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Class
University of Chicago Library
BERLIN COLLECTION
GIVEN BY
MARTIN A. RYERSON
H. H. KOHLSAAT BYRON L. SMITH
CHAS. L. HUTCHINSON C. R. CRANE
H. A. RUST CYRUS H. McCoRMiCK
A. A. SPRAGUE C. J. SINGER
System der griecMseheo Mythologie
von
Julius Franz Lauer.
\\
Prolegomena und die griechischen Himmelsgotter.
Nebst Anlagen.
Berlin, 1853.
Druck und Verlag von Georg Reimer.
Litterarischer Naehlass
von
Julius Franz Laner.
Zweiter Band. Zur Mythologie.
Herausgegeben
von
Hermann Wichmann.
Berlin, 1853.
Druck und Verlag vop Georg Reimer.
-WU V
In dem Vorwort zu dem ersten Bande dieses littera-
rischen Nachlasses haben die Herren The odor Bee-
card und Martin Hertz iiber Leben und Bildungs-
gang Lauers Mittheilungen gegeben , die es mit
Riicksicht auf diejenigen Leser, denen der erste Band
nicht bekannt ist, angemessen erscheint hier unter
Einfiigung einiger Erganzungen kurz zu wiederholen.
Im Jahre 4819 zu Anklam geboren kam Lauer,
nachdem er seine erste Bildung auf dem damaligen
Progymnasium seiner Vaterstadt erhalten, im Jahre 1 834
auf das Gymnasium zu Neu-Ruppin. Nicht leicht sich
Anderen anschliefsend lebte er schon damals in einer
eigenen geistigen Welt. Heimathsliebe war fiir sie das
belebende Element; zu der tiefen Innigkeit, mit der
Lauer an dem elterlichen Hause hing, gesellte sich
die wachsende Freude an den Sagen und der Ge-
schichte Pommerns, und iiber die heimische See hin-
ober, die mit ihren Wogen und Wassergeistern vor
ihm lebte, fesselte seinen Blick die grofsarlige Mythenwelt
VI
des fiir ihn seelenverwandlen Nordens. Mehrere Jahre
vorzugsweise in diesen durch sein Gemiithsleben be-
herrschten Kreisen verweilend und mil Liebe sich in
ihnen ansiedelnd gewann Lauer in der letzten Zeit
seines Aufenthalts auf dem Gymnasium eine neue Rich-
tung, die mit der Entwickelung seines Characters im
engsten Zusammenhange stand. Eine Zeit lang aus
seiner Zuriickgezogenheit herausgetreten wurde er
bald des Gegensatzes inne, der zwischen der Un-
ruhe seines geistigen Lebens und der friiheren
Stille desselben bestand; und erschreckt durch
diese Wahrnehmung arbeitete er mit Beharrlichkeit
daran sich innerlich zu concentriren. Es geschah
t_*
dies, indem er die jenem Streben entsprechende An-
sicht ausfiihrlich zu begriinden suchte, dafs in der
Odyssee der Kampf des nach sittlicher Reinheit und
fester Beherrschung seines Inhalts ringenden Geistes
gegen die mit zauberischem Reiz ihn verlockende und
verwirrende Macht des Naturlebens dargestellt sei; und
wie er einmal mit bewegter Stimme die Sehnsucht
des Odysseus den Rauch von dem Dache seines Hauses
aufsteigen zu sehen auf das dem Geiste innewohnende
Verlangen bezog in einer uber die Wirren der Aufsen-
welt erhobenen inneren Welt als in seiner Heimath zu
leben, so fand er fiir sich diese Heimath durch die
strenge Verfolgung jenes Grundgedankens , die ihm
ebensowohl eine fesle Stellung zu dem Leben gab,
als sie ihn mehr und mehr sich in die Fragen
\
uber Inhalt und Entstehung der Homerischen Gesange
VII
vertiefen und zu dem Entschlufs gelangen liefs die
Erforschung dieser Fragen zu eiuer Aufgabe seines
Lebens zu machen. Erst hiermit entschied er sich fur
das Stadium der Philologie.
So in den Hauptrichtungen seines Lebens bestimmt
bezog Lauer zu Michaelis 1838 die Universitat Berlin,
die er fur das Jahr 1840 41 mit Leipzig vertauschte
urn dann nach Berlin zuriickzukehrea. Dafs er das
sittliche Prinzip seines Lebens, den Kampf gegen die
Natur, auch in dem Widerstande gegen einen stets
krankelnden Korper zu bethatigen hatte^ konnte ihn
zwar auf Zeiten hemmen, erhohte aber nur den Ernst
seines Strebens nach wissenschaftlicher Ausbildung.
Seine Beschaftigung mit Homer, an die sich mehr
und mehr die Erforschung der griechischen Sage
schlofs, bildete den Mittelpunkt seiner Studien; neben
den ubrigen Disciplines der Alterthumswissenschaft
waren es deutsche Sage und Geschichte, alt- und mittel-
hochdeutsche Sprache und Poesie, denen er ein leb-
haftes und innerliches Interesse zuvvandte ; und neu
angeregt durch die ethische Richtung und die reiche
Phantasie seines Lehrers und Freundes Stuhr zog er
mit andauernder, spaterhin wachsender Liebe die My-
thologie in den Kreis seiner Beschaftigungen. So sehr
aber Lauer bestrebt war den Umfang seines Wissens
zu erweitern, ein noch grofseres Gewicht legte er
darauf demselben Klarheit und Zusammenhang zu ge-
beu ; und dies Bestreben, das ihn bei all 1 seinen Studien
leitele, obwohl und weil mit denselben sein reiches
VIII
Gemiithsleben auf das Eogste verflochten war, gab
sich wahrend der ersten Jahre seiner akademischen
Studienzeit auch in der besondern Weise kund, wie
er die mil Freunden gepflogenen Unterhaltungen ver-
werthete. Hatte namlich der Verlauf eines Gespraches
in ihm einen fesselnden Eindruck zuriickgelassen
und es war dies nichts Aufsergewohnliches, da ernicht
blofs in hohem Grade anregend war, sondern auch
mit seltener Hingabe an die Sache den ihm entgegen
kommenden Anregungen za folgen und in der leben-
digen Verkniipfung der eigenen und fremden Gedanken
einen gemeiusam durchlebten und durchdachten Inhalt
zu Tage zu fordern wufste , so begniigte er sich
nicht damit am Schlufs des Gespraches auf den Gang
desselben zuriickzublicken um sich der Einheit dessel-
ben bewufst zu werden; vielmehr unterliefs er nur
selten die Unterhaltung nach ihrem ganzen Verlaufe
in ein vorzugsweise fur diesen Zweck bestimmtes
Tagebuch einzutragen. Theils Freude an dem neu
gewonnenen Inhalt, der noch einmal durchlebt und
festgehalten sein wollte, theils und mehr noch das
Interesse daran das Gesprach in seinen Uebergangen
zu tiberschauen, die Faden desselben blofs zu legen
und zusammenzufassen, veranlafsten ihn zu diesen
bei seinem treuen Gedachtnifs schnell absolvirten
Uebungen.
Aber jenes auch spaterhin bei reicherer Entwicke-
lung mit Beharrlichkeit verfolgte nnd stets festgehaltene
Streben Lauers seinen Geist zu klaren uud den Inhalt
IX
desselben sich zu anschaulichem in sich zusammenhan-
gendem Bewufstsein zu bringen war bei ihm sehr weit
entfernt der innerlichen Erfassung der Objects Abbruch
zu thun; vielmehr hatte es den Zweck ihn desto
leichter die Adern auffinden zu lassen, die zu dem
Lebenspunkt der Dinge fiihrten, und dem Leben, das
sie in ihm gewannen, eine klar ausgepragte durchihre
eigenen Gesetze bestimmte Gestalt zu geben. Denn
mehr und mehr produzirend wurde das Wachsthum
Lauers; und wie sehr er, fern von jeder aufserlich
reflectirenden Leitung dieses Wachsthums, den inneren
Gesetzen desselben nachlebte, das offenbarte sich auch
darin, dafs er niemals ausschliefslich einen Zweig sei-
ner produzirenden Thatigkeit pflegte, bis er Friichte
von ihm gewinnen konnte; sondern wenn in weiterer
Entfaltung neue Sprosse hervorkamen, so mufste er
diesen erst so weit seine Aufmerksamkeit widmen,
dafs sie Kraft genug gewannen um spaterer Pflege
barren zu konnen. Wie aber bei diesem stillen von
sinniger Hand geforderten Wachsen die innere Welt,
auf welche der Achtzehnjahrige wie auf seine Hei-
math geblickt hatte, sich auch mit reichem Leben
fiillte, wird die folgende Angabe der Plane darthun,
deren Ausfuhrung er im Verlauf seiner Entwickelung
theils begann, theils durch Ansammlung umfangreichen
Materials vorbereitete.
Im Jahre 1843 verofifentlichte Lauer eine Ab-
handlung, mit der er in ehrenvoller Auszeichnung die
philosophische Doctorvvurde der hiesigen Universitat
erworben hatte, betitelt: ,,Qaaestiones Homericae.
Quaestio prima: de undecimi Odysseae libri forma
germana et patria." Ihr Zweck war nachzaweisen, dafs
die NexvLa urspriinglich ein fvir sich bestehendes
Lied gewesen und in Boiotien entstanden sei. Diese
Schrift gab ihrem Verfasser mit der Anerkennung, die
sie ihm von Seiten hervorragender Vertreler der
Philologie eintrug, eine fb'rdernde Ermunterung auf der
von ihm betretenen Bahn forlzuschreiten. Noch in
demselben Jahre erschienen in den Jahrbiichern fiir
wissenschaftliche Kritik (II. November No. 88 fg. und
December No. \ 13 fg.) zwei Recensionen, liber die
Schrift von Zell die Iliade und das Nibelungenlied und
den I. Band von Hoffmanns Quaestiones Homericae;
aber es trat auch mehr und mehr neben den Home-
rischen Studien die Mythologie hervor, wie die in
derselben Zeitschrift (1 844, II. November No. 93 95
und 1845 II. November No. 8183) enthalteuen Beur-
theilungen von Sommers Abhandlung de Theophili
cum diabolo foedere (diesem Bande als Anlage beige-
fiigt) und Eckermanns Lehrbuch der Religionsge-
schichte und Mythologie darthun. Zugleich fielin diese
Zeit der Vorbereitung auf die Habilitation ueben anderen
Planen, die sich herausarbeiteten, entsprechend dem
eigenen Bildungsgange Lauers und in weiterer Ver-
folgung des in demselben begrlindeten Strebens die
Geschichte des inneren Lebens der Volker und na-
mentlich der Griechen zu erfassen, die andauernde mil
\
der Saimnluns; vielen Materials fiir diesen Zweck ver-
XI
bundene Beschaftigung mit einer Ethik der Griechen.
Im April 1846 habilitirte Lauer sich an der hiesigen
Universitat mit einer Abhandiung ,,Untersuchungen iiber
die Bedeutung der Odysseussage", an die sich eine
vor der Fakultat gehaltene Vorlesung ,,uber die angeb-
lichen Spuren einer Kenntnifs von deni nordlichen Europa
im Homer" und eine Antrittsvorlesung ,,iiber die Bedeu-
tung des mythologischen Studiums mit besonderm Bezug
auf die wissenschaftlichen Forderungen der Gegenwart"
reihten. Seine Vortrage bezogen sich auf die epische
Poesie der Griechen mit vorzugsweiser Beriicksichti-
gung der Homerischen Gesange und auf griechische
Mythologie ; eine Vorlesung uber die dramatische Poesie
der Griechen war angektindigt, konnte aber nicht ge-
halten werden, weil Lauer damals durch seinenKb'r-
perzustand genothigt war Berlin zu verlassen. Vortrage
iiber die griechischen Privatalterthiimer sollten zunachst
sich anschliefsen. QDervon Lauers Str eb en nach einer
auf wissenschaftlichen Prinzipien beruhenden Darstel-
lung zeugende Plan zu diesen Vortragen 1st in der
untenstehenden Note mitgetheilt *).) Daneben aber
J )Erstes Buch. D. i e Wohnliclikeitder grie-
chischenFamilie.*)
Abschnittl. Das Land, a) Gestalt i
b) Frachtbarkeitl s P, ecie Athen und
: t Sparta.
c) Klima J
*) Die Wohnung ist bei Grundung der Familie das erste (oJxov
[tfv nQcoTiffra yvvKixKTe Hes. O. D. 405.), die Bedingung und Vorans-
setzung derselben. Daher fragt bei Theocr. Id. 27, 35 die Jungfrau
ihren Daphnis: rev^tis poi &aA.K(j.cog, Ttv%is xal dtofta xal uA?;
worauf er antwortet: TSV%CO 001 ^aAa^wff. Datum heifst der &ala[*os
in desselben Theocrit. Brautlied auf Helena (Id. XVIII, 3) vsoyQan-
TOS; vergl. des Protesilaos do/uos ftpiTslris B, 701; Menelaos macht
des Euphorbos Frau zur Wittwe |Uu^o"3 ^KA,uoto veoio P, 36.
XII
beabsichtigte er die Hauptresultate seiner Homerischen
Studien in einer umfassenden bis auf die Gegenwart
gefiihrten Geschichte der Homerischen Poesie zusam-
menzufassen , von der die ersten zwolf Bogen noch
bei seinen Lebzeiten gedruckt warden; ihr sollte eine
Sammlung auf Homer beziiglicher Aufsatze folgen, von
denen Einiges in den ersten Band seines Nachlasses
aufgeiLommen 1st.
Abschnitt 2. Die Stadte. Im Allgemeinen: Grofse. Burg und
Unterstadt. a) Platze [. Baustellen, p. Markte]. b) Mauern.
c)Strafsen. [. Pflaster, /S. Rinnsteine]. d)Gebaude [a.heilige,
/S. offenttiche (Rathhaus. Zeughaus. Leschen. Hallen. Borse.
Theater. Odeen. Gymnasien. Statuen. Bader. Gasthauser.)
y. private], e) Garten, f) Grabstatten. g) Acker. L)Wege.
i) Wasserbauten.
Abschnitt 3. Dorfer.
Abscbnitt4. Hausgerathe.
Zweites Buch. Die Grundung der griechi-
schen Familie. [Neben der Ueberschrift dieses Buches fan-
den sicli am Rande die Notizen: Fr. Osann de caelibum ap. vett.
conditione Comm. I. Giess. 1827. vgl. O. Miiller Dor. II, 280.]
Abschnitt 1. Die Liebe. Kap. I. Der Aasdruck. Kap. II. Die
Erforschung. Kap. III. Die Erweckung [A. Tranke, B. Zau-
bereij. Kap. IV. Die Beschwichtigung [A. Mittel, B. Zau-
berei].
Abschnitt 2. Die Verlobung. Kap. I. Personen. Kap. II. Ge-
brauche.
Abschnitt 3. DieHochzeit. Kap. I. Vor derHochzeit [Opfer.]
Kap. II. Der Hochzeitstag [A. Zeit desselben. (a. in Bezug
auf das Alter der Brautlente, b. in Bezug auf die Jahres-
zeit.) B. Feier desselben (a. das Lied, b. Abholung der
Braut, c. das Hochzeitsmahl, d. dasBrautgemach.)] Kap. III.
Nach der Hochzeit. [A. Der erste Tag. B. Der zweite Tag.
C. Der dritte Tag.]
Drittes Buch. Das Leben der griechischen
Familie.
Abschnitt 1. Die Erhaltung des Lebens. Kap. I. Nahrung.
[A. Erwerb der N. (a, unmittelbar (1. Ackerbau. 2. Gar-
XIII
Nach Vollendung dieser Homer betreffenden Werke
wollte Lauer sich ganz der Erforschung der griechi-
schen Mythologie hingeben , die in seinem geistigen
Leben nach und nach den Vorrang vor Homer erworben
hatte und von der er noch einige Monate vor seinem Tode
aufserte, dafs die Beschaftigung mit ihr seiner Geistes-
anlage doch mehr zusage, als diejenige mit Homer.
Die Mythologie zu einer "Wissenschaft zu erheben war
sein Ziel ; und wie sehr er in dem Streben nach Er-
reichung desselben der inneren Nothigung nachgab,
tenbau. 3. Jagd. 4. Fischerei.) b, mittelbar (Handel 1. zu
Lande, 2. zu Wasser.)) B. Bereitung der N. (a, Gerath.
b, Personen. c, Art und Weise). C. Genufs der N. (a, ge-
wiihnliche Mahlzeiten (1. wann? 2. wie?) b, Feten. (l.Ge-
burtstage. 2. Todtenfeier. 3. Abreise oder Riickkehr eines
Freundes.) c, Fest- und Opferschmause. d, Picknicks.
.(1. Ssinvov ana Gvpfioloiv. 2. egavos oder Selnvov anb
anvQtSos.') e) 6fi ? entliche Mahlzeiten (1. des Staats, 2. der
Phratrie, 3. der Phyle).) D. Entfernung der N.] Kap. H.
Kleidung [A. Stoffe. (a. Felle, b. Wolle, c. Leinwand,
d. Baumwolle, e. Seide.) B. Form, (a* Kopf, b. Hals,
c. Brust, d. Leib, e. Brust und Leib, f. Beine, g. Fufse,
h. Arme, i. Hande.) C. Verfertignng. (a. Gerath, b. Per-
sonen.)]
Abschnitt 2. Der Inhalt des Lebens. Kap. I. Kinderleben.
[A. Gebnrt. B. Erziehung.] Kap. II. Jugendleben. [A. Kna-
ben. B. Madchen.] Kap. III. A. Mannerleben. B. Frauen-
leben. Kap. IV. Greisenleben.
Vie.rtes Buch. DieAuflosung der griechi-
schen Familie.
Abschnitt 1. Die freiwillige Auflosung. 1. Wegen Unver-
traglichkeit. 2. Kinderlosigkeit. 3. Ehebruch. 4. Verwei-
gerung der ehelichen Pflicht.
Abschnitt %. Die unfreiwillige Auflosung. Kap. I. Die
politische. [A. Wegen zu naher Verwandschaft. B. Wegen
unterlassener Verlobung.] Kap. II. Die naturliche. [A. Krank-
heit. B. Tod. C. Begrabnifs.]
XIV
welche die Sachen auf ihn iibten, das erhellte aus
seinem steten und ernsten Bemiihen das System, wel-
ches er sich allmahlig herausbildete , nicht aufserlich
festzustellen , sondern durch fortgesetztes Aufsuchen
der sich aus der Mythologie selbst ergebenden Prin-
cipien immer sachgemafser zu gestalten. Man wolle
dies festhalten bei der Beurtheilung der Form,
welche das in diesem Bande zu einem Theil ge-
gebene System hat; sie bildet mir einen Ab-
schnitt in dem Werden jenes Systems, keinen voll-
standigen Abschlufs desselben in Bezug auf diesen
Theil. Auch war es Lauers Absicht auf diesem Ge-
biete nur allmahlig mit Verofleutlichungen vorzugehen;
zunachst, und zwar etwa um die jetzige Zeit, sollte
,,Pallas Athene. Eine mythologische Untersuchung" er-
scheinen, dann nach einem Zwischenraum, in welchen
er eine Abhaodlung ,,Ansichten iiber einige Punkte aus
der Urgeschichte der Menschheit" fiigen wollte (auch
sammelte Lauer fiir eine in spaterer Zeit zu haltende
Voiiesung iiber die Urgeschichte Europas) ,,ein System
der griechischen Mythologie"; und diesem beabsichtigte
er nach Voraufsendung der oben erwahnten griechi-
schen Ethik ein den ,,Untergang des Heidenthums und
das Fortleben desselben im Ghristenthum" betreffendes
Werk folgen zu lassen. (Andeutungen iiber seine Auf-
fassung des zuletzt genaunten Gegenstandes entlialt
die in der Anlage befindliche Recension vonSommers
Schrift). Den Schlufs seiner Plane bildete eine ,,Phy-
\
siologie der Sage." Aber aus der stillen und emsigen
XV
Arbeit an der Vollendung und Herausbildung dieser
grofsen Entwiirfe wurde der eben erst Dreifsigjahrige
durch den Tod hinweggenommen. Nur wenige Monate
mit einer Gattin verbunden, an welche ihn seit lange
eine Neigung gefesselt, die einen verklarenden Schim-
mer iiber die Bllithenwelt seines Geistes breitete, erlag
er im Marz 1850 in seiner Heimath einem unheilbaren
Herzleiden.
Der erste im Jahre 1851 erschienene Band von
seinem litterarischen Nachlafs enthalt aufser dem noch
unter seiner eigenen Leitung Gedruckten als theilweise
Fortsetzung der Geschichte der homerischen Poesie
Abschnitte aus der oben erwahnten Habilitationsschrift
und einem Aufsatze ,,Homer und die Kreophylier" nebst
vier Aufsatzen unter dem Titel ,,Homerisehe Studien."
Das Ganze in dem von den Herausgebern Angefugten
nur auch aufserlich zum Abschlufs Gediehenes enthal-
tend hat in der Zeitschrift fur die Oesterreichischen
Gymnasien 1851. S. 861 867 von dem Hrn. Prof.
G. Curtius, in der Berlinischen Zeitschrift fur das Gym-
nasialwesen 1 852. S. 475478 von dem Hrn. Dir. Gott-
s chick und in dem Litterar. Centralblatt fur Deutsch-
land No. 38, S. 630 f. eine anerkennende Beurtheilung
gefunden. Diesem zweitenBande verhiefs Stuhr unter
Aeufserungen reicher Liebe zu dem verblichenen Freunde
einleitende Worte voraufzusenden, wobei er den Wunsch
aufserte, dafs nichts von demjenigen, was in Lauers
Papieren gegen ihn gesagt sei, unterdruckt oder ge-
mildert werden mochte. Mit Lebhafligkeit erwahnte er
XVI
Lauers nach seinem Urtheil treffender Vergleichung
der Athene und der Valkyrien ; er wollte hieriiber in
der Vorrede sich auslassen neben genauerem Einge-
hen auf die geschichtliche Verbindung des scandina-
vischen Nordens mit dem griechischen Reiche und mil
Beibringung von Beweisen fiir ein friiheres Bestehen
dieser Verbindung, als bisher angenommen worden.
Aber wie Lachmann, der die Vorrede zu dem ersten
Bande zu schreiben unternommen hatte, folgte auch
Stuhr nach Jahresfrist dem voraufgegangenen Freunde.
Mochte die litterarische Hinterlassenschaft des edlen und
reichbegabten Mannes bald veroffeutlicht werden, so
weit sie schon jetzt veroffentlicht werden kann.
Das fur diesen zweiten Band von Lauers litte--
rarischem Nachlafs benutzte Material bestand aus einem
zu Vorlesungen wahrend des Winterhalbjahres 1 847/8
geschriebenen Hefte Lauers, an welches sich
reichhaltige Collectaneen lehnten, aus einer besonderen
im Auszuge und mit theilweisen Aenderungen in dies
Heft aufgenommenen Abhandlung iiber Athene und zwei
wahrend der Vorlesung im Winterhalbjahr 1849/50
nachgeschriebenen zum Theil mit Unterbrechungen bis
ziemlich zum Schlufs der Athene, d.h. zum Schlufs der Vor-
lesung reichenden Heften, fur deren bereitwillige Mitthei-
lung den Hrn. Holm ausLiibeck und Botson in Danzig
derHerausgeber nicht unterlassen konnle hier seinenDank
abzustatten, wenn nicht dieRiicksicht auf das freundschaft-
lich Verhaitnifs, in welcheni namentlich der Letztgenannte
zu Lauer stand, ihm dies untersagte. Aufser dem
XVII
bezeichneten Material waren schriftJiche Aufzeichnungen,
welche der Herausgeber wahrend miindlicher Mitthei-
lungen Lauers sich gemacht hatte, deshalb mit zube-
nutzen, well Lauer bei diesen Mittheilungen manche
in den nachgeschriebenen Heften nicht erwahnte Punkte
nach seinem Urtheil besser gefafst hatle, als in dem
Heft und der erwShnten grofsern Abhandlung. Ersteres
war in der Einleitung und den beiden ersten Kapitem
der Prolegomena fast durchgangig mit Sorgfalt ausgear-
beitet, dagegen von hier ab, namenllich aber in dem drit-
ten Hauptabschnitt (die griechische Gotterwelt I.) haupt-
sachlich andeutungsweise; dasselbe war, jedoch in
geringerem Grade, bei der Abhandlung iiber Athene
der Fall. Fur den Inhalt gaben, was die Deutungen
anlangt, die nachgeschriebenen Hefte oft wefthvolle
Erganzungen; auch boten selbst in dieser Beziehung
die Collectaneen Manches dar, was aber, well' sie alter
waren, nur dann benutzt wurde, wenn es mit dem
Uebrigen iibereinstimmte. In Betrefif der Form durfte
der Herausgeber, so sehr es sein Bestreben war auch
hierin das Eigehthumliche beizubehalten, sich die kurze
sprachliche Ausfuhrung von Gedanken, die haufig nur
durch ein oder ein Paar Worte angedeutet waren, oder
die Vornahme von Aenderungen nicht versagen. Dies
Letztere auch deswegen nicht, weil in dem erwahnten
Hauptabschnitte die Anordnung des Stoffes bei der
Darstellung der einzelnen Gottheiten einer durchgrei-
fenden Umgestaltung unterworfen werden mufste. Lauer
hatte namlich wahrend der letzten Vorlesung zum
XVIII
brauch seiner Zuhorer einen zum Theil erst nach seinera
Tode geclruckten, die frtihere Anordnung wesentlich
andernden ,,Gfundrifs zu Vorlesungen iiber ein System
der griechischen Mythologie" entworfen, unter Vorbe-
halt einer spa'teren Umarbeitnng des Heftes nach dem-
selben. Dieser Grundrifs reichte gedruckt bis zur
Athene einschliefslich I, b (Herrin der Gewasser) tind
konnte von da ab fur die Darstellung dieser Gottheit
aus einem Entwnrf mit Zuhiilfenahme des von Herrn
Dr. Bo ts on nachgeschriebenen Heftes erganzt werden.
Das Folgende blieb in der Anordnung ungeandert,
nur dafs die Korybanten, Telchinen u. s. w., welche
ursprunglich bei dem Kretischen Zeus im Anschlufs an
die Kureten behandelt waren, hierhergenommen wur-
den, weil an der betreffenden Stelle des Heftes an-
gedeutel war, dafs sie von dort ausgeschieden werden
sollten. Bei all' diesen durch die Verschmelzung
und Umordnung des Stoffes und die vorgefundene
Form der Bearbeitung desselben gebolenen Aenderun-
gen hat jedoch der Herausgeber es sich zur strengen
Pflicht gemacht, das Sachliche von denselben unbe-
riihrt zu lassen; weder Einschaltungen noch Ausfiih-
rungen wurden vorgenommen. Auch erschien es in
einzelnen Fallen geboten Widerspriiche, wie sie in
einem allmahlig entstandenen Hefte naturlich sind, un-
ausgeglichen zu lassen, wenn namlich eine Ausglei-
chung derselben nur uioglich war durch Entfernung
von Urtheilen, die an ihrer Stelle eine'Berechtigung
hatten. In dieser Beziehung moge, um ein Beispiel
XIX
hervorzuheben, auf den theilweisen Widerspruch bin-
gedeutet werden, der zwischen dein auf S. 75 wie
an andern Stellen und dem auf S. 84 liber den Cha-
racter der Erdkulte Gesagten stattfmdet. Wie schwer
tibrigens bei derartigen Zusamnienstellungen die ge-
wissenhafte Befolgung des Gesetzes 1st, dafs jede
auch die unbedeutendste Ausfuhrung unterbleibe,
erhellt von selbst; und es war daher dem Heraus-
geber lieb, dafs der von Interesse fur die Sache
erfiillte Neffe Lauers, Herr Cand. med. Stropp, sich
um deswillen der Aufgabe unterzog das Heft und die
Abhandlung iiber Athene in Verbindung init den redac-
tionellen Anordnungen abzuschreiben , weil dies die
Nothigung gab, die Griinde fiir alle nur irgendwie
bedeutungsvollen Anordnungen schriftlich zu ent-
wickeln.
Obgleich in dein Heft von den Erdgottheiten noch
in kurzen Skizzen Ge, Rhea, Dione und Aphrodite
(Eros) behandelt und die ausfiirlichere Darstellung der
Hera begonnen war, so erschien es doch angemes-
sener hiervon nichts mehr aufzunehmen. Die Reihen-
folge, in welcher die iibrigen Erdgottheiten dargestellt
werden sollten, giebt eiue Skizze in folgender Weise
an: c 'H$a (ElldSvia. "Hftrj (rarv^a, Ma. Taw-
[rfdris) Xdyis, Xdyirss. '2ycu. MolQcu (sie haben
grofse Verwandtschaft zu den weisen Frauen, Feen,
Nornen.)) A^j\xr\^ (Ilt-qai-yovri (Evyojnr].
e (KrQ. ^rrj). Nfyi-Gis. 'A^arsia.
Mrjns. Mv^uoavvq. Mala. EVQVI/O/LIT] u. A.
XX
Von Heroinen, die urspriinglich Erdgottheiten waren,
gehoren hierher, aufser Jo (s. Hera) Dia u. A. frtiher
zu erwahnenden : Danae, Niobe, Semele, Alkmene, Leda
und viele Andere , deren Betrachtung jedoch der He-
roologie mehr ansteht, als der Mylhologie, weil diese
Heroinen nur als solche, nicht raehr als Gottinnen,
Bedeutung haben. [Vergleiche iiber die Umwand-
lung von Mythen in Sageu Lauers Geschichte der
homer. Poesie p. 131 sqq.] IJKovrwv ' f c !Aidi]s ff,
Jiovvaog. Odvarog. XaQwv. Keq-
Die Inseln der Seligen. Der Glaube an die
Unsterblichkeit. Die Mysterien. Theologische Speku-
lation. Untergang und Fortleben des Heidenthums.
Die Skizze fur die in zweiter Stelle zu behandelnden
Wassergottheiten war nicht in gleichem Grade festge^
stellt; fiir diese wie fur die Erdgotter waren indefs
die Gollectaneen in derselben Vollstandigkeit vorhan-
den, wie fr die HimmelsgOfter.
Auch in diesem ersten Theil der griechischen
Gotterwelt liefsen mehrere Abschnilte sich nur in einer
Skizze geben. Zunachst im zweitenKapitel der Einleitung,
die Litteratur der griechischen Mythologie, iiber welche
sich zwar noch besondere aber nur Theile betrefifende
Ausarbeitungen vorfanden. Das hier Gegebene ist
wortlich dem Grundrifs entlehnt. Dasselbe ist der Fall
niit dem ersten Kapitel des besondern Theils der Pro-
legomena (S. 4 1 8), von welchem ebenfalls nur Bruch-
stiicke vorhanden waren. Die Unterabtheilung dieses
XXI
Kapitels ,,das Land der Griechen" veranlafst zu der
Erwahnung, dafs Lauer eine Geographic zur Mytho-
logie vermifste, in welcher der Character der Natur
von Seiten ihres Einflusses auf die Erzeugung heid-
nisch-religioser Vorstellungen genau dargelegt wiirde.
Zur Erweiterung dieser Andeutung diene das
von Lauer iiber den Character des Aegyptischen
Landes Zusammengestellte. Die Vortrage iiber die
Sonnen- und Mondgb'tter waren in den nachgeschrie-
beneu Heften nur mit starken Unterbrechungen aufge-
zeichnet, weshalb viele Partien fast nur nach der Skizze
des Gruridrisses gegeben werden konnten. Aber diese
und andere Lticken in dem vorhandenen Material durf-
ten den Herausgeber nicht bestimmen , den Entschlufs
zur Verb'fferitlichung des in diesem Bande Enthaltenen
aufzugeben. Denn zu dem Wunsche des verblichenen
Freundes gesellte sich die freudige Ueberzeugung, dafs^
auch diese zu Trummern gewordenen Anfange eines
grofsen Baues Zeugnifs ablegen wiirden von dem
tiefen und klaren Geiste ihres Urhebers. Es mufs
freilich als die Sache Anderer betrachtet werden
iiber den wissenschaftlichen Werth dieses Bruehstuckes
von einem System der griechischen Mythologie ein
6'flFentliches Urtheil abzugeben ; dennoch aber vermag
der Unterzeichnete nicht die Meinung zuruckzuhalten,
dafs sowohl die Anlage dieses auf einfachen und na-
turgemafsen Prinzipien beruhenden Systems als von
der begonnenen Ausfuhrung desselben die ersten Ka-
xsn
pitel der Prolegomena und in der griechischen My-
thologie besonders die Darstellang der Athene und
der Wolkendamonen theils Anregendes, theils wesent-
lich Neues nnd Treffliches geben.
Berlin am 20. December 1852.
Hermann
Inhaltsverzeiclmiss.
Einleitung. Seite 3 19.
Erstes Kapitel. Ueber das Studium der griechi-
schen Mythologie S. 3 16.
Zweites Kapitel. Litteratur der griechischen
Mythologie S. 1619.
Prolegomena. S. 20149.
I. Allgemeiner Theil. S. 20117.
Erstes Kapitel. Vom Ursprunge der Mythologie
oder den Elementen der heidnischen Reli-
gion. S. 2049. .
1. Das subjective Element der Religion. S. 21 28.
2. Das objective Element der Religion. S. 2949.
Zweites Kapitel. Von den vers chiedene n For-
men der Myth ologie oder der formellen Er-
scheinung der heidnischen Religion. S. 49 100.
1. Uebersicht. S. 4956.
2. Polytheisinus.. S. 5664.
3. Parsismus. S. 6470.
4. Schamanenthum. S. 7174.
5. Gaiolatrie. S. 74 77.
6. Uranolatrie. S. 7879.
7. Astrolatrie. S. 7987.
8. Zoolatrie. S. 8794.
9. Fetischismns. S. 9497.
10. Schlufs. S. 97100.
Drittes Kapitel. Von den Mythen oder der ma-
teriellen Erscheinung der heidnischen Reli-
gion. S. 100-117.
1. Begriff des Mythos. S. 100102.
2. Ursprung des Mythos. S. 102106.
3. Form des Mythos. S. 106112.
4. Inhalt des Mythos. S. 112116.
5. Methode der Deutung. S. 116117.
If. Besonderer Theil. S. 118 149.
Erstes Kapitel. Vom Ursprunge der griechi-
schen Mythologie (nicht ausgefiihrt). S. 118.
XXIV
Zweites Kapitel. Von den verschiedenen For-
men der griechischen Mythologie. S. 118 132.
1. Die vorgriechische Form. S. 118 123.
2. Die pelasgisclie Form. 123126.
3. Die hellenische Form. S. 126129.
4. Die hellenistisclie Form. S. 129132.
Drittes Kapitel. Von den griechischen Mytheri.
S. 132149.
1. Ursprung. S. 132.
2. Form. S. 133.
3. Inhalt (Uebersicht iiber die Mythendeutungen).
S. 133-149.
Die griechische Gb'tterwelt. S. 150,
Erster Theil. Die Himmelsgo tter. S. 152401.
Erstes Kapitel. Die Aethergotter. S. 152248.
1. OVQKVOS. S. 156^164.
2. KQOVOS. S. 164172.
3. Zevs. S. 172220.
4. 'JEftuijfff. S. 220232.
5. Ituv. S. 233241,
6. tyqs. S. 241247.
Riickblick. S. 247248.
Zweites Kapitel. Die Sonneng5tter. S. 248-285.
1. "ffhos. S. 249253.
2. IdaoMuw. S. 253280.
3. ^ax^nios. S. 280285.
Drittes Kapitel. Die MondgStter. S. 285309.
1. Selfa. 285287.
2. '!AQTS(*IS. S. 287304.
3. 'jExanj. S. 304309.
Viertes Kapitel. Die Sterngo tter. S. 309 310.
Funftes Kapitel. Die Nacht- und Taggotter.
S. 310311.
Sechstes Kapitel* Die Wqlkengo tter. S. 311 398.
1. "ASrivatK. S. 311381.
2. "Hyataros. S. 381386.
3. Wolkendamonen. S. 386-396.
4. Movaai. S. 396398^
Siebentes Kapitel. Gottin des Regenbogerts.
5. 398400.
Achtes Kapitel. Die Windgotter. S. 400 401.
Anlage I. Athene mit dem Widder.. S. 402410.
Anlage II. Recension von: Sommer de TheophilL cum diabolo foe-
dere. S. 411428.
System der griechischen Mythologie.
Prolegomena und erster Theil der griech. Gotterwelt.
Lauer Griech. Mylhologie.
E i n I e i t u n
Erstes Kapitel.
Ueber das Stadium der griechischen Mythologie.
1. Begriff der griechischen Mythologie.
Hie griechische Mythologie, als wissenscKaftliche Discipliix
genommen, 1st, .in Hirer weitesten Bedeutung, die Lehre
von dem religiosen Leben der Griechen. Sie umfafst daher
die drei Richtungen, nach welchen sich alles religiose Leben
offenbart, folglich auch das griechische : .Glaube (Dogmatik),
Kultus (Symbolik), sittliches Leben (Moral). Unsrer Eirchen-
geschichte wiirde eine Geschichte der griechischen Religion
entsprechen, welche Ursprung, Ausbildung und Untergang
dieser Religion, so .wie ihre theilweise Fortdauer im Chri-
stenlhutne zu behandeln hiitte. Ira engern Shine abet
versteht man unter griechischer Mythologie nur die erste
Richtung, die Lehre voni griechischen Glauben oder von
den griechischen Mylhen (griechische Dogmatik). Mi t dieser
Mythologie im engern Sinne haben ^yir es hier zu
Die zweite Richtung (Kultus, Symbolik) behandeln die Re-
ligionsalterlhiimer, die erst in neuster Zeit wieder bearbeitet
sind; die dritte Richtung (sittliches Leben, Moral) ist bisher
noch ganz unberucksichtigt geblieben^ und ein System der
griechischen Moral gehb'rt zu den piis desidcriis.
Da der Stoff der griechischen Mythologie ein historisch
gegebener ist, so kann sie selbst, w'enn sie iiberhaupt eine
Wissenschaft ist, nur eine historische \Vissenschaft sein.
Ich sage ,,wenn sie iiberhaupt eine Wissenschaft ist;" denn
es giebt Viele, die alles Ernstes bezweifeln, dafs die grie-
chische Mythologie einer wissenschaftlichen Behandlung fahig
sei. Und man kann auch wirklich nicht leugnen, dafs dieser
Zweifel den Schein fiir sich hat, sehr begriindet zu sein.
Denn wenn man sieht, wie die griechische Mythologie so
lange schon und in so unzahligen Werken ohne Prinzipien
und ohne systematische Form behandelt worden ist, so kann
man allerdings wohl'zu dem Glauben veranlafst werden, es
habe rait ihr dieselbe Bewandtnifs, wie mil den griechischen
Privatalterthumern, die noch nicht wissenschaftlicher Be-
handlung sich haben fiigen wollen, und von denen ihr neu-
ster Bearbeiter W. A. Becker in der Vorrede zum Cha-
ricles p. XIII. ausdriicklich erklart, dads er sie auch einer
systematischen Behandlung fiir durchaus unfahig halte.
Und ware es so, liefse die griechische Mythologie keine auf
bestimmten Principien basierte Darstellung zu, dann diirfte
sie auch nicht zum Gegenstande akademischer Vorlesungen
gemacht werden. Aber einerseits darf man doch den Un-
verstand und die Willkiihr, womit Einzelne einen Gegenstand
behandeln, nicht diesem selbst zum Vorwurfe machen;
andrerseits haben die Schriften von 0. Mu'ller, Welcker
s
u. A., namentlich aber die von Stuhr hinlanglich gezeigt,
dafs die Mythen wissenschaftlich behandelt und gedeutet
werden konnen. Und wie sollten sie auch nicht? Die grie-
chische Mythologie tra'gt alle Charaktere historischer W.is-
senschaft an sich: sie lafst sich in ihrer Entstehung als
auf allgeineinen Principien beruhend, in ihrer formellen
Erscheinung als nach allgemeinen Gesetzen geschichtlicher
Entwickelung verlaufend, in ihrer materiellen Erscheinung
als ein systematischer Gliederung und Darstellung fahiges
Ganze erkennen. Diese Vorlesungen werden versuchen,
durch sich selbst den Beweis hierfiir zu liefern.
1st die griechische Mythologie somit die VVissenschaft
des griechischen Glaubens, so hat sie damit unmittelbar die
Moglichkeit und Berechtigung, zu den akademischen Lehr-
objekten gezahlt zu werden. Ihre Nolhwendigkeit hat sie
auch von anderer Seite. Was schpn der Name besagt,
ergiebt sich unten.
2. Wichtigkeit ihres Studiums.
Ein Blick auf die mythologische Litteratur, sollte man
meinen, konne allein hinreichen, von der Wichtigkeit des
Studiums der griechischen Mythologie z,u iiberzeugen. Nieht
allein, dafs Jahr aus . Jahr ein eine Menge von Schriften
dariiber erscheinen, von denen jede ein em langst gefiihlten
Bediirfnisse abhelfen will; sondern wir besitzen aiich eine
grofse Menge von Biichern, welche darauf berechnet sind,
in den verschiedensten Formen fur die verschiedensten
Klassen der menschlichen Gesellschaft die griechische My-
thologie pafsrecht zu machen. Wir haben ,,Briefe iiber die
griechische Mythologie" 1 ) eine ,,griechische Mythologie fiir
Dilettanten" ? ), ,,fiirKunslliebhaber" 3 ) sogar eine ,,griechische
a ) Von Demoustier, G. A. Dietl, Caroline von la Mo tte
Fouque u. A.
*) Versuch einer griechischen Mythologie fiir Dilettanten. Lon-
don 1805. 8.
3 ) Rambach, Abrifs oder Darstellung einer Mythologie fur
Kunstliebhaber. 2. Thl. 8. Berlin 1796, 97.
Mythologie fur Kinder" 4 ). Inclefs wollen wir es doch nicHt
so machen, vvie Jener, der das Dasein Gottes aus deni
Vorhandensein der Kirchen beweisen wollte. Fur uns hat
die grofse Riihrigkeit, die auf detn Gebiete der mythologi-
schen Litteratur geherrscht hat und noch herrschty kei.ne
weitere Beweiskraft; im Gegentheil ware sie eher geeignet,
von der Beschaftigung mil der griechischen Mythologie ab-
zuschrecken. Was sie uns wichtig maxjht, sind ganz andere
Riicksichten. Erstens die, dafs sie eine Wissenschaft ist
und als solche gleich alien andern unsre Aufmerksamkeit
verdient. Und das um so mehr, als dieses Studium trotz,
vielleicht grade wegen der vielen ihm gewidmeten Biicher
noch sehr im Argen liegt, namentlich im Vergleich zu den
iibrigen Disciplinen der klassischen Alterthumsforschung.
Sodann aber ist das Studium der griechischen Mythologie
wichtig wegen der grofsen Bedeutung, die es fiir andere
Wissenschaften hat. Und-zwar ".'-'.
1) Fiir die Alterthumsforschung selbst. Wenn
diese sich die Aufgabe stellt, das Alterthum nach alien
seinen Richtungen zu begreifen, so darf sie natiirlich Eine
Seite nicht unberiicksichtigt lassen, am wenigsten eine solche,
die von der allergrofslen Bedeutung fiir das antike Leben
ist. Es war aber bei den Griechen : wie iiberall die
Religion die Basis ihres gesammten Lebens, des politischen
sowohi als des socialen, dergestalt dafs kein Theil des grie-
chischen Alterthums, weder des in Worten. noch des in
sinnlichen Formen zu uns redendenj ohne genaue Kenntnifs
der Mythologie erschopfend verstanden werden kann. 5 ) Der
4 ) B Ian chard, Mythologie de la jeunesse. Paris 1809. .2 Bde.
mit Kupferni
5 ) Vgl. O. Miiller, Prolegg. zu einer wissenschaftlichen Mytho-
logie. Gottingen 1825. 8. p. 206 sq.' Daher auch mit Recht die
Beschaftigang mit Mythologie den Schulen neuerdings wieder empfoh-
ganze grieehische Staat wurzelte in der. Religion oder wurife
von ihr durchzogen 6 ) ; fast keine irgend bedeutsame Hand-
lung des Privatlebens war ohne Betheiligung der Religion 7 ) ;
alle Poesie hatte ihre letzten Wurzeln in der Religion und
ihre hatiptsachlichsle Stelle an den Gotterfesten"); die Wis-
senschafl ist von Priestern gepflegt und aus Tempeln her-
len ist: F. Winiewsky, Ueber die Behandlung der Religion der
Alien auf Gelehrten-Schulen. Minister 1841.
6 ) Vgl. C. FT. Hermann Staatsalterthiimer ed. III. .5; 10;
11 sqq. 74; 100; 105, 12; 113,6; 1J5, 10; 127, 1 ; 129, 1 ; u. a. C. G.
Haupt de necessitudine quae apud Graecos inter res ~sacraset ci-
viles intercessit (Quaest. Aeschyl. Spec. II. Lips. 1829. 8. p. 100 sqq.)
A. Zambelli, Da quali causa derivd rinfluenza politica delle reli-
gione antiche? Prima causa: le divinazione (giornale dell' Ins tit.
Lombardp e Biblioteca Italiana. 1844. Fasc. XXVI. p. 169191).
Der politische Einflufs der Orakel ist bekannt, namentlich der des
delphisclien (Citate bei Hermann, Staatsalterthhmer . 23, 17. got-
tesd. Alterth. . 5, 7 nnd . 40). Hieher kann man auch den Ein-
flufs der Gotthejten auf die Ortsnamen rechnen, /worober Panofka
in den Sclmfteh der Akademie za Berlin 1840 p. 333 382. nnd 1841
p. 81^ 107 handelt. E. S. des rapports da droit et de la religion
dans le ,jnonde aneien (Bibl.nniv.de Geneve. 1844. Juli. p. 5 43)
vgl. die Asyle. Ueber die Arnphiktyonien, Bode, Gesch. der
episclien Dichtk. p. 217 not.
7 ) z.^B. Ehe, Geburt, Begrabnifs, Reise'u. s. w.
8 ) Dfe alteste Gattung der Poesie, lyrisches Epos, steht in in-
nigster nnd nnmittelbarer Beziehung znr Religion, O. Mliller L.Q.I,
26 squj. vgl. Stich, Ueber den religiosen Charakter der griechisehen
Dichtung und die Weltalter der Poesiei Bamberg 1847.
Epos: Vortrag an den Gotterfesten. Hymnen.
Lyrik: Vgl. Bode, Geschichte der lyrischen Dichtkunst der
Hellenen. Bd. I. Leipzig 1838. 8. Bd. II.
Bernhardy, L. G. II. 407 sqq., 419 sqq., .438 sqq.,
447 sqq., 465 sqq.
Drama: Citate bei Hermann gottesd. Alterthum. ; 29, 20.
Schlegel, Vorlesungen iiber dramatische Kunst and
Litteratur I. Bernliardy II. 559 sqq.
Musik und Tanz, die Genossen der Poesie nnd Diener der
Religion: Hermann a. a. O. .29. Bernhardy II,
419 sqq.
8
vorgegangen e ) ; die Kunst endlich hat im Dienste der ^^ Reli-
gion ihre schonsten, ewigen Triumphe gefeiert 10 ).
2) Fiir die Theologje 11 ). Es ist merkwurdig, wie
weni'g sich unsre Theologen mil den klassischen Religionen
beschaftigen, auf deren Trummern doch das Christenlhum
seine erste Statte sich . bereitete. Schon dies geschichllich
gegebene Verhaltnifs sollte hinreichen, den Blick der Theo-
9 ) Dies gilt besonders von der Medizin (E. P. A. Gauthier,
Recherches historiques surTexercice de la medecine dans les tem-
ples de I'antiquite. Pa;ris und Lyon 1844. 8. \gl. A. Maury in der
Revue philol. Paris 1845. p. 446 454. E. Curtius, Ueber Askle-
piosheiligthumer und die damit verbundenen Kurorter des alteii
Griechenlands, Archaol. Zeitung- 1845. No. 4. Panofka, s. unter
Asklepios)undden Naturwissenschaften (vgl. Beckmann, dehist.
veter. nat. cp. 5. Geschichte der Erfindungen Bd. II, 3. p. 364. Mtin-
ter, Religion der Gartliager p. 66). Doch fand auch die Geschichte
in der Religion ihre Fitrsorgerin, indem in den Tempeln nicht bios
chronologisclie Verzeichnisse (z. B. in Argos eines der Heraprieste-
rinnen, Hellanjc. fragm. ed. Sturz p. 79, Miiller p. XXVII), son-
dern hin und wieder auch, wie es scheint, eine Art von Archiven
sich vorfanden. .
10 ) Petersen zur Geschichte der Religion und Kunst bei den
Griechen. Hamburg 1845. 4. (1. In welchem Verhaltnifs zur Religion
entwickelten sich die bildenden Kiinste? ' .2. Welche Eigenthum-
lichkeit der Religion hat die bildenden Kiinste der Vollendung ent-
gegengefuhrt ? vgl. Witzschel, Jahrb. fur Ph. und Pad. Bd. XLVI,
3. p. 271280). David, Recherches sur Tart statuaire chez le's
anciens et chez:les modernes. Paris 1805. p. 92 sq. Bottiger, An-
deutungen zur Archaologie. Dresden 1806. p. 154 sqq. Jacobs,
Verm. Schriften, Bd. III. p. 439 sqq. (Ueber den Reichthum der Grie-
chen an plastischen Kunstwerken). Heyne, de auctoribus formarum,
quibus dii in priscis artis operibus eificti sunt (comment. Acad. Got-
ting. Tom. VIII.) vgl. Hermann, gottesd. Alterth. . 6. Jahrb. fiir
Ph. und Pad. Bd. XL. 3. p. 346 sq. Schaffer, Ueber die christ-
lichen Kunstideale, vergiichen mit denen der alten Volker. Ratibor
1848. 4. 16. S. Prgr. . . .
Jl ) Vgl. Fi elite, Aphorismen iiber die Zukunft der Theologie
in ihrem Verhaltnifs zur Spekulation und Mythologie (in seiner Zeit-
schrift fur Philosophic und spekul. Theologie. 1839. Bd. Ill, 2.
p. 199. 285).
logen auf die grieehische Mylhologie zii leiiken. Warurh
ist sie dem Christenthum gevvichen und " waruni hat sie ihni
so lange widerstanden (vyie z. B. tier Kultus der Rybele)?
Diese, fiir die Kirchengeschichte nicht bios, sondern fur die
ganze Wissenschaft des Christenllmms ungemein wichtige
Fragen konnen nur beantwortet werden aus einer genauen
Kenntnifs der griechischen Mythologie. Weit mehr rioch
aber wird der Theologe auf die heidnischen Religionen, beson-
ders die grieehische, hingewiesen durch die Unraoglichkeit,
das Wesen des Christenthums zii erkennen, wenn er seinen
Slandpunkt nicht iiber demselben . nimint, es iin Gegensatze
zu den ubrigen Formen des religiosen Bewufstseins betrachtet
und in seiner Gattungsgleichheit mil andern Arten des reli-
giosen- Lebens. Dies ist von den einsichtsvollern Theologen
ich nenne nur Schleiermacher und Nitzsch u ) ^~
sehr wohl bemerkt \vorden, oline dafs sie jedoch bis jetzt
mil ihrer Anmahnung Gehor gefunden hatten. Es findet
jetzt yielmehr grade das Gegentheil von dera statt, was vor
dreihundert Jahren. war. Damals und bis zu Anfang des
achtzehnten Jahrhund^rts waren die Theologen sehr eifrige,
ja fast die einzigen My tholpgen ; und wenn sich zwar nicht
leugnen liifst, dafs ihre Beschaftigung mil der griechischen
Mythologie dieser wenig Nutzen gebracht hat, sie durch das
Bestreben, Vergleichungen zwischen griechischen Mythen
und Erzahlungen des Alien Testaments herzustellen, die
grieehische Religion als eine allmahlige Verkiimmerung der
durch Gott dem Moses gemachten Offenbarungen zu erwei-
sen, viel Verwirrung auf dem Gebiete der griechischen
Mythologie angerichtet haben (Phrixos oder Iphigenie gleich
Isaac, Achill gleich Christus) : so darf ihnen dessenungeachtet
12 ) Schleiermacher, der christl. Glaube. II. Aufl. Berlin
iSSO. I, p. 42 sqq. Nitzsch, System der christlichen Lehre e^. V.
Bonn 1844. 8. . 5.
to
unsere Anerkennung nicht versagt werden , .weilsie,
obschon befangen in den beschrankten Ansichten damaliger
' -Dogma tik und durch sie zu unrichiiger Methode verleitet,
mil Takt erkannten, dafs Heidenthum und Chrislenthum, in
wiefern nemlich beide sich unter den allgemeinen Begriff
der Religion subsumiren, eine, freilich nicht aufserliche Ver-
wandtschaft, haben, und demnach das Studium der Mytho-
logie mit dera der Theologie verbunden werden miisse 13 ).
Namentlich aber in unserer Zeit ist das Studium der grie-
chischen Mythologie fur den Theologen von der grofsten
Bedeutsamkeit. Der Zeit, in welcher ein namhafter Theolog
in Neander's Denkwiirdigkeiten u ) , das griechische Hei-
denthum fiir eine Ausgeburt tiefer Verdorbenheit, niedrigster
Entsittlichung ohne Widerspruch erklaren durfte, ist eine
andere gefolgt, die mit Geist, Scharfe und Gelehrsamkeit
:das Ghristenthum mythisch zu machen und zugleich mit dem
.Heidenlhume als einen anthropologischen Traum zu erweisen
sucht. Diesen AngrifFen auf das Christenthum kann wis-
senschaftiich der Theologe nur widerstehen, ^Vnn er sich
in das Heidenthum selbst vertieft und sich dadurch klar
wird liber den Unterschied , der zwischen Heidenthiun und
Chrislenthum besteht. So iange dieser Unterschied nicht
deutlich erkannt und dargelegt ist, werden sich christliche
Theologen und unchristliche Anthropologen unversohnt und
unbesiegt gegeniiberstehen. .
3) Fiir die Geschiehtsforschung. Dafs auf dem
Gebiete der griechischen Geschichte ohne Kenntnifs der
13 ) Vgl. Note 12 und P..F. Stuhr, das Verhaltnifs xler christ-
lichen Tlieologie zur Plulosopliie und Mythologie. Berlin 1842. 8.
14 ) Aag. Neanders Denkwurdigkeiten aus der Geschichte des
Christenthums und des christlichen Lebens. Berlin 1823. Bd. I.:
Ueber das Wesen und den sittlichen Einflufs des Heidenthums, be-
sonders unter Griechen und Rb'merh , mit Hinsicht auf das Olm-
stenthum.
11
Mytholtigie in vielen Theilen nichts anzufangen sei, ist Jedem
bekannt, der sich mit griechischer Geschichte beschaftigt
oder aueh nur einen Blick in die Schriften O. -Millie FS
gethan hat. Die griechische Geschichle beginnt nicht bios,
vvie alle Geschichte, ganz mythisch, sondern sie ist mit
mythischen Elementen fast bis auf die Perserkriege so durch-
zogen, dafs, wer eine wahrhafte Kenntnifs des wirklich Ge-
schehenen erwerben will, dies nieht anders kann, als indem
er sich eine wahrhafte Kenntnifs des Mythischen erwirbt
und so zur Unterscheidung beider miteinander yerflochtenen
Elemente befahigt. Eine Unterscheidung, die keineswegs
so leicht ist, als man denken sollte 15 ). \Vie ware sonst em
Professor N, N. darauf gekommen, den Herakles fiir den
Anfiihrer einer schwarzen Schaar, fiir einen Parteiganger,
der sich der Sache eines jeden Unterdriickten angenommen,
zu erklaren? Oder umgekehrt: \vie haiten Andere behaupten
konnen, die ganze griechische Geschichte bis lange nach
den Olympiaden seien nur mythische Trjiume? z. B. der
trojariische Krieg kein wirklicher Krieg, sondern mythische
Darstellung der Zustande und Veranderurigeri der troischen
Ebene, ihre Ueberschwemmung durch den Skamandros u. s. w.
Es giebt aber noch einen andern Gesichtspunkt, von
dein aus das Studium der griechischen Mythologie detn Hi-
storiker wichtig erscheinen mufs. Seit dem Ende des vori-
gen Jahrhunderts hat sich die Wissenschaft von verschie-
denen Gebieten aus der Frage iiber die Urgeschichle der
Menschheit bemlichtigt. Die grofsen, damals angeregteri,
Untersuchungen iiber den Ursprung der Staaten, der Sprache,
des Menschengeschlechts und seiner Verbreitung iiber die
Erde, sind seitdem sehr umfassend fortgefiihrt \yorden, na-
") Lob ell, Weltgeschichte in Umrissen und Ansfdhrungen.
Leipzig 1846. Bd. I, 51 sq. vgl. O. Miiller Prolegg. p. 315 sqq.
8
vorgegangen 9 ); die Kunst endlich hat im Dienste der
gion ihre schonsten, ewig'en Triumphe gefeiert 10 ). ".,'.,
2) F ii r. die T h e o 1 o g.i e "). Es is.t merk wiirdig, wie
wenig sich unsre Theologen mil den klassischen Religionen
beschaftigen, auf deren Trummern doch '.das Ghristenlhum
seine erste Statte sich . bereitete. Schon dies geschichllich
gegebene Verhaltnifs sollte hinreichen, den Blick der Theo-
9 ) Dies gilt besonders von der Medizin (E. P. A. Gauthier,
Recherches historiques sur 1'exercice de la medecine dans les tem-
ples de 1'antiquite. Paris und Lyon 1844. 8. ygl.'A. Maury in der
Revue philol. Paris 1845. p. 446 454. E. Curtius, Ueber Askle-
piosheiligthumer Und die datnit verbundenen Kurorter des'alteh
Griechenlands , Archaol. Zeitiing 1845. No. 4. Panofka, s, unter
Asklep.ios) und den Natuiwissenschaften (vgl. Beckmann, dehist.
veter. nat. cp. 5. Geschichte der Erfindungen Bd. II, 3. p. 364. M "un-
ter, Religion der Cartliager p. 66). Doch fand auch die Geschichte
in der Religion ihre Fiirsorgerin, indem. in den Tempeln nicht bios
chronologisdie Verzeichnisse (z. B. in Argos eines der Heraprieste-
rinnen, Hellanjc. fragm. ed. Sturz;p. 79, Muller p. XXVII), son-
dern hin und wieder auch, wie es scheint, eirie Art vbn Archiven_
sich vorfanden. .
10 ) Petersen zur Geschichte der Religion und Kunst bei den
Griechen. Hamburg 1845. 4. (1, In welchein Verhaltnifs zur Religion .
entwickelten sich die bildenden Kiinste? . 2. Welche Eigenthum-
lichkeit der Religion hat die bildenden Kunste der Vollendung ent- .
gegengefdhrt ? vgl. Witzs ch el, Jahrb. fur Ph. und Pad. Bd. XL VI,
3. p. 271 280). David, Recherches sur Tart statuaire chez les
anciens et chez:les modernes. Paris 1805. p. 92 sq. Bottiger, An-
deutungen zur Archaologie. Dresden 1806. p. 154 sqq. Jacobs,
Verm. Schriften, Bd. III. p. 439 sqq. (Ueber den Reichthum der Grie-
chen an plastischen Kunstwerkeh). Heyne, de auctoribus formarum,
quibus dii in priscis artis operibus eiFicti snnt (comment. Acad. Get-
ting. Tom. VIII.) vgl. Hermann, gottesd. Alterth. . 6. Jahrb, fur
Ph. und Pad. Bd. XL. 3. p. 346 sq. Schaffer, Ueber die christ-
lichen Kunstideale, verglichen mit denen der alien Volker. Ratibor
1848. 4. 16. S. Prgr. . .
11 ) Vgl. Fi elite, Aphorismen iiber die Zukunft der Theologie
in ihrem Verhaltnifs zur Spekulatioh und Mythologie (in seiner Zeit-
schrift fur Philosophie und spekul. Theologie, 1839. Bd. Ill, 2.
p. 199. 285). .
' '' . . ' 9
logen auf die grieehische My thologie zir leiiken. Warurh
ist sie dem Ghristenlhum gewichen und wartmi hat sie ihoi
so lange widerstanden (wie z. B. dor Kultus der Rybele)?
Diese, fiir die Kirchengeschichte nicht bios, sondern fur die
ganze Wissenschaft des Christenlhums ungemeiii wichtige
Fragen konnen nur beantwortet werdeh aus einer geriauen
Kenntnifs der griechischen Mythologie. Weit mehr rioch
aber wird der Theologe auf die heidnischen Religionen, bespn-
ders die grieehische , hingewiesen durch die Unmoglichkeit,
das Wesen des Christenthums zii erkennen^ vvenn er seinen
Standpunkt nicht iiber demselben nimmt, es im Gegensatze
zu den ubrigen Formen des religiosen Bewufstseins betrachtet
und in seiner Gattungsgleichheit mil anderri iArten des reli-
giosen Lebens. Dies ist von den einsichtsvollern Theologen
ich nenne nur Schleiermacher und Nitzsch 12 )
sehr wohl bemerkt worden, ohne dafs sie jedoch bis jetzt
mit ihrer Anmahnung Gehor gefunden batten. Es findet
jetzt yielmehr grade das Gegenlheil von dem statt, was vor
dreihundert Jabren. war. Damals und bis zu Anfang des
achtzehnten Jahrhunderts waren die Theologen sehr eifrige,
ja fast die einzigen Mytholpgen; und wenn sich zwar nicht
leugnen lafst, dafs ihre Beschaiftigung mit der griechischen
Mythologie dieser wenig Nutzen gebracht hat, sie durch das
Bestreben, Vergleichungen zwischen griechischen' My then
und Erzahlungen des Alien Testaments herzustellen , die
grieehische Religion als eine allmahlige Verkiimmerung der
durch Gott dem Moses gemachten Offenbarungen zu erwei-
seri, viel Verwirruhg auf dem Gebiete der griechischen
Mythologie angerichtet haben (Phrixps oder Iphigenie gleich
Isaac, Achill gleich Christus) : so darf ihnen dessenungeachtet
la ) Schleiermacher, der christl. Glaube. II. Anfl. Berlin
1830. I, p. 42sqq. Nitzsch, System der christlichen Lehre eii. V.
Bonn 1844. 8. . 5.
to
*d0ch unsere Anerkennung nicht versagt<werden^\veil;sie,
absehon befangen in den beschrankten Ansichten damaliger
Dogmatik und durch sie zu unrichtiger Methode verleitet,
mil Takt erkannten, dafs Heidenthum und Christenthum, in
wiefern nemlich beide sich unter den ^allgemeinen Begriff
der Religion subsumiren, eine, freilich nieht aufserliche Ver-
wandtschaft, haben, und demnach das Studium der My tho-
logie mil dem der Theologie verbunden wer.den musse 13 );
Namentlich aber in unserer Zeit ist das Studium der grie-
.chischen Mythologie fiir den Theologen von der grofsten
Bedeatsamkeit. Der Zeit, in welcher em namhafter Theolog
in Neander's Denkwurdigkeiten 14 ), das griechisehe Hei-
denthum fiir eine Ausgeburt tiefer Verdorbenheit, niedrigster
Entsittlichung ohne Widerspruch erklaren durfte, ist eine
andere gefolgt, die mil Geist , Scharfe und Gelehrsamkeit
;das Christenthum mythisch zu machen und zugleich mit dem
iHeidenthuine als einen anthropologischen Traum zu erweisen
sucht. Diesen Angriffen auf das Ghrislenthum kann wis-
senschaftHch der Theologe nur widerstehen, wenn cr sich
in das Heidenthum selbst vertieFt und sich dadurch klar
wird liber den Unterschied, der zwischen Heidenthum und
Ghrislenthum besteht. So Jange dieser Unterschied nicht
deutlich erkannt und dargelegt ist, werden sich christliche
Theoiogen und unchristliche Anthropologen unversohnt und
unbesiegt ; gegeniiberstehen.
3) Fiir die Geschichtsforschung. Dafs auf dem
Gebiete der griechischen Geschichte ohne Kenntnifs der
13 ) Vgl. Note 12 und P. F. Stuhr, das Verhaltnifs der christ-
lichen Theologie zur Philosppliie und Mythologie, Berlin 1842.. 8.
14 ) Aug. Neanders Denkwurdigkeiten aus der Gesclrickte des
Christenthums und des christlichen Lebens. Berlin 1823. Bd. I. :
Ueber das Wesen und den sittlichen Einflufs des Heidenthnms , be-
sonders nnter Griechen und Bomern,, mit Hinsicht auf das Gliri-
stenthum.
11
Mythologie in vielen Theileri nichts anzufangeri sei, ist Jedem
bekanntj der sich mit griechischer Geschichte beschaftigt
oder aneh nur einen Blick in die Schriften 0. Miillers
gethan hat. Die griechische Geschichle beginnt nicht bios,
\vie alle Geschichte, ganz my thisch, sondern sie ist mit
mythischen Elementen fast bis auf die Perserkriege so durch-
zogen, dafs, wer eine wahrhafte Kenntnifs des wirklich Ge-
schehenen erwerben will, dies nieht anders kann, als indem
er sich eine wahrhafte Kenntnifs des Mythischen erwirbt
und so zur Unterscheidung beider miteinander verflochtenen
Elemente befahigt. Eine Unterscheidung, die keineswegs
so leicht ist, als man denken sollte 15 ). Wie ware sonst ein
Professor N, N. darauf gekommen, den Mierakles fur den
Anfiihrer einer schwarzen Schaar, fiir einen Parteiganger,
der sich der Sache eines jejden Unterdriickten angenommen,
zu erklaren? Oder umgekehrt: wie halten Andere behaupten
kohnen, die ganze griechische Geschichte bis lange nach
den Olympiaden seien nur niythische Traiimie? z. B. der
tfojariische Krieg kein wirklicher Krieg, sondern mythisehe
Darstellung der Zustande und \ 7 eranderungen der troisehen
Ebene, ihre Ueberschwemmung durch den Skamandros u. S; w.
Es giebt aber noch einen andern Gesichtspunkt, von
dem aus das Studium der griechischen Mytholbgie dein Hi-
storiker wichtig erscheinen mufs. Seit dem Ende de& vori-
gen Jahrhunderts hat sich die Wissenschaft von VerscKie-
denen Gebielen aus der Frage iiber die Urgeschichte der
Menschheit bemachtigt. Die gTofsen , damals angeregteh,
Untersuchungen iiber den Ursprung der Staaten, der Sprache,
des Menschengeschlechts und seiner Verbreitung iiber die
Erde, sind seitdem sehr umfassend fortgefiihrt Ayorden, na-
ls ) L 6 b ell, Weltgeschichte in Umrissen and Ausfdhrungen.
Leipzig 1846. Bd. I, 51 sq. vgl. O. Mullet Prolegg. p. 315 sqq.
12
mentlich durch die vergleichende Sprachforschuhg l6 ). Aufser
der Sprache aber giebt es fiir die Erkenntnifs jener Urzeit
nur noch eine Quelle: die Mythologie. Die Mythologie ist,
neben der Sprache, die alteste Produktion des menschlichen
Geisles und gleich ihr so geartet, dafs siej trolz aller Ab-
wandlungeri und Fortbildungen, einen gewissen granitnen
Kern bewahrt, der, ewig sich selbst gleich, sich durch das
ganze Leben eines Volkes hindtirch erhalti Dieser Kern ist
das Erblheil der betreffenden Volker aus ihrer Urzeit und
giebt Aufschlufs iiber den Urzustand des beziiglichen V6I-
kerkomplexes , ev. der Menschheit. Ich will nicht sagen,
dafs der Mythologe auf Erkennen dieses Kerns sein Haupt-
augenmerk richten miisse; aber jedenfalls mufs erihn.be-
achlen, theils weil es an und fiir sich wichtig ist, theils,
\vie gesagt, fiir den Geschichtsforscher von grofser Bedeu-
tung. Ich werde spaterhin noch einiges Na'here hieriiber
bemerken.
4) Fiir die Philosophic scheint die Mylhologie am
wenigsten Interesse zu liaben. Sie scheinen vvie Glauben
und Wissen sogar einander gegenuber zu stehen. Indefs
abgesehen dayon, dafs die Religionsphilosophie einer genauen
Kenntnifs aller Religionsformen, also auch der griechischen,
b'edarf, ist es fiir die Geschichte der -Philosophic durchaiis
rtothwendig, eine Einsicht in die reKgiosen Ziistahde bei den
Griechen zu haben. Denn wie die eigentliche Philosophic
erst ein Kind des griechischen Geiste.s ist, so ist \viederum
die'griechische Philosophic aus der Religion hervorgewach-
sen und hat sich zuerst als theologische Spekulation offen-
bart. Wer kann die Lehren des Pythagoras bis in ihre
letzten Griinde verstehen; wer die phantastischen Korabina-
1G ) Man vgl. statt weiterm Kuhn, Zur altesten Geschicbte der
indogerm. Volker. Berlin 1845. 4. 18 S.
13
tionen der .Neuplatoniker , ohne Rucksicht auf die religib'sen
Ideen, die mylhischen Vorstellungen zu nehmen, : unter deren
Einflufs jene Philosophien entstanden?
.. Ich schliefse diese Bemerkungeri iiber die Wichtigkeit
des -Stadiums der griechischen Mythologie, obgleich sie sich
noch weiter fuhren liefsen i7 ). Am liebsten ware ich ihret
iiberhoben gewesen. Allein ich sehe, dais man gegen die
griechische Mythologie sehr gleichgiiltig ist, nicht aus Apar
Ihie, sondern aus dem unbegriindeten Vorurtheile, dafs die
Beschaftigung mit ihr durchaus irrelevant sei.
3. Schwierigkeit ihres Studiums.
Bei aller Wichtigkeit des Studiums (i der griechischen
Mythologie darf man doch nicht die Schwierigkeiten iiber-
sehen, mit welchen dasselbe verbunden 1st. Der unermefs-
liche Stoff sehr zerstreut und fragmentarisch; die Schriften,
die ihn iibeiiiefern, liickenhaft, verderbt; der Stoff selbst
durch eine miihsame Kritik zu sichten und zu verbinden.
Macht so schon das Herbeischaffen , Sichten und Ver-
binden des mythologischen Materials grofse Schwierigkeiten,
so steigern sich dieselben bedeutend, sobald wir nach dem
geistigen Inhalte fragen, der in dieser mythischen Hiille
sich niedergelegt hat. Denn der auf uns gekommene my-
thologische Stoff bleibt im Allgemeinen doch stets derselbe,
wenn er auch im Laufe der Zeit durch die Fortschritte der
Interpretation und Kritik sich im Einzelnen modificierl oder
durch neuentdeckte Quellen hier und da anwachst. Und
so kann, well sich der Stoff bis auf einen gewissen Grad
") Choleviu.s^ Von der Einfahrung der antiken Mythologie in
die Poesie der Deutschen; eine geschichtliclie Uebersicht. Konigs-
berg 1843. 4. 24 S. Progr. Just. Henr. Rumker, diss. de my-
tbologiae Deorum gentilium abusu in poesi Christiana. Lips. 1709. 4.
Acta Erudit. 1693. p. 149.
14
mil objektiver Sicherheit zusammenbringeu Jafst, der Fleifs
der Vergangenheit uns bei unsern mythologischen Studieii
Erleichterung und Nulzen verschaffen. Aber die Belebung
dieses Stdffes, die Deutung der Mylhen, ist sowohl in frii-
hern Jahrhunderteri als in unserer Zeit so oft von falschen
Principien aus unternommen, so sehr von ungehorigen Ein-
flussen, beschrankten und vorgefafsten Meinungen, nicht sel-
ten von reinen , Zufalligkeiten bestimmt word en, dafs von
einem eigentlichen Vortheile, der aus den Deutungen frii-
herer Mythologen fiir uns zu gewinnen \viire, Jiur sehr be-
dingt die .Rede sein kann. Ja, ich stehe nicht an zu behaupten,
dafs ein System der gr. Mythologie, eine Behandlung dieser
Disciplin nach wissenschaftlichen Grundsatzen bis jetzt noch
zu d0n frommen Wiinschen gehort.
Jedoch diese Schwierigkeiten aus friihern Deutungen
der My then sind riur zufiillige. Man kann sich ihrer entle-
digen, wenn man die altern Behandlungen der griechischen
Mythologie bei Seite lafst. Und dies zu thun mochte ich
alien Denen rathen, die griechisehe Mythologie studieren und
verstehen lerhen wollen. Welcher Manner Schriften ich da-r
von ausnehme, will ich .spater angeben. Hier mache. ich
noch auf andere Schwierigkeiten aufmerksam, die sich jedem
Einzelnen mehr oder weniger entgegenstellen: es sind die
Schwierigkeiten, die in der geistigen Iridividualitat jedes Ein-
zelnen beruhen.
Man mufs namlich von der Mythologie nicht glauben,
dafs ein Jeder, der sich mit ihr beschafUgt, nun auch im
Stande sei, sie zu verstehen, oder gar zu ihrer Aufhellung
beizutragen 18 ). Dies ist ein Irrthum > der eine Menge hochst
unbrauchbarer Schriften hervorgebraeht hat. Die Mythologie
verlangt, wie jede andere Wissenschaft, eine gewisse Wahl-
18 ) O. Miiller, Prolegg. p. 293.
15
verwandtschaft de$ Subjekts mit ihr; nur wo diese /stattfin-
det, offenbart sie sich dem forschenden Geiste. Nicht ? AHe
sind befahigt zur Mathematik oder Philosophic oder zu Spraeh-
studien und naturvvissensehaftliehen Beobachtungen. Ebenso
Wenig reicht das Sich - mit - My thologie - beschaftigen - wollen
und wirklich beschaftigen aus, Urn diese Beschaftiguug zii
einef erspriefslichen zu machen. Mag Jemand noch so viel
Generalbafs stiidieren, sobald er nicht Melddien ira Kopfe hal^
wird er iiie ein K oniponist werden ; und ein Mythenlorscnr
kann alle Einzelheiten der griechischen My thologie kennen
und mufs davor^ wie vor einem Rathsel stehen, wenii der
Inhalt dieser mythischen Fdrmen nicht schon in seinem
Geiste lebt. Es fragt sich, welche Qualification der wahre
Mythenforscher haben miisse? a) Lebendiges Natur-
gefiihl, d. h. die Fahigkeit poetischer Auffassung derNatur
oder vielmehr die Fahigkeit des Wiederempfindens einer
solchen Auffassung (Welcker, theilweise For ch hammer),
b) Hislorischen Sinn, um das Verhallnifs einzelner My-
then und Sagen zur Gesehiehte und auch dev ganzen My-
thologie zur Nationalgeschichte richtig erkennen und beur-
theilen zu konnen (Stuhr, 0. Miiller). c) Grofse kjri-
tische Nuchternheit, obgleich damit nicht eine solche
gemeint ist, vvie sie J. H. Vofs besafs, aber eine solche,
wie sie Creuzern fehlte. Diese drei Eigehschaflen sind
es, welche ein Mythenforscher besitzett mufs; die erste, um
den Ursprung, die zweite um die formelle Ersdheinung, die
dritte um die materielle Erscheinung der My then zu er-
^- .""'.-'"
griinden; Ihre Verschiedenarligleit macht freilich ihre Ver-
einigung in Einer Person zu etwas, das nicht liberall und in
Jedem sicK vorfindet. Z. B. 0. Miiller hatte b + c, aber
nicht a; Stuhr a-fb, weiiiger G; VVeleker a in hohem
Grade, wenigei- b -j-c; Lobeck c, aber nicht so a-j-b.
Gleichwohl mufs man sich hierdurch nicht abschrecken
16
lassen von der Beschaftigung mil der Mythologie. Wer nicht
selbstslandige Forschungen zu machen bez\veckt, derbedarf
der zweiten und dritten Eigenschaft weniger; nur die erste
ist unter alien Umstanden unerlafslich. Wir verlangen nicht
vonJedem, der Philosophic studiert, dafs er selbst im Stande
sei, tiefe philosophische Gedanken zu producieren; wohl aber,
dafs er die gedachten nachderiken, wiederdenken konne.
Grade so ist es bei dem Studium der Mythologie: ihr Ver-
standnifs ist gekniipft an die Fahigkeit, Naturempfundenes
.wieder zu empfinden. Wer die Erde nicht als Mutter, den
Mond nicht als keusche Jungfrau, den Winter nicht als Greis
oder Wittwe u. s. \v. empfinden kann, dem freilich mufs die
Mythologie ein Buch rait sieben Siegeln bleiben.
Zweites Kapitel.
Litteratur der - griechischen Mythologie.
I. daellen: O. Muller Prolegg. za einer wiss. Myth. Getting.
. 8 p. 81 sqq, .
A. Directe. .
.. 1) Schriftliche. . . .. .
a) Dichter. ,
) Epiter: Schol. Venet. in Homer, ed. Villoison. Venet.
1788. fol. Bekker. Hesiodi, Eumeli etc. frgin. ed.
Ma rckscheffel Lips. 1840. 8. HesioiH Thepg. ed. v an
Lennep. Amste!o4. 1843, 8. Schomann. Apoltonii
- Rhod. .ArgonautidW'ed. .Wellanef. Lips. 1828. 8. II.
CaUimnchi Hymni etc. ed. Ernesti. LB. 1761. 8. II.
: (Ez. Spanheim). -^ Tzetzae commentarii in Lyco-
phronem ed. C. G. Muller. Lips. 1811. 8. Ill,
M. G. Hermann Handb. d. Myth. Bd. I. Hoin. u.
Hesiod. Berlin 1787. 8; 1800. 8. G. E. Burk-
hardt Handb. d. klass. Mythol. Bd. I. (Horn. .
Hesiod.) Leipzig 1843. 8.
17
/9) Lyriker : Poelae Lyrici Graeci ed. B er gk. Lips. 1843. 8.
Piridafi Opp. ed. Bockh. Lips. 1811 sqq. 4. ID.
(Gotschel. Zeyss. Eberz. Seebeck. Bippart.)
M.G. Hermann: Handb. d.Myth. Bd. n. Berl. 1790. 8.
y) Dramatiker: Aischylos (Cunerth. Klansen. Haym. Scho-
mann. Zimmermann. Nagelsbach.) SopJioliles (Schwab.
Fittbogen. Heaser, Peters.) Euripides (Mutter. Rum-
pel. lessen.) .
Aristophanes (Bottiger.) Schol. in Aristoph. Paris.
1842. 4.
6) Prosaiker.
) Geschichtschreiber: C. Miiller Fragmenta Hist. Grae-
cor. Paris. 1841 sqq. 4. HI.
) Mythographen : ' A. Westermann Mythographi
Graeci. Brunsv. 1843. 8. JpoHorfori Bibt. ed.
Heyne. Getting. 1803. 8. U. ed. Clarier. Paris
1805. 8. II. . | ;
/S/J) Logographen: Pherecydis et Acusilai fragm. ed. II.
Sturz. Lips. 1824. 8. Hellnnici fragm. ed. II.
Sturz. Lips. 1826. 8. " :
yy) Historiographen : Herodot (C.reuzer Comment.
Herodot. P..L Lips. 1818. 8. Th. Studer Quafide
dixerit Herod. Graecos- ab Aegyptiis deos*suosac
religiones accepisse? Berol. 1830. 4. ^'Botticher.
Hoffmeister.) Xenophon (J. Grammias Hist, deoram
ex Xenoph. Havn. 1715. 4.) Diodoros ed. Wesse-
ling. Amstelod. 1746. fol. He.yne de fontibns
Diodori, vor ed. Bipont. Tom. I. p.. XIX sqq.)
Plutnrch. . . .
rfJ) PoUtienschreiber: Beraclidis Politiarum quae extant
rec. P. G. Schneidewin. Getting. .1847. 8.
fs), Periegeten: Preller de historiaatqne arteperiege-
. tarnm .(Polemonis frgm: Lips. 1838. 8. p. 155 sqq.)
Pausanias (Konig de Pausaniae fide et aucto-
ritate. Berol. 1832. 8.) ed. Siebelis. Lips.
182228. 8. V.. ed. S chub art et Walz. Lips.
1838. 8. II. ed. L. Dindorf. Paris. 1845. 4.
ff) Geographen: Stralo ed. Casanbonus. Genev. 1587.
fol. ed. Kramer. Berol. 1844 sqq. 8. 1. u. II. Uebers.
von Groskurd. Berl. 1831 sqq. 8. IV. Stephanus
Byznntius ed. Meineke. Berol. 1849 sq. 8. II
TJTJ) Miscellanschriftsteller: Athenacus ed.. Sch-weig-
hauser. Bipont. 1801 sq. 8. XIV. Dindorf.:
C ob et. Lucianus. Paradoxographi graeci ed.
Westermann. Brunsyig. 1839. 8.
Griech. Mythologie. 2
IS
Lexikograpken : He&jahfas ed. Alfeerti. LB. 1746
und 66. fol. II. Suidas ed. Gaisford. Oxon. 1834.
fol. II. ed. Berntardy. Hah 1835 sqq. 4.
/S) Redher: Oratores Attici ed. J. Bekker. Berol. 1823 sq.
8. V. ed. Baiter et Sauppe. Turks. 1838 sqq. 4.
y)- Philosophen : Diogenes Lnef tins '&A^H^ibn en Lips. 1828.
, S. IV. (III. u. IV. Commentar deS Menage.) Cicero de
Nat. Deor. ed. Moser et Creu^ert Lips. 1818. 8.
AniiaGm CornuJMs (Phurttutus) 5r^i ^fwv (pvascos ed.
. Fr. Osann. Getting. 1844. 8.
2) ;Stoffliche. : .
n) Archaologische Denkmaler : O. Mftll er Handb. d. Arcjiaologie
und Kunst. ed. HI. Breslau 1847* 8.
ft} Miinzen: Eckhel Doctrina nummorum. Vindob. 1792 98.
4. VIII. Mionnet Description, de medailles antiques. Pa-
ris 180619. 8. VI. und I. Abbild. Sftpplem. ebend. 1822 bis
32. 8. IX.
) Inschriften: Bockh Corpus inscr. Gr* Bef 61. 1825 sqq. fol.
I-IH, 2.
B. Indirekte Quellen.
1) Roinische Sclmftsteller : Cicero (A, l,b,y) Auctores mytho-
graph! latini (Hyginus, Falgentitis, Lactantias, Albricus) ed.
A. v. Staveren. LB. 1742. 4. A. Mai Classic! auctores e codd.-
Vatic. Tom. II[. Rom. 1831. 8; (G. H. Bode Scriptores rer.
mytliic. latini tres. Cellig 1834. 8. II.)
2) Cliristliche Apologeteii: Athvnagoras nfje ffji&ta ns gl XQIGTIKVUV
ed. Rechenber-g. Lips. 1685. 8. TatiMi TIQOS "JSMyvas ed.
Worth. Oxoiu 1700. 8. -^- C?Jcmes,von Alexandrien Opp. ed.
Klotz. Lips. 1831 sqq. 8, IV. Enseltius Evnyyehxrls KTIO-
SstfratS nccQaffxev^ ed. Gaisford. Oxon. 1843. 4. IV. Ar-
nobius ad versus nationes libb. VII. d. Hil deb rand. Halis
1844.8; ed. Oehler. Lips. 1846. 8. . -r- Lactantius Divinae
institutiones ediO, F.Fritzs che. Lips. 1842. 8.
II.. Hiilfsmittel.
-A. Schriftwerke : Joannis Bocatii negi ytveKkoytas deorum libri
XV. Venet. 1472. fol. Basil. 1552. fol. Lili us Gyraldus
Historia deorum gentilium. Basil. 1548. fol. (Opp. Omn. LB.
1696. fol. I, 1468.) Natalis Comes Mythologiae libri X.
Venet. 1568. 4. Hanov. 1669. 8. Gerh. Joh. Vossiiis de
theologia gehtili et physiologia Christiana sive de origine et pro-
gressn idololatriae libri IX. Amstel. 1642. 4. Francof. 1675. 4.
(Opp. Amstel. 1701. fol.) Ant. Banier La mythologie et les
fables de Fantiquite expliques par 1'histoire. Paris 1710 sqq. 8. III.
(a Ja Haye 1713 sqq. II.) 173840. 4. III~ u. 12. VIII. (iibers. von
19
J. A. Schlegel u. Schrockh. Leipz. 175466. 8. V.) Fr. Creu-
z er Symbolik u. Mythologie d. alten Volker. Darmstadt 181012.
8. IV; 181922; 1836-43. (Guigniaut Religions del'antiquite,
ouvrage traduit de TAllemand de Dr. Fr. Creuzer. Paris 1825
sqq. 8. mit einem Recenil de planches). Joh. H.. V q s s MythoL
Briefe. Konigsb. 1792. 8. II; Stuttg. 1827. 8. HI; IV u. V. Leipz.
1834. 8. (a. u. d. T.: Mythol. Forschungen herausg. v. Brzoska).
Antisymbolik. Stuttg. 182426. 8. II. F. G. Welcker An-
liang zu K. Schwenk Etymol. mythol. Andeutungen. Elberfeld
1823. 8. p. 251 347. u. sonst in einzelnen Aufsatzen u. Werken,
z. B. Bine Kretische Kolonie in Theben. Bonn 1824. 8. Aeschy-
lische Trilogie Prometheus. Darmstadt 1824. 8. Nachtrag dazu
Frkfi a. M. 1826. 8; P. F. Stuhr Allgemeine Religionsge-
schichte der heidnischen Volker. Berlin 1836 sqq. 8. Bd. I. u. II.
Ed. Jac.obi Handworterbuch d. gr. u. rom. Mythologie. Ko-
burg u. Leipzig 1835. 8. (Neuer Titel 1846.)
K. Schwenk D. Mythol. d. Griechen. Frank, a. M. 1844.8.
M. W. Heffter Die Rel. <I. Gr.Rom. hach histor. u.
philos. Grundsatzeri. Brandenburg 1845. 8. (Neue Aufl. 1 848.)
K. Eckermann Lehrbuch der Religionsgeschichte und
Mythol. d. Torziiglichsten Volker d. "Alterthums. T!fach d.
Anordnung K. O. Miillers. Bd. I. a. n. Halle 1845. 8. (Neuer
Titel 1847.) -
B. Bildwerke: A. Hirt Bilderbuch fur Mythol. Archaol. u. Kunst.
% Hefte Text u. 2 Hefte Kupfer. Berlin 1805 u. 1816. 4. A.
N L. Millin Gallerie mythologiqiie. Paris 1811. 190 -Bl. (Deutsch
von Tolken. Berlin 1820. 8; 1847). Fr. Creuzer Abbildun-
gen zuir Symb. u. Myth; Darmstadt 1819. fol. (bedeutend vermehrt
von Gnighiaut Hi, A.) O. Muller Denkmaler d. alten Kunst.
Gottiiigen 1832 sqq. fol. bis jetzt 8 Hefte, das letzte von Wie-
seler. C-h. Lenormant u. J. de W i 1 1 e Elite des monuments
ceramographiques. Materiaux pour 1'intelligence des religions
et des inoeurs de 1'ahtiquite. Paris 1844 sqq. 4.
Prolegomena.
L. Noack. Die Religion in ihrem allgemeinen Wesen u. ihrer my-
thologischen Entwicklung. Darmstadt 1845. 8.
T. AJlgemeiner Theil.
Erstes Kapitel.
Vom Ursprung der Mythologie oder den Elementen der
. heidnischen Religion.
Chr. Meiners de falsarum religionum origine ac diffe-
rentia (Act. Soc. Getting. 1784); Allgem. krit. Gesch. d.
Religionen. Hannover 1805. sq. 8. II. Ph. Chr. Reinhard
Abrifs einer Gesch. d. Entstehang ii. Ausbildung d. relig.
Ideen. Jena 1794. 8. Sclileierriiacher Ueber d. Reli-
gion. Reden an d. Gebildeten unter ihren Verachtern. Ber-
lin 1799. 8. B. Constant De la religion. Paris 1824.
sqq. 8. V. (Deutsch von Petri. Berlin 1824 u. 27. 8. II.).
F. C. Baiir Symbolik n. Mythol. oder d. Naturreligipn d.
Alterthums. Stuttg. 1824 sq. 8. II. "
Die Frage nach dem Ursprange der Mythologie ist we-
sentlich nicht verschieden von der nach derh Ursprunge der
Religion (s. Einleit. 1,1). In den verschiedenen Mythologien
haben sich dieselben Empfindungen und Gefiihle zu befrie-
digen gesucht, wie im Christenthume, wenngleich auf andere
Weise; Wir haben demnach hier die beiden Voraussetzun^
gen oder Faktoren der Religion, das Subjekt und Objekt
derselben zu betrachten.
1. Das subjektive Element der Religion.
Subjekt der Religion kann nur der Mensch sein. Gott
und Thier haben keine Religion. Die Voraussetzung der
Religion daher nach Seiten des Subjektes ist das urspriing-
liche Wesen des menschlichen Geistes, seine ursprvingliche
Stimmung. Es ist als dieselbe zu bezeichnen das Gefiihl'
der Ohnmacht und der Ungeniigsamkeit des ver-
einzelten Daseins. Was man sonst wohl als den
subjektiven Grund der Religion 1 ) und somit als die ur-
Subjektiv.
Grand.
J ) Reinhard p. XIII sqq.
) Grund der Moglichkeit, gleich Erkenntnifsvermogen.
a) Fahigkeit oder Nothwendigkeit, wahrgenommene
Wirkungen von vorhergegangenen Ursachen ab-.
zuleiten .und dadurch hohere d. h. machtigere
und vorziiglichere Wesen, als wir selbst sind
(oder auch nur Eines dergleichen) zu denken.
p) Vernunft als das Vennogen, das Absolute zu
denken.
&) Grund ,der Wirklichkeft. Liegt in dem mit dem
Vermogen yerbundenen Triebe oder Bediirfnisse.
Dieser Trieb 1st:
) ein auf Gliickseligkeit gerichteter, sinnlicher;
^3) ein vernunftiger, auf Sittlichkeij; gerichteter.
,,Religiose Ideen entstehen also, oder werden wirklich im Ge-
muthe des Mensclien, wenn .
1) der sinnliche Trieb (der in den Trieb nacli Erkenntnifs und
nach Wohlsein getherlt werden kann) oder
2) der sittliche Trieb fordert, dafs er Ein -oder mehrere hohere
Wesen
1) als Ursache der Ereignisse in der Sinnen welt, oder
2) als Oberhaupt der moralischen Welt
anerkenne und verehre. Liegt der .Grund der Moglichkeit im Ver-
stande [a, ], so wird er mehrere Ursachen oder Gotter, liegt er in.
der Vernunft [ft, J, so wird er Eine letzte Ursache anerkeiinen."
(p. XV)." ..-'... .: . ; .... : : . .. ; .- . - ... -......-: ;.;..
23
sprungliche Stimmung des menschlichen Geistesgesetzth.il
(primitives Gottesbewufstsein, Furcht, Abhangigkeitsgefuhl),
das Alles ist erst eine F.olge jenes van uns als uranfa'ngliche
Stimmung des menschlichen Geistes angenommenen Gefuhls
subjektiver Ohnmacht. Denn diese ist rein subjeklives Ge-
fiihl mit Reflexivbeziehung auf das Subjekt selbst; wahrend
Gottesbewufstsein, Furcht, Abhangigkeitsgefiihl schon Be-?
ziehung auf em Anderes, Beziehung auf ein Objekt haben,
welches doch fur unsre Betrachtung noch gar nicht vor-
handen ist. Es ist freilich wahr, dafs das vollstandige
Bewufstsein seiner Ohnmacht dem Subjekt erst im Gegen-^
satze zu einem Objekt wird. Aber man sagt hiermit nichts
Anderes aus, als dafs unserm Geiste, so bald er keine aufsere
Natur sich gegeniiber ha'tte, jegliches Bewufstsein, mithin
auch das seiner Ohnmacht fehlen wiirde; dafs das Subjekt
als Subjekt gesetzt, schon ein Objekt, zu dem es Subjekt
ist, voraussetze. Darum handeit es sich indefs hier gar
nicht; vielmehr nur. darum, welche Regung des Subjekts
den subjektivsten Charakter habe, vpai Objekjt am unab-
hangigsten sei. Und da ist es denn eben keine Frage, dafs
dies das Gefiihl der Ohnmacht ist. Denn
1. der Begriff eines primitiven Go ttesbewufst-
seins 2 ) ist ein hypothetischer, erst durch das Christenthum
gegebener 3 ), den in dieser Weise weder die Philosophic
noch das Heidenthum 4 ) kennt, und den die Wissenschaft
der heidnischen Religion daher urn so mehr bei Seite lassen
*)-J. H. A. Ebrard, De cognitione Dei intiata. Erlang. 1841.
3 ) Clem. Alex. Str. V. p. 612. Tertull. adv. Marc. 1, 10. testiin.
anim. 1. Apol. cp. 17. Arnob. I, 33. Job* Damasc. Exp. fid. I, 3 :
T] yvwais rov elvcu &<ov <pvGiy.<os ^(Jilv iyxaT&nctQTKt,.
4 ) Cic. N. D. I, 16. 17; II, 4. 5. Tusc. I, 15. Seneca Epp. 117
de benef. IV, 68. Jamblich. de myst. I, 3. ZvvvnvQxei rjpaiv avty
rfj ova f ft rj negl #6<3r l/i^uro? yvdiais, xqfaeas rs naarfs tart
re xal
mufs, als .er, genau analysiert, nur als dag {iber siqh hinaus-
gegangene Gefiihl der .Ohnmaeht erscheint. Soil aber .das
,,primitive Gottesbewufstsein" die Mogliehkeit eines Verhait*
nis.se> zur Gottheit iiberhaupt, d. h. die Mogliehkeit zur
Religion liezeiehnen, so ist eben nichts damit gesagt.
2. Die Fur cht als den subjektiven Faktor der Reli-
gion zu setzen, ist einseitig 5 ), da die Liebe 6 ), die Bewun-
derung und andere positive Empfmdungen ebensogut zur
Entstehung der Goiter mitgewirkt haben, und dem Menschen
ebenso friih zum Bewufstsein kominen als die Furcht 7 ).
Ueberdies kann die Furcht schon una deswillen nicht als
letzte Quelle der Religion angenommen vverden, well sie
erst eine Folge der Ohnmacht.ist. Ich fcihle mich nicht
ohnraachtig, weil ich mich fiirchte, sondern umgekehrt: weil
ich mich ohnmachtig fiihle, fiirchte ieh mich ; ebensogut
als ich erst liebe, weil ich rm'r selbst nicht genug.bin 8 ).
3. Das Abhangigkeitsgefiihl liegt noch ferner ab
als Furcht und Gottesbewufstsein. Denn zu demselben ge-
langt der "Mensch erst, nachdem er im Kontakt mil einem
Objekt nicht bios seiner Inferioritat , seiner geringern Macht
sich bewufst geworden ist, sondern auch erfahren hat, ,dafs
dieses Objekt in direkter Beziehung zu ihm steht und an-
dauernde Wirkung auf inn ausiibt. Um ein Beispiel zu ge-
brauchen: Die dunkle, schwarze Gewitterwolke jkann in
5 ) Stat. Theb. Ill, 661 : JPrimns in orbe deos fecit timor. .
6 ) Cic. N. D. II, 5.
~) Daher denn einseitig auch Prodikos Recht hatte, wenn er
sagte, dafs die Ahen Sonne, Mond, Flusse, Qaellen, Triften und
iiberhaupt, was unsrem Leben niitze, wegen der daraus ffiefsenden
Wohlthat, fur Gotter gehalten hatten, und dafs darnm das Brod als
Bemeter^ der Wein als Diony&ps,. <ias Wasser als Poseidon, das Fener
als Hephaistos verehrt vrorden sei und so jedes Wohlthatige. Cic.
N. D. I, 42. Sext. Empir. I, 18, 52. Welcker, Kl. Schr. II, 520 sqq.
8 ) Vgl. Schleiermacher's Reden ttbef die Religion, p. 109
sq. ed. IV,
Menschen das Gefiihl der Furcht erregen; zieht sie voruber,
so ist in dem Menschen eben nur die Furcht rege gewor-
den. Soil das Abhangigkeitsgefuhl in ihm lebendig werden,
so ist erforderlich, dafs die Wolke donnere, blitze, der Blitz
neben dem Menschen niederfahre u. s, w. Mit andern Wor-
ten: zur Erregung des Abhangigkeitsgefiihls ist eine weit
w . - .
grofsere Thaligkeit des Objektes und eine weit positivere
Beziehung desselben zum Subjekt erforderlich als bei der
Furcht. Das Abhangigkeitsgefiihl ist weit weniger subjektiv
als die Furcht, und kann daher noch weit weniger als diese
als das urspriinglichste, d. h. subjektivste Gefiihl des Sub-
jektes gelten.
Alle drei aber Gottesbewufstsein,. Furcht, Abhangig-
keitsgefiihl postulieren weit mehr ein Objekt als die Ohn-
macht; ja sie qualificieren gewissermafsen schon das Objektj
indem sie es als ein in direkter Beziehung und Wirkung
zum Subjekt stehendes auffassen. Im Gegensatze dazu ist
die Ohnmacht als dasjenige Gefiihl zu bezeichnen, welches
von alien den subjektivsten Charakter hat und von dem
Objekt noch gar keine Qualitatsbeziehung auf sich pradiciert.
Denn als Objekt zum Subjekt Ohnmacht ist es zuhachst bios
Macht, Macht an sich, noch hicht Macht aufser sich, d. h.
noch nicht Macht mit Absicht auf das Subjekt. Ja, wir
konnen noch weiter gehen und sagen : das Gefiihl der Ohn-
macht erheischt gar nicht einmal ein Objekt; es ist nicht
durch ein A n d e r e s erregt, sondern durch das Subjekt selbst ;
es hat seinen Grund in der Qualitat des Subjekles qua We-
sen an und fur sich. , Das Gefiihl des Mangels an Kraft
kann durch ein machtigeres Objekt zum Bewufstsein ge-
bracht sein, aber. es kann auch unmittelbar sein, hervorge-
rufen durch die Unentwickeltheit des Subjektes.
Denn das Gefiihl der Ohnmacht ist zwar die ,erste
Regung des Bewufstseins, aber es hat wiederum seinen
25
Grund im Unbewlifsten. Wir haben namlich den Menschen
gleich anfangs als zwar mit den Anlagen und Fahigkeiten
zii Aliem, was er spater in seiner geschichtlichen Entwik-
kelung aus sich entfaltet. potentia als Alles, aber actu als
Nichts zu denken. Von alien seinen in ihm schlummernden
Moglichkeiten ist noch keine einzige zu Leben und Selbst-
standigkeit erwacht; er ist noch ganz unentwickelt. Somit
kann denn auch die erste Regung seines Bewufstseins keine
andere gewesen sein, als eben das Gefiihl dieser seiner
Unentwickeltheit, das Gefiihl seiner Ohnmacht. Denn das
ist eben das besondere der unentfalteten Kraft, dafs sie
grade so das Gefiihl 'der Ohnmacht erweckl, wie andrerseits
entfallete Kraft Selbstbewufstsein, Selbstvertrauen giebt.
In dem Bisherigen haben wir nun geseheri sowbhl, dafs
das Gefiihl der Ohnmacht das allererste im Menschen seij
als auch dafs es seinen Grund nur allein im Subjekt selbst
habe, nicht in einem Anderen aufser ihm, nicht in einem
Objekt. Dieses Gefiihl kann daher auch nur die letzte
Voraussetzung der Religion, nach Seiten des Subjekts hin,
sein. Religios ist dieses Gefiihl noch keineswegs , sondern
bios wie ich festzuhalten bitte die subjektive Voraus-
setzung der Religion. Gehen wir jetzt weiter und unter-
suchen, wie von diesem subjektiven Grunde aus zu dem
objektiven Grunde der Religion gelangt und aus dem Zu-
sammenwirken beider die Religion selbst wirklich werde.
Das Gefiihl der Ohnmacht ist wie aus dem eben
bemerkten hinlanglich erhellen wird ein negatives. Es
ist das G.efiihl des.Nichtseins; folglich nur etwas Acciden-
telles, nichts Substantielles. Es ist ein Verschwindendes.
Das Gefiihl des Nichtseiris ist aber fiir den Menschen als
ein unwesentliches, zugleich ein driickendes. Er sucht sich
dessen zu entledigen und hat die Sehnsucht nach Erlosung
seiner Unvollkommenheit unmittelbar mit seinem Dasein
26
selbst. Dieses Verlangen der Befreiung von seiner
macht, oder, was dasselbe ist, das Verlangen nach Macht,
kann der Mensch nun auf zwiefache Weise stillen : Einmal,
indem er sich selbst . stark > raachtig, die in ihm ruhenden
Moglichkeiten zu Wirklichkeiten macht und sich so das Be-
wufstsein der Macht, Selbstbewufstsein verschafft; zweitens,
indem er, da es ihm an eigener Kraft gebricht, sich nach
einer andern, aufser ihm seienden, umsieht und diese sich
zu eigen zu machen strebt.
Was das Erstere betrifft, so ist die Entwiekelung der
Kra'fte des Einzelnen die That seines Lebens, die Entwik-
kelurig der Kriifte der Menschheit die That der Weltge-
schichte. Wie sehr aber immer diese Entwiekelung gelingen
und fortsehreiten mag, nie wird sie, namentlich nicht die
des Einzelnen, dahin gebraeht werden konnen, dafs sie
einerseits in sich vollendet, andrerseits selbstbewufst genug
ware, um dies Selbstbewufstsein keiner andern Macht gegen-
iiber. zu verlieren. Um wie viel mehr niufs dies der Fall
sein zu Anfarige, wo die Entwiekelung iiberhaupt erst be-
ginnt. Da darf der Mensch nicht hoffen, durch sich selbst
zu einer Macht zu gelangen, wovon das Bewufstsein ihn
stets gleich sehr erfiillte. Er kann nicht mit einem Sprunge
seine ganze Entwiekelung volienden. Und selbst, wenn er
sie vollendet hatte, er wird sich immer vielen andern Mach-
ten gegeniiber als ein schwacherer und schwacher erapfin-
den und. deshalb als ohnmachtig. Er kann nicht allmachtig,
nicht allwissend, nicht korperlich unsterblieh sein ; und so
lange und weil er dies nicht ist und durch sich nicht sein
kann, wird er des Gefiihls seiner Ohnmacht durch sich nie
vollstandig le^ig werden > vielmehr sich nach einer aufser
ihm seienden Macht umsehen, durch Verbindung mit
welcher er <Jen Mangel 4er eigenen auszugleichen hof-
davf.
27
Wir hahen das Gefiihl der Ohmnacht als die subjektive
Vorausaetzung der Religion betrachtet. Baraus folgt,
dafs- -mil dem Gefiihl der Ohnmacht zugleich die Religion
wegfa'llt, dafs das Schwinden der Religion mil dem Schwhir
den jenes Gefiihls zusammenhangt; andrerseits folgt daraus
dafs, wenn die Ohnmachtigkeit und Beschranktheit mensch-
lieher Natur durch keine noch so polenzierte Entwickelung
ganz aufzuheben ist, auch unentaufserh'ch in dem Menschen
die Religion vorausgesetzt ist. Hieriiber habe ich mich
schon vorhin ausgesprochen. Was aber den ZusammenhaHg
zwischen dem Schwinden der Ohnmacht und dem Schwin-
den der Religion betrifft, so 'haben wir Beispiele dafiir genug
in unserer Zeit, wo Viele im Gefiihle der eigenen Kraft
uud ihrer Ueberlegenheit iiber Andere ein Selbstvertraiien
gewonnen haben, welches sie consequent der Religion ab-
gewendet und entfremdet hat. Aus dei* strotzendea Fulle
subjektiver Thatkraft und der Ueberschatzung der eigenen
oder der durch Association mil andern gewonnenen Maeht
sind dergleichen Erscheinungen ebenso erklarlich als der
* umgekehrte Fall, dafs schwachliche Charaktere und ein
grofser Theil des sogenannten schwachen Geschlechts iiber-
mafsig religib's sind bis zur Superstition. Auch. das Heiden-
thum liefert dieselben Erscheinungen (Aias, Polypheni) *).
Daher gottlose, freche, bose Figuren in der My thologie und
Sage riesenhaft an Grofse lind Kraft dargestellt za werden
pflegen (Polyphem, Hagen, Riesen der Kindermarchen). Dies
ist eine fiir das Verstandnifs von Mythen und Sagen nicht
unwichtige Bemerkung.
Ich kniipfe wieder an an den Satz, dafs der Menseh
durch sich selbst sich des Gefuhls der Ohnmacht nicht ent-
aufsern kann, sondern seinem innersten Wesen nach ange-
9 ) Grimm D. M. p. 358. not-
28
wiesen ist sich an Ein, alles Das, was er nicht ist und nicht
hat, seiendes und habendes Objekt anzulehnen, mil diesem
sich zu verbinden 10 ). Gilt dies fiir die ganze Menschheit
im Allgemeinen und iiberhaupt, um wie viel mehr fiir die
ersten Menschen, die noch ganz unentwickelt waren und
daher das GefuhL ihrer Schwache besonders lebhaft haben
mufsten. Ihnen blieb nichts anderes iibrig als sich an ein
Objekt anzuschliefsen, das entweder ihre Schwache schonte
oder durch Unterstiitzung aufhob. Indern sie der Unmog-
iichkeit inne waren, mit dem Mafse ihrer eignen Kraft sich
von jeder objektiven Macht zu emancipieren, sich ihr aequi-
valent gegeniiberzustellen, fiihlten sie sich auch unmittelbar
gedrungen, in ein Verhaltnifs zu dieser objekliven Macht zu
treten, Naturlich konnte dies keine andere objeklive Macht
sein, als eine solche, deren Uebermachtigkeit sie empfanden,
in deren Bereich sie sich fiihlten, deren Wirken auf sie von
ihnen wahrgenommen wurde. So entwickelte sich in der
Brust des Menschen das Gefuhl seiner Abhangigkeit von
allgemeinern und hohern Machten des Lebens, welches
Gefuhl sich individualisiert als Furcht und Liebe. Diese
beiden Empfindungen sind es, welche das Geiniith des Men-
schen religios beweg'en, aus denen subjektiv die Religion,
die yorstelhing von der Gotlheit entsprang, einer Gott-
heit, ,,vor der entweder in Furcht das Geiniith erbebt,
oder der es in .Liebe sich zuneigt." .- Hier erst konnen
wir von Abhangigkeitsgefuhl, von Furcht und Liebe
reden. .
Wir sind nunmehr vom Subjekt aus zum Objekt ge-,
langt. Betrachten vnr dies naher.
10 ) VgU L. Feuerbach Werke I, 440 sq. (No. 29 und 30.)
29
2. Das objektive Element der Religion.
Durch das eben bezeichnete Wesen des religiosen Sub-
jekts war schon das Wesen des religiosen Objekts im All-
gemeinen beslimmt. Dies nemlich fconnte in nichts Anderes
gesetzt werden, als in das Gegentheil der Ohnmaeht: die
Macht.
Der Begriff der Macht ist kein absoluter. Es ist Aes-
halb auch nicht nothig, dafs das religiose Objekt eihe
absolute Macht sei, sondern nur eine relative, eine Macht,
die das Subjekt iiberragt, die der Mensch als iiber ihm
stehend, ihn bedingend erkennt und die in ihm das Bedurf-
nifs erregt, sich an sie anzulehnen. Daher haben auch
Goiter, die nicht ailmachtig waren, naturlich aber immer
machtiger als der Mensch, entweder wirklich oder geglaubt,
dem religiosen Gemiithe der Heiden genug thun konnen.
Es fragt sich nur, welche Macht der Mensch als eine solche
iiber ihm stehende, ihn bedingende wahrnimmt und aner-
kennt. 11 )
") Alles was Eindruck macht, merkwiirdig ist etc.. wird
Gottheit oder mit ihr in Verbinduiig gebracht.
1. So weihten die Birmanen ein Eriegsbpot der Gottheit, well
es in einer fast unglaublich kurzen Zeit ilmen eine wichtige Nach-
richt \iberbrachte, durch welche die Nation gerettet ward, -Marryat,
Olla podrida, aus dem Englischen. Braunschweig 1841. thl. I, 159
(Werke Bd. L1I.)
2. Die Apolloniaten, als sie von den Epidamniern Hiilfe erbeten
batten, und anf den an ihren Mauern yoriiberfliefsenden Aias gewie-
sen waren, nahmen dies an, gaben dein Flusse die Spitze der
Schlachtreihe und siegten. Ton da ab sollen sie ihn gottlich verehrt
und stets in ihren Schlachten obenan gestellt haben. Valer. Max. I, 5
zu Ende.
3. ,,UeberalI, wo Bewegung ist, sieht der Mensch auch Leben.
Der rollende Stein scheint ihm entweder ihn zu fliehen, oder ihn zu
verfolgen; der tosende Strom stlirzt sichaufilm; irgend ein erziirn-
ter Gott wohnt in dem schanmenden Wasserfalle ; der heulende Wind
ist der Aosdruck des Leidens oder der Drohung 1 ; der Wiederhall des
Felsens prophezeit oder giebt Antwort, und-wenn. der Europaer;dem
30
. Die Maeht der Na'tuiv
W. v. Go the, der Mensch und die eleuientarische Nfrtar. Stutt-
gart 1845. 8.
Die erste objektive Macht, welche in dieser Beziehuhg
dem Menschen zutri. Bewufstsein korhint, 1st die Maefrt
des Naturlebens, die in der Natur wirksame und sieh
-bethafcigende Kraft, wie sie als solche dem Mensehen un-
raittelbar sich <iaTbietet. Die Lebendigkeit des Eindruckes
dieser Naturmacht auf das Gemiith der ersten Merischen
durfen wir nicht nach dem Eindrucke beurtheilen, den wir
von ihr empfangen. Wir sind dtirch eineh, Jahrtaus^nde
krag wider die Natur gefiihrten, Kampf dieser enlft-emd^t
und es ist uns schwer, ja wohl geradezu iinmoglich, mil
lauserm Gneist an sie so rucksichtslos uns hinzugeben, um
die twiendliche Fiille von Kraften, welche sie in sich tragt
wild die in ihr wirken, in ungelriibter Lebhaftigkeit zu eiai-
pfitiden. Darum werden wir auch nie ganz im Stande sein,
uns von dem Zustande eine vollkominene Vorstellung zu
machen, in welchem die ersten Menschen der Natur gegen-
iiber sich befanden. Wenn wir in die Natur treten, so
vernehmen wir viele Richtungen derselben gar nicht mehr.
Und nicht etwa bios solche, .welche einsehr empfindliches
Gefiihl voraussetzen. Wir sehen die Wolkeh ah, die der
Wind jagt, freuen uns vielleicht an der Bewegung und den
verschiedenen Gestaltungen, prophezeien baldigeh Regen
und damit gut; wir behagen uns in der Sonne, uns wird
wohl in ;ihrem Scheme, wir lieben sie aber damit ist es
Wilden die Magnetriadel zeigt, so erblickt dieser darin ein seinem
Vaterlande entfuhrtes Wesen, das sich. T>egierig und angstlich nach
ersehnten Gegenden kehrt." B. Constant, la Religion. Liy. IljCh. 2.
,,Wie der Wilde iiberall .da, wo Bewegung ist, Leben yoraus-
setzt, ebenso setzt er uberall, wo Leben ist, eine ihn betreffeitde
Wirkung ond Absicht vorans." ibifl.
31
aueh gui Weiture, tiefere, nachhaitige Empfindungen haberi
wir nieht von Wolke und Sonne; \vir erbeben racht mehf
bei ihrem Anblicke, uns dufchzittert nicht mehr rait stau-
nender, heiliger Ehrfurcht das Jagen der Wolken und der
Sennenschein. Was Uh land in seinem ,,FruhHngslied des
Recensenten" von Einigen in Bezug auf den Friihling sag^
das kann in Bezug auf viele andere Richtungen des Natur-
lebens von uns alien gelten. Die Natur nlit einem Musik-
sliicke vergleichend konnte man sagen> dafs, wie nicht jedes
Ohr so fein hort, um in dem Zusamraenklange einer Menge
von T6iBen jeden einzelnen oder den Wohlklang jeder bar-
raoniscfeeji Tonkambination wahraunehmen ^ | so auch unset
(iefiiblj durch maacherlei Ursacben in seiner ufsprfinglicbeh
Empfindsarnkeit beeintraehtigt, niebt mehr im Stande 1st,
manche Natartone zu empfinden, manche Harnsonien df
Natur in uns wiederklingen zu lassen. So kann Von tins
in gewisser Weise gelten, was Pythagoras sagte. Indem
ihn die Ordnung und Gesetzmafsigkeit des Weltgebiiades
auf den Gedanken, brachte, das harmonische Ineinanderwir-
ken der einzelnen Theile erzeuge eine Spharenmusik, er-
klarte er den Umstand, dafe wir .nichts davon horenj ans
dein allmahUgen Abstumpfen unsers Ohrs dafiir. .Auf unser
Verhaltnifs ztir Natur lafst sich dies mil mehr Griind an-
wenden. Denn hier wissen wir. wenigstens^ dafs bei ent-
sprechender Disposition unseres Geistes derselbe Wirkungen
von der Natur erfahrt, fur die er zii andern Zeiten unzu-
ga'nglich war.. Wir sind nur nicht immer und nicht durch
uns selbst so disponiert. Unsere Dichter miissen Tins diese
Naturgefiihle oft erst vermitteln odev besondere Umstande
uns dafiir empfanglich machen.
Nicht so war es bei den ersten Menschen. Diese mit
ibren unabgestumpften Sinnen batten keines Vermittlers
nothig, sie erapfandeh die Natur unmittelbar und nach ihrem
32
ganzen Inhalte. Gleichsam noch wie (lurch, eiiie Nabelschnur
auf das Innigste mil der Natur verkniipft, noch in unmittel-
barer Kindeseinheit mit ihr, bedurften die ersten Menschen
noch nicht eines Strebens, einer sie disponierenden Thatigkeit,
urn das Leben des Universums auf ihre frischen Sinne wir-
t
ken zu lassen, Unbewufst nahmeh sie es ganz und tief in
sich auf.
Denken wir uns den ersten Mensehen ohne alle Vor-
aussetzung, so wie er aus der Hand der Schopfung hervor-
ging, in die Welt gestellt. Alles ist ihm noch fremd und
unbekannt und wird daher, wie alles Neue, den lebhaftesten
Eindruck auf ihn machen. Sind uns doch die Bilder unsrer
Jugend grade deshalb so lebhaft, weil sie sich daraals, als
etwas Neues und Ungewohntes , mit grofsem Gewichte un-
serem Geiste einpragten. In wie viel hoherem Grade mufste
dies bei den ersten Menschen der Fall sein in Bezug auf
die Eindriicke der Natur. Zum ersten und mit einemMale
<lrangen sie in ihrem ganzen Reichthum auf ihn ein. Die
Sonne lacht ihn an und die bluuiige Flur; ihn stimmen
ernst das weite Meer, die Hohen und die Tiefen; Donner,
Blitz, Sturm erschrecken ihn; die Wolken, leicht und duftig
und an Gestalt und Farbe so mannigfach, die die Luft
durchschiffen und Regen, Schnee und Hagel zur Erde sen-
den, tragen seine Phantasie Jhinauf und iiber die Berge;
der Vogel Gesang und frb'hliche Geschaftigkeit stimmt ihn
Jieiter; das Wasser quillt und rinnt und fliistert; der Wind
rauscht geheimnifsvoll in den Blattern der Baume; und iiber
Allem wolbt sich in ewiger Ruhe und Klarheit der unend-
liche Aether. Alles dieses drang gleichzeitig auf den ersten
Menschen ein, und die Wirkung davon mufste urn so mach-
tiger sein, als er jeden einzelnen Eindruck ganz und auf
das lebhafteste empfand, weil er noch an keinen derselben
gewohnt, gegen keinen abgeschlpssen und verhartet war. --*-
Wenn wir'nach langerer Krankheit, wahrend welcher wir
von den Eindriicken unserer Lebensverhaltnisse etwas be-
freit zu sein pflegen, die Natur uns etwas Ungewohntes,
Neues, unser Gefiihl reizbarer geworden ist, zum ersten
Male wieder in die frische warme Friihlingsnatur hinaustre-
ten und jener dibnysische Hauch, der sie durchzieht und
durchweht, unser Herz beriihrt: dann empfinden wir wohl
ein Gefiihl, welches dem ahnlich sein mag, das einst die
Brust der erslen Menschen mufs bewegt haben. Tausend
widerstrebende Empfindungen , 'durch. die Natur hervorge-
rufen, stiirmten auf sie ein und machten, dafs sie sich in-
mitten aller dieser Fiille von Kraft und Leben ohnmachtig
fuhlten, dafs sie von dem Uebermaafse sie libermannender
Geftihle erdriickt wurden und niedersanken vor der Grb'fse,
Pracht und Herrlichkeit, die sie umgab. Hier, in diesem
Kontakt von Subjekt und Objekt, ist Religion vvirklich ge-
worden 12 ).
12 ) Vgl. Aristoteles bei Cicero. N. D. II, 37. ,,Wenn es Men-
schen gabe, die stets unter der Erde gewohnt hatten in schohen und
glanzenden, mit Stataen nnd Gemalden und alien iibrigen, zn einem
gliickliclien Leben erforderlichen, Dingen geschmuckten Wohnungen,
sie waren aber niemals iiber die Erde gekommen, ' sondern hatten
nur durch das Geriicht und vom Horensagen erfahren, dafs es eine
gottliche Wesenheit und Macht. gabe; wenn dann diese Menschen
einmal durch die geoffneten Erdspalten aus ihren verborgenen Sitzen
an die Orte kamen, welche wir b'ewohnen; wenn sie urplotzlich Erde
und Meer und Himmel gesehen, die Grofse der Wolken und der
Winde Kraft erkannt, die Sonne erblickt und ihre Grofse, Schonheit
und Wirknng, wie sie den Tag mache durch ihr iiber den ganzen
Himmel ergossenes Licht, erkannt; wenn sie ferner, sobald die Nacht
die Erde bedeckt, den ganzen Himmel mit Sternen gezeichnet und
geschiniickt, den Wechsel des wachsenden nnd abnehmenden Mond-
lichtes, d-en Aufgang und .Untergang aller Gestirne und ihren fur
alle Ewigkeit geordneten, unveranderlichen Lanf wahrgenommen
hatten: wenn sie dies alles gesehen, wahrhaftig, sie wiirden iiber-.
zeugt sein, dafs es Goiter gabe, und dafs alle diese Herrlichkeiten
Werke der Goiter seien." - Ygl. Sext. Emp. adv.Phys.Lb. IX, 22.
p. 554 Fabr.
Lauer Griech. Mythologie. 3
So nahmen also die ersten Menschen in der Natur cine
auf sie wirkende und ihnen unendlich ttberlegene Macht
wahiy den Naturgeist, welcher, wie er einerseits dem Men-
schen das Gefiihl seiner Ohnmacht recht lebendig zum
Bewufstsein brachte, doch andrerseits auch grade wieder
geeignet war, es aufzuheben. Nemlich im AUgemeinen
inwiefern er Macht war; im Besonderen inwiefern er eine
Macht war, deren enge, unmittelbare und wohlthatige Be-
ziehung auf ihn der 'Mensch erkannte. Darum zog denn
auch diese Naturmacht, dieser Nalurgeist, den Menschen an
sich und der Mensch ergab sich ihm, weil jene objektive
Macht der Natur ihm das Bedurfnifs, die Unruhe seines
bangenden, sich ohnmachtig fiihlenden Herzens stillte 13 ).
Man mufs dieses intensive Naturgefiihl, woraus dem
Menschen die Religion erwuchs, nicht verwechseln mit jenem
andern, welches in der Sentimentalitat und falschen Ro-
mantik zu Tage kommt. Dieses letztere ist krankhaft, aus
Ueberreizung oder verkehrten Zustanden der menschlichen
Gesellschaft hervorgegangen, zufallige Eigenschaft schwiich-
licher Seelen, partikular, voriibergehend; jenes ist gesund,
frisch, lebendig, thatkraftig, klar in sich, allgemein, ewig,
weil es auf dem wesenhaflen Verhaltnifs des menschlichen
Geistes zur Natur beruht. Es ist das Produkt unverdorbe-
ner, einfacher, durch keine verschrankende Einfliisse der
Kiiltur beeintrachtigter Gemiilher. Jenes ist Empfindsamkeit,
dieses Empfindung. Und zwar eine Empfindung der tiefsten
und umfassendsten Art. Man kann sagen, sie ist Empfin-
dung schlechthin, well sie alles empfindet und mit gleicher
13 ) ,,Est enim animorum ingenioramque hatarale qUbddam pa-
bulum consideratio contemplatioque naturae, Erigimur, elatiores
jfieri videmur, humana despicimus, cogitantesqne supera atque coe-
lestia haec nostra, ut exigua et minima, contemnimus." Cic. Acad.
II, 41.
3ft
Lebendigkeit jede Regung der Natur in sich aufnimmt. Sie
war das Eigenthum jener ersten Menscheri, weil diese noch
gegen niehts gleichgiiltig und abgestuiiipft sein konnten,
die Natur in alien ihren Richtungen, ganz und als Ganzes,
als eine, alJgemeine Macht empfiriden niufsten. Alles was
das Auge schaute o der das Ohr beriihrte und der Sinn er-
fai'ste, tonte in der Seele wieder und so vielseitig und so
stark, dafs es in derselben nur ein chaotisches Ineinander-
wogen vpri Empfindungen gegeben haben kann, die alle von
dem Naturgeist erzeugi \varen. 1st nun diese Beziehung
zwischen Subjekt und Objekl Religion, so kann diese Reli-
gion der ersten Menschen nur als ein ; primiliver Pan-
theism us bezeichnet werden, in welchem der Naturgeist
noch nicht nach seinen einzelnen Richtungen, sondern eben
nur als ein Ganzes, Allgemeines , in seiner Totaiitat ,erfafst
und gefiihlt wurde. Dieser primitive Pantheismus ist die
Urreligion, aber nicht die erste Form der Religion. Er
geht alien bestimmten Religionsformen voran und liegt alien
zum Grunde. Er ist die Voraussetzung aller Form, fprmlos.
Und wie sich aus dem Chaos, nach griechischer Vorstellung,
alle Formen des Daseins entwickelt haben, so aus diesem
primitiven Pantheismus alle Religionsformen.
Jene Universalitat der Empfinduhg in den ersten Men-
schen la'fst tins den Zustarid derselben als eirien besonders
herrlichen erscheinen. Denn herrlich und begluekend mufs
es sein und ist es, mit noch nicht beeintrachtigter und ge-
schmalerter Empfindungsfahigkeit nicht bios . den ganzen
Reiz der Natur, sondern auch des Menschenlebens zu ge-
niefsen. Diese geistige Universalitat jener ersten Zeit hat
in den nachkommenden Geschlechtern, welche immer mehr
an Empfindimg zusammenschrumpften, jenen schonen Mythos
dem paradiesischen Leben erzeugt, welches die ersten
3*
Menschen sollten gelebt haben u ). Ein Paradies, ein goi-
denes Zeitalter steht jedem Volke zu Anfange seines Daseins,
und jeder von uns blickt auf seine Jugend mil so viel Liebe
und Sehnsucht, weil er fiihlt und weifs, wieviel er an Em-
pfindungsfahigkeit und Weichheit des Gemuths eingebiifst
habe. Keine Erzahlung im ganzen Alten Testament ist
psychologisch wahrer als die von den ersten Menschen>
ihrer Uhschuld, dem Paradiese und dem Falle.
Ich sagte, dafs der Naturg'eist die erste objektive Macht
sei, welche dem Menschen zum Bewufstsein komme und
dafs der Einflufs dieses Naturgeistes bei den ersten Men-
schen ein iiberwaltigender gewesen sein musse; ich bemerkte,
dafs mit der hierdurch bewirkten Hingebung und Ergebung
des ohnmachtigen Subjektes an das machtige Objekt Reli-
gion wirkli'ch geworden, ja dafs diese Hingebung selbst
Religion sei; ich machte endlich noch darauf aufmerksam,
dafs,'wegen der noch durch nichts geschmalerten Vollkom-
inenheit des Empfindungsvermogens in den ersten Menschen,
die Natur in alien ihren Richtungen, als Ganzes, als Tota-
litat empfuhden, und deshalb die Urreligion als ein prinii-
tiver Pantheismus zu bezeichnen sei. Es fragt sich nunmehr,
ob die ersten Menschen aufser der Natur noch ein anderes
Objekt sich gegeniiber haben konnten, durch das sie gleich
oder ahnlich bewegt und ergrifFen wprden wa'ren? Und ob
es demnach aufser jener Urreligion noch eine andere geben
14 ) Indem ihnen die Natar Gott war und sie mit dieser eng ver-
banden lebten , lebten die ersten Menschen in inniger Gemeinscliaft
mit der Gottheit, den Gb'ttern. Da der Gang der mensciilichen
Entwickelnng in immer grofserer Loslb'sung von der Natur besteht,
so fafst das heidnisch-religiose Gemiith dies als eine Loslb'sung von
der Gottheit, als eine immer grofsere Entfremdung von ihr, als eine
Verschlecliterung der Gesinnung auf. Dies ist .in der Sage vom
Prometheus ausgedruckt und von dem goldenen Zeitalter. (Data bei
Bergk. Reliq. com. att. antq. p. 188 sqq.)
37
konne, von jener verschieden, niindestens aber in der Ur-
religion aufser dem natvirlichen noch ein anderes Element?
&. Die Macht des Menschen.
Da es im Bereiche der Natur aufser der sinnlichen
aiifsern Natur nur Ein davon Unterschiedjenes giebt, den
menschlichen Geist, so ist jene eben gestellte Frage gleich
mit der: ob der Menseh seinem geistigen Sein nach sich
selbst ein solches Objekt konne gewesen sein, wie er es als
ohnmachtiges Subjekt erheischt? Diese Frage ist unzweifel-
haft mit Ja zu beantworten.
Es lafst sich kein erster Menseh denken, sondern nur
erste Menschen. Menseh ist der Menseh nur in Verbindung
mit andern. Der Mann wiirde die Menschheit nur einseitig,
nur zur Ha'Ifte darstellen, ebenso die Frau, daher mindestens
aber aiich nothwendig neben dem Manne noch das Weib
zu denken ist und damit weiter die Familie. Die Mosaische
Urkunde 15 ) driickt dies sehr schon mit den Worten aus : } ,Nach-
dem Gott die Welt und Adam geschaffen, sprach er alsbald:
Es ist nicht gut, 1 dafs der Menseh allein sei; ich will ihm
eine Gehiilfin machen, die um ihn sei." Hieher gehort auch
der Ausspruch des Aristo tele's, dafs der Menseh ein twov
no^itiv.ov sei, und dafs. der, welcher in strenger Abgeschie-
denheit von Andern lebte, entweder ein Gott oder ein
reifsendes Thier sein miisse. Wie der Menseh durch seine
subjektive Ohnmacht und die Ungenugsamkeit seines ver-
einzelten Daseins im letzten Ende an die Verbindung mit
der objektiven Macht gewiesen ist, so aus demselben Grande
zunachst an die Association und Verbindung mit seines
Gleichen.
Wenn wir also von Anfang an den Menschen neben
15'
') I, 2, 18.
dem Menschen und im Familienverbande sehen , so fragt
sich eben, ob hieraus nicht Seelenbewegungen fur ihn heri-
vorgehen, welche er als nicht von dem Naturgeist erzeugte,
auf ihn unmittelbar zuriickzufuhrende, sondern als davon
verschiedene, aber gleichwohl gewaltige und von eineriiber-
legenen Macht herstammende erkennt; v mit einem Wort, ob
nicht, er selbst sich als Objekt gesetzt, aus dem Verhaltnisse
des Menschen ztim Menschen Seelenbewegungen resultieren,
welche in ahnlicher Weise, wie die aus der Natur entsprun-
genen, ihn ergreifen und die Vorstellung von ein'er hohern
Macht in ihm hervorrufen? Und daran ist, wie gesagt, nicht
zu.zweifeln. ,
Sobald nemlich, nach dem bisher Auseinaridergesetzten,
religiose Empfindung oder Religion entsteht aus demjenigen
Verhaltnisse des Suhjekts zum Objekt, in welchetn dieses
die Ohmnacht jenes theilweise oder vollstandig aufhebt, so
naiissen religiose Empfindungen auch aus dem Verhaltnisse
des Menschen zum Menschen hervorgehen, im Falle auch
:durch dieses Verhaltnifs eine theilweise, mehr oder minder
vollstandige Aufhebung der Ohnmacht bewirkt wird. Dais
dies nun wirklich statt habe, liegt auf der Hand. Ich will
hierbei nicht grade an ein Wort Luther's erinnern, welcher
sagte, dafs uns Jemand, der uns im Dunkeln oder in der
Verirrung und Einsamkeit begegne , lieber sei und mehr
heruhige als das innigste Gebet 16 ); auch nicht daran, dafs
selbst schwache Leute grolsen Muth und grofses Selbstver-
trauen ge\yinnen, wenn sie in Masse zusammen sind, wobei
e.ben wiederum ihre Vereinigung mit andern das Gefiihl der
Ohnmacht ihn.en nimmt 17 ), Wohl aber sind hier eine Menge
16 ) ,,Dem Menschen ist
Bin Mensch noch immer lieber al& ein Engel."
Lessing, Nathan I, 1 gegen Ende.
17 ) Vgl. Luther bei Feuerbach I, 334, 335, 336, 337.
80
anderer Verhaitnisse des menschlichen Lebens zu beachten,
in denen und durch die dasselbe stattfindet. Lassen Sie
uns zunachst an das einfachste aller Verhaitnisse denken,
an die Liebe des einen Menschen zum andern 18 ). .Jene
geistige Macht, welche zwei Menschen auf das innigste mit
einander verband, zu einander trieb, an einander fesselte,
das auf beiden Seiten gleich stark war und daher nicht aus
der Qualitat des Indiyiduums hergeleitet werden zu konnen
schien, um so weniger, als, man doch in dem Andern immer
nur seines Gleichen sah diese geistige Macht, welche auf
das intensivste die Herzen bewegte und hielt, mufste noth-
wendig als eine Uebermacht erscheinen^. als Wirkung und
Wohlthat eines hoheren Geistes. Und zwar eines Geistes,
weil hn Bereiche der Natur sich nichts fand, wovon man
jene grofse Seelehbewegung hatte herleiten kSnnen i9 ). -
Oder betrachten wir ein anderes ... Verhaltnifs. Der Eine
zeichnet sich vor den Andern aus durch Muth, Klugheit,,
oder durch Verblendung, selbst Wahnsinn, iiberall nahm
man Eigenschaften wahr, die sich inarkierten; man bemerkte
ihr Vorhandensejn, erkannte sie als etwas Andern Fehlendes
an und konnte sich doch nicht Rechenschaft dariiber geben,
1S ) ,,Mein Abgott, mein Engel, meine Gottin"!!
19 ) Da nun die Minne das vollbrachte
und mich zuuii Ueberwund'nen inachte,
so treibt sie Pflicht und Recht dazu,
dafs sie der Zweien eines tliu;
sie mir in Liebe zuzuwenden, .
sonst mache sie. mein Lieben enden:
dena anders ware ich verloren.
Dafs ich. zur Freundin hab' erkoren
die Feindin, die mich hafst so selir,
kommt nicht von meinem Sinne her:
Da ist allein die Minne Schuld. .
Hartmann y. d. Aiie Iwein 1647 sqq.
(Fr. Koch, d. Ritterbuch Bd, I. Halle 1848. 12. p. 58.)
40
woher sie entstanden. So kam man ganz einfach dazu, sie
als Gabe oder Schickiing einer geistigen Macht auzusehen,
die vorzugsweise Ira Besitze derselben ware. Alle solche
Verhaltnisse, die im Menschenleben und durch dasselbe zur
Erscheinung kommen, nenne ich ethische, mil pragnanter
Bedeutung dieses Wortes, riicht als identiseh mil ,,sittlich."
Und alle diese Verhaltnisse bewegen mehr oder minder das
Gemiith der Mensehen und mufsten deshalb auch kohsequent
von einer Ursache abgeleitet werden, die, weil sie in der
aufsern Natur nicht zu entdecken war und nicht mit dem
Trager identificiert wurde 20 ), als geistige Personlichkeit ge-
dacht wurde und wiederum als eine machtige, weil sie>
wenn sie nicht rna'chtig, nicht mach tiger als der Mensch'
gewesen ware, diesen ja nicht hatte. bewegen konnen.
Aus den verschiedenen, durch die Einwirkung des Mensehen
auf den Mensehen erzeugten, Seelenbewegungen aber tritt
besonders eine hervor, die gewaltigste von alien -, die
gewaltigste, weil keine so wie sie dem Mensehen das Be-
wufstsein seiner Ohnmacht aufdringl, ja vor Augen ftihrt.
Diese Macht, der keine andere in dem ganzen Bereiche der
Natur _ gleichkommt, der zu entrinnen dem Mensehen all' und
jedes Mittel fehlt, die schonungslos und ohne Erbarmen
uberall hineingreiftj die Gewaltigsten niederschmettert, die
Starksten vernichtet , diese Macht ist der Tod 21 ). Ver-
setzen wir uns in die Seele der ersten Mensehen. Mitten
in der Freude des Daseins, im Kreise der Familie, sehen
20 ) Vergl. jedoch Buch der Weisheit 14, 15 sqq. und Grimm,
Gesch. der deutsch. Sptache I, p. 19.
21 ) ,,Die Gbtter .sind nur die iibermensclilichen Machte in zweiter
Instanz, aber die ubermenschliche Macht in erster Instanz, die Macht,
vor der zuerst der Mensch das Knie beugt, ist die Macht der Noth
die Macht iiber Tod und Leben." L. F e u e r b a ch Sammtl. Werke
Bd. I. Lpzg. 1846. 8. p. 361. vgl. p. 340.
41
sie durch unsichlbare Hand plotzlich ein Leben verloscht,
das bis dahin noch sich ,gefreut, den Arm gelahmt, der
ihnen sonst in den Muhen und Arbeiten des Lebens hulfreich
beigestanden hatte. Sie fuhlen sich plotzlich verwaist und
einsam, das Gefuhl ihrer eigenen Ohmnacht und Hinfalligkeit
tritt ihnen mit erneuter und scharf fassender Kraft vor die
Seele. Sie erbeben auf das tiefste bei dem Anblicke des
Todten, an dem sie die gewaltige Hand einer ernsten uh-
sichtbaren Wesenheit und ihr eigenes Geschick erkennen 22 ).
