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Full text of "Der Verfasser des Hebräerbriefes [microform] : eine untersuchung zur geschichte des urchristentums"

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VERFASSER DES HEßRÄERBRIEFES 



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DER VERFASSER 



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DES 



HEBRAERBRIEFES 

EINE UNTERSUCHUNG 
ZUR CtBSCHIGHTE des URCHRISTENTUMS 



VON 



FRANZ DIBELIUS 

11- 




STRASSBURG 
J. H. ED. HEITZ (HEITZ & MÜNDEL) 

1910 



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INHALT. 



Seite 

Vorwort vii 

Erster Teil. Die Form des Hebräerlbriefes 1 

ZweiterTeil/ Der Hebräerlirief und die evangelische Ueberlieferung 

1. Das Leben Jesu im Hebräerbrief 14 

2. Der Hebräerbrief und Lukas 18 

3. Der Hebräerbrief und Markus 31 

Dritter Teil. Der Verfasser des Hebräerbriefes 43 

Vierter Teil. Nachlese 59 

Stellenverzeichnis 73 



VORWORT. 



Es ist eine seit hundert JaJiren loer toeiß wie oft be- 
handelte Frage, die ich auf den folgenden Blättern aufs neue 
behandle. Ich hann mir denken, daß man diese Untersuchung 
nicht mit sonderlichem Zutrauen begrüßen wird. So manche 
Ansicht über den Verfasser des Bebrderhriefes ist aufgetaucht 
und wieder verschwunden. Nachdem zuletzt auch Harnachs 
neue und eigenartige Vermutung (Zeitschrift für die neutesta- 
mentliche Wissenschaft 1900, /S. 16 — 41) sich nicht hat durch- 
zusetzen vermögen, ist man vielleicht des Spieles müde geworden 
und glaubt überhaupt nicht mehr recht daran, daß wir in dieser 
Frage noch wesentlich weiterkomme7i werden als bisher. 

Ich denke nicht daran, zu den neun oder zehn Meinungen 
über den Verfasser des Hebräerbriefes, die es bisher gibt, eine 
zehnte oder elfte hinzuzufügen. Ich. will nur eine sehr alte 
Meinung von neuem empfehlen. .Um nicht hundertmalgesagtes 
zu wiederholen, habe ich von dem, was gewöhnlich dafür ange- 
führt loird, abgesehen und versucht , der Lösung des alten 
Rätsels auf einem neuen Wege näherzukommen. 

Als diese Schrift bereits beim Verleger toar, kam mir der 
Aufsatz von R. Perdelwitz: Das literarische Po^oblem des 
Hebräerbriefes I (Zeitschrift für die 7ieutestamentliche Wissen- 
schaft 1910, S. 59 — 78) zu Gesicht. Er kommt zu einem ganz 
ähnlichen Ergebnis wie ich im ersten Teil. Ich hätte ihn 
S. 12 Anm. 2 neben Burg galt er erwähnen sollen. 

Naumburg am Queis 

Predig er Seminar 

Ostern 1910 

FRANZ DIBELIUS, 



Erster Teil: 

Die Form des Hebräerbriefes. 

Es isl eine alte Beobachtung, daß der Hebräerbrief 
zweierlei Bestandteile enthält: theologische Erörterungen 
und religiös-sittliche Ermahnungen. Aber es ist vielleicht 
nicht immer genügend beachtet worden, wie scharf diese 
beiden Bestandteile innerhalb der Schrift voneinander 
geschieden sind. 

Ich will es an einer kurzen Inhaltsübersicht zeigen: 

1) Kap. 1. These der Einleitung: Der Sohn Gottes 
ist höher als die Engel. 

2) 2, 1 — 4. Ermahnung: Deshalb müssen wir umso 
genauer achten auf das durch ihn Geredete. 

3) 2, 5 — 18. Antithese der Einleitung : der Sohn Gottes 
ist (nach Psalm 8) kurze Zeit unter Engel erniedrigt 
worden^. Warum mußte das sein? Diese Frage führt 
auf das Thema 2, 17 : er sollte Hoherpriester sein. 

4) Kap. 3 — 4. Ermahnung: Das Haus, über dem 
dieser Hohepriester treu isl, sind wir nur dann, wenn wir 
Miit und Hoffnung bis ans Ende festhalten. Daher laßt 



' Daß iu Kap. 1 und 2 im Gegensatze zum folgenden so viel 
von den Engeln die Rede ist, erklärt sich einfach daraus, daß sich 
dem Verfasser die Frage, auf die er antworten will, aus Ps. 8, 6 
ergeben hat. Dieses Psalmwort steht gleichsam als Text über der 
ganzen Abhandlung. Dann konnte er die Schwierigkeit der Frage 
nicht besser ins Licht stellen, als daß er zunächst alle möglichen 
Schriftworte zusammenbrachte, die von der Erhabenheit des Sohnes 
über die Engel reden. 

D. 1 



— 2 — 

uns nicht lässig werden, damit wir zu der Ruhe kommen, 
die einst Israel durch seinen Unglauben verscherzt hat. 

5) 5, 1 — 10. Jesus ist ein Hoherpriester, denn er 
genügt den Anforderungen, die an einen solchen gestellt 
werden, a) Er hat sich die Würde nicht angemaßt, sondern 
hat sie von Gott erhallen, b) Er kennt menschliche 
Schwachheit. 

6) 5, 11—6, 20. Ermahnung: Für die folgende 
schwierige Auseinandersetzung seid ihr eigentlich zu 
schwerfällig. Mit euch müi3te man die Anfangsgründe 
wiederholen. Aber wir wollen heute davon absehen ; 
vielleicht ein andermal. Jedenfalls gibt es für einmal 
Erleuchtete, wenn sie wieder fallen ,' keine neue Buße. 
Das soll aber nicht auf euch gehen ; Gott wird sich eurer 
Liebeswerke erinnern. Möchtet ihr nur mit demselben 
Eifer die Hoffnung und den Glauben festhalten ! 

7) Kap. 7. Jesus ist aber Hoherpriester nach der 
Ordnung Melchisedeks. Damit ist das levitische Priester- 
lum aufgehoben. 

8 — 10, 18. Als Hoherpriester muß Jesus auch opfern. 
Er hat ein Opfer dargebracht, von dem das Opfer im 
irdischen Zelte nur ein Schatten ist. Er ist nämlich ein- 
gegangen a) nicht in ein von Händen gemachtes Zelt, 
sondern in den Himmel; b) nicht mit dem Blute von 
Böcken und Kälbern, sondern mit seinem eigenen Blute; 
c) nicht wiederholt, sondern einmal. 

8) 10, 19 — 12. Ermahnung: Warnung vor Lässig- 
keit und Rückfall in alte Sünden mit Hinweis auf die 
Unvergebbarkeit. auf die alten, besseren Tage, auf die 
Wirkungen des Glaubens in der Vorzeil. Ermunterungen 
zum Mui im Leiden. Zum Schluß ein Ausblick auf die 
bevorstehende Weltverwandlung. 

9) Kap. 13. Briefliche Nachschrift mit kleinen An- 
weisungen und persönlichen Nolizen. 

Schon aus dieser gedrängten Uebersicht geht hervor, 
daß einerseits die Abschnitte, die ich mit den Nummern 
1, 3, 5, 7 bezeichnet habe, zusammengehören, daß anderer- 



— 3 — 

seits die Abschnitte 2, 4, 6, 8 von einer Art sind. Jene 
sind Glieder einer Abhandlung, diese sind Ermahnungen. 

Das wird noch deutlicher, wenn man den Hebräer- 
brief selbst zur Hand nimmt. Man kann sich die Ab- 
schnitte 2, 1—4; 3—4; 5, 11—6, 20; 10, 19—12 ein- 
klammern; liest man hintereinander weg, was übrigbleibt, 
— also 1; 2,5—18; 5, 1—10; 7— 10, 18 (Kap. 13 bleibt vor- 
läufig unberücksichtigt) — so wird man keine Lücke be- 
merken. Was unmittelbar vor und unmittelbar hinler den 
Mahnreden steht, fügt sich jedesmal leicht und eng an- 
einander. Es ergibt sich ein geschlossener Zusammenhang: 
eine Erörterung über das Hohepriestertura Christi. Die 
Mahnreden sind für diesen Zusammenhang nicht nötig. 

Liest man aber den Hebräerbrief in seinem ganzen 
Umfange, so wird man immer dort, wo es von der Ab- 
handlung zu einer Mahnrede übergeht und umgekehrt, 
einen Wechsel im Ton und in der ganzen Haltung 
empfinden. Die Darlegungen über das Hohepriestertum 
Christi haben den ruhigen Fluß einer rein theoretischen, 
sachlichen Auseinandersetzung. Ein einziges Mal läuft 
unauffällig eine Anrede mit unter, das Wörtlein : sehet 
(7, 4). Die dazwischenstehenden Abschnitte dagegen setzen 
sofort mit einer kräftigen Anrede oder Aufforderung ein 
und sind voll von «itir» und «wir», von persönlichen 
Hinweisen und praktischen Folgerungen, von Mahnungen, 
Lockungen, Tröstungen, Warnungen, Drohungen. In 
den lehrhaften Stücken tritt nirgends der Verfasser mit 
seiner Person hervor, es verlautet auch nichts darüber, 
an wen er sich eigentlich mit seinen Darlegungen wendet. 
In den Mahnreden dagegen ist oft von persönlichen Ver- 
hältnissen die Rede. Alle jene Stellen, aus denen man 
auf die Persönlichkeit des Verfassers (2, 3 ; 5, 11; 6, 3) 
und auf die Lage der Leser (5, 1 1 ; 6, 9 ; 10, 25, 32 — von 
Kap. 13 wiederum abgesehen) Schlüsse zu ziehen pflegt, 
stehen in den Mahnredeu. 

Die Forderungen in den ermahnenden Abschnitten 
laufen alle auf eines hinaus : festhalten am Glauben. Dem 
Verfasser stehen aber für den einen Gedanken eine Menge 



Wendungen zu Gebote, so daß er sich nur selten im 
Ausdruck genau wiederholt. Immerhin sind es einige 
bezeichnende Worte, die öfter wiederkehren und diesen 
Abschnitten ein bestimmtes Gepräge geben. Der be- 
herrschende Begriff ist der des . Glaubens. Die Worte 
Tzia-uiq, TTicTeueiv, aTziaria. begegnen immer wieder; ein ganzes 
t^apilel hindurch (11) klingt tticti; fast Satz für Satz an. 
Oft treten aber auch verwandte Begriffe dafür ein : Zu- 
versicht (uTcoGTacri? 3, 14 ; 11, 1 TirT^vipocpopta 6, 11 ; 10, 22), Frei- 
mut (-rrappvicia 3,6; 4, 16; 10, 19; 10, 35), Geduld (u7ro[jLovrI 
10, 36; 12, 1, ÜTTopiveiv 10,32; 12, 2, 3, 7), Bekenntnis 
{6[j.oloyioi 3,1; 4, 14; 10,23). Mit Vorliebe werden Wen- 
dungen gebraucht wie : das Bekenntnis festhalten (xpareiv 
4, 14; 6, 18, yM-iyeiv 3, 6, 14; 10, 23), und gern wird hinzu- 
gefügt: bis zu Ende {äij^^i oder [-te/P'- tsao'j? 3, 6, 14; 6, 11). 
Als Endziel gilt «die Verheißung bekommen« (y.ojxc^etv ttjv 
BT:ccfy£Kic(.v 10, 36; 11,39, vgl. 11, 19), und Lust und Furcht 
werden erregt durch den Hinweis auf die künftige Lohn- 
zahlung (ixiad-a.T:o^QGiy. 2, 2; 10, 35; 11, 26, jxtcrQ-aTuo^oV/ic 1 1 , 6). 
Alle die angeführten Ausdrücke nun, die in den Mahnreden 
eine so große Rolle spielen, kommen in den Abschnitten der 
Abhandlung überhaupt nicht vor. Nicht einmal das Wort 
Tziariq'^ . Ja es ist, als sei es mit Fleiß vermieden. In einem der 
ermahnenden Abschnitte wird Jesus «Führer des Glaubens» 
(äp)(_7iyö? Tvig maTsw; 12, 2) genannt ; aber in der Abhand- 
lung heißt er «Führer der Rettung» (apyTHyo? t-a? ctoT-opiac 
2, 10). 

Umgekehrt kommen auch die Hauptgedanken der 
Abhandlung in den Mahnreden merkwürdig selten vor. 
Am Anfang oder am Ende pflegen sie in die Ermahnungs- 
abschnitte hineinzukliugen, aber nur so weit es zur äußeren 
Anknüpfung nötig ist. So ergibt sich die Mahnung zur 
Aufmerksamkeit (2, 1 — 4) aus der in der Abhandlung eben 
festgestellten üeberlegenheil des Sohnes über die Engel. 
Der erste große Einschub (3 — 4) greift den in der Ab- 



1 Das hid Tzioxsoic,, das ein paar Handschriften 9, 28 haben, kann 
außer Betracht bleiben. 



_ 5 — 

handluug eben vorgekommeneu Ausdruck «treuer Hoher- 
priester» auf, um mit Hilfe der Stelle Num. 12,7 «Ireu über 
sein ganzes Haus» auf die Forderungen zu kommen, die 
in dem Begriff «Haus Christi» liegen. Und am Schlüsse 
des Abschnittes (4, 14 — 16) wird mit einigen Sätsien wieder 
in die Bahn der Gedunken über den großen Hohenpiiester 
eingelenkt. Die drille Mahnrede (5, 11 — 6. 20) blickt zu 
Anfang auf die noch aussiehenden schwierigen Kapitel 
der Abhandlung voraus und kommt am Schlüsse durch 
das Bild vom Anker der Hoffnung, «der ins Innere des 
Vorhangs eingeht» wieder auf den durch den himmlischen 
Vorhang schreitenden Hohenpriester nach der Ordnung 
Melcliisedeks zurück. Die letzte lange Mahnung endlich 
(10, 19 — 12, 29) knüpft an das Ergebnis der Ausführungen 
über Christi Tod an : da wir nun einen solchen Hohen- 
priester haben, laßt uns hinzugehen in voller Zuversicht 
des Glaubens. Aber abgesehen von solchen dem Zusammen- 
hange dienenden Anfangs- und Schlußsätzen werden wir 
in den Abschnitten mit ermahnendem Inhalt kaum je an 
die Abhandlung erinnert. Nur an zwei Stellen (10, 29; 
12, 24) wird das «Blut des neuen Testaments» erwähnt; 
aber von dem Hohenpriester ist inmitten der Mahnreden 
nirgends mehr die Rede. Es ist doch bezeichnend, daß 
der noch eben vom Hohenpriester Jesus gebrauchte Aus- 
druck «treu», sobald die persönliche Anrede einsetzt (3, 1), 
dazu dienen muß ein anderes Bild einzuführen, das außerhalb 
des Gedankenganges der Abhandlung liegt : Christus und 
sein Haus. Nicht minder bezeichnend, daß an der anderen 
Stelle innerhalb der Mahnreden, wo ausführlicher von 
Jesus gCvSprochen wird, er nicht als Hoherpriester, sondern 
als Führer und Vorbild im Kampfe geschildert wird (12, 2). 
In die Abhandlung vom Hohenpriestertum Christi 
sind also größere Partieen eingeflochten, die anderen 
Inhalt und andere Art haben, ja anscheinend geflissentlich 
von dem Thema der Abhandlung wegführen. 

Achten wir noch darauf, an welchen Stellen diese 
andersartigen Stücke eingefügt sind. 



— 6 — 

Die erste, kurze Ermahnung trennt These und Anti- 
these der Einleitung. Die zweite steht zwischen der Ein- 
leitung und der eigentlichen Erörterung. Die dritte tritt 
ein, nachdem die erste Beweisführung zu Ende gebracht 
ist: Christus ist ein Hoherpriester. Danach geht die Abhand- 
lung ununterbrochen weiter bis zum Schlüsse, und erst 
nachher (10, 19) setzl wieder eine Mahnrede ein, die 
nun doppelt ausführlich gehalten ist. 

Es handelt sich also nicht um störende Einschübe, 
die den Zusammenhang sinnlos zerreißen. Nein, sie fügen 
sich an solchen Stellen ein, wo eine kurze Abschweifung 
nicht störend empfunden werden kann, an den Haupt- 
wendepunkten der Abhandlung, wo wie von selbst kurze 
Pausen entstehen. Da wird der Faden fallen gelassen, 
und die Gedanken werden für ein Weilchen auf ein 
anderes Gebiet geführt: von der Theologie zum Leben, 
von den geschehenen Dingen zu den persönlichen Auf- 
gaben. Nachdem eine Zeit lang in lebhaftem Tone allein 
von diesen nächsten Angelegenheiten die Rede gewesen 
ist, geht es mit kurzer Wendung zum Ausgangspunkte 
zurück, und der Faden der Abhandlung wird genau an 
der Stelle wieder aufgenommen, wo erliegen gebliehen war. 

Daraus wird klar, warum die Mahnreden, statt etwa 
am Schlüsse zu kommen, in die Abhandlung eingeschaltet 
sind. Sie sollen Pausen schaffen, Abwechselung bringen. 
Der Verfasser ist sich bewußt, daß seine eingehende und 
schwierige Erörterung an Fassungskralt und Ausdauer 
große Ansprüche stellt. Er rechnet mit der natüi'lichen 
Ermüdung. Um ihr zuvorzukommen, läßt er an den 
Stellen, wo ein Höhepunkt erreicht ist, eine Unter- 
brechung, einen kleinen Wechsel eintreten. Die prak- 
tischen Fragen kommen an die Reihe, die jeden auf das 
nächste angehen, und dadurch geeignet sind auch die 
erlahmende Aufmerksamkeit wieder anzuspannen. 

Daß solche Rücksichten dem Verfasser nicht ganz 
fern liegen, dafür sprechen zwei Stellen des Hebräer- 
briefes. In dem ersten Einschub (2, 1) mahnt er aus- 
drücklich, «aufzupassen auf das Gehörte». Der Wortlaut 



weist zunächst nur auf den Anfang des 1. Kapitels 
zurück, wo es heißt, daß Gott wie einst in den Pro- 
pheten, so zuletzt im Sohne geredet habe. Doch würde 
der Verfasser wohl kaum gerade diese Ermahnung an 
den Anfang gestellt haben, wenn es ihm dabei nicht 
darum zu tun gewesen wäre, daß man die Aufmerksam- 
keit, die man dem Worte Gottes schulde, zunächst darin 
zeige, daß man seinen eben beginnenden Erörterungen 
achtsam folge'. 

Ja, 5, 11 sagt er selbst, daß ihm seine Erörterung 
lang und schwerverständlich vorkomme, eigentlich zu 
hoch für die Leute, mit denen er es zu luu hat. Nur 
unter Bedenken entschließt er sich fortzufahren, und erst 
nachdem er ihnen noch einmal deutlich zu verstehen ge-^ 
geben hat, welche Gefahr in jeder Trägheit und Nach- 
lässigkeit liege. Auch diese Sätze sind im Grunde nichts 
als eine Ermahnung zur Achtsamkeit, nur noch ernster 
und eindringlicher als die erste. Wenn sich der Ver- 
fasser aber solche Mühe gibt, sein Publikum bei seiner 
nicht leicht faßlichen Abhandlung festzuhalten, so kann 
es auch nicht sonderbar erscheinen, daß er schon bei der 
Anordnung des Ganzen Vorsorge trifft, daß die Aufmerk- 
samkeil immer aufs neue angeregt wird. 

Ist dies der Zweck bei der Einschaltung der 
Mahnreden, so können wir nun auch den liierarischen 
Charakter des Ganzen bestimmen. Bei einem Briefe oder 
einem Buche wird es niemandem einfallen, durch passend 
eingefügte Zwischenstücke künstliche Unterbrechungen 
und Pausen zu schaffen, durch die der schwierige Stoff 



1 Auch daß er sich gerade an dieser Stelle, am Anfange der 
Belehrung (2, 3 — 4), auf die zuverlässige Ueb erlief erung der Worte 
Jesu beruft, setzt voraus, daß er seine Ausführungen, eben -unsern 
Hebräerbrief, als Wiedergabe des von Gott durch den Sohn Gere- 
deten angesehen wissen "will. Ebenso wie hier im Anfange setzt er 
auch am Schlüsse das, was durch Gott geredet wird, und das, was 
er selbst eben ausgeführt hat, in eins: < Sehet zu. daß ihr den Re- 
denden nicht ablehnt» (12, 2.5). Der unmittelbare Zusammenhang 
weist auf Gott; die Stellung des Satzes im Rahmen des Ganzen läßt 
erkennen, daß der Verfasser hier für seine eigenen Ausführungen 
um gute Aufnahme wirbt. 



_ 8 — ■ . 

verteilt und die Fassungskraft des Lesers geschont wird. 
Aus dem einfachen Grunde nicht, weil der Leser, wenn 
dergleichen nölig wird, schon selbst dafür sorgen wird, 
indem er die Schrift, wenn er ermüdet ist, niederlegt. 
Sinn hat ein solches Verfahren nur bei einer Rede. Denn 
-der Zuhörer ist gewissermaßen in der Hand des Redners 
und muß ihm folgen, wohin er ihn führt. Des Redners 
Sache ist es zu sorgen, daß er seinen Hörern nicht zu viel 
auf einmal zumute. Allein ein Redner kann auf den 
Gedanken kommen, einförmigen Stoff durch absichtliche 
Unterbrechungen und Abschweifungen geschickt zu beleben. 
Der Hebräerbrief — wenigstens Kap. i — 12 — ist 
eine sehr kunstvolle und schon in der Anlage auf den 
mündlichen Vortrag berechnete Rede. 

Es ist nicht nur die Anordnung im großen und 
ganzen, die auf diesen Schluß führt. Auch im einzelnen 
merken wir rednerische Mittel. Natürlich finden sie sich 
-besonders in den Stücken, hei denen am meisten auf die 
unmittelbare Wirkung ankommt, d, h. in den Mahnreden. 

Es ist eine der landläufigsten rednerischen Regeln, 
daß eine Rede, um wirksam zu sein, einen wirksamen 
Schluß haben muß. Diese Regel befolgt der Verfasser 
in fast allen ermahnenden Partieen ; ans Ende kommt 
ein eindrucksvolles Bild. So gipfeln die Ausführungen 
von Kap. 3 und 4 in einer Schilderung der unheimlichen, 
schneidenden Gewalt des Wortes Gottes (4, 12 — 13). Diese 
Schilderung ist mit dem, was vorhergeht, nur sehr äußer- 
lich verbunden ; es kommt dem Verfasser hauptsächlich 
auf eine wirkungsvolle Krönung aller vorangegangenen 
Aufibrderungen an. Die nächste Mahnrede schließt (6, 19} 
mit dem schönen Bilde von dem Anker der Hofi'uung, 
an dem die zum himmlischen Hafen Geflüchteten (y.a.ra- 
(puyovTs? V. 18) sich halten^. Am großartigsten ist der 



1 Der Verfasser liebt Bilder aus dem Seewesen : vgl. noch 2, 1 
(xapapDoöiisv), 6, 1 (cpspcüiieO-a), 13, 9 (icapa^ospeaBs) . Ist das ale- 
xandrinischer Einfluß ? Aehnliche Bilder im 4. Makkabäerbuch (7, ;-3; 
13,6). 



— 9 — 

Schluß der letzten, langen Mahnrede. Zwei Gemälde 
werden entworfen : Der Berg Sinai mit all seinem Dunkel 
und Schrecken, vor dem selbst Mose erbebte, gegenüber 
das himmlische Zion mit unabsehbaren Scharen der 
Seligen. Ein kurzer Ausblick noch auf die letzte große 
Erschütterung, die die Welt erleben muß, ehe das Un- 
vergängliche erscheint — und mit dem Satze : «Denn 
auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer» schließt knapp 
und wuchtig die ganze Rede. 

Der Verfasser versteht sich auch meisterhaft auf die 
Kunst, durch Gegensätze zu wirken. Gern läßt er genau ent- 
gegengesetzte Gedanken und Bilder unmittelbar aufeinander 
folgen. Der unerwartete Umschlag im Tone, in der Stim- 
mung wirkt jedesmal überraschend und macht die be- 
treffenden Stellen ungemein lebhaft und eindrucksvoll. 
Die zweite Hälfte von Kap. 4 z. B. ist ganz angelegt 
auf den mehrfachen Wechsel im Tone, der sich beim 
lauten Vortrage ganz von selbst einstellt. V. 8 — ^10 
drängen sich plötzlich die Ausdrücke für Ruhe : caßßaria- 
{7.0?, y.a'za.Tza-oGiq, y,aT£7rau(jev . Unwillkürlich sinkt die Stimme 
bei diesen schönen Worten von lauter Ruhe nach schwerem 
Werke, die in dem feierlichen Bilde des ruhenden Gottes 
ausklingen. Wie ein Peitschenhieb wirkt dann das un- 
vermittelt danebengestellte cr7rour^ac?cjO[/,ev oOv 4, 11, das die 
Seele des Hörers auf einmal wieder emporreißt zu Ge- 
danken an die eigene drängende Pflicht. Dann folgt, 
sich gewaltig steigernd, die fast drohend klingende Schil- 
derung des Mark und Bein durchschneidenden Wortes 
Gottes (4, 12 — 13). Auf diesem Hintergrund wirkt um so 
lichter und tröstlicher das gleich danach auftauchende 
Bild des mit unserer Schwachheit mitleidenden Hohen- 
priesters (4, 14 — 16), das zu dem folgenden Abschnitt der 
Abhandlung überleitet. 

