zu Argos geworden ist, da sie schon Schutzgottheit der 
Flotenspieler war, wie dies zu Sparta der Fall war. (Anderwarts 
vielleiclvt nicht, wo. sie sogar gegen die Flb'te gesonnen dargestellt 
wurde. vgl. Melanippides bei Bergk P. L. p. 848 (fr. 2) u. Schmidt 
Dithyramb, p. 78). Denn aus Polyaen. 1, 10 kann man deutlich abneh- 
men , dafs die Sia^arriQia an der Grenze Lakonikas bios deswegen 
anch der Athene errichtet wurden (s. p. 236), weil diese durch die 
Floten den Taktschritt des Heeres leitet." Aber nur mit Riicksicht 
auf den kriegerischen Gebrauch der Flote ist Athene fiir deren 
Erfinderin gehalten worden. [Hesych. I. p. 127, Idd-rjva- eWos avkov. 
Mcyaxteidri. Lehrt den Apollon Flotenspielen, Korinna fr. 29Bgk. 
fans Plutarch, de Music, cp. 14)]. Vergl. die Citate bei Creuzer 
HI, 311 sq. C. Bartholin de Tibiis veter. Besonders aber Bb't- 
tiger iiber den Mythos von Erfindung der Flote in WielandsAtt. 
Mus. I, 285 sqq. 349 sqq. (Kl. Schr. I, 3 sqq.). O. M tiller Arch. 371,6. 
p. 543. Auf einem Sarkophag der Villa Pamfili (Gerhard Kstbl. 
1824. p. 149 sq. Hyperb.-rom. St. I, llOsq. Luigi Cardinal! Sarcofago 
antico rappresentante la favola di Marsia esporto ed illustrate. Rom. 
1824. 4. Braun Allg. Encykl. v. Ersch u. Gruber 111, 10. p.226sq ) 
auf der linken Seite ist Athene dargestellt, wie sie gegen eine am 
Boden gelagerte Flnfsgottheit mit den langen Floten, von denen jede 
Hand eine halt, anstiirmt. ,,Der Maander, in welchem sie ihr ent- 
stelltes Antlitz abgespiegelt erblickte und gegen den sie deshalb ihren 
Zorn auszulassen scheint, ist allerdings nicht ohne Anzeigen weib- 
licher Bildung. Der Rohrstengel, welchen die Figur halt, und der 
Wasserkrng, auf den der linke Ellbogen aufgestutzt ist, setzt indes- 
sen die Anwesenheit einer Flufsgottheit aufser Zweifel. Nicht ohne 
Bedeutung mag der Lorbeerbaum sein, welcher in der Gegend, von 
welcher die jungfrauliche Gottin herbeigeeilt kommt, am Ende des 
Marmors aufgewachsen ist. Minerva selbst tragt als unzweideutiges 
Abzeichen den Helm auf dem Haupte, der lang herabgehende Dop- 
pelchiton dagegen ist ohne den Waifenschmuck der Aegis." Braun 
p. 227. Auch auf der Hauptseite erscheint sie mit Aegis, Helm und 
Lanze bewaffnet. 

1576 ) Lucian. dial. Deor. IX. vielleicht identisch mit der Athene 
(Paus. IX. 17, 3) s. Winckelmann IX, 347. 

1S ") Creuzer III, 321 not. 

15 " 9 ) Herod. I, 62. Eur. Heraclid. 849 sq. 1031. Nach Riickert 



371 

579 ) (Unbezwungene), a#mas 1580 j u. a. In der Kunst 
erscheint Athene fast immer als kriegerische Goitin; sellen 
wird sie ohne Helm und Lanze gebildet. 

f) Wie die Wqlke als Ziegenfell angeschaut worden, 
habe ich friiher mehrfach erwahnt. Aber man kann nach 
einer andern Vorstellung aus ahnlichem Kreise die Wolke 
auch anschauen als ein Gewand 1581 ), buntgewirkt und ge- 
stickt, mil goldenem Saum und purpurner Verzierung. 
Belrachten wir ein recht schones von der Sonne beleueh- 
tetes Gewb'lk, wenn es so in allerlei Farben iiberspielt; 
oder sehen \vir die einzelnen kleinen Wolkchen, die wie 



p. 57 ,,die jungfrauliche." Konnte auch wohl die ,,Streitende" sein, 
da iiberall mit diesem Namen Riesenschlachten, Gigantenkampfe 
u. dgl. verbunden sind. Vgl. z. B. Steph. Byz. Hcci^vrj. p. 221 West. 
Plut. Thes. cp. 13. Sch. Eur. Hipp. 35. (Philoch. fr. 36 Mull.). Tempel 
ira Gau Pallene, b'stlich von Athen, auf der Strafse nach Marathon. 
Hier beim Heiligthum schlug Peisistratos bei seiner Riickkehr von 
Eretria die Athener. Herod. I, 62. Das Heiligthum mufs sehr be- 
deutend ge'wesen sein, da Themison dariiber ein eigenes Buch unter 
dem Titel HaUrjvls schrieb. (Athen. VI. p. 234 sq.) Nach Rofs (De- 
men p. 53 sq.) gewifs richtiger Vermuthuhg gehoren diesem Terapel 
auch die beiden Inschriften C.J.I, no. 23. p. 38 u. no. 76. p. 116. 

1579 ) B, 157. E, 115. 714. *, 420. 3. 766 nennt Penelope sie so, 
als sie zu ihr betet, den Sohn ihr zu retten und die Boses sinnen- 
den Freier von ihm abzukehren (dnd).a).x). NB ! Man hat viel zu 
wenig auf die Auswahl derBeiworter im Homer und iiberhaupt geachtet! 

J58 ) Paus. H, 30, 6. 

158 ') ,,Das Schneegewolk hatte sich von Norden her wie ein 
weiter, grauer Mantel iiber den ganzen Himtnel gelagert." Prutz 
Kl. Schr. Merseburg. 1847. Bd. I, 361. 

,,Die Wolken, diese prachtigen Festkleider des Hi mm els." 
Thomson Sommer p. 178. 

,,Der wollichte Mantel des Himmels zerreifst." Thomson 
Herbst p. 5. 

,,Die Wolken giefsen durch ihren leichten Schleier der Sonne 
gemilderte Kraft auf die friedliche Welt." Thomson Herbst p.60. 

,,Wenn er vornimmt, die Wolken auszubreiten wie sein hoch 
Gezelt" heifst es von Gott Hiob 36, 29. ,,Die Wolken sind seine 
Vo r.d e ck e." Hiob, 22, 14. (vgl. 26, 9). Also ein Jehovah ? 

24* 



372 

Wollflocken 1582 ) am Himmel hiingen und die nicht minder 
unsere Volkssprache als unsere Dichter mil Lammern, die 
am Himmel weiden, verglichen haben 1583 ): so miissen wir 
gestehen, dafs dies alles sehr geeignet ist, die Vorslellung 
von einem Gewande, das dort oben sich webt, in uns zu 
erzeugen. Und um so mehr, wenn der Wind die Wolken 
zusammenzieht und sie gleichsam zu einem Ganzen in ein- 
ander webt, \vie zwei Weberschiffe heriiber und hiniiber 
fliegen 1584 ). Ich darf noch auf ein anderes aufmerksam 
machen. Die Athene als die Golliii, welche alles Gedeihen, 
alles Wachsthum auf Erden fb'rdert, die Saaten griinen lafst, 
haben wir bereits kennen gelernt. Ist denn nun nicht dieser 
Saatenteppich der Erde ihr Gewebe? 1585 ) Dies wird 



1582 ) Webb Untersucliung fiber das Schone in der Malerei: p. 128 
sagt von den Engeln Correggios ,,sie schweben in der Luft, wie 
Flock en, die eben jetzt aufthauen und in Tropfen vom Himmel 
fallen." 

r' aGxfjaai /Lt^cav evav&'i xctQnw 
imx&ovtovs 3i$a$aTO. Oppian. Hal. II, 22 sq. 

1583 ) ,,Am Himmel liocli oben zog eine WolfcenlammerLeerde." 
J. Mosen Bilder im Moose. Lpz. 1846. 8. Bd. I, 48. 

,,Hebt die Wolken hoch empor und breitet sie diinn, wolliclit 
und weifs iiber den alles umwolbenden Himmel." Thomson Friih- 
ling. p. 7. 

,,Schwerfallig rollen die Wolken ihre wollichte Welt (d. h. 
Schnee) dalier." Thomson Winter p. 106. 

1584 ) ,,Iminerfort webt das inischende Gewitter sein Dunkel iiber 
den Hauptern." Thomson Herbst p. 24. 

1585^ j^ un O angt der Mai den Mantel grim 

Um jeden Bliithenbaum, 
Legt Decken von Maafslieben weifs 
Auf jeden Wiesenraum. 

R. Burns ubers.v.Kaafmann.Stitttg.l839.8.p.l59. 
Sitzet am sausenden Webstuhl der Zeit 
Und wirket der Gottheit lebendiges Kleid. Go the. 

,,Organische Formen, die uns das regelmafsig gewebte, oft 
scheinbar unterbrochene Netz belebter Naturbildungen in seiner nr- 
sprunglichen Vollkommenheit darstellen." 

Humboldt Ansichten d. Natur. II, 252 sq. 



373 

geniigen, um zu erklaren, weshalb Athene als * 
als Weberin verehrt wurde, weshalb sie Decken 
und Gewander, iiberhaupt alle weibliche Hand- 
arbeit zu verfertigen gelehrt haben sollte.' 

Wie Athene dazu kam, in Verbindung mil dem 
Hephaistos oder selbststandig Gb'ttin jeder tech- 
nischen Kunstfertigkei t zu werden, leuchtet ein, 
sobald man beachtet, dafs das Feuer, als Blitz, 
ein Accidenz der VVol.ke ist, und dafs d'aher die 
Wolkengb'ttin als die Feuer liefernde in gleicher 
Weise als Hephaistos, der Feuergott selbst, allem 
dem vorgesetzt werden konnte, wozu es des 
Feuers als erster Bedingung bedurfte, d. h. jeg- 
licher Kunstfertigkeit. 

Als Beschutzerin der Handwerke und Kiinste tritt Athene 
am meisten hervor in dem Feste der Xahxeia. Zwar sind 
darauf auch die Fackelliiufe der Panathenaen zu beziehen, 
aber ihre Bedeutsamkeit verschwindet offenbar gegen die 
iibrigen Einzelnheiten jener Feier. 

Die XahKeia waren ein am 30. Pyanepsion = 16. Novbr. 
427, entvveder der Athene 1586 ) oder dem Hephaistos 1587 ), 
wahrscheinlich beiden Gottern gemeinschafllich gefeiertes 
Fest 1588 ). Die Verbindung ist nach friihern Bemerkungen 
hinreichend motiviert, und ware sie es nicht, sie wiirde es 
dadurch, dafs beide Gottheiten gleichmafsig den Kiinsten 
und Handwerken vorstehen 1589 ). Athene ward in dieser 



ir,86-j w ovon das Fest auch lAOr\VKia hiefs (Hermann .56,3.2). 
15S7 ) Harpokr. Xcd*. (Phanodem. fr.22 Miill.) Pollux VII, 105. 

1588 ) ,,Es \vard im Herbste gefeiert, wahrscheinlich well die rau- 
here Jahreszeit die Menschen von ihren landlichen Beschaftigungen 
auf freiem Felde abruft zu den hauslichen Arbeiten, die daheim am 
wirthlichen Heerdfeuer betrieben werden." Riickert p. 41. 

1589 ) Plat. Legg. XI. p. 921: 'HytdaTov xcd ^i&rjvas IBQOV TO TCOV 

yeVo?. Vgl. f, 23.2 sqq. Darum liebt Athene die Kiinstler: 



374 

Rucksicht zu Athen als 'Egyavrj verehrt, wg TWV 
ywwv SQycov TT^otram^g 1590 ). Mir scheint die Vermuthung 
Welckers 1591 ) sehr viel fur sich zu haben, dafs dieKlasse 
der 'Egyadeis cine von den alien bis auf Kleisthenes 510 
beslehenden vier ionischen Phylen besonders die Athene 
Ergane verehrt habe und unter den altesten Attischen Be- 
wohnern sehr bedeutend gewesen sei. -Denn die Feier wird 
uns als a<>%aia, nahaid, drjfttodtjs > djfttoTshrjg ', navdrftios 
bezeichnet, wdraus sich ergieb.t, dafs sie nicht bios von 
Erzarbeitern allein begangen wurde. Dafiir haben wir noch 
einen andern Beweis in der Thatsache, dafs an dem Tage 
der Xafaela der Anfang mit dem Weben des nenkog ge- 
macht wurde. Athene 'Egydvij ist Vorsteherin jeglicher 
Kunstferligkeit, namentlich auch der weiblichen Arbeiten: 
des Spinnens, Webens 1592 ) u. s. w. Als ^Eqyavrj hat Athene 
den Hahn zum Symbol i593 ). Pausanias 1594 ) gedenkt eines 
Bildes der Athene in ihrem Heiligthtime auf der Akropolis 
zu Elis, eines Werkes des Pheidias, auf dessen Helm sich 
ein Hahn befand, den Pausanias entweder auf Kriegerlich- 



den Harmonides (E, 60 sq.). Epeios verfertigt mit ihrer Hiilfe das 
liolzerne Pferd. (*, 493). Vgl. O, 410 sqq. 

159 ) Procl. z. Tim. p. 5.2. Vgl. Creuzer Symb. Ill, 408 415. 
Soph. fr. 705 Ahr. nag 6 %iQtav<x!; lews, oS rrjv dibs yaQytomv 
^EQYKvqv OTKTOIS MxvoiGi nQOGTQSTiea&s. Pausan. 1. 24, 3. Zu 
Olympia: Paus. V. 14,5, wie man fast schliefsen mo elite, auch aus 
Athen darch Pheidias dahin verpflanzt. Zu. Sparta Pausan. III. 
17, 4. Neben ihr Plutos Pausan. IX. 26, 8. Dieser Kult nach Sa- 
mos verpflanzt. Suid. 'EQyar^. Hesych. 



1592 ) Horn. h. HI, 14 sq. u, 72. ft 116 sq. Hesiod. O.D. 63 sq. 
E, 734 sq. , 38&sq. (nenios, den Athene selbst gewirkt hat). Zu Rom 
am Fries ihres Tempels beim forum Nervae sieht man unter Athe- 
nens Leitung weibliche Arbeiten ausgefiihrt, Admiranda Romanorum 
antiquitatis ed. II. (v. Domenico de Rubeis). Rom. 1693. tab, 35 42. 

1593 ) Plutarch. Q. symp. Ill, 6. p. 654. p. 666 Wvttenb. 
15D4 ) VI, 26, 3. 



375 

keit oder als einen der Athene *Eqyuvri heiligen Vogel ge- 
deutet wissen will. Den Grund giebt Plutarch wohl riehtig 
an: wenn bei dem Schrei des Hahnes der Morgen wieder- 
kehrt, so vveckt er uns zu neuer Thatigkeit, und mit des 
Morgens Erwachen horen wir das Getose der Hammer und 
das Gerausch der Sagen. (Coincidenz: Kriegerlichkeit des 
Hahns). Durch ^drfvafys s^ya erwirbt man sich Lebens- 
unterhalt 1595 ); die Spindel (aAaxazra) ist ihr Geschenk 1596 ); 
der Handwerker, der den Pflug macht, den sie selbst 
erfand 1597 ), heifst ihr Diener 1398 ); Lanzen verfertigen hat 
sie gelehrt, Kleider weben und Hauser bauen 1599 ); der 
Wagen ist ihre Erfindung 160 ). 

,,Es ist sehr wahrscheinlich, dafs die attischen Dada- 
liden, wie nachmals die von Phidias sich ableitenden 
Phadrynten in Elis, ihre zunftmafsige Kunstiibung unterden 
Schutz dieser Gottheit gestellt hatten (Pausan. V. 14, 5. vgl. 
Hygin. fb. 39) , so wie auch in dem Hephasteion im innern 
Kerameikos dem Hauptheiligthume der ehemals hier wohn- 
haften Topferzunft neben dem Feuergotte die Athena 
aufgestellt war (Paus. 1. 14, 5) ." 0. Muller Encykl. . 10. 
p. 81 sq. (Kl. Schr. II. p. 148). 

Hier ist auch ein Heiligthum (i^#?pc?s Tsfisvos) in der 
Akademie zu erwahnen, wo neben Athene auch Hephaistos 
und Prometheus verehrt wurden 1601 ) , und von wo aus alle 
Fackellaufe unternommen zu sein scheinen 1602 ). 

Natiirlich, dafs Athene in allem, was sie lehrt und dem 

159n ) Solon, fr. XII, 49. 
J596 3 Theokrit. 28, 1. 
159T ) Lobeck Agl. p.873 not [6]. 
1599 ) ^^vi'jj? 8/j.uos. Hesiod. O. D. 430. 
1599 ) Oppian. Hal. 11.21 23. 
16no ) Horn. h. Ill, 12 sq. 
1601 ) Soph. O. C. 55 ibq. .Sell. 

160:! ) Bockh Staatsh. I, 496. Vgl. Muller .11. p. 82. (Kl. Schr. 
II. p. 149.) 



376 

sie vorsteht, ausgezeichnet, uniibertrefflich ist. Daher sagt 
Achiil 1603 ), er wolle von dem Agamemnon keine Tochter 
heirathen, auch nicht wenn sie mit Aphroditen an Schb'nheit 
wetteifere 



Als Here 1605 ) den Zeus beriicken will, zieht sie das ambro- 
sische Gewand an, das Athene ihr gewebt. Wegen dieser 
ihrer Kunstfertigkeit irn Weben fiihrt Athene auch den Bei- 
namen Trttvcmg 1606 ). 

</) Das Rauschen der Wolke machte Athene zur 
Gottin der Musik. 'Eyxslados* 607 ), a^wv 1608 ), GalniyZ, 
(s. oben p. 369 sq.) 

K) Inwiefern Athene als Wolkengottin auch den Cha- 
rakter einer Zauberin annehmen konnte, ergiebt sich atis 
friiher Gesagtem von selbst. Beinamen, die sich hierauf 
beziehen, sind fiaaxavos 1G09 ) und rA%mot 1610 ). 

Aufser Wolkendamonen (s. no. 3 dieses Kapitels) giebt 
es auch Wolkenheroen. Ein durch und durch atheni- 
scher Heros ist Diomedes, dessen inniges Verhaltnifs zur 
Gottin schon aus Homer erhellt. Er ward selbst gottlich 
verehrt. Sein Schild wurde zu Argos, seinem Hauptsitze, 
im Tempel der Athene aufbewahrt und jahrlich einmal mit 
dem von Diomedes aus Ilion geraubten Palladion im Tnachos 
gewaschen. s. Spanh. zu Callim. p. 646 sqq. 

[Anin. des Heransgebers. Die folgende Schilderung der Pana^ 
thenaen kpnnte , da das Fest sich auf verschiedene Ricli- 



1603 ) J, 390. 

1604 ) Vgl. die Novellette von der Araclme. Ovid. Met. VI, 1147. 



16(>5 ) S, 178. 

1606 ) Creuzer III, 440. 



1607 ) Hesych. 

leosj n es y c ] u k e i Jen PampJiyiiern. Vgl. die Minerva in usica bei 
Plin. H. N. XXXIV, 8,19. 

1BP9 ) Nic. Damasc. p. 309 Tauchn. Creuzer III, 3-48. 
)fil ) Pausan. IX. 19, 1. 



377 

tungen im Wesen der Athene bezielit, zu keiner einzelnen 
derselben gestellt werden nnd schien es daher am passend- 
sten sie hier am Schlufs zu geben.] 

Nicht bios als dem Ackerbau vorstehende Gbttiri kannte 
und verehrte man Athene zu Athen. Was konnte dem atti- 
schen Volke, gemafs der Lage seiner Wohnsitze, nachst 
dem Ackerbau mehr am Herzen liegen als die Seefahrt und, 
was damit zusammenhangt, Handel und Wandel? Wahrend 
der Ackerbau die erste Grundlage des attischen Staatslebens 

O - 

bildete, woran sich die Kraft des Volkes immer yon Neuem 
starkte und verjiingte, gerade wie bei uns, war die SchifF- 
fahft dasjenige, wodurch zuerst die politische Stellung des 
Landes errungen und zu so glanzender Hohe hinaufgeftihrt 
wurde. Und darum finden wir nicht minder zu Athen den 
Kult d er Athene, die Schifiahrt, alien Handel und alle Kiinste, 
die er beansprucht, in ihrer Obhut hatte und somit die po- 
litische Bedeutung von ganz Athen. Dieses dreies: Schiff- 
fahrt Handel und Gewerbe und politische Grb'fse 
gehb'ren genau zusammen. Daher finden wir auch dies 
dreies gleichmafsig vertrelen an dem grofsen Feste der 
Panathenaen (deren Stiftung durch Erechtheus (s. oben) da- 
her, als durch einen zum Ackerbau gehb'rigen Heroen, 
weniger passend ist, als durch den ritterlichen, poseido- 
nischen , Theseus), welches dieser Athene zu Ehren 
gefeiert wurde, der Athene Polias, denn, \vie gesagt, 
nicht minder ruhte atif dieser Richtung des Lebens,. wie 
auf dem Ackerbau, die Wohlfahrt und Grofse der Stadt und 
des Staates. [J. Meursius Panathenaea. L. B. 1619. 4. 
(Gronov. Thes. VII. 83 108). Carol. Hoffmann Pan- 
athenaikos. Cassel. 1835. 8. Herm. Alex. Miiller Pan- 
aihenaica. Bonn. 1837. 8. (Creuzer M. G. A. 1838. no. 21. 
p. 170 sqq.). Meier Ersch u, Gruber Encycl. Sect. III. Bd.X, 
p. 277 294, Hermann Rel. A. .54.] 