Die Seelenbewegungen, die hieraus entstehen, sind gleich*
falls als ethische zu bezeichnen und unter alien als die be-
deutendsten anzusehen. Dies hat sogar Manche yeranlafsti
an sie den Ursprung der Religion anzuknupfen. Einige
haben dies sehr unverstandig in der Weise gethan, dafs sie
behaupteten, Todtenkult, d. h. eine gottliche Verehrurig der
Gestorbenen selbst, sei die Quelle aller Religion (i'ch spireche
hier natiirlich stets nur von der heidnischen) gewesen 23 }.
Das ist zwiefach einseitig; 1) weil alle'andern, sowohl
schen als naturlichen (d. h. dureh die Natur erzeugten)
lenbewegungen hintenangesetzt werden; 2) weil aus Vereh^
rung der Gestorbenen nur ein Damonen- oder Heroenfcult
hervorgehen kann, nicht aber Religion. Bei weitem riehtiger
und mit Geist geltend gemacht ist die Meinung Stuhr's,
der gleichfalls von den Seelenbewegungen, welche der Tod
hervorruft, als der Hauptquelle der Religion aiisgeht. In
Bezug auf die griechische meint er, dafs der dpdonaische
Zeus die alteste Form dieses Gottes urspriinglich
heryorgegangen sei aus dem Glauben an das Umschwebt-
s - a ) Vgl. E. Simon, Geschichte des Glaubens an ejttie Geister-
welt. Heilbr^ 1834. 8. ' . '
23 ) Z. B. L. Rofs, Hellenica Bd. I. 1. HaUe 1846. 4. p, .41.
Hugh Farmer The general Prevalence of the Worship of human
Spirits in the ancients Heathen nations. London 1783. 8. 495 S.
42
werden von den Seelen der Verstorbenen, indem das Wesen
der Abgeschiedenen im Zeus zum Einheitsbegriff zusammen-
gefafst sei; und wie Zeus als allgemeines Sinnbild der
mannlichen Verstorbenen gedacht sei, in demselben Sinne
Dione als ein Bild fur die weiblichen. Dem Glauben an
die Damonen, d. h. dem aus der Verehrung der Seelen der
Verstorbenen als Beschiitzer des Hauswesens der Hinter-
bliebenen entstandenen Glauben , entspreche das Wesen
reiner Geistigkeit, zu dessen Vergegenwartigung in der Vor-
stellung sich das Bewufstsein anfangs rein an die Erinnerung
an;die Seelen der Verstorbenen und an die Empfindung des
Urtischwebtwerdens von denselben gehalten habe. Nach
und nach habe sich diese Empfindung mehr und mehr zur
Gegenstandlichkeit ausgebildet und die Vorstellung des Zeus
Und der Dione hervorgerafen 24 j. Wahrhaft gegenwartig sei
dem Bewufstsein der >alten Pelasger ihr Zeus indefs nur in
seinen Wirkungen geworden, wenn er im Rauschen des
Windes darch die Luft lind die laubige Krone der Eiche
sich bewegte. Hier finde sich schpn durch Vermittlung einer
an die Vorstellung von Wind und Luft sich anschliefsenden
sinnlichen Auffassungsweise eine im Bewufstsein vollzogene
Uebertragung geistiger Ahnungen auf Naturanschauungen 25 ).
Dieses Hineinsenken urspriinglich geistiger Ahnungen in die
Natur sei immer mehr vollzogen, habe so die in sinnlich
plastischer Gestalt erscheinenden griechischen Gotter eraeugt,
schh'efslich aber durch vollstandiges Hineinsinken in die
Natur der ganzen grjechischen Religion den Untergang ge-
bracht. So miisse die Naturseite der griechischen Religion
gefafst werden, Es sei eine im Bewufstsein vollzogene Be^
geistigung des Naturlebens, aus welcher sinnbildliche Vor-
z4 ) P. F. Stuhr Religionss. d. Hellen. p.
) Stuhr a. a. O. p. 43.
stellungen Hervorgingen , an denen sich mehr die inner en
Bewegungen des Seelenlebens abspiegelten, ills das a u ST
sere Leben der Natur. Die Natur sei im Bewufstsein
durch den Geist belebt und beseell worden 26 ). :i
Stuhr gent" also- voii der ethischen Macht des Todes
aus und leitet hieraus den Ursprung der griechischen .Reli-
gion ab. Oder, um alles in meine Terininologie zu iiber-
setzen, er erklart den Ursprung der Religion aus dem
Kontakt des religiosen Subjekts mil dem von uns als zweites
gesetzten religiosen Objekt , dem Menschengeist, den er
seiner Hauptaufserung nach im Tode fafst, Dem : ersten
Objekt, dem Natiirgeist, raumt er keinen Antheil bei Ent-
stehung der Religion ein, sondern erkentit bios eine Ueberr
tragung der aus der Beriihrung von Subjekt mit Objekt?
gewonnenen religiosen Empfindungen lind Yorstellungen-auf
die Natiir an. Ich kann diese Ansicht nicht theilen. Die
Griinde sind leicht aus dem zu entnehmen, was ich in Be?
treff der Wirkungen gesagt habe, welehe die Natur no th-
wendig auf die ersten Menschen ausubeq mufste. War die
Natur ihnen nicht gleichgiiltigy sondern brachte sie Bewe-
gungen und ergreifende Eindriicke in der Brust hervor,
dann mufs sie auch ztir Entstehung der Religion mitgewirkt
haben. :
Indem ich so von Stuhr abweiche, kann ich nicht
umhin, auf das grofse Verdienst anfraerksam zu nntachenj
weiehes diese seine mit vie! Geist von ihm durchgefuhrte
Ansicht hat. Sie zum ersten Male hat sowohl jener mater
rialistischen Auffassung der Mythologie, wonach diese nur
auf die Natiir zurUekzufuhren ware, als auch jener moriir
h'schen Auffassung, welehe in der ganzea Mythologie nur
Personifikationen von Begriffen fand, wirksam entgegeu-
Stuhr a. a. O. p. 47.
44
gearbeitet. Ein Verdienst, welches alle diejenigen seinem
hohen Werthe nach zu schatzen wissen, welche gezwungen
gewesen sind, sich durch eine Menge von Schriften durch-
zuarbeiten, von denen die materialistisehen durch ihr wiistes
Material ebenso ungeniefsbar sind, als die mit BegrifFen ope-
rierenden durch ihre Begriffslosigkeit.
Noch em Anderes in der Stuhr'schen Ansicht ist, und
mit Zustimmung, hervorzuheben, nemlich dies, dafs in der
Religion eine Uebertragung ethischer Momente auf Natur
ebenso stattgefunden habe, als eine Vergeistigung, Yerkla-
rung der Natur. Dies naher nachzuweisen, ist hier nicht
der Ort; ich werde es spaterhin an den einzelnen Gotler-
gestalten thun. Hier will ich nur darauf aufmerksam ma-
chen, dafs diese gegenseitige Beriihrung und Durchdringung
der. aus beiden Objekten gewonnenen Eleniente, meiner
Meinung nach, als eine uranfangliche zu. setzen ist. Die
ethische Empfindung blieb nicht ohne Anlehnung an ein
Naturobjekt, und die Naturempfindung ward zu einer ethi-
schen verklart. Nur darf man hierbei nicht denken, dafs in
jenen Uranfangen die einzelne Empfindung als solche fest-
gehalten worden sei. Die dazu nothige auseinanderhaltende,
unterscheidende Kraft fehlte dem Bewufstsein der ersten
Menschen noch. Wie sie die Natur als ein Garizes erfafs-
ten, so entstand ihnen aus den vefschiedenen ethischen
Regungeh die Vorstellung allgemeiner Geistigkeit, ganz un-
bestimmt, verschwimmend. Und wiederum konnen sie nicht
im Staude gewesen sein, diese zwei Arten von Eindriicken,
naturliche und ethische, zu sonderri, weil sie damals noch
nicht zur Kraft der Unterscheidung gelangt waren. \ 7 iehiiehr
die aus beiden Objekten (Natur- und Menschengeist) auf
das Subjekt \iberstromenden Gefiihle bildeten in diesem ein
Chaos von Enapfindungen, in welchem die beiden Elemente,
aus denen es gemischt war, Eine verschwimmende Masse
45
ausmachten. Die Urreligion war -urn es zu wiederholen
eine form- und gestaltenlose, pantheistische.
Fragen wir, welches Element in diesem Chaos von
Gefuhlen das iiberwiegende werde gewesen sein, so habe
ich mich schon gegen Stuhr fur das Naturelement ent-
schieden, ohne damit im mindesten das geistige Element
gering anschlagen zu wollen. Aber einmal scheinen mir
die von der Natur ausgehenden Eindnicke urn deswillen
tiefer gewesen zu sein, weil die Natur stets dieselbe und
eine allgegenwartige ist, wahrend dies in derselben Weise
von den ethischen Verhaltnissen nicht zu sagen ist; iind
zweitens gehort zu der Komplicierung von Verhaltnisserij
in -welchen die ethischen Seelenbewegungen in voller Kraft
und Bestimmtheit, in einiger Vollstandigkeit ztir Erscheinung
kommen, ein nicht unbetrachtlicher Zeitraum^ bis zu dem
hin also die Natur mit entschiedenem Uebergewicht auf did
Menschen influiert hatte.
Ich bitte, aus den bisherigen Untersuchungen festzu-
halten 1) dafs zur Entstehung der Religion zwei objektive
Faktoren gewirkt haben, Macht der Natur und Macht des
Menschen, beide, nicht einseitig entwedef Natur- oder
Menschengeist ; aber der erstere Faktor bedeutender; 2) dafs
das Produkt dieses zwiefachen Objektes und des Subjektes
eine Religion gewesen sein miisse, die, bei gegenseitiger
Durchdringung des natiirlichen und ethischen Elements in
ihr, pantheistisch war, eirierseits wegeh der universellert
Empfindungsfahigkeit .des Subjektes, andrerseits wegen
der noch sehr unbedeutenden Urtheilsfahigkeit des Sub-
jektes, vermoge welcher dieses spwohl im Objekt als in
seinen subjektiven Empfindungen hatte sondern und unter-
seheiden konnen. Lafst sich aber aufser den genannten
beiden nicht noch ein drittes Objekt denken? Sehen wir.
46
c. Die Macht Gottea.
Wenn der absolute Geist Gott in dasUniversum
nicht aufgeht, mit ihm nicht zusammenfallt, .sondern der
Lehre des Christenthums zufolge Golt.zwar in der Welt
und im Menschen sich ofFenbart, aber nicht erschopft; wenn
er aufser ihnen seine gesonderte Existenz, seine Persb'nlich-
keit bewahrt, sich bei sich behalt; kurzum, wenn es einen
aufserweltlichen personlichen Gott giebt 27 ): so isf klar, dafs
dann noch ein drittes Objekt vorhanden ist.fiir das religiose
Subjekt. Da nun der subjeklive Grund der Religion in dem
Gefiihle der Ohnmacht zu suchen war, aus welchem ebenso
die Liebe zum Leben und die Furcht vor dera Tode, d. b.
das Streben, die Personlichkeit zu bewahren, hervorgeht,
als es von dem Wesen des Menschen nicht zu trennen ist:
so : leuchtet ein, dafs es fur das religiose Bewufstsein kein
hoheres und sein Veiiangen mehr befriedigendes Objekt
geben:kann, als einen personlichen Gott , der allinachtig
ist; der z war die Welt der Erscheinungen und den Men-
schen durch sein allmachtiges Wort erschuf und ins Dasein
rief, selbst aber personlich iiber aller Erscheinung steht und
doch allgegenwarlig, ewig, unwandelbar, allgutig, allweise
ist. 1st Religion Bedurfnifs des Menschen und haftet an
ihm unentaufserlich das Verlangen nach Verbindung mit
einer objektiven Macht, so kann keine andere Religion
jemais dem menschlichen Herzen so voile Gentige leisten
als die christliche; so ist sie die absolute Religion, Religion
schlechthin. Denn der Gott, welchen das Chrislenthum
2T ) G. A. Fricke Argumenta pro Dei exitentia exponnntur et
judicantur. P. I. Lips. 1847. 8. 77 S
F. J. Stahl Fundamente einer christlichen Philosophic, ed. II.
Heidelberg 1846. 8.
Fortlage Darstellung und Kritik der Bevreise fur's Dasein
Gottes. Heidelb. 1840.
lehrt, ist in allem unendlich: an Macht, Liebe, HeiiigkeiL
Hierin liegt das Geheimnifs, weshalb vor dem Christenthuine
alle heidnischen Religionen zu Schanden gewprden sind und
haben zu Schanden werden miissen. Denn sie alle batten
.statt Eines, alle Gottlichkeit in sich vereinigenden Gottes,
eine Vielheit von Gottern, statt eines absoluten, vollkom-
menen, unendlichen Goties nur relative, unvollkommene,
beschrankte Gotter 28 ).
Soil nun aber dieser aufserweltliche Gott in seiner
ewigen Wahrheit und Unendlichkeit Objekt der Religion
werden, so kann er dies nur auf dem Wege der Oiffenba-
rung und nur auf diesem 89 ). Wir batten also anzunehmen,
dafs, wenn dies dritte Objekt ausschliefslich oder mitvvirkend
bei dera Ursprunge der Religion betheiligt gewesen ware,
Gott sich den ersten Menschen geoffenbart hatte iind dafs
folglich jede heidnische Religion nur eine mehr oder minder
grofse Triibung und V erfalschung der reinen urspriinglichen
Religion, der geoffenbarten WahrKeit ware 30 ). Und dies ist
allerdings die Ueberzeugung einer grofsen Menge von My-
thologen ehedem gewesen und noch jetzt 31 ). Sie haben
diese Ueberzeugung in verschiedener Weise ausgesprochen.
Die Einen meinten, Gott habe, wie den Moses im feurigen
Busche, die ersten Menschen unmittelbar unterrichtet , An-
dere, die Engel des Himmels hatten die ersten Menschen
in der wahren Religion unterwiesen; noch Andere erklarten
das Heidenthum flir ein verderbtes Judenthum, woraus denn
58 ) Vgl. Feuerbach I, 274sqq.
29 ) F. Schwubbe de gentium cognitione Dei. Paderborn 1844.
4OO C ' ' - "
f**& U+ '
?0 ) Ansicht.der Socinianer.
31 ) Vgl. Humboldt.Kosmos II, 147. Sclielling Methode d.
akad. Stadiums, p. 167169. Kanne, Rixner, Windischmann,
Fr. Schlegel.
der Satz folgte, dafs es vor d'er Stindfluth kein Heidenthum,
sondern nur Atheismus gegeben' habe 38 ). Es ist nicht
nothig, hiergegen vom Standpunkte der Wissensehaft aus
zu polemisieren, da von allem andern zu schweigen
diese Behauptungen nur auf Glauben basieren und nicht ein-
Thal mit einem Scheme von Bevveis umkleidet, sondern nur
ganz nackt und bios hingestellt sind 33 ). Hiervon aber auch
abgesehen, so kann der ganzen Frage ,,ob der absolute
Gott Objekt der ersten Religion gewesen sei" fiir die Wis-
senschaft des Heidenthums keine weitere Wichtigkeit bei-
gelegt werden. Denn wenti geoffenbarte Religion die erste
war, und die heidnischen aus ihr nur dadurch entstanden,
dafs der Sinn sich der Natur- oder Selbstvergb'tterung zu-
wandte, d. h. also, wenn das, was das Heidenthum erst
zum Heidenthume macht, das Specifische an ihm, aus Natur-
und Menschengeist, nicht aus dem gottlichen Geiste her-
stammt, so kommen wir auch so auf die beiden zuerst
besprochenen Objekte als die beiden einzigen Quellen der
heidnischen Religion zuriick. Denn aufser diesen drei Ob-
jekten lafst sich kein weiteres dem religios empfindenden
SubjekV deni Menschen gegeniiber denken 34 ).
3a ) Budde Hist. Vet. Test. Per. I. Sect. 1. p. 159. Koch <le
culta serpentam. Lips. 1717. 4. p. 3 sq. Gegen die'sen Satz jedoch
sclion Tertnllian.
33 ) Vgl. Plato Phileb. p. 1C, p. 31, Stallb. Cicero Tusc, I, 12.
34 ) Die ortliodoxe Theologie kannte freilich nocli zwei andere,
dem Menschen iiberlegene Machte, die daher fiir ihn moglicherweise
batten religioses Objekt sein konnen: Engel und Teufel. Es haben
daher aucft Theologen nicht angestanden, von beiden den Ursprung
der heidnischen Relfgion' ahzuleiten.
a) Engel. Joh. Clericus Compend. hist. univ. Amstel. 1698. 8.
p. 9 sq. Dabei wird die Frage, ob Kenntnifs von den Engeln
naturaliter gegeben sei Joh. Schmidius diss. de angelis
ex principiis philosophicis non demonstrabilibns; Joh. Dav.
Hoheseil An Angelornm existentia ex naturae hunine demon-
49
Nitzsch Ueber d. Religionsbegriff tier Aiten (Ullmann und
Umbreit Studien 1828. p. 527 sqq.) J. G. Miiller ebendas.
1835. Hahn Comment, de religionis et superstitionis na-
tura. Vratisl. 1834. Dietrich de etymologia vocis religio.
Schneeberg 1836. C. F. Braunig Religio, riach Ursprnng
und Bedentung erortert. Leipzig 1837.
Zweites Kapitel.
Von den verschiedenen Formen der Mythologie oder
der formellen Erscheinung der heidnischen Religion.
Isaac Abarbanel de variis idololatriae speciebus, latine
yersa a Buxtorfio. Alex. Rossaeus de religionibus mrindi
deutsch von Albert Reimarns. Amsterd. 1668. 8.; franz. V.
Thorn, le Grue. Amsterd. 1666. 4.
1. Uebersicht.
Wir haben im vorigen Abschnitte gesehen, dafs die
Religion aus dem Kontakt von Subjekt und den beiden Ob-
jekten Natur und Menschengeist entstanden und die Urreli-
gion als primitiver Pantheismus zu bezeichnen sei, der, an
strari possit? als zu bejahen yorausgesetzt, und unter anderm
auch gemeint, dafs die Engel zum Theil in den Statuen Qrakel
gegeben hatten. Clericus 1. 1.
b) Teufel. :Schon die spatern Juden nnd namentlich die TJeber-
setzer LXX hielten die Goiter der Heid en fiir Damonen, d. h.
.. abgefallene Engel oder yon solcheh mit menschlichen Weibern
gezeugte. Dann aber machten diese Ansicht, wie sie auch kaum
anders konnten, -besonders die christlichen Apologeten geltend;
Tgl. Tzschirner, Fall des Heidenthumes p. 288 sqq^. Tert'ullian
de. baptism, cp. 5. de praescr. adv. haer. cp. 41. Natiirlich wa-
ren die Teufel oder die mali spiritas aiich diejenigen, welche in
den : Orakeln agierten, s. Hugo Gro tins de verit.relig. Christ.
Lb. IV. . 9. ibq. intpp.
Lauer Griech. Mythologie. 4
50
sich formlos und Voraussetzung aller Form, alien einzelnen
bestimmten Religionsformen yorausgehe und gleichmafsig
zu Grunde liege. Ich sagte, wie aus dem Chaos sich alle
Fonnen des Daseins entwickelt hatten, so aus diesem pri-
mitiven Pantheismus alle Religionsformen. Diese Urreligion
Jiat wegen ihrer Universalitat, womit sie die gesammte ,
Natur, ingleichen auch die Manifestationen des menschiichen
Geistes umfafst, erne Art Einheit in ihrem Objekt. Aber
doch nur insofern, als sie dies Objekt total erfafst und weder
in ihm selbst unterscheidet noch neben ihm ein Anderes
anerkennt: ein nav, kein ev. Es ist daher ein Irrthum, wenn
man den primitiven. Pantheismus mit Monotheismus identi-
ficiert und die Urreligion fur monotheistisch erklart 3S ). Den-
selben Fehler begeht man, wenn man die alteste Form der
einzelnen Religionen bei den verschiedenen Volkern als
Monotheismus bezeichnet 3B ). Denn nicht bios, dafs jede
einzelne Religion YOU jenem primitiven Pantheismus ausge-
gangen ist, mithin von ihr dasselbe gilt, was von diesem.
3S ) Z. B. R. Cudyrorth Systema intellectuale hujus. universi
latine vert, et rec. J. L. M o she mi us. Lugd. Bat. 1773. 4. II. Voll.
Wyttenbach Num deum tinum esse sola rationis yi demonstrari
possit, et gentesne exstiterint, quibus nulla revelationis ope adjutis
haec veritas cognita. fuerit? Diss. de unitate Dei in s. opusc. select.'
ed. Friedeinan.n. Tom. II. (Hiergegen ist gerichtet Meiners hi-
storia de Deo vero. Lemgo. 1780). Bberhard Neue Apologie des
Sokrates. Berlin 1772.
3B ) Es ist dies geschehen, iiberliaupt: Klemm, Culturgeschichte
VII. Lpzg. 1849. p. 357.; in Betreff
der Aegypter: Jablonsky Opuscnla 1804 13. IV. .
der Perser: Tli. Hyde liistoria religionis veterum Persa-
rum. Oxon. 1700. 4. Gregen ilin Anquetil du
Perron.
der Griechen: z. B. Lucas de deabus colligeris. p. 8 sq.
(docli vgl. O. Miiller Prolegg. p.244sq.)
Lange Einleitung in die gr. Mythol. Berlin
1825. 8. p. 30 sqq. Creuzer I, 46.
der Germanen: Jac. Grimm: D. Myth. XL1V sq.
' . 51
sondern man hat sich auch bei Annahme solches partiku-
laren Monotheismus eihe Verwechselung anderer Art zu
Schulden kommeri lassen. Man unterschied nicht zwischen
einem der Art nach einzigen, hb'ehsten Wesen, und einem
komparativ hochsten, gleichartig einer Menge anderer Cotter
und nur dem Range nach von ihnen verschieden 37 ). Nur
wo das erstere verehrt wird, kann von Monotheismus die
Rede sein, und das ist in keiner Mythologie der Fall gewe-
sen. Alle heidnischen Religionen haben vielmehr nur ein
komparativ hochstes Wesen, das zwar, wie z. B. bei den
Griechen Zeus, an der Spitze der ganzen Gotterwelt steht,
aber neben sich noch eine Menge anderer Cotter hat und
weit entfernt ist in seinen Beziehungen zu ihnen eine ab-
solute Gewalt auszutiben. Die Sache ist in den einzelnen
Religionen diese. Je weiter man eine jede riickwarts ver-
folgt, um so mehr vereinfacht sie sich. Die zuerst selbst-
staridig, in scharf von einander abgegrenzter Gestalt, er-
scheinenden Cotter : schmelzen immer mehr zusammen, so
dafs, was zuerst in viele Cotter geschieden war, zuletzt in
Eine gottliche Wesenheit sich zusammenfafst. Aber man
kommt bei dieser Untersuchung zuletzt nicht auf Einen
Gott. Vielmehr verliert jede gottliche Personlichkeit in dem
Augenblicke, wo sie mit einer andern zusammenfallt, an
ihrer Personlichkeit; ihre Umrisse triiben sich. Zwei Ge-
slalten, die sich miteinander beruhren, gehen in einander
iiber, verschwimmen und verlieren an anschaulich conceri-
trierter Selbststandigkeit, wie zwei Farben im Abendroth.
So gelangt man schliefslich nicht zu Einer gottlichen Per-
soniichkeit, zum Monotheismus, sondern zu einer
31 ) Ygl. P. Chr. Reinhard Abrifs d. Entstehung und Ausbil-
dung d. relig. Ideen. Jena 1794. 8. p. 5 sqq.
4*
52 .
stimmten, nicht in klarer Anschauung gefafsten, sondern
alles in sich chaotisch enthaltenden gottlichen Wesenheit,
zu einem gottlichen Alleins, eben zii jenem primitiven Pan-
theismus 38 ). -
Der Fortschritt aus diesem Pantheismus heraus zu be-
stimmten Religionsformen, deren kurze Betrachtung uns
jetzt obliegt, ist abhangig, und bedingt von den Verande-
rungen sowohl ira Subjekt als im Objekt. Denn so gut
namlich
a) das Subjekt beeintrachtigt sein kann durch kli-
matische Einfliisse , durch zu grofse Hitze oder
Ka'lte, oder nachdem es allmahlig eine typisch ge-
wordene Charaktereigenthumlichkeit angenommen
hat, kann auch .
b) das Objekt beeintrachtigt sein, weil die Natur in
den verschiedenen Theilen so geartet sein kann,
dafs sie sich dem Menschen nur v,orzugsweise von
einer oder mehreren Seiten, nicht aber in ihrer All-
seitigkeit zeigt.
Je nachdem nun die Beziehung des Objekts und des
Subjekts aufeinander eine vollkommne oder unvollkommne
ist, je nachdem das Subjekt das Objekt allseitig oder theil-
weis auffafst oder dieses sich auffassen lafst, entstehen aus
der Urreligion = -|- s (Objekt allseitig, Subjekt unentwik-
kelt) folgende Religionsformen: '. .
3S ) Dieser Pantheismus ist nicht zu. verwechseln mit jenem an-
dern, wonach alles Sein der Ausflufs der Gottheit und diese in jenem
enthalten ist, welclien man auch fur die alteste Religionsform gehal-
ten hat. Z. B. R. Cud worth Syst. intell. cp. IV. . 17. p. 356. . 18.
p. 414. . 34. p. 627. C. Calvper Saxonia inferior antiqua Lb. I.
cp. 5. p. 13 sqq. A. Hinckelmann Detect, fundam. Boehmian.
p. 106 sqq. . . -
53
1) 0-f S (Objekt allseitig, Subjekt entwickelt) Polytheismus.
2) o -f S (Objekteinseitig, Subjektentwickelt)
Parsismus ooSchamanenthum.
Gaiolatrie ooUranolatrie.
Astrolatrie ooZoolatrie.
3) o -fs(Objekteinseitig,Subjektunentwickelt) Fetischismus.
Auf diese drei Grundverhaltnisse [0 -f S, o -f- S, o -j-s]
lassen sich alle einzelnen heidnischen Religionsformen zu-
riickfiihren. Ihr Vorkpmmen ist abhangig vori den Bedin-
gungen, welche die Veranderungen in der Empfindung und
dem Urtheil herbeifiihren. Diese Bedingungen sind die,
welchen der Mensch durch die Natur des Landes, in dem
er sich -ahgesiedelt hat, unterworfen ist 39 ). Ein schones
freundliches Land, welches den Menschen anlachelt.und zu
seinem Herzen spricht, welches sich durch die Mannigfal-
tigkeit seiner Formen und die Lieblichkeit seines Klimas
auszeichnet, welches dem Menschen willfahrig und wie von
selbst darbietet, was er zii seinem Unterhalte bedarf, wel-
ches ihn zu keiner grofsen Anstrengung verpflichtet und zu
keinerbedeutendenAnwendung seiner physischen und geistigen
Kra'fte: ein solches Land wird vor alien andern geeignet sein,
die Empfindungsfahigkeit des Menschen zu erhalten, dagegen
weniger geeignet zur Ausbildung seiner ihtellektuelleh, seiner
geistigen Kraft. Ein solches Land wird demnach vermogen
einen Zustand der Religion festzuhalten, welcher ' dem ur-
spriinglichen sehr nahe steht. Die Erfahrung bestatigt diesen
Satz. Indien hat alle die Eigenschaften , von denen eben
die Rede war, und der Zustand des religib'sen Bewufstseins
. 39 ) ,,DasKlima" sagtschonPolybioffIV.5.s.f., ,,bildet die Sitten
der Vqlker, ihre Gestalt und Farbe." Vgl. J. G. Kohl, der Yer-
kehr u. d. Ansiedelnngen d. Menschen in ihrer Abhangigkeit v. d.
Gestaltung der Erdoberflache. Mit 24 Steindrucktafeln. gr. 8. Dres-
den 1841.
54
der Indier 1st rnehr als^der irgend eines andern Volkes jenem
priiriitiven Pantheismus _verwandt. . Die Indier stehen, wie
durch ihre Sp.rache, so durch ihre Religion, und durch diese
trotz ihrer Gotterbilder und My then, dem Urzustande des
menschlichen Geschlechts nahe. Sie bilden den Ueber-
gang zu einef andern Religionsform. Es ist in ihrem Be-
vvufstsein ein Ringen aus diesem Pantheismus, in dem alles
verschwiiiimtj'heraus und.zu. klarer Anschauung zu gelangen.
Aber ihre geistige Kraft, niedergehalten durch die Ueppigkeit
ihrer Natur, ist nicht slark genug dazu. Sie ist zerfahren
in der Sinnenwelt, nicht concentriert in sieh; daher 1 die
mafs- und formlosen Tempelbauten und Gotterbilder. Weil
seine geistige Kraft sich nicht zu intensiver Consistenz zu-
sammengezogen hat, vermag der Indier nicht, in ein mensch-
lich gestaltetes Gotterbild den Ausdruck von Kraft zu legen;
diese seine Kraft ist noch extensiv; daher giebt er dem
Bilde viel Kopfe um die Klugheit, viele Arme um die
Kraft, viele Fiifse um die Schnelligkeit. auszudriicken.
Ueberall in der indischen Religion treten die deutlichsten
Zeichen hervor von einem Zustande des Bewufstseins,. wel-
ches zwischen pantheistischer Verdunkelung und klarer,
scharf begrenzter Erfassung der Gottheit schwankt. Die
Ursache davon lag in der durch die Natur zuriickgehallenen
Ausbildiing der geistigen Krafte.
Denken wir. uns nun ein Land, welches auf der einen
Seite alle die Vorziige Indiens vereinigt, auf der andern
aber so geartet isl, dafs es seinen Bewohnern nicht in sorg-
loser Unthatigkeit dahinzuleben gestattet, sondern ihnen
Miihe und Arbeit auferlegt: so wird es sowohl die Empfin-
dungsfahigkeit erhalten als die intellektuellen Krafte der
Bewohner ausbilden. Und daraus wird eine Religionsform
sich bilden miissen, in welcher eine reiche und lebendige
Auffassung des Nalur- und Menschenlebens nach ihren ein-
55
- j .
zelnen Richtungen in sinnlich plastischen Gottergestalten
sich vergegenstandlicht. Iin Allgemeinen kann man von dem
grb'fsten Theile von Europa sagen, dafs er eine splche Reli-
gionsform begtinstige und auch wirklich hervorgebracht habe.
Ich nenne dieselbe Polytheismus.
Bei den Volkern der iibrigen Erdtheile dagegen finden
wir Religionsformen, in deneri sich eine betrachtliche Ver-
minderung der ursprunglichen Empfindungsfahigkeit des
Menschen kundgiebt. Diese Beeintriichtigung der Empfang-
lichkeit fiir Eindriicke der Natur mufste natiirlieh iiberall
da eintreten, wo die Natur iiberhaupt wenig Eindriicke ge-
ben konnte. Denn nur durch Uebung wird die. Kraft er-
halten. 1st der Wohnsitz eines Volkes verkiiimiiert, so ver-
kummert auch das Volk. Wie das Land, so seine Bewohner.
Die verschiedenen Religionsformen nun, in denen wir eine
solche Verkummerung der urspriinglich universellen Empfin-
dungsfahigkeit des Menschen wahrnehmen, lassen sich in
drei Gegensatz-Paaren darstellen: Parsismus Schamanen-
thum; Gaiolatrie Uranolatrie; Sabaeismus (Astrolatrie) :
Zoolatrie 40 ). In alien diesen Religionen ist die Empfindung
nach und nach abgestumpft, die intellektuelle Kraft ausgebildet;
sie gehoren daher zu der zweiten Art (o-}-S). Die dritte
Art, wo Empfindung und geistige Krafte gleich sehr dar-
niederliegen und die deshalb einen diametralen Gegensatz
zum Polylheismus bildet, die. unterste Stufe aller Religion
ist der Fetischismus (o-|-s). Sie ist die Religionsform derje-
nigen Lander, in denen die Natur den Menschen nicht bios
nicht freundlich beriihrt, sondern ihn geistig und korperlich
darnieder driickt. Im Allgemeinen konnen wir sagen, dafs
40 ). Denominatio fit a potiori. Ansatze zum Polytheismus finden
sich in alien Religionsformen; man kam aber allmahlig in die Ein-
seitigkeit durcli.die Eiaseitigkeit der Natur;
56
der Fetischismus die Religion Afrika's ist, die zweite Art
von Religionen Asien angehb'rt, der Polytheismus Eurbpa.
Betrachten wir jetzt diese einzelnen Religionsformen naher.
2. Polytheismus.
Inder: Stuhr I, 54 sqq. E. Bnrnouf Introduction a I'hi-
stoire du Buddhisine indien Tom. I. Paris 1844. 4.
W. Schott TJeber den Buddhaismus in Hochasien
und China. Berlin 1845. 4. J. P.P. Jourdain De
la mythologie indienne de la cdte de Malabar et de
la peninsule de 1'Inde. Paris 1846. 8. Lassen^In-
dische Alterthumskunde. Bonn 1847. 8.
Kelten: P. Martin La religion des Gaulois. Paris 1 727. 4. II.
Eckermann (p. 19.) Bd.III.
Germanen: J. Grimm Deatsclie Mythologie ed. II. Getting.
1844. 8. II. C. F. Koppen Literar. Einleitung in
d. Nordische Mythologie. Berlin 1837. 81
Slayen: J. J Hanusch. D. Wissenscliaft d. slavischen Mythus.
Lemberg- 1842. 8. Schaffarik Slavische Alterthu-
mer. Uebers. Leipz. 1843. 8. II.
Romer: J. A. Hartung D. Religion d. Romer. Erlangen
1836. 8. II.
Griechen. -
Das in der Urreligion noch unbestimmte und in sich
noch nicht unterschiedene religiose Objekt mufste in seinen
Veranderungen abhangig sein von derien des Subjekts., Die
erste Veranderung, welche mit diesera vorging, war die
Reaklion gegen die auf ihn influierenden Eindriicke. Es ist
di'ese Reaktion keine ablehnende, sondern nur eine sondernde,
orientierende. Der Mensch sucht iiber sein religioses Objekt
Klarheit zu gewinnen, er lernt die verschiedenen Eindriicke
unterscheiden, ' wird sich ihrer als yerschiedener bewufst und
empfindet sie in ihrer Einzelnheit. Eine zweite Veranderung
ist die, dafs er gemafs seiner eigenen einheitlichen Weseh-
heit sich selbst von der Natur zu unters.cheiden lernte. Er
fuhlt sich zwar immer noch als Theil der Natur, ist sich
aber doch schon insoweit seiner selbst bewufst geworden,
57
dafs er sich als geistige Persbnlichkeit der Natur gegeniiber
weifs. Mit dieser Sichselbstunterscheidung des Subjekts von
der Natur ist der erste Schritt gethan; um das religiose
Objekt der Gottheit von der unmittelbaren Natur zu unter-
scheiden, sie geistig und personlich und zwar als eine
menschlich gestaltete geistige Personlichkeit zu fassen.
Dieser zwiefachen Veranderung im Subjekt mufste eine
zwiefache im Objekt entsprechen. Entweder nemlich konnte
der urspriingliche pantheistische Gottesbegriff sich in sich
zusammenziehen, kondensieren , krystallisieren zur Einheit
oder sich scheiden zur Vielheit; er konnte sich entweder
aus der Natur heraus zu Einer personlichen Geistigkeit zu-
riickziehen oder in der Mannigfaltigkeit der Natur zu einer
Menge einzelner Personlichkeiten auseinandergehen ; mit
eineni Wort, es niiifste sich aus dem prioiitiven Pantheismus
gema'fs der Veranderungen des Subjekts entweder Theismus
oder Polytheismus entwickeln. .
Theismus ist die Religion des Judenthums 41 ), deren
Betrachtung uns hier nicht beschaftigen kann. Polytheistisch
sind aber alle Religionsformen , in denen die Gottheit ge-
spalten ist in eine Mehrheit personlich gedachter Goiter. In
specie aber ist Polytheismus diejenige Religion zu nennen,
welche bei der Unterscheidung in den eirizelnen Richtungen
des Naturlebens am universellsten verfahrt, also in welcher
das Subjekt sich seine Empfindung am unbeschranktesten
erhalt und seine intellektuellen Krafte am vollkommensten
entwickelt. Es ist die Religion der geislreicheren Volker,
41 ) Die Kondensation des Allgemehien zur Einheit zeigt
sich rioch in dem Gebrauche der Namen Elohini Jehova,
Lob ell I, 196. Kl o s e De polytheismi vestigiis apud Hebraeos ante
Mosen. Getting, 1830. vgl. Jos. 24, 2i 14. I. Mos. 3,22. 6,2. 28,
20 sqq. 35, 2 sq. 31, 19. 30 sqq. Nicht richtig urtheilt Sieger, Ent-
wickelung der Meinungen Mosis iiber die Gottheiten der Nichtisrae-
liten (Henke Magazin, IV. 135 sqq.). - "
58
der indo-europaischen. Sie haben den Reichthum des Gei-
stes, womit dieser in die Welt getreten war, am meisten
bewahrt, Sinn und Herz offengehalten fur die Mannigfaltig-
keit natiirlicher und ethischer Eindriicke.
Was nun die Entstehung dieses Polytheismus im be-
sondern betrifft, so mufste sich der pantheistische Gottes-
begriff zu einem polytheistischen scheiden nach derselben
Art, wie man in der Natur unterschied; zuerst also in eine
Zweiheit von Gottern. Denn bei seiner Orientierung innerhalb
der __ Welt, in die er gestellt war, mufste sich dem Menschen
alsbald der Dualismus dieser Welt in Himmel und Erde
darbieten, dergestalt dafs die Summe der religib'sen Gefuhle,
welche der Pantheismus in sich schlofs, sich in zwei grofse
Halften schied, deren eine an den Himmel, deren andere an
die Erde gekniipft wurde. Dies ist das Fundament alles
Polytheismus. Himmelsgottheit und Erdgottheit sind die
beiden altesten Goltergestalten und immerdar in der Re-
ligion die beiden Hauptgottheiten geblieben 42 ). Hierbeiblieb
man aber nicht stehen. Zunachst schon lag die Unter-
* s ) ,jm ganzen heidenthum treten trilogien der hauptgotter
TOT, die icli ZUT iibersicht aufstelle: -
lat. Mars. Mercurius. Jupiter.,
gr. 'Idqrjs. .. 'EQftrjs. Ztvg. ,
kelt- Hesus. Teutates. Taranis (xeQctvvos).
ahd. Zio. Wuotan (Wiithen, Wehen, Donar ..(y denan i. e. ten-
Sturm), dere).
altn. Tyr. O^inn. . Th6rr.
si. Svjatovit.Radigast. . Perun (v. prati-ferire).
litth. Pykullas. Potrimpos. Perkunas (v. fairguni
. Waldgebirge).
ind. Siva. Brahma. Vishmis.
es ist die kriegerische , schopferische und donaernde (erdbefruch-
tende) gewalt." Grimm. G. d. d. Spr. I, ll9.
Wenn man die erste zu der etliischen Reihe zahlt, hat man in
der schopferischen die Erde, in der befruchtenden, donnerndea den
Himmel. Poch leidet diese ganze Dreitheilung yielen Zweifei,
59
scheidung zwischen Erde und Wasser sehr nahe, die
daher auch als eine uralte zu setzen ist, Damit aber ist
denn auch die Unterscheidung im Qrofsen vollendet, aufser
diesen drei grofsen Theilen der Natur giebt es keine sich
so scharf von einander abgrenzende. Hierin liegt derGrund,
dafs wir an der Spitze aller polytheistischeri Gottersysteme
eine Dreihe'it von Gottern finden, welche den genannten
drei Richtungen im Naturleben entsprechen: dem Himmel,
der Erde und dem Wasser (Zeus. Pluton. Poseidon) 43 ).
Eine weitere Unterscheidung konnte vorgenommen werden
innerhalb dieser drei Richtungen. So liefs der Himmel in
sich wieder eine Sonderung zu zwischen dem blauen Him-
melsgewolbe (Aether), Sonne, Mond, Sternen, Wolken. Im
Wasser konnte man trennen: Meer, Fiiisse, Quellen, Seen,
Feuchtigkeit. In der Erde: Fruhling (Sommer) und Winter
als Leben und Tod der Erde , Feuer, Berge, Baume etc.
Eine Grenze ist hier nicht gegeben, sondern diese Schei-
dung und Spaltung hing allein ab von der grofsern oder
geringern Empfindlichkeit des Subjekts fiir die verschiedenen
Richtungen des Naturlebens, Das ethrsche Moment der
Religion fand gleichfails eine solche :Zertheilung und ward,
wie ich bereits friiher bemerkt habe, an einzelne adaquate
Richtungen des Natudebens angelehnt 44 ).. Z., B. da die
43 ) Die weiblichen Gottheiten sind spater und stammen vorzngs-
weise aus der Zeit des. AckerbanJebens. Grimm. G. d. d. Spr. I, 71.
-"*) Die Moglichkeit, Natiirliches zu einem Ethischen zu machen,
in der Natur und ihrem Leben sich selbst uiid sein eigenes Seelen-
leben zit erkennen , beruht auf eiriem z.wiefachen Grunde. Erstens
darauf, dafs der Mensch in seinem unmittelbaren Sein sich. nicht von
der Natur untersclieidet. Er empfindet sich als einen Theil von ihr,
als Glied des grofsen Weltganzen und f ulilt demgemafs auch sich
den allgenieinen Gesetzen alles Lebens, alles Seins' unterworfen.
Was in der Natur Gedeihen und Fruchtbarkeit schafft, das mufs
auch im Menschenleben Gedeihen und Fruchtbarkeit schaffen; die
Naturmacht, welche die Saaten Avachsen, die Thiere gesund
60
Erde alles hervorbringt, die Menschen nahrt, an sich selbst
das Entstehen und Vergehen darstellt, den leblosen Korper
wieder in sich zuriicknimmt: so \var die Anlehnung der
ethisch-religiosen Empfindungen, welche in der Geburt, der
Ehe und dem Tode zur Erscheinung kamen, an die Erd-
gottheit sehr leicht. Oder, urn ein anderes Beispiel zu
nehmen: Da das Wissen als ein geistiges Sehen und Unter-
scheiden zu betrachten ist, als eine Klarheit, die der Mensch
iiber sonst dunkle Gegenstande sich erwirbt, so mufs es
naturlich erscheinen, wenn dies Wissen, Sehen, die Einsicht,
Weisheit, das relative Allwissendsein auf Naturgottheiten
zuriickgefuhrt wurde, denen ihr Natursein sowohl Klarheit
an sich, Helle, Licht gab, sis auch einen iiber allem bele-
genen Ort, von wo aus ein umfassenderes Sehen moglich
ward; also wenn die genannten ethischen Richtungen an die
Gottheiten des Himmels, der Sonne und der Wolken oder
auch an das Wasser (Zeus, Apollon, Athene oder Nereus,
Proteus, Sirenen) angeschlosseri wurden.
Wir haben so zwei Scheidungen, die der Polytheismus
in seinem religiosen Objekt macht, 1) nach den drei grofsen
Haupttheilen der Natur; 2) innerhalb eines jeden dieser
stark sein lafst, dieselbe giebt dem Menschen Waclisthum, Gesund-
heit und Starke., I>ieser Glaube wurzelt in der Korperliehkeit des
Menschen. D.enn seinem korperlichen Sein nach ist er durchaus und
vollstandig denselben Gesetzen unterworfen, welche in der sinn-
lichen Natur herrschen. Zweitens aber beruht die Moglichkeit, das
Naturliche in's Ethische zu erheben auf der Korrelation des Geistes
mit der Natur. Der Mensch fdhlt sich nemlich nicht bios korperlich
in Relation und Abharigigkeit von der Natur, sondern auch geistig.
Das natiirlich Helle wird zum geistig Hellen ; das natiirlich Finstere
zum geistig Finsterri; das natiirlich Heitere zum geistig Heitern;
das natiirlich Trube zum geistig Triiben; das natiirlich Kampfende
zum geistig Kampfenden u. s. w. Jede Sprache hat ja daher auch
gleiche Ausdriicke fur die beziiglichen geistigen und naturlichen
Zustande. Der Geist ist ein Analogon der Natur; ein Spiegel, in
welchem sich die Sinnenwelt reflektiert.
61
Haupttheile. Eine dritte Scheidung nimmt der Polytheismus
vor, indem er diese zweite Theilung dadurch noch weiter
fortsetzt, dafs er eine nicht geringe Anzahl von Gotterge-
stalten wiederum spaltet nach den verschiedenen Richtungen,
die noch in jeder. vereinigt sind. Um es an einem Beispiel
klar zu machen. Der Mond 1st zwar an sich ein Einfaches,
aber in seinen Beziehungen, aufser dafs er als mannlich oder
weiblich gefafst werdenkann (Lunus Luna, Freyr Freyja)
ein Vielfaches. Man kann ihn nach sehr verschiedenen
Richtungen hin auffassen .") : 1) in Bezug auf das ge-
schlechtliche Leben 46 ) (Artemis von Ephesos), seinen
Einflufs auf Menstruation u. s. w., welchen Einflufs alle
Volker ohne Ausnahme wahrgeriommen haben. Hieraus ent-
stand denn natiirlich die Vorstellung von dem Monde als
einer aller Zeugung vorstehenden, zeugerischen Gottheit.
Hiermit nun kontrastiert 2) sehr ein anderer Eindruck des
Mondes: Keuschheit und Milde (dorische Artemis). Den
macht der Mond auf ein sinniges, empfangliches Gemuth,
wenn es ihn in seinen scharfen Umrissen, seiner ernsten und
zugleich milden Klarheit, erhaben iiber allem irdischen- Ge-
wuhle am Himmel still einherziehen sieht. Oder 3) der
Mond erregt in der Seele Empfindungen der Furcht und
des Entsetzens (Hekate). Wenn der Mond so geheim-
nifsvoll die Gegenstande beleuchtet, mil zweifelhaftem Lichte
ihre Umrisse mehr triibt als erhellt, bleich die ganze Natur
farbt, so stimmt er dadurch das Gemuth furchtsain, zeigt
sich als eine unheimliche, finstre, menschenfeindHche Macht.
-^ Oder aber 4) man schaut den Mond an als zugehorig
- -.**). YgL Baur Symbol. 1,183 sq. *
* 6 ) Jean Paul (Sammtl. Werke XXXVII. Berlin 1827. Levana
Bd. II, 91) will Madchen in der Sternkunde nnterrichtet wissen,
,,wobei es auch nicht schadet, dafs ein Madchen erfahrt, woher eine
langste Nacht zum Schlafen, ein Vollmond zum Lieben komme."
62
ziir Sonne (Geschwister : Apollon und Artemis: Mann undFrau:
dieselben) 47 ), der er immer folgt und die er me erreicht
(ungliickliche Liebe: Selene und Endymion); er macht den
Eindruck des Traurigen, Sehnsiichtigen, Vereinsamten, Un-
gliicklichen; er wirkt in der Brust des Menschen eine
Specieis von Melancholie. Die Verschiedenartigkeit dieser
durch ein und dasselbe Qbjekt, den Mond, erregten Empfin-
dungen wird so, der Grand fur eben so viele verschiedene
Gotlheiten, die alle auf den Mond zuriickgehen, alJe die
Spuren dieses ihren Ursprunges an sich tragen, nahe mit
einander verwandt sind, aber doch eben als unterschiedliche
Gottlieiten von der Vorstellung festgehalten werden. Dies
wird besonders der Fall sein an verschiedenen Orten, wo,
gemafs des verschiedenen Volkscharakters, hier diese, dort
jene Auffassung vorwog. Denn die Gottlieiten entsprechen
immer' den geistigen Volksindividualitaten und richten sich
nach den Bedurfnissen, welche zu befriedigen waren. Wie
Plinius 48 ) sagt: Fragilis et laboriosa mortalitas in partes
ita digessit, ut portionibus coleret quisque quo maxime
indigeret. Itaque nomina alia aliis gentibus et numina in
iisdem innumerabilia reperimus. Da nun die verschiedenen
Eindriicke des Naturobjekts durch die Beinamen der Gotter
charakterisiert und hervorgehoben werden, so geschieht es,
dafs sich unzahlig oft solche Beinamen loslb'sen und Eigen-
namen besonderer Gottheiten werden.. Hera (Hebe, Eilei-
thyia). Athene (Nike).
Eine vierte Scheidung wird im Polytheismus bewirkt,
indem das Subjekt nicht bios in den verschiedenen Rich-
tungen des Natur- und Menschenlebehs unlerscheidet, son-
dern auch zwischeh Natiirlichem und Ethischem. Ich habe
* 7 ) Bust, ad" Horn. p'. 1197, 38.
48 ) Hist. Nat. II, 7.
63
inich schon friiher dahin erklart, dafs ieh eine absolute
Trennung dieser beiden Momente urspriinglich nicht annehme.
JNach und nach findet sie allerdings statt, und zwar in fol-
gender Weise, Wenii im Anfange der religiosen Entwik-
kelung das Naturelement iiberwiegen, das ethische Element
verhaltnifsmafsig gering sein mufste, wie ich friiher ausein-
andergesetzt habe, so trat hierin eine naturliche und noth-
wendige Veranderung ein, sobald das Subjekt durch seine
eigene Entfaltung bedeutender wird und folglich auch be-
deutendere Eindriicke von sich empfangt. Wurden dadurch
nun auch zunaehst nicht grade neue, rein ethische Gotter ge-
schaffen, so war doch eine fortschreitende Vergeistigung der
alien Gotter, in denen das Naturelement iiberwiegend war,
die unausbleibliche Folge der geistigen Entwiekelung des
Subjekts. So wurden zuerst immer mehr und mehr beide
Elemente in einer Gottheit ins Gleichgewicht gesetzt, bis
endlich das ethische iiberwog. Wenn dies letztere nun der
Fall war, so schied sich die eine Gottergestalt in zwei
verschiedene Formen, welche beide aus denselben Elemen-
ten bestanden, von denen aber in der einen Form- das eine,
in der andern das andere vorherrschte (N -{- g, n -{- G);
z. B. aus dem Helios schieden sich 1) Helios (N-j-g) und
2) Apollon (n-|-G). Von hier war denn weiter. der Schritt
nicht allzugrofs , ethische Momente rein als solche festzu-
halten und zu personlichen Gottheiten zu objektivieren. Vgl.
die romischen Gottinnen Fides, Spes, dementia, Pietas,
Pudicitia, Concordia. Bei den Griechen: Hymen, The-
mis, Dike, Aidos. So hatte Dikaiarch der Aetoler am
Hellespont zwei Altare, UaQavofilas xcel ldaB$da& geweihf.
So also erzeugt der Polytheismus eine Fiille von ein-
zelnen Gottheiten, die durch nichts begrenzt ist; wie weit
die Scheidung getrieben wurde, hangt bei den verschiedenen
Volkern von der Empfindungs- und Unterseheidungsfahigkeit
64
des einzelnen, auch von ihrer Zerspaltung in einzelne
Stamme ab. Ja, die schliefsliche Verehrung eines un-
bekannten Go ties 49 ) ist eine nothwendige Consequent
dieser Scheidung und Spaltung des allgemeinen religio-
sen Objekts. Ebenso die Adoption fremder Gotthei-
ten 50 ), wodurch gleichfalls die Zahl der Gotter vermehrt,
freilich aber das religiose Bediirfnifs nicht gestillt wurde.
(Pantheon in Rom. ) Weiter kann der Polytheismus
nicht gehen;'er ist hiermit an seinem Ende und bei seinem
Untergange angekommen. Der unbekannte Gott befriedigt
nicht, weil er nieht bestimmt und klar ist; er bildet den
Uebergang zu dem sekundaren Pantheismus; die Vereini-
gung aller Gotter aller Volker befriedigt ebensowenig das
ohnmachtige Herz. Denn Macht -}- Macht -}- Macht . . . . .
ist gleich X Macht, nie gleich Allmacht, die doch allein das
absolute Objekt fiir das religiose Subjekt ist. (p. 46 sq.)
3. Parsismus.
Zend-Avesta traduit en. francais par Anquetil da
Perron. Paris 1771. 4. III. Deutsch von J. F. Kleu-
ker. Riga 1776 sq. 4. III. Anhang dazu. Riga und
Leipzig. Bd. I. (3. Abtheilnng) 1781. Bd. II. (3. Abtheil.)
1783.4. Enthalt: A. Vendidat Sade: a) Yacna (Izeschne
49 ) Z. B. in Athen: Diog. Laert. I, 110 ibq. Menage Tom. I,
Hiibner. Act. Apost. XVII, 23. vgl. Heinrlca Epimenides
Lpzg. 1801. p. 89 sqq. Anseline Sur le Diea inconna des Athenians.
(Mem. de 1'Ac. des Inscr. Tom. VI, 298 317 ed. 8). J oh. Jac. Hel-
ler de deo ignoto Atheniensium (in Gronov. Thes. Ant. Gr. Tom. VII.)
Dieser so wie Moslieim de ignoto Atticorum deo. behauptet, dafs
das hochste .Wesen unter dem unbekannten Gotte verstanden und
die Griechen gewonnt gewesen, den waliren Gott also zu hennen.
Vgl. Wolf Curae philol.
50 ) In Athen wurden neue Gotter, nacli voraufgegangenem An-
trage, durch den Areopag aufgenommen. vgl. Hemsterh. z. Hesych.
Tom. I, p. 1694, 27. Alb. Das gab den Komikern haufig zn. bittrem
Spotte Veranlassung, Aristoph. Lys. 388 sqq. Cic. Legg. 11. 15, 37,
65
im Pehlvi). b) Vispered. c) Vendidat. B. Bundehesch.
Kleuker Zend-Avesta im Kleinen. Riga 1789. 8.
.Eugene Bnrhouf Vendidat Sade avec un com-
mentaire, une tradaction nouvelle etc. Paris 1830. fol.
Commentaire sur le Yac,na. Paris 1833. 4. J. Gorres
Das Heldenbuch von Iran nach dem Schah-Nameh. Ber-
lin 1820. 8. II.
B. Brissonins de regio Persarnm principatu. libri III.
ed. Lederlin. Argen tor. 1710. Th. Hyde Historia reli-
gionis veteram Persarum ed. II. Oxon. 1760. 4. J Q.
Rhode D. heilige Sage n. A. gesammte Religionssystem
der alten Baktrief, Meder u. Perser oder des Zendvolkes.
Frankf. a. M. 1820. Stuhr I, 339 375. Creuzerl,2.
Beck Anleit. znr allgemeinen Weltgesch. I, 1.
p. 634 sqq. Crenzer I, 2. p. 181 193.
Der Parsismus ist eine Religionsform, in welcher sich
eine Beeintrachtigung des Naturgefuhls kundgiebt. Er hat
als seine Grundelemente: ein ethisches (GeisterglaubCj
angelehnt an das Naturmoment der Finsternifs) und ein na-
tiirliches (Licht- oder Feuerdienst). Er hebt also aus dem
Bereiche des Naturlebens einseitig die beiden Momente des
Lichts urid der Finsternifs hervor, wahrend er gegen die
iibrigen verschlossen, abgestumpft ist. Die Heimath dieser
Religionsform ist das iranische Hochland,>welches rings von
Bergen eingeschlossen und pstlich durch den Indus von In-
dien getrennt wird. Es umfafst die^lten Lander MedieDi
Persien, Arien und Baktrien. Hier auf diesem Plateau
haben die Bewohner desselben denjenigen Gharakter erhal-
ten^ 51 ), von welchem der Parsismus der Reflex ist. Der
Parsismus ist <Ier getreue Wiederschein der Natur yon Iran.
Darum hat er auch Nichts mit dem Polytheismus gemein,
obgleich seine Bekenner zu dem grofsen indo europaischen
B1 ) R. Gpsche de Ariana linguae gentisqae Armeniacae indole
prolegg, Berol. 1847.
Lauer Griech. Mythologie. 5
66
Volksstamme gehoren. Sie shid geistig herabgesunken, als
sie sich in Iran heimisch machten.
In den altesten Zeiten, als die Volker Irans noch no-
madisch umherzogen, herrschte unter ihnen ein einfacher
Naturdienst, dessen eine Seite durch Geisterglauben auf das
dem Norden eigene Schahianenthum hinwies, von dem gleich
nachher die Rede seiri soil, dessen andere Seile aber der
spaterhin immer bedeutender und eigenthunilich hervortre-
tende Lichtdienst bildete. Wie nun alle religiose Entwik-
kelung mil der politischen Hand in Hand zu gehen pflegt,
so wurdeh die Volker Irans aus ihrem patriarchalischen
Leben und der einfachen Form ihres religiosen Bewufstseins
gerissen durch den Helden Dschemschid, welcher der
Sage nach die den Ormuzd (Licht) verehrenden Volker zu
Ackerbau und hoherer Ausbildung anleitete B ?). Seinem
Vater hatte .Horn, ein raythischer Religionsreformator, das
Gesetz ofFenbart 53 ), demgemafs Dschemschid das Leben
seines Volkes ordnete und es in vier Klassen eintheilte 54 ).
Alles was sich auf den.Lobpreis der Ansiedelung und des
Ackerbaues in der Lehre des F.euerdienstes bezieht, staimnt
schon aus Dsch ems chid' s Zeiten, gehort einer friihern
Zeit an als der des Zerduscht, aber ist spater als der
nomadische Zustand der Urzeit 55 J. Mit Dsch ems chid,
dem politischen, und Horn, dem religiosen Heroen, beginnt
die zwefte Stufe der Entwickelung des Parsismus. Die
drilte urid Jetzte Stufe, zu der das religiose Bewufstseih der
ss ) Vendid. farg. 2 {Kleuker II, 304sqq.)
") Izeschne I. ha 9 (Kleuker I, - : 92>. _'."
s *) Kleuker II, 40. Gorres Heldenbiich I, 12 sq. Malcolm
The histopy of Persia. London 1815. 4. (ed. II. 1821. ed. III. 1829.
franz. Paris 1821. 4 Bde. Deutsch von G. W. Becker; Lpzg. 1830.
8. II Bde.) I, 516 sq. ullers Fragmente iiber die Religion des
Zoroaster. Bonn 1831. 8. p. 32 sq.
SB ) Siuhr I, 351.
67
Parsen sich erhoben hat, ward unter dem Konige Guschtasb
herbeigefuhrt; dem ein anderer Religionsstifter, Zerduscht
(Zoroaster), zur Seite steht. Wenn es auch mehr als zwei-
felhaft ist, ob Dschemschid mit Dejoces (700 a. Chr.)
zu identificieren sei, so hat doch die Annahme viel fur sich,
dafs Guschtasb und Darius Hystaspis dieselbe Person
seien. Es spricht dafiir die Uebereinstimmung dessen, was
orientalische und griechische Geschichtschreiber iiber die
Thaten beider berichten 56 ), und die nicht bios aufsere
Gleichheit der Namen. Denn grade wie Darius Hystaspis
durch das Wiehern seines Rosses den Thron erwarb 57 ), so
bedeutet Guschtasb einen, dessen Pferd gewiehert hat 58 )
oder einen Pferdeerwerber 59 ). Hiezu kommen andere Griinde,
die sich aus der Betrachtuhg geschichllicher Verhaltnisse
ergeben. Wahrend die Meder jene an die Namen Dschem-
schid und H o m gekniipfta Religionsforni festhielten, lafst
es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussetzen, <Iafs
durch die neiien Conjunkturen, welche die Perser in d^e
Geschichte einfuhrten, auch die Religion zu einer neuen
Phase ihrer Entwickelung sei angeregt worden. Denn der
von Hause aus kraftigere Geist der Perser kam bald mit
den assyrischen Yolkern, mit Aegyptern und Griechen in
Berulirung und mufste in Folge dessen auf die manhigfachste
Weise erregt werden. So ward zunachst eine Umgestal-
tung der politischen Verhaltnisse des Perserreichs bewirkt>
welehe Gusehtasb (Darius Hystaspis) vorriahm, wahrend
Zerduscht die religiosen Verhaltnisse neugestaltete. Die
Angaben iiber das Zeitalter des Zerduscht weichen frei-
56 ) Malcolm I, 540.
5T ) Herodot. Ill, 82 sqq. .
58 ) Vullers p. 104.
59 ) Creuzer I, 188 not. 1. Lessen Z. f. d. K. d. Morgen-
landes Bd. VI, 1. p. 9.
5*
68
lich sehr von einander ab und gehen in eine weit friihere
Zeit als die des Darius Hystaspis. Indefs wenn Gusch-
tasb und Darius Hystaspis identisch sind, so niufs auch
der mil ihm stets verbundene Zerduscht in dieselbe Zeit
gesetzt werden 60 ). Der Parsismus bliihte als herrsehende
Religion, bis zum Sturze des persischen Reiches durch die
Araber im siebenten Jahrhundert. Ein Theil seiner Anhanger
wanderte gegen Siidosten aus, wo sie im Reiche Ilestan
namentlich im zehnten Jahrhundert machtig waren. Ein
Theil ging weiter bis Indien, wo sie noch heut zu Tage als
Parsen exislieren. Viele blieben im Lande und im Verbor-
genen dem alien Glauben getreu, daher sie Guebern (Un-
glaubige) von den Mdslemim genannt werden.
Dies sind die aufsern Entwicklungsverhalthisse des
Parsismus. Was die inneren betrifft, so sind dieselben
gekniipft an die eberi genannten drei Perioden. Ich habe
vorhin bemerkt, dafs die Parsen geislig gegen die mit ihnen
verwandten Volker gesunken seien, d. h. die universelle
Empfindung der Naturj aus welcher bei deri iibrigen sich
Polytheismus entwickelte, eingebiifst haben. Dafs sie ihnen
anfanglich liicht gefehlt habe, ersehen wir daraus, dafs uns
berichtet wird, die Parsen hatten von Alters her demHimmel,
der Sonne, dem Monde, der Erde, dem Feuer und Wasser
und den VVinden geopfert 61 ). Aber wenn auch vielleicht
diese mehr universelle Richlung auf die Natur sich nie ganz
verloren hat, so ist sie doch sehr frfih und bereits'in der
ersten Periode sehr in den Hintergrund gedrangt worden
durch die .beiden andern Elemente des Parsismus: Geister-
glaube und Lichtdienst. Bei der Eritwickelung dieser Re-
60 J Creuzer I, 184 sqq., Vgl.' Lauer Rezension von Ecker-
mann, Lehrb. d. Religionsgeschichte ni. Mytliolpgle, in Jahrbb. f.
wissenschftl. Kritik 1845. No. 82, p. 655 sq.
6I ) Herod. I, 131. Aeschyl. Pers. 491. Brissonius p. 357.
69
ligionsform ware eine doppelte Richtung moglich gewesen.
Entweder hatte der Geisterglaube uberwiegen konnen oder
der Lichtdienst. In jenem Falle wiirden wir Schamanenthum
statt .des Parsismus erhalten haben. Aber der Charakter
Iran& liefs die Parsen die andere Richtung nehmen. In
diesem Hochlande mil seinem klaren, heitern Himmel, zu
weit vom Meere und zu trocken, urn von regenschwangeren
Wolken oder Nebeldiinsteh iiberzogen zu werden, umstrahlt
von der tiefen BJaue eines reinen Aethers, gebirglos und
des Schmuckes der Gewachse beraubt, wodurch der Sinn
an die Erde gefesselt wird, fuhUen die Bewohner sich an-
gezogen, freundlich beriihrt von dem Lichte und verloren
sich mit ihrem Sinn an dasselbe. Das Licht und sein irdi-
scher Abglanz, das Feuer, wurde deshalb, wegen der ange-
nehmen Eindriicke, die man von ihm empfing, ebenso mit
dem Guten identificiert', als die Finsternifs, die Nacht (die
Geistermutter) abstofsend, furchterregend, unheimlich wie sie
war, als das Bose erschien. Dieser Dualismus, unmitlelbar
hervorgegangen aus der eigensten Wirkung naturlicher Ver-
haltnisse, mufs als der Kern der gesammten iranischen Re-
ligion angesehen werden. Je reicher sich ifn Bewufstsein
die Vorstellung von Gutem und Bosem, von Licht und
Finsternifs, entfaltete, uni so scharfer bildete sich der Glaube
das Verhaltnifs beider Gegensatze zu einander aus. Es
entwickelte sich die Ansicht von dem Kampfe beider Prin-
cipe und entstand ein Dualismus in der gesammten Welt,
wonach Alles, was Schaden brachte, der Finsternifs (Ahri-
man), jede wohlwollende, niitzliche, freunidliche Macht dem
Lichte (Ormuzd) zugetheilt Avurde. In diesen Kanipf war
auch der M^nsch hineingerissen und in die Mitte dieser
beiden Machte gestellt, von beiden begehrt, von beiden
umworbenj besteht seine sittliche Aufgabe darin, dafs er
sich nach der Freiheit seines Willens fiir eine entscheide,
70
und zwar fiir Ormuzd, dagegen wider Ahfiman kampfe und
dessen Reich auf Erden zu zerstoren strebe.
In der Religionsform , welche an Horn angeschlossen
wird, war dieser Kampf gegen Ahriman ein mehr aufserer;
die Religion des Horn wies den Menschen auf Ausrqttung
wilder und schadlicher, dem Ahriman zugehb'riger Thiere,
auf Bearbeitung des Feldes u.. dgl. Des Zerduscht Lehre
dagegen verlangte vorzugsweise einen innern Kampf: Stre-
ben nach Reinigkeit des Gedankens, Reinigkeit des Wortes,
Reinigkeit der That. So hat der Parsismus alle Stufen der
religiosen Entwickelung duvchlaufen: aus dem Naturleben
heraus zu ethischer Vefklariing. ,
Was aber dieser Religion in alien ihren Phasen eigen-
thiimlich ist und einen hohen Vorzug an ihr bildet, istdies,
dafs sie nicht iiberschwengliche Hingebung im Glauben,
spekulative Versenkung in die Gottheit, blofse Beobachtung
aufsern Ceremoniels gestattete, sondern vielmehr Thatigkeit,
Kampf gegen das Bose und die Siinde im Menschen und
aufser ihm verlangte. Es entspricht dies dem Charakter des
Landes. Hierdurch hat der iranische Feuerdienst seinen
Bekennern eine durchaus praktische, sittliche Richtung, einen
Charakter energischer Willenskraft gegeben, der durch die
Religion stels angeregt und zu thatlicher Aeufserung aufge"
fordert, auch auf die Gestaltung der politischen Verhaltnisse
von dem grofsten Eiriflusse gewesen ist.
Diese sittliche Richtung hat ihren Einflufs auch auf
andere Religionen geiibt 62 ): Teufel, Manichaer.
b2 ) F. Norck Vergl. MytHol. z. nalieren Verstandnifs vieler
Bibelstellen. Leipz. 1836. gr. 8. Desselben Mythen d. alien Perser,
als Quellen d. christl. Glaubenslehren und Ritualien. Leipz. 1835.
Desselben Rabbin. Quellen u. Parallelen zii neutestamentl. Schrift-
stellen. Leipz. 183ft. gr. 8.
71
4. Schamanenthuni
Castren im Helsingfors Morgenbladet 1843 u. 44. Bul-
letin de la classe des sciences hist, de TAc.de St. Pe-
tersb. Tom. IV. 1847. Stuhr I, 242 sqq. P. de Tchi-
h a tcheff Voyage scientifique dans 1'AItai oriental et
les parties adjacentes de la frontiere de Chine. Paris
1845. 4.
Finnen: Ch. Ganander Thomasson Mythblogia Fennica
(schwedisch) Abo 1789. 4. Finnische Mythologies Aus
d. .Schwed. Reval 1821. 8. Leohzon Leduc La Fin-
lande, son histoire primitive, sa mytholbgie epiqne etc.
Paris 1845. 8. II.
Lappen: J. Scheffer .Lapponia. Francof. 1673. 4.
Magyaren: Cornidensius De religione veterum Hangarum. (?)
Schamanenthum heifst soviel als Religion der Zauberei,
\ye\l Schamane einen Zauberer bedeutet 63 ). Ich lasse das
Schamanenthum unmittelbar auf den Parsismus folgeii, weil
es in der That nicht davon zu trennen isl. Es hat dieselben
Fundamente wie der Parsismus; * man kann es einen umge-
kehrten Parsismus nennen. Denn wenn in diesem der Lichtkfdt
den Geisterglauben iiberwog und zuriickdrarigte, so ist grade
das Qegenlheil im Schamanenthum der Fall. In ihm hat
die Fins ternifs und der mil ihr verkniipfte Geisterglaube
sich der Gemuther bema'chtigt, Auch das Schamanenthum
ist ein Produkt der Lander, in welchen vvir es finden. Wo
Kalte die Natur erstarren macht-und verodet;. wo Wiiste-
neien sich ausdehnen und die Triebkraft der Erde den
grofsten Theil des Jahres unter der Eisdecke zuriickgehal-
ten wird, da verkiimmert auch der Geist, zumal wenn die
Bewohner solcher Lander von dem Verkehr mit andern
reicher begabten oder gliicklicher situierten. Volkern abge-
63 ) Bei den Tungusen, welche die Russen zuerst kennen lernten,
vgl. W. Schott iiber den Doppelsinn des Wortes Schamane (Abhd.
d. Akd. d. W. 1842. p. 461 sqq.)
72
sondert bleiben. Dies trifft fiir die Schamanenlander zu 84 ).
Es sind hauptsachlich die Volker Mittelasiens und der Nord-
gegend der Erde, bei welchen diese Religionsform sich
findet. Der Haupt- und Ursitz des Schamanenthums ist die
Gegend am Lenaflufs und vom Baikalsee langs des Altai
viber den Jenisey, den Ob herunter, dann siidlich die Wiiste
Hochasiens, inwieweit sie in den altesten Zeiten als bewohnt
gedacht werden kann. Die Bewohner der kleinen Bucharei
vermittelten, auch ihrer aufsern Lage. nach, in ihrer Religion
das Sehamanenthum mil dem Parsismus, wie andrerseits
das Alpenland Tibet das Schamanenthum mit dem Buddhis-
mus. Westlich vom Ural waren es vorzugsweise Volker
finnischen Stammes, die seil den altesten Zeiten dem Scha-
manenthum ergeben waren, dabei jedoch in einera reicheren
Bevvufstsein auch wirkliche Gottergestalten schufen 65 ).
Wahrend diejenigen Volker, \yelche in einer Natur
leben, die mehr oder minder zu freundlichem Verkehr mit
sich auffordert, mit ihrem Sinn an die Natur sich wenden
und an sie sich verlieren: entfremdet sich das Bewufstsein
der Volker, der en Heimath stiefmutterlich von der Natur
bedacht ist, dem Leben <ler Natur und zieht sich auf sich
zuriicL So geschah es denn auch, dafs die Bewohner der
eben umgranzten Erdstriche mehr den geistigen Eindriicken
als denen der Natur ausgesetzt waren. Daher erscheint der
Geisterglaube der schamanischen Volker als das unraittel-
bare und nothwendige Produkt der: von ihnen bewohnten
64 ) W. Sctott Aelteste Nachrichten von Mpngolen mid Tataren.
Berlin 1847. 4. 30 S. iiber d. Altaische oder Finnisch-Tatarische
Sprachengeschlecht. Berlin 1849. 4.
KellgrenD. Finnische Volk u. d. Ural-AUaische Volkerstamm.
(Jahresb. d. Deatschen morgenl. Ges. 1846 [Lpz. .1847] p. 180197).
Grundziige d. Finnischen Sprache. Berlin 1847. 8.
6R ) Stuhr a. a. O. :
73
Lander. ,,Der Geisterglaube der schamanischen Volker ruht
auf der Vorstellung, dafs die Seelen der Verstorbenen als
Gespenster durch die Luft, tiber die Wuslen und die Schnee-
f elder schweben. In der Art, wie in dem Glauben jener
Volker die Natur vergbttert wird, zeigt sich nichts von
einem gediegenen Kraftgefiihle seelenvoll lebendiger Natur-
begeisterung." Wenn auch die Naturmachte im Schama-
nenthume einiger Verehrung geniefsen, so tritt dieselbe doch
vollig in den Hintergrund gegen den Geisterglauberi. Die
wiiste pder erstarrte oder eisige Natur yermochte nur in
triibem, wiisteni Bilde sich im Bewufstsein des Mehschen
abzuspiegeln 66 ). Vielmehr gerieth dies vorzugsweise und
ausschirefslieh in die Gewalt des Glaubens an die Geister
der Verstorbenen, ,,welche iiber die weiten Wusten,
die Schneeflachen und die von Reif starrendeh Tahnenwal-
der durch die Nacht irrend umherschweifen und in Fels-
kluflen und tiefen Abgriinden hausen." .* Mit dieser Vor-
stellung hangt, dem Charakter der Natur entsprechend, die
andere eng zusammen, dafs diese Geister nur auf den Scha-
den der Menschen bedacht seien.
In dem, aus denselberi Elementen entspruhgeneh, Par-
sismus halte, der Natur Irans gemafs, der Geisterglaube mit
dem Lichtkulte sich verbunden; umgekehrt hatte im Scha-
manenthume der Geisterglaube sich an die Finsternifs ange-
schlossen, weil. die Natur dazu hintrieb. Wie --.nun der
Parsismus eine ubervviegend ethische, thatkraftige Richtung
genommen halle, so auch im Schamanenthume, nur wieder
umgekehrt. Denn wahrend der Parse fur seine Gottheit
kampft,- kampft der Schamane gegen sie. Der Parse hafst
und verabscheut den Geist der Finsternifs imd kampft gegen
66 ) Eine Beschreibung der Steppen bei Humboldt Ans. d. Nat.
I, 8 Sqq.
74
ihn, well dieser ihn von seiner Verbindung mil deni Geiste
des Lichtes abhalten will, durch Hingebung an welchen der
Parse seine subjektive Ohnmacht aufhebt. Der Schamane
sucht diese Ohnmacht nicht durch Verbindung rait dem
Objekt aufzuheben, sondern durch Geltendmachung seiner
subjektiven Kraft (vgl. -p. 26 sq.). Da ihm die Geister, ge-
mafs der Natur, in \yelcher er lebte, als menschenfeindlich
erscheinen mufsten, so gait es niclit, sich ihnen hinzugeben,
sondern zu widersetzenu Eine Natur, mit der der Mensch
inamerdar kampfen mufste, um ihr nur soviel abzuringen,
als er zu.r Fristung seines kiimmerlichen Daseins bedurfte,
oder um nur nicht von ihr .erdriickt und vernichtet zu wer-
den, eine solche Natur mufste dem Geiste eine grofse Selbsl-
standigkeit geben, Vertrauen auf die eigerie Kraft. So ver-
einigte sich Alles, um jenen urspriinglichen Geisterglauben
in einer einseitigen Natur einseitig an die Nacht zu kniipfen;
die Geister als Bose erscheinen zu lassen und den Menschen
zu jener keckeri Trotzigkeit zu ;bringen, in welcher er sein
religib'ses Bediirfnifs stiilt, ,,indem er die von G cistern be-
volkerte Welt mit Freiheit zu beherrschen, mit derselben
zu verkehreh, die in ihr vvaltenden Machte nach eigenem
freien Willen zu leiten strebt." Der Schamane sucht durch
Bann und Beschworung die ubermenschliehen Machte in
seine Gewalt zu bringen und .sich durch Bezwingung der-
selben ihrer Unterstutzung zu vergewissern.
5. Gaiolatrie.
Lenormant Etude sur la religion Phrygienne
(Annal. de I'lnst. arch. Franc. Tom. I. Paris 1836.
p. 215 sqq.). Creuzer II, 364388.
Lyder: Menke Lydiaca. Berol. 1843. 8.
Karer: Soldan im Rhein. Museum. 1835.
Kappadocier: T. Eckhard be templo Cappadociae Comano.
Quedlinb. et Ascan. 1721. 4. H isely disp. de hi-
75
stor. Cappadociae, cui praemittitnr descriptio Cap-
padociae et disquisitio de Cappadocum origine,
lingua, religione. C. tab. geogr. s. 1. (Comment, lat.
Class. III. Inst. : Reg. Belg. Vol. VI.) 1832. 4. vgl.
Stulir II, 244 sci. -
Wenn der Polytheismus H i m in e 1 und E r d e zugleich
und in ihren uiannigfaltigsten Beziehungen erfafst, der Par-
sismus, bei Beeinlraehtigung der ursprunglichen Empfin-
dungsfahigkeit, einseilig das Lich.t, das Schamanenthum
einseitig die Fihsternifs aus der Richtung des Naturlebens
hervorhebt, so ist es in der Gaiolatrie die Erde, an die
vorzugsweise und deshalb einseitig das Bevvufstsein sich
verliert. Die Eindriicke des Himmels sind in dieser. Reli-
gionsform ganz zur.upkgeschoben. _
Alle Religionen oder Kulte, deren Mittelpunkt das Erd-
leben ausmacht, sind duster und wild, voll Wehmuth und
Trauer. Wenn der Mensch mil alien seinen Sinnen an das
Leben der Erde sich anschliefst, an ihrer Schonheit sich
freut, an dem Schinuck und der Pracht ihres Farbenspieles
sich weidet: so kann er nicht umhin, auch alle die wech-
selnden Empfindungen in sich zu erleben, welche der Wechsel
dieses Naturlebens erzeugt. Heute geboren und morgen
todt, das ist das Losungswort. aller Hervorbringungen der
Erde. Und je inniger sich der Mensch nait . diesen schwin-
denden Gestalten yertraut gemacht, je tiefer er aus dem
Bliithenkelche sufsathmender Natur Freude und Reiz geso-
gen hatte, um so tiefer mufste. ihn die Trauer ergreifen,
wenn er das Leben der Erde Ayelken und absterben sah,
um so ausgelassener seine Freude sein, Avenn neues Leben
wieder erwachte. Dies ist dehn auch ^yirklich der Cha-
rakter deijenigen Volker, bei denen vvir die Gaiolatrie finden.
d. h. eine Religion y in der das Bewufstsein vorzugsweise
oder ausschliefslich der Gewalt des Erdlebens anheiuige-
fallen war. Es sind dies aber die unter dem allgemeinen
76
/
Namen der ,,thrakischen" zusammengefafsten Volkerstamme,
welche von Europa aus uber den Hellespont nach Klein-
asien gewandert waren und die ganze westliche Ha'lfte des-
selben bis zum Halys (Kizil Irmak) bewohnten. Die beiden
bedeutendsten Stamme waren die Lydier und Phrygier, mil
den beiden Hauptstadten Sardeis und Pessinus. Diese bei-
den Stadte, nanientlich aber die letzlere, waren der Hauptsitz
dieses Religionsdienstes.
Fast die ganze mythische Vorstellung dieser Volker-
schaften absorbiert sich in dem einen Mythos von der Gottin
Kybele und ihrem Lielilinge Attis. Es wurde in der Ky-
bele die Erde, aus deren Schoofse Alles so schon und so
lieblich emporbliiht, als miitterliche Gfottheit verehrt. An
diese auflebende und absterbende Natur, diesen Schimmer
des Daseins, war der Sinn gewendet; wehmuthig trauerte
er uber den Untergang' des Erdenlebens, den Tod des
Attis, und feierte in larmender Freude sein Wiedererwachen,
sein Wiederaufleben. -.Das Gefolge der Kybele bilden die
Korybanten, die in schwarmender Begeisterung durclr wil-
den Tanz und Waffengeklirr, mit Pfeifen und Pauken und
lautem Geschrei die Opfer der Gottin feiern.
Friede und Versohnung kamnicht in das Gemiith dieser
Volker; es war und blieb zerrissen,. indem. es bald tiber-
mafsiger Trauer erlag, bald in ungebandigter Freude auf-
jauchzte. Der Phrygier vergafs die HinfaUigkeit alles Le-
bens weder ini Rausche der Sinnlichkeit, noch setzte er
sich in freier venvegener Personlichkeit daruber hinweg,
noch auch suchte er Trost in Vorstellungen von einemjen~
seitigen Leben, Das Dasein liefs ihn rasen in unendlicher
Freude; beiin Anbliek der Verganglichkeit zerschmelterte ihn
unendlicher Schmerz.
Wie der ganze Kult sich um Kybele und ihren friih,
in der Bliithe der Jahre, verstorbenen Liebling bewegt, so
77
veranschaulicht der Mythos von beiden den gesamnaten
Zustand des Bewufstseins der thrakischen Volker. Dieser
Mythos hat sich in verschiedenen Gegenden verschieden
gestaltet, aber uberall dieselben Grundideen festgehalten.
Zweierlei tritt daran hervor: die Trauer uber die Vergang-
lichkeit des Daseins und die Zerstorungswuth sinnlicher
Lust. Denn entweder durch sich selbst oder einen Andern
entmannt litt Attis in bliihender Jugend den Tod. Und so
trugen auch die dem Attis und der Kybele veranstalteten
Feste ganz den Charakter, der einem solchen Glauben ent-
sprechend und iny thisch in .den Korybanten vorgebildet war.
Trauerfeierlichkeilen, Fasten und Biissungen fande.n statt
und wilde Festraserei, die sich zur blutigen Selbstentman-
nung steigerte. Dieser Fanatismus erklart sich aus dem
Zustande der Gemiithszerrissenheit jener Volkerschaften, und
dieser Zustand selbst wieder aus dem Verlorensein an das
Erdenleben und aus den aufsern Existenzverhaltnissen der
genannteh Volker Vorderasiens. Oestlich von ihnen wohn-
ten die Syrischen Stamme, die der grofsten sinnlichen Lust
und Ausschweifung anheimgefallen waren. Wie nun sudlich
die Israeliten im Gegensatze zu dieser Sinnlichkeit in das
Extrem starrer Sittlichkeit ubergingen, so westlich die thra-
kischen Volker in ahnlicher Weise. Indem sie im Dienste
der Kybele unter rauschendem Larm der Gymbehi und
Pauken sich selbst entmannten, iiberwanden sie die Sinn-
lichkeit aber nur aufserlich, hicht durch die Macht des
Geistes, wie die Israeliten es versuchten.
Diese Religionsform ist wichtig wegen ihres Einflusses
sowohl auf das griechische und romische Leben (sie gelangte
207 a. Chr. von Pessinus nach Rom) als auf das Christen^
thum 67 ).
67t
7 ) S. in der Anlage Lauer's Recension yon Sommer: De
Theophili cum diabolo foedere.
78
6. Uranolatrie.
Hager Pantheon chinois. . Paris 1806.4. Stuhr. Die
. chines. Reichsreligion u. d. Systeme d. ind. Philosophic.
Berlin 1835. 8; Religionssysteme I, 9 36.
Confucii Chi-King ed, Mohl. Stuttg. 1830. 8. Y-King
ed. Mohl. Stnttg. 1834 sqq. 8. II. Werke des tschines.
Weisen Kung-Fa-Dsuu. seiner Schiller. Uebers. von
Schott Halle 1826. 8. II. Kd. Biot Recherches sur
les moeurs dies anciens Chinois, d'apres le Chi-King
(Journ. Asiat. Ser. IV. Tom. IT, 307sqq. 430 sqq.). Kurz
Mem. sur 1'etat politique et religieux de la Chine, 2300
ans avaht notre 4re, selon le Chonking. Paris 1831.
Den Gegensatz zur Gaiolatrie bildel die Uranolatrie.
Sie 1st die Religionsform China's. Da dem \ 7 olkscharakter
die Religion entspricht und der Religion der Volkscharakter,
so bildet der Zustand des chinesischen Bewufstseins auch
einen ebenso entschiedenen Gegensatz zu dem der thrakisch-
phrygischen Vb'lker. Wie dieses zerrissen, aufgeregt, excen-
trisch, so jenes einfach, ruhig, starr. Von der Unvera'nder-
lichkeitj Stabilitat, ewig wandellosen Gleichheit des Himmels,
des blauen Himmelsgewb'lbes ist die chinesische Religion
und das ganze chinesische Leben der gelreuste Reflex. Die
oberste Gottheit der Chiriesen ist Tian oder Schangti, in
welchem der Aether und die Gestirne zu Einer Vorstellung
zusamniengefafst Werden, der Himmel. "Von ihm soil das
Leben und die menschliche Seele das Abbild sein.. Die
ewige Ordnung de& Himmels soil auch aufErderi dargestellt
werden. Der Mensch soil sich von aller Aufregung, alien
Leidenschaften frei, stets in der .rechten Mitte halten, in
steteui Gleichgewicht. Ruhe und Frieden der Seele und
des Lebens sind die hochsten Aufgaben. Monotonie ist der
Charakter des ganzen chinesischen Lebens. Besteht doch
auch ihr ganzer Sprachschatz nur aus 450 einsylbigen Wor-
tern, ohne Deklination und Konjugation.
79
Diese vollkommene Stabilitat des Chiriesenthums ist die
Folge ihres einseitigen Verlorenseins an das Naturobjekt
des ewig unveranderlichen Himmels. Haben sie auch die
Erde neben ihn gestellt ais Gotlheit, so tritt diese doch sehr
in den Hintergrund und hat in keiner YVeise Einfiufs auf
das Bewufstsein geubt. Begiinstigt ist diese Stabilitat wor-
den 'durch die Abgeschlossenheit des Wtihnsitzes;
7. .Astrolatrie.
R. Moses Maimonides- de idololatria liber c. in-
terpr. Dionysii Vossii. 1668. 4. J. E. Ostermann
disp. de.- astrolatria. Bock Essai sar 1'histoire
du sabeisme. 1785. Kleuker Ueber d. Ursprang d.
Zabaismus (Zend-Avesta ira Kleihen zu Arif.). Rein-
hard (p. 20) p. 40 sqq. 60 sqq. Baur (p, 20) I, 181 sqq.
J. Selden. De dis Syrrs syntagmata II. ed. Andr.
Beyer Lips. 1 072. 8. S t all r I, 376 sqq. Creuzer
11,2. J. L. Movers Die Phoiiizier. Bd. I. Bonn
1842, 8. Bd. II. Berlin 1849. K. S ckwenck Mythol.
d. Semiten. Frkf. a, M. 1849. 8.
Karthager: Fr. Miinter Rel. d. Karth. ed. II. Kopenbagen.1821.4.
Crea.zer.II, 437 sqq.
Babylohier: Fr. Miinter Rel. d. Babyl. Kppenh. 1827. 4.
Araber: Stuhr I, 396 sqq. .. .
Die Religionsform, . welche wir mit dem Namen Astro-
latrie .(Gestirndienst) . bezeichnen, heifst auch Sabaismus
(Zabiah von Zebaoth haschamajim). Sie ist die Religion
der semitischen Volker und geographisch zwischen dem
Parsismus und der Gaiolatrie gelegen. In der Astrolatrie
ist die Abstumpfung und Zersplitterung noch grofser, als in
den friiher betrachteteii Fbrnien. Diese batten entweder
die ganze Nalur oder doch wenigstens grofsere, aDgemeinere
Richlungen derselben (Licht, Finsternifs, Erde, Himmel.)
erfafst ; in der Astrolatrie ist das Bewufstsein an Einzeln-
heiten verloren. Es ist nicht mehr der ganze grofse blaue,
den Aether und die Gestirne zugleich umfassende Himmel,
80
an welchen sich das Bewufstsein hingiebt, sondern es sind
die Einzelnheiten des Himmels: Sonne, Mond und
Sterne 68 ). Bei dieser Zersplitterung des Geistes konnte
derselbe naturlich auch nur einseitig, nur unvollkommen die
Eindrucke der Gestirne in sich aufnehmen. Damit hangt
der Rationalismus zusammen, das Verstandesmafsige, der
Mangel an Gefiihl, dem wir uberall bei den Anhangern die-
ser Religionsform begegnen. Sehen wir nSher.
-Die Lander,, in denen die Astrolatrie heimisch war,
sind, mil Ausnahme des kleinen syrischen Kiistenstriches
(Phoenizien und Palaestina) Ebenen. Sie bestehen aus drei
Theilen: 1) dein Tieflande des Tigris und. Eufrat (Mesopo-
tamien und Babylonien) und dera syrisch-arabischen Tief-
lande; 2) der syrisch-arabischen Wuste; 3)- dein arabischen
Hochlande. Sowohl jene Tieflander als das arabische Hoch-
land i- von der Wiiste. versteht es sich von selbst sind
trocken, steinig, wenig fruchtbar. Mesopotamien ist theils
wiiste, theils grasreiche Steppe; Babylonien nur durch
kunstliche Bewasserung unza'hliger Kanale zu einem hohen
Grade von Fruchtbarkeit gebracht Der Bauiiiwuchs fehlt
entweder ganz oder ;ist sehr diirftig 69 ). Ein solches Land
fesselte wenig den Sinn und die Einbildungskraft : Blick
zum Himmel 70 ) (ewig klar und heiter wegen der Diirre);
Ausbildung des Verstandes (den moglichsten Erirag der Erde
abzugewinnen); Richtung auf Handel, wo Flusse (Babylon)
* s ) Dafs- die Religion cler semitischen Volker urspriinglich nicht
Sabaismus gewesen sei, behauptet O. Muller. Kl. Schr. II, 53.
69 ) Wetlsted Travels in Arabia. London 1838. Jomard Etu-
des geogr. et histor. snr 1' Arabic. Paris 1839.
70 ) Hnmboldt Kosmos II, 50 (in Bezug auf Arabien): ,,Wo
dem Boden der Schmuck der Walder fehlt, beschaftigen\ die Lufter-
scheinungen, Sturm, Gewitter und langersehnter. Regen urn so mehr
die Rinbildangskraft."
81
oder die Kiiste (Phonizien) dazu einluden, um von auswarts
zu holen, was man brauchte .und nichl besafs.
So ist sowohl die Religion jener Lander, als der Cha-
rakter der Volker, die dort wohnten, ein Produkt natiirlicher
Verhaltnisse. Dies lafst sich noch weiter ausfuhreni Nachr
dem einmal der Blick durch die Natur des Landes dem
Himmel zugewandt war, auch um deswillen 71 ), weil in
jenen uniibersehbaren Ebenen, wo keine Stadte und kerne
Berge als Merkzeichen dienen konnten, die Sterne bei Wan-
derungen zu Lande und bei Seefahrten als Fiihrer dienen
mufsten: so blieb der Blick am Himmel gefesselt, und der
Sinn verier sich an die Eindriicke der Gestirne umsomehr,
als die der Erde sehr diirftig waren. Man sah die Bewe-
gung der Gestirne und hielt sie fur belebt 72 ); man nahm
den Einflufs derselben auf die ganze Natur, die Macht der
Sonnenstrahlen, das Erquickende des Thaues und der Kiih-
lung bei Aufgang des Mondes wahr und gewann die Vor-
stellung weitwirkender, wohlthatiger Machte. Man
beobachtete ferner die Regelmafsigkeit des Laufes undStan-
des der Gestirne 73 ), wie sie in ewig gleicher Ordnung die
Jahreszeiten bestimmen, fur' die Thiere die Zeit der Geburt,
fur die Gewiichse die Zeit derlieife herbeifuhren, und ward
"> Reinhard 1. I.
TZ ) Cic. N. D. II, 15: hac mundi divinitate perspecta, tribuenda
est sideribns eadem divinitas; quae ex mobilissima purissima-
que aether-is parte gignuntur, neque ulla praeterea sunt
admista natura, totaque sunt calida atque perlucida, ut
ea quoq.ue rectissime et animantia esse et sentire atque intelligere
videantnr. .
71 ) Daraus argumentieren Hire Gottlichkeit auch die Stoiker bei
Cifc. N. D. II, 16; ihre Ungottlichkeit Lactant. Instit II, 5. (Ex hoc
enim apparet decs non esse, quod exorbitare illis a praestitutis
itineribus non licet) und ein peruanischer Ynca bei Garcilasso de
la Vega Hist, des Yncas. Amsterd. 1704. Tom. II. p 394 sqq. (Lb. IX.
cp. 10.) vgl. H. Grotius 1. 1. Lb. IV. . 5.
Lauer Griech. Mythologie. 6
82
dadurch nicht bios zu genauer Erforschung der dabei ob-
waltenden Gesetze veranlafst, sondern bildete auch die
Arisicht aus, dafs diesen iinwandelbaren Gesetzen der Ge-
stirne auch dais menschliche Leben unterworfen sei. Dieser
-Zusammenhang zwischen dem Leben der "Erde und dem
Laufe der Gestirne allein war es, welcher das syrisch-ara-
bische Gemiith bemhrte. Hohere Regungen treten nirgends
irri Bewufstseih hervbr 74 ). Die Sonnei als die inachtigste,
war der Gott der Goiter. Na'chst ihr wurde tlem Monde
vorziigliche Verehrung geleistet und weiter einzelnen Ster-
nen, an deren Stellung am Himmel, an deren Erscheinen
und Verschwinden zu verschiedenen Jahreszeiten sieh die
Witterurigskunde anschlofs.
Dies Verlorensein des Bewufstseins an die Gestirne
hatte ziir naliirlichen Folge: 1) eine Verflachung des Ge-
miitbs, Gefiihllosigkeit, Vorwiegen des Verstandes, Rationa-
lismus, Harte, Grausamkeit, Blutdurst. Dies tritt sehr
bestimmt hervbr an der Art und Weise, wie der Araber die
Blutrache vollzog, und an der Harte und Grausamkeit, womit
er seine Goiter selbst bekleidete. Die Araber weihten nicht
selten ihre .eignen Kinder dem Todeoder den Gotlern, wie
die Phonizier ihrem Moloch, die Babylonier ihrenri Bal, und
begrubeh ihre neugebornen Tb'chler aus Furcht, sie mochten
sie nicht ernahren konnen , oder die Tochter konnten ihnen
einst geraubt und geschandet werden. In kalter Verslan-
digkeil berechnet der Araber den Vortheil und Nachlheil,
der ihm aus Handlungen und Ereignissen entspringen kann,
und abhangig yon dem Laufe der Gestirne sich fiihlend, die
in weiter Feme und festbeslimmter Nothwendigkeit das
Leben und ihn selbst bestimmen, waren seine Gedanken
nur darauf gerichtet, wie er das durch die Gestirne ihm
*) Heeren Ideen. Buck XIX, 4. Humboldt Kosmos II, 265.
83
beyorstehende erkenne, es zu seinem Nutzen ausbeute oder
sich vor Schaden behuie. Die Astronomic und Astrologie,
obgleich nicht in Arabien erbluhl 75 ), sondern unter den
Chaldaern zu Babylon 76 ), sincl naturliche und- nothwendige
Keime eines Geistes, dec sich ganz an die Gestirne hinge-
geben hat. Es ist klar, dafs bei dem Gefuhl der Abhangig-
keit des Menschen von den Gestimen und ihrer ewig gesetz.-
mafsigen Noth\vendigkeit von einem freien, sittlichen, durch
sich selbst bestimmten Handeln nicht die Rede sein kann.
Der Chaldaer priifte nicht sich selbst als den Grund seiner
Thaten und Geschicke, sondern las in dem objektiven Ge-
setze der Sterne, welches, seinem Glauben nach, sein
Handeln bestimmte. Audi hierin spricht sich eine grofse
Zersplitterung des Geistes, eine grofse Gefiihllosigkeit ausj
Mangel an personlicher Kraft, die sich relict, indem sie
flieht.
Aufser der Gefiihllosigkeit und dem Rationalismus, der
Hiirte und Diirre der Gesinnung;, erkennbar an der Blulrache
und Grausamkeit der Araber, der Astrologie der Chaldaer,
hat die Astrolatrie noch eine andere hervorslechende Folge :
unendliche Sinnlichkeit. Dies kann paradox erscheinen.
Gewohnlich nimiiit man an, Sinnlichkeit werde begiinstigt
durch Verkehr mil der Natur, d. h. mil dem Leben und
Treiben der Erde; der Anblick des gestirnten Himmels
dagegen erhebe und lautere durch Vorstellunge : n des Erha-
") Vgl. Humboldt a. a. O. II, 258 sq.
7S ) S. Delambre hist, de 1'Astronomie ancienne. Paris 1817.
Chasles Recherches sur rastronomie . indienne et chaldeenne,
in den Comptes read us de TAcad. des Sciences. Tom. XXIII. 1846.
Ueber die Chaldaer vgl. : Ditmar d. Vaterland d. Chaldaer. Berlin
1790. 8. Palmblad de rebus" Babyloniis et originibus teterum
Chaldaeornm. Upsal. 1820. 4. Rodiger fiber Chaldaer und Kurden
(Z. f. d. Kde. d. Morgenlandes. Bd. III.)
' ' '
benen nnd Ewigen die Gesinnung. Wie begriindet dies
scheinen mag, die Erfahrung straft diese Behauptung Lugen
und zeigt, dafs grade das Umgekehrte der Fall sei. Alles
Familienleben, alle Kultur und Sittlichkeit kniipft sich an
das Erdleben, an Ackerbau 77 ). In einem solchen Verkehr
mil der Erde werden alle edleren Gefuhle und Empfindun-
gen angeregt; das Mutterliche, Fiirsorgende, Freundliche der
Erde mildert, sanftigt, lauteii alle Gefuhle. Die grofste
Unsittlichkeit ist iminer da, wo mil Zuriickdrangung des
Gefuhls eine verstandesmafsige Beschafligung vorherrscht :
Handel, Fabrikeh, . Krieg, Diplomatic. Sinnlichkeit ist auch
mit dein Ackerbauleben verkniipft; aber theils nichl in so
hohem Grade (Land Stadt), theils ohne die demoralisie-
rende, zerriittende Wirkung, welche stets mit der Sinnlich-
keit des Ralionalismus verkniipft ist. Die Sinnlichkeit des
Ackerbaulebens ist eine mehr natiirliche die des Ratio-
nalismus eine gemiithlose, kiinstliche, raffinierte, schranken-
lose. Um zu unserm Gegenstande zuriickzukehren, so
mufste also die Sinnlichkeit der Gestirndiener, wegen ihres
gefiihllosen rationellen Charakters, eine bodenlose sein,
wenn sie in diese Sinnlichkeit verfielen. Sie verfielen aber
nothwendig darin, sowohl wegen ihrer rationellen Gesinnung
als auch wegen ihrer Astrolatrie. Denn weil sie^ wie ich
bemerkt habe, die Gestirne mit Riicksicht auf das Leben
der Erde, auf Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit betrachteten,
der Mond, den sie hoch verehrten, den merklichsten Einflufs
auf das geschlechtliche Leben hat, so ward ihrer Gesinnung
auch eben eine Richtung auf die Sinnlichkeit gegeben. Denn
der Mensch ist so wie seine Goiter, weil seine Goiter so
7 ") S. Gaiolatrie, Erd- und Ehegottinnen (Hera Demeter). Mit
dem Ackerbau tritt Monogamie ein; in dem friihern Hirten- oder
Nomadenleben ist Polygamie. Grimm Gesch. d. d. Spr. I, 18.
85
sind vvie er. Und v er glaubt sie zu.ehreii, wenn er dem
Charakter gemafs handelt, den er ihnen beilegt. Wenn der
Mond verehrt wird mil Riicksicht auf das geschlechtliche
Leben, auf seine zeugerische Kraft, und wenn ihm em dieser
Auffassung entsprechender Charakter beigelegt wird, so mufs
er einen ausschweifend sinnlichen Dienst hervorrufen.
So ist denn aus dem Rationalismus und der Astrolatrie,
oder auch aus dieser letztern allein, weil jener aus dieser
entstand, die ausschweifende Unsittlichkeit zu erklaren, die
wir, weniger bei den Arabern, aber in abschreckend hohem
Grade bei den ubrigen verwandten Volkerh , namentlich
den beiden Hauptzweigen , Phoniziern und Babyloniern 78 )
fihden.
Eine dritte Eigenthiimlichkeit ist die religiose
Ver ehrung von Stein en. Sie ist wohl nicht unmittel-
bare, sondern nur mittelbare Folge der Astrolatrie ; zunachst
resultierend aus der Zersplitterung des Bewufstsein.s, die
ihrerseits freilich aus der Astrolatrie hervorging. Wie das Be-
wufstsein an die Einzelheit des Himmels verloren war, so
verlor es sich auch an die Einzelheit des Erdlebens, den
Stein. Was der Stern am Himmel war der Stein auf der
Erde. Der Stein gait dem Araber als der Vermittler mil
7S ) ,,Mesopotamiae homines effrenatae libidinis sunt in utroque
sexu.'^ Sallust. bei Sch. Juvenal. Sat. I, 104. (Phonizier = Semiten,
Ewald Gesch. d. Volkes Israel Bd. I, 278 sq. =Hamiten (zu denen
auch die Aegypter gehoren): I Mos. cap. 10. vgl. Bertheau zur
Geschichte d. Israeliten p. 163 sq.) Herbdpt I, 181. 199 ibq.
Bahr. Munter Rel. d. "Babylon, p. 72. 74. Rel. d. Karth. p. 79 82.
Heyne Comm. Societ. Getting. Tom. XVI. Stulir a. a. O. Bd. I,
384 sqq. Crenzer a. a. O. p. 350 sqq. u.a. Engel Kypros. Berlin
1841. Bd. II, 9 15 und an andern SJellen betretfend die Kypr,
Aphrodite.
Fisch und Taube. Tempelbordelle. Danim in der Bibel Hurerei
soviel als AbgottereK
86
/
iien Gestirnen 79 ). Vor alien ward dafiir der schwarze Stein
angesehen, den die Moslemim noch heutiges Tages in der
Kaaba verehren, und von dem man glaubte, dafs in ihin
alle Sternenkrafte beschlossen seien. Von diesem Stejne
: hatte dann wieder der einzelne Stammstein seine Kraft, und
von diesem endlich der Stein, den der Einzelne am Leibe
trug, und der durch den Stammstein und den Hauptstein
in der Kaaba die lebendige Kraft der gottlichen Machte,
der Gestirne, dem Einzelnen zu seinem besondern Schutz
mittheilte 80 ). Die Verehrung der himmlischen Machte
fiihrt am leichtesten zur Idololatrie, weil sie so fern sind
und daher der Mensch die Sehnsucht nach ihnen sich
in etwas stillt durch ein sinnliches Abbild oder ein sinn-
liches Surrogat. Stein, als starkstes, hartestes, Symbol der
Kraft? Dieser Steindienst, in dem sich ein.e grofse Zer-
splitterung des Bexvufstseins kundgiebt, zeigt schon auf
Afrika, auf den Felischismus hin, wie denn auch Arabien
seinem ganzen Character nach sowohl zu Asien als zu
Afrika gehort. Ueberhaupt ist die ganze Astrolatrie eine
Religionsform , die wenig Europaisches an sich hat; dem
europaischen Wesen stehen Gaiolatrie, Parsismus und Scha-
manenthum ungleich naher. Astrolatrie ist die Religionsform,
welche Asien mil Afrika vermittelt, nicht bios durch den
Steindienst. Wir werden gleich eine afrikanische Religions-
form kennen lernen, die, obgleich oie noch Jiiedriger zu
79 ) ,,Die Steine warden heilig gehalten als Gedenksteine zur
Erinnerung an geschlossene Biindnisse mit den gottlichen Machten.
(Jacob). Sie dienten den Arabern anch zum Zeugnisse geleisteter
Eidschwiire. Die Heiligkeit, welche dem noch heute von den
Moslemin verelirten schwarzen Stein in der siidostlichen Ecke der
Kaaba beigelegt war, bezog sich auf die Macht der Gotter, die,
durch die heiligsten Schwure .angerufen, wachten uber die Heilig-
haltung des geschlossenen Bundnisses." Stuhr 1. I. p. 402.
) Stuhr 1. 1. p. 411 sq.
87
setzen ist als die Astrolatrie, doch mil ihr korrespondiert
Wie nemlich in der Astrolatrie sich das Bewufstsein eirt-
seitig an eine Einzelheit des Himmels verliert, so konnte
es sich auch einseitig an eine Richtung des Erdlebens ver-
lieren.
8. Z-ooiatrie.
Reinhard (p. 20) p. 22 sqq. Jabl on ski Pantheon
Aegyptiorum. Francof. 175052. 8. III. C. Pri chard
Darstellnng der agypt. Mythol. Aus d., .Engl. yon Hay-
mann, mit Vorrede von A. W. r. SchlegeL Bonn 1837.8.
.Creuzer II, 1. M. Schwartze Das alte Aegypten.
Bd. I. {2 Theile). Leipz. 1843. 4. K. Schwenck Die
Mythol. d. Aegypter. Frkf. a. M. 1846/8.
Eine noch weit grofsere Einseitigkeit im Empfinden des
religiosen Objektes, als wir sie in den bisher betrachteten
Religionsformen fanden, und eine weit grofsere Zersplitte-
rung des Bewufstseins zeigt sich in der Vergb'tterung einer
Einzelnheit des Erdlebens, der Thierwelt, in der Zoolatrie.
Es ist dies die Religion Aegyptens. Die Aegypter verehrten
die Thiere nicht etwa in symbolischer Bedeutung, als Ab-
bild oder Symbol der Gottheit, .wie Einige mit Rucksieht
auf Herodot 81 ) gemeint haben; sondern die Thiere in ihrer
untnittelbaren sinnlichen Erscheiiumg wurden heilig gehalten
und gottlich verehrt, nach ihrem Tode einbalsamiert und
auf ihre Todtung die hiirteste Slrafe gesetzt 88 ). Jeder
Gau verehrte seine besondern Thiere, deren Mumien man
zum Theil noch jelzt findet 83 ). Gevvisse Thiere wurden
- 81 ) II, 65: iwv Je fS.vty.tv aveirat z IQU tl Ifyoipi, xT/Safijv av
8 *) ,,Firmiores . eniui videas apud eos opiniones esse de bestiis
quibusdam, quam apud nos de sanctissimis templis et simulacris
deorom." Cic. N. D. "I, 29.
"* 3 ) Creuzer Bd. II, 201 sq.
88
iiberall heilig gehalten imd verehrt: Stier, Hund, .Kalze,
Schlange, Ibis, Falke und Kafer 84 ).
Man hat diese Vergo tier ting der Thiere auf verschiedene
Weise zu erkliiren versucht 85 ). .
1) Aus der Nutzlichkeit und Schadlichkeit der Thiere 86 ) ;
2) aus dem Glauben an Seelenwanderung 87 );
3) aus Hieroglyphen , in welchen mil Thieren Cotter
bezeichnet wurden 88 );
4) aus astronomischen Vorstellungen. So sagt Creu-
zer II, 197 sqq.:
,,Die Erde spiegelt den Hiinmel ab. Sie giebt den
Wiederschein in Metallen, Steinen, Edelsteinen, Pflanzen
und Thieren. Sie antwortet der Spharenharmonie durch
die Chore und Musik der Tempel. Vorzuglich aber sehen
wir das Heer des Himmels, den Kreis der himmlischen
Thiere, am deutlichsten reflektirt im universellen und im
provinziellen Thierkreise des ganzen aegyptischen Landes
und aller einzelnen Nomen. Aegypten ist ein grdfses Pan-
theon und jeder Nomos, jeder Gau antwortet den Revieren
des Himmels. Das Ganze ist ein Haus heiliger Thiere und
hat im Himmelsgewolbe seine Decke. Daher lauft auch
der ganze Thierkreis des Himmels auf der aegyptischen
Erde fort. Es ist eine groise heilige Heerde, unter den
Schutz des Himmels gestelit. Von Thebae oder Grofs-
Diospolis an bis nach Canobus, an die Nilmtindung hin ist
S4 ) Vgl. Noack p. 266. . . .
85 ) Schon im Alteftlmme: Diodor. I, p. 97. sqq. Phit. de Is. et
Osir. s. Reinhard p. ^2 29. Am besten wohl Hegel bei Creu-
zer'I, 30. not. und besonders B. Constant La Religion. Liv. II.
Ch. 2. (Tom. I, 257 sqq i. d. Uebers.)-
86 ) Cic. N. D. I, 36. Euseb. P. E. II, I. .Mosheim zu Cud-
worth cp. IV. . 19. p. 419 sqq. Greiizer II, 205 sq.
ST ) J. H. Ursinus Anal. S. Vol. I, 409 sqq.
") Clem. Al. Strom. V, 7.
89
ein hieratisch-animalisches Leben. Jedes Revier des Him-
mels hat wieder sein Thier und sein Haus fiir die Thiere.
Jeder Gau hat sein heiliges Thier und seinen Tempel, worin
es die Pflege der Menschen empfangt. Sie stellen ja auch
alle Phanomene des Himmels in sich dar, diese Thiere; sie
sind ja auch die natiirlichen Gnomone der wechselnden
Zeken, die Boten der natiirlichen Veranderungen die
Brunst des Widders im Fruhling, das Gebrull des Lowen
bei heifser Sonnenglut, das angstliche Treiben und Laufen
der Gazelle nach der Regenzeit, und der spurende Hund,
dieser Namentra'ger des hellsten Sterries. Soli einmal Na-
turreligion sein, soil ein jedes naliirliche Ding seine Wiir-
digung und seinen Platz in dem Kultus finden so miissen
wir die grofse, ja grofsartige Consequenz bevvundern, womit
Aegyptens Priesterschaft diese natiirlichen Regungen des
Volkes ergriffeh und behandelt hat."
Dies hort sich recht schon an, wenn es nur wahrware.
Aber abgesehen davon, dafs Creuzer wie iiberhaiipt, so
auch besonders in der agyptischen Religion, viel zu tief-
sinnige, spirituelle, systematische Vorstellungen erblickt, wo
nicht im geringsten daran zu denken ist, so fallt seine ganze
Erklarung des agyptischen Thierdienstes in sich zusammen,
weil das Princip, auf dem sie beruht, haltlos ist. Denn
J) diirfen wir den Aegyptern keine umfassenden astro-
nomischen Beobachtungen zuschreiben, weil die
agyptische Lut't stets so mil Diinsten angefullt ist,
dafs selbst in heitern Nachten die Sterne zweiter und
dritter Grofse nicht gesehen vverden 89 );
2) ist nichts ausgemachter, als dafs die altesten Aegypter
9H ) Biot Reckerches sur plusieurs points de TAstronomie egypt.
Paris 1823. p. 224 Stuhr a. a. O. Bel. I, XXIY.
90
den Thierkreis nicht gekannt, sondern erst von den
Chaldiiern kennen gelernt haben 90 );
3) bezeugt der in Alexandrien lebende Jude Philo 81 )
ausdriicklich, dafs die Aegypter allein die Erde gott-
licher Verehrung wurdigten, dagegen den Himmel
einer solchen nicht weiih achteten 9 *). Weil nemlich
in Aegypten der Himmel keinen Regen gab 93 ),9und
deshalb keinen segensreichen Einflufs ubte, sondern
das Land durch Uebertreten des Nils befruchtet ward,
so blieb der Sinn der Aegypter der Erde zugewendet
und ward weder durch die Wohlthat des fruchlbaren
Regens noch des freundlichen Sternenlichtes zur
Verehrung des Himmels veranlafst. Isis (Erde) 94 )
9n ) Ideler Ueber d. Ursprung des Thierkreises. Berlin 1838. 4.
Letronne Sur Torigine du Zodiaque grec et sur plusieurs points
de I'astronomie des Chaldeens. Paris 1840. 4. (aus d. Journ. des Sa-
rants 1839) Surl'origme grecque des Zodiaques pretendues egyptiens.
Paris 1837. (Revue des d. M.) Analyse critique des representations
zodiakales en Egypte. Paris 1846.
9I ) Vit. Mosis Lb. III. p. 682.
97 3 Der aegyptische Himmel hat kein blanes, sondern silber-
graues Licht, welches naturlich hochst lastig sein mufste, und gewifs
ebenso sebr, wie die kahlen ron der Sonne beschienenen Sahdebe-
nen, die in Aegypten so haufigenAugenkrankheiten erzeugten: Juvenal.
Sat. XHI, 93. Pers. Sat. Y,. 186 ibq. Plum p. 484 sq. Pruner die
Krankheiten d. Orients. Erlangen 1847. 8. cp. 12.
93 ) Herod. HI, 10: ,,Unter dem Konige der Aegypter Psam-
menit, dem Sohne des Amasis, kam in Aegypten die ganz merkwur-
dige Erscheinung vor, dafs es in Theben regnete, welches doch nie,
weder vorher noch nachher bis auf mich beregnet ist, wie die
Thebaner selbst sagen. Denn in Oberagypten regnet es uberhanpt
gar nicht." Auch heut zuTage haben von den 365 Tagen des Jahres :
242 ganz reinen HimmelA
84 einige Wolken f s. Fran z Prun er Topographic me-
32 bedeckten Himmel /dicale du Caire. Munich. 1847.
7 Nebei mit Regen /
365 .
94 ) Demeter s. Herod. II, 59. Plut. Is. et Osir.
91
und Osiris (Nil) 95 ) sind die beiden Hauptgottheiten
der Aegypter. Diese beiden verehren sie und daneben
sind heilig die Thiere.. .
Der Thierdienst der Aegypter wird iiberall als das
Charakteristische ihrer Religion hervorgehoben und diese
Zoolatrie hat weder in dem Glauben an Seelenwanderung,
noch in der Wiederspiegelung des himmlischen Thierkreises
in dem irdischen, noch in denHieroglypheri 96 ) seinenGrund;
auch nicht zuletzt iii der Niitzlichkeit und Schadlichkeit
gewisser Thiere. Allerdings mufste ein Land wie Aegypten,
das, sonst diirr und trocken, nur durch das regelmafsige
Steigen des Nils befruchtet wurde, zur Verehrung dieses
Flusses und der durch ihn fruchtbaren Erde hinleiten. Ebenso
mufste es die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dafs der Ibis
erschien nach dem Fallen des Nils und das zuriickgebliebene
Gewiirm vertilgte; dafs. die schiichterne Gazelle vor dem
Steigen des Nils in die Wiiste floh. Die iippige Thierwelt
der Krokodile, Schlangen, Eidechsen u. s. w., welche durch
95 ) Athanas. contra gentes: ndvrtav [talta-ia AlyvniiQi TO VIOQ
(den Nil) nQOTSTiprixaaiv. Plat. Is. et Osir. Vgl. Heliodor. Aeth.
IX, 9. Jal. Firm. Mat. de err. prof, relig. Voss de idol. Lb. II, 74
p. 689. Er wurde in der Form des Stieres Apis verehrt.
Aegypti siccitatem temperat Nilus amnis. Minuc. Fel. 18, 3.
96 ) Dafs es mit dem Vorkommen von Thiergestalten in.', den Hie-
roglyphen eine ganz andere Bewandtnifs habe, als man friiher annahm,
beweisen die neasten Untersnchungen nber den Charakter dieser
Schrift. Die Hieroglyphen sind namlicb
a) phonetische : z. B. Schate (Kelol) Miitze (Klaft) == K. (wenn
im Deutschen Lamm, Licht, Loffel = L).
b) symbolische: z. B. Sonne = Tag^; Lowe = Herrschaft.
c) figurative: z. B. Gazelle = Gazelle; Spaten = Spaten.
Die hieratische Schrift besteht aus abgekiirzten Hieroglyphen. Die
Volks-Schrift (enchorische , demotische, epistolographische) ist die
noch mehr zusammengezogene hieratische.
O s an n iiber d. alteste. Schrift der Aegyptier. Rh.Museuiu.
1848. Heft 4. p. 579589.
92 -
die Ueberschwemmung zum Vorschein kam, konnte den
Blick auf sich ziehen 9 ?). Aber dafs man diese Thierwelt
gottlich verehrte , aus der reichen Fulle des Daseins kein
Objekt fand, welches mehi Eindruck machte und deshalb
mehr zur Vergotterung aufforderte, dafs man in den
Thieren eine Macht erkannte, die man uber sich zu stellen
veranlafst wurde und der man sich deshalb 'imterwarf: dies
9: ) ,,Ks ist in den Thieren etwas unbekanntes, wir konnten
sagen geheimnifsvolles vorhanden, das den Wilden veranlassen mufs,
sie zu verehren. .
Die Unmoglichkeit sie zu beurtheilen und zu begreifen, eine
Unmoglichkeit, die wir ubrigens mit ihnen theilen, die wir aber aus
Gewohnheit nicht mehr wahrnehmen; ihr viel sicherer Naturtrieb,
als unsre Vernunft; ihre Blicke , die so kraftig und lebhaft aus-'
drueken, was in ihnen vorgeht; die Verschiedenheit und Seltsamkeit
ilirer Gestalten; die oft in Staunen setzende Schnelligkeit ihrer Be-
wegungen; ihr Mitgefiihl mit der Natur, das ihnen die Annaherung
der naturlichen Erscheinungen yerkiindigt, die der Mensch nicht
voraussehen kann; endlich die Scheidewand, die der Mangel der
Sprache auf ewig zwischen ihnen und ilun bildet dies alles macht
sie zu rathselhaften Wesen.
So lange er ihnen durch ihre Unteijochung nicht den rathsel-
haften Zauber genommen hat, so lange theilen sie init ilun Leben
und Herrschaft, so lahge herrschen sie als seinesgleichen in den
Waldern.- Sie sprechen ihm Hohn in den hohen Liiften wie in den
tiefen Wellen; sie besitzen einige seiner Krafte' in einem hoheren
Grade; sie sind bald seine Sieger, bald seine Beutey und man be-
greift, dafs, indem er uberall den verborgenen Sitz der nnsichtbaren
Krafte sucht, er ihn oft im Innern jener Wesen findet, deren Dasein
ihm durch nichts erklart, und deren Bestimmung ihm durph niclits
ofFenbart wird.
Die Verehrung welche der Wilde den Thieren erweist, erstreckt
_sich sogar noch iiber den Zeitptinkt hinaus, wo er- sie zahmt und
sich dienstbar macht. Der Besitz eines Hausthieres bringt in seinem
Leben. eine so grofse Umwalzung hervor, dafs er daruber nur noch
geneigter wird, diesem neuen Gefahrten seiner Arbeit eine fast
gottliche Natur beizulegen. (Herder Ideen z. Thil. d. Gesch. I.)"
Vgl. Benj. Constant d. Relig. p.257sqq. d. Uebers. und Hegel,
Phil. d. Relig. I, 235 sq. (Beinahe dasselbe mit denslben Worten und
vielleicht aus Constant entlehnt.)
93
setzt eine solctfe Abschwaehung und Zersplitterung, ein
solches Einseitig-geworden-sein des menschlichen Geistes
voraus, wie vvir es in den bisherigen Religtonsformen noch
nicht gefunden haben. Und das ist der eigentliche, wahre
und letzte Grund der Zoolatrie.
Ejiese Verwilderung und Gesunkenheit des religiosen
Bewufstseins offenbart sich auclr nach einer andern Seile
hin, Schon bei der Astrolatrie bemerkien wir die grofse,
ausschweifende Sinnliehkeit, die mil ihr verknupft war.
Aber jene Sinnliehkeit hat fast noch etwas Edles, eih.In-
karnat von Seele, wenn man sie mil der agyptischen Vollerei
und Wollust vergleicht 98 ). Man kann sich kaum etwas
Widerlicheres denken als das verschlammte, bestialische
Bewufstsein der alien Aegypter. Niichterner Rationalismus,
Schlauheit, verstandige Berechnung, Mangel an jeglichem
GefiihJ, welches den Mensehen iiber das Thier erhebt, dies
sind wie Produkte des Landes und der Religion, so die
Bestandtheile des agyptischen Charakters. Trotz aller Kultur,
die niemals einen nothwendigen Zusammenhang mit sitllich
freier Bildung hat"), steht das agyptische Leben unendlich
lief. Thieriscly das ist der rechte Ausdruck dafur, derWi-
derschein der Religion. Es geniigt anzunihren, dafs in dem,
an einer der Nilmiindungen belegenen , Mendes besonders
die Ziegenbocke heilig gehalten und verehrt wurden 100 )
und dafs fast unglaublich , aber doch sicher die
Frauen des Mendesischen Nomos sich diesen Bocken preis-
zugeben pflegten. Und nicht etwa nach Verirrung einzelner
-98 ) D. aeg-. Frauen waren jjesonders ifruchtbar (s. Citate bei
Fea zu Winckelmann Gesch. d. Est. Bd. II. Kp. 1. . I. (Werke
III, 144, not. 1. ed. Eiselein) und hatteri ubermassig grofse Brnste.
(ibd. . 5).
") Wie umgekehrt das Christenthum zeigt.
J0 ") Wesseling ; zn Diodor. I, 84.
94
verworfener Individuen, sonderri allgemeineti und religib'sen
Vorstellungen gemafs 101 ).
9. Fetischismus.
De Brosse. Du culte des dieux Fetiches, s. 1. 1760.
(Peutsch.v. Pistorius. Berlin u. Stralsund 1785. 8.).
Steger Fetischismus, die Quelle aller Religionen
(Deutsche Monatsschr. 1790. St. Y1L). Tiedemann
Ueber den Fetischdienst nnd seine Entstehnng (ebend.
St. IX.).
Diese Religionsform hat durch de Brosse ihren Namen
von dein Portugiesischen Worte fetisso (/fatum) d. h. eine
bezauberte, gottiiche Sache, ein zauberkraftiges Ding. Sie
ist vorzugsweise die Religion der afrikanischen Volker, der
Neger, die, wie sie anderweitig dem Urbilde der Menschheit
ain unahnliehsten geworden sind, so auch hinsichts der
Religion am tiefsten stehen. Der Fetischismus zeigt die
grofsle Beeintrachtigung der urspriinglichen Empfindungs-
fahigkeit und das Minimum geistiger Ausbildung. Die
p. 6594 betrachteten Religionsformen hatten doch dufch
die grofsere oder geringere geistige Entwickelung und
Erstarkung vermocht zwar nur einzelne Richtungen der
Natur, aber diese doch einheitiich und zu einer gi'ofsern
Ganzheit aufzufassen. Selbst in der Astroiatrie und Zoo-
latrie, wo sich der Geist schon in grb'fserer Zersplitterung
101 )' Pindar gedenkt dieser namenlosen Entartung in einem
Fragment bei Strab. XVII. p. 1154 (no. 215 Bckh. 179 Bgk.) sowie
Herodot II, 46. Und -von den Bewohnern der Bocksstadt Thmdis im
Delta erzahlt es Clem.. Alexdr. Protr. p. 1% Pott. Creuzer II, 199.
Vgl. die vielen obsconen Abbildungen. Vornehnie nnd schone Frauen
wurden .erst drei Tage nach dem Tode balsamiert, tva (*y G( f l * TK ~
Qi%evTal ptaycovrai Trjai yvvtxijil. Herod. II, 89. Es warden Heirathen
vollzogen, die anderwarts f iir Blutschande galten u. s. w. u. s. w.
Ueber die Entartung der Bewohner von Kanobus s. Fea z.
Winckelmann Gesch. d. Kst. II, lj 4.
95
und an Einzelnheiten des Naturlebens, Gestirne und Thieve,
verloren zeigte, hatte er doch noch so viel Kraft gehabt,
wenigstens an diesen bestimniten Einzelnheiten , an dem
Komplex von Natureinzelnheiten festzuhalten ; abef selbst
diese geringe Kraft fehlt dem Fetischdiener. Nicht eine
bestimmte Art oder Gattung von Einzelheiten, eine Totalital
1st ihm Objekt der gottlichen Yerehrung*, sondern jede
Einzelnheit, jedes Ding, jede Zufalligkeit des einzelnen Ge-
genstandes ist hinreiehend, urn ihn eine iiber ihm stehende,
ihm uberlegene Macht erkennen zu lassen. Die Sonne
macht nicht mehr Eindruck auf ihn, als unter Umstanden
ein bunler Flicken; das Gewitter nicht mehr als ein Kno-
chen, das Bliihen und Keimen der Erde nicht mehr als eine
Schlange oder ein Lowenschvyanz, ein Stuck Holz, eine
Muschel, ein Fisch, eine PflanzeV ein Hammel, eine alte
Flasche. Kurz der erste beste materielle Gegenstand kann
Fetisch vverden, dem man gottliehe Verehrung erweist, zu
dem man betet, dem man opfert. Das Ding fur sich ist
hier Gottheit, andervvarls hochstens Symbol.
Das Wesentliche hierbei und das, was. dem Fetischismus
seinen Platz als unterste Stufe der Religion anweist, ist
dies, dafs der materielle Gegenstand als solcher gottlich
verehrt wird. Wir finden auch in andern Religionsfprmen
und besonders auch im Polytheismus eine Heilighaltung von
Bergen, Baumen, Hainen, Thieren. ^ Aber hier sirid diese
Objekte nicht an und fiir sich Gegenstande der Verehrung,
sondern nur, inwiefern sie durch den Glauben init der Gott-
heit in -Verbindung gesetzt werden und dazu dienen, das
Gemiith zu bewegen und zur Gottheit empor zu heben.
Dies ist ein sehr wesentlicher und nicht zu iibersehender
L[nterschied. Die alien Pelasger zu Dodona verehrten die
heilige Eiche, aber nur weil sie durch dieselbe reh'gios be-
wegt wurden, und in dem Rauschen ihrer Blatter die Gott-
96
heit wahrnahmen, die zu ihnen sprach. Der Fetischdiener
verehrt den Baum als solchen gottlich; er glaubt, der Baum
selbst habe die Kraft, ihm zu helfen, zu ntilzen, zu schaden.
Geistige Vorstellungen verkniipft er damit nicht. Fetischi-
stische Elemente begegnen uns freilich in alien Religions-
formen, d. h. Erscheinungen der Verehrung, bei welchen
man nicht auseinanderhalt Mitt el und Zweck, das Ding,
durch das gewirkt wird, und das Ding, welches selbst wirkt.
Aber dergleichen Erscheinungen sind anderwarts nur ver-
einzelte Ausnahmen von der Regel, wahrend sie im Feti-
schismus die Regel ohne Ausnahme bilden. Am meisten
Verwandtschaft zum Fetischismus zeigen in dieser Beziehung
die Astrolatrie (durch ihren Steinkult) und noch mehr die
Zoolatrie 102 ), die ich deshalb auch kurz vor den Fetischis-
mus gestellt habe. Schon geographisch sind sie dem Feti-
schismus nahe gelegen.
Im Fetischismus ist der Geist von der Natur iibervvu-
chert. Der Geist ist durch die ubermafsige Hitze ausgedorrt,
entnervt, zerbrockelt; ihm ist die Fahigkeit des Zusammen-
fassens, die in den andern Religionsformen noch mehr oder
weniger hervortrat, verloren gegangen; er kann die Natur
bios noch in ihren einzelnen, zufalligen Existenzen erfassen.
Welche Schwachung des menschlichen Geistes setzt es vor-
aus, einem Knochen oder einem Lowenschwanze eine Macht
zuzuschreiben, welche auf den Menschen bedingenden Einflufs
ausiiben konnte? Da 1st kein richtiges unyerdorbenes Natur-
gefiihl mehr ; dies miifste solchen Dingen einen ganz andern
Platz anweisen. Nein, im Fetischismus ist die urspriingliche
universelle Empfindungsfahigkeit des Geistes ebenso auf ein
10J ) Bildeten doch auch die Aegypter schon durch die Farbe
ihrer Haut einen Uebergang zu den Negern (s. Winckelmann
Werke HI, 145. Gesch._d. Kst. II, 1, 3), wie sie gleichfalls eingebo-
gene Nasen hatten (ibid. . 5).
97
/
Minimum reduziert, als er selbst in seiner Entwickelung fast
um Nichls vorgeschritten ist. An Empfindung sind die
Fetischdiener. Kinder ge worden, an geisliger Ausbildung sind
sie Kinder geblieben.
Wir sahen in 'der AstroJatrie und Zoolatrie die.Sinn-
lichkeit in entsprechehdem Verhaltnifs zu der Abstumpfung
des Gefiihls stehen. Wenn dies richtig bemprkt ist, so mufs
die sinnliche Enta'rtung unter den Negern, als den Anhan-
gern einer Religionsform, in der sich die grofste Beein-
trachtigung des Gefiihls kundgiebt, auch am grofsten sein.
Und so ist es auch. Ich will nicht darauf aufmerksani
maehen, dafs von Liebe der Eltern zu den Kindern oder
der Kinder zu den Eltern, von Treue und Vertrauen bei
ihnen keine Rede ist; wohl aber ist hervorzuheben, dafs
unter den Negern bei Heirathen keinerlei Art von VerwandU
schaft berucksichtigtwird, selbst nicht zwischen Sohn und
Mutter, Bruder und Schwester, Vater und Tochter etc.
Kein Neger soil eine Nacht sine concubitu zubringen kon-
nen 103 ).
Genug dieser Scheufslichkeiten. Wir sind in die Tiefen
gestiegen, bis zu denen der Mensch herabgesunken ist; .ei>
heben wir uns nunmehr wieder auf das Niveau derMensch-
heit, welches uns dieselbe sich selbst getreuer und ihrer
Gottahnlichkeit naher z*eigt.
10. Schlufs.
Es lassen sich noch andere Formen denken, z.-B. Den--
drolatrie, Orolalrie, Pyrolatrie u. s. w. Jedoch sind diese
nicht in grofserem Umfange als besondere Religionen zur
1Q3 ) ,,Sie konnen' nicht erro then, nicht sich schamen." ,,So-
gar die Negerin verbarg", dafs ,,die Nacht sich in ihre Glieder
gegossen.hatV und dafs ,,ihr Haar eine Finsternifs ist, dieanf Fin-
sternifs rnht." Andersen, eines Dichters Bazar Thl.- Ill, 11.
Lauer Griech. Mythologie. 7
98
Erscheinung gekommen, sohdern linden sich nur als Theile
der vorhin behandelten.
Der Gang, welchen ich in der Darstellung der ver-
schiedenen Religionsfonnen bei ihrer Entwickelurig aus dem
Urzustande des religiosen Bewufslseins genommen habe, 1st
demjenigen grade entgegengesetzt, den man bisher hierbei
befolgt hat. Fur gewohnlich wird der Fetischismus als
Anfangsstufe in der religiosen Entwickelung belrachtet 10 *)
und der Polytheismus als die hochste und letzte. Ich habe
mil dieser Ansicht das gemein, dafs auch ich den Fetischis-
mus als unterste, niedrigste, den Polytheismus als
hochste, vollkbmmensle heidnische Religionsform be-
trachte. Aber ich unterscheide mich von ihr dadurch, dafs
ich den Fetischismus nicht als erste, sondern als letzte
Stufe ansehe. Die Grttnde fur diese meine Ansicht
104 ) Aiich halte ich den Zustand der Wildheit nicht fiir denje-
liigen, in welchem sich das menschliche GescMecht bei seiner Ent-
stehung befunden habe; ich setze mich nicht an die Wiege der Welt,
ich will nicht bestimmen, wie die Religion begonnen hat, sondern
nur, auf welcne Weise sie, /wenn sie sich in dem rohesten Zustande
betindet, der nur gedacht werden kann, aus einem solchen Zustande
sich erhebt und aUmahlig zu reinern Begriffen gelangt. Ich behaupte
keineswegs, dafs dieser rohe Zustand der erste gewesen sei; ich
habe nichts dagegen, dafs man ihn fur eine Verschlimmerung , eine
Herabvriirdigung, einen Fall halte. Benj. Constant. De la Religion
Liv. I, chap. 8.
Reinhard a. a. O. p. 9 sqq. Derselbe meint p. 8 ,,dafs
der Mensch , wie in allem , was zur Menschenkultur gehort>
so auch in Rucksicht seiner religiosen Ween von unten beginnt, und
nor allmahlig, sowie er sich selbst veredelt und bildet, zu wiirdige-
ren Begriffen von der Gottheit fortschreitet." Aber die Religion
gehort nicht zur Kultur, beruht nicht auf Ideen, sondern auf Vor-
stellungen, nicht auf dem Verstande, sondern auf dem Gefiihl.
Bottiger KM. I, 5 sq. (neben Gestirn- u. Feuerdienst). Vgl. Her-
mann Gottesd. Alterth. .2,2..
Andre setzen Astrolatrie als erste Religionsform; t. B. Euseb.
P. E, I, 6. Ill, 2. Y, 3. I, 9. Arabische Sclmfts teller Ibn Hazn>
99
habe ich zum Theil schon in friihern Auseinandersetzungen
dargelegt, fiige hier indessen noch folgende hinzu.
1. Wenn die Menschheit einen Anfang gehabt hat,
woran nicht zu zweifeln, so mufs der Mensch in diesem
Anfange wahrhafter, ganzer Mensch gewesen sein, alles in
sich getragen haben, was dem Mensch en als solchem zu-
kommt. Keine Kenntnifs,. keine tiefe Wissenschaft, keine
wahre Religion, wie Viele und darunter sehr vernunftige
Manner geglaubt haben; wohl aber ein unverkummertes
Gefiihl 'fur die Natur und alle menschlichen Regungen.
Der Verstand fangt allerdings von unten an, nicht aber da8
Gefiihl, auf deoi doch die Religion beruht. Wir diirfen also
keinen Zustand, in welchem sich, wie bei dem Fetischdiener,
eine Verkummerung des Gefiihls offenbart, als den urspriing-
lichen, sondern nur als einen sekundaren setzen. Sollten
aber die Menschen nicht von Einem Paare abstammen, son-
dern, zwar gleichartig, aber doch an verschiedenen Stellen
der Erde entstanden sein, so folgt daraus npch weit mehr,
dafs der Zustand des Fetischdieners nicht benutzt werden
darf, um eine Analogic fiir den Urzustand der kaukasischen
Race abzugeben.
2. Der geislige Zustand der Fetischdiener ist uns nur
der relativ letzte, ein empirischer. Niemand biirgt dafur^
dafs es nicht Stamme giebt in einena Zustande, in wel-
chem der Mensch gar keine Religion o der eine noch unter
Mohamed Abi Taleb u. Scharistani. A, van Dale de orig. etprogr.
idol. I, 1 p. 14. Jac. Basnage Antiquites Judaiques Tom. II. cp.2.
p. 391. Humph. Pride aux history of the Jews. Tom. I. London
1717. fol. (Deutsch v. A. Tittel. Dresden 1721. 4). cf. De la Roche
Bibl. Angloise. Tom. I. P. 1. p. 12 sq. .
Badde hist. Yet. Test. Per. I. Sect. 1. p. 242. UschoidVor-
halle zur griechischen Gesch. u. Mythol. Stuttg. u. Tubing. 1838 sq.
II Bde. Ihm folgt Vater, Verhattnifs der Linguistik zur Mythol. u.
Arehaologie. Kasan 1846.
7*
100
; Fetischismus stehende hat. Als relativ und empirisch,
kann daher dieser Zustand nicht zum Ausgangspunkte einer
wissenschaftlichen DarsteUung gemacht werden. Diese mufs
auf Prinzipien, nicht auf Empiric ruhen. An der Hand der
Empiric aber und durch Spekulation kommen wir dazu,
von dem Urzustande des menschlichen Geschlechts die Vor-
stellimg zu gewinnen, die ich p. 29 45 erortert habe.
3. Die Sprache vieler Stamtne, welche dem Fetischis-
naus ergeben sind, und die man geneigt ist in ihrem jetzigen
Zustande als Bilder des primitiven Zustandes der Menschheit
zu betrachten, lehrt, dafs jene Sta'mme nur verwildert, ver-
kommene Triimmer aus den Schiffbriichen eines friiher unter
ihrien vorhandenen hoheren Lebens sind 105 ).