Auch das Zwischenstück 5, 11 — 6, 20 bewegt sich in 
überraschenden Gegensätzen, die nicht anders zu erklären 
sind, als daß es sich um wohlbedachte rednerische Mittel 
handelt. Der Vortragende erklärt, daß das Weitere zu 
viel und zu schwierig sei für seine Hörer, die viel mehr 



— 10 — 

«MilGh» brauchten als «feste Speise». Dann schickt er 
sich doch zum Fortfahren im Lehrvorlrage an, nur. mit 
einem flüchtigen Seitenblick noch einmal auf die Anfangs- 
gründe verweisend, deren sie eigentlich noch mehr be- 
dürften. Aber wieder bleibt er stehen und spricht harte 
Worte über die, die sich der göttlichen Gnade unwert 
zeigen, — erschreckend klingt es: «verworfen und nahe 
dem Fluch — dessen Ende : ins Feuer!» Sofort verändert 
er wieder die Stimme und spricht begütigend und freund- 
lich : «Von euch aber, ihr Lieben, versehen wir uns des 
besseren, wenn wir auch so reden ; denn Gott ist nicht 
so ungerecht, eures Wirkens und eurer Liebe zu ver- 
gessen.» Aber eine kleine Warnung kommt doch noch 
vor dem Weitergehen : man müsse denselben Eifer 
auch in zuversichtlicher Hoffnung zeigen. Man beachte, 
wie hier die Angeredeten aus einer Stimmung in die andere 
gestürzt wrerden : auf Beschämung folgt Genugtuung, auf 
Schrecken Trost und auf Trost wieder ernste Erinnerung. 
Das sind Mittel eines Mannes, der gewohnt ist, Auge in 
Auge seinen Leuten gegenüberzustehen und mit seiner 
Rede auf ihren Seelen zu spielen wie auf seinem Instru- 
ment. Man muß sich das alles vorgetragen denken 
und das, was durch den wechselnden Klang der Stimme, 
durch Ton, Gebärden und Pausen hinzukomml, mit in 
Rechnung ziehen, um zu ermessen, welch fesselnde Wir- 
kung diese Ausführungen auszuüben vermögen ' . 



1 Die Rhythmen, die Friedrich Blaß im Hebräerbrief nachzu- 
weisen versucht hat (die rhythmische Komposition des Hebräerbriefes, 
Theol. Studien und Kritiicen 1902. S. 420—461. Barnabas Brief an 
die Hebräer, mit Angabe der Rhythmen herausgegeben. Halle 1903) 
kann ich zum NachAveis des B-edecharaliters nicht verwerten, da Blaß 
sie inzwischen auch in den Paulusbriefen und anderen spätantiken 
Schriften hat finden wollen (die Rhythmen der asianisohen und römi- 
schen Kunstprosa, Leipzig 1905i. Wie Aveit seine Beobachtungen 
richtig sind, darüber erlaube ich mir kein Urteil. — Daß viele Wen- 
dungen und Sätze im Hebräerbriefe von der Art sind, die man als 
rhetorisch zu bezeichnen pflegt, darauf will ich hier auch kein großes 
Gewicht legen ; rhetorisch drückt man sich nicht bloß in öffentlicher 
Rede aus. Vgl. C. Büchel, der Hebräerbrief und das alte Testament. 
A. Der sprachliche Charakter des Hebräerbriefs im allgemeinen. Theol. 
Stadien; und Kritiken 1906, S. 508 ff. Joh. Weiß, Beiträge zur pau- 



— 11 — 

Noch einige kleine Beobachtungen, die ebenfalls dafür 
sprechen, daß Hebr. 1 — 12 eine Rede ist. 

In dem sog. 4. Makkabäerbuche haben wir eine 
jüdische Predigt ungefähr aus der Zeit Christi ^ : Sie be- 
ginnt : «Im Begriff, eine höchst philosophische Rede vor- 
zutragen über die Frage, ob die fromme Vernunft Herr- 
scherin sei über die Leidenschaften, möchte ich euch 
den guten Rat geben, eifrig auf die Philosophie zu achten» ^. 
In dem sogen. 2. Klemensbriefe liegt uns eine urchrisl- 
liche Predigt vor. Dort heißt es in den erslen Sätzen : 
«Und wenn wir zuhören, als handle es sich um geringes, 
so sündigen wir ^.» Es s^theint also bei Predigten Ge- 
brauch gewesen zu sein, zu Anfang eine mehr oder 
minder fein eingekleidete Aufforderung zur Aufmerksam- 
keit anzubringen. Eine solche Aufforderung finden wir 
auch im Hebräerbriefe, bei der ersten persönlichen An- 
rede (2, 1). Indem der Hebräerbrief hier dem Predigtstil 
folgt, kennzeichnet er sich selbst als Predigt. 

Der Verfasser des Hebräerbriefes denkt sich selbst als 
Redenden und die anderen als Hörende. Er braucht von 
sich das W ort loileiv (2, 5; 6, 9; 12, 25), und von ihnen 
aicoueiv und ajcovf (2, 1 ; 5, 11). Für 'ka'keiy treten mehrfach 
Hyeiv und T^oyo? ein (5, 11; 8, 1; 9,5; 11, 32), stärker ab- 
genutzte Wörter, die vielfach auch von schriftlicher Aus- 
sprache gebraucht werden ; aus 5, 11 aber geht hervor. 



linischen Rhetorik. Theol. Srudien, Bernhard Weiß zu seinem 70. Ge- 
burtstag- dargebracht, Göttingen 1897. 

1 Text in The Old Testament in Greek edited by Henry Barclay 
Swete. Vol. III, Cambridge 1894, S. 729 ff. Deutsch von Adolf Deiß- 
mann in den Apokryphen und Pseudepigraphen des alten Testaments 
herausgeg. von F. Kautzsch, 2. Band, Tübingen 1900, S. 152 ff. Vgl. 
J. Freudenthal, die Flavius Josephus beigelegte Schrift über die 
Herrschaft der Vernunft, Jahresbericht des jüdisch-theol. Seminars 
«Fränckelscher Stiftung», Breslau 1869. 

2 cp'.Xoaocpojtaxov Kö-^ov ixibeix'rjo^ai [xiKkfüv^ si auTo^saTCOTO!; 
saxtv Tü)v TTttö-Äv 6 suasßvjQ Aof'.aixdc, av[xßo'j"/.£6oat[j.' äv ü|j.iv öpd-ÖK, 
o'tucoc; Tupoö-üiJLcoc 7rpoaey_"^T£ xy] cp'.Xoaocpia. 

3 2. Kl. 1, 2: /ai oi dxoüovxsc cbc Trspi. [j.'.xpojv d|JLo:pxävo|X£v. 
An Hebr. 2, 1—3 erinnert auch stark der vorhergehende Satz: xai ou 
^ sT Tiimc, [X'.xpd cppovcTv Ttspl x-^c aojxvjplac '/hj-öjv. 



— 12 — 

ciaQ auch dabei an wirkliches Sprechen gedacht ist. Nie- 
mals aber ist in Kap. 1 — 12 von Schreiben oder Lesen 
die Rede wie doch vielfach in den Paulusbriefen und 
den anderen Briefen des neuen Testaments^. 

Der Hebräerbrief sagt selber kurz und bündig, was 
er eigentlich ist. «Ich ermahne euch, Brüder,» heißt es 
in der Nachschrift (13, 22), «ertragt den ^^oyo; tti^ Trapax'Xvf- 
(leco?». Danach stellt der Hebräerbrief in der Hauptsache 
einen };o-yo? rvic -KccoccySk'/iGeoiq dar. Der Ausdruck kommt 
noch einmal im neuen Testament vor : Apg. 13, 15. Wie 
Barnabas und Paulus im ' pisidischen Antiochien in der 
Synagoge sind, schicken die Synagogenvorsteher zu ihnen 
und lassen sagen : «Brüder, wenn ihr einen "Xo^o? xapa- 
ySkriaecxx; an das Volk habt, so sprecht». Darauf erhebt 
sich Paulus und hall eine Ansprache. Aoyo? izcf.^ay.'k/iGeojg 
ist also ein Ausdruck für eine religiöse Ansprache in 
der Synagoge. So wird auch Hebr. l — 12 eine Predigt 
sein ^. 

Wir haben bisher immer nur an Hebr. 1 — 12 ge- 
dacht. Daß das eine Einheit ist, folgt schon aus dem es- 
chatologischen Ausblick am Schlüsse. Es folgt auch aus 
der Schlußbilte (12, 25) : «Sehet zu, daß ihr den Reden- 



1 Auch Paulus (der seine Briefe diktierte 2. Tess. 3,17; 1. Kor. 
16,21; Rom. 16,22} braucht mitunter von sich \akdv ; 1. Kor. 9,8; 15,34; 
2. Kor. 11, 17, 23; 12, 19; Rom. 7, 1. Sehr viel häufiger aber ist -j-pdcpsiv. 
Ich erwähne nur die Beispiele aus den soeben ang'ezogenen Briefen: 
1. Kor. 4, 14; 5, 9. 11 ; 9, 15; 14. 37; 2. Kor. 1, 13: 2. 3, 4; 7, 12; 
9, 1 5 13, 10 ; Rom. 15, 15 ; IG, 22. In den übrigen Briefen herrscht 
■(pdcpui allein, dva-ctvtoaxctv : .1. Thess. 5. 27; 2. Kor. 1, 13; Kol. 4, 
16; Eph. 3, 4. 

■•^ Diese Vermutung- ist schon über hundert Jahre alt. Der 
'örste, der sie aussprach, war wohl J. Berger (der Brief an die He- 
bräer, eine Homilie. Göttingische Bibliothek der neuesten theolo- 
gischen Literatur herausg. von Schleusner und Stäudlin, 3. Band 
1797, S. 449-469). Unter den Neueren hat sich zuerst Herm. v. 
Soden in ähnlichem Sinne geäußert (Handkommentar zum neuen 
Testament H. Band 2. Abt., Freiburg 1890, S. 5 ff.) Gute Beobach- 
tungen über den Redecharakter des Hebräerbriefes bringt vor allem 
E, Burggaller, das literarische Problem des Hebräerbriefes, Zeit- 
schrift für die neutestanientliche Wissenschaft und die Kunde des 
Urchristentums 1907 S. 110 ff. 



-la- 
den nicht ablehnl» — die sich mit der Mahnung am 
Anfang, zu achten auf das Geredete (2, 1)S abrundend 
zusammenschließt. 

Es kommt danach aber noch ein 13. Kapitel. Es ist 
nur äußerlich mit dem Vorhergehenden verknüpft. Die 
Gedanken der theologischen Erörterung spielen hier keine 
Rolle mehr, auch von dem Thema der Mahnreden, vom 
Festhallen am Glauben, ist keine Rede weiter. Es sind 
praktische Einzelvorschriften, lose aneinandergereiht. Zu- 
letzt kommen persönliche Notizen, wie wir sie am Schlüsse 
der Paulusbriefe zu finden gewohnt sind. Dies Kapitel 
hat deutlich briefliche Art. In demselben Satze, in dem 
der Verfasser sagt, daß er einen "Koyoq iza.pay.'k^Gtoic mitteile, 
sagt er auch daß er einen Brief sende (eTrsaxeila 13, 22). 

Danach müssen wir unser Ergebnis ein wenig genauer 
fassen. Der Hebräerbrief ist eine zum Brief gewordene 
Predigt ; eine Predigt, die der Redner niederschrieb und, 
mit einer brieflichen Nachschrift versehen, an einen ihm 
bekannlen Kreis von Christen sandte. 

Dann erhebt sich die Frage, ob der Verfasser die 
Predigt, die er verschickte, vorher an seinem Orte ge- 
halten hatte, oder ob er sie nur zu dem Zwecke entwarf 
und nach allen Gesetzen rednerischer Kunst ausgestaltete 
und duicharbeitete, um sie zu verschicken und so gleich- 
sam der fernen Gemeinde eine Predigt in gewohnter Art 
zu halten. Wir dürfen die Frage vorläufig ruhen lassen. 
Wie das auch zu denken sein mag — er hätte so nicht 
handeln können, wenn er sich nicht in besonderem Maße 
zum Predigen berufen gefühlt hätte und auch der fernen 
Gemeinde als Prediger bekannt gewesen wäre. Uns geht 
zunächst nur an, was sich aus den bisherigen Beobach- 
tungen über die Person des . Verfassers ergibt ; und 
das ist : 

Der Verfasser des Hebräerbriefes 
ist ein hervorr'agender Redner. 



i Vgl. S. 7, Anm. 1. 



Zweiter Teil: 

Der Hebräerbrief und die evangelische 
Ueberlieferung. 

1. 
Das Leben Jesu im Hebräerbrief. 

In der Gedankenwelt des Hebräerbriefes spielt das- 
irdische Leben Jesu eine große Rolle. 

Das zeigt sich schon in der Aeußerlichkeit;, daß im 
Hebräerbrief so oft der bloße Name Jesus gebraucht wird. 
(2, 9; 3, V; 4, 14; 6, 20; 7, 22; 10, 19; 12,2; 12,24; 13, 12; 
13, 20'''). Jesus steht mindestens so häufig als Christus 
(3, 6; 3, 14; 5, 5; 6, 1; 9, 11; 9, 14; 9, 24; 9, 28; 11, 26). 
In den Briefen des Paulus und in den sonstigen Briefen 
des neuen Testaments findet sich das bloße Jesus sehr 
viel seltener. Dagegen ist es die gewöhnliche Benennung 
in den Evangelien^. , 

Noch eine andere Bezeichnung Jesu, die in den 
Evangelien häufig ist, kommt im Hebräerbrief gelegent- 
lich vor, nämlich Menschensohn. Hebr. 2, 6 wird Ps. 8, 5- 
angeführt : 

Was ist ein Mensch, daß du sein gedenkst, 
und ein Menschensohn, daß du ihn ansiehst? 



1 DEKL haben 'Jy-yaoüv Xpiatov. 

2 D* 17 a 'iTjaouv Xpia-dv. 

3 Auch in der Offenbarung stellt es öfters. 



— 15 — 

Das folgende zeigt, daß hier unter «Menschensohn» 
Jesus verstanden wird ^. 

Der Verfasser des Hebräerbriefes beruft sich einmal 
auf die Reden Jesu. Er sagt von der im Sohne Gottes 
offenbarten Rettung (2, 3) : «Die ihren Anfang damit 
nahm, daß sie durch den Herrn geredet wurde, 
dann von den Hörern (durch Ceberlieferung) an uns 
bekräftigt wurde». Die Worte bekommen durch den Platz, 
an dem sie erscheinen — zu Anfang der Predigt, bei 
der ersten, persönlichen Anrede an die Zuhörer — ein 
besonderes Gewicht; der Redner sagt damit, daß seine 
ganze Verkündigung sich auf die durch die ersten Jünger 
überlieferten Worte Jesu stütze. Seine Ausdrucksweise 
erinnert an den Sprachgebrauch der Evangelisten. Wie 
hier die Worte Jesu als Anfang der Rettung erscheinen, 
so bezeichnet Lukas sein Evangelium als Erzählung 
dessen, was Jesus anfing zu tun und zu lehren (Apg. 
1, 1), und in demselben Sinne schreibt Markus über sein 
Buch von Jesus : Anfang des Evangeliums Jesu Christi 
(Mrk. 1, 1)2. 

Von der menschlichen Niedrigkeit des Gottessohnes 
ist im Hebräerbriefe mehrfach die Rede, ja sie wird 
besonders betont und mit starken Ausdrücken geschildert. 
Es heißt, daß er in jeder Hinsicht den Brüdern, die er 
retten sollte, gleichwerden mußte (2, 17). Es wird hervor- 
gehoben, daß er versuchbar war und in jeder Hinsicht 
versucht wurde (2, 18; 4, 15), daß er mit Schwachheit 
angetan war (5, 2) und Gehorsam lernen mußte (5, 8), 
daß er heftigen Widerspruch der Sünder ertrug (12, 3). 

Einzelheiten aus dem Leben Jesu werden erwähnt. 
Er ist aus dem Stamme Juda hervorgegangen (7, 14). 
Er hat außerhalb des Tores gelitten (13, 12). «In den 
Tagen seines Fleisches brachte er Bitten und Flehen 
vor den, der ihn vom Tode hätte retten können, mit 



' Auch Ofb. 1, 13; 14, 14 kommt «Menschensohn» vor. Paulus führt 
1. Kor. 15, 27; Eph. 1, 22 (Phil. 3, ^1) eine andere Stelle aus Psalm 8 an. 

2 Theodor Zahn, Einleitung in das neue Testament 2. Band. 
Leipzig 1899. iS. 221f. . 



— 16 — 

laulem Geschrei und Tränen, und erhört von der Furcht, 
lernte er von dem, was er litt, den Gehorsam» (5, 7). Die 
Einzelzüge, die hier berichtet werden — lautes Geschrei und 
Tränen — machen es wahrscheinlich, daß der Verfasser 
nicht an wiederholte Vorgänge aus dem Leben Jesu denkt, 
sondern an einen bestiirnntexi. Daß Gebet, Erhörung und 
Leiden hintereinander erwähnt werden, läßt darauf 
schließen, daß ein Vorgang kurz vor dem Tode Jesu 
gemeint ist. Danach kann kein Zweifel sein, daß es sich um 
das Gebet in Gethsemane handelt. 

Hebr. 9, 20 wird erzählt, wie Moses nach der Ver- 
lesung des Gesetzes das Volk mit Blut besprengte. Es 
werden auch die Worte angeführt, die er dabei sprach. 
Aber während sich der Verfasser im allgemeinen bei 
seinen Anführungen an den Text der griechischen Bibel 
hält, gibt er ihn hier nur ungefähr wieder. Es heißt 
nämlich in der Septuaginta : 

Siebe da, das Blut der Verfügung, 
die der Herr an euch erlassen hal^ 

Aber der Verfasser des Hebräerbriefes schreibt: 

Das ist das Blut der Verfügung, 
die Gott an euch erlassen hat. 

Wahrscheinlich wirkt da die Erinnerung an das Wort Jesu 
beim Abendmahl mit (Mk. 14, 24, Mt. 26, 28): 

Das ist mein Blut der (testamentarischen) Verfügung, 
das für viele vergossen wird. 

Wenn Hebr. 2, 9 die Lesart /.copU Osoö richtig ist^ 
— «damit er sonder Gott für jedermann Tod koste» — 
so dürfen wir darin wohl eine Anspielung sehen auf 



1 Ex. 24,8, löoü xö at|xa xyic; oiad-q'/cqc, ffi Ö'.dö-sxo xö^wc, Tipöq 
üixac;. Ueber die Bedeutung von 8taO-"/jXyj vgl. Adolf Deißmann, 
Licht vom Osten. Tubingen 1908. S. 243. 

'^ statt yäptxt dsoö. Beruhard Weiß, der Brief an die Hebräer 
(kritisch-exegetischer Kommentar über- das N. T; begründet von 
Meyer, 13. Abt.) 6. Auflage Göttingen 1897, S. 75: «Die Lesart 
(y(opi(;) ist viel zu schwierig, um nicht ursprünglich zu sein». 



— 17 — 

Jesu Schrei in" der Todesstunde : «Mein Gott, mein Gott, 
warum hast du mich verlassen?)^ (Mk. 15, 34). 

Bei der wiederholten Erwähnung von Versuchungen. 
Jesu (4, 15; 2, 18) schweben dem Verfasser wohl Erzäh- 
lungen vor, wie wir sie in den Versuchungsgeschichteh 
der synoptischen Evangelien haben. Auch an der Stelle 

12, 2: «der anstatt der vor ihm liegenden Freude Kreuz 
erduldete» — wird an eine derartige Erzählung gedacht 
sein ; in der von Matth. (4, 8) und Lukas (4, 6) berichteten 
Versuchung bietet der Teufel Jesu die zu seinen Füßen 
liegenden Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit an. Ob 
mit der Andeutung, daß Jesus solchen Widerspruch habe 
dulden müssen (12, 3), auf bestimmte Vorgänge aus seinem 
Leben verwiesen sein soll, ist nicht zu erkennen. 

Was wir im Hebräerbriefe aus dem Leben Jesu hören, 
kann nicht alles aus den uns bekannten Evangelien ent- 
nommen sein. 

Daß Jesus außerhalb des Tores gelitten habe (Hebr. 

13, 12), ist in keinem unserer Evangelien gesagt. Mau 
darf nicht einwenden, daß das eine bloße Folgerung sein 
könne aus den evangelischen Berichten, in denen es 
wenigstens heißt (Mk. 15, 20): «sie führten ihn hinaus 
(s^ayouGiv), um ihn zu kreuzigen» — und (Joh. 19, 17): 
«er ging hinaus (sC'^T^Ösv) zu der Schädelstätte». Es ist 
doch fraglich, ob diese Ausdrücke so deutlich sind, daß 
sich der Schluß, Jesus sei außerhalb des Tores gekreuzigt 
worden, notwendig ergibt- Vor allem : der Verfasser des 
Hebräerbriefes verwendet den umstand in einer Beweis- 
führung^. Das könnte er nicht, wenn er über die Lage 
der Todesstätte nicht genau unterrichtet wäre. 

Auch die Erzählung des Hebräerbriefes (5, 7), daß 
Jesus in Gethsemane Bitten und Flehen mit lautem Ge- 
schrei und Tränen dargebracht habe, kann nicht aus 



1 Was den Sinn der etwas dunklen Stelle betrifft, so scheint 
mir die Erklärung v. Sodens im Handkommentar die einleuchtendste. 
Die «fremden Lehren» sind dieselben, die wir aus 1. Kor. 8, 8 und 
Eöm. 14, 17 kennen. 

D. 2 



— 18 - 

unseren Evangelien geschöpft sein. Diese reden nur von 
der Betrübnis, der Furcht, dem Kampfe Jesu; daß er 
geschrieen und geweint habe, sagen sie nicht. 

Der Verfasser des Hebräerbriefes ist für. seine Kunde 
vom Leben Jesu nicht auf die uns bekannten Evangelien 
angewiesen. Dann erhebt sich die Frage: woher hat er 
seine Nachrichten? 

Die schon vorhin erwähnte Stelle (2, 3) gibt uns 
einen Fingerzeig. «... (die Rettung) die damit den 
Anfang nahm, daß sie geredet wurde durch den Herrn, 
dann von denen, die es gehört hatten , uns bekräftigt 
wurde, indem Gott mit Zeugnis ablegte durch Zeichen 
und "Wunder und allerlei Machttaten und Zuteilungen 
heiligen Geistes nach seinem Willen». Damit sagt der 
Verfasser, daß er wie seine Zuhörer das Evangelium 
empfangen haben durch solche, die den Herrn reden gehört 
hatten. Es sind Worte Jesu, die sie ihm weitergegeben 
haben. Da man aber niemals Worte Jesu ohne Geschichten 
von Jesus wird überliefert haben, so dürfen wir annehmen, 
daß er seine Kenntnis des Lebens Jesu aus gleicher Quelle, 
von Augenzeugen, hat. 

Der Verfasser des Hebräerbriefes hat 
von persönlichen Jüngern Jesu Nachrichten 
über Jesus empfangen. 

2. 

Der Hebräerbrief und Lukas. 

Die Stellen im Hebräerbriefe, wo vom Leben Jesu 
die Rede ist, sind, äußerlich angesehen, natürlich nicht 
sehr zahlreich. Es mag daher auf den ersten Blick aus- 
sichtslos erscheinen, wenn wir versuchen, genaueres 
herauszubekommen über die Quellen, aus denen der Ver- 
fasser des Hebräerbriefes seine Nachrichten über das 
Leben Jesu hat. Ich glaube aber, die Stellen reichen 
gerade aus, um uns auch in dieser Frage hinlänglich 
klar sehen zu lassen. 



— 19 — 

Die Anspielung auf die Abendmahlsstiftung, die wir 
Hebr. 9, 20 fanden, setzt eine Fassung der Abend- 
mahlsworte voraus, bei der der Spruch über den Kelch 
beginnt: «Das ist mein Blut des Testaments ...» Diese 
Fassung begegnet uns nur bei Markus (14, 24) und bei 
Matthäus (26, 28). 

Das Klagewort am Kreuz, auf das vielleicht an der 
Stelle Hebr. 2, 9 angespielt wird, ist ebenfalls nur bei 
Markus (15, 34) und Matthäus (27, 46) überliefert. 

Man könnte auch in der Gethsemaneschilderung einen 
Anklang finden an den Bericht des Markus. Hebr. 5, 7 heißt 
es, Jesus habe gebetet zu dem, «der ihn vom Tode retten 
konnte (^uvajAsvov)»; das läßt sich vergleichen mit den Worten 
bei Markus (14, 36): «Vater, alles ist dir möglich (^uvaTa)». 
Es ist allerdings eine sehr geringfügige Aehnlichkeit. 

Das sind die Stellen, aus denen man folgern kann, 
daß dem Verfasser des Hebräerbriefes Ueberlieferungen, 
die uns nur im Markus und im Matthäus vorliegen, 
bekannt sind. 

Andere Spuren weisen in anderer Richtung. 

Wir denken noch einmal an die Gethsemanestelle im 
Hebräerbrief (5, 7). Weit stärker als an den Bericht des 
Markus erinnert sie an Lukas. 

Es wird erzählt, daß Jesus in Gelhsemane geweint 
habe. Das ist, wie wir sahen, bei keinem der Evangelisten 
zu lesen, auch bei Lukas nicht. Lukas aber weiß doch an 
einer anderen Stelle von Tränen Jesu zu berichten ; Lk. 
19, 41: «-Als er die Stadt sah, weinte er über sie». Es 
ist das einzige Mal in den Synoptikern, daß so etwas von 
Jesus gesagt wird. Sonst kommt nur noch im Johannes- 
evangelium der weinende Jesus vor (Joh. 11, 35). Nun 
ist es eine alte Beobachtung, daß sich das Johannes- 
evangelium in vielen Einzelheiten mit den Ueber lieferungen 
berührt, die das Lukasevangelium vor den andern beiden 
Synoptikern voraus hat^ 



1 Eine ZTisammenstellung gibt Harnack, Lukas der Arzt (Bei- 
träge zur Einleitung in das neue Testament I) Leipzig 1906 S. 157 ff. 



