GOETTSBERGER
EINLEITUNGINDAS
ALTE TESTAMENT
IS:
of Chicago
lEibraries
Herders
Theologische Grundrisse
EINLEITUNG
IN DAS ALTE TESTAMENT
VON
DR.JOHANN GOETTSBERGER
PROFESSOR AN DER UNIVERSITAT
MttNCHEN
FREIBURG IM BREISGAU 1928
HERDER & CO. G.M.B.H. VERLAGSBUCHHANDLUNG
EINLEITIJNG
IN DAS AITE TESTAMENT
VON
DR.JOHANN GOETTSBERGER
PROFESSOR AN DER UNIVERSITAT
MttNCHEN
MIT 12 BILDERN AUF 4 TAFELN
FREIBURG IM BREISGAU 1928
HERDER & CO. G.M.B.H. VERLAGSBUCHHANDLUNG
Imprimatur
Friburgi Brisgoviae, die n Aprilis 1928
DR. SESTER, Vic. Gen.
Alle Rechte vorbehalten
Buchdruckerei von Herder&Co. G.m.b.H. in Freiburg i. Br.
863979
Vorwort
A is dem Unterricht hervorgewachsen, ist dieses Buch vor-
wiegend nach den Erfordernissen des Unterrichts angelegt.
Die wichtigsten Leitsatze sind durch den Druck hervorgehoben,
Beweistexte moglichst vollstandig aufgenommen. Die reichlich,
aber nicht erschopfend beigegebene Literatur dient ebenfalls unter-
richtlichen Zwecken, sei es, dafi schon der blofie Titel von einer
These Kunde gibt, oder dafi Anregung zu weiter und tiefer greifen-
den Studien gegeben werden will, oder dafi auch nur ein einzelnes
bedeutsameres Werk oder eine Sammlung dem Studierenden be-
kannt gemacht werden soil. Dadurch, dafi bei wichtigen Frage-
punkten , soweit moglich , eine vollstandige Aufzahlung der
Quellen und Fundorte erstrebt wurde, sollte dieser Grundrifi bei
mafiigem Umfang zu einem Handbuch am Arbeitstisch des
Theologen werden, das nur bei schwierigeren und umstand-
licheren Forschungen zu andern Hilfsmitteln zu greifen zwingt.
Neue Anschauungen wird man bei der grofien Zahl der Ein-
leitungswerke aus den letzten Jahren nicht erwarten diirfen. Am
haufigsten mag eine eigene Auffassung in der Geschichte des Textes
gefunden werden, die dann allerdings auch in Fragen der Literar-
kritik sich auswirken mufite. F. Wutz' Anregungen, die in dieses
Kapitel einschlagen, halte ich fur sehr ertragreich ; ich habe sie
deshalb in den einschlagigen Abschnitten berucksichtigt, ohne
dafi dies jene Leser storen mufite, welche hierin noch zurtick-
haltender sind.
F. Wutz hatte auch die Giite, die Korrektur mitzulesen. Fur
den gleichen Dienst und viele sachliche und stilistische An-
regungen mufi ich Herrn Kollegen Dr. B. Walde in Dillingen a. D.
danken. Durch opfervolle Liebenswiirdigkeit in der bibliothek-
kundlichen Fachberatung hat mich Herr Verwaltungsinspektor
Dr. K. Bock an der Miinchner Staatsbibliothek zum Schuldner
gemacht.
VI Vorwort.
Wenn der Beniitzer des Buches finden sollte, dafi das Streben,
sowohl nach der auBeren Form wie nach dem inneren Gehalt
ein bequemes und zuverlassig unterrichtendes Hilfsmittel fur
das alttestamentliche Studium zu bieten, nicht ganz erfolglos
geblieben 1st, so gebiihrt fur beides ein vollgeriitteltes MaB von
Verdienst der unermiidlichen Mitarbeit und Mitsorge des Ver-
lags. Die Abbildungen muCten und konnten sich in beschei-
denen Grenzen halten ; fur ihre Herstellung und Aufnahme sage
ich noch besonderen Dank.
Miinchen, Ostern 1928. J. Goettsberger.
Inhalt
Seite
Vorbemerkungen i 10
i. Die Namen Bibel, Altes Testament* u. a. i.
2. Die Einleitung in das AT als Wissenschaft 2. 3. Ge-
schichte der atl Einleitung 3. 4. Neuere Werke iiber
die Einleitung in das AT 9.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen.
5. Literatur zum ganzen AT. Allgemeines n.
A. Die Geschichtsbiicher.
6. Allgemeines 13.
1. Der Pentateuch 13117
7. Name. Literatur 13. 8. Inhalt des Pentateuchs 15.
9. Zeit der Entstehung und Verfasser des Pentateuchs. Die
Pentateuchfrage 25. 10. Literarische Eigentiimlichkeiten
des Pentateuchs und ihre Beurteilung 26. n. Moses und
der Pentateuch 42. 12. Geschichte der Pentateuchkritik6i.
13. Schema der Graf-Wellhausenschen Pentateuchtheorie
und ihre Hauptthesen 79. . 14. Atl Nachrichten iiber Ge-
setzbiicher aus der Zeit nach Moses 80. 15. Anzeichen
von Entwicklung in den Gesetzen des Pentateuchs 92.
1 6. Gegenwartiger Stand der Pentateuchfrage 112.
2. Das Buch Josue 117 124
17. Name. Literatur 117. 18. Inhalt des Buches Josue
118. 19. Die literarische Eigenart des Buches Josue 119.
20. Zeit der Entstehung 120. 21. Der Text des Buches
Josue 122. 22. Verhaltnis zum Pentateuch 122.
3. Das Buch der Richter 124132
23. Name. Literatur 124. 24. Inhalt des Richterbuches
124. 25. Literarische Eigenart des Richterbuches und sein
Aufbau 127. 26. Abfassungszeit des Richterbuches 130.
27. Der -Text im Richterbuche 131. 28. Zeitrechnung
im Richterbuche 131.
VIII Inhalt.
Seite
4. Das Buch Rut 132135
29. Name. Literatur 132. 30. Inhalt des Buches Rut
I 33- S3 1 - Stellung des Buches Rut im Kanon 133.
32. Einheitlichkeit des Buches Rut und seine Entstehungs-
zeit 134. 33. Zweck des Buches Rut 135.
5. Die Biicher Samuel 135 144
34. Name. Literatur 135. 35. Inhalt der Biicher Samuel
136. 36. .Die Teilung des Sm-Buches 140. 37. Sm
und Jdc 141. 38. Literarische Eigenart von Sm 141.
39. Entstehungszeit von Sm 143. 40. Der Text von
Sm 144.
6. Die Biicher der Konige 144 157
41. Name. Literatur 144. 42. Inhalt der Konigsbiicher
145. 43. Sm und Rg 153. 44. Literarische Eigenart
von Rg 154. 45. Zeit und Ort der Entstehung von Rg
155. 46. Der Text von Rg 157.
7. Die Biicher der Chronik 157 164
47. Name. Literatur 157. 48. Inhalt der Chr-Biicher
mit Parallelen aus andern Biichern des AT 158. 49. Quellen
und literarische Eigenart der Chr 160. 50. Entstehungs-
zeit der Chr 162. 51. Geschichtliche Zuverlassigkeit des
Chronisten 163.
8. Das erste und zweite Buch Ezra oder die Biicher
Ezra und Nehemia 165 172
52. Name. Literatur 165. 53. Inhalt und Chronologie
der Ezr-Biicher 166. 54. Literarische Eigenart von Ezr
169. 55. Zeit der Entstehung des Ezr-Buches 170.
56. Ezr-Neh und Chr 171.
57. Anhang: Das dritte Buch Ezra 172 173.
9. Das Buch Tobias 173 181
58. Name. Literatur 173. 59. Inhalt des Buches Tob
174. 60. Die Texte des Buches Tob 175. 61. Ent-
stehungszeit des Buches Tob 177. 62. Tob und die Ge-
schichte 178. 63. Literarische Entwicklung des Buches
Tob und seine Beziehung zur Weltliteratur 180.
10. Das Buch Judit 181 185
64. Name. Literatur 181. 65. Inhalt des Buches Jdt
(nachQS) 181. 66. Die Texte des Buches Jdt 183. 67.Ent-
stehungszeit des Buches Jdt 184. 68. Jdt und die Ge-
schichte 185.
11. Das Buch Ester 186 193
69. Name. Literatur 186. 70. Inhalt des Buches Est
nach 3Qft, und 23 186. 71. Verhaltnis der Zusatze des
Inhalt. IX
Seite
griechischen Est-Buches zu 3It 188. 72. Entstehungszeit
des Buches Est 191. 73. Est und die Geschichte 192.
12. DasersteundzweiteBuchderMakkabaer. . . 194 207
74. Name. Literatur 194. 75. Inhalt der beiden Makka-
baerbiicher 195. 76. Der Text von I Makk 200. 77. Zeit
der Entstehung von i Makk 202. 78. Literarische Ent-
wicklung von I Makk 202. 79. Religiose Eigenart und
geschichtliche Glaubwiirdigkeit von i Makk 203. 80. Der
Text von 2 Makk 204. -8i. Das Werk des Jason von Kyrene
204. 82. Entstehungszeit von 2 Makk 205. 83. Lite-
rarische Eigenart und geschichtliche Glaubwiirdigkeit von
2 Makk 206.
B. Die poetischen Biicher und Lehrschriften.
1. DiealttestamentlichePoesie 208 222
84. Allgemeines. Literatur 208. 85. Der Parallelismus
membrorum und verwandte Formen dichterischer Gestaltung
209. 86. Metrische Systeme im engeren Sinne 213.
87. Reim und Akrostichis in der atl Poesie 218. 88. Strophen
in der atl Dichtung 220. 89. Die sog. poetischen Akzente
im 9Tt 222.
2. Das Buch Job 222 231
90. Name. Literatur 222. 91. Inhalt, Anlage und Ab-
sicht des Buches Job 223. 92. Literarische Eigenart des
Buches Job 226. 93. Entstehungszeit des Buches Job 228.
94. Dichterische Form und Geschichtlichkeit des Buches Job.
Aufierbiblische Parallelen 230. 95. Der Text des Buches
Job 231.
3. Das Buch der Psalmen 231 244
96. Name. Literatur 231. 97. Inhalt des Buches der
Psalmen 232. 98. Die tJberschriften der einzelnen Psalmen
235. 99. Herkunft der einzelnen Psalmen 237. 100. Art
und Zeit der Sammlung der Psalmen 241. 101. Der Text
des Psalmenbuches 243.
4. Das Buch der Spriiche 244 250
102. Name. Literatur 244. 103. Inhalt des Buches der
Spriiche 245. 104. Verfasser, Sammler und Entstehungs-
zeit des Buches der Spriiche 247. 105. Der Text des
Buches der Spriiche 249.
5. Das Buch Kohelet, Ekklesiastes oder der Pre-
diger 250 258
106. Name. Literatur 250. 107. Inhalt, Auffassung und
Erweiterung des Buches Kohelet 251. 108. Verfasser und
Entstehungszeit des Koh 254. 109. Koh, die griechische
X Inhalt.
Seite
Philosophie und die jiidischen Sekten 257. no. Der Text
des Koh 258.
6. DasHohelied 258 265
in. Name. Literatur 258. 112. Inhalt und literarische
Art des HI 259. 113. Das HI als religiose Allegoric 261.
1 14. Verfasser und Entstehungszeit des HI 264.
7. DasBuchderWeisheit 265272
115. Name. Literatur 265. 116. Art und Inhalt des
Buches der Weisheit 266. 117. Literargeschichte des Buches
der Weisheit 267. 118. Ursprache und Texte des Buches
der Weisheit 268. 119. Zeit und Ort der Entstehung des
Buches der Weisheit 269. 120. Dichterische Form des
Buches der Weisheit und Beziehung zur griechischen Philo-
sophie 271.
8. Das Buch Jesus Sirach oder Ekklesiastikus . . 272 279
121. Name. Literatur 272. 122. Der Inhalt des Sir 273.
123. Verfasser, Ubersetzer und Entstehungszeit des Sir 274.
124. Ursprache und Texte des Sir 276. 125. Dichte-
rische und literarische Form des Sir 278.
C. Die Propheten.
a) Das Prophetentum im allgemeinen .... 279 282
126. Name. Literatur 279. 127. Geschichte und Wesen
des israelitischen Prophetentums 280.
b) Die vier Grofien Propheten mit Baruch . . 283 327
i.Isaias 283 294
128. Name. Literatur 283. 129. Bedeutung, Leben und
Wirken des Propheten Isaias 283. 130. Inhalt des isaia-
nischen Weissagungsbuches 284. 131. Entstehung und
Literargeschichte des isaianischen Weissagungsbuches 288.
2. JeremiasundseinWeissagungsbuch 294 302
132. Name. Literatur 294. 133. Leben und Wirken
des Propheten Jeremias 294. 134. Inhalt des jeremiani-
schen Weissagungsbuches 296. 135. Entstehung des Jere-
miasbuches 299. 136. Die Texte des Jeremiasbuches 300.
3. Das Buch der Klagelieder 302305
137. Name. Literatur 302. 138. Gestalt und Inhalt der
Thr 302. 139. Verfasser und Entstehungszeit der Thr 303.
4. Baruch 305310
140. Name. Literatur 305. 141. Leben, Wirken und
Schriften des Propheten Baruch 305. 142. Inhalt und Zu-
sammensetzung des Buches Baruch 306. 143. Die Ur-
Inhalt XI
Seite
sprache von Bar 307. 144. Entstehungszeit und Verfasser
des Bar 308.
5. Der Brief des Jeremias 310 311
145. Name. Literatur 310. 146. Inhalt, Ursprache und
Entstehungszeit der Ep. ler. 310.
6. Ezechiel 3 11 3 J 7
147. Name. Literatur 311. 148. Leben und Wirken
des Propheten Ezechiel 311. 149. Inhalt und Eigenart
der Weissagungen Ezechiels 312. 150. Entstehung des
Buches Ezechiel 316. 151. Der Text des Buches Ezechiel
317.
7. Daniel 318327
152. Name. Literatur 318. 153. Leben und Wirken
des Propheten Daniel 318. 154. Inhalt des Buches Daniel
319. 155. Der Sprachenwechsel im hebraisch-aramaischen
Teil des Buches Daniel 321. 156. Die griechischen Zusatze
zum Buche Daniel 322. 157. Die Entstehungszeit des
Buches Daniel 323. 158. Die Texte des Buches Daniel 327.
c) Das Zwolfprophetenbuch 327 350
159. Name, Stellung und Anordnung. Literatur 327.
i.Osee(Oseas) 328 330
160. Name. Literatur 328. 161. Leben und Wirken des
Propheten Osee. Sein Buch 329.
2. Joel 33 332
162. Name. Literatur 330. 163. Leben und Wirken
des Propheten Joel. Sein Buch 331.
3. Amos 33 2 334
164. Name. Literatur 332. 165. Leben und Wirken
des Propheten Amos. Sein Buch 332.
4. Abdias 335 336
166. Name. Literatur 335. 167. Leben des Abdias.
Sein Buch und dessen Entstehungszeit 335.
5- Jonas 336338
1 68. Name. Literatur 336. 169. Die Person des Pro-
pheten Jonas. Inhalt und Entstehungszeit des Buches 337.
6. Michaas 338 340
170. Name. Literatur 338. 171. Leben und Buch des
Propheten Michaas 339.
7. Nahum .. . 340 341
172. Name. Literatur 340. 173. Leben und Buch des
Propheten Nahum 340.
XII Inhalt.
Seite
8. Habakuk 341343
174. Name. Literatur 341. 175. Person, Buch und Zeit
des Propheten Habakuk 342.
9. Sophonias 343 344
176. Name. Literatur 343. 177. Person und Buch des
Propheten Sophonias 343.
10. Aggaus 344345
178. Name. Literatur 344. 179. Wirken und Buch des
Propheten Aggaus 344.
n.Zacharias 346 348
1 80. Name. Literatur 346. 181. Person, Wirken und
Buch des Propheten Zacharias 346.
12. Malachias 349 350
182. Name. Literatur 349. 183. Person und Buch des
Propheten Malachias 349.
II. Teil. Geschichte des atl Kanons.
1. Allgemeines 351 354
184. Literatur. Kanon 351. 185. Kanongeschichte 352.
2. Geschichte des atl Kanons innerhalb desjuden-
tums 354370
1 86. Zeugnisse fur die allmahliche Bildung des Kanons
354. 187. Streit u'ber kanonische Geltung einzelner Biicher
bei den Juden 360. 188. Ezra, die grofie Synagoge und
der sog. Canon Esdrinus 361. 189. Das judentum und
der atl Kan on der christlichen Kirche 363.
3. D. e r a 1 1. Kanon in der christlichen Kirche. . . . 370 388
190. Allgemeines 370. 191. Das NT und der atl Ka-
non 371. 192. Der atl Kanon in der Zeit der Kirchen-
vater 374. 193. Der atl Kanon in den kirchlichen Ent-
scheidungen 376. 194. Nachwirkungen des jiidischen
Kanons in der christlichen Kirche 378. 195. Der atl Kanon
bei den iibrigen christlichen Richtungen 384.
Anhang: Apokrypha und Agrapha des AT . . . 388398
196. <<Apokryph 388. 197. Die Apokryphen des AT
390. 198. Agrapha 398.
4. Zahl, Einteilung und Reihenfolge der Biicher im
atlKanon 398 403
199. Die Zahl der Biicher im atl Kanon 398. 200. Ein-
teilung der Biicher des AT 399. 201. Reihenfolge der
Biicher des AT 401.
Inhalt. XIII
III. Teil. Der Text des AT.
Seite
a) Von den Sprachen des AT 404 406
202. Allgemeines 404. 203. Die Grundsprachen des
AT 404. 204. Sprachen der atl Ubersetzungen 406.
b) Der hebraisch-aramaische Text 406 424
205. Literatur. Vorhebraischer Urtext? 406. 206. Tech-
nische Voraussetzungen der Niederschrift und Uberlieferung
des Textes 407. 207. Die Schriftform und der atl Text
409. 208. Andere Aufierlichkeiten im Schriftbild und Text
des AT 412. 209. Die sog. Punktation des atl Textes
415. 210. Der massoretische Text des AT 417.
211. Methode, Aufgaben und Hilfsmittel der Textkritik am
hebraisch-aramaischen AT 420.
c) Das AT in griechischer Sprache 425 447
1. Die Septuaginta-Ubersetzung 425 432
212. Die jiidische Diaspora in Agypten 425. 213. Hel-
lenisierung der Juden und ihres AT 425. 214. Entstehung
der Septuaginta 427. 215. Eigenart, Bedeutung und text-
kritischer Wert der Septuaginta 429.
2. Die spaterengriechischen Ubersetzungen des AT 433 437
216. Wandlung in der Wertschatzung der Septuaginta bei
den Juden 433. 217. Aquilas, Theodotion, Symmachus
434. 218. Die Quinta, Sexta, Septima und Spuren anderer
griechischer Ubersetzungen 436.
3. DasgriechischeATseitOrigenes 437 447
219. Die Hexapla des Origenes 437. 220. Der hexa-
plarische -Text und andere -Rezensionen 441. 221. Text-
kritische Aufgaben an der Septuaginta 443.
d) Die lateinischen Obersetzungen des AT .... 447 459
222. Allgemeines 447. 223. Das lateinische AT vor
Hieronymus 448. 22 4- Hieronymus und das lateinische
AT 450. 225. Geschichte der Vulgata bis zum Konzil von
Trient 453. 226. Die sixto-klementinische Vulgata-Ausgabe
456. 227. Neue Bearbeitung der Vulgata 459.
e) Die syrischen Ubersetzungen des AT 460468
228. Allgemeines 460. 229. Die Pesitto 460. 230. Die
Philoxeniana 464. 231. Die Syrohexapla 465. 232. Die
christlich-palastinische und andere syrische Ubersetzungen 466.
f) Die Targume oder die aramaischen tJbersetzungen . 468 472
233. Allgemeines 468. 234. Die einzelnen Targume 469.
XIV Inhalt.
Seite
g) Die iibrigen alten Obersetzungen des AT . . 472^480
235. Die koptischen Bibeliibersetzungen 472. 236. Die
athiopische Bibeliibersetzung 473. 237. Die armenische
Bibeliibersetzung 475. 238. Die georgische Bibeliiber-
setzung 476. 239. Die gotische Bibeliibersetzung 477.
240. Die arabischen Bibeliibersetzungen 477. 241. Die
slavischen Bibeliibersetzungen 479.
h) Polyglottenbibeln 480482
242. Allgemeines 480. 243. Die Polyglotten im ein-
zelnen 480.
Anhang: Von den Bibeliibersetzungen in den
neuerenSprachen 482 487
244. Die deutschen Bibeliibersetzungen 482. 245. Die
Bibeliibersetzungen in andern Kultursprachen der neueren
Zeit 484.
NachtrageundBerichtigungen . . . 489
VerzeichnisderSchriftsteller 491
Sachregister 505
Verzeichnis hebraischer Worte und Termini . . . 519
Verzeichnis wichtigerer Schriftstellen 520
Tafeln.
I, i. Ubersichtskarte von Agypten, Sinai, Palastina und Syrien.
2. Tell el-Amarna-Tafeln im Museum von Kairo.
3. Nabataische Inschrift aus dem W. Nasb im Sinaigebiet.
II, i. Altsinaitische Inschriften vom W. Moghara und Serabit el-Hadem.
2. Zur. Entwicklung des phonizischen Alphabets.
3. Aramaischer Papyrus aus Elephantine.
III, i. Papyrus Nash aus der Universitatsbibliothek von Cambridge.
2. Aus dem Prophetenkodex mit babylonischer Punktation.
3. Die samaritanische Pentateuchrolle.
IV, i. Sirach-Handschrift.
2. Schriftprobe aus dem Cod. Vatic, gr. 1209 (Cod. B).
3. Miinchener Pentateuchpalimpsest.
Abkiirzungen.
A. Biblische Bucher.
AT = Altes Testament (OT = Old Testament u. a.) ; atl = alttestamentlich
Gn
Ezr, Esr
Sir (Eccli)
Jon
Ex
Neh
Is
Mich
Lv
Tob
Jer
Nah.
Nm
Jdt
Thr (Lam, Klgl)
Hab
Dt
Est
Bar
Soph
Jos
Job
Ez
Agg
Jdc (Richt)
Ps, Pss
Dn
Zach
Rut
Prv (Spr)
Os
Mai
Sm
Koh (Eccle, Prd)
Joel
Makk (Mach)
Rg (Kg)
Ct (HI)
Am
Chr (Par)
Sap (Weish)
Abd
NT = Neues Testament (Nouveau Testament, New Testament u. a.) ;
ntl = neutestamentlich.
Mt
Mk (Me)
Lk (Lc)
Jo (Io)
Apg (Act)
Rom (Rom)
B. = Berlin.
Kor (Cor)
Gal
Eph
Phil
Kol (Col)
Thess
Tim
Tit
Phm
Hebr
Jak (lac)
Petr
Jo (Io)
Jud (lud)
Apk (Ape, Offb)
Ev, Evv = Evan-
gelium, Evan-
gelien
B. Verlagsorte.
Brsl. = Breslau.
Frb. i. Br. = Freiburg im Breisgau.
Frb. i. S. = Freiburg in der Schweiz.
Gott. = Gottingen.
Ld. = London.
Lp. = Leipzig.
Mstr. i. W. = Minister i. Westf.
N. Y. = New York.
P. = Paris.
Pad. = Paderborn.
Tub. = Tubingen.
In Diss. B. u. a. bedeutet der Ort nicht zugleich den Verlagsort.
C. Zeitschriften, Bucher, Hss, Obersetzungen usw.
Stern (*) bezeichnet katholische Zeitschriften und Sammelwerke.
Ziffer mit Jahreszahl bedeutet Bandzahl, hochgestellte arabische Ziffer Anzahl
der Hefte im Jahr, hochgestellte romische Ziffer Anzahl der Bande im Jahr,
f> am Schlufl, dafi die Zeitschrift noch regelmafiig forterscheint.
'A = Aquilasiibersetzung.
Abh = Abhandlung(en).
AdW = Akademie der Wissenschaf-
ten.
AmJsemL = The American Journal of
Semitic Languages and Literatures
(Forts, von Hebraica [i 4 .(i884/8s)
bisii(i894/9S)])(i2 4 bis43[i927/28])f.
XVI
Abkiirzungen.
AmJTh = American Journal of Theo-
logy (i* [1897] bis 24 [1920]; dann
inThe Journal of Religion[i 6 bis7]f.
aufgegangen).
2tca6 = Arabische Bibeliibersetzung.
2Irm = Armenische Bibeliibersetzung.
ARW = Archiv fur Religionswissen-
schaft (i 4 [1898] bis 24 [1926]) f.
*AtAbh = Alttestamentliche Abhand-
lungen (i 5 [1908] bis II [1927]) f.
3IfE> = Athiopische Bibeliibersetzung.
b. (vor Talmudtraktaten, z. B. b. San-
hedrin) = babylonisch (d. i. baby-
lonischer Talmudtraktat).
*Bb = Biblica (i 4 [1920] bis 8 [1927]) f.
BC = Biblischer Commentar (s. u.
S. n).
BFchrTh = Beitrage zur Forderung
christlicher Theologie (i 6 [1897] bis
Bs = Bibliotheca sacra (i 4 [1844] bis
84 [1927]) f-
* BSt = Biblische Studien (i 4 ~ 5 [1896]
bis 22 [1928]) f.
BW = Biblical World (i 12 - n [1893];
seit 1920 mit The Journal of -Reli-
gion* [s. AmJTh] vereinigt).
BWAT = Beitrage zur Wissenschaft
vom AT (i. [1908] bis 25. Heft [1920];
N. [2.] F. i. bis ii. Heft [1926] f.;
3. F. [Beitr. z. Wiss. v. A. u. NT]
i. 6. Heft [42. der g. R., 1926]) f.
* BZ = Biblische Zeitschrift (i 4 [1903]
bis i8[i928])f.
*BZF = Biblische Zeitfragen(i 12 [1908]
bis 12 [1927]) f.
BZSF = Biblische Zeit- und Streit-
fragen (i 12 [i9O5] bis 10 [1915/16];
Forts, s. ZSF).
BzZ = Byzantinische Zeitschrift (i 4
_ [1892] bis 26 [1926]) f.
= Koptische Bibeliibersetzung.
( s = Koptisch-sahidische Bibeliiber-
setzung.
CB = The Century Bible (s. u. S. 1 1).
* CSs = Cursus Scripturae sacrae(s. u.
S. n).
D = Deuteronomistische Pentateuch-
urkunde (s. u. S. 79).
* D. 11 = Denzinger, H., Enchiridion
symbolorum, defmitionum et decla-
rationum de rebus fidei et morum.
Ed.n,quamparavitC.BannvvartS.J.,
Frb.
14-15
i. Br. 1911 ( 12 i9i3, 13 i92i,
1922,
16-17
1928).
E = Elohistische Pentateuchurkunde
(s. u. S. 79)-
EBK = Entscheidung der Bibelkom-
mission (s. u. S. us 3 ).
* EH = Exegetisches Handbuch zum
AT (s. u. S. 1 1).
*Etrel = Etudes religieuses (43 m
[1888] bis 70 IV [1898], bis I9o[i927])f.
Exp = Expositor (6. S. I 12 - n [1900]
bis 9. S. 7 [1927])
ExpT = Expository Times (io 12
[1898/99] bis 38 [ 1 926/27]) f.
F..= (2., 3. usw.) Folge.
FRLAuNT = Forschungen zur Reli-
gion u.LiteraturdesAu.NT(i. [1903]
bis 17. Heft [1913]; N. F. i. [1913]
bis 24. Heft [41. der g. R., 1926]) f.
gintaiibersetzung(mitHss-Exponen-
ten ; in Nr. 202, 209 u. 261 @ L = La e
= Ausgabe von P. de Lagarde [s. u.
S. 442]).
GdW = Gesellschaft der Wissen-
schaften.
GgA = Getting, gelehrte Anzeigen.
GHK = Gottinger Handkommentar
(s. u. S. 1 1).
HDB = Hastings, J., Dictionary of
the Bible (s. u. S. 12).
Hs,hsl = Handschrift,handschriftlich.
* HSAT = Heilige Schrift des AT
(s. u. S. 11).
IcC = International critical Commen-
tary (s. u. S. 1 1).
* IthQ = Irish theological Quarterly
(i 4 [1906]) f.
j. (vor Talmudtraktaten, z. B. j. Sanh.)
= jerusalemisch (d. i. jerusal. oder
palastinischer Talmudtraktat).
J = Jahwistische Pentateuchurkunde
(s. u. S. 79).
JbL = Journal of biblical Literature
(I 2 [i88i] bis 46 4 [1927]) f.
jqR = Jewish quarterly Revie w ( i [ 1 889]
bis 20 [1908]; N. S. i 4 [1910/11] bis
17 [1926/27]) f.
JSoR = Journal of the Society of orien-
tal Research (I 4 [i9i7]bis 12 [i928])f.
JthSt = Journal of theological Stu-
dies (i 4 [1899/1900] bis 28 [1926/27]) f.
KAT = Kommentar z. AT (s. u. S. 1 1).
Abkiirzungen.
XVII
* Kath = Katholik (i 12 - M [1821] bis 40
[1843]; als Katholische Kirchen-
zeitung Jahrg. 18441849; N. F.
I [1850] bis 62 [1889]; 3. F. i [1890]
bis 36 [1907]; 4- F. 37 [1908]
bis 40 [1909]; 4. F. 6 [1910] bis 21
[1918; = 98. Jahrg.]).
KeH = KurzgefaCtes exegetisches
Handbuch (s. u. S. 1 1).
KHK = Kurzer Handkommentar zum
AT(s. u. S. n).
*KHL = Kirchl. Handlexikon, hrsg.
von M. Buchberger, 2Bde., Munchen
1907/12.
KK = Kurzgefafiter Kommentar (s. u.
S. 11).
* KL = Kirchenlexikon , hrsg. von
J.-Card. Hergenrother und F. Kaulen,
12 Bde., Frb. i. Br. 1882/1901.
* KwC = Kurzgefafiter wissenschaft-
licher Commentar (s. u. S. n).
= Altlateinische Bibeliibersetzung.
SQft= der massoretische Text, die Mas-
sora.
M B , M 1 = Migne, J. P., Patrologiae
cursus completus, P. 1844 1866
(griechische, lateinische Serie ; letz-
tere ist nach der Seitenzahl der
neu aufgelegten Bande [1854 ff.]
zitiert).
MGWJ = Monatsschrift f. Geschichte
u. Wissenschaft des Judentums (i
[1851/52] bis 70 [= N. F. 34, 1926]) f.
Ms = Manuskript.
MvaG = Mitteilungen der Vorder-
asiatischen Gesellschaft (i s ~ 6 [i896]
bis 30 [1925]).
N.F. = Neue Folge.
NkZ = Neue kirchliche Zeitschrift
. (i 12 [1890] bis 38 [1927]) f.
N. S. = New Series, Nouvelle Serie u. a.
NthT= Nieuw theologisch Tijdschrift
(Forts. vonTthT; i 4 [1912] bis 16
[1927]) f.
* Ochr = Oriens christianus (i 2 [1901]
bis 8 [1908]; N. S. i [1911] bis 14
[1925]; 3.8. i [1927]) f-
OrLz = Orientalist. Literaturzeitung
(i 12 [1898] bis 30 [1927]) f-
P (P g , P h , P s ) = Priesterkodex (Penta-
teuchurkunde ; s. u. S. 79).
*Pb= Pastor bonus (2o 12 [1907/08]
bis 38 [1926/27]) f.
PRE = Realenzyklopadie fur prote-
stantische Theologie und Kirche.
prM = Protestantische Monatshefte
(i [1897] bis 25 [1921]).
PrthR = Princeton theological Re-
view (i 4 [1903] bis 25 [1927]) f.
PSbA = Proceedings of the Society
of biblical Archaeology (i 6 [1878/79]
bis 40 [1918/19]; dann mit The
Journ. of the roy. as. Soc. of Great-
Britain and Ireland verschmolzen).
R = Redaktor.
R. = (i., 2. usw.) Reihe (g. R. = ganze
Reihe).
* Raug = Revue augustinienne (i 12> n
[1902] bis 17 [1910]).
* Rb = Revue biblique (i 4 [i 892] bis 1 2
[1903] ;N. S. i bis 16 [1919]; 29^536
[1927]) f.
* Rbe"n = Revue be"nedictine (7* [1890]
bis 39 [1927]; friiher Le Messager
desFideles [1(1 884/8 s)bis 6(1 889)]) f.
* RchScr = Recherches de Science re-
ligieuse (i 6 [1910] bis 17 [1927]) f.
* RClfr = Revue du Clerge fran-
cais (i 24 - IV [1895] bis 103 [1920]).
REj = Revue des Etudes juives (i 4 > n
[1880] bis 83 4 - 1 [1927]) f.
* RHLr = Revue d'Histoire et de Lit-
terature religieuses (i 6 [1896] bis 12
[1907]; N. S. i [1910] bis 8 [1922]).
RHPhr = Revue d'Histoire et de
Philosophic religieuse (5 [192 5]) f.
RHR = Revue d'Histoire des Reli-
gions (i 6 - n [1880] bis 94 [1926]) f.
* Rr = Ricerche religiose (3 6 [1927]) f._
* RScphth = Revue des Sciences philo-
sophiques et the"ologiques (i 4 [1907]
bis 16 [1927]) f.
Rsem = Revue semitique d'epigraphie
et d'histoire ancienne (i 4 [1893] bis
22 [1914])-
RThPh = Revue de Theologie et de
Philosophie (N. S. 13 [1925]) f.
RThQr = Revue de Theologie et des
Questions religieuses (2i 6 [1912]).
S. = (2., 3. usw.) Serie.
(5 = Syrische Bibeliibersetzung.
& = Syrohexapla.
@p = Pesitto.
"L = Symmachusiibersetzung.
SAT = Die Schriften des AT in Aus-
wahl (s. u. S. 11).
XVIII
Abkiirzungen.
SB = Sitzungsberichte.
SBOT = The sacred books of the OT
(s. u. S. 424).
* Splb = Scripta Pontificii Instituti
biblici.
StKr = Theologische Studien u. Kri-
tiken (i 4 [1828] bis 100 [1927]) f.
X = Targum.
= Theodotioniibersetzung.
ThBl = Theologische Blatter ( 1 6 [i 922]
bis 6 [1927]) f.
* ThG = Theologie und Glaube (i 10
[1909] bis 20 6 [1928]) f.
ThLbl = Theologisches Literatur-
blatt(i [1866] bis 12 [1877]; i [1880]
bis 48 26 [1927]) f.
ThLz = Theologische Literaturzei-
tung (i 26 [1876] bis 52 [1927]; Biblio-
graph. Beiblatt I 4 [i92i]bis 5 [1925])^
*ThprM = Theologisch-prakt. Mo-
natsschrift (i [1891] bis 30 [1919/20]).
*ThprQ = Theologisch-praktische
Quartalschrift(i[i848]bis8o[i927])f.
* ThQ = Theologische Quartalschrift
(i* [1819] bis io8[i927])f.
*ThR= Theologische Revue( i 20 [i 902]
bis 26 12 [1927])!
ThSt = Theologische Studien.
TthT = Teyler's theologisch Tijd-
schrift (i 4 [1903] bis 9 [191 1] ; Forts.
NthT).
TU = Texte u. Untersuchungen.
UtUb = Urtext und Ubersetzungen
(s. u. S. 406).
33 = Vulgataiibersetzung.
VB = Vierteljahrsschrift fur Bibel-
kunde (i* [1903/4] bis 3 1 [1907]).
*VDB = F. Vigouroux, Dictionnaire
de la Bible (s. u. S. 12).
WZKM = Wiener Zeitschrift fur Kun-
de des Morgenlandes (34* [1927]) f.
ZA = Zeitschrift fur Assyriologie (i 4
[1886] bis 34 [1922]; N.F. I [1923/24]
bis 3 [g. R. 37, 1926/27]) f.
ZatW = Zeitschrift fur die atl Wissen-
schaft (i 4 [1881] bis 41 [1923] ; N. F.
i [1924] bis 4 [g. R. 45, 1927]) f-
'ZdmG = Zeitschrift der deutschen
morgenlandischen Gesellschaft (i 4
[1847] bis 75 [1921]; N. F. i 2 [1922]
bis 6 [1927], g. R. 80) f.
ZdPV = Zeitschrift des deutschen
Palastinavereins (i [1878] bis 5o 4
[1927]) f.
* ZkTh = Zeitschrift fur katholische
Theologie (i 4 [1877] bis 51 [1927]) f.
ZSem = Zeitschrift fur Semitistik (i 2
[1922] bis 5 [1927]) f.
ZSF = Zeit- und Streitfragen des Glau-
bens, der Weltanschauung u. Bibel-
forschung (Forts, zu BZSF ; u. R.
[1916/17] bis 16. R. [1925]) f.
ZThK = Zeitschrift f. Theologie u.
Kirche (i 4 [1891] bis 32 [N. F. 9,
1928]) f.
ZwTh = Zeitschrift fiir wissenschaftl.
Theologie (i 4 [1858] bis 36 [1893];
N.F.2[i894]bis2o[g.R.55, 1913/14]).
D. Sonstige Zeichen.
Stern (*) vor Verfassernamen aus neuerer Zeit bezeichnet katholische Herkunft,
wenn diese nicht aus dem Zusammenhang, aus der Zeitschrift, dem Sammel-
werk oder sonst (z. B. durch Zugehorigkeit zu einem religiosen Orden, wie
O. C., O. Cist., O. F. M., O. P., O. S. B., S. J.) erkennbar ist.
5 = Transkription des semitischen Buchstabens s.
y.
p.
s.
T.
a = kurzes, a = langes, a = plene geschriebenes a usw.
e , a , hochgestellt = Transkription des hebraischen wi.
/ 5 = a >i !7|) das Geschriebene, / p = ^p ! das zu Lesende.
usw. = omittit .
usw. = ponit .
Vorbemerkungen.
1. Die Namen Bibel, Altes Testament u. a. 1
1. Das deutsche Wort Bibel kommt zum ersten Male im Renner
des Hugo von Trimberg (1235 1315) vor. Es geht auf den Singular
des lateinischen biblia (Genit. bibliae) zuriick. Der Ubergang von
biblia, -orum in die Form des Singulars ist vielleicht schon im 9. (Evan-
geliar von der Abtei Schuttern in Baden, jetzt in der Lord Leicester-
Bibliothek in Holkham Hall, Nr. 17: hunc biblum 2 scripsi), jedenfalls
im 12. Jahrhundert (Katalog von Monte Cassino Nr. 119) bezeugt. Biblia
mufi aber als Singular bereits gebraucht worden sein, ehe die romanischen
Sprachen sich trennten (6. 7 . Jahrh.). Die Pluralform lafit auf griechisches
TO. pHpXia schliefien 3 . Ahnlich wird o^apn, die Biicher, Dn 9, 2 (vgl.
auch TCI pifJXva TCC ayia i Makk 12, 9; iepct pipXog 2 Makk 8, 23) ver-
wendet. Aus dem NT stammen die Namen die heiligen Schrif-
ten (Rom i, 2), die Schrift (Jo 10, 35; Apg 8, 32; i Petr 2, 6;
2 Petr i, 20; Jak 2, 8). Bibliotheca wurde die Bibel genannt vielleicht
schon bald nach dem Tode Cyprians (Liber genealogus [vgl. C. Frick,
Chronica minora i, Lp. 1892, 160]), jedenfalls seit Hieronymus (De
viris ill. 75 [M 1 23, 722]) und iiber das Mittelalter hinaus (vgl. den Titel
der 33-Ausgabe in den Gesamtwerken des Hieronymus, hrsg. von J. Mar-
tianay und A. Pouget O. S. B. [P. 1693 1706]: S. Hieronymi Divina
Bibliotheca).
2. Altes Testament* leitet sich von f\ TraXouoc bia9r|Kr] (2 Kor 3, 14;
vgl. f) irptuTTi biaGriKTi Hebr 9, 15) her, das als Erganzung zu r\ Kouvfi
biaGriKTi (Mt 26, 28 u. 6. = n^q ri^si Jer 31, 31) entstehen mufite. Die hebra-
ische Vorlage ^Ta wird herkommlich mit Bund iibersetzt, ist aber von
der als einseitige Verfugung (Gottes) gefaftt worden, was fur die
meisten Falle auch richtig zu sein scheint. Die spatere engere und
1 L. G. da Fonseca, AiaGi'iKn foedus an testamentum (Bb 8, 31 50 161
bis 181 290 319 mit Forts.). P. Karge, Geschichte des Bundesgedankens im
AT (AtAbh 2, 14), Mstr. i. W. 1910, 226 ff. E. Lohmeyer, Diatheke. Em Bei-
trag zur Erklarung des ntl Begriffes (Untersuch. z. NT, hrsg. von H. Windisch,
Hft. 2), Lp. 1913. E. Nestle, Zur Geschichte der Bibel (ZwTh 50, 91106).
Ders., The first English example of Biblia (ExpT 15, 565 f.).
2 Diese fehlerhafte Form lafit schliefien, dafi auch die richtige Feminin-
form im Singular damals schon vorhanden war.
3 Vgl. Klemens Alex. (M e 8, 668); Origenes (M e n, 1276).
Goettsberger, Einleitung in das AT. I
2 Vorbemerkungen. Nr. 3
gewohnliche Bedeutung von 6ia9riKr|: letztwillige Verfiigung, 1st von
den lateinischen Ubersetzungen und der kirchlichen Literatur in testa-
mentum festgehalten worden (Tertullian, Adv. Marc. 4, i [M 1 z, 390] :
dnstrumentum vel, quod magis usui est dicere, testamentum). Das
friiher gebrauchte instrumentum (bei Tertullian und Rufinus) lebte in
dem urcuntscap der niederdeutschen Psalmentibersetzung (zu Ps 55 [54],
21) und in Erasmus' Novum instrumentum (1516) wieder auf. Testa-
mentum wurde hie und da auch von testari = zeugen abgeleitet
(Codex Teplensis, hrsg. 1882: Die Schriften des neuen Gezeugs; Augs-
burger Bibel von 1490 zu Ps 55 [54], 21). Der Alte Bund, Schriften
des Alten Bundes greift iiber den abwegigen Bedeutungswandel vom
Griechischen zum Lateinischen auf das Hebraische und die gewohnliche
Ubersetzung von s^T? zuriick.
2. Die Einleitung in das AT als Wissenschaft l .
3. Die atl Einleitung hatte im Laufe der Zeit einen sehr ver-
schiedenen Umfang und wird heute noch nicht von alien ein-
heitlich umgrenzt. Auch der Standpunkt, von dem aus sie
zu behandeln ist, und das Ziel, dem sie zustrebt, konnten und
konnen verschieden bestimmt werden.
Daran ist der Name schuld, der die einschlagigen wissenschaftlichen
Fragen nicht scharf genug heraushebt. Auch wenn man den tatsachlich
gebrauchlichen Mindestumfang zu Grunde legt, gelingt es kaum, die
Hauptteile in eine geschlossene Einheit zusammenzufassen. Der Grund-
begriff Einleitung , aus dem man die behandelten Gegenstande ab-
leiten wollte 2 , ist dafur zu fhefiend. Ihr ein apologetisches und dog-
matisches Beweisziel zu setzen 3 , stimmt wenig mit der Art iiberein, in
der sie tatsachlich bearbeitet wird, ebensowenig mit dem Umfang, den
die meisten Einleitungswerke festhalten. Wenn man sie als atl Lite-
raturgeschichte auffafit 4 , so trifft man damit am besten die Methode,
1 Vgl. die katholischen Werke der atl Einleitung (s. u. S. 9 f.). Franz
Delitzsch, Uber Begriff und Methode der sog. biblischen und insbes. atl Ein-
leitung (Zeitschr. f. Prot. u. Kirche 28 [1854, 2], 133 190). * Himpel, Bespr.
von Kaulen, Einleitung (s. u. Anm. 3)(ThQ 58, 727 741). H. Holtzmann, Uber
Begriff und Inhalt der biblischen Einleitungswissenschaft (StKr 1860, 410
bis 416). H. Hupfeld, Uber Begriff und Methode der sog. biblischen Ein-
leitung, Marb. 1844. Ders., Noch ein Wort iiber den Begriff der sog. biblischen
Einleitung (StKr 34 [1861], 328).
2 E. Konig, Einleitung in das AT, Bonn 1893, 8.
3 * F. Kaulen, Einleitung in die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testa-
mentes, 5. Aufl. von G. Hoberg, i, Frb. i. Br. 191 1, 5 : Die biblische Einleitung
ist die Rechtfertigung vom inspirierten und kahonischen Charakter der Hei-
ligen Schrift.*
4 C. H. Cornill, Einleitung in die kanonischen Biicher des AT (Grundrifi
der theol. Wissenschaften ; 8 ~*mit Einschlufi der Apokryphen und Pseud-
Nr. 4 Vorbemerkungen. 3
nach der die Fragen behandelt werden; auch deckt sie sich, so ver-
standen, noch am ehesten mit dem gebrauchlichen Urafang, wenn auch
die Kanongeschichte und der Abschnitt, der vom Text und den Uber-
setzungen handelt, damit etwas locker verbunden ist.
Am besten verzichtet man auf ein wissenschaftliches Prinzip
der Einleitungswissenschaft, wie auch der Name keine geschlossene
und gegliederte Wissenschaft erwarten lafit 1 , und begniigt sich
damit, daC ihre drei Teile durch den gemeinsamen Gegenstand
Altes Testament zusammengehalten werden : Literaturgeschichte
(= sog. spezielle Einleitung), Geschichte des atl Kanons, Urtext
und Ubersetzungen des AT (letztere beiden Teile = sog. allge-
meine Einleitung).
3. Geschichte der atl Einleitung 2 .
4. Da die atl Einleitung einen Namen tragt, der keinen bestimmt fafi-
baren Inhalt verrat, und bis heute noch einen allgemein anerkannten
Umfang entbehrt, so ist ihre geschichtliche Entwicklung schwer fest-
zustellen. Der Notwendigkeit, in die Lesung und den Gebrauch der
Heiligen Schrift einzufuhren, trug man schon in der Zeit der Vater
Rechnung 3 . Vorwiegend bot man damals das, was jetzt als Hermeneutik
noch in der Einleitung oder, wie meist, selbstandig behandelt wird.
Davon wird auch das alteste, verloren gegangene Werk, das dem Namen
nach hierher zu gehoren scheint : f| KXeig von Melito von Sardes (2 . Jahrh.),
keine Ausnahme gemacht haben. Da die ersten Jahrhunderte n. Chr.
noch an der endgiiltigen Klarstellung des atl Kanons mitbeteiligt waren,
so fmden wir bei den Vatern und Schriftstellern dieser Zeit in der
griechischen und lateinischen Kirche Erorterungen dariiber und im
epigraphen), Frb. i. Br. 1896, 7 Tub. 1913, i: . . . diejenige theologische Dis-
ziplin, welche sich mit der Heiligen Schrift als Buch beschaftigt. Vgl.
*B. Neteler, AbriG der atl Literaturgeschichte, Mstr. i. W. 1899.
1 Fur F. Schleiermacher ist die Einleitungswissenschaft ein Mancherlei,
das man Einleitung [ins NT] zu nennen pflegt ; vgl. Kurze Darstellung des
theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen entworfen, B. 181 1,
c. 123 (Samtl. Werke, B. 1843, i, I 132).
2 R. Comely S. J., Historica et critica introductio in u. T. libros sacros
(CSc), P. 1885, 2 1894/97, Neudruck 1925, I, 5-9. *W. Fell, Lehrbuch der
allgemeinen Einleitung in das AT (Wissenschaftl. Handbibl., i. R. 25), Pad.
1906, 13 23. H. Hurter S. J., Nomenclator literarius theologiae catholicae
theologos exhibens aetate, natione et disciplinis distinctos, 3 (5 Bde) Innsbr.
1 93/ I 3 (behandelt die einzelnen Bearbeiter der atl Einleitungsfragen und die
einschlagigen Werke). Konig (s. o. S. 2 2 ) i 7. H. L. Strack, Einleitung in
das AT 6 , Miinchen 1906, 2 6.
3 P. Schanz, Die Probleme der Einleitung bei den Vatern (ThQ 61, 5691).
i*
A Vorbemerkungen. Nr. 5
Anschluft daran auch iiber die Herkunft der einzelnen Biicher (so bei
Klemens Alexandrinus ft 215], Origenes ft 251], Eusebius von Casarea
[{ 340], Epiphanius ft 403] * bis herab zu Hierohymus ft 420]). Die Wen-
dung, welche die Auseinandersetzung mit dem Judentum nahm, hat in
der gleichen Zeit Anlafi gegeben, dem Texte des AT und seiner Zu-
verlassigkeit besondere Aufmerksamkeit zu schenken. In ausgedehn-
testem Made taten dies Origenes und Hieronymus. Doch wo eigene
Werke zur Einfiihrung in die Heilige Schrift verfafit wurden, nahm
die Hermeneutik, wenn nicht ausschliefilich, so doch iiberwiegend den
Raum in Anspruch ; so bei Adrian ft um 440), EiaayuiYfl eic; Taq Geiag
ypacpdq 2 , welche sich vorwiegend mit dem AT beschaftigt, Augustinus
(j- 430), De doctrina Christiana (M 1 34, 15 122), mit Bemerkungen iiber
den Kanon, Junilius Africanus ft 552) mit seiner methodisch angelegten
Schritt De partibus divinae legis 3 , Kassiodorus ft 570), der im i. Buch
seiner Institutiones divinarum et saecularium lectionum (M 1 70, 1106
bis 1150) den sex modi intelligentiae der Heiligen Schrift einen Ansatz
zur Geschichte der Exegese 4 vorausschickt und eine divisio scrip turae
sacrae (Kanon) sowie textkritische Anweisungen folgen la'ftt, und Isi-
dorus von Sevilla ft 636), der das 6. der Etymologiarum libri XX
(M 1 82, 73 728) und das Werk In libros V et NT 1 prooemia (M 1 83,
155 1 80) mit dem Wissen von der biblischen Einleitung fiillt, das in
den Schriften seiner Vorganger zerstreut war. Kosmas der Indienfahrer
hat im 5. Buch seiner 547 verfafiten Xpicmavucfi TOiroYpacpia (M? 88,
51 476) Anfaben iiber Verfasser, Zweck und Inhalt der biblischen
Biicher gemacht. Mit ihm bieten am ehesten das, was wir Einleitung
nennen, die Synopsis Vet NT' (M? 56, 313 386), angeblich von Chry-
sostomus, welche ganz knappe Notizen fast nur zu den atl Biichern
enthalt, und die Synopsis scripturae sacrae (M e 28, 284 438), falsch-
lich dem hi. Athanasius zugeschrieben, welche fast alles behandelt, was
wir in der Einleitung finden wollen.
5. DasMittelalter kam in der Einleitungswissenschaft iiber die
Vaterzeit nicht hinaus. Als Lehrbuch dienten lange Zeit Kassiodors In-
stitutiones. Was Rabanus Maurus ft 856) in seinem Buch De uni-
verso (M 1 in, 9 614) iiber die Heiligen Schriften (lib. 5) bringen
1 Die Schrift TTepl judTpuuv xai araGinujv (hrsg. in P. de Lagarde, Veteris
Testament! ab Origene recensiti fragmenta, Gott. 1880, i 76) umfafit Kanon,
atl Ubersetzungen und Geographie Palastinas.
2 M s 98, 1273 1312; aus neu aufgefundenen Hss hrsg., iibersetzt und
erlautert von F. Coding (B. 1888).
3 M 1 68, 15 42. H. Kihn, Theodor von Mopsuestia und Junilius Afri-
kanus als Exegeten. Nebst einer kritischen Textausgabe von des letzteren
Instituta regularia divinae legis, Frb. i. Br. 1880.
4 Er nennt als introductores scripturae divinae den Donatisten Ticonius
(Liber de septem regulis), Augustinus, Adrian, Eucherius (*h 450/55; Formu-
larum spirituals intelligentiae ad Veranum liber unus), Junilius, und bezeichnet
das eigene Werk als libri introductorii.
Nr. 6 Vorbemerkungen. 5
kann, hat er aus Isidor. Auch Hugo a S. Victore (f 1141) gelangt in
seiner speziellen Einleitung De Scripturis et scriptoribus sacris
(M 1 175, 9 28), seinen Annotationes elucidatoriae und sonstigen Vor-
bemerkungen zu atl Biichern (M 1 175, 29 ff.) nicht viel weiter; ebenso-
wenig die nachfolgenden grofien Theologen der Scholastik, deren Be-
muhungen hauptsachlich in der spekulativen Dogmatik aufgingen. Doch
setzten sich die Anfange der Textkritik seit Kassiodor, allerdings zu-
nachst auf den 33-Text beschrankt, das ganze Mittelalter hindurch in
immer steigendem Umfange fort. Seit dem 13. Jahrhundert trieb der Zu-
sammenstofi der scholastischen Theologie mit dem Judentum und dem
Islam, vor allem in Spanien und Gallien, zur Pflege der orientalischen
Sprachen, und das kam ebenso wie nach dem Falle von Konstantinopel
(1453) der Einbruch der griechischen Gelehrten ins Abendland besonders
der atl Einleitung zugute. Seit die Lehrstiihle fur orientalische Sprachen
in Rom, Paris, Salamanca, Oxford, Bologna errichtet waren(i3ii), fehlte
es nicht an Lehrern der Bibelwissenschaft, die auch im AT auf den
Urtext zuriickgreifen konnten. Die humanistische Bewegung, die fremde
Sprachen, das Griechische besonders, spa'ter auch das Hebraische, und
Literaturen pflegte, wirkte schliefilich wiederum fur die Weiterentwick-
lung der atl Einleitung.
6. So waren im 16. Jahrh. die Vorbedingungen zu einem grofien Fort-
schritt in der Ausgestaltung der atl Einleitung vorhanden. Sanctes Pa-
gninus O. Pr. (-J- 1541), der im Unterschied vom Mittelalter wieder den
Namen Einleitung* gebrauchte, bot in seinem Isagoges seu intro-
ductionis ad sacras literas liber unicus (Lyon 1528) hauptsachlich die
althergebrachte Hermeneutik, aber doch auch einiges iiber hebraische
Sprache und Schrift, Ubersetzungen und Kanon. Antonius Beuter
handelt in seinen Annotationes X in sacram Scripturam (Valencia 1547)
neben der Hermeneutik auch ausgiebig vom Kanon, der Literaturge-
schichte und den Ubersetzern der Heiligen Schrift. Viel griindlicher und
einlafilicher noch geschah das in der Bibliotheca sancta von Sixtus
Senensis O. Pr. (Venedig 1566), .einem Werk, das fur ein Jahrhundert
uniibertroffen blieb 1 ; die textliche Seite des AT ist dabei freilich nicht
zu ihrem vollen Rechte gekommen. Die Reformation konnte ihrer
Grundlage nach nicht ohne Einflufi auf das Bibelstudium und damit
auf die atl Einleitung bleiben. Ihr Kampf gegen den kirchlichen Kanon
fuhrte im Laufe der Zeit zu einer besseren und grtindlicheren Ausge-
staltung der Kanongeschichte. Da die Reformatoren unter Ablehnung
der kirchlichen Tradition ihren Glauben allein aus der Bibel schopfen
wollten, gewann der richtige urspriingliche Wortlaut eine viel grofiere
Bedeutung. Dadurch wurden sie eine Zeitlang zu einer iibertriebenen
Schatzung des massoretischen Textes verleitet, wie sie bei den Juden
1 Auch des Lutheraners M. Walther Officina biblica noviter adaperta*
(Lp. 1636), welche schon allgemeine und spezielle Einleitung unterschied,
lehnt sich an Sixtus Senensis an.
6 Vorbemerkungen. Nr. 7
damals herrschte. Der reformierte Exeget Ludwig Cappellus (-J- 1658}*
und der katholische Exeget und Oratorianer Johannes Morinus (*f- i659) 2
setzten in zaher Arbeit schlieftlich die kritische Einschatzung der Text-
sicherheit gegen mafilose Ubertreibungen durch. Erst hierdurch ward eine
textkritische Materialiensammlung ermoglicht, wie sie in der Londoner
Polyglotte von Brian Walton (1657) als Kronung der friiheren Poly-
glotten von Alcala, Paris und Antwerpen erreicht wurde 3 . Ein Werk,
das alle diese neuen Fermente der wissenschaftlichen Arbeit am AT
auch in der aufteren Form einer atl Einleitung zusammenfafite und
weiter forderte, war die Histoire critique du texte, des versions et des
commentateurs duVieux Testament (P. 1678) des Oratorianers Richard
Simon (-J- 1712), der das AT gesondert vom NT 4 in seinen einzelnen
Bestandteilen text- und literarkritisch und literaturgeschichtlich behandelte
und so im wesentlichen den neuzeitlichen Typus der historisch-kriti-
schen Einleitung dem Namen und der Sache nach schuf.
7. Damit war dieser biblische Wissenszweig um einen bedeutsamen
Schritt vorwarts gefuhrt, vielleicht in manchen Punkten iiber die Grenz-
linie hinaus, welche die konservativeren unter den katholischen Exe-
geten selbst heutzutage fur richtig halten. Um so begreiflicher ist es,
daft damals Simons Versuch allgemein abgelehnt wurde : von den Katho-
liken, die neben der Kuhnheit und Neuheit seiner Ideen eine Anna'he-
rung an die protestantische Schriftauffassung fiirchteten, und nicht
minder scharf von den Protestanten, die, noch in der ungeschwachten
Orthodoxie der Reformatorenzeit festgewurzelt, ihre ausschlieftliche und
uberschatzte Glaubensquelle durch ihn gefahrdet sahen. Das Extrem
der letzteren ubrigens, die Uberspannung der Schriftautoritat, rief ein
entgegengesetztes Extrem auf den Plan oder bot ihm wenigstens eine
giinstige Angriffsflache. Der englische Deismus, eine philosophisch-
theologische Haresie, suchte in Verbindung mit den franzosischen En-
zyklopadisten den entgegenstehenden Bibelglauben durch AngriiFe auf
die Heilige Schrift zu entwurzeln. Mit besonderem Erfolg hatte Baruch
Spinoza (*J- 1677) die historisch-kritische Behandlung der atl Einleitungs-
fragen noch vor Simons epochemachendem Werke in den Dienst dieser
Richtung gestellt 5 , und gerade diese Verbindung zwischen den ratio-
nalistischen Tendenzen und der historisch-kritischen Methode in der
Bibelwissenschaft ist in immer sich steigerndem Mafte das Kennzeichen
besonders der neuzeitlichen akatholischen Einleitung in das AT ge-
1 Sein Arcanum punctationis revelatum wagte er nicht unter seinem
Namen zu veroffentlichen.
2 Exercitationum biblicarum de hebraei graecique textus sinceritate libri
duo, P. 1660.
3 Siehe unten 243.
4 Diese Trennung setzte sich mehr und mehr, wenn auch bis heute nicht
ausschliefilich, durch, well die wachsende Fiille des StofFes und die ver-
schiedenartigen erforderlichen Spezialkenntnisse dies nahelegten.
5 Tractatus theologico-politicus, Hamb. 1670.
Nr. 7 Vorbemerkungen. 7
worden l . Ein paar Generationen suchten sich dieser unheilvollen Ent-
wicklung zu erwehren. So wollte J. G. Carpzov (f 1767) in seiner In-
troductio ad libros canonicos bibliorum VT 1 omnes (Lp. 1714/21)
und seiner Critica sacra VT 1 * (Lp. 1728) in streng lutherischem Sinne
die Pseudocritica iiberwinden. Aber mit J. S. Semlers (f 1791) Ab-
handlung von freier Untersuchung des Canon (Halle a. d. S. 1771/74)
und seinem Apparatus ad liberalem VT 1 interpretationem (Halle a. d. S.
1773), ferner mit J. G. Eichhorns (f 1827) Einleitung 2 in das AT
(Lp. 1780/83) und J. G. Herders (f 1803) Ausmiinzung der gleichen
rationalistischen Grundauffassung vom AT in seinen schongeistigen
Schriften kam die protestantische Einleitungswissenschaft endgiiltig unter
den Bann derjenigen Richtung, welche das AT, losgelost von alien iiber-
natiirlichen Einfliissen, als rein menschliche und vielfach nur mehr als
Nationalliteratur des judischen Volkes wertet. Die katholische Auf-
fassung war aus dem Umsturz der Reformation unerschiittert hervor-
gegangen und infolgedessen viel fester und rationeller unterbaut geblieben.
Grundstiirzende Ideen fanden deshalb keinen Eingang. Auch die hi-
storisch-kritischen Gedanken R. Simons wurden keineswegs ausdriicklich,
bewufit und mit einem Male aufgenommen. Aber das Wahre an ihnen
wirkte fort; so u. a. bei Augustin Calmet O. S. B. (] I757) 3 . In Kraft
dieser Methode, zugleich um die rationalistische Bibelkritik mit ihren
eigenen Waflfen zu schlagen, gab der katholische Schriftsteller J. As true
(J- 1766) durch seinen Versuch, die Pentateuchfrage zu losen, Anstofi
zur Literarkritik, zunachst des Pentateuchs, dann aber aller iibrigen
Biicher des AT, eine Behandlungsweise der atl Literatur, die eine
ungeahnte Ausdehnung gewann, eine Verfeinerung ins Kleinste erfuhr
und der gegenuber noch heute alle iibrigen Fragen der atl Einleitung
in den Schatten treten. Astrucs neuartige Methode, welche den Glauben
an die Zuverlassigkeit des AT stiitzen sollte, griff zuerst die deutsche
negative Bibelkritik auf, bildete sie fort und um und fiihrte als neues
Moment seit 1806 unter bahnbrechender Fvihrung W. M. L. de Wettes
(j- 1849) die religionsgeschichtliche Kritik in die atl Einleitung
ein. Literarkritik . und religionsgeschichtliche Kritik unter Nachwirkung
der friiheren antibiblischen Einstellung dieser Richtung bilden seitdem,
von katholischem Standpunkt aus gesehen, die charakteristischen Kenn-
zeichen der atl Einleitung, wie sie die mafigebenden Exegeten des
modernen Protestantismus pflegen. Der Riickschlag, den E. W. Heng-
|
1 Cornill (s. o. S. 2 4 ) riihmt (S. 3) von Spinoza, dafi er in geradezu klassischer
Weise der Disziplin Aufgabe und Ziel gewiesen und mit genialer Intuition
viele ihrer wichtigsten Resultate vorweggenommen habe.
2 Dieses Wort wird hier zum ersten Male vom AT gebraucht. G. L. Bauer
(Entwurf einer historisch-kritischen Einleitung in die Schriften des AT 3 ,
Niirnb. 1806) nennt sie zuerst historisch-kritisch.
3 Vgl. La s. Bible en latin et en franQais, P. 1707 ff.; daraus Dissertations,
qui peuvent servir de prolegomenes de 1'Ecriture sainte, P. 1720; lat. : Pro-
legomena et dissertationes in omnes et singulos s. Scripturae libros, Luca 1729.
8 .Vorbemerkungen. Nr. 8
stenberg (] 1869) und H. A. C. Haevernick (-f- 1845) mit ihrer Versohnung
der historischen und literarischen Kritik und des orthodoxen Bibel-
glaubens herbeifiihrten, hielt nicht lange vor. Die Gegnerschaft gegen
die moderne Methode in der atl Einleitung wird zwar auch jetzt noch
von einer Minderheit im inner- und aufierdeutschen Protestantismus
aufrecht erhalten. Aber die vorherrschende Richtung ist gegenwartig
noch so, dafi fur die katholische und protestantische Exegese ein ge-
meinsamer Boden der Forschung in grundsatzlichen Fragen, abgesehen
von einzelnen und besonders von wissenschaftlich-technischen Punkten,
nicht so bald gefunden werden wird. Wenn sich auch bei den Protestanten
Forscher finden, die in einzelnen Fragen sich dem Bann der antibiblisch
eingestellten Vergangenheit zu entziehen beginnen und eine griindliche
Nachpriifung der uberkommenen Voraussetzungen fordern, so ist das
mehr ein miihsames Schwimmen gegen den Strom der Tagesmeinung,
der immer wieder alle Gegenwehr zu iiberfluten droht.
8. So wohlwollend katholische Kreise dem Versuche Astrucs
gegeniiberstanden, so zogen sie sich doch bald davon zuriick,
namentlich seitdem er mehr und mehr in den Dienst einer Rich-
tung geriet, die mit den katholischen Anschauungen vom Wesen
und Wert der Bibel nicht in Einklang zu bringen war. Die katho-
lischen Einleitungswerke x des 19. Jahrhunderts entwickelten die
Disziplin stetig fort. Ohne sich durch die neuen Ideen beirren
zu lassen, bauten sie die Anregungen der Vergangenheit weiter
aus. Da sie die kritische Richtung fur abwegig hielten, schenkten
sie ihr wenig Beachtung, wenn sie es nicht fur angezeigt hielten,
sich mit ihr kritisch auseinanderzusetzen. In der zweiten Halfte
des 19. Jahrhunderts beschaftigte sich die sog. fortschrittliche
Exegetenschule (l'ecole large) 2 besonders eifrig mit der Inspi-
rationsfrage. Das blieb nicht ohne Riickwirkung auf die Stellung,
welche die katholischen Exegeten zur Literarkritik bisher ein-
genommen batten. Mehr und mehr zog diese unter den atl Ein-
leitungsfragen das Interesse auf sich. So zuriickhaltend und vor-
sichtig man dauernd blieb, so lafit sich doch nicht leugnen, dafi
eine Literarkritik auf eng umgrenztem Gebiet heute von der Mehr-
1 Davon seien hervorgehoben : D. Haneberg O. S. B., Geschichte der
biblischen Offenbarung als Einleitung in das A und NT, Regensburg 1850,
4 von B. Weinhart 1876; J. G. Herbst, Historisch-kritische Einleitung in die
Heiligen Schriften des AT, hrsg. von B. Welte, Karlsr. 1840/44; F. H. Reusch,
Lehrbuch der Einleitung in das AT, Frb. i. Br. 1859, 4 1870; J. M. A. Scholz,
Einleitung in die Heiligen Schriften des A und NT, Koln 1845/48.
2 Vgl. A. Houtin, La question biblique chez les catholiques de France
au XIX e siecle 2 , P. 1902.
Nr. 9 Vorbemerkungen. 9
zahl der fiihrenden atl Einleitungswerke nicht mehr abgelehnt
wird. Unter Wahrung grundsatzlicher Uberzeugungen halt man
eine gemafiigte Literarkritik auf dem Boden des AT fur zulassig
und notwendig. Immerhin bietet ein Ausgleich zwischen dem,
was die Dogmatik iiber den Vorgang der Inspiration und iiber
deren Tragweite lehrt, und einer Literarkritik, die im andern Lager
mit umsturzenden Anschauungen verkettet ist, nicht gewohnliche
Schwierigkeiten. Die kirchliche Autoritat war deshalb von jeher
bemiiht, einer solchen Methode nicht voreilig freie Bahn zu lassen,
und manche bisherigen Versuche, die Literarkritik in betracht-
licherem Ausmafie in die katholische Einleitungswissenschaft ein-
zubiirgern, konnte sie nicht fur unbedenklich erklaren 1 .
4. Neuere Werke uber die Einleitung in das AT.
9. W. W. v. Baudissin, Einleitung in die Biicher des AT, Lp. 1901. Cor-
nely (s. o. S. 3 2 ). Ders., Historicae et criticae introductionis in utriusque
Testament! libros sacros compendium, 2 P. 1891; 9 Introductionis in S. Scrip-
turae libros compendium, ed. nova auctore A. Merk S. J. (CSs), P. 1927.
Co mill (s. o. S. 2 4 ). S. R. Driver, Einleitung in die Literatur des AT,
deutsch von W. Rothstein, B. 1896 (englisch zuerst 1891, 9 i9i3, jetzt
ii. Aufl. erschienen). Fell (s. 6. S. 3 2 ). J. Fiirst, Geschichte der bibli-
schen Literatur und des jiidisch-hellenistischen Schrifttums, Lp. 1867/70.
A. Geiger, Urschrift und Ubersetzungen der Bibel, Brsl. 1857. Ders.,
Einleitung in die biblischen Schriften (Nachgelassene Schriften 4, B. 1877,
I 279). *F. E. Gigot, General Introduction to the study of Holy Scrip-
ture, N. Y 1904. Ders., Special Introduction to the canonical books of the
OT, i,N.Y. 1901 ( 2 1903); 2, 1906. Holzhey(s.u. Anm. i). H.Hopfl O.S.B.,
Introductionis in sacros utriusque Testamenti libros compendium. I. Intro-
ductio generalis, Rom 1922, 2 1926; II. Introductio specialis in librosVeteris Testa-
menti, 1921, 2 1925. * A. H u d a 1 , Einleitung in die Heiligen Biicher des AT.
Lehrbuch fur Theologie-Studierende, Graz 1920, 2 ~ 3 (Kurzgef. Einl. usw.) 1925.
E. Hiihn, Hilfsbuch zum Verstandnis der Bibel. I. Die Bibel als Ganzes.
Namen und Umfang, Sammlung, Textgestalt, Handschriften und Uber-
setzungen der Bibel, biblische Archaologie, israelitisch-jiidische Geschichte
bis zum Bar Kochba-Aufstand 135 n. Chr. II. Das AT nach Inhalt und Ent-
1 Von neueren Werken iiber atl Einleitung wurden von einem kirchlichen
Verbote betroffen: K. Holzhey, Kurzgefafites Lehrbuch der speziellen Ein-
leitung in das AT (Wissenschaftl. Handbibl., i. R. 31), Pad. 1912 ; G. B. Pelt,
Storia dell' Antico Testamento. Unica traduzione italiana autorizzata dall' au-
tore con important! modificazioni ed aggiunte del A. Rousselle, Rom 1907 ; Sal-
vatorelli ed E. Hiihn, La Bibbia. Introduzione all' Antico e al Nuovo Testa-
mento, Mailand 1916; F. Vigouroux, M. Bacuez et A. Brassac, Manuel biblique.
AT 14 , P. 1917/20.
IO Vorbemerkungen. Nr. 9
stehung, Tiib. 1904. *Institutiones biblicae scholis accommodatae. I. De S.
Scriptura in universum, Rom 1927. *Kaulen (s. o. S. 2 3 ) Konig (s. o. S. 2 2 ).
A. Kuenen, Historisch-kritische Einleitung in die Biicher des AT hinsichtlich
ihrer Entstehung und Sammlung. I, i u. 2 iibers. von T. Weber; II u. Ill, i
iibers. von C. T. Miiller, Lp. 1 887/94 (holland. 3 Bde, Leiden 1861/65 ; 2 [I III, i]
1887/93). *J. Nikel, Grundrifi der Einleitung in das AT (Lehrbiicher zum
Gebrauch beim theol. Studium), Mstr. i. W. 1924. *A. Schopfer, Geschichte
des AT mit besonderer Riicksicht auf das Verhaltnis von Bibel und Wissen-
schaft, Brixen 1894, 6 Miinchen 1923. E. Sellin, Einleitung in das AT 4 ,
Lp. 1925. W. Staerk, Die Entstehung des AT 2 (Samml. Goschen), Lp. 1912,
Neudruck 1918. C. Steuernagel, Lehrbuch der Einleitung in das AT.
Mit einem Anhang iiber die Apokryphen und Pseudepigraphen (Samml.
theol. Lehrbiicher), Tiib. 1918. Strack (s. o. S. 3 2 ). P. Thomsen, Das AT,
seine Entstehung und seine Geschichte (Aus Natur und Geisteswelt 669),
Lp. 1918. Vigouroux-Bacuez-Brassac (s. o. S. 9 1 ).
I. Teil. Die Biicher des AT
im einzelnen.
5. Literatur zum ganzen AT. Allgemeines.
Kommentare iiber das ganze AT:
10. a) Katholische : Kurzgefafiter wissenschaftl. Commentar zu den Heiligen
Schriften des AT. Auf Veranlassung der Leo-Gesellschaft hrsg. von B. Schafer,
Wien 1901 ff. (bis jetzt Ex, Jos, Sm, Chr, Ezr-Neh, Est, Jer, Thr, Bar, Ez, Dn
Abk. : KwC). Cursus Scripturae sacrae auctoribus R. Comely, J. Knabenbauer,
F. de Hummelauer aliisque Soc. lesu presbyteris (Sectio prima : Libri intro-
ductorii; Sectio altera: Commentarii in VT), P. 1.884 ff. (z. T. in 2. Aufl.; es
fehlen noch 3 und 4 Kg, 2 Par, Ezr Neh, Tob, Jdt, Est und Jer; Abk.: CSs).
In den Etudes bibliques, veroffentlicht von P. Lagrange (P. 19038".), ist auch
ein Kommentar zum ATvorgesehen (bis jetzt Jdc, Sm, Job, Koh, Is, Jer, Kl. Proph.).
Exegetisches Handbuch zum AT, in Verbindung mit Fachgelehrten hrsg. von
J. Nikel (f 1925) und A. Schulz, Mstr. i. W. 1912 ff. (bis jetzt Jos, Sm, Kg, Sap,
Sir, Is Abk.: EH). Die Heilige Schrift des AT iibersetzt und erklart, in Ver-
bindung mit Fachgelehrten hrsg. von F. Feldmann und H. Herkenne, Bonn
1923 ff. (bis jetzt Jos, Jdc mit Ruth, Kg, Prv, Koh, Sir, Ez Abk.: HSAT).
11. b) Akatholische : The Century Bible. Introduction, Revised Version,
notes, maps, Ld. 1904 ff. (Abk.: CB). Biblischer Commentar iiber das AT,
hrsg. von C. F. Keil und Franz Delitzsch, Lp. 1861 ff. (einzelne Bde in meh-
reren Auflagen Abk. : BC). The international critical Commentary on the
Holy Scriptures of the OT, Edinburgh 1895 ff. (Abk. : IcC). Kurzgefafites
exegetisches Handbuch zum AT, von F. Hitzig u. a., Lp. 1838 ff. (Abk.: KeH).
Handkommentar zum AT, hrsg. von W. Nowack, Gott. 1892 ff. (vielfach in
mehreren Auflagen; neuerdings G6ttinger Handkommentar betitelt Abk.:
GHK). Kurzer Hand-Kommentar zum AT, hrsg. von K. Marti, Tub. 1897 ff.
(einige Bde in neuer Aufl. Abk.: KHK). Kommentar zum AT, hrsg. von
E. Sellin, Lp. 1913 (bisher Gn, Dt, Sm, Ps 3 ~ 4 , Jer, Ez, Kl. Proph. Abk. : KAT).
Kurzgefafiter Kommentar zu den Heiligen Schriften des A und NT sowie
zu den Apokryphen, hrsg. von H. L. Strack und O. Zockler, Miinchen 1886 ff.
(einige Bde in neuer Aufl. Abk. : KK). Die Schriften des AT in Auswahl,
neu iibersetzt und fur die Gegenwart erklart von H. Gunkel u. a., Gott. 1909 ff.,
2 1921 ff. (Abk.: SAT). Die Heilige Schrift des AT, in Verbindung mit . . .
iibersetzt von E. Kautzsch, Tub. 1894, 4 hrsg. von A. Bertholet, 1922/23.
Weil die Deuterokanonika des katholischen Kanons bei den Prote-
12 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 12
stanten als apokryph betrachtet warden, finden sich Kommentare zu ihnen
meist getrennt vom AT (s. jedoch KK 9): R. H. Charles, The Apocrypha
and Pseudepigrapha of the OT in English with introductions and critical
and explanatory notes to the several books, Oxford 1913. Kurzgefafites exe-
getisches Handbuch zu den Apokryphen des AT, von O. F. Fritzsche und
W. Grimm, Lp. 1851/60. E. Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen
des AT iibersetzt und hrsg., Frb. i. Br. 1900.
12. Weitere Literatur iiber das ganze AT:
H. Grefimann, Altorientalische Texte und Bilder zum AT, in Verbin-
dung mit A. Ungnad und H. Ranke hrsg., Tub. 1909 ; 2 in Verb, mit E. Ebe-
ling, H. Ranke, N. Rhodokanakis hrsg. 1926. H. Guthe, Kurzes Bibel-
worterbuch, Tub. 1903. M. Ha gen S. J. , Lexicon biblicum (CSs, Pars
prior 4, i), P. 1905/11. J. Hastings, A dictionary of the Bible dealing with
language, literature and contents including the biblical theology, 4 vol. und
i extra volume, Edinburgh 1904 (Abk.: HDB). M. Hetzenauer O. C., Theo-
logia biblica. I. VT, Frb. i. Br. 1908. A. Jeremias, Das AT im Lichte des
alten Orients 3 , Lp. 1916. A. Jirku, Altorientalischer Kommentar zum AT,
Lp. 1923. R. Kittel, Geschichte des Volkes Israel 5 " 6 , Gotha 1923/25.
E. Konig, Theologie des AT, kritisch und vergleichend dargestellt 3 ~ 4 , Stutt-
gart 1922. F. X. Kugler S. J., Im Bannkreis Babels. Panbabylonistische
Konstruktionen und religionsgeschichtliche Tatsachen, Mstr. i. W. 1910.
J. Nik el, Das AT im Lichte der altorientalischen Forschungen (BZF 2, 3 7;
3> 3/4; 5. 31 8, 5/6). E. C. A. Riehm, Handworterbuch des biblischen Alter-
tums fur gebildete Bibelleser 2 , besorgt von F. Baethgen, Bielefeld 1893/94.
E. Schrader, Die Keilinschriften und das AT 3 , neubearbeitet von H. Zim-
mern und H. Winckler, B. 1903. * J. Schuster und J. B. Holzammer, Hand-
buch zur biblischen Geschichte. i. Das AT, von J. Selbst und E. Kalt 8 ,
Frb. i. Br. 1925. * F. Vigouroux, Dictionnaire de la Bible, P. 1895/1912; Sup-
plement public" sous la direction de L. Pirot, P. 1926 ff. (Abk.: VDB).
Zeitschriften s. im Verzeichnis der Abkiirzungen.
Bibliographic: Theologischer Jahresbericht (i [1881] 32 [1912]); Bb, BZ,
ThLbl, ThLz, ThRv, ZatW mit Unterbrechungen).
13.. Die Reihenfolge und Gruppierung der atl Schriften
hat im Laufe der Zeit vielfach gewechselt 1 . Auch jetzt noch
treffen wir einzelne Unterschiede in der Anordnung an.
Im Folgenden werden die Biicher des AT (mit Ausnahme von Makk 2 )
in der Aufeinanderfolge behandelt, wie sie in der amtlichen Vulgata-
ausgabe stehen. Dabei ergibt sich eine in der Hauptsache naturgemafie
Einteilung in geschichtliche Biicher, poetische und Lehrschriften und
Propheten.
1 Siehe unten 200 und 201.
2 Sie sind im Unterschied von der 33, wo sie am Schlufi des AT stehen,
an die geschichtlichen Biicher angereiht worden, welche langere Zeitraume
umfassen.
Nr. 15 A. Die Geschichtsbucher. I. Der Pentateuch. 13
A. Die Geschichtsbucher.
6. Allgemeines.
14. Die Juden haben dem ersten Buch des AT eine besondere
Stellung eingeraumt, well man ihm einen hoheren Grad von
Inspiration zuerkannte, hauptsachlich aber wohl deshalb, weil sein
Inhalt iiberwiegend den Charakter eines Gesetzbuches hat. Da auch
die Gesetze dieses Buches in die geschichtlichen Ereignisse einge-
fiigt sind, kann man den Pentateuch mit den Geschichtsbiichern zu-
sammennehmen. Gn bis 4 Kg stellen in ihrer gegenwartigen
Gestalt eine geschlossene Geschichte von der Schopfung 1 bis
zuni babylonischen Exil (586 v. Chr.) dar. Chr mit Ezr-Neh lauft
dieser Darstellung parallel und fiihrt die Erzahlung weiter bis zur
Wiederherstellung des judischen Gemeinwesens (432 v. Chr.). Erst
die Makk-Bucher schildern wieder einen groCeren abgeschlossenen
Zeitabschnitt (176 135 v. Chr.). Zwischenhinein gehoren die-
jenigen geschichtlichen Biicher, welche bloC von einzelnen Er-
eignissen und Personen oder Familien berichten : Ruth, Jdt, Tob,
Est. Ein rein geschichtliches Buchlein ist auch Jon, das aber
einen Bestandteil des Zwolfprophetenbuches bildet.
1. Der Pentateuch.
7. Name. Literatur.
15. Das erste Buch des AT wurde und wird bei den Juden
Buch des Gesetzes Jahwes (2 Chr 17, 9), Buch des Gesetzes
Moses' (Neh 8, i), Gesetz Jahwes (i Chr 22, 12), Gesetz Mo-
ses' (2 Chr 23, 1 8), schlieBlich einfach Gesetz, "nin (Neh 8, 2;
NT: 6 vouoc; 2 ), und Buch Moses' (Neh 13, i) genannt. Trotz
der alten Fiinfteilung ist es einheitlich angelegt 3 ; nur der erste
und letzte Teil, Gn und Dt, haben einen abgeschlossenen Inhalt,
1 Die judische Weltara, welche sich auf die Zeitangaben des AT stiitzt,
zahlt 1927 als das Jahr 5688 seit der Schopfung ('p 'A r/s-r* = 688 nach
der kleinen Zahlung [lap tsis^], d. i. ohne die Tausende); vgl. E. Mahler, Hand-
buch der judischen Chronologic (Schriften, hrsg. von der Ges. z. Ford. d. Wiss.
d. Judent.), Lp. 1916, 592.
2 Auch Name fur das ganze AT; z. B.Jo 12, 34.
3 Uber den sog. Hexateuch = Gn Jos vgl. unten 22.
I A I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 16
sind aber jetzt, besonders Dt, auch formell mit den iibrigen Teilen
verbunden. Die Fiinfteilung ist seit Philo (*f* 40 n. Chr. ; vgl.
De Abrah. i) bezeugt. Sie erfolgte wohl aus lese- und buch-
technischen, kaum aus symbolischen Griinden. Daraus entstand
der Name r| TcevTaTeuxoq (sc. pt^Xog) = ein Buch in einem Be-
halter mit fiinf Rollen, bezeugt durch Ptolemaus, Epistola ad
Floram (bei Epiphanius, Adv. haer. 33, 4 [M ff 41, 560]), Penta-
teuchus (Tertullian, Adv. Marc, i, 10 [M 1 2, 282]), der Penta-
teuch*. Zusammen mit dem Titel Buch Moses' ergab die
Teilung den Namen die fiinf Biicher Moses' (Rufinus, Hiero-
nymus), talmudisch die fiinf Fiinftel des Gesetzes (z. B. b. Sanh.
f. 44 a ; vgl. auueo~cpeKtubeiju [= das Fiinftel der Zahlungen] bei
Origenes in Ps i [Eusebius, Hist. eccl. 6, 25, 2]). Die 35 hat die
Namen der einzelnen Biicher : Genesis (= Gn), Exodus (= Ex),
Leviticus (== Lv), Numeri (= Nm), Deuteronomium (= Dt), aus
der ubernommen, sie latinisiert oder iibersetzt. Daneben setzt
sie die hebraischen Bezeichnungen in Umschrift: Beresith, Veelle
semoth, Vaicra, Vaiedabber, Elle hadebarim, Anfangsworte der
Biicher, mit welchen die Juden Verweise einleiteten 1 , und die aus
dem Prologus galeatus des Hieronymus (Vorrede zur 35-Uber-
setzung von Rg) herriihren.
16. Kommentare zu den Biichern des Pentateuchs:
B. Baentsch, Ex-Lv-Nm iibersetzt und erklart (GHK i, 2), Gott. 1903.
A. Bertholet, Lv erklart (KHK 3), Frb. i. Br. 1901. Ders., Dt erklart
(KHK 5), Frb. i. Br. 1899. Frz. Delitzsch, Neuer Kommentar iiber die Gn,
Lp. 1887. C.DierO.Pr., Genesis iibersetzt und erklart, Pad. 1914. S. R. Driver,
A critical and exegetical commentary on Dt (IcC), Edinburgh 1895. G. B. Gr ay,
A critical and exegetical commentary on Nm (IcC), Edinburgh 1903. H. G unkel,
Gn iibersetzt und erklart (GHK I, i), Gott. 1901, 4 1917. M. Hetzenauer O. C.,
Commentarius in librum Genesis, Graz 1910. *G. Hoberg, Die Gn nach dem
Literalsinn erklart 2 , Frb. i. Br. 1908. D. Hoffmann, Das Buch Lv erklart,
B. 1905/6. Ders., Das Buch Dt iibersetzt und erklart, I, B. 1913, II 1922. H. Hol-
zinger, Gn erklart (KHK i), Frb. i. Br. 1898. Ders., Ex erklart (KHK 2),
Frb. i. Br. 1900. Ders., Nm erklart (KHK 4), Frb. i. Br. 1903. F.deHummel-
auerS. J., Commentarius in Genesim (CSs), P. 1895. Ders., Commentarius
in Ex et Lv (CSs), P. 1897. Ders. , Commentarius in Nm (CSs), P. 1899. Ders.,
Commentarius in Dt (CSs), P. 1901. A. R. S. Kennedy, Lv and Nm. Introduc-
tion, Revised Version, with notes, index and map (CB), Ld. 1910. A. Knobel,
Die Gn, 6 von A. Dillmann (KeH), Lp. 1892. Ders., Ex-Lv, 3 von V. Ryssel (KeH),
Lp. 1897. Ders., Nm, Dt, Jos, 2 von A. Dillmann (KeH), Lp. 1886. E. K6-
1 Nm wurde auch "IIHM, Dt n^ an genannt.
Nr. 1 8 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 15
nig, Die Gn eingeleitet, iibersetzt und erklart, Giitersloh 1919, 2 ~ 3 1925-
Ders., Das Dt eingeleitet, iibersetzt und erklart (KAT 3), Lp. 1917.
A. M c N e i 1 e , The book of Ex with introduction and notes (Westminster
Commentary), Ld. 1908. M. Murillo S. J., El Genesis precedido de una
introduction al Pentateuco (Splb), Rom 1914. * B. Neteler, Das Buch
Gn der 35 und des hebraischen Textes iibersetzt und erklart, Mstr. i. W. 1905.
S. Oettli, Das Dt und die Biicher Jos und Richt ausgelegt (KK A2), Miin-
chen 1893. O. Procksch, Die Gn iibersetzt und erklart (KAT i), Lp. 1913,
2 ~ 3 1924. J. Skinner, Acritical and exegetical commentary on Gn(IcC), Edin-
burgh 1910. C. Steuernagel, Das Dt iibersetzt und erklart (GHK I, 3, i),
Gott. 1898, 2 1923. H. L. S track, Die Biicher Gn, Ex, Lv und Nm ausgelegt
(KK Ai), Miinchen 1894 (Gn 2 1905). *A. Tappehorn, Erklarung der Gn,
Pad. 1888. *J. Weifi, Das Buch Ex iibersetzt und erklart, Graz 1911.
8. Inhalt des Pentateuchs.
17. Der geschichtliche Rahmen des Pentateuchs umspannt die
Zeit von der Erschaffung der Welt bis zum Tode des Moses (um
1400 v. Chr.). Ex Dt haben das Gesetz des Moses zum Haupt-
inhalt, wenn es auch in die Geschichte des Auszugs aus Agypten
eingegliedert ist.
Der Inhalt der einzelnen Biicher ist folgender l :
18. Genesis (Name wohl von fevem? [= rriny^] Gn 2, 4 abzuleiten)>
erstreckt sich auf die Geschichte von der Erschaffung der Welt bis zum
Tode des Joseph, a) Die Urgeschichten (i, i n, 9): Schopfung
(i, i 2, 3 2 ). Erschaffung der Welt, des Adam, des Paradieses und des
Weibes (2, 4 25). Siindenfall (3, i 24 s ). Geschichte der Menschen
vor der Siindflut: Kain und Abel mit den Abkommlingen des Kain
und des Seth (unvollstandig) (4, i 26), die Nachkommen des Seth
(5, i 3 1 4 ), Ehen der Gottessohne mit den Menschentochtern (6, i 4).
Die Siindflut (6, 5 9, 17). Segen und Fluch des Noe (9, 18 29). Die
Volkertafel (10, i 32). Der Turmbau von Babel und die Sprachver-
wirrung (n, i 9). b) Die Geschichte der Patriarchen Ab-
1 Die Inhaltsangabe ist so gestaltet, daC Unebenheiten im Zusammen-
hang und neue Einsatze, besonders bei Gesetzen erkennbar werden.
2 Vgl. F. v. Hummelauer S. J., Nochmals der biblische Schopfungsbericht
(BSt 3, 2), Frb. i. Br. 1898; *N. Peters, Glauben und Wissen im ersten
biblischen Schopfungsbericht (Gn i, I 2, 3), Pad. 1907; V. Zapletal O. Pr.,.
Der Schopfungsbericht der Genesis (i, i 2, 3) mit Beriicksichtigung der
neuesten Entdeckungen und Forschungen 2 , Regensburg 1902.
8 Vgl. EBK vom 30. Juni 1909 : De charactere historico priorum capitum
Geneseos (D. U 2i2i 2128). *J. Nikel, Der geschichtliche Charakter von
Gn i 3 (Weidenauer Studien 3, Wien 1909, I 75).
4 Vgl. S. Euringer, Die Chronologic der biblischen Urgeschichte (Gn 5,
und 11) (BZF 2, n), Mstr. i. W. 1909.
1 6 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 18
raham 1 , Isaak und Jakob (n, 10 36, 43): Die Nachkommen des
Sem bis auf Terach, den Vater Abrahams (n, 10 32 2 ). Abraham
lafit sich in Kanaan nieder (12, i 9). Abraham mit Sara in Agypten,
der Pharao nimmt ihm Sara, Gott straft ihn dafiir (12, 10 20). Abra-
ham und sein Brudersohn Lot trennen sich (13, i 18). Kriegszug gegen
vier Konige des Ostens zur Zeit Amraphels (= Hammurabi), Melchi-
sedech (14, i 24 3 ). Gott schliefit mit Abraham einen Bund (15, i 21).
Hagar wird die Nebenfrau des Abraham; ihr Sohn Ismael (16, i 16).
Abraham und Sara werden umbenannt, die Beschneidung wird eingesetzt
(17, i 27). Gottes Besuch bei Abraham, Verheifiung eines Sohnes, Fiir-
bitte Abrahams fur Sodom (18, i 33). Sodom wird zerstort, Lot'ge-
rettet; Moab und Ammon entstammen der Blutschande (19, i 38).
Abimelech, Konig von Gerar, nimmt Abraham sein Weib; Gott straft
ihn (20, i 18). Isaak wird geboren, Ismael vertrieben (21, i 21).
Streit mit Abimelech urn einen Brunnen bei Beerseba (21, 22 34).
Gott fordert Isaak als Opfer auf dem Berg Moria (22, i 19). Nach-
kommen des Nachor, des Bruders Abrahams (22, 20 24). Sara stirbt;
Abraham erwirbt fur sie ein Erbgrab in Hebron (23, i 20). Abrahams
Knecht Elieser wirbt fur Isaak um die Rebekka aus der Familie des
Nachor (24, i 67). Abrahams Nachkommenschaft aus Ketura; sein
Tod; Ismaels Nachkommen (25, i 18). Isaaks Zwillingssohne sind
Esau und Jakob. Letzterer erkauft von dem alteren Esau das Recht
der Erstgeburt (25, 19 34). Isaak zieht wegen Hungersnot nach Gerar
und gibt sein Weib als Schwester aus; Streitigkeiten um Brunnen (Beer-
seba) (26, i 33). Frauen des Esau (26, 34!".). Jakob bringt den Esau um
den Erstgeburtssegen (27, i 46). Infolgedessen mufi Jakob fliichten;
Gesicht der Himmelsleiter in Betel (28, i 22). Er dient beim Bruder-
sohn des Abraham, Laban, um Lea und Rachel (29, i 30). Jakobs
Kinder von Lea und Rachel (29, 31 30, 24). Jakob kommt mit Laban
wegen des Lohnes uberein ; er kehrt nach Kanaan zuriick ; Laban ver-
folgt ihn und schliefit einen Vergleich (30, 25 32, i). Jakob bereitet
sich fur eine Begegnung mit Esau vor; nachtlicher Kampf mit einer
Gotteserscheinung ; er erhalt den Namen Israel (32, 2 33). Jakob
kommt mit Esau zusammen; sie gehen in Frieden auseinander (33, i
bis 20). Jakobs Tochter Dina wird von Sichem entehrt; die Briider
rachen sich durch Uberfall und Mord (34, i 30). Benjamin, der
jiingste Sohn Jakobs, wird geboren, seine Mutter Rachel stirbt; die
12 Sohne Jakobs; Isaaks Tod (35, i 29). Nachkommenschaft des
Esau (36, i 43). c) Geschichte des Joseph (37 50): Josephs
1 Vgl. P. Dornstetter, Abraham. Studien uber die Anfange des hebraischen
Volkes (BSt 7, 1/3), Frb. i. Br. 1902. .
2 Vgl. Euringer (s. o. S. is 4 ).
3 Die Geschichtlichkeit leugnet J. Meinhold, i Mose 14. Eine historisch-
kritische Untersuchung (22. Beih.z. ZatW), Giefien 1911. Anders P. Dhorme,
Hammourabi-Amraphel (Rb N. S. 3, 205226) ; E. Sellin, Melchisedek. Ein
Beitrag zu der Geschichte Abrahams (NkZ 16, 929 951).
Nr. 19 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 17
Traume; er wird nach Agypten verkauft (37,135)- Onan, Judas Sohn,
und seine Siinde an Tamar; Judas Siinde mit Tamar, seiner Schwieger-
tochter (38, 130). Joseph in Potiphars Haus; dessen Weib will ihn
verfiihren und bringt den Widerstrebenden ins Gefangnis (39, i 23).
Dort deutet Joseph die Traume, welche der Mundschenk und der Mund-
backer des Pharao hatten (40, 123). Er deutet auch Pharaos Traume
iiber erne kommende Hungersnot; er wird erhoht und iiber die Ver-
waltung Agyptens gesetzt (41, 157). Josephs Briider kommen infolge
der Hungersnot nach Agypten. Joseph gibt sich ihnen zu erkennen.
Jakobs Familie zieht nach Agypten und wohnt im Lande Gosen (42, i
bis 46, 34). Jakob und Pharao. Joseph fiihrt ein Lehenssystem ein
(47, i 31). Jakob adoptiert Josephs Sohne (48, i 22). Jakobs Segen
iiber seine Sohne und sein Tod (49, 132). Begrabnis Jakobs in Ka-
naan. Josephs Tod in Agypten (50, 125).
19. Exodus (Name daher, dafi Kap. i 15 vom Auszug aus Agypten
erzahlen): Nach dem Tode des Joseph vermehrt sich die Familie
des Jakob und wird von den Agyptern bedriickt und verfolgt (i, i
bis 22). Moses wird gebqren, wird von der Tochter Pharaos auf-
gezogen, erschlagt einen Agypter und flieht zu Jetro, dem Priester
von Midian (2, i 25). Gott erscheint ihm im brennenden Dorn-
busch, offenbart seinen Namen Jahwe und sendet ihn zur Befreiung
des Volkes aus der agyptischen Knechtschaft (3, i 22). Moses, er-
mutigt durch gottliche Wunderzeichen, kehrt nach Agypten zuriick.
Auf dem Wege hat er ein Begegnis mit Jahwe und geht mit seinem
Bruder Aaron zum Volke (4, i 30). Sie treten vor Pharao und fordern
Freilassung des Volkes. Es folgt noch hartere Bedriickung (5, i 23).
Gott offenbart sich dem Moses unter dem neuen Namen Jahwe und
sendet ihn zur Befreiung des Volkes. Stammbaum des Aaron und Moses
(6, i 30). Agypten wird mit Plagen geschlagen, um es zur Freilassung
des Volkes Israel zu zwingen (Kap. 7 n). Gesetz iiber die Paschafeier
(12, i 20). Moses befiehlt seinem Volke das Paschamahl und kiindigt
den Tod der agyptischen Erstgeburt an; diese letzte Plage erwirkt dem
Volke die Entlassung (12, 21 42). Weitere Bestimmungen iiber das
Paschafest; Herausfiihrung des Volkes aus Agypten (12, 43 51). Die
Weihe der Erstgeburt (13, i 16). Das Volk zieht aus 1 und durch das
Rote Meer; die Agypter, welche Israel verfolgen, gehen unter (13, 17
bis 14, 31). Das Meerlied des Moses (15, i 18). Mirjams Lied (15, 19
bis 21). Das Volk kommt nach Mara; Moses macht das bittere Wasser
von Mara siifi (15, 22 26). Uber Elim (15, 27) kommt Israel am 15.
des 2. Monats nach dem Auszug in die Wiiste Sin und erhalt das Manna
und die Wachteln(i6, i 36). In Raphidim gibt Gott dem Volke Wasser
aus einem Felsen am Horeb (17, i 7). Durch Moses' Gebet siegt Israel
unter Josues Fiihrung iiber Amalek (17, 8 16). Jetro kommt zu Moses
und opfert mit ihm Jahwe (18, i 12). Auf Jetros Rat stellt Moses
1 Vgl. K. Miketta, Der Pharao des Auszuges. Eine exegetische Studie
zu Ex i 15 (BSt 8, 2), Frb. i. Br. 1903.
Ooettsberger, Einleitvmg in das AT. 2
ig I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 19
Mitarbeiter auf in der Leitung des Volkes (18, 13 27). Genau nach
3 Monaten gelangt Israel zum Berg Sinai, verpflichtet sich Gott gegen-
iiber und riistet sich, die Offenbarung vom Sinai zu empfangen (19, i
bis 25). Gott verkiindet die Zehn Gebote (20, i 17). Das Volk wiinscht
Moses als Vermittler der Offenbarung (20, 18 20). Moses erhalt auf
dem Sinai eine Reihe von Gesetzen tiir das Volk (20, 21 23, 19). Ver-
heifiungen und Vorschriften fur den Zug zum Gelobten Lande (23, 20
bis 33). Moses verkiindet die geoffenbarten Sinaigesetze, schreibt sie
in ein Buch (Bundesbuch 24, 7 = 20, 22 23, 19) und schliefit
feierlich einen Bund zwischen Jahwe und dem Volke (24, i 8). Moses
darf mit Auserwahlten Gott schauen (24, 9 n). Moses weilt vierzig
Tage und vierzig Nachte auf dem Berge (24, 12 18). Jahwe befiehlt
dem Moses, daft die Israeliten Gaben darbringen (25, i 7). Sie sollen
ein Heiligtum fur Jahwe errichten (25, 8f.), eine Lade (25, 10 22),
einen Tisch fur die Schaubrote (25, 23 30), einen siebenarmigen Leuchter
(25, 31 40), ein Zelt (26, i 30) mit einem Vorhang (26, 3137), einen
Altar (27, i 8), einen Vorhof (27, 9 19) herstellen und Ol fur den
Leuchter darbringen (27, 20 f.). Moses soil fur Aaron und seine Sohne
Priesterkleider fertigen lassen (28, i 5), Brustkleid (28, 6 14), Brust-
schild (28, 15 29) mit Urim und Tummim (28, 30), Rock (28, 31
bis 35), Stirnblatt(28, 36 38), Leibrock(28, 39 41), Beinkleider(28, 42!".).
Er soil sie zu Priestern weihen mit Einkleidungszeremonien und Opfern
(29, i 35), den Altar entsiindigen (29, 36 f.) und das standige Brandopfer
einrichten (29, 38 42). Darin (29, 43) will Jahwe wohnen (29, 43 46).
Er soil einen Raucheraltar herstellen (30, i 10). Jahwe befiehlt dem
Moses Abgabe eines Siihnegeldes bei der Zahlung des Volkes (30, n
bis 1 6). Jahwe ordnet die Herstellung des ehernen Beckens an (30, 17
bis 21). Jahwe ordnet das heilige Salbol an fur Dinge und Personen
(30, 22 33). Jahwe ordnet das Raucherwerk an (30, 34 38). Jahwe
beruft Bezal'el und andere zur Verfertigung der heiligen Gegenstande
(31, i n). Jahwe scharft den Sabbat ein (31, 12 17). Jahwe iibergibt
darauf dem Moses auf dem Berge Sinai die zwei steinernen Tafeln
(31, 1 8). Bei der Rtickkehr vom Berge Sinai findet Moses das Volk
bei der Anbetung des goldenen Kalbes, zerschmettert die steinernen
Tafeln und straft das Volk (32, i 35). Jahwe droht, nicht mit dem
Volke zum Gelobten Lande zu ziehen (33, i 6). Bericht, wie Moses
mit Jahwe verkehrte (33, 7 n). Jahwe verspricht auf Bitten des Moses,
selbst mit dem Volke zu ziehen (33, 12 17). Moses wird der Gott-
schauung gewiirdigt, muft die zwei Tafeln wiederherstellen, erhalt den
Auftrag, Gesetze, die er wahrend des vierzigtagigen Aufenthaltes auf
dem Sinai erhalt, zu verkiinden und auf Grund derselben einen Bund
zu schliefien (33, 18 34, 28). Moses' Antlitz wird leuchtend (34, 29
bis 35). Moses verkiindet das Sabbatgebot (35, i 3 *). Moses fordert
1 Kap. 35 40 zahlen im wesentlichen die gleichen Gegenstande auf wie
Kap. 25 31, aber in anderer Anordnung. 36, 8 39, 43 gibt (nur wenige
Zeugen folgen hierin dem 9It) in einer eigenen Reihenfolge.
Nr. 20 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. IQ
auf, Gaben darzubringen (35, 4 9) und die heiligen Gerate herzustellen
(35> I0 1 9)- -^ e I srae li ten bringen ihre Gaben (35, 20 29). Moses
gibt die Berufung und Begnadigung des Bezal'el kund (35, 30 35).
Bezal'el mit seinen Genossen macht sich an die Arbeit, es werden
zu reichliche Gaben gebracht (36, i 7); sie fertigen das heilige Zelt
(36, 8 38), die Bundeslade (37, i 9), den Schaubrotetisch (37, 10 16
den siebenarmigen Leuchter (37, 17 24), den Raucheraltar (37, 25 28
das Salbb'l und Raucherwerk (37, 29), den Brandopferaltar (38, i 7
das eherne Becken (38, 8), den Vorhof (38, 9 20). Berechnung des
Aufwandes fur das Zelt des Zeugnisses (38, 21 31). Sie verfertigen
die Priesterkleider (39, i), das Brustkleid (39, 2 7), das Brustschild
(39, 8 21), den Rock (39, 22 26), die Leibrocke mit Kopfbund und
Giirtel (39, 27 29), das Stirnblatt (39, 30 f.). Die fertiggestellten Gegen-
stande bringen die Israeliten einzeln dem Moses dar (39, 32 43). Jahwe
befieh.lt im einzelnen die Aufrichtung und Einrichtung des heiligen
Zeltes und die Weihe der Priester (40, i 15). Moses fiihrt den Auftrag
im einzelnen aus (40, 16 33). Die Herrlichkeit Jahwes lafit sich auf
dem heiligen Zelt nieder und begleitet das Volk auf seiner Wanderung
(40, 34 3 8 )-
20. Leviticus (sc. liber; ein grofier Teil handelt vom Dienst der
Leviten): Jahwe gibt vom Zelt der Zusammenkunft aus Gesetze iiber
(Tier-)Opfer (i, i 17), Speiseopfer (2, i 16), Heilso'pfer (3, i 17), ein
Gesetz iiber das Siindopfer (4, i 35), Schuldopfer (5, i 19), ein Gesetz
iiber Wiedererstattung des Veruntreuten und Schuldopfer (5, 20 26), ein
Gesetz iiber das Brandopfer (6, i 6), Speiseopfer (6, 7 n), ein Gesetz
iiber das Speiseopfer Aarons (6, 12 16), ein Gesetz iiber das Siindopfer
(6, 17 23), Schuldopfer (7, i 10), Heilsopfer (7, n 21). Jahwe gibt
ein Speisegesetz iiber Fett und Blut (7, 22 27). Jahwe gibt eine Fort-
setzung des Gesetzes iiber das Heilsopfer (7, 28 36). Der Schlufi er-
klart die Tora iiber die voraus (Kap. 6 7 || Kap. i 5) im einzelnen
geordneten Opfer als Gesetze, geboten auf dem Berge Sinai , in der
Wiiste Sinai (7, 37 f.). Moses weiht Aaron und seine Sohne zu Priestern
(8, i 36), und sie bringen die ersten Opfer dar (9, i 24). Vergehen und
Strafe der Sohne Aarons (10, i 7). Weinverbot an Aaron (10, 8 n).
Moses gibt Aaron und seinen Sohnen Anweisungen iiber die Opfer (10, 12
bis 15) und riigt ein Versehen (10, 16 20). Jahwe gibt durch Moses und
Aaron ein Gesetz iiber die unreinen Tiere (n, i 47), ebenso durch Moses
ein Gesetz iiber die Unreinheit bei der Geburt (12, i 8), ebenso durch
Moses und Aaron ein Gesetz iiber den Aussatz (13, i 59). Jahwe gibt
Moses ein Gesetz iiber Reinigung vom Aussatz (14, i 32). Jahwe gibt
Moses und Aaron ein Gesetz iiber den Aussatz am Hause (14, 33 53).
Abschlufi zu Kap. 13 und 14 (14, 54 57). Jahwe gibt durch Moses
und Aaron ein Gesetz iiber Unreinheit und Reinigung beim Manne
und beim Weibe (15, i 33). Jahwe gibt durch Moses fur Aaron Vor-
schriiten iiber den Versohnungstag (16, i 34). Jahwe gibt durch Moses
ein Gesetz iiber den Opferort (17, i 9) und iiber den Blutgenufi (17, 10
bis 16). Jahwe gibt durch Moses Ehegesetze (18, i 30). Jahwe gibt
2O I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 21
dutch Moses verschiedene Vorschriften (19, i 37). Jahwe gibt durch
Moses verschiedene Strafvorschriften (20, i 27). Jahwe gibt durch
Moses Gesetze fur die Priester (21, i 24). Jahwe gibt durch Moses
weitere Gesetze fur die Priester (22, i 16; 22, 17 25; 22, 26 33).
Jahwe gibt durch Moses ein Gesetz iiber die Feste (23, i 8), ein Gesetz
iiber Erntefeste (23, 9 22), ein Gesetz iiber das Fest des Trompeten-
blasens (23, 23 25), ein Gesetz iiber den Versohnungstag (23, 26 32),
ein Gesetz iiber das Laubhiittenfest(23, 33 44). Jahwe gibt durch Moses
Vorschriften iiber Licht im Heiligtum und iiber Schaubrote (24, i 9).
Ein Gotteslasterer wird gesteinigt und ein Gesetz iiber Gotteslasterer
gegeben (24, 10 23). Jahwe gibt durch Moses auf dem Berge Sinai
ein Gesetz iiber Sabbat und Jubeljahr (25, i 55) mit anschliefienden
allgemeinen Vorschriften (26, i f.) und stellt Segen fiir Erfiillung und
Fluch fiir Ubertretung der Gesetze in Aussicht (26, 3 45). Abschlufi
zu den Gesetzen vom Sinai (26, 46). Jahwe gibt durch Moses ein Gesetz
iiber Geliibde und Zehnten (27, i 33). Abschlufi zu den Gesetzen vom
Sinai (27, 34).
21. Numeri (so genannt wegen der Zahlungen Kap. iff. und 26):
Jahwe befiehlt die Zahlung der israelitischen Manner; sie wird nach
Stammen ausgefiihrt (i, i 54). Jahwe gibt durch Moses und Aaron
eine Lagerordnung (2, i 34). Das Geschlecht des Aaron (3, i 4).
Jahwe bestimmt durch Moses die Leviten zum Dienste fiir die Priester
und das Volk (3, 5 10). Jahwe teilt mit, dafi er die Leviten an Stelle
der Erstgeburt genommen habe (3, n 13). Jahwe befiehlt dem Moses
die Zahlung der Leviten fiir Lagerordnung und Dienst am Heiligtum
(3, 14 39). Jahwe befiehlt die Zahlung der Erstgebornen (3, 40 43).
Jahwe ordnet den Austausch mit den Leviten an (3, 44 51). Jahwe lafit
die Leviten zahlen fiir die Fortschaffung des Heiligtums und seiner
Gerate (4, i 49). Jahwe trifft durch Moses je gesondert eingeleitete
Anordnungen iiber die Aussatzigen (5, i 4), iiber Wiedererstattung (5, 5
bis 10), iiber das Eiferopfer (5, n 31), iiber das Nasiraergeliibde (6, i
bis 21), iiber den Segen Aarons (6, 22 27). Am Tage, da Heiligtum
und Altar vollendet waren, opfern dieFiirsten Weihegeschenke(7, i 88).
Bericht, wie Moses mit Jahwe im Zelt der Zusammenkunft redet (7, 89).
Jahwe gibt eine Anordnung iiber dieLampen am Leuchter(8, i 4). Die
Reinigung der Leviten wird von Jahwe aufgetragen und von Moses und
dem Volke ausgefiihrt (8, 5 22). Jahwe bestimmt die Dienstzeit der Le-
viten (8, 23 26). Am 14. Tage des i. Monats im 2. Jahre nach dem Aus-
zug halt Israel auf Jahwes Befehl Pascha (9, i 5). Jahwe bestimmt, wie
bei Verhinderung das Paschafest nachzufeiern ist (9, 6 14). Die Wolke iiber
der Wohnung( Jahwes) bestimmt von dem Tage an, da sie erschien, Wande-
rung und Rast beim Zuge des Volkes (9, 15 23). Jahwe befiehlt dem
Moses, zwei Trompeten zu fertigen, welche bei Versammlung, Auf bruch,
spa'ter bei Krieg und an Festen gebraucht werden sollen (10, i 10).
Am 20. Tage im 2. Monat des 2. Jahres nach dem Auszug wandert
Israel in geordnetem Zuge unter Leitung des Hobab, des Schwagers
des Moses, und Fiihrung der Lade in die Wiiste Pharan (10, n 36).
Nr. .21' A. Die Geschichtsbiicher. i.'.Der Pentateuch. 21
Jahwe straft das klagende Volk durch einen Lagerbrand (n, i 3).
Das Volk wird des Mannas iiberdriissig und verlangt nach Fleisch
(u, 4 9). Jahwe gibt dem Moses die 70 Altesten bei, um die Last
der Volksfuhrung zu teilen, und sendet Wachteln ; eine Plage trifft die
Liisternen (n, 10 34). Das Volk zieht nach Haserot (n, 35 [35 34 b ]).
Mirjam und Aaron widersetzen sich dem Moses; Mirjam wird mit
dem Aussatz gestraft (12, i 15). Von der Wiiste Pharan aus lafit
Jahwe durch Kundschafter das Land Kanaan ausforschen; sie be-
richten Ungiinstiges (12, 16 [33 13, i] 13, 33 [3334]). Das verzagte Volk
wird von Jahwe mit Ausnahme von Kaleb zum Absterben in der
Wiiste verurteilt (14, i 25). Das Volk wird von Jahwe zu vierzig-
jahriger Wiistenwanderung verurteilt, die Kundschafter mit Ausnahme
von Raleb und Josue mit dem Tode bestraft (14, 26 38). Das Volk
versucht in Kanaan einzudringen, wird aber geschlagen (14, 39 45).
Jahwe gibt durch Moses Vorschriften iiber das Speiseopfer als Zu-
gabe zu verschiedenen Opfern (15, i 16), ein Gesetz iiber Siihne
bei Versehen (15, 17 31), verhangt die Steinigung iiber einen Sabbat-
schander (15, 32 36), schreibt Quasten fur die Kleider als Mahn-
zeichen vor (15, 37 41). Korah und seine Rotte, Datan und Abiram
emporen sich gegen Moses und werden von der Erde verschlungeii
(.16, i 35); ihre Rauchfasser miissen zu Beschlagen des Altars ver-
wendet werden (17, i 5 [33 16, 36 40]). Die murrende Gemeinde
wird mit einer Plage heimgesucht; Aaron wehrt ihr durch Rauche-
rung (17, 6 15 [33 16,41 50]). Aaron wird durch den griinenden Stab
von Jahwe auserwahlt (17, 16 26 [35 17, i n]). Die Israeliten klagen
iiber das Dahinsterben (17, 27 f. [33 17, 12 f.]). Jahwe gibt Aaron Anwei-
sungen iiber das Priestertum und die Leviten (18, i 7), iiberweist Aaron
Opferanteile (18, 8 19), bestimmt fur die Leviten den Zehnten (18, 20
bis 23). Jahwe befiehlt durch Moses und Aaron, ein Reinigungswasser
herzustellen, das bei Befleckung durch einen Leichnam dienen sollte (19,1
bis 22). Zu Kades in der Wiiste Zin stirbt Mirjam (20, i). Israel erhalt
Wasser aus dem Felsen; Moses und Aaron werden wegen ihres Zweifels
vom Einzug ins Gelobte Land ausgeschlossen (20, 2 13). Edom ver-
weigert Israel den Durchzug (20, 14 21). Aaron stirbt auf dem Berge
Hor (20, 22 29). Kampf und Sieg gegen den Konig von Arad in
Kanaan (21, i 3). Das murrende Volk wird durch feurige Schlangen
gestraft, durch die eherne Schlange geheilt (21, 4 9). Nach einer Reihe
von Lagerstationen (21, 10 20) besiegt Israel Sihon, den Konig der
Amoriter (21, 21 32), und c Og; den Konig von Basan (21, 33 35).
Balak, der Konig der Moabiter, dingt den Biram, Israel zu verfluchen ;
dieser wird durch den Engel Jahwes gezwungen/ zu segnen, und weis-
sagt einen Stern aus Jakob (22, i 24, 25). Die Midianiter verfiihren
Israel zum Gotzendienst ; das Volk wird dafiir gestraft (25, i 18). Israel
wird nach Stammen gezahlt, um das Gelobte Land gleichmafiig verteilen
zu konnen (26, i 65). Erbtochter beanspruchen ein Erbe; das Erb-
recht wird von Jahwe geregelt (27, i n). Jahwe kiindigt Moses den
Heimgang an; er mufi Josue als Nachfolger aufstellen (27, 12 23).
22 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 22
Opfer und sonstige gottesdienstliche Verrichtungen warden von Jahwe
durch Moses aufgetragen an jedem Tage, an Sabbaten, Neumonden, am
Tage der Erstlinge, am Posaunentag, am 10., am 15. und den folgenden
Tagen des 7. Monats (28, i 29, 39). Moses verkiindet das Recht des
Vaters und des Mannes, Geliibde der Tochter und des Weibes fiir
nichtig zu erklaren (30, i 17). Die Midianiter werden zur Strafe fur die
Verfiihrung mit Krieg iiberzogen (31, i 12). Vorschriften iiber Totting
der Weiber der feindlichen Volker und iiber Entsiindigung der Krieger
(31,13 24). Die Kriegsbeute lafit Jahwe an die Krieger, das Volk, die
Leviten verteilen ; dieKrieger bringen von der Beute freiwillige Geschenke
fur das Zelt der Zusammenkunft dar(3i, 25 54). Die Stamme Ruben, Gad
und halb Manasse erbitten und erhalten Wohngebiete im Ostjordanlande,
miissen aber an der Eroberung von Kanaan teilnehmen (32, i 42). Die
Lagerstationen der Israeliten wahrend des Wiistenzuges werden auf-
gezahlt (33, i 49). Jahwe gibt in der Ebene der Moabiter durch Moses
Anordnungen fiir die Eroberung und Verteilung von Kanaan (33, 50 56);
er bestimmt die Grenzen des Gebietes fiir die neuneinhalb Stamme
(34, i 15); er stellt die Leiter fur die Verteilung auf (34, 16 29); er
fordert Abgabe von Stadten fiir die Leviten (35, i 8); er befiehlt die
Auswahl von Freistadten fiir unfreiwillige Totschlager, stellt Regeln
fiir die Blutrache auf (35, 9 34). Moses bestimmt im Auftrage Jahwes,
dafi Erbtochter nicht aufierhalb des Stammes heiraten diirfen, um das
Stammesgebiet unversehrt zu erhalten (36, i 13).
22. Deuteronomium (so genannt, weil inhaltlich und nach der
Geschichtsdarstellung des Pentateuchs ein zweites Gesetz aufier dem
Sinaigesetz; vielleicht ist der Name aus Dt 17, 18: rrrntt "Vf?, beu-
Tepovouiov, abzuleiten): Im 40. Jahre (der Wiistenwanderung), am i. Tage
des ii. Monats, jenseits des Jordans in der Wiiste redete Moses
zum Volke Israel alles, was Jahwe ihm aufgetragen hatte (i, i 4).
Moses fing an, dieses Gesetz auszulegen (i, 5), hielt eine Mahnrede
(i, 6 4, 40), in der er das Volk an die vergangenen Erlebnisse erinnerte,
wie Jahwe zum Auf bruch vom Horeb nach dem Gelobten Lande mahnte
(i, 6 8), wie Moses Richter iiber das Volk aufstellte (i, 9 18; vgl.
Ex 1 8, i3ff.), wie das Volk kleinmiitig wurde nach dem Bericht der
Kundschafter und die lebende Generation den Tod in der Wiisten-
wanderung erleiden mufite (i, 19 40; vgl. Nm 14), wie das Volk eine
Niederlage erlitt (i, 41 46; vgl. Nm 14, 39 ff.), wie sie um das Gebirge
Seir und durch Edom zogen (2, i 8; vgl. Nm 20, 146.), wie sie mit
Moab in Frieden auskommen mufiten (2, 9 15; vgl. Nm 226.), ebenso
mit Ammon (2, 16 2.3); den Durchzug verweigerte erst Sihon, Konig
der Amoriter, der besiegt wurde (2, 24 37; vgl. Nm 21, 2 iff.); ebenso
geschah es mit c Og, Konig von Basan (3, i n; vgl. Nm 21, 33 if.).
Moses erinnert auch an die Besiedlung des Ostjordanlandes durch zwei-
einhalb Stamme (3, 12 22; vgl. Nm 32); Jahwe habe Moses' Bitte um
Einlafi ins Gelobte Land abgewiesen ; er habe ihm nur gestattet, es von feme
zu sehen (3, 23 28; vgl. Nm 27, i2ff.). Moses erinnert an die Gesetz-
gebung am Sinai, warnt vor dem Gotzendienst (4, i 40; zu 16 18 u. 23
Nr. 22 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 23
vgl. Ex 20, 4 23; 34, 17; Lv 19, 4; 26, i). Bericht dariiber, dafi Moses
drei Freistadte im Ostjordanlande bezeichnet habe (4, 41 43; vgl.
Nm 35, 14*). Einleitung zum Gesetz, das Moses den Israeliten im Ost-
jordanlande gab (4, 44 49). Moses beruft Israel und verkiindigt Gesetze
(diese Rede reicht ohne neue Einleitung bis 26, 19) und erinnert daran,
dafi die zehn Gebote unmittelbar von Jahwe dem Volke verkiindet
wurden (5, i 19 [95 5, i 22]; vgl. Ex 20 1 ; zu 12 ff. vgl. Ex 23, 12), dafi
auf des Volkes Bitte bin Moses die weitere Verkiindigung der Gebote
vermittelte (5, 20 30 [35 5, 23 33]; vgl. Ex 20, 18 21). Mahnung zum
Festhalten an Jahwe (6, i 25 ; zu 8 vgl. Ex 13, 9 16; zu 14 vgl. Ex 20, 3;
34, 14; zu 2off. vgl. Ex 12, 26 f.; 13, 14). Warnung vor Verbindung mit
den Kanaanitern (7, i 10; zu 2 4 vgl. Ex 23, 32 f; 34, 12 15; zu 5 vgl.
Ex 23, 24; 34, 13; zu 6 vgl. Lv 20, 26). Verheifiung des Segens, wenn
Israel die heute aufgetragenen Gebote erfiillt (7, n 26; zu 16 vgl. Ex
23, 33 ; 34, 12 15). Fortgesetzte Mahnungen mit Erinnerungen aus der Ge-
schichte (8, i 20). Moses gedenkt der Versiindigungen des Volkes (9, i
bis 10, 5). Ein geschichtliches Stuck aus dem Wustenzug ist eingeschoben
f i o, 6 f. ). Moses vollendet die Erinnerung an die Versiindigungen des Volkes
(10, 8 u) und fordert Anhanglichkeit an Jahwe (10, 12 22; zu 19 vgl.
Ex 22, 20; 23, 9; Lv 19, 34), erinnert an die Wundertaten wahrend des
Auszuges (n, i 9), preist das Gelobte Land (u, 10 21; zu 16 vgl. Ex
20, 3; 34, 14; zu 1 8 vgl. Ex 13, 9 16), verheifit Sieg iiber die Kanaa-
niter bei treuer Gesetzeserfullung (n, 22 25), tragt auf, Segen und
Fluch auf dem Garizim und Ebal zu sprechen (n, 26 32), gibt Vor-
schriften, was am kiinftigen gemeinsamen Heiligtum geschehen mufi, und
was aufierhalb desselben getan werden darf (12, i 32; vgl. Ex 20, 23!".;
Lv 17, i 9; zu 16 u. 23 vgl. Lv 17, 10 14; 19, 26). Das Volk Gottes soil
sich durch nichts zum Gotzendienst verfiihren Iassen(i3, i 19 [33 18]). Ver-
boteneTotengebrauche(i4, if.; vgl. Lv 19, 28; 20, 26), verbotene Speisen
(14, 321; vgl. Lv n, 223; 20, 25; Ex 22, 30; Lv 17, 15; n, 40;
zu 21 vgl. Ex 23, 19; 34, 26). Der Zehnte zum Essen am Heiligtum und
fur die Leviten (14, 22 29; vgl. Lv 27, 30 33; Nm 18, 21 32). Die
Ordnung des Erlafijahres (15, i 18; vgl. Ex 23, lof. ; Lv 25, i 7;
Ex 21, 2 ii ; Lv 25, 39 46). Heiligung der Erstgeburt von den Tieren
( J 5> i9 2 3; vgl. Ex 13, if. ii f.; 34, 19; Lv 27, 26; Nm 3, 13; 8, 17;
18, 17 f.). Feier des Paschafestes, des Festes der Wochen, des Laub-
hiittenfestes (16, i 15; vgl. Ex 23, 14 16; 34, 18 22; Lv 23; Nm 28f.),
dreimalige Wallfahrt nach Jerusalem (16, i6f. ; vgl. Ex 23, 17). Gerichts-
gesetze (16, 18 20; vgl. Ex 23, i 8; Lv 19, 15). Verbot von Astarte-
bildern (16, 21 f.; vgl. Lv 26, i). Opfertiere miissen fehlerlos sein (17, i ;
vgl. Lv 22, 17 24). Todesstrafe fur Gotzendiener (17, 2 7; vgl. Ex 22,
19). Schwierige Rechtsfalle sollen an der kiinftigen Wohnstatte Jahwes
entschieden werden (17, 8 13). Das Konigsgesetz (17, 14 20). Die
Leviten erhalten kein Gebiet, sondern Anteil an den gottesdienstlichen
1 tiber die Gesetze in Dt und Ex, die sich auf dieselben Gegenstande be-
ziehen, vgl. die Tabelle bei Driver-Rothstein (s. o. S. 9) 73 76.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. ' Nr. 22
Abgaben (18, i 8; vgl. Lv 7, 32 34; Nm 18, i 19). Das Volk soil
sich vom heidnischen Wahrsagewesen fernhalten, Jahwe wird ihm einen
Propheten wie Moses senden (18, 9 22; zu io a [Molochdienst] vgl.
Lv 18, 21 ; 20, 2 5 ; zu io b ii vgl. Ex 22, 17; Lv 19, 26 b 31; 20, 6 27).
Das Volk soil drei Freistadte fur unvorsatzliche Totschlager aussondern
und bei Vergrofterung des Gebietes weitere drei Freistadte bestimmen (i 9, i
bis 13 ; vgl. Ex 21,1 2 14; Nm 35 ; zu 1 1 f. vgl. Lv 24, 17 21). Bestimmungen
iiber Grenzsteine (19, 14), iiber Zeugenzahl und falsche Zeugen (19, 15
bis 21 ; vgl. Ex 23, i; Nm 35, 30). Kriegsverordnungen (20, i 20). Die
Stadt, in deren Nahe einer erschlagen wurde, muft sich vom Verdacht
des Mordes reinigen (21, i 9). Ehe mit einem kriegsgefangenen Weibe
(.21, 10 14). Achtung des Erstgebornenrechts (21, 1517). Todesstrafe
fur den widerspenstigen Sohn (21, 18 21; vgl. Ex 21, 15 17; Lv 20, 9).
Sofortiges Begrabnis des Hingerichteten (21, 22f.). Pflichten gegen ver-
irrte Tiere (22, i 4; vgl. Ex 23, 4!). Vertauschung der Tracht ist den
Geschlechtern verboten (22, 5). Ausnehmen eines Vogelnestes (22, 6f.).
Ein Dachgelander ist anzubringen (22, 8). Verbot von Vermischungen
(22, 9 ii ; vgl. Lv 19, 19). Vorschrift von Quasten (22, 12; vgl. Nm 15,
37 41). Der Mann, der sein Weib falschlich des Mangels der Jung-
frauschaft zeiht, und ein Weib mit mangelnder Jungfrauschaft sollen
bestraft werden (22, 13 21). Ehebruch mit verheirateten und verlobten
Frauen wird mit dem Tode, Schandung noch nicht Verheirateter mit
Geldbufie und Heiratspflicht bestraft (22, 22 29; vgl. Ex 22, i5f.; Lv 18,
20; 20, 10). Verbot der Ehe mit der Stiefmutter (23, i; vgl. Lv 18, 8;
20, n). Verstiimmelte, Bastarde, Ammoniter urid Moabiter sollen nicht,
Edomiter und Agypter erst im dritten Gliede in die Volksgemeinschaft
aufgenommen werden (23, 2 9). Auch das Kriegslager soil rein und
heilig sein (23, 10 15; vgl. Nm 5, i 4). Ein geflohener Sklave soil
nicht ausgeliefert werden (23, i6f.). Hurerei wird verboten (23, i8f.).
Zinsnehmen ist einem Volksgenossen gegeniiber verboten (23, 20 f.; vgl.
Ex 22, 24; Lv 25, 35 37). Geliibde miissen erfiillt werden (23, 22 24;
vgl. Nm 30, 3). Was man vom Weinberg und Getreidefeld des Nachsten
nehmen darf (23, 25 f.). Bestimmungen iiber Geschiedene (24, i 4).
Ein Neuverheirateter soil von Kriegsdienst und Auflagen frei sein
(24, 5). Ein Miihlstein darf nicht gepfandet werden (24, 6). Menschen-
raub soil mit dem Tode bestraft werden (24, 7; vgl. Ex 21, 16). Die
gegebenen Gebote iiber den Aussatz sollen gehalten werden (24, 8f. ;
vgl. Lv 13 f.). Bestimmung iiber Pfander (24, 10 13; vgl. Ex 22, 25 f.).
Den Lohnarbeiter darf man nicht driicken (24, 14 f.; vgl. Lv 19, 13).
Eltern und Kinder werden nicht fiireinander bestraft (24, 16). Ge-
rechtigkeit gegen Fremde, Waisen und Witwen (24, 17; vgl. Ex 22, 20
bis 23 ; 23, 9 ; Lv 19, 33 f.). Die Nachlese geho'rt den Fremdlingen, Waisen
und Witwen (24, 19 22; vgl. Lv 19, 9!; 23, 22). Bestimmungen iiber
die Priigelstrafe (25, i 3). Dem dreschenden Ochsen darf man das
Maul nicht verbinden (25, 4). Gesetz der Schwagerehe (25, 5 10).
Strafe einer Frau, die in schamlpser Weise in den Streit der Manner ein-
greift (25, ii f.). Richtiges Gewicht und Mafi (25, 13 16 ; vgl. Lv 19, 35 f.).
Nr. 23 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 25
Amalek . soil bei ruhigem Besitz des Gelobten Landes vertilgt werden
(25, 17 19; vgl. Ex 17, 14). Die Erstlinge der Friichte sollen mit einem
Dankgebet fur das Gelobte Land dargebracht werden (26, i n). Gebet
bei Darbringung des Zehnten im dritten Jahre(26, 1 2 15). Schluftmahnung
in der Form von Verpflichtungen, wie sie dem Sinaibunde (vgl. Ex 1 9, 5 f .)
zu Grunde liegen (26, 16 19). Moses mit den Altesten gebietet dem Volke,
zwolf mit den heute gegebenen Gesetzen beschriebene Steine auf dem
Berge Ebal aufzurichten(27, i 8). Moses mit den Priestern und Leviten
mahnt zur Haltung der Gebote, weil das Volk an dem heutigen Tage zum
Volke Jahwes geworden ist (27, gf.). Moses gebietet, Segen und Flu ch
fur einzelne Ubertretungen des Gesetzes vom Berge Garizim und Ebal
zu sprechen (27, n 26; zu 15 vgl. Ex 20, 4 23; 34, 17; Lv 19, 4; 26, i;
zu 16 vgl. Ex 20, 12; 21, 17 ; Lv 20, 9; zu 20 vgl. Lv 18, 8; 20, n ; zu 21
vgl. Ex 22, 18; Lv 18, 23; 20, 15; zu 22 vgl. Lv 18, 9; 20, 17; zu 23 vgl.
Lv 18, 16; zu 25 vgl. Ex 20, 13; 21, 12; Lv 24, 17); er fiihrt im einzelnen
die Segnungen an fur Beobachtung der Gebote (28, i 14) und ebenso
die Fliiche fur Ubertretungen (28, 15 68; zu Dt 28 vgl. im allgemeinen
Ex 23, 20 33; Lv 26, 3 45, mit einigen verwandten Ziigen auch im
einzelnen). Dieses ist Grundlage des Bundes, den Moses im Lande
Moab mit Israel schloft (28, 69 [23 29, i]). Moses verkiindet diesen Bund
(29, i :i4 [23 29, 2 15]) und droht eindrucksvolle Strafen vor den
andern Vb'lkern an fur die Ubertreter, auch die Zerstreuung unter die
Volker(29, 15 28 [23 29, 16 29]), verheifit aber bei Bekehrung Zuriick-
fuhrung in das Gelobte Land (30, i 10) und fafit seine Mahnungen,
Drohungen und Verheifiungen noch einmal zusammen (30, n 20).
Moses ermutigt das Volk zum Kampf gegen die Bewohner des Gelobten
Landes (31, i 6). Moses ermahnt den Josue (31, 7 f.). Moses schreibt
dieses Gesetz nieder und befiehlt, es vorzulesen (31, 9 13). Jahwe
beruft Moses und Josue in das Zelt der Zusammenkunft, kiindigt
dem Moses den Abfall des Volkes an und tragt ihm ein Lied auf, das
zum Zeugnisse wider sie sein soil; Moses schreibt es auf und lehrt
es das Volk (31, 14 22). Jahwe ermutigt den Josue (31, 23). Moses
schreibt das Gesetz in ein Buch und iibergibt es den Leviten zum
Zeugnisse gegen das Volk (31, 24 27); erlafit die Altesten rufen, um sie
zu ermahnen (31, 28 f.). Vor der ganzen Gemeinde Israels tragt er mit
Josue das Lied vor (31, 30 32, 44). Moses mahnt das Volk noch einmal
(32, 45 47). Jahwe beruft den Moses auf den Berg Nebo, um das
Gelobte Land zu sehen, und kiindigt ihm seinen Tod an (32, 48 52).
Der Segen des Moses (33, i 29). Moses steigt auf den Berg Nebo,
schaut das Gelobte Land und stirbt; Josue ubernimmt die Fiihrung
(34, 112).
9. Zeit der Entstehung und Verfasser des Pentateuchs.
Die Pentateuchfrage.
23. G. Hoberg, Moses und, der Pentateuch (BSt 10, 4), Frb. i. Br. 1905.
H. H olzinger, Einleitung in den Hexateuch mit Tabellen iiber die Quellen-
26 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 24
scheidung, Lp. 1893. H. Hopfl O. S. B., Die hohere Bibelkritik. Studie
iiber die moderne rationalistische Behandlung der Heiligen Schrift, Pad.