Drittes Kapitel.
Von den Mythen oder der materiellen Erscheinung der
heidnischen Religion.
Baur. I, 27 68. Q. Miiller Prolegg. zu ein. wiss.
Mythol. Getting. 1825. 8. J. F. L. George Mythus und
Sage. Berlin 1837. 8.
1. B egriff des Mythos.
O. Miiller p. 59. George p. 98 sq. Creuzer IV,
520 sqq.
Sage: Lauer Gesch. d. horn. Poesie. Zweites Buch p. 131 sqq.
(Litterarischer Nachlafs v. J, F. Laner I. Berlin 1851,
herausgegeben von Th. Beccard u. M. Hertz).
MarchenK Huch-Aesopus oder Versuch fiber den Unterschied zwi-
Fabel )' sclien Fabel und Marclien. Wittenb. 1769, 8.
10B ) Humboldt. Kosmos Bd. II, 147.
101
Der Begriff, der mit einem Worle verbunden ist, ist
entweder nothwendig da mit verbunden , also ein unmit-
telbarer, wo das Wort selbst zugleich sein ganzer Inhalt ist
(z. B. ,,Sage" gleich was ,,gesagt wird"), oder willkuhrlich,
also zufallig (z. B. ,,Pietismus" hat bei uns einen andern
BegrifF, als den das Wort selbst voraussetzen lafst: ,,Mahre"
gleich ,,schlechtes Pferd"). In der Regel pflegt bei wissen-
schaftlichen Terminis beides vereinigt zu sein. Sie haben
den BegrifF, der ihnen ihrem Ursprunge nach, also wesent-
lich, nothwendig zukommt, modificiert durch den usus,
indem der urspriingliche Begriff durch Ableitung erweitert
oder naher bestitnmt ist. So ist es auch mit dem Begriffe
des Mythos. Urspriinglich bezeichnet dies Wort ([tv&os)
jede Rede, Erzahlung, ohne Riicksicht auf Wahrheit
oder Erdichtung des Inhaltes. So stets bei Homer. Spater
ward (.tvd-os fiir erdichtete Erzahlung gebraucht oder viei-
mehr fiir eine Erzahlung, die nicht in den Bereich der
wirklichen, pragmatischen Geschichte gehprt 106 ). Daher
sagt 0. Miiller 107 ) ganz recht: ,,Was die Griechischen
Gelehrten nv&ovg nannten und in Sammlungen, wie Apol-
lodor's Bibliothek, Dionysios xvxhos itv&ixog, als einen
gleichartigen StofF behandelteri, besteht in einer Masse von
Erzahlungen von Handlungen und Schicksaleri per-
sonlicher Einzelwesen, welche nach ihrem Zu-
sammenhange und ihrer Verflechtung insgesammt
eine friihere, von der eigentlichen Geschichte
Griechenlands ziemlich genau getrennte,.Zeit be-
treffen."
Bei uns ist der BegrifF des IIV&QS nicht mehr so weit.
Wir haben seinen ursprunglichen Umfang so getheilt', dafs
10B ) Vgl. Creuzer a. a. O. Ge o rge a. a.O.
107 J a. a. O.
102
wir im Allgemeinen Mythos diejenige wunderbare Erzah-
lung nennen, dereh Mittelpunkt die Gottheit 1st, Sage die-
jenige, deren Mittelpunkt ein in irgend einer Weise hervor-
ragender, bemerkenswerther Mensch ist, in historischen Thaten
oder Lokalen auftreterid. Den Gottern gehb'rt der Mythos,
den Menschen die Sage. (Das March en ist eine Sage mit
nicht bestimmlen Personen und Lokalen, in den Kreisen des
individuellen Lebens sich bevvegend.) 108 )
Diese Definition des Mythos ist nur eine aufserliche,
formelle. Der innerliche wesentliche Begriff, den wir mit
dem Worte Mythos verkniipfen, ist der, dafs wir unter
Mythos das Dogma der heidnischen Religion ver-
stehen. Mythos ist eine Erzahlung, durch welche und in
welcher das geglaubte Wesen der Gottheit manifestiert und
erkannt wird. Er unterscheidet sich demnach vom christ-
lichen Dogma dadurch, dafs er in concreto darstellt, was
dieses in abstracto, als Glaubenssatz ausspricht. Das for-
mell- wesentliche am Mythos ist somit, dafs er Erzahlung
sei; das materiell- wesentliche, dafs er das Wesen, den
Charakter der Gottheit, wie ihn sich das Subjekt vor-
stellt, sichtbar werden lasse. Er ist Gehalt, Inhalt des
reUgiosen Objekts. Dies hat an sich keinen, sondern ge^
winnt ihn nur durch die Vorstellung des Subjekts von ihm.
Deshalb ist der Mythos die materielle, substantielle Erschei-
nung der heidnischen Religion.
2. Ursprung des Mythos,
Von dem Ursprunge des Mythos haben die Meisten gar
keine, Viele sehr unrichtige Vorstellungen. Wir wollen
versuchen, uns den Ursprung der Mythen aus Dem klar zu
machen, was wir im ersten Kapitel iiber den Ursprung
108
') S. Huch-Aesopus a. a. O.
103
der Religion mil einander erortert haben. Wir haben dort
gesehen, dafs die Religion ihren Ursprung habe in der Wir-
kung einer objektiven Macht, der Natur oder des Menschen-
geistes, auf den Menschen. Von dieser Wirkung, diesem
Eindrucke des Objektes auf das Subjekt miissen wir bei
Erorterung des Ursprunges?der Mythen ausgehen.
Der Eindruck, welchen das Subjekt vom Objekt erfahrt,
ist eine Empirie des Gefiihts, nicht der Erkenntnifs. Das
Objekt regt das Gefiihl, nicht den Verstand an, und kann
daher weiter in dem Subjekt nur die Phantasie, die vor-
stellende Thiitigkeit, nicht das Denken, die begreifende
Thatigkeit anregen 109 ). Die Vorstellung erwachst unmittel-
bar aus dem Gefiihl. Das Gefuhls- oder Empfindungsver-
mogen des Menschen ist wie ein Spiegel, in welchen das
Objekt fallt und aus welchem es als ein Bild die Vorstellung
reflektiert. Dieser Reflex des Objekts aus dem Subjekt ist
der Mythos. Er ist die Vorstellung des Subjekts vom Ob-
jekt. Diese Vorstellung ist eine nothwendige, durch nichts
vermittelte, eine unmittelbare.
Diese Vorstellung aber wurde voriibergehen rait dem
Eindrucke, wenn dieser selbst ein unbedeutender, voruber-
gehender, oder wenn das Objekt kein dauerndes fiir das
Subjekt ware. Sie fixiert sich aber im entgegengesetzten
Falle, weil wiederholte Eindrucke oder tiefe einen Eindruck
in der Seele zuriicklassen. Auf der andern Seite kommt
dem das Subjekt selbst entgegen, indem es von Natur so
geartet ist, dafs es angenehme und unangenehme, freudige
und schmerzliche, aufrichtende und schreckliche Empfin-
dungen, wenn sie tief waren, in gleichem Mafse festzuhalten
109 ) Dies urn so weniger, als in jenen Zeiten, in die der Ursprung
des Mythos zu verlegen ist, das Denkvermogen ganz gegen daa Em-
pfindungsvermogen zuruckstand und noch ganz unentwickelt war.
104
pflegt. Alles wird in der Erinnerung angenehm, Gutes wie
Boses. Dieses Bestreben, das Seelenleben vor sich festzu-
halten, das innedich Empfundene zu objektivieren, die
Empfindung an und in ihrer Objektivierung zu fixieren, sie
selbst aus ihrer Verkorperung wieder zu verinnerlichen, hat
auch den Mythos erzeugt. In Sim wird der Eindruck des
religiosen Objekts auf das Subjekt dargestellt und aus seiner
Anschauung der Eindruck auf das Subjekt wiedergewonnen.
Er ist der Ausdruek des Eindrucks und dient dem Subjekt
sowohl um die innern Empfindungen durch ihn auszuspre-
chen und an ihm darzustellen , als auch um dieselben Em-
pfindungen wieder in dem Subjekte hervorzurufen. Dei-
Myth os theilt diese Eigenschaften mit dem Symbol. Auch
das Symbol ist dazu bestimmt, ein Innerliches festzuhalten
und der Erinnerung wieder zuzufiihren 110 ). Davon heifst
es eben av^po^ov, das ist Verbindungszeichen (in welchem
ein. Innerliches mit einem Aeufserlichen verkniipft ist), Er-
kennungszeichen (in welchem Aeufserlichen ich das Inner-
liche wiedererkenne, durch welches ich an das Inneiiiche
erinnert werde) lil ).
Der Unterschied aber zwischen Symbol und Mythos
besteht darin, dafs das Symbol nicht ein Innerliches des
Subjekts, sondern des Objekls, nicht eine Empfindung, son-
dern eine Eigenschaft festhalten und an diese erinnern soil.
Das Symbol ist fur das Auge, der Mythos fiir das Ohr;
das Symbol ist ein Gegenstand, ein aufseres Zeichen, der
Mythos ein Gesprochenes, Gesagtes m ).
110 ) Vom Symbol unterscheidet sich wieder die Reliquie dadurch,
dafs diese nicht ein tnnerliches, sondern ein Aeufserliches festhalten
und an dieses erinnern will. .
11 ) S. Greuzer Symbol. IV, 503 517.
I1? ) Dies eben bezeichnete Wesen des Symbols bescheinigt am
besten der agyptische Apis, der Sfier, Symbol des Osiris und als
105
Von dem Symbol unterscheidet sich wieder die Alle-
gorie dadurch, ,,dafs im Symbol sich als vollig mit einander
verwachsen Form und Inhalt unzertrennbar durchdringen;
in; der Allegoric dagegen umhiillt sich nur irgend ein, an
und fur sich selbst im Bewufstsein schon in ganz anderer
Form bestehender Gedanke mit sinnbildlichen .Zeichen in
sojcher Art, dafs das sinnbildliche Zeichen selbst . ein fur
sich Bestehendes und als solches sinn- und gedankenlos ist,
und nur Sinn und Bedeutung gewinnt durch die Beziehung,
die demselben im betrachtenden Bewufstsein auf ein Anderes,
als es selbst ist, in eigner Form der Vorstellung Bestehendes
gegeben wird" 113 ). Die Allegorie wird mil Reflexion, das
Symbol durch Anschauung begriffen. Wahrend also der
Myth os fur den Sinn des Ohres, das Symbol fiir den
Sinn des Auges, beide also fur die Sinne sind und deshalb
ihren Inhalt zugleich und wesentlich mit ihrer Form haben
miissen, 1st die Allegorie fiir den Verstand und erhalt
ihren Inhalt, den sie an und fiir sich nicht hat, erst durch
die reflektierende Betrachtung.
Das Gotterbild vereinigt Mythos und Symbol; wie
jener zunachst die Vorstellung des Subjekts, das Symbol die
Eigenschaft des Objekts fixieren vvill, so das Gotterbild Vor-
stellung und Eigenschaft. In ihm durchdringen sich Mythos
und Symbol. Esist nicht so korperlos als der Mythos, nicht
so formlos als das Symbol.
Osiris selbst genommen. Zeugerische Kraft. Deshalb wnrde er,
wenn er 25 Jahr alt und bis dahin nicht gestorben war, getodtet,
weil er bei so hohem Alter aufhorte das zu sein , was er sollte :
Symbol der befruchtenden , zeugerischen Kraft. Creuzer. Com-
ment. Herod, p. I. p. 144 sq.
" 3 ) Stuhr a. a. O. I. p. LIT. Vgl. Creuzer a. a. O. IV, 539 sqq.
O. M filler Kl. Schr. II, 62 sq.-'
106
Um zum Mythos zuriickzukehren 1st er also eine un-
mittelbar und ndthwendig aus dem Eindrucke des Objekts
auf das Siibjekt hervorgehende Vorstellung, fixiert durch
das Wort. Sie hat ihren Ursprung in dem Eindrucke des
Objekts auf das Subjekt. Das Objekt ruft . gleichsam in die
Seelenschluchten des Subjekts hinein, dafs als Echo der
Mythos daraus hervorgeht.
Wenn somit der Mythos seinen objektiven Ursprung in
dem Einflufs des religiosen Objekts hat, so kann er begreif-
licherweise auch aus dem Symbol hervorgehen, welches,
wie wir gesehen haben, ja moglichst dieselben Eigenschaflen
hat, die dem Objekt zukommen, von dem es Symbol ist.
Das Symbol wird einen analogen Eindruck auf das Subjekt
machen und folglich auch analoge Vorstellungen erzeugen
miissen. .
Dies sind die beiden Hauptursachen fiir den Mythos.
Andere, weniger bedeutende, iibergehe ich hier.
3. Form des Mythos.
1. Erzahlung. Schon mit dem, was ich p. 101 sq.
bemerkt habe, ist gesagt und angedeutet worden, dafs
die Form des Mythos die erzahlende sei, der Mythos
also Erzahlung im engern Sinne. Es liefse sich wohl den-
ken, dafs an und fiir sich die Empfindung als solche d. h.
lyrisch ausgesprochen ware, und es ist auch nicht zu zwei-
feln, dafs sie neben der Darstellung im Mythos, episch, auch
lyrisch, in Liedern sei ausgesprochen worden. Indefs kann
dies doch nur sehr beschrankt zugestanden werden. Die
Empfindung wurde ja nicht, um tnich so auszudriicken , als
reine Empfindung empfunden, und deshalb auch nicht als
solche festgehalten. Vielmehr, da umnittelbar die Empfin-
dung eine Vorstellung erweckte, zur Vorsteilung sich ge-
107
staltete, so mufs auch ihr Ausdruck ein dem entsprechender,
d. h. ein epischer, es mufs der Mythos Erzahlung gewesen
sein. Das lyrische Element und die mil ihm wahlver-
wandte Miisik fand semen Plata im Kultus, wo es haupt-
sachlich darauf ankam, die Empfindung, nicht festzuhalten,
sondern anzuregen und zu wecken. Dazu bediente man
sich denn auch der Lokalitat, welche dem Wesen der Gott-
heit entsprechend gewahlt war, prachtvoller Aufziige, Rau-
cherwerks u. s. w., dessen Belrachtung hier nicht hergehort.
Das Wesen des Mythos beruht viel mehr auf dem Festhalten,
als auf dem Erwecken der Empfindung, obgleich er das
Jetztere allerdings auch vermochte.
2. Personen. Betrachten wir die Form, in der dies
Festhalten der Empfindung geschah, die Form der Vorstel-
lung des Subjekts vom Objekt, die Form des Mythos genauer,
so ist diese Form bedingt sowohl durch das Objekt als durch
das Subjekt. Der Mythos mufs Correlat von beiden sein.
Als Hauptpunkt ist hier hervorzuheben, dafs, weil das Sub-
jekt eine menschliche Personlichkeit, eine geistige Wesenheit
ist, die aus ihm reflektierte Vorstellung auch nur eine ent-
sprechende sein kann. Der Empfindungsstrahl, der vom
Objekt in den Krystall der Seele fallt, nimmt die Farbung
des Mediums an, durch das er geht. Die Vorstellung, die
das Subjekt sich vom Objekt macht, indecn es dazu von
ihm erregt wird, kann daher auch bei einem Subjekt, wel-
ches wahrhaft Mensch ist, keine andere sein, als die Vor-
stellung einer menschlich gearteten, aber iiber dem Menschen
stehenden Personlichkeit, einer . geistigen Wesenheit. Indem
das Gemuth durch empfindungsvolle Anschauung des Him-
mels diesen gleichsam in sich aufnahm, gestaltete sich der
Himmel im Innern der Seele zu einer Personlichkeit, welche
dem Objekt durch den Charakter, dem Subjekt durch ihre
108
Gestalt entsprach. Der Charakter der Wirkung, der Em-
pfindung, wurde Charakter der Ursache, des Objekts, und
zwar des zu einer Persb'nlichkeit umgestalteten, concentrier-
ten Objekts. Wenn der Mensch von den Eindriicken des
Mondes beriihrt wurde, so erzeugten dieselben in ihra die
Vorstellung einer geistigen Wesenheit, der er eiiien Cha-
rakter beilegen mufste, welcher rait den Wirkungen har-
monierte, die das Objekt hervorgebracht hatte. Oder um
ein anderes Beispiel zu wahlen: wenn der Mensch von der
Gewitterwolke beriihrt wurde, so veranlafste ihn die gewal-
tige Macht, welche sich ihm im Gewitter kundthat, die so
schrecklich krachen liefs, so mil Feuer um sich warf, zu
der Vorstellung einer unsichtbaren geistigen Person, von
der alles dies ausging, das in der Wolke wirkte. Wo
das Subjekt thierische Farbung hat, wird das Objekt in der
Vorstellung Thiergestalt annehmen, wie bei den Aegyptern;
hat das Subjekt sein Gefiihl eingebiifst und sich unter das Niveau
freier personlicher Menschheit verloren, wie bei denFetischdie-
nern, so wird das Objekt gar keine Vorstellung erzeugen, son-
dern als reines Objekt in seiner wirklichen realen Form erfefst
werden 114 ). Bei allem diesen ist vorweg vorausgesetzt, dafs
der Mensch Ursache und Wirkung, Bewegendes und Bewegtes,
Geist und Materie uriterscheide. Ich will es hier mit dem
Gesagten bewenden lassen und nicht naher die vielbehan-
delte Frage erortern, wie der Mensch zur Vorstellung der
Geistigkeit iiberhaupt komme und dazu gelange, statt der
114 ) Vgl. Xenophanes bei Clem. Alxdr. Strom. V. p. 601 c: ,,wenn
die Ochsen und die Lowen Hande hatten, um damit zu malen und
Werke auszufuhren, wie die Menschen, so wiirden sie auch die Ge-
stalten und Korper der Gotter ebenso malen , wie sie selbst yon
Korper beschaffen sind, die Pferde gteich Pferden, die Ochsen gleich
Ochsen."
109
unmittelbaren Objekte selbst eine. hinter ihnen stehende gei-
stige Wesenheit anzunehmen und sich vorzustelien 115 ).
3. Handlungen. Wenn nun so dem Menschen die
objektive Macht zu einer Personlichkeit wird, so konnen
ihm auch die Wirkungen dieser Macht, die objektiven Ma-
nifestationen nur zu Handlungen dieser Personlichkeit wer-
den. Und damit ist die eigentliche Form des Mythos
vollendet. Er ist die aus der Empfindung hervorgegangene
und ausgesprochene Vorstellung des Subjekts, welches die
objektive Macht unter die Form einer menschlich gearteten
Person und ihre Aeufserungen unter die Form von Hand-
lungen eines nach mensehlichen Motiven wirkenden geistigen
Wesens fafsl.
4. Abstammungsverhaltnifs. Die Folgen einer
Kraft wird das Subjekt nur als den Ausflufs/ als Erzeugnifs,
als Kind derselben sich vorstellen, und umgekehrt die Ur-
sache als den Erzeuger; z. B. die Wolke entweder als Kind
des Himmels oder des Wassers ; die Erde als Erzeuger aller
Keime, des Friihlings; das Feuer als Kind des Himmels
oder der Erde; den Friihling als Kind der Erde oder der
Sonrie; die Nacht als Erzeuger der Sonne, des Mondes,
der Ge.stir.ne u. s. w. Damit ist noch nicht nothwendig
das Geschlecht gegeben (vgl. Gott Christus. Zeus
Athene. Hera Hephaistos). Es sind diese Vorstellungen,
ich wiederhole es nochmals, nicht Resultate irgend welcher
Reflexion, sondern der unmittelbaren Anschauung und der
"") Vgl. B. Constant, la Religion Liy. II. ch.3 (Bd.I. p.2TOsqq.
d. d. Uebers.) Traum. Atheni. Luft (Doddna). Tod. Gespenster-
furcht etc. "Wenn ubrigens B._ Constant von den beiden Wahrneh-
mungen, der Ruhe und der Bewegung ausgeht^nnd davon, dafs den
Wilden die Ursache der Bewegung niemals sichtbar ist: so kann
daraus kein Abschlufs auf Geistigkeit gemacht werden, da die Ursache
der Bewegung ja immanent sein kann.
110
durch sie gewirkten Empfindung. Am besten kann man
sich dies klar machen, wenn man yersucht, sich dadurch
auf einen mythischen Standpunkt zu versetzen, dafs man
das Objekt sich selbst personlich und gegeniiber denkt und
es anredel. Nehmen wir das Lied von Goethe ,,An Luna":
Sclvwester von dem ersten Licht,
Bild der Zartlichkeit in Trauef!
Nebel schwillt mit Silberschauer
Um dein reizendes Gesicht.
Deines leisen Fusses Lauf
Weckt aus tagverschlofsnen Hoien
Traurig abgeschiedne Seelen,
Mich, und nacht'ge Vogel auf.
Hier haben wir eine dureh und durch mythische Vorstellung,
die aber weder aus Reflexion hervorgegangen ist, noch
durch Reflexion verstanden wird. Die Anschauung des
Mondes in stiller, schauerlicher Nacht hat in der Seele des
Dichters Empfindungen erzeugt, welche von der Phantasie
zu dem Bilde gestaltet sind, das uns in dem Gedichte ge-
geben wird. Wir verstehen dies Bild gleichfalls unmittelbar,
durch geistige Anschauung und Nachempfindung der ihm
zu Grande liegenden Seelenbewegungen. Grade nun eine
solche, die Empfindung dichterisch-gestaltende, Phantasie ist
es, die uberall die Mythen erzeugt hat. Die Mythen sind
die grofsartigsten poetischen Bilder.
5. Sexus deorum. Eine andere Frage, die gleich-
falls die formelle Seite der Mythen betrifft, ist die, unter
welcher Form die Personlichkeit vorgestellt werde : ob als
Mann oder Weib. Dies mufste natiirlich in den einzelnen
Fallen von dem Charakter des Eindruckes abhangen, den
das Objekt auf das Subjekt machte. Hatte ein unddasselbe
Objekt in seinen Einfliissen beide Chafaktere, so geschah
es wohl, dafs die Vorstellung von ihm eine hermaphrodi-
tische war, die wiederum eine doppelte sein konnte: es wog
Ill
entweder das Ma'nnliche oder das Weibliehe vor. Es lafst
sich in Bezug auf das einzelne Naturobjekt daruber nichts
Bestimmles sagen; z. B. der Sonne und die Sonne. Im
Allgemeinen kann man sagen, dais die weiblicjien GotU
heiten, da sie vorzugsweise aus dem Ackerbauleben zu
stammen scheinen (s. p. 59 not. 43), die jungern, die altern
dagegen mannliche sind.
6. Potenziertes Menschenleben. Die Vorstel-
lung von den Gottern lafst diese sich in einem Leben be-
wegen, weLches dem menschlichen zwar analog, aber poten-
ziert ist. Die Goiter haben in der mythischen Vprstellung
so ziemlich alle Bediirfnisse der Menschen. Aber es ist
alles grofsartiger, erhabener, gewaltiger, besser, schoner,
reicher, kurz alles in einem hoheren Grade bei ihnen; na-
tiirlich in Bezug auf Bediirftigkeit in geringerem Grade*
Sie wtirden ja im entgegengesetzten Falle hicht die Eigen-
schaften haben, vermoge deren aliein sie Gegenstand der
Religion sind. Das Heroenleben ist zwar auch in gewisser
Weise potenziertes Menschenleben, aber mit dem Unter-
schiede, dafs das Heroenleben fur alle Menschen mehr oder
weniger die . Moglichkeit des Erreichens hat, nicht so das
Gotterleben. Obgleieh sich auch in der Mythologie an ein-
zelnen Beispielen der Wunsch, das Gotterleben zu erreichen,
in dem thatsachlichen Glauben ausspricht, dafs es wirkh'ch
von Einzelnen erreicht (Herakles) oder Einzelnen zugetheilt
sei (Tantalos), so war doch in der guten Zeit der griechischen
Religion eine Kluft zwischen Menschen und Gottern, welche
fiir die Menschen unubersteiglich war. Der Gang, den in
dieser Beziehung die Vorstellung himmt, ist dieser:
Gotter Goiter Menschen
Hero en Gott.-Mensch. Gottermensch.
' Menschen Menschen Gotter
pelasg.W. homer. W. hellen. W. Apotheose. Untergang.
112.
Dieser Gang hangt genau zusanmien mil den Entwik-:
kelungsphasen des Subjekts; Seine Gotter sinken in dem-
selben Grade, als es selbst steigl (vgl. p. 26 sq.). Daher im
Verlaufe der Zeit die immer grofsere Ausbildung und das
scharfere - Heryortreten des Schicksals.
7. Wunder. Dafs der Mythos nicht ohne "Wunder
bestehen konne, ist etwas, das sich aus dem Begriffe der
Religion schon von selbst ergiebt. Der Mythos als persb'n-
lich-gestaltetes Abbild des Objekts mufs diesem entsprechen;
folglich, \veil das Objekt als ein uber dem Menschen ste-
hendes empfunden und geglaubt wird, mufs auch der Mythos
die Person iibermenschlich darstellen. Dies kann auf zwie-
fache Weise geschehen: 1) man konnte die Personen des
Mythos mit iibermenschlichem Kb'rper ausstatten, also:
a) riesig an Grofse. Davon Beispiele in alien Mythologien.
(Ares im Homer); /?) sublimiert, mit verklartem Leibe (Aphro-
dite's IXGJQ)', y] unsterblich (Nektar und Ambrosia) 2) mil
iibermenschlichem Geiste : a) an Kraft (Schb'pfung, Erhal-
tungetc.); @) an Intelligenz ; y) an Sittlichkeit, welcher Punkt
jedoch der schwachste ist. Der iibermenschliche Geist ist
die Hauptsache, kann daher nie fehlen; wohl aber der
iibermenschliche Kb'rper, da es auch Zwerggotter giebt.
Die griechischen Gotter sind keine Riesen, obwohl sie freir
lich alle mit etwas iibermenschlicher Grofse dargestellt zu
sein pflegen; es mufs auch der Korper schon die Erhaben-
heit iiber den Menschen andeuten. Absolut braucht die
Macht der Gotter nicht zu sein, wie ich~ schon friiher
(p. 29.) bemerkt habe.
4. Inhalt des Mythos.
Die Frage nach dem Inhalte des Mythos ist gleich mit
der nach der Bedeutung des Mythos, jener Frage, die von
jeher, so lange man sich mit Mythologie beschaftigt hat,
113
Gegenstand so vieler Debatten gewesen und auf die ver-
schiedenste Weise beantwortetist. Wenn es mir gelungen ist,
in den bisherigen Auseinandersetzungen sowohl den Ursprung
der Mythologie als den der Mythen klar zu machen, so ist
damit auch schon implicite festgestellt, was der Inhalt des
Mythos sein miisse. Zunaehst ganz allgeniein gefafst ist
also der Mythos der Ausdruck der inythischen VorsteDung,
welche aus der Empfindung hervorging, die das Objekt im
Subjekt erregte. Der Inhalt des Mythos kann daher nichts
weiter sein ais der Inhalt der mythischen Vorstellung, d. b.
die religiose Empfindung. Der Inhalt des bestimmten, ein-
zelnen Mythos ist die specifische Empfindung eines bestimm-
ten Objektes. Z. B, Apoll ist die Persb'nlichkeit, welche
aus der religib'sen Empfindung des Objekts ,,Sonne" in der
Vorstellung des Griechen sieh bildete ; der Inhalt des Mythos
fiber die Ruckkehr von den Hyperboreern ist nur die spe-
cifisehe Empfindung, welche die Sonne in irgend einem
besondern Verhaltnifs in deni Menschen hervorbrachte, d. h.
die Sonne im Friihling.;
Hieraus folgt nun zweierlei: 1) dafs die Ansicht der-
jenigen ganz irrig ist, welche philosophische Satze, Begriffe,
Abstraktionen fiir den Inhalt der Mythen erklaren (intellek-
tuelle Deutung; s. unten b, fi, /?/?), den sie dann auch, mit
Unterscheidung esoterischer und exoterischer Lehren, aus
einer uralten Priesterweisheit abgeleitet haben,. welche in
Mythen gehullt sei, damit sie hicht vom Volke verstanden
werde. Dadurch wird zugleich der Mythos allegorisch,
wahrend er symbolisch ist. 2) Dafs iiberall bei der My-
thenforschung das vornehmste Bestreben darauf gerichtet
sein mufs, nicht sowohl das 'Objekt, welches eine religiose
Empfindung erzeugte, zu. erkennen, als vielmehr die Empfin-
dung selbst, aus der die mythische Vorstellung eritstand, zu
begreifen. Ich mufs aus dem Mythos zuerst die Empfindung
Latter Griech. Mythologie. 8
114
enlwickeln, durch welche das Subjekt bewegt wurde, und
3ann zeigen, von.welchem Objekt wieder diese Empfindung
herriihrt und wie sie von ihm herriihren komite. Dies 1st
Wohl zu unterscheiden und nainentlich gegen diejenigen
festzuhaiten , welche sich ganz aufserlich und bios kritisch
zu den Mythen verhaltend eine Deutung derselben unter-
npmmen haben. Blofse Vernunftoperationen offenbaren uns
nicht den innersten Gehalt der Mythen, Der Mythologe
mufs sich ganz in den Mythos hineinversenken, ihn gewisser-
niafsen in sich reproducieren. Hat er das gethan, so wird
sich ihra meist ganz von selbst das Objekt dazu darbieten.
Im Aligemeinen kann man sagen, dafs die meisten Mytho-
logen wenigstens principiel anerkannt, obschon praktisch
nicht immer beachtet haben, dafs der Gehalt des Mythos
eine Empfindung sei. Nur wenn es weiter geht, von der
Empfindung zuriick auf das Objekt, entslehen grofse Diffe-
renzen.
, Hier konnen wir uns nun auf das beziehen, was wir
friiher iiber das religiose Objekt erortert haben (p. 28 48).
Die Deutung der Mythen namlich ist bei den verschiedenen
Mythologen durchaus abhangig davon, was sie fvir ein Objekt
der Religion anerkennen. Sieht man die Naturmacht als
dies Objekt an, so fragt sich, ob sie universel oder parti-
kular aufgefafst isl. Das Erstere findet bei dem specifischen
Polytheismus statt, das zweite bei den Religionsformen der
zweilen Ordnung. Fiir jenen ist daher die Deutung noth-
wendig eine uniyerselle, fiir diese. eine partikula're. Andere
nehmen die Einwirkung des Menschengeistes auf den Men-
schen fiir das Objekt der Religion an. Sie sehen in der
Mythologie eine Darstellung der altesten Volkergeschichten,
und deuten so pragmatisch (Euhemeros) oder symholisch,
o4ev sie deuten innerlich geschichtlich, indem die Mythen
auf die innere geistige Eritwickelung zuruckgefuhrt werden.;
115
Diejenigen, welche Gott als das Objekt der Religion anse*
hen, also theologisch deuten, nehmen an, dafs die Mythen
nuf Verkiimmerungen der ursprunglichen Wahrheit seien.
Es ergiebt sieh hiernach fiir die nach 'den verschiedenen
D.eutungen verschiedenen Inhaltsbeslimmungen des Mythos
folgende Uebersicht: .
o) physisch;
a) uniyersel;
/?) particular;
6) ethisch;
a) aufserlich geschichtlich;
act) pragmatisch;
/?/?) symbolisch;
/?) innerlich geschichtlich;
act) moralisch;
$9) intellectuel;
c) theologisch.
Alle diese Deutungen sind einseitig. Die wahre Deu--
tung ist bestiramt dureh das iiber das Objekt der Religion
Beirierkte. Natur und Menschengeist sind die beiden
objektiven, natiirliche und ethische Empfindungen die beideri
subjektiven Ursachen der Mythen. Daher nur auf diese
beiden, aber auch auf beide die Mythen zu deuten sind.
Dies jedoch nicht so, dafs man beides auseinander fallen 5
la'fst; denn wie gesagt (p. 44 sq.) natiirliche und ethische
Momente durchdringen sich in der Gottheit Es gieht sehr
wenig rein natiirliche Gottheiten, sehr wenig rein ethische.
In den altesten Zeiten, wo ethische Eindriicke noch nicht
sehr umfangreich sein konnten, werden wir mehr das Na-
turobjekt hervorzuheben haben, spater dagegen mehr das
ethische, das auch dureh den Anthropomorphismus begun-
stigt wird.
Dies iiber das Princip der Mythendeutung, iiber den
8*
116
Inhalt des Mylhos. Ich schliefse hieran einige allgemeine
leitende Bemerkungen uber die
5. -Methode der Deutung
d.h. iiber die Art und Weise, wie wir zur Kenntnifs jenes
Inhaltes des Mythos gelangen.
1. Durch Conjecturalgenie? Etvvas unbestimmter
Ausdruck 116 ). Besser: lebendiges Gefiihl sowohl fur Ein-
driicke der Natur als fur ethische Empfindungen. Dies ist
das wesentlichste und allgeineinsle Erfordernifs fur Mythen-
deutung; das wesentlichste, weil nur dadurch das Wesen
des Mythos erfafst und verstanden werden kann; das allge-
meinste, weil es auch da dienen raufs, wo uns andere Mittel
der Deutung abgehen. Die Bedeutung der Mythen er-
kennen wir ferner:
2. durch die Mythen unmittelbar, wodurch z. B.
klar wird, dafs Poseidon ein Wassergott, Deineter eine Erd-
gottin ist u. s. w.
3. Durch den Namen 117 ); a) unmittelbar, wenn
der Name der Gottheit und des Objekts identisch sind;
z. B. ovfjavog, yrj. Virtus. Concordia. Nlxrj. b) mitt el-
bar, durch Etymologie, wenn der Name eine hervorstechende
und besondere Eigenthiimlichkeil des Objekts bezeichnet,
nach welcher es empfunden und benannt ist; oder wenn
der Name der Gottheit in der Sprache nicht mehr gebrauch-
lich ist fur das Objekt, z. B. Zevg- Aufser den Eigennamen
geben aber auch die Beinamen Aufschlufs, indem diese sich
16 ) Creuzer a. a. O. J, p. XL .
117 ) Beck deietymologiae vocabulornm et nominum usu in expli-
candis mythoram rationibas. Lips. 1826. O; Miiller Prolegg.
p. 283 sqq. Julianas Aurelius (s. Burmann Syll. Epistol. Tom.II,
231) de cognominibus Deorum gentilium libri III. Antwerp. 1541 ;
Basil. 1543. 8. (mi't Phornutus); Franecq. 1696. 8. Anch in Clausing
Jns Publ. Roman. Tom. IV. 1 sqq. Lemgov. 1737. 8.
117
auf den Kult oder auf eine einzelne Seite im Wesen v der
Gottheit beziehen. Wenn der Name der Gottheit mil dem
des Lokals ubereinstimmt, so ist das Lokal immer nach der
Gottheit benannt.
4. Aus der Genealogie 118 ).
5. Durch Erklarungen der Heiden selbst Ich
meine hiermit nicht eigentliehe Deutung, bei der man schon
aufser und iiber dem Mythos steht, sondern es brieht oft
bei den Heiden das lebhafte Gefiihl von dein Wesen des
Mythos zu mehr oder weniger deutlichem Ausspreehen des-
selben durch.
6. Aus den Variationen der Mythen. Wenn
nemlich anderweitig ein Mythos deutlich ist, so erhalt seine
Variation dadurch gleichfalls Licht. Dies gilt vom ganzen
Mythos, vvie von einzelnen Theilen desselben. Tritt z. B.
in einem Mythos eine von uns erkannte Figur auf, so wird
ihr Substitut in demselben, aber anders gewandten Mythos
uns nicht minder erkennbar sein. Es ist in dieser Bezie-
hung in der Mytholpgie wie in der Mathematik: man kann
gleiehe Werthe einander substituieren. Hat man in einem
Gotte als Objekt den Himmel erkannt, .in seiner Gemalin
die Erde, so ist vorweg zu prasumieren, dafs alle Gottinnen,
welche als Geraalinnen des Himmelsgottes auftreten , Erd-
gottinnen sind. x
Erst durch Kombinatipn aller oder niehrerer dieser
Punkte gewinnt man eine gedeihliche und wahre Einsicht
in den Gehalt.der Mythen.
*. t9 ) O. !' Mailer p. 270 sqq.
118
II. Besonderer Theil.
Erstes Kapitel.
Vom Urspriinge der griechischen Mythologie.
1. Das Volk der Griechen.
. Sein Ursprung und Verhaltnifs zu andern.
6. Seine Geschichte.
c. Sein Charakter.
2. Das Land der Griechen.
3. Die Mythologie der Griechen.
Anm. des Heransgebers. Ueber den Grand, weshalb die Aiis-
fdhrung dieses Capitels nicht mitgetheilt wird, s. die Vorrede.
Zweites Kapitel.
Von den verschiedenen Form en der griechischen
Mythologie. .
1. Die vorgriechis.che Form.
Da die Griechen nicht von Anfang an in Griechenland
sefshaft gewesen sind, sondern eine geraume Zeit hindurch
mit den ihnen sprachverwandten Volkerii Ein Volk ausge-
macht haben miissen, so miissen sie auch schon eine Reli-
gion mil nach Griechenland gebracht haben. Die Form
dieser Religion, welche die Griechen hatten, ehe sie indem
110
Lande sich ansiedelten, welches nachmals Griechenland hiefs,
ist die alteste, die vorgriechische. Sie mufs wesentlich
identisch gewesen sein rait der altesten Religionsform der
ubrigen hindo - europiiischen Volker. Sie kann nur bezeiehnet
werden als ein Uebei'gang aus dem primitiven Pantheisnius
zum Polytheismus (s. oben p. 56 sqq.). Eine nahere Be-
stimmung der Form, eine genauere Angabe, wieweit die
polytheistische Scheidung des religibsen Objektes in der
vorgriechischen Zeit getrieben geweseri sei, ist aufserordent-
lich schwierig. Es giebt zwei Wege dazu: 1) aus der grie-
chischen Mythologie selbst auf ihre alteste, aus griechischen
Quellen nachweisliche Form, ziiriickzudringen. 2) Verglei-
chung mit den Religionen der verwandten Volker. In
neuerer. Zeit hat man mit besonderer Vorliebe diesen letz-
teren Weg eingeschlagen. Obgleich ich nun die Wichtigkeit
und das Erspriefsliche einer solehen Vergleichung keinen
Augenblick.verkenne, so mufs ich doch auf einige Punkte
aufmerksam machen, die man bisher ganz unberlicksichtigt
gelassen hat, und durch deren Nichtachtung man -ein ganz
falsches Bild der altesten Religionsform der hindo -euro^
paischen . Volker gewinnen vviirde oder sogar schon gevvon-
nen hat.
Die Ueber.einstimmung oder, was ungleich ha'uGger ist,
die Aehnlichkeit in den Vorstellungsformen verschiedenei 1
Volker berechtigt noch keineswegs, dieselben aus einer
aufsern Verwandtschaft abzuleiten, sie als bereits in der
Urzeit vorhanden zu betrachten. Gewifs werden stammver-
wandte Volker bis zu dem Punkte, da sie ein Volk zu sein
aufhorten und sich in einzelne besondere Nationen theilten,
ihre Goiter und die Mythen von denselben bis' zu einem
gewissen Grade entwickelt haben; wieweit aber und in
weicher Vollstandigkeit, das ist eine Frage, die sich weder
a priori beantworten lafst, noch empirisch auf dem bishefc
120
eingehaltenen Wege. Ich habe gegen diese Mythenver-
gleichung, sobald sie mehr als vergleichen will, folgende
Bedenken:
1. Da die fieligionen der einzelnen Zweigvolker des
indo-europaischen Stammes sich noch nach ihrer Trennung
bedeutend verandert und entwickelt haben, wie nicht bios
die zwischen den einzelnen bestehenden grofsen Differenzen
zeigen, sondern auch die Umwandlungen, welche wir wah-
rend der geschichtlichen Existenz jedes einzelnen Volkes
wahrnehmen: so ist vor alien Dingen bei einem jeden zur
Vergleichung ver wendeten Zuge zu fragen, ob er auch nicht
erst nach der Volkertrennung entstanden sei. Da die Keime
dieselben \varen, warum hatten sich in ihrer Entwickelung
nicht grofsere oder geringere Aehnlichkeiten der Vorstel-
lungen erzeugen sollen? Ja, da die Voraussetzungen die-
selben oder ahnliche waren, so mufsten auch die Resultate
gleich oder ahnlich werden. Deshalb kann man Ueberein-
stimmung in Mythen nicht so ohne Weiteres benutzen zur
Herstellung eines Bildes yon dera religiosen Bewufstsein der
indp - europaischen Urzeit. Dies um so weniger als :
2. zwischen den verschiedenen Mythologieen Ueber-
einstimmungen sich erzeugen konnen, ohne auf gemein-
schaftliche Keime sich zuriickzubeziehen, weil der mensch-
liche Geist und die aufsere Natur, diese beiden Bedingungen
der Mythologie, bis auf einen gevvissen Grad uberall dieselben"
sind 119 ). .Man hat vie! dariiber gestritten, ob die Natur
einen objektiven Charakter habe? Ohne Zweifel. Wie der
menschliche Geist in alien noch so verschiedenen Nationa-
r . 119 ) Hieraus allein und zwar nicht bios die Uebereinstimmimg in
der Mythologie, sondern auch die der Sprache ableiten zu wollen,
wie Fr. Vater das Verhaltnifs der Linguistik zur Mythologie und
Afchaologie. Kasan 1846. 8. 80 S. will, heifst die ganze neuer'e
Wissenschaft nicht kennen, oder ihr ins Gesicht schlagen.
121
litaten nie aufhort, gewisse allgemeine unveraufserliche Ziige
zu behalten, dasjenige, wodurch ein Merisch Mensch ist,
wodurch er aufser Individuum noch Mensch ist; wie die
Gattungscharaktere des merischlichen Geistes in alien gleich
sein miissen: so ist.es auch mil der Natur. Die Natur ist
iiberall mehr oder weniger verschieden durch die Lage der
einzelnen Lander auf der Erdkiigel. Aber sie hat doch auch
wieder iiberall gewisse alJgemeine Eigenschaften, wodurch
z. 6. Griechenland und Gronland, China und Sudamerika
unter einen und denselben GattungsbegrifF subsumiert werden
konnen; wodurch die Sonne iiberall Sonne, der Mond iiberall
Mond ist u. s. w. Deshalb wird auch der menschliche Geist
iiberall auf Erden von denselben Naturobjekten dieselben
oder einander ahnliche Eindriicke enapfangen. Ebenso ist
es mil ethischen Eindriicken (aus Geist auf ^jeist). In
Bezug auf das Denken ist man schon lange einig, dafs die
Geselze. desselben iiberall und in alien Menschen dieselben
sind; von den Vorstellungen ist ganz dasselbe zu sagen,
und wenn man das bis jetzt yefkannt hat, so liegt die Schuld
nur daran, dafs man die Gesetze des Vorstellungsvermogens
noch nicht so genau untersucht hat, als die logischen. Es
fehlt noch eine Physiologic der Seele. Als Beweis fiir
die eben ausgesprochenen Behauptungen berufe ich mieh
weniger darauf, dafs z. B. dieselben Erfindungen, dasselbe
Prinzip des Kolorits bei Griechen und Mexikanern 12 ),
Schiefspulver, Stellenwerth der Zahlen 121 ) unabhangig Von
12n ) Webb Untersuchung des Schonen'in der Malerey. Zurich
1766. 8. p. 96.
IZI ) Sowohl von den .Indern als Tiiscern erf linden. In Bezug
hieraaf sagt Humboldt, Kosmos II, 264: ,,Warum sollten in dem
Gefdhl ahnlicher Bediirfnisse dieselben Ideenverbindungen sich nicht
bei hochbegabten Volkern verschiedenen Stammes abgesondert dar-
geboten haben?"
122
einander an mehreren Orten gemaeht sind; aber wir be-
gegnen hochst auffallend ahnlichen Vorstellungen, Bildern,
Anschauungen, Erzahlungen bei den verschiedensten Vol-
kern, zwischen deren Sprachen bis jetzt noch durchaus kejne
Verwandtschaft nachgewiesen ist und auf die daher die
Zuriickfuhrung in eine gemeinschaftliche Urzeit keine An-
wendung leidet.
3. Entziehen sich uns die Wege, auf denen die Volker
ihre Vorstellungen mil einander ausgelauscht haben, Sagen
und Mythen von diesera Volke zu jenem ubergegangen sein
korineii, dermafsen, dafs es aufserordentlich gefahrlich isl,
jede andere Vermittelung als die durch gemeinschaftliche
Abstammung leugnen zu wollen. Den besten Beweis geben
Volkslieder, die bis auf die Worte iibereinstimmend in
Schottland, Schweden, Spanien gesungen werden.
Schon die Moglichkeit, die-Uebereinstimmungen zwi-
schen zwei Mythologien auf eine vx>n diesen drei x^rten
erklaren zu konnen, raufs uns abhatten, solche Ueberein-
stimmungen gleich in die Urzeit zu versetzen und aus ihnen
ein Bild der damals vorhandenen Religion zusammerizusetzen.
Wir ihiissen -da.durch. nothwendig ein falsches Bild erhal-
tn. Ueberdids fiihrt diese vergleichende Methode sehr leicht
dahin, das eigentlich Nationelle der einzelnen Mylhologieen
zu iibersehen und zu verwischen, eine synkretistische Ver-
wirrung hi der My thologie anzurichten, phantastischen Trau-
men und ausbundigen Kombinatiohen Thor und Thiir zu
offnen 182 ). , .
Das Leben ist riur in der Individualitat. Nur was den
Einzelnen von den Uebrigen unterscheidet, giebt ihm In-
12? ) H, Miiller d. nordische Griechenthum. Wiirzburg 1844. 8.
Hundeiker Ueber die Wirksamkeit d, genhanischert Elements in
d. Urgeschichte d. Menschheit (Archiv f. Phil. u. Pad. 1845). ;
423
teresse, Bedeuturig, Werth. Daher hat der Forscher in der
griechischen Mythologie sein Augenmerk nicht auf die Ur-
zeit, auf die vorgriechische Form der Mythologie zii richten,
sondern nur auf diejenige Form, welche die alteste grie-
chische ist. Erst mufs das Bild der grieehischen Religion,
welches in tausend Triimmer zerschlagen daliegt, wieder
zusammengesetzt und so viel als moglich in seiner achten
Form und Reinheit mit keuscher sinniger Hand .aus sich
selbst wieder hergeslellt werden. Dann mag man es mit
dem anderer Religionen vergleichend zusaminenhalten und
sehen, ob in diesen, unter den verschiedensten Himmels?-
stricheh und Verhaltnissen entwickelten Gesichtern , verwit-
tert und" benarbt, die Spuren herauszufinden sind, welche
sie alle als Geschvvister zu erkennen geben; Dann erst ist
die schwierige uud interessante, unter alien Umstanden
hochst intrikate Untersuchung an ihrer Stelle, welches die
vorgriechische Form der griechischen Mythologie gewesen
sei, d. h. welche Form die Religion der indo-europaischen
Volker gehabt habe, als diese Volker noch eine geniein-
schaftliche Heimat besafsen. Wir lassen diese Frage bei
Seite; und wenn ich vergleichende Blicke auf andere My-
thologieen werfe, so geschieht es^ wie ich ausdriicklich
bemerke, nur allein deshalb, um durch diese Vergleichung
eine Vorstellung unserem Versta'ndnifs naher zu bringen,
sie als eine naturliche und dem menschlichen Geiste gemafse
darzustellen. .
2. Die pelasgische Form.
Baumlein Pelasgischer <Glaube und Homers Verhklt-
nifs zu demselben (Zeitschr. f. d. Alth.1839. no. 147151).
O. Mailer p. 347 sq<j. C. F, Dorfmiiller De Graeciae
primbrdiis. Stuttg. 1844..8.
Einer der beriihmtesten Sitze pelasgischer Religion war
124
Dodona. Schon Homer kennt es 1M ). Herodot sagt 1M ) : ,,Zu-
erst opferten die Pelasger mil Anrufung der Goiter, wie ich
zu Dodona gehort habe; Benennung aber und Namen gaben
sie keinem derseiben, well sie noch .nichts da von gehort
hatten. &eov$ nannten sie sie , weil sie alle Dinge so
schicklich gemacht halten (&evtes ^ navta nqriyfjuna).
Spater, nach Verlauf einer langen Zeit, erfuhren sie von
Aegypten her die Namen der iibrigen Gotter; den des Dio-
nysos aber viel spater. Und nach einiger Zeit fragten sie
wegen der Namen das Orakel zu Dodona, denn dies Orakel
wird fur das alteste der Hellenen gehalten und war dazumal
das einzige. Als die Pelasger nun dariiber in Dodona an-
f rag ten, ob sie die von den Barbaren kommenden Namen
annehmen sollten, antwortete das Orakel, sie sollten sie
brauchen. Von der Zeit an opferten sie, indem sie sich
der Namen der Gotter bedienten." Konnte sich wohl
einige Erinnerung an einen solchen Zustand erhalten haben?
oder war dies bios Vorstellung des Herodot oder derer zu
Dodona? Wie dem auch sei, es ist richtig, was Herodot
sagt, wenn wir Aegypten und diese aufserliche Namens-
gebung bei Seite lassen: man verehrte Gotter im Allgemei-
nen, ohne klare und bestimmte Unterscheidung der einzelnen,
die nachher scharfer sich von einahder sonderten und jeder
m ) XT, 233 sqq. B, 750. I, 327 sq. T, 296 sq.
124 ) II, 52. cf. Bahr ad h. 1. Heyne Comment. Soc. Gott.
Vol. II. Getting. 1780. p. 125. (iibers. i. d.Bibl. d. schon. Kste. u. W.
Lpzg. Bd. 23. St. 2. p. 5 sqq.). Gegen Heyn.e cf. M einer s histor.
doctrinae de vero Deo. Lemgov. 1780. Sect. VI. Bottigeir Kunst-
mythol. II. p. 295. O. Miiller Prolegg, p. 213 sq. G. Hermann
Br. ii. d. Theogon. p. 11 sqq. Creuzer ibid. p. 27 sq. Ou war off
Ti. d. Yorliom. Zeitalter. p. 11 sq. 15. Bo de Orph. p. 48 sq. O. Mul-
ler LG. I, 153. G Hermann de mythol.gr. antq. p. 4 (Opusc.
II, 171). Gottling Hesiod. p.XLl. Weifse fiber Begr. etc. d.Myth.
p. 44 sq.
125
seinen Namen bekamen. Dieser Fortschritt des religiosen
Bewufstseins ist ganz dem gemafs, was p. 56 sqq. ttber den
Polytheismus bemerkt 1st. Wir finden die aiten Pelasger
auf derselben Stufe religiosen Bewufstseins, auf welchem
die Gefmanen zu Tacitus Zeit standen. Ihre Religion war
einfacher Naturdiensl, ohne scharfe Trennuhg der einzelnen
Gottheiten, die haufig zusammenfliefsen , ohne bestinimte
Ausbildung des Charakters jeder einzelnen Gottheit und
demgemafse Benennung, ohne Abbild der Gottheit 125 ). Hei-
lige schauerliche Walder und ausgezeichiiete Ba'ume (Eiche
zu Dodona) waren es, an die sich die, Verehrung der Gott-
heit ankniipfte. Auf hohen Bergen, an Felsengrunden und
Wasserstiirzen opferte man. Man betete nicht das Natur-
objekt selbst an, aber man dachte sich in seiner Nahe die
Goltheit, die noch nicht so weit : in der Vorstellung erstarkt
war, um selbststandig, ohne Anlehnung an das Naturobjekt
bestehen ,zu kb'nnen. Das Bewufstsein des alten Pelasgers
hatte noch nicht die Konsistenz gewonnen, sich klare Vorr
stellungen von den Gottern zu machen; und wenn er eine
fafste, so zerflofs sie ihm leicht wieder in den aljgemeinen,
pantheistischen Gottesbegriff. Eine Hindeutung darauf liegt
in der Angabe, dafs Dione nicht von Alters her dem Zeus
in Dodona zur Seite gestanden habe. Zeus \yar urspriing-
lich noch Alles, der iiberall in der Natur waltende. Nachher
schied man aus ihm die Dione, eine gottliche Weiblichkeit,
die Erdgottin. Dafs die Pelasger als Ackerbauer die Mutter
* zs ) Einen Uebergang dazu sehen wir in deii Symbolen, welche
die Gottheit- vergegenwartigten: .
, Robe Steine (Hermes, Apollon, Hades)
Brett (Hera zu Samos)
Zweig (Hera zu Thespiai)
Balkeh (Athene zu Lindos)
vgl. O. Miiller Arch. .66. ed. II..
126
Erde warden verehrt haben, ist an sich begreiflich und durch
Zeugnisse bevyiesen. Dieser Kult war sogar sehr bedeu-
tend; sein Character traurig, geheimnifsvdll und mysteries
wie das Leben der Erde selbst (Samothrake, Eleusis). Hier-
mit hangt Todtenkult zusammen, der gleichfalls ein bedeu-
tendes Element der pelasgischen Religion gevvesen zu sein
scheint.
Scnyeit im Allgemeinen iiber die auf Natursymbolik
beruhende pelasgische Religionsform, die genauer nur durch
Zuriickschreiten aus der hellenischen begriffen werden kann.
3. Die hellenische Form.
Einen Aufschwung nahm das pelasgische Leben durch
den Eintritt der heroischen Zeit. Jede grofse politische
Regsamkeit und Entwickelung hat ihren entschiedenen Ein-
flufs auch auf die Religion. Durch jenes regere Leben,
welches der ritterliche Sinn hellenischer Stamme anregte,
ward auch die Religion zu einer neuen Phase ihrer Ent-
wickelung geftihTt. Das Bewufstsein, in Kampfe der man-
nigfaltigsten Art gezogen, erstarkt und klart sich. Es wird
aus der ruhigefen Beschaulichkeit, welche durch ein agra-
risches Leben begunstigt wird, herausgerissen; tausend bis
dahin unbekaniite Empfindungen werden in der Seele wach
und iiberwiegen diejehigen, welche vordem hauptsachh'ch
von der Natur aus auf die Seele eindrangen. Jene alten
Goiter, welche noch so wesentlich im Naturleben wurzeln,
konnen nicht mehr dem kraftigeren, ethischer gewordenen
Sinne genugen. Er verlangt klare, anschauliche Gestalten,
Cotter, welche einen Charakter haben, der ihui entspricht.
Der Mensch, seiner hohern geistigen Natur lebendiger sich
bewufst geworden, sich in seiner menschlichen Kraft und
Herrlichkeit fiihlend, empfindet das Bedurfnifs nach Gb'tterii,
die im Menschenleben walten, die nicht an die Natur ge-
127
kniipl't, sonclern in selbstslandiger Existenz ihm helfend und
schiitzend in den Kampfen des Lebens zur Seite stehen.
So vermittelte sich auf Grundlage der alten in Natur-
symbolik ruhenden Religion eine neue Form des religiosen
Bewufstseins, in welcher die alien Nalurgotler, zwar nicht
ganz aus. der Natur, der sie ihren Ursprung verdankteh,
herausgehoben , aber doch ethisch verklart wurden, so dafs
das ethische Element jn ihnen bei weitem vorwog. Waren
die Gotter bis dahin natursymbolische gewesen, so wurden.
sie jetzt kunstsymbolische. . .
kunstsymbolik hat man diese hellenische Form der
griechischen Religion genannt, weil sie, wenn auch nicht
aus der Kunst hervorgegangen , doch ihre wesentliche Aus-
bildung durch die Kunst erhalten hat. Nachdem namlich
das heroische Leben den Anstofs zu dieser ethischen
klarung gegeben hatte, waren es die epische Poesie,
plastische unddramatische Kunst, welche der innern Em-
pfindung einen entsprechenden Ausdruck gaben.
1 . D i e e p i s c h e P o e s i e (friiher mil mehr lyrischem,
Charakter). In diesem Sinne hat Herodot m ) ganz recht,,
wenn er sagt: ,,Woher aber jeder einzelne Golt gekommen
oder ob immer alle waren und von was Gestalt ein Jeg-
licher, das \yar den Hellenen nieht eher bekanntV als seit,
gestern und vorgestern, dafs ich. so sage. Denn Hesiod uhd,
Homer sind meiner Meinimg nach um 400 Jahre alter als
ich und nicht tlaiiiber. Urid diese sind es, welche den Hellenen
ihre Gotter welt gedichtet, den Gottern ihre Benennungen ge-
geben, Ehre und Kiinsle ausgetheilt und ihre Gestalt bezeichnet
haben." An aUenFeslen wurde Homer rhapsodiert m ). r-
126 ) II, 53.
127 J Ausfulirliciieres iiber den Einflufs Homer's auf die religiose
Rntwickelung der Griechen s. in Laner's GescJj. der homer. Poesie
p. :13 16.
128
Man mufs jedoch nicht nur grade auf Homer diesen Ein-
flufs beschranken. Es gab schon vor Homer epische Dich-
ter, weil es schon vor Homer ein heroisches Zeitalter gab.
Mil einem solchen 1st episehe Poesie nothwendig verkniipft,
weil sie der nothwendige Ausdruck davon ist. Wann der
Beginn der heroischen Zeit zu setzen, kann uns gleichgiiltig
sein und ist x nicht genau zu sagen. Doch fallt er gewifs
einige Jahrhunderte vor den troischen Krieg. Genau lafst
sich das schon deswegen nicht bestimmen, weil dieser Fort-
schritt nicht als ein plotzlicher zu betrachten ist. Mit der
epischen Dichtkunst stand
2. die plastische Kunst in innigster Verbindung.
Sie scheint den Hauptanstofs zu ihrer Vervollkommnung in
Kreta erhalten zu haben. Hier war es, wo in grauer Vor-
zeit von Osten und Westen her . Niederlassungen angelegt
wurden, wo orientalische und occidentalische Elemente sich
begegneten und durchdrangen ; hier zuerst wurden die
Hellenen, angehaucht von der sinnlicheren Glut des Orients,
zu hoherem geistigen Streben und Bilden angeregt. Ob-
gleich man an manchen Orten die Geburtsstatte des Zeus
zeigte, so war es doch ganz besonders Kreta, welches der-
selben sich riihmeh durfte. Inwiefern von hier aus der
occidentalische Charakter des hellenischen Glaub ens zu sinn-
licheren, warmeren, lebensvolleren Vorstellungen sich um-
bildete, konnte man mil Recht den hellenischen, olympischen
Zeus in seiner plaslischen, hestimmtern Gestalt, die er im
Gegensatze zu seiner fruhern pelasgischen, dodonaischen
Unbestimmtheit gewann, auf Kreta geboren nennen 128 ).
Nach Kreta nun wird .auch der Altmeister aller grie-
chischen Plastik, Daidalos, gesetztj von dem es heifst, dafs
m ) Stuhr 11, 152 sqq. Erklart sich hieraus, was Sallust bei
Serv. Aen. Ill, sagt: Primos Cretenses constat invenisse religionem?
er zuerst die Golterbilder .beseelte, indem er ihnen Augen,
bewegte Anne und schreitende Fiifse gab, so dafs sie zu
leben schienen 129 ). Hiermit war der Anfang gemacht,
von dem rohen Natursymbol, welches die Goltheit verge-
genwartigte, fortzuschreiten zu jenen erhabenen Kunstsym-
bolen, welche die vollendete plastische Kunst schuf, indem
sie, nach dem Vorgange der epischen Poesie, Goiter bildete,
welche in menschlicher idealverklarter Gestalt zu einer Be-
stitnmtheit und Anschaulichkeit gelangten, wie bei keinem
anderen Volke. Man hat oft den Einflufs der Religion
auf die Kunst besprochen; man-sollte auch umgekehrt und
in umfassender Weise den Einflufs der Kunst auf die Reli-
gion darlegen.
Zu ihrer hochsten Vollendung gelangte die hellehische
Form der griechischeri Religion
3. durch die dramatische Kunst, welche mit der
Hohe der plastischen Kunst gleichzeitig ist. Es bedarf
keines Hinweises darauf, wie durch und durch ethisch die
Gb'tter in der Tragodie aiiftreten. Hier tritt das Nalurele-
ment, obschori immer noch erkennbar, doch so sehr in den
- . j-
Hintergrund, dafs es ohne alle Bedeutung ist 130 ). Aeschylus
zeigt uns die Bliilhe der hellenischen Religionsform.
Mit dieser hochsten Entwickelung ist aber die Religion
zugleich auf dem Punkt angekommen, wo sie wieder sinkt;
wo sie eine neue Form annimmt: die hellenistische.
4. Die hellenistische Form.
Der Fortschritt dieser Form gegen die vorige besteht
darin, dafs das ethische Moment, welches in der hellenischen
1?9 ) S. Gedike z. Plat. Menon. Exc. III. ed. Buttm. Berlin
p. 76 sq.' ' .-
13 ) Berhhardy II, 691 sqq.
Lauer Griecli. Mythologie. 9
130
Form seine hb'chste Verklarung im Anschlufs an die vom
Glauben gegebenen Goiter gefunden haite, 1) getriibt wird
durch Triibung der elhischen Verhaltnisse (des Steals- und
Privatlebens), 2) dafs durch die grofsartige namentlich durch
Alexander d. G. herbeigefuhrte Verbindung mit Asien fremde,
und dies ausschliefslich auf Natur basierte Religionselemente
in die griechische Religion aufgenommen wurden; 3) dafs
der Geist zu so grofsem Selbstbewufstsein erstarkt war, dafs
er .in abstrakter philosophischer Form erfafste, was man
friiher in mythischer Vorstellung angeschaut halle. Das
Geistige, Ethische sonderle sich aus dem Glauben, der Re-
ligion, so dafs bios ein natiirJicher Riickstand blieb. So
entstand ein Bruch zwischen Wissenden und Glaubenden,
der fur die Religion, weil sie einer weitern Verklarung und
Lauterung nicht mehr fahig war, aufserordentlich nachtheilig
sein mufste. Neben der eigentlichen Philosophic und
dieser voraus ging eine Art theologischer Spekulation, deren
Weiteres Umsichgreifen man als einen vierten Grund fiir die
Veranderung der hellenischen Form ansehen kann. Es ist
dies die theologische Spekulation der Mysterien, welche
Glauben und Wissen zu vereiiiigen suchte. Die Anfa'nge
der Mysterien gehen bis in die pelasgische Zeit zuruck Ial ).
Ihren im Uebrigen dunklen Ursprung haben sie in der Ver-
ehrung der Erdgottheiten, deren Kult etwas Geheimes ha tie.
Den ersten Anstofs zu weiterer Entwickelung gab die Aus-
bildung des hellenischen Lebens, durch welche die pelas-
gische zuriickgedrangt wurde und sich in den Mysterienkult
zuriickzog. Da dieser Kult sich wesentlich um Ideen ernes
1S1 ) Daher Mysterien besonders an den Orten, wo seit alter Zeit
Pelasger wohnten:
Boiotien (Pythagoreer, Orphiker)
Attika (Eleusis)
Samothrake.
131
kiinftigen Lebens drehte, so mufste er in demselben Grade
an! Theilnahme und Ansehen gewinnen, als dies Leben in
sich zerfiel, den Geist nicht befriedigte; als der Glaube an
die hellenischen Goiter wankend wurde und man-.. in. ihm
nicht mehr den Trost fand, die Starke und Hulfe, die man
von ihm veiiangte. Und grade je mehr man andrerseits
durch orientalische Einfliisse dem Naluiieben verfiel, empfahd
man das Bediirfnifs, ttber dasseibe gehoben zu werden 132 ).
Eine ganz ahnliche Erscheinung bietet die zweite Halfte des
vorigen Jahrhunderts, wo neben rationalistischer Aufklarung
und senlimentalem Naturleben (Thomson, Gefsner, Gothe's
Werther u. s. w.) die geheimen Gesellschaften der Freimau-
rer, Illuminaten, Rosenkreuzer u. s. vv. eine bedeutende Rolle
spielten, und Milglieder dieser Gesellschaften sich zugleich
viel mit den alien Mysierien beschiiftigten. (Z. B. Starck,
Oberhofprediger in Darmstadt; der beriichtigte Illuminat
Weishaupt u. A.)
Die Betrachtung dieser hellenistischen Form der grie-
chischen Religion wird uhs in dieser Vorlesung ebenso wenig
beschaftigen als die vorgriechische. Ihre Betrachtung gehort
in die Geschichle des Unterganges des Heidehthumes. Wie
die vorgriechische noch nicht griechisch , so ist die helle-
nistische nicht mehr griechisch. Man sieht aber leicht,
wie sehr die hellenistische Form den Uebergang zum Chri-
stenthume erleichterte. Erstens negativ dadurch,. dafs der
Glaube an die alien Gb'tter geschwacht und getrubt war;
zweitens positiv durch die Sehnsucht, welche das heid-
nische Gemitth durch die Mysterieri offenbart, aus der Ver-
ganglichkeit dieses Daseins sich zu ewigem Leben zu retten.
Beidem kam das Christenthum entgegen, erstens, indem es
132 ) So werden schliefslich fast alle Kulte mysterios.
9*
132
einen in ewiger Reinheit und Herrlichkeit erhabenen Gott
bot, allmachtig, allweise, allgiitig, allbarmherzig, allwissend,
kurz Einen absoliiten Go-It, uber aller Welt und Erschei-
nung erhaben; zweitens, indem es den Glauben an ein
ewiges Leben predigte, und nicht mysteries, fii'r wenige
Eingeweihte, sondern als eine durch die Auferstehung Christi
besiegelte Wahrheit alien Meiischen verkiindigte. Der
Untergang des Heidenthums gehort zu den anziehendsten
Gegenstanden der Betrachtung, und doch ist er so wenig
beachtet und in so verkehrtem Lichte angesehen.
Drittes Kapitel.
Von den grtechischen Mylhen.
O. Milller a. a. O. C. M. Fleischer De mythi im-
primis Gtaeci natura; Halis 1838. 4.
1. Ursprung.
Er fallt zuin Theil in die Urzeit, (sobald das Gefiihl
Vorstellungen erweckt, spricht es sie auch aus) zum gros-
sern Theil jedoch in die spatere Zeit, wie aus der Eigen-
thiimlichkeit der griechischen Mythen hervorgeht. Siewurden
erzeugt durch die Eindriicke, welch e die Natur auf die
Griechen machte; ihre erste, mil dem Kultus noch verbun-
dene, Ausbildung erhielten sie durch Priester, Sanger und
Dichter, welche in den meisten Fallen das Wesen des
Mythos unverletzt liefsen.
133
2. Form.
Sie entspricht dem Charakler des Volkes und Landes;
nichts Sehnsuchtiges,/ nichts Verhiilltes. Der _ griechisehe
My thus ist, vvie das ganze Volk, plastisch.
3. Inhalt.
Er 1st die in der Vorstellung des griechischen Geisles
von der griechischen Natur entlialtene Empfindung. Im
Allgemeinen ist das Nb'thige schon in dem entsprechenden
Abschnitte des ersten Theiles gegeben. Ich will das dort
gegebene Schema der verschiedenen Methoden der Deutung
hier ausfiillen, indem ich eine kurze Uebersicht der bishe-
, * - " .
rigen Deutungen der griechischen Mythen gebe.
Emeric-David Jupiter. Paris 1833. 8. Tom. I. Introd.
Stuhr Allgemeiner Ueberblicfc iiber d. Gesch. der Be-
handlung u. Deutung der Mythen (in Bauer's Zeitschr.
f. specul. Theol; Bd. I, 2. II, 1.)
Mil Erforschung des Inhaltes der Mythen haben sich
schon die Alien abgegeben. Ihre ersten Versuche in dieser
Beziehung schlossen sich an Homer und Hesiod. Der alteste
ist Thea genes aus Rhegion (525). Ihm folgte Metro-
doros aus Lampsakos (490), welcher alle Gotter und die
ganze homerische Poesie auf Physik zuruckfiihrte 133 ).
Aehnlich waren wohl die Bestrebungen. der iibrigen allego-
rischen Erklarer des Homer (Stesimbrotps (460), Anaxi-
mandros (445), Glaukoh (445)), was ja auch dem Gha-
rakter der Philosophic, die von der Natur ausging, voll-
kommen entsprach. Als man von der Naturphilosophie zur
Philosophic des subjektiven Geistes fortgeschritten war, fing
man auch an, die Mythen ethisch zu deuten und zvvar
indem man in ihnen vorzugsweise gewisse Vorschriften der
'*") Tatian, cp. 37, p. 80.
134
Moral versinnbildlicht glaubte. Anaxagoras deutete den Zeus
als vovg, die Athene als Kunst; die homerischen Gedichte
handelten von Tugend und GerechtigkeiJ (vgl. p. 115, b, /?,$?.)
Antisthehes deutete; tnoralisch; so war ihm Zeus die Ge-
rechtigkeit, Hera die Keuschheit. : Diese beiden Methoden
gehen das ganze Alterthum hindurch neben einander, so
jedoch, dafs die physische, der namentlich die Stoiker
zugethan waren, den Vorzug hatte. Seit Alexander kam
erne neue Methode in Aufnahme: die Goiter wurden aufser-
Jich geschichtlich aufgefafst. Euhetneros, der Haupt-
reprasentant dieser Methode, von Kassander zu einer See-
expedition iiber Babelwiandeb hinaus verwandt, erzahlte in
seiner ISQCC avaygcupij, dafs er auf einer, irn siidlichen Ocean
gelegenen , von Greta aus kolonisierten paradiesischen Insel
Panchaia in einem prachtvollen Tempel des Zeus die Le-
bensbeschreibungen der griechischen Hauptgotter und dabei
die Nachricht gefunden habe, dafs diese Gotter allesammt
friiher Menschen gevvesen seien 134 ). Von seinen, an jene
erdichteten Thatsachen sich anschliefsenden, Erklarungen
einige Beispiele. Zuerst herrschte auf Erden die Titanen-
dynastie des Kronos, dessen Nachfolger Zeus Konig von
Kreta war. Dieser unterwarf sich alle Volker, civilisierte
sie durch Ackerbau und Religion, und starb nach langen
Umherfahrten auf Kreta , wo er zu Knossos begraben
wurde. ' Kadinos, der Grofsvatef des Bakchos, Koch des
Konigs von Sidon, floh von dort mit der Harmonia, einer
Flotenspielerin, nach Theben. Dieser Methode des Euhe-
meros schlossen sich grofstentheils die Geschichtschreiber an.
Die Kirchenvater (Lactantius) deuteten theologisch,
indem sie Alles auf die Bibel zuruckzufiihren suchten; ^u-
134 ) Vgl. Krahner Grundlinien zur Geschichte des Verfalls der
romischen Staatsreligion. Halle 1837. 4. p. 2.2 sqq.
135
gleich bedienten sie sich des Euhemerismus als einer Waffe
gegeh den griechischen Volksglauben.
Dieselben drei Methoden der Mytheiideutung bestanden
auch im Mittelalter; doeh ist iiber diese Zeit, aus der
ohnehin das Meiste ungedruckl ist, wenig zu berichten.
Der erste eigentliche Mythendeuter der neuern. Zeit
ist Nalalis Comes. Gleich zu Anfang seines Werkes
erklart er sich dahin, dafs die gesammten Lehren der Phi-
losophie von Alters her bis auf Plato und Aristoteles in
Mythen iiberJiefert seien, nachdem die Griechen durch die
Aegypter diese verhiillte Art zu philosophieren kennen ge-
lernt ha'tten 135 ). Man habe sich derselben bedient, damit
nicht die erhabenen Sa'tze der Philosophic unter das Volk
kamen und mifsverstanden dieses verdiirben. Das Geschaft
des Mythologen bestehe nun eben in der Enthiillung dieses
Kerns der Mythen, der in ihnen enthaltenen philosophischen
Dogmen, die sich entweder auf Krafte und Handlungen der
Nalur, auf Krai'te und Bewegung der Gestirne bezogen Oder
auf Bildung der Sitten und die Einrichtung eines verniinf-
tigen Lebens. Wie hier im Prinzip so halt sich auch in
der Ausfiihrung physische und ethische Deutung das Gleich-
gewicht. Seine Deutung fafste er in lib. X. kurz zusammen.
Hundert Jahre lang, bis zur Mitte des siebzehnten Jahr-
hunderts, ist Nat. Gomes das Hauptbuch t'iir die griechische
Mythologie gewesen. Da erschienen andere, die ihn ver-
drangten. Weniger kann man dies von Baco von Ve-
rulam sagen, der in der Schrift: De sapientia veterum.
Londin. 1609. 1617. 1634. 8. Lugd, Bat 1634. frz. 1641.
Paris. Deutsch von Schiefler. Koln 1838. ethisch deutet;
vvohl aber von G. Job. Vofs, sowohl weii die Methode
J3ft ) Dies ist aucli noch die Ansicht von Emeric- David, s. seinem
Jupiter. Introd. .
136
der Kirchenvater, die er fortsetzte, durchaus dem damaligen
Zeitgeist entsprechend war, als auch wegen seiner enormen
Gelehrsamkeit. Er war nicht der Erste, der das Heiden-
thum mil orthodox - christlichem Lichte erhellen wollte. Zum
Theil, wie schon bemerkt, waren ihrn darin die Kirchenvater
vorangegangen, zum Theil aber auch neuere Gelehrte.
Jedoch bleibt dem Vofs der unbestrittene Rtihm , diese
ganze Methode am griindlichsten und mil der grb'fslen Ge-
lehrsamkeit, in ihrer ganzen Consequenz zuerst angevvandt
zu haben. Da er natiirlich ganz auf biblischem Standpunkte
steht, so kann er mil dem Ursprunge des Heidenthumes
nicht weiter als bis auf Noah, von dem alle Menschen ab-
stammen, zuriickgehen 136 ). Die Nachkommen des Noah
theilten sich in zwei Zweige, deren einem das auserwahlte
Volk, deren anderem alle ubrigen Volker entspriefsen (p. 2).
Diese behielten von ihrer Abktmft den Glauben an Einen
Gott, den chopfer der Welt, der da belohne und strafe.
Hierin seien sie durch die JBetrachtung der Natur unterstiitzl
worden, als welche ihnen zeige, dafs sie mil Vernunft von
Einem regiert und erhalten werde ( p. 13). Von dieser
Verehrung des wahren einzigen Gottes seien sie auf zwie-
fache Weise abgeirrt: 1) defectu (irreligiositate) ; 2) excessu
(superslitione). (p. 16 sqq.) Ein solcher excessus findetstatt,
indem ) veri dei cultus praestatur falso numini oder b) falso
cultu Deus ver.us coli existimatur. Beides ist Idololatrie,
bespnders das erste (p. 18.22). Zu dieser superstitio sei
man gekommen 1) durch Unwissenheit. Die Menschen
begriffen nicht, was ihnen die Natur vor Augen stellte und
fafsten es daher falsch und verschieden auf, (p. 22) gemafs
136 ) Fur ein orthodox - christliclies Gemiith auch der einzig mog-
liche Standpunkt, daher von solchen auch zu alien Zeiten einge-
nommen. So. noch in der Rede von Jac. van Rhoer de fontibtis
quibusdam, unde res sacras hauserint profani.
137
ihrer geistigen Verschiedenheit; 2) dijrch Tragheit, die
stall selbst zit forschen , sich lieb.er den Ansichten Anderer
anschliefst; 3) durch Welllusl u. d. m. So allmalig von
dem Glauben und'der Verehrung des wahren Goltes abge-
lenkt, fing man an, die Kreatur stall ,des Schopfers zu.ver-
ehren. Man slellle einen bosen Geisl dem guten gegenuber
(p. 30 sq.), und zerlheilte dann beide in mehrere (p. 40),
wobei die von Noah mitgebrachte Tradition wirktej dafs es
gewisse Geisler gebe, deren sich Golt bei Verwaltung der
Welt bediene. Hieraus entwickelte sich auch die Vorstel-
lung von Geistererscheinungen, die nur das Werk der bosen
Geister selbst sind (p, 42), ebenso wie die Orakel, die Magie,
Wunder u. dgl, die von dem Teufel und semen Genossen
herriihren ( p. 46). Was die Deutung im Einzelnen
betrifft, so 1st Neptun Japetos (I. cp. 15); Mars = Nim-
rod; Apollon = Jubal (cp. 16)-, Minerva = Naama, Thu-
balkains Schwester (cp. 17); Saturn = Noah (cp. 18); Bac-
chus, Janus = Noah (cp. 19) u.-s..w. .
Diese Art von Mythendeutung fand und mufste finden
aufserordenllich viel Beifall und Nachfolge. Es erschienen
eine Menge grofserer Werke und kleinerer Schriften mil
derselben Tendenz, von denen ich nur einige wenige nam-
haft mache;
J. D. Huet, Abt zu Aunay und Bischof v. Avranches,
Demonstratio Evangelica. Paris 1679 fol. Alnetanae Quae-
stiones de. concordia rationis et fidei. Paris 1693. 4.
Sam. Bo chart Geographia Sacra (Opp. omn. ed. IV. L.
Bat. 1712). Dpminiqu.e de Colonia (Jesuit) La reli-
gion chretienne autorisee par le temoignage des anciens
auteurs payens. Lyon 1718. 8. II Bde. Derselben Rich-
tung und Zeit gehb'ren an Schriften wie J. G. Michaelis
Diss. de Abrahamo et Isaaco a Graecis in Hyrieum et
Orionem conversis (Bibl. hist, theol. phil. Class. VI. Fasc. 1).
138
P. van Sarn Mercurii cum Angelo foederis comparatio
(ibid. Cl. V. Fasc. 2). J. D. Matthaeus Nisus Samsonis
symbolum. Witteb. 1724. 4 M. J. Monet a Problema
mythologicum : Utrum immolatio Phrixi eadem sit ac Isaaci
necne? in qua affirmativam sententiam sludet defendere.
Witteb 1733. 4.
Man kann die Dauer dieser theologischen Mythenbehand-
lung auf etwa hundert Jahre, bis gegen die Mitte des vo-
rigen Jahrhunderts anschlagen. Ihr zur Seite geht eine
analoge, auch auf Orthodoxie beruhende, die ebenso uner-
quicklich war : die euhemeristische. Sie ging zu Anfang
des achtzehnten Jahrhunderts von Frankreich aus und hat
in diesem Lande noch heute sehr viele Anhauger. Sie
verhalt sich nicht orthodox gegen das Christenthimi, son-
dern gegen die Mythologie, und bildet in sofern die Ergan-
zung und den Gegensatz der andern. Sie ist nuchtern,
rationel, operiert mit Astronomic und Mathematik und fiihrt
daher auch gern auf Astrolatrie zuriick. Hierher gehoren:
Ant. Banier (p. 18 sq.). Freret (Mem. de 1'Acad. des
Inscr. Tom. VII sqq.). Des Spasses halber: T; Pownall A
treatise on the study of antiquities. Lond. 1782. 8. (Nach
ihm enthalt ein Handels- und Schiffahrtssystem auf dem
agaischen und schwarzen Meere die Auflosung fast der
ganzen griechischen Mythologie.)
In Deutschland fand das Studium der Mythologie wenig
Freunde. Seit 1763 beschaftigte sich Heyne mit.demselben
theils in Vorlesungen, theils in einer Reihe von Abhand-
lungen in den Comment. Societ. Gotting. Man kann von
Heyne nicht sagen, dafs er sich selbst recht klar gewesen
ware iiber den Ursprung und den Inhalt der My then. Heyne
hatte weder Phantasie noch spekulativen Geist: er halt sich
liberal! mehr an der Oberflache; daher er mehr asthetisiert,
als wirkJich griindlich forscht. Ihm zufolge ist der Mythos
139
entweder Ausdruck fur eine gesehichtliche Begebenheit oder
fiir eine Meinung der altesten Zeit, wonach also die Mythen
in historische und philosophische zerfallen. Ein solcher Aus-
druck (sermo symbolicus s. mythicus) war fiir jene friihen
Zeiten nothwendig, weil ihnen der eigentliche, ihren Ge-
danken bestimmt entsprechende, Ausdruck fehlte. Hierin
bestand ein grofser Fortschritt, wenn Heyne jm Stande
gewesen ware, diesen Gedanken fruchtbar anzuwenden. Aber
das war er nicht , und so kann man ihm eigentlich wenig
Einflufs auf Behandlung der Mythen einraumen. (Gegen
ihn sind die mythologischen Briefe von Vofs gerichtet.)
Weit grofser war der Vorschub, den er der Mythologie
leistete durch die Beforderung der klassischen Studien uber-
haupt: Diese sowohl als das regere geistige Leben, welches
riach dem siebenjahrigen Kriege iiberall sich offenbarte, und
in welchem der Geist aus der rationalistischen niichternen
Erstarrung der ersten Halfte des achtzehnten Jahrhunderts
sich herausrifs, indem er einerseits sich sentimental in die
Natur verlor, um an ihr wieder zu erwarmen, andrerseits
zu frischer Thatkraftigkeit auf wissenschaftlichem und prak-
tischem Gebiete sich ernaannte (Winckelmann, Kant, Gb'the,
Herder, Schiller, Wolf, Franzosische Revolution), haben einer
gedeihlicheren Behandlung der Mythen, wie sie seildem sich
geltend gemacht hat, Bahn gebrochen.
Die franzosische Revolution, der>konkreteste Ausdruck
der Ideen , welche in der ihr yorangehenden Zeit sich ent-
wickelt hatten, hatte besonders das Prinzip der Freiheit und
Gleichheit zur Basis. Liberte, egalite, fraternite ist ihre
Devise. Diese war das Produkt der geistigen Ruhrigkeit
in der zweiten Halfte des vorigen Jahrhunderts. Ist dies
der Fall, waren die Geister in eine Richtung gekornmen,
welche ein solches Prinzip hervorbrachte, so ist auch schon
a priori vorauszusetzen, dafs man dasselbe Prinzip auch bei
140
Behandlung der My then werde, natiirlich in entsprechender
Weise, zur Anwendung gebracht haben. Dies ist nun auch
allerdings der Fall gewesen, und zwar grade wieder in
Frankreich.
Dupnis (Origine de tous les ciiltes ou religion univer-
selle. Par Dupuis, citoyen Francois. Paris, Tan III de la
r
republique. une et indivisible, Liberte, Egalite, Fraternite.
Ill Bde. u. ein Bd. Planches. 4. Deutsch v. C. G. Rhe.
Stuttg. 1839. 8. Gegen Dupuis: Calkoen iiber den
Ursprung des mosaischen und christlichen Gottesdienstes)
findet in alien Religionen denselben Inhalt; ihren geraein-
samen Ursprung sieht er in der Astrolatiie. Aehnlich
deutet Bailly (Essai sur les fables et sur leur histoire. Paris,
an. VII. II Bde. 8. Sabaische Deulung auch in dem Artikel
,,Mythologie" in der Encyklopadie methodique. Tom. IV.).
Von Bailly's Volk der Atlanten auf den Gebirgsebenen Cen-
tralasiens sagt D'Alembert ,,dafs es uns alles gelehrt hat,
ausgenommen , seinen Namen und sein Dasein." Hierbei
darf man nicht iibersehen die anderweitigen Anregungen,
welche diese Manner auf wissenschaftlichem Gebiete erfah-
ren hatten (Anquetil du Perron, Sanskritstudien).
Angeregt zum Theil von denselben Ideen, aber sie mil
reicherem Geist, tieferem Gefiihl und griindlicherer Kenntnifs
anders gestaltend, hat Fr. Creuzer in seinem Epoche ma-
chenden VVerke iiber die Symbolik und Mythologie der
alien Volker sich verbreitet. Mit Schleiermacher m )
theilt er die schon friiher von demselben ausgesprochene
Ansicht, dafs die Religion auf Gefiihl beruhe, mit Dupuis,
Bailly und Schelling, dem Restaurator der Naturphilosophie,
die VorsteUung von einem Urvolke, welches im Besitze alter
137 ) S. dessen Reden iiber die Religion an die Gebildeten unter
ihren Verachtern. Berlin 1799.
141
Weisheit und einer reinen Religion einst im Orient gelebt
halte (III, 5.10). Trummer dieser Weisheit und Religion
seien auf alle Vb'lker ubergegangen, indem vorzugsweise die
Priester Triiger derselben gewesen waren. Diese Elemente
reinerer Erkenntnifs, meint Creuzer, batten dem rohen
Volke als solche nieht gegeben werden konnen, sondern
nur indem man sie in Bilder verhullte. Daher der Unter-
schied zwischen esoterischer und exoterischer Weisheit.
Als das religiose Objekt der griechischen Religion nimmt er
die Natur an. ,,Die sichtbareri Cotter, wie die Bildergotter,"
sagt er (I. p. 65 sq.), ,,waren Elementargotter ; und der ur-
spriingliehe Inhalt der ganzen Gotterlehre, so wie der Ge-
genstand der Pelasgisch - Hellenischen Kulte, war nichts
Anderes als Physiologie." Daher erklart er (p. 67), ,,dafs
die Stoiker insoweit mil ihren Erklarungen der griechi-
schen Gotterlehre auf dem rechten Wege waren; obschoti
sie dem allgenieinen Fehler aller systematischen Philosophen
unterlagen, diesen riehtigen Grundansichten zuviel aus ihrer
Physik und Ethik beizumischen." Die alteste, pelasgische
Form der griechischen Mythologie bezeiehnet er als Religion
\ * .
des Magismus, als ein psychisches Heidenthuni (1, 8); die
Erzahlungen von den Kyklopen, Giganten und Phaiaken
sind ihm eine alte Sage yon .drei Urvolkern, welche durch
mittelbare oder unmittelbare Abstammung mil einander ver-
wandt, sich doch in Gaben und Lebensart von einander
unterschieden (p. 11). ,,Fassen wir diese Ueberlieferung
Pelasgischer Urzustande auf unsere Weise auf und lesen
die einzelnen Merkmale zusammen, die uns die grieehische
Sage von diesen Urstammen aufbehalten hat, so werden
wir allenthalben einen Charakter von Unmittelbarkeit ihnen
aufgepragt finden. Es ist, als hatten wir nicht mil Fleisch
und Blut geborne Menschen, sondern Elementargeister vor
uns, begabt mil einem wunderbaren Einblick in die Naturen
142
der Dinge, mil einem so zu sagen magnetischartigen AU-
gefuhl. Sie besitzen Kra'fte Feuer, Wasser, Winde zu be-
meistern" (p. 13 sq.). Zu diesen ersten Anfangen der
Religion seien nun von den verschiedensten Seiten her, aus
Aegypten, Libyen, Phonizien und den scythischen Landern
Elemente nach Griechenland gekommen, vvelche die mate-
rielle Substanz der grieehischen Religion bilden, wahrend
der hellenische Geist si& durchdrang und ihnen seine Form
aufpragte (HI, 5 sqq.). j,Uie neueste Mythologie bewegt
sich noch iiiimer um ganz entgegenslehende Pole und wird
auch ferner sich in dieser Richtung bewegen, so langeman
sich nicht entschliefsen wird, von "Anfang anzufangen und
die Wiege der griechisch-ilalischen Gdttheiten da aufzu-
suchen, wo sie zu linden sind, namlich im Orient" (III, 510).
Von seiner synkretistischen und mystischen Art, die Mythen
zu deuten, werde ich mehrfach bei der Darslellung der
grieehischen Goiter zu sprechen Gelegenheit haben; vergl.
inzwischen iiber Janus I, 58 sqq.; iiber die kyklopischen
Bauten I, 61 sq.; iiber Abaris II, 543 sqq. 660 sqq.; u'ber
Athene Tritogenia III, 369. Daher kommt es, dafs er den
Orphikern und Neuplatonikern grofses Gewicht beilegt
(I, 51 sqq.), dagegen dem Hesiod nur geringes (1,71). Da
Creuzer (I, XII) selbst sagt, dafs ihm die Grundsatze und
Ansichten Gerhards ' unter alien am meisten zusagen, so will
ich lieber ein Beispiel der Mythendeutung von Gerhard ent-
lehnen, um damit zugleich den Standpunkt dieses Koryphaen
der Archaologen, dem die Andern mehr oder weniger alle
folgen, zu bezeichnen.
Gerhard hat die Principien seiner mythologischen
Ansichten ausgesprochen in einem Aufsatze seiner Hyper-
boreisch-Romischen Studien. Berlin 1833. Th.I, und aufser-
dem in einer Reihe von einzelnen Erkiamngen antiker
Kunstwerke. Ich entlehne eine Deutung der Hera aus seinem
143
Prodromus mythol. Kunsterklarung. Sluttg. 1828. Er sagt
dort p. 8: ,,Hera ist in ihrer popularsten Beschrankung die
mil dem obern Himmel gepaarte niedere Luft, in hoherer
und unseres Bediinkens aiterer Ansicht die Mondscheibe als
Gemahlin eines als Sonne gedachten, die Erde und Unter-
vvelt in gleichem Verhaltnifs zu einem als Himmelsgewolbe
oder als erzeugende Erdkraft ausgesprochenen Zeus (sic); als
Gemahlin eines universellen dreifachen Zeus aber ist sie
eines wie das andere, ein irdischer Mond namlich, eine
lunarische Erde und befruchtende Mutter der Sinnen welt, so
gut als ein himmlischer Mond, eine atherische. Erde als ge-
barendes* Princip der gesammten Schopfung des Univer-
sums." In der That, man inufs gestehen, dafs diese Art
der Mythendeutung sich nach Form und Inhalt ganz nahe
zu der Creuzerscheri stellt, der zu Folge der Kult der Hera
iiber Phonizien aus dem Orient zu den Griechen gekommen
und mit dem der babylonischen Mylitta und indischen Bha-
vani identisch ist; der zu Folge Hera der Mond, Stern
Venus, Erde und vieles andere ist; der zu Folge endlich
die Ehe des Zeus mit der Hera nichts anderes darstelli als
eine Personifikation der Natur, aufgefafst in dem bestandigen
Wendepunkt von Chaos und Kosmos.
Wer Joh. H. Vofs nur aus Einer seiner Schriften
kennt, kann leicht von selbst abnehmen, ein wie entschie-
dener Gegner der Creuzerschen Auffassung der Mythologie
er sein mufste. Er hat sich denn auch mil seiner ganzen
'Niichternheit und Grobheit gegen dieselbe ins Geschirr ge-
legt und sie bis an seinen Tod bekampft. Die von Creuzer
so gefeierten Orphiker nannte er ,,pfaffische Biindler, Glie-
der einer geheimen Briiderschaft, welche das von Judaa
und durch die Philosophic gewonnene Licht, durch die
schandlichsten, Erfindungen verunstaltet , zum leiblichen
Nutzen einer habsiichtigen Priesterschaft anzuwenden trach-
144
teten." - Vois ist kein Mythologe, und ich werde kaum-
Gelegenheit nehmeh, mich im Verlaufe dieser Vorlesungen
auf ihn zu beziehen. Daher will ich auch nicht naher auf
seine Ansichten eingehen 138 ). Im Allgemeinen erhalt man
sie, wenn man das direkte Gegentheil von dem annimmt,
was Creuzer. Sein bedeutendster Anhanger istLobeck,
der sich daher auch mit seiner enormen Gelehrsamkeit
darangemacht hat und mit gutem Grunde, in seinem Aglao-
phamus die Fragmente der Orphiker als spatere Machwerke
zu erweisen.
Creuzer verha'lt sich zu Vofs wie der Pietist oder Su-
pranaturalist zum Rationalisten. Deshalb stehen alle mysli-
schen Naturen, namentlich bigotte Katholiken, auf Creuzers
Seite: also Baur, Kanne, C. Hitter, Schelling; Gorres,
Wagner, Hug, Windischmann u. A.
In gleicher Weise wie dem rationellen Charakter von '
Vofs, mufsten die Creuzerschen Ansichten G. Herrmann
mifsfallen. Von ihm gilt dasselbe wie von Vofs : er ist ^
kein Mytholog. Seine Ansichten hat er in mehreren kleinen
Schriften dargelegt: de mythologia Graecoruni antiquissima.
Lips. 1817. De historiae Graecae pritnordiis. ibd. 1818.
(beide in Opusc. II, 167216). Briefe uber Homer und
Hesiod. Heidelberg 1818. 8. Ueber das Wesen und die
Behandlung der Mythologie. Lpzg. 18l9.;8. 139 ) ,,Quae
hac dissertatione et ea, quae sequitur, scripta sunt, fuerunt
qui vel ut lusum riderent, vel, si serio dicta essent, vitu-
perarent." Opusc. II, 167. not: ,,Quae superiore anno de
antiquissima Graecoruni mythologia scripsi, fuerunt qui
joco scripta putarent." Opusc. II, 195. My thus ist ihm
bildliche Darstellimg einer Ideej der Weisheit oder des
138 ) Vgl. O. Millie r. Prolegg. p. 321 sqq.
139 ) Vgl. O.Mii Her. Prolegg. p. 336 -
145
gesattmiten menschlichen Wissens, welches ganz in den
Handen der Priester war. In dem Ersten stimmt er mil
Vofs, in dem Zweiten mil Creuzer iiberein.
Auf demselben fationalislischen Slandpunkle steht A.
Boi tiger (Kunstmythologie. Dresden 1826 u. 1836.IIBde.8.)
Trosilos niichtern, mil entschiedener Vorliebe fur den Euh&-
merismus. Fetischisnius ist ihm die altesle Religionsform
Griechenlands, die durch Einwanderungen iiber Kleinasien,
spater durch Landungen der Phonizier an den griechischen
Inseln und Kiistenlandern, Zusatze aus dera Sternendienst
des Orients erhielt. Die Titanenfabel kommt durch eirie
kaukasische Kolonie. Aber noch viel bestimmter enipfirigen
Griechenlands rohe Urbewohner den Sternen-, d. hi den
Sonnen- und Mond-Dienst, durch ihren friihesten Verkehr
mil den Phoniziern (II, 213). Von seinen Deutungen ein
Beispiel. Die Sage von Kleobis und Biton wird folgender-
mafsen erklart. (II, 282 not.): ,,die vierundzwanzig Stadien,
die Hitze, ; der Schlaf im Tempel. Natiirlich mufste ein
Schtagflufs erfolgen."
Wahrend Creuzer, Gb'rres und Genossen den fruchtba-
renKeim, welchen Schleiermacher zuniichst fiir die christliche
* -' .' Y" ' ' .
Religion dadurch angeregt hatte, dafs er die Fleligion wesentlich
in 4as Gefuhl'Selzte, auf dem Gebiete der Mythologie zu.einem
wucherischen, phanlastischen Baum subjektiver Traumereieh
grofsgezogen hatteri, waren. im Gegensatze dazu Vofs, Her-
mann, Botliger in ihrer rationellen Verstandigkeit darauf
beharrt, die Religion als. ein Produkt des Verstandes, logi-
sch6r Qperalionen zu betrachten. Der erste, der diese beiden
Extreme in eine hohere Einheit leitete; stall des myslischen,
verschwimmenden-Gefuhls das sich selbst gewisse, bestimmte,
klare Gefiihl statt des Ralionalismus das Gefiihl u'ber-
haupt fiir die Mythologie geltend machte, war:
' *.','. - -
Lauer Griech. Mylhologie. 10
146
Ph. Bullmann Myihologus. II Bde. 8. Berlin 1828 sq.
Indent er den glinzlichen Untevschiecl tier Mythen von alter
Gesehichle behau|)tel (Vorrede), uiid dafs die Goiter- von
dem Voike nieht gesucht oder erfunden werden, sondern
sich ihm gleichsam von selbst in den Weg stellen , erklart
er sich sowohl gegen die euhemeristische als gegeh die
rationalistisehe Mythendeutung. ,,Rohe Vblker, sagt er I,
12 sq., bilden sich nie eine Gottheit aus nichts, inn ihr ein
Geschlifl aufzulragen. Nicht nur dafs Gotter seien, son-
dern selbst, dafs diese und jene beslimmte Gottheit sei,
ist. ihnen ein Gegensiand der Erfahritng, sovvie die Existenz
dieses oder jenes Menschen. So erfuhren sie jene aller-
ersten physischen Gotter, Sonne, Mond, Feuer u. s. w. So
stellten sich ihnen unvermerkt, ohne ihren Willen, bios durch
Eingesphranktheit derSprache und derBegriffe, auch andere
Gegenstande, wie Erde und Meei-j wie Liebe und Klugheit,
als Gqttheiten dar." ,,Abstrakte BegrifFe" [ethische] ,,erhebt
ein jttnges Volk noch wenig zu eigenen Gottheiten. Es
tragt die Macht und Aufsicht uber solche Gegenstande
Jieber einer schon vorhandeneii' physisehen Gottheit auf."
(I, 6 sq.) Indien betrachlet Buttniann als Urland; auf
Griechenland haben nach ihni in religib'ser Hinsicht ^infliisse
vori Asien stattgefunden. Bei semen Deutungen wendet er
Mythenvergleichung an. .
Durch Buttmann angeregt hatte sich 0; Muller my-
tholpgischen Studien zugewandt.. Er hat seine Arisichten
theils in seinen Schriften iiber Orchomenos und die Dorier,
in seiner Abhandlung iiber Athene, theils in seinen mehrfach
genannten Prolegomenen niedergelegt. Einen Fortschritt
gegen Buttrnann hat er schon dadurch gemacht, dafs ihm
die asiatischen Einfliisse verschwinden , er die griechische
Mylhologie aus sich selbst begreift, als Produkl des grie-
chischen Geistes. Auf der andern Seite mufs ich sagen,
147
.dafs 0. Muller, %yas seine theoretischen Ansichten beirifft-,
hinter Btittmann zuriicksleht. Er steht einerseits dem Euhe-
merismus, andrerseits dem. Rationalismus naher als jener.
Nach O. Muller enthalt namlich der Mythos Angabe des
Geschehenen und Gedachtes, Reelles und Ideelles,
beides meist eng mil einander verflochten, so dafs der Aus-
druck ,,historische und jihilosophische Mythen" nur.auf.sehr
wenige passe (6770). ,,Von der mythischen Darstellung
irgend eine Klasse .von Ideen und Gedanken zum voraus
auszuschliefsen , haben wir keinen Grund, .wenri irgend
denkbar ist, dafs sie innerhalb des Kreises der geistigen
Thatigkeit jener friiheren Menschen gelegen haben konne.
Ganz ini Gegentheil ist es sehr wabrscheinlich, dafs eine
Gesatnmtheit von Wissen und Denken. in der "Mythologie
enthalten ist" (77 sq.). ,.Der mythische Ausdruek isfc einer
Zeit nothwendig, welche no.ch nicht gewobnt war, Ge-
dachles als solches, so vvie das reine Ergebnifs deir Erfah-
rung mit Bestimmtheit auszudriicken und das Eine vom
Andern gesondert zu halten" (p. 78). .T Riicksichtlich dc
F.aktisch.en sagt 0. Muller p. 81, ,;,es lasse sich, obwohl
so manches von den Mythen als mythischer Ausdruek hin-
wegfalle und oft als That dargestellt werde, was nicht
eigentliche That war, doch im Ganzen nicht zweifehi, dafs
Tradiiipnen von dem Leben und Treiben heroischer Stamm-
anfiihrer einer frtihern Zeit Griechenlands die Hauptmasse
seien und dem Ganzen die Farhe gegeben ha'tten."
An welchen Mangeln diese Ansichten leiden, ist un-
schwer .zu sehen 140 }. . Der Hauptmangel ist r dafs Muller zu
wenig die Religion in der griechischen Mythologie im
Auge hat. Als Historiker behandelt er sie zu aufserh'ch;
14fl ) Vergl. Fie is. cher, und.Stuhr ,,O. MaUer als Mytholog"
Hall. Jahrb. 1838. Dcbr. no. 294 299.
10*
148
dafs sie auf dem Gefuhle ruhe, lafst er ganz unbeachtet.
Sie ist ihm zu -se.hr. ein todter Korper, an dem er seine
anatomischen Untersuchungen macht. .Daher ist seinHaupt-
geschaft auch das Verfolgen der histprischen Entwiekelung
und Ausbreitung eines Kultus, sein Verhaltnifs zum politi-
schen Leben u. s. w.; und. in dieser Beziehung ist aufser-
ordentlich viel von Miiller zu lernen. Aber er war keine
hingebende Natur, die von. dem Mythos sich hatte durch-
ziehen und erfiillen lassen, die den Mythos in sich wieder-
gefiihlt hatte. Er stand dem Mythos stets als Kritiker,
Philolog, Historiker, Archaolog gegeniiber. .Eine ganz
andere Natur ist in dieser Hinsicht
F. G. Weicker, vgl. oben. .Ihm ist die ganze grie-
chische Mythologie ein hieratisches Natursystem, eine Kette
von Anschauungen und Spekulationen iiber die Natur, in
Rathsel eingekleidet durch Priester. Gliicklicherweise haben
diese Principien \yenig Einflufs auf die Deutungen Welckers
gehabt, ja ich mochte bezweifeln, dafs er sie noch jetzt
feslhalte. In seinen Deutungen verrath sich ein feines Gefiihl
fiir die Natur und sie.sind deshalb mehr als die irgend eines
andern Mythologeh brauchbar und anregerid. N.ur ist Weicker
nicht immer ganz klar, weder im Ausdruck .noch im Ge-
danken. .''''.'
Mil Weicker, O. Miiller und Buttmann hat die Mythen-
forschung einen bedeutenden Fortschritt gegen die friiheren
gemacht. Der bedeutendste Mytholog der neuern Zeit
aber ist
P. F. Stuhr. Seine Ansichten s. oberi p. 41 sqq. Man
darf beim Lesen seiner Schriften nicht vergessen, dafs es ihm
dabei weniger darum zu thun gewesen ist, die ganze Masse
des Stoffes in ihrem verwirrenden und verwbrrenen Reich-
thum neben einander zu stellen, als vielmehr darum, einer-
seits das geistig bedeutsame in den heidnischen Religionen
149
hervorziiheben, andrerseits die religiose Entwickelnng der Vol-
ker im Verhaltnisse zur Natur.und Geschichte (I, Vorrede, p. 3)
nachzuweisen. Das Heidenthum hat seinen Boden in derNatur,
inwiefern namlich alle heidnische Gesirinung ihre urspriing-
liche Wurzel in dem Verfallensein des menschlichen Geistes
an die Natur hat (ibd. -XIX). ,,Die Welt des Mythos nun
ist nichts ancfares, als eine Welt geistiger Vorstellungen, in
welcher sich der Geist des innern Reichthuras der Geschichte
seines Seelenlebens bewufst wird. Nicht ein aufserUcher,
natiirlicher Gegenstand, noch eine aufserliche, geschichtliche
Begebenheit bildet oder erftillt den Inhalt eines Mythos;
dieser \ielmehr ist ein Erzeugnifs aus der Bewegung der
Erregtheit des innern Seelenlebens" (fl, p. VII sq.).
Die grlecliisehe GOtterwelt;
Ehe man an cine Belraehtung der reichen Fulle grie-
chischer GoUergestalten gehen kaim, ist es nothig> sich
etwas darin zu orienlieren, die Cotter zii klassificieren , urn
einen Ueberblick zu gewinnen. Hierbei sind verschiedene
Methoden moglich: 1) die genealogische 1 ). Diese war
durchaus passend fiir die griechischen Mythographen, weil
sie an die Wirklichkeit. glaubten und eineh historischen Stoff
nur historisch behandeln konnten, weii sie in ihm staiiden.
Wir kohnen dies ganz aufserliche Princip nicht befolgen.
2) Nach der Rangordnung. Im Allgemeinen also: olyih-
pische Cotter, Halbgotter, Heroen etc.; im Besonderen die
Zwolfgotter, deren Verehrung sich als die bedeutendste in
Griechenland herausgeschieden hat. Au'ch dies Prineip, wie
oft es auch angewandt sein mag, ist unbrauchbar. Denn
erstens besteht dieser Verein. von zvvolf Goltern nicht immer
und ,nicht uberall aus denselben Gpttheiten. Gewohnlich
sind es: Zeus Hera, Poseidon Demeter, Ares Aphro-
dite, Hermes : Hestia, Apollon ~ Artemis, Hephaestbs
') S. "die Tafeln bei Heyne . zvini Apollodor (oben p. 17).
C. F. S. Liscovius Systema genealogiae mythologicae in tab. red.
Lips. 1822 fol. *
151
Athene 2 ). Diese Gruppe ist wohl ziierst in Athen gebiidet,
wo auf dem Markte der Altar dieser Zwdlfgolter stand 3 ).
Aber die Glieder dieser Zwb'lfzahl schwanken mehrfaeh 4 ),
und ist demnach kein allgemein giilliges Anordhuiigsprinclp
hieraus zu entnehmen. Urn so weniger als zweitens durchaus
nicht einmal anzunehmen ist, dafs alle diese Haiiptgotter
liberal!: verehrt worden seien. Denn was 0. Mtiller 5 ) sagi,
,,dafs es wohl keinen .bedeutenden St.aat gab, der nicht alle
Hauptgo.lter, wenn auch manche auf eine minder feierliche
Weise, verehrt hatte," darf man doch nicht ohne alle Ein-
schrankung zugeben. Ware es aber auch, so war doch in
deri verschiedenen Staateh das Ansehen der einzelnen Goiter
ein sem* verschiedenes, dergestalt dafs hier fur den vor-
nehmsten Goit geachtet, der anderwiirts : kaum beachtet
wurde, wie z. B. Pan, in Arcadien HaUptgottj erst riach der
Schlacht bei Marathon nach Athen kain. 3) Nach den
drei grofsen Einheiten der Natur, aus welchen alle
Goiter hervorgingeh und auf welclie sich alle zuruckfiihren
lassen (s. oben p. 5B sqq)- Dies ist oflenbar die richtigslie
Einlheilung. Sie isl einfach, beruht auf friiher Entwickeltem
und hat zugleich die Auloritat des Alterthums fur sich.
Denn die Vertheilung der Welt unter Zeus, Hades und
Poseidon, wie sie schon Homer kennt 6 ), ist uralt und zu
alien Zeiten'giiltig gewesen 7 ). Also &eol
2 ) Juno, Vesta, Minerva, Ceres, Diana, Venus, Mars, Mercurius,
Jovis, Neptunus, Vulcanus, Apollo (Ennius).
3 ) Thucyd. VIj 54. . :
*) Vgl. Gerhard Ueber die Zwolfgotter Grids. .(Sclav d.Berl.
Akad. 1840. p. 383 396.J. Preller (Verhandl. A. <ften Vefs. deutscli.
Phllol. 1846. p.. 48 sqq.). K. Fr. Hef inanh Gottesd. AttertH. d.- Gf.
. 6,7. - . ' .
5 ) Prolegg, p. .238. -
Vd-i 187 sqq.
') Vgi. Pi-eller Demeter u, Persephone. Hainb, 1837; 8. p. 184.
152
%&6vioi. Diese Einlheilung nimmt jedoch nur Riicksicht
auf das Naturobjekt, nicht auf. die ethische Auffassung einer
Gottheitj nach welcher auch Hera zu den #eot vnatoi, ge-
rechnet werden miifste. " Ich trenne indessen auch nicht
Natiirliches und Ethisches, weil, wie ich bereits friiher mehr-
fach bemerkt habe, beides in der Religion selbst auf das
Innigste mil einander verbunden erscheint.
Erster Theil.
Die Himmelsgotter (&eol vnaroi.~)
Die Besonderheiten , welche am Himuiei hervortreten
(Aether, Sonne, Mond, Sterne, .Tag und Nacht (Morgen-
und Abendroth) Wolken, Regenbogen, Wind) geben auch
das Prinzip fiir die Eintheilung der Gottheiten, welche unter
dem Gesammtnamen ,,Hmiinelsgottei*" begriffen werden.
Erstes Kapitel.
Die Aethe;r goiter.
Unter diesem Namen werden die Gotter des blauen
Himmelsgewolbes verstanden; doch konnen . diese als die
universellsten Himmelsgotter auch die iibrigen ' Himmelsv
gottheilen in sich schliefsen. -
Wenn man die Reichhaltigkeit des Wesens der Aether-
goiter betrachtet, so sollte man beinahe glauben, dafs der
153
Himmel in seiner verhaltnifsmafsig einformigen Erschei-
nung kaum so reiche Empfindungen in der Seele konne
geweckt haben, als si e in den Mythen von diesen Gottern
niedergelegt sind. Gleichwohl ist es eine nicht zu bezwei-
felnde und auch bei genauerem Eingehen leicht erkennbare
Wahrheit, dafs der Himmel (als Totalitat-gefafst, Sonne,
Mond und Sterne inbegriffen), in seinen Eindriicken unend-
lich reich und vielseitig ist und darin vollkommen der Uni-
versalitat der Griechischen Himmelsgotter entspricht. Ich
will versuchen, die wichtigsten dieser Eindriicke anschaulich
zu machen.
Der Anblick des liber die Erde hingebreiteten, sie
gleichsam umfassenden Himmels, der ihren Schoofs rait seir
nem Regen befruchtet, erzeugte die grofsartige Anschauung,
nach welcher Himmel und Erde als Mann und Frau gedacht
wurden. Das innige Wechselverhaltnifs des Himmels und
der Erde, wie es sich in der Wirklichkeit zeigt, hat auch
bewirkt, dais uberall und stets die Himmelsgottheiten in eine
nahere Beziehung zu den Erdgottheiten gestellt erscheinen.
So sind Zeus und Hera aufser Ehegatten auch Geschvvister;
die Wolken- und .Wondgdttheiten werden als Begleiter der
Erde, der Sternenhimmel als ihr Schmiiek angesehen 8 ).
Spielen schori diese Anschauungen in's Ethische, so ist
dies noch mehr der Fall, vvenn der aller Orten uns nahe,
Liclit und Warme gebende Himmel, der mil seinem Auge
iiber uns wacht und die Friichte gedeihen lafst, durch die
wir leben, als Vater dargestellt wird. Wie sehr aber diese
Anschauungen alien Volkerh gerecht sind, zeigen Stellen
aus neueren Dichtern. Holderlin hat ein Gedicht ,,an den
8 ) Anders gestaltet sich das Verhaltnifs des Meeres zur Erde:
es spielt die Rolle eines die Erde verfolgenden Liebhabers (
don Demeter),
154
Aether" 9 ), in welchem Vater Aether" mehrmals vorkoniint;
dann aber eine Stelle io ) : Und wenn ich oft dalag unter
den Blumen und am zartlichen Fruhlingslichte mich sonnte,
und hinauf sah in's heitere Blau, das die warine Erde utn-
fing, wenn ich unter den Ul'men und Weiden, im Schoofse
des Berges safs, naeh einem erquickehden Regen, Wenn die
Ziweige noch bebten von der Beriihrung des Himmels und
unter dein tropfelnden Walde sich goldene Wolken beweg-
ten hast Du mich lieb, guter Vater im Himmel!
fragt' ich dann leise, und fiihlte seine Antwort so sicher
und selig am Herzen." Go the: ,,\Venn der uralte Heilige
Vater, Mil gelassener Hand Aus rollenden Wolken Seg-
nende Blitze Ueber die Erde sat, Kufs' ich den letzten
Saum seines Kleides, K i n d 1 i c h e Schauer treu in der Brust."
Heine 11 ): ,,sobald er aber fort war, fingen die Baume
wieder an JBU sprechen, und die Sonnenstrahlen erklangen,
und die Wiesenbliiniehen tanzten, und der blaue Himmel
u m a r m t e die griine E r d e." Derselbe an einer anderen
Stelle. 12 ): ,,Die in Nebel versinkende Sonne habe ausgese-
hen wie eine rothgliihende Rose, die der galante Himmel
herabgewprfen in den weitausgebreiteten , weifsen Braut-
schleier seiner geliebten Erde."- ;
Damit ich aber nieht moderne Anschauungen den Alien
unterzuschieben scheine, fuhre:. ich noch zwei Stellen aus
Euripides und Aeschylus an. Euripides 13 ):
,,Siehst Du den blauen Aether endlos iiber Dir"
,jDie Erd umfassenrt rings mit zattem, feiiclitem Arm?"
,,Den halte. Du fiir Zeus, den bete an als Gott."
9 ) Werke I, 102 flgd.
10 ) Werke I, Abth. 2, P ; 9,
") Reisebilder 1^ 181.
1J ) Ebendaselbst p,
3 ) Valckenaer Diatr. in Eur. perdit. dram, relig. \>. 47.
155
Aeschylus 14 ):
,,Es s.ehnt dev keusche Himmel sich zu umfalm die ErcV"
,,Sehnsuclit ergreift die Erd f sich zu vermahlen ihm;"
,,Vom schlunimerstillen Himmel stromt des Regens Gufs,"
,,Die Erd' empfanget und gebiert den Sterbliclien"
,,Der Heerden Grasung und Deineters milde Frucht;"
,,Des Waldes bluhnden Frukling laTst die regnende'V
,,Brautnacht erwachen."
Ira Anschlufs an die ethische -Auffassung des Hirmiiels
als Vater wuf de ads den natiirlichen Eigenschaften des
Aethers eine Reihe von Eigenschaften des Himmelsgottes
abgeleitet. Die unerreichte Hohe des Himinels Weckte die
Vorstelhing des Erhabenen und Ewigeh, sein Glanz die des
Weisen und Giitigen; aus der Bla'ue und AHgegenwai't er-
\vuchs die Eigenschaft der Trette 15 ), der Barmhefzigkeit und
des Hulfreichen; aus der Unwandelbarkeit die Vorstellung
des Ernsten, Machtigen und Gerechten.
Jemehr nun der Volksglaube Sonne und Sterne von
der Totalitat des Himmels sonderte und sie zu selbststan-
digen Gottheiteh herausbildete, desto mehr macliten den
Wirkungskreis der Aethergotte^r die Wo 1 ken aus. Diese
wurden angeschaut als Schild (Homer), als Wagen (bei Ares)
.-als- Schiff (bei Athene) ja auch als Gans oder Schwari. Eine
besonders be|iebte Vorstellung der Wolke ist jedoch die
eiries Weifsvlfefsjgen Widders. 18 ) (auch einer Ziege ctl't*~
Aegis). Zu mahcherlei Bildern hat der B li tz Verahlassung
14 ) Bei Atben. XIII, 600 (aus den Danaiden Frg. 108. Ahr.
38 Dind.)
*) Vgl. in Anastasius Griin's ,,Meerfahrt" die Stelle:
,,Wie- so rein des Himmels Blaue"
j,Ueber. ineinem Hanpte glanzt"-
,,Licht lind fest wie ew'ge Treue,"
,,Wandellos und unbegrenzt."
6 j Vgh un ten den Aufsatz; ,,Athene mit dem Widder."
16)
156
gegeben. Er wurde angeschaut als Schlange (besonders
wegen des stechenden Blicks der : Schlange) als Eule, aus
deren dunklem Gefieder das Auge hervorblitzt, als Wolf,
aus dessen weifsgrauem Fell das Auge leuchtet t! ).
Der Donner hat zu keiner Anschauung Material ge-
liefert, wohlaber zu einer Vorstellurig. Er erschreckt, und
daher ist die Donnergottheit als schreckliche gedacht, mit
gewaltiger Stimme begabt, woraus sich dann aber mitBezug
auf diese Gottheit auch die Vorstellung des Musikalischeri
gebildet hat. Der Regen wird als Segenspender angese-
hen, weil er Nahrung, Gesundheit und Reichthum giebt.
Endlich hat das Herumziehen und Toben am Himmel, das
Blitzen und Donnern , und das Spiel der Wolken. die Vor-
stellung von Krieg und Tanz 18 ) erweckt, und daher sind
diese Gottheiten Krieger, Jager, Gymnasten und Tanzer.
1. OvQctvog.
. Als der alteste Gott, dessen Name ihn schph selbst als
den Gdtt des Himmels bezeichnet, wird. Uranos genanqt,
wenigstens von den nachhomerischen Schriftstellern. Er 1st
nur eine theogonische Figur, kerne lebendige Geslalt des
Glaubens. Er hat nie Verehrung genossen. Wenn 0, 36
und E, 184 in einem Schwur yctia xccl OVQCCVOS SVQVS VTHSQ-
&ev angerufen werden, so ist ^einfach Erde und Hiinmel,
nicht Erdgb'ttin und Himmelsgott zu verstehen, und daher.
auch yala und OVQUVOQ zu schreiben,- wie dies Bekker
17 ) You den Deutschen ist der Blitz als Luchs und als Katze
aufgefafst (Bullerluchs, Bullerkater). die Wolkengotter (wie bei den
Griechen) als Popanze. Vgl. G*imm, d. M. II. Aufl. p. 473.
19 ) Vgl. in Lenau's Gedicht: ,,Meine Braut"
An der duftverlorneri Granze
Jener Berge tanzn hold
Abendwolken ihre Tanze,
Leichtgeschiirzt im Strahlengold.
157
gethan hat. Ebenso wenig fiihrt der Ausdruck
dessen sich Homer bedient, auf eine Person Ovgavosj er
bezeichiiel vielmehr die .Goiter als Himmelsbewohner; als
die Himmlischen , nicht als Nachkommen des Uranos 19 ).
Daher braucht Homer auch nie den Ausdruck Ovqavidat
von den Gottern, wohl aber Hesiod, b'ei deiii wir zuefst
den Uranos als Person finden. Man mufs sich iiberhaupt
huten, jede bei einem Dichter vorkommende mythische Figur
zugleich fiir eine.im Kulte und in der Religion gefeierte
und anerkannte zu halten. Was uns Hesiod vom Uranos
erzahlt, ist theogonische Spekulation, in der allgemeih -my-
thische E^lemente mil subj.ektiven vermisciit sind. .
Nach Hesiod 20 ) war im Anfange das .Chaps, aus dem
sich zuerst die.Fcff SVQVOTSQVOS urid unterhalb ihrer der
Tartaros ausschieden ,. nebst dem Eros. Die Ge aber er-
zeugte den sternigen LIranos, damil er sie rings umschlosse
und den seligen GSttern ein ewig fester Wohnsitz sei 21 )j
dann zeugte sie die grpfsen Berge, der. Goiter angenehme
Behausungen (129) und das unfruchlbare Meer im Wogen-
schwall brausend, nemlich. den Pontos (131 sq.).
Diese Vorstelliingen sind die Produkte einer einfachen,
sinnig -reflektiereriden Naturbetrachtung. Wer sich die Art
und Weise, wie alles entslanden sei, yprstellen will, der
wird kaum anders als mit der fprmlosen Materie, dem un-
geordneten, fliissigen, noch' nichi zu was gewordenen Stoffe,
als der Mb'glichkeit alles Seins. beginrien konnen 22 ). Aus
diesem Chaos sondert sich ztierst die Erde (Ge). Warum
") Vgl. Volcker Japet. p. 294. 324. Horn. Geogr. p. 19 sq.
20 ) TK. 116 "sqq..
at ) Nach. dem Dichter der Titanomachie war Uranos Al&fgos vtos.
(Cramer An. Oxon. I, 75).
22 ) Anders fafst den Begriff des Chaos. Schomann Aesch. Prom,
p. 107 sq.
158
diese? Sie 1st dein Belrachtenden das Erste, dessen er selbst
bedarf. Sie 1st ihm zugleich das unmittelbar Gewisse und
Niichste; erscheint dein auf ihr befindlichen Menschen als
d'e'r Mittelpunkt des ganzen grofsen Weltenbaues. Und wenn
nun von der Erde der beobachtende Blick ausgeht, so sielil
er "zunachst von ihr aus den Himmel sich erheben. Es ist,
als ob er von ihr heraus sich iiber ihr wolbe und insofern
von ihr erzeugt sei 23 ). .
Mil den Bergen, diesen grofsen Briisten der Erde, ist
es nicht anders, .und auch die B.etrachtung des Meeres er-
zeugt dieselbe Vorstellung 84 ). .
Der Tartaros (TCCQTCCQK yegoewd) bezeichnet die
Schluchten unterhalb, nicht innerhalb der Erde. Sobald die
Erde als feststehend hirigestellt ist, s,ind unterhalb ihrer der
Vorstellung ebenso Schluchten und.dunkle, sonnenleere
Raurae gegeben, als oberhalb der weite, helle Luftraum.
Was den Eros betrifft, so ist anzunehmen, dafs .die alteste
Theogonie diesen nicbt gekannt hat. Nicht bios steht er
ganz wirkungs- und beziehungslos da, sondern er fallt
auch als dynamisches Princip nicht in das unmittelbare
Volksbewufstsein. Es scheint in dieaem Eros orphischer
Einflufs sichtbar. Der Eros des Volksglaubens war nicht
eine geistig geslaltende, schaffende Macht 28 ). -
Bei Hesiod zeugt nun weiter Uranos mil der Ge
* 3 ) ,,Cpeluin for si tan e terra natam dieitar, ,quum ad sensura
oculorum ex ultima ora terrae prodire yideatur." ST. Tragird de
variis mythorum systematt. ap. Gr. P. II. Gryph. 1805. 4. p. 10.
24 ) ,,Pelagus autem, yai mare mediterraneiim significare oportet,
quum Oceani in subsequentibus mentio fiat, e terra oriundus dici
videtur, quod ab omni parte a margine ejus circumdatns quasi sinu
ipsius fovetur." Tragard a. a. O. p. 10.
5 ) Vgl. Brand is Gesch. der Philos. I, p. 74 sq.
251
159
1. Die Titanen 26 )
Kolog, 'YneQtav, Qdcc,, Q>oifiq, K(>eiog,
, Tij&vg, Kgovog, 'Pela, e(.ug, Mvrjfioavvq.
Okeanps. Wahrend der Pontqs, das innere, rings
von der Erde iimschlossene Meer als Sohn der Ge allein
betrachtet wird, erscheint der Okeanos, das die Erde um-
gebende Meer, zugleich als ein Sohn des Uranos, well auch
er vom Hiramel eingeschlossen wir.d, . der an deji aufsersten
Grenzen ihn zw beriihren scheint 27 ).
Eoios^ der Feurige, yon Kaito* 8 ) (zeugtmit der Phoibe
die Asterie und Leto) 29 ) und
Hyperion, der Hoch- oder Dariiberwandler, be-
zeichnen sehr deutlich die Sonne 30 ), sowie
Theia, die G 1 a n z e n d e, von dscco&cti,* l ), und
Phoibe^ die Strahlende, auf den Mond gehen 32 ).
Kreios, der Gewaltige, ist auf das Meer zudeuten 33 ).
Japetos, von lamto', werfen, schleudern, geht
ebenfalls auf das Hin- Und Hervvogen des Meeres, daher
auch eih Meergolt JZaytAag, der Schwingeride. Diese Auf-
fassung .des Japetos weichfr sehr ab von der Schomann*s 34 ).
S6 ) Der Name von TircuK = Erde? S. Miiller Ares p. 41,
ai ) Nach O. Miiller Prolegg. p. 379 ist der Pontos als Sohn
der Ge allein angesehen worden, weil er Salzwasser enthalt, der
Okeanos a'ber als -Sohn der Liebe zwischen Uranos und Ge, weil er
nach der Yorstelhing der Griechen als Vater aller Fliisse Sufswasser
enthielt! . .
9S ) Schomann de Titanibus Hesiodeis. Gryph. 1844. 4. p. 15 sq.
18 sq. 26. .;.-.- '.'' ' ' .
Z9 )Vgl. Schomann Tit. p, 18.
30 ) Schomann 1. 1. Aesch. Prom. p. 104 sq.
31 ) Schomann Tit. p. 21,
32 ) Schomann 1. 1. p. 21. 26. Prometh. 104 sq. *ot'/S>j als
Tochter der Erde Fnj4 genannt ron Antim. ir. 84. Sch.
") Schomann Tit. 19 sq. 26. Prom. 105.
34 ) Tit. p. 22.
160
Aber Schomann hat .sich. durch die ethische Wendung der
Sage vom Prometheus, dem. Spline des Japelos, irrefuhren
lassen, den Japelos fur den zu halten, iinde humani generis
ingenium atque indoles animi repetenda sit.
Wenn wir die Tethys, des Okeanos Gemahlin, als zu
diesem gehorig zahlen, bJeiben iins noch vier Titanen iibrigy
die nicht so leicht unterzubringeii sind, als die andern:
Kronos, Rhea, Themis, Mnemosyne. Rronos und Rhea wer-
den gleich selbststandig behandelt und als Himmels- und
Erdgottheit nachgewiesen werden, also als Wiederholung
von Uranos und Ge. Was aber fangen wir inmitten dieser
ganz auf Naturanschauung ruhenden Gestalten mil den Got-
tinnen des ewigen Rechtes und[ der Erinnerung an? So nem-
lich fassen auch in dieser Verbindung die Themis und Mne-
mosyne 0. Muller 35 ) und Schomann 36 ). Billigen wir diese
Erklarung, so wird uns kaum etwas anderes bleiben, als niit
O. Muller zu sagen, dafs der Schopfer dieser Genealogie
mil den Nameh der Themis und Mnemosyne die grofse
Oekonomie der Natiir, die yomi Zusammenwirken von Erde
und Himmel -abhangtj in einer he-iligen Zwolfzahl von Per-
sonen darstellen wollte und dafs in der Hesiodischen Theo-
gonie, indem sie jene zwolf auffuhrt und nun doch nachher
den Titanenkampf und die Einkerkerung in den Tartaros"
berichtet, Verschiedenarliges ohne gehorige Ausgleichung
verarbeitet worden sei. iDoch mogen folgende Bemer-
kungen erlaubt sein. Themis lafst sich ohne Gewalt auf die
Erdgottin zuruekfiihren 37 ). Die ewige Gesetzmafsigkeit, der
unabanderliche Kreislauf des Lebens der Erde qualificierte
die Erdgottin ebenso unmittelbar zur Gottin des Rechts wie
35 ) Prolegg. p. 375.
36 ) Tit. p. 23 sq. Prom. p. 104.
37 ) Welker zu Schwenck, p. 563 in. Trii. p. 39 sqq.
161 .
zur Gottin der Strafe : zur Themis wie zur Demeter
Erinnys. Weiter ha'ngt alle Ordnung, alles gesetzmafsige
Leben, die biirgeriiche Existenz in Staat und Gemeinde wie
ethisch vom Rechte, so materiel vom Ackerbau ab, wie
die Alten hundertfach selbst ausgesprochen haben 38 ). Ich
komme spater darauf zuriick. Haben wir so dasabstrakte
,,ewige Recht" aus diesem kosmischen Vorstellungskreise
entfernt, so vverden wir die Mnemosyne noch einmal darauf
ansehen, ob sie wirklich eine allegorische Figur ,,die Erin-
nerung" s.ei, odef gleichfalls auf einem realen Objekte berime,
(lessen Anschauung sie zur Toehter des Uranos und 4er Ge
machte. Wenn man bedenkt, dafs Mnemosyne fiir die Mutter
der Musen vom Zeus gilt, als deren Eltern auch Uranos
und Ge angegeben werden; dafs ferner die Musen in ihrem
Ursprunge gleichfalls auf Naturansehauung beruhen, wie.ich
seiner Zeit darlhun werde; dafs Mnemosyne bei d,en Romern
Moneta hiefs , welchen Namen auch Juno , die ^fdgottih,
fiihrte:. so kann man wohl auf den Gedanken kommen, die
hier mitten (inter kosmischen Figuren stehende Mnemosyne
fiir eine Formation der Erdgottheit zu halten. . Doch wfll
ich riicht leugnen, dafs auch mir Themis und Mnemosyne
ihren Platz unter den Titanen .-nur- ethisch - theologischer
Spekulation zu verdanken scheinen.
2. Die .drei Kyklopen, deren Name ,,Rundauge"
von Schema nn 39 ) sehr igut.auf Wildheit und Verwegenheit
gedeutet wird, gehen auf das Gewitter 40 ). Der Name ist
nicht schwer zu erklareri, da Wolkengotter haufig nach dem
Auge bezeichnet werden ^Ad-^vri yhavxwrtis) und em feuri-
3S ) S. Creuizer I, 157's.qq.
3S ) a. a. O. p. 4.
40 ) Vgl, Spanheim zu Callim. Dian. 68 p,?16Ern. Welcker
Aesch. Tril. p. 147. Schomann Tit. p. 4.
Laaer Griech. Mythologie. 11
162
ges, Tapferkeit verkiindendes Auge nicht breit gezogen,
sondern rund ist (ehixtoTteg ld.%(xiol).
Die Namen der drei Kyklopen sind:
Donner (figovTij)
, Blitz (oregony)
agyyg, der Glanzende, Leuchtende, Schnelle.
3. Die drei Hekatoncheiren:
Kovvog, der Grollende ,
, der Gewaltige
der Sehnige 41 )
gehen offenbar auf das Meer 42 ). Statt Fvyg haben einige
Manuskripte der Theogonie rvyrjg, eine FOITW, die ich vor-
ziehe und die auch Mutzell 43 ) vertheidigt. Gyges ist gleich-
bedeutend mil Ogyges; die Beziehung auf das Meer ist also
unverkennbar. Dafs das abgeworfen, kann nicht auffallen,
.da dies ofter geschiellt Clhevg stall *OTtt.Bvg, Bgi^w statt
J O/%/ww). Am zwingendsten fuhrt auf das Meer Briareos,
lessen anderer Name ^dlyaicov**) (Wpgner) auch schlecht-
hin dem Poseidon gegeben wird. Ja der Tragiker Jon 49 )
nannte den Briareos geradezu frcdaaaqg ntxida, und die
dem Eumelas zugeschriebene .Titanomachie 46 ) den Aigaion
Sohn der Ge und des Pontos. . .
Wir haben also in den Kindern dieser makrokosmischen
Ehe zwischen Uranos und Ge, die sich in der des Kronos
und der Rhea wiederholt, die.einzelnen Hauptrichtungen des
41 ) Hermann ttod Schomann Tit. p. 5.
42 ) Auf Winterfiuthen gedeutet von Mull er Ares p. 38. Vergl.
Wfilcker, Aesch. Tril. p^ 147 sqq. Schomann Tit. p. 5. Pro-
meth. 105. Creuzer Br. uber Horn, unfl Hesiod p. 163sqq.
43 ) De emendat. Theog. p. 205 sqq.
**) A. 403.
45 ) Frg. 58. Kpke.
46 ) Sch. Apollon. I, 1165.
163
Naturlebens, wie sie dem Auge sich am nachdriickiichsten
aufdrangen und das Gefiihl am eindringlichsten beruhi*en,
poelisch angeschaut. H immel und Erde erzeugen das Meer
(Okeanos und Tethys) und seinen hundertarmigen Wellen-
schlag (Hekatoncheiren, JapetoSjKreios); Son ne (Kpios, Hy-
perion) und Mond (Theia,Phoibe) sind ihre Kinder; Donner
und Blitz (die drei Kyklopen) ihf Geschlecht. Von diesen
durchaus mylhischen Vorsteliurigen ist schwer zusagen, ob
sie bios dem Dichter oder dem Volke selbst gehoren.
Wahrscheinlich indessen sind Volkgelemerite von dem Dich-
ter bearbeiiet worden und dann in ihrer Umgestalluhg wieder
in den Glauben des Vplkes ubergegangen. Im Kult haben
diese mythischen Gestalten nicht gelebt oder wenigstens nur
ausnahmsweise und sehr in den Hintergrund tretend. Die
Kyklopen halten ein Heiligthum zu Corinth, /Sw/uog Kvuhti-
die Hekatoncheiren wurden unter . dem Nameh
zuAtheh verehrt 48 ). Allgemeiner noch die Ge.
Auf die Erzahlung von den Zeugungen des Uranos folgt
bei Hesiod eine andere von dem Sturze des Uranos. Det
Dichter erzahlt: ,,Uranos habe seine Sohne, die Kyklopen
und Hekatoncheiren in den Tartaros gey?orfen, in die
Schluchten unterhalb der Erde. Ge, hieriiber erziirnt, -reizt
ihre ubrigen Kinder, die Titanen auf, sich gegen den Vater
zu emporen; dem Kronos giebt sie eine diamantene Sichel.
Alle, Okeanos ausgenpmmen, emporen sich; Kronos ent-
mannt mit der Sichel den Vater und wirft die Schaamtheile
ins Meer. Daraus entstand Aphrodite; aus den Blutstrppfen
aber, welche auf die Erde gefallen, " nach Jahresfrist die
Erihyen, die Giganten und die melischen Nymphen. Hierauf
ward Kronos Beherrscher der Welt" Der Sinn dieser
47
') Pausan. II, 2, 2.
43 ) Said. s. v. Tgtn
11*
164
Erzahlung diirfte nicht sch'wer zu erkennen sein, obgleich
Schomarin? 9 ) ihn verfehlt hat, wenn er sagt : ,,Nachdeni Alles
durch die zeugerische Kraft des Himmels hervorgebracht
war, war es nothig, auch ein Ende diesev Zeugungen zu
setzen, well eben nur cine begrenzte Zahl, die sich immer
wiederholt, vorhanden ist in der Natur. Hatte Uranos im-
mer fortgezeugt, er wiirde immer neue Arten und Fprmen
ins Leben gerufen haben. Nun aber horte 'mil der Erzeu-
gung der bestimmten begrenzten Erscheinungen des Daseins
die J schopferische Kraft '. aii'f, d. h. Uranos wurde durch. seine
eigenen Kinder der Zeugungskraft beraubt." Diie Angabe
von der Rache fiir die Einkerkerung der Kyklopen und
Hekatoncheiren halt Schomann fiir spalteren Zusatz und fiir
absurd. Diese teleologische Reflexion ist vJollkommen
zuziigeben, aber urspriinglich liegt etwas Anderes in der
Sage. Wenn die Kyklopen und Hekatoncheiren Gewitler-
und Wasserdamonen waren, und Uranos sie unter der Erde
fesseite, so mufste Gaia wohl zurnen, da sie des befruchtenden
Regens bedarf; sie regt diese Gewalten also auf, und sie
stiirmen gegen den Himmel an, wo dann die Entmannung
ganz einfach so erfolgt, dafs, durch den Blitz (hier die
Sichel) hervorgelockt, die Regentropfen (der Saame) auf die
Erde und in das Meer. fallen. ;
ii
.2; KQOVOQ:
Natalis Comes. Lb. H, 2. p. 113 130. Buttmann
: Mythol. II, 28 69. Bottiger Kstmyth. I, 219 sqq.
II, 15 sqq. Heffter Ueber d. Kronos d. Gr. (Allgein.
Schulz. .1833., p. 225237). S tub r II, 24 sqq, G. Sip-
pell de cultu Saturni. Marburg 1848. 8. (geht meist anf
den romischen G'ott).
49
) Tit. p. 9 sq.