— 20 — 

Wenn aber auch Lukas in seinem Gelhseraanebericht 
nicht gerade von Tränen Jesu redet, so kommt doch im 
übrigen seine Darstelhmg der des Hebräerbriefes sehr nahe. 
Markus (14, 32—42) und Matthäus (26, 36— 46) sagen nur, 
daß Jesus vor seinem Gebet voll Betrübnis und Angst 
gewesen sei ; von dem Gebet selbst berichten sie nichts 
als die Worte. Bei Lukas aber (22, 43 — 44) lesen wir: 
«Es erschien ihm ein Engel vom Himmel, der ihn stärkte. 
Und er geriet in Kampf und betete angestrengter. Und 
sein Schweiß wurde wie Tropfen Blutes, das auf die Erde 
fällt». Diese Sätze stehen nur in einem Teil der Hand- 
schriften, darunter in dem berühmten Kodex D; sie haben 
aber guten Anspruch, als lukanisch zu gelten^. Wenn 
der Verfasser des Hebräerbriefes sagt, Jesus habe bei 
jenem Gebete laut geschrieen und geweint, so gibt er uns 
damit eine ähnliche Vorstellung leidenschaftlichen Ringens 
wie dort Lukas. 

Noch in einem kleinen Einzelzuge tritt die Verwandt- 
schaft der beiden Schilderungen zutage, Markus (14, 35) 
und Matthäus (26, 39) sagen. Jesus sei «ein wenig» 
([j.f/.pov) von den nächsten Jüngern weggegangen. Dabei 
brauchte man nur an ein paar Schritte zu denken. Durch 
Lukas gewinnt man eine andere Vorstellung: «Er riß sich 
von ihnen etwa einen Sleinwurf weit (22, 41)». Das ist 



1 Ueber das Veihältnis des vornehmlich durch den Kodex 
Beza Kantabrigiensis (D) und die lateinischen Väter vertretenen 
abendländischen Textes zu dem verbreiteteren niorg'enländischen 
vgl. Friedrich Blaß, die Textüberlieferung in der Apostelgeschichte, 
Theol. Studien und Kritiken 1894 S. 86-119. Ueber die verschie- 
denen Textesformen in den Schriften des Lukas, Neue kirchliche 
Zeitschrift 1895 S. 712-725. Zahn, Einleitung 11, § 59, S. 338 if., bes. 
Anm. 18. S. 356 ff. — Gegen die Echtheit von Lk. 22,43—44 wird ge- 
wöhnlich eingewandt 1. Das Legendenhafte der Engelerscheinung; 
2. die angebliche Unordnung der Verse unter sich ; die Stärkung 
kommt vor dem Kampfe ; 3. der Geg'ensatz zu dem vorhergehenden, 
wo Jesus nicht wie bei Markus (14,33) und Matthäus (26,37) voll 
Angst und Weh, sondern gefaßt erscheint. Dagegen ist zu sagten : 
1. Gründe Avie dieser haben in einer textkritischen Frage nicht mit- 
zureden. 2. die Erzählung ist ganz sinnvoll; es handelt sich nicht 
um eine Stärkung i m Kampfe, sondern zum Kampfe Damit er- 
ledigt sich auch 3. In den Versen 40 — 42 erscheint Jesus noch nicht 
außer sich, weil der Kampf noch nicht begonnen hat. 



— 21 — 

schon eine beträcblliGhe Entfernung. Dann können die 
Jünger Ohrenzeugen seines Gebetes nur gewesen sein, 
wenn er schrie. Das aber sagt der Verfasser des Hebräer- 
briefes. 

Auch sonst erinnern seine Andeutungen über das Leben 
Jesu mehrfach an Ueberlieferungen, die sich allein im 
Lukasevangelium erhallen haben. 

Zweimal ist im Hebräerbriefe davon die Rede, daß 
Gott zu Jesus gesprochen habe : «Du bist mein Sohn, 
ich habe dich heute gezeugt» (1,5; 5, 5). Diese Worte 
aus dem 2. Psalm kommen auch im Lukasevangelium 
vor, und zwar in der Geschichte von der Taufe Jesu. 
Während die Stimme vom Himmel bei Markus (1, 11) 
und Matthäus (3, 17) lautet : «Du bist mein lieber Sühn, 
an dem ich Wohlgefallen gefunden habe», lautet sie 
bei Lukas (3, 22) iu der ursprünglichen Lesart ^ : «Du 
bist mein Sohn, ich habe dich heute gezeugt» ^. 

Nur im Hebräerbrief und im Lukasevangelium wird 
gesagt, daß Jesus Widerspruch erfahren habe. Hebr. 12, 3: 
«Denkt an den, der solchen Widerspruch (ävTiT^o^tav) von 
den Sündern gegen sich erduldet hat». Lk. 2, 34: «Dieser 
ist gesetzt zu einem Zeichen, dem widersprochen wird 
favTOvsyojj.evov^». Das Lukasevangelium bringt auch als ein- 
ziges ein besonders krasses Beispiel von Widersprechen : 
wie nach der ersten Predigt Jesu in der Heimat die 
eigenen Landsleute ihn vom Felsen stürzen wollen (Lk. 
4, 29)'. 

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß dem Ver- 
fasser des Hebräerbriefes die Versuchungen Jesu wichtig 



1 Kodex D und verscMedene Lateiner. Vgl. Adolf Haniack, 
Sprüche und Reden Jesu, die zweite Quelle des Matthäus und Lu- 
kas. (Beiträge zur Einleitung in das neue Testament II) Leipzig 1907. 
Exkurs IL S. 216 ff. Daß, wie Harnack meint, Lukas die in D erhal- 
tene Fassung aus der «zweiten Quelle» habe, erscheint mir doch 
sehr zweifelhaft. 

2 Sonst wird das Psalmwort nur noch in der Apostelgeschichte 
angeführt: Apg. 13,33. 

3 dvTiAsvstv kommt bei Lukas überhaupt öfter vor: Lk. 20,27; 
Apg. 13, 45; 28, 18, 22. 



— 22 — 

sind. Sehen wir zu, was in den Evangelien — es kommen 
nur die synoptischen in Betracht — von Versuchungen 
Jesu zu lesen steht. Nach Matthäus (4, 1 -11) wird Jesus 
vom Geiste in die Wüste geführt, um vom Teufel ver- 
sucht zu werden. Erst faslet er vierzig Tage und vierzig 
Nächte. Danach beginnt endlich der Versucher sein 
Werk. Rasch hintereinander spielen sich die drei Ver^ 
suchungen ab. Der Teufel hat verloren und verläßt ihn. 
Markus (1, 12 — 13) faßt sich kürzer : «Jesus war in der 
Wüste vierzig Tage, vom Satan versucht». Er denkt sichs 
also so, daß die Versuchungen vierzig Tage hindurch 
währten. Lukas (4, 1 — 13) berichtet auch von dieser vier- 
zigtägigen Versuchung, aber darauf, am Ende der vierzig 
Tage, läßt er noch die drei Angriffe des Teufels folgen, 
die auch Matthäus erzählt. Für Lukas sind das nur die 
letzten und schwersten in einer langen Reihe von Versuch- 
ungen. Ja es müssen alle erdenklichen Versuchungen vorher 
gegangen sein, denn Lukas schließt die Erzählung : «Nach- 
dem der Teufel jede (mögliche) Versuchung (TravTa Tcstpacr- 
[xov) vollendet hatte, stand er ab von ihm». Aber er 
läßt ihn nur vorläufig in Ruhe — «eine gewisse Zeit» 
fügt der Evangelist hinzu ^. Er läßt damit durchblicken, 
daß der Teufel bald wieder mit neuen Versuchungen an 
Jesus herangetreten sei. Er erzählt davon nichts näheres. 
Aber am Schlüsse des Evangehums, am letzten Abend, 
läßt er Jesus rückschauend zu den Zwölfen sagen : «Ihr 
seid es, die mit mir ausgehalten haben in meinen Ver- 
suchungen (22, 28)». «Meine Versuchungen» — das ist 
offenbar ein zusammenfassender Ausdruck für sein ganzes 
Leben seit seinem öffentlichen Auftreten. Während also 
Matthaus und Markus nur von einer — längeren oder 
kürzeren -r- Versuchung Jesu am Anfang seiner Lauf- 
bahn erzählen, ist nach Lukas Jesu Leben voll von Ver- 
suchungen, eine Kette von Versuchungen jeder Art, Das 
aber ist genau die Anschauung des Verfassers des He- 
bräerbriefes. Er sagt mit deutlichem Anklang an Lk. 4, 



äy^^'. xaipoü — wie Apg:. 13, 11. 



— 23 — 

13 : «Er wurde versucht in jeder Hinsicht» (4, 
15), und wo er die Bedeutung des irdischen Lebens Jesu 
zusammenfassen will, sagt er: tcstcovÖ'sv ■Ksi^xad-s.iq - — «er 
wurde versucht und litt (2, 18)» ^. 

Aus den vielen Versuchungen Jesu folgert der Ver- 
fasser des Hebräerbriefes, daß dieser Hohepriester nach- 
sichtig sein könne gegen die Unwissenden und Irrenden 
(5, 2). Das kommt nirgends" so deutlich zum Ausdruck 
als in dem Wort des Gekreuzigten, das nur Lukas bietet: 
«Vater, vergib ihnen ; denn sie wissen nicht, was sie 
tun» (Luk. 23, 34). 

Nur im Plebräerbrief und im Lukaseva ugelium wird 
die Anschauung ausgesprochen, daß Jesus durch sein 
Leiden vollendet worden sei. Hehr. 2, 10 : Es ziemte 
Gott, den Anführer der Rettung durch Leiden zu vol- 
lenden (TsleiSicai) . 5, 8 — 9 : Er lernte von dem, was er 
litt, den Gehorsam, und vollendet (xeAzt.cad'dg) wurde er 
allen, die ihm gehorchen, ein Urheber ewiger Rettung. 
Im Lukasevangelium (13, 32) sagt Jesus : «Siehe, ich 
treibe Dämonen aus und vollbringe Heilungen heute und 
morgen, und am dritten Tage werde ich vollendet (ts^siou- 
[7-ai) » . 

Die Berührungen mit der Lukasüberlieferung fallen 
ganz anders ins Gewicht als die mit Markus-Matthäus. Nicht 
nur, daß sie zahlreicher sind; sie besagen auch mehr. Denn 
bei den Anklängen an die Markuserzählungen handelt es 
sich nur um einzelne Tatsachen aus dem Leben Jesu. 
In dem aber, was der Hebräerbrief mit der Sonderüber- 



1 Auch auf die Versuchungen der Gläubigen wird bei Lukas 
öfter Rüeksieht genommen, als in den anderen Evangelien. Bei der 
Deutung des Säemannsgleichnisses, wo die anderen (Mk. 4,17; Mt. 13,21) 
■(evoiJ.evyj(; •S-Xi^eüx; -q §1(0^1^05 sagen, sagt er (Lk. 8, 13) sv xa'.pw tcsi- 
pao|JLo5. In der Gethsemanegeschichte wird bei ihm die Warnung : 
«bittet, daß ihr nicht in Versuchung kommt», zweimal ausge- 
sprochen (22, 40, 46). Ein Zusammenhang mit den häufigen Versuch- 
ungen Jesu ist w;ahrscheinlich. Er kann, aber kaum anders gedacht 
werden als in der Weise des Hebräerbriefes ; worin er gelitten hat, 
nachdem er versucht worden war, kann er denen, die versucht 
werden, helfen (Hebr. 2, 18). Jesus der dp^ryjYOC auch in den Versu- 
chungen. 



— 24 — 

lieferung des Lukas gemein hat, verrät sich dieselbe Ge- 
samlanschauung vom Leben Jesu. 

Woher hat der Verfasser des Hebräerbriefes diese 
Anschauung? Nach dem, was früher gesagt wurde, steht 
fest, daß er sie nicht aus dem Lukasevarigelium hat. 
Da bleibt keine andere Annahme übrig, als daß er aus 
derselben Quelle schöpft wie Lukas. Er kennt ohne 
Zweifel auch andere Ueberlieferungen. Aber in der Haupt- 
sache verdankt er seine Kenntnis des Lebens Jesu 
jenem Kreise, aus dem die allein von Lukas aufbe;wahrlen 
Erzählungen hervorgegangen sind^. 

Die Uebereinslimmungen zwischen der Sonderquelle 
des Lukas und dem Hebräerbriefe reichen aber noch 
weiter. 

Lukas 2, 34 — 35 wird das prophetische Wort des alten 
Simeon an Maria berichtet : «Siehe, dieser ist gesetzt zu 
einem Fallen und Aufstehen vieler in Israel und zu 
einem Zeichen, dem widersprochen wird — aber auch 
deine eigene Seele wird ein Schwert durch- 
dringen — damit Gedanken aus vielen Herzen offenbar 
werden». Das Bi]d vom Schwert deutet man gewöhnlich 
als Weissagung auf den Seelenschmerz, den Maria fühlen 
wird, sei es über den Widerspruch der Menschen, sei es 
über das Leiden Jesu. Diese Auffassung aber wird dem 
Wortlaut nicht gerecht ; das >tal — Se. ^xux-Tiq im Zwischen- 
satz kommt dabei nicht heraus. Wenn mit so scharfer 
Betonung gesagt wird «aber auch deine eigene 
Seele» — so wird damit Maria — wider Erwarten — 
unter die eingereiht, von denen es zuvor heißt, daß 
sie widersprechen, und nachher, daß ihre Gedanken 



1 Daß die Sondererzählungen des Lukas einer Quelle ent- 
stammen, darf als sehr wahrscheinlich, betrachtet werden. Vgl. Paul 
Feine, Eine vorkanonische Ueberlieferung des Lukas in Evangelium 
und Apostelgeschichte, Gotha 1891. Harnack, Lukas der Arzt, 
S. 108 ff. Bernhard Weiß, Die Quellen des Lukasevangeliums, Stutt- 
gart 1907. Derselbe, Die Quellen der synoptischen Ueberlieferung 
(Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Lite- 
ratur, 3. Eeihe, 2. Band, Heft 3), Leipzig 1908. 



— 25 — 

offenbar werden. Sie selbst wird durch ihren Sohn zum 
Widerspruche gereizl werden , auch ihre Gedanken 
werden durch ihn ans Licht kommen'. Diese Wirkung 
Christi, den Widerspruch herauszufordern und die Ge- 
danken aufzudecken, wird vergKcben mit der eines 
Schwertes, das durch die Seele dringt. Damit wird von 
Jesus dasselbe ausgesagt, was Hebr. 4, 12 — 13 vom 
Worte Gottes gesagt wird : «Das Wort Gottes ist lebendig 
und kräftig und schneidender als jedes zweischneidige 
Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele 
und Geist, Gelenken und Mark, und ein Richter von 
Gesinnungen und Gedanken des Herzens. Und es ist 
keine Kreatur unsichtbar vor ihm, sondern alles nackt 
und entblößt vor seinen Augen». Aehnliches findet sich 
bei Philo^. Von hier aus ist das Wort Simeons bei Lukas 
zu verstehen ; Jesus wird als der fleischgewordene gött- 
liche Logos beschrieben *. Daß auch dem Verfasser des 
Hebräerbriefes diese Gleichsetzung Jesu mit dem Logos 
geläufig ist, zeigt — wenn nicht die angeführte Stelle — 
dann doch die seine ganze Erörterung durchziehende Auf- 



' Das fügt sich gut zu den Andeutungen dex' Synoptiker, nach 
denen Jesu Familie durchaus nicht zu seiner Jüngerschaft gehörte. 
Am meisten sagt darüber Markus. Er erzählt allein, daß «die Seinen> 
ihn greifen wollten, weil sie meinten, er sei seiner Sinne nicht mehr 
mächtig (Mk. 3, 21), und bringt die auch bei den anderen überlieferte 
Geschichte, wie Jesus sich von seiner Mutter und seinen Brüdern 
nicht sprechen ließ, in deutlichen Zusammenhang damit (3, 81 — 35). 

2 Auch Sibyllinen 8, 282—285: 

Ttdcvca vocbv xal TrdvTa ßXsTiODV xai. xdvx' sTiaxoucov 
aTi7.äYyva xaxo'KTSüast xai piJ-vojaei TcpoQ zKey/w- 
aoTOz jap Tcävxcov dxov] xal vouc; xai öpaaic, 
xal Tio'yoc; 6 xt'Xcdv [AOpcpäQ, ö tcöcvÖ-' 6~axouE'.. 

3 Mir scheint, daß die Logosvorstellung auch Lk. 1, 2 vorliegt. 
Man übersetzt hier ÜTtyjpsxai Toü 'KÖ'^o'j immer mit «Diener des Wortes» 
d. h. Verkünder des Evangeliums Aber durch das zwischen UTTTjpsta'. 
und xoü Xrjyyj eintretende y£v6[X£vo'. erhält uxTjpsxa'. einen .starken 
Ton, wodurch es als Steigerung von aozÖTZ-ai erscheint. Die Jünger 
sind ja auch nicht dadurch, daß sie Verkünder des Evangeliums 
wurden, besonders befähigt, Geschichten von Jesus zu erzählen, 
wohl aber dadurch, daß sie als persönliche Diener (Joh. 18, 36) des 
fleischgewordenen Logos in täglichem Verkehr mit ihm standen (vgl. 
1. Joh. 1, 1). 



— 26 — 

fassung Jesu als Hohenpriesters — bei Philo ist der Logos 
Hoherpriesler — , und der Eingang den Hebräerbriefes, 
der so stark an den Anfang des Johannesevangeliums er- 
innert. — 

Hebr. 10, 5 heißt es von Christus: «In die Welt 
kommend sagt er : 

Opfer und Darbringung hast du nicht gewollt, 
aber einen Leib hast du mir bereitet. 
Brandopfer und Sündopfer hast du nicht beliebt. 
Da sprach ich: siehe ich bin da, — 
in einer Buchrolle (^scpali^i ß!,ß7.iou') sieht von mir 

[geschrieben — 
zu tun, Gott, deinen Willen». 

Es sind Worte aus dem 40. Psalm, die da dem in 
die Well kommenden Christus in den Mund gelegt werden. 
Diese Verwendung des 40. Psalms fällt auf. Er enthält 
eine Stelle, die der messianischen Deutung widerstrebt 
(V. 13) ; es ist auch das einzige Mal im neuen Testament, 
daß er als messianisch angeführt wird. 

Eine neuleslamentliche Stelle kommt einem dabei 
freilich in den Sinn : die Erzählung des Lukas über das 
erste Auftreten Jesu (Lk. 4, 16 — 30). Jesus kommt nach 
Nazareth in die Synagoge. «Und er stand auf zu lesen. 
Und es wurde ihm ein Buch, der Prophet Jesaja, gereicht, 
und er machte das Buch auf und fand eine Stelle, wo 
geschrieben stand (Jes. 61, 1 — 2) : 

Geist des Herrn ist auf mir, 

weil er mich salbte, Armen zu predigen. 

Er sandte mich. Gefangenen Entlassung 

und Blinden Sehkraft zu verkündigen, 

Zerschlagene frei gehu zu lassen, 

zu verkündigen ein willkommenes Jahr des Herrn. 



^ X£cpa7v.ic, eigentlich Köpfchen, bezeichnet den Knopf auf dem 
Stabe, um den die Buchrolle g-ewickelt wird, dann die zusammen- 
gewickelte Bnchrolle selbst, xe^oakiba, sagt Theodoret, xaKel xd 
eVkrixd ßtßXia. Franz Delitzsch, Kommentar zum Brief an die He- 
bräer, Leipzig 1857, S. 461, Anm. 2. 



— 27 — 

Und er rollte das Buch zu, gab es dem Diener und 
setzte sich ; und aller Augen in der Synagoge hingen an 
ihm. Er aber begann zu ihnen zu reden : Heute ist diese 
Schrift erfüllt in euren Ohren». 

Diese Erzählung hat etwas befremdendes. Mit einer 
in den synoptischen Evangelien unerhörten Ausführlich- 
keit werden ganz gleichgültig scheinende Nebenzüge aus- 
gemalt : wie er das Buch nimmt und aufrollt ; wie er es 
zurollt und weggibt ; wie er sich setzt und vor aller Augen 
dasitzt, ehe er redet. Ist das nicht alles selbstverständlich ? 
Warum wird es erzählt? Etwas muß dahinter stecken. 
Nun achte man darauf, daß es eine Buchrolle ist, um 
die sich die ganze breite Schilderung dreht, daß durch 
die Worte «er rollte das Buch zu und gab es dem Diener» 
noch einmal besonders die Vorstellung einer geschlos- 
senen Rolle (y.£<pa>^i(;) hervorgerufen wird, und danach 
alle Aufmerksamkeit auf die Person Jesu gelenkt wird — 
es ist, als hörte man die Worte des 40. Psalms : «da 
sprach ich: siehe ich bin da, in einer Buchrolle steht von 
mir geschrieben.» Was Jesus in der Lukaserzählung tut, 
ließe sich ebensogut durch diese Psalmstelle ausdrücken. 

Daß der Psalm im Hintergrunde steht, wird noch 
klarer, wenn wir ihn in seinem ganzen Umfange zum 
Vergleich heranziehen. Nach der eben angeführten Stelle 
heißt es (aus der Septuaginta^ übersetzt) : 

10. Ich verkündete Gerechtigkeit in großer Versammlung; 
siehe, meine Lippen verschließe ich nicht . . . 

11. Nicht verbarg ich in meinem Herzen deine Wahrheit, 
und dein Heil sprach ich aus. 

Nicht verbarg ich dein Erbarmen und deine Wahrheit 
vor der zahlreichen Synagoge , . . 
13. Es umringten mich Uebel, die nicht zu zählen sind, 
es faßten mich meine Ueber tretungen, und ich konnte 

nicht mehr sehen. 
Sie wurden zahlreicher als die Haare meines Hauptes, 
und mein Herz verließ mich. 



1 Es ist dort Psalm 39. 



14. Laß dirs gefallen, Herr, mich zu retten, 
Herr, tritt hervor, mir zu helfen, 

15. Es mögen allesamt zu Schanden und beschämt werden, 
die nach meiner Seele trachten, sie zu vertilgen. 

Es mögen sich rückwärts wenden und beschämt werden, 
die mir übel w^ollen. 

Die «große Versammlung» finden wir hei Lukas wieder, 
und das Schlußgebet um Hilfe vor den andrängenden 
Feinden paßt auf die Lage Jesu am Ende der Geschichte. 
Die Erzählung L k. 4, 16—30 will die Erfül- 
lung des 40. Psalms schildern. Wer das zuerst 
erzählt hat, hat ebenso wie der Verfasser des Hebräer- 
briefes den 40. JPsalm als messianisch angesehen. Der 
Verfasser des Hebräerbriefes denkt, sich den Psalm bei 
der Menschwerdung Christi gesprochen ; es bedeutet 
keinen großen Unterschied, wenn die Lukasüberlieferung 
ihn bei der Erzählung von der ersten Erscheinung Jesu 
vor dem Volke verwendet. 

Für die enge Verwandtschaft beider Stellen spricht 
endlich noch ein scheinbar unbedeutender Umstand. Der 
Verfasser des Hebräerbriefes führt auch in diesem Falle 
wie gewöhnlich den Wortlaut der Septuaginta an ; aber 
mit einer kleinen Aenderung. In der Septuaginta nämlich 
heißt es : 

Da sprach ich : Siehe, ich bin da, 

in einer Buchrolle steht von mir geschrieben. 

Deinen Willen, Gott, wollte ich tun. 

Der Verfasser des Hebräerbriefes läßt das sßouXvfGviv 
aus, so daß der Wortlaut entsieht: 

Da sprach ich: Siehe, ich bin da, 

— in einer Buchrolle steht von mir geschrieben — , 

deinen Willen, Gott, zu tun. 

Indem er diese Aenderung vornimmt, läßt er durch- 
blicken, daß er eine bestimmte Schriftstelle im Sinne hat, 
in der steht, was der Messias nach Gottes Willen tun 
soll. Es liegt nichts näher, als daß er an eben die Stelle 
im Jesaja denkt, die Jesus in der Lnkaserzählung vorliest: 



— 29 ~ 

«Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich salbte, Armen 
zu predigen usw.» — 

Wo der Verfasser des Hebräerbriefes zum Ausharren 
im Glauben mahnt, braucht er einmal die eigentümliche 
Wendung (12, 4) : «Ihr habt noch nicht bis zum Bluten 
([X£)^pi(; ai'xaToc) W^iderstand geleistet im Kampfe (ävTaytovi- 
^orj-evoi) gegen die Sünde». Also kann der Kampf gegen die 
Sünde so gewaltig werden, daß Blut fließt. Eine klarere Vor- 
stellung davon gibt uns nur das Lukasevangelium in der 
Gelhsemanegeschichte (Lk. 22, 44) : «Er geriet in Kampf 
(äycovia) und betete angestrengter ; und sein Schweiß wurde 
wie Tropfen BluLes, das auf die Erde fällt». Hier wie 
dort eine aywvia [xs7pi? ai[j,aTo;. Nicht umsonst steht jene 
Erinnerung im Hebräerbrief an einer Stelle, wo eben die 
Mahnung ausgesprochen war (12, 2): «Lasset uns hinsehn 
auf Jesus». 

Oeflers wird im neuen Testament ausgesprochen, daß 
Christus leiden muß. So namentlich in den Leiden&weis- 
sagungen der Evangelien (Mk. 8, 31, Mt. 26, 54), aber 
auch sonst (Apg. 3, 21 ; 17, 3). Aber nur zwei Stellen 
im neuen Testament sind mir bekannt, wo das Leiden 
Christi als ein schweres Rätsel hingestellt wird, dessen 
Auflösung gesucht wird. Die eine ist die bei Lukas über- 
lieferte Geschichte von den Emmausjüngern. Die beiden 
sind ganz verstört, weil sie es nicht fassen können ; der . 
geheimnisvolle Begleiter beginnt ihnen zu zeigen, warum 
es so kommen mußte. Die andere ist die Einleitung des 
Hebräerbriefes. Denn hier dienen die wirkungsvoll zu- 
sammengestellten Schriftzeugnisse für die Erhabenheit des 
Sohnes über die Engel (Kap. 1) nur dazu die Rätselhaf- 
tigkeit des Schicksals, daß er unter Engel erniedrigt 
wurde (2, 7), um so schwerer empfinden zu lassen ; und 
die ganze theologische Erörterung im Hebräerbriefe ist 
ein Versuch, nachzuweisen, warum es so sein mußte. Die 
Antwort Jesu an die Emmausjünger ist diese : «Mußte 
nicht Ghrislus das leiden und in seine Her r li ch k ei t 
eingehen?» Genau so legt sichs der Verfasser des Hebräer- 
briefes im Anfang zurecht (2, 10): «Es ziemte ihm 



— 30 — 

(d. h. Gott), dessentwegen alles und durch den alles ist, 
wie er viele Söhne zur Herrlichkeit geführt hatte, 
den Anführer ihrer Rettung durch Leiden zu vollenden». 
Jesus zeigt den beiden Jüngern weiterhin, wie sich in 
seinem Leiden das, was Moses und die Propheten weis- 
sagten, verwirklicht; der Verfasser des Hebräerbriefes 
führt in seiner weiteren Darlegung aus, wie darin die 
mosaische Gottesdienstordnung ihre Erfüllung finde. 