1901, 2 i905. *J. Kley, Die Pentateuchfrage. Ihre Geschichte und ihre
Systeme, Mstr. i. W. 1903. E. Konig, Der doppelte Wellhausenianismus im
Lichte meiner Quellenforschungen. Ein Riickblick auf meine Mitarbeit im
Gebiete der Sprach- und Religionswissenschaft, Giitersloh 1927. J. Nik el,
Die Pentateuchfrage (BZF 10, 1/3), Mstr. i. W. 1921 (= Nikel [s. o. S. 10] 19
bis 98). A. Sanda, Moses und der Pentateuch (AtAbh 9, 4/5), Mstr. i. W.
1924. C. Steuernagel, Allgemeine Einleitung in den Hexateuch (GHK
1 3- 3. 249286), Gott. 1900.
24. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts gait als fast allgemeine
Anschauung, daB der Pentateuch im grofien und ganzen aus der
Zeit und von der Hand des Moses stamme. Seit dieser Zeit
fmdet die Frage, wann, wie und durch wen der Pentateuch ver-
fafit worden ist, keine einheitliche Antwort mehr. Die tradi-
tionelle und konservative Richtung halt auch heute noch
fest, daB der Pentateuch im wesentlichen nach Inhalt und Form
von Moses als einheitliches Werk ca. 1 500 v. Chr. oder nicht viel
spater verfaBt worden sei. Die neuzeitliche kritische Schule
stimmt hauptsachlich und wenigstens darin uberein, daB der
Pentateuch im wesentlichen aus nachmosaischer Zeit stammt,
der Inhalt an Erzahlungen und Gesetzen in vier Hauptquellen-
schriften (Urkunden [vgl u. S. 31 *]) zusammenflofi und erst zur
Zeit des Ezra (444), vielleicht noch spater durch endgiiltige Ver-
arbeitung der genannten Quellen abgeschlossen wurde.
25. Die Stellungnahme in dieser Frage, der sog. Pentateuch-
frage, hangt, abgesehen von Anerkennung oder Ablehnung
einer gottlichen Offenbarung im AT, zum grofiten Teil davon
ab, ob man verschiedene Eigenschaften des Pentateuchs zu-
gesteht oder in Abrede stellt, und welche Folgerungen man
daraus zieht.
10. Literarische Eigentiimlichkeiten des Pentateuchs
und ihre Beurteilung.
26. Je langer und je eingehender man sich im Laufe der Zeit
mit dem Pentateuch beschaftigte, um so mehr Eigentiimlichkeiten
glaubte man an ihm feststellen zu miissen. Was man seit alter
Zeit an Einzelbeobachtungen machte, lafit sich unter folgende
Gruppen zusammenfassen :
Nr. 29 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch, 27
27. I. Wiederholungen 1 in den erzahlenden (a) und gesetz-
lichen (b) Abschnitten, die in den Pentateuch unverarbeitet und
vielfach unausgeglichen aufgenommen wurden, in Gn, also in der
vormosaischen Geschichte, aber auch in Ex Dt, die iiber die Zeit
des Moses selbst handeln. Dafi letztere, soweit sie in formal
und auch sachlich verschiedener Gestalt vorliegen, unmittelbar
aus der Hand des Moses stammen, la'Bt sich schwer verstandlich
machen.
28. Beispiele zu .a: Gn i, 12, 3 || 2, 423. 4, 25 f. H 5, 36. 6, 58 ||
6, 9 1 3- 6,1822117,15. 7,69117,1016. 7, i7 b |l7> 18. 7, 19 II
7, 20. 7, 21 || 7, 22 f. 8, 13 || 8, 14. Die Zeitangaben der Sxindflutge-
schichte. 10, 32 || n, 9. 12, 10 20 || 20, i 18 (|| 26, i n?). Kap. 15 ||
Kap. 17. 16, 9 14 (I 21, 8 21. 17, 16 19 || 18, 9 15. 18, i 19, 28 ||
19, 29. 21, 2234 || 26, 1733. 26, 34+28, 9 || 36, 2ff. 27, 145 II 2 7> 46
bis 28, 9. 28, 19 || 35, i4f. 30, 23 || 30, 24. 32, 28 || 35, 10. 32, 4 + 33; l6 !!
36, 6ff. 34, i8|)34, 19. 34, 261(34, 27. Kap. 37 (die Wiederholungen
sind ineinander hineingeschoben). 46, 28 34 1| 47, i n. Ex 3, 14 ff. H
6, 2 if. 4, 10 || 6, 12 (vgl. 6, 30). 4, 18 || 4, 19. Kap. 16 H Nm n, 424.
Kap. 17 || Nm 20. Kap. 18 || Nm n, 24ff. 40, 34ff. || Nm 9, isff. Nm 27,
i 5 ff.||Dt 3 i, iff.
29. Beispiele zu b: Hinweis auf die Gesetze, welche auf dem Sinai
gegeben wurden: Ex 24, 3 8 (zu beziehen auf Ex 21 23); 34, 27 ff.
(vgl. Ex 34, ii 26); Lv 26, 46; 27, 34 (hauptsachlich fur die Gesetze
des Lv geltend). Die Sinaigesetze sind wohl im wesentlichen aus diesen
verschiedenen Stellen zu gewinnen. Die Gesetzesverkiindigung in der
Ebene von Moab ist nach Dt n, 32; 28, 69 eine Gesetzgebung, welche
einem eigenen, zeitlich und ortlich vom Sinaibund verschiedenen Bunde
zur Grundlage diente; die Bestimmungen des moabitischen Bundes sind
aber in weitem Umfang Parallelen zu denen des Sinaibundes 2 . De-
kalog und Bundesbuch (Ex 20 23) werden Ex 34, n 26 wiederholt,
an beiden Stellen als Grundlage eines Bundes, des Sinaibundes. Fest-
gesetzgebung : Ex 23, 14 19; 34, 18 22 f.; Lv 23; Nm 28 f.; Dt 16.
Opferarten: Lv i 7; 22, 17 30; Nm 15, i 16; 28 f. Zehntabgabe:
Lv 27, 30 32; Dt 14, 22 29; 26, 12 15. Reine und unreine Tiere:
Lv ii, i 47; Dt 14, 3 20. Sklavenrecht : Ex 21, i n; Lv 25, 39
bis 55; Dt 15, 12 18. Schaden an Leib und Leben u. a.: Ex 21, 12
1 *A. Allgeier, Uber Doppelberichte in der Genesis. Eine kritische
Untersuchung und eine prinzipielle Pruning (Freiburger theol. Studien 3),
Frb. i. Br. 1911. G. Huvelin S. J., Melanges pour 1'etude du Pentateuque
(Etrel 115, 766 773). Ders., Les doubles recits dans la Genese (ebd. 130,
7984.' gegen Allgeier). A. Schulz, Doppelberichte 5m Pentateuch. Ein
Beitrag zur Einleitung in das AT (BSt 13, i), Frb. i. Br. 1908.
2 Siehe o. S. 23 ff.
28 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 30
bis 36; Lv 24, 17 21 (iriit dem sog. his talionis). Unzuchtssiinden :
Lv 1 8, 6 18; 20, 10 21 Ex 22, 18; Lv 18, 23; 20, i5f. Ex 22 i5f. ;
Dt 22, 28! Freistadte: Nm 35, 13 f.; Dt 19, i 13. Verbot, das
Bockchen in der Milch der Mutter zu kochen: Ex 23, 19; 34, 26 (beide-
mal am Schluft der Gesetze des Sinaibundes) ; Dt 14, 2 1 . Dienstanweisung
fur die Leviten: Nm 3; 4; 18, iff. Manche Gesetze lauten dazu noch
sachlichverschieden 1 : z. B. der Ort fur das Opfer : Ex 20, 24 26 ;
Lv 17, i 9; Dt 12, i 27 (vgl. u. Nr. i2off.). Art des Altarbaues : Ex 20,
24 26; 27, i 8. Uberzug des Brandopferaltars : Ex 27, 2 = 38, 2;
Nm 17, i 5. Standort des Zeltes der Zusammenkunft : Ex 33, 7ff. ;
Nm n, 1 6 26 ff. (aufierhalb des Lagers); Ex 25, 8; Nm 2 (im Lager).
Dienstalter der Leviten: Nm 4, 3 (30 Jahre); 8, 24 (25 Jahre). Dauer
des Laubhiittenfestes : Lv 23, 36 (acht Tage); Dt 16, 15 (sieben Tage).
30. tiber derlei Wiederholungen in den Erzahlungen und Ge-
setzen des Pentateuchs urteilen die erwahnten Richtungen,
die kritische und die konservative Exegese, ver-
schieden. Die kritische Exegese erkennt Doppelungen imPen-
tateuch in weitestem Umfange an und schlieCt daraus, dafi urspriing-
lich getrennte Quellenschriften bestanden hatten, aus denen Sammler
(Redaktoren [=R]) das Material des Pentateuchs entnommen und
ohne Verarbeitung zusammengestellt haben. Da auch die mosaische
Zeit dabei in derselben Weise dargestellt sei und zudem iiber die
gleichen Dinge bald so, bald anders berichtet werde, konne Moses
der Verfasser merit sein, uberhaupt kein Schriftsteller, der die Vor-
gange als Zeitgenosse miterlebt habe. Die konservative Schule
erklart die Doppelungen z. T. als nur scheinbare, fafit sie als ver-
schiedene, wenn auch ahnliche Ereignisse 2 oder als wiederholte Dar-
stellungen desselben Vorganges, die in der schriftstellerischen An-
lage des Werkes begriindet 3 , oder durch den systematischen Auf-
bau gefordert, oder auch durch Nachlassigkeit im Stil verschuldet
seien. Kommen in den Doppelungen verschiedenartige Angaben
vor, so bemiihen sich die konservativen Exegeten, sie durch Erkla-
1 Soweit hierbei Verschiedenheiten in Frage kommen, welche fiir die
katholische Lehre von der Inspiration Schwierigkeiten zur Folge haben, ist
Aufgabe und Losung die gleiche, ob man Doppelungen anerkennt oder ab-
lehnt. Vgl. G. Huvelin S. ]., Les doubles recits et la verite historique de la
Genese (Etrel 121, 163 186). *A. van der Heeren, De geminis narratio-
nibus in s. Scripturis : Narratio diluvii (Collationes Brugenses 19, 339 350
406417 462 478).
2 Z. B. Gn 12; 20; 26.
3 Z. B. Gn 2 sei eine teilweise Wiederholung von Gn i, um die Paradieses-
schopfung in die Erschaffung der Welt einzugliedern.
Nr. 31 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 39
rung auszugleichen * oder auch durch Textanderungen 2 zu besei-
tigen. In den meisten Fallen befriedigt die Beseitigung oder Er-
klarung der Wiederholungen in der Art der konservativen Exe-
gese keineswegs. Die kritische Theorie hat anderseits nicht selten
die Zahl der Wiederholungen iibertrieben ; soweit sie aber verschie-
dene Quellenschriften annimmt und sie zusammengearbeitet sein
lafit, macht sie einen groCen Teil davon verstandlich, besonders
diejenigen Falle, bei denen ohne einen ersichtlichen Grund eine
verschiedene Darstellung gewahlt wird. Doch mufi dabei eher an
eine mechanische Sammeltatigkeit, welche das Uberlieferte getreu
ohne Verarbeitung aufbewahren wollte, als an eine literarische
Verarbeitung im eigentlichen Sinne gedacht werden.
31. II. Der Zusammenhang des Textes scheint vielfach nicht
gewahrt zu sein.
Gn 5, i ff. greift z. B. iiber 4, 25 f. (|| 5, 4 9) zuriick. Gn 8, i b ge-
hort sachlich nach 8, 2. Nach Gn 21, 14 mit 16, 16; 17, 17 miifite
Hagar den siebzehnjahrigen Ismael auf den Schultern getragen haben.
Gn 26, 34 ist durch 27, i 45 von der Fortsetzung 27, 46 getrennt.
Zu Ex 2, 23 geho'rt 4, 19 als Fortsetzung. Ex 2, 24!". bricht mitten im
Satz ab. Ex 1 6, 34 setzt die Bundeslade voraus, ihre Herstellung wird
erst Ex 35ff. berichtet. Ex 20, 2 iff. ist Moses auf dem Berge Sinai,
24, i wird er unmittelbar nach Schlufi der Sinai off enbarungen wieder
auf den Berg gerufen. Ex 34, 28 kann mit der Umgebung nur in
Ausgleich gebracht werden, wenn mitten im Verse das Verbum ein
neues Subjekt erhalt. Ex 38, 2$f. setzt eine Zahlung des Volkes
voraus, erst Nm if. berichtet iiber sie. Lv 9, 22 spendet Aaron den
Segen, Nm 6, 22 27 bestimmt die Formel fur diesen Segen. Nm 7
handelt von den Weihegaben der Fursten Israels, nachdem das Zelt der
Zusammenkunft fertiggestellt war. Die Fertigstellung des Zeltes ist schon
Ex 40 erzahlt und weitereVorgange, die sich an dieVollendung des Zeltes an-
schliefien, werden Lv 7 i o berichtet. Dem Siege Israels iiber die Kanaa-
niter Nm 21, i 3 schliefit sich der Bericht an, wie Israel von der
Siidgrenze Kanaans nach dem Osten abschwenkte, um von Osten her
1 Z. B. die Handelsleute, welche Joseph nach Agypten entfiihrten, werden
Gn 37 bald Ismaeliter, bald Midianiter genannt, well die Briider Josephs
die Midianiter zuerst von feme fur Ismaeliter angesehen hatten.
2 Z. B. J. Dahse, Textkritische Materialien zur Hexateuchfrage. I. Die
Gottesnamen der Gn. Jakob und Israel. P in Gn 12 50, Giefien 1912:
er erklart den Namenwechsel in Gn 37 (s. Anm. i) durch Textverderbnis.
Siehe auch H. M. Wiener, Pentateuchal Studies, Ld. 1912, 45 ff. Vgl. weiter-
hin Comely (s. o. 8.9) 2, i 2 , 120 ff.; Kley (s. o. S. 26) 122129; Allgeier
(s. o. S. 27 x ).
go I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 32
in das Gelobte Land einzudringen. Die Lagerstationen des Wiisten-
zuges Nm 21, 19!". umfassen auch die Schauplatze, auf denen sich die
Ereignisse von Nm 21, 2 iff. abspielten. Nach Nm 24, 25 kehrte
Bil c am von seiner Reise nach Moab an seinen Ort zuriick, Nm 31, 8
berichtet von seinem Tod in einer Schlacht, die Israel gegen die Midia-
niter gewann. Nm 27, 12 f. erhalt Moses den Auftrag, auf das Gebirge
zu steigen, das Gelobte Land zu sehen, um dann zu sterben. Auf Bitten
des Moses stellt Jahwe den Josue als Nachfolger auf. Nunmehr folgt
aber nicht der Tod des Moses (Dt 34, i ff.) bzw. seine Abschiedsreden
(Dt i ff.), sondern Gesetze (Nm 28 30), ein Zug gegen die Midianiter
(Nm 31), die Zuteilung des Ostjordanlandes (Nm 32) usw. Nm 35, 6
werden die sechs Freistadte vorausgesetzt, V. gff. werden sie erst ein-
gefiihrt. Dt 10, 6f. ist ein Stiick des Lagerverzeichnisses (vgl. Nm 33)
mitten in eine Rede des Moses geraten, wo sie sich mit den Sinaiereignissen
beschaftigt. Auch Uberschriften und Schlufiformeln konnen bezeugen,
daft der Text zusammengesetzt ist, wenn sie sich in den Zusammenhang
nicht glatt einfiigen; z. B. Gn 2, 4; Lv 26, 46 1 . Gerade diese Merk-
male des Pentateuchs, die schwer geleugnet werden konnen, sprechen
dagegen, daft diejenigen, welche dem Pentateuch seine gegen wartige
Form gegeben haben, solche literarische Absichten verfolgten, wie
sie die kritische Schule den Handen verschiedener Redaktoren zu-
schreibt.
32. III. Wortschatz und Form einer Sprache wechseln je nach
Personlichkeit und Zeit, welche sie gebrauchen. Die kritische
Schule behauptet, da6 sich tatsachlich in den verschiedenen
Bestandteilen des Pentateuchs ein Sprachwechsel feststellen
lasse.
Sie fiihrt den Beweis fur einen solchen Sprachwechsel, indem sie
im einzelnen die Orthographic, die Grammatik nach Formenlehre und
Satzbau, den Wortgebrauch, die Phraseologie untersucht und die Ver-
schiedenheiten hervorhebt 2 .
33. Beispiele aus Gn i und 2, worin die kritische Schule zwei Er-
zahlungen iiber ein und denselben Schopfungsvorgang sieht:
"a schaffen i, i 21 27; 2, 3 4.
rtvy machen, is^ bilden 2, 7 8 19.
1 Vgl. die Inhaltsangabe o. S. 15 ff., welche schon vielfach den Mangel
an Ordnung und Zusammenhang erkennen lafit.
2 Vgl. Holzinger, s. o. S. 25 ; E. Konig, Der Sprachbeweis in der Literar-
kritik, insbesondere des AT (StKr 1893, 445 479); J. Krautlein, Die sprach-
lichen Verschiedenheiten in den Hexateuchquellen. Ein Beitrag zum Sprach-
beweis in der Literarkritik des AT, Lp. 1908; Strack (s. o. S. 10) 46 57
(Sprachgebrauch der funf Hauptquellen) ; A. Westphal, Les sources du Pen-
tateuque I, P. 1888.
Nr. 35 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 31
25 das Getier der Erde i, 24 2$ 30.
rnfen r^r- das Getier des Feldes 2, 19 20; (3, i); vgl.
fTjfLf !j" to das Gestrauch des Feldes 2, 5;
r?.5 atos das Gras des Feldes 2, 5; (3, 18).
Beispiele aus Gn 6 9, wo die Siindflutgeschichte aus zwei Quellen
zusammengearbeitet zu sein scheint:
Vernichten : wj* 6, 7 ; 7, 4 24
n^srrt 6, 13 17; 9, n 15; vgl. 6, n 12 (Wortspiel).
Gegenstand der Vernichtung :
alles Fleisch: "toa-^a 6, 12 13 17 19; 7, 15 21; 8, 17; 9, n 15 17;
das, was ist: o ! 9'? 7, 4 23.
34. Der Sprachwechsel 1st geeignet, die Folgerungen, welche
aus Doppelerzahlungen gezogen werden konnen, noch zu er-
weitern. Die Doppelungen als solche lassen zunachst bloB er-
schlieBen, daB beide Formen, in denen der gleiche Gegenstand
dargestellt wird, nicht aus einer und derselben Hand stammen.
Der Sprachwechsel, sofern er eine gewisse Stetigkeit bei mehreren
doppelt dargestellten Gegenstanden aufweist, ermoglicht es, je
gleichartige Doppelungen ein und derselben Hand zuzuweisen und
sie in je in sich zusammenhangende Erzahlungsreihen einzuordnen.
Der Pentateuch setzt sich dann nicht aus Bruchstiicken zusammen,
welche unter sich ohne Verbindung sind, sondern sein gegen-
wartiger Zustand muB aus umfangreicheren literarischen Quellen
oder Urkunden 1 abgeleitet werden, die in letzter Linie ineinander
verarbeitet worden sind.
So findet sich z. B. tow kriechen u. dgl. Gn i, 21 24 25 26 28 30
und 6, 20; 7, 14; 8, 17 19; P r wimmeln Gn i, 20 21 und 7, 21; 8, 17;
9, 7; T"? Art Gn i, n 12 21 24 25 und 6, 20; 7, 14; na"" !t h s fhicht-
bar sein und viel werden Gn i, 22 28 und 8, 17; 9, 7. Solche und
ahnliche sich wiederholende Spracherscheinungen fiihren zur Annahme,
dafi die entsprechenden Doppelungen aus der Schopfungs- und Siind-
flutgeschichte der gleichen Quelle entstammen.
35. G e g e n den Versuch der kritischen Schule, einen solchen
Sprachwechsel nachzuweisen , kann nicht von vornherein ein-
gewendet werden : die Unveranderlichkeit oder langsame Entwick-
lung der hebraischen Sprache, der geringe Umfang des sprachlichen
Materials, auch nicht daC die urspriingliche hebraische Sprachform
1 Diese Bezeichnung wurde gewahlt, well man anfangs in diesen litera-
rischen Quellen vielfach Urkunden aus dem Tempelarchiv sehen wollte.
32 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 35
der Literatur im Laufe der Zeit nicht dieselbe geblieben sei, oder dafi
spatere Schriftsteller sich von friiheren Musterschriften beeinflussen
lieCen, oder dafi auch ein und derselbe Schriftsteller in Stil und
Sprache wechseln konne, oder daft Sprache und Stil auch bei ver-
schiedenen Gegenstanden der. Schilderung wechsle. Derlei Ein-
wande sind zu beriicksichtigen, soweit sie den Tatsachen ent-
sprechen. In ihrer allgemeinen Fassung sind sie wenig mehr als
Moglichkeiten, die hinfallig werden, soweit tatsachlich das Gegen-
teil erwiesen werden kann. Mit mehr Erfolg macht die konser-
vative Schule gegen den durchgefuhrten Sprachbeweis der kriti-
schen Schule diejenigen einzelnen Falle geltend, wo sich die sprach-
lichen Kennzeichen gegen die angenommene Quellenscheidung
wenden 1 .
So entspricht z. B. der Gebrauch von ft?!?.^ "w mannlich und
weiblich Gn i, 27; 6, 19; 7, 16 und "'WCK} &* das Mannchen und
sein Weibchen Gn 7, 2 (zweimal) den Voraussetzungen der kritischen
Schule an den erwahnten Stellen, da Gn 6, 19; 7, 16 von ihr einer
andern Quelle zugewiesen werden als Gn 7, 2. Aber auch Gn 7, 3 9
kommt mannlich und weiblich vor, und diese Verse schreibt die
kritische Schule auf Grund sonstiger Kennzeichen der gleichen Quelle
wie 7, 2 zu. Sie sucht freilich den Einwand wirkungslos zu machen,
indem sie Gn 7, 3* als Glosse erklart und bei 7, 9 darauf verweist, dafi
der Vers an der Grenzscheide zweier Quellen stehe, also die Eigen-
tiimlichkeiten beider Quellen nicht unerwartet kommen konnten. Allein
wird die Tatsache der Quellenscheidung nicht schon als erwiesen voraus-
gesetzt, sondern soil sie erst untersucht werden, so beeintrachtigen
solcherlei Schwierigkeiten die Beweiskraft des Sprachwechsels, ja kon-
nen sie je nach dem Zahlenverhaltnis der zutreffenden und ungiin-
stigen Falle auch ganz aufheben.
Uberhaupt wird der Sprachwechsel als selbstandiges und fur
sich allein entscheidendes Beweismittel fur literarische Quellen
seiner Art nach, da dabei Sprach- und Stilgefuhl mit ihrem sub-
jektiven Einschlag mitwirken, nicht allzu oft gelten konnen. Aber
wenn auch an dem Sprachbeweis, wie ihn die kritische Schule
ungemein sorgfaltig ausgearbeitet hat, starke Abstriche gemacht
werden miissen, so wirkt er doch in der gleichen Richtung wie
die inhaltlichen Doppelungen. Sprachverschiedenheit und Dop-
pelung starken, wo sie, wie vielfach, zusammenfallen, gegenseitig
ihre Beweiskraft.
1 Vgl. Kley (s. o. S. 26) 171 ff.; Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 117 S.
Nr. 37 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 33
36. IV. Der Wechsel im Gebrauch der Gottesnamen
(mrVi Jahwe [Eigenname], tftfbto Elohim [= Gott]) 1 , eigentlich
nur eines unter den vielen andern Kennzeichen des wechselnden
Stiles, also zum Sprachbeweis gehorig, 1st schon friih (Philo unter-
scheideteineSch6pfermacht= Gott und eine koniglicheHerrschaft
= Herr [vgl. Etrel 106, 791] ; Tertullian, Adv. Hermog. 3 [M 1 2,
223 f.] ; Augustinus, De Genesi ad litteram 8, 1 1 [M 1 34, 382] ; Chry-
sostomus, Horn, in Gen. 14, 2 [M* 53, 112]) beachtet und erortert
worden und gilt seit J. Astruc (i 75 3) 2 als eigenes, selbstandiges Kenn-
zeichen fur die Quellenscheidung. Damit der Wechsel im Ge-
brauch der beiden Gottesnamen Jahwe und Elohim zum Kennzeichen
verschiedener Quellen werden kann, miissen die Gottesnamen im
gegenwartigen Text urspriinglich, nach einem bestimmten Gesetz ge-
braucht, in diesem ihrem gesetzmafiigen Wechsel auf andere Weise
nicht besser und einfacher erklarbar sein. Die Gegner der kri-
tischen Schule erheben gegen dieses Kennzeichen der Quellen-
scheidung eine Reihe von Einwanden.
37. a) Die Gottesnamen des gegenwartigen D2tsind nicht urspriinglich;
besonders ist die abweichende Uberlieferung der darin vorzuziehen 3 .
1 F. Baumgartel, Elohim aufierhalb des Pentateuchs. Grundlegung zu einer
Untersuchung iiber die Gottesnamen im Pentateuch (BWAT 19), Lp. 1914.
J. Dahse (s. o. S. 29 2 ). J. Hontheim S. J., Die Gottesnamen in der Gn
(ZkTh 34, 625 640). E. Naville, Les deux noms de Dieu dans la Genese,
P. 1917. J. Skinner, The divine names in Genesis, Ld. 1914 (vgl. Exp 8. S.
5, 289 313 400420 494 514; 6, 23 45 97 106 266 288). P. Vetter,
Die literarkritische Bedeutung der atl Gottesnamen (ThQ 85, 1247 2O2 2 35
520 547, unvollendet). Eine Auseinandersetzung dariiber zwischen ver-
schiedenen Exegeten (H. M.Wiener, A. P. Cox, J. Skinner, N. Schlogl O. Cist.)
s. ExpT2o, 378 f. 473 475 563; Bs 68, 510531.
2 Siehe u. 12, 6, Nr. 90.
3 J. Dahse, Textkritische Bedenken gegen den Ausgangspunkt der Penta-
teuchkritik (ARW 6, 305319). G. B. de Rossi, Variae lectiones Veteris
Testamenti ex immensa manu scriptorum editorumque codicum congerie
haustae, Parma 1784/88, zu Gn 7, I. H. Graetz, Notiz tiber Gottesnamen
in der Heiligen Schrift (MGWJ 36, 523528) 528. Hoberg (s. o. S. 25) 105.
Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 22. A. Klostermann, Beitrage zur Entstehungs-
geschichte des Pentateuchs. 2. Der sichere Ausgangspunkt fur die kiinftige
Pentateuchkritik (NkZ 3, 421458) 422. W. Caspari [u. J. Koberle], Das Vor-
kommen der Gottesnamen Jahwe und Elohim in den Samuelsbuchern und
seine Beziehung zur Geschichte des Textes (NkZ 21, 378418 499 f.).
Schlogl, s. o. Anm. I (ExpT 20, 563). H. M. Wiener, Essays in Pentateuchal
criticism, Ld. 1910, 456.
<3oettsberger, Einleitung in das AT. 3
34 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 38
Demgegeniiber ist geltend zu machen 1 : Die Gottesnamen sind im
3011 als richtig iiberliefert zu betrachten, soweit nicht in einzelnen Fallen
die textkritischen Zeugnisse etwas anderes beweisen. Auch darf
hierin als solche dem Sit nicht grundsatzlich schon vorgezogen werden.
Nachtragliche zufallige Textveranderungen miifiten der Natur ihrer Ent-
stehung nach einen regellosen Gebrauch der Gottesnamen verursachen;
ihr Wechsel im heutigen Text ist aber gerade wegen seiner anscheinenden
Gesetzmafiigkeit aufgefallen. Die Priifung der einzelnen Stellen ergibt,
dafi der Wechsel der Gottesnamen, wie er im gegenwartigen 3fll steht,
in der iibergrofien Mehrzahl der Falle urspriinglich ist.
38. b) Die Gottesnamen sind nicht gesetzmafiig verwendet 2 .
Fiir gesetzmafiigen Gebrauch spricht aber Folgendes: Er ist von vorn-
herein nicht einmal so fernliegend, dafi verschiedene Zeiten und ver-
schiedene Schriftsteller je einen besonderen Gottesnamen bevorzugen;
gesetzmafiiger Wechsel der gleichen Gottesnamen ist in den Pss festzu-
stellen (Jahwepsalmen und Elohimpsalmen 3 ) ; der Wechsel der Gottes-
namen fallt haufig mit Doppelungen und sonstigem Stil- und Sprach-
wechsel zusammen. Die Gesetzmafiigkeit im Wechsel der Gottesnamen
ist auch von Gegnern der Quellenscheidung anerkannt 4 .
39. c) Die Gottesnamen wechseln, weil der Verfasser an den einzelnen
Stellen je eine besondere Seite des gottlichen Wesens durch
den Namen hervorheben wollte, wie sie gerade durch den Inhalt des
Textes nahegelegt wurde. Die beiden Gottesnamen haben eine ver-
schiedene etymologische und heilsgeschichtliche Bedeutung 5 . Eine
1 Vgl. Baumgartel(s. o. S. 33 1 ) 79 f.; Skinner (s. o. S. 33') ; Vetter (s. o. S. 33') 12 ff.
2 Vgl. Chrysostomus, Horn, in Gen. 14, 2 (M e 53, 112): dbiacpdpuu^; Comely
(s.o. S. 3 2 ) 2, I 2 , 107.
3 Vgl. u. 100, Nr. 352.
4 So Dahse (s. o. S. 29 2 ), der einen Wechsel nach Perikopen annimmt ;
Hontheim (s. o. S. 33 1 ), der meint, dafi die Gottesnamen in bestimmten Ab-
schnitten entweder im gleichen Verhaltnis oder in besonderer Gruppierung
oder in einer charakteristischen Anzahl gebraucht sind. Solcherlei Gesetze
lassen sich im Gottesnamenwechsel schwer iiberzeugend durchfiihren. Die
Erklarung aus den verschiedenen Quellen ist namentlich dann besser be-
griindet, wenn die Quellenscheidung zugleich noch andere Eigentiimlichkeiten
des Textes erklart.
5 Vgl. Tertullian, Adv. Hermog. 3 (M 1 2, 223 f.): Deus = Schopfer, Do-
minus = Herr iiber die geschafFenen Dinge ; ahnlich Augustinus, De Genesi
ad litt. 1 1 (M 1 34, 382) : Elohim = Gott Vater, Jahwe = Gott Sohn ; Hopfl
(s. o. S. 26) 53: Naturgott Gnadengott; Hudal (s. o. S. 9) 87, 2 92 f.; * F. Kaulen,.
Einleitung in die Heilige Schrift A und NT 3 , Frb. i. Br. 1890, 168; F. J. Lamb,
Science and higher criticism (Bs 65, 57 86); P. Metzger, Noch einmal die
Gottesnamen im Hexateuch (NkZ 36, 38 69) ; W. Moller, Wider den Bann
der Quellenscheidung. Anleitung zu einer neuen Erfassung des Pentateuch-
problems, Giitersloh 1912, 43 174 f. 180 f.; <* M. Seisenberger), Einfuhrung in
Nr. 40 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 35
solche Absicht 1st bei der Verwendung der Gottesnamen durchaus
moglich, in manchen Fallen vielleicht erweisbar 1 . In den allermeisten
Fallen ist aber nicht klar zu erkennen und schwer festzustellen, welche
Beziehung etwa zwischen der Bedeutung des Gottesnamens und dem
Inhalt des Abschnittes, in dem er steht, obwalten konnte; nicht selten
wiirde man einen andern Gebrauch erwarten, als der Text ihn bietet (in
Doppelstiicken mit gleichem Inhalt kommen in der Regel verschiedene
Gottesnamen vor). Wenn man diese Begriindung des Gottesnamenwechsels
im einzelnen durchfuhren will, muft man die beiden Bezeichnungen aufier-
dem bald so bald anders erklaren und oft so tief erfassen, daft man bei
einem israelitischen Schriftsteller und seinen Lesern kaum ein so ein-
dringendes Verstandnis voraussetzen darf 2 .
40. d) Die gleichen Gegengriinde, welche den Einwand a) entkraften,
gelten auch gegeniiber der Ansicht Hobergs 3 und v. Hummelauers 4 ,
dafi der Gottesname Jahwe nachtraglich wegen seiner Bedeutung
an passenden Stellen eingefiigt worden sei. Ahnliche Vorgange wie:
V?a durch ^S ersetzt (i Chr 14, 7; 2 Sm 5, 16), mm in o-rfas verwandelt
(Ps 42 84), mm in der spateren Aussprache vermieden und als "^"K
oder nT&K gelesen, konnen diese Ansicht nicht entscheidend stiitzen,
weil fur den Pentateuch eine nachtragliche Anderung nicht erwiesen
ist und der letzterwahnte Vorgang gerade gegen eine spatere Einfiigung
von mm spricht 5 . Dagegen wiirde der Gottesnamenwechsel vollstandig
erklart, wenn man mit A. H. Redpath 6 zwei Pentateuchausgaben mit
verschiedenen Gottesnamen voraussetzt, aus denen der jetzige Pentateuch
hergestellt sei (vgl. Ps 14 [13] und 53 [52]). Denn aus dem Gottesnamen-
wechsel allein lafit sich nicht entscheiden, ob nicht ehedem eine gemein-
same Grundlage der erschlossenen Quellen einen einheitlichen, vielleicht
andern Gottesnamen enthalten hat. Mit der kritischen Schule gehen
in diesem Punkte auch jene konservativen Exegeten, welche den Gottes-
die Heilige Schrift. Ein Abrifi der biblischen Geographic, Archaologie, Ein-
leitung in das A und NT samt Hermeneutik 4 , Regensb. 1899, 276 f. : Elohim
= Gott Vater, Jahwe = Gott Sohn ; Tappehorn (s. o. S. 15) 14 58 ff. Besonders
ausfiihrlich sind ahnliche Erklarungen zusammengestellt bei Vetter (s. o.
S. 33) 525 ff.
1 So auch Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 54.
2 Z. B. Kley (s. o. S. 26) 32 34 f. : Jahwe bezeichnet Gott als dauernden,
schlechthin seienden, frei sich offenbarenden und die Menschheit dadurch
sich zufiihrenden personlichen, wahren Gott, aufier dem kein Gott ist, und
den das Volk Israel als besonderen Herrn anerkennt; Elohim ist gleichsam
das Abstraktum Gottheit, umfassender und allgemeiner, weswegen es auch
fur Jahwe gesetzt werden kann, aber in der Regel nicht umgekehrt.
3 Die Genesis (s. o. S. i4)xxv; Moses und der Pentateuch (s. o. 8.25) 49 ff.
4 Comm. in Gen. (s. o. S. 14) 4ff. Ahnlich Hontheim (s. o. S. 33 J ).
5 Vgl. Vetter (s. o. S. 33 J ) 203 ff. ; Konig (s. o. S. 30 8 ) 447.
6 A new theory as the use of divine names in the Pentateuch (AmJTh 8,
286301).
3*
36 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 41
namenwechsel als Quellenscheidungsmittel mit dem Vorbehalt aner-
kennen, dafi die Quellen in vormosaische Zeit zu datieren seien 1 .
41. Die Priifung der Einwande, welche die konservative Schule
hauptsachlich gegen denGottesnamenwechselalsMittelderQuellen-
scheidung erhebt, fiihrt zum SchluBergebnis, dafi die erwahnten
Versuche, dem Gebrauch der Gottesnamen ira Pentateuch jegliche
Bedeutung als Kennzeichen literarischer Quellen abzusprechen,
den Wechsel der Benennung nicht befriedigend erklaren konnen.
Fallt zudem der Wechsel der Gottesnamen mit andern literar-
kritischen Kennzeichen verschiedener Quellen oder mit sonstigen
Anzeichen neuer Quellen zusammen, so spricht das zu Gunsten der
kritischen Schule. Das ist nun tatsachlich der Fall 2 . Freilich
fehlen Stellen, an denen ein anderer Gottesname steht, als nach
der Quellenscheidung der kritischen Schule erwartet wird, keines-
wegs 3 . Solche Schwierigkeiten beeintrachtigen die Sicherheit der
kritischen Auffassung, weshalb ihre Anhanger bestrebt sind, das
Gewicht solcher ungiinstigen Falle zu verringern und jeweils einen
besonderen Grund fur den Gottesnamen an nicht erwarteter Stelle
ausfmdig. zu machen 4 . Aufierdem beruft sich die kritische Schule
zum Teil fur solche Falle auf die gleiche Erklarung, mit der die
konservative Exegese dieses Beweismittel der literarischen Quellen-
1 Vgl. * F. Vigouroux, Les livres saints et la critique rationaliste. Histoire
et refutation des objections des incredules contre les Saintes Ecritures 3 5 ,
P. 1901/02, 139 ff. Ob die literarischen Quellen, welche unter Verwertung der
wechselnden Gottesnamen unterschieden werden, in vormosaische oder nach-
mosaische Zeit fallen, mufi durch andere Griinde festgestellt werden. Nur
dafi Moses seine eigenen Erlebnisse mit wechselnden Gottesnamen auf-
geschrieben habe, wird nicht angenommen werden konnen, weil er hierfur
doch wohl keine literarischen Quellen benutzt haben wird. Dagegen kann
er die Gn, welche von Ereignissen vor seiner Zeit berichtet, aus Quellen
bearbeitet und die Darstellungsform mit verschiedenen Gottesnamen un-
verandert iibernommen haben.
2 Z. B. Gn I Elohim j] Gn 2 Jahwe-Elohim. Gn 5, wo der Zusammen-
hang mit dem Vorausgehenden abbricht, wird wiederum Elohim gebraucht.
Gn 6, 58 Jahwe || 6, 913 Elohim. Gn 6, 1822 Elohim || 7, 15 Jahwe.
Gn 12 Jahwe || Gn 20 Elohim. Gn 16 Jahwe (7mal) || Gn 21, 621 Elohim
(7mal). Gn 21, 2234 Elohim || 26, 1733 Jahwe.
3 Z. B. Gn 2 4 kommt hauptsachlich der Doppelname irr&s rrirr vor;
Gn 20, 1 8 nirr (st. a^s); 21, 33 mrr (st. n*rfcs). Vgl.-Hoberg (s. o. S. 25) 106 f.
4 So machen sie geltend, dafi Gn 20, 18 inhaltlich etwas nachhinkt, Gn 21, 33
nicht mehr zur Erzahlung gehort.
Nr. 43 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 37
scheidung zu entziehen sucht 1 . Aber ob solche kritische Er-
klarungen berechtigt sind oder nicht, die ungiinstigen Falle miissen
als Gegengriinde anerkannt und gewertet warden. Nur ist fest-
zustellen, dafi sie an Zahl nicht erheblich ins Gewicht fallen
gegeniiber den sonstigen Stellen, in denen die Gottesnamen ent-
sprechend den Doppelerzahlungen wechseln. Deshalb kann die
Erklarung der kritischen Schule nicht als durch sie widerlegt
betrachtet werden, wenn auch nicht gerade die Voraussetzung
zutreffen mufi, die sie macht, daC namlich der Gebrauch der Gottes-
namen schon bei der ersten Niederschrift der Pentateuchbestand-
teile eingefiihrt wurde.
42. Der Wechsel im Gebrauch der Gottesnamen konnte ver-
schiedene Griinde haben. Ein Teil der kritischen Schule sieht
diesen Grund nicht etwa im Belieben des Schriftstellers oder in
der Sprachgepflogenheit einer Zeit, sondern darin, dafi der
Gottesname Jahwe erst dem Moses geoffenbart wurde;
so sei Ex 3, 14 ff. ; 6, 3 ff '. zu verstehen. Derjenige Schriftsteller,
welcher davon berichtet, gebrauche in der Schilderung der voraus-
gehenden Geschichte den Namen Jahwe nicht, sondern den Namen
Elohim (also der Elohist [= E]). Ein anderer Schriftsteller gebrauche
dagegen in den Abschnitten, die ihm zugehoren, den Gottes-
namen Jahwe (also der Jahwist [== J]). Die traditionelle Schule
lehnt zum Teil die angegebene Deutung von Ex 3 und 6, jeden-
falls aber die SchluBfolgerung daraus ab.
43. Die Deutung von Ex 3 und 6 ist umstritten. Auch Anhanger
einer Quellenscheidung auf Grund der wechselnden Gottesnamen ver-
stehen die Stellen nicht so, dafi zum ersten Male der Name Jahwe dem
Moses geoffenbart worden sei 2 . Allein den beiden Stellen wird man
durch andere Deutungen nicht gerecht. So nicht, wenn man deutet:
Jahwe sei zwar vorher bekannt gewesen, aber nicht anerkannt worden 3 ,
oder Jahwe wolle sich erst jetzt als Jahwe erweisen 4 . Es ist auch zu
1 Vgl. Driver-Rothstein (s. o. S. 9) 14 l ; Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 53 f. 59 19 .
2 So J. Astruc, Conjectures sur les memoires originaux dont il paroit que
Moise s'est servi pour composer le livre de la Genese, Briissel 1753, 298 ff. ;
Strack (s. o. S. 15) zu Ex 6 (S. 181); A. Troelstra, De naam gods in den
Pentateuch. Eene studie naar aanleiding en tot toelichting van Ex 6, I vv.,
Utrecht 1912.
3 So Kley (s. o. S. 26) 32 ; ahnlich Sanda (s. o. S. 26) 26: nw ^aw = und
beziiglich meines Namens Jahwe.
4 So Troelstra (s. o. Anm. 2) (nach Theol. der Gegenwart 7, 2, 127 f.)
o8 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen.. Nr. 44
wenig, den Sinn, Jahwe habe sich damals zum ersten Male geoffenbart,
fur moglich zu halten, schliefilich aber doch abzulehnen, well der Dienst
Jahwes schon fur die Zeit der Patriarchen behauptet werde 1 .
Der klare Wortlaut der Stellen ergibt, dafi sie berichten wollen,
der Gottesname Jahwe sei erst dem Moses im Laufe der Offen-
barungsgeschichte bekannt geworden ; Ex 6, 2. gibt zudem aus-
driicklich an, dafi der fruher bekannte Gottesname El saddazwar 2 .
Dafi der Gottesname Jahwe in Eigennamen der vormosaischen
Zeit gebraucht wird, konnte auf nachtragliche Umbildung von Namen
mit ^ in Formen mit ^ u. dgl. zuriickgefiihrt werden. Aber fiir seiche
Eigennamenformen reicht auch ein Gottesname Jahu u. a. hin. Dafi
der Gottesname Jahwe neu geoffenbart wurde, trifft auch dann zu, wenn
er nur eine Weiterbildung eines schon bekannten Jahu darstellt, ahnlich
wie Abraham von Abram ausgeht (Gn 17, 5). Ex 3 und 6 miifiten von
einer solchen Umbildung verstanden werden, wenn die Religions-
geschichte erweisen sollte, dafi der Gottesname Jahu o. a. vor Moses
in dem Kulturgebiete bekannt war, aus dem Israel stammte 3 .
44. Sind die Stellen Ex 3 und 6 so, wie angegeben, richtig ge-
deutet, dann kann der verschiedene Gebrauch der Gottes-
namen mit ihnen in Zusammenhang gebracht werden.
Der Schriftsteller, welchem die Offenbarung des Gottesnamens
Jahwe in der Zeit des Moses bekannt war, konnte zwar unbedenk-
lich Jahwe sowohl in den eigenen Schilderungen wie auch in den
Reden Gottes und anderer aus vormosaischer Zeit gebrauchen;
ein solcher Anachronismus ware nicht unerwartet. Ebenso konnte
er sich aber auch genau nach der von ihm selbst erwahnten
Tatsache richten, dafi der Name Jahwe auch in der geschicht-
lichen Darstellung der vormosaischen Zeit eigentlich anachroni-
stisch anmutet, und ihn deshalb vermeiden.
Dafi der sog. Elohist wirklich aus diesem Grunde den Namen Jahwe
vermieden hat, wurde dann zu erschliefien sein, wenn Ex 3 und 6 einen
fuhlbaren Einschnitt bezeichnen sollte, nach dem Jahwe bedeutend hau-
1 So Vetter (s. o. S. 33 1 ).
2 So mit Recht auch Exegeten, welche den Wechsel der Gottesnamen
nicht als Kennzeichen verschiedener Quellen anerkennen, wie v. Hummel-
auer, Genesis (s. o. S. 14)7; Ex-Lv (s. o. S. 14) 48 ff. ; M.-J. Lagrange, El et
Jahve (Rb 12, 362386) 381. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 109 .meint, dafl
die Wortform nirr> in altere Zeit zuriickreichen miisse; allein die Form mn
wurde eher auf spatere Zeit schlieflen lassen.
3 Vgl. S. Landersdorfer O. S. B., Der Gottesname ni?r> in den Keil-
inschriften (BZ 10, 24 35).
Nr. 46 A.. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 39
figer vorkommt als in der Schilderung der vorausgehenden Zeiten. Das
scheint tatsachlich der Fall zu sein. Denn in den 55 Kapiteln von
Gn i bis Ex 6, 2 kommt Jahwe i73mal vor, so dafi auf ein Kapitel
ungefahr 3 Jahwe treffen. In den 132 Kapiteln von Ex 6 bis Dt 34
finden wir 1142 Jahwe, also im Kapitel ungefahr dreimal so oft wie
vorher. Der Einwand, dafi nach Ex 6 jegliche Art von Gottesnamen
haufiger verwendet wird, ist berechtigt. In den Teilen des Pentateuchs,
in welchen immer wieder von gottlichen Offenbarungen die Rede ist,
mufite Gott ofter genannt werden. Der Gegengrund verliert aber sein
Gewicht, wenn der zweite Gottesname Elohim nicht ebenfalls in ahn-
lichem Verhaltnis haufiger vorkommt. Die Gegenprobe ergibt: die
55 Kapitel bis Ex 6, 2 haben 2iimal n-r&s und tmVsni, also im Kapitel
ungefahr 4mal. Die 132 Kapitel von Ex 6 bis Dt 34 bieten diesen
Gottesnamen dagegen nur i carnal, also nicht einmal in jedem Kapitel.
Ware iiberhaupt die grofiere Haufigkeit der Gottesnamen dabei im
Spiele, mufite trrAs und n-r&sn ungefkhr i2mal in jedem Kapitel vor-
kommen 2 .
45. Mit Ex 24, 1 2 beginnen die liturgischen Gesetze. Manche 3 nehmen
an, dafi deshalb und erst von hier ab, also aus andern Griinden der
Name Jahwe haufiger werde. Allein die Statistik der Gottesnamen
spricht dagegen. Ex i 6 mit 20 Elohim und 16 Jahwe pafit eher
zur Gn als zum Folgenden. Ex 6, 3 24, 12 mit 40 Elohim und 122 Jahwe
gehort nach der Art des Gottesnamenwechsels sicher zum nachfolgenden
Teile des Pentateuchs. Wenn wir Ex 3, 14 6, 2 aufier Berechnung
lassen, wie es sich nahelegt, so gehort auch Ex i 3, 13 mit 14 Elohim
und 3 Jahwe sicher zur Gn. Es ist deshalb der Umschwuhg in der
Haufigkeit, mit der die beiden Gottesnamen vorkommen, in Ex 6 zu
suchen 4 .
46. Dafi der Gottesname Jahwe gerade an der Stelle bedeutend
haufiger wird, die nach dem Wortlaut besagt, dafi damals der
Name Jahwe zum ersten Male geoffenbart wurde, spricht zu
1 Die Stellen, an denen Elohim im status constructus vor einem Genitiv
steht oder mit einem Suffix verbunden ist, diirfen dabei unberiicksichtigt
bleiben. Denn den allgemeinen Gottesnamen kannte auch der Jahwist und
er mufite in diesen Fallen ' gebrauchen, weil Jahwe weder mit einem Ge-
nitiv noch mit einem Suffixpronomen verbunden werden kann.
2 Diese Statistik der Gottesnamen weicht von derjenigen ab, die Kuenen
(s. o. S. 10) i, i, 57 2 * wiedergibt; dort sind auch Ausdriicke wie
nicht gerechnet.
3 So Vetter (s. o. S. 33*) 545 f. und nach ihm Hoberg (s. o. S. 25) 52.
4 So auch Comely, Compendium (s. o. S. 9) 9 343, der die Erscheinung
aber auf andere Grunde zuruckfiihrt, nicht auf verschiedene Quellen und die
Tatsache, dafi der Name Jahwe erst in der Zeit des Moses geoffenbart
wurde.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 47
Gunsten der kritischen Anschauung, welche im Gottesnamen-
wechsel ein Kennzeichen von Quellen sieht.
Anfanglich folgerte man daraus, dafi diejenigen Stiicke, welche den
Namen Jahwe vermeiden, einem einheitlichen Schriftsteller, dem Elo-
histen, angehb'ren. Es konnten aber auch zwei und mehrere Quellen
die gleiche Art der Schilderung wahlen. Spater schlofi man auf ver-
schiedene Anzeichen hin, dafi es tatsachlich zwei Elohisten gegeben
habe, einen ersten und einen zweiten, spater Priesterkodex (= P) und
Elohist (= E) genannt. Der Schlufi ist berechtigt, soweit die Beweise
hierfiir hinreichen 1 -.
47. Die kritische Schule setzte zum Teil voraus, der sog. Jahwist habe
den Gottesnamen Jahwe gekannt und deshalb ihn gebrauchen miissen.
Weiterhin nahm sie an, dafi er die Offenbarung des Gottesnamens
Jahwe vor der Zeit ansetzte, fur die er Jahwe gebrauchte. Gn
4, 26 b : Damals (d. i. als Enos geboren wurde) fing man an, den Namen
Jahwe anzurufen, wurde in dem Sinne verstanden, dafi der Name Jahwe
statt eines andern Gottesnamens eingefuhrt wurde. Deshalb konnte
der Jahwist fur die nachfolgende Zeit den Namen Jahwe ebenso ge-
brauchen, wie ihn der Elohist erst fur die mosaische Zeit verwendete 2 .
Allein Gn 4, 26 b kommt es auf den Gottesnamen Jahwe nicht an. Hatte
der sog. Elohist die Stelle geschrieben, so wurde er den Namen Elohim
gebraucht haben, und sie hatte sachlich den gleichen Inhalt gehabt,
eine kulturgeschichtliche Nachricht, die eine uns nicht mehr ganz ver-
standliche religiose Neuerung aus altester Zeit iibermittelt. Der Jahwist
konnte seine Nachrichten mit dem Gottesnamen Jahwe ausstatten, auch
wenn er mit dem Elohisten wufite oder sogar berichtete, dafi der Gottes-
name Jahwe in der Zeit des Moses geoffenbart worden sei. Ganz aus-
geschlossen ist freilich auch nicht, dafi er iiberhaupt keine Kenntnis
dariiber besafi 3 .
1 Dagegen darf man nicht auf zwei Elohisten schliefien aus dem einen
Grunde, weil die Offenbarung des Gottesnamens Jahwe zweimal, Ex 3 und
Ex 6, erzahlt wird (so Steuernagel [s. o. S. 26] 268 ; etwas anders im Lehr-
buch [s. o. S. 10] 136). Denn da keiner den Namen Jahwe fur die vor-
mosaische Zeit vermeiden mufite, hatte eine von beiden Quellen, denen
nach der kritischen Auffassung Ex 3 und Ex 6 angehoren, den Namen
Jahwe gebrauchen konnen, und das wiirde dann trotz der Angabe, dafi der
Name Jahwe in vormosaischer Zeit unbekannt war, der Jahwist sein.
2 So Kuenen (s. o. S. 10) I, I, 55 (sehr wahrscheinlich); Steuernagel
(s. o. S. 26) 269 *; vgl. dazu auch Dahse (s. o. S. 33 3 ) 115.
3 Vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) 195 f. Vielleicht ist aber der ganz vereinzelte
Doppelname a"fiVx mrr in Gn 2 4 (aomal ; sonst noch Ex 9, 30) dadurch
entstanden, dafi ein Abschreiber Gn 4, 26 b so verstand, wie die kritische Schule
vielfach die Stelle noch jetzt versteht, und den Namen Jahwe durch den
Namen Elohim am Rande ersetzte; solche Randglossen sind vielfach nachtrag-
lich in den Text geraten. Fur den gleichen Doppelnahien Ps 72 (71), 18 in 3CR
Nr. 50 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 41
48. Der Nachweis von Quellen aus dem Wechsel der Gottesnamen
spielte anfanglich eine bedeutende Rolle in der Pentateuchkritik,
ist aber im Laufe der Zeit mehr zuriickgetreten und durch
Beweise erganzt, ersetzt, ja korrigiert worden, die man als er-
giebiger fur die kritischen Beweisziele ansah. Fur einige Punkte
der pentateuchkritischen Anschauungen ist er aber bis jetzt grund-
legend geblieben, so fiir die Scheidung der Quellen J und P in
Gn i if., fiir den Einsatz einer neuen Quelle in Gn 20 *.
49. Die Eigentiimlichkeiten des gegenwartigen*Pentateuchtextes :
Doppelungen, gestorter Zusammenhang, verschiedener Stil, Wech-
sel der Gottesnamen, geben ein Bild von der literarischen
Eigenart dieses Buches. Die kritische Schule fordert bei ruhig
und sachlich Urteilenden durch ihre iibertriebenen Behauptungen
vielfach Widerspruch heraus und mufi sich nicht unbedeutende
Abstriche am Tatsachenmaterial gefallen lassen, das sie ihren
Schlufifolgerungen zu Grunde legt. Insbesondere iibersieht sie,
daB daneben, namentlich in den grofien Ziigen, die
Darstellung doch ein bestimmtes Ziel verfolgt 2 . Die
beiderlei Anzeichen, die von mangelnder Einheitlichkeit und die
von beherrschender Zielstrebigkeit, mussen gleicherweise beriick-
sichtigt werden, wenn man eine befriedigende Erklarung fur den
Zustand des Pentateuchs geben will.
50. Die kritische Schule hat aus der fehlenden Geschlossenheit Folge-
rungen gezogen, welche die mosaische Herkunft des Penta-
teuchs, wie sie von der konservativen Schule festgehalten wird, aus-
schliefien. Tatsachlich miiftte man, wenn diese Eigenart des Penta-
teuchs allein mafigebend ware, annehmen, dafi Moses zwar die Gn
verfafit bzw. zusammengestellt haben kann, wie sie uns jetzt vorliegt;
aber Ex Dt, wo die von ihm erlebte und von ihm fast ausschliefilich
bestimmte Zeitgeschichte dargestellt wird, konnte er dann entweder
iiberhaupt nicht geschrieben haben, oder es ware nur die Darstellung
einer Quelle auf ihn zurtickzufuhren. Man konnte hochstens noch
festhalten, von Moses stammte eine gemeinsame Vorlage, die sich spater
im Lauf der Zeit in verschiedene Formen gespalten hatte; so wie der
Pentateuch uns vorliegt, ware er also nicht von Moses, oder in anderer
ist der gleiche Vorgang besonders dadurch nahegelegt, dafi Ps 72 (71) als
elohistisch uberarbeiteter Psalm gilt. Eine andere Erklarung dieses Doppel-
namens s. bei N. Schmidt, Yahwe Elohim (JbL 33, 2547) ', A. Jirku, Die Gottes-
namen in Gn 2, 4 b 3, 24 (NkZ 27, 457465).
1 Vgl. Vetter (s. o. S. 33 ') 12. * Vgl. Sanda (s. o. S. 26) i.
42 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 51
Form ausgesprochen: wir besafien keine mosaische Ausgabe des in
letzter Linie von Moses verfafiten Pentateuchs \
Allein die Urteile der Kritik sind, ganz abgesehen von ihren sonstigen
Schwachen, ihrer ganzen Art nach nicht mathematisch sicher. Zudem
sind es innere Griinde, die zur Entscheidung einer geschichtlichen Tat-
sache angefiihrt werden. Sie konnen durch geschichtliche Zeug-
nisse widerlegt, durch andere innere Gegengriinde aufgewogen
werden, freilich auch durch innere Anzeichen, die Moses als
Verfasser unmoglich erscheinen lassen, wiederum gestiitzt
werden.
11; Moses und der Pentateuch 2 .
51. 'Die konservative Schule lehnt nicht nur die Anschauung der kriti-
schen Schule in ihren Voraussetzungen und Folgerungen ab, soweit sie
sich gegen Moses als Verfasser des Pentateuchs wendet, sondern bemuht
sich auch, durch geschichtliche Zeugnisse und innere Griinde Moses direkt
als Verfasser des Pentateuchs darzutun. Die Tragweite solcher Beweise
im einzelnen und zusammengenommen ist zu priifen und gegeniiber den
Einwanden der kritischen Schule zu sichern. Nicht minder bediirfen
die inneren Gegengriinde, welche Moses als Verfasser des Buches
ausschliefien sollen, einer unvoreingenommenen Abwagung.
52. I. Die geschichtlichen Zeugnisse sind ihrer Natur nach
wertvoller als die inneren Merkmale, auf welche hin die kritische
Schule dem Moses den Pentateuch abspricht.
53. a) Selbstzeugnis des Pentateuchs. Uberschrift und
Unterschrift fehlen ; aber einzelne Stellen bezeugen ausdriicklich,
dafi manches in ihm auf gottlichen Befehl hin von Moses nieder-
geschrieben werden muBte.
Ex 17, 14 bezeugt, dafi der Bericht iiber die Amalekiterschlacht
(Ex 17, 8 14) von Moses stammt 3 . Nach Dt 31, 9 24 schrieb Moses
dieses Gesetz nieder und las es dem Volke vor. Der Ausdruck
dieses Gesetz lafit ein abgeschlossenes, grofieres Werk erwarten. Daher
geniigt Dt 32 hierfur nicht 4 . Es konnte eine kiirzere Gesetzessammlung
sein, die im jetzigen Dt enthalten ist 5 , vielleicht aber doch am ehesten
1 Vgl. G. Hoberg, tjber den Ursprung des Pentateuchs (BZ 4, 337 346) 343 f.
2 Vgl. Hoberg (s. o. S. 25); Kley (s. o. S. 26) ; Sanda (s. o. S. 26); * E. Mange-
not, L' authenticite mosaique du Pentateuque, P. 1907.
3 Auch die Lesart des 3Qft ^sga (= in d a s Buch ; dagegen ei<; (hfJAiov)
setzt nicht notwendig voraus, dafi schon ein Buch (etwa unser Pentateuch)
vorhanden war, in welches dieser Bericht eingetragen wurde. So auch
Hoberg (s. o. S. 25) 40 f. ; Hopfl (s. o. S. 26) 2 56 f. ; Mangenot (s. o. Anm. 2) 207 f.
4 So meinte Hoberg (s. o. S. 25) 40 2 .
5 So v. Hummelauer, Dt (s. o. S. 14) 75.
Nr. 54 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 43
im wesentlichen unser Dt 1 . Gesteht man zu, dafi die Gesetze in Ex
bis Nm im Grunde den gleichen Inhalt mit dem Dt haben, dann wiirde
dieses Gesetz und die Aussage dariiber auch fiir die gesetzlichen
Abschnitte von Ex Nm Geltung haben 2 . Dt i, 5 berichtet, Moses habe
in Moab dieses Gesetz zu erklaren begonnen. Danach mufi das, was
Moses in Moab verkiindete, d. i. das Dt, eine Erlauterung sein, die etwas
Bekanntes, d. h. die Gesetze von Ex Nm nach dem Zusammenhang im
gegenwartigen Pentateuch zur Grundlage hatte 3 . Da der Berichterstatter
in Rucksicht auf die Leser schreibt, so wird dieses Gesetz im Voraus-
gehenden schriftlich niedergelegt sein; man darf zunachst nicht an das
nachfolgende Dt 4 oder den Pentalog (Dt 6, i 7, n) 5 denken. Der
Berichterstatter von Dt i, 5 setzt also voraus, dafi Moses im wesentlichen
die Gesetze von Ex Nm vor sich hatte und in der Art, wie es in
Dt erzahlt wird, erlauterte. Nach Ex 24, 4 schrieb Moses das sog.
Bundesbuch, Ex 21 23, nach Ex 34, 27 schrieb er Ex 20 23 6 , nach
Nm 33, 2 das Lager verzeichnis Nm 33.
54. Zu wenig legen in diese Zeugnisse jene Exegeten, welche sie nicht
einmal fur die mosaische Herkunft der Stucke gelten lassen, mit denen
sie unmittelbar zusammenhangen 7 . Dafi sie richtig sind, kann man
mit Grund nicht bezweifeln. Wenn nun Moses nach diesen Zeugnissen
etwas iiber die erwahnten Ereignisse geschrieben hat, wird man natur-
gemafi nur annehmen diirfen, dafi die Berichte dariiber im Pentateuch
der Hauptsache nach auf ihn zuriickgehen. Der Versuch, zu beweisen,
dafi Moses das, was z. B. nach Ex 17, 14; 24, 4; 34, 27 von ihm auf-
gezeichnet sein soil, nicht geschrieben haben konne 8 , ist kiinstlich.
1 So Sanda (s. o. S. 26) 6.
2 Dafi die Gesetze des Dt mit dem Bunde von Moab (Dt 28, 69) ver-
kniipft werden, die von Ex Nm dagegen mit demjenigen, der an den Ort
und in die Zeit der Sinaioffenbarung fallt, bereitet einige Schwierigkeit, ist
aber doch nur nebensachlich. Die Art, wie Kley (s. o. S. 26) 217 f.,
J. Brucker S. J., Questions actuelles d'exegese et d'apologie biblique (Etrel
43 [1888] 7190 321340; 44, 5774 382396) 325 u. a. die Gesetze vor
Dt mit dieser Aussage verbinden, ist keineswegs iiberzeugend.
3 Man darf nicht wie K. Marti (bei Kautzsch [s. o. S. 1 1] i 4 zur Stelle),
Valeton u. a. dem isa, eine andere Bedeutung als erklaren, etwa vor-
tragen, einscharfen, unterschieben.
4 So Holzinger (s. o. S. 25) 14; Konig (s. o. S. 2 2 ) 138 f.; Sanda (s. o. S. 26)
6 u. a.
5 So v. Hummelauer, Dt (s. o. S. 14) 172.
6 Ex 34, 10 26 ist zwar zunachst gemeint; aber das Stuck ist nur ein
Auszug aus Ex 20 23.
7 So Steuernagel (s. o. S. 26) 257.
8 Vgl. Kuenen (s. o. S. 10) I, I, 15 (bei Ex 34, 27 beruft er sich darauf,
dafi die Mitteilung fehlt, Moses habe Gottes Befehl ausgefuhrt) ; Steuernagel,
Einleitung (s. o. S. 26) 255, Lehrbuch (s. o. S. 10) 124.
44 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 55
Dadurch, dafi einzelne Abschnitte ausdriicklich auf Moses zuriick-
gefiihrt werden, 1st nicht ausgeschlossen, dafi auch das iibrige von
Moses sei *. Besondere Griinde konnen Anlafi gewesen sein, dafi gerade
bei einzelnen Stiicken eine solche Angabe zu finden 1st 2 . Dafi aber
der iibrige Pentateuch in diesen Zeugnissen mittelbar eingeschlossen
sei, also ebenfalls damit auf Moses zuriickgefiihrt werde, lafit sich
kaum glaubhaft machen 3 . Mit Recht halt deshalb auch J. Brucker S. J.
auf Grund der erorterten Stellen zunachst fest, dafi Moses danach meh-
rere betrachtliche Teile des Pentateuchs geschrieben habe 4 .
55. b) Der samaritanische Pentateuch 5 . Die Samaritaner,
benannt von Semer, dem friiheren Besitzer des Bodens, auf dem
die Hauptstadt des Nordreiches Israel entstand (3 Kg 16, 24),
besafien und besitzen den hebraischen Pentateuch in althebraischer
Schrift und mit eigenen Lesarten, sonst aber gleich mit dem
Pentateuch der Juden. Da die Juden und die Samaritaner im Lauf
der Geschichte in einem schroffen Gegensatz zueinander standen,
schlofi man, dafi vor der Trennung zwischen beiden der Penta-
teuch bestanden haben miisse, demnach weit vor der Zeit, welche
die kritische Schule fur ihn ansetzt, und bedeutend naher der
mosaischen Zeit, so dafi die mosaische Herkunft des Pentateuchs
hierdurch nahegelegt werde.
1 So meinten Konig (s. o. S. 2 2 ) 163; Steuernagel, Einleitung (s. o. S. 26) 253,
Lehrbuch (s. o. S. 10) 124; Nikel (s. o. S. 26) 17 u. a.
2 Mit Recht verstehen darum die Angaben nicht in ausschliefiendem
Sinne Cornely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 41 ; Hoberg (s. o. S. 25) 40 f.; Hopfl (s. o. S. 9)
2 2 , 18; Hudal (s. o.S. 9) 85, 2 9of.; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 14; Man-
genot (s. o. S. 42 2 ) 209 f. ; P. Vetter, Die Zeugnisse der vorexilischen Pro-
pheten iiber den Pentateuch (ThQ 81, 512 552; 83, 94112 187 207) 549.
3 So schliefit Kley (s. o. S. 26) 218 aus Nm 33, 2 auf ein Tagebuch des
Moses, dem wenigstens die Geschichte des Wiistenzuges entnommen sei.
Hoberg (s. o. S. 25) 41 ff. (es ist wohl auch Kaulen-Hoberg [s. o. S. 2 3 J 2 5 , 14
so zu verstehen) sucht von mehreren Ansatzstellen aus mittelbar den ganzen
Pentateuch als mosaisch zu erweisen. Dabei setzt er voraus, dafi die Sinai-
gesetzgebung in einem einheitlichen Werke vorliege, und dafi geschichtliche
Zusammenhange auch in der literarischen Darstellung zum Ausdruck kommen
miissen. Hobergs Verbindungen sind moglich ; an manchen Stellen ist aber
eine andere Moglichkeit ebenso naheliegend.
4 Vgl. Etrel 43 (s. o. S. 43 2 ), 324. Wenn er dafiir die fides divina
fordert, so geht das zu weit ; denn dafi Koh, Sap von Salomo verfafit seien,
beruht auf einem ahnlichen Selbstzeugnis wie die mosaische Herkunft des
Pentateuchs , und trotzdem halten manche katholischen Exegeten dieses
Zeugnis als literarische Einkleidung iiberhaupt nicht fur verbindlich.
5 J.J. Munro, The Samaritan Pentateuch and modern criticism, Ld. 1912.
Nr. 56 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 45
DasVolk und die Sekte der Samaritaner 1 geht auf die Zer-
storung Samarias (722 v. Chr.) zuriick. Von da an wurde das verodete
Land von fremden Kolonisten besiedelt (4 Kg 17, 24), vielleicht schon
unter Sanherib (705 681), jedenfalls aber unter Asarhaddon (681 668)
(Ezr 4, 2 ; vgl. 4, 9 f.). Es kam auch ein israelitischer Priester und lehrte
sie, wie sie Jahwe fiirchten sollten. Daft er sich dabei auf ein Gesetz-
buch, etwa den Pentateuch, gestiitzt habe, lafit sich aus den geschicht-
lichen Angaben selbst nicht ersehen und ist deshalb nur dann anzu-
nehmen, wenn tatsachlich der Pentateuch vor der Trennung bestanden
hat. Trotz der Trennung zwischen Juden und Samaritanern ist ein
Austausch religioser Art noch nach der Eroberung Jerusalems (586)
von Jeremias (41, 5ff.) bezeugt und auch noch unter Zerubabel (Ezr 4, i ff.)
vonseiten der Samaritaner erstrebt (ca. 538 516). Erst unter Nehemias
(ca. 430) wurden Mifibrauche in der jiidischen Gemeinde beseitigt und
dabei Personlichkeiten ausgetrieben (Neh 13, 28), welche nach Flavius
Josephus (Ant. n, 7 8) bei der Erbauung des samaritanischen Tempels
auf dem Berge Garizim (ca. 330) eine Rolle spielten. Da die Chrono-
logic der Zeiten, in denen Nehemias und Ezra wirkten, unsicher ist
(vgl. u. 53), so kann man eine endgiiltige Trennung zwischen Juden
und Samaritanern nur ungefahr zwischen 430 und 330 v. Chr. ansetzen 2 .
Unter Antiochus IV. Epiphanes (175 164) leugneten die Samaritaner,
mit den Juden religios verbunden zu sein 3 .
56. Eine Stimmung, die es hochst unwahrscheinlich macht, dafi sie
von den Juden den Pentateuch noch ubernommen batten, ist bei
den Samaritanern jedenfalls erst fur das 5. und 4. Jahrhundert v. Chr.
nachweisbar, eine Zeit, die freilich immerhin noch gegen die
radikalste Form der Pentateuchkritik ins Feld gefiihrt werden
konnte, fur die hoheren Beweisziele der konservativen Schule
aber nicht tragfahig genug ist. Die Samaritaner batten den Penta-
teuch von den Juden auch erst in nachexilischer Zeit erhalten
konnen 4 . Dafi ihnen tatsachlich erst Manasse unter Alexander d. Gr.
das Gesetzbuch des Moses gebracht habe 5 , lafit sich jedoch keines-
wegs feststellen. Man darf vielmehr mit gutem Grunde wenig-
stens das aus dem samaritanischen Pentateuch schliefien, dafi
1 M. Gaster, The Samaritans, their history, doctrine and literature, Ld. 1925.
S. J. Rubinstein, Zur Geschichte der Entstehung der samaritanischen Gemeinde,
Diss., Bern 1906. J. Spak, Der Bericht des Josephus iiber Alexander d. Gr., Diss.,
Konigsberg 1911.
2 Es ist moglich, daC Josephus die Austreibung unter Nehemias und den
Tempelbau unter Alexander d. Gr. zusammengezogen hat.
3 Vgl. Josephus, Ant. 12, 5, 5 ; Jo 4, 9.
4 Gegen Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 s ) i 5 ,
5 So Steuernagel (s. o. S. 26) 276.
46 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 57
Ezra /H4 v - Chr. nicht blofi einen Teil des Pentateuchs, etwa die
sog. Quelle P, verkiindet habe 1 .
57. c) Die jiidische Tradition, bestimmt zu schopfen aus
dem babylonischen Talmud 2 , ausdriicklich bezeugt durch Flavius
Josephus und Philo, vertreten schon durch die verschiedenen Lehr-
richtungen nach dem babylonischen Exil, herrschend in der jii-
dischen Diaspora, seit es eine solche gibt, kennt keine andere
Anschauung, soweit sie zu Tage tritt, als dafi Moses der Ver-
fasser des Pentateuchs sei 3 . Es ist zwar nicht gerechtfertigt,
jeder Tradition anzuhangen, nur weil sie Tradition ist. Aber
das andere Extrem, sie von vornherein zu bezweifeln und zu
verwerfen, ist ebenfalls nicht annehmbar. Diese Tradition iiber
die mosaische Herkunft des Pentateuchs wird natiirlich am ehe-
sten erklarlich, wenn die traditionelle Schule recht hat mit der
fast durchgangigen mosaischen Authentic des Pentateuchs. Es
geschieht ihr aber auch Geniige, wenn Moses' Anteil am Penta-
teuch eingeschrankt wird, wenn er also etwa eine literarische
Tatigkeit am Pentateuch entfaltet hat, wie sie dem Selbstzeugnis
des Pentateuchs entnommen werden kann, wenn dessen geschicht-
liche und gesetzliche Bestandteile in letzter Linie auf ihn zuriick-
gefiihrt werden konnen, mag auch die Form nicht mehr die
urspriingliche sein und das von ihm vermittelte Gesetz sich im
Laufe der Zeit als lebendige Einrichtung des Volkes organisch
weiterentwickelt haben 4 .
Diirfte man an der jiidischen Tradition keine solchen Abziige machen,
so miifite man schliefilich folgerichtig auch die Fortbildung des Pen-
tateuchgesetzes in der Misna, ca. 200 n. Chr. schriftlich aufgezeichnet,
zur sinaitischen Offenbarung rechnen. Ja es konnte als jiidische Tra-
dition noch iiber das Mittelalter hinaus geltend gemacht werden, dafi
jeder Vokal und jeder Akzent im 3dt des Gesetzes bereits dem Moses
auf dem Berge Sinai kundgegeben worden sei 5 .
1 So Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 67.
2 Vgl. b. Baba batra f. I4 b : Moses schrieb sein Buch und die Prophetien
des BiPam.
3 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 38 ff.
4 Ahnlich Hoberg (s. o. S. 25) 53 ff. Doch hat das in der Sache selbst
liegende Grenzen. Wenn man mosaisch sein lafit, wofiir man das Gegenteil
nicht beweisen kann, werden diese Grenzen wohl kaum iiberschritten.
5 Eine so kritisch gesichtete jiidische Tradition scheint auch mit der
Entscheidung der Bibelkommission vom 27. Juni 1906 vereinbar zu sein,
Nr. 59 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 47
58. d) Das Zeugnis der alttestamentlichen Literatur
aufierhalb des Pentateuchs, eigentlich ein Bestandteil der jiidischen
Tradition, ist besonders anzufuhren, weil die Biicher des AT fur
die bibelglaubige Forschung eine groCere Autoritat besitzen, als
sie rein geschichtlichen Quellen zukommt. Man sucht in ihnen
nach Wendungen, welche Moses als Verfasser des Pentateuchs
bezeichnen (unmittelbares Zeugnis), und nach Belegen, welche
den Bestand des Buches iiber den spaten Ansatz der kritischen
Schule zuriickverlegen und es moglichst nahe an die mosaische
Zeit heranriicken, und macht dadurch die mosaische Herkunft
des Pentateuchs um so wahrscheinlicher (mittelbares Zeugnis).
Da aber der Pentateuch nicht als einheitliches Werk auf uns ge-
kommen ist, so sind Belege fur einzelne Stiicke noch kein Beweis
fur den ganzen Pentateuch und konnen besonders gegen die kri-
tische Schule nicht als solcher wirken.
59. Die alttestamentliche Literatur reicht in eine Zeit herab, dafi das
Zeugnis der spatesten Biicher kaum gegen die radikalste Kritik an-
gefiihrt werden konnte. Tob 1 kennt ein Gesetz Gottes (i, 8; Gesetz
des Moses [*]) und ein Buch des Moses (6, 13; 7, n [**]) Bar,
den manche sehr spat datieren (vgl. u. 144), bezeugt fur seine Zeit
ein Gesetz des Moses (2, 2) und erwahnt den Befehl Gottes an Moses,
das Gesetz niederzuschreiben (2, 28). Es wird richtig sein, was Hel-
zinger 2 annimmt, dafi in den atl Apokryphen 3 die traditionelle An-
schauung vorhanden war. Aber fur diese Annahme kann sich die
kritische Schule auf keine klare Aussage in diesen Biichern stiitzen,
oder sie miifite auch den gleichen unbestimmten Aussagen fur eine
friihere Zeit dieselbe Beweiskraft zubilligen. Denn nicht blofi der
nachexilische Prophet Malachias kennt ein Gesetz des Moses
(3, 22), Daniel, der von der kritischen Schule in die makkabaische Zeit
verlegt wird, aber doch wohl mindestens um 300 v. Chr. angesetzt
werden kann (s. u. 157), redet von einem Gesetz des Moses (13, 3 62),
das geschrieben ist (9, n 13), und nicht blofi die nachexilischen Ge-
schichtsbiicher reden von einem Gesetze Gottes oder Jahwes (2 Chr
welche die perpetua consensio populi iudaici als nicht zu verwerfendes
Zeugnis dafiir anruft, dafi der Pentateuch nicht maxima ex parte aus nach-
mosaischen Quellen stamme (s. u. 16, Nr. 150, 1).
1 2 Makk 7, 6 sagt von Dt 32 die Herkunft von Moses aus, nicht anders
als Dt 31, 30. Sir 45, I 6 kennt Moses als Vermittler des Gesetzes (vgl. 24,
32 f. [33]).
2 Einl. (s. o. S. 25) 9.
3 = deuterokanonische Schriften nach dem katholischen Kanon (vgl. u.
S 195, Nr. 656).
48 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 59
31, 3; Ezr 7, 26), von einem Gesetze des Moses (2 Chr 23, 18; 30, 16;
33, 8; Ezr 3, 2; 7, 6; Neh i, 7), von einem Buche des Moses (2 Chr
35, 12; Ezr 6, 18), von einem Gesetzbuche des Moses (2 Chr 25, 4
[= Dt 24, 16]; Neh 8, iff.). Auch in vorexilischer Zeit begegnen uns
die gleichen Ausdriicke. Bei den grofien und kleinen Propheten vom
Exil aufwarts suchen wir sie freilich umsonst. Is 63, n 12; Mich 6, 4
kennen Moses als Fiihrer des Volkes, Jer 15, i nennt seinen Namen, Os
12, 14 (13) meint ihn mit dem Propheten. Im iibrigen gilt, was Hoberg 1
feststellen muftte : Die Stellen der nachexilischen Propheten Dn, Mai, Bar
sind die einzigen, an denen Propheten ein geschriebenes Gesetz, ein Gesetz
von Moses anfuhren. Ohne den Namen des Moses reden die Propheten
von einem Gesetze (Soph 3, 4), vom Gesetze Gottes oder Jahwes (Os 4, 6 ;
8, i 12; Am 2, 4; Is 5, 24; Jer 6, 19; 16, n; 44, 23), von schriftlicher
Tora (Jer 8, 8), von Gesetzen der Priester (Jer 18, 18; Ez 7, 26), der
Propheten (Jer 26, 4!), von einem Gesetze der Vergangenheit und von
einem Gesetze der Zukunft (Jer 31, 33). Aber diese Bezeichntmgen
meinen zum Teil ein ganz anderes Gesetz als das des Moses, und wo
sie dieses meinen, bleibt sein Umfang unbestimmt. Wo ein Zitat an
den Wortlaut des Pentateuchs erinnert, wie Os 12 an Gn 25 35 2 , ist
zu beachten, daft die Gn nicht einheitlich ist ; deshalb kann man nicht
mit Sicherheit schlieften, daft damals der ganze Pentateuch in seiner
gegenwartigen Gestalt als Quelle diente. DieKQnigsbiicher, welche
ungefahr in die Exilszeit fallen werden (s. u. 45), diirfen schwerlich
als Zeugen fur die Zeit gelten, welche sie schildern, sondern die Aus-
driicke Gesetz u. dgl. werden vom Standpunkt des Verfassers gemeint
sein und erklart werden miissen, und das wohl auch dann, wenn sie
in den Reden von Personen gebraucht werden 3 . Sie erwahnen ein
Gesetz Jahwes (4 Kg 10, 31; 17, 13 34), ein geschriebenes Gesetz Jahwes
(4 Kg 17, 37; 22, 8 ff.), ein Gesetz des Moses (4 Kg 21, 8; 23, 25), ein
Gesetzbuch des Moses (3 Kg 2, 3; 4 Kg 14, 6). Die Samuelbiicher
reden von Moses als Fiihrer des Volkes (i Sm 12, 6 8); ein Gesetz, ein
mosaisches Gesetz kommt nicht vor 4 . Andeutungen, daft Gesetze des
Pentateuchs vorhanden gewesen seien, ersetzen eine ausdriickliche
Nennung des mosaischen Gesetzbuches nicht 5 , um so weniger, als der
Teil nur bei geschlossener Einheitlichkeit des Werkes fur das Ganze
gelten diirfte, und weil die Geschichte der Zeit ergibt, dafi damals die
Verletzungen pentateuchischer Gesetze sehr zahlreichsind 6 . DasBuch
der Richter kennt die Personlichkeit des Moses (Jdc i, 16 20; 4, n),
1 Moses (s. o. S. 25) 35.
2 So Vetter (s. o. S. 44 2 ) 190; Hoberg (s. o. S. 25) 37 ff.; Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 22.
3 Anders Hoberg (s. o. S. 25) 18 f.
4 Vielleicht ist nach i Sm 10, 25 das Konigsgesetz des Samuel in ein
vorhandenes, im Laufe der Zeit wachsendes Gesetzbuch geschrieben worden.
*issa mufl iibrigens keineswegs mit in das Buch ( in ei-n Buch) iiber-
tragen werden.
5 Gegen Hoberg (s. o. S. 25) 22. 6 Vgl. Hoberg (s. o. S. 25) 30.
Nr. 6 1 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 49
weifi auch von Gesetzen Jahwes, die durch ihn den Vatern gegeben
worden sind. Dagegen enthalt das Buch Jo sue wiederum die Aus-
driicke, die uns in den iibrigen Biichern von Rg ab mehr oder weniger
haufig begegnen: Gesetz des Moses (i, 7; 22, 5), Gesetzbuch (i, 8; 8, 34f. ;
vgl. 22, 9 [= Nm 32]), Buch des Gesetzes Gottes (24, 26), Buch des Ge-
setzes des Moses (8, 31 [= Ex 20, 25]; 23, 6) 1 .
60. Wenn der Bestand des Pentateuchs fiir diese Zeiten erwiesen
1st, so kann man alle diese Ausdriicke nicht besser deuten, als
dafi man sie vom Pentateuch versteht. Aber in jedem Falle er-
weisen sie ein Gesetz und ein Gesetzbuch, das nach
Moses genannt werden konnte. Ob deshalb, weil er Ver-
mittler und Urheber dieses Gesetzes war 2 , oder weil er das Buch
verfaBte, entscheiden diese Stellen nicht. Auch die nachexilischen
Stellen sprechen sich daruber nicht bestimmter aus 3 . Der Um-
fang des Gesetzes, das in diesem Gesetzbuch des Moses stand,
lafit sich auf Grund der Benennung allein nicht als der ganze
Pentateuch erklaren, da er nicht als einheitliches Werk erscheint.
Es konnten auch jeweils kleinere Gesetzessammlungen in Gebrauch
gewesen sein und diesen die Verweise auf einzelne Vorschriften
entstammen. Auch fur solche einzelne Teile des Gesetzes be-
deutet die Benennung nach Moses noch nicht, dafi Moses der
Verfasser sei 4 .
61. e) Das Zeugnis des NT 5 teilt den verbindlichen Charakter
mit dem inspirierten AT.
Jo i, 17 ; 7, 19 nennt Moses als Gesetzgeber ; Apg 13, 39 (38) redet vom
Gesetze des Moses; Lk 16, 29; 24, 27; Jo i, 45; Apg 15, 21; 2 Kor 3, 15
wird mit Moses nichts anderes als der Pentateuch gemeint sein. Wor-
auf diese abgekiirzte Bezeichnung sich stiitzt, ob etwa darauf, dafi
1 Sanda (s. o. S. 26) 4 f. versteht unter dem Gesetzbuch in Jos das Dt.
Nikel (s. o. S. 26) 18 und Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 21 meinen, dieses Gesetz
konne nicht sehr umfangreich gewesen sein, weil Josue eine Wiederholung
des Gesetzes des Moses (Jos 8, 32 [= Dt 27, 2 f.]) auf Steine schrieb. Hier-
gegen darf an den Denkstein erinnert werden, der das Gesetz des Hammurabi
trug, und dieses war nicht weniger ausgedehnt als das mosaische Gesetz.
2 So Hoberg (s. o. S. 25) 6f. 15.
3 Gegen Holzinger (s. o. S. 25) 9; Steuernagel (s. o. S. 26) 60.
4 Gegen Steuernagel, der (Einl. [s. o. S. 26] 251) seit dem 7. Jahrhundert
Zeugnisse zu finden glaubte, dafi einzelne Teile des Pentateuchs von Moses
verfafit seien.
5 G. C. Aalders, Het getuigenis des NT van het Pentateuch (Geref. theol.
Tijdschr. 18 [1918] Nr. 9).
Goettsberger, Einleitung in das AT. A
50 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 61
Moses ihn verfafit habe, 1st nicht ausgesprochen. Einzelne Stellen des
Pentateuchs werden dem Moses in den Mund gelegt: Mt 8, 4 = Mk i, 44
= Lk 5, 14 (vgl. Lv 14, 2); Mt 19, 7 = Mk 10, 4 (vgl. Dt 24, i); Mk 7, 10
(vgl. Ex 20, 12; 21, 17 ; Dt 5, 16); Jo 8, 5 (vgl. Lv 20, 10); Apg 3, 22 (vgl.
Dt 18, 15); Apg 26, 22; Rom 10, 19 (vgl. Dt 32, 21). Also stammen
diese Gesetze von Moses oder sind in der Sammlung enthalten, welche
nach Moses genannt wird, oder stehen im Pentateuch, den er verfafit
hat. Vom Buche Moses redet Mk 12, 26 (vgl. Ex 3); Moses schrieb
sagen nach Lk 20, 28 die Sadduzaer von Dt 25, 5 f., heifit es Rom 10, 5
von Lv 1 8, 5 ; aber auch der gottliche Heiland spricht nach Jo 5, 45 47
so allgemein von Stellen, welche von ihm handeln (vgl. Lk 24, 44;
Jo i, 45)-
Jo 5, 45 47 ist von vielen katholischen Exegeten 1 und auch von
alteren bibelglaubigen protestantischen Forschern 2 fur entscheidend zu
Gunsten der Tradition gehalten worden. Andere wollen dieses Zeugnis,
weil dogmatisch begriindet, in einer kritischen Frage nicht verwenden 3 .
Allein man konnte hochstens aus methodischen Griinden davon absehen,
sofern man Kritiker iiberzeugen will, welche Christi Zeugnis verwerfen 4 ,
oder wenn man die Einleitungswissenschaft durchweg apologetisch auf-
baut 5 . Wieder andere, welche Christi Zeugnis in seiner dogmatischen
Tragweite anerkennen und verwerten wollten, meinen, dafi Christus
per accommodationem so gesprochen haben konne; er habe sich der
Anschauung seiner Zeitgenossen angepafit, um nicht darin einen
Widerspruch herauszufordern und dadurch die Aumahme seiner andern,
viel wichtigeren Lehren unnotig zu erschweren 6 . Dafur, dafi diese
letztere Auffassung zulassig sei, kann man sich auf Augustinus berufen,
der in einem verwandten Fall eine Erklarung gegeben hat, die auch
hier pafit: Quia vero D. N. J. C. magister nobis missus est, etiam filium
hominis dixit nescire ilium diem, quia in magisterio eius non erat,
ut per eum sciretur a nobis. 7 Dann ist aber Jo 5, 45 ff. nur ein Zeugnis
dafiir, dafi Moses in der Zeit Christi allgemein als Verfasser des Pen-
tateuchs gegolten hat. Es gibt noch eine letzte und engste Erklarung,
welche es vermeidet, dem gb'ttlichen Heiland eine Akkommodation an
die Zeitanschauungen zuzuschreiben : Christi Ausspruch beziehe sich
1 So Brucker (s. o. S. 43 2 ) 326 f. ; Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, I 2 , 35 ff. ; S. Dill-
mann, Jo 5, 45 47 in der Pentateuchfrage (BZ 15, 139 148 219 228);
Kley (s. o. S. 26) 3 f.; Vigouroux (s. o. S. 36 J ) 3 5 , gf.
2 So Haevernick, Keil, R. Kiibel, E. Rupprecht, C. J. Ellicott (1892),
W. Cawen, W. H. Green (nach Strack [s. o. S. 3 2 ] 6 23).
3 So Strack, PRE is 3 , 115; Einl. (s. o. S. 3 2 ) 6 23.
4 So Kley (s. o. S. 26) 3 f.
5 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 15.
6 So Baudissin (s. o. S. 9) 60 ; Hopfl (s. o. S. 26) 2 59 ; Sanda (s. o. S. 26) 2 ;
Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 23 ; Vetter (s. o. S. 44 2 ) 549 f. Dagegen Kaulen-Hoberg
(S. O. S. 2 3 ) 2 5 , 15.
7 Enarrat. in Ps 37 (M 1 36, 355).
Nr. 63 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 51
blofi auf Gn 3, 15; 22, 18; 49, 10; Dt 18, 15*. 1st die Ansicht,
Christus habe Jo 5, 45 ff. per accommodationem gesprochen, moglich,
und das scheint nicht bestritten werden zu konnen, so 1st sie die nachst-
liegende und darum beste Erklarung der Stelle. Denn es ist doch der
naturgemafie Sinn, dafi Christus die messianischen Stellen des Pentateuchs
nicht als gesonderte Texte, sondern deshalb auf Moses zuriickfiihrt,
weil er den ganzen Pentateuch entsprechend der damals herrschenden
Ansicht als Werk des Moses bezeichnen will.
62. Auch das NT zeugt also, wie das AT, fur die enge Be-
ziehung, die zwischen Moses und dem Pentateuch besteht. Uber
den Umfang, in dem Moses als unmittelbarer Verfasser des gegen-
wartigen Textes in Betracht kommt, erfahren wir aber aus dem NT
nichts Naheres. Sogar der Satz: Moses schrieb, kann ohne An-
derung des Sinnes als kurze Zusammenfassung der Aussage gelten :
in dem Buche, das den Titel Gesetz des Moses , Buch des Ge-
setzes des Moses tragt, lesen wir. Dafi wir die ntl Stellen am
natiirlichsten vom abgeschlossenen Pentateuch verstehen, liegt
nicht in der grofieren Bestimmtheit der Aussagen, sondern ist
selbstverstandliche Folgerung aus der geschichtlichen Tatsache,
dafi die einzelnen Texte, die in Betracht kommen, damals un-
bestritten schon Bestandteile des Pentateuchs waren.
63. f) Die christliche Tradition hat die bisher zum Teil
unbestimmt gebliebene Antwort auf die Frage, inwieweit Moses
als Verfasser unseres heutigen Pentateuchs in Betracht kommt, auch
nicht entscheidend und klar gegeben. In ihrer Friihzeit hob man
ofter hervor, wie wenig darauf ankomme, wer Verfasser eines in-
spirierten Buches sei 2 . Die kirchlichen Entscheidungen einschliefi-
lich des Tridentinums 3 gebrauchten die uberlieferten Aussage-
formen, ohne sie bestimmter fassen zu wollen. Erst die EBK vom
7. Juni 1906 hat den Anteil des Moses am Pentateuch positiv
und negativ genauer umschrieben 4 .
1 Selbst Dillmann, der in Jo 5, 45 ff. ein entscheidendes Zeugnis fur die
mosaische Abfassung des Pentateuchs sieht (s. o. S. 50 1 ), gesteht dies zu.
Auf einzelne Stellen des Pentateuchs beschranken dieses Zeugnis auch Hopfl
(s. o. S. 9) 2 2 , 26 f., Mangenot (s. o. S. 42 2 ), Nikel (s. o. S. 26) 25, Sanda
(s. o. S. 26) 2.
2 Vgl. F. v. Hummelauer, Exegetisches zur Inspirationsfrage (BSt 9, 4),
Frb. i. Br. 1904, 99 ff.; Bibbia ed Alta Critica (Civ. catt. 18 [1903], 9, 397
bis 413).
3 Anders Vigouroux (s. o. S. 36 x ) 3 5 , 9. 4 Siehe u. 16, Nr. 150 u. 151.
4*
C2 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 64
64. Die aufieren Zeugnisse gelten zunachst der Tatsache, dafi
enge Beziehungen zwischen dem Pentateuch und Moses obwalten.
Man hat, ehe man entgegenstehende Schwierigkeiten gewahr
wurde, naturgemafi daraus geschlossen, Moses sei der Verfasser
des Pentateuchs in seiner vollen heutigen Gestalt. Obwohl die
Schwierigkeiten als innere Gegengriinde zuriickstehen miissen
gegen aufiere Griinde, haben hier die aufieren Griinde, wie die
kritische Wiirdigung ergab, den Mangel, dafi sie nicht unmittel-
bar auf den Pentateuch in seiner gegenwartigen Gestalt und seinen
vollen Umfang schliefien lassen. Selbst die Versuche, wortliche
Ubereinstimmungen zwischen dem Werk des Moses und unserem
gegenwartigen Pentateuch nachzuweisen, konnen deshalb keinen
vollen Erfolg haben, weil der Pentateuch gegenwartig keine formell
geschlossene Einheit mehr ist und deshalb Schliisse auf einzelne
Teile nicht auch fur das Ganze gelten miissen. Ja wenn wir blofi
auf die aufieren Griinde angewiesen waren, w'iirden wir kaum
fur einen umfangreicheren geschlossenen Teil mosaische Herkunft
erweisen konnen. Uber das Ergebnis der aufieren Griinde fiihren
aber die inneren Griinde hinaus.
65. II. Die inneren Griinde fur die mosaische Herkunft des
Pentateuchs wurden ehedem oft wahl- und kritiklos gehauft 1 .
Aber selbst wenn man die Zusammenstellung von Urquhart kraftig
siebt und Vigouroux' schon veraltete Sammlung dem neueren Stande
der Forschung anpafit, so bleibt noch genug, was die mosai-
sche Herkunft des Pentateuchs stiitzt. Hat die traditionelle Schule
ehedem hier des Guten zuviel getan, so ist die kritische Schule den
inneren Griinden und ihrer Beweiskraft keineswegs gerecht ge-
worden. Dafi z. B. der Zweck des Pentateuchs gerade der sei,
Israel zu bestimmen, Agypten zu verlassen und nach dem Heiligen
Lande zu ziehen 2 , ist tatsachlich nicht nachweisbar, wie die tradi-
tionelle Exegese glaubte, und auch deshalb nicht moglich, weil
1 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 57 ff. ; Kley (s. o. S. 26) 219222 ; J. Kna-
benbauer S. J., Der Pentateuch und die unglaubige Bibelkritik (Stimmen
aus Maria Laach 4 [1873], 212 219); A. H. Sayce, The higher criticism*
and the verdict of the monuments 5 , Ld. 1895; J. Urquhart, Die neueren
Entdeckungen und die Bibel. Ubers. von E. Spliedt, Stuttg. 1902 ff.; *F. Vi-
gouroux, Die Bibel und die neueren Entdeckungen in Palastina, in Agypten
und in Assyrien. Ubers. von J. Ibach, Mainz 1885/86.
- 2 So z. B. Vigouroux (s. o. S. 36 *) 3 5 , 22 f. 34 ff.
Nr. 68 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 53
der Hauptteil des Pentateuchs dem Auszug aus Agypten parallel
lauft. Dagegen sind andere Angaben des Pentateuchs wohl zu
wiirdigen und fur die Losung der Pentateuchfrage zu verwerten.
66. a) Der Pentateuch verrat vielfach, da.fi er in der Wiiste ent-
s tan den ist. Das heilige Zelt steht in der Mitte, und das Volk lagert
sich in Abteilungen um dasselbe herum (Nm 2, zff.j, so nahe beisammen,
dafi es mit einer Trompete zu Versammlung und Aufbruch gerufen
werden kann (Nm 10, 2 ff.). Das Volk ist im Lager (Lv 4, 1 2 ; Nm 19, 2 ff.) ;
aufierhalb des Lagers beginnt die Wiiste (Lv 16, 21 28). Das heilige
Zelt ist jedem Israeliten zu jeder religiosen Verrichtung erreichbar
(Lv 17, 36.). Der Verfasser redet nicht von Hohempriester und Priestern,
sondern von Aaron und seinen So'hnen (Lv 17, i). Es befriedigt nicht,
solche Angaben fur archaistischen Schein zu erklaren und anzunehmen,
es sei beabsichtigte Einkleidung, um das Gesetz als mosaisch erscheinen
zu lassen 1 . So raffiniert durfen wir uns die damaligen literarischen
Arbeitsmethoden schwerlich vorstellen. Dafi derartige Formen als ar-
chaistischer Gesetzesstil fortgelebt haben und auch in nachmosaischen
Gesetzen beibehalten worden seien 2 , ist in sich wenig glaubbar. Wie
sollte eine solche Wtisten-, Wanderungs- und Lagerterminologie gerade
in der Gesetzessprache fortleben? Da ist es doch viel einfacher und
natiirlicher, mit der traditionellen Schule daraus auf die wirkliche Zeit
zu schliefien, in der solche Stiicke im Pentateuch niedergeschrieben
worden sind.
67. b) Einzelne archaologische Angaben sind dem Pentateuch eigen-
tumlich und weisen deshalb auf ein anderes Gebiet als Palastina
und eine andere Zeit als die spatere Geschichte hin. Als
Werkholz wird in der Wiistenwanderung nicht Zypressen- oder Zedern-
holz verwendet, sondern die Akazie (aufier dem Pentateuch nur noch
Is 41, 19), deren Name n zudem von manchen aus dem Agyptischen
hergeleitet wird 3 . Die Zoologie in Lv 11 und Dt 14 ist reicher, als
sie fur Palastina nachweisbar ist. Von der Haut des ^"^-Tieres ist
beim Bau des heiligen Zeltes und sonst nur noch Ez 16, 10 die Rede.
68. c) Die Einlafilichkeit, mit der bedeutungslose Einzelheiten
erwahnt werden, erklart sich zunachst besser bei einem, der miterlebt
hat, was er beschreibt, als daraus, dafi ein Spaterer sich anschaulicher
Schilderung beflifi und deshalb derlei Umstande dazudichtete. Dem
Miterlebenden fliefit von selbst in die Feder, dafi dies am ersten und
jenes am zweiten Tage geschah, oder wie die agyptischen Hebammen
hiefien (Ex 1,15), oder dafi man im Tale Elim zwolf Brunnen und siebzig
Palmen antraf (Ex 15, 27). Wer mitten im Flufi der Entwicklung lebt,
kann noch keine Systematik der Rechtsnormen bringen; sie werden er-
wahnt, wo die Not zu neuen Mafinahmen zwang.
1 Steuernagel (s. o. S. 26) 253. 2 So Konig (s. o. S. 2 2 ) 157.
3 Vgl. E. Naville, The shittim wood (PSbA 34, 180190).
54 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 69
69. d) 1st Moses oder ein Zeitgenosse aus dem yolke Verfasser, so
mufi das, was von ihm stammt, Kenntnis von Agypten verraten.
Das 1st der Fall z. B. bei Dt 17, 16. Da steht im Konigsgesetz die
Warming, der Konig moge das Volk nicht nach Agypten zuriickfiihren.
Diesen Satz konnte keiner gesprochen haben als Moses , bemerkt
dazu mit Recht v. Hummelauer 1 . Die Geschichte des Joseph, den
Auszug aus Agypten konnte nur einer schreiben, der selbst in Agypten
gelebt hat 2 . Der Verfasser kennt die Zeit, in welcher das agyptische
Tanis gegriindet wurde, und datiert danach Hebron (Nm 13, 22 [23]).
70. e) Der Verfasser des Pentateuchs kannte Kanaan weniger als
Agypten. Das ist schon zu beobachten, wenn er von manchen Orten
ausdriicklich angibt, daft sie in Kanaan liegen (Gn 23, 2 19; 33, 18;
Dt n, 30 u. 6.), wahrend anderseits agyptische Stadte nicht naher be-
stimmt werden (Gn 45, 10). Die Niederung des Jordans wird beschrieben
und mit einer Gegend verglichen, die in Agypten beim Aufenthaltsort
des Volkes Israel lag (Gn 13, 10); Verfasser und Leser zumal miissen
deshalb Agypten gekannt haben.
71. f) Der Pentateuch zeigt auch in seiner heutigenForm noch sprach-
liche Eigentiimlichkeiten, die als Altertiimlichkeiten betrachtet
werden konnen 3 .
Beispiele. Lautlehre: p-s (auch Jdc, Ez) statt p-to ; pss statt p^
statt was; die matres lectionis sind noch etwas sparlicher gebraucht als
in andern Biichern.
1 Dt (s. o. S. 14) 360. Dagegen kann die Erklarung E. Renans (Les
origines de la Bible [Rev. de deux mondes i. Dez. 1886, 543]), der Konig
ware blofi nach Agypten gegangen, weil dort Pferde zu haben waren (vgl.
Vigouroux [s. o. S. 36 *] 3 5 , 101 3 ), oder die Deutung, der Konig hatte seine
Untertanen gegen Pferde nach Agypten vertauschen konnen (so Steuer-
nagel [s. o. S. 15] 66; ahnlich Kautzsch [s. o. S. u] I 3 , 270* [die Vermehrung
um andere Moglichkeiten ebd. i 4 , 292 d verbessert die Sache nicht] ; ebenso
E. Meyer, Der Papyrusfund von Elephantine, Lp. 1912, 34) keineswegs
bestehen.
2 Vgl. H. Brugsch, Steininschrift und Bibelwort 2 , B. 1891; *H. J. Heyes,
Die Bibel und Agypten. Abraham und seine Nachkommen in Agypten. I.
Gn Kap. 12 41 incl., Mstr. i. W. 1904; Sanda (s. o. S. 26) 86 ff.; W. Spiegel-
berg, Agyptische Randglossen zum AT, Strafib. i. E. 1904. Weitere Lite-
ratur bei Konig (s. o. S. 2 2 ) 159. D. Volter (Agypten und die Bibel. Die Ur-
geschichte Israels im Lichte der agyptischen Mythologie, Leiden 1903, 4 1909;
vgl. auch Ders., Die Patriarchen Israels im Lichte der agyptischen Mytho-
logie, Lp. 1921 ; Jahwe und Mose in agyptischer Beleuchtung 2 , Leiden 1919)
geht ausschliefilich phantastischen mythologischen Zusammenhangen nach.
3 Vgl. R. Graffin, Etude sur certains archaismes du Pentateuque (Compte
rendu du congres scientifique des catholiques I, P. 1888, 154 165); Mange-
not (s. o. S. 42 2 ) 243 ff.
Nr. 72 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 55
Formenlehre: xtn als Pron. gen. comm. gebraucht (i95mal = sie;
kommt im gegenwartigen 3R nur umal vor 1 ); ahnlich "'?l fur fP53;
>n statt ^"; w.|n statt ^n.
Lexikon: a 11 ?? Ahre statt nVasj; ^=t mannlich ; fs" Gesauertes u. a.
Auch einige stilistische Eigentiimlichkeiten finden sich ausschliefilich
im Pentateuch, z. B. ^sy-^s SIDK?. erwurde zu seinenVatern versammelt.
Solcherlei sprachliche Eigentiimlichkeiten sind im Pentateuch ver-
haltnismafiig zahlreicher als in andern Biichern, ohne dafi sie in der
Eigenart des Inhalts begriindet waren. Sie diirfen als Anzeichen hoheren
Altertums gelten 2 . Sie beweisen zwar nicht unmittelbar die mosaische
Herkunft des Pentateuchs 3 , sondern zunachst nur ein relativ hoheres
Alter der jetzigen sprachlichen Form. Es ist nicht einmal ausgeschlossen,
dafi der Pentateuch aus einer ganz andern Sprachgestalt in die gegen-
wartige umgeschrieben wurde 4 . Aber in diesem beschrankten Umfang
bieten diese Eigentiimlichkeiten doch der mosaischen Herkunft des Pen-
tateuchs eine gewisse Stiitze. Jedoch konnen sie bei der mangelnden
Einheitlichkeit des Pentateuchs nur fiir einzelne Bestandteile verwertet
werden, in welchen sie sich vorfinden.
72. Alle diese inneren Anzeichen, die zu Gunsten der mosaischen
Herkunft des Pentateuchs zeugen, miissen beachtet werden, wenn
man den Verfasser dieses Buches bestimmen will. Freilich stellt
die kritische Schule auch ihrerseits Merkmale auf, aus denen sie
eine nichtmosaische Entstehung erschliefien zu diirfen glaubt.
Auch diese inneren Gegengriinde fallen, soweit sie sich als stich-
haltig erweisen, in die Wagschale, wenn es gilt, das SchluCergebnis
festzustellen.
1 J. I. Munro, A research into the origin of the third personal pronoun
epicene in Pentateuch and its connection with Semitic and Indo-Euro-
pean languages. A contribution to philological science, Oxford 1912. Die
Deutung als Archaismus wird aber meistens bestritten ; vgl. Gesenius' He-
braische Grammatik, vollig umgearbeitet von E. Kautzsch 28 , Lp. 1909, 32 1 ;
Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 56 1 . ]. Touzard schreibt sin einer Verwechslung von
i und ^ zu (s. RClfr 90, 352 2 ). E. Nestle weist darauf hin, dafi in andern
Hss im Unterschied von den herkommlichen Ausgaben des 9It sin fern, sich
auch aufierhalb des Pentateuchs findet (vgl. ZatW 33,, 73).
2 Vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) isoff.; Ders. (s. o. S. 30 2 ) 456 ff. Dagegen
Driver-Rothstein (s. o. S. 9) 135.
3 Munro (s. o. Anm. i) glaubte sogar, darin einen besseren Beweis fur
mosaische Herkunft des Pentateuchs erblicken zu diirfen, als wenn Moses
eigenhandig jede Seite unterzeichnet hatte (nach PrthR 12, 631 ff.).
4 liber die Annahme, dafi das AT, besonders der Pentateuch, urspriinglich
in babylonischer Sprache und Schrift abgefafit worden sei, vgl. u. 205,
Nr. 701.
c(5 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 73
III. Nach der kritischen Schule sprechen innere Griinde
auch gegen die mosaische Herkunft des Pentateuchs,
und zwar gegen die Zeit des Moses, gegen den Aufenthaltsort,
an welchem er weilte, und unmittelbar gegen seine Person 1 .
73. a)ZuUnrecht wurde von alteren Kritikern gegen Moses' Zeit
angefiihrt, daft damals eine Buchstabenschrift noch fehlte, daft
es so friih eine literarische Tatigkeit nicht gab, daft ein Ge-
setzgebungswerk,so ausgedehnt und durchgebildet wie das mosaische,
noch nicht moglich gewesen ware. Fur den Bestand einer Schrift
iiberhaupt sprechen 2 Sm 8, 16 17; n, 14!!. (Uriasbrief ) ; 20, 24 f. (i" 1 ???
und ire); Jdc 5, 14 (Schreibergriffel); Jos 15, 15 (^5 ^7P.); Ex 5, 6 (^rf*);
Nm n, 16; Dt i, 15; Gn 38, 25 (Judas Siegelring trug wohl eine Le-
gende), so daft sie mindestens schon zur Zeit des Moses bekannt war.
Das phonizische Buchstabenalphabet ist um noo v. Chr. 2 , vielleicht
schon um 1300 v. Chr. 3 nachweisbar. Ein umfangreiches Denkmal
in semitischer Buchstabenschrift ist der MesV-Stein (um 896 v. Chr.;
vgl. 4 Rg 3, 4) 4 . Vielleicht setzen schon die sinaitischen Inschriften
von Serabit el-Hadem eine solche voraus (entdeckt 1 906 von F. Petrie) 5 .
Eine literarische Betatigung lassen gerade in mosaischer Zeit die Tell
el-Amarna-Briefe (um 1400 v. Chr.) erwarten 6 . Zudem besitzen die beiden
Weltreiche Agypten und Babylonien eine viel altere Literatur, und
Israel, zwischen ihnen gelegen und in Beziehung zu ihnen stehend,
kann man sich schwer ohne literarische Kultur denken. Eine gesetz-
geberische Tatigkeit des Moses wird um ein halbes Jahrtausend iiber-
boten durch das Gesetz des babylonischen Konigs Hammurabi (um
2000 v. Chr.), das viele Ahnlichkeiten mit dem Pentateuch aufweist
und zum Teil durchgebildeter ist als das mosaische Gesetz 7 . Infolge-
dessen ist es durchaus moglich, daft dem Moses fur die Gn bereits
1 Brucker (s. o. S. 43 2 ) 330 ff. 57 ff.
2 Vgl. A. S. Zerbe, The antiquity of Hebrew writing and literature or
problems of Pentateuchal criticism, Cleveland 1911.
3 S. u. 207, Nr. 706.
4 Als gefalscht sucht die Inschrift zu erweisen E. Storr, Die Unechtheit
der Mesa-Inschrift (ThQ 99, 196225 378421).
5 Vgl. R. Eisler, Die kenitischen Weihinschriften der Hyksoszeit im
Bergbaugebiet der Sinaihalbinsel und einige andere unerkannte Alphabet-
denkmaler aus der Zeit der 12. 1 8. Dynastie. Eine schrift- und kultur-
geschichtliche Untersuchung, Frb. i. Br. 1919; Ders., Entdeckung und Ent-
zifferung kenitischer Inschriften aus dem Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. im
Kupferminengebiet der Sinaihalbinsel (BZ 15, i 8). Vgl. u. 207, Nr. 706.
6 Siehe u. 17, Nr. 153, sowie Taf. i, i (6b) u. 2.
7 Vgl. P. Cruveilhier, Le code de Hammourabi (RClfr 69, 275 308);
Ders., Le code de Hammourabi et la legislation civile des Hebreux (ebd. 641
bis 673).
Nr. 74 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 57
schriftliche Quellen vorlagen 1 , und daft er selbst zu verschiedenen
Zeiten Aufzeichnungen gemacht hat 2 .
74. b) Dagegen werden von der kritischen Schule nicht ohne
Grund Stellen angefuhrt, welche in einem mosaischen Pentateuch
als Anachronismen wirken.
Gn 12, 6; 13, 7 3 ; 13, 1 8 (Hebron vielleicht erst nach dem Nachkommen
des Kaleb [i Chr 2, 42] genannt); 14, 14; Dt 34, i (der Name Dan
entstand nach Moses; vgl. Jos 19, 47 ; Jdc 18, 29); 22, 14 (ein Wortspiel
mit dem Namen Moria == Sion, der erst in Davids Zeit Interesse
wecken konnte); 36, 3 iff. (der Verfasser kennt anscheinend schon die
israelitische Konigszeit und zahlt zudem die edomitischen Konige bis
dahin auf 4 ; 40, 15 (die Hebraer setzt doch ein Volk und nicht blofi
einzelne Personlichkeiten wie Abraham und Joseph 5 voraus und meint
das Volk, dem Joseph nach Ansicht des Verfassers angehorte, nicht
andere Volkerschaften, die so geheifien haben konnten 6 ). Ex 15, 17
(erinnert an das Heiligtum auf dem Berge Sion); 16, 35 (der Verfasser
kennt schon den Zeitpunkt, an dem das Manna auf horte ; dieser liegt
spater als der Tod des Moses [nach Jos 5, iz] 1 ); 16, 36 (die Erlauterung
eines in der Zeit des Auszugs gebrauchlichen Maftes hat nur spater
einen Sinn; die Bemerkung gehort zu 16, 16); 22, 28!; 23, zof. 16 19;
34, 10 26 (solcherlei Gesetze kommen fur ein sefthaftes Volk, nicht
1 So H6pfl(s. o. 8.26) 2 49f.; Hoberg (s. o. S. 25) 50; v. Hummelauer, Gn
(s. o. S. 14) 3 ff.
2 v. Hummelauer, Dt (s. o. S. 14) 146 f. nimmt eine lex bipartita (sinai-
tische und moabitische Gesetzgebung) und Acta Moysis als Aufzeichnungen
des Moses an.
3 Und der Kanaanaer war damals im Lande. Das' ist keine blofie
Feststellung (so Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, i 2 , 86), noch zu deuten : schon damals
wie jetzt (= zur Zeit des Verfassers, d. i. Moses) (so Kaulen-Hoberg [s. o.
S. 2 3 ] 2 5 , 1 8), noch zu verstehen als damals noch (= zur Zeit des Moses),
wie es spater nach der Verheifiung Gottes nicht mehr sein sollte (so Kaulen-
Hoberg a. a. O.), oder : Abraham glaubte an die Verheifiung, daC Kanaan
ihm und seinen Nachkommen zufallen werde (Gn 12, i f.), obwohl damals
das Land noch besiedelt war; oder: damals, als Abraham einzog, waren
schon Bewohner da. Vollbefriedigend wird die Stelle erst erklart, wenn
man sie auf einen Verfasser zuriickfiihrt, der bereits die Kanaaniter durch
Josue vertrieben sah.
4 Doch wohl nicht auf Grund prophetischer Voraussicht (so Comely [s. o. S. 3 2 ]
2, i \ 86).
5 So Kley (s. o. 8.26) i8of.
6 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 18. Fur manche Stellen des AT setzt
eine Verschiedenheit von Hebraern und Israeliten' voraus A. Jirku , Die
Wanderungen der Hebraer im dritten und zweiten vorchristlichen Jahrtausend
(Der Alte Orient 24, 2), Lp. 1924.
7 Anders Kley (s. o. S. 26) 185.
rg I. Teil. Die Bticher des AT im einzelnen. Nr. 74
fur Israel auf der Wiistenwanderung in Betracht 1 ; allerdings sind sie
zum Teil ausdriicklich erst fur die Zukunft berechnet 2 ). Lv 18, 25
bis 28 (die Vertreibung der Kanaaniter ob ihrer Unsittlichkeit, auf die
Jahwe das Volk drohend verweist, mufi doch schon geschehen sein,
um als warnendes Beispiel dienen zu konnen ; deshalb haben die Masso-
reten in ihrer Punktation die Vergangenheit angenommen 3 ) ; 26, 3 45
(von einem sefihaften Volke zu verstehen 4 ). Nm 14, 45; Dt i, 44
(der Name Horraa ist erst nach Jdc i, 17 verstandlich) ; Nm 15, 32 (dafi
Israel bei einer bestimmten Gelegenheit in der Wiiste war, brauchte
von einem gleichzeitigen Verfasser nicht hervorgehoben zu werden);
21, 14 (das Buch der Kriege des Herrn scheint die Kampfe Israels
gegen die Kanaaniter zu betreffen; zudem brauchte es einen Beleg
fur den Arnon als Grenze Moabs nicht fur ein Volk, das soeben iiber
den Arnon zog); 27, 14 (geographische Einzelheiten, die erst fur spatere
Leser nicht iiberfliissig waren). Dt 2, 12 (die Eroberung Kanaans
durch Israel wird als Vergleich gebraucht, muft also schon vergangen
sein); 3, 8 (die Eroberung des Gelobten Landes wird erst spater bis
zum Hermongebirge ausgedehnt worden sein); 3, n (das Bett des
Konigs c Og von Basan kann doch erst geraume Zeit spater als Kurio-
sitat bezeichnet werden) 5 ; 3, 14 (die Benennung nach Jair bis auf
den heutigen Tag [ahnlich Dt 10, 8 u. a. St.] setzt einen langeren
Zeitraum bis zur Niederschrift voraus und scheint zudem die gleiche
zu sein, von der Jdc 10, 4 berichtet); 17, 14 20 (dieses Konigs-
gesetz Jahwes scheint i Sm 8, 7 noch nicht bekannt gewesen zu sein,
weil dort Jahwe die Forderung eines Konigs als Abfall von Jahwe be-
trachtet; zudem wird i Sm 10, 25 von neuem ein Konigsgesetz ge-
geben 6 ); 31, 26 (zu diesem Gesetzbuch gehort, wenn der ganze Pen-
tateuch in seiner gegenwartigen Form mosaisch ist, auch noch der
Schlufi von Dt 7 ); 32, iff. (das Lied des Moses setzt bereits ruhigen
Besitz des Gelobten Landes sowie Abfall zum Gotzendienst voraus 8 );
33, 4 (im Segen des Moses steht eine Uberlieferung von ihm als Gesetz-
geber in dritter Person 9 ); 34, 6ff. (Bericht iiber den Tod des Moses
1 Vgl. auch Dt 19, 14; 20. Vgl. Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 21.
2 v. Hummelauer, Ex Lv (s. o. S. 14) 25 leitet sie von einer Sefihaftigkeit
ab, welche das Volk schon vorher durchlebt hatte.
3 Dagegen Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 18.
4 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 96 deutet die Stelle prophetisch.
5 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 88 deutet: Sehet, von dem Riesen, den ihr einst
gefurchtet habt, ist nichts mehr iibrig als sein Bett.
6 Vgl. jedoch oben S. 54.
7 Schon Richard Simon hatte das beachtet (vgl. F. Stummer, Die Be-
deutung Richard Simons fur die Pentateuchkritik [AtAbh 3, 4], Mstr. i. W.
1912, 7). *W. Schenz (Einleitung in die kanonischen Biicher des AT,
Regensb. 1887, 56) schlieCt daraus, dafi alles Folgende nicht mehr dem Moses
angehore. 8 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 96 erklart es als prophetisch.
9 Hoberg (s. o. S. 25) 53 schreibt die gegenwartige Form des Stiickes der
Zeit des Josue zu.
Nr. 75 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 59
im mosaischen Pentateuch fruhester Ausgangspunkt der Pentateuch-
kritik; s. u. 12, Nr. 79).
75. Nicht alle Exegeten erkennen an, dafi diese Anachronismen
notwendig auf eine nachmosaische Zeit zu deuten sind *. Manche
aber gestehen zu, dafi sie leichter und richtiger von nachmosaischer
Zeit aus zu verstehen sind 2 . Jedenfalls reicht es nicht hin, nur
irgend eine Verlegenheitsexegese zu versuchen oder auch eine
Reihe von denkbaren Losungen anzufiihren 3 , sondern man rauC
eine sich aufzwingende Exegese finden oder doch die beste unter
annehmbaren Erklarungen wahlen, wenn man den Eindruck ana-
chronistischer Schilderung iiberwinden will. Soweit die Stellen
nur gezwungen in die mosaische Zeit verlegt werden konnen 4 ,
fordert die richtige Methode, sie als Anachronismen anzuerkennen.
Aus einer solchen Anerkennung kann sich eine doppelte Folgerung
ergeben. Schon in friiher Zeit haben Bossuet (-J- 1704), Witsius () 1708),
Huetius (-f- 1721) in den Anachronismen spatere Einschiibe gesehen 5 ;
neuere Exegeten sind ihnen darin gefolgt 6 . Zum Teil schrieb man sie aus-
driicklich einem inspirierten Schriftsteller, z. B. dem Ezra 7 , zu. Es sind
aber auch nichtinspirierte Glossen ebensowenig ausgeschlossen wie son-
stige Textverderbnisse 8 . Eine solche Interpolationshypothese ist iiberall
da die richtige Erklarung, wo die Eigenschaft als Glosse sich zu erkennen
gibt 9 . Wo solche Anzeichen fehlen, werden solche Stellen ebenso einwand-
frei erklart, wenn man sie in und mit dem Pentateuch in seiner gegen-
wartigen Form in die nachmosaische Zeit datiert. Ja die Anachronismen
sind so zahlreich, so uber den ganzen Pentateuch zerstreut und zum
Teil 'unlosbar mit der Darstellung verwoben, dafi sie am ehesten ge-
meinsam mit dem gegenwartigen Pentateuchtexte entstanden sein werden.
Konnen sie auch fur sich allein die nachmosaische Entstehung des
Pentateuchs nicht entscheidend beweisen, so geben sie doch beachtens-
werte Unterstiitzungsgrunde ab, wenn sonst eine nachmosaische Be-
arbeitung des gegenwartigen Pentateuchtextes bewiesen werden kann 10 .
1 So *B. Welte, Nachmosaisches im Pentateuch, Karlsruhe 1841; Brucker
(s. o. S. 43 2 ) 44, 72 ff.; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 18.
2 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 83 ; Schenz (s. o. S. 58 7 ) 57 f.
3 Vgl. besonders Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 83 ff.; zum Teil auch Sanda
(s. o. S. 26) 19 ff.
4 So urteilt Vetter (s. o. S. 44 2 ) 81, 547. 5 Vgl. Hoberg (s. o. S. 25) 58 ff.
6 Hoberg (s. o. S. 25); Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 59; Nikel (s. o. S. 26) 33.
7 So Tostatus (f 1455), Andreas Masius (f 1573), Pererius (f 1610), Cor-
nelius a Lapide (-J- 1637).
8 Vgl. Brucker (s. o. S. 43 2 ) 43, 338 ff.
9 Auch Vertreter der kritischen Schule nehmen das an, wie Driver-Roth-
stein (s. o. S. 9) 134 \ 10 So Vetter (s. o. S. 44 2 ) 81, 547.
(5o I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 76
76. c) Der Bearbeiter des Pentateuchs scheint im Gebiete
westlich vom Jordan zu schreiben; Moses war nur siidlich
und ostlich vom Flusse.
Er nennt das Ostjordanland Gebiet jenseits des Jordan
Gn so, 10 f. [vgl. 50, 13]; Nm 22, i; 32, 32; 35, 14 [it!^ ']; Dt i, i 5;
4, 46 49). Daft der Name nicht Eigennamenart angenommen hat 1 ,
ergibt sich aus Stellen, an denen die gleiche Bezeichnung auch fur
das Westjordanland gebraucht wird, wenn einer vom ostjordanischen
Standpunkt aus redet (Nm 32, 19; Dt 3, 20 25 2 ). Den gleichen Auf-
enthaltsort des Bearbeiters setzen voraus die Ausdrucksformen fur die
Himmelsrichtungen : nachdemNegebzu = sudwarts(Gni3, i4;Ex26, 18;
27, 95 36, 23; 38, 9; 40, 24; Nm 34, 4; 35, 5), nach dem Meere zu
= westlich (Gn 12, 8; 13, 14; Ex 26, 22; 36, 27 usw.). Fur Moses in
der Wiiste lag das Gebiet von Negeb nach Norden zu; ebensowenig
sucht man von seinem Aufenthaltsort aus das Meer in westlicher
Richtung 3 .
77. d) Wie manches zur Zeit und zum Aufenthaltsort des Moses
nicht paCt, so scheint einiges unmittelbar gegen seinePerson
als Bearbeiter des Pentateuchs zu sprechen.
Daft von Moses in der dritten Person erzahlt wird, schliefit
ihn als Verfasser noch nicht aus 4 . Ebenso wie Casar im Bellum
gallicum oder Xenophon im Rtickzug der Zehntausend konnte auch
Moses von sich unpersonlich reden. Auch die Tatsache, daft dies das
einzige Beispiel im AT darstellt 5 , kann gegen eine solche Erzahlungs-
form nicht entscheidend geltend gemacht werden, da der bescheidene
Umfang der hebraischen Literatur Unica erwarten lafit. Beachtenswert
dagegen ist, wie Nm 15, 22f. in einer direkten Rede des Moses sein
1 So Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 93.
2 Nur Dt 3, 8 redet Moses vom Ostjordanland mit dem gleichen Aus-
druck, eine Ausnahme, die als solche nicht stark ins Gewicht fallen kann.
Dafi 'aj auch Ufer, Kiistenland (so Kaulen-Hoberg [s. o. S. 2 3 ] 2 5 , 18)
oder Distrikt (so H. Pope, The Mosaic authorship of Deuteronomy [IthQ 5,
159 165]) bedeute, lafit sich nicht beweisen.
3 Dabei bleibt es immerhin moglich, daC diese Namen fur die Himmels-
richtungen in Palastina entstanden und als feste, vom tatsachlichen Auf-
enthaltsort unabhangig gewordene Bezeichnungen mit dem Volke mit-
wanderten (so Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, i 2 , 92 ; Kaulen-Hoberg [s. o. S. 2 3 ] 2 5 , 18).
Erweisen lafit sich das aber nicht. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 18 er-
klart Dt i, i 5 ; 4, 49 fur nachmosaische Glossen. H. M. Wiener (The Negeb
in Exodus [Bs 69, 345 348]) beseitigt diese Schwierigkeiten durch Text-
anderung.
4 So meint noch Steuernagel (s. d. S. 26) 253 ; vgl. auch Ders., Lehrbuch
(s. o. S. 10) 124.
5 Das betont Steuernagel (s. o. S. 26) 253.
Nr. 78 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 6 1
Name statt der ersten Person gebraucht wird, als ob ein anderer als
Moses redete. In seinem eigenen Segen spricht er wiederum von dem
Gesetze, welches Moses tins aufgetragen hat (Dt 33, 4). Audi Ex 6, 26 f.
wird mit eigenartiger Objektivitat von Moses und Aaron berichtet.
Das Lob des Moses Ex n, 3 kann, wenn von ihm selbst geschrieben,
doch nur als Selbstlob bezeichnet werden 1 . Das gleiche gilt von
Nm 12, 3 2 . Auch muft mindestens auffallen, dafi sich der Verfasser
Nm 21, i4ff. fur Tatsachen, die zu Moses' Erlebnissen gehoren, auf
ein Lied im Buch der Kriege Jahwes beruft. Mit solchen Stellen
zusammengehalten, darf auch die dritte Person, in der Moses uns vor-
gefiihrt wird, als Anzeichen nichtmosaischer Herkunft nicht mehr mit
Sicherheit abgelehnt werden, da doch Schilderung des eigenen Lebens
in dritter Person nicht das ist, was man zunachst erwartet.
12. Geschichte der Pentateuchkritik 3 .
78. Die kritisch gewiirdigten literarischen Eigentumlichkeiten des
Pentateuchs sind erst im Laufe langen Gebrauches und Studiums
des Buches zu Tage getreten und haben allmahlich die anfang-
liche naturgemafie Annahme, dafi der Pentateuch ein einheit-
liches Werk sei, ins Wanken gebracht und schliefilich infolge
iibertriebener Kritik zu einer Zerreifiung des Textes in grofiere,
kleinere und kleinste Bestandteile gefuhrt. Ebenso wurde die
uberkommene Anschauung, dafi der grofie Gesetzgeber Moses
das grundlegende Geschichts- und Gesetzbuch des AT auch nieder-
geschrieben habe, durchBeobachtungen, wie sieimvorausgehenden
Paragraphen untersucht wurden, erschwert, mehr und mehr ein-
geengt und untergraben, und schliefilich fuhrte auch hier ein
gewaltsamer Bruch mit jeder Uberlieferung zur Behauptung, dafi
nicht weniger als ein Jahrtausend den Abschlufi des Pentateuchs
von dem Zeitalter des Moses trenne. Diese Entwicklung in der
Pentateuchfrage hat sich in mehreren Abschnitten und bis heute
nicht ohne Kampfe und Gegnerschaft vollzogen.
1 Schwerlich wird die Stelle befriedigend erklart, wenn man sie als
objektiven Bericht annehmbar finden will ; so Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 )
2 5 , 19-
2 lay sanft kann nicht mit geplagt iibersetzt werden; so Kaulen-Ho-
berg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 19.
3 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 19 ff.; S. J. Curtiss, Sketches of Pen-
tateuch criticism (Bs 41, 123); Holzinger (s. o. S. 25) 2570; Stummer
(s. o. S. S8 7 ); Westphal (s. o. S. 30 2 ); G. Wildeboer, Karakter en Beginselen
van het historisch-kritisch onderzoek des OV, Utrecht 1897.
62 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 79
1. Das Judentum bis zum Talmud 1 .
79. Der Bericht iiber den Tod des Moses im mosaischen Pentateuch
war die erste und blieb in dieser Zeit fast die einzige Schwierigkeit,
die erortert wurde. Philo (} um 40 n. Chr.) 2 sieht darin ein Wunder,
Josephus (um 100 n. Chr.) 3 kommt ohne Wunder aus, aber auch
ohne die mosaische Herkunft des Pentateuchs zu bezweifeln. Die
Autoritaten des Talmud schreiben den Bericht teils dem Moses 4 , teils
als Nachtrag dem Josue 5 zu. Sonstige Stellen, die gegen Moses als
Verfasser zu sprechen schienen und im Laufe der Zeit zu kritischen
Anschauungen iiber den Pentateuch fiihrten, konnten nach den Regeln,
welche die talmudische Hermeneutik an die Hand gab, ohne kritische
Behelfe gelost werden 6 .
2. Die Zeit der Kirchenvater 7 .
80. Manchen Haretikern stand der Pentateuch imWege; deshalb
bekampften sie ihn, hie und da in einer Form, die an die spateren kri-
tischen Anschauungen erinnert. Die Nazaraer leugneten, dafi der Penta-
teuch der Kirche echt sei. Moses hat nach ihnen einen andern Penta-
teuch geschrieben 8 . Der Gnostiker Ptolemaus unterscheidet in seiner
Epistola ad Floram 9 dreierlei Bestandteile im Pentateuch: einiges ge-
hore dem Demiurgen, anderes dem Moses selbst (Mt 19, 8), wiederum
anderes den Altesten (Mt 15, 4 6) an. Also erkennt er, um die Ver-
bindlichkeit des Gesetzes leugnen zu konnen, Nachmosaisches im Pen-
tateuch an, aber ohne literarkritische Griinde geltend zu machen. Celsus
soil nach Origenes 10 mehrere Verfasser angenommen haben. Erst die
1 Vgl. R. J. H. Gottheil, Some early Jewish biblical criticism (JbL 23, i 12).
2 Vita Mosis 2, 39, 291 (Ausgabe von L. Cohn und P. Wendland, editio
minor, Bd. 4, B. 1902).
3 Ant. 4, 8, 48. 4 b. Menachot f. 30 a .
5 b. Baba batra f. I4 b (s. u. 186, Nr. 606).
6 M. Eisenstadt (Uber Bibelkritik in der talmudischen Literatur, B. 1894)
glaubt schon in der vortalmudischen Zeit kritische Anwandlungen feststellen
zu konnen.
7 Vgl. J. Orr, The OT question in the early church (Exp 1895, 5> 346 361);
N. M. Wels, The ante-nicene fathers and the Mosaic origin of the Pentateuch
(The OT Student 1884, i86ff.). Vgl. Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 27.
8 Epiphanius, Haeres. 18, i (M g 41, 257).
9 Siehe o. S. 14 ; A. v. Harnack, Der Brief des Ptolemaus an Flora. Eine
religiose Kritik am Pentateuch im 2. Jahrh. (SB der preufi. AdW 1902, 25 ;
auch in: Kleine Texte fur Vorlesungen und Ubungen, hrsg. von H.Lietzmann,
Nr. 9, Bonn 1904).
10 C. Celsum 4, 42 (M g u, 1097): Sie tun in dieser Sache (d. i. in der
Siindnuterzahlung) nichts weiter als die Erzahlung von der Deukalionischen
Flut falschen und interpolieren. Er meinte aber doch wohl nicht mehrere
Verfasser der biblischen Erzahlung, wie Origenes sagt, sondern diejenigen
seiner Gegner, welche des Moses Bericht gegen ihn geltend machen.
Nr. 82 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 63
pseudo-klementinischen Homilien 1 haben einzelne Gedanken aus-
gesprochen, die kritischer Natur sind, wenn auch religiose Absichten
und nicht literarische Beobachtungen den Anstofi dazu gaben. So
nahmen sie nicht blofi Echtes, sondern auch Unechtes im Pentateuch
an (II, 51 ; III, 43), leugneten die mosaische Herkunft von Dt 34, 7 ff.
und infolgedessen auch, dafi Moses diesen Pentateuch geschrieben habe.
Moses habe das Gesetz miindlich siebzig weisen Mannern anvertraut,
da er wufite, dafi eine Niederschrift zu Grunde gehen wiirde. Als
Manner, welche dieses prophetische Wissen nicht besafien, das Gesetz
trotzdem aufschrieben, ging es unter Nabuchodonosor unter. Von
diesen Mannern stammt das Falsche im Gesetz (III, 47).
81. In den Kreisen der Kirchenvater hat der Glaube an 4 Ezr 14,
1 8 47, wonach Ezra die Heilige Schrift nach ihrem Untergange auf
Grund gottlicher Inspiration wieder aufgezeichnet habe, zu Behaup-
tungen gefuhrt, welche an kritische Meinungen anklingen. Schon
Chrysostomus (-f- 407) hat Derartiges geaufiert 2 . Hieronymus erortert
C. Helvidium c. 7 3 den Ausdruck usque in hodiernum diem Gn
35, 4, Dt 34, 6 und fiigt hinzu: Certehodiernus dies dies illius temporis
aestimandus est, quo historia ipsa contexta est, sive Moysen dicere
volueris auctorem Pentateuchi sive Esram instauratorem operis, non
recuso. Man konnte daraus schliefien, nach Hieronymus habe Ezra
bei der Wiederherstellung des Pentateuchs Bemerkungen wie die er-
wahnte aus eigenem zu den Uberresten des Pentateuchs hinzugefiigt.
Das ware ein erster Schritt auf der Bahn gewesen, die zur neuesten
Pentateuchkritik fiihrte : Ezra habe erst den Pentateuch oder das Gesetz
gefertigt. Allein Hieronymus hat wohl nicht genau darauf geachtet,
dafi Ezra den mosaischen Pentateuch blofi genau wiederherzustellen
hatte, ohne von Eigenem beizugeben, und da solche Bemerkungen hie
und da schwer in der mosaischen Zeit unterzubringen sind, auf Ezra
als letztes Mittel der Erklarung verwiesen. Zudem will Hieronymus
zunachst blofi ausschliefien, dafi bis auf den heutigen Tag bis auf
seine Zeit gelte.