378 

Man feierte in Athen zwiefache Panatheniien : kleine 
alie Jahr, und grofse aile vier Jahre. Besonders diese 
letzteren vvaren es naliiiiich, zu deren Feier die gesamrate. 
Bevolkerung sich vereinigte, und die sie mil einem grofs- 
arligen Aufwande und hoher Pracht beging (Sch. Aristoph. 
Nub. 385: xa tie nava&rfvaia soQTtjv naq Id&rjvaiois slvai 
(.isyiaTrjv naoa navTcov adevai. Vergl. Aristid. Panath. 
I, 308 Dind.). Die Fahne gewissermafsen, um die sich alles 
schaarte, war der nsnlog TtanTtolxdog, welcher in Proces- 
sion der Gottin dargebracht wurde (Sch. Aristoph. Av. 827). 
Gewebt wurde derselbe aufser von den beiden a^cpoQOi, 
von denen oben die Rede war auch von den eqya- 
GTivaig (Hesych. I. p. 1418), iiberhaupt aber nicht bios von 
Madchen, sondern auch von verheiralheten Frauen (Sch. 
Eurip. Hec. 463). Am 28. Hekatomb. = 17. August 427 
(22. Juli 430) ward dieser nsn'koq in Procession nach dem 
Tempel auf der Burg gebracht und zwar indem man ihn 
in Form einesSegels an einem aufRollen gezogenen Schiffe 
(Vgl. Fontenu Mem. de 1'Ac. Tom. VII. (Amstel. 1731.8.) 
p. 153 sqq.) aufhing, vavq VIIOTQO^OS, wie es heifst (Sch. 
Aristid. p. 342 sqq. Dind.). Der Zug ging vom Keramei- 
kos, oder genauer von dem in ihm belegenen sogenannten 
^SCDXOQIOV aus (Thucyd. 1, 20), einem Heiligthume der Tochter 
des Leos, die einst zur Rettung des Vaterlandes geopfert 
waren. Dann ging es beim Eleusinion vorbei zum Pythion 
oder Pelasgicon (Pythion : Cretizer Symb. Ill, 476. Kayser 
z. Philostr. Sophist. II, 4. p. 58. vergl. 294. Pelasgicon. : 
Gottling Rh. Mus. 1845. p. 340, indem er die Stelle des 
Philostr. so liest: ex K.f>ct[isixov 6s aQaaav yjibly xwnfl 
snl TO 'Ehevalviov xal rtsQifiahovGav CCVTO TKXQCC- 
TO JIv&wv, xo(.iioi.i8vi]v TS naQa TO Ilehaayixdv 
ol vvv wQiuoTai,. Ihm stimmtbei Claussen Quaest. Herod, 
p. 45.), wo das Schiff stehen blieb, die vornehmslen Matro- 



379 

nen der Stacll aber den Peplos aufnahmen und auf die Burg 
trugen. ,,Dort scheint das Bild [Lindau (iiber die aufsern 
Mafse des Parthenon) Arch. f. Phil. 1846. XII, 2. p. 311313, 
sucht zu zeigen, dafs das Bild der Athene nur 6 Fufs hoch 
gevvesen] der Athene auf ein Lager von Blumen gelegt 
und mit jenem Peplos bedeckt vvorden zu sein (Hesych. 
rcAWg Tom. II, 971 Alb. Pollux VII, 13. vgl Meurs. Panath. 
cp. 19. p. 100 Gronov.)." Creuz er III, 476 sq. 

Bei diesem Zuge waren auch die Metoiken [daher in den 
Inscr. (Ussingp.45.q.v, 14) TOIQ no^nevoi tots ^-9-ijvaloig 
zu unterscheiden von den Metoiken] in soweit betheiligt, 
als sie die zum Opfer erfordeiiichen Gerathe auf die Burg 
trugen, wo von sie axcccprjqioQOi, ihre Frauen vdQiacpOQOt, 
(Pollux HI, 55), ihre Tochter axiadrjcpoQot, hiefsen (Aelian. 
V.H.VI,!. BockhStaatsh.il, 76. Hermann St. A. .115, 10. 
Rel. A . 54, 27 sq.), und selbst die Freigelassenen durften 
an jenem Tage den Markt mit Eichenlaub schmiicken 
(Bekker Anecd. p.242). 

Die ganze Prozession war folgendermafsen geordnet : 

1. Schone Greise mit Olivenzweigen (&aM.ocp6(>oi). 

2. Burger unter den Demarchen. 

3. GxacpqcpoQOi. 

4. Btirgerfrauen mit den vdyiacpofioiQ. 

5. Jiinglinge mit Waffen. 

6. Auserwahlte Jungfrauen (KctvyfpoQOi,) mit den axiadi]- 

cpOQOig und dicpQOcpoQOis* 

7. Knaben. 

Ein solcher panathenaischer Festzug war auf dem Fries der 
Cella des Parthenon dargestellt, wovon uns der grofste Theil 
bekannt ist (0. Muller Arch. . 118,2b. p. 104). Die ubri- 
gen plastischen Darstellungen, mit denen das Aeufsere dieses 
Tempels geschmiickt war, zeiglen Pallas als Gigantenka'na- 
pferin und andere Gotterkampfe, den gegen die Amazonen 



380 

und andere geschichtlichen Inhalts. Weshalb diese Scenen 
des Streites? Offenbar weil die Gottin, der jener Tempel 
bestimmt war, hier als die Gottin des Kampfes, als eine 
ethische, politische gefafst war, wie denn auch bei dem 
Zuge die Burger in Waffen erschienen. Darauf gebt gleich- 
falls das Schiff, auf dem ihr Gewand als Segel hing [? vgl. 
das Schiff der Isis. Grimm Myth. p. 236 sqq. Lersch Isis 
und ihr heiliges Schiff (Jahrb. d. Ver. v. A. im Rh. IX. Bonn. 
1846. p. 100115) vgl. Fontenu a. a. 0.]; darauf gingen auch 
die Slickereien des nenkos, welche wie die Metopen des 
Tempels Gigantomachien und andre Gotterkampfe darstellten 
(Hermann Rel. A. . 54, 13. p. 276); darauf gingen endlich 
auch die Wettkampfe, welche an den Panalhenaen statt 
batten, und wobei Thongefafse mil heiligem Oele die Preise 
ausmachten. 

Denn jene feierliche Procession am 28. Hekat. bildete 
nur den Schlufs der ganzen Festlichkeit, die, am 25. be- 
gonnen, vier Tage lang dauerte, wahrend welcher allerlei 
gyninische und hippische Kampfspiele gefeiert, seit Peisi- 
stratos die homerischen Gedichte rhapsodiert und seit Peri- 
kles, der eigens dazu das Odeion hatte bauen lassen, auch 
musische Wettkampfe gehalten wurden (Pint. Pericl. cp.13). 
Auch Fackellaufe ianden der Gottin zu Ehren statt, die, 
gleich denen an den c HcpaiaTia und JT^o^^fim, auf jene 
urspriingliche Natur der Gotlheit mbgen zuriickzufiihren 
sein, wovon gleich im Anfang die Rede war und um derent- 
willen Athene ja auch eben mit Hephaistos mannigfach ver- 
bunden erscheint. Aber gleichwohl lag nicht minder in 
diesen Fackellaufen sowohl Beziehung zu den Handwerken 
als auch die mehr ethische auf Kampf und Sieg (vgl. *A$. 
rhavxcoms)) wie dieselbe bei den gymnischen, musischen 
und hippischen Spielen und bei dem Vortrage der homeri- 
schen Gedichte zu Tage liegt. Namentlich was diese letz- 



381 

teren belriflt, so war es kein asthetischer Grand, der den 
Solon veranlafste, ihren Vorlrag an den Panalhenaen anzu- 
ordnen : sondern die Riicksicht auf Bildung der Gesinnung 
im Volke, d. h. einer Gesinnung, die an den Heroen der 
troisch - odysseischen Sage sich emporrankend, gleich ilmen 
thatkraftige Tiichtigkeit in den Kampfen zu Wasser und zu 
Lande entwickele. 

Wir sehen, wie sehr jede Einzelnheit des Festes dem 
Charakter der Gottin entsprach, der es gewidmet war und 
den \vir vorhin skizzierten. 

2. r 'H cp a i a T o g. 

/ 

T. B. Em eric-David Vulcain, Recherclies sur ce dieu, 
sur son culte, et sur les principaux Monuments qui le 
representent. Paris 1838. 8. 104 S. 

A. N a ra e. Die Etymologic ist sehr dunkel. Plat o 161t ) : 
qxxovg "apogee, luminis praesidem, Lindemann 1612 ) von 
acpdco tracto; quare manu promptum artificem deriolat. 
Sam. Bo chart JttftttJtf 2tf (af esto) paler s. inventor ignis. 
Schwenck 1613 ) c JEf cpaiaTog von'cpaico, cpaivw leuchten, 
scheinen. Pott 161 *) f 'Hcp CCIGTO (vgl. al'&siv, Alt vt], 
aestas) d. h. anzcov TIVQ oder: amof-ievos (tractans; occupa- 
tus.) nvQto&evTos (%alKov). Vgl. sv nvql aipea$ai, i6i5 ) (im 
Feuer ergliihen) 1616 ). 



1611 ) Cratyl. p. 407. 
1R12 ) Notatt. Homeric. P. I. p. 6. 
1613 J Andeutungen p. 167. 
1GJ4 j 1,250. no. 206. 

1615 ) i, 379. 

1616 ) Ytilcanus stellt Buttmann Myth. I, 164 sq. zusaminen 
mit TbuLalkain und den Telchinen. Servius zu Aen. VIII, 414: 
Vulcanns, ut diximus, ignis est, et dictus Vulcanns quasi Volicanus, 



382 

B. Genealogie. Bei Homer werden ausschliefslich 
Zeus und Hera als die Ellern des Hephaistos genannt. Eine 
jiingere und von anderer Anschauung ausgehende Genea- 
logie ist es, wenn Hera allein aus sich den Hephaistos ge- 
biert 1617 ). Nach Kinaithon 1618 ) isl Hephaistos Sohn des 
Talos, des Sohnes von Kres, und Vater des Rhadamanthys 
(s. Zeus); die Vater bei Cicero 1619 ) (Coelus, Juppiter, Nilus, 
Menalius) sind leicht zu verstehen, wenn man, wie auch bei 
den friiheren -Abstammungen, festhalt, dafs Hephaistos das 
alhmospharische und irdische Feuer ist und der Vorsteher 
von beiden IG2 ). Jenes kniipft sieh an die Wolke als Blitz, 
dies an die feuerspeienden Berge. Auf letzleres pafst die 
Abstammung von Hera, auf ersleres die von Nilus, auf 
beides die von Zeus und Hera. Der Blitz ist aber haufiger 
als Erdbeben und Feuer speiende Berge, daher auch anzu- 



quotl per aerem volat. Hrabani Mauri de uniyerso Ib. XV. cp. 4 
(ed. Colon. Agr. Tom. I. p. 206): ,,Vulcanum volunt ignem esse, et 
dictus Vulcanus, quasi volans calor: vel quasi Volicanus, quod per 
aerem volet. Ignis enim e nubibus nascitur. Unde etiam Homerus 
dicit eum praecipitatum de acre in terras, quod omne fulmen de 
acre cadit." Vulcanus vom Sanscr. ulka (Feuerbrand) s. Bopp 
Glossar. Curtius Z. .. A. 1847. Novbr. p. 1036 sq. 

161 ') Hesiod Th. 927 sq. Apollod. I, 3, 5. Pindar fr.231 Bgk. und 
der Verfasser der Danais sagten, 'EQIX&OVIQV xctl "HcpctiGTOv &. rfjs 
(f.avrjvat. Damit stimmt denn auch, wenn Find. fr. 260 die Here 
Yom Hephaistos gefesselt werden liefs auf dem von ihm verfertigten 
Throne. Vergl. Welcker Kl. Schr. I, 293 sq. Diese sehr dunkle 
Mythe von der Fesselung der Hera (s. Millin XIII, 48) hat wohl den- 
selben Sinn, wie die Fesselung der Aphrodite und des Ares, der 
Hera durch Zeus (O, 18sqq.) 

1618 ) Bei Pausan. VIII. 53,5 (fr. 3. p. 407 Mcksch.) 

16 19 ) N. D. Ill, 22. 

162 ) Daher warme Quellen auch auf Heph. zuriickgefuhrt wer- 
den. Ibyc. fr.41Bgk. Die Stoiker nnterschieden; Diog. Laefl.Vir,147. 
Vgl. Vofs Theol. Gent. II, cp. 66. 



383 

nehmen, dafs das Blitzfeuer friiher als das aus der Erde 
hervorbrechende in Hephaistos personificiert worden 1st. 
Aus dies'em Grunde ist auch Hephaislos von mir hierher- 
gestellt. 

C. Mythol'ogie. Wie sehr sich die Griechen der 
naturlichen Bedeutung des Hephaistos bewufst waren, zeigen 
nicht bios alle Deutungen auf Feuer 1621 ), sondern auch die 
Unmasse von Stellen, an denen "Hcpaiavog geradezu stall 
nvQ steht 1622 ). 

Schon Homer 1623 ) kennt den Mythos, dafs Hephaislos 
von seinem Vater Zeus vom Himmel geworfen wurde; 
einen ganzen Tag, bis Sonnenuntergang, fallt er, dann kommt 
er auf Lemnos an, wo die 2ivnsg sich seiner annehmen. 
In andrer Gestalt laulet dieser Mythos so : Here selbst warf 
den Hephaistos, weil er schwach und lahm 1624 ) war, ins 
Meer, wo Thelis ihn aufnahm und pflegte 1623 ). Beide My- 
then verbindet Apollodor 102G j. Dafs Hephaistos vom 



1621 ) Die Stoiker (Diog.Laert.a. a. O.): TO rf%vixov TIVQ. Diodor. 
Sic. 1, 12: TO dk TIVQ "HifaiGrov ovopaatu. Dionys. Hat. A. R. II, 50. 
VI, 69. Pint. Q. R. Clem. Alexdr. Protr. p. 56. Enseb. P. Ev. Ill, 2 : 
"jtffceiGTOV c? fivai TO nvQ. Theodoret. Serm. 3. Tom TV. p. 502. Aa- 
gnstin. C. D. VII, 16: Vulcanum volunt ignem mundi. Prudent, gegen 
Symmach. I, 304 sqq. Martian. Capell. de nnpt. I. Fulgent. Mythol. 
11,14. Isidor. Origg. VIII, 11. XIX, 6. Albric. de deor. imag. cp. 15. 
Eustatb. II. p. 150. 151. Varro L.L. IV, 10. p. 76 Spengel: ,,Ab ignis 
jam majore vi ac violentia Vulcanus dicitur." 

1622 ) B, 426. vgl. *, 32867. Arcliiloch. bei Plutarch de aud. 
poet. (fr. 11 Bgk). Pindar. P. Ill, 68 sqq. I, 47 sq. 

16as ) A, 586 sqq. 

1624 ) KvM.ono3i<av 2, 371. *, 331. Gewohnlich wird auch a t u(f. t - 
yvrjf.is (2, 462) hierhergezogen. Lindeinann 1.1. erklart es fur 
utrinque articulatus , utrinque valens, ambidexter und yergleicht 
ambignus (A r , 147). Soph. Trach. 504. 
Horn. h. Apoll. Pyth. 138 sqq. 
16?6 ) I, 3, 5. 



384 

Himmel ge\vorfen wird und dafs er hinkt 1G27 ), geht auf den 
Blitz. Sein Aufenthalt bei der Thetis erklart sich aus der 
Ver'wandtschaft zwischen Wasser und Wolke. (Vgl. das 
Verhaltnifs zwischen Athene und dem Wasser.) Auf Lemnos 
fallt er, weil diese Insel sehr vulkanisch war ; hier war auch 
eine Hauptkultusstatle des Hephaistos 1G28 ). 

Wie sich mil dem Wolken- und Blitzgott Kunslfertig- 
keit, namenllich im Schmieden, verbindet, habe ich zum 
Theil schon oben bei Athene und bei den Kureten er- 
wahnt. (Vergl. unten Daktylen, Telchinen u. s. w.) Hier 
bemerke ich noch, dafs seine Beziehung zum Schmieden 
nicht allein in der Nothwendigkeit des Feuers dazu zu 
suchen sein diirfte, sondern auch in dem unschwer wahr- 
zunehmenden 1G29 ) , gleichsam magischen Verkehr des 
Blitzes mil den Metallen. Diesen Schmidt 1630 ) He- 



162 ") ,,Attendu la rnarche inegale et vacillante de la flamine." 
Emeric-Dayid p. 31. Icli leite es lieber von dem hin und her 
wackelnden, flackernden Feuer und von dem zuckenden Blitze ab. 
Andre erklaren anders, z. B. Phurnut. N. D. cp. 19, weil er nicht ohne 
einen Stock (Scheit, Holz) gehen kann. Porphyr. bei Euseb. P. E, 
III, 11: weil das Erdfeuer schwacli und unvollkommen ist. 

1628 ) ^-, 293 sq. Ad. Dan. Richter De Vulcano in Lemno rege, 
sub cu jus auspiciis artes ferrariae in ista insula regnare coeperint, 
Annaberg. 1751. 4. TJeber den Hepliaistos-Kult auf Lemnos vergl. 
Rhode R. Lemn. p. 55 58. Hephaistia Stadt auf Lemnos, Rhode 
p. 13.. Lemnos XQKVCCOV naSov l H(paiaTOio Dionys. Perieg. 522. 
In den Graben, aus welchem man die Roth el grub, soil Heph. ge- 
fallen sein. Philostr. p. 703. Serv. z. Aen. VIII, 454. Galen, de 
simpl. med. tempp. 9. p. 246 ed. Chartr. (= 117 Basil.): tag Ss uno^cts 
TTJS vsus fyviov OVTE xarK f f>ikoy.TriiT]V ovre XKTK TO ttQOV TOV l JX(pat~ 
GTOV )>6(pov tv ry %wQff tijs noiecos Zxeivrjs (MvQivr]s). Vgl. Attius b. 
Hermann Opusc. IK, 120. 

1629 > s. Humboldt Kosm. II, 417. not. 46. 

leso-j ^j s jj ere den Hephaistos gebbren , iibergab sie ihn dem 
Kedalion (iiber ihn ygl. Soph. frgm. p. 369 Alir. Rhode a. a. O. er- 
withnt den Kedalion gar nicht) in Naxos (Verwechselun-g mit Lem- 



* 385 

phaistos brauche ich kaum zu erlautern; er ist bekannt 
und erla'utert sich alles darauf Beziigliche von selbst. Er 
fiihrt in dieser Riicksicht eine Menge Beiwb'rter, schon 
bei Homer. Ueber die Xahxsia s. Athene. Andere Feste 
zu Athen mit Fackellaufen waren die 'HqxxiaTsia und 



Seine nahe Beziehung zu Athene ist durch die Natur 
seines Ursprungs gegeben. Und es ware merkwiirdig, wenn 
dem Hephaistos nicht auch ein Theil der der Athene zuge- 
theilten Eigenschaften zukame. So ist es aber auch. Was 
zunachst sein Verhaltnifs zu Fruchtbarkeit und Gedei- 
hen im Erdleben betrifft, so zeigt ein solches die bereits 
oben behandelte Mythe von Erichthonios. Ferner sein ehe- 
liches Verhaltnifs zu Aphrodite und den von dieser nicht 
wesensverschiedenen drei Chariten, deren jede seine Ge- 
malin heifst; ferner sein Verhaltnifs zu den samothrakischen 
Mysterien. 

Was die Athene zur c Yyteia machte, veranlafste auch, 
dafs man von den Priestern des Hephaistos glaubte, sie 



1632 



vermochten den Schlangenbifs zu heileh ;. 

Athenens Weisheit ist bei Hephaistos Klugheit und List: 
er ist yiohvftyrig , xhvToftyTig , nokutyQWv, was nicht bios 
auf seine Kunstgeschicklichkeit zu beziehen ist. 

Die ganze Mythologie des Hephaistos ist sehr einfach, 
wie bei alien den Gottern, die nicht sehr von ihrem Natur- 
substrat losgelost und ethisch verklart worden sind. 



nos? Eratosth. Cat. 32. p. 260, 28. Sch. Nicand. Ther. 15. Hesiod. 
fr. 67. Gottl. 185 Mrcksch. Hygin. P. A. 34. p. 486. ibq. intp. Heyne 
not. crit. Apollod. p. 22 sq.) , die Schmiedekunst zu lernen. Eustath. 
II. XIV, 244. Tzetz. Cliil. HI, 226. E n g el Q. Nax. p. 36. 

1631 ) Hermann G.A. .62,25. 

163a ) Eustath. 11. p. 330, 12. 

Lauer Griech. Mythologie. 25 



386 

Als Identitaten des Hephaistos erwiihne ich hier noch: 
Prometheus 1633 ), Daidalos, die Paliken 1634 ), Typhaon, Ty- 
phoeus 1635 ). 

3. Wolkendamonen (Kov^reg, KoQvfiavTeg , Tetylveg, 
3 Idatoi daxTvhoi, KafieiQOi, u. A.) 



Ueber die mil den nachfolgenden gleichartigenKureten 
siehe oben p. 189. 

Den Namen der Korybanten 163G ) habe ich schon 
besprochen. Persephone (eine Figuration der Erdgottheit) 
soil sie ohne Mann geboren haben 1637 ). Vgl. Hera-Hephai- 
stos 1638 ). Sie heifsen auch Begleiter der Persephone, nach 
der (KOQTJ) sie sogar benannt sein sollen 1639 ), weil die Erde 
der Wolken als Begleiter bedarf, um zu bliihen und Fruchte 
zu tragen. Pherekydes 1540 ) la'fst neun Korybanten Sb'hne 
des Apollon und der Rhytia sein und sie in Samothrake 
wohnen. c Pmia gleich Retterin, so benannt nach der Eigen- 
schaft der Sohne, die wir gleich kennen lernen werden. 
Andere Nachrichten nennen die Mutter 'Poireta, welches 



y gli Yolcker die Mythol. des Japet. Geschlechts. Giefsen 
1824. 8. Weiske Prometheus, und sein Mythenkreis. Leipz. 1842.8 
Schomann des Aeschylos gefesselter Prometli. Grfsw. 1844. 8. 

i634 ) Sb'line des Hephaistos und der Aitne oder des Zeus u. d. 
Thaleia. Ueber dieselben vergl. Welcker Les Paliques Siciliens, 
0eol na.liY.ol (Annal. dell' Inst. arch. 1830. Tom. II. p. 245 257.) 
Cr euzer Symb. Ill, 815 sqq. Schneidewin Aeschylos Aetna und 
die Paliken (Rhein. Mus. 1844. p. 70 sqq.)- Sauppe die Paliken bei 
Macrobius (ibd. 1845. p,152sqq.). 

y gL B) 780 sqq. Sturz z. Hellan. p. 46. 
y erg i. Welcker, Aesch. Tril. p. 191 sqq. Lobeck Agl. 
p. 1139 1155. 

1G37 ) Serv. Aen. HI, 111. 

leas-j yr]y V & s KoQvfiavTSs. Nonn. Dionys. XIV, 25. 

1B39 ) Lobeck, Aglaoph. p. 546. 1140. 

16 *) fr. 31. St. 