165
A. Name. Die Stoiker 5fl ) nahinen den xgovog =
So auch Buttmann 51 ), Boitiger 92 ), Stuhr 83 ), Creu-
zer 54 ); ahnlich O. Miiller ss ). Diese Etymologic pafst riur
dann zur Mythologie, wenn man Kronos als Gott der Jah-
reszeiten fafst. Besser ist die Ablei lung von xQcclvco
(reifen)j also der, welcher reifen macht. Vergleiche xoog
von xa/ft) ; xvovog von KTstva) 59 ). Andre haben an xoiQCtvog
urid ^vyoggedacht; mythisch richtig, aber nicht sprachlich.
B. G e n e a 1 o gi e. KQOVOQ ist Sohn des Uranos iirid
der Ge und daher, wie nicht bezweifelt werden karni, eben-
falls eine Auffassung des Himmels. Denn das Gezeugte hat
immep die Natur des Erzeugers, wie z. B. Helios, Sohii des
Hyperion, gleich diesem Sonnengott ist. -
C. Mythologie. Nachdeni Kronos zur Herrschaft
der Welt gelangt war, seine Briider aber, die Kyklopen
und Hekatoncheiren, im Tartaros gelassen hatte, prophezeiten
ihm seine Eltern, er werde gleichfalls durch seme Kinder
der Herrschaft beraubt werden. Urn dies zu verhuten, ver-
schlang er sie gleich nach der Geburt. Bhea, seine Ge-
nialin, mit Zeus schwanger, verbirgt sich vor Kronos und
gebiert im Verborgenen den Zeus, der von Cureten bewacht
und von der Ziege Amaltheia ernahrt wird, Als er heran-
gewachsen ist, iibernimmt er mit seinen Geschwisiern den
Kampf gegen Kronos und dessen Geschwister, die Titanen
(Titanomachie). Da dieser Kampf tmentschieden bleibt, so
50 J Bei Cic. N. D. H, 25.
") I, 225 u. 230 not. 11.
'") P. 28. .
M ) III, 58. 62.
5 *) L. G. I, 154, .wo er Ztve Kgovitov oder Kpovidtjs als Sohn
der Vorzeit oder Urzeit fafst.
56 ) Vgl.Soph. Tracli. 127. o HHVTK XQKIIHOV
Heffter p. 225 sq. Schomann de Tit. p. 23.
166
befreit Zeus auf die Weissagung der Ge die Kyklopen und
Hekatohcheiren und besiegt mil deren Hiilfe die Titarien,
die er in den Tartaros verslofst und unter die Obhut der
Hekatoncheiren giebt
Unter die Herrschaft des Kronos wird auch das goi-
defte Zeitalter 57 ) verlegt, in welchem die Menschen sorglos
und ohne Kuminer ihre Tage dahinlebten, reieh an Heerden
und den freiwilligen Gaben der Erde. Die Erinnerung an
diese gliickliche Zeit war zum Theil erhalten in den Festen,
welche dem Kronos zu Ehren gefeiert wurden, z. B. in
Athen am 12ten Hekatombaion (= Isten Aug. 427 (01. 88, 2)
= 6ten Juli 430 (01. 87, 3)). Hier schmauste man frohlich
beisammen; der Hausvater bediente seine Knechte, Spiel
und Tanz und lauter Lust machten in diesen Tagen die
einzige Beschaftigung aus 58 ). Es waren diese Kgovia of-
fenbar Dank- und Aerndtefeste 59 ). Ein Freudenfest farid
auch zu Kyrene statt, an welchem. man sich mil frischen
Feigen bekranzte und mil Kuchen beschenkte 60 ), - Einen
ahnlichen Bezug auf Ackerbau mufs man wohl der Vereh-
rung des Kronos zu Elis geben.. Hier lag, -bei Olympia,
ein dem Kronos geweihter Hiigel 61 ). Dort solUen schon
die Menschen des goldenen Zeitalters dem Kronos ein Hei-
ligthum gegmndet haben 62 ), Auf dem Cipfel dieses Hiigels
57 ) Bergk Rel. com. att. ant. p. 188 sqq. Ueber das Zeitulter
iiberhaupt vgl. ErkL zu Hesiod. O. P. p. 109 sqq. Buttmann Myth.
II. 36sqq. Volcker D. Mythol. A. Japetischen Geschlechts. Giefsen
1824. 8. p. 250280. Hermann Gottesdienstl. Alth. d, Gr. . 4, 7.
58 ) L. Accius. bei Macrob. Sat. I, 7.
59 > Vgl. Heffter p. 227 sq. Hermann Gd. A. . 54, 7 sq.
60 ) Macrob. Sat. I, 7.
61 ) KQOVIOS lotpos Find. Ol. V. 17. KQOVOV Ao'cpos Ol. VIII, 17.
nctyos JKgovov Ol. XI, 50. onos KQOVIOV Paasan. VI, 20, 1.
XenopL. Hellen. VU, 4, 14.
6S ) Pausan. V. 7, 6.
167
opferten .die sogenannten Baattcti dem Krpnps zur Zeit der
Friihlingsnachtgleiche im Monat Etaphios 03 ). (Urn dieselbe
Zeit wurde zu Atlien, am 15ten Elaphebofion (=29/31 MW.
dem Kronos geopfert 64 ). Vielleicht geschah diese Opferung
auf dem Altar, den Kekrops gegriindet haben spllte 65 ), Dpch
gab es aueh im Befcirk des Olympieion, siidostlich von 4er.
Akropolis, eineii Tempel des Kronos und der JRhea 66 ).) Aus-
serdem befand sich zu Olympia unter den sechs, den : z wolf
Gottern geweihten, AHiiren einer fiir Kronos und Rhea 87 ). -:
Unzweifelhafl Beziehung auf Fruchtbarkeit und. Gedeihen
hat der Kronos. zu Lebadeia. Er stand hier mil dem Crakel
des Tr*ophonios, des ernahrenden Gottes des Ackerfeldes, in
Verbindung, indem jeder, bevor er den Golt; befragte^ unter
andern auch dem Kronos, der Hera fiaGiUg, de^i Zevs
Paodevs und der Demeterj opfern miifste 68 ), lauter Goltheir
ten, welche dem Segen des Ackerlandes vorstehen . ; ;
Inwieweit der Kronos, dem man auf Rhodos 69 ) ua<J
Krqta 70 ) Mensqhenopfer brachte, ein griechischer und oicht
vielmehr ein phb'nizischer Bal oder Moloch gewesen, den
man mit dem griechischen Kronos zu identificieren pflegt,
mus dahingesteUt bieiben 7 *j. Jedenfalis aber scheint es
mir sehr gewagt, so vielen unverdachtigen Zeugnissen ge-
geniiber eine Verehrung des Kronos ableugnen zu wollen.
") Pausau. VI. 20, 1.
64 ) Bockh. C. J. no. 523, 23. (Toin. L p. 483.)
*") Philochoros bei Macrob. Sat. I, 10. (fr. 13 Mull.)
b6 ) Pausan. I, 18, 7.
67 ) Sch. Find. "Ol. V. 8 a. 10.
69 ) Pausan. IX, 39, 4 sq. O. Mil Her Orch. .p. 148. Zu
(Sctaiievs vgl. die Baaikca zu Olympia.
69 ) Porphyr. de abst. II, 54. :
71) ) Ister bei Euseb. P. E. IV, 16. fr. 47. Miiller.
71 ) Menschenopfer , bei den Barbaren dem Kronos dargebraclit,
erwahnt Soph, bei Hesych. KOVQOV (fr. 457. Ahr, 132 Dind.).
168
wie Buttmann, Stuhr, Bottiger, V bicker 72 ), Gerhard 73 ) und
Andere thun, denen jedoch Heffter 74 )/ Schomann 75 ) und
Aridere widersprechen.
Wenn aber Kronos eine wirkliche Existenz im Glauben
und Kultus hatte, so mufste ein Volksmythds vorhanden
sein, mit welchem der des Hesiod ubereinzustimmen scheint
und dessen Erklarung uns obliegt. Der Mythos besteht aus
zwei Theilen: Verschlingen der Kinder und Vertreibuhg des
Kronos. In Bezug auf das Erstere sind . die Meinungen sehr
getheilt. Bottiger will in demselben die dem phonizischen
Moloch dargebrachten Kinderopfer erkennen. Heynesagt^):
,,condere in se et consumere videri ac dici potest tempus
annos, menses, dies, progeniem suam." Gottling 7! ): ,,Sa-
turnus ille Neptunum et Plutonem devorans indicare videtur
ante Jovem in uno numine contenta fuisse regna maris,
Orci etc.j quae post diversis diis tradita sunt a Jove i. e.
Saturnus evomuit istos reges, quos antea in suo corpore.
coarctarat." Stuhr 78 ): ,,So lange Krorios herrschte,
hatle der Geist der Ahnen des Griechenvolkes noch nicht
jene Anschauungskraft gewonnen, in welcher er, sein eige-
nes Leben fiir sich selbst yergegenwartigend, im Stande
gewesen ware, die im Bewufstsein erzeugte Vorstellung
festzuhallen. Welche Anschauungen im Bewufslsein sich
gestalteten, sie verschwammen wieder in Nebelgestalt. Zur
Zeit der Herrschaft des Kronos hatte es dem Bewufstsein
nicht geeignet, in der Kraft der Erinnerung, des Gedacht-
nisses, das Leben der Vergangenheit fiir die Gegenwart
72 ) Japet. p. 282.
13 ) Prodr. p. 14 sq. not. 3.
" 4 ) a. a. O.
") de Tit. p. 25.
76 ) Obss. Apollod. p. 6 sq.
") Zu Hesiod. Th. 497.
'") p. 27 sq.
169
festzuhalten, Selig und sorglos im vollkraftigen, lebendigen
Ergreifen des Augenblickes hatten die Menschen ihre Tage
dahingelebt und sich nicht gekiimmert um :den morgenden
Tag, so weiiig, wie auf den gestrigen zuruckgesehen. Das
Bewufstsein war in der Unmittelbarkeit des Gefuhls, in der
es sich bewegte, dem Augenblicke dahingegeben und somit
der Zeitiichkeit (XQOVOS = XQOvos) ." Heffter: ,,Das Ver-
schlingen seiner Kinder ist eine acht Kretische Fabel und
leicht zu erklaren aus deiii orgiastischen Zeuskult auf diesev
Insel, aus dem sie sich gebildet hat. Das in Wirklichkeit
bestehende, der Kureterttanz, das gerauschvolle Miisiciereh
uV s. w. sotlte, nachdem es schon lange bestanden, seinenl
Ursppuhge nach erklart werden, und die Pliantasie erschuf
den bekannten Mythus." Alle diese Erklarungen tr'efferi
das Wahre' nicht. Sie zeigen riur das Schwierige der
Sache 79 ). Ich beahspruche nicht, die Sache ganz ins
Licht zu setzen. Doch maehe ieh auf folgende Punkte auf-
merksam. Wenn Kronos der Himmei 80 ), Rhea die Efd'Cj
so k(5nnen ihre Kinder nur die Hervorbringungen der
Erde sein unter dem Einflufs des alles reifenden Himmels.
Kann man nun wohl weiter sagen, der Himmei vernichtCj
verschlinge wieder, was unter ihm die Erde geboren? Oja;
Gerade, wenn der Himmei alle Keime der Erde zu vdlleF
Reife gebracht, verschlingt er sie wieder. Kronos verschlingt
die Histia, Demeter, Hera und den Hades d. h. der Erde
Leben, er verschlingt auch den Ennosigaios, das Meer, oder,
um des Hesiod malenden Ausdriick beizubehalten, erschliirft
") Auch Funcke (Uranos , Kronos u. Zeus im Eampfe um den
Herrscherthron. Z. f. A. 1839. Decbr. no. 152 sq< p. 12.20 1229.) er-
klart nichts. ' -'-.--
80 ) Pythagoras nannte das Meer ,,die Thrane des Kronos" (KQOVOV
Plutarch. Is. u. Osir. cp. 32. p. 364. A.
170
auf (xafe7twe) 8i ) seine Kinder, nur nicht den Zeus. 7-80
aufgefafst scheinl mir der Mythos von dem seine Kinder
fressenden Krpnos dem grauesten Alterthum anzugehoren.
Er ist eirie naiv-kindliche Auffassung des Lebens der Erde,
ihres Gebarens und Verwaisens. >'.".'
Mit diesef grofsartigen Natufanschauung steht der zweite
Theil des Mythos von der Vertreibung des Kronos clurch
Zeus im genausten und nothwendigen Zusammenhange.
Zeus, der jugendlich heitere Himmel, zwingt im Friihling
seines Lebens, im Fruhlinge \iberhaupt, den Himmel, der
das Erdenleben verschlang, man kann sagen den herbstlichen
und winterlichen 82 ), wieder frei zu geben, was er raubte,
wieder zu gebaren das Leben der Erde: Histja, Demeter,
Her5, Hades und das nahrende, tobende Meer, den Ennosigaios.
Wir haben somit in dem Mythos von Kronos die my-
thische Anschauung des Naturlebensy wie es sich vom Herbsl
an durch den Winter bis zum Friihling darstellt. Man kann
daher den Kronos erklaren . als den Himmelsgott, aufgefafst
in seiner herbstlichen und winterlichen Thatigkeit: als den
alles reifenden, hervorbringenden, aber alsbald alles binden-
den 83 ). Dies Herbstliche und Winterliche im Kronos sym-
bolisieren auch die Attribute, welche man ihin in plastischen
Darstellungen gejgeben hat 84 ). Kronos wird dargesteUt mil
') Theog. 459. 467. 497.
82 ) Nach Theopomp. bei Piatarch. Isis u. Osir. cp 69. p. 378
(fr. 293 Miill.) gradezu ^s/^uwj/. Das Fest des init ihm identisch ge-
setzten Saturnus im December gefeieft. Geht darauf aucli die
merkwlirdige Nachricht des Phylarchos bei Jo. Lyd. de mens. p. 276
Hase (fr. 34. MiilL), dafs in den Tempel des Kronos keine Frau,
kein Hand, keine Fliege, d. h. nichts Fruclitbares kommen durfte?
93 ) Dalier sagt mit Recht von ih-m.d. Orpli. Hymn, 20: ,jDer du
alles verschlingst und. alles auch wieder gedeilm machst." ,
84 ) Vergl. .O. Miiller Arch. . 395, 2. Winckelmann Pierres
gravees de Mr. Stosch. U Kl. 1 Abth. Bottiger 1, 230 sqq. Heff-
ter p. 233
171
S i c h el ((xqnij) und v e r h till te m Ha u p t e 85 ). Die Sichel
(als welehe sehr leicht der Blitz zu fassen) dieutet deii
Friichtesegen im Herbste ,an; die Versehleierung Ue Ver T
hiillung des Himmels im Winter. Auf das Winterliehe geht
auch, was weiter dem Kronos beigelegt wird: graue
Ha a re, 1 anger Bart. Er wird als bleich, diirr, vertrock-
ne.t, mil blaulicher Hautfarbe, gekriimmt, finster, murrisch
dargestellt 86 j. Keine menschliche Bildiing symbolisiert den
Winter besser als die eines Greises 87 ). Unserer Auffas-
sung des Kronos entspricht auch seine Fesselung nait
w o 1 1 e n e n F u f s b i n d e n 88 ). Er war das ganze Jahr uber,
gebunden; an seinem Feste warden die Bande gelost 89 );
Wenn man den Erndtesegen hatte, bratfchte man den Gott
nichl mehr zu fesseln, damit er nicht enlflohe.
Die Entihronung des greisen Winters durch selnen
jugendlichen Sohn Fruliling lafst der Mythps nicht ohne
Kampf'und Streit vor sieh gehen. Er berichtet uns von.
der Titanomachie 90 )> dem Kampfe des Zeus und seiner Ge/r
schwister gegen Kronos und dessen Geschwister, Dieser
85 ). G e r ha r d Prodr. p.-' 14.- not. 2. sagt unrichtig von dieser Ver-
iiiillang ,,man kann sie auch bios als ehrwiirdige Tracht des altesten
Gottes gelten lassen." .
")' Heffter p.233.
87 ) KQovixKllrjpai. Aristoph. Plat. 581. Diogen, V, 63 ibq. Leutsch.
Der Augenausflufs alter Leute, der den Blick triibe, duster
(Winter) ma'cht* Daher KQovos=y^fav (Bergk de ireliq. com. Att.
ant. p. 9). KQOVOV nvyy (Kronossteifs) altes unempfindliches Stuck
Fleisch, Diogen. V, 64. KQOVOS = alt, dumm, moros, unempfind-
lich s- Plat. Euthydem. p. 287 B. ibq. Heind. Anders gemeint ist
es, wenn Plat. Symp. p. 195 B. "Epios KQOVOV xat 'lanerov
TQQS heifst.
") Plat. Cratyl. 45. p. 404. A. ibq. Heind. Heffter p.
89 ) Apollod. bei Macrob, Sat. ;I, 8. fr. 41 Muller.
90 ) Aufser dem oben citierten Aufsatze von Funcke ist hier
nock zu erwahnen: F. W. Zimmermann Coinm. de Graecor. vete-
ribus diis spec. Hal. 1834. 8.
172
Theil des Mythds ist zu deuten auf den Kampf der Machte
des Frvihlings gegen die Machte des Winters , deren Besie-
gung bewerkstelligl wird mit Hiilfe der bis dahin im Tar-
taros verschiossenen Kyklopen und Hekatoncheiren, d. h.
mit Hiilfe von Gewittergewolk, von Donner, Blitz und
Wetterstrahl. Die winterlichen Gewalten, welche die Erde
beherrschen, bedecken, verhiillen, vertreibt der Friihlings-
himmel etc. .
Nachdem so Zeus, des Kronos Sohh, zur Herrschaft
-gekommen, lehnen sich die Giganten 91 ) gegen ihn atif, wer-
den aber vom Zeus, dem die iibrigen Gotter Beistand leisten,
besiegt. Den einzelnen Gottern entsprechen immer Giganten,
die nichts Andres sind,- als sie selbst.
Aus der Vorstellung von dem segenspendenden und
dahingeschwundenen Kronos, aus der herbstlichen Frohlich-
keit und der winterlichen Ruhe und Sorglosigkeit hat sich
aufser der Vorstellung von dem herrlichen, sorglosen Leben
unter der Herrschaft des Kronos und von der Verstofsung
desselben in den Tartaros noch eine andere entwickelt,
die Vorstellung namlich, dafs Kronos an den Enden der
Erde auf den Inseln der Seligen herrsche 92 ).
3. Zevs.
Lil. Gyraldus p. 75 117. Natalis Comes Lb. II, 1.
p.78 113. B 6 ttiger 1,299 sqq. II, 3-210. Emeric
David Jupiter. Recherches siir ce diea, sur son culte
et sur les monuments qui le representent. Paris 1835.
8. II. .Stuhr il, 268sqq. Creuzer III, 72sqq.
91 ) Ueber die Gigantomachie s. Ryck de Gigantibus. Zwerg
de Gigantibus. Kil. 172. . Fabricius Syll. Opuscul. Hamb. 1738.
p. 443 sqq. Volcker a. a. O, p. 307 not. 32. Darstellungen bei
O. Mil iler Arch. .396,4. Lenormant und de Witte (p. 19)
PL 111.
92 ) Hesiod O. D.. 168 sqq. Find. Ol. II, 75 sqq. Bockh.
173
A. Name. Zevg z/vg; Zyv ^r\v\ Zav
33
3 )
Die Bedeutung des Namens Zeus 1st den Alien ver-
borgen geblieben und aucli den neuern Gelehrten. Erstmit
Hiilfe des Sanskrit ist sie ermittelt. Die Allen gaben sehr
verschiedene und abenleuerliche Elymologien : von tijv**),
di ovtfiv ctel na,Gi TOIS ts&ai, vyra^et; von t,etv 95 ) (warmen);
mylhisch richlig, aber nichl sprachlich. Dasselbe isl zu ur-
Iheilen iiber die Ableitung von dsvBiv 96 ) (benelzen). Nichl
besser sind die Etymologiender Neuern 97 ).
Konnlen die Alien nichl eine richlige Ableitung von
deni Namen Zeus geben, so haben sie ihn doch alle richtig
erfclarl und gedeutel. Schon in deni Mythos bei Homer 98 )
wonach die drei Briider Zeus, Poseidon, Hades unter sick
die Well verlosen, dem Hades das Innere der Erde, deni
Poseidon das Meer, dem Zeus aber der Himmel zufa'll^
zeigl sich das Gefiihl fur die Nalurbeslimmlheit des Zeus.
Stellen anzufiihren, in welchen die Allen den Zeus auf den
Aelher deutelen, isl iiberflussig, da sie Einem fasl iiberall
begegnen. Ersl spaler findel sich die Deutung auf die
Sonne, z. B. bei Macrobiusj aber schon bei Democril").
Der erslen Erklarung schliessen sich die meislen Neuereh
an; nur wenige, z. B. Schwenck 100 ) der zweilen.
Der Name des Zeus (Zevg, devs) entspricht genau
93 ) Vergl. Herodian. n. p, L p. 6, 15. Eustath. Od. , 27.
p.1387, 27. Spitzher zu ,265.
'*) Plato Cratyl. p. 30. Bekk. und die Stoifcer (Diog. Laert.
Vir, 147).
95 ) Etyui. M. . .
96 ) Eustath. p. 153, 35. p. 436, 18.
91 ) VgT. Creuzer IV, 633 sq. .
") O, 187 sqq.
") Eustath. Od. p. 1713, 16.
10 ) Etym. mythol. Andeut. p. 32 sqq.
It4
dem Scr. djaus = Hi mm el; Glanz , Tag t01 ). (Jupi-
ter = Jus, Djus pater, vergl. Dijovis). Aus dieser un-
zweifelhaften Bedeutung des Namens ist klar, dafs, wenn
man spater auch Poseidon und Hades Zeus nannte, wie
allerdings mehrfach geschehen , dies nur erst moglich war,
nachdem sich die ursprungliche Bedeutung des Namens
verloren und zu der allgemeinen ,,des erhabenen Gottes,
Gottes iiberhaupt," erweitert hatte, wie dergleichen Verall-
gemeinerungen des Begriffes auch sonst in der Sprache
mehrfach wahrzunehmen sind 102 ).
B. Genealogie. Zeus ist Sohn des Kronos und der
Rhea, des Himmels und der Erde. '
C. Mythologie. Bei keinem Gotte kommt man bei
Betrachtung der iiber ihn vorhandenen Mythen so in Ver-
legenheit als beim Zeus. Theils sind sie so aufserordentlich
mannigfaltig, theils so streng von, einander unterschieden,
iheils ist Natiirliches und Ethfeches so in ihnen durchdrun-
gen, dafs eine Scheidung und Anordnung . aufserordentlich
schwierig ist. Das beste scheint mir, den pelasgischen
und hellenischen Zeus, soweit dies iiberhaupt zulassig
ist, auseinanderzuhalten. Jener wallet im Naturleben, die-
ser vorzugsweise im Mensehenleben. Es sind namentlich
drei uralte, pelasgische Kultuslokale des Zeus, die wir ein-
zeln betraehten miissen: Dodona, Arcadien, Kreta. Der
kretensische Zeus macht den Uebergang zum hellenischen
(homerischen),. der seine vollendetste Gestalt poetisch durch
die Tragiker, plastisch durch Phidias erhalten hat.
101
') Vgl. Pott Etym. Forsch. I, 99. M. Schmidt in Jahn J.f.
Ph. 1830. Bd.XII, 333349. Grimm DM. p. 175 sqq. O. Miiller
Kl. Schr. IIj 88.
102 ) Z. B.
175
I. D.er Pelasgische Zeus 103 ).
1. D er dodonSisclie Zeus.
(6 J(oS(avctios und vorzugsweise 6
Fr. Cordes de oracnlo Dodonaeo. Groning. 1826. 8.
Jos. Arrieth Ueber das Taubenorakel zu Dodona,
Wien 1840. E. v. Lassaulx D. Pelasgische Qrakel d.
Zeus zu Dodona. Wiirzbufg 1841. 4. Crenzer HI,
175191.
Der Ort Dodona lag in Epeiros, am Fusse des quel-
lenreichen Berges Tomaros. Hier wohnten in altester Zeit
die Chaoner, spater die Thesproter, pelasgische Stamme t05 ).
Homer 406 ) gedenkt der Perhaiber, welche das boswinterliche
Dodona bewohnten j wir kennen diese sonst nur in Thessa-
lien. Die Gegend, in welcher Dodona lag, hiefs Hellopia.
Hesiod 107 ) beschreibt sie folgendermafsen: ,,Es ist ein Land
Hellopia, mit tippigen Saatfeldern und Wiesen; reich an
Schaafen und drehfiissigen Rindern (elhunctdeaai posaaiv).
Darin wohnen viele heerdenreiche, unzahlige Manner, Ge-
schlechter slerblicher Menscheri. Dort am aufsersten Ende
ist Dodona erbaut, welches Zeus liebte imd zu seinem
Orakel machte, geehrt von den Menschen. Dort holen sich
die Erdbewohner alle Orakel. Wer nun dorthingehend den
unsterblichen Gotl befragen will, Geschenke bringend, der
moge kommen mit guten Schicksalsvogeln."
103 ) Vgl. p. 123 sqq.
ln4 ) Apollod. fr. 1. Mull.: Kadaneg ol xov dltt da&tovalov
S, ori SldfoGiv r\fJilv ra Kya&a, Uelaaytzov (Tg, on rrjs yrjs
Die erste Etymologic ist nicht uneben ; die zweite weicht der
andern, wonach die Pelasger selbst als die Ackerb auer erscheinen.
105 ) O. Mailer' Dor. I, 6.
106 ) B, 750.. -
10T ) In einem Frgm. aus d. Eoen bei Sch. Soph. Trach. 1174
(no. 149 Marcksch.)
176
Wir sehen hieraus, dafs Hellopia aufserordenilich frucht-
bar war, woraus sich schon einigermafsen auf den Charakter
der dort verehrten Gottheit schliefsen liifst Es war der
Himmelsgolt, in besonderer Beziehung auf die Fruchtbarkeit
des Landes und das Gedeihen der Heerden und Menschen.
Darauf weisen viele einzelne Angaben: 1) Zevg Nalos ioa ),
der Wasserzeus, dem man in Epeiros die Notice 109 ) feierte;
2) jedem Orakelspruch war die Aufforderung beigefugt,
lAypkuHp &veiv } wobei das Wort id^Awog allgemein fur' das
nahrende Wasser 110 ) gebraucht wurde; 3) ebendarauf
deuten auch die Tauben. .Herodot 1 ") erzahlt: ,,es waren
zwei schwarze Tauben aus dem Aegyptischen Theben aus-
geflogen, und die eine nach Libyen, die andere nach Dodona
gekommen. Diese habe sich auf einer Eiche niedergelassen
und mil menschlicher Stimme geredet, hier solle.ein OrakeL
des Zeus sein. 1 ' Ohne Zweifel ist dies spatere Deutelei
und Gelehrsamkeitj aber die Stiftung durch Tauben wird
uralte Sage sein. Wie man die Wolke als Schwan be-
trachtet, so kann man sie auch als Taube ansehen, die sich
auf der Eiche niederlafst und zu den Menschen mit Donner
und Blitz redet. In jedem Symbol ist eine Coincidenz von
Riicksichten zu bemerken. Die .Taube gait den Alien als
besonders fruchtbar, und deshalb konnte die Wolke, welche
ja als fruchtbringend angesehen wurde , leicht mit dem
Bilde der Taube bezeichnet werden; 4) wurde neb en dem
Zeus in Dodona verehrt die Diohe (von demselben Wort-
stamm, aber die Erde bezeichnend), deren Tochter Aphro-
dite, die im Friihling bliihende Erde, war.
M9 ) Bekfcer Anecd. I, 283.
109 ) C. J. no. 2908.
lin ) Ephoros bei Macrob. V, 18 (fr. 27. Miill.). linger Theb.
Par. p. 183.
'") II, 55. ,. '
177
Die Diener des Zeus wareri die 2ehKol oder c E%ho.l,
die der Dione, wie es scheint, die neheiades- Beide Namen
sind sehr verschiederi erklart: c Ehhoi ano fwv shiov Ttov
nsgl TO ieQOv ilz ). Andere haben 2ehi.ol rait aehcc$ zusam-
mengebracht, doch sind diese Etymologien sehr zweifel-
haft. Jlshsiddss sind die Priesterinnen der Dione offehbar
von den Wolken genannt, den Begleiterinnen der Erde, wie
die Priester der Kybele, die Korybanten , Wolkendamo-
nen sind. ' , .
Die Seller nennt Homer 113 ) avmxonodeg,
Vgl. Sophocles 1 14 ) : }) ra)v OQSLCOV v.al "/ctpawoiTcov syco
saek&a>v aAa.og" und was Tacitus 115 ) iiber den Hainkult der
Semnonen sagt. Der Kult des Zeus schlofs sich an die hochhei-
lige Eiche (Bucheiche, quercus esculus, dgvg, 9>^yog),mit siifsen,
efsbaren Fruchten, nach dem Glauben der Griechen der Men-
schen erste Speise. Die Eiche kann auch gewahlt " sein,
weil sie der schonste Bauni ist und weil sie die Blitze
anzieht 116 ), wohin der Hiramelsgott also im Blitze nieder-
steigt. Im Rauschen der Eiche glauble man daher die
Stimme des Gottes zu vernehmen 117 ). In dem Gipfel der
Eiche liefs man Tauben nisten dieselbe Symbolikj die
den Widder um die Mauern von Tanagra tragen liefs.
(S. unten: Athene mil dem Widder.) Am Fufse der Eiche,
gleichsam aus ihren Wurzeln, flofs ein Quell, dessen Mur-
112 ) Apollod. bei Strab. VII, 505. B. (fr. 175 Mull.)
113 ) n, 235.
* 14 ) Trach. 1106 sq.
115 ) Germ. 39.
11S ) Claussen Q; Herod, p. 28.
117 j Said. Jaidutvri. Aof einen ahnlichen Kult scheinen hinzudeu-
ten: Zeiis ,Sqvfivio? bei den Pamphyliern (vielleicht von o dqvfios,
der Eichwald), Lycophr. Cass. 536 ibiq. Tzetz. Zevs~ evdsvSgos auf
Rhodes (Hesych. s. v.). Zevs (prjyovaios (Creuzer III, 184, 84).
Lauer Griech. Mythologie. 12
178
meln die Priesterin deutete 118 }. Er war ein avanav6(Avog,
em intermittierender l19 ), Wahrscheinlich wtircle drittensdie
gottliche Stimme noch vernommen aus tonendem Erz. Wir
haben dariiber zwei etwas von einander abweichende Nach-
richten ; nach der ersten 12 ) ist das Heiliglhum zu Dodona
nicht mil Mauern umgeben gewesen, sondera mit sich be-
ruhrenden Dreifiifsen oder Kesseln, die, wenn einer ange-
schlagen wurde, ,alle mitklangen und einen lange anhaltenden
Ton gaben; nach der andern 121 ) standen zwei Sa'ulen neben
einander > auf deren einer sich ein ehernes.Becken befand,
wahrend auf der andern ein Knabe mit einer Geifsel stand,
die, vom Winde bewegt, das Becken beriihrte 122 ).
Obgleich in der geschichtlichen Zeit dem delphischen
Orakel naclistehend, blieb das zu Dodona doch noch immer
in Ansehen. Erst als die Aetolier in dem Kriege gegen
Philipp III. von Macedonien das Heiliglhum zerstort und
seiner Schatze beraubt hatten (c. 220), sank es, und zu
Strabo's Zeit hatte es fast ganz aufgehort.
Auch dies Orakel zeigt den Golt des Himmels. Das
Rauschen der Eiche und des Quells gilt fiir seine Sprache,
fiir Ofienbarung des Willens jenes grofsen Geistes, dessen
Wohnsitz im Himmel ist und der.den Menschen Regeh und
ihren Friichten Gedeihen giebt. Die Vorstellung von ihm
hat sich noch nicht zu klarer, plastischer Anschaulichkeit
durchgebildet, und daher gab es auch in Dodona noch keine
Bilder von Zeus. Es ist das geheimnifsvolle Vernehmen
118 ) Serv. z. Aen. Ill, 466.
119 ) Plin. H. N. II cp..i06 Mill.
) Demon fr. 17sqq. Mull, (bei Steph. Byz. Jtodtovy, Suid.
12t ) Polemon. fr. 30. Prell.
122 ) Ueber diese Diiferenz vergl. Preller a. a. O. p. 57 sqq. und
Creuzer III, 185 sqq.
179
des gottlichen Geistes, wie er in der Eichenkrone oder im
sprudelnden Quell sich zu erkennen giebt.'
Bei Pausariias it3 ) werden zwei Verse angefiihrt, welche
von alien die altesten gewesen und von den Peleiaden sollen
gesungen worden sein: ,,Zeus war, Zeus ist, Zeus wird
sein, grofser Zeus: die Erde sendet Fruchte empor, darum
nennt die Erde Mutter." Auch hier trill die Beziehung auf
Fruchlbarkeit hervor. Ebenso in den gewifs alien und den
pelasgischen Zeus angehenden Versen des mythischen Pam-
phos 12 *): ,,Zeus hehrester, grofster der Goiter, eingewickelt
in Mist von SchaCen, Rosseh und Maulern."
Der pelasgische dodonaische Zeus war der Stammgott
der Myrmidonen in Thessalien, wo ebenfalls ein Dodona
lag, und der Stamnlvater der Aiakiden, Aiakos, ausgezeichnet
durch Frommigkeit und Gerechtigkeit und daher auch Riehter
der Todten li!5 ), war ein Sohn des Zeus iind der Aigina,
der Tochter des Flufsgolles Asopos. Aigina erinnert an a%j;,
Ziege, Wolke; so konnle sie Tochler des Flufsgolles sein,
und Zeusj wie die Sage berichlet, sie als Adler" rauben und
als Flamme iiberraschen.
Als Hellas einsl von einer grofsen Diirre heimgesucht
wurde, und die Pylhia Hjilfe verhiefs, wenn Aiakos zu den
Gottern bete, wurden Gesandte an Aiakos geschickt, auf
dessen Gebet zum Zeus der ersehnte Regen eintrat. Zum
Dank wurde dem Zeus navsKK^vios oder eMaviog oder
acpsaiog ein Tempel gevveiht 126 ). Nach Hesiod 127 ) beklagte
123 ) X, 12, 10.
124 ) Bei Philost. Heroic, cp. 2, 19. p. 98. Boiss.
125 ) Plat. Gorgias p. 523. Apollod. HI, 12, 6. Auch der Todten-
richter Minos ein Sohn des Zeus.
126 ) ApoUod. Ill, 12, 6. Pausan. II, 29. I. H, 9. O. Miiller
Aegin. p. 18 sq.
1S ") Bei Sch. Find. Nem. Ill, 21 (no. 92. Mcksch.).
12*
180
sich Aiakos, als er alleih auf Aigina lebte, und Zeus waii-
delte alle Ameisen des Landes in Menschen, welche da von
Myrmidonen genannt wurden. Offenbar liegt hierin eine
Beziehung auf Ackerbau : die erdaufwiihlendeii Ameisen sind
Ackerbauer. Dergleichen Uebertragungen finden sich hau-
figer, z. B. vvtg, Pflugschar, von .vg. Die Ameisen werden
auch sonst ahnlich gebraucht.
2. Der Arkadisch^ Zeus.
Arkadien war einer der altesien Sitze der Pelasger 128 ),
daher die Arkadier sich nQoae&rjvoi 129 ) nannten. Wegen
der Natur ihres Landes sind sie stets ziemlich unverandert
geblieben. Das ganze arkadische Wesen darf fiir ein sehr
altes gelten, als welches es auch yon den Griechen selbst
anerkannt worden ist. So gleich darin, dafs man, aufser
Kreta, keinem Lande in gleichem Mafse wie Arkadien den
Ruhm zugestand, den Zeus geboren zu haben iao ). Es gebar
Rhea den Zeus auf dem Berge Lykaion 131 ), der im Stid-
westen von Arkadien in der Landschaft Parrhasia lag 132 )-
Auf diesem Berge befand sich ein Ort (#), welcher
Kgijvea hiefs und wo eben Zeus erzogen sein sollte 133 ).
Als seine Ammen werden genannt die drei Nymphen Qeiao a
(Ort am Lykaios), Neda (Flufs, auf dem Lykaios entsprin-
gend) und 'Ayvta (Quelle daselbst). Wenn Durre lange Zeit
angehalten hatte und Saaten und Friichte anfingen zu ver-
trocknen, dann betete der Priester des Zeus Lykaios an
19S ) Herrmann St. A. .8, 5.
189 ) Apollon. Rh. IV, 264 ibiq. Schol. Vgl. Heyne Opusc. II,
333 sqq.
13 ) Pausan. VIII. 36, 2 sqq. 38, 2 sq.
131 ) Pausan. a. a. O.
132 ) Callimach. Jov. 10.
4 ") Pausan. VIH, 38, 2.
181
dem Wasser dieser Quelle Hagno, opferte nach Herkommen
und beriihrte die Oberflache des Wassers mil einem Eichen-
zweige, worauf das Wasser sich bewegte, ein Nebel aufstieg
und als Wolke dem Lande Regen brachte 134 ). So nahrten
Hagno, Neda und Theisoa den Himmel, wie der Berg, auf
welchem die Wolkeri erzeugehden Quellen entspringen, mit
Recht die Geburtsstatte des Zeus genannl werden kanri.
-dvKoios heifst dieser Berg vom Lichte und Glanze, so wie
Zevg selbst Dahinein schlagt auch, was Pausanias 135 ) welter
erzahIl:-,,Auf dem Berge Lykaios ist ein heiliger Hain des
Zeus Lykaios, den zu betreten Niemand erlaubt ist. Hat
ihn einer betreten, so mufs er binnen Jahresfrist sterben 136 ).
Und Menschen sowohl als Thiere, welche in den Bezirk
kommen, verlieren ihren Schatten." In dem Letztern zeigt
sich die Einwirkung des Lichtgottes. Entsprecnend den
feierlichen Regungen, welche dieser unnahbare Hain in den
Verehrern des Zeus hervorrufen mufste, waren die, welche
sich nothwendig an den Altar des Zeus auf eben jenem
Berge kniipften. Auf der hochsten Spitze war namlich ein
Erdhiigel aufgeworfen, von dem aus man fast den ganzen
Peloponnes iiberschauen konnte, und vor diesem als Altar
dienenden Erdhiigel standen gegen Morgen zwei Saulen mit
goldenen Adlern.
Die Einrichtung des arkadischeri Zeuskultes wird an
Lykaon gekniipft, Sohn des Pelasgos und der Meliboia 137 )
(d. h. Arkadien) oder der Kyllehe 138 ). Er stiftete dem Zeus
das Fest Avxat mit Wettkampfen, opferte ihm ein Kind i39 )
134 ) Paasan. VIII, 38, 4.
135 ) a. a. O.
13S ) Vergl. Tacitus Germ. 39, wo von dem heiligen Haine der
Semnonen die Rede ist, den sie mir g'efesselt betreten etc,
137 ) Apollod. HI, 8, 1.
13S ) Sch. Eurip. Or. 1642.
'") Nyctunos: Tzetz. Lye. 481. Arkas : Eratosth. Cat. 8.
182
und ward deshalb wahrend des Opfers in einen Wolf ver-
wandelt uo ).
Dies Zusammentreffen von Zsvg ^tvxaiog, von ^ivxacov
und dessen Verwandlung in einen Wolf (Avxog) isl nichts
zufalliges, sondern bedeutungsvolles. Wenn man bios diese
Reihe von Namen betrachtet, kann man aiif die Vermulhung
kommen, dafs Zsvs ^tvxaios seinen Namen hichl, wie ich
deutete, vom Lichl, sondern vom Wolfe habe. Mil Un-
recht. Bei Apollon, den wir als Sonnengott kennen lernen
werden, ist derselbe Fall. Auch bei ihm, der seine lichte
Natur vom Vatev Zeus hat , begegnen uns fast als stele
Begleiter des Gottes die Wolfe. So wenig nun bei dem
Gott. der Sonne das Accessil des Wolfes friiher sein kann,
als das des Lichtes, ebenso wenig beim Gott des hellen,
glanzenden, strahlenden Aethers. Aber was sollen denn die
Wolfe? Ihre Verbindung mit Zeus sowohl als mil Apollon
zeigt, dafs sie in irgend einer Riieksicht in Bezug auf Licht
und Helle miissen gesetzt worden sein 141 ). Dafs dies wegen
der aufsern Namensgleichheit (kvxri und Mxos) geschehen
seiV ist kaum ^glaublich U2 ). Deri Alien selbst waren die
Grtinde nicht mehr deutlich, daher sie selbst welche gesucht
haben, z. B. alle Wolfe gebiiren in zwolf Tagen, d. h. in
14 ) Pausan. VIII. 2, 3. Diese Sage vom Lykaon ist Gegenstancl
der Tragodie ld.avs des Achaios.
t41 ) Vgl. O. Miiller Dor. I, 305-^309. Creuzer H, 531535.
***) v gl. lux, Auj/l und Luchs (lugen, leuchten). Mit den Augen
verschlingen = sciiarf sehen. Sollte die Wurzel Ivx ver-
schlingen bedeuten, und daraus einerseits der Wolf als verschlin-
gendes Raubtliier, andrerseits das Licht als die Finsternifs ver-
schlingend benannt sein? Macrob. Sat. I, 17. Die Sonne als Fin-
sternifs und Winter vernichtend werden wir bei Apollon kennen
lernen. Das Verschlingende ist besonders charakteristisch am Wolf,
daher die Uebertragung von Kvxos auf einen Raubfisch u. A. s. He-
sych.
183
so viel Tagen, als Leto in Gestalt einer Wolfin gebraucht
habe, um von den Hyperboreern nach Delos zu wandern * 43 ).
Neuere Mythologeri haben theils an das scharfe G e-
si ch t 144 ), theils an die h el I e F a r b e des Wolfes gedacht 145 ),
ohne grofse Wahrscheinlichkeit i46 ). Schwartz 147 ) will wedsr
den^TtoMcov kuKGiog noch den Zevg -dvxcuos auf Licht
beziehen, s,ondern beide auf den Wolf, den er was er
freilich aiich war als Symbol des Sieges fafst. Indefs,
abgesehen von dem , was den Apollon als Licht- und Son-
nengott zu erkennen giebt, so ist der Zevg ^tvxcuog schon
nach dem, was ich oben auseinandersetzte, auf Licht und
Glanz zu deuten, um so mehr, als ihn Achaios 148 ) geradezu
aaTSQtonos nennt. VVenn mir nun so die Verbindung von
Licht .11 nd Wolf bei Zeus und Apollon aufser Zweifel
steht, so kann ich doch nicht sagen, dafs oiir in gleicher
Weise der Grand dieser Verbindung klar seii Denn die
vorhin angefiihrten Er^arungen genugen mir keineswegs;
am wenigsten die von der hellen Farbe des Wolfes; mehr
die andere von seinem scharfen, in die Feme dringen^n
Auge, das im Dunkeln leuchtet und sieht 149 ), denn Auge
und Licht, Sonne sind nahverbimdene Begriife. Man kann
mehrere Griinde zusammen gelten lassen, wie dies bei Sym-
bolen in der Regel der Fall ist. Man vergleiche die Eule
bei der Athene, den Habicht und die Katze beim Horus.
143 ) Aristot. H. A VI, 35.
14 *) S. Aelian. H. An. X, 26.
145 ) O. Mailer Dor. I, p. 308.
146 ) Ebenso \venig genugt, was Macrobius Sat. J, 17 sagt, weil
die Wolfe zur Zeit der Morgendammerung auf Raub ausgehen (ygl.
Hiob XXIV, 5). Virg. Aen. II, 355. Apollon. Arg. II, 124. Oppian.
Qyneg. Ill, 305.
147 ) De antq. Apoll. nat. Berol. 1843. p.37sqq.
148 ) Bei Sch. Eurip- Orest. 383.
149 ) Plin. H. N. XI, 55. Vgl. Wernsdorf Rapt. Auror. .p. 325 sqq.
184
Am liebsten wiirde ich den Wolf als Symbol der Gewitier-
wolke ansehen 150 ).
Die ^IvKaia, welche dem Zeus zu Lykosura gefeiert
wurden, waren mil Wettkampfen verbunden, in welchen
vwwvceg tixevsoi fif-wvcai 15i ). Unter diesen axsvrj sind
goldene Striegel (crcfoyyides XQVOCU) zu yerstehen l52 ). Das
grofse Alter dieses Festes ist an zweierlei zu erkennen:
1) dafs an demselben noch in spaleren Zeiten, vielleicht
sogar noch zur Zeit des Pausanias 153 ) Menschen geopfert
wurden 154 ) , wie dies mythisch in der Sage vom Lykaon
praindiciert ist; 2) dafs die Sage ging, jeder der an den
Lykaien von den Speisen esse, unter welche Menschenfleisch
gemischt wiirde, verwandle sich in einen Wolf, werde ein
Kvxavd-Qwnos*) (Werwolf). Plato erzahlt auch aus Euan-
thes 156 ): in Arkadien wiirde aus dem Geschlechte eines
gewissen Anthos Einer durchs Loos beslimmt und an einen
See gefiihrt. Nachdem dort seine+.Kleider an eine Eiche
aufgehangt seien, schwimme er iiber den See,-fliehe in die
Walder, werde ein Wolf und bleibe neun Jahre lang unter
den iibrigen Wolfen. Habe er in dieser Zeit kein Menschen-
1?0 J Vgl. Bullerkater, Bullerlux, [AOQftoluxsiov. Grimm D. M.
p. 471. 473. 474. Po.pel, ein anderer Ausdruck fiir Ballerkater,
heilst im Hennebergischen eine dunkle Wolke. "TJeber den Katzen-
veit s. Grimm D. M. p. 448. . . .
151 ) Sch. Find. OL VII, 153.
152 ) Xenoph. Anab. I, 2, 10. vgl. Hermann Antq. II. . 51, 10.
163 ) VIII, 38, 5.
16 *) Theophrast. bei Porphyr. de abstin. II, 27. Ueber diese
Menschenopfer handelt R. Suchier de victimis humanis apud Grae-
cos. P. I. Marburg 1848. 4. Cp. I.
1S5 ) Plat. Repb. VIII, 565 D. Plin. H. N. VIII, 34 Ein Frgm. des
Marcellns 6 SiS^jrjs iiber Lykanthropie steht bei Ideler Medici
Gr. I, 13.
t56 3 S., iiber ihn Vofs de hist. Gr. p. 438. West. Miiller liest:
Neanthes, s. Fragm. Hist. Gr. III.
185
fleisch gegessen, so kehre er zu demselben See zuriick,
schwimme wieder hindurch und erhalte seine ehemalige,
nur urn neim Jahr gealterte Gestalt wieder 157 ). Den
Grund dieser Vorsteliung von dem Verwandeln der Men-
schengestalt in eine Wolfsgestalt finde ich noch von Nie-
mand geniigend angegeben. Der Glaube daran mufs bis in
die Urzeit zuriiekgehen. Ob er mit dem Menschenopfer
zusammenhangt? und gewissermafsen eine Kautel war gegen
den Genufs des Menschenfleisches? Da man die Opferung
eines Menschen fiir Forderung der Gottheit hielt und des-
halb nicht unterlassen zu konnen glaubte, suchte man sie
wenigstens dadurch zu mildern, dais man verhinderte von
d6m Fleische zu essen. Menschenopfer werden uns noch
einige Male im Dienste des Zeus begegnen, namentMch
beim Zeus hcccpvarioG 138 ). Ob die ^vxatcf, wie Creuzer
meint, ein Fruhlingsfest waren, lasse ich dahingestellt. Doch
scheint mir nach Vergleichung der ahnlichen Feste des Zeus
nicht zweifelhaft, dafs sie eine Beziehung auf die Frucht-
barkeit des Jahres hatten. Dies wiirde sich mit Sicherheit
entscheiden iassen, wenn wir etwas iiber die Zeit wiifsten^
in der dieses Fest gefeiert wiirde. Ich habe schon mehrfacrf
bemerkt, dafs alle Kulte, welche sich auf das Leben der
Erde beziehen, wie sehr sie einerseits die Gesitiung befor-
dert haben, doch andrerseits duster und grausam sind,
gleichsam ais ob man alle Wildheit des Lebens in dieser
Einen Kultuswildheit abthun wollte.
157 ) Vgl. Thorlacius Opusc. Tom. IV, 54sqq. Bottiger Kl. Schr.I,
135 sqq. und die ahnliche germanische Sage bei Grimm D. M.
p. 1047 sqq. .
158 ) Auf Menschenopfer gehen aach wohl die Beinamen
186
3. Der Kretische Zeus.
Hock Kretal, 160sqq.
Mehr als vom dodonaischen und arkadischen Zeus wissen
wir vom kretischen. Der Grund davon liegt in der grofse-
ren Bedeutung, welche die Gestaltung, wie Zeus sie auf
Kreta gewann, fiir das griechische Leben gehabt hat.
Wir haben auf Kreta einein grofsen Theile nach die-
selben Volkselemente, wie auf dem griechischen Festlande I59 ).
Seit den friihesten Zeiten waren hier Pelasger heimisch.
E's ist sogar nicht unwahrsclieinlich , dafs die Dorier, noch
ehe sie in den Peloponnes gewandert waren, von Thessalien
aus eine Kolonie nach Kreta geschickt hatten 160 ), obgleich
Hock" 1 ) und Bockh 162 ) dies leugnen. Jedenfalls sind auf
Kreta uralte hellenische Elemente, pelasgische, welche durch
die eigenthiimliche Lage der Insel begiinstigt vor denen
des Festlandes sich entwickelten, \vie in staatlichen Dingen,
so auch in religiosen, und was uns hier aunachst bertihrt,
in Bezug auf den Kult des Zeus. Wie man Arkadien, we-
gen der erhaltenen Alterthumlichkeit seiner Bewohner, be-
reitwiUig als eine Geburtsstatte des Zeus betrachtete, so
andrerseits fast mit noch mehr Anerkennung Kreta. Denn
hier hatte der nachmalige hellenische Zeus zuerst sich ent-
wickelt. Es ist ein sehr irriger Satz, den franzosische Ge-
lehrte, z. B. Freret 163 ) aufgestellt habep } und den Botti-
ger 164 ) billigt, dafs eine Gotthejt da, wohin ihr Geburtsort
verlegt werde, zuerst verehrt worden sei. Dieser Glaube
159 ) Hock II, 3sqq.
16 ) (J. Miiller Dor. I, 31 sqq.
161 ) II, 15 sqq.
162 ) C. J. II, 450.
163 ) H. de 1'Ac. Tom. XXIII, p. 22.
164 ) II, 228.
187
hat ganz andere Ursachen. An die Geburt der Gottheit
wurde geglaubt, theils well man sie menschlich dachte,
theils weil sie auf Natur beruhte, die man nicht anders als
em Gewordenes sich vorstellen fconnte. Glaubte man aber
an die Geburt, so brachte ein sehr naturliches Gefuhl es
mil sich, dieselbe an den jedesmaligen Ort, an welchem
man wohnte, zu verlegen, die Gottheit zu lokalisieren. Die
Gottheit mufste sich zugleich. mit den Menschen heimisch
machen in den Wohnsitzen, sich einwohnen. So ward denn,
wie ich schon bemerkt habe, die Ehre, Geburtsstatle des
Zeus zu sein, von unzahligen Lokalen beansprucht 165 ), z.B.
von Ida in Troas 166 ), Theben lw ), Aigion in Achaia ls8 ), Olenos
in* Aitolien 169 ) u. A. Aber aufser Arkadien ward diese
Ehre keinem andern Lokale in gleichem Mafse wie Kreta
zugestanden.
Nach Hesiod 170 ) gebar Rhea den Zeus bei Lyktos, in
einer Hohle des Berges Aigaion oder Argaion. Andere
Angaben nennen den Berg Ida 171 ) oder Dikte 172 ). Zeus
wurde den Kureten zur Bewachung und zween Nymphen,
des Melisseus Tochtern, zur Erna'hrung ubergeben. Diese
nahrten ihn mit der Milch der Ziege Amaltheia und mit
Honig, den die Bienen, oder mit Ambrosia, welche Tau-
vom Okeanos hertrugen 173 ).
vgl. oben hvxy, hvxog. jiiyaiov 1st von
cut; gebildet, wovon gleich naher. Die Variation ^4(>y ctl ov
165
166
161
Pausan. IV. 33, 1.
l ) Sch. Apolton. Ill, 134.
') Tzetz. Lye. 1194.
16S ) Strab. VIII, 387. vgl. Pausan. VII. 24, 4.
169 ) Arat. Phaen. 164.
1 70 ) Tl. 477 sqq.
171 ) Callim. Jov. 6.
172 ) Apollod. I. 1, 6.
173 ) Apollod. I. J, 6sq. Athen, XI, 70.
188
wiirde man auf aqyog (glanzend, schimmernd) zuruckzufiih-
ren haben, s. oben. -E)er Name des Berges Ida, der ehg
mil dem Zeuskult verbunden ist (vergl. 3> Idvj in Troas), hat
wohl Zusammenhang mil der Wtirzel ISa), eldto; (da von der
Name des kretischen Helden 3 ldoi*evvg) 174 ). Dikte erin-
nert an die kretische Artemis Diktynna, deren Namen die
Alien von dixeiv (werfen), wovon auch dlffxog un d
ableiteten, und welche sie auf das Strahlenwerfen des
des deuteten 175 ) 5 das Wort ist gemeinsamen Stammes mit
Die Kureten 176 ). Die Alteh unterschieden diese my-
thischen Kureten von den historischen, welche als Einwohner
Aetoliens und Euboias genannt wefden 177 ). Inwieweit die
historischen Kureten historisch sind, geht uns hier nicht
weiter an. Was die mythischen betrifft, so haben die bis-
herigen Untersuchungen die Sache eher verwirrt als aufge-
klart. Gehen wir unsern eigenen Weg. Einigermafsen
bestimmt sind die Kureten alsHiiter des Himmelsgottes;.
naher bestimmt wird ihr Wesen durch ihre Genealogie.
Hekataios (= Apollon, Sonne) zeugt mit der Tochter des
Phoroneus (Wasser) die Bergnymphen, Satyrn, Kureten 178 ).
Damit stimmt iiberein eine andere Genealogie, nach wel-
cher Apollon die Kureten zeugte mit der kretischen Nymphe
Danais 179 ). Fragen wir nun, was in der Natur wohl,
mit Riieksicht auf den Him m el, Kind der Sonne und des
Wassers genannt werden kb'nne, so liegt wohl nahe, an die
114 ) Hoffmann ft. H. II, 13.
'") S^anh. Kallim. h. in Dian. 2a5. p.
76 ) Lobeck Aglaophamus. Regim. 1829 sq. II, 11111139.
*") Hermann St. A. .7, 10. Brandstater Gesch. d. aeto.'
Landes. Berlin 1844. p. 4 sqq.
179 ) Hesiod. bei Strab. X, 471. (fr. 28. Mcksch.)
1T9 ) Tzetz. Lye, 77.
189
Wo Ike zu denken 180 ). , In unserm Mythos nahren nicht
die Kureten den Zeus, sondern behiiten ihn hur. Die
Kureten sind das Donnergewolk; darum heifst es von
ihnen, sie batten init ihren Schilden Larm gemacht; darum
werden sie Tanzer genannt, die in eherner Rustung den
jungen Zeus auf der Spitze des Ida oder Dikte umtan-
zen 181 )- Diese Deutung der Kureten bestatigt sich durch
mehreres Andere: 1) Ovid 182 ) nennt sie Sohne eines starken
Regens, largo ab. imbri satos; 2) sie gelten fur Erfinder
der ErzwafFen 183 ) (vgl. den Wolkehgott Hephaistos); 3) sie
sind Zauberer; 4) sie haben prophetisches Wissen 184 ),
und sind 5) Begleiter der Athene 185 ) (Wolke), wobei ich an
Pausanias 186 ) erinnere, "welcher auf dem lakonischen Vor-
gebirge Brasiai ein Standbild der Athene sah und daneben
drei kleine, nur einen Fufs hohe Bilder aus Erz, welche
Hiite 187 ) aufhatten, und von denen Pausanias nicht entschei-
den mag, ob sie 4 IOOXOVQOI, waren oder KoqvfiawEs. Er
hatte auch y KovQfJTeg hinzufiigen konnen. Denn 4t,6<J-
novqoi, RoQvpavtes und KovQfjves sind nicht verschieden
von einander.
Dies beweist zuniichst der Name dios-xovgoi, Kogv-
KoyQfjves- Alle drei gehen auf die Wurzel XOQ '-,
18 ") Vgl- oben den arkad. Zeus, den die drei Nymphen Theisoa,
Neda, Hagno, d. h. die dnellen, deren Diinste zum Himmel empor-
steigen, nahren.
1S1 ) Vgl. das Tanzen der Wolken urn die Zinken der Gletscher
in Schillers Berglied.
182 ) Met. IV, 282.
183 ) Lobeck Agl. pi 1119.
184 ) Vgl. Lobeck p. 1118, der die Kureten sehr gut mit den
Paliken, den Hephaistossohnen vergleicht.
-* 85 ) Proclus bei Lobeck. Agl. p. 541.
1B6 ) III, 24, 5.
1S7 ) Die Nebelkappen unserer Zwerge, der Helm der Athene,
die Kappe des Hephaistos u. s. w. Vergl. Andersen ImproT. I, 208:
,,Die Gebirge haben ihre Nebelkappe aufgesetzt."
190
die einen Jiingling bedeutet, in welcher Bedeutung bei Ho-
mer 188 ) geradezu xovgytes lA.yja.itav steht. So aber sind
diese mythischen Personen nach derselben Vorstellung be-
nannt, welche die Athene . = Wolke zur Jungfrau machte
und gleichfalls XOQIJ benannte 189 ) (das Weitere iiber . die
Korybanten s. unten bei den Wolkendamonen).
Wahrend die Kureten, d.eren Erklarung ich eben ver-
sucht habe, den Zeus bewachen, indem sie ihn mil Waffen-
geklirr umtanzen, pflegen seiner zwei Nymphen, des Melis-
seus Tochter, indem sie ihn mit Honig na'hren, welcher
durch Bienen herbeigetragen wird. Ueber die Bienen vgl.
Creuzer 19 ). So heifst auch em Sohn des Zeus Melwevs 191 )-
Sind die Sterne als Bienen angeschaut, der Himmel als
Bienenkorb ? Die Tauben, welche vom Okeanos Ambrosia
bringen, sind VVolken m ). Darauf geht auch die Ziege
Amaltheia. Sie heifst unter andern Tochter des Okeanos
oder Melisseus, Ihr Name 193 ) von aftah&evetv 19/l ) (na'hren) j
(melken); vielleicht zusammenhangeiid mit ^aA^
Garbe, wovon Demeter aitaklocpoQos, was recht,
gut zu der fruchtbringenden Natur der Wolke pafste. Diese
ihre Nalurbestimmtheit ist auch aus ihrer Mythologie er-
sichtlich. Sie ist w e i f s und s c h o n, aber dabei so f U r c h t e r-
lichen Anblicks, dafs die Titanen, die ihn nicht zu
188 ) T, 193. 248.
189 ) Creuzer III, 429 sq.
19 ) Symb. IV. 348 sqq. W. Menzel Myth. Forsch. u. Samml.
Stuttgart 1842. 8. p. 171 334.
191 > Antonin. Lib. 13.
193 ) Vgl. Volcker lapet. p. 83.
193 ) Sickler De Amaltheae etymo et de cornatis Deorum imagi-
nibus. Hilpertok. 1821. (vgl. O. Muller G. G. A. 1824. St. 88.)
194 ) Hesych.
195 ) Schwenck Andeutungen. p. 41.
191
ertragen vermochten, die Erde baten, sie zu verber-
gen t96 ), Die Erzahlung von ihrem Home, dem Horn der
Fiille und Fruehtbarkeit, ist bekannt und leicht zu verstehen
aus dem Wolkenwesen der Amaltheia 197 ). Wenn eine,. ob-
schon spate Sage sie zur Mutter des Dionysos (des Erd-
lebens) machte, so bestatigt dies jene Auifassung der Amal-
theia. : Das Sternbild der Ziege, d. h. der von Zeus unter
die Sterne versetzten Amaltheia bedeutet Sturm 198 ), wie
die Tceheiddeg Regen verkiinden. , Mil der Sibylle Amal-
theia 199 ) vergleiche die prophetischen Kureten, die zauberi-
schen Daktylen und Telchinen, die kluge, prophetische
Athene.
Uns bleibt noch das Bild der Ziege zu erlautern,
welches nichts anders ist und sein kann als ein Bild der
Wolke. Um dies deutlieher zu machen, erinnere ich daran,
dafs Zeus alylo%os hiefs 200 ), wie aiis Homer hinlanglich
bekannt ist. Das Wort wird verschieden abgeleitet: 1) itaqa
TJJV e alyos oxrjv 201 ); 2) richtiger von aiyig l%eo. HierJ>ei
leitet man alylg a) von t (Ziege), b) von aig (stiirmische
Bewegung) ab. Beides aberistgleich; denn al sowohl als
i'| stammen von aiaato, springen, sturmen; es findet hier
dieselbe Coincidenz statt, wie oben bei Mxij und kuxog.
Nicht wegen des Gleichklanges ward niit der sturmenden
Wolke das Bild der Ziege verbunden, sondern Weil eine
lebensvolle Anschauung der Wolke freilich nicht jeder
Wolke das Bild der Ziege von selbst in der Seele weckte.
196 ) Creuzer IV, 364.
19T ) Ueber die Amalthea vgl. Bottiger Amalthea I, 65s(jq.
198 ) Buttmann zu Ideler iiber die Sternnamen. p. 309.
'") Salmas. Exerc. Plin. p. 75. Creuzer IE, 656 not.
20 ) Dasselbe bedeuten die Homer, die Zeus als Ammon fiihrt.
S01 ) S. Spanh. zu Callim. JOY. 49. p.46. Bottiger II, 225.
192
V
Hier erinnere ich nur, dafs diese Aigis 802 ), welche Zeus
fiihrt, die quastenumbordete 203 }, hell von Glanz, durch deren
Schiittern Zeus donnert und blitzt, mit der er den- Ida ver-
hiilit 204 ), die Achaier erschreckt 205 ), welche Hephaistos ver-
fertigt hat 206 }, und von hundert zierlichen Quasten aus
lauterem Golde umfafst wird 207 ): diese Aigis, sage ich,
ist nichts anderes als die Wetterwolke am Himmel, dunkel
und fiirchterlich, die vom Golde der Sonne umsaumt blitzt
und donnert, und in ihrer graugelben Farbe und welligen
Bildung an ein Ziegenfell mahnt. Diese Ideenreihe werde
ich bei Athene weiter verfolgen und nachweisen. (S. die
Abhandlung iiber Athene mit dem Widder in der Anlage.)
Nicht minder gerecht ist der Phantasie, die Wetterwolke
als einen Schild anzusehen, hinter dem hervor Zeus Donner
und Blitz, seine Waffen entsendet, mit dem er sich selbst
verbirgt. Dieser Schild, dem Zeus eigen, wird andern
Gottheiten von ihm geliehen 208 ), natiirlich aur solchen, deren
Natur dies gestattete, z. B. dem Apollon 209 ), der Athene.
Als diese 210 ) sich mit den Waffen ihres Vaters riistet, wirft
sie sich auch die Aigis um die Schultern, welche war
Fiirchferlicli, rund umher mit drohendetn Schr.eckqn gekranzet.
Drauf ist Streit, drauf Starke und drauf die starre Verfolgnng,
Drauf auch der Gorgo Haupt, des entsetzlichen Ungeheuers,
Schreekenvoll und entsetzlich, das Graun" des donnernden Vaters.
20Z ) Ueber die Aigis vgl. Facius iiber die Aigis. Erlangen 1774.
Creuzer.1V, 364. not. 1. S. Visconti Osservazioni sopra un antico
cammeo rappresentante Giove Egioco.
so3 ) E, 738.
204 > P. 593 sqq.
205 ) J. 167. E. 738 sqq.
soe ) O. 308 sqq.
207 ) B. 447 sqq. '.
zoay Yg^ \y~ieseler Jahrb. d.. Vereins v. Altertlmmsfreunden iin
Rheinl. Bd. V u. VI. Bonn 1844. 8. p. 352 sqq.
209 ) O. 229.
21 ) E. 733 s^q.
193
Natiirlich hat der Schild alle die Eigenschaften des Natur-
objekts, auf deni er berulit 211 ). Nunmehr wird auch das
Beiwort alyotyayog*) klar sein. -
Abbildiingen. Millin. V. 17. Rhea, Zeus mit Amaltheia u. Kureten.
X, 18. Zeus auf (her Ziege. XI, 38. Zeus, in der Rech-
'...' ten den Blitz, um den linken Arm die Aigis mit
Schlangen, vgl. MiHIer 'Arcli.v. 351, !..
-' '. . ' '. . V
'.Eine wie grof^e Veranderung dieser kretische Zeus
mit seinen Kurieten gegen den tlodonaischen und arkadischen
erfahren hatte/ ist leicht ersichtlich. Dem dodonaischen und
arkadis"chen Zeus wareh die Kureten nicht beigegeben. Aber
die& war nicht die einzige Umwaridlung, welche Zeus auf
Kreta erfuhr. Hier sind die Ele'mehte seiner riachmaligen
olympischen Gestaltung zu suchen, w.eil hier, auf Krela,
friiher als irgendvvb auf dem griechischen Festlande das
politische Leben einen hohern Aufschwung nahm. Damit
hangt immer religiose Entwickelung zusammen und zwar,
indem das politische Leben die geistigen Kra'fte des Men-
scheii reicher enlfaltel, mufste die ih.m verkniipfte religiose
EntwickeJung eine" aus Natursymbolik zu ethischer Verkla-
rung fortschreitende sein.
Als Reprasentant der politischen Grofse Kretas gilt
Minos. Ohne' uns an den Namen dieses kretischen Herr-
211 ) Wenn, wie oben bemerkt, gesagt wird, Hephaistos habe die
Aigis verfertigt and zwar so fest und gediegen, dafs selbst des Zeus
Blitz sie nickt zerschmettern kondfe (4>, 400): so pafst dies sowohl
auf den Scbild als die Wolke Aigis, Pie Wolke kann ihrer feurigen
Natur nach als von Hephaistos ausgegangen betrachtet werden, und
dafs sie nicht yom Blitz kiinne. zerschmettert werden, 1st eine jener
Zitkelbemerkungen, die der Mythologie ganz gerecht sind. Das-
selbe.sagt die Mythe von der Aigis der Athene, wonach.sie arsprfing-
lich ein erdgebornes .feuerspeiendes Thier War, das Pallas erlegte
und dessen Fell sie zur Waffe machte. Diod. HI, 70.
212 > Nikandros bei Etym. M. p. .27, 51.
Lauer Grieeh. Mythologie. 13
194
sellers zu halten, der immerbin eine my thische Person seiii
mag, werden wir doch aus dem, was liber ihn erzahlt wird,
erkennen, dafs schon lange vor dem troischen Kriege, also
in den altesten Zeiten, das politische Leben auf Kreta
zu einer gewissen Entwickelung gelangte, und. im Gegen-
satze zu der Gesetzlosigkeit jener friihen Zeilen auf einem
Prinzipe der Gesittung und Gerechtigkei't beruhte: Dadnrch
gelangte Kreta im Innern zu grofsem Wohlstande, nach
Aufsen zu grofser Macht 213 ). Schon Homer 214 ) ist Minos
als Konig auf Kreta bekannt, SVVSCDQOG 215 ) ^/tog (.teyalov
octqiozris. Er ist ausgezeichnet durch seine Gerechtigkelt
und deshalb nach seinem Tode Richter der Schatten iui
Hades 216 )... Auf ihn werden die kretischen Gesetze zuriick-
gefiihrt, die er als gottliche Gebote vom Zeus selbst wah-
rend des langen Umganges mit ihm erhalten haberi soil.
Von ihm wird auch berichtet, dafs er die Karer und Leleger
bezwungen, ihren Seeraubereien ein Ende gemacht, viele
Inseln des aegaischen Meeres unterworferi, selbst his Alhen
seine Macht ausgedehnt habe. Durch das enge Verhaltnifs
des Minos zum Zeus (Sohn, Schiiler) wird es sehr wahr-
scheinlich, dafs dieser hohere Grad von Civilisation und
politischer Grofse sich an den Zeuskult angeschlossen und
demnach diesen selbst kunstsymbolischer gestaltet habe. Ja,
man darf Minos selbst als eine Epiphanie des Zeus be-
trachten. Dafs gleichwohl der kretische Zeusdienst noch
weit entfernt war, ein olympischer zu sein, sieht man aus
* l3 ),Vgl. Hock Kreta 11, 45 sqq. u. d. Litt. bei Hermann St. A.
.9,8. -
214 ) T, 178 sq. vgl. auch <?, 523. v, 450. Minos, Sohn des Zeus:
s, m. : . ' . -
S1S ) tvvstoQog = neun Halbjahre la_ng, cf. E. Miiller de Aethone
satyrico Acliaei Eretriensis, Ratibor. 1837. 4. p. 16 sqq.
216 ) A. 568.
195
den Menschenopfeny die ihm fielen. Denn darauf offeribai'
ist die Sage von dem Mivtoravgog zu deuten 817 ). Ich fcaiin
diesen Mylhenkreis hier hicht naher erorlern.
Denselben Einflufs, den der politische Minos auf die Fdrt-
bi Idling des Zeusdiensles ausuble, hatte der ihm zur Seite
gestellle kvinstlerische Daidalos. Er ist nur eine Variante
vom Hephaistos. Siehe diesen 218 ).
In diesen beiden Momeriten lag jedoch nur erst 'der
Anfang hoherer Entwickelung, vvie der Religion iibefhaupt,
so des Zeuskultes insbesondere. Theils war die pldstische
Kunst noch zu unvollkommen, theijs fehlte die epische Poesie,
welclie ungleich -besser die Gotterxyelt in ihrer idealisierteh
Menschlichkeit darstelJen kojinte, a!s x die plastische Eunst
und iiberdies dieser erst die Ideale schaffen raufste. Die
epische Poesie aber konnte in so friiher Zeit noch nicht zu
bedeutender Bltilhe gelangen, weil der Boden, auf dera sie
wachst, Heldeiilhat, heroische Gestalten, damals noch nicht
bereitet war. Diesen Boden hat die epische Poesie auch
niemals in Kreta gel'unden. Des Heldenruhmes Uhd des
Epos Mutter war das eigentliche Hellas. An dem Vorhan-
densein eines vorhomerischen Epos ist, so wenig Nachrichten
vvir von ihm haben, nicht zu zweifeln. Aber die home-
rischen Lieder haben alle friihern iibertroffen, sowohl weil
die Helden in ihnen die idealsten waren, als weil sie G5tter
schilderten, wie sie dem griechischen Bewufstsein am
meisten entsprachen. Auf ihnen ruht das ganze griechische
Leben, auf ihnen die spatere dramalische und plastische
?17 > Sncbier (p. 184. not. 154J cp. 3. S tephani D. Kampf zwi-
schen Theseus u. Minotauros. Lpz. 1842 fol.
2IS ) Y'gl' inzwischen JaidaMdca u. '-HcpcuaTiKdixi. za Athen r und
Welcker Aesch. Tril. p. 291. Ueber den Heros 'PadKfiKvSvs, der
ebenfalls eine Epiphanie des Zeus ist, -ygl. Preller (Z. f. A. 183.8.
No. 135 sq.)
13*
196
Kunst* 19 ). Diese beiden letzterh Kiinste haben die griechi-
schen Goiter so veredelt, vergeistigt, versittlicht, gelaulert
von alien natiirlichen Elementen, als- dies dem griechischen
Geisle iiberhaupt mb'glich war, obgleich- ffeilich der Natur-
boden, auf dem die Gb'ttergestalt ruht, ihr niemals vollkom-
men kann entzogeh werden: es kann nur aus dem Him-
melsgotte der Vater im Himmel werden.
Indem ich dies iiber den Gang der Entwickelung der
einzelnen Gottergestalten ein fiir allemal bemerkt babe, gehe
ich nun iiber zur Betrachtung des bellenischen bder olym-
pischen Zeus. Ich werde seine Betrachtung in zwei Theile
zerfallen lassen, indem ich 1) von dem naturlichen (natur-
symbolischen) Zeus, 2) von Jdem ethischen (kunstsymbo-
lischen) handle.
II. Der Hellenische Zeus.
1. D.er naturliche*
Der heltenische Zeus .in seiner Naturbesthnmtheit mufs
. *
ebenso Golt des Himmels sein, als es der pelasgische war,
aus dem er sich entvvickelt hat, und ist es aucn 820 ); daher
beherrscht er Wolken, Licht und Warme und giebt alles
Gedeihen im Naturleben.
a) Herr der Wolken, Das malt ein prachtiges Bild
bei Homer m ), wo die beiden Aias, Odysseus und Diomedes
die Feinde erwarten ,,den Wolken gleich, die Kronion bei
Sl9 ) Vgl. Gesch. d. Horn. Poesie, p. 32 47.
SI ") Vgl. oben die Stelle aus Aeschylos Danaiden und Euripides
bei A then. I, 20 B. : [noifis] onoaag 6 Zevs avoKfratvei. IStov els
ovqavbv evpvv fleht Menelaos zu ihm r. 364 sqq. ; ai^i vuCiav B.
. J, 166; ovqcivios Callim. Jor. 55. Anthol. 1,254.463.478.
Creuzer III, 141.
5I1 > E, 522 sqq.
197
stillem Wetter um die Bergspitzen (en axqanoKoiaiv O
aiv) stellt, unbeweglich, wenn des Boreas und der andern
heftigen Winde Gewalt schlumniert, welche wehend die
schattigen Wolken mil scharfem Hauche zerstreuen," Davon
heifst er vecpetyyeQera 222 ), xehaivecpijg 223 ), v
o) Re gen, Ha gel, Schnee kommen von ihm.
. 4tdg- voTOg*"), Zqvos xax%.a(ov vaapog** 9 ),
ncttg aGTtsros O^QQS 229 )- Er heifst der beregnende
und bedorrende, e&rcofifiQttJv enavx^cfccg 23 ), y,Bifia-
^wv 23i ). Deshalb warden bei anhaltender Diirre zu Athen
Prozessionen veranstaltet r um vom Zeus Regen zu erfle-
hen' 232 ). Eine sv%ij ^^vaicov 233 ) lautet: vow, vaov, ta
XUTCC rag ccQOvgag t&v ^&ijvaitov xai T&V
Auf Keos feierte man zur Zeit der Hundstage
ein Fest des Zevg Ix^uatog 235 ) (von IK^UIVW, feuchten), damit
die Etesien Regen brachten 236 ). Dies Fest stand in Ver-
12Z ) A, 517, 511, 560. 4, 30. E, 631, 736, 764, 888. Zf, 280, 454.
, 38, 469. Hesiod O. D. 43.
a ") A, ^97. B, 412. Z, 267.
. ?24 ) Pindar. Ol. V, 17.
** s ) Paus. III. 10, 6. Steph. Byz. p. 256, 12. West, hat ZXOTIVKS;
all ein dies en Fehler verbessert schon Meurs. Lacon.
* 26 ) E t 91. Hesiod. O. D. 626.
.*") Aesch. Ag. 1391 (vom Thau).
SI?8 ) Lycofphr. Cass. 80 u. v. a. -...".'
*") Makron. bei Athen. II, 64 E.
* 3n ) Soph. fr. 188. Ahr.
") Soph. O. C. 1504.
?3a ) Jamblich. Pyth. 10.
533 ) Bei Marc. Anton, ad se ips. V 3 7. p. 37. D
234 ) Ilf-Sitfav Lassanlx liber d. Gebete d. Gr. u, Rora. Wiirzbarg
1842. 4. p. 6. not. 21.
."*"). Preller Demet. 248. not. 15. Welck er bei Schwenck
342. Creiizer Symb. I, 33. 111,146. not. 3. Apotlon. Rhod. II,
522, Well.
"*) Sch. Apolion. Rh. II, 498. Hermann Gottesd. Alt. . 65,21.
198
btndung mil dem Kulte des. jVristaios 237 ), - der selbst nur eine
besfchrankte Fassung des Zeus ist. Am Berge Pelion
fand urn dieselbe Zeit eine feierliche Prozession statt, wobei
man, in Bocksfelle gekleidet, zum Zsvg .i^raTog 238 ) (von
VMvalvw, worm sich axvij (Ufer) and axiiv (Sonnenstrahl)
begegnen, ,,dahersehiefsen, stunnen") um Schutz gegen den
brennenden Sirius flehte 239 ). Vergleiche oben die Quelle
Hagno in Arkadien. Zu den Beinamen shhdvios 24 ), nav-
cH^vtog 241 ) und acpsaios***) (Entsender, Befveier) siehe
oben die Sage vom Aiakos. Zsvg of.i@()i,og z * 3 )., vsTiog 244 ),
ovQtog z * 5 ) , .vcuog 246 ), alylo%og z * 7 )., atyo^aj/og a48 ) ; die
FHisse werden ^unsTets genannt. Zu FeA^avog 249 ) (He-
sychius: o Zei/s naga Kgialtp. Tstylvios TKXQO, Kgyaiv?)
siehe unf en bei den Wolkengottern die Tel chin en. Eine
237 > O. M 'tiller. Orcliom. 342 sq. Jacobr p. 131. Hermann Got-
tesd. Alt. .65, 21.
23S J Preller 1. 1. O. Miiller 1. L u. p. 243 sq. ..
239 ) Dikaearch. fragm. de Pelio.
'^) Pind...Nem. V, 19. Herod. IX, 7. Aristoph. Eq. 1253. Plutarch.
Lycurg. 6. Vergl. Jacobi s. Panhellenios p. 699. Miiller Aegin.
p. 18 sq. '
24J ) Pausan. I. 44, 9. 18, 9.
2 ") Pausan. 1/44,9. -
? * 3 ) Pansan. I. 32,2. Lycophr. Cass. 166. ;.
44<v ) Pausan. IX. 39, 4. 1.24,3. 11.19,8. Pollux I, 1. Enmeli
fr. 17 Mckscli. u. v. a.
245 ) Jacobs Antli. Pal.p.947. B u ttrnann Lexil. 11, 34. Senge-
buscli Sinop. p. 36. not. 3. Fr. V a ter Argonaut. Hit. I. (Kasan.
1845. 8.) p. 145. not. 4. N. N. bei J. Taylor Comment, de Debitore
inope secund. jus atticum 'in partes secando. p. 23 sqq. Creuzer
HI, 141. not. 2.
24G ) Lassaulx Orakel z. Dodona. p. 6. Bockh C. J. no. 2908.
247 ) Hesiod. fr. 177, 2. Gttlg. A, 202, 222. B, 157,348, 375, 491,
598, 787. F, 426. E, 115, 396, 635, 693, 714, 733, 742,815. 2T, 420.
H, 60. 0,287, 352, 375, 384.
<J49 > S. oben beim kretischen Zeus.
a49 ) P. G. Secchi Giove FEAXANOZ el' oraculo suo nell'
antro ideo. Rom 1840.
199
sprechende Darstelliing des Regenzeus (auf def Ehrensauie
des Mare-Aurel zu Rom), s. bei Millin IX, 41. Vgl. Bratin,
Antike Marmorwerke. I Dec. I, 3, 4.
/?) Er sendet Donner und Blitz 250 ); daher
8 - 5 ' 2 -) , KEQaWOfiohoS Z 3 ) , VljJ
256 ), egiydovTioG* 57 ),
), xavctifta-
. (Ob auch x^ayog 263 ) (vielleicht
vom Lavmen) und, ^4<xxedal[.itov Z6 *) (,,Schvei gott ? vergl.
/?OT)V aya&os Mevehaog) sich auf den Dbnnergott beziehen?)
Daher JIOQ xe^awo/ 265 ); @QOVV<XV d 3 ovx s(.tov, aAAa ^/tog 266 ).
Am schonsten zeigt sich Zeus als Herr des Donners und
a.-,oy Ygl. uber die hierauf beziiglichen Beiworter Ed. Maetzner
de Jove Homeri. Berol. 1834. 8. p. 2934.
251 ) A, 419. JB, 478, 781. 0, 2.
252 ) Pausan. V, 14, 7.
'") C.J. no. 15.13.
9M ) A, 354.
a ") Soph. Ant. 1116.
256 ) Orpb. H. 14, 9.
'' 57 )\E, 672. H, 411.
"?) O. Miiller Dor. I, 242. Strab. IX, p. 619.
a5 *) IIvQip6()os am. Soph. Ph. 1198. vgl. O. C. 1658. -4, 580,609.
JT, 443.
26n ) Achaios b. Sch. Ear. Orest. 373. Vergl. Eurip. Jon. 1078.
26-1 ) Pausan. V, 14, 10. Apollodor.fr. 34 Mii.ll. vgl. P. B urmann
Z. k. s. Jupiter Fulgurator in Cyrrhestarum numis. (Vectigal. pop.
Rom. L. B. 1734. 4.) Creuzer Symb. I, 468. Lycoph. Cass. 1370.
Pollux I, 1. Aristoph. Pax. 42. Aehhlich Jehovah im Alten Testa-
mente. Vergl. Hezel, Gedanken iiber den babylonischen Thurmban.
p. 18 sqq.
26J ) Strabo XIV, 660.
263 ) Lycoph. Cass. 542 ibiq. Tzetz.
. 264 ) Herod. VI, 56.
265 ) Soph. Elect. 824. vgl. 0, 405. Vgl. H. Chr. Biitzow De
Jove Elicio. Havn. 1716. 4.
2C6 ) Incert. bei Pint, de adulat. cp. 10.
^200
Blitzes bei Sophocles (0. C. 1448 sqq.): ,,Es ertont, siehe,
dahergerollt Wieder das gewaltge Tosen von Zeus!
Emportreibt Entsetzen mein Hauptgelock.! Mein Muth
erbebt. Von den Himmelshohn fahrt neuer Strahl Ent-
flammt herab. Und welch Gesehick bringt er uns? -^-
Ich zittre. Nicht wird er umsonst daher sturmen, nicht
von Unfalle frei. grofser Aether! Zeus! sieh, o sieh!
Und abermals erschallt ringsumher gewaltigeres Getos.
Griadig, o Gott, \valte! Gnadig, erhebst Du'heut. etwa
dem Mutterland des Zorns Finsternifs! Ein Fromraer sei
der Mann und werde fiir den gottverhafsten Cast ge-
winnloser Dank mi r nicht zugetheilt. Zeus, o ich flehe
O .'....
Dir!" Diese tiefe Beweeuney welche Donner und Blitz
& ". . '.
in dem Menschen hervorrufen und die ihn den Donnerer
recht in seiner Macht und Grb'fse, den Menschen in seiner
Ohnmacht fiihlen lafst, ist ofienbar der Grund fiir das eine
ethische Moment, welches mil der Person des Zeus ver-
kniipft wurde: Allmacht, Ernst, Erhabenheit, Gerechtigkeit
u. s. w. Darum wendet sieh der Mensch.bei diesen Natur-
erscheinungen zu ernsterem, heiligem Sinne 267 ).
y) Als Wolkengott ist Zeus auch Herr des Sturms.
,,Der Donnerfrohe Zeus Sendele hoch vom Idagebirg uner-
mefslichen Sturmwind, der zu den SchifFen den Staub hin-
wirbelte, dafs den Achaiern Sank der Muth, doch der Troer
und Heklors Ruhtn sieh erhohte" 268 ). ,,Diese (die Troer)
rauschten einher, wie der Sturm unbandiger Winde, der
vor dem rollenden Wetter des Donnerers . iiber das Feld
braust, Graunvoll dann mil Getos in die Fluth einstiirzt
und emporbaumt Viel lautklatschende Wogen des weitauf-
rauschenden Meeres, Krutnmgewolbt und beschaumt, vorn
3es
H, 478sqq. , 75 sqq. l^sqq. 170 sq.
) M, 253 sqq.
201
Andr' urid Andere hinten." 269 ) In dieser seiner Herrschaft
iiber deri Sturm zeigt sich Zeus besonders im Herbst.
Dann ist er Zevg '{laifiaMnrjg? 70 ), nach dem auch derMonat
Maimakterion benannt isl 271 ). Am zwanzigsten Maimakte-
rion war das Fest des Zsvg fiaifidxTTjg, mil Siihnppfern
verbunden, weil der anscheinend ziirnende Gott die Gemuther
bufsfertig stimmte 272 ). Dieser Zevg n-aip. ist nicht ver-
schieden von dem neitt%ios* 73 ), xa&aQaiog"*).. Dem Zevg
fisiU^ioq wurde das Fest der Jiaaia gefeiert,. welches auf
den dreiundzwanzigsten Anthesterion 275 ) fiel und denselben
Charakler, den eiries Siihnfestes, haite. An ihm wurden
bios Feldfriichte geopfert 276 ). Fcuav en;iifJV%Qvfftv srjjaiat
sx Jibs ccvQa^ 277 ). Evavenos Z78 ). ;
d) Die Bergspitzen sind ihm heilig 279 ), weii um
diese die Wolken sich lagern. Daher sitzt.er ax^o-
xoQvcpfi nokvdeiQadog Ov^vftnoto^ ), cMQflg sv nro-
ai>9 ) N, 795. V'ergl. II, 364 sq. /, 67sqq. ft, 313 sq. , 175 sq.
o, 297.475.
27 ) Phot, and Harpocrat. MKi{j.Kxrr\Qt(av* Vergl. P teller De-
meter. 248.
"9 01. 88, 2 = 17. Novbr. 15. Decbr. 427-,
01. 87, 3 = 21. Octbr. 19. Novbr. 430.
* 72 ) Hermann G. A. .57.
273 ) Preller Demet. 246 sqq. Paus. I, 37, 4. II. 9, 6. 20, 1 sq.
Antonin. VI. p. 207, 1 West. Hermann Die attischen Diasien und
die Verehrung des Z. Meilicliios zu Athen. Philol. II, 1. p. 1 .11.
'"*) Preller Demet. a. a. O. Paus. V. 14, 8. , Plutarch, de esu
earn. II, 1. Pollux VIII, 142.
I7S ) 7. Marz 426, 9. Marz 429.
27 ) Hermann G..A. ,58,23.
27T ) Apollon. Rliod. II, 525.
2T8 j Pausan. III. 13,8.
379 ) Max. Tyr. VIII, 1 : Ine^utaKV 3e xai jil tcyKlfiara of
civ&Q(onoi, xoQv<f>c<s 6pe5v, "Olv/nnov aai "idyv xtti tin AAo ooos
TO) OL'OBVftJ-
JSO ) A, 499. E, 754. , 3.
202
1 ), d. h. auf der Akropolis 282 ). Auf der :axqa von
Agrigent wollten die Agrigentiner dem Zeus einen Tempel
bauen 283 ). Daher fiihrt er auch die Beinamen 7rax<uog 284 ),
85 ), x(>tog 286 ), xogvcpaiog 287 ),
(uog 293 ),, nach einem Berge auf Rhodes,
5 )., vom Berge Idnsaag bei Nemea, y
, ^.Ivrjaiog ^tog 297 ), vom Berge Airios auf Kepha-
lenia, ^tTvaiog 298 ) u. v. a.
b) . Herr des Lichtes und der Warme. Ich babe
schon friiher bemerkt > dafs in den Aethergottern sich der
Bimmel in seiner Totalitat, also auch die Sonne mitbegrif-
fen, darstellt. Vor Allen .ist dies bei Zeus der Fall: die
2S1 ) Callim. Jov. 82.
as *> S. RrResti u. Spanh. zn Callim. a. a. O.
*" 3 ) Polyaen. Strat. V, 1.
- S4 ) Hesych.
23S ) In Boiotien. Spanh. cle U. et.P. N. I, 391. Ueber den Accent
s. Meineke frg. Com. p. 29, 116.
296 ) Vgl. Apollodor. p. 41 7 a. TJnger Theb. 463. Bergk Gr. Mo-
natskunde 56 sq. Herod. I, 171. V, 66. Phot. Lex. p. 132, 8.
28 7 ) Pausan. II, 4, 5.
28S ) A, 353. 508. 580. 583. 589. 609. B, 309. z/, 160. Z,, 28.2.
,335. Aesch. Bum. 664. Solon fr. XII, 1. Theognis 341. Arnob.
HI, 31. (In Syrakus Diod. XVI, 70. Ebert 2i%. p. 128. 131 sq.)
Soph. El. 209. Aeschin. Timarch. 23. 31. 34. (ain Mysischen Olymp).
289 ) Soph. fr. 621 Ahr. Aesch. Ag. 285. Hesych. I. p. 133.
2!) ") Soph. Trach. 1191. vgl. 436 (200). -
S91 ) 77, 605. vgl. Aesch. fr. 169 Ahr. Spanh. z. Callim. Jov. 6. p. 32.
292 j Strab. X, 733. C. J. no. 2555, 11. Vgl. Jtos lixoov ibid. no.
2554, 135.
29r ) Pind. Ol. VII, 159 sq. ibq. Sch. Apollod. 111.2,1. Heyne
Obss. p. 218.
= 34 ) Pausan. IX. 2, 4.
795 ) Pausan. VI. 15, 3. Steph. Byz. s. v.
I96 j Pausan. Ill, 26, 6 u. ofter.
'*') Sch. Apollon. II, 297.
" 8 ) Pind. Ol. VI, 162 ibq. Sch,
203
Sonrie ist gleichsam sein .Auge 299 ). Den Zsvg
auf der Burg Larissa zu Argos erklart Pausanias 30P ). als
Himmels-, Wasser- und Erdzeus; so auch Creuzer 301 ).
Schwenck 302 ) fafst-ihn als den Gott der drei Jahreszeiten.
Vielleicht Blitz Zeus? Vgl. Kyklopen, Athene yhctvKWTtig.
Dafs er als Lichtgolt gedacht sei in dieser symbolischen
Darstellurig geht theils aus der symboHsehen Bedeutung des
Atiges an sich hervor, theils daraus, dafs Pausanias sagt,
der VCCOQ des Zeus auf der Burg Larissa habe kein Dach
gehabt ; dafs dieser dreiaugige Zeus in dem Tempel der
Athene stand; dafs er aus Troja mitgebracht sein sollte 303 ),
wo ihh Priamos sv vn&l&Qip vfjg avkfjc; aufgestellt gehabt
hab'e 304 ). (Vgl. Athene yoQy&mg zu Ilion.) Den Lichtgott
bezeichnen die Beinamen ai&lo'W 305 ), axraids 306 ) (p-
7 ) , Ivxaws 308 ) (p. 180sqq.) 3 ^ewg 309 ), yavcuog
307
'") Vogel des Zeus (Zyvos OQVIV) nennt sie Aeschyl. Suppl. 212.
6 ctltv oqdav xvxios /lib$ nennt Soph. O. C. 704 das Ange des Zeus.
, 837 'fI%T] ffafj.(fOTQ(ov txfT cd&e'QK xcil /tiog avyug.
30 ) II. 24, 3 sq.
301 ) III, 195. I,43sq.
302 ) Andeutungen p. 44.
303 ) Dutch Sthenelos d. Aitoleri Hieraus erklart sich vielleicht
die Sage von dem Dreiaugigen, den die Dorer beim Einznge
in den Peloponnes zum Fiihrer nelmien sollten, Oxylos, O. Miiller
Dor. I, 62.
'"*) Vgl, Sell. Euripid. Troad. 16.; /
3ns ) Tzetz. Lycophr. 536.
3<l6 >Preller Demeter. p. 248. not. 15. O. Miiller Orchom.
p. 243 sq. 342 sq.
3n7 ) Pans. V, 5, 5. Vielleicht yLuxnlog.
309 ) Paus. IV. 22, 7. VIII. 230,- 2. 8. 38, 1-7. 53, II. Callirn.
.lov. 4. Schwartz Apoll. 40. not. 1. Jacobi p. 891 sq. Schwen ck
p. 39 sq. - . ' : .
3n9 ) Zu Elis Steph, Byz. . .
: 110 ) Euripid. Rhes. 355. Welcker Gr. Tr. Ill,' 11 18 sq. vergl.
Apollon.
204
15 ). Darum kommen auch Tage und Nachte von
ihtn 316 ), so wie die Jahre 3t1? ) und ihre Zeiten. Diesem
Verhaltnifs als Heraufbringer der Jahreszeiten verdankt er
den Beinamen f/otgaj/e'Fjys 318 ). Kvvai.&eyg at9 ), die Hitze
in den Hundstagen erregender; xpwog 320 ), weil er dutch
Hitze Staub hervorbringt; artof-ivios m )> Fliegen abwehrend"
durch den Regeri.
c) Herr des Gedeihens, theiis als Warme verlei-
hender Gdtt des Aethers, theiis als Sender des Regens.
,,Reichliche Gabe des Zeus aus den jahrlichen griinenden
Fluren bandigt die Hunger erregenden Uebel" 328 ). ,,Wann
Zeus aus der herben Traube den Wein bereitel, dann ist
schon Kalte in den Hausern" 323 ). ,,Zeus segne das Land
mit reifender Frucht in.jeder Jahreszeit." 324 ). Er ist daher
3lt ) Zf-vs iv @rjpKi$ Hesych. p. 1176.
31 *) Hesych. p. 1497 Alb.: 6 Zsvs lv
3J1 ) A, 498. E, 265. 0, 206. 442.
314 ) Soph. O. C. 1086.
3>s ) Antonin. VI. p. 207, 1 West. Callim. Jov. 82ibq. Spanh. (p. 64).
Hesych. s. v. Apollon. Rh. II, 1126 (vgl. Aesch. Sppl. 388).
3I6 ) ooaai yao vvxres re xctl TI(JI?(>KI fr. dios siotv, I, 93.
3 ") B, 134.
31B ) Pausan. V. 15^5. VIII. 37, 1. X. 24, 4. Der Beweis sollte
nach dem urspriinglichen Wortlaute nnten bei den Moiren gegeben
werden, zu deren DarsteUung der Verfasser aber nicht mehr ge-
komtnen ist.
319 ) Tzetz. Lycophr. 399. Schwenck p. 42.
32n ) Paus. I. 40, 6.
Ml ) Pausan. V. 14, 1. Aelian. H. A. V, 17. 1st gleicli S^rVa
II Reg. I, 2. Luc. XI, 15. ,,Fliegengott" zu Akron. Daraus durch'Knt-
stellung mit Absicht faet.&povl (Kothgott). Matth. XII, 24. Lucas 1. 1.
Vgl. Gloss. Philol. sacr. p. 987. Buxtorff Lex. Talm. p.1088. Job..
Lightfoot Hor. Hebr. ad Matth. p. 168. Leusden Phil. Kbr. p. 340.
Albert! Porta Linguae sanctae. Budissae. 1704. 4. p. 135.
"*)' Aesch. Ag. 1014 sq. .
353 ) ibid. 970.
"*) Aesch. Suppl. 689 sqq.
205
5 ), und die Friichte reifen, wenn seine Zeiten
iiber sie konimen 326 ). 'ETudwtqg 3 "), g)VTatyiiog 3 ), TS-
/Utog 3 * 9 ) = Vollender?; TctUawg 330 ) (auf Kreta). Seinen
nahen Bezug auf Aekerbau zeigt das Beiwort egycttog 33 *),
ebenso egex&evgl 3 *) und yswgyog 333 ), dessen Opfer an dem-
selben Tage dargebracht wurde, an welchem man dein Zsvg
^.ai^ioDtirjs opferte. IlehcoQog ist schwer zu deuten ; .die
Beziehung auf Ackerbau geht daraus hervor, dafs die in
Thessalien gefeierten JlsXtoQict mil dem Erndtefest der Sa-
turnalien verglichen werden 334 ). Hierher gehoren auch
die 4t7t6hia 335 ) oder Bovcpovia, welche man am yierzehn-
ten Skirophorion 336 ) zu Athen beging zu Ehren des Zeus
ndhtsvg (des Burgschutzers). Der Name Bovcpovia kommt
von einem Gebrauch bei der Feier^ Es ward Gerste auf
den Altar des Zevg nohevg gelegt; der Slier frafs und
wurde getodtet durch einen Priester aus dem Geschlechte
der Thauioniden 337 ), fiovtvrtog, fiovyovog, der dann mifc
zuruckgelassenem Beile floh. Dies Beil wurde in das Pry-
335 ) Callim Jov. 91.
3J6 ) o> T 344. Vgl. Arat. Diosemea 10 sq.
327 ) Pausan. VIII, 9, 2.
329 ) Hesych. Vgl. V 6 1 c k e r Japet. p. 1 63 sq.
3;9 ) Aesch. Bum. 28. Ag. 973. Suppl. 535. Philoclu fr. 179 Mlill.
Pausan, VIII. 48, 6. Vgl. Spanh. zn Callim. in Pallad. 135. p. 728 sq.
[Ueber den Begriff von ratios iiberhanpt Spanh. zu Callim. Jov. 57.
p. 52. Gegen ihn Ruhnk. Tim. p. 224 sq. (vgl. Soph. O. C. 1079)].
Pind. Pyth. I, 67. Plat. Euth. p. 5. Diodqr. Sic. V, 73.
33 ) Hesych. s. v. Vgl. Welcker bei Schwenck p. 265, 275, 340.
331 ) =: ae'gios Zsvg. H.esych. p. 1417 Alb. Statt KSQIOS hat man
vorgeschlagen agoTQtos, ciyQtos, cigeios. s. Interpp. zu Hesych. 1. 1.
332 ) Tzetz. Lye. 156. 431.
3J3 j C. J. 523, 12. /
334 ) Athen. XIV. p. 640. Vergl. Hermann G. A. .64,21.
335 J Vgl. Hermann G. A. . 61, 15.
ssej _. 24 j un i 426.
337 ) Bossier de gentibus et familiis Atticae sacerdotal. Darm-
stadt 1833. 4. p.l4sqq.
206
laneum gebracht, vertuiheitt and in's Meer gevvorfen.
Dafs auch Zevg ficcatkevg 23 *) ein Gott des Ackerlandes uncl
xler Fruchtbarkeit sei, ha be ich schon friiher, als ich votn
Kronos zu Lebadeia redete, angedeutet. Diesem Zevg /?-
aifavg, der riicht verschieden ist votn Tgoqiwviog 333 ), \vurde
zu Lebadeia das Fest Baatheia oder Tgocpcovia gefeiert.
Man hat mehrfach diesen Trophonius mil Hades identifi-
cieren wollen, unter Andern Panofka 340 ); aber es ist mir
sehr zweifelhaft; ob dies zulassig. Dafs auch der in
Boiotien verehrte Zevg b/uohtoios 311 ) auf Ackerbau zu be-
ziehen sei, liefse sich vielleicht aus dem Umstande schliefsen,
dafs an dem Feste der bfio^coicc Zeus verehrt wurde zu-
gleich mil Gottheiten, die sich auf Ackerbau beziehen, mil
Demeter, Athene und Enyo. Sicher dagegen gehoren
hierher die Beiworter STIMCCQ'TTWS*), f.whevs**' 3 ) (Vorsteher
der Muhlen), avxdaiog 344 ) , f^OQiog^ 5 ) (der die Oelbaume
JS8 J Thebais fr. 3. p. 587 Paris. Solon, fr. 29. Tlieognis 285. 370.
Aesch. Prom. 532. Ag. 355. Pausan. IV. 22, 7. IX 39, 4 sq. Creuzer
Symb. IV, 422. 6. Mliller Orch. 146 sqq. Dio Clirysost. I. p. 14:
/?acrt'Atro<r axqK, tfQK /Itog fiaaiJ.stas. ibd. p. 8: fj.6vos &iav nctTrjQ xal
paail.evs ^Tioro^sTcu (?). Soph. Tr.' 127. [Zu Haliartos (Plut.
narr. ainat. 1), wo es aber der Hades ist.] Plat. Alcib. II, 9. p. 143 A.
Dion. Halic. A. R. II, Tom. I, p. 80, 33 Sylb.
339 ) Strabo IX, 414 b. Diodor. XV, 53. p. 45 Wess. Livius XLV.
27, 8. Nach Pithoei von Hildebrand gebilligter Cbnjektar auch Ar-
nob.1,20. (IV, 14). O. Miiller Orch. p.!46sqq. Panofka Archaot.
Zeit. 1843. p. 4. -
34 ) Z. Basil, u. Heracles KaUinikes. Berlin 1847. 4. p. 10. Der-
selbe Trophoniuskultus in Rhegium. Schr. d. Akd. aus d. J. 1848.
34t ) Ister fr. 10 Mull. Unger Theb. 463 sq. 323 sqq. Hermann
G. A. .63,21. O. Miiller Orch. p.228sq.
34 2 ) Hesych. s.v.
343 ) Tzetz. Lye. 435.
344 ) Hesych. avy.d&w.
345 ) Heyne Apollod. fr. p. 401 (Sch. Soph. O. C. 701.) fr. 34
Miill. Wander zu Soph. O. C. 703. Vejrgl. Sch. Aristopb. Nub. 1005.
He user de numine divino apud Soph. p.&. Mnage zu Diog. Laert.
H/, 26. p.489sq. Hiibn.
207
getleihen Jafst), &v&eios 34e ), und die den Fiirsorger der
Heerden bekimden: vof-iiog 347 ), j
2. Der e th ische 3r ').
Belrachten wir nun, was fiir ein ethischer Zeus aus
dem eben skizzierlen natiirlichen werden mufste. Wir wollen
dabei yon den einzelnen Momenten der Naturbeslimmtheit
des Zeus ausgehen, wie ich sie im Vorhergehenden aufge-
fuhrt habe 351 ).
Mil Bezug nuf.das Himmelsgewolbe ist Zeus
) efhaben und ewig. $7FTOg 352 ), vTcsQTarog 353 ),,
5 *), a&dvctTOS 3 )- Dies geht freilich weniger auf
3>6 ) Welcker zu Schwenck p.275. '
347 ) Arcliyt^s beim Stobaus Serin. X-LI, p. ^69 sq.
3 ' 9 ) O. MiilLer Orch. p. 155. Eel. IL
349 ) AufNaxos. C. J. 2418. aufKorkyra C. J 1870: B ocklj Staats-
liatishalt. 2. p. 398. O/ Mil Her Orch. p. 155.
35n ) Ueber die Moglichkeit, Naturliches zu Pjthischem zu machen
s. oben p. 59 not. 44.
351 ) Wie selir die Griechen allezeit den Natargrund ihres Zeus
fiihlten, kann man iiberall sehen. Vgl. z. B. Phil. Bybl, bei Enseb.
P. E. I. X. TOVTOV &eov Ivopi&v t uovov OVQKVOV xvoiov, Bstkadfuiv
y.KJ.OUVTZS , O tOTl nttQK l PQlVl'^i ZVQIOS OVQcn'OV , ZfV'S tFi TltlQ
"Ell.rjOi.
352 J Pansan. I. 26, 5. HI. 17, 6. VIII. 2, 3 (14,7). IX. 19, 3. Pind,
Ol. Xllf, 23. E, 756 (0, 22 VTJUTOV ^GTCDQ .) 0, 31 (vn. ZQI-IOVTCOV).
3M ) Aesch. Suppl. 681.
3M ) Aesch. Earn. 28. Soph. Phil. 1289. Paasan. II. 2,8. V. 15,5;
IX. 8, 5.. Horn. u. Hesiod. C. p. 320, 2 Gttl. Vgl Unger Theb. 323.
335. 343. Boc-kji C. J. I. p. 475. ,,Prof. Ulrichs (Z. f. A. 1844. Hft. 1.
p. 20) scheint das Bema selbst fiir den Altar des Zeus Hypsistos zu
halten. Dies konnte doch nur in sehr spater riimischer Zeit gesche-
hen sein, wo das Bema nicht mehr als Rednerbiiline gebraucht
wurde." G(i tiling Rh. Mus. 1845. p. 337. not. 69. Spanh. zu
Callim. Jov. 91. p. 71. Pind. Nem. I, 91. Spon. Misc. p.315.
355 ) B, 741. Soph. Ant. 585 sqq. Bckli. : Wer mag Deine Gewalt,
o Zeus, kiihn aufhalten in frevlem Hochmuth, die nimmer der Schlaf
fahet, der allentkrafter % nimmer der Gotter rasche Monden! In nie
alternder Zeit .bewohnst Du des Olymps lichte, strahlende Gipfel,
Herrscher !
208
den anfangs- als auf den endlosen Zeus; er ist nur aiwvoi;
XQGCOV aTTCHWou 356 ). Wie denn iiberhaupt die G otter nur
alev eowes, asl yev&ai sind, insofern sie nicht von Ewig-
keit her, sondern nur CC^QOTOI sind. Aber selbst diese
Unsterblichkeit des Zeus ist nicht eine vollkommen absolute,
so wenig als seine Macht, da auch Zeus die Moglichkeit
gegeben war, durch einen Machligeren gestiirzt und in
den Tartaros gestofsen zu werden. Mufste er doch die
Metis verschlingen, damit diese nicht einen dem Vater
iiberlegenen Sohn gebare 357 ). Die Unsterblichkeit ist somit
nur relativ zu fassen: Zeus ist weniger sterblich als die
Menschen.
An. die Blaue und Allgegenwart des Himmels schliefst
sich die Vorstellung von dem treuen und allgegenwar-
tigen. Daher Zsvg yrtWog 358 ); er halt auf die im Schwur
gelobte Treue: ogxios 359 ), OQXCOV ra^ias 360 )- Er selbst ist
wahrhaftig, und was er zusagt, das halt er 361 ).
Wie von alien Eindrucken des Himmels keiner mach-
tiger ist als der durch das Gewitter hervorgerufene, so hat
sich auch der vornehmste ethische Charakter des Zeus aus
dem Herrscher im Donnergewolk gebildet. Macht, die
sich fast bis ziir Allmacht sleigert, Ernst, Erhabenheit: die
fiihlt der Mensch in dem Walten des Gewitters und legt
sie daher nothwendig auch dem Herrn des Gewilters als
3S6 ) Aesch. Su^pl. 574.
" 7 ) Ygl Aesch. Prometheus y. Schomann.
35S ) Dion. Hal. 2, 49. Vergl. Eur. Med. 170.
359 ) Pausan. V. 24, 9. Soph. Phil. 1324 (O. C. 1767). vgl. ^, 155sq.
#,76,411. Matzner p. 50 sqq.
36 ) Eurip. Med. 169.
36 ') Aesch. Snppl. 90 sqq. Eurip. Ale. 978 sq.
. 209
Attribute bei. Zeus ist peyag 362 J i, fisyiGTog 363 ) ,
(Herr), xoc&vTteQTeQog 366 ), xvdiaTog 567 ), a&eviog 35 *),
3S9 ), fyi&yog 370 ), vyiiiedav 37i ),navda[i(xi;{OQ 371a ),
2 ), rtaveQyetrjs 373 ), TiavTctgxog &ewv 37 *). ,,Herr der
Herren, der Seligen Seligster, aller Gewaltigen Gewaltigster,
gliicklicher Zeus, erhor' und Jafsgeschehn," 375 ) ,,Herrin eigner
Machtvollkommenheit (civz6%ei(> aval;) 376 ) herrscht er, keinem
unterworfen, liber die minder machtigen und fiirchtet keinen
iiber ihin stehenden. Da steht mit dem Worte das Werk,
zu vollfiihren sofort, was er ersann." Vergl. Homer. Auf
diese Macht beziehen sich auch die Beinamen
An die Macht des Zeus, .wie sie im Gewitter sich of-
fenbart, lehnt sieh auch die Eigenschaft des ziirnenden,
strafenden. Wie er das Unrecht uberhaupt racht, (ala-
362 ) Horn. u. Hesiod. Cert. a. a. O. B, 134. -JE, 907. Z, 304,312.
H, 24. Soph. Elect. 209, 175. Cratin. fr. 4. p. 8 Mein.
363 ) Theognis 285. Auf Lesbos Inscript. Plehn 118. Aesch.
Gh. 203. C. J. 1513. B, 412. F, 276. 298. 320. H, 202.
364 ) Demosth. gegen Lacrit. p. 597. Basil. Soph. O. C. 1485. Tr.
274. 1089, F, 351. J2, ,194. 200.
3GS ) Hesych. Tom. I, 1445 Alb. e$os' 6 Ztvs.
366 ) Theokrit. Id. XXIY, 97. -
361 ) B, 412. T, 276. 298. 320. H, 202.
368 ) Pans. II, 32, 7. 34, 6.
369 ) JB, 350.403. H, 315,481. @, 470.
37 ) 4, 166. H, 69.
3T1 ) Epigr. bei Diog. Laert. prooem. 4. '
31) a) Elmsl. z. Ear. Her. 900.
3 ") Aesch. Agam. 1486.
373 ) ibid. -
37+ ) Soph., O. C. 1095.
375 ) Aesch. Suppl. 524 sqq,
376 ) ibd. 592.
3 ") Eustath. II. II, 25. p. 168.
") Bacchylid.fr. 48 Bgk. Simonid. fr. 231 Bgk.
379 ) Sappho fr. 149 Bgk. . Ueber den appellativen Gebrauch
dieser Nomina propria vgl. Lauer Gesch. d. hom.Poesie. p.lSSsqq.
Lauer Griech. Mythologie. 14
210
GTOiq - 80 ) (die Rache nicht vergessende),
(>og 382 ) (auf Kypros),) so insbesondere das Unrecht gegen
die Eltern 383 ), und .vor allem den Mord. Daher Zsvg
7ia3Lct(j.vaiog 3S4 ) (so hiefs eigentlich der Blutschuldige selbst),
der die Biutrache vollbringende. DerSchuldige sucht als Ix&njg
Schutz und Siihne bei einem ihm Befreundeten (gsvog). Zur
Entsiihnung wurde in der Regel ein Ferkel geschlachtet
(XOIQOXVOVOI xa&aQi-iol) , mil dessen Blute die Hande des
Mbrders bestrichen wurden, indem er dabei zum Zsvg [Ai-
U%iog (s. unten) iflehte 885 ).. MeiUy^ia (als Versohnungs-
mittel) und Ra&ctQaia (als Siihnungsmittel) hiefsen diese
Opfer, welche dargebracht wurden um die erziirnten Manen
und die ra'ehende Gottheit zu versohnen. Aus der friiher
erorterten Beziehung des Widders zu Zeus wird der Grund
kiar sein, weshalb man sich auch eines Widderfeiles (4iog
Kqdiov, oder Slov x^dtov) 386 ) zur Entsuhnung bediente, auf
dem der zu Siihnende mit dem linfcen Fufse stehen mufste.
(Vgl. unten den Aufsatz : Athene mit dem Widder.) ZIJTIJQ,
den Hesychius als Zeus auf Cypern anfiihrt, scheint eben-
fails ein rachender Gott zu sein.
Unwandelbar wie der Himmel wird Zeus zum Gott
der hochsten Gerechtigkeit. Er hat die Handhabung
des Rechts in himmlischen und irdischen Dingen; den Ge-
38 ) Epimer. Horn, bei Cramer Anecd. I. p. 62. Pherecyd. fr. 114a.
Miiller. Hesych. .
381 ) Rulinken. Tim. p. 34. Ueber das Wort s. Do der 1 ein zu
Soph. O. C. 364. p. 319 sqq.
39Z ) Clem. Alexdr. Prot. p. 24 Sylb.
383 ) Soph. Elect. 205 sqq.
394 ) Aristot. de mundo Til, 6. Apollon. Rhod. Argon. IV, 709.
Vgl. Creuzer III, 121. not. 2. ' .
385 ) Vgl. iiber die Entsiihnung H e rm ann G. A. .23. B e n e d.
Averranus diss. 22 ad Euripidein (Opp. Tom. I, 459).
386 ) Vgl. Preller, Polem. p. 139 sqq.
211
selzen giebt er rvyflv aya&rjv xai x$og 38 , 7 ).
OvQctvidflGi 363 ). Antigone 389 ) sagt zu Kreon: ,,Nicht Zeus
ja. war es , der mir dies verkiinden liefs." ditoytpogos S9 ).
Jlxrj J-vvedQOs //tog 391 ). Die auf Erden. Recht sprechen,
thun es auf Verordnung des Zeus 398 ). Im Aias 393 ) fleht
Tetikros, es moge der Vater Zeus, der den Olymp beherrscht,
bose die Bosen verderben. c ETQO(}e7tij<; 39 *) (der mit gfei- 1
cher Wage wagt). KAa^tog 395 ) wird vom Scholiasten zu
Aesch. Suppl. 396 ) von einem Zeus erklart, der Allen ihren
gerechten Theil zutheilt, was Spanheim 397 ) billigt; mirscheint
es sich aber aiif den Licht- und Warmegott zu bezieheii,
da es wohl eher mit clarus als mit xA^og zusammenhangt
MoiQayT7]s A9B ), ethisch gefafst als Lenker des Schieksa!s
(Fiihrer der Moiren). Ne^eiae 399 ), vjW^TJ?g 400 ), vefisTWQ* *).
Das Wohlthuende des Lichts und der Warme hat in
Verbindung mit dem Vaterlichen des Himmels den Him-
inelsgo tt als einen in i 1 d e n u n d b a r m h e r z i g e n erscheinen
18 7 ) Solon, fr. 29. Vgl. Minos.
38S ) Callim. Jov. 3.
389 ) 450.
39 ) Aeschyl. Ag. 5?5.
39 Soph. O". C.l38lsq.
392 ) ^, ^38.
393 ) 1389 sqq.
394 ) Aeschyl. Suppl. 403.
395 ) Pans. VIII, 53, 9; zu Tegea, wo ihm jahrlich ein Fest ge-
feiert wurde. Vgl. Hermann Antiquit. II. p.,258jl2.
396 ) 355.
397 ) Callim. JOY. 80. p. 63.
398 ) Paus. V, 15, 5. VIII, 37, 1. X, 24, 4.
3 ") Zu Nemea. Paus. II, 15, 2 sq. 20, 3. IV, 27, 6. Dieser pelo-
ponnesische ist auch gemeint Pind. fr. 46, 7. (ygl. 12) Bgk. In Locris,
-wo Oinoe /libs N. tegov hiels. Horn, und Hesiod Cert. p. 322, 27.
p. 323,1 Goto. -.
40 ) Steph. Byz. p. 209, 8 West.
401 ) Aeschyl. S. c. Th. 485.
14* .
212
lassen 402 ). "HTUOS auf Kreta 403 ), x%wi> 404 ), t^Ttog 405 ) auf
Kypros, , 3 der versohnte", wie tieiUftiog, dem man opferte,
wenn nach dem rauhen, unfreundlichen Winter der milde,
freundliche Lena erschien. Mehaffcuog* 06 ), navo&vnog w ),
S ) (= der Schutzflehenden), Jx&wos* ol Vfoos- 410 ),
TtQoaTQonaios*) (der das Ungluck abvvendet),
3 ), sUvvf-isvos^*)- Auch gehort hierher die Stelle
aus Sophocles 415 ): Z^n avv&axog &QOVCOV Videos sn I^yoig
Ttuaiv.
An das Aufsteigen imd Aneinanderstofsen der Wolken
knupft sich die .Vorstellung von Zeus, dem Krieger und
Furs ten.
42 ), ^o^atov^os 4tl ),.
4ej ) Vgl. FeuerLach Werke I, S. 380, 381.
403 ) Etym. M. p. 434. Creuzer 111,99.
* 04 ) Pans. VHI. 12, 1.
405 ) Hesych. Ygl. Giese Aeol. Dial. p. 253. not.
406 ) Hesych. s. Y.
407 ) Soph. fr. 199 Ahr.
408 ) J. Pr. Leisner de Jove Ixeirjafy. Lips. 1738. 4.
* 09 ) Pherekyd. fr. 114a. Mull. Soph. Phil. 484. Apollori. Rhod.
Argon. U, 215. Ill, 358. IV, 700. Tryphiodor. 98.
41 ) Aesch. Suppl. 385. '
411 ) Sophocl. Phil. 1182.
415 ) Hesych. Jionopnela&Ki. Vgl. Creuzer III, 121.
4 ") Aesch. Suppl. 1.
414 ) 'Ev KvQrtvy Hesych. p. 1177. Vgl. Giese a. a. O.
415 ) O. C. 1267, 68.
416 ) Pans. V, 14, 6. Welcker.Tril. not. 258.
41T ) Steph. Byz.
418 ) Hermann .53,28. O, Muller Dor. H, 95, not. 5. 236,
not. 9. Ygl. 337, 2.
419 ) Plutarch. Pyrrh. 5. Soldan Rh. Mus. 1835. p. 112, not. 93.
4SO ) Paus. in, 12, 9. Soph. Ant. 143. Tr. 303. C. J. no. 173. Vgl.
Peters Theol. Soph. p. 42. not.**). Eurip. Heraclid. 870. 940.
421 ) Dion. Halic. II. (Tom. I. p. J02, 31 Sylb.)
4 s ) ibid.
213
(Beutebringer), vMijcpogos* 23 ), 677^00/^05 424 ). Mehr auf das
Ringen gehenaywvtpg 421 ), TtfaAafO^g 426 ). Auch als Tanzer
wird Zeus genannt 427 ).
Aus dem Natur-Zeus, welcher Licht und Warme sendet,
entwickelt sich nach ethischer Seite bin eine andere Vor-
stellung. Licht und Helle stehen in unmittelbarer Bezie-
^P 1 .
hung zum Wissen 428 ) ; daher Himmel, Sonne, Wolke, Wasser
prophetisch oder vielwissend. So wird der helle, lichte
Zeus zum weisen. Er ist nai^ o nuvxonxa^}, o navtf
oQtiv* 30 ), tyo&ev axonog* 31 ), TU PQOTCOV soft's 432 ); aber
auch TOJV (.isMtOvtwv Tccfj.iccg oxi XQTJ TeTshea&ai, 433 ).
Datum kommen alle Wahrzeicheu 434 ) und Orakel von
ihm; die Propheten sind seine Herolde und selbst Apol-
lon spricht nur nach seiner Eingebung 435 ). Die hier-
auf beziiglichen Beiwb'rter sind: Ttavo^icpaiog* 36 ) ,
423 ) Cic. legg. II, 11, 28. Drakenb. ad Sil. XII, 672.
424 ) Gleich ,,Waffentrager" (in Karien.) Strab. XIV. p. 659.
. 425 ) Soph. Tr. 26.
426 ) Lycoph. Cass. 41.
427 ) Athen. I. p. 22 C. Eustath. p. 1602, 26.
428 ) Die gleicjie Wurzel iS bedeutetim Griech. Wissen und Sehen.
Vgl. umsichtig; klarer, heller Verstand, Einsicht, ein-
leuchtend, erleuchtet; mir scheint.
449 ) Aeschyl. Suppi. 139. vgl. Enmen. 1046. Soph. O. C. 1086.
43 ) Soph. Ant. 184. Apoltoiu Rhod. B, 1179. Well.: Zevs ainos
Ttt HxttG-f ImdsQXSTttl.
43 ') Aesch. Suppl. 381. Vergl. sari ftfyas ouQctvt^ Zeus, os (poQK
ndvra y.ul xgcavvei. Soph. El. 174 sq.
432 ) Soph. O.K. 498.
433 ) Soph. fr. 515 Dind. 524. Ahr.
434 ) Diese auch deshalb, weil sie vornemlich am Himmel vor
sich gehen.
435 ) Aesch Euinen. 19. 616 sqq. Soph. El. 659. O. C. 623. 793.
O. R. 498. Andere Stellen siehe bei S ch w'alb e iiber die Bed. d. Paan.
p. 2. not. 1.
436 ) 6[Mpri v. tlnf.iv wie ffT(>0|U/3o- v. d. Wurzel argeq). Pott.1.180.
0.250. Simonid. fr. 146, 2. Vgl. Maetzner de Jove Homeri.p.34 43.
Phavorin. TQOKCUK. Eustath. p. 169, 26. 711,52. 1885,8.
214
/
, fftyuaAe'og 438 ), &7i/uog 439 ); auch
/tog 440 ) (Eingeweidezersehneider), kann yielleicht auf Pro-
phetie bezogen werden. Auch im Rathwissen wie in kluger
Erfindung offenbart sich die Weisheit des Zeus; er ist
ixcp&vta nqdea eldtos***), (.irpieTa 442 j, /M??/aj>i5g 443 ).
Aus dem Herrn des Gedeihens ehtwickelt sich Zeus
als Schtitzer und Erhalter. Daher* OIOTTJQ***) (dem
zu Athen am letzten Tage des Jahres geopfert wurde),
5 ), aacavys* 46 ), eniatarfQiog** 7 ), gwAa| 448 ), l
437 ) Lycophr. Cass. 536. Nach Tzetz. Zeus bei den Thuriern,
nach Potter Apollon.
4 ' 8 ) = Wetterzeichengcber. Pausan. 1. 32,2.
439 J Hesych.
440\
) Auf Kypros. AtLen. IV, 174 (vgl. Eustath. 6d. p. 1413, 24).
Engel, Kypros H, 660, will dies Beiwort lieber vom clithonischen
Zeus verstehen.
441 ) ^2, 88. Hesiod. fr. 135,2 Mcksch. und sonst sehr haufig.
442 ) A, 175. 508. jB, 197. 324. Z, 198. JJ, 478. 0, 170. Hes. Th.
56, 520, 904, 914. Sc. 33, 333. O. D. 104.
443 ) Paus. II, 22, 2. Bergk Gf. Monatsk. 17 19.
444 ) Philoch. fr. 179 Mull. Pind. Ol. V, 17. Aescli. Snppl. 27.
Apollod. II, 5, 1. Pausan. VIII. 9, 2. II. 20, 6, 31, 10. HI. 23, 10. IV.
31, 6. 34, 6. V. 5, 1. VII. 23, 9. Antonin. VI. p 207, 1. West. 350, 5.
Lysias Euandr. . 6. p. 790 R. Lycurg. gegen Leocr. . 136 sq. . 17.
Demosth. Prooem. p. 1460 R. (no. 52 Bekk.). Fest acar-^Qtce, dictco-
rflQia. In Athen als ^(OTTJQ xcd 'Etevfrfyios zusammen verehrt. vgl.
Hemsterh. zu Sch. Arist. Plut. 1175. Vergl. C. J. no. 157, 25 ibq.
Bockh Tom. I. p. 252. Was man aus dieser Inschrift schon folgern
konnte, dafs die &vaCa rip 4il ry awrflQt gegen- Ende des Jahres
miisse gefeiert sein, bestimmt, obgleich es yon Bockh u. Hermann
Antq. II. 61, 15 ubersehen worden, ganz genan Lys. Euandr. 1.1.:
r\ yap avQiov ri^QK f^ovr} Aot7z>j rov tviaurov Idiiv, v ds rctvTi] rtii
/Ju T$ acorfJQi Qvaia ytyvercu. Diese Stelle .hatten schon beriick-
sichtigt Hemsterh. 1. L Meier zu Leake Topogr. p. 445. Miiller
Eumenid. p. 188. (welcher p. 186189 liber Zeus Soter handelt).
In Kyzikos: Marquardt p. 133.
445 ) Soph. fr. 199.
446 ) Paus. IX. 26, 7.
4 *') In Kreta. Hesych. s. v.
448 ) Aesch. Sappl. 388 vgl.277. Vgl, Span h. zu Callim. Joy. 81.
p. 63 u. das Romische Jupiter Gustos.
215
, , j, ,
3 }. Besonders aber schiitzt und erhalt Zeus
die Gemeinscnaften.. So die Familie: j/o^Atog 454 ),
ysv&hos***), yeveEcciog'* 9 ), .'tyyias** 7 ), *%*0ff* 58 )- Die
Ver wan disc haft: o/uoywog 459 ), 6|Ho<
(Ob ao(>aT(HOg 466 ) nur dialektische Verschiedenheit von
. Die Freundschaft: iTa^fitog 467 ) (dem zu Ma-
449 ) Paus. 1.3,2. IX. 2, 5sqq. X.21,6. Plutarch. Aristid. cp.21,1.
Aeschin. dial. 11,1. Pind Ol. XII, 1. Strab. p. 41?. ZuAthen: Hem-
sterh. z. Sch. Arist. Plut. 1175.
45 ) Eustath. z. Od. x. fin.
, 451 ) Soph. O. C. 143 (vgl. Aias 187).
452 ) Aesch. ScTli. 8.
453 ) Apollod. I. 7, 2. 9, 1. Heyne Obss. p. 56. Pausan. II, 21, 2.
Ill, 17, 9. Tzetz. Lycophr. 288: 6 Swaptvos notrjaat. (pvytiv rov x(v-
dvvov. Sch. Apollon. Rh. IV, 699.
4r ' 4 } Tzetz. Lye. 288. Himmel and Erde sind die beiden Gott-
heilen, die vorzugsweise der Ehe vorstehen. Creuzer III, 118 sqq.
455 ) Arist. de mand. VII, 5. Plutarch. Amat. cp. 20. 11. Creuzer
III, 116 sqq.
* 56 ) Apollon. Rh. II, 1009.
45T ) Der Ehestiftende. Hesych. s. v. vgl. Aesch. Eumen. 213sq.
458 ) ,,Vollender." Aesch. Eumen. 28. Ag. 973. Suppl. 535. Philoch.
fr. 1 79 Mull.'. Pausan. VIII, 48, 6. Vgl. S p an h. z, Callim. in Pallad. 135.
p. 728 sq. [Ueber den Begriff von rsteios iiberhauptSpanh.z. Callim.
Jov. 57. p. 52. GegenihnRuh n k. Tim. p. 224sq. (vgl. Soph. O, C. 1079)].
Pind. Pytli-I, 67. Plat. Euth. p. 5. Diodor. Sic. V, 73.
459 J Ruhnk. z. Tim. p.!92sq.
46 ) Plato Legg. VIII. p.8, 142.
461 ) Apollod. 11,8,4. Soph. Tr.288. 755. Cornut. cp. IX. p. 29.
Osann. vgl. p. 255.
462 ) Exiripid. bei Pollux III, 5. = 6 T rrjs avyysvttus Sixuin
tyOQUV.
463 > Soph. Ant. 659.
464 ) Heind. z. Plat. Euthyd. p.302D. Hermann G. A..56,28.
C. I. 2555, 11. (zu Hierapytna).
465 ) Conon. p. 143, 3 West.
466 ) Hock Kreta HI, 140.
467 ) Herod. I, 44. Athen.XlII, 573. Parthen. XVIII, .p. 171, 24 West.
Hock Kreta III, 126.
216
gnesia em Fest 'EfatQideicc gefeiert wurde) 468 ), plJ
), evios* 7i ), sniQvvTios"*) (?). Das Haus:
, syeGTios"*) , o/weWog 475 ), oxoyi5Aa* 76 ).' Die
Stadte: nokievQ 477 ), yroAtov/og 478 ). Die Grenzen:
479 ), o^tog 48 ), ^vg 481 ), xaawg 482 ),
468 ) Hegesandros bei Athen 1. 1.
469 ) Plat. Phaeclr. p. 234. Pausan. VIII. 31, 4 (hier dem Dionysos
ahnlich gebildet). VgV. Creuzer III, 78. Preller Archaol. Zeit.
1845, no. 31.
47 ) Plut. Thes. cp. XIV, 3. Philoch. fr. 37 Miill.
471 ) i, 271. vgl. T, 351 sqq. Alexdr. Aetol. b, Parthen.XIV. p. 167,
21. West. Parthen. XVIII, p. 171, 24. West. Paus. XIII. 11, 11. Schol.
Soph. Aj. 487. Racht %vcov xccl ixsfwv aSixltts. Plutarch. Amat.
cp. XX," 11. Zu Amathus auf Kypros mit Menschenopfer. Ovid. Met.
X, 221. ibq. Lutat. Vgl. 3. G. Biedermann de Jove hospital!. Fri-
berg 1768. 4. '
475 ) Hesych. Zsvg Iv KQ^TIJ.
473 ) x- 334 sq. Herod. VI, 68. Soph. Ant. 487. fr. p. 250 a Ahr. Pau-
san. V. 14, 7. VIII, 46, 2. Creuzer III, 127 sq. Cornut. cp. IX, p.28.
Os. vgl. p. 254.
* 74 ) Soph. Aj. 492. Sp^nh. de Vesta. . 8. (Graevii Th. R.
p. 675 sqq.) Sch. Soph. Aj. 487.
* 75 ) Soph. fr. 274.
476 ) Aesch. Suppl. 27. vergl. Matzner de Jove Horn. p. 62 sqq.
Pet. Kuntzias de Jove ngonuhp. Jen. 1739. 4.
477 ) Cornut. cp. IX. p.28. Os. vgl. p. 255. In Athen Paus. 1, 24, 4.
In Lindos Ross Inscr. gr. ined. fasc. III. no. 271. In Alt-Paphos
C.I. no. 2640. Ilokievs == arcis praeses, nachErnesti Callim. Jov.81.
478 ) Nic. Schwebelius de Jove Tiohiovxy. 1740.
479 ) Hermann de terminis. p. 15 sq.
48 ) Bei dem die Grenznachbarn schworen. Polyb. II, 39 (wo
Bekker jedoch opctQiov.) Hermann Rel. Alt. .68, 11.
48 ') Lye. Cass. 706. Tzetz. : tog &(>%TI xat rfyfta TIKVTWV.
48J ) Vom Berge KKGIOV in Syrien (Strab. XVI, 2. p. 750. Dionys.
Per. 880. Suid.) s. Eckermann Myth. I, 119. Thucyd. Ill, 70. Mo-
vers Phoniz. I, 669. Eckhel D.N. Ill, 326. Boivin Mem. de 1'Ac.
Tom. II, 410 415. ed. Amst. vgl. p. 386 sq. Vgl. Creuzer Symb.
111,205. no. 31. Vgl. Animadv. ad Anth. Gr. Tom. II, 2. p. 322 sq.
483 ) Zu Lakedaimon, ein txQ-ybs At^off. (Paus. Ill, 22, 1.) == xura-
7IKVT1JS, sedator von Orest's Wahnsinn. S. Ebert Diss. Sicul. Regim.
1825. p. 201 sq.
217
wie er zuglefch der Ordner der menschiichen
Gesellschaft 1st: aToi%adevg* 8 *) (inSicyon), xoo/^rag 485 ),
ayoQcttog* 86 ), fiovhcuog 4 * 7 ) , opayvqiog***), (= Vereiniger,
Versammler), eyuxomog 489 ). Fraglich ist, ob hierhef auch
SQidfyuog (von drjftog) gehort, unter welchem Beinamen
nachHesychius Zeus auf Rhodus verehrt wurde. Unzweifelhaft
dagegen haben die angegebene Bedeutung die Beinamen
apyiiffitov* 9 *) und oficcQiog* 91 ), der Vereiniger.
Aus dem Herrn des Gedeihens isl ferner abzuleiten
Zeus als Segenspender: dcovcog cc7tr][.iovt7]g 49Z ), e^axeavij-
(Heiler), amjftiog* 9 *), giebt ein cpciQfiaxov rrjg
497 ),
484 ) Cramer Anecd. Oxon. Tom. IV. p. 320: TOiyagovv ol
vioi Kara (pvkas favrovs rccgavTSS xal KQi&[*,r)0KVTf$ dio
ISQOV l^QVffKVTO.
4S5 ) Pans. III. 17, 4.
486 ) Eurip. Heraclid. 70. Aristoph. Eq. 410. 500 ibq. Sch. Pausan.
HI. 11, 9. V. 15, 4. IX. 35, 4. Hesych. p. 62. Alb. XyoQaTog- Zevs.
Tlieophrast. b. Strb. XLII. p. 120 B.
48T ) Pausan. I. 3, 5. '
488-j Welcker Episch. Cykl. p. 128. Zu Aigiqn, wo ihm eia Ge-
sammtfest gefeiert wurde. Vgl. Merleker Achaic. p. 4. Pausan. VII.
24,2. Ulrich. Rer. Sybarit. p. 49. not. 194.
489 ) Auf Salamis. Hesych.
49 ) Miiller Aegin. p. 31.
491 ) Polyb. II, 39 Bekk. vgl. V, 93. Hermann de termin. p. 17.
not. 62.
49Z ) Callim, Jov. 92. -
493 ) Hesych. s. v.
494 ) Pans. I. 32, 2. = dcaraiQ Knr](j.ovtr)s. Callim Jov. 92.
* 95 ) Soph. fr. 711 Ahr.
496 ) Hesych. Zu Athen. Wesseling Diodor. IV, 3.
Creuzer Melet. I, 18. Zur Archaol. Ill, 486 sqq.
497 ) Paus. I. 31, 4. Isaios de Ciron. . 16. Antikleides bei Athen.
XI, 473 B. Das Bild dieses Zeus wurde, in einem Schrein oder Ge-
fafs verwahrt, in der Vorrathskanimer aufgestellt. S. Bernhardy z.
Suidas II, 1. p.426, 11.
498 ) Pausan. III. 19, 7. Vgl. Theognis 157 sq. 197. 231 sq.
4 ") Aescb. Snppl. 526.
218
01 ), der Gewinnbringende. Dieser
Begriff des Segenspendens verallgemeinert sich so vveit,
dafs Zeus Gutes und Boses giebt: av&Q 3-sdg aMove AA<^,
Zsvg ayad-ov rs xaxov ve didot dvvavai yag anavca 502 ).
Das Umfassende des Himmels, das Nahrende, die Ansqhauung
seines Verhallnisses zur Erde als eines ehelichen, alles dies
giebt, nicht durch Reflexion vermittelt, sondern unmittelbar
die Vorstellung eines himmlischen, fur die Menschen sor-
genden Vaters:,6 TOJV anawcov Zevg TtavtjQ 503 ). Die
Stellen, an welchen ^Vatev Zeus" vprkommt, sind nicht zu
zahlen; es bezeichnet dieser Atisdruck aber nichl die Ab-
stammung, sondern die fvirsorgliche Valerlichkeit. *
So erhaben, als der griechische Glaube den Zeus auf-
fassen konnte, hat ihn Aeschylos aufgefafst 504 ); und so er-
haben, als diese AufFassung dargestellt werden konnte, hatle
sie Phidias dargestellt in der beriihmten Statue 505 ) zu
Olympia, dem Hauptkultusorte des Zeus.
IdQiaTcuos 506 )- An das oben erwahnte Fest derJSoi;-
cpovia erinnert und schliefst sich auch seiner Bedeutung nach
genau ein Mythos an, der zu den altesten, beliebtesten und
zugleich dunkelsten gehort : der Mythos von den Argo-
50 ) Orph. h. 72, 4.
5fil ) Lycoph. Cass. 1092.
5oa ) S, 236 sq. Vgl. &., 525 sqq. u. v. a. Theognis 34J sqq. Mim-
nerin. fr. II, 15 sq- Bgk. Soph. Trach. 1020 sqq. et fin.
503 ) Soph. Trach. 275.
5C4 ) Vgl. Aesch. Suppl 574sqq. Schomann Prometheus, u. Vin-
diciae Jovis Aeschylei. Gryph. 1846. 4.