3. Das Judentum nach dem Talmud 4 .
82. Auch in der folgenden Zeit nahmen einzelne jiidische Exegeten
Anstofi an Stellen, welche nachmosaisch zu sein schienen. So halt
R. Isaak ben Salomon (9. Jahrh.) Gn 36, 31 fur eine Erganzung aus der
Konigszeit. Hiwi (9. Jahrh.) fiihrt 200 Grunde gegen den gottlichen
Charakter der Bibel an, darunter solche, die spater in der kritischen
1 M s 2, 57468.
2 Horn. 8 in Ep. ad Hebr. (M g 63, 74): 'ETepip irdAiv dvbpi 6au|uaaTu) dvd-
Trveuaev, OJOTE at!>Toi<; &c6da0ai, TI& "Ecr&pa X^ytw, KO.I duo \ein;ctviuv 0uvT60f|vai
3 M 1 23, 193 216 (vgl. besonders S. 199).
4 Vgl. A. Bragin, Die freireligiosen Stromungen im alten Judentume,
B. 1896; Eisenstadt (s. o. S. 62 6 ); Gottheil (s. o. S. 62 1 ).
64 I- Teil - Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 83
Beweisfiihrung eine Rolle spielen 1 . Isaak ben Jasos (*j* 1057) schreibt
Gn 36, 31 der Zeit des Konigs Josaphat zu 2 . Der Grammatiker Ibn-
Ezra (*J- 1167) nahm Anstofi an Gn 12, 6; 22, 14; Ex 25, 14; Dt i, i;
3, ii ; 31, 9; 34, 5. Nur sparliche Stimmen lieften sich also im Juden-
tum vernehmen, und liber einzelne Stellen gelangte ihr Zweifel nicht
hinaus. Aber von ihnen ging auch Spinoza aus, als er eine durch-
greifende biblische Kritik in jiidischen Kreisen einzubiirgern versuchte
und gegen das AT iiberhaupt und demzufolge auch gegen den Penta-
teuch Sturm lief.
4. Die christlichen Exegeten vor der Reformation.
83. Sie streiften ebenfalls blofi das Problem, ohne zu beachtenswerten
kritischen Anschauungen zu gelangen. Wenn Hugo a S. Caro (-f- 1263)
es fur moglich halt, dafi Josue das Dt geschrieben habe 3 , so hat ihn
dazu ofFenbar der Bericht iiber Moses' Tod veranlafit. Auch Alphonsus
Tostatus (-f- 1455) ist nur zu einzelnen eigenartigen kritischen Anwand-
lungen gekommen 4 .
5. Die Reformation und die Pentateuchfrage.
84. Auch nach der Reformation dauerte es noch geraume Zeit, ehe
die Pentateuchfrage in der spateren Form auftauchte. Dafi die Refor-
mat or en die Schranken der kirchlichen Uberlieferung beseitigten,
schuf eine Moglichkeit, das AT vom kritischen Standpunkt aus zu be-
trachten. Anderseits iiberspannten sie die Inspiration der Heiligen
Schrift, damit sie besser als alleinige Glaubensquelle dienen konnte,
und kniipften wiederum bei der jiidischen Uberlieferung an, und
so verbauten sie sich zunachst den Weg zur Pentateuchkritik. Mehr
steuerte in dieser Zeit der Humanismus zur Fortfuhrung kritischer
Gedankengange bei, indem er den geschichtlichen Sinn weckte und
so fur die menschliche Seite der Bibel grofieres Interesse schuf. Luther
blieb zunachst bei nachmosaischen Zusatzen, wie Gn 36, 31 und Schlufi
des Dt, stehen, meinte aber auch: Was tate es, wenn Moses diesen
(d. i. den Pentateuch) nicht geschrieben hatte? 5 ein Gedanke, der
in alter Zeit vielfach geaufiert wurde, weil der auctor principalis den
menschlichen Verfasser zuriicktreten liefi 6 . Karlstadt stellte im Li-
bellus de canonicis scripturis (1520) 85 aus einem literarkritischen
1 J. Davidson, Saadja's polemic against Hiwi al-Balkhi, a fragment from
a Genizza Ms, N. Y. 1915; damit kommen 40 neue Einwande zu den bisher
bekannten 7, darunter solche gegen den Pentateuch.
2 Vgl. ein Fragment ahnlichen Inhalts (i i. Jahrh.) bei Gottheil (s. o. S. 62 x ) 8 ff.
3 Vgl. Hoberg (s. o. S. 25) 72. 4 Vgl. Stummer (s. o. S. 58 ^ 11 ff.
5 Praelectiones de Genesi, 1535/46. Vgl. Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 28.
6 GregoriusM., Praef. in Job (M 1 75, 517): Quis haec scripserit, valdesuper-
vacue quaeritur, cum tamen auctor libri Spiritus sanctus fidelis credatur.
Thomas v. Aquin, Prooem. in Ct (2. Auslegung); vgl. Bibbia ed Alta Critica
(s. o. S. 51 2 ) 401 2 . Hummelauer, Exegetisches (s. o. S. 51 2 ) 99 ff.
Nr. 85 A. Die Geschichtsbucher. i. Der Pentateuch. 65
Grande die gleiche Behauptung auf : Defendi potest, Mosen non fuisse
scriptorem quinque librorum, quoniam sepulto Mose filum oratipnis
idem invenimus, non eundeni Mosen. Aber das Gesetz selbst, ab-
gesehen von der stilistischen Fassung, hielt er fiir mosaisch. Palladius
in seiner Isagoge (1573) meinte, man konnte im Titel blofi ausgedriickt
finden, dafi die Biicher Moses von Moses handelten.
85. Inkatholischen Kreisen wurden die kritischen Bedenken gegen
die mosaische Abfassung des Pentateuchs auch nach der Reformation
viel lebhafter erortert als bei den Protestanten. Sixtus von Siena (Biblio-
theca sancta, 1566) begniigte sich noch damit, den Schlufi des Dt fiir
nichtmosaisch zu erklaren. Aber der belgische Jurist Andreas Masius
(1514 1573) nahm viel Nachmosaisches im Pentateuch an 1 . Ja von
Jos, Jdc, Rg meinte er, dafi Ezra sie allein oder mit andern kompiliert
habe, und fiigte hinzu: Quin etiam ipsum Mosis opus, quod vocant
Pentateuchon, longo post Mosem tempore interiectis saltern hie illic ver-
borum ac sententiarum clausulis veluti sarcitum atque omnino explicatius
redditum esse. Auch die Namen aus nachmosaischer Zeit fuhrte er auf
Interpolationen zuriick. Er konnte sich mit Recht hierfiir auf Hieronymus
berufen 2 . Wahrend R. Bellarmin S. J. (f 1621) nur die letzten Verse
des Dt der nachmosaischen Zeit zuwies, glaubte sein spanischer Ordens-
genosse Bento Pereira (f 1610), dafi vieles im Pentateuch stehe, was
nicht von Moses herriihre 3 . Ebenso der vlamische Jesuit Jakob Bon-
frere (1573 1642), der zudem es ablehnte, fur Anachronism en im Pen-
tateuch sich auf die Prophetengabe des Moses zu berufen 4 . Cornelius a
Lapide ({ 1637) schreibt zwar auf Grand der positiven Zeugnisse den
Pentateuch dem Moses zu, findet aber damit die Ansicht vereinbar,
dafi er nur Tage- und Jahrbiicher hinterlassen, und dafi Josue oder
sonst einer diese Materialien zusammengearbeitet und einiges hinzu-
gefiigt habe 5 . Naher noch kommt der heutigen kritischen Anschauung
der ehemalige Kalvinist Isaac de la Peyrere (*f- i676) 6 . Seine Pra-
adamitenhypothese 7 hat ihn dazu gefuhrt, in Gn i und 2 zwei Schopfungs-
berichte zu sehen. 1st das auch nur scheinbar eine Vorausnahme einer
kritischen Ansicht, so hat er anderseits angenommen, dafi manches im
Pentateuch nachmosaisch sei, dafi darin eine grofie Unordnung herrsche,
1 Vgl. Josue imperatoris historia illustrata atque explicata, Antwerpen 1574,
Praef. 2.
2 Nach Holzinger, Genesis (s. o. S. 14) x, und Nikel (s. o. S. 10) 70 f. hatte
er fast schon die neueste pentateuch-kritische Anschauung vertreten.
Wegen seiner zu freien Meinung iiber die 23 kam sein Josuekommentar auf
den Index, donee corrigatur*.
3 Commentarius in Genesim I, Lyon 1594, 13 ff.
4 Commentarius in Pentateuchum, Antwerpen 1625, 23 93.
5 Commentarius in Pentateuchum, Antwerpen 1697, 23.
6 Vgl. Stummer (s. o. S. 58 *) 2730.
7 Systema theologicum ex Praeadamitarum hypothesi, 1655 (vgl. bes. P. I,
1. 4, c. I u. 2).
Goettsberger, Einleitung in das AT. 5
66 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 86
daft Widerspriiche mit der wirklichen Geschichte vorlagen. Dieser Kritik
am Pentateuch fiigt er eine Entstehungsgeschichte an: Moses habe
Annalen verfaftt, deren Urgestalt verloren ging; nur Apographa, Ex-
zerpte von verschiedenen Autoren seien erhalten geblieben und dann
zusammengestellt worden ; daher die zahlreichen Liicken, Wiederholungen,
Widerspriiche, Unordnungen.
86. Hatten sich die kritischen Ansatze dieser Zeit rein auf dem tendenz-
losen Gebiet literarischer Beweisfuhrung gehalten, so ware vielleicht
daraus eine Pentateuchtheorie entstanden, die auf katholischem Boden,
ohne Grundsatze zu gefahrden, hatte heimisch werden konnen. Der
englische Deismus aber stellte die Pentateuchschwierigkeiten in
den Dienst seiner freidenkerischen Ziele, welche der Forschung iiber
Bibel und Pentateuch die Aufgabe aufzwangen, den Bibelglauben als
Stiitze der herrschenden Offenbarungsreligion zu untergraben. Das tat
besonders Thomas Hobbes (1588 1679) ^ n seinem Buche: Leviathan
sive de materia, forma et potestate civitatis ecclesiasticae et civilis,
Ld. 1651. Pars III, cap. 33 handelt von der Zahl, dem Alter, dem Ziel, der
Autoritat und den Erklarern der Biicher der Heiligen Schrift. Darin aufiert
er iiber den Pentateuch folgende alte und neue Gedanken : wegen ein-
zelner nachmosaischer Stellen sei der ganze Pentateuch dem Moses
abzusprechen ; am ehesten sei Dt n 27 von ihm; die Prophetengabe
des Moses diirfe zur Erklarung der Anachronismen nieht verwertet
werden ; der Pentateuch sei eher iiber Moses als von Moses geschrieben ;
nur das, wovon dies ausdriicklich bezeugt sei, habe er geschrieben ; die
Entstehungszeit der Biicher sei nach dem Inhalt zu beurteilen 1 .
87. Ob Hobbes von jiidischen Vorlaufern abhangig war, etwa von Ibn
Ezra, wieB. W. Bacon (The Genesis of Genesis, Hartford 1892) meinte, mag
dahingestellt sein 2 . Jedenfalls ist seine Stellung verwandt mit der des jiidi-
schen Philosophen und Politikers Baruch Spinoza (}- 1677), der im An-
schlufi an Ibn Ezra zu ahnlichen, aber noch viel radikaleren Anschau-
ungen gelangte 3 . In seinem Tractatus theologico-politicus (1670),
Kap. 8 : De origine Pentateuchi (vgl. auch Kap. 7) fand er iiber Ibn Ezra
hinaus noch viele Stellen, die nicht in den Mund des Moses paftten,
berief sich gegen Moses auf die Erzahlungsform in der dritten Person,
betrachtete den Pentateuch als ersten Teil des grofien israelitischen
Geschichtswerkes, das noch die Konigsbiicher einschloft, fiihrte auf
Moses nur das zuriick, was ausdriicklich ihm zugeschrieben wird (Ex
17, 14; 20 24; Nm 33, 2; Dt3i, 932), betrachtete Ezra als denjenigen,
der aus Schriftstellern, die ihm vorlagen, und deren Angaben er auch
1 Nach T. K. Cheyne, The founders of OT criticism. Biographical, de-
scriptive and critical studies, Ld. 1893, n 1 ware Hobbes der erste ge-
wesen, der die mosaische Herkunft des Pentateuchs leugnete.
" Cheyne (s. o. Anm. i) n 1 glaubt, dafi sie voneinander unabhangig seien.
3 C. Siegfried, Spinoza als Kritiker und Ausleger des AT, B. 1867. J.C.Mat-
thes, De Bijbelcritiek van Spinoza (TthT 7, 151 173).
Nr. 89 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 67
willkiirlich anderte und der eigenen Zeit anpafite, den Pentateuch und
die folgenden Geschichtsbiicher in die heutige Form brachte ; aus dem
Gesetzbuch des Moses (Dt 31, 9), das verloren ging, habe er vielleicht
unser Dt gefertigt ; Ezra konnte aber sein Werk nicht mehr vollenden ;
deshalb fehle die Verarbeitung der einfachen Zusammenstellung 1 .
88. Obwohl die rationalistische Tendenz vollstandig fehlt und eine
Abhangigkeit von Spinoza, ja auch nur die Kenntnis seines Werkes
nicht zu erweisen ist, erinnert stark an Spinoza, was der katholische
Exeget und ehemalige Oratorianer Richard Sim on (163 8 1712) in
Kap. 4 und 5 des i. Buches seines Werkes: Histoire critique du Vieux
Testament (P. 1678) aussprach 2 . Aus den Anachronismen schlofi er,
dafi Moses das ganze Werk nicht verfafit, jedenfalls nicht endgiiltig
abgeschlossen habe. Trotz einer gewissen Einheitlichkeit zeigten Wieder-
holungen, Uberfullungen, mangelnder Zusammenhang, kiinstliche Ver-
bindungen, Unterschiede und Widerspriiche, dafi der Pentateuch aus
einer Vermischung von urspriinglich selbstandigen und durchaus unter-
schiedenen Kompositionen entstanden sei. Anonyme, aber inspirierte
Schriftsteller hatten den Pentateuch weiter getordert, zuerst die von
Moses selbst eingefuhrten Annalisten, welche die wichtigsten Ereig-
nisse aufzuzeichnen hatten, dann die Propheten, welche den Bestand
der heiligen Schriften auf dem laufenden erhielten, iiberarbeiteten, ab-
kiirzten, erweiterten, bis unter Ezra die letzten Schriftsteller die Hand
ans Werk legten, alle alten Denkwiirdigkeiten zusammenstellten, einen
Auszug fertigten und manches hinzufiigten, ohne dafi man das ein-
zelne genau unterscheiden konne. Um die unheilbaren Mangel der
Aufeinanderfolge zu erklaren, miisse aufierdem noch angenommen
werden, dafi diese Berichte auf einzelne Rollen oder getrennte Blatter
geschrieben wurden, welche an mehr als einer Stelle in Verwirrung
gerieten.
89. Die Zeit schien fur Simons Gedanken noch nicht reif. Wohl hat
auch Antonius van Dale (*{ 1708; De origine et progressu idololatriae,
1693) gemeint, der Pentateuch sei aus dem Gesetz des Moses, den
iibrigen prophetischen Schriften, die darin erwahnt werden, und anderem
Material, und zwar unter gottlicher Erleuchtung von Ezra und den
iibrigen Propheten zusammengestellt. Der kalvinistische Theologe Jo-
hannes Clericus (1657 1736) 3 hat sich in seinen Schriften: Sentiments
de quelques theologiens de Hollande sur 1'histoire critique du Vieux
1 Gegen ihn schrieb D. Huetius, Demonstratio evangelica IV, c. 14 (ed. 6,
Frankf. 1722) I79ff.
2 A. Bernus, Richard Simon et son histoire critique du Vieux Testament,
Lausanne 1869. H. de Lacombe, Bossuet et la critique sacree (Le Correspon-
dant 223 [1906], 47 85 zu Gunsten Bossuets, des Hauptgegners R. Simons).
H. Margival, Richard Simon et la critique biblique au XVIPsiecle (RHLr
i. 6. Bd. ^- sehr zu Gunsten R. Simons). Stummer (s. o. S. 58 7 ).
3 Vgl. Stummer (s. o. S. 58 7 ) 6985.
5*
(58 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 90
Testament (Amsterdam 1685) und Defense de sentiments iisw. centre
la reponse du Prieur de Bolleville 1 (Amsterdam 1686) vielfach in seiner
ersten Periode an R. Simons Anschauungen gehalten und geglaubt,
dafi der israelitische Priester, den Asarhaddon nach Palastina schickte
(4 Rg -17, 28), das Gesetz aus in ihrer Mehrzahl mosaischen, aber auch
jiingeren Urkunden zusammenstellte. Spater jedoch (De scriptore Penta-
teuchi, 1693) ist er nicht bloft, mehr aus personlicher Gegnerschaft, in
einzelnen Punkten, sondern in der Grundansicht von R. Simon ab-
gewichen und hat wieder Moses als Verfasser des Pentateuchs an-
erkannt 2 . Auf katholischer Seite hat der Griinder des Jansenismus, Ar-
nauld de Port-Royal ({ 1694), schon auf Grund des Vorworts und Inhalts-
verzeichnisses Bossuet gegen R. Simon aufzutreten veranlafit. In seinen
Discours sur 1'histoire universelle handelt dieser von den difficultes
qu'on peut former centre l'Ecriture, erkennt nur Glossen an, z. B.
Fortfiihrung einer Genealogie, Erklarung eines alten Stadtnamens;
gegen eine weitere Veranderung des gottlichen Gesetzes hatte sich die
damalige Anschauung gewehrt. R. Simon selbst war nicht einverstanden,
als sein im Entstehen verbotenes Werk 1678 in einem Nachdruck er-
schien, und so wurde es in katholischen Kreisen wiederum still von
kritischen Gedanken, die bereits ziemlich nahe an die neueste Form
der Pentateuchkritik herankamen. Auf protestantischer Seite konnte
sich J. G. Carpzov in seiner Introductio in libros canonicos bibliorum
( 2 Lp. 1731) derHoffhung hingeben, die kritischen Geister, dieinHobbes,
Spinoza, Simon und selbst Clericus wach geworden, wieder gebannt
zu haben.
6. Die Pentateuchfrage in der neueren Zeit.
90. Der neueren Zeit war es vorbehalten, in sich abgeschlossene
Pentateuchtheorien aufzustellen 3 .
a) Die altere Urkundenhypothese. Wenn auch die Ideen
der vorhergehenden Zeit in der Folge fortlebten und weitergebildet
wurden, so wird doch mit Recht ein neuer Abschnitt in der Geschichte
der Pentateuchkritik angenommen, als es Astruc beschieden war, der
Entwicklung einen wirksamen dauernden Anstofi zu geben. Der fran-
zosische Arzt Jean Astruc (*J- 1766)* griff aus medizinischen Griinden
1 Pfarrstelle, die R. Simon nach seinem Ausschlufi aus dem Oratorium
innehatte.
2 Vgl. Vigouroux (s. o. S. 36 *) 2 5 , 475 f.
3 E. C. Bissel, The Pentateuch, its origin and structure. An examination
of recent theories, N.Y. 1885, 410 475. Franz Delitzsch, Die nordamerika-
nischen pentateuchkritischen Essays (Zeitschr. f. kirchl. Wiss. u. Leben 9 [1888],
223 232 : iiber Essays on Pentateuchal criticism" by T. W. Chambers, N. Y.).
Hoberg (s. o. S. 25) 81 ff. Holzinger (s. o. S. 25). Nikel (s. o. S. 26) 54 ff.
Vigouroux (s. o. S. 36 J ) 2 5 , 586 620. A. Zahn, Das Dt. Eine Schutzschrift
wider modernkritisches Unwesen, Giitersloh 1890.
4 A. Lods, Jean Astruc et la critique biblique au XVIII 6 siecle. Avec
une notice bibliographique par P. Alphanddry, Strafib. 1924.
Nr. 91 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 69
zum Pentateuch und legte im Unterschied von den Rationalisten der
Vergangenheit ebenso wie Richard Simon das Hauptgewicht auf die
literarkritischen Merkmale des Buches. Sie waren bisher mehr in-
stinktiv. geahnt, als in zaher Kleinarbeit gepriift worden. Mit seinen
Conjectures (s. o. S. 37 2 ) wollte er selbst nichts vollstandig Neues
gefunden haben l . Auf Quellen, die Moses beniitzt habe, wiesen schon
friihere Forscher, so Vitringa (-f- 1722), R. Simon, hin. Doppelerzahlungen
waren ebenfalls beobachtet worden (von R. Simon fur die Siindflut-
geschichte). Den Gottesnamenwechsel batten bereits die alten Kirchen-
schriftsteller vermerkt (s. o. S. 33). Kurz vorher erwahnte E. Swedenborg
(f 1772) in seinen Arcana coelestia 1(1747) Parallelberichte mit wech-
selnden Gottesnamen 2 . Astruc machte diesen Gottesnamenwechsel zum
Beweismittel, um verschiedene Quellen zu erkennen. Damit waren
zwei grofie Quellen fur den Pentateuch festgestellt : der Elohist, dem
der Gottesname Elohim eigen ist (A), und der Jahwist, der den Namen
Jahwe gebraucht (B). Zu diesen zwei umfangreichen Quellen fand er
noch weitere zehn (C bis M), die sich durch die Darstellungsweise
unterschieden. Diese Urkunden 3 habe Moses auf vier Kolumnen
nebeneinandergestellt ; spatere Abschreiber brachten sie durcheinander
und ineinander, und erst Astruc sei es gelungen, sie wieder zu ent-
decken und herzustellen ; z. B. : Gn i 7 verteilt Astruc folgender-
mafien auf die Haupturkunden :
A i, i2, 3
B
C
2, 44, 26
5. 132
6,18
6,9 22; 7, 6 10
7, i-5
7, 20 23 f. *
91. 1783 wurde Astrucs Werk ins Deutsche iibersetzt. Schon vorher
war es durch die Kritik von J. D. Michaelis (} 1791) in den GgA (19. Sept.
1754) bekannt geworden, wohl auch schon J. G. Eichhorn (1752 1827) 5
1 Abbe" Fleury ermutigte ihn von katholischer Seite zur Veroffentlichung,
wahrend von Protestanten (J. D. Michaelis und J. F. W. Jerusalem) der erste
Widerspruch erhoben wurde. (Anders Houtin [s. o. S. 8 2 ] 2 243.) Doch er-
schien das Buch anfanglich anonym.
2 Vgl. F. Hommel, Grundrifi der Geographic und Geschichte des alten
Orients, i. Ethnologic des alten Orients. Babylonien und Chaldaa (Hand-
buch d. klass. Altertumswiss. 3, I, i), Miinchen 1904, 172 2 . Schon 1711
hatte H. B. Witter auf Gottesnamenwechsel in Gn i und 2 hingewiesen;
vgl. A. Lods, Un precurseur allemand de Jean Astruc: Henning Bernhard
Witter (ZatW N. F. 2, I34f.).
3 Siehe o. S. 31 *.
4 Beachtenswert ist, daC auch die heutige Quellenscheidung nicht viel
anders verteilt.
5 M. Siemens, Hat J. G. Eichhorn die Conjectures von J. J. Astruc gekannt,
als er 1779 seine Abhandlung iiber Mosis Nachrichten von der noachischen
Flut veroffentlichte ? (ZatW 28, 221223).
JQ I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 92
vorgelegen, der in seinen Werken 1 ahnliche Anschauungen vertrat wie
Astruc, wenn er auch in der Verteilung auf die angenommenen Quellen
eigene Wege ging. Er fuhrte die Bezeichnung hohere Kritik fiir die
literarkritische Behandlung des AT ein, dehnte die Quellenscheidung
auf den Pentateuch aus und bezeichnete Lv als Priesterkodex. K. D. Ilgen
(1763 1834) folgte Eichhorn auf dem Lehrstuhl in Jena und als An-
hanger der Urkundenhypothese, teilte aber den sog. Elohisten
in zwei weitere Quellen, den Sofer Eliel haris6n und den Sofer Eliel
hasseni (jetzt P und E genannt) 2 .
92. b) Die Fragmentenhypothese. Schon Astruc und Ilgen
schrieben den Haupturkunden fragmentarischen Charakter zu. Der
katholische freigeistige englische Theolog Alexander Geddes
(1737 1802) betonte in seiner unvollendeten Ubersetzung der Heiligen
Schrift 3 einseitig diese Eigenschaft. Den Zusammenhang der Urkunden
hielt er fiir Phantasie. Dafi die Gottesnamen in den Stiicken wechseln, er-
klarte er daraus, dafi die Fragmente, aus denen der Pentateuch zusammen-
gesetzt sei, aus verschiedenen Kreisen stammten. Die Herkunft des Pen-
tateuchs von Moses, die Astruc durch seine Hypothese ausdriicklich
sichern wollte und die seine Nachfolger nicht bestritten hatten 4 , gab
er auf. Joh. Severin Vater (1771 1826) biirgerte Geddes' Hypo-
these in Deutschland ein durch seinen Kommentar iiber den Penta-
teuch mit Einleitungen zu den einzelnen Abschnitten der eingeschal-
teten Ubersetzung von D. Alexander Geddes's merkwiirdigen kritischen
und exegetischen Anmerkungen und einer Abhandlungriiber Moses und
die Verfasser des Pentateuchs* (Halle i8o5) 5 . Entschieden lehnt er
1 Die Urgeschichte. Ein Versuch (Repertorium f. bibl. u. morgenlandische
Literatur 4 [1779], 129 256); Uber Moses Nachrichten von der noachischen
Flut (ebd. 5, 185216); Einleitung in das AT. III. Mosaische Schriften,
Lp. 1781.
z Vgl. Urkunden des Jerusalemischen Tempelarchivs in ihrer Urgestalt,
Halle 1798. Von den 112 Versen, welche Ilgen von Gn 21 35 dem E =
2. Elohisten zuwies, glaubt Kautzsch (1894; s. o. S. il) noch 96 Verse fiir
elohistisch halten zu miissen (vgl. Houtin [s. o. S. 8 2 ] 2 254).
3 The Holy Bible or the books accounted sacred by Jews and Christians,
otherwise called the books of the Old and New Covenants, faithfully trans-
lated from corrected texts of the originals with various readings, explanatory
notes and critical remarks. I. Pentateuch and Josua, Ld. 1792; Ders., Critical
remarks on the Hebrew Scriptures, corresponding with a new translation of
the Bible. I. Containing remarks on the Pentateuch, Ld. 1800.
4 Erst in der 4. Aufl. seiner Einleitung in das AT, Gott. 1823 f, nahm
Eichhorn an, dafi der Pentateuch von einem jiingeren Kompilator aus mo-
saischen und gleichzeitigen Urkunden hergestellt sei.
5 Die Fragmentenhypothese wurde iibrigens in Deutschland schon vor
Vater vertreten in einem anonymen Artikel : Etwas iiber die Fragmente, aus
denen die Genesis zusammengesetzt ist (H. P. C. Henkes Magazin fiir Reli-
gionsphilosophie, Exegese und Kirchengeschichte 4 [1796], 221 229).
Nr. 94 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 71
Moses als Verfasser ab, weil positive Zeugnisse nicht da seien und die
Schreibkunst der damaligen Zeit .fehlte. Der Pentateuch entstand aus
Fragmenten von Moses und seinen Zeitgenossen, die spater uriigebildet
wurden, . einem grofien Teil des Dt aus den Tagen Davids und Salo-
mos und sonstigen Fragmenten. Die Zusammenstellung , die Vater
nicht mechanisch genug sich denken kann, geschah in der Zeit des
babylonischen Exils. In seiner kritischen Periode, ehe er in konserva-
tiveres Fahrwasser einlenkte, gehort auch W. M. L. de Wette (*f- 1849)
zu den Vertretern der Fragmentenhypothese (besonders im Lehrbuch
der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen und apokryphi-
schen Bucher des AT bis zur 3. Aufl. 1829 [ 8 neu bearbeitet von
E. Schrader 1869]). Er betrachtet das Dt fur jiinger als den iibrigen
Pentateuch und weist es (1805) schon der Zeit des Josias zu 1 . Zur
philologisch-literarischen Kritik fiigt er die historische Kritik, die dann
mafigebend den Konstruktionen der atl Geschichte zu Grunde gelegt
wurde 2 . Die Fragmentenhypothese erschien angesichts des Zieles,
dem die pentateuchkritische Entwicklung zusteuerte, als ein Riickschritt,
der iiberwunden werden muftte. Das geschah iiber eine weitere vermit-
telnde Hypothese.
93. c) Die Erganzungshypothese erkennt eine gewisse Einheit
des Pentateuchs an und lafit sie in einer zusammenhangenden Quelle
begriindet sein. Diese entstand nach Moses und Josue aus Uber-
lieferungen undheifit Grundschrift (G, = Elohist der alteren Urkunden-
hypothese, spater Priesterkodex = PC oder P genannt). Die tJber-
lieferungen setzten sich fort. Ein spaterer Schriftsteller verfiel auf
den Gedanken, auch solche aufierhalb der Grundschrift niedergeschrie-
benen Uberlieferungen zu sammeln und in die fortlaufende Erzahlung
der Grundschrift als Erganzungen einzufiigen (Jehovist [=Jahwist]).
H. Ewald(i8o3 1875), anfangs Gegner der Quellenscheidung (DieKom-
position der Genesis kritisch untersucht, Braunschweig 1823), bekannte
sich seit 1831 zu dieser Hypothese, die sich bei ihm aber im Laufe der
Zeit zu einer Kristallisationshypothese auswuchs. P. v. Bohlen (1835),
F. Bleek (1836), F. Tuch (1838), De Wette (1840, 1845), C. v. Lengerke
(1844), Franz Delitzsch (1852 1880; dann Anhanger der neueren Ur-
kundenhypothese [s. Nr. 94 Schlufi]) vertraten sie mit verschiedenen
Sonderansichten.
94. d) Als neuere Urkundenhypothese gewann die altere Ur-
kundenhypothese, die inzwischen keineswegs von alien ihren Anhangern
1 Der Gedanke war nicht ganz neu (s. u. 14, Nr. no) und ist noch be-
stimmter ausgestaltet worden durch C. F. Volney, Recherches nouvelles suf
1'histoire ancienne I, P. 1814.
2 In diese Zeit gehoren auch die beiden Hegelianer W. Vatke (1806 -1882;
vgl. M. Kegel, Wilhelm Vatke und die Graf-Wellhausensche Hypothese,
Giitersloh 1911) und J. F. L. George, welche sich aber wegen ihrer eigen-
artigen geschichtsphilosophischen Voraussetzungen nicht in den Entwicklungs-
gang der Pentateuchkritik einfugen. . .
j2 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 95
aufgegeben worden war, ihre friihere, ja eine noch weit hohere Be-
deutung zuriick. Ein Jahrhundert nach dem Auftreten Astrucs er-
kannte H. Hupfeld (} 1866; Die Quellen der Genesis und die Art
ihrer Zusammensetzung von neuem untersucht, B. 1853), daft der sog.
Erganzer (= Jahwist) nicht erganzt, sondern wiederholt und verschieden
darstellt. Deshalb betrachtete er Elohist und Jahwist wiederum als
zwei selbstandige Urkunden und hob neuerdings den zweiten Elohisten
auf den Schild, der nach Ilgen in den Hintergrund getreten war. Als
dazu E. Riehm (Die Gesetzgebung Mosis im Lande Moab, Gotha 1854)
das Dt bestimmt vom Jahwisten unterschieden hatte, anerkannte man
vier Urkunden : zwei Elohisten (P und E), einen Jahwisten ( J) und einen
Deuteronomisten (D); dabei gait zunachst noch der Deuternomist als
jiingste Urkunde (PEJD). Dieser erneuerten Urkundenhypothese schlossen
sich an und blieben zum Teil treu E. Bohmer, der im Liber Gene-
sis Pentateuchicus (Halle 1860) die einzelnen Urkunden durch ver-
schiedenen Druck unterschied, E. Schrader (Studien zur Kritik und Er-
klarung der biblischen Urgeschichte Gen. Kap. I XI, Zurich 1863),
der den zweiten Elohisten (= E) auch in Jdc, Sm und Rg entdeckte,
T. Noldeke (Untersuchungen zur Kritik des AT, Kiel 1869, 1149),
der nach Entdeckung der sog. Elephantine-Papyri (1907) sich fur die
neueste Form der neueren Urkundenhypothese entschied, A. Dillmann,
Franz Delitzsch, R. Kittel, W. v. Baudissin, H. L. Strack (s. o. S. 3 2 ).
95. e) Noch viel mehr Anhanger gewann die neuereUrkundenhypo-
these in derForm, wie sie von Graf und Wellhausen ausgestal-
tetwurde. Diese setzten bei der zeitlichen Einordnung des ersten Elo-
histen (= P) vor D ein, wogegen manches zu sprechen schien. P rechnet
mit ziemlich geordneten Zustanden ; seine Vorschriften scheinen in der
Zeit, aus welcher P stammen soil (Konigszeit), nicht beachtet worden
zu sein, und ein solches Gesetz wird auch nicht genannt; das Auf-
sehen, welches der Fund des deuteronomischen Gesetzes unter Josias
machte, glaubte man nicht recht verstehen zu konnen, wenn P (die
Gesetze von Ex Nm) schon bekannt war. E. Reufi (1804 1891)
nahm fur sich in Anspruch, seit 1833 bereits gelehrt zu haben, daft
P j linger sei als D, von Ezechiel und der Priesterschaft im babyloni-
schen Exil ausgearbeitet und erst von Ezra 444 v. Chr. in den ganzen
Pentateuch eingefiigt worden sei 1 . Auch P. v. Bohlen, W. Vatke,
J. F. L. George hatten schon angedeutet, daft man D fur das alteste Ge-
setz halten miisse und der Pentateuch im babylonischen Exil zusammen-
gestellt sei. J. W. Colenso bezweifelte die geschichtliche Zuverlassig-
keit der Grundschrift ( P). J. Popper Melt G (= P) nicht fur einheit-
lich und nahm jiingere Bestandteile an. Bestimmt sprach sich in diesem
Sinne Reufi' Schiller aus, K. H. Graf (Die geschichtlichen Biicher des
AT. Zwei historisch-kritische Untersuchungen, Lp. 1866). Nach ihm
1 " L'histoire sainte et la loi. Introduction critique au Pentateuque et k Josue",
P. 1879, i 2 3 (vgl. Westphal [s. o. S. so 2 ] 2, xv 2 ).
Nr. 97 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 73
ist Lv mit dem, was von Ex und Nm dazu gehort, die jiingste Ur-
kunde des Pentateuchs und stammt aus der Zeit des Ezra. D kennt
J und E, aber nicht P. Diese Anschauung wurde aufgenommen von
August. Kayser (Das vorexilische Buch der Urgeschichte Israels und
seine Erweiterungen , Strafiburg 1874), dem hollandischen Exegeten
Abraham Kuenen (f 1891; De Godsdienst van Israel tot den
Ondergang van den Staats, Haarlem 1869), vor allem auf deutschem
Boden von Julius Wellhausen (*j* 1918) in .seinen verschiedenen
Schriften : Die Komposition des Hexateuchs (Jahrb. f. deutsche Theol.
1876, 392 450 531 602; 1877, 407 479 [dass. in Skizzen und Vor-
arbeiten, B. 1885]; selbstandig: Die Komposition des Hexateuchs und
der historischen Biicher des AT, B. 1889, 3 i899), Geschichte Israels
(1878; spater: Prolegomena zur Geschichte Israels, B. 1883 1886,
6 1905), Israelitische und jiidische Geschichte (B. 1894,
96. Die neuere Urkundenhypothese in der Form, die ihr Graf und
Wellhausen gegeben haben, ist von der protestantise hen Exe-
gese in ihrenGrundziigenaufgenommenworden. Die For-
schung geht meist darin auf, ihre einzelnen literarkritischen Voraus-
setzungen weiter zu priifen und kritisch zu sichern oder auch in dieser
oder jener geschichtlichen Voraussetzung zu klarerer oder abweichender
Erkenntnis zu kommen. Auch Exegeten, die sich lange gegen diese
fortschrittlichste Form der neueren Urkundenhypothese straubten, sind
schliefilich in ihren Bannkreis gezogen worden. So T. Noldeke (seit i 908)*,
R. Kittel (Geschichte des Volkes Israel [s. o. S. 12], von der 2. Auf-
lage an [1909/11]), E. Konig (Die Genesis [s. o. S. 14 f.J 1919, 73 ff- ; noch
etwas konservativer in der Einleitung [s. o. S. 2 2 ] 225ff.) u. a.
97. Doch vereinzelte protestantische Exegeten haben die
aufierste Entwicklung der neueren Urkundenhypo-
these nicht mitgemacht, so z. B. A. Dillmann (Kommentar zu
Nm, Dt, Jos [s. o. S. 14]), H. L. Strack (Einleitung [s. o. S. 3 2 ] 657 ff.),
C. Bruston (in Montauban; L'histoire sacerdotale et le Deuteronome
primitif, P. 1906), S. Oettli u. a. Eine Mittelstellung halt W. v. Bau-
dissin (-J- 1926) ein, der (Einleitung [s. o. S. 9] 2io) 2 annimmt, P sei
vor D zwar in ein System gebracht worden, aber priesterliche Privat-
arbeit geblieben, die erst 444 v. Chr. zum allgemein anerkannten Gesetz
erhoben wurde. Eine Art Erganzungs- oder Kristallisationshypo-
these suchte neu zu beleben A. Klostermann (Der Pentateuch. Bei-
trage zu seinem Verstandnis und zu seiner Entstehungsgeschichte I,
B. 1893, i 22: ein altes Grundwerk, das nicht inJE und P oder gar
1 Vgl. Neue jiidische Papyri (ZA 21, 195205) 203. Die Berufung N61-
dekes auf die Elephantine-Papyri (vgl. u. 53, Nr. 229 Anm.) will doch wohl
mehr den Anlafi fur den Wechsel der Anschauung als den wirklich iiber-
zeugenden Grund namhaft machen.
2 Vgl. E. Sellin, Wolf Wilhelm Graf v. Baudissin. Gedachtnisrede,
Giefien 1926.
74 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 98
in J, E und P geschieden werden kann, hat im Laufe der Zeit ab-
sichtlich oder unabsichtlich Erweiterungen und Umgestaltungen er-
fahren; eine dieser Erweiterungen fugte D hinzu, vor dem die iibrige
Gesetzgebung schon abgeschlossen war [vgl. auch: Der Pentateuch.
Beitrage zu seinem Verstandnis und seiner Entstehungsgeschichte.
Neue Folge, Lp. 1907]) 1 . F. Hommel, der anfangs Wellhausen folgte
(Geschichte Babyloniens und Assyriens [W. Oncken, Allgemeine Ge-
schichte in Einzeldarstellungen I, 2], B. 1885, 158 ff.), wandte sich
spater gegen dessen geschichtliche Voraussetzungen (Die altisraeliti-
sche Uberlieferung in inschriftlicher Beleuchtung. Ein Einspruch
gegen die Aufstellungen der modernen Pentateuchkritik, Miinchen 1897)
und ging schlieftlich eigene Wege (E [= P + E] gehort der mosaischen,
J der Richterzeit an; vgl. Die altorientalischen Denkmaler und das
AT 2 , B. 1903, 37). Nur wenige haben sich gegen die Quellenschei-
dung iiberhaupt ausgesprochen 2 ; so H. G. Holemann, Die Einheit der
beiden Schopfungsberichte, Lp. 1862; W. H. Green, Die Einheit der
Genesis (1895). Aus dem Englischen iibersetzt von O. Becker, Giiters-
loh 1903; Zahn (s. o. S. 68 3 ); Ders. , Israelitische und jiidische Ge-
schichte. Beurteilung der Schrift Wellhausens, Giitersloh 1894; J. Halevy,
Recherches bibliques 1895 if., Rsem 1897 ff. ; E. Rupprecht, Das Ratsel
des Fiinfbuches Moses und seine falsche Losung. Eine Reihe kritischer
Einzeluntersuchungen und Zeugnisse. Beitrag zur Losung einer bren-
nenden biblischen Zeitfrage mit eingehender Beriicksichtigung der
Quellenscheidung von Dr. Strack, Giitersloh 1894; Ders., Des Ratsels
Losung oder Beitrage zur richtigen Losung des Pentateuchratsels fur
den christlichen Glauben und die Wissenschaft, Giitersloh 1895/96;
W. H. G. Thomas, OT criticism to-day (Bs 72, 272 282); Moller (s. o.
S. 34 5 ); D. Hoffmann, Die wichtigsten Instanzen gegen die Graf-Well-
hausensche Hypothese, B. 1904, 1916; B. Jacob, Quellenscheidung
und Exegese im Pentateuch, Lp. 1916.
98. Trotz dieser abweichenden Anschauungen und obwohl die Penta-
teuchforschung in Einzelheiten und selbst in tiefergreifenden Fragen
auch unter den Anhangern Wellhausens durchaus noch im Flufi ist,
mufi die Graf-Wellhausensche Hypothese als die gegenwartig herrschende
bezeichnet werden, gegen die auch wohliiberlegte Angriffe bis-
her nicht zum Erfolge fiihrten 3 . Daft J. Lepsius mit seiner
mehr heftigen als sachlich begriindeten Polemik (seit 1903 in der Zeit-
schrift Das Reich Christi [i (1898) bis 12 (1911)] erschienen) keinen
Erfolg hatte, ist nicht zu verwundern. Aber auch J. Dahse (Naht ein
1 Auch Sellin mochte die Graf-Wellhausensche Theorie. im Sinne Kloster-
manns weiterentwickeln (vgl. Einleitung [s. o. S. 10] 4 5Qff.).
2 Vgl. L. Fonck, Kritik und Tradition im AT (ZkTh 23, 263 281).
8 A. Bea S. J., Die Pentateuchforschung und Altertumskunde in den letzten
40 Jahren (Stimmen der Zeit 94, 460 470); Ders., Neue Wege der Penta-
teuchforschung (ebd. 585 594).
Nr. 99 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 75
Umschwung in der Pentateuchkritik? [NkZ 23, 748756] ; Textkritische
Bedenken [s. o. S. 33 3 ] ; Textkritische Materialien [s. o. S. 29 2 ]; vgl. Studier-
stube n, 309328) und H. M. Wiener (Essays [s. o. S. 33 3 ] ; The origin
of the Pentateuch, Ld. 1910 [ Wie steht's um den Pentateuch? Eine
allgemeinverstandliche Einfiihrung in seine Schicksale, iibersetzt von
J. Dahse, Lp. 1913]; Pentateuchal studies, Ld. 1912; Aufsatze in Bs
70, 145174 278290; 71, 218268 593664; 72, 83153308333
602 617 usw.), welche auf textkritischem Wege die Anhaltspunkte fur
Wellhausens Literarkritik beseitigen wollten, sind zu Fehlgriffen in der
textkritischen Methode gedrangt worden. B. D. Eerdmans (Atl Studien
i 4, Giefien 1908 1912; Aufsatze in Exp 7. S. 7, 118 131 193 207
3453S 8 ; 8, 2133 158167 223230 448462; 10, 306326;
8. S. i, 493504; 3, 408420; 4, 4356; 6, 385405) hat eine griind-
liche Nachpriifung der Wellhausenschen geschichtlichen Voraussetzungen
und literarkritischen Ergebnisse vorgenommen. Aber seine Polemik hat
die Anhanger Wellhausens nicht iiberzeugt 1 , und seine eigene An-
schauung eine Art Fragmenten- mit Erganzungshypothese und wohl
nicht minder willkiirliche religionsgeschichtliche Voraussetzungen, wie
sie an der Wellhausenschen Schule getadelt werden ist vereinzelt ge-
blieben 2 .
99. f) Einzelne Vertreter der katholischen Exegese waren in
der Pentateuchkritik ehedem fiihrend. Wenn dies seit der neueren
Entwicklung in dieser Frage nicht mehr der Fall sein konnte, so lag
es hauptsachlich daran, dafi die Pentateuchkritik bald nach Astruc
durch ihre wissenschaftlichen Untersuchungen einem heftigen Kampf
gegen den Bibelglauben Vorschub leisten zu wollen schien. Doch
manche unleugbaren Schwierigkeiten, welche der Pentateuch in seinem
gegenwartigen Zustand bietet, fiihrten in neuerer Zeit auch auf katho-
lischer Seite zu Versuchen, ihrer auf dem Wege der kritisehen Exe-
gese Herr zu werden; ohne etwas von katholischen Grundsatzen auf-
zugeben, glaubte man die kritisehen Hypothesen aufnehmen zu konnen.
Manche katholischen Exegeten bekannten sich deshalb, ohne in Einzel-
heiten sich durchweg kritische Anschauungen zu eigen zu machen, grund-
satzlich zu einer Quellenscheidung. So F. Lenormant 3 , C. van den
1 W. Eichrodt, Die Quellen der Genesis von neuem untersucht, GieCen 1916.
O. Eififeldt, Hexateuchsynopse. Die Erzahlung der fiinf Biicher Mose und
des Buches Josua mit dem Anfange des Richterbuches in ihre vier Quellen
zerlegt und in deutscher Ubersetzung dargeboten samt einer in Einleitung
und Anmerkungen gegebenen Begriindung, Lp. 1922. R.Smend, Die Erzahlung
des Hexateuch auf ihre Quellen untersucht, B. 1912.
2 Kegels Kampfschriften gegen die kritische Schule vgl. u. S. 81* und 88 7 .
Andere, welche Bedenken erhoben, s, zu Nr. 146 und 147.
3 Les origines de 1'histoire d'apres la bible et les traditions des peuples
orientaux I, P. 1880 (wurde 1887 zensuriert; vgl. Houtin [s. o. S. 8 2 ] 2 105 ff. 130);
La Genese. Traduction d'apres 1'h^breu avec distinction des elements con-
76 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 100
Biesen 1 , C. Robert 2 , R. F. Clarke 3 , F. v. Hugel 4 , A. Loisy 5 , M.-j! La-
grange e , A. van Hoonacker 1 , F. E. Gigot 8 , J. Brucker S. J. 9 u. a.
100. Einige katholische Exegeten haben zur Pentateuchfrage so aus-
giebig Stellung genommen, dafi sich eine mehr oder weniger
geschlossenePentateuchtheorie aus ihren Aufierungen schopfen
lafit. Nach A. Scholz (*j- igoS) 10 wurde das urspriinglich eine mo-
saische Gesetzbuch in Abschriften einzelner Teile vervielfaltigt, je nach-
dem man Gesetze oder Erzahlungen, diese oder jene Sondersammlung
von Gesetzen brauchte. Die neunhundertja.hr ige Entwicklung bis zum
Exil ging an diesem Buche und seinen Teilen nicht spurlos voriiber.
Aus ihnen schuf eine letzte Redaktion ein Werk, worin das vorliegende
Material moglichst unverandert ohne Ausgleichsversuche aufgenommen
wurde. Wie die Wiederherstellung des Pentateuchs, so leitet Scholz
auch die Abfassung der iibrigen heiligen Schriften des AT von den
Schulen in Babel her, die von den 70 Altesten, denMannern Hizkijjas und
den 120 Weisen ausgingen 11 . Im Gegensatz zur Kritik ist fiir Scholz
die Entstehung 'des jetzigen Pentateuchs eine Wiederherstellung des
ehedem von Moses abgeschlossenen Werkes. Auch die Bestandteile,
welche der Wiederherstellung zu Grunde liegen, sind nur nach sach-
lichen Gesichtspunkten abgegrenzt, wahrend die kritische Schule auf
literarkritische Anzeichen hin parallellaufende Erzahlungen und Gesetze
unterscheidet. Scholz deutet an, dafi das Geschick der Pentateuch-
bestandteile auch den andern Biichern des AT widerfahren sei. Textus
originalis und restitutus unterscheidet auch F. v. H u m m e 1 a u e r S. J.
stitutifs du texte suivie d'un essai de restitution des livres primitifs dont s'est
servi le redacteur, P. 1883.
1 The authorship and composition of the Hexateuch (Dublin Review in
[1892], 245 267; 112,4065).
2 Vgl. Houtin (s. o. S. 8 2 ) 2 256. 3 Vgl. Houtin (s. o. S. 8 2 ) 2 342.
4 La methode historique et son application a 1'^tude des documents de
1'Hexateuque, P. 1898; The Papal Commission and the Pentateuch, Ld. 1906
(Briefwechsel zwischen C. A. Briggs [anglikanischer Theolog] und F. v. Hiigel).
5 Opinions catholiques sur 1'origine du Pentateuque (RClfr 1899, 15. Febr.);
Etudes bibliques 3 , P. 1903, 194 295.
6 Les sources du Pentateuque (Rb 7, 10 32 ; vgl. Compte rendu du qua-
trieme congres scientifique international des catholiques, Frb. i. S. 1898,
2. Section: Sciences exege"tiques 179 200); Le livre des Juges, P. 1902.
7 Le sacerdoce levitique dans la loi et dans 1'histoire des Hebreux,
Lowen 1899 (er stellt P nach seiner kultischen Seite an den Anfang der lite-
rarischen Entwicklung der Pentateuchurkunden).
8 Siehe o. S. 9.
9 Bulletin de 1'Ecriture Sainte. I. Questions ge"ne"rales. Pentateuque
(Etrel 96, 680 693); L'eglise et la critique biblique (AT), P. 1907.
10 Zeit und Ort der Entstehung der Biicher des AT, Wiirzb. 1893, 30 f.
11 Ebd. 32 34.
Nr. 100 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 77
(f 191 3) 1 . Aber die Entwicklung lafit er, im Unterschied von der Hypo-
these Scholz', bereits beim textus originalis einsetzen. Das mosaische
Gesetz bestand in einem kurzen Stuck des Dt, das sich erst in der Zeit des
Josue tmd Samuel erweiterte. Anderseits wurde das Buch, das die Er-
eignisse aus der Zeit des Moses enthielt und von Moses' Hand oder einem
Zeitgenossen geschrieben war, umdenBericht iiber dieVorgange aufden
Gefilden Moabs gekiirzt, so dafi es nur mehr im Wesentlichen die Sinai-
ereignisse schildert. Auch die Genesis aus der Hand des Moses oder
von einem Zeitgenossen enthalt verschiedene Uberlieferungsschichten ;
v. Hummelauer halt es fur annehmbar, dafi sie sich in zweierlei
Form erhalten haben. Im Verhaltnis zur gegenwartigen Gestalt des
Pentateuchs sind diese Bestandteile und Entwicklungsformen des tex-
tus originalis blofi Materialien. In der Konigszeit, am ehesten
unter Manasses (698 643), wurden die heiligen Schriften verfolgt;
sie erlitten Verstiimmelungen und gerieten in Vergessenheit. Bald
nach Manasses begannen die frommen Israeliten die zerstreuten Frag-
mente aufzubewahren und zusammenzufiigen. Dieser Prozefi wurde
im Exil fortgesetzt und durch Ezra abgeschlossen, der die Stiicke zu
einem Ganzen verarbeitete, um eine Grundlage fur die Wiederherstel-
lung des jiidischen Gemeinwesens zu haben 2 . Den Gedanken
einer Restitutionshypothese, der fur v. Hummelauer charakteristisch
ist, liefi P. Vetter (-J- i9o6) 3 wieder fallen; er schlofi sich viel-
mehr enger an die Gedankengange der kritischen Schule an. Deren
religionsgeschichtliche Voraussetzungen lehnt er ab ; ebenso betrachtet
er die literarkritischen Einzelergebnisse durchaus nicht als sicher;
er bestreitet u. a., dafi Dt in die Zeit des Josias falle und P in die
Zeit des Ezra zu datieren sei. Dagegen erkennt er Wiederholungen,
Unterschiede in Sprache, Stil und Tendenz, Anachronismen, allmah-
liche Entwicklung der Gesetze grundsatzlich an wie die Kritik. Im iibrigen
baut er eine ganz selbstandige Geschichte des Pentateuchs auf. Die
vormosaische Geschichte iiber Urzeit und Patriarchen bildete sich als
miindliche Familieniiberlieferung in dichterischer Form und wurde
mit dem Entstehen der Schriftstellerei zur Zeit Josues und der Richter
aufgezeichnet, mindestens in zweifacher Form (P und JE). Von Moses
stammen Satzungen, chronologische Notizen iiber den Wiistenzug,
Lieder iiber Ereignisse. Die Priester iibernahmen die Gesetze des
Moses, entwickelten sie durch Kasuistik fort, stellten Spezialsammlungen
her, deren eine wir im Dt aus dem Ende der Richterzeit vor uns
haben. Um die Zeit des Tempelbaues wurde aus den vorhandenen
Materialien, aus der erzahlenden und gesetzlichen Uberlieferung der
1 Zum Dt(BSt 6, 1/2, Frb. i. Br. 1901, 1324); Commentarius in Dt (s. o.
S. 14).
2 Ahnlich J. B. Glatigny O. F. M., Les commencements du canon de I'AT
Rom 1906 (vgl. dariiber L'authenticite mosai'que du Pentateuque [RClfr 50,
431434]).
3 Vgl. BZ 4, 6167.]. Goettsberger, P. Vetters Stellung zur Pentateuch-
kritik (BZ 5, 113 125).
yg I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 100
Pentateuch hergestellt. Der Text blieb aber nach Inhalt und Umfang
auch weiterhin noch im Fluft und fand erst durch Ezra seinen Ab-
schluft. Auch die EBK vom 27. Mai 1906 De mosaica authentia Penta-
teuchi (s. u. Nr. 150) wurde von vielen nicht so verstanden, als ob
damit eine Pentateuchkritik iiberhaupt unvereinbar sei, auch wenn an-
gestrebt wiirde, die dabei hereinspielenden katholischen Grundsatze
voll zu wahren 1 . Doch ist ein derartiger Versuch von A. Touzard 2
nicht unbeanstandet geblieben. Die Urkunden J, E, D, P entnimmt
er der kritischen Schule, datiert sie aber in viel iruhere, im wesentlichen
in die mosaische Zeit. J und E sind Formen einer mosaischen Ur-
kunde, deren Gestalt am besten in E bewahrt sei; die gegenwartige
Gestalt erhielten sie im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. In D sind die
meisten nachmosaischen Gesetze eingereiht (vielleicht von Josue [so
Engelkemper] oder Samuel [so v. Hummelauer]). P ist eine dritte Form
des Berichtes iiber die mosaische Zeit, mit dem ein Sekretar des Moses
ein bestimmtes Ziel verfolgte. Dieser Bericht ist im Laufe der Zeit,
besonders wahrend des Exils und unter Ezra, iiberarbeitet worden 3 .
Auch die Interpolationshypothese, welche von den grundsatz-
lichen Gegnern der Pentateuchkritik im Lager der katholischen Exegeten
vertreten wird, kann Formen annehmen, die sich den bekampften An-
schauungen mehr oder minder nahern. Sie kniiptt an die Art an,
wie man vor dem Auftreten der Literarkritik der Schwierigkeiten im
Texte des Pentateuchs Herr zu werden bemiiht war; sie will dabei
den Anzeichen hohen Alters im Pentateuch gerecht werden, aber auch
den Spuren Rechnung tragen, welche auf spatere Entstehungszeit hin-
weisen. Diese Methode kann sich gezwungen sehen, spatere Einsatze
in so grofiem Umfange und in so hoher Zahl zuzugestehen, dafi sie
katholische Grundsatze nicht weniger zu gefahrden scheint als manche
kritische Pentateuchhypothese. Bekennt sie sich zur Formel: Wir
haben einen mosaischen Pentateuch, aber keine von Moses redigierte
Ausgabe des Pentateuchs*, so geht sie iiber ein aufierlich mechanisches
Wachstum, auf welches sonst die Interpolationshypothese die Penta-
teuchentwicklung einschrankt, hinaus und behauptet im Grunde eine
ahnliche organische Weiterbildung des mosaischen Werkes wie die
gemafiigt kritische Schule, die den Vorgang nur noch im einzelnen zu be-
schreiben sucht 4 .
1 So V. Ermoni, Rez. iiber Mangenot (s. o. S. 42 2 ) (Annales de Philosophie
chretienne 4. S. 5 [1908], 528532); G. Huvelin S. J., Questions d'Ecriture
Sainte. A propos d'un livre recent (Etrel 117, 49 60); Holzhey (s. o. S. 9 ')
2 Dictionnaire apologe"tique de la foi catholique 3, 695 755. Auch
A. Fernandez S. J. (La critica reciente y el Pentateuco [Bb i, 173 210])
meinte zuerst (vgl. aber ebd. 376 378), dafi Touzards Ansicht mit der EBK
vereinbar sei, wenn er sie auch vom kritisch-wissenschaftlichen Standpunkt
aus bekampfte.
3 Die Congregatio S. Officii erklarte sich auf Anfrage am I I.April 1920
dagegen : Touzards Hypothese konne nicht sicher gelehrt werden.
4 Vgl. Hoberg (s. o. S. 25); Sanda, (s. o. S. 26).
Nr. 102 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 79
13. Schema der Graf-Wellhausenschen Pentateuch-
theorie und ihre Hauptthesen.
101. Die Entwicklung des Pentateuchs hat sich nach Ansicht
der kritischen Schule, soweit sie der Graf-Wellhausenschen Rich-
tung anhangt, in folgendem schematischen Aufbau vollzogen 1 :
Erzahlungen, Gesetze u. a. aus der Zeit 1500 800 v. Chr.
werden seit dem 10. Jahrhundert in literarische Form gebracht,
fliefien in verschiedene Uberlieferungsstrome zusammen und
werden allmahlich miteinander vereinigt.
J'(9.Jh.) J 2 (9--7jh.) E 1 E 2 ( 7 ?o-722) E
J
JE (720 620)
D Kca.69o) D 2 b(ca.6oo) D 2 a(ca.6oo) P h (57o)
D (in od. nach d. Exil) P gh (vor458) P S(X (445 ff.)
JED (620445) P
JEDP &hs(X P*$
JEDP (330).
J *, J 2 , E 1 , E 2 , E 3 bezeichnen Vorstufen zu dem Jahwisten und Elo-
histen, welche die kritische Analyse feststellen zu konnen glaubt. Auf die
vereinigten Quellen JE (= Jehowist 2 ) in Verbindung mit P g (= Priester- "
kodex im Urafang der friiher Grundschrift genannten Quelle) verteilt sich
der hauptsachlichste Erzahlungsstoff des Pentateuchs. D 1 (=Dt 12 26}
stellt das Gesetzbuch des Josias dar, das mit D 2 b und D 2 a zum gegen-
wartigen Dt erweitert wurde. Die iibrigen Gesetze des Pentateuchs
gehoren P h (= Lv 17 26 = Heiligkeitsgesetz), P B und P s (spatere Nach-
tra'ge) an 3 . Erst von 330 v. Chr. ab la'fit die kritische Schule die text-
kritische Entwicklung als Fortsetzung der vorausgehenden literarge-
schichtlichen einsetzen.
102. Die kritischen Hypothesen iiber die Entstehung des Pentateuchs
sind aus Einzelforschungen von iiber anderthalb Jahrhunderten ent-
standen, haben aber so wenig zu unbestrittenen Ergebnissen gefiihrt,
1 Nach Steuernagel (s. o. S. 10).
2 Von rrnt* des 311, ein Wort, das die Konsonanten von Jahwe und die
Vokale von Elohim enthalt.
3 Eine genaue Verteilung der kleineren und kleinsten Bestandteile des
Pentateuchs auf die einzelnen Quellen s. bei Kautzsch (o. S. 1 1) am Rande
des ubersetzten Textes und bei Steuernagel (s. o. S. 10) 186189; etwas
anders verteilt EiCfeldt (s. o. S. 75 1 ).
go I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 103
daft auch jetzt noch eine erschopfende Kritik ins Einzelne und Ein-
zelnste gehen miiftte. Diese Arbeit kann eine sorgfaltige Exegese des
Pentateuchs vorbereiten, soweit die Beurteiltmg des Pentateuchproblems
davon abhangt. Auch wichtigere entscheidende Fragen finden noch
immer die verschiedensten Losungen. Fur die atl Einleitung kann es,
soil sie nicht von exegetischen Einzeluntersuchungen iiberwuchert
werden, nur auf die Hauptpunkte der Pentateuchtheorien
ankommen, und nur umfangreichere, zusammenhangende
Bestandteile des Pentateuchs sollen in die Fragestellung ein-
bezogen werden.
103. Auch wenn man iiber Zustand und Eigentumlichkeiten des gegen-
wartigen Pentateuchs so urteilt, wie es oben S. 26 ff. fiir notwendig ge-
halten wurde, und der kritischen Schule also insoweit beipflichtet, kann
die herrschende Pentateuchtheorie keineswegs als die einzig mogliche Er-
klarung gelten. Ja ihre Vertreter haben sich in wesentlichen Unterfragen
fiir Annahmen entschieden, die von andern lebhaft bestritten werden und
zu bestreiten sind. So glaubt die kritische Schule beweisen zu konnen,
daft Gesetzbiicher, die in der Zeit des Josias und Ezra
auftauchen, bestimmte Teile des Pentateuchs umfaftten und erst
in diesen Zeiten entstanden seien; aus dem Vergleich einzelner Ge-
setze untereinander leitet sie eine Entwicklung des ganzen mo-
saischen Gesetzwerkes ab. Was daran haltbar ist, berechtigt
nicht zu den bestimmten und weittragenden Schliissen der pentateuch-
kritischen Auffassung, lafit aber doch durchblicken, wie der Pentateuch
seine heutige Gestalt erhalten hat.
14. Atl Nachrichten iiber Gesetzbiicher aus der Zeit
hach Moses.
104. H. Graetz hatte behauptet 1 , daft unter Konig Joas von Juda
(836 797) Ex 33, 12 17 (bei der Thronbesteigung) und Ex 25 ff. (bei
der Wiederherstellung desTempels), unter c Uzzijja(779 740) Nm 17 18
bekannt gemacht worden seien 2 . Die Anhaltspunkte, welche Rg hierfiir
bietet, reichen aber dazu keineswegs aus 3 . Daft unter Ahaz (736 728)
eine Kultusreform stattgefunden habe und die Gesetze von Ex Nm oder
gar der gesamte Tetrateuch (Gn Nm) veroffentlicht worden seien,
lafit sich ebensowenig durch 4 Rg 16, toff, erweisen. Wenn des Konigs
Unterfangen mehr war als ein Entlehnen kunstlerischer Formen aus
1 Geschichte der Juden von den altesten Zeiten bis auf die Gegenwart.
Aus den Quellen neu bearbeitet. 2. Geschichte der Israeliten vom Tode
des Konigs Salomo (um 977 vorchristl. Zeit) bis zum Tode des Juda Mak-
kabi(i6o), i, Lp. 1875, 470 f.
2 Vgl. W. Erbt, Der Fund des Dt (OrLz 11, 5762), der von Joas das-
selbe annimmt.
3 Dagegen vgl. Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 204 *.
Nr. 105 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 8 1
Syrien, dann war es eher (nach 2 Chr 28, 22 if.) ein Versuch, im Gegensatz
zum mosaischen Gesetz fremden Kult einzubiirgern. Dagegen reinigte
Hizkij j a ( 7 2 7 699) nicht blofi den israelitischen Kult von Auswiichsen (4 Rg
1 8, 4), sondern verkiindigte auch das Gesetz: Vor diesem Altare sollt ihr
anbeten zu Jerusalem* (4 Rg 1 8, 2 2 ; = Abschaffung der Jahwealtare aufier-
halb Jerusalems = Zentralisation des Kultes). Obwohl diese Feststellung
aus dem Munde des gegnerischen Feldherrn Rabsake kam und zur
Aufwiegelung des Judenvolkes gegen seinen Konig dienen sollte, ist
sie glaubwiirdig 1 . Der Vorwurf kehrt sich nicht gegen die Willkurlich-
keit der Maftnahme des Konigs 2 , sondern gegen die Beeintrachtigung
Jahwes, die in der Minderung seiner Altare lag. Darura ward diese Vor-
schrift des Hizkij j a ein Sonderfall von 4 Rg 18, 4 sein und sich, wie die
dortigen Reformen, auf die Gebote, die Jahwe dem Moses geboten hatte
(4 Rg 1 8, 6), stiitzen. Dafi diese Gebote nicht blofi mundlich iiber-
liefert, sondern in einem Gesetzbuch vorlagen, daft letzteres ein Teil
des Pentateuchs gewesen sei 3 oder das ganze mosaische Gesetzbuch,
la'ftt sich weder beweisen noch widerlegen. Aber wenn das Dt mit
seiner Zentralisation des Kultes als Grundlage dieser Mafinahmen ge-
dient haben sollte, so liefie sich daraus des Hizkijja Reform vollstandig
erklaren. Ebensogut konnte selbstverstandlich das Dt im Verband des
ganzen Pentateuchs die Quelle dieser Reformmafinahmen gewesen sein.
Aber iiber die Moglichkeit, dafi ein Gesetzbuch vorhanden gewesen sei,
kann man auf Grund der geschichtlichen Nachrichten erst fur die Zeit
des Konigs Josias von Juda (640 609) hinausgelangen.
1. Das Gesetzbuch des Josias 4 .
105. Als Josias im 18. Jahre seiner Regierung (623) den Schreiber
Saphan zum Hohenpriester Hilkijja sandte, um Lohngelder fur die
Tempelhandwerker zu holen (4 Rg 22, 3 7), teilte letzterer dem
Saphan mit: Ich habe das Gesetzbuch (fttirT! lap) im Tempel
Jahwes gefunden (V. 8). Saphan las das Buch (V. 9), brachte es
1 Anders S. A. Fries, Die Gesetzesschrift des Konigs Josia. Eine kritische
Untersuchung, Lp. 1903, 31 ; B. Stade, Anmerkungen zu 2 K6. 15 21 (ZatW
6, 1 56 189) 170 ff. ; J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels 6 , B. 1905,
25 f. 47 .
2 So Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 202 2 ; Erbt (s. o. S. 80 2 ).
3 Fries (s. o. Anm. i) 78 vermutet das Dt darunter. .
4 O. Botticher, Das Verhaltnis des Dt zu 2 Kg 22 ; 23 und zur Prophetie
Jeremia, Bonn 1906. S. Euringer, Der Streit um das Dt (BZF 4, 8), Mstr.i.W.
1912. M. Kegel, Die Kultus-Reformation des Josia. Die Aussagen der mo-
dernen Kritik iiber II Reg. 22; 23 kritisch beleuchtet, Lp. 1919. M. Lohr, Das
Dt (Untersuchungen zum Hexateuchproblem II [Schriften der Konigsberger
gelehrten Ges., Geisteswiss. Klasse I, 6] 164 209), B. 1925. T. Oestreicher, Das
deuteronomische Grundgesetz (BFchrTh 27, 4), Giitersloh 1922. H. Pope O. P.,
The date of the composition of Deuteronomy. A critical study, Rom 1911.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 6
82 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 106
dem Konig und las es ihm vor (V. 10). Das Buch machte groBen
Eindruck (V. n), well seine Vorschriften seit Vaterzeiten nicht
mehr beobachtet worden waren und darob schwere Heimsuchungen
das Volk bedrohten (V. 13 16). Die Prophetin Hulda wurde um ihr
Urteil angegangen (V. 13 20). Der Konig las das Bundesbuch
(rrnSlin ^iso) vor versammeltem Volke vor und schloB auf Grund
desselben einen Bund vor Jahwe, den Inhalt des Buches aus-
zufiihren (23, I 25).
106. G. d'Eichthal 1 , M. Vernes 2 und L. Horst 3 bestritten die Zu-
verlassigkeit des Berichtes. Mit ihnen behauptete J. Cullen 4 , daft
sich die Reform des Josias nicht auf ein Gesetzbuch gestiitzt habe;
das Dt sei erst nachtraglich verfaftt worden. Aber ein stichhaltiger
Grund laftt sich gegen den Bericht nicht anfuhren. Er niacht den
Eindruck hochster Wahrhaftigkeit. Es kann sich nur darum handeln,
welches Gesetz denn das gefundene Buch enthielt.
107. Die traditionelle Schule sieht darin den ganzen Pentateuch 5 .
Hoberg 6 berief sich hierfur auf 2 Chr 34, wo die gleiche Begebenheit
erzahlt wird. Daft in der Zeit des Chronisten (um 300 v. Chr.) unter
dem Gesetzbuch des Herrn, durch Moses gegeben der Pentateuch
verstanden werden konnte und naturgemafi verstanden wurde, darf an-
genommen werden. Aber auch wenn in 4 Rg 22 f. nicht der ganze Penta-
teuch gemeint war, sondern etwa nur das Dt, so stimmt 2 Chr 34 damit zu-
sammen; denn das Dt war fur den Chronisten unzweifelhaft mit dem
Pentateuch verbunden. Die Bezeichnung selbst entscheidet nichts iiber
den Umfang des Gesetzbuches. Nur wenn das Gesetzbuch des Josias
mit dem Pentateuch iiberhaupt nichts zu tun hatte, konnte ein gewisser
Widerspruch zwischen dem, was Inhalt von 4 Rg 22 f. ist, und dem, was
der Chronist mit seiner Bezeichnung meinen muftte, gefunden werden.
Ist der ganze Pentateuch als Gesetzbuch des Josias aus den Zeugnissen
iiber den Vorgang selbst nicht zu erweisen, so ergeben sich anderseits
auch keine entscheidenden Schwierigkeiten dagegen. v Wurde das Buch
genau und vollstandig gelesen, so brauchten Hilkijja, Saphan, der Konig
und vielleicht auch noch die Prophetin Hulda je ungefahr 20 Stunden,
wenn es der Pentateuch, etwa 2 3 Stunden, wenn es blofi das Dt war.
1 Melanges de critique biblique, P. 1886.
2 Une nouvelle hypothese sur la composition et 1'origine du Dt. Examen
des vues de M. d'Eichthal, P. 1887.
3 Etudes sur le Dt(RHR 16, 2865; 17, 122; 18, 320334; 23, 184200;
27, 119 176).
* The book of the Covenant in Moab. Critical inquiry into the original
form of Dt, Glasgow 1903. ,
5 So Hoberg (s. 0.8.25) 7 ff. Hopfl (s. o. 8.9)2 2 , 28 f. Kegel(s.o. S.8i 4 ) logff.
6 A. a. O. 8 ff. ; vgl. auch BZ 4, 339 f.
Nr. 109 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 83
Einige machen das als Schwierigkeit geltend 1 . Aber es 1st nicht aus-
driicklich gesagt, dafi alles das an einem Tage geschehen sei, da die
Vorgange nur ganz locker aneinandergefugt werden. Zudem mufi nicht
jeder der Beteiligten das Buch genau gelesen haben, urn so weniger,
als es sich nicht um einen ganz unbekannten Inhalt handeln konnte
(vgl. u. Nr. in). Der Umfang, wie ihn der Zusammenhang des Be-
richtes voraussetzt, spricht also nicht gegen den ganzen Pentateuch,
wie man daraus auch nicht schliefien kann, dafi schon das Dt zu um-
fangreich gewesen sei und deshalb ein Ur-Dt anzunehmen ware, oder
dafi das Gesetzbuch gar nur in einem einzigen Blatt bestanden habe 2 .
108. Sicher lafit sich der Inhalt des Gesetzbuches aus dem
Bericht erschliefien 3 . Allerdings werden schon aus dem 8. und 12. Jahre
des Josias Reformen berichtet; das Buch wurde aber erst in seinem
1 8. Jahre gefunden. Aufierdem ist 4 Rg 22 f. wenigstens nicht aus-
driicklich angegeben, dafi die Mafinahmen des Konigs durch das Gesetz-
buch veranlafit wurden und sich darauf stiitzten. Aber der Zusammen-
hang von 4 Rg 22 f. fiihrt darauf hin. Auch ist 2 Chr 34 von Reformen
nach dem Funde die Rede (V. 33). Ausdriicklich wird die Paschafeier
auf die Vorschrift des Gesetzbuches zuriickgefiihrt (4 Rg 23, 21).
109. Die Reformen des Josias sind also ein Wegweiser zu dem, was
im gefundehen Gesetzbuche stand, und so kann man dem Bericht
folgende Fingerzeige entnehmen: i) Es wird Bundesbuch ge-
nannt (23, 2 3 21). So heifit ausdriicklich Ex 21 23 nach Ex 24, 7.
Sachlich ist auch das Dt ein solches ; denn nach Dt 28, 69 enthalt es
Worte des Bundes, welche dem moabitischen Bunde zur Grundlage
dienten. Josias schritt 2) gegen den Gotzendienst iiberhaupt ein (4 Rg
23, 4ff. Ex 23, 24; 34, 13; Nm 33, 52; Dt 7 ; 13) und traf folgende
Einzelmafinahmen : er schaffte ab 3) den Dienst des Himmelsheeres (4 Rg
23, 4 5 ii Dt 17, 2 7), 4) den Molochdienst mit Verbrennung der
Kinder (4 Rg 23, 10 Dt 12, 31; 18, 10 [wo vom Verbrennen die Rede
ist]; Lv 1 8, 21 ; 20, 2 5 [wo der Name Moloch ohne Hinweis auf das
Verbrennengebrauchtwird]), 5)dieH6henkultstatten (4Rg23, 5 13 15
Nm 33, 52 [mit dem gleichen Worte "??]; Dt 12, 2 [wo dieses Wort
fehlt]), 6) die kultische Prostitution (4 Rg 23, 7 Dt 23, i8f.), traf
7) Bestimmungen iiber die Hohenpriester (4 Rg 23, 8f. Dt 18, 6 8
[verfugt etwas anders betreffs der Leviten aufierhalb Jerusalems 4 ]). Die
letztere Anordnung lafit erkennen, dafi es sich um Priester an Hohen-
1 Vgl. Kuenen (s. o. S. 10) i, I, 205 3 ; Vetter, BZ 4, 67 ; Fries (s. o. S. Si 1
10 f. ; Nikel (s. o. S. 26) 50.
2 Etwa mit Ex 34, wie Fries (s. o. S. Si 1 ) meinte.
3 Fries (s. o. S. Si 1 ) 38 und Nikel (s. o. S. 26) 21 bezweifeln das.
4 Wegen dieses Unterschiedes nimmt Steuernagel (s. o* S. 10) 190 f. an,
dafi die Mafinahme ohne Riicksicht auf eine gesetzliche Bestimmung ge-
troffen worden sei.
6*
34 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 109
kultstatten handelt, wo Jahwe verehrt wurde 1 ; nur dann 1st es ver-
standlich, dafi sie mit ihren Briidern in Jerusalem das Gnadenbrot essen
sollten. Dann liegt in der Zerstorung von Jahwehohen aufierhalb Je-
rusalems 8) eine Zentralisation des Kultus (4 Rg 23, 8 f.), wie sie be-
sonders eindringlich Dt 12 angeordnet wird 2 . Auch Lv 17, i 9 entha.lt
eine strenge Zentralisation des Kultus, aber im Bundeszelt zur Zeit der
Wiistenwanderung. Dagegen stellt das sog. Bundesbuch (Ex 21 23)
ein ganz anderes Gesetz auf (vgl. Ex 20, 24) 3 . 9) Fiir die Paschafeier
beruft sich Josias ausdriicklich auf dieses Buch (4 Rg 23, 2 iff.) 4 .
Gesetze iiber das Pascha finden sich Ex 12; (23, 15 = 34, 18); Lv 23,
4 8; Nm (9, iff.); 28, 16 25; Dt 16, i 8. Sollte die Einzigartigkeit
dieses Festes darin bestanden haben, dafi es gemeinsam in Jerusalem*
(4 Rg 23, 23) begangen wurde, so konnte nur Dt 16 die Grundlage
gebildet haben 5 . Die eingehende Schilderung des josianischen Paschas
2 Chr 35 stimmt weder mit Dt noch mit Ex Nm vollstandig genau
iiberein, so dafi diese Stelle fur die Entscheidung nicht in Frage kommen
kann 6 . Der Eindruck, den das Buch auf den Konig machte, beruhte
auf 10) den Strafen, welche darin fur die Ubertretung der Gesetze an-
gedroht waren (4 Rg 22, n 13 16 19). Solche Strafandrohungen enthalten
Lv 26, 14 ff. und Dt 1 1, 13 ff. und 28, 1 5 ff., je unmittelbar vor dem Schlufi-
vers zu den Offenbarungen auf dem Sinai (Lv 26, 46) und in Moab (Dt 28, 69).
Dafi dabei eher an Dt 28 zu denken ist, beweist die Tatsache, dafi
1 Fries (s. o. S. 81 *) 30 if. halt sie fur gotzendienerische Hohe 1 .
2 Dagegen kann der jiidische Tempel, der in den Elephantine-Papyri fur
Agypten bezeugt ist (5. Jahrh. v. Chr.; vgl. Taf. 2, Bild 3), nicht in die
Wagschale fallen. Er wird im Widerspruch mit der schon seit Hizkijja vor-
handenen Zentralisation des Kultus in Jerusalem bestanden haben. Vgl.
R. Muufi, Der Jahwe tempel in Elephantine (ZatW 36, 81 107). A. van Hoon-
acker, Die rechtliche Stellung des jiidischen Tempels in Elephantine gegen-
iiber den Einrichtungen des AT (ThG i , 438 447).
3 Vatke (vgl. Kuenen [s. o. S. 10] i, i, 206) und neuerdings Friedemann
(Die Entdeckung des Gesetzbuches in der Zeit des Josias [Hagoren 7, 1907])
hielten das Bundesbuch fur dasGesetzbuch des Josias.
4 4 Rg 23, 22 hebt hervor, dafi seit der Richterzeit ein Pascha wie dieses
nicht gefeiert worden sei. Es kann dabei auf die grofie Feierlichkeit an-
kommen, ohne dafi gemeint ist, ein Pascha sei seit dieser Zeit iiberhaupt
nicht mehr begangen worden. 2 Chr 30 erzahlt von einem Pascha zur Zeit
des Hizkijja, wahrend 2 Chr 35, 18 die Einzigkeit des Paschas unter Josias
seit der Zeit des Propheten Samuel hervorhebt. 4 Rg 23 und 2 Chr 35 wird
wohl auf Jos 5, 10 Bezug genommen.
5 So Steuernagel (s. o. S. 10) 190.
6 Da Chr sehr spat entstanden ist, also eine Angleichung der Darstellung
an die Ubung einer viel spateren Zeit vermuten lafit, hat man keinen An-
laC, mit Fries (s. o. S. 81 *) 43 ff. zu schliefien, dafl das josianische Gesetzbuch
mit dem Pentateuch nichts zu tun habe.
Nr. no A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 85
unsere Stelle und Dt die gleichen Worte gebrauchen ("^P. 4 Rg 22, 19
Dt u, 26 28; 28, 15; wa 4 Rg 22, 19 Dt 28, 37), die in Lv 26 trotz
inhaltlicher Verwandtschaft fehlen 1 .
110. Wahrend von den eben aufgezahlten Fingerzeigen i, 2
und 9 sowohl im Dt als in den andern Teilen des Pentateuchs
enthalten sind, bei 4 und 5 die Bezeichnung genauer auBer-
halb des Dt vorkommt, sind 8 und 10 genauer, 3, 6 und 7
ausschlieBlich. im Dt zu finden. Es ist deshalb nicht zu ver-
wundern , daB Exegeten , lange ehe es eine Pentateuchfrage
gab, das Gesetzbuch des Josias im Dt sahen 2 . Haben alte und
neue Exegeten sozusagen intuitiv diese Auffassung gewonnen, so
betrachtete es die kritische Schule seit W. M. L. de Wette 3 als ihre
besondere Aufgabe, diese Thesis eingehend zu begriinden und
auszubauen. Sie glaubte auch im Dt eine literarische Schichtung
finden zu konnen und bemiihte sich, festzustellen, in welchem
Umfange es das Gesetzbuch des Josias gebildet habe 4 . Der
Inhalt des josianischen Gesetzbuches, soweit er sich
in 4 Rg 22 f. verrat, verlangt zunachst nur das Dt; das
ist auf Grund der vorausgehenden Untersuchung der kritischen
Schule zuzugestehen. DaB dieses Gesetzbuch aber nicht umfang-
1 Die Drohungen in Dt lauten bedingt. Das machte L. Seinecke (Ge-
schichte Israels, Gott. 1884, I, 386) gegen die Zusammenstellung des Gesetz-
buches des Josias mit Dt geltend. Allein es ist leicht zu verstehen, dafi
nach der Ubertretung des Gesetzes die Drohungen in 4 Rg 22 ohne Bedingung
wiederholt werden konnten, auch wenn sie im Buche bedingt lauteten. Ebenso
werden sonstige kleine Unterschiede gegen die Zusammenstellung nicht
geltend gemacht werden konnen (gegen Cornill [s. o. S. 2 4 ] 7 33ff., Fries [s. o,
S. Si 1 ] 12 ff.).
2 Athanasius, Ep. ad Marc, et Abul. (M B 27, 44); Chrysostomus, In Matth.
horn. 9 (M B 57, 181); Procopius von Gaza, In libros Reg. et Par. scholia
(M e 87, i, 1200). Spater Cornelius a Lapide, Menochius (f 1655) (vgl. Ho-
berg [s. o. S. 25] io 3 ).
3 Dissertatio critica, qua a prioribus Deuteronomium Pentateuchi libris
diversum aliud cuiusdam recentioris auctoris opus esse monstratur, 1805 (Opusc.
theol., B. 1830); Beitrage zur Geschichte des AT i, Halle 1806, 168 ff. 265 ff.
4 Vgl. A. F. Puukko, Das Dt. Eine literarkritische Untersuchung (BWAT 5),
Lp. 1910, der glaubt, dafi Dt 12 28, und zwar nur zum Teil, hierfur in Frage
kame ; J. Hempel, Die Schichten des Dt. Ein Beitrag zur israelitischen Lite-
ratur- und Rechtsgeschichte (Beitr. z. Kultur- und Universalgeschichte, 33. Heft),
Lp. 1914. Auch Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 28 ff. halt es fur moglich, dafi nur ein
Teil von Dt, aber mit Abschnitten aus dem iibrigen Pentateuch, im Gesetz-
buch des Josias vorhanden gewesen sei.
86 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. in
reicher gewesen sei *, dafi es insbesondere nicht den ganzen Penta-
teuch umfafit habe, laCt sich unserer Stelle nicht entnehmen. Wenn
sich bei der Anlage des Pentateuchs auch keineswegs erschliefien
laCt, daC mit Dt notwendig die iibrigen Teile verbunden gewesen
seien, so ist doch die Ansicht der konservativen Schule nach
obigen Vergleichen sicher befriedigender, da der Pentateuch als
Gesetzbuch des Josias auch diejenigen Angaben erklart, welche
sich naher mit Texten aufierhalb des Dt beriihren.
Auf Dt allein das josianische Gesetzbuch zu beschranken, hatte die
kritische Schule aber dann ein Recht, wenn sie nachweisen konnte,
dafi die iibrigen Teile des Pentateuchs, die in Betracht kommen, jiinger
seien als Josias. Fries 2 glaubte, dafi Ex 34 unter dem Gesetzbuch des
Josias zu verstehen sei. Er trennt aber zu Unrecht Gesetzbuch und
Reform (mit Ausnahme des Paschas) und leugnet eine Zentralisation
des Kultus in Dt sowohl als in 4 Rg 2 2 f. 3 Vetter 4 sah darunter irgend
ein Gesetzbuch aufierhalb des Pentateuchs. Tatsachlich wird es 4 Rg 22 f.
nicht nach Moses benannt. Aber nachdem, wie auch Vetter annimmt,
ein mosaisches Gesetz damals jedenfalls bestand, wiirde man selbst ohne
die Ahnlichkeiten auf eine Verbindung mit diesem Gesetze schliefien.
Mittelbar ist das auch 4 Rg 23, 25 ausgesprochen, wonach sich Josias
zum Herrn bekehrte nach allem Gesetze des Moses . Nach dem ge-
fundenen Gesetzbuche richteten sich aber die einzelnen Mafinahmen
des bekehrten Kb'nigs.
111. Eine Reihe von kritischen Exegeten behauptet, dafi das
Dt dem Josias durch eine pia fraus in die Hande gespielt worden
sei und die Auffindung als eine gut gespielte Komodie zu be-
trachten sei 5 . Demgegeniiber aber macht die Geschichtserzahlung
selbst durchaus den Eindruck der Glaubwiirdigkeit.
Auch die Gelegenheit, bei welcher das Buch gefunden wurde, ergab
sich ungesucht, und ahnliche Anlasse (Niederlegung von Biichern und
Urkunden in Tempelmauern) glaubt man auch in der aufierbiblischen
Literatur zu finden 6 , wenn auch der biblische Bericht seine Eigenart
1 Vgl. Kegel (s. o. S. 81*) 109. 2 Siehe o. S. 83 2 .
3 Vgl. dazu Kegel (s. o. S. 81 4 ) 74 2 .
4 BZ 4, 67.
5 So Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 209 f., Dillmann, Stade, Cornill, Holzinger,
Strack, Erbt (vgl. Steuernagel [s. o. S. 10] 191).
6 Vgl. E. Naville, Egyptian writings in foundation walls and the age of
Deuteronomy (PSbA 29, 232 242); Ders., La decouverte de la loi sous le roi
Josias. Une interpretation e"gyptienne d'un texte biblique, P. 1910 (= Me-
moires de 1'Ac. d. inscr. et belles-lettres 38, 2, 137 170); J. Herrmann, Agyp-
tische Analogien zum Funde des Dt (ZatW 28, 291 302).
Nr. 112 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 87
nicht verleugnet 1 . Daft das Buck den Findern unbekannt war, ergibt
der Bericht unzweifelhaft 2 . DieBenennung das Buch des Bundes kann
allerdings auch vom Standpunkt des Berichterstatters gebraucht sein. 4 Rg
22 f. setzt aber zugleich voraus, daft das Gesetzbuch ehedem bekannt, ge-
braucht und verpflichtend gewesen sei. Auch darin 1st dem Bericht
zu vertrauen im Gegensatz zu vielen kritischen Exegeten, welche das
Buch fur vollstandig neu halten. Ein Menschenalter, ein Zeitraum,
innerhalb dessen die Menschen starben, welche das Buch hinterlegten
und welche davon wufiten, reicht hin, um sein Verschollensein zu er-
klaren, zumal wenn man eine so lange und so gesetzesfeindliche, gottlose
Regierung in Betracht zieht, wie sie in Manasses (698 643) der des
Josias vorausging (vgl. 4 Rg 2i) 3 .
112. Je friiher die Entstehung des Buches angesetzt wird,
um so leichter erklaren sich die Vorgange von 4 Rg 22. Gegen-
iiber der mosaischen Abfassung, wie sie die Uberlieferung als
fruhesten Ansatz festhalt, mufi die Zeit des Konigs Hizkijja (727
bis 699), der bereits die Zentralisation des Kultes, eine Grund-
tendenz des Dt, durchzufuhren suchte, als der spateste noch
mogliche Terrain betrachtet werden 4 .
Die Versuche, einen bestimmteren zeitlichen Ansatz fur Dt zu er-
reichen, versprechen geringen Erfolg. So versteht Kuenen 5 4Rg 21, 3 5
ohne stichhaltigen Grund so, daft Manasses den Kult des Himmels-
heeres zum ersten Male eingefiihrt habe; dann konnte das Dt nicht
1 S. Euringer, Die agyptischen und keilinschriftlichen Analogien zum Funde
des Codex Helciae (4 Kg 22 und 2 Chr 34) (BZ 9, 230 243 337 349; 10,
1323 225237).
2 Ohne Stiitze ist die Annahme v. Hummelauers (Comm. in Dt [s. o. S. 14]
53 f.), die Finder batten das nur vorgegeben, um den Konig nicht zu erschrecken.
3 Manche glaubten Abfassung und Verschollensein zusammen in der Zeit
des Josias unterbringen zu konnen ; das erscheint als viel zu kurz. Vgl. Driver-
Rothstein (s. o. S. 9) 90.
4 So E. Riehm, Einleitung in das AT, hrsg. von A. Brandt, Halle 1889/90;
Konig (s. o. S. 2 2 ) 217; Steuernagel (s. o. S. 10) 192. Vor Isaias datieren
das Gesetzbuch des Josias = Dt Franz Delitzsch, Pentateuchkritische Studien
(Zeitschr. fur kirchl. Wiss. u. kirchl. Leben i [1880]); Strack (s. o. S. 3*) 6 63.
Dem Ausgang der Richterzeit weist es zu P. Kleinert, Das Dt und der
Deuteronomiker, Bielefeld 1872. Neuestens versuchte man, Dt in die nach-
exilische Zeit zu verlegen : G. Holscher, Komposition und Ursprung des
Dt (ZatW 40, 161 fF.); F. Horst, Die Kultusreform des Konigs Josia (II. Reg.
22 23) (ZdmG N. F. 2, 220238); W. Spiegelberg, Zur Datierung des Dt
(OrLz 26, 48 if.). Dagegen vgl. H. Grefimann, Josia und das Dt (ZatW
N. F. I, 313-337).
5 Einleitung (s. o. S. 10) i, i, 207.
gg I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 113
viel vor Josias entstanden sein. Allein nach 4 Rg 17, 16 wurden schon
die Zehn Stamme wegen dieses Gotzendienstes in die assyrische Ge-
fangenschaft geschickt (722) 1 . Allerdings wird dieser Kult gerade auch
von Propheten zur Zeit des Josias geriigt (Jer 8, 2; 19, 13; Soph i, 5).
Aber weder dies noch andere angebliche sprachliche Bertihrungen mit
Jer 2 konnen gegeniiber dem Zeitabstand ernstlich in Betracht kommen,
welchen 4 Rg 22f. fur das verschollene Gesetzbuch mindestens fordert.
Wenn die Geschichte des Kultusortes die Zentralisation des tjizkijja
als altesten Versuch ergabe, kame seine Zeit als diejenige in Frage,
in der das mosaische Gesetz seine deuteronomische Form erhalten hatte.
Dann ware eine Bekanntschaft der altesten Propheten (Is, Am, Os) mit
dem Dt naheliegend, obwohl sie sich keineswegs sicher erweisen lafit 3 .
Sichere innere Merkmale mosaischen Ursprungs 4 lassen sich kaum er-
warten. Doch darf angesichts der alten, standigen Uberlieferung, dafi
das Dt mosaisch sei, nur dann und insoweit spaterer Ursprung an-
genommen werden, als einwandfreie Anhaltspunkte hierfiir vorhanden
sind. Nicht alles im Dt tragt die Kennzeichen der gleichen Zeit an
sich. Dt 17, 8 13 scheint ein Gesetz zu enthalten, das nach 2 Chr 19,
8 ii unter Josaphat (873 849) eingefiihrt wurde. Das Konigsgesetz
Dt 17, 14 20 mag seiner gegenwartigen Form nach am ehesten an
die Zeit Salomos (-f 932) erinnern 5 , wiewohl sich V. 16 fast nur in den
Mund des Moses fiigen will 6 . Die Ansprachen des Moses, in die der
gesetzliche Inhalt des Dt gefafit ist, konnten ohne grundsatzliche Be-
denken ebenso als literarische Einkleidung verstanden werden wie die
salomonischen Reden in Koh und Sap, die von vielen katholischen
Exegeten als pseudosalomonisch anerkannt werden. Aber die Tatsachen
finden ebenso und besser noch ihre befriedigende Erklarung, wenn
man annimmt, das Gesetzesmaterial in den wirklich gehaltenen An-
sprachen des Moses habe im praktischen Leben des Volkes seine Rolle
gespielt und sei deshalb im Laufe der Zeit bis auf Hizkijja herab fortent-
wickelt worden.
2. Das Gesetzbuch des Ezra 7 .
1 13. Eine ebenso wichtige Rolle wie das Gesetzbuch des Josias
spielt in der Pentateuchkritik jenes Gesetz, mit dem Ezra nach
1 Driver-Rothstein (s. o. S. 9) 91 verlegt deshalb diesen Kult in die mittlere
Konigszeit.
2 J. W. Colenso (The Pentateuch and the book of Joshua critically exa-
mined, 7 Bde., Ld. 1862/79) hielt den Propheten sogar fur den Verfasser
des Dt (vgl. Driver-Rothstein [s. o. S. 9] 90 J ) ; dagegen A. F. Puukko, Jere-
mias Stellung zum Dt (BWAT 13, Lp. 1913, 126153).
3 Vgl. Vetter (s. 0.8.44 2 ).
4 Vgl. F. E. Gigot, The Mosaic authorship of the Deuteronomy (IthQ 4,
411426).
5 Nikel (s. o. S. 26) 42 stellt es mit i Sm TO, 25 zusammen. 6 Vgl. o. S. 54.
7 M. Kegel, Die Kultusreformation des Esra. Aussagen moderner Kritik
iiber Neh 8 10 kritisch beleuchtet, Giitersloh 1921.
Nr. 115 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 89
dem babylonischen Exil im 7. Jaiire des Artaxerxes (458 v. Chr.;
vgl. Ezr 7, i 7) nach Jerusalem kam (Ezr 7, 14 25). Er las es nach
der Ruckkehr des Nehemias im 20. Jahre des Artaxerxes (Neh 2, i)
vor versammeltem Volke vor (Neh 8, i ff.; also 444 v. Chr.), und
das Volk verpflichtete sich darauf (Neh 10, 30 ff.). Die Erklarer
sahen in diesem Gesetzbuch je nach ihrer Richtung entweder
ein Gesetzbuch, das mit dem Pentateuch nichts zu tun hat, oder
nur die Pentateuchquelle P teilweise oder auch ganz oder das
Dt oder den ganzen Pentateuch nach Vereinigung der einzelnen
Quellen JEDP. Die letztere Ansicht teilen besonders altere Ver-
treter der kritischen Schule mit der traditionellen Exegese.
114. Manchen schien der ganze Pentateuch ausgeschlossen. Denn
der Vorleser hatte nach Neh 8, i3ff. am 2. Tage bei Lv 23 angelangt
sein miissen, und das scheint unmoglich, wenn er, wie anzunehmen,
mit Gn i begonnen hatte 1 . Da das Vorlesen von Gn i bis Lv 22 un-
gefahr 10 Stunden in Anspruch nimmt, ist es nicht absolut unmoglich;
immerhin aber sprache dies zu Gunsten derjenigen, welche in dem
Gesetzbuch des Ezra blofi einen Teil des Pentateuchs sehen. Aufierdem
bliebe nur die Annahme iibrig, dafi das Gesetzbuch nicht in seinem
vollen Umfange vorgelesen wurde. Dazu wiirde gut stimmen, dafi das
Volk schon am ersten Tage, als es die Worte des Gesetzes horte,
weinte (Neh 8, 9). Ist mit dem Anfang von Gn begonnen worden, so
konnte man noch nicht viel tiber die Patriarchengeschichten hinaus-
gekommen sein, wahrend das weinende Volk doch offenbar unter dem
Eindruck stand, dafi die Gesetze, welche es eben vortragen horte, in der
Vergangenheit nicht erfullt worden waren 2 . Die Patriarchengeschichten
eroffneten auch die Quelle P, wenngleich in wesentlich kurzerer Gestalt,
als es bei der Verarbeitung aller Quellen im Pentateuch angenommen
werden mufi 3 .
115. Wie beim Gesetzbuch des Josias la'Ct auch bei Ezra der
Inhalt seines Buches viel bestimmter ersehen, welchen Umfang
es besessen haben muti. Auch hier folgt auf die Verlesung und
Unterzeichnung des Gesetzbuches (Neh 10, I ff.) Schwur und eid-
liche Verpflichtung, im Gesetze Gottes zu wandeln (Neh 10, 30),
1 So Steuernagel (s. o. S. 26) 277; Holzinger (s. o. S. 25) 431.
2 So mit Recht E. Meyer, Die Entstehung des Judentums, Halle 1896, 215;
J. Nikel, Die Wiederherstellung des jiidischen Gemeinwesens nach dem baby-
lonischen Exil (BSt 5, 2/3), Frb. i. Br. 1900, 202 ff.; Steuernagel (s. o. S. 26) 277.
3 Obige Erwagungen gehen von der Voraussetzung aus, dafl Neh 8, 13
sich zeitlich unmittelbar an 8, i f. anschliefie. DaC diese Voraussetzung sehr
zweifelhaft ist, ergibt sich aus dem kompilierten Text im Zwischenstiick.
Das entzieht solchen Schlufifolgerungen den Boden.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 116
und sofort schliefien sich die Einzelverpflichtungen an, welche das
Volk damit auf sich nahm (Neh 10, 31 ff.) 1 .
Der Bericht verrat nichts davon, dafi die Gesetze erst nach der Ver-
lesung und Verpflichtung etwa in zweiter, veranderter Auf lage schriftlich
niedergelegt worden seien 2 . Auch die Ansicht hat keine Stiitze im
Texte, dafi das Volk sich aufier auf das Gesetzbuch und seinen Inhalt
auch noch auf andere Dinge verpflichten wollte, die nicht im Gesetze
standen 3 . Sind Verpflichtungen in Neh 10, 3 iff. aufgefiihrt, die sich
im Pentateuch iiberhaupt nicht finden, so bedeuten sie fur diejenigen
eine Schwierigkeit, welche das Gesetzbuch des Ezra mit dem Pentateuch,
sei es ganz oder teilweise, gleichsetzen ; denn der Eindruck des Berichtes
bleibt doch der, dafi das geschriebene und vorgelesene Gesetzbuch des
Ezra den Umfang der Verpflichtungen bestimmt, welche das Volk auf
sich nahm. Die Glaubwiirdigkeit unseres Berichtes und seine Genauig-
keit zu bezweifeln, ist kein stichhaltiger Grund gegeben 4 .
116. DasBuch, welches vorgelesen, durch Unterschrift und Eid als
verpflichtend anerkannt wurde, veranlafite folgende Mafinahmen 5 :
Feier des Laubhiittenfestes (Neh 8, 14 18; vgl. Lv 23; Nm 29, i2ff. ;
Dt 16, 13 15). Die Einzelheiten derFestfeier finden sich alle inLv 23 ; be-
sonders wird das Holen von Baumzweigen nur hier erwahnt. Lesung des
Gesetzes wird nach Neh 8, 18 geiibt, in Dt 31, loff. vorgeschrieben;
sonst ist davon nicht die Rede. Das Gesetzbuch enthielt also Lv 23
und wohl auch Dt 31, 10 13. Der Fasttag am 24. des 7. Monats
(Neh 9, i ff.) ist nicht der Versohnungstag (sonst am 10. des gleichen
Monats gefeiert), auch keine Vorstufe dazu 6 , da der Versohnungstag
alter ist. Es wird wohl iiberhaupt kein Tag sein, der in Erfullung eines
vorgelesenen Gesetzes begangen wurde, sondern der Ausdruck der Bufie
und Trauer, von der Neh 8, 9 berichtet und die durch das freudige Laub-
hiittenfest unterbrochen wurde 7 , und Vorbereitung auf den Bundes-
schlufi (Neh 10, i ff.). Die Ehen mit Fremden werden verboten (Neh 10,
31 Dt 7, 3; vgl. Ex 34, 16 u. 6. 8 ). Neh 13, i 3 kommt noch einmal
auf das gleiche Gesetz zuriick in einer Weise, die offenbar Dt 23, 3 7
1 Die Beobachtung des Laubhiittenfestes wird Neh 8, 14 ausdriicklich auf
die Lesung des Gesetzbuches zuriickgefiihrt.
2 So W. H. Kosters, Die Wiederherstellung Israels in der persischen
Periode. Deutsche Ausgabe von H. Basedow, Heidelberg 1895, 77 f.
3 So Steuernagel (s. o. S. 26) 277; Lehrbuch (s. o. S. 10) 265.
4 Vgl. Kuenen (s. o. S. 10) I, I, 212 ".
5 Dabei wird vorausgesetzt, dafi die Kapitel Neh 8 fF. wenigstens sachlich
zusammengehoren, wiewohl der Text fragmentarisch zu sein scheint.
6 So B. Stade und A. Bertholet, Biblische Theologie des AT, Tub. 1905/11,
i, 343-
7 So A. Bertholet, Esra-Nehemia (KHK 19), Tub. 1902, 72; HDB i, 200.
8 Stade a. a. O. 343 verweist auf Gn 26, 34; 27, 46; allein das sind keine
formlichen Gesetzesbestimmungen.
Nr. 117 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. gi
voraussetzt. Das Gesetzbuch des Ezra enthielt also auch Dt. Die
Sabbatruhe (Neh 10, 32) kommt in alien Teilen des Pentateuchs in
allgemeiner Form vor. Die besondere Bestimmung , dafi der An-
kauf des Getreides von Nichtisraeliten verboten war (vgl. auch Neh 13,
15 23, wonach die Tyrier Getreide zum Verkaufe anboten), finden wir
in keiiiem Gesetze, wohl aber liegt ein ahnliches Verbot der Stelle
Am 8, 5 zu Grunde 1 . Das Sabbatjahr (Neh 10, 32) soil mit Brache
begangen werden (Ex 23, zof. ; Lv 25) und den Verzicht auf Hand-
darlehen bringen (Dt 15, i n). Eine Kopfsteuer fur den Tempel
(Neh 10, 33) gebietet Ex 30, n 16. Der Unterschied in der Hohe
( l / 3 Schekel in Neh gegen x /2 Schekel in Ex) mag auf verschiedene
Miinzgrofie zuriickgehen 2 . Diese Teinpelabgabe war bestimmt (Neh 10,
34) fur die Schaubrote (^^n nr^ = Lv 24, 5 9), fur das tagliche
Speise- und Brandopfer (Nm 28, 3 8), fur die Opfer an Sabbaten
Nm 28, gf.), an Neumonden (Nm 28, n 14; 29, 6), an Festen
Nm 28 29), fur Opfer, die als heilige (n^js ?) bezeichnet werden
Lv 21, 22; 22, 2), und fur Siindopfer (Lv 4, i3ff.). Priester, Leviten und
Volk verpflichten sich, familienweise nach dem Lose Holz fur den
Altarbrand (Neh 10, 35; vgl. 13, 31) zu liefern. Wie es im Gesetze
vorgeschrieben ist, wird sich hier wohl nur darauf beziehen, dafi Holz-
scheite auf dem Altare verbrannt werden mufiten (= Lv 6, 5 f.). Die
Art der Lieferung konnte jetzt frei iibernommene und im Laufe der Zeit
eingeburgerteDurchfiihrung des Gesetzes sein; sonst mufite man annehmen,
dafi derartige Gesetzesbestimmungen ehedem vorhanden gewesen, spater
aber ausgemerzt worden oder verloren gegangen seien 3 . Die Erstlinge von
Acker und Fruchtbaumen (Neh 10, 36) erwahnt Ex 23, 19* (= 34, 26) un-
gefahr mit denselben Ausdriicken, die Erstgeburt von Mensch und Vieh
(Neh 10, 37) Nm 18, 15 18 u. 6., die sonstigen Erstlinge fur die Priester
(Neh 10, 38") Nm 15, 2of.; 18, 8 12; Dt 18, 4; 26, 2; die Ablieferung
an die Tempelzellen wird sich spater uber das Gesetz hinaus einge-
biirgert haben. Der Zehnte fur die Leviten (Neh 10, 38 b 39) ist fest-
gesetzt Nm 18, 21 (vgl. Dt 14, 28f.), der Zehnte vom Zehnten Nm 18, 26.
Die Einhebung unter Begleitung eines Priesters wird keiner besonderen
Gesetzesbestirnmung entsprechen, sondern eine leichtbegreifliche Uber-
wachung darstellen.
117. Uber den Umfang, den das Gesetzbuch des Ezra besessen
haben mufi, ergeben die obigen Vergleiche mit dem Pentateuch
folgende Anhaltspunkte : DaC das Dt allein die Grundlage
der Reformen Ezras gewesen sei 4 , erscheint ausgeschlossen ;
1 Mit Unrecht halt Bertholet (s. o. S. 90 ^ z. St. ein solches Verbot in
friiherer Zeit fur unmoglich.
2 So Bertholet (s. o. S. go 7 ) 78 ; Nikel (s. o. S. 89 2 ) 207.
3 So Bertholet (s. o. S. go 7 ) 79; Stade (s. o. S. go 6 ) i, 343.
4 So Vernes, d'Eichthal (s. o. S. 82).
02 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. H8
eine Reihe von Bestimmungen finden wir sachlich oder auch der
Form nach aufierhalb des Dt. Anderseits 1st ebenso sicher, dafi
Dt nicht gefehlt haben kann, well Neh 8, 18 = Dt 31, ioff.,
Neh 10, 31 = Dt 7, 3, Neh 13, 13 = Dt 23, 37, Neh 10, 32
= Dt 15, i ff. Also war das Gesetzbuch des Ezra sicher der
ganze Pentateuch 1 .
Bestimmungen, welche gar nicht oder nicht in der Form des Ezra
im mosaischen Gesetze zu finden sind, berechtigen nicht, in dem Ge-
setzbuch des Ezra ein ganz anderes Gesetzbuch als den Pentateuch
oder einen seiner Teile zu sehen 2 . Sie sind nicht so zahlreich, daft sie
die tibereinstimmung in den Hauptpunkten aufwiegen konnten; manche
von ihnen konnen besondere Ausfiihrungsbestimmungen sein, die iiber
das Gesetz hinaus in der Praxis getroffen worden sind; bei dem gegen-
wartigen, zum Teil fragmentarischen Zustand des Pentateuchs ist es
auch nicht ausgeschlossen, daft einzelne Gesetze verloren gegangen
sind, die zur Zeit des Ezra noch vorhanden waren.
118. Daft dieses Gesetzbuch vollkommen neu gewesen sein miisse,
um Vorlesung und Verpflichtung darauf zu verstehen, wird ohne
Grund behauptet 3 . Da die Geschichte des Volkes durch das Exil
unterbrochen war und die jiidische Gemeinde wieder neu hergestellt
werden mufite, hatten der Abschluft eines neuen Bundes und Vorlesung
und Verpflichtung auch auf ein schon bekanntes Gesetz einen Sinn.
Nach Neh 8, 9 weinte das Volk, #als sie die Worte des Gesetzes
horten. Die Ubertretung der Gesetze, die sie nunriiehr zu beobachten
gelobten, war der Grund ihrer Trauer (Neh 9, 33 f.). Demzufolge war
das Gesetzbuch damals bekannt, und zwar nicht etwa bloft als private
Sammlung von Gesetzen 4 , sondern als geltendes Recht.
15. Anzeichen von Entwicklung in den Gesetzen
des Pentateuchs.
119. Geschichtliche Anhaltspunkte und der Inhalt der Gesetze
selbst geben nach der kritischen Scbule zu erkennen, daB um-
fangreichere und kleinere Gesetzesbestimmungen eine zeitliche
Aufeinanderfolge erschliefien lassen oder in bestimmte nach-
mosaische Zeiten fallen.
Die kommentierende Exegese und die biblische Archaologie werden
zahlreiche Einzelbeobachtungen dieser Art beizubringen wissen. Um
1 So auch Sellin (s. o. S. 10) 4 54.
2 So B. D. Eerdmans, Ezra and the Priestly Code (Exp 7. S. 10, 306326).
3 So Cornill {s. o. S. 2 4 ) 7 64 f.; Holzinger (s. o. S. 25) 431 ; Meyer (s. o.
S. 89 2 ) 215. 4 So Baudissin (s. o. S. 9) 219.
Nr. 121 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 93
die kritischen Aufstellungen nachpriifen zu konnen., sind daraus einige
Hauptgesetze und Einrichtungen des Pentateuchs auszuwahlen, und
auch eine solche Beschrankung im einschlagigen Material ermoglicht
ein begriindetes Urteil, ob und inwieweit ein allmahlicher Aufbau des
Pentateuchs bis tief in die nachmosaische Zeit daraus erschlossen
werden darf.
120. I. Uber den Kultusort enthalt der Pentateuch dreierlei
gesetzliche Bestimmungen, Ex 20, 24, Dt 12 u. 6. und Lv 17, die
nach der kritischen Schule nur in verschiedenen, aufeinander-
folgenden Zeiten Geltung haben konnten; die geschichtlichen Nach-
richten auCerhalb des Pentateuchs bestatigen eine solche Auf-
einanderfolge der Gesetze 1 .
121. a) Ex 20, 24: Einen Altar aus Erde sollst du mir machen
und auf ihm deine Brandopfer und deine Friedopfer, dein Klein-
vieh und dein Grofivieh schlachten; an jeglichem Orte, wo
(^TBtf Dipian'^?^) ich meinen Namen erwahnen machen werde,
werde ich zu dir kommen und dich segnen.
Damit sind mehrere Orte als mogliche Kultstatten vorausgesetzt,
die durch eine besondere gottliche Wirksamkeit ausgezeichnet sind.
Es ist nicht zu iibersetzen: im ganzen Gebiete 2 , weil dann die Be-
schrankung, die im Relativsatz enthalten ist, sich nicht glatt anschliefit.
Auch deutet nichts im Gesetze an, dafi hier Privat- und Hausaltare
gemeint sind, so daft neben deren Vielheit zu gleicher Zeit eine Zen-
tralisation des offentlichen Kultes bestehen konnte 3 . Es ist auch zu
1 *W. Engelkemper, Heiligtum und Opferstatten in den Gesetzen des
Pentateuch. Exegetische Studie, Pad. 1908. M. Kegel, Wo opferte Israel
seinem Gotte? Ein Hauptproblem der israelitischen Religionsgeschichte
(NkZ 35, 239280 483 516). J. Meinhold, Zur Frage der Kultuszentralisation
(27. Beih. z. ZatW [Gieflen 1914] 299315).
2 So W. Riedel, Atl Untersuchungen i, Lp. 1902, 4851 ; Hopfl (s. o. S. 26)
2 1 1 6. Letzterer meint, dafi zunachst blofi die menschliche Willkiir beschrankt
werden soil ; eine Vielheit von Kultorten sei nicht ausgeschlossen, aber auch
nicht notwendig vorausgesetzt (vgl. auch Ders., Introductio [s. o. S. 9] 2 z , 45).
F. X. Kugler S. J. (Von Moses bis Paulus. Forschungen zur Geschichte Is-
raels nach biblischen und profangeschichtlichen, insbesondere neuen keil-
inschriftlichen Quellen, Mstr. i. W. 1922, 52 ff.) deutet die ins Auge gefafite
Vielheit im Kultusort auf die wechselnden Standorte des Zeltes der Zu-
sammenkunft.
3 So Engelkemper (s. o. Anna, i) 68 ff. ; Nikel (s. o. S. 26) 41, der es auch fur
moglich halt, die Mehrheit der offentlichen Kultusorte nicht gleichzeitig,
sondern zeitlich nacheinander wahrend des Wiistenzuges und bis zum Tempel-
bau zu verstehen (vgl. Ders., Grundrifi [s. o. S. 10] 56 ; A. van Hoonacker,
94
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 122
wenig, das Gesetz zwar von mehreren moglichen 6'ffentlichen Kultorten
zu verstehen, aber seine Geltung auf die Zeit einzuengen, bis das
Bundeszelt errichtet war; mit der Errichtung des Bundeszeltes also
jedenfalls nach nicht einmal einem Jahre sei die Einheit des Kult-
ortes festgesetzt worden 1 . Das ist unwahrscheinlich, um so mehr, als
ja das Volk wahrend dieser ganzen Zeit, fur die eine Vielheit des Kult-
ortes gesetzliche Geltung gehabt hatte, sich dauernd am Fufie des
Berges Sinai aufhielt.
122. b) Lv 17: 2 Dies ist es, was Jahwe geboten hat: 3 Jeder-
mann aus dem Hause Israel, der ein Rind oder ein Lamm oder
eine Ziege im Lager schlachtet oder der auCerhalb des Lagers
schlachtet 4 und sie nicht vor den Eingang des Zeltes der Zu-
sammenkunft bringt, um sie Jahwe als Opfergabe vor der Woh-
nung Jahwes darzubringen, einem solchen soil es als Blutschuld
angerechnet werden . . . , 5 damit die Israeliten ihre Schlachtopfer,
die sie auf freiem Felde zu opfern pflegen, herbringen, und zwar
sollen sie sie fur Jahwe an den Eingang des Zeltes der Zusammen-
kunft zum Priester bringen und sie als Heilsopfer fur Jahwe
opfern; 6 und der Priester soil das Blut an den Altar Jahwes
sprengen . . . (vgl. V. 8 f.).
Alles Schlachten mufi also als Opferschlachtung beim heiligen Zelte,
der einzigen Kultstatte des wandernden Volkes, geschehen. Das Gesetz
gebietet demzufolge eine Zentralisation des Kultus 2 . Die Ansicht, dafi
Privatopfer blofi wegen der Gefahr des Mifibrauches verboten, bei weiter
Entfernung vom Heiligtum aber gestattet gewesen seien 3 , erganzt den
Text des Gesetzes .in unzulassiger Weise. Ebensowenig kann man
unsere Stelle auf das Verbot von Gotzenopfern beziehen 4 .
123. c) Dt 12 fafit wie Ex 20, 24 zukiinftige Verhaltnisse ins
Auge, aber nicht mehr eine Vielheit von Kultorten, sondern im
Gegensatz zu alien jenen Orten, wo die Heidenvolker opferten
(12, 2), an den Ort, welchen Jahwe, euer Gott, aus alien euren
Stammen wahlen wird, um festzusetzen, dafi sein Name dort wohne,
ihr sollt suchen, und dorthin sollst du kommen, und dorthin sollt
ihr cure Brandopfer und cure Schlachtopfer und eure Zehnten und
Le lieu du culte dans la legislation rituelle des Hebreux, Gent 1894; Ders.,
Le sacerdoce leVitique [s. o. S. 76 ^ 9 ff.)-
1 So Kley (s. o. S. 26) 201 f.
2 Meinhold (s. o. S. 93 1 ) 302 nimmt im Widerspruch mit unserer Stelle
an, dafi der Berg Sinai der einheitliche Kultort gewesen sei.
3 Van Hoonacker (s. o. S. 93 s ). 4 Fries (s. o. S. 81 *) 13.
Nr. 124 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 95
die Hebe eurer Hand und cure Geliibde und eure freiwilligen Gaben
und die Erstgeburten cures Grofiviehes und Kleinviehes bringen
(12, 5 6; vgl. V. II 14). Doch nach jeglicher Lust deiner
Seele magst du schlachten und Fleisch essen gema'B dem Segen
Jahwes, deines Gottes, welchen er dir gegeben hat, in alien deinen
Toren (12, 15). ... Ist der Ort fern von dir, welchen Jahwe,
dein Gott, wahlen wird, um dort seinen Namen festzusetzen, so
schlachte von deinem Grofivieh und von deinem Kleinvieh, welches
Jahwe dir gegeben hat, wie ich dir befohlen habe, und ifi in deinen
Toren nach jeglicher Lust deiner Seele (12, 21).
Hier und an vielen andern Stellen ordnet das Gesetz des Dt eine
Einheit des Kultortes an wie Lv 17 1 , nur mit dem Unterschied, daft
dort eine gegenwartige, ortlich genau bezeichnete, hier eine in Zukunft
zu erwahlende Kultstatte in Frage kommt. Zugleich wird der Umfang der
Leistungen an dieser einen Kultstatte beschrankt. Was dem zusammen-
wohnenden Volke beim Zelt der Zusammenkunft moglich war: jede
Schlachtung als Opferschlachtung an der einen Kultstatte zu vollziehen,
konnte nicht mehr gefordert werden, wenn die Stamme iiber das Ge-
lobte Land zerstreut und zum Teil sehr fern von der einen Kultstatte
siedelten (12, 15). Dieser klare Wortlaut von Dt 12, der einen ein-
heitlichen Kultort ohne Beschrankung vorschreibt, ist gegeniiber andern
Deutungsversuchen 2 festzuhalten 3 .
124. Ist das pentateuchische Gesetz in seinem gegenwartigen
Umfange mosaisch, so miissen diese dreierlei Bestimmungen, deren
Sinn eben festgestellt wurde, fur den Kultort seit der mosaischen
Zeit zugleich gegolten haben. Das erklart die kritische
Schule an sich fur unmoglich. AuCerdem macht sie noch
besonders geltend : Lv 1 7 konne in mosaischer Zeit nicht
rechtens gewesen sein, weil es ein heiliges Zelt iiberhaupt nicht
gegeben habe; auch spreche sich darin eine strenge Kultus-
1 Sanda (s. o. S. 26) 288 f. findet in Dt 12 die gleiche beschrankte Vielheit
von Kultorten ausgesprochen wie Ex 20, 24.
2 Driver (s. o. S. 14) 137 glaubte, es sei dem Zentralheiligtum blofl ein
Vorzug eingeraumt. Fries (s. o. S. Si 1 ) findet die Einheit des Kultortes
in Dt 12 nicht ausgesprochen. D. S. Margoliouth (The opening sentences
of Wellhausen's Prolegomena [Exp 8. S. i, 40 50]) stellt die Einheit des
Kultortes auf Grund der in Abrede. Vigouroux (s. o, S. 36 1 ) 3 5 , iSiff.
versteht das Gesetz des Dt nicht exklusiv; Dt 12 betone nur, man solle
eirien Kultort haben, aber trotzdem konne es verschiedene Kultorte auch
berechtigterweise gegeben haben. Ahnlich Van den Biesen (s. o. S. 75 f.).
3 Vgl. auch Kugler (s. o. S. 93 2 ) 59 ff.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 125
zentralisation aus, wie sie erst am Schlufi der Entwicklung in
nachexilischer Zeit zu erwarten sei; Dt 12 mit seiner Zentrali-
sation konne nicht vor Josias Gesetz gewesen sein, weil die atl
Geschichte fur die vorhergehende Zeit Freiheit des Opferortes
in Ubereinstimmung mit Ex 20, 24 bezeuge.
125. Auch aufierhalb des Pentateuchs, dessen Angaben die kri-
tische Schule fur eine Fiktion erklart, sprechen Zeugnisse dafur,
dafi es ein heiliges Zeit gab 1 .
Nach Jos 1 8, i ; 19, 51 war es in Silo aufgestellt. Daraus erklart es sich,
dafi ein Levit (Jdc 19, i) von Betlehem iiber Jebus und Gib c a nach
dem Gebirge Ephraim wanderte, als er dem Hause Jahwes 2 zustrebte
(Jdc 19, i8ff.); dort lag ilo. Die Festlichkeit (tfj), bei der die Ben-
jaminiten sich durch Raub mit Frauen versehen sollten, fand in Silo
statt (Jdc 21, 19); das ist wiederum am leichtesteii verstandlich, wenn
der Ort durch die heilige Lade ausgezeichnet war. Vielleicht stand
dort sogar ein massiv gebauter 3 Tempel (V^n i Sm i, 9) mit einem
Tore (i Sm 3,' 15), die Lade Jahwes bergend (i Sm 3, 3; 4, 4; 5, n);
mindestens war dort das heilige Zeit 4 . Das Opferfest, das Salomo
auf der grofien Hohe (rrea) zu Gib'on feierte (3 Rg 3, 4), lafit vermuten,
dafi das heilige Zeit dort war. i Chr 16, 39 erganzt die Stelle in diesem
Sinne 5 . i Chr 6, 17 (33 6, 32) 33 (35 48); 21, 29; 2 Chr i, 3 5; 5, 5
scheinen also nur bestimmter auszusprechen, wofiir die alteren Zeugnisse
hinreichende Anzeichen enthalten, dafi es ein heiliges Zeit gab, bis
Salomo das Haus Jahwes in Jerusalem erbaute (i Chr 6, 17).
Damit ist ein heiliges Zeit auch schon fur die Zeit des Moses
geschichtlich hinreichend sichergestellt, und die eingehenden
Berichte iiber das Bundeszelt im Pentateuch diirfen nicht als blofie
Fiktion betrachtet werden. Dann ist aber das Zentralisations-
1 Vgl. E. Sellin, Das Zeit Jahwes (BWAT 13, Lp. 1913, 168192).
2 Die Lesart ^rna nach meinem Hause gehe ich (so R. Kittel, Biblia
hebraica adiuvantibus G. Beer, F. Buhl, G. Dalman, S. R. Driver, M. Lohr,
W. Nowack, J. W. Rothstein, V. Ryssel ed., Lp. 1902, 2 [stereotyp.] 1913, z. St.
nach ) ware nicht unmoglich statt nirr rra ; - 1 wird oft falsch in wn^ auf-
gelost, aber auch umgekehrt ein durch - 1 abgekiirztes Jahwe als bloGes Suffix
gefafit.
3 So Sellin (s. o. Anm. i) 174. Dagegen hat nach 2 Sm 7, 6 Jahwe bis
auf David in keinem Hause, sondern nur in einem Zelte gewohnt. Meinhold
(s. o. S. 93 x ) 313 ff. andert die Stelle.
4 i Sm 2, 22 b redet von Frauen, die an der Tiire des Zeltes Dienst taten.
B fehlt diese Angabe, weshalb viele Kritiker sie fur unecht halten.
5 Sellin (s. o. Anm. i) 175 ff. sieht auch in Am 5, 26 einen Beweis fur den
Bestand eines heiligen Zeltes, andert aber dabei den Text ; iiber Os 9, 5 f. ;
12, 10 vgl. ebd. iSoff.
Nr. 126 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. 97
gesetz in der Form von Lv 17 schon fur die mosaische Zeit
durchaus moglich.
126. Aber ein Gesetz fur das wandernde Volk, das sich nie weit
zerstreute, mufi noch kein geltendes Gesetz gewesen sein fur die
Zeit, in der das Volk weit zerstreut im Gelobten Lande lebte und
deshalb nicht jederzeit leicht zu einem gemeinsamen Mittelpunkte
des Kultes kommen konnte. Die kritische Schule behauptet, dafi
ein einheitlicher Kultort bis tief in die Konigszeit herab
durch geschichtliche Nachrichten ausgeschlossen
sei. Tatsachlich lassen die atl Biicher fur die Zeit nach Moses eine
bunte Reihe von Kultorten erkennen.
Auf dem Berge Ebal opferte Josue (Jos 8, 30). In Bokim opferte,
Israel dem Herrn (Jdc 2, 5), in Ophra Gideon (Jdc 6, 246".; vgl. 8, 27),
in Sor c a der Vater des Simson (Jdc 13, 19). Im Gebirge Ephraim hatte
Mikaja eine Kultstatte inne (Jdc 17), die spater mit ihrem Leviten nach
Dan iibertragen wurde (Jdc 18). In Mispa in Gil c ad versammelte sich
ganz Israel zum Herrn (Jdc 20, i) l . Zur Zeit des Samuel opferten die
Bewohner von Betsemes an der Stelle, wo die von den Philistern zuriick-
gesandte Lade' die Landesgrenze erreichte (i Sm6, 14 f.). Samuel selbst
opfert in Mispa (i Sm 7, 9), Rama (i Sm 7, 17; 9, 12 14), Betlehem
(i Sm 1 6, 4ffl) und laftt in seiner Gegenwart opfern in Gilgal (i Sm
n, 15). Ebendort opfert Saul (i Sm 10, 8; 13, 9); er erbaut einen neuen
Altar (i Sm 14, 35). Sein Waffentrager David geht zu einem Opferfeste
nach Betlehem (i Sm 20, 6 29), Absalom nach Hebron (2 Sm 15, 7 12).
David opferte, als er die Bundeslade begleitete, auf dem Wege von
Kirjatje c arim bis Jerusalem (2 Sm 6, 13), vielleicht auch auf dem Berge bei
Jerusalem (2 Sm 15, 32), jedenfalls weiterhin auf der Tenne des Arauna
(2 Sm 24, 25). Das Volk opferte auf den Hohen (3 Rg 3, 2). Salomo
hielt ein Opferfest auf der grofien H6he von Gib'on, wo auch Lade
und Zeit waren (3 Rg 3, 4). Auch nach dem Tempelbau (3 Rg 6, i)
treffen wir noch Opferstatten, Altare aufierhalb Jerusalems. Das mochte
selbstverstandlich erscheinen beim Nordreich, das sich vom siidlichen
Reich mit seinem Tempel getrennt hatte und dadurch in die Zwangs-
lage kam, aufierhalb des gesetzlichen Kultortes opfern zu miissen. Aber
auch im Reiche Juda scheint man den Tempel nicht von Anfang an als
alleinigen Opfer- und Kultort betrachtet zu haben. Die Hohen des ersten
judaischen Konigs nach Salomo, Rehab'am (932917), werden getadelt
(3 Rg 14, 23), wohl weil sie gotzendienerisch waren; war doch seine
Mutter eine Ammoniterin. Aber was Asa (913 873) an Hohen nicht
abschaffte, kann doch nicht gotzendienerisch gewesen sein, da sein Herz
1 Betel, eine religiose Statte aus den Tagen der Patriarchen, war eine
Zeit lang Sitz der Bundeslade und damit Standort des heiligen Zeltes (Jdc 20,
232628; 21,2 4). . . . : . -
Goettsberger, Einleitung in das AT. 7
98 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 126
ungeteilt mit Jahwe war sein Leben lang (3 Rg 15, 14) l , um so weniger,
als er nach 2 Chr 14, 2 4 andere Hohen beseitigte. Lob ob der Treue
zu Jahwe wie Einschrankung des Lobes wegen der nicht abgeschafften
Hohen wiederholen sich bei Josaphat (873 849; 3 Rg 22, 44) 2 , Joas
(836797 ; 4 Rg 12, 3 f.), Amasja (7977795 4 Rg *4, 3 f -)> 'Uzzijja (779
bis 740; 4 Rg 15, 3f.), Jotam (740736; 4 Rg i5> 34 f-) 3 - Hizkijja
schritt gegen die Hohen ein; sie wurden zerstort (4 Rg 18, 3f. ; 2 Chr
31, i). Darunter befanden sich jedenfalls neben Baalshohen auch solche,
auf denen Jahwe verehrt wurde. Gerade dadurch suchte der feindliche
Feldherr Rabsake das Vertrauen des Volkes auf Jahwe zu erschiittern,
dafi er dem Konig vorwarf, er habe Jahwehohen und Jahwealtare aufier-
halb Jerusalems abgeschafft (4 Rg 18, 22; 2 Chr 32, 12), also die Ver-
ehrung Jahwes beeintrachtigt (vgl. o. S. 81). Manasses stellte die Hohen
neuerdings her, welche Hizkijja zerstort hatte, und zwar fur den Baals-
kult (2 Chr 33, 3 19). Als er sich schliefilich wieder zu Jahwe bekehrte,
erntete er das Lob der friiheren guten Konige Judas mit der naheren
Bestimmung, dafi er auf dem Altar in Jerusalem opferte (2 Chr 33, 16).
Auch die Einschrankung dieses Lobes fehlt nicht, nur mit der aus-
driicklichen Angabe, dafi unter ihm der Hohendienst des Volkes, den
er nicht abschaffte, Jahwe selbst, nicht fremden Gottern gait (2 Chr
33, 17). Daraus erklart es sich, dafi Josias die Hohenpriester verschieden
behandelte. Die Priester gotzendienerischer Hohen setzte er ab (4 Rg
23, 5) oder totete sie sogar (4 Rg 23, 20); andere Hohenpriester be-
handelte er viel milder, doch wohl solche von Jahwehohen; er liefi sie
nach Jerusalem kommen und setzte sie gleichsam auf Gnadenbrot,
jedoch ohne dafi sie mit den Briidern am Zentralheiligtum opfern
durften (4 Rg 23, 8 f.).
Bei Hizkijja und Manasses (vgl. auch Josias) sind also Jahwehohen
aufierhalb des Tempels zu Jerusalem ausdriicklich bezeugt;
bei den Konigen, die trotz Duldung von Hohenkultorten grofien
Lobes ob ihrer Jahwetreue fur wert erachtet werden, sind solche zu
erschliefien. Immerhin werden sie darob getadelt, entweder weil das
Gesetz der Kultuszentralisation gait dann wurde aber der Tadel in
scharferer Form erwartet , oder weil die spater lebenden Verfasser
von Rg und Chr die Kultuszentralisation ihrer Zeit der Schilderung
der alten Zeit zu Grunde legten 4 , oder besser, weil die Zentralisation des
1 2 Chr 15, 17 fligt merkwiirdigerweise zu und die Hohen verschwanden
nicht ein aus Israel". Dem judaischen Konig konnte doch daraus kein
Vorwurf gemacht werden-
2 2 Chr 20, 33 wiirde eher dafur sprechen, dafi keine Jahwehohen dabei
in Frage kamen. Es ist aber dann schwer, die Abschaffung von Hohen
(2 Chr 17,6) damit auszugleichen. Bei Joram (849 842) kommen wohl nur
gotzendienerische Hohen in Betracht (2 Chr 21, n).
3 Ahaz (736 728) scheint Hohenkult nach Art der fremden, also gotzen-
dienerischen Volker getrieben zu haben (4 Rg 16, 4 ; 2 Chr 28, 4).
* So Kuenen (s. o. S. 10) i, I, 190 f.
Nr. 126 A. Die Geschichtsbucher. i. Der Pentateuch.
Kultus, auch ohne dafi sie schon ausdriickliches und streng verbindliches
Gesetz war, sich von selbst aufdrangte, da die Jahwe- und Baalshohen
allzu leicht unterschiedslos beniitzt wurden. Jedenfalls mufi die ab-
fallige Einschatzung, die auch die Jahwehohen in Rg und Chr erfahren,
nicht darauf beruhen, dafi das Gesetz der Kultuszentralisation seit der
Zeit des Moses in voller Geltung stand. Dafi noch in der Zeit der
Konige selbst auch die Jahwehohen als etwas Gutes betrachtet wurden,
beweist die Klage des Propheten Elias (3 Rg 19, 14): Geeifert habe
ich fur Jahwe, den Gott der Heerscharen; denn die Israeliten haben
deinen Bund verlassen, deine Altare zerstort und deine Propheten mit
dem Schwerte getotet, und mir, der ich allein iibrig geblieben bin,
trachten sie nach dem Leben. Dementsprechend stellte Elias einen
zerstorten Altar auf dem Berge Karmel wieder her (3 Rg 18, 30). Dazu
pafit ein argumentum ex silentio: die Propheten des 8. Jahrhunderts,
die so viel am Volke Israel zu tadeln hatten, tadeln es nie an ihm,
dafi es aufierhalb der einen Kultstatte geopfert habe 1 . Freilich lafit
sich nicht erweisen, dafi sie Jahwehohen aufierhalb Jerusalems billigen 2 .
Aber auch wenn sie sich gegen Hohen und Hohendienst ereifern,
lassen sie nie erkennen, dafi der Kult dort deshalb gesetzwidrig war,
weil das Volk Jahwe nicht an der zentralen Opferstatte verehrte 3 . Als
Hizkijja einen ersten Versuch der Kultuszentralisation machte (4 Rg
18, 22 = Is 36, 7; 2 Chr 32, 12 4 ), Josias mit Hilfe des neuaufgefundenen
Gesetzbuches erfolgreich durchgriff, mufiten nicht mit einem Schlage
alle Jahwehohen aufierhalb Jerusalems verschwinden. Aber tatsachlich
begegnen uns seit dieser Zeit keine ausdriicklichen Zeugnisse mehr
hierfiir 5 , und die Absage an die Hohenaltare lautet merklich schroffer
als vor der Reform des Josias. Der Prophet Ezechiel hat in den Hohen
1 Mich i, 5 b scheint niaa H6hen ebenso wie das parallel gebrauchte
?' Frevel etwas an sich Verwerfliches bedeuten zu sollen. Allein wahr-
scheinlich ist entsprechend V. 5* rwan Siinde zu lesen. Jedenfalls konnen
diese Hohen Judas aus verschiedenen Griinden verwerflich sein, nicht
ausschliefilich deshalb, weil sie einer Zentralkultstatte widersprachen.
2 So meinten K. Marti (Dodekapropheton erklart [KHK 13], Tub. 1904, 211)
und W. Nowack (Die kleinen Propheten iibersetzt und erklart [GHK 3, 4],
Gott. 1897, 2 1904 [ 3 1922] 163) mit Berufung auf Am 7, 9, wo aber die H6hen
weder als Jahwekultorte noch als erlaubte gottesdienstliche Statten gekenn-
zeichnet werden.
3 Vgl. Am 2, 8; 3,14; 4,4; 5,5; 8,14; Is 2, 8 1820; 17, 8; 31, 7.
Wenn Am i, 2; 9, n Jerusalem ein Vorzug eingeraumt zu werden scheint
(vgl. Vetter [s. o. S. 44 2 ] 81, 524 f.), so ist das noch keine Anerkennung eines
zentralen Kultortes als Gesetz.
4 2 Chr 30, 14; 31, i konnten auch als Mafiregeln gegen den Gotzendienst,
nicht gegen Jahwehohen verstanden werden.
5 Kuenen (s. o. S. 10) I, i, 193 10 deutet ohne Anhaltspunkte die abgelehnten
Hohen der spateren Zeit als Jahwehohen; er will wohl fur eine angebliche
spater verscharfte Zentralisationsvorschrift (Lv 17) Raum schaffen.