Noch auf eine Aehnlichkeit zwischen Hebräer brief 
und Lukasevangelium möchte ich aufmerksam machen. 
Es sind die einzigen Schriften im neuen Testament, in 
denen der Gottesdienst eine Rolle spielt. Im Lukas- 
evangelium gilt das vor allem von der Kindheitsgeschichte, 
die großenteils den Tempel in Jerusalem zum Schauplatz 
hat und mancherlei Gelegenheit bietet, Vorschriften des 
Tempeldienstes zu erwähnen. Vielleicht ist es auch nicht 
zufällig, daß Lukas noch zwei Geschichten, in denen 
Priester und Leviten vorkommen, vor den anderen Evan- 
gehsten voraus hat (Lk. 10, 31—32; 17, 14) ^ Im 
Hebräerbriefe wird der Tod Christi als Opferhandlung 
eines Hohenpriesters dargestellt. ' 

Was aus dem allen hervorgeht, ist dieses: der Ver- 
fasser des Hebräerbriefes hat nicht nur seine Nachrichten 
über das Leben Jesu größtenteils aus der Quelle, aus der 
die besonderen Erzählungen des Lukas stammen ; er 
teilt auch darüber hinaus allerlei Anschauungen und Ge- 
danken mit der Lukasquelle. Eine solche Gemeinsamkeil 
der Anschauungen aber läßt sich nicht erklären ohne 
die Annahme persönlicher Beziehungen. Wir schließen 
also : 

Der Verfasser des H ebräer br i efe s steht 
dem Kreise nahe, aus dem die Sonderüber- 
lieferungen des Lukasevangeliums stammen. 



1 Stammen die Sonderstücke des Lukas vielleicht aus priester- 
liehen oder levitischen Kreisen? Im Johannesevang-elium, das mit 
der LukasqueUe so manches gemeinsam hat, hören wir, daß der 
«andere Jünger» mit dem Hohenpriester bekannt war ( Joh. 18, 15). 



— 31 — 

3. 
Der Hebräerbrief und Markus. 

Matthäus (27, 45 — 54) berichtet von verschiedenen 
Naturerscheinungen beim Tode Jesu. Um zwölf Uhr 
Mittags verfinstert sich die Sonne auf drei Stunden. Als 
dann um drei Uhr Jesus mit lautem Aufschrei stirbt — 
«siehe, da zerriß der Vorhang des Tempels von oben bis 
unten in zwei Stücke, und die Erde erbebte, und die 
Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele 
Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf . . . Als 
aber der Hauptmann und seine Leute, die Jesus bewachten, 
das Erdbeben und die Ereignisse sahen, fürchteten sie 
sich sehr und sagten: Wahrhaftig, das war Gottes Sohn». 

Markus (15, 33 — 39) erzählt ebenso wie Matthäus von 
der Finsternis. Nachher aber ist er erheblich kürzer. 
«Jesus schrie laut und verschied. Und der Vorhang des 
Tempels zerriß in zwei Stücke von oben bis unten. Als 
aber der Zenturio, der dabei stand, ihm gegenüber, sah, 
daß er so verschied, sagteer: Wahrhaftig, dieser Mensch 
war ein Sohn Gottes». 

Lukas (23, 44—47) berichtet dieselben Erscheinungen 
wie Markus, nur in leicht geänderter Reihenfolge. Die 
Finsternis bis um drei, dann das Zerreißen des Vorhangs 
und das Verscheiden Jesu. «Als aber der Hauptmann das 
Geschehene sah, pries er Gott und sagte: Wirklich, dieser 
Mensch war gerecht. Und alle Menschen, die mitgekommen 
waren zu dieser Schau, wie sie das Geschehene geschaut 
hatten, schlugen sie sich die Brust und kehrten heim». 

Der Ausruf des Hauptmanns wird in diesen Berichten 
verschieden begründet. Nach Matthäus ist es der Ein- 
druck des Erdbebens und der übrigen Ereignisse^, was 
ihn zu der Erkenntnis bringt: Das war Gottes Sohn. 
Bei Markus steht von dem Erdbeben nichts, und die Er- 



1 Es ist -j-tvo'ixsva zu lesen, nicht mit dem Eezeptus r^e\i6\ieva. 
Die Ereignisse sind das Zerreißen der Felsen und die Oeffiiung der 
Gräber. 



— 32 - 

kenntnis des Hauptmanns wird daraus erklärt, daß er, 
der Jesu gegenüberstand, sein Verscheiden genau beob- 
achtet hatte. Lukas drückt sicli unbestimmt aus: «Als 
der Hauptmann das Geschehene sah . . . » Ebenso 
heißt es nachher von den Leuten. Ob die Sonnenfinsternis 
gemeint ist, oder die Art des Sterbens Jesu, oder beides, 
ist nicht auszumachen. 

Die Darstellung bei Markus hat etwas befremdliches. 
Es soll die Art, wie Jesus starb, gewesen sein, was den 
Ausruf des Plauptmanns veranlaßte. Wie aber schildert 
Markus das Sterben Jesu? Er verscheidet mit einem lauten 
Schrei, und unmittelbar vorher ist schon einmal von einem 
Aufschrei berichtet (15, 34): Mein Gott, mein Gott, warum 
hast du mich verlassen? Daß mus diesen qualvollen 
Todesschreien der Hauptmann die Ueberzeugung gewonnen 
haben soll, Jesus sei ein Sohn Gottes, klingt verwunder- 
lich^. Natürlicher mutet einen die Darstellung des 
Matthäus an. Wenn sich im Augenblick des Todes solch 
unerhörter Aufruhr der Natur erhebt, so liegt allerdings 
der Gedanke nahe, es sei ein Gottessohn gestorben. Man 
möchte vermuten, daß auch dem Markus zugleich mit 
dem Worte des Hauptmanns das Erdbeben mit seinen 
Begleiterscheinungen überliefert war, daß er aber aus 
irgend einem Grunde, den wir noch nicht wissen, das 
Erdbeben wegließ und nun das Wort des Hauptmanns, 
das er nicht missen mochte, aus dem, was übrig blieb, 
erklären mußte. Vielleicht verrät sich auch noch in dem 
unbestimmten Ausdruck des Lukas «das Geschehene« 
eine Erinnerung an Naturereignisse, die ursprünglich an 
dieser Stelle berichtet wurden. 



1 Mehrere Handschriften und der Eezeptus haben hüiter oütox; 
den Zusatz xod^ag. Schon die Einfügung dieser erklärenden Glosse 
ist ein Zeugnis, daß man die Erzählung des Markus an dieser Stelle 
nicht ganz befriedigend fand. Man legte sichs so zurecht, daß der 
Umstand, daß Jesus noch im Tode so laut schreien konnte, den 
Eindruck der Göttlichkeit machte. So auch Origenes und die meisten 
neueren Ausleger. Aber es ist eine etwas gezwungene Erklärung: 
die Wirkung ist zu groß für die Ursache. 



— 33 — 

Ueber das Wunder im Tempel gab es noch eine andere 
üeberlieferung, im Hebräerevangeliiim. Hieronymus sagt 
in seinem Matlhäuskommentar zu Mt. 27, 51 : «In dem 
Evangelium, das wir oft erwähnen (gemeint ist das He- 
bräerex'angelium), lesen wir : die Oberschwelle des Tem- 
pels von gewaltiger Größe brach und spaltete sich»^. 
In einem später geschriebenen Briefe gibt er die Worte 
etwas anders wieder: «In dem 'Evangelium, das mit 
hebräischen Buchstaben geschrieben ist, lesen wir nicht: 
der Vorhang des Tempels riß, sondern: die Oberschwelle 
des Tempels von wunderbarer Größe stürzte zusammen« ^. 
Die Wiedergabe im Kommentar scheint genauer zu sein 
als die in dem Briefe. Denn sie bringt zwei Wörter 
(fraclum alque divisura), wo die andere nur eines hat 
(corruisse). Und gerade dieser Doppelausdruck erinnert 
von fern an die üeberlieferung der Evangelien von dem 
zerrissenen Vorhang ; denn auch dort fällt eine gewisse 
Fülle des Ausdrucks auf (et? ^uo octto avojOev ecoc /.axco). 

Das (aramäisch geschriebenej Hebräerevangelium galt 
manchen Kreisen in der alten Kirche als der echte 
Matthäus^. Hieronymus erwähnt in seinem Matthäus- 
kommentar öfters abweichende üeberlieferungen des 
Hebräerevangeliums, und in einer Minuskelhandschrift in 
Petersburg (cod. ev. 566) sind hin und wieder Lesarten 
des Hebräerevangeliums zu den entsprechenden Stellen 
des Matthäus an den Rand gesehrieben. Daraus folgt, 
daß das Hebräerevangelium im großen und ganzen unserm 
Matthäus sehr ähnlich gewesen ist. Bei manchen Ab- 
weichungen, die uns durch Hieronymus oder jene Evan- 
gelienhandschrift bezeugt sind, handelt es sich nur um 



1 In evang'elio, cuius saepe facimus mentionem. superliminare 
tenipli infinitae magnitudinis fractuni esse atque divisuna legimus. 

2 Hier. ep. 120,8 (ad Hebidiam): In evang-elio, quod Hebraicis 
litteris scriptum est, legimus non velum templi scissum, sed super- 
liminare templi mirae magnitudinis corruisse. 

3 Hieronymus contra Pelag. III, 2 : Chaldaico quidem Syroque 
sermone sed Hebraicis litteris scriptum est; quo utuntur usque liodie 
Nazareni seeundum apostolos, sive ut plerique autumant iuxta Mat- 
thaeum. — In Matth. 12, 13 ; quod vocatur a plerisque Matthaei 
authenticum. 



— 34 — 

kurze Stellen, um einzelne Ausdrücke. Man darf ver- 
muten, daß das übrige in solchen Erzählungen im Hebräer- 
evangelium genau so lautete wie im Malthäusevangelium. 
Wenn nun Hieronymus in seinem Kommentar nur zu 
einem der Wunder, die in der Kreuzigungsgescbichte bei 
Matthäus erwähnt werden, anmerkt, daß man im Hebräer- 
evangelium anders lese, so liegt es nahe anzunehmen, daß 
das übrige dort ebenso stand. Dann wäre also im Hebräer- 
evangelium außer von dem Bruch der Oberschwelle auch 
von dem Erdbeben, dem Zerreißen der Felsen und der 
Oeffnung der Gräber die Rede gewesen. Das aber ergibt 
eine einheitlichere Schilderung, als sie das Matthäus- 
evangelium bietet. Denn nun sind es lauter Erscheinungen, 
die in engem Zusammenhang miteinander stehen. Bei 
einem starken Erdbeben läßt sich denken, daß Felsen 
zerreißen und Grabkammern bloßgelegt werden; ebenso 
aber auch, daß die Oberschwelle des Tempels in der Er- 
schütterung bricht. Bei Matthäus kommt durch das 
Wunder mit dem Vorhang ein andersartiger Zug hinein; 
von einem Erdbeben reißt kein Vorhang. 

Von hier aus läßt sich vielleicht der Bericht des 
Markus verstehen. Wenn Markus das Erdbeben und die 
Felsenspaltung mit Schweigen übergeht, so bestimmt ihn 
dazu möglicherweise die Empfindung, daß diese Wunder und 
das Wunder mit dem Vorhang nicht gut zueinander passen. 
Wir hätten dann anzunehmen, daß zwei Ueberiieferungen, die 
ursprünglich nichts miteinander zu tun haben, zusammen- 
gekommen sind : die eine von einem Erdbeben, bei dem 
Felsen zerrissen, Gräber aufbrachen und auch der Tempel 
bedenklich erschüttert wurde; die andere von einem 
Wunder, das sich mit dem Vorhange des Tempels zutrug. 

Es müssen aber noch andere Berichte berücksichtigt 
werden. 

Im Talmud^ wird erzählt: «Vierzig Jahre, 'bevor 
das Haus des Heiligtums zerstört wurde, erlosch die 



1 Jer. Jonia 43 c (wesentlich gleich Bab. Joma 39 b). Die obige 
Uebersetzung nach Th. Zahn, Kleine Beiträge zur evangelischen Ge- 



— 35 — 

westliche Lampe, und das karmesinrote Wollenband blieb 
rot', und das Los Gottes kam zur linken Seite hervor *^ ; 
und man verschloß die Türen des Tempels am Abend, 
und als man morgens aufstand, fand man sie geöffnet. 
Es sagte Rabban Jochanan ben Sakkai : Tempel, warum 
erschreckst du uns? Wir wissen, daß dein Ende Zerstö- 
rung ist, wie geschrieben steht: Oeffne, Libanon, deine 
Türen, und Feuer wird deine Zedern verzehren (Sach. 
11, 1)». 

Josefus erzählt in seinem «Jüdischen Kriege» ^, daß 
während der Belagerung Jerusalems das Volk sich durch 
Betrüger beschwaljjen ließ uud deutliche Anzeichen der 
bevorstehenden Zerstörung mißachtete — «so auch damals, 
als — noch vor dem Aufs tan de und der zum 
Kriege führenden Bewegung, während das 
Volk zum Fest der ungesäuerten Brote sich sammelte, 
-^ es war der 8. Xanthikus (Nisan) — um die neunte 
Stunde der Nacht ein so großes Licht den Altar und das 
Tempelhaus umleuchtete, daß heller Tag zu sein schien, 
und dies ungefähr eine halbe Stunde anhielt, was den 
Unerfahrenen als ein gutes (Vorzeichen) galt, von den 
Schriftgelehrten aber sofort dem (späteren) Ausgang der 
Dinge entsprechend beurteilt wurde. Und an demselben 
Fest gebar eine Kuh, die von jemandem zur Opferung 



schichte. 1. Der zerrissene Tempelvorhang. Neue kirchliche Zeitschrift. 
Hg. von Wilhelm Engelhardt, 13. Jahrgang 1902, S. 729 ff. 

1 «Ohne Anhalt in Lev. 16 wurde aach dem späteren Brauch 
am Versöhnungstag am Kopf des in die Wüste zu entsendenden 
Bockes ein solcher roter Lappen befestigt, vgl. Mischna, Joma IV, 2; 
VT, 6; Epist. Barn. 7, 8 — 11. Das Weißwerden desselben sollte ein 
Bild der Tilgung der Sünde sein, vgl. Jes. 1, 18.» Zahn, a. a. 0., 
S. 740, Anm. 3. 

2 «Es befand sich dort eine Büchse mit zwei Losen, zwei Plätt- 
chen, auf deren einem «Für Jehova* und dem anderen «Für Asasel» 
eingraviert war, und [der Hohepriester] legte das mit der Eechten 
ergriffene Los auf den rechtsstehenden, das mit der Linken ergrif- 
fene auf den linksstehenden Bock, wobei es als ein gutes Omen galt, 
wenn er das Los «Für Jehova» in die rechte Hand bekam.» Riehm, 
Handwörterbuch des biblischen Altertums, 2. Auflage, 2. Band, Biele- 
feld und Leipzig 1898, S. 1739, Artikel «Versöhnungstag». 

3 Bell. jud. VI, 5, 2 — 4. Ich benutze wieder die IJebersetzung 
von Zahn, a. a. 0. 



— 36 — 

geführt wurde, mitten im Tempel ein Lamm. Das östliche 
Tor aber des inneren Tempelhauses, das aus Erz be- 
stand und sehr stark war und gegen Abend von zwanzig 
•Männern mit Anstrengung geschlossen zu werden pflegte, 
durch eisenbeschlagene Querriegel verrammelt und mit 
sehr tief hinabreichenden, in den massiven Steinboden 
eingelassenen Pflöcken versehen war, wurde bei Nacht 
um die sechste Stunde von selbst geöffnet gesehen. Die 
Wächter des Heiligtums meldeten dies eiligst dem Tem- 
pelkommandanten, und als dieser hinaufstieg, vermochte 
er das Tor nur mit Mühe zu schließen. Dies erschien wie- 
derum den Ungebildeten als ein schönstes Wunderzeichen ; 
denn Gott habe ihnen das Tor zum Heil eröffnet. Die 
Gelehrten aber verstanden dies dahin, daß die Sicherheit 
des Tempels von selbst sich, auflösen und das Tor den 
Feinden ohne Kampf sich öÖhen werde, und erklärten 
bei sich seihst, das Wunder sei ein Zeichen der Zer- 
störung. Nicht lange nach dem Feste aber, am 21. Ar- 
temisius (Jjjar), zeigte sich eine unglaubliche Geisterer- 
scheinung : und es würde, was ich erzählen will, wohl 
als eine Flunkerei erscheinen, wenn es nicht auch bei 
denen, die es gesehen haben, berichtet wäre, und wenn 
nicht das später eingetroffene Unglück den Vorzeichen 
entsprochen hätte. Es erschienen nämlich vor Sonnen- 
untergang hoch in der Luft um das ganze Land her 
Wagen und bewaffnete Haufen, welche durch die Wolken 
dahinstürmten und die Städte umzingelten. An dem. Fest 
aber, welches Pfingsten heißt, bemerkten nach ihrer Aus- 
sage die Priester^ die nach ihrer Gewohnheit zum Zwecke 
der gottesdienstlichen Handlungen in das innere Heilig- 
tum hineingingen, hei Nacht zuerst eine Bewegung und 
einen dröhnenden Stoß, darauf aber ein vielstimmiges 
Rufen : Laßt uns von hier hinweggehen !» 

Die beiden Berichte über die Oeffhung der Tempeltür 
weichen in der Angabe der Stunde^ in der man das 
Wunder bemerkte, voneinander ab ; sonst stimmen sie in 
allem üherein. Die doppelte, hier wie dort selbständige 
Ueberlieferung läßt kaum einen Zweifel, daß wir es mit 



— 37 — 

einem wirklich beobachteten Ereignis zu tun haben. 
Halten wir die Zeitangaben zusammen, so ergibt sich, 
daß es ein Vorgang am Passahfeste des Jahres 30 war. 
Das wird, wie Zahn gezeigt hat ^, dadurch bestätigt, daß 
sich bei Eusebius eine (vielleicht auf Juhus Afrikanus 
zurückgehende) üeberheferung findet, nach der die von 
Josefus gleich danach erwähnten Geisterstimmen im 
Tempel zur Zeit des Todes Jesu gehört worden seien. 

Wenn das Hebräerevangelium und die synoptischen 
Evangelien von seltsamen Vorgängen im Tempel an dem 
Passahfeste, da Jesus gekreuzigt wurde, zu erzählen 
wissen, so ist klar, daß das nur andere Formen der 
Ueberlieferung sind, die sich im Talmud und bei Josefus 
erhallen hat. In dieser haben wir einen Maßstab ge- 
wonnen, nach dem wir die anderen Erzählungen beur- 
teilen können. 

Die Frage ist, wie die anderen Formen der Ueber- 
lieferung zu erklären sind. 

Zahn will die sämtlichen Berichte als gleich gute 
geschichtliche Kunde angesehen wnssen. Er nimmt an 
— was natürlich möglich ist — , daß der Vorhang, von 
dem die synoptischen Evangelien reden, derjenige sei, 
der an der Eingangstür des Tempels . hing ^, derselben 
Tür, an die bei den Erzählungen des Talmud, des Jo- 
sefus und des Hebräerevangeliums zu denken ist, und 
stellt folgenden Zusammenhang her : «Wenn die Ober- 
schwelle des Tempeltores einen gewalligen Riß bekam, 
der schließlich ihren Einsturz zur Folge hatte, so war 
das Zerreißen des an der Oberschwelle befestigten, die 
Türöffnung ausfüllenden Vorhangs eine nächste Folge, 
das Aufspringen der Türflügel in der nachfolgenden 
Nacht eine spatere^.» Dagegen erheben sich aber Be- 
denken. Die Erzählung des Hebräerevangeliums mag mit 



' a. a. 0., S. 747 f. Eus. Chron. ed. Schoene II 148. 

'- Josefus bell. jud. V,,5, 4: npo Bs toutüov (erg-. xcbv düpcöv) 
\a6\x'qxec, xaTa7i:£taa|j.a ttstcTswOc v;v BaßuXcov.oc, tzoixiXxoq i^ uaxiv&oü 
xai. ßüaaoo xöxxo'j ts -Acfl xopcpüpac, S-auiJ-aaTtoc; [jlsv £ipYaa[J.svoc usw. 

3 Zahn, a. a O., S. 755. 



— 38 — 

der des Talmud und des Josefus zu vereinigen sein. Es 
läi3t sich wenigstens denken, daß wenn in der Erschüt- 
terung eines B^rdbebens ein Türsturz in der Mitte bricht 
und sich senkt, der entstehende Druck geschlossene Tür- 
flügel auseinandersprengt. Kleine Unwahrscheiulichkeiten 
wären dabei freilich in den Kauf zu nehmen : nämlich 
erstens, daß Josefus von dem Bruch nichts sagt, und 
zweitens, daß sich das Volk trotz des sichtbaren Risses 
die Sache zum Heile gedeutet hätte. Es muß darum auch 
die Möglichkeit ins Auge gefaßt werden, daß die Ge- 
schichte vom zerbrochenen Türsturz eine Umbildung der 
Ueberlieferung von der OefFnung der Tür ist. 

Sehr schwer denkbar ist, daß von dem Bruch eines 
Balkens ein daran befestigtes Zeugslück einen Riß be- 
kommt. Er müßte schon stark seitwärts ausgewichen 
oder nach unten ausgesprungen sein. Und selbst wenn 
es sich denken ließe, daß — etwa durch den Druck des 
sich senkenden Baikens — der Vorhang einreißt, so hieße 
das noch nicht, daß er von oben bis unten durchreißt, 
wie es doch die Evangelien wollen. Was schon bei der 
Fassung des Hebräerevangeliums als möglich erscheint, 
ist bei der Erzählung der Sjmoptiker unverkennbar : daß 
wir es mit einer Umbildung der Ueberlieferung zu tun 
haben. Bei einer solchen Umbildung muß eine bestimmte 
Absicht vorliegen. Wir werden sie am besten erkennen, 
wenn wir nach der Bedeutung der Wunderzeicheu im 
Hebräerevangelium wie bei den Synoptikern fragen. 

Der Sinn der Stelle im Hebräerevangelium ist klar. 
Der Bruch der großen Balkens über der Tür deutet un- 
mißverständlich auf bevorstehenden Einsturz. Der Er- 
zähler will den Gedanken ausdrücken, daß der Tod Jesu 
das Ende über Jerusalem und den Tempel gebracht habe. 
Es ist derselbe Gedanke, den im Pelrusevangelium die 
Juden, die bei Jesu Tode zuschauen, klagend aussprechen: 
«Wehe unsern Sünden ; gekommen ist das Gericht und 
das Ende Jerusalems» ^. Der Urheber der Erzählung im 



i Petrus evaug-elium 7: Toxs o-. 'looSaToi xai oi -psaßü-spot xa). 

Ol ispsic, YvdvTsq olov xaxöv iauxoTc; siroir/aav, fip^av-o xÖTLXzab-ai xai 



— 39 — 

Hebräerevangelium hat entweder aus der in Jerusalem 
umlaufenden Kunde über die Wunder im Tempel an 
jenem Passahfeste das ausgesucht, was ihm am deut- 
lichsten auf die kommende Zerstörung zu verweisen schien, 
oder — und das ist mir wahrscheinlicher — er hat 
den überlieferten Vorgang, dessen eigentliche Bedeutung 
nach Josefus ja nur den Gelehrten sofort verständlich 
war, so umgeformt, daß der Sinn schlagender hervor- 
sprang. Der Tempel wankt bereits und zeigt einen Riß 
— das bedarf keiner langen Erklärung, das ist Bild und 
Deutung in einem. 

Der Sinn des Vorfalls, den die Synoptiker erzählen, ist 
zunächst ganz unklar. Doch eins steht fest: daß die Ab- 
sicht bei dieser Umgestaltung nicht dieselbe sein kann 
wie die, die zu der Fassung im Hebräerevangelium ge- 
führt hat. Denn kein Mensch kann behaupten, daß durch 
das Zerreißen des Vorhangs der Untergang des Tempels 
deutlicher verkündet werde als etwa durch das Auf- 
springen der Türen. Es ist also zu schließen, daß der 
Urheber der synoptischen Erzählung das Zerreißen des 
Vorhangs überhaupt nicht* als Sinnbild der Zerstörung 
gedacht hat. Daran braucht uns auch der Umstand nicht 
irre zu machen, daß die Kirchenväter die Synoptiker- 
stelle in diesem Sinn zu deuten pflegen. Darin wirkt nur 
die ursprünglichie Ueberlieferung nach. Sehen wir näher 
zu, was für künstliche Zwischengedanken sie heran- 
bringen müssen, um der Erzählung diesen Sinn abzuge- 
winnen^, so verstärkt sich der Eindruck, daß sie nicht so 
aufgefaßt sein will. Haben wir vollends mit unserer vor- 
hin geäußerten Vermutung ^ Recht, daß in den synop- 
tischen Berichten selbst noch eine ältere Fassung durch- 



Xi'(ei\> oüai toiq djxapxia'.;; vjjxobv vjiff'.asv rj xpio^c; xai to -iXoc, 'Ispoü- 
oalyjix. Die Itala I von St. Germaiu liest am Eade von Lk. 23, i8: 
.... dicentes : vae nobis, quae facta sunt hodie propter peccata 
nostra, appropinquavit enim desolatio Hierusalem. 

i Tertullian adv. Marcionem IV, 42 : scissum est et templi ve- 
Inra angeli eruptione derelinquentis filiam Sionis. Clem. recogn. 1, 41 : 
lamentans exeidium loco imminens. 