387 

Wort Lobeek 1641 ) mil eiv in Verbindung bringt. Sie ist 
also eine Wassergestalt. Vergl. das nach ihr benannte 
Vorgebirge 'PoiTeiov 1642 ) und ihren Vater ngazevg t643 ), 
dem genau die Nereide JTjxtmi 1 1644 ) entspricht. Diese Ge- 
nealogie kommt ganz iiberein mil der obigen der Kureten 
von Hekataios und einer Tochter des Phoroneus. Andere 
Ableitungen wie z.'B. die von Apollon und Thaleia 1645 ), 
von Kronos oder Zeus mil Kalliope 1646 ), oder von den 
Thranen des Zeus 1647 ), sagen dasselbe. Strabo (a. a. 0.) 
sagt ausdriicklich, dafs die Korybanten von Einigen fiir 
identisch mit den Kabeiren gehalten wiirden ms ). Dies wird 
bestatigt durch die enge Beziebung der Korybanten zu 
Samothrake, dem vornehmsten Sitze der Kabeiren 1649 ). A.ui 
der andern Seite werden die Korybanten auch nach Kreta 
gesetzt 1650 ) und statt der Kureten 1631 ) oder zugleich mit 
ihnen zu Wachtern des Zeus gemacht. Wenn man nun 
auch leicht Lobeck 1652 ) zngestehen kann, dafs den Kory- 
banten dies Geschaft nicht urspriinglich beigelegt gew'esen-, 
so ersieht man doch daraus, dafs es ihnen spater zugetheilt 
wurde, dafs eine Wesensgleichheit zwischen ihnen und den 
Kureten obgewaltet haben miisse. Diese besteht nun eben 
darin, .dafs beide Auffassungen der Wo Ik en sind. Ur- 



Agl. p. 1141. 

16 * 2 ) Sch. Apollon. I, 929. Tzetz. Lye. 583. SerY.z.Aen.HI, 108. 
Zonar. Lex. p. 1620. 

1643 ) Tzetz. u. Zonar. 1. 1. 
" : ' 164 *) Hesiod. Tli. 243. Z, 43. 

1645 ) Apollod. I. 3, 4. Tzetz. Lye. 77. . . 

1846 ) Strabo X. p. 472 B. Cas. 

1647 ) Sch. Aristoph. Vesp. 9. 

1648 ) Vgl. Sch. Plat. Rep. p. 377 Bekk. Seh. Arist. Lys. 558. 
1649-j Ygj |j en Pherekydes und mehr bei Lobeck p. 1142 sqq. 
165 ) Lobeck p. 1144 sqq. 

165 ') Sch. Arist. Vesp. 9. 
1652 ) p.llSOsq. 

25* 



1653N 



388 

sprunglich waren sie gewifs riur Begleiter der Kybele 
(Erdmutter) , der sie aus demselben Grunde beigegeben 
waren, wie spater der Persephone. Die Erde kann nicht 
gedeihen, nicht bliihen und Friichte tragen, wenn nicht das 
Gewolk sie begleitet, wenn nicht befruchtende Ge witter sie 
umgeben und zu ihr. herniedersleigen. Wie man die Erde 
selbst unter der Gestalt der Mutter Kybele anschaute, so 
das larmende, feurige Donnergewb'lk unter der Gestalt der 
die Gottin mil Waffengeklirr und begeisterten Tanzen urn- 
gebenden Korybanten. Dies ist das, was den Korybanten 
als eigenthiimlich zugeschrieben wird. Soil ich das Ver- 
haltnifs der Korybanten und Kureten in Bezug auf ihr Vor- 
kommen auf Kreta und im Zeuskult bestimmen, so mochte 
ich sagen: von Griechenland aus kain der Dienst des Zeus, 
von dem der Mythos war, dafs er von Nymphen auf dem 
Berge grofs gezogen sei, nach Kreta. Hier traf er auf eine 
Gottheit, welche mit seiner Mutter Rhea Verwandtschaft 
hatte. Es war dies der Kult der phrygischen Erdmutter, 
welcher nach Kreta in ferner Urzeit durch phrygische Ko- 
lonisten gekommen war. Die Begleiter dieser Erdmutter, 
Kureten wie sie auf Kreta hiefsen 1654 ), kamen so leicht in 
die Mythologie des Zeus, um so mehr, als diese Wolken- 
da'rnonen schon an sich zu dem Himmelsgotte pafsten. 
Kybele ^dQaaveia wird dabei selbst zur Nymphe und Amme 
des Zeus. 

Mit den Telchinen 1658 ) hat es dieselbe Bewandtnifs, 
wie mit den Kureten und Korybanten. Wahrend jene vor- 



16E3 ) Lobeck p.H51sqq. 

1664 ) Daher mit Recht in dem Fragm. aus der Phoronis bei 
Strabo a. a. O. : 6 3 rr\v 3>OQ(ovtda yQatyus KvlrjTKg xal <PQvycts TOVS 
KOVQTJTKS ifysi. 

1B55 > Lobeck de Telchinibus (Aglaoph. p. 1181 1202). Hock 
Kreta Bel. I. p. 345 son. Welcker Aesch. TriL p. 182 190. 



389 

ziiglich nach Kreta, diese nach Phrygien gehoren, so die 
Telchinen vorzugsweise nach Rhodes, welches selbst Tel- 
Xma 1650 ) oder Turns' 657 ) hiefs. Den Namen leiteten 
schon die Alien von dehyew ab I858 ). AuchG. Hermann 1639 ) 
niuamt TetyfcvsQ als gleichbedeutend mil Tev%ives, mulciberi. 
Die Nachrichten uber sie stammen init Ausnahme eines 
mehrdeutigen Fragments des Stesichoros (no. 9l Bgk.) erst 
aus der alexandrinischen Zeit. Dies thut indefs nichts. Die 
Telchinen sind so ganz lokale Figuren, dafs ihr Zuriicktreten 
bis zu der Zeit, wo sich die Gelehrsamkeit gerade solcher 
entlegenen Objekte bemachligte, durchaus nichts Auffallen- 
des hat. Was aber besonders wichtig bei dem altesten 
sichern Zeugnifs uber die Telchinen ist, ist dies, dafs es 
von einem Rhodier selbst herriihrt, der die beste Auskunft 
uber die Religion seines Vaterlandes zu geben im Stande 
sein mufste. Aus Simmias von Rhodos nemlich berichtet 
Clem. Alexdr. 166 ), dafs die Telchinen Sb'hne des Meeres 
seien (^w^ag 3 Iyvfe(ov xal Tstylvtov e<pv q atoxij tf*fy\ 
womit andere Angaben iibereinstimmen 1661 ), auch das, was 
Eustath 1688 ) erzahlt, sie seien Amphibi en und wechseln- 
der Gestalt Damonen, Menschen, Fische, Schlangenj 
nach Einigen seien sie ohne Hande und Fiifse, hatten zwi- 
schen .den Fingern Schwimmhaute wie die Ganse, 
strahlende Augen (yhavxtoTtol) und schwarze Brauen ([tshav- 
ocpQvsg)- Ihre Schwester heifst Halia, Geliebte des Posei- 
don, den sie erzogen haben sollen 1663 ). 



1656 > Eustath. II. p. 772, 3. 

1657 ) Strabo XIV, p. 653 D. Cas. 

1658 ) Etymol. M. s. v. Mlyet. 

1659 ) De hist. Gr. primord. p. 11 (Op. II, 204). 
166 ) Strom. V. p. 674. Pott. 

1661 ) Diod. V, 55. Nonn. Dionys. XIV, 40. 
16 ") z. II. I, 525. p. 771,55. 
I663 ) Diod. V, 55. 



390 

Wahrend so ihr Wasserursprung aufser Zweifel sleht, 
und uns auf die Wo Ik en fiihrt, wird diese Auffassung der 
Telchinen bestatigt durch das, was wir anderweitig von 
ihnen erfahren. 

1. ,Sie sind Zauberer, fiaaxavoi, v.al yo^reg 1664 ) Schon 
ihr Blick ist verderblich 1665 ); sie haben ein boses 
Auge 1666 ). 

2. Sie konnen Hagel, Regen, Schnee bringen und 
abhalten 16B7 ). Sie verderben die S a at en durch 
Styxwasser und Schwefel 1668 ). 

3. Sie sind geschickte Kunstler 1669 ). Sie solien 
zuerst Eisen und Erz bearbeitet 1670 ), der Athene; zu- 
erst ein Bild errichtet haben, wie iiberhaupt die ersten 
Gotterbilder 1671 ). Dem Kronos haben sie die Harpe 167 *), 
dem Poseidon den Dreizack gefertigt 1673 ). 

Alle drei Momente in dem Wesen der Telchinen treffen 
zusammen in dem Naturobjekt Wo Ike (wozu auch pafst, 
dafs sie ihren Tod entweder durch den ; Regen .des Zeus, 
oder die Pfeile des Apollon finden) l674 ). Desgleichen in 
dem Namen; denn in d-stysiv liegt nicht blofs der Begriff 
des Zauberns, sondern urspriinglich wohl der des Fliis- 
sigen, aus welchem sich dann so wohl die Wassernatur der 
Telchinen, als die Kunst des Metallschmelzens 1675 ), wel- 



1664 ) Strabo XIV, 653. 

1665 ) Ovid. Met. VII, 36. 

1666 ) Tzetz. CM1. XII, 814. 

1667 ) Diod. 1. 1. 

1668 ) Strabo XIV, 653. Crenzerl, 14. not. 2. 
1669-j y gl o Miiller Arch. .70,4. 

167 ) Strabo XIV, 653. - 

1671 ) Creuzerl,60sq. 

1672 ) Eustath. z. Dionys. 504. 

1673 ) Callim. Del. 31. ibq. Spanh. p. 404 Ern/ 

1674 ) Eustath. II. p. 772, 2. 

1675 ) Hesych. 



391 

ches Welcker 1676 ) als eigentlichen Inha.lt von Tetyiv be- 
zeichnet, erklart. Das Zaubern endlich 1st aueh nichts 
weiter als ein fliissig machen des Festen, der Kraft, das 
Hinschmelzen von Etwas, wodurch es seiner Kraft beraubt 
wird 1677 ). Aehnlich ist der Gebrauch von xyfaw. 

Ihre Verwandtschaft mit den Kureten ist auf mannig- 
fache Art -.angedeutet, z. B. neun Telchinen hatten vojn 
Rhodos aus die Rhea nach Kreta b.egleitel und dort den 
Zeus behtitet, und seien darnach Kureten genannt 1678 j. 
*H Kgyrr] Tstyivia sheyeTO xai ol KQTJVSS Te%%ivs . 1679 ). 

/Telchinen finden wir aufserdem auf Kypros 1680 ), und 
diese; drei grofsen Inseln scheinen auch ihr Hauptsitz ge- 
wesen und geblieben zu sein. Auf dem Festlande von 
Hellas begegnen sie uns in Sikyon 1 - 81 ), in dessen Genea- 
logien T&tylv und Os^iwv sich finden, wie es auch selbst 
TeA/ma, geheifsen haben soil i682 ). . In derselben Genea- 
logie 1683 ) begegnet uns eine Katywla, Geliebte des Poseidon. 
Dieser Nanie erinnert an die Stadt FoAypt 1684 ) auf Kypros, 
die von Sikyon aus gegriindet war 1585 ). Von ystyei 
^ctntLteif yshyr} = /?;uf lava (Hesych.) ? Das wiirde wieder 
durch den Begriff des Fliissigen auf die Wolke fiihren. Ich 
glaube, dafs Katywia nur eine dialektische Form von TeA- 



,. 1676 ) p. 186. 

' : 16 7") Vgl. 0, 322: rolai tie d-upov tv 
Sf 3-ovQidos aiafis. 

1678 ) Strabo 1. 1. Vgl. Scliol. Germanic. 25. 

1679 ) Steph. Byz. p. 274, G West. 
16sn ) En gel, Kypros I, 197. 
" 81 ) Pausan. II. 5, 6. 

16Sa ) Steph. Byz. p. 274, 8 West. . 
1633 ) Pausan. II, 5, 7. 

1684 ) Vgl. roQTWct und KoQTuva, eine Stadt in Arkadien (Meineke 
Anal. Alexdr. p. 184). 

16SG ) Steph. Byz s. v. p. 93,31. West. 



392 

ist 1686 ). Vielleicht lafst sich so auch die Glosse bei 
Hesych. : rstydvog' o Zevg naga KQialqt rechtfertigen und 
braucht nicht in Tetylviog geandert zu werden. Die 
Rhodier verehrten zu Lindos einen lAno^lov Tetylviog, in 
Jalysos eine "Hga Tetywla und Nvftcpat Tetylviai, in Ka- 
meira eine "Hqa Tstyivict. Ich will unentschieden lassen, 
ob diese Gottheiten ihre Beinamen in Bezug auf das Feuchte, 
womit ihr Wesen zu thun hat, erhalten haben, oder mehr 
aufserlich von den Telchinen. 

Dais aber die zu Teumesos in Boiotien verehrte ^-3-rjvd 
Tstywlu nicht, wie Pausanias 168! ) vermuthet, mil den Ky- 
prischen Telchinen zu thun hat, sondern auf eine Athene 
geht, welche aus den Wassern geboren in den Wolken 
herrscht, wird, wie ich glaube, aus dem tiber die Athene 
Gesagten deutlich sein. 

Die Idaiischen Daktylen 1888 ) sind Damonen der- 
selben Art, wie die friiher betrachteten. Ihr Ursitz ist 
Phrygien, der Phrygische Ida, nicht der Kretische 1689 ). 
Phryger nannte die Daktylen auch Sophokles 169 ). Die 
Nachrichten, welche sie nach Kreta setzen, sind theils 



1686-j u e t, er x T V gi. Ahrens de dial. Tom. II. p. 376sq. 

1687 ) IX, 19, 1. 

1688) VgL Hock, Kreta I, 360344(314.143). Lobeck, Aglaoph. 



p. 1156 1181. Welcker Aeschyl. Tril. p. 168 182. 

'Iffiatcov ^faxrvXcav fr. CCXLII1 und CCXLIV. bei Marksch. (vgl. bei 

demselben p. 171 sq.)- 

vgl. Phoronis bei Sch. Apollon. 1,1129: 

ev&a yoTf-ife 

'tSatoi <pQvys avS()$ oQ&TeQot oixt evaiov, 
S, Jap.v(JLSV.vs TS [ilyas xal v 



O 71Q63TOI 

v(iov Iv ovQttyGi vd-ncus, iosvta 
is TIVQ T yveyvav xal KQinQenks fQyov 
169 ) iv KoHpoZs OaivQois bei Sch. Apollon. 1.1. (fr. 713 Ahr.) 



393 

j linger, theils leicht begreiflich aus den auf Kreta angesie- 
deiten Phrygern 1691 ). Diener der Kybele hiefsen sie 1692 ), 
wie die Korybanten, mit denen sie auch sonst ubereinkom- 
men. Sie werden sogar von Einigen als Vater der Kory- 
banten genannt. 

Der Name von ddxTvhos, j,Daumlinge," also Zvverge 1693 ). 
Vgl. die Begleiter der Athene zu Brasiai (s. oben p. 189). 

Die My then iiber ihren Ursprung lassen sie theils 
aus Wasser, theils aus Erde hervorgehen. Sie entstanden 
nemlich, indem die Nymph e l^y^ta^r] sie gebar, wah- 
rend sie das oiaxische Land (Olce^ldog yrjs, von ota 
Steuerruder) erfafste. Oder sie entstanden aus Staub 169 *), 
den, nach einer Nachricht, Zeus seinen Ammen befahl, 
hinter sich zu werfen. Stesimbrotos 1695 ) nannte sie gradezu 
Sohne des Zeus und der Nymphe Ida. Genug, auch sie 
sind wie die Korybanten aus Wasser und Erde ge- 
boren. 

Wie dem Namen, so kommen sie auch dem Wesen 
nach ganz unsern Zwergen gleich. Wie diese sind sie 

1. Metallkiinstler, kunstreiche Schmiede 1696 ). 
Darauf gehen auch die drei in der Phoronis aufge- 
fiihrten Namen Ketyig = Schmelzer, ^a^va^evsvg = 
Hammer, ^x^cov = Ambos 1697 ). 

2. Zauberer, 



1691 ) Ygl. HockLi. 

169i ) Phoronis. 

1693 ) Nach andrer Erklarung ,,Fingerer", weil die Finger aller 
Kiinste Werkmeister sind. Welcker p. 174 sq. 

1694 ) Sch. Apollon. 1. 1. Etym. M. p. 465, 30. 

1695 ) Bei Etym. M. 1. 1. 

169b ) Vgl. frg. Phoron, Strab. X, 473. 
l697 ) Welcker p. 168 sq. 

ess) fr> p noron> strab. 1.1. Sch. Apollon. 1. L Pherekydes fr.31 St. 
p. 146. Lobeck p. 1163sq. 



394 

3. Musiker 1699 ). Vergl. die larmenden Kureten und 

Korybanlen. 

Die Verwandtschaft mil den Kabeiren veranlafste, dafs man 
aueh die Daktylen nach Samothrake versetzte 1700 ). 

Ueber die Kabeiren 1701 ) nur einige Bemerkungen, 
aus denen die Wesensgleichheit derselben mil den vorher 
behandelten mythischen Gestalten erhellt. 

Wir kennen Kabeiren hauptsachlich , an drei Orten: 
Lemnos, Samothrake, Boiotien. Wie verschieden der Kult 
an den verschiedenen Orten sich gestaltet haben moge, es 
ist doch ein und derselbe 1702 ). Ueber ihren Nam en ist so 
viel geschrieben und gestrijlten, wie fast iiber keinen andern 
Punkt der Mythologie. Die meisten etymologisieren aus 
dem Hebraischen. Welcker 1703 ) vonxaeiv, xaleiv, Feuer- 
damonen 170 *). Dafs sie dies sind in Bezug auf die Ge- 
wi^terwolke , >?vird aus dem Folgenden deutiich werden. 
Und zwar 

1. aus der Genealogie 1705 ). 
a) Hephaistos und KccfieiQto b) Proteus 



KafieiQrj und Hephaistos 

r t i 

drei Kafistqot, drei KafteiQQi, , drei vv 



vv[iq>at> KapeiQidsg Pherekyd.fr. 31 St. (aus Strb. 1.1.) 
Acusil. fr. XII. St. (aus Slrb. 1. 1.) 



1699 ) Lobeck p. 1162. 

i' 00 ) Diodor. V, 64. "... 

1701 ) Lobeck Aglaoph. p. 1202 1295. O, Miiller Orcbom. 
p. 443 455. 

1702 ) O. M tiller Kl. Schr. II, 45. 
703 ) 1. 1. p. 163. 

" 04 ) Dagegen, O. Miiller Kl. Sclir. II, 44, 
ITOSJ y gl ; strab. X, 472 D. 



395 

L check 17 ? 6 ): ,,A Vulcano et Proteo cur repetalur Cabiro- 
rum genus causa aperta est, quoniam alter in Lemno pffi- 
cinam habuit, alter vicinam Pallenen accoluit; antiquis autem 
genealogis usitatissimum fuit deorum ignobiliorum heroumque 
parentes, affines, posteros a proximis denominare locis." 
Die drei Kabeiren sind drei Damonen des Gewitters, ent- 
sprechend den drei Daktylen, drei Kyklopen. 

2. Aus den Eigenschaften. 

a) Sie geben Fruchtbarkeit. Herodot 1707 ) bringt 
sie mit dem ithyphallischen Hermes 1708 ) in Verbindung. 
Bei Mifswachs gelobten ihre Verehrer einen Zehnten 1709 ). 
Als zu Korinth eine Hungersnoth war, opferte Medeia der 
Deraeter und den vvftipaig " ^tijiivlcets'- d. h. den kabeiri- 
schen 1710 ); bei Eusebius 1711 ) kommen Kafisigot aygorai, rs 
xcel afostg vor; Demeter selbst hiefs KajleiQict zu Theben 
und; stand ' in enger Beziehung zu den Kabeiren 1712 ). So 
war zu Anthedon ein Temp el und heiliger Hain der Ka- 
beiren, liahe bei dem Heiligthume der Demeter und Perse- 
phone 1713 ). : 

b) Sie sind Retter im Sturm j Horte der See-; 
fahrt 1714 ). 

Den genannten mythischen Gestalten sind gleichartig 
die Tritopatoren zu Athen 171S ), die Dioskuren 17i6 ) oder 



1706 ) p.l210sq: 

^ 707 ) 11,51. 



1709 ) DIonys. Hal. I, 23. 
1710 j Sch. Find. Ol. XIII, 74. 

1711 ) P. Ev. I, 65. 

1712 ) Pausan. IX. 25, 5 sqq.. 

171 3 ) Pausan. IX. 22, 5. . 

1714 ) Wei cker Tril. p. 229 sq. Odysseus. 

1715 ) Yergl. Lobeck Agl. p. 754 sq. vgl. mit p. 760 not. vgl. 
Athene. 

1716 ) O. Miiller Orch. p. 452. Welcker Tril. p.222sqq. 



396 

, Paliken 1717 ), die Ko^alot, m8 ) (= Ka^sigoi?), die 
Kerkopen 1719 ), Salyrn 1720 ), Seilene a. A. 

M o v a a i. 

Buttmann iiber die mytkol. Vorstellung der Musen 
(Myth. I, 273294). Peterson de Musarum apud Grae- 
cos origine (in Miinter Miscell. Hafniens. 1, 1>. G. Her- 
mann de Musis fluvialibns Epicharmi et Eumeli. Lips. 
1819, 4. (Opusc. II, 288305). Creuzer IV, 7178. 
(Ill, 266 291 ed. II). S. aufserdem Bode, Orphiker 
p. 178. 

A. Name, a) Movace (McSaa dor., Molact aeol.) 
nach Creuzer von ftdco, palta, p6w. 

Wenn die Ableitung von MAS> richtig ist J5 streben"j 
so ware Movaa ,,die Strebende" oder ,,Streben-machende", 
was sehr an die Bezeichnung der Wolke mil 3 ^<4&qvi] 
erinnert. 

b) Die Nam en der einzelnen Musen sind sehr 
verschieden, wie das bei mythologischen Naoien zu gesche- 
hen pfiegt; sodann aber besonders deshalb, weil die Zahl 
der Musen aufserordentlich schwankend ist. Gewohnlich 
werden neun genannt: Klelw = K^ew, Tonerin, EvveqTiri 
Erfreuerin, 0aAm = Bliiterin, Me^7i:o(j.svi] = Sangerin, 
TQ*pi%6()T] = Tanzerin, 3 EQ<xTt6 = Liebliche, nohvfivia = 
Sangreiche, OvQavirj = Himralische, KaMiortq = Schon- 
stimme. Eumelos 1721 ) nennt drei: Kijcpiaai = Flufs Kqq)i- 
GOQ, ^noMwvlg, (dafur nach Hermann ^e^wtg), BoQva&e- 
= Flufs Borysthenes. Ebenso sind die sieben Musen 



1711 ) Vgl. Hephaistos. 
1118 ) Lobeck p. 1308 sqq. 
1719 ) Lobeck p. 1296 sqq. 
t120 ) Vgl. Didnysos. 
im ) ir. 16 Mcksch. 



397 

bei Epicharm von Fliissen hergenommen, was indefs singu- 
lare Veranlassung sein kann 1722 ). 

B. Genealogie. Als Eltern werden genannt : Uranos 
und Ge 1 " 3 ); Kronos 1724 ); Zeus mil der Mnemosyne 1725 ), 
mil der Plusia 1726 ), mit der Minerva 1727 ). ApoUon 1728 ). 
Pieros mit einer Nymphe 1729 ). 