7*
IOO ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. 'Nr. 127
nur gotzendienerische Kultstatten zu tadeln (Ez 20, 27ff.), arbeitet aber
dafiir den positiven Gedanken besonders heraus: nur an einer Stelle
kann man Jahwe dienen (Ez 20, 40; 40 ff.). Nach der.Riickkehr aus
dem babylonischen Exil kamen die zerstreuten Bewohner zur religiosen
Feier wie ein Mann in Jerusalem zusammen und gingen daran, den
einen Altar und den einen Tempel aufzurichten (Ezr 3, i ff.), fur den
auch Aggaus und Zacharias wirkten. Seit dem Exil war die Zentrali-
sation des Kultes so sicher geltendes Gesetz, dafi auch die Nachrichten
iiber den jiidischen Tempel zu Elephantine (5. Jahrh.) 1 und den Tempel
des Onias in Agypten (ca. 160 v. Chr. bis 73 n. Chr.) daran keinen
ernsten Zweifel aufkommen liefien 2 .
127. Gestiitzt auf die erwahnten abweichenden gesetzlichen Be-
stimmungen iiber den Kultusort und auf Grund der gepriiften
geschichtlichen Zeugnisse daruber, wo man opferte und Jahwe
diente, nimmt die kritische Schule folgende Entwicklung
der Gesetzesbestimmungen an, die im Pentateuch Moses
zugeschrieben warden : Vor der Reform des Josias ist eine Zentrali-
sation des Kultus, wie sie in Dt 12 und Lv 17 vorgeschrieben
ist, noch nicht in Geltung gewesen ; das Volk Israel befolgte viel-
mehr tatsachlich das Gesetz von Ex 20, 24. Auch nach der
Reform des Josias ist die Zentralisation noch nicht so streng durch-
gefuhrt worden; es mag etwa Dt 12 in Geltung gewesen sein.
Erst seit Ezechiel im babylonischen Exil setzte sich eine Auf-
fassung iiber den einen Kultort durch, wie sie in Lv 17 ihren
gesetzlichen Ausdruck fmdet. Dementsprechend sind die Urkunden
JE, wozu Ex 20, 24 (Bundesbuch) gehort, vor Josias, D seit Josias
und P mit Lv 17 nach Ezechiel und dem babylonischen Exil
anzusetzen.
128. Auch wenn der kritischen Schule die Voraussetzungen zu-
gestanden werden, soweit sie tatsachlich erweisbar sind, gehen
ihre SchluCfolgerungen viel zu weit.
So hat sie in Lv 17 eine Verscharfung des Zentralisationsgesetzes
gegeniiber Dt 12 finden zu sollen geglaubt. Aber soweit blofi die Zen-
tralisation als solche in Frage kommt, lauten beide Bestimmungen im
wesentlichen gleich. Was in Lv 17 strenger scheint, ist im Zustand
des wandernden Volkes begriindet, das schon ein bestimmtes verleg-
bares Heiligtum besafi und leicht zu ihm gelangen konnte, sogar fur
jede Hausschlachtung. Nur wenn das heilige Zelt eine blofie Fiktion ware
1 Siehe o. S. 84 2 .
2 Nur Fries (s. o. S. 81 *) 13 1 meinte, dafi auch nach dem Exil der Privat-
kult aufierhalb Jerusalems nicht verboten war.
Nr. 129 A. Die Geschichtsbiicher. I. Der Pentateuch. ioi
(vgl. o. S. 95 f.), konnte ein Zentralisationsgesetz in der Form von Lv 17
nicht mosaisch sein. So aber erklart die mosaische Zeit mit ihrer Eigenart
das Gesetz von Lv 17, wie die konservative Exegese festhalt. Erst
wenn Lv 17 vorausgeht, wird die Erleichterung des Zentralisations-
gesetzes in Dt 12 voll verstandlich; denn die Form, in der die Haus-
schlachtung gestattet wird, ist am ehesten begreif lich, wenn sie friiher
verboten war. Es scheint auch, als ob der Berichterstatter von i Sm
14, 32ff. die Schlachtung nach Lv 17 beurteilte: das Volk schlachtet
seine Tiere vor Jahwe bei seinem Altare.
129. Bei Lv 17 wird die kritische Schule der damaligen ortlichen
und zeitlichen Bedeutung der Zentralisation nicht gerecht. Dafur,
dafi die Zentralisation durch Josias eingefuhrt worden sei, kann
sie sich anscheinend mit Recht auf geschichtliche Tatsachen be-
rufen; denn diese lassen vor Josias einen einheitlichen
Kultusort nicht erkennen.
Die traditionelle Schule glaubt trotzdem festhalten zu diirfen und
hinreichend beweisen zu konnen, dafi ein Gesetz iiber einen einheitlichen
Kultort seit Moses bestanden habe 1 . Durch Gewohnheitsrecht sei es
aber so aufgefafit worden, dafi aufierordentliche Opfer nicht an diesen
Kultort gebunden waren 2 , oder der Wille Gottes, der das Gesetz ge-
geben, konnte die Propheten antreiben, an andern, sonst nicht gesetz-
mafiigen Kultorten zu opfern 3 . Allein das Gesetz unterscheidet nicht
zwischen ordentlichen und aufierordentlichen Opfern, und wenn man
hie und da einen Opferort eigens aufsuchen mufite, so hatte man
doch ebenso leicht dahin gehen konnen, wo das heilige Zelt stand.
Um so weniger will diese Erklarung verfangen, als das Gesetz im sog.
Bundesbuch gerade mit dieser Vielheit des Opferortes in Einklang steht.
Fur die Zeit, in welcher die Bundeslade von den Philistern geraubt
wurde und dann bis auf David vom heiligen Zelt getrennt blieb, soil
nach manchen traditionellen Exegeten dieser Zustand erklaren, warum
die Einheit des Kultortes nicht gewahrt wurde 4 , ein Grund, der sicher
zur Erklarung dienlich ware, wenn er auch durchaus nicht besser ist
als die kritische Annahme, dafi ein solches Gesetz nicht bestand. Ab-
geschwacht wird aber die Beweiskraft dieses Grundes dadurch, dafi
fur die fortdauernde gleiche Erscheinung zwei verschiedene Begriin-
dungen von konservativer Seite geltend gemacht werden. Fur einen
weiteren, dritten Zeitabschnitt, in welchem der salomonische Tempel
einen besonderen einheitlichen Kultort abgab und trotzdem aufierhalb
seiner geopfert wurde, kann man eine dritte Erklarung vernehmen,
1 Schopfer (s. o. S. 10) 5 267ff. leugnet, dafi der Jahwedienst auf den Hohen
rechtmafiig gewesen sei ; dagegen s. o. S. 98 f.
2 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 142 f.; Vetter (s. o. 44 2 ) 81, 526.
3 Cornelius a Lapide (vgl. Vigouroux [s. o. S. 36 1 ] 3 5 , 181 2 ).
4 Hopfl (s. o. S. 26) 2 115 ; Vetter (s. o. S. 44 2 ) 81, 526.
IO2 ] Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 130
daft die lange dauernde Freiheit von diesem Gesetz in Juda noch nach-
wirkte, wahrend im Nordreich es politisch unmoglich. war, nach dem
Tempel im Siidreich zu gelangen 1 .
Die einfachste und einheitliche Erklarung fur die Opferiibimg
in der ganzen Zeit zwischen Moses und Josias ist doch die, dafi
es ein Zentralisationsgesetz wieDt 12 vor Hizkijja noch nicht gab.
Dazu stimmt, dafi im Gesetze des Pentateuchs eine Vorschrift mit
einer gewissen Freiheit in der Wahl des Opferortes bestand.
Auch das Gesetz von Ex 20, 24 mufi doch einmal das religiose
Leben beherrscht haben, und zwar kann es als das unbestimmtere
Gesetz naturgemafi nur vor dem bestimmteren und engeren Zen-
tralisationsgesetz von Dt gegolten haben.
130. Haben wir aus dem Fundbericht in 4 Rg 22 f. schliefien
konnen, dafi das Dt in seiner gegenwartigen Form nicht spater
als Hizkijja angesetzt werden darf, so scheinen die geschichtlichen
Nachrichten iiber die Opferiibung zu ergeben, dafi das Dt, soweit
es auf dem Gebot des einheitlichen Kultortes aufgebaut ist, nicht
lange vor Hizkijja diese Gestalt erhalten hat 2 . Abgesehen von dieser
zentfalisierenden Form konnen die Gesetze des Dt naturlich viel
weiter, auch in die mosaische Zeit zuriickdatiert werden.
131. II. Der Leviten- und Priesterstand mufi schon seit
Moses in sich gegliedert und vom Laienstand ge-
schieden gewesen sein, wenn D und P mit der traditionellen
Schule in die Zeit des Moses verlegt werden. Die kritische Schule
dagegen unterscheidet eine altere Periode, in der noch Laien
1 Vetter (s. o. S. 93 2 ) 81, 526. Kugler (s. o. S. 44 2 ) 84113 glaubt durch
Exegese der einzelnen Stellen die Schwierigkeiten iiberwinden und mit dem
Zentralisationsgesetz ausgleichen zu konnen. Umgekehrt erkennt Sanda
(s. o. S. 26) 288f. die Vielheit der Opferstatten in der Opferpraxis der nachmosai-
schen Zeit an, erklart aber dafiir das mosaische Gesetz so, dafi es keine
Zentralisation des Kultus enthalt. Letzteres gelingt nur unter Anderung des
Textes.
2 Gegeniiber dieser Schlufifolgerung aus den Tatsachen bedeutet die Ver-
handlung zwischen den west- und ostjordanischen Stammen Jos 22 gewifi
eine Schwierigkeit. Denn wenn es sich auch hauptsachlich um das West-
jordanland als eigentliches Land Jahwes und seines Volkes handelt, so be-
tont doch V. 29 scharf den Brandopferaltar vor dem heiligen Zelte als einzige
legitime Opferstatte. Vielleicht kann man diesem vereinzelten Fall gerecht
werden, wenn man darin ein naturgemafies Streben ohne ausgesprochene
gesetzliche Grundlage sieht (vgl. o. S. 98 f.).
Nr. 132 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 103
priesterliche Dienste taten und die sich in geschichtlichen Angaben
widerspiegelt, weiterhin die Gesetzgebung des Dt seit Josias, nach
welcher der Stamm Levi zu kultischen Diensten ausgesondert
war, aber in sich noch ungeschieden und ungegliedert priester-
liche Amtsaufgaben hatte, und eine letzte Entwicklung, in der,
durch Ezechiels Reform prog ramm veranlafit, innerhalb des Stammes
Levi eine Gruppe Priester zu niederen Diensten degradiert und
so die niedere Klasse der Leviten geschaffen wurde. Auch diese
gegensatzlichen Aufstellungen bediirfen einer unparteiischen
Priifung.
132. Wellhausen hatte behauptet, dafi die Leviten des Pentateuch-
gesetzes mit den leiblichen Nachkommen des Levi, des Nachkommen
Jakobs, nicht, wie das mosaische Gesetz es voraussetzt, identisch sein
konnen; der Stamm Levi sei wegen der Freveltat von Gn 34
zu Grunde gegangen, wie der Jakobssegen Gn 49, 5 7 erkennen
lasse. Das wiirde zu Ungunsten der Annahme sprechen, dad es seit
Moses Angehorige des Stammes Levi mit eigenen liturgischen Diensten
gegeben hatte. Jedoch die angedrohte Heimsuchung mufi nicht in
einer vollstandigen und dauernden Vernichtung bestanden haben. Im
Lied des Moses (Dt 33, 8 n) wird demselben Stamm ein Segen
zuteil *. Das gleiche ist entgegenzuhalten, wenn Wellhausen auch die
Familie des Aaron und damit die Genealogie der Priesterfamilien unter-
brochen werden la'fit. Nach i Sm 2, 27 36; 3, n 14 wurde die
Familie des Heli vom Priestertum ausgeschlossen. Aber schon das
Urteil selbst ist nicht als vollstandige Vernichtung auszulegen (vgl.
i Sm 2, 33) 2 . Heli entstammt zudem nur der einen von den beiden Linien
Aarons, der des Itamar, wahrend die Linie des Eleazar vom Ges chick
Helis und seiner Familie nicht betroffen werden mufite. Die Sohne
Sadoks in der Zeit des Ezechiel leiten sich von der letzteren Linie
ab (vgl. i Chr 24, i ff.). Erst an einem Nachkommen des Heli und des
Itamar, dem Priester Abjatar, nicht am ganzen Geschlechte, erfiillte sich
unter Salomo die Androhung von Silo (3 Rg 2, 26). Deshalb kann es
nicht auffallen, dafi es zur Zeit des Ezra noch Nachkommen des Ita-
mar, des Sohnes des Aaron, gab (Ezr 8, 2) 3 . Es ist deshalb nicht, wie
Wellhausen glaubhaft machen will, von vornherein geschichtlich un-
moglich, wenn P, selbst die Datierung der kritischen Schule nach
Ezechiel zugegeben, noch in dieser spaten Zeit Leviten aus dem Stamme
1 Vgl. C. J. Bredenkamp, Gesetz und Propheten. Ein Beitrag zur atl Kritik,
Erlangen 1881, 172; Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 153; Knieschke, Wellhausen
nach Schrift und Inschrift beurteilt, Dresden, 44 f.; Sanda (3.0.8.26)298.
2 HDB 4 , 73 a -
3 A. van Hoonacker, Les prtres et les levites dans le livre d'Ezechiel
(Rb 8, 177205) 198.
IO4 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 133
Levi und Priester aus der-Familie des Aaron in ununterbrochener Ab-
folge kennt. Wenn also P die damaligen Einrichtungen mit Leviten-
stamm und aaronitischen Priestern auf Moses zuriickfuhrt, so ermangeln
solche Angaben weder in diesen Punkten noch in andern von vorn-
herein schon der Glaubwiirdigkeit.
133. Auch die geschichtlichen Nachrichten aufierhalb
des Pentateuchs schlieCen eine Unterscheidung zwischen
Leviten und Laien in Bezug auf liturgische Dienste nicht aus.
Die Schlachtung des Paschalammes ist seit Moses Aufgabe des Haus-
vaters (Ex 12, 6ff. 2 iff.); aber das Paschalamm mufi, wenn es auch von
Anfang an ein Opfer bedeuten sollte, doch ein Opfer ganz eigener Art
gewesen sein, so daft es spater den Opfercharakter verlieren konnte.
Ex 24, 5, wonach Jiinglinge opferten oder auch bloft Beihilfe dazu
leisteten, liegt noch vor der Einfiihrung des levitischen Amtes (Ex 32ff.).
Dagegen mogen andere Vorkomranisse nach der Weihe der Priester und
Leviten angesichts des mosaischen Gesetzes, das ihnen ausschlieftlich
die kultischen Dienste vorbehalt, als auffallig empfunden werden. Josue,
der Sohn des Nun, ein Ephramite, weilte bestandig als Diener im heiligen
Zelte (Ex 33, n). Es scheint, daft zuerst und zur Zeit des Moses die
Erstgeborenen das zu tun hatten, was spater den Leviten zugewiesen
wurde. So gebraucht Ex 22, 28 den gleichen Ausdruck fur die Weihe
der Erstgeborenen (i^), den Nm 8, 16 auf die Leviten, den Ersatz der
Erstgeborenen, anwendet. Samuel aus dem Stamme Ephraim scheint
als Erstgeborener noch nach der Vorschrift Ex 22, 28 dem Herrn ge-
weiht worden zu sein. Wie zur Zeit des Moses schon nichtlevitische
Kultpersonen in Frage kommen, so auch nachher. So wurden die
Gib'oniten, vorisraelitische Einwohner Kanaans, also sogar Nicht-
israeliten, zu Holzhauern und Wasserschopfern fur die . Gemeinde und
den Altar des Herrn bestimmt (Jos 9, 26 [25 27]). Gideon, Angehoriger
des Stammes Manasse, opferte (Jdc 6, 26), ebenso Manoah, der Vater des
Simson, aus dem Stamme Dan (Jdc 13, 19). Mika aus Ephraim errichtete
ein Hausheiligtum und stellte seinen Sohn als Priester auf (Jdc 17, 5).
Die Einwohner von Betsemes opferten bei Riickkunft der geraubten
Lade (i Sm 6, i4ff.) 1 . Auch Samuels 6'ftere Opfer werden hier ein-
zureihen sein, wiewohl er als Prophet und Seher nicht durchweg
unter den gewohnlichen Gesetzen stehen mochte (i Sm 7, gf.) 2 . Der
Wachter der Bundeslade, der Sohn des Abinadab, war wonl auch kein
Levit (i Sm 7, i ; vgl. 2 Sm 6, 3). Der Benjaminite Saul opferte (i Sm
1 Die Leviten trugen die Lade, werden aber mit dem Opfer nicht in
Verbindung gebracht.
2 Allerdings soil er nach i Chr 6, 7 13 18 23 Levit gewesen sein. Aber
das " 1 i?5? i Sm i, i ist doch wohl Stammesbezeichnung. Kugler (s. o. S. 93 2 )
255 sieht darin eine Angabe iiber die ortliche Herkunft. Einen Vermittlungs-
vorschlag maeht Van Hoonacker, Le sacerdoce levitique (s. o. S. 76 *) 265 f.
Vgl. auch Girdlestone in Exp 1899, Nov., 385 ff.
Nr. 135 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 105
13, 9; vielleicht auch i Sm 14, 34). Obededom, in dessen Haus die Lade
drei Monate lang untergebracht wurde, war ein Gatiter (2 Sm 6, n) 1 .
David, der Benjaminite, opferte und sprach den liturgischen Segen (2 Sm
6, i7f. 2 ; 24, i8ff.), ebenso sein Sohn und Nachfolger Salomo (3 Rg
3, 4; 8, 62 64). Im getrennten Nordreich war es zu erwarten, dafi
man sich zu liturgischen Verrichtungen nicht der Leviten bediente;
diese blieben mit dem Heiligtum im Sudreich (vgl. 3 Rg 12, 32!; 13, i).
Elias war ebenfalls kein Levit, trotzdem opferte er (3 Rg 18, 30). Aber
ahnliches wird auch vom Sudreich berichtet. 'Uzzijja (779 740) opferte
(2 Chr 26, i6) 3 . Noch Ez 44, 6 9 wird allgemein getadelt, die Israe-
liten batten nicht blofi Nichtleviten, sondern sogar Auswartige, Fremde,
Unbeschnittene ins Heiligtum gelassen.
134. Diese Tatsachen scheinen zu Gunsten der kritischen Ansicht zu
sprechen, dafi ein Leviten- und Priesterstand mit ausschlieftlichem An-
recht auf die gottesdienstlichen Verrichtungen in der ersten Konigszeit
noch nicht bestand und deshalb ein Gesetz mit solch einem ausschliefi-
lichen Anrecht fur Leviten und Priester nicht schon durch Moses ge-
geben war. Die traditionelle Exegese halt demgegeniiber diese
anscheinenden Opfer zum Teil fur Gastmahler, wobei Schlachtungen
mit religiosen Zeremonien vollzogen worden seien (z. B. i Sm 9); zum
Teil sieht sie hierin wirkliche Opfer, die aber nicht am gesetzmafiigen
Heiligtum stattfanden, und nur dort hatte man eigene Leviten und
Priester 4 . Vielleicht war auch die Blutsprengung am Altare, das
Wesentliche am Opfervollzug, von levitischen Priestern besorgt worden,
ohne dafi die Berichte davon zu sprechen fur notig hielten. Auch
konnte eine aufierordentliche Vollmacht durch Gott besonders bei pro-
phetischen Personlichkeiten neben der ordentlichen Berufung der Priester
zum Opferdienst bestanden haben 5 . Es mochten wohl auch die Leviten
ihrer Zahl nach nicht hingereicht haben, um den Bediirfnissen der
Laien immer und uberall gerecht zu werden 6 .
135. Diese Erklarungsgrunde, welche die konservative Exegese
fur die auffalligen geschichtlichen Tatsachen anfuhrt, sind Mog-
lichkeiten, bleiben aber Moglichkeiten und konnen fiir sich kein
1 Der Levit gleichen Namens i Chr 15, 18 24 mufi nicht mit ihm identisch
sein. Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 195 12 meint, der Chronist habe den Gatiter
erst zum Leviten gemacht, um die Tatsache der friiheren Zeit dem spater
eingefuhrten Gesetze anzupassen.
2 2 Sm 8, 18 werden die Sohne Davids Priester genannt. Allein da
Vers 17 (vgl. auch 20, 26) andere Priester erwahnt und i Chr 18, 17 den
Sohnen Davids einen Hofrang zuweist, so kann diese Bezeichnung blofier
Titel gewesen sein (vgl. 3 Rg 4, 5).
3 Die Opfer des Ahaz (736 728) werden wohl kaum Jahweopfer gewesen
sein (4 Rg 16, 12 f.). -
4 So Hopfl (s. o. S. 26) 2 120. 5 So Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i z , 151.
6 Vgl. HDB 4, 71 b -
IO6 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 135
groCeres Gewicht in Anspruch nehmen als die kritische Erklarung
der angefuhrten Tatsachen, bis sie dutch andere geschicht-
liche Tatsachen gestiitzt werden. Eine solche Stiitze
liegt sicher schon darin, daft es im alten Kulturlande Agypten
lange vor Moses ein eigenes bevorrechtetes Priestertum gegeben
hat 1 . Mehr noch fallen ins Gewicht Anzeichen in der israelitischen
Geschichte selbst, welche dafiir sprechen, dafi dem Stamme Levi
gottesdienstliche Vorrechte zustanden.
Nach i Sm 2, 27 f. ist das Hans Heli sogar schon in Agypten in und mit
dem Stamme Levi zu Opfer und Raucherwerk bevorrechtet worden 2 .
Mika sieht sich fiir seinen Hausgottesdienst doch um einen Leviten um
(Jdc 17, 7 13), und diesen Leviten nahmen die Daniten zusamt dem
Gottesbild des Mika mit (Jdc 18, 15 ff.). Der Levit von Jdc 19 geht doch
wohl deshalb zum Hause des Herrn, weil er dorthin zu liturgischen
Diensten verpflichtet war (vgl. V. 18). In Ubereinstimmung damit wird
Jarob c am II. getadelt, weil er fur das Haus der H6hen nicht levitische
Personen zu Priestern nahm (3 Rg 12, 31). Es muft auch nicht der
Mafistab einer spateren Zeit sein, wenn 2 Chr 26, i6ff. von einem Ein-
spruch der legitimen Priester gegen 'Uzzijja berichtet, der sich das Recht,
vor dem Altare Jahwes zu rauchern, anmafien wollte. Man mag aus
diesen Tatsachen blofi entnehmen : wenn ein Levit zu haben war, so gab
man ihm bei gottesdienstlichen Verrichtungen den Vorzug, oder man
kann sie nur als Vorbereitung dazu einschatzen, dafi der Stamm Levi zum
eigentlichen Priesterstand erhoben werden sollte; jedenfalls ist gegenuber
der radikalen Kritik die traditionelle Schule im Recht, wenn sie schon vor
der Zeit, in der die Kritik P ansetzt, ein Priestertum im Stamme Levi
mit enger Beziehung zum Kulte vorhanden sein laftt. Dabei kann den
geschichtlichen Tatsachen und der Kritik insofern Rechnung getragen
werden, als man zugesteht, dafi die kultischen Vorrechte des levitischen
Priestertums nicht von Anfang an in vollem Ausmafie feststehen mufiten.
Dann bedarf es nicht des Ausweges, die abweichenden geschichtlichen
Tatsachen als Ausnahmefalle zu erklaren. Nicht lange nach der ersten
Konigszeit wird jedenfalls die ausschliefiliche Bevorrechtung des Stammes
Levi zu kultischen Verrichtungen diejenige Form angenommen haben,
welche wir in der jetzigen Gestalt des mosaischen Gesetzes finden 3 .
1 Hopfl (s. o. S. 26) z 133.
2 Bredenkamp (s. o. S. 103 *) i8of. "Wellhausen erklart die Stelle fiir
nachdeuteronomisch, um ihre ihm unbequeme Beweiskraft ablehnen zu konnen.
3 Nach A. Bertholet, Verfassungsentwurf des Hesekiel in seiner religions-
geschichtlichen Bedeutung, Tiib. 1896, n bildet der Unterschied von rein
und unrein eine Voraussetzung fur den Unterschied zwischen Priestern und
Laien; rein und unrein sei erst durch Dt untersehieden worden. Damit
lafit sich die Tatsache nicht in Einklang bringen, dafi es, wie sich ergeben
wird, in Israel seit Moses ein eigenes Priester- und Levitentum gab.
Vgl. auch Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 194.
NT. 138 A. Die Geschichtsbiicher. r. Der Pentateuch. 107
136. Fur die Zeit nach Dt erkennt die kritische Schule einen
Levitenstand an, der vom Laienstand geschieden war. Zunachst
sei aber der Levitenstand in sich ungeschieden gewesen, bis end-
lich Ezechiel in seinem Reformgesetzentwurf durch
Degradierung siindhafter levitischer Priester eine
niedere Klasse im Levitenstande schuf: die Leviten
ohne die eigentlich priesterlichen Rechte gegeniiber den priester-
lichen Leviten. P, welches auf diesem Unterschiede innerhalb
des Stammes Levi aufgebaut sei, konne daher erst nach Ezechiel
entstanden sein 1 .
137. Diese kritische Auffassung stiitzt sich hauptsachlich auf
Ez 44, 6 ff. Die Stelle lautet :
6 Genug sei es euch mit alien euren Greueln, Haus Israel, 7 daihr
Fremdlinge, unbeschnitten am Herzen und unbeschnitten am Fleische,
hineinbrachtet, dafi sie in meinem Heiligtum seien, um meinen Tempel
zu entweihen, wenn ihr meine Speise, Fett und Blut, darbrachtet, und sie
brachen meinen Bund zu alien euren Greueln hinzu. 8 Und ihr habt euch
um Besorgung meiner Heiligtiimer nicht angenommen, sondern auch (an-
dere) zu Wahrnehmern meiner Besorgung in meinem Heiligtum gesetzt.
9 So spricht der Herr Jahwe : Kein Fremdling, unbeschnitten am Herzen
und unbeschnitten am Fleische, soil in mein Heiligtum kommen, kein
Fremdling, der in der Mitte der Israeliten ist; 10 sondern die Leviten,
die sich von mir entfernt haben, als Israel in die Irre ging, welche
von mir abirrten hinter ihren Gotzen her, und sie sollen ihre Ver-
schuldung tragen. 11 Und sie sollen in meinem Heiligtum dienend
sein als Wachen an den Toren des Tempels und den Tempel bedienend;
sie sollen das Brandopfer und das Schlachtopfer fur das Volk schlachten,
und sie sollen vor ihnen stehen, sie zu bedienen. 12 Weil sie ihnen
dienten vor ihren Gotzen und dem Hause Israel Anlafi zur Verschuldung
wurden, deshalb habe ich meine Hand wider sie erhoben Spruch des
Herrn Jahwe. Und sie sollen ihre Verschuldung tragen 13 und mir
nicht nahen, um mir Priesterdienste zu tun und sich alien meinen
Heiligtiimern, hochheiligen, zu nahen, und sie sollen ihre Schmach
tragen und ihre Greuel, die sie getan. 14 Und ich bestelle sie zu Be-
sorgern der Besorgung des Tempels mit seinem ganzen Betrieb und
mit allem, was an ihm zu tun ist. 15 Und die levitischen Priester, die
Sohne Sadoks, welche die Besorgung meines Heiligtums besorgt haben,
als die Israeliten von mir abirrten, sie sollen mir nahen, um mich zu
bedienen, und sollen vor mich hintreten, um mir Fett und Blut dar-
zubringen Spruch des Herrn Jahwe. ...
138. Diese Stelle des Ezechiel enthalt drei Bestimmungen:
Fremde diirfen nicht mehr zum Dienste am Heiligtum verwendet
1 Vgl. Hopfl (s. o. S. 9) 2 , 35 ff.
IO8 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 139
werden; Leviten, die eine gotzendienerische Schuld auf sich ge-
laden haben, sollen diesen Dienst verrichten, nicht in der Nahe
Jahwes dienen ; die treugebliebenen levitischen Priester, die Sohne
Sadoks, sollen in der Nahe Jahwes Dienst tun.
139. Es ist von keiner entscheidenden Bedeutung, wenn die kri-
tische Schule in den degradierten Priestern die Hohenpriester
auCerhalb Jerusalems sieht. Die Ezechielstelle verrat nicht, welche
Gruppe sich verschuldet hat und worin genauer ihre Schuld be-
stand. Dagegen ist es von wesentlicher Bedeutung, ob die kritische
Schule mit Recht aus Ez 44, 6 ff. entnimmt, dafi durch die De-
gradierung von levitischen Priestern nunmehr erst eine niedere
Klasse von Leviten entstand fur Dienste am Tempel, wofur fruher
keine Leviten bestellt waren.
140. Nicht alles, was zur Bestreitung dieser Deutung von Ez 44, 6ff.
gesagt worden ist, erweist sich als stichhaltig. So kann dagegen die
symbolische Auffassung von Ez 40 48 im allgemeinen l nicht geltend
gemacht werden; denn die Schluflkapitel von Ezechiel konnen nicht
in ihrem ganzen Umfange als blofie Symbolik befriedigend erklart
werden. Besonders zielt Ez 44 wohl sicher auf bestimmte Reformen
ab. Auch trifft man den Sinn der Stelle nicht, wenn man Priester
zweiter Ordnung voraussetzt und diese noch weiter degradiert werden
lafit 2 . Die Sadokssohne durften ja den Rang beibehalten, der jenen
aberkannt wird, und das war der Rang mit vollen priesterlichen Rechten.
Daft diese degradierten Priester zu Diensten verpflichtet wurden, welche
vorher einer niederen Klasse des Stammes Levi, den eigentlichen Leviten,
iibertragen waren, ist moglich 3 , aber der Stelle des Ezechiel nicht be-
stimmt zu entnehmen; der Tadel gegen die Israeliten ware auch ver-
standlich, wenn sie an Stelle israelitischer Laien Fremdstammige zu
Tempeldiensten zuliefien. Daft es Leviten schon vor der Degradierung
der Priester gab, ist nicht ausdrucklich vorausgesetzt 4 , freilich noch
weniger ausgeschlossen, ebenso wenig als die allein erwahnten Sohne
Sadoks andere Priesterfamilien ausschlossen 5 .
141. DaB es tatsachlich schon vor Ezechiel Leviten mit
niederen, nichtpriesterlichen Diensten gegeben hat,
1 So Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 36. Vgl. Kugler (s. o. S. 93 2 ) 116 f.
2 So Fries (s. o. S. 81 *) 68. Kugler (s.'o. S. 93 2 ) iigff. nimmt an, dafl
Leviten degradiert wurden, welche sich beim Hohenkult priesterliche Rechte
angemafit batten. Ahnlich Sanda (s. o. S. 26) 294.
3 So Van Hoonacker, Le sacerdoce levitique (s. o. S. 76') 184; Ders.
(s. o. S. 103 3 ) i82f.
4 So Baudissin in HDB 4, 87 *. '
5 Die 4284 Priester von Ezr 2, 36 ff. konnten schwerlich alle aus der Familie
Sadoks sein; vgl. Hopfl (s. o. S. 26 2 ) 127 f.
Nr. 142 A. Die Geschichtsbucher. i. Der Pentateuch. 109
zu denen nunmehr eine Gruppe von Priestern degradiert wurde,
legt eine Reihe von Stellen nahe.
Schon bevor Ezechiel die besprochene Verfiigung traf, unterscheidet
er (40, 45 ff.) Priester, welche den Tempel bewachen, und Priester,
welche den Dienst am Altare wahrnehmen, das sind die Sadokssohne,
welche unter den Sohnen Levis Jahwe nahen diirfen, um ihm zu dienen
(vgl. 42, 13; 43, 19); auch 48, it redet von Priestern und Leviten unter
den Sadokssohnen, als ob diese Unterschiede schon durchgefiihrt seien 1 .
Fiir Jeremias ist der Priesterstand kein ununterschiedener Korper; er
kennt Alteste der Priester (19, i), Hauptaufseher im Hause Jahwes
(20, i; 29, 25f. ; vgl. 35, 4). Das Dt gibt allerdings keine bestimmten
Anhaltspunkte, um Priester und Leviten deutlich zu scheiden 2 ; aber
ebensowenig darf man aus a" 1 '^ 1 a^ro schliefien, dafi es solche Unter-
schiede negieren will 3 . Mindestens dafi der Stamm Levi gegliedert
war, verraten auch die Konigsbiicher: Alteste der Priester (4 Rg 19, 2
= Is 37, 2), Schwellenhuter, die Priester genannt werden (4 Rg 12, 10;
22, 4; 23, 4; 25, 1 8), und gerade Schwellenhuten wurde eine Aufgabe
der degradierten Priester (Ez 44, n) 4 .
142. Auf Grund dieser Zeugnisse ergeben sich hinreichende
Anhaltspunkte dafiir, dafi der Unterschied zwischen Priestern und
Leviten schon vor Ezechiel bestand, nicht erst durch ihn in seinen
degradierten Priestern geschaffen wurde. P und damit auch Ex Nm
konnen deshalb vorezechielisch sein, obwohl sie Priester und Leviten
bestimmt unterscheiden. Doch wiirden die angefuhrten Zeugnisse
gut mit der Anschauung in Einklang stehen, dafi der Unterschied
erst im Laufe der Zeit mehr und mehr hervorgetreten ist 5 .
1 Die Formel >sr"b B*aro (vgl. Is 66, 21 ; Jer 33, 17 22) ist nicht sicher von
zwei Rangklassen: Priester und Leviten, zu verstehen. 33 erganzt die Kopula;
auch in Chr-Ezr-Neh kommt 23mal Priester und Leviten, nur smal
obige Formel vor. Sanda (s. o. S. 26) 299 f. fafit sie als Leviten an Land-
heiligtiimern mit Opferberechtigung, denen die levitischen Katechisten ohne
Opferrecht gegeniiberstanden.
2 Anders Knieschke (s. o. S. 103 *) 47 auf Grund von 10, 8; 18, I.
3 So Wellhausen, Prolegomena (s. o. S. 73) 55 *; Kuenen (s. o. S. 10) i, i,
188*. Dagegen B. D. Eerdmans, Atl Studien4: Das Buch Levitikus, GieCen
1912, 49; Knieschke (s. o. S. 103 *) 47; Van Hoonacker (s. o. S. 103 3 ) 179 f.
4 3 Rg 8, 4 b ist nicht ganz sicher iiberliefert. Der 911 (> ) bezeugt bereits
fur die Zeit des Salomo Priester und Leviten*.
5 Die weitgehenden sachlichen und sprachlichen Beriihrungen zwischen
Ez und P (besonders P h = Heiligkeitsgesetz) fordern eine Erklarung. Die
kritische Schule betrachtet. deshalb Ezechiel als Vorlaufer, wenn nicht als
Verfasser von P (vgl. B. Baentsch, Das Heiligkeitsgesetz Lv 17 26, Er-
furt 1893 ; L. Horst, Lv 1726 und Hezekiel, Strafiburg 1881). Demgegeniiber
HO I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 143
143. III. Der Kultus, insbesondere der Opferkultus, der nach der
Uberlieferung schon in der SinaiofFenbarung geregelt wurde, soil
nach der kritischen Schule noch den Propheten unbekannt
gewesen sein 1 . Das wurde die kritische Ansicht unterstiitzen,
daC P in die nachexilische Zeit zu verlegen sei. Dafiir beruft
man sich besonders auf Amos und Jeremias 2 .
Am 5: 21 Ich hasse, verwerfe cure Feste und mag cure Fest-
versammlungen nicht riechen ; 22 sondern wenn ihr mir cure Brand- und
Speiseopfer darbringt, so habe ich kein Wohlgefallen daran, und das
Friedopfer von euren Mastkalbern schaue ich nicht an. 23 Schaff von
mir weg das Geplarr deiner Lieder, und das Spiel deiner Harfen will
ich nicht horen. 24 Vielmehr flute wie Wasser Recht einher und Ge-
rechtigkeit wie ein unversieglicher Strom. 25 Habt ihr mir etwa Schlacht-
opfer und Speiseopfer dargebracht in der Wttste 40 Jahre lang, Haus
Israel, 26 und den Sakkut als euren Konig und den Kewan als euer
Gotzenbild, einen Stern als euren Gott umhergetragen, die ihr euch
gemacht habt?
Der erste Eindruck der Stelle darf nicht irrefiihren. Der
Prophet kann nicht feststellen wollen, dafi er keine gottgegebenen
Opfergesetze kenne; er setzt sie ja voraus. Nur kennt er noch
hohere Pflichten, Recht und Gerechtigkeit, ohne die auch der
beste Kult vor Gott keine Erfiillung eines gottlichen Willens ge-
nannt zu werden verdient. Vielleicht wollen die umstrittenen
Verse 2, 5 und 26 nur sagen : ihr durftet in der Erstlingszeit der
gottlichen Offenbarung, in der Zeit der Wustenwanderung, nicht
Jahwe dienen und zugleich den Gotzen Assyriens; ebensowenig ist
Kult und Ungerechtigkeit vereinbar 3 .
144. Auch die zweite anscheinend opferfeindliche Stelle 4 ist
kaum anders zu deuten.
unternimmt die konservative Schule den Nachweis, dafi P und P h vor-
ezechielisch und vorexilisch seien; vgl. J. O. Boyd, Ezekiel and the modern
dating of the Pentateuch (PrthR 6, 29 51 ; dazu E. Konig, Die letzte Pen-
tateuchschicht und Hesekiel [ZatW 28, 174179]); Kugler (s. o. S. 93 2 ) 42 ff.;
Sanda (s. o. S. 26) 218 ff.
1 Vgl. Wellhausen, Prolegomena (s. o. S. 73) 6 56 ff.
2 Vgl. dazu Bredenkamp (s. o. S. 103 x ); Kugler (s. o. S. 93 2 ) 113 ff.; Sanda
(s. o. S. 26)2isff.
3 Vgl. Vetter (s. o. S. 44 2 ) 81, 5 14 if.
4 E. Konig, Der Jeremiaspruch 7, 21 23 nach seinem Sinn, seiner kultus-
geschichtlichen Stellung und seinem geistesgeschichtlichen Anlafi untersucht
(StKr 1906, 327393).
Nr. 145 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. Ill
Jer 7: 21 So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels:
Eure Brandopfer fiigt zu euren Schlachtopfern und esset Fleisch; 22 denn
ich habe zu euren Vatern nicht gesagt und ihnen an dem Tage, da
ich sie aus dem Lande Agypten ziehen liefi, nichts befohlen betreffs
Brand- und Schlachtopfer ; 23 sondern das habe ich ihnen befohlen,
indem ich sprach : Horet auf meine Stimme, und ich werde euch zum
Gott sein, und ihr werdet mir zum Volke sein, und ihr sollt auf jeglichem
Wege gehen, den ich euch befehle, damit es euch gut gehe.
Es 1st rednerische Ubertreibung der gottlichen Forderung : keine
Opfer ohne Gerechtigkeit, sondern Opfer mit Gerechtigkeit l .
145. IV. Aufier diesen umfangreicheren Punkten 1st fast jede
Einrichtung des israelitischen Volkes, sei es Gesetz, sei es
Kultusvorschrift, in ahnlicher Weise ein Streitgegenstand zwischen
kritischer und traditioneller Exegese.
So z. B. - behauptet erstere, dafi es einen Hohenpriester, wie ihn
P voraussetzt, noch zur Zeit des Ezechiel nicht gegeben habe. Mit Recht
verweist jedoch die traditionelle 'Exegese auf den snn ^=4 Rg 25, 18
(= Jer 52, 24), auf Vnan irjsr^Rg 12, n; 22, 4 8; 23, 4, auf den Singular
'5^5, der doch nicht einen unter vielen gleichgestellten Priestern be-
deuten kann, i Sm 21, 2; 3 Rg 4, 2; 4 Rg 16, 10 n; Is 8, 2; Jer 29,
25 26 usw. Dafi Ezechiel von einern Hohenpriester nicht redet, mufi
besondere Grunde haben 3 . Ahnlich liegt die Sache mit den Einkunften
der Priesterschaft, woriiber abweichende Bestimmungen in den Gesetzen,
den geschichtlichen Nachrichten und bei Ezechiel sich finden (Nm 18, 8ff. ;
Dt 18, iff.; i Sm 2, 13 16; Ez 44, 28 30; 45, 4! = 48, 10 14)*, bei
der Festgesetzgebung 5 , bei den Erstlingen und Zehnten 6 u. a. m.
Soweit sich iiberhaupt sichere Ergebnisse erzielen lassen,
sprechen sie zum Teil fur eine geschichtliche Entwicklung des
Gesetzes in einzelnen Vorschriften, aber nicht zu Gunsten so spater
Ansatze ganzer Gesetzesgruppen, wie die kritische Schule an-
1 Holzinger (s. o. S. 25) 429 meint, dafi dadurch P, insbesondere Lv i 6
ausgeschlossen sei; Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 169 halt es fur zu gefahrlich,
eine solche rhetorische Form zu wahlen. Dagegen richtig W. Caspari,
Jeremia und der Priesterkodex (ThBl 3, 66 f.).
. 2 Ziemlich erschopfend behandelt die einzelnen Punkte Sanda (s. o. S. 26) 1 87 ff.
3 Auch HDB 4, 78 b f. und Eerdmans (s. o. S. 109 3 ) 34 ff. lehnen diese kritische
Voraussetzung ab.
4 Vgl. Kuenen (s. o. S. 10) i, i, 196".
5 Van Hoonacker (s. o. S. 103 3 ) 190 ff. weist nach, dafi Ezechiel das Jobel-
jahr (vgl. Lv 25, 8 ff.) kannte.
6 Vgl. O. Eififeldt, Erstlinge und Zehnten im AT. Ein Beitrag zur Ge-
schichte des israelitischen Kultus (BWAT 22), Lp. 1917, eine Nachpriifung
kritischer Voraussetzungen, die keineswegs in allem bestatigt gefunden werden..
112 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 146
genommen hat. Einwandfreie Schlufifolgerungen sind nur dann
zu erwarten, wenn die mosaische Tradition, die nun einmal
zweifellos fur den Pentateuch besteht, nicht grundsatzlich abgelehnt
wird; nur wo und soweit haltbare Beweise sich fin den, darf
man zu Datierungen in nachmosaische Zeit greifen. Dafi alles
und jedes und jegliche Form eines Gesetzes im Pentateuch aus
mosaischer Zeit stamme, kann und darf auch die konservative
Schule nicht festhalten 1 . Sie wiirde sonst mit andern Stellen
des AT in Widerstreit geraten, die einzelne Gesetze ausdriick-
lich in nachmosaische Zeit verlegen.
So ist Nm 31, 27 (Teilung der Kriegsbeute) seit der Zeit Davids
geltend geworden (i Sm 30, 24$.). Zum Gesetz Dt 17, 8 13 und zum
Konigsgesetz (Dt 17, 14 20) vgl. das o. S. 88 Gesagte. Das mosaische
Gesetz war ein Gesetz fur das praktische Leben. Wie bereits zu Lebzeiten
des Moses neuauftauchende Verhaltnisse festgesetzten Bestimmungen
Eintrag taten (Nm 27), so wird auch die nachmosaische Entwicklung
im gleichen Gesetzbuch ihren Niederschlag gefunden haben 2 .
16. Gegenwartiger Stand der Pentateuchfrage.
146. Die vorausgehenden Einzeluntersuchungen haben Ergebnisse
gezeitigt, welche bald zu Gunsten der konservativen Richtung,
bald zu Gunsten der kritischen Schule sprechen. In den ent-
scheidenden Hauptpunkten konnte jedoch den kritischen Auf-
stellungen nicht rechtgegeben werden, und darum muG im wesent-
lichen die Graf-Wellhausensche Pentateuchtheorie abgelehnt werden.
Doch hat die jahrhundertelange kritische Forschung so viele
und so wertvolle neue Beobachtungen und Feststellungen gemacht,
dafi diese, wenn auch in gesichteter Form und Auswahl, erst in
die Uberlieferung vom mosaischen Ursprung des Pentateuchs
verarbeitet werden miissen, ehe an eine Pentateuchtheorie gedacht
werden kann, die den Abstand zwischen dem echt mosaischen
Pentateuch und seiner gegenwartigen Form abschliefiend zu iiber-
brucken vermag. Statt auf die Frage, ob der Pentateuch mosaisch
ist oder nicht, den Suchern mit einer abgerundeten bestimmten
Antwort dienen zu wollen, scheint es immer noch viel eher die
Aufgabe der Forschung zu sein, die einzelnen Stellen des Textes,
statt sie in das Beweisschema fur vorgefafite Ansichten einzureihen
1 Vgl. Hoberg (s. o. S. 25) 60 ff. * Vgl. Nikel (s. o. S. 26) 39 ff.
Nr. 147 A. Die Geschichtsbiicher. i. Der Pentateuch. 113
und hineinzuzwingen, ohne jegliche Voreingenommenheit zu priifen,
ob sie nicht doch da und dort etwas davon verrajtea, wie sie so ge-
worden sind. Erst die Summe solcher geduldig erarbeiteter Einzel-
erkenntnisse verspricht zu enthiillen, wie der Pentateuchtext in
den geschilderten eigenartigerPundTzwiespaltigen Zustand geraten
sein mag. Erst so wird es gelingen, das, was fur und gegen die
mosaische Herkunft des Pentateuchs ins Feld gefuhrt wird, aus-
zugleichen, ohne willkiirlich das eine Zeugnis der Vergangenheit
zu verwerfen, das andere anzuerkennen 1 .
147. Dazu, dafi es dahin kommt, scheint es notwendig, einige
Fehler der Vergangenheit zu erkennen und zu vermeiden sowie
fur neue Gesichtspunkte und Moglichkeiten, selbst wenn sie
eine tiefgreifende Umstellung der Forschung fordern sollten, das Auge
offen zu halten.
i) Die herrschenden Pentateuchtheorien 2 stehen noch in einzelnen
Annahmen unter dem Einflufi von unbewufit nachwirkenden oder heute
noch bewufit vertretenen religions- und entwicklungsgeschichtlichen
Voraussetzungen, die keineswegs als feste wissenschaftliche Ergebnisse
gelten diirfen 3 . 2) Auf dem ausschlaggebenden Gebiete der Literar-
kritik ermangelt die Forschung immer noch einer sorgfaltig erarbeiteten
und zielbewufit fuhrenden Methode, wie sie andere Forschungszweige
langst besitzen. Deshalb werden abgeschlossene Theorien aufgebaut,
ehe in miihevoller und schrittweiser Einzelarbeit die sichere Grundlage
geschaffen worden ist, und nur so kann es kommen, dafi ein spaterer
Forscher bis zum Grunde wieder abtragen kann und mufi, was ein
friiherer aufgetiirmt hatte 4 . 3) So ist mehr und mehr das Gefiihl dafiir
1 Auch grundsatzliche Anhanger der Pentateuchkritik fiihlen, dafi sie auf
einem toten Punkt angelangt ist (vgl. W. Staerk, Zur atl Literarkritik. Grund-
satzliches und Methodisches [ZatW N. F. i, 34 74]), dafi die herrschende
Auffassung des Hexateuchproblems nachzupriifen ist (vgl. M. Lohr, Unter-
suchungen zum Hexateuchproblem. I. Der Priesterkodex in der Gn [38. Beih.
z. ZatW], Giefien 1924), dafi neue Losungen erwartet werden diirfen (vgl.
Eichrodt, Bahnt sich eine neue Losung der deuteronomischen Frage an?
[NkZ 3 2,4i 5i 53-78]).
2 Davon machen auch die katholischen Versuche keine Ausnahme, weil
sie unter dem Banne der akatholischen Forschung aufgestellt wurden und
meist nur einen Ausgleich fertiger kritischer Theoreme mit katholischen Vor-
aussetzungen ins Auge fafiten.
3 Vgl. M. Kegel, Los von Wellhausen! Ein. Beitrag zur Neuorientierung
in der atl Wissenschaft, Giitersloh 1923.
4 Oder dafl sogar, was nicht selten der Fall ist, am Anfang der Arbeit
vertretene Auffassungen beim Abschlufi schon wieder geandert werden miissen ;
vgl. Eififeldt (s. o. S. 75 x ) xill f.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 8
1 14 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 147
verloren gegangen, dafi Moglichkeiten erst durch einwandfreie Beweise
geschichtliche Tatsachen werden und ohnedem nicht mit andern Moglich-
keiten zu einer Reihe von geschichtlichen Ereignissen verkoppelt werden
diirfen. Die wirkliche Geschichte ist viel zu eigensinnig, um nicht die
liebevollst ausgeheckten Phantasiegebilde iiber den Haufen zu werfen 1 .
4) Erst wenn eine allgemein verbindliche Methode gewonnen ist, kann
die Feststellung gemeinsam anerkannter, dauernder Ergebnisse erwartet
werden, welche eine Zerfahrenheit der Anschauungen wie heute aus-
schliefit. 5) Wenn jede einzelne Erscheinung in sich objektiv abgewogen
wird, ohne voreilig in den Dienst einer fertigen Theorie geprefit zu
werden, konnen ganz neue Losungsmoglichkeiten ins Gesichtsfeld
treten. Gleichartige Erscheinungen, wie sie im Pentateuch beobachtet
wurden, ziehen sich z. B. mehr oder minder durch das ganze AT,
am merkbarsten durch die geschichtlichen Biicher bis Ezr-Neh hin-
durch. Es ist doch eine zu mechanische Methode, die Pentateuch-
frage fur sich gesondert zu losen und einfach die Pentateuchquellen
noch in die Biicher Jdc, Sm, Rg sich hineinerstrecken zu lassen
oder den Deuteronomisten auch aufierhalb des Dt an der Arbeit
zu sehen. Viel naher liegt es, daraus zu entnehmen, dafi die sicher
urspriinglich selbstandigen Biicher Hexateuch, Jdc, Sm, Rg durch ein
gemeinsames Geschick einen so gleichmafiigen, eigenartigen Aufbau
erhalten haben, der nicht mit dem erstmaligen Werden der Biicher
zusammengeworfen werden darf. Dieses Geschick ist kaum als eigent-
liche Redaktionsarbeit zu bezeichnen, die doch ein ganz anderes Ziel
hatte verfolgen und einen geschlosseneren Gang der Darstellung hatte
erreichen miissen, als es dem gegenwartigen Textbestand entspricht.
Es scheint eine ahnliche Bearbeitung vorgenommen worden zu sein,
wie wir sie bei kleineren Textbestandteilen feststellen konnen. Wie im
vorliegenden Text vielfach iiberlieferte Buchstaben und Buchstaben-
gruppen, Worte und Wortgruppen einfach mechanisch ohne Ausgleich,
aber doch nach einer bestimmten, noch durchfiihlbaren philologischen
Methode nebeneinander in den endgiiltigen Text aufgenommen worden
sind, nur damit sie nicht verloren gehen, so scheint sich die gleich
sorgfaltige, gleich mechanische und gleich methodische Sammeltatigkeit
auch auf Versteile und Verse, Versgruppen und noch umfangreichere
Textstiicke ausgedehnt zu haben, so dafi die textkritische Uberlieferungs-
arbeit unmerklich in die sog. literarkritische iibergeht, ohne dafi beide
sich in Methode und Ziel wesentlich unterscheiden 2 . 6) Dafi eine
solche Sammel- und Rettungsarbeit notwendig wurde, erklart sich dann
am ehesten, wenn wir den geschichtlichen Nachrichten iiber Vernichtung
der heiligen Schriften und Wiederherstellung mehr Glauben beimessen,
1 Vgl. Steuernagel (s. o. S. ip) 16: Es mufi zugegeben werden, daC viel-
fach geniale Vermutungen und bisweilen sogar ganz subjektive Einfalle an
die Stelle solider methodischer Forschung getreten sind.
2 Steuernagel (s. o. S. 10) 273 will umgekehrt noch in der Redaktions-
arbeit feststellen.
Nr. 149 A. Die Geschichtsbucher. i. Der Pentateuch. 115
als es gemeinhin geschieht 1 . 7) Erst wenn man den Anteil solcher
Ursachen an der vorliegenden Textform festgestellt hat, ist Anlafi ge-
geben, zu untersuchen, ob auch und inwieweit literarische Umgestaltungen
urspriinglich einheitliche Uberlieferungen gespalten haben, so dafi aus
solchen Urkunden oder Quellen letztlich auf literarkritischem Wege
die Urgestalt der atl Biicher, hier die mosaische Urform des Pentateuchs,
zu gewinnen ware.
148. Es ist durchaus zu erwarten, dafi sich der Anteil
des grofien israelitischen Gesetzgebers und Fuhrers
Moses am Pentateuch auch fur rein wissenschaftliche
Betrachtungsweise als viel bedeutsamer heraus-
stellen wird, als die kritische Schule bisher, mehr einem ge-
wissen Gefiihl als einer sicheren Beweislinie folgend, in steigen-
dem MaCe zugestanden hat 2 . Vielleicht erhoht er sich auch fur
die kritische Schule, soweit sie sich von dem friiheren Radika-
lismus zu gewissenhafter Besonnenheit zuruckzufinden beginnt,
so sehr, dafi im grofien und ganzen auf Moses als Gewahrsmann
des unter seinem Namen iiberlieferten Werkes dasjenige Mafi von
Verantwortung fallt, auf welches die amtlichen katholischen Ver^
lautbarungen auch der letzten Zeit trotz unverkennbarer Wiirdi-
gung der entgegenstehenden Schwierigkeiten nicht verzichten zu
konnen glaubten.
149. Die umfassendste amtliche Aufierung der kirchlichen Lehr-
autoritat liegt in derEBK 3 vom 27. Juni 1906 vor, die auf den
wissenschaftlichen Stand der Frage eingeht, aber ihrer ganzen
Eigenart nach eine autoritative 4 , wenn auch nicht endgul-
1 Hinweise darauf siehe besonders bei Scholz (s. o. S. 76); v. Hummel-
auer (s. o. S. 76 f.); N. Peters, Der Text des AT und seine Geschichte (BZF 5,
6/7), Mstr. i. W. 1912, 3 I92I, 31 ff. Es ist wesentlich dasselbe, wenn G. Ho-
berg (Literar. Rundschau 1908, Nr. 4) annimmt, es seien liturgische Wechsel-
texte nebeneinander gestellt worden.
2 Lohr (s o. S. 8 1 *) 208 wirft der Literarkritik vor, dafi sie fast den alt-
ehrwiirdigen Kern des Dt iiber ihrer Einzelarbeit aus dem Auge verloren habe.
3 Die Bibelkommission (Commissio Pontificia de re biblica) wurde durch
das Apostolische Schreiben Leos XIII. Vigilantiae vom 30. Okt. 1902 ein-
gesetzt. Vgl. L. Fonck S. J., Documenta ad Pontificiam Commissionem de
re biblica spectantia, Rom 1915, I ff.
4 Das Motuproprio Praestantia Scripturae Pius' X. vom 18. Nov. 1907
stellt die Entscheidungen der Bibelkommission in ihrer Verbindlichkeit den
vom Papst gebilligten Kongregationsdekreteh gleich (vgl. Fonck [s. o. Anm. 3]
i iff.; D. n 2ii3).
8*
Il6 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 150
tige 1 Bindung der katholischen Exegese sein will. Sie wehrt in
kurzen Antworten auf ausfuhrlich formulierte Fragen die radikale
Pentateuchkritik ab und umschreibt die Grenzlinien, innerhalb deren
eine Entwicklung des Pentateuchs in vor- und nachmosaischer
Zeit ohne Preisgabe katholischer Grundsatze moglich erscheint.
150. 2 I. Utrum argumenta a criticis congesta ad impugnandam authen-
tiam. mosaicam sacrorum librorum, qui Pentateuch! nomine designantur,
tanti sint ponderis, ut posthabitis quampluribus testimoniis utriusque
Testament! collective sumptis, perpetua consensione populi iudaici,
Ecclesiae quoque constanti traditione necnon indiciis internis, quae ex
ipso textu eruuntur, ius tribuant affirmandi hos libros non Moysen habere
auctorem, sed ex fontibus maxima ex parte aetate mosaica posterioribus
fuisse confectos? Resp. : Negative.
II. Utrum mosaica authentia Pentateuchi talem necessario postulet
redacti onem totius operis, ut prorsus fenendum sit Moysen omnia et
singula manu sua scripsisse vel amanuensibus dictasse; an etiam eorum
hypothesis permitti possit, qui existimant eum opus ipsum a se sub di-
vinae inspirationis afflatu conceptum alteri vel pluribus scribendum
commisisse, ita tamen, ut sensa sua fideliter redderent, nihil contra suam
voluntatem scriberent, nihil omitterent ; ac tandem opus hac ratione con-
fectum, ab eodem Moyse principe inspiratoque auctore probatum, ipsius-
met nomine vulgaretur? Resp.: Negative ad primam partem, affir-
mative ad secundam.
III. Utrum absque praeiudicio mosaicae authentiae Pentateuchi con-
cedi possit Moysen ad suum conficiendum opus fontes adhibuisse, scripta
videlicet documenta vel orales traditiones, ex quibus secundum pe-
culiarem scopum sibi propositum et sub divinae inspirationis afflatu
nonnulla hauserit eaque ad verbum vel quoad sententiam contracta
vel amplificata ipsi operi inseruerit? Resp.: Affirmative.
IV. Utrum salva substantialiter mosaica authentia et integritate Pen-
tateuchi admitti possit, tarn longo saeculorum decursu nonnullas ei
modificationes obvenisse, uti: additamenta post Moysi mortem vel ab
auctore inspirato apposita vel glossas et explicationes textui interiectas,
vocabula quaedam et formas e sermone antiquato in sermonem recen-
tiorem translatas, mendosas demum lectiones vitio amanuensium ad-
scribendas, de quibus fas sit ad normas artis criticae disquirere et iudi-
care? Resp.: Affirmative, salvo Ecclesiae iudicio.
151. Die EBK geht davon aus, dafi der Pentateuch im wesent-
lichen aus der Hand des Moses stamme. Urn die Eigenart des
Textes zu erklaren, lafit sie drei Wege offen : vormosaische Quellen,
1 Vgl. A. Condamin S. J., Chronique biblique (Rev. prat, d'apolog. 1907,
I.Jan.); X., La Commission biblique (ExpT 18, 381 f.).
2 D. " 1997 2000.
Nr. 153 A. Die Geschichtsbiicher. 2. Das Buch Josue. 117
Niederschriften aus der Zeit und unter Aufsicht und Verantwortung
des Moses, und nachmosaische Anderungen in der Ausdehnung
und Zahl, daB sie Echtheit und Vollstandigkeit des mosaischen
Pentateuchs im wesentlichen nicht beeintrachtigen ; diese nach-
mosaischen Anderungen konnen sein: Erweiterungen von inspi-
rierten Verfassern, Glossen und eingeschobene Texterklarungen,
Ersetzung alter Wortef und Formen durch neuere, von Ab-
schreibern verschuldete , fehlerhafte Lesarten, soweit die Kritik
solche feststellen kann.
Diese Richtlinien fur eine Pentateuchhypothese von katholischem
Standpunkte aus haben die Form von Zugestandnissen, welche von
bestimmten Vorbehalten abhangig gemacht werden. Sie werden nicht
ausdriicklich als aufierste Zugestandnisse erklart 1 . Die einzige positive
Bestimmung in Nr. I halt die Verfasserschaft des Moses liir den Pen-
tateuch mindestens insoweit fest, dafi nicht, wie die radikale Kritik
behauptet hat, die Biicher des Pentateuchs zum grofiten Teil aus nach-
mosaischen Quellen gefertigt erscheinen 2 .
2. Das Buch Josue.
17. Name. Liter atur.
152. l^" 1 }^ ?Wi?V 1 ., MricroCc; Naur) 3 , Liber Josue hebraice Jehosua
(Jos). Josue hatte schon vor dem Tode des Moses eine Rolle
gespielt (Ex 17, 9 ff. ; 24, 13 ; Nm 27, 18 u. 6.) und war an Stelle
des Moses zum Fiihrer des Volkes Israel bestimmt worden. Als
Trager der Ereignisse hat er dem Buche den Namen gegeben.
153. H. Holzinger,Das Buch Josua(KHK6), Tiib. 1901. F. de Hummel-
auer S. J., Commentarius in librum Josue (CSs), P. 1903. C. F. Keil, Josua,
Richter und Ruth (BC 2, i), Lp. 1863, 2 1874. Knobel-Dillmann (s. o. S. 14).
Oettli(s. ob. S. 15), W. Schenz, Das Buch Josue erklart (KwC 1,2), Wien 1914.
A. Schulz, Das Buch Josue iibersetzt und erklart (HSAT 2, 3), Bonn 1924.
C. Steuernagel, Das Buch Josua iibersetzt und erklart (GHK i, 3, 2), Gott.
1 Bei der Natur solcher kirchlichen Entscheidungen, die durch bestimmte
Anlasse hervorgerufen werden, ist es aber auch nicht ausgeschlossen, dafi
solche Zugestandnisse spater wieder eingeengt werden. Das scheint durch
die Entscheidung der Congregatio S. Officii gegen Touzard (s. o. S. 78) ge-
schehen zu sein.
2 Mangenots Versuch, die ungemilderte traditionelle Anschauung iiber
den Pentateuch als Inhalt der EBK zu erweisen (s. o. S. 42 2 ), wird von Er-
moni (s. o. S. 78 J ) und Huvelin (s. o. S. 78 J ) abgelehnt.
3 Von der Weiterbildung .?*; Naurj ist alter Schreibfehler (H statt N).
Ilg I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 154
1899, 2 1923. Zu den Habiri in -den Tell el-Amarna-Briefen (s. Karte
Taf. i, i [6b] u. Taf. i, Nr. 2), die vielfach mit den Hebraern Josues in
Zusammenhang gebracht werden, vgl. P. Dhorme, Les nouvelles tablettes
d'El-Amarna (Rb 33, 532 gegen die Gleichstellung); J. A. Knudtzon, Die
El-Amarnatafeln bearbeitet (Vorderasiat. Bibliothek 2), B. 1907/14; K. Mi-
ketta, Die Amarnazeit. Palastina und Agypten in der Zeit israelitischer
Wanderung und Siedlung (BZF I, 10), Mstr. i. W. 1908 (fur Gleichstellung);
H. Winckler, Die Thontafeln von Tell el-Amarna (Keilinschriftl. Bibl., Samml.
von assyrischen und babylonischen Texten in Umschrift und Ubersetzung, hrsg.
von E. Schrader, 5), B. 1896. Zu den Karnak-Listen, welche fur die geo-
graphischen Namen des Buches Josue Bedeutung haben, vgl. W. M. Miiller,
Die Palastina-Liste Tutmosis' III. (Mitt, der Vorderas. Ges. 12, i), Lp. 1907.
18. Inhalt des Buches Josue.
154. Das Buch umfaCt die Zeit vom Tode des Moses bis zum
Tode des Josue und erzahlt die Eroberung des Westjordanlandes
und seine Verteilung an die noch iibrigen neuneinhalb Stamme.
155. I. Eroberung des Gelobten Landes (Kap. i 12): Auf Befehl
Jahwes (i, i 9) bietet Josue das Volk auf, den Jordan zu uberschreiten
(i, 10 f.), und auch die ostjordanischen Stamme (i, 12 15), die sich
dazu bereit erklaren (i, 16 18). Er sendet Kundschafter nach Jericho,
welche von der Buhlerin Rahab aufgenommen und gegen die Einwohner
der Stadt gerettet werden (2, i 24). Das Volk zieht durch den Jordan,
der sich vor den Priestern mit der Lade teilt (3, i 17). ZwolfDenksteine
werden aufgerichtet ; am 10. des i. Monats steigt das Volk aus dem
Jordan und lagert in Gilgal (4, i 5, i). Dort holt Josue die Beschneidung
nach (5, 2 9); das Volk feiert am 14. des i. Monats Pascha, das
Manna ho'rt auf (5, 10 12). Josue begegnet bei Jericho dem Anfiihrer
des Kriegsheeres Jahwes (5, 13 15). Jerichos Mauern stiirzen beitn
Umzug des Volkes ein; Stadt und Einwohner werden gebannt, nur
Rahab und ihre Familie geschont (6, i 27) 1 . c Akan eignet sich
Gebanntes an; deshalb wird das Volk durch eine Niederlage vor der
Stadt c Ai gestraft; der Ubertreter des Bannes wird festgestellt und
gestraft (7, i 26). c Ai wird durch List genommen und gebannt (8,
i 29). Ein Altar wird auf dem c Ebal errichtet, das Gesetz auf Steine
geschrieben und (nach Dt 27) mit Segen und Fluch vorgelesen (8, 30
bis 35). Die Einwohner von Gib c on erlisten sich in Gilgal Schonung
und werden zu Tempelsklaven gemacht (9, i 27). Von Gilgal aus
besiegt Josue die fiinf Konige des Siidens bei Gib'on und erobert das
Siidland (10, i 43 [Sonnenstillstandswunder V. 12 14 2 ]). Er schlagt
1 Vgl. E. Sellin und C. Watzinger, Jericho. Die Ergebnisse der Aus-
grabungen, Lp. 1913.
2 Vgl. J. C. Matthes, Das Solstitium Jos 10, 1214 (ZatW 29, 259267);
J. van Mirlo jr. S. J., Das Wunder Josues (ZkTh 37, 895 911).
Nr. 158 A. Die Geschichtsbiicher. 2. Das Buch Josue. ng
die Konige des Nordens beim Wasser von Merom, erobert und bannt
das dortige Gebiet (n, i 15). Riickblick und Verteilung des Landes
an die Stamme Israels (11, 16 23). Verzeichnis der 31 Konige, die
Israel und Josue im Ost- und Westjordanlande niederwarfen (12, i 24).
156. II. Verteilung des Gelobten Landes.(Kap. 13 21): Jahwe
befiehlt Josue in seinem hohen Alter, das Westjordanland an die neun-
einhalb Stamme zu verteilen (13, i 7). Die Verteilung des Ostjordan-
landes an zweieinhalb Stamme durch Moses wird vorausgeschickt, wo-
bei zuerst die Gesamtgrenzen (13, 8 14), dann die Grenzen der An-
teile von Ruben, Gad und halb Manasse angegeben werden (13, 15 33).
Allgemeine Angaben uber die Verteilung des Westjordanlandes (14,
i 5). Kaleb verlangt und erhalt das Gebiet von Hebron (14, 6 15).
Die Grenzen des Gebietes, das dem Stamme Juda zufiel (15, i 12).
Kaleb erhalt ein eigenes Stuck Land im Gebiete von Juda und er-
. obert es (15, 13 19). Aufzahlung der zugehorigen Stadte (15, 20 63).
Zuweisung des Gebietes an Joseph bzw. Ephraim und Manasse (16, i
bis 17, 1 8). Das Volk errichtet in Silo das Zelt der Zusammenkunft
(18, i). Das iibrige Land wird schriftlich aufgenommen und durch das
Los an die iibrigen sieben Stamme verteilt (18, 2 19, 48). Josue er-
halt sein Gebiet (19, 49 f.). Schlufi der Verteilung (19, 51). Die sechs
Asylstadte werden bestimmt (20, i 9). Die Stamme treten Stadte fur
die Leviten ab (21, i 42). Schlufi zur Verteilung (21, 43 45).
157. III. Ereignisse bis zu Josues Tod (Kap. 22 24): Die ost-
jordanischen Stamme werden von Josue verabschiedet (22, i 6). Auf
der Riickkehr errichten sie am Jordan einen Altar, werden von den west-
jordanischen Stammen zur Rede gestellt und erklaren den Altar als
blofies Zeugnis, das den Altar vor der Wohnung Jahwes nicht beeintrach-
tige (22, 7 34). Josue mahnt in hohem Alter das Volk Israel, den Bund
Jahwes zu halten (23, i 16). Versammlung in Sichem; Josue ver-
pflichtet das Volk zur Anhanglichkeit an Jahwe (24, i 24),. schreibt
die Gesetze, die er in Sichem gab, in das Gesetzbuch Gottes und entlafit
das Volk (24, 25 28). Tod des Josue (24, 29 31). Die Gebeine
Josephs werden in Sichem begraben (24, 32). Tod Eleazars, des Sohnes
des Aaron (24, 33 ) 1 .
19. Die literarische Eigenart des Buches Josue.
158. Mit dem Pentateuch und den nachfolgenden Buchern des
AT teilt Jos die Eigentumlichkeit, dafi sein gegenwartiger Text-
zustand nicht durchweg ein geschlossenes, einheit-
liches Werk erkennen lafit.
1 Prokopius von Gaza (De bello Vandalico 2, 10) berichtet von Fliicht-
lingen vor Josue zu Tigisis in Numidien ; vgl. dazu M. Biidinger, De colo-
niarum quarundam phoenicarum primordiis cum Hebraeorum exodo coniunctis
(SB der k. k. AdW zu Wien, philos.-hist. Kl. 125 [1891], 10) 3638.
j2O I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 159
Die Errichtung von zwolf Denksteinen wird Kap. 4 zweitnal mit
etwas verschiedenen Einzelheiten erzahlt; V. n und V. isff. berichten
uber denselben Vorgang. 8, 9 |j 8, izf. Die Eroberung von Hebron
und Debir geschieht 10, 36 ff. unter Leitung Josues, des Fiihrers des
ganzen Volkes, 15, 14 19 unter besonderer Fiihrung des Kaleb.
Auch die Zuweisung Hebrons an Kaleb kommt doppelt vor: 14, 6flF.
und 15, 13 ff. Wie im Dt ist fur Beurteilung des Altares 22, loff.
die Zentralisation des Kultes mafigebend; der Bericht iiber den Altar
auf dem Berge c Ebal (8, 30 35) lafit davon nichts ersehen, wie auch sonst
Ex 20, 25 dabei beriicksichtigt scheint.
Dafi nicht so viele Anzeichen von verschiedenen Darstellungsformen
sich finden, zeigt, dafi die Hauptmasse der Ereignisse in einer einheit-
lichen Fassung Aufnahme gefunden hat 1 . Immerhin bestatigen auch
diese wenigen Falle, dafi sich bei Jos die gleiche Frage erhebt wie beim
Pentateuch.
20. Zeit der Entstehung.
159. Zwiespaltig sind auch die Anhaltspunkte fur die
Zeit, in der die einzelnen Bestandteile des Buches nieder-
geschrieben zu sein scheinen.
Was Josue selbst nach 24, 26 schrieb, wird zunachst wohl nur 24,
i 25 umfassen, nicht das ganze Buch. Auch die Aufnahme des Ge-
lobten Landes, die auf Josues Befehl geschah (18, 9), wird im Buche
enthalten sein 2 . Die genaue und einlafiliche Schilderung ware fur sich
auch moglich, ohne dafi gerade ein Augenzeuge das Wort fiihren
miifite. Aber die Wir-Formen (5, i ['* tn??-"^ 'P a ;??~~^; 5; 6 ; vgl.
auch 15, 4) sind beachtenswert, wenn sie auch nicht zweifelsfrei iiber-
liefert sind 3 . Sie kommen zunachst fur die Abschnitte in Betracht,
in denen sie stehen, ebenso wie 6, 25, wonach die Buhlerin Rahab
damals noch am Leben gewesen ware 4 . Es ist deshalb verstandlich,
dafi in alter 5 und neuer 6 Zeit Josue selbst als Verfasser gait. Er ist
1 Die genaue literarkritische Scheidung, die Steuernagel (s. o. S. 10) 276 280
als Ergebnis der bisherigen kritischen Arbeit vorlegt, bedarf wie beim Penta-
teuch, so auch bei Jos sorgfaltiger Nachpriifung und wird bedeutend ein-
zuschranken sein. Vgl. auch Eififeldt (s. o. S. 75 1 ).
2 Steuernagel (s. o. S. 10) 274 leugnet beides ohne Begriindung.
3 und 25 haben die auffalligen Lesarten nicht (jedoch B 5, 6 = 931).
4 aw und sie wohnte (= & ', 25 habitaverunt).
5 Vielleicht schon Sir 46, i (das bioiboxo? Miuaf] v TrpoqpnTeictK; Nach-
folger des Moses in den Prophezeiungen versteht Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, i 2 , 192
so; der hebraische Urtext meint jedenfalls blofi, dafi Josue dem Moses in
der prophetischen Fiihrerschaft, nicht gerade in der Schriftstellerei nach-
folgte), jedenfalls aber Talmud, b. Baba batra f. I4 b , viele Kirch en vater (vgl.
Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, i 2 , i87f.; Hopfl [s. o. S. 9] 2 2 , 70 f.).
6 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 187; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 33;
Schenz (s. o. S. 58 7 )y8; Vigouroux-Brassac (s. o. S. 9 1 ) 13 2, 5 ff . (anders
Nr. 159 A. Die Geschichtsbiicher. 2. Das Buch Josue. 121
nicht deshalb schon ausgeschlossen, well von ihm in der dritten Person
die Rede ist x oder weil schon der Name Jerusalem vorkommt 2 . Daft
die Eroberung^von Hebron (Jos 15, 13 19) auch Jdc i, 8 15, die Em-
nahme von Lesem (Jos 19, 47) auch Jdc 18, 27 if. (Lais) steht, fordert gleich-
falls nicht, die Ereignisse nach dem Tode des Josue einzureihen; denn
Jdc greift hie und da auf die Vorgange unter Josue zuriick. Der Be-
richt iiber Josues Tod (24, 19 -33) konnte dem abgeschlossenen Buche
beigefugt worden sein 3 . Auch der Ausdruck bis auf den heutigen Tag
(4, 9; 5, 9; 6, 25; 7, 26; 8, 29; 9, 27; 14, 14) weist nicht unbedingt in
die Zeit nach Josue.
Bedeutsamer aber ist, daft 10, 13 das Buch des Gerechten ver-
wertet wird, welches Stiicke aus der Konigszeit enthalt (2 Sm i, 18).
Die Namen Israel und Juda (n, 21) setzen die Trennung der beiden
Reiche nach Salomos Tod (932 v. Chr.) voraus 4 . . Diese beiden Stellen
lassen sich jedenfalls nicht so deuten, daft sie in der Zeit des Josue
geschrieben sein konnten 5 . Wollte man darin Glossen einer spatereri
Hand sehen 6 , so blieben sie immer noch Anzeichen dafiir, daft das
Buch erst nach Josue seine heutige Gestalt erhalten hat. Das nehmen
zahlreiche Exegeten alter 7 und neuer 8 Zeit an: Einige geschichtliche
Angaben lassen noch genauere Schliisse zu. Die Jebusiter hielten sich in
Jerusalem (15, 63) bis zum 7. Jahre Davids (2 Sm 5, 5 9). Geser war
von Kanaanitern bewohnt (16, 10), bis der Pharao sie ausrottete und
die Stadt seiner Tochter, der Gemahlin des Salomo, als Mitgift iiber-
liefi (3 Rg 9, 1 6). Sidon erscheint noch als Vormacht des phonizischen
Kiistenstriches (n, 8; 13, 4 6; 19, 28); seit dem 12. Jahrh. oder auch
seit Salomo war dies Tyrus (Josephus, Ant. 8, 3, i). Die Gib'oniten
waren noch Tempeldiener (9, 27); das anderte sich mit der Zeit des
Saul (2 Sm 21). Der Ort des Heiligtums ist noch nicht festgelegt
(9. 27).
14 2, 10 f.); *H. Zschokke, Historia sacra VT 7 (J. Doller), Wien 1920,
205 f.
1 So Steuernagel (s. o. S. 10) 274.
2 Dieser Name ist fur das alte biblische Jebus schon in den Tell el-Amarna-
Briefen (14. Jahrh. v. Chr.; s. o. S. 118) bezeugt.
3 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 34 u. a.
4 Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 34 sucht die Namen auf den Stamm
Juda und den Patriarchennamen Israel zuriickzufuhren.
5 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i *, 194 f. stellt alle moglichen Versuche zusammen,
sie so zu deuten.
6 So z. T. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 34. Vgl. auch * A. Schulz, Exe-
gese im AT (ZSem 3, 178193).
7 Theodoret (t 458), In Jos. quaestio 14 (M g 80, 473 f.) ; Ps.-Athanasius,
Synopsis s. Scripturae 10 (M e 28, 309).
8 A.Tostatus (In Jos. i quaestio 13, in Jos. 7 quaestio 9) nimmt Samuel als
Verfasser an, Masius (s. o. 65 *) in der Praef. den Ezra (vgl. Comely [s. o. S. 3 2 ]
2, I 2 , I8 7 ).
122 I. Teil. Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 160
Diirften letztere Bemerkungen dera Verfasser des Buches zu-
geschrieben werden, so konnte Jos noch in die Zeit vor David
datiert werden 1 . Da aber 10, 13 in die Zeit Davids, n, 21 sogar
noch iiber Salomo herabreicht, so Hegen Anzeichen einer friihe-
ren Bearbeitung des Buches oder alterer Quellen vor. Fur das
Buch selbst in seiner gegenwartigen Gestalt sind die erwahnten
Angaben terminus a quo, iiber den man, da weitere spatere An-
zeichen fehlen, nicht viel herabzugehen braucht. Bemerkenswert
1st, daC somit die Zeitmarken des Buches Josue ungefahr in die
gleiche Zeit verweisen wie die Anachronismen des Pentateuchs.
^
21. Der Text des Buches Josue.
160. Wie beim Pentateuch weist auch in Jos Textunterschiede
gegeniiber dem 3Qt auf, die tiefer zu greifen scheinen, als es sonst
bei textkritischen Wandlungen einer bereits festgelegten Text-
gestalt statthat (vgl. 5, 4 6; 9, 38 = 931 8, 30 9, 2 [Um-
stellungj; 19, 47 f.; 20, 3 46 8 [= A ]; 21, 36 f.; 21, 42 [+ 19,
5<>f. + 5, 3 ]j 24, 30 a 33 b [aus Jos, Jdc, Sm]) 2 .
22. Verhaltnis zum Pentateuch.
161. Gegeniiber der friiheren, standigen Uberlieferung, die Jos
als eigenes Buch betrachtete 3 , kam die kritische Schule zur An-
schauung, dafi Pentateuch "und Jos als e i n Buch entstanden seien
und sich als Hexateuch gemeinsam fortentwickelt hatten 4 .
1 So v. Hummelauer (s. o. S. 117) 93; Hudal (s. o. S. 9) 95 f., 2 IO3.
2 Holzinger (s. o. S. 117) XV halt die Unterschiede fur literarisch. Steuer-
nagel (s. o. S. 117) 148 meint, dafi dabei Text- und Literargeschichte in-
einander iibergreifen. Holzinger a. a. O. und Wellhausen (Kompos. [s. o.
S. 73] 1889, 126) betrachten den -Text als Ausgleich literarischer Anstofie;
v. Hummelauer (s. o. S. 117) 13 und Steuernagel (s. o. S. 10) 287 halten den
-Text fur urspriinglicher. J. Hollenberg (Der Charakter der alexandrinischen
Ubersetzung des Buches Josue, Mors 1876) nimmt fiir eine altere hebraische
Vorlage an.
3 F. Himpel, Selbstandigkeit, Einheit und Glaubwiirdigkeit des Buches
Josue (ThQ 46, 385448; 47, 227307).
4 Ahnlich schon Bonfrere (s. o. S. 65), Spinoza (s. o. S. 66). Geddes (s. o.
S. 70) hat zuerst die Folgerung gezogen, dafi Pentateuch und Jos den gleichen
Verfasser haben. Nicht in gleichem Sinne redet Ambrosius von einem
Heptateuch (Gn Jdc; Expos, in Ps 118 [M 1 15, 11971604], 1584), die grie-
chische Kirche von einem OKTaTeuxo? (Gn Rut; vgl. J. R. Pitra, Analecta
sacra, P. 1876/91, 2, 412).
Nr. 163 A. Die Geschichtsbiicher. 2. Das Buch Josue. 123
162. Fur die Selbstandigkeit des Buches spricht die Darstellung, die
sich auf eigene Quellen stiitzt l , sowie die Tatsache, dafi kein Zeugnis
fur eine erfolgte Trennung angefiihrt werden kann 2 . Sprachliche Eigen-
tiimlichkeiten (die Archaismen des Pentateuchs, wie "'rr, KTI fern., fehlen ;
i!"; H T. [18, 21 zweifelhaft] statt '<!7T. des Pentateuchs) zeugen dafiir, dafi
die Uberlieferung der beiden Biicher schon friih, jedenfalls vor der
ausgedehnteren Einfuhrung der Vokalbuchstaben, eigene Wege ein-
geschlagen hat 3 . Aber auch die Annahme, dafi beide Biicher mit-
einander zusammenhangen, lafit sich durch manche Erscheinungen
stiitzen. Einige Angaben im Pentateuch lassen erkennen, dafi der Er-
zahler auch noch den Abschlufi der Ereignisse in Jos im Auge hatte
(der Besitz des Landes Kanaan wird Gn 12, 7 verheifien, der Befehl,
die Kanaaniter auszurotten, Ex 23, 21 ff. [vgl. schon Gn 9, 25], Dt 7 ;
20, i6f. usw. gegeben, Josues Rolle Ex Dt vorbereitet, die Gebeine
Josephs Ex 13, 19 und Jos 24, 32 erwahnt, Segen und Fluch von
Dt 27, 1 1 ff. in Jos 8, 30 ff. ausgefiihrt). Der Faden der Erzahlung lauft un-
merklich von Dt auf Jos weiter. Jos zeigt in seiner gegenwartigen Form
dieselbe literarische Eigenart wie der Pentateuch. Die Zeitmarken
fiihren bei beiden Biichern ungefahr in die Periode der ersten Konige
herab.
163. Diesen einander entgegenwirkenden Anzeichen suchen manche
Vertreter der Kritik Rechnung zu tragen, indem sie zwar die Penta-
teuchquellen sich auch iiber die Zeit des Josue erstrecken lassen, die
selbstandige Entwicklung von Jos habe aber vor der Vereinigung von
JED eingesetzt, oder wenn hernach, doch ehe P dazugefiigt wurde 4 .
Solange die Pentateuchfrage noch nicht einwan,dfrei gelost ist, darf
auf eine Ubereinstimmung beziiglich Jos nicht gerechnet werden. Von
einem Hexateuch darf eigentlich nur diejenige kritische Richtung
reden, welche Jos als Bestandteil eines abgeschlossenen Werkes iiber
die Zeit bis zum Tode des Josue betrachtet, in dem JEDP schon ver-
einigt sind.
1 Hummelauer (s. o. S. 117) 71 ff.
2 Erklarlich ware ja eine nachtragliche Verselbstandlichung insofern leicht,
weil das Gesetz, das mit Dt schliefit, fur sich eine besonders wichtige
Rolle spielte.
3 Das samaritanische Buch Jos (s. u. 211, Nr. 726) kann weder fur noch
wider die Selbstandigkeit geltend gemacht werden, weil die Samaritaner
zwar ein Buch Jos haben, aber ein ganz anderes als unser kanonisches Buch.
Der Verfasser von Jos setzt die Zeit des Moses als abgeschlossen voraus,
ohne dafi man damit annehmen miifite, sie hatte ihm auch literarisch be-
reits bearbeitet vorgelegen. Wiederholung mancher Angaben aus dem
Pentateuch konnte nur dann zu Gunsten der Selbstandigkeit in die Wag-
schale fallen, wenn sonst das Buch einheitlich ware.
4 Eine sehr umstandliche Verarbeitung der einzelnen Quellen nimmt
Steuernagel (s. o. S. 10) 284 ff. an.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 164
Mufi, wie oben angenommen wurde, Moses im wesentlichen
als Verfasser des Pentateuchs gelten, so ist damit ein eigentlicher
Hexateuch verneint. Wohl aber ist festzuhalten, dafl Geschick
und Geschichte des Pentateuchtextes wie die spateren Biicher,
so auch Jos betroffen haben. AuCerdem mufi mindestens Gn Jdc
einmal als zusammenhangende Geschichte iiberarbeitet worden
sein r .
3. Das Bueh der Richter.
23. Name. Literatur.
164. D' 1 ::^, Kpmxi 2 , Liber Judicum hebraice Sophetim (Jdc,
Richt), genannt nach den Mannern, welche Fiihrer (tOSTB hat diese
weitere Bedeutung; vgl. Am 2, 3 ; Ps 2, 10; Livius 28, 37; 30, 7)
und Retter (vgl. Jdc 2, 16: Jpflfin retten ; 3, 9: S^Cta) des Volkes
Israel und einzelner Stamme und Stammgruppen in bedrangten
Zeiten wurden.
165. K.Budde, Das Buch der Richter erklart(KHK7),Tub.i897. F.deHum-
melauer S. J., Commentarius in librum Judicum et Ruth (CSs), P. 1888.
Keil (s. o.S. 117). M.-J. Lagrange O. P., Le livre des Juges (Etudes bibliques),
P. 1903. G. F. Moore, A critical and exegetical commentary on Judges (IcC),
Ld. 1895 ( 2 i9O3). *B. Neteler, Das Buch der Richter der Vulgata und des
hebraischen Textes ubersetzt und erklart, Mstr. i. W. 1900. W. Nowack,
Richter-Ruth ubersetzt und erklart (GHK i, 4, i), Gott. 1900. Oettli (s. o. S. 15).
A. S c h u 1 z , Das Buch der Richter und das Buch Ruth ubersetzt und er-
klart (HSAT 2, 4/5), Bonn 1926. *A. W. P. Sloet, Het boek der Rechters
(Biblia sacra VT, dat is De Heilige boeken van het Oude Verbond. Vulgaat
en Nederlandsche Vertaling met Aanteekeningen, 2, 2), 's Hertogenbosch 1904.
V. Zapletal O. P., Das Buch der Richter ubersetzt und erklart (EH 7, i),
Mstr. i. W. 1923.
24. Inhalt des Richterbuches.
166. Zum Teil greift Jdc noch in die Zeit zuriick, in der das
Gelobte Land unter Josue erobert wurde. Einzelne Unterneh-
mungen daraus sowie Ereignisse, welche sich auf dem neu er-
worbenen, zum Teil erst endgiiltig zu sichernden Lande von Josues
Tod ab bis zur Einfuhrung des Konigtums unter Samuel abspielten,
werden in zwangloser Anordnung berichtet.
1 Siehe u. $ 25, Nr. 168.
2 Philo, De confusione linguarum $128 (ed. Wendland) : f\ Ttliv Kpiucifujv pi
Nr. 166 A. Die Geschichtsbiicher. 3. Das Buch der Richter. 125
I. Aus der Zeit, in der das Gelobte Land erobert wurde
(i, r 2, 5): Der Stamm Juda erobert nach dem Tode Josues unter
Mithilfe des Stammes Simeon sein Gebiet mit Ausnahme der Ebene
(i, i 20). Benjamin laftt sich neben den Jebusitern in Jerusalem
nieder (i, 21). Das Hans Josephs erobert Betel (i, 22 26). Manasse,
Ephraim, Zebulun, Aser, Naphtali und Dan lassen sich in ihren Gebieten
nieder und machen die Kanaaniter fronpflichtig (r, 27 36). Der
Engel des Herrn tadelt das Volk, weil es gegen Gottes Gebot einen
Bund mit den Kanaanitern schlofi, und kiindigt Strafe durch die Ur-
einwohner an (2, i 5).
II. Einleitung zu den Richtererzahlungen (2, 6 3, 6). Josue
entlafit die Stamme, um ihre zugewiesenen Gebiete zu erobern; er
stirbt mit seiner Generation, und die Nachkommen fallen von Jahwe
ab (2, 6 13). Jahwe laftt sie in die Hande der Feinde geraten (2, 14
bis 15), rettet sie durch Richter (2, 16 18). Dann fallt das Volk wie-
derum ab (2, 19). Jahwe lafit deshalb die friiheren Einwohner im Lande,
um Israel zu strafen und zu priifen ; das Volk wird durch sie zum
Abfall verleitet (2, 20 3, 6).
III. Die Richtererzahlungen (3, 7 16, 31). i) 'Otni'el rettet
das Volk durch Besiegung des Kusan ris'ataim von Mesopotamien fur
40 Jahre (3, 7 n). 2) Ehud (33 Aod) befreit Israel durch Ermor-
dung des c Eglon von Moab; ein Sieg iiber die Moabiter schafft Ruhe
fur 80 Jahre (3, 12 30). 3) Samgar erschlagt 600 Philister (3, 31).
4) Nach Ehuds Tode fallt Israel ab und gerat in die Hande des Jabin,
Konigs von Hasor, und seines Feldherrn Sisera (4, i 4). Die Richterin
D e b o r a und der Feldherr Barak besiegen den Sisera am Berge
Tabor (4, 5 16). Ja c el, das Weib eines Keniters, totet den fliichtenden
Sisera in ihrem Zelte (4, 17 24). Debora und Barak singen ein Sieges-
lied (5, i si*) 1 . Das Land hat 40 Jahre Ruhe (5, 31"). 5) Die Mi-
dianiter brandschatzen Israel ; ein Prophet verweist das klagende Volk
auf seinen Abfall (6, i 10). Der Engel Jahwes ermUtigt Gid'on in
Ophra durch ein Zeichen gelegentlich eines Opfers zum Kampf gegen
Midian (6, 1 1 24). Gid e on zerstort auf Jahwes Weisung den Altar des
Baal und erhalt den Namen Jerubba'al (6, 25 32). Er ruft gegen die
Midianiter und andere Volker Manasse, Aser, Zebulun und Naphtali auf
und erhalt zwei gottliche Ermutigungszeichen an Schaffell und Tau (6, 33
bis 40). Er scheidet 300 Krieger durch Probe aus, beschleicht das Lager
der Midianiter, iiberfallt sie wahrend der Nacht und besiegt sie (7, i
bis 23). Die jetzt erst aufgebotenen Ephraimiten nehmen zwei Fiirsten
der Midianiter, c Oreb und Z e 'eb, gefangen (7, 24 f.). Gid c on benihigt
die Ephraimiten, die sich zuriickgesetzt fuhlen (8, i 3). Einwohner
des Gebietes jenseits des Jordans versagen Gid c on auf seinem Ver-
folgungszuge Unterstiitzung. Er nimmt die zwei Konige der Midianiter,
1 W. Lotz, Das Deboralied in verbesserter Textgestalt (NkZ 30, 191 202).
P. RieCler, Zum Deboralied (BZ 7, 260278). V. Zapletal O, P., Das De
boralied, Frb. i. S. 1905.
126 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 166
Zebah und Salmunna c , gefangen, straft die Einwohner, die ihm Hilfe
verweigert hatten, und totet Zebah und Salmunna' (8, 4 21). Er lehnt
die Kb'nigswiirde ab und fertigt aus der Beute ein Ephod, womit Israel
Gotzendienst treibt. Gid'ons Haus mufi dafiir biifien (8, 22 27). Das
Land hat 40 Jahre lang Ruhe (8, 28). Gid'on hat einen Sohn Abi-
melek. Er stirbt, das Volk fallt ab und vergifit der Wohltaten des
Hauses Jerubba c als (8, 29 35). Abimelek ermordet seine Briider bis
auf den jiingsten, Jotam, und wirft sich in Sichem zum Konig auf
(9, i 6). Jotam erzahlt vom Berge Garizim aus die Fabel von der
Kb'nigswahl der Baume und kiindigt Strafe fur die Treulosigkeit gegen
Jerubba c als Haus an und flieht (9, 7 21). Sichem emport sich gegen
Abimelek; dieser kampft gegen die Stadt und iiberwaltigt sie (9, 22
bis 49). Bei der Eroberung von Tebes wird er getotet (9, 50 57).
6) Nach Abimelek richtet Tola c 23 Jahre (10, if.). 7) Nach ihm
richtet Ja'ir 22 Jahre (10, 3 5). 8) Das Volk fallt ab, wird 18 Jahre
von den Ammonitern bedrangt und bekehrt sich (10, 6 16). Bei einem
Einfall der Ammoniter iibernimmt J i p h t a h die Fiihrung ( i o, 17 n, u),
sucht Ammon zum Frieden zu bewegen, indem er den Zug Israels
durch das Ostjordanland darlegt (n, 12 27), und zieht gegen Ammon
(n, 28 f.). Er macht ein Geliibde und demiitigt Ammon (n, 30 33).
Das Geliibde erfullt er durch das Opfer seiner Tochter (u, 34 40) 1 .
In einem Kampfe der Gil'aditer mit den Ephraimiten werden letztere
an der Aussprache von Sibbolet erkannt und getotet (12, i 6).
Jiphtah richtet 6 Jahre (12, 7). 9) Nach ihm richtet Ibsan (35 Abesan)
7 Jahre (12, 8 10). 10) Nach ihm richtet El on (35 Ahialon) 10
Jahre (12, nf.). n) Nach ihm richtet c Abdon 8 Jahre (12, 13
bis 15). 12) Israel fallt ab und gerat 40 Jahre unter die Philister
(13, i). Die Geburt des Sims on wird durch eine wiederholte Erschei-
nung des Engels Jahwes vorhergesagt ; bei einem Brandopfer ver-
schwindet der Engel in der Flamme (13, 2 23). Simson wird geboren,
und der Geist Gottes regt sich in ihm (13, 24 f.). Er freit eine Phili-
sterin und gibt den Festgenossen ein Ratsel auf 2 . Sie lo'sen es durch
Verrat seines Weibes; Simson entlohnt die Loser mit den Gewandern
erschlagener Philister (14, i 19). Sein Weib wird einem andern ge-
geben (14, 20); er racht sich, indem er durch Fiichse mit Fackeln an den
Schwanzen das Getreide der Philister vernichtet (15, i 5) 3 . Die Phi-
lister v rachen sich an der Familie seines Weibes und werden deshalb
von Simson geschlagen (15, 6 8). Die Israeliten liefern ihn den Phi-
listern aus ; er erschlagt mit einem Eselskinnbacken tausend Mann und
wird durch Wasser aus dem Kinnbacken vor Verschmachten gerettet
1 W. Baumgartner, Jephtas Geliibde Jud. n, 30 40 (ARW 18, 240 249).
*H. Weifi, Das Geliibde Jephthas (Vorlesungsverzeichnis Braunsberg 1907/08).
V. Zapletal O. P., Jephtas Tochter. Kulturbilder aus der Friihzeit des jiidischen
Volkes, Pad. 1920, 2 ~ 3 1924.
2 H. Bauer, Zu Simsons Ratsel in Richter Kapitel 14 (ZdmG 66, 473 f.).
3 R. Hartmann, Simsons Fiichse (ZatW 31, 69 72).
Nr. 167 A. Die Geschichtsbiicher. 3. Das Buch der Richter. 127
(15, 9 19). Simson richtet Israel 20 Jahre (15, 20). Er hebt die Stadt-
tore von Gaza aus den Angeln (16, i 3). Delila sucht dem Simson
das Geheimnis seiner Starke zu entlocken und wird dreimal getauscht
(16, 4 14). Ein viertes Mai gelingt es ihr; sie schneidet ihm die Locken
ab, und er fallt in die Hand der Philister (16, 15 21). Die Haare
wachsen ihm wieder, bei einem Opfer- und Siegesfest bringt er das
Haus zum Einsturz und begrabt mit sich-30oo Philister uhter den
Triimmern (16, 22 31*). Simson richtet 20 Jahre (16, 31 b ) 1 .
IV. Anhange. i) Die Mutter des Mikajehu lafit von dem Gelde,
das sie infolge eines Fluches von ihm zuriickerhalten hat, ein Schnitz-
bild fur ihn machen (17, i 4). 2) Mika stellt in der Zeit, in der
es keinen Konig in Israel gab, in seinem Gotteshause mit Ephod und
Teraphim einen durchreisenden Leviten als Priester an (17, 5 13).
3) In der koniglosen Zeit zogen die Daniten nach einem Stammes-
gebiete aus. Ihre Kundschafter werden vom P.riester des Mika ermutigt.
Der Stamm bricht auf, nimmt dem Mika Ephod, Teraphim und Gufi-
bild samt dem Priester mit Gewalt weg; er erobert Lais, nennt die
Stadt Dan und stellt dort die gottesdienstlichen Gegenstande auf (18,
i 31). 4) In der koniglosen Zeit holt ein Levit sein entlaufenes
Weib zuriick. Es wird von den Benjaminiten in Gib c a zu Tode mifi-
handelt (19, i 28). Der Levit ruft die israelitischen Stamme zur
Rache auf (19, 29!). Israel beschliefit Bestrafung (20, i 10). Die
Benjaminiten werden endgiiltig geschlagen (20, n 46). 600 Benjami-
niten waren entronnen (20, 47 f.). Den Schwur, Benjamin keine Frauen
zu geben, umgehen die Israeliten. Sie vernichten die Einwohner von
Jabes, die sich dem Rachezug gegen Benjamin entzogen hatten, schonen
400 Jungfrauen und geben sie den Ubriggebliebenen zu Frauen. Fur
die fiehlenden Frauen verweisen sie die Benjaminiten auf den Raub
von Frauen bei einem Feste in Silo (21, i 24 2 ).
25. Literarische Eigenart des Richterbuches und sein
Aufbau.
167. An kleineren Textstiicken, an einzelnen grofieren Ab-
schnitten und im ganzen Aufbau zeigt Jdc die gleichen Eigen-
tumlichkeiten, die an den vorausgehenden Biichern zu beobachten
waren.
1 *E. Kalt, Samson. Eine Untersuchung des historischen Charakters
von Richt XIII XVI (Freiburger theol. Stud. 8), Frb. i. Br. 1912. Ders., Der
Ausdruck fabula bei Hieronymus (Kath 4. F. 8, 271 287). H. Stahn, Die
Simsonsage. Eine religionsgeschichtliche Untersuchung iiber Richt 13 16,
Gott. 1908 (erklart die Erzahlungen als Sonnenmythus). V. Zapletal O. P.,
Der biblische Samson, Frb. i. S. 1906.
2 21, 25 (Hinweis auf die Ziigellosigkeit in der koniglosen Zeit) gehort
zum Beginn von I Sm.
128 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 167
Vielfach finden sich ahnliche Berichte, welche als Doppelungen zu
erklaren sind. i, 8 und i, 21 sind ohne ausgleichende Bearbeitung in
das Buch aufgenommen worden. 2,1 5 || 2, 20 23 l . Merkwurdig
ist auch die nahe Beriihrung zwischen 7, 25 und 8, 4 21 ; nach beiden
Berichten werden zwei Midianiterfiirsten mit den Namen c Oreb (= Rabe)
und Z e 'eb einerseits und Zebah und Salmunna c (salam dunkel sein)
anderseits gefangen und getotet. 8, 28 enthalt denSchlufi der Richterzeit
Gid c ons, 8, 29 folgt noch eine Angabe iiber ihn als Jerubba c al, Sohn des
Jo'as. 10, 17 f. und n, 4f. heben ohne Anlaft wiederholt v den Angriff der
Ammoniter gegen Israel hervor 2 . Die Richterjahre Simsons werden
15, 20 und 16, 31 b zusammengefafit. In den Anhangen bezieht sich
20, ii 36 wohl auf die gleiche Niederlage Benjamins wie 20, 36 48.
Auch die Versorgung der Benjaminiten mit Frauen (21, i 14 und
21, 15 24) enthalt Satze, welche am besten von ein und demselben
Vorgang erklart werden..
Die einzelnen Richtererzahlungen unterscheiden sich voneinander.
Die Gid'on- und Simsonerzahlungen heben sich durch den Umfang
und ihre Anlage von den iibrigen Richtererzahlungen ab. Ander-
seits beschrankt sich bei den sog. sechs kleinen Richtern der Be-
richt auf eine kurze, ahnlich gestaltete Bemerkung (3, 31; 10, if.;
10, 3 5; 12, 8 10; 12, nf.; 12, 13 15). Mit Ausnahme von 3, 3i 3
stehen sie in einem Zuge, nur durch die grofie Richtererzahlung von
Jiphtah (10, 6 12, 7) unterbrochen. Die Gid'onerzahlung hat aufierdem
die sprachliche Sonderheit, dafi als Relativ ? statt "> gebraucht wird
(6, 17; 7, 12; 8, 26). Diese Form finden wir auch in dem unmittelbar
vorausgehenden Deboralied (5, 7). Kap. 4 berichtet in Prosa und von
einem abweichenden Standpunkt aus iiber den gleichen Kampf, den
Kap. 5 dichterisch feiert. Zudem wiirde man nach 5, i ein Lied er-
warten, das Debora mit Barak singt; das Lied selbst lafit vermuten,
dafi es urspriinglich auf Debora gedichtet ist (5, 7* 12). Auch in der
geringeren oder grofieren Annaherung an das vorausgeschickte Schema
2, 6 3, 6 weicheri die Richterepisoden voneinander ab. Blofi 3, 7 n
enthalt alles und nur das, was das Schema erwarten lafit ; am weitesten
entternen sich Kap. 9 und 13 16 davon 5 . i, i 2^ 5 gehort noch
1 Gegen Doppelungen in Jdc 4 spricht sich Lagrange (s. o. S. 124) 74 ff.
aus ; vgl. auch Ders., Debora (Juges : recit en prose ch. IV, cantique ch. V
[Rb 9, 200 225]. Dagegen halt er 6, n 24 fur eine Doppelung zu 6, 25 32
(vgl. Le livre des Juges [s. o. S. 124] xxx).
2 C. H. Cornill (Jdc n, 33 [ZatW 37, 251 f.]) geht aber viel zu weit, wenn
er eine ammonitische und eine moabitische Jiphtaherzahlung herausschalen will.
3 3, 31 steht in einem Teil der -Zeugen auch nach 16, 31.
* Gegen die Lesart ich, Debora, stand auf des 9It sprechen und 33
sowie die Nennung des Namens, die nach 5, i iiberfliissig erscheint.
5 Vielleicht ist die Samgarerzahlung erst nachtraglich aufgenommen worden.
Sie unterbricht an der Stelle 3, 31 den Zusammenhang von 3, 30 und 4, i
und will offenbar 5, 6 vorbereiten. Deshalb ist sie vor Kap. 4 f. gesetzt
Nr. 168 A. Die Geschichtsbiicher. 3. Das Buch der Richter. 129
zur Eroberung des Gelobten Landes, wahrend die sog. Anhange ganz
aufierhalb des- Schemas stehen und durch den gemeinsamen Hinweis
auf den Mangel eines Konigs (17, 6; 18, i; 19, r; 21, 25 *) bereits auf
die Einsetzung des Konigtums unter Samuel (i Sm i if.) vorbereiten.
168. Ziemlich klar lafit sich aus den vorliegenden Anzeichen
in grofien Ziigen ersehen, wie das Richterbuch in seiner Ab-
grenzung zustande gekommen ist. Aus der letzten zusammen-
hangenden Uberarbeitung der Biicher von Gn bis iiber Sm hinaus
wurde ein Buch ausgesondert, das als Grundstock die Richter-
erzahlungen enthalt, aber von dem vorausgehenden Text der
Josuegeschichte noch I, I 2, 5 2 und von der nachfolgenden
Samuelgeschichte die Anhange Kap. 17 21 zugeteilt bekam.
Die Uberarbeitung seiner Bestandteile ist die gleiche wie bei Gn
bis Jos und lafit auch den gleichen Grund vermuten, der eine solche
notwendig machte : Untergang durch ein widriges Geschick,
weshalb der Text wiederhergestellt werden mufite. Zwischen
dem widrigen Geschick und der Sammlung liegen diejenigen Text-
spaltungen, welche als Doppelungen vom Wiederhersteller auf-
genommen wurden. Als Verfasser, welcher die Autorverant-
wortung auch vom Standpunkt der Inspiration aus tragt, kann
derjenige betrachtet werden, der den im wesentlichen schon vor-
handenen Richtererzahlungen ohne vollstandige Neubearbeitung
das pragmatisch-religiose Schema gab, womit sie in den Dienst
der atl Offenbarungsreligion gestellt wurden. Ein Zusammenhang
der Quellen von Jdc mit den sog. Pentateuchurkunden 3 konnte
in dem oben S. I22ff. umschriebenen Ausmafie nur fur den An-
worden. 16, 31 bildet den Schlufl der Richtererzahlungen in engerem Sinne,
so dafi auch dort eine nachtragliche Erweiterung leicht moglich war. Vgl.
E. Nestle, Samgar (ZatW 32, 1 52 f.).
1 Da der Hinweis auf die konigliche Zeit sonst am Anfang der Erzah-
lungen steht und sachlich dort hingehort, so ist Jdc 21, 25 zu i Sm I, I if.
zu ziehen (s. o. S. I27 3 ).
2 Kautzsch (s. o. S. 1 1) 1 4 , 369 meint, man habe die Stiicke hierher ge-
stellt, weil man keinen andern Platz fur sie wufite.
3 Die kritische Schule lafit ihre Hexateuchurkunden auch noch die Richter-
zeit umfassen ; so O. Eififeldt, Die Quellen des Richterbuches in synoptischer
Anordnung ins Deutsche iibersetzt samt einer in Einleitung und Noten ge-
gebenen Begriindung, Lp. 1926. Gegen Hexateuchquellen in Jdc vgl. La-
grange (s. o. S. 124) xxxil. Auch Steuernagel (s. o. S. 10) hebt hervor, dafl J
und E im Pentateuch nichts davon verraten, als ob sie auch iiber die Er-
oberung des Landes hinaus erzahlen wollten.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 9
130 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 169
fang (i, i 2, 5) in Frage kommen, einen Abschnitt, der sich
noch mit der Besitznahme des Gelobten Landes beschaftigt und
auch unmittelbar sich an Jos anschliefit. Jdc ist in seinem Haupt-
bestandteile als Buch noch viel bestimmter selbstandig als Jos.
26. Abfassungszeit des Richterbuches.
169. Verschiedene Anzeichen, die iiber Jdc zerstreut sind, lassen
auf die Zeiten schlieCen, in denen am Buche gearbeitet wurde.
Das bis auf den heutigen Tag i, 21 fiihrt iiber das siebte Jahr
Davids (2 Sm 5, 6 ff.) hinauf. Nach 3, 3 ist die Vormachtstellung in
Phonizien noch nicht von Sidon auf Tyrus iibergegangen (also vor dem
12. Jahrh. v. Chr. ?). 17, 6; 18, i ; 19, i und 21, 25 setzen den Bestand
des Konigtums in Israel voraus, aber in seiner Friihzeit, als seine
guten Folgen noch nicht zu sehr durch schlimme Regenten verdunkelt
waren. 18, 30 bis zum Tage der Gefangenschaft des Landes (a : ."~ v
73*; H) kann, wenn diese Form des 311 richtig ist, kaum auf etwas
anderes als die assyrische Gefangenschaft (722) bezogen werden ; denn
der Stamm Dan, der hier in Frage steht, gehorte zum Nordreich und
wurde naturgemafi von der Katastrophe dieses Reiches mitbetroffen ] .
Aber die Stelle verrat sich doch wohl als eine Glosse, welche die Zeit-
bestimmung 18, 31: solange das Haus Gottes in Silo stand , durch
eine gelaufigere ersetzen will; deshalb darf 18, 30 kaum fur die Da-
tierung des Abschnittes, in dem der Vers steht, verwendet werden.
Silo horte auf, Standort der Lade zu sein, als sie unter c Eli an die
Philister verloren ging (i Sm 4, 3 ff.). Gerade bei diesem Ereignis wird
i Sm 4, 21 der Ausdruck fiVa in Gefangenschaft gefiihrt werden von
der Lade Cp" 1 *?.) gebraucht, weshalb schon seit F. Houbigant 2 die nahe-
liegende Verbesserung des 7?. in Jdc 18, 30 in "p*. vorgeschlagen wird.
Auffallig ist die aramaisierende Sprache in Jdc 5 ; sie wurde in die
Exilszeit herabfuhren 3 .
Die altesten Anzeichen der Entstehungs'zeit (3, 3 ; 18, 31) reichen
also nahe an die Ereignisse selbst heran. Auch die Anzeichen einer
1 Es konnte auch an den Kriegszug Tiglat - Pilesers III. (733; vgl.
4 Rg 15, 29) gedacht werden, bei welchem dieselben Gegenden in Mitleiden-
schaft gezogen wurden. Die babylonische Gefangenschaft kommt wohl nicht
ernstlich in Frage, wiewohl r&a sonst besonders fiir dieses Ereignis gebraucht
wird. Die Textanderung : bis zur Gefangenschaft von Dan ( A , Lagrange
[s. o. S. 124] 289 Anm.) fiihrt in die gleiche Zeit.
2 Notae criticae in VT 1 libros, Frankfurt 1777, I, 278.
3 Vgl. twin (statt hebr. ttjB, 5, n), (st. ", 5, 7). Das spricht gegen
die herrschende kritische Annahme, dafi Jdc 5 das alteste Stiick der atl
Literatur sei (so z. B. Cornill [s. o. S. 2 4 ] 7 92). Die kritische Schule weist
noch auf Abhangigkeit von Dt hin, die aber nur bei bestimmten Voraus-
setzungen eine spate Datierung stiitzen wiirde.
Nr. 172 A. Die Geschichtsbiicher. 3. Das Buch der Richter.
spateren Zeit gehen sicher bloC in die alteste Konigszeit herab \
so dafi abgesehen von Kap. 5 mit einem sehr friihen Bestand des
Richterbuches gerechnet werden kann.
170. Einen bestimmten Verfasser zu nennen, fehlen alle
Anhaltspunkte.
Vom Talmud (b. Baba batra f. i4 b ), Isidorus Hispalensis (De off.
eccles. i, 12 [M 1 83, 747]), Calmet, Kaulen-Hoberg [s. o. S. 2 3 ] 2 5 , 40
u. a. wurde Samuel, von andern alteren Exegeten auch Ezechias (vgl.
Prv 25, i; so Hugo a S. Caro u. a.) und Ezra (Masius, Richard Simon)
genannt.
27. Der -Text im Richterbuche 2 .
171. B folgt mit einer Reihe von Hss und ( s genauer dem SQft
als A , ein Textzeuge, der mit einer andern Gruppe von -Hss
und Ubersetzungen (z. B. ) gegeniiber 3Qft selbstandiger ist 3 .
Man sieht in diesen beiden Textformen entweder Rezensionen der-
selben -Ubersetzung 4 , oder selbstandige Ubersetzungen der gleichen
Vorlage 5 , oder Textformen, die auf verschiedene hebraische Rezen-
sionen zuriickgehen 6 . Manche Textverschiedenheiten lassen sich am
ehesten verstehen, wenn unabhangige Ubersetzungen zu Grunde liegen.
Beim 3dt ist mit der Moglichkeit zu rechnen, dafi er selbst unter dem
Einflufi einer griechischen Textgestalt bearbeitet worden ist.
28. Zeitrechnung im Richterbuche.
172. Die Zeit vom Auszug aus Agypten bis zum Tempelbau
(4. Jahr des Salomo) setzt sich zusammen aus den 40 Jahren Wiisten-
wanderung, aus einer unbekannten Zahl von Jahren zwischen Josue
und dem ersten Richter, aus 410 Jahren, die sich aus den ein-
zelnen Richterzeiten errechnen, aus 40 ( 20) Jahren des e Eli
(i Sm 4, 1 8), aus den beiden wieder nicht iiberlieferten Jahres-
1 Israel* (5, 2 3 5 7 8 n) kommt nur in Kap. 5 vor, mufi aber iiberhaupt
nicht das Nordreich bedeuten, also nicht unbedingt iiber 932 v. Chr. herabfuhren.
2 Vgl. P. de Lagarde, Septuagintastudien i (Abh. der k. GdW zu Gott. 37
[1891]), 3 ff.; H. B. Swete, Introduction to the OT in Greek, Ld. 1900, 488 f.
3 Vgl. F. Moore, The book of Judges in Hebrew, Lp. 1900, 22.
4 So Lagrange (s. o. S. 124) xvm; O. Pretzl, Septuagintaprobleme im Buch
der Richter. Die griechischen Handschriftengruppen im Buch der Richter
untersucht nach ihrem Verhaltnis zueinander (Bb 7, 233 269 353 383);
Swete a. a. O.
5 So Moore a. a. O. und Ders. (s. o. S. 124) XLIV.
6 Vgl. Lagrange (s. o. S. 124) xix.
9*
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 173
summen fur Samuel und Saul (vgl. u. Nr. 182), aus 40 Jahren
fur David (3 Rg 2, u) und den 4 ersten Jahren von Salomos Re-
gierung, das sind 534 ( 514) -j- x -f- y -j- z Jahre, also etwa
600 Jahre. 3 Kg 6, I berechnet den gleichen Zeitraum auf 480
( 440) Jahre.
Wer nicht beide Zahlen als ungeniigend bezeugt beiseite lassen 1
oder aus verschiedenen nicht ausgleichbaren chronologischen Systemen
erklaren will, kann die Richterzeit verkiirzen, indem er annimmt, dafi
mehrere Richtererzahlungen gleichzeitig verlaufen 2 . Aber die letztere
Hypothese kann sich nicht auf Jdc 10, 7 berufen, weil 13, i nach dem
nachstliegenden Sinne die Philister- und Ammoniterbedriickung zeitlich
einander folgen lafit; 10, 7 nimmt die beiden Angaben nur zusammen
und voraus, ohne ihr zeitliches Verhaltnis zu bestimmen. Uberdies
scheint n, 26 mit den 300 Jahren die bis dahin verflossenen Richter-
jahre als nacheinander verlaufend ziemlich genau (339 Jahre) zusammen-
zuzahlen. Eine gewaltsame Losung ist es auch, wenn man annimmt,
dafi die Jahre der Unterdriickung unberechnet geblieben sind oder die
kleinen Richter mit ihren Jahren nachtraglich eingefugt und darum
3 Rg 6, i nicht beriicksichtigt wurden 3 . Wegen der haufiger vor-
kommenden runden Zahlen 20 und 40 wollte man in der biblischen
Chronologic ein kiinstliches System finden 4 , konnte dann aber die
iibrigen Zahlen nicht erklaren.
4. Das Buch Rut.
29. Name. Literatur.
173. rm, Toue, Liber Ruth (Rut), genannt von der Haupt-
personlichkeit im Buche.
1 So Mahler (s. o. S. 13 *) 230.
2 So F. Petrie, The Bible and the evidence of the inscriptions (nach
ExpT 1 8, 50 ff. ; er nimmt drei parallel verlaufende Eroberungen an, je 118
bis 122 Jahre); J. Hontheim S. J., Die Chronologie der Richterzeit in der
Bibel und die agyptische Chronologie (ZkTh 37, 76 132); O. A. Toffteen
(Researches in biblical archaeology. I. Ancient chronology I, Chicago 1907,
12 ff.; setzt einen Teil der Richter schon in die Zeit des Josue).
3 Vgl. Budde (s. o. S. 124) xvm ; Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 97 ; A. Gampert, Les
480 ans de I Rois VI, i. Note critique (RThPh 1917, Aug., 129157); Well-
hausen, Komposition (s. o. S. 73) 3 2I2.
4 Vgl. D. R. Fotheringham, The chronology of the OT, Cambridge 1906
(er verandert die Richterjahre und kommt auf 335 Jahre); Lagrange (s. o.
S. 124) xxxixff.; T. Noldeke, Untersuchungen zur Kritik des AT, Kiel 1869,
173198; Zapletal (s. o. S. 124) xxvn ff.
Nr. 176 A. Die Geschichtsbiicher. 4. Das Buch Rut. 133
174. A. Bertholet, Das Buch Ruth erklart, in: Die fiinf Megillot 1 (Das
Hohelied, Das Buch Ruth, Die Klagelieder, Der Prediger, Das Buch Esther)
erklart (KHK 1 7), Tub. 1898, 49 69. Hummelauer (s.o.S. 124). *A.Jansen,
Het boek.Ruth vertaald en met Aanteekeningen voorzien (Biblia Sacra [s. o.
S. 1 24] 2, 3), 's Hertogenbosch 1904. P. Joiion S. J., Ruth. Commentaire philo-
logique et exegetique (Splb), Rom 1924. Keil (s. o. S. 117). Nowack (s. o.
S. 124). S. Oettli, Das Buch Ruth und das Buch Esther ausgelegt (Die ge-
schichtlichen Hagiographen [Chronika, Esra, Nehemia, Ruth, Esther] und
das Buch Daniel [KK A 8], Nordlingen 1889, 211226). Schulz (s. o. S. 124).
30. Inhalt des Buches Rut.
175. In den Tagen, da die Richter richteten, wanderte der Betlehemit
Elimelek mit seinem Weibe Noemi und den beiden Sohnen Mahlon und
Kiljon nach Moab aus. Nach dem Tode des Mannes und der beiden
Sohne kehrte Noemi mit der einen der beiden moabitischen Schwieger-
tochter Rut nach Betlehem zuriick (i, i 22). Beim Ahrenlesen kam
Rut auf den Acker des Bo c az, eines Verwandten des Elimelek, der fur
die Familie Noemis als L6ser 0>s'a) 2 in Betracht kam. Dieser be-
gunstigte sie wegen ihrer treuen Anhanglichkeit an ihre Schwieger-
mutter (2, i 23). Auf den Rat Noemis begibt sich Rut zum Nacht-
lager des Bo c az auf der Tenne, und er verspricht ihr, seine Pflicht als
L6ser gegen sie zu erfullen, wenn der vor ihm Berechtigte es ablehne
(3, i 1 8). Als Loser ist der letztere wohl bereit, das Feld Noemis zu
erwerben, lehnt aber die damit verbundene Ehelichung der Rut ab.
Bo c az iibernimmt Feld und Rut. Der Ehe entstammt c Obed, der Vater
Isais, des Vaters Davids (4, i 22).
31. Stellung des Buches Rut im Kanon.
176. Rut steht nach dem SQit im dritten Teil der 24 Biicher,
welche der jiidische Kanon aufzalilt, also in einem spateren Teile
als Jdc im zweiten Teile. Nach und 95 folgt das Buch un-
mittelbar auf Jdc; ebenso bei Melito von Sardes 3 . Origenes 4 ,
Hieronymus u. a. berichten: Hebraei in eundem (sc. librum Ju-
dicum) compingunt Ruth (Prologus galeatus).
1 Rollen, welche an den fiinf Hauptfesten des jiidischen Jahres vorgelesen
wurden. Rut traf auf das Pfingstfest.
2 J. A. Bewer, Die Leviratsehe im Buche Rut (StKr 1903, 328 332). Ders.,
The ge'ullah in the book of Ruth (AmJsemL 19, 143 148). Ders., The
go'el in Ruth 4, 14 15 (ebd. 20, 202206). W. Caspari, Erbtochter und Er-
satzehe in Ruth 4 (NkZ 19, 115 129).
3 Eusebius, Hist, eccles. 4, 26, 12 14. Siehe u. 200.
4 In Ps i (M B 12, 1084).
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 177
Letzteres geschah deshalb, um die Zahl der Biicher des atl Kanons
der Zahl 22 der Alphabetbuchstaben anzugleichen. Die Zusammen-
fiigung mit Jdc legte sich aufierdem besonders nahe, weil die Erzahlung
in der Richterzeit spielt. Infolgedessen darf der getrennte Bestand
des Buches Rut gegeniiber Jdc als urspriinglich gelten. Rut i, i setzt
ohnehin das Richterbuch voraus, weil so verschiedenartige Fiihrer des
Volkes und einzelner Stamme erst, nachdem die Darstellung sie gleich-
artig erscheinen liefi, als eine Einheit erfaftt werden konnten. Als An-
hang zu Jdc 1 wiirde Rut wohl aufierlich zu den letzten Kapiteln passen,
aber inhaltlich mit dem Hintergrund der dortigen Ereignisse (Fehlen
der ordnenden Macht eines Konigs in Israel) in Widerspruch stehen.
Da Jdc 21, 25 zudem hierdurch von dem zugehorigen Abschnitt i Sm
i 7 (s. u. 37) losgerissen wiirde, hat sich Rut auch in der Reihen-
folge ehedem nicht an Jdc angeschlossen.
32. Einheitlichkeit des Buches Rut und seine
Entstehungszeit.
177. Die geschlossene Anlage der Erzahlung halt davon ab, eine
literarkritische Entwicklung in den Text hineinzutragen. i, n
verkniipft auch die Leviratsehe engstens mit der Geschichte. Nur
die Genealogie Davids konnte aus i Chr 2, 10 15 heruber-
genommen sein, wenn das auch nicht bewiesen werden kann 2 .
178. Durch i , i ist die Entstehung von Rut unter die Abfassungs-
zeit des Richterbuches herabgeriickt. Nach 4, 7 muC der Ver-
fasser den Ereignissen zeitlich ferngestanden haben. Die Ara-
maismen der Sprache (tittn [statt fHa] I, 20; }%. 2. Sg. f. Impf.
2, 8; ^Pi- 2. Sg. f. Pf.; Vertauschung des grammatischen Ge-
schlechts I, 9 19 22; 3, 15; pb i, 13; D^p. 4, 7; TSto i, 13;
dlTDS 3, I4 3 ) verweisen in die Exilszeit, in der die hebraische
Sprache vom Osten her ausgiebig aramaisiert wurde. Hiergegen
1 So N. Schlogl O. Cist., Die heiligen Schriften des Alten Bundes. Aus
dem kritisch wiederhergestellten hebraischen Urtexte iibersetzt und kurz
erlautert i, Wien 1922, xxxi f. u. a.
2 L. B. Wolfenson (The character, contents and date of Ruth [AmJsemL
27, 285 300]) betrachtet 4, 5 10 15 22, die Stellen iiber den L6ser und
die Genealogie Davids, als spatere Zutaten. Vgl. Bewer (s. o. 133 2 ). Dazu
Sheppard, Ruth III I3 b . An explanation of Bewer' s inserted words (JthSt 19, 277).
3 Diese Formen wollen nicht die moabitische Sprache der handelnden
Personen nachahmen (so Kaulen, Einleitung [s. o. S. 2 3 ] 3 , Frb. i. Br. 1890, 186),
konnen auch nicht als althebraisch (so Konig [s. o. S. 2 2 ] 286 f. ; Kaulen-
Hoberg [s. o. S. 2 3 ] 2 5 , 46) erwiesen werden.
Nr. 180 A. Die Geschichtsbiicher. 5. Die Biicher Samuel. 135
kann nicht geltend gemacht warden, dafi der Abbruch der Genea-
logie mit David einen entsprechend friiheren Ansatz fordere l .
33. Zweck des Buches Rut 2 .
179. Die Freude an dem anheimelnden und erbaulichen geschicht-
lichen Stoff wird dem Verfasser hauptsachlich die Feder gefuhrt
haben. Das Interesse daran mag nebenher noch dadurch ver-
starkt worden sein, dafi die Vorgeschichte Davids aufgehellt
wurde.
Die kunstvolle Form der Idylle lafit sich mit dem geschichtlichen
Hintergrund wohl vereinbaren; eine reine Schaferdichtung scheint auf
atl Boden nicht vorhanden gewesen zu sein. Die Lehre, daft Ab-
schlieftung gegen Ehen mit fremdlandischen Frauen nicht iiberspannt
werden soil, kann sicher aus unserer Erzahlung entnommen werden 3 ;
aber als Absicht des Verfassers tritt sie keineswegs hervor. Ebenso-
wenig ist die Einscharfung der Leviratsehe als Lehrzweck des Buches
zu erkennen. Nur eine gekiinstelte Erklarung kann die einfache und
durchsichtige Meistererzahlung zu einem politischen Tendenzstiick
stempeln wollen 4 , oder eine prophetisch-symbolische Umdeutung ver-
suchen 5 , oder sie ins Mythologische umsetzen 6 .
5. Die Biicher Samuel.
34. Name "'. Literatur.
180. biWEtjJ, BacnXeiuiv a', J3', Liber primus, secundus Samuelis,
quern nos primum, secundum regum 8 dicimus, Biicher Samuels
1 Wolfenson a. a. O. verlegt Rut mindestens in die vordeuteronomische
Zeit. Andere (so Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, i 2 , 233) nehmen mit dem Talmud
(b. Baba batra f. I4 b ) Samuel als Verfasser an.
2 L. B. Wolfenson, The purpose of the book of Ruth (Bs 69, 329 344).
3 Deshalb konnte das Buch wohl in der Zeit des Ezra eine Rolle ge-
spielt haben (so Bewer [s. o. S. 133 2 ]; Steuernagel [s. o. S. 10] 432; andere
Vertreter dieser Anschauung vgl. bei Joiion [s. o. S. 133] 4ff.); nachzuweisen
ist das aber nicht.
4 Vgl. u. a. C. Niebuhr, Betlehem Ephrata (OrLz 20, 360 363).
5 So Scholz (s. o. S. 76 10 ) 26.
6 So H. Winckler, Altorientalische Forschungen, 3. R., Lp. 1902, 65 78 ;
H. Gunkel, Ruth (Deutsche Rundschau 125 [1905], 50 69).
7 Vgl. Schulz (s. u. Nr. 181) 2, 312 ff.
8 Diese Form zog Hieronymus (Prol. gal.) der -Bezeichnung vor (vgl. u.
Nr. 196).
126 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 181
oder Samuel (i, 2, Sm [i, 2 1 Rg oderKg]). Die Benennung setzt
im 9Jt ein Buch, in und SB 2 zwei Biicher voraus, in und
(beim zweiten Namen) in 35 auCerdem die Zusammenfassung mit
dem nachstfolgenden atl Buch. Nach Samuel wird es bezeichnet,
weil es mit der Geschichte des Propheten und Richters Samuel
beginnt.
181. Eine vollstandige Ubersicht iiber die Literatur zu Sm bis 1918 s. bei
Schulz (s.u.) 2, 297311. K. Budde, Die Biicher Samuels erklart (KHK 8),
Tub. 1902. W. Caspari, Die Samuelbiicher mit Sacherklarungen versehen,
nach bearbeitetem Wortlaut iibersetzt (KAT 7), Lp. 1926. P. Dhorme O. P.,
Les livres de Samuel (Etudes bibliques), P. 1910. F. de Hummelauer S. ].,
Commentarius in libros Samuelis(I et II Regum) (CSs), P. 1886. *A. Jansen,
Het eerste en tweede boek der koningen (Biblia Sacra [s. o. S. 124] 2, 3), 's Her-
togenbosch 1904. K. F. Keil, Die Biicher Samuels (BC 2, 2), Lp. 1864, 2 i875.
A. Klostermann, Die Biicher Samuelis und der Konige (KK A 3), Nord-
lingen 1887. *B. Neteler, Die Biicher Samuels der Vulgata und des hebrai-
schen Textes, Mstr. i. W. 1903. W. Nowack, Die Biicher Samuelis iibersetzt
und erklart (GHK i, 4), Gott. 1902. N. Schlogl, Die Biicher Samuels
(i. und 2. Buch der Konige) iibersetzt und erklart (KwC), Wien 1904.
A. Schulz, Die Biicher Samuel. Ubersetzt und erklart (EH 8), Mstr. i. W.
1919/20. H. P. Smith, A critical and exegetical commentary on I. and
II. Samuel (IcC), Edinburgh 1899.
35. Inhalt der Biicher Samuel.
182. Sm schildert die Zeit unter dem Hohenpriester und Richter
C EH (40 [ 20] Jahre), unter dem Propheten und Richter Samuel,
das Konigtum Sauls (40 Jahre [Apg 13,21; Josephus, Ant. 6, 14, 9]),
Davids (40 Jahre [2 Sm 5,4], vielleicht die 8 1 / 2 Jahre Isbosets ein-
begriffen), also etwa 130 Jahre.
183. I. Samuel und c Eli. Vorgeschichte zur Einfiihrung
des Konigtums ([Jdc 21, 25] i Sm i 7 3 ): Anna, die bisher kinder-
lose Gattin des Elkana, erhalt auf ihr Gebet bin einen Sohn, den Samuel,
und weiht ihn dem Herrn (i, i 28). Loblied der Anna (2, i 10). Die
Sohne des Priesters C EH freveln an ihrem heiligen Dienst (2, n 17).
1 Diese Art zu zitieren ist unklar, weil sie leicht mit den beiden Konigs-
biichern verwechselt wird.
2 Die Teilung von Sm, Rg, Ezr-Neh, Chr ist i. J. 1448 zum ersten Male
in eine hebraische Handschrift iibernommen (vgl. C. D. Ginsburg, Introduction
to the massoretico-critical edition of the Hebrew Bible, Ld. 1897, 586 ff.).
3 Schon Jdc 17 21 wollen dem gleichen Zwecke dienen, und Jdc 21, 25
ist bereits zu i Sm zu ziehen (s. o. S. I27 2 ).
Nr. 185 A. Die Geschichtsbiicher. 5. Die Bucher Samuel. 137
Samuel dient am Tempel (2, i8--2i). C EH tadelt seine Sohne erfolglos;
Samuel dagegen 1st bei Gott und den Menschen angesehen (2, 22 26).
Ein Gottesmann kiindigt an, dafi c Elis Haus das Hohepriestertum ver-
lieren und c Elis Sohne umkommen werden (2, 27 36). Gott offenbart
dem Samuel c Elis Endgeschick und weitere Dinge (3, i 21). Israel,
von den Philistern geschlagen, nimmt die Bundeslade von Silo mit in
den Kampf und verliert sie an die Philister; c Elis Sohne fallen, der
Hohepriester selbst stirbt (4, i 22). Die Bundeslade bringt Heim-
suchungen iiber die Philister (5, i 12), so dafi sie die Lade nach
sieben Monaten zuriickschicken (6, i 12). Mit Weihegeschenken der
Philister kommt sie nach Betsemes, dessen Bewohner heimgesucht
werden, weil sie die Lade angesehen hatten (6, 13 21). Zwanzig Jahre
blieb sie in Kirjatje'arim (7, i 2). Samuel stellt sich zu Mispa als
Richter an die Spitze des Volkes, das sich vom Gotzen'dienst bekehrt
(7, 3 6); auf sein Gebet hin besiegt Israel die Philister (7, 7 14).
Samuel fiihrte sein Leben lang das Richteramt in Rama (7, 15 17).
184. II. Einftihrung des Konigtums in Israel (8, i 12, 25):
Unzufrieden mit den So'hnen Samuels als dessen Nachfolgern, verlangt
das Volk einen Ko'nig (8, i 5). Samuel sucht das Volk von seinem
Verlangen abzubringen, indem er ihm die Anspriiche des Konigs dar-
legt (8, 6 1 8). Das Volk beharrt auf seinem Verlangen, und Samuel
mufi ihm auf Gottes Geheifi willfahren (8, 19 22). Auf der Suche
nach den verlorenen Eselinnen kommt Saul, der Sohn des Kis, zu
Samuel ; dieser erkennt ihn als von Gott ausersehenen Ko'nig, salbt
ihn und kiindigt ihm verschiedene zukiinftige Ereignisse an, die sich
erfullen (9, i 10, _i6). Bei einer Versammlung in Mispa wird Saul
durch das Los zum Konig bestimmt. Samuel verkiindigt das Konigs-
recht und schreibt es auf (10, 17 27). Die Einwohner von Jabes in
Gil c ad werden von den Ammonitern bedrangt. Saul ruft das ganze
Volk zur Hilfe auf und schlagt die Ammoniter. Das Volk macht in
Gilgal Saul zum Ko'nig (n, i 15). Samuel halt eine Abschiedsrede
an Israel (12, i 25).
185. III. Saul und David (13, i 2 Sm 2, 7): Saul im zweiten Jahre
seines Konigtums opfert bei einem Philistereinfall, ohne Samuels Ein-
treffen abzuwarten; dafiir kiindigt ihm der Prophet an, dafi das Ko'nig-
tum nicht dauernd bei ihm bleiben werde (13, i 14). Durch eine
kiihne Heldentat Jonatans, des Sohnes Sauls, erringen die Israeliten
einen Sieg iiber die Philister (13, 15 14, 23). Jonatan iibertritt ohne
Wissen das Fastengebot Sauls (14, 24 31). Saul halt das Volk vom
Blutgenufi zuriick (14, 32 35). Jonatan wird durch das Los seiner
Ubertretung iiberfiihrt und soil sterben ; das Volk aber tritt fur ihn ein
(14, 36 46). Zusammenfassender Uberblick iiber Sauls Taten und seine
Familie (14, 47 52). Saul schont gegen Gottes Befehl Konig und
Herden der Amalekiter und wird deshalb von Gott verworfen (15, i 35).
Samuel salbt David, den jiingsten Sohn des Isai, zum Konig (16, i 13).
Saul zieht David in seine Nahe, damit er ihn in seiner Schwermut
138 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 185
durch Harfenspiel ermuntere (16, 14 23). Der Philister Goliat fordert
einen Israeliten zum Einzelkampf auf (17, i n). David, der Sohn des
Isai, begibt sich von seiner Heimat zum israelitischen Heere, vernimmt
die Herausforderung des Goliat, lafit sich zum Konig Saul bringen
und wagt den Zweikampf (17, 12 37). David besiegt und totet den
Goliat, Israel verfolgt die Philister. David wird dem Saul vorgestellt
(17, 38 58). David befreundet sich mit Jonatan und wird von Saul
zuriickbehalten und kampft in seinem Auftrag (18, i 5). Nach der
Riickkehr aus der Philisterschlacht wird David mehr gepriesen als Saul.