2 Vgl. S. 34. 



— 40 — 

schimmert, in der von einer Erschütterung des Tempels 
die Rede war, ähnlich wie im Hebräerevangelium, so 
ist unzweifelhaft, daß die spätere Form etwas ganz an- 
deres sagen will. 

Da bleibt nichts übrig, als an den Hebräerbrief zu 
denken. Im Hebräerbriefe wird ausführlich dargelegt, 
daß Jesus bei seinem Tode als der ewige Hohepriester 
in das himmlische Allerheiligste gegangen sei. Dabei ist 
auch von dem Vorhange die Rede, der das Innerste des 
himmlischen Heiligtums verschließt, und es wird aus- 
drücklich gesagt, Jesus sei bei seinem Sterben in das 
Innere des Vorhangs eingegangen (6, 19 — 20 vgl. 10, 20). 
Im Hebräerbrief herrscht aber auch die Anschauung, daß 
das, was im irdischen Heiligtum geschieht, Abbild und 
Schalten dessen ist, was im himmlischen Heiligtum -ge- 
schieht (8, 5). Bei dieser Anschauung liegt es nahe, das 
Eingehen Jesu in den Himmel sich auch im irdischen 
Heiligtum abspiegeln zu lassen ; und wenn es ein Vor- 
hang ist, den er im Himmel durchschreitet, so kann das 
wohl dadurch ausgedrückt werden, daß man erzählt, der 
Vorhang im irdischen Tempel* sei mitten durchgerissen. 
So läßt sich die Erzählung bei den Synoptikern aus den 
Gedanken des Hebräerbriefes einfach erklären. Natürlich 
ist dann unter dem «Vorhang des Tempels» der Vorhang 
zu verstehen, der das Heilige vom Allerheiligsten schied^. 

Jesus der Hohepriester, der bei seinem Tode ins 
himmlische Allerheiligste geht — diese Anschauung wird 
nur im Hebräerbriefe entwickelt ; bei Paulus, Johannes, 
oder sonst in den neutestamentlichen Briefen kommt sie 



1 Daß die Gedanken der Evangelisten in dieser Richtung zu suchen 
ist, dafür spricht auch, daß nach dem Zeugnis des Josefus die Un- 
gebildeten das Wunder im Tempel als Heilszeiohen deuteten. Die 
Christen der ersten Gemeinde zu Jerusalem dürfen wir aber mehr 
zu den Ungebildeten als zu den Schriftgelehrten rechnen. — Das von 
Josefus und im Talmud überlieferte Wunder kehrt übrigens noch 
im Barnabasbrief wieder, ebenfalls als Heilszeichen gedeutet, Barn. 
16, 9 : aÜTOc ev yj|j.Tv xaxotK&v Tobc, xw O'avocxqj 5e§C(o)L(U(J.£vouc; dvo(f (ov 
TJixTv X7JV O-upav xoü vctoü, saxiv axo'jjia, [isxävo'.av ^tSoüc 7jiJ.iv 
aiaocysi sie, xöv äcpö'apxov vao'v. 



_ 41 — 

nicht vor. Wo wir ihr in späteren Schriften begegnen 
— wie im ersten Klemensbriefe — ist die Abhängigkeit 
vom Hebräerbriefe sofort zu erkennen. Der Hebräerbrief 
selbst wiederum macht durchaus nicht den Eindruck, als 
seien da Gedanken eines anderen oder allgemein bekannte 
Anschauungen wiedergegeben. Die geistige Höhe, auf der 
sich seine Ausführungen durchweg bewegen, bürgt dafür, 
daß das, was da vorgetragen wird, das geistige Eigentum 
des Verfassers ist. Wenn nun die synoptischen Evange- 
listen durch eine kleine Erzählung auf einen Gedanken, 
anspielen, der im Mittelpunkt der Erörterungen des He- 
bräerbriefes steht, so wissen wir auch, woher sie diesen 
Gedanken überkommen haben. Sie brauchen ihn nicht 
gerade aus dem Hebräerbrief entnommen zu haben, aber 
sie haben ihn von dem Verfasser des Hebräerbriefes. 

Dann ist zu fragen-, welcher von den drei synop- 
tischen Evangelisten es war, der als erster das Sinnbild 
des zerrissenen Tempel Vorhangs in die evangelische Ueber- 
liefernng eingeführt hat. Nach dem heutigen Stande der 
synoptischen Frage werden die meisten sofort antworten : 
Markus. Aber auch wenn wir von jeder synoptischen 
Theorie absehen wollen, werden wir zu dem Schlüsse 
gedrängt, daß hier Markus den anderen vorange- 
gangen ist ^. Der Gedanke, der in jener Erzählung zum 
Ausdruck kommt, ist jedenfalls demjenigen unter den 
E^vangelisten am lebendigsten und wichtigsten gewesen, 
der die vorgefundene Ueberlieferung am meisten ihm zu- 
liebe verändert hat. Das aber ist, wie wir vermuteten, 
Markus. Er hat um des neuen Zuges willen, der mit der 
Erzählung von dem zerrissenen Tempelvorhang hineinkam, 
die ältere Schilderung des Erdbebens und seiner Begleit- 



1 Wenn man mit Zahn unser Matthäusevang-elium für eine 
griechische Uebersetzung des aramäischen Urmatthäus hält, der in 
seiner ursprünglichen Gestalt schon dem Markus vorlag, so wird 
man annehmen, daß der aramäische Urmatthäus ebenso wie das 
Hebräerevangelium von einer sichtbaren Erschütterung des Tempels 
erzählte, daß Markus dafür das Zerreißen des Vorhangs einführte 
und der Uebersetzer des Matthäus, der das Markusevangelium auf 
jeden Fall kannte, diesen Zug von dort übernahm. 



- 42 — 

erscheinungen völlig unterdrückt und das Wort, des 
Hauptmanns, das damit zusammenhing, neu und eigen 
begründet. Er wird daher auch der Urheber der Erzäh- 
lung vom zerrissenen Tempelvorhang sein. Matthäus und 
Lukas haben sie von ihm übernommen ; sie haben ihr 
aber nicht einen so ausschließlichen Wert beigemessen, 
daß sie die ältere Ueberlieferuug deswegen völlig getilgt 
hätten. 

Auf dem Höhepunkte seines Evangeliums, bei der 
. Erzählung vom Tode Jesu, läßt Markus eine Anspielung 
auf die theologischen Gedanken des Verfassers des He- 
bräerbriefes einfließen. Daraus folgt zweierlei: Erstens^ 
daß er diese Anschauungen teilt; Markus hat von dem 
Verfasser des Hebräerbriefes gelernt, Jesu Tod anzusehen 
als den Eingang des himmlischen Hohenpriesters in sein 
Allerheiligstes, Zweitens, daß dem Markus das, was er 
von dem Verfasser des Hebräerbriefes überkommen hat, 
von großer Wichtigkeit ist. Mitten in seinem Evangelium 
hat er ihm und seiner Lehre ein Denkmal gesetzt. Da- 
nach läßt sich das Verhältnis des Markus zum Verfasser 
des Hebräerbriefes bestimmen : 

Der Verfasser des Hebräerbriefes ist 
ein Lehrer des Markus. 



D rit t er Teil. 

Der Verfasser des Hebräerbriefes. 

Wir stehen an dem Punkte, wo wir den Verfasser 
des Hebräerbriefes mit Namen nennen können. 

Was wir von Markus wissen, ist in Kürze dieses. 

Johannes Markus war noch Kol. 4, 10 wahrscheinlich 
ein Neffe, jedenfalls aber ein naher Verwandter^ des 
Barnabas, und nach dem Zeugnis der alten lateinischen Ein- 
leitung zum Markusevaugelium ^ wie Barnabas ein Levit. 
Wir lernen ihn in der Apostelgeschichte als ein Mitglied 
der Gemeinde zu Jerusalem kennen. 1. Pet. 5, 13 deutet darauf 
hin, daß er durch Petrus bekehrt worden war. Nach dem 
Hause seiner Mutter Maria geht Petrus in der Nacht seiner 
Befreiung und findet dort einen Teil der Gemeinde ver- 
sammelt (Apg. 12, 12). Als Barnabas und Saulus, die Abge- 
sandten der Gemeinde zu x\ntiochien, dorthin zurückkehren, 
nehmen sie Johannes Markus mit (Apg. 12, 25). Von 
Antiochien begleitet er sie als Gehilfe (uirvipeTyK; Apg. 13, 5) 
auf die erste Missionsreise. Aber er trennt sich schon 
in Perge von ihnen und geht nach Jerusalem zurück 



^ dve^iöc. heißt Neffe, wird aber auch für Vetter gebraucht. 

2 Marcus evangelista dei et Petri in baptismate filius atqae iu 
divino sermone discipulus sacerdotium in Israhel agens secundum 
carnem levita conversus ad fidem Christi evangelium in Itaiia 
scripsit. Ueber diese in zahlreichen Handschriften der Vulgata ste- 
henden Argumenta zu den Evangelien vgl. P. Corssen in den Texten 
und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur, 
Band 15, Heft 1. 



— 44 — . , 

(Apg. 13, 13). Das muß ihm Paulus sehr verdacht haben. 
Denn als Barnabas auf die geplante zweite Missionsreise 
■ wieder den Markus mitnehmen will, weigert sich Paulus. 
Darüber entzweien sich die beiden, und Barnabas gebt 
mit Markus nach Zypern, während Paulus mit Silas zu 
den kleinasiatischen Gemeinden reist. Später finden wir 
ihn in Rom. Paulus grüßt die Kolosser von «Markus, dem 
Neffen des Barnabas» (Kol. 4, 10). Auch im 1. Petrus- 
brief, der ebenfalls in Rom geschrieben ist, läßt Markus 
grüßen (1. Petrus 5, 13); Petrus nennt ihn: «mein Sohn 
Markus.» Paulus schreibt an Timotheus (2. Tim. 4, 11): 
«den Markus bringe mit dir; denn er ist mir brauchbar 
zum Dienste.» Aus verschiedenen altchristlichen Berichten 
wissen wir, daß Markus in Rom sein Evangelium ge- 
schrieben hat, und zwar nach den Erzählungen des Petrus, 
die er größtenteils schon von seiner Jerusaleraer Zeit her 
kannte^. Die alten Zeugen nennen ihn darum einen 
Nachfolger^, Schüler^, Dolmetscher^ des Petrus. 

Diesen Nachrichten zufolge sind es zwei Männer, 
von denen man sagen kann, daß sie für das Leben des 
Markus besonders wichtig wurden. Der eine ist Petrus, 
der andere Barnabas. Aus Gründen, die anzuführen wohl 
nicht nötig ist, kann Petrus nicht der Verfasser des He- 
bräerbriefes sein. Also wird es Barnabas sein. 

Wie auch das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen 
Markus und Barnabas gewesen sein mag, jedenfalls er- 
scheint Barnabas stets als der ältere und bei weitem an- 
gesehenere. Er «nimmt» den Markus «mit», wie von Je- 
rusalem nach Antiochien (Apg. 12, 25), so nachher in 
die Mission (13, 5; 15, 39). Markus ist der «Diener» 
(13, 5). Dabei aber müssen die beiden einander herzlich 



1 Vgl. die vorige Anm., ferner Euseb, KirchengescMchte II, 
15, 1, VI, 14, 6 u. a. 

"•* Petri sectator : Klemens, Hypotyposeu zu 1. Pet.5, 13 (Theodor 
Zahn, Forsohung'en zur (beschichte des neutestanientlichen Kanons, 
3. Teil, Erlangen 1884, S. 82f.). 

* Discipulus Petri: Hieronymus viri ill. 8. 

^ kpix-qveoTqc; Ilexpou ysvÖ[jlcvoc: der Presbyter des Papias bei 
Euseb, Kirchengeschiehte III, 39, 15. 



— 45 — 

verbunden gewesen sein. Barnabas läßt lieber von Paulus 
als von Johannes Markus (15, 39). Auf den gemeinsamen 
Reisen hat Markus sicherlich viele Predigten des Barna- 
bas angehört, ja es werden lange Zeiten gewesen sein, 
w^o er keinen anderen Christen sprechen hörte als Bar- 
aabas. 

Unter diesen Umständen läßt es sich leicht denken, 
daß Markus auch theologisch von Barnabas lernte. Alle 
Umstände sind gegeben, die es verständlich machen, daß 
er auf dem Höhepunkte seines Evangeliums in einer 
kurzen Bemerkung der Lehre des Barnabas Raum ge- 
währte und damit dem Kundigen andeutele, was er diesem 
Manne verdankte. 

Auch was wir sonst über den Verfasser des Hebräer- 
briefes festgestellt haben, stimmt mit dem, was wir über 
Barnabas wissen, oder läßt sich wenigstens damit ver- 
einigen. 

Wir fanden, daß der Verfasser des Hebräerbriefes 
seine Nachrichten über das Leben Jesu unmittelbar von 
Augenzeugen erhalten haben muß^. Das trifft auf Barna- 
bas zu. Dieser begegnet uns schon im Anfange der 
Apostelgeschichte (4, 36) als Mitglied der Gemeinde in 
Jerusalem. Er scheint dort fast ein Jahrzehnt hindurch 
gelebt zu haben, ehe er nach Antiochien übersiedelte 
(11, 22). Wenn er den Saul von Tarsus zu den Aposteln 
führt (9, 27), wenn er von den Aposteln als Vertrauens- 
mann nach Antiochien entsandt wird (11, 22), so läßt 
das schließen, daß er den ersten Jüngern Jesu näher 
stand als alle anderen.. Er wird daher in jenen Jahren in 
Jerusalem reichlich Gelegenheit gehabt haben, Geschichten 
von Jesus aus erster Quelle zu hören. 

Wir behaupteten weiter, daß der Verfasser des He- 
bräerbriefes dem Kreise nahe steht, aus dem die Sonder- 
überlieferung des Lukas stammt ^. Nun l.ieobachten wir. 



1 S. 18. 

2 S. 30. 



— 46 — 

daß Lukas in der Apostelgeschichte den Barnabas mit 
ganz besonderer Auszeichnung erwähnt. 

Apg. 4, 34 — 35 berichtet er, daß die Wohlhaben- 
deren in der Gemeinde von Jerusalem Grundstücke oder 
Häuser verkauften und den Erlös vor den Aposteln nieder- 
legten, damit die Armen davon unterstützt würden. Was 
er so zusammenfassend von mehreren erzählt, erzählt er 
gleich danach noch einmal namentlich von Barnabas ; 
dabei stellt er ihn ganz ausführlich vor : Josef, von den 
Aposteln her Barnabas genannt, Levit, Kyprier von Ge- 
burt. Was manche taten, — bei diesem einen erscheint 
es ihm besonders erwähnenswert. 

Auch an der zweiten Stelle, wo Barnabas vorkommt, 
redet er ausführlich von ihm (Apg. 11, 22 — 24). Er widmet 
seiner verhältnismäßig unwichtigen Sendung nach An- 
tiochien — er war nur deshalb von den Aposteln hinge- 
schickt, um nach der Heidenmission zu sehen, — mehr 
Worte als der vorangehenden ersten Predigt unter den 
Heiden selbst. Dabei macht er eine sehr anerkennende 
Bemerkung über Barnabas : «Er war ein guter Mann und 
voll heiligen Geistes und Glaubens». Nirgends sonst hören 
wir in der Apostelgeschichte ein so volltönendes Lob. 

Woher diese Verehrung des Lukas für Barnabas ? 
Eine Antwort liegt nahe : Lukas war Begleiter und Freund 
des Paulus. Im Leben des Paulus aber hatte Barnabas 
eine bedeutsame Rolle gespielt. Er hatte den bekehrten 
Verfolger, den alles voll Schrecken und Mißtrauen floh, 
bei den Aposteln in Jerusalem eingeführt (Apg. 9, 27) ; 
er hatte ihn an das Werk der Heidenmission gestellt 
(Apg. 11, 25). In der Auszeichnung, die Lukas dem 
Barnabas spendet, mag sich die Dankbarkeit spiegeln 
mit der Paulus dieses Mannes gedachte. 

Das wird schon richtig sein. Ich glaube aber, es 
läßt sich zeigen, daß noch engere Beziehungen zwischen 
Lukas und Barnabas bestanden. 

Es kommt hier auf eine vielerörterte Stelle in der 
Apostelgeschichte an ; auf die Stelle, die im Mittelpunkt 
des ganzen Streites über den Wert des Kodex D und das 



— 47 — 

Verhältnis des abendländischen zum morgenländischen 
Texte steht. 

Wir lesen Apg. 11, 27 — 28 : «In diesen Tagen kamen 
von Jerusalem Propheten nach Antiochien. Es stand aber 
einer von ihnen mit Namen Agabos auf und erklärte 
durch den Geist, eine große Hungersnot werde über die 
ganze Welt kommen». 

Im Kodex D aber steht mehr. «In diesen Tagen 
kamen von Jerusalem Propheten nach Antiochien. E s 
war aber groß Frohlocken, Als wir 
uns aber zusammenscharten, sprach 
einer von ihnen mit Namen Agabos und erklärte 
durch den Geist, eine große Hungersnot werde über die 
ganze Welt kommen» ^. 

Die Ausdrucksweise in den Worten, die dieser Text 
über den anderen hinaus hat, ist ganz lukanisch. «Froh- 
locken» gehört zu den Lieblings Wörtern des Lukas. Von 
einer «Zusamraenscharung» (cucrpocpTf) wird nur noch 
Apg. 19, 40 und 23, 12 geredet. Das «Wir» hat nichts 
befremdendes. Es kommt in den späteren Kapiteln der 
Apostelgeschichte ja oft vor, als Kennzeichen, daß Lukas 
aus eigener Erinnerung redet. Daß er schon bei jener 
Begebenheit in Antiochien Augenzeuge war, ist durchaus 
glaublich. Den ausführlichen und stellenweise fast ur- 
kundlich genauen Nachrichten der Apostelgeschichte über 
Antiochien merkt man es an, daß das einer schreibt, der 
die dortigen Verhältnisse kennt ^. Zum Ueberfluß haben 
wir noch die unanfechtbare Ueberlieferung, daß Lukas 
Anliochener war^. 

Daß die Worte eine kühne Zutat eines Abschreibers 
seien, ist nicht zu glauben. Wie sollte einer darauf ver- 



* Tjv hk tcoXXtj d-^oXkiaaiz . auv£aTpa|i[X£v{uv 8s rnJMv scp"/j 
elc. e^ auxobv 6vc!|j.aT'. "AjaßoQ a-/jjj.aiv(uv oid toü %vs6\xa'zoc, usw. 
So auch Augustinus, Serm. dorn. 2: eratque magna exultatio; con- 
gregatis autem nobis surgens unus ex Ulis usw. 

^ Vgl. Harnack, Lukas der Arzt, S. 15 ff. 

3 Eusebius Kirchengeschichte in, 4 6: Aouxai; xo |X£v ^(i-\>oc, wv 
tü)v all 'AvTioysiaq. Das Argumentum evangelii secundum Lucam 
(vgl. S. 43 Anm. 2) beginnt ; Lucas Syrus natione Antiocheusis. 



— 48 — 

fallen sein, gerade an dieser Stelle, wo eine Hungersnot 
über die ganze Erde geweissagt wird, eine in. Jubel sich 
drängende Gemeinde dazu zu phantasieren. Diese Schil- 
derung ist nur als Erinnerung zu erklären -.. Vor allem 
aber ist es das «wir», das überwältigend für die Ursprüng- 
lichkeit der Lesart zeugt. Daß es einem Abschreiber ein- 
gefallen sein sollte, hier auf einmal aus blauer Luft ein 
«wir» und nur ein einziges hineinzuselzen, wäre nicht 
zu verstehen. Diese Worte, hat kein anderer als Lukas 
geschrieben ^. 

Sind sie aber von Lukas, so sind sie von besonderer 
Wichtigkeit. Denn dann haben wir in ihnen das erste «Wir- 
stück», die erste Stelle in der x\postelgeschichte, wo Lukas 
durchblicken läßt, daß er mit dabei war. Wenn er sich 
hier aber zum ersten Male einführt, so sagt er damit, 
daß er ungefähr in jener Zeit, von der gerade die Rede 
ist, anfing die Dinge als persönlich Beteiligter ■ mitzuer- 
leben. Deutlicher : er läßt uns wissen, daß er nicht lange 
zuvor Gbrist geworden war. Das kann auch gar nicht 
anders sein. Denn kurz vor der eben besprochenen Stelle 
wird überhaupt erst die Ausbreitung des Christentums 
nach Antiochien erzählt (Apg. 11, 20 ff.). 

Wenige Verse aber vor diesem «Wir» wird Barnabas 
erwähnt (11, 22 ff.). Wir hören, daß er von Jerusalem ge- 
sandt wurde, um zu sehen, was in Antiochien vorge- 
gangen war. Es ist die Stelle, wo ihm so starkes Lob 



1 Zahn, Einleitung II, S. 350: «Das Wort auveaTpa|j.|j evcov 
schildert malerisch, Avie alles um die Propheten sich schart und drängt». 

'^ Vgl. Zahn, a. a. 0, Adolf Harnack hat ausführlieh die ünecht- 
heit der Lesart zu beweisen gesucht. (lieber den ursprünglichen 
Text Act. Apost. 11, 27. 28. Sitzungsberichte der königi. preußischen 
Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Jahrg. 1899 I, S. 316 ff.j 
Bernhard Weiß, der ebenfalls den Kantabrigiensis D nicht besonders 
sehätzt, macht hier ein Zugeständnis : «Es spricht also immerhin 
noch manches dafür, daß auch diese Lesart in D eine ganz sekun- 
däre ist. Aber wer das nicht annehmen will, der mag ja hier eine 
echte Lesart erhalten finden, ohne daß damit irgend ein Präjudiz 
für den Text von D im ganzen gegeben wäre». (Der Kodex D in 
der Apostelgeschichte. Texte und Untersuchungen zur Geschichte 
der altehristlichen Literatur hrg. von Oskar von Gebhardt und Adolf 
Harnack. ISTeue Folge 2. Band Heft 1. S. 112l. 



— 49 — 

gespendet wird. «Ein guter Mann und voll heiligen Geistes 
und Glaubens.» Dies Lob ist, wie wir sahen, ein wenig 
auffällig. Daß er kam und sich freute über die Gnade 
Gottes und alle ermahnte bei dem Herrn zu bleiben, 
erscheint uns nicht so besonders großartig. Uns dünkt 
was die kyprischen und kyrenäischen Missionare getan 
hatten, wichtiger. Wir finden, die rühmende Bemerkung 
über Barnabas hätte bei der Geschichte von seiner hoch- 
herzigen Schenkung in Jerusalem (4, 36 f.) besseren Platz 
gehabt. Lukas muß darüber anders gedacht haben ; ihm 
muß gerade diese Sendung des Barnabas nach Antiochien 
wichtig gewesen sein. Er würde nicht mit solcher Wärme 
von diesem Ereignis sprechen, wenn sich für ihn nicht 
besondere Erinnerungen daran knüpften. 

Nun achten wir darauf, daß es die wiederholten 
Predigten (Tuapsxa^st) des Barnabas sind, die Lukas 
den Anlaß zu der Lobeserhebung geben. Wir beachten 
weiter, was unmittelbar darauf von der Wirkung der 
Anwesenheit des Barnabas gesagt wird : «es wurde eine 
beträchtliche Menge dem Herrn hinzugetan» (11, 24). 
Nehmen wir dann noch hinzu, daß wenige Zeilen her- 
"nach das erste «Wir» erscheint, der Beweis, daß Lukas 
zur Gemeinde gehörte, so braucht man keine besonders 
scharfen Augen zuhaben, um zu sehen, was hier zwischen 
den Zeilen steht. Lukas, der Arzt in Antiochien, war 
selbst in der Menge, die damals dem Herrn hinzugetan 
wurde. Es ist die Erinnerung an die eigene Bekehrung, 
die seiner Erzählung von der Sendung des Barnabas die 
Lebhaftigkeit und Wärme gibt. Wenn er die Predigten 
des Barnabas hervorhebt, so deutet er damit an, was ihn 
zum Christentum geführt hat^. Wenn er dabei von ihm 
rühmt «ein guter Mann und voll heiligen Geistes und 



^ Lukas redet nur von Predigten, die Barnabas in der Gre- 
in ein de Versammlung' an die Bekehrten hielt. Aber die folgende Be- 
merkung: «es wurde eine zahlreiche Menge dem Herrn hinzugetan», 
ist nur zu verstehen, wenu er daneben auch in der Oeffeutlichkeit 
redete oder zu jenen Predigten vor der christlichen Gemeinde auch 
NichtChristen Zutritt hatten. 



— 50 - 

Glaubens», so gibt er den Eindruck wieder, den er da- 
mals aus seinen Predigten gewann. In der Scbilderung 
des Jubels, der sich um die Propheten aus Jerusalem er- 
hob, klingt die Erinnerung an die selbsterlebte Seligkeit 
des Neubekehrten wieder^. 