C. Mythologie. Wie sehr die Musen, schon bei 
Homer, im hellenisehen Leben ethisch gefafst fiir die Got- 
tinnen des Gesanges und Tanzes gelten mogen, so haften 
doch noch viele Ziige an ihnen, welche ihren Naturursprung 
verrathen und darauf fiihren, dafs sie Wolkengestalten sind. 
Der Zusammenhang zwischen Wolke und Musik wird, denke 
ich, aus alien bisherigen Betrachtungen hinlanglich gelaufig 
sein. Dafs die Musen auf hohen Bergen und an Quellen 173 ) 
(am Olymp, Pieros, Pindos; Helicon mit den Quellen Aga- 
nippe und Hippokrene; Leibethrion mit einer Musengrotte; 
Parnafs mit dem kastalischen Quell) verweilen, erklart sich 
ausreicbend nur aus ihrer Wolkennatur. In Korinth war 
ihnen die Quelle Peirene heilig, die ebenso wie die Hippo- 
krene vom Pegasos (!) herriihren so lite. 

Aus ihrer Wolkennatur erklart sich ferner: weshalb sie 
weissagerisch sind und heilkraftig 1731 ); weshalb sie 
tanzen; weshalb ihnen in Sparta vor der Schlacht 



Vgl. Welcker Kl. Schr. I, 289 sq. 
1723 ) Mimnerm. fr. 14. Alkman b. Sch. Find. Nem. Ill, 16. 
I7 ") Musaios b. Sch. Apollon. Ill, 1. 

1725 ) Solon fr. 12. Pausan. IX, 29, 4. Arnob. Ill, 37. 

1726 ) Cic. N. D. Ill, 21. Tzetz. z. Hesiod. O.D. p. 6. 

1727 ) Isidor. Orig. HI, 14. 

1728 ) Eumelos 1. 1. 
729 ) Epicharm. 

173 ) Hermann G.A.1I. . 14, 12, 
1731 ) Sch. Apollon. II, 512. 



398 

geopfert wurde 1732 ). So mag denn aueh darin eine my- 
thische Wahrheit liegen, wenn Pythagoras das Regengestirn 
der Pleiaden die Leier der Musen nannte 1733 ). 

Verwandt mil den Musen sind die Sirenen und die 
Keledonen 1734 ). 



Siebentes Kapitel. 

Gottin des Regenbogens. 



W. Menzel Mythol. Forscli. u. Samml. p.235sqq. Ja- 
co bi Lexik. s. v. 



A. Name. Bottiger 1735 ) leitet ihn von SQCJ ab, welche 
Annahme Hoffmann 1736 ) vollstandig widerlegt. Wenn aber 
derselbe (p. 42) ^tgid == lat. virid annimmt mil der notio 
laeti vividique colpris, so ist dies gewifs auch nicht richtig. 



1732 ) Plutarch. Apophth. Lac. p. 221. A. Zu beachten ist auch, 
dafs der Tempel der Musen dicht neben dem der Athene stand. 
Pausan. Ill, 17, 4. 

nss-j porphyr. Vit. Pyth. p. 42. Kiist. . ' 

1734 ) Pindar, ft. p. 568 Bckh. Neue T. Merk 1800. Hft. 2. 
p. 38 sqq. 

1735 ) K. M. II, 291. not, 4. 

1736 ) Q. H. II, 41. 



399 

Hermann 1737 ): Sertia (SIQCO), quod ex septem coloribus cbri- 
serta est Pott 1738 ): Scr. i/H (ire) ,,Botin". 

B. Genealogie. Ihre Eltern sind Thaumas (Sohn 
des Pontos) und Elektra (= glanzende, feurige Woike), 
Tochter des Okeanbs 1739 ). 

C. Mythologie. Was Iris sei, kann nicht zweifelhaft 
sein, da Homer l>Qig fur Regenbogen gebraucht 174 ). 
Aber wie hat man den Regenbogen angeschaut? AlsBotin 
der G otter. Fafste man ihn weniger persb'nlich, so gait er 
als Zeichen von Krieg oder Sturm 1741 ). [Die Juden sahen 
ihn als einen Bund und ein Band zwischen Gott und den 
Menschen an, die Skandinavier fur die Brttcke, iiber welche 
die Goiter wandeln (Bifrost)]. 

Auf der Insel Hekatesnesos wurden ihr Basynien (aus 
VVaizenmehl und Honig) und Kokkoren (trockne Feigen und 
Niisse) geopfert 1742 j, woraus mit Riicksicht au.f Harpokrates 
und Suidas c Hx. vija. 0. Miiller 1743 ) schlofs, dafs Iris mit 
Hekate identisch sei, was- aber weder aus den Worten" bei 
Harpokrates 1744 ) foigt, noch an sich wegen der objektiven 
Differenz der Iris und Hekate wahrscheinlich 1st. : Es mag 
indessen ein Verhaltnifs zwischen Iris und der Unlerwelt 
bestanden haben, welches sich auf dieselbe Weise erklart, 
wie das des Hermes zur Unterwelt. Auch bei den nordi- 
schen Volkein erscheint der Regenbogen mehrfach in Bezug 
zu den Geistern der Verstorbenen. Womit ich jedoch noch 



1737 ) Opusc. II, 179. 

173S ) I, 218. no. 65. 

I739 ) Hesiod. Th. 265 sq. 

^ 40 )-^,27sq. P, 547 sqq. 

174 *) ^ TioA^woto 17 xa.1 %ei[t(i5vo$ dva&Klnsos. II. P, 5-47 sqq. 

t742 ) Semos b. Atlieti. XV, 645. . 

>7A3 ) Aegin. p. 170. ; 

fr. Phanoclem. 26. p. 370 Miiller. 



400 

nicht den Erklarungen mancher Archaologen t745 ) beistimmen 
will. Aber interessant ist es, dafs bei Virgil 1746 ) Iris bei 
dem Tode der Dido betheiligt ist; dafs sie, von der Juno 
geschickt, des Romulus Gattin Hersilia in den Hi mm el 
ruft 1747 ). 



Achtes Kapitel. 

Die Windgotter. 



Die Wirkungen des Windes werden meist von einer 
der vorhergehenden Gottheiten hergeleitet, daher die Wind- 
gotter auch zu keiner recht entschiedenen Personlichkeit 
und noch weniger zu eigentlicher Verehrung gelangt sind. 
Aiolos in der Odyssee scheint ein bankrotter Himmelsgott 
zu sein; sein Schlauch kann nichts andres sein als der Wol- 
kenschlauch, der die Winde verschliefst. 

Am meisten Konsistenz hat noch Boreas, in dem, wie 
ich glaube, das Wesen des Ares en miniature sich findet. 
Vgl. die Abbildungen an dem Windthurm. 

Hierher gehoren auch die Harpyien, welche schon 
wieder sehr mit Wolkenanschauungen verkniipft werden 
und so in etwas der Gorgo und den Graien gleichen. 



1745 ) Creuzer III, 202sq., wo Gerhard von einer Fliigelge- 
stalt mit Gorgonenantlitz sagt: Sie wird von einer Schlange begleitet, 
welche vielleicht auf Iris als Unterweltsbotin deutet. 

t746 ) Aen. IV, 693 sqq. Vgl. H ey n e. 

747 ) Ovid. Met. XIV, 830 sqq. 



401 

Typhaon verdankt seine Gestalt und seinen Character 
jenen Gluthwinden, die im Suden mil so verderblicher Ge- 
walt herrschen 1748 ). Dafs auch er in die Wolkengotter hin- 
eingreift, ist vorhin angedeutefc worden. 

Thyia (= der rom. Aura) ist die ktihle, fachelnde 
Luft, die Kephalos anruft, als er von der Jagd erhitzt ist 1749 ). 
Doch ist sie.wohl bios personificiert und nicht bis zur Ver- 
ehrung fortgefiihrt. 



11<vs ) Schon aus der Bibel bekannt. Vgl. Jacob. I, 11. Jon. IV, 8. 
S. P. Zorn Diss. de ecnephiis, typlionibus et presteribus Austrinis 
Arabiam clesertam irruentibus (Opusc. sacr. Tom. IV, 126 sqq.) 

1749 ) Jahn Archaol. Beitrage. p. 74. 



Lauer Griech. Mytliologie. 



26 



Anlage L 

Athene mit dem Wi elder. 

(Aus E. Gerhard Denkmaler, Forschungen und Eerichte, 1849, no. 3, 

p. 22 sqq.) 



Ein geschnittener Stein aus Tassies Catalogue (PI. 26 
no. 1762), unter andern auch in 0. Miillers Denkmalern 
(II, 2. tb. 21. no. 225) wieder abgebildet^ zeigt eine weibliche 
Figur durch Helm, Lanze und Eule bestimmt genug als 
Athene erkennbar auf einem Widder sitzend. Mit 
Rucksicht auf diesen Stein hat Hr. B ergk (Arch. Zeit. 1847. 
no. 3) auch auf einer Terracotta aus Melos im hiesigen 
Konigl. Museum, welche in ahnlicher Weise eine auf einem 
Widder iiber das Meer reitende weibliche Gestalt zeigt 
(s. Arch. Zeit. 1845. tb. 27) , eine Athene erkannt, wahrend 
Hr. P anofka (Arch. Zeit. 1845. no. 27. p. 37 sqq.) darin die 
von dem, in einen Widder verwandelten Poseidon entfiihrte 
Theophane, die Mutter jenes goldvliefsigen Widders, auf 
welchem Phrixos nach Kolchoi entfloh, finden zu miissen 
glaubte. Gegen eine Deutung auf Helle, welche Hr. Pa- 
nofka nicht ganz von der Hand gewiesen hatte, erklart 
sich Hr. Wieseler (Arch. Zeit. 1846. no. 37. p. 211 sqq.) und 
will auf der Terracotta am liebsten eine auf dem Pans- 



403 

widder sitzende Selene erblicken. Ich bin nicht abgeneigt 
mich fiir die Bergksche Erklarung zu entscheiden, obgleich 
ich Anstand nehme, dieselbe auch, wie Hr. Bergk gethan, 
auf das Bild bei Cuper (Harpocrates et monumenta antiqua. 
Traj. ad Rhen. 1694. 4. p. 198) anzuwenden, da ihr nicht 
bios das Gesicht der jugendlichen Gestalt, die dort auf dem 
Widder sitzt, sondern auch deren. Kleidung entschieden 
widerspricht. 

Lassen wir dies letztere Denkmal bei Seite, so bleiben 
uris noch die beiden andern, mit Sicherheit wenigstens das 
erstgenannte iibrig, welches eine auf einem Widder sitzende 
Athene darstellt. Ihrn gesellt sich ein kleinerer Stein mit 
derselben Vorsteliung zu, der sich im Besitz des Hrn. Ger- 
hard befindet. Diese Verbindung der Athene mit dem 
Widder ist merkwiirdig genug, um uns zu einer Frage nach 
ihrer Bedeutung zu veranlassen. Zur Beantwortung der- 
selben ist uns, wie bei alien derartigen archaologischen 
Bildwerken, ein doppelter Weg gegeben. Hat man nemlich 
die Gottergestalt als solche erkannt, so kann man von ihr 
aus die Bedeutung des mit ihr in Verbindung gebrachten 
Symbols zu gewinnen suchen; oder aber man kann, iiber 
die Gottheit im Klaren, zunachst ohne Riicksicht auf diese 
der Bedeutung des Symbols nachforschen und, nachdem 
man sich derselben versichert, weiter ermitteln, in welchem 
Sinne Symbol und Gottheit mit einander verbunden sind. 
Auf den ersten Blick scheint der Unterschied nicht bedeu- 
tend, ob man vom Symbol oder von der Gottergestalt aus 
dem Sinne ihrer gegenseitigen Beziehung nachforscht; fur 
gewb'hnlich mag es sogar ziemlich gleich sein: aber dafs 
das Resultat oftmals ein ganz anderes werden mufs, je nach- 
dem man diesen oder jenen der beiden bezeichneten Wege 
einschliigt, davon giebt gerade die Erklarung der Athene 
mit dem Widder ein deutliches Beispiel. 

26* 



404 

Hr. Bergk nemlich hat dazu den ersten jener beiden 
Wege gewahlt. Da er sah, dafs die auf dem Widder 
sitzende weibliche Gestalt Athene sei, hat er sich in der 
Mythologie nach einer Wesenseigenschaft dieser Gottin, zu 
der jener Widder passen konnte, umgethan. Er ist dabei 
an die Athene gekommen, welche wie der Kunstfertigkeit 
iiberhaupt so auch der Wollweberei vorsteht, und glaubt 
nun die Bedeutung des aqveiog dccav^cx^os und seiner 
Verbindung mit Athenen gefuriden zu haben, indem er nach 
dem Vorgange 0. M tillers auf den in Rede stehenden 
archaologischeri Denkmalern die Athene als 'Egyavrj dar- 
gestellt sieht. 

Ich weifs nicht, welchen Beifall diese Erklarung ge- 
funden hat, aber ich mufs sagen, dafs sie niir sehr wenig 
genugthut. Abgesehen davon, dafs hiernach die Verbindung 
des Widdersymbols mit der Gottin eine sehr aufserliche 
sein wurde, so widersjDrechen auch Lanze und Helm, welche 
Athene auf den beiden geschnittenen Steinen fiihrt, jener 
Deutung. Was sollen diese kriegerischen, stiirmischen vSym- 
bole bei der friedlichen Beschaftigung des Webens? 1 ) und 
darf man dies Symbol des Widders anders als das der 
Widderkopfe auf dem Helm der Athene 2 ) (vgl. z. B. 0. Miil- 
lers Denkm. II, 2. tb. 19, 205. 20, 210. 217. 218. 22, 236u.v.a.) 
fassen, die doch sicherlich eben so wenig auf Weberei zu 
beziehen sind, als sie auf Poliorcelik gehn (0. Miillers Arch. 
;369. Anm. 2)? Ueberdies, daucht mir, rath schon ein na- 
turliches Gefiihl, die Erklarung der auf einem Widder 
silzenden Athene nicht von der so vieler andern Denkmaler 



') Mit dem Palladium (vergl. O. Mailer Arcbaol. . 68. Anm. *1) 
hat es eine andere Bewandtnifs. 

2 ) Oder die hornartigen Locken der Athene aus der Villa Al- 
bani (Winckelmann Mon. Ined. P. I, 2. no. 17. O. Miiller Denkm. 
I, 1. tb. 9,34)? 



405 

zu trennen, in denen wir den Widder auf gleiche oder ahn- 
liche Weise verwendet finden. 1st der Widder in alien 
diesen Darstelhingen , was wohi niemand bezweifeln wird, 
symbolisch gebraucht, so ist zunachst vorauszusetzen, dafs 
er uberall dasselbe bezeichne. Die specifische Deutung aber, 
die Hr. Bergk ihm gegeben hat, pafst im giinstigsten Falle 
nur auf die von ihm besprochenen Denkmaler, in welchen 
Athene, nieht auf die andern, in denen eine andre Person 
mit dem Widder erscheint. Versuchen vvir daher auf jenem 
zweiten Wege der Deutung zu einem geniigenderen Ergeb- 
nifs zu gelangen, indem wir zuerst untersuchen, welchen 
Sinn das Widdersymbol iiberhaupt habe, und dann 
sehen, wie es mit der Athene verbunden werden konnte. 

So wie die Athene finden wir den Hermes auf einem 
Widder sitzend : 1) auf einem geschnittenen Stein bei Millin 
G.M. XL VIII, 213, wo vor dem Bocke noch eine Kornahre 
erblickt wird; 2) auf einem andern Stein bei 0. M tiller 
Denkm. II, 2. lb.29,323; 3) auf einer Statue des Grafen Potoski 
(O.Miiller 11,2. tb.29,322). Der Darstellung, nicht dem Sinne 
nach verschieden ist der aus Schriftwerken hinlanglich b'e- 
kannte Hermes xgiocpoQOs, der sich auch in Denkmalern 
vorfindet, z. B. in einer kleinen Marmorstatue der Pembroke- 
schen Sammlung bei 0. Miiller a. a. 0. no. 324. Indem ich 
die sonst noch vorkommende, sehr mannigfaltige Verbindung 
des Hermes mit dem Widder iibergehe, gedenke ich nur 
des goldenen Widders, den Hermes dem Atreus schenkt 3 ). 
Von Hermes riihrt auch der Widder her, auf dem Phrixos 
durch die Luft reitet 4 ). Ich will diese Anfiihrungen nicht 
vermehren, da die bisherigen geniigen, urn (lie Bedeutung 



. . 3 ) C. A. J. Hoffmann Zeitschr. f. d. Aiterth. 1838. no. 139141. 
p. 1122 1137, dem ich jedoch niclit beistimme. 

4 ) Ueber die arcliaologischen Darstejlungen desselben vgl. Ger- 
hard Phrixos der Herold. Berlin. 1842. 4. 



406 

des Widdersymbols evkennen zu lassen. Urn mil dem letzten 
anzufangen, so ist man langst dariiber einig, dafs jene Sage, 
in welcher Phrixos und sein Widder eine so grofse Rolle 
spielen, ursprunglich einen agrarischen Sinn gehabt habe, 
wennschon sie spater zu ganz ethischer Bedeutung umge- 
bildet ist. Phrixos, ,, seines Namens der RegenschaUer," 
wie Hr. Gerhard sagt, enlflieht auf einem Widder, der 
die Kraft hat durch die Luft zu ziehen. Was anders kann 
dieser Widder sein, als die Wolke, auf der der Regen durch 
den Himmel zieht? was anders dieser von dem Meergotte 
Poseidon gezeugte Widder, als die Wolke, die aus dem 
Wasser geboren wird? Doch, die Bedeutung dieses Wid- 
ders der Argonautensage wird anerkannt ; aber auch fiir den 
Widder des Hermes unterliegt die gleiche Bedeutung keinem 
Zweifel, wie zum Theil schon aufserlich daraus hervorgeht, 
dafs es eben Hermes ist, von dem Phrixos den Widder er- 
ha'lt. ,,Wenn uns ein Mythos fehlen sollte," sagt Hr. Ger- 
hard a. a. O. p. 5, ,,den Widder zugleich als Regensymbol 
an Hermes zu zeigen, so sind die Beweise dafiir doch schon 
damit gegeben, dafs Hermes an und fiir sich, mit Gaa und 
Herse verbundet, ein Regengott ist 5 ), und dafs der ihm 
dienstbare Widder sein ausgebreitetes Fell zum erbetenen 
Beistand des Regen-Zeus darbringt." Dafs aber namentlich 
der Hermes xgiocpogog ein Regen bringender, folglich der 
Widder ein Symbol der Wolke sei, zeigt der Gebrauch der 
Tanagraier, die zur Abwehr der Pest an dem Feste des 
Hermes einen Widder urn die Mauern der Stadt trugen 
(Pausan. IX. 22,1.). Denn inwiefern Seuchen vorzugsweise 
durch anhaltende Durre und daraus entspringenden Mifs- 
wachs hervorgebracht werden, flehte man um Schutz davor 



5 ) ,,Mercurius plait." Arnob. I, 30 und dazu Hildebr. p. 45. Da- 
von heifst Hermes auch wohl "ffj-pQos oder "lpfi(>K[j,os Stepli. Byz. 
p. 146, 18 West. Welcker Aesch. Tril. p. 217 sq. 193. 



407 

mil Reeht zu dem Gotte, von welchem man iiberhaupt den 
Regen erwartete, und suchte den Regen herbeizufiihren 
durch jene symbolische Handlung, in welcher man, \vie 
liberal! in solchen Dingen, einen Erfolg durch ein Mittel 
zu erreichen hoffte, das zu jenem keinen andern Bezug hatte, 
als worin man es selbst naiver Weise gesetzt hatte. Indem 
man das Symbol der Wolke um die Mauern der Stadt trug, 
glaubte man die Wolke selbst herum zu tragen, herbei zu 
fiihren, dafs sie der Stadl Regen und Fruchtbarkeit bringe 
und damit alle Krankheiten und Seuchen von ihr abhalte. 
Aus diesem symbolischen, glaubig im Gemiithe vollzogenen 
Verhaltnisse des Widders zur Wolke erklart sich auch der 
Gebrauch des diov xcodiov am Feste des Zeus MaifiaxTqg 
im Maimakterion, wo die stiirmenden Wolken regieren (vgl. 
C. Fr. Hermann G. A. d. Gr. . 57). Wenn man zunachst 
durch das Widderopfer den in den Wolken stiirmenden, 
ziirnenden Gott zu versohnen, sich selber von der Ursache 
seines Zornes zu reinigen trachtete, so konnte man von da 
aus dem diov xcodiov um so leichter eine allgemeinere Be- 
ziehung auf Siihne, namentlich Mordsiihne geben (Miiller 
Eumenid. p. 139 sqq. 146. Preller Polemonis fragm. 87. 
p. 140 sqq.), als einerseits gerade Zeus der oberste Ra'cher 
alles Mordes ist, andrerseits das Symbol der Wolke, welche 
im Aether, fern von aller materiellen Beriihrung Regen 
sendet und die Luft reinigt, sich besonders dazu eignete. 
Aber man thut Unrecht, wenn man die Beziehung auf 
Siihne an dem Widdersymbol allein hervorhebt oder als 
das Urspriingliche betrachtet, da sie doch nur erst als ein 
Vermitteltes hinzutritt. Man kann sagen dafs, wie Mangel 
oder Ueberflufs an Regen als Zorn oder Strafe des Herrn 
der Wolken betrachtet, so das Widdersymbol in natiirlichen 
Verhaltnissen zum Herbeiziehen oder Abwenden der Regen- 
wolken, in ethischen zur Siihne und Reinigung verwandt 



408 

wiirde; vvobei jedoch stets die ursprungliche Anschauung, 
der Widder als Symbol der Wolke, festzuhalten 1st. Des- 
halb hatte 0. Miiller (Eumenid. p. 140. not. 4), von dein 
Gebra'uche derer, welche zur Zeit der Hundstage am Pelion 
beim Feste des Zeus sich mil frischen Widderfellen giirte- 
ten, nicht bios sagen sollen, ,,dafs hier alte Suhngebrauche 
zum Grunde liegen, wodurch Zeus, als Gott der heifsen 
Witterung, besanftigt werden soil," sondern er hatte eben 
so sehr die andere natiirliche Seite dieses Gebrauchs, nem- 
lich die, dureh die Widderfelle symbolisch die Wolken her- 
beizuziehen, an denen zujener Jahreszeit driickender Mangel 
zu sein pflegt, accentuieren sollen. Beides, ein Natvirliches 
und ein Ethisches ward in der Trockenzeit und brennenden 
Witterung wahrgenommen, und zum Abwenden von beiden 
sollten ' die Widderfelle dienen und dienten sie , sobald sie 
eben Wolken herb eifiihr ten. Genug, in jedem Falle mufs 
auch in diesen Gebrauchen an den Festen des Zeus der 
Widder und sein Fell als ein Symbol der Wolke angesehen 
werden. Wenn ich anderweitige Verwendungen des Wid- 
ders in Mythologie und Cultus hier unberiicksichtigt lasse, 
so geschieht es nicht, weil in ihnen jenes Symbol einen 
andern Sinn hatte, als in den bisher besprochenen, sondern 
weii der Raum dieser Erorterungen mir gemessen ist und 
das Gesagte fur meine Absicht vollkommen ausreicht. 