Der eifersiichtige Konig sucht ihn beim Harfenspiel an die Wand zu
spiefien (18, 6 n). Saul macht David zum Heerfuhrer, um ihn zu
beseitigen (18, 12 14). Durch Angebot seiner Tochter Merab lockt er
David in gefahrliche Kampfe, erfiillt aber sein Angebot nicht(i 8, 15 19).
Auch aus den weiteren Kampfen mit den Philistern kehrt David heil
zuriick, und Saul mufi ihm, wie versprochen, seine Tochter Mikal zum
Weibe geben (18, 20 30). Jonatans Fiirsprache stellt das friihere Ein-
vernehmen zwischen Saul und David wieder her (19, i 7). David
besiegt die Philister (19, 8). Saul sucht David an die Wand zu spiefien;
letzterer entweicht (19, 9 10). Den Nachstellungen im eigenen Hause
entzieht ihn Mikal durch List (19, n 17). David geht zu Samuel nach
Rama. Vor den Sendlingen des Konigs und dem Konig selbst wird
er dadurch gerettet, daft seine Verfolger in prophetischen Zustand ge-
raten und darob nicht imstande sind, ihn zu ergreifen (19, 18 24).
Jonatan verspricht David, ihn iiber die Nachstellungen seitens seines
Vaters durch ein verabredetes Zeichen zu unterrichten (20, i 23). Saul
bedroht das Leben Davids, und Jonatan gibt David die verabredete
Nachricht (20, 24 43). David kommt nach Nob, erhalt dort vom
Priester Achimelek Schaubrote als Zehrung und nimmt Goliats Schwert
aus dem Heiligtum (21, i 10). Vor Akis, dem Konig von Gat, rettet
er sich durch Verstellung (21, n 16). David sammelt Freibeuter-
scharen um sich (22, i 5). Die Priester von Nob werden wegen der
Begiinstigung Davids getotet ; Abjatar, ein Sohn Achimeleks, entkommt
und flieht zu David (22, 6 23). David befreit Ke c ila von den Phili-
stern (23, i 5). Dort entrinnt er infolge gottlicher Weisung mittels
des Ephods des Abjatar den Nachstellungen Sauls (23, 6 13). Zu-
sammentreffen des David und Jonatan in der Wiiste Ziph (23, 14 18).
Die dortigen Bewohner verraten David; durch einen Philistereinfall
wird Saul gezwungen, den eingeschlossenen David entrinnen zu lassen
(23, 19 28). David schont den Saul, den er toten konnte; beide
sprechen sich aus und scheiden versohnt voneinander (24, i 23).
Samuels Tod (25, i a ). Nabal versagt dem David eine Ehrengabe fur
die Schonung seines Besitztums, Nabals Weib Abigail versohnt den
David. Nabal stirbt bald. Abigail wird Davids Gattin (25, i 8 44). Die
Bewohner von Ziph verraten David an Saul. Saul ist dem nachts ins
Lager dringenden David in die Hand gegeben und wird geschont.
Beide sprechen sich aus und scheiden versohnt voneinander (26, i 25).
David entweicht vor den Nachstellungen des Saul zu Akis, dem
Nr. 1 86 A. Die Geschichtsbiicher. 5. Die Biicher Samuel. 139
Philisterkonig in Gat, erhalt Siklag als Wohnort und vernichtet ohne
Wissen des Akis Philisterstadte (27, i 12). Vor einem Kampfe mit
den Philistern, in deren Gefolgschaft David sich befindet, lafit die Hexe
von c Endor dem Saul den Geist Samuels erscheinen. Dieser verkiindet
ihm Niederlage und Untergang (28, i 25). Wegen des Mifitrauens der
Philisterfiirsten mufi Akis David nach Hause entlassen (29, i n).
Siklag wird von den Amalekitern gepliindert. David jagt ihnen die
Beute ab und bestimmt, dafi die Kriegsbeute zwischen Kampfern und
Wachtern des Gepackes geteilt werde (30, i 31). Saul und seine Sohne
fallen im Kampf gegen die Philister (31, i 13). David totet den Boten,
der den auf den Tod verwundeten Saul auf seinen Wunsch hin getotet
hat und die Todesnachricht iiberbringt (2 Sm i, i 16). Davids Toten-
klage uber Saul und Jonatan (i, 17 27). David wird in Hebron als
Konig uber Juda anerkannt (2, i 7).
186. IV. Davids Konigtum (2 Sm 2, 8 24, 25): Sauls Sohn Isboset
wird fur zwei Jahre Konig der iibrigen Stamme (2, 8 10). Davids
Konigtum in Hebron und iiber Juda dauert 7*/2 Jahre (2, n). In einem
Kampf werden Davids Gegner besiegt (2, 12 32). Abner, der Feld-
herr der Anhanger des Hauses Saul, entzweit sich mit Kboset und
fiihrt ganz Israel dem David zu (3, i 21). Abner wird von Joab,
Davids Heerfiihrer, aus Rache ermordet und von David betrauert
(3, 22 39). Isboset wird ermordet, die Morder von David getotet
(4, i 12). David wird im Alter von dreifiig Jahren als Konig iiber
ganz Israel anerkannt und regiert 33 Jahre lang in Jerusalem (5, i 5).
Er erobert Jerusalem von den Jebusitern und wird immer machtiger
(5, 6 1 6). Er schlagt die Philister zweimal (5, 17 25). David will
die Bundeslade holen; da c Uzza wegen unbedachter Beruhrung der
Lade stirbt, lafit er sie im Hause des 'Obededom (6, i n). Der
Segen des Herrn uber 'Obededom ermutigt David, die Lade feierlich
in die Davidsstadt zu bringen (6, 12 19). Sein Weib Mikal verspottet
ihn und wird mit Kinderlosigkeit gestraft (6, 20 23). Als David Ruhe
vor seinen Feinden hat, gedenkt er dem Herrn einen Tempel zu bauen.
Der Prophet Natan verkiindigt ihm einen Nachkommen, der Davids
Haus fur ewig begriinden und dem Herrn einen Tempel bauen soil
(7, i 29). Kampfe Davids mit den umliegenden Volkern (8, i 14).
Seine Beamten (8, 15 18). David sorgt fur Mephiboset, den Sohn
Jonatans, den letzten Nachkommen aus dem Hause Sauls (9, i 13).
David besiegt die Ammoniter, welche seine Abgesandten beschimpft
hatten, und die mit ihnen verbundeten Aramaer (10, i 19). Er begeht
Ehebruch mit Batseba', dem Weibe des Urijja, der gegen die Ammoniter
stand, lafit den Mann im Kriege umkommen und nimmt Batseba c zum
Weibe (n, i 27*). Gott tadelt den Konig durch den Propheten Natan;
David erkennt seine Siinde und wird durch den Tod seines Sohnes
gestraft (n, 27 b 12, 23). Geburt des Salomo (12, 24f.). David vollendet
selbst den Kriegszug gegen die Ammoniter (12, 26 31). Amnon,
Davids Sohn, entehrt Tamar, die Schwester Absaloms ; dieser totet ihn
dafiir (13, i 39). Joab erwirkt dem Absalom Verzeihung beim Konig
140 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 187
(14, i 33). Absalom verschwort sich gegen David, welcher mit we-
nigen Anhangern fliichten mufi; er wird von Sim c i verflucht (15, i
bis 1 6, 14). In Absaloms Umgebung macht sich Verrat geltend (16, 15
bis 17, 23). Im Kampfe gegen Davids Heer unterliegt Absalom und findet
durch Joab seinen Tod (17, 24 18, 18). David betrauert seinen Sohn
(18, 19 19, i [93 18, 33]). Joab verweist dem Konig seine iibergrofie
Trauer (19, 2 [95 i] bis 9). Das abgefallene Volk schliefit sich all-
mahlich wieder dem David an (19, 10 15). Er kehrt nach Jerusalem
zuriick (19, 16 44). Joab unterdriickt die Emporung des Seba c (2o,
i 22). Die Beamten Davids (20, 23 26). Eine Hungersnot veranlafit
David, die Nachkommen Sauls mit Ausnahme des Mephiboset den
Gib c oniten auszuliefern ; diese toten sie aus Rache. David holt Sauls
und Jonatans Gebeine in die Heimat (21, i 14) 1 . In Kampfen mit
den Philistern fallen vier Sohne Raphas durch Davids Mannen, darunter
ein Goliat (21, 15 22). Lied Davids, als er von seinen Feinden, auch
von Saul, befreit war (22, i 51 = Ps 18 [93 17], 3 51). Noch ein Lied
als Davids letzte Worte (23, i 7). Die Helden Davids und ihre Taten
(23, 8 39). Wegen einer Volkszahlung (24, i 9) sucht Gott Davids
Volk mit einer Pest heim. David errichtet einen Altar auf der Tenne
des Arauna und opfert; die Plage hort auf (24, 10 25).
36. Die Teilung des Sm-Buches.
187. Das Buch Sm war urspriinglich ungeteilt 2 . Nachtraglich
wurde Sm wie Rg, Chr und Ezr-Neh in zwei Biicher geteilt. Am
friihesten ist die Teilung in bezeugt; vielleicht ist sie auch
durch eingefuhrt worden 3 . Der Grund zur Teilung wird rein
aufierlich gewesen sein 4 ; jedenfalls ist die Trennung nicht durch
den Inhalt begriindet. B kennzeichnet die Zusammengehorigkeit
der beiden Biicher dadurch, dafi 2 Sm I, I auch zum SchluB von
1 Sm gefiigt wird.
1 T. Kroner, Mifihandlung der Volksfremden eine Entweihung Gottes (Fest-
schrift fur A. Schwarz, B. 1917, 63 74).
2 Talmud, b. Baba batra f. I4 b ; Origenes, In Ps I (Eusebius, Hist, eccles.
6, 25, 2 : 'ev Iccuoui'iA.) ; Hexapla; Kyrillos v. Jerus., Cat. 4, 35 (M g 33, 500); Hiero-
nymus, Prologus galeatus ; 911, welche die clausula massoretica erst nach
2 Sm setzt.
3 So Steuernagel (s. o. S. 10) 308 u. a. L. Blau (Studien zum althebraischen
Buchwesen und zur biblischen Literatur- und Textgeschichte. I. Studien zum
althebraischen Buchwesen und zur biblischen Literaturgeschichte , StraC-
burg 1902, 51) nimmt bereits eine geteilte hebraische Vorlage an.
4 Blau a. a. O. fiihrt den Normalumfang einer Rolle als Grund an, auch
die Handlichkeit kleinerer Rollen fur den Privatgebrauch ; ahnlich E. Nestle
(ExpT 1 8, 383), der den grofieren Umfang des -Textes gegeniiber dem 3Qft
geltend macht.
Nr. 190 A. Die Geschichtsbiicher. 5. Die Biicher Samuel. 141
37. Sm und Jdc.
188. Zwischen den Anfangskapiteln von Sm (i Sm i 7) und
Jdc bestehen einige auffallige Beziehungen, die eine Erklarung
fordern.
Die Anlage der Samuelerzahlung entspricht der Samsongeschichte
von Jdc (i Sm i, i Jdc 13, 2, Unfruchtbarkeit der Mutter, Weihe des
Sohnes). Der Schlufivers von Jdc (21, 25) leitet eine neue, also die
nachfolgende Erzahlung von i Sm i, iff. ein (vgl. Jdc 17, 6; 18, i ;
19, i, wo die gleiche Angabe als Einleitung zur nachfolgenden Er-
zahlung erscheint) ; der Vers ist bei Trennung der urspriinglichen Ein-
heit des Textes falsch zugeteilt worden. Die Geschichte von c Eli und
Samuel ist in den Formen der Richtererzahlungen gehalten (vgl. 4, 18;
7, 13 17). Die Philisternot von Jdc 10, 6f. ; 13, i bildet den Hinter-
grund von i Sm i ff. (vgl. 4, i ff.). Der Ort der Ereignisse ist Silo so-
wohl am Schlufl von Jdc wie am Anfang von Sm.
189. Manche Exegeten halten deshalb i Sm i 7 fur einen ehemaligen
Bestandteil von Jdc, der durch unrichtige Teilung des Textes davon
getrennt worden sei *. Die formale Ahnlichkeit von i Sm i 7 mit den
Richtererzahlungen des Hauptteiles von Jdc sprache zu Gunsten dieser
Ansicht. Allein anderseits waren die Anhange des Richterbuches als
Vorspiele fiir die Einfiihrung des Konigtums zu Sm 8 ff. zu ziehen. Man
kann darum i Sm i 7 nicht von dem folgenden Inhalt i Sm 8ff.
(Einrichtung des Konigtums und Geschichte der ersten Konige in
Israel) trennen. Weil die Beziehung zwischen Jdc und Sm so wider-
spruchsvoll erscheint, darf man weder Jdc 176. zu i Sm noch i Sm
i 7 zu Jdc ziehen.
Dieser unklare Ubergang von Jdc auf Sm scheint dieselbe Ur-
sache zu haben, die fast bei alien geschichtlichen Buchern des
AT wirksam war. Eine Bearbeitung, welche eine verloren ge-
gangene Literatur aus den noch vorhandenen Trummern wieder-
herzustellen bemiiht war, konnte zur Folge haben, dafi die Uber-
gange von einem Buch zum andern verwischt wurden, ohne dafi
die Anzeichen von Selbstandigkeit vollstandig verschwanden.
38. Literarische Eigenart von Sm 2 .
190. Dafi der Verfasser Quellen beniitzt hat, ist bei der Einlafi-
lichkeit und Genauigkeit der Darstellung sowie bei der langen
1 Vgl. Klostermann (s. o. S. 136) XV f. ; Schlogl (s. o. S. 134 ') i, xxxf., der
die Kapitel sogar vor den Anhangen zu Jdc nach Jdc 15, 20 einschiebt.
2 S. A. Cook, Critical notes on OT history : The traditions of Saul and
David, Ld. 1907 (vgl. JqR Bd. 17 19). A. Fernandez S. J., Estudios de critica
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 191
Zeit, die geschildert wird, naturgemaC anzunehmen. Fiir Davids
Klage urn Saul und Jonatan wird ausdriicklich auf das' Buch
des Gerechten ( Liederbuch) verwiesen (2 Sm I, 18). Fiir
die Geschichte Davids wissen wir aus i Chr 29, 29, dafi Quellen
vorhanden waren (Worte Samuels, des Sehers, Worte des Pro-
pheten Natan, Worte des Gad, des Schauers). Aber dariiber
hinaus laCt die enge Beziehung zu Jdc erwarten, dafi auch Sm
keinen unversehrten Textbestand mehr aufweist. Tatsa.cb.lich
finden sich Anzeichen, dafi verschiedene Materialien zusammen-
gefafit wurden, die nicht mehr durchgreifend verarbeitet wor-
den sind.
191. i Sm 2, 18 H 3, i. 4, 21 H 4, 22. 6, 14 || 6, 15. 7, i6 b || 7, 17". 8, 7
|| 8, 22. Die Wahl Sauls zum Konig kommt in doppelter Gestalt vor:
i Sm 8; 10, 17 27; 12(19, * 10 > *6; [ ZI ]> Z 3> I 4 1 - T Sm 10, loff.
|| 19, 1 8 if. Das Zusammentreffen Sauls mit David ist ebenfalls nicht ein-
heitlich erzahlt 2 : i Sm 16, 14 23; 17, 32 ff. || 17, 12 31; 17, 51 18, 5;
18, 9 10 17 19 29^ 30 3 . Vgl. 20, 5 mit 20, i8ff.; 21, 10 mit 21, n;
26, 25 mit 27, i ff. Der Tod Samuels wird zweimal erwahnt, 25, i
und 28, 3. Aufier der kurzen Glosse i Sm 9, 9, welche wegen der un-
richtigen Einreihung einen nachtraglichen Einschub vermuten laftt, ist
auch das Lied der Anna (i Sm 2, i 10) im DIt nach i.Sm i, 28**, in
der vor diesem Stichos (3R -i, 28* = 2, u a ) eingereiht 4 .
textual y literaria. 2. I Sm I 15. Critica textual, Rom 1917. *N. Peters,
Beitrage zur Text- und Literarkritik sowie zur Erklarung der Biicher Sa-
muel, Frb. i. Br. 1899. M. H. Segal, Studies in the books of Samuel (JqR N. S.
5,201235; 6, 267302 555587; 8, 75100; 9, 437o; 10,203236 421
bis 444). H. Wiesmann S. J., Bemerkungen zum i. Buch Samuel (ZkTh
Bd. 3235)-
1 Vgl. J. Schafers, I Sm I 15 literarkritisch untersucht (BZ Bd 5 u.6). Fiir
die Einheitlichkeit der Erzahlung tritt ein H. Wiesmann S. J., Die Ein-
fiihrung des Konigtums in Israel (i Sm 8 12) (ZkTh 34, 118 153).
2 i Sm 13 und 15 sind keine Parallelen; vgl. J. Goettsberger, Die Ver-
werfung Sauls i Sm 13 und 15 (Festgabe fur A. Knopfler, Frb. i. Br. 1917,
140 158).
3 Auch hier glaubt H. Wiesmann S. J. (Davids Jugendzeit [i Sm 15, 35 bis
19, 18] [ZkTh 38, 391 410]) durch tiefgreifende Umstellungen einen als Ein-
heit haltbaren Text gewinnen zu konnen. B laflt hier manche Doppelungen
aus, was mit der Geschichte des Textes und seiner allmahlichen Entwicklung
zusammenhangen wird.
4 P. Dhorme O. P. (Le Cantique d'Anne [i. Sam. II, i 10] [Rb N. S. 4,
386 397]) laCt das Lied erst unter Johannes Hyrkanus (135 105 v. Chr.)
entstanden sein. Vgl. V. Zapletal O. P., Alttestamentliches, Frb. i. S. 1903,
99112.
Nr. 194 A. Die Geschichtsbiicher. 5. Die Biicher Samuel. 143
192. Diese Unausgeglichenheit der Textbestandteile hat manche
Exegeten veranlaCt, die kritischen Quellen des Pentateuchs auch
in Sm zu suchen 1 ; die Mehrzahl der Exegeten nimmt das nicht
als nachgewiesen an 2 oder bestreitet es. Die eigentiimlichen
Spuren der Entstehung teilt Sm jedenfalls mit den vorausgehenden
Biichern einschliefilich des Pentateuchs. Der Hinweis auf nach-
tragliche Geschicke, die das fertige Buch betrafen, kann auch hier
die gegenwartige Form erklaren und dabei den unverkennbaren
Anzeichen eines selbstandigen Sm-Buches Rechnung tragen.
39. Entstehungszeit von Sm.
193. Schon die Zeit Davids gehort fur den Verfasser der Vergangen-
heit an ; um so mehr die Geschichte Samuels 3 . Auch die Reichstren-
nung (932) ist schon voriiber, weil Juda und Israel unterschieden werden
(i Sm 18, 16 ; 27, 6 4 ; 2 Sm 2, i 9; 3, 10). Diesem terminus a quo kann
mit derselben Bestimmtheit als terminus ad quern nur die Abfassungs-
zeit der Konigsbiicher gegeniibergestellt werden (babylonisches Exil) 5 .
Ein Anhaltspunkt von unsicherer Natur ist die groftere Sprachreinheit
des Sm-Textes. Dafi nichts im Buche auf das assyrische Exil hinweist
(722), ist ein argumentum ex silentio, das wegen mangelnden Gegen-
beweises Beachtung verdient. Verwandtschaft mit dem Stil von Dt wird
von der kritischen Schule geltend gemacht 6 .
Am besten setzt man Sm geraume Zeit nach 932, aber noch
vor 722 7 , oder wenigstens vor der Abfassung von Rg, spatestens
gleichzeitig damit an.
194. Wer den- Verfasser bestimmen will, kann sich nur auf Ver-
mutungen stiitzen. Auf Samuel kam man meist wohl nur wegen des
1 So z. B. K. Budde, Die Biicher Richter und Samuel, ihre Quellen und
ihr Aufbau, Giefien 1890; Caspari (s. o. S. 33 s ); T. Klaehn, Die sprachliche
Verwandtschaft der Quelle K der Samuelisbiicher mit der Quelle J des Hepta-
teuchs. Ein Beitrag zur Losung der Frage nach der Identitat beider Quellen,
Lp. 1914.
2 Dhorme (s. o. S. 136) behalt aber die Bezeichnung J und E auch fur
Sm bei.
3 I Sm 9, 9 darf dabei freilich keine Rolle spielen, weil der Vers nach-
traglich eingeschoben wurde; so Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 52; Schulz
(s. o. S. 136) 2, 332.
4 Nach Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 52 konnte die Stelle Glosse sein.
5 So J. B. Glatigny O. F. M. (s. o. S. 77 2 ) 129 (vgl. Dhorme [s. o. S. 136] 8).
6 Dementsprechend datiert Dhorme (s. o. S. 136) 8 Sm nicht vor 621.
7 So Hudal (s. o. S. 9) 102, 2 ~ 3 no: von 850 bis 750.
144 ' *' ^ e ^' ^* e Biicher des AT im einzelnen. Nr. 195
Namens des Buches 1 ; die Propheten Samuel, Natan und Gad nannte
man wegen i Chr 29, ag 2 . Den erwahnten Anzeichen spaterer Zeit
tragen jene Rechnung, welche spatere Bearbeiter annehmen, wie Isaias,
Jeremias.
40. Der Text von Sm 3 .
195. Der 9It 1st so schlecht iiberliefert wie kaum bei einem andern
Buch des AT, ausgenommen vielleicht Ez und Os. Auch der -Text,
der im allgemeinen getreu seiner Vorlage folgt, ist nicht gut erhalten.
Nach manchen Exegeten gibt zum Teil eine eigene hebraische Vor-
lage wieder. Jedenfalls scheinen die literarischen Wiederherstellungs-
arbeiten an Sm noch in die Zeit der hineinzureichen (vgl. besonders
i Sm 16 18; s. o. S. 142 3 ).
6. Die Biicher der Konige.
41. Name. Literatur.
196. B^ 1 ? (auch tVob'Q'ja, Hieronymus, Prol. gal.), Tpirr| mi
TUJV BaffiXeiuiv, Liber Regum tertius, quartus, secundum Hebraeos
primus, secundus Malachim (Rg, Kg). Der Name stammt vom
Beginn des Buches (^bainl) und vom Inhalt, der eine Geschichte
der Konige darstellt. Ehedem ein Buch (30ft), wurden nach-
traglich zwei Biicher unterschieden (). und 33 zogen i, 2 Sm
noch zu Rg und zahlen daher i 4 Rg 4 .
1 So schon der Talmud, b. Baba batra f. I4 b (dagegen 'Tanchuma j. 33 i.;
vgl. Konig [s. o. S. 2 2 ] 263 *) ; Gregorius M., In libr. I Rg expos., prooem. 4
(M 1 79, 20), der nicht so fast Geschichte als Weissagung darin sehen wollte.
2 Hummelauer (s. o. S. 136) 21 ff. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 s ) 2 5 , 52.
3 S. R. Driver, Notes on the Hebrew text and the topography of the
books of Samuel with an introduction in Hebrew palaeography and the
ancient versions and facsimiles of inscriptions and map, Oxford 1890, 2 I9I3-
Klostermann (s. o. S. 136) XXXVI ff. Peters (s. o. S. 141 2 ). Schulz (s. o. S. 136)
2, 316 324. O. Thenius, Die Biicher Samuelis erklart (KeH), Lp. 1842, 3 von
M. Lohr, 1898. H. Tiktin, Kritische Untersuchungen zu den Biichern Sa-
muels (FRLAuNT N. F. 16), Gott. 1922. J. Wellhausen, Der Text der Biicher
Samuelis, Gott. 1871. Kritische Textausgaben : K. Budde, The books of Sa-
muel in Hebrew (Regenbogenbibel [s.u. 211, Nr. 730]), Lp. 1894. *N.Schlogl,
Libri Samuelis hebraice (Libri VT ope artis criticae et metricae quantum
fieri potuit in formam originalem redacti), Wien 1905. Eine Ausgabe und
Bearbeitung auf Grund seiner Metrik veranstaltete E. Sievers, Metrische
Studien. III. Samuel. Metrisch hrsg. I. Text (Abh. d. k. sachs.GdW, phil.-hist.
Kl. 23, 4), Lp. 1907.
4 Vor Verwechslung (s. o. S. 136 J ) schiitzt am besten die Zitierungsform :
i, 2 Sm und 3, 4 Rg.
Nr. 199 A. Die Geschichtsbiicher. 6. Die Biicher der Konige. 145
197. I.Benzinger, Die Bucher der Konige erklart (KH Kg), Frb.i. Br. 1899.
*J. D oiler, Geographische und ethnographische Studien zum 3. u. 4. Buch
der Konige (Theol. Stud, der Leo-Ges. 9), Wien 1904. K. F. Keil, Die Biicher
der Konige (BC 2, 3), Lp. 1845, 2 i876. R. Kittel, Die Biicher der Konige
iibersetzt und erklart (GHK 5), Gott. 1900. Klostermann (s. o. S. 136).
S. Landersdorfer O. S. B., Die Bucher der Konige iibersetzt und er-
klart (HSAT 3, 2), Bonn 1927. *B. Neteler, Das 3. u. 4. Buch der Konige
der Vulgata und des hebraischen Textes iibersetzt und erklart, Mstr. i. W.
1899. A. San da, Die Bucher der Konige iibersetzt und erklart (EH 9),
Mstr. i. W. 1911/12. J. Schets, Het derde en vierde boek der Koningen
(Biblia sacra [s. o. S. 124] 2, 3), 's Hertogenbosch 1904. N. Schlogl, Die
Bucher der Konige; die Bucher der Chronik iibersetzt und erklart (KwC
i, 3, 2), Wien 1911.
42. Inhalt der Konigsbiicher.
198. Rg behandelt die Geschichte des Volkes Israel vom Tode
Davids (einschliefilich) bis zum 37. Jahre des Konigs Jehojakin von
Juda im babylonischen Exil. Nach David und Salomo (3 Rg i, i
bis 12, 24) beginnt die Geschichte der getrennten Reiche Juda
und Israel bis zur assyrischen Gefangenschaft, welche das Nord-
reich betraf (3 Rg 12, 25 4 Rg 17, 41), woran sich die Geschichte
des iibriggebliebenen Siidreiches Juda schlieCt (4 Rg 18, i 25, 30).
Im einzelnen kniipft der Verfasser seine Berichterstattung an die
Namen der Konige an, deren genau verzeichnete Regierungs-
zeiten eine geschlossene Chronologic ergeben.
199. Die Chronologic und Geschichte der jiidischen und is-
raelitischen Konige 1 .
I. David und Salomo (3 Rg i, i 12, 24).
David
(1012 972; 3 Rg 2, ii : 40 Jahre 2 ).
David und Abisag von Sunem (3 Rg i, i 4). Adonijja will Konig
werden. Der Prophet Natan und BatsebV bringen David dazu, Salomo
1 A. Deimel S. J., Veteris Testamenti chronologia monumentis babylonico-
assyriis illustrata (Splb), Rom 1912. F. A. Herzog, Die Chronologic der
beiden Konigsbiicher (AtAbh i, 5), Mstr. i. W. 1909. J. Hontheim S. J., Die
Chronologie des 3. und 4. Buches der Konige (ZkTh 42, 463 481 687 718).
A. M. Kleber O. S. B., The chronology of 3 and 4 Kings and 2 Paralipomenon
(Bb 2, 329 170205). Kugler (s. o. S. 93 2 ) 134200. Mahler (s. o. S. 13 J ).
P. Riefiler, Zur Chronologie des AT (ThQ 104, i 19 156 170; 105, 130).
Sanda (s. o. Nr. 197) 2, 399 ff.
2 Daten fiir die Zeiten vor dem israelitischen Konigtum und Saul s. o.
S. 13 1 15 131 f. 136.
Goettsberger, Einleitung in das AT. IO
146 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 199
zum Konig ausrufen zu lassen (i, 5 53). Davids letzte Weisungen an
Salomo und sein Tod (2, i n).
Salomo
(972932 ; 3 Rg n, 42 : 40 Jahre)
Er strait Adonijja, Abjatar, Joab und Sim c i (3 Rg 2, 12 46), heiratet
die Tochter Pharaos (3, i), erbittet sich von Gott nach einera Opfer
in Gib c on Weisheit (3, 2 15), schlichtet den Streit zweier Mutter um
ein Kind (3, 16 28). Die Beamten des Salomo (4, i 19). Regierung
und Hofhaltung Salomos werden glanzvoll geschildert (4, 20 5, 8 [33 4,
20 28]), seine Weisheit gepriesen (5, 9 14 [33 4, 29 34]). Mit Hilfe
der Holzarbeiter des Hiram, Konigs von Tyrus, und aus dem eigenen
Volke ausgehobener Fronarbeiter schafft Salomo Holz und Steine vom
Libanon fur den Tempelbau herbei (5, 15 32 [33 5, i 18]). Im 480. Jahre
nach dem Auszug aus Agypten im 4. Jahre seiner Regie-
rung im 2. Monat (Ziv) (6, i) beginnt Salomo den Tempelbau, im
ii. Jahre seiner Regierung im 8. Monat (Bui) (6, 38) vollendet er ihn
(6, i 38). Dreizehn Jahre baut er an seinem Hause (7, i 12). Durch
einen Erzbearbeiter Hiram von Tyrus lafit er die beiden Saulen Jakin
und Bo c az vor dem Tempel (7, 13 22), das eherne Meer (7, 23 26),
zehn Stander mit Kesseln (7, 27 47) fertigen. Auch was sonst noch
notig war, vollendet Salomo (7, 48 51). Die Bundeslade wird in den
Tempel iibertragen (8, i 9). Die Herrlichkeit des Herrn erscheint
(.8, 10 f.). Salomo segnet das Volk und redet zu ihm (8, 12 21). Er
richtet ein umfangreiches Gebet zum Herrn (8, 22 53). Er segnet
das Volk (8, 54 61). Tempelweihe durch Opfer (8, 62 66). Gott er-
scheint dem Salomo und kiindigt ihm Dauer seines Konigtums an und
bedroht den Abfall von Jahwe mit Untergang (9, i 9). Entlohnung
des Konigs Hiram mit 20 galilaischen Stadten (9, 10 14). Fron-
arbeiten imLande mittels der Kanaaniter (9, 15 21). Die Volksgenossen
dienen als Kriegsleute und Beamte (9, 22 f.). Weitere Unternehmungen
Salomos, seine Ophirfahrten (9, 24 28). Besuch der Konigin von Saba
(10, i 13). Weitere ruhmreiche Unternehmungen Salomos (10, 14 22).
Sein Ansehen bei fremden Volkern (10, 23 29). Er wird durch seine aus-
landischen Frauen zum Gotzendienst verfiihrt ; Gott kiindigt ihm dafiir
Verlust des grofieren Teiles des Volkes an (n, i 13). Hadad von
Edom, der in Agypten Aufnahme fand, und Rezon von Aram treten als
Widersacher Salomos auf (n, 14 25). Jarob c am (Jeroboam), Salomos
Untertan, erhalt durch den Propheten Ahijja von Silo die Herrschaft
iiber 10 Stamme Israels an Stelle von Salomos Sohn verheifien; er mufi
vor Salomo nach Agypten fliehen(n, 26 40). Tod Salomos; Rehab'am,
sein Sohn, folgt ihm (u, 41 43). In Sichem unterhandelt Jarob c am
an der Spitze des Volkes mit Rehab'am ; dieser stofit das Volk durch
Harte von sich ; Juda bleibt dem Hause Davids treu ; die ubrigen Stamme
machen Jarob'am zum Konig (12, i 20). Durch den Gottesmann Sema'ja
wird Rehab c am vom Bruderkrieg gegen Israel zuriickgehalten (12, 21
bis 24).
Nr. 200 A. Die Geschichtsbiicher. 6. Die Bucher der Konige. 147
200. II. Die getrennten Reiche Juda und Israel (seit 932 1 )
(3 Rg !2, 254 Rg 17, 41).
Juda. Israel.
J a r o b c a m (Jeroboam) (93 2 9 1 2 ;
3 Rg 12, 25 14, 20) errichtet goldene Kalber in Betel und Dan (12,
25 31). Ein Gottesmann tritt ihm bei einem Feste in Betel entgegen
(12, 32 13, 10). Der Gottesmann wird wegen Ungehorsams gegenGottes
Geheifi mit dem Tode bestraft (13, n 32). Da Jarob c am im Gotzen-
dienst verharrt, droht ihm der Prophet Ahijja den Tod seines Sohnes
an. Der Sohn stirbt (13, 33 14, 18). Jarob'ams Regierung endet nach
22 Jahren (14, igf-) 2 -
Rehab'am (932 917; 3 Rg 14, 2131) bleibt Jahwe nicht treu (14,
21 24). Zug Sisaks, Konigs von Agypten, gegen Juda (14, 25 28).
Schlufi der Regierung Rehab'ams (14, 29 31).
Abija (916 914; 3 Rg 15, i 8) bleibt Jahwe nicht treu (15, i 6).
Schlufi seiner Regierung (15, 7 f.).
Asa (913 873; 3 Rg 15, 9 24) beginnt im 20. Jahre des Jarob c am
(15, 9) zu regieren, dient Jahwe (15, 10 15) und wehrt den Angriff
des Ba c sa von Israel ab, indem er dessen Bundesgenossen Benhadad
von Aram abspenstig macht (15, 16 22). Schlufi (15, 23!).
Nadab (912 911;
3 Rg 15, 25 32) kommt im 2. Jahre des Asa auf den Thron, mififallt
Jahwe und wird von Ba'sa im 3. Jahre Asas mit dem ganzen Hause
Jarob'ams ermordet. Schlufi.
Ba'sa (911888;
3 Rg 15, 33 1 6, 7) kommt im 3. Jahre Asas zur Regierung und mifi-
fallt Jahwe (15, 33 f.). Jehu kiindigt ihm und seinem Hause wegen
seines Abfalls den Untergang an (16, i 4). Schlufi (16, 5 f.). Die Strafe
wird ihm auch angedroht wegen seiner Tat an Jarob c am (16, 7).
El a (888887;
3 Rg 1 6, 8 14) kommt im 26. Jahre des Asa zur Regierung und wird
von Zimri nach 2 Jahren mit seinem ganzen Hause ausgerottet. Schlufi.
Zimri (887;
3 Rg 16, 15 22) regiert nur 7 Tage und wird durch den Heer-
fiihrer c Omri wegen seines Abfalls von Jahwe gestiirzt. Schlufi
1 Die Jahreszahl ist von der Schlacht von Karkar (854), ein Jahr vor
dem Tode des Ahab von Israel (s. u. S. 148), mit den als zuverlassig be-
trachteten Regierungszahlen der Konige von Juda errechnet. Der Ansatz 938
fur die Reichstrennung ergibt sich, wenn man von der Tributzahlung des
Jehu von Israel (842; s. u. S. 149 2 ) aus zuriickrechnet. Friihester Ansatz fur
die Trennung der Reiche 990 (vgl. *J. Raska, Chronologic der Bibel im Ein-
klang mit der Zeitrechnung der Agypter und Assyrer, Wien 1878). Kugler
(s. o. S. 93 2 ) 169 verbessert die Zahlen vor 854 und kommt auf 929.
2 Dabei wird wie auch in den folgenden Schlufiformeln fur weitere Dinge
auf andere Quellen verwiesen.
148 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 200
Juda. Israel.
1 6, 15 20). Im nachfolgenden Thronstreit siegt c Omri iiber Tibni
1 6, 2 if.).
'Omri ([887] 883876;
3 Rg 16, 23 28) wird im 31. Jahre des Asa (unbestritten) Konig, verlegt
seinen Sitz von Tirsa nach Samaria (Someron) und mififallt Jahwe. Schlufi.
Ahab (876854;
3 Rg 1 6, 29 22, 40) wird im 38. Jahre Asas Konig und fallt mehr als
die friiheren Konige des Reiches Israel von Jahwe ab (16, 29 33).
Jericho wird wieder aufgebaut (16, 34). Der Prophet Eli as, der Tis-
bite, sagt eine Trockenheit voraus (17, i). Er selbst wird anfanglich
wunderbar unterhalten, dann von einer Witwe in Sarepta versorgt,
deren Vorrate wunderbar vermehrt werden (17, 2 16). Elias erweckt
den Sohn der Witwe zum Leben (17, 17 24). Er tritt dem Ahab ent-
gegen und ladt dessen Baalspropheten zum Opfern auf dem Berge Karmel.
Elias' Opfer bringt den Regen (18, i 46). Vor der Konigin Jezabel
fliichtet Elias, wird wunderbar gespeist, am Horeb einer Gotteserschei-
nung gewiirdigt und mufi Haz'el zum Konig von Aram, Jehu zum
Konig von Israel und Elisaus zu seinem Nachfolger salben (19, i 18).
Er beruft Elisaus ('ElisV) zu seinem Nachfolger (19, 19 21). Ben-
hadad bestiirmt mit vielen Verbiindeten Samaria (20, i 12). Mit Hilfe
des Herrn schlagt Ahab mit wenig Mannen Aram (20, 13 21). Bei
einem wiederholten Kampfe in der Ebene wird Aram wiederum ge-
schlagen (20, 22 30). Auf Bitten des Benhadad versohnt sich Ahab
mit Aram (20, 31 34). Durch einen Propheten wird Ahab Strafe an-
gedroht wegen der Freilassung des Benhadad (20, 35 43). Um eines
Weinberges willen lafit Ahab nach dem Rate seiner Gemahlin Jezabel
den Nabot unter falscher Anschuldigung hinrichten ; Elias weissagt ihm
Untergang. Auf seine Bufie hin wird das Unheil auf die Zeit seines
Sohnes verschoben (21, i 29). Nach dreijahrigem Frieden zwischen
Ahab und Aram 1 will Ahab Aram angreifen; falsche Propheten ver-
heifien Erfolg, der Prophet Mika aber Ungluck. Trotz Verkleidung
fallt Ahab im Kampfe (22, i 38). Schlufi (22, 39 f.).
Josaphat (Jehosaphat) (873 849; 3 Rg 22, 41 51) wird im 4. Jahre
des Ahab Konig und getallt Jahwe, wobei der Kult auf den Hohen
bleibt (22, 41 45). Schlufi (22, 46 51) mit Einschub von Einzelheiten
aus seiner Regierungszeit (22, 47 50).
Ahazjahu (Ahazja, 35 Ochozias) (854 853;
3 Rg 22, 52 4 Rg 2, 25) wird im 17. Jahre des Josaphat Konig und
mififallt Jahwe (22, 52 54). Moab fallt ab (4 Rg i, i). Ahazjahu verletzt
sich und schickt zu Baal, um wegen seiner Genesung anzufragen.
Elias verkiindigt ihm den Tod (4 Rg i, 2 17). Schlufi (i, 18). Elias
1 In diese Zeit wird die Schlacht bei Karkar gesetzt, welche nach sonstigen
Anhaltspunkten 854 v. Chr. stattfand, und so Ahab in die Zeitrechnung ein-
gefligt. Dagegen vgl. D. D. Luckenbill, Benhadad and Hadadezer
(AmJsemL 27, 267 284).
Nr. 200 A. Die Geschichtsbiicher. 6. Die Biicher der Konige. 140
Juda. Israel.
fahrt gen Himmel; Elisaus erbt Mantel und Geist des Elias und
wirkt mehrere Wunder (2, i 25).
Joram (Jehoram) (853 842;
4 Rg 3, i 8, 15) wird im 17. Jahre des Josaphat Konig und mififallt
Jahwe (3, i 3). Mit Josaphat und dem Konig von Edom zieht er
gegen Mesa c von Moab (3, 4 8). Aus Durstnot rettet sie der Prophet
Elisaus (3, 9 20). Moab wird geschlagen. Das Opfer des Erstgebo-
renen des Mesa c auf den Mauern der letzten noch unbezwungenen
Stadt veranlafit Israel abzuziehen (3, 21 27). Der Prophet Elisaus
yermehrt das Ol einer Witwe (4, i 7), verheifit seiner Gastgeberin in
Sunem einen Sohn (4, 8 17), weckt den verstorbenen Sohn wieder auf
(4, 18 37), macht giftiges Essen unschadlich (4, 38 41), vermehrt
Speise (4, 42 44), heilt Na^man den Syrer vom Aussatz (5, i 19"),
iibertragt den Aussatz auf seinen Diener Gehazi, der von Na Ca man die
vom Propheten abgelehnten Geschenke gefordert hatte (5, i9 b 27),
macht Eisen auf dem Wasser schwimmen (6, i 7), schlagt die ara-
maischen Hascher mit Blindheit, so daft sie dem Konig von Israel in
die Hande laufen (6, 8 23). Das belagerte Samaria wird nach An-
kiindigung des Propheten durch gottlichen Eingriff vor Hunger und
Krieg gerettet, ein Zweifler wird getotet (6, v 24 7, 20). Auf Mahnung
des Elisaus weicht seine Gastgeberin von Sunem einer siebenjahrigen
Hungersnot aus und erhalt danach all ihr Besitztum wieder (8, i 6).
Benhadad von Aram wendet sich in seiner Krankheit durch Haza'el an
Elisaus ; dieser erkennt in ihm den kiinftigen Konig von Aram und Be-
driicker von Israel. Haza'el totet Benhadad und wird Konig (8, 7 15).
Jehoram (Joram) (849 842; 4 Rg 8, 16 24) wird im 5. Jahre des
Joram von Israel Konig und mififallt Jahwe. Edom fallt von Juda
dauernd ab. Schlufi.
Ahazj ahu (Ahazja, 23 Ochozias) (842 ; 4Rg 8, 25 29) wird im 12. Jahre 1
des Joram von Israel Konig. Kampf gegen Haza'el von Aram.
Jehu (842 815;
4 Rg 9, i 10, 36) wird im Auftrag des Elisaus durch einen Propheten-
jiinger zum Konig iiber Israel gesalbt mit der Weisung, das Haus
Ahabs auszurotten (9, i 10). Jehu totet Joram von Israel und Ahazja
von Juda im Kampfe (9, n 29), desgleichen Jezabel (9, 30 37). Er
lafit sich die Haupter der Sohne Ahabs bringen und totet dessen Ver-
wandte und Anhanger, um Elias' Weissagung zu erfullen (10, i n).
Er lafit die Briider Ahazjas von Juda toten (10, 12 14), gewinnt Jonadab,
den Sohn Rekabs, als Anhanger und beteuert dabei seinen Eifer fiir
Jahwe (10, isf.). Er vernichtet in Samaria alle Anhanger des Baal
(ro, 17 27). Doch mififallt auch er Jahwe. Das Ostjordanland geht
an Haza'el von Aram verloren. Schlufi (10, 28 36) 2 .
1 Nach 4 Rg 9, 29 im II. Jahre.
2 Sein Tribut an Salmanassar II. (858 823) ist in dessen Inschriften fiir
das Jahr 842 v. Chr. bezeugt (s. o. S. 147 *).
I go I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 200
Juda. Israel.
c Atalja (842[ 836]; 4 Rg n, i 20) ermordet nach dem Tode ihres
Sohnes Ahazja das ganze Konigsgeschlecht; nur Joas wird gerettet
(n, i 3). Der Priester Jojada lafit nach 6 Jahren den Joas zum Konig
ausrufen und c Atalja toten (n, 4 20).
Joas (842 [836] 797; 4 Rg 12, i 22) wird im 7. Jahre Jehus Konig
und gefallt Jahwe (12, i 4). Er sondert die Tempeleinkiinfte fur Aus-
besserungen von den Gaben an die Priester (12, 5 17), bewegt durch
Tribut aus dem Tempelschatz den Haza'el von Aram, von Jerusalem
abzuziehen (12, i8f.). Schlufi. Ermordung des Joas (12, 20 22).
Joahaz (Jehoahaz) (814 798;
4 Rg 13, i 9) wird im 23. Jahre des Joas von Juda Konig, mififallt
Jahwe, wird durch Aram bedrangt und auf seine Bekehrung hin ge-
rettet. Schlufi.
Joas (Jehoas) (798 783;
4 Rg 13, 10 25 ; 14, 15 f.) wird im 37. Jahre des Joas von Juda Konig
und mififallt Jahwe. Schlufi (13, 10 13). Elisaus sagt ihm auf dem
Sterbebette Sieg uber Aram voraus und stirbt (13, 14 21). Joas be-
siegt Haza'el von Aram (13, 22 25). Schlufi zujoas von Israel (14, 15 f.).
Amasja (797 779; 4 Rg 14, i 14 17 22) wird im 2. Jahre des Joas
von Israel Konig und gefallt Jahwe (14, i 4). Er strait die Morder
seines Vaters nach dem Gesetze (vgl. Dt 24, 16), schlagt die Edomiter,
unterliegt dem Konig Joas von Israel (14, 5 14*). Schlufi. Amasja
iiberlebt Joas von Israel um 15 Jahre und fallt einer Verschworung
zum Opfer (14, 17 20). c Azarja folgt ihm und bringt Elat an Juda
(14, 2 if.).
J ar o b c am (Jeroboam) (II.) (783 743 ;
4 Rg 14, 23 29) kommt im 15. Jahre des Amasja auf den Thron, mifi-
fallt Jahwe und bringt Israels Gebiet zur grofiten Ausdehnung. Schlufi.
c Azarja (auch 'Uzzijja = 35 Ozias) (779 740; 4 Rg 15, i 7) wird im
27. Jahre des Jarob'am von Israel Konig, gefallt Jahwe und wird vom
Aussatz betroffen, so daft sein Sohn Jotam fur ihn regiert (15, i 5).
Schlufi (15, 6f.).
Z e karja (743;
4 Rg 15, 8 12) wird im 38. Jahre des 'Azarja von Juda Konig, mifi-
fallt Jahwe und wird durch eine Verschworung ermordet. Schlufi.
Sallum (743;
4 Rg 15, 13 16) wird im 39. Jahre des e Uzzijja ( c Azarja) von Juda
Konig ; nach einem Monat fallt er dem Menahem zum Opfer. Schlufi.
Menahem (743737;
4 Rg 15, 17 22) wird im 39. Jahre des 'Azarja von Juda Konig, mifi-
fallt Jahwe. Dem einfallenden Assyrerkonig Phul (= Tiglat-Pileser III.
745727) gibt er Tribut (738). Schlufi.
1 14, i5f. = 13, 12 f. Schlufi zur Regierung des Joas von Israel.
Nr. 201 A. Die Geschichtsbiicher. 6. Die Biicher der Konige. 151
Juda. Israel.
Pekahja (33 Phaceia) (737736;
4 Rg 15, 23 26) wird im 50. Jahre des c Azarja von Juda Konig, mifi-
fallt Jahwe und wird von Pekah erschlagen. Schlufi.
Pekah (23 Phacee) (736730*;
4 Rg 15, 27 31) wird im 52. Jahre des c Azarja von Juda Konig, mifi-
fallt Jahwe. Tiglatpileser (III.) fiihrt den Stamm Naphtali in die Ge-
fangenschaft. Pekah fallt einer Verschworung des Hosea c zum Opfer.
Schlufi.
Jotam (740 736; 4 Rg 15, 32 38) wird im 2. Jahre des Pekah von
Israel Konig, gefallt dem Herrn und baut ein Tempeltor (15, 32 35).
Schlufi (15, 36 38) mit Hinweis auf Angriffe von Aram und Israel (15, 37).
Ahaz (736 728; 4 Rg 16, i 20) wird im 17. 2 Jahre des Pekah von
Israel Konig von Juda und mififallt Jahwe (16, i 4). Im Kampfe gegen
Aram und Israel erkauft er sich die Hilfe des Assyrerkonigs Tiglat-
pileser (III.) durch Eingriff in den Tempelschatz und ersetzt den
Brandopferaltar durch einen Altar nach dem Vorbild von Damaskus;
auch sonst nimmt er noch Anderungen am Tempel vor (16, 5 18).
Schlufi (16, igf.).
Hosea c (730 722[?];
4 Rg 17, i 41) wird im 12. Jahre des Ahaz von Juda Konig und mifi-
fallt Jahwe (17, if.). Er zahlt Salmanassar IV. (727 722) Tribut; als
er diesen spater verweigert, wird Samaria erobert und Israel nach
Assur in die Gefangenschaft gefuhrt (7 2 2 3 ) (17, 3 6). Der Abfall von
Jahwe zu den Gotzen war, wie im einzelnen dargetan wird, daran
schuld (17, 7 1 8). Auch Juda fallt wegen der gleichen Siinde dem-
selben Lose anheim (17, igf.). Israel wird wegen seiner Sunde nach
Assur weggefuhrt (17, 21 23). Die von Assur aus nach Israel ver-
pflanzten Ansiedler werden von einem der zuriickgesandten Priester in
der Verehrung Jahwes unterwiesen, um den Schutz des Landesgottes
zu geniefien (17, 24 28). Die samaritanischen Ansiedler verehren neben
Jahwe ihre angestammten Gotter (17, 29 33). So tun sie bis auf den
heutigen Tag (17, 34). Sie iibertreten den Bund mit Jahwe trotz der
gottlichen Mahnung (17, 35 40). Diese Volker dienen Jahwe und ihren
Gotzen bis auf den heutigen Tag (17, 41).
201. III. Das Reich Juda bis zum babylonischen Exil (4 Rg
18, 125, 30).
Hizkijja (Ezechias) (727 699; 4 Rg 18, i 20, 21) wird im 3. Jahre
des Hosea c von Israel Konig und gefallt Jahwe (18, i 8). Israel fallt
den Assyrern zum Opfer im 6. Jahre des Hizkijja = 9. Jahre des Hosea c
1 So Kautzsch (s. o. S. n) 2 4 , 695. Sanda (s. o. S. 145) 2, 436: 737 732.
2 Zur Verbesserung der iiberlieferten, aber nicht auszugleichenden Zahlen-
angaben vgl. Sanda (s. o. S. 145) 2, 188 195 211.
3 Nach Fotheringham (s. o. S. 132*): 711 (vgl. ThLz 33, Nr. i, i f.).
152
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 201
(18, 9 12). In seinem 14. Jahre 1 mufi er dem Konig Sanherib von
Assur, der in Lakis lagert, Tribut zahlen (18, 13 16). Sanherib schickt
von Lakis Gesandte nach Jerusalem und fordert Unterwerfung (18,
17 37). Der Prophet Isaias verspricht Befreiung vom Feinde (19, i 7).
Sanherib fordert von Hizkijja Unterwerfung in einem Schreiben (19,
8 13). Hizkijja betet zu jahwe (19, 14 19). Isaias weissagt Befreiung
von Sanherib (19, 20 34). Vernichtung des assyrischen Heeres, Heim-
kehr und Tod des Sanherib (19, 35 37). Hizkijja wird durch Isaias
von seiner Krankheit geheilt (20, i 7). Der Prophet gibt dem Konig
ein Zeichen, daft er gesund werde, am zuriickgehenden Zeiger der
Sonnenuhr (20, 8 n). Isaias weissagt die Fortfuhrung des Volkes
nach Babylon (20, 1219). Schlufi (20, 20 f.).
Menasse (698 643; 4 Rg 21, i 18) tut, was Jahwe mififallt; die
Propheten weissagen den Untergang Judas (21, i 16). Schlufi (21, 17 f.).
Amon (643 641 ; 4 Rg 21, 19 26) fa'llt von Jahwe ab und wird
ermordet. Schlufi.
Josijjahu (Josias) (640 609; 4Rg 22, i 23, 30) tut, was Jahwe gefallt
(22, i f.). In seinem 18. Jahre wird bei Bauarbeiten am Tempel das
Gesetzbuch Jahwes gefunden (s. o. S. 8 1 ff.). Josijjahu fuhrt eine Erneuerung
des Volkes durch (22, 3 23, 25). Jahwes Beschlufi, Juda zu vernichten,
bleibt bestehen (23, 26 f.). Schlufi; der Konig fallt gegen den Pharao
bei Megiddo (23, 28 30).
Joahaz (608; 4 Rg 23, 31 35) regiert 3 Monate, tut, was Jahwe mifi-
fallt; der Pharao Neko setzt ihn ab, erhebt seinen Bruder Eljakim
unter dem Namen Jehojakim (25 Joakim) auf den Thron und fordert viel
Tribut.
Jehojakim (Joakim) (608 597 ; 4 Rg 23, 36 24, 7) tut, was Jahwe
mififallt. Nebukadnessar, Konig von Babel, zieht gegen Juda, um es
nach Jahwes Absicht zu vernichten. Schlufi (23, 36 24, 6). Agypten
verliert seine Herrschaft iiber Palastina an den Konig von Babel (24, 7).
Jehojakin (Joachin) (597; 4 Rg 24, 8 17 [25, 27 30]) regiert 3 Mo-
nate ; dann wird er von Nebukadnessar mit den Bewohnern Jerusalems
nach Babel gefangen fortgefuhrt; sein Oheim Mattanja wird unter dem
Namen Sidkijjahu (Sidkijja, 25 Sedecias) vom Konig von Babel auf den
Thron erhoben (24, 8 17).
Sidkijja (Sedecias) (597 586; 4 Rg 24, 18 25, 21) tut, was Jahwe
mififallt, und emport sich gegen den Konig von Babel. In seinem 9. Jahre
beginnt die Belagerung der Stadt Jerusalem durch Nebukadnessar, im
1 1 . Jahre wird sie erobert, der Konig geblendet und nach Babel ge-
fiihrt (24, 18 25, 7). Am 7. des 5. Monats im 19. Jahre des Nebukad-
1 Vgl. B. H. Bonkamp, Die Eroberung von Samaria und das 14. Jahr des
Ezechias (ThQ 84, 161168); T. Breme, Ezechias und Senacherib. Exege-
tische Studie (BSt n, 5), Frb. i. Br. 1906; B. Trutz, Chronologic der jiidisch-
israelitischen Konigszeit (Kath 3. F. 33, 28 48 125144 214 222).
Nr. 203 A. Die Geschichtsbiicher. 6. Die Biicher der Konige. 153
nessar wird Jerusalem ganz zerstort, die Einwohnerschaft gefangen fort-
gefuhrt, der Tempel beraubt (25, 8 21).
Gedaljahu (Gedalja, 33 Godolias) wird als Statthalter eingesetzt, im
7. Monat aber ermordet; das Volk fliichtet nach Agypten (25, 22 26).
Im 37. Jahre seiner Gefangenschaft, im i. Jahre des Evil Merodach
(Amil-Marduk) von Babel wird Jehojakin aus dem Gefangnis befreit
(25, 2730).
43. Sm und Rg.
202. Rg setzt die Erzahlung von Sm unmittelbar fort. Wollte
man, wie zu erwarten, die Abschnitte nach Regierungszeiten der
Konige machen, so fallt die gegenwartige Abgrenzung zwischen
Sm und Rg auf: die letzten Lebenstage des David werden
dadurch von der Geschichte seines friiheren Lebens in Sm los-
gerissen.
Tatsachlich nehmen L sowie alte und neuere Exegeten 1 3 Rg i, i
bis 2, 12 noch zu Sm. Allein die Textscheidung in L ist nachtraglich
eingefuhrt worden, weil man bei der Davidsgeschichte von Sm den
Tod des Konigs nicht missen wollte. Der sprachliche Charakter von
3 Rg i, i 2, 12 stimmt zum Folgenden, wahrend die Samuelerzahlung
durch locker angereihte Anhange (2 Sm 21 24) von der vermeintlichen
Fortsetzung in 3 Rg i, iff. geschieden ist. Zudem tritt in der Ge-
schichte der letzten Lebenstage Davids schon Salomo als Hauptperson
in den Vordergrund.
203. Einige Erklarer 2 wollen Sm und Rg als ein Werk erweisen.
Sie miissen aber nach Obigem zunachst darauf verzichten, sich
auf eine verschieden durchgefiihrte und darum nachtragliche
Trennung zu berufen. Auch die sonstigen Griinde fur urspriing-
liche Zusammengehorigkeit von Sm-Rg sind nicht entscheidend.
Man fiihrt an: Rg setze Sm fort; die gemeinsame Benennung i 4Rg
nach ; den Beginn von 3 Rg i, i 'nV.&Lfi; ungefahr gleicher Umfang
(45 und 47 Kap.) wie bei einer Halbierung. Aber demgegeniiber sprechen
entscheidende Anzeichen fur urspriingliche Selbstandigkeit der beiden
Werke: die alte judische Uberlieferung ; die religiose Kritik setzt erst
Rg ein 3 ; Sm ist ausfuhrlich, Rg dagegen meist knapp und diirftig;
1 Vgl. Diodor v. Tarsus, Chrysostomus (M g 56, 349), Theodoret (M B 80, 673).
Ebenso F. Field, Origenis Hexaplorum quae supersunt sive veterum inter-
pretum Graecorum in totum VT fragmenta. Post Flaminium Nobilium,
Drusium et Montefalconium adhibita etiam versione Syro-Hexaplari concin-
navit, emendavit et multis partibus auxit, Oxford 1875, I, 588; Cornill (s. o.
S. 2 4 ) 1 ng; Klostermann (s. o. S. 136) xvi; Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 77.
2 So Blau (s. o. S. 140 3 ) 50 f.; Klostermann (s. o. S. 136) XVI ff.
3 So werden die Hohenopfer in Rg verworfen; vgl. dagegen i Sm 9, 12.
Dafi durch diese Kritik eine Erklarung fiir das assyrische und babylonische
1 54 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 204
das chronologische Schema von Rg fehlt in Sm vollstandig; der sprach-
liche Charakter von Rg steht der aramaischen Periode naher als Sm;
2 Sm 21 24 als Anhange sprechen ebenfalls fiir eine urspriingliche
Trennung der beiden Werke. Dafi der Ubergang von Sm auf Rg ein
unmerklicher 1st, kommt daher, well der Verfasser von Rg Sm fort-
setzen wollte.
44. Literarische Eigenart von Rg 1 .
204. Fiir vieles, was der Verfasser nicht angeben oder nur kurz
andeuten wollte, verweist er auf Quell en. Mit den verschie-
denen Titeln: Buch der Geschichte Salomos (3 Rg 11,41),
Geschichte der Zeiten der Konige von Juda, Geschichte der
Zeiten der Konige von Israel , will er wohl drei verschiedene
Quellenschriften benennen. Was der Verfasser aus diesen Quellen
anfiihrt, schliefit aus, dafi er aus offentlichen Urkunden schopft 2 .
Dafi er aufier den genannten Quellen auch noch ungenannte
beniitzt, dafiir spricht die Einlafilichkeit beim Tempelbau Salomos
(3 Rg 5> J 5 8, 66), in den Erzahlungen iiber die Propheten Elias
(3 Rg 1719; 21) und Elisaus (3 Rg 19, 1921; 4 Rg 213).
Fiir letztere weisen die starke Betonung des Wunderbaren in den
Begebnissen sowie sprachliche Erscheinungen ebenfalls auf be-
sondere Quellen hin.
205. Dariiber hinaus finden sich Anzeichen, dafi der Text von
Rg in ahnlicher Weise bearbeitet ist wie bei den vorausgehenden
Biichern, wenn auch in viel sparlicherem Mafie.
3 Rg 6, ii 14 unterbricht den Bericht iiber den Tempelbau. 3 Rg
8, 12! schiebt als 8, 53 ein. 3Rg 10, nf. stort den Zusammenhang 3 .
3 Rg 20, 34 ist dutch zwei eingefugte Erzahlungen von der unmittel-
Exil gegeben werden wollte, tritt jedenfalls nicht als Hauptzwek bei Rg
zu Tage.
1 *K. Holzhey, Das Buch der Konige (Rg III. IV). Untersuchung seiner
Bestandteile und seines literarischen Charakters (Stud, zur atl Einl. u. Ge-
schichte i), Miinchen 1899. Sanda (s. o. S. 145) i, xxi if.
2 Zu 3 Rg 8, 53 fiihrt ein pi[3\iov rf\c, d)br\c, (= i^n "SD) an, das wohl
der Quelle gleich ist, die 911 i;n IEO nennt.
3 Auch 3 Rg 1 7 und 4 Rg 4, 18 ff. zeigen in Hauptsache und Nebenumstanden
so viel Verwandtes, daC die Stiicke von manchen als Spaltung der gleichen
Uberlieferung betrachtet werden. Vgl. A. Broegelmann, De fonte, qui est
de Elia, quaestiones selectae, Diss. Tub. 1910; *A. Schulz, Die Quellen zur
Geschichte des Elias. Ein Beitrag zur Erklarung der Konigsbiicher, Brauns-
berg 1906.
Nr. 206 A. Die Geschichtsbiicher. 6. Die Bucher der Konige. 155
baren Fortsetzung in 22, i geschieden. 4 Rg 13, 12 f. und 14, isf. sind
Doppelungen, durch eine Prophetenerzahlung u'ber Elisaus und eine
Geschichte der Regierung eines judaischen Konigs voneinander getrennt,
ein Anzeichen, daft diese Stiicke spater eingefiigt worden sind. 4 Rg 17,
3 6 und 1 8, 9 12 sind im wesentlichen Doppelungen. 4 Rg 18, 13
bis 19, 37 (Sanheribs Feldzug gegen Jerusalem) zeigt in grofierem Umfang
ineinandergeschobene Doppelungen.
Der literarkritische Zustand von Rg erinnert also in geringerem
Umfang an die Eigenart des Pentateuchtextes 1 . Das Buch wird
in abgeminderter Auswirkung das Geschick des Pentateuchs ge-
teilt haben 2 .
45. Zeit und Ort der Entstehung von Rg.
206. Rg ist in seinem gegenwartigen Umfang nach 561 v. Chr.,
dem 37. Jahre der Gefangenschaft, in die Jehojakin 597 fiel, an-
zusetzen, ja wohl noch eine Reihe von Jahren spater, vielleicht erst
nach dem Tode des Jehojakin, der nach 4 Rg 25, 30 alle Tage
seines Lebens aus dem Gefangnis entlassen blieb 3 . Als terminus
ad quern kommt das Ende des babylonischen Exils (536) in Frage,
welches in Rg keine Spur zuriickgelassen hat; ein alter jiidischer
Schriftsteller hatte es irgendwie verraten, wenn er eine Kenntnis
davon besessen hatte 4 .
1 I. Benzinger (Jahwist und Elohist in den Konigsbiichern [BWAT
N. F. 2], B. 1921), lafit deshalb J und E auch noch Rg umfassen. Sellin
(s. o. S. 10) 4 77 halt es fur moglich, dafi J erst mit der Reichsspaltung ge-
schlossen hat.
2 Die friiher vertretene Anschauung, dafi Gn Rg ein einheitliches Ge-
schichtswerk darstelle, trifft insoweit das Richtige, als die Verfasser von
Jdc, Sm und Rg bewufit die bereits bearbeitete Geschichtsdarstellurig fort-
setzen wollten; auch hat die Verarbeitung bei der Sammlung der erhalten
gebliebenen heiligen Literatur die Grenzen zwischen den Biichern etwas
verwischt. Sellin (s. o. S. 10) 4 8o nimmt ein deuteronomisches Geschichts-
werk von Gn 2 bis 4 Rg 25 an. Dafi bei einem Buche, das nach dem Unter-
gang Jerusalems (586) entstanden ist, nicht so stark in Erscheinung tritt,
wie es miihsam aus versprengten tJberresten hergestellt werden mufite, konnte
zur Vermutung fuhren, das angenommene MiCgeschick der heiligen Literatur
(s. o. S. 1141".) hange mit dieser Katastrophe zusammen. Freilich teilen die
nachexilischen Bucher Ezr-Neh wieder in viel weitergehendem Mafie die
Eigenart der friiheren Bucher.
3 545 ware Jehojakin ungefahr 70 Jahre alt geworden.
* Anders Benzinger (s. o. S. 145) xm.
I ij(5 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 207
Uber 561 536 konnte man nur dann zuriickgehen, wenn man den
Schluft einem spateren Erganzer zuschreiben diirfte *. Da 4 Rg 24, 5
zum letzten Male die Geschichte der Zeiten der Konige von Juda
zitiert wird, so hat man versucht, den terminus a quo bis um 600
hinaufzurucken 2 . Sonstige Anhaltspunkte dafiir, daft spater noch et-
was angereiht worden sei, sind nicht vorhanden. Jedoch finden sich einige
Stellen, die einer friiheren Niederschrift entstammen. 3 Rg 8, 8 3 ; 4 Rg
8, 19; 17, 7 23 verraten Unkenntnis des babylonischen Exils; 3 Rg
12, 19 scheint sogar noch vor der assyrischen Gefangenschaft geschrieben
zu sein 4 . Man wird darin geschichtliche Angaben sehen miissen, die
aus friiher niedergeschriebenen Quellen ohne Anderung iibernommen
worden sind 5 . Eine doppelte Bearbeitung von Rg, eine vorexilische
und eine iiachexilische, anzunehmen 6 , erweist sich bei dieser Erklarung
als iiberfliissig.
207. Wenn 561 536 die Zeitspanne ist, innerhalb derenRg entstanden
ist, so mochte man mit Grund zweifeln, ob in diesen Jahrzehnten ein
solches Werk auf dem Boden Palastinas entstehen konnte. Diese Er-
wagung verstarkt die schwachen Anzeichen, welche auf Babylonien
als Entstehungsort hinzudeuten scheinen. 3 Rg 5, 4 (25 4, 24) wird
der Ausdruck Jenseitsgebiet des Flusses, d. i. des Euphrat (inan 1%?.),
von Palastina und Syrien gebraucht. 4 Rg 25, 8 datiert nach der Re-
gierung der babylonischen Konige.
208. Diejenigen, welche denVerfasser von Rg finden zu konnen
glauben, nennen Ezra 7 oder Jeremias. Ersterer ist deshalb ausge-
schlossen, weil das Buch vor dem Ende des babylonischen Exils ent-
stand. Jeremias wird schon seit alter Zeit bis jetzt immer wieder als
Verfasser erwahnt 8 . Man beruft sich hierfiir auf die Tatsache, daft
Rg vom Propheten schweigt, und daft 4 Rg 24, 18 25, 30 sich mit
Jer 52 deckt. Allein im letzteren Fall ist viel eher das Stuck aus 4 Rg
an das Prophetenbuch angefiigt worden, weil darin eine Tochter des
1 Beach tenswert ist jedoch, daC 4 Rg 25, 7 den Tod des Sidkijja noch nicht
erwahnt, wohl aber der gleiche Bericht in der Gestalt, wie er bei Jer steht
(52, 11).
2 Vgl. Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 100. Hudal (s. o. S. 9) 106, 2 ~ 8 114 nimmt die
Abfassung bald nach 587 an und betrachtet dabei 4 Rg 25, 27 30 als
Nachtrag.
8 Die Bundeslade ging im babylonischen Exil verloren.
4 Unter Israel, das bis auf den heutigen Tag vom Hause Davids abfiel,
kann man doch nur das Nordreich vor 722 verstehen, nicht das Volker-
gemisch, das durch die assyrischen Konige dort angesiedelt wurde.
5 3 Rg 8, 8 gehort zur Geschichte des Tempelbaues.
6 So Benzinger (s. o. S. 145) xill ff.
7 So Huetius, Calmet; vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 295 5 .
8 Talmud, b. Baba batra f. i4 b ; Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , icof. ; Kaulen-Ho-
berg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 63.
Nr. 211 A. Die Geschichtsbiicher. 7. Die Biicher der Chronik. 157
Jeremias vorkommt. Wenn die Entstehungszeit oben richtig bestimrat
worden ist, miifite Jeremias, der doch 628 schon als Prophet auftrat,
561 schon iiber 90 Jahre alt gewesen sein. Der Entstehungsort Babylon
ware, auch wenn er sicher festgestellt werden konnte, kein entscheidender
Einwand gegen jeremianische Herkunft, da wir des Propheten Schicksal
seit der Flucht nach Agypten nicht mehr sicher kennen (s. u. 133).
Ein Aufenthalt in Babylonien ware bei Jeremias nicht unter alien Um-
standen ausgeschlossen 1 .
46. Der Text von Rg.
209. 2 weicht von 321 ziemlich stark ab. Sie stellt um, lafit aus und
fiigt hinzu. A halt sich mehr an 911 als B und L . B lafit nicht
selten gerade Doppelungen in 3fll weg. Ob fur B dabei eine noch
nicht aufgefiillte altere Form des hebraischen Textes anzunehmen ist 3 ,
was bei der Stellung des 3It zu naher liegt, oder ob durch Aus-
lassung von Schwierigkeiten geglattet und Uberfltissiges beseitigt werden
sollte, ist nicht sicher zu entscheiden.
7. Die Biicher der Chronik.
47. Name. Literatim
210. D^1 'Hlltt. = Aoyoi r)uepujv = Verba dierum (Hieronymus,
Prol. gal.) = Zeitgeschichte, TTapaXemoueva* = Praetermissa, Para-
lipomenon libri (, 33), Chronicon (Hieronymus, Prol. gal.) (1,2 Chr
oder i, 2 Par). Urspriinglich war Chr ein Buch (Talmud [b. Baba
batra f. 14 b ], 3Qft, Hieronymus [Prol. gal.]). Die Teilung in i und
2 Chr ist am friihesten in bezeugt.
211. I. Benzinger, Die Biicher der Chronik erklart (KHK 20), Tub. 1901 ;
E. L. Curtis and A. A. Mad sen, A critical and exegetical commentary
on Chronicles (IcC), Edinburgh 1910. F. de Hummelauer S. J., Commen-
tarius in primum librum Paralipomenon (CSs), P. 1905. *A. Jansen, De
1 Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 101 nimmt an, das Werk sei, weil Jeremias in
Agypten starb, von einem andern in seiner gegenwartigen Gestalt heraus-
gegeben worden.
2 A. Rahlfs , Septuaginta-Studien. i. Studien zu den Konigsbiichern,
Gott. 1904.
3 So A. T. Olmstead, Source study and biblical text (AmJsemL 30, i 35);
Ders., The earliest book of Kings (ebd. 31, 169214); Swete (s. o. S. 131 2 ) 238.
4 Theodoret: oaa YP irap&vrrev 6 TCK; fJamXeicK; oufTpaqpiu? TaOra auv-
6eiKev (M g 80, 801). Dabei bleibt allerdings die Prasensform unerklart;
auch ist der Inhalt der Chr damit nicht richtig gewertet. Vgl. W. Bacher,
Der Name der Biicher der Chr in der Septuaginta (ZatW 15, 305 308).
I eg I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 212
boeken Paralipomenon (Biblia sacra [s. o. S. 124] 3), 's Hertogenbosch 1895.
C. F. Keil, Biicher der Chronik, Esra, Nehemia, Esther (BC 5), Lp. 1870.
R. Kittel, Die Biicher der Chronik iibersetzt und erklart (GHK i, 6, i),
Gott. 1902. *B. Neteler, Die Biicher der biblischen Chronik der Vulgata
und des hebraischen Textes iibersetzt und erklart, Mstr. i. W. 1899. S. Oettli,
Die Biicher der Chronik, Esra und Nehemia ausgelegt (KK A 8 [s. o. S. 1 1]
i 147). J. W. Rothstein und J. Haenel, Das erste Buch der Chronik
iibersetzt und erklart. i. Liefg. (KAT 18, 2), Lp. 1927. Schlogl (s. o. S. 145).
48. Inhalt der Chr-Bucher mit Parallelen aus andern
Biichern des AT 1 .
212. Chr fafit noch einmal die ganze Geschichte von der Er-
schaffung der Welt bis zum Ende des babylonischen Exils zu-
sammen, bis Konig Saul in kurzen Genealogien mit sparlichen
sonstigen Bemerkungen, von da ab in weiter ausholender Dar-
stellung. Zum grofiten Teil stimmen die Angaben der Chr mit
dem iiberein, was die iibrigen Biicher berichten; neben gering-
fugigen Verschiedenheiten fehlen auch neue Materialien nicht.
Von den getrennten Reichen wird nur das Siidreich Juda beriick-
sichtigt. Die Vorliebe fur Genealogien, Religion und Kultus gibt
der chronistischen Darstellung das eigenartige Geprage.
213. I. Geschlechtsregister von Adam bis David (i Chr i, i
bis 9, 44) 2 . Die Namen der Geschlechtsregister i Chr i, i 2, 2 (von
Adam bis zu den So'hnen Jakobs) stimmen mit der Gn iiberein. Von
2, 3 9, 44 deckt sich das Material hauptsachlich mit Ex Jos; doch
fmden sich neue Namen oder die gleichen Namen in anderem genea-
logischen Zusammenhang; auch geschichtliche Bemerkungen, die der
Chr eigentiimlich sind, kommen vor 3 .
i Chr i, i 34: Adam bis!saak(Gn 5; 10; n, 10 26; 21, iff.; 16,15;
25, 13 16 2 4 19 26). i, 35 54: die Konige der Edomiter (Gn36,
10 43). 2, i 55: Sohne Jakobs und Abkommlinge Judas (Gn 35,
1 Vgl. HDB i, 392 f.; Kautzsch (s. o. S. 11) 2 4 , 565 ff.; S. K. Mosiman, Eine
Zusammenstellung und Vergleichung der Paralleltexte der Chr und der alteren
Biicher des AT, Diss. Halle 1907.
2 G. J. Miihling, Neue Untersuchungen iiber die Genealogieen der Chronik I,
i 9 und deren Verhaltnis zum Zweck dieses Buches (ThQ 66, 403 450).
G. Richter, Untersuchungen zu den Geschlechtsregistern der Chronik (ZatW 34,
107 141). J. Wellhausen, De gentibuset familiis ludaeorum, quae I Chron. 2 4
enumerantur, Diss. Gott. 1870.
3 v. Hummelauer (Comm. in Nm [s. o. S. 14] 173 ff.) nimmt an, dafi die Genea-
logien im Pentateuch verstiimmelt iiberliefert sind. Oettli (s. o.) 10 meint,
der Chronist habe altere Quellen besessen.
Nr. 215 A. Die Geschichtsbiicher. 7. Die Biicher der Chronik. 159
2326; Ex i, 14; Gn46, 12; 38; Ex3i, 2; 3Rg5, u; iSmi6, 6 13;
Rut 4, i8ff. 2, 8 1855 ohne Parallele 1 ). 3, i 24: Stammbaum
Davids (2 Sm 3, 25; 2, n ; 5, 1316; 13, i [3 Rg 12 bis 4 Rg 24].
3, 17 24 ohne Parallele). 4, i 23: Abkommlinge Judas (vgl. Kap. 2 ;
zu V. i vgl. On 46, 12; Nm 26, 19 21). 4, 24 43: Abkommlinge
Simons (Gn46, 10; Ex 6, 15; Nm 26, i2f.; Jos 19, 2 8; 15, 26ff.; Neh n,
26ff. 4, 25 27 34 43 ohne Parallele). 5, i 10: Abkommlinge
Rubens (Gn 35, 22; 49, 4; 46, 9; Ex 6, 14; Nm 26, 5f.). 5, n 22:
Abkommlinge Gads (Gn 46, 16; Nm 26, isff.). 5, 23 26: Abkomm-
linge Halb-Manasses (vgl. 7, 14 19). 5, 27 bis 6, 38 (35 6, i 53):
Abkommlinge Levis (Gn 46, n; Ex 6, i6ff. ; Nm3, 2. [5,30 6,3$;
25 6, 4 S3]}- 6, 39 66 (25 6, 54 81): Die Levitenstadte (Jos 21,
10 39). 7, i 5: Abkommlinge Issachars (Gn 46, 13; Nm 26, 23
bis 25). 7, 6 12: Abkommlinge Benjamins (vgl. 8, i 40. Gn 46,
21 ; Nm 26, 38f.). 7, 13: Abkommlinge Naphtalis (Gn 46, 24; Nm 26,
48 f.). 7, 14 19: Abkommlinge Manasses (vgl. 5, 23 26. Nm 26,
29 33; Jos 17, 2ff.). 7, 20 29: Abkommlinge Ephraims (Nm 26,
35f. ; Jos 1 6, 4ff. ; 17, nflf.). 7, 30 40: Abkommlinge Asers (Gn 46,
17; Nm 26, 44 f.). 8, i 40: Abkommlinge Benjamins, Saul (vgl. 7,
6 12; 9, 39 44. S. zu 7, 6 12; aufierdem vgl. i Sm 14, 49 ff. ;
2 Sm 2, 8; 4, 4; 9, 12). 9, i 38: Bewohner der israelitischen Stadte
und Jerusalems (Neh n, 36". [V. 35 ff. = 8, 29 38]). 9, 39 44: Ge-
schlecht Sauls (vgl. 7, 6 12; 8, 29 40).
214. II. Geschichte Davids (i Chr 10, i 29, 30).
10, i 14: Sauls Untergang (i Sm 31, i 13. 13 f. ohne Parallele).
n, i 9: Salbung Davids in Hebron, Eroberung Jerusalems (2 Sm
5, i 3 6 10) n, 10 47: die Helden Davids (2 Sm 23, 8 39).
12, i 23: Davids Gefolgsmanner in Siklag. 12, 24 41: Zahl der
Krieger, die David in Hebron zum Konig machten. 13, i 14:
Heimholung der Bundeslade (2 Sm 6, 2 n). 14, i 17: David und
Hiram, seine Heiraten, Sieg iiber die Philister (2 Sm 5, n 25).
15, i 1 6, 43: Uberfuhrung der Bundeslade in die Davidsstadt (2 Sm 6,
1220. 16, 835 = Ps 105, 115; 96, 113; 106, i 47 f.). 17, i
bis 27 : Dem Hause Davids wird ewige Dauer verheifien (2 Sm 7).
18, i 17: Davids Kriegstaten, seine Beamten (2 Sm 8, i 18). 19, i
bis 20, 8: Kampfe mit Ammonitern und Philistern (2 Sm 10, i 19;
n, if.; 12, 26 31; 21, 15 22). 21, i22, i: Davids Volkszahlung
(2 Sm 24). 22, 2 29, 19: Davids Vorbereitungen zum Tempelbau
(zu 23, i vgl. 3 Rg i, 33 39). 29, 20 30: Salomos Nachfolge und
Davids Tod (3 Rg i, 3339; 2, nf.).
215. III. Geschichte Salomos (2 Chr i, i 9, 31).
i, i 13: Salomos Opfer in Gib c on und Ubernahme der Regierung
(vgl. 3 Rg 3, 4 13). i, 14 17: Salomos Reichtum (s. 9, 25 27 f.
1 Kursivdruck der Zitate kennzeichnet bedeutsameres Eigengut der Chr
ohne Parallele in den iibrigen Biichern des AT.
160 I- Tei 1 - Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 216
3 Rg 10, 2629). i, 185, i : Tempelbau(3 Rg 5, 295. 1625; 6, iff.)-
5, 2 7, 10 : Tempelweihe und Gebet Salomos (3 Rg 8, i 66).
7, ii 22: Jahwe erscheint dem Salomo (3 Rg 9, i 9)- 8, i 18:
Salomos Unternehmungen (3 Rg 9, 17 28). 9, i 12: Besuch der
Konigin von Saba (3 Rg 10, i 13). 9, 13 31 : Salomos Ruhm; sein
Tod (3 Rg 10, 1427; n, 42 f.).
216. IV. Geschichte der Konige von Juda bis zum Edikt
des Kyros (2 Chr 10, i 36, 23).
10, i ii, 4: Abfall der zehn Stamme von Davids Haus (3 Rg 1 2, i 19
21 24). ii, 5 12, 18: Rehab c am (IT, ^ 12 ohne Parallele.
3 Rg J 4> 2531). 13, 123: Abijja(3 Rg 15, i 8). 14, 115, 19:
Asa (3 Rg 15, 9 24). 16, i 14: Asas Abfall und Tod. 17, i
bis 1 8, 34: Josaphats Regierung, sein Biindnis mit Ahab (3 Rg 22, 41
bis 46 i 35 50). 19, i ii: Josaphats Reformen. 20, i 30: Jo-
saphats Erfolge in den Kainpfen. 20, 31 21, i a : Josaphats Regierung
(3 Rg 22, 41 51). 21, i b 20: Jehoram (4Rg 8, 16 24). 22, i 9:
Ahazjahu (4 Rg 8, 25 29; 9, 21 28). 22, 10 23, 21: c Atalja (4 Rg n,
i 20). 24, i 27 : Joas (4 Rg 12, i 21). 25, i 28 : Amasja (4Rg
14,1 20). 26, i 23: c Uzzijja( c AzarjainRg)(4Rg 14, 21 f.; 15, i 7).
27, 19: Jotam (4 Rg 15, 3238). 28, 127 : Ahaz (4 Rg 16, i
bis 20). 29, i 36: Hizkijj as Regierung und Reformen (4 Rg 18, i 8).
jo, i 27 : Hizkijj as Pascha. ji, i 21: Weitere Reformen Hizkijj as.
32, i 22: Sanheribs Einfall (4 Rg 18, 13 27; 19, i 37). 32, 24:
Hizkijjas Krankheit (4Rg 20, i ii). 32, 23- 25 33: Hizkijj as Stolz;
sein Tod (4 Rg 20, 12 21). 33, i 20: Menasse (4Rg 21, i 18).
33, 2125: Amon (4 Rg 21, 1924). 34, 133: Josias, seine Re-
formen, Fund des Gesetzes (4 Rg 22, i 20; 23, 24 28). 35, i 19:
Josias' Pascha (4 Rg 23, 21 23). 35, 20 27: Josias' Tod (4 Rg 23,
2 9 f -)- 3 6 > 13= Jehoahaz (4 Rg 23, 3135). 36, 48: Jehojakim
(4 Rg 23, 36 24, 6). 36, gf.: Jehojakin (4 Rg 24, 817). 36, n
bis 22: Sidkijjahu (4 Rg 24, 18 20; 25, i 7. 14 16 ohne Parallele).
36, 22 f.: Edikt des Kyros (vgl. Ezr i, i 3).
49. Quellen 1 und literarische Eigenart der Chr.
217. Der Chronist verweist fur Nachrichten, die iiber das hinaus-
gehen, was er berichten will, auf eine groBe Anzahl von
Quellen. Sie warden ihm auch das meiste von dem geliefert
haben, was er in seine Darstellung aufnahm.
i) Buch der Konige Israels und Judas, rnsim; "is^r ^a ^so (i Chr
9, i [?]; 2 Chr 27, 7 ; 35, 27 ; 36, 8). 2) Buch der Konige von Juda und
Israel, ^^:j rn^ a^f* "^.P. ( 2 Chr 16, ii). 3) Buch der Konige Judas
und Israels*, ^^::- ^^: ** "*}<?. (2 Chr 25, 26; 28, 26; 32, 32). 4) Be-
1 E. Podechard, Les references du Chroniqueur (Rb N. S. 12, 236 247).
Nr. 218 A. Die Geschichtsbiicher. 7. Die Bticher der Chrontk. 161
gebenheiten der Konige Israels, V^: ^fc ^si (i Chr 9, i [?]; 2 Chr
33, 18; vgl. auch 20, 34). Die Ahnlichkeit dieser Titel legt es nahe,
darin eine einzige Quelle zu sehen. Sie deckt sich aber nicht mit
Rg, well auch solches darin enthalten war, was man in Rg nicht findet.
5) Midras des Buches der Konige, n^s^rt it> srn* (2 Chr 24, 27).
Der Name deutet auf ein Werk hin, das sich von den vorigen Quellen
unterscheidet, wiewohl ihm der Chronist im wesentlichen gleichgeartete
Nachrichten entnimmt 1 . 6) Begebnisse Samuels des Sehers und Be-
gebnisse Natans des Propheten und Begebnisse Gads des Schauers
(i Chr 29, 29). 7) Begebnisse Natans des Propheten und Weissagung
Ahijjas von Silo und Schauung Je'dis des Schauers iiber Jarob'am,
Sohn des Nebat (2 Chr 9, 29). 8) Begebnisse des Sema'ja des Pro-
pheten und des c lddo des Schauers (2 Chr 12, 15). 9) Midras des Pro-
pheten lddo (2 Chr 13, 22). 10) Begebnisse des Jehu, des Sohnes
des Hanani, die er in das Buch der Konige Israels einriickte (2 Chr
20,34). n) Begebnisse des TJzzijja, welche der Prophet Isaias, der Sohn
des 'Amos, schrieb (2 Chr 26, 22). 12) Gesicht des Isaias, des Sohnes
des 'Amos, des Propheten, im Buch der Konige von Juda und Israel
(2 Chr 32, 32). 13) Begebnisse der Schauer (2 Chr 33, 19). Die Titel
7 13 scheinen eine Reihe von gesammelten Darstellungen der genannten
Propheten zu sein, da ein allgemeiner Titel dafiir vorkommt (13) und
zweimal aufeinanderfolgende Titel einen Zusammenhang andeuten (6 und
7, 8 und 9). Letztere Gruppe von Quellen wird von i 5 zu unter-
scheiden sein.
218. Der Chronist hat nicht alle seine Quellen 2 genannt. Wo
seine Berichte sich sachlich an die vorausgehenden Geschichts-
biicher anlehnen, wird er auch aus ihnen geschopft haben.
Besonders ist das der Fall, wo er sich wortlich an sie halt. Aus-
gedehnt sind die sachlichen und wortlichen Zusammenhange mit Sm
und Rg. Anzeichen, dafi dem Chronisten diese Biicher in ihrer gegen-
wartigen Form, nicht ihre Quellen ihm vorlagen, fehlen nicht 3 . Doch
sprechen manche Verschiedenheiten dafiir, dafi der Verfasser der Chr mit
grofier Selbstandigkeit vorgegangen ist, und dafi Sm-Rg nicht seine ein-
zigen, vielleicht nicht einmal seine Hauptquellen fur die entsprechende
Zeit gewesen sind 4 .
1 K. Budde, Bemerkungen zum Midrasch des Buches der K6nige
(ZatW 12, 37 51). Midras mufi hier nicht schon wie spater im Sinne
von legendenhafte Erzahlung gebraucht sein.
2 i Chr 5, 17; 27, 24; 28, 19; 2 Chr 35, 25 nennt er gelegentlich noch
Schriften.
3 So ist z. B. i Chr 11,13 durch Abirren des Auges 2 Sm 23, 9 1 1 ausgefallen.
4 Beispiele s. ThLz 26, 609 f. Der Versuch Drivers (s. o. S. 9) 569 u. a.,
neben der Verwendung von Sm-Rg selbst auch noch nach Spuren zu suchen,
die deren noch unverarbeitete Quellen erkennen lassen, kann, da wir letztere
nicht kennen, nur zu Mutmafiungen, nicht zu haltbaren Ergebnissen fiihren.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 1 1
1 62 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 219
219. Anzeichen ahnlicher literarischer Geschicke, wie sie in Gn
bis Sm haufig und auch noch in Rg begegnen, sind in Chr nur
selten zu finden 1 .
50. Entstehungszeit der Chr.
220. Das zuletzt erwahnte Ereignis, das Edikt des Kyros, welches
den Juden die Riickkehr aus Babel gestattet (2 Chr 36, 22 f.), deckt
sich mit der Angabe Ezr I , I .ff. und darf als ein Zeichen betrachtet
werden, dafi die Biicher ehedem ein Ganzes bildeten. Aber auch
wenn man wegen der kurzen Zusammenziehung der Ereignisse
den Schlufi des Buches fur eine nachtragliche Erganzung halt,
sprechen gewichtige Griinde fur eine Entstehung lange nach
dem Exil.
Der Miinzname B^S^-S. = Dareiken 2 fiihrt auf die Zeit nach Da-
rius I. (521 485) herab, vielleicht sogar in eine Zeit, in der die Her-
kunft der Bezeichnung vergessen war, da der Chronist sie fur Davids
Zeit gebraucht (i Chr 29, 7). Dazu stimmt, daft i Chr 3, 19 24 das
Geschlechtsregister Davids bis zur sechsten 3 Generation nach Zerubabel
(am friihesten fur 538 bezeugt) fortgesetzt wird; das ergibt, die Gene-
ration zu 30 Jahren geschatzt, 350 v. Chr. .Der Titel K6nig von Persien
ware vonseiten eines jiidischen Schriftstellers auch wahrend der per-
sischen Herrschaft uber Palastina nicht ausgeschlossen. Immerhin ver-
steht er sich besser, wenn zu dieser Zeit bereits das griechische Reich
die persischen Herrscher abgelost hat (nach 331 v. Chr.) 4 . Die aramai-
sierende Sprache 5 mit den Merkmalen spathebraischer Orthographic
1 Z. B. kniipft i Chr 2, 25 an 2, 9 an. i Chr 16, 4 42 zerreifit den Zu-
sammenhang zwischen 16, 3 und 16, 43.
2 Gegen diese Ableitung vgl. P. Riefiler, Uber Nehemias und Esdras
(BZ i, 232245; 2, 1527) iS 1 .
3 Andere finden noch mehr Generationen im Texte, der nicht ganz ein-
deutig ist; so Konig (s. o. S. 2 2 ) 273 : 9 oder 10, , 33, Benzinger (s. o. S. 157)
xv: ii Generationen. Im letzteren Fall kame man auf eine Zeit 250 bis
200 v. Chr. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 327 meint, es konnten auch blofi
2 Generationen im Text gefunden werden, oder der Text konnte nachtraglich
erweitert worden sein. Solcherlei Moglichkeiten diirften in Betracht gezogen
werden, wenn sonstige Anzeichen fur eine friihere Zeit sprachen.
4 Vgl. G. B. Gray, The title king of Persia (ExpT 25, 245251);
R. D. Wilson, Royal titles in antiquity. An essay in criticism (PrthR 2,
257 282 465497 618 664; 3, 55 80 238 267 422 440 558 572); in
Titles of the Persian kings (Festschrift f. Sachau, B. 1915, 197 207) gibt Wil-
son blofi eine Statistik.
5 E. Kautzsch, Die Aramaismen des AT untersucht, Halle 1902.
Nr. 221 A. Die Geschichtsbiicher. 7. Die Biicher der Chronik. 163
und Grammatik \ ahnlich atl Schriften mit Grazismen, pafit zu diesen
Anzeichen spater Zeit. Die Stellung des Buches am Schluft des Kanons 2
wiirde damit in Einklang stehen.
Demnach ergibt sich fur die Abfassungszeit von Chr ungefahr
300 v. Chr. als terminus a quo. Fur den terminus ad quern wird
man von derTatsache ausgehen miissen, dafi Eupolemos 157 v. Chr.
bereits die von Chr beniitzt hat 3 .
Ezra, der schon in der jiidischen Uberlieferung als Verfasser der
Chr genannt wird 4 , ist durch die spate Entstehungszeit ausgeschlossen.
51. Geschichtliche Zuveriassigkeit des Chronisten 5 .
221. Der Verfasser der Chr beschrankt die israelitische Konigs-
geschichte auf das Reich Juda, das er allein als rechtmafiig betrach-
tet, und behandelt besonders weitlaufig kultusgeschichtliche Dinge
(Tempelbau, Reformen des Hizkijja und Josias, Priester und Le-
viten). Diese einseitige Vorliebe Q im Verein mit manchen andern
Beobachtungen hat ihm den Vorwurf eingetragen, daC er ge-
schichtlich nicht zuverlassig sei 7 . Allein man darf diese zweifel-
los vorhandene Tendenz nicht zu einer ausschliefilichen machen 8
1 Vgl. HDB i, 389 392; H. H. Howorth, Some unconventional views
on the text of the Bible. VI. Chronicles (PSbA 27, 267 278); A, Kropat,
Die Syntax des Autors der Chr verglichen mit der seiner Quellen. Ein
Beitrag zur historischen Syntax des Hebraischen (16. Beih. zur ZatW),
Giefien 1909.
2 So Talmud, b. Baba batra f. I4 b ; Mt 23, 35. Freilich wird Chr in der
Uberlieferung auch anders eingereiht (vgl. u. 201, Nr. 692).
3 Vgl. E. Schiirer, Geschichte des jiidischen Volkes im Zeitalter Jesu
Christi 3 4 , Lp. 1909, 474 if.
4 Talmud, b. Baba batra f. I4 b . Selbst wenn man Chr bis ans Ende
der persischen Zeit hinaufriickt, miifite Ezra nach der gewohnlichen Chrono-
logie von Ezr-Neh wenigstens 120 Jahre alt geworden sein.
5 Vgl. Kugler (s. o. S. 93 2 ) 234 300; Ders., Angebliche Ubertreibungen
der biblischen Chronik (Stimmen der Zeit 109 [1925], 367382) ; Nikel (s. o.
S. 10) 135140.
6 DaG er damit die Riickkehr aus der Gefangenschaft befordern oder
die saumigen Leviten zur Riickwanderung aus Babel veranlassen wollte (so
u. a. Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, i 2 , 324 f.), ist durch die spate Abfassungszeit aus-
geschlossen.
7 Vgl. u. a. C. C. Torrey, The Chronicler as editor and as independent nar-
rator (AmJsemL 25, 157173 188217).
8 So Benzinger (s. o. S. 157) vnif., der den Chronisten die ganze Welt-
geschichte dieser Tendenz unterstellen lafit; Kittel (s. o. S. 158) vn f., der die
u*
164 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 222
und ihre Einwirkung auf die geschichtliche Genauigkeit nicht
iibertreiben.
Die Auswahl des geschichtlichen Stoffes und den Gesichtspunkt,
unter dem die Urteile gefallt werden, hat diese Tendenz sicher in
weitem Umfange beeinflufit. Dafi der Chronist aufierdem die An-
schauungen seiner Zeit in die alte Zeit zuriicktragt l , ist gemeinsame
Eigentumlichkeit der alten Geschichtsschreibung und hebt die Zuver-
lassigkeit der Darstellung nicht auf. Wo sich die chronistische Dar-
stellung von der anderer atl Schriften unterscheidet, ist deshalb der
Chronist nicht von vornherein ins Unrecht zu setzen, sondern es
ist nach den Grundsatzen der historischen Kritik eine Losung zu
suchen.
222. Wer bei einem Widerstreit der Angaben die Textiiberlieferung
beim Chronisten bezweifelt 2 , kann sich mit Recht darauf berufen, dafi
der Text der Chr lange Zeit schwankte.
223. Die fortschrittliche Richtung der neueren katholischen Exegese
fand beim Chronisten an schwierigen Stellen reichlich die reservatio
implicita, indem man meinte, die Verantwortung fur die angefiihrten
Tatsachen werde vom Verfasser abgelehnt und falle den verwerteten
Quellen zu 3 .
Register am Anfang, so farblos sie an und fur sich auch sind, der Reinheit
der Abstammung dienen laflt und meint, dafi auch weltliche Ereignisse mit
den kultischen Dingen in Verbindung stehen.
1 Die Ansicht, dafi er alles nach P umgestaltet habe, steht und fallt mit
den pentateuchkritischen Voraussetzungen ; vgl. P. Asmussen, Priesterkodex
und Chronik in ihrem Verhaltnis zueinander (StKr 1906, 165 179).
2 So Cornely (s. o. S. 3 2 ) 2, I 2 , 335 ff.; auch Konig (s. S. 2 2 ) 274. Dagegen
Driver (s. o. S. 9) 569 ' 2 . Howorth (s. o. S. 163*) meinte, dafi Chr aramaisch
verfafit und dann ins Hebraische des 931 iibertragen worden sei. Vgl. auch
C. C. Torrey, The apparatus for the textual criticism of Chronicles-Ezra-
Nehemiah (OT and Semitic studies in memory of W. R. Harper, Ld. 1908, 2,
55111).
3 Zur reservatio implicita* bzw. zu den citationes implicitae vgl. Hummel-
auer (s. o. S. 5 1 2 ) 60 ff. ; P. Vetter in BZ 4, 66 f. Die EBK vom 13. Febr. 1905
(D. 11 1979) lehnt diese Erklarungsart nicht ab, umgibt sie aber mit Kautelen.
So wird auch die Ablehnung in der Enzyklika Pascendi Dominici gregis
(7. Sept. 1907) von Pius X. (D. "2090) und in der Hieronymusenzyklika Spiri-
tus Paraclitus (15. Sept. 1920) von Benedikt XV. (s. u. S. 203 f. Anm. 4), wie-
wohl sie in den beiden Aktenstiicken der Form nach scharfer lautet, ver-
standen werden diirfen (vgl. Institutiones [s. o. S. 10] I, 370 ff.).
Nr. 225 A. Die Geschichtsbiicher. 8. Das erste und zweite Buch Ezra. 165
8. Das erste und zweite Buch Ezra oder
die Biicher Ezra und Nehemia.
52. Name. Literatur.
224. tf?, JraWI *$y, "Kpcts ("Effbpas) p', Liber primus Esdrae,
Liber Nehemiae qui et Esdrae secundus dicitur (i, 2 Esr oder Ezr,
Neh). Als ein Buch zahlen Ezr Josephus (C. Ap. I, 8), Talmud
(b. Baba batra f. 14^), die 3RI, Melito von Sardes (vgl. Eusebius,
Hist, eccles. 4, 26, 14), Origenes (vgl. ebd. 6, 25, 2), Hieronymus
(Prol. gal.), die x . Die Teilung ist zuerst bei Origenes be-
zeugt 2 . Die Zahlung als ein Buch ist ursprimglich, da sich Ezra
als Gesetzeslehrer ("ISO I Ezr 7, 6) erst in 2 Ezr 8, I ff. erweist
und ebenso 2 Ezr 8, I ff eine Bekanntschaft mit der Tatigkeit
und Bedeutung des Ezra voraussetzt, wie sie aus i Ezr zu ge-
winnen ist.
225. L. W. Batten, A critical and exegetical commentary on the books
of Ezra and Nehemiah (IcC), Edinburgh 1913. Bertholet (s. o. S. go 7 ).
J. A. B e w e r , Der Text des Buches Ezra. Beitrage zu seiner Wiederher-
stellung (FRLAuNT N. F. 14), Gott. 1922. G. Jahn, Die Biicher Esra
(A und B) und Nehemia, textkritisch und historisch-kritisch untersucht mit
Erklarung der einschlagigen Prophetenstellen und einem Anhang iiber
hebraische Eigennamen, Leiden 1909. Keil (s. o. S. 158). *B. Neteler, Die
Biicher Esdras, Nehemias und Esther iibersetzt und erklart, Mstr. i. W. 1877.
Ders. , Die Biicher Esdras und Nehemias der Vulgata und des hebraischen
Textes iibersetzt und erklart, Mstr. i. W. 1907. S. Oettli, Die Biicher Esra
und Nehemia (KK A 8 [s. o. S. n], 148208). M. Seisenberger, Die
Biicher Esdras, Nehemias und Esther iibersetzt und erklart (KwC), Wien 1901.
C. Siegfried, Esra, Nehemia und Esther iibersetzt und erklart(GHK i, 6, 2),
Gott. 1901.
1 "Eabpa? a' in ist das apokryphe 3 Ezr der 33 (s. u. 57), "Eabpac; (J'
= i, 2 Ezr. H. H. Howorth (The modern Roman canon and the book
of Esdras A [JthSt 7, 343 354]) glaubt, dafi auch noch die afrikanischen
Konzilien und Kirchenvater, die von Hieronymus unabhangig sind, nach
verstanden werden miissen , daC sie also mit i Ezr das apokryphe
Buch, mit 2 Ezr unser kanonisches Buch Ezr-Neh bezeichnen. Dagegen
vgl. H. Pope O. P., The third book of Esdras and the Tridentine canon
(JthSt 8, 218232).
2 H. H. Howorth (Some unconventional views on the text of the Bible.
IV. The Septuagint text of the book of Nehemiah [PSbA 24, 332 340; 25,
15 22 90 98] 20) meint, dafi die Teilung auch erst von ihm stamme.
1 66 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 226
53. Inhalt und Chronologic der Ezr-Bucher *.
226. Die Ezr-Biicher wiederholen den letzten Vers der Chr und
erzahlen ira Anschlufi daran die Wiederherstellung des jiidischen
Gemeinwesens nach dem babylonischen Exil. Fiihrende Manner
sind vor allem Ezra und Nehemias. Die erzahlten Ereignisse
werden zeitlich sehr verschieden eingereiht.
227. Ein Erlafi des Konigs Kyros von Persien gestattet den Juden
die Heimkehr aus der babylonischen Gefangenschaft (538)
(Ezr i, i 4). Juda und Benjamin kehren zuriick (i, 5 6). Kyros gibt
dem Sesbassar, dem Fiirsten Judas 2 , die Gefafie heraus, die Nebukad-
nessar aus dem Tempel zu Jerusalem geraubt hatte; er bringt sie
nach Jerusalem zuriick (i, 711). Verzeichnis derjenigen, welche mit
Zerubabel, Josue, Nehemias u. a. aus Babel nach Jerusalem zuriick-
kehrten (2, i 67) 3 . Freiwillige Spenden werden fur den Tempelbau
gegeben; ganz Israel lafit sich in seinen Stadten nieder (2, 68 70).
Beim Herannahen des 7. Monats errichten Josue und Zerubabel den
Brandopferaltar, und am i. Tag des 7. Monats beginnt der iibliche
Opferdienst (3, i 6). Zuriistungen zum Tempelbau (3, 7). Im 2. Jahre
nach ihrer Ankunft in Jerusalem findet die feierliche Weihe 4 des Tempels
1 J. Fischer, Die chronologischen Fragen in den Biichern Esra-Nehemia
(BSt 8, 3), Frb. i. Br. 1903. S. Jampel, Die Wiederherstellung Israels unter
den Achameniden. Kritisch-historische Untersuchung mit inschriftlicher Be-
leuchtung, Breslau 1904. Kugler (s. o. S. 93 2 ) 201 233: Die Hauptfragen
der Biicher Esra und Nehemia. S. Mowinckel, Studier til den jodiske menig-
hets historic og litteratur. i. Statholderen Nehemia. 2. Ezra den Skrift-
laerde, Christiania 1916. Nikel (s. o. S. 89 2 ). Riefiler (s. o. S. 162 2 ). Ders.,
Wann wirkte Nehemias? (ThQ 92, i 6). J. Theis, Geschichtliche und literar-
kritische Fragen in Esra I 6 (AtAbh 2, 5), Mstr. i. W. 1910. C. C. Torrey,
Ezra studies, Chicago 1910. J. Touzard, Les Juifs au temps de la periode
persane (Rb N. S. 12, 59 1^3). A. van Hoonacker, Les douze petits prophetes
traduits et commente's (Etudes bibliques), P. 1908, 538 546. Ders., La suc-
cession chronologique Neliemie-Esdras (Rb 32, 481 494; 33,33 64).
2 Riefiler, Van Hoonacker, R. B. Girdlestone (Notes on the comparative
value of the two recensions of Ezra [PSbA 24, 14 f.]), Kugler (s. o. S. 93 2 ) 205
halten Sesbassar fur persongleich mit Zerubabel; auf verschiedene Per-
sonlichkeiten, die zu gleicher Zeit heimkehrten, beziehen die beiden Namen
Nikel u. a. ; fur verschiedene Personlichkeiten, von denen Zerubabel erst
spater (zur Zeit des Darius I.) heimzog, nehmen sie Fischer, Kaulen-Hoberg
(s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 78, Mowinckel u. a.
3 W. H. Kosters (Het herstel van Israel in het perzische tijdvak, Leiden 1894
[s. o. S. 90 2 ]) leugnet eine Ruckkehr unter Kyros. Vgl. dazu Batten (s. o. S. 165).
* Allgemein versteht man darunter gegen den Wortlaut eine Grundstein-
legung (vgl. J. Goettsberger, Uber das III. Kapitel des Ezrabuches [Journ.
of the Soc. of or. Research 10 (1926), 270 280]). Andere Nachrichten
Nr. 228 A. Die Geschichtsbiicher. 8. Das erste und zweite Buch Ezra. 167
statt (3, 8 13). Die Feinde Judas und Benjamins wollen sich am
Tempelbau beteiligen und werden zuriickgewiesen; der Tempelbau wird
unter Kyros bis auf Darius (521 485) verhindert (4, i 5). Bei Xerxes
(485 465} laufen Klagen gegen die Juden ein (4, 6). Unter Artaxerxes
(465 424) wird eine Klageschrift gegen den Wiederaufbau von Stadt
und Mauern Jerusalems iibersandt; der Wiederaufbau wird gewaltsam
eingestellt (4, 7 23). Bis ins 2. Jahr des Darius (420) standen die
Arbeiten am Tempel still (4, 24) *. Auf Mahnung der Propheten Aggaus
und Zacharias fangen Zerubabel und Josue den Tempelbau an (5, i 2).
Ein Einspruch bei Darius gegen den Bau, der von Sesbassar begonnen
worden und noch nicht vollendet sei, wird auf Grund des Erlasses
des Kyros, den man auffindet, zuriickgewiesen (5, 3 6, 12). Der Tempel
wird vollendet und eingeweiht (6, 13 18). Am 14. Tage des i. Mo-
nats wird das Paschafest begangen (6, 19 22).
228. Im 7. Jahre des Artaxerxes (45 8) 2 zieht der Schriftgelehrte Ezra,
ein Nachkomme des Aaron, vom i. des i. Monats bis zum i. des
5. Monats mit einer Schar von Exulanten nach Jerusalem (7, i 10).
Das Schreiben des Artaxerxes, das Ezra mit der Wiedererrichtung der
jiidischen Gemeinde beauftragt (7, n 26). Ezra berichtet in der
i. Person nach einem Lobe Gottes (7, 27 28) iiber die Familienhaupter,
die mit mm zogen (8, i 14), iiber die Versammlung zur Abreise von
Babel, iiber die Reise, die Ankunft in Jerusalem und die Einrichtungen
dortselbst (8, 15 36). Er erwahnt Klagen gegen die Vermischung mit
(Ezr 5, 2; Agg i, 2) scheinen den Beginn des Tempelbaues in das 2. Jahr
des Darius zu verlegen. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 79, Nikel, Van Hoon-
acker verstehen letztere Nachrichten als Wiederbeginn des unterbrochenen
Unternehmens. Fischer verlegt in die Zeit der Riickkehr unter Kyros blofi
eine rechtliche Tempelgriindung. Manche lassen einen bei der ersten Riick-
kehr erbauten Tempel zu Grunde gehen, so daC fur einen zweiten Tempel-
bau unter Darius Platz bleibt.
1 Torrey. Howorth (s. o. S. 163 *) u. a. reihen diese Berichte in den Zu-
sammenhang, in welchem sie stehen, ein und verstehen darunter Xerxes, Arta-
xerxes und Darius II.; Ezra und Nehemias sind dann unter Artaxerxes II.
Memnon (404359) nach Palastina gekommen. Girdlestone, Mowinckel,
Riefiler, Schrader-Winckler (s. o. S. 12) 3 288 nehmen Darius I. zum Ausgangs-
punkt und suchen dann den Xerxes und Artaxerxes vor ihm in Kambyses
und Ps.-Smerdis. Fischer, Kugler (s. o. S. 93 2 ) 209, Nikel, Van Hoon-
acker u. a. halten die gegenwartige Textfolge nicht fur mafigebend, um die
geschichtliche Reihenfolge festzustellen, sondern nehmen die Namen, wie sie
lauten, und reihen die Berichte geschichtlich ein, wie die Namen es verlangen.
2 Nach Van Hoonacker u. a. ware Ezra nach Nehemias unter Arta-
xerxes II. anzusetzen; vgl. dagegen besonders Kugler (s. o. S. 93 2 ) 215 ff.
W. Erbt verlegt Ezra in das 7. Jahr Artaxerxes' II. und Nehemias in dessen
20. Jahr (vgl. OrLz 12, 154 161). RieCler bringt auch die Ereignisse unter
Ezra und Nehemias in der Zeit von Kyros bis Darius I. unter.
1 68 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 229
Fremden und spricht ein Bufigebet (9, i 15). Uber Ezra wird berichtet
(in der 3. Person), wie er die Manner zwang, die fremden Frauen
zu entlassen; diejenigen, welche gesiindigt batten, werden aufgezahlt
(10, 144).
229. Geschichte des Nehemias (2 Ezr i, i a ). Nehemias erzahlt selbst
seine Riickkehr aus Babel im 20. Jahre des Artaxerxes (445) (2 Ezr i, i b
bis 2, 10), seinen nachtlichen Ritt zur Besichtigung der Stadtmauern
(2, ii 1 6), fordert zum Mauerbau auf trotz Gegnerschaft des Sanballat 1
und Genossen (2, 17 20), zahlt die Baulose und ihre Ubernehmer im
einzelnen auf (3, i 32), erbaut die Mauern bis zur halben Hohe trotz
der feindlichen Plane des Sanballat und seiner Genossen (3, 33 38),
setzt den Bau fort unter Abwehr feindlicher Angriffe (4, i 17), tritt
fur die Unbemittelten ein gegen die Reichen (5, i 13), stellt Gott
gegeniiber seine eigene Selbstlosigkeit ins rechte Licht (5, 14 19),
weist die heimlichen Nachstellungen des Sanballat und Genossen zuriick
(6, i 14) und vollendet die Mauern trotz der Anfeindungen nach
52 Tagen (6, 15 19). Er sorgt fur Sicherung der Stadt (7, i 3). In
seiner Sorge um Erhohung der geringen Bevb'lkerungszahl findet er ein
Verzeichnis derjenigen Juden, welche zuerst von Babel mit Zerubabel,
Josue, Nehemias u. a. zuriickgekehrt waren (7, 4 69 = i Ezr 2 [i Ezr
2, 66 fehlt in wichtigen ZeugenJ). Spenden fur das Werk werden ge-
geben; die Israeliten lassen sich in den Stadten nieder (7, 70 72 [23 7 3 ]).
230. Eine Volksversammlung veranlafit Ezra 2 , das Gesetzbuch des
Moses zu bringen und es vorzulesen am i. Tag des 7. Monats (444);
nach anfanglicher Trauer geht das Volk zur Freude fiber (8, i 12).
Am 2. Tag unterrichtet Ezra uber das Laubhuttenfest, das das Volk
sofort feiert mit Vorlesung des Gesetzes (8, 13 18). Das Volk be-
geht den 24. des gleichen Monats als Bufitag; die Leviten sprechen
ein Buftgebet (9, i 37) und verkiinden den Abschluft eines Bundes
(10, i). Die Unterzeichner werden aufgezahlt (10, 2 28). Das iibrige
Volk schliefit sich an und verpflichtet sich auf das Gesetz, von dem
eine Reihe von Verpflichtungen ausdriicklich ubernommen werden
(10, 29 40). Nach dem Los werden Jerusalem (i Zehntel) und die
Landstadte (9 Zehntel) besiedelt (n, i 2). Es werden die Bewohner
von Jerusalem (n, 3 19) und von den Stadten Judas (11, 20 36) an-
gefuhrt. Verzeichnis der Priester und Leviten, die mit Zerubabel und
1 Dieser Name 1st fur die Zeit vor 407 in den Papyri von Elephantine
bezeugt (vgl. E. Sachau, Drei aramaische Papyrusurkunden aus Elephantine,
B. 1907 ; J. Hontheim S. J., Zu den neuesten jiidisch-aramaischen Papyri aus
Elephantine [BZ 6, 245 261]; Taf. 2, Bild 3). Deshalb kann fur diese Er-
eignisse Artaxerxes II. (s. o. S. i67 2 ) nicht mehr in Frage kommen (vgl.
* G. Hoberg, Die Zeit von Esdras und Nehemias [Festschrift f. G. v. Hertling,
Kempten 1913, 3640]).
2 Nach Howorth u. a. hatten Ezra und Nehemias personlich nicht mit-
einander in Beziehung gestanden, weil sie zeitlich zu trennen seien.
Nr. 231 A. Die Geschichtsbiicher. 8. Das erste und zweite Buch Ezra.
Josue heimgekehrt waren (12, i 9). Die Abkommlinge des Josue
(12, 10 f.). Die Familienhaupter der Priester zur Zeit des Jojakim, des
Sohnes des Josue (12, 12 21), und Verweis auf Aufzeichnungen zur Zeit
der weiteren Nachfolger (12, 22 23). Die Haupter der Leviten zur
Zeit des Jojakim und des Nehemias und Ezra werden aufgezahlt (12, 24
bis 26). Bei der Einweihung der Mauern ziehen zwei Dankchore um
die Stadtmauern (12, 27 43). Manner werden liber die Vorratskammern
aufgestellt; ebenso versehen sonstige Tempeldiener ihre Obliegenheiten
(12, 44 47). Auf Grund der Vorlesung der einschlagigen Gesetze
scheidet das Volk alles Fremde aus (13, i 3). In Abwesenheit des
Nehemias (Ich-Erzahlung 13, 4 31) vom 32. Jahre des Artaxerxes (433)
ab war ein Fremdling durch den Hohenpriester zum Tempel zugelassen
worden; Nehemias kehrt nach einiger Zeit zurtick 1 und stellt das ab
(13, 4 9). Er ordnet verschiedene Verhaltnisse und bittet Gott, ihm
dies zu gedenken: am Tempel (13, 10 14), in der Sabbatheiligung
(13, 15 22), beziiglich fremder Frauen (13, 23 31).
54. Literarische Eigenart von Ezr 2 .
231. Schon die grofie Liicke von 60 Jahren, welche nach der
herkommlichen zeitlichen Einreihung der Ereignisse zwischen dem
Abschlufi des Tempelbaues (516) und dem Auftreten des Ezra
besteht, verrat, dafi die Quellen im Buche Ezr lose verbunden
wurden.
Als grofiere selbstandige Stiicke, die ziemlich unverandert und ohne
Verarbeitung aufgenommen wurden, heben sich heraus die Ich-Er-
zahlung des Ezra (i Ezr 7, 27 9, 15) und die Ich-Stiicke des Nehemias
(2 Ezr i, 17, 5 [bzw. 7, 72 (35 73)]; 12, 2743; 13, 4 31). Die ara-
maische Sprache i Ezr 4, 8 6, 18; 7, 12 26 umfafit zwar hauptsachlich
Urkunden, so dafi die Annahme nahe la'ge, sie seien in ihrer Ursprache
vom Verfasser aufgenommen worden 3 . Allein schon die Fassung verrat,
dafi wir diese Urkunden nicht ohne Umarbeitung vor uns haben. Audi
beschrankt sich diese Sprache nicht genau auf den urkundlichen Text,
sondern erstreckt sich dariiber hinaus auf die eingeschobenen und an-
gefiigten erzahlenden Verse. Zudem ist die Sprache nicht ostaramaisch,
wie es bei urspriinglichen Urkunden der Fall sein miifite, sondern west-
aramaisch. Sie sind offenbar aus einem aramaischen Geschichtswerke
liber die Anfeindungen der neuerstehenden jiidischen Gemeinde von-
seiten der Nachbarn ohne Anderung der Sprache aufgenommen worden 4 .
Die Liste derjenigen, die zuerst aus Babel in die Heimat zuriickkehrten,
1 Mowinckel leugnet diese zweite Anwesenheit des Nehemias in Palastina.
2 *K. Holzhey, Die Biicher Ezra und Nehemia. Untersuchung ihres
literarischen und geschichtlichen Charakters (Stud, z. atl Einl. u. Geschichte 2),
Miinchen 1902.
3 So Nikel (s. o. S. Sg 2 ) 132 f. u. a. 4 So Howorth (s. o. S. 163 x ) 277 f.
170 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 232
steht Neh 7 in einer bestimmten geschichtlichen Verbindung und hat
deshalb hier ihren urspriinglichen Platz. Ezr 2, wo sie mit vielen, nur
nebensachlichen Varianten wiederholt ist, steht sie zwar an der richtigen
Stelle im Verlauf der Geschichte, aber ohne formliche Verbindung mit
dem umgebenden Text; also ist sie hier nachtraglich eingefiigt l . Auch
sonst finden sich noch manche Anzeichen, daft Quellen lose aneinander-
gereiht worden sind und die Verarbeitung des Materials sich in engen
Grenzen gehalten hat 2 .
232. Ezr zeigt also wieder in viel grofierem Umfang als
Rg und Chr jenen literarischen Zustand, den wir beim
Pentateuch und den darauffolgenden Biichern des AT finden. Die
Ursachen hierfiir werden iiberall die gleichen sein.
Da die oben angenommene Chronologic im wesentlichen
vom gegenwartigen Bestande von Ezr abgeleitet ist, so ist sie
nur als vorlaufig anzusehen und kann noch von Grund aus
umgestaltet werden, wenn die literarische Untersuchung sichere
Ergebnisse gewinnt.
55. Zeit der Entstehung des Ezr-Buches.
233. Die Anzeichen, welche die Entstehungszeit erschlieCen
lassen, verweisen in eine spate, am ehesten in die griechische
Peri ode.
Neh 12, 22 ist Darius der Perser, d. i. Darius III. Kodomannus
(336 332) genannt. Der Titel K6nig von Persien ist am besten
verstandlich, wenn das persische Reich bereits der Vergangenheit an-
gehort 3 . Die Genealogie der Hohenpriester Neh 12, zof. 22: (Jojakim),
Eljasib (nach Neh 3, i 20 zur Zeit des Nehemias), Jojada c , Jonatan (wohl in
Johanan zu verbessern [so Neh 12, 22]), Jaddua c , reicht nach Josephus,
Ant. ii, 8, 4 f. bis auf Alexander d. Gr. herab, dem ein Hoherpriester
'labbouc; auf den Skopus nordlich von Jerusalem entgegenging 4 . Da-
1 So Driver (s. o. S. 9) 583 u. a. Anders H. H. Howorth, Some unconven-
tional views on the text of the Bible. V. The genealogies and lists in Ne-
hemiah (PSbA 26, 25 31 6369 94 100).
2 Vgl. Touzard (s. o. S. I66 1 ).
3 Vgl. o. S. 162. An Stellen, wo Ezra und Nehemias selbst reden, oder
in Urkunden der persischen Zeit wird blofi der Titel K6nig gebraucht
(vgl. Driver [s. o. S. 9] 582), so dafi man den fremdklingenden Titelgebrauch
nicht aus der naturgemafien Abneigung unterworfener Volker (so Comely
[s. o. S. 3 2 ] 2, i \ 365) ableiten darf.
4 Der Vater des Jaddua', Johanan, scheint allerdings nach den Elephantine-
Papyri (s. o. S. I68 1 ) schon fur 410 407 bezeugt. Aber auch das Chronicon
paschale kommt mit 190 Jahren fur die sechs Hohenpriester nach der Wieder-
Nr. 235 A. Die Geschichtsbiicher. 8. Das erste und zweite Buch Ezra.
mit stimmt iiberein, dafi Jaddua c in die Zeit des Darius des Parsers
= Darius HI. fallt (Neh 2, 22)*.
234. Hierdurch ist die Hauptperson der Erzahlung, Ezra selbst, welchen
die jiidische Tradition und auch noch neuere Exegeten 2 alsVerfasser
erweisen wollten, ausgeschlossen. Es spricht nichts Stichhaltiges fur,
wohl aber manches gegen seine Person. Dafi sein Beiname ieb (i Ezr
7, 6) nicht Schriftkundiger, Schriftsteller bedeutet, ergibt der Zu-
sammenhang ; danach mufi man darunter einen Gesetzeskundigen
verstehen. Von Ezra kann auch schwerlich ein Buch sein, das nur
zum Teil von ihm in der Ich-Form erzahlt, in dem von den Tagen
des Nehemias, des Statthalters, und des Ezra, des Schriftgelehrten
(Neh 12, 26) und von den Tagen des Nehemias (Neh 12, 47), des
Zeitgenossen des Ezra, die Rede ist 3 . Die Liickenhaftigkeit der Dar-
stellung und die eigenartige Zusammenziehung Ezr 4, 6 23 wiirde kaum
einem unterlaufen sein, der den Ereignissen so nahe stand wie Ezra.
DaB die Ich-Stiicke echt sind und die ursprunglichen Materialien
aus viel alterer Zeit stammen, ist mit der Ablehnung Ezras als
Verfassers unseres Buches durchaus vereinbar.
56. Ezr-Neh und Chr 4 .
235. Ezr-Neh setzt Chr unmittelbar fort. Das legt die Mut-
maCung nahe, dafi beide urspriinglich ein Werk bildeten.
Die Gleichheit des Beginnes von Ezr-Neh mit dem Schlufi von
Chr 5 ist dann am einfachsten erklart, wenn ein urspriinglich fortlaufender
Text nachtraglich getrennt worden ist 6 . 3 Ezr, das die meisten Exegeten
fur abhangig vom kanonischen Ezr-Neh betrachten, fafit 2 Chr 35 36 mit
i Ezr iff. zu einer Einheit zusammen. Zu diesen aufieren Anzeichen
herstellung auf 326 v. Chr., wenn wir von der Vollendung des Tempelbaues
516 ausgehen (vgl. M e 92, 464).
1 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 361 datiert ihn unter Darius II. Nothos (423 405)
oder schlagt vor, den Vers als spateren Einschub zu erklaren. Kaulen-Ho-
berg(s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 85 nimmt ebenfalls lieber eine Texterweiterung an. Kaulen
(ebd. 3 2i2) hielt ehedem fur den angenommenen Verfasser Ezra ein Alter
von I2ojahren fur vertretbar.
2 So Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 363 f.; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 84 f.
3 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 363 halt es fiir annehmbar, daC die auffalligen
Redensarten aus Urkunden stammen und als solche von Ezra selbst iiber-
nommen worden sind.
4 E. Nestle, Zur Frage nach der ursprunglichen Einheit der Biicher Chr,
Ezr und Neh (StKr 1879, 517521).
5 Touzard (s. o. S. I66 1 ) 6i 2 meint, dafi Chr mitten im Dekret des Kyros
abbreche.
6 Vgl. 2 Sm i, i und 4 Kg i, I nach B .
172 I. Teil. Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 236
der urspriinglichen Zusammengehorigkeit stimmen die inner en Merk-
raale : dieselbe Entstehungszeit, die gleiche aramaisierende urid spathebra-
ische Sprache 1 , beiderseits auffallendes Interesse an liturgischen Dingen
(Tempel- und Altarbau, Feste, Priester und Leviten) und an Geschlechts-
registern. Die Art, wie die Quellen ziemlich lose aneinandergereiht
werden, tritt allerdings bei Chr viel weniger zu Tage als bei Ezr-Neh ;
vielleicht erklart sich das aus der viel knapperen Fassung von Chr. Der
bedeutsamste Unterschied zwischen beiden, die Kiirze von
Chr und die weitlaufige Erzahlungsform bei Ezr-Neh, fallt nicht so stark
ins Gewicht, um die Griinde fur urspriingliche Einheit zu Gunsten
der Selbstandigkeit beider Bucher aufzuwiegen. Die wesentliche Gleich-
heit von i Chr 9 und Neh 1 1 darf bei der blofi aufierlichen Verarbei-
tung der Materialien in beiden Biichern aufier Anschlag bleiben.
Infolgedessen ist es zu wenig, beide Werke bloC demselben
Verfasser zuzuschreiben 2 ; sie sind urspriinglich ein zusammen-
hangendes Werk gewesen 3 . Das 1st um so eher anzunehmen, als
sich leicht begreifen laCt, dafi man nachtraglich Chr von Ezr-
Neh trennen zu sollen glaubte, well man fur Chr eine viel aus-
fuhrlichere Quelle in Gn Rg schon besafi. Wann die nachtrag-
liche Trennung vollzogen wurde, ist nicht festzustellen 4 .
57. Anhang: Das dritte Buch Ezra.
236. 3 Ezr (oder nach "Effbpas a' 5 ), ein nur griechisch erhaltenes,
sog. apokryphes Buch (s. u. 196 f.), deckt sich inhaltlich mit Chr-Ezr-
Neh (i, 155 [23 i, 158] = 2 Chr 35, 136, 21. 2, 114 = Ezr
i, i u. 2, 1525 [26] [35 2, 1631] = Ezr 4, 724. 5, 770 [71]
[23 73] = Ezr 2 > i 4, 5- 6 > i 9> 3 6 = Ezr 5, i 10, 44. 9, 3755
= Neh 7, 73 b 8, 13 a ) 6 mit Ausnahme von 3, i 5, 6, wonach Zoro-
babel durch seinen Sieg iiber seine Freunde in einem geistigen Wett-
streit von Darius die Heimkehr der Juden erwirkt. Die legendenhafte
Ausschmuckung dieses Vorganges, die von der sonstigen Art der Ezra-
1 Statt Akkusativ und inf. constr. stehen Ausdriicke mit V, \ mit inf. constr.
in der Bedeutung des Gerundivs, Verb, finit. mit Artikel statt des Pron.
rel. i u. a.
2 So z. B. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 84 f.
3 Fur Verschiedenheit spricht sich u. a. Comely (s. o. S. 3 2 ~) 2, i 2 , 329 aus.
4 Wenn man mit Howorth (s. o. S. 165 2 ) annehmen diirfte, dafi 3 Ezr
(s. u. 57, Nr. 237) die urspriingliche darstelle, so wiirden beide noch in
der Zeit der -Ubersetzung ein Ganzes gebildet haben.
5 Siehe o. S. 165 1 . A fiigt 6 lepeog hinzu, wohl um ihn von dem Propheten
(vgl. u. 197, Nr. 677) zu unterscheiden.
6 Deshalb ist 3 Ezr in der Zeit der Kirchenvater vielfach als kanonisch
behandelt worden und hat im Anhang der 33-Ausgaben Platz gefunden.
Nr. 239 A. Die Geschichtsbiicher. 9. Das Buch Tobias. 173
Erzahlungen absticht, lafit vermuten, dafi dieses Stuck nachtraglich ent-
standen und in die Geschichte des Buches eingefiigt worden 1st 1 . Die
eigentiimliche Aufeinanderfolge der Ereignisse in 3 Ezr kann nicht
als unrichtig erwiesen werden, ist vielmehr bei der Entwirrung der Ge-
schichte dieser Zeit wohl zu beachten 2 .
237. H. H. Howorth hat angenommen, dafi 3 Ezr die alte -Ubersetzung
von Ezr-Neh sei; in die -Hss sei bei diesem Buche die 0-Uber-
setzung eingedrungen 3 .
9. Das Buch Tobias.
58. Name. Literatur.
238. Tujpeie, Tuuprr 4 , BipXo? XOTUJV Tuupeie, Liber Tobiae 5 (Tob).
239. Fritzsche(s.o. S. 12), 2. Tobias und Judith, Lp. 1853. *C. Gutberlet,
Das Buch Tobias iibersetzt und erklart, Mstr. i. W. 1877. M. Lohr in
Kautzsch (s. o. S. 12) I, 135 147, J. Miiller, Beitrage zur Erklarung und Kritik
des Buches Tobit (13. Beih. z. ZatW 153), Giefien 1908. *G. Priero,
II libro di Tobia. Testi e introduzione. Studio filologico, critico-analitico,
esegetico, Como 1924. *A. Scholz, Kommentar zum Buche Tobias, Wiirz-
burg 1889. A. Schulte, Beitrage zur Erklarung und Textkritik des Buches
Tobias (BSt 19, 2), Frb. i. Br. 1914. D. C. Simpson in Charles (s. o. S. 12)
i, 174 241. O. Zockler, Die Apokryphen des AT nebst einem Anhang
iiber die Pseudepigraphenliteratur (KK A 9), Munchen 1891, 162 184.
1 So u. a. C. C.Torrey, The nature and origin of First Esdras (AmJsemL 23,
116 141) 124 f. Howorth (s. o. S. 165 2 ) 335 f. halt die Episode fur einen ur-
spriinglichen Bestandteil der Ezra-tJberlieferung.
2 Howorth, Riefiler, Theis, Torrey ziehen 3 Ezr dem Buch Ezr-Neh vor.
Vgl. dazu E. Bayer, Das 3. Buch Esdras und sein Verhaltnis zu den Biichern
Ezr-Neh (BSt 16, i), Frb. i. Br. 1911; B. Walde, Die Esdrasbiicher der
Septuaginta. Ihr gegenseitiges Verhaltnis untersucht (BSt 18, 4), Frb. i. Br.
3 The true Septuagint version of Chr-Ezr-Neh (Academy 44 [1893, 22.Juli],
73 f.; vgl. E. Nestle, Marginalien und Materialien, Tub. 1893, 23 35); ebenso
PSbA 24 u. 25 (s. o. S. 165 2 ). Riefiler (s. o. S. 162 2 ) und Fischer (s. o. S. I66 1 )
stimmen ihm zu ; anders Bayer und Walde (s. o. Anm. 2). Vgl. auch W. J. Moul-
ton, tiber die Uberlieferung und den textkritischen Wert des 3. Esrabuches
(ZatW 19, 209258; 20, i 35); P. Riefiler, Der textkritische Wert des3.Esdras-
buches (BZ 5, 146158).
4 Nach Schlogl (s. o. S. I34 1 ) I, x ware zur eigentlichen Namensform
das T des TOD infolge von Dittographie geraten. Hebraische Form:
5 Auch liber utriusque Tobiae* genannt nach Vater und Sohn, die in
und im hebraischen Text etwas verschieden bezeichnet werden.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 240
59. Inhalt des Buches Tob.
240. Die Texte weichen in Einzelheiten ziemlich stark vonein-
ander ab *. In den gemeinsamen Hauptziigen bieten sie die schon
erzahlte Lebensgeschichte, Heimsuchung und wunderbare Befrei-
ung eines frommen Israeliten in Assyrien, womit die Heimsuchung
einer israelitischen Frau, Sara, enge verwoben ist. Nach der 35
bietet Tob folgenden Inhalt:
Tobias ( Tobit), der Vater des Tobias, aus dem Stamme Nephtali,
weilt unter den Israeliten, die der Assyrerkonig Salmanassar nach
Assyrien fortgefiihrt hatte, in Ninive, erfullt treu die gesetzlichen Vor-
schriften, begrabt die Leichen der Juden, welche Sennacherib getotet
hatte, wird von einer plotzlichen Erblindung heimgesucht und von seiner
Umgebung hart getadelt ; er fleht um Erlosung durch den Tod (i, i 3, 6).
In der medischen Stadt Rages wird Sara, die Tochter des Raguel, zu
gleicher Zeit von einer Magd des Hordes beschuldigt, weil ihr durch
den Damon Asmodaus sieben Manner getotet wurden ; auch sie fleht um
Erlosung oder um den Tod (3, 7 23 2 ). Gott sendet den Engel Raphael,
um beiden zu helfen (3, 24 25).
241. Tobias erwartet seinen Tod, gibt seinem Sohne Ermahnungen und
schickt ihn nach Rages, um eine Geldsumme einzuheben (4, i 5, 4).
Dem jungen Tobias bietet sich als Reisebegleiter unerkannt der Engel
Raphael an (5, 5 28). Auf der Reise 3 nimmt Raphael die Eingeweide
eines Fisches, der den Tobias gefahrdet hatte, an sich, weil sie gegen
Damonen und gegen Blindheit verwendet werden konnen (6, i 9).
Er gibt ihm Weisung, Sara, die Tochter Raguels, zum Weibe zu
nehmen (6, 10 22). Mit Hilfe des Engels freit Tobias Sara und be-
freit sie durch Verbrennen von Herz und Leber des Fisches vom Damon
Asmodaus (7, i 8, 24)*. Tobias schickt seinen Reisebegleiter nach
Rages, um das geschuldete Geld einzuheben (9, i 12). Er kehrt mit
seinem Reisebegleiter zuriick (10, i 13) und heilt mit der Galle des
Fisches die Blindheit seines Vaters (n, i 2i 5 ). Raphael gibt sich
zu erkennen und entschwindet (12, i 22). Lobgesang des Vaters Tobias
(13, i 14, i a ). Tobias' Gliick und Ende; der Sohn kehrt zu seinen
Schwiegereltern zuriick und stirbt in hohem Alter (14, i b 17).
1 Siehe u. 60. Eine Zusammenstellung der Unterschiede in den Texten
s. in HDB 4, 787 f.
2 i, i ( i, 3) 3, 15 geben alle Texte mit Ausnahme der 33, des Aram,
und der beiden hebraischen Texte von Caster (s. u. 60, Nr. 245) in der
Form der Ich-Erzahlung.
3 Der Hund, welcher 6, i ( BA 5, 17, s 6, 2) erwahnt wird, fehlt im
Aram, und Hebr.; 33 erzahlt von ihm auch n, 9.
4 8, 8 Und sie beide sagten (Aram., Hebr., @: und Sara sagte): Amen.
33: und Sara sagte: Erbarme dich unser, o Herr. ...
5 Zu n, 9 vgl. Anm. 3.
Nr. 244 A. Die Geschichtsbiicher. 9. Das Buch Tobias. 175
60. Die Texte des Buches Tob.
242. Hieronymus liefi sich das Buch chaldaeo sermone con-
scriptum von einem Juden ins Hebraische iibertragen und fertigte
hiernach an einem Tage die lateinische Ubersetzung (Praef. in
Tob.). Er und wohl auch seine Zeit hielten also dies en aramai-
schen Text, welcher der 33-Ubersetzung zu Grunde
liegt, fiir urspriinglich 1 .