Ist Lukas durch Barnabas Christ geworden, so 
hat er auch zuerst durch Barnabas nähere und zu- 
sammenhängende Kunde von dem Leben und den Worten 
Jesu erhalten. Das war, wie wir sahen, vorzügliche Kunde, 
denn sie stammte unmittelbar aus urapostolischen Kreisen. 
Als Lukas sich dann daranmachte, sein Evangelium zu 
schreiben, ist er nach seinem eigenen Zeugnis (Lk. 1, 3) 
allem genau nachgegangen, was die Augenzeugen be- 
richtet halten. Er wird an den Erzählungen, die ihm 
selbst durch Barnabas bekannt geworden waren und sich 
ihm, dem Neubekehrten, gewiß am tiefsten eingeprägt 
hatten, nicht vorübergegangen sein. Falls sich nun die 
Ueberlieferungen, die Barnabas weiter verbreitete, mit 
dem Inhalt der sogenannten «Spruchquellie» oder gar mit 
dem, was Markus späterhin nach Berichten des Petrus 
niederschrieb, nicht geradezu deckten, so dürfen wir er- 
warten, in dem, was das Lukasevangelium über die - 
«Spruchqueile» und Markus hinaus hat, Spuren jener 
Ueberlieferungen zu finden. Nun stellten wir an den ver- 
schiedensten Stellen im Sondergut des Lukasevangeliums 
Anklänge an den Hebräerbrief und dessen Ueberlieferungen 
über Jesus fest. Das fügt sich einfach zusammen, wenn 
Barnabas der Verfasser des Hebräerbriefes ist. Dann hat 
Barnabas in der urapostolischen Gemeinde zu dem Kreise, 
dem die Lukasgeschichten entstammen, besonders nahe 
Beziehungen gehabt ; vielleicht verdankte er diesen 
Jüngern — die uns nicht näher erkennbar sind^ — seine 



1 Die Erzählung Apg. 11, 27 ff. greift hinter 11,26 zurück. Vgl. 
darüber Zahn, Einleitung II, S. 630. 

2 Der erste, der gewagt hat, diesen Kreis innerhalb der TJr- 
gemeinde näher zu bezeichnen, ist Harnack ; er hat einige feine 
Gründe dafür beigebracht, daß die Lukasgeschichten aus der Familie 
des Philippus stammen (Lukas der Arzt, S. 108 ff.). Das würde sich 
mit dem, was oben behauptet ist, nicht schwer vereinigen lassen. 



— 51 — 

Bekehrung. Dann mußte sich in seiner Predigt — von 
der wir uns nach dem Hebräerbriefe ein Bild machen 
können, — das Leben Jesu überwiegend so darstellen, 
wie es in jenem Kreise aufgefaßt wurde. Dann wurde 
durch ihn dem Lukas die Kenntnis der eigenartigen 
Ueberlieferungen vermittelt, die den Hauptwert des Lu- 
kasevangeliums ausmachen. Lukas hat sie nicht einfach 
nach den Erzählungen des Barnabas aufgezeichnet — 
das wird durch die hin und wieder sich zeigende Ver- 
schiedenheit seiner Darstellung von der des Hebräer- 
briefes ausgeschlossen — , er ist vielmehr auch hier 
seinem Grundsatz möglichster Gewissenhaftigkeit treu 
geblieben und ist auf die Quelle zurückgegangen. Er 
hätte diese unvergleichliche Erzählungsquelle aber nicht 
gefunden, wenn sie ihm nicht Barnabas gewiesen hätte. 

Wir behaupteten schließlich, daß der Verfasser des 
Hebräerbriefes ein hervorragender Redner sei^. Lukas 
herichlet, daß Josef, der Levit aus Zypern, «von den 
Aposteln heri> den Beinamen «Barnabas» führte, und er 
übersetzt diesen Beinamen : uio; Trapa-z-'X-zicscoig (Apg. 4, 36). 
Es ist eine alte, schwierige Frage, wie das Wort zu er- 
klären ist. Früher pflegte mau es zu deuten als bar nebua, 
«Sohn der Weissagung», Dagegen hat Klostermann ^ mit 
gewichtigen Gründen Widerspruch erhoben. Er wendet 
ein, daß bar aramäisch sei und nebua hebräisch; ferner, 
daß aus nebua nicht einfach nabas werden kann ; schließlich, 
daß bar nebua mit ui6; TTpocpviTsia; hätte übersetzt werden 
müssen und nicht mit uto? 7rapa>t'X7i'cecoc. Klostermann 



Daß zwischen Barnabas und PMlippus engere Beziehungen bestan- 
den, ist nach den Erzählungen der Apostelgeschichte wohl denkbar.. 
In den Anfängen der Heidenmission spielen beide eine bedeutende 
Rolle. Indessen heißt es in der Frage nach den Gewährsleuten des 
Lukas sehr vorsichtig sein, und die von Harnack vorgeschlagene 
Lösung kann durchaus noch nicht als endgültig angesehen werden.. 
Merkwürdig ist Harnacks absprechendes Urteil über den Wert der 
Lukasquelle. 

1 Vgl. S. 13. 

2 August Klostermann, Probleme im Äposteltexte. Gotha 1883.. 
S. 8 ff. 



— 52 — 

schlägt darum vor, das Wort als aramäisches bar uewä- 
cha, «Sohn des Trostes», aufzufassen. Er verweist darauf, 
daß auch sonst semitisches w durch ß wiedergegeben 
wird (David = AaßeL^) und der Kehllaut im Vokal aufgehen 
kann. Der Beiname sei zu verstehen als Ausdruck der 
Erhebung und Tröstung, die die Apostel bei der Taufe 
dieses Mannes, des ersten Leviten, empfanden. Deiß- 
mann ' wiederum vermutet, Bapvaßai; sei derselbe Name 
wie Bapvsßou?, der auf einer von Humann und Puch stein 
veröffentlichten Inschrift in Islahie in Nordsyrien (3. oder 
4. Jh. n. Chr.) vorkommt, und bedeute ursprünglich Sohn 
des Nebo. Dann wäre die Deulung Apg. 4, 36 Volks- 
etymologie, 

Wir müssen es dahingestellt sein lassen, wie «Bar- 
nabas» sprachlich zu erklären ist. Für uns aber steht 
eines fest : wie Lukas den Namen gedeutet hat. Er über- 
setzt ihn : uloq Trapay.X7f(j£&)?. napa/,>.7i(>t.j; ist an sich doppel- 
sinnige es kann sowohl «Trost» bedeuten wie «Ermah- 
nung». Das zweite ist eine häufige Bezeichnung der ur- 
christlichen Predigt. Wenn wir uns nun erinnern, daß 
Lukas an der anderen Stelle, wo er rühmend von Bar- 
nabas spricht, sein wirksames Predigen hervorhebt und 
dafür das Wort Trapa/taAeiv braucht (Apg. 11,23), so kann 
kein Zweifel sein, daß er uto? -irapayAvicso)? als «Sohn der 
Ermahnung» verstanden wissen will und dabei an die 
Predigtgabe des Baruabas denkt. Wenigstens nach dem 
Urteil des Lukas war Barnabas ein hervorragender Pre- 
diger. So treffen auch in diesem Punkte unsere Beobach- 
tungen über den Verfasser des Hebräerbriefes mit den 
Nachrichten über Barnabas zusammen. 

Dürfen wir uns aber die Predigten des Barnabas nach 
dem Muster des Hebräerbriefes vorstellen, so wird ver- 
ständlich, warum sie gerade auf Lukas einen so tiefen 
Eindruck machten. Daß eine Rede von der Kunst und 
herzandringenden Wucht des Hebräerbriefes, in der Ge- 



1 Gr. Adolf Deißmann, Bibelstadien. Marburg- 1895. 



— 53 — 

meindeversammlung vorgetragen, von großer Wirkung 
sein mußte, ist ohne weiteres klar. Aber es kommt hei 
Lukas noch etwas 'hesonderes hinzu. Es ist schon oft — • 
seit Klemens von Alexandrien — darauf hingewiesen 
worden, daß zwischen den Lukasschrifteu und dem Hebräer- 
brief eine gewisse Sprach- und Stil Verwandtschaft besteht. 
Diese Schriften zeichnen sich vor dem übrigen neuen 
Testament durch flüssigeren Satzbau und feineres Griechisch 
aus. Die Aehnlichkeiten reichen nicht hin, um sie für 
die persönlichen Beziehungen geltend zu machen. Aber 
sie sprechen für eine Aehnlichkeit der geistigen Welt, 
in der die Verfasser aufgewachsen sind. Es sind beides 
gebildete Leute. Der Verfasser des dritten Evangeliums 
und der Apostelgeschichte ist ein griechischer Arzt und 
wenigstens mit medizinischer Literatur bekannt^. Der 
Verfasser des Hebräerbriefes ist ein hellenistischer Jude, 
der alexandrinische Theologie studiert hat und auch in 
der Redekunst ausgezeichnet geschult ist. Leute dieses 
Schlages werden in der ältesten Gemeinde nicht gerade 
häufig gewesen sein. Um so mehr können wir uns vor- 
stellen, wie den Lukas die Erscheinung des Barnabas 
gefesselt haben wird. Hier trat ihm das Christentum 
nicht in der Gestalt eines der Armseligen und Gedrückten 
dieser Welt entgegen, sondern in der Person eines Mannes, 
der ihm an Bildung und weltmännischem Weitblick 
mindestens ebenbürtig, wahrscheinlich überlegen war. 
Man darf wohl annehmen, daß dieser Umstand nicht ganz 
ohne Bedeutung war, wenn Lukas durch das Auftreten des 
Barnabas für das Christentum gewonnen wurde. 

Es ist nur ganz weniges, was uns Lukas über die 
Predigten des Barnabas in Antiochien, die ihm einst so 
großen Eindruck machten, wissen läßt. Bei dieser Karg- 
heit der Angaben ist jeder Zug, den er hervorhebt, be- 
deutsam. Sehen wir zu, wie sich die Umrisse, die er uns 
von jenen Predigten erkennen läßt, zum Hebräerbriefe 
verhalten. 



i Harnack. Lukas der Arzt, S. 122 ff. 



— 54 — 

Den Inhalt der Predigten des Barnabas gibt Lukas 
kurz mit den Worten wieder: «Er ermahnte alle, mit dem 
Vorsalz des Herzens bei dem Herrn zu bleiben» (Apg. 11, 23). 
Auch der Hebräerbrief ist reich an Ermahnungen; immer 
wieder, wie wir sahen, unterbricht der Redner seine lehr- 
haften Ausführungen, um sich an den Willen der Zuhörer 
zu wenden. Der immer gleiche Inhalt der Ermahnungen 
wird ausgedrückt durch Wendungen wie diese : den Mut 
und den Stolz der Hoffnung bis zu Ende fest bewahren 
(3, 6), nicht abfallen von dem lebendigen Gott (3, 12), 
am Bekenntnis festhallen (4, 14), Eifer beweisen zur 
vollen Zuversicht der Hoffnung bis zu Ende, Nachfolger 
der Glaubenden werden (6, 11), das Bekenntnis der Hoff- 
nung ungebeugt festhallen (10, 23), den Mut nicht weg- 
werfen (10, 35), aufschauen zu dem Anführer und Vol- 
lender des Glaubens Jesus (12, 2) usw. Wollte man alle 
diese Ermahnungen in eine ganz kurze zusammenfassen, 
so könnte man die Worte brauchen, mit denen Lukas den 
Inhalt der Predigten des Barnabas bezeichnet : beim Herrn 
bleiben. 

Daß Barnabas in dieser Weise predigte, wird von 
Lukas damit erklärt, daß er «ein guter Mann und voll 
heiligen Geistes und Glaubens» war. Also müssen gerade 
diese Eigenschaften in seiner Predigt zum Ausdruck ge- 
kommen sein. 

In den Ermahnungen des Hebräerbriefes spielt das 
Wort Glauben eine große Rolle; in einem großarligen 
Abschnitt werden in schier unerschöpflichem Zuge die 
Beispiele sieghaften Glaubens aneinandergereiht. Von dem 
Verfasser von Hehr. 11 kann man wohl den Eindruck ge- 
winnen: ein Mann voll Glaubens. 

«Voll heiligen Geistes» — das scheint auf den ersten 
Blick weniger zum Hebräerbriefe, diesem wohldurchdachten 
rednerischen Kunstwerk, zu passen. Aber das ist ein 
falscher Eindruck. Es steht nirgends im neuen Testament, 
daß Unordnung zu den Kennzeichen des heiligen Geistes 
gehöre. Dagegen beobachteten wir an dem Verfasser des 
Hebräerbriefes, ,daß er die übliche Eingangsmahnung zur 



_ 55 — 

Aufmerksamkeil in die Form kleidet, man dürfe das vom 
Sohne Gottes Geredete nicht verachten, und daß er am 
Schlüsse der Rede den Zuhörern noch einmal zuruft, sie 
möchten Gott, der vom Himmel zu ihnen spreche, nicht 
ablehnen^. Wer so reden kann, ist von dem Bewußtsein 
durchdrungen, daß in seiner bis ins einzelne durchdachten 
und kunstvoll gefügten Ansprache Gott rede, und er setzt 
dasselbe Bevs^ußtsein bei den Zuhörern voraus. Ob wir es 
begreifen oder nicht, tut nichts zur Sache; die Tatsache muß 
anerkannt werden. Der Verfasser des Hebräerbriefes redet 
als Stimme Gottes; es ist nur ein anderer urchristlicher 
Ausdruck dafür, wenn gesagt wird: er redet im heiligen 
Geist. 

«Ein guter Mann» — das wird man dem Verfasser 
des Hebräerbriefes ohne weiteres zugeben. 

Alles, was Lukas an den Predigten des Barnabas her- 
vorhebt, paßt auf den Hebräerbrief. Sollte das Zufall sein? 

Ein Einwand muß berücksichtigt werden. Von der 
gemeinsamen Reise des Barnabas und Paulus wird be- 
richtet, daß Paulus dabei das Wort führte (Apg> 14, 12). 
Warum das, weiin Barnabas so ein großer Redner war? 
Es ist nicht schwer, diesem Einwände zu begegnen. Er 
mag ein noch so großer Redner gewesen sein, das schließt 
natürlich nicht aus, daß ein noch größerer da war. Es 
macht keine Schwierigkeit zu denken, daß auf der Mis- 
sionsreise die kunstlose, wildgewachsene Herzensberedsam- 
keit des Paulus (1. Kor. 2, 1 — 5; 2. Kor. 11, 6), sich wirk- 
samer erwies, als die große rednerische Kunst des Barnabas, 
und daß darum Barnabas dem Paulus den Vortritt im 
Reden ließ. Gegenüber dem genialen Missionar Paulus 
mag er gefühlt haben, daß seine Stärke mehr in der feier- 
lichen Predigt vor der Gemeinde lag. 

Es bleibt noch übrig, die äußeren Zeugnisse zu er- 
wähnen, die dafür sprechen, daß der Hebräerbrief von 
Barnabas ist. 



1 Vgl. S. 6 f. und 12 f. 



— 56 — 

Tertullian beruft sich in seinem Büchlein Depudicilia 
zum Erweise, daß es nach apostolischer Lehre für ünzucht- 
sünden keine zweite Buße gebe, auf eine Schrift «des 
Barnabas an die Hebräer», und führt daraus die Worte 
an, die wir Hebr. 6, 4 — 8 lesen ^. 

In den neuerdings von Batiffol entdeckten und heraus- 
gegebenen sogen. Tractatus Origenis — Batiffol hält sie 
für Schriften Novatians — wird einmal Hebr. 13, 15 als 
Wort des sanctissimus Barnabas angeführt^. 

Es gab also im Abendlande die Ueberlieferung, daß 
der Hebräerbrief ein Werk des Barnabas sei. 

Gegen diese ueberlieferung ist nichts zwingendes ein- 
zuwenden. Unter den mancherlei schwachen Gründen, die 
man dagegen anzuführen pflegt, verdient nur einer ernst- 
liche Beachtung : der, daß ein Levil, wie Barnabas, nicht 
habe Hebr. 9, 4 schreiben können. Dort wird die Stifts- 
hütte folgendermaßen beschrieben: «Ein Zelt wurde er- 
richtet, das erste, darin der Leuchter und der Tisch und 
die Aufstellung der Brote ; dies heißt das Heilige. Aber 
hinler dem zweiten Vorhang ein Zelt, das heißt das Aller- 
heiligste, das hatte einen goldenen Räucherallar und die 
auf allen Seilen mit Gold bedeckte Bundeslade». Bekannt- 
lich stand der Räucherallar im Heiligen. Daher hat man 
gefolgert, daß der Verfasser des Hebräerbriefes die Ein- 
richtung des Tempels in Jerusalem nicht kenne, daß er 
sich nur mühsam aus der griechischen Bibel ein Bild von 
der Stifishütte zu machen gesucht habe, und daß ihm 
dabei ein Irrtum über die Stellung des Räucheraltars unter- 
gelaufen sei. Das ist aber wenig wahrscheinlich. Es ist 
überhaupt schon schwer denkbar, daß jemand, der das zweite 
und dritte Buch Mose gelesen hat, nicht weiß, wo der 
Räucheraltar stand. Wer gar, wie der Verfasser des Hebräer- 
briefes, das ganze Werk Christi aus der mosaischen Gottes- 
dienstördnung verständlich zu machen sucht, weiß über 



1 Tertullian, De pudicitia 20 : extat et Barnabae titulus ad He- 
braeos, a deo satis auctorati viri. 

2 Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum ed. Batiffol, 
Paris 1900, S. 108. 



— 57 - 

diese Gotlesdienstordnung nicht nur oberflächlich Bescheid, 
sondern er ist darin zuhause. Er weiß natürlich auch, 
daß der Räucheraltar im Heiligen steht ; wenn er ihn den- 
noch zum Allerheiligsten rechnet — mehr ist ja nicht 
gesagt — so hat er seine Gründe. In der Tat finden sich 
auch im alten Testament Spuren, daß man den Räucher- 
altar trotz seiner Stellung vor dem zweiten Vorhange 
— er stand ganz nahe davor — als Bestandteil des Alier- 
heiligsten ansah. Es heißt mehrmals, daß er vor der 
Bundeslade, vor Jahve stehe (Ex. 30, 8; 4.0, 5, 
Lev. 4, 7, 18; 16, 12). Er wird wie das Allerheiligste 
ayiov Twv ayiwv genannt (Ex. 30, 10, 36). Ja im hebrä- 
ischen Text von 1. Kön. 6, 22 heißt er «der Altar, der 
zum Allerheiligsten gehört». In der griechischen Bibel, 
die der Verfasser des Hebräerbriefes zu seinen Anführungen 
benutzt, stehen die Worte nicht. Daß er seine Ansicht 
über die Zugehörigkeit des Räucherallars aus dem hebrä- 
ischen Texte dieser Stelle gewonnen habe, ist nicht sehr 
wahrscheinlich. Dann bleibt kaum etwas anderes übrig 
als anzunehmen, daß ihm besondere Anschauungen über 
Einzelheiten der Tempeleinrichtung geläufig sind, die 
im alten Testament nur hin und wieder zum Ausdruck 
gekommen sind. So würde die Stelle Hebr. 9, 4 eher 
dafür als dagegen sprechen, daß der Verfasser Levit ist. 
Die gute Bezeugung durch TerluUian hat der Ansicht, 
daß Barnabas der Verfasser des Hebräerbriefes sei, von 
jeher Beachtung verschafft. Doch hat sie sich nie allge- 
mein durchzusetzen vermocht. Der Grund war, daß sie 
durch nichts gestützt wurde als eben durch jene Ueber- 
lieferung; was hin und wieder an inneren Gründen an- 
geführt wurde, kam dagegen kaum in Betracht. So sah 
man sich darauf angewiesen, dem TerluUian einfach zu 
glauben ; dies aber mußte immer wieder Zweifel erregen. 
Denn ebenso wie die Pauiusüberlieferung des Morgenlandes 
falsch war, konnte auch die Barnabasüberlieferung des 
Abendlandes falsch sein. War schon eine Schrift — 
der sogen. Barnabasbrief — dem Barnabas fälschlich 
untergeschoben, so war keine Gewähr, daß ihm nicht auch 



— 58 — 

der Heb-räerbrief fälschlich zugeschrieben wurde. So hat 
die Ansicht Tertullians bei der neueren Kritik mehr Ab- 
lehnung als Anerkennung erfahren. 

Vielleicht ist es mir gelungen, einige Gründe nach- 
zuweisen, die die abendländische Ueberlieferung über 
den Verfasser . des Hebräer briefes zu slützen vermögen. 

Sind die hier vorgetragenen Beobachtungen im wesent- 
lichen richtig, so dienen sie vielleicht auch dazu, uns die 
Gestalt des Barnabas, die in der Apostelgeschichte gegen 
die des Paulus stark in den Hintergrund tritt, etwas deut- 
licher sehen zu lassen. Seine Bedeutung für die Geschichte 
des ältesten Christentums wird kaum überschätzt werden. 
Ein Mann, der vermöge seiner hervorragenden Gaben in 
der Urgemeinde von Anfang an eine sehr angesehene Stel- 
lung einnimmt und bei den Aposteln besonderes Vertrauen 
genießt ; der jenem Kreise in der Urgemeinde angehört, 
in dem die besonderen Ueberlieferungen des Lukasevange- 
liums zuerst gesammelt wurden, in dem auch das Johannes- 
evangelium seine Wurzeln hat ; der andererseits von dem 
Evangelisten Markus als Lehrer und Freund verehrt wird ; 
ein Manu, der von Anfang an zu den entschlossenen För- 
derern der Heidenmission gehört, der den Paulus in den 
Kreis der Urapostel einführt und nachher zu seiner well- 
geschichtlichen Aufgabe ruft; ein Mann, der durch seine 
glänzende Beredsamkeit den Griechen Lukas zum Christen 
macht und dadurch der jungen Gemeinde ihren Geschichts- 
schreiber gewinnt — das ist Barnabas. Man staunt über 
diese Fülle der Beziehungen ; kaum eine Gruppe innerhalb 
der uns bekannten ältesten Christenheit, der Barnabas nicht 
nahe stünde. Man begreift auch, worin die eigentliche Be- 
deutung dieses Mannes für die Urchristenheit bestehen mußte. 
Durch seine vielseitigen persönlichen Beziehungen war er 
wie kein anderer geeignet , als Bindeglied zwischen den 
verschiedenen Kreisen zu dienen, auseinanderstrebende 
Richtungen zusammenzuhalten und entstehenden Zwist zu 
schlichten. Die Apostelgeschichte weiß mehr als einmal 
aus entscheidungsvollen Tagen von des Barnabas vermitteln- 
der Tätigkeit zu berichten (Apg. 9, 27 ; 11, 22, 25; 15, 2). 



V i erter Teil. 

Nachlese. 

Wir sind mit der Untersuchung über den Verfasser 
des Hebräerbriefes am Ende. Es lockt aber, nun noch 
einen Blick zu werfen auf Fragen, die mit der hier be- 
handelten in loserem Zusammenhang stehen, und zu 
sehen, ob etwa durch das Ergebnis der Untersuchung 
auch auf sie ein neues Licht fällt. 

Zu den Rätseln des Hebräerbriefes gehört auch die 
üeberschrift. Sie lautet: lipo; 'Eßpaiou? — zu deutsch: «An 
Christen jüdischen Blutes». 

Diese Üeberschrift erfreut sich heutzutage fast all- 
gemeiner Mißachtung. «Die Forschung der letzten fünf- 
undzwanzig Jahre», so schrieb Wrede 1906^, «hat uns 
für den Hebräerbrief eine Erkenntnis von wesentlicher 
Bedeutung gebracht. Wir verdanken sie vor allem v. 
Soden, der zwar nicht zuerst — er hatte in dem Philo- 
sophen Roth einen Vorgänger — aber zum ersten Male 
durchschlagend und wirksam zeigte, daß die alte, so 
selbstverständlich erscheinende und schon in der aus 
früher Zeit stammenden Üeberschrift lipo; 'Eßpaiou; be- 
zeugte Annahme, der Brief wende sich an ein juden- 
christliches Publikum, unhaltbar sei.» 

Ich kann diesem zuversichtlichen Urteil nicht bei- 
pflichten. Allerdings haben v. Sodens Arbeiten über den 



1 W. Wrede, das literarische Eätsel des Hebräerbriefs. GÖt- 
tingen 1906, S. 1. 



— 60 — 

Hebräerbrief eine Erkenntnis von wesentlicher Bedeutung 
gebracht : nämlich daß die altherkömmliche Ansicht, der 
Hebräerbrief habe den Zweck, die «Hebräer» vor dem 
Rückfall ins Judentum zu bewahren, im Texte keine 
Stütze hat. Davon steht nichts drin. Es war wohl aber 
eine leicht erklärliche, unbewußte Nachwirkung der alten, 
von ihm selbst bekämpften Anschauung, wenn v. Soden 
seine neue Auffassung wieder in die alte Form goß. Er 
setzte statt «Abfall zum Judentum» — «Abfall zu einem 
Zustand der Religionslosigkeit oder heidnischen Wesens» ^. 
Dabei ist doch von einem «Abfall» im Sinne eines förm- 
lichen Austritts aus der christlichen Gemeinschaft nirgends 
im Hebräerbriefe die Rede. Es wird wohl einmal davor 
gewarnt, «abzufallen von dem lebendigen Gott» (3, 12), 
aber es wird an der Stelle auch deutlich gesagt, worin 
der «Abfall» besteht, nämlich darin, daß das Herz böse 
und ungläubig ist. Diese Stelle hat keinen anderen Sinn 
als die vielen andern im Hebräerbrief, wo vor dem 
inneren Mattwerden, der Nachgiebigkeit gegen die Sünde 
gewarnt und zum Ausharren am Glauben ermuntert wird. 
Solche Mahnungen sind zu jeder Zeit in. der Christenheit 
tausendfältig ausgesprochen worden, auch wo der äußere 
Bestand der Gemeinde nicht im mindesten bedroht war ; 
alle christliche Predigt hat diesen Inhalt. Solche Mahnungen 
sind natürlich auch im Urchristentum überall laut ge- 
worden, vor Judenchristen wie vor Heidenebristen. Auf 
die äußeren Verhältnisse der Hörer ist daraus kein Schluß 
zu ziehen. 

Man beruft sich besonders gern auf Hebr. 6, 1 — 2, 
um zu zeigen, daß die Angeredeten ehemalige Heiden 
seien. Dort wird daran erinnert, was sie im Anfang ihres 
Christentums gelernt hätten ; unter anderen Lehrstücken 
kommt vor: Glaube an Gott, Totenauferstehung, ewiges 
Gericht. Das, sagt man, seien Dinge, die ein übertreten- 
der Jude schon kannte. Gewiß, aber auf seine Weise; 
im Christentum bekam das alles einen anderen Inhalt. 