Ehe ich nun weiter zeige, .wie dieser Wolken- Widder 
mit der Athene in Verbindung treten konnte, will ich kurz 
andeuten, weshalb man uberhaupt wohl den Widder zum 
Symbol der Wolke gewahlt habe. Der Grund davon mufs 
in gewissen ahnlichen oder gleichen Eigenschaften gesucht 
werden, welche beide Gegenstande mit einander gemein 
haben und vermb'ge welcher der eine an den andern erin- 
nerte. ISiemals ist etwas einer einzelnen Eigenschaft wegen, 
die ihm mit einem andern gemeinsam war, zum Symbol 



409 

desselben gemacht worden, vielmehr findet bei jedem Symbol 
eine Coincidenz mehrerer gleicher oder ahnlicher Eigen- 
schaften statt und zwar meist solcher, die durch unmittel- 
bare Anschauung gewonnen werden. VVenden wir dies auf 
den Widder an, so seheint er Wolkensymbol geworden zu 
sein : 1) nach derselben Anschauung, der zufolge auch wir 
von Lammerwolken, von Schafchen am Himmel spre- 
chen, Thomson in seinen Jahreszeiten sagt, die Wolken 
hatten sich hoch emporgehoben und wollicht und weifs 
iiber den Himmel gebreitet, ihre wollichte Welt schwer- 
fallig dahingerollt; 2) vveil die Wolken in ihrem Anein- 
anderfahren, und insonderheit der Blitz, den Griechen die 
Vorstellung des Stofsens erweckt und sie damit an die 
Schafe erinnert haben miissen, da sie den Blitz sowohl als 
das Horn und den Widder selbst aus gleichem Wortstamme 
benannt haben: xsgavvos, xegag, xgios 6 )', 3) wegen seiner 
zeugerischen befruchtenden Kraft 7 ); .4) weil die Schafe 
und warum sollten die griechischen Schafer nicht dieselbe 
Bemerkung gemacht haben, wie die unsrigen? Propheten 
des Reg ens sind. Die beiden letzten Punkte fiige ich un- 
sicherer hinzu: den dritten, weil ich wohl den Ziegenbock, 
den Esel und andre Thiere deshalb verrufen kenne, das- 
selbe aber von dem Widder weder bemerkt noch iiberhaupt 
besonders auffallend finde; den vierten, weil ich mich keiner 
Stelle aus dem Alterthum entsinne, durch die ich ihn bele- 
gen konnte. 



6 ) Auch wir? Widder, Wetter, Gewitter?? 

7 ) Gerhard Zwei Minerven. Berl. 1848. 4. p. 10, wo zugleich 
auf diesen Aufsatz Riicksicht genommen wird. Wenn daselbst Anm. 42 
gesagt ist, ich hatte die Thonfignr mit Bergk fur eine Athene 
Ergane gehalten, so ist das nicht ganz richtig, wie man nunmelir 
sehen wird; ich hielt jene Figur zwar fiir eine Athene, aber gerade 
gegen die Deutung auf A. Ergane war mein ganzer Vortrag gerichtet. 
[Gegen Ergane als Wollweberin. E.G.]. 



410 

1st durch die bisherige Erorterung der Widder als Wol- 
kensymbol erwiesen, so kann er mil der Athene nur ver- 
bunden sein, inwiefern diese in den Wolken wallet, mil den 
Wolken selbst in inniger Verbindung steht. Eine solche 
Verbindung der Gotlin mit den Wolken wird mit Nothwen- 
digkeit vorausgesetzt und bewiesen durch ihre Verbindung 
mit dem Widder; sie wird bestatigt und zur Evidenz ge- 
bracht durch die Mythologie der Athene. Ich werde an 
einem andern Orte zeigen, dafs Athenes ganzes Wesen sich 
aus dem Eindrucke herausgebildet hat, den das griechische 
Geimit von den Wolken empfing, und dafs aus dieser An- 
schauung ebenso sehr die verschiedenen Namen der Gottin 
als alle einzelnen Mythen ein helles Licht erhalten. Hier 
gentigt es darauf aufmerksam zu machen, welchen intimen 
Bezug die Athene zu dem Gedeihen der Saaten hat (0. Miil- 
ler Pallas -Athene .67. Kl. Schr. II, 232 sq.) , und an die 
Worte zu erinnern, welche Aeschylos Eumenid. 827 sq. die 
Athene sprechen lafst: ,,Die Schliissel zum Gemache weifs 
im Gb'tterkreis nur ich, worin verschlossen ruht der Wetter- 
strahl." Man braucht nur 0. Miillers genannten Aufsatz 
oder Welckers Bemerkungen in der Aeschyl. Trilogie 
p. 227 sqq. zu lesen, um zu erkennen, welche enge Ver- 
bindung zwischen den Wolken und der Gottin Athene 
obwaltet, und daher begreiflich zu finden, wie man das 
Wolkensymbol des Widders mit der Athene verbinden konnte. 



Anlage II. 

Recension von: Sommer cle Theophili cum diabolo 
foedere. Berol. 1844. 

(Jahrbiiclier f. wissenschftl. Kritik.; 1844. Nr. 93, 94, 95.) 



JJer Untergang des antiken Heidenthumes ist in der 
Weise, dafs auf den Einflufs, welchen das Christenthum von 
ihm erfuhr, Rucksicht genommen ware, geniigend noch von 
Niemand behandelt 1 ). Und doch ist nichts zugJeich interes- 
santer und zu beobachten leichter, als dieser Einflufs, wel- 
chen die christliche Religion erlitt, als sie, die engen Grenzen 
ihrer Geburtsstatte verlassend, sich tiber die Lander aus- 
breitete, die viele Jahrhunderte hindurch Heimat eines 
sinnlich heitern, wennschon nunmehr mil dem Tode ringen- 



*) Guillaume du Choul religion des Remains. Lyon. 1556, 
worin viel hierher Gehoriges gesammelt sein soli, kenne ich nur aus 
Mussard Gru.ndliclieVorstellu.ng der vorzeiten aus dem Heidenthum 
in die Kirche eingefiihrten Gebrauche und.Ceremonien. Aus dem 
Franzosischen. Leipz. 1695. 8. Dies Bach ist, fur die damalige Zeit, 
mit viel Umsiclit and Belesenheit abgefafst, obgleich fiir uns ganz 
unbrauchbar. Einiges findet sich bei den reformatorischen Apolo- 
geten, aber nicht viel; ihnen ging die genauere Kenntnifs der My- 
thologie ab. Beugno t 'histoire de la destruction du paganisme. 
Paris 1835. 2 Bde. ist fur den erwahnten Zweck mehr als diirftig. 



412 

den Glaubens gewesen waren. Derm einerseits accommo- 
dierteu sich die Verkiindiger der neuen Lehre, enlweder 
mit Bewufstsein und aus Riicksicht auf die zu bekehrenden 
(Gregor. M. epp. ad Mellit. Opp. Tom. II. p. 1 176, 3.) oder 
verzaubert von der das Menschliche im Menschen anspre- 
chenden Sinnlichkeit der heidnischen Gotlerlehre (Burchard. 
X, 9. bei Grimm Mythol. ed. I. Anhang p. XXXIV: 5J qui 
votum voverint vel persolverint ad arborein vel ad lapidem, 
si ad poenitentiam venerint, clerici tres anrios, laici unum 
annum et dimidium poeniteant."), den Vorstellungen und 
Gebrauchen derselben: andrerseits farbten die neuen Be- 
keriner Chrisli, weil sie, zumal inmitten so schb'ner und 
reiclier Umgebung, so erhabener und begeisternder Erinne- 
rungen, nicht mit einem Male alle Eindriicke ihres friiheren 
Glaubens von sich zu thun, ihre Neigungen, ihr Denken 
und Empfinden zu heiligen vermochten, den neu angenom- 
menen Glauben und versetzten ihn mannigfach mit Heid- 
nischem (Salvian. gubern. Dei, ed. Baluze. Paris 1684. p. 122. 
S. Leo de castitate, in Bibl. Vet. Pair. Paris. Tom. VII. p. 834). 
Durch diesen zvviefachen Einflufs gevvann die christliche 
Kirche eine Beimischung heidnischer Vorstellungen und 
Formen, die in ihr nach und nach stabil warden und mit 
der weiteren Verbreitung des Christenlhums auch zu den 
Volkern gelangten, welchen jene Zuthaten ursprunglich ganz 
fremd waren. Ich bin weit entfernt, eine solche Nachgie- 
bigkeit gegen das Heidenthum, diese Accommodationstheorie 
den Aposteln und ihren ersten Nachfolgern zuzuschreiben. 
Vielmehr wissen wir und miissen es auch nach psycholo- 
gischen Griinden nothwendig finden, dafs in den Zeiten, in 
welchen die christliche Religion eine verfolgte oder-auch 
nur eine geduldete war, gerade des Gegendruckes wegen 
die Lehre Jesu von ihren Anhangern reiner und unver- 
falschter geglaubt und gelehrt wurde. Als aber die Macht 



413 

der Kirche wuchs, als sie im vierten Jahrhundert zur Ehre 
der staatlichen und bald der alleinigen Anerkennung gelangte, 
da besonders hat die Siegerin nicht ganz. auf ihrer Hut 
Einwirkung von der besiegten erfahren. Konnte es auch 
anders sein, als dafs namentlich das Theodosische Gesetz 
vom J. 392, welches alien offentlichen und privaten Gotzen- 
dienst mil Strafe der Verbannung belegte, dem Christen- 
thume wie eine grofse Anzahl neuer, aber nur aufserlicher 
Anhanger, so eine Masse heidnischer Elemente zufiihrte? 
Und zur Entschuldigung fiir das, was man heidnisehes auf- 
nahm, brauchte man nicht all zu verlegen zu sein. Das 
menschliche Herz ist an sich schon Sophist genug, um sich 
iiber das zu beruhigen, was zu thun'oder zu glauben ihm 
siifs ist 2 ). Spaterhin heiligten die selten heiligen, doch stets 
klugen Papste , welche mil echt romischer Diplomatik den 
Vortheil erkannten, der ihnen aus der Nachsicht gegen die 
menschliche Schwache erwachsen mufste, die heidnischen 
Auswiichse des Christenthums durch ihr Ansehen. 

Die Abgotterei mil der Maria, die Verehrung der Hei- 
ligen, Reliquien und Bilder, fast der ganze katholische Ritus 
wurzeln durch und durch im Heidenthum. Die Anbetung 
der jungfraulichen Mutter Christi ist grb'fstentheils nur ein 



2 ) Vgl. Petri Chrysologi Serm. 155 in Bibl. Max. Patr. Tom. VIII. 
p. 963. D. Diese Sophisterei des Menschenherzens in ein zusamrnen- 
hangendes System gebra.cht, 1st der Jesuitismus, der darin seine 
Macht hat und so Gott will eben darin auch seinen Untergang 
finflen wird. Hierher gehorig ist die Lehre Pabst Hadrian VI. bei 
Sanchez Opp. Moral. Ib. IL.cp. 4. no. 13, wozn man als Gegensatz 
vergleiclxen kann Angustin adv. Mendac. cp. 2. Sehr erbauliche Pro- 
ben dieser von Paulas einst (Rom. 3, 8) verdammten Nacligiebigkeit 
gegen die heidnische Gesinnung liaben die Jesuiten bei ihren Mis- 
sionen in China gegeben. Vgl. Histoire des differens entre les mis- 
sionaires Jesuites et cenx des Ordres de St. Dominique et de St. 
Francois. Vol. I. p. 134. Hannov. Magazin. Jahrg.XII. (1774). St. 74. 
p. 11 7.2 sq. 



414 

auf das Christenthum libergetragener Isis- und Cybeledienst, 
der sich am Ende des rb'mischen Reiches iiber die ganze 
alte Welt verbreitet und zu ganz besonderem Ansehen er- 
hoben hatte. Statt der Isis oder Cybele, der Magna mater 
deum, ward dem heidnischen Bewufstsein die Mutter Gottes 
untergebreitet. Darum hat der Marienkult verhaltnifsmafsig 
so schnell und allgemein sich verbreitet , obgleich ihn erst 
spater die Sonne romantischer Gesinnung in voile Bliithe 
trieb 3 ). Die Heiligenverehrung hatte ihr Vorbild an dem 
Heroendienst und den Apotheosen, die zuletzt im Heiden- 
thum so gang und ga'be waren. Der Gebrauch, den man 
im Christenthume davon machte, war ein doppelter. Man 
erhob zu Heiligen die Apostel und deren Jiinger, die Kir- 
chenvater und endlich alle, die durch besonders frommen 
Wandel dieser Auszeichnung wiirdig zu sein schienen. So- 
dann ward ein Theil der heidnischen Cotter in christliche 
Heilige umgewandelt. Es war dies das bequemste Miltel, 
den Zwiespalt zwischen heidnischer und christlicher Religion 
aufzuheben. Man gab dem heidnischen Kinde bios einen 
christlichen Namen. Entweder nemlich ward dem Gotte 
ein bereits vorhandener Heiliger substituiert oder ein neuer 
geschaffen, und beides zu noch grofserer Bequemlichkeit des 
heidnischen Gemiithes in der Regel so, dafs zwischen dem 
Namen des Gottes und des an seine Stelle gesetzten Hei- 
ligen selbst einige Uebereinstimmung stattfand. An Stelle 
des agyptischen Micail setzte der Patriarch Alexander den 
Erzengel Michael (Fabricii Bibl. Antq. p. 339 sq.) ; aus dem 
in der Umgegend von Paris verehrten Dionysos ward ein 
St. Deriys, aus dem riigenschen Svantevit ein St. Vitus 



3 ) Hat in dein Cybeledienst ihren Grand auck die Messe (Apulej. 
de Asin. aur. Ib. II. Polydor. Virg. V. cp. 11.), die Tonsur (Apul.l.L), 
die indefs auch bei andern heidnischen Kulten vorkam, die Proces- 
sion des Frohnleichnams ? 



415 

(Act. Sanct. ad 15. Jun.), aus dem obotritischen Goderac 
ein St. Godehard (Lisch Meklenb. Jahrb. VI. (1841) p.70sq. 
vgl. II. p. 13. Note); der heilige Nieolaus, Schutzpatron der 
Schiffer, vertrat gewifs den deutschen Wassergotl Nichus 
(Grimm Mythol. ed. II. p. 456); der heiligen Ursula mit ihren 
11000 Jungfrauen liegt, wie mein verehrter Freund und 
Lehrer Herr Professor Stuhr vermuthet, ein Dianenkult zti 
Grunde, trotz der zu Koin aufgestapelten Knochen. 

Aber diesen Heiligen entsprach nicht iimner eine wirk- 
liche Person oder Gottheit, sondern haufig sind sie nur aus 
poetischer Fiktion entstanden, wie z. B. die heilige Veronica, 
deren Namen und Legende J. Mabillon Mus. Ital. Lutet. 
Paris 1724. 4. Tom. I. P. I. p. 86 sq. aus vera icon s. iconia, 
Chr. Kortholt Miscell. Acad. Kilon. 1692. 4. . 21, aus pegu 
und sixcov, ferens imaginem, herleitet. Vgl. S. Reiske de 
imagin. Christi. p. 60 sqq. J. A. Schmid diss. de sudariis 
Christi . 9 sqq. Doch konnte es auch sein, dafs der Name 
die Sage erzeugt halte, wie oft geschehen ist. 

Andere Heilige haben den Unverstand zur Mutter. So 
meint Sirmond (bei Hadr. Valesius Valesiana. Paris. 1694. 
12. p. 49), dafs die bereits erwahnte Sage von der Ursula 
aus den mifsverstandenen Worlen alter Martyrologien her- 
stamme: SS. URSULA ET UNDECJMJLLA V. M. i. e. 
Sanctae Ursula et Undecimilla Virgines martyres. Vgl. Gisb. 
Voetius Disputatt. select. P. III. Ultraj. 1659. disp. 23 sqq. 
p. 472 sqq. Obgleich in diesem Falle nicht wahrscheinlich, 
ware ein solcher Ursprung doch an sich recht gut moglich. 
Eine defecte Inschrift hat den heiligen A uxilius, Bischofvon 
Angers, erzeugt und manche andere. Denn man war nicht 
immer so vorsichtig und gelehrt, wie Urban VIII, bei dem 
die Spanier wegen des von ihnen in Folge einer Inschrift 
SVIAR als Heiligen verehrten Viar, de concedendis indul- 
gentiis einkamen. Der Papst liefs den Stein nachRom kommen, 



416 

wo die Inschvift fur ein Fragment von PraefeetuSVIARum 
erkannt wurde und die Indulgenzen unterblieben. Vergl. 
J. Mabillon a. a. 0. Tom. I. P. 1. p. 143. Tentzel Monathl. 
Unierred. 1690. p. 363. Ob die Spanier sich warden 
von ihrein heiiigen Viar haben abwendig machen lassen? 
Vermuthlich rufen sie ihn noch heut zu Tage und nicht 
ohne Erfolg bei Reiseunternehmungen an. 

Doch zuriick zu den Gottern. Nicht alle gelangten zu 
der Ehre der Beforderung zu Heiiigen; viele von ihnen 
vvurden auch degradiert, gleichfalls durch die bewufste oder 
unbewufsle Nachgiebigkeit gegen das zu verdrangende oder 
zu vergessende Heidenthum. Denn da es unmoglich war 
oder geglaubt wurde, dem getauften Volke mit einem Male 
alien Glauben an seine ehemaligen Gotter zu nehmen, so 
suchte man dies nach und nach dadurch zu bewirken 4 ), 
dafs man ihm dieselben dem christlichen Gotte gegeniiber 
theils als minder ma'chtige, theils und besonders als unheim- 
liche, teuflische Wesen, als von Gott abgefallene Engel dar- 
zustellen suchte (Grimm a. a. 0. p. 937. 957). Und dies mufste 
urn so leichter sein, als man einerseits scheinbar die Bibel 
fur sich hatte (Matth. XXV, 41. II. Petr. 2, 4. Jud. v. 4), 
andrerseits gewifs hauptsachlich diejenigen Gotter demReiche 
der Finsternifs zuwies, welchen der Glaube des Volkes selbst 
schon einen feindseligen, diistern, minder freundlichen Cha- 
rakter beigelegt hatte. Durch dies Verfahren bei Bekehrung 



4 ) Doch es war nicht immer eine solche freie Accommodation, 
welclie die Gotter als teuflisclie Wesen bestehen liefs. Es begegnen 
uns merkwiirdige Beispiele von dem Glauben an die Wesenheit der 
heidnischen Gotter bei den Missionaren und Priestern. Und sollte 
uns das Wunder nehmen in Zeiten, die denen weit voranliegen, in 
welchen dem Hexen- und Teufelsglauben Tausende zuin Opfer fie- 
len? Dafs iibrigens das Yolk, auch olme Zuthun der Priester, 
diese Diabolisierung seiner Gotter "wiirde vorgenommen haben, ver- 
steht sich von selbst. 



417 

der Heiden ist es denn gekommen, dafs der Teufei mit 
seinen Heerschaaren in den christlichen Vorstellungen eine 
so bedeutende Rolle spielt, wie ihm ohnedies gewifs niemals 
wiirde zugetheilt worden sein. Ursprunglich als Ahriman 
der parsischen Religion zugehorig, ist er von da den Juden 
bekannt geworden und hat spaterhin seine beste Nahrung 
an den zur Seite geschobenen lieidnischen Gottern gefunden. 
Die Griechen und Romer sowohl als die Deutschen haben 
keinen Dualismus eines guten und bosen Principes ausge- 
bildet; sie waren viel zu unbefangen, ihnen lachte dasLeben 
allzusehr, als dafs sie die menschliche Misere und Siinde 
hatten einem absolut bosen Wesen zuschreiben sollen. Wo 
wir daher einen Teufei in den Vorstellungen des Volkes 
finden, da ist er erst durch die christliche Religion hinge- 
bracht in Folge entweder seines Vorkommens in der Bibel 
oder der Umwandlung heidnischer Goiter (Grimm p. 936 sqq.). 
Ist der Teufei den yerschiedenen Volkern erst durch 
das Christenthum bekannt geworden, so enlsteht die Frage, 
ob nicht manche von den tausenderlei Sagen, die manvom 
Teufei hat, gleichfalls iiberlieferl seien? Ohne Zweifel, 
wenngleich die meisten in heidnischem. Boden wurzeln und 
in christlicher Zeit nur etwas die Form verandert haben. 
In neuester Zeit ist die Aufmerksamkeit auf die Teufels- 
sagen besonders durch Goethe's Faust gelenkt worden. Hr. 
Dr. So miner, mit der Untersuchung iiber die historische 
Grundlage der Sage von Faust beschaftigt, konnte dabei die 
Frage nicht unberiicksichtigt lassen, ob und inwieweit frii- 
here Teufelssagen Vorbild oder Stofi der von Faust gewe- 
sen seien. Dadurch ward er auf die Sage vom Theophilus 
gefiihrt, die alteste, welche wir von einer Verbindung mit 
dem Teufei kennen. Sie ist schon friiher in Bollandi et 
Henschenii Acta Sanctorum. Men's. Febr. Tom. I. p. 480 sqq., 

Lauer Griecli. Mythologie. 27 



418 

von Achilles Jubinal (Oeuvres de RutebeufTom.il. p. 260 sqq.) 
und Mone (Anzeiger fur Kunde des deutschen Mittelalters. 
1834. p. 273 sqq.) behandelt worden, nunmehr aber von 
Sornraer so umfassend und grundlich, dafs wir uns von 
seiner Abhandlung tiber den Fausl ganz Ausgezeichnetes 
versprechen diirfen.. 