5 " 5 ) Die Statue etwa 40' hoch auf einer Basis von 12 y , in der
Rechten die Nike, in der Linken das Skeptron mit dem Adler. Vgl,
O. Mii Her Arch. .115. u. die dort ci tier ten Schrif ten.
506 ) Ueber diesen fanden sich in einem nachgeschriebenen Hefte
und in den Papieren des Verfassers mir unvollstandige Notizen.
Anm. d. Herausgebers.
219
naii ten 507 ). Wie elhisch derselbe auch im Verlaufe der
Zeit ausgebildet sein mag, so dafs er als reine Heldensage
erscheint: urspriinglich war er ein Mythos d. h. religios-
poetisehe Auffassung einer Richtung des Naturlebens. Die
Sage 1st aber diese : Athamas, Sohn des Aiolos (des bunten
Himmels) zeugt mil der Nephele (Wolke) (oder der The-
misto (Erde)), den 0Qi^og (Wolke) und die "EH?? (leuch-
tende Wolke). Auf Geheifs der Hera hatte er sich mil
Nephele vermahlt, liebte aber mehr als diese seine mensch-
liche Gemahlin Ino , des Kadmos Tochter. (Ino = Jo Erd-
gottheit). Dariiber erziknt, verschwindet Nephele. Jo hafst
der Nephele Kinder und veranlafst, um sie-zu verderben,
die Frauen des Landes, dafs sie den Waizensamen dorren.
Dadurch kommt Unfruchtbarkeit ttber das Land. Das Orakel
entscheidet, Phrixos miisse geopfert werden 508 ). Aber Ne-
phele entruckt Sohn und Toqhter auf einera goldvliefsigen
Widder nach Kolchis, Vvo Phrixos den Widder dem Zeus
0v^iog oder ^ayvavtos (v. hacpvaaeiv, nach 0. Miiller ur-
spriinglich = cpsvyeiv) .opferle. Beide Beinamen scheinen
mir nicht richtig gedeutet: sie gehen auf das Wesen des
Mythos, nicht auf die Aeufserlichkeit desselben. Vergleiche
Zsvg eihan Maoris auf Kypros 509 ), ,,der Schmauser;" vom
kayvaviog macht dies gegen 0. Miiller auch Hermann 510 )
geltend. Dieselbe Auffassung des Zeus findet sich in dem
Beiworte an^ay^voxoiA.og, ,,Eingeweidezerschneider." Er ist
der die Wolken aufsaugende Himmel. Die agrarische
507 ) Heyne Obss. z. Apollod. 1.9. p. 54 sq. Sturz z. Pherekyd.
fr. 40. p. 158 sqq. O. Miiller Orcli. p. 156 sqq.. Gerhard Phrixos
d. Herold. Berlin 1842. 4. Vgl. auch unten: Athene mit dem Widder,
508 ) Nach Pherekydes hot sich Phrixos, als grofse Diirre iiber
das Land gekommen war, freiwillig zum Opfer.
5 " 9 ) Athen. IV, 174.
51 ) G. A. .27,4. Vgl. Hesych. s. v. kaipuaaei: uercc 0xu).f.ioC
-let; tfnttQaGcfet, l.amtt, xaTttni'vei-, ,UT &vfj.ov
220
Bedeutung dieser Mythe tritt deutlich hervor. Was ihr
Verwandtschaft zu dem Opfer der Bovcpovia (p. 205 sq.) giebt,
ist dies, dafs, mythisch zuriickgefiihrt auf die vom Athamas
beabsichtigte Opferung des Phrixos , zu Alos in Achaia der
jedesmal alteste aus dem Geschlechte des Kytissoros, Sohnes
des Phrixos, sich von dem Prytaneion fern halten mufste.
Ging er hinein, so wurde er geopfert 511 ). Auch hier wieder
zeigt sich die Grausamkeit und Wiistheit des Erdkultes.
4. c
Lil. Gyraldus p.295 309. Natalis Comes lb. V,
p. 439 -451. Jo-h. Nicolai de Mercurio et Hermis.
Francof. et Lips. 1687. 12. Fourmont diss. ou Ton
montre, qu'il n'y a jamais eu qu'un Mercure (Mem. de
1'Ac. d. J. torn. X. 1 sqq. ed. 8.). Pntsche de variis
del Mercurii apud. Homerum muneribus atque epithetis
ad nnam notionem revocandis. Vimar. 1833. 4. J. D.
Guigniaut de 'Egpov s. Mercurii mythologia. Paris.
1835. 8. E. Gerhard Hermes auf Vasenbildern. Berlin
1839.4. Creuzer III, 286sqq. 501 sqq.
A. Name, a) c JE^^g. b) 'Egf-telag. c) c EQ(.isag.
d) "EQIICCOQ thessalisch 512 ).
Die Alten leiteten den Namen ab von SQCD (rede) oder
sQuyvEva) (dollmetsche). Zoega 513 ) aus dem Aegypli-
schen ,,pater scientiae," wogegenChampollion 514 ) den Namen
fiir rein griechischen Ursprungs halt, indem die Griechen
den agyptischen Gottesnamen ubersetzt hatten! Creuzer 515 )
von eyed, sl f QCo sero, sermo ,,das Reden, das Denken
51J ) Herodot. VII, 197. Auch O. Mliller erinnert hierbeiandie
att. Buphonien.
51S ) Vgl. Ussing Inscr. Gr. ined. no. 33. p. 33 u. 34.
513 ) de obelise, p. 224. 581.
514 ) 1'Bgypte sous les Pharaons I, 96.
M5 ) II, 102.
221
und Schreiben in der Reihenfolge, das discursive Denken;
so ware Hermes der Vater der Buchstabenschrift und alles
diskursiven Denkens." - Haupt 516 ) von e^arj (Thau).
Schwenck 517 ) von SQCC (Erde). O. Muller 518 ) von %<,
Q(.iaj (Steinhaufen, Pfahl). Pott 519 ) ,,der sich verstellende,
schlaue, oder der Besehiitzer." Bei dieser Differenz wird
es erlaubt sein, die Erklarung des Namens auf sich beruhen
.zu lassen.
B. Genealogie. Wie Zeus auf der Hohe des Ly-
kaion geboren sein sollte von Kronos und Rhea (Hinamel
Erde), so Hermes auf der Hohe des Kyllene vom Zeus und
der Maia (Himmel Erde) 520 ), (Maia' verhalt sich zu
Ma/wie Gaia zu Ga, Ge) 521 ), wovon er;die Namen Mctid-
dys oder Maiadevs* zz ), KvMijvei,os, Kvhtyvcuog oder KvA-
lijviog 3 ) fiihrt. Nach dieser Genealogie gehort Hermes
in die Reihe der Himmelsgottheiten*
C. Mythblogie. Hermes jst meist zu den chthonischen
Gottern gerechnet und von den verschiedenen Mythologen
aus den verschiedensten Quellen abgeleitet. Gottling 524 )
fafst ihn als ,,G6tterherold." Putsche als ,,Schlauheit, die
sich besonders im Gewinn ofienbart." Creuzer 525 ) und
Bottiger ebenso, indem sie dafiir halten, dafs Hermes den
Griechen durch phonizische Handelsleute zugefiihrt worden
sei. Schwenck 526 ) bezeichnet ihn als ,,Erdgott"; so auch
516 ) Z, f. A, 1842. no. 32.
517 ) Andeut. p. 121.
") Arch. . 379,
519 ) I, 224.
52 ) Horn. h. Merc. init.
S21 ) Vgl. Aesch. Suppl.890.899: p F, ,u F d. h. Mutter Erde.
"*) Hipponax fr. 10 Bgk.
B ")w, L
5M ) Im Hermes Bd. XXIX. p. 262.
525 ) III, 286.
586'
') a. a. O.
222
O, Miiller 5 ' 7 ). Alle diese Erkiarungen sind mangelhaft,
vveil sie entweder gar nicht oder nur hochst gezwungen
alle Seiten des Hermes zu vereinigen vermogen. Mir scheint
dagegen fur das vielseilige Wesen dieses Go ties eine Einheit
erlangt zu werden, weiin man ihnals einen Gott fafst, der seinen
Ursprung in dem Naturobjekt des Aethers hat, also gieichen
Ursprungs ist mil Zeus. Hermes ist ein Zeus im verjiing-
ten Mafsstabe, ein minorenner Zeus. Manche Eigenschaften
des Zeus hat er ganz verloren, andere im geringeren Grade,
andere dagegen wieder ausgebildeter und manche ganz neue.
Ich hoffe, dafs sich diese Auffassung durch das Folgende
bestatigen \vird.
. Ich will hierbei nicht untersuchen, was von den Nachrich-
ten, die wir aus spaterer Zeit iiber Hermes haben, noch dem
pelasgischen zuzutheilen sei, sondern dieselben mil der Dar-
stellung des hellenischen verbinden, der natiirlich nur eine
auf pelasgischen Grundlagen basierende Weiterbildung
sein kann.
Hermes ist zwar nicht ausdriicklich als Himmelsgott
genannt; das war zu sehrZeus, als dafs es neben ihm noch
ein anderer hatte sein konnen. Aber als solchen zu erken-
nen giebt sich Hermes noch an vielen Einzelnheiten , ja in
Allem, was von ihm berichtet wird.
a. Er ist Herr derWolken. Er sendet Regen 828 ).
Davon heifst er'typgos oder 'i^/S^a^og 529 ). Deshalb sind
ihm auch Quellen heilig 530 ), standen seine Heiliglhumer an
Seen (enccKtios 531 ) zu Sikyon) und sprangen sogar in seinen
521 > a. a. o.
528 ) Arnob. I, 30 ibq. Hildebr. p. 45.
529 ) Steph.Byz.p.146, 18 West. Welcker. Aesch. Tril. p.217sq.
vgl. p. 193.
53 ) Pausan. VIII. 16, 1.
531 ) Hesych. s. v.
223
Tempeln Quellen; deshalb sind ihm auch mehrere Fische
heiljg und vor AHem die Sehildkrote 532 ). Aus demselhen-
Grunde ist er auch Kgiocpoyos 533 ), wie auch Bb'cke ihm
geopfert werden 534 ). Daher auch die haufige Darstellung
des Hermes auf einem Widder (S. unten Athene mil dem
Widder).
Seine Herrschaft iiberdie Wolken offenbart sich auch darin,
dafs die Bergspitzen ihm heilig sind 533 ). "EQpaiov
Berg und Vorgebirge auf Lemnos 536 ), Vorgebirge bei Kar-
thago 537 ). EQficaos hocpog auf Ithaka? 538 ) Hierher gehort
auch der Popanz Hermes 539 ). Vergleiche Wolkendamonen,
Kyklopen, Gorgo u. A. 54 )
*Als Herr der Wolken tragt Hermes den nitaaog und
die Ilediha. Man hat den erstern gewohnlich fiir einea
Reisehut genommen. Das kann richtig sein, wenn manihn
nur von der Wolke herleitet, mit dem Helm der Athene,
den Hiiten der Dioskuren, des Hephaistos und anderer
532 ) Pausan. VII. 22, 4. Vgl. Creuzer III, 501 sqq. Panofka
Jahrb. d. Ver. v. Altthmfr. im Rheinlde. Bonn. 1848. p. 1720.
533 ) Pausan. II. 3, 4. IV. 33, 4. V. 27, 8. IX. 22, 1. Vgl. d. goldnen
Widder, den er dem Atreus schenkt. (A. J. Hoffmann Z. f. A. 1838.
no. 139141. p. 1122 1137.) Merkwiirdig genug heifst der Ziegen-
bock iin Reineke Hermen .and noch heute in Niedersachsen, West-
falen uiid Hessen: Harm, Herm, Hirm. Bei Fischart: Hermanstofs-
nicht. (Grimm G. d. d. Spr. I, 35.) Doch ist dies Hermen wohl aus
man und her = Mann der Heerde, zusammengesetzt.
534 ) T, 397 sq.
535 ) Vgl. Kyllene.
s36 ) Aesch. Ag. 283. Soph. Phil. 1459. Rhode Res Lemn. p. 6.
531 ) Strab. XVII. p. 834.
538 ) n, 471.
539 ) Bei Callim. Dian. 68 sq.
54 ) Ueber den blitzenden (?) Hermes s. Gori Thes. gemmar.
antq. astrifer. vol. II.
224
Wolkengotter zusammenhalt 541 ). Erst .spater ist dieser TIs-
Totaog geflugelt.
JMillin 51,206.211. 52 (oben links). 53,223 (auclt mit <1.
Widderfell). 55, 226. 56, 227. u. v. a.
Die Ilsdika ,,schon r ambrosisch und golden, welche
ilin trugen fiber Land und Meer a(.ia nvoif^g ave^ou? 54Z ),
wovon anders konnen sie ein Bild sein als von den Wolken?
Aus dieser Herrschaft iiber die Wolken entwickelte sich
Hermes als ~ "
b. Her r des Gedeihens. In Arkadien soil ilim
Lykaon einen Tempel erbaut haben 543 ). Die Arkadier wa~
ren der Natur ihres Landes nach Hirten, daher ihr Hermes
besonders der Fruchtbarkeit der Heerden vorsteht (vofttog 544 ),
Hrjhoaaoos 545 ), eTTt^Atos 546 ))? obgleich nicht ausschiiefslich.
Auf dem Berge Kv'k^yri stand sein Bild aus -d-vov (citrus).
Ebenso auf Akakesion 547 ), von c E^ije axax^ra 548 ), dem
Friichtegeber, benannt; axaxqawg 549 ). Das Beiwort SQL-
ovvios 5b ) ist schwer zu erklaren, obwohl nicht zweifelhaft
ist, dafs es auf den Gott des Gedeihens sich bezieht. Hierher
541 ) Vergl. Grimm D. M. p. 431 sq. 308 sq. 476. 479. 828. in d.
Skalda (p. 122) Iieifst der Himmel hialmr loptz (aeris galea).
5 * a ) &, 340sqq. vgl. Grimm D. M. p. 471.
543 ) Hygin. fb. 225. p. 347.
544 ) Arist. Thesm. 983. Cornut. cp.XVI. p. 75. Os. cf. p. 287.
545 ) Anthol. Palat. VI, 334. ~
546 ; Pausan. IX. 34, 2.
541 ) Pausan. VIII. 36, 10.
S4S ) IT, 185. (a, 10.
549 ) Callim. Dian. 143.
55 ) Y, 72. &, 360. 440. 457. 679. h. Merc. 3. 28. 145. 551.
Aristoph. Ran. 1144. (vgl. Antonin. Lib. 25). C.I. no. 2569, 12. Ilgen
adh.Merc.p. 352. - Creuzer III, 288 giebt noch einige Nacfrweisun-
gen. ZQIOVVTJS Y, 34. , 322. Ob das Wort von fyi und ovvt]pi (der
Vielniitzende) herzuleiten, ist schwer zu sagen.
225
gehort attch der Hermes, nohvyiog zu Troezen, an dessen
Standbild der Sage nach der dort angelehnte Stab des He-
racles Wurzeln schlug und griinte 531 ). JCOTWQ ed(oi> 552 )>
Auf den Hermes der Fruchtbarkeit bezieht sich auch
der Pdfidog 553 ), 2xf}a;i;QOv, KqQvxeioV) den man gewohnlich
aus dem ethischen Hermes als Heroldsstab deutet. Ich kann
nicht beslimmt sagen, aus welchem Naturmoment dieser Stab
herzuleiten. Da er indessen durchaus als mil zauberischer Kraft
begabt erscheint 554 ), so wird ihn Hermes wohl eben als ein
Zaubergott haben, zu dem er als Himmelsgott, in dessen
Natur auch die Wolken fallen, grade so wurde, wie andere
Wolkendamonen 555 ). Vielleicht war auch urspriinglich dieser
Stab* eih griinender Zweig 556 ) als Symbol des Wachsthums,
was freilich in etwas mit dem Zauberstabe zusammenfallt 5a7 ).
In dem homerisehen Hymnus auf Mercur 558 ) sagt Apollon
zu Hermes: oA/Sov xctl nhomov dcoaco TceQixahhea gafidov.
Lafst dies vielleicht annehmen, dafs 'mii/.-dem'jiafldog der
Sonnenstrahl gemeint sei? Die Schlahgen auf dem Stabe
sind wohl Symbol des Blitzes und gingen in die Bedeutung
der keimenden Erdkraft iiber. Das Beiwort xyvav^ams ^
aus Homer 559 ) bekatint.
Schliefslich erwahne ich noch, dafs der Sackel oder
Beutel, mit welchem Hermes sehr oft erscheint, ethisch
zwar richtig als Symbol des Segens und Reichthums be*
654-j
555\
i51 ) Pausan. II, 31, 13. Hoivyios von rtol ^ iiy = Vielschaffer?
5 ") #, 335.
553 ) Ueber den Stab vgl. Preller in Schrieidewin's PMIol. 1,3.
p. 512522.
4 ) Vgl. Moses, Hades, Athene, Kirke.
5 ) Vgl. nnten die Kureten, Teichinen und Daktyleni
556 ) Grimm D..M. p. 928. ,
5S1 ) Vgl. Wunschelruthe. Grimm D. M. p> 926 928.
558 ) 529. vgl. 11 gen.
559 ) , 87. x, 277, 331.
Lauer Griech. Mythologie. 15
226
trachtet wird, physisch aber als Symbol tier Wolke anzu-
sehen ist. Dies wird sehr anschaulich aus zwei pompeja-
nischen Wandgemiilden, auf deren einem 5GO ) Hermes iiber
die Fluren eilt, seinen Beutel vor sich haltend, wahrend
auf dem andern 561 ) Demeter auf einetn Friichtkorbe sitzt 562 )
ihr Gewand auf dem Schoofse ausbreitend, urn den
Beutel aufzunehmen, den Hermes hineinwerfen will. Noch
deutlicher durch den Widder, welcher einen Querbeutel
tragt 563 ).
Hermes mit einem Beutel: 1. Mus. P. Clem. Tom. I. tb. 5. Clarac
Musee de sculpt, pi. 655. no. 1507. Millin G. M. L, 203.
O. Muller Denkm. 11,2. no. 313.
2. Bronze im britt. Museum : Specimens of ancient sculpture.
Tom. I. pi. 33. O. Miiller 11,2. no. 314.
3. Gesclmittner Steia: Impronte gemm,. dell' Inst. di corr.
arch. Cent. IV. no. 14. O. Miiller 11,2. no. 316.
4. Statue d. Sammlung Ludovisi: Maffei Raccolta tb. 58.
O. Miiller II, 2. no. 318.
5. Auf einer silbernen Vase aus dem romischen Kastell bei
Neuwied: Dorow DenkmalerBd.il. tb. 14. O. Miiller
Denkm. II, 2. no. 325.
6. Kleine Bronze: Paciaudi Statuetta del March, di Opi-
tale. Napol. 1747. 4. O. Miiller 11,2. no. 327.
7. Relief eines Altars: Museo Chiaramonti tb. 19. O. Miil-
ler 11,2. no. 247.
Auf diesen Charakter des Hermes ist auch seine alteste
Darstellung zu beziehen, die offenbar noch aus pelasgischen
Zeiten stammt, seine Darstellung nemlich als roher Stein-
haufen 564 ) oder als Pfeiler oder als sogenannte Herme d. h.
56 ) Museo Borbonico Tom. VI. tb. 2. O. Miiller Denkm. 11,2.
no. 315.
SG1 ) Museo Borbon. Tom. XI. tb. 38. O. Miiller Denkm. II,-2.
no. 330.
562 ) Warum O. Miiller diese Demeter als Todtengottin be-
trachtet, weifs ich nicht.
563 ) Buonarotti Med. ant. 41. Millin LI, 215.
t64 ) = 'EnpKTos Ao'f/iof TT, 471 ? vgl. Eustatli. p. 1809, 26.
' 227
als ein Pfeiler, der einen bartigen Kopf und einen Phallos
hatte. Solche H.ermen standen auf alien Strafsen und \ye-
gen, auf Aeckern und in Garten 565 ). Symbol der Fruchtbar-
keit; Steine vom Acker weggeraumt; Grenzstein, s. ob.Zeus.
In Samothrake, dem hervorstechendsteri Kultuslokale
des Hermes, wurde er als ein ithyphallischer verehrt. Von
dort halten ihn, \vie Herodot 666 ) sagt, die Alhener aufge-
nommen. Sein Name war hier KaG^Uog, Kccdplhog =
Kadf-iog, welches wiederum mil Hermes identisch gesetzt
wjrd 587 ). Kadf.iog = xoapog (vgl. Zeus, den Gott aller Ord-
nung im Menschen- und Naturleben), nach Hesychius 568 )
= doQV, kocpOQ, aonLg. Welches auch die Bedeutung des
Namens sei, die Bedeutung des Gottes 1st offenbar eine auf
Fruchtbarkeit hinweisende.
Fafst man den .Himmel nicht bios als den Glanz und
Licht, sondern auch als die Finsternifs, das Dunkel der
Nacht gebehden, der gleichzeitig auch wahrend der Nacht
iiber dem Menschen wacht: so haben wir damit den Him"
melsgott
c) als den Herrn der Nacht. So erklart sich Her-
mes als VVXTOS oTcwnTjTtJQ 569 ) (,,der Spaher der Nacht," von
70 ), (auch ahvxnios 571 ), der Lichtlose?).
5$s ) Davon T^t- a. TfTjpK^ecAoff? Lye, Cass. 674 ibq. Tzetz. Eu-
stath. p. 1353, 3. Die Vier war ihm heilig (Plutarch. Symp. IX, 3.
Eustath. Horn. p. 1353, 8), weshalb man am vierten Tage des Monats
ihm opferte. Plutarch 1.1. Aristoph. Plut. 1128. Eccles. 1069. Her-
mann G. A. . 44, 5. Vgl. Gerhard de religione Hermarum.
Berol. 1845. 4. C. Fr. Hermann: de terminis .eorumque reli-
gione ap. Gr. Getting. 1846. 4.
" 6 ) II, 51.
561 ) O. Miiller Orch. p. 453.
568 ) II. p. 99.
569 ) Homer, h. Merc. 15.
B1 ) Aeschyl. Choeph. 727.
S71 ) Steph. Byz. s. v. wAu^ij.
15*
228
Hierher gehb'ren auch zwei Sagen, die ich kurz erwahnen
will. Der hb'chst ergotzliche homerische Hymnus dreht sich
hauptsachlich urn den Raub, den Hermes an den Rindern
des Apollon beging. ,,Morgens geboren, spielte er Mittags
auf der Kithara, Abends stahl er dem Apollon die Rinder."
Er verbarg sie in einer Hb'hle, vor der er eine Schildkrbte
fand, aus deren mil Darmsaiten iiberspanntem Schilde er
zuerst eine Leier machte. Schliefslich mufs er die Rinder
herausgeben, die ihm jedoch Apollon gegen die Leier abtritt.
Diese Rinder weidete er dann und erfand sich statt der
Leyer die Syrinx. Zum Verstandnifs dieses My thos mufs
nian beachten : Musik und den Raub der Rinder Apollo's.
%
Wenn Apollon, wie sich spater ergeben wird, Sonnengott
ist, was kann seine Rinderheerde sein? Die Sterne, welche
der nachtliche Himmel gleichsam der Sohne raubt, ihr abei*,
wenn sie zuriickkehrt, wiedergeben mufs. Darum stiehlt
Hermes am Abend.
Einigermafsen verwandt mit der Mythe vom Rinder-
diebstahl ist ihrer Bedeutung nach eine andere: die von
der Ermordung des Argos. Der Jo, der schonen Priesterin
der Hera zu Argosj.stellte Zeus nach. Deshalb verwandelte
sie Hera in eine Kuh und gab ihr den Argos zum Wa'chter,
der am ganzen Leibe Atigen hatte und davon *!AqyoQ nav-
OTtrris hiefs 572 ). Hermes todtet nach Auftrag von Zeus
den Argos und entfiihrt die Jo 573 ). Von dieser That fiihrt
Hermes den Namen ^ytgpoyr^g 574 )/obwohl andere in die-
sem Beinamen den Hundetb'dter haben erblicken wollen,
wobei der Hund das Symbol der Hitze ist. Lassen wir
5 ") S. Millin 99, 384 (freilich nicht sehr signitikant).
573 ) Apollod.II.1,3. Grotefend Z.f. A. 1839. no. 69. p. 561 568.
Panofka Argos Panoptes. Berl. 1838. 4. Creuzer II, 298 sqq.
574 ) B. 103 u. ofter. Apollod. H. 1,4.
229
den Namen bei Seite und halten wir uns an die Sache.
^gyos Tcavonvrjg 1st mil ziemlicher Uebereinstimmung und,
wie ich glaube, richtig auf den gestirnten Himmel gedeutet,
den Wachter und Hitter der Erde. Die Todtung des Argos
durch Hermes wiirde denmach die Vernichtung des Ster-
nenhimmels durch den Taghimmel bedeuten, und dieser
Mythos somit das Gegentheil von dem obigen sein.
Anmerk. des Herausgebers. Im Grnndrifs folgen hier: a E^ar\.
tevxog. (pKidQog. Wie das Verhaltnifs der. ersteren zu dem H. zu
deuten sei, dariiber enthalten weder die Papiere Lauer's, noch die
nachgeschriebenen Hefte etwas. In einem der letzteren 1st von
den beiden Beinamen gesagt, dafs sie den H. als.Herrn des Lichts
bezeichnen.
t ' . 2. Der ethische Hermes.
Je.mehr Zeus auch die Himmelsnatur in Besitz ge-
nommen hat, um so mehr mufste die Vorstellung von Her-
mes sich naeh der ethischen Seite hin ausbilden.
An die wandelnde Wolke kniipfte sich die Vorsteliung
von Hermes als
a) dem Gott des Handels und Wandels, dem
Beschiitzer der Wanderer und Aufseher der Wege. Davon
heifst er dts/UTro^og 575 ), e^TroAatog 576 ), TiahyxanTjlos 577 ),
fil'xoAog 578 ), evo(5tog 579 ), fjyspovios 580 ) , dem die Feldherrn
zu Athen opferten, wenn sie ausmarschierten 581 ), noiinos,
2 }, ayfocoQ 583 ). So nimmt er sich des
575 ) Jacobi Lex. p. 441. y.SQS^unoQos Orph. H. 27, 6.
576 ) Plat. c. princ. philos. 2, 4, wo Hermes auch fftftia&os heifst.
Arist. Pint. 1155.
577 ) ibid. 1156.
578 ) Hesych. s.-v.
579 ) Hesych. s. v. vgl. Theocrit. 25, 4 sqq. und Hermann G.A.
.15,10.
59 ) Aristoph. Plut. 1159.
5S1 ) Bockh Sth. 11,254.
582 ) S. zu diesen Beiwortern die Erklarer zu Arist, Plut. 1160,
5S1 ) Paus. VIII, 31, 7.
230
irrenden Odysseus gegen die Kirke an 584 ), fiihrt den Prianios
zu Achilles 585 ), geleitet den Perseus, als dieser das Haupt
der Gorgo holt 586 ), und den Heracles in den Hades 587 ).
Das Wandeln der Wolken macht den Hermes auch zum
Gotterboten 588 ). Daher seine Herrschaft iiber die Sprache,
wegen welcher er den Beinamen Aoytog 589 ), der Redege-
wandte, fuhrt.
Was bei Zeus Kriegerlichkeit war, ist bei Hermes
Gymnastik. Dayon heifst er aywvtog 590 ), evaycoviog 691 ).
Darum stand sein Bild am Eingange des olympischen Sta-
diums 592 ), daneben der Altar des KctiQog (des Gliickes);
594 ) Gymnasialfeste.
Wie sich aus dem Lichte und Glanze des Himmels
bei Zeus die Vorstellung von seiner Weisheit entwickelte,
so bei Hermes die von seiner Klugheit und Erfindungs-
gabe. 2ogpog 596 ), a^vAo^^g 597 ), TromAo^V^g 598 ), do-
S94 ) x, 275 sqq.
SS5 )'i2, 336 sqq.
596 ) Apollod. II. 4, 2.
587 ) Laner U. Horn. not. 83.
58S ) Vgl. Horn. O'd. u. hymn. Merc.
s ") N. F. Schwartz de linguis Mercuric apud Gr. sacris ad.
Od. J 1 , 334. Viteb. 1716, 4. Nib el de Mercuric eloquentiae dec.
Upsal. 17 . . 4.
59 ) Find. Isthm. I, 60.
5M ) Find. Pyth. II, 10. Vgl. Find. Nem. X, 53. Aristoph.Plut. 1163.
592 ) Pans. V. 14, 9.
593 ) Hesych. s. v. .
594 ) Hermann .48, 10; 51, 22 u. 28. Aeschin. Timarch. 5,6.
595 ) Paus. IX, 22, 2.
596 ) Creuzer Melett. I. p. 33 not. 31.
591 ) Horn. hymn. Merc. 13.
598 ) Horn. hymn. Merc. 185. Vgl. KQOVOS M
231
3 )- Er ist Erfmder der Leyer und Syrinx 604 ), der
Buchstaben 605 ) und Zahlen.
b] Wie Zeus als Herr des Gedeihens Schiitzer der
Gemeinschaften ist, so aus demselben Grunde Hermes.
6 ), n^onvlaiog^) , TtQodvqaios 608 ), eni&aKapL-
in Euboa, nvtydoxog 510 ), avQoqxxws 511 ) (der an den
Thiirangeln stehende), siQrjvonoios 612 )-
Dem Herrn des Gedeihens entspricht ferner im Ethi-
schen: .
Der Segenspender. Zfe^dcwos 613 ), n^ovrodofrjs 6 ^.
Er ist auch Geber des unerwarteten Gliickes ^Egf.irjs V.QI-
), Vorsteher der Loose und Wiirfel (Egpov xhfj-
615
5 ") Soph. Philoct. 133. Aristoph. Plut. 1157. Thesm. 1202. Cor-
nut. c. 16.
6fl ) Horn. hymn. Merc. 13.
60 ') Horn. hymn. Merc. 413.
602 ) Horn. hymn. Merc. 282.
603 ) Hesych. s. v.
604 ) Was die Beziehung des Hermes zur Musik betrifft, so erin-
nere ich hier noch an Pan, der auch musikalischer .Gott ist, and von
dem es gleichfalls heifst, dafs er zur Mittagszeit auf der Sy-
rinx blase. Vgl. auch Athene aA.7iiy%.
6r5 ) Mnaseas bei Sch. z. Dionys. Thr. 783, 13. Bekk. (Anecd.
Oxon. IV, 318) u. 786, 12. TJebrigens theilt er diese Erfindung mit
Vielen: Kadmos, Palamedes, Orpheus u. A. Vgl. JahnPalam. p.23sqq.
606 ) Pans. I. 15, 1. II. 9, 7. III. 11,11. VII. 22, 2. IX. 17, 2.
60 7 ) Paus. 1. 22, 8.
608 ) Ueber diesen Thiirsteher Hermes vgl. Spanheim z. Callim.
Dian. 142 p. 276 sq. Harlefs Opusc. Halis 1773. 8. p. 472 sqq. Ja-
cobi 441.
6n9 ) Hesych. s. -v.
61 ) Horn. h. Merc. 15.
151 ') Aristoph. Plut. 1153, wo Hermes sich selbst so nennt
6 ") S. Osann zu Cornut. p. 279. Vgl. Orph. h. 27, 7.
R13 ) Alciphron. Ep. III. 47. Heliod. Aeth. VI. p. 273.
tll+ ) Eustath. p. 999, 10.
6l5 ) Spanh. z. Callim. Dian. 70. p. 219 sqq.
232
und der Freuderiverleiher, xagtdwtrig *"). Ihm
wurde ein Fest auf Samosgefeiert 618 ). Xa^ocpQcov 619 ). Er
ist ein bliihender Jiingling, als welchen ihn schpn Homer
kerint 620 ) und die plastisehe Kunst darstellt 621 ).
Wie der natiirliche Hermes Herr der Nacht, so isl der
, ethische
c) Geber des Schlafs und dr Traume. c Ynvo-
, vnvov nqoaxaTriQ 623 ), bvsiQOitof.mog^), rjyfowQ
5 ). Deshalb spendete man ihm vor dem Schlafen-
gehen 626 ).
Als Herr des nachtlichen Himmels ist Hermes auch
Gott der Diebe, qp^A^rwv aWf 627 ), wie in derselben Na-
turbestimmtheit und in der Eigenschaft als Herr der wan-
delnden Wolke sein Amt als Fiihrer der Todten be-
grundet ist.
yog 630 ),
e16 ) Leutsch, Diogen. V. 38. / v .
617 ) Horn. h. XVIII. 12.
618 ) Pint. a. ,Gr. 55.
619 ) Hesycb s. v.
62 ) x, 277sqq. ,,und AnmuthverlieliihmKronion."Hymn.Merc. 575;
621 ) O. Miiller ,380.
62S ) Eastatli. ad Homer, p. 1574, 40.
623 ) Vgl. Eiistath. 1574, 36. 1470, 62.
6M ) Enstath. ad Homer, p. 1547, 40. Schol. Od. W, 198.
625 ) Horn. hymn. Merc. 14.
626 ) Vgl. Nitzsch zu Qd, II. p. 152sq.
627 ) Eurip. Rhes. 217. A
628 ) w z. Anfang. Horn. hymn. Merc. 569 sqq.
629 ) Cornut. cp. XVI, p. 66 Os.
63 ) Cornut. L 1. cf. p. 279.
631 ) Soph. Elect. 111.
233
, 5. . JI a v.
Lil. Gyraldus.p.451 455. Natalis Comes lb.V,6.
p. 451 461. Tiedemann Sur le dieu Pan (Mem. de la
soc. d. antiq.de Cassel. Tom. I, 165sqq.). Schwenck
Andeut. (p. 19.) p.213sqq. Eld. Gerhard del dioFauno
e de' suoi seguaci. Napol. 1825. 8. Schrb'ter TJeber
den Mythos des Pan. Saarbriick 1838. 4. Motty de
Fauno et Fauna. Berol. 1840. 8. p.l2.sqq. Creuzer
IV, 5870. 208 sqq.
t . ' .
A. Der Name wird von Vielen aus dem Hebraischen
abgeleitet, von Zoega aus dem Aegyptischen ,,der Affe".
Schwenck bringt den Namen mit cpixco, cpalvto zusammen
und naeint, dafs er aus dem Beiworte der Sonne cpavys
gewocden sei. Die richtige Etymologic ist wohl die von
Tudco ,,Hirt und Hort." 632 ) ,,Des wandernden Hirten Besitz-
thum sind die Heerden; diese weidet (pascit), hiitet und
schiitzt er (scr. pati); wie iiber sie, so ist er ELerr iiber
Weib (patis, Herr, Gemal), Kind und Knecht und deren
Versorger." Es ist also in der Benennung dieses Gottes
der Himmel gefafst als der fiirsorgende , schiilzende;
nahrende. Derin dafs auch Pan cine beschrankte Fas-
sung des Himmelsgottes Zeus sei, wird das Folgende leh-
ren 633i ).
B. Die Genealogie ist schwankend, weil Pan erst
spat in die griechische Gotterwelt gekommen ist , aber alle
diese Schwankungen verwischen nicht die Himmelsnatur des
Pan. Seine Eltern sind:
63 2 ) Pott Etym. F. I. 191 sq.
633 ) Motty fafst den Pan alsErde, Gerhard als Liclit, Soune.
234
1) Hermes oo Tochter des Dryops. Horn. hym. XIX, 34.
oo Penelope. Herod. II, 145. Euphor. fr. 164.
Norm. Dion. XIV, 92. Plutarch, def. or.
p. 419 D.
oo Odysseus. Schol. Theocrit. I, 123.
oo alle Freier. Duris bei Tzetz. Lye. 772.
oo Apollon. Pindar fr. 67. Bgk.
2) Zeus oo Kallistoj
n- } Schol. Theocr. I, 3.
oo Oineis j
oo Hybris. Apollod. I. 4, 1. (wo sonst Qv^Qig
im Widerspruch mil den Manuskripten ge-
lesen wurde). Tzetz. Lye. 766.
3) Kronos. Euripid. Rhes. 36. ibq. Sch.
4) Uranos oo Ge. Sch. Theocrit. I,. 123.
5) Aither oo Oineisj _
XT . } Sch. Theocr. I, 123.
oo Nereis)
Wenn man den Hermes fafst, wie wir es gethan, so
kommen alle Abstammungen auf eins heraus. Pan ist Sohn
des Himmels und der Erde oder des Wassers.
C. Mythologie. Man kann hier nicht gut trennen
zwischen pelasgischer und hellenischer Gestalt des Pan, da
er sich zu einer ethischen Gestalt nur in geringem Grade
herausgebildet hat, vielmehr fast ganz in seinem natur-
symbolischen alten Charakter festgehalten .worden ist. Denn
was spatere philosophische Deutelei aus ihm gemacht hat,
geht uns nichts an. Er blieb fast ausschliefslich Gott der
pelasgischen Arkadier 634 ).
!634 ) lAgxaStas [*.tde'<ov. Find. fr. &2. Bgk. Vgl. Skolion bei Bgk.
p. 873. no. 10. ^Qxas Simonid. fr. 134. Bgk. Erst von hier hat sich
in spatern Zeiten sein Kult nach andern Gegenden Grieclienlands
verbreitet, daher ilm Herodot. II, 145 unter die rfamrnu ruv
zahlt.
235
1. Der naturliche Pan.
Als Himmelsgott 635 ) ist Pan
a) H err der Wolken. Dies geht einmal aus
dem IN amen hervor, der ihn als den fursorgenden, na'hren-
den bezeichnet, dann aber auch aus dem Symbol des Bockes.
Pan. ist alyi7i6dT]s 636 )> dixeQUQ), iQayonovs 6 ), cclyi^a-
?S 639 ), aj/Aa#i0os 640 ) (glanzend behaart), av^sig^ 1 }
(struppig). Dasselbe, nur noch verstarkt, driickt das nom.
propr. Alyinctv*^) aus.
Diese Auffassung des Pan wird feraer dadurch besta-
tigt, dafs Berge und Wa'lder sein Aufenthalt sind. Er heifst
deshalb oQsiccQ^g 643 ), o^eff^otV^g 644 ), ogsaaifiainys 645 ).
* Besonders lieb sind ihm die beiden arkadischen Berge
Mainalos und Lykaios 646 ). Berg Lampeias 647 ). Auf
dem Lykaios war ein Heiligthum des Pan, bei welchem seit
Alters her Spiele (^vxaia) gefeiert wurden 648 ).
Den Wolkengott bezeichnen auch die Beiwb'rter A/-
649 ) (der auf dem Meere schweifende) und
635 ) Er scheint auch, \vie Zeus in Dodona, eng mit der Hain-
verehrung zusammengehangen zuhaben, wie man aus dem von Caper
Apoth. Horn. p. 86 mitgetheilten schliefsen moclite.
636 ) Horn. hymn, in Pan. 2.
637 ) ebendas.
638 ) Simonid. r. 134 Bgk. Br. An. II. p. 382, 2.
639 ) Theocr. Epigr. V, 6.
64 ) Horn. hymn, in Pan. 5.
64J ) ebendas. 6.
G4a ) Apollod. I, 6. Semicaper Ovid. Met. XIV, 515.
643 ) Rhian. epigr. 7, 4. (Me in! An. Alex. p. 210.)
644 ) Jacobi Lex. 694. Vgl. ojwfcm??, Anth. Gr. IX, 824. >tAo-
ay.6nsl.os, Anth. Gr. VI, 32. A<H/>W/T?;?, ibid. VI, 79. xQrjf-ivo^c'at]?, Ep.
ad. 261 Br.
645 ) Soph. O.K. 1100. vgl. Horn. hymn. 6 sqq.
646 ) Paus. VIII. 36, 8. vgl. Theocrit. I, 123 sq.
647 ) Paus. VIII, 24, 4.
G48 ) Paus. VIII. 38, 5.
649 ) Soph. Aj. 695 sqq. Solger iibersetz.t ,,wogenamrauschter";
ganz falsch, es geht auf die Wolke.
236
65 ) ,,Kiistengott." Und wie verschiedene Wolken-
damonen (s.. bei Zeus die Kureten und unten ,,Wolkendamo-
/
nen") als Begleiter der Rhea und Kybele genarmt werden,
so ist auch Pan zum Begleiter der Kybele geworden 651 ).
Pindar 652 ) nennt ihn xvva (teyahag &sov TtavwdaJiov.
Dieselbe Bedeutung hat die enge Verbindung zwischen Pan
und Dionysos, welche schon der homerische Hymnus an-
deutet. Denn als Hermes -den von seiner Mutter verlassenen
kleinen Pan auf den Olyrap tragt, freuen sich alle Goiter,
am meisten aber Dionysos 653 ).
Nicht alter als die Zahlung der Peitho unter die Cha-
riten ist die Verbindung- des Pan mit der Peitho, welche
von ihm . die Jynx gebar 654 ). Aber sein Verhaltnifs
zu den Chariten, dessen schon Pindar 655 ) gedenkt, hat
denselben Sinn wie die Verbindung mit Dionysos und
Kybele.
Aus seiner Wolkennatur erklart sich auch sein enger
Zusammenhang mit den Nymphen, unter die er sich bald
tanzend, bald voll briinstigem Verlangen gesellt. Nymphen
sollen ihn erzogen haben 656 ), nach einer Angabe zugleich
mit Zeus auf dem Ida 657 ).
Als. Himmelsgott ist Pan ferner
b) Herr des Lichtes. Daher cpcceayogog 858 ). Un-
weit Akakesion in Arkadien war ein Heiligthum des Pan
65 ) Theocrit. V, 14. ibq. Interpp. Find. fr. 64. Bgk.
651 ) Find. Pyth. Ill, 77. Bockh z. Find. fr. 63. Wihckelmann
zu Plntarch. Eroticus. (Turic. 1836. 8.) p. 173.
652 ) fr.63. Bgk.
653 ) Ihn en wurde gemeinschaftlich geopfert, wo der Erasinos
(kleiner Flafs bei Argos) aus dem Fels briclit. Paus. II. 24, 6.
654 ) s. Jahn Peitho. Grfswld. 1846, 8. p. 15.
655 ) fr. 62. asf^VKV ^aptrtov juE'Ai}jua -KQTIVOV.
656 ) Meineke z. Euplior. fr. 164. Paus. VIII, 30, 3.. '
651 ) Epimenid. b. Eratosth. Catast. 27.
65S ) Orph. h. in Pan. 11.
237
mil -evvigem Feuer 659 ), und ebenso auf einem Altare des
Pan zu Elis 660 ); und zu Athen hatte Pan jahrlich Opfer und
Fackellauf 661 ). Deshalb hat er auch em Luxfeil 662 ) und
ein rothes Gesicht 663 ), was dem Zeus al&loty entspricht.
Wie Zeus und Hermes ist audi Pan
c) Herr des Gedeihens im Naturleben. Dies be-,
kunden die Beivvorter Aaj/vog 664 ) (geil), o/ew^e 665 ) (Besamer)
und TCO&VGJTOQOS 666 ) (samenreich, vielzeugend). Deshalb ist
ihm die Fichte (nnvq) heilig, wie der Kybele 667 ). Auch
bezieht sich hierauf das Horn der Amaltheia, welches Pan.
auf einigen Miinzen. tragt 668 ). . Unter seiner Obhut stehen
die Heerden (vo/tuog) G69 ) und Bienen ((.ishiGGOGoog) 67 ).
'
2. Der ethische Pan.
Die Anschauung, aus der der flinke Hermes, der
Golt der Wanderer, die tanzenden Kureten und Kory-
banten hervorgingen ; ja, nach der der Verfasser der Tita-
nomachie den Zeus selbst zum Tanzer machte 671 ): dieselbe
Anschauung hat aus dem Pan
) einen Tanzer gemacht 672 ). Pindar 673 ) nennt ihn
G59 ) Pans. VIII, 37, HI
66 ) Pans. V, 15, 9.
6G1 ) Herodot. VI, 105.
G62 J Horn. hymn, in Pan. 23 sq.
663 ) Virgil. Eclog. X, 26 sq.
664 ) Cornut. cp. XXVII, p. 148 Os.
665 ) Cornut. 1.1. Vgl. O. Miiller Arch, .387, 4.amSchlafs.
666 ) Anthol. Gr. Tom. II. p. 21 5.
G67 ) Vofs z. Virgil. Eel. VII. p. 71.
66S ) Pellerin Recueil Tom.I. pi. 37.
669 ) Horn. hymn. XIX, 5.
67 ") Anthol. Gr. IX, 226.
611 ) b. Athen. I. p. 22 C.
672 ) Horn. hymn. XIX, 3.
673 ) fr. 66 Bgk. Vgl. O. Miiller Arch. ,387, 4.
238
, Aeschylos 74 ) ,,<jptAo#o(Jog." Bei
Sophocles 675 ) fordert Aias den Pan, ,,der Goiter Tahze
Fuhrer/' auf, mit ihm zu tanzen. An das Rauschen der
Gewitterwolke 676 ) kniipft sich die Vorstellung von Pan als
einem Mu siker (vgl. oben Hermes). Er 1st der Erfinder der
.Syrinx 677 ) und Meister auf derselben 678 ), wie er auch die
Beinamen cpdoxgovos 67S ) und TCO&VXQOTOS 68 ) fiihrt.
Dem kriegerischen Zeus, dem gymnastischen Hermes
entspricht Pan der Jager und Krieger. IdLyqevg 1 ).
Daher lafst Rhian 682 ) einen Jager nach gliicklicher Saujagd
dem Pan weihen (9-rjxev) Keule, Bogen, die Fufse des Ebers,
Kb'cher und das Halsband des Hundes und giebt dem Pan
bei dieser Gelegenheit die Beinamen OQSKXQX^S un d ff^o-
fiiiJTqS- Herodot 683 ) erzahlt, dafs, -als die Athener den
Pheidippides nach Sparta sandten, um Hiilfe gegen die
Perser zu fordern, dem Boten am Berge Parthenion Pan
begegnet sei. Er trug dem Pheidippides auf, deh Athenern
zu sagen, warum sie denn nicht an ihn dacht'en? Er habe
ihnen schon oft geholfen und werde ihnen auch in Zukunft
helfen. Deshalb verehrten ihn die Athener von der Zeit
an in einer Grotte unter der Akropolis 684 ). Von der Zeit
67 *) Pers. 447 sqq.: vrjaos iig icnl TtQoff&e cdap.ivos TOTZCOV,
VKvalVi yv o (f>il6^0QOs Iluv fyfiaTfvei, TIOVTICCS uxrijs
675 j Aj. 695 sqq.
6T6 ) Daraus erklaren sich auch. die beiden Dioskurenhiite, welehe
neben seinemBilde auf einigen Miinzen sich finden. P ellerin Recueil.
Tom. I. pi. 37.
6 ") Pans. VIII. .31, 3. VIII. 36, 8. VIII. 38, 11.
679 ) Horn. hymn. 14 sqq. Vofs z. Virgil. Eel. H, p. 55 ed, II.
619 ) Horn. h. 2.
69 ) ibd. 37.
681 ) Hesych. s. v.
68Z ) Epigr. 7 (Meineke An. Al. p.210).
683 ) VI, 105.
684 ) Vgi. Paus. I. 28, 4. VIII. 54, 6.
239
schreibt sich auch wohl die Pansgrotte bei Marathon 685 ).
Als Krieger fiihrtPan auch den Beinamen HQOTcaioyoQos 696 )-
Er hat eine furchtbare Stimme; wenn er die erhebt, ver-
breitet er grausiges Schrecken, navtxog (jpo/?og 68S ). We-
gen seiner Herrschaft iiber die Wolken (s. unten Athene)
ist Pan auch Erfinder des Web ens 688 ), woher Einige seinen
Namen leiten wollten 689 ).
Wie den klugen Hermes, den wissenden, prophetischen
Zeus, so erzeugte der heitere klare Himmel (ydvyehogllav) 69 )
ty den prophetischen Pan. Wie anderwarts er-
zahlt worden, dafs Apollon vom Zeus die Gabe des Prophe-
zeiens erhalten habe, so wird berichtet, dafs Pan den Apollon
in 'der Weissagung unterrichtet habe 691 ).
Als Golt des heitern und klaren, wie zugleich des nah-
renden Himmels ist Pan auch
c) hvTrJQios 692 ) (zu Troezen), weil er' von der Pest
befreite (Ao^og, Pest und Hunger).
Die Havsg sind nichts weiter als die Einheit des Pan
in der'Mehrheit: Wolkendamonen. Sie sind nicht verschie-
den von den Satyrn 693 ), obgleich die bilderide Kunst diese
6SS ) Pansan. I. 32, 7.
68G ) Anthol. Plariud. 259. Jac.
687 ) Bei Polyaen. I, 2 1st dieser nav. yo/S. bei Nacht, ebenso bei
Pans. X. 23, 7, 10.
68S ) Sch. 9', 762. Eustath. p. 1328, 48.
689 ) s. Salnxas. z. Scr. Hist. Aug. I. p. 548.
6Sn ) Horn. hymn. XIX, 37.
691 ) Apollod. I. 4, 1. vgl. Paus. VIII. 37, 11.
692 ) Pausan. II. 32, 6.
693 ) Einige Alte und auch O. Miiller und Welcker nehmen
OKTVQOS = TirvQog, Bock. Pott I, 225 no. 76 iibersetzt ,,Pfeiifer"
Die Wolkennatur der Satyrn ergiebt sich aus Welcker, Tril. p. 77.
iiot. 101, wo sie als Waffenschmiede des Hephaistos (s. dieseii) an-
gefiihrt werden. Ueber Satyrn, Silenen und Faunen handelt Nat.
Comes V, 7 9. p. 46168, Vgl. Gesner de Sileno et Silenis
(Comm. Gott. Tom. IV. 1782). Heyae Antiq. Aufs. H, 5375.
240
letztern ohne Bocksflifse darzustellen pflegt. Aber sie haben
doch ein fratzenhaftes Gesicht, gespitzte ziegenartige Ohren,
borsliges Haar, einen Ziegensehwanz a posteriori (und a priori).
Die altern Satyrn heifsen Seilene. Urspriinglich gab es
auch wohl bios einen Ssityvog, einen glatzkopfigen Allen,
schlauchartig, der meist auf einem Esel reitet. Trotz seiner
Liebe zum Wein und zurRuhe ist er doch ein Ta'nzer 694 ),
M u sikan t 695 ) und Phil o soph: er verachtet die Gliicksgiiter
und das Leben, indem er nicht geboren zu sein flir das
Beste erklarte 696 ). Ja nicht bios einWeiser ist er, sondern
ein Weissager: Vergangenheit und Zukunft sind ihmbekannt.
Vergleiche Pan. Wie Pan Gefahrte des Dionysos, so auch
Seilen Erzieher, Lehrer, Begleiter des Bakchos. Der Name
Seilenos scheint auf Feuchtigkeit zu gehen 697 ).
Eine merkwiirdige Sage, deren Deutung ich nicht ver-
suche, findet sich iiber den Tod des Pan beim Plutarch 698 ).
Hier erzahlt ein gewisser Philippos, sein Lehrer Aemilian
habe ihm eine Geschiehte mitgelheilt, die dessen Vater
Epitherses begegnet sei. Als er nemlich nach Italien schiffte
und bei den Echinaden vorbei gegen Abend in die Nahe
der Insel Paxoi kam, rief von hier eine Stimrne den Steuer-
mann Thamus, einen Aegypter, und trug ihm, als er beim
dritten Ruf antwortete, auf, bei Palades gegen das Land zu
69 *) Vgl. Paus. III. 25, 2.
695 ) O. Miiller .386,3. .
696 ) Arist. b. Plutarch, cons, ad Ap. 27, Dieser Ansspruch wird
sehr haufig angefuhrt (Cic. Tusc. I, 48 u, b. Lactant. Ill, 19. Senec.
de tranquill. cp. 3. Mela II. 2, 25. Auson. Id. XV. zu Ende.) und er-
innert an jene schone Stelle in Soph. O. C. 1211 sqq.
691 ) Welcker Nachtrag z. Trilog. p. 214sqq.
698j j) e oracuior. def. cp. 17. p.419. Vgl. G. Ch. Wagner de
morte magni Panis (Misc. Lips. Tom. IV, 143 163). J. Nymann
(praes. Beronio) de magno Pane Plutarchi. Upsal. 1734. 8.
241
rufen, dafs der grofse Pan gestorben sei. 6 "). Alle erschraken.
Als Thamus bei Palades seines Auftrages sich entledigte, ver-
.nahm. man ein grofses Seufzen, das nicht von Einem sondern
von Vielen ausging, af.ia &av[taait$ pepvyiievov. Das Ge-
riicht dieses Ereignisses kam bald nach ;Rom .und zu Ohren
des Tiberius, welcher den Thamus vor sich bringen liefs.
Er glaubte iiim , und auf seine Frage meinten die Gelehr-
ten, dafs jener Pan des Hermes und. der Penelope Sohn
gewesen. .
6)1 j
. J Q 77 g.
Lil. Gyraldus p. 313 320. Natalis Comes Ib. II, 7.
p. 160 165. Creuzer HI, 277 280. H. D. Miiller
Ares. Braunsclm. 1848. 8. ] '
A. Name. Formen : ^(wyg (mit a); ^gevg 700 )'
>
Bedeutung: von caqeiv, avatQSiv (todten) 701 ) Von CSQK
(Verderben) 702 ). 3Nach Pott 703 ): ,,der Schutzer." Vergl.
Pan. Buttmann 704 ) wollte ^QIJS nrit CCQQIJV zusammehbrin-
gen. Welche Etyinologie die richlige sein mb'ge, beide
Vorstellungen, des Kriegers und des Beschiitzers, gehen zu-
sammen in dem Himmelsgotte. (,,Ueber die Abkunft des
Ares ist so viel gemutmafst worden, dafs man, den horrens
feris altaribus Hesus hinzugenommen, aueh an aes und eisen
denken diirfte." 705 ) Ho f if m a n n 705 ) bringt das deutsche man,
6 ") ,,Es war, als hatten Wald und Wiesen Stimme bekommen,
als stimmten sie die Todtenhymne des Herbstes an : ,,der grofse Pan
isttodt." Andersen Eines Dichters Bazar. Th. I. p. 12. (ed. II. "Braun-
schweig 1846.)
7nn ) Callim. Jov. 77.
701 ) Phurnut.N. D. 21.
*) Heraclid. ( t.) Allegoriae Homer, cp. 31, p. 103. ed. Schow.
703 ) 1, 221 sq.
704 ) Lexil. 1,195. .
705 ) Grimm Gesch. d. d. Spr. I, 124.
" 6 ) Q. H. II, 8sq. Vgl. p. 11. 40.
Lauer Griech. Mythologie. " 1
342
das lat. m-as, M-ars mil "dgyg, agGiyv, ctQveg zusammen.
Aber Mars ist = dem Indischen Gotte Marutas 707 ) (Beiname
des Indra, Donnergottes)).
B. Genealogie. Ares gilt durchweg fur einen Sohn
des Zeus und der Hera 708 ). Vergl. Zeus, Sohn des Kronos
und der Rhea, Hermes, Sohn des Zeus und der Maja. Nach
der G-enealogie ist mithin Ares Himmelsgott. Wenn Ovid 709 ),
die Hera durch Berijhrung einer Blume schwanger werden
und den Ares gebaren la'fst, so ist das entweder blofse
Nachahmung von der Erzeugung des Hephaistos oder aber
hat denselben Sinn; was nach unserer Auffassung des Ares
sehr wohl moglich ist.
C. Mythologie. So wenig wir auch von der iilte-
sten Gestalt des Ares wissen, so la'fst sich doch soviel
deutlich erkennen, dafs er aus dein Zeus sich entwickelt
hat 709a ), und zwar vorzugsweise aus dem in Sturm und
Unwetter waltenden Zeus.
1. Der natiirliche Ares.
Er giebt sich als Himmelsgott dadurch zu erkennen,
dafs er
a) Herr der W oik en ist. Er fiihrt zuvveilen den
Blitz 710 ), was unmoglich ware, wenn er nicht Macht iiber
die Wolken besafse; er buhlt mil der Aphrodite 711 ), der
Gottin des bliihenden, sprossenden Erdlebens, das von der
'thauigen Wolke befruchtet wird. Sehr charakteristisch ist
707 ) Kuhn in Haupt Z. f. d. A. V. 491 sq.
-" 8 ) E, 896.
9 ) Fast. V, 251 sqq.
9a) Vergl. Zsve aQeios und dazn die Abbildnng bei Miiller
Denkm. II, No. 21 (tb. II.)
" 10 ) Soph. O. R. 469sq. Winckelmann Won. ined. Thl.I.
K P . 1. (VII, 272).
') ^, 266 sqq.
243
die Unterredung zwischen Apollon und Hermes dabei.
Apollon: ,,Hattest <lu auch wohl Lust, in machtigen Baaden
gefesselt, So auf dem Lager zu ruhn bei der goldenen
Aphrodite?" Hermes: ,,0 geschahe doch das, ferntreffender
Herrscher Apollon! Band', auch dreimai so viel, unendliche
Mfflochte'n nrich -fesseln> und ihr all', o Gotter, es schaun 'and
die Gottinnen alle! dennoch ruht' ich gern bei der goldenen
Aphrodite!" Als Herrn der Wolken charakterisiert den Ares
auch, dafs er auf einem Wagen einherfahrt 712 ). Vorzugsweise
ist aber Ares als Wolkengott Herr des Sturmes; darum iist
ihm Thrakien vor alien lieb 713 ) > das Land der rasenden Stiirrae;
darum heult er wie zehntausend Mann 714 ), wie *er audh
deshalb den Beinamen ^t^Tzrvog 715 ),- derigewaltig schreiende,
fiihrt. Aus demselben Grunde besteht Feindschaft zwischen
ihm und Athene 716 ). Fiir seine Wolkennatur spricht auch,
dafs er SQXOS 3 0hvf,i7tov 717 ) genannt wird. Kvxvog hiefsen
zwei Sohne von ihm , der eine von der Pelopia r18 ) > der
andere von der Pyrene (!) 719 ). Der Name geht auf die als
Schwan angeschaute Wolke. Davon der singende Schwan*
Hierher gehort auch die ld.Q&ia KQijvq bei Theben 72 ).
Als Himmelsgott ist Ares ferner daran kenntlich,
dafs er
6) Herr der Warme ist. Daher der Beiname
7ia ) E, 356 sqq. vgl. Psalm 104,3: ,,-Du fahrest anf den Wolken
wie auf einem Wagen und geliest auf den Fittichen des Windes."
113 ) *, 361.
714 ) E, 859 sqq.
7I ?) 2VT, 521.
716 ) E, 765 sqq.
7t7 ) Horn. hym. in Mart. 3.
718 ) Hesiod. Sc. 57, Gottling.
719 ) Apollod. II. 5, 11.
7JO ) Apollod. III. 4, 1. Unger .Theb. Parad. Hal. 1839. p. 103 sqq.
16*
244
bei Sophocles 72i ). Vielleicht geht auch
snog 722 ) (von [ivanf), die Bremse) auf die Hitze.
Aus dem Herrn der Wolken und der Warme entwickelt
sich Ares
c) als Herr des Ge.deihens. Daher acpvetog zu
Tegea 723 ). Hierher ziehe ich auch den !^^g yvvaMO&olvqs
zu Tegea 724 ), an dessen Feste keine Manner theilnehmen
durfteh 725 ), und den ywaix&v. zu Argos 726 ), obgleich die
Sage den Nameri anders erklart. Auch gehort hierher die
offenbar auf Ackerbau sich beziehende Mythe von der Fes-
selung 727 ) des Ares durch die Aloaden eiden, Otos und
Ephialtes 728 ). Ihr Name Aloiden (von aAwa, Saatfeld, Tenne,
vgl. Demeter aAwag), ihre Verbindung mil Dionysos und
den Musen, zeigen sie als agrarische Damonen und zwar,
da sie nicht Erddamonen sind, als Wolkendamonen : so
721 ) O'. R. 190sqq. : ,,Den gluhenden Ares, der schildlos jetzt
mich brennt mit Geschrei anstiinnend, vertreibe aus dem:Vaterlande
entweder in das grofse Haus der Amplritrite oder an die unwirth-
liche Kiiste des thrakischen Meeres. Denn wenn etwas die Nacht
ubrig liefs, das raubt der folgende Tag. Den, o der feuertragen-
den Blitze (!) machtiger Verwalter, Vater Zens, vernichte mit Dei-
nem Blitzstrahl!" Ygl. Nag els bach zur II. p=232.
''"-) Cornut. cp.21. So lieset Creuzer init Villoison; andere
ziehen ^Qirfnvos yor. S. Osann zu Cornut. p. 120.
- 23 ) Pausan. VIII. 44, 7 sq.
"*) Pausan. VIII. 48, 4 sq.
" 25 ) Umgekehrt durften an den Festen des Ares zu Geronthrai
keine Frauen in seinen heiligen Hain kommen.
' 26 ) Lucian. Amor. 30. Vgl. Bode Gesch. d. gr. Litt. II, 2. p. 119.
" !T ) Vgl. p. 171 die Fesselung des Kronos. Anm. d. Herausg.
72S ) s. Creuzer III, 39 sq. Welcker bei Schwenck p. 313-sqq.
vgl. p. 222. 36?. V olcker iiber die Aloiden (Seebode ,Krit. Bibl.
1828. no. 2.). A. Eberz iiber die Fabel der Aloiden (Z. f. A. 1846.
no. 99. p. 785 792. Aehnlichen Sinn mufs die Fesselung der Hera
durch Hephaistos und ihre Befreiung durch Ares haben, s. Millinl3,48
(aus Mazocchi Tab. Eferacl. p. 137).
245
wurden sie zu Riesen und der eine von ibnen^ Ephialtes,
zum Schreckbild, wie Hermes und die Kyklopen.
II'. Der ethische Ares.
Als Herr. der Wolken ist Ares
) Krieger und Tanzer; die wilde Kriegerlichkeit
tritt in seinem ethischen Charakter besonders hervor. Er
ist, wie physisch vorzugsweise der Gott des tobenden Stur-
mes, so ethisch ein Brausekopf, ein wetterwendischer Kerl,
g)6vrr]s 73Z ), pQOfohoiyos 733 ), piaKpovos 73 *). Vielleicht ge-
hort hierher auch ^Q^g &r]()eii;as- In Kolchis King das
goldene Vliefs an einer Eiche in seinem Haine 735 ). Von
hifir sollten die Dioskuren(I) seine Bildsaule mitgebracht
haben, . die in einem uralten Heiiigthume des 3 ^Q7je &T]QGi>tcts>
auf dem Wege von Sparta nach Therapne, stand 736 ).
Die Bezeichnung des Kriegerischen ist auch enthalten
in den Beiwortern dt-fiiVQios 737 ), dt^covos 738 ), dejioaeigog 739 ).
Bei dem Beinamen ^-oog 740 ) erinnere ich an f EQt*fjg evxohog
und an die Wolkentanzer, welcbe wir bereits kennen ge-
lernt haben. Wir werden es nur natiirlich finden, wenn
auch Ares ein trefflicher Tanzer genannt wird. Nach Lu-
729 3 E, 831, 889.
73<1 ) ,831,889.
731 ) E, 31, 455.
732 ) B, 651. H, 166. P, 259.
733 ) , 31, 455, 518,846,909. -4,295. M, 130. Y, 46. <*>, 421.
9, 115, 349.
734 ) E, 31. 455, 844. *, 402. Vgl. E, 289, 388, 461, 507, 717, 830,
859, 863, 866, 904. H, 146, 241. Z, 203.
735 ) Apollod. I. 9, 16.
736 ) Pans. HI., 19, 7 sq. S. Welcker bei Schwenck p. 309 not.
737 ) Zonaras Lex. gr. p. 507.
738 ) Creuzer Melett. I, p. 35 sq. not. 32.
739 ) Soph. Antig. 140.
74 ) E, 430. , 215.
246
ciaa 741 )) erhielt Priapos, ein kriegerischer Damon, einer von
den Titanen oder Idaischera Daktylen, von der Hera den
Auftrag, ihren zwar noch sehr jungen aber wilden und iiber
die Mafsen manneskrafligen Sohn Ares in der Kriegskunst
zu unterrichten, was ihm nicht eher geJang, als bis er einen
vollkommenen Tanzer aus ihm gemacht hatte. Vergleiche
den Tanz der salischen Priester.
b) Dems^^g |UA.E^og, dem Herrn der gliihenden Warme,
enfcsprieht im Ethisehen Ares als Sender vonr Krarakheit
und Pest 74 *).
Von Ares urspruhglieh nicht versehieden ist 'Evv&foog.
So ; wird das Wort bei Homer 743 ) fur Ares gebraucht; an
einer Stelle 744 ) ist es Beiwort. Aristophanes 745 ) unter-
seheidet scho Beide; da Ares der Hauptgott blieb, trat
Enyalios zu ihm in das Verhaltnifs des Sohnes. Pausa-
nias 746 ) erzahlt von der Fesselung des Enyalios. Ob sich
diese auf Frachtbarkeit bezieht? 3 Ewt6 747 ) r welche in Theben
Anlheii am Feste der Homoloi'en hatte,; und deren Bild zu
Athen im Tempel des Ares stand 748 ), ist der weibliehe
Ares. Dafs sie auf Wolkenanschauung beruhte, lafst sich
nach Hesiod 749 ) annehmen. Pott 750 ) leitet den Namen von
avvew, conficere, ab.
'*') de salt, cp.21.
742 ) Vgl. Musgrave z. Soph. Aj. 706. Soph. O.K. 190 sqq.
7 ") B t 651 u. ofter.
744 ) JP, 210.
745 ) Pac. 457.
74G ) III. 15, 7.
747 ) E, 333,592, VergL Tiesler de Bellona. Berol. 1842. 8.
p. 16 sqq.
149 ) Pausan. I. 8, 4.
749 ) Th. 273, wo Enyo Tochter von Phorkys und Keto genannt
wird.
75 ) I, 230.
247
, Jeipog, die Begleiter des Ares, sind
Personifikationen ohne mythologisehen Werth, denn sie ha-
ben keinen Kult.
Ueber die wenigen Kunstdenkmale vgl. Miiller Arch. . 372 sq.
R ti c k b 1 i c k.
Werfen wir noch einen vergleichenden Blick auf das
Verhaltnifs der einzelnen bisher betrachteten Himmelsgotter
zu einander. Am universellsten hat Zeus die Himmelsnatur
in seinem Wesen festgehalten und verklart; an ihm sind
alle einzelnen physischen urid ethischen Richtungen wahr-
zurtehmea, welche in den iibrigen Himmelsgottern bald inehr
bald weniger vereinzelt sich vorfinden. Er ist der Vater
der Goiter und Menschen, der giitige Fiirsorger, der seinen
Kindern Nahrung, Gesundheit, Gliick und Wohlergehen
giebt; er ist der weise und allwissende, der wahrhaftige,
der freundliche und gnadige; der machtige Schiitzer aller
Gemeinschaften auf Erden, des Hauses, der Verwandtschaft,
der Freundschaft, der Stadt und des Staates, und die Ver-
theidigung derselben unt'erstiitzt er mit seinem Arm und
belohnt sie mit Sieg und Beute. Alles Unrecht hafst er
und alien Frevel; er liebt die Gerechtigkeit, aber ist nicht
unversohnlich; ohne Ende lebt er ein ernster, erhabener
Lenker aller Geschicke der Einzelnen und der ganzen Welt.
- Von diesem universellen Charakter des Zeus haben die
iibrigen Himmelsgotter nur einen Theil .behalten. Am mei-
sten noch Hermes. Neben seiner sehr bedeutend heryor-
tretenden Beziehung auf Fruchtbarkeit des Ackers und der
Heerden ist er iibervviegend ein Gott, welcher die Menschen
im Leben wie ini Tode geleitet und behiitet. Er beschiitzt
das Haus, die Knaben, die Wanderer; er beaufsichtigt die
Wege, den Handel und Verkehr, Wohlergehen, Gliick und
248
Reichthum kommt auch von ihm, und ist er nicht weise
und allwissend wie Zeus, so doch voll Klugheit und erfin-
derischen Geistes. Weit beschrankter ist das Wesen des
Pan, welches sich wenig fiber die Natursymbolik erhoben
hat. Aufseher der Heerden, Schiitzer der Jager und Fischer;
Meister auf der Syrinx, Urheljer plolzlichen Schreckens,
zeigt er in seiner bocksftifsigen Gestalt, wie sehr er in der
Natur wurzelt und von der Verklarung der iibrigen olym-
pischen Cotter entfernt ist. Fast umgekehrt ist es rait
Ares, dessen Wesen nicht weniger beschrankt ist, aber sich
fast ausschliefslich in ethischen Verhaltnissen bewegt. Denn
er ist in seiner hellenischen Gestalt beinahe nur Gott des
stiirmischen, ungesturaen, wiithenden Krieges.
Zweites Kapilel.
Die Sonneneotter.
Je nachdem die Sonne fiir sich, in ihrem Verhaitnifs
zum Monde oder in Bezug auf Tages- und Jahreszeiten
betrachtet wird, hat sie aueh verschiedene Vorstellungen
erzeugt. Fiir sich betrachtet erscheint sie als ein Rad 751 )
oder ein durch den Himmel fahrender Wagen, als das Auge
des Himmels 752 ), als Schild (jedoch nicht in der gpechi-
schen, sondern nur in der deutschen Mythologie) 753 ), oder
"') VgL Grimm.D.M. p.586sq. .
752 ) Vgl. oben: 6 Kiev OQWV zvxlos Jios- Soph. O. C, 704; Py-
thagor. b. Diog. Laert. VIII, 29 nennt die Angen 'HMov nv).ai. Vgl.
den hellenischen Zeus 2, b, u. Grimm D. M. p. 665.
153 ) Grimm D. M. p. 665.
249
als ein glanzender Gott mil goldigem Haar 754 ). Ueber das
verschiedenartig gedachte Verhaltnifs des Mondes zur Sonne
siehe oben, Scheidungen im Polytheismus. Der Unter-
gang der Sonne, der auch auf die Griechen einen wehmii-
thigen Eindruck machte, wie die auf denselben sich bezie-
'henden Mythen darthun, wurde angeschaut als Tod (Hippo-
lytos, Phaeton) oder Raub (Phaeton durch die Aphrodite
entfiihrt). Auch die Beziehung der Sonne zu den Jahres- ;
zeiten erweckte verschiedene Vorstelltingen. Im Friihjahr
kehrt sie zuriick (von der Reise, vom 1 Tode) und erfreut
den Menschen, todtet abev im Sommer durch brennende
Hitze, und im Herbst verschwindet sie (gefesselt, verreisend,
sterbend).
Unter den Titanen, den Kindern des Uranos und der
Ge, haben wir bereits zwei kennen gelernt , welche als
Personifikationen der Sonne anzusehen waren: Kolog (der
Feurige) und ^YnsgLcov (Hoch- oder Driiberwandler). So
wenig nun, als dem Uranos eine selbststandige Verehrung
je zu Theil geworden ist, so wenig diesen seinen beiden
Sohnen. Sie sind, gleich wie der Vater, nur theogonische
Potenzen, und haben als solche nur gedient, um andere
dem Kuite naherstehende Sonnen- oder Mondgotter von sich
herleiten zu lassen. So gleich den Helios.
1. "H I i o g.
A. Name. "Hfaog scheint einerseits mit dem Gothi-
schen sauil (rund), ahd. segil, sagil, sahil, hhd. Siegel (O)
zusammenzuhangen, andrerseits mit dem Gothischen hvil,
isl. hiol, schwed. hjul (d. h. Rad) ; womit weiter wieder die
754 ) Helios auf Mtinzen von Rhodos mit strahlenformig fliegeq-
dem Haare dargestellt. 0. Miiller Arch. .400.
250
Monatsnamen lovkiog, iovhcilos, iKaloQ d. h. Sonnenmonat,
nach dein Sonnenrade benannt, iibereinkommen 755 ). Dafs
jjfaog das Digamma gehabt, ist nicht zu bezweifeln,
da ofter /? vorgeschoben vvird. So fiajishioG bei den
Pamphyliern ?56 ) ; afishos bei den Kretern 757 ), /SgAa bei den
Lakonen 758 ).
B. Genealogie. Helios ist Sohn des Hyperion und
der Theia 759 ) (Glanzende, Mond) oder der Euryphaessa 760 ).
Davon 'YneQiovldqs 761 ) und 'YneQiwv, wenn man diese Form
als eine patronymische , nach Eustath. aus 'YnsQiovlcov zu-
sammengezogene, gelten la'fst 762 ). Wenn man jedoch be-
denkt, dais die Theogonien, also auch ihre Figuren, wesent-
lich nachhomerisqh sind, dafs der Vers mit 'YneQiovidyg
groisem Verdacht unterliegt und die Form c YneQio)v bei
Homer nichl als Patronymikum gefafst zu werden braucht:
so wird man gerieigt sein miissen, fur die alteste und auch
noch fiir die homerische Zeit 'vnsQitav als ein blofses Bei-
wort der Sonne, des Helios anzusehen 763 ). Wie aus "diesem
Beiwort ein Vater, so entstand aus einem anderh ein Sohn
C. Mythologie. Zu einer wirklich ethischen Aus-
bildung ist Helios nicht gejangt. Er blieb ziemlich concret
mit seinem Naturobjekte, mit dem er ja auch denselben
755 ) S. Grimm D. M. p. 664. G. d. d. Spr. I, 106 sq.
756 ) Bust 1654, 23.
"") Hesych. vgl. Pott. 1,131.
75S ) Hesych. s. v.
759 ) Hesiod. Th. 371 sqq. Find. Isthm. IV, 1.
76 ) Horn. h. in Sol. XXXI, 2.
76 ') fj,, 176. hymn, in Cer. 74.
lo2 ) S. Valcken. z. Theocr- Adoniaz. p. 413 (Id. XV.) Mattli,
Gr. Gr. I. . 100 n. 101.
763 ) Schomann de Titan, p. 21.
764 ) S. iiber diesen Nat. Com. Lib. VI, p. 552 sqq. EngelKy-
pros II, 643 sqq.
251
Nanaen fiihrt. Er sieht alles und hart alles 765 ), er isl&swv
rjds xal avdytov 766 ), nokvcfaonog 767 ), n&vbn-
un d wird deshalb bei Eidschwiiren angerafen 769 ).
Zuweilen erscheint er auch prophetiseh, was bei seiner
liehten N-atur nicht auffallt
Morgens erhebt er sich aus dem Okeanos 77 ) und steigt
an dem Himmel hinauf; Abends senkt er sich der Erde zu
und in den Okeanos zuriiek 771 ). Dieser Vorstellung vom
Okeanos widerspricht die andere nicht, nach welcher He-
lios unter die Erde geht 772 ); denn sie-ist der Natur ebenso
gerecht.
Bei Homer ist nicht von einem Wagen und von Pfer-
den des Helios die Rede 773 )-, vielleieht bios zufallig nicht.
Dagegen ist wohl roehr als Zufall,. dafs Homer sowenig als
Hesiod etwas iiber die Art undWeise berichtet, auf wekhe
Helios iiber Nacht aus deni Westen in den Osten zuriick-
kommt. Die spatere Zeit liefs den Helios uber Nacht in
einem Kessel (Ae/%) 774 ) oder einem goldenen Beeher 775 )
auf dem Okeanos zu der Stelle seines Aufgangs zuriick-
schiffen. Welcher Anschauung dies Sonnensqhiff seinen
769
77
765 ) T, ^77. Solem q\iis dicere falsum audeat Virg. Georg. I, 463,
Sol qui terrarum flammis opera oninia lustras. Virg. Aen. IV, 607.
76G ) Horn. h. Cerer. 62-
761 ) Find. fr. 74. 1. Bockh.
- " 68 ) Aesch. Prom. 91. vgl. Horn. h. Cer. 69 sqq. '
9 ) F, 277. T, 259. Apollon. Rh. IV, 229, 1019.
) H, 421 sq. T, 433 sq. y. init. mit Nitz s ch.
771 ) Volcker Horn. Geogr. . 15 sq.
772 ) x, 191.
773 ) Sonst koinmen sie sehr hautig vor; zuerst in den Horn.
Hymnen;
774 ) Verf. d. Titanomaclue bei Athen. I, c.> p. 470.
775 ) Peisandros (Ol. 33 = 645) bei Athen. XI, 469 sq. Vgl. S tur z
zu PJierecyd. -[). 103 sq. Heyne Obss. Apollod. p. 161 163. Creu-
zer Symb. 11, 668. Volcker Myth. Geogr. .17. Meineke z,
Euphor. fr. 82. O, Muller Dor. I, 428,
252
Ursprung verdanke, will ich nicht eritscheiden. Die
Heerden des Helios kann man auf die Sterne, oder auf die
Tage und Wochen beziehen 776 ).
Verehrung genofs Helios- seit den altesten Zeiten und
an vielen Orten. Schon in der Odyssee 777 ) will Eurylochos,
wenn er gliicklich nach Ithaka zuriickgekomuien sein wird,
dem Helios einen prachtigen Tempel errichten und reiche
Weihgeschenke aufhangen. Pausanias erwahnt eine Menge
von Kultuslokalen des Helios. Der Hauptsitz seiner Ver-
ehrung war jedoch nicht im eigentlichen Hellas, wo dieser
Gott in seiner mehr natursymbolischen Geslalt kein passen-
der Genosse der olympischen Goiter sein konnte, sondern
in Rhodos, welches dem Helios geweiht war 778 ). Hier
feierte man ihm jahrlich ein Fest, c ^ha oder L^A/eta mit
gymnischen und musischen Spielen und einer grofsen Pro-
zession, die wahrscheinlich das Opfer von vier Rossen be-
gleitete, welche dem Gotte ins Meer gestiirzt wurden 779 ).
Pferdeopfer werden auch sonst dem Helios darge-
bracht; so auf dem Taygetos 78 ). Dieselben Opfer erhielt
der Sonnengott bei den Persern 781 ), bei den Massageten 782 ),
und bei den syrisch-semitischen Volkern 783 ). Es hat dies
einen andern Grund als bei Opfern der Wassergb'tter und
zwar den, dafs der Sonnengott mit seinen Rossen selbst in
das Meer hinabzusteigen scheint. Aufserdem wurden dem
" 6 ) Vgl. Nitzsch z. Od. Bd. HI, p. 386 sqq,
777 ) p, 345 sqq.
77S ) Vergl. Find. Ol. VII. 14 sq. Heffter d. Gotterdienste auf
Rhodos. Hft. III. Zerbst 1833. 8.
779 ) Hermann G. A. . 67 init.
78n ) Paus. III. 20, 4.
781 ) Herodot. I. 189 ibq. Bahr.
78i> ) Herodot. 1,216.
793 ) Miinter Rel. d. Bab. Kph. 1827. 4. p. 27. Rel. d. Karth,
p. 14. not. 44.
253
Helios Eber 784 ) (als Symbol der Hitze) und weifse Wid-
der 785 ) geopfert. Doch auch anderes; denn zunachst giebt
man, was man hat; obgleich man, wenn man kann, das
Opfer dem Charakter der Gottheit gemafs wahlt, wie grade
an der letzten Stelle.
Heilig war dem Heliols der H aim 786 ), wovon derGrund
leicht einzusehen ist.
Kotos, 'YTZSQIWV, <Dae&cov (als Sonnenuntergang anzu-
schalien, oder auf die Jahreszeiten zu deuten) und 'Evdvpltov
(der Hineintaticher) sind mil "Hliog identisch.
Darstellnngen : O. Miiller Arch. .400,1.
2. lA n 6 "k b co v. '
Creuzer II, 3. Stuhr II, 195 sqq. O. Miiller Dorier
I, 200 370. Ha apt de Apollinis cnltti post Trojana
tempora propagate et amplificato (Allg. Schulz. 1830. II.
no. 74K Schwenck Mythol. Skizzen. Frkf. 1836. 12.
p. 98 168. Gottscbick Apollinis cultus nnde dncen-
dus sit. Berol. 1839. 4. Chr. Fresenius de Apollinis
numine solari. Marburg 1840. 8. Ha/m de Apollinis
origine et cultns vi. Spec. I. Laub. 1841. 4. W.Schwartz
de antiquissima Apollinis natara. Berol. 1843. 8. S-chwalbe
Ueber die Bedeutung des Paan als Gesang im Apollini-
schen Kultus. , Magdeb. 1847. 4. Lersch Apollon der
Heilspender. Bonn 1848. 4.
Die Slelle, vvelche ich dem Apollon bei der Betrach-
tung der Sonnengotter einraume, zeigt schon im Voraus,
dafs ich die Meinung derjenigen nicht theile. welche fiir den
Apotlon einen rein ethischen Ursprung annehmen 787 ). Es
ist freilich wahr, dafs ausdriickliche Zeugnisse einer Iden-
184 ) T, 197.
5 ) r, 103 sq.
186 ) Pausan. .V. 25. 10.
787 ) Vofs Myth. Br. Bd. II. O. Miiller, Stahr n. A.
254
titat von Apollon und HeJios nichl iiber die Zeit des
Aeschylos hinausgehen; aber es ist miv unbegreiflich, wie
man eine rein ethische Gottergestalt mil ihren Beinamen,
Attributen und Mythen ha'lte *nit einer natursymbolischen
Gottheit vermischen und verschmelzen konnen, wenn nieht
zwischen beiden eine urspriingliche Verwandtschaft bestan-
den hatte. Ja, wie ware man sonst uberhaupt zu einer
solchen Verschmelzung gekonaniten? Die Sache ist diese.
Aus dem Verha'Hnifs der Sonne zum Erd- und Menschen-
leben hatte sich aus der aHgemeinen Himmelsgottheit, Zeus,
in fiiihester Zeit eine Sonnengottheit ausgeschieden, deren
weitere Entwickelung darin bestand, dafs sie einerseits sich
in ihrem natursymbolischen Wesen weiter entfaltete, andrer-
seits- ihre ethischen Momente zu voller Ausbildung brachte.
So geschrfh es, dafs schon vor Homer die Sonnengottheit
zwei sehr verschiedene Gestalten angenommen hatte: eine
mit iiberwiegend iiaturlichein, die andere mil iiber wiegend
ethischem Charakler, Helios und Apollon. Wie man in
Helios Keime zum Ethischen bin wahrnehmen kann, ob-
gleich nur diirftig, so in Apollon Keime zum Natiirlichen
zuriick. Diese Ansicht vom Ursprunge und der primitiven
Identitat von Helios und Apollon ist geeignet, einerseits die
grofse Differenz zwischen beiden Gottern zu erklaren, an-
dererseits ihre spiitere Identificierung. Eine solche konnte
nur vor sich gehen dadurch, dafs man die Kraft verlor, den
Apollon in seiner ethischen Verklarung festzuhalten. Indem
das griechische Volk, den Einfliissen des Orients unterlie-
gend, dem Naturleben verfiel, die frele geistige ethische
Hohe aufgab, zu der es sich einst emporgeschwungen hatte,
mufsten natiirlich auch seine Gotter immer mehr und mehr
in die Natur versinken. So Apollon. Er wurde in den
spateren Zeiten des hellenischen Lebens, d. h. etwa vom
Ende des peloponnesischen iCrieges an., das wieder, was er
255
einst gewesen war: Sonnengott, Helios 788 ). Es mufste
doch wahrlich auch ein sonderbares Zusammenlreffen ge-
nannt werden, dafs nicht bios Appllon so gut sich in den
Helios schickte, sondern seine Schwester Artemis auch so
gut in des Helios Schwester Selene.
Betrachten wir nun naher, inwieweit der Name, die
Genealogie und Mythologie des Apollon unsere Grundansicht
iiber Apollon bestatigt.
A. Name. b. Idnsllwv 789 ), c. lAnlovv thessa-
Hsch 790 ).
Die Allen, die ebenso erfinderisch als unglucklich im
Etymologisieren waren, haben auch vomNamen des Apollon
mancherlei Erklarungen aufgestellt 791 ). Plato 792 ): anc tol
TiaJiJisiv rag axTivag, vom Schiefsen der Strahlen. Chry-
sipp. 793 ): priv. und nohKoi; weil nicht viele sondern er
allein das Licht hat 794 ), oder tog ovyl TIOV nohhcav nai
It J *> ~ \ It r-\ . ' jati\ C 3 \
cpccvAtov ovoicov TOV nvQog ovca. opeusipp. ): cog <mo
1 *J ** 3 (V ^ 3 * ** T7 1 tl7Qfi\
TTOA/WV ovOtiov nvQog amov avvsoTuxog. Kleanthes ):
wg an ahhwv %ai aAAwv tag avaxokag jroiovfuevov.
Neuere Gelehrte haben an fjfaog gedacht, wofiir die Lako-
nen fisKa, die Kreter afiefaog sagten 797 ). Damit war denn
der Uebergang in den Orient leicht gemacht: Bal, Bel der
78S ) In Soph. El. 624 wird er nm Schntz angernfen gegen die
nachtlichen SttftKTKl
789 ) Ah r ens de dial. II. 122.
") Plato Cratyl.
731 ) S. Macrob. Sat. I, 17. p.295sq. Zeun. : '
792 ) bei Macrob. a. a. O.
793 j ib4-
194 ) Vgl. Sol von solus bei Yarro de lingua latina V. 10, 58.
795 ) Macrob. a. a. O.
195 ) ibd.
797 ) Hesych. s. T. Vofs Th. gent. p. 390.
256 ,
Sonnengolt 798 ). Buttmann 7 ") denkt an den Jabal oder
Jubal der Bibel. Hoffmann 800 ), von der Bemerkung aus-
gehend, dafs die erste Sylbe oft produciert wird, vermuthet.
davor ein altes F, Fan, .welches er mil dem lateinischen
vapor zusammenbringt, und erinnert an die Todtung der
aus lutulenta tellure 801 ) geborenen Pytho (vgl. unlen). Ob
der ganze Name abgeleitet oder zusammengesetzt sei, la'fst
er unenlschieden, meint jedoch, er konne bedeuten vapori-
bus interficiens (ohtofu). Kann er nicht heifsen: vapores
interficiens? Dabei ware von der allernachsten Wahrneh-
mung ausgegangen, dafs die Sonne, wenn sie erscheint, die
nachtlichen Nebel verscheucht. 0. Muller 8(i2 ): derhin-
wegtreibende, abwendende Gott (v. yiX ekawco). Diese
Etymologic scheint richtig und der Name dem Sonnengotte
ge^eben zu sein von der Anschauung aus, n'ach welcher
die Tagessonne das Dunkel, die Schrecken der Nacht, die
Furcht ervveckende Finsternifs vertreibt, die Friihlingssonne
den unheimlichen, bosen Winter. Denn dies sind die bei-
den Haupteindriicke, welche die Sonne auf den Menschen
macht.
B. Genealogie. Apollon gilt ebenso wie seine
Schwester Arlemis durchweg fiir ein Kind des Zeus lind der
Leto. Leto selbst ist die Tochter von Phoibe und Koios
(Mond und Sonne) und nichts weiter als die Nacht. Sie ist
die Dunkle, ihrem Namen nach, der mit la&ziv zusammen-
hangt. 803 ). Diese Anschauung. des Ursprungs der Sonne
79S ) Creuzer II. 567. Vofs a. a. O.
199 ) Myth. I, 166 sqq.
80 ) Q. H. II, 11 sq.
801 ) Ovid. Met. I, 434.
802 ) p. 303 sq., vgl Schwartz p. 33 sq.
803 ) Schwenck Andeut. p. 192. O. Millie r Dor. I. 313. Arpio
V vv'S Eustath. Od. p. 1883, 64. und z. II. p. 22, 29: ^rou? 3s vlos 6
J.sytrai, TOVT^OTI vvxiog- SoxsT <ya$ & am^g ola
257
aus der Nacht, welche fur die Griechen Sophocles 804 ) be-
zeugt, ist tibrigens mehr oder minder alien Volkern ge-
recht.. ,
Wenn nun Leto die Dunkle ist, mit welcher der Him-
mel sich galtet, wer kann diese Dunkle anders sein als die
Nacht? Doch gewifs nicht die ,,noch ruhende und unsicht-
bare Gottheit, aus welcher die sichtbare mit energischer
Klarheit hervortritt" 805 ). Und wenn nun weiter Apollon
Sohn des Himmels und der Nacht ist, der von jenem sein
Wesen, von dieser sein Leben, aus dieser seinen Ursprung
hat, kann, frage ich, dieser Sohn ein anderer sein als der
Sonnengott? Diese Schliisse scheinen mir so zwingend,
dafs ich in der That nicht weifs, wie man sich ihnen ent-
ziehen kann. Da' das Wesen von Apollons Mutter so fest
bestimmt ist 806 ), so haben wir, was sonst selten der Fall
ist, schon allein mit der Genealogie des Gottes sein Wesen
selbst.
C. Mythologie.
I. Der natiirliche Apollon.
Er ist
a) Herr der Sonne. Als solchen bezeichnen ihn
die Beinamen, welche die Wurzel ^LYK enthalten. ^vxrj-
yevr^g 807 ) 'ist auf Lycien, als Geburtsland des Gottes, auf
Wolf und auf Licht gedeutet worden 808 ). Alle drei Deut-
3r4 ) Trach: 94 sqq. ; 6V aidta w
8n5 ) O.' Mil Her p. 313.
806 ) Vgl. ihre Genealogie in Hesiod. Theog. 404 sqq., wo sie
'ontnkog, fjtstii%os alsi, TJTIIOS KV&QCOJIOIGI xccl aO-cevaTOitii &eolGi
heifst.
807 ) J, 101, 119.
80S ) CreuzerIT, 533sqq. O. Miiller 307. Schwartz p.lSsq.
39 sq.
Laner Griech. Mythologie. . 17
258
ungen kommen auf dasselbe hinaus. Ebendasselbe besagt
das Beivvort Avx^og 809 ). Der Beiname (Dolfiog erklart sich
von selbst 810 ). (Davcuos (voncpalvco) auf Chios 811 ), ^dlyhij-
T^ 812 ). s HAetog und analog ha'ngen mil ijhios zusammen 813 ).
Jt/Tratog 814 ) ist mil yvty (Geier) zusammengebracht worden;
richtig, wenn das Stammwort eine significante Bedeutung
hat. Man kann vielleicht an yvipog (Kreide) denken, so dafs
es hiefse: der Leuchtende. Ob IAa(uog 815 ) zu Colophon
rait clarus zusammenhangt? ^/?jhog slR ) bezeichnet den
Leuchtenden, von drjhoG- IXaanaQiog^ XQVGHXMQ ,,der mil
dpm goldenen Schwerte," von den Strahlen der Sonne 817 ),
die aber auch als Haar angeschaut wurden, wie die Bei-
worter %Qvaox6[.ii]s 8iS ) und axe^aexo^g 819 ) darthun. \Aqvo-
xdju^g 820 ) wird von Neuern durch ,,H liter der Lammer"
erklart; wahrscheinlicher ist die Bedeulung ,,lammhaarig,"
also weifshaarig. Ein sehr haufiges Beivvort ist jjav&og.
c E^log 82t ). .^xTiog (mifajMrty, Sonnenstrahl, zusammenhan-
gend) wurde zu Adrastea verehrt 822 ). Auch wurden ihm
* 09 ) O. Muller 305 sq. Schwartz p. 37 sq.
8l ) Vgl. Schomann de-Tit, p. 18 sq. Hartmann de Phoebo
Apolline vet. Gr. ac Latii. Hal. 1787.
8l1 ) Hesych. s. v. Friebel Fr. satyr, p. 55.
S12 ) Apollon. Rhod. IV, 1716. 1730. Apollod. I. 9, 26. O. Muller.
Dor. I, 286, not. 1. Hesych. s. v.
813 ) Euphor. fr. 40. p. 75, Mein.
814 ) Conon. narrat. 35.
815 ) Nicandr. fr. 20. cf. Nicandr. Vit. p. 61 sq. West. Tacit. Annal.
11,54. Dio Chrys. XLVII, p. 524. Mor: Kohoycavos, -/MITCH TIOI^V
ov %ti()ovix 'OpqQov 7ipf/T/, Tov 'Anof.Acovtt. O. oVTiiller Dor. I, 227.
o 1 " 5 ) Arnob. 1, 26. .
8l1 ) Hesiod. O. D. 771. XQVGUOQOS Ap. Rh. Ill, 1283.
81S ) Tyrt. II, 4. Winckelm. Wrk. IV, 289 sq.
" 9 j Y, 39. Pollux-II, 35.
s?n ) Macrob. Sat. 1, 17. p. 303. Zeun.
821 ) Ap. Rh. II, 686, 700. Herodo*. bei Sell. Apollon. II, 684.
822 ) Strabo XIII, 879. Vgl. Class. Journ. XVII, 367.
259
am tec in Akarnanien und auf Leucas gefeierl 823 ).
$>a?os 824 ), so viel als Sv^a^s, herzerfreuend? oder der zu
Thymbra verehrte? Zu Korone in Messenien hiefs Apollon
xoQvdog 825 ). Creuzer 826 ) bezieht den Namen auf die
Lerche, welche z. B. auf Leranos dem Apoll heilig war.
Vielleicht bedeutet das Wort ,,der, die sich Erhebende," was
charakteristisch fiir die Lerche wie fiir die Sonne ist. Die
Beziehung dieses Beiwortes auf Lichterhellt ausdemUmstande,
dafs nach dem Berichte des Pausanias in demselben Tempel
ein Bild des Apollon agyeuTag stand. ( ) 827 ). /JQOftciiog 828 )
und (3oyd()6{.uog SZ9 ) bezeichnen die Sonne als La'ufer. *Eqe-
GLO$ auf Lesbos 83 ), von egeaaco, bewegen. Dahin gehorte
auch sQid-iog 83 *), wenn nicht an der angefiihrten Stelle
sQvfrlpiogzulesen wiire 832 ). '( ) 833 ). ^o^/ag 834 ), als Eigen-
name gebraucht, wird von hogog, krumm, abgeleitet, was
auf den Sonnenball gehen ;wiirde. Man kann es auch von
8M ) Hermann . G. A. .64, 14.
8a4 ) Sturz z. Hellanic. fr. 136, p. 161.
8J6 ) Pausan. IV, 34, 7. var. lect. XQQVVO-OS, woher Creuzer ver-
inuthet zoQv&cilfiog. ,
826 ) Wiener Jahrbb. Bd. 11.9. p. 155.
827 ) Im Grundrisse folgen die Beinamen: SeiQaSicoTtjs. 06ova.
llryos. Kvv&ios. JWffrg', alle, mit Ausnahme von QOQVKJ;, mit
Fragezeichen versehen. Erwahnt finden sich nur dovaards (mit
dem Citat Theopomp. fr. 320) und &OQVK (Hesych. =_A.pollon).
Anm. d. Herausgebers.
8M ) Plut. Q. S. VIII. 4, 4. C. J. II. p. 406 B.
829 J Panofka Denkm. u. Forsch. 1849. no. 8. p. 87 sq.
8i5ft ) Hesych. I, p. 1413 Alb. O. Mullet Dor. I, 228.
831 ) Ptolem. Heph. VII, p. 198, 11 West.
832 ) O. Miiller Proleg. 417. Vgl. Engel Kypros 11,6
833 ) Von den im. Grundrifs an dieser Stelle befindlichen Beiwor-
tern kxKTO { u^aios^ und -0-oa'Sos ist nichts bemerkt als bei dem letztern
die Verweisung auf Hesych. (oalor "Ano^wv).
Anm. d. Herausgebers.
834 J Macrob. Sat. I, 17. p. 300 Zeun. Eustath. p. 794, 54;
17*
260
ableiten und auf den Propheten beziehen. Tgioatog,
nach Hesych. = TQiocp&afyios, und svavQOs 635 ) gehen auf
die Lichtnalur des Sonnengottes.
Auf den taglichen Lauf der Sonne bezieht sich die
Mythe von der Todtung des Drachen IIv&co, die zu Delphi,
dem Hauptkultuslokale des Goltes noch vor Delos, vor alien
beruhmt war und in einem eigenen Feste dargestellt wurde.
Aus erwarmtem Schlamm entstanden 836 ), den Menschen
schadlich 837 ), schrecklich 838 ) und ungeheuer 839 )., hausteneben
der Quelle Kaslalia der Drache IIv&co oder IIv&wv (von
^rivd; faulen, blasen, wehen, pusten) 84 ), mil anderem Na-
men dshcpvvr] oder g)ivrj., was mil Tekcpovaaa oder Tik-
cpovaa coaa gleich ist und mil olKyr) zusammenhangt 841 ).
So war denn Pytho eine Ausgeburt der erwa'rmten , diin-
stenden Feuchtigkeit. Als Leto mil ihren beiden Kindern
schwanger war, verfolgte Pytho sie 842 ), weil er wufste, dafs
er durch Leto's Kind umkommen wurde. Aber er fand sie
nicht. Als darauf Apollon bald nach seiner Geburt an den
Parnafs kam 843 ), todtete er mil seinen Pfeilen den Drachen ;
d. h. die nachtlichen Nebel, welche die Naclit verfolgen,
werderi von der kaum geborenen Sonne getodtet, ahnlich,
835 ) Hesycli. s. v. ibq. intptt.
836 X Ovid. Met. I, 440.
837 ) H. in Apoll. 354.
838 ) Callimach. hymn. Apoll. 100.
839 ) Apollon. Rh. II, 706. Pytho zieht ein ahnliches Ungeheuer
grofs, den von der Hera (Erde) a 11 ein erzeugten Typhaon (Horn,
hymn. Apoll. 305 sq.) D^sselbe ist, wenn -4%; das Kind des Drachen
Python heifst. (Plut Q. Gr. 12.) Vgl. O. Miiller Dor. I, 330. not. 2.
84n ) Pott. I, 263. no. 252.
84 J ) O. Miiller Orch. p. 142, 3. 468 sq. Ahrens. de dial. 1, 173.
Vgl. den Fisch Delphin.
845 ) Athen. XV, 701. Tzetz. Lycophr. 208. Macrob. Sat. I. 17.
843 ) Forchhammer Apollons Ankunft in Delphi. Kiel. 1841.
261
wie Go the 844 ) sagt: ,,DieNebel desFlusses und-der Wies.en
vvehrten sich eine Weile, endlich warden auch diese auf-
gezehrt."
Bei dem Feste, welches man zur Feier des Sieges fiber
den Drachen beging, wurde ein ihm eigenthiimliches Lied
gesungen, der Paian 845 ). Wie Apollon in diesem Kampfe
fiir sich als Sieger, fur die Menschen als der Unheil ab-
wendende erschien, so ertb'nte ihm der Paian theils als
Siegeslied 846 ), theils als Siihnlied 847 ), theils als Zuversichts-
lied. Spa'ter blieb es zwar, was es war, verlor aber die
ausschliefsliche Beziehung zu Apollon 848 ).
Vielleicht ist auch auf den Tageslauf der Sorine in
demselben Sinn e, wie der von Python, der Mythos vender
Todtung des Tivvog zu beziehen. Der Riese Tityos auf
Euboia, Sohn der Erde 849 ), (oder des Zeus und der
Elaira.) 850 ) stellte der Leto (oder der Arlemis) nach, als sie
von Panopeus nach Pytho ging, und wurde deshalb von
Artemis 851 ) (oder von Apollon und Artemis) 8 ^ 2 ) mil Pfeilen
s44 ) Ital. Reise. Bd. XXXIII, 7.
s * 5 ) So hiefs er nach Apollon, welcher diesen Namen vorzngs-
weise als Heiler fiihrte, wie theils axis den Fakten, theils aus dem
Gotterarzte Paion klar ist, wenngleich die Etymologic nicht deutlich
vorjiegt.
84fi ) Vgl. X, 391 sqq.
s*') A, 473 sqq. ' ,
84S ) Ueber den Paian vgl. Bode Gesch. d. k hell. Dichtkst. II, 1.
p. 7 25. Bernhardy Gr. Litt. Gesclu II, 447 sqq. Schwalbe
iiber die Bedeutung des Paan als Gesang im Apollinischen Kultus.
Magdeburg 184*7. p. 7.
8 * 9 ) ryyevris Sturz Pherekyd. p. 151. FKI^IOS vtos r\. 324.
85 ) ,,riv Zei>g , tneidri avvrji&f, Ssiaag "Hoav, vno yrjv
xal TOV zuo(poQr)&VTK TiKiSa TiTvbv V7
Apollod. I. 4, 1.
951 ) Pind.-Pyth. IV, 160.
852 ) Paus. III. 18, 15..
262
getodtet. Naclr Welcker 853 ) ist dieser Tityos urspriinglich
verschieden von dem bei Homer 854 ) in der Untenyelt be-
straften.
Auch I4n. dvfias 8 * 5 ) und 6idv(.icuog^ 5 ) diirften, insofern
sich in diesen Namen die Vorstellung von dem geschwi-
sterlichen Verhaltnifs zwischen Sonne und Mond ausspricht,
auf den taglichen Lauf der Sonne zu deuten sein.
Als Bildner der Woe he daseajen bezeichnen den
O O
Apollon die Beinamen efidonawg 85T ) und efido(.iaysTr]s 658 ).
Den letzteren hat man erklart als Fiihrer der Sieben (Pleia-
den), welche er im Friihling herbeifiihrt und mit ihnen die
Erndle; der der siebente Heerfiihrer isl; dem am siebenten
Tage jedes Monats geopfert wird. Die richtige Ueber-
setzung ist wohl: Fiihrer des Siebenten (Tages), an dem
Apollon als ein siebenmonatliches 85y ) Kind geboren sein
sollte, und der ihm heilig war, wie davon tiberhaupt die
Siebenzahl 860 ). .
Schafft Apollon die Woche, dann auch die Monate und
Jahreszeiten; in dieser letzteren Beziehung heifst er
m Delphi 8G1 ) Dies giebt den Uebergang zu
953 ) Kl. Schr. II. 75 not.
854 ) A, 575 sqq.
855 ) Tzetz. Lye. 522. Gewifs hat Apollon diesen Namen nicht
wie Miiller Dor. 1.202, not. 2 vennuthet von der (pvtij 4v t udv(ov,
sondern diese von ihm.
856 ) In Milet. Herod. I, 157. Pans. VII, 2, 4. Arnob. I, 26. Diog.
L. I, 29. O. Miiller Dor. I, 225 sq. Hock Kreta. II, 318sq. Lersch
Ap. d. Heilsp. p. 11. Dafs er hier Orakelgott ist, tritt dieser Deu-
tung nicht entgegen.
857 ) C. J. I, 463.
S5S ) Aesch. S. c. Th. 800. Vgl. G. Hermann opusc. VII, 293.
S59 ) emKfjtrjvtalos Sch. .Callim. Del. 251.
S6 ) Spanheim z. Callim. Del. 251. p. 350 sq. Menage z. Diog.
Laert. Ill, 2 (Tom. I, 456 Hubn.) Bergk de reliq. com. p. 36.
Welcker Alte Denkmaler I, 235.
95) ) Paus. X, 24, 4.
263
b) dem Herrn der Friihlingssonne. In die-
s'em Sinne 1st aufser der Deutung aui' deri Tageslauf
der Sonne der oben ervvahnte Mythos von der Erlegung
des Python zu fassen: es sind die winterlichen Nebel und
Gewb'lke, welche die Friihlingssonne vertreibt. Diesen
Sieg Apollon's feierten die pythischen Spiele, an denen ein
Knnbe, dessen Vater und Mutter noch leben mufsten, den
Apollon und dessen Kampf mit dem Drachen darstellte 862 ).
Das Fest fiel in jedes dritte Olympiadenjahr und zvvar in
den delphischen Monat Bukatios 863 ) und auf dessen siebenten
Tag. Der Bukatios entspricht nach Bockh dem Munyehion
(April, 425, 9. April) nach Hermann 864 ) dem Boedromion
(September/October, 426, 14. September). Vom mytholo-
gischen Standpunkt aus erscheint mir die Ansicht Bockh's
die richtigere. Wie nach dem Mythos Apollon wegen
der Erlegung des Drachen zur Siihne die Knechtschaft bei
Admet erdulden mufste und, bevor er nach Delphi jzuruck-
kehren durfte, sich reinigen mufste, so begab sich der bei
der Festfeier den Gott darstellende Knabe gleich naeh der
Darslellung des Sieges nach Tempe. Hier wurde er, nach-
dem er unterwegs (bei Pherai) die Knechtschaft mimisch
dargestellt hatte, im zweiten Friihlingsmonat gereinigt, wor-
auf er den Lorbeer brach und mit ihm als Daphnephoros
zur Heimath zuru'ckkehrte. Als Hen* der Friihlingssonne
ist Apollon ferner Eroffner des Meeres fur dieSchiff-
fahrt, indem er es von den Stiirmen des Winters befreit.
dehcpiviog* 65 ), dem zu Aigina die Jshcpivia gefeiert
86 *3 Hermann. . 29,23.
S6:i ) C. J. no. 1688.
***) De anno delphico p. 16 sqq. Vgl. G. A. . 49, 7, 12.
>uifl ) Horn. hymn, in Apoll. 493. Vgl. Schwartz p. 66 sqq. [p. 67,
not. 1 fiige Mnzu : cf. Ilgen. h. in Ap. Pyth.v. 317. Not. 3. cf.Hygin.
264
wur.den 856 ), vvobei ein ayuv 'YdqotpOQia xahov[.ievos , im
Monat Delphinios, der unserm April entsprochen zu haben
scheint; wenigstens war es so in Athen (16. Munychion =
18. April 426, 21. April 429), wo. an demselben Tage, an
welchem Theseus seine Seefahrt nach Kreta angetreten haben
sollte, Madchen die IXST^QLUV, einen Olivenstab mil weifsen
Wollenbinden , in das Delphinion trugen. Tetyovaios 8 * 7 ).
3 Oyxcuos (xTr]s (s. unt. Athene^Oj/xa). ^An. sxfiaaios, der das
Ausschiffen, Auslaufen beschirtnt 868 ). Als solcher hat er auf
Miinzen den Fufs auf eineni Fisclie. ^Epfiaaios 869 ), STII^CCTJ]-
Qios 870 )- AlsHort der Schifffahrt bezeichnen auch vielleicht den
Apoll die Beinamen ftaAo'fitg 871 ),
fb.l94;Aegin.p.!50. Not.4: Muller Aegin. p. 150 not. p. Plut. Thes.
18,2. cf. 14,1.] J. de Witte Annal. del Inst. Vol.11, p. 180 sq.
nott. 24.26. Rhiaii Epigr. 9, 3. Mein. p. 211. Ueber die Delphine
vergl. C. Gesner aquatilium lust. p. 395. Beckmann z. Antig.
Caryst. p.!09sq. Schneider z. Aelian An. II, 52. in Eclog. physic,
p. 41. z. Aristot. Tom. II, p. 211. Bo ttiger KunstmytH. II. p.330sqq.
399 (Schol. ApoUon. Rhod. Ill, 1248. Visconti in Mus. Pio-Clement.
Tom. VII, p.Tl). Welcfcer Kl. Schr. I, p. 89 sq. Creuzer III,
267273. Volcker Mythol. d. Japet. p. 158. Ueber Delphinmen-
schen Nonn. Dion. 23, 292, 38, 271. 43, 191. 288. Creuzer III, 268.
Ueber die Musik- und Menschenliebe der Delphine Lorentz de
orig. vet. Tar. p. 20 sq.
8G6 ) Hermann G. A. .52, 20.
SG7 ) Tzetz. Lycophr. 561.
S6S ) Apollon. Rh. I, 966, 1186. O. Muller Dor. I. 226, 6.
869 ) Apollon. Rh. I, 404.
87 ) Zu Troezene. Paus. II. 32, 2. Weihgeschenk des den Win-
terstiirmen auf der Riickkehr von Troja entkommenen Diomedes.
87J ) Hellan. fr. 58. St. p. 93 sq. Thucyd. 111,3. Nach Salmas.
z. Solin. p. 46, b, E. von -//?;, nach Plehn Lesb. p. 116 sq. von dem
Hafen von Mydlene.
8 ") Auf dem Fels Malea in Greta. Rhian. (Mein. Anal,
p. 185).
S73 ) Bei Epidauros Paus. 11.27, 7; und in Lakedaimon, Pausan.
III. 12, 8.
265 ~
'.i
*), vielleicht von dem Sumpfgewiichs f.iu'Qixrj
(Tamariske) ? N
_.v
c) Herr der Summers onne.' Deshalb ist er xaxcu-
fidxriS in Thessalien 8?5 ) (vgl. oben p. 199 Zeus xtmu/frm^).
Daratif gebt aucb die Verbindung mib der Ziege 876 ); er
giebt Regen 877 ), todtet die Phlegyer mil Blitz, Erdbeben
und Pest 878 ). X/latog 879 ). 3 Ia{.tijvio<; (vom Fiufs Ismenos)
hatle ein bedeutendes Orakel aus Asehe 88 ).
AIs Herr der jS^orrimersonne ist Apollcn zeuge-
risch im Naturleben: : ysv&coQ 881 ). Die Heerden ge-
deihen unter seiner Pflege: >o/tuog 882 ), onacov fj-qkcov* 63 ), eni-
Mfaog* 8 *), nolttvios* 85 ), vancuog 896 ) (von der StadtNape) 887 ).
Er befordert das Wachsthum der Saaten , indem er
alles ihnen Schadliche abbalt. Daher aiTcdxag 888 ) ; er ver-
treibt die Heuschrecken, nagvomos 889 ) , und die Mause,
874 ) Auf Lesbos. Sch. Nic. Ther. 613. Spank. Callim. Apoll.
Tom^ II, p. 78.
8T5 ) Sch. Eur. Phoen. 1416. Zenob. IV, 29. Vgl. Soph. O. R. 469.
876 ) O. M'uller Dor. I, 320, not.2.
S77 ) Arnob. I, 30. p. 45 Hild. , der diese Natur des Apollon mit
dessen Beschiitzung der Seefahrt verbindet (Delphinios) .odervon dem
Einflufs der Sonne auf die Witterung herleitet.
978 ) Paus. IX, 36, 3.
879 ) Procl. bei Phot". Bibl. c. 239. . .
88 ) ibd. Paus. IX. 10, 4. SopIi.O.R.21. Hermann G.A. .39,10.
88 *) Tim. b. Censor, de d. nat. cp. 2, 3 ibq. Jahn. Spanh. Callim.
in Del. 282. Cratin. fr. ed. Runkel. p. 11.
8S2 ) Callim. in Apoll. 47. Tkeocrit. XXV, 21. Apoll. Rh. IV, 1218.
Sckol. Horn. <.447, Pind. Pytli. IX, 64. O. Mailer Dor. I, 282 sq.
S33 ) Pind. Pyth. IX, 64 sq. vgl. JB, 763 sqq. Hymn, Merc.
88 *) Auf Rkodos. Macrob. Saturn. I. 17, p. 303 Zeun.
885 ) Auf Naxos. ibd.
886 ) Aristoph. Nub. 144, wo unrichtig FOVVKTICUOS gelesen wurde.
VgU Schol. Paris, p. 424. Maxsrob.,1. 1.
SS7 ) Sturz Hellan. p.16. Plehn Lesb. p. 21.
8S8 ) Pausan. X, 15, 2.
8 ") Pausan. 1,24,8. Scliwalbe p. 5. not. 7. noyvoniui' bei den
kleinasiatischen Aeolern Strabo XIII, 912. xoooncdog. bei Nicarid. Ther.
614 statt x
266
1 ), der den Kornbrand abhalt;
aavQOKTOvos S3Z ), 'tier Eidechsentodter. Auf den Gott der
Fruchtbarkeit geht auch dexaTr]cp6()os B93 ) , der Zehntenem-
pfanger oder Zehntenbringer.
Der Mylhos von den Hyperboreerri. Nach Delos
sollte Leto von den Hyperboreern gekommen sein. Von dort,
so erzahlte ein alter Hymnus, der dem Olen zugeschrieben
wurde, kamen zugleich mit den Gottern zwei hyperbo-
reische Jungfrauen, 3 ^>/7? und Qms, deren Grab auf Delos
gezeigt, und die selbst in Hymnen angerufen und verehrt
wurden. Na.chher sandten die Hyperboreer zwei andere
Jungfrauen, 'Ynegoyi] und ^od?, und ftiit ihnen fiinf
Manner, IleQCpeQeeg (auch ^iicdKocpOQOi, OyAoqpo^ot), die
ihren Naraen davon haben, dafs sie in Waizenbiindeln heilige
Gaben braehten 894 ). Die Hyperboreer sind kein historisches
Volk, wofiir man sie vielfach genommen hat 895 ), sondern
ein mythisches, welches seine Existenz der Vorstellung von
einer zeitweiligen Abwesenheit des Apollon (anodrftda, Ge-
gensatz zu smdrjftlcc) 835 ) verdankt. Wenn der Gott in der
Freinde gedacht wurde, so mufste er dort ein Volk finden,
welches dem Charakter des Goltes selbst entsprach. So
galten denn auch die Hyperboreer, die jenseits des Boreas,
89 ) A, 39. Schwalbe p. 5. not. 7. O. Mailer Dorier I,- 287,
not. 3.
391 ) Strab. XIII, 613. Rofs Inscr. Gr. Fasc. HI, 277.
892 ) Plin. XXXIV, 8, 19. Win eke 1m. Wrk. VII, 382s q. Welcker,
Alte Denkmal. Bd. L p. 406 414.
893 ) Pans. I, 42, 5. O. Miiller Dor. I, 230 sq.
394 ) Herodot. IV, 3335. Schwartz p. 53 sqq.
895 ) Gedoyn und Banier in Mem. de TAcad. Tom. VII. ed. 4.
Freret Hist, de 1'Acad. Tom. XV11I. p. 192. Vgi. Joh. Eberh.
Fischer Quaestiones Petropolitanae. Gotting. 1770. 4. p. 99 119.
Schubart de Hyperboreis. Marburg 1825. 8. Volck er Myth. Geogr.
p. 145 170. O. Miiller Dor. I, 269 sqq.
89G ) s. Spanh. z. Callim. Apoll. 13. p. 87 sq.
267
iiber den Boreas hinauswohnenden, fin* ein seliges, gliick-
liches, gerechtes Volk, welches nur von Friichten sich na'hre
und ein tausendjahriges Alter erreiche 897 ). Sie opfern dem
Apoll Hekatomben von Eseln 898 ). VVenn sie lebensmiide
sind, bekranzen sie sich und stiirzen sich in's Meer, ein
Gebrauch, der an die Thargelien und an den Kultus des
Apollon auf Leukas erinnert. Der Mythos von den Hyper-
boreern besagt nichls Anderes, als dafs des Apollon geliebtes
Volk die Friichte auf Delos gedeihen lafst. Dem entspvicht
denn auch, dafs das auf Delos gefeierte Fest ein Erndtefest
war 899 ). .
In Delphi war dem Sinne, nicht der Form nach, das-
selbe Fest. Nach dem Hymnus einer Delpherin Boio 900 )
hatten zwei Hyperboreer das Orakel zu Delphi errichtet,
wie denn auch zwei hyperboreische Heroen, Hyperochos
und Laodikos, das delphische Heiligthum gegen die Gallier
vertheidigten 901 ). Nach delphischer Sage besuchte der Gott
seine geliebten Hyperboreer, um mit ihnen von der Friih-
lingsnachtgleiche bis zum Friihaufgange der Pleiaden (bis
gegen den Mai) zu tanzen und zu spielen ; dann , wenn in
897 ) Find. Pyth. X, 37 44: ,,Nimmer weilet die Muse Vonihren
Weisen. entfernt. Umher schwebet der Jvmgfrauentanz Und Lyra
ertont und der Flot' aufjauchzender Laut. Mit goldprangendem
Lorbeer lockiges Haar flechtend feiern sie Festmal' in Heiterkeit.
Nicht Siechthum , noch Greisenalter, das kraftlose naht, dem ge-
liebtesten Volk, Von Miia'n wie von Fehden fern r Leben air und'
ntgehen der strengen Nemesis ^Zorn."
898 ) Find. ap. Eustath. II. . 41. Cramer Anecd. IV, 266, 26:
on TIKQK rot; f Y7iQf}oQois ovovs -frvovGiv ^.noiiwvi SIK Trjv Gndvrjv
TOV ftSou. cf. Apollod. fr. 13. Hermann G. A. .26,7. O. Miiller
Dor. I, 281. not. 1. Das erinnert an das Beiwort x(U.atos auf Lesbos
Strab. XIH, G12.
8 ") Schwalbe p. 22.
9no ) Pausan. X. 5, 7 sq.
90 ') O. Miiller I, 270.
268
Griechenland das erste Korn geschnitten wird 902 ), kehrt er
mil der vollen reifen Aehre nach Delphi zuriick 903 ). AI-
kaios 904 ) singt in einem Paian auf Apollon: ,,Als Apollon
geboren war, schmtickle ihn Zeus mil goldener Binde und
Leier und gab ihtn iiberdies einen Wagen Schwane wa-
ren der Wagen und schickte ihn nach Delphi und zu
Kastalias Fluthen, damit er dort Recht und Gesetz den
Hellenen verkiinde. Apollon aber, sein Gespann besteigend,
befahl den Schwanen, zu den Hyperboreern zu fliegen. Als
das die Delpher inerkten, stellen sie einen Paian und Gesang
und Chore von Jiinglingen an, und den Dreifufs umstehend
rufen sie dem Gotte, dafs er von den Hyperboreern zuriick-
komrne. Ein ganzes Jahr bleibt er dort Recht sprechend*
Darauf befiehlt- er wiederum den Schwanen, von den Hyper-
boreern wegzufliegen. Es war Sommer, ja Mitsommer, als
Alkaios den Apollon von den Hyperboreern zuriickfiihrte,
weshalb, wenn der Sommer glanzt und Apollon daheim ist,
die Leier urn den Gott sich schmiickt Es singen die Nach-
tigallen ihm, die Schwalben und Cikaden, deren Loos nicht
ist, unter den Menschen zu singen, sonderri zur Ehre des
Gottes; Kastalia stromt in silbernen Fluten und der grofse
Kephissos hebt rauschend seine Wogen.
So kehrt also der sommerliche Sonnengolt, der.zu
seinen geliebten Hyperboreern sich zuriickgezogen , zur
Sommerzeit mit vollen Handen von ihnen zuriick. Die
Schwane, sein Wagen, sihd Wolken, wie ich schon friiher
erklart habe 905 ).
902 ) Hesiod. O. D. 383. vgl. Kruse Hellas. I, 251. 256.
903 ) O. Miiller p. 271.
904 ) fr. 2 Bgk.
905 ) Dies bestiitigt sprecliend die Abbildung bei O. Miiller
Denkmaler Bd. II, Taf. Ill, No. 48, wo ein Schwan den Blitz des
Zeus Lerabtragt, als dieser seinen goldenen Regen auf die Danae
269
Die Riickkehr des Apoilon nach Delphi feierten die
Theophania, vvelche Herodot 906 ) erwahnt, und mil denen
das Fest der e7udqf.ua 907 ) ^AnoHcovoq identisch ist 908 ).
Deri A p.. dcupviycpogos 909 ) stellte der Knabe dar, welcher
von Tempe zuriickkam, indem er einen Lorbeer in der Hand
trug. V\ 7 ie an vielen Orten Griechenlands, so wurden auch
zu Theben bei dem Ismenion in achtjahrigem Cyclus Daph-
nephorien gefeiert 910 ). Hierbei wurde vor dem Daphne-
phoros ein mil Lorbeeren, Blumen und 365 Wollenbinden
geschiniickter Olivenstnb einhergetragen , an welchem sich
oben eine mehrere kleinere tragende eherne Kugel befand,
unten eine minder grofse. Die Wollenbinden geheri auf die
Tage, die grofse Kugel auf die Sonne, die mittlere und
kleineren auf Mond und Sterne; das Tragen des so ge-
schmiickten Olivenstabes vor dem Ap. daqtvyyoQOs bezeich-
net die von dem Gott herbeigefiihrte. Verand^rting des
Jahres und die Ankunft desselben bei dem Anfang der
Erndte.
herabfallen lafst. TafelXIII. no. 140 Apollon auf einem Schwan auf
Delos herabschwebend. Ich billige nicht die von Schwartz
(p. 43 sqq.) angenommene ausschliefsliche und primitive .Beziehnng
des Schwanes auf die kampfende, kriegerische, siegverleihende Natur
des Apollon, die vielmehr in dem siegreichen Kampfe der Sonne ge-
gen die Damonen des Nebels und pestartiger Ausdiinstungen ihre
Begriindung findet (S. Schwalbe p. 9. not. 5). Was sollen auch
kriegerische Schwane in der milden Hyperboreersage? Will man
sonst in dem Schwan jene Beziehnng linden, so kann dies erst eine
ethische Herausbildung aus der Schwanenwolke sein.
9n6 ) I, 51.
90V ) Vgl. Zeibich de Apolline Im^rj^fc^ Witteb. 1754.
9 " s ) Hermann G. A. 64, 4. [Ueber die im Grundrifs hier fol-
genden Beinamen llKyccaatos und Tsf^nfirag finden sich nnr die No-
tizen: Hayaa. Hes. Sc. 70. Sch. 1 s , 346 (Theb. cycl. fr. 6. Paris) 7ia~
s O. M. D. I, 205) T^UTT. (O. M. D. 1, 203). Anm. d. H.]
909 ) Plut. Them. 15.
9in ) S. O. Miiller Orchomenos p.215.
270
Wenn schon die delische und delphische Hyperboreer-
sage und diejenigen Feste, welche die Rtickkunft des Gottes
zur Zeit der Erndte feiern, den Apollon als den das Getreide
zeitigenden Sonnengott darstellen, so ist ein fernerer Beweis
fiir die Richtigkeit dieser Auffassung in anderen Festen ge-
geben, welche dem Gotte mit Beziehung auf die Erndte
begangen wurden. Kurz vor der Erndte, am 6. Thargelion
(18. Mai 426, 20. Mai 429) feierte man in Athen die aq-
j/jJiUa 911 ), hier das vornehmste Fest des apollinischen Kultus.
Der Name Oagyrfhia = ndvTsg ol and yrjs xa^Tro/ 912 );
deshalb batten auch Helios und die Horen Theil daran.
Die sittliche BedeUtung des Festes war die, dafs man es
beging iin Gefiihl der Unwtirdigkeit und sich, erdriickt von
so vieler im Spenden der Erndte hervortretenden Giite, zu
siihnen und zu entsiindigen suchte. Wie es scheint, fiel
mit diesem Feste die delische Theorie zusammen, zu wel-
cher dasselbe Schiff gebraucht wurde, auf welchern Theseus
nach Kreta gefahren war; und da Theseus dorthin Menschen
als Opfer mitgenommen halte, so wurde an den Thargelien
die Siihnung in der Weise vorgenommen, dafs man einen
Mann und eine Frau, niit Feigenschniiren behangen, unter
Flotenbegleitung vor die Stadt fuhrte und dort verbrannte
oder vom Felsen stiirzte 913 ). Aehnlich war es mit dem
Herabstiirzen bei dem Heiligthum des Apoll auf Leukas 914 ).
Das eigentliche Erndtedankfest waren die IXvavsifJicc 915 ).
Am 7. Pyanepsion (24. October 427, 28. September 430),
9n ) Hermann G. A. . GO. Schwalbe p. 21 sq.
91 2 ) Etymol. M. p. 443.
913 ) O. Miiller Dor. 1, 329 sq. Suchier de vict. hum. ap. Gr.
P. I, cp. 4.
91 *J Miiller Dor. 1,233.
915 J Hermann G. A. 56.8. Schwartz p. 62. Vgl.^n.
(ein auf Kuchenwerk eingebackener Apollon) Hesych. s. v.
271
also im Herbst, warden dem Apollon' gekochte Hiilsen-
friichte (davon der Name Ilvavsipicov) als Dankopfer fur
den Enidlesegen dargebracht: auch trug ein ncug aiupi&a--
MIS (dessen beide Eltern noch lebten) einen mil Friichten
behangenen Oelzvveig, siQsaiojvrj, umher und vor den Tempel
des Apoll, wo er, wie auch an Privathausern, aufgehangt
wurde, als ein Zeichen des Dankes und zugleieh als ein
Symbol bestiindigen Segens 916 ). Etwas friiher scheint das
Fest &eosvia gefallen zu sein, da der Monat Theoxenios
zu Delphi wahrscheinlich dem Metageitnion (August) ent-
sprach. An diesen delphischen Theoxenien ward Apollon
mil einem Gastmahl bewirthet und bewirthete selbst die
*
anderen Goiter. Solche Feste wareniauch anderwarts, z. B.
in Pellene, wo Apollon selbst Theoxenios hiefs 917 ). Man
kann nicht umhin, hier der Erzahlung Homer's 918 ) zu ge-
denken, nach welcher die Cotter bei den Aethiopen zum
Mahle sind, d. h. bei einem mythischen Lieblingsvolke des
Apollon, wie wir ein anderes in der Hyperboreersage kennen
gelernt haben. Die Cotter sind bei den Aelhiopen zum
Mahle, heifst aber nichts anderes, als dafs sie bei Apollon
zum Mahle sind. So versteht man auch die fjUov TQCC-
ns^cc bei den Aethiopen 919 ) und. .begreift' die auffallende
Erscheinung von Mohrenkopfen in Delphi 920 ). Ueber die
i ) wissen wir nichls naheres; nur wegen der
916 ) Hermann G. A. .56,8. Schwartz p. 62sq. Hock
Kreta II, p. 112 sqq. p. 118 sq. Hiermit hiingen auch wohl die klei-
nen Bettlerliedchen zusammen, welche Athenaeus (VIII, 359 sqq.)
anfiihrt.
91T ) Pans. VII, 27, 4. Vgl. Bockh Expl. Find. p. 194. Hermann
G. A. p.51,29sq. 10, 12.
9l9 ) Herod. Ill, 18.
92 ") Panofka Progr. zum Winckelmannsfest 1849.
921 ) Etym. M. p. 202.
272
Zeit,"in welcher sic gefeievt wurden (September), sind sie
vielleicht hierher gehorig.
Die Sommersonne als vernich tende Gewalt.
Wie die Sonne mil ihrem warmen Strahl das bliihende
/
Pflanzenleben hervorruft, so lodtet. sie es atich mil
ihrer sommerlichen Gluth. Auf diese Wirksamkeit
des Apollon bezieht sich die Sage von Linos. Dieser, ein
Sohn des Apollon und der Psamathe, welche den Sohn aus
Furcht vor ihrem \ 7 ater Krotopos, Konig von Argos, aus-
selzte, wird unter Lammern erzogen und von Hunden zer-
rissen. Der Schmerz verrath die Mutter, die vom Vater
getodtet wird. Apollon, erziirnt, schickt eine Pest in's Land,
welche die Kinder von den Mutter n wegrafft. Zur Stihne
mufsten der Psamathe und dem Linos Lammer geopfert
werden, wobei Frauen und Jungfrauen beider Schicksal in
Liedern besangen, welche klvoi hiefsen. Der Monat, in
welchem dies Fest begangen wurde, hiefs ^Qveiog, das Fest
selbst ^QVLQ (Lammerfest), oder xvvocpovviQ, weil an ihm
alle Hunde erschlagen warden, welche man traf 922 ). Linos
ist das Bliithenleben der Erde, unter Lammern (Regenwol-
ken) erzogen und von Hunden (Gluthhitze) getodlet. Die
Hunde wurden erschlagen, um die Hitze abzuwenden. Statt
der Hunde ist es auch Apollon selbst, der den Linos todtet,
was nach dem eben Gesagten auf eins hinauskommt.
Hieher gehoren viele ahnliche Sagen, iiber welche
Welcker a. a. 0. zu vergleichen ist. So die von f Yaxiv-
9-og, dem zu Amyklai die Hyakinthien gefeiert wurden 923 ).
9 ") Vgl. Hermann G. A. .9,7. Welcker Kl. Schr. I, 8 sqq.
O. Mii Her Dor. I, 349 sqq. Lassau Ix die Linosklage.. Wiirzburg
1842- 4. 8 S.
'"") O. Miiller Dor. I, 357sq. Hermann G. A. .53,33. Lo-
rentz de orig. Tar. p. 40.
273
Dem 2xscp()og, der bei dem Feste des ^An. ayvtevg semen
Anlheil hatte, wurde zuTegea eine Trauerfeier begangen 924 ).
Auf diese ausdorrende Kraft der Sommersonne beziehen
sich auch die Beiworter xvveiog 925 ) und d-e^iog** 6 ). Ob
F()vviog 927 ), dessen Tempel der Mittelpunkt der Aeolischen
Kolonieh war, von ygvvog (Feuerbrand) abzuleiten ist?
diog 9 * 8 ), Aschenapoll, HoSaevg}, oipoyayog 930 ),
|tog 931 ) bezeichnen ebenfalls den Gott der vernichtenden
Sommersonne. Ke%7]vc6g 932 ) (der gahnende)? Das zu Delphi
gefeierte Fest Xaqila geht auf Mifswachs urid Hungers-
noth , \vie man aus der Erzahluhg bei Plut. Q. Gr. 12
ersieht.
~
d) AlsWintersonne ist Apollon aufgefafst in dem
Mythos von seiner Knechtschaft bei Admet (dem Unbe-
zwungenen, Beiwort des Hades) 933 ) , dem er dienen mufste
zur Siihne fiir die Erlegung des Python, oder wegen Tod-
tung der Kyklopen 34 ) (Gewitterdamonen). Hier ist die
Sonne als sterbend gedacht, mil jenem Mythos also iden-
tisch die Angabe eines wirklichen Todes oder Hinabsteigens
des Apollon in den Hades 935 ). Gleichen Sinn, obschon
92 *) Pausan. VIII. 53, 2.
9 ") Hesych. II, p. 380, s. v. Kvvvios. O. Muller Dor. I, 349.
not. 3,
92G ) In Elis. Pans: V. 15, 7.
927 ) Paus. I, 21, 7. Strab. XIII, 622. Pliilostrat. Vit. Apoll. IV, 14.
Aristid. I, p. 620 C. Serv. Virg. Eel. VI, 72. (Euphor. fr. 46 Mein.)
Athen. IV, p. 149 C. O. Miiller Dor. 1,228. Hermann St. A.
.7(5,12. G. A. 66,28.
928 ) Paus. IX. 11, 7; 12, 1. .
929 ) Zu Lindos. Rofs Inscr. III. no. 271.
93 ) In Elis. Polemon. fr. 70. 71 Preller.
931 ) Hesych. I, 1699.
932 ) Polem. fr. 71 Prell.
933 ) O. Muller Dor. I, 323. Prolegg. p.299sqq.
9M ) O. Muller Dor. I, 325. not. 1.
9V ) O. Muller 1.1. p. 324. not. 1.
Lauer Griech. Mythologie. 18
274
etwas vefdunkelt, hat die Sage von des Apollon Knechlschaft
bei Laomedon == Idyyattaog, IdyijaavdQos , Beinamen des
Hades 936 ). Auch gehb'rt hierher das 'Beiwort Xa^atog 937 ),
der Verborgene.
2. Der ethische Apollon.
Nur aus Apollon als dem Herrn der Friihlings- und
Sommersonne entwickeln sich die ethischen Eigenschaften
des Gottes. An die lichte, glanzende Sonne, welche oben
am Himmel einherzieht, auf Alles herniederblickt und Alles
sieht, hat sich eine Reihe von Vorstellungen angeschlossen,
der zufolge Apollon erscheint
c) als der leuchtende, helle, glanzende, reine
Gott. Wie alles natiirlich Unreine, so ist iHm auch ailes
moralisch Unreine zuwider; lauter und rein, wi.e er selbst,
mufs Alles sein, was sich ihra naht und mil ihm in Beriih-
rung tritt. Diese Vorstellung von Apollon ist fur das ganze
griechische Leben von unendlich wichtiger Bedeutung ge-
word'en. Denn gerade dieser Apollon war es, welcher der
alien Blutrache entgegentrat und die Mordsiihne, der er
sich einst selbst unterzogen hatte, einfiihrte (Orestes); wel-
cher alien ungerechten Krieg verdamnite, und um dessen
Tempel zu Delphi schon in den friihesten Zeiten erne
Amphiktionie sich gebildet hatte, deren Zweck es war, keine
der amphiktionischen Stadte je von Grund aus zu vertilgen,
keiner jemals das Wasser abzuschneiden und das Heilig-
thum des delphischen Gottes aus alien Kraften zu be-
schutzen 938 ). .
b) Als der weise, wissende, prophetische Gott.
936 ) Schwartz p.27sqq.
937 ) Strabo X, p. 459 D. Casaub.
938 ) Hermann St. A. . 11 sqq.
275
Hieriiber ist nicht welter nb'thig zu reden 939 ); die Vermit-
telung zwischen Natiirlichem und Ethischem ergiebt das
oben p. 251 iiber Helios Angefuhrte. Das Orakel zu
Delphi i.sl bekannt; Schriften iiber dasselbe siehe bei
Hermann St. A. .23,17. Bei dem Orakel des Klari-
schen Apollon bei Kolophon stieg ein Priester in dieheilige
Grotte und trank von dem Wasser, dessen Kraift ihn zur
Weissagung begeisterle 940 ). Im Didymaion, dem Orakel. des
Apollon Didymaios bei Milet, welches ein eigenes Priester-
geschlecht, das der Branchiden 941 ) besorgte, weissagle eine
Frau, welche den Saum des Gewandes und die Fiifse mit
dem Wasser der Quelle benelzte und den emporsteigenden
Oampf an sich zog 942 ). Apollinische Qrakel bestanden auch
zu ArgoSj Abaiu. a. 0. Auf den weissagenden Charakter
Apollons gehen auch die Beiwbrter ^oo^tog 943 ), d-sci-
Qiog 9 "), (Ao&as s.oben p.259sq.) alevgofiavris^) (Mehl-
prophet). Die grofste Bedeutung fiir das Griechische
Leben hatte das delphische Orakel, sowohl in religioser,
als in polilischer Beziehung. Denn in Folge dieses del-
phischen Einflusses geschah es, dafs auch nach den nicht
dorischen Staaten der Kult Apollons kam, namentlich nach
Athen, \vo er sehr bedeulend sich geltend machte, selbst
zum Nachtheil urspriinglich einheimischer Gottheiten. Und
wie in Griechenland der gesammte Kultus unter der Ober-
leitung des delphischen Orakels stand, so wurde seiner Ent-
939 ) Vergl. Hermann G. A. .40. ,,Von den apollinischen Ora-
keln."
94 ) S. Hermann a. a. O.
941 ) Herod. I, 46, 92, 157. V, 36 u. 6ft. Vgl. Balir zu I, 46 u. 93.
Sol dan das Orakel der Branchiden in Z. f. A. 1841. p. 546.584.
942 ) Vgl. Hermann G. A. .40,26.
943 ) Paus. I. 32, 2. Vates Latonius Arnob. Ill, 21.
94 *) Pans. II. 31, 6.
945 ) Hesych.
18*
276
scheidung auch Krieg und Frieden, die Griindung von
Kolonieen und das Ordnen bestehender Staalen anheimge-
geben 946 ).