Dieses geschichtliche Zeugnis gibt der Ansicht, dafi Tob aramaisch /
verfafit sei 2 , das Ubergewicht iiber die Meinung, Tob sei urspriinglich j
hebraisch geschrieben 3 . Aus inneren Anzeichen zwischen beiden An-
nahmen zu entscheiden, wird wohl zu keinem sicheren Ergebnis fiihren 4 .
Schon ein semitisches Original uberhaupt statt einer griechischen Ab- j
fassung anzunehmen, ist wiederum am besten begriindet durch das Zeug-
nis des Hieronymus; denn die Hebraismen 5 sind nicht zahlreich und
greifbar genug, urn fiir sich allein die Frage zum Austrag zu bringen.
243. DaC die Vulgata einen vollen Ersatz fiir den aramaischen
Urtext biete, darf bei der Art, wie Hieronymus die Ubersetzung
fertigstellen mufite, nicht erwartet werden. Tatsachlich zeugt
die 35 vom Einflufi der 6 und geht in einem Zuge (die ur-
sprungliche Ich-Erzahhmg von Kap. I 3 istbeseitigt; s. o. S. I/4 2 )
mit spateren Texten, dem Neubauerschen aramaischen und dem
hebraischen, den Caster ans Tageslicht gezogen hat.
244. Im Midras Beresit rabba zu Gn 28, 22 steht als Beispiel fur ge-
treue Erfiillung des Gesetzes ein aramaischer Text von Tob, den der
1 So Marshall in HDB 4, 788 a u. a.
2 Nach Origenes, Ep. ad Afr. 13 (M g n, 80) besafien die Juden Tob und
Jdt nicht einmal unter den Apokryphen in hebraischer Sprache.
3 So G. Bickell, Der chaldaische Text des Buches Tobias (ZkTh 2, 216
bis 233; vgl. ebd. 379 f. 764 ff.); Gutberlet (s. o. S. 173); Kaulen-Hoberg (s. o.
S. 2 3 ) 2 5 , 87 ; A. Neubauer, The book of Tobit. A Chaldee text from a unique
Ms in the Bodleian library with other rabbinical texts, English translations
and the Itala, Oxford 1878.
4 Vgl. HDB 4, 788.
5 Vgl. I. Levi, La langue originale du livre de Tobit (REj 44, 288 291);
er vermutet 3, 7 ff. eine Verwechslung von na Magd mit nas ihre Mutter,
weil der Tadel gegen Sara besser in den Mund der Mutter passe. Ein
semitisches Original nehmen an Miiller (s. o. S. 173) 33, Schiirer (s. o. S. 163 3 )
3 4 , 240 u. a.
6 Miiller (s. o. S. 173) 2, Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3 4 , 244 u. a. halten die fi fiir
die Grundlage der 23, der gegeniiber der aramaische Text eine ganz unter-
geordnete Rolle spiele.
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 245
Herausgeber, A. Neubauer l , fur den urspriinglichen hielt. Der Text
ist im ganzen da und dort gekiirzt und hat die letzten zwei Kapitel
nicht. Der Urtext kann er schon deswegen nicht sein, weil er von
abhangig ist 2 . Er ist auch nicht gleich der Vorlage des Hieronymus 3 .
245. Schon seit dem 16. Jahrhundert sind zwei hebraische Texte
veroffentlicht, die man als Hebraeus Fagii und Hebraeus Muensteri zu
unterscheiden pflegt. Der Hebraeus Fagii, von P. Fagius 1542 heraus-
gegeben 4 , ist ein mittelalterlich.es jiidisches Erzeugnis (ca. 12. Jahrh.),
nach dem gewohnlichen griechischen Text ( BA ) gefertigt 5 . Der He-
braeus Muensteri, von S. Minister 1542 veroffentlicht 6 , wird unmittelbar 7
oder mittelbar 8 von * abhangig sein. Zwei neue hebraische Texte hat
M. Gaster aufgefunden 9 , deren erster mit 55 die Grundlage teilen mag,
wahrend der zweite nach dem Hebraeus Muensteri bearbeitet scheint 10 .
246. Zu diesen Texten kommt noch in drei Textgestalten:
i) AB , der gewohnliche griechische Text, von dem die erste Halfte
des syrischen Textes in den @ p -Ausgaben (bis 7, 11), der Hebraeus Fagii,
die athiopische, koptisch-sahidische, armenische Ubersetzung abhangen ;
2) s u , Vorlage fiir , Hebraeus Muensteri und den Neubauerschen ara-
maischen Text ; 3) der Text einiger Minuskeln (44, 106, 107 12 zu 6, 9
1 Siehe o. S. I75 3 . Auch Bickell (s. o. S. I75 3 ) halt den Neubauerschen
Text fur urspriinglich.
2 2, i dtpujTov, 3, 7 u. 6, 6 'EKf5aT(xvoi<;, 4, i u. 5, 5 'Payou;, 5, 2 armeTov, 6, 2
Titpw sind einfach umschrieben. Ob der Neubauersche Text mehr auf B
(so HDB 4, 786 a ) oder auf * (so Schurer [s. o. S. 163 3 ] 3 4 , 245 ; Muller [s. o.
S. 173] 2) zuriickgeht, ist strittig.
3 Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 274 1 meint, dafi er in mancher Hinsicht der Hiero-
nymusvorlage entspreche. Schulte (s. o. S. 173) 22 glaubt, daC der Bear-
beiter sich nach dem Hebraeus Muensteri (s. Nr. 245) gerichtet habe (vgl. Ders.,
Die aramaische Bearbeitung des Biichleins Tobias verglichen mit dem Vul-
gatatext [ThQ 90, 182204]).
4 Abgedruckt in der Londoner Polyglotte (s. u. 243, Nr. 822) torn. IV.
5 Muller (s. o. S. 173) 2 sieht in 8 die Vorlage; Schulte (s. o. S. 173) 29 f.
betrachtet den Text als selbstandig.
6 Abgedruckt in der Londoner Polyglotte (s. u. 243, Nr. 822) torn. IV.
7 So Muller (s. o. S. 173) 2.
8 So Simpson (s. o. S. 173) i, 179 ; Schulte (s. o. S. 173) 21 (durch fi). Andere
nehmen Verwandtschaft mit dem aramaischen Texte an.
9 Two unknown Hebrew versions of the Tobit legend (PSbA 18, 208 222
259 271 ; 19, 27 38, I xv); auch gesondert erschienen (Ld. 1897).
10 So Schulte (s. o. S. 173) 14 ff. 22.
11 *F. H. Reusch, Libellus Tobit e codice Sinaitico editus et recensitus,
Frb. i. Br. 1870.
12 Nach der Zahlung bei R. Holmes and J. Parsons, Vetus Testamentum
Graecum cum variis lectionibus, Oxford 1798 1827.
Nr. 248 A. Die Geschichtsbiicher. 9. Das Buch Tobias. 177
bis 13, 8, fragmentarisch ; Nr. 1076 der Oxyrhynchos-Papyri bezeugt
Tob 2 1 ), Vorlage fur den syrischen Text des 2. Teiles von Tob 2 . Die
grofiere Urspriinglichkeit sucht man bald bei BA , bald bei s3 . Sie
scheint im allgemeinen B gegenuber A4 und besonders gegeniiber
@ s zuzukommen.
Einige Exegeten halten den griechischen Text iiberhaupt fur die
Sprachform, in der Tob niedergeschrieben worden sei 5 . Der eine echt
griechische Ausdruck xa\6q Ka\ dyaOoq (7, 7) vermag jedoch dieser An-
nahme kein Ubergewicht zu geben gegenuber dem geschichtlichen
Zeugnis bei Hieronymus. _____
247. Die , welche sich hauptsachlich auf s stiitzt, ist in vier Hss
mit zwei Rezensionen vertreten. Eine dritte Rezension glaubt man im
Speculum s. Augustini zu finden 6 .
61. Entstehungszeit des Buches Tob.
248. Die ungefahre Entstehungszeit zu bestimmen, ist bei Tob da-
durch erschwert, dafi aufiere geschichtliche Nachrichten fehlen, die
Texte so verschieden sind und innere Griinde nur einen unsicheren
Schlufi zulassen. Die Form der Ich-Erzahlung, die in einem Teil der
Texte (s. o. S. i74 2 ) fur Kap. i 3 gebraucht wird, ist als ursprting-
licher zu betrachten als die Er-Erzahlung, welche einen Ausgleich der
Darstellung fur das ganze Buch erstrebt. Sie kann jedoch literarische
Einkleidung sein und lafit deshalb nicht sicher auf die beiden Tobias
oder auf einen derselben als Verfasser und auf ihre Lebenszeit als Ent-
stehungszeit des Buches Tob schliefien 7 . Der Bericht iiber den Tod
1 Vgl. jedoch A. Merk in ZkTh 36, 176180.
2 Der Text von B und s mit den Varianten von A bei H. B. Swete,
The OT in Greek according to the Septuagint, Cambridge 1887/94, 2 1895/99,
2. Bd.; der von 44, 106 und 107 (s. o. S. 176 12 ) bei Fritzsche (s. o. S. 173) 89
bis 105; vgl. auch A. S. Hunt, The Oxyrhynchus Papyri 8, Ld. 1911, Nr. 1076.
3 Fiir BA entscheidet sich M. Lohr, Alexandrinus und Sinaiticus zum
Buche Tobit (ZatW 20, 243263), fur @ s E. Nestle, Septuagintastudien 3,
Ulm 1899, 22 27; D. C. Simpson, The chief recensions of the book of Tobit
(JthSt 14, 516530). Vgl. P. Joiion S. J., Quelques hebraismes du Codex
Sinaiticus de Tobie (Bb 4, 168174).
* So A. Schulte, In welchem Verhaltnis steht der Codex Alexandrinus
zum Codex Vaticanus im Buche Tobias ? (BZ 6, 262 265).
5 Schiirer (s. o. 163 3 ) 3 3 , 177 (anders 3 4 , 240); Lohr bei Kautzsch (s. o.
S. 12) 136; Zockler (s. o. S. n) 165. Simpson (s. o. S. 173) 182 lafit die
Frage unentschieden. H. G. Bevenot O. S. B., The primitive book of Tobit.
An essay in textual reconstruction (Bs 83, 55 84) (auf Grund von s und B ).
6 Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3 4 , 244; Schulte (s. o. S. 173) 20.
7 So meinte u. a. Comely (s. o. S. 2 3 ) 2, i 2 , 385 f., der aber dazu einen
spateren Uberarbeiter annimmt.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 12
178 I- Te il- Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 249
der beiden schliefit dies aus trotz des Auftrages 12, 20 () und trotz
13, i (). Nach 14, 4ff. gehort die Zerstorung von Ninive (612 v. Chr.)
bereits der Vergangenheit an. Das gleiche gilt nach 13, igff. \vohl
auch vom Untergang Jerusalems (586 v. Chr.). Diesem friihesten ter-
minus a quo gegemiber ist man mit dem wirklichen zeitlichen An-
satz des Buches sehr weit in die christliche Zeit herabgegangen, bis
in das 3. Jahrh. n. Chr. 1 , weil man in diese Zeit der persischen Ge-
schichte das Verbot der Leichenbestattung ansetzen zu sollen glaubte.
Allein schon Polykarp (*i* 155 n. Chr.) kennt Tob. Da die Leviratsehe
nach 7, 14 ( 7, nff.) noch in Geltung erscheint, die um 100 v. Chr.
aufgehoben wurde, darf man mit dem Ansatz nicht uber diese Zeit herab-
gehen. Die Engellehre in Tob ist zwar im wesentlichen keineswegs
dem Parsismus entlehnt ; doch zeigt der Damon Asmodaus 2 , der dem
Persischen entnommen ist, dafi die Juden schon mit Persien in Be-
riihrung gestanden haben. Die besondere Schatzung des Almosens und
der Totenbegrabung entspricht wiederum derjenigen Form jiidischer
Frommigkeit, die je spater je mehr gepflegt wurde.
Die beachtenswertesten Ansatze des Buches Tob bewegen sich
zwischen dem babylonischen Exil und 100 v. Chr. Am wahr-
scheinlichsten darf Tob um 200 v. Chr. angesetzt werden 3 .
62. Tob und die Geschichte.
249. Die Tobiaserzahmng zeigt ihrer ganzen Anlage nach, dafi
der Verfasser darin einen wirklichen Vorgang berichten will, mag
er es dabei auch auf Belehrung und Erbauung abgesehen haben.
Nur geschichtliche Schwierigkeiten konnten AnlaC geben,
an Dichtung und Legende zu denken.
250. Nach i, 2 13 soil der Stamm Nephtali in den Tagen des Sal-
manassar (IV.) (727 723) nach Assyrien gefiihrt worden sein, nach
4 Rg 15, 29 geschah dies schon unter Tiglat-Pileser III. (745 727) im
Jahre 733. Die Wegfuhrung des ganzen Nordreiches erfolgte 722 unter
1 Vgl. H. Graetz, Das Buch Tobias oder Tobit, seine Ursprache, seine
Abfassungszeit und Tendenz (MGWJ 28, 145 163 385408 433 455 509
bis 520) u. a.
2 Vgl. F. H. Reusch, Der Damon Asmodaus im Buche Tobias (ThQ 38,
422 445). Vielleicht gehoren zu dieser Anlehnung an persische Sprech-
weise auch die sieben, welche vor dem Herrn stehen (12, 15). Vgl. J.-M. La-
grange, La religion des Perses, la reforme de Zoroastre et le judaiisme (Rb
N. S. i, 27 55 188212; auch gesondert P. 1904).
3 250150 v. Chr. nach P. Vetter, Das Buch Tobias und die Achikar-
Sage (ThQ 86, 321 364512 539; 87,321370497 546), Kaulen-Hoberg
(s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 95 ; 300170 n. Chr. nach Simpson (s. o. S. 173) I, 183; vor 100
v. Chr. nach Holzhey (s. o. S. 9 1 ) 100.
Nr. 252 A. Die Geschichtsbiicher. 9. Das Buch Tobias. 179
Sargon (722 706). Nach i, 18 ( i, 15) ist Sennacherib Sohn des
Salmanassar; tatsachlich war er Sohn des Sargon 1 . Rages soil erst
unter Seleukos I. ({ 280) erbaut worden sein, wahrend es nach Tob
schon vor der babylonischen Gefangenschaft bestanden hatte. Doch
ist dieser Anachronismus nicht sicher, wie auch die Texte beziiglich
Rages und Ekbatana nicht ganz einheitlich lauten. So unterscheiden
sich auch die Texte im Namen desjenigen, der Ninive erobert hat.
Nach @ BA 14, 15 geschah das durch Nabuchodonosor und Assuerus
(sonst = Xerxes) (nicht so S 3S). Nun ist aber Nabopolassar (626 605),
der Vater des Nabuchodonosor, der Eroberer von Ninive (612), mit
dem der Sohn in den Kampf gezogen sein mag. Der Name As-
suerus wird von manchen Exegeten nicht auf Xerxes, sondern auf
Kyaxares von Medien gedeutet 2 . Ebensowenig sicher ist, dafi 14, 10
Aman (so A ; sonst Abctu, Naba[J) genannt ist; dieser hat erst in der
Zeit der Ester gelebt.
251. Diese und ahnliche geschichtliche Schwierigkeiten konnen
beim Mangel eines sicheren Urtextes keinesfalls bestimmt
demVerfasser angerechnet werden 3 . Die psycholo-
gischen Schwierigkeiten und inneren Widerspriiche, die man in
Tob finden wollte, erlangen Gewicht meist je nach der subjek-
tiven Einschatzung. Sie zu losen, ist eine nicht zu schwierige
Aufgabe der Exegese.
252. Aber dabei darf nicht iibersehen werden, dafi sonst alles fur
geschichtliche Absicht des Erzahlers spricht. Die erbauliche
Tendenz, die stark vorherrscht (Mahnung zu treuer Erfiillung des Ge-
setzes), schliefit diese Absicht nicht aus. In katholischen Kreisen haben
hauptsachlich grundsatzliche Bedenken (Gefahrdung der Inspiration)
dazugefuhrt, eine geschichtliche Absicht beim Verfasser auszuschliefien 4 .
1 Bickell (s. o. S. I75 3 ) 220 erklart Salmanassar (: Enemasar) als Sar-
gon; damit waren beide Schwierigkeiten umgangen (ebenso Hopfl [s. o. S. 9]
2 2 , 129).
2 So Hopfl (s. o. S. 9)2 2 , 129.
3 Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 94 f.
4 So Scholz (s. o. S. 173), der den Text prophetisch-messianisch-eschato-
logisch erklart. Anders fortschrittliche katholische Exegeten, welche
meinen, dafi bei erbaulicher Absicht der Verfasser auf genaue Geschichtlich-
keit nicht achte; vgl. Holzhey (s. o. S. 9 1 ) 99; E. Cosquin, Le livre de Tobie
et l'histoire du sage Ahikar (Rb 8, 50 82) ; Ders., Encore l'histoire du
sage Ahikar. Vraies et fausses infiltrations d' Ahikar dans la Bible (ebd.
510 531); Vetter (s. o. S. iy8 3 ) 86, 539 u. a. Uber die Voraussetzungen,
unter denen eine solche Auffassung zulassig erscheint, vgl. EBK vom 23. Juni
1905 (D. 11 1980); *A. Schulz, Geschichte und Erbauung im AT. Eine exe-
getische Untersuchung, Braunsberg 1911.
12*
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 253
63. L/iterarische Entwicklung des Buches Tob
und seine Beziehung zur Weltliteratur.
253* Die verschiedenen Texte sind Zeugen einer literarischen
Entwicklung, weil sie oft genug auch in sachlichen Ziigen
voneinander abweichen. Doch ist ein Schlufi auf eine bestimmte
literarische Schichtung so lange verfriiht, als uns jeder sichere
Anhaltspunkt fehlt, den Urtext festzustellen 1 . Vergleiche mit
andern literarischen Denkmalern sind mehrfach, oft ziemlich will-
kiirlich gemacht worden 2 .
254. Ernstere Beachtung verdient die Zusammenstelhmg mit der
Erzahlung vom dankbaren Totem und mit der Ahikarsage.
In der ersteren, die K. Simrock (Der gute Gerhard und die dankbaren
Toten, Bonn 1856) zuerst mit Tob verglich, spielt die Rettung durch
Tote, denen ein ehrliches Begrabnis verschafft wurde, die Hauptrolle ;
bei Tob ist das nur ein Nebenzug; immerhin aber wird die Belohnung
des Tobias 12, 12 15 ausdriicklich auf sein Verdienst wegen Begra-
bung der Toten zuriickgefiihrt 3 . Den Gegnern einer solchen Zusammen-
stellung wird es nicht schwer, sich auf die allgemeine Unsicherheit der
urspriinglichen Textgestalt zu berufen 4 .
255. Die gleiche Unsicherheit beeinflufit auch den Vergleich mit der
zweiten Erzahlung, der Geschichte des weisen Hikar oder
Ahikar 5 . Nach 33 n, 20 (= n, 18) nehmen Achior undNabath
der Neffe des Ahikar hiefi Nadab an der Hochzeit des Tobias teil.
und 8. nennen ihn noch i, 2 if. ; 2, 10 und besonders 14, 10, wo
ziemlich ausfiihrlich auf diese Erzahlung verwiesen wird ( A aufierdem
1 Miiller (s. o. S. 173) vermutete, daft erst der Verfasser den einen Tobias
der Uberlieferung in zwei Personlichkeiten gespalten habe; dagegen mit
Recht Simpson (s. o. S. 173) I, I74 1 .
2 C. Fries, Das Buch Tobit und die Telemachie (ZwTh 53, 5487).
H. Greftmann, Die Bibel im Spiegel Agyptens (Protestantenblatt 49 [1916], Nr. 1 5
bis 1 8). J. H. Moulton, The Iranian background of Tobit (ExpT n, 257 260).
H. Schneider (Kultur der Babylonier und Juden, Lp. 1910, 638 f.) lafit Tob
unmittelbar aus den agyptischen Uberlieferungen iiber den Gott Hons ent-
lehnt sein.
3 Vgl. Miiller (s. o. S. 173) 2 f., der noch andere Ahnlichkeiten finder.
Am meisten fallt auf, daft in beiden Erzahlungen sieben Freier das Leben
verlieren.
4 Vgl. J. Sieger, Das Buch Tobias und das Marchen von dem dankbaren
Toten (Kath 3. F. 29, 367 377).
5 F. C. Conybeare, J. R. Harris and A. S. Lewis, The story of Ahikar from
the Aramaic, Syriac, Arabic, Armenian, Ethiopic, old Turkish, Greek and
Slavonic versions 2 , Cambridge 1913.
Nr. 258 A. Die Geschichtsbucher. 10. Das Buch Judit.
auch 14, 15). Es darf wohl festgehalten werden, dafl beide Erzahlungen,
die in der Weltliteratur verbreitete Ahikarerzahlung und der Vorgang,
den Tob im Auge hat, dieselben sind 1 . Die Art, \vie die Erzahlung
in Tob verwendet wird, lafit auf eine von Tob unabhangige Existenz
der Ahikarerzahlung schliefien 2 . Das ist sicher auf Grund eines Fundes
in Elephantine, der tmter aramaischen Papyri aus dem 5. Jahrh. v. Chr.
auch Bruchstiicke des Ahikarromans zu Tage forderte 3 . Die Form,
in der diese Erzahlung in Tob vorkommt, verlangt keine Geschicht-
lichkeit des Ahikar und seines Geschickes. Noch weniger ist die
Verwendung dieser Erzahlung ein Beweis dafiir, dafi Tob ungeschicht-
lich ist 4 .
10. Das Buch Judit.
64. Name. Literatur.
256. 'Iou6ei9, Liber Judith (Jdt) 5 .
257. A. E. Cowley, The book of Judith, in Charles (s. o. S. 12) i, 242267.
Fritzsche (s. o. S. 173). M. Lohr in Kautzsch (s. o. S. 12) I, 147 164.
*A. Scholz, Das Buch Judith eine Prophetie, Wiirzburg 1885. Ders., Kom-
mentar iiber das Buch Judith und iiber Bel und der Drache 2 , Wiirzburg 1896.
* M. van Zinnig-Bergmann, Het boek Judith met anteekeningen voorzien
door A. Jansen en A. W. H. Sloet (Biblia sacra VT [s. o. S. 124] 3, 4), 's Her-
togenbosch 1906. Zockler (KK A 9) 185 213.
65. Inhalt des Buches Jdt (nach 35 6 ).
258. Nabuchodonosor, Konig von Assyrien in Ninive, ladt in seinem
12. Regierungsjahre alle Volker ein, ihm zum Kampfe gegen Arphaxad
1 Wenige bezweifeln das ; so Ginzberg in Jewish Encyclopedia i, N. Y. 1901 ,
287 290; Lohr bei Kautzsch (s. o. S. 12) i, 146. Andere betrachten die
Stellen als spatere Einschiebsel.
2 G. Hoffmann (Ausziige aus syrischen Akten persischer Martyrer [Abh.
fur die Kunde des Morgenl. 7, 3, Lp. 1880] 182 f.), der zum ersten Male auf
die Ahnlichkeit stiefi, und Vetter (s. o. S. I78 3 ) nehmen eine Abhangigkeit
von Tob an.
3 E. Sachau, Aramaische Papyri und Ostraka aus einer jiidischen Militar-
kolonie zu Elephantine. Altorientalische Denkmaler des 5. Jahrh. v. Chr.,
Lp. 1911. *F. Stummer (Zur Ursprache des Ahikarbuches [OrLz 18,
103 105]), A. Schollmeyer O. F. M. (Die Herkunft der Achikarspriiche [ThG4,
660 f.]) und B. MeiBner (Das Marchen vom weisen Achiqar [Der Alte Orient
16, 2], Lp. 1917) nehmen babylonische Ursprache an.
4 So Cosquin (s. o. S. 179*).
5 Hebr. rfl-^n* Gn 26, 34 (= Jiidin, als Eigenname gebraucht).
6 enthalt im wesentlichen alles, was sich in der 33 findet, weicht aber
im Umfang (vgl. u. Nr. 261) und darum in der Verszahlung bedeutend ab.
1 82 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 258
von Medien beizustehen. Seine Boten werden abgewiesen (i, i 12).
Im 13. Jahre sendet er seinen Feldherrn Holofernes aus, um an den
Widerspenstigen Rache zu nehmen (2, i 6). Mit 132 ooo Kampfern
unterwirft Holofernes verschiedene Volker und Stadte (2, 7 18). Trotz-
dem sie sich ergeben, schont er sie nicht, um Nabuchodonosor als ein-
zigen Gott aller Nationen anerkennen zu lassen (3, i 15). Eliakim 1 , der
Hohepriester in Jerusalem, fordert das Judenvolk 2 auf, im Vertrauen
auf Gottes Hilfe Widerstand zu leisten und die Zugange nach Jeru-
salem, besonders bei der Ebene Esdrelon, zu schiitzen (4, i 17). Achior,
Fiihrer der Ammoniter, klart den Holofernes iiber die wunderbare
Fiihrung des Volkes durch ihren Gott auf und rat, nur dann gegen
die Juden zu ziehen, wenn sie wegen einer Siinde in Gottes Ungnade
standen (5, i 25). Holofernes und seine Genossen hoffen durch ihren
Sieg Nabuchodonosor als einzigen Gott gegen den Gott der Juden zu
erweisen und liefern Achior den Juden in Betulia 3 aus, damit er mit
den Juden untergehe (5, 26 6, 9). Achior erzahlt den Juden von dem
Ubermut des Holofernes; um so inniger beten und hoffen die Juden
auf Rettung (6, 10 21). Holofernes riickt mit mehr als 132000 Mann
gegen Betulia und schliefit die Wasserquelle ab ; das verschmachtende
Volk will die Stadt iibergeben, wenn ihm nicht innerhalb fiinf Tagen
Hilfe wird (7, i 25). Judit, eine reiche, schone und fromme Witwe,
muntert Fiihrer und Volk auf und kiindigt einen Versuch zur Rettung
an (8, i 34). Sie betet um Gottes Hilfe beimVersuche, den Holofernes
zu betoreii und zu vernichten (9, i 19) 4 . Unter Segenswiinschen des
Volkes begibt sich Judit in das Lager des Holofernes (10, i 20).
Judit verspricht dem Holofernes, ihm mitzuteilen, wann das Volk gottliche
Strafe verwirkt habe und in seine Hand gegeben sei (n, i 21). Sie
erhalt Freiheit, im Lager der Assyrer zu verkehren, und vermag die
Vorschriften der Reinheit zu halten (12, i 9). Bei einem Gelage
schlagt Judit dem Holofernes das Haupt ab; sie begibt sich nach
Betulia zuriick und zeigt das Haupt des Holofernes ihrem Volke und
dem Achior (12, 10 13, 31). Bei einem Ausfall der Juden finden die
Assyrer den toten Holofernes und suchen, verfolgt von den Juden, ihr
Heil in der Flucht; die zuriickbleibenden Juden pliindern das feind-
liche Lager (14, i 15, 8). Judit wird vom Hohenpriester Joakim und
dem ganzen Volke gefeiert(i5, 9 15). Sie singt ein Lied (16, i 21).
Opfer in Jerusalem, Ruckkehr nach Betulia und dauernder Festtag
(16, 2231).
1 'luuaKeija; vgl. 25 15, 9.
2 Nach 4, 3 1st Juda erst "aus der Verbannung zuriickgekehrt (vgl. 93
5l 23) '
3 BexuXoud, BdvrouXoud. Uber die Lage vgl. L. Heidet in VDB I, 1751
bis 1763. 93 halt Betulia und Jerusalem nicht klar auseinander.
4 Vgl. A. Jansen, Judiths Gebet (ThG 2, 441449).
Nr. 261 A. Die Geschichtsbiicher. 10. Das Buch Judit. 183
66. Die Texte des Buches Jdt.
259. Hieronymus nennt auch Jdt chaldaeo sermone conscriptus
(Praef. in lib. Judith), halt also doch wohl das Aramaische fur
die Sprache des Urtextes 1 . Dort, wo die 95 von der und
abweicht, darf man Lesarten dieses aramaischen Urtextes sehen;
denn Hieronymus wird nicht nach freiem Ermessen den iiber-
lieferten Text geandert haben (sola ea, quae intelligentia inte-
gra in verbis chaldaicis in venire potui, latinis expressi; Praef.
in lib. Judith) 2 .
260. Dafi der Ur text semitisch war, erweisen die Hebraismen des
griechischen Textes (<m6 irpocJibirou == ^?a, elc; -rrpoffumov == ^.?\,
dcpobpa = IKS, ev = ?) und Ubersetzungsfehler 3 (3, 9 direvavTi ToO
irpvovoq TOU ueyaXou Tfiq 'louoaia$ .[*fea = Sage wurde statt "^>? =
Ebene gelesen]; 16, 3 ev uupidat buvdueuuc; [statt ev iroXXri buvduei;
tt. wurde statt & gelesen]) 4 . Diese Anzeichen wiirden zunachst fur
einen hebraischen Urtext sprechen 5 ; jedoch steht dem die Angabe des
Hieronymus entgegen, dem man eine Verwechslung von Aramaisch und
Hebraisch nicht zutrauen darf. Die vorhandenen hebraischen
Texte, zwei seit 1519 und 1544 gedruckt 6 , ein weit besserer und
alterer von M. Gaster veroffentlicht 7 , diirften spatere Bearbeitungen
sein und das geschichtliche Zeugnis des Hieronymus nicht aufwiegen.
261. Der griechische Text liegt in dreifacher Gestalt vor:
i) BAB; 2) 58 (nach Holmes-Parsons [s. o. S. I/6 12 ]; Vorlage fur
und @); 3) 19 und 108 (nach Holmes-Parsons; vielleicht L ).
Er ist umfangreicher als die 93 und weist auch sonst teils kleinere
teils gewichtigere Unterschiede auf 8 .
1 Anders Origenes (s. o. S. I75 2 ). Man kann den Text des Hieronymus
schwerlich fur nachorigenianisch halten (so Lohr [s. o. S. 181] i, 148), son-
dern muC wohl dem Hieronymus, der den Text tatsachlich beniitzt, recht
geben gegeniiber Origenes, der von einem solchen Texte keine Kenntnis hat.
2 Vgl. P. Thielmann, Beitrage zur Textkritik der Vulgata, insbesonders
des Buches Judith, Programm Speier 1883.
3 Cowley (s. o. S. 181) 244 sieht in Achior eine hebraische Vorlage iirt^ns
= Freund der Juden, der er wirklich war.
4 Weitere Beispiele bei Fritzsche (s. o. S. 181). Jdt 8, 16 ist Nm 23, 19
nach angefiihrt; vgl. Nestle, Marginalien (s. o. S. 173 3 ) 46.
5 So u. a. Cowley (s. o. S. 181) 244; Lohr (s. o. S. 181) i, 147; Schiirer
(s. o. S. i63 3 )3 4 , 234.
6 Vgl. A. Jellinek, Bet ha-Midrasch, Lp. 1853 ff., i, 130 f. ; 2, 1222.
7 An unknown Hebrew version of history of Judith (PSbA 16,456 163).
Gaster halt diesen letzten Text fur den urspriinglichen.
8 Z. B. 14, 57 = 33 13, 2731 ; i, i2 b 16 u. 4, 3 > 23; 14, 12
= 33 14, 8 12 ; 4, 14 15 weicht von der entsprechenden 33-Form ab. Uber
184 I- Teil. Pie Biicher des AT im einzelnen. Nr. 262
67. Entstehungszeit des Buches Jdt *.
262. Der Inhalt la'Bt erkennen, dafi die babylonische Gefangen-
schaft voriiber 1st (4, 3 ; 5, 18 f. [= 5 , 22 f. 35]) ; ja der Tempel
in Jerusalem war bereits wiederhergestellt (16, 21 f. [35 24]). DaC
kein Konig genannt wird, sondern der Hohepriester in Jerusalem
als Fiihrer des Volkes erscheint, paCt ebenfalls in die nachexilische
Zeit 2 . Das friiheste ausdriickliche Zeugnis, welches den Bestand
unseres Buches bekundet, finden wir bei Klemens Romanus (92 bis
101), i Cor 55 3 .
Manche Exegeten betrachten die Namen in der Jdt-Erzahlung als
Decknamen fur spatere Ereignisse der christlichen Zeit und wollen
deshalb mit dem Ansatz von Jdt iiber die christliche Zeit nicht hinauf-
gehen. Abgesehen davon, dafi bei der Umdeutung der Namen grofie
Willkiir waltet, weist schon die friihe Bezeugung in vorchristliche Zeit.
Die Annahme, dafi Jdt von pharisaischen Anschauungen zeuge und
dafi eine Zeit hoher vaterlandischer Begeisterung wie die Makkabaer-
zeit in Frage kommen miisse 4 , entbehrt sicherer, iiber Mutmafiungen
hinausgehender Anhaltspunkte. Das beste Mattel, die Zeit zu erschliefien :
die sprachliche Urgestalt des Buches, fehlt uns.
Beim Mangel sonstiger Anhaltspunkte wird man wohl eine
Spannweite vom 5. bis zum 2. Jahrh. v. Chr. offenlassen miissen,
in die unser Buch zu datieren sein wird 5 .
das hsl Material zu 50 und des Buches Jdt vgl. P. Thielmann, Bericht
iiber das gesammelte hsl Material zu einer kritischen Ausgabe der latei-
nischen Ubersetzungen biblischer Biicher (SB d. AdW zu Munchen, philos.-
philol.-hist. Kl. 1899, 2, 205 243) 224 227 231 f.: Judith. Die vorhieronymia-
nischen lateinischen Versionen; die Vulgata.
1 C. Meyer S. J., Zur Entstehungsgeschichte des Buches Judit (Bb 3,
193 203). Verschiedene Datierungen bei Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 139 f.
2 So z. B. Hopfl (s. 0.8.9) 2 2 , 140 ff.: Artaxerxes III. (359 338). Andere
nehmen an, dafi die Ereignisse sich unter Manasses (698 643) abspielten,
wahrend er in Babylon gefangen war und der Hohepriester fiir den minder-
jahrigen Josias die Regierung fuhrte. So Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 1 2 , 402 f.
3 Infolgedessen istes ausgeschlossen, dafi Ereignisse unter Trajan (98 117)
der Erzahlung zu Grunde liegen ; so G. Volkmar, Handbuch der Einleitung
zu den Apokryphen i, Tub. 1860, 54; Graetz (s. o. S. So 1 ) 4 2 , Lp. 1866, 131
bis 136.
4 So Konig (s. o. S. 2 2 ) 480; Lohr (s. o. S. 181) I, 148; Nikel (s. o. S. 10)
162; Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3*, 234; Strack (s. o. S. 3 2 ) 5 i6g.
5 Den Verfasser suchten einzelne altere Exegeten zu vermuten ; aus neuerer
Zeit vgl. A. Jansen, Der verschollene Verfasser des Buches Judith (ThG 4, 269
bis 277), der Jdt dem Verfasser von Sir zuschreibt.
Nr. 264 A. Die Geschichtsbucher. 10. Das Buch Judit. 185
68. Jdt und die Geschichte.
263. Dafi man bei Jdt die vorexilische und die nachexilische
Entstehungszeit vertreten kann, hangt mit der Unsicherheit der
Uberlieferung zusammen, welche Anzeichen verschiedener Zeit
im Texte verschuldet hat.
Nabuchodonosor , Konig von Babylon (605 562), herrscht als
Assyrerkonig in Ninive (zerstort 612) (i, i [35 i, 5]). Man beseitigt
diesen Wirrwarr der Angaben am einfachsten dadurch, dafi man den
Konigsnamen durch einen Abschreiber verwechselt sein lafit 1 , und
kommt dann naturgemafi in die vorexilische Zeit. Anderseits ist das
Volk erst jiingst aus der Gefangenschaft zuriickgekehrt (538) und hat
denTempelwiederhergestellt(52o 51 6) (4, 3 [>35]). Auch 5, i8f. wird
kurz von der Fortfiihrung in die Gefangenschaft und von der Zer-
storung des Tempels erzahlt, ebenso die Riickkehr erwahnt (35 5, 22 f.) 2 .
Bei solchen sich ausschliefienden Angaben wird es schwer, den gegen-
wartigen Text mit der Geschichte in Einklang zu bringen 3 . Es kann
auch nicht ein zufalliger Irrtum in einer Nameniiberlieferung die Ver-
wirrung verschuldet haben, sondern es wird bei der endgiiltigen Text-
gestaltung jemand die Hand im Spiele gehabt haben, dem die Zeit-
abstande der Ereignisse nicht mehr gegenwartig waren.
264. Zu weit geht es, dem Verfasser die Absicht, einen geschicht-
lichen Vorgang zu berichten, abzusprechen. Sicher wollte er ein
Beispiel des Heldenmutes vorfuhren und auf Gottes Fiirsorge fur
sein Volk hinweisen, um erbaulich zu wirken ; aber er wollte dies
durch eine Geschichte erreichen, die sich wirklich zugetragen hat.
Die Einlafilichkeit der Darstellung spricht gegen Parabel 4 und
erdichtete Legende 5 .
1 So Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, I 2 , 402 ff.; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 100 f.,
welche die Ereignisse im 7. Jahrhundert unterzubringen suchen. *F. Stein-
metzer (Neue Untersuchungen iiber die Geschichtlichkeit der Juditherzahlung.
Ein Beitrag zur Erklarung des Buches Judith, Lp. 1907) lafit die Ereignisse
unter Assurbanipal (668626) geschehen; das Buch sei in nachexilischer Zeit
unter Kyros und in makkabaischer Zeit erweitert worden. P. Riefiler,
Chronologische Fixierung der Heldentat Judiths (Kath 3. F. 10, i 8): 797.
2 Cowley (s. o. S. 181) i, 246 verlegt die Ereignisse in die Zeit Artaxerxes' III.
(359~338), da die Namen Holofernes und Bagoas nach Diodor 31, 19, 2 3
und 16, 47, 4 von Befehlshabern dieses Konigs iiberliefert sind.
3 Diese Unsicherheit iiber die richtige Textgestalt iiberhebt auch der
Sorge, wie man solche Angaben mit der Inspiration vereinbaren kann.
4 Scholz (s. o. S. 181) lafit in Jdt die Bekehrung Israels und der Heiden-
welt symbolisch dargestellt sein.
5 *A. Biolek, Die Ansicht des christlichen Altertums iiber den literarischen
Charakter des Buches Judith (Weidenauer Studien 4, Wien 1911, 335 368);
1 86 I. Teil. Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 265
11. Das Buch Ester.
69. Name. Literatur.
265. ^nptf, nr-lps r&ktt (Esterrolle) oder rta (die Rolle kat-
exochen*), 'EcrGnp, Liber Esther (Est).
266. P. Haupt, The book of Esther. Critical edition of the Hebrew text
with notes, Chicago 1911 (vgl. D ass. in AmJsemL 24, 97186). G. Jahn,
Das Buch Ester nach der Septuaginta hergestellt, iibersetzt und kritisch
erlautert, Leiden 1901. Keil(s. o. S. 158). *Neteler (s. o. S. 165). Oettli
(s. o. S. 133) 227 254. L. B. Pa ton, A critical and exegetical commentary
on the book of Esther (IcC), Edinburgh 1908. J. Scheftelowitz, Zur Kritik
des griechischen und massoretischen Buches Esther (MGWJ 47, 110119201
bis 213 289 316). *A. Scholz, Commentar iiber das Buch Esther mit
seinen Zusatzen und iiber Susanna, Wiirzburg 1892. Seisenberger(s. o.
S. 165). Siegfried(s.o. S. 165). *I. M.vanOers, Hetboek Esther (Biblia sacra
VT [s. o. S. 124] 3, 5,477534), 'sHertogenbosch 1908. D. G. Wildeboer, Das
Buch Esther erklart (KHK 17 [s. o. S. 133], 169 197). Zu den griechischen
Zusatzen gesondert vgl. O. F. Fritzsche, 3 Ezr, Zusatze zu Ester und
Daniel, Gebet des Manasse, Baruch, Brief Jeremia (KeH zu den Apokryphen
des AT [s. o. S. 12] i), Lp. 1851. J. A. F. Gregg, The additions to Esther
(Charles, The Apocrypha [s. o. 12] i, 665 684). V. Ryssel, Zusatze zum
Buche Esther (Kautzsch [s. o. S. 12] i, 193 212). Zockler (KK A 9 [s. o.
S. 1 1] 222 229).
70. Inhalt des Buches Est nach 9Tt, und 35 2 .
267. Im wesentlichen bieten 9It, und 35 den gleichen Verlauf
der Ereignisse, im Umfang aber tmterscheiden sie sich. 3 und
35 haben noch sieben Zusatze, die einzelne Abschnitte des 3Qft
erweitern. 35 15, i 3, eine Parallele zu 4, 13 f., ist weder in 3Qft
noch in vorhanden. In der Einreihung dieser Zusatze gehen
auch und 35 auseinander. Wahrend sie der Stelle, zu der
*B. Neteler, Untersuchung der geschichtlichen und kanonischen Geltung des
Buches Judith, Mstr. i. W. 1886. Mythologisierungsversuche vgl. bei Schra-
der-Zimmern (s. o. S. 12) 3 439-
1 Gehort zu den fiinf Rollen (s. o. S. 133 *).
2 L. B. Paton, A text-critical apparatus to the book of Esther (OT and
Semitic studies in memory of W. R. Harper, Ld. 1908, 2, 3 52).
3 1 9> 93 a un d io8 b (nach Holmes- Parsons, s. o. S. 176") haben einen noch um-
fangreicheren Est-Text (vgl. O. F. Fritzsche, Libri apocryphi VT graece. Ac-
cedunt libri VT pseudepigraphi selecti, Lp. 1871, 30 72 [mit beiden Texten];
B. Jacob, Das Buch Esther bei den LXX [ZatW 10, 241298]; J. Langen, Die
beiden griechischen Texte des Buches Esther [ThQ 42, 244 272]).
Nr. 268 A. Die Geschichtsbiicher. n. Das Buch Ester. 187
sie gehoren, vorausschickt, einfiigt oder folgen lafit, hat 35 die
ersten sechs Zusatze am Schlufi des Buches mit dem siebten
Zusatz * zusammengestellt, eine Folge der Ansicht, der Hierony-
mus huldigte, daB der palastinisch-jiidische Kanon, der Est ohne
die Zusatze der @ enthalt, dem sog. alexandrinischen Kanon
vorzuziehen sei 2 .
268. Am i. Nisan des 2. Jahres des Artaxerxes hatte Mardochdus, ein
Benjaminite im babylonischen Exil, ein Traumgesicht, welches einen Kampf
aller Volker gegen das Volk der Gerechten darstellte. Er offenbart eine
Verschworung zweier Eunuchen gegen den Konig. Aman, ein Beamier
des Konigs, haflt deshalb ihn und sein Volk (A i 17, 35 u, 2 12;
12, i 6) 3 . Der Perserkonig Xerxes (485 465) 4 fordert im 3. Jahre
seiner Regiertmg (483), dafi seine Gemahlin Vasti sich bei einem Ge-
lage den Gasten zeige; sie weigert sich und wird deshalb verstofien
(i, i 22). An ihrer Stelle wird die Jiidin Ester zur Konigin gewahlt;
sie verbirgt auf Anraten ihres Pflegevaters Mardochaus (Mordekai) ihre
jiidische Herkunft (2, i 20). Mardochaus verrat durch Ester dem Konig
eine Verschworung zweier Eunuchen gegen sein Leben (2, 21 23). Aman
wird der hochste Beamte im Reiche. Mardochaus versagt ihm gegen
des Konigs Gebot die Ehrenbezeigung. Aman beschliefit, ihn dafiir
mit seinem ganzen Volke an einem durch das Los C^B) bestimmten
Tage ([13.] XII. 5 ) zu vernichten. Ein koniglicher Erlafi ergeht (3, i 13).
Wortlaut des Ediktes, das die Ausrotttmg des ganzen Judenvolkes am
14. XII. anbefiehlt, weil es die Ordnung und Ruhe unter den Volkern
bedrohe (B i 7, 25 13, i 7). Das Edikt wird hinausgegeben (3, 14 f.).
Mardochaus beredet Ester, ungerufen zum Konig zu gehen und sich
fur das Judenvolk zu verwenden (4, i 17). Gebet des Mardochdus zum
Herrn um Errettung des Volkes (C i n, 35 13, 8 18). Gebet der
1 Der letzte Zusatz, der sich inhaltlich unmittelbar an den Schlufi des Buches
anreiht, ist auch in der23dort geblieben und in die Verszahlung von Kap. 10
einbezogen. Dies hat zur Folge, daC in der 23 die Deutung des Traumes des
Mardochaus der Erzahlung dieses Traumes vorangeht. Nach einer Notiz
in der Praefatio in lib. Esther des Hieronymus gab es auch -Hss mit dem
hebraicus ordo (= Q3-Anordnung). Die Anordnung in den 33-Ausgaben
scheint aus einer -Anordnung in 33-Hss hergestellt worden zu sein.
2 Vgl. u. II. Teil, 1 86 ff. Die protestantischen Bibelausgaben tren-
nen die Zusatze vollstandig vom Buche Est und reihen sie unter die Apo-
kryphen ein.
3 Die -Ausgaben zahlen die Zusatze eigens, ohne sie in die von der 93
ubernommene Kapitel- und Verszahlung einzugliedern. Der Kursivdruck
bezeichnet die Zusatze in und 93.
* und Josephus, Ant. 1 1 , 6 : Artaxerxes.
5 Der Tag fehlt hier im 911; nach 3, 13 kommt der 13. Tag in Frage (
hat auch hier, wie im Edikt, den 14. Tag).
1 88 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 269
Ester zum Herrn (C 12 30, 25 14, i ig). [Er (d. i. Mardochaus)
schickt Ester zum Konig, 2tm Furbitte einzzdegen] (> ,25 15, i 3 || 311 4,
13 f.). Ester geht zum Konig und wird von ihm gutig aufgenommen (5, i f.
3It 25 ; > ). Ester geht zum Konig und wird von ihm gnddig aufgenommen
( D i 19, 25 15, 4 19). Sie ladet ihn mit Aman ein erstes Mai zu
Gaste; der Konig erscheint. Sie ladet ihn ein zweites Mai ein (5, 3 8).
Aman lafit fur Mardochaus einen hohen Galgen errichten (5, 9 14). Der
Konig wird in einer schlaf losen Nacht an Mardochaus und seine Ent-
deckung der Verschworung erinnert und lafit ihn durch Aman ehren
(6, i 13). Der Konig kommt mit Aman der zweiten Einladung zum
Mahle bei Ester nach. Diese offenbart Amans Plane und erreicht, dafi
er an den Galgen gehenkt wird, den er fiir Mardochaus hatte errichten
lassen; letzterer erhalt Amans Stelle (6, 14 8, 2). Auf Bitten Esters
gestattet ein konigliches Dekret den Juden, sich am ausgelosten Tage
gegen ihre Angreifer zu wehren (8, 3 12). Wortlaut des Ediktes, das
sich gegen Aman wendet, die Juden aber lobt und ihnen die Abwehr ge-
stattet; der 13. XII. soil fiir die Ztikunft als Festtag begangen werden
(E i 24, 25 1 6, i 24). Das Edikt ergeht; die Juden retten sich und
vernichten ihre Feinde, darunter die zehn Sohne des Aman; sie ver-
anstalten am 14., in Susa am 15. des Adar eine Freudenfeier (8, 13
bis 9, 19). Mardochaus fiihrt den 14. und den 15. Tag des Adar als
dauernde jlidische Festtage, die Tage der Lose (a 1 ^ 2 ), ein (9, 20 28).
Noch einmal wird die gleiche Bestimmung berichtet (9, 29 32 x ). Die
Grofie des Mardochaus am koniglichen Hofe und sein Ansehen bei
den Volksgenossen wird hervorgehoben (10, i 3). Mardochaus deutet
den Traum (vom Beginn des Buches) und envdhnt die Einfiihrung des
Festes am 14. und 15. Adar. Unterschrift zur griechischen Ubersetzung
(F i n, 25 10, 4 n, i).
71. Verhaltnis der Zusatze des griechischen
Est-Buches zu
269. Die Zusatze in und 23 konnen entweder aus dem ur-
spriinglich umfangreicheren Buche spater ausgeschieden oder erst
nachtraglich als Erweiterungen eingefugt worden sein.
Altere Exegeten hielten die beiden Textformen fur je eine selb-
standige Urgestalt des Buches in hebraischer und aramaischer Sprache 2 .
Die kanonische Geltung des 25-Textes in der katholischen Kirche
1 Die nicht recht ausgleichbare Doppelangabe von 9, 20 32 stort den
sonst einheitlichen Aufbau des 9Jt.
2 So Bellarmin, Controv. de verbo Dei I, 7, 10; Huetius, Demonstratio
evangelica, prop. IV, Venedig 1765, 238 (vgl. Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, I 2 , 437).
Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 109 deutet Est 9, 29 als Zeugnis fiir eine zweite
Ausgabe des Est-Textes.
Nr. 270 A. Die Geschichtsbiicher. n. Das Buch Ester. 189
machte leicht geneigt, diesen umfangreicheren Text auch als den ur-
sprunglichen zu betrachten 1 .
270. Bei der Untersuchung der Urspriinglichkeitsfrage
kann eine allgemeine Erwagung, ob eher eine Kiirzung oder eine Er-
weiterung zu erwarten sei, weder nach der einen noch nach der andern
Richtung entscheidend ins Gewicht fallen. Unter den besonderen An-
zeichen scheinen die gegen die Urspriinglichkeit des langeren Textes
zu iiberwiegen. Dafi der 3Qt erzahlungstechnisch etwas vermissen lasse,
kann man nicht erweisen. Der Traum des Mardochaus im 23-Text um-
schliefit die ganze Geschichte, aber doch ziemlich aufierlich, ohne notwen-
dig zu sein. Nach 33 war Aman Mitwisser der Verschworung, die Mar-
dochaus aufdeckte (vgl. 2, 21 23 mit 12, 6 [A 17]; 16, 2 f. 12 [E 2 f. 12]).
Das begriindet den Groll des Aman gegen Mardochaus und die Juden noch
besser als die blofie Verweigerung der Ehrung. Aber auch nach 90ft ist
Amans Gegnerschaft durchaus begreif lich. Beachtung verdienen einzelne
Angaben, welche beide Texte in einem gewissen Gegensatz erscheinen
lassen. Der Gottesname fehlt im 30ft vollstandig im Unterschied von
33 2 ; ja er ist absichtlich vermieden (4, i4 3 ). Es ware ein unerwarteter
Zufall, wenn durch Ausscheidung von Stiicken, die inhaltlich selb-
standig und entbehrlich sind, ein so ausgesprochen profaner Charakter
des ganzen Buches erreicht worden ware 4 . Zu dieser verschiedenen
Tendenz in beiden Texten kommen noch andere kleine Unterschiede.
Nach 2, 19 scheint Mardochaus erst mit Ester an den koniglichen Hof
gekommen zu sein, nach n, 3 (A 2) war er schon vorher dort 5 . Nach
3> * 5 grollt Aman dem Mardochaus wegen verweigerter Ehrung, nach
1 2 , 6 (A 1 7 ) wegen der entdeckten Verschworung. Nach 6, 3 ist Mardochaus
fur die aufgedeckte Verschworung nichts geworden, nach 12, 5 (A 16)
wurde er dafiir an den Hof gezogen und belohnt. Nach 9, 20 28 fiihrt
Mardochaus das Purimfest nur fur die Juden ein, Artaxerxes befiehlt
nach 1 6, 22 (E 22) auch den Persern, es zu begehen.
1 So u. a. Haupt (s. o. S. 186); H. H. Howorth, Some unconventional
views on the text of the Bible. VIII. The Prayer of Manasse and the book
of Esther (PSbA 31, 8999 156168); Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 108 ff.;
Scholz (s. o. S. 1 86).
2 Versuche, den Gottesnamen doch noch irgendwo im Text zu entdecken,
sind bisher nicht gegliickt ; vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) 293 l .
3 Das hier gebrauchte Wort aip Ort ist spater Gottesname geworden.
Aber Est 4, 14 ist eine Umschreibung, um absichtlich den Gottesnamen zu
umgehen. 4, 16 ist im 3K wohl vom Fasten die Rede, aber nicht vom Beten ;
anders 33 und einige -Hss.
4 S. Jampel (Esther. Eine historisch-kritische Untersuchung [MGWJ 49,
405426 513533: 5. 152 !68 289315 513538641663]) nimmt an,
das Buch sei durch die Verkiirzung absichtlich profaniert worden.
5 Meldung der Verschworung durch Ester 2, 21 23 oder durch Mar-
dochaus 12, i ff. (A I2ff.) ist von geringerer Bedeutung; ebenso 3, i Aman
mit persischem Namen des Vaters, 16, 10 (E 10) von mazedonischer Herkunft.
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 271
Was die sprachliche Gestalt der Zusatze betrifft, so nehmen manche
Exegeten an, dafi die Edikte des Xerxes (13, i 7 [B i 7]; 16, i 24
[E i 24]) Merkmale urspriinglich griechischer Sprachform an sich
tragen, also nicht aus dem Hebraischen iibersetzt seien 1 . Aber selbst
wenn man damit rechnet, dafi die Perserkonige ihre Erlasse auch in
griechischer Sprache hinausgaben, ist es doch hochst unwahrscheinlich,
dafi der Ubersetzer des ganzen Bucb.es ins Griechische gerade fiir diese
beiden Stiicke sich um den griechischen Urtext bemiiht hatte. Die iibrigen
Zusatze sind Ubersetzungsgriechisch 2 . Es finden sich Hebraismen ein-
gestreut 3 , welche nicht als schwulstiges Griechisch abgetan oder als Eigen-
tiimlichkeiten der xoivfi bidXeicroc; erwiesen werden konnen 4 . Die Unter-
schrift unter der griechischen Ubersetzung steht nach dem letzten Zusatz
und bezieht sich auf das Buch, wie es voraus steht, bezeugt also, dafi
um 114 v. Chr. die semitische Vorlage auch die Zusatze enthalten hat.
271. Auf Grund alles dessen ist zwar die Anschauung berechtigt,
dafi es auch eine semitische Gestalt des Buches gab, welche sich
im wesentlichen 5 mit dem Umfang des 35-Textes deckte. Aber
diese langere Form fiir urspriinglich zu halten, zwingt nichts, und
hinreichend vieles spricht dagegen, so dafi die gegenwartige
hebraische Form als die altere Gestalt des Buches gelten darf 6 .
! So Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 , 419; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 s ) 2 5 , 109;
T. Noldeke, Die atl Literatur in einer Reihe von Aufsatzen dargestellt,
Lp. 1868, 89. Doch vgl. 13, 7 (B 7) bid TeXou? = r,x nach dem Uber-
setzungsgebrauch der..
2 Griechische Ursprache nehmen an Ryssel (s. o. S. 186) 196; Strack
(s. o. S. 3 2 ) 6 174 ; Vigouroux-Brassac (s. o. S. 9 ^ 2, i 14 , 256 ff.
3 11, 2 (A i) ri^ |uia TOU Nifjciiv; 12, 6 (A 17); 15, 9 (D 6) dviimiov roO paffi-
Xeu)?; ii, 9 (A 8) irav eGvo? qpopou^ievot TCI eauToiv KOKCX; 15, 9 (D 6) eui TOO
Qpovou rfj? paatXeiag ai)ToO ; Gebrauch von Kai ; auvrdXaa = rt|s Vernich-
tung ; irveO,ua = Zorn (511) u. a.
* Der abweichende Text, den De Lagarde als lukianische Rezension be-
trachtet (s. u. 220, Nr. 761), wird von manchen als eine zweite Ubersetzung
aus dem Hebraischen erklart. Vgl. J. Langen, Die deuterokanonischen Stiicke
des Buches Esther, Frb. i. Br. 1862. Flavius Josephus hat die beniitzt.
5 Statt einen Vorbehalt beziiglich der Edikte des Artaxerxes (s. o.)
zu machen, wird man eher den Eindruck originalgriechischer Sprache als
Tauschung erklaren. Einen spaten aramaischen Text vom Traum des
Mardochaus, dem Gebete des Mardochaus und der Ester s. bei A. Merx,
Chrestomathia targumica (Porta linguar. or. 8), B. 1888, 154 164. Uber
andere jiidische Esteriiberlieferungen vgl. Ryssel (s. o. S. 186) 194 196.
6 So Langen (s. o. Anm. 4), Nikel (s. o. S. 10) 152. Howorth (s. o. S. 189 1 \
halt den von ihm angenommenen aramaischen Text mit den Zusatzen fiir
urspriinglicher ; 9Tt sei Riickiibersetzung ins Hebraische und Verkiirzung.
Fiir relativ selbstandig halt die beiden Texte auch F. X. Roiron S. J., Les
parties deuterocanoniques du livre d'Esther (RchScr 6, 3 16).
Nr. 272 A. Die Geschichtsbiicher. n. Das Buch Ester. 191
72. Entstehungszeit des Buches Est.
272. Der Inhalt verlangt, den terminus a quo nicht iiber die
Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. hinaufzusetzen. Die sprachliche Eigen-
art weist in eine noch spatere Zeit, sogar iiber die Chr, also
iiber 300 v. Chr. herab.
Hierdurch 1st Mardochaus x schon zeitlich als Verfasser ausgeschlossen.
Aber auch die Art, wie von ihm in Est gesprochen wird (vgl. 9, 3), wiirde
zu ihm als Verfasser nicht passen. Ebensowenig kann wohl ein Jude,
welcher der Zeit und den Ereignissen nahestand, wie etwa Ezra, in
Frage kommen.
Fiir den terminus ad quern darf man mit gutem Grunde iiber
Josephus (um 100 n. Chr.), der die Ubersetzung mit den Zusatzen
beniitzte, betrachtlich hinaufgehen, da die Unterschrift unter dem
-Text die Ubersetzung wenigstens fur 114 v. Chr. bezeugt 2 . So
ergibt sich 300 200 oder 150 v. Chr. als ungefahre Zeitabgren-
zung, innerhalb deren Est entstanden sein wird.
Bei zu fruhem Ansatz innerhalb dieser Grenzpunkte bliebe es auffallig,
dafi Ester und Mardochaus Sir 44 ff. nicht genannt werden 3 . Dafi das
Purimfest zum ersten Male erst 2 Makk 15, 36 erwahnt wird 4 , kann
als argumentum ex silentio gegen obigen Ansatz nicht geltend gemacht
werden. Das Purimfest kann trotzdem schon lange vor der Makkabaer-
zeit gefeiert worden sein 5 .
1 Manche halten ihn fur den Verfasser, weil sie 9, 20 23 26 auf unser
Buch beziehen. Wohl aber konnen Aufzeichnungen des Mardochaus im
Buche verwertet sein, wie viele neuere katholische Erklarer (so Hopfl [s. o.
S. 9] 2 2 , 149) annehmen.
2 Unter dem Ptolemaus dieser Unterschrift, der im 4. Jahre eine Kleo-
patra zur Gemahlin hatte, versteht man gewohnlich den spatest moglichen,
Ptolemaus VIII. (X.) Lathyrus (116 101 v. Chr.). Vgl. Jacob (s. o. S. i86 3 ).
3 Vielleicht setzen die Zweifel an der kanonischen Geltung von Est, die
fur das spatere Judentum bezeugt sind (s. u. 187), schon sehr friih ein.
Dann konnte Est zur Zeit des Sirach bestanden haben und trotzdem von ihm
iibergangen worden sein.
4 Hier ist der Mardochaustag ein zweites Datum zu einer Zeitangabe, die
allein vollstandig geniigt hatte. i Makk 7, 49 kommt das gleiche Datum
vor, ohne dafi auf den Mardochaustag verwiesen wird.
5 Hoher versucht man Est anzusetzen, weil der Hauptraum des Konigs-
palastes in Susa, Apadana, nicht erwahnt werde ; das erklart man sich daraus,
dafi zu jener Zeit dieser Raum in Trummern lag (unter Artaxerxes I. [465 424]
und II. [404 359]), also um die Mitte des 4. Jahrh. Vgl. H. Gunkel, Esther.
Mit einem Plan im Text (Religionsgesch. Volksbiicher 2, 19/20), Tub. 1916;
Ders., Das Konigsschlofi von Susa und das Buch Esther (ThLz 44, Nr. i/2 f
2-4).
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 273
73. Est und die Geschichte \
273. Schwierigkeiten gegen geschichtliche Voraussetzungen und
Angaben in Est sind erhoben worden; sie wiegen jedoch nicht
allzu schwer.
Nach Herodot (7, 114; 9, 112) hiefi die Gemahlin des Xerxes in
der Zeit von seinem 7. bis 12. Jahre Amestris; aber das schliefit die
Geschichtlichkeit der Erzahlung nicht aus. Denen gegenuber, die Wider-
spriiche mit persischen Sitten finden wollen, stellt Gunkel (s. o. S. 191 5 )
fest, dafi der Verfasser die Verhaltnisse in Susa gekannt habe. Innere
Schwierigkeiten (die grofie Zahl der Gefallenen [9, 16], der Tag der
Ermordung der Juden lange vorher festgesetzt, der grausame Sinn, der
sich im Buche kundgibt 2 , u. a.) diirfen nicht zu der Anschauung
verleiten, als ob das Buch nicht Geschichte sein wolle. Ernster miifite
es genommen werden, wenn das Purimfest wirklich erst sehr spat ent-
standen ware, oder wenn sich ein ganz anderer Ursprung dieses Festes
erweisen liefie, als die Begebenheiten unseres Buches fordern. Allein
2 Makk 15, 36 3 schliefit eine spatere Entstehung aus, lafit aber einen
fruheren Ursprung durchaus ofFen. Die Benennung des Festes nach
einem Nebenumstand (der Tag zur Ermordung der Juden wird durch
Los [O^SIB die Lose] festgesetzt [3, 7]) kann nicht als unwahrschein-
lich bezeichnet werden. Dafi ""IB wirklich Los bedeutet, laftt sich
aus dem persischen pare = der Anteil wahrscheinlich machen, wenn
es auch nicht richtig sein sollte, dafi assyr. puru mit das Los zu
iibersetzen sei 4 .
1 E. Cosquin, Le prologue-cadre des Mille et une Nuits, les legendes
perses et le livre d'Esther (Rb N. S. 6, 749 161197). J. Hoschander, The
book of Esther in the light of history, Philadelphia 1913 (mit reichem Ma-
terial, aber willkiirlichen Losungen). S. Jampel, Das Buch Esther auf seine
Geschichtlichkeit kritisch untersucht. Nebst einem Anhang : Die topographische
Beschreibung des Achasveros-Palastes im Buche Esther und die Burg zu
Susa, von M. Dieulafoy, Frankf. a. M. 1907 (Buchausgabe der oben S. 189* an-
gefuhrten Artikel).
2 Der grausame HaC gegen die Feinde, den das Buch atmet, ist auch
der Festfeier eigen geblieben. Die eigenartige Stellung, welche die Namen
der zehn Sohne des Aman in den massoretischen Bibelausgaben erhalten
(9, 6 ff.), wird von der jiidischen Exegese mit dieser Stimmung in Zusammen-
hang gebracht.
3 Vgl. o. S. 191. Aufierdem ist das Fest bei Josephus, Ant. n, 6, 13,
Megillat Taanit 12, Jo 5, I (?) im I. Jahrh. n. Chr. bezeugt.
4 So W. Mufi-Arnolt, Assyrisch-englisch-deutsches Handworterbuch, B. 1905,
2, 825 irn Anschlufi an Jensen (vgl. Wildeboer [s. o. S. 186] 173!); Jampel
(s. o. S. 189*)- Andere Deutungsversuche sind nicht viel besser begriindet;
vgl. pujjru Versammlung (Schrader [s. o. S. 12] 3 5i8); pers. fordigan (De La-
garde; vgl. Oettli [s. o. S. 1 86] 233).
Nr. 274 A. Die Geschichtsbucher. 11. Das Buch Ester. 193
274. Anzeichen fur eine beabsichtigte Allegoric in Est und
mythologische Anklange wollte man in den Namen der
Hauptpersonen des Buches und im Charakter des Festes ent-
decken.
Die Vorfahren des Aman und Mardochaus, Agag und Kis, kommen
wohl auch i Sm 15, 8ff.; 9, i ff. vor; allein von dieser Auffalligkeit
1st es doch noch weit bis zur Behauptung, die Estergeschichte sei ein
ungeschichtlicher Abklatsch der Geschichte von Samuel und Saul 1 .
Vielfach werden die Namen Mardochaus, Ester und Vasti mit den
Gottern Marduk und Istar 2 und einer elamitischen Gottin 3 zusammen-
gestellt und der Gegensatz der babylonischen und elamitischen Gotter-
welt als Ausgangspunkt zur Erklarung unserer symbolisch aufgefafiten
Estererzahlung betrachtet 4 . Jedoch die Namen sind durchaus verstand-
lich und entsprechen der Lage, auch wenn man beim geschichtlichen
Sinn von Est stehen bleibt.
Derartige mythologische Deutungen verlangen bei Durchfuhrung im
einzelnen nicht weniger willkurliche Erklarungen als die Auffassung
von A. Scholz, der in Est eine messianische Prophetie hineinlegt 5 .
Abgesehen davon, daB solcherlei abwegige Versuche exegetisch
unbefriedigend bleiben, sind die Genauigkeit der Schilderung,
die Berufung auf die persischen Annalen (2, 23; 6, i; 10, 2), die
Existenz des Purimfestes u. a. immer noch am besten verstand-
lich, wenn man Est als Geschichte anerkennt. Was darin
viber Persien gesagt wird, pafit zu Zeit und Ort der Begebnisse,
wie die franzosischen Ausgrabungen in Susa bis jetzt ergeben
haben 6 .
1 Vgl. Wildeboer (s. o. S. 186) 170.
2 J. Oppert (Sogdianus, Konig der Perser [ZA 16, 114]) sucht die Namen
im Altpersischen ; das wiirde nach der Anlage der Erzahlung am nachsten
liegen.
3 = MAS-TI ; vgl. J. D. Prince, Note on Vashti (JbL 33, 8790). G. Hii-
sing, Der elamische Gott Memnon (MvaG 21), Lp. 1916, I, 35 38: = Aman
des Est-Buches. Sonst halt man Aman fur JJuman. Eine Durchfuhrung dieser
Auffassung s. bei Schrader (s. o. S. 12) 3 $i6 ff. (auf Grund der Angaben von
P. Jensen).
4 So P. Haupt, Purim (Beitr. z. assyr. u. sem. Sprachwissenschaft 6, 2),
Lp. 1906, der ein Friihlingsfest mit dem Feste babylonischer und elamitischer
Gottheiten vermischt sein lafit; vgl. auch Holzhey (s. o. S. 9 1 ) 107. Dagegen
Gunkel (s. o. S. 191 5 ) und besonders Jampel (s. o. S. 192 J ).
5 Die Namen im Buche Esther (ThQ 72, 209 264); Kommentar (s. o.
S. 1 86) xxxiv ff. Scholz gesteht aber, dafi am 931 der nichtgeschichtliche
Charakter von Est sehr schwer erkennbar sei.
6 Vgl. Gunkel, Das Konigsschlofi in Susa (s. o. S. 191 5 ); HDB i, 775 b .
Goettsberger, Einleitnng in das AT. 13
194 * Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 275
12. Das erste und das zweite Buch der Makkabaer.
74. Name. Literatur.
275. MctKKapaiuuv a', {5' (ra. MaKKa(3atKa [Origenes, In Ps i, bei
Eusebius, Hist, eccles. 6, 25, 2]), Liber primus, secundus Macha-
baeorum (1,2 Makk).
Der Name stammt von Judas dem Makkabaer (6 MaKKapaTo?
i Makk 2, 4 66; sprachlich am besten von s^ 1 *? der Hammer ab-
zuleiten x ) und ging von ihm auf seine Briider, die Sohne des Mattatias,
welche die Juden in ihren Kampfen mit den Syrern anfiihrten, iiber,
weiterhin auf das ganze priesterliche Fiirstengeschlecht, das vom Beginn
der Freiheitskampfe an bis zur Dynastie des Herodes (37 v. Chr.) an
der Spitze des jiidischen Volkes stand 2 . Von den Kampfgenossen jener
Zeit iibertrug man den Namen auf die Martyrer, welche durch Leiden
und Tod nicht minder heldenmutig fur die vaterliche Religion stritten
(vgl. Eleazar, die makkabaischen Briider 2 Makk 65754 Makk). 3 Makk
verdankt seinen Titel einer weiteren Ausdehnung des Namens, mit dem
man auch die Martyrer vor den Makkabaerkampfen zur Zeit des Ptole-
maus IV. Philopator (221 204) auszeichnete 3 .
276. Nach Origenes (s. o. Nr. 275) hiefi i Makk tfctppnG a
das als Umschrift am genauesten der Vorlage: Vjft 133 FP3
Fiirst des Hauses derer, welche Sohne der Kraft sind , entsprechen
wiirde 4 . 2 Makk wird von Eusebius (Praep. ev. 8, 9 [W 21, 635])
und Hieronymus (Prol. gal.) zum ersten Male ausdriicklich 5
erwahnt.
1 F. Perles, The name MoKKapaToc; (JqR N. S. 17, 404 ,). Andere fiihren
den Namen auf "'as? (vgl. Machabaei der 25; S. J. Curtiss, The name
Maccabee, Lp. 1876), der Ausloscher (vgl. Is 43, 17), zuriick oder deuten
ihn als Akrostichon (z. B. mm a^sa nsba ^ Ex 15, n).
2 Auch Hasmonaer genannt, von pa^n, den man aus 'Acajjuuvaioc;, dem
Urgrofivater des Mattatias (Josephus, Ant. 12, 6, i), als Stammvater des Ge-
schlechtes erschlofi. Andere erklaren diesen Dynastienamen aus Ps 68 (67),
32 : n^aaJrf, das aber wohl in n^sa," zu verbessern ist (vgl. F. Wutz, Die
Psalmen textkritisch untersucht, Miinchen 1925, z. St.).
3 Comely (s. o. S. 3 2 ) i, 206 meint, dafi nur die Stellung nach i und 2 Makk
in den Hss zur Bezeichnung 3 Makk gefiihrt habe.
4 So Bohmer, Sarbeth Sabanaiel (StKr 76, 332 338). Andere Riick-
iibertragungen vgl. bei S. Sachs, Le titre du livre des Macchabees (REj 26,
161 166); A. Schulte, Der hebraische Titel des ersten Makkabaerbuches
(BZ 7, 254).
5 Hippolyt (zu Dn 4 [vgl. Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3*, 196]) und Origenes (Comm.
in ep. ad Rom. 8 lib. 8, c. i [M B 14, 1158]) nennen ein erstes Makkabaerbuch.
Nr. 278 A. Die Geschichtsbiicher. 12. i und 2 Makk. 195
Im Unterschied von i und 2 Sm, i und 2 Chr, i und 2 Ezr ist 2 Makk
nicht die Fortsetzung von i Makk, sondern 2 Makk greift geschicht-
lich iiber i Makk zuriick, und i Makk reicht weiter als 2 Makk ; beide
unterscheiden sich aufierdem nach Ursprache und religioser Eigenart.
277. H. J. Elhorst, Die beiden Makkabaerbiicher und die Vorgeschichte
des jiidischen Freiheitskrieges (VB 2, 367 394). W.Grimm, Das erste,
zweite, dritte und vierte Makkabaerbuch (KeH zu den Apokryphen [s. o. S. 12]
3 u. 4), Lp. 1853/57. *C. Gutberlet, Das erste Buch der Machabaer
(AtAbh 8, 3/4), Mstr. i. W. 1920; Ders. , Das zweite Buch der Machabaer
(AtAbh 10, 3/4), ebd. 1927. A. Kamphausen, Das zweite Buch der
Makkabaer (Kautzsch [s. o. S. 12] i, 81 119). E. Kautzsch, Das erste
Buch der Makkabaer (Kautzsch [s. o. S. 12] i, 24 81). J. Knabenbauer S. J.,
Commentarius in duos libros Macchabaeorum (CSs), P. 1907. Kugler
(s. o. S. 93 2 ) 301 344: VI. Zur Geschichte und Chronologic der Seleukiden
und Farther, insbesondere nach neuen keilinschriftlichen Quellen; 345 414:
Chronologische und historische Beziehungen zwischen den beiden Makkabaer-
biichern. R. Laqueur, Kritische Untersuchungen zum 2. Makkabaerbuch,
StraOburg 1904. J. Moffatt, The second book of Maccabees (Charles
[s. o. S. 12] i, 125 154). B. Niese, Kritik der beiden Makkabaerbiicher
nebst Beitragen zur Geschichte der makkabaischen Erhebung, B. 1900.
W. O. E. O ester ley, The first book of Maccabees (Charles [s. o. S. 12]
i, 59 124). B. Risberg, Textkritische und exegetische Anmerkungen
zu den Makkabaerbiichern (Beitr. z. Religionswiss. 2 [Stockholm 1915/18] i, 6
bis 31). D. M. Sluys, De Maccabaeorum libris I et II quaestiones, Diss.,
Amsterdam 1904. *H. Weifi, Judas Makkabaus. Ein Lebensbild aus den
letzten grofien Tagen des israel. Volkes, Frb. i. Br. 1897. J. Wellhausen,
tiber den geschichtlichen Wert des zweiten Makkabaerbuches im Verhaltnis
zum ersten (Nachr. v. d. k. GdW zu Gott., philol.-hist. Kl. 1905, 2, 117 163).
H. Willrich, Judaica. Forschungen zur hellenistisch-jiidischen Geschichte
und Literatur, Gott. 1900. Zockler (KK A 9 [s. o. S. n], 27 139).
75. Inhalt der beiden Makkabaerbucher *.
278. Sie schildern die Befreiungskampfe des jiidischen Volkes
gegen Angriffe der Seleukiden 2 auf die ererbte Religion, i Makk
1 Die einzelnen Ereignisse werden im Folgenden in chronologischer Reihen-
folge synoptisch zusammengestellt, wobei in gemeinsamen Abschnitten der
Inhalt von i Makk nach links, der von 2 Makk nach rechts geriickt wird.
Eigengut von 2 Makk wird kursiv, gemeinsame Berichte durchschossen ge-
druckt; Stiicke, welche aufierhalb der chronologischen Reihenfolge stehen,
werden durch kursiven Druck der Zitate kenntlich gemacht.
2 Nachdem das persische Weltreich durch Alexander d. Gr. gestiirzt war
(333 v. Chr.), gewannen nach dessen Tode (323 v. Chr.) von den vier sog.
Diadochenreichen das syrische unter den Seleukiden (von 312 v. Chr. an
Beginn der Seleukidenara, nach der in Makk gerechnet wird, und zwar
13*
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 278
schildert einen Zeitraum von 40 Jahren (175 135 v. Chr.). 2 Makk
greift iiber den zeitlichen Einsatz von I Makk hinaus noch auf
das Ende der Regierung des Seleukos IV. Philopator zuriick
(176 v. Chr.), endigt aber bereits mit dem Tode des Nikanor
(161 v. Chr.), so daft es nur 15 Jahre (176 161 v. Chr.) umfafit.
Zum grofieren Teil deckt sich der Inhalt beider Biicher (i Makk
i, 107, 50 I! 2 Makk 4, 715, 36).
I. Verfolgung der Juden durch die Syrer (i Makk 1,1 2,70
2 Makk i, i 7, 42).
1 Makk 2 Makk
Brief der Juden Paldstinas an die Briider in Agypten, worm
sie zur Feier des Laubhutten- bzw. Tempehveihfestes einladen
(i24v. Chr.) (i, i 9). Ein ziveiter Brief von den gleichen Ab-
sendern an die gleichen Empf anger schildert, wie Nehemias
das heilige Feuer gewann und Biicher sammelte, und ladet
zum Feste der Tempelreinigung am 25. Kislev (Dez.) ein
(urn 162 v. Chr.) (i, 10 2, iS) 1 . Der Verfasser gibt an,
dafl sein Werk einen Auszug aus den funf Biichern des Jason
von Kyrene iiber diese Zeit darstelle (2, 19 32).
Tempelentweihung und Strafe des Heliodor im letzten Jahre
des Sekukos IV. (187 175) (3, i 40).
Das Alexanderreich zerfallt in die Diadochenreiche (i, i 9).
Der Hohepriester Onias fiihlt sich durch seine Gegner be-
droht (4, i 6).
AntiochusIV. Epiphanes (175 164 v. Chr.) iibernimmt die
Regierung des Syrerreiches (i, 10 || 4, 7").
Jason erschleicht sich das Hohenpriesteramt (4, 7 b io a ).
Im Judentum bildet sich eine heidenfreundliche Partei
(i, 1115 || 4, io b 22).
Menelaos verdrdngt den- Jason aus dem Hohepriesteramt, er-
mordet den Onias und verubt weitere Schandtaten (4, 23 50).
AntiochusziehtgegenAgyptenindenKrieg(i, 16 19 )| 5, i).
Erscheinungen und Vorzeichen in Jerusalem. Jason iiber-
fdllt Jerusalem, muft aber fliichten und kommtum($, 2 10).
Antiochus fa lit imjudenlandeundin Jerusalem ein, pliin-
dert den Tempel, mordet und lastert und kehrt heim
(i, 20 28 || 5, ii 21). Nach zweijahrenwiederholt einOber-
rechnet, wie Kugler [s. o. S. 93 2 ] 352 meint, i Makk das Jahr vom i. Nisan
[Marz April], 2 Makk vom i. Tisri [OktJ ab) und das agyptische unter
den Ptolemaern (von 323 v. Chr. ab) abwechselnd mafigebenden Einflufi auf
Volk und Land der Juden.
1 Vgl. H. Herkenne, Die Briefe zu Beginn des zweiten Makkabaerbuches
(i, 12, 18) (BSt 8, 4), Frb. i. Br. 1904; C. Torrey, Die Briefe 2 Makk i, i
bis 2, 18 (ZatW 20, 225 242).
Nr. 279 A. Die Geschichtsbiicher. 12. i und 2 Makk. 197
1 Makk 2 Makk
steuereinnehmer (Apollonius 2 Makk 5, 24) die Pliinderung
und besetzt die Stadt Davids (i, 29 40 || 5, 22 26).
Judas der Makkabaer fiieht in die Wilste (5, 27; vgl. i Makk
2, 28).
Antiochus will seine Volker religios verschmelzen und
verfolgt deshalb die jiidische Religion und ihre An-
hanger grausam (i, 41 64 || 6, i n).
Mahnung zur Standhaftigkeit. Der alte Schriftgelehrte Eleazar
wird gemartert, iveil er sich weigert, verbotenes Fleisch zu
essen ; ebenso die makkabaische Mutter mit ihren sieben Sohnen
(6, 12 7, 42 1 -, vgl. i Makk i, 62 f.).
Der Priester Mattatias mit seinen Sohnen trauert, weigert sich,
zu opfern, totet einen opferwilligen Juden und flieht ins Ge-
birge; viele folgen ihm (2, i 30; vgl. 2 Makk 5, 27). Die
Fliichtlinge weigern sich, am Sabbat feindliche Angriffe ab-
zuwehren, und gehen zu Grunde. Mattatias beschliefit, auch
am Sabbat sich zu wehren (2, 31 41). Die Frommen (Asi-
daer) sammeln sich und besiegen die Heiden (2, 42 44).
Mattatias fiihrt mit seinen Sohnen das Gesetz gewaltsam
durch. Er ermahnt seine Sohne, bestimmt Judas als Fiihrer
und stirbt (2, 45 70).
279. II. Die Kampfe der Makkabaer unter Fiihrung des Judas
(i Makk 3, i 9, 22 2 Makk 8, i 15, 39 [166 161 v. Chr.]).
Judas wird wegen seiner erfolgreicheii Kampfe gepriesen
(3, 19 || 8, 17).
Er besiegt den Apollonius und Seron mit ihren gewaltigen
syrischen Heeren (3, 10 26). Antiochus beauftragt Lysias
mit der Bestrafung der Juden und zieht nach Persien, um
Mittel fur die Kriegsfiihrung zu erhalten (3, 27 37).
Lysias (Philifpus 2 Makk 8, 8; vgl. 5, 22) entsendet Ptolemaus,
Nikanor und Gorgias gegen die Juden (3, 38 41 || 8, 8 9).
JudasbereitetdenKampfvor(3, 42 60 ; vgl. 8, 12 20). Judas
besiegt
den Gorgias (4, i 25),
den Nikanor, Timotheus und Bakchides (8, 10 j6).
Antiochus in Persien hort von dieser Nieder-
lage und eilt heim, um an den Juden Rache zu
nehmen; er verungliickt, bereut und stirbt
(9, i 29 || i Makk 6, i 17}.
Lysias zieht gegen die Juden, wird von Judas besiegt und
rustet zu einem neuen Zuge (4, 26 35).
Judas und seine Briider ziehen nach Jerusalem, reinigen
und weihen den Tempel, befestigen Sion und Betsura
(165 v. Chr.) (4, 3661 I) 10, 19).
1 7, 28 ist eine wichtige Beweisstelle fur die Schopfung aus nichts.
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 279
1 Makk 2 Makk
Antiochus V. Eupator tibernimmt die Regie-
rung (164 v. Chr.) und ernennt Lysias zum Reichs-
verweser (10, 10 13; vgl. i Makk 6, 14 77).
Judas besiegt (Gorgias [2 Makk 10, 14; vgl. i Makk 4, iff.] und}
die Idumaer, die Ammoniter '(> 2 Makk) und Timothetts (5, i
bis 54 || 10, 14 38).
Andere ehrgeizige Fiihrer jiidischer Kampfer werden bei
Jamnia von Gorgias geschlagen (5, 55 64). Judas besiegt
die Idumaer und Philister (5, 65 68). Antiochus IV.
Epiphanes erleidetin Persien Miflgeschick und
erfahrtdieNiederlagedesLysias unddieReini-
gung desTempels und seine Befestigung (= Sion
iMakk4,6o)und dieBetsuras(6, i 7; vgl. 2 Makkg,i 3).
Erwird infolge dieser Nachricht krank, bereut,
setzt Philippus als Reichsverweser fiir seine n
Sohn Antiochus ein und stirbt(6, 8 16; vgl. 2 Makk
9,1 29). Lysias setzt AntiochusV. Eupator als
Konig ein (6, 17; vgl. 2 Makk 10, 10 13}. Judas be-
lagert die Festung in Jerusalem; abtriinnige Juden rufen
die Syrer dagegen zu Hilfe (6, 18 27).
Infolgedessen (ganz kurze Zeit nach Judas' Sieg ilber Titnotheus
2 Makk ii, i ; vgl. 10, 14 38 || i Makk 5, i 54) k amp ft der Konig
(Lysias 2 Makk n, i) gegen Judas (6, 28 54 || n, i 5).
Judas besiegt den Lysias (11, 6 12).
Lysias hb'rt, dafi der Reichsverweser Philippus zuriickgekehrt sei;
er erkennt das Ungiinstige seiner Lage (i Makk 6, 55!.; Lysias sieht
die Unbezivingbarkeit der Jtiden ein 2 Makk 1 1 , 13) und bringt einen
Friedensvertrag mit den Juden zustande(6, 55 62 || 11,13 Z S)-
Brief des Lysias an das Volk der Jttden (n, 16 21). Brief
des Konigs an Lysias (n, 22 26). Brief des Konigs an
das Volk der Juden (11, 27 33). Brief der Romer an die
Juden mit dem Angebot, sie beim Konig zu tinterstiltzen
(11, 34 38).
Der Konig kehrt heim und entreiftt Philippus seine Haupt-
stadt (6, 63).
Lysias zieht zum Konig, die Jtiden kehren heim (12, i). Ti-
motheus und Apollonius, die dortigen Befehlshaber, beunrtihigen
die Juden welter (12, 2). Die Einwohner von Joppe und Jam-
nia toten hinterlistig die dortigen Juden; Judas rdcht seine
Volksgenossen (12, 3 9). Judas kampft gegen Thimotheus,
den er nach seiner Niederlage freilaftt, tmd gegen Gorgias,
der ebenfalls unterliegt (12, 10 37). Fur Juden, die ivegen
Verletzung des Gesetzes gefallen waren, laftt Judas opfern,
um ihre Sunden zti suhnen (12, 38 45) J .
1 2 Makk 12, 43 45 enthalten ein Zeugnis iiber die Furbitte fur die Ver-
storbenen.
Nr. 280 A. Die Geschichtsbiicher. 12. I und 2 Makk. 199
1 Makk 2 Makk
Im Jahre 149 (=163 v. Chr.) zogen Antiochus und
Lysias gegen Judas; Menelatis, der sich ihnen anschloft,
wird grausam getotet (13, i 9; vgl. I Makk 6, 28 54
[13, 3 8> i Makk]). Judas besiegt die Syrer (13, 10 22).
Die Emporung des Reichsverwesers Philippus
zwingt den Konig zum Abschlufi eines Friedensvertrages
mit den Jtiden (13, 23 26 a ; vgl. i Makk 6, 55 62}. Der
Konig kehrt heim (13, 26 b ; vgl. i Makk 6, 6j) *.
Demetriusl. Soter (162 i5o)kehrt ausRom zuriick, totet
Antiochus und Lysias und wird Konig (7, i 4 II 14, if.)-
A 1 k i m u s (ehemaliger Hoherpriester 2 Makk 14, 3), derHoherpriester
werden wollte, hetzt Demetrius gegen die Juden auf
(7, 57 II 14, 3 ")
Demetrius schickt den Bakchides, der mit Hinterlist und
Gewalt den Alkimus im Lande einsetzt (7, 8 22). Judas
tritt ihm entgegen, und Alkimus klagt neuerdings beim
Konig (7, 2325).
Nikanor wird gegen Judas geschickt (7, 26 )| 14, 12 14).
Nikanor trifft mit Judas ein friedliches Abkommen. Alkimus
veranlaflt den Konig, . daft er dieses Abkommen ztmichte macht
(14, 1527).
Nikanor sucht sich mitHinterlist des Judas zu bemach-
tigen und fordert unter Drohungen seine Auslieferung
(7, 2738 || 14, 2836).
Razias, einer der Altesten der Juden, ivird von Nikanor iiber-
f alien und stirbt den Heldentod (14, 37 46).
Nikanor wird von Judas besiegt und fa lit. Dieser Tag,
der 13. Adar (Marz), der Tag vor dem Mardochaustag, wird als
Festtag eingesetzt (7, 3950 || 15, 136 [25 37]).
Schhift zu 2 Makk (15, 37 39 [23 38 40]).
Judas schliefit ein Biindnis mit den Romern (8, i 32). Er
fallt im Kampfe gegen Bakchides (9, i 22).
280. III. Kampfe unter Fiihrung Jonatans, des Bruders des Judas
(i Makk 9, 2312, 53 [161143 v. Chr.]).
Jonatans Wahl, Uberfall eines friedlichen Haufens, Sieg uber Bakchides
(9, 23 49). Tod des Alkimus; Bakchides kehrt zum Konig zuriick;
das Land hat Ruhe (9, 50 57). Eine neue Niederlage des Bakchides
fiihrt zum Friedensschlufi zwischen ihm und Jonatan (9, 58 73). Alex-
ander Balas macht Demetrius I. Agypten streitig (153 v. Chr.); Jonatan,
den beide gewinnen wollen, schlieftt sich Alexander an. Demetrius
fallt in der Schlacht. Alexander Balas folgt ihm (152 145 v. Chr.)
und ehrt und erhoht Jonatan (10, i 66). Demetrius II., Sohn Deme-
trius' I., emport sich gegen Alexander; sein Feldherr Apollonius wird
1 2 Makk 12, i 13, 26 |j 2 Makk n, 13 38.
2QO I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 281
von Jonatan geschlagen (10, 67 89). Ptolemaus VI. von Agypten
wendet sich gegen Alexander und besiegt ihn; Alexander fallt. Nach
dem Tode des Ptolemaus VI. (146) gewinnt Demetrius II. sein Land
zuriick (n, i 19). Mit Demetrius II. (146 140 und 130 126 v. Chr.)
verbiindet sich Jonatan (u, 20 37) und steht ihm bei in seinem Kampf
gegen dessen eigenes Volk, das sich unter Fiihrung des Tryphon gegen
ihn erhob (n, 38 52). Demetrius II. erfullt die Versprechungen nicht,
die er Jonatan gemacht ; dieser schlieftt sich darum dessen Gegenkonig
Antiochus VI. ( 1 44 1 43 v. Chr.) an und schlagt die Truppen und Anhanger
des Demetrius II. (n, 53 74). Jonatan erneuert das Biindnis mit den
Romern und schliefit aufierdem eines mit den Spartanern (12, 123).
Nach einem letzten Kampf mit den Scharen Demetrius' II. fallt Jonatan
einem Verrat des Tryphon zum Opfer (12, 24 53).
281. IV. Ereignisse unter Simon als Fiihrer und Hohempriester
(i Makk 13, i 16, 24 [143135 v. Chr.]).
Simon kann wegen der Treulosigkeit des Tryphon den gefangenen
Jonatan vom Tode nicht befreien (13, i 24). Ein grofies Grabmal
wird errichtet, Friede mit Demetrius II. geschlossen ; die Herrschaft
Simons ist befestigt (13, 25 53). Das Judenvolk wird unter Simon
grofi, es ehrt ihn (14, i 49). Antiochus VII. Sidetes (139 130 v. Chr.)
ist zuerst Freund und wird dann Feind des Simon. Dieser besiegt
den Feldherrn Kendebaus, den Antiochus VII. gegen ihn sandte (15, i
bis 16, 10). Simon wird ermordet; sein Sohn Johannes Hyrkanusl.
(135 104 v. Chr.) wird Hoherpriester an seiner Statt. Fur dessen Ge-
schichte wird auf das Tagebuch seines Hohenpriestertums verwiesen
(16, ii 24)'.
76. Der Text von 1 Makk.
282. i Makk ist nur griechisch erhalten 2 und in dieser Sprach-
gestalt wohl schon von Josephus beniitzt (93 n. Chr.) 3 , war aber
ehedem in hebraischer (bzw. aramaischer 4 ) Sprache verfafit worden.
1 Hyrkanus' I. Nachfolger Aristobulus I. (104 103 v. Chr.) nimmt zum
Hohenpriestertum noch den Konigstitel an. Es folgt ihm als Konig sein
Bruder Alexander Jannaus (103 76 v. Chr.). Dem folgen seine Witwe
Alexandra (7667 v. Chr.), Aristobulus II. (67 63 v. Chr.), Hyrkanus II. (63
bis 40 v. Chr.), Antigonus (4037 v. Chr.), Herodes der Grofie, der Idumaer
(37 v. Chr. bis 4 n. Chr.), der Mariamme aus dem Makkabaergeschlecht zur
Gemahlin hatte.
2 D. de Bruyne O. S. B., Le texte grec des deux premiers livres des
Machabees (Rb 31, 3154).
3 Manche meinen, dafi sich Ant. 12, 6, 2 und an andern Stellen eine
Beniitzung des hebraischen Textes verrate. Vgl. dazu Schiirer (s. o. S. 163 3 )
3*. 195 t
4 Oesterley (s. o. S. 195) i, 61 glaubt ein hebraisches Original annehmen
zu diirfen.
Nr. 283 A. Die Geschichtsbiicher. 12. i und 2 Makk. 2OI
Das bezeugt der hebraische Titel bei Origenes (s. o. S. 194) und
der Prol. gal. des Hieronymus 1 . Hebraismen bzw. Semitismen be-
statigen die geschichtlichen Nachrichten 2 . Auch manche Versehen
fiihren auf eine semitische Vorlage 3 . Doch beherrschte sonst der
Ubersetzer die griechische Sprache gut. Entlehnungen aus konnen
gegen semitische Ursprache nicht geltend gemacht werden 4 . Wenn
Josephus den griechischen Text beniitzt hat, so schliefit das den
Bestand eines semitischen Urtextes nicht aus.
283. Der hebraische Text von i Makk, den D. Chwolson 1895 in
der Pariser Nationalbibliothek (Hebr. Fonds Nr. 326, f. 101 no) land
und in Mekise Nirdanim als Urtext veroffentlichte 5 , ist aus der 55
riickiibersetzt 6 .
In den 33-Ausgaben steht von i Makk die vorhieronymia-
nische 7 .
1 Die Bemerkung: Machabaeorum primum librum hebraicum reperi,
ist mehr als eine blofie Folgerung, die Hieronymus etwa aus dem Buchtitel
bei Origenes hatte ziehen konnen.
2 Z. B. YifveaGai eic; (popov (i, 4) tributpflich tig werden , oa'j rpn; ^roiudEew
THV (JacnXeiav (i, 16 T?5); pi^Xia (i, 44) Brief, a^stp; vaoc; ai)if\q Ob?
dvrjp ctboHo? (2, 8 rtT=a ^? wr*); iaxupoi buvdjuei (2, 42 -"^rj ^ : aa);
Kepac; Macht (2,48 ^.i?.); luerdt rd prijiiaTa raura (5,37 n^aw ^5*5
"^St?)- ~ Vgl. P. Joiion S. J., Quelques hebraismes de syntaxe dans le i er livre
des Maccabees (Bb 3, 204206).
3 Z. B. iv TUJ i\u) aOroO (2, 57 w^rta); irXripoOvTog st. \a\ouvToc; (4, 19
Vstt und sVs wurden verwechselt) ; dpxai Heeresziige (5, 33 n^s^).
4 Z. B. pb^XuY^a dpriiuiujaeujg i, 54 stammt aus Dn 9, 27.
5 Auch A. Schweizer (Untersuchungen iiber die Reste eines hebraischen
Textes vom ersten Machabaerbuch, B. 1901) und P. Vetter (Ein hebraischer
Text zum ersten Makkabaerbuche [ThQ 83, 600 605]) hielten ihn fur echt.
Dagegen E. Nestle (ThLz 1901, Nr. 22, 605); T. Noldeke (Lit. Centralbl. 1901,
Nr. 13, 521 ff.); Schmidt (ThLz 1901, Nr. 20, 544 f.); C. C. Torrey, Schweizer's
Remains of a Hebrew text of I Maccabees* (JbL 22, 51 59).
6 Z. B. i, 13 -rroif|ffai rd biKaiuj^aTa TUJV dGvOuv, (33 I, 14) ut facerent iusti-
tiam gentium, a?:a?j-r tss?, : V; 2, 64 tcrx^^c' Te ff seid stark, confortamini, ittnsJTi
seid getrost (conforter [franz.] trosten; ein Hinweis auf Frankreich als
Entstehungsland) ; 8, 3 TOU KaraKpaTf|aai sich der Metallschatze des Landes
bemachtigen, redegerunt in potestatem, ^"Tnri sie gaben zuriick (hat nur
das re in redigere wiedergegeben) ; 9, 5 'AXacra, Laisa, niV ; 4,29666001)-
poi?, Bethoron, -p^n n^a; "EXXa? I, i und 8,9, Graecia i, i ^;, Helladam
8, 9 tt-ts&x.
7 tJber die verschiedenen lateinischen Texte und Hss vgl. P. Corssen,
Bericht iiber die lateinischen Bibeliibersetzungen (Jahresbericht iiber die
Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaft 101 [1899], i 83) 50.
202 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 284
77. Zeit der Entstehung von 1 Makk.
284. Es muC eine geraume Zeit verflossen sein, seitdem Jonatan
tot war (143 v. Chr.) (vgl. 13, 30 x ). Der Verfasser kannte (16, 23 f.)
schon eine geschichtliche Darstellung der Hohenpriesterschaft des
Johannes Hyrkanus I., dessen Tod (104 v. Chr.) also wohl einige
Zeit zuriicklag 2 . Er betrachtet noch die Romer als selbstlose
Freunde des Judenvolkes (Kap. 8); seit 63 v. Chr. erwiesen sich
die Romer als selbstsiichtige Eroberer. Der Verfasser hatte
wohl auch die Entweihung des Tempels durch Pompejus nicht
unerwahnt gelassen, wenn sie schon der Vergangenheit angehort
hatte. So ergeben sich die Jahre nach 104 und vor 63 v. Chr.
als Zeitspanne, innerhalb deren i Makk entstanden ist.
78. Literarische Entwicklung von 1 Makk.
285. Josephus (Ant. 12, 5 13, 7) hat zu dem, was i Makk iiber Matta-
tias, Judas und Jonatan berichtet, neue Ziige hinzugefiigt, dagegen
i Makk 14 16 nicht verwertet. J. Destinon 3 schlofi daraus, daft Jo-
sephus eine Form des Buches zur Vorlage hatte, welche einerseits einen
reicheren Inhalt besafi, anderseits des Schlusses entbehrte 4 . Allein dem
Josephus konnten noch andere Quellen aufier i Makk fur diese ihm
nahestehende Zeit zur Hand sein (vgl. i Makk 9, 22). Auch fur die
Kiirze, mit der er iiber Simon berichtet, lassen sich verschiedene Ur-
sachen denken.
286. Ob die Briefe (8, 22 32; 10, 18 20; 10, 25 45; 11,30 37;
[11,57]; 12,618; 12,20235.13,3640; 14,2022; 15,29;
15, 16 21) einer eigenen Sammlung entnommen sind 5 , oder ob sie
der Verfasser rmihsam einzeln zusammensuchen mufite, laftt sich nicht
feststellen.
1 Als terminus ad quern lafit sich diese Stelle nicht verwerten, weil Hiero-
nymus und Eusebius (Eusebius' Onomastikon der biblischen Ortsnamen,
hrsg. von E. Klostermann, Lp. 1904, 132/33) bezeugen, dafi Jonatans Grab-
mal zu ihrer Zeit (4. 5. Jahrh. n. Chr.) noch bestand.
2 Manche schliefien aus 16, 23 f., dafi Johannes noch am Leben gewesen
sei (so Zockler [s. o. S. 195] 30).
3 Die Quellen des Flavius Josephus. I. Die Quellen der Archaologie
Buch XII XVII, Kiel 1882.
4 Auch Schurer (s. o. S. 163 3 ) 3*, 196 halt es fur moglich, dafi i Makk
14 16 Josephus nicht vorlag; ebenso Kautzsch (s. o. S. 195) I, 29.
5 So Zockler (s. o. S. 195) 31.
Nr. 289 A. Die Geschichtsbiicher. 12. i und 2 Makk. 203
79. Religiose Eigenart und geschichtliche Glaubwiirdig-
keit von 1 Makk.
287. i Makk hat den Gebrauch des Gottesnamens absichtlich
vermieden 1 ; denn an keiner Stelle 1st er unbestritten iiberliefert 2 .
Trotzdem war der Verfasser ein frommer und gesetzestreuer Jude.
288. Die schlichte und sachliche Art, in der i Makk iiber die
Vorgange berichtet, macht den Eindruck hochster Glaubwiirdig-
keit. Doch werden gegen die Zuverlassigkeit einzelner Angaben
von manchen Exegeten Einwande erhoben.
Unter anderem werden i, 6 (Verteilung der Lander durch Alexander),
8, i 1 6 (Staat und Staatsverwaltung der Romer), 12, 6 21 (Stammes-
verwandtschaft zwischen Juden und Spartanern vgl. 2 Makk 5, 9) fur
ungenau und unrichtig erklart. Besondere Schwierigkeiten erstehen
den katholischen Exegeten daraus, dafi i und 2 Makk liber dieselben
Ereignisse nicht dasselbe zu berichten scheinen.
289. Da der Verfasser der Zeit, iiber die er berichtet, nahesteht,
sich auf schriftliche Quellen stiitzt (9, 22) und besonders die Briefe
im genauen Wortlaut anfiihrt, so spricht das fur geschiehtlich-
menschliche Glaubwiirdigkeit 3 .
Auf katholischer Seite wies man schon friiher darauf hin, daft
der Verfasser sich unbeschadet der Inspiration auf den Standpunkt
seiner Zeit stellen und den damals herrschenden Anschauungen sich
anpassen konnte 4 . Die Schwierigkeiten zu losen, welche gegen die
geschichtliche Glaubwiirdigkeit einzelner Angaben zu sprechen scheinen,
ist Aufgabe der Einzelexegese.
1 Diese Erscheinung wird mit der herrschenden Scheu der spateren Zeit,
den Gottesnamen auszusprechen, begriindet oder darauf zuriickgefuhrt, dafi
das Buch ahnlich wie Est (s. o. S. 189) zum Gebrauch an einem ausgelassenen
Freudenfest bestimmt war.
2 Vgl. 3, 1 8 (6eog, nicht bei A ); 5, 68 (von Gotzen). Auch icOpioc; ist 4, 24;
7, 37 41 nicht bei alien Zeugen zu finden. Dafiir wird der Himmel ge-
braucht. 2 Makk verwendet 6eoc; 54mal, Kupioq 92mal (etwas anders Hopfl
[s. 0.8.9] 2 2 , I59f-).
3 O. Roth, Rom und die Hasmonaer. Untersuchungen zu den jiidisch-
romischen Urkunden im ersten Makkabaerbuch und in Josephus' jiidische Alter-
tiimer IV (BWAT 17), Lp. 1914.
4 So schon Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, I 2 , 469 f., der sich auf Hieronymus, In
ler. 28, 10 (M 1 24, 888) beruft; Knabenbauer (s. o. S. 195) 19 f.; vgl. dagegen
Ders., Zur Abwehr (Stimmen aus Maria-Laach 75, 351 f.) und dazu Huvelin
(s. o. S. 78 1 ). Die Hieronymus-Enzyklika lehnt diesen Standpunkt und be-
sonders die Berufung auf die Stelle des Hieronymus ab (vgl. P. Haeuser, Die
2OA 1 Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 290
80. Der Text von 2 Makk.
290. Schon Hieronymus stellte als Ursprache des Buches das
Griechische fest: Secundus (sc. liber Machabaeorum) graecus
est, quod ex ipsa quoque phrasi probari potest (Prol. gal.).
Haufig begegnet man der Gepflogenheit, gleiche, gleichklingende
und gegensatzliche Worte zusammenzustellen , was einem Ubersetzer
schwerlich so hatte gelingen konnen 1 . Stets kommt die urspriinglich
griechische Namensform MepoaoXuua (i Makk 3 lepouo~<xXr|n) vor. Hebrais-
men kann man nur sparlich finden; bei einem hellenistischen Juden
sind sie hinreichend erklarlich. Da die beiden Briefe am Anfang mit
dem Buche nicht verarbeitet sind, konnte man bei ihnen die Frage
nach der Ursprache anders beantworten als beim Hauptteil von 2 Makk 2 .
Die geschichtliche Wahrscheinlichkeit spricht dafiir, dafi auch die Briefe
an die agyptischen Juden, die hellenisiert worden waren, in grie-
chischer Sprache abgefafit wurden. Ein Gegenbeweis durch Hebrais-
men ist um so weniger entscheidend , als zweimal die griechische
Namensform MepodoXuua je am Anfang der beiden Briefe steht 3 .
291. In den 33-Ausgaben ist wie bei I Makk die unkorrigierte
vorhieronymianische aufgenommen worden. Aufier dem 33-Text
gibt es noch abweichende lateinische Textformen von 2 Makk 4 .
81. Das Werk des Jason von Kyrene.
292. Von den fiinf Biichern des Jason, aus denen 2 Makk ein
Auszug (eTTirouri 2, 28 ; vgl. 2, 23) ist, wissen wir nur durch unser
Hieronymusenzyklika Spiritus Paraclitus vom 15. September 1920. Ein
papstliches Mahnwort an alle Bibelfreunde, Regensburg 1921, 38 f.).
1 4, 18 ayetv crfOuva, 4, 22 mxpabcxGek; . . . i<jebex6>V 4> 34 beSiaa0e!<; . . .
beHidv, 5, 3 (kXOuv (JoXcic;, 5, 9 diroSeviOaa? . . . ZvY\q, 12, 22 aXXoc; dXXaxi],
14, 28 buacpopwc; cpdpeiv, 15, 37 auTo? auT66i 5, 6 eurmepiav buariuepiav,
6, 29 eufieveiav bucrjudvetav.
2 Fiir beide Briefe, fur den ersten allein und fur den zweiten allein, ist
hebraische Ursprache angenommen worden; vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, i 2 ,
455 457 *
3 Vgl. Herkenne (s. o. S. 196 x ) 21 f.
4 Vgl. Corssen (s. o. S. 201 ^ 50; De Bruyne (s. o. S. 2oo 2 ); G. Mercati,
Frammenti Urbinati di un' antica versione latina del libro II de' Maccabei
editi ed illustrati (Rb n, 184 211) (enthalt 2 Makk 4, 39 44 46 5, 14;
10, 12 11, i); W. Molsdorf, Fragment einer altlateinischen Bibeliibersetzung
in der Koniglichen und Universitats-Bibliothek zu Breslau (ZatW 24, 240 250)
(enthalt 2 Makk 3, 13 4, 4; 4, 1014).
Nr. 293 A. Die Geschichtsbiicher. 12. I und 2 Makk. 205
Buch. Dafi diese Angabe nicht nur vorgegebener Schein *, son-
dern Wirklichkeit ist, wird festzuhalten sein.
Der Verfasser weifi in Syrien besser Bescheid als in Palastina ; das
wird darin begriindet sein, dafi er, wie auch die Benennung nach dem
Herkunftslande nahelegt, nicht mehr im afrikanischen Kyrene weilte,
als er sein Werk schrieb. Aus den Einzelheiten, die er zu berichten
vermag, ergibt sich, dafi er der Zeit nahestand, die er schildert 2 . Da
er Judas' Tod (161 v. Chr.) nicht erwahnt und gesagt wird, die heilige
Stadt sei immer in den Handen der Juden geblieben 3 sie ging nach
Judas' Tod wieder verloren , so wird Jasons Werk vor 161 v. Chr.
niedergeschrieben sein. Seiner Herkunft entsprechend wird der Ver-
fasser sich des Griechischen bedient haben, man miifite denn annehmen,
dafi der Epitomator die Spuren einer semitischen Vorlage vollkommen
auszumerzen verstand.
82. Entstehungszeit von 2 Makk.
293. Als Auszug aus Jasons Werk mufi 2 Makk einige Zeit nach
162 v. Chr. verfafit sein. Da das Buch geschichtlich weiter zuriick-
reicht als i Makk, trotzdem aber im Kanon hernach steht, wird es spater
als i Makk kanonisiert und damit naturgemafi spater als dieses ent-
standen sein, also wohl nicht vor 104 v. Chr. 4 Da derlei Erwagungen
etwas Unsicheres an sich haben, kann als sicherer terminus a quo
nur die Zeit nach 162 v. Chr. in Frage kommen. Ein ebenso sicherer
terminus ad quern ist 70 n. Chr., weil Tempel und Tempelkult noch
bestehen. Man darf aber noch etwas weiter zuriickgehen, da 4 Makk
von 2 Makk abhangig und auch ersteres noch vor 70 n. Chr. ent-
standen. Dazu stimmt, dafi wahrscheinlich auch der vor 70 n. Chr.
verfafite Hebr in dem eTuuiravidGnaav (n, 35) einer Erinnerung an
1 So W. H. Kosters, De polemiek van het tweede boek der Makkabeers
(Theol. Tijdschr. 12 [1878], 491 558; vgl. Kamphausen [s. o. S. 195] i, 81 ;
Moffatt [s. o. S. 195] i, 125).
2 Ihn mit Jason, Mitglied der Gesandtschaft, die Judas nach Rom schickte
(i Makk 8, 17), zusammenzustellen (vgl. Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, i 2 , 456) oder
mit einem Jason von Kyrene, der in einem Tempel Tutmosis' III. ein-
geschrieben ist (wohl schon im 3. Jahrh. v. Chr. so Sayce in Revue des
etudes grecques 7 [1894], 297), ist blofie Vermutung. Vgl. Schiirer (s. o. S. 163 3 )
3 4 ,485.
3 Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3 4 , 485 nennt die Angabe ungeschichtlich und
weist sie dem Epitomator zu.
4 Kosters (s. o. Anm. i ; vgl. Moffatt [s. o. S. 195] i, 129) findet in 2 Makk
eine Polemik gegen i Makk. Allein anders sein ist nicht gleichbedeutend
mit gegnerisch sein. Hochfeld (Die Entstehung des Hanukkafestes [ZatW 22,
264 284]) betrachtet 2 Makk als Gegenschrift der Pharisaer gegen die Has-
monaer, die urn 106 v. Chr. mit ersteren brachen. Vgl. Kugler (s. o. S. 93 2 ) 345 f.
206 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 294
2 Makk 6, 19 28 folgt. Vielleicht hat sogar schon Philo (f 40 n. Chr.)
bei seiner Schilderung der Tyrannen (Quod omnis probus liber 13)
das Bild vor Augen gehabt, das 2 Makk von Antiochtts IV. Epiphanes
entwirft 1 .
162 v. Chr. bis 70 n. Chr. umschlieCen demzufolge die weiteste
und sicherste, 100 v. Chr. und 20 n. Chr. die engste, aber immer
noch mit guten Griinden vertretbare Zeitspanne, innerhalb deren
2 Makk anzusetzen sein wird.
83. Literarische Eigenart und geschichtliche Glaub-
wurdigkeit von 2 Makk.
294. Die beiden - Briefe am Anfang gehoren nicht zum Buche. Nichts
deutet an, daft sie etwa als Begleitschreiben dem an die agyptischen
Juden iibersandten Buche beigegeben gewesen waxen. Manche wollen
Anzeichen finden, daft dem Epitomator auch noch Quellen aufterhalb
des Werkes Jasons zu Gebote standen. Die eigentiimliche Doppelung
2 Makk n, 13 38 || 12, i 13, 26 3 erinnert an die gleichen, aber dort
viel umfangreicheren Erscheinungen in den sonstigen Geschichtsbiichera.
des AT 4 .
295. Als blofies Geschichtswerk betrachtet, ist 2 Makk hoch
einzuschatzen. Der Verfasser des Quellenwerkes muB den
Ereignissen nahegestanden haben. Zu I Makk enthalt unser
Buch eine Reihe wertvoller Erganzungen. Der religiose Hauch,
der im Unterschied von I Makk uber dem Ganzen schwebt, und
die erbauliche Absicht, die das Buch unverkennbar zur Schau
tragt, hat keineswegs Ungeschichtlichkeit des Inhalts zur Folge .
1 Ware der erste Brief am Anfang von 2 Makk ein Begleitschreiben ge-
legentlich der Ubersendung des Buches an die agyptischen Juden, so batten
wir 124 v. Chr. als ziemlich genaues Datum. So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 )
2 5 , 128; Kugler (s. o. S. 93 2 ) 351; Niese (s. o. S. 195); dagegen Wellhausen
(s. o. S. 195). Die Briefe haben tatsachlich keine derartige Verbindung mit
dem Buche, das sie eroffnen.
2 Zur Frage, ob nur ein Brief vorhanden ist oder gar drei, vgl. Moffatt
(s. o. S. 195) i, 129.
3 Anders Wellhausen (s. o. S. 195) 140.
4 Vgl. auch Kugler (s. o. S. 93 2 ) 359 ff., der 2 Makk wie folgt ordnet: 8, i
bis 29 3436 3033; 10, i8; 9, 1-29; 10, 9 f.
5 Die neuzeitliche kritische Schule gibt abwechselnd bald I Makk (so
Kosters [s. o. S. 205 *], Willrich [s. o. S. 195]), bald 2 Makk (so Niese [s. o.
S. 195]), den Vorzug. Vgl. dazu Hochfeld (s. o. S. 205*) 269 ff.; Moffatt (s. o.
S. 195]) i, 125.
Nr. 297 A. Die Geschichtsbiicher. 12. i und 2 Makk. 207
Wo beide Makk-Biicher dieselben Ereignisse verschieden dar-
stellen oder sonstige Schwierigkeiten auftauchen, hat die Exegese
nach geschichtlicher Methode sie auszugleichen.
296. Solche Aufgaben stellen der exegetischen Forschung u. a. der
grausame Charakter Antiochus' IV. (2 Makk 7), seine monatliche Ge-
burtstagsfeier (2 Makk 6, 7) 1 , der Aufenthalt des Antiochus zur Zeit der
Marter der makkabaischen Briider (2 Makk 7, 24 und 5, 21), die Nieder-
lage des Lysias und ihre Einreihung (vor Antiochus' Tod i Makk 4,
26 35, nachher 2 Makk n, i i2) 2 , die Zeit zwischen Entweihung und
Wiederweihe des Tempels (i Makk i, 21; 4, 5 2 if. und 2 Makk 10, 3),
der Tod des Antiochus IV. (i Makk 6, i 17 und 2 Makk i, u 17; g) B t
i Makk 6, 55 63 im Vergleich mit 2 Makk 9, 29*.
297. Wegen seines eigenartigen literarischen Charakters (Auszug
aus einem groBeren Werke) hat 2 Makk in der Geschichte der
Inspirationsfrage zvveimal eine Rolle gespielt.
Die sog. inspiratio subsequens, welche L. Lessius (1554 1623)
vertreten haben soil, ist in der These: Liber aliquis (qualis forte est
secundus Maccabaeorum) humana industria sine assistentia Spiritus
Sancti scriptus, si Spiritus Sanctus postea testetur, ibi nihil esse falsum,
efficitur Scriptura sacra, verworfen worden 5 . In der Zeit der fort-
schrittlichen katholischen Exegese wollte man die Angabe, daft der Ver-
fasser einen Auszug aus Jasons Werk liefern wolle (vgl. 2, 28 [33 29]),
als eine reservatio betrachten, daft er die Verantwortung fur die
Richtigkeit der geschichtlichen Angaben nicht ubernehme, und in-
folgedessen beschranke sich die Inspiration und die Gewahr der Richtig-
keit darauf, daft der Verfasser einen richtigen, zuverlassigen Auszug
hergestellt habe 6 .
1 Vgl. J. Doller, Die Geburtstagsfeier Antiochus' IV. Epiphanes (2 Makk 6, 7)
(Korrespondenzbl. f. d. kath. Klerus Osterreichs 34 [1915], 259 f.); W. Schmidt,
Geburtstag im Altertum (Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten 7),
Giefien 1908.
2 Vgl. Kugler (s. o. S. 93 2 ) 358; O. Procksch, Der Friede des Lysias vom
Friihling 164 v. Chr. (ThLbl 24, 457464 481484).
3 Vgl. J. Doller, Der Tod des Konigs Antiochus IV. Epiphanes (I Makk 6,
i 16; II, i, 1319; 9) (ThprQ 68, 929 931); Kugler (s. o. S. 93 2 ) 350 f.
(bezieht I, 13 16 auf Antiochus III.) 386 ff.
4 Vgl. noch J. Hontheim S. J., Zur Chronologie der beiden Makkabaer-
bucher (ZkTh 43, 1-30); Kugler (s. o. S. 93 2 ) 354 ff.
5 Vgl. KL 7 2 , 1848 ff.; Cone. Vatic, sess. 3, cap. 2 (D. 11 1787).
6 Vgl. Hummelauer (s. o. S. 51 2 ) 6568; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 131 ;
s. aufierdem o. S. 293 4 .
2o8 * Teil - D i e Biicher des AT im einzelnen. Nr. 298
B. Die poetischen Biicher und
Lehrschriften 1 .
1. Die alttestamentliche Poesie.
84. Allgemeines. Literatur.
298. Dichterische Stiicke finden sich in kleinerem und grofierem
Umfange auch in den schon behandelten Biichern des AT. Am
umfangreichsten ist die Dichtung in dieser Gruppe der atl Lite-
ratur vertreten. Zahlreiche dichterische Abschnitte enthalten auch
die Prophetenschriften.
299. Es gab bei den Israeliten nach den Zeugnissen ihrer Ge-
schichte (Gn3i, 27; 2 Sm 19, 36 [33 35]; Am 6, 5; 8, 10; Is 5, 12;
16, 10; 23, 16; 24, 9; Job 21, 12; Ps69 [68], 12 f.) und denUber-
resten im AT (Gn 4, 23 f.; Nm 21, i/f. 27 30; Jdc 14, 14 18;
15, 16; i Sm 18, 7; 2 Sm i, 19 [33 18] 27; 3, 33 f.; Ps 4 5 [?]; Ct [?]) 2
eine umfangreiche und vielgestaltige weltliche Poesie. Erhalten
ist im AT eine iiberaus reiche religiose Dichtung. In der
Hauptsache ist sie Lyrik 3 . Als Analogic zum Drama kann man
die sog. Chorlieder, Job und vielleicht Ct 4 bezeichnen.
300. *J. Dollar, Rhythmus, Metrik und Strophik in der biblisch-hebraischen
Poesie systematisch dargestellt, Pad. 1899. *J. Ecker, Porta Sion.
Lexikon zum lateinischen Psalter (Psalterium Gallicanum) unter genauer
Vergleichung der Septuaginta und des hebraischen Textes mit einer Ein-
leitung in die hebr.-griech.-latein. Psalmen und dem Anhang : Der apokryphe
Psalter Salomons, Trier 1903, 118* 182* (Form der hebraischen Poesie).
S. Euringer, Die Kunstform der althebraischen Poesie (BZF 5, 9/10),
Mstr. i. W. 1912. G. B. Gray, The forms of Hebrew poetry considered with
special reference to the criticism and interpretation of the OT, Ld. 1916.
E. Konig, Hebraische Rhythmik. Die Gesetze des atl Vers- und Strophen-
baues kritisch dargestellt, Halle 1914. J. W. Roth stein, Grundziige des
1 E. Kautzsch, Die Poesie und die poetischen Biicher des AT, Tub. 1902.
2 Ps 45 (44) und Ct, die ihrem Wortlaute nach weltlichen Klang haben,
konnten in den Kanon der Juden nur aufgenommen werden, wenn man sie
religios verstand (vgl. u. Nr. 388). Das Buch des Gerechten (";?? iso) Jos
10, 13; 2 Sm i, 18 wird vielfach als Liederbuch (i*igrj IBB) gefafit.
3 Manche nennen als besonderen Zweig eine didaktische Poesie.
4 Vgl. u. Nr. 307 Anm., 336 und 384. P. Riefiler (Zum Hohenliede [ThQ
100, 5 37]) verteilt den Inhalt von Ct neuerdings auf ein dramatisches
Schema.
Nr. 302 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. I. Die atl Poesie. 209
hebraischen Rhythmus und seiner Formenbildung nebst lyrischen Texten
mit kritischem Kommentar, Lp. 1909. Ders. , Hebraische Poesie. Ein
Beitrag zur Rhythmologie, Kritik und Exegese des AT (BWAT 18), Lp. 1914.
N. Schlogl, Die echte biblisch-hebraische Metrik. Mit grammatischen
Vorstudien (BSt 17, i), Frb. i. Br. 1912. E. Sievers, Metrische Studien.
I. Studien zur hebraischen Metrik (Abh. d. k. sachs. GdW, philol.-hist. Kl. 21),
Lp. 1901 ; II. Die hebraische Genesis (ebd. 23), Lp. 1904; III. Samuel (s. o.
S. 144 3 ). V. Zapletal O. P., De poesi Hebraeorum in Veteri Testa-
mento conservata in usum scholarum, Frb. i. S. 1909, *ign. F. Z or ell S. J.,
Einfuhrung in die Metrik und die Kunstformen der hebraischen Psalmen-
dichtung. Mit 40 Textproben, Mstr. i. W. 1914.
85. Der Parallelismus membrorum und verwandte
Formen dichterischer Gestaltung.
301. Die atl Poesie hangt wohl mit der Weltliteratur und be-
sonders mit dem orientalischen dichterischen Schrifttum zu-
sammen *. Aber die dichterische Art des aufierbiblischen Orients
ist zu wenig untersucht, urn damit die hebraische Poesie zusammen-
stellen und erlautern zu konnen. Aus ihren eigenen Denk-
malern mussen ihre Gesetze erkannt werden, worauf in neuerer
Zeit viel Arbeit verwendet worden ist. Die exegetische Forschung
ist dabei zu ziemlich einheitlichen Grundanschauungen gekommen,
die aber keineswegs als gesichert gelten diirfen.
302. Der Parallelismus membrorum, der gleichma'Cige
Bau der Versglieder, ist als ein Wesensmerkmal hebraischer Dich-
tung am unbestrittensten erkannt und anerkannt worden.
Ibn Ezra (-f- n67) 2 und David Kimhi (*j- 1235) meinen ihn mit
ihrem verdoppelten Sinn oder Ausdruck (siea aso). M. Flacius (Illy-
ricus) (1520 1575) nennt in seiner Clavis scripturae sacrae (1566)
die gleiche Erscheinung repetitio rhetorica. R. Lowth (De sacra
poesi Hebraeorum praelectiones habitae 1753 [hrsg. 1768 und Lp. i8i5J) 3
schuf den eingebtirgerten Namen, wenn er sagt: Poetica sententiarum
compositio maximam partem constat in aequalitate ac similitudine
quadam sive parallelismo membrorum cuiuslibet periodi. ... Er unter-
1 P. Berger, Les origines babyloniennes de la poesie sacrde des Hebreux,
P. 1904. O. Weber, Die Literatur der Babylonier und Assyrer. Ein Uber-
blick, Lp. 1907, 35 ff.
2 Origenes (In Ps 118, i [M B 12, 1585 if.]) hat vielleicht an etwas Ahnliches
gedacht; vgl. Euringer (s. o. S. 208) 10.
3 G. Benkner, Parallelismus membrorum. Robert Lowth und Cicero
(ZatW 39, 108 f.).
Goettsberger, Einleitung in das AT. 14
2io I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 303
schied schon parallela synonyma mit dem gleichen Gedanken in
zwei Versgliedern, z. B.
Ps 8, 5 : Was 1st der Mensch, dafi du sein gedenkst,
Oder der Menschensohn, dafi du ihn heimsuchst?;
parallela antitheta, z. B.
Lk i, 52: Er erniedrigt die Machtigen von ihren Thronen,
Und erhoht die Niedrigen (Magnifikat);
parallela synthetica, z. B.
Ps i, 3 : Der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserlaufe,
Der seine Frucht gibt zu seiner Zeit.
Im Laufe der Zeit hat die unerschopfliche Moglichkeit, das Ver-
haltnis zweier Gedanken zueinander zu variieren, zu immer zahl-
reicheren Artnamen von Parallelismus membrorum gefiihrt.
303. Diese parallele Gestaltung der Gedanken in einem Vers
will nicht blofi den Ausdruck verstarken 1 , sondern entstammt
dem gleichen Streben, das sonst in der Dichtung zu einem ge-
regelten Ablauf (Rhythmus) der Sprache gefiihrt hat.
Bei welcher Gelegenheit sich ein Mensch zum ersten Male der
schb'nen Wirkung des Parallelismus der Versglieder bewufit geworden
ist, ob beim Wechselgesang zweier Chore (so Lowth), ob er das Echo
in der Natur auf die Ideenwelt iibertrug 2 , ob man bei Bildung des
^ (= Denkspruch in der Form eines Vergleiches zweier Dinge) 3 darauf
kam oder dadurch, dafi man eine Mahnung abwechselnd dem Vater
und der Mutter in den Mund legte 4 , ist nicht mehr festzustellen. Die
Wirkung auf das menschliche Schonheitsempfinden liegt im Wesen
eines jeden Rhythmus, und darum nimmt das menschliche Gefiihl auch
den Gedankenrhythmus als schon wahr.
304. Ist so der Parallelismus der Versglieder in seinem Wesen
ein Mittel schoner, dichterischer Darstellung, so zeigt sein aus-
gedehntes Vorkommen in der hebraischen Literatur, die als dich-
terisch empfunden wird, dafi er bewufit von den hebraischen
Dichtern als Darstellungsmittel verwendet wurde. Wie-
wohl er in seiner Eigenart in jeder Sprache in gleicher Weise
gebraucht werden konnte, so ist es bis jetzt nicht gelungen, in
aufierbiblischen Literaturen ihn so haufig anzutreffen, dafi er auch
da als bewufit gebrauchtes Darstellungsmittel gelten dtirfte 5 .
1 So Sievers (s. o. S. 209) i, 78.
2 Vgl. P. Maas, Echoverse in byzantinischen Epitaphien (BzZ 13, 173).
3 Vgl. Budde in HDB 4, 4 b *.
4 Vgl. J. G. v. Herder, Vom Geist der Ebraischen Pdesie, Lp. 1787, i, 23.
5 Bei den Agyptern glaubte ihn zu finden H. Brugsch, Hieroglyphische
Grammatik, Lp. 1872, 97 ff., bei den Chinesen F. Schlegel, La loi du paral-
Nr. 306 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. I. Die atl Poesie. 211
305. Wenn der Parallelismus membromm auch bisher ausschliefilich
in der atl Literatur nachgewiesen zu sein scheint, so ist der Begriff
der hebraischen Poesie keineswegs nur auf Stiicke anwendbar, die nach
seinen Gesetzen aufgebaut sind. Der Mangel eines sinnlich wahrnehm-
baren Rhythmus beim Parallelismus membrorum riickt ihn so nahe an
die Merkmale sonstiger stilistischer Schonheitsiormen, daft
das Pradikat dichterischer Schonheit auch Werken nicht versagt werden
darf, die sich nur durch hoheren Stil auszeichnen 1 . Der Parallelismus
ist deshalb ein hervorragendes Merkmal der hebraischen Poesie, ohne
dafi er ein notwendiges Kennzeichen dichterischer Darstellung genannt
werden konnte 2 . Wer den Begriff der Dichtung auf metrische Sprach-
gebilde einengen will, wird gehobene Sprache, anschauliche Darstellung,
packende Bilder, Altertumlichkeit und Volltonigkeit irn Wortgebrauch
und Satzbau nicht zu den Kennzeichen wahrer Dichtkunst rechnen
und auch versucht sein, im Parallelismus membrorum blofi ein Mittel
rhetorischer Wirkung zu erblicken.
306. Da aber ein paralleler Bau, der zunachst Gedanken ver-
bindet, nicht ohne EinfluC auf die Ausdrucksform in Satzen
bleiben kann, so ist mit dem Parallelismus membrorum in ge-
wissem Umfang auch ein paralleler Stichenbau nach der sprachlich-
sinnlichen Seite hin gegeben. Der sinnlich-auCerliche Ausdruck
eines Gedankens ist der gesprochene Satz und die geschriebene
Zeile (o-rixo?). Aus der Gedankensymmetrie ergibt sich sonach
bis zu einem gewissen Grade notwendig die Stichensymmetrie 3 ,
sei es dafi man den Stichos selbst als die kleinste Einheit der
hebraischen Rhythmik betrachtet oder dieselbe im Verse, der
mindestens aus zwei Stichen besteht, sieht 4 . Die Alphabetisierung
mancher Stiicke des AT (s. u. Nr. 319) bezeugt, dafi eine solche
Stichensymmetrie in der Dichtung gefuhlt und angestrebt wurde.
lelisme en style chinois, Leiden 1896, bei den Babyloniern H. Zimmern bei
Schrader, KAT (s. o. S. 12) 3 6oy 3 .
1 Sievers (s. o. S. 209) i, 78 stellt die Literatur der gesteigerten Empfindung
und des hoheren Stiles der Literatur mit Metrik, dem Merkmal der Dich-
tung in strengem Sinne, gegeniiber.
2 So auch E. Podechard, Note sur les Psaumes. Des rapports du vers
hdbreu et du parallelisme (Rb N. S. 15, 297335).
3 Zur nichtdichterischen biblischen Stichometrie vgl. W. Liidtke, Die
Stichometrie der Bibel nach Ananias von Sirak (Zentralbl. f. Bibliotheks-
wesen 30, 216220).
4 Vgl. dazu E. Podechard, Notes sur les Psaumes (Rb N. S. 15, 59 92);
A.Condamin, Les predictions nouvelles du chapitre XLVIII d'Isaie (Rb N. S. 7,
200 216) 208 ff.
14*
212 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 307
307. Den Klageliedvers (Kinavers) kann man als zwei Stichen
von ungleicher Lange (mit drei und zwei Hebungen) 1 oder als
einen Stichos mit einer Zasur auffassen 2 .
Hab i, 2: Wie lange, o Herr, rufe ich und nicht horst du;
Schreie ich zu dir uber Gewalt und nicht hilfst du!
Dieser oft wiederkehrende Langvers war schon Lowth 3 u. a. auf-
gefallen, wurde von K. Budde 4 endgiiltig festgestellt und 1st seitdem
allgemein angenommen worden. Dafi er den Klagefrauen (s^ar-p* Jer 9, 16)
abgelauscht sei und iiberhaupt dem Ausdruck elegischen Empfindens
diene, 1st von manchen verneint worden 5 . Tatsachlich lafit sich der
Klageliedvers auch bei Stucken durchfiihren, deren Inhalt mit Toten-
klage u. a. nichts zu tun hat.
308. Betrachtet man den Klageliedvers als einen Stichos mit
einer Zasur, die sich an der gleichen Stelle wiederholt, so wurde
das ein Sonderfall desjenigen metrischen Systems sein, das
P. Vetter fur das Buch Job durchgefuhrt und E. Konig als
System der geregelten Zasurenkorrespondenz be-
zeichnet hat 6 .
Die einzelnen Stichen zerfallen danach durch Zasuren in Tongruppen,
die von einem Hauptton beherrscht und einander gleichwertig sind.
Dafi dieses System gerade an Job, einem unsicher iiberlieferten und
schwierigen Text, nachgewiesen wird, gereicht nicht zu seiner Emp-
fehlung, um so weniger, als dabei noch manche Textanderungen an-
gebracht, grammatische Beziehungen, Akzentuationen und Erklarungen
den Forderungen dieses Systems erst angepafit werden miissen, ganz
abgesehen davon, dafi die hierdurch hergestellten Zasuren dem Sprach-
gewichte nach ganz verschieden schwer wiegende Tongruppen ab-
grenzen 7 .
1 So z. B. J. K. Zenner S. J., Die Chorgesange im Buche der Psalmen,
Frb. i. Br. 1896, 12.
2 Als langeren Stichos betrachtet ihn *H. Grimme, Abrifi der biblischen
hebraischen Metrik (ZdmG 50, 529 584; 51, 683 712) 545. Andere reden
von einer Klageliedstrophe.
3 De sacra poesi Hebraeorum (s. o. S. 209), lect. XXII.
4 Das hebraische Klagelied (ZatW 2, i 52); vgl. ebd. 3, 299 306.
5 So Grimme (s. o. Anm. 2) 693 ; Schlogl (s. o. S. 209) 83 ; Sievers (s. o.
S. 209) i, U6 1 .
6 P. Vetter, Die Metrik des Buches Job (BSt 2, 4), Frb. i. Br. 1897. E. Konig,
Stilistik, Rhetorik, Poetik in Bezug auf die biblische Literatur komparativisch
dargestellt, Lp. 1900, 323 ff. Doller (s. o. S. 208) 16 schliefit sich im wesent-
lichen diesem System an.
7 Vgl. dazu Euringer (s. o. S. 208) 36; Hontheim (ZkTh 22, 115 ff.); Konig
(s. o. Anm. 6) 323 330.
Nr. 310 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. i. Die atl Poesie. 213
86. Metrische Systeme im engeren Sinne.
309. Die meisten Nationalliteraturen sind iiber die bisher er-
wahnten poetischen Formen der Darstellung hinausgegangen und
haben ihre Dichtungen in strenger, skandierter Metrik abgefafit 1 .
Darum ist von alter Zeit bis heute immer wieder versucht worden,
auch in der hebraischen Dichtkunst ein eigentliches Metrum
aufzuzeigen.
Philo (De vita contemplativa 1 1 [ed. Cohn 84] : errcc aboum
uevouc; xjuvouc; . . . -rcoXXoi? uerpoic,), Josephus (Ant. 2, 1 6, 4; 4, 8, 44;
7, 12, 3), Origenes (Scholion zu Ps 118, i; vgl. o. S. 209 2 ), Eusebius
(Praepar. evangel, n, 5 [M e 21, 853 f.]), Cyrillus von Alexandrian,
Hieronymus (Praef. in lob), Augustinus, Adrianus (Eiffafurrn 134:
jLiei' ij>bf|S ev uerpqj), Kosmas Indikopleustes bis herab zu Isidor von
Sevilla 2 reden im allgemeinen oder mit Einzelheiten von klassischen
Metren in den hebraischen Dichtungen, werden aber so nur geurteilt
haben, weil fur ihren engen Gesichtskreis Dichtung und klassische
Formen tatsachlich zusammenfielen. Sie diirfen kaum als Zeugen einer
uralten Uberlieferung von dem wirklichen Wesen der hebraischen Poesie
gelten und werden noch weniger damit das Ergebnis eigener Unter-
suchungen vortragen wollen 3 .