Die Sage von dem Biindnisse des Theophilus mil dem 
Teufel ist uns durch einen gewissen Eutychianus, der sich 
fiir den oixoyevijs tv TQiOftaxaQiGtov xovrov avdgog so- 
(fLKov xal xhjQixos rfs (xvvfjs xa&ohixfjs exxhrjoiag ausgiebt, 
iiberliefert und in zwei Handschriften, einer Wiener und 
einer Coislinschen, erhalten worden. Beide hat Ludwig 
v. Sinner in Jubinal Oeuvres de R. Tom. II. p. 332357 
zusammen abdrucken lassen, da sie bedeutend von einander 
abweichen. Der Wiener Codex, alter und vollstandiger als 
der andere, enthalt am Ende der Geschichte eine Notiz iiber 
den Verfasser, aus der die obigen Worte entlehnl sind. 
Obschon .wir sonst nichts von dem Eutychianus wissen, so 
hat er doch wenigstens ebensoviel fiir sich, als die ganze 
Sage, die er berichtet. Ueberdies bezeugt der Tilel der 
Uebersetzung des Paulus (s. unten) hinlanglich die Echtheit 
der Unterschrift im Cod. VJndob. Sommer p. 8 sqq. Nach 
Eutychianus lautet die Sage folgendermafsen. Theophilus, 
Vicedominus (oixovo'/uoe) zu Adaha in Cilicien, war durch 
seine grofse Frommigkeit ausgezeichnet. Er wurde, als der 
Bisehof gestorben war, an dessen Stelle gewahlt, lehnte aber 
diese Wiirde, als fiir ihn zu grofs, ab. Der neue Bisehof 
nun, von Verleumdern hintergangen, suspendiert d:en Theo- 
philus, der zur W'iedererlangung des verlorenen Amtes sich 
an einen hebraischen Zauberer wendet. Dieser, im Dienste 
des Teufels, fiihrt ihn in der folgenden Nacht auf den Markt 
und heifst ihn, weder sich zu erschrecken, noch durch 



419 

Schlagen des Kreuzes das, was er seheh wiirde, zu ver- 
scheuchen. Er sail aber eine grofse Anzahl Manner, viele 
mit Lichtern und Waffen, lannend und singend und in ihrer 
Mitte den Fursten der Finsternifs sitzend. Theophilus, auf 
die Kniee fallend, kiifst dem Teufel die Fiifse und verspricht, 
alien seinen Befehlen zu gehorchen. Da ergreift der Teufel 
den Teophilus beim Bart und kiifst ihn auf den Mund und 
spvicht: Sei gegriifst von jetzt ab mir gehorig, Lieber und 
Getreuer. TOTE slarjh&ev ev&ecog slg CCVTOV o acccavag. 
Nachdem Theophilus so Christus und Maria abgeschworen 
und zum Zeichen dessen dem Teufel eine besiegelte Schrift 
iibergeben hatte, ward er am folgenden Tage vom Bischof 
wieder ehrenvoll in sein Amt eingesetzt. Aber nachher 
kam Reue tiber ihn. Vierzig Tage und Nachte fleht er in 
der Kirche zur Maria ; die ihn auch erhort, Christus durch 
ihre Bitte bewegt, dafs er dem Reuigen vergebe, die dem 
Teufel gegebene Schrift zuriickbringt und dem in der Kirche 
schlafenden Theophilus auf die Brust legt. Darauf bekennt 
er sein Verbrechen und die Gnade der Jungfrau Maria, die 
ihm dreimal erschien, offentlich, verbrennt die verhangnifs- 
volle Sehrift und stirbt drei Tage nachher. 

Diese Erzahlung des Eutychianus ist von einem ge- 
wissen Paulus, Diaconus Neapoleos, unter dem Titel Mira- 
culum S. Mariae de Theophilo poenitente, auctore Euty- 
chiano, interprete P. d. N. wortlich ins Lateinische iibersetzt 
und domino gloriosissimo et praestantissimo regi Carolo 
gewidmet worden. Von diesem Paulus wissen wir sonst 
nichts 5 ) und konnen nicht einmal aus der Dedikation etwas 
liber sein "Zeitalter vermuthen, da unter dem Kb'nig Karl 



5 ) An den Erzbischof Paulus Ton Neapel, der urn das Jalir 765 
lebte (Leo Gesch. Ital. I. p. 366), darf man nicht denken. 

27* 



420 

eben so gut der grofse, als der kahle, der dicke und der 
einfaltige verslanden werden kann. Wir ersehen aus der 
Uebersetzung, dafs wir den griechischen Urtext auch in dem 
Wiener Codex nicht ganz vollstandig haben, obwohl Paulus 
mil diesem am haufigsten da iibereinstimmt, wo der Cois- 
linianus abweicht oder eine Liicke hat; seltner umgekehrt 
(p. 8-10). 

Durch Paulus ward die Sage vom Theophilus im Mit- 
telalter verbreitet und bekannt. Es ist dies an vielen Ein- 
zelnheiten zu erkennen, die Hr. Sommer p. 43 sqq. auffiihrt. 
Die ganz nach Eutychianus gemachte griechische Erzahlung 
der Sage durch Simeon Melaphrastes und deren Uebersetzung 
durch Gentianus Her veins sind ohne jeglichen weitern Ein- 
flufs geblieben (p. 10 sq.). 

Zuerst begegnet uns im 10. Jahrhundert das Gedicht 
der Hroswitha Lapsus et conversio Theophili vicedomini 
(Opp. ed. Schurzfleisch. p. 132 145), die durchaus dem 
Paulus folgt, ntir dafs sie weniges iibergeht, den Theophilus 
in Sicilien leben und von einem reichen Bischof erzogen 
werden lafst. Und vielleicht ist selbst die Verlegung des 
Schauplatzes nach Sicilien keine absichtliehe Neuerung der 
Hroswitha, sondern nur em Schreibfehler fur Cilicien (p.ll), 
wenngleich auch Hercules Vinc.emata Miracula Mariae Vir- 
ginis lib. T. cp. 11. Sicilien hat und die Aenderung wegen 
des diaconus Neapoleos am Ende sehr nahe lag. Noch 
genauer schliefst sich dem Paulus an Marbod, nach Bol- 
landus Bischof zu Rennes (f 1123), dessen in leoninischen 
Versen geschriebenes Gedicht in Act. Sanct. 1, 1. p.487 491 
und in Hildeberti Turonensis et Marbodi oper. *ed. Beau- 
gendre. Paris. 1708. p. 1507 sqq. abgedruckt ist (p. 12 sq.). 

Mil mehr Freiheit behandelt Hartmann in seinem 
Gedichte Vom. gelouben v. 19262001 die Sage. Nach 



421 

ihm verbindet sich Theophilus mil dem Teufel zur Erlan- 
gung von Ruhm und Vermogen und schwb'rt Gott ab. Von 
Gott darauf zur Reue bekehrt, gesteht er vor dem Volke 
sein Verbrechen und fleht die Hiilfe der Maria an, die init 
alien Heiligen von Gott fur den Theophilus Verzeihung 
erbittet. Die Handschrift des Theophilus herauszugeben 
zwingt Gott selber den Teufel, der sie von oben aus der 
Luft herabfallen la'fst. Wir bemerken an dieser Erzahlung 
eine weit geringere Beriicksichtigung der Maria, als ihrvon 
alien andern zu Theil wird. Theophilus schwort nur Gott 
ab, nicht die Maria, und erfleht ihre Htilfe zur Aussohnung 
mit Gott erst dann, als er bereits vor dem Volke seinen 
Frevel gestanden und bereut hat. Auch ist es bei Hartmann 
nicht Maria, welche die Handschrift vom Teufel wieder 
erwirbt, sondern Gott selber. Dieser grofsere Einflufs Gottes 
in die Geschichte mufste einem deutschen Gemiithe auch 
weit na'her liegen und mehr zusagen, als der importierte 
der heiligen Jungfrau. Ein Deutsches erkennen wir auch 
in dem Herabwerfen der Handschrift aus der Luft, wofiir 
p. 14 mehrere Beispiele beigebracht werden. Ich kann ihnen 
noch ein ahnliches hinzufiigen aus Micrael altes Pommerland. 
Stettin und Leipzig 1723. 4. Buch 4. p. 154. Ein Knabe 
hatte sich dem Teufel verschrieben, war bekehrt, stand aber 
wegen seiner in den Handen des Teufels befindlichen Schrift 
viel Angst aus. ,,Drum hielt die christliche Gemeine immer- 
fort an, die gottliche Gnade und Allmacht anzuruffen, dafs 
der Teuffel gezwungen wiirde, die Handschrift dem Enaben 
wieder zu bringen, damit er also offentlich dadurch zu 
Schanden gemacht wiirde. Welches gemeine Gebet dann 
auch so viel gewirket, dafs der bose Feind mit einem greu- 
lichen Brausen, dadurch der helle Mondenschein gantz ver- 
finsterl ist, in der Nacht nach XI Uhren zu ihme gekommen, 



422 

und ihme die Handschrifft vor den Kopff geworffen, mil 
diesen Worten: ich bin deinethalben genugsam darum ge- 
schoren worden." Es ist klar, dafs diese besondere Vor- 
stellung von dem Herabwerfen der Handscbrift aus der Luft 
mil dem deutsch - heidnischen Volksglauben von den Haus- 
geistern oder Elben, der auf den Teufel iibertragen ist, 
zusammenhangt; auf welche Art Uebertragung ich oben 
hingewiesen habe. 

Das Gedicht des Gauthier de Coinsi (geb. 1177 zu 
Amiens, 1236 Prior des Klosters zu Vis-sur-Aisne), welcbes 
die Sage, selbst in vielen Einzelnheiten , ganz so giebt, wie 
Eutychianus und sein Uebersetzer, obscbon es nach Marbod 
gearbeitet zu sein scheint (p. 18), zeichnet sich vor alien 
ubrigen sehr vortheilhaft aus nach Form und InhahV Es 
giebt sich in demselben ein gewisses psychologisches Moti- 
vieren kund, vvodurch der Charakter des Theophilus anders, 
als in der altesten Erzahlung, erscheinen mufste. Wahrend 
diese ihn einen frommen Mann nennt, den der Schmerz oder 
eine verzeihliche Erbitterung iiber die unverdiente Zuriick- 
setzung und der Zauberer dem Teufel in die Ha'nde liefern, 
schildert Gauthier ihn als einen hochst siindhaften Menschen, 
der sich zu jenem Bunde enlschliefst, vveil er an Gottes 
Hiilfe verzweifelt. Der Dichter machte dadurch ein solches 
Biindnifs wahrscheinlicher und gab andrerseits zu noch 
grb'fserer Bewunderung der Gnade und Allmacht Gottes 
Anlafs. Auch bei Gauthier finden wir, wie bei Hartmann, 
ein Uebertragen von Volksvorstellungen auf den Teufel, 
dessen auch von Eutychianus erwahntes Gefolge er mit 
manchen von den Elben entlehnten Ziigen beschreibt 
(p. 16 sq.). Und, wie haufig in deutschen Sagen (p. 47. 
not.ff), lafst der Dichter den Teufel am Schlusse in Klagen 
ausbrechen iiber den Betrug, den die Menschen ihm spielen. 



423 

Von den Besonderheiten in dem Drama des Rutebeuf 
Le miracle de Theophile (bei Jubinal Tom. II. p. 79 105. 
Fr. Michel The'atre fran^ais du moyen age p. 136 sqq.) ist 
zu bemerken, dafs das Motif des Biindnisses dasselbe ist, 
wie bei Gauthier, dafs auch hier der Teufel wegen des 
vielfachen Betruges einen genau abgefafsten Contract ver- 
Jangt, und namentlich dafs Rutebeuf zuerst der Verschrei- 
bung mil Blut und eines siebenjahrigen Dienstes des 
Theophilus beim Teufel erwahnt. Es ist dies iiberhaupt 
die alteste Nachricht von Verschreibungen an den Teufel 
mit Blut, die spater so gewohnlich sind 6 ), und, wie wir aus 
Hartlieb's Buch de artibus vetitis (Mone Anzeiger 1838. 
p. 315) sehen, schon im 14. Jahrhundert allgemein verbreitet 
vvaren. Ob dieser Gebrauch im Heidenthum wurzelt? Es 
lafst sich wenigstens dort nicht nachweisen; und was ihn 
iiberhaupt erzeugen konnte, das konnte ihn auch in spateren 
Zeiten veranlassen. Die siebenjahrige Dienstzeit des Teufels 
clagegen schreibt sich mit Sicherheit aus altheidnischen Vor- 
stellungen und Sagen her. S. 19. not. **) werden viele Bei- 
spiele der Bedeutsamkeit einer siebenjahrigen Zeit in Volks- 
sagen angefiihrt. Mit einer Veranderung heifst es, dafs 
Madchen, vvelche bei Nixen iin Dienste standen, nachdem 
sie weggezogen sind, riur noch 7 Jahre leben (Grimm 
Deutsche Sagen no. 68. 69. Leibnitz. Script. Rer. Brunsv. I. 
p. 987 sq.). Und nicht unpassend kann man die 7 Jahre 



6 ) Vergl. J. C. Morgenweg diss. Iiist. moralis de foederibus 
hum. sang, sancitis. Lips. 1687. 4. G. H. Goetze ecloga historico- 
theologica de snLscriptionibus sang. hum. tirmatis. Lubec. et Lips. 
1724. 4. Eine raffinierte Abart dieser Blutverschreibungen bilden 
die Briefe, denen man sanguine Christi die grofste Autoritat zu ge- 
ben suchte. Vgl. J. A. Schmid liter, sang. Christi tirmatas disq. 
Helmst. 1713. 4. 



424 

hierherziehen, welche Odysseus bei der Nymphe Kalypso 
zu verweilen gezwungen ist (77, 259 sqq.). 

In das 13. Jahrhundert gehort gleichfalls ein hochdeut- 
sches Gedicht, welches in dem Koloczaer und einem Hei- 
delberger Codex (no. 341) aufbewahrt ist. Nach der auf 
der hiesigen Bibliothek befindlichen Abschrift des letzteren 
giebt Hr. Dr. Sommer das aus 322 Versen bestehende Ge- 
dicht hier zum ersten Male heraus (p. 21 34), und erlautert 
es mil kritischen und exegelisehen Anmerkungen. Es bildet 
das vorletzte von 23 zum Lobe der Maria geschriebenen 
Gedichten, deren jedes, mit Ausnahme des ersten, mil dem 
Verse schliefst: des si gelobt diu kiinegin. Die Sage ist 
ganz wie im Griechischen, nur dafs hier Theophilus zweimal 
traumt und zweimal ihm Maria erscheint. 

Am Schlusse desselben Jahrhunderts begegnet uns das 
a. 1276 geschriebene Gedicht des sachsischen Dichters 
Brun de Schoenebecke. Er setzt die Sage als bekannt 
voraus, lafst den Theophilus die Dreieinigkeit und alle 
Himmlischen, mit Ausnahme der Maria, abschwb'ren, sich 
dem Teufel mit dem Blute verschreiben, welches dieser ihm 
aus der Haul hervorgedriiekt hatte, undihn, ohne besondern 
Nutzen von seinem Vertrage gehabt zu haben, bei heran- 
nahendem Tode reuig werden. Da steigt Maria selbst zur 
Holle, die Schrift zu holen, weil Gott dem Teufel keine 
Gewalt anthun will, und zerreifst dieselbe (p. 35 38). ' 
Diese Version der Sage hat manches Eigenthiimliche. Wahr 
rend die altesten Erzahlungen berichten , dafs Theophilus 
auch die Maria abgeschworen, sticht Brun dadurch, dafs er 
sie ausnimmt, nicht ungeschickt die Hiilfe zu motivieren, 
die sie dem Abgefallenen zu Theil werden lafst. Wie Hart- 
mann die von den altesten Erzahlern ganz zur Seite gelas- 
sene Art, auf welche dem Teufel die Handschrift des Theo- 



425 

philus entrissen sei, durch das Herabwerfen aus der Luft 
bestiuimt, so Brun mil einiger Uebertreibung durch das 
Hinabsteigen der Jungfrau in die Holle. 

Ein niederlandisches Gedicht des 14. Jahrhunderts von 
Phil. Blommaert (Theophilus, gedicht der XlVe eeuw, ge- 
volgd door drie andere gedichten van het selfde tydvak. 
Gent. 1836) herausgegeben, scheint nach Marbod gearbeitet 
zu sein, wahrend ein andres niederdeutsches Drama (in 
Bruns romanlische und andere Gedichte in altplattdeutscher 
Sprache p. 296 330) der Vermuthung des Hrn. Dr. Sommer 
nach aus der Volkssage geschopft isL Denn dafs die Sage 
nicht bios in Biichern lebte, sondern auch im Munde des 
Volks, zu dem sie freilich erst durch schriftliche Ueberlie- 
ferung gekommen sein konnte, ist \vie aus den vorhin be- 
riihrten Worten des Brun de Schoenebeke (wie ez dar 
waere komen [dafs Th. sich dem Teufel verband], daz hat 
ir ane mich vernomen), so aus den vielen Anfuhrungen 
deutscher und franzosischer, selbst spanischer Schriftsteller 
ersichtlich. Wurde doch 1384 zu Aunay und 1539 zu Mans 
ein Volksspiel, die Sage von Theophilus darstellend, auf- 
gefiihrt; und viele Kirchen in Frankreich, vvie z. B. die 
Notredame zu Paris, enthalten Darstellungen, die sich auf 
unsere Sage beziehen (Jubinal p. 265 sqq.). 

Ich habe in dem vorstehenden Bericht der verschie- 
denen Behandlungen der Sage einen gedrangten Abrifs der 
gelehrten und erschopfenden Sommerschen Schrift gegeben, 
und fiige hier noch einige Bemerkungen iiber die Sage selbst 
an. Was das Zeitalter des Theophilus betrifft, so ist dies, 
da sich sonst nirgends etwas iiber ihn findet, nur nach einer 
selbst hochst unbestimmten Stelle des griechischen Textes 
zu bestimmen. 'Eyeveto xctTa tov XCCIQOV sxeivov JIQLV ij 

STfidQOf.irjv yevsa&ai ftav a&scov xai a 



426 



sv xjj T(ov f Pco^ccia)v Ttohivelq. Da nun Sigibertus Gembla- 
censis den Theophilus ins Jahr 537, und Albericus Trium- 
fontium irts Jahr 538 setzen, auch 540 von den Persern ein 
Einfall in das ostromische Reich gemacht wurde, so kann 
man immerhin diese Zeitbestimmung fiir den Theophilus 
gelten lassen (p. 8). Sie erhalt von andrer Seite her einiger- 
mafsen Bestatigung. Die erste Verehrung wurde der Maria 
von den Kollyridianerihnen zu Theil, die sich im 4. Jahr- 
hundert aufgethan hatten. Sie fand in dem Epiphanius, 
Bischof des cyprischen Salamis (haeres. 78. 79. Opp. ed. 
Petavius. Paris. 1622. Tom. II. p. 342 sq.) und dem heiligen 
Ambrosius von Mailand (ep. Mediol. in lib. de Spir. S. lib. 3. 
cap. 12) sehr heftige Gegner. Und noch als 458 der Bischof 
von Antiochien Petrus Fullo (Fvacpevs) den Marienkult zuerst 
nach Syrien brachle (Nicephor. Callist. lib. XV. cap. 28. 
J. Valckenier Roma paganizans. Franeker. 1656. 4. p. 211), 
erhoben sich viele Stimmen gegen eine solche Abgb'tterei. 
Die Sage von Theophilus nun setzt einerseits eine schon 
ziemlich bliihende Verehrung der Maria voraus, und scheint 
andrerseits doch gerade aus dem Bestreben hervorgegangen 
zu sein, Ruhm und Anerkennung der zu Hiilfe und Erlbsung 
bereiten Jungfrau zu mehren (Ev. Joh. IV, 48). So kommen 
wir denn auch auf diesem Wege dazu, fiir die Entstehung 
der Sage den Anfang des 6. Jahrhunderts anzunehmen. 
Sanctus nennt Paulus den Theophilus noch nicht, zuerst 
Simeon Metaphrastes. Dieser setzt seinen Feiertag auf den 
4. Februar, andre auf den 13. oder 14. October (p. 43). 

Die Sage des Theophilus ist die alteste, welche wir 
von einem Biindnisse zwischen Menschen und Teufel haben. 
Eine solche Sage konnte natiirlich da nicht vorkommen, wo 
man sich den Menschen nicht in die Mitte zwischen zwei 
um ihn werbende Machte gestellt dachte. So kann also 



427 

auch nur erst durch das Christenlhum die Vorstellung, vvie 
von einem Teufel iiberhaupt, so von einer Verbindung des 
Menschen mil ihm bei den abendlandischen Volkern ent- 
standen sein. Aber wie kam man vom christlichen respec- 
tive jiidischen Standpunkte aus dazu? Es ist eine doppelte 
AnUvort moglich; entweder sind dergleichen Vorstellungen 
schon im Judentbum und Christenthum selbst entstanden, 
also den Heiden tradiert, oder in der Beriihrung des letzteren 
mil dem Heidenthume. Sobald man das Verhaltnifs des 
Menschen zu Gott als einen gegenseitigen Vertrag und Bund 
anschaule, mufste es, als man mil dem Teufel bekannt ge- 
worden war, nahe liegen, den Abfall von Gott, die Siind- 
bafligkeit des Menschen als aus einer Verbindung mit dem 
Teufel hervorgegangen anzusehen. Und eine solche Vor- 
stellung Ih'fst sich allerdings schon beim Jesaias (28, 15) 
wahrnehmen (Sommer p. 2). Aber sie ist dort nur ganz 
allgemein gehalten, wie auch der Bund des israelitischen 
Volkes mit Gott iiberhaupt, nicht in der bestimmten Form, 
dafs ein Mensch fiir sich allein sich dem Teufel ergiebt 
und verbiindet. Im neuen Testamente zeigt die Versuchung 
Christi durch den Teufel die Ansicht schon mehr ausge- 
bildet und unseren Sagen naher stehend; aber auch hier 
nicht in einer Weise, die auf das Vorkommen von Sagen 
iiber Teufelsbiindnisse bei den Juden einen Schlufs zu ma- 
chen berechtigte. Wir werden demnach den Hauptgrund 
solcher Sagen nicht in Tradition durch das Christenthum, 
sondern entweder in dem Heidenthum allein oder in seiner 
Beriihrung mit dem Christenthum zu suchen habem Riick- 
sichtlich des Ersteren kann es keine Frage sein, dafs schon 
das deutsche Heidenthum Dienstleistungen der Hausgeister 
bei Menschen, dieser bei Nixen kannte (Sommer p. 1 sq. 45), 
woraus sich natiirlich in christlicher Zeit, gemafs der schon 



428 

angedeuleten Umwandlung heidnischer Vorstellungen, Sagen 
von einemi gegenseitigen Dienste der Menschen und des 
Teufels bilden mufsten. Wo das heidnische Bewufstsein 
einen solchen unmittelbaren Anlafs nicht bot, da la'fst sich 
die Entstehung von Sagen iiber Teufelsbiindnisse mil Be- 
riicksichtigung der im Christenthume gegebenen Anknvipfungs- 
punkte aus der Vermehrung des teuflischen Reiches durch 
die ihm zugewiesenen heidnischen Goiter und das dadurch 
bewirkte grb'fsere Hervortreten der Vorstellung vom Teufel 
leicht erklaren. Und in der That scheint hierin und zugleich 
im Marienkult (s. oben) und der Versuchung Christi durch 
den Teufel die Sage von Theophilus ihre Veranlassung zu 
haben. Denn wie sehr die Versuchungsgeschichte auf unsere 
Sage influiert hat ist sehr deutlich zu erkennen. Wie Chri- 
stus den Veriockungen widersteht , so erliegt ihnen Theo- 
philus; was der Teufel von Christus verlangt und dieser 
verweigert, das thut Theophilus, er fallt zum Zeichen der 
Anbetung auf seine Knie und schwort Gott ab; die 40Tage 
und Nachte, die Theophilus reuig flehte, weisen auf die 
40 Tage zuriick, die Christus in der Wiiste fastete; wie 
der Teufel auf der Zinne des Tempels Christus die Reiche 
der Erde zeigte und ihm dieselben zum Lohne versprach, 
wenn er zu ihm sich halten wolle, so ist es aufsere Ehre, 
um derentwillen Theophilus sich dem Teufel verbiindet. 