1 Handkommentar S. 11. 



— 61 — 

Das Christenlum hat sich niemals nur als Zusatzkapitel 
zum Judentum ausgegeben. 

Umgekehrt will Zahn an einer Stelle des Hebräer- 
briefes (3, 10) eine Andeutung entdeckt haben, daß die 
Augeredelen jüdischen Blutes seien. Dieser Beweis scheint 
mir ebensowenig geglückt^. 

Es ist aus dem Hebräerbrief nicht mit Sicherheit 
festzustellen , ob er sich an Judenchristen oder an 
Heidenchrislen wendet. 

Um so bedeutsamer scheint die Ueberschrift «an 
Christen jüdischen Blutes». Sie ist sehr alt. Während in 
der altchristlichen Zeit die Meinungen des Abendlandes 
und des Morgenlandes über den Verfasser des Hebräer- 
briefes auseinandergingen — im Abendlande galt Barna- 
bas, im Morgenlande Paulus als Verfasser — war man 
sich über die Bestimmung xpo? 'Eßpatouc einig. Das haben 
schon gegen Ende des 2, Jahrhunderts sowohl der Abend- 
länder TertulUan als die Morgenländer Pahtänus und 
Klemens in ihren Texten gelesen, und in keiner der uns 
erhaltenen Handschriften findet sich eine andere Ueber- 



1 Hebr, 3, 10 wird Psalm 95 mit einer Aenderung- angeführt. In 
der Septuaginta heißt es von den alten Israeliten: . . . i§ooav xd 
spTfa |j.öü. xsaaspocxovxa exvj x^oaor/ß'.aa xy] fzvza. i-/.eivq. Dafür 
steht im Hebräerbrief: . . . diöov xd sp^a [jlou xsaaspdxovxa sxTi. 
Bio %^ooüiyß>.aa T-Q -fsvea ~aöx-q. Daraus schließt Zahn : also denkt 
der Verfasser hier nicht -wie der Psalmdiehter an das Geschlecht, 
das durch die Wüste zog, sondern an das gegenwärtige Geschlecht 
der Juden. Die 40 Jahre, während deren sie Gottes Werke gesehen 
hätten, ohne ihn zu erkennen, seien die Jahre zwischen dem Tode 
Jesu und der Zerstörung Jerusalems. Werden die Juden dieser Zeit 
aber «eure Väter» genannt (V. 9), so folgt, daß die Angeredeten mit 
ihnen verwandt, also Juden sind. — Das ist wohl all zu scharf- 
sichtig. 3,16 werden die Psalmworte ausdrücklich auf die bezogen, 
die durch Mose aus Aegypten geführt wurden. 'S, 17 wird die ur- 
sprüngliche Lesart wiederhergestellt. Wenn der Verfasser .8, 10 für 
«jenem Geschlecht» einsetzt «diesem Geschlecht», so leitet ihn wohl 
nur der Gedanke, daß Gottes Zorn ja nicht nur den Israeliten beim 
Wüstenzuge, sondern auch weiterhin gegolten habe, auch dem Ge- 
schleehte, an das Psalm 95 ursprünglich gerichtet ist. Denn die 
Mahnung ayj|xspov usw. kann auch damals nicht erfüllt worden sein, 
wenn sie noch den Christen gelten soll. Auch die 40 Jahre werden 
deshalb zum vorigen geschlagen sein, damit Gottes Zorn nicht als 
ein vorübergehender, sondern als ein dauernder erscheine. 



— 62 — 

Schrift. Es ist ein Gewaltstreich, zu dem eine große 
Kühnheit gehört, diese glänzend bezeugte üeberschrift 
als müßige Erfindung irgend eines unkundigen Lesers 
abzutun. Daß einer mit einem solchen grundlosen Ein- 
fall die ganze Kirche sollte überzeugt haben, ist einiger- 
maßen schwer zu glauben. Ich wage es nicht, die Ueber- 
lieferung zu verwerfen. Etwas wird dran sein. 

Aber es ist eine merkwürdige üeberschrift, dieses 
77po? 'El^paioi»?. Zweierlei fällt daran auf. Erstens : sie 
ist nicht eindeutig. Sie sagt nur etwas über die Ab- 
stammung der Leser, nichts über ihren Wohnort. Sie 
sagt nur, was sie waren, nicht wer sie waren. Zweitens: 
sie muß ursprünglich für sich allein über der Schrift ge- 
standen haben, eine Angabe über die Bestimmung ohne 
eine Angabe über den Verfasser. Denn nur so erklärt 
es sich, daß sie allein in allen Kirchen gleich überliefert 
wurde, während über den Verfasser die einen diese, die 
anderen jene Ansicht hatten. 

Vielleicht kann das Ergebnis des ersten Teils dieser 
Untersuchung weiterhelfen. Wir waren zu der Ansicht 
gekommen, daß der Hebräerbrief eine Rede sei, die als 
Brief verschickt wurde. Die Frage, ob der Verfasser eine 
Rede schickte, die er vorher gehalten hatte, oder ob er 
sie erst für die briefliche Versendung machte, ließen wir 
unbeantwortet. Sie kann auch für sich nicht entschieden 
werden; man kann es«einer Rede natürlich nicht ansehen, 
ob sie einmal gehalten worden ist oder nicht. Sobald wir 
aber den Fall setzen, daß sie am Aufenthaltsorte des Ver- 
fassers gehalten worden war, so eröffnet sich eine neue 
Möglichkeit für das Verständnis der alten merkwürdigen 
üeberschrift. Denn dann sind zwei Gemeinden zu unter- 
scheiden : die^ vor der die Rede gehallen wurde, und die 
an die der Brief ging. Das irpo? 'Eßpatou; kann sich auch 
auf die erste beziehen. Es ist möglich, daß der Verfasser 
selbst diese zwei Worte über den Anfang der Rede schrieb, 
um denen, an die sie ging, zu verraten, an was für Leute 
sie gehalten worden war. «An Christen jüdischen Blutes.» 
Das zugehörige "XoY^? werden sich dann die Empfänger 



— 63 — 

schon beim ersten Blick auf den Anfang der Schrift er- 
gänzt haben ; zum Ueberfluß sagte es ihnen 13, 22. Voraus- 
setzung ist dabei natürlich, daß die Gemeinde, die die 
Rede zugeschickt bekam und für die der briefliche Schluß 
hinzugefügt wurde, wenigstens zu einem großen Teile 
heidenchristlich war. 

Bei dieser Annahme wird, was an der Ueberschrift 
sonderbar schien, verständlich. Erstens die Kargheit ihrer 
Angabe. Es läßt sich denken, daß der Verfasser nichts 
genaueres über Ort und Gelegenheit des Vortrags bemerkte. 
Das werden sich die Leser, die wußten, wo er war, viel- 
leicht selbst haben zusammenreimen können. Im übrigen 
ging es sie nichts an ; denn die Predigt war nun für sie 
bestimmt. Doch läßt es sich verstehen, daß er wenigstens 
das eine für erwähnenswert hielt, daß es Judenchristen 
waren, für die sie ursprünglich gemacht war. Es muß 
etwas an der Predigt sein, was eigentlich ein judenchrisl- 
liches Publikum zu fordern scheint. Es ist nicht schwer, 
zu sehen was das ist. Es ist das genaue Eingehen auf 
die mosaische Gottesdienstordnung ; das setzt schon einiges 
Verständnis für diese Seite des alten Testaments voraus. 
Darum wurde die Predigt freilich nicht ungeeignet, auch 
einer ganz oder teilweise heidenchristlichen Gemeinde 
mitgeteilt zu werden. Die Heidenchristen waren ja als 
gleichberechtigt anerkannt worden. Abraham war auch 
ihr Vater, Israels Verheißung auch ihre Hoffnung geworden. 
Es gab nichts im alten Testament, was sie sich nicht 
aneignen durften. Vielleicht war es ihnen nach ihrer 
geistigen Herkunft nicht immer leicht, sich in Gedanken- 
gänge zu finden, die dem Hebräer unmittelbar verständ- 
lich und lebendig waren. Deswegen war es doch für sie 
ein ehrenvolles Vorrecht, ja eine Pflicht, sich in alle Ge- 
danken der hebräischen Christen einzuleben. Wurde 
einer heidenchristlichen Gemeinde eine Predigt gewidmet, 
die nach dem eigenen Zeugnis des Verfassers auf eine 
judenchristliche Zuhörerschaft zugeschnitten war, so 
konnte sie darin einen feinen Ausdruck ihrer vollen Eben- 
bürtigkeit sehen. Es ist beachtenswert, daß es ein Mann 



— 64 — 

war, der selbsl einmal, durch judenchristliches Vorurteil 
verführt, die heidenchristliche Mehrheit einer Gemeinde 
schwer gekränkt hatte (Gal. 2, 13), der nun eine solche 
Gemeinde wissen ließ, daß er sie für nicht geringer achte 
als Hebräer. 

Zweitens wird dann auch klar, warum sich die ein- 
heitliche Ueberlieferung in der Kirche auf das Tcpcx; 
'Eßpatou? beschränkt. Als Ueherschrift des Verfassers ist 
das natürlich in alle Handschriften übergegangen; das 
übrige blieb der mündlichen Ueberlieferung überlassen. 
Es läßt sich denken, daß dort, wo der Name des Ver- 
fassers bekannt war — und das war im Abendlande , 

gelegentlich ein Bapvaßa vor das -j^po? 'E^^cciouq gesetzt 
wurde; so scheint es Tertullian gelesen zu haben^. 
Ebenso leicht läßt sich denken, daß dort, wo der Name 
des Verfassers verloren gegangen war — und das war 
im Morgenlande — das ohne Verfassernamen stehende 
-repoc 'Eßpaiou; auf die Vermutung führte, das sei ein 
Paulusbrief. x\lles, was Pantänus,. Klemens, Origenes 
über die mutmaßliche Entstehung des Hebräerbriefes 
sagen, ist von da aus leicht zu erklären. 

Läßt es sich aber von Barnabas denken, daß er eine 
Predigt vor einer judenchristlichen Gemeinde hielt und 
an eine heidenchristliche sandte? Von niemandem läßt es 
sich leichter denken als von Barnabas. Auf der ersten 
Missionsreise^ die Barnabas und Paulus unternahmen, 
zogen sie zuerst durch des' Barnabas Heimatland, durch 
Zypern, und verkündeten das Evangelium in den Synagogen 
der Juden (Apg. 13, 5). Erst nachher in Antiochien in 
Pisidien begannen sie zu den Heiden zu reden. Als sich 
bei der zweiten Reise ihre Wege trennten, wandte sich 
Paulus zu den auf der ersten Reise gegründeten über- 
wiegend heidenchristlichen Gemeinden Kleinasiens, Barna- 
bas aber besuchte die judenchristlichen Gemeinden Zyperns 
(15, 39). Darin spricht sich ihre verschiedene Art und 



1 Tertullian, De pudioitia 20: extat enim et Barnabae titulus 
ad Hebraeos. Zahn, Einleitung 11, S. 121 Anm. 9. 



— 65 — 

Entwicklung aus. Paulus' fühlt sich ganz und gar als 
Heidenmissionar. Barnabas, von Anfang an einer der 
eifrigsten Förderer und Mitarbeiter der Heidenmission und 
auf der Tagung zu Jerusalem (Gal. 2, 9) mit Vollmacht 
zur Heidenmission ausgestattet, läßt sich dadurch doch 
nicht den judenchristlichen Gemeinden entfremden, nein 
er findet Gelegenheit, die Beziehungen noch fesler zu 
knüpfen. Auch das gehört zu der Vielseitigkeit dieses ge- 
borenen Vermittlers in der ältesten Christenheil, Es fügt 
sich gut zu dem Bilde, das die Apostelgeschichte von ihm 
zeichnet, wenn wir annehmen, daß er hier einer juden- 
christlichen, dort einer heidenchristlichen Gemeinde nahe- 
stand, und eine Predigt, die er vor der einen gehalten 
hatte, der anderen zukommen ließ. 

Es bleibt noch die Frage übrig, ob sich jene juden- 
christliche und diese ganz oder teilweise heidenchristliche 
Gemeinde näher nachweisen lassen. Wo ist der Hebräer- 
brief geschrieben worden und wohin ist er gegangen? 

Für die erste dieser beiden Fragen kommt besonders 
13, 24 in Betracht. «Es grüßen euch die von Italien.» 
Es ist ein alter Streit, ob daraus zu folgern sei, daß der 
Brief aus Italien kommt oder nach Italien geht. Die 
erste Meinung ist stark aus der Mode gekommen ; und 
doch bat sie die weit überwiegende Wahrscheinlichkeit 
für sich. Denn erstens geht unmittelbar voraus : «Grüßet 
alle Heiligen». Unwillkürlich hört man das letzte Wort 
auch im folgenden nachklingen. Es sind die Heiligen, 
die Christen Italiens, die grüßen, nicht ein paar Italiener, 
die zufällig bei dem Verfasser weilen (vgl. Rom. 16, 16, 
1. Kor. 16, 19, 2. Kor. 13, 12, Phil. 4, 22). Zweitens 
ist die Attraktion der adverbialen Bestimmung durch das 
Verbum (oi «tüo t-^? 'irocXiaq statt ol sv Tri 'irockicf) gutes 
Griechisch (vgl. Lk. 11, 13) ^ Drittens hat Zahn ^ ein 



1 Friedrich Blaß, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch. 
Götting-en 1896. S. 2.53. 

2 Zahn, Einleitung- IT, S. 153. 



D. 



— 66 — 

anderes Beispiel dieser Grui3form beigebracht aus den 
falschen Ignatiusbriefen : «Es grüßen dich alle von Philippi, 
von wo ich dir auch schreibe» ^. Daß es ein gefälschter 
Brief ist, hat nichts zu sagen. Viertens haben die 
Kirchenväter die Stelle so verstanden, daß dadurch der 
Aufenthaltsort des Verfassers gekennzeichnet werde. 

Der Hebräerbrief ist aus Italien geschrieben. Dann 
wird man näher vermuten dürfen : aus Rom ; denn nur 
hinter der Hauptstadt steht das ganze Land. Daß der 
Verfasser für «die in Rom» sagt «die in Italien», darin zeigt 
sich die große Anschauung des Missionars, dem die Stadt 
nicht als Stadt wichtig ist, sondern als Vertreterin der 
Provinz, die in ihr dem Evangelium erschlossen ist. 

In Rom schrieb Markus sein Evangelium. Daß er 
darin an einer Stelle auf die Gedanken des Hebräerbriefes 
anspielt, erklärt sich am einfachsten, wenn jene Gedanken 
in Rom vorgetragen worden waren. 

Von der ersten römischen Gemeinde wissen wir, daß 
sie zum größten Teile aus ehemaligen Juden bestand ; 
ferner, daß sie sich in Gruppen schied, die ihre besonderen 
Versammlungen in den Häusern hatten (Rom. 16, 5, 14, 
15)^. Unter diesen Umständen hat es keine Schwierig- 
keitanzunehmen, daß ßarnabas dort eine Rede «an Christen 
jüdischen Blutes» hielt. 

Ueber die Gemeinde, an die die Rede geschickt wurde, 
läßt sich aus dem brieflichen Anhang zweierlei feststellen. 
Es ist eine Gemeinde, zu der sich der Verfasser hinge- 
hörig fühlt ; denn er schreibt : betet, damit ich euch 
bälder wiedergeschenkt werde (oi-KQxocxa.cT<x.(iS> üpv 13, 19). 
Weiter ist es eine Gemeinde, die nicht wie etwa die in 
Lystra, Derbe, Philippi, Thessalonich von durchreisenden 
Missionaren gegründet wurde, sondern von solchen Christen, 
die in die betreffende Stadt übergesiedelt waren und darum 
von Anfang an Leiter der entstehenden Gemeinde waren. 



1 Ad Heronem 8 : daxäS^ovtai as . , . Tzd-mc. v, ^ltsj (DiXitttccdv 
ödsv xai ixioxzCkö. ao:. 

a Zahn, Einleitung I, § 23. 



— 67 — 

Denn nur so läßt sich 13, 7 verstehen: «Gedenkt eurer 
Leiter, die euch das Wort Gottes gesagt haben ; seht den 
Ausgangihres Wandels an und eifert ihrem Glaubennach». 

Beides paßt auf Antiochien. Nachdem Barnabas 
Jerusalem verlassen hatte (Apg. 11, 22), war er in 
Antiochien zu Hause. Elwa ein Jahrzehnt hindurch 
können wir an der Hand der Apostelgeschichte verfolgen, 
wie Barnabas in Antiochien wirkt und immer. wieder dort- 
hin zurückkehrt. Zweimal sehen wir ihn noch in Jerusalem 
auftreten, aber als Vertreter der Gemeinde von Antiochien 
(Apg. 11, 30; 15, 2). 

Die Gemeinde zu Antiochien war entstanden durch 
solche, die bei der Verfolgung, die sich nach dem Tode 
des Stephanus erhoben hatte, aus Jerusalem geflohen 
waren und in Antiochien sich wieder niedergelassen hatten 
(Apg. 11, 20). Somit paßt auch Hebr. 13, 7 auf die 
Verhältnisse Antiochiens. 

Wie der Lebensausgang jener Missionare war und 
wieso sich darin Glaube offenbarte, können wir freilich 
nicht wissen. Barnabas wird näheres darüber gewußt 
haben. Denn jene Männer, die in Antiochien «das Wort 
geredel hatten» (Apg. 11, 20), waren Kyprier (und Kjre- 
näer), seine engeren Landsleute und Synagogengenossen 
(vgl. Apg. 6, 9) von Jerusalem her. Daraus erklärt 
sich auch, weshalb es ihm so darum zu tun ist, daß 
ihr Andenken bei dem jüngeren Geschlecht lebendig 
bleibe. 

Einige Stellen in Hebr. 1 — 12 verlangen noch be- 
sondere Berücksichtigung ; nämlich diejenigen, an denen 
etwas über die Angeredeten ausgesagt wird. Es läßt sich 
denken, daß nicht alles, was von den ersten Hörern der 
Predigt galt, auch auf die zutraf, an die sie nachher 
geschickt wurde. Es besteht daher die Möglichkeit, daß 
in der uns vorliegenden Niederschrift an solchen Stellen 
etwas geändert oder gekürzt wurde. Wir werden er- 
warten, daß die Bemerkungen über persönliche Verhält- 
nisse so, wie wir sie lesen, zunächst auf die Gemeinde 



— 68 — 

in Antioöhieii zutrefFeo. Es bleibt dann immer die Frage, 
ob und wie weit sie etwa auch auf Rom zutreffen. 

Es kommen aber nur wenige Stellen in Betracht. 
Es liegt im Wesen der feierlichen öffentlichen Rede, daß 
sie das Besondere gern ins Allgemeine erhebt. Vor allem 
gilt das von der nicht aus eigentümlichem Anlaß ent- 
standenen Gemeindepredigt. So sind auch die Ermahnungen 
im Hebräerbriefe meist so gehalten, daß sie allgemein- 
gültig sind. Wenn bei den Angeredeten vorausgesetzt 
wird, daß einige ihren Gemeindeversammlungen nicht 
mehr die nötige Teilnahme entgegenbringen (10, 25), 
wenn es von ihnen heißt, daß sie für die höheren Wahr- 
heiten des Christentums nicht das Verständnis zeigen, 
das man von ihnen, den alten Christen, erwarten dürfte 
(5, 12), so sind das keine örtlichen Besonderheiten. Das 
sind Erfahrungen, Klagen, die sich wohl überall nach 
den ersten großen Begeisterungszeiten einstellten. Wie die 
Ermahnungen zum Festhalten am Glauben überhaupt, so 
durfte sich auch solchen leichten Tadel jede Gemeinde 
gesagt sein lassen. 

Hebr, 6, 10 wird der christlichen Liebe der Ange- 
redeten anerkennend gedacht ; sie hätten «den Heiligen» 
gedient, heißt es, und dienten ihnen noch. «Nach einem 
reichlich belegten Sprachgebrauch (Rom. 15, 31 ; 1. Kor. 
16, 1, 15; 2. Kor. 8, 4; 9, 1, 12) bezeichnete oi ayioi 
auch ohne jede Ortsangabe die Christengemeinde der 
heiligen Stadt» ^. Vielleicht ist daher Hebr. 6, 10 auf 
Geldgaben an die Gemeinde in Jerusalem zu beziehen. 
In diesem Liebes werke hatten sich die Christen in An- 
tiochien vor allem hervorgetan. Sie hatten die erste Samm- 
lung für Jerusalem veranstaltet, und Barnabas hatte sie 
überbracht (Apg. 11, 30). Daß auch die römischen Christen 
der Armut der Muttergemeinde gedachten, ist nirgends 
bezeugt. Es wäre aber verkehrt daraus zu schließen, daß 
sie es nicht getan hätten. Die auf Palästina zurückwei- 



1 Zahn. Einleitung- 11, S. 138 Anm. 3. 



— 69 — 

senden Namen in Rom. 16^ lassen auf manche persön- 
lichen Beziehungen zwischen Rom und der ürgemeinde 
schließen, ja man hat Grund zu vermuten, daß das 
Christentum wie nach Antiochien, so auch nach Rom 
durch ehemalige Glieder der Gemeinde von Jerusalem 
gebracht wurde. Die Lage der Muttergemeinde wird in 
Rom nicht mindere Teilnahme gefunden haben als in 
Antiochien. 

Das meiste besondere scheint Hebr. 10, 32 — 34 zu 
bringen. Freilich, wenn man diese paar Zeilen genau 
ansieht, so w'undert man sich wieder, wie wenig sie 
sagen. Der .Verfasser erinnert die Gemeinde an die alten 
Tage, als sie — nach ihrer Erleuchtung — viel Leidens- 
kampf durchzumachen halten. Die Worte «nach eurer 
Erleuchtung» {(^cdria^ivreg) lassen sich nicht anders ver- 
stehen, als daß es Leiden waren, die sich gleich nach 
ihrer Bekehrung einstellten und eine Folge der Bekehrung 
waren. Worin sie bestanden, wird gleich gesagt : «Bald 
wurdet ihr durch Schmähungen und Quälereien ein Opfer 
des öffentlichen Spottes . . .» Daß den Anhängern einer 
neuen Religion auf der Straße Schimpfworte nachgerufen 
werden und durch geschäftliche Schädigungen das Leben 
sauer gemacht wird, ist eine so allgemeine und oft wieder- 
holte Erfahrung, da^ wir es auch für die Anfangszeiten 
der urchristlichen Gemeinden von vornherein als selbst- 
verständlich annehmen würden, auch wenn es uns nicht 
durch Apg. 14, 22 als allgemeine Regel der apostolischen 
Zeit bezeugt wäre. Diese Worte des Hebräerbriefes sagen 
somit nicht mehr als was jede Gemeinde erfahren hatte. 
«... Bald wurdet ihr Genossen derer, denen es so 
ging». Damit werden ähnliche Leiden anderer Gemeinden 
in die Leiden der Angeredelen mileingerechnet. Daß es 
sich nur um geistiges Mitleiden handelt, folgt aus den 
nächsten Worten: «Denn auch mit den Gefangenen 



1 Andronikus und Junias (Köm, 16,7), Herodion (^? Rom. 16,11), 
Ruf US und seine Mutter (16, 13 vgl. Mk. 15, 21). Zahn, Einleitung 1. 
S. 275. 302. 



— 70 — 

habt ihr mitgehtten». Wären die Angeredeten selbst ge- 
fangen gewesen, so wäre das anders, ausgedrückt. Viel- 
mehr ergibt sich aus diesen Worten mit aller Deutlichkeit, 
daß es den Empfängern des Hebräerbriefes in jenen Tagen 
besser ging als anderen Gemeinden, bei deaen es zu Ge- 
fängnisstrafen kam. «Und' der Wegnahme eures Besitzes 
habt ihr mit Freude entgegengesehen ', in dem Bewußt- 
sein, einen besseren, bleibenden Besitz zu haben.» Merk- 
würdig das «entgegengesehen». Der Verfasser sagt nicht, 
daß ihnen der Besitz weggenommen wurde, nur daß sie 
daraufgefaßt waren. Er würde sich damit nicht bescheiden, 
wenn es wirklich zu Beschlagnahmen gekommen wäre. 
So läßt uns die Schilderung erkennen, daß die Leiden, die 
die Empfänger des. Hebräerbriefes nach ihrer Bekehrung 
trafen, über das gewohnte Maß der Beschimpfungen und Be- 
lästigungen nicht hinausgingen. Anderswo aber scheint es 
in jener Zeit zu ernsteren Verfolgungen gekonamen zu sein, 
die leicht auch auf die Gemeinde, an die der Hebräerbrief 
gerichtet ist, hätte übergreifen können. 

Das paßl alles gut zu dem, was wir über die Ge- 
meinde in Antiochien wissen. Von schweren Verfolgungen, 
die über sie hereingebrochen wären, hören wir nichts ; 
und der Arzt Lukas aus Antiochien, der die Anfangszeit 
jener Gemeinde miterlebt hatte, würde es in seinem Ge- 
schichtswerk wohl nicht übergangen haben. Dagegen 
hatten die ersten Christen in Antiochien Gelegenheit, mit 
Gefangenen naitzuleiden. Ihre Gemeinde war ja ent- 
standen aus der Verfolgung, die sich in Jerusalem er- 
hoben hatte, bei der Saul von Tarsus Männer und Weiber 
ins Gefängnis geworfen hatte (Apg. 8, 3; 9, 2). Und 
wenige Jahre nach ihrer Gründung erhob sich die neue 
Verfolgung durch Herodes. Gleich nach seinem Bericht 
über die Anfänge in Antiochien erzählt Lukas von dem 
Gefängnis des Petrus (Apg. 12, 1 — 17). 



1 TzpoaMyecb'a'. heißt 1) (gastfreundlich) bei sich aufnehmen 
Lk. 15, 2, R(5m". 16, 2, Phil. 2, 29; 2) erwarten Mk. 15, 43 Lk. 2, 25, 
38; 12, 36 Apg-. 23, 21 ; 24, 15 Tit. 2, 13 Jd. 21. Das erste ergäbe hier 
eine sonderbare Ausdrucksweise; also wird das zweite gemeint sein. 