310. Teilweise stehen noch unter dem EinfluC der klassischen
Metrik die quantitierenden Systeme, wie sie von F. Gomar 4
und W.Jones 5 vertreten wurden. Diese Systeme setzen mit
Unrecht voraus, dafi die hebraischen Vokalzeichen auch die Quan-
titat der Laute anzeigen. AuCerdem gewinnt man durch sie keine
Verse, welche dichterischen Klang haben.
1 Was im einzelnen dazu gefuhrt hat, kann man nur vermuten. So sollen
der arabischen Metrik die Gangarten des Kamels (G. Jacob, Studien in
arabischen Dichtern, B. 1893/97, 2, 106) oder der Schritt des Kameltreibers
(Hartmann, Metrik und Rhythmus. Ursprung der arabischen Metrik, Giefien
1896) zu Grunde liegen (vgl. C. Brockelmann, Geschichte der arabischen
Literatur, Weimar 1898/1902, i, 14).
2 Stellen vgl. bei Euringer (s. o. S. 208) 7 ff. und Konig (s. o. S. 212 6 ) 341 f.
3 J. Chotzner (PSbA 1884, Jan.; vgl. HDB 4, 9 a ) meinte, dafi die Griechen
ihre daktylischen Hexameter durch jiidische Sklaven kennen gelernt hatten
(Ilias 3, 6). Schlogl (s. o. S. 209) 83 ff. glaubt, dafi Hieronymus richtige me-
trische Ansichten vertreten habe.
4 Davidis lyra seu Hebraea S. Scripturae ars poetica usw., Leiden 1637.
Vgl. Euringer (s. o. S. 208) 37 ff.
5 Poeseos Asiaticae commentariorum libri sex, ed. Eichhorn, Lp. 1777.
Vgl. Euringer (s. o. S. 208)41 f.
214 I. Teil. Die Bticher des AT im einzelnen. Nr. 311
311. Die silbenzahlenden Systetne, von F. Hare 1 , A. Merx 2
und besonders G. Bickell 3 vertreten und ausgestaltet, entlehnten
ihr Prinzip vor allem der syrischen Dichtkunst. Nicht ohne selb-
standige Anderungen im einzelnen nahmen Bickells System an
G. Gietmann S. J. 4 , B. Duhm 5 , T. K. Cheyne 6 u. a. Abgesehen
davon, da6 Silbenzahlung als solche kein eigentliches rhythmisches
Element ist, tadeln die Gegner 7 , dafi zur Durchfiihrung des silben-
zahlenden Systems die hebraischen Sprachformen und die Text-
lesarten weitgehend geandert werden miissen.
312. Die akzentuierenden Systeme legen dem rhythmischen
Aufbau den Akzent, den Wort- und Satzton, zu Grunde. Die
Zahlung der Hebungen fallt viel mehr ins Ohr als eine Rhythmik,
welche betonte und unbetonte Silben gleich bewertet. Aber erst
wenn die Senkungen in den Rhythmus als geregeltes Element
eingebaut sind, ist der rhythmische Ablauf vollkommen. Die
akzentuierenden Systeme unterscheiden sich untereinander in der
Art, wie sie sich zu letzterer Forderung stellen 8 .
Auf eine blofie Zahlung der Hebungen ohne Riicksicht auf die Zahl
der Senkungen, die dazwischen liegen, beschrankt sich das System,
welches J. Ley 9 aufstellte. Die Hebungen fallen mit dem grammatischen
1 Psalmorum liber in versiculos metrice divisus et ope matrices multis
in locis integritati suae restitutus, Ld. 1736.
2 Das Gedicht von Hiob, Jena 1871.
3 Carmina V. T. metrice. Notas criticas et dissertationem de re metrica
adiecit, Innsbruck 1882.
4 De re metrica Hebraeorum disseruit, Frb. i. Br. 1880.
5 Das Buch Hiob erklart (KHK 16), Frb. i. B. 1897.
6 The book of Isaiah in Hebrew (The sacred books of the OT in Hebrew 10).
Lp. 1899, 78.
7 Vgl. besonders J. Ecker, Prof. Dr. Bickells Carmina V. T. metrice, der
neueste Versuch einer hebraischen Metrik, Mstr. i. W. 1883 ; Ders., Porta
Sion (s. o. S. 208) 170*: ein neues Denkmal auf dem Kirchhofe hebraischer
Metrik .
8 W. Staerk (Ein mittelalterliches Zeugnis fur den akzentuierenden Rhythmus
der atl Poesie [ThLz 42, Nr. 5, 99 f.]) findet Anzeichen davon schon im Mittel-
alter. Eingehendere derartige Versuche machten : J. J. Bellermann, Versuch
iiber die Metrik der Hebraer, B. 1813; J. L. Saalschiitz, Von der Form der
hebraischen Poesie nebst einer Abhandlung iiber die Musik der Hebraer,
Konigsberg 1825 ; E. Meier, Die Form der hebraischen Poesie nachgewiesen,
Tub. 1853.
9 Leitfaden der Metrik der hebraischen Poesie nebst dem ersten Buch
der Psalmen nach rhythmischer Vers- und Strophenabteilung mit metrischer
Nr. 314 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. I. Die atl Poesie. 215
Wprtton zusammen. Dem einen Hauptton tritt in bestimmten Fallen
ein Nebenton als Hebung zur Seite. Die Senkungen konnen fehlen
oder in beliebiger Anzahl zwischen den Hebungen stehen. Durch
Zasuren werden die 3-, 4-, 5- (usw.)hebigen Verse in gleiche oder un-
gleiche Stichen geschieden. Der lockere Rhythmus der Leyschen
Verse hat den Nachteil, daft er sich schwerlich als Rhythmus dem
Ohre vernehmbar macht. Dagegen konnte Ley den biblischen Text
ziemlich unverandert lassen. Vokalisation und Akzentuation der Mas-
soreten betrachtete er im Wesen fur identisch mit der Art, in der ur-
spriinglich der Text gelesen wurde.
313. Den Hauptmangel des Leyschen Systems suchte *H. Grimme 1
zu beseitigen. Der Willkiir in den Senkungen setzte er entgegen seine
Morentheorie 2 und den Grundsatz, dafi nur ein Maximum von
Distanz zwischen zwei Hebungen geduldet werde. In derselben Rich-
tung arbeiteten weiter J. Hontheim S. J. 3 , V. Zapletal O. P. 4 und
besonders N. Schlogl O. Cist. 5 , der eingehende Regeln iiber die
Lage und den Wechsel von Hebung und Senkung, iiber schwere und
leichte Silben, Versfufie usw. aufstellte und ein geschlossenes System
der hebraischen Metrik ausgestaltete. Um es tatsachlich durchzufuhren,
legte er sich eine hebraische Lautlehre zurecht, welche die masso-
retische Uberlieferung in vielen Punkten andert. Auch Text- und
Literarkritik miissen nicht selten in den Dienst der Metrik gestellt und
nach ihren Forderungen angewendet werden. Und obwohl der Rhyth-
mus nicht zu straff gebunden ist, fallt es dem Ohre schwer, den Wohl-
laut der damit gewonnenen Verse aufzunehmen.
314. Der Germanist E. Sievers hat die Forschung iiber die
hebraische Metrik am nachhaltigsten beeinflufit und sein metrisches
System in ausgedehntem MaCe auf die atl Literatur angewendet e .
Neben der Zahl der Hebungen erkennt er auch eine bestimmte
Dauer des Versfufies (Takt) und eine gleichbleibende steigende
Analyse, Halle a. d. S. 1887. Ahnliche Anschauungen vertreten: *B. Ne-
teler, Grundziige der hebraischen Metrik der Psalmen, Mstr. i. W. 1879;
C. A. Briggs (vgl. HDB 4, 155").
1 Abrifi (s. o. S. 212 2 ); Ders., Grundziige der hebraischen Akzent- und
Vokallehre. Mit einem Anhang: Uber die Form des Namens Jahwae,
Frb. i. S. 1896. Grimme bildete sein System weiter fort in: Psalmen-
probleme. Untersuchungen iiber Metrik, Strophik und Paseq des Psalmen-
buches, Frb. i. S. 1902. Seit Sievers' Theorie (s. u. Nr. 314) brachte er weitere
Verbesserungen an ; vgl. Die Oden Salomos. Syrisch-hebraisch-deutsch. Ein
kritischer Versuch, Heidelberg 1911.
2 Mora nennt Grimme die Zeiteinheit, die den kiirzesten Lautgebilden
(Konsonant, Vokal) bei der Aussprache zukommt.
3 Vgl. ZkTh 22, 115 ff. 4 Siehe o. S. 209. 5 Siehe o. S. 209.
6 Siehe o. S. 209.
2i6 ! Teil- D i e Biicher des AT im einzelnen. Nr. 315
oder fallende oder steigendfallende Grundform des Versfufies an.
In der Beurteilung der Silben, betonter und unbetonter Silben
weicht Sievers im allgemeinen nicht viel von den iibrigen Ver-
tretern eines metrischen Systems ab 1 .
Auch Sievers mufi, um sein System durchfuhren zu konnen, die
iiberlieferte Grammatik abandern 2 , aufierdem noch Textanderungen
vornehmen, und wo seine metrischen Ergebnisse mit der Literarkritik
sich kreuzen, kommt er zu andern Anschauungen, als es nach der herr-
schenden kritischen Richtung die sonstigen Anhaltspunkte fur den
Aufbau des Textes zu erfordern scheinen. Besonders bedenklich ist
es, dafi Sievers' System so dehnbar ist, dafi es so gut wie auf das ganze
AT anwendbar ist, sogar auf Stiicke und Biicher, die bisher niemand
fur dichterische Werke gehalten hat 3 .
315. In den Spuren von Sievers und Grimme wandeln auch die spateren
Anhanger einer strengen hebraischen Metrik, haben aber Abanderungen
an deren Systemen vorgenommen, so dafi sie auch als Vertreter
besonderer Richtungen bezeichnet werden konnen; so J. W.
Rothstein 4 , der wieder mehr zum freieren Rhythmus Grimmes zuriick-
lenkt 5 , F. Zorell S. J. 6 , der ebenfalls einen sehr wechselnd gestalteten
Versfufi kennt und an der massoretischen Grammatik verschiedene Ver-
anderungen vornimmt, zum Teil unter Berufung auf die Transskrip-
tionen, die wir bei Origenes fmden, u. a.
316. Zur Beurteilung dieser verschiedenen Versuche, eine streng
skandierte Metrik im AT nachzuweisen, ist zu beachten:
1) Sollten die biblischen Metriker dichterische Wirkung nur auf die
skandierte Verskunst beschranken, so spricht die Erfahrung dagegen.
Man fiihlte die Poesie der Bibel in der Zeit, in der man eine Metrik
nicht einmal versuchte, geschweige denn gefunden zu haben glaubte;
sie wurde auch gefuhlt von den Vertretern der gegensatzlichen und
wesentlich verschiedenen Systeme, mufi also doch etwas sein, was nicht
vollstandig mit der Metrik zusammenfallt. Will man wie Sievers die
Bezeichnung Poesie nur auf skandierte Verse anwenden, so ist das
eine Folge des heutigen Sprachgebrauches, nach welchem allerdings
Dichtkunst und Metrik meist untrennbar verbunden erscheinen.
2) Das Vokal- und Akzentsystem der hebraischen Grammatik ist
schwerlich urspriinglich, andere grammatische Formen und Gesetze
1 Schlogl meinte, Sievers habe das System Grimmes kopiert und zugleich
verschlechtert (vgl. Literar. Zentralbl. 53 [1902], Nr. 1,21 ff.).
2 Vgl. besonders Metrische Studien (s. o. S. 209) i, 288 358.
3 E. Konig, Poesie und Prosa in der althebraischen Literatur abgegrenzt
(ZatW 27, 145187 245250; 28, 2353). 4 Siehe o. S. 208 f.
5 Dazu und dagegen * H. Grimme, Zu J. W. Rothsteins Randbemerkungen
zu meiner Besprechung seiner Grundziige (OrLz 13, 83 86).
6 Siehe o. S. 209 und vgl. J. Knabenbauer S. J., Commentarius in Proverbia cum
appendice : De arte rhythmica Hebraeorum auctore F. Zorell S. J. (CSs), P. 1910.
Nr. 317 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. I. Die all Poesie. 217
darum wahrscheinlich zur Grundlage des alten dichterischen Systems
bei den Hebraern zu machen. Aber methodisch ist es nicht zulassig,
die hebraischen Formen ohne sprachwissenschaftliche Gesetze abzu-
andern, blofi um Formen zu finden und als richtig anzunehmen, mit
welchen sich etwa das durchzufiihrende System ermoglichen liefie. Der
Umbau der hebraischen Grammatik, der Lautlehre vor allem, nach
den geschichtlichen Anhaltspunkten ist als Vorarbeit zu leisten, ehe
iiberhaupt an den Aufbau einer Metrik gedacht werden kann. Ohne
diese Vorarbeit konnte nur zufallig ein Versuch auf die richtige he-
braische Lautlehre und die echte hebraische Metrik fiihren.
3) Ebenso ist die Herstellung eines richtigen Textes und die Er-
kenntnis des literarkritischen Aufbaues eines vermeintlich dichterischen
Stiickes eine Voraussetzung fur einen Versuch, ein metrisches System
aus dem Text zu entnehmen. Bisher haben die Vertreter strenger me-
trischer Systeme viel zu sehr Textkritik und auch Literarkritik nach
den Erfordernissen ihrer Systeme umgemodelt 1 . So berechtigt eine
vorsichtige Konjekturalkritik an sich sein mag, zu Gunsten der
zu suchenden hebraischen Metrik darf sie keinesfalls beigezogen
Averden.
4) Trotz aller Hilfsmittel, die man ausgiebig anwandte, um ein
vorausgesetztes System durchfuhren zu ko'nnen, schuf man wohl scharf-
sinnig errechnete rhythmische Elemente, sie werden aber schwerlich
vom Ohr als dichterische Schonheiten erfafit. Gerade die kunstvolle
Berechnung scheint nicht vereinbar zu sein mit der naturgemafien
Forderung, dafi das Scheme sich auch dem einfachen Sinn leicht
erschliefien mufi 2 .
317. Omne metrum rhythmus, sed non omnis rhythmus etiam metrum
(Augustinus, De musica [M 1 32, 1116]), gilt auch jetzt noch von dem
Wesen der hebraischen Poesie. Uber den parallelismus membrorum
und den color poeticus der Sprache hinaus ist ein strenges Metrum
entweder noch nicht erkannt oder iiberhaupt nicht vorhanden 3 . Schon
1 W. Nowack, Metrum und Textkritik, Giefien 1906. Zur Textkritik
von Sievers vgl. Metrische Studien (s. o. S. 209) i, 359 371. N. Schlogl O. Cist.
(Die biblisch-hebraische Metrik [ZdmG 62, 698 707]) glaubt, dafi sein eigenes
System am wenigsten Textanderungen fur seine Durchfiihrung erfordere.
Sein Werk: Die Psalmen hebraisch und deutsch mit einem kurzen wissen-
schaftlichen Kommentar (Graz 1911) ermoglicht es, seine Theorien daraufhin
zu priifen. Rothstein (s. o. S. 208) 6 dagegen behauptet, Sievers habe noch
nicht tief genug in den Textbestand eingegriffen ; er ware zu mehr berech-
tigt, und mehr ware notwendig gewesen.
2 Budde nimmt an, dafi der unregelmaflig scheinende Versbau friiher
durch Musik ausgeglichen wurde (vgl. HDB 4, 6 b ff.).
3 So Doller (s. o. S. 208) 97; Euringer (s. o. S. 208) 62 f . ; D. H. Miiller,
Biblische Studien 3: Komposition und Strophenbau. Alte und neue Bei-
trage, Wien 1907, 95.
2i8 ! Teil. Die Bticher des AT im einzelnen. Nr. 318
die dehnbaren Bestimmungen, welche die strengen Metriker iiber den
Bau der Versfufie aufstellen, ebnet der Anschauung den Weg, dafi sich
die hebraische Dichtkunst mit einem fiihl- und horbar'en, aber nicht
mechanisch mefibaren Rhythmus begniigte.
87. Reim und Akrostichis in der atl Poesie.
318. Ebenso bezweifelt wie ein strenges Metrum ist auch der Reim
in der hebraischen Poesie. Der Reim gehort einer spateren Zeit an 1 .
Der geringe Wechsel in der hebraischen Wort- und Formenbildung er-
moglichte Zufallsreime ; hie und da mochte unbewufite Sprachspielerei
zu gereimten Stichen und Versen fiihren. Durchgereimte Gedichte
wollen nur wenige Exegeten in der Bibel finden 2 . Auch Paronomasie,
Alliterationen und ahnliche Mittel der Sprachkunst lassen sich
iiber gelegentliche Fa'lle hinaus nicht als allgemeiner und bewufit ge-
braucht nachweisen 3 .
319. DaC iibrigens auch die hebraische Dichtung von aufierlichen
Spielereien sich nicht frei gehalten hat, zeigen die alphabe-
tischen und alphabetisierenden Stiicke.
Alphabetische 4 Akrostichis findet sich selten bei Stichen 5 , am
haufigsten bei Versen (Ps 25 6 ; 34 7 ; i45 8 ; Thr i ; 254; Prv 9 31, 10 31;
1 Vgl. Augustinus, Psalmus contra partem Donati (M 1 43, 23 ff.); Ephram
der Syrer ({ um 373) (nach Grimme, BSt 6, 1/2 [s. u. Anm. 2] 44).
2 Bewufiten Gebrauch des Reimes behaupten C. A. Briggs, General in-
troduction to the study of Holy Scripture, N. Y. 1899; C. F. Burney, OT
notes. II. Rhyme in the Song of Songs (JthSt 10, 584 587); H. Grimme,
Durchgereimte Gedichte im AT (BSt 6, 1/2, 41 56); Ders., Psalmenprobleme
(s. o. S. 215 *) 12 ; Schlogl (s. o. S. 209) 98 f.; P. Schmalzl, Der Reim im he-
braischen Texte des Ezechiel (ThQ 79, 127133); J. G. Sommer, Vom Reim
in der hebraischen Volkspoesie (Bibl. Abh., Bonn 1846, 85 92); Vetter (s. o.
S. 2 12 6 ) 14; F. Zorell S. J., Kunstvolle Verwendung des Reimes in Ps 29
(BZ 7, 285289); Ders., Einfuhrung (s. o. S. 209) 17.
3 Vgl. I. M. Casanowitz, Paronomasia in the OT, Boston 1894; Zapletal
(s. o. S. 209) 2 45 f.
* tiber s vor y vgl. J. Bohmer, Ein alphabetisch-akrostichisches Ratsel
und ein Versuch es zu losen (ZatW 28, 53 57).
5 So nach Grimme, Psalmenprobleme (s. o. S. 215 J ) 12, Zapletal (s. o. S. 2og) 2
45 (in Ps in -f- 112).
6 Zu Ps 22 vgl. M. Lambert, Notes exegetiques et lexicographiques. VI.
Le Psaume XXII serait-il alphabetique ? (REj 55, 283 f.).
7 Zu Ps 34, 23 vgl. K. J. Grimm, Euphemistic liturgical appendixes,
Lp. 1901, 8f.
8 Mit einigen Unregelmafiigkeiten.
9 Gegen Prv 10, i 22, 16 als zerstreute Glieder von alphabetischen Spruch-
reihen vgl. Konig, Stilistik (s. o. S. 2I2 6 ) 358.
Nr. 319 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. i. Die atl Poesie. 219
Sir 51, 13 30 x ), aber auch bei zwei Versen (Ps 9 + io 2 ; 37). In Thr 3
wiederholen sich die einzelnen Buchstaben des Alphabetes bei je drei
aufeinanderfolgenden Versen, in Ps 119(118) beginnen je acht Verse
mit dem gleichen Buchstaben 3 . Alphabetisierend werden seit G. Bickell 4
Lieder genannt, welche wenigstens die Zahl der Verse der Zahl der
Alphabetbuchstaben (22) anpassen (so Thr 5; Ps 33; 38 5 ; 103). Solche
Alphabetakrosticha verfolgen wohl weder memnotechnische 6 noch sym-
bolische 7 Absichten; sie wollen auch nicht die angebliche magische
Kraft des Alphabetes in Dienst nehmen 8 , sondern sind als aufierlich
wirkende Kunststiicke zu werten. Namenakrosticha wollte man
in Ps 2, 14 (-^V), Ps no, i b 4 (i%wp 9 ), Ps 92 (w* 10 ) finden 11 , den
Gottesnamen tiw als Anagramm in Est i, 20 12 .
1 M. Lohr (Alphabetische und alphabetisierende Lieder im AT [ZatW 25,
173 198]) rechnet auch Nah I, 2 8 hierher; dagegen Konig, Stilistik (s. o.
S. 2i2 6 )357*.
2 G. B. Gray, The alphabetic structure of Psalms IX and X (Exp 7. S. 2,
233253)-
3 Vgl. Hieronymus, Ep. ad Paulam de Alphabeto Hebraico Psalmi CXVIII
(M 1 22, 441445).
* Ein alphabetisches Lied Jesus Sirach's (ZkTh 6, 319 333).
5 Vgl. Lohr (s. o. Anm. i) 198.
6 So Orelli in PRE io 3 , 505.
7 Bickell lafit dadurch den Dichter andeuten, dafi er den Gegenstand er-
schopfend, also sozusagen von A bis Z behandeln wolle.
8 So A. Dieterich, ABC-Denkmaler (Rhein. Mus. f. Philologie N. F. 56 [1901],
77105).
9 So B. Duhm, Die Psalmen erklart (KHK 14), Frb. i. Br. 1899, 2 Tiib.
1922, xxn ; Bickell las Tj'^: )',?.
10 So nach Pesikta r. c. 46 (187*) (vgl. W. Bacher, Die bibel- und traditions-
exegetische Terminologie der Amoraer [Die exegetische Terminologie der
jiidischen Traditionsliteratur 2], Lp. 1905, 3). Dagegen E. Nestle, Zu den
Akrosticha in der Bibel (ZatW 27, 1 19).
11 Dagegen F. Baethgen, Das angebliche Akrostichon Simon in Ps no
und einige andere Notarika in den Psalmen (ZdmG 57, 371 f.); E. Goossens,
Die Frage nach makkabaischen Psalmen (AtAbh 5, 4), Mstr. i. W. 1914, 68 ff.;
J. K. Zenner S. J., Die dKpocmxiq des no. Psalmes (ZkTh 24, 578 584).
P. de Lagarde (Symmikta i, Gott. 1877, 107 120 f.) wollte Ps 25, 22 den Namen
des Dichters in [O^ST^S ms entdecken; Duhm (s. o. Anm. 9) 2 io8 stimmt dem
bei. Weber (s. o. S. 209 x ) 37 und H. Zimmern (Uber babylonische Metrik
[ZA 10, i 24] 15) glauben, dafi'die akrostichische Dichtung bereits zur Zeit
Assurbanipals (668626) bezeugt sei.
12 Vgl. o. S. 189 2 .
22O I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 320
88. Strophen in der atl Dichtung.
320. Strophik setzt nicht notwendig eine eigentliche Metrik voraus ;
Strophen konnen auch mit Stichen 1 oder Versen 2 als kleinster
Einheit gebildet warden, welche nur einen allgemeinen, mit dem
Ohre aufgenommenen Rhythmus aufweisen. Deshalb wird eine
strophische Gliederung der hebraischen Dichtung auch
von Exegeten vertreten, die eine eigentliche Metrik nicht
anerkennen.
J. L. Saalschiitz 3 und F. B. Koster 4 haben am friihesten eine Strophik
angenommen 5 . Die Mehrzahl 6 der Exegeten, welche sich mit der Frage
der hebraischen Poesie beschaftigt haben, erkennt einen strophischen
Aufbau in den hebraischen Dichtungen an. Dabei wird manchmal
der Name Strophe fur Gebilde gebraucht, die hierfur zti klein 7 oder
zu grofi 8 sind.
321. Mitt el, um strophische Gliederung zu kennzeichnen, hatte
das Hebraische viele: freien Raum im Schriftbild, Soph pasuk,
Pasek, und besonders die Akrostichis 9 . Allein an der Hand dieser
1 So Sommer, Delitzsch, Wellhausen (vgl. Zenner [s. o. S. 2I2 1 ] 12).
2 So Condamin (s. o. S. 21 1 4 ); Zenner (s. o. S. 212 *) n f.
3 Siehe o. S. 214".
4 Die Strophen oder der Parallelismus der Verse der hebraischen Poesie
(StKr 1831, 40 114); Das Buch Hiob und der Prediger Salomos nach ihrer
strophischen Anordnung iibersetzt. Nebst Abhandlungen iiber den strophischen
Charakter dieser Biicher, Schleswig 1831.
5 Vgl. F. Perles, Wer hat zuerst Strophen in der alttestamentlichen Poesie
angenommen ? (OrLz 14, 249 f.).
6 Gegen eine Strophik haben sich ausgesprochen : Budde (s. o. S. 2 1 2 4 ) 2, 49 f. ;
Ders. inActes du VI e congres international des orientalistes, Leiden 1884, 93 f.;
Sievers, Metrische Studien (s. o. S. 209) i, 134 if. Euringer (s. o S. 208) 79:
Die hebraischen Dichter . . . waren auf dem Wege zu einer Strophik im
klassischen Sinne. t)ber die Gegner der Strophik vgl. D. H. Miiller, Biblische
Studien 2: Strophenbau und Responsion, Wien 1898, 88 f.
7 Z. B. die Kinastrophe (2 Stichen), die zweizeilige Strophe bei den As-
syrern nach Zimmern (s. o. S. 219") 15 (Weber [s. o. S. 209 *] 36 f. findet in
Babylonien eine ausgebildete Strophik). Sievers (s. o. S. 209) i, 123 ff.
nennt den Wechsel von Versen mit je 2 und i Stichos Mischgruppen.
8 So Versgruppen von 50 und 100, wie sie A. Schlatter (Das neugefun-
dene hebraische Stuck des Jesus Sirach [BFchrTh i, 5/6], Gutersloh 1897, 101)
feststellen zu konnen glaubte.
9 Vgl. Grimme (s. o. S. 2I2 2 ) 556 ff. ; dagegen in Psalmenproblem (s. o.
S. 215*) 148 f. laCt er sie nur mehr bedingt gelten.
Nr. 322 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. i. Die atl Poesie. 221
Anzeichen laCt sich in den atl Texten keine sichere Strophik
nachweisen J .
Sonst noch genannte und verwertete Kennzeichen werden von andern
Vertretern einer Strophik abgelehnt ; so das r&o, bei welchem vielfach die
zuverlassige Uberlieferung bezweifelt wird, regelmafiige Wiederkehr von
gewissen Wortwendungen und Satzformen 2 , Kehrvers oder Schaltvers,
der innerhalb einer langeren Reihe von Versen sich wiederholt 3 , die
Anadiplosis oder Concatenatio, bei welcher Schlufi der vorausgehenden
und Anfang der folgenden Versgruppe ahnlich gestaltet sind 4 , die Inclusio,
wonach Anfang und Ende einer Versgruppe einander entsprechen 5 , die
Responsion, wobei verschiedene Versgruppen dem Inhalt oder der Form
nach parallel gebaut sind 6 .
322. Solange nicht irgend eines der aufierlichen Merkmale sich un-
mittelbar und von selbst als strophenbildendes Darstellungsmittel auf-
drangt, konnte man nur dann sicher Strophen feststellen, wenn derlei
regelmafiig vorkommende Aufierlichkeiten im Bau mit einem in sich
abgeschlossenen Sinn der Versgruppe zusammenfallen wiirden 7 . Weder
sind bis jetzt sichere einzelne Kennzeichen strophischer Gliederung an-
erkannt worden, noch haben mehrere von ihnen zusammen zur Er-
kenntnis von klaren Strophen gefiihrt. Auch ist es in der Regel nicht
ohne mehr oder weniger tiefe Eingriffe in den iiberlieferten Textbestand
abgegangen, wenn man eine eigentliche Strophik an einem biblischen
1 Am ehesten konnte noch die alphabetische Akrostichis von Ps 119 (118)
und Thr 3 als Strophenkennzeichen in Betracht kommen (vgl. jedoch u. Anm. 7).
2 Vgl. M. Faulhaber, Strophentechnik der biblischen Poesie (Festschr. f.
Hertling, Kempten 1913, I 22); J. Hontheim S. J., Rez. iiber Zenner (s. o.
S. 212 *) (ZkTh 21, 323 336), der den Wechsel der Anrede und den der
Gottesnamen verwendet; P. Szczygiel, Der Parallelismus stropharum. Ein
Beitrag zur hebraischen Strophik (BZ n, 10 17 129 142).
3 E. Baumann, Kehrverspsalmen? (ZdmG 59, 129 144); H. Wiesmann S.J.,
Kehrverspsalmen (Melanges de la Facult or. de 1'Univ. St. Joseph [Beyrouth] 3
[1908], 337-386).
4 Vgl. Muller (s. o. S. 220 6 ) 89 if. (gegen Konig).
5 Dafiir Condamin (s. o. S. 21 1 4 ) 2i2f.
6 Vgl. M. Berkowicz, Strophenbau und Responsion in den Pss (Nach
D. H. Miillers Strophentheorie) (WZKM 21, 178190); D. H. Muller, Die Pro-
pheten in ihrer urspriinglichen Form. Die Grundgesetze der ursemitischen
Poesie erschlossen und nachgewiesen in Bibel, Keilinschriften und Koran
und in ihren Wirkungen erkannt in den Choren der griechischen Tragodie, Wien
1896; Ders., Biblische Studien2: Strophenbau und Responsion, Wien 1898,
2 1 904; 3: s. o. S. 2I7 3 ; 4: Strophenbau und Responsion in Ez und den Pss,
Wien 1908 (= WZKM 22, 164).
7 Bei der alphabetischen Akrostichis in Ps 119(118) fehlt ein in sich ab-
geschlossener Inhalt, um der achtmaligen Wiederholung des gleichen Alpha-
betbuchstabens die Absicht der strophischen Gliederung zuzuschreiben.
222 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 323
Texte durchzufuhren versuchte 1 . Darum kann auch in den Versuchen,
Strophenarten 2 zu unterscheiden und Strophensysteme 3 aufzustellen,
kein endgiiltiges Ergebnis gesehen werden.
89. Die sog. poetischen Akzente im STL
323. Nach den Punktatoren werden Pss, Job (mit Ausnahme von i, i
bis 3, i und 42, 7 ff.) und Prv (n^W, a^?f, 2^*?, daher Merkwort !)
nach einem System akzentuiert, das sich von dem der iibrigen atl
Bucher (dem sog. prosaischen Akzentuationssystem) unterscheidet. Wenn
die jtidische Uberlieferung tatsachlich damit nur diese Bucher als dich-
terisch anerkennen wollte, wie es die Bezeichnung der Grammatiker 4
fur dieses System nahelegt, so ware der Umfang der poetischen Stiicke
des AT zu eng bestimmt. Ct, Thr, Koh, Sir und Sap (wenigstens im
ersten Teil) gehoren noch dazu und aufierdem eine grofie Zahl ein-
zelner Stiicke der iibrigen Bucher, besonders bei den Propheten, aber
auch nicht wenige in den geschichtlichen Teilen des AT.
2. Das Buch Job.
90. Name. Literatur.
324. ni*S, 'luup, Liber Job (Job [Hiob 5 ]), nach der Personlichkeit
genannt, welche im Buche die Hauptrolle spielt 6 .
1 A. Condamin S. J., Centre le morcellement des Psaumes (RchScr 15, 206 bis
233). Zapletal (s. o. S. 209) 2 40 ff. stellt zusammen, was Metrik und Strophik
bereits fur die textkritischen Fragen ergeben haben.
2 Vgl. Doller (s. o. S. 208) 92 ff. DaC die Strophen ohne Annahme von
Mischmetren nicht durchgefuhrt werden konnen, erregt besonders Zweifel,
ob die richtige Strophik schon gefunden sei. Vgl. W. Staerk, Ein Haupt-
problem der hebraischen Metrik (BWAT 13, Lp. 1913, 193 203); F. Zorell S. J.,
Die Hauptkunstform der hebraischen Psalmendichtung (BZ n, 143 149).
3 Vgl. Miiller (s. o. S. 221 6 ); Zenner (s. o. S. 212 x ).
4 Vgl. E. Konig, Historisch-kritisches Lehrgebaude der hebraischen Sprache
mit steter Beziehung auf Qimchi und die anderen Autoritaten, Lp. 1881, i r
75 ff. Ex 1 5, Dt 32, Jdc 5 und 2 Sm 22 schrieben die Juden stichisch, um ihren
dichterischen Bau anzudeuten (Tract. Sopherim 12 f. [Ausgabe: Massechet
Soferim. Der talmudische Traktat der Schreiber. Eine Einleitung in das
Studium der althebraischen Graphik, der Masora und der althebraischen
Liturgie, von J. Miiller, Lp. 1878]).
5 So in der Regel die akatholischen Exegeten, eine Form, die der luthe-
rischen Bibeliibersetzung entstammt und auf die noch altere Ubung zuriick-
geht, das N des Hebraischen durch den schwachsten abendlandischen Buch-
staben, durch h, wiederzugeben.
6 In alter Zeit, z. B. in (Nachschrift) , bei Augustinus (De civ. Dei
18, 47 [M 1 41, 609 f.]) u. a., mit Jobab verwechselt. Vgl. E. Laur O. Cist.,
Nr. 327 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. 2. Das Buch Job. 223
325. K. Budde, Das Buch Hiob iibersetzt und erklart (GHK 2, i), Gott.
1896, 2 IQI3. Franz Delitzsch, Das Buch Hiob'(BC 4, 2), Lp. 1876. Friedr.
Delitzsch, Das Buch Hiob neu iibersetzt und kurz erklart. Ausgabe mit
sprachlichem Kommentar, Lp. 1902. P. Dh o r me O. P., Le livre de Job (Etudes
bibliques), P. 1926. S. R. Driver and G. B. Gray, A critical and exegetical
commentary on the book of Job together with a new translation (IcC),
Edinburgh 1921. B. Duhm, Das Buch Hiob erklart (KHK 16), Frb. i. Br.
1897. J. Hontheim S. J., Das Buch Job als strophisches Kunstwerk nach-
gewiesen, iibersetzt und erklart (BSt 9, 1/3), Frb. i. Br. 1904. J. Knaben-
b au e r S. J., Commentarius in librum Job (CSs), P. 1886. N. S c h 1 6 g 1 O. Cist.,
Das Buch Ijjob (Die heiligen Schriften des Alten Bundes 3, 2), Lp. 1916.
W. Volck, Das Buch Hiob und der Prediger Salomo ausgelegt (KK A 7:
Die poetischen Hagiographen [Buch Hiob, Prediger Salomo, Hohelied und
Klagelieder] ausgelegt von W. Volck und S. Oettli, Nordlingen 1889, I 151).
91. Inhalt, Anlage und Absicht des Buches Job.
326. Dafi sich das Buch Job mit dem menschlichen Leiden, be-
sonders mit dem Problem beschaftigt, welches das Leiden des
Gerechten der Theodizee stellt, ist ziemlich allgemein anerkannt.
Es steht aufierdem fest, dafi die Auffassung, Leiden sei Vergel-
tung fur Siinden, in mafigebenden Aufierungen bekampft wird.
Letzteres wird auch vielfach als Ziel der ganzen Darlegung be-
trachtet 1 . Doch geht die Absicht des Verfassers so wenig in diesem
einen Punkte auf, dafi bis jetzt die verschiedensten Auffassungen
des Buches vertreten werden. Von anderem abgesehen, ist die
Unsicherheit in der Auffassung dadurch verursacht, dafi die An-
lage des Buches die aufgeworfene Frage durch Rede und Gegen-
rede losen zu wollen scheint, tatsachlich aber keine bestimmte
Losung durch irgend einen der Wortfuhrer, die an der Diskussion
teilnehmen, gegeben wird.
327. Die Erorterung iiber das menschliche Leiden fuhrt der Ver-
fasser in der Form eines Gespraches (vgl. griech. Symposion)
durch, das mit einem erzahlenden Abschnitt eingeleitet wird
(Prolog) und mit einem solchen abschliefit (Epilog).
Job aus c Us 2 ist ein frommer und gliickgesegneter Mann. Der Satan
bezweifelt in einer himmlischen Ratsversammlung Jobs Standhaftigkeit
Zu den Job-Problemen (ThG 3, 441 451) 445 f. ; E. Nestle, Job the fifth and
Moses. the seventh from Abraham (ExpT 19, 474 f.).
1 Vgl. Driver (s. o. S. 9) 441 ff.
2 Vgl. P. Dhorme O. P., Le pays de Job (Rb N. S. 8, 102107).
224 *' ^ e ^' *^ e Bucher des AT im einzelnen. Nr. 328
im Ungliick. Auf Zulassung Gottes bringt der Satan Ungliick auf Un-
gliick iiber Job. Job bleibt unerschiittert (i, i 22). In einer zweiten
himmlischen Versammlung erhalt Satan die Erlaubnis, Job personlich
zu treffen, und er schlagt ihn mit dem Aussatz. Selbst Jobs Weib ver-
sucht ihn zum Abfall von Gott zu verleiten; Job aber bleibt fromm
(2, i 10). In seinem Ungliick besuchen ihn drei Freunde, Eliphaz
von Teman, Bildad der Schuchite und Sophar der Na c amaniter (2, 1 1 13).
Der erste Redezyklus (Kap. 3 14) wird durch Jobs Klage ein-
geleitet (3, i 26), auf die Eliphaz (Kap. 4 5) erwidert. Job antwortet
ihm (Kap. 6 7). Bildad redet (Kap. 8), Job antwortet (Kap. 9 10).
Sophar redet (Kap. n), Job erwidert (Kap. 12 14). Ebenso wechseln
im zweiten Redezyklus (Kap. 15 21) Rede und Gegenrede: Eli-
phaz (Kap. 15), Job (Kap. 1617), Bildad (Kap. 18), Job (Kap. 19*),
Sophar (Kap. 20), Job (Kap. 21). Im dritten Redezyklus (Kap. 22
bis 31) ist der Wechsel nicht mehr zu Ende gefiihrt. Eliphaz (Kap. 22),
Job (Kap. 23 24), Bildad (Kap. 25), Job (Kap. 26) tauschen noch Rede
und Antwort. Dann folgt aber nochmal eine Rede des Job (Kap. 27),
ein Kapitel iiber den Ursprung der Weisheit (Kap. 28) 2 , neuerdings
eine Rede Jobs mit selbstandiger Einleitung (Kap. 29 31), dann eine
Schlufibemerkung zu Jobs und der drei Freunde Reden (31, 40 b 32, i).
Nun tritt ein bisher nicht genannter Redner in die Erorterung,-E 1 i h u
(32,2 6 a ), der in langerer Ausfuhrung (Kap. 32 37) sich gegen Job
wendet (32, 6 b 33, 33), welche durch mehrere neu einsetzende Ein-
leitungen zergliedert wird (34, i; 35, i; 36, i). Nunmehr antwortet
Jahwe dem Job (38, i 40, 2 [33 39, 32]; neue Einleitung 40, i
[33 39, 31]). Jobs kurzer Entgegnung (40, 35 [33 39, 3335]) folgt
eine neue Rede Jahwes (40, 6 41, 26 [35 40, i 41, 25]). Job er-
kennt Jahwe an (42, i 6). Jahwe fordert Jobs Freunde zur Bufie fur
ihre unrichtigen Reden gegen Job auf (42, 7 9). Mit der Schilderung
von Jobs nunmehrigem Gliick schliefit das Buch (42, 10 17 [35 16]).
328. Auch wenn wir von vereinzelt gebliebenen Anschauungen 3 ab-
sehen, sind die Auffassungen des Buches Job verschieden
1 19, 25 27 ist viel umstritten, well die Stelle so verstanden werden
kann, dafi sie die leibliche Auferstehung lehrt. Vgl. J. Hontheim S. J., Eine
neue Ubersetzung von Job 19, 25 27 (ZkTh 31, 376 386); A. Hudal, Aus-
legung von Job 19, 25 27 in der katholischen Exegese (Kath 4. F. 17, 331
bis 345); Ders., Textkritische und exegetische Bemerkungen zu Job 19, 2527
(BZ 14, 214235); J. Speer, Zur Exegese von Hiob 19, 2527 (ZatW 25,
47 140); J. M. Vidal, L'idee de resurrection dans Job (RClfr 57, 295 309).
2 Vgl. P. Dhorme, Les chapitres XXV XXVIII du livre de Job (Rb 33,
343356).
3 E. Miiller (Der echte Hiob, Hannover 1902) scheidet vieles vom gegen-
wartigen Texte aus und sieht im Verfasser einen Atheisten. Auch Friedrich
Delitzsch (Zweiter Vortrag iiber Babel und Bibel, Stuttgart 1903, 19) findet
im Buche Worte, die stellenweise an Blasphemie grenzen. Scholz (s. o.
S. 76 10 ) 24 fafit Job als den Messias auf.
Nr. 329 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschrifteri. 2. Das Buch Job. 225
genug 1 . Der eine sieht in der Lehre des Bitches Job die wahre
Weisheit entwickelt, ein anderer die These verfochten, daft alle Dinge
unter gottlicher Leitung stehen, oder dafi die Gesetze der gottlichen
Vorsehung unbekannt seien. Wieder andere betrachten Job als einen
Typus des leidenden Israel nach dem Exil oder finden in ihm den Zu-
stand der unerlosten Menschheit geschildert. H. Gartner 2 laftt zwei reli-
giose Gegensatze dargestellt werden: die Religion der Liebe und Ge-
sinnung und die Religion der Furcht und der aufierlichen Frommig-
keit. Diejenigen, welche annehmen, dafi die traditionelle Vergeltungs-
lehre bekampft werde, suchen die Absicht des Buches damit in einem
Punkte, der eine hervorragende Rolle im Buche spielt, aber das klare
Ziel der Auseinandersetzung ist die Vergeltungslehre doch wieder
nicht. Das zeigen Erklarungsversuche, welche diesem Grundgedanken
noch eine besondere Form geben : so soil Job lehren wollen, wie man
praktisch die Leiden richtig ertragen konne ; oder die Leiden der Ge-
rechten seien ohne Widerspruch zu ertragen wegen der Allgewalt des
Schopfers und der Geringfiigigkeit des Menschen.
329. Eine einheitliche, bestimmte und klare Antwort auf
die Frage, die im Vordergrunde steht, suchen wir
im Buche vergeblich. Weder in den Reden Jobs noch in
dem Eingreifen Jahwes, weder in dem, was die Freunde ins-
gesamt gegen Job vertreten, noch in besonderen Thesen des
einen oder andern der Wortfuhrer ist eine Losung des Problems
zu finden. Der Dialog wogt hin und her, und wenn in der einen
Rede etwas Rechtes und Schones gefunden werden will, so ist
doch auch das, was von einem andern Standpunkt aus dagegen
vorgebracht wird, nicht ohne Bedeutung und Wirkung. Der Ver-
fasser scheint iiberhaupt nicht einer logisch scharf zugespitzten
SchluClosung zugestrebf zu haben, sondern trachtete, die ethisch-
religiose Wirkung auf den Leser an alle Teilnehmer an der Unter-
haltung zu verteilen. Der Dialog ist nur eine aufierliche Dar-
stellungsform, nicht das technische Mittel, eine Frage auf dem
Wege von Rede und Gegenrede zu klaren. Dann konnten un-
schwer die schonen und lehrreichen Aussagen iiber das mensch-
liche Leiden, welche dem Verfasser zu Gebote standen, unter
Verzicht darauf, fur jeden Diskussionsredner einen scharf um-
rissenen Standpunkt herauszuarbeiten, den Teilnehmern am Dialog
ohne bestimmte Trennung in den Mund gelegt werden.
1 Vgl. Volck (s. o. S. 223) 3 f.
2 Der dramatische Charakter des Buches Hiob und die Tendenz desselben,
Diss. (Bern), B. 1909.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 1 5
226 I- Teil- Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 330
92. Literarische Eigenart des Buches Job.
330. Die Unsicherheit im Verstandnis des Buches Job ist zum
Teil darin begriindet, dafi man sich auch in der Frage nicht klar
ist, was von Anfang an zum Buche gehorte und seinem
Zielgedanken dient. Hierin gehen Vertreter einer radikalen kri-
tischen Richtung 1 mit den meisten katholischen Exegeten 2 und
halten den gegenwartigen Umfang des Buches im wesentlichen
fur urspriinglich ; anderseits hat der katholische Exeget H. van Hoo-
nacker eine Ansicht vertreten, die wohl die umfangreichsten nach-
traglichen Erweiterungen im Buche Job annimmt 3 .
331. Folgende Bestandteile lassen sich unterscheiden :
i) Prolog (i, i 2, 13) und Epilog (42, 10 17 [35 16]) sind in
Prosa geschrieben, die Reden dagegen in hochpoetische Form gefaftt.
Der geduldige Job der Prosa-Umrahmung steht im Gegensatz zum kla-
genden und anklagenden Wortfiihrer im Dialog. Die Frage, welche
gelost wird, ist in Einleitung und Schluft : Gibt es eine uneigenniitzige
Frommigkeit? Im Dialog wird das Leiden des Gerechten erortert. Die
Art der Losung wird im Dialog naturgemaft auf dem Wege des Streites
gesucht, in der Umrahmung tritt uns die Lehre in einem Beispiel der
Geduld entgegen. Wenn durch diese Eigentiimlichkeiten eine gewisse
Selbstandigkeit fur die Prosaerzahlung gefordert wird, so ist doch ander-
seits zu beachten, daft der Dialog die Prosaerzahlung nicht entbehren
kann. Infolgedessen mag die Joberzahlung miindlich oder schriftlich
schon ihre bestimmte Form angenommen haben, ehe der Dichter des
Dialogs sie zur Exposition fur die Personen, die er auftreten liefi,
gebrauchte 4 .
332. 2) Kap. 28, in dessen Umgebung die klare, gleichmaftige An-
lage des Dialogs in Verwirrung geraten ist, hebt sich aufterdem durch
1 Cornill (s. o. S. 2 4 ) '246 if. M. Koppel, Jahwes Allmacht und Gerechtig-
keit in den Reden Hiobs (ZatW 29, 204 214). M. Thilo, Das Buch Hiob.
Neu iibersetzt und aufgefafit, Bonn 1925.
2 Vgl. u. a. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 145 ff.; Holzhey (s. o. S. 9 1 ) 108 f. ;
Hontheim (s. o. S. 223) ; A. Schulz, Plan und Gedankengang des Buches Job
(Germania 1908, Wissensch. Beil. Nr. 13 f.).
3 Une question touchant la composition du livre de Job (Rb 12, 161 189).
Der Prolog und die Reden wurden nach ihm in doppelter Form weiter-
gebildet. In der einen Gestalt hat man die Elihureden, in der andern Jahwes
Eingreifen dazugefiigt; in der gegenwartigen, dritten Gestalt des Buches
sind beide Formen zusammengearbeitet.
4 Vgl. Gartner (s. o. 225 2 ) 29 ff. ; K. Kautzsch, Das sog. Volksbuch von
Hiob und der Ursprung von Hiob Kap. i; 2; 42, 7 17. Ein Beitrag zur
Frage nach der Integritat des Buches Hiob, Tub. 1900; Laur (s. o. S. 222 6 )
449 f-
Nr. 333 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. 2. Das Buch Job. 227
die ruhige Stimmung von der Umgebung ab ; es enthalt eine Erorterung
iiber die Weisheit und die Art, wie sie erworben werden kann. Es
geht schwer, dieses Kapitel als urspriinglichen Bestandteil des Buches
in den Gedankengang und den Geist, den das Buch atmet, einzufiigen,
besonders gerade an der Stelle, wo es steht. Doch wird dies von
manchen Exegeten versucht 1 .
333. 3) Sehr umstritten sind dieReden desElihu (Kap. 32 37) 2 .
Manche halten gerade diese Kapitel fur unentbehrlich und sehen in
ihnen ein Meisterstiick 3 . Eine Mittelstellung nimmt ein A. Kamp-
hausen 4 , der die Kapitel vom Dichter selbst zum abgeschlossenen Buche
nachgetragen sein lafit. Auch Cornill (s. o. S. 2 4 ) '250 meint, dafi es
dem Dichter nicht vergonnt war, die letzte Feile an das Buch anzulegen
und das Auftreten des Elihu besser zu begriinden. Die katholischen Exe-
geten treten fast alle 5 fur die Echtheit ein. Gewichtige Griinde sprechen
dafiir, dafi diese Kapitel nicht im grundlegenden Plan des Buches Job
einbegrififen waren. Es fehlt nicht nur eine Einfiihrung des Elihu, wie
sie der Anfang des Dialogs bei den drei Freunden bringt (auch
das Schlufiwort [42, 7 ff.] nimmt nur auf die drei Freunde Rucksicht),
sondern die Elihureden zerreifien den Zusammenhang zwischen 31, 35 ff.
(vgl. V. 35 der Allmachtige antworte mir . . .) und 38, iff. (Jahwe
antwortet dem Job). Wenn man nicht gerade vom Grundgedanken
dieser Kapitel aus die Lehre des Buches Job bestimmt, so sind sie
fur die Gedankenentwicklung keineswegs notwendig; sie wiederholen viel-
mehr zum Teil die Aufierungen der Freunde, und Kap. 36 f. nimmt vorweg,
was Jahwe erst sagen soil. Stil- und Spracheigentiimlichkeiten 6 konnen
fur sich allein die Sache nicht entscheiden 7 , unterstiitzen aber wenig-
stens die Ansicht, dafi diese Kapitel nicht in einem Zuge mit dem
iibrigen Buche niedergeschrieben wurden 8 .
1 So Budde (s. o. S. 223) 162 f. ; Konig (s. o. S. 2 2 ) 414* ; Volck (s. o. S. 223) 8.
E. Sellin (Das Problem des Hiobbuches, Lp. 1919) halt hochstens fur mog-
lich, dafi der Dichter des Buches selbst spater das Kapitel eingefiigt hat,
als ihm das Problem schon ferner stand. Vgl. auch Ders., Einleitung (s. o.
S. 10) 4 142 ff., wo er in der ganzen unausgeglichenen Dichtung das Ringen
eines Menschenlebens mit dem Problem niedergelegt findet.
2 W. Posselt, Der Verfasser der Elihureden (Job Kap. 32 37). Eine kri-
tischeUntersuchung(BSti4,3),Frb.i.Br.i909. 3 So Cornill (s.o.S. 2 *) 7 247ff.
4 Rez. in StKr 1863, 792816 (s. S. 8iof.).
5 Fur nachtraglich eingefiigt halten sie z. B. Dhorme (s. o. S. 223); *A. Le
Hir, Le livre de Job. Traduction sur 1'hebreu et commentaire avec intro-
duction par Grandvaux, P. 1873; Van Hoonacker (s. o. S. 226 3 ).
6 Kautzsch (s. o. S. 162 5 ) 101 stellt 31 Aramaismen in den Elihureden gegen-
iiber 53 im ganzen iibrigen Buche fest.
7 Vgl. Budde (s. o. S. 223) XLVIII ; Posselt (s. o. Anm. 2) 103 ff.
8 H. H. Nichols (The composition of the Elihu speeches [Job chs. 32 37]
[AmJsemL 27, 97186]) findet auch innerhalb der Elihureden noch Anzeichen
eines literarischen Aufbaues.
15*
228 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 334
334. 4) 38, i 42, 6 (Auftreten Jahwes) halten Van Hoonacker 1
und Sellin 2 fur sekundar. Das 1st deshalb abzulehnen, weil das Auf-
treten Jahwes zum mindesten aufierlich den Dialog zum Austrag bringen
muft, und weil Jahwes Antwort durch 31, 35 ff. vorbereitet ist. Die
Schilderung desStraufies (39, 13 18) jedoch fiigt sich so wenig
in den Zweck der Rede Jahwes ein, daft man darin eine Erweiterung
des Textes sehen darf. Weniger begriindet ist die Ausscheidung von
40, 15 (23 10) 41, 26 (33 25) (Beschreibung des Behemot 3 und
Leviatan). Dafi das Stuck entbehrt werden konnte, ist kein stich-
haltiger Beweis 4 .
Abgesehen von Kap. 28 und den Elihureden werden also nur
wenig umfangreiche Stiicke nachtraglich zur altesten Gestalt des
Buches Job gekommen sein 5 .
93. Entstehungszeit des Buches Job 6 .
335. Viele alte und neue Exegeten haben Job selbst fur den Verfasser
gehalten und das Buch in sehr friiher, vormosaischer 7 oder mosaischer 8
Zeit angesetzt. Sprachliche Eigenart und der eigentvimliche kulturelle
1 Siehe o. S. 226 3 . 2 Siehe o. S. 227 l .
3 = agypt. p-ih-mw ; vgl. N. Herz, Egyptian words and idioms in the
book of Job (OrLz 16, 343 346).
4 Von verschiedenen wurden noch als echt bestritten 9, 8 10; 12, 7 10
13 22; 24, 18 24; 27, 7 10 ii 23. Vgl. auch A. Merx, Das Gedicht von
Hiob. Hebraischer Text kritisch bearbeitet und iibersetzt, nebst sachlicher
und kritischer Einleitung, Jena 1871.
5 Hontheim (s. o. S. 223) sucht auf jede Weise festzuhalten, dafi das Buch
durchweg einheitlich sei. Sellin (Das Problem [s. o. S. 227 *]) unterscheidet
vier Schichten. H. Torczyner (Das Buch Hiob. Eine kritische Analyse des
iiberlieferten Hiobtextes, Wien 1920) hilft sich mit Umstellungen, urn .die
Anschauung der Redenden einheitlicher zu gestalten, greift aber sogar iiber
den Umfang des Buches Job hinaus, um Gedankenspriinge des Textes auf-
zufullen.
6 H. Beveridge, The date of the book of Job (Journal of the royal as.
Soc. 1919, Apr., 234). V. L. Trumper (ebd. Okt., 586 f.).
7 Aristaas (vgl. Eusebius, Praepar. ev. 9, 25, i 3 [M g 21 ,728]); Origenes,
C. Celsum 6, 43 (M g n, 1365); Hieronymus, Praef. in librum Job (es sei in sy-
rischer Sprache verfafit und daraus iibertragen worden [so versteht A. Cal-
met O. S. B. (Commentarius literalis in omnes libros VT 1 latinis literis tradi-
tus a J. D. Mansi 5, Wiirzburg 1791, 304) die Andeutung des Hieronymus];
ebenso Ps.-Origenes [M g 17, 373]). Haneberg (s. o. S. 8 1 ) "366 sieht in Job
ein vormosaisches Werk , das aus dem Arabischen iibersetzt oder iiber-
arbeitet worden sei.
8 Talmud, b. Baba batra f. 14 b ; & (wo Job nach dem Pentateuch und vor
Jos eingereiht ist ; vgl. auch Hieronymus in seinem Briefe an Paulinus). Aus
Nr. 335 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. 2. Das Buch Job. 229
Hintergrund 1 der Geschehnisse haben zu solchen Datierungen Anlaft
gegeben und solchen Meinungen immer wieder Anhanger gewonnen 2 .
Die Voraussetzung, daft zur Zeit Salomos die hebraische Literatur ihre
hochste Bliite erlebte, verschuldete es, dafi man dieses schone und
kunstvolle Werk Salomo selbst zuschrieb oder es wenigstens in seine
Zeit verlegte 3 .
Die eigenartige Technik im Aufbau lafit wohl eher auf nach-
salomonische Zeit schliefien 4 . Als terminus ad quern kommt
Ez 14, 14 20 in Betracht. Die Stellen waren an sich auch ver-
standlich, wenn Ezechiel blofi mit der Geschichte des Job, viel-
leicht sogar nur so weit, als sie im Prolog und Epilog vorliegt 5 ,
bekannt war. Allein naher liegt die Annahme, dafi der Prophet
dabei aus dem Buche geschopft hat, das spater sicher bezeugt ist 6 .
AuCerdem spricht nichts dagegen, dafi damals unser Buch schon
in vollem Umfange vorhanden war 7 . Vielmehr unterstiitzt eine
gewisse inhaltliche und sprachliche Verwandtschaft mit Jeremias
(inhaltlich vgl. Job 3, 3 -10 und Jer 20) die Datierung in die Zeit
dieses Propheten 8 .
neuerer Zeit vgl. G. W. Hazelton, The book of Job. Who wrote it ? (Bs
7*i 573~58i): Moses habe das Buch in Midian verfafit.
1 Auf das Gesetz und andere israelitische Einrichtungen der spateren
Zeit ist keine Riicksicht genommen, der Gottesname Jahwe nur im Prolog
und Epilog und 12, 9 ; 38, I ; 40, i gebraucht. Vgl. Dhorme (s. o. S. 223) LII ff.
2 Gregorius M. (Moralia in lobum, Praef. I [M 1 75, 517]) datiert das Buch
in die Zeit der Richter.
3 Nach Luthers Vorgang urteilten so eine Reihe von orthodoxen Prote-
stanten (so z. B. Franz Delitzsch [s. o. S. 223]). Von katholischen Vertretern
seien genannt Calmet (s. o. S. 228 7 ) 506, Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 52, Kaulen-
Hoberg(s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 147 f.
4 So *E. Gigot, Leading problems concerning the book of Job (The New
York Review 1906, Febr. u. Marz).
5 So Duhm (s. o. S. 223) vm.
6 Tob 2,15 (03) setzt Prosa-Umrahmung und Dialog als bestehend voraus.
7 Cornill (s. o. S. 2*) 7 25if., Kautzsch (s. o. S. 226*) u. a. nehmen nach-
exilische, persische Zeit an, weil die Engellehre des Judentums aus dem
Parsismus entlehnt sei (vgl. dagegen o. S. 178). O. Holtzmann (bei B.Stade,
Geschichte des Volkes Israel [W. Oncken, Allg. Geschichte in Einzeldar-
stellungen I, 6], B. 1887/88, 2, 348) sah in Job eine Nachahmung der plato-
nischen Dialoge. Schon Theodor von Mopsuestia wollte in Job die dichte-
rische Fiktion eines Hellenisten (paganorum [M g 66, 697 f.]) sehen (vgl. Kihn
[s. o. S. 4 s ] 68).
8 Vgl. Dhorme (s. o. S. 223) cxxvi ff. J. Royer (Eschatologie des Buches
Job [BSt 6, 5], Frb. i. Br. 1901) sucht Jeremias selbst als Verfasser zu er-
I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 336
94. Dichterische Form und Geschichtlichkeit
des Buches Job. Aufierbiblische Parallelen.
336. Das Buch Job ist eines der schonsten dichterischen
Werke des AT und nimmt eine hervorragende Stelle in der
Weltliteratur ein. Die allgemein anerkannten Merkmale der he-
braischen Poesie, wie Parallelismus merabrorum, plastischen,
schwungvollen Stil, tragt es in hoher Vollendung an sich.
Exegeten, welche in der atl Poesie Metrik in strengem Sinne und
durchgebildete Strophik anerkennen, glauben solche Formen auch in
unserem Buche nachweisen zu konnen 1 . Der literarischen Art nach
ist es weder ein ausgesprochenes Epos 2 noch ein kunstgemafi auf-
gebautes Drama 3 , sondern eine Lehrschrift, die in die Form des Ge-
spraches 4 gegossen ist.
337. Da im Altertum, besonders in der Bibel, Romane nicht gebrauch-
lich. waren, so werden Name tind Hauptschicksale des Job auf ge-
schichtlichenTatsachen beruhen. Diejenigen, welche Job durch-
weg fur eine Erdichtung halten 5 , konnen sich auf keinen schltissigen
Beweis, besonders nicht auf erdichtete Namen berufen 6 .
338. In der aufierbiblischen Literatur glaubte man Ahnlich-
keiten mit Job auf dem Boden Agyptens, besonders in dem Gesprach
eines Lebensmiiden mit seiner Seele 7 , und in Babylonien zu entdecken.
Aus dem babylonischen Kulturkreis sind umfangreiche Texte vorhanden 8 .
Es ist jedoch verfriiht, eine gemeinsame Grundlage fur den biblischen
weisen. Job 12, 14 25 konnte sich auf die assyrische Gefangenschaft be-
ziehen. Vgl. noch P. Joiion S. J., Hat Ben Sira (Eccli 49, 9) Ezechiel als
Verfasser des Buches Job genannt? (ZkTh 27, 583 585).
1 Vgl. Vetter (s. o. S. 2I2 6 ), Hontheim (s. o. S. 223) u. a.
2 Vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) 410 f. 3 Vgl. Gartner (s. o. S. 225 2 ).
4 Vgl. K. Fries, Das philosophische Gesprach von Hiob bis Platon, Tub. 1904.
5 So ein alter Rabbi nach Talmud, b. Baba batra f. I5 a , Theodor von
Mopsuestia (M g 66, 697 f.) und neuere Exegeten.
6 Die Tatsache, dafi die Bibel auf das Beispiel des Job verweist (Ez 14, 14;
Tob 2, 15 [33] ; Jak 5, n), verlangt nicht unbedingt, dafi das Gesprach wirklich
stattgefunden hat, wohl nicht einmal, dafi Job eine andere als literarische
Existenz gehabt habe.
7 Vgl. Grefimann (s. o. S. 12), 1909, i, 195 198. Fur Abhangigkeit ist Fries
(s. o. Anm. 4). Anklange in Sprache und Inhalt wollte auch Herz (s. o.
S. 228 3 ) finden.
8 M. Jastrow jr., A Babylonian parallel to the story of Job (JbL 25, 135
bis 191). S. Landersdorfer O. S. B., Eine babylonische Quelle fur das Buch
Job ? Eine literargeschichtliche Studie (BSt 16, 2), Frb. i. Br. 191 1. V. Scheil O. P.,
Encore un Job babylonien (Revue d'assyriologie 9 [1912], 65 68).
Nr. 34 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 3. Das Buch der Pss. 231
und den sog. babylonischen Job vorauszusetzen x , geschweige denn dafi
der Vergleich eine Abhangigkeit des biblischen von einer babylonischen
Vorlage ergabe 2 . Fur allgemein menschliche Gedanken brauchte es
ein Vorbild nicht. Die hohe dichterische Kraft und Kunst, die der
Verfasser offenbart, lafit schwer an einen ausgiebigen fremden EinfluG
denken.
95. Der Text des Buches Job.
339. Eine Lehrschrift, die so wichtige menschliche Fragen be-
handelt wie das Buch Job, war leicht Erweiterungen zuganglich.
Auch die Schwierigkeit des Textes 3 mufite dazu verleiten, nicht-
verstandliche Stellen zu glossieren. Schon friihzeitig begegnen
uns Hinweise, dafi der Text in den verschiedenen Uberlieferungs-
formen nicht den gleichen Umfang hatte 4 .
Der -Text, der gegeniiber dem 3Qft zwei grofiere Zusatze aufweist
(2, 9 a " d ; 42, i7 a ~ e ), ist sonst erheblich kiirzer. Was in fehlt, macht
jedoch den Text keineswegs leichter. Wo Erweiterung und wo Kiirzung
vorliegt, wird die Exegese bei jeder einzelnen Stelle besonders zu unter-
suchen haben 5 .
3. Das Buch der Psalmen.
96. Name. Literatur.
340. Drt?n?l (ni'jnri, D^n) = Loblieder (Ps 145 [144], i), so bei
den spateren Juden (a potiori) genannt; irrtesri = Bittgebete
(so Ps 72 [71], 20 mit Bezug auf die vorausgehende Sammlung
von Psalmen; Ps 17 [16]; 86 [85]; 90 [89]; 102 [101]; 142 [141]),
1 So K. Fruhstorfer, Ein assyrisch-babylonisches Gedicht und das biblische
Buch Job (ZkTh 31, 755762).
2 Vgl. dazu besonders Landersdorfer (s. o. S. 230 8 ).
3 Vgl. G. Richter, Erlauterungen zu dunklen Stellen im Buche Hiob
(BWAT 11), Lp. 1912.
4 Vgl. Origenes, Ep. ad Afric. 3 (M e n, 53). ist um ein Sechstel langer
als . Hieronymus (Praef. in librum Job) sagt von Q : septingenti ferme aut
octingenti versus desunt (vgl. Swete [s. o. S. 13 1 2 ] 43). (S s hat fast um 400
Stichen weniger als 9It (vgl. Driver [s. o. S. 9] 463).
5 *G. Bickell (Kritische Bearbeitung des Jobdialogs [WZKM 6, 136 bis
147241 257327 334; 7, I 20 153 168; 8, 121]) sieht in 9It eine Erwei-
terung. Budde (s. o. S. 223) LVI ff. und Driver (s. o. S. 9) 463 halten fur
absichtlich gekiirzt. Vgl. auch H. H. Howorth, Some unconventional
views on the text of the Bible. IX. Job etc. (PSbA 33, 2633 53~ 61).
2^2 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 341
r| ptpXog YaXjuuJv (Lk 20, 42; Apg i, 20 [tpaX|u6<; = "ibpa = Lied,
zum Saitenspiel zu singen; Uberschrift von 57 Psalmen]; A
vpaXiripiov = Saiteninstrument fur den Vortrag von Liedern ;
daher Psalter), Liber Psalmorum (Ps, Pss).
341. J. Ecker, Psalmenliteratur (Porta Sion [s. o. S. 208] 217* 234*).
J. Linder S. J., Neuere katholische Psalmenliteratur (ZkTh 39, 741759).
F. Baethgen, Die Psalmen iibersetzt und erklart (GHK 2, 2) 3 , Gott. 1904
(s. u. Gunkel). C. A. and E. G. Briggs, A critical and exegetical commen-
tary on the book of Psalms (IcC), Edinburgh 1906/07. Franz Delitzsch,
Biblischer Kommentar iiber die Psalmen (BC 4, i) 5 , hrsg. von Friedrich De-
litzsch, Lp. 1894. Duhm (s. o. S. 2I9 9 ). H. Gunkel, Ausgewahlte Psalmen
iibersetzt und erklart, Gott. 1904, *I9I7- Ders., Die Psalmen iibersetzt und
erklart (GHK 2, 2 4 ; s. o. Baethgen), Gott. 1926. *G. Hob erg, Die Psal-
men der Vulgata iibersetzt und nach dem Literalsinn erklart, Frb. i. B. 1892,
2 1 906. H. Ke filer, Die Psalmen fiir die zweite Auflage iibersetzt und aus-
gelegt (KK A 6, i), Miinchen 1899. R. Kittel, Die Psalmen iibersetzt und
erklart (KAT I3) 1|s , Lp. 1914, 3|4 1922. J. Knabenbauer S. J., Commentarius
in Psalmos [hrsg. von M. Hagen S. J.](CSs), P. 1912. E. Konig, Die Psalmen
eingeleitet, iibersetzt und erklart, Giitersloh 1927. *PrinzMax, Herzog zu
Sachsen, Erklarung der Psalmen und Cantica in ihrer liturgischen Ver-
wendung , Regensburg 1914 (nach 95). F. Raffl O. F. M., Die Psalmen
nach dem Urtext. 3. Bd.: Ps 107 150, Frb. i. Br. 1892. Schlogl(s. o. S. 2I7 1 ).
*Stephan, Psalm enschliissel. Einfuhrung in die sprachl. Eigentiimlichkeiten
und in den Gedankengang der Brevier-Pss (einschliefilich der im Brevier vor-
kommenden Cantica) 3 , Regensburg 1925. *V. Thalhofer, Erklarung der
Psalmen und der im romischen Brevier vorkommenden biblischen Cantica
mit besonderer Riicksicht auf deren liturgischen Gebrauch, Regensburg 1857,
6 von P. Schmalzl, 1895, 8 von F. X. Wutz, 1914, ^923 (nach 93). M. Wol-
terO. S. B., Psallite sapienter. Psallieret weise ! Erklarung der Psalmen im
Geiste des betrachtenden Gebetes und der Liturgie. Dem Klerus und Volk
gewidmet, Augsburg 1883, 3 Frb. i. Br. 1904/07 (nach 95). Wutz (s. o. S. 194 2 ).
J. K. Zenner S. J., Die Psalmen nach dem Urtext. Erganzt und hrsg. von
H. Wiesmann S. J., Mstr. i. W. 1906/7 l .
97. Inhalt des Buches der Psalmen.
342. Psalmendichtung scheint es auch auCerhalb des AT gegeben
zu haben 2 . Doch ist in den Literaturen anderer Volker kein so
1 Auf Grund der EBK vom i. Mai 1910 (s. u. S. 234 1 ) auf den Index
gesetzt (1911).
2 Vgl. H. Bahr, Die babylonischen Bufipsalmen und das AT, Lp. 1903;
C. H. Cornill, The Psalms in universal literature (in: The culture of ancient
Israel, Chicago 1914); A. Eberharter, Aus den babylonischen Bufigebeten
und den biblischen Psalmen (ThQ 91, i 20); M. Noordtzij, Babylonische
Nr. 343 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 3. Das Buch der Pss. 233
vielseitiger und ausgedehnter Gebrauch von dieser Art religioser
Dichtung nachzuweisen, wie wir ihn im Buche der Pss finden.
343. In seiner jetzigen Gestalt besteht es aus I5O 1 Liedern,
die zu verschiedenen Zeiten von vielfach unbekannten Verfassera
in religioser Absicht 2 und zum Teil fur den Gebrauch in der
Liturgie 3 gedichtet und allmahlich zu einem Buche vereinigt
wurden.
Die Zahl i 5 o ist sowohl in 321 wie in 23 vorhanden; die Zahlung
im einzelnen ist jedoch in beiden Uberlieferungsformen verschieden:
9It9 + io = 339, 921 114 +115 = 55113, 201 1 16 = 35 114 +115,
9H 147 = 35 146 + 147. 33t 10 114 = 239 113 und 9H 117 bis
147 = OS 116 146 differieren um i, 5ft 115 und 116 zum Teil um
z von 33; nur i 9 und 147 150 warden gleich gezahlt. Die Er-
gebnisse der Exegese iiber die wirkliche Zahl der selbstandigen Psalmen
decken sich mit keiner der beiden Zahlungen, da noch andere Zer-
psalmen in verglijking met die des Ouden Testament, Kampen 1912 ; * F. Stum-
mer, Sumerisch-akkadische Parallelen zum Aufbau atl Psalmen (Stud. z.
Gesch. u. Kultur d. Altert. n, 1/2), Pad. 1922; H. Zimmern, Babylonische
Bufipsalmen umschrieben, iibersetzt und erklart (Assyriolog. Bibliothek 6),
Lp. 1885.
1 Die alteste jiidische Uberlieferung zahlte 147 Pss (Talmud, j. Sabb. c. 16);
auch sonst werden in alten Hss weniger als 150 gezahlt. Zum Teil kommen
die Unterschiede in der Gesamtzahl davon her, dafi jetzt getrennte Psalmen
vereinigt werden. So wurden Apg 13, 33 Ps I und 2 als ein Psalm gerechnet.
und (3 kennen einen 151. Psalm auflerhalb der Zahl stehend ; aufier-
dem existieren noch vier weitere apokryphe Psalmen (vgl. W. Wright, Some
apocryphal Psalms in Syriac [PSbA 9, 257 266]).
2 Sollten Lieder aufgenommen worden sein, die urspriinglich fur nicht-
religiose Zwecke bestimmt waren so nimmt M.-J. Lagrange O. P. (Deux
commentaires des Psaumes [Rb N. S. I, 251 259] 256) fur Ps 45 (44) an ,
so ware die allenfallsige Umarbeitung nebst Umsetzung des Sinnes und die*
Einfiihrung in die Heilige Schrift einem inspirierten Organ zuzuschreiben, um
nicht eine inspiratio subsequens (vgl. o. S. 207 u. 208 2 ) annehmen zu miissen.
3 Die Sammlung der einzelnen Lieder scheint nach den beigesetzten Uber-
schriften fur den liturgischen Gebrauch geschehen zu sein. Der Inhalt (nach
Vertretern von Strophensystemen [s. o. S. 222 3 ] auch die Anlage als Chorlied)
verrat, ob ein Psalm von Anfang an fur die Liturgie berechnet war (vgl.
J. C. Matthes, Die Psalmen und der Tempeldienst [ZatW 22, 6582]). Dafi
das betende Ich immer ein Kollektivum sei (so *T. Engert, Der betende
Gerechte der Psalmen. Historisch-kritische Untersuchung als Beitrag zu einer
Einleitung in den Psalter, Wiirzburg 1902), fordert der Inhalt keineswegs,
sondern darunter ist oft eine Einzelpersonlichkeit zu verstehen (so E. Balla,
Das Ich der Psalmen untersucht [FRLAuNT 16], Gott. 1912).
234 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 344
legungen (z. B. Ps 19 [18]) und Zusammenziehungen (z. B. Ps 42 tind 43)
sich als notwendig erweisen l .
344. Der Inhalt der einzelnen Psalmen 1st so wechselvoll, wie
nur religiose Gedanken und Empfindungen sein konnen: Lob,
Dank, Bekenntnis Gott gegenuber, Reue und Riickkehr vom Ab-
fall, Liebe zum Gesetze, Hafi gegen Gottes, des Volkes und per-
sonliche Feinde, Bitte urn Rettung aus geistiger und leiblicher
Not, kurz alle Saiten des menschlichen Seelenlebens kommen darin
in Schwingung. Die vielfach ohne erkennbaren Grund aneinander-
gereihten Psalmen lassen sich nach Inhalt und Form in ver-
schiedene Gruppen gliedern 2 .
Aufier den Gradualpsalmen, die schon dem Hersteller des Psalmen-
buches als ein Ganzes vorlagen 3 , hat die christliche Zeit 4 die Buft-
psalmen (Psalmi poenitentiales Ps 6, 31, 37, 50, 101, 129, 142 nach
OS 5 ) gesondert herausgehoben. Die messianischen Psalmen 6 , die
1 Vgl. die EBK vom i. Mai 1910, De auctoribus et de tempore com-
positionis Psalmorum Nr. VI: Utrum sententia eorum admitti possit, qui
tenent, inter psalterii psalmos nonnullos esse sive Davidis sive aliorum
auctorum, qui propter rationes liturgicas et musicales, oscitantiam amanuen-
sium aliasve incompertas causas in plures fuerint divisi vel in unum coniuncti;
itemque alios esse psalmos ut , Miserere mei, Deus', qui ut melius aptarentur
circumstantiis historicis vel solemnitatibus populi iudaici, leviter fuerint re-
tractati vel modificati, subtractione aut additione unius alteriusve versiculi,
salva tamen totius textus sacri inspiratione ? Resp. : Affirmative ad utram-
que partem (D. 11 2134).
2 Am eingehendsten ist der Versuch einer Gruppierung durchgefuhrt bei
Konig (s. o. S. 232) und W. Staerk, Lyrik (Psalmen, Hoheslied und Verwandtes)
iibersetzt, erklart und mit Einleitungen versehen (SAT 3, i) 2 , Gott. 1920.
3 F. Praetorius, Bemerkungen zu den sir hamma c alot(ZdmG 71, 389 400).
W. Riedel, Die Stufenpsalmen (NkZ 17, 4356 83105). *A. Schulz, De
psalmis gradualibus, Diss. Mstr. i. W. 1897.
4 Wohl schon seit Augustinus; vgl. Vita s. Augustini von Possidius (um
432 n. Chr.) (M 1 32, 63).
5 Wo nichts anderes angegeben ist, richtet sich die Psalmenzitierung
nach 3H.
6 EBK (s. o. Anm. i) Nr. VIII: Utrum ex multiplici sacrorum librorum
Novi Testamenti testimonio et unanimi Patrum consensu, fatentibus etiam
iudaicae gentis scriptoribus, plures agnoscendi sint psalmi prophetici et mes-
sianici, qui futuri Liberatoris adventum, regnum, sacerdotium, passionem,
mortem et resurrectionem vaticinati sunt; ac proinde reicienda prorsus
eorum sententia sit, qui indolem psalmorum propheticam et messianicam
pervertentes, eadem de Christo oracula ad futuram tantum sortem populi
Nr. 345 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 3. Das Buch der Pss. 235
Fhichpsalmen \ Unschuldspsalmen, Konigspsalmen und ahnliche Grup-
pen werden haufig im Interesse iibersichtlicher Bearbeitung unter-
schieden 2 .
98. Die Uberschriften der einzelnen Psalmen 3 .
345. An der Spitze 4 der meisten 5 Pss stehen Uberschriften von
verschiedenem Umfang und mit wechselndem Inhalt.
Hauptsachlich enthalten sie folgende Angaben: i) Die Art des Ge-
dichtes(z. B. Ps 54 [53] ^?f, intellectus, Lehrgedicht), 2) einen Personen-
namen mit \, wodurch wohl der Verfasser bezeichnet werden will
electi praenuntiandam coarctant? Resp.: Affirmative ad utramque partem
(D. 11 2136). Vgl. L. Mechineau S. J., Gli autori e il tempo della composizione
dei Salmi secondo le risposte della commissione biblica. Commento, Rom
1911. M.-J. Lagrange O. P., Notes sur le messianisme dans les Psaumes
(Rb N. S. 2, 39 57 188 202); Macklenburg, Uber die Auffassung des Reiches
Gottes resp. iiber den BegrifF des gottlichen Konigtums in den Pss (StKr
1902, 525 555); *L. Reinke, Die messianischen Psalmen. Einleitung, Grund-
text und Ubersetzung nebst einem philologischen, kritischen und historischen
Commentar, Giefien 1857/58; *F. S. Tiefenthal, Novus commentarius in Psalmos
mere messianicos, P. 1912.
1 So Ps 18 (V. 48), 35, 52, 59, 60, 68, 69, 109, 137 u. a. Vgl. A. Haitz-
mann S. J., Ps 108 (hebr. 109). Ein Beitrag zur Exegese der Fluchpsalmen
(ZlcTh 20, 614 625); C. Martin, The imprecations in the Psalms (PrthR
I, 537 553); F. Steinmetzer, Babylonische Parallelen zu den Fluchpsalmen
(BZ 10, 133 142 363 369); Zenner (s. o. S. 232) 160 168.
2 Die Auffassung, welche die kritische Schule iiber die israelitische Reli-
gionsgeschichte entwickelte, fiihrte dazu, wie kultusfeindliche Prophetenstellen
(s. o. S. nof.), so auch angeblich opferfeindliche Pss aufzuspiiren (z. B. Ps 40,
79; So, 814 23; 51, i8f.); vgl. daruber H. Wiesmann S. J., Die opfer-
feindlichen Psalmen (Melanges de la facultd or. de 1'univ. St. Joseph, Beyrouth,
2 [I907l 32I335)-
3 H. Grimme, Zur Frage nach den Psalmenuberschriften (ThQ 79, 580 583);
H. Kefiler, Grundlinien fur das Verstandnis der Psalmenuberschriften (Philo-
tesia, P. Kleinert dargebracht, B. 1907, 223 253); H. P. Ree, Forschungen
iiber die Uberschriften der Psalmen, Lp. 1846; J. W. Thirtle, The titles of
the Psalms, their nature and meaning explained 2 , Ld. 1905.
4 Thirtle (s. o. Anm. 3) nimmt an, dafi infolge der scriptio continua die
Unterschrift des vorausgehenden Psalmes mit der Uberschrift des folgenden
Psalmes zusammengeraten sei, vermag aber durch diese Hypothese keines-
wegs die Unklarheiten in den iiberlieferten Uberschriften wesentlich auf-
zuhellen.
5 Nach 9IC sind 34 Pss ohne Uberschrift (n^r* ; vgl. Konig [s. o. S. 232] 50).
Nach 33 gilt das, wenn man das Alleluja (bei 18 Pss; & geht eigene
Wege) als Uberschrift rechnen darf, nur noch von zwei.
236 I- Teil. Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 346
(Ps 54 ~lik von David J ), 3) den geschichtlichen Anlafi, der dem Psalm
zu Grunde liegt (z. B. Ps 54 als die Ziphaer kamen und dem Saul sagten :
,Ist nicht David bei uns versteckt?'; vgl. i Sm 23, 19; 26, i) 2 , 4) li-
turgische Bestimmungen (z. B. Ps 92 ratfrr n^ fur den Sabbattag),
5) schwer verstandliche Worte, welche man als Anfange von Liedern
deutet, nach deren Melodic der Psalm vorzutragen sei (z. B. Ps 57 ji? Vs
ne perdas) 3 .
346. Die Psalmeniiberschriften stammen kaum auch nur in ge-
ringer Anzahl vom Verfasser 4 des einzelnen Psalmes, gehen aber
in eine alte Zeit zuriick 5 , so dafi schon die Ubersetzer der
sie zum Teil nicht mehr verstanden 6 .
Die Quelle fur die sachlichen Angaben dieser Uberschriften lafit
sich hie und da noch mutmafien. So stammt in Ps 7, i der Name
1 Nach andern wollen die Namen nach dem \ den Sanger bezeichnen,
dem der Psalm iibergeben wurde (so Ambrosius, Enarr. in Ps 47 [M 1 14, 1201]),
oder Sangergruppen (so P. de Lagarde, Erklarung hebraischer Worter [Abh.
d. k. GdW zu Gott., hist.-philol. Kl. 26, Gott. 1880, 5] 23), oder den Gegenstand
des Liedes (so zu Ps 72 [71], i : eic; ZaXojudbv), oder nach Art von ...
bedeuten (so ungefahr *S. Minocchi, Storia dei Salmi [Riv. di studi reli-
giosi 2 (1902), 385411; 3, 113145 241268 522546; 4, 2956]), oder
den Titel des Liederbuches angeben (so Kefiler [s. o. S. 235 3 ] 241; ahnlich
Zenner [s. o. S. 232] 18). Das ijj?!*;^, dq TO r4Xoq, in finem (bei 55 Pss)
wird gewohnlich iibersetzt: dem Sangesmeister* .
2 Nach Kefiler (s. o. S. 235 3 ) 249 ff. sollen diese Zitate nur an Abschnitte
aus den Vorlesebiichern erinnern, welche zu praktisch-aszetischen Zwecken
dienlich seien.
3 So schon Ibn Ezra. Vgl. S. Euringer, Der gegenwartige Stand der
Bibelforschung im katholischen Italien (ThQ 79, 177 216) 203; J. Parisot,
Exegese musicale de quelques titres de Psaumes (Rb 7, 589 595; 8, 117
bis 123). Auch nVc., welches in 40 Pss 7imal vorkommt (vgl. noch Hab
3> 3 9 1 3)> erklaren manche als musikalisches Zeichen. Vgl. V. Zapletal O. P.,
Das Sela in den Pss (Alttestamentliches [s. o. S. 142*] 139 157); anders
J. van Gilse, Sela (TthT 9, 377 402); R. Stieb, Sela und diapsalma. (Eine
Eigenart der hebraischen Poesie) (NkZ 24, 666 679).
4 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 87 halt fur authentisch, was durch 3H und
bezeugt ist. riss, das dem haufigen ijSjto^ zu Grunde liegt, kommt
aufier in den Pss erst Hab 3, 19 und Chr vor.
5 EBK (s. o. S. 234 *) Nr II: Utrum ex concordantia textus hebraici cum
graeco textu alexandrino aliisque vetustis versionibus argui iure possit titulos
psalmorum hebraico textui praefixos antiquiores esse versione sic dicta LXX
virorum; ac proinde si non directe ab auctoribus ipsis psalmorum, a vetusta
saltern iudaica traditione derivasse? Resp.: Affirmative* (D. 11 2130). Vgl.
Me"chineau (s; o. S. 234 6 ).
6 W. Staerk, Zur Kritik der Psalm-Uberschriften (ZatW 12, 91 151).
Nr. 347 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 3. Das Buch der Pss. 237
>ws der Kuschite aus 2 Sm 18, 31 if.; der Beiname Benjaminite und
der Inhalt des Psahnes fuhrt eher darauf hin, an ^wp (2 Sm 16, 5 ff.)
zu denken. Ps 34, i meint i Sm 21, 10 16; aber wegen der Ahnlich-
keit der personlichen Umstande und Verwandtschaft in sachlichen Ziigen
mit Gn 26, iff. ist von da der Name Abimelek statt Akis eingesetzt.
Zu Ps 52, 2 vgl. i Sm 21, 8 ff., zu 60, i vgl. 2 Sm 8, 13 f.; i Chr 18, 12 1 .
Ps 72 und 144 sind doch wohl auf Salomo und David gedichtet,
tragen aber beide Namen als Verfasser an der Spitze. Der geschicht-
liche Wert der tiberschriften ist demzufolge durch eine kritische Unter-
suchung im einzelnen festzustellen 2 .
99. Herkunft der einzelnen Psalmen.
347. Der Verfasser eines Psalmes ist bekannt, wenn er durch
eine kritisch gesicherte Uberschrift bezeugt ist. DaC alle Psalmen
von David stammen, ist meist nur aus dem Namen des davi-
dischen Psalteriums 3 geschlossen und im Ernst ofter in alter
Zeit 4 , vereinzelt freilich auch in neuerer Zeit 5 behauptet worden 6 .
Sicher ist David der alteste 7 unbestritten anerkannte Verfassername
1 Hennen, Die historischen Notizen einzelner Psalmeniiberschriften (Pb 30,
261 264).
2 EBK (s. o. S. 234 *) Nr III: Utrum praedicti psalmorum tituli, iudaicae
traditionis testes, quando nulla ratio gravis est contra eorum genuinitatem,
prudenter possint in dubium revocari? Resp. : Negative 8 (D. u 2i3i).
Schlogl (s. o. S. 232) xi f. sucht bestrittene Uberschriften noch als echt fest-
zuhalten.
3 Vgl. TO, TOO Aavrib 2 Makk 2, 13.
4 Vgl. Talmud, b. Baba batra f. 14 b , wo iibrigens auch noch andere
Verfasser bei einzelnen Pss in Verbindung mit David genannt werden;
Augustinus, De civit. Dei 17, 14 (credibilius [M 1 41, 547f.]); Theodor von
Mopsuestia (vgl. F. Baethgen, Siebzehn makkabaische Pss nach Theodor
von Mopsuestia [ZatW 5, 53 101; 6, 261 288; 7, i 60]), der aber seine
makkabaischen Psalmen von David in prophetischem Geiste verfaCt sein
laflt (M & 66, 673 f.).
5 Z. B. F. X. Patrizi S. J., Cento salmi tradotti dal testo ebraico e corn-
men tati, Rom 1875.
6 Dagegen EBK (s. o. S. 234*) Nr. I: Utrumappellationes ,Psalmi David',
,Hymni David', , Liber psalmorum David', ,Psalterium Davidicum', in antiquis
collectionibus et in Conciliis ipsis usurpatae ad designandum Veteris Testa-
ment! Librum CL psalmorum; sicut etiam plurium Patrum et Doctorum sen-
tentia, qui tenuerunt omnes prorsus Psalterii psalmos uni David esse ad-
scribendo's, tantam vim habeant, ut Psalterii totius unicus auctor David haberi
debeat? Resp.: Negative* (D. n 2i29).
7 Abraham wird zu Ps 89 vom genannt. Ps 90 ist nach alien Texten
von Moses. Der Inhalt liefert keine entscheidenden Anhaltspunkte gegen
238 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 347
im Psalterium und kommt am haufigsten vor (Ps 3 9 1 , u 32,
3441, 5165, 68 70, 86, 101, 103, 108110, 122, 124, 131,
!33> !38 145, also 73 davidische Pss 2 ). Wahrend bei manchen
dieser Psalmen der Inhalt gegen davidische Herkunft spricht 3 ,
mufi anderseits Davids Psalmendichtung nicht auf die Lieder
beschrankt sein, welche die Uberlieferung in den verschiedenen
Texten ihm zuerkennt 4 . Den neueren Versuchen gegeniiber,
moglichst wenige Psalmen dem David zuzuschreiben 5 , ist auf die
Stellen des AT zu verweisen, welche dem David eine wichtige
Rolle in der religiosen Dichtung des jiidischen Gottesdienstes
zuschreiben (2 Sm 23, i 6 ; Am 6, 5 ; 2 Chr 7, 6; 29, 30). Die hohe
Zahl der einwandfreien Psalmenuberschriften, die David als Ver-
fasser nennen, stimmt zu diesen geschichtlichen Angaben 7 .
diese Uberlieferung. Jedenfalls ist der Psalm nicht auf Moses (so HDB 4, 1 5i b f.)
gedichtet.
1 Da Ps 9 10 eine Einheit bilden, gehort auch Ps 10 tatsachlich dem
David an.
2 und 33 lassen die Zuweisung an David bei 122 (> s ), 124
O s ), (131 > T , i33> AT ) aus, schreiben ihm aber dafiir noch 33, 43
(zu Ps 42 gehorend), 71, 91, 93 99, 104, 137 (also insgesamt 84 bzw. 85
Psalmen) zu.
3 So kann der Bestand des Tempels (5, 8; 63, 3; 69, 10; 138, 2; vielleicht
reicht zur Erklarung solcher Stellen auch das Heiligtum zur Zeit Davids
hin), das Exil (14, 7:51, 20 f.), auch aramaische Sprachform dagegen geltend
gemacht werden.
4 Vielleicht ist Ps 105 nach i Chr 16, 7 22 von David verfafit, nicht blofi
von ihm bei Asaph angeregt. Das gleiche gilt von dem unmittelbar folgenden
Psalm i Chr 16, 23 33, der eine andere Form von Ps 96 ist. Auch Apg 4,
2 5; Z 3> 33 un( i Hebr 4, 7 konnen so verstanden werden, dafi sie Ps 2 bzw.
Ps 96 dem David unmittelbar als Verfasser zuweisen, sie nicht blofi zum
davidischen Psalterium rechnen.
5 Minocchi (s. o. S. 236 *) erkennt nur ein Bruchstiick von Ps 18 als davidisch
an. J. Wellhausen (vgl. Cornill [s. o. S. 2 4 ] 7 233) wollte sogar in Frage stellen,
ob iiberhaupt Psalmen in die vorexilische Zeit zuriickreichen.
6 23: egregius psaltes Israel*. Die sonstigen Nachrichten iiber Davids
Lieder bestatigen, dafi die 33 die sonst auch anders deutbare Stelle richtig
iibertragen hat (so auch Kautzsch [s. o. S. n] I 4 , 488 a ).
7 EBK (s. o. S. 234 ! ) Nr. IV: Utrum si considerentur Sacrae Scripturae
haud infrequentia testimonia circa naturalem Davidis peritiam, Spiritus Sancti
charismate illustratam in componendis carminibus religiosis, institutiones ab
ipso conditae de cantu psalmorum liturgico, attributiones psalmorum ipsi
factae turn in Veteri Testamento, turn in Novo, turn in ipsis inscriptionibus,
quae psalmis ab antique praefixae sunt, insuper consensus ludaeorum, Pa-
Nr. 349 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 3. Das Buch der Pss. 239
348. Nachst Moses (zu Ps 90) wird, abgesehen von David, S a 1 o m o
zu Ps 72 und 127 als Verfasser genannt 1 . Asaph (i Chr 15, 17 ; 16, 5 ;
Neh 12, 45 f. usw.) verfafite 12 Psalmen (50 und 73 83 2 ). n Psalmen
(42, 44 49, 84, 85, 87, 88) tragen die Uberschrift von denSohnen
K o r a h s, Abkommlingen des Korah 3 von Nm 16 (vgl. Nm 26, 1 1 ; i Chr
9, 19), ein Anzeichen, dafi diese Psalmen ehedem in einer Sammlung von
Liedern standen, die von einzelnen Korahiten (vgl. Heman fur Ps 88 ;
i Chr 15, 17; 25, iff. ; 2 Chr 5, 12 ; 29, 14) verfafit wurden. Vielleicht
ist auch Etan, dessen Psalm (89) sich an die korahitische Sanimlung
anschlieftt, ein Korahite (i Chr 6, 29; 15, i7) 4 . Er wird vielfach mit
Idutun zusammengestellt 5 , der aber wohl nur als Sangesmeister in
Betracht kommen kann, da die Psalmen, iiber denen sein Name
steht (Ps 39; 62; 77), daneben noch einen andern Verfassernamen
haben 6 .
349. Die Psalmen, welche keinenVerfassernamenan der Spitze
tragen (vj/aXuoi dbecnroTOi), 50 (911) bis 30 (@ p ) an Zahl 7 , sind auf Grund
trum et Doctorum Ecclesiae, prudenter denegari possit praecipuum Psalterii
carminum Davidem esse auctorem, vel contra affirmari pauca dumtaxat eidem
regio Psalti carmina esse tribuenda? Resp.: Negative ad utramque partem
(D. n 2I32).
1 Ps 72 endigt mit der Schlufiformel fur die davidischen Pss (daher hat
wohl dc, I., iibertragen); das Bild von der koniglichen Herrlichkeit bezog
man auf Salomo. Ps 127 (die Zuweisung an Salomo fehlt in @ p ) enthalt in
V. 2 das Wort ~"~*; das mag an den Namen Salomos F^T"? ( 2 ^ m I2 > 2 5)
erinnert haben.
2 & schreibt ihm auch Ps 101 zu. Ps 50 ist durch eine Sammlung
meist davidischer Psalmen von der Hauptgruppe der Asaphpsalmen ab-
gesprengt. Da der Name Asaph einer bestimmten Personlichkeit aus der
Zeit Davids zugehort, wird man dabei schwerlich an Asaphiden denken
diirfen , selbst wo der Inhalt mit der Zeit des davidischen Asaph nicht
zusammenstimmt (vgl. Zenner [s. o. S. 232] 17).
3 & und verlegen Ps 44 f. bereits in die Zeit des Moses am Berge
Horeb.
4 Wenn der Zusatz der Ezrahite rich tig ware, wiirde er dem Stamme
Juda angehoren.
5 So E. Konig, Hebraisches und aramaisches Worterbuch, Lp. 1910, s. v.
!?"
6 (nicht bei Swete [s. o. S. I77 2 ]) und 93 fiigen bei Ps 137 (136), 23 bei
Ps 65 (64) zu psalmus David noch ein Hieremiae; Aggaus und Zacharias
werden genannt von zu Ps 146 148 (145 148), von @ p zu 125, 126,
145148, von 93 (Cod. Amiatinus auch zu in [no]) zu in (112) und 146
(145), Aggaus mit Jeremias von zu Ps 6, Zacharias allein noch von AT zu
Ps 138 (137) und 139 (138).
7 Nach Cornely (s. o. S. 2 3 ) 2,2 2 , 106.
240 * Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 350
des Inhalts 1 , literarischer Verwandtschaft 2 und der Sprache zu da-
tieren. Aus solcherlei Anhaltspunkten kann nur ein ungefahrer Zeit-
raum erschlossen warden, und derartige Ergebnisse konnen keine
grofie Sicherheit beanspruchen. Das trifft besonders fur die Annahme
mancher kritischen Exegeten zu, welche die Psalmen weit iiberwiegend
der nachexilischen Gemeinde zuteilen 3 .
350. Auch die Datierung von Psalmen in die makkabaische Zeit
lafit sich nur durch innere Griinde stiitzen 4 . Ihre Unsicherheit erhellt
daraus, dafi die Zahl der angeblich erweisbaren makkabaischen Psalmen
stark schwankt 5 . Ausgeschlossen sind makkabaische Psalmen keines-
wegs. Die Bibliothek des Nehemias (2 Makk 2, 13) hat in dem
TCI TOU Aauib vielleicht blofi einen Teil unseres Psalmenbuches um-
fafit. Der Abschlufi des Kanons in seinem dritten Teile ist nicht
sicher in vormakkabaische Zeit zu verlegen. Die scheint nicht viel
vor 130 v. Chr. vollendet gewesen zu sein, so dafi in i Makk 7, 17
auch ein angeblicher makkabaischer Psalm, wie 79 (78), 2 f., nach
verwendet werden konnte. Gebrauch der hebraischen Sprache und
Psalmendichtung ist durch die Psalmen und Oden Salomes (s. u. 197,
Nr. 671) noch fur das i. Jahrhundert v. Chr. bezeugt. Aber es konnen
nicht gar viele makkabaische Psalmen gewesen sein. Denn die all-
mahliche Entstehung des Psalmenbuches aus einzelnen Sammlungen
spricht fur den vormakkabaischen Ursprung des grofiten Teiles.
verstand die Uberschriften der Psalmen zum Teil nicht mehr und lafit
darum nur Raum fur den einen oder andern nachtraglich eingesprengten
makkabaischen Psalm. Beachtet man zudem die Schwa' che der inneren
Beweise fur die Datierung, so wird man sich nicht wundern, wenn
gerade von den vier hauptsachlich fur makkabaisch gehaltenen Psalmen
Ps 44 und 74 tatsachlich schon in Sir (ca. 180 v. Chr.) verwendet
werden 6 . Wenn demnach makkabaische Psalmen auch nicht unmog-
lich sind, so ist doch ein tatsachlicher Nachweis keineswegs erbracht 7 .
1 Hieronymus schlofi sich der Ansicht der Juden an, welche anonyme
Psalmen dem Verfasser des vorhergehenden benannten Psalmes zuschrieben
(vgl. Ep. 140 [139] ad Cyprianum [M 1 22, 1167]).
2 Vgl. W. Campe, Das Verhaltnis Jeremias zu den Psalmen. Ein Beitrag zur
Frage nach dem Alter der Psalmen, Diss. Halle a. S. 1891.
8 So Duhm (s. o. S. 2I9 9 ). * Goossens (s. o. S. 219").
5 Duhm (s. o. S. 2I9 9 ) 2 xxff. halt die meisten Psalmen fur makkabaisch;
W. Staerk (Zwei makkabaische Liederbiicher im Psalter [ZwTh 50, 81 91])
versteht darunter die Korah- und Asaph-Psalmen. Die gemafiigten Vertreter
makkabaischer Psalmen verlegen gewohnlich Ps 44, 74, 79 und 83 in eine
so spate Zeit (vgl. Cornill [s. o. S. 2 4 ] 7 237).
6 Vgl. S. Schechter and C. Taylor, The wisdom of Ben Sira. Portions of
the book Ecclesiasticus from Hebrew Mss in the Cairo genizah collection,
Cambridge 1899, 26 J .
7 EBK (s. o. S. 234 1 ) Nr. VII: Utrum sententia eorum inter recentiores
scriptorum, qui indiciis dumtaxat internis innixi vel minus recta sacri textus
Nr. 352 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 3. Das Buch der Pss. 241
100. Art und Zeit der Sammlung der Psalmen 1 .
351. Die einzelnen Psalmen sind je fur sich gesondert entstanden ;
das ergibt sich aus ihrer verschiedenartigen Stimmung; auch
lassen Anzeichen je eine besondere Gelegenheit erkennen, bei
der sie verfafit sind. Nach verschiedenen Merkmalen haben sich
kleinere und grofiere Gruppen gebildet. Schliefilich sind sie
wohl zu liturgischen Zwecken in ein Buch zusammengefugt
word en.
352. Geschichtliche Nachrichten sprechen dafiir, dafi die Sammlung in
zeitlichem Abstand sich ofter wiederholt hat (i Chr 16, 4ff. [David], 2 Chr
23, 18 [ c Atalja], Ezr 3, 10), ohne dafi festzustellen ist, um welche Gruppe
von Pss es sich dabei handelt. Auch das Pss-Buch selbst liefert An-
haltspunkte fur seine Geschichte. Die kleineren Abteilungen mit gleich-
artigen Pss lassen nicht erkennen, ob sie dem letzten Bearbeiter des
Pss-Buches schon als zusammengefugte Teile vorlagen (Ps 42, 44, 45,
52 55 [^?ty?], 56 60 [=*??'?], 9599 [K6nigspsalmem>], 105 107
(V^ri], m ii3 2 + 146 150 [ir^%! 3 ]. Dagegen bestanden als Gruppen
schon vor der Zusammenstellung unseres Buches die davidischen Psalmen
(Ps 3 41), die Korahpsalmen (Ps 42 49 + 84 85 4-87 88), die
zweite Abteilung davidischer Psalmen (Ps 51 70), die Asaphpsalmen
(Ps 50 + 73 83), wobei letztere drei Gruppen aus nicht mehr feststell-
baren Griinden ineinander hineingeschoben wurden, und die Gradual-
psalmen (Ps 120 134). Ebenso kann man aus manchem andern auf
ehedem selbstandige Sammlungen schliefien, so daraus, dafi die Gottes-
namen Jahwe und Elohim verschieden haufig gebraucht werden 4 , dafi
Ps 90 150 verhaltnismafiig wenig Uberschriften haben, dafi Psalmen
und Psalmstiicke sich in den verschiedenen Teilen wiederholen
(i4 = 53J 3*> 24 = 7i, i3; 40, 1418 = 7; 57, 8i2 + 60,
7 14 = 108, 2 6 + 7 14)- Wer die Schlufiformel Ps 72, 20 (zu
interpretatione demonstrare conati sunt non paucos esse psalmos post tem-
pora Esdrae et Nehemiae, quin imo aevo Machabaeorum, composites, pro-
babiliter sustineri possit? Resp.: Negative* (D. 11 2135).
1 W. Riedel, Zur Redaktion des Psalters (ZatW 19, 169 172).
2 Ps 113 118 wurden als Hallel-Psalmen zusammengefafit und am
Paschafest gebraucht. Uber die verschiedene Bedeutung von Hallel vgl.
Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 2 3 , 294 Anm.; King, The Hallel (Exp 1889, Febr., 121
bis 135).
3 Hie und da sind Psalmen nach aufierlichen Gesichtspunkten zusammen-
gestellt; vgl. Delitzsch (s. o. S. 232) 5 i6f.
4 Ps 141: 2/2mal Jahwe und I5mal Elohim; Ps 42 84: 48 + 208;
Ps 85 150: 360 + 9 (nach Konig [s. o. S. 2 2 ] 404; etwas anders gruppiert
Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, 2 2 , 81). Ps 14= 53 ist in der ersten Gruppe Jahwe-
psalm, in der zweiten Elohimpsalm.
Goettsfoerger, Einleitung in das AT. l6
242 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 353
Ende sind die Psalmen Davids) schrieb, wird die davidischen Psalmen
in den spateren Teilen des Psalmenbuches noch nicht gekannt haben 1 .
353. Das Psalmenbuch wird seit alter Zeit 2 in fiinf Biicher
(Ps i 41; 42 72; 73 89; 90 1 06; 107 150) eingeteilt. Von
den Doxologien, welche die fiinf Biicher schlieCen, ist die des
vierten Buches (Ps 106, 48) schon in I Chr 16, 36, also 300 v. Chr.
bezeugt 3 ; die iibrigen waren wenigstens in der Zeit der schon
vorhanden. Diese Einteilung ist weder durchgangig als Nieder-
schlag einer fiinfmaligen Erweiterung der Psalmensammlung zu
erweisen 4 , noch ausschliefilich nachtraglicb, etwa nach dem Vor-
bilde des Pentateuchs 5 , im abgeschlossenen Psalmenbuch ein-
gefiihrt worden. Die Einschnitte, welche die allmahliche Sammlung
ergab, sind nachtraglich absichtlich zur Fiinfzahl erganzt worden.
354. Infolge fortgesetzter Sammeltatigkeit haben sich nach
Art der vereinigten Pss des ersten Pss-Buches (Ps i 41, davidische
Psalmen) das zweite (Ps 42 72 mit der Schlufiformel fiir die davidi-
schen Pss) und das dritte Pss-Buch (Ps 73 89, endigt mit den korahi-
tischen Pss) gebildet, wahrend das vierte und fiinfte, ursprunglich zu-
sammenhangend, so getrennt wurden, dafi gerade ein Psalm, mit 'n*"
beginnend (Ps 107), von den beiden gleichartigen Genossen (Ps 105 f.)
abgeschnitten wurde. Diese nachtragliche kiinstliche Trennung ver-
folgt die Absicht, entweder eine Fiinfzahl von Teilen herzustellen oder
die unverhaltnismafiig grofie Gruppe in kleinere, zu den vorausgehen-
den eher passende Teile zu zerlegen. Versuche, die einzelnen Samm-
lungen zu datieren, sieetwa auf David, Irlizkijja, die Manner des Hizkijj a,
Josias und Ezra zuriickzufiihren, konnen sich auf keine beachtenswerten
Griinde stiitzen.
355. Die Psalmen Salomos (s. u. 197, Nr. 671), die das davi-
dische Psalterium fortsetzen wollen (i. Jahrh. v. Chr.), und i Makk
1 Auch die Metrik ist beniitzt worden, um Sammlungen zu unterscheiden ;
vgl. Grimme, Psalmenprobleme (s. o. S. 21 5 l ] 139 fif.
2 Bezeugt im Midras Tehillim (A. Wiinsche, Midrasch Tehillim oder hag-
gaddische Erklarung der Pss. Nach der Textausgabe von S. Buber zum.
erstenmale hrsg., Trier 1892, 2), bei Hippolyt, In Psalm, fragm. 8 (M s 10,
720), Origenes, In Psalm. (M e 12, 1056), Hieronymus, Prol. gal.
3 V. 48 gehort nicht notwendig zum Aufbau des Psalmes (so Wiesmann
[s. o. S. 22i 3 ] 352), ist also doch wohl Schlufidoxologie fiir das 4. Pss-Buch.
Schwerlich hat ein Psalmdichter i Chr 16, 34 ( Ps 106, i) und 35 f. (= Ps 106,
47 f.) als Anfang und Schlufi zu einem umfangreichen Psalm erweitert; viel
eher ist in i Chr 16 Ps 106 in abgekiirzter Form mit Beginn und Ende aus
dem Psalterium aufgenommen worden. Anders Kefiler (s. o. S. 232) ixf.
4 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , I55f.; Zenner (s. o. S. 232).
5 So Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 234.
Nr. 356 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 3. Das Buch der Pss. 243
7, 17, wo Ps 79, 2 f. in der -Form verwendet ist (i. Jahrh. v. Chr.),
zwingen dazu, den Abschlufi der ganzen Sammlung iiber
die Mitte des I . Jahrhunderts v. Chr. zuriickzuverlegen ; der Uber-
setzer von Sir (ca. 130 v. Chr.) hat wohl bereits die griechische
Ubersetzung vor sich gehabt, so dafi die Sammlung des hebraischen
Psalters schon friiher, spatestens um 150 v. Chr., vorlag. Da aber
i Chr 1 6, 3 6 schon eineTeilung der letzten beidenPss-Biicher voraus-
setzt, wird man die ganze Psalmensammlung vor 300 v. Chr. an-
setzen diirfen 1 . Die Uberschriften sind zum Teil liturgischen
Inhalts, und sprachliche Anzeichen weisen in spate, nachexilische
Zeit, so dafi, wenn diese Texbestandteile als Beigaben zur Samm-
lung der einzelnen Psalmen betrachtet werden diirfen, das Exil der
friiheste terminus a quo fur die ganze Sammlung sein diirfte.
101. Der Text des Psalmenbuches 2 .
356. Schon der hebraische Text der Pss hat eine Entwicklung
durchgemacht 3 . Die (U fufit auf einem Text, der* alter ist als
der 9Qlt, sich aber von ihm nicht viel unterscheidet, und hat durch
Wortlichkeit in der Wiedergabe der Vorlage und Fehler mannig-
facher Art das Verstandnis des Sinnes sehr erschwert 4 . In der
lateinischen Kirche sind im Laufe der Zeit vier Formen des
Psalteriums heimisch geworden. Das Psalterium vetus gehort
der sog. Itala oder altlateinischen Ubersetzung (s. u. 223,
besondersNr. 771) an 5 und ist wortlich und in ungelenker Sprach-
1 Wer makkabaische Pss anerkennen zu sollen glaubt, miifite sie als Er-
weiterung der abgeschlossenen Sammlung betrachten oder letztere moglichst
nahe an 150 v. Chr. heranriicken.
2 F. Baethgen, Der textkritische Wert der alten Ubersetzungen zu den
Pss (Jahrbiicher f. prot. Theol. 8 [1882], 405459 593667). Ecker (s. o. S.
208). E. Nestle, Psalterium tetraglottum, graece, syriace, chaldaice, latine
(Cod. Amiatinus), Tiib. 1879. Wutz (s. o. S. 194 2 ) I XLVIII.
3 Vgl. EBK (s. o. S. 234 *). Ps 18 und 2 Sm 22 weisen iiber 70 Varianten
auf. B. Jacob (Beitrage zu einer Einleitung in den Psalter [ZatW 16, 129 181
265 291] I5iff.) glaubt mehrere Redaktionen feststellen zu konnen.
4 A. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters. Nebst einem Anhang:
Griechische Psalterfragmente aus Oberagypten nach Abschriften von W. E.
Crum (Septuagintastudien 2), Gott. 1907. Nach Wutz (s. o. S. 194 2 ) in ist
die Pss-Ubertragung eine der sorgfaltigsten Arbeiten der -Ubersetzer ; jedoch
vgl. sein Urteil iiber den Zustand der Vorlage a. a. O. vii.
5 *P. Capelle, Le texte du Psautier latin en Afrique (Collectanea biblica
latina. Cura et studio monachorum S. Benedicti, 4), Rom 1913. Zu einem
16*
244 * Teil. D* e Biicher des AT im einzelnen. Nr. 357
form aus der iibersetzt *. Erne erste Revision durch Hierony-
mus schuf das Psalterium Romanum (s. u. 224, Nr. 772) 2 . Mit
der raschen und unvollstandigen Arbeit nicht zufrieden, fertigte
Hieronymus eine zweite Revision nach der Hexapla des Origenes
(s. u. 224, Nr. 773), das Psalterium Gallicanum 3 , das in die
33-Ausgaben Aufnahme fand. Als sich der gleiche Kirchenvater
daran machte, das ganze AT aus dem Hebraischen unmittelbar
ins Lateinische zu iibertragen, entstand eine neue Form des
lateinischen Psalteriums, das Psalterium iuxta Hebraeos 4 , das
aber im Unterschied von den iibrigen Biichern der Ubersetzung
des Hieronymus nicht in den offentlichen kirchlichen Gebrauch
Eingang fand 5 .
4. Das Buch der Spriiche.
102. Name. Literatur.
357. rfcibtp ^WK (= Denkspriiche Salomos [i, i]), ibttti (= Misle
bei Hieronymus, Prol. gal.; auch Masaloth [Cod. Amiatinus; =
itlbiWa]; vgl. Mtcr\uu0 bei Origenes [Eusebius, Hist. eccl. 6, 25, 2]),
TTapoiuiat Z(X\UJUUJVTOC; 6 , Liber Proverbiorum (= Buch der Sprich-
Psalterium von Monte Casino vgl. A. M. Amelli O. S. B., Liber Psalmorum
iuxta antiquissimam latinam versionem nunc primum ex Casinensi cod. 557 ...
in lucem profertur (Collect, bibl. lat. i), Rom 1912. Der Text mufi aber ziemlich
spat datiert werden. Vgl. A. Allgeier, Das Psalterium Casinense und die
abendlandische Psalmeniiberlieferung (Rom. Quartalschrift 34, 28 45).
1 Veroffentlicht bei Sabatier (s. u. 223, Nr. 771 Anm.).
2 M 1 29, 119 398: Liber Psalmorum iuxta Septuaginta interpretes ab
Hieronymo semel et iterum emendatus atque in hac editione obelis et aste-
riscis ab eodem illustratus. Uber den praktischen Gebrauch des Psalte-
rium Romanum vgl. u. 224, Nr. 772 Anm.
3 Zum Namen des Psalterium Gallicanum vgl. u. 224, Nr. 773.
4 M 1 28, 1189 1306. *J. Ecker, Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi in
seinem Verhaltnis zu Masora , LXX , Vulgata mit Beriicksichtigung der
iibrigen alien Versionen untersucht, Trier 1906 (aus der Festschrift zum
Bischofsjubilaum) (der Text von 50 ausgewahlten Psalmen ist hier veroffent-
licht). J. M. Harden, Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi. With introduction
and apparatus criticus, Ld. 1922.
5 33-Text mit Ubersetzung aus dem 921 vereinigen S. Landersdorfer O. S. B.,
Die Pss lateinisch und deutsch, Regensburg 1922 ; F. Wutz, Die Psalmen
des Breviers textkritisch untersucht, Miinchen 1926.
6 Auch der Name oocpia u. a. kommt vor (z. B. Klemens von Rom, I Cor. 57;
Eusebius, Hist. eccl. 4, 22, 9).
Nr. 359 B. Die poet. Biicher u. Lehrschr. 4. Das Buch der Spruche. 245
worter [Nebenbedeutung von Trapoijiiai]), Spruche (auch Sprich-
worter 1 ) (Prv, Spr).
358. Franz Delitzsch, Das salomonische Spruchbuch (BC 4, 3), Lp 1873.
W. Frankenberg, Die Spruche iibersetzt und erklart (GHK 2, 3, i), Gott.
1898. Knabenbauer (s. o. S. 2i6 6 ). N. Peters, Die Weisheitsbiicher des
AT. Ubersetzt und durch kurze Anmerk. erl. nebst einem textkrit. Anhang,
Mstr. i. W. 1914. H. L. S track, Die Spruche Salomos iibers. und ausgelegt
(KK A 6, 2) 2 , Miinchen 1899. C. H. Toy, A critical and exegetical commen-
tary on the book of Proverbs (IcC), Edinburgh 1899. H. Wi e s m a n n S. J., Das
Buch der Spruche iibersetzt und erklart (H SAT 6, i), Bonn 1 923 . G.Wildeboer,
Die Spruche erklart (KHK 15), Frb. i. Br. 1897. J. K. Zenner S. J., Das
Buch der Spruche. Aus seinem NachlaC hrsg. und erganzt von H. Wies-
mann S. J. (BZ 8, 138145 ; 9, 1826 120129 244256) (Kap i, 4, 7, 9).
103. Inhalt des Buches der Spruche.
359. Prv 1st em hervorragendes Denkmal der Spruchliteratur,
welche der alte Orient mit Vorliebe pflegte 2 . In dichterischer
Form 3 , gehobener Sprache, wechselvollen Bildern, parallelem Bau
1 O. Eififeldt, Der Maschal im AT. Eine wortgeschichtliche Untersuchung
nebst einer literargeschichtlichen Untersuchung der \>tya genannten 'Gattungen,
Volkssprichwort und Spottlied (24. Beih. z. ZatW). Giefien 1913.
2 Vgl. J. Earth, Arabische Parallelen zu den Prv (Festschrift f. D. Hoff-
mann, B. 1914, 38 45); Grefimann (s. o. S. 12) i, 201 if.; S. Langdon, Baby-
lonian proverbs (AmJsemL 28, 217243). Nicht blofi Parallelen, sondern
eine Quelle fur Prv 22, 17 23, n glaubte man finden zu diirfen in den
Lehren des Amen-em-ope (veroffentlicht in A. W. Budge, Facsimiles of Egyp-
tian hieratic papyri in the British Museum, 2 nd series, Taf. i 14, Ld. 1923).
Vgl. dazu A. Erman, Das Weisheitsbuch des Amen-em-ope (OrLz 27, 241
bis 252); H. Grefimann, Die neuaufgefundene Lehre des Amen-em-ope und
die vorexilische Spruchdichtung (ZatW N. F. i, 272 296); * H. Grimme,
Weiteres zu Amen-em-ope und Prv (OrLz 28, 57 62); H. O. Lange, Das
Weisheitsbuch des Amen-em-ope aus dem Papyrus 10, 474 des British Mu-
seum hrsg. u. erkl. (Det kgl. Danske Videnskabernes Selskab, hist.-fil.
Meddelser n, 2), Kopenhagen 1925; J. Theis, Die Lehre des Amen-em-ope,
eine agyptische Quelle des biblischen Spruchbuches (Pb 36, 256 269);
H. Wiesmann S. J., Eine agyptische Quelle der Spruche Salomons? (BZ 17,
4350). Der Zeit, in welcher man die Spruchliteratur sehr spat ansetzte,
entstammt die Meinung, dafi die griechische Philosophic auf Prv eingewirkt
habe; vgl. M. Friedlander, Griechische Philosophie im AT. Eine Einleitung
in die Pss- und Weisheitsliteratur, B. 1904; E. Sellin, Die Spuren griechischer
Philosophie im AT, Lp. 1905.
3 Nach A. Muller and E. Kautzsch, The book of Proverbs. Critical edition
of the Hebrew text with notes (SBOT 15), Lp. 1901, 32 liegt schon im Titel
246 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 360
der Verse, bald in einzelnen aneinandergereihten Distichen, bald
in durchgefuhrten kleineren Gedichten wird Spruchweisheit dar-
geboten, das eine Mai in willkurlich scheinender Anordnung,
dann wiederum nach Stichworten zusammengefiigt oder auch
nach sachlichen Gesichtspunkten aufgereiht. Selten und nur auf
kurze Strecken lost eine fortlaufende Gedankenentwicklung den
vorherrschenden aphoristischen Aufbau ab.
360. Die Gegenstande, welche die Spruchliteratur beriihrt, wechseln
ungemein. Die Rede des hebraischen Weisen 1 bewegt sich zwischen
tiefer Lebensweisheit und praktischer, niitzlicher Biirgermoral, zwischen
ernstem Rat fiirs Leben und geistreichem Spiel des Witzes bin und her.
Eine einfache Mahnung zum Guten und Niitzlichen geht iiber in Gebet
um Gottes Schutz, er moge vor zu grofiem Gliick bewahren, daft man
Jahwe nicht vergesse (30, 7 9), und macht dann einem Zahlenspiel
Platz (30, 15 33; vgl. 6, 1 6 19). Ein banaler Lebensgrundsatz (z. B.
26, 14) kommt neben eine Weisheitslehre in Ratselform zu stehen
(30, 24 ff.). Ein kurzes, schlaglichtartiges Gleichnis wachst sich ander-
warts zu einer geschlossenen Erzahlung aus (24, 30 34). Ein einzelner
Lehrspruch geht in eine langer durchgefiihrte Abhandlung iiber.
361. Die Lebensweisheit, welche in Prv gelehrt wird, bewegt sich nicht
immer auf der Hohe der menschlichen und gottlichen Ideen; sie lafit
sich auch zum Kleinen, Alltaglichen herab (vgl. 26, 17; 22, 26). Vielfach
geht die Mahnung vom Niitzlichkeitsstandpunkt (zeitlicher Nachteil,
Schande vor den Menschen, Wahrung des guten Rufes) aus, weil ein
solcher bei der vorherrschenden menschlichen Denkart am wirksamsten
ist 2 . Hohere Beweggriinde sind aber keineswegs ausgeschlossen. So
spielen auch die natiirlichen sittlichen Tugenden eine bedeutsame
Rolle. Mit dem Satze: Die Furcht des Herrn ist der Anfang der
Weisheit (i, 7 ; 9, 10), erhalt die ganze Lehre in Prv eine religiose
Grundlage. Wenn dabei die religiosen Sonderinteressen des Volkes
Israel weniger in den Vordergrund treten 3 , so hat dafiir das Spruch-
buch viel dazu beigetragen, durch die Darstellung der personlichen
Weisheit in Gott und neben Gott das gottliche Wesen tiefer kennen
(von assyr. mislu = Halfte = Stichos in einem Verse) ein Hinweis auf die
rhythmische Anlage des Buches.
1 niteirt nennen sich die Weisheitslehrer selbst, und so werden sie von andern
genannt. Jer 18, 18 werden sie zwischen Priestern und Propheten eingereiht,
als ob sie wie diese, in einer bestimmten Zeit wenigstens, zu den fiihrenden
Standen des israelitischen Volkes gehort batten.
2 Vgl. A. V. C. P. Huizinga, Is Proverbs utilitarian? (Bs 64, 6675).
3 Theodor von Mopsuestia ({ 428) hat deshalb die Kanonizitat von Prv
bestritten, worauf das 5. allgemeine Konzil von Konstantinopel (553) ihn ver-
urteilte; vgl. L. Pirot, L'ceuvre exegetique de Theodore de Mopsueste (Splb),
Rom 1913.
Nr. 363 B. Die poet. Biicher u. Lehrschr. 4. Das Buch der Spriiche. 247
zu lehren (Prv 8 f.) 1 . Nicht mit Unrecht hat man die israelitischen
Weisheitslehrer als die Humanisten des israelitischen Volkes erklart,
welche gegeniiber der besonderen, geoffenbarten Jahwereligion mehr das
allgemein Menschliche in der Religion betont haben 2 .
104. Verfasser, Sammler und Entstehungszeit
des Buches der Spriiche.
362. Wie es bei Biichern von der Art des Spruchbuches zu er-
warten ist, kann man nicht zu jedem Spruch den Namen des Spruch-
dichters (VfiJ'D; vgl. Nm 21, 27) setzeri, der ihn gestaltet hat. Viele
Spriiche werden aus dem Volkstum hervorgegangen sein, so dafi
man nur von einem Sammler reden kann. Mehr als anderswo
war es hier naheliegend, dafi auch schon abgeschlossene Samm-
lungen durch neue Spriiche vermehrt wurden. Die Uberschrift
unseres Buches, Spriiche Salomos, ist der Ausdruck einer alten
Tradition, welche in Salomo den Hauptverfasser und Sammler
der Spriiche sieht.
Da in dieser Sammlung selbst wieder einzelne Gruppen als salomo-
nische Spriiche bezeichnet werden und auch Sammler aus der Zeit
nach Salomo ausdriicklich genannt sind, so wird diese Uberschrift auf
Prv im ganzen abzielen. Sie wird deshalb ebensowenig auf Prv i 9
bezogen werden diirfen wie auf irgend eine andere der nachfolgenden
Spruchgruppen. Da 10, i ausdriicklich salomonische Spriiche folgen,
ist Kap. i 9 eher demSalomo abzusprechen 3 , obwohl im
Wortschatz zum Teil eine Ahnlichkeit vorhanden ist 4 . Auch stilistisch
unterscheiden sich beide Sammlungen: i 9 zusammenhangende Ge-
danken, loff. kurze, abgerissene Spriiche.
363. Die umfangreiche Sammlung 10, i 22, 16, welche in 3Qft
die Bezeichnung Spriiche Salomos tragt 5 , erklart allein schon,
1 Steuernagel (s. o. S. 10) 688 mochte darin griechische Anregungen sehen;
vgl. dagegen J. Goettsberger, Die gottliche Weisheit als Personlichkeit im AT
(BZFg, 1/2), Mstr. i. W. 1919.
2 A. Hudal, Die religiosen und sittlichen Ideen des Spruchbuches. Kritisch-
exegetische Studie (Splb), Rom 1914.
8 So u. a. Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 202 f.; Knabenbauer (s. o. S. 2i6 6 ) 13.
4 Vgl. Driver (s. o. S. 9) 434 f. G. Diettrich (Die theoretische Weisheit
der Einleitung zum Buche der Spriiche, ihr spezifischer Inhalt und ihre
Entstehung [StKr 1908, 475 512]) verlegt die Sammlung in die nachexilische
Zeit, versteht dabei aber unter Hurerei Gotzendienst. Uber und gegen
die Datierung in die griechische Zeit vgl. Kuenen (s. o. S. 10) 3, i, 92 if.
5 und & haben sie weggelassen, wohl weil sie angesichts des Titels
vor dem ganzen Buche iiberflussig schien.
248 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 364
wie das ganze Buch a potiori Salomo zugeschrieben werden konnte.
Sie enthalt lose, meist auf Stichworte hin aneinandergereihte
Spriiche, die iiber ein Distichon an Lange selten hinaus-
gehen. Gegeniiber der bestimmten Uberlieferung miissen Be-
denken gegen den salomonischen Ursprung auf Grund des Inhalts
zuriicktreten, zumal aus 3 Rg 5, 12 (35 4, 32) Salomo als Spruch-
dichter bekannt 1st 1 .
Die Zusammenstellung dieser Sammlung ist durch die Uberschrift nicht
auch dem Salomo zugewiesen. Hatte der Verfasser der Spriiche sie aus-
gefiihrt, so ware wohl die Anordnung sachlicher ausgefallen. Die Stel-
lung dieser salomonischen Spruchsammlung im ganzen Aufbau des
Buches legt nahe, daft sie vor Hizkijja abgeschlossen wurde (25, i) 2 . Ein
Anwachsen der Sammlung in spaterer Zeit ist bei der lockeren litera-
rischen Anlage durchaus moglich, und Anzeichen etwaiger j lingerer
Herkunft von einzelnen Spriichen wiirden sich daraus ohne Schwierig-
keit erklaren lassen.
364. Zwei unbenannte 3 kleinere Gruppen von Spriichen,
22, 17 24, 22 und 24, 23 34, leiten zu einer zweiten Samm-
lung salomonischer Spriiche, Kap. 25 29, iiber, als deren
Hersteller die Manner des Hizkijja (Ezechias) 4 ausdriicklich
genannt werden (25, i).
Wenn man Kap. 25 29 mit 10, i ff. zusammenhalt, so widersprechen
Form und Inhalt der salomonischen Herkunft keineswegs. Auch hier ist,
wie bei der ersten salomonischen Spruchsammlung, der Uberschrift
hinreichend Rechnung getragen, wenn ein Grundstock solcher echter
Spriiche anerkannt wird. Bei einzelnen Spriichen kann man Anzeichen
andern Ursprungs finden.
365. Der SchluCteil des Buches enthalt noch dreikleine Sprue h-
sammlungen: Worte Agurs, des Sohnes desjake (30, I 33) 5 ,
1 Eine literarische Fiktion wie bei Koh und Sap darin zu sehen (so W. No-
wack in HDB 4, l4O b ), zwingt nichts.
2 Auch Grefimann (s. o. S. 245) ist auf Grund der erwahnten agyptischen
Parallelen nunmehr geneigt, die Sammlungen von Prv in die vorexilische
Zeit zu datieren. Vgl. Sellin (s. o. S. io) 4 138.
3 Auch wenn man Worte der Weisen (22, 17; vgl. 24, 23) auf die Ver-
fasser bezieht, statt sie blofi im Sinne von Weisheitsspriichen zu verstehen,
ist fur die Herkunft nicht viel gewonnen.
4 Darunter ist zunachst ein Kollegium von Mannern zu verstehen, welche
zur Zeit des Hizkijja und in seinem Auftrage tatig waren. Die erweiternde
jiidische Uberlieferung hat ihnen eine viel ausgedehntere Rolle zugewiesen
(s. u. 1 86, Nr 606).
5 55 (verba congregantis [von ">;s sammeln] filii vomentis [von s" 1 ]? speien])
und ([24, 24] TOU? duouc; X6You<;, uid, cpo^riSnTi KO.I beSduevog auTouc; jneravoei)
Nr. 367 B. Die poet. Biicher u. Lehrschr. 4. Das Buch der Spriiche. 249
meist Spriiche mit Zahlenspielereien ; Worte des Konigs Lemuel* 1
(31, i 9), und ein alphabetisches Lied zum Preise des starken
Weibes (31, 10 3i) 2 .
Fiir die Datierung dieser Sammlungen verweist die Stellung im Buche
auf die Zeit nach Hizkijja. Die aramaische Pluralform r?^ in den
Lemuelspriichen (31, 3) entscheidet fiir nachexilische Entstehungszeit
dieser Gruppe.
366. Das ganzeBuch ist in der Hauptsache zwischen
Hizkijja und der -Ubersetzung, die im wesentlichen alle
einzelnen Sammlungen enthalt, entstanden.
Will man auf den vereinzelten Aramaismas in 31, 3 ein groftes Ge-
wicht legen, so wiirde die Exilszeit als terminus a quo in Frage
komnien. Eine solche Datierung wird durch den Ideengehalt be-
giinstigt. Die nationalen Triebkrafte und das Prophetentum der vor-
exilischen Zeit stehen nicht mehr im Vordergrund; anderseits fehlt
auch noch der ausgepragte Legalismus, der mit der Wiederherstellung
des jiidischen Gemeinwesens einsetzte und im Laufe der Zeit immer
mehr das Gesetz in den Mittelpunkt der jiidischen Interessen riickte.
105. Der Text des Buches der Spriiche.
367. 331 von Prv (mit dem sog. poetischen Akzentsystem [s. o.
S. 222]) und weichen in der Wiedergabe der einzelnen Spriiche
und auch sonst nicht unerheblich voneinander ab.
Aufier Erweiterungen, Auslassungen, Anderungen, Umstellung ein-
zelner Verse, welche der im Unterschiede von 921 eigen sind 3 , und
die sich leicht aus dem lockeren Gefiige des Buches erklaren, ver-
dienen besonders grofiereUmstellungen Beachtung. Nach der Be-
ziiFerung des 32t (und der 25) halt diese Versfolge ein: 24, 22 +
22"-** + 30, 114 + 24, 2334 + 30, 1531, 9 + 2 5> J 2 9> 2 7 +
31, 10 31. Die zweite Gruppe salomonischer Spriiche steht also erst
vor 31, to if. ; 24, 23 34 scheidet die Worte Agurs in zwei Halften.
haben in den Eigennamen Appellativnomina gesehen, wohl well sie die
tiberschrift des ganzen Buches auch auf diese kleineren Sammlungen bezogen.
1 (24, 69) hat auch hier den Eigennamen als ^?5^ = eipnvTai \JTTO 9eoO
punktiert.
2 S. o. 87, Nr. 319.
3 A. J. Baumgartner, Etude critique sur 1'etat du texte du livre des Pro-
verbes d'apres les principales traductions anciennes, These, Lp. 1890. P. de La-
garde, Anmerkungen zur griechischen Ubersetzung der Proverbien, Lp. 1863.
G. Mezzacasa, II libro dei Proverbi di Salomone. Studio critico sulle aggiunte
greco-alessandrine (Splb), Rom 1913.
* 93 29, 27 (oder 28) = 24, 22 a (i. Stichos) (>3I).
250 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 368
Die Anschauungen, dafi einer eigenen hebraischen Rezension folge \
oder dafi die Gruppierung der einzelnen Bestandteile in der Zeit der
noch nicht zum Abschlufi gekommen war z , tragen der Auffalligkeit
zu wenig Rechnung, dafi die Worte Agurs in zerrissen sind. Es
mufi doch wohl eine nachtragliche Umstellung in angenommen
werden, die von Willkiir oder vom Einflufi des Zufalls oder von Mifi-
verstandnissen nicht ganz freizusprechen ist.
Die "33 des hi. Hieronymus ist hie und da von bzw. von be-
einflufit.
5. Das Buch Kohelet, Ekklesiastes oder der
Prediger.
106. Name. Literatur.
368. fclbnp (= Berufsredner in einer Volksversammlung 3 ), 'EKK\rj-
o~iao"Tr|c; (Hieronymus, Comm. in Eccles. I, I [M 1 23, 1063]: con-
cionator; A: auvaOpoicnric;, JL: -rrapoijiuacrrric,), Ecclesiastes, qui ab
Hebraeis Coheleth appellatur, Prediger (so Luther) (Koh,
Eccle, Prd).
369. A. Palm, Die Qoheleth-Literatur. Ein Beitrag zur Geschichte der
Exegese des AT, Gymnas.-Progr., Mannheim 1886. A. Allgeier, Das
Buch des Predigers oder Koheleth iibersetzt und erklart (HSAT 6, 2), Bonn
1925. G. A. Barton, A critical and exegetical commentary on the book of
Ecclesiastes (IcC), Edinburgh 1908. Franz Delitzsch, Hoheslied und
Kohelet (BC 4, 4 [Koh: S. 185 436]), Lp. 1879. G. Gietmann S. J., Commenta-
rius in Ecclesiasten etCanticumCanticorum(CSs), P. 1890. P. Haupt, Kohelet
oder Weltschmerz in der Bibel. Ein Lieblingsbuch Friedrichs d. Gr., ver-
deutscht und erklart, Lp. 1905. *E. Podechard, L'Ecclesiaste (Etudes
bibliques), P. 1912. *A. Scholz, Kommentar iiber den Prediger, Lp. 1901
(mit einer Beilage [Erwiderung auf eine Kritik in der Theol. Rundschau 4
(1902), 326 ff.]). C.Siegfried, Prediger und Hoheslied iibersetzt und erklart
(GHK 2, 3, 2), Gott. 1898. Volck (KK A 7 [s. o. S. 223], 103151). G. Wilde-
boer, Der Prediger erklart (KHK 17 [s. o. S. 133], 4, 109168). V. Zaple-
tal O. P., Das Buch Kohelet kritisch und metrisch untersucht, iibersetzt
und erklart 2 , Frb. i. S. 1911.
1 So Baudissin (s. o. S. 9) 711.
2 So Svvete (s. o. S. 131 2 ) 241.
3 Bezeichnung des Salomo, der in Koh das Wort fiihrt, so genannt vom
Inhalt der Spriiche (anders A. S. Kamenetzky, Der Ratselname Koheleth
[ZatW 34, 225228]). f^F, Part. act. Kal, Denominativ von ^p r Volks-
versammlung, fern. sing, im Sinne einer Amtsperson. Vgl. P. Joiion, Sur
le nom Qohelet (Bb 2, 53 f.).