Dafs unsere Sage aus so aufserlicher Veranlassung ent- 
standen ist und nicht aus poetischer Conception, ist mir 
sehr wahrscheinlich. Man kann deshalb eigentlich auch 
nicht von einer Idee reden, welche durch dieselbe dargestellt 
werde; und doppelt unbegriindet ist es, wenn Mone (An- 
zeiger. 1834. p. 275) und Rosenkranz (zur Geschichte der 
deutschen Literatur p. 98) von dem Gegensalze des Juden- 
thums und Christenthums sprechen, als dem Grundstoffe 



429 

der Sage (Sommer p. 45 sq.). Liegt eine Idee in ihr, so ist 
sie durch diejenigen darin geweckt worden, \velche die 
Sage, indem sie sie aufnahmen, gewissermafsen erst zur 
Sage machten. Die haben ohne Zweifel einen Sinn mit ihr 
verkniipft und in ihr neben der Schwache des menschlichen 
Herzens, das, verlockt und verfiihrt von den Herrlichkeilen 
der Welt, ihren Ehren und Freuden, von Gott sich wendet, 
aucli die unendliche Liebe und Macht angeschaut, die dem 
aufrichlig Bereuenden selbst dann zu verzeihen und ihn zu 
erretten bereit ist, wenn er sich auch so ganzlich, wie 
Theophilus, von ihr losgesagt hat. Und wohl konnte sich 
ein von dem Bewufstsein seiner Sundhaftigkeit gedriicktes, 
aber glaubiges Gemiilh freudig emporrichten an einer Sage, 
die auch ihm die Hoifnung der eignen Erlosung bot. 



Register. 



ufi&ias 250. 255. 
Abhangigkeitsgefiihl, Element (lei- 

Religion 23. 
396. 

-9-vtiv 176. 
Adinet 263. 273. 
Adrastea, IdtiQaartta 258. 304. 

(Kybele) 388. 
Adrastos 331. 
Aegis 155. 192. 317. 326. 
Aegyptische Religion 87. 142. 
Aethergotter 152; ihr Verhaltnifs 

zu einander 247. 



= Hades 



393. 



274. 



Aglauros, Agraulos 334. 338. 343. 
363. 



276. 

Ahriuian 69. 
Aiakiden 179. 
Aiakos 179. 
Aidos 63. 
Ai3a>s Zr\vl 
AlyaiKtv 162. 
Aigeas 317. 
Aigina 179. 263. 308. 
Alyinav 235. 
alyig s. Aegis. 
Aiolos 219. 305. 400. 
Aither 234. 
Aithra 286. 363. 
Aitne 386. 
l'S 155. 179. 191. 



212. 



260. 
284. 
392. 
280. 

198. 203. 342. 
"Am in 259. 

322. 
322. 
Alexanor 283. 
Allegoric 105. 
Aloaden 244. 
Alopekos 293. 
L4f^K^o(poQOi 266. 
Amaltheia 1.65. 190. 237. 
Ameisen = Ackerbaner 180. 
Kfj.(pupcav 288. 
Amphiaraos 361. 
Amphiktionie, delphische 274. 
304. 
396. 
la 307. 
Androgeos 342. 
Apaturien 361. 

Aphrodite ISO. 163. 176. 242. 
KTiodrjftia 'Anoll. 266. 
Apollon 60. 62 f. 125. 137. 
150 f. 253 ff. 281. 330. 387. 
397. 

1. Der natiirliche. Herr der 
Sonne 257; der Tagessonne 
260; derFriiklingssonne263; 
der Sommersonne 265; der 
Wintersonne 273. 

2. Der e this eke. Der leuch- 
tende, helle, glanzende, reine 



431 



Gott 274; der weise, wis- 
sende, proplietische ; Schiitzer 
276; Gott des Gesanges und 
Saitenspiels 277 ; Scbiitze, 
Jager und Krieger 277. 278; 
giebt Gesundheit und Kvank- 
heit 278 ; 

KprjTcaf) 276. 

ccyogaiog 276. 

ctygs vg 278. 

ccyQEVTcis 278. 

ctyvievg 273. 276. 

Kiyl^jTrjg 258. 

Kxeaiog 280. 

axfQGsxofirjg 258. 

KXTI.OS 258. 280. 

analog 258. 

{llVQOf.iavTig 275. 

alagixuxog 280. 



279. 

277. 

259. 
g 278. 
258. 
259. 
265. 

KWQ 258. 

XQvooy.6fA.ris 258. 
269. 
259. 
, 266. 
263. 331. 
258. 
262. 

259. 

dyoucdog 259. 
*% 262. 
txpaaios 264. 
258. 

264. 
svavgos 260. 
SV&QVTITOS 270. 

264. 
269. 
g 280. 
265. 
276. 
276. 
276. 
tgeffiog 259. 
259. 
og 259. 266. 

278. 

(pavalog 258. 

277. 



258. 
265. 
273. 
258. 

262. 
262. 
278. 
278. 
259. 
278. 
278. 

262. 
Iwo? 258. 
276. 
265. 

265. 
276. 
279. 
273. 
y.tUctiog 267. 
258. 
og 278. 
Knechtschaft 263. 274. 

265. 
259. 

259. 

xovQOTQOfpog 278. 
XTiGrrjg 277. 
xvvstog 273. 
KvvSiog 259. 
274. 
278. 

276. 
264. 
279. 
259. 275. 

257. 
Ivxeiog 258. 

264. 
264. 

277. 
262. 
277. 
265. 
265. 
265. 

dyxalog arrjg 264. 332. 
oixiGr^g 277. 
ondcov fj.rjA.iov 265. 
o^oipuyog 273. 
og^ffr^ff 2.77. 
olfAto? 279. 
TiayaGKiog 269. 
mxyaGtTijg 269. 
280. 



432 



Jiaavonioe, noovojjlcav 
265. 

258. 
277. 
265. 
276. 

276. 
275. 

JJryos 259. 

Hy&Kvg 273. 

Rinderheerde des A p. 228. 

aavQoxiovos 266. 

anakxas 265. 

cffitv&evs 266. 

anodios 273. 

278. 
392. 

264. 332. 
275. 
271. 

273. 

273. 
259. 
276. 
259. 
259. 

&VQKLOS 276. 

276. 

269. 
260. 
258. 

278. 
396. 

243. 
Areion.331. 

150. 241. 248. 

1. Der natiirliche. Herr der 
Wolken 242, der Warme 243, 
des Gedeihens 244. 

2. Der ethische. Kriegerund 
Tanzer245; sendetKrankheit 
und Pest 246. 

244. 

245. 
245. 
243. 
245. 
245. 
245. 
245. 

'Evvahos 246. 

evzohos 245. 

Fesselung des Ares 243. 244. 

(vr)s 244. 
244. 



i/ 243. 
245. 
s 246. 

245. 
244. 

245. 
245. 
245. 



266. 289. 
162. 

Argonauten 218. 
'^pyoff navonTTjs 228. 
Aristaios 198. 218. 305. 
Arkadischer Zeus 180. 
Arkas 294. 

(Barinnen der Artemis) 293. 
310. 

310. 
272. 

fa 347. 
Arsinoe 281. 
pTf/w 61. 261. 287. 

1. Die natiirliche. Herrin 
des Mondes 288; des Was- 
sers 291 , der Fruchtbarkeit 
und des Gedeihens 292. 

2. Die ethische. Keusch, 
schon, milde, machtig, king 
298; Schiitzerin, Jagerin299; 
Herrin des Gedeihens 300, 
der Gesundheit, iiber Wohl- 
ergehen, Krankheit und Tod 
301. 

3. Mischgestalten der Artemis 
302. 

ta) 302. 
304. 

ayyslos 290. 

ayyCrus 291. 

la 299. 
299. 
299. 
299. 

alV ASfirirag 298. 

aiyfttiva 291. 

289. 294. 
ri 292. 
ta 290. 
291. 
291. 

289. 
289: 
289. 
304. 



433 



290. 302. 'L4.QTep.ig xlrjdovxos 299. 

289. xvayia 289. 

298. xvKXKirjaa 290. 

298. xvaxeccTis 290. 

299. xovSvteaTis 302. 

(JBwSig) 303. xoQvyata 290. 

293. xoQv&cdMa 301. 

302. XOVQOTQO(pOS 301. 

291. ' iKwota 292. 302. 



301. ".'/. *drfioy6vi>ia 288. 

290. (AtvxoipovvTi} 304. 



290. lipvaia 291. 

291. . lifAVKTig 291. 

Atxivvva 302. jio%ia 300. 

'Eqieafa 303. ' IvyoStapcc 293. 

300. At/xfifa 289. 

/ 298. J.VXOKTIS 289. 

298. lvatcovog 301. 
291. fj,ydit] 298. 

299. Movwxfa 291. 

290. TWuff/a 304. 

&ov'0iK 291. '-^- 'i27r^ 289. 

299. d?*mff 290. 

299. oQta 293. 294. 296. 

fvaxoog 292. 298. ogdcoata 293. 

Evxteta 300. ouAfo 302. 

/ 299. _ Qvnis 289. 

291. - ovQSGKfoTns 290. 

293. 7iaiSoTQO(pos 301. 

302. 7taQ&vog alSofi) 298. 

*! 301- nKTQya 299. 

289. Ust&io 300. 

299. (.negyaia) 304. 

TlOTttflftt 291. 

299. nQonv&ata 299. 

289. . ?ipoffij^)a 290. 

298.300. nQoGTcnri^Ca 299.' 

291. TiQO&vQaia 299-- 

301. ZZio<wro#oj'/a 304. 

298. Tn/ptarta 289. 

598. GotQcoviu 291. 

298. o'sAao'^d^os 289. 
288. aelaata 289. 

300. tfxiKTig 290. 
293.- , ar()0(paitt 299. 

= 'Exarr] 305. ; tfa5z^a 302. 

291. TavQonohos 296. 

299. TTjAjfita/off 290. 
291. fcQpata 291. 298. 

295. 298. &r}QOtp6vr} 300. 

300. iQixluQta 290. 

'297. aQTSp,iS6(lJir)TOi%97. 

"i\ 300. Idtfavata s. A&rpwia 

301. l40xlr)7iia 284. 

304. AcfxlynifTa 283. 

Lauer Griech. Mythologie. 28 



434 



.... . . 280. 360. 

1. Der natiirliche. Herr der 
Sonne, derFruchtbarkeit282. 

2. Der ethische. Schiitzer; 
Gott der Gesundheit 282. 

dylaonrig 282. 

ayvtrag 283. 

' 282. 

282. 
,.. . - 282. 

Kvltavios 282. 

avgi&al'qs 282. 

dripaCveros 282. 

lyxotpriGig (Incubation) in 
den Tempeln des 283. 

^TitoSoTtig 282. 

(pdolaog 282. 

ICITQOS 283. 

xaovaioe 282. 

xOTvkevg 283. 

-naitov 283. 

nctis 284. 

q&pdov avd^rjifjig 282. 
Asopos 179. 

Asterie 159. 305. 

Astrabakos 293. 

Astrolatrie 53. 55. 79. 

Astrologie 83. 

Astronomic 83. 

Athamas 219. 

Iddyvata 60. 125. 151. 311 ff. 402. 

1. Die natiirliche. Herrin 
derWolken 320, der Gewas- 
ser327, derFrnchtbarkeit333. 

2. Die ethische. Keusch und 
jnngfraulich 354, king und 
wissend 356, prophetisch 357 ; 
Herrin der Seefahrt 357; der 
Frnchtbarkeit und des Ge- 
deihens im Menschenleben^ 
359; Vorsteherin der Heil- 
kunst; Beschutzerin der 
Stadte 365; Vorsteherin der 
Volksversaminluiigen und Vol- 
kerverbindungen ; Kriegerin 
368; Weberin371; Vorstehe- 
rin jeglicher Ktinstfertigkeit 
373 ; Gottin der Musik 376 ; 
Zauberin 376. 

ar)3.(6v 376. 

ayeiala eta t\tg 369. 

ayrjGiTtoiia 367. 

ayooaia 367. 

354. 

326. 



327. 

KXQ(K 326. 332. 
322. 
323. 

364. 
362. 
367. 

313. 

358. 

KTlttTOVQfu 361. 

326. 
367. 
369. 
uaia. 327. 

370. 

IdTQvrwvt) 313. 
367. 
366. 

pdaxavos 376. 

blitztragend 321. 

354. 
/c* 326. 
354. 

poviccta 367. 

%alivliis 354. 

Xai.xCoiy.os 366. 

x^varj 324. 

Sap-KdiTtnos 354. 

tyx&adog 376. 

ellevfa 323. 

369. 

327. 358. 
323. 

332. 366. 
inCaxonos 364. 

373. 404; 
369. 
357. 

369. 

361. 
363. 

ylavxa 321. 

ylavxanig 161. 203. 321. 
323. 376. 

32 L 
eu 325. 

203. 325. 
yvyaft] 327. 
356. 
323. 
323. 
323. 

ffe 354. 
Tyieia 359. 
'laaovta 361. 



435 



vo.tu 
vs 367. 

356. 
366. 
327. 
a 369. 
369. 
327. 

357. 
a 369. 
363. 
326. 
327. 

62. 364. 369. 
369. 

313. 
323. 
327. 
323. 
323. 



yya, 



naicavicc 361. 
316. 
370. 
367. 

376. 

354. 
356. 
369. 



369. 

369. 

326. 348. 352. 361. 
365. 377. 

365. 
321. 342. 365. 

356. 
367. 

327. 

369. 
357. 
356. 
366. 
369. 376. 

326. 
t 367. 
324. 351. 
g 326. 
364. 
371. 
a 370. 

S .370. 

354. 

376:392. 
353. 



vaCa Tgnoyfrsta 142. 146. 151. 
314. 322. 

TQnoyfvys 314. 361. 

Ath. mit dem Widder 402 ff. 

367. 

370. 
373. 
Atlienai's 322. 
Idfrfivij, 'A&avcctK, *AKVK, 'd&rjvcia 

s. Z4&r)VK(cc. 
Attis 76. 
Ange des Himinels (Sonne) 202. 

der Nacht (Mond) 286. 
Aura 401. 

B. 

pufl&ios 250. 

Bacchus 137. 240. 

Bar, der grofse 310. 

Bal 167. 255. 

BKCfiltit 167. 

Bel s. Bal. 

p&a 250. 255. 

BsvSlSsiK 303. 345. 

Bevfts 303. 

Bergnymphen 188. 

Biene 187. 190. 

Blitz 155. 156. 162. 199. (242), 

321. 325. 333. 336. s. Hephae- 

stos. 

Bor]dg6(tia 271. 
Boio 267. 

Boiotos = Poseidon 330. 
BocoTtis 310. 
Boreas 267. 400. 
Boqva&tvts 396. 
Bovyovia 205. 218. 220. 
Branchiden 275. 
BQIKQZCUS 162. . 
BQi[Ju!t 'COpQipw) 162. 305. 
B(>n:6(J.ttQTi$ 302. 
BQI& 311. 
BQOVTHS 162. 
Butaden 352. 
fiovfpovos 205. 
BOUTJJS 352. 
POVTVTIOS 205. 
Buddhismus 72. 
Buzyges 343. 353. 

C. 

Ceres 151. 
Xcdxeta 373. 
Chaos 143. 157. 

28* 



436 



Xagtict 273. 
Chariten 236. 
Cheiron 281. 

XOIQOXTOVOI xa&ctQpot 210. 
XQOVOS (Kronos) 165. 
Chrysaor 326. 
Chthonia 352. 
dementia 63. 
Coelns 382. 
Concordia 63. 

D. 

Daidaliden 375. 

Daidalos 128. Yariante von He- 

phaestos 195. 386. 
Damonen 49. 
Daktylen 191. 246. 392. 

392. 

s. Zeus. 
Danais 188. 

Daplmephoros 263. 269. 
Jslpos 247. 
Deioneus 280. 
263. 

s. Pytho 260. 
Delische Theorie 270. 
Demeter 23. 150. 167. 169. 226. 

244. 288. 305. 329. 340. 354. 395. 

Erinnys 161. 
4i)V' s. Zeus. 
Dendrolatrie 97. 
devg s. Zeus. 
Diana 151. 
JiKdia 201. 

Didymaios (Apollon) 275. 
Dike 63. 

dtxri gvvsdQos 4i6g 211. 
Diktynna 188. 302. 
Diomedes 376. 
Slav xaJStov 210. 407. 
Dione 42. 125. 176. 
Dionysos 23. 124. 191. 236. 240. 

244. 

KGTSQCOTIOS cti&riQ 199. 

XSQKVVOf 199. 

xovQoi 189. 244. 309. 395. 
voros 197. 
opPeos 197. 
naTs aartSTOS oppgos 197. 

205. 

Dodonaischer Zeus 175. 
Dodonaisches Orakel 177. 
Donner (gottheit) 156. 199. 208. 

320. 
Donnergewolk 188 f. 326. 388. 



Drache s. Pytho, Schlange. 
Dryops 234. 
Dschemshid 66. 

E. 

Ca 303. 

283. 

Eiresione 271. 276. 
Elara 261. 
Elektra 399. 
"EpTiovaa 308. 
Endymion 62. 253. 287. 
Engel in den Statuen Orakel ge- 

bend 49. 
Ennosigaios 169. 
'Ewahos 246. 
Enyo 206. 246. 325. 
'Hcog 311. 
Ephialtes 244. 
tmdwCK ^TTO'U. 266. 269. 
'EQarco 396. 
Erechtheion 353. 
Erechtheus 333. 335. 352. 
"Eqyuvri 373. 404. 
Ericlithonios 333. 341. 382. 
Erinyen 163. 354. 
"Egi? 247. 
Eros 157. 

'EQvafy&w 341. 342. 
Eteobutaden 348. 352. 
Euamerion 284. 
Eule, Symbol des Blitzes 156. 

vergl. 321. 
EvQvdUr} 325. 
Euryphaessa 250. 286. 
396. 



F. 



ia 302. 
Fesselung des Ares 243. 244, der 

Hera 382, des Kronos 171. 
Fetischismus 53. 55. 94. 
Feuerdienst s. Parsismus. 
Fides 63. 
<o/So<r 247. 

< oi/Sos (Apollon) 258. 
f f>(oct(p6(>og 311. . 
<f>Q%os 219. 402. 405. 
Furcht als Faktor d. Religion 23. 
Fata, Gaia, Fij, Ge 157. 163. 165. 

234. 249. 313. 320. 336. 338. 

397. 406. 
Gaiolatrie 53. 55. 74. 



437 



Geisterglaube 68. 

Genealogie (bei der Mythendeu- 

tang) 117. 
Gestirndienst 79. 
Gigantea 141. 163. 
Gigantomachie 172. 
Glauke 288. 
riuvxumiov 322. 
DiavxcoTiov 322. 
Glaukopos 322. 
Goiter (olympische) 150. 
Gotterbild 105. 
Gotterbote s. Hermes, Iris. 
Gb'tterwelt (griechische) 150. 
Gorgo, Gorgonen 324. 400. 
Gottesbewofstsein, primitives 22. 
Graen 325. 400. 
Granatapfel 364. 
Guebern 68. 
Gyges 162. 329. 

H. 

Hades 125. 151. 169. 273. 306. 

Hagno 181. 

Hahn, dem Helios heilig 253. 
284. 374., dem Asklepios ge- 
opfert 284. Symbol der Athene 
'Egycivrj 374. 

Halbgotter 150. 



252. 



Halia 389. 
Halirrhotios 343. 
Harmonia 134. 
Harpyien 400. 
Hebe s. Hera 62. 
'HwatGTStK 380. 385. 
"Hwaiarog 23. 150. 320. 333. 356. 
373. 381. 394. 

383. 

385. 

383. 

385. 

385. 

Hegeleos 369. 
'Exeter) 289. 
'ExctTctict 307. 
Hekataios 188. 387. 
'ExftTij 61. 304. 399. 

1. Die natiirliche. Herrin 
des Mondes 306. 

2. Die e this c he. Schreck- 
lich 306 5 Schutzerin 307; 
Herrin des Zaubers, der Ge- 
spenster 307. 

306. 



avraia 308. 

iio 306. 

307. 
306. 
306. 

slvodfa 307. 

308. 
307. 
307. 

306. 
307. 

a 306. 

xvvoxs(paiog 308. 

308. 

vTKVig 307. 

307. 
307. 
306. 
306. 

307. 

306. 

306. 
307. 

Sslnvov 308. 
306. 399. 
Hekatoncheiren 162. 165. 166. 
ExccjovvrjCioi, d.Apollon ?xTOshei- 

lig 278. 
ijhog, urspriinglich mit Digamma 

250. 
"Hhos 63. 165. 249. 

Heerden des 252. 

250. 



Opfer des 252. 

7iavo7iTT}g 251. 

nolvaxonog 251. 

axonog (8-eaiv ^ Jt xal a 
251. 

Schiff des 251. 

Wagen des 251. 

rjiiov TQtxns^a 271. 
"EUrj 219. 324. 402. 
Hellenische Form der Mytholo- 

gie 126. 

Hellenischer Zeus 196. 
'EHehia 324. 
"Hp-lqu 311. 
Hera 62. 125. 143.150. 153. 167. 

169. 219. 242. 244. 246. 280. 

305. 382. 383. 

111. 280. 
230. 
Herme 226. 
'Eepris 125. 220. 234. 236. 247. 

353. 395. 399. 405, 



438 



1. Der natiirliche. Herr der 
Wolken, .des Gedeihens 224; 
der Nacht 227. 

2. Der ethische. Gott des 
Handels und Wandels 229, 
Gb'tterbote 230, Gymnast, 
klug und erfinderisch, Schii- 
tzer der Gemeinscb.aften231, 
Segenspender, Geber des 
Schlafes und der Traume 232, 
Gott der Diebe, Fuhrer der 
Tpdten 232. 

- ttyrftUQ 229. 

dycaviog 230. 

ayoQKtog 231. 

dxux^aiog 224. 

axaxrjTct 224. 

227. 

232. 
228. 



231. 

Benteltrager 226. 
232. 
232. 
225. 