Als der Alles sehende, beaufsichtigende Sonnengott ist
Apollon der Sehutzer: siroifjios 9 * 7 ), eTtiTQomog*^), sTilaxo-
nos 9 * 9 ), nQOOTctrfQios 950 ), aqtiJTCQQ 351 ). Wie man die Eiresione
an den Thiiren aufhing, so stellte man vor den Thiiren einen
Altar in Form eines Saulenkegels auf, welcher dem Apollon
geweiht war. Er selbst hiefs davon d-VQCttos 952 )) und dyvievg 953 )
CUOS CCTTJS. VQ^svg am Eingange des Bosporus auf den
Sympleyaden 954 ). @o ? em?g 955 )? ngonvl(xio$ 9b ). KCCQWOS,
zu Alhen, atn Eingange des Gymnasiums in Form eines
nicht grofsen pyramidalen Steines 957 ). ^eff^o^tog 958 ), Be-
schiitzer der Geschlechter; ayoQctws 959 ), o^tog 960 ). Er ist
94G ) S.Hermann G. A. .5.
947 ) Hesych. Miiller Dor. I, 373, 3.
948 ) Dion. Halic, IV, 25.
949 ) Cornut. cp. XXXII, p. 198 Os.
95 ) Paus. I, 44, 2.
9 ") I. 404.
952 ) Macrob. Sat. I, 9.
953 ) Paus. I, 31, 6. Hesych. Tom. I. p. 72 'Ayvisvs' 6 ngb rwv
l0T(as fiwfjibs Iv o^TjjUKT* xtovog. Eustath. II. p. 166, 32. Harpocr.
Btym. M. Suid. Pollux IV, 123. VIII, 35. Sch. Aristoph. Vesp. 875.
Tliesm. 489. Eurip. Phoen. 631 (Jon 184 sqq.). Meursius adHellad.
Ctrestom. p. 70. Stanley ad Aesch. Agam. 1090.- Macrob. Sat. I, 9.
Hermann G. A. . 15, 10 u. 12. 51, 12. Lers cli Apollon der Heil-
spender. Bonn 1848. p. 10. Hesych. I. p. 72: ''AymmiS^g at ngo
954 ) Paus. VII. 21, 13.
955 ) In Lakedaimon. Hesych. I, 1724.
956 ) Aristid, p. 16 Jebb.
9Sr ) Paus. I. 44, 2. Vgl. Lersch, Ap. d. Heilsp. p. 10.
958 ) Cornut. cp. 32, p. 2010s. O. Millie r Dor. 1,246 sq. Wei eke r
Ep. CykL273.
959 ) Paus. I. 41, 3. Doch wird da besser aygrtlos gelesen.
96 ) Zu Hermione. Paus. II. 35, 2.
277
der Anbaliende, owwrFjfe 981 ), der bei dem Aussenden von
Kolonieen als Griinder verehrte, xrtW^g 962 ), Fiihrer der
Kolonieen, a^^er^s 963 ); naTQ&og 96 *) in Athen. Meva-
ysiTviog 965 ), die nachbarlichen Verhaltnisse hiitend, oder
vom Monat (August September)? CPflffffcog 966 ) in Milet.
b) Apollon als Gott des Gesanges und des
Saitenspiels, als der er uns schon bei Homer 967 ) entge-
gentritt, obgleich spater erst weiter ausgebildet, wo er sogar
zum f.iovar]yeTr]G gsB ) wird. Man hat dies abgeleitet von den
ihm zu Ehren gesungenen Pa' an en ; Andere davon, weil er
die Menschen zum Guten und Rechten, das er ilmen in
Orakelspriichen kundthut, durch die Musik anlreibtj noch
Andere dachten an die Harmonic im Lauf der Gestirne.
--.-' / "
Vielleicht riihrt dieser Charaklerzug im Wesen des Apollon
daher, dafs die Sonne zur Frohlichkeit und zum Gesange
stimmt, alle Vogel bei ihrem Erscheinen, ja die ganze Welt
ihr frohlich entgegenjauchzt. Auch darf man wohl an das
Vibrieren des Sonnenstrahls denken. An den Musiker lehnt
sich der Tanzer, oQXWtrfs 969 ).
c) Apollon als Schutze, was sich leicht erklart aus
96! ) Spanh. ad Calliin. Apoll. 57.
962 ) ibid.
9G3 ) Find. Pyth. V, 56. Thucyd. VI, 3. B octdi Expl. Find. 1. 1.
O. Miiller Dor. I, 231. not. 1.
964 ) Paus. I. 3, 4. Apoll. Rh. I, 410. Macrob. I, 17. p. 302 Zeun.
Sch. Aristoph. Nub. 1468 sagt, die Athener seien die Einzigen, bei
denen Zsve TICCTQQOS xal lAnol-kav XUTK (pQrJTQus xcil dy/uovs xcu Gvy~
ye.Vf.ias verelirt wiirde.
965 ) Harpocrat. p. 197.
966 ) Arnob. I, 26. Macrob. Sat. I, 17. O. Miiller Dor. 1, .226 u,
not. 8. Lersch Ap. d. Heilsp. p. 11.
9 ") Vgl. Cup er Apoth. Homer, p. 30.
968 ) Plut. a. S. IX, qo. 14. cp. 1, 1. 4, 3.
969 ) Find. fr. 115 Bckh.
278
dem Stechen und Daherschiefsen der Sonnenstrahlen, welche
durchweg als Pfeile angeschaut wurden 970 ). Gewohnlich
zieht man hierher die Beiwortef exarog 971 ) und exasgyog 972 )>
jedoch mil Unrecht; exaiog bedeutet ,,der ' Gewaltige," von
der Sanskritwurzel vac, welche das Kb'nnen, Wollen, die
Macht ausdruckt; exdsgyog ist ,,der starkglanzende" von
agyog. Dagegen bezeichnen den Schiitzen tje^/SoAog 973 )'
ExaTrjftehsrrjg 974 ) , aQyvQoio^og 975 ), x^VTOTO^og 976 ), evcpage-
TQag 977 ). Als Sehiitze ist Apollon auch Jiiger: ay^evg 978 ),
aygevcdg 979 ), wie zugleieh Krieger: aTQccrdyios 930 )-
Als Gott der Sonne, welche dera Menschen reich-
liche Nahrung verleiht und mil ihrem warmen Schein den
Kranken Genesung giebt, ist Apollon aiich Herr der Ge-
sundheit: ^coariJQiog 981 ), xovgorgocpog 982 ) , Aaoaaoog 983 ).
Aber er kann auch die Volker verderben, indem
er Hunger und Pest mit seinen gliihenden Strahlen er-
97 ) Eine gleiche Anscliauung scbeint auch Psalin 91, 5 u. 121, 6
zu sein. Wir sprechen von stechenden Augenj die ihre Pfeile
schiefsen.
97J ) Dera die 'Exmavvriaoi heilig waren. Strabo XIII, p. 618 Cas.
A, 385. Y, 71. li. Apoll. 276. Simonid. fr. 34 Bgk.
972 ) Tyrt. II, 3. Solon, fr. XII, 53. Sell. Callim. in Del. 292.
973 ) _4, 14. Macrob. Sat. I, 17, p/306 Zeun.
9T4 ) A t 75.
975 ) A, 37. Tyrt. II, 3.
97G ) (f, 267.
9 ") Soph. Trach. 207.
978 ) Orph. Hymn.
979 > Soph. O..C. 1091. -
98n ) Auf Rhodos. Rofs Inscr. fasc. 3. no. 282.
981 ) Eurip. Vit. Meinecke Anal. Alex. p. 121 sqq. Von dem
Ort Zoster in Attika, wo Leto den Giirtel gelost haben sollte, ehe
sie auf Delos gebar. Steph. Byz. s. v. Zwairi^.
982 ) Eustath. Od. T, 86. p. 1856, 34, II gen Hymn. p. 605.
9S3 ) Y, 79.
279
zeugt 984 ). Den^Tt. xa^mog 985 ) fafst Welcker 986 ) als 'den
Vernichtenden, von KSIQSLV; Andere erklaften sich rait Huck-
sicht auf die am 7. des dorischen Monats Karneios (Meta-
geitnion, August September) gefeierten Karneen 937 ) dage-
gen. Doch haben diese offenbar nach dem, was Pausanias 988 )
iiber die Stiftung der Karneen erzahlt, aufser auf Krieg
auch Bezug auf Pest und Fruchtbarkeit, was noch dadurch
bestatigt wird, dafs es *An. xaQveiog ist, der den Hyakinthos,
das Blumenleben der Erde, todtet 989 ). Auch deutet auf
Natursymbolik die Stelle bei Hesych. s. v. aTacpvhodQOftoi:
Tiveg rcov KaQvsceuwv TiccQOQf-iwyres TOVS snl TQvyrj. Ob das
einer Auswanderung gleichende Zeltleben der Spartaner
wahrend des neuntagigen Festes eine Flucht vor der Pest
bezeichnen soil? Darauf weist wenigstens die eben ci-
lierte Erzahlung des Pausanias iiber die Stiftung der
Karneen bin. Den Pestgott bezeichnen auch die
Beiworter ovUos 99 ) und Ao//aoe 991 ). Wie aber
Apollon Krankheit sendet, so ist er auch der gnadige Gott,
der gegen sie schiitzt oder vonihr befreit:
984 ) Vgl. II. . Apoll. II. 5,9. Sch. Yen. *, 448. Bergk de
relig. com. Att. antq. p. 38.
985 ) Paus.II. 10,2; II. 11,3; III. 13, 3; III. 14, 6; in. 21, 8 ; 111.
24,8; III. 25, 10; III. 26, 5 u. 7; IV. 31, 1.
986 > Hecker med. Annal. 1832. S. 28.
9S1 ) Ueber dies Fest s. O. Miiller Orch. p. 321 sqq. Starz
z. Hellanic. fr. 53. p. 86 sqq. Du Theil recherches snr les fetes
Carneennes. Mein.de 1'Ac. Tom. XXXIX, 185 202. HermannG.A.
.53. Thrige Res Gyrenensium. Hafn. 1828. p.281.
988 ) III. 13, 4. Als Hippotes den Wahrsager Karnos getb'dtet
hatte, suchte Apollon das Heer mit einer Pest heim , bis die Dorer
den Seher durch Stiftung des Festes versohnten.
989 ) S. O. Miiller Dor. I, 357 sq.
<}90 ) Auf Lindos. Rofs Inscr. Gr. fasc. HI, no. 271.
"0 Zu Lindos. Macrob. Sat. I, 17.
992 ) Aristoph. PI. 854. O. Miiller Dor. I, 298, 7. Vgl. a
nopnas Pind. Pyth. V, 85.
280
* 3 ), A/xc<os 994 ), eTUjtov^og 995 ). Der Beiname
) ( tfcov, cav) girig theils in die Bedeutung
allgemeiner Hiiifsieistung iiber, theils loste er sich zu
selbststandiger Gestaltung als Gb'tterarzt ganz von Apollon
los 997 ).
Aufser Paian sind Epiphanien des Apollon: *dxvata)i> }
vgl. \Art. axTiog. 'Ilcov, Sohn des Phlegyas, ^der den
Deioneus in eine feurige Grube stiirzt. Zeus reinigt ihn
von diesem Morde und macht ihn der Ehre seines Tisches
theilhaftig. Da stellt er der Hera nach, statt deren ihn
Zeus ein Wolkengebilde umarmen lafst. Zur Strafe wird
Ixion an ein feuriges Rad gebunden, das durch die Luft
dahinrollt. c HaxAg 998 . C lirn6^vros 9 "). Oraevs u. -A.
3. *A a x A TI n i 6 g.
Greuzer Symb.III, 44 53. Panofka Asklepios und
die Asklepiaden. Berl. 1846. 4. Vergl. Ueber die Heil-
gotter d. Gr. Berl. 1845. 4.
A. Name. Der Name des Asklepios ist meines Wis-
sens bisher geniigend noch nicht erklart worden. Die
993 ) In Elis. Paus. VI. ^4, 6.
"*) Zu Athen. Paus. VIII, 41, 8.
995 5 Zu Bassai bei Phigalia mit einem ausgezeiclmeten Tempel,
der zur Zeit der Pest im peloponnesisclien Kriege erbaut /wurde.
Paus. VIII, 41, 7 sqq. Vergl. Stackelberg der Apollotempel an
Bassai.
996 ) Soph. O. R. 154. Eur. Ale. 91. 220. Arist. Acharn. 1212.
Plut. Q. Gr. IX, 14. p.745B. Creuzer z. Gemmenkunde p.lOGsqq.
Ueber den Einflufs der Sonne auf Gesundheit s. Paus. VIT, 23, 8.
997 ) Vgl. Schwalbe p. 6. not. 1.
998 ) Ueber diesen s. Hagen de Herculis laboribus. Regiin. 1827.
A. Vogel Hercules sec. Graecor. poetas et historicos descr. et illustr.
Hal. 1830. 4.
9 ") Most de Hippol. Tliesei Mo. Marb. 1840. L. v. Schmidt
de Hippol. Troezenio (Rhein. Mus. 1849. VII, 1. p. 52 64).
281
Etymologien, der Alten sind der Art, dafs es nicht werth
ist ihrer zu erwahnen 100 ). Von aaxdhafiog Eidech.se?
Liegt in dem Stamm cine Beziehung auf die Sonne?
B. Genealogie. Asklepios ist Sohn des Apollon
und der Arsinoe, Tochter des Leukippos 1001 ); oder des
Apollon und der Koronis, der Tochter des Phlegyas looz ).
Der Vater und die Grofsvater weisen auf Licht hin. Die
Koronis, wird erzahlt, liefs sich, von Apollon schwanger,
rait dem Ischys em; weshalb sie getb'dtet wurde in ihrer
Wohnung zu. Lakereia in Thessalien. Als sie schon auf
dem Scheiterhaufen liegt und verbrannt werden soli, rettet
Apollon (oder Hermes) 1003 ) das Kind, den Asklepios, aus
den Flammen und ubergiebt ihn dem Cheiron zur Erzie-
hung 1004 ). Nach einer andern Sage war Asklepios, b.ei
Epidauros geboren und ausgesetzt, von einer Ziege ernahrt,
von einem Hunde bewacht und durch einen Hirten gefun-
den worden, welcher den Knaben von Blitzglanz umstrahlt
-sah 1005 ): iiberall Licht und Glanz, welches in Verbindung
mit seiner Abkunft vori Apollon auf eine urspriingliche Son-
nengottheit zurtickweist.
C. Mythologie.
1. D er naturliche Asklepios.
Als Herren der Sonne characterisieren den Asklepios
100 ) Vergl. Intpp. z. Cornut. cp. 33. Hemsterh. z. Lucian.
Tom. I. p. 442 sq. ed. Wetst.
1001 3 Apollod. HI. 10, 3. Hesiod. b. Pausan. II, .26, 7. (fr. 99
Mcksch.).
1002 ) Hesiod. b. Sell. Find. III. 14 u. 48. (fr. 142Mckscli.) Vgl.
Heyne Obss. Apollod. p.276sq. Schellenberg ad Antim. p. 80.
ioo3-| Paus u. 26, 6.
lon4 ) Find. Pyth. III.
ll)05 ) Paus. II. 26, 4 sq.
282
die Beiworter cclylaw IOOG ), aylaonys 1007 ). Kaovows 1008 )
hangt wohl mil xalto zusamraen. Beziehung auf Frucht-
barkeit deuten an: avAwviog 1009 )/ av^L&a^s 101 ) ,
dovrjs 1011 ). Hierher gehb'rt auch die a@dov avakrjipis,
alljahrlich auf Kos gefeiertes Fest, welches wahrscheinlich
dem Feste der Eiresione analog war
iom
)
2. Der ethisclie Asklepios.
Noch weniger wie Apollon hat Asklepios von dem
universellen Charakter der Sonne an sich behalten. Er ist
a) Schiitzer: aTTaAs^axps 1013 ). ^/ayfiVag 1014 ), yilo-
Aaog t015 ), (fyaaiWos 1016 ). Hauptsachlich hat jedoch As-
klepios die eine auch bei Apollon hervortretende Seite aus-
gebildet:
It) seine Beziehung zur Gesundheit. Man kann
sagen, dafs Asklepios fast nichts anderes ist als Gott der
Gesundheit Zu einem solchen ist er in der hellenischen
Gotterwelt wohl erst nach Homer geworden, wahrend er
friiher nur in Lokalkulten, namentlich in Thessalien, verehrt
wurde. Spaterhin waren seine Tempel iiber die ganze
griechische Welt verbreitet. Sie wurden besonders an rei-
nen und gesunden Orten angelegt, in kiihlen Hainen, an
1006 ) HesycL. I. p. 140.
1007 ) Bei den Lakonen. Hesych. I. p. 54.
1008) Bei e i nem Dorfe Knots in Arkadien. Paus. VIII. 25, 1.
1009 ) Paus. IV. 36, 7, Ort in Messenien Sclilucht, Niederung.
1010 )'Orph. Hymn. 66, 5.
1011 ) Orph. Hymn. 66, 3.
1012 ) Vgl. Hermann G. A. .67, 19.
1013) Orplu Hymn. 66, 5.
1014 ) Bei den Phokaiern, die ihm Alles, mit Ausnahme yon Zie-
gen, opfern. Paus. X, 32, 12.
1015 ) In Lakonika. Paus. III. 22, 9.
lolt ) In Elis. Paus. VI. 21, 4.
283
kiihlenden oder heilkraftigen Quellen u. s. w. 1017 ) Die Priester
solcher Heiligthumer waren zugleich Aerzte, und man kann
die Asklepiostempel als eine Art Krankenhauser betrachten,
die theils durch ihre gesunde Luft und Lage heilten (wes-
halb sichKranke in die ^ffxA^TUsTa tragen liefsen) 1018 ), ' theils
durch besondere Kuren, welche in ihnen vorgenommen wur-
den. Natiirlich alles mit religiosem Anstrich. Daher auch
die Incubation (syxolfMyffis) 1019 J.
Die Beiworter, welche den Asklepios als Herren der
Gesundheit bezeichnen, sind: iargog 1020 ), Ttaicov 21 ), xovv-
Asvg 1022 ) , ayvLTas 10E3 ) (von ayvog , Keuschlamm ; wohl der
Reinigende). In Titane, welches von dem Bruder des Helios
erbaut sein sollte, errichtete wie Paus. II. 11, 5sqq. er-
zahlt Alexanor, der Enkel des Asklepios, diesem ein
Asklepieion, welches theils von Andern, theils von Hulfe-
suchenden umwohnt wird. Innerhalb der Umzaunung ist
ein alter Cypressenhain. Die Bildsaule, man konnte nicht
erkennen ob von Metall oder Holz, zeigte nur Gesicht, Arme
und Fiifse; sie war mit einem weifsen wollenen Unterkleide
und Oberkleide angethan. Fast ebenso war das Ansehen
der Hygieia. Dem Alexanor aber opfern sie gleich einem
17 ) Hermann G. A. .14,4.
Djog^ Laert. IV, 24. Hundertmark de incrementis artis
medicae per expositionem aegrotorum in vias publicas et templa.
Lips. 1749. 4.
1019 ) F. A. Wolf Beitrag zur Geschichte des Somnambulismus
aus dem Alterthum in seinen Miscellaneis. Halae. 1802. 8. p. 382 sqq.
E. P. A. Gauthier Reclierches historiques sur 1'exercice de la me-
decine dans les temples chez les peoples, de 1'antiquite. Paris et
Lyon. 1844. 8.
102 ) Paus. II. 26, 9.
1021 ) Eurip. Androm. 900.
1()22 ) Bei Tlierapne, von Herakles, dem er die Wunde an der
Hliftpfanne geheilt. Paus. III. 19, 7. .
1023 ) Zu Sparta. Pans. III. 14, 7.
284
Heroen nach Sonnenuntergang, dem Euamerion aber'wie
einem Go lie. Diesen Euamerion, wenn ich recht verinuthe,
nennen die Pergamener Telespho'ros, die Epidaurier
Akesios. Idxeaios = Heiler; TsheacpoQog = zur Reife,
Vollendung bringend ; EvafiSQiav = der einen guten Tag
giebt? Idhe^avwQ = den Menschen helfend. Diesen askle-
piadischen Damon finden wir verhiillt und ganz klein dar-
gestellt 1024 ), und werden dadurch an den IdaxL Ttaig zu
Megalopolis 1025 ) erinnert.
Die vier Hauptstatten des Asklepiosdienstes sind l)Trikka
in Thessalien 1026 ). Von dort kam er aller VVahrscheinlich-
keit nach 2) nach Epidauros, welches gerade durch seine
Verehrung des Asklepios beriihmt war 1027 ). 3) Von Epi-
dauros hatte Kos seine Be vb'lkerung empfangen und mit
ihr seinen Asklepiosdienst. Asklepiaden, von denen Hippo-
krates abstammte 1028 ). 4) Pergamos 1029 ). Man hat auf
diesen Asklepiosdienst die Stelle Offenb. Job. II, 12 sq. be-
zogen 1030 ). Von hier war Galenos gebiirtig.
Nach Rom wurde der Kult des Asklepios von Epidauros
aus gebracht im Jahre 293, in Folge einer Pest und auf
Rath der sibyllinischen Biicher 1031 ).
Geopfert wurden dem Asklepios Hahne 1032 ), was an
Apollon und Helios erinnert. Weshalb ihm der Hund
10!!4 ) s. Millin No. 103, 104.
J025 ) Paus. VIII, 32, 5.
1026 ) Strabo IX. 437. XIV, 647.
1027 ) Paus. II. 26 sq. Hier ein pentaeterisches sommerliches Fest
) mit Wettkampfen. Hermann G. A. .52,13. Vgl. fiber
den heutigen Zustand des Tempels Cit. b. Hermann G. A. .41,15.
1028 J Hermann G.A. .67, 19.
1029 ) Paus. HI. 26, 10. Herodian. IV. 8, 3. C. I. no. 3538.
loan) y gl> DisSi yon R ossa |ii u- Hasaeus.
1031 ) Liv. Xj 47. Valer. Max. I. 8, 2.
1032 ) Plat. Phaed. s. f. Zu Athen dem Asklepios geopfert am
8. Klaphebolion = 22. Marz 426c=24. Marz 429.
285
zugesellt vvird, ist schwieriger zu sagen. Als Symbol des
Todes, etwa im Sinne der Mythe, wonach Zeus mil seinem
Blitzstrahl den Asklepios todtete, weil er durch seine Kunst
Niemand sterben Jiefs und selbst Todte erweckte 1033 )?
Wahrscheinlicher indefs ist auch hier der Hund als Symbol
der Sonnenhitze zu fassen.
Das gewb'hnlichste Attribut des Asklepios ist die
Schlange. Diese ist 1) Symbol des Blitzes; 2) der zeu-
gerischen, segenspendenden Erdkraft; 3) des sich verjun-
genden Lebens. Alles Dreies hangt genau zusammen ; aber
nach der letzten Rticksicht scheint die Schlange dem Askle-
pios zugetheilt zu sein.
Abzweigungen des Asklepios sind iseine Sohne Ma%atov
und nodaheiQioS' Vergl. Panofka Ueber die Heilgb'tter
der Griechen 1034 ). Berlin 1845. 4.
Drittes Kapitel.
Die M o n d g o t t e r.
(Ueber die Einclriicke und Vorstellnngen , welche der
Mond erzeugt, und fiber das verschiedenartig gedachte
Verhaltnifs desselben zur Sonne s. oben p. 61 sq.)
1.
V
A. Der Name von as^ccg, J5 die Glanzende."
B. Genealogie. Selene ist Tochter des Hyperion
1033 ) Apollod.III. 10, 3sq. ibq. Heyne.
1034 ) Schriften iiber diese, iiber inythische Physik, mythische
Pflanzen undThiereverzeichnet L. Choulant Bibl. medico-historica.
Lips. 1842. 8. mit den Nachtragen yon Rosenbaum.
286
(Sonne) und der Theia (Mond), Schwester des Helios 1035 );
des Hyperion und der Euryphaessa 103G ) (Mond); des Hype-
rion und der Aithra 1037 ); des Helios 1038 ). Auch Kind des
Zeus und der Leto 1039 ) oder des Wassergottes Pallas 104 )
wird sie genannt.
C. Mythologie. Noch mehr als unter den Sonnen-
gottern Helios 1st Selene mil ihrem Naturobjekt identisch
geblieben. Das Auge der Nacht nennt sie Aeschylos 1041 );
Pausanias sah in Elis ihr Standbild gehornt 1042 ). Sehr schon
beschreibt sie der Horn. Hymnus (XXXII) ; langgefliigelt,
weifsarmig, schongelockt erleuchtet sie die dunkle Luft mil
ihrem goldenen Kranz. Im Ok eanos badet sie den schonen
Kb'rper, schirrt die slarknackigen, glanzenden Pferde 1043 ) an
den Wagen und, angethan mil weitleuchtenden Kleidern,
treibt sie eilig das schonmahnige Gespann 1044 ) vorwarts,
Abends, in der Mitte des Monats, wann der grofse Kreis 1045 )
voll ist und die glanzendsten Strahlen von der wachsenden
himmelher kommen. Ihr mildes, wohlthuendes Licht lafst
sie als diegutige (nQoyqav) 10 * 9 ) erscheinen. Mit Zeus 1047 ) 5
dem Himmelsgotte, zeugt Selene die Pandeia 1048 ); der Thau
1035 ) Hesiod. Tli. 371.
103(; ) Horn. hymn. 31, 6.
103^ Hygin. p. 10. Stav.
1038 ) Sch. Eurip. Phoen. 175.
1039 ) ibd.
1044 ) Hom. hymn, in Merc. 99 sq.
1041 ) TiQeafiiGTOV aGTQtov, VVXTOS d(p&a)>.[i6s Aesch. S. c. Th. 390.
10 * 2 ) dty.EQios. Paus. VI. 24, 6.
10*3) pferde oder Maulesel. Paus.V. 11, 8.
1044-j y gl- Eurip. Phoen. 179.
1045 ) %QVGeoxvxkov (psyyos Eurip. Phoen. 176. xvxioaip
Parmenid. fr. 130.
046 ) Hom. hymn. XXXII, 18.
104T ) Pan und Selene. Creuzer Syinb.IV, 255.
1049 ) Hom. hymn. 32, 15.
287
ist ihr Kind 1049 ), und die Nemea wie.auch der Nemeische
Lowe sollen von ihr herriihren 105 ). Bekannt ist ihr Ver-
haltnifs zu Endymion, dem Konige von Elis (!). 'Evdvptlcov,
von evdvco, der untertauchende, bezeichnet die untergehende
Sonne; sehnsuchtig wandelt ihm in stiller Nacht Selene
nach, urn ihn, wenn er zur Ruhe gegangen, zu kiissen. Sie
zeugt niit ihm funfzig Tb'chter, die deutlich genug auf die
funfzig Monate der Olympiade hinweisen 1051 ).
Ganz identisch ist mit der Selene die Mtfvrj, welche
beide Namen einer fiir'den andern gesetzt werden. Einen
Mondgott (6 Mqv, deus Lunus) erwahnen erst sehr junge
Nachrichten, und ist derselbe entweder von den Romern
aufgenommen, oder, wie ich lieber glaube^ aus dem Sabais-
mus. In beiden Fallen haben \vir uns hier um so weniger
mit ihm zu befassen.
2. . *!A Q r e (i i s-
Lil. Gyraldusp.356 382. CreuzerII,3. Schwenck
Andeutungen p. 218229. K. O. Mailer Dor. 1, 371397.
A. Name. Plato 1058 ): dice TO aQTSfiss xcti TOV xoa-
{.wv. Strabo 1053 ) : and TOV aQTepsag yioisiv. Macro-
bius 1054 ) = ^asQorsfiis, hoc est aerem secans." Weil
Clem. Alexdr. 1055 ) sagt, der Name der Artemis sei phry-
gisch, so hat Jablonski 1056 ) ihn auch so erklaren wollen.
1049 ) Alkman. fr. 32. Bgk.
105 ) O. Miiller Dor.1,445. Vergl. Meinecke An. Alexdr.
p. 84 sqq.
1051 ) Bockh Expl. Find. p. 138. O. Miiller Dor.1,438.
1052 ) Cratyl. p. 406.
10 ") XIV, 635.
4 ) Sat. VII, 16. p. 696. Zeun.
5fi ) Strom. I. p. 384 Pott.
" 5G ) de ling. Lycaon. p. 60.
10541
105B1
105
288
Andere haben den Namen aus dem Hebraischen abgeleitet
(Kanne ,,volles Licht." Sickler 3 ,Feindin der Unreinheit,
des Dunkels, der Unkeuschheit." Schelling ,jZauberin."),
aus dem Aegyptischen (Hug). Schwenck Jungfrau (jpaQ-
TIS), ebehso Buttmann (aQTepijg, jungfraulich). Wel-
cker 1057 ) = aQi-&e[ii$. 0. M tiller ,,die Gesunde, Heile
und darnach die Heil imd Kraft vei-breitende." Pott 1058 )
37 aeQCc TSftvovaa ,,Luftdurchwandlerin."
B. Genealogie. Die Eltern der Artemis sind Zeus
und Leto. Cicero 1059 ) giebt noch zwei andere Genealogien:
Zeus und Persephone, Upis und Glauke. Ganz singular
hatte Aescbylus die Artemis eine Tochter der Demeter ge-
nannt 1060 ). Darum ist auch wohl die zweite Genealogie
sehr juhg. Die dritte kann alt sein (Upis = /OTTW ; Glauke =
y^tiVKoq). Aber die allgemeine Genealogie ist die erste, die
\vie der. Name auf den Mond fiihrt
C. My thologie.
I. Die natiirliche Artemis.
Sie ist
a) Herrin des Mondes. So fafst sie schon Aeschy-
lus 1061 ): as (Erinnyen) owe niiupiS, fjllov nQoadsQxsTai,
OVT aaTSQtoTiov ofj.f.ia ^Lr\Twa^ xogyg. Auch bezieht sich
wohl hierauf der Lichterktichen (apcpicpcov), der ihr dar-
gebracht wurde 1062 ). Auf den Mond gehen auch die vielen
to5T ) Bei- Schwenck p. 263 sqq.
loss-) E t y m . Forsck. I, 101.
1059 ) N. D. Ill, 23.
loco) Herod. II, 156. Pans. VIII, 31, 3. Doch auch ^wysveia S. c.
Th. 148. Im Verhaltnifs zu Apollon heifst Artemis opoanoQos Soph.
Trach.212.
106 ') fr.209. Ahr.
1062 ) Philemon, fr.63. p. 833. Mein.
289
Beinamen, vvelche die Lichtnatur der Artemis bezeichnen:
Awcoa^g 1064 ), a W w#/a 1065 ) Qvalcc 1085 ), von
, leuchten, cpcoacpoQog 1067 ), ashaag)6()os 1068 ) 3 fffiAa-
ffm 1069 ), nvQcoviu 1070 ), anylnvQos^ 1 ), al&onla 1072 ). Auf
Delos hiefs Artemis ^Qyug, Oi/Trtg 1073 ) (vgl. oben den Vater
der Artemis); sie ist nicht verschieden von der Opis oder
Upisj der Hyperboreerin j deren oben gedacht \yurde 1074 ).
So hiefs Artemis auch zu Troizene 107S ), in Lakedaimon 1076 )
u. a. 0. Ihr zu Ehren sang man Upingen. Der Name
dier andern Hyperboreerin , 3 ^Qyt] , die glanzende (nicht
,,schnelle," wie 0. M tiller tibersetzt) , c xe^y^, die ge-
waltig glanzende, ist zugleich Name der Artemis 1077 ) und
bezeichnet sie ebenfalls als Mondgottin. Ob dieselbe Be-
ziehung die Beiworter xvccyla 1078 ) (== xvyxij, die falbe?),
IOG3 ) In Troezen. Paus. II. 31, 4. Q. Miiller Dor. I, 374. 229.
10B ' > ) Paus. VIII. 36, 7.
1065 ) Bei Eretria. Spanh. z. Calfim. p.305.
10b6 ) Paus. I. 31, 4.
106T ) Eurip. J. f. 21. Paus. IV. 3J, 10. O. Mailer Dor. 1. 384, 3.
Vgl. Soph. O. R. 206 sq, Hesych. Cicero N. D. II, 27. Aristoph. Ran.
1358sqq. Vgl. K^IJIVQOS.
1068 ) Paus. 1.31,4. .
i6 9j Hesych.
107 ) Paus. VIII. 15, 9.
10T1 ) Soph. Tr. 214.
" 17 ?J Sappho, fr. 118, 3. Bgk. Steph. Byz. p. 22, 22. Hesych. I.
p. 152 Ai&ionaida. Anth. Pal. VII, 705. O. Miiller Dor. I, 384 sq.
389,5. *A()t. KWonia schon von Callimach. fr. 417 Bentl. (aus Steph.
Byz.) auf den Moncl gedeutet.
073 ) Callim. Dian. 204. ibq. Spanh. und zu in Del. 292.
1(174 ) Herod. IV, 35. Paus. I. 43, 4. V. 7, 8 ibq. Sylb u. Kuhn.
> 015 ) Sch. Apollon. I, 972.
10 " !6 ) Palaiphaj;. 32. ; i:^ i
10 ") Arge = Artemis Oi^^^er Dor. I, 373. = Hyperboreerin
Herod. IV, 35. Hekaerge = Artemis O. Mull er a. a. O. u. 374, not. 5.
226. Antonin. Lib. I. (p. 202, 15 West.) = Hyperboreerin Callim. in
Del. 291 ibq. Sch. Paus. I. 43, 4. V. 7, 8. Etym. M.
1078 ) Paus. III. 18,4.
Lauer Griech. Mythologie. 19
290
uncl Hvaxeatis 108 ) haben? 3 EUog)6vos iosi )
gewohnlich als Hirschtodterin gefafsl, ist vielmehr die Licht-
todterin in Bezug auf das Tageslicht. Aehnliche Beziehung
driickt das Beiwort axttmg 1082 ) aus. ^nayxoftevr] 1083 ) (die
erhangte)? Das Wandeln des Mondes gab der Artemis den
Beinamen ayyehog 1084 ). Wird eine Gottheit auf Bergeshohen
verehrt, \vie \d^x^ axQia 1085 ), xogvcpcila 1086 ) und o^smg 1087 )?
so darf man annehmen, dafs sie Himmelsgoltin sei. Dies
mil dem Voraufgegangenen verbunden, rechtfertigt die Be-
ziehung def eben genannten Beinamen auf Artemis als
Mondgottin. An jene Beinamen schliefst sich ovQSGicpohig
nQoarjcjia auf Artemision im Euboia. T^Ae'/fa%og 1089 ),
xAa(Ota 1090 ), %Qvayvios l09i ), die mil goldenen Ziigeln fa'hrt,
und ^vff^Aaxairog 1098 ), die mil goldner Spindel, bezeichnen
deutlich den Mond.
"" 9 ) Pans. VIII. 23, 3.
108 ) Pans. VIII, 53, 11.
1081 ) Callim. Dian. 190. ibq. Spanh. Etym. m. p. 331, 54.
1(182 ) Pans. VIII. 35, 5.
1083 ) Paus. VIII. 23, 6. 7. Callim. fr. 3. s. J. Gronov. Defens. Diss.
<le nece Judae p. 62.
1084 ) In Syracus Sell. Theocrit. II, 12, Hesych. I. p. 39 Alb.
loss) Hesych. 1,202. Daher braucht -Soph. Iphig. fr. 34 Miiller
(Hesych.) von ihr das Wort KX()ov%tl. Hesych. erklart es von einem
Berge bei Argos, wo Artemis ein Heiligtlmm liatte.
1086 ) Auf der Spitze des Berges Koryphon bei Epidauros. Paus.
II. 28,2. O. Miiller Dor. I. 378, 4. Steph. Byz. Kogvtf.Kiov.
1087^ poiyb.XXXU. 25,11. Miiller Dor. I, 396. not. 9.
l088 ) Cornnt. cp. 34. Vgl. f, 103.
1089 3 Lucian. Lexiph. Tom. II. p. 335.
109 ) Paus. VII. 19, 122, 11. ZljpPatrai in Achaja, mit einem
jahrlichen Fest und einer navv^^^jD&s Priesterthum verwaltete
eine Jungfrau, bis sie sich YerKeira-thete. Komaitho und Mela-
nippos. Vgl. Hermann G. A. .51,34.
1091 ) Z, 205. Miiller Dor. I. 383, 5.
1092 ) Y, 70.
291
b) Der Einflufs des Mondes auf die Witterung, sein
Erscheinen in thauiger Nacht, sein Emporsteigen aus dem
Meere und seine Wichtigkeit fiir die Schiffer niachte Artemis
zuv Herrin des Wassers. Daher fapvala* 093 ), die in
Sparta auch iaacoQia genannt . wurde 1094 ) } tyivavig 1095 ),
), elovaia 1097 ) ?, Troz^/a 1098 ), aj/j/^ag 1099 )> ^4.1-
), Movvv%ia iloi ), Xrjaiag, 'l^Quatr] , von einem
Vorgebirge und Fiufs auf Samos 1102 ), axvaia 1103 ), Ufer-
Artemis (kann aber auch auf die Lichtnatur gehen), cuyl-
am* 1104 ) ?, delyivicc 1105 ), evQw6faj llot ) (halb VVeib, halb
Fisch),
110
Paus. If. 7, 6.
1094 ) Paus. III. 14, 2. Vergl. 25,4. Caltim. in Dian. 172. Pint.
Ages.32. Polyaen. II. 1,14. O. Miiller Dor. I, 378, not. 1.
1095 ) Paus. III. 23, 10. IV, 4,2. 31,3. VII. 20, 7. VIII, 53, 11.
O. Miiller Dor. I. 378 sq. Vgl. Revue archeol. 1845. no. X.
109I T) In Messenien Hesych. 1, 1168. Wenn man nicht lieber ^Aa'a
lesen und dies mit ijleftt (Strab. VIII, 350) auf die Herrin des Mondes
beziehen will.
109 ') In Ephesos. Hesych. I, 1184.
1098 ) O. Miiller Dor. I, 379. 380, 3.
io99j Hegych. j ? 39 : IdyyCrKs' OVO^LK Tiorctftov. xtu sari TTKQCC TO
ffccyyaiov. 6 t uoi(ag '/.ccl vj 5 J4pTf ( u<?.
tlo ) Pans. VI. 22, 8 sqq. Damit identisch hielten die Elier ihre
).a<f,iatK. Vgl. O. Miiller Dor. I, 379 sqq.
lini ) Paus. I. 1, 4. Miiller Dor. I. 384, not. 3. Pollux VI, 75.
Zu Pygela, einer Stadt mit einem Hafen unweit Ephesos: Strabo
XIV, 639. Auf dein Vordertheile eines Schiifs: Miinze von Magnesia
in Thessalien, Denkmaler u. Forsch. 1849. no. 9, p. 91.
lloa ) Callim. Dian. 228. ibq. Spanh.
lll)3 ) Pint. Arat 32.
1104 ) In Sparta. Paus. IIL 14,2.
1105 ) Pollux VIII, 119.
HOG-) Zu Phigalia in Arkadien. Paus. VIII. 41, 4sq. O. M tiller
Dor. I, 380.
1107 ) Paus. II. 32, 10. Hesych. Sch. Eurip. Hipp. 1200. Spanh.
zu Callim. Del. 42, p.414sq.
110S ) T] TKS nrjyccs ras &(Q[ias e/ei. Ael. Aristid. Tom. I. p. 321, 2.
Jebb. Anf Lesbischen Inschriften hiefs sie @^t, meist init dem
19*
292
c) Hervin der Fruchtbarkeit und des Gedei-
hens. Diejenigen, welche fur Apollon und folglich auch
fur seine Sch' wester Artemis einen rein ethischen Ursprung
annehmen, miissen offenbar ins Gedrange koramen durch
den Umstand, dafs Artemis in den altesten Kulten nach
einer keineswegs ethischen Auffassung verehrt wird. Man
konnte sagen, diese pelasgische Gottin habe ursprtinglich
nichts mit der dorisch-hellenischen gemein. Indefs gehbren
doch beide verwandten Volksstammen an und fiihren ganz
denselben Namen. Jene pelasgische Gottin ist aber nicht
als eine Nymphengottheit zu fassen, auf welche man sie
deswegen hat zuriickfiihren wollen, weil nnmentlich in Ar-
kadien, wo sie seit den altesten Zeiten verehrt wurde, ihre
Tempel und Alta're an Fliissen und Quellen, Seen, in Nie-
derungen u. s. w. standen , sondern als eine zeugerische
Naturgottheit, eine ,,aus dem Feuchten produzierende und
Leben schaffende" 1109 ). Um gleich auf den letzten Grund
zu gehen, es ist die Mondgottin, aufgefafst nach ihrem vor-
wiegenden Einflufs auf das geschlechlliche Leben der Men-
schen und das Zeugen der Thierwelt und der Erde.
Einen solchen Charakter hatte die aus den altesten Zeiten
stammende Aetolische (^diTwhij) 1UO ) Artemis. Hier war sie
Aatjp^/a 1111 ), welche auch 0. Miiller fiir eine Getraide-
gottin erklart. Ganz dasselbe Wesen hatte die vordorische Arte-
mis in Sparta. Hier war im Limnaion ein ISQOV der Artemis
Beisatz tvaxoog (Gruter MLXVI, 19. 15). Ihr Fest wurde an.be-
stimmten Tagen gefeiert (jiavyyvQis Q[AIKXCC), wozu ein navriyv-
QiaQZas (Pocock. Inscr. antq. P. 1. cp, 4. 5. 6. p. 47. Corsinb.Paciaud,
Monum. Pelop. Vol.1, p. 86). Vgl. Plehn p. 117.
Jin9 ) O. Miiller Dor. I, 380.
lll(1 ) Paus. X, 38, 1.2. O. Miiller Dor. I. 381, 5. Strab. V. p.215.
11J1 ) Paus. IV. 31, 7. VII. 18, 8. O. Miiller 1. 1. u. Aegin. p. 167.
Brandstater Gesch. des Aetol. Landes. p. 7sq. p. 4? sq.
293
, deren holzernes Bild Orest und Iphigeneia einst
aus Taurica dorthin gebracht haben sollen. Als Astrabakos
und Alopekos (Esel und Fuchs) das Bild in einem Stratich
gefunden batten, wurden sie alsbald wahnsinnig. Und als
die Limnaten und Bewohner anderer lakonischer Orte der
Artemis opferten, entstand Streit und Word und nachher
eine Krankheit, welche die iibrigen hinraffte. Zur Siihne
wurden Menschenopfer eingesetzt, an deren Stelle seit Ly-
kurg Knabengeifselung (rat 1113 ). Sie hiefs auch Jivyodsafia,
OTI sv -d-dfivq) hvycov evQefy; mil diesem Lygos war auch
das ganze Bild verhiillt 1114 ). *0(>9-la = erecta, steif, stramm;
vergl. diovvaog OQ&OS und Hermes im Parthenon. Auch
0. M tiller erkennt in dieser Artemis eine Gottin der Frucht-
barkeit. Mit der OQ&la identisch ist Id-QX. dQ&coaia il15 ).
Derselben Natur war IQT. cpaxefthig 1116 ), die in Reisbiin-
deln eingehiillte. Die 'fyiysveia ist wohl nicht verschie-
den von der Gottin selbst, wie sie denn sehr haufig nicht
bios mil Artemis verbunden vorkommt, sondern auch iden-
tificiert wird 1117 ). Ihr ganzer Mythos zeigt auf den blutigen
Charakter des Kultus, dem sie angehort.
Der Artemis zu Brauron (BQ<xvQ(ovta) ii18 ) waren die
jungen Madchen zwischen fiinf und zehn Jahren geweiht,
welche wahrend dieser Zeit Barinnen hiefsen (CCQXTOI). Sie
*"*) Paus. II. 24, 5. III. 16, 7 11. 17, 1. VIII,23, 1. O. Mailer
Dor. I, 385 sqq. Plut. Thes. 31, 3. Lycurg. 18.
1113 ) Valcken. Adon. p. 277. L. B. 1773. Spanheim Callim.
Dian. 174.
11 14 ) Paus. Ill, 16, 711. Muller Dor. I, 386.
m5 ) Herod.IV, 87. O. Muller Dor. I, 387,4.
1116 ) Vgl. Schneidewin Diana Phacelitis et Orestes apud Rhe-
ginos et Siculos. Getting. 1832. 8.
1117 ) O. Muller Dor. I, 387.
1118 ) Paus. 1.23, 7. 33, 1. Snchier de Diana Brauronia. Marb.
1847. 8.
294
durften sich nicht eher verheirathen , als bis sie der Gottin
gedient hatlen ($' lirj' aqxTevaeie nvj &e), und wahrschein-
lich beim Abzuge der bisherigen und beirn Eintreten neuer
Madchen wurde alle vier Jahre der Gottin ein grofses Fest
gefeiert, zugleich mil dem des Dionysos, bei welchem die
kleinen Madchen saffranfarbene Kleider trugen. Man
wollte die Gottin versohnen, weil sie einst verderbliche Hun-
gersnoth iiber die Athener verhangt hatte wegen eines ge-
tb'dteten zahmen Baren oder eine Seuche 1119 ). Da diese
Artemis Brauronia auch j4.lSonict hiefs (s. oben), so haben
wir in ihr die Gottin des Mondes, welche Hungersnoth und
Seuche, folglich auch von beiden das Gegentheil giebt, eine
Gottin der Fruchtbarkeit 1120 ), als welche uns schon die mil
ihr identische 'Ogdla zu Sparta erschien, und gewifs deshalb
mufsten die jungen Madchen vor ihrer Verheirathung die-
ser Artemis dienen, um in der Ehe gesegnet zu sein.
Was soil aber das Symbol des Baren?
Dasselbe erinnert an die bekannte Arkadische Mythe
von der Kallisto, Tochter des Lykaon in Arkadien, Gefahrtin
der Artemis. Sie gebar von Zeus den Arkas, den Stamm-
vater der Arkader und wird von der Goltin in eine Barin
verwandelt, und kommt als solche unter die Sterne 1121 ).
Mit Recht bemerkt 0. Miiller 1122 ), es konne unmoglich ein
Spiel des Zufalls sein, dafs die Gottin, der in Brauron Ba-
rinnen dienen, eine Freundin und Begleiterin hat, welche in
eine Barin verwandelt wird. Kallisto steht zu der Artemis
in demselben Verhaftnifs wie Iphigenia. Grade wie diese
1119 ) Sch. Aristoph. Lysistr. 645. Suid. '^QXIO S . Hermann G. A.
. 62, 12.
U2 ) Deshalb ldQT[.iiSt, BQavQwvla d-vsrcu cti. Hesych. I. p. 761.
1121 ) Hesiod. fr. 182. Mcksch. Apollod. III. 8, 2. Pausan.I. 25, 1.
VIII. 3, 6.
ms ) Prolegg. p. 73 sqrj.
295
Graber bei den Heiligthiimern der Artemis halte, so war
ein Grab der Kallisto bei Trikolonoi (nordlich von Megalo-
polis). Es war ein grofser Hugel, auf dem sich ein ISQOV
^QTsf^idos snixtyaiv KaMla-tys befand 1123 ). Zu Athen gab
es eine '^QT. .Kcd/UW}? 1124 ). \Vas neulich von Jakob 1125 }
gegen 0. M tiller eingewandt ist, verdient keine Beachtung,
und beruht auf Unkenntnifs mytholpgischer Verhaltnisse.
VVenn so aus dem Beinamen einer Gottheit sich eine neue
gebildet, so gewinnt sie Selbstandigkeit fur sich und kann
freilich nicht ohne Weiteres statt jener gesetzt werden.
Eine solche Identitat hat 0. Miiller auch gar nicht be-
hauptet, sondern nur, dafs der Mythos von der Kallisto
Spuren enthalt, welche auf Artemis ftihren und zu dem
Schlusse berechtigen, dafs ,,KaMtai;t0 nichts anderes ist,
als die Gottin und ihr heiliges Thier in einen Begriff zu-
sammengefafst." Urn auf die Ba'rin zuriickzukommen, so
sagt 0. Miiller, dafs der Artemis, weil der alte Arkader
sie als eine G.ottin gedacht habe, welche die Jungen des
Wildes, wie das Menschenkind , tra'nkt und erzieht und ge-
deihen lafst, der Bar heilig gewesen sei als eins der kraf-
tigsten also von der Gottin besonders berucksichtigten
Geschb'pfe der Natur. Diesen Grund konnte man gelten
lassen, wenn nicht der uralte Mythos von Kallisto auf astrp-
nomische Verhallnisse hinwiese, was unberucksichtigt gelassen
zuhabenschon Creuzer 1126 ) an 0. Miiller tadelt, obgleich
er selbst eine sehr wunderliche Ansicht hat. Der grofse
Bar, den man seit den altesten Zeiten (Homer) als solchen
am Himmel kannte, konnte sehr wohl dem poetischen
1123 ) Paus. VIII. 35, 8.
im ) Paus. I. 29, i (der sich auf Sappho beruft).
"") Ueber die Behandlung der gr. Myth. Berlin. 1848. p. 55 63.
112S ) Symb.IV, 710sqq.
296
Beschauer des Himmels als Begleiter und Diener des
Mondes erscheinen. So erst, glaube ich, ist der Bar
der Artemis heilig, Kallisto in eine Barin vervvandelt worden,
und hiefsen die jungen Madchen in Brauron Barinnen.
Was soil aber die Herkunft der Artemis OQ&ICC aus Tau-
rien 1127 ) bedeuten? Wenn man bedenkt, dafs Artemis als
Tav^oTroAog 1128 ) verehrt wurde und bei Sophokles U29 ) der
Wahnsinn des Aias von ihr hergeleitet wird ; dafs auch nach
Brauron in Attika Iphigenie das Bild dieser Artemis gebracht
haben soil 1130 ), desgleichen nach Lemnos: so diinkt mich
hat es wenig gegen sich anzunehmen, dafs dies Taurien
urspriinglich nur, wie das Hyperboreerland, im Mythos
existierte und erst spater auf wirkliche Lokale iibertragen
wurde (vgl. Lykien). Je mehr die Menschenopfer in den
griechischen Kulten sich verloren und einem gesitteteren
Dienste wichen, um so mehr mufste man geneigt werden,
jene wiisteren Kulte als aus der Fremde stammend zu be-
trachteri ; und nachdem man sich an der, Siidkiiste des
schwarzen Meeres angesiedelt und dort eine Gottin kennen
gelernt hatte, die der Artemis sehr ahnlich war und mit
Menschenopfern verehrt wurde, glaubte man, dafs dies das
Taurien sei, in welches Artemis die Iphigenie entriickt, wo
der wahnsinnige Orest seine Schwester wiedergefunden und
von wo er sie und das Bild der Gottin nach Hellas ge-
bracht hatte.
Das Gemeinschaftliche in den Mythen dieser \A^x. rav-
ist Wahnsinn und Menschenopfer. Man sieht
1121 3 Vgl. Meyen De Diana Taurica et Anaitide. Berol. 1835. 8.
1128 ) O. Mailer Dor. I, 391. Philol. 1,2. p. 350.
1129 ) Aj. 172.
U30-J ygj_ Suchier a. a. O. und uber die Menschenopfer der
Brauronischen Artemis de vict. hum. ap. Gr. P. I. cp. 2.
297
auf den ersten Blick nicht recht, wie dies beides Bezug auf
eine Gottin der Fruchtbarkeit haben kb'nne, als welche wir
die lAqt. og&ia gedeutet haben. Ueber das Menschenopfer
kommt man wohl leichter hinweg, vvenn man sich erinnert,
dafs dasselbe nicht bios in den altesten Zeiten allgemein
verbreitet war, sondern namentlich auch in den Kultenv.or-
kam, die eben Bezug auf Fruchtbarkeit haben, z. B. bei Kronos,
Zeus, Apollon (Thargelien) u. A. Grade da, wo die Gott-
heit sich dem Menschen am freigiebigsten zeigt, riihrt sie
ihn am meisten und erweckt in ihm ein Gefiihl der Dank-
barkeit, welehem er nur glaubt genugthun zu.kb'nnen, indem
er sich selbst der Gottheit als Gottergabe opfert. Schwie-
riger erklart sich der Wahnsinn. leh weifs ihn auch nur
so weit zu erklaren, als ich nachweise, dafs er auch ander-
weitig in Kulten vorkommt, die sich auf Fruchtbarkeit be-
ziehen. So werden die Tochter des Kekrops wahnsinnig,
als sie die Kiste offnen, in welcher Erichthonios verborgen
ist, s, un ten Athene ; Dionysos; Hera macht die ineine Kuh
verwandelte Jo rasend. Deshalb ist jedoch Artemis nicht
als Erdgottin zu fassen. Sie ist die Gedeihen, Fruchtbar-
keit, Wohlsein schaffende Mondgottin, die als solche eben
auch von allem das Gegentheil schicken und verhangen
kann. Mondsiichtige hiefsen aetyvophrjToi, und
Auch 3 ^Qf. xagvavis z u Karyai in Lakonien, an deren
jahrlichem Feste Jungfrauen Reigentanze hielten, hat Bezie-
hung auf Fruchtbarkeit im Menschenleben U32 ).
Als den Thieren Gedeihen gebend bezeichnen die Goltin
li31 ) Macrob. Sat. I, 17. p. 296. Zeun.
ll "3 Paus. Ill, 10, 7. Barth'zu Stat. Tlieb. IV, 225. Tom. II.
p. 978. O. Miiller Dor. 1,377. not. 11. Von jenen Tanzen der
Name der Karyatiden genannten stiitzenden Bildsaulen. S. Miil-
ler a. a. O.
298
die Beinamen: eAaqp/a 1133 ), ehacpiaict l134 ), irtmxij Ii35 ), J
2. Die ethisclie Artemis.
a) Keusch: ayvrf 1138 ), nctQ&evog aidofy ii39 ), ctUv
l *). Daher bestraft sie die Unkeuschen (Kallisto,
s. oben; Actaion, der die Artemis nackend im Bade sah und
ihr Gewalt anthun wollte, ward, in einen Hirsch verwandelt,
von seinen Hunden zerrissen) 1141 ). Schon: xaAA/tm? 1142 ),
aqlaTri 1U3 ). Homer 1144 ) schildert sie als eine schone,
bliihende, kraftige Jungfrau, schlank und schon gewachsen.
Milde: evaxoos 1145 )- Machtig: tieyaty 11M ) , l>cra 1147 ).
Wie der Mond aufser seinem Gianze so viel Sinniges, Nach-
denkliches hat, so ist Artemis king: a^taro/Sov% tU8 ); von
prophetischem Charakter finden sich jedoch nur geringe
Spureri 114 "), die vielleicht in einer Uebertragung von Apollon
auf Artemis ihren Ursprung haben.
1133 ) Strabo VIII, p. 5.28.
1134 ) In Elis. Paus. VI. 22, 10 sq. O. Miiller I, 382, 3.
113n ) Schol. Find. Nem. I, 1.
1I3G ) Find. Ol. Ill, 26. O. Miiller Dor. I, 383, 5.
tl37 ) Paus. VIII. 14, 5. Bei Pheneos in Arkadien, weil Odysseus
dort seine Pferde wiederfand. O. Miiller 1, 380, 3. 383, 5.
l138 ) Aesch. Agam. 135.
113!l ) a, 202. Vgl. Horn. h. 27, 2.
114 ) Soph. Electr. 1239.
u ' (1 ) Stat. Theb. II, 198.
1142 ) Paus. I, 29, 2. VIII, 35, 8. O. Miiller Dor. I, 376, 391.
l ' 43 ) Paus. 1.1.
1144 ) f, 102 sqq.
" 43 ) C. J. 2566. Vgl. teQpnitt p. 291 f.
1H6 ) Callim. Pall. 110.
1141 ) Aesch. Suppl. 676.
1148 ) Zu Athen, mit einem Tempel, den Theniistocles ihr gebaut
hatte. Pint. Themist. 22.
J149 ) Vgl. O. Muller Dor. I, 375.
299
I) Schiitzerin: eTuVxoTrog 1150 ), nqod-vqaia il " al )^ nqo-
1 ), nQoavaTrjQia 1153 ), ar^oqpof/a 1154 ), ^ys^ovrj 1155 ),
), ewroe/a 11 ' 87 ), aarQOveia"**), dyoQaia 1159 ) yaido-
Jagerin. Diese Vorstellung beruht auf denselben natiir-
lichen Anlassen wie die, welche dem Apollon Pfeil und
Bogen gaben. Auch Artemis ist damit ausgeriistet und in
weiterer Ausbildung dieser Vorstellung zu einer Jungfrau
geworden, welche auf waldigen Hohen streifend der Jagd
pflegt. ^yQOTSQCt lisi ),
. 115 ) In Elis, wo ihr Tempel bezeichnend Aristarcheion genannt
wurde. Plut. Q. Gr. 47.
1151 ) Sp anh. Callim. Dian. 38. O. Mailer. Dor. 1, 374, 10.
1152 ) Pausan. I, 38, 6. Spanh. Callim. 1.1. O. Miiller 1.1.
1153 ) Aesch. S. c. Th. 449.
1154 ) Athen. VI b. p. 259.
a155 ) Mit Fackeln Paus. VIII, 36, 10. Antonin. Lib. 4. Hesyck.s.v.
1156 ) Hesych. Vielleicht auch nacli Verschinelzung der Art. u.
Hekate von dieser auf jene iibertragen, und dann in anderem Sinne
zu nehmen.
1157 ) In Rhodes. Hesych. I, 1251. Spanh. z. Callim. p. 155.
1158 ) In Laconica. Paus. Ill, 25, 3. Von dem Stillstand, den sie
dem Heere der Amazonen gebot.
1159 ; Paus. V, 15,4.
116 ) Soph. O. R. 160, d. h. noXiov/os. Schol. 1. 1: tutrix hujus
terrae, i. e. Boeotiae. Vgl. Zsijg yctiao%os.
1I61 ) Eurip. J. T. 131 ibq. Markld.
116a ) Paus. II, 9, 6.
1163 ) Artemid. On. II, 35. p. 125. Dafiir wollte Rigalt. 'JEteu&ca
schreiben, Bottiger Kl. Schr. I, 65, not.** 'Etev&ovau.
1164 ) Schon bei Homer: , 471. Paus. I, 19, 6. 41,3. V, 15,8.
VII, 26, 311. VIII, 32, 4. Pollux VIII, 91. Hesych. I. p. 70 : 'jtygo-
TE^KV oQefav Tt)V ^j5T8 ( utv. S. Hemsterh. zu Pollax p. 982. Artemid.
Oneir. II, 35, p. 203. Reisk. Arrian. de venat. 35. Antonin. Lib. IV.
Ihr vrurde zu Athen am 6. Boedr. = 23. Septbr. 427, 28. Aug. 430
ein Opfer von 500 Ziegen dargebracht, Herm. .56,4.
1165 ) Ruhnken z. Tim. p.222sq.
1166 ) ibd.
116T ) E, 53, Z, 428.
300
e) Herrin des Gedeihens. Der Artemis
errichtete Hypermnestra einen Tempei aus Dankbarkeit fur
die Freisprechung von der Anklage, welche ihr Vater wegen
der Scheming des Lynkeus iiber sie verhangt hatte 1172 ).
'Y/EW/a 1173 ), die Hochzeitliche, wurde von alien Arkadiern
verehrt. Der Art. Evxheia in Theben war, wie Plutarch 1174 ),
berichtet, naqa ~ nciaav ayogav ein Altar geweiht, auf wel-
chem die Brautleute vor der Hochzeit opferten. In Troizen
weihten die Braute dem der Artemis innig befreundeten
Hippolytos ihr Haar 1175 ). Dies erinnert an die Erzahlung
Herodot's 1176 ), nach welcher die delischen Jungfrauen vor
der Hochzeit eine Locke abschnitten und sie um eine Spindel
gewickelt auf das Grabmal der Hyperboreerinnen legten,
welches links vom Eingange des Artemistempels sich befand.
Natiirlich standen ihnen die Jiinglinge nicht nach, die gleich-
falls ihr Haar, um eine Pflanze gewickelt, auf jenem Grab-
male niederlegten. ^io^eia 1 " 7 ), Wochenbetterin, Hebamme.
1168 ) Soph. Tr. 214. Archaol. Zeit. 1847, no. 5.
1169 ) Theogn. 11.
11Tf ) Hesych. s. v. O. Mil Her Dor. J, 391, 1.
1171 ) *, 511.
1172 ) Paus. II, 21, 1.
1173 ) Ihr Tempei zwischen Orchomenos und Mantineia Paus. VIH,
5, 11. Vgl. 13, 1, 5. O. Miille r Dor. 1, 376. E. Braun Artemis
Hymnia. Rom 1842. fol.
"*) Aristid. cp. 20. Vgl. Becker Chanel. II, 458. Paus.IX,17,l.
Sch. Soph. O. R. 161. ZuAthen Paus. 1, 14,5. Fest EvxUiK zu Corinth
Xenoph. Hellen. IV, 4, 2.
1175 ) Lucian de dea Syr. fin. Dies wird allgeineine Sitte ge-
wesen sein Pollux III, 38.
1176 ) IV, 34.
1177 ) Pint. Symp. Ill, 10. p. 152. Spanh. zu Callim. Dian. 23,
p. 186 sq. Hock Kretall, 174. Vgl. Aesch. Suppl, 676: '
fXKTUV yWKlZfOV ).0%OVS
301
178 ), entweder weil sie den jungfraulichen Giirtel
loset, oder weil ihr die Erstgebarenden den Giirtel weihten.
Geburlsgottin war auch Artemis Xvuwvr] lt79 ) la 118 ),
M,&tovea* l&i ). Wie sie den Miittern Beistand leistet, so
nimmt Artemis auch die Kinder unter ihre Obhut: XOQV-
3-aMla ilBZ ), bei deren Tempel an dem Ammenfest
eine Knabenlustration stattfand, xovgoTgocpog* 183 ), rt
qpog 1184 ), (jptAo^t(>a 1185 ). Diese Herrin des Gedeihens
steigert sich zu einer Gottin, in deren Hand Gesund-
heit und Wohlergehen, Krankheit und Tod liegt.
So heilt Artemis den verwundeten Aineias 1186 ); sie sendet
Seuchen und Wahnsinn (s. oben), heilt ihn aber auch:
rftieQaola 1187 ). Sie vvendet die jcaxag xfjgas ab 1188 ). Mil
ihrem Bogen todtet sie die Menschen, namentlich die
Frauen 1189 ). Auf Lemnos gab es eine Art Rothel (^u/ATog
^bjlivia), von dem man glaubte, dafs er gegen Gift, Blutung,
Diarrhoe u. A. gut sei. Davon acpgayldss mit dem Bilde
1178 ) In Athen verelirt Sch. Apollon I, 288. Schlaeger de
Diana Ivai&vcp. Hamburg 1735. 4.
1179 ) Steph. Byz.
lisn ) Mein. Exercit. in Athen. Sp. I, 45. O. M iill er Dor. I, 385,;3.
Callim. Jov. 77 ibq. Sch. in Dian. 225. ,
1191 ) Hesych. s. v.
1182 ) Athen IV. p. 139. O. Miiller Dor. I, 383. Hermann G. A.
. 53, 24.
* 183 ) Orph. h. 35,8. w,71. O. Miiller 1.1.
11S4 ) Paus. IV, 34, 6.
1185 ) Pans. VI, 23, 8. O. Miiller 1. 1.
1186 ) E, 447 sq.
1187 ) Paus. VIII, 18, 8. Miiller Dor. I, 379. S. Dind. Pans.
Praef. p.Vsq.
)188 ) Theognis 13.
l189 ) a, 201, u. 6. bei Homer.
302
der Artemis ' 19 ). SajTeiqa ' 19 '), ovtia i 192 ), anayxonevr) 1193 )
(die erhangte),
3. Mischg-estalten.
) BQiTof-iaQTis auf Kreta. 0. Miiller Aegin.
p. 163 sqq. Hock Kreta II, 158180. Ueber den Nam en
vergl. Hock 1,146. II, 162 sq. GewohnJich vvird er ,,siisse
Jungfrau" iibersetzt, was durchaus passend ist. Bei An-
tonin. Lib. 40 in Asien geboren, von da nach Argos
Kephallenia (^dacpgla) Kreta (^ixvvvva) Aigina fytcpaia,
*Acparj). Zusammenhang zvvischen diesen Lokalen zeigt auch
Herod. Ill, 59. Doch ist die Frage, ob die Gottin nicht
vielmehr aus dem vvestiichen Griechehland (Kephallenien)
nach Kreta gekommen ist. j4acp(>la s. p. 292. 4lxTvvva
s. den Kretensischen Zeus p. 188. 4l%T. in Sparta Pausan.
II, 30, 3. Antikyra Pausan. X. 36, 5. Plut. de solert. anim.
cp. 36. p. 984 A : xccl ftqv ^.QTSf^idos ys
viov T i^TToAAwyog ISQCC v.o.1 fitoftoi TCCCQK
vcav slalv.
b) (DsQaice. Gewohnlich ,,G6ttin von Pherai in Thes-
salien." Zu Sikyon Pausan. II, 10, 7. Argos Pausan. II, 23, 5.
Athen Pausan. 1. 1. Hesych. II. p. 1499: 0sqsa ((Deqala)
IdL&TivfiOi, t-svixr] -9-eog. 0. Miiller Dor. 1, 384, not. 3. Diese
Gottin wird fiir Artemis, Hekate (Tzetz. Lycoph. 1180), selbst
Persephone gehalten. Also der.Mond nach seiner schreck-
lichen, finsteren, furchtbaren Natur aufgefafst. Vgl. Schnei-
d e win Philol. I, 2. p. 384 sq.
119 ) Geoffroi Matiere medicinale I, 2. p. 109 sqq. Rhode R.
Lenin, p. 19 sqq.
im ) Paus. I, 40, 2 11. 6. Mitscherlich De Diana Sospita. Get-
ting. 1821. Miiller Dor. I, 384. Schwenck M.Sk.lSSsq.
1192 ) Pherekyd. fr. Sturz p. 198.
1193 ) Paus. VIII. 23, 6 sq.
1194 ) Paus. 1.1.
303
c) Bevdis, erne thrakische Gottin, die 01.87,3(429)
in Athen eingefiihrt wurde (s. K. Fr. Hermann dereipubl.
Plat, tempp. Marb. 1839.4. p. I2sqq). Fest der Bevdidstcc
oder dsa (C. J. no. 157) am 20. Thargelion = 3. Juni 429
= J. Juni 426. s. Bergk de reliq. com. p. 76 sqq. Intpp. zu
Plat. Repbl. I, p. 354 A. C r e u z e r Symb. II, 530.
d) *Eg)0l(x. J. Nic. Scholin De Diana Ephesia ad
Act. XIX, 34, Witteb. 1687 (im Thes. Theol. Philol. Amstelod.
1702. Tom. II, p. 491). Menetreius Dianae Ephesiae statua
symbolica, Rom. 1688 (in Gronov. Thes. VII, 357). Sixtus
Aspach. Hafn. 1694. Israel Nessel. Aboae 1708. Joh.
Christ. Polck Lips. 1718. Caylus Mem. de 1'Ac. Tom.
X^. 36. v. Meyer iiber die Vorstellung der Diana von
Ephesus (Bibl d. alien Litt. u. Kunst; St. X. Gott. 1793).
Guhl Ephesiaca. Berol. 1843. 8. Die Stadt, von Arkadiern
und athen. Joniern gegriindet, hat den Namen von der
Gottin. Vgl. oben ld.<paia } 3 ^4.n6M.Q)v ouprjTWQ. Die aus
Arkadien hiniibergebrachte Gottin, schon im Mutterlande
mit entschiedener Richtung auf Fruchlbarkeit, wurde hier
unter einem iippigeren Klima und iippigeren Volkern zu
jener hundertbriistigen Nahrmutter, die als solche einen sehr
grellen Kontrast zu der keuschen, jungfraulichen Artemis
bildet, welche die Dorier und die iibrigen Hellenen des
Festlandes verehrten. Millin 30, 108. 32, 102. vgl. mit 34, 115.
Wahrscheinlich ein Kybelekult mit der Artemis verschmol-
zen. Stuhr II, 240 sqq. Spa'ter hatte diese ephesische Arte-
mis sehr weite Verbreitung. Ebenso scheinen die Amazonen,
welche mehrfach als Griinderinnen vorderasiatischer Sta'dte,
namentlich auch von Ephesus genannt werden, auf eine
grofse in Vorderasien verehrte Naturgb'ttin hinzuweisen, in
deren Tempeln Hierodulen. O. Miiller Dor. I, 392 sqq.
Doch erklaren sich nicht alle Amazonensagen hieraus,
s. Vb'lcker Myth. Geogr. p. 216 sqq. Ueber das grofse
304
Fest der Artemis zu Ephesus s. Hermann G. A. .66,4.
IlQMo&QOvia Paus. X, 38, 6. Vgl. 0. Muller Dor. I, 393.
e) neQyala. 0. Muller Dor. I, 396. Diogen.V,6.
p. 250 Leutsch. Creuzer 11,582. Spanh. zu Callim. Dian.
p. 303 sq.
f) ^dsvxocpQvvi] cpQvijvr] zu Magnesia am Maian-
dros : Pausan. I, 26, 4. Ill, 18, 9. Xenoph. Hell. III. 2, 19. vgl.
Buttmann Mylhol. II, 133 sqq. Ueber ihren Tempel Raoul
Rochette Considerations archeologiques sur le temple de
Diane Leucophryne recemment decouvert a Magnesie du
Meandre. Paris 1845, 4. 24 S. (Journ. d. Sav. 1845. Octbr.
u. Novbr.) mit der Recens. von Rofs Hellenica. Halle 1846.
Bd. 1, 1. p. 40 58. An einem siifsen warmen Teiche. Der
Ephes. ahnlich (Millin 30, 112). Ihr war der Biiffel heilig.
O. Muller Dor. I, 396.
g) "Ava.il'iig Paus. Ill, 1 6, 8. M e y e n de Diana Tau-
rica et Anaitide: Berol. 18^35. 8. :'. Stiihr II, 246 sqq.
A) Kivdvag Polyb. X^I, 12,3-*
i) ^AdqaGiBia ^ Harpokr. ^Sq. VVie Apollon Raeher,
so geht Artemis in die Adrasteia iiber. Vergl. Glaus sen
Q. Herod, p. 40 sq.
k) Mvala, zu Therapne. Paus. Ill, 20, 9.
u. A.
3. C E K a x rj.
J. H. Vofs Myth. Br. Bd. Ill, 190 214. Fr. Weifs-
gerber Observ. ad Theocriti pharmaceutriam. Freibarg
1828. 8. Welcker Ann. dell' Inst. arch. Tom. II, 65 81.
F. A. Werner de aetate sacri Hecates cultus apnd
Graecos. Straubing. 1836. 4. P. v. Koppen Die drei-
gestaltete Hekate and ihre Rolle in den Mysterien.
Wien. 1823. 4.
A. Der Name ist sehr verschieden erklart worden.
Vofs ,,die Entfernende/Fluchabwendende." Gewohnlich die
.305
weitschiefsende. Aber da wird das eigentlich Beslimmende
erst hineingelegt, Was mich die Mythologie der Hekate
lehrt, dafs.sie die furchtbare, gewaltige, unheimliche Mond-
gottin ist, das mufs auch in ihrem Namen liegen. Ich weifs
dazu nicht die Etymologic, aber ich zweifle nicht, dafs die
Sprachforschung die Hekate als die ,,gewaltige, schreck-
liche" erkennen wird. Ich denke an exrjti, (Egftsiao, lA.na'k-
faovos, 4iog exiyrt) 1195 ), bei Dorischen und Attischen Dich-
tern SXCCTI. Dies kommt von Scr. && (desiderare,
optare) ll96 ). Dieser Ableitung wiir'de mef^Hlffassung noch
nicht widersprechen ; auch ware sie nicht hach der Analogic
von lucus a non lucendo gebildet, sondern nach der in der
.* .
Mythologie ganz gebrauchlichen euphemistischen Benennung.
Vergl. BQipco die Gewaltige, wie Hekate zu Pherai hiefs;
B. Gene a logic. Als Eltern der Hekate werden ge-
nannt: Perses und Asterie 1198 ); Zeus mil Demeter 1199 ), mit
Hera 1200 ), mit Pheraia, der Tochter des Aiolos 1201 ), mit
Leto 1202 ), mit Asterie 1203 ); Tartaros 1804 ).; Tartaros und
Nyx 1205 ); Aristaios, Sohn des Paion 1206 ).
1195 ) o, 319. T, 86. v, 42.
1196 ) Longard de digammo. p. 22.
1197 ) Hesiod. bei Paus. I. 43, 1. (fr. lUMcksch.)
119S ) Hesiod. Th. 409 sqq. Apollod. I. 2, 4. n^Grji's Apollon. Rh.
111,467.478.
11S9 ) Sell. Theocr. II, 12, Sell. Apollon. Ill, 467.
120 ) Schol. Theocr. II, 12.
1201 ) Tzetz. Lye. 1 175. Sch. Theocr. II, 36.
" 1202 ) Procl. z. Plat. Crat. p. 112.
i203j Musaios bei Sch. Apollon. Ill, 467.
J2 " 4 ) Orph. Arg. 975.
12n!i ) Bacchylid. bei Schol. Apollon. Ill, 467 (fr. 38 Bgk.).
120G ) Pherekyd. b. Sch. Apollon. 1. 1. (fr. 32 St.).
Lauer Griech. Mylhologie. 20
306
C. Mythologie.
1 . Die natiirliche H e k a t e.
Sie 1st Herrin des Mondes. Daher
bs 08 ), vnohaf-inieiQa). Aufser Helios gewahrt
nur sie den Raub der Persephone durch Hades 1210 ). Sie
wird mil Artemis identificiert 1211 ), welche selbst einige Mai
sxa'CT] heifst 1212 ), wie denn ihr B ruder Apollon auch"ExaTog
genannt wird-^^nd wie diesem die 'Exatovvrjaoi bei Lesbos
geweiht ware^BR, so hiefs die kleine Insel bei Delos (!)
'Escarps y^aog 1214 ). Auf nichts anders als auf die dreifache
Gestalt 1215 ) des Mondes konnen auch die Beiwb'rter
gedeutet werden.
2. Die ethische Hekate.
Schrecklich: daaTihfJTig 122 ),
1S07 ) Eustath. ad Dion. P. v. 143.
i208-j & as v xetQsaaiv %ovaa erscheint sie Horn. h. Cer. 52.
Vgl. Bacchylides 1. 1. c xr, dqdoyoQov NVXTOS (isyakoxolnov -Svya-
TSQ. Ueber '. Sad. \g\. Spanh. z. Callim. Dian. 11 und Muncker
z. Antonin. Lib. 29.
1209 j In Milet. Hesych. II, 1472.
1MO ) Horn. h. Cer. 24 sqq. So neben Helios auch bei Soph. fr. 424
(Sch. Apollon. Ill, 1214).
"") Eratosthenes b. Steph. Byz. p. 22, 24.
121 a ) Aesch. Suppl. 676.
12t3 ) Strab. XIII, 618.
12 ") Athen. XIV, 645 B.
12 15 ) Wohl niit Anspielung auf die Dreizahl ist die T('j'A (See-
barbe) der Hekate geweiht, O. Muller Kl. Schr. I, 459.
1216 ) Tzetz. Lycophr. 1176.
12 17 ) Orph. Argon. 974.
1218 ) Athen. VI, 325 d.
1219 ) Tzetz. Lycophr. 1186.
1J2 ) Theocr. II, 14.
12 ") Hesych.
307
[.no 1222 ). Schiitzerin: deshalb standen ihre Bilder ( f Exa-
T<xia) izz3 ) vor den Thiiren 1224 ); von diesen Bildern holte
man sich Orakel 1225 ). QvHag 1226 ), nQonvfa 1 ); in Athen
war sie ertiTCvgyidla 1 ** 8 ), Burgbeschiitzerin. 3 Enainls izZ9 ).
Herrin des Zaubers (,,MondbegIanzte Zaubernacht."
Tieck), wie sie auch die Zauberei erfunden hat 1230 ). Herrin
der Gespenster. Sie hauset auf Kreuzwegen, wandelt
iiber Graber und schwarzes Blut 1231 ); bei Nachtzeit schwarmt
sie umber mil den Geistern und die Hunde wittern ihre
Nahe 1232 ). Daher slvodia 1233 ), TQiodins iZ3 *)iVV%Tiyi6Jiog 1235 ),
TVi-ifiidla 1236 j. Auch Herrscherin iiber die Schatten in
der Unterwelt ist sie: ##on' 1237 )> VSQTSQWV TtQvvavig 1 * 38 ).
*
Hekate sendet auch die Gespenster 1239 ) (cxcmm* 1240 ), av-
1222 J Apollon. Rh. Ill, 1211, 861 sq. Tzetz. Lye. 1176.
1223 ) Lo beck. Agl.II, 1336 sq.
1224 ) Aesch. fr. 407 Akr. Aristoph. Vesp. 800. Eurip. Med. 396.
1J25 ) Lobeck AgI.II, 1337.
1226 ) Sell. Theocr. II, 12. Vgl. Hesych. <PvJLK<$ct j "Exarrj, wo mit
Lobeck Agl. I, 545. not. [e]. f $>vktxzK oder f Pvla%tx zu schreiben ist.
1227 ) Hesych.
1228 ) Paus. II. 30, 2.
1229 ) Tzetz. Lycoplir. 1176.
123 ) Sch. Apollon. IV, 1020. Vgl. Apolion. Rh. Ill, 529 sqq. 478.
738 u. o. Theocr. Id. II, 14 sqq.
231 ) Theocr. II, 13.
i232j Theocr. II, 12: TKV xal axviuxis TQOfteovTi. 35: ia,l xvvss
auaiv KVK nToliv (oQvovTaf K -dabs Iv TQiodoioi. Virgil. Aen. VI, 257
ibq. Heyn. Wunderlich z. TibuII.'I. 2, 54.
1233 ) Eurip. Hel. 570. Hermann G. A. .15,14.
1234 ) Hermann G. A. .15,15, der davon auch die Dreigestalt
herleitet.
1235 ) Apollon. Rh. IV, 829.
1236) Orp]l Ji ymn . i n Hec. 47, in Tych. 5.
1237 ) Tbeocrit. II, 12.
J333 ) Schol. Theocr. II, 12,20.
1239 ) Eurip. Hel. 569.
*") Sch. Apollon. 111,861. Vgl. Tzetz. Lye. 1176.1184.
20*
308
ram 1241 ), davon Hekate awcaa 12 "), weil sie dergleichen
sendet (eTFtTF^MTTfit)) oder kommt selbst als Gespenst 1243 ).
Daher die "Efinovaa bald fiir ein Gespenst der Hekate gilt,
bald fur Hekate selbst 1244 ). Diese Empusa hat era ehernes
und ein Mist- oder Eselsbein, nimmt allerlei Gestalt an, ist
Blutsaugerin uhd Menschenfresserin 1245 ).
Solche schreckliche Gb'ttin mufste man versohnen 1240 ).
Man opferte ihr Hunde 1247 ), diese Leichenpropheten, woher
ihr Beiname xvvoacpayijs iz * 8 )- Aus demselben Grunde kommt
der Hund in Begleitung der Hekate vielfach vor. Die Gottin
vvird sogar selbst xwoxefpcchog gedacht 1249 ). Am letzten
Tage jedes Monats wurde ihr ein Reinigungsopfer darge-
bracht 1250 ), und allerlei Speise auf die Strafse gestellt
('Exdfiis Ssinvov) 1251 ), welche die Armen zu verzehren
pflegten.
Mysterien der Hekate waren in der Zerynthischen
Hohle 1252 ) und namentlich auf Aigina 1253 ), vielleicht aueh
auf Lemnos 1254 ). Auf Myslerien weist auch die Notiz bei
1241 ) Hesych. s. v.
1242 ) ibid.
Hesych. 'i
1M4 ) Sch. Aristoph. Ran. 293. Vgl. Aristoph. Eccl. 1056.
1245 ) Vgl. iiber diese und andere Gespenster Becker Charikl.
I, 34 sq. .
11,36. Vgl. Dio Chrys.IV,168.
12+7 ) Plut. Q. R. 49.
i24sy Lycoph. Cass. 77. Vgl. Hesych. I. p. 28 sq. ^'Aynl^a 'ExKTr\c,
mit Ruhnken z. Tim. p. 7sq. und Hermann G. A. .23,21. 26, 8.
l249 ) Creuzerll, 526 sq.
125 ) Athen. VII, 126. Vgl. Theopomp. b. Porphyr. de abst.11,16.
p. 127 (fr. 283 Mull.).
1251 ) Hermann G. A. .15, 16. tag 'EzarctiKS (tuytdas
Sophocl.fr, 651.
1252 ) Lycophr. Cass. 77. Sch. Aristoph. Pac. 277.
1253 ) Paus. II, 30, 2. L o b e c k Agl. I, 242.
1254 ) LobeckII,1214sq.
309
Etym. M. Suid. s. 3/ E^iTtovaa und Becker Anecd. p. 250,
wonach die Mutter des Aischines Empusa hiefs, snsl anb
axoTsivwv lontov avscpaivsvo foig [tvovftevoig, s. Lobeck
Agl. p. 120 sq. Vergl. P. v. Koppen die dreigestaltete
Hekate und ihre Rolle in den Mysterien, rait einer Kupfer-
tafel. Wien. 1823. 4.
Ihre Darstellung entspricht den ihr gegebenen Bei-
namen. Vgl. 0. Mulier Arch. .397,4.
Viertes Kapitel.
Die Slerngotter.
1. dioaxovQOi. Ueber dieselben habe ich schon fru'her
(Zeus p. 188 sq.) bemerkt, dafs sie ursprunglich Wolken-
damonen seien, und auch nur, wenn man dies feslhalt, kann
man alle Einzelnheiten ihrer Mythologie erklaren. In spa-
terer Zeit freilich galten sie fiir das Sternbild der Z\villinge
und deshalb ervvahne ich ihrer hier. Vgl. D. J. Velgens
De Dioscuris agcoyovavTaig (Symbol, litter. Amstelod. 1838.
Vol. II, 31 sqq.). A. Eberz die Heteremerie der Dioskuren
(Z. f. A. 1844. no. 51 sq. p. 4015, 40914.) Jacob! s. v.
Ueber die Kappen der Dioskuren s. Fabric, zu Sext. Emp.
p. 558. Hemsterh. zu Luciun. Tom. 1,281 sqq.
2. f Yades, Hheiddes. Vgl. Schwenck Mythol. Skiz-
zen, Frankf.a. M. 1836. 12. no. 1, p. 1 sqq. Volcker Mythol.
d. Japet. p. 83 sqq. p. 245 sqq.
310
3. Der grofse Bar. Sehon bei Homer 2, 487 :
5-', r?V xal af.ia^av enlxtyGiv xaheovffiv, s. s, 275 u. vergl.
oben Artemis.
4. Bocovrjg. s, 272, so genannt in Bezug auf die
jcc; in Bezug auf den ^QXTOG heifst er lAgKxovqog,
^. Hesiod. 0. D. 566. Krus e Hellas. 1, 241 sqq.
5. SSLQIOQ. Vergl. X, 25 sqq., wo er xvwv ^QICOVOS
genannt wird.
6. *&QIWV. ^,486 sqq. X, 29. s, 274. Vergl. vl, 310.
, 121 sqq. 0. Mil Her iiber Orion Rh. Mus. II, 1834. p. 129
(Kl. Schr, H, 1 13133). J. Grimm D. M. p. 900 sqq.
Funftes Kapitel.
Die Nacht- and Taggotter.
1. Nv^. Sie hat sich aus blofser Personification der
Nacht nicht zu gottlicher Wesenheit erhoben und deswegen
auch keiner Verehrung genossen. Vgl. ft, 259 sqq. Hes. Th.
123 sqq. 21 1 sqq. Und vvenn ihre Statue im Tempel der
ephesischen Artemis stand (Paus. X, 38, 6), so ist sie hier
exoterisch genommene Leto. Was es mit dem Nvmbg xahov-
[tevov [tavzstov auf sich hat. (Paus. 1, 40, 6), lasse ich unent-
schieden.
2. *dr]T(6. Von ihr ist weiter nichts zu bemerken, als
was schon friiher bei Apollon und Artemis gesagt ist. Sie
hat nur Gehalt durch ihre Kinder, mit denen sie auch meist
gemeinschaftlich verehrt wurde.
311
3. BQI&. Her man nil, . 41,5sq. Wohl nicht ver-
schieden von Hekate.
4. "Ynvos (Chr. C. Fr. Jeep de somno eique eognatis
numinibus. Wolfenb. 1831. 4.), "Ovsigos, Mogcpevg u. A.
5.
6.
7. 0a)aq)OQog, "
Sechstes Kapitel.
Die Wolkengotter.
(Siehe EinLeitung zu den Aethergottern p. 155 sq.)
1. Id. & ?} v a I a.
C. O. Miiller Minervae Poliadis sacra et aedes in arce
Athenarum. Getting. 1820. 4. Pallas Athene (Kl. Schr.
11,134242). Welcker Aeschyl. Tril. p.277sqq. B.
Riickert der Dienst der Athene nach seinen ortlichen
Verhaltnissen dargestellt. Hildburgh. 1829. 8. Schwenck
Mythol. Skizzen. p. 61 97. G. Hermann de graeca
Minerva. Lips. 1837. (Opusc. Tom. VII, 260 sqq.). Stuhr
II, 333 sqq. Cr eu zer III, 308 477. 505 sqq.
A. Name.
a] Form. ^A^-rivaia'. so, nie ^dyva, lautet der
Name vor Eukleides 1255 ). ^^ccvaicc, l4aavala$)\ ^
t, Idadvct,
1255 ) Vgl. Bockh Sth. 11,200. Schafer zu Gregor. Cor. p. 394,
312
b) Bedeulung. Eine Menge haltloser Etymolo-
gien verzeichnet Creuzer m6 ). 0. Miiller: JIorAZag
Id&rjvaly ,,das athenische Madchen" U57 ) oder ,,die Jungfrau
Athena" 1258 ), worin er rait S c h w e n c k t259 ) iibereinstimmt.
Aber diese Erklarung bleibt einen Schritt vor dera Ende
stehen, weil die Stadt nach der Gb'ttin, nicht diese nach
jener benannt ist; sodann heifst Pallas auch nicht Jungfrau,
wie sich aus der Genealogie ergiebt. Lobeck 1260 )
bringt den Namen mit av&og zusammen: Florentia und
Flora. Die Zusammenstellung ist richtig 1281 ), aber nicht
die Uebersetzung. Athene hat nichts mil Bliihen zu
thun. Bliihen ist aber auch nicht die ursprungliche
Bedeutung des Stammes av& , sondern ,,emporstre-
ben" 1262 ), ,,aufgehn", ,,auflaulen", wie auch wir sa-
gen 1263 ). Darnach also ware Athene ,,die, welche selbst
emporstrebt" odev ,,die, welche emporstreben macht." Hier-
mit fa'llt genau zusammen die Etymologic von Pott 1264 ):
ava Yd/in (agitare), wozu auch dew, ava&eco,
auflaufen, zu vergleichen ist. Suchen wir dieser noch
sehr vieldeutigen Deutung des Nainens na'here Bestimmtheit
zii geben durch die Genealogie.
1256 ) p.340s<i. '
1257 ) Prolegg. p. 244. .
125S ) Kl. Schr. 135sq.
1259 > Andeut. p. 230.
126 ) Rhemat. p. 300.
1261 ) Bin Flecken in Kynuria heifst bei Pausan. III. 38, 6 "Av-
7, V. L. I
1262) y gL Buttmann Lexil. I. p.291.
laes-j y on jj esem Stamme sind noch andere mythologische Namen
gebildet. Vielleicht auch durch Assimilation ^rr/ff? vergl. "ATHY.K.
, Sohn des Poseidon! nach Steph. Byz. der Griinder von
.
I, 211sq.
313
B. Genealogie.
Ueber die Abstammung der Athene haben wir sehr
viele theils mehr theils weniger tinter einander verschiedene
Angaben. Nach der gewohnlichsten ist sie
a) Tochter des Zeus. So durchaus bei Homer 1265 ),
Hesiod, den Tragikern u. A. Und zwar wird uberall vor-
ausgesetzt oder ausdriicklich bemerkt, dafs sie keine Mutter
habe 1266 ), sondern von Zeus allein erzeugt 1267 ) und aus
dessen Haupte 1268 ) geboren sei; daher sie auch a[.ir}TWQ
genannt wird 12G9 ). Wenn hievon die Theogonie 127 ) insofern
eine Ausnahme macht, als Zeus seine mil der Athene
schwanger gehende Gemahlin Metis verschlingt und darauf
die* Athene selbst gebiert, so ist zu bemerken, dafs hier eine
elhische Umbiegung der ursprunglichen Volksmythe statt-
gefunden hat 1271 ), wie sie der theologischen Spekulation
der hesiodischen Dichter gema'fs ist. Ein Versetzen des
Volksglaubens mil sblchen ethischen Elementen haben wir
gleich anfangs, wo von der Mnemosyne und Themis, als
Kindern des Uranos und der Ge die Rede war, be-
merkt 1272 ).
1265 ) Daher 'O^I^OTIKT^TJ a, 101. y,335. w,540. ,747. 0,391.
1266 ) Vgl. E, 87.2 sqq. u. bes. 0, 352 (wo Here sie anredet alyio-
%oio Jibs TSXOS) u. 427. vgl. 0, 360 7ictrr}Q ovpo?. 0, 384. 406, (420).
1267 ) Zsi>s ctvTOTozos bei Nonnus. s. Creuzer Ilf, 426. Vgl. Scho-
mann Theog. Hes. u. Horn. p. 22.
1208 ) Kfplrjyovov 'ArQVTCovrjs Euplior. fr. 159.
1269 ) Eurip. Phoen. 666. Pollux III, 26. Creuzer 111,426.
127n ) 886 sqq.
1271 ) Dock scheint Schomann Theog. Hes. und Horn. p.22sq.
anznnelimen, dafs die Hesiodische MyUie dem urspriinglichen Volks-
glauben angehore. Vgl. Mutzell de Hes. Theog. p. 424.
72 ) Ueber die Bemerkung des Sch. Vulg. II. 5^,31 : zui yap ovis
ovre 'l-lGiodos ^IIJTEQK ctvTrjs TictQctdidcoGiv vergl. Ruhnk. Ep.
crit.1, 101.
1272
314
Hiermit kontrastiert sehr eine andere Nachricht, vvo-
nach Athene
b) Tochter des Poseidon ist. Wir brauchen hierbei
wenig.auf die Nachricht des Herodot l273 ) zu geben, wo er
von den am libyschen See Tritonis wohnenden und die
Athene verehrenden Machiyern und Auseern sagt, ,,dafs sie
die Athene fur eine Tochter des Poseidon und der Tritonis
ausgeben, welche sich einst wegen eines Vorwurfes, den
sie gegen ihren Vater hatte, dem Zeus ubergeben habe und
von diesem zu seiner Tochter gemacht sei." Dies konnte
libysche Sage sein, in der slatt der einheimischen Gottheiten
Herodot die hellenischen gesetzt hatte, obgleich immer zu
beachten ist, dafs jene Volker, wie Herodot sagt, hellenische
Anwohner batten 1274 ), und der Name Tritonis unzweifelhaft
auf Hellenen als die Urheher dieser Mythe schliefsen lafst.
Aber dieselbe erweist sich durch rein griechische Mythen
ebenfalls als eine solche.
Es ist bekannt, dafs Athene schon bei Homer 1275 ) und
Hesiod 1276 ) Tqixoysveia heifst 1277 ). Zur Erklarung dieses
Wortes hat man die wunderlichsten Ansichten vorge-
bracht 1278 ). Sehr gewohniich ist die, dafs tqutw J3 Kopf"
bedeute 1279 ), eine Ansichl, die selbst unter den Neuern
"") IV, 180.
127 *) Vergl. O. Miiller Orch.347sqq. Volcker Myth. Geogr.
p.23sq. 34sqq. Japet. not. 303.
1275 ) ^/, 515. @,39. X, 183. y, 378.
1276 ) Th. 895. 924. Sc. 197.
r2 ") Die Nebenform TQiToyevfe Horn. h. 28, 4. Orakel (Herod.
VII, 141. Tzetz. Lye. 1419. Sell. Arist. Eq. 884.1040. Polyaen. Sir. I.
p. 41.) Inscr. bei Rofs Demen no. 26. p. 55. Arist. Eq. 1189. Agath.
Ep.LXI,4.
1218 ) s. Brzoska de geogr. myth. Sp.I. Lips. 1831. 8. p.33sqq.
1379 ) Bei den Athenern Cornut. 2; bei den Boiotern Tzetz.
Lye. 519,- oder sonst wo Nicandr. bei Hesych.
315
manche Anhanger za'hlt 1280 ). Doch isl klar, dafs das Wort
TQITCO wenigstens in dieser Bedeutung nur eine Fiktion ist,
zu der man gebracht wurde aus Riicksicht auf die Mythe
von der Erzeugung der Athene aus dein Haupte des Zeus.
Ebenso wenig treffen das Richtige Ableitungen wie die
von der Dreifachheit der ygovyais, wofiir Athene genommen
wurde, welche nemlich umfasse TO vofjaai, TO elrcelv, TO
TTOt^ffafc 1281 ); von den drei Jahreszeiten, Athene als Tochter
des Zeus (= Himmel), sie selbst = Luft 1282 ) ; von der Ge-
burt am dritten des Monats 1283 ); weil Athene als die dritte
nach Apollon und Artemis geboren 1284 ); von TQSIV, weil
sie die Bosen zittern mache und Kriegsschrecken iiber sie
bringe 1285 ); u. a. m. ;
Die einzig wahre Erklarung jenes Wortes, an der heu-
tiges Tages auch wohl Niemand mehr zweifeln wird, ist
,,die am oder vom Triton geborne." Es verschlagt nichts,
ob wir TQLTCOV als Flufs oder See oder Person fassen. Das
Wort ist gebildet von dem alten Stamme TQICO =<3e&>; daher
TQLTca = Qsvfj,a 128G ), TQLTCOV Sohn des Poseidon und der
Amphitrile, deren Namen selbst davon gebildet ist 1287 ).
Ueberall geht der Name TQLTWV auf Wasser oder Wasser-
gestalten. Einen Flufs oder See Triton gab es in Boiotien,
128 ) Z. B. Heyne zu ^/, 515.
1281 ) Demokrit. bei Tzetz. Lye. 519. bei Sch. u. Eustath. z. II.
#,39. Vgl. Brzoska p. 38sqq.
1282 ) Diodor. 1,12. Tzetz. Lye. 519.
1283 ) Brzoska p. 41 sq.
1284 ) Brzoska p. 42.
1285 ) Cornut.20. Brzoska p. 52 sq.
12S6 ) Hesych.
12S7 J Schomann de Ocean, und Nereid, catal. Hesiod. Gryph.
1843/4. p. 20. Schwenck Andeut. p. 182. Welcker Tril. p.282.
rgeiv ,,zittern" hat, Avie aufserlich, so innerlich mit QSW Verwandt-
schaft durch die zitternde Bewegung des Wassers.
316
Thessalien, Thrakien, Arkadien, Kreta, Libyen, selbst der
Nil heifst so 1288 ).
Wir kb'nnen also sagen, dafs TqiToyeveia in seinem
letzten Grunde ,,die Wassergeborne" bedeute, oder, wenn
wir uns noch in der Reihe der mythischen Vorstellungen
halten wollen, ,,die Tochter des Triton," den wir uns eben
als Wassergestalt'zu denken haben 1289 ).
So fiihrt schon der Name TQwoyeveia zu demselben
Resultate, das wir aus Herodot kennen gelernt hatten:
Athene als Tochter des Poseidon. Ich kann hieran ohne
weitere Bemerkungen einige andere Data anreihen.
Athene ifuhrt auch den Beinamen IlaMdg, mit dein
allein sie niemals von Homer oder Hesiod, wohl aber schon
von Pindar genannt wird. Nun heifst zwar nur bei Cicero 129 )
und Tzetzes 1291 ), zwei ziemlich spaten und bedenklichen
Autoren, Athene die Tochter des Giganten IlaMas, der
Fliigelsohlen hatte und von Athenen getb'dtet wurde, weil
er ihre Jungfrauliehkeit verletzen wollte; aber mit Athene
erscheint so vielfach ein Pallas oder eine Pallas verbunden,
dafs wir auch jener Nachricht ein Gewicht beilegen mussen.
Einem Giganten Pallas zog Athene die Haul ab und be-
deckte mit derselben wahrend des Gigantenkampfes ihren
Kb'rper 1292 ). Athene ward vom Triton zugleich mit dessen
Tochter Pallas, also einer echten TQiToysveux, erzogen. Als
sie ein Kampfspiel hielten und Pallas eben einen Hieb fiih-
1288) y gl Brzoska p. 43. O. Miiller Orch. 349 sqq. Welcker
Tril. p. 282. not. 493.
1289) Vergl. Kuhn Z. f. Sprm. Bil. I, S90 sq. Die Etymologic
von Pott Etym. Forsch. I, 228, die er selbst nur ,,afserst schiichtern"
hinstellt, ^IQITOV (miraculosum?) ysrog habend", ist durchaus tin-
rich tig. TQiTOTiccTOQfs Windgotter!
lz9 ") N. D. Ill, 23.
I291 ) Lye. 355.
129a ) ApolIod.I. 6,2.
317
ren wollte, parlerte der . dariiber erschreckte Zeus mil der
Aigis. Pallas, furchtsam aufblickend, wurde von Athene
verwundet und starb. Pallas hiefs auch ein Sohn des
Kreios 1293 ) (= Meer, s. Uranos), ebenso ein Sohn des Ai-
geus 1294 ) (= Poseidon). Wir haben demnach eine weibliche
Pallas als Tochter des Triton (= Meer) und zwei mannliche
Pallas, Sohne des Meeres, und werden daher wohl nicht
anstehen, auch die Athene Tiaras fur eine wassergeborne
Athene zu halten. Die Erklarung des Naraens llamas als
,,die Jungfrau" ist ganz unmoliviert I295 ) und wird schon
durch den Giganten Pallas und die Sohne des Kreios und
Aigeus widerlegt. Viehnehr ist UaHag (zusammenhangend
mil 7rAAci>, schwingen, sich heftig bewegen), wie TQITCOV
(vervvandt mit TQSO), zittern) 129G ) Bezeichnung des Wassers,
des Meeres: T\ JTHag, die Schwingende, Stiirmende, o
JTHg, der Sliirmende, d. h. das stiirmende Meer. Diese
Bedeutung stellt sich sehr nahe zu der oben von ^&7}vaia
ermittelten.
Nach diesen Auseinandersetzungen, die sich noch weiter
fiihren liefsen, wird es nicht mehr. zweifelhaft sein, dafs den
Griechen ihre Athene eben so gut eine Tochter des Him-
mels (des Zeus) als des Wassers (Poseidon, Triton, Pallas)
war. Und fragen wir uns nun, ulit Beriicksichtigung der
Genealogie und des Nauiens IlahKaG ^Ad-r^vaLa, wer denn
wohl dies emporstrebende, auflaufende, sich emporschwin-
gende, stiirmende Kind des Wassers sein moge, welches
sich, den Umarmungen des Meeres oder Seees entfliehend,
dem Himmel in die Arme vvirft: was anders, werden wir
93 ) Hes. Tli. 376.
1294 ) Servins z. Virg. Aen. 8, 54.
129r> ) Ebenso auch wohl ,,die Zengerin" mit (f-aXiog zusammen-
hangend, Volcker Japet. p. 79. 83.
1S96 ) S. oben p. 315. not. 1285 u. 1287.
318
"antworten, als ,,die Wolke," die aus dem Wasser enlslan-
den an dem Himmel hinaufzieht und hoch iiber uns die
Raume desselben durchwandelnd, mit gleichem Rechte eine
Tochter des Wassers und des Himmels I297 ) genannt werden
mochte? 1298 ) Wenn diese Auffassung und Deutung ihre
Nothwendigkeit nicht schon in sich selbst hatte, konnten
wir uns aut' den Aristoteles 1299 ) beziehen, welcher sagte:
vscpety] xexQvcpd-ai, TT}V &eov, fov ds A 'la nhijtjavTa TO
vsyog nQotprivai avxrjv. Doch die ganze Mythologie der
Athene bestatigt unsre Erklarung.
Ehe ich dies weiter darthue, erwahne ich kurz, wie
andere Mythologen die Athene erklart haben. Von den Allen
schweige ich 130 ). Welcker nahm sie fruher fur den Mond,
spaterfiir ,,Aetherfeuer"; S chwenck indenAndeutungen 1301 )
,,l\Iond", in den Skizzen 1302 ) ,,Aether Oder obere Feuerluft";
1S9T ) Die Mytlie von der Geburt der Wolkengottin aus dem
Haupte des Himmelsgottes lafst einen Vergleich mit einer nordischen
zu, der nicht von der Hand zu weisen ist. Nach nordisclier Vor-
stellung wurde die Welt aus -dem Korper des Riesen. Ymir gebtldet,
und zwar aus seinem Scliadel der Himmel, aus seinem in die
Luft geworfenen Him die Wolken. Grimm D. M. p. 526. In
dreien von Grimm p. 531 sq. angefuhrten Stellen ist es umgekehrt;
da wird Adam aus acht Tlieilen geschaffen genannt (octo pondera),
darunter ist pondus nubis, inde est instabilitas mentium; thene
thochta fon tha wolken ; von den wolchen daz mut. ,,Denn das
Him bildet den Sitz des Denkens, und wie Wolken iiber den Him-
mel, lassen wir sie noch heute durch die Gedanken ziehen ; um-
\volkte Stirn beifst uns eine nachdenkliche, schwermiithige, tiefsin-
nende, Grimnismal 45 b wird den Wolken das Epithet der uartmiiti-
gen ertheilt." Grimm p. 533. Vgl. ebendaselbst p. 1218 sq.
129S ) Ueber ihre Geburt auf Rhodes s. Bockh Expl. Find,
p. 171.
159 ) Bei Sch. Pind. Ol. VII, 66.
130(1 ) Vgl. Menage zu Diog. Laert. VII, 147. Vol. II, 213 Hitbn.
Creuzer III, 426 sq.
110 ) p. 230 sqq.
319
Gerhard 1303 ) ,,Erdgottin"; Forchhammer 1304 ) , 5 Gottin
der reinen, heitern Luft, welche die erzeugende Erde beriihrt
und ohne die keines ihr.er ' Erzeugnisse Leben und Gedeihen
gewinnl."
Buttmann 1305 ), Riickert und G. Hermann deuten,
indem sie alien Naturgrund der Athene abweisen, dieselbe
auf Geistigkeit, Weisheit, worin ihnen unter den Alien
manche vorangegangen sind 130 ). O. M. tiller schwankt
zwischen physischer und ethischer Deutung, kommt der
Wahrheit dabei unendlich nahe, aber findet sie nicht.
Creuzers Ansicht in der Kiirze anzugeben, istschwer.
Doch kann man sich eine ungefahre Vorstellung davon aus
selnen Worten 1307 ) machen: ,,so will ich denn, falls der Name
Athene nicht Aegyptischen Ursprungs ist, lieber abwarten,
bis uns kunftig vielleicht eine gliickliche Entdeckung aus
Indischen Schriften den wahren Ursprung des Namens bringt.
Denn Indische Visehnulehre, verbunden mit Aegyptischer
Lichttheorie, verrath sich doch gar zu detitlich in dem
Grundgedanken von der Pallas Athene." Eine Deutung,
die mir nicht viel besser scheint, als die eines gewissen
Eurenius 1308 ), der die Minerva fur das Israelitische Volk
nimmt.
C. Mythologie.
I. Die natiirliche Atliene.
Im AUgemeinen werden vvir bei der Athene clieselben
1303 ) Hyperb. rom. Stud. I, 36 sq.
13()4 ) Hellenika p. 54 sqq. 133 sqq.
13 " 5 ) Mythol. I, 9. 28 sq.
1306 ) Brzoskal. 1. p.38sqq.
107 ) III, 345.
130S ) Atlantica orientalis. Berol. et Strals. 1764. 8. p. 172 ] 88.
De Minerva.
320
Eigenschaften bemerken, wie bei den Aethergb'ttern , da
deren hauptsachlichste Thatigkeit in ihrem Wirken in den
Wolken besteht, wenn auch Athene, wie sich spaterhin
ergeben wird, manches Besondere hat. Sie ist zunachst,
wie jene
) H.errin der Wolken. Dies bestatigt vor Allem
die Mythe iiber ihre Geburt. Es wird namlich erzahlt, dafs
als die Gebuvt bevorstand, Hephaistos oder Prometheus 1309 )
mil einem Beihe dem Zeus das Haupt gespalten habe, wor-
auf dann Athene daraus hervorgesprungen 1310 ), bewaffnet
wie zuerst Stesichoros gesagt haben soil 13U ). Die poetische
Schilderung des Pindar 1312 ): ,,als durch des Hephaistos
Kunst mit ehernem Beile Athanaia von des Vaters Haupt
stiirmend mit uberrnaehtiger Stimme den Schlachtruf be-
gann l313 ); Uranos aber erbebte dariiber und die Mutter Gaia",
konnte auch von einem unserer Dichter ausgegangen sein,
und wir wiirden diesen Vergleich schon finden, durch den
die Gewitterwolke, welche in der Hohe des Himmels,
gleichsain an seinem Scheitel sichtbar wird, als das Kind
des Himmels gefafst wird, dem der Blilz das Haupt ge-
spalten, damit die Wolkentochter daraus hervorspringe , die
nun, wie der Donner, rnit Schlachtenruf dahersturmt, dafs
die Erde dariiber erbebt. Nehmen wir hierzu, dafs Aeschy-
1309 ) oder Palaimon der Meergott! Sch. Find. Ol. VII, 66. Ilaia-
(j.K<av V. L. Halttfiafav Harpocrat. 'IrniiK 'A^VK. Vergl. Creuzer
zii Cic. N. D. IH, 23. p. 624.
13I< ) Apollod. I. 3, 6. Vgl.' Intpp. zu dieser Stelle und zu Find.
Ol. VII, 35 sqq.
131 1 ) Sch. Apolion. IV, 1310. (fr. 59Bgk.). Nach. dieser Angabe
\viire also Horn. h. XXVIII, 5 j linger. Groddeck de hymn. Horn,
reliquiis. Getting. 1786. 8. p. 57 sq.
1312 ) 01. VII, 35 sqq.
131T ) Vergl. die Stelle in Horn. hym. XX VIII, 5:
f%ovaav,
321
Jus 1314 ) die Athene sagen lafst: ,,Die Schliissel zum Gemache
vveifs im Gb'tterkreis nur ich, worin verschlossen ruht der
Wetterstraihl," und dafs Athene von der Kunst haufig als
blitztragende dargesfellt wurde 1315 ), so werden wir keinern
Zweifel raehr liber die Woikennatur der Gottin Raum geben
diirfen. Denn wie konnte Athene den BJitz fiihren, werin
sie nicht die Wolken beherrschte?
Wegen dieser in der Anschauung der Gewitterwolke
gegebenen Verbindung der Athene mil dem Blitz sind wir
auch berechtigt, Ausdriicke, welche auf das Gesicht der
Athene gehen, auf ihre ursprungliche Woikennatur zu be-
zi eh en; denn der Blitz, aus der dunklen Wolke hervorleuch-
tend, mufste, wenn einmal die Wolke personificiert wurde,
naturgemafs als deren Auge angeschaut werden. Von den
Beiwortern, die sich hierauf beziehen, erwahne ich zunachst
ylavKianis 1316 ) , das sowohl adjektivisch als substantivisch
gebraucht wurde. Gewohnlich iibersetzt man es gla-u- oder
blauaugig. Sehr unrichtig. Esheifst ,,die gianziiugige" 1317 ).
Wegen des glanzenden Auges hiefs auch die kleine Eule
(strix passerina, Kauzchen) yhavj;, und war sie der Athene
heilig 1318 ). Darum brannte in dem Tempel der
. 827 sq.
. O. Mailer Arch. .370,5. p. 539.
auch D.avxiaifj s. Wieseler die delph. Athena.
p. 10 u. 13. yAKu* Eurip. Troad. 799. Theocrit. 28, -1. navxtSms:
E, 133: 405. 420. 719. 793. 825. 853. Z, 88. H, 17. 33. 43. &, 30. 357.
373. 406. (420). yi.Kvx<5^is ilata Euphor. fr. 140. Vergl. iiber die
rXcevxcanis ^^ wegen der Nachweisungen Creuzer III, 370 372.
131T ) Lucas Pgr. Bonn 1831. (de Minervae cognomento yiavx-
observationes philologicae). Vgl. anch .4,200: detvw oi oaae
1318 ) Aristoph. Av. 516. Jac obi Myth. Lex. p.329sq. O. Mailer
Arch. . 371, 9. p. 543 sq. Sie gait auch fur king, s. Aesop, fab. (bei
Dio Chrys. Orat. LXXII p. 631 sq. Morell.)
Laner Griech. Mythologie. 21
322
zu Athen eine ewige Lampe; auf einer Miinze von Ilion 1319 )
halt sie selbst eine Lampe in der Hand 1320 ), wobei man
unwillkiirlich an Homer 1321 ) erinnert wird, wo Athene dem
Odysseus und Telemach vorleuchtet. Auf der Burg 1322 )
Troias stand ein Tempel der Athene rhavxwTcig, wohin die
Frauen auf Helenos Rath wallfahrleten , um der Gb'ttin ein
kostliehes Gewand darzubringen und ihr ein Opfer von zwolf
Rindern zu geloben, ob sie sich vielleicht der Stadt, der
troischen Weiber und unmiindigen Kinder erbarme 1323 ). Noch
zu den Zeiten des Alkaios stand in Sigeion, das aus den
Triimmern llions erbaut sein sollte, ein Heiligthum der
Athene, F^CCVKCOTIOV genannt 1324 ); und selbst die Burg zu
Athen, die Festung der Stadl, hiefs Fhavxcomov 1325 ).
1319 ) Auch auf einem Sarkophag im Pallast Barberini. s. Welcker
Z. f. a. Kst. I. p. 39.
135n ) O. Mil Her Arch. .368, 4. p. 536. Creuzer III. 352 sq. not.
1321 ) T, 33 sq.
132a ) li/ nol'ei. KXQ^. Z, 297.
1323 ) Z, 86 sq. 269 sqq.
13S4 ) Alkaios bei Strab. XIII, 600. fr. 3.2 Bgk.
1325 ) O. Miiller Prolegg. p. 263. Eustath. z. Od. p. 1451, 62.
Athene heifst auch Kia^xof^svrj. Nun wird berichtet, dafs
Alalkomenai in Boiotien benannt sei nach einem 'Aiakxo t uevos,
der mit- einer Tochter des Hippobotes, Namens Athena'is ver-
malt, von dieser Vater des Glaukopos gewesen sei und di^Athene
erzogen habe. Pausan.IX,33,4. Steph. Byz. Id'kal.y.o^iviov. CBR.ller
(Orch. p. 208) hatte dies keine ,,wunderlich alberne Fabel"^nennen,
sondern anerkennen sollen, "wie auch hier auf dieselbe Weise, wie
bei tausend andern Sagen, Athene -Elemente iiberall durchblicken.
Uns weist diese Sage, wie sie ganz dem Mythenkreise der Athene
und einem Lieblingsorte dieser Gottin angehort, so wiederum ganz
in dieselben Vorstellungen wie die Tritogeneia. Lag amKopaischen
See nicht eine Stadt Athen? Nicht Alalkomenai? unweit des Flusses
Triton, der sich in jenen See ergiefst? Und von den Tochtern
des Ogyges, den wir spaterhin als eine Identitat des Poseidon
kennen lernen werden, hiefs eine 'AlcJ.xoftsvtct (Pausan. IX. 33, 4).
Wie wimderlich sie sind, werden wir doch nunmehr anch nicht die
323
Dieselbe Bedeulting wie y^avxcajTig haben auch Athene
o^vdeQxat 132G ) zu Argos, deren Tempel Diomedes gestiftet
haben soil, weil die Gotlin ihm beim Kampfe vor Troia
den Nebel von den Augen nahm 1327 ), onnkeris zu Sparta,
welcher Lycurg der Sage nach einen Tempel baute, nach-
dera er ein Auge veiioren hatte 1328 ), und 6cp&cdfUTig i3Z9 ).
Verwandt mil den eben behandelten ist eine Reihe an-
derer, jedenfalls unler sich zusammengehoriger 1330 ) Beinamen
lAAaWa, eAA^Wa, elfavla i33i ), eMcoTis, eM-safy 1332 ), die man,
wie die Ath. alia, mit Riicksicht auf das, was Ruhnken zum
Timaeus 1333 ) beibringt, auf Glanz undLeuchten beziehen
kann, ohne dafs man jedoch gezwungen ware, damit auf
den Mond zuriickzugehen, wie dies Bdckh 1334 ) und Wel-
cker 1335 ) thun. Vielmehr passen diese Beiworter ebenso
gut als auf den Mond auf die VVolke 1336 ). Athene e
Wahrheit verkennen, die in den Worten des Eusebius n. 236 liegt:
Ogygis tempore apud lacum Tritonidem virgo apparuit, quam
Graeci Minervam nuncupant.
1326 ) Paus. II. 24, 2. Vgl. O. M iiller Dor. 1, 401.
13 ") E, 127.
13 J8 ) Plut. Lycurg. 11.
13a9 ) Pansan. III. 18,2- In der Stelle Soph. O. T. 188sq. u^vaea
ftuyuTsg /tiog SVWTIK nfyipov cD.xccv ist gewifs mit Spanh. Callim.
Pall. 17. p. 167 und Peters Theol. Soph. p. 62. Athene zu verste-
hen. Ob man aber berechtigt sei, daraus eine Athene evajjzis zu
folgern, ist sehr zweifelhaft. Viele haben allerdings tvcaTia als Vo-
cativ von evcanrjs = evdanis genommen.
133 ) ,,Gewifs ist in diesem Beinamen (Hellotia) die Wurzel nur
in der ersten Sylbe enthalten; der Beiname Hellesia ist nur eine
andere Form davon." O. Miiller Kl. Sch. II, 225. not. 78.
1331 ) Etym. M. p. 298, 26.
1332 ) Hesych. C r e u z e r III, 436 not.
1333 j p. 95 sqq.
133 *) Expl. Find. p. 216 (fuit autem Hellotia Minerva lunae dea).
133 --) Aesch. Tril. p. 280.
1338 ) Hiob. 37, 15. ,,Und wenn er das Licht seiner Wolken lafst
hervorbrechen." 21. ,,Jetzt siehet man das Licht nicht, das in den
Wolken helle leu elite t."
21*
324
in Sparta 1337 ). Eine Athene elkrjviu evwahnt Aristoteles 1339 );
auch Helle, die Schvvester des Phrixos, bezeichnete die
glanzende W o 1 k e. C AA wr/g, auch C AA coma, hiefs Athene
zu Corinth, wo ihr ein Fest 'EMcoTia mil Fackellaufen
gefeiert wurde 1339 ). Die \A$. aksa zu Tegea fassen auch
0. Miiller 1340 ), Creuzer 1341 ), Gerhard 1342 ) und We 1-
cker 1343 ) als Lichtgottheit; ist sie dies, so kann sie es
nach allem Voraufgegangenen nur mil Bezug auf die Wolke
sein.
Insofern die Athene Sxigag (s. unten die Skirophorien)
durch ihre Abwesenheit Gluthitze erzeugt, ist dieser Name
mil zu den Beiwortern zu stellen, vvelche die Wolkengottin
Athene als die lichte, glanzende bezeichnen. Ebenso die
\AS, %Qvari 1344 ) auf oder bei Lemnos, die goldne, leuchtende,
von welcher mehrfach, wie ich glaube, ohne Grund be-
zvveifelt worden ist, dafs sie unsere Goltin sei.
Eine andere Anschauung von der Wolke gab Veran-
lassungzudem Mythos von den Gorgonen. Wenn eine
1337 ) Pint. Lycurg. cp. 6.
1338 ) Mir. Ausc. 116; entweder dieser Name oder Myvfa (Etym.
M. vgl. Wesseling z. Anton.Itin. p. 490) ist mit Miiller zu Tzetz.
Lye. p. 880. not. 7. statt des bei Tzetzes stehenden YrcrAtxJjff zu setzen,
wenn nicht ganz zu streichen. .j-
1339 ) Find. Ol. XIII, 40 und sein Sch. zuv. 56. Cr euzerlll, 435.
134 ) Dor. 1,401. not6. .
1341 ) III, 434 sqq. ; zur Gemmenkunde. Darmst. 1834. 8. p.59sqq.
169sqq.
1342 ) Antike Bildwerke p. 139 sqq.
1343 ) a. a. O.
1344 ) Soph. Phil. 1327. Vgl. Heinrich de Chryse insula et dea.
Bonn. 1831. 4. Rhode res Lemn. p. 69. Opfer der Gottin Chryse:
Arch. Zeit. 1845. no. 35. Winckelm. M. Ined. no. 120 (Bd. VIII,
142 sqq.).
325
Gewittervvolke so recht dunkel und schwarz i345 ) herauf-
kommt, in der Ferae schon ihr Nahen durch dumpfen Dormer
ankiindigt, wenn sie allmalig immer vveiter vorriickend die
Sonne verhiillt und die Erde verdunkelt, rings um uns
sich der ganze Himrael bezieht, Sturm sich erhebt, den
Staub aufwirbelt, in den Baumen und um die Hauser heult,
wenn die Blitze zucken, der Donner kracht: dann erbebt
mil der ganzen Natur der Mensch selbst, der Anblick der
finstern Wolke erschreckt ihn, und er zittert vor dem Un-
gethiim, welches dort iiber ihm in den Liiften haust und
wirthschaftet 134fi ). Aus diesem Eindrucke erwuchs dem
Griechen die Vorstellung von der Gorgo; der zuckende,
slechende Blitz wurde zum ieuchtenden, erstarrenden Auge,
dessen Schrecken die Schlangenziige der Blitze erhohten,
welche ziingelnd das Haupt des Wolkenungethiimes umga-
ben. Diese Gorgo nun ist keine andere als die Athene
selbst, die schon von Homer als eine schreckliche geschil-
dert und von Andern ausdriicklich rogyw 1347 ) und yoQyca-
ms 1348 ) genannt wurde. Wie dies so oft in der Mythologie
geschieht, zertheilte man spaterhin die eine Gorgo in die
drei Gorgonengestalten 2&sivco, Evgvdhr] und Msdovaa,
welche letztere mit der Gorgo identisch ist. Als Tochter
der Wassergottheiten Phorkys und Keto 1349 ) sind dieGor-
gonen und ihre Sehwestern, die Graen IIscpQrjdd} un&'Evvto
als Wolken zu fassen; von den beiden Sohnen, welche die
Medusa mit dem Poseido.n erzeugt hatte, und die, nach-
1345 ) Me^KVTSQOv rivTS nfaacc, z/, 277. liytt, 3s TS ).ctiict7iK
iv, z/, 278. tyriav T iduv (d. Hirte), 4, 279. Vgl. das Gleich-
nifs ^/, 275 sqq.
1346) y gl Hiob 3gj 09 sq(lt 37^ i sqq . Thomson Soramer p. 1.61 sqq.-
1347 ) Belegstellen bei Volcker, myth.. Geogr. p.24sqq.
1348 J Soph. fr. 705. Ahr.
n ) Hesiod. Th. 270 sqq.
134n
326
dem Perseus ilire Mutler enthauptet, aus ihrem Korper
hervorspringen, bezeichnet Chrysaor den Blitz und das Rofs
Pegasos 135 ), welches hinauffliegt zura Zeus, dem es Donner
und Blitz bringt (Hesiod.), das Donnergewolk. Dafs Athene
dem Perseus bei der Todtung der Medusa Beistand leistet,
oder sie selbst todtet 1351 ), darf nicht auffallen, da auch die
Schwester und der Vater Pallas, welche Athene erschlug,
mil ihr idenlische Wesen sind 1352 ). Zweifelhaft ist, ob
auch das Beiwort vctQxala 1353 ), die betaubende, auf die Ge-
witterwolke geht; das passendste Beiwovt fur die Wolke ist
jedoch alo^6(.iOQ(pOQ 1354 ), die mannigfach gestallete. Un-
zweifelhaft deutet auf denselben Naturcharakter die Athene
axQia 1355 ), die auf den Hohen heimische (nicht die Burg-
gottin) 1356 ), wie die i4#. 2ovvias i357 ), 2cc^covia i358 )-, (auf
dem Vorgebirge Salmonion auf Kreta), l^axwS-ta
(auf dem Berge Arakynthos in Boiotien) und Bofifivlda,
Dafs Athene dem Griechen Herrin der Wolken war, geht
schliefslich noch daraus hervor, dafs sie die Aegis fiihrt,
und zwar nicht bios als eine vom Zeus geliehene, sondern
136 ).
135 ) Literatur iiber Pegasos s. bei Volcker, Myth. d. Japet.
Geschlechtes p. 132, not. 81.
1351 ) S. Volcker Myth. Geogr. p. 31. not. 59.
135a ) Volcker a. a. O. p. 32.
1353 ) Creuzer Symb. HI, p. 507, not.
* 354 ) Orph. hymn. 31.
1355 ) Zu Argos. O. Miiller Dor. I, 401.
1356 ) ,,Die Beschiitzerin der Burgen hat sich offenbar erst aus
der Bewohnerin -der Anhohen allmalig entwickelt ; die Athena-Polias
ist eine Art von politischer Anwendung der Athena-Akria." O. Miil-
ler Kl. Schr. II, 225, not. 79.
13D7 ) Pans. I, 1,1.
1358 ) C. J. 2555, 12.
1359^ uhlan, bei Steph. Byz. p. 49, 25 West.
136 ) Lye. Cass. 786 von BoppvUct xal Bopfiuhov nohg xca o
c. Tzetz.
327
selbstandig, da sie von der Kunst als mit der Aegis be-
kleidet dargestellt wird. Wie in dieser Aegis die Wolke
als Ziegenfell angeschaut wurde, so sind an dem Helm
der Athene Widderkopfe, und wird sie. dargestellt als
reitend auf einem W id der. Athene ist aber auch
1} Herrin der Gewasser. Der Zusammenhang
zwischen Wolke und Wasser bietel sich von selbst dar:
die Wolke entsteigt dem Wasser 1361 ) und sendet Wasser;
sie kann mithin auch als eine in den Gewassern heimische
und iiber ihnen waltende angeschaut werden. Und diese
Anschauung haben die Griechen durch eine ganze Reihe
von Beiwortern der Athene ausgesprochen. So heifst sie
cu&via 1362 ), Wasservogel, ,,Taucher", in Megara, data 1363 ),
die im Feuchten heimische, in Lakedaimon, yvyalq, nach
Eustath. 1364 ) in Lydien verehrt, xohoxaala l365 ) (eine Art
Bonne, die in Siimpfen und Seen wa'chst) in Sikyon, "ki-
^vag 1366 ), vedovola 1357 ), am Flufs Nedon in Messenien, ngo-
f.ta%6(>tia i368 ) ,,Beschutzerin der Buchten", exfiaaia 1369 ), die
ein gliickliches Anlanden gewahrt, in Byzanz. Zweifelhaft
konnte scheinen, ob ^'Oyxa hierher zu beziehen sei. Da fur
spricht die Stelle des Aeschylus 1370 ): ,,Selige Herrin Onka
136 ') 4, 276 rsfpog iQxopevov ZUTK novtov vno ZttfvQOio Icorjs.
1362 ) Paus. I. 5, 3. 41, 6.
1363 ) Paus. Ill, 24, 7.
13G4 ) II. p. 366, 3.
1365 ) Athen. Ill, 72. Eine kuriose, von Winckelmann Mon.
ined. no. 151 (Werke VIII, 277) gebilligte Erklarung giebt Palmer
Exercit. in Autor. Graec. ad Athen. p. 488, wonach Athene y.oloz.
Athene ,,mit einem kurzen Filzmantel" bedeuten wiirde.
1366 ) [Verwechselang init Artemis? S. C reuzer III, 435. not.3.
Anm. d. H.]
1367 ) Strabo VIII, 360. X, 487.
136S ) Paus. II, 34, 8.
1369 ) O. Miiller KL. Schr. II, 184.
137 ") S. c. Th. 164 sqq.
328
draufsen am Thore hilt" dem siebenlhorigen, deinem Silz."
Dafs "Oj/Jea = Athene sehen wir aus v. 486 sq. : yetvovag
s'xcov^'Oyxag ^&<xvug, und v. 501 sq. :
f.iev J 'Oyxtx UaMag, ^Y ay^Lnto^Lg,
yeiTcov avdgog sx&aiQOvg V@QIV
veoaawv cag dgaxovra dvo^iov.
Sch. Aesch. S. c. Th. 148: 'Oyxala TOIVVV 17 ^3t]va r^tarat
TtctQtx Oyfiaioig. J '0yx& ds naqa, olvij;i,v fj ^A^rjva. xal
'Oyxalai nvhat. ^.sfivrftai TOVTCOV xal lAvr'niayjoc, xccl f Pi<xvog.
Pausanias 1371 ) nennt die Gottin "Oyya. Er erklart wie auch
Sch. Aesch. denNamen fvir Phonizisch und nicht Aegyptisch,
und gedenkt eines @c0[i6g und ayah^a der J 'Oyya sv vrtal&Qq),
von Kadmos gestiftet. Die Verehrung dieser "Oyxcc zu
Theben bezeugen auch die onkaiischen Thore (oyxaideg Oder
oyxatai, nvkai), iiber w.elche mit gewohnter Gelehrsamkeit
Unger 1372 ) handelt.
Auf die Nachricht, dafs der Name phonizisch sei, sich
stiitzend, leitete denselben Valckenaer 1373 ) ab von STp^
von]/p3i?, wonach wir hier eine Athene axglct oder EJIL-
rtVQyizig oder geradezu eine rtohag haben wiirden.
Selden t374 ) denkt an lnp5X (anaca) = clamor, gemitus,
planctus, indem er sich auf Hesych. bezieht, der oyxavai,
durch @o$ erklart. Siclkler 1375 ) rekurriert auf tD^S?.,
welches physisch die Riesin, ethisch die Herrscherin
bezeichne. Der Angabe von dem phonizischen Ursprunge
des Wortes zum Trotz hielt* Jablonski 1376 ) dasselbe fin*
1371 ) IX. \%, 2.
1372 ) Theb. Par. p.?67sqq.
13TS ) Eur. Phoen. 1068.
1374 ) de diis Syris. ed. III. Lips. 1662. 12. Synt. II. cp. 4. p.295,
1375 ) Kadmus p.LXXIXsq.
1376 ) Vocc. Aegypt. p. 244.
329
Aegyptisch, inclera er zu den nvhai oyxaldsg die
Nitrides von der agyptisehen Nifi& stellte. O. M til-
ler 1377 ) leitet den Nameh von dejii Thebaischen Dorfe
Onkai 1378 ) ab, wo das Bild der Goltin errichtet war, und
meint, dafs er wohl am allernatiirlichsten mil dem Arka-
dischen Onkeion, der Demeter Erinnys heilig 1379 ), in Ver-
bindung zu setzen ware.' Ihm slimmt bei Creuzer 138 ).
Ich kann sprachlich nicht entscheiden, in wieweit die
Etymologic richtig ist, nach welcher Schwenck 1381 ) die
Namen 'Qxeavog, 'Qyvyris, (Fvyrjg), J 'Oyya, ""Oyxa, 'OyxflGvog
u. a. auf eine gemeinsame Wurzel zuriickfiihrt. Die drei
ersten sind ohne Zweifel dieselben, und von den drei letzten
kann ich wenigstens das mil Zuversicht behaupten, dafs
vom mythologischen Standpunkte aus nichts gegen ihren
Zusammenhang rait jenen sich einwenden, itn Gegentheil
vieles dafiir sich anftihren lasse 1382 ).
Was zunachst Onchestos betrifft, so ist alles, was sich
an diesen Namen kniipft, Poseidonisch. Schon Ho-
mer 1383 ) kennt
'Oyxqavov & iegov, Iloaidrjiov ayhccov a'Aaog.
Hier war schon seit den altesten Zeiten eine Amphiktyonie
mit Wagenrennen zu Ehren des Poseidon, wobei die Pferde
ohne Fuhrmann ihren Lauf machten 1384 ). Nattirlich mufste
1377 ) Orch. p. 115.
1378 ) Sch. Find. Ol. II, 39. Tzetz. Lye. 1235. Vgl. Unger Th.
Par. p. 20.
1379 ) Tzetz. Lye. 1225.
I33n ) 10, 365 sqq.
I3SI ) Andeut. p. 179 sq. .
1382 ) ,,Der Name (Onkai, Onkeion) erinnert an Onchestos, wo
eLenfalls alter Poseidonsdienst." Welcker Ep. Cycl. p. 67. not. 85.
1383 ) J5, 506.
i38*j Vergl. Hoin. hymn, in Appllin. 230 sqq. 5 O. M tiller Orch.
p.65. 78.202. Hermann St. A. .11,8.
330
der Sage zufolge die Stadt von einem gevvissen Oncheslos
gestiftet sein, der bald Sohn des Poseidon 1385 ), bald des
Boiotos 1386 ) heifst, was dasselbe ist. Denn Wasser und
Kinder sind der Mythologie zwei Identilaten, von denen
spiiter die Rede sein wird 1387 ). Sollte doch der See bei
Onehestos zum Vorzeichen der Zerstorung Thebens ein
dumpfes Getose von sich gegeben haben, wie Stier-
gebriill 1388 ), wobei man an die Glosse oyxaxcti fioqc erin-
nert wird.
Wir konnen immerhin unentschieden lassen, ob ^OyxflGTog
mil 'Qxsavog, 'Qyrjvog u. a. oder mit 6%eco, o/og zusammen-
hangt; so viel ist klar, dafs es in dem einen wie in dem
andern Falle und durch seinen Kultus in enger Verbindung
zu Poseidon steht.
Weiter ist bemerkenswerth, dafs das onkaiische Thor
auch nvkai "Qyvyiai hiefs 1389 ), der Sage nach von Ogygos,
Sohn des Poseidon 1390 ) oder des Boiotos 1391 ).
Die Sagen von dem Arkadischen Onkeion bewegen
sich in demselben Kreise und bestarken so unsre Vermu-
ihungen. Im westlichen Arkadien, nicht weit von Thelpusa
am Flufs Ladon lag der Ort Onkeion, in welchem sieh ein
Tempel der Demeter Erinys befand. Dieses Onkeion sollte
nach Onkos, Sohn des Apollon, genannt sein, Demeter aber
ihren Beinamen auf folgende Art erhalten haben. Hire ge-
raubte Tochter suchend kam sie auch in diese Gegend.
Poseidon, der dort als f innio$ verehrt wurde, verlangte nach
138.^ p ausan . ix. 26, 5.
13SG ) Hesiod. bei Stepli. Byz. p. 214, 33. West. Sell. 11. /?, 506.
1387) VgL i nzw j sc i len Unger Th. Par. p.257sq.
13SS ) O. Miiller Orch. p. 37.
1389) Unger p.267sqq.
I3aft ) Tzetz. Lye. 1206. p. 957 Miill.
1VJI ) Unger 1. I. p.257sq.
331
ihr, sie aber floh und nahm, um dem Golte zu enlgehen,
die Gestalt einer Stute an; Poseidon verwandelle sich dar-
auf in einen Hengst und wohnte so der Gottin bei, die dar-
iiber erziirnt den Namen Erinys erhielt, und aus der Um-
armung des Gottes das Rofs Areion gebar.
Dieselbe Geschichte nun wird nach Boiolien verlegt,
wo Areion bei der Quelle Tilphusa erzeugt sein sollle 1392 ).
Die Rolle, welche es bei dem Kriege gegen Theben und
der Rettung des Adrastos spielt, ist bekannt. Und auf
Kolonos waren Demeter, Poseidon, Adrastos und Athene
neben einander. Bei der Erzeugung des Areion gedenkt
man alsbald der Sage, wonach Poseidon auch der Athene
nachgestellt haben soil. Ja ahnlich wie Hephaistos soil er
bei dem Felsen von Kolonos schlafend Saamen verloren
haben und aus demselben das Rofs 2xvq>ios oder Sxvgxo-
virrjg entstanden sein 1393 ).
Diese Andeutungen werden geniigen um einerseits zu
zeigen, wie genau Poseidon mil den Lokalitaten Onchestos,
Onkai und Onkeion in Verbindung steht ; andrerseits wie
iibereinstimmend die Sagen sind, welche von diesen Loka-
litaten und von der Athene erzahlt werden.
Hiernach nun und nach dem Obigen nehme ich keinen
Anstand zu behaupten, dafs die Athene Onka eine mit dem
Poseidon innig verbundene 1394 ) gewesen sei und demgemafs
sich auf SchifFfahrt bezogen habe. Dies wird dadurch noch
gewisser, dafs wir neben einem Apollon dshcplviog einen
oyxcuos kennen. Da nun Apollon als detylvioc; eiri Gott
der Seefahrt 1395 ) und dieser Name -nicht verschieden ist von
Welcker Ep. Cykl. p. 66 sq. Pretler Demet. p.lo.2sqq.
Hermann Q. Oedip. p. 86 sq.
J393 ) Tzetz. Lye. 766.
13 '' 4 ) S. Hermann Q. Oed. p. 78 sq.
139S ) Schwartz p. 66 sqq.
332
welcher vviederum auf die Quelle Telphussa
zuriickgeht, mil welch er Apollon, wie wir oben sahen, raehr-
fach verkniipft ist: da ferner an Telphussa der Name Onkai
eng in den Sagen angeschlossen erscheint, und von dem
Arkadischen Onkai nicht bios erzahlt wird, es sei von einem
Sohn des Apollon Namens Onkos gestiftet, sondern Apollon
an jenem Orte selbst einen Tempel und davon den Bei-
namen 'Oyjcami^g 1397 ) hatte oder 'Oyxctios, wie ihn Anti-
machus 1398 ) nennt: so wird kein Zweifel sein, dafs Apollon
3 Oyxaiog ein 4e%cplvios d. h. ein Gott der Seefahrt gewesen
sei. Was eben unsre obige Vermuthung iiber Athene Onka
unterstiitzt.