— 71 — 

Freilich könnte man nach dem ganzen Zusammen- 
hange der Stelle im Hebräerbrief erwarten, größeres von 
den eigenen Leiden der Angeredeten zu hören. Hier wird 
man am ehesten vermuten, daß in .'der ursprünglichen 
Fassung der Rede mehr stand. Von der Entstehung der 
römischen Gemeinde wissen wir nichts näheres. Es ist 
aber auch nicht unmöglich, daß die römischen Christen 
nach ihrer Bekehrung schwerere Leiden zu erdulden hatten. 
Wir denken an den Bericht Suetons^ von den jüdischen 
Unruhen in Rom, die «impulsore Ghresto» entstanden 
und zur Vertreibung der gesamten Judenschaft führten. 
Es ist eine alte und ansprechende Vermutung, daß diese 
Unruhen mit dem Aufkommen des Ghristusglaubens zu- 
sammenhingen. 

Noch ein Wort über die Entstehungszeit des Hebräer- 
briefes. 

Der Verfasser meldet seinen Lesern, daß Timotheus 
«entlassen» sei (airo'Xe'Xutxevov), und daß er wenn Timo- 
theus bald komme, mit ihm zusammen sie sehen werde 
(13, 23). An «Entlassung» aus dem Gefängnis ist 
nicht zu denken ; in diesem Falle würde wohl ein 
Wort mehr davon gesagt sein. 'Airo'Xueiv wird von der 
feierlichen Abordnung eines Gesandten durch die Ge- 
meinde gebraucht (Apg. 13, 3; 15, 30, 33); auch be- 
zeichnet es die Entlassung aus dem Dienst (Lk. 2, 29). 
Wenn der Timotheus , der im Hebräerbriefe gemeint 
ist, derselbe ist, den wir als Diener des Paulus kennen 
(Phil, 2, 22), so liegt die zweite Bedeutung am näch- 
sten; Timotheus ist von Paulus beurlaubt. Dann wird 
er dorthin gehen, wo er her ist, nach Lystra. Die 
Schiffslinie von Puteoli nach Antiochien wird auch die 
bequemste Verbindung von Rom nach den Städten 
des lykaonischen Hochlands abgegeben haben. So ist 
es leicht verständlich, daß Barnabas darauf rechnet 



' Sueton, Claudius 25: ludaeos impulsore Chresto assidüe tu- 
multuantes Roma expulit. 



— 72 — 

— falls Timothens schnell kommt ^ — mit ihm zusammen 
in Antiochien einzutreffen. 

Dann fiele der Hebräerbrief in die Zeit der ersten 
Getangenschaft des Paulus. Das ist die Zeit, kurz bevor 
das Markusevangelium geschrieben wurde. 

Von Antiochien aus wird sich der Brief rasch zu 
anderen Gemeinden verbreitet haben, wie üblich ohne die 
äußere Adresse, aber mit der vom Verfasser stammenden 
Ueberschrift «An Hebräer». Wenn man in Alexandrien 
die namenlose Schrift aus Italien dem Paulus zuschrieb, 
so hat dazu vielleicht auch die Erinnerung beigetragen, 
daß sie zu der Zeit bekannt geworden war, als Paulus in 
Rom gefangen lag. 



^ Er gebraueilt von der baldigen Abreise des Timotheus nicht 
TiopsücoO-ai sondern ä^yeo&ai, "weil er dabei zu ihm stoßen wird. 



STELLEN VERZEICHNIS . 





Matthäus. 


4, 


1— 


13 


Seite 22 


3, 17 


Seite 


21 


4, 


6 




» 


17 


4, 1- 11 


s 


22 


4, 


16- 


-30 


> 


26 ff. 


4, 8 


» 


17 


4, 


29 




2> 


21 


13, 21 


> 


231 


8, 


13 




» 


231 


26, 28 


» 


16. 19 


10, 


31- 


-32 


> 


30 


26, 36—46 


> 


20 


11, 


13 




:> 


65 


26, 54 


> 


29 


12, 


36 




» 


701 


27, 45—54 


» 


31 ff. 


13, 


32 




> 


23 


27, 46 


> 


19 


15, 


2 




:e> 


701 








17, 


14 




» 


30 




Markus. 


7 

19, 


41 




» 


19 


1, 1 


Seite 


15 


20, 


27 




» 


213 


1, 11 


> 


21 


22, 


28 




:» 


22 


1, 12—13 


> 


22 


22, 


40 




» 


231 


3, 21 


> 


251 


22, 


41 




» 


20 f. 


3, 31-35 


> 


251 


22, 


43- 


-44 


)> 


20. 29 


4, 17 


» 


231 


22, 


46 




:» 


231 


8, 31 


> 


29 


23, 


34 




» 


23 


14, 24 


» 


16. 19 


23, 


44- 


47 


> 


31 ff. 


14, 32—42 


> 


20 


23, 


48 




» 


381 


14, 36 


s 


19 


24, 


13- 


-35 


> 


29 f. 


15, 20 


> 


17 












15, 21 


> 


691 








Johannes. 


15, 33-39 


> 


31 ff. 


11, 


35 




Seite 


19 


15, 34 


> 


17. 19. 32. 


18, 


15 




» 


301 


15, 43 


» 


701 


18, 


36 




> 


253 




Lukas. 


19, 


17 




» 


17 


1, 2 


Seite 25 3 






Apostelgeschiclite . 


1, 3 


» 


50 


1, 


1 




Seite 


15 


2, 25 


» 


701 


3, 


21 






29 


2, 29 


> 


71 


4, 


34- 


-36 




46 


2, 34 


» 


21 


4, 


36 






45. 49. 51 f. 


2, 34-35 


» 


24 


6, 


9 






67 


2, 38 


:» 


701 


8, 


3 






70 


3, 22 


> 


21 


9, 


2 






70 



74 — 



9, 27 


Seite 45„ 


46. 


58 


14, 37 


Seite 121 


11, 20 fe. 


» 


48. 


67 




^ 15, 27 


» 151 


11, 22 


» 


45. 


58. 


67 


15, 34 


» 121 


11, 22-24 


» 


46. 


48 ff. 52. 541 


16, 1, 15 


> 68 


11, 25 


> 


46. 


58 




16, 19 


» 65 


11, 27—28 


s 


47 ff. 501 


16, 21 


. 121 


11, 30 


> 


67. 


68 








12, 1-17 


> 


70 








2. Korinther. 


12, 12 


» 


43 






1, 13 


Seite 121 


12, 25 


> 


43. 


44 




8,4 


» 68 


13, 3 


> 


71 






9, 1 


» 12 1, 68 


13, 5 


s 


43. 


44. 


64. 


9, 12 


- 68 


13, 11 


> 


221 






11, 6 


> 55 


13, 13 


» 


43 f 






11, 17, 23 


» 121 


13, 15 


» 


12 






12, 19 


» 121 


13, 33 


> 


212 






13, 10 


» 121 


13, 45 


» 


213 






13, 12 


» 65 


14, 12 


» 


55 










14, 22 


> 


69 






- 


Galater. 


15, 2 


> 


58. 


67 




2, 9 


Seite 65 


15, 30, 33 


> 


71 






2, 13 


. 64 


15, 39 


> 


44. 


45. 


64. 




Epheser. 


17, 8 


» 


29 






1, 22 


Seite 151 


19, 40 


» 


47 






3, 4, 


» 121 


23, 12 


» 


47 










23, 21 


> 


70' 








Philipper. 


24, 15 


> 


701 






2, 22 


Seite 71 


28, 18, 22 


» 


213 






2, 29 

3, 21 


. 701 
. 151 




Römer. 






4, 22 


> 65 


7, 1 


Seite 


121 










14, 17 


> 


171 








Kolosser. 


15, 15 


» 


121 






4, 10 


Seite 43. 44 


15, 31 


» 


68 






4, 16 


» 121 


16, 2 


» 


701 










16, 5 


» 


66 






1- 


Thessalonicher 


16, 7, 11, 13 


V 


691 






5, 27 


Seite 121 


16, 14, 15 


» 


66 










16, 22 


» 


121 






2. 

3, 17 


Thessalonicher. 

Seite 121 


1. 


Korinther. 




7 




2, 1-5 


Seite 55 








2. Timotheus. 


4, 14 


> 


121 






4, 11 


Seite 44 


5, 9, 11 


> 


121 










8, 8 


> 


171 








Titus. 


9, 8, 15 


» 


121 






2, 13 


Seite 701 



75 







Hebräer. 




6, 19- 


-20 


Seite 40 


1, 




Seite 1. 29 




6, 20 




» 14 


1, 5 




> 21 




7 




» 2 


2, 1 




» 6. 81. 


11. 13. 55 


7, 4 




» 3 


2, 1- 


-4 


» 1. 4. ( 


3. 113 


7, 14- 




. 15 


2, 2 




> 4 




7, 22 




» 14 


2, 3 




» 3. 15. 


18 


8—10. 


18 


■" ■» 2 


2, 3- 


-4 


» 7i 




8, 1 




» 11 


2, 5 




> 11 




8. 5 




» 40 


2, 5- 


-18 


» 1 




9, 4 




» 56 


2, 6 




» 14 




9, 5 




» 11 


2, 7 




» 29 




9, 11 




» 14 


2, 9 




* 14. 16. 


19 


9, 14 




» 14 


2, 10 




* 4. 23. 


29 f. 


9, 20 




» 16. 19 


2, 17 




» 1. 15 




9, 24 




» 14 


2, 18 




» 15. 17. 


23 


9, 28 




» 14 


3—4 




* If. 4f. 


6. 


10, 5-' 


( 


> 26 


3, 1 




» 4. 5. 14 


10, 19 




» 4. 14 


3, 6 




y 4. 14. . 


34 


10, 19— 


12,29 


» 2. 5. 6 


3, 10 




> 61 




10, 20 




» 40. 


3, 12 




» 54. 60 




10, 22 




» 4 


3, 14 




* 4. 14 




10, 23 




» 4. 54 


4, 8- 


10 


» 9 




10, 25 




» 3. 68 


4, 11 




> 9 




10, 29 




> 5 


4, 12- 


-13 


> 8. 9. 25 


10, 32 




» 3. 4 


4, 14 




* 4. 14. 54 


10, 32- 


34 


* 69 


4, 14- 


-16 


» 5. 9 




10, 35 




» 4. 54 


4, 15 




* 15. 17. 


23 


10. 36 




» 4 


4, 16 




* 4 




11 




» 4. 54 


5, 1—10 


» 2 




11, 1, 6, 


19 


» 4 


5, 2 




» 15. 23 




11, 26 




» 4. 14 


5, 5 




» 14. 21 




11, 32 




» 11 


5, 7 




> 16. 17 f. 


19 ff. 


11, 39 




> 4 


5, 8 




:> 15 




12, 1 




» 4 


5, 8— £ 


1 


» 23 




12, 2 




^ 4. 5. 14. 17. 29. 54 


5, 11 




» 3. 7. 11 




12, 3 




» 4. 15. 17. 21 


5, 11— 


6, 20 


» 2. 5. 6. 


9f. 


12, 4 




» 29 


5, 12 




» 68 




12, 7 




» 4 


6, 1 




-• 81. 14 




12, 18—29 


» 9 


6, 1—2 




» 60 




12, 24 




* 5. 14 


6, 3 




* 3 




12, 25 




^ 71. 11. 12 f. 55 


6, 9 




» 3. 11 




13 




* 2. 12 


6, 10 




» 68 




13, 7 




» 67 


6, 11 




> 4. 54 




13, 9 




» 81 


6, 18 




■» 4. 8 




13, 12 




* 14. 15. 17 


6, 39 




» 8 




13, 19 




» 66 



13, 20 


Seite 14 


13, 22 


» 12. 13. 63 


13, 23 


» 71 


13, 24 


> 65 f. 




1. Petrus. 


5, 18 


Seite 43. 44 




1. Johannes. 


1, 1 


Seite 25 3 



76 



21 



1, 13 

14, 14 



Judas. 

Seite 70 i 

Offenbarnng 

Seite 15 i 
» 151 



iDerlag poii 3. ü. (E?>. j^ctH (^ci^ & iHttnbel), Strasburg t. (£■ 

93albenf|)erger, ^., ®a§ ©elbfibetüu^tfem ^efu im Std^te 
bcr meffianifd^eti Hoffnungen feiner 3^^*- I- ^älfte : ®ie 
meffionifd^=ai)ofalt)ptifd§en Hoffnungen be^ ^ubentumi3. 
^Dritte üollig umgearbeitete Sluflage. M 4. — 

— L'influence du dilettantisme artistique sur la morale 

et la religion. M — .60 

— Xlrdf)riftlid)e 3(poIogie. S)ie ättefte Sruferftel)ung§!ontroi)erfe. 

M 2.— 
95 rü (in er, 3Jiartin, 3Die ©ntfte'^ung ber |3aulintfct)en ©t)rifto- 
logie. M 5. — 

^nft = «Sartfd), dlava, 3öaa ung not tut SDer glaube an 
(^ott iinb llnfterbtid)!eit of)ne Söunber unb ©ogmen- ®in 
offene^ ^rauenttjort gerid§tet an bh ^erfammlung einer 
freireligtöfen SSereintgung in (Strasburg i. ®., 9^oüember 
1906. 5yjebft einem Stn^ang. ^mette ^uftage. .M 1.— 

— @ine ^riitfe ßn^ifd^en Glauben unb äöiffen. :öe)u§ ber 

9Wenfc§enfo^n nnb bk ©aJramente im ©eifte unferer ßeit. 

Ji> 1.— 
;^ufttnu^, be§ ^^ilofo^^en unb a)Zärtt)rer§ D^ed^tfertigung be§ 

©t)riftentum§ (Sinologie I n. II). ©ingeleitet, öerbentfd^t 

unb erläutert öon ö. SS e i I. M 5.60 

®app, SB. Sic, S)a§ et)riftu§== unb S^riftentumSproblem h&i 

^aItf)off. @in 55ortrag. M —.40 

^arl, 335 ilf)., S3eiträge gum üSerftänbnig ber foteriologifc^en 

®rfai)rungen nnb ©pefnlationen be§ Slpoftels ^auluS. 

(Sine ttieologifc^e (Stubie. M 3. — 

'?ßa§>laä, dtüalb ^., ©jcgetifd^e ^emerfungen gn Wflatt^. 6, 

9—13 nnb Sut' 11, 2—4. ©in SSortrag. M 2.- 

SS ö 1 1 e r, ® a n i e I, S)te Offenbarung ^o^anniä. 9^eu unterfuc^t 

unb erläutert. Jfe 3.50 

— ^^aulu§ unb feine Briefe. ^ritifc§e Unterfudj)ungen gu einer 

neuen ©runblegung ber ^aulinifd^en ißriefliteratur nnb 
i'^rer Stjeologie. M 7. — 

— S)er erfte ^etrusbrief. ©eine ©ntftel)ung unb ©teöung in 

ber @efd)ic^te be§ Urd)riftentum§. M 1.50 

— SJJater bolorofa unb ber SieblingSjünger be§ ;^Dt)anne§« 

eüangeliumS. SDiit einetn ?tnt)ang über bh ^ompofition 
biefeg ©oangeliumS. J'b 1.20 

— ®a^ meffianifctie «BemuMew ^cfu. M 1.50 

— ©ie ©ntftetjung be§ &lanb^n§ an bie S(uferftel)ung ^efu. 

©ine :§iftDrifd)4ritifd3e llnterfnd)ung. M 2. — 

JfiBeber, ^ttfr., ©ie 9^eItgion al§ SBilte gum en)igen Seben. 

Ji> 1.60 



Derlär von 3. #. €5. f ct^ (tet^ &i ltiittl)fi) Strasburg t. €. 

SS eil, ^1., 3tm ©i^etbenjege, Sltd^tltmen unb Settfterne für 
unfere tn^ ßeben £)tnau0tretenben ®b^ne. brofdt). J& 5. — 

eleg. gebb. \:/#> 6. — 



^aum, 3Ratt)tIbe, ^o^anri SBiI^elm Söaum. ®tn ^roteftan* 
tifct)e§ e^araÜerMIb aug bem @tfa§. 1809— 1878. ^wette, 
ftar! t)ermel)rte 9[uftage. btofd). ji> 3.50; gebb. M> 4.50 

93et)fert, ^ean*jDan., professeur au Gymnase de Stras- 
bourg. Notice biographique. Relation de sa captivite ä 
Dijon etc. Lettres ä sa femme, 1793, 1794. 'JSft. 1 Stt!^. 

M 3.20 

9$rud), S>r, g'r., ^tnbl^ett u. ^ugenbetinnerutigen. ^it§ feinen 
fd^riftl. Slnfäeic^nnngen mitgeteilt o. 5i;t). ©(erolb). Ttit 3 
3fJabiernngen öon @. ©ferolb). J& 2.50 

S3rn(f|, S^r. §r., ©eine SBir!famMt . in ©d§nte n.^ird)e 
1821 — 1872. ^u§ feinem §anbfct)riftl. 5yiad§Iaffe^rggb. ü. 
X^. ©(erolb). M> 2.50 

@iffen, (Sjeorg ^a!ob, ©eine ^reunbe unb feine Qzit^t' 

noffen. @in «Strapurger 3^^*^^'^^ ^^^ ^^^ 1^- •S'i'^^^- 
öon ®. ^oepffner. Ji> 3. — 

^a(Jenfd)mibt, ^'i). Silber aug bem 2zhen öon g^rang 
^ einrieb gärtet. Ji> — .80 

^annengie^er, ^auf, Qum &ehexittaQe be§ elföffifdjen 9fJe= 
formatorg 3»artin S3u^er. fSftit «ßorträt. Jb —.30 

^ellifan^ oon dtufad), ^onxab, ^an§ä)xonit. @in £eben§= 
bilb au§ ber äffeformationgäeit. S)eutfc§ oon SJ). SS n I« 
p i n n ^. Jb 3.50 

9fteb0lob, f^ranä ^einrid), ®in ©trapurger ^profeffor 
am Slnfang be§ 19. ^at)rl)unbertg. 3!Jiit einem Stn^ang 
ent|)altenb : SStiefe tion ^rau ü. Sürii^eim (®oet^e§ Sili), 
33riefe unb ®ebid)te öon SDaniel Slrnolb, @ebid)te öon ^^-ranä 
^etnric§ 9ieb§lob. SJJit 2 ^orträtg. herausgegeben öon Sf). 
©erolb. ci^ 4. — 

Steu^, Siubotf, SEJJag. ^ot)ann ©aniel^runner. @in£ebenä== 
bilb au§ ber ^jroteftant. ^ird^e unb ©d§ule @traPurg0 
(1756—1844). M 1.— 

— 3wttt @ebäd)tn{g ü>?artin ^u^ef§, be§ ©traßburger SfJefor^^ 
mator§. mit 1 S3ilbe. J^ —.20 

91 0(^0 Et, ^., a}?att{)ia^ ®rb. ©in elfäffifd)er (^laubenSgeuge 
au§ ber S^eformationSgeit. M) 1.20 

@tri(f er, ©b., ^ol^annes Saloin aX§ erfter Pfarrer ber reform, 
©emeinbe gn ©trajßburg. Sfiacf) ur!unbt. OneEen. ./fö 1.20 



iJccittg mn 3. ^. (th. ^n^ (^ti^ & Jilüitbei) Strasburg t. OE» 

SBur:ptnu§, 5£:^eobor, ^er lateintfd^e ÜDid^ter ;^o^anne§ ^a=* 
hxkinB miontannß (aug SBerg^etm i. @If.) 1527—1566. 
(SelbftBtograpl^te in ^rofa iinb SSerfen, nebft einigen @e* 
biditen öon it)m. SSerbeutfd^t. M> — .80 



@rtd)fDn, 9(Ifr., 5)a§ tl^eologifc^e «Stubienftift Collegium Wil- 
helmitanum 1544—1894. Qu beffen 350|ät)nger @e= 
bäd)tni^feier. J& 3.50 

f^röt)Iicf), 'S!., ©e^tentum unb @eparatt§mu§ im |e|tgen fircf)* 
liefen Seben ber eöangelifc^en ^eöölfernng (llfa§=2o4= 
ringenf. .J^ 3. — 

©erb er, (£., @ef(^td)te ber ©trapurger (Se!tenbett)egnng gur 
3eit ber Üieformation 1524—1534. J^ 3.— 

©erolb, S^eobor, ®ef rf)id§te ber Ä'irc§e <St. 9^i!tau§ in ®tra^= 
bürg, ©in 93eitrag gur ^ir(^engefd)id)te ©trafeburgS, 
queÖenntä^ig bearbeitet, ffftit 4 9f?abierungen. M 8. — 

^orning, SBil^., ^anbbuc^ ber (gefd^id)te ber eöang.=Iut]^. 
^ir(äe in «Strasburg im XVII. ^a^r|. Ji> 4. — 

— ^anbbudfi ber @efd)id^te ber eoang.^nt^. ^ird^e in ®tra§^ 

bürg im XVI. ^a^x^. (2. ^älfte). J& 4.— 

— : 5Ö?itteiIungen auä ber ®ef(^iS)te ber ^nng=@t. ^eterürc^e. 

J& 1.20 

tiefer, Snbtü. 2tlb., ^farrbud) ber ®raffd)aft ^anaii=Sid^ten= 
berg. 9^ac^ Urfunben. Ji) 8.— 

Sor^, 3)2., ©efc^ic^te ber eoang.=reformierten ©emeinbe Ober- 
feebac§=@(fjleitt)al. 9^ad§ urlunbl. Quellen bearb. J& 1.50 

aWattfiiS, @uft., SDie Seiben ber ©üangetifcben in ber ®raf= 
fc|aft ©aarrtjerben. Steformation nnb Gegenreformation 
1557—1700. [3Sergriffen.] M 3.— 

— 93ilber eng ber ^irc§en= nnb ©örfergefc^ictite ber ®raf= 

fd^aft (Saarmerben. J^ 3. — 

Ungerer, @., (Sine ^ird§e ber SSBüfte in Sot^ringen. @rin= 

nerungSbldtter au§ @ourcette§=(£t)anfft). J6 4. — 

3ur ©rinnernng anben93rdnb be^ (Solteginm Söil^etmitanum 

unb be§ proteftantifdien ßjtjtnnafiumä am 29. ^an. 1866. 

Wit einer Siebe oon «ßrof. ®aum. J& —.20 

3nr 400jäl)rigen ®eburt§tag§feier aJiartin Bu|er§. 

StTtartin 93n|er§ an ein d)riftlid§ 9latt) unb ®emet)n ber 

ftat 2öei§enburg ©nmmart) feiner ^rebig bafelbft get^on. 

(S'ieubruiS). — ^ibIiogra:pf). ^wfammenfteHung ber ge= 



■Herlttg von 3. j^. €5. j^rtls (^rifi & Ülfinbel) ^ffaBburg t. (t. 

bxnäten ©d^rtften 95it|eri ö. Dr. g. iD^en|: — Ueber 
ben i)anbfc£)rtftlicl)en ^ad^Ia^ u. bie gebrühten Briefe 
SOMrttn ^u|er§. — SSeräeid^ntS ber Siteratur über 
93u^er, öon Lic. 31. ©rid^fon. J& ß.- 



Sngel, (SarT, ®a§ ©d^iitoefen in ©tra^urg bor ber @rün= 
bung be§ :|jroteftanttf(^en (SJtimnafiumS 1538. Ji? 2. — 

3^eftfd§rift §ur f^'eter be^ 350|äl^rtgen ^eftetjeng be§ ^rote« 

ftantifc^en ®t)ntnafium§ §it ©trapurg. |)erauggegeben 

öon ber ßet)rerfd)aft beö :proleftant. ®t)mnafti!mg. 2 2:etle. 

. mit ^ttuftrationen «nb 2 Stafeln. J6 10.— 

^et|, (£mtl, ^Mt ©efd^td^te ber alten ©tra^burger llntüer= 
fität. 9tebe. e/^ —.60 

^ne^per, ^ofepl), ®ag ©d^uls itnb Unterrid^t^wef cn im @lfa^ 
oon ben Stnfängen h\§ gegen ba^ ^a^r 1530. Wit 12 
Srbbtlbungen. J& 12.— 



^annengte^er, .;ißaul, SDer D^eid^^tag §n Söormg üom ^at)re 
1545. (Sin iBettrag gur ißorgefd§i$te be§ @c§mal!albifd)en 
Krieges. J^6 3. — 

aöinfeimnnn, Dito, ®er ©d§malfülbifd)e SSunb 1530—1532 
unb ber S^iirnberger DteligionSfriebe. M 6.— r 



S)ie^, STuguft, ®a§ elfdfftfc^e ^onferenggefangbud^, gegen 
bzn Angriff beg ^ß^of. D. mpitta üerteibigt. M — .80 

Omenb, Julius, Ueber ben 2öert ber Sobegertnnerung für 
unfer innere^ £eben. "Sieht. M — .60 

— S)er erfte eüang. ®otte§bienft in ©trapurg. 9^ebe. M —.80 
@t)ttta, f^riebric^, (SjotteSbienft unb tünft. SJortrag ge£)alten 

im ©üangetifd^en 2Seretn§f)aufe gu ©trapurg. M —.50 

— !©rei ürd^Iidie ^eftfpiele für «Bei^nad^ten, Dftern unb 

«ßftngften. ©ritte STuftoge. brofcE). M 1.80 fart. M 2.20 

— ®a§ ©efangbuc^ für bie etiangenf(i)en (Semeinben oon @Ifa^= 

Sot{)ringen, fritifd^ beleud)tet. i^ 1- — 

— ÜDa§ ©trapurger ©efangbu^ für ©tjriften 3lug§burgtfdjer 

^onfeffion. =^^ 2. — 

©tra66ur3, UtiiBerfttät§=58uct)brutferei uon S- ©■ Sb. $ei8 ($ei5 u. Wünbel). 



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