229. 
Mhos 230. 

225. 
231. 
229. 
230. 

Ivo'JVo? 229. 
222. 

231. 

224. 
231. 



Igiovviog 224. 

229. 245. 
229. 

230. 
229. 
oviQcav 232. 

232- 

vnvov TToaraTrjS 232. 

222. 406. 
222. 406. 



227. 



, 
221. 

229. 
231. 

231. 



223. 405. 

AwxoV 229. 

230. 

s, Mcctctfevg 221. 
224. 
6e 232. 
224. 
227. 

VVXTOS onfon-rfiriQ 227. 

dviQ07iOfj,7ios 232. 

7r?ojd(?off 230. 

ncdiyxanqlos 229. 

TiylourotJorTjff 231. 

7TOtXlAO(W1JT7Jff 230. 

nolvyios 225. 

231. 
229. 
229. 
og 229. 

230. 

nqonvlaiog 231. 

iog 231. 
og 232. 
ds 232. 

231. 

oofpos 230. 

ffT^oipcuo? 231. 

T^t- und TTQax<pakog 227. 
l EQ(J.rig xoivog 231. 

'EQftov xlrigog 231. 

Heroen 111. 150. 

Herse 229. 334. 338. 406. 

'jEQGtjyjoQfa 347. 

"EGnsqog 311. 

Hestia 150. 169. 

l Erai^iK 216. 

Hieroglyphenschrift 91. 

txTi]()(a 264. 

Himmelsgotter 58. 152. 

Hippobotes 322. 

Hippokrene 397. 

Hippolytos 249. 280. 300. 

Him (des Ymir) = Wolken 

318. 

Horn 66. 

Homoloien 206. 246. 
Horus 183. 
Hund, Symbol der Hitze (204). 

228.. 272. 285. 

Symbol des Todes? 285. 
'YcJfff 309. 

'Ydxiv&og, Hyakinthien 272. 
Hybris 234. 

Hygieia 283. vergl. 359. 
Hymen 63. 



439 



Hyperboreer (Mythos von den ) 

266. 

Hyperion 159. 165. 249. 253. 285. 
'YneQtovtfys 250. 
Hypermnestra 300. 
Hyperoche 266. 
Hyperochos 267. 
"Ynvos 311. 



Janus 137. 142. 

Japetos 137. ('lansros) 159. 

Indische Religion 53.. 

Ino 219. 

Insel der Seligen 172. 

Jo 219. 228. 

*I$is 398. 

Ischys 281. 

Isis 90. 

Jubal 137. 256. 

Juno 161. 

Jupiter 174. 382. 

'iStov 280. 

Jynx 236. 

K. 

Kaaba 86. 
Kabeiren s. 
ri 394. 

vvpyai 394. 
ia (Demeter) 395. 
w 394. 

387. 394. 396. 
s, Kadfios 219. 227. 
Kcttyivia 391. 
KaUionr) 387. 396. 
Kallisto 234. 294. 

344. 
394. 
Karneen 279. 
210. 

(Hermes) 227. 
Karyatiden 297. 
Kedalion 384. 
Kr\(fiG<o 396. 
Kekrops 334. 342. 
Keledonen 398. 
K&fus 392. 
Kephalos 401. 
Kerkopen 396. 
Kyovxeiov 225. 
Keto 246. 325. 
396. 



396. 

Kotos 159. 249. 253. 
Koronis 281. 
Korybanten 76. 189. 386. 
Kosmos 143. 
KOTTOS 162. 
xovQslov 361. 
Kreios 159. 317. 
Kretischer Zeus 186. 
Koovia 166. 
KQOVO? 134. 159. 163. 164. 234. 

387. 390. 397. 
Krotopos 272. 
Kunstsymbolik 127. 
Kureten 165. 169. 188. 387. 391. 
Kybele 76. 236. 237. 388. 414. 

(Adrasteia) 388. 
Kvzvos 243. 

Kyklopen 141. 161. 163. 273. 
xwotpovjis 272. 
Kytissoros 220. 



. 266. 
Laodikos 267. 
Laomedon 274. 
Leto 159. 256. 261. 286. 288. 

305. 310. 
Leukippos 281. 
^LevxofpQvvr) (p^v^vr) 304. 
Lichtdienst s. Parsismus. 
Uvoi 272. 
Linos 272. 

Lokalisierung der Gottheit 187. 
Luchsfell des Pan 237. 
Lnna 61. 110. 
Lunus 61. 

MxKia 181. 184. 185. 235. 
Lykaion 180. 

* f JO/ 

_/tv%&Vv'0(O7lO$ Io4-. 

Lykaon 181. 184. 224. 
Lynkeus 300. 



91. 



285. 



Macht der Natur (in religioser 
Beziehung) 30. 

des Menschen 37. 

Gottes 46. 
Marchen 102. 

Magismus, Religion des 141. 



440 



Maia 221. 242. 
Mars 137. 151. 242. 
Marutas 242. 
Medea 395. 

325. 
210. 
Meliboia 181. 
Melisseus 187. 
190. 

396. 
Menalius 382. 

MT\V (deus Lunus) 61. 287. 
Mjvr] = Selene 287. 
Mercnrius 151. 406. s. Hermes. 
Methode der Mythendeutung 116. 
die Gotter zu klassiticieren 

150. 

Metis 208. 313. 
Minerva 137. 151. 323. 397. 

s. Athene. 
Minos 193. 
fiTivtOTavQoe 195. 
Mischgestalten der Artemis 302. 
Mvrjpoavvr) 159. 313. 397. 
Mohrenkopfe in Delphi 271. 
Moloch 167. 

Mondgotter 285. vergl. 61. 
Moneta (Mnemosyne, Juno) 161. 
Monotheismus 50. 
Mordsiihne vom Apoll eingefiihrt 

274. 

MoQyevs 311. 
Movaai 161.. 244. 396. 
Myrmidonen = Ameisen 179. 
Mvafa 304. 

Mysterien 130; der Hekate 308. 
Mysterienkult 130. 
My then (ihr Ursprung u. s. w.) 

132 f. 

Mythologie, Begriff der 3. Lit- 
teratur 16 ff., Ursprung 20, For- 
men der 49. 

Mythos, Begriff des u. s. w. 
100 if. 



Naama = Minerva 137. 

Nachtgotter 310. 

N&ut 176. 

Natur, Macht der 30. 

N4Sa 180. 

Nrii& 329. 

Nemea, Nemeischer Lowe 287. 



Nephele 219. 

Neptun 137. 151. 

Nereis 234. 

Nereus 60. 

NCxr) 218. 369. 

Nilus 91. 382. 

Nimrod 137. 

Noah 137. 

Nymphen (melische) 163. 

Nyx 305. 310. 

O. 

Objekt^der Religion 29. 52 f. 
'O/S^t^tftj s. 
Odysseus 234. 
Ogyges 162. 322. 329. 
Ohnmacht (subjekt. Grand der 

Relig.) 21. 
Oineis 234. 
Okeanos 159. 329. 
Olympische Gotter 150. 

"OVSIQOS 311. 

Onkos 330. 

^flnis 266. 289. 

Orakel, Apollinische 275. 

Dodonaisches 177. 
Orestes 274. 
*Q.Qt<ov 310. 
Ormuzd 66. 69. 
Orolatrie 97. 
Osiris (Nil) 91. 
Otos 244. 
Ov&ocpoQQi 266. 
Ovmg s. *Qnig. 
ai 157. 
396. 

157. 
OVQKVOS 156. 



Paan 261. 

HKIKV 280. 

nois apcpi&ixtfs 271. (263). 

Palaimon 320. 

Paliken 386. 396. 

Pallaclion 376. 

312. 316. 
159. 286. 317. 
llav 151. 233. 248. 

1. Der naturliche. Herr der 
Wolken 235, des Licbtes 236, 
des Gedeihens 237. 



441 



2. Der ethische. Tanzer 237, 
Jager und Krieger, Musiker 
238, ErfinderdesWebens239, 
Prophet, BefreiervonPest239. 
Tod des Pan 240. 
Ildv ayJ.ae'd-siQos 235. 
238. 
-235. 

Alytnav 235. 
. atymodris 235. 

axrioe 236. 

234. 
234. 
235. 
238. 
235. 

236. 

Fichte ihm lieilig 237. 

238. 
238. 
(piJ.oazo7iel.os 235. 

235. 
. 239. 
235. 

#fou 236. 
237. 
235. 
239. 

237. 
237. 
237. 

235. 238. 
235. 
235. 
235. 

238. 

237. 
238. 

239. 

Panakeia 361. 
Panatlienaen 334. 341. 365. 377 f. 
Pandeia 286. 
Pandion 334. 352. 
Pandrosos 334. 338. 350. 
Haves 239, 
Ttavtxog q>6pos 239. 
Panswidder 402. 
Pantheismusj primitiver 35. 52 f. 
Parsismus 53. 55. 64. 
223. 224. 

325= 
Pegasos 326. 
Ili-i&a 236. 300. 

Pelasgische Form d. griech. My- 
thologie 123. 



Pelasgischer Zeus 175. 

Pelasgos 181. 

Pelopia 243. 

7teh(6()i<x 205. 

Penelope 234. 

Peplos 346. 348. 374. 378. 

JTfQ(pe^es 266. 

IXegyaCa 304. 

Persephone 288, 386. 395. 

Perses 305. 

Persens 326. 

Phadrynten 375. 

Phaeton 249. 253. 

Pheraia 305. 

Phlegyas 280. 281. 

Phoibe 159. 

Phorkys 246. 325. 

Phoroneus 188, 387. 

Pietas 63. 

nleiKfes 309. 398. 

nivvrriQitt 344. 

Plusia 397. 

Pluton 59. 

noSaleiQLOS 285. 

IIoKvpvia 396. 

Polytheismus 53. 55 if. 

Pontos 157. 159. 399. 

Poseidon 23. 59. 150. 162. 314. 
317. 325. 329. 341. 352. 390. 
402. 

Praxiergiden 345. 

nQK^i^K 334. 

Priapos 246. 

IToouri^iK 380. 385. 

Prometheus 320. 333. 386. 

HQcarevs 60. 387. 395. 

IlQca-uo 387. 

Psamathe 272. 

Ilvavtyia 270. 

Padicitia 63. 

Pyrene 243. 

Pyrolatrie 97. 

Pythia 179. 

Pythische Spiele 263. 

Pytho 256. 260. 273. 



R. 



225. 



Regen 156, = Samen d. Hephae- 

stos 333. 

Religion, Elemente der 21 if. 
Religionsformen, heidnische 56 ff. 
Rhadamanthys 195. 382. 
Rhea 159. 162- 165. 167. 169. 180. 

242. 388. 



443 



Rhytia 386. 
386. 



s. 

Sabaismus 55. 79. 

Sage 102. 

Saturn 137. s. auch Kronos. 

Satyrn 188. 239. 396. 

Schadel (des Ymir) = Himmel 318. 

Schamanenthurn 53. 55. 71. 

Schangti (Tian) 78. 

Schiff (Wolke) 155. 357. 

Schild (Wolke) 155. 189. 191. 

Schlange, symbolisch 156. 225. 

285. (334.) 339. 341. 389. 
Seilene 396. 

240. 
310. 

62. 285. 403. 
286. 
^286. 

VVXTOS d(p&a).[i6s 286. 

TiQoqiQatv 286. 
0^.r}v6pij]TOi 297. 
ZeUot CEAAoO 177. 
Sichel des Kronos 163. 171. 
Sirenen 60. 398. 

273. 
225. 

351. 
331. 

331. 

Sonne, Anschauungen der 248. 
Sonnengotter 248. 
Sonnenschiff s. Helios. 
Spes 63. 
Steindienst 85. 
Sterngotter 309. 

162. 
to 325. 

Subjekt der Religion 21. 52. 
Symbol 104. 

T. 

Taggotter 310. 
Talos 382. 
Tantalos 111. 
Taftaros 157. 172. 305. 
Taube 85. 176. 190. 
Telchinen 191. 388. 
Telesphoros 284. 
TsQijjixoQr] 396. 
Tethys (T^vs) I59f. 



@Aft 386. 387. 396. 
Thargelien 267. 270. 
Thau 286. 338. 349. 
Thauloniden 205. 
Thaumas 399. 

Theia (@^) 159. 250. 286. 
Tlieismus 57. 
&eiaoa 180. 

ityovGa 260. 
391. 

Themis 63. 159f. 313. 
Themisto 219. 
ol Zno-tyioi 364. 
&eol VTZKTOI, d-ahdaaioi, 

151 f. 

Theophane 402. 
Theophania 269. 
Theophilus 411. 
0o&viK 271. 

&r]0svs 280. Schiff des 270. 
Thetis 383. 384. 
Thierdienst 87. 
Tian (Schangti) 78. 
Til(povcta s. T&fpovGOK. 
Titanen 159. 246. 249. 
Titanomachie 162. 165. 171. 
TnrivtSia 301. 
Tityos 261. 

Tod, ethische Macht des 40. 
Todtenkult 41. 

315. 317. 

163. 316. 395. 
TQO(f(6vta 206. 
TQoywvios 167 206. 
Thyia 401. 
Thyphaon 386. 401. 
Thyphoeus 386. 
Tyrsenos 369. 

U. 

Upingen 289. 
Upis 288. s. *&7iis. 
Uranolatrie 53. 55. 78. 
Uranos 156. 165. 234. 249. 313. 

317. 
Urreligion 35. 49 f. 

V. 

Valkyrien 333. 368. 

Variationen der My then 117. 

Venus 151. 

Vesta 151. 

Vulcanus 151. 381. 383. 395. 



443 



w. 

Wagen des Apollon 268. 

des Ares 155. 243. 

der Athene 358. 

des Helios 251. 

. des Jehova 243. 358. 
Wassergottheit 59. 
Widder der Athene 402 ff. 

des Phrixos 219. 
Widderfell 210. 
Widderkopfe am Helm d. Athene 

327. 404. 
Widder, Symbol der Wolke 155. 

223. 405. 
Windgotter 400. 

Wolf, Symbol des Lichts 156. 182. 
Wolken, Vorstellungen aus der 

Anschauung der 155. 188. 318. 

356. s. Athene, Hephaestos und 

Wolkendamonen. 
Wolkendamonen 188. 386 if. 
Wolkengotter 311. 
Wolkenheroen 376. 



Ymir 318. 



Z. 



Zeitalter, das goldene 166. 
Zerduscht (Zoroaster) 67. 
Zsvs 59. 150. 172. 221. 234. 242. 
247. 256. 286. 288. 305. 313. 
382. 386. 387. 390. 397. 
der pelasgische 175, der 
arkadische 180, der kre- 
tische 186, der hellenische 
196. 

1. Der natiirliche. Ben- 
der Wolken 196, des Lich- 
tes und derWarme 202, des 
Gedeihens 204. 

2. Der ethische. Erhaben 

und ewig 207, treu, allge- 
genwartig, machtig 208; 
ziirnend und strafend 209; 
gerecht 210 ; milde und 
barmherzig 211; Krieger 
und Fiirst 212; Tanzer, 
weise213; Schiitzerund Er- 
halter 214; Segenspender 
217. 



Zsvs afflGiog 198. 

- K(ftXTO)Q 212. 

dyctut/Livcov 209. 

dycovios 213. 

dyoQKios 217. 

dlyio X os 191. 198. 313. 

alyoydyos 193. 198. 

AlvriGios ?jios 202. 

cclcavog xgtcov anavarov 208. 

VKI(OV 196. 

196. 
203. 237. 

Ahvcdos 202. 

KXTUIOS 298. 203. 

212. 
209. 

215. 
215. 

215. 
210. 

KLKplXTlCaV 217. 

ava, KVTO%IQ aval- 209. 

av&eios 207. 

- KOQKTQIOS 215. 

- KTtKTOVQIOS 215. 

anripios 217. 

XneadvTios 202. 

KTlO/J-VtOS 204. 

dnoTQoTiaios 215. s. Ergan- 
zungen. 

KQttlQS 212. 

212. 242. 

209. 

199. 

199. 

ios 199. 
202. 

K&KVKZOS 207. 

202. 

313. 

199. 

167. 206. 
217. 
199. 
212- 
197. 
199. 

ovQavidyaiv 211. 
211. 



( 
SCOTCDQ IKWV 205. 

nriftoviris 217. 
177. 
216. 
(ice $(>Q-iuv) 213. 



444 



as a(p&iTct fiydftt 214. 

is 185. 219. 
212. 
203. 

214. 
Utsvs 20 i. 

212. 
214. 
177. 
202. 

197. 
205. 

206. 
imxofvtos 217. 

212.~ 

216. 
? 214. 
204. 
s 205. 
los 205. 
217. 

199. 

209. 
os 201. 

204. 

204. 



197. 

(pavctios 203. 

Kios 177. 
216. 

215. 361. 
214. 

205. 

215. 219. 
299. 
215. 

198. 392. 
215. 
215. 
205. 
212. 
216. 
209. 
of 198. 

OXLOS 216. 

215. 

211. 

212. 

212. 

212. 

217. 

217. 

216. 
215. 



215. 

ofiolwios 206. 

216. 

213. 
216. 
208. 

OQXCOV TKfitas 208. 

*5<fTto<r 198. 

- UTTKTOff 207. 

- V7lQfJ.Vt]S 209. 

- V7lQTttTO$ 207. 

frrjS 199. 
v 209. 
s 197. 
207. 
209. 

axonos 213. 
off 202. 
197. 
202. 
216, 
off 202. 
202. 

xccaios 216. 

199. 
201. 

209. 
s 197. 
199. 
199. 

218. 

202. 



XQVIQS 204. 

iog 202. 

217. 

199. 
165. 

KQOvicav 165. 

217. 354. 
209. 
204. 

).a<pvanos 185. 219. 

^duxdalfj,(av 199. 

Aei/xatof 203. 

ivxnlos 181. 203. 

fj,aifj.dxTr]S 201. 407. 

214. 
209. 
209. 

201. 210. 212. 
207. 

212. 
207. 

214. 



445 



204. 211. 

- [JLOQIOS 206. 

pvtevs 206. 

v&ios 176. 198. 

197. 



211. 
211. 

213. 
207. 
216. 
202. 
217. 

202. 
198. 
196. 



OVQIOS 198, 
217. 
7j? 213. 
uos 210. 
209. 
209. 
197. 
209. 
log 213. 

&etav 209. 
o navtf oqiov 213. 
jtavTonrrjs 204. 
jtaii}Q o naVTOTiras 213. 

6 TUV anavrfov 218. 
215. 277. 
212. 

205. 

208. 
217. 

218. 

5ff 205. 216. 
216. 



213. 
212. 
<mijT?7S 199. 

Regenzeus, Darstellnng des 
199. 

Gacavrjs 214. 
214. 
197. 
212. 

185. 214. 219. 

a&svios 209. 

(TTO^atffiiJs 217. 

GTQKTIOS 212. 

ctvyy&eios 215. 
Gvxadios 206. 

214. 364. 
214. 
205. 

-i<5v psMoVTav 213.. 
os 198. 
205. 215. 
216. 

199. 

210. 
llOS 203. 

206. 

212. 

212- 

216. 
215. 

210. 

215. 

Zenxippe 352. 
Ziege, Bild der Wolke 191. 
ZiegenfeU symbolisch 327. 
Zoolatrie 53. 55. 87. 
Zwolfgotter 150. 



Berichtigungen. 

S. 7. not. 6 1. A. Zambelli Da quali cause. S. 11, Text, Z. 10 
v. u. 1. ihrer Uebersclrwemmung. S. 16. Z. 2. v. u. I. Horn. n. Hesiod. 
S.50, not. 36 1. Jablonski Pantheon Aegypt.Prolegg. VII sqq. S. 87. not. 81 

1. ra fya ft ifyoifti, S. 90, not. 90 1. Letronne Sur 1'origine grecque 

des Zodiacqnes pretendus egyptiens, und Analyse critique des repre- 
sentations. S. 135, not. 135 1. seinen Jupiter. S. 173, not. 94 1. Plato 
Cratyl. p. 396. S. 176, Z. 6 v. o. 1. Zev$ NKIOS, und Z, 7 I. Ndia. 
S. 185, not. 158 1. sUaTitvccaT^s. S. 198, Text, Z. 3 y. u. 1. Felxavog. 
S. 202, Text, Z. 4 v. o. I. 'Olvpnios, u. Z. 5. Ohcuoq. S. 204, not. 
316 1. 4iog dctiv. S. 213, Text, 1. vor Z. 4 v. o. b) Z. 9 v. o. 
1. 6 navtf oQiav. S. 214, T. 1. vor Z. 6 v. o. c) S. 222 ist vor 
den Worten : ,,Hermes ist zwar nicht ausdriicklich als Himmelsgott 
geriannt" die Ueberschrift zu erganzen: 1. Der natiirliche Her- 
mes. S. 225, Z. 5 v. o. 1. 'PcipSos. S. 255 lautet not. 790 (nach 
Streichung der Worte: Plato Cratyl.): Bockh C. J. I. no. 1766. Vgl. 

0. Miiller Dor. I, 203. S. 274, Z. 2 v. o. 1. ^owfyoff. S. 276, 
Z. 11 v. o. 1. IlQonvl.aios. S. 286, not. 1041 1. O^K^O?. S. 287, 
not. 1050 (und wo es sonst noch vorkommt) 1. Meineke. S. 288, 
T. Z. 3 v. u. 1. ./ftjT^aff. S 289, T. Z. 2 v. o. 1. KpaQW&ta Qvaia. 
S. 302, T. Z. 8 T. u. 1. f'SQKfa. S. 304, T. Z. 9 v. o. 1. con- 
siderations, und Z. 10 decouvert. S. 316, not. 1289, Z. 1 v. o. 

1. Kuhn Z. f. Sprw. S. 327, not. 1295 1. (paUog. S. 320, not. 1313 
1. TiapqxxvoowTct. S. 342, not. Z. 10 v. u. 1. CTTTJ . S. 368, not. Z. 9 
v. o. 1. d)07iQ. S. 396, Z. 3 v. o. 1. 4. Motion i. 



Erganzungen. 

S. 80, not. 69. Wellsted Travels etc. I, p. 53 der Uebersetzung 

von Rodiger. 

S. 88, not. 85. Plut. de Is. et Osir. p. 379 D. 
S. 90, not. 94. Plut. Is. et Osir. p. 363 D. 
S. 91, not. 95. Athanas. c. gent. p. 26, C. Paris 1627. 

Plut. Is. et Osir. 353 A; ovSev yuQ ovrco rifti] 

AlyvnTiois (os o ^VftAos 1 . 
Jul. Firm. Maternus tie errore profanarum religio- 

num cp. II, p. 3 Miinter. 

S. 215 ist oben vor (pv&os einzuschieben: anOTQOTiatos (Meursii 
Comment, in Lycophr. Cass. 288). 



UNIVERSITY OF CHICAGO 



44 755 813 



-C 




44 755 813