Schliefslich bemerke ich noch zweierlei, erstens dafs
Riickert 1399 ) den Namen Onka von dem Hugel (o oyxog)
entnommen glaubt, auf welchem die Burg Kadmeia erbaut
war. Er scheint sie demnach mil der IA.&. ax(Ha, emnvQ-
yiTig u. a. gleich zu stellen. Weshalb ich dies nicht glaube,
geht aus dem Vorhergesagten hervor. Zvveitens, der
beriichtigte Fourmont gab vor, in Amyklai einen Tempel
der Onga und Inschriften, die sich auf diese Gottin beziehen,
gefunden zu haben. Hierauf fufsend erklarte Welcker 1400 )
den Namen Onka fiir karisch oder pelasgisch, und machten
Raoul Rochette 1401 ) und Creuzer 1402 ) Kombinationen.
Alles verschwindet vor der Thatsache, dafs Tempel und
Inschriften eine blofse Fiktion Fourmonts sind 1403 )
W9G ) s. Unger Th. Par. p. 117 sq. O. Muller Orch. p.468sq.
139 Pans. VIII. 25, 11.
J399j Bei pausan. VIII, 25, 9 (fr. 18 Schell.)
1399 ) p. 76.
W) Kret. Kol-'p. 11 u.61.
J4nl ) Hist, des colon, grecques I, 205 sq.
J40 ') III, 367 sq.
14n3 ) Vergl. Bo ckh C. J. I. p. 65 sq. imd zu no. 48. 49. 50. 55. 60.
61. 68.
333
Die Woike befruchtet das Erdreich und giebt
den Saaten Gedeihen; daher ist Athene auch
c) Herrin der Fruchtbarkeit. Diese Beziehung
ist ausgesprochen in dem Mythos von Erechtheus. Athene
kam zum Hephaistos U04 ), den bei dem Anblick der Gottin
wolliistiges Verlangen ergriff, so dafs er ihr nachlief um sie
zu umarmen. Sie aber, eine reine ziichtige Jungfrau, dul-
dete es nicht. Aus Hephaistos Saamen aber, der auf die
Erde gefallen war, erwuchs Erichthonios I405 ). Oder so,
freilich nach einem schlechten Gewahrsmanne U06 ) : nachdem
Prometheus durch seine Hiilfe die Athene aus dem Haupte
des Zeus entbunden hatte, wollte er ihre Keuschheit ver-
lelzen, ward aber dafiir. zur Strafe an den Kaukasos ge-
schmiedet. Prometheus ist von dem Hephaistos nicht
verschieden, daher auch die beiden Mythen nicht bios der
Form nach auf eins hinauslaufen. Sie sind eine religios-
poetische Auffassung jenes Naturphanomens, welches sich
an der Gewitterwolke darstellt. Hephaistos, der Blitz,
Athene die Wolke, und der Saame des Hephaistos der Re-
gen, welcher das Erdreich befruchtet, dafs aus ihm das
Wachsthum (Erichthonios) hervorgeht 1407 ).
1404 ) Ihr Verhaltnifs ist ein selir inniges; natiirlich. So ist auf
dem dreiseitigen borgh. Altar Athene mit Hephaistos gruppiert, wel-
chen letzteren Winckelmann Gesch. d. K. III. 2, 6 nach falscher
Erganzung far eine Juno Melt. Vgl. De la Barres in Mem. de
FAc. d. Inscr. Tom. XVI.
1405 ) Apollod. HI. 14,6. Creuzer Symb. Ill, 319.
1406 ) Duris b. Sch. Apollon. U, 1.249 (vgl. Creuzer Symb. Ill,
319 sq.)
1407 ) Es ist bemerkenswerth, dafs von den Valkyrien, welche
ebenfalls Wolkengestalten sind, erzahlt wird, wenn sich ihre Rosse
schiitteln, triefe von den Mahnen Thau in die Thaler und frucht-
barer Hagel auf die Baume (Grimm Myth. p. 3D3). Man sieht, wie
ahnlich und doch wie verschieden, gemafs den verschiedenen Volks-
charakteren, ein und dasselbe Naturobjekt angeschant worden ist.
334
Nachdem so Erichthonios entstanden war, nahm sich
Athene seiner an, ernahrte ihn, ohne dafs die iibrigen Cotter
daruni wufsten, und iibergab ihn, da sie ihn unsterblich
machen wollte, und nachdem sie ihn in einer Kiste ver-
borgen hatte, der Pandrosos, des Kekrops Tocliter, der sie
zugleich verbot, die Kiste zu offnen. Die Schwestern der
Pandrosos aber, Herse und Aglauros oder Agraulos 1408 ),
offneten aus Neugier dennoch die Kiste, sahen den Knaben
von einer Schlange umwunden und slarben, indem sie ent-
weder yon der Schlange selbst getodtet wurden oder, durch
den Zorn der Athene wahnsinnig, sieh von der Akropolis
herabstiirzten. Erichthonios ward von der Athene im Hei-
ligthume erzogen, wurde Kb'nig von Aihen, stiftele auf der
Burg ein Bild der Athene, setzte die Panathenaen ein, hei-
rathete IlQat;i&eav Nrjida vvf-icpyv, mil der er den Pandion
zeugte, und ward, nachdem er gestorben war, in dem Hei-
ligthume der Athene begraben.
So berichlet die Sage Apollodor i409 ), fiir die Alter-
thiinilichkeit von dessen Erzahlung die obgleich interpolierte
Stelle des Homer 1410 ) burgt:
140S-J j)j e Namen schwanken, Creuzer Symb. Ill, 391 sq. not. 4.
Aehnliche Beispiele hat Meineke zn Euplior. fr. 83. Aber aus den
Inschriften auf Kunstdenkmalern sehen wir, ,,dafs wenigstens in der
Bliithezeit Athens die erstere Form im Gebrauche des Volks herrschte.
S. J. de Witte descr. d'une coll. de vases peints. 1837. no. 105.
p. 57 sq. Audi das Fragment bei Inghirami monum. Etruschi p.V.
tav.LV. no. 5." O. Miiller Erschu. Gruber Encycl. p. 77. .4, not. 22.
Der zweite Name mag durch die leichtere Aussprache oder die Be-
deutung des ganzen Sagenkreises herbeigefiihrt sein. Vgl. die nnten
bei Aglauros angefiihrten Stellen aus Welcker p. 286.
I4ft9 ) III. 14, 6.
" 10 ) B, 546 sqq
335
Drauf die A then bewohnten, des hochgesinnten Erechtheus
Wohlgebauete Stadt, des Koniges, welchen Athene
Pflegte, die Tochter des Zeus, als die frucktbare Erd' ilm
geboren,
Setzt' ihn drauf zu Athen in ihren gefeierten Tempel.
(Vgl. r,, 81.)
Dafs hier Erechtheus statt des Erichthonios genannt 1st,
hat nichts auf sich; es sind nur zvvei verschiedene Formen
ein und desselben Nainens 1411 ).
Von Abweichungen dieser Sage, die wie in der Regel
an dem Sinne selbst nichts andern, erwahne ich keine, da
sie grade hier nur aufserst unbedeutend sind. Ueberall
treten als beachtenswerth hervor das Verhaltnifs der Athene
zu, Erichthonios, die drei Tochter des Kekrops und die
Schlange.
Nach dem, was ich schon oben liber das Verhaltnifs
der Athene zum Hephaistos und den hieraus entsprungenen
Erichthonios bemerkt habe, kann es nicht zweifelhaft sein,
dafs wir uns hier in einem Mylhenkreise befinden, der sich
durchaus auf agrarische Verhaltnisse bezieht. Dies ist auch
von alien Mythologen richtig eingesehen worden 1412 ). Nur
mufs man nicht, wie einige z. B. Creuzer gethan haben,
1 " 11 ) Vergl. Sch. II. p, 547. Buttmann z. Plat. Alcib. I. p. 148.
ed. IV. Leake Topogr. v. Ath. Zurich. 1844. 8. p. 2. not. 2. O. Miil-
ler Orchom. p. 117. ed. II. Welcker Tril. p. 284. Hermann
Antqt. I. . 92, 7. p. 205. ed. III. Sturz z. Hellanic. fr. 13. p. 55.
ed. II.
14ta ) Creuzer Symb. Ill, 389 sqq. 510 513. O. Miiller Encycl.
. 4sqq. p. 77 sqq. Minerv. Pol. p. 3sqq. Riickert p. 13sqq. Brond-
sted Reisen undUntersuchungen II, 229 sqq. Welcker Tril. 284 sqq.
Panofka Ann. del Inst. 1829. Vol. I. p. 290 sqq. bei Gelegenheit des
auch von Lange Epistola ad Ilgenium. 1831. 8. erklarten und bei
Creuzer Symb. III. tb. VII. wiederholten Reliefs, welches die Athene
darstellt, wie sie, zwischen Hephaistos und Poseidon stehend, den
ihr von der Ge dargereichten Ericlithonios entgegennimmt. Vergl.
O. Miiller Arch. .371,4. p. 542. Eurip. Jon. 267 sqq.
336
zu viel JLicht" hineinbringen. Der Mythos ist, wie gesagt,
durchaus agrarisch.
Eine sinnvolle Phantasie ward bei Betrachtung, d. h.
empfindungsvoller Betrachtung der Gewitterwolke zu Vor-
slellungen veranlafst, wonach der Blitz (Hephaistos) die
Wolke (Athene) anzugreifen scheint und zwar in der Weise,
dafs man, jenen mannlich, diesen weiblich denkerid, in die-
sem physischen Vorgange einen Versuch des Hephaistos
auf die Tugend der Athene, und in dem aus der Gewilter-
wolke herabfliefsenden Regen den Saamen des Hephaistos
zu erblicken glaubte, den er bei seinem Angriff aber ver-
geblich vergossen hatte. Aus diesem Saamen nun entsprang
Erichthonios 1413 ), das Produkt des befruchtenden Gewitter-
141 ") Hier will ich bemerken, dafs icli die Gestalt unsres Mythos,
wie wir sie aus Homer and Apollodor kennen, nicht mit Welcker
(Tril. p. 285) fur eine Umwandlung der urspriinglichen halte, wonach
Erichthonios wirklich Sohn des Hephaistos und der Athene gewesen
ware und worauf das Epigrainm bei Spanheim zu Callim. 134
p. 727 geht:
'Htpctiarfp TIOTS TFaXlcts ITZ' Kyxovtqffi (.itysTaa
Els svvrjV fyiyni Ilrikecog Iv -Scdafj-ois,
noch auch mit eben demselben Gelehrten die Angabe, dafs Erich-
thonios vom Hephaistos mit der Ge gezeugt sei (Pausan. I. 2, 6.
Welcker Tril. p. 285, not. 497) fur nicht urspriinglich ansehe.
Nemlich alle drei Vorstellungen gehen so leicht und natiirlich aus
der Anschauung des Naturobjekts, auf dem sie beruhen, hervor, dafs
man von keiner sagen kann, sie sei natiirlicher, also urspriinglicher
als die andre. Vielinehr halte ich sie alle drei fiir gleich alt; sollte
ich mich aber fiir eine besonders entscheiden, so wiirde ich sagen,
dafs ich dies nnr nach Mafsgabe des Alters der Zeugnisse konnte
d. h. mich fiir die erklaren miifste, welche der homerischen Stelle
zu Grunde liegt. Aber wir werden uns ja wohl nach gerade daran
gewb'lmt haben, verschiedene Mythen als gleich berechtigt anzusehen
und als gleich urspriinglich neben einander bestehen zu lassen.
[Wir lernten die Athene mittelbar oder unmittelbar als Mutter des
Erichthonios kennen. Dies war gewil's der Grund, weshalb man im
Mittelalter (a. 1019) den Tempel der Athene auf der Burg als Kirch e
der Mutter Gottes benntzte. (Georg. Cedren. p. 717. Paris, vgl. Franc.
337
regens oder, was davon nicht unterschieden ist, der iin
Schoofse der Erde durch die Gewitterwolke (Hephaistos und
Athene) erst eigentlich zum Leben kommende Keim. Darauf
geht auch sein Name 1414 )-.
Philelphi Epist. Venet. 1503 fol. p. 31 b.); ebenso den Tempel des
Theseus, der den Minotauros todtete, als Kirche des heiligen Georg.]
Was die Mythe betrifft, nach welcher Hephaistos mit Ge den Erich-
thonios erzeugt habe (Vf. d. Danais u. Pind. (fr. 231 Bgk.) bei Har-
pocr. p. 41 Bekk.), so ist die poetische Anschauung, nach welcher
der Blitz, der im Gewitter mit Regen verbunden in die Erde schlagt,
diese schwangert und befruchtet und danach mit ihr als Erzeuger
des Fruchtkeimes gilt, ebenso schon als einleuchtend. Weniger kann
man dies von einer andern Nachricht sagen, der zufolge Nemesis
des 'Erichthonios Mutter war (Suid. p. 3199 Gaisf. Phot. Lex. Gr.
p. 416 Dobr. ed. Lips.). Es ist offenbar, dafs Nemesis nicht mit der
Athene kann gleichgestellt werden. Wie aber, \venn sie nnr eine
andre Gestalt jener Fata, noilcov ovoftdrcov [tOQcpr] pta (Aesch.
Prom. 210) ware? Und in der That ist sie das, wie sich bei der
Mythologie der Demeter ergiebt. Hier will ich nur darauf hinwei-
sen, dafs alle Kulte, deren Mittelpunkt die Erde mit ihren wech-
selnden, aufbliilienden und verwelkenden Erscheinnngen bildet, einen
finsteren Charakter tragen , diister , schwermiithig , melancholisch,
grausam, biutig sind. So war Erichthonios der Ackersmann nicht
bios der Ge Sohn, sondern nach einer Version jener Ge Nemesis,
die seit alten Zeiten zu Rhamnus verehrt wurde; und dafs diesem
agrarischen Kulte die Grausamkeit nicht fehlte, ist oben bemerkt.
t414 ) Creuzer Symb. Ill, 510 sq. 389. Welcker Tril. p.284.
Heyne Obss : . Apollod. p. 328. Schwenck Etym. Andeut. p. 117.
Die erste Halfte des Namens ZQI- hat man sehr verschieden abge-
leitet; von
o) sQig, in Bezug auf den Streit zwischen Heph. und Athene.
Hygin. fb. 166. p. 282. Stav. Myth. Vat. 1, 128. II, 37 u. 40.
&) SQIOV (Wolle), weil Athene den ihr an den Schenkel ge-
kommenen Saamen des Heph. mit Wolle abgewischt, diese
dann auf die Erde geworfen habe, woraus nun Erichthonios
entstanden. Umgekehrt ist es richtig; der Zug entstand,
weil man sich durch t(n- an SQIQV erinnern liefs. Kallimach.
bei Sch. II. /S, 547. Tzetz. Lycophr. 111.
c) sQa (Erde) Erdlander. Schwenck Andeut. p. 117.
<0 IQIHO (aufreifseii) Erdaufreifser , als Ackersmann. Vgl. lE^u-
at%&<ov. Vgl. Creuzer Symb. Ill, 510 sq. Ivoafy&cav K
Lauer Griech. Mylhologie. 22
338
Seiner weitern Entwickelung nimmt sich Athene an,
die ihn von der Ge empfangt. Die myslische Kiste, worin
sie den jungen Erichthonios birgt, wird wohl der dunkle
Schoofs der Erde sein, in dem der Keim seiner Vollendung
entgegenreift 1415 ), wahrend seiner Pfiege warten
Pandrosos = die Thaureiche, Allthau.
Aglauros = die Heitre? (sc. des Himmels, derheitre
Himmel)? 1416 )
und Herse 1417 ) = Thau (von 37
Euplior. fr. 140. So auch Pott Ktym. Forsch. I, 90. ,,Auf-
reifsung der Erde bewirkend."
e) tgt (sehr z. B. iQipdttaQ. Welcker Tril. p. 284. So
auch Forchhammer p. 55, da er ihn ,,den wahren Sohn
der Erde, den Autochthonen" nennt.
f) fQco (sero) Samann. Welcker Z. f. a. Kst. Bd. I. p. 112.
not. 23, mit Verweisung auf Lennep Etym. V. SQU und
Kanne Verwdschft. d. Gr. u. D. Spr. p. 134.
1415 ) Ueber die naQaxKra^xat, aus dem Kreise des Demeter-
kultes s. Welcker Tril. p. 285.
M16) -flr enn man (j en N amen nicht lieber init Forchhammer
p. 59 auf den glanzenden Thautropfen beziehen will. : O. Miiller
Encycl. p. 78. not. 27 (Kl. Schr.II. p. 140) fiihrt das Wort mit Lucas
d. Lexic. I. auf den Stamm TAAY (TAA ) zuriick, wovon TAA~YK
eine Nebenform, ,,die hellglanzende." Vgl. Preller Demet.p.289.
not. 18.
1417 ) ,,Es bleibt immer auffallend, dafs die beiden Namen Herse
und Pandrosos sich in ihrer Bedeutung so nahe liegen, und es
mochte daher leicht die eine dieser Kekropiden aus einem Beinamen
der andern entstanden sein. Man schwur nur bei der Aglauros und
Pandrosos, nicht bei der Herse. Sell. Rav. ad Arist. Thesm. 533."
O. M fill e r Encycl. p. 78. not. 28. (Kl. Schr. 1. 1.)
1418 ) Sehr passend vergleicht Welcker p. 286 hierzu Ovid.
Fast. I, 681 sq.
Cum serimus coelum ventis aperite serenis
(Aglauros)
Cum latet aetheria spargite semen aqua.
(Herse u. Pandrosos)
Diese Bedeutung der drei Tochter war den Alten selbst auch kei-
neswegs unbekannt. Steph. Byz. XyQavtij (p. 11, 6 West.): TQSIS 3e
qffav ano TOJV av^ovTiov roiis XKQTIQVS (ovofjaOftfrcti
339
Aber, indem sie ihn pflegen, b'ffnen sie die Kiste, da der
Keim, vom Thau genahrt, die Hiille des Erdreichs durch-
bricht und zu dem Lichte strebt, der Thau selbst dagegen,
von dem Keime und der Erdenhiille aufgenommen, ver-
nichtet, getodtet wird. Dies ist wohl der Sinn von dem
Tode der drei Schwestern, von dem ich nicht anstehe zu
behaupten, dafs hierbei allerdings die Sage, wonach er
durch den Drachen selbst bewirkt wird, alter sei als die
andre, vielleicht durch die Tragodie gebildete, der zufplge
die Tochter des Kekrops sich im VVahnsinn von der Burg
herabstiirzen ul9 ).
Die Schlange ist Symbol fur die zeugerische Kraft des
Erdlebens. Man kam wohl auf dieses Symbol, indem man
von der Aehnlichkeit geleitet wurde, die zwischen dem
stillen, verborgenen, heimlichen Wirken des Keimes, iiber-
haupt alles Erdenlebens,. welches sich aus dem Schoofse
der Erde hindurchwindet zum Licht und Leben und der
verborgenen, heimlichen, schlupfenden , unraittelbar an der
] II. 'E. '^j/pai/Aof. Sie heifsen daher auch IIuQ&lvQi 24yQttv-
Eurip. Jon. 23 (,,die auf dem Acker hausenden Jungfrauen, eine
Art agrarische Nymphen." O. Miiller Encycl. p. 78. Kl.Schr.II. !.!.)
vgl. Hesych. I. p. 64. '^yQavkoi ot Iv ay^y vvxTSQevovTSs-
1419 ) Obgleich dies freilich auch nicht blofse Fiktion sein, son-
dern, was Welcker Tril. p.285sq. und Creuzer III, 393 meinen,
auf ein wirklich beim Kult gebrauchliches ehemaliges Menschenopfer
zuriickdeuten mag. Denn Menschenopfer war anch in Salamis auf
Kypros bei diesem Dienste, wo, wenigstens spaterhin, der Aglauros
jahrlich (im Monat Aphrodisios, den deshalb Welcker Ep. Cycl.
p. 303. not. 486 fur einen Fruhlingsmonat halt, wahrend -er nach
Ideler der erste Herbstmonat war, freilich nur im Paphischen
Kalender; denn die Salaminier hatten mit einiger Umstellung
die aeg. Monate, vgl. Ideler.) ein J'ungling geopfert wurde, den man
mit der Lanze durchbohrte. Porphyr. de abstin. n, 54. IV, 8. Vgl.
Theodoret. Therapeut. Ib. VII. p. 894. ed. Schnlz. Cyrill. gegen Ju-
lian. Ib. IV. p. 129. O. Miiller Encycl. .9. p.81.(Kl.Schr.II.p.l47.)
Eng el Kypros II, 664 sqq. Euseb. P.E. IV, 16 (X, 9) in Constant, cp. 13.
22*
340
Erde bin und aus ihr hervorkriechenden Schlange stattfand,
der Schlange, die ja auch in etwas durch ihre Form rait
den langlichen, im VVinde bin- und hergeschlangelten Ge-
wachsen, und dadurch, dafs sie alljahrlich aus der alien
Haul zu neuem Leben hervorgeht, rait dem Keime, der aus
vergehendem Saamen ein neues Dasein enlwickelt, Aehn-
lichkeit hat, und zugleich das grofste, auffallendste Tbier
ist, welches unmittelbar an der Erde hinkriecht 142 ). Doch
es bedarf bier keiner weitern Erorterung, da fiir unsern
Zweck die einfache Erwahnung gentigt, dafs das Symbol
der Schlange eiri solches ist 1421 ). Nur das will ich noch
beilaufig bemerken, dafs auch die Schlange des Paradieses
nicbts andres bedeutet als die Verfuhrung des Weibes durch
die Sinnlichkeit des Geschlechtstriebes zum Genusse des-
selben, wovon, wie bei Here und Aphrodite, der Apfel das
Symbol ist 1422 ).
Nachdem nun Erichthonios das Licht erblickt hat durch
die zu ihm hindurchdringende Neugier der seiner wartenden
Kekropstochter , iibernimmt seine weitere Pflege Athene
selbst. Denn wahrend ihm in seiner Erdverhiillung zunachst
der stille Thau und die Feuchte des Landes Nahrung gab
so iist du. essen dein Lebelang." Anders deutet
die Schlange (dqaxoiv) Forchhammer p. 57sq., indem er den Na-
men von SQKCD, dg$Qaxa = TQ%CO ableitend sie fiir ein Symbol des
lanfenden, sich schlangelnden Flusses erklart. Dagegen Gerhard
Hyperb. Rom. St. 1, 14. not.: ,,S6 dient die feuchte, am Erd-
boden haftende Schlange zarn sprechenden symbolischen Ausdruck
der frachtbar feachten Erdkraft, wahrend abgezogene Eigenschaften
and Erscheinungen desselben Thieres zar allegorischen Bezeichnung
abstrakter Begriffe, der Heilkraft, der Klugheit, endlich gar der Zeit
und Ewigkeit werden."
1421 ) So fahrt Demeter mit Schlangen auf unzahligen Denk-
malen.
Schlange = phallus.
Apfel = testicnH.
341
.und seine Hiille dadurch luftete, findet er nunmehr sein
Gedeihen durch die Fiirsorge der Wolke, die mil befruch-
tendem Regen ihn weiterem Wachsthum entgegenfuhrt. So
gedeiht Erichthonios unter Athenens Schutz 1423 ).
14Z3 > Der Uebergang dazu, dafs Erichtlionios Konig des Attischen
Landes wird, 1st nicht so grofs, wie es vielleicht scheint. Wenn
eininal die glaubige Phantasie den gedacliten Vorgang im Naturleben
sich unter dem Bilde des Erichth. vergegenstandlicht hatte, so ward
selir leicht aus ihm zugleich das Bild des ersten Ackerbauers des
Attischen Landes und, inwiefern die altesten Bewohner von Attika^
welchen diese Mythe zu eigen war, Ackerbauer waren, aus dem
Erichth. der Landesheros, von welchem sie selber abstammten. Daher
auch, weil jedes Volk Anspruch auf das hochste Alter macht, Erichth.
geradezu der erste Mensch genannt wird, Sch. zu Aristid. Panath.
p.f02 Jebb. .';.
Es bedarf nach dem, was eben iiber die Bedeutung des Erichth.
gesagt ist, keines weiteren um den Sinn der Angaben zu verstehen,
1) dafs er Konig von Attika war;
2) als Schiedsrichter zwischen Poseidon und Athene
dieser Attika zusprach. Apollod. III. 14, 1 (wo jedoch
. . Westerm. 'EQvaix&ovK hat, was, wie wir sehen werden, in, der
Sache nichts andert, und Apollod. der Meinung einiger wider-
spricht, dafs Erichth. Schiedsrichter gewesen.
U) dafs er den Dienst der Athene stiftete, ihr auf der
Akropolis einen Tempel baute und ihr zu Ehren
die Panathenaen anordnete. Hygin. P. A. II, 13. p. 446.
Stav. Hellenic, b. Harpocr. HKV. (fr. 13 St.) Chron. Par. X, 1 7.
p. 562Miiller. (C. Inscr. II, 300). Schneidewin Philol. I, 1.
p. 11 sq. Stav. z. Hygin. 1. I. p. 447. not. 11. Apollod. Ill, 14, 6.
Philoch. bei Harpocr. Kavr}(p6(ioi.
4) dafs er zuerst das Viergespann anschirrte (Aristid.
h. in Min. Vol. I. p. 12 Jebb. p. 18 Bind. Aelian. V. H. Ill, 38.
Virg. Georg. Ill, 113 sq. Plin. H. N. VII, 56. Daher begleitet
Erichth. die Rossebandigerin Athene unter den Figuren des
westlichen Giebelfeldes vom Parthenon, s. Creuzerzu Stuart's
Alterth. v. Athen. I, 544 549 der deutsch. Uebers. Bockh
C. J. II. p. 313 (zu Chron. Par. 1. 1.), weshalb er auch spater als
Fuhrinann unter die Sterne versetzt.wurde. Hygin. 1. 1.
5) dafs er entweder (vgl. Creuzer III, 512sq.)
) selbst Schlange war (Hygin. 1. 1. p. 447), oder
6) nur Schlangenfiifse hatte (Hygin. 1. 1. p. 447. fb. 166.
Serv. z. Georg. Ill, 113.
342
Ich komme zu den drei Schwestern Herse, Pandrosos
und Aglauros. Allen dreien wurden zu Athen bedeutsame
Die Bewohner Attika's verehrten seit den altesten Zeiten, gemafs
dem Charakter der Pelasger, Goiter, die sick auf Ackerbau bezogen.
(Darauf geht aach der Mythos von Androgeos und Eurygyes.) Solche
Bezieliungen and daher aucli natiirlich grofse Verwandtschaft mit
der eben behandelten Sage von Erechtheus treten uberall deutlich
hervor. Aufser Erechth. namlich wird ein anderer als Autochthon
gesetzt. Mit Agraulos, der Tochter des Aktaios, zeugte Kekrops
den Erysichthon, die Agraulos, Herse und Pandrosos (Apollod. Ill,
14, 2. Pans. I. 2, 5. Vgl. O. Miiller Kl. Schr. II, 89). Ueber die Kin-
der des Kekrops so wie uber seine Gemalin Agraulos kann kein
Zweifel stattfinden; dieselben Nainen haben wir vorhin erortert.
Erysichthon ist ganz identisch mit Erechtheus, ,,der Erdaufreifser"
(s. Preller Demet. p. 331. not. 7)., der Ackersmann. Aktaios, der
Vater der Agraulos, ist wohl schwerlich etwas anderes als eihe Per-
sonifikation des Kii stenstrich.es (KXTTJ), wie einst ganz Attika ge-
heifsen haben soil (Steph. Byz.). Kekrops selbst mufs dasselbe be-
deuten, was Erechtheus, denn an ihm haften dieselben Sagen. Denn
anch er heifst avrox&wv (Apollod. Ill, 14, 1. Anonym, de incred. !.
p. 321, 5. West. Myth.), Sohn der Erde (Antonin. Lib. 6. Hygin.fb.48.
Euseb. Canon, chron. II. p. 226. ed. Mai) oder des Hephaistos (Hygin.
fb. 158.) und wird zwiegestaltig (Supvris, Sch. Aristoph. Vesp. 438.
Plut. 773. vgl. Creuzer Symb. Ill, 390. not. 1. Anonym, de incred. 1.1.
u. Westerm. Myth. p. 374, 32) genannt, oben Mensch nnten Schlange
(Apollod. Ill, 14, 1 u. v. A.) Somit ist denn Kekrops ganz in der
Reihe agrarischer Kulte, zu der auch Erechtheus gehort. Und diese
seine Wesenheit tritt auch in dem hervor, was sonst noch von ihm
erzahlt wird : dafs er statt blutiger Opfer Kuchen (n&avoi) darge-
bracht; den Streit zwischen Poseidon und Athenen (angeblich hatte
der uralte Epiker Palaiphatos aus Athen auch geschrieben lAd^vas
fQiv xal Iloaeidcavos 7irj a, Suid. s. v.), von denen jener auf der Burg
einen Quell, diese eirien Oelbaum hervorgehen liefs, zu Gunsten der
letzteren entschieden habe. Wie eng er iiberhaupt mit dem Dienste
der Athene zusammenhangt, sehen wir daraus, dafs sein Grab auf
der Burg im Tempel der Athene /ZoAtou^off war, grade wie Erech-
theus das seine in dem der Polias hatte (Antiochos fr. 15 Mull.), und
dafs ein Kekrops uns in Verbindung mit Athene noch mehrfach be-
gegnet. So sollte das Diadische Athen auf Euboia einen Kekrops
zum Griinder haben (O. Miiller Orch. p. 116), desgleichen Athen
und Eleusis am Triton in Boiotien von einem Kekrops gestiftet sein,
343
Gebrauche gefeiert I484 ) und waren, wenigstens den beiden
letztern, Heiligthumer daselbst gewidmet.
Aglauros I425 ) hatte ihren Tempel auf der Nordseite der
Akropolis 1426 ). Hier schworen die mit Schild und Lanze
ausgeriisteten Epheben den Eid, nach Kraften das Vaterland
und sein VVohl im Kriege und im Frieden zu erhalten, zu
vertheidigen und zu mehren 142r ). Der Grund lag in dem
Wesen der Agraulos, als einer das Gedeihen und das
Wachsthum befordernden Gottheil; obgleich die Mythe einen
andern angiebt: Als in einem Kriege die Athener das
Orakel erhiellen, der Krieg werde enden, wenn Jemand
freiwillig fiir die Stadt in den Tod gehe, da war es Agraulos,
die, sich dem Vaterlande opferte. Es versteht sich aus dem
vorhergehenden eigentlich von selbst, dafs Agraulos von
der Athene nicht eigentlich verschieden ist, ebensowenig als
Herse und Pandrosos. Zum Ueberflusse lernen wir es
(lessen Heroon in der alten Stadt Haliartos noch Pausanias sah.
(O. Muller a. a. O. Pans. IX, 33, 1).
Es wiirde uns hier yiel za weit fdhren, wenn ich in derselben
Weise, wie Kekrops und Erechtheus, die ubrigen mythiscben Per-
sonen der attischen Urgeschichte and ihre Genealogien behandeln
wollte. Die Riicksichten, nach denen sie aufgefafst und gedentet
werden konnen, sind in dem Bislierigen gegeben, and wird die An-
wendung auf die hier nicht zu besprechenden Heroen leicht sein.
(Ueber Halirrhotios, Sohn des Ares nnd der Aglauros, s. O. Muller
Encycl. p. 78. . 5. (Kl. Schr. II. p. 140.); iiber Bovtfyris Preller
Demet. p. 290 sqq. vgl. 391 sq.).
1424 ) Creuzer Symb. Ill, 393.
1425 ) Hesych. I. p. 54 sq. "Aylavgog. &vyaTrj() K^xgonos' naga rf
^i.TTl)tOlS Xttl OfAVVOVfflV XKT* KUTJJf. 7JV fit ifyeitt T^S !4#7JVCCff.
14J6 ) Herod. VIII, 53. O. Muller Encycl. .9. p. 80 sq. (KLSchr.
II, p. 146.)
* 4 ") Vgl. die Cit. bei Hermann Antiqt. I. .123,7. Diesen
Eid setzten Bockh Ind. lect. 18 19 / 20 und Vomel Z. f. A. 1846.
no. 9. p. 68 70 mit einem Feste der Agraulos in Verbindung, wel-
ches sie Agraulien nennen und an das Ende des Sommers oder
Herbstes verlegen.
344
zunachst fur Aglauvos aus Harpocr. s. v. y 'Aykav()og 37
yavTjQ KexQortog. eon de xal STCWW(.IOV Id&qvas 1428 ). Der
Agraulos oder, wie wir sagen konnen, der Athene Agraulos
waren bestimmte Feste zu Athen geweiht, die xaM,vvriJQict
und nhvvTrjQia, an welchen das Bild der Goltin gewaschen
und geschmiickt wurde 1489 ).
1428 ) Vergl. Meurs. lectt. Attic. II, 13 in Gronov. Thes. Tom. IV.
p. 1816 u. weiter^unten.
s. v.: KaJJ.vvrriQiK XKI HivvT^Qia eoQTcav
KVTKI OKQyrjiKovos /urjvbs, IwccTy /ntv tnl d4xa
, devrfyq Ss (f&Cvovtos T II^vvxriQitt. to. 81 H^WTr/Qicc tptjai
[TO fierci] rov S&VKTOV rijs lAyqavkov ivtos Iviavrov pr\ 7il.v&rjvKi ras
[ISQKS] 109-rJTas, ft^' OVTIO nfod-efaus rr]V ovofjLctaiKV Aa/Seij/ ravTTjv. TCC
3s KaMwrriQiK, on TTQCOTTI Soy.i % "AyQavkos ysvopfri] t^Qficc fovs
&sov$ xoGfirjaai' dio y.ai KaMwrriQict aim) antdsi'Zav xal yag TO
[xaklvveiv XKI] xoapsiv xal hafinQvytw Zartv. jjVon diesem Artikel
besitzen wir noch. einen im Ganzen kiirzeren, im Einzelnen aber
vollstandiger erhaltenen Auszug in den -dsts QTITOQIXCCI in Bekkers
Anecd. I, p. 270. Derselbe lautet: .[jfiuaAAuvr^ia] unb TOV xaikvvetv
xtu xoGftelv XKI A,a t u.7TQvvsiv. 'LfyQKvkos yQ ifysia TiQcarr] ysvopfrr]
TOVS &eovs IxoGftqae. HlvVTi'iQiK Se xateirui dia TO /LISTK IQV &KVKTOV
Trjs \AyQttvlov ivos (1. twos') IvictVTOv [tfj Trfo&rjvKt ras legas la&rJTccs.
Die im Text des Photios eingeklammerten Worte sind aos diesem
Auszoge erganzt, dessen erstes Wort wieder aus dem Photios er-
ganzt ist." Petersen Z. f. A. 1846. no. 73. p. 578, not. 3. ,,Nach
dieser Stelle, s. Petersen 1.1. p. 578, wie sie vorliegt, wurden die
Kallynterien, an denen Agraulos die Gotter schmuckte, am 19., und
die Plynterien, an denen man die heiligen Kleider wusch, am 29.
ThargeLion gefeiert. Wenn nun, wie ans andern Stellen zu entneh-
men ist, das Anlegen der Kleider und das Schmucken sowie die
Entkleidnng und die Wasche der heiligen Gewander sich zunachst
auf die Statue der Athene (das agzalov Pgercts im Tempel der Polias)
bezog, so ware die Gottin nur zehn Tage im Jahre bekleidet, die
ubrige Zeit unbekleidet gewesen. Dies ist nun sowohl an sich un-
denkbar, als auch deshalb (p. 579), weil bei der Entkleidung der
Tempel eingehegt und der TJenutzung Ungeweihter entzogen ward,
das Jahr hindurch aber manche Feste gefeiert wurden, an denen der
Tempel znganglich sein mnfste. Denn dafs hier an das Bild der
Athene . Pallas im Ereclitheum zu denken sei, ist allgemein anerkannt.
Man mochte zunachst an eine einfache Umstellung der Daten oder
Festnamen denken, allein daran hindert uns eine andere Angabe
345
Ein besonderes Geschlecht, das der Praxiergiden, ver-
iiber die Zeit der Plynterien, deren Urlieber glaubwiirdiger ist.
Plutarchos nemlich im Leben des Alkib. c. 34. berichtet von dessen
Riickkehr nach Athen im Jahre 411 v. Chr. Folgendes: OVTOJ Ss TOV
lAlxijtiadov iafj.7iQ(3s evrjfieQOvvTOS, VTI^Q-QKTTSV IvCovs ofiotg 6 rrjt, xa&-
6Sov xaiQos' y ^KQ ijj xctTSTiktvaev, I^QUTO TK II^vvT^Qtct Trj &eqi.
(,,Beim Hesjch. heifst es dagegen: H^VVT^QICC EOQTT) l&riv)jai, f)V Irii
IdLyqavko) , T?J KexQOTios ftwyctTQi ayovatv, was auf die Identitat der
Agraulos und der Gottin schliefsen lafst." Vgl. oben) dgtoGi rfe .TK
lQa'giSQytdtti QKQyrjhdavos XT$ (pfKvovros dno^rjTa, TOV TS
xa&siiovTSS xai TO eSos xctTaxaimpavTes, o&ev v Tats
T(3v Kno<f'QKd(ov TTJV riftl-oav TKVTT]V ItTiQttZTOV IdS^VKiQ
Obgleich nun wohl Niemand die Richtigkeit der Angaben beim
Pliotios wird yertheidigeti wollen, so ist es doch auch schwer, eine
Verderbnifs zweier Zahlen anzunehmen, die nicht in Zeichen aus-
ge,driickt, sondern in Worten vollstandig ausgeschrieben sind. Neh-
men wir deshalb eine mit Auslassung verbundene Umstellung der
Daten an, wie sie bei einem so ungeschickten Auszuge leiclit moglich
war, so konnen die Daten Anfang und Ende einer Reihe von Festen,
deren Mittelpunkt Plynterien und Kallynterien bildeten, bezeichnen,
wie sie im Attischen Kalender haufig vorkommt. Dies ist nun aber
keine bios willkuhrliche Annahme^ sondern wird durch Zeugnisse
beglaubigt. Wir wissen, dafs der Drittletzte jedes Monats, also auch
der 28. Thargelion (denn dieser war ein voller Monat d. L. we-
nigstens in diesem Jahr ) der Athene heilig war (s. O. Miiller
in der Allg. Enoycl. Sect. III. Bd. X. p. 85). Dieser Tag fallt aber
innerhalb der angegebenen Zeitgranze. Ferner mufsten die Kallyn-
terien auf die Plynterien folgen; wenn man also nicht annehmen
will, dafs sie den Schlufs dieses Festcyklus gebildet haben, weil
allerdings nicht wahrscheinlich, dafs das Bild der Gottin mehrere
Tage unbekleidet gestanden habe, so miissen sie zwischen dem 26.
und 29. gefeiert sein." Durch Kombination sucht nun Petersen
wahrscheinlich zu niachen, dafs diese Feste folgendermafsen gefeiert
worden:
Thargelion
19. Bevdtdeta (Procl. z. Tim. p. 9 _ ,, T , in
20. fu.27,Basil.). Peters. p. 579 sq. Jum *iu.
21. \
22. f Eintragung in das ItfiaQxixov. 1 Petersen
23. f Leistung des Biirgereides im Haine der Agraulos.S _ R . *
24. J Wahl der Magistrate. | p.aoi
25.,
26. j
27. *
28.
29.
Plut. Alcib. cp. 34.
s. oben. = 812. Juni 410.
verl. Phot. 1.1.
346
waltete diese Gebrauehe 1430 ), wahrend welcher die ganze
Stadt alle Geschafte ruhen liefs und wenigstens Einen der
Festtage mil offentlicher Trauer beging 1431 ). Daher sahen
es einige von den Athenern als ein Loses Omen an, dafs
Alcibiades an dem Tage, 77 FLhvvziJQtct rjyev i] noXig, mil
der Flotte im Peiraieus einlief.
Man fragt rait Recht nach der Bedeutung dieses Festes.
Wir diirfen uns schwerlich rait der Erklarung befriedigen,
dafs das Waschen des alien Holzbildes und seiner Kleidung
dem Kullus angehore, welcher die Bilder der Gottheit nach
der Analogic eines menschlichen Korpers behandelte 1432 ).
Schon die enge Beziehung, in die Aglauros, die wir als
durchaus zu dem agrarischen Mythenkreise des Erich-
thonios gehorig kennen, zu diesem Feste gesetzt wird, la'fst
uns vermuthen, dafs das Fest selbst nicht ohne agrarische
Beziige gewesen sei. Und dies wird uns nun allerdings
bestatigt durch eine Notiz der Lexikographen U33 ) , wonach
der Gottin an den Plynterien eine Feigenmasse dargebracht
wurde zum Andenken an diese erste Nahrung civilisierteren
Lebens.
O. Miiller (Pliilol. Mus. Cambridg. Vol. II, 234.) setzte die
IIlvvT. auf den 21. oder 22. Thargelion am dritten Tage nach den
Bendideien, wahrend Dodwell (de cyclis p. 349) und C.Hermann
(Ant. II. . 61) die abweiehende Bestimmung bei Plutarch aus der
Ausdehnung des Festes iiber mehrere Tage erklaren.
143n ) Hermann 1. 1. not. 5. Welche Stelle dabei den beiden
Madchen nkvvTQiSzs oder lovT^CSsg (Phot. p. 231) zugekommen, und
in welchem Verhaltnifs sie sowohl als auch der xaTavfntrjs, der den
Schmutz unter dein nsnkos (XKTCO TOV -ntnKov) abzuwaschen hatte
(Etym. M. p. 499), zu dem Geschlechte der Praxiergiden stand, wissen
wir nicht.
143 Plutarch. 1.1. Xeuoph. Hellen. I. 4, 12.
1432 ) Hermann Antqt. II. . 61. p. 318.
1433 ) Hesych. l //yjjr^/. Etym.M. p. 418: fiyrpogiti ncdci&ri auxcov,
i]V ITU. ry nofiny TCOV 2Ii.vvrrj(ii(av (pfyouffir, ott qfiSQOv Tccvryf
lW|j/ro. Vgl. Eustath. z. Od. p. 1964, 12.
347
Anm. 1. ZfiluvTifettt auf Paros. C. Inscr. no. 2265, 23 (Tom.II,218).
Paros hatte hebst andern Inseln des ionischen Meeres
ionische Bevolkerung aus Attika erhalten. Vgl. Hermann
Antqt. I, . 77. p. 166. Bergk Monatskde. p.26.
Anm. 2. Steph. Byz. ^yQavlri (p. 11, 4 West.) Srjpos lAS^v^ai Tys
'jEQ%driC3os (pvtijs. Doch schrieben, wie Steph. selbst sagt,
andre IdyQvJ.rj, und diese ScLreibart wenigstens 1st vorzu-
zielien, obgleich man auch diesen Namen der Phyle Erech-
theis auf einen mytliischen Hintergrund und zwar den des
Erechtheus und der Aglauros wird zuruckftihren miissen.
Ebenso die nol.ig ld.0-r}vai<ov unoixog v ZagdoZ, ano TOU
T) Sleph. Byz. 1. 1. p. 11,8.
Diese Bedeutung des Festes der Plynterien und Kal-
lynterien wird noch deutlicher durch das der Herse zu
Ehren gefeierte, die sogenannte 'EgaqqioQici. Von einem
Heiligthume der Herse ist nichts ausfdriicklich iiberliefert.
Forchhammer 1434 ) schlofs auf ein solches in der Nahe
der Aphrodite sv xfaois ani ilissos befindliche aus Pausan.
I. 27, 3. Indefs ist mir dies sehr zweifelhaft.
Was den Nanien des Festes betrifFt, so schwankt der-
selbe zwischen sQarjyoQia und a^jyqpog/a 1435 ), ebenso der
Name der dabei wirkenden Madchen zwischen a^ijcpoQot
und egQijcpoQOi; doch iiberwiegt die erstere Schreibart, und
auch fiir den Namen des Festes wird aQfyyoQicc vorzuzie-
hen, der andere nur aus der Bedeutung des Festes einge-
fiihrt sein. Denn dafs die agQijcpOQia der Herse galten, ist
sicher, wie aus dem Zeugnisse deslstros, so ausHesych. 1436 ):
at vf] "EQOfl snvcehovvTes va vo^u^o^isva, und Moeris 1437 ):
al vfjv dgoaov (pegovaai ff^'E^a^, obgleich auch hier, wie
1434 ) p. 63.
1435 ) Sch. Arist. Lysistr. 642 : ij^^o^ouv] ot ptv diet TOV a,
cc, Zneidr) TK a$(ir)TK Iv xfarais (f(>ov rfj &t<5 at nttQ&svot. ot
3 1 ft TOV SQGSqiOQlK. Tfj yKQ "Eptffl TTO^TTEUOl/fff, TJJ K&QOTCOS
as taroQsl^'laTQos (fr. 17Miill.).
t436 ) Tom, I, p. 1444.
143T ) p. 141.
348
bei Aglauros und den n&vvnJQia die Athene immer die
Hauptperson ist, daher Etym. M. p. 149 a^cpoQia' eoQTrj
STtLTS^ov^tsvtj ifi \A.$riv( sv t< ^KiQocpOQicovi [trjvl; aus
welcher Stelle wir zugleich sehen, dafs dies Fest im Skiro-
phorion d. h. in dem auf den Thargelion folgenden Monate
begangen wurde, also Juni/Juli.
Es wurden aber hierzu vier junge Madchen von 7 11
Jahren, die eben a^QrjyoQOL hiefsen, durch den aQ%cov {3aai,-
hevg aus den atfligen Geschlechtern (V.O.T svysvsiav) er-
wahlt 1438 ) und wahrend dieses Festes bei den heiligen Ge-
brauchen verwandt. Das ganze Fest leiteten die Eteobu-
taden, von denen gleich mehr gesagt werden soil. Zwei
von diesen Madchen nahmen Theil an der Verfertigung des
Peplos fiir die Gottin 1439 ); die beiden andern, welche in
der Nahe des Tempeis der Athene Polias wohnten und sich
einige Zeit bei der Gottin aufhielten 1440 ), mufslen, wenn
das Fest da war, wahrend der Nacht Folgendes thun 1441 ).
Die Priesterin gab ihnen etwas auf dem Kopfe zu tragen,
wovon weder diese noch jene wufsten, was es sei; hiermit
gingen sie zu einem Tteqi^o^og, nicht weit von der lA(pqo-
dlrr] sv Kijnois, durch den man in eine unterirdische, von
Natur vorhandene, Hohle kam, in welche die beiden
Madchen hinabstiegen. Dort liefsen sie das, was sie mil-
gebracht batten, und trugen darauf etwas anderes, aber
.yj n fl zwar -wol!] schon ein Jahr vorher, wie man theils aus
Pausan. I. 27, 3, theils daraus sieht, dafs das Weben des nenhos
sclion am letzten Pyanepsion begann (Suid. /wAxfrn. Etym.M. p. 805.)
Hermann G. A. . 56, 32.
1439 > Etym. M. p. 149. Harpokr. p. 48.
144 ) Vgl. Plut. Vit. Isocr. p. 244.
1441 ) Sie waren init weifsen Kleidern und mit Gold geschmiickt
(Etym. M. 1. 1.) und erhielten eine eigene Art Kuchen,
(Hesych. u. Suid. vgl. Pauly Realencykl. Tom. I. p. 825. not.)
349
gleichtalls verhulltes, hinauf. Nachdem sie dies gelhan,
wurden sie entlassen und amlre statt ihrer nach der Burg
gefuhrt 1442 ).
Was diese Madchen trugen? 0. Miiller 1443 ) denkt an
recentes frondes et ramusculi, quae rore madida antro in
vivo saxo excise servabantur 1444 ), Lobeck 1445 ) an inferiae.
Das Wahrscheinlichste , auch von Lobeck angedeutete,
raochte sein, dafs sie verhiillte Gefafse hintrugen und holten,
Gefafse, welche dem Glauben nach ,,Thau" enlhielten, so
dafs also die aus der Hb'hle auf die Burg gebrachten ge-
wissermafsen ein Unterpfand bildeten fur den Thau der
Saaten, und somit fur den Erndtesegen des attischen Lan-
des, wahrend die beiden in der Hohle zuriickgelassenen
von der giitigen Gottheit nach Jahresfrist, wenn man sie
wieder holte, mit neuem Thau, wie man glaubte, angefiilit
waren. Also nach jener geheimnifsvollen, symbolischen Be-
ziehung des Mittels auf den Zweck, die dem natiirlichen
Menschen so nahe liegt und daher uberall uns entgegen
tritt. Hiermit stimmt auch vortrefflich Moeris p. 141:
c E$Q7](p6()oi, al irp> dgoaov (psQovoai xfi "EgGfl, wo man
weder mit Sallier und Pierson den Ace. dgoaov fiir
falsch halten, noch weniger mit Kulenkamp zu Etym. M.
p. 762 xr^v noftTtrjv tehovaai. andern darf. Ferner pafst zu
dieser Annahme die Lage jener Hohle in den feuchten,
thauigen Garten am llissos und die Hohle selbst, zu der
der Sonnenstrahl, dieser Feind des Thaues, nicht hinzu
konnte. Dafs Kinder zu dieser Feuchtigkeit vom Himmel
1442 ) Pausan. I. 27, 3. Ein ausgezeichnetes Relief am Fries des
Parthenon stellt die Priesterin und die Arrephoren dar. S. Stuart II,
cp. I. pi. 24.
1443 ) Min. Pol. p. 15.
1444 ) Dafiir konnte man vergleichen Grimm Myth. p. 560 sq.
144B ) Agl. II, 872 sq.
350
herabflehenden Feievlichkeit verwandt wurden, erinnert an
Gebrauche, von welchen Grimm (p. 560 sqq.) berichtet. Sie
sind noch unschuldig, und daher die Goiter giitig gegen sie.
Uebrigens war die Besorgung des Festes und die Be-
streitung der Kosten fiir den TrmAog eine eigne Litur-
gie" 46 ).
Auch der letzten der drei Schwestern, der Pandrosos,
ist in dem altischen Kultus eine ganz nahe Beziehung zu
Athene gegeben. Nicht nur dafs der Name Jldvd^oaog
geradezu Beiname der Athene genannt wird 1447 ), sondern
es hatte diese Tochter des Kekrops ihr eigenes Heiliglhum
auf der Akropolis, das sogenannte IlavdQoaeiov, welches
mil dem Erechtheion oder dem Tempel der Athene Polias
zusammenhing; ihre eigenen ^ivGTriqia xai TsAsTai 1448 ), und
ihr mufste, wenn man der wahrscheinlichen Verbesserung
des Meursius U49 ) bei Harpokration [p. 112: sav ds Tig vfj
^AQ-riv^ Svri ftovv, avayxalov laxi xal rfj Jlavdgoaq) (statt
IlavdcoQa) -&vsiv oiv (.ISTCC (3ovs xcti exaheiTO TO &viia snl-
fioiov\ folgt, ein Schaaf geopfert werden, wenn der Athene
ein Rind dargebracht wurde 1450 ). Doch wissen wir Nichts
iiber die Ceremonien der Pandrosos; ohne Zweifel waren
auch diese ebenso mil denen der Athene verkniipft, wie die
der Aglauros und Herse und bezogen sich gewifs in der-
selben Weise auf Fruchtbarkeit und Gedeihen.
1446 ) Vergl. Hermann Antqt. I. .161. not. 2. Schomann
p. 326, 12.
1447 ) Sch. Aristoph. Lys. 439.
lll * s ) Athenagor. Legat. cp.-l.
1449 ) Lectt. Att. Ill, 22.
145 ) Bei der Pandrosos (j^ ir)V HavSgoaov Aristoph. Lys. 439)
schworen die Frauen, haufiger noch bei der Aglauros (ov zot ftu
rr\v ^ylavQOv Aristoph. Thesm. 533.), nie bei der Herse (Sch. Arist.
Thesm. 533).
351
Diese Beziehung 1451 ) tritt auch ganz deutlich hervor
an jener Procession, welche ia SxigocpOQia oder xa Sxlga
hiefs und dem ganzen Monate den Namen gab 1452 ). Sie
fand am 12. Skiroph. = 22. Juni stall und zwar in der
Weise, dafs der Zug von der Priesterin der Athene und
den Priestern des Poseidon oder Erechtheus und Helios
nach Skiros geleitet wurde, nordwestlich von Athen, an der
heiligen Strafse von Alhen nach Eleusis, wo das erste Saat-
feld in Attika gewesen sein solite. Was aber der ganzen
Feierlichkeit den Nainen gab, war ein grofser weifser Son-
nenschirm (axlgov = cxiadeiov (.isya), unter dem die Prie-
sterin und die Priester einhergingen, und nach welchem
auch Athene selbst den Beinamen 2xigag hatte U53 ). Die
Bedeutung dieser Feierlichkeit liegt auf der Hand. Sie
wurde unternommen nqog ajioaTQoq>ijv TOV qhaxov xav-
fj.aToe') darum die Verbindung jener drei Gottheiten, darum
der weifse Sonnenschirm dies lelztere mil Riicksicht
auf den schimmernden weifslichen Glanz, den die brennende
Junisonne um Alles verbreitet 1454 ). Hiernach kann man
auch beurtheilen, was von Gerhards Ansicht 1435 ) zuhallen
VgL PreUer Demet. p. 124. 391.
1452 ) Ueber dieses Fest vgl. die Citate bei Hermann II, . 61, U.
Creuzer Symb. IV, 375. not. 2. Plutarch, conjng. praec.42. p.!44B.
ld&r\VKioi TQsls KQOTOVS IsQOvs ciyovGi' nQwrov nl 2xiQO], TOV ncdKio-
Tarov Ttov anoQiav vn6f.ivi]f^a.
1453 ) Sch. Aristoph. Eccl. 18. Vesp. 926. Pollux IX, 96. Philoch.
fr. 42 Miiller. Als solche hatte sie
) einen Temp el in Phaleron. Paus. I, 1,4. 36,4.
6) einen Tempel auf Salamis. Herodot. VIII, 94, vermuthlich
auf dem Vorgebirge Skiradion.
1454 ) Mifsbilligen mufs ich die Etymologie O. Miillers, wonach
er den Namen der Ath. Skiras mit der weifsen kreidigen Beschafr
fenheit des Erdbodens in der Gegend zusammenbringt (Pallas Athene,
. 12, not. 82) und ihn von dem der 2xiQO(pogiK trennen will (. 23,
p. 87), wahrend doch beide augenscheinlich zusammengehoren.
1455 ) Auserles. Vasenb. p. 137 (196).
352
sei, der die Ath. 2xigas als eine beschattende mil dem
chthonischen Dionysos in Verbindung bringt.
Auch dieser Festlichkeit standen die Eteobutaden vor.
Mil diesem Geschlechte verhielt es sich so. Bovvrjg
war ein Sohn des Pandion und der Zeuxippe, B ruder
des Erechtheus, Priester der Athene und des Posei-
don 1456 ). Als seine Frau vvird Chthonia, des Erechtheus
Tochter genannt U57 ). In dem Tempel der Athene Polias
hatte er als Heros einen Altar neben denen des Poseidon,
auf dem zugleich dem Erechtheus geopfert wurde 1458 ),
einem Orakel zufolge, und des Hephaistos. Die Wande des
Tempels aber enthielten Darstellungen auf das Geschlecht
der Butaden bezuglich U59 ), welches sich riihmte, von dem
Heros Butes abzustammen und gleich ihm den Priesterdienst
der Athene Polias versah 1460 ).
In dem Nainen l * 31 ) dieses Geschlechtes reflektiert sich
der Kultus, dem es angehb'rte. BOVTJJS ist der Acker-
bauer, der Bruder des Erechtheus, Sohn der Rofs-
anschirrerin (Zeuxippe), Gemal der Chthonia, der Erd-
jungfrau, die wiederum Tochter des Erechtheus war; er
verwaltet ferner, so wie seine Nachkommenschaft, das
Priesterthum der Athene Polias, deren Beziehung auf
Apollod. III. 14, 8. 15, 1.
1457 ) Apollod. III. 15, 1.
** 58 ) Die Epidaurier hatten sich verpflichtet jalniiche Opfer dar-
zubringen rjjf I4&ijvtt(g TS ry noltaSi xal Tft5 'E(>ex&ti (Herod. V, 82).
Vielleicht an den jahrlichen Panathenaen. S. B, 546 sqq. u. Herod.
VIII, 55.
1459 ) Pausan. I. 26, 5.
146 ) Vgl. O. Miiller Min, Pol. p. 8 sqq. 43 sqq. Bofsler gent.
sacerd. p. 1 sqq.
1461 ) Ritter Vorhalle p. 403 leitet den Namen der Butaden Ton
dem vergotterten Religionslehrer Indiens, Buddha, her.
353
Ackerbau sich aus ihrem Verhallnifs zuni Buzyges 1462 )
ergiebt.
Das Erechtheion, um auch von diesem Einiges zu sa-
gen, bestand eigentlich aus drei kombinierten Gebauden:
dera Tempel der Athene Polias, dem eigentlichen Erechtheion
(auch Kekropion genannt) und dem Pandroseion. Es lag
auf der nordlicheri Platform der Akropolis und war, wie
wir bereits gesehen haben, der Schauplatz der bedeutsam-
sten und altesten Cerimonien. Im Innern befand sich das
alteste Holzbild der Gottin, ihr heiliger Oelbaum 1463 ) und
ein Brurinen mil Meereswasser , den Poseidon entstehen
liefs. Hier brannte auch eine ewige Lampe 1464 ) und stand
ein Hermes von Holz, der Sage nach ein Weihgeschenk
des Kekrops, und ganz in Myrthenzweige eingehiillt. Dies
war offenbar ein phallischer und deshalb verhiillter Hermes,
der passend seirien Platz in dem Tempel der Gottin hatte,
die hie r als die Segen und Gedeihen verleihende verehrt
wurde 1465 ).
Die Athene TI&QWV*] zu Phlya fafst 0. Muller 1466 )
als gleichbedeutend mit TqiTcovrj, aus dem jener Name durch
14b2 ) Ueber ihn und sein Gescblecht vgl. Bofslerl. 1. p.lOsqq.
Preller Demet. p. 290 294.
1463 ) Ov% OQKS iov HeiataTQaTOV TOV c !EAA7jv, rov ld&i\VKiov t Ini
ir}V KXQOTlohv CCSl &eOVTK, (aGTlSQ TTJg KvSctlfJLOVtaS aVTO} XKTO()Vy(J.VT]S
ixsl Gvv rfj IkaCn TTJ Tialctia, XKV ZzTisar) fj,r] KV%6[AVOV xa&' r\Gv%lav
Jv ; Maxiin. Tyr. XXXV, 2 Reisk. '
1464 ) Der eine Palme von Erz als Schornstein diente. Pausan.
I, 26, 7. Vgl. Jahn. Arch. Beitr. p. 41.
1465 ) Vgl. Welcker Tril. p. 287 sq. Was die Verhullong
betriflft, so konnte die vielleicht auch ein en ahnlichen Bezug auf
herbeizuschaflfenden Regen haben, wie ahnliche Sitten bei den Serben
und Neugriechen. Grimm p. 560. Vergl. iiber das Erechtheion
Mullera.a.O. Encycl. p. 79 sq. .6sq.(Kl.Schr.II.p.l41sq.) Leake
Topogr.v.Athen. Inwood u. Quast. Das Erechtheion. Berlin 1840.
1466 ) Kl. Schr. 152, not. 93.
Lauer Griech. Mythologie. 23
354
Versetzung entstanden sei. Gerhard 1467 ) iibersetzt ,,die
Warmende." Wie dem auch sei, diese Athene ist dadurch
als eine a gr arise he charakterisiert, dafs sich der Altai*
derselben neben denen anderer Gotlheiten des Ackerbaues
fand, der Demeter Anesidora, des Zeus Ktesios, der Kore
Protogone und der Erinnyen 1468 ). Hierher ware auch die
Athene nctvict (mundartlich fiir ntyapovrj, Sattigung, Ueber-
flufs) in Argos 1469 ) zu ziehen, wenn die Lesart als eine
richtige angenommen werden konnte. Wenn die Wolke
das Erdreich befruchtet, und daher die Wolkengottin dem
Ackerbau vorsteht, so ist natiirlich, dafs sie auch den Pflug
erfiinden, Pferde und Ochsen anschirren und ackern gelehrt
hat. Athene fiihrt deshalb die Beinamen *AyQicpa U7 )
(Spaten, Rechen), /?oa^/wm 147i ), povdeia 1472 ) , vavgorto-
Aog 1473 ), tTTTr/a-fi/a 1474 ) xaAtvmg 1475 ), die dem Bellerophon
das Wolkenrofs Pegasos gezugelt, und daiiaaiTiTtog 1 " 6 ), die
Rossebandigerin.
2. Die ethische Athene.
a) Die Vorstellung von dem keuschen und jung-
frauliclien Charakter der Wolkengottin Athene ist nicht
1467 ) Hyperb. Rom. St. 1, 39.
1468 ) Pausan. I. 31, 4.
469 ) Paus. II, 22, 9.
147 ) Hesych.
1471 ) Tzetz. Lye. 520.
1412 ) Potter z. Lye. 358.
14 ") Sch. Aristoph. Lysist. 448. Snid. s. v. Welcker Ep. Cycl.
II. not. 32. Vgl. oben Artemis lavqonolos p. 296.
1474 ) Pans. I. 30, 4. Pind. Ol. XIII, 79. Soph. O. C. 1070. Vergl.
Spanh. z. Callim. Pall. 6, p. 610. und oben Erechtheus. BockhExpl.
Pind. p. 468.
1475 ) Paus. II. 4,1. Volcker Japet.156. Eckhel D.N. Tom.II.
237 sqq. Vgl. Pind. Ol. XIII, 81 sqq.
1476 ) Schol. Aristoph. Nub. 967.
355
eine durch Reflektion vermittelte, sondern aus der unmittel-
baren Anschauung der Wolke sich ergebende. Aus den
Gewassern sich bildend zieht die Wolke von ihnen an das
Hiinmelsgewolbe hinauf ; erscheint dies nicht wie eine Fluent?
als-ob die Wolke, die feuchte Umarmung dessen, der sie
erzeugle, fliehend sich dem Himmel in die Arme wiirfe,
damit sie, selber licht und rein, in den himmlischen, von
allem irdisch-materiellen freien Raumen ihre Unschuld be-
wahre? Dieser aus dem Hinaufziehen der Wolke her-
riihrende Eindruck ist denn auch wiedergegeben in dem
oben erwahnten Mythus, wonach Athene, ihrem Vater Po-
seidon ziirnend, sich dem Zeus zur Tochter gegeben habe;
sowie in demjenigen, was Herodot 1477 ) weiter iiber Fest-
gefirauche berichtet, vvelche die Machlyer und Auseer an
dem See Triton, der Geburtsstatte der Athene, ihr
zu Ehren begehen. ,,An dem jahrlichen Feste der Athene
kampfen die Jungfrauen der Machlyer und Auseer in zwei
Parteien wider einander mit Steinen und Kniitteln , indem
sie, wie sie sagen, nach Sitte ihrer Vorfahren ihre einhei-
mische Gottin feiern. Die Jungfrauen aber, welche an ihren
Wunden sterben, nennen sie unechte Jungfrauen. Und
ehe sie den Kampf enden, thun sieFolgendes: Sie schmucken
gemeinschaftlich die preiswiirdigste Jungfrau von beiden
Parteien mit einer vollstandigen hellenischen Riistung und
einem korinthischen Helme, setzen sie alsdann auf einen
Wagen und fahren sie rings um den See". Aber auch
abgesehen von ihrer Flucht aus den Gewassern erweckt die
in den reinen Hohen des Aethers schwebende Wolke die
Vorstellung des Keuschen und Jungfraulichen ; und daher
erklart sich denn auch, dafs ein anderer Mythus die Athene
ihren Vater Pallas gerade deswegen erschlagen liefs, weil
*") IV, 180.
23*
356
er.ihr.hatte Gewalt anthun wollen. Der My thus von dem
AngrifF des Hephaistos auf die Athene ist schon oben
(p. 336 sq.) gedeutet. Wegen dieses ihres jungfraulichen
Charakters fiihrt die Wolkengb'ttin die Beinamen
vos U78 ) (ihr Tempel TKXQ&GVWV, Jungfrauengemach), a
und x#ag(m>e 148 ). Schon oben (p. 59 sq. not. 44.) ist
darauf hingewiesen, dafs wir zur Bezeichnung geistiger Zu-
stande dieselben Ausdriicke gebrauchen, wie bei den natiir-
lichen. Weifs ist die Farbe der Unschuld und Keuschheit,
Schwarz die des Bosen (schwarze Seele); das natiirlich
Leuchtende und Klare erscheint auch als das geistig Er-
leuchtete, Klare (heller, klarer Kopf, Verstand). Das Weifse
wird zum Wissen. So weckte die helle, klare Wolke, als
Personlichkeit angeschaut, die Vorstellung von einer klugen,
wissenden Gottheit; nimmt man hinzu, dafs uns derGeist
selbst unter dem Bilde des Hauches erscheint, der Hauch
aber mit der Wolke im nachsten Zusammenhange steht, so
ist die Beziehung des Geistes zur Wolke noch inniger.
Vergleiche die Erklarung eines Kirchenvaters zu der Stelle
im II. Buch Mose, 13, 21 (Wolkensaule) : nvevfiafog yaQ
vecpshij ffVjW/SoAoj' 1481 ), wo der Hebraische Ausdruck das-
selbe Bild giebt. Daher.ist Athene, die Gbttin der lichten,
glanzenden Wolke, als welche wir sie oben (I, a) kennen
lernten, . nohvf}ovhos usz ), itQovoia (zu Prasiai in Attika in
einem vom Diomedes gestifteten Heiligthum 1483 )-, zu Delphi,
und zwar diese nicht zu verwechseln mit der ebendaselbst
1478 ) Horn, hymn. 9, 3. Jahn Arch. Zeit. 1848. no. 15.
* 479 ) Schpl. Arist. Nub. 967.
148 ) Aristid. hymn, in Minerv. Weitere Angaben iiber diesen
Charakter der. Athene s. b.ei Jacobi-Lex, p. 161.
1481-j Yg^ ^j e yersqhiedenen Bedeutungen von ns^ffuS im Lex.
u. Euphor. fr. 76.
" 82 ) ,260.
1483 ) Bekker Anecd. I. p. 299.
357
verehrteii nqovaia, s. tmten) und [,i<x%aviTig 1484 ) (zu Megalo-
polis), woraus auch eine Ath. cpdoffocpog gemacht ist 1485 ). -
Die kluge Wolkengottheit steigert sich zu einer prophetic
schen. Als solche stand sie im Heiliglhume des Apoll zu
Delphi 1486 ); dem Teiresias veriieh sie die Sehergabe 1487 ).
Wie die natiirliche Athene Herrin der Gewasser, so ist
die ethische
b) Herrin der Seefahrt. Wer die Schriften des
Cpt. Marryat gelesen hat, dem wird es bekannt sein, mit
wie grofser Sorgfalt die Schiffer den Zug, die Gestalt und
Farbe der Wolken beachten, weil ihnen das bei ihrer Fahrt
durchaus nothig ist 1488 ). Die kleinste Unachtsamkeit hierbei
fcann den Untergang des Schiffes herbeifiihren. Wenn die
Seeleute eine Wolke heraufkommen sehen, wissen sie gleich,
ob sie Sturm 1489 ), Regen oder Hagel bringen, wie der Wind
umspringen, ob die See unruhig werden wird oder nicht
u. dgl. m. Eine Hauptkunst des Seemannes beruht auf
richtiger Kenntnifs der Witterungsanzeichen, die ihm die
Wolke giebt. Aber die Wolke gleicht auch selbst einem
Schiffe 1490 ). Nun wird es uns klar sein, weshalb Athene
Schiffe zu bauen 1491 ), auf fliichtigem Kiele das Meer zu
1434 ) Paas. VIII. 36, 5.
1485 )S. Creuzer 111,309.322. 378.464. IV, 403.
1486 ) 7iQovaa, s. Wieseler die delphische Athene (ans den Got-
tinger Stndien). Getting. 1845. 8.
1487 ) Callim. Lavacr. Pall. 75 sqq.
1488) y gl% Thomson Sommer p. 1 52 sq.
1489 ) Vgl. ^/, 275 sqq. ayst M re lailnna JioU^v.
149() ) ,,Am_felauen Himmel oben schifften die weifsen Wolken."
Heine Reisebilder. Hamb. 1826. Th. I, 137. ,,Mit schnellen Schritten
segelt der verdoppelte Danst, Hanfen an Haufen, an denbeladehen
Himmel hinauf." Thomson Fruhl. p. 14.
1491 ) So heist sie Maxim. Tyr. diss. XXXVII. Tom.II,214Reisk.
ij tvgfris TOV egyov TOVTOV (nemlich des Schiffes). Erfinderin der
Argo (des ersten Schiffes, Ammian. Marc. XXII, 8. Vgl. Burmann
358
durchfahren gelehrt hat, weshalb sie auf Vorgebirgen und
in Seehafen verehrt wird, Sturme erregt und stillt (avs-
^ucortg) 1492 ); weshalb der Schiffer ihr Bild auf seinem Schiffe
fiihrt und wiederum ihr dankt, wenn er nach gliicklich voll-
brachter Reise mil freudigem Herzen den heimischen Strand
betritt (x{}aala, s. obenp.327).
Zu einer Erweiterung dieser Vorstellung mb'gen uns
einige Worte Gb'the's fiihren. ,,Verzeihung, sagt er in einem
Briefe von seiner Italienischen Reise 1493 ), dafs ich so sehr
auf Wind und Wetter Acht habe: der Reisende zu Lande,
fast so sehr als der Schiffer, ha'ngt von beiden ab" 1494 ).
z. Valer. Flacc. II, 287) Claudian. B. Get. 15. Tertullian.de spect.
cp. 8. Phaedr. fb. IV. 6, 9 : Fabricasset Argus opere Palladio ratem
Inhospitalis prima quae Ponti sinus Patefecit. Valer. Flacc. I, 93.
Aristid. Orat. in Min. Tom. I. p. 23, 26.
1492 ) Paus. IV. 35, 5.
1493 ) Bd. XXin, 6. ed. 1840.
1494 ) Und die Wolke gleicht dem Wagen. Daher fahrt Athene
auf einem Wagen Aesch. Bum. 381383 Well. ,,Von dort kam ich
den Tinermudeten Fuls verfolgend olme Fliigel, indem ich sausen
machte die Hohlung der Aegis , nachdem ich diesen Wagen mit un-
ermiideten Gliedern (oder Fallen xioKois, nta^ois) angeschirrt." E, 745
heifst es von Athene: Iff <T o^fa (pAoyecc noal p^cfero. Vgl. II Reg.
2,11: ,,und es geschah, als sie fortgingen und redeten, siehe da,
ein F cue r wag en und Feuerrosse, die trennten Beide, und Eli-
jahu fuhr auf in einer Wetterwolke gen Himmel." Psalml04,3:
,,Du fahrst auf den Wolken wie auf einem Wagen, und
gehest auf den Fittigen des Windes." Von Herkules sagt Ovid.
Met. IX, 272: Quern pater omnipotens inter cava nubila raptum Qua-
drijugo curru radiantibus intulit astris. Vgl. uber Romulus Horat.
Od. III. 3,16: Quirinus Martis equis Acheronta fugit. Ovid. Met. XIV,
808 sqq. , wo Mars mit seinen Rossen den Romulus zum Himmel
fahrt, nachdem Jupiter die Luft mit Wo Ik eh verhiillt und die Erde
durch Donner und Blitz erschreckt hat. [Uebertragen und- ohne
natursymbolische Bedeutung: Propert. III. 16, 8 (wo Ariadne mit dem
Luchs des Bacchos zum Himmel fahrt.)]. ,,O konnf ich mit Euch
jagen, auf dem Wolkenrofs, durch die sturinische Nacht, iiber die
rollende See , zu den Sternen hinauf." Heine 1. 1. I, 227. ,,Wolken
fahren iiber die Himmelshohn." Thomson Winter p. 104. ,,Wolken-
gespann" Thomson Friihl. p. 63.
359
Darum war denn auch dieselbe Athene die Gottin, welche
die Wanderer zu Lande sicher geleitete; und sie ist daher
z. B. doppelt berechtigt zu der Rdlle des Mentor, in wel-
cher sie den Telemachos nach Pylos begleitet, nemlich als
seine und seines Vaters Hausgottin und als die Gottin
gliicklicher Land- und Seefahrt iiberhaupt. Als solche (und
als Gottin, die allera Kampfe, allem Siege vorsteht) steht
Pallas Athene dem Menschen als schutzbringende Helferin
in den Kampfen des Lebens, als Fiihrerin der Heroen, die
im Thatendrange die Lander durchziehen und die Fluthen
durchschiffen, steht sie einem Perseus, Bellerophon, Herakles,
Tydeus, Diomedes und Odysseus leitend, errettend, sieg-
,verleihend zur Seite.
Wie im Naturleben, so schafft die Wolkengottin
c) auch im Menschenleben Fruchtbarkeit und
Gedeihen. Denn wie Hunger Seuchen, Fruchtbarkeit
aber Gedeihen giebt, so giebt die Wolke auch den Men-
schen Gedeihen, also den Miittern Fruchtbarkeit, den Kin-
dern Wachsthum, den Geschlechtern und Volkern Wohl-
ergehen und tiichtigen Nachwuchs UDS ). Daher ist Athene
auchVorsteherin der Heilkunst. Der Athene c Fy/eta 1496 )
sollten die altesten Athener einen Altar gestiftet haben 1497 ).
Eine Ath. c Yylsia sah Pausanias U98 ) auf der Burg zu Athen
1495 ) s. Porpbyr. b, Prod. z. Tim. Lb.L
a * 96 ) Pet. Zorn de Minerva medica. J. P. Reinhard Prgr.de
Minerva medica, ad Curtii Ib. III. cp. 7. Erlang. 1763. 4. B. Thor-
lacius Athene Graecorum Hygia. Hafn. 1804 (Opusc. Tom. 1, 112 120)
und Minerva Romanor urn medica. Hafn. 1805. (Opusc. Tom.1,139 149).
Vgl. Gruter p. 1067. Ch'r. Cellarius Dissertt. acad. p. 234. Gori
Mns. Flor. II. p. 11.8. J. Hardouin Oper. select, p. 121 sq. J. H.
Meibpm Comm. in jusjurand. Hippokratis. p. 62. J. H. Schul-
zius Hist. Medic, p. 74. Ez. Spanheiin Ep, IV. ad Morellom
p. 218.
t497 ) Aristid. h. in Min. Vol.1, p. 14Jebb. p.22Dind.
1499 ) 1,23.4.
360
neben Asklepios und Hygieia u "). Als Hygieia hat
Athene einst gerade auf der Burg augenscheinlich Hiilfe
geleistet und zvvar dem Manne, der, wie kein andrer, jenen
Wohnsitz der grofsen Gottin verherrlicht hat. Perikles 1500 )
hatte die grofsen Baudenkmale daselbst fast vollendet. Eberi
war er npch daran, die Propylaen anzufiigen, als sein Diener
Mnesikles, der den Bau besichtigte, von der Hohe hefab-
fallt. Er liegt scliwer danieder, und die Aerzle geben alle
Hoffnung auf. Da erscheint dem tiefbetriibten Perikles
Athene im Traume und giebt das Mittel an, durch dessen
Gebrauch Mnesikles in Kurzem wieder hergestellt wird.
Deswegen ward auch der Athene Hygieia ein Erzbild neberi
dem Altar auf der Burg (der friiher schon da war, wie
man sag!) geweiht. Das Mittel war das Mauerkraut ge-
wesen. Es wurde aber seitdem das Kraut der Jungfrau
genannt 1501 ). Auch wurde darauf gesehen, dafs durch sorg-
faltige Ahpflanzung dieses Krautes um die Burg herum die
wohlthatige Hiilfe der grofsen Burggottin im Angedenken
der Nachwelt erhalten ward" 1502 ).
Da iiberhaupt einmal der Begriff des ,,Gesundheitver-
leihens" mit dem Wesen der Athene verkniipft war, so
bedurfte es nicht einer gerade nach diesem Begriff beige-
nannten Athene, um ihr fiir Gesundheit und Wohlergehen
zu danken. So finden wir Votivtafeln von Kranken der
1499 ) Ueber diese Statue vgl. Bergk Z. f. A. 1845. XI, 966 sqq.
Leake Topogr. p. 248. Ob iibrigens, wie Creuzerlll, 404 will,
die Hygieia sick erst von der Ath. Hygieia zu einer selbststandigen
Gottheit, ahnlich wie Agraulos, Pandrosos u. A., losgelb'st liabe, will
ich dahin gestellt sein lassen. Eine andere Statue der Ath, 'Yy.
im Demos von Acharnai, Pans. I. 31, 6.
150 ) Plutarch. Pericl. cp. 13.
15( ") IlaQteviov. Plin. H. N. XXII. 17, 20.
1502 ) Plutarch. Sulla cp. 13. Creuzer HI, 404 sq.
361
Athene Jlo/Uag 1503 ) und der IlaUas TQiToyevrjs 150 *) dar-
gebracht. Eine Athene TlaLcovia stand am Kerameikos-
thore 1505 ); eine solche war auch zu Oropos im Tempel des
Amphiaraos, an einer Seite des Altars neben Aphrodite,
Panakeia, Jaso und Hygieia 150e ). Hierher gehort vielleicht
auch die Ath. y lccaovla i507 ). Die Athene (jp^a^/a 1308 ) isl
wahrscheinlich die Athene, der mit dem Zevg cpQUfUQiog an
dem Feste der Apaturien geopfert wurde 1509 ), und die in
Troizen geradezu *Anaxov(>i(x hiefs 1510 ). Das Fest fiel zu
Athen in den ryanepsion und dauerte mehrere Tage. Der
erste Tag hiefs doQnsia^ 11 ) oder doQnla l * iZ ), von dem
Zweckessen, zu dem die cpgavoQeg zusammenkamen ; der
zweite avaQqvais von ava^vsiv = opfern ; der dritte %ov-
QECOTIS vom Einschreiben der Knaben und Madchen in die
Phratrien; der vierte enlfida (Nachfest) "").
Der Hauptfesttag war immer der dritte, an welchem
die in dem Jahre gebornen oder iiberhaupt die noch nicht
den Phratoren prasentierten Kinder diesen vorgestellt, und
fiir jedes Kind ein Schaaf oder eine Ziege, XOVQSIOV, ge-
1503 ) CreuzerIII,404.
1504 ) Inscr. b. Rofs Demen no.26. p. 55.
1505 ) Paus. I. 3, 5.
1506-j Paus. i.34 } 3.
1507 ) Sell. Apollon. I, 955.
1509 ) Plat. Euthyd. p. 302 D., wozu d. Sch. beinerkt:
TO tqiiov (J.BQOS xdazi]s (pvlris XKI ji&qvS (pgarQiK
E(pOQOS-
1509 ) Sch. Aristoph. Ach. 146.
1510 } Pausan. II. 33, 1.
"") Sch. Aristoph. 1.1.
1512 ) Pollux VI, 102.
1513 ) Vgl. Hermann I. ..100. II. . 56,28. sqq. 48, 12. 46,8.
Meier de gentil. Att. p. 11 14. O. M'dller Prolegg. p.40Isq.
C. W. Miiller (Prof, in Bern) in Pauty's Realencykl. s. v. p. 592 595.
Der Ergotzung halber auch Creuzer Symb. IV, 151 160.
362
opfert wurde 1514 ). Der Darbringer des Opfers hiefs
ytayog, das Darbringen usiaywy&v und das Thier selbst
fisiov. Als Grund dieser Benennungen geben die Alien an,
das Gewicht fiir das Opferthier sei festgesetzt gewesen,
nichtsdestoweniger aber batten die Phratoren jedes Thier
zu leicht befunden und deshalb [isiov, fielov gerufen
natiirlich wegen des besseren Opferschmauses 1515 ). Doch
mag urspriinglich in diesem Zuruf ein faustum omen fiir
das gute Gedeihen des Kindes selbst erblickt worden sein.
Denn wie das ganze Fest des jungen Nachwuchses wegen
gefeiert wurde, so bezogen sich auf denselben auch die Ein-
zelnheiten des Festes. Die Ableitung seines Namens von
anciTav ist eine Spielerei 15i6 ), die auch die Geschichte zur
Erklarung desselben hervorgebracht hat. Der Name ist von
a = a^ict und einem Derivativum von TtctTrjQ gebildet, dem
Zvvecke des Festes entsprechend. Ebenso ist der Name
der Aphrodite ajiatovQOS zu deuten. Dies Beiwort be-
zeichnet sie sowohl wie die Athene als die Gottin, welche
den Phratrien Gedeihen giebt. Deshalb brachten zu Troizen
die Jungfrauen bei ihrer Vermalung der Athene ld.no.-
vovQty ihren Giirtel dar 1517 ). Daher hat .die Sage guten
Grund, die den Theseus, welcher die zerstreuten Gemein-
den Attika's urn Ein Prytaneion und in Eine Stadt am Fufse
der alien kekropischen Burg vereinigte 1518 ), in dem Heilig-
1514 ).Bekker Anecd.273. Etym.M.533,35.
i5i5-j Hapokr. Suid. Phot. s. v. pstov. Sch. Aristoph. Ran. 798.
Bekker Anecd. 279, 7. Etym. M. 533, 37. Pollux III, 53. vgl. C. F.
HermannZ.f.A. 1835. p. 1142. u. St. A, 100,11.
1516 ) Der Lycophr. Cass. 936 seine Athene cUom? (die Verfiih-
rerin) nachgebildet hat. .
1517 ) Paus. II. 33, 1, was nach Stat. Theb. II, 253 auch zu Argos
stattfand.
1519 ) Hermann St. A. .97.
363
thume dieser Athene zu Troizen gezeugt sein liefs l519 ).
Seine Mutter Aithra (Helligkeil) stand also vermuthlich in
demselben Verhaltnifs zu Athene in Troizen, wie Aglauros
in Athen 1520 ).
Dies Fest und also auch die damit zusammenfallende
Verehrung einer Stamm- und Nachwuchs fordernden Athene
war alien Jonern, soviel deren von Athen abstammten, ge~
mein 1521 ), und nur den Ephesiern und Kolophoniern nicht
wegen eines Mordes. Sonst noch wird das Fest bezeugt
fur Chios 1522 ) und Samos 1523 ); auch fiir Kyme lafst es sich
oder doch ein ahnliches Fest voraussetzen wegen des dor-
ligen Monats (DgaTQiog 1524 ). r Ganz aur Seite dieser
Athene qjQdTQia und anaTOVQla stellt sich die 3 A&. revrj-
S 152S ) und zu Elis die 14#. JH^r^ 1526 ). Sie verdankt
ihren Namen und ihr Heiligthum folgender Veranlassung.
Als Herakles Elis zerstort und das Land von jungen Leuten
entvolkerl hatte, flehten die Frauen zur Athene, dafs sie
doch mochten von der ersten Zusammenkunft mit ihren
Mannern schwanger werden. Sie wurden erhort und stif-
teten der Athene mit dem Beinamen Mjji^ ein Heiligthum.
Das Verstandnifs dieser Sage ergiebt sich nach dem
eben Gesaglen von selbst, und ich begreife nicht, wie
Schwenck 1527 ) sagen kann: ,,Wi e dies zu fassen sei, ist
nicht leicht zu sagen, und man kann die Frage nicht ab-
weisen, ob dieses Hellenisch sei oder nach Elis gelangte
tsl9 ) Pans. II. 33, 1. Hygin. fb.37. p. 98 Stay,
1S2 ) O. Miiller Encykl.p.89. .27. (Kl. Schr.II, p. 168.)
1S21 ) Herod. 1, 147.
1SI2 ) Said. "OfAriQos.
1523 ) Herod. Vit. Horn. cp. 12.
1524 ) Hermann Monatskde. p. 80.
1525 ) Creuzer Melett. I. p. 23.
1526 ) Pausan. V. 3, 2.
1527 ) Myth. Skizzen p. 65.
364
auslandische Religionsansicht, welche dort vermuthet werden
darf. Wir kennen aber das Alter dieser Mythe nicht, und
da sie verschiedene Erklarungen zulafst, miissen wir sie auf
sich beruhen lassen." Wir brauchen uns auch nicht ab-
zumiihen, wie wir den Granatapfel (Symbol des ehelichen
Segens) deuten sollen, den Athene Nike auf der Akropolis
zu Athen in der rechten Hand hatte 1528 ). Segen im Frieden
und Segen im Kriege, das ist es, was man an diese Athene
ankhupfte und von ihr wiinschte.
Athene SCOTSIQCC hatte im Pei.raieus ein Heiligthum 1529 ).
Im Allgemeinen freilich bezeichnet dieser Beiname der
Athene die Gottin iiberhaupt als die Retterin, Helferin in
jedweder Noth und Gefahr 1530 ); doch auch oder vielmehr
ebendeshalb in specie als die Retterin aus Krankheit. Dah'er
denn z. B. Aristoteles in dieser speciellen Riicksicht in
seinem Testamente. dem Nikanor, fiir dessen Genesung er
Geliibde gethan, auftrug, die gelobten Weihgeschenke in
Stageira 'dii GCOTTJQI xal 3 ^4&i]v<x GfOTeigfl darzubringen 1531 ).
Hieher gehoren auch die 3 A&. aAeftxaxog 1532 ) und eniaxo-
Trog 1533 ),' welchen Beinamen die Gottin mit Riicksicht auf
das sorgsam wachende und scharf blickende, schon von
feme jede Gefahr abwendende Auge fiihrt 1534 ).
c/) Reicher noch sind die Vorstellungen, die man sich
1528 ) Harpokr.
1629 ) Lycurg. c. Leocr. cp. 6. O. Miiller Encykl. .10. p. 81.
not. 70.(Kl.Schr.II,p.l48.) Vgl. Spanheim z. Aristopli. Plut. 1176.
Paus.1. 1,3.
t530 ) Sch. Aristoph. Rah. 378: KIQEIS rrjv' 2(OTiQKV~] eaiiv A&i\-
vyOt 'A\hiVK 2<aTiQtt AEyOjii^Vrj, f; xl $vov6iv. Lycurg. gegen
Leocr. .17.
1531 ) Diog. Laert. V, 16.
1532 ) Aristid. h. in Min. p. 16Jebb. p.26Dind.
1533 ) Solon, fr. Ill, 3 Bgk.
1534 ) Aus derselben Riicksicbt heifsen die Goiter, im Allgemeinen
t. s. Spanli. z. Callim. Jov. 82. p. 64.
365
von der Athene als der Stadt und Staat schutzenden
gemacht hat, die aber alle in dem Natureharakter derGollin
begriindet sind. Inwiefern namlich mil dem Ackerbau noth-
wendig ein sefshaftes Leben verbunden ist und die Griin-
dung von Gemeinsehaften, fur die wiederum Ordnung, Recht
und Gesetz eine nothwendige Bedingung ist, so war es
natiirlich, dafs die Wolkengottin, welche Saaten
und Menschen Gedeihen und damit die Grundlage
des staatlichen Lebens gab, auch als Beschutze-
rin der Stadte, Vorsteherin der Volksversamm-
lungen und Volkerverbindungen verehrt wurde.
So die ]A&. nofadg, die Behuterin der Stadt, zu Athen, wo
man dieser Gottin die Panathenaeen feierte (s. unten), zu
Troizen 1535 ), zu Erythrai 1536 ), Megalopolis 1337 ), Priene 1538 ),
Lindos auf Rhodes, und von hier iiber Gela nach Kamarina,
Agrigent 1539 ) ; noliovws in Chios 1340 ), auf Kreta 1541 ), in
Sparta 1542 ); nohiaTiQ in Tegea 1543 ), in deren Tempel der
Priester jedes Jahr nur einmal ging. Das Heiligthum hiefs
TO rov SQVf^ccTog IsQOv (das Heiligthum des Schutzes) und
es ging die Sage, dafs Athene dem Kepheus, Sohn des
Aleos, Haare von der Medusa geschenkt habe, als Unter-
pfand der bestandigen Unbesieglichkeit der Stadt. In Abdera
1535 ) Pausan. II. 30, 6.
1536 ) Pausan. VII. 5, 9.
1537 ) Pausan. VIII. 31, 9.
1638 ) Bockh C. J. no. 2904.
1539 ) s. Bockh Expl. Pind. p. 148 sq., der die aaffallende Be-
merkung macht: ,,tam Athenas autem quam Lindum Polias Minerva
ex Aegypto videtur advecta esse una cum artis sculptoriae initiis."
vgi. p. m.
154 ) Herodot. I, 160.
1541 ) In einer Kretischen Bundesnrkunde bei Gruter Thes.
p. DV. V, 12.
1542 ) Pausan. III. 17,2.
1MS ) Pausan. VIII. 47,5.
366
hiefs Athene sTcrnvgylvis 1544 ), Thurmbeschiitzerin ; eine
<^i
Athene nvlaiTig. wird mehrfach genannt 1545 ). Die ld&. xAet-
tfotftog 1546 ) zu Athen auf die Stadtbeschutzerin zu beziehen,
rath der Zusammenhang der Stelle bei Aristophanes 1347 ).
Die Athene %ahtloixos- zu Sparta war dieselbe mil der
yroAtotftog. Das, was Pausanias 1548 ) sagt, zeigt deutlich,
dafs der Name zwar zunachst wohl davon genommen sein
mag, dafs der Tempel aus Erz gebaut war ; aber wiederum
war er aus Erz gebaut mit Riicksieht auf die Bedeutung
der Gottin, der er gewidmet war. Reiche Nachweisungen
giebt Creuzer Symb. Ill, 438 sq.
Es reicht aber zum Wohlergehen und Bestehen des
Staates nicht hin, dafs derselbe vor aufsern Gefahren ge-
schiitzt sei: es mufs auch im Innern Ruhe und Frieden,
Recht, Gesetz, Eintracht u. s. w. herrschen. Daher mufste
auch hieriiber Athene wachen. Die Beinamen, welche sie
nach dieser Richtung charakterisieren , sind:
1544 ) Hesych.
1545 ) Lycophr. Cass. 356, wo Tzetzes: Iv tais nv^aig yuQ Kv-tr\v
TWV noie(ov zed T&V olxuav, vgl. Sch. Aesch. S. c. Th. 171:
<?/ TO av<o&V laTaG&ai TKUTTJV iwv Trjs nolscos nvhtov.
1546 ) Aristoph. Thesm. 1142, vermuthlich dieselbe, welche Phei-
dias gebildet liatte. Plin. H. N. XXXIV, 19. Ueber diese Athene Tgl.
Preller in Gerhard Arch, Zeit. 1846. no. 40.
+7j y gl . Creuzer Syinb. 111,367. not. 1. IV, 198. Wesseling
Observ. I. p. 7, dem Meineke zu Euphor. p. 108 (An. Alexdr.) bei-
stimmt. Auf die Welsh eit der Pallas bezogen es Bellermann
(Scarabaen-Gemmen. St. 1. p. 23). Indefs die mysteriose Bedeutung
des Schliissels ist eine spatere. Die Priester haben ihn, eben weil
sie das Heiligthum verschliefsen und hiiten. Allen Zweifel hebt
Euphorion (fr. 68. p. 107 Meineke ed. II.), welcher von Athene als
Schutzgottin von Dyme sagt: IJTIS %'S x^r(iSas
,Kir]S-
1548 ) III. 17, 2 u. 3.
1549 ) Callim. Pall. 52.
367
*
1551 ), fiovfala 1552 ). Daher schwo-
ren bei ihr und dem Zeus {tovhatos die fiovfavrai bei ihrem
Eintritt in das fiovfavTrJQiov , in welchem auch beide Golt-
heiten ein ISQOV batten I553 ). Wahrscheinlich dieselbe Be-
deutung hat auch die ^AQ-. a^ov^lct zu Sparta 1554 ); ayogalcc
zu Sparta 1555 ), Vorsteherin der Volksversammlungen. Was
von dem einzelnen Staate, dasselbe gilt auch von den Volker-
verbindungen; auch sie stehen unter der Obhut der Athene.
Hierher gehort die ld.&. nava^dtg (die Athene aller Achaier)
zu Patrai 1556 ), vermuthlich Bundesgottin einer achaischen
Aniphyktionie, vvie sie es von einer boiotischen, den Pam-
boiotien 1557 ), unter dem Namen 'Irwvla 1558 ), vaia, :viag,
vlg wa'r. Ueber diese Ath. Itonia mufs ich der Kiirze
halber auf Creuzer III, 375 sqq. verweisen.
Anm. d. Herausg. In dem Entwurf zum Grnndrisse folgen hier
die in dem Heft und dem grofsern Aufsatz nicht erwahh-
ten Beiworter ^ev(a t und yon diesem abgesondert nqa-
%iSixij und al-ioTtoivoS' Wie das erstere sich an Athene als
Vorsteherin der Volkerverbindangen anschliefst, erhelltvon
selbst; weshalb- die letztgenannten Beiworter hier stehen,
geht aus den Einleitungsworten za dieser Abtheilang hervor.
155 ) Sch. Aristoph. Av. 515. Vgl. Bockh C. J, I. p.477. Leake
Topogr. v. Athen p. 156. not. 3.
1551 ) Auf einer Gemme. Leake Morea, Tom. II, 80.
1552 ) Tafel dilucid. Find. (Ol. VII, 71 sqq.). Vol.1. p.256sqq.
1553 ) Antiphon. de chor. .45. p. 146. Vergl. Hermann St. A.
. 137, 2. p. 382.
1554 ) Paus. 111.13,6.
1555 ) Paus. IH. 11, 9.
155G ) Paus. VII. 20, 2.
1557 ) rear na^oioTi(ov IO^TTJ, in Koroneia gefeiert (Pint. narr.
amat. 4, 5), und zwar nach der Erndte, in welche Zeit auch die Pan-
athenaen fielen; daher mochte man in der 'Ircavta eine Sntwia
vermuthen.
155S ) Steph. Byz. p. 151, 15 West. O. Miiller Orch. p. 384sq.
Me in eke An. Alexdr. p. 190.
368
e) Die Richtung der eben behandelten Beinamen ging
auf die Sorge urn die Wohlfahrt derSladt und des Staates.
Nun ist klar, dafs diese Sorge, soweit sie sich auf den
Schulz vor Gefahren bezieht, nicht bios eine die Gefahr
verhiitende, im voraus abwendende sein kann, sonderii oft
auch eine die wirklich eintretende Gefahr zuriickschlagende
sein mufs. Der kriegerische Charakter der Athene
kniipft sich aber schon natursymbplisch an die Anschauting
der Wolken, die, wenn der Sturm sie aneinander jagt, das
lebendigste Bild, die sich unmittelbar aufdrangende Vor-
stellung des Kampfes geben. Wolke gegen Wolke seheint da
zu streiten oder, wie die Mythe nach poetischer Auffassung
es ausdriickt, Athene gegen die Schwester oder die Ge-
spielin 1559 ). Die B.einamen, welche Athene in dieser Riick-
9j j)j e Yorstellung Y0 n der Kriegerlichkeit der Wolke ist den
Neuerh nicht minder gelaufig als den Alten. So sagt Thomson,
Sommer p. 153: ,,Das Ungewitter mustert seine Kriegsmacht an der
Stirn des Vorgebirges." Vgl. Heine, Reisebilder p. 236 sq. Find.
Pyth. VI, 10 sqq. nennt ,,den winterlichen Regen das rauhe Heer der
laut rauschenden Wolke," die hier also als Kriegsherrin gedacht ist.
Umgekehrt hat man auf Kriegsschaaren haufig das Bild der Wolke
angewendet. So sagt Plut. Mar. XI, 5 von den Cimbern, ,,sie waren
d'freg vtfpos in Italien eingefallen." Bei Homer ^/, 274 heifst es
geradezu: Spa 3s v(pos tfnsro ns^cSv; und in den folgenden Versen
wird die Sturm bringende Wolke mit den dunklen Schaafen der
beiden Aias yerglichen, wie wir von Colonnen sprechen, die
zum ,,Sturm" anriicken. Sehr schon nennt Aeschylus S. c. Th. 82.
den Staub den stummen Boten des Heeres; wir wiirden von einer
Staubwolke der Marschierenden reden. Wie vielen Einflufs hat nicht
auch der Stand der Wolken und die Richtung des an sie gekniipften
Windes (Staub, Regen, Hagel etc.) auf Gewinn odeir Verlust der
Schlachten, vgl. die Beschreibung der Schlacht am Krimesos in Plut.
Vit. Timoleont. cp. 27 sq. Wie die griechische Wolkengottin Athene
kriegerischen Charakter besafs, so auch die Nordischen Valkyrien,
iiber die man vgl. Frauner die Walkyrien der skandinavisch-ger-
manischen Goiter- und Heldensage. Aus den nordischen Quellen
^argestellt. Weimar 1846. 8. VIII. u. 88 S.
369
sicht fiihrt, sind: 7iofaf.iad6%og i5GO ),
1562 ), ayelaia 1563 ) , ela I564 ) , 1S65
,
Volksfiihrerin , oder 1 und 2 Beutemacherin, 3 Heer-
denbeschiitzerin , A^irtg 1566 ) , XacpQia 1567 ), * 1568 ),
Vertheidigerin, vlxi] 1569 ) , VLK^OQOQ! 157 ), siQqvofpo*
Qog i57i ), (durch den Sieg, den sie verleiht), cpofisai-
1574 ) , <7tf
156 ) Alcaeus fr. 7 Bgk. Phrynich. -bei Sell. Aristoph. Nub. 967.
os C. J. no. 3538 (II, 856) noltfj-odozos , Stesicli. bei Tzetz.
Cliil. I, 683.
1564 ) Anacr. 57, 14. p. 733 Bgk. Orph. hymn. XXXI.
1562 ) Creuzer 111,464.
1563 ) Was hat es mit der Glosse bei Hesych. I, p. 40 : !4yA/ff. .
clyQKviovs. auf sich? Haben wir hier eine Coincidenz?
1564^ ^ 128. E, 765. Z,269. (y, 378 als Var. fiir xvftobj) r, 359,
TT, 207. Hesiod. Th. 318.
1565 ) Creuzer III, 342. J ac obi Lex. s. v.
1566 ) K, 460.
15G7 ) Lye. Cass. 356. (?j ayouaa TK tx TOV TtoJLspov JidfpvQa Tzetz.
p. 560 Miill.) 1416. Hesych. J. p. 42 'Ayetefys' ^acpvQaycoyov XKI ^yoy-
fj-svrjs TOV Tiohsftov. 'A&qvcis TO tTii&STOV. u. p. 38: i^ycAc/jj' ciyovaa
ieiav. ieia Ss lerzt xriffffff TtTQctnodaiv.
1568 ) Cornut. N. D. 20. Ihr stiftete Orestes nacli seiner Frei-
sprechung einen Altar, Pausan. I. 28, 5. In Plataia ein Tempel aus
der persischen Bente (Plutarch. Aristid. 20) erbaut und mit einer
Statue von Pheidias geziert. Nach der UQEIK hat wohl Lye. 1416
seine MK^QOK gebildet.
15b9 ) O. Muller Arch. . 370, 7. p. 540. Als solche hatte sie auf
der Burg von Megara ein Heiligthum, Euripid. Jon. 1529. vgl. 457,
Pausan. I, 42, 4.
157 ) C. J. no. 3553 (II, 865). Orph. hymn. XXXI.
T1 ) Inscr. bei Paciaudi Mon. Pelop. I, 31.
1572 ) Aristoph. Eq, 1177.
1573 ) Callira. Pair. 43. Aristoph. Nub. 967. i&q. Sch.
1574 ) Als solche von Pheidias dargestellt, O. Muller Arch.
. 11&,3. p. 101. . 370, 4. p. 339.
i575-j 2u Argos. Das Heiligthum der Sage nach von Hegeleos,
Sohn des Tyrsenos gegrundet. Tyrsenos hatte die Trompete erfun-
den und Hegeleos die Dorer, welche mit Temenos kamen, mit die-
sem Instrumente bekannt gemacht. Pausan. II. 21, 3. Creuzer 111,437.
Hierbei bietet sich von selbst dar Soph. Ai. 17, wo Odysseus von-
Lauer Griech. Mythologie. 24
370
(Militaris), av^fia^og 1577 ), TraAA^v/g 1578 ), VTQV-
Athenens Stimme sagt, dafs sie ,,wie tyrrhenischer Erzmundiger
Feldtrompeten-Schall sein Herz erfafst." Vgl. Aesch.Eum. 566 sqq.
Klausen Aen. II. p. 1240 sqq.
Wir kb'nnen unentschieden lassen, ob, wie O. Miiller Dor.
II, 327. not. 1 behauptet, ,,die Athene erst Vorsteherin der aa).nfyxT<xi,
2a).7iiy zu Argos geworden ist, da sie schon Schutzgottheit der
Flotenspieler war, wie dies zu Sparta der Fall war. (Anderwarts
vielleiclvt nicht, wo. sie sogar gegen die Flb'te gesonnen dargestellt
wurde. vgl. Melanippides bei Bergk P. L. p. 848 (fr. 2) u. Schmidt
Dithyramb, p. 78). Denn aus Polyaen. 1, 10 kann man deutlich abneh-
men , dafs die Sia^arriQia an der Grenze Lakonikas bios deswegen
anch der Athene errichtet wurden (s. p. 236), weil diese durch die
Floten den Taktschritt des Heeres leitet." Aber nur mit Riicksicht
auf den kriegerischen Gebrauch der Flote ist Athene fiir deren
Erfinderin gehalten worden. [Hesych. I. p. 127, Idd-rjva- eWos avkov.
Mcyaxteidri. Lehrt den Apollon Flotenspielen, Korinna fr. 29Bgk.
fans Plutarch, de Music, cp. 14)]. Vergl. die Citate bei Creuzer
HI, 311 sq. C. Bartholin de Tibiis veter. Besonders aber Bb't-
tiger iiber den Mythos von Erfindung der Flote in WielandsAtt.
Mus. I, 285 sqq. 349 sqq. (Kl. Schr. I, 3 sqq.). O. M tiller Arch. 371,6.
p. 543. Auf einem Sarkophag der Villa Pamfili (Gerhard Kstbl.
1824. p. 149 sq. Hyperb.-rom. St. I, llOsq. Luigi Cardinal! Sarcofago
antico rappresentante la favola di Marsia esporto ed illustrate. Rom.
1824. 4. Braun Allg. Encykl. v. Ersch u. Gruber 111, 10. p.226sq )
auf der linken Seite ist Athene dargestellt, wie sie gegen eine am
Boden gelagerte Flnfsgottheit mit den langen Floten, von denen jede
Hand eine halt, anstiirmt. ,,Der Maander, in welchem sie ihr ent-
stelltes Antlitz abgespiegelt erblickte und gegen den sie deshalb ihren
Zorn auszulassen scheint, ist allerdings nicht ohne Anzeigen weib-
licher Bildung. Der Rohrstengel, welchen die Figur halt, und der
Wasserkrng, auf den der linke Ellbogen aufgestutzt ist, setzt indes-
sen die Anwesenheit einer Flufsgottheit aufser Zweifel. Nicht ohne
Bedeutung mag der Lorbeerbaum sein, welcher in der Gegend, von
welcher die jungfrauliche Gottin herbeigeeilt kommt, am Ende des
Marmors aufgewachsen ist. Minerva selbst tragt als unzweideutiges
Abzeichen den Helm auf dem Haupte, der lang herabgehende Dop-
pelchiton dagegen ist ohne den Waifenschmuck der Aegis." Braun
p. 227. Auch auf der Hauptseite erscheint sie mit Aegis, Helm und
Lanze bewaffnet.
1576 ) Lucian. dial. Deor. IX. vielleicht identisch mit der Athene
(Paus. IX. 17, 3) s. Winckelmann IX, 347.
1S ") Creuzer III, 321 not.
15 " 9 ) Herod. I, 62. Eur. Heraclid. 849 sq. 1031. Nach Riickert
371
579 ) (Unbezwungene), a#mas 1580 j u. a. In der Kunst
erscheint Athene fast immer als kriegerische Goitin; sellen
wird sie ohne Helm und Lanze gebildet.
f) Wie die Wqlke als Ziegenfell angeschaut worden,
habe ich friiher mehrfach erwahnt. Aber man kann nach
einer andern Vorstellung aus ahnlichem Kreise die Wolke
auch anschauen als ein Gewand 1581 ), buntgewirkt und ge-
stickt, mil goldenem Saum und purpurner Verzierung.
Belrachten wir ein recht schones von der Sonne beleueh-
tetes Gewb'lk, wenn es so in allerlei Farben iiberspielt;
oder sehen \vir die einzelnen kleinen Wolkchen, die wie
p. 57 ,,die jungfrauliche." Konnte auch wohl die ,,Streitende" sein,
da iiberall mit diesem Namen Riesenschlachten, Gigantenkampfe
u. dgl. verbunden sind. Vgl. z. B. Steph. Byz. Hcci^vrj. p. 221 West.
Plut. Thes. cp. 13. Sch. Eur. Hipp. 35. (Philoch. fr. 36 Mull.). Tempel
ira Gau Pallene, b'stlich von Athen, auf der Strafse nach Marathon.
Hier beim Heiligthum schlug Peisistratos bei seiner Riickkehr von
Eretria die Athener. Herod. I, 62. Das Heiligthum mufs sehr be-
deutend ge'wesen sein, da Themison dariiber ein eigenes Buch unter
dem Titel HaUrjvls schrieb. (Athen. VI. p. 234 sq.) Nach Rofs (De-
men p. 53 sq.) gewifs richtiger Vermuthuhg gehoren diesem Terapel
auch die beiden Inschriften C.J.I, no. 23. p. 38 u. no. 76. p. 116.
1579 ) B, 157. E, 115. 714. *, 420. 3. 766 nennt Penelope sie so,
als sie zu ihr betet, den Sohn ihr zu retten und die Boses sinnen-
den Freier von ihm abzukehren (dnd).a).x). NB ! Man hat viel zu
wenig auf die Auswahl derBeiworter im Homer und iiberhaupt geachtet!
J58 ) Paus. H, 30, 6.
158 ') ,,Das Schneegewolk hatte sich von Norden her wie ein
weiter, grauer Mantel iiber den ganzen Himtnel gelagert." Prutz
Kl. Schr. Merseburg. 1847. Bd. I, 361.
,,Die Wolken, diese prachtigen Festkleider des Hi mm els."
Thomson Sommer p. 178.
,,Der wollichte Mantel des Himmels zerreifst." Thomson
Herbst p. 5.
,,Die Wolken giefsen durch ihren leichten Schleier der Sonne
gemilderte Kraft auf die friedliche Welt." Thomson Herbst p.60.
,,Wenn er vornimmt, die Wolken auszubreiten wie sein hoch
Gezelt" heifst es von Gott Hiob 36, 29. ,,Die Wolken sind seine
Vo r.d e ck e." Hiob, 22, 14. (vgl. 26, 9). Also ein Jehovah ?
24*
372
Wollflocken 1582 ) am Himmel hiingen und die nicht minder
unsere Volkssprache als unsere Dichter mil Lammern, die
am Himmel weiden, verglichen haben 1583 ): so miissen wir
gestehen, dafs dies alles sehr geeignet ist, die Vorslellung
von einem Gewande, das dort oben sich webt, in uns zu
erzeugen. Und um so mehr, wenn der Wind die Wolken
zusammenzieht und sie gleichsam zu einem Ganzen in ein-
ander webt, \vie zwei Weberschiffe heriiber und hiniiber
fliegen 1584 ). Ich darf noch auf ein anderes aufmerksam
machen. Die Athene als die Golliii, welche alles Gedeihen,
alles Wachsthum auf Erden fb'rdert, die Saaten griinen lafst,
haben wir bereits kennen gelernt. Ist denn nun nicht dieser
Saatenteppich der Erde ihr Gewebe? 1585 ) Dies wird
1582 ) Webb Untersucliung fiber das Schone in der Malerei: p. 128
sagt von den Engeln Correggios ,,sie schweben in der Luft, wie
Flock en, die eben jetzt aufthauen und in Tropfen vom Himmel
fallen."
r' aGxfjaai /Lt^cav evav&'i xctQnw
imx&ovtovs 3i$a$aTO. Oppian. Hal. II, 22 sq.
1583 ) ,,Am Himmel liocli oben zog eine WolfcenlammerLeerde."
J. Mosen Bilder im Moose. Lpz. 1846. 8. Bd. I, 48.
,,Hebt die Wolken hoch empor und breitet sie diinn, wolliclit
und weifs iiber den alles umwolbenden Himmel." Thomson Friih-
ling. p. 7.
,,Schwerfallig rollen die Wolken ihre wollichte Welt (d. h.
Schnee) dalier." Thomson Winter p. 106.
1584 ) ,,Iminerfort webt das inischende Gewitter sein Dunkel iiber
den Hauptern." Thomson Herbst p. 24.
1585^ j^ un O angt der Mai den Mantel grim
Um jeden Bliithenbaum,
Legt Decken von Maafslieben weifs
Auf jeden Wiesenraum.
R. Burns ubers.v.Kaafmann.Stitttg.l839.8.p.l59.
Sitzet am sausenden Webstuhl der Zeit
Und wirket der Gottheit lebendiges Kleid. Go the.
,,Organische Formen, die uns das regelmafsig gewebte, oft
scheinbar unterbrochene Netz belebter Naturbildungen in seiner nr-
sprunglichen Vollkommenheit darstellen."
Humboldt Ansichten d. Natur. II, 252 sq.
373
geniigen, um zu erklaren, weshalb Athene als *
als Weberin verehrt wurde, weshalb sie Decken
und Gewander, iiberhaupt alle weibliche Hand-
arbeit zu verfertigen gelehrt haben sollte.'
Wie Athene dazu kam, in Verbindung mil dem
Hephaistos oder selbststandig Gb'ttin jeder tech-
nischen Kunstfertigkei t zu werden, leuchtet ein,
sobald man beachtet, dafs das Feuer, als Blitz,
ein Accidenz der VVol.ke ist, und dafs d'aher die
Wolkengb'ttin als die Feuer liefernde in gleicher
Weise als Hephaistos, der Feuergott selbst, allem
dem vorgesetzt werden konnte, wozu es des
Feuers als erster Bedingung bedurfte, d. h. jeg-
licher Kunstfertigkeit.
Als Beschutzerin der Handwerke und Kiinste tritt Athene
am meisten hervor in dem Feste der Xahxeia. Zwar sind
darauf auch die Fackelliiufe der Panathenaen zu beziehen,
aber ihre Bedeutsamkeit verschwindet offenbar gegen die
iibrigen Einzelnheiten jener Feier.
Die XahKeia waren ein am 30. Pyanepsion = 16. Novbr.
427, entvveder der Athene 1586 ) oder dem Hephaistos 1587 ),
wahrscheinlich beiden Gottern gemeinschafllich gefeiertes
Fest 1588 ). Die Verbindung ist nach friihern Bemerkungen
hinreichend motiviert, und ware sie es nicht, sie wiirde es
dadurch, dafs beide Gottheiten gleichmafsig den Kiinsten
und Handwerken vorstehen 1589 ). Athene ward in dieser
ir,86-j w ovon das Fest auch lAOr\VKia hiefs (Hermann .56,3.2).
15S7 ) Harpokr. Xcd*. (Phanodem. fr.22 Miill.) Pollux VII, 105.
1588 ) ,,Es \vard im Herbste gefeiert, wahrscheinlich well die rau-
here Jahreszeit die Menschen von ihren landlichen Beschaftigungen
auf freiem Felde abruft zu den hauslichen Arbeiten, die daheim am
wirthlichen Heerdfeuer betrieben werden." Riickert p. 41.
1589 ) Plat. Legg. XI. p. 921: 'HytdaTov xcd ^i&rjvas IBQOV TO TCOV
yeVo?. Vgl. f, 23.2 sqq. Darum liebt Athene die Kiinstler:
374
Rucksicht zu Athen als 'Egyavrj verehrt, wg TWV
ywwv SQycov TT^otram^g 1590 ). Mir scheint die Vermuthung
Welckers 1591 ) sehr viel fur sich zu haben, dafs dieKlasse
der 'Egyadeis cine von den alien bis auf Kleisthenes 510
beslehenden vier ionischen Phylen besonders die Athene
Ergane verehrt habe und unter den altesten Attischen Be-
wohnern sehr bedeutend gewesen sei. -Denn die Feier wird
uns als a<>%aia, nahaid, drjfttodtjs > djfttoTshrjg ', navdrftios
bezeichnet, wdraus sich ergieb.t, dafs sie nicht bios von
Erzarbeitern allein begangen wurde. Dafiir haben wir noch
einen andern Beweis in der Thatsache, dafs an dem Tage
der Xafaela der Anfang mit dem Weben des nenkog ge-
macht wurde. Athene 'Egydvij ist Vorsteherin jeglicher
Kunstferligkeit, namentlich auch der weiblichen Arbeiten:
des Spinnens, Webens 1592 ) u. s. w. Als ^Eqyavrj hat Athene
den Hahn zum Symbol i593 ). Pausanias 1594 ) gedenkt eines
Bildes der Athene in ihrem Heiligthtime auf der Akropolis
zu Elis, eines Werkes des Pheidias, auf dessen Helm sich
ein Hahn befand, den Pausanias entweder auf Kriegerlich-
den Harmonides (E, 60 sq.). Epeios verfertigt mit ihrer Hiilfe das
liolzerne Pferd. (*, 493). Vgl. O, 410 sqq.
159 ) Procl. z. Tim. p. 5.2. Vgl. Creuzer Symb. Ill, 408 415.
Soph. fr. 705 Ahr. nag 6 %iQtav<x!; lews, oS rrjv dibs yaQytomv
^EQYKvqv OTKTOIS MxvoiGi nQOGTQSTiea&s. Pausan. 1. 24, 3. Zu
Olympia: Paus. V. 14,5, wie man fast schliefsen mo elite, auch aus
Athen darch Pheidias dahin verpflanzt. Zu. Sparta Pausan. III.
17, 4. Neben ihr Plutos Pausan. IX. 26, 8. Dieser Kult nach Sa-
mos verpflanzt. Suid. 'EQyar^. Hesych.
1592 ) Horn. h. HI, 14 sq. u, 72. ft 116 sq. Hesiod. O.D. 63 sq.
E, 734 sq. , 38&sq. (nenios, den Athene selbst gewirkt hat). Zu Rom
am Fries ihres Tempels beim forum Nervae sieht man unter Athe-
nens Leitung weibliche Arbeiten ausgefiihrt, Admiranda Romanorum
antiquitatis ed. II. (v. Domenico de Rubeis). Rom. 1693. tab, 35 42.
1593 ) Plutarch. Q. symp. Ill, 6. p. 654. p. 666 Wvttenb.
15D4 ) VI, 26, 3.
375
keit oder als einen der Athene *Eqyuvri heiligen Vogel ge-
deutet wissen will. Den Grund giebt Plutarch wohl riehtig
an: wenn bei dem Schrei des Hahnes der Morgen wieder-
kehrt, so vveckt er uns zu neuer Thatigkeit, und mit des
Morgens Erwachen horen wir das Getose der Hammer und
das Gerausch der Sagen. (Coincidenz: Kriegerlichkeit des
Hahns). Durch ^drfvafys s^ya erwirbt man sich Lebens-
unterhalt 1595 ); die Spindel (aAaxazra) ist ihr Geschenk 1596 );
der Handwerker, der den Pflug macht, den sie selbst
erfand 1597 ), heifst ihr Diener 1398 ); Lanzen verfertigen hat
sie gelehrt, Kleider weben und Hauser bauen 1599 ); der
Wagen ist ihre Erfindung 160 ).
,,Es ist sehr wahrscheinlich, dafs die attischen Dada-
liden, wie nachmals die von Phidias sich ableitenden
Phadrynten in Elis, ihre zunftmafsige Kunstiibung unterden
Schutz dieser Gottheit gestellt hatten (Pausan. V. 14, 5. vgl.
Hygin. fb. 39) , so wie auch in dem Hephasteion im innern
Kerameikos dem Hauptheiligthume der ehemals hier wohn-
haften Topferzunft neben dem Feuergotte die Athena
aufgestellt war (Paus. 1. 14, 5) ." 0. Muller Encykl. . 10.
p. 81 sq. (Kl. Schr. II. p. 148).
Hier ist auch ein Heiligthum (i^#?pc?s Tsfisvos) in der
Akademie zu erwahnen, wo neben Athene auch Hephaistos
und Prometheus verehrt wurden 1601 ) , und von wo aus alle
Fackellaufe unternommen zu sein scheinen 1602 ).
Natiirlich, dafs Athene in allem, was sie lehrt und dem
159n ) Solon, fr. XII, 49.
J596 3 Theokrit. 28, 1.
159T ) Lobeck Agl. p.873 not [6].
1599 ) ^^vi'jj? 8/j.uos. Hesiod. O. D. 430.
1599 ) Oppian. Hal. 11.21 23.
16no ) Horn. h. Ill, 12 sq.
1601 ) Soph. O. C. 55 ibq. .Sell.
160:! ) Bockh Staatsh. I, 496. Vgl. Muller .11. p. 82. (Kl. Schr.
II. p. 149.)
376
sie vorsteht, ausgezeichnet, uniibertrefflich ist. Daher sagt
Achiil 1603 ), er wolle von dem Agamemnon keine Tochter
heirathen, auch nicht wenn sie mit Aphroditen an Schb'nheit
wetteifere
Als Here 1605 ) den Zeus beriicken will, zieht sie das ambro-
sische Gewand an, das Athene ihr gewebt. Wegen dieser
ihrer Kunstfertigkeit irn Weben fiihrt Athene auch den Bei-
namen Trttvcmg 1606 ).
</) Das Rauschen der Wolke machte Athene zur
Gottin der Musik. 'Eyxslados* 607 ), a^wv 1608 ), GalniyZ,
(s. oben p. 369 sq.)
K) Inwiefern Athene als Wolkengottin auch den Cha-
rakter einer Zauberin annehmen konnte, ergiebt sich atis
friiher Gesagtem von selbst. Beinamen, die sich hierauf
beziehen, sind fiaaxavos 1G09 ) und rA%mot 1610 ).
Aufser Wolkendamonen (s. no. 3 dieses Kapitels) giebt
es auch Wolkenheroen. Ein durch und durch atheni-
scher Heros ist Diomedes, dessen inniges Verhaltnifs zur
Gottin schon aus Homer erhellt. Er ward selbst gottlich
verehrt. Sein Schild wurde zu Argos, seinem Hauptsitze,
im Tempel der Athene aufbewahrt und jahrlich einmal mit
dem von Diomedes aus Ilion geraubten Palladion im Tnachos
gewaschen. s. Spanh. zu Callim. p. 646 sqq.
[Anin. des Heransgebers. Die folgende Schilderung der Pana^
thenaen kpnnte , da das Fest sich auf verschiedene Ricli-
1603 ) J, 390.
1604 ) Vgl. die Novellette von der Araclme. Ovid. Met. VI, 1147.
16(>5 ) S, 178.
1606 ) Creuzer III, 440.
1607 ) Hesych.
leosj n es y c ] u k e i Jen PampJiyiiern. Vgl. die Minerva in usica bei
Plin. H. N. XXXIV, 8,19.
1BP9 ) Nic. Damasc. p. 309 Tauchn. Creuzer III, 3-48.
)fil ) Pausan. IX. 19, 1.
377
tungen im Wesen der Athene bezielit, zu keiner einzelnen
derselben gestellt werden nnd schien es daher am passend-
sten sie hier am Schlufs zu geben.]
Nicht bios als dem Ackerbau vorstehende Gbttiri kannte
und verehrte man Athene zu Athen. Was konnte dem atti-
schen Volke, gemafs der Lage seiner Wohnsitze, nachst
dem Ackerbau mehr am Herzen liegen als die Seefahrt und,
was damit zusammenhangt, Handel und Wandel? Wahrend
der Ackerbau die erste Grundlage des attischen Staatslebens
O -
bildete, woran sich die Kraft des Volkes immer yon Neuem
starkte und verjiingte, gerade wie bei uns, war die SchifF-
fahft dasjenige, wodurch zuerst die politische Stellung des
Landes errungen und zu so glanzender Hohe hinaufgeftihrt
wurde. Und darum finden wir nicht minder zu Athen den
Kult d er Athene, die Schifiahrt, alien Handel und alle Kiinste,
die er beansprucht, in ihrer Obhut hatte und somit die po-
litische Bedeutung von ganz Athen. Dieses dreies: Schiff-
fahrt Handel und Gewerbe und politische Grb'fse
gehb'ren genau zusammen. Daher finden wir auch dies
dreies gleichmafsig vertrelen an dem grofsen Feste der
Panathenaen (deren Stiftung durch Erechtheus (s. oben) da-
her, als durch einen zum Ackerbau gehb'rigen Heroen,
weniger passend ist, als durch den ritterlichen, poseido-
nischen , Theseus), welches dieser Athene zu Ehren
gefeiert wurde, der Athene Polias, denn, \vie gesagt,
nicht minder ruhte atif dieser Richtung des Lebens,. wie
auf dem Ackerbau, die Wohlfahrt und Grofse der Stadt und
des Staates. [J. Meursius Panathenaea. L. B. 1619. 4.
(Gronov. Thes. VII. 83 108). Carol. Hoffmann Pan-
athenaikos. Cassel. 1835. 8. Herm. Alex. Miiller Pan-
aihenaica. Bonn. 1837. 8. (Creuzer M. G. A. 1838. no. 21.
p. 170 sqq.). Meier Ersch u, Gruber Encycl. Sect. III. Bd.X,
p. 277 294, Hermann Rel. A. .54.]
378
Man feierte in Athen zwiefache Panatheniien : kleine
alie Jahr, und grofse aile vier Jahre. Besonders diese
letzteren vvaren es naliiiiich, zu deren Feier die gesamrate.
Bevolkerung sich vereinigte, und die sie mil einem grofs-
arligen Aufwande und hoher Pracht beging (Sch. Aristoph.
Nub. 385: xa tie nava&rfvaia soQTtjv naq Id&rjvaiois slvai
(.isyiaTrjv naoa navTcov adevai. Vergl. Aristid. Panath.
I, 308 Dind.). Die Fahne gewissermafsen, um die sich alles
schaarte, war der nsnlog TtanTtolxdog, welcher in Proces-
sion der Gottin dargebracht wurde (Sch. Aristoph. Av. 827).
Gewebt wurde derselbe aufser von den beiden a^cpoQOi,
von denen oben die Rede war auch von den eqya-
GTivaig (Hesych. I. p. 1418), iiberhaupt aber nicht bios von
Madchen, sondern auch von verheiralheten Frauen (Sch.
Eurip. Hec. 463). Am 28. Hekatomb. = 17. August 427
(22. Juli 430) ward dieser nsn'koq in Procession nach dem
Tempel auf der Burg gebracht und zwar indem man ihn
in Form einesSegels an einem aufRollen gezogenen Schiffe
(Vgl. Fontenu Mem. de 1'Ac. Tom. VII. (Amstel. 1731.8.)
p. 153 sqq.) aufhing, vavq VIIOTQO^OS, wie es heifst (Sch.
Aristid. p. 342 sqq. Dind.). Der Zug ging vom Keramei-
kos, oder genauer von dem in ihm belegenen sogenannten
^SCDXOQIOV aus (Thucyd. 1, 20), einem Heiligthume der Tochter
des Leos, die einst zur Rettung des Vaterlandes geopfert
waren. Dann ging es beim Eleusinion vorbei zum Pythion
oder Pelasgicon (Pythion : Cretizer Symb. Ill, 476. Kayser
z. Philostr. Sophist. II, 4. p. 58. vergl. 294. Pelasgicon. :
Gottling Rh. Mus. 1845. p. 340, indem er die Stelle des
Philostr. so liest: ex K.f>ct[isixov 6s aQaaav yjibly xwnfl
snl TO 'Ehevalviov xal rtsQifiahovGav CCVTO TKXQCC-
TO JIv&wv, xo(.iioi.i8vi]v TS naQa TO Ilehaayixdv
ol vvv wQiuoTai,. Ihm stimmtbei Claussen Quaest. Herod,
p. 45.), wo das Schiff stehen blieb, die vornehmslen Matro-
379
nen der Stacll aber den Peplos aufnahmen und auf die Burg
trugen. ,,Dort scheint das Bild [Lindau (iiber die aufsern
Mafse des Parthenon) Arch. f. Phil. 1846. XII, 2. p. 311313,
sucht zu zeigen, dafs das Bild der Athene nur 6 Fufs hoch
gevvesen] der Athene auf ein Lager von Blumen gelegt
und mit jenem Peplos bedeckt vvorden zu sein (Hesych.
rcAWg Tom. II, 971 Alb. Pollux VII, 13. vgl Meurs. Panath.
cp. 19. p. 100 Gronov.)." Creuz er III, 476 sq.
Bei diesem Zuge waren auch die Metoiken [daher in den
Inscr. (Ussingp.45.q.v, 14) TOIQ no^nevoi tots ^-9-ijvaloig
zu unterscheiden von den Metoiken] in soweit betheiligt,
als sie die zum Opfer erfordeiiichen Gerathe auf die Burg
trugen, wo von sie axcccprjqioQOi, ihre Frauen vdQiacpOQOt,
(Pollux HI, 55), ihre Tochter axiadrjcpoQot, hiefsen (Aelian.
V.H.VI,!. BockhStaatsh.il, 76. Hermann St. A. .115, 10.
Rel. A . 54, 27 sq.), und selbst die Freigelassenen durften
an jenem Tage den Markt mit Eichenlaub schmiicken
(Bekker Anecd. p.242).
Die ganze Prozession war folgendermafsen geordnet :
1. Schone Greise mit Olivenzweigen (&aM.ocp6(>oi).
2. Burger unter den Demarchen.
3. GxacpqcpoQOi.
4. Btirgerfrauen mit den vdyiacpofioiQ.
5. Jiinglinge mit Waffen.
6. Auserwahlte Jungfrauen (KctvyfpoQOi,) mit den axiadi]-
cpOQOig und dicpQOcpoQOis*
7. Knaben.
Ein solcher panathenaischer Festzug war auf dem Fries der
Cella des Parthenon dargestellt, wovon uns der grofste Theil
bekannt ist (0. Muller Arch. . 118,2b. p. 104). Die ubri-
gen plastischen Darstellungen, mit denen das Aeufsere dieses
Tempels geschmiickt war, zeiglen Pallas als Gigantenka'na-
pferin und andere Gotterkampfe, den gegen die Amazonen
380
und andere geschichtlichen Inhalts. Weshalb diese Scenen
des Streites? Offenbar weil die Gottin, der jener Tempel
bestimmt war, hier als die Gottin des Kampfes, als eine
ethische, politische gefafst war, wie denn auch bei dem
Zuge die Burger in Waffen erschienen. Darauf gebt gleich-
falls das Schiff, auf dem ihr Gewand als Segel hing [? vgl.
das Schiff der Isis. Grimm Myth. p. 236 sqq. Lersch Isis
und ihr heiliges Schiff (Jahrb. d. Ver. v. A. im Rh. IX. Bonn.
1846. p. 100115) vgl. Fontenu a. a. 0.]; darauf gingen auch
die Slickereien des nenkos, welche wie die Metopen des
Tempels Gigantomachien und andre Gotterkampfe darstellten
(Hermann Rel. A. . 54, 13. p. 276); darauf gingen endlich
auch die Wettkampfe, welche an den Panalhenaen statt
batten, und wobei Thongefafse mil heiligem Oele die Preise
ausmachten.
Denn jene feierliche Procession am 28. Hekat. bildete
nur den Schlufs der ganzen Festlichkeit, die, am 25. be-
gonnen, vier Tage lang dauerte, wahrend welcher allerlei
gyninische und hippische Kampfspiele gefeiert, seit Peisi-
stratos die homerischen Gedichte rhapsodiert und seit Peri-
kles, der eigens dazu das Odeion hatte bauen lassen, auch
musische Wettkampfe gehalten wurden (Pint. Pericl. cp.13).
Auch Fackellaufe ianden der Gottin zu Ehren statt, die,
gleich denen an den c HcpaiaTia und JT^o^^fim, auf jene
urspriingliche Natur der Gotlheit mbgen zuriickzufiihren
sein, wovon gleich im Anfang die Rede war und um derent-
willen Athene ja auch eben mit Hephaistos mannigfach ver-
bunden erscheint. Aber gleichwohl lag nicht minder in
diesen Fackellaufen sowohl Beziehung zu den Handwerken
als auch die mehr ethische auf Kampf und Sieg (vgl. *A$.
rhavxcoms)) wie dieselbe bei den gymnischen, musischen
und hippischen Spielen und bei dem Vortrage der homeri-
schen Gedichte zu Tage liegt. Namentlich was diese letz-
381
teren belriflt, so war es kein asthetischer Grand, der den
Solon veranlafste, ihren Vorlrag an den Panalhenaen anzu-
ordnen : sondern die Riicksicht auf Bildung der Gesinnung
im Volke, d. h. einer Gesinnung, die an den Heroen der
troisch - odysseischen Sage sich emporrankend, gleich ilmen
thatkraftige Tiichtigkeit in den Kampfen zu Wasser und zu
Lande entwickele.
Wir sehen, wie sehr jede Einzelnheit des Festes dem
Charakter der Gottin entsprach, der es gewidmet war und
den \vir vorhin skizzierten.
2. r 'H cp a i a T o g.
/
T. B. Em eric-David Vulcain, Recherclies sur ce dieu,
sur son culte, et sur les principaux Monuments qui le
representent. Paris 1838. 8. 104 S.
A. N a ra e. Die Etymologic ist sehr dunkel. Plat o 161t ) :
qxxovg "apogee, luminis praesidem, Lindemann 1612 ) von
acpdco tracto; quare manu promptum artificem deriolat.
Sam. Bo chart JttftttJtf 2tf (af esto) paler s. inventor ignis.
Schwenck 1613 ) c JEf cpaiaTog von'cpaico, cpaivw leuchten,
scheinen. Pott 161 *) f 'Hcp CCIGTO (vgl. al'&siv, Alt vt],
aestas) d. h. anzcov TIVQ oder: amof-ievos (tractans; occupa-
tus.) nvQto&evTos (%alKov). Vgl. sv nvql aipea$ai, i6i5 ) (im
Feuer ergliihen) 1616 ).
1611 ) Cratyl. p. 407.
1R12 ) Notatt. Homeric. P. I. p. 6.
1613 J Andeutungen p. 167.
1GJ4 j 1,250. no. 206.
1615 ) i, 379.
1616 ) Ytilcanus stellt Buttmann Myth. I, 164 sq. zusaminen
mit TbuLalkain und den Telchinen. Servius zu Aen. VIII, 414:
Vulcanns, ut diximus, ignis est, et dictus Vulcanns quasi Volicanus,
382
B. Genealogie. Bei Homer werden ausschliefslich
Zeus und Hera als die Ellern des Hephaistos genannt. Eine
jiingere und von anderer Anschauung ausgehende Genea-
logie ist es, wenn Hera allein aus sich den Hephaistos ge-
biert 1617 ). Nach Kinaithon 1618 ) isl Hephaistos Sohn des
Talos, des Sohnes von Kres, und Vater des Rhadamanthys
(s. Zeus); die Vater bei Cicero 1619 ) (Coelus, Juppiter, Nilus,
Menalius) sind leicht zu verstehen, wenn man, wie auch bei
den friiheren -Abstammungen, festhalt, dafs Hephaistos das
alhmospharische und irdische Feuer ist und der Vorsteher
von beiden IG2 ). Jenes kniipft sieh an die Wolke als Blitz,
dies an die feuerspeienden Berge. Auf letzleres pafst die
Abstammung von Hera, auf ersleres die von Nilus, auf
beides die von Zeus und Hera. Der Blitz ist aber haufiger
als Erdbeben und Feuer speiende Berge, daher auch anzu-
quotl per aerem volat. Hrabani Mauri de uniyerso Ib. XV. cp. 4
(ed. Colon. Agr. Tom. I. p. 206): ,,Vulcanum volunt ignem esse, et
dictus Vulcanus, quasi volans calor: vel quasi Volicanus, quod per
aerem volet. Ignis enim e nubibus nascitur. Unde etiam Homerus
dicit eum praecipitatum de acre in terras, quod omne fulmen de
acre cadit." Vulcanus vom Sanscr. ulka (Feuerbrand) s. Bopp
Glossar. Curtius Z. .. A. 1847. Novbr. p. 1036 sq.
161 ') Hesiod Th. 927 sq. Apollod. I, 3, 5. Pindar fr.231 Bgk. und
der Verfasser der Danais sagten, 'EQIX&OVIQV xctl "HcpctiGTOv &. rfjs
(f.avrjvat. Damit stimmt denn auch, wenn Find. fr. 260 die Here
Yom Hephaistos gefesselt werden liefs auf dem von ihm verfertigten
Throne. Vergl. Welcker Kl. Schr. I, 293 sq. Diese sehr dunkle
Mythe von der Fesselung der Hera (s. Millin XIII, 48) hat wohl den-
selben Sinn, wie die Fesselung der Aphrodite und des Ares, der
Hera durch Zeus (O, 18sqq.)
1618 ) Bei Pausan. VIII. 53,5 (fr. 3. p. 407 Mcksch.)
16 19 ) N. D. Ill, 22.
162 ) Daher warme Quellen auch auf Heph. zuriickgefuhrt wer-
den. Ibyc. fr.41Bgk. Die Stoiker nnterschieden; Diog. Laefl.Vir,147.
Vgl. Vofs Theol. Gent. II, cp. 66.
383
nehmen, dafs das Blitzfeuer friiher als das aus der Erde
hervorbrechende in Hephaistos personificiert worden 1st.
Aus dies'em Grunde ist auch Hephaislos von mir hierher-
gestellt.
C. Mythol'ogie. Wie sehr sich die Griechen der
naturlichen Bedeutung des Hephaistos bewufst waren, zeigen
nicht bios alle Deutungen auf Feuer 1621 ), sondern auch die
Unmasse von Stellen, an denen "Hcpaiavog geradezu stall
nvQ steht 1622 ).
Schon Homer 1623 ) kennt den Mythos, dafs Hephaislos
von seinem Vater Zeus vom Himmel geworfen wurde;
einen ganzen Tag, bis Sonnenuntergang, fallt er, dann kommt
er auf Lemnos an, wo die 2ivnsg sich seiner annehmen.
In andrer Gestalt laulet dieser Mythos so : Here selbst warf
den Hephaistos, weil er schwach und lahm 1624 ) war, ins
Meer, wo Thelis ihn aufnahm und pflegte 1623 ). Beide My-
then verbindet Apollodor 102G j. Dafs Hephaistos vom
1621 ) Die Stoiker (Diog.Laert.a. a. O.): TO rf%vixov TIVQ. Diodor.
Sic. 1, 12: TO dk TIVQ "HifaiGrov ovopaatu. Dionys. Hat. A. R. II, 50.
VI, 69. Pint. Q. R. Clem. Alexdr. Protr. p. 56. Enseb. P. Ev. Ill, 2 :
"jtffceiGTOV c? fivai TO nvQ. Theodoret. Serm. 3. Tom TV. p. 502. Aa-
gnstin. C. D. VII, 16: Vulcanum volunt ignem mundi. Prudent, gegen
Symmach. I, 304 sqq. Martian. Capell. de nnpt. I. Fulgent. Mythol.
11,14. Isidor. Origg. VIII, 11. XIX, 6. Albric. de deor. imag. cp. 15.
Eustatb. II. p. 150. 151. Varro L.L. IV, 10. p. 76 Spengel: ,,Ab ignis
jam majore vi ac violentia Vulcanus dicitur."
1622 ) B, 426. vgl. *, 32867. Arcliiloch. bei Plutarch de aud.
poet. (fr. 11 Bgk). Pindar. P. Ill, 68 sqq. I, 47 sq.
16as ) A, 586 sqq.
1624 ) KvM.ono3i<av 2, 371. *, 331. Gewohnlich wird auch a t u(f. t -
yvrjf.is (2, 462) hierhergezogen. Lindeinann 1.1. erklart es fur
utrinque articulatus , utrinque valens, ambidexter und yergleicht
ambignus (A r , 147). Soph. Trach. 504.
Horn. h. Apoll. Pyth. 138 sqq.
16?6 ) I, 3, 5.
384
Himmel ge\vorfen wird und dafs er hinkt 1G27 ), geht auf den
Blitz. Sein Aufenthalt bei der Thetis erklart sich aus der
Ver'wandtschaft zwischen Wasser und Wolke. (Vgl. das
Verhaltnifs zwischen Athene und dem Wasser.) Auf Lemnos
fallt er, weil diese Insel sehr vulkanisch war ; hier war auch
eine Hauptkultusstatle des Hephaistos 1G28 ).
Wie sich mil dem Wolken- und Blitzgott Kunslfertig-
keit, namenllich im Schmieden, verbindet, habe ich zum
Theil schon oben bei Athene und bei den Kureten er-
wahnt. (Vergl. unten Daktylen, Telchinen u. s. w.) Hier
bemerke ich noch, dafs seine Beziehung zum Schmieden
nicht allein in der Nothwendigkeit des Feuers dazu zu
suchen sein diirfte, sondern auch in dem unschwer wahr-
zunehmenden 1G29 ) , gleichsam magischen Verkehr des
Blitzes mil den Metallen. Diesen Schmidt 1630 ) He-
162 ") ,,Attendu la rnarche inegale et vacillante de la flamine."
Emeric-Dayid p. 31. Icli leite es lieber von dem hin und her
wackelnden, flackernden Feuer und von dem zuckenden Blitze ab.
Andre erklaren anders, z. B. Phurnut. N. D. cp. 19, weil er nicht ohne
einen Stock (Scheit, Holz) gehen kann. Porphyr. bei Euseb. P. E,
III, 11: weil das Erdfeuer schwacli und unvollkommen ist.
1628 ) ^-, 293 sq. Ad. Dan. Richter De Vulcano in Lemno rege,
sub cu jus auspiciis artes ferrariae in ista insula regnare coeperint,
Annaberg. 1751. 4. TJeber den Hepliaistos-Kult auf Lemnos vergl.
Rhode R. Lemn. p. 55 58. Hephaistia Stadt auf Lemnos, Rhode
p. 13.. Lemnos XQKVCCOV naSov l H(paiaTOio Dionys. Perieg. 522.
In den Graben, aus welchem man die Roth el grub, soil Heph. ge-
fallen sein. Philostr. p. 703. Serv. z. Aen. VIII, 454. Galen, de
simpl. med. tempp. 9. p. 246 ed. Chartr. (= 117 Basil.): tag Ss uno^cts
TTJS vsus fyviov OVTE xarK f f>ikoy.TriiT]V ovre XKTK TO ttQOV TOV l JX(pat~
GTOV )>6(pov tv ry %wQff tijs noiecos Zxeivrjs (MvQivr]s). Vgl. Attius b.
Hermann Opusc. IK, 120.
1629 > s. Humboldt Kosm. II, 417. not. 46.
leso-j ^j s jj ere den Hephaistos gebbren , iibergab sie ihn dem
Kedalion (iiber ihn ygl. Soph. frgm. p. 369 Alir. Rhode a. a. O. er-
withnt den Kedalion gar nicht) in Naxos (Verwechselun-g mit Lem-
* 385
phaistos brauche ich kaum zu erlautern; er ist bekannt
und erla'utert sich alles darauf Beziigliche von selbst. Er
fiihrt in dieser Riicksicht eine Menge Beiwb'rter, schon
bei Homer. Ueber die Xahxsia s. Athene. Andere Feste
zu Athen mit Fackellaufen waren die 'HqxxiaTsia und
Seine nahe Beziehung zu Athene ist durch die Natur
seines Ursprungs gegeben. Und es ware merkwiirdig, wenn
dem Hephaistos nicht auch ein Theil der der Athene zuge-
theilten Eigenschaften zukame. So ist es aber auch. Was
zunachst sein Verhaltnifs zu Fruchtbarkeit und Gedei-
hen im Erdleben betrifft, so zeigt ein solches die bereits
oben behandelte Mythe von Erichthonios. Ferner sein ehe-
liches Verhaltnifs zu Aphrodite und den von dieser nicht
wesensverschiedenen drei Chariten, deren jede seine Ge-
malin heifst; ferner sein Verhaltnifs zu den samothrakischen
Mysterien.
Was die Athene zur c Yyteia machte, veranlafste auch,
dafs man von den Priestern des Hephaistos glaubte, sie
1632
vermochten den Schlangenbifs zu heileh ;.
Athenens Weisheit ist bei Hephaistos Klugheit und List:
er ist yiohvftyrig , xhvToftyTig , nokutyQWv, was nicht bios
auf seine Kunstgeschicklichkeit zu beziehen ist.
Die ganze Mythologie des Hephaistos ist sehr einfach,
wie bei alien den Gottern, die nicht sehr von ihrem Natur-
substrat losgelost und ethisch verklart worden sind.
nos? Eratosth. Cat. 32. p. 260, 28. Sch. Nicand. Ther. 15. Hesiod.
fr. 67. Gottl. 185 Mrcksch. Hygin. P. A. 34. p. 486. ibq. intp. Heyne
not. crit. Apollod. p. 22 sq.) , die Schmiedekunst zu lernen. Eustath.
II. XIV, 244. Tzetz. Cliil. HI, 226. E n g el Q. Nax. p. 36.
1631 ) Hermann G.A. .62,25.
163a ) Eustath. 11. p. 330, 12.
Lauer Griech. Mythologie. 25
386
Als Identitaten des Hephaistos erwiihne ich hier noch:
Prometheus 1633 ), Daidalos, die Paliken 1634 ), Typhaon, Ty-
phoeus 1635 ).
3. Wolkendamonen (Kov^reg, KoQvfiavTeg , Tetylveg,
3 Idatoi daxTvhoi, KafieiQOi, u. A.)
Ueber die mil den nachfolgenden gleichartigenKureten
siehe oben p. 189.
Den Namen der Korybanten 163G ) habe ich schon
besprochen. Persephone (eine Figuration der Erdgottheit)
soil sie ohne Mann geboren haben 1637 ). Vgl. Hera-Hephai-
stos 1638 ). Sie heifsen auch Begleiter der Persephone, nach
der (KOQTJ) sie sogar benannt sein sollen 1639 ), weil die Erde
der Wolken als Begleiter bedarf, um zu bliihen und Fruchte
zu tragen. Pherekydes 1540 ) la'fst neun Korybanten Sb'hne
des Apollon und der Rhytia sein und sie in Samothrake
wohnen. c Pmia gleich Retterin, so benannt nach der Eigen-
schaft der Sohne, die wir gleich kennen lernen werden.
Andere Nachrichten nennen die Mutter 'Poireta, welches
y gli Yolcker die Mythol. des Japet. Geschlechts. Giefsen
1824. 8. Weiske Prometheus, und sein Mythenkreis. Leipz. 1842.8
Schomann des Aeschylos gefesselter Prometli. Grfsw. 1844. 8.
i634 ) Sb'line des Hephaistos und der Aitne oder des Zeus u. d.
Thaleia. Ueber dieselben vergl. Welcker Les Paliques Siciliens,
0eol na.liY.ol (Annal. dell' Inst. arch. 1830. Tom. II. p. 245 257.)
Cr euzer Symb. Ill, 815 sqq. Schneidewin Aeschylos Aetna und
die Paliken (Rhein. Mus. 1844. p. 70 sqq.)- Sauppe die Paliken bei
Macrobius (ibd. 1845. p,152sqq.).
y gL B) 780 sqq. Sturz z. Hellan. p. 46.
y erg i. Welcker, Aesch. Tril. p. 191 sqq. Lobeck Agl.
p. 1139 1155.
1G37 ) Serv. Aen. HI, 111.
leas-j yr]y V & s KoQvfiavTSs. Nonn. Dionys. XIV, 25.
1B39 ) Lobeck, Aglaoph. p. 546. 1140.
16 *) fr. 31. St.
387
Wort Lobeek 1641 ) mil eiv in Verbindung bringt. Sie ist
also eine Wassergestalt. Vergl. das nach ihr benannte
Vorgebirge 'PoiTeiov 1642 ) und ihren Vater ngazevg t643 ),
dem genau die Nereide JTjxtmi 1 1644 ) entspricht. Diese Ge-
nealogie kommt ganz iiberein mil der obigen der Kureten
von Hekataios und einer Tochter des Phoroneus. Andere
Ableitungen wie z.'B. die von Apollon und Thaleia 1645 ),
von Kronos oder Zeus mil Kalliope 1646 ), oder von den
Thranen des Zeus 1647 ), sagen dasselbe. Strabo (a. a. 0.)
sagt ausdriicklich, dafs die Korybanten von Einigen fiir
identisch mit den Kabeiren gehalten wiirden ms ). Dies wird
bestatigt durch die enge Beziebung der Korybanten zu
Samothrake, dem vornehmsten Sitze der Kabeiren 1649 ). A.ui
der andern Seite werden die Korybanten auch nach Kreta
gesetzt 1650 ) und statt der Kureten 1631 ) oder zugleich mit
ihnen zu Wachtern des Zeus gemacht. Wenn man nun
auch leicht Lobeck 1652 ) zngestehen kann, dafs den Kory-
banten dies Geschaft nicht urspriinglich beigelegt gew'esen-,
so ersieht man doch daraus, dafs es ihnen spater zugetheilt
wurde, dafs eine Wesensgleichheit zwischen ihnen und den
Kureten obgewaltet haben miisse. Diese besteht nun eben
darin, .dafs beide Auffassungen der Wo Ik en sind. Ur-
Agl. p. 1141.
16 * 2 ) Sch. Apollon. I, 929. Tzetz. Lye. 583. SerY.z.Aen.HI, 108.
Zonar. Lex. p. 1620.
1643 ) Tzetz. u. Zonar. 1. 1.
" : ' 164 *) Hesiod. Tli. 243. Z, 43.
1645 ) Apollod. I. 3, 4. Tzetz. Lye. 77. . .
1846 ) Strabo X. p. 472 B. Cas.
1647 ) Sch. Aristoph. Vesp. 9.
1648 ) Vgl. Sch. Plat. Rep. p. 377 Bekk. Seh. Arist. Lys. 558.
1649-j Ygj |j en Pherekydes und mehr bei Lobeck p. 1142 sqq.
165 ) Lobeck p. 1144 sqq.
165 ') Sch. Arist. Vesp. 9.
1652 ) p.llSOsq.
25*
1653N
388
sprunglich waren sie gewifs riur Begleiter der Kybele
(Erdmutter) , der sie aus demselben Grunde beigegeben
waren, wie spater der Persephone. Die Erde kann nicht
gedeihen, nicht bliihen und Friichte tragen, wenn nicht das
Gewolk sie begleitet, wenn nicht befruchtende Ge witter sie
umgeben und zu ihr. herniedersleigen. Wie man die Erde
selbst unter der Gestalt der Mutter Kybele anschaute, so
das larmende, feurige Donnergewb'lk unter der Gestalt der
die Gottin mil Waffengeklirr und begeisterten Tanzen urn-
gebenden Korybanten. Dies ist das, was den Korybanten
als eigenthiimlich zugeschrieben wird. Soil ich das Ver-
haltnifs der Korybanten und Kureten in Bezug auf ihr Vor-
kommen auf Kreta und im Zeuskult bestimmen, so mochte
ich sagen: von Griechenland aus kain der Dienst des Zeus,
von dem der Mythos war, dafs er von Nymphen auf dem
Berge grofs gezogen sei, nach Kreta. Hier traf er auf eine
Gottheit, welche mit seiner Mutter Rhea Verwandtschaft
hatte. Es war dies der Kult der phrygischen Erdmutter,
welcher nach Kreta in ferner Urzeit durch phrygische Ko-
lonisten gekommen war. Die Begleiter dieser Erdmutter,
Kureten wie sie auf Kreta hiefsen 1654 ), kamen so leicht in
die Mythologie des Zeus, um so mehr, als diese Wolken-
da'rnonen schon an sich zu dem Himmelsgotte pafsten.
Kybele ^dQaaveia wird dabei selbst zur Nymphe und Amme
des Zeus.
Mit den Telchinen 1658 ) hat es dieselbe Bewandtnifs,
wie mit den Kureten und Korybanten. Wahrend jene vor-
16E3 ) Lobeck p.H51sqq.
1664 ) Daher mit Recht in dem Fragm. aus der Phoronis bei
Strabo a. a. O. : 6 3 rr\v 3>OQ(ovtda yQatyus KvlrjTKg xal <PQvycts TOVS
KOVQTJTKS ifysi.
1B55 > Lobeck de Telchinibus (Aglaoph. p. 1181 1202). Hock
Kreta Bel. I. p. 345 son. Welcker Aesch. TriL p. 182 190.
389
ziiglich nach Kreta, diese nach Phrygien gehoren, so die
Telchinen vorzugsweise nach Rhodes, welches selbst Tel-
Xma 1650 ) oder Turns' 657 ) hiefs. Den Namen leiteten
schon die Alien von dehyew ab I858 ). AuchG. Hermann 1639 )
niuamt TetyfcvsQ als gleichbedeutend mil Tev%ives, mulciberi.
Die Nachrichten uber sie stammen init Ausnahme eines
mehrdeutigen Fragments des Stesichoros (no. 9l Bgk.) erst
aus der alexandrinischen Zeit. Dies thut indefs nichts. Die
Telchinen sind so ganz lokale Figuren, dafs ihr Zuriicktreten
bis zu der Zeit, wo sich die Gelehrsamkeit gerade solcher
entlegenen Objekte bemachligte, durchaus nichts Auffallen-
des hat. Was aber besonders wichtig bei dem altesten
sichern Zeugnifs uber die Telchinen ist, ist dies, dafs es
von einem Rhodier selbst herriihrt, der die beste Auskunft
uber die Religion seines Vaterlandes zu geben im Stande
sein mufste. Aus Simmias von Rhodos nemlich berichtet
Clem. Alexdr. 166 ), dafs die Telchinen Sb'hne des Meeres
seien (^w^ag 3 Iyvfe(ov xal Tstylvtov e<pv q atoxij tf*fy\
womit andere Angaben iibereinstimmen 1661 ), auch das, was
Eustath 1688 ) erzahlt, sie seien Amphibi en und wechseln-
der Gestalt Damonen, Menschen, Fische, Schlangenj
nach Einigen seien sie ohne Hande und Fiifse, hatten zwi-
schen .den Fingern Schwimmhaute wie die Ganse,
strahlende Augen (yhavxtoTtol) und schwarze Brauen ([tshav-
ocpQvsg)- Ihre Schwester heifst Halia, Geliebte des Posei-
don, den sie erzogen haben sollen 1663 ).
1656 > Eustath. II. p. 772, 3.
1657 ) Strabo XIV, p. 653 D. Cas.
1658 ) Etymol. M. s. v. Mlyet.
1659 ) De hist. Gr. primord. p. 11 (Op. II, 204).
166 ) Strom. V. p. 674. Pott.
1661 ) Diod. V, 55. Nonn. Dionys. XIV, 40.
16 ") z. II. I, 525. p. 771,55.
I663 ) Diod. V, 55.
390
Wahrend so ihr Wasserursprung aufser Zweifel sleht,
und uns auf die Wo Ik en fiihrt, wird diese Auffassung der
Telchinen bestatigt durch das, was wir anderweitig von
ihnen erfahren.
1. ,Sie sind Zauberer, fiaaxavoi, v.al yo^reg 1664 ) Schon
ihr Blick ist verderblich 1665 ); sie haben ein boses
Auge 1666 ).
2. Sie konnen Hagel, Regen, Schnee bringen und
abhalten 16B7 ). Sie verderben die S a at en durch
Styxwasser und Schwefel 1668 ).
3. Sie sind geschickte Kunstler 1669 ). Sie solien
zuerst Eisen und Erz bearbeitet 1670 ), der Athene; zu-
erst ein Bild errichtet haben, wie iiberhaupt die ersten
Gotterbilder 1671 ). Dem Kronos haben sie die Harpe 167 *),
dem Poseidon den Dreizack gefertigt 1673 ).
Alle drei Momente in dem Wesen der Telchinen treffen
zusammen in dem Naturobjekt Wo Ike (wozu auch pafst,
dafs sie ihren Tod entweder durch den ; Regen .des Zeus,
oder die Pfeile des Apollon finden) l674 ). Desgleichen in
dem Namen; denn in d-stysiv liegt nicht blofs der Begriff
des Zauberns, sondern urspriinglich wohl der des Fliis-
sigen, aus welchem sich dann so wohl die Wassernatur der
Telchinen, als die Kunst des Metallschmelzens 1675 ), wel-
1664 ) Strabo XIV, 653.
1665 ) Ovid. Met. VII, 36.
1666 ) Tzetz. CM1. XII, 814.
1667 ) Diod. 1. 1.
1668 ) Strabo XIV, 653. Crenzerl, 14. not. 2.
1669-j y gl o Miiller Arch. .70,4.
167 ) Strabo XIV, 653. -
1671 ) Creuzerl,60sq.
1672 ) Eustath. z. Dionys. 504.
1673 ) Callim. Del. 31. ibq. Spanh. p. 404 Ern/
1674 ) Eustath. II. p. 772, 2.
1675 ) Hesych.
391
ches Welcker 1676 ) als eigentlichen Inha.lt von Tetyiv be-
zeichnet, erklart. Das Zaubern endlich 1st aueh nichts
weiter als ein fliissig machen des Festen, der Kraft, das
Hinschmelzen von Etwas, wodurch es seiner Kraft beraubt
wird 1677 ). Aehnlich ist der Gebrauch von xyfaw.
Ihre Verwandtschaft mit den Kureten ist auf mannig-
fache Art -.angedeutet, z. B. neun Telchinen hatten vojn
Rhodos aus die Rhea nach Kreta b.egleitel und dort den
Zeus behtitet, und seien darnach Kureten genannt 1678 j.
*H Kgyrr] Tstyivia sheyeTO xai ol KQTJVSS Te%%ivs . 1679 ).
/Telchinen finden wir aufserdem auf Kypros 1680 ), und
diese; drei grofsen Inseln scheinen auch ihr Hauptsitz ge-
wesen und geblieben zu sein. Auf dem Festlande von
Hellas begegnen sie uns in Sikyon 1 - 81 ), in dessen Genea-
logien T&tylv und Os^iwv sich finden, wie es auch selbst
TeA/ma, geheifsen haben soil i682 ). . In derselben Genea-
logie 1683 ) begegnet uns eine Katywla, Geliebte des Poseidon.
Dieser Nanie erinnert an die Stadt FoAypt 1684 ) auf Kypros,
die von Sikyon aus gegriindet war 1585 ). Von ystyei
^ctntLteif yshyr} = /?;uf lava (Hesych.) ? Das wiirde wieder
durch den Begriff des Fliissigen auf die Wolke fiihren. Ich
glaube, dafs Katywia nur eine dialektische Form von TeA-
,. 1676 ) p. 186.
' : 16 7") Vgl. 0, 322: rolai tie d-upov tv
Sf 3-ovQidos aiafis.
1678 ) Strabo 1. 1. Vgl. Scliol. Germanic. 25.
1679 ) Steph. Byz. p. 274, G West.
16sn ) En gel, Kypros I, 197.
" 81 ) Pausan. II. 5, 6.
16Sa ) Steph. Byz. p. 274, 8 West. .
1633 ) Pausan. II, 5, 7.
1684 ) Vgl. roQTWct und KoQTuva, eine Stadt in Arkadien (Meineke
Anal. Alexdr. p. 184).
16SG ) Steph. Byz s. v. p. 93,31. West.
392
ist 1686 ). Vielleicht lafst sich so auch die Glosse bei
Hesych. : rstydvog' o Zevg naga KQialqt rechtfertigen und
braucht nicht in Tetylviog geandert zu werden. Die
Rhodier verehrten zu Lindos einen lAno^lov Tetylviog, in
Jalysos eine "Hga Tetywla und Nvftcpat Tetylviai, in Ka-
meira eine "Hqa Tstyivict. Ich will unentschieden lassen,
ob diese Gottheiten ihre Beinamen in Bezug auf das Feuchte,
womit ihr Wesen zu thun hat, erhalten haben, oder mehr
aufserlich von den Telchinen.
Dais aber die zu Teumesos in Boiotien verehrte ^-3-rjvd
Tstywlu nicht, wie Pausanias 168! ) vermuthet, mil den Ky-
prischen Telchinen zu thun hat, sondern auf eine Athene
geht, welche aus den Wassern geboren in den Wolken
herrscht, wird, wie ich glaube, aus dem tiber die Athene
Gesagten deutlich sein.
Die Idaiischen Daktylen 1888 ) sind Damonen der-
selben Art, wie die friiher betrachteten. Ihr Ursitz ist
Phrygien, der Phrygische Ida, nicht der Kretische 1689 ).
Phryger nannte die Daktylen auch Sophokles 169 ). Die
Nachrichten, welche sie nach Kreta setzen, sind theils
1686-j u e t, er x T V gi. Ahrens de dial. Tom. II. p. 376sq.
1687 ) IX, 19, 1.
1688) VgL Hock, Kreta I, 360344(314.143). Lobeck, Aglaoph.
p. 1156 1181. Welcker Aeschyl. Tril. p. 168 182.
'Iffiatcov ^faxrvXcav fr. CCXLII1 und CCXLIV. bei Marksch. (vgl. bei
demselben p. 171 sq.)-
vgl. Phoronis bei Sch. Apollon. 1,1129:
ev&a yoTf-ife
'tSatoi <pQvys avS()$ oQ&TeQot oixt evaiov,
S, Jap.v(JLSV.vs TS [ilyas xal v
O 71Q63TOI
v(iov Iv ovQttyGi vd-ncus, iosvta
is TIVQ T yveyvav xal KQinQenks fQyov
169 ) iv KoHpoZs OaivQois bei Sch. Apollon. 1.1. (fr. 713 Ahr.)
393
j linger, theils leicht begreiflich aus den auf Kreta angesie-
deiten Phrygern 1691 ). Diener der Kybele hiefsen sie 1692 ),
wie die Korybanten, mit denen sie auch sonst ubereinkom-
men. Sie werden sogar von Einigen als Vater der Kory-
banten genannt.
Der Name von ddxTvhos, j,Daumlinge," also Zvverge 1693 ).
Vgl. die Begleiter der Athene zu Brasiai (s. oben p. 189).
Die My then iiber ihren Ursprung lassen sie theils
aus Wasser, theils aus Erde hervorgehen. Sie entstanden
nemlich, indem die Nymph e l^y^ta^r] sie gebar, wah-
rend sie das oiaxische Land (Olce^ldog yrjs, von ota
Steuerruder) erfafste. Oder sie entstanden aus Staub 169 *),
den, nach einer Nachricht, Zeus seinen Ammen befahl,
hinter sich zu werfen. Stesimbrotos 1695 ) nannte sie gradezu
Sohne des Zeus und der Nymphe Ida. Genug, auch sie
sind wie die Korybanten aus Wasser und Erde ge-
boren.
Wie dem Namen, so kommen sie auch dem Wesen
nach ganz unsern Zwergen gleich. Wie diese sind sie
1. Metallkiinstler, kunstreiche Schmiede 1696 ).
Darauf gehen auch die drei in der Phoronis aufge-
fiihrten Namen Ketyig = Schmelzer, ^a^va^evsvg =
Hammer, ^x^cov = Ambos 1697 ).
2. Zauberer,
1691 ) Ygl. HockLi.
169i ) Phoronis.
1693 ) Nach andrer Erklarung ,,Fingerer", weil die Finger aller
Kiinste Werkmeister sind. Welcker p. 174 sq.
1694 ) Sch. Apollon. 1. 1. Etym. M. p. 465, 30.
1695 ) Bei Etym. M. 1. 1.
169b ) Vgl. frg. Phoron, Strab. X, 473.
l697 ) Welcker p. 168 sq.
ess) fr> p noron> strab. 1.1. Sch. Apollon. 1. L Pherekydes fr.31 St.
p. 146. Lobeck p. 1163sq.
394
3. Musiker 1699 ). Vergl. die larmenden Kureten und
Korybanlen.
Die Verwandtschaft mil den Kabeiren veranlafste, dafs man
aueh die Daktylen nach Samothrake versetzte 1700 ).
Ueber die Kabeiren 1701 ) nur einige Bemerkungen,
aus denen die Wesensgleichheit derselben mil den vorher
behandelten mythischen Gestalten erhellt.
Wir kennen Kabeiren hauptsachlich , an drei Orten:
Lemnos, Samothrake, Boiotien. Wie verschieden der Kult
an den verschiedenen Orten sich gestaltet haben moge, es
ist doch ein und derselbe 1702 ). Ueber ihren Nam en ist so
viel geschrieben und gestrijlten, wie fast iiber keinen andern
Punkt der Mythologie. Die meisten etymologisieren aus
dem Hebraischen. Welcker 1703 ) vonxaeiv, xaleiv, Feuer-
damonen 170 *). Dafs sie dies sind in Bezug auf die Ge-
wi^terwolke , >?vird aus dem Folgenden deutiich werden.
Und zwar
1. aus der Genealogie 1705 ).
a) Hephaistos und KccfieiQto b) Proteus
KafieiQrj und Hephaistos
r t i
drei Kafistqot, drei KafteiQQi, , drei vv
vv[iq>at> KapeiQidsg Pherekyd.fr. 31 St. (aus Strb. 1.1.)
Acusil. fr. XII. St. (aus Slrb. 1. 1.)
1699 ) Lobeck p. 1162.
i' 00 ) Diodor. V, 64. "...
1701 ) Lobeck Aglaoph. p. 1202 1295. O, Miiller Orcbom.
p. 443 455.
1702 ) O. M tiller Kl. Schr. II, 45.
703 ) 1. 1. p. 163.
" 04 ) Dagegen, O. Miiller Kl. Sclir. II, 44,
ITOSJ y gl ; strab. X, 472 D.
395
L check 17 ? 6 ): ,,A Vulcano et Proteo cur repetalur Cabiro-
rum genus causa aperta est, quoniam alter in Lemno pffi-
cinam habuit, alter vicinam Pallenen accoluit; antiquis autem
genealogis usitatissimum fuit deorum ignobiliorum heroumque
parentes, affines, posteros a proximis denominare locis."
Die drei Kabeiren sind drei Damonen des Gewitters, ent-
sprechend den drei Daktylen, drei Kyklopen.
2. Aus den Eigenschaften.
a) Sie geben Fruchtbarkeit. Herodot 1707 ) bringt
sie mit dem ithyphallischen Hermes 1708 ) in Verbindung.
Bei Mifswachs gelobten ihre Verehrer einen Zehnten 1709 ).
Als zu Korinth eine Hungersnoth war, opferte Medeia der
Deraeter und den vvftipaig " ^tijiivlcets'- d. h. den kabeiri-
schen 1710 ); bei Eusebius 1711 ) kommen Kafisigot aygorai, rs
xcel afostg vor; Demeter selbst hiefs KajleiQict zu Theben
und; stand ' in enger Beziehung zu den Kabeiren 1712 ). So
war zu Anthedon ein Temp el und heiliger Hain der Ka-
beiren, liahe bei dem Heiligthume der Demeter und Perse-
phone 1713 ). :
b) Sie sind Retter im Sturm j Horte der See-;
fahrt 1714 ).
Den genannten mythischen Gestalten sind gleichartig
die Tritopatoren zu Athen 171S ), die Dioskuren 17i6 ) oder
1706 ) p.l210sq:
^ 707 ) 11,51.
1709 ) DIonys. Hal. I, 23.
1710 j Sch. Find. Ol. XIII, 74.
1711 ) P. Ev. I, 65.
1712 ) Pausan. IX. 25, 5 sqq..
171 3 ) Pausan. IX. 22, 5. .
1714 ) Wei cker Tril. p. 229 sq. Odysseus.
1715 ) Yergl. Lobeck Agl. p. 754 sq. vgl. mit p. 760 not. vgl.
Athene.
1716 ) O. Miiller Orch. p. 452. Welcker Tril. p.222sqq.
396
, Paliken 1717 ), die Ko^alot, m8 ) (= Ka^sigoi?), die
Kerkopen 1719 ), Salyrn 1720 ), Seilene a. A.
M o v a a i.
Buttmann iiber die mytkol. Vorstellung der Musen
(Myth. I, 273294). Peterson de Musarum apud Grae-
cos origine (in Miinter Miscell. Hafniens. 1, 1>. G. Her-
mann de Musis fluvialibns Epicharmi et Eumeli. Lips.
1819, 4. (Opusc. II, 288305). Creuzer IV, 7178.
(Ill, 266 291 ed. II). S. aufserdem Bode, Orphiker
p. 178.
A. Name, a) Movace (McSaa dor., Molact aeol.)
nach Creuzer von ftdco, palta, p6w.
Wenn die Ableitung von MAS> richtig ist J5 streben"j
so ware Movaa ,,die Strebende" oder ,,Streben-machende",
was sehr an die Bezeichnung der Wolke mil 3 ^<4&qvi]
erinnert.
b) Die Nam en der einzelnen Musen sind sehr
verschieden, wie das bei mythologischen Naoien zu gesche-
hen pfiegt; sodann aber besonders deshalb, weil die Zahl
der Musen aufserordentlich schwankend ist. Gewohnlich
werden neun genannt: Klelw = K^ew, Tonerin, EvveqTiri
Erfreuerin, 0aAm = Bliiterin, Me^7i:o(j.svi] = Sangerin,
TQ*pi%6()T] = Tanzerin, 3 EQ<xTt6 = Liebliche, nohvfivia =
Sangreiche, OvQavirj = Himralische, KaMiortq = Schon-
stimme. Eumelos 1721 ) nennt drei: Kijcpiaai = Flufs Kqq)i-
GOQ, ^noMwvlg, (dafur nach Hermann ^e^wtg), BoQva&e-
= Flufs Borysthenes. Ebenso sind die sieben Musen
1711 ) Vgl. Hephaistos.
1118 ) Lobeck p. 1308 sqq.
1719 ) Lobeck p. 1296 sqq.
t120 ) Vgl. Didnysos.
im ) ir. 16 Mcksch.
397
bei Epicharm von Fliissen hergenommen, was indefs singu-
lare Veranlassung sein kann 1722 ).
B. Genealogie. Als Eltern werden genannt : Uranos
und Ge 1 " 3 ); Kronos 1724 ); Zeus mil der Mnemosyne 1725 ),
mil der Plusia 1726 ), mit der Minerva 1727 ). ApoUon 1728 ).
Pieros mit einer Nymphe 1729 ).
C. Mythologie. Wie sehr die Musen, schon bei
Homer, im hellenisehen Leben ethisch gefafst fiir die Got-
tinnen des Gesanges und Tanzes gelten mogen, so haften
doch noch viele Ziige an ihnen, welche ihren Naturursprung
verrathen und darauf fiihren, dafs sie Wolkengestalten sind.
Der Zusammenhang zwischen Wolke und Musik wird, denke
ich, aus alien bisherigen Betrachtungen hinlanglich gelaufig
sein. Dafs die Musen auf hohen Bergen und an Quellen 173 )
(am Olymp, Pieros, Pindos; Helicon mit den Quellen Aga-
nippe und Hippokrene; Leibethrion mit einer Musengrotte;
Parnafs mit dem kastalischen Quell) verweilen, erklart sich
ausreicbend nur aus ihrer Wolkennatur. In Korinth war
ihnen die Quelle Peirene heilig, die ebenso wie die Hippo-
krene vom Pegasos (!) herriihren so lite.
Aus ihrer Wolkennatur erklart sich ferner: weshalb sie
weissagerisch sind und heilkraftig 1731 ); weshalb sie
tanzen; weshalb ihnen in Sparta vor der Schlacht
Vgl. Welcker Kl. Schr. I, 289 sq.
1723 ) Mimnerm. fr. 14. Alkman b. Sch. Find. Nem. Ill, 16.
I7 ") Musaios b. Sch. Apollon. Ill, 1.
1725 ) Solon fr. 12. Pausan. IX, 29, 4. Arnob. Ill, 37.
1726 ) Cic. N. D. Ill, 21. Tzetz. z. Hesiod. O.D. p. 6.
1727 ) Isidor. Orig. HI, 14.
1728 ) Eumelos 1. 1.
729 ) Epicharm.
173 ) Hermann G.A.1I. . 14, 12,
1731 ) Sch. Apollon. II, 512.
398
geopfert wurde 1732 ). So mag denn aueh darin eine my-
thische Wahrheit liegen, wenn Pythagoras das Regengestirn
der Pleiaden die Leier der Musen nannte 1733 ).
Verwandt mil den Musen sind die Sirenen und die
Keledonen 1734 ).
Siebentes Kapitel.
Gottin des Regenbogens.
W. Menzel Mythol. Forscli. u. Samml. p.235sqq. Ja-
co bi Lexik. s. v.
A. Name. Bottiger 1735 ) leitet ihn von SQCJ ab, welche
Annahme Hoffmann 1736 ) vollstandig widerlegt. Wenn aber
derselbe (p. 42) ^tgid == lat. virid annimmt mil der notio
laeti vividique colpris, so ist dies gewifs auch nicht richtig.
1732 ) Plutarch. Apophth. Lac. p. 221. A. Zu beachten ist auch,
dafs der Tempel der Musen dicht neben dem der Athene stand.
Pausan. Ill, 17, 4.
nss-j porphyr. Vit. Pyth. p. 42. Kiist. . '
1734 ) Pindar, ft. p. 568 Bckh. Neue T. Merk 1800. Hft. 2.
p. 38 sqq.
1735 ) K. M. II, 291. not, 4.
1736 ) Q. H. II, 41.
399
Hermann 1737 ): Sertia (SIQCO), quod ex septem coloribus cbri-
serta est Pott 1738 ): Scr. i/H (ire) ,,Botin".
B. Genealogie. Ihre Eltern sind Thaumas (Sohn
des Pontos) und Elektra (= glanzende, feurige Woike),
Tochter des Okeanbs 1739 ).
C. Mythologie. Was Iris sei, kann nicht zweifelhaft
sein, da Homer l>Qig fur Regenbogen gebraucht 174 ).
Aber wie hat man den Regenbogen angeschaut? AlsBotin
der G otter. Fafste man ihn weniger persb'nlich, so gait er
als Zeichen von Krieg oder Sturm 1741 ). [Die Juden sahen
ihn als einen Bund und ein Band zwischen Gott und den
Menschen an, die Skandinavier fur die Brttcke, iiber welche
die Goiter wandeln (Bifrost)].
Auf der Insel Hekatesnesos wurden ihr Basynien (aus
VVaizenmehl und Honig) und Kokkoren (trockne Feigen und
Niisse) geopfert 1742 j, woraus mit Riicksicht au.f Harpokrates
und Suidas c Hx. vija. 0. Miiller 1743 ) schlofs, dafs Iris mit
Hekate identisch sei, was- aber weder aus den Worten" bei
Harpokrates 1744 ) foigt, noch an sich wegen der objektiven
Differenz der Iris und Hekate wahrscheinlich 1st. : Es mag
indessen ein Verhaltnifs zwischen Iris und der Unlerwelt
bestanden haben, welches sich auf dieselbe Weise erklart,
wie das des Hermes zur Unterwelt. Auch bei den nordi-
schen Volkein erscheint der Regenbogen mehrfach in Bezug
zu den Geistern der Verstorbenen. Womit ich jedoch noch
1737 ) Opusc. II, 179.
173S ) I, 218. no. 65.
I739 ) Hesiod. Th. 265 sq.
^ 40 )-^,27sq. P, 547 sqq.
174 *) ^ TioA^woto 17 xa.1 %ei[t(i5vo$ dva&Klnsos. II. P, 5-47 sqq.
t742 ) Semos b. Atlieti. XV, 645. .
>7A3 ) Aegin. p. 170. ;
fr. Phanoclem. 26. p. 370 Miiller.
400
nicht den Erklarungen mancher Archaologen t745 ) beistimmen
will. Aber interessant ist es, dafs bei Virgil 1746 ) Iris bei
dem Tode der Dido betheiligt ist; dafs sie, von der Juno
geschickt, des Romulus Gattin Hersilia in den Hi mm el
ruft 1747 ).
Achtes Kapitel.
Die Windgotter.
Die Wirkungen des Windes werden meist von einer
der vorhergehenden Gottheiten hergeleitet, daher die Wind-
gotter auch zu keiner recht entschiedenen Personlichkeit
und noch weniger zu eigentlicher Verehrung gelangt sind.
Aiolos in der Odyssee scheint ein bankrotter Himmelsgott
zu sein; sein Schlauch kann nichts andres sein als der Wol-
kenschlauch, der die Winde verschliefst.
Am meisten Konsistenz hat noch Boreas, in dem, wie
ich glaube, das Wesen des Ares en miniature sich findet.
Vgl. die Abbildungen an dem Windthurm.
Hierher gehoren auch die Harpyien, welche schon
wieder sehr mit Wolkenanschauungen verkniipft werden
und so in etwas der Gorgo und den Graien gleichen.
1745 ) Creuzer III, 202sq., wo Gerhard von einer Fliigelge-
stalt mit Gorgonenantlitz sagt: Sie wird von einer Schlange begleitet,
welche vielleicht auf Iris als Unterweltsbotin deutet.
t746 ) Aen. IV, 693 sqq. Vgl. H ey n e.
747 ) Ovid. Met. XIV, 830 sqq.
401
Typhaon verdankt seine Gestalt und seinen Character
jenen Gluthwinden, die im Suden mil so verderblicher Ge-
walt herrschen 1748 ). Dafs auch er in die Wolkengotter hin-
eingreift, ist vorhin angedeutefc worden.
Thyia (= der rom. Aura) ist die ktihle, fachelnde
Luft, die Kephalos anruft, als er von der Jagd erhitzt ist 1749 ).
Doch ist sie.wohl bios personificiert und nicht bis zur Ver-
ehrung fortgefiihrt.
11<vs ) Schon aus der Bibel bekannt. Vgl. Jacob. I, 11. Jon. IV, 8.
S. P. Zorn Diss. de ecnephiis, typlionibus et presteribus Austrinis
Arabiam clesertam irruentibus (Opusc. sacr. Tom. IV, 126 sqq.)
1749 ) Jahn Archaol. Beitrage. p. 74.
Lauer Griech. Mytliologie.
26
Anlage L
Athene mit dem Wi elder.
(Aus E. Gerhard Denkmaler, Forschungen und Eerichte, 1849, no. 3,
p. 22 sqq.)
Ein geschnittener Stein aus Tassies Catalogue (PI. 26
no. 1762), unter andern auch in 0. Miillers Denkmalern
(II, 2. tb. 21. no. 225) wieder abgebildet^ zeigt eine weibliche
Figur durch Helm, Lanze und Eule bestimmt genug als
Athene erkennbar auf einem Widder sitzend. Mit
Rucksicht auf diesen Stein hat Hr. B ergk (Arch. Zeit. 1847.
no. 3) auch auf einer Terracotta aus Melos im hiesigen
Konigl. Museum, welche in ahnlicher Weise eine auf einem
Widder iiber das Meer reitende weibliche Gestalt zeigt
(s. Arch. Zeit. 1845. tb. 27) , eine Athene erkannt, wahrend
Hr. P anofka (Arch. Zeit. 1845. no. 27. p. 37 sqq.) darin die
von dem, in einen Widder verwandelten Poseidon entfiihrte
Theophane, die Mutter jenes goldvliefsigen Widders, auf
welchem Phrixos nach Kolchoi entfloh, finden zu miissen
glaubte. Gegen eine Deutung auf Helle, welche Hr. Pa-
nofka nicht ganz von der Hand gewiesen hatte, erklart
sich Hr. Wieseler (Arch. Zeit. 1846. no. 37. p. 211 sqq.) und
will auf der Terracotta am liebsten eine auf dem Pans-
403
widder sitzende Selene erblicken. Ich bin nicht abgeneigt
mich fiir die Bergksche Erklarung zu entscheiden, obgleich
ich Anstand nehme, dieselbe auch, wie Hr. Bergk gethan,
auf das Bild bei Cuper (Harpocrates et monumenta antiqua.
Traj. ad Rhen. 1694. 4. p. 198) anzuwenden, da ihr nicht
bios das Gesicht der jugendlichen Gestalt, die dort auf dem
Widder sitzt, sondern auch deren. Kleidung entschieden
widerspricht.
Lassen wir dies letztere Denkmal bei Seite, so bleiben
uris noch die beiden andern, mit Sicherheit wenigstens das
erstgenannte iibrig, welches eine auf einem Widder sitzende
Athene darstellt. Ihrn gesellt sich ein kleinerer Stein mit
derselben Vorsteliung zu, der sich im Besitz des Hrn. Ger-
hard befindet. Diese Verbindung der Athene mit dem
Widder ist merkwiirdig genug, um uns zu einer Frage nach
ihrer Bedeutung zu veranlassen. Zur Beantwortung der-
selben ist uns, wie bei alien derartigen archaologischen
Bildwerken, ein doppelter Weg gegeben. Hat man nemlich
die Gottergestalt als solche erkannt, so kann man von ihr
aus die Bedeutung des mit ihr in Verbindung gebrachten
Symbols zu gewinnen suchen; oder aber man kann, iiber
die Gottheit im Klaren, zunachst ohne Riicksicht auf diese
der Bedeutung des Symbols nachforschen und, nachdem
man sich derselben versichert, weiter ermitteln, in welchem
Sinne Symbol und Gottheit mit einander verbunden sind.
Auf den ersten Blick scheint der Unterschied nicht bedeu-
tend, ob man vom Symbol oder von der Gottergestalt aus
dem Sinne ihrer gegenseitigen Beziehung nachforscht; fur
gewb'hnlich mag es sogar ziemlich gleich sein: aber dafs
das Resultat oftmals ein ganz anderes werden mufs, je nach-
dem man diesen oder jenen der beiden bezeichneten Wege
einschliigt, davon giebt gerade die Erklarung der Athene
mit dem Widder ein deutliches Beispiel.
26*
404
Hr. Bergk nemlich hat dazu den ersten jener beiden
Wege gewahlt. Da er sah, dafs die auf dem Widder
sitzende weibliche Gestalt Athene sei, hat er sich in der
Mythologie nach einer Wesenseigenschaft dieser Gottin, zu
der jener Widder passen konnte, umgethan. Er ist dabei
an die Athene gekommen, welche wie der Kunstfertigkeit
iiberhaupt so auch der Wollweberei vorsteht, und glaubt
nun die Bedeutung des aqveiog dccav^cx^os und seiner
Verbindung mit Athenen gefuriden zu haben, indem er nach
dem Vorgange 0. M tillers auf den in Rede stehenden
archaologischeri Denkmalern die Athene als 'Egyavrj dar-
gestellt sieht.
Ich weifs nicht, welchen Beifall diese Erklarung ge-
funden hat, aber ich mufs sagen, dafs sie niir sehr wenig
genugthut. Abgesehen davon, dafs hiernach die Verbindung
des Widdersymbols mit der Gottin eine sehr aufserliche
sein wurde, so widersjDrechen auch Lanze und Helm, welche
Athene auf den beiden geschnittenen Steinen fiihrt, jener
Deutung. Was sollen diese kriegerischen, stiirmischen vSym-
bole bei der friedlichen Beschaftigung des Webens? 1 ) und
darf man dies Symbol des Widders anders als das der
Widderkopfe auf dem Helm der Athene 2 ) (vgl. z. B. 0. Miil-
lers Denkm. II, 2. tb. 19, 205. 20, 210. 217. 218. 22, 236u.v.a.)
fassen, die doch sicherlich eben so wenig auf Weberei zu
beziehen sind, als sie auf Poliorcelik gehn (0. Miillers Arch.
;369. Anm. 2)? Ueberdies, daucht mir, rath schon ein na-
turliches Gefiihl, die Erklarung der auf einem Widder
silzenden Athene nicht von der so vieler andern Denkmaler
') Mit dem Palladium (vergl. O. Mailer Arcbaol. . 68. Anm. *1)
hat es eine andere Bewandtnifs.
2 ) Oder die hornartigen Locken der Athene aus der Villa Al-
bani (Winckelmann Mon. Ined. P. I, 2. no. 17. O. Miiller Denkm.
I, 1. tb. 9,34)?
405
zu trennen, in denen wir den Widder auf gleiche oder ahn-
liche Weise verwendet finden. 1st der Widder in alien
diesen Darstelhingen , was wohi niemand bezweifeln wird,
symbolisch gebraucht, so ist zunachst vorauszusetzen, dafs
er uberall dasselbe bezeichne. Die specifische Deutung aber,
die Hr. Bergk ihm gegeben hat, pafst im giinstigsten Falle
nur auf die von ihm besprochenen Denkmaler, in welchen
Athene, nieht auf die andern, in denen eine andre Person
mit dem Widder erscheint. Versuchen vvir daher auf jenem
zweiten Wege der Deutung zu einem geniigenderen Ergeb-
nifs zu gelangen, indem wir zuerst untersuchen, welchen
Sinn das Widdersymbol iiberhaupt habe, und dann
sehen, wie es mit der Athene verbunden werden konnte.
So wie die Athene finden wir den Hermes auf einem
Widder sitzend : 1) auf einem geschnittenen Stein bei Millin
G.M. XL VIII, 213, wo vor dem Bocke noch eine Kornahre
erblickt wird; 2) auf einem andern Stein bei 0. M tiller
Denkm. II, 2. lb.29,323; 3) auf einer Statue des Grafen Potoski
(O.Miiller 11,2. tb.29,322). Der Darstellung, nicht dem Sinne
nach verschieden ist der aus Schriftwerken hinlanglich b'e-
kannte Hermes xgiocpoQOs, der sich auch in Denkmalern
vorfindet, z. B. in einer kleinen Marmorstatue der Pembroke-
schen Sammlung bei 0. Miiller a. a. 0. no. 324. Indem ich
die sonst noch vorkommende, sehr mannigfaltige Verbindung
des Hermes mit dem Widder iibergehe, gedenke ich nur
des goldenen Widders, den Hermes dem Atreus schenkt 3 ).
Von Hermes riihrt auch der Widder her, auf dem Phrixos
durch die Luft reitet 4 ). Ich will diese Anfiihrungen nicht
vermehren, da die bisherigen geniigen, urn (lie Bedeutung
. . 3 ) C. A. J. Hoffmann Zeitschr. f. d. Aiterth. 1838. no. 139141.
p. 1122 1137, dem ich jedoch niclit beistimme.
4 ) Ueber die arcliaologischen Darstejlungen desselben vgl. Ger-
hard Phrixos der Herold. Berlin. 1842. 4.
406
des Widdersymbols evkennen zu lassen. Urn mil dem letzten
anzufangen, so ist man langst dariiber einig, dafs jene Sage,
in welcher Phrixos und sein Widder eine so grofse Rolle
spielen, ursprunglich einen agrarischen Sinn gehabt habe,
wennschon sie spater zu ganz ethischer Bedeutung umge-
bildet ist. Phrixos, ,, seines Namens der RegenschaUer,"
wie Hr. Gerhard sagt, enlflieht auf einem Widder, der
die Kraft hat durch die Luft zu ziehen. Was anders kann
dieser Widder sein, als die Wolke, auf der der Regen durch
den Himmel zieht? was anders dieser von dem Meergotte
Poseidon gezeugte Widder, als die Wolke, die aus dem
Wasser geboren wird? Doch, die Bedeutung dieses Wid-
ders der Argonautensage wird anerkannt ; aber auch fiir den
Widder des Hermes unterliegt die gleiche Bedeutung keinem
Zweifel, wie zum Theil schon aufserlich daraus hervorgeht,
dafs es eben Hermes ist, von dem Phrixos den Widder er-
ha'lt. ,,Wenn uns ein Mythos fehlen sollte," sagt Hr. Ger-
hard a. a. O. p. 5, ,,den Widder zugleich als Regensymbol
an Hermes zu zeigen, so sind die Beweise dafiir doch schon
damit gegeben, dafs Hermes an und fiir sich, mit Gaa und
Herse verbundet, ein Regengott ist 5 ), und dafs der ihm
dienstbare Widder sein ausgebreitetes Fell zum erbetenen
Beistand des Regen-Zeus darbringt." Dafs aber namentlich
der Hermes xgiocpogog ein Regen bringender, folglich der
Widder ein Symbol der Wolke sei, zeigt der Gebrauch der
Tanagraier, die zur Abwehr der Pest an dem Feste des
Hermes einen Widder urn die Mauern der Stadt trugen
(Pausan. IX. 22,1.). Denn inwiefern Seuchen vorzugsweise
durch anhaltende Durre und daraus entspringenden Mifs-
wachs hervorgebracht werden, flehte man um Schutz davor
5 ) ,,Mercurius plait." Arnob. I, 30 und dazu Hildebr. p. 45. Da-
von heifst Hermes auch wohl "ffj-pQos oder "lpfi(>K[j,os Stepli. Byz.
p. 146, 18 West. Welcker Aesch. Tril. p. 217 sq. 193.
407
mil Reeht zu dem Gotte, von welchem man iiberhaupt den
Regen erwartete, und suchte den Regen herbeizufiihren
durch jene symbolische Handlung, in welcher man, \vie
liberal! in solchen Dingen, einen Erfolg durch ein Mittel
zu erreichen hoffte, das zu jenem keinen andern Bezug hatte,
als worin man es selbst naiver Weise gesetzt hatte. Indem
man das Symbol der Wolke um die Mauern der Stadt trug,
glaubte man die Wolke selbst herum zu tragen, herbei zu
fiihren, dafs sie der Stadl Regen und Fruchtbarkeit bringe
und damit alle Krankheiten und Seuchen von ihr abhalte.
Aus diesem symbolischen, glaubig im Gemiithe vollzogenen
Verhaltnisse des Widders zur Wolke erklart sich auch der
Gebrauch des diov xcodiov am Feste des Zeus MaifiaxTqg
im Maimakterion, wo die stiirmenden Wolken regieren (vgl.
C. Fr. Hermann G. A. d. Gr. . 57). Wenn man zunachst
durch das Widderopfer den in den Wolken stiirmenden,
ziirnenden Gott zu versohnen, sich selber von der Ursache
seines Zornes zu reinigen trachtete, so konnte man von da
aus dem diov xcodiov um so leichter eine allgemeinere Be-
ziehung auf Siihne, namentlich Mordsiihne geben (Miiller
Eumenid. p. 139 sqq. 146. Preller Polemonis fragm. 87.
p. 140 sqq.), als einerseits gerade Zeus der oberste Ra'cher
alles Mordes ist, andrerseits das Symbol der Wolke, welche
im Aether, fern von aller materiellen Beriihrung Regen
sendet und die Luft reinigt, sich besonders dazu eignete.
Aber man thut Unrecht, wenn man die Beziehung auf
Siihne an dem Widdersymbol allein hervorhebt oder als
das Urspriingliche betrachtet, da sie doch nur erst als ein
Vermitteltes hinzutritt. Man kann sagen dafs, wie Mangel
oder Ueberflufs an Regen als Zorn oder Strafe des Herrn
der Wolken betrachtet, so das Widdersymbol in natiirlichen
Verhaltnissen zum Herbeiziehen oder Abwenden der Regen-
wolken, in ethischen zur Siihne und Reinigung verwandt
408
wiirde; vvobei jedoch stets die ursprungliche Anschauung,
der Widder als Symbol der Wolke, festzuhalten 1st. Des-
halb hatte 0. Miiller (Eumenid. p. 140. not. 4), von dein
Gebra'uche derer, welche zur Zeit der Hundstage am Pelion
beim Feste des Zeus sich mil frischen Widderfellen giirte-
ten, nicht bios sagen sollen, ,,dafs hier alte Suhngebrauche
zum Grunde liegen, wodurch Zeus, als Gott der heifsen
Witterung, besanftigt werden soil," sondern er hatte eben
so sehr die andere natiirliche Seite dieses Gebrauchs, nem-
lich die, dureh die Widderfelle symbolisch die Wolken her-
beizuziehen, an denen zujener Jahreszeit driickender Mangel
zu sein pflegt, accentuieren sollen. Beides, ein Natvirliches
und ein Ethisches ward in der Trockenzeit und brennenden
Witterung wahrgenommen, und zum Abwenden von beiden
sollten ' die Widderfelle dienen und dienten sie , sobald sie
eben Wolken herb eifiihr ten. Genug, in jedem Falle mufs
auch in diesen Gebrauchen an den Festen des Zeus der
Widder und sein Fell als ein Symbol der Wolke angesehen
werden. Wenn ich anderweitige Verwendungen des Wid-
ders in Mythologie und Cultus hier unberiicksichtigt lasse,
so geschieht es nicht, weil in ihnen jenes Symbol einen
andern Sinn hatte, als in den bisher besprochenen, sondern
weii der Raum dieser Erorterungen mir gemessen ist und
das Gesagte fur meine Absicht vollkommen ausreicht.
Ehe ich nun weiter zeige, .wie dieser Wolken- Widder
mit der Athene in Verbindung treten konnte, will ich kurz
andeuten, weshalb man uberhaupt wohl den Widder zum
Symbol der Wolke gewahlt habe. Der Grund davon mufs
in gewissen ahnlichen oder gleichen Eigenschaften gesucht
werden, welche beide Gegenstande mit einander gemein
haben und vermb'ge welcher der eine an den andern erin-
nerte. ISiemals ist etwas einer einzelnen Eigenschaft wegen,
die ihm mit einem andern gemeinsam war, zum Symbol
409
desselben gemacht worden, vielmehr findet bei jedem Symbol
eine Coincidenz mehrerer gleicher oder ahnlicher Eigen-
schaften statt und zwar meist solcher, die durch unmittel-
bare Anschauung gewonnen werden. VVenden wir dies auf
den Widder an, so seheint er Wolkensymbol geworden zu
sein : 1) nach derselben Anschauung, der zufolge auch wir
von Lammerwolken, von Schafchen am Himmel spre-
chen, Thomson in seinen Jahreszeiten sagt, die Wolken
hatten sich hoch emporgehoben und wollicht und weifs
iiber den Himmel gebreitet, ihre wollichte Welt schwer-
fallig dahingerollt; 2) vveil die Wolken in ihrem Anein-
anderfahren, und insonderheit der Blitz, den Griechen die
Vorstellung des Stofsens erweckt und sie damit an die
Schafe erinnert haben miissen, da sie den Blitz sowohl als
das Horn und den Widder selbst aus gleichem Wortstamme
benannt haben: xsgavvos, xegag, xgios 6 )', 3) wegen seiner
zeugerischen befruchtenden Kraft 7 ); .4) weil die Schafe
und warum sollten die griechischen Schafer nicht dieselbe
Bemerkung gemacht haben, wie die unsrigen? Propheten
des Reg ens sind. Die beiden letzten Punkte fiige ich un-
sicherer hinzu: den dritten, weil ich wohl den Ziegenbock,
den Esel und andre Thiere deshalb verrufen kenne, das-
selbe aber von dem Widder weder bemerkt noch iiberhaupt
besonders auffallend finde; den vierten, weil ich mich keiner
Stelle aus dem Alterthum entsinne, durch die ich ihn bele-
gen konnte.
6 ) Auch wir? Widder, Wetter, Gewitter??
7 ) Gerhard Zwei Minerven. Berl. 1848. 4. p. 10, wo zugleich
auf diesen Aufsatz Riicksicht genommen wird. Wenn daselbst Anm. 42
gesagt ist, ich hatte die Thonfignr mit Bergk fur eine Athene
Ergane gehalten, so ist das nicht ganz richtig, wie man nunmelir
sehen wird; ich hielt jene Figur zwar fiir eine Athene, aber gerade
gegen die Deutung auf A. Ergane war mein ganzer Vortrag gerichtet.
[Gegen Ergane als Wollweberin. E.G.].
410
1st durch die bisherige Erorterung der Widder als Wol-
kensymbol erwiesen, so kann er mil der Athene nur ver-
bunden sein, inwiefern diese in den Wolken wallet, mil den
Wolken selbst in inniger Verbindung steht. Eine solche
Verbindung der Gotlin mit den Wolken wird mit Nothwen-
digkeit vorausgesetzt und bewiesen durch ihre Verbindung
mit dem Widder; sie wird bestatigt und zur Evidenz ge-
bracht durch die Mythologie der Athene. Ich werde an
einem andern Orte zeigen, dafs Athenes ganzes Wesen sich
aus dem Eindrucke herausgebildet hat, den das griechische
Geimit von den Wolken empfing, und dafs aus dieser An-
schauung ebenso sehr die verschiedenen Namen der Gottin
als alle einzelnen Mythen ein helles Licht erhalten. Hier
gentigt es darauf aufmerksam zu machen, welchen intimen
Bezug die Athene zu dem Gedeihen der Saaten hat (0. Miil-
ler Pallas -Athene .67. Kl. Schr. II, 232 sq.) , und an die
Worte zu erinnern, welche Aeschylos Eumenid. 827 sq. die
Athene sprechen lafst: ,,Die Schliissel zum Gemache weifs
im Gb'tterkreis nur ich, worin verschlossen ruht der Wetter-
strahl." Man braucht nur 0. Miillers genannten Aufsatz
oder Welckers Bemerkungen in der Aeschyl. Trilogie
p. 227 sqq. zu lesen, um zu erkennen, welche enge Ver-
bindung zwischen den Wolken und der Gottin Athene
obwaltet, und daher begreiflich zu finden, wie man das
Wolkensymbol des Widders mit der Athene verbinden konnte.
Anlage II.
Recension von: Sommer cle Theophili cum diabolo
foedere. Berol. 1844.
(Jahrbiiclier f. wissenschftl. Kritik.; 1844. Nr. 93, 94, 95.)
JJer Untergang des antiken Heidenthumes ist in der
Weise, dafs auf den Einflufs, welchen das Christenthum von
ihm erfuhr, Rucksicht genommen ware, geniigend noch von
Niemand behandelt 1 ). Und doch ist nichts zugJeich interes-
santer und zu beobachten leichter, als dieser Einflufs, wel-
chen die christliche Religion erlitt, als sie, die engen Grenzen
ihrer Geburtsstatte verlassend, sich tiber die Lander aus-
breitete, die viele Jahrhunderte hindurch Heimat eines
sinnlich heitern, wennschon nunmehr mil dem Tode ringen-
*) Guillaume du Choul religion des Remains. Lyon. 1556,
worin viel hierher Gehoriges gesammelt sein soli, kenne ich nur aus
Mussard Gru.ndliclieVorstellu.ng der vorzeiten aus dem Heidenthum
in die Kirche eingefiihrten Gebrauche und.Ceremonien. Aus dem
Franzosischen. Leipz. 1695. 8. Dies Bach ist, fur die damalige Zeit,
mit viel Umsiclit and Belesenheit abgefafst, obgleich fiir uns ganz
unbrauchbar. Einiges findet sich bei den reformatorischen Apolo-
geten, aber nicht viel; ihnen ging die genauere Kenntnifs der My-
thologie ab. Beugno t 'histoire de la destruction du paganisme.
Paris 1835. 2 Bde. ist fur den erwahnten Zweck mehr als diirftig.
412
den Glaubens gewesen waren. Derm einerseits accommo-
dierteu sich die Verkiindiger der neuen Lehre, enlweder
mit Bewufstsein und aus Riicksicht auf die zu bekehrenden
(Gregor. M. epp. ad Mellit. Opp. Tom. II. p. 1 176, 3.) oder
verzaubert von der das Menschliche im Menschen anspre-
chenden Sinnlichkeit der heidnischen Gotlerlehre (Burchard.
X, 9. bei Grimm Mythol. ed. I. Anhang p. XXXIV: 5J qui
votum voverint vel persolverint ad arborein vel ad lapidem,
si ad poenitentiam venerint, clerici tres anrios, laici unum
annum et dimidium poeniteant."), den Vorstellungen und
Gebrauchen derselben: andrerseits farbten die neuen Be-
keriner Chrisli, weil sie, zumal inmitten so schb'ner und
reiclier Umgebung, so erhabener und begeisternder Erinne-
rungen, nicht mit einem Male alle Eindriicke ihres friiheren
Glaubens von sich zu thun, ihre Neigungen, ihr Denken
und Empfinden zu heiligen vermochten, den neu angenom-
menen Glauben und versetzten ihn mannigfach mit Heid-
nischem (Salvian. gubern. Dei, ed. Baluze. Paris 1684. p. 122.
S. Leo de castitate, in Bibl. Vet. Pair. Paris. Tom. VII. p. 834).
Durch diesen zvviefachen Einflufs gevvann die christliche
Kirche eine Beimischung heidnischer Vorstellungen und
Formen, die in ihr nach und nach stabil warden und mit
der weiteren Verbreitung des Christenlhums auch zu den
Volkern gelangten, welchen jene Zuthaten ursprunglich ganz
fremd waren. Ich bin weit entfernt, eine solche Nachgie-
bigkeit gegen das Heidenthum, diese Accommodationstheorie
den Aposteln und ihren ersten Nachfolgern zuzuschreiben.
Vielmehr wissen wir und miissen es auch nach psycholo-
gischen Griinden nothwendig finden, dafs in den Zeiten, in
welchen die christliche Religion eine verfolgte oder-auch
nur eine geduldete war, gerade des Gegendruckes wegen
die Lehre Jesu von ihren Anhangern reiner und unver-
falschter geglaubt und gelehrt wurde. Als aber die Macht
413
der Kirche wuchs, als sie im vierten Jahrhundert zur Ehre
der staatlichen und bald der alleinigen Anerkennung gelangte,
da besonders hat die Siegerin nicht ganz. auf ihrer Hut
Einwirkung von der besiegten erfahren. Konnte es auch
anders sein, als dafs namentlich das Theodosische Gesetz
vom J. 392, welches alien offentlichen und privaten Gotzen-
dienst mil Strafe der Verbannung belegte, dem Christen-
thume wie eine grofse Anzahl neuer, aber nur aufserlicher
Anhanger, so eine Masse heidnischer Elemente zufiihrte?
Und zur Entschuldigung fiir das, was man heidnisehes auf-
nahm, brauchte man nicht all zu verlegen zu sein. Das
menschliche Herz ist an sich schon Sophist genug, um sich
iiber das zu beruhigen, was zu thun'oder zu glauben ihm
siifs ist 2 ). Spaterhin heiligten die selten heiligen, doch stets
klugen Papste , welche mil echt romischer Diplomatik den
Vortheil erkannten, der ihnen aus der Nachsicht gegen die
menschliche Schwache erwachsen mufste, die heidnischen
Auswiichse des Christenthums durch ihr Ansehen.
Die Abgotterei mil der Maria, die Verehrung der Hei-
ligen, Reliquien und Bilder, fast der ganze katholische Ritus
wurzeln durch und durch im Heidenthum. Die Anbetung
der jungfraulichen Mutter Christi ist grb'fstentheils nur ein
2 ) Vgl. Petri Chrysologi Serm. 155 in Bibl. Max. Patr. Tom. VIII.
p. 963. D. Diese Sophisterei des Menschenherzens in ein zusamrnen-
hangendes System gebra.cht, 1st der Jesuitismus, der darin seine
Macht hat und so Gott will eben darin auch seinen Untergang
finflen wird. Hierher gehorig ist die Lehre Pabst Hadrian VI. bei
Sanchez Opp. Moral. Ib. IL.cp. 4. no. 13, wozn man als Gegensatz
vergleiclxen kann Angustin adv. Mendac. cp. 2. Sehr erbauliche Pro-
ben dieser von Paulas einst (Rom. 3, 8) verdammten Nacligiebigkeit
gegen die heidnische Gesinnung liaben die Jesuiten bei ihren Mis-
sionen in China gegeben. Vgl. Histoire des differens entre les mis-
sionaires Jesuites et cenx des Ordres de St. Dominique et de St.
Francois. Vol. I. p. 134. Hannov. Magazin. Jahrg.XII. (1774). St. 74.
p. 11 7.2 sq.
414
auf das Christenthum libergetragener Isis- und Cybeledienst,
der sich am Ende des rb'mischen Reiches iiber die ganze
alte Welt verbreitet und zu ganz besonderem Ansehen er-
hoben hatte. Statt der Isis oder Cybele, der Magna mater
deum, ward dem heidnischen Bewufstsein die Mutter Gottes
untergebreitet. Darum hat der Marienkult verhaltnifsmafsig
so schnell und allgemein sich verbreitet , obgleich ihn erst
spater die Sonne romantischer Gesinnung in voile Bliithe
trieb 3 ). Die Heiligenverehrung hatte ihr Vorbild an dem
Heroendienst und den Apotheosen, die zuletzt im Heiden-
thum so gang und ga'be waren. Der Gebrauch, den man
im Christenthume davon machte, war ein doppelter. Man
erhob zu Heiligen die Apostel und deren Jiinger, die Kir-
chenvater und endlich alle, die durch besonders frommen
Wandel dieser Auszeichnung wiirdig zu sein schienen. So-
dann ward ein Theil der heidnischen Cotter in christliche
Heilige umgewandelt. Es war dies das bequemste Miltel,
den Zwiespalt zwischen heidnischer und christlicher Religion
aufzuheben. Man gab dem heidnischen Kinde bios einen
christlichen Namen. Entweder nemlich ward dem Gotte
ein bereits vorhandener Heiliger substituiert oder ein neuer
geschaffen, und beides zu noch grofserer Bequemlichkeit des
heidnischen Gemiithes in der Regel so, dafs zwischen dem
Namen des Gottes und des an seine Stelle gesetzten Hei-
ligen selbst einige Uebereinstimmung stattfand. An Stelle
des agyptischen Micail setzte der Patriarch Alexander den
Erzengel Michael (Fabricii Bibl. Antq. p. 339 sq.) ; aus dem
in der Umgegend von Paris verehrten Dionysos ward ein
St. Deriys, aus dem riigenschen Svantevit ein St. Vitus
3 ) Hat in dein Cybeledienst ihren Grand auck die Messe (Apulej.
de Asin. aur. Ib. II. Polydor. Virg. V. cp. 11.), die Tonsur (Apul.l.L),
die indefs auch bei andern heidnischen Kulten vorkam, die Proces-
sion des Frohnleichnams ?
415
(Act. Sanct. ad 15. Jun.), aus dem obotritischen Goderac
ein St. Godehard (Lisch Meklenb. Jahrb. VI. (1841) p.70sq.
vgl. II. p. 13. Note); der heilige Nieolaus, Schutzpatron der
Schiffer, vertrat gewifs den deutschen Wassergotl Nichus
(Grimm Mythol. ed. II. p. 456); der heiligen Ursula mit ihren
11000 Jungfrauen liegt, wie mein verehrter Freund und
Lehrer Herr Professor Stuhr vermuthet, ein Dianenkult zti
Grunde, trotz der zu Koin aufgestapelten Knochen.
Aber diesen Heiligen entsprach nicht iimner eine wirk-
liche Person oder Gottheit, sondern haufig sind sie nur aus
poetischer Fiktion entstanden, wie z. B. die heilige Veronica,
deren Namen und Legende J. Mabillon Mus. Ital. Lutet.
Paris 1724. 4. Tom. I. P. I. p. 86 sq. aus vera icon s. iconia,
Chr. Kortholt Miscell. Acad. Kilon. 1692. 4. . 21, aus pegu
und sixcov, ferens imaginem, herleitet. Vgl. S. Reiske de
imagin. Christi. p. 60 sqq. J. A. Schmid diss. de sudariis
Christi . 9 sqq. Doch konnte es auch sein, dafs der Name
die Sage erzeugt halte, wie oft geschehen ist.
Andere Heilige haben den Unverstand zur Mutter. So
meint Sirmond (bei Hadr. Valesius Valesiana. Paris. 1694.
12. p. 49), dafs die bereits erwahnte Sage von der Ursula
aus den mifsverstandenen Worlen alter Martyrologien her-
stamme: SS. URSULA ET UNDECJMJLLA V. M. i. e.
Sanctae Ursula et Undecimilla Virgines martyres. Vgl. Gisb.
Voetius Disputatt. select. P. III. Ultraj. 1659. disp. 23 sqq.
p. 472 sqq. Obgleich in diesem Falle nicht wahrscheinlich,
ware ein solcher Ursprung doch an sich recht gut moglich.
Eine defecte Inschrift hat den heiligen A uxilius, Bischofvon
Angers, erzeugt und manche andere. Denn man war nicht
immer so vorsichtig und gelehrt, wie Urban VIII, bei dem
die Spanier wegen des von ihnen in Folge einer Inschrift
SVIAR als Heiligen verehrten Viar, de concedendis indul-
gentiis einkamen. Der Papst liefs den Stein nachRom kommen,
416
wo die Inschvift fur ein Fragment von PraefeetuSVIARum
erkannt wurde und die Indulgenzen unterblieben. Vergl.
J. Mabillon a. a. 0. Tom. I. P. 1. p. 143. Tentzel Monathl.
Unierred. 1690. p. 363. Ob die Spanier sich warden
von ihrein heiiigen Viar haben abwendig machen lassen?
Vermuthlich rufen sie ihn noch heut zu Tage und nicht
ohne Erfolg bei Reiseunternehmungen an.
Doch zuriick zu den Gottern. Nicht alle gelangten zu
der Ehre der Beforderung zu Heiiigen; viele von ihnen
vvurden auch degradiert, gleichfalls durch die bewufste oder
unbewufsle Nachgiebigkeit gegen das zu verdrangende oder
zu vergessende Heidenthum. Denn da es unmoglich war
oder geglaubt wurde, dem getauften Volke mit einem Male
alien Glauben an seine ehemaligen Gotter zu nehmen, so
suchte man dies nach und nach dadurch zu bewirken 4 ),
dafs man ihm dieselben dem christlichen Gotte gegeniiber
theils als minder ma'chtige, theils und besonders als unheim-
liche, teuflische Wesen, als von Gott abgefallene Engel dar-
zustellen suchte (Grimm a. a. 0. p. 937. 957). Und dies mufste
urn so leichter sein, als man einerseits scheinbar die Bibel
fur sich hatte (Matth. XXV, 41. II. Petr. 2, 4. Jud. v. 4),
andrerseits gewifs hauptsachlich diejenigen Gotter demReiche
der Finsternifs zuwies, welchen der Glaube des Volkes selbst
schon einen feindseligen, diistern, minder freundlichen Cha-
rakter beigelegt hatte. Durch dies Verfahren bei Bekehrung
4 ) Doch es war nicht immer eine solche freie Accommodation,
welclie die Gotter als teuflisclie Wesen bestehen liefs. Es begegnen
uns merkwiirdige Beispiele von dem Glauben an die Wesenheit der
heidnischen Gotter bei den Missionaren und Priestern. Und sollte
uns das Wunder nehmen in Zeiten, die denen weit voranliegen, in
welchen dem Hexen- und Teufelsglauben Tausende zuin Opfer fie-
len? Dafs iibrigens das Yolk, auch olme Zuthun der Priester,
diese Diabolisierung seiner Gotter "wiirde vorgenommen haben, ver-
steht sich von selbst.
417
der Heiden ist es denn gekommen, dafs der Teufei mit
seinen Heerschaaren in den christlichen Vorstellungen eine
so bedeutende Rolle spielt, wie ihm ohnedies gewifs niemals
wiirde zugetheilt worden sein. Ursprunglich als Ahriman
der parsischen Religion zugehorig, ist er von da den Juden
bekannt geworden und hat spaterhin seine beste Nahrung
an den zur Seite geschobenen lieidnischen Gottern gefunden.
Die Griechen und Romer sowohl als die Deutschen haben
keinen Dualismus eines guten und bosen Principes ausge-
bildet; sie waren viel zu unbefangen, ihnen lachte dasLeben
allzusehr, als dafs sie die menschliche Misere und Siinde
hatten einem absolut bosen Wesen zuschreiben sollen. Wo
wir daher einen Teufei in den Vorstellungen des Volkes
finden, da ist er erst durch die christliche Religion hinge-
bracht in Folge entweder seines Vorkommens in der Bibel
oder der Umwandlung heidnischer Goiter (Grimm p. 936 sqq.).
Ist der Teufei den yerschiedenen Volkern erst durch
das Christenthum bekannt geworden, so enlsteht die Frage,
ob nicht manche von den tausenderlei Sagen, die manvom
Teufei hat, gleichfalls iiberlieferl seien? Ohne Zweifel,
wenngleich die meisten in heidnischem. Boden wurzeln und
in christlicher Zeit nur etwas die Form verandert haben.
In neuester Zeit ist die Aufmerksamkeit auf die Teufels-
sagen besonders durch Goethe's Faust gelenkt worden. Hr.
Dr. So miner, mit der Untersuchung iiber die historische
Grundlage der Sage von Faust beschaftigt, konnte dabei die
Frage nicht unberiicksichtigt lassen, ob und inwieweit frii-
here Teufelssagen Vorbild oder Stofi der von Faust gewe-
sen seien. Dadurch ward er auf die Sage vom Theophilus
gefiihrt, die alteste, welche wir von einer Verbindung mit
dem Teufei kennen. Sie ist schon friiher in Bollandi et
Henschenii Acta Sanctorum. Men's. Febr. Tom. I. p. 480 sqq.,
Lauer Griecli. Mythologie. 27
418
von Achilles Jubinal (Oeuvres de RutebeufTom.il. p. 260 sqq.)
und Mone (Anzeiger fur Kunde des deutschen Mittelalters.
1834. p. 273 sqq.) behandelt worden, nunmehr aber von
Sornraer so umfassend und grundlich, dafs wir uns von
seiner Abhandlung tiber den Fausl ganz Ausgezeichnetes
versprechen diirfen..
Die Sage von dem Biindnisse des Theophilus mil dem
Teufel ist uns durch einen gewissen Eutychianus, der sich
fiir den oixoyevijs tv TQiOftaxaQiGtov xovrov avdgog so-
(fLKov xal xhjQixos rfs (xvvfjs xa&ohixfjs exxhrjoiag ausgiebt,
iiberliefert und in zwei Handschriften, einer Wiener und
einer Coislinschen, erhalten worden. Beide hat Ludwig
v. Sinner in Jubinal Oeuvres de R. Tom. II. p. 332357
zusammen abdrucken lassen, da sie bedeutend von einander
abweichen. Der Wiener Codex, alter und vollstandiger als
der andere, enthalt am Ende der Geschichte eine Notiz iiber
den Verfasser, aus der die obigen Worte entlehnl sind.
Obschon .wir sonst nichts von dem Eutychianus wissen, so
hat er doch wenigstens ebensoviel fiir sich, als die ganze
Sage, die er berichtet. Ueberdies bezeugt der Tilel der
Uebersetzung des Paulus (s. unten) hinlanglich die Echtheit
der Unterschrift im Cod. VJndob. Sommer p. 8 sqq. Nach
Eutychianus lautet die Sage folgendermafsen. Theophilus,
Vicedominus (oixovo'/uoe) zu Adaha in Cilicien, war durch
seine grofse Frommigkeit ausgezeichnet. Er wurde, als der
Bisehof gestorben war, an dessen Stelle gewahlt, lehnte aber
diese Wiirde, als fiir ihn zu grofs, ab. Der neue Bisehof
nun, von Verleumdern hintergangen, suspendiert d:en Theo-
philus, der zur W'iedererlangung des verlorenen Amtes sich
an einen hebraischen Zauberer wendet. Dieser, im Dienste
des Teufels, fiihrt ihn in der folgenden Nacht auf den Markt
und heifst ihn, weder sich zu erschrecken, noch durch
419
Schlagen des Kreuzes das, was er seheh wiirde, zu ver-
scheuchen. Er sail aber eine grofse Anzahl Manner, viele
mit Lichtern und Waffen, lannend und singend und in ihrer
Mitte den Fursten der Finsternifs sitzend. Theophilus, auf
die Kniee fallend, kiifst dem Teufel die Fiifse und verspricht,
alien seinen Befehlen zu gehorchen. Da ergreift der Teufel
den Teophilus beim Bart und kiifst ihn auf den Mund und
spvicht: Sei gegriifst von jetzt ab mir gehorig, Lieber und
Getreuer. TOTE slarjh&ev ev&ecog slg CCVTOV o acccavag.
Nachdem Theophilus so Christus und Maria abgeschworen
und zum Zeichen dessen dem Teufel eine besiegelte Schrift
iibergeben hatte, ward er am folgenden Tage vom Bischof
wieder ehrenvoll in sein Amt eingesetzt. Aber nachher
kam Reue tiber ihn. Vierzig Tage und Nachte fleht er in
der Kirche zur Maria ; die ihn auch erhort, Christus durch
ihre Bitte bewegt, dafs er dem Reuigen vergebe, die dem
Teufel gegebene Schrift zuriickbringt und dem in der Kirche
schlafenden Theophilus auf die Brust legt. Darauf bekennt
er sein Verbrechen und die Gnade der Jungfrau Maria, die
ihm dreimal erschien, offentlich, verbrennt die verhangnifs-
volle Sehrift und stirbt drei Tage nachher.
Diese Erzahlung des Eutychianus ist von einem ge-
wissen Paulus, Diaconus Neapoleos, unter dem Titel Mira-
culum S. Mariae de Theophilo poenitente, auctore Euty-
chiano, interprete P. d. N. wortlich ins Lateinische iibersetzt
und domino gloriosissimo et praestantissimo regi Carolo
gewidmet worden. Von diesem Paulus wissen wir sonst
nichts 5 ) und konnen nicht einmal aus der Dedikation etwas
liber sein "Zeitalter vermuthen, da unter dem Kb'nig Karl
5 ) An den Erzbischof Paulus Ton Neapel, der urn das Jalir 765
lebte (Leo Gesch. Ital. I. p. 366), darf man nicht denken.
27*
420
eben so gut der grofse, als der kahle, der dicke und der
einfaltige verslanden werden kann. Wir ersehen aus der
Uebersetzung, dafs wir den griechischen Urtext auch in dem
Wiener Codex nicht ganz vollstandig haben, obwohl Paulus
mil diesem am haufigsten da iibereinstimmt, wo der Cois-
linianus abweicht oder eine Liicke hat; seltner umgekehrt
(p. 8-10).
Durch Paulus ward die Sage vom Theophilus im Mit-
telalter verbreitet und bekannt. Es ist dies an vielen Ein-
zelnheiten zu erkennen, die Hr. Sommer p. 43 sqq. auffiihrt.
Die ganz nach Eutychianus gemachte griechische Erzahlung
der Sage durch Simeon Melaphrastes und deren Uebersetzung
durch Gentianus Her veins sind ohne jeglichen weitern Ein-
flufs geblieben (p. 10 sq.).
Zuerst begegnet uns im 10. Jahrhundert das Gedicht
der Hroswitha Lapsus et conversio Theophili vicedomini
(Opp. ed. Schurzfleisch. p. 132 145), die durchaus dem
Paulus folgt, ntir dafs sie weniges iibergeht, den Theophilus
in Sicilien leben und von einem reichen Bischof erzogen
werden lafst. Und vielleicht ist selbst die Verlegung des
Schauplatzes nach Sicilien keine absichtliehe Neuerung der
Hroswitha, sondern nur em Schreibfehler fur Cilicien (p.ll),
wenngleich auch Hercules Vinc.emata Miracula Mariae Vir-
ginis lib. T. cp. 11. Sicilien hat und die Aenderung wegen
des diaconus Neapoleos am Ende sehr nahe lag. Noch
genauer schliefst sich dem Paulus an Marbod, nach Bol-
landus Bischof zu Rennes (f 1123), dessen in leoninischen
Versen geschriebenes Gedicht in Act. Sanct. 1, 1. p.487 491
und in Hildeberti Turonensis et Marbodi oper. *ed. Beau-
gendre. Paris. 1708. p. 1507 sqq. abgedruckt ist (p. 12 sq.).
Mil mehr Freiheit behandelt Hartmann in seinem
Gedichte Vom. gelouben v. 19262001 die Sage. Nach
421
ihm verbindet sich Theophilus mil dem Teufel zur Erlan-
gung von Ruhm und Vermogen und schwb'rt Gott ab. Von
Gott darauf zur Reue bekehrt, gesteht er vor dem Volke
sein Verbrechen und fleht die Hiilfe der Maria an, die init
alien Heiligen von Gott fur den Theophilus Verzeihung
erbittet. Die Handschrift des Theophilus herauszugeben
zwingt Gott selber den Teufel, der sie von oben aus der
Luft herabfallen la'fst. Wir bemerken an dieser Erzahlung
eine weit geringere Beriicksichtigung der Maria, als ihrvon
alien andern zu Theil wird. Theophilus schwort nur Gott
ab, nicht die Maria, und erfleht ihre Htilfe zur Aussohnung
mit Gott erst dann, als er bereits vor dem Volke seinen
Frevel gestanden und bereut hat. Auch ist es bei Hartmann
nicht Maria, welche die Handschrift vom Teufel wieder
erwirbt, sondern Gott selber. Dieser grofsere Einflufs Gottes
in die Geschichte mufste einem deutschen Gemiithe auch
weit na'her liegen und mehr zusagen, als der importierte
der heiligen Jungfrau. Ein Deutsches erkennen wir auch
in dem Herabwerfen der Handschrift aus der Luft, wofiir
p. 14 mehrere Beispiele beigebracht werden. Ich kann ihnen
noch ein ahnliches hinzufiigen aus Micrael altes Pommerland.
Stettin und Leipzig 1723. 4. Buch 4. p. 154. Ein Knabe
hatte sich dem Teufel verschrieben, war bekehrt, stand aber
wegen seiner in den Handen des Teufels befindlichen Schrift
viel Angst aus. ,,Drum hielt die christliche Gemeine immer-
fort an, die gottliche Gnade und Allmacht anzuruffen, dafs
der Teuffel gezwungen wiirde, die Handschrift dem Enaben
wieder zu bringen, damit er also offentlich dadurch zu
Schanden gemacht wiirde. Welches gemeine Gebet dann
auch so viel gewirket, dafs der bose Feind mit einem greu-
lichen Brausen, dadurch der helle Mondenschein gantz ver-
finsterl ist, in der Nacht nach XI Uhren zu ihme gekommen,
422
und ihme die Handschrifft vor den Kopff geworffen, mil
diesen Worten: ich bin deinethalben genugsam darum ge-
schoren worden." Es ist klar, dafs diese besondere Vor-
stellung von dem Herabwerfen der Handscbrift aus der Luft
mil dem deutsch - heidnischen Volksglauben von den Haus-
geistern oder Elben, der auf den Teufel iibertragen ist,
zusammenhangt; auf welche Art Uebertragung ich oben
hingewiesen habe.
Das Gedicht des Gauthier de Coinsi (geb. 1177 zu
Amiens, 1236 Prior des Klosters zu Vis-sur-Aisne), welcbes
die Sage, selbst in vielen Einzelnheiten , ganz so giebt, wie
Eutychianus und sein Uebersetzer, obscbon es nach Marbod
gearbeitet zu sein scheint (p. 18), zeichnet sich vor alien
ubrigen sehr vortheilhaft aus nach Form und InhahV Es
giebt sich in demselben ein gewisses psychologisches Moti-
vieren kund, vvodurch der Charakter des Theophilus anders,
als in der altesten Erzahlung, erscheinen mufste. Wahrend
diese ihn einen frommen Mann nennt, den der Schmerz oder
eine verzeihliche Erbitterung iiber die unverdiente Zuriick-
setzung und der Zauberer dem Teufel in die Ha'nde liefern,
schildert Gauthier ihn als einen hochst siindhaften Menschen,
der sich zu jenem Bunde enlschliefst, vveil er an Gottes
Hiilfe verzweifelt. Der Dichter machte dadurch ein solches
Biindnifs wahrscheinlicher und gab andrerseits zu noch
grb'fserer Bewunderung der Gnade und Allmacht Gottes
Anlafs. Auch bei Gauthier finden wir, wie bei Hartmann,
ein Uebertragen von Volksvorstellungen auf den Teufel,
dessen auch von Eutychianus erwahntes Gefolge er mit
manchen von den Elben entlehnten Ziigen beschreibt
(p. 16 sq.). Und, wie haufig in deutschen Sagen (p. 47.
not.ff), lafst der Dichter den Teufel am Schlusse in Klagen
ausbrechen iiber den Betrug, den die Menschen ihm spielen.
423
Von den Besonderheiten in dem Drama des Rutebeuf
Le miracle de Theophile (bei Jubinal Tom. II. p. 79 105.
Fr. Michel The'atre fran^ais du moyen age p. 136 sqq.) ist
zu bemerken, dafs das Motif des Biindnisses dasselbe ist,
wie bei Gauthier, dafs auch hier der Teufel wegen des
vielfachen Betruges einen genau abgefafsten Contract ver-
Jangt, und namentlich dafs Rutebeuf zuerst der Verschrei-
bung mil Blut und eines siebenjahrigen Dienstes des
Theophilus beim Teufel erwahnt. Es ist dies iiberhaupt
die alteste Nachricht von Verschreibungen an den Teufel
mit Blut, die spater so gewohnlich sind 6 ), und, wie wir aus
Hartlieb's Buch de artibus vetitis (Mone Anzeiger 1838.
p. 315) sehen, schon im 14. Jahrhundert allgemein verbreitet
vvaren. Ob dieser Gebrauch im Heidenthum wurzelt? Es
lafst sich wenigstens dort nicht nachweisen; und was ihn
iiberhaupt erzeugen konnte, das konnte ihn auch in spateren
Zeiten veranlassen. Die siebenjahrige Dienstzeit des Teufels
clagegen schreibt sich mit Sicherheit aus altheidnischen Vor-
stellungen und Sagen her. S. 19. not. **) werden viele Bei-
spiele der Bedeutsamkeit einer siebenjahrigen Zeit in Volks-
sagen angefiihrt. Mit einer Veranderung heifst es, dafs
Madchen, vvelche bei Nixen iin Dienste standen, nachdem
sie weggezogen sind, riur noch 7 Jahre leben (Grimm
Deutsche Sagen no. 68. 69. Leibnitz. Script. Rer. Brunsv. I.
p. 987 sq.). Und nicht unpassend kann man die 7 Jahre
6 ) Vergl. J. C. Morgenweg diss. Iiist. moralis de foederibus
hum. sang, sancitis. Lips. 1687. 4. G. H. Goetze ecloga historico-
theologica de snLscriptionibus sang. hum. tirmatis. Lubec. et Lips.
1724. 4. Eine raffinierte Abart dieser Blutverschreibungen bilden
die Briefe, denen man sanguine Christi die grofste Autoritat zu ge-
ben suchte. Vgl. J. A. Schmid liter, sang. Christi tirmatas disq.
Helmst. 1713. 4.
424
hierherziehen, welche Odysseus bei der Nymphe Kalypso
zu verweilen gezwungen ist (77, 259 sqq.).
In das 13. Jahrhundert gehort gleichfalls ein hochdeut-
sches Gedicht, welches in dem Koloczaer und einem Hei-
delberger Codex (no. 341) aufbewahrt ist. Nach der auf
der hiesigen Bibliothek befindlichen Abschrift des letzteren
giebt Hr. Dr. Sommer das aus 322 Versen bestehende Ge-
dicht hier zum ersten Male heraus (p. 21 34), und erlautert
es mil kritischen und exegelisehen Anmerkungen. Es bildet
das vorletzte von 23 zum Lobe der Maria geschriebenen
Gedichten, deren jedes, mit Ausnahme des ersten, mil dem
Verse schliefst: des si gelobt diu kiinegin. Die Sage ist
ganz wie im Griechischen, nur dafs hier Theophilus zweimal
traumt und zweimal ihm Maria erscheint.
Am Schlusse desselben Jahrhunderts begegnet uns das
a. 1276 geschriebene Gedicht des sachsischen Dichters
Brun de Schoenebecke. Er setzt die Sage als bekannt
voraus, lafst den Theophilus die Dreieinigkeit und alle
Himmlischen, mit Ausnahme der Maria, abschwb'ren, sich
dem Teufel mit dem Blute verschreiben, welches dieser ihm
aus der Haul hervorgedriiekt hatte, undihn, ohne besondern
Nutzen von seinem Vertrage gehabt zu haben, bei heran-
nahendem Tode reuig werden. Da steigt Maria selbst zur
Holle, die Schrift zu holen, weil Gott dem Teufel keine
Gewalt anthun will, und zerreifst dieselbe (p. 35 38). '
Diese Version der Sage hat manches Eigenthiimliche. Wahr
rend die altesten Erzahlungen berichten , dafs Theophilus
auch die Maria abgeschworen, sticht Brun dadurch, dafs er
sie ausnimmt, nicht ungeschickt die Hiilfe zu motivieren,
die sie dem Abgefallenen zu Theil werden lafst. Wie Hart-
mann die von den altesten Erzahlern ganz zur Seite gelas-
sene Art, auf welche dem Teufel die Handschrift des Theo-
425
philus entrissen sei, durch das Herabwerfen aus der Luft
bestiuimt, so Brun mil einiger Uebertreibung durch das
Hinabsteigen der Jungfrau in die Holle.
Ein niederlandisches Gedicht des 14. Jahrhunderts von
Phil. Blommaert (Theophilus, gedicht der XlVe eeuw, ge-
volgd door drie andere gedichten van het selfde tydvak.
Gent. 1836) herausgegeben, scheint nach Marbod gearbeitet
zu sein, wahrend ein andres niederdeutsches Drama (in
Bruns romanlische und andere Gedichte in altplattdeutscher
Sprache p. 296 330) der Vermuthung des Hrn. Dr. Sommer
nach aus der Volkssage geschopft isL Denn dafs die Sage
nicht bios in Biichern lebte, sondern auch im Munde des
Volks, zu dem sie freilich erst durch schriftliche Ueberlie-
ferung gekommen sein konnte, ist \vie aus den vorhin be-
riihrten Worten des Brun de Schoenebeke (wie ez dar
waere komen [dafs Th. sich dem Teufel verband], daz hat
ir ane mich vernomen), so aus den vielen Anfuhrungen
deutscher und franzosischer, selbst spanischer Schriftsteller
ersichtlich. Wurde doch 1384 zu Aunay und 1539 zu Mans
ein Volksspiel, die Sage von Theophilus darstellend, auf-
gefiihrt; und viele Kirchen in Frankreich, vvie z. B. die
Notredame zu Paris, enthalten Darstellungen, die sich auf
unsere Sage beziehen (Jubinal p. 265 sqq.).
Ich habe in dem vorstehenden Bericht der verschie-
denen Behandlungen der Sage einen gedrangten Abrifs der
gelehrten und erschopfenden Sommerschen Schrift gegeben,
und fiige hier noch einige Bemerkungen iiber die Sage selbst
an. Was das Zeitalter des Theophilus betrifft, so ist dies,
da sich sonst nirgends etwas iiber ihn findet, nur nach einer
selbst hochst unbestimmten Stelle des griechischen Textes
zu bestimmen. 'Eyeveto xctTa tov XCCIQOV sxeivov JIQLV ij
STfidQOf.irjv yevsa&ai ftav a&scov xai a
426
sv xjj T(ov f Pco^ccia)v Ttohivelq. Da nun Sigibertus Gembla-
censis den Theophilus ins Jahr 537, und Albericus Trium-
fontium irts Jahr 538 setzen, auch 540 von den Persern ein
Einfall in das ostromische Reich gemacht wurde, so kann
man immerhin diese Zeitbestimmung fiir den Theophilus
gelten lassen (p. 8). Sie erhalt von andrer Seite her einiger-
mafsen Bestatigung. Die erste Verehrung wurde der Maria
von den Kollyridianerihnen zu Theil, die sich im 4. Jahr-
hundert aufgethan hatten. Sie fand in dem Epiphanius,
Bischof des cyprischen Salamis (haeres. 78. 79. Opp. ed.
Petavius. Paris. 1622. Tom. II. p. 342 sq.) und dem heiligen
Ambrosius von Mailand (ep. Mediol. in lib. de Spir. S. lib. 3.
cap. 12) sehr heftige Gegner. Und noch als 458 der Bischof
von Antiochien Petrus Fullo (Fvacpevs) den Marienkult zuerst
nach Syrien brachle (Nicephor. Callist. lib. XV. cap. 28.
J. Valckenier Roma paganizans. Franeker. 1656. 4. p. 211),
erhoben sich viele Stimmen gegen eine solche Abgb'tterei.
Die Sage von Theophilus nun setzt einerseits eine schon
ziemlich bliihende Verehrung der Maria voraus, und scheint
andrerseits doch gerade aus dem Bestreben hervorgegangen
zu sein, Ruhm und Anerkennung der zu Hiilfe und Erlbsung
bereiten Jungfrau zu mehren (Ev. Joh. IV, 48). So kommen
wir denn auch auf diesem Wege dazu, fiir die Entstehung
der Sage den Anfang des 6. Jahrhunderts anzunehmen.
Sanctus nennt Paulus den Theophilus noch nicht, zuerst
Simeon Metaphrastes. Dieser setzt seinen Feiertag auf den
4. Februar, andre auf den 13. oder 14. October (p. 43).
Die Sage des Theophilus ist die alteste, welche wir
von einem Biindnisse zwischen Menschen und Teufel haben.
Eine solche Sage konnte natiirlich da nicht vorkommen, wo
man sich den Menschen nicht in die Mitte zwischen zwei
um ihn werbende Machte gestellt dachte. So kann also
427
auch nur erst durch das Christenlhum die Vorstellung, vvie
von einem Teufel iiberhaupt, so von einer Verbindung des
Menschen mil ihm bei den abendlandischen Volkern ent-
standen sein. Aber wie kam man vom christlichen respec-
tive jiidischen Standpunkte aus dazu? Es ist eine doppelte
AnUvort moglich; entweder sind dergleichen Vorstellungen
schon im Judentbum und Christenthum selbst entstanden,
also den Heiden tradiert, oder in der Beriihrung des letzteren
mil dem Heidenthume. Sobald man das Verhaltnifs des
Menschen zu Gott als einen gegenseitigen Vertrag und Bund
anschaule, mufste es, als man mil dem Teufel bekannt ge-
worden war, nahe liegen, den Abfall von Gott, die Siind-
bafligkeit des Menschen als aus einer Verbindung mit dem
Teufel hervorgegangen anzusehen. Und eine solche Vor-
stellung Ih'fst sich allerdings schon beim Jesaias (28, 15)
wahrnehmen (Sommer p. 2). Aber sie ist dort nur ganz
allgemein gehalten, wie auch der Bund des israelitischen
Volkes mit Gott iiberhaupt, nicht in der bestimmten Form,
dafs ein Mensch fiir sich allein sich dem Teufel ergiebt
und verbiindet. Im neuen Testamente zeigt die Versuchung
Christi durch den Teufel die Ansicht schon mehr ausge-
bildet und unseren Sagen naher stehend; aber auch hier
nicht in einer Weise, die auf das Vorkommen von Sagen
iiber Teufelsbiindnisse bei den Juden einen Schlufs zu ma-
chen berechtigte. Wir werden demnach den Hauptgrund
solcher Sagen nicht in Tradition durch das Christenthum,
sondern entweder in dem Heidenthum allein oder in seiner
Beriihrung mit dem Christenthum zu suchen habem Riick-
sichtlich des Ersteren kann es keine Frage sein, dafs schon
das deutsche Heidenthum Dienstleistungen der Hausgeister
bei Menschen, dieser bei Nixen kannte (Sommer p. 1 sq. 45),
woraus sich natiirlich in christlicher Zeit, gemafs der schon
428
angedeuleten Umwandlung heidnischer Vorstellungen, Sagen
von einemi gegenseitigen Dienste der Menschen und des
Teufels bilden mufsten. Wo das heidnische Bewufstsein
einen solchen unmittelbaren Anlafs nicht bot, da la'fst sich
die Entstehung von Sagen iiber Teufelsbiindnisse mil Be-
riicksichtigung der im Christenthume gegebenen Anknvipfungs-
punkte aus der Vermehrung des teuflischen Reiches durch
die ihm zugewiesenen heidnischen Goiter und das dadurch
bewirkte grb'fsere Hervortreten der Vorstellung vom Teufel
leicht erklaren. Und in der That scheint hierin und zugleich
im Marienkult (s. oben) und der Versuchung Christi durch
den Teufel die Sage von Theophilus ihre Veranlassung zu
haben. Denn wie sehr die Versuchungsgeschichte auf unsere
Sage influiert hat ist sehr deutlich zu erkennen. Wie Chri-
stus den Veriockungen widersteht , so erliegt ihnen Theo-
philus; was der Teufel von Christus verlangt und dieser
verweigert, das thut Theophilus, er fallt zum Zeichen der
Anbetung auf seine Knie und schwort Gott ab; die 40Tage
und Nachte, die Theophilus reuig flehte, weisen auf die
40 Tage zuriick, die Christus in der Wiiste fastete; wie
der Teufel auf der Zinne des Tempels Christus die Reiche
der Erde zeigte und ihm dieselben zum Lohne versprach,
wenn er zu ihm sich halten wolle, so ist es aufsere Ehre,
um derentwillen Theophilus sich dem Teufel verbiindet.
Dafs unsere Sage aus so aufserlicher Veranlassung ent-
standen ist und nicht aus poetischer Conception, ist mir
sehr wahrscheinlich. Man kann deshalb eigentlich auch
nicht von einer Idee reden, welche durch dieselbe dargestellt
werde; und doppelt unbegriindet ist es, wenn Mone (An-
zeiger. 1834. p. 275) und Rosenkranz (zur Geschichte der
deutschen Literatur p. 98) von dem Gegensalze des Juden-
thums und Christenthums sprechen, als dem Grundstoffe
429
der Sage (Sommer p. 45 sq.). Liegt eine Idee in ihr, so ist
sie durch diejenigen darin geweckt worden, \velche die
Sage, indem sie sie aufnahmen, gewissermafsen erst zur
Sage machten. Die haben ohne Zweifel einen Sinn mit ihr
verkniipft und in ihr neben der Schwache des menschlichen
Herzens, das, verlockt und verfiihrt von den Herrlichkeilen
der Welt, ihren Ehren und Freuden, von Gott sich wendet,
aucli die unendliche Liebe und Macht angeschaut, die dem
aufrichlig Bereuenden selbst dann zu verzeihen und ihn zu
erretten bereit ist, wenn er sich auch so ganzlich, wie
Theophilus, von ihr losgesagt hat. Und wohl konnte sich
ein von dem Bewufstsein seiner Sundhaftigkeit gedriicktes,
aber glaubiges Gemiilh freudig emporrichten an einer Sage,
die auch ihm die Hoifnung der eignen Erlosung bot.
Register.
ufi&ias 250. 255.
Abhangigkeitsgefiihl, Element (lei-
Religion 23.
396.
-9-vtiv 176.
Adinet 263. 273.
Adrastea, IdtiQaartta 258. 304.
(Kybele) 388.
Adrastos 331.
Aegis 155. 192. 317. 326.
Aegyptische Religion 87. 142.
Aethergotter 152; ihr Verhaltnifs
zu einander 247.
= Hades
393.
274.
Aglauros, Agraulos 334. 338. 343.
363.
276.
Ahriuian 69.
Aiakiden 179.
Aiakos 179.
Aidos 63.
Ai3a>s Zr\vl
AlyaiKtv 162.
Aigeas 317.
Aigina 179. 263. 308.
Alyinav 235.
alyig s. Aegis.
Aiolos 219. 305. 400.
Aither 234.
Aithra 286. 363.
Aitne 386.
l'S 155. 179. 191.
212.
260.
284.
392.
280.
198. 203. 342.
"Am in 259.
322.
322.
Alexanor 283.
Allegoric 105.
Aloaden 244.
Alopekos 293.
L4f^K^o(poQOi 266.
Amaltheia 1.65. 190. 237.
Ameisen = Ackerbaner 180.
Kfj.(pupcav 288.
Amphiaraos 361.
Amphiktionie, delphische 274.
304.
396.
la 307.
Androgeos 342.
Apaturien 361.
Aphrodite ISO. 163. 176. 242.
KTiodrjftia 'Anoll. 266.
Apollon 60. 62 f. 125. 137.
150 f. 253 ff. 281. 330. 387.
397.
1. Der natiirliche. Herr der
Sonne 257; der Tagessonne
260; derFriiklingssonne263;
der Sommersonne 265; der
Wintersonne 273.
2. Der e this eke. Der leuch-
tende, helle, glanzende, reine
431
Gott 274; der weise, wis-
sende, proplietische ; Schiitzer
276; Gott des Gesanges und
Saitenspiels 277 ; Scbiitze,
Jager und Krieger 277. 278;
giebt Gesundheit und Kvank-
heit 278 ;
KprjTcaf) 276.
ccyogaiog 276.
ctygs vg 278.
ccyQEVTcis 278.
ctyvievg 273. 276.
Kiyl^jTrjg 258.
Kxeaiog 280.
axfQGsxofirjg 258.
KXTI.OS 258. 280.
analog 258.
{llVQOf.iavTig 275.
alagixuxog 280.
279.
277.
259.
g 278.
258.
259.
265.
KWQ 258.
XQvooy.6fA.ris 258.
269.
259.
, 266.
263. 331.
258.
262.
259.
dyoucdog 259.
*% 262.
txpaaios 264.
258.
264.
svavgos 260.
SV&QVTITOS 270.
264.
269.
g 280.
265.
276.
276.
276.
tgeffiog 259.
259.
og 259. 266.
278.
(pavalog 258.
277.
258.
265.
273.
258.
262.
262.
278.
278.
259.
278.
278.
262.
Iwo? 258.
276.
265.
265.
276.
279.
273.
y.tUctiog 267.
258.
og 278.
Knechtschaft 263. 274.
265.
259.
259.
xovQOTQOfpog 278.
XTiGrrjg 277.
xvvstog 273.
KvvSiog 259.
274.
278.
276.
264.
279.
259. 275.
257.
Ivxeiog 258.
264.
264.
277.
262.
277.
265.
265.
265.
dyxalog arrjg 264. 332.
oixiGr^g 277.
ondcov fj.rjA.iov 265.
o^oipuyog 273.
og^ffr^ff 2.77.
olfAto? 279.
TiayaGKiog 269.
mxyaGtTijg 269.
280.
432
Jiaavonioe, noovojjlcav
265.
258.
277.
265.
276.
276.
275.
JJryos 259.
Hy&Kvg 273.
Rinderheerde des A p. 228.
aavQoxiovos 266.
anakxas 265.
cffitv&evs 266.
anodios 273.
278.
392.
264. 332.
275.
271.
273.
273.
259.
276.
259.
259.
&VQKLOS 276.
276.
269.
260.
258.
278.
396.
243.
Areion.331.
150. 241. 248.
1. Der natiirliche. Herr der
Wolken 242, der Warme 243,
des Gedeihens 244.
2. Der ethische. Kriegerund
Tanzer245; sendetKrankheit
und Pest 246.
244.
245.
245.
243.
245.
245.
245.
245.
'Evvahos 246.
evzohos 245.
Fesselung des Ares 243. 244.
(vr)s 244.
244.
i/ 243.
245.
s 246.
245.
244.
245.
245.
245.
266. 289.
162.
Argonauten 218.
'^pyoff navonTTjs 228.
Aristaios 198. 218. 305.
Arkadischer Zeus 180.
Arkas 294.
(Barinnen der Artemis) 293.
310.
310.
272.
fa 347.
Arsinoe 281.
pTf/w 61. 261. 287.
1. Die natiirliche. Herrin
des Mondes 288; des Was-
sers 291 , der Fruchtbarkeit
und des Gedeihens 292.
2. Die ethische. Keusch,
schon, milde, machtig, king
298; Schiitzerin, Jagerin299;
Herrin des Gedeihens 300,
der Gesundheit, iiber Wohl-
ergehen, Krankheit und Tod
301.
3. Mischgestalten der Artemis
302.
ta) 302.
304.
ayyslos 290.
ayyCrus 291.
la 299.
299.
299.
299.
alV ASfirirag 298.
aiyfttiva 291.
289. 294.
ri 292.
ta 290.
291.
291.
289.
289:
289.
304.
433
290. 302. 'L4.QTep.ig xlrjdovxos 299.
289. xvayia 289.
298. xvKXKirjaa 290.
298. xvaxeccTis 290.
299. xovSvteaTis 302.
(JBwSig) 303. xoQvyata 290.
293. xoQv&cdMa 301.
302. XOVQOTQO(pOS 301.
291. ' iKwota 292. 302.
301. ".'/. *drfioy6vi>ia 288.
290. (AtvxoipovvTi} 304.
290. lipvaia 291.
291. . lifAVKTig 291.
Atxivvva 302. jio%ia 300.
'Eqieafa 303. ' IvyoStapcc 293.
300. At/xfifa 289.
/ 298. J.VXOKTIS 289.
298. lvatcovog 301.
291. fj,ydit] 298.
299. Movwxfa 291.
290. TWuff/a 304.
&ov'0iK 291. '-^- 'i27r^ 289.
299. d?*mff 290.
299. oQta 293. 294. 296.
fvaxoog 292. 298. ogdcoata 293.
Evxteta 300. ouAfo 302.
/ 299. _ Qvnis 289.
291. - ovQSGKfoTns 290.
293. 7iaiSoTQO(pos 301.
302. 7taQ&vog alSofi) 298.
*! 301- nKTQya 299.
289. Ust&io 300.
299. (.negyaia) 304.
TlOTttflftt 291.
299. nQonv&ata 299.
289. . ?ipoffij^)a 290.
298.300. nQoGTcnri^Ca 299.'
291. TiQO&vQaia 299--
301. ZZio<wro#oj'/a 304.
298. Tn/ptarta 289.
598. GotQcoviu 291.
298. o'sAao'^d^os 289.
288. aelaata 289.
300. tfxiKTig 290.
293.- , ar()0(paitt 299.
= 'Exarr] 305. ; tfa5z^a 302.
291. TavQonohos 296.
299. TTjAjfita/off 290.
291. fcQpata 291. 298.
295. 298. &r}QOtp6vr} 300.
300. iQixluQta 290.
'297. aQTSp,iS6(lJir)TOi%97.
"i\ 300. Idtfavata s. A&rpwia
301. l40xlr)7iia 284.
304. AcfxlynifTa 283.
Lauer Griech. Mythologie. 28
434
.... . . 280. 360.
1. Der natiirliche. Herr der
Sonne, derFruchtbarkeit282.
2. Der ethische. Schiitzer;
Gott der Gesundheit 282.
dylaonrig 282.
ayvtrag 283.
' 282.
282.
,.. . - 282.
Kvltavios 282.
avgi&al'qs 282.
dripaCveros 282.
lyxotpriGig (Incubation) in
den Tempeln des 283.
^TitoSoTtig 282.
(pdolaog 282.
ICITQOS 283.
xaovaioe 282.
xOTvkevg 283.
-naitov 283.
nctis 284.
q&pdov avd^rjifjig 282.
Asopos 179.
Asterie 159. 305.
Astrabakos 293.
Astrolatrie 53. 55. 79.
Astrologie 83.
Astronomic 83.
Athamas 219.
Iddyvata 60. 125. 151. 311 ff. 402.
1. Die natiirliche. Herrin
derWolken 320, der Gewas-
ser327, derFrnchtbarkeit333.
2. Die ethische. Keusch und
jnngfraulich 354, king und
wissend 356, prophetisch 357 ;
Herrin der Seefahrt 357; der
Frnchtbarkeit und des Ge-
deihens im Menschenleben^
359; Vorsteherin der Heil-
kunst; Beschutzerin der
Stadte 365; Vorsteherin der
Volksversaminluiigen und Vol-
kerverbindungen ; Kriegerin
368; Weberin371; Vorstehe-
rin jeglicher Ktinstfertigkeit
373 ; Gottin der Musik 376 ;
Zauberin 376.
ar)3.(6v 376.
ayeiala eta t\tg 369.
ayrjGiTtoiia 367.
ayooaia 367.
354.
326.
327.
KXQ(K 326. 332.
322.
323.
364.
362.
367.
313.
358.
KTlttTOVQfu 361.
326.
367.
369.
uaia. 327.
370.
IdTQvrwvt) 313.
367.
366.
pdaxavos 376.
blitztragend 321.
354.
/c* 326.
354.
poviccta 367.
%alivliis 354.
Xai.xCoiy.os 366.
x^varj 324.
Sap-KdiTtnos 354.
tyx&adog 376.
ellevfa 323.
369.
327. 358.
323.
332. 366.
inCaxonos 364.
373. 404;
369.
357.
369.
361.
363.
ylavxa 321.
ylavxanig 161. 203. 321.
323. 376.
32 L
eu 325.
203. 325.
yvyaft] 327.
356.
323.
323.
323.
ffe 354.
Tyieia 359.
'laaovta 361.
435
vo.tu
vs 367.
356.
366.
327.
a 369.
369.
327.
357.
a 369.
363.
326.
327.
62. 364. 369.
369.
313.
323.
327.
323.
323.
yya,
naicavicc 361.
316.
370.
367.
376.
354.
356.
369.
369.
369.
326. 348. 352. 361.
365. 377.
365.
321. 342. 365.
356.
367.
327.
369.
357.
356.
366.
369. 376.
326.
t 367.
324. 351.
g 326.
364.
371.
a 370.
S .370.
354.
376:392.
353.
vaCa Tgnoyfrsta 142. 146. 151.
314. 322.
TQnoyfvys 314. 361.
Ath. mit dem Widder 402 ff.
367.
370.
373.
Atlienai's 322.
Idfrfivij, 'A&avcctK, *AKVK, 'd&rjvcia
s. Z4&r)VK(cc.
Attis 76.
Ange des Himinels (Sonne) 202.
der Nacht (Mond) 286.
Aura 401.
B.
pufl&ios 250.
Bacchus 137. 240.
Bar, der grofse 310.
Bal 167. 255.
BKCfiltit 167.
Bel s. Bal.
p&a 250. 255.
BsvSlSsiK 303. 345.
Bevfts 303.
Bergnymphen 188.
Biene 187. 190.
Blitz 155. 156. 162. 199. (242),
321. 325. 333. 336. s. Hephae-
stos.
Bor]dg6(tia 271.
Boio 267.
Boiotos = Poseidon 330.
BocoTtis 310.
Boreas 267. 400.
Boqva&tvts 396.
Bovyovia 205. 218. 220.
Branchiden 275.
BQIKQZCUS 162. .
BQi[Ju!t 'COpQipw) 162. 305.
B(>n:6(J.ttQTi$ 302.
BQI& 311.
BQOVTHS 162.
Butaden 352.
fiovfpovos 205.
BOUTJJS 352.
POVTVTIOS 205.
Buddhismus 72.
Buzyges 343. 353.
C.
Ceres 151.
Xcdxeta 373.
Chaos 143. 157.
28*
436
Xagtict 273.
Chariten 236.
Cheiron 281.
XOIQOXTOVOI xa&ctQpot 210.
XQOVOS (Kronos) 165.
Chrysaor 326.
Chthonia 352.
dementia 63.
Coelns 382.
Concordia 63.
D.
Daidaliden 375.
Daidalos 128. Yariante von He-
phaestos 195. 386.
Damonen 49.
Daktylen 191. 246. 392.
392.
s. Zeus.
Danais 188.
Daplmephoros 263. 269.
Jslpos 247.
Deioneus 280.
263.
s. Pytho 260.
Delische Theorie 270.
Demeter 23. 150. 167. 169. 226.
244. 288. 305. 329. 340. 354. 395.
Erinnys 161.
4i)V' s. Zeus.
Dendrolatrie 97.
devg s. Zeus.
Diana 151.
JiKdia 201.
Didymaios (Apollon) 275.
Dike 63.
dtxri gvvsdQos 4i6g 211.
Diktynna 188. 302.
Diomedes 376.
Slav xaJStov 210. 407.
Dione 42. 125. 176.
Dionysos 23. 124. 191. 236. 240.
244.
KGTSQCOTIOS cti&riQ 199.
XSQKVVOf 199.
xovQoi 189. 244. 309. 395.
voros 197.
opPeos 197.
naTs aartSTOS oppgos 197.
205.
Dodonaischer Zeus 175.
Dodonaisches Orakel 177.
Donner (gottheit) 156. 199. 208.
320.
Donnergewolk 188 f. 326. 388.
Drache s. Pytho, Schlange.
Dryops 234.
Dschemshid 66.
E.
Ca 303.
283.
Eiresione 271. 276.
Elara 261.
Elektra 399.
"EpTiovaa 308.
Endymion 62. 253. 287.
Engel in den Statuen Orakel ge-
bend 49.
Ennosigaios 169.
'Ewahos 246.
Enyo 206. 246. 325.
'Hcog 311.
Ephialtes 244.
tmdwCK ^TTO'U. 266. 269.
'EQarco 396.
Erechtheion 353.
Erechtheus 333. 335. 352.
"Eqyuvri 373. 404.
Ericlithonios 333. 341. 382.
Erinyen 163. 354.
"Egi? 247.
Eros 157.
'EQvafy&w 341. 342.
Eteobutaden 348. 352.
Euamerion 284.
Eule, Symbol des Blitzes 156.
vergl. 321.
EvQvdUr} 325.
Euryphaessa 250. 286.
396.
F.
ia 302.
Fesselung des Ares 243. 244, der
Hera 382, des Kronos 171.
Fetischismus 53. 55. 94.
Feuerdienst s. Parsismus.
Fides 63.
<o/So<r 247.
< oi/Sos (Apollon) 258.
f f>(oct(p6(>og 311. .
<f>Q%os 219. 402. 405.
Furcht als Faktor d. Religion 23.
Fata, Gaia, Fij, Ge 157. 163. 165.
234. 249. 313. 320. 336. 338.
397. 406.
Gaiolatrie 53. 55. 74.
437
Geisterglaube 68.
Genealogie (bei der Mythendeu-
tang) 117.
Gestirndienst 79.
Gigantea 141. 163.
Gigantomachie 172.
Glauke 288.
riuvxumiov 322.
DiavxcoTiov 322.
Glaukopos 322.
Goiter (olympische) 150.
Gotterbild 105.
Gotterbote s. Hermes, Iris.
Gb'tterwelt (griechische) 150.
Gorgo, Gorgonen 324. 400.
Gottesbewofstsein, primitives 22.
Graen 325. 400.
Granatapfel 364.
Guebern 68.
Gyges 162. 329.
H.
Hades 125. 151. 169. 273. 306.
Hagno 181.
Hahn, dem Helios heilig 253.
284. 374., dem Asklepios ge-
opfert 284. Symbol der Athene
'Egycivrj 374.
Halbgotter 150.
252.
Halia 389.
Halirrhotios 343.
Harmonia 134.
Harpyien 400.
Hebe s. Hera 62.
'HwatGTStK 380. 385.
"Hwaiarog 23. 150. 320. 333. 356.
373. 381. 394.
383.
385.
383.
385.
385.
Hegeleos 369.
'Exeter) 289.
'ExctTctict 307.
Hekataios 188. 387.
'ExftTij 61. 304. 399.
1. Die natiirliche. Herrin
des Mondes 306.
2. Die e this c he. Schreck-
lich 306 5 Schutzerin 307;
Herrin des Zaubers, der Ge-
spenster 307.
306.
avraia 308.
iio 306.
307.
306.
306.
slvodfa 307.
308.
307.
307.
306.
307.
a 306.
xvvoxs(paiog 308.
308.
vTKVig 307.
307.
307.
306.
306.
307.
306.
306.
307.
Sslnvov 308.
306. 399.
Hekatoncheiren 162. 165. 166.
ExccjovvrjCioi, d.Apollon ?xTOshei-
lig 278.
ijhog, urspriinglich mit Digamma
250.
"Hhos 63. 165. 249.
Heerden des 252.
250.
Opfer des 252.
7iavo7iTT}g 251.
nolvaxonog 251.
axonog (8-eaiv ^ Jt xal a
251.
Schiff des 251.
Wagen des 251.
rjiiov TQtxns^a 271.
"EUrj 219. 324. 402.
Hellenische Form der Mytholo-
gie 126.
Hellenischer Zeus 196.
'EHehia 324.
"Hp-lqu 311.
Hera 62. 125. 143.150. 153. 167.
169. 219. 242. 244. 246. 280.
305. 382. 383.
111. 280.
230.
Herme 226.
'Eepris 125. 220. 234. 236. 247.
353. 395. 399. 405,
438
1. Der natiirliche. Herr der
Wolken, .des Gedeihens 224;
der Nacht 227.
2. Der ethische. Gott des
Handels und Wandels 229,
Gb'tterbote 230, Gymnast,
klug und erfinderisch, Schii-
tzer der Gemeinscb.aften231,
Segenspender, Geber des
Schlafes und der Traume 232,
Gott der Diebe, Fuhrer der
Tpdten 232.
- ttyrftUQ 229.
dycaviog 230.
ayoQKtog 231.
dxux^aiog 224.
axaxrjTct 224.
227.
232.
228.
231.
Benteltrager 226.
232.
232.
225.
229.
Mhos 230.
225.
231.
229.
230.
Ivo'JVo? 229.
222.
231.
224.
231.
Igiovviog 224.
229. 245.
229.
230.
229.
oviQcav 232.
232-
vnvov TToaraTrjS 232.
222. 406.
222. 406.
227.
,
221.
229.
231.
231.
223. 405.
AwxoV 229.
230.
s, Mcctctfevg 221.
224.
6e 232.
224.
227.
VVXTOS onfon-rfiriQ 227.
dviQ07iOfj,7ios 232.
7r?ojd(?off 230.
ncdiyxanqlos 229.
TiylourotJorTjff 231.
7TOtXlAO(W1JT7Jff 230.
nolvyios 225.
231.
229.
229.
og 229.
230.
nqonvlaiog 231.
iog 231.
og 232.
ds 232.
231.
oofpos 230.
ffT^oipcuo? 231.
T^t- und TTQax<pakog 227.
l EQ(J.rig xoivog 231.
'EQftov xlrigog 231.
Heroen 111. 150.
Herse 229. 334. 338. 406.
'jEQGtjyjoQfa 347.
"EGnsqog 311.
Hestia 150. 169.
l Erai^iK 216.
Hieroglyphenschrift 91.
txTi]()(a 264.
Himmelsgotter 58. 152.
Hippobotes 322.
Hippokrene 397.
Hippolytos 249. 280. 300.
Him (des Ymir) = Wolken
318.
Horn 66.
Homoloien 206. 246.
Horus 183.
Hund, Symbol der Hitze (204).
228.. 272. 285.
Symbol des Todes? 285.
'YcJfff 309.
'Ydxiv&og, Hyakinthien 272.
Hybris 234.
Hygieia 283. vergl. 359.
Hymen 63.
439
Hyperboreer (Mythos von den )
266.
Hyperion 159. 165. 249. 253. 285.
'YneQtovtfys 250.
Hypermnestra 300.
Hyperoche 266.
Hyperochos 267.
"Ynvos 311.
Janus 137. 142.
Japetos 137. ('lansros) 159.
Indische Religion 53..
Ino 219.
Insel der Seligen 172.
Jo 219. 228.
*I$is 398.
Ischys 281.
Isis 90.
Jubal 137. 256.
Juno 161.
Jupiter 174. 382.
'iStov 280.
Jynx 236.
K.
Kaaba 86.
Kabeiren s.
ri 394.
vvpyai 394.
ia (Demeter) 395.
w 394.
387. 394. 396.
s, Kadfios 219. 227.
Kcttyivia 391.
KaUionr) 387. 396.
Kallisto 234. 294.
344.
394.
Karneen 279.
210.
(Hermes) 227.
Karyatiden 297.
Kedalion 384.
Kr\(fiG<o 396.
Kekrops 334. 342.
Keledonen 398.
K&fus 392.
Kephalos 401.
Kerkopen 396.
Kyovxeiov 225.
Keto 246. 325.
396.
396.
Kotos 159. 249. 253.
Koronis 281.
Korybanten 76. 189. 386.
Kosmos 143.
KOTTOS 162.
xovQslov 361.
Kreios 159. 317.
Kretischer Zeus 186.
Koovia 166.
KQOVO? 134. 159. 163. 164. 234.
387. 390. 397.
Krotopos 272.
Kunstsymbolik 127.
Kureten 165. 169. 188. 387. 391.
Kybele 76. 236. 237. 388. 414.
(Adrasteia) 388.
Kvzvos 243.
Kyklopen 141. 161. 163. 273.
xwotpovjis 272.
Kytissoros 220.
. 266.
Laodikos 267.
Laomedon 274.
Leto 159. 256. 261. 286. 288.
305. 310.
Leukippos 281.
^LevxofpQvvr) (p^v^vr) 304.
Lichtdienst s. Parsismus.
Uvoi 272.
Linos 272.
Lokalisierung der Gottheit 187.
Luchsfell des Pan 237.
Lnna 61. 110.
Lunus 61.
MxKia 181. 184. 185. 235.
Lykaion 180.
* f JO/
_/tv%&Vv'0(O7lO$ Io4-.
Lykaon 181. 184. 224.
Lynkeus 300.
91.
285.
Macht der Natur (in religioser
Beziehung) 30.
des Menschen 37.
Gottes 46.
Marchen 102.
Magismus, Religion des 141.
440
Maia 221. 242.
Mars 137. 151. 242.
Marutas 242.
Medea 395.
325.
210.
Meliboia 181.
Melisseus 187.
190.
396.
Menalius 382.
MT\V (deus Lunus) 61. 287.
Mjvr] = Selene 287.
Mercnrius 151. 406. s. Hermes.
Methode der Mythendeutung 116.
die Gotter zu klassiticieren
150.
Metis 208. 313.
Minerva 137. 151. 323. 397.
s. Athene.
Minos 193.
fiTivtOTavQoe 195.
Mischgestalten der Artemis 302.
Mvrjpoavvr) 159. 313. 397.
Mohrenkopfe in Delphi 271.
Moloch 167.
Mondgotter 285. vergl. 61.
Moneta (Mnemosyne, Juno) 161.
Monotheismus 50.
Mordsiihne vom Apoll eingefiihrt
274.
MoQyevs 311.
Movaai 161.. 244. 396.
Myrmidonen = Ameisen 179.
Mvafa 304.
Mysterien 130; der Hekate 308.
Mysterienkult 130.
My then (ihr Ursprung u. s. w.)
132 f.
Mythologie, Begriff der 3. Lit-
teratur 16 ff., Ursprung 20, For-
men der 49.
Mythos, Begriff des u. s. w.
100 if.
Naama = Minerva 137.
Nachtgotter 310.
N&ut 176.
Natur, Macht der 30.
N4Sa 180.
Nrii& 329.
Nemea, Nemeischer Lowe 287.
Nephele 219.
Neptun 137. 151.
Nereis 234.
Nereus 60.
NCxr) 218. 369.
Nilus 91. 382.
Nimrod 137.
Noah 137.
Nymphen (melische) 163.
Nyx 305. 310.
O.
Objekt^der Religion 29. 52 f.
'O/S^t^tftj s.
Odysseus 234.
Ogyges 162. 322. 329.
Ohnmacht (subjekt. Grand der
Relig.) 21.
Oineis 234.
Okeanos 159. 329.
Olympische Gotter 150.
"OVSIQOS 311.
Onkos 330.
^flnis 266. 289.
Orakel, Apollinische 275.
Dodonaisches 177.
Orestes 274.
*Q.Qt<ov 310.
Ormuzd 66. 69.
Orolatrie 97.
Osiris (Nil) 91.
Otos 244.
Ov&ocpoQQi 266.
Ovmg s. *Qnig.
ai 157.
396.
157.
OVQKVOS 156.
Paan 261.
HKIKV 280.
nois apcpi&ixtfs 271. (263).
Palaimon 320.
Paliken 386. 396.
Pallaclion 376.
312. 316.
159. 286. 317.
llav 151. 233. 248.
1. Der naturliche. Herr der
Wolken 235, des Licbtes 236,
des Gedeihens 237.
441
2. Der ethische. Tanzer 237,
Jager und Krieger, Musiker
238, ErfinderdesWebens239,
Prophet, BefreiervonPest239.
Tod des Pan 240.
Ildv ayJ.ae'd-siQos 235.
238.
-235.
Alytnav 235.
. atymodris 235.
axrioe 236.
234.
234.
235.
238.
235.
236.
Fichte ihm lieilig 237.
238.
238.
(piJ.oazo7iel.os 235.
235.
. 239.
235.
#fou 236.
237.
235.
239.
237.
237.
237.
235. 238.
235.
235.
235.
238.
237.
238.
239.
Panakeia 361.
Panatlienaen 334. 341. 365. 377 f.
Pandeia 286.
Pandion 334. 352.
Pandrosos 334. 338. 350.
Haves 239,
Ttavtxog q>6pos 239.
Panswidder 402.
Pantheismusj primitiver 35. 52 f.
Parsismus 53. 55. 64.
223. 224.
325=
Pegasos 326.
Ili-i&a 236. 300.
Pelasgische Form d. griech. My-
thologie 123.
Pelasgischer Zeus 175.
Pelasgos 181.
Pelopia 243.
7teh(6()i<x 205.
Penelope 234.
Peplos 346. 348. 374. 378.
JTfQ(pe^es 266.
IXegyaCa 304.
Persephone 288, 386. 395.
Perses 305.
Persens 326.
Phadrynten 375.
Phaeton 249. 253.
Pheraia 305.
Phlegyas 280. 281.
Phoibe 159.
Phorkys 246. 325.
Phoroneus 188, 387.
Pietas 63.
nleiKfes 309. 398.
nivvrriQitt 344.
Plusia 397.
Pluton 59.
noSaleiQLOS 285.
IIoKvpvia 396.
Polytheismus 53. 55 if.
Pontos 157. 159. 399.
Poseidon 23. 59. 150. 162. 314.
317. 325. 329. 341. 352. 390.
402.
Praxiergiden 345.
nQK^i^K 334.
Priapos 246.
IToouri^iK 380. 385.
Prometheus 320. 333. 386.
HQcarevs 60. 387. 395.
IlQca-uo 387.
Psamathe 272.
Ilvavtyia 270.
Padicitia 63.
Pyrene 243.
Pyrolatrie 97.
Pythia 179.
Pythische Spiele 263.
Pytho 256. 260. 273.
R.
225.
Regen 156, = Samen d. Hephae-
stos 333.
Religion, Elemente der 21 if.
Religionsformen, heidnische 56 ff.
Rhadamanthys 195. 382.
Rhea 159. 162- 165. 167. 169. 180.
242. 388.
443
Rhytia 386.
386.
s.
Sabaismus 55. 79.
Sage 102.
Saturn 137. s. auch Kronos.
Satyrn 188. 239. 396.
Schadel (des Ymir) = Himmel 318.
Schamanenthurn 53. 55. 71.
Schangti (Tian) 78.
Schiff (Wolke) 155. 357.
Schild (Wolke) 155. 189. 191.
Schlange, symbolisch 156. 225.
285. (334.) 339. 341. 389.
Seilene 396.
240.
310.
62. 285. 403.
286.
^286.
VVXTOS d(p&a).[i6s 286.
TiQoqiQatv 286.
0^.r}v6pij]TOi 297.
ZeUot CEAAoO 177.
Sichel des Kronos 163. 171.
Sirenen 60. 398.
273.
225.
351.
331.
331.
Sonne, Anschauungen der 248.
Sonnengotter 248.
Sonnenschiff s. Helios.
Spes 63.
Steindienst 85.
Sterngotter 309.
162.
to 325.
Subjekt der Religion 21. 52.
Symbol 104.
T.
Taggotter 310.
Talos 382.
Tantalos 111.
Taftaros 157. 172. 305.
Taube 85. 176. 190.
Telchinen 191. 388.
Telesphoros 284.
TsQijjixoQr] 396.
Tethys (T^vs) I59f.
@Aft 386. 387. 396.
Thargelien 267. 270.
Thau 286. 338. 349.
Thauloniden 205.
Thaumas 399.
Theia (@^) 159. 250. 286.
Tlieismus 57.
&eiaoa 180.
ityovGa 260.
391.
Themis 63. 159f. 313.
Themisto 219.
ol Zno-tyioi 364.
&eol VTZKTOI, d-ahdaaioi,
151 f.
Theophane 402.
Theophania 269.
Theophilus 411.
0o&viK 271.
&r]0svs 280. Schiff des 270.
Thetis 383. 384.
Thierdienst 87.
Tian (Schangti) 78.
Til(povcta s. T&fpovGOK.
Titanen 159. 246. 249.
Titanomachie 162. 165. 171.
TnrivtSia 301.
Tityos 261.
Tod, ethische Macht des 40.
Todtenkult 41.
315. 317.
163. 316. 395.
TQO(f(6vta 206.
TQoywvios 167 206.
Thyia 401.
Thyphaon 386. 401.
Thyphoeus 386.
Tyrsenos 369.
U.
Upingen 289.
Upis 288. s. *&7iis.
Uranolatrie 53. 55. 78.
Uranos 156. 165. 234. 249. 313.
317.
Urreligion 35. 49 f.
V.
Valkyrien 333. 368.
Variationen der My then 117.
Venus 151.
Vesta 151.
Vulcanus 151. 381. 383. 395.
443
w.
Wagen des Apollon 268.
des Ares 155. 243.
der Athene 358.
des Helios 251.
. des Jehova 243. 358.
Wassergottheit 59.
Widder der Athene 402 ff.
des Phrixos 219.
Widderfell 210.
Widderkopfe am Helm d. Athene
327. 404.
Widder, Symbol der Wolke 155.
223. 405.
Windgotter 400.
Wolf, Symbol des Lichts 156. 182.
Wolken, Vorstellungen aus der
Anschauung der 155. 188. 318.
356. s. Athene, Hephaestos und
Wolkendamonen.
Wolkendamonen 188. 386 if.
Wolkengotter 311.
Wolkenheroen 376.
Ymir 318.
Z.
Zeitalter, das goldene 166.
Zerduscht (Zoroaster) 67.
Zsvs 59. 150. 172. 221. 234. 242.
247. 256. 286. 288. 305. 313.
382. 386. 387. 390. 397.
der pelasgische 175, der
arkadische 180, der kre-
tische 186, der hellenische
196.
1. Der natiirliche. Ben-
der Wolken 196, des Lich-
tes und derWarme 202, des
Gedeihens 204.
2. Der ethische. Erhaben
und ewig 207, treu, allge-
genwartig, machtig 208;
ziirnend und strafend 209;
gerecht 210 ; milde und
barmherzig 211; Krieger
und Fiirst 212; Tanzer,
weise213; Schiitzerund Er-
halter 214; Segenspender
217.
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212.
212-
216.
215.
210.
215.
Zenxippe 352.
Ziege, Bild der Wolke 191.
ZiegenfeU symbolisch 327.
Zoolatrie 53. 55. 87.
Zwolfgotter 150.
Berichtigungen.
S. 7. not. 6 1. A. Zambelli Da quali cause. S. 11, Text, Z. 10
v. u. 1. ihrer Uebersclrwemmung. S. 16. Z. 2. v. u. I. Horn. n. Hesiod.
S.50, not. 36 1. Jablonski Pantheon Aegypt.Prolegg. VII sqq. S. 87. not. 81
1. ra fya ft ifyoifti, S. 90, not. 90 1. Letronne Sur 1'origine grecque
des Zodiacqnes pretendus egyptiens, und Analyse critique des repre-
sentations. S. 135, not. 135 1. seinen Jupiter. S. 173, not. 94 1. Plato
Cratyl. p. 396. S. 176, Z. 6 v. o. 1. Zev$ NKIOS, und Z, 7 I. Ndia.
S. 185, not. 158 1. sUaTitvccaT^s. S. 198, Text, Z. 3 y. u. 1. Felxavog.
S. 202, Text, Z. 4 v. o. I. 'Olvpnios, u. Z. 5. Ohcuoq. S. 204, not.
316 1. 4iog dctiv. S. 213, Text, 1. vor Z. 4 v. o. b) Z. 9 v. o.
1. 6 navtf oQiav. S. 214, T. 1. vor Z. 6 v. o. c) S. 222 ist vor
den Worten : ,,Hermes ist zwar nicht ausdriicklich als Himmelsgott
geriannt" die Ueberschrift zu erganzen: 1. Der natiirliche Her-
mes. S. 225, Z. 5 v. o. 1. 'PcipSos. S. 255 lautet not. 790 (nach
Streichung der Worte: Plato Cratyl.): Bockh C. J. I. no. 1766. Vgl.
0. Miiller Dor. I, 203. S. 274, Z. 2 v. o. 1. ^owfyoff. S. 276,
Z. 11 v. o. 1. IlQonvl.aios. S. 286, not. 1041 1. O^K^O?. S. 287,
not. 1050 (und wo es sonst noch vorkommt) 1. Meineke. S. 288,
T. Z. 3 v. u. 1. ./ftjT^aff. S 289, T. Z. 2 v. o. 1. KpaQW&ta Qvaia.
S. 302, T. Z. 8 T. u. 1. f'SQKfa. S. 304, T. Z. 9 v. o. 1. con-
siderations, und Z. 10 decouvert. S. 316, not. 1289, Z. 1 v. o.
1. Kuhn Z. f. Sprw. S. 327, not. 1295 1. (paUog. S. 320, not. 1313
1. TiapqxxvoowTct. S. 342, not. Z. 10 v. u. 1. CTTTJ . S. 368, not. Z. 9
v. o. 1. d)07iQ. S. 396, Z. 3 v. o. 1. 4. Motion i.
Erganzungen.
S. 80, not. 69. Wellsted Travels etc. I, p. 53 der Uebersetzung
von Rodiger.
S. 88, not. 85. Plut. de Is. et Osir. p. 379 D.
S. 90, not. 94. Plut. Is. et Osir. p. 363 D.
S. 91, not. 95. Athanas. c. gent. p. 26, C. Paris 1627.
Plut. Is. et Osir. 353 A; ovSev yuQ ovrco rifti]
AlyvnTiois (os o ^VftAos 1 .
Jul. Firm. Maternus tie errore profanarum religio-
num cp. II, p. 3 Miinter.
S. 215 ist oben vor (pv&os einzuschieben: anOTQOTiatos (Meursii
Comment, in Lycophr. Cass. 288).
UNIVERSITY OF CHICAGO
44 755 813
-C
44 755 813