Nr. 371 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 5. Das Buch Kohelet. 251
107. Inhalt, Auffassung und Erweiterung des
Buches Kohelet.
370. Ein Prolog (i, 2 n) und em Epilog (12, 9 14) umrahmen
eine Sammlung von Spriichen, die Salomo in den Mund gelegt
werden. Die Anordnung ist nicht systematisch, wenn auch ein-
zelne zusammengehorige Gruppen sich unterscheiden lassen.
Die Erwagungen des Verfassers bauen sich auf drei Grundgedanken
auf: Alles ist eitel (vanitas vanitatum i, 2 ; 12, 8 u. 6.); deshalb ge-
niefie das Leben und den Augenblick (2, 24; 9, 7 10); doch fiirchte
Gott und halte seine Gebote (12, 13 f.). Sie kehren in verschiedener
Form immer wieder, ohne dafi sie allenthalben in eine iiberzeugende
logische Verbindung gebracht worden waren.
371. Die Erklarer unseres Buches, welche einen einheitlichen Grund-
gedanken in Koh annehmen, kommen zu den verschiedensten Ergeb-
nissen. Man suchte in den eigenartigen, nicht selten anstofiig klingenden
Aufterungen l des Verfassers ein Bekenntnis der Siinde Salomos 2 , oder
einen Hinweis auf die Siinde des Volkes, oder eine Satire 3 . Aber die
Satze des Koh treten uns als seine eigene, ernstgemeinte Lebensauf-
fassung entgegen. Wer sich bemiiht, einen beherrschenden Gesichts-
punkt herauszuheben, trifft in der Regel nur einen Teil der Kohelet-
gedanken. Das Buch ist weder das Hohelied der Gottesfurcht 4 noch
dasHohelied derSkepsis 5 ; auch gemafiigtere Charakteristiken vermogen
die Einseitigkeit nicht .zu iiberwinden 6 . Der Hinweis, dafi sich je nach
1 Vgl. E. Podechard, Les pretendues erreurs de 1'Ecclesiaste (L'Universite
catholique N. S. 74 [1913], 16 38; Ders. (s. o. S. 250) 180 196. Zu 3, 21 :
L. Hugo, Die TJnsterblichkeitslehre im Buche Koh (ZkTh 37, 400 414);
Podechard (s. o. S. 250) 312 ff.
2 Vgl. J. de Pineda S. J., Comm. in Eccles., Hispali 1619, Praef. 7 (nach
Cornely [s. o. S. 3 2 ] 2, 2 2 , 165).
3 H. Graetz, Kohelet oder der salomonische Prediger iibersetzt und kritisch
erlautert, Lp. 1871 (Anhang II, S. 147 173).
4 So Delitzsch (s. o. S. 250) 190.
5 So H. Heine (vgl. Delitzsch [s. o. S. 250]); ahnlich E. v. Hartmann,
Das Lied vom Ewigen, St. Gallen 1859, 12; E. Renan, L'Ecclesiaste. Tra-
duit de 1'hebreu avec une e"tude sur 1'age et le caractere du livre, P. 1882:
un livre de scepticisme elegant". Vgl. *F. Sawicki, Der Prediger, Schopen-
hauer und E. v. Hartmann oder biblischer und moderner Pessimismus,
Fulda 1913.
6 S. Stein, Das Buch Koheleth (Jahrb. d. Jud.-lit. Ges. 8, Frankf. a. M. 1910,
291 317): Ein Pessimismus, der sich aus der Erfahrung ergebe, werde durch
einen iibersinnlichen Optimismus iiberwunden. P. Kleinert (Zur religions-
und kulturgeschichtlichen Stellung des Buches Koheleth [StKr 1909, 493 529])
nennt Koh eine Elegie vom Tode. Podechard (s. o. S. 250) 33 stellt eine
2 2 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 372
dera wechselnden Standpunkt des Verfassers verschiedene und gegen-
satzliche Aussagen uber die Dinge ergaben 1 , schiebt nur das Problem
welter zuriick: warum stellt sich der eine Verfasser ohne nahere An-
gabe bald auf diesen, bald auf einen andern Standpunkt? Keine Lo-
sung des Koheletratsels, sondern ein Verzweifeln daran, es losen zu
konnen, bedeutet es, wenn man zur allegorischen Deutung greift 2 . Da
jeder allgemeine und besondere Hinweis auf eine Allegorie fehlt, kann
sie nur durch willkurliche Erklarung darin gefunden werden.
372. Allen derartigen Versuchen gegeniiber wird man den
Mangel eines straffen Zusammenhangs im Koh zugestehen
miissen. Wie die iibrigen Weisheitsbiicher des AT, bietet auch
Koh eine Bliitenlese von Gedanken und Lehren, die nach zwei
entgegengesetzten Polen zeigen. Je fur sich selbst und in ihrer
iibertriebenen Forrnulierung mag die Lehre von der Nichtigkeit
und Wertlosigkeit der Dinge und die Aufforderung zum Lebens-
genufi anstofiige Gestalt anzunehmen scheinen. Aber miteinander
verflochten, mildern sie gegenseitig ihre Scharfe. Dafi der Sammler
nicht versaumt, von Zeit zu Zeit einen religiosen Gedanken ein-
zufugen, verrat die Absicht, einer unerwiinschten Auswirkung
der schroff formulierten Lehren vorzubauen und so einen mog-
lichst ausgeglichenen Gesamteindruck der Lehrschrift zu sichern 3 .
373. Eine gewisse Absicht in der Auswahl und Zusammenstellung
der einzelnen Lehren ist nicht zu verkennen. Das bildet den Wahr-
heitskern jener Erklarungsversuche, welche die wechselnden Lehren
verschiedenen Vertretern in den Mund legen. Schon in der
logische Verbindung her, die nicht vorhanden ist: Es gibt kein wahres
Gliick; geniefien wir deshalb die sparlichen Freuden, welche uns in dieser
Welt zugestanden sind, aber ohne zu vergessen, was wir Gott schulden.
Vgl. auch L. Levy, Das Buch Qoheleth. Ein Beitrag zur Geschichte des
Sadduzaismus. Kritisch untersucht, iibersetzt und erklart, Lp. 1912; M. Thilo,
Der Prediger Salomo. Neu iibersetzt und auf seinen Gedankengang unter-
sucht, Bonn 1923.
1 So u. a. A. Condamin S. J., Etudes sur 1'Ecclesiaste (Rb 8, 493 509; 9, 30
bis 44 354377); Zapletal (s. o. S. 2 so) 2 31. F. Hitzig (Der Prediger Salomos
erklart [KeH 7], Lp. 1847) nimmt an, dafi der Verfasser im Suchen nach Er-
kenntnis nichts Ausgeglichenes bieten konnte. Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 264f. findet
das Widerspruchsvolle schon in der menschlichen Psyche angelegt.
2 So schon die rabbinische Exegese (vgl. Podechard [s. o. S. 250] 23 f.).
Scholz (s. o. S. 250) verstand Essen und Trinken als Gutestun, dem
Gesetze treu sein ; Vaii = Abel, der ob seiner Gerechtigkeit getotet wurde,
als endzeitliches Gericht.
3 Vgl. Podechard (s. o. S. 250) 162.
Nr. 373 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 5. Das Buch Kohelet. 253
Zeit der Kirchenvater glaubte man einzelne Ausspriiche, so wie sie wort-
lich lauten, nicht mit der Inspiration vereinbaren zu konnen, und fafite
sie deshalb als ernste oder fingierte Einwiirfe, welche der Prediger
zuriickweisen wolle 1 . Auch die spatere Zeit machte sich gern diesen
Ausweg zunutze, um die Verantwortung des Hagiographen von derlei
Aussagen zu entlasten 2 . Damit ist nachstverwandt die Auffassung,
welche in Koh ein Zwiegesprach sieht 3 . Ahnlich im erstrebten Ziel,
wenn auch ganz anders begriindet ist die Ansicht, dafi Stimmen aus
verschiedenen Zeiten in Koh zu Worte kommen 4 . In ihrer folge-
richtigsten Entwicklung widerlegt sich diese Hypothese selbst, weil sie
immer mehr Schichten anzunehmen sich gezwungen sieht 5 . Dafi man
auf diesem Wege schliefilich dazu kam, fur jede Spruchgruppe und
Spruchart einen eigenen Interpolator oder Uberarbeiter anzunehmen, be-
statigt, dafi ein beherrschender Zielgedanke in der Art der Zusammen-
stellung nicht vorhanden ist, und dafi wir in Koh ein Buch von der Anlage
einer Bliitenlese vor uns haben. Wird dies anerkannt, so ist man nicht ge-
notigt, die Eigenart desBucheseinemZufallzuzuschreiben: derVerfasser
habe sein Buch nicht mehr in eine systematische Ordnung gebracht 6
oder infolge seines Todes bringen konnen 7 , oder eine Handschrift des
Koh sei durch Zufall in Verwirrung geraten und von einem neuen
1 Gregor d. Gr., Dial. 4, 4 (M 1 77, 325): Concionator verax et illud ex ten-
tatione carnali intulit et hoc postmodum ex spiritali veritate definivit. Ge-
legentlich verwenden diese Erklarung Olympiodorus (In Eccles. [M E 93, 477
bis 628]), Gregorius Thaumaturgus, Gregor von Nyssa, Hieronymus u. a. (vgl.
Podechard [s. o. S. 250] 28).
2 So u. a. Bonaventura, Thomas von Aquin (S. th. i, q. 75, a. 6), Nikolaus
von Lyra, Cajetan, Cornelius a Lapide, Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 170.
3 So u. a. Baruch ibn Baruch (16. Jahrh.; vgl. D. Leimdorfer, Die Losung
des Koheletratsels durch den Philosophen Baruch ibn Baruch, B. 1900), E. H.
Plumptre, Ecclesiastes or the Preacher, Cambridge 1881. Ibn Ezra
(f 1167) lafit Salomos Schiiler in Koh ihre Ansichten zum besten geben.
4 So betrachtet Haupt (s. o. S. 250) IV nur 195 Verse als urspriinglich ; zwei
Fiinftel entstammen nach ihm Gegnern orthodoxer Richtung, die durch ab-
schwachende Verbesserungen das Buch fur den hebraischen Kanon reif
machten. Ahnlich A. S. Kamenetzky, Das Kohelethratsel (ZatW 29, 63 69);
J. C. Matthes, Der Prediger (VB 2, 61 81); Podechard (s. o. S. 250) 142 170;
Ders., La composition du livre de 1'Ecclesiaste (Rb N. S. 9, 161 191); Scholz
(s. o. S. 250); H. Winckler, Zeit und Verfasser des Kohelet (Altorientalische
Forschungen 2. R., i, Lp. 1898, 143159) 143.
5 Siegfried (s. o. S. 250) unterscheidet aufier Q 1 " 5 noch R 1 , R 2 und
E 1 ' 3 (Epilogist). Dagegen L. Laue, Das Buch Kohelet und die Inter-
polationshypothese Siegfrieds, Wittenberg 1900; Zapletal (s. o. S. 250).
6 So u. a. Driver (s. o. S. 9) 514.
7 So T. K. Cheyne, Job and Solomon or the wisdom of the OT, Ld.
1887, 199285 ; vgl. auch Condamin (s. o. S. 252 1 ); J. E. Chr. Schmidt, Salomos
Prediger oder Koheleths Lehren, Giefien 1794; Zapletal (s. o. S. 250).
254 *' ^ e ^- D* 6 Biicher des AT im einzelnen. Nr. 374
Ordner erfolglos zusammengesetzt worden 1 . Die letztere Hypothese
ist schon durch die Geschichte der Buchgestalt ausgeschlossen, da bei
der altherkommlichen Buchrolle ein Vertauschen von Blattern und
Lagen nicht vorkommen konnte (s. u. 206, Nr. 704).
374. Wenn wir die Anlage des Buches auf die Literaturgattung
der Anthologie zuriickfiihren, so ist damit doch eine gewisse
Absicht, welche die Auswahl und Zusammenordnung bestimmt,
nicht ausgeschlossen. Infolgedessen sind auch nachtragliche
Erweiterungen der Sammlung, soweit sie nicht schon der
Inhalt verrat, bis zu einem gewissen Grade feststellbar. Sicher
sind spater die Schlufiverse 12, gff. hinzugefiigt, da 12, 8 als
Schlufi in Beziehung zum Anfang I, 2 steht; zudem handeln
die Verse iiber den Kohelet, der im iibrigen Buche selbst das
Wort fiihrt 2 .
108. Verfasser und Entstehungszeit des Koh.
375. Die jiidische und christliche Uberlieferung hielt bis auf
Hugo Grotius (f 1645) Salomo fur den Verfasser von Koh.
Auch in neuerer Zeit noch ist diese Meinung vertreten worden 3 .
Der Verfasser, welcher in eigener Person redend auftritt, gibt
sich ohne Zweifel als Salomo (i, I 12 16; 12, 9; vgl. 2, 4ff.) 4 .
1 So *G. Bickell, Der Prediger iiber den Wert des Daseins. Wieder-
herstellung des bisher zerstuckelten Textes, Ubersetzung und Erklarung,
Innsbruck 1884; Ders., Koheleths Untersuchung iiber den Wert des Daseins
nach dem wiederhergestellten Zusammenhange , Innsbruck 1886; Dillon,
Sceptics of the OT, Ld. 1895.
2 So u. a. Podechard (s. o. S. 250) 157*?., der auch noch i, 2; 7, 27f.; 12, 8;
12, 13 f. als Interpolationen betrachtet. Auch Zapletal (s. o. S. 250) 34 fif.
erkennt Interpolationen an, die er, seiner Vorliebe fur Metrik entsprechend,
auf metrische Anhaltspunkte hin feststellen zu konnen glaubt. Gegen
metrische Anlage des Koh vgl. Podechard (s. o. S. 250) 137. Der Sprechvers,
den Sievers (s. o. S. 209) i, 119 132 durchweg annimmt, ist von Prosa nicht
viel unterschieden. Fur die Echtheit von 12, 9 14 treten u. a. wiederum
ein Kuenen (s. o. S. 10) 3, i, 175187; Zapletal (s. o. S. 250) 2 72ff.
3 U. a. Gietmann (s. o. S. 250); L. Keel O. S. B., Der Prediger Salomos,
erklart fur die christliche Gesellschaft, Regensburg 1897; B. Schafer, Neue
Untersuchungen iiber das Buch Koheleth, Frb. i. Br. 1870. Scholz (s. o.
S. 250) erklart nbVs = Friedensfurst = Weisheit als den eigentlichen
Verfasser.
4 Es ist kein rechter Grund vorhanden, gerade diese Stellen als einge-
schoben (so Bickell, Der Prediger [s. o. Anm. i]) zu betrachten.
Nr. 376 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 5. Das Buch Kohelet. 255
Die meisten Exegeten, welche die salomonische Herkunft des Koh
festhalten, tun dies hauptsachlich aus dem Grunde, weil sie ein Pseud-
epigraph in der kanonischen Literatur fur unzulassig und eine Fiktion
bei einem Hagiographen fur unmoglich halten. Allein wenn ein Pseud-
epigraph in eigentlichem Sinne, d. h. mit Tauschungsabsicht bei An-
gabe des Verfassers, im Kanon schwer grundsatzlich verteidigt werden
konnte, so verhalt es sich mit der Fiktion anders. Daft ein Schriftsteller
einer beriihmten, besonders berufenen Personlichkeit der alten Zeit die
eigenen Worte in den Mund legt, ist ein literarisches Darstellungsmittel,
das auch bei einem biblischen Schriftsteller so gut wie jegliche andere
literarische Gattung fur moglich gehalten werden darf 1 .
376. Gegen die salomonische Herkunft sprechen sach-
liche und sprachliche Grunde.
An einigen Stellen wird ersichtlich, daft der Verfasser einer spateren
Zeit angehort. Salomo war Konig (^TTf? i, i2) 2 , kennt bereits mehrere
Konige iiber Jerusalem (i, 16), unterscheidet sich vom Konig (8, 9;
10, 5 20 3 ) und spricht manche Lehren aus, die in seinem Munde
nicht erwartet werden (4, i u. 6.) 4 . Entscheidend werden diese An-
zeichen nichtsalomonischer Herkunft unterstiitzt durch die sprachliche
Eigenart des Buches 5 . Im Wortschatz und in den Formen beruhrt sich
die Sprache des Koh mit den jiingsten Texten des AT (Chr, Ezr-Neh,
Est, Sir) 6 . Weniger sicher konnen Grazismen darin festgestellt werden 7 .
1 So u. a. Condamin (s. o. S. 252*) 9, 43*; P. Joiion S. J., Le Cantique des
Cantiques. Commentaire philologique et exe"ge"tique, P. 1909, 83; Podechard
(s. o. S. 250) 126 f.
2 Die altjiidische Uberlieferung schlofi daraus, dafi Salomo durch As-
modaus abgesetzt worden sei und als Kohelet umherwandern mufite (vgl.
Podechard [s. o. S. 250] 22 f.).
3 8, 2 nach 23 (anders SHI).
4 Vgl. Podechard (s. o. S. 250) 119, der meint, Salomo wtirde sich darin
als der grausamste Satyriker auf seine eigene Regierungszeit erweisen.
5 So schon Hugo Grotius, Annotationes ad VT I, P. 1644, 521 (scriptum
serius sub illius regis tamquam poenitentia ducti nomine*).
6 Zum Wortschatz vgl. Podechard (s. o. S. 250) 43 ff. Pron. pers. separ.
wird haufiger zum verb. fin. hinzugesetzt ; das Vaw consec. kommt nur dreimal
(i, 17; 4, i 7) vor; statt i'i;s; / ^ = n / 5; haufige Aramaismen (vgl. Pod-
echard [s. o. S. 250] 45 f.). DaC die sprachliche Eigenart dem Volksidiom
oder der internationalen aramaischen Sprache zur Zeit Salomes entlehnt sei
oder dem philosophischen Inhalt des Buches entspreche, wird von manchen
Exegeten gel tend gemacht, um trotz der spaten Sprachform salomonische
Herkunft festhalten zu konnen.
7 n& Ka\6c,, vortrefflich; n; i ate Ka\OKa.fa66c, (5, 17); "to aK^rreoGai;
Bjrt nr;Pi uop' r\\iiu (nur in Koh; Podechard [s. o. S. 250] 49 235 nennt auch
phonizische Parallelen); ate rritogi eO trpdaaeiv (3, 12; vgl. aber rwi ny 2 Sm 12,
256 ! Teil - Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 377
Fur die Annahme, dafi die Sprachform des Koh von einer spateren
Uberarbeitung herriihre 1 , sprechen keine Anzeichen.
377. Aus gewichtigen Griinden wird man Koh in die nach-
exilische 2 , wahrscheinlich sogar in die griechische Zeit (von
300 v. Chr. ab 3 ) setzen miissen 4 .
In letzterem Falle ist es noch moglich, die Beziehung zu Sir und
Sap, welche sicherer datierbar sind, zur genaueren Bestimmung der
Entstehungszeit zu verwerten. Sap 2, 6 9 kann einigermafien als eine
Art Polemik gegen mifiverstandliche Lehren des Koh begriffen werden 5 .
Eine Verwandtschaft des Koh mit der Gedankenwelt von Sir ist vor-
handen, wenn auch weniger sicher entschieden werden kann, aufwelcher
Seite die Abhangigkeit liegt 6 . 300 bis 150 v. Chr. mogen die halt-
barsten Zeitgrenzen sein, innerhalb deren Koh entstanden sein wird.
18). Podechard (s. o. S. 250) 49 ff. halt Grazismen nicht fur sicher. Noch
weniger diirfen Latinismen (vgl. Graetz [s. o. S. 25 1 3 ] 184) erwartet werden.
1 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 172 f.
2 Fur die exilische Zeit spricht sich aus *H. Grimme, Babel und
Koheleth-Jojakhin (OrLz 8, 432 438), fur die persische Zeit vor 332 v. Chr.
Driver (s. o. S. 9) 511.
3 So u. a. Podechard (s. o. S 250) 121 f., Condamin (s. o. S. 252 J ) 9, 363,
Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 264, Kuenen (s. o. S. 10) 3, i, 189 f., Wildeboer (s. o.
S. 250) 113!
4 Der Inhalt, auf den sich Grimme (s. o. Anm. 2) fur 556 v. Chr., Podechard
(s. o. S. 250) 121 f. fur die 2. Halfte des 3. Jahrh. v. Chr. beruft, stiitzt solche
genaue Datierungsversuche nicht geniigend.
5 So u. a. N. Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus (BZ I, 47 54 129
bis 150); Zapletal (s. o. S. 250) 61 f. Dagegen vgl. A. Grootaert S. J., L'Ec-
clesiastique est-il anterieur a 1'Ecclesiaste ? (Rb N. S. 2, 6773); P- Heinisch,
Prediger und Weisheit Salomos (Kath 4. F. 5, 32 54); Podechard (s. o. S. 250)
66 ff. Nur wenige Exegeten verlegen Koh in noch spatere Zeit; so Cheyne
(s. o. S. 253 7 ), A. Gerson (Der Chacham Kohelet als Philosoph und Politiker.
Ein Kommentar zum biblischen Buch Kohelet, zugleich eine Studie zur
religiosen und politischen Entwicklung des Volkes Israel im Zeitalter He-
rodes' d. Gr., Frankfurt a. M. 1905), Graetz (s. o. S. 25 1 3 ), welche bis auf
Herodes d. Gr. (344 v. Chr.) herabgehen. Scholz (s. o. S. 250) setzt das
Buch nicht vor der makkabaischen Zeit an.
6 Nach C. Matthes (Die Abfassungszeit des Predigers [VB 2, 163170];
Ders., Das Buch Sirach und Kohelet in ihrem gegenseitigen Verhaltnis
[VB 2, 258263]), Peters (s. o. Anm. 5) u. a. ist Koh von Sir abhangig. Nach
Podechard (s. o. S. 250) 55 ff., C. H. H. Wright (The book of Koheleth com-
monly called Ecclesiastes considered in relation to modern criticism and to
the doctrines of modern pessimism, with a critical and grammatical commen-
tary and a revised translation, Ld. 1883), Zapletal (s. o. S. 250) 61 soil um-
gekehrt Sir eine Nachahmung des Koh sein.
Nr. 378 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 5. Das Buch Kohelet. 25?
109. Koh, die griechische Philosophic und die
jiidischen Sekten.
378. Der eigenartige Inhalt von Koh hid ein, nach Parallelen
oder Vorlagen zu suchen 1 . Im Ernste kann dafur nur die grie-
chische Philosophic in Frage kommen 2 . Damit, daft Koh iiberhaupt
philosophische Gedankengange einschlagt, ist eine gewisse Verwandt-
schaft mit dem philosophisch.cn Geiste Griechenlands von selbst ge-
geben. Manche wollen dariiber hinaus eine Abhangigkeit von der
griechischen Philosophic im allgemeinen zugestehen 3 . Von den philo-
sophischen Richtungen auf griechischem Boden wurden naturgemaft zu-
nachst die epikureische 4 und stoische 5 Philosophic beigezogen; auch
die Weltauffassung des Herakleitos 6 konnte in Betracht kommen. Fur
eine engere Verbindung mit der griechischen Philosophic fehlt es an
Verwandtschaft der Terminologie.
Hebt die philosophische Anlage den Verfasser des Koh etwas her-
aus aus der Schriftenreihe des sonst unphilosophischen AT, so ist
doch sein Anschauungskreis im wesentlichen jiidisch. Trotz
seiner spaten Entstehungszeit lafit sich aber eine einzelne Geistesrich-
tung des damals schon gespaltenen Judentums bei ihm nicht heraus-
schalen 7 .
1 Das agyptische Lied des Harfners gleicht dem Koh; s. J. H. Breasted,
Geschichte Agyptens, deutsch von H. Ranke, B. 1910, 187 f.; A. Erman, Ge-
sprach eines Lebensmiiden mit seiner Seele. Aus dem Papyrus 3024 der
Koniglichen Museen (Philos. u. hist. Abh. d. k. preufi. AdW 1896, 2, i 77,
mit 10 Taf.) ; vgl. o. S. 230, Nr. 338. Eine angebliche babylonische Parallele
s. bei E. Ebeling, Ein babylonischer Kohelet (Berliner Beitr. z. Keilschrift-
forschung I, i), B. 1924; vgl. P. Dhorme, Ecclesiaste ou Job? (Rb 32, 5 27);
iiber Beziehungen zum Buddhismus vgl. Podechard (s. o. S. 250) 107 1 .
2 V. Zapletal O. P., Die vermeintlichen Einfliisse der griechischen Philo-
sophic im Buche Kohelet (BZ 3, 32 39 128 139).
3 So D. S. Margoliouth, The prologue of Ecclesiastes (Exp 8. S. 2, 463
bis 470); Podechard (s. o. S. 250) 109.
4 Dagegen Podechard (s. o. S. 250) 95 102.
5 So u. a. auch Condamin (s. o. S. 252 1 ) 9, 364 ff. Dagegen Podechard
(s. o. S. 250) 8795.
6 So E. Pfleiderer, Die Philosophic des Heraklit von Ephesus im Lichte
der Mysterienidee, B. 1886, 7, 255 288 (Anhang: Nachweis heraklitischer
Einfliisse im atl Kohelet). Dagegen P. Menzel, Der griechische Einflufi
auf Prd und Weisheit Salomos, Halle 1889; Podechard (s. o. S. 250) 102
bis 107.
7 Peters (s. o. S. 256 5 ) 149 glaubt die essenische und pharisaische Rich-
tung im Koh verfolgen zu konnen. Dagegen vgl. Podechard (s. o. S. 250)
8082.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 17
258 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 379
110. Der Text des Koh.
379. Der 9It unseres Buches darf noch immer als Urtext, oder was
man so zu nennen pflegt, gelten 1 . Die griechische Form des Koh 2 ,
wie sie in den -Hss steht, befleifiigt sich einer ahnlichen Wortlich-
keit, wie sie in andern Biichern die Ubersetzung des Aquilas aus-
zeichnet. Den griechischen Text des Koh geradezu als Aquilasiiber-
setzung zu erklaren 3 , daran hindert die Beobachtung, daft der -Text
des Koh sich doch in manchen Dingen dem sonstigen -Text des AT
nahert, von den Eigentumlichkeiten des Aquilas sich aber entfernt.
Beiden Anzeichen suchte die Hypothese gerecht zu werden, daft die
urspriingliche -Ubersetzung des Koh nachtraglich auf Grund der ein-
gesehenen Aquilasiibersetzung iiberarbeitet worden sei 4 .
6. Das Hohelied.
111. Name. Literatur.
380. rf&tib *\m ffniBO TT (= Salomos Lied der Lieder) 5 ,
5 Aio"|ua do~udTU)v, Canticum canticorum Salomonis quod Hebraice
dicitur Sir Hasirim, Das Hohelied (nach Luther) (Ct, HI).
381. K. Budde, Das Hohelied erklart (KHK 17 [s. o. S. 11] IX xxiv
148). Delitzsch(s.o.S.25o[Ct: i 184]). Gietmann(s.o. S. 250). J.Hont-
heim S. J., Das Hohelied. Ubersetzt und erklart (BSt 13, 4), Frb. i. Br. 1908.
Joiion (s. o. S. 25 5 x ). A. Miller O. S. B., Das Hohe Lied iibersetzt und
1 S. Euringer, Der Masorahtext des Koheleth kritisch untersucht, Lp. 1890.
D. S. Margoliouth (Ecclesiastes and Ecclesiasticus [Exp. 7. S. 5, 118126])
vermutet, daC Koh aramaisch verfafit worden sei ; ebenso Allgeier (s. o.
S. 250); F. C. Burkitt, Is Ecclesiastes a translation? (JthSt 23, 2228). Dazu
A. Fernandez S. J., Es Ecclesiastes una version? (Bb 3, 45 50).
2 E. Klostermann, De libri Coheleth versione alexandrina, Diss. Kiel 1892.
R. M. Gwynn, Notes on the vocabulary of Ecclesiastes in Greek (Herm-
athene 42 [1920], 115 122).
3 Barton (s. o. S. 250), A. Bertholet (ThLz 1910, Nr. 13, 389), A. H. McNeile
(An introduction to Ecclesiastes with notes and appendixes, Cambridge 1904)
halten den -Text des Koh fiir die ed. I des Aquilas, die Fragmente bei
Origenes fur dessen ed. II (vgl. u. 217, Nr. 748). Graetz (s. o. S. 251 3 ) halt
umgekehrt den -Text des Koh fiir die ed. II (vgl. Podechard [s. o. S. 250] 201 8 .
4 So Klostermann (s. o. Anm. 2), Zapletal (s. o. S. 250) 37. Es lafit sich
dabei allerdings schwer begreifen, dafi eine mechanische Wiedergabe wie
auv fur PK nota accus. nachtraglich hineingearbeitet worden sein soil.
5 Die Namensform vertritt den Superlativ und bedeutet nicht ein Lied
aus Liedern bestehend (so Ibn Ezra, D. Kimhi), noch ein Lied von den
Liedern, welche Salomo verfafit hat (so H. Graetz, Schir Ha-Schirim oder
das Salomonische Hohelied iibersetzt und kritisch erlautert, Wien 1871).
Nr. 383 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. 6. Das Hohelied. 259
erklart (HSAT 6, 3), Bonn 1927. S. Oettli, Das Hohelied und die Klage-
lieder ausgelegt (KK A 7 [s. o. S. 223], 153 224). *A. v. Scholz, Kom-
mentar iiber das Hohelied und Psalm 45, Lp. 1904. Siegfried (s. o.
S. 250). *A. W. H. Sloet, Het Hooglied (Biblia sacra [s. o. S. 124] 5, 3 a ,
188268), 's Hertogenbosch 1908. V. Zapletal O. P., Das Hohelied kritisch
und metrisch untersucht, Frb. i. S. 1907.
112. Inhalt und liter arische Art des HI.
382. Nach dem Wortsinn des Textes wird die brautliche
oder eheliche Liebe zwischen Salomo und Sulamit besungen,
wobei beide zu gegenseitigem Lobe in dialogisch durchgefuhrten
Liedern das Wort nehmen und andere redend und handelnd ein-
greifen. Die einzelnen Stiicke scheinen hie und da etwas locker
zusammenzuhangen. Der Brautigam tritt auch als Hirte auf.
Schauplatz ist bald Jerusalem, bald das freie Feld. Diesen Wechsel
der Personen und der Umstande trotz sonstiger Anzeichen ein-
heitlicher Anlage zu erklaren. sind im Laufe der Zeit eine
Reihe von Erklarungen versucht worden 1 .
383. Die sog. Lie der hypo these sieht im HI nichts weiter als eine
Sammhmg von einzelnen, nicht zusammenhangenden Liedertexten 2 . Sie
bietet bei ihrer Unbestimmtheit wenig Schwierigkeiten, hat aber doch
gegen sich, dafi der gleichartige Inhalt, die gleichbleibenden Personen,
derselbe Stil, sachliche Angaben, die miteinander zusammenzuhangen
scheinen, sogar eine Art von Fortschritt im Gedankengang nicht zu
ihrem Rechte kommen 3 . Diesem Bedenken sucht Rechnung zu tragen
die Konigshypothese: Der Konig Salomo und seine Braut (Sulam-
1 W. Riedel, Auslegung des HI in der jiidischen Gemeinde und der
griechischen Kirche, Lp. 1898. *P. Vulliaud, Le Cantique des Cantiques
d'apres la tradition juive, P. 1925. T. Witzel O. F. M., Verschiedene Auffas-
sungen des HI (Literar. Handweiser 48 [1910], 449456 541 546).
2 So P. Haupt, Biblische Liebeslieder. Das sog. Hohelied Salomos unter
steter Beriicksichtigung der Ubersetzungen Goethes und Herders im Vers-
mafi der Urschrift verdeutscht und erklart, Lp. 1907; J. G. Herder, Salomos
Lieder der Liebe. Die altesten und schonsten aus dem Morgenlande, Lp. 1778;
Hontheim (s. o. S. 258); H. H. Spoer, Some contributions to the interpretation
of the Song of Songs suggested by travel in Palestine (AmJsemL 22, 292
bis 301); Zapletal (s. o.). Die einzelnen Lieder werden recht verschieden
abgeteilt (vgl. Steuernagel [s. o. S. 10] 767 f.).
3 H. Grimme (Metres et strophes dans les fragments [hebreux] du Ms
[A] parchemin du Siracide [Rb 9, 400 413; 10, 55 65 260267 4 2 3 4353
9, 404) glaubt durch die Metrik den fragmentarischen Charakter (27 Stiicke
mit verschiedenem Metrum) feststellen zu konnen.
17*
260 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 384
mit 7, i [= Sunammit , 3 Rg i, 3 u. o.] 1 ), oder die Tochter Pha-
raos z , oder sonst ein Hirtenmadchen sind die Hauptpersonen der Lieder.
Auf dieser Deutung als Grundlage bant sich meist die traditionelle
allegorische Erklarung des HI bei den katholischen Exegeten auf.
Da man im Inhalt der Lieder nicht blofi ein Zusammenspiel zweier
Personen fand, sondern auch auf Spuren eines Gegenspiels zu stofien
glaubte, verteilte die Hirtenhypothese die Lieder auf Hirtenbrau-
tigam und Hirtenbraut und Konig Salomo, der die Hirtenbraut fur
den Konigspalast zu gewinnen trachtete 3 . ^- Die Schwierigkeiten, die
immer noch blieben, fiihrtenzu einer Hypothese, die zwei Brautpaare
im Gegenspiel auftreten lafit, das Brautpaar Salomo und Sulamit, die
verschiedenen Standen angehoren, und als Kontrast dazu ein Hirten-
brautpaar, das sich aus dem gleichen Stande zusammengefunden 4 .
384. Dafi im HI ein dramatisches Element vorhanden sei, wurde schon
friiher angenommen 5 . Versuche, die dramatischen Rollen zu verteilen,
sind von den verschiedenen exegetischen Richtungen immer wieder
gemacht worden fi . Die Dramatisierung des HI wurde den Wechsel der
Personen 7 erklaren, wird aber dem lyrischen Charakter der einzelnen
Stiicke zu wenig gerecht, ganz abgesehen davon, dafi eine iiberzeugende
dramatische Anlage nur mit verschiedenen Textanderungen durchgefiihrt
werden kann.
1 So Delitzsch (s. o. S. 250); anders Joiion (s. o. S. 255 1 ) 274 f.
2 So Grotius, Bossuet (vgl. Joiion [s. o. S. 255 l ] 121 26).
3 So C. Bruston, La Sulamite. Melodrame en 5 actes, P. 1891 ; Oettli
(s. o. S. 259); J. W. Rothstein, Das Hohe Lied. Ein Vortrag nebst einer mit
Anmerkungen versehenen Ubersetzung des Liedes, Heidelberg 1893; Ders.
in HDB 4, 595.
4 So J. G. Stickel, Das Hohelied in seiner Einheit und dramatischen
Gliederung, B. 1888.
5 Origenes, Canticum Canticorum interprete Rufino, Prol. (NL S 13, 61):
Libellus . . . dramatis in modum conscriptus ; Basilius nennt es m.6a-
Xduiog . . . u)br] bpaiuaTiKU)? ireirXriYHe'vri (In Is. 5 [M B 30, 345 f.]). Vgl.
G. W[achter], Das Hohelied des Salomo mit seiner vorausgesetzten Einleitung
und Abteilung als eines geistlichen Singspiels, Memmingen 1722.
6 C. Bruston, Le caractere dramatique du Cantique des Cantiques (RThQr
16 [1907], 396 404); W. W. Cannon, The Song of Songs edited as a dramatic
poem, Cambridge 1913; O. F. Gensichen, Das Hohelied. Schauspiel in vier
Aufziigen, B. 1912; E. Klostermann, Eine alte Rollenverteilung zum Hohen-
liede (ZatW 19, 158162); RieCler (s. o. S. 2o8 4 ); *P. Schegg, Das Hohe Lied
Salomos von der heiligen Liebe fur einen grofieren Leserkreis dramatisch
bearbeitet und erklart, Miinchen 1885; N. Schlogl O. Cist., Canticum Can-
ticorum (hebraice) (Libri VT 1 ope artis criticae et metricae quantum fieri
potuit in formam originalem redacti), Wien 1902.
7 Graetz (s. o. S. 258 5 ) lafit die Lieder alle von der Braut, E. Reufi (La
Bible Sainte 5, P. 1879 [Das AT iibersetzt, eingeleitet und erlautert, Braun-
schweig 1892]) vom Brautigam vortragen (vgl. Driver [s. o. S. 9] 485).
Nr. 386 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. 6. Das Hohelied. 261
385. Eine letzte Hypothese hat den Vorzug, dafi sie das Berechtigte
der Liederhypothese festhalt, ohne das dramatische Element ganz aus-
zuschalten, und kann sich auforientalischeHochzeitsgebrauche stiitzen 1 .
Wahrend der Hochzeitswoche gelten in Syrien die Brautleute als Konig
und Konigin, die auf der Dreschtafel, dem Dreschschlitten (^'"a) thronen
und im Kreise der Dorf- und Festgenossen mit Liedern, darunter mit
Lobpreis der korperlichen Schonheit von Braut und Brautigam (wasf)
gefeiert werden 2 . Das Hohelied gilt nach dieser Hypothese gewissermafien
alsTextbuch einer palastinisch-israelitischen Hochzeitsfeier.
Freilich, wenn man daran geht, diese Auffassung praktisch durchzufiihren,
muft man viel in die Liedertexte hineindenken, die Reihenfolge andern,
den Text iiberarbeiten, und bei alledem bleibt noch die Individuali-
sierung im HI (Salomo^ Sulamit, Jerusalem, Libanon u. a.) als nicht
befriedigend deutbar iibrig. Daraus erklart sich die Zuriickhaltung der
Exegeten einer Hypothese gegeniiber, die eigentlich doch dem Doppel-
charakter des HI am ehesten gerecht werden konnte und zugleich den
Vorzug der Bodenstandigkeit in sich birgt 3 . Alles Ratselhafte am HI
zu losen, ist noch keiner der bisher aufgestellten Hypothesen gelungen 4 .
113. Das HI als religiose Allegoric.
386. Die Darstellung der Liebe im HI bewegt sich hie und da in
Formen, welche nicht von jedem Alter 5 und nicht von jeder Zeit ohne
1 I. G. Wetzstein, Sprachliches aus den Zeltlagern der syrischen Wiiste
(ZdmG 22, 69 194); Ders., Die syrische Dreschtafel (Zeitschr. f. Ethnologic
5 [!873], 2 7 3 02 ): Ders., Bemerkungen zum Hohenliede, bei Delitzsch (s. o.
S. 250) 162177.
2 Im einzelnen fiihrt diese Auffassung am Text des HI Budde (s. o.
S. 258) durch. Zustimmung fand er bei Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 268; Holzhey
(s. o. S. 9 1 ) I24f.; E. Kautzsch, Abrifi der Geschichte des atl Schrifttums (in:
Die Heilige Schrift des AT [s. o. S. ii] 2 , Beilagen, Frb. i. Br. 1896) 210 u. a.
3 Vgl. dariiber auch J. W. Rothstein, Song of Songs (HDB 4, 592 ff.).
Andere Parallelen vgl. bei G.Jacob, Das HI auf Grund arabischer und anderer
Parallelen von neuem untersucht, B. 1902; Zapletal (s. o. S. 259) 7 ff.; E. Ebe-
ling, Keilschrifttexte aus Assur religiosen Inhalts4, Lp. 1920, Nr. i-58(dagegen
N. Schmidt, Is Canticles an Adonis litany? [Journ. of Am. or. Soc. 46, 154
bis 164]).
4 M. Ritter (Das Hohelied von Salomo, Stuttgart 1913) und C. Sigwalt
(Das Lied der Lieder in seiner urspriinglichen Textordnung. Ein literarisch-
asthetischer Rekonstruktionsversuch [BZ 9, 27 53]) wollen durch ganz neue
Zusammenordnung der Textbestandteile ein besseres Verstandnis des HI
gewinnen.
5 Bei den Juden durfte man das HI nicht lesen, nisi quis ad aetatem
perfectam maturamque pervenerit (Origenes, Comm. in Ct, Prol. [M g 13, 63];
vgl. Hieronymus, Ep. 107, ad Laetam [M 1 22, 876]). Jiidische Zeugnisse scheinen
hierfiir zu fehlen.
262 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 387
Anstofi empfunden wurden 1 . Von dem abgesehen, ware der Lobpreis
der menschlichen Liebe, besonders der ehelichen Liebe und Treue,
sicher ein Gegenstand, fur den auch eine religiose Schrift Interesse
bekunden kann und darf. Deshalb konnten neben der rationalistischen
Exegese auch bibelglaubige Kreise beim nachsten, buchstablichen
Sinne stehen bleiben 2 . Auch im einzelnen sind die sittlichen An-
schauungen des HI nicht derart, dafi der buchstabliche Sinn moralisch
unmoglich und darum ausgeschlossen 3 ware.
387. Deshalb ware die typische Auffassung, welche diesen buch-
stablichen Sinn beibehalt, ihn aber aufterdem als Unterlage eines hoheren
geistigen Sinnes betrachtet, nicht grundsatzlich abzulehnen 4 . Doch
wird die typische Deutung kaum imstande sein, einen buchstablichen
Sinn nach Namen, Umstanden und sonstigen Ziigen in den Schilderungen
des HI begreiflich zu machen. Namentlich lafit es der spate Ursprung
des HI (s. u. 114) schwer verstehen, welches Interesse der Verfasser
an einer derartigen Episode aus der salomonischen Vorzeit genommen
haben sollte.
388. Deshalb hat die katholische Exegese 5 fast durchweg die
allegorische Deutung des HI der typischen vorgezogen
e
1 Gegen Haupt (s. o. S. 259 2 ), der manche Stellen obszon auffafite, vgl.
M. Thilo, Das Hohelied. Neu iibersetzt und asthetisch-sittlich beurteilt,
Bonn 1921. Eine Verurteilung soldier, welche das HI in Schenken sangen,
vgl. in Tosephta, Sanh. 12, 10 (vgl. H. Danby, Tractate Sanhedrin, Mishnah
and Tosefta. The judicial procedure of the Jews as codified towards the
end of the second century A. D. Translated from the Hebrew with brief
annotations [Translations of early documents , 3. Ser. , Rabbinic texts],
Ld. 1919, 121}.
2 Theodor von Mopsuestia Of- 428) hielt das HI fur ein Hochzeitslied auf
Salomo und seine agyptische Braut (vgl. u. Anm. 6). Von grofiern EinfluC
war Herders schongeistiges Buch (s. o. S. 259 2 ), so dafi auch orthodoxe
Protestanten (z. B. Oettli [s. o. S. 259] i66f., Strack [s. o. S. 3 2 ] 6 148) darin
rein weltliche Liebespoesie sehen wollten.
3 So Gietmann (s. o. S. 250) 350.
4 Sie ist vertreten von Honorius von Autun (12. Jahrh.), Expositio in Cantica
Canticorum (M 1 172, 347 496) 359; J. B. Bossuet, Libri Salomonis: Proverbia,
Ecclesiastes, Canticum Canticorum, Ecclesiasticus cum notis, P. 1693, 177
bis 188, Praef. in Cant. Cant. (S. 180); A. Calmet O. S. B., La Sainte Bible
en latin et en francais avec commentaire litteral et critique, P. 1707, Bd. V;
in neuerer Zeit von Delitzsch (s. o. S. 250) ; Miller [s. o. S. 258] 7 f. ; * S. Minocchi,
II Cantico dei Cantici, Rom 1898 ; Sloet (s. o. S. 259); O. Zockler, Das Hohe-
lied und der Prediger (in: Lange, Theol.-homil. Bibelwerk), Bielefeld 1868.
5 Vgl. R. Munz O. S. B., Die Allegorie des Hohenliedes, Frb. i. Br. 1912.
6 Die Entscheidung des 5. allgemeinen Konzils von Konstantinopel (553):
Despernit idem Theodoras (s. o. Anm. 2) Canticum Canticorum et sicut ad
Nr. 389 B. Die poetischen Biicher u. Lehrschriften. 6. Das Hohelied. 263
Das AT verwendet in ausgedehntem MaCe Treue und Untreue
in der menschlichen Liebe als Sinnbild, wenn sie das Verhaltnis
zwischen Gott und Mensch darstellt (vgl. Ex 34, 1 5 f. ; Lv 20, 5 ;
Os i 3; Is 54, 6; 62, 5; Jer 2, 2; 3, I ff.; Ez 16, 23 u. 6. 4Ezr
5, 24 [vgl. Ct 2, ij; 7, 26). Da bei Ez ganze Kapitel in solchen
Gedankengangen sich bewegen (vgl. Kap. 16 und 23), ist nur
mehr ein Schritt zu dem allerdings im HI allein dastehenden
Fall, dafi ein ganzes, freilich kleines Buch von dieser Allegorie
beherrscht wird. DaC das Judentum das HI in den Kanon seiner
heiligen Schriften aufgenommen hat, schliefit eine weltliche Auf-
fassung aus und konnte nur geschehen, wenn man das HI als
religiose Allegorie deutete 1 . Das allegorische Verstandnis des
HI wird besonders dann von Anfang an und mit AusschluG eines
typischen Sinnes gefordert, wenn bei seiner Abfassung urspriing-
lich weltliche Lieder dazu verwendet worden sein sollten, um
als Ausdruck religioser Gedanken zu dienen 2 .
389. Die Allegorie des HI kann verschieden aufgelost werden 3 . Nach
der Art, wie sonst im AT die menschliche Liebe allegorisch verwendet
erscheint, wird das Verhaltnis Gottes zum Volke Israel Inhalt der
Allegorie sein 4 . Schwerlich wird sich annehmen lassen, dafi die atl
amatam sibi haec Salomonem scripsisse dicit (M B 66, 699f.), schliefit die typische
Deutung nicht aus ; sie richtet sich gegen die blofi buchstabliche Auffassung.
1 ReuG fuhrt dies auf ein Mifiverstandnis zuriick (vgl. Strack [s. o. S. 3 2 ]
6 149). Vgl. auch Rothstein in HDB 4, 589 b .
2 Vgl. Lagrange (s. o. S. 233 2 ) 256. Nur aus Mifiverstandnis konnte
man in diesem Falle von inspiratio subsequens (s. o. S. 207) reden; denn
der inspirierte Autor ware derjenige, der zuerst diese weltlichen Lieder in
geistigem Sinne verwendete. Fur den geistigen Sinn ist die inspiratio ante-
cedens gegeben.
3 W. Erbt (Die Hebraer. Kanaan im Zeitalter der hebraischen Wanderung
und hebraischer Staatengriindungen, Lp. 1906, 196 202) lafit Sonne und
Mond in ihren Phasen und Konjunktionen dargestellt sein. O. Neuschotz
de Jassy (Le Cantique des Cantiques et le mythe d'Osiris-Hetep, P. 1914)
versucht eine mythologische Allegorisierung.
4 Nach Theodoret beziehen einige die Allegorie auf Konig und Volk
(M. e 81, 29). *J. L. Hug (Das Hohelied in einer noch unversuchten Deutung,
Frb. i. Br. 1813) und Herbst (s. o. S. 3 2 ) 3, 234 ff. (vgl. Cornely [s. o. S. S 1 ] 2, 2 *,
191 *) verstehen das HI vom Siid- und Nordreich. G. P. C. Kaiser, Das Hohe-
lied, ein Collectivgesang auf Serubabel, Esra und Nehemia als Wiederher-
steller einer jiidischen Verfassung in der Provinz Juda, Erlangen 1825. Nach
der jiidischen Exegese (vgl. Riedel [s. o. S. 259 1 ]) ist die ganze jiidische Ge-
schichte vom Exodus bis zum Messias darin enthalten.
264 I- Teil. Die Bvicher des AT im einzelnen. Nr. 390
Zeit die allgemeine Beziehung Gottes zum Menschen darunter verstand.
Dagegen konnte man den Sinn auf das Verhaltnis Salomos zur Weisheit
einengen und sich hierfiir auf Sap 8, 2 ff. berufen l . Wer neutestament-
liche, christliche Vorstellungen im Buche suchen wollte 2 , miifite zuerst
die messianische Deutung des HI feststellen 3 .
114. Verfasser und Entstehungszeit des HI.
390. Die Uberschrift (s. o. S. 258) bezeichnet Salomo als Ver-
fasser. Manche Exegeten halten daran fest 4 . Allein ein Relativ
^tpifc, wie es die hebraische Uberschrift enthalt, findet sich im HI
sonst nicht, weswegen die Uberschrift als nicht urspriinglich
gelten mufi. Anderseits erklart es sich angesichts des Inhaltes
leicht, wie man auf Salomo als Verfasser kam, auch wenn man
keine Uberlieferung dafur besafi. Die Glanzperiode des salomo-
nischen Konigtums muC nicht auch literarisch einen Hohepunkt
bezeichnen, dem das herrliche HI zuzuweisen ware. Salomos
Spruche und Gleichnisreden aus alien Gebieten der Natur (3 Rg
5, 13 [35 4, 33]) konnen nicht im HI niedergelegt sein, das sprach-
lich auch nicht in seine Zeit paCt.
391. Anhaltspunkte, aufeine nachsalomonischeZeit zu schliefien,
fehlen keineswegs. 1st 6, 4 Tirsa als Hauptstadt des nordlichen Reiches
mit Jerusalem zusammengestellt, so wiirde die Zeit von 932 bis 877
(3 Rg 14, 17 ; 1 6, 23! [ c Omri residierte noch 6 Jahre dortselbst]) in Frage
1 Vielleicht liegt diese Auffassung schon Sir 14, 23 (vgl. auch S. Euringer,
Bemerkungen zur georgischen Ubersetzung des HI [BZ 14, 97 116] 107 f.)
und dem Titel des Buches in der (3 P (Weisheit der Weisheiten) zu Grunde.
Sie wurde vertreten von F. K. Rosenmiiller, Scholia in VT 2, Lp. 1830, 271 ff.
2 Z. B. wird es auf Christus und die Kirche gedeutet von Origenes, In
Cant. horn, i (M g 13, 38), von Scholz (s. o. S. 259), auf jungfrauliche Seelen
von Hieronymus, Adv. lovin. i, 30 (M 1 23, 263), auf Maria als Braut des HI
von der kirchlichen Liturgie (vgl.: Uber den liturgischen Gebrauch des
Hohenliedes und des Ekklesiastikus im marianischen Kultus [Kath. 1859, 1 1 1 bis
121]; A. Perger S.J., Das Hohelied in der Liturgie [Kath. Seelsorger 20 (1908),
112 1 1 8 209 216]). Nimmt man mit einer Art von sensus accommodaticius
vorlieb, so kann man sogar verschiedene Allegorien in den einzelnen Teilen
(so *B. Schafer, Das Hohelied, Mstr. i. W. 1876; Schlogl [s. o. S. 260 6 j) oder
mehrere Allegorien zumal (so Munz [s. o. S. 262 5 ]) darin finden.
3 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 193 mochte die Allegorie von Salomo und
Volk Israel als Literalsinn zur Unterlage des Typus Christus und Kirche
machen. Dagegen Joiion (s. o. S. 255 x ) 13 f.
4 So Hontheim (s. o. S. 258); Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 209; Hudal (s. o. S. 9)
148, 2 158; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 178 f.
Nr. 393 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 7. Das Buch d. Weisheit. 265
kommen 1 . Da, das HI aus einzelnen Liedern besteht, die verschiedenen
Zeiten angehoren konnen, so darf diesem Anzeichen zufolge das Lied, in
dem dieser Stadtname steht, ins io./9- Jahrhundert verlegt werden, ohne
dafi diese Datierung fur das ganze Buch gelten miifite. Die Spr ache lafit
eine vorexilische Zeit kaum zu 2 , ja legt die persische 8 , vielleicht sogar
die griechische 4 Zeit (um 300 v. Chr.) nahe. Eine formelle und sach-
liche Verwandtschaft mit den Idyllen des Theokrit (281 250 v. Chr.)
kommt wohl kaum in Betracht; eine Abhangigkeit des HI von ihm 5
lafit sich nicht erweisen, wenn auch die spate Abfassungszeit, die sich
dann erga.be (Ptolemaus III. Euergetes [247 221]), nicht unbedingt aus-
geschlossen ware.
Hat sich gezeigt, daC man mit dem Ansatz eines einzelnen
Liedes ziemlich nahe an die salomonische Zeit herangehen darf,
so mufi man mit dem Buche, wie es jetzt vor uns liegt, in die
nachexilische, wohl gar bis in die griechische Zeit herabgehen.
7. Das Buch der Weisheit.
115. Name. Literatur.
392. Zoqpia laXuujuuJvoc; 6 , Zocpta, Liber Sapientiae (Sap, Weish).
393. R. Comely S. J., Commentarius in librum Sapientiae. Ed. F. Zo-
rell S.J. (CSs), P. 1910. F. Feldmann, Das Buch der Weisheit iibersetzt und
1 1st Tirsa nur als Stadt uberhaupt genannt, so wiirde sich die mogliche
Abfassungszeit bis 738 (vgl. 4 Rg 15, 16) bzw. 722 v. Chr. ausdehnen. Aus-
geschlossen ware es auch nicht, daC dieser Stadtname blofi wegen seiner
etymologischen Bedeutung (= Schonstadt) gebraucht wurde. So erklaren
meistens die Vertreter einer salomonischen und einer nachexilischen Her-
kunft des HI.
2 Aramaismen: rm^ (1,7; vgl. ttx&i), !' (vgl. VH), IBS (hebr. "BM), miz
(hebr. rHa).
8 Parsismen : m^s (4, 13 nach Kaulen-Hoberg [s. o. S. 2 3 ] 2 5 , 179 = assyr.
pardisu), Tisg (6, n).
4 Grazismen: V-^BK (3, 9, = qpopevov) ; vielleicht auch iss (i, 14; 4, 13,
= Kuitpoi;), sj 1 ? (7, 3, = nicrfuu). Deshalb lassen die meisten akatholischen
Exegeten das HI nicht vor 300 v. Chr. entstanden sein. Gegen die Ver-
legung in die griechische Zeit vgl. P. Vetter, Rez. iiber Cornill, Einleitung
(s. o. S. 2 4 ) 2 (ThQ 75, 667671) 668 f. DaC die Beriihrung mit dem Griechen-
tum schon vor Alexander d. Gr. sich so ausgewirkt hatte (so A. Harper, The
Song of Solomon [Cambridge Bible for Schools and Colleges], Cambridge
1902 ; vgl. Joiion [s. o. S. 255 *] 88), ist kaum anzunehmen.
5 So meinte u. a. Graetz (s. o. S. 258 5 ); R. Martineau, The Song of Songs
(Am. Journ. of Philol. 13 [1892], 307328). Dagegen W. G. Seiple, Theo-
critean parallels to the Song of Songs (AmJsemL 19, 108 115).
6 Vom vermeintlichen Verfasser so zubenannt; aber schon Augustinus
(De doctr. christ. 2, 8 [M 1 34, 41]) deutet diesen Titel dahin um, dafi salo-
266 I- Tei 1 - Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 394
erklart (HSAT 6, 4), Mstr. i. W. 1926. C. L. W. Grimm, Das Buch der
Weisheit erklart (Fritzsche-Grimm [s. o. S. 12] 6), Lp. 1860. *C. Gutberlet,
Das Buch der Weisheit iibersetzt und erklart, Mstr. i. W. 1874. P. H e i n i s c h,
Das Buch der Weisheit iibersetzt und erklart (EH 24), Mstr. i. W. 1912.
S. Holmes, The Wisdom of Solomon (Charles [s. o. S. 12] i, 518568).
B. Risberg, Textkritische und exegetische Anmerkungen zur Weisheit
Salomos (ZatW 33, 206 221). K. Siegfried, Die Weisheit Salomos
(Kautzsch [s. o. S. 12] 1,476507). Z6ckler(KK A 9 [s. o. S. 173], 355395).
116. Art und Inhalt des Buches der Weisheit.
394. Welsh gehort jener Literatur an, zu der Job, Prv, Koh und
Sir zahlen. Sie lehrt das, was bei den Juden als Weisheit in
Ansehen stand: Lebensweisheit in weitestem Sinne, meist von
einem religiosen Betrachtungsstandpunkt aus 1 . Weish ist noch
mehr religios gerichtet als die iibrigen Lehrschriften des AT und
fallt nicht so sehr wie sie in einzelne Spriiche oder Spruch-
gruppen auseinander, sondern weist grofiere Zusammenhange auf.
395. In der Form einer Ansprache an die Richter der Erde 2 werden
zuerst Gottlose und Fromme einander gegeniibergestellt 8 .
Erstere verfallen, wenn sie auch eine Zeitlang glucklich sein konnen,
dem strengen Gericht im Jenseits. Die wahrhaft Weisen, die Gottes-
fiirchtigen, konnen auf Erden fur kurze Zeit gepru.it werden, gelangen aber
dann zur Seligkeit, zu wahrem ewigen Leben (i, i 5, 23 [33 5, 24; 5, 14
der 93 > ]). Salomo lobt die Weisheit: er erinnert an seine
Verbindung mit ihr und mahnt die Mitkonige 4 , die Weisheit zu er-
werben, und fiigt ein Gebet urn die Weisheit an, das in eine Darstellung
dessen iibergeht, was die Weisheit in der Geschichte des Volkes ge-
wesen, und was sie fur den einzelnen bedeutet (6, i [23 6, 2; 6, i der
monische Weisheit enthalten sei. Von 9, i ab tritt Salomo selbst als der
Redende auf. Prv, Sir und Sap wurden von den Kirchenvatern in der
Benennung nicht immer auseinandergehalten, weil sie sich inhaltlich sehr
nahestehen (vgl. Zockler [s. o. Nr. 393] 255 f.).
1 Vgl. A. Johannes, Der Begriff Weisheit im Buche der Weisheit (ThprM
1 8, 449455).
2 Dem redenden Konig Salomo entsprechend wird auch der Rang der
Angeredeten gewahlt ; vgl. 6, i ff . ; 6,21 24.
3 2, 12 20 (Verfolgung des Gerechten) wird vielfach messianisch ver-
standen; vgl. [F. H.] Reusch , Gehort Weish 2, 12 20 zu den messiani-
schen Weissagungen ? (ThQ 46, 330 346).
4 Wiederum nur entsprechend der Stellung des Redenden so genannt;
vgl. 6, 9. W.Weber (Die Composition der Weisheit Salomo's[ZwTh47, 145 169])
beachtet das nicht und schliefit deshalb, dafi Sap 6 ff. ein Regentenspiegel
sein soilte ; ahnlich Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3 4 , 505 f. ; Zockler (s. o. S. 173) 355.
Nr. 396 B. Die poet. Bucher u. Lehrschriften. 7. Das Buch d. Weisheit. 267
33 > ] ii, i ) 1 . Gott wird gelobt fur das, was er seinem Volke
an Fiirsorge zugewendet hat; im Gegensatz dazu wird die Strafmethode
Gottes hervorgehoben, zuletzt bei den agyptischen Plagen (n, 2 12, 27).
Da die Agypter wegen Gotzendienstes bestraft wurden, so reiht sich
eine Abhandlung iiber Torheit und Strafbarkeit des Gotzendienstes und
liber den Dienst des wahren Gottes an (13, i 15, 19) 2 . Im Folgenden
setzt sich die Schilderung fort, wie verschieden Gott das auserwahlte
Volk und die Agypter behandelt hat (16, i 19, 22) 3 .
117. Literargeschichte des Buches der Weisheit.
396. Es wird sich schwer nachweisen lassen, dad Stucke des urspriing-
lichen Umfanges verloren gegangen seien 4 . Anderseits ist trotz
systematischer Anlage in den einzelnen Teilen das ganze Buch doch
nicht so fest in sich geschlossen, daft sich die Unversehrtheit zweifellos
feststellen liefte. Am ehesten konnte man annehmen, daft der Verfasser
die Geschichte Israels auch noch von Josue bis Salomo berucksichtigt
habe oder behandeln wollte, da Salomo als der Redende erscheint 5 .
Manche nehmen Interpolationen an 6 . Am fafibarsten waren solche
aus christlicher Zeit. Jedoch der christliche Gehalt von 2, 24; 3, 13;
4, i ; 4, 7 ; 14, 7 7 steht keineswegs fest.
1 Hier wird die gottliche Weisheit noch klarer als Prv 8, 22 ff. und Sir 24
liypostasiert ; sie nimmt mitschopferisch an der Weltschopfung teil. Manche
finden sogar 9, i ; 1 8, 15 eine Logoslehre als Vorspiel des ntl Logosbegriffes.
Vgl. Goettsberger (s. o. S. 247*); P. Heinisch, Die personliche Weisheit des
AT in religionsgeschichtlicher Beleuchtung (BFZ n, 1/2), Mstr. i. W. 1923.
z Auch in der hellenistischen Zeit bedurften die Juden der Warnung vor
Gotzendienst. Deshalb kann man aus diesen Kapiteln nicht schliefien, dafi
Sap an die Heiden gerichtet sei. Vgl. Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3*, 505 f.
3 Schiirer a. a. O. teilt ab : i 5 ; 69 ; 10 19 ; ebenso Zockler (s. o. S. 173)
355 f. liber die Beziehung zum Pentateuch vgl. F. Feldmann, Die litera-
rische Art von Weisheit Kapp. 10 19 (ThG i, 178 184).
4 Nach C. F. Houbigant (*j- 1783), Biblia hebraica cum notis criticis. Ac-
cedunt libri graeci, qui deuterocanonici vocantur, 3, P. 1754, 147 soil der
Titel des Buches mit dem Namen seines prophetischen Verfassers fehlen,
nach Calmet, In lib. Sap., Prol., Venedig 1753, 93 der Schlufi. Grimm (s. o.
5. 266) 1 6 glaubt, dafi einige Verse verloren gegangen seien.
5 So u. a. Zockler (s. o. S. 173) 356.
6 J. G. Eichhorn, Einleitung in die apokryphischen Schriften des AT, Lp. 1795,
86 207 ; J. G. Hasse, Salomons Weisheit neu iibersetzt, Jena 1784 ; A. L. C. Hei-
denreich, Probe einer Ubersetzung des Buches der Weisheit (in H. G. Tzschirners
Memorabilien fur das Studium und die Amtsfuhrung des Predigers, Lp.
1910/21, 5, 2, 157; 6, i, 165; 6, 2, 174; 7 i, 2592; 8, i, 27106).
7 So hatten die erwahnten Stellen H. Graetz (Geschichte der Juden 3 3 ,
Lp. 1878, 630 [14, 7]) und H. Grotius (Commentarius in lib. Sap. [Op. theol.,
Basel 1732, i] 593) gedeutet.
268 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 397
397. Dagegen kann Sap nicht durchweg als einheitlich
anerkannt werden. Sicher unterbricht Kap. 13 15 den FluB
der Darlegung von n, 2 19, 22. Auch I, I 5, 23 und
6, pff. behandeln verschiedene Gegenstande; aber 6, I 8 teilt
den Inhalt mit den beiden umschliefienden Bestandteilen. Trotz-
dem kann eine Herkunft von verschiedenen Verfassern nicht
sicher angenommen werden J . Wenn man eine etwas lockere Ge-
dankenverbindung fur zulassig halt, kann man, abgesehen von
Kap. 13 15, das Buch Sap immer noch im wesentlichen als
einheitliches Werk gelten lassen 2 .
118. Ursprache und Texte 3 des Buches der Weisheit.
398. Nicht blofi altere Exegeten nahmen als selbstverstandliche Folge-
rung aus der salomonischen Herkunft des Buches ganz 4 oder teilweise 5
hebraische Ursprache an, sondern auch neuere 6 . Auch seitdem man
1 Schon Houbigant (s. o. S. 267*) hatte angenommen, daC wenigstens der
Ubersetzer des ersten Teiles (Kap. i 9 von Salomo hebraisch geschrieben)
auch den zweiten Teil verfafit habe. F. Focke (Die Entstehung der Weis-
heit Salomos. Ein Beitrag zur Entstehung des jiidischen Hellenismus
[FRLAuNT N. F. 5], Gott. 1913) nimmt fur Kap. 619 den Ubersetzer von
Kap. i 5 als Verfasser an. Holmes (s. o. S. 266) 522 f. lafit 11,2 einen neuen
Verfasser einsetzen, der sich aber an den ersten Teil angelehnt habe. Vgl.
auch E. Gartner, Komposition und Wortwahl des Buches der Weisheit
(Schriften der Lehranstalt fur die Wiss. des Judent. 2, 2 4), B. 1912 ; Weber
(s. o. S. 266 *) ; Ders., Heimat und Zeitalter des Eschatologischen Buches der
Weisheit (ZwTh 53, 322 345).
2 Vgl. F. Feldmann, Zur Einheit des Buches der Weisheit (BZ 7, 140 150).
3 *F. Feldmann, Textkritische Materialien zum Buche der Weisheit, ge-
sammelt aus der sahidischen, syrohexaplarischen und armenischen Uber-
setzung (Verz. d. Vorles. an der Fak. zu Paderborn W. S. 1902/3), Frb. i. Br.
1902. *J. Holtzmann, Die Peschitta zum Buche der Weisheit. Eine kritisch-
exegetische Studie, Frb. i. Br. 1903.
4 So Sixtus von Siena u. a. Vgl. Grimm (s. o. S. 266) 8.
5 So Houbigant fur Kap. 19 (s. o. Anm. i) u. a.
6 C. L. W. Grimm, De Sap. indole Alexandrina perperam asserta, Jena 1833
(im Kommentar [s. o. S. 266] hielt er diese Ansicht nicht mehr fest).
J. A. Schmid, Das Buch der Weisheit 2 , Wien 1865. D. S. Margoliouth, Was
the book of Wisdom written in Hebrew? (Journ. of roy. as. Soc. 22 [1890],
263 297 ; dagegen J. Freudenthal, What is the original language of the
Wisdom of Solomon ? [JqR 3, 722753]). Scholz (s. o. S. 76 10 ) 33 (doch bleibt
die hebraische Ursprache nach ihm zweifelhaft). Focke (s. o. Anm. I fur
Kap. i 5). N. Peters, Ein hebraischer alphabetischer Psalm in der Weisheit
Salomons. Kap. 9 (BZ 14, i 14). E. A. Speiser, The Hebrew origin of the
Nr. 401 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 7. Das Buch d. Weisheit. 269
die salomonische Herkunft preisgab, fand man Anzeichen hebraischer
Ursprache im Parallelismus membrorum, dem Hauptmerkmal hebra-
ischer Poesie, im hebraischen Kolorit, in eingestreuten Hebraismen und
einigen Stellen, die man als Mifiverstandnisse einer hebraischen Vor-
lage deutete 1 .
399. Trotzdem entscheiden die Wortbildung 2 , Syntax, rednerische
Form und die Vorliebe fur Wortspiele, auCerdem die Beniitzung
der statt desSCTt 3 fur eine griechische Ursprache. Das
Zeugnis des Hieronymus stiitzt diese Anzeichen 4 .
400. Die 33-Ausgaben enthalten den Text der , da Hieronymus,
wie Sir, so auch Sap nicht bearbeitet hat 5 . In diesem Text
sind eine Reihe von Zusatzen vorhanden, welche die erhaltenen
Zeugen des -Textes noch nicht kennen 6 .
119. Zeit und Ort der Entstehung des Buches
der Weisheit.
401. Von Salomo bis in die christliche Zeit herein suchte man
das Buch der Weisheit unterzubringen.
Der salomonischen Herkunft wurde schon friih widersprochen 7 .
Selbst wenn die Geschichte Israels, die in Sap ausgiebig verwertet wird,
genau bis zur Zeit Salomos fortgefiihrt wurde 8 sie geht aber tat-
sachlich iiber Josue nicht herab , so wiirde dies schon dadurch er-
first part of the book of Wisdom (JqR N. S. 14, 455 482: i, i n, I sei
hebraisch geschrieben).
1 Vgl. z. B. 2, 6 foe, veoTtiTi (? statt ? gelesen); 18, 15 Xo^oc, ("an statt 123
Pest gelesen [vgl. I Chr 21, 14]).
2 Swete (s. o. S. 131 2 ) 311 kann iiber 50 zusammengesetzte Worter anfuhren.
3 Vgl. Beispiele bei Holmes (s. o. S. 266) 524 f.; Heinisch (s. o. S. 266) xviff.
2, 12 1st die unrichtige -Ubersetzung von Is 3, 10 aufgenommen.
4 Praef. in libros Salomonis: Secundus (d. i. Sapientia) apud Hebraeos
nusquam est, quin et ipse stylus graecam eloquentiam redolet.
5 In der Praef. in editionem librorum Salomonis iuxta Septuaginta inter-
pretes nimmt er Sir und Sap aus (calamo temperavi [M 1 29, 427 f.]).
Vgl. F. Kaulen, Geschichte der Vulgata, Mainz 1868, 163 f. Doch scheint es
auf Hieronymus zuriickzugehen, dafi die 33 Salomo im Titel nicht nennt.
6 Vgl. P. Thielmann, Die lateinische Ubersetzung des Buches der Weis-
heit (Archiv f. lat. Lexikographie u. Gramm. 8 [1893], 235 277); Ders., Be-
richt iiber das gesammelte hsl Material zu einer kritischen Ausgabe der
lateinischen Ubersetzungen biblischer Biicher des AT (SB d. k. b. AdW zu
Miinchen, philos.-hist. Kl. 1899, 2, 205 243).
7 Schon Hieronymus nennt Sap pseudepigraphus (Praef. in libros Salo-
monis). 8 Das macht Schmid (s. o. S. 268) geltend.
270 L Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. NT. 402
klarlich, daft der Verfasser seine Lehren ausdriicklich dem Salomo in
den Mund legt; dafi Salomo wirklich der Verfasser sei, ist hierzu
keineswegs notwendig. Ebensowenig wie der Konig Salomo kann der
Erbauer des zweiten Tempels, Zerubabel \ als zweiter Salomo im Ernste
in Frage kommen. Nicht einmal dafiir ist ein Anhaltspunkt gegeben,
dafi der Verfasser salomonische Schriften beniitzt habe 2 . Er konnte
auch ohne eine solche Grundlage seine Weisungen und Lehren in der
Person des Salomo geben; denn jegliche Weisheit konnte als salomonisch
gelten.
402. Da das Buch nicht hebraisch, sondern griechisch geschrieben
ist, kann eine Zeit vor Alexander d. Gr. nicht in Frage kommen.
Aber in die christliche Zeit noch hereinzugehen 3 , ist durch sichere
christliche Stellen 4 keineswegs gefordert, ja dadurch, daC Paulus
Sap beniitzt hat 5 , fast ausgeschlossen.
403. Aufier nur gelegentlich genannten Verfassernamen G ist ernstlich
Philo (*j* um 40 n. Chr.) in Betracht gezogen worden 7 . Sap beriihrt sich
in der Spekulation etwas mit diesem jiidischen Schriftsteller, steht aber
Sir und sogar Prv entschieden naher, da Philo die Logoslehre viel
reicher entfaltet hat und im Unterschied von Sap eine midrasartige
Behandlung der Heiligen Schrift liebt.
1 So J. M. Faber, Prolusiones de libro Sapientiae (= Programme Ansbach
1776/77, Super libro Sapientiae I IV) V, Ansbach 1776 (vgl. Comely [s. o.
S. 3 2 ]2, 2 2 , 22 5 2 ).
- So u. a. J. Bonfrere, In totam Scripturam S. praeloquia (in : J. S. Me-
nochii S. J. Commentarii totius Scripturae 2, P. 1719), cap. 7, sect. 3; Hane-
berg (s. o. S. 8 J ) ^491 (vgl. Cornely [s. o. S. 3 2 ] 2, 2 2 , 225 f.).
3 E. H. Plumptre (The writings of Apollos [Exp 1875, i. Bd., 329348 409
bis 435]) wollte den ntl Apollos fur den Verfasser halten. Weitere Vertreter
vgl. bei Grimm (s. o. S. 266) 25 f.; Heinisch (s. o. S. 266) xxin 2 .
4 Vgl. o. S. 267.
5 Vgl. E. Grafe, Das Verhaltnis der paulinischen Schriften zur Sapientia
Salomonis (Theol. Abh., C. v. Weizsacker gewidmet, Frb. i. Br. 1892, 253 286).
6 Jesus Sirach (Augustinus, De doctr. christ. 2, 8, 13 [M 1 34, 41]; dagegen
Retract. 2, 4 [M 1 32, 631]), Aristobulus zur Zeit Ptolemaus' VI. (181 146)
(J. A. B. Lutterbeck, Neutestamentliche Lehrbegriffe i, Mainz 1852, 407 f.),
ein alterer Philo (vgl. Flav. Jos., C. Ap. i, 23). Vgl. Cornely (s. o. S. 3 2 )
2, 2 2 , 225 7 .
7 So verstand man schon die alteste Nennung der Sap im Fragmentum
Muratorianum (um 200 n. Chr.) : Ab amicis Salomonis (falsche Ubersetzung
von imo 0iX.uuvo<; ; so S. P. Tregelles, Canon Muratorianus. The earliest
catalogue of the NT, Oxford 1867, 53; A. Zahn, Geschichte des ntl Kanons,
2, i, Erlangen 1890, 100). Hieronymus kennt solche Ansichten (Praef. in lib.
Sal. : Nonnulli scriptorum veterum esse ludaei Philonis affirmant); Nikolaus
von Lyra, Luther u. a. hielten ebenfalls daran fest (vgl. Zoclder [s. o. S. 173] 358).
Nr. 406 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 7. DasBuch d.Weisheit. 271
404. Innerhalb der Zeit von 300 v. Chr. bis an den Beginn der christ-
lichen Ara heran kann ein genaueres Datum weder aus Anzeichen einer
Unterdriickung des jiidischen Volkes erschlossen 1 noch durch sichere
literarische Beziehungen gestiitzt werden. Ware Sap 2, 2 ff. als Polemik
gegen Koh richtig verstanden 2 , so gewanne man die Reihenfolge : Sir
(200 v. Chr.), Koh, Sap, so daft Sap ca. 100 v. Chr. und spater anzu-
setzen ware. Wenn man Sap noch ins 2. Jahrhundert v. Chr. ver-
legen will, muft man nahe an das Ende desselben herangehen, weil
die Gedankengange der Sap eine bestimmte Weiterentwicklung gegen-
iiber Sir bedeuten 3 .
405. Als Abfassungsort konnen wir Agypten erschliefien.
Hier konnte am ehesten ein jiidisches Buch in griechischer Sprache
entstehen. Auf dem Boden Agyptens erklart sich das besondere In-
teresse fur dieses Land, das in den geschichtlichen Abschnitten von
Sap zu Tage tritt. Eine Beniitzung der war hier eher zu erwarten
als anderswo. Zudem klingen als Unterton des jiidischen Gedanken-
kreises Spekulationen mit, welche im Heimatboden der alexandrinischen
Philosophic wurzeln 4 .
120. Dichterische Form des Buches der Weisheit
und Beziehung zur griechischen Philosophic.
406. Sap ist zum Teil in gehobener Sprache geschrieben und
verwendet den Parallelismus membrorum. Deshalb haben die Anhanger
einer hebraischen Metrik ihre Systeme auch an Sap nachzuweisen sich
bemiiht 5 .
1 Man dachte an Ptolemaus IV. Philopator (222 205) (so Comely [s. o.
S. 3 *] 2, 2 2 , 227 ; Gutberlet [s. o. S. 266]; Kaulen-Hoberg [s. o. S. 2 3 ] 2 5 , 183 ;
Schenz [s. o. S. 58'] 415 u. a.") oder an Ptolemaus VII. (170/146117) (so Vi-
gouroux-Bacuez-Brassac [s. o. S. 9 1 ] 2, 2 14 , 180; M.-J. Lagrange, Le livre de la
Sagesse. Sa doctrine des fins dernieres [Rb N. S. 4, 85 104] 92).
2 So Condamin (s. o. S. 252 1 ) 9, 368 f. ; Peters (s. o. S. 256 5 ) u. a. ; dagegen
Heinisch (s. o. S. 256 5 ).
3 Holmes (s. o. S. 266) i, 520 f. entscheidet sich fur 50 30 v. Chr., weil Sap
von der griechischen Gestalt von Prv und Henoch 5, 7 (um 70 50 v. Chr.
ins Griechische iibertragen) abhangig sei. Thackeray (A grammar of the
OT in Greek according to the Septuagint i, Cambridge 1909, 62) setzt Sap
130 100 v. Chr. an, wozu die sprachliche Bezeugung von otibeic; und ouGeic; passe.
4 Vgl. Lagrange (s. o. Anm. i) 92.
5 Vgl. L. Maries S. J., Remarques sur la forme poetique du livre de la
Sagesse (i, 19, 17) (Rb N. S. 5, 251257); Peters (s. o. S. 268); H. Thacke-
ray S. J., Rhythm in the book of Wisdom (JthSt 6, 232 237 er will die
von F. Blafi im Hebr gefundenen Stilgesesetze [vgl. Die Rhythmen der asianischen
und romischen Kunstprosa (Paulus Hebraerbrief Pausanias Cicero Sene-
ca Curtius Apuleius), Lp. 1905] auch in Sap finden); H.Wiesmann S.J., Der
272 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 407
407. Dafi die Weisheit so hoch gepriesen wird, und wie sie der Verfasser
im einzelnen darstellt, ist zweifellos echt jiidisch. Doch ist die ganze
Art der Darstellung ein Zeugnis dafiir, dafi der jiidische Geist mit
dem hellenistischen Gedankenkreis in enge Beriihrung
g e k o m m e n ist 1 . Bestimmte Entlehnungen werden sich schwer nach-
weisen lassen, wenn es auf wirkliche philosophische Anschauungen,
nicht blofi auf Ausdrucksformen ankommt 2 .
8. Das Buch Jesus Sirach oder Ekklesiastikus.
121. Name. Literatur.
408. 8T>D p Tflfba p yitfi p ^tSftiO ttcan ( Weisheit des Simon,
des Sohnes Jesus', des Sohnes Eleazars, des Sohnes Siras) 3 ,
Xoqria IrjcroC inou Zipdx oder Zoqpia Zipdx, Liber Ecclesiastici 4
(Sir, Eccli [Ecclus]).
409. G. H. Box and W. O. E. O ester ley , The book of Sirach (Charles
[s. o. S. 12] i, 268 517). A. Eberharter, Das Buch Jesus Sirach oder
Ecclesiasticusiibersetztunderklart(HSAT 6, 5), Bonn 1925. O. F. Fritzsche,
zweite Teil des Buches der Weisheit. Aus dem Nachlafi J. K. Zenners heraus-
gegeben und erganzt (ZkTh 35, 2129 449465 665673); J. K. Zenner S. J.,
Der erste Teil des Buches der Weisheit (ZkTh 22, 417 431).
1 Vgl. Lagrange (s. o. S. 271 *) 91.
2 Vgl. I. E. Bruch, Die Weisheitslehre der Hebraer. Ein Beitrag zur Ge-
schichte der Philosophic, Strafiburg 1851 ; L. Heinemann, Die griechische
Quelle der Weisheit Salomos (Jahrb. d. jiid.-theol. Sem. Frankelscher Stift.,
Breslau 1920, 135 153); P. Heinisch, Die griechische Philosophic im Buche
der Weisheit (AtAbh i, 4), Mstr. i. W. 1908; Menzel(s. o. S. 2576). W.Weber
(Die Seelenlehre der Weisheit Salomos [ZwTh 51, 314 332]) setzt kaum eine
Kenntnis von der Praexistenz der Seele nach Plato voraus (vgl. auch F. C. Porter,
The preexistence of the soul in the book of Wisdom and in the rabbinical
writings [OT and Semitic studies in memory of W. R. Harper I, Ld. 1908,
208 269= AmJTh 12, 53 115]). Der Gegensatz zwischen Leib und Seele
wird 9, isf. in platonischer Terminologie hervorgehoben (vgl. PhaedoSic);
auch ft\r\ o^iopqpoc; n, 17 (33 18) stammt aus platonischen Vorstellungen.
3 Hieronymus (Praef. in libros Salomonis) nennt den hebraischen Titel
Parabolae (= trbv'a). s-nc -p kv'a ist in jiidischen Kreisen tatsachlich be-
zeugt(vgl.S.Schechter, A further fragment of Ben Sira [JqR 12, 456465] 460 f.).
4 Dieser Name, seit Cyprian (Testimonia adv. ludaeos 3, 35 95 [M 1 4, 785
805]) bezeugt, konnte eine differenzierte Form zu Ecclesiastes sein (so
Calmet; vgl. Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, 2 2 , 238), wird aber vom kanongeschicht-
lichen Terminus libri ecclesiastici (Kirchenbiicher [vgl. 194, Nr. 644])
herstammen, deren hauptsachlichstes in Sir gesehen werden kann (so Ru-
finus, In Symbol. Apost. 38 [M 1 21, 374]).
Nr. 41 1 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 8. Das Buch Jesus Sirach. 273
Die Weisheit Jesus Sirachs (Fritzsche-Grimm [s. o. S. 12] 5), Lp. 1859. * A. Jan-
sen, Het boek Ecclesiasticus (Biblia sacra [s. o. S. 124] 5, 4), 's Hertogen-
bosch 1905. J. Knabenbauer S. J., Commentarius in Ecclesiasticum. Cum
appendice: Textus Ecclesiastic! hebraeus (CSs), P. 1902. N.Peters, Das
Buch Jesus Sirach oder Ecclesiasticus ubersetzt und erklart (EH 25), Mstr.i.W.
1913. V. Ryssel, Die Spriiche Jesus', des Sohnes Sirachs (Kautzsch [s. o.
S. 12] i, 230 475). R. Smend, Die Weisheit des Jesus Sirach erklart, B. 1906.
O. Zockler, Die Weisheit Jesus Sirachs (KK A 9 [s. o. S. 173], 255354).
122. Der Inhalt des Sir 1 .
410. Sir 1st nicht bloC den Prv ahnlich, sondern diesem Buche
bewufit nachgebildet. Wie dort finden wir auch hier eineReihe
von SpriichenundLehren gesammelt, zum Teil ohne irgend
eine Verbindung untereinander, zum Teil durch den Inhalt zu
kleineren oder grofieren Gruppen vereinigt, hie und da zu um-
fangreicheren Abhandlungen ausgestaltet, die sich in Sir ofter als
in Prv finden (z. B. 38, 25 39, n [35 39, 15]). Das Buch fort-
laufend in zusammenhangende Abschnitte zu teilen, scheitert
daran, dafi eine solche Absicht des Verfassers nicht zu Tage
tritt 2 . Einen in sich geschlossenen Bestandteil bildet44, i 5> 2 ^
(33 28): TTarepujv uuvoc; (ftGtf Hltfl), wo die Vorfahren an der
Hand der atl Literatur der Reihe nach von Henoch bis herab
auf den Hohenpriester Simon, Sohn des Onias, gepriesen werden.
Nach dem formellen AbschluC (50, 27 29 [33 29 31]) folgt noch
das Gebet des Jesus, des Sohnes des Sirach .
411. Auch in Sir wird vielfach wie in Prv rein biirgerliche Moral
gelehrt (vgl. 34, 12 25 [35 31, 12 30]: Verhalten beim Mahle), der
Niitzlichkeitsstandpunkt in der Mahnung zum Guten stark betont (vgl.
3,31 [35 3, 34]; 7, 35 [35 7, 39]; 9, 6 5 12, if.; 18, 31; 22, 23 [35 22, 28];
29, 3 f. ii flf. [35 14 ff.j; 38, 17 [35 18]), und auf die diesseitige Vergeltung
in erster Linie hingewiesen 3 . Aber wie in Prv ist auch in Sir die Weis-
heit in ihrem ganzen Wesen religios gerichtet und gipfelt in einer
Gott zunachststehenden Personlichkeit, ein Abschnitt, der auch hier
wie in Prv ungefahr im Mittelteil des Buches steht (Sir 24) 4 .
1 Vgl. V. Merguet, Die Glaubens- und Sittenlehre des Buches Jesus Sirach,
Konigsberg 1874/1901.
* fiigt einzelnen Abschnitten Uberschriften bei, z. B. 18, 30: i^fKpdreia
xpuxn?) 2 ) 2 7 (33 2 9) : ^OYOI trapa(5o\i&v, 23, 7: iratbeia ar6|naTO(; u. a.
8 Vgl. C. Seligmann, Das Buch der Weisheit des Jesus Sirach (Josua ben
Sira) in seinem Verhaltnis zu den salomonischen Spriichen und seiner histo-
rischen Bedeutung, Halle a. S. 1883, der solche fur den Stand der atl Offen-
barung naturgemafie Unvollkommenheiten vibertreibt. 4 Vgl. o. S. 246 f.
Goettsberger, Einleitvmg in das AT. l8
* Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 412
412. Die spate Entstehungszeit (s. u.) wiirde es ermoglichen, anzu-
nehmen, daft Sir aus dem Griechentum Vorstellungen und Lehren
entlehnt hatte 1 . Allein bestimmte Anleihen bei der griechischen
Philosophie lassen sich nicht nachweisen 2 . Sonst ware Sir wohl
kaum auch bei den palastinischen Juden zu hohem, fast kanonischem
Anseheii gekommen (s. u. 189, Nr. 618).
123. Verfasser, Ubersetzer und Entstehungszeit
des Sir.
413. Bei den griechischen 3 und lateinischen 4 Kirchenvatern wird
Sir ab und zu als salomonisch 5 zitiert. Uber den wirklichen
Verfasser von Sir sind wir aber im Buche selbst und im Prolog 6
zum griechischen Text mit einer Genauigkeit unterrichtet wie nicht
leicht bei einem andern Buch des AT: es ist Jesus, Sohn des
Sirach, Sohnes des Eleazar, aus Jerusalem* (50, 27 [33 29]) 7 .
Nur in der genaueren Gestaltung seines Namens weichen die Uber-
lieferungen voneinander ab. Einheitlich wird er als Sohn des Sirach)),
als Sirazide bezeichnet. Doch wahrend ihn Jesus nennt, gibt ihm
der neu aufgefundene hebraische Text (s. u. S. 276 f.) denNamen "yw,
Simon, Sohn des Jesus, Sohnes des Eleazar, Sohnes des Sirach
(50, 27; 51, 30). Damit stimmt die syrische Kirche iiberein, die ihn
mit Xuueuuv 6 Geoboxoq, dem Sanger des Nunc dimittis, verwechselt,
1 So A. F. Dahne, Geschichtliche Darstellung der jiidisch-alexandrinischen
Religionsphilosophie, Halle 1834; A. F. Gfrorer, Philo und die jiidisch-
alexandrinische Theosophie (Geschichte des Urchristentums, Stuttgart 1835
bis 1838, i 2 ).
2 Vgl. Box (s. o. S. 272) 268 ff. ; Fritzsche (s. o. S. 272 f.) xxxy.
3 Z. B. Klemens Alex., Strom. 2, 5 (Sir 6, 33 [33 34]) (M g 8, 957 ; im ganzen
viermal).
4 Z. B. Cyprian, Testim. c. lud. 2, I (M 1 4, 696) u. 6.
5 Augustinus (De civ. Dei 17, 2o[M 1 4i, 554]) meint, dafi damit nur die
Ahnlichkeit mit salomonischer Weisheit ausgesprochen werden wollte, non
autem esse ipsius non dubitant doctiores. Richtiger urteilt wohl Hierony-
mus, In Dan. 9, 24 (M 1 25, 570): . . . falso Salomonis dicebatur. Diese
Anschauung liegt auch der Zahlung von fiinf salomonischen Biichern im
AT zu Grunde (so Innocentius I., Ep. ad Exuperium [D. 11 96] u. a. ; vgl.
E. Nestle, Fiinf Biicher Salomos [ZatW 27, 294297]).
6 J. H. A. Hart, The prologue to Ecclesiasticus (JqR 19, 284297). Ein
weiterer Prolog steht in den meisten griechischen und einigen lateinischen
Hss; er stammt aus der "Synopsis sacrae Scripturae (M g 28, 376 ff.).
7 Vgl. G. Margoliouth, Some remarks on the Son of Sirach (Internat.
Journ. of Apocrypha 1907, Okt); R. G. Moulton, The personality of the Son
of Sirach (ebd. Jan.); E. Nestle in HDB 4, 541 f.
Nr. 41 5 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 8. Das Buch Jesus Sirach. 275
sowie der jiidische Grammatiker und arabische Bibeliibersetzer Sa c adia
Ga c 6n (-f 942). Hat die letztere Uberlieferung den Vorzug fur sich, daft
sie den Urtext zur Seite hat, so konnte doch gerade dieser Name an
der erwahnten Stelle leicht eindringen, weil unmittelbar voraus ein
Simon ausfiihrlich geschildert war 1 .
414. Trotz der bescheidenen Art, wie der Sirazide die eigene Arbeit ein-
schatzt (30, 25 [33 33, i6 b j: Beerensammler nach den Winzern), wird er
nichtblofi als Sammler betrachtet werden diirfen. Mag auch iiber-
liefertes Gut sich unter seinen Spriichen finden und daraus sich manche
Unebenheit und Wiederholung erklaren, so wird doch das meiste, wie
der Prolog erkennen la'fit, eine aus der Lesung der heiligen Schriften
erarbeitete und selbstandig gestaltete Weisheitslehre darstellen.
415. Da lange Zeit nur die des Sir vorhanden war und fast
zur Halfte noch jetzt den Urtext ersetzen mufi, 1st auch die Per-
sonlichkeit des Ubersetzers von Bedeutung. Er fiihrt sich
im Prolog, der in den Bibelausgaben in der Regel steht 2 , selbst
ein und gibt iiber Zeit der Ubersetzung, Tatigkeit und Absicht des
Verfassers sowie iiber seine eigene verwandtschaftliche Beziehung
zu ihm AufschluB. Der Ubersetzer kam im 38. Jahre unter (em)
dem Konig Ptolemaus Euergetes nach Agypten und machte
sich nach geraumer Zeit an die Arbeit. Trotz des auffalligen
erri 3 mufi an das 38. Regierungsjahr eines agyptischen Konigs
Euergetes gedacht werden 4 , und hierfur kommt nur Ptolemaus
Euergetes II. Physkon (170 [bzw. 145] 117 v. Chr.) 5 in Frage.
Also entstand die Ubersetzung einige Zeit nach 132 v. Chr.
1 So Peters (s. o. S. 273) 435 f. Box (s. o. S. 272) 291 meint, dafi schon
die Symmetric die Ausschaltung von p ")Wo verlange. Es werden noch
eine Reihe von andern Verfassernamen genannt (vgl. Peters [s. o. S. 273] xxvi if.).
2 Die Frage, ob dieser Prolog kanonisch sei, wurde zur Zeit, als man die
offizielle 33-Ausgabe herstellte, erortert; vgl. C. A. Kneller S. J., Zur Vulgata
Sixtus' V. (ZkTh 46, 468-479) 469 ff. ; X.-M. Le Bachelet S. J., Bellarmin et
la Bible Sixto-Clementine (Etudes de theologie historique 3), P. 1911, 64 f.
3 Vgl. Agg i, i ; 2, i ; Zach I, 7; 7, i ; i Makk 13, 42 ; 14, 27 ; Inschrift von
Rosetta; Papyrus Par. 15. U. Wilcken (vgl. Archiv f. Papyrusforsch. 3 [1906],
321 ; 4, 205) meinte, dafl der Konig dadurch als verstorben bezeichnet werde.
Vgl. *H. Miiller, Zur Datierung der griechischen tJbersetzung des Buches
Ecclesiasticus (Germania 1904, Wissensch. Beil. Nr. 33).
4 Andere verstehen darunter irgendeine nicht ausdriicklich angegebene
Ara oder die Lebenszeit des Ubersetzers.
5 Euergetes I. regierte 246 221. Euergetes II. machte seinem Bruder
den Thron streitig und zahlte seine Regierungsjahre von 170 v. Chr. ab.
18*
276 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 416
416. Den Verfasser bezeichnet der Ubersetzer als seinen Grofi-
vater (6 itd-mro? l uou). Also wird Sir ungefahr zwei Menschenalter
vor der Ubersetzung, das 1st um i8ov. Chr. entstanden sein.
Da der Hohepriester Simon (Sir 50) so geschildert wird, als ob ihn
der Verfasser mit eigenen Augen gesehen hatte, so wird nicht Simon I.
der Gerechte (310 291 v. Chr.) gemeint sein, sondern Simon II. (219
bis 199 v. Chr.; vgl. Josephus, Ant. 12, 4, 10), obwohl das, was wir von
Simon I. aus der Geschichte wissen, viel besser zur Auszeichnung
stimmen wiirde, die mm der Verfasser von Sir zuteil werden laftt.
Von Simon II. ist weniger bekannt; trotzdem kann und wird er Sir 50
gemeint sein.
124. Ursprache und Texte des Sir 2 .
417. Der Ubersetzer (vgl. Prol. ppcuari) und Hieronymus 8 kennen den
hebraischen Text des ganzen Buches. Der Talmud und spatere jiidische
Schriftsteller (bis ins u. Jahrh.) verwenden noch diesen Urtext 4 . Die
von Sir verrat durch Mifiverstandnisse 5 , Wortspiele 6 und Hebrais-
men 7 , daft sie nur Ubersetzung ist.
418. Seit Hieronymus war in der christlichen Kirche der he-
braische Urtext verschollen. 1896 1900 wurden von ver-
schiedenen Personlichkeiten Fragmente des hebraischen Sir er-
worben und festgestellt, daft sie zu vier Hss (n. 12. Jahrh.)
gehorten und aus der Genizza der Synagoge zu Kairo stammten.
1 Gewohnlich = GroCvater ; aber auch Vorfahr iiberhaupt (dagegen
vgl. Eberharter [s. o. S. 272] 4). Fur letzteres J. Halevy, Etude sur la partie
du texte hebreu de l'Eccle"siastique recemment decouverte, P. 18.97, 63;
Zockler (s. o. S. 273) 257 f. u. a.
2 R. Smend, Die Weisheit des Jesus Sirach. Hebraisch und deutsch hrsg.
Mit einem hebraischen Glossar, B. 1906.
3 Praef. in libros Salomonis: Hebraicum reperi.
4 Zusammengestellt bei A. E. Cowley and A. Neubauer, The original
Hebrew of a portion of Ecclesiasticus (xxxix, 15 XLIX, n), together with
the early versions and an English translation and interpretation, Oxford 1897,
xix xxx ; S. Schechter, The quotations from Ecclesiasticus in rabbinical
literature (JqR 3, 682706).
5 Z. B. 25, 15 (33 22) Kecpa\r| statt *K*I = Gift; 24, 27 (33 37) las "ns statt
i^a wie der Nil ; 43, 4 rott/ia von asra hauchen statt von awj Ni. (das
Bewohnte) abgeleitet ; 20, 9 ysrj euboKia (so ist edobia zu korrigieren) statt
Sache.
6 Z. B. 43, 7 f. r:^ = aeXrjvri und r;^.^ = juifiv; 6, 22 (33 23) iDto und Jriia'itt.
7 17, 2 (33 3) nu^pcx? dpiGfioO = ^E?SI ^ = wenige Tage ; 17, 12 (33 10) bux-
a; 19, n diro irpoadbirou = *Vjte u. a.
Nr. 419 B. Die poet. Biicher u. Lehrschriften. 8. Das Buch Jesus Sirach. 2/7
Von 1616 Distichen des gewohnlichen -Textes sind jetzt 1064 im
Urtext, zum Teil in parallel laufenden Fragmenten vorhanden (haupt-
sachlich 3, 6 16, 26; vereinzelte Stticke aus Kap. 18 26; 30, n bis
51, 30 mit einigen grofieren Liicken) 1 . Trotz der spaten Sprache, die
dem Hebraischen der Misna nahesteht und Aramaismen enthalt, und
obwohl der Text stark verderbt zu sein scheint, ist an seiner Echt-
heit nicht zu zweifeln 2 .
419. Der -Text, der noch zum guten Teil den Urtext er-
setzen muC, weist in alien Hss 3 eine unrichtige Reihenfolge des
Textes auf: 33, I3 b 36, i6 a mufi auf Grund des Inhalts und
nach dem Zeugnis von 23, (5 und nach der arabischen Ubersetzung
1 Naheres vgl. bei *N. Peters, Der jiingst wieder aufgefundene hebraische
Text des Buches Ecclesiasticus untersucht, herausgegeben und mit kritischen
Noten versehen, Frb. i. Br. 1902. Textausgaben : *N. Peters, Liber lesu filii
Sirach sive Ecclesiasticus hebraice secundum codices nuper repertos vocalibus
adornatus, addita versione latina cum glossario hebraico-latino, Frb.i. Br. 1905 ;
Schechter (s. o. S. 240 6 ); Smend (s. o, S. 276 2 ); H. L. Strack, Die Spriiche Jesus',
des Sohnes Sirachs. Der jiingst aufgefundene hebraische Text mit An-
merkungen und Worterbuch, Lp. 1903. Vgl. auch A. Fuchs, Textkritische
Untersuchungen zum hebraischen Ekklesiastikus. Das Plus des hebraischen
Textes gegeniiber der griechischen Ubersetzung (BSt 12, 5), Frb.i. Br. 1907.
2 *G. Bickell, Der hebraische Sirachtext eine Riickiibersetzung (WZKM 13,
251 256). D. S. Margoliouth (The origin of the "original Hebrew of Ec-
clesiasticus, Ld. 1899) halt den Text fur eine Ubersetzung aus dem Persischen;
der persische Text gehe teils auf eine griechische, teils auf eine syrische Vor-
lage zuriick (vgl. auch ExpT 23, 234 ,). I. Levi stimmt ihm zu (vgl. A. Biichler,
Encore quelques notes sur le nouveau fragment de 1'Eccle'siastique [REj 38, 137
bis 140]; I. LeVi, Les nouveaux fragments hebreux de TEcclesiastique de Je"sus
fils de Sira [ebd. 39, 115 177190; 40, 130; vgl. ebd. 253257]). R. Storr
(Einige Bedenken gegen die Echtheit des hebraischen Jesus Sirach [ThQ 106,
203 231]) stiitzt sich auf die Fundgeschichte und die Abhangigkeit vom grie-
chischen und syrischen Text. Tatsachlich gibt es Versuche, Stiicke des Sir zu-
riickzuiibersetzen (z. B. * G. Bickell, Die Strophik des Ecclesiasticus [WZKM 6,
87 96]; Ders., Ein alphabetisches Lied Jesus Sirach's [ZkTh 6, 319 333]),
und mehrere vollstandige Riickubertragungen, so von J. Ben Zeeb (=J[uda]
L[6w] Bensef), Das Buch Sirach. Syrischer Text in hebr. Schrift mit hebr. und
deutscher Ubersetzung und kurzem hebr. Kommentar, Brsl. 1798, Wien 1828;
S. I. Frankel, Ketubim acharonim, Lp. 1830. Dagegen E. Konig, Die Ori-
ginalitat des neulich entdeckten hebraischen Sirachtextes textkritisch, exe-
getisch und sprachgeschichtlich untersucht, Frb. i. Br. 1899. Vgl. auch
J. Touzard, Nouveaux fragments hebreux de 1'Eccle'siastique (Rb 9, 45 62
525563).
3 Cod. 248 (nach Holmes-Parsons [s. o. S. I76 12 ]) hat zwar die richtige Reihen-
folge, sie ist aber erst nachtraglich nach SB wiederhergestellt worden ; vgl.
J. K. Zenner S. J., Ecclesiasticus nach Cod. Vat. 346 (ZkTh 19, 159).
2^8 * Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 420
zwischen 30, 24 und 25 gestellt werden. Aufierdem gibt es glos-
sierte 1 und glossenfreie Hss; jedoch auch die glossenfreien Hss
bieten den Text der glossierten Hss, da bei ihnen die Glossen
erst nachtraglich ausgeschieden wurden 2 .
Aus dem -Text 1st der 25-Text des Sir iibertragen, den Hieronymus
weder iiberarbeitet noch neu iibersetzt hat 3 . 33 enthalt viele Zusatze
zu 4 , aber auch manche Lesarten, die besser sind als die erhaltenen
Zeugen von 5 . Die (3 ist nach dem Hebraischen hergestellt 6 , wenn
auch gelegentlich beigezogen wurde 7 .
125. Dichterische und literarische Form des Sir.
420. Wie sein Vorbild Prv, so lafit auch Sir das Streben nach dich-
terischer Gestaltung erkennen . Der Parallels smus membrorum
in seinen wechselnden Formen tritt uns allenthalben entgegen. Regel-
maftig werden Distichen gebildet. Ein Versuch, ein bestimmtes Metrum
in den wenigen fruher bekannten hebraischen Versen des Sir nach-
zuweisen 8 , ist durch die spateren Funde nicht bestatigt worden 9 . Ab-
gesehen von der umstrittenen Frage nach dem richtigen hebraischen
Metrum, ist der unsichere Text von Sir wenig geeignet, um an ihm die
Richtigkeit oder Unrichtigkeit metrischer Systeme zu erproben. Auch
eine Strophik glaubte man am Sir-Text durchftihren zu konnen 10 . Daft
1 Weil von Klemens Alex, beniitzt, wircl der Text alexandrinisch genannt.
Es handelt sich durchschnittlich um ein Mehr von 150 Stichen.
2 Vgl. J. H. A. Hart, Ecclesiasticus. The Greek text of Codex 248 edited
with a textual commentary and prolegomena, Cambridge 1909; A. Schlatter,
Der Glossator des griechischen Sirach und seine Stellung in der Geschichte
der jiidischen Theologie (BFchrTh i, 5/6), Gutersloh 1897.
3 Siehe o. S. 269 5 . Nestle in HDB 4, 545 meint, dafi dadurch eine leichte
stilistische Uberarbeitung nicht ausgeschlossen sei. H. Herkenne, De Ve-
teris Latinae Ecclesiastici capitibus I XLIII una cum notis ex eiusdem libri
translationibus aethiopica, armeniaca, coptica, latina altera, syro-hexaplari de-
promptis, Lp. 1899; P. Thielmann, Die lateinische Ubersetzung des Buches
Sirach (Arch. f. lat. Lexikogr. u. Gramm. 8 [1893], 501 561).
4 Vgl. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 195 f.
5 Dagegen A. Eberharter, Die Ekklesiastikuszkate bei Klemens von
Alexandrien. Gesammelt und mit LXX und Vulgata verglichen (ThQ 93, i 22).
6 Vgl. P. de Lagarde, Libri Veteris Testamenti apocryphi syriace, Lp. 1861.
7 tiber die sahidisch-koptische Ubersetzung vgl. N. Peters, Die sahidisch-
koptische Ubersetzung des Buches Ecclesiasticus auf ihren wahren Wert fur
die Textkritik untersucht (BSt 3, 3), Frb. i. Br. 1898.
8 D. S. Margoliouth, An essay on the place of Ecclesiasticus in Semitic
literature, Oxford 1890. 9 Vgl. Schlatter (s. o. S. 220 8 ) 4.
10 Die Gruppen von 50 oder 100 Distichen, welche Schlatter (s. o. S. 220 8 ) 100
nachweisen zu konnen glaubt, sind als Ausmafi einer Strophe zu groB.
Nr. 423 C. Die Propheten. a) Das Prophetentum im allgemeinen. 279
der Dichter mit seinen literarischen Darstellungsformen wechselt, darf
wohl angenommen warden 1 .
421. Wie Prv, so schliefit auch sein Nachahmer Jesus Sirach sein Buch
mit einem alphabetischen Stiick (51, 13 3o) 2 .
C. Die Propheten.
a) Das Prophetentum im allgemeinen.
126. Name. Literatur.
422. Der Name Prophet 3 geht iiber propheta auf 7rpo(pr|Tr]
(von Trpo-cprjui an Stelle jemands reden) zuriick. Auch der hau-
figste hebraische Name, J^IK, hat im Sprachgebrauch 4 die gleiche
Bedeutung (Ex 4, 16; 7, i). Hauptsachlich verwendete man diese
Bezeichnung fur solche, die an Stelle Gottes redeten. Auch der
Name fiSH, spater !HTh cler Seher, wurde ehedem (i Sm 9, 9) 5
als Prophetenname gebraucht.
423. G. C. Aalders, De Profeten des Ouden Verbonds, Kampen 1918/19.
C. H. Cornill, Der israelitische Prophetismus. In fiinf Vortragen 13 , B. 1924.
1 Vgl. W. Baumgartner, Die literarischen Gattungen in der Weisheit des
Jesus Sirach (ZatW 34, 161198).
2 Vgl. dazu Bickell (s. o. S. 277 2 ) [ZkTh 6, 319333]); N. Schlogl O. Cist.,
Das Alphabet des Siraciden (Eccls 51, 13 29). Eine textkritische Stuclie
(ZdmG 53, 669671); C.Taylor, The Alphabet of Ben Sira (Journ. of Philol. 30,
95 132; JqR 17, 238 f.). Dieses echte Alphabet des Sir mag Anstofi dazu
gewesen sein, dafi sich zwei apokryphe Alphabete des Sirach bildeten,
das erste aus 22 alphabetischen aramaischen Spriichen bestehend (vgl. Cowley-
Neubauer [s. o. S. 276*] xxviu f.), das zweite eine romanhafte Erzahlung iiber
Sirach, die ebenfalls in 22 alphabetische Spriiche ausmiindet. Vgl. Schiirer
(s. o. S. i63 3 ) 3*, 2i9f. ; M. Steinschneider, Alphabetum Siracidis utrumque,
B. 1858; Auszxige daraus vgl. bei Cowley-Neubauer (s. o. S. 276 4 ) xxviu f.
3 E. Fascher, TTpoqpr|Tr|<;. Eine sprach- und religionsgeschichtliche Unter-
suchung, Giefien 1927. E. Laur O. Cist., Die Prophetennamen des AT. Ein
Beitrag zur Theologie des AT, Frb. i. S. 1903. M. A. van den Oudenrijn O. P.,
De vocabulis quibusdam termino VPX synonymis (Bb 6, 294 311 406 417).
4 Etymologisch stammt das Wort vom assyr. nabu sprechen. Manche
leiten es von s=5 hervorsprudeln ab und bringen es mit dem Enthusias-
mus und der Inspiration der Propheten in Zusammenhang.
5 In der Zeit, als die Samueliiberlieferungen aufgezeichnet wurden (s. o.
S. 143 3 ). Als der Glossator i Sm 9, 9 niederschrieb, war schon der Name
S"=3 eingebiirgert.
280 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 424
*L. Diirr, Wollen und Wirken der atl Propheten, Diisseldorf 1926.
H. Gunkel, Die Propheten. Die geheimen Erfahrungen der Propheten. Die
Politik der Propheten. Die Religion der Propheten. Schriftstellerei und
Formensprache der Propheten, Gott. 1917. G. Holscher, Die Profeten.
Untersuchungen zur Religionsgeschichte Israels, Lp. 1914. *Meignan,
Les prophetes d' Israel. Quatre siecles de lutte contre 1'idolatrie (L'AT dans
ses rapports avec le Nouveau et la critique moderne 5), P. 1892, 2 i9O3.
*T. Schermann, Propheten- und Apostellegenden nebst Jiingerkatalogen
des Dorotheus und verwandter Texte bearbeitet (TU 3. R. i, 3), Lp. 1907.
E. Sellin, Der atl Prophetismus. Drei Studien, Lp. 1912. G. Stosch,
Die Prophetie Israels in religionsgeschichtlicher Wiirdigung, Giitersloh 1907.
M. A. van den OudenrijnO. P., nstfsj. De prophetiae charismate in
populo israelitico libri quattuor. Praelectiones exegetico-dogmaticae, Rom 1926.
127. Geschichte und Wesen des israelitischen
Prophetentums.
424. Ein alteresProphetentum 1 ist in Nm n, in den sog.
Prophetenschulen zur Zeit des Samuel und des Elias und Eli-
saus (D^iplS} "\53 Prophetenjunger) bezeugt.
Das Prophezeien (K^?) dieser alteren Propheten war nicht ein
Sprechen an Stelle Gottes, sondern ein enthusiastisch.es Gebaren,
bei welchem das Bewufttsein veiioren gehen konnte (vgl. i Sm 19, 20 if. ;
10, 5 ff . ; Nm n, 26 29); es geschah im Dienste Jahwes. Ab und zu
wurden Angehorige dieses alteren Prophetentums auch durch gb'ttliche
Offenbarungen ausgezeichnet ; insoweit zahlen sie zu den eigentlichen
Propheten, die im Namen Gottes auftraten. Dieses enthusiastische
Prophetentum dauerte wenigstens bis Amos (vgl. Am 7, 14), also vom
14. bis zum 8. Jahrhundert, und hie und da finden sich Formen seines
eigenartigen Auftretens auch noch bei den spateren Propheten 2 . Die
Baalspropheten der Kanaaniter treten in ahnlicher Art auf ; doch stammt
das altere Prophetentum in Israel nicht aus Kanaan, weil es schon zur
Zeit des Moses vorhanden war, ehe das Volk Israel mit Kanaan in
engere Beriihrung kam.
425. Das eigentliche und im grofien und ganzen spatere
Prophetentum setzt eine besondere gottliche Berufung 3 in feier-
licher oder weniger feierlicher Form fur die ganze Lebenszeit,
1 E. Konig, Der altere Prophetismus (BZSF i, 9), B. 1905.
2 Das Wort jraa konnte auch in uneigentlichem Sinne gebraucht werden,
z. B. Gn 20, 7 von Abraham im Sinne von Freund, Liebling Gottes. In
der Chr wird Naann auf gottesdienstliche Tatigkeit, besonders auf den litur-
gischen Gesang iibertragen.
3 F. Leitner, Die prophetische Inspiration. Biblisch-patristische Studie
(BSt i, 4/5), Frb. i. Br. 1896.
Nr. 426 C. Die Propheten. a) Das Prophetentum im allgemeinen. 281
oder fur einen Lebensabschnitt, oder auch fur eine nur voriiber-
gehende Wirksamkeit voraus.
Der Berufene mufite gewisse Eigenschaften mitbringen, ohne dafi
solche notwendig eine Berufung zur Folge hatten. Die Berufung ge-
schah, um eine gottliche Mitteilung an das Volk oder an einzelne
durch Wort oder durch symbolische Handlungen zu verkiinden. Die
prophetischen Verkiindigungen betrafen selten Angelegenheiten des tag-
lichen Lebens, meistens die offentlichen Interessen des ganzen Volkes,
darunter selbstverstandlich und vorwiegend politische Dinge, die aber
auf religiose Ziele hinausliefen 1 . Das ethisch-religiose Leben des Volkes
ist hauptsachlichster Gegenstand der prophetischen Verktindigungen.
Unter diesen Mitteilungen befinden sich auch Vorhersagungen kon-
tingenter zukiinftiger Dinge, der naheren und ferneren, der messiani-
schen und endzeitlichen Zukunft 2 .
426. Die rationalistischen Hypothesen, welche die Erscheinung
des israelitischen Prophetentums erklaren wollen, versagen gegen-
iiber dem tatsachlichen Bilde, welches das AT von den Pro-
pheten entwirft 3 .
Die sittlich hochstehenden Manner konnen keine Betriiger, die her-
vorragenden Volksfiihrer nicht in Selbsttauschung befangene Irrende
gewesen sein, noch darf man bei ihren Zeitgenossen Selbsttauschung
annehmen, als sie in ihnen ein gottgesandtes Prophetentum anerkannten.
Natiirliche, allgemein menschliche Krafte oder Rassenbegabung und
Volksanlage, mag man dazu auch nationale Begeisterung, fromme Hoch-
stimmung, hochgradige Nervenerregung fiigen, selbst aufierordentliche
menschliche Anlagen oder geheimnisvolle, noch unerforschte Seelen-
krafte vermogen die Erscheinungen des Prophetentums nicht zu er-
1 Vgl. *A. Eberharter, Die soziale und politische Wirksamkeit des atl
Prophetentums, Salzburg 1924; * F.Walter, Die Propheten in ihrem sozialen
Beruf, Frb. i. Br. 1900; F. Wilke, Die politische Wirksamkeit der Propheten
Israels, Lp. 1913.
2 E. Hiihn, Die messianischen Weissagungen des israelitisch-jiidischen
Volkes bis zu den Targumen historisch-kritisch untersucht und erlautert
nebst Erorterung der atl Zitate und Reminiszenzen im NT i, Frb. i. Br. 1899.
E. Konig, Die messianischen Weissagungen des AT vergleichend, geschicht-
lich und exegetisch behandelt, 2 ~ 3 Stuttgart 1925. *A. Schulte, Die messia-
nischen Weissagungen des AT nebst dessen Typen iibersetzt und kurz er-
klart (Wissenschaftl. Handbibliothek 30), Pad. 1908.
3 A. Condamin S. J. , La mission surnaturelle des prophetes d'Israel
(Etrel 118, 5 32). H. W. Hertzberg, Prophet und Gott. Eine Studie zur
Religiositat des vorexilischen Prophetentums (BFchrTh 28, 3), Giitersloh 1923.
E. Konig, Die Prophetic des AT nach ihren Quellpunkten beleuchtet (NkZ 24,
812 837 886 905). P. Synave, La causalite" de 1'intelligence humaine dans
la revelation prophetique (RScphth 8, 218 235).
282 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 427
klaren, solange man den Grundsatz festhalt, daft jede Wirkung eine
entsprechende Ursache voraussetzt. Von pathologisch zu nehmenden
Personlichkeiten die prophetische Wirksamkeit abzuleiten \ geht ebenso-
wenig an, als man menschliche Kultur und menschlichen Fortschritt
pathologisch veranlagten Geistern zuschreiben mochte.
Es ragt im Prophetentum etwas Ubernatiirliches
ins Menschen- und Volksleben herein, das man mit
blofi natiirlichen MaCen nicht voll ausmessen kann 2 . Wie die
Religion Israels wird darum auch sein Prophetentum etwas Einzig-
artiges bleiben trotz der Versuche, ein aufierbiblisches Propheten-
tum nachzuweisen 3 .
427. Die atl Einleitung hat es nur mit jenen eigentlichen Pro-
pheten zu tun, deren prophetische Wirksamkeit einen literari-
schen Niederschlag gefunden hat; das sind die sog. Schrift-
propheten 4 . Meist enthalten diese Schriften die Verkiindi-
gungen, wie die Propheten sie vorgetragen haben. Das Buch des
Jonas ist dagegen ein Bericht dariiber, daC und unter welchen Um-
standen er geweissagt hat. Sechzehn 5 wird Bar von Jer ge-
trennt, siebzehn Prophetennamen stehen an der Spitze pro-
phetischer Schriften, die in vier Grofie (Is, Jer mit Bar, Ez, Dn)
und zwolf Kleine Propheten (buubeKairpoqpnTov : Os, Joel, Am, Abd,
Jon, Mich, Nah, Hab, Soph, Agg, Zach, Mai) eingeteilt werden 6 .
1 Vgl. B. Baentsch, Pathologische Ziige in Israels Prophententum (ZwTh 50
[N. F. 15], 52-81).
2 E. Troeltsch (Das Ethos der hebraischen Propheten [Logos 6 (1916/17),
I 28]) lehnt eine Entwicklungstheorie fiir das atl Prophetentum ab und
nimmt an, dafi in ihm die Wirkungen iiber die Reichweite der Ursachen hinaus-
gewachsen seien. Gegen die Versuche, die Unterscheidung zwischen wahren
und falschen Propheten im AT als subjektive Einschatzung zu erweisen,
vgl. E. Sachsse, Die Propheten des AT und ihre Gegner (ZSF 13, 4), B. 1919.
3 Vgl. Delitzsch (s. o. S. 224 3 ); A. Erman, Eine Revolutionszeit im alten
Agypten (Internat. Monatsschr. 6 [1912], 1930); GreCmann-Ranke (s. o.
S. 12) i, 204210; U. Wilcken, Zur agyptischen Prophetic (Hermes 40 [1905],
544560).
4 Der jiidische Kanon rechnet auch die Geschichtsbiicher von Jos bis
Rg zu den o-s-z;, wohl von der Anschauung ausgehend, dafi diese Biicher
von Propheten verfafit seien.
5 Davon das djacavbeKaupocpriTov in den griechischen Hss (vgl. Swete [s. o.
S. 131*] 123).
6 Uber die verschiedene Reihenfolge der Propheten in andern Uber-
lieferungen vgl. u. 201, Nr. 691. Fiir die zeitgeschichtliche Wiirdigung
der einzelnen Propheten empfiehlt es sich. sie um die Hauptereignisse der
Nr. 430 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. I. Isaias. 283
b) Die vier Grofien Propheten mit Baruch 1 .
1. Isaias.
128. Name. Literatur.
428. WW;, 'Hffcuas (vgl. WS?? I Chr 3, 21 u. 6.), Prophetia
Isaiae (2 Esaias) (Is).
429. T. K. Cheyne, Einleitung in das Buch Jesaja. Deutsche Ubersetzung
unter durchgangiger Verantwortung des Verfassers hrsg. von J. Bohmer,
Giefien 1897. A. Condamin S. J., Le livre d'lsai'e. Traduction critique
avec notes et commentaire (Etudes bibliques), P. 1905. Franz Delitzsch,
Biblischer Kommentar iiber das Buch Jesaja (BC 3, i), 4 Lp. 1889. B. Duhm,
Das Buch Jesaja iibersetzt und erklart (GHK 3, i), Gott. 1892, 4 ig23. F. F eld-
man n, Das Buch Isaias iibersetzt und erklart (EH 14), Mstr. i. W. 1925/26.
G. B. Gray and A. S. Peake, A critical and exegetical commentary on the
book of Isaiah (IcC), I [Kap. 127], Ld. 1912. J. Knabenbauer S. J., Er-
klarung des Propheten Isaias, Frb. i. Br. 1881; Ders., Commentarius in
Isaiam (CSs), P. 1888, 2 ed. F. Zorell S. J., 1923. A. Knobel, Der Prophet
Jesaja (KeH 5), Lp. 1843, 4 von L. Diestel 1872, 5 von A. Dillmann 1890, 6 von
R. Kittel 1898. E. Konig, Jesaja eingeleitet, iibersetzt und erklart, Giiters-
loh 1926. K. Marti, Das Buch Jesaja erklart (KHK 10), Tub. 1900. *S. Mi-
nocchi, Le profezie d'Isaia, tradotte e commentate, Florenz 1907. *B. Ne-
teler, Das Buch Isaias aus dem Urtext iibersetzt und mit Beriicksichtigung
seiner Gliederung und der auf seinen Inhalt sich beziehenden assyrischen
Inschriften erklart, Mstr. i. W. 1876. C. v. Orelli, Die Propheten Jesaja und
Jeremia ausgelegt (KK A 4), Nordlingen 1887, 2 Miinchen 1891; Ders., Der
Prophet Jesaja ausgelegt (KK A 4, i) 3 , ebd. 1904. N. Schlogl O. Cist., Die
heiligen Schriften des Alten Bundes 4, i : Das Buch des Propheten J e sa'ja
aus dem kritisch hergestellten hebraischen Urtext ins Deutsche metrisch
iibersetzt und erlautert, Wien 1915.
129. Bedeutung, Leben und Wirken des Propheten
Isaias.
430. Wegen des Umfanges des Weissagungsbuches, wegen seines
vielseitigen Einflusses in der Geschichte seines Volkes, ob seiner
israelitischen Geschichte in ihrer Zeit zu gruppieren: Os, Am, Is, Mich
(assyrische Gefangenschaft) ; Jer, Bar, Soph, Hab, Ez, Dn (babylonisches
Exil); Agg, Zach, Mai (Wiederherstellung des jiidischen Gemeinwesens);
Joel, Jon, Abd sind nicht sicher zu datieren.
1 Auch unter dem Titel oi T^craape<; in griechischen Hss als gesonderte
Gruppe behandelt (vgl. Swete [s. o. S. I3i 2 ] 123).
284 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 431
prophetischen Gestaltungskraft * und als genauester Kiinder des
Messias 2 gilt Isaias als der bedeutendste Prophet des AT.
431. Geboren als Sohn des Amos ('p*? i, i), soil er, well er in stan-
diger Verbindung mit dem Konigshaus erscheint, selbst koniglicher
Abkunft 3 gewesen sein oder wenigstens der Aristokratie angehort haben.
Da er in der Regel in Jerusalem weilte, rechnet man ihn zum Stamme
Juda. Isaias muftte, wenn auch nicht so einschneidend wie Osee (s. u.
1 6 1, Nr. 525) sein Familienleben in den Dienst seiner Prophetic stellen.
Sein Weib, die Prophetin (8, 3), hatte Sohne, fur welche der Pro-
phet Namen mit symbolisch-prophetischer Bedeutung wahlen mufite
(7, 3; 8, 3 18; 10, 2i) 4 . Im Jahre, da Konig 'Uzzijja von Juda starb (740),
wurde Isaias zum Prophetenamt berufen (6, i if.). Er wirkte unter
Jotam (740 736), Ahaz (736 728) und Hizkijja (727 699). Die letzte
datierbare Weissagung darf wonl nicht iiber 701 (vgl. Kap. 36 f.) herab-
gesetzt werden 5 .
432. Nach 2 Chr 26, 22 schrieb Isaias eine Geschichte der Regierung
des Konigs TJzzijja von Juda, aus der wohl der Chronist seine Nach-
richten iiber diesen Konig geschopft hat. Auch was 2 Chr 29 32 zu
berichten weifi, wird einem Werke des Isaias entstammen, dem Ge-
sichte des Isaias, des Sohnes des Amos, des Propheten, das wohl einen
Bestandteil des Buches der Ko'nige von Juda und Israel bildete
(2 Chr 32, 32; s. o. S. 161). Obwohl das Gesicht des Isaias den
gleichen Titel tragt, wird es, wie die Geschichte des 'Uzzijja, mit dem
Prophetenbuch des AT weder ganz noch teilweise 6 zusammenzustellen sein.
130. Inhalt des is ai anise hen Weissagungsbuches.
433. Da Isaias unter vier judaischen Konigen mindestens vierzig
Jahre lang (740 701) geweissagt hat, so ist es erklarlich, dafi
1 Talmud, b. Chagiga f. 13 b : Ezechiel gleicht einem Dorfler, der den
Konig sieht, . . . Isaias gleicht einem Stadter, der den Konig sieht.
2 Besonders wegen Kap. 53, wo der Knecht Jahwes in ahnlicher Weise
wie der leidende Heiland in den Evv geschildert wird, nannte man ihn den
Evangelisten unter den Propheten; so Hieronymus, Praef. in Is.: Non tarn
propheta dicendus . . . quam evangelista.
3 Nach Talmud, b. Megilla f. io b ware sein Vater ein Bruder des Konigs
Amasja (797 779) gewesen.
4 Dafi er zweimal verheiratet gewesen sei und einen dritten Sohn gehabt
habe, stiitzt die rationalistische Exegese auf ihre Auslegung der Immanuel-
prophetie (7, 14).
5 Nach einer alten jiidischen Uberlieferung (Ascensio Isaiae 5, i 2; Tal-
mud, b. Jebamot f. 49 b ; vgl. Hebr u, 37 [?]; Justin, Dial. 120 [M g 6, 756]
u. a.) soil er erst unter Manasse (698 643) mit einer Sage zerschnitten
worden sein.
6 Is 36 39 kame am ehesten in Frage; vgl. Hopfl (3.0.8.9) 2 2 , 256.
Nr. 434 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. i. Isaias. 285
das Buch seiner Weissagungen einen bedeutenden Umfang be-
sitzt und einen vielseitigen, wechselnden Inhalt aufweist, und es
darf kaum versucht werden, alles auf einen gemeinsamen Grund-
gedanken zuriickzufiihren i . Doch treten die Beziehungen zum
assyrischen Weltreich ziemlich beherrschend in den Vordergrund 2 .
Der syrisch-ephraimitische Krieg (735), die assyrische Gefangen-
schaft (722), der Feldzug Sanheribs gegen Juda und Jerusalem
(701) spielen dabei eine besondere Rolle.
434. Naherhin ist der Inhalt, soweit er sich in umfangreichere Ge-
dankengruppen zusammenfassen lafit, folgender : Nach einer Einleitung,
die zur Umkehr mahnt und Belohnung verspricht (r, i 31) und die ankiin-
digt, daft das Heil der Welt von Sion ausgehen werde (2, i 4) 3 , folgt
eine erste Gruppe von Weissagungen iiber Juda und Jeru-
salem (2, 5 12, 6). Verschiedene Siinden werden gestraft durch einen
Tag der Heimsuchung Jahwes (2, 5 22). Die Fiirsten des Volkes
werden weggenommen wegen der Ungerechtigkeit des Volkes (3, i 15),
die Frauen wegen ihrer Eitelkeit gedemiitigt (3, 16 4, i). Ausblick
in eine herrliche Zukunft fur die Geretteten Israels (4, 2 6). Lied
vom unfruchtbaren und zerstorten Weinberg Israel (5, 17). Ein sechs-
faches Wehe iiber verschiedene Sunder im Volke (5, 8 23); Volker aus
der Feme werden Gottes furchtbare Strafe vollziehen (5, 24 30). Jahwe
sendet den Propheten feierlich im Todesjahr des 'Uzzijja, um Vernich-
tung bis auf einen Wurzelstock zu verkiinden (6, i 13). Der Prophet
wird zu Ahaz gesandt und weissagt, daft ein drohender Angriff Arams
und Israels auf Juda miftlingen wird (7, i 9). Ohne daft Ahaz es will,
verkiindet der Prophet ihm das Zeichen der Jungfrau, Mutter des Imma-
nuel, dafiir, daft in bestimmter Zeit Assyrien die beiden feindlichen Reiche
uberwaltigen und vernichten wird (7, 10 25) 4 . Durch Aufschrift auf
eine Tafel, Benennung seines Sohnes und in ausdriicklicher Ankundi-
gung sagt er baldige kriegerische Heimsuchung voraus (8, i 15); wenn
sich das Volk an seinen Gott wendet, wird Rettung kommen (8, 16 23).
Ein Kind aus dem Hause Davids wird geboren werden und Rettung bringen
(9, i 6). Strafe fur das iibermutige Israel und fur die schlechten
Gesetzgeber (9, 7 10, 4) mit sich wiederholender Schlufiformel (9, n b
i6 b 2o b ; 10, 4 b ). Assur, die Strafrute Jahwes gegen Israel, wird wegen
1 Einen Versuch dazu macht Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 318.
2 Vgl. F. Wilke, Jesaja und Assur. Eine exegetisch-historische Unter-
suchung zur Politik des Propheten Jesaja, Lp. 1905.
3 Vgl. Mich 4, i ff.
4 Vgl. G. Baucquier, Le signe de I'Emmanuel (Raug 1 1, 529561); H. Guthe,
Zeichen und . Weissagung in Jes. 7, 14 17 (Stud. z. sem. Philol. u. Religions-
gesch. [= 27. Beih. z. ZatW], Giefien 1914, 177 190); A. van Hoonacker, La
prophetic relative a la naissance d'Immanu-El (Is 7, 14 ff.} (Rb N. S. I, 213
bis 227).
286 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 435
seines Ubermuts gestraft (io, 5 34). Ein Sprofi aus Isais Stamm wird
ein gliickliches und friedliches Zeitalter bringen (n, i io), und der
Uberrest des Volkes wird Heil erfahren (n, n 16), so daft das Volk
Jahwe hochpreisen wird (12, i 6). Eine weitere Gruppe von
Weissagungen gegen die Vb'lker (13, i 23, 18) leitet ein ein
Spruch wider Babel, das vollstandig verwiistet wird (13, i 22); Israel
wird zuriickkehren (14, i f.) und ein Spottlied auf den Konig von Babel
singen (14, 3 23). Assur soil im Lande Jahwes vernichtet werden
(14, 24 27). Im Todesjahr des Ahaz (728) wird geweissagt, daft Phili-
staa durch Hunger und Krieg heimgesucht wird (14, 28 32). Spruch
wider Moab (15, i 16, 13). Spruch wider Damaskus u. a. (17, i
bis 14). Athiopien wird Heimsuchung angedroht (18, i 7). Spruch
wider Agypten, das zuerst gestraft wird, dann Jahwe anerkennt und
von ihm gerettet wird (19, i 25). Im Jahre, als der Tartan nach
Asdod kam (711), muft Isaias auf Jahwes Befehl drei Jahre ohne Ober-
gewand und Schuhe gehen, um das Schicksal Agyptens und Athiopiens
symbolisch anzudeuten (20, i 6). Spruch wider die Meereswiiste
(= Babel) (21, i io). Spruch iiber Duma (21, nf.). Spruch iiber
Arabien (21, 13 17). Spruch iiber das Tal des Gesichtes (= Jeru-
salem) (22, i 14). Die Absetzung des Verwalters Sebna, der durch
Eljakim ersetzt werden soil (22, 15 24); auch dieser soil dann be-
seitigt werden (22, 25). Spruch wider Tyrus, das fiir siebzig Jahre
untergehen, dann wieder erstehen 5011(23, i 18). Verschiedene
Weissagungen schlieften sich an (24, i 35, io). Schwere Heim-
suchung wird iiber das Land kommen (24, i 20); der Untergang der
Konige der Erde wird mit der Regierung Jahwes in Jerusalem enden
(24, 21 23). Loblied auf Jahwe, der eine Stadt zerstort und Gliick
und Wohlsein von einem Berge aus verbreiten wird, wahrend Moab
vernichtet wird (25, i 12). Juda wird ein Lied singen ob der Be-
freiung durch Jahwe, der sein Volk nur fur kurze Zeit heimgesucht
hat (26, i 21). Jahwe wird drei Machte heimsuchen, die bildlich be-
zeichnet werden (= Assur, Babel, Agypten) (27, i). Der Weinberg von
Jahwe behiitet (27, 2 5). Israel wird nach Vernichtung seiner Feinde
aus Assur und Agypten zuriickkehren (27, 6 13). Die SpriicheKap. 28
bis 33 werden je durch ein Wehe eingeleitet : Gegen Ephraim (28,
i 13) und Jerusalem (28, 14 29). Gegen Ariel (= Jerusalem) (29,
i 24). Gegen die Abtriinnigen, welche auf Agypten hoffen, mit einem
Spruch gegen das Nilpferd des Siidens (30, i 33). Gegen die auf
Agypten Hoffenden mit Ankiindigung, daft Assur eine Niederlage erleidet
(31, i 9). Eine gute Zeit wird geweissagt (32, i 8). Schlechte Zeiten
werden kommen, bis eine Wendung zum Gliick und Frieden eintritt (32,9
bis 20). Gegen den Verwiister (33, i 4). Eine schwere Heimsuchung
wendet Jahwe zum Besseren (33, 5 24). Gericht iiber die Volker, be-
senders Edom (34, i 15). Eine gute Verheifiung (fur Israel) wird sicher
erfiillt werden (34, i6f.); herrliche Zeit wird versprochen (35, i io).
435. Geschichte des Feldzuges des Assyrerkonigs Sanherib
gegen Hizkijja in dessen 14. Jahre, der Krankheit Hizkijjas
Nr. 436 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. i. Isaias. 287
und der Gesandtschaft des Merodah Baladan (36, i 39, 8).
Boten der Assyrer drohen; Isaias verheifit Rettung (36, i 37, 7). Em
Brief des Assyrerkonigs droht, Isaias weissagt den Untergang der
Assyrer (37, 8 35). Vernichtung und Tod des Sanherib (37, 36 38) 1 .
Isaias weissagt dem kranken Hizkijja den Tod (38, i 3); auf dessen
Gebet. verheifit er Verlangerung des Lebens um 15 Jahre und gibt ihm
ein Zeichen an der Sonnenuhr (38, 4 S) 2 . Psalm des Hizkijja (38, 9 20).
Isaias heilt den Konig (38, 21 f.). Hizkijja zeigt einer Gesandtschaft des
Merodah, Baladan alle seine Schatze; Isaias weissagt im Anschlufi daran
Pliinderung und Gefangenschaft (39, i 8).
436. Nach diesem Abschnitt Kap. 36 39, in dem die Geschichts-
erzahlung gegeniiber den Weissagungen des Propheten das Ubergewicht
hat, folgt auch in der Art der Prophetien ein Wechsel. Wahrend im
ersten Teil Kap. i 35 die Drohweissagung im Vordergrunde stand,
Rettung und Heil gleichsam nur wie ein Lichtsaum die dunkle Wolke
der Strafankiindigung umgrenzte, nimmt im nunmehr folgenden Trost-
buch 3 (Kap. 40 66) die Heilsweissagung die erste Stelle ein. Israel
wird Heil erfahren (40, i 8) von seinem fiber alles machtigen Gott
(40, 9 31). Einer vom Osten kommt, gerufen von Jahwe (41, i 7).
Israel, der Knecht Jahwes 4 , wird Heil erfahren (41, 8 16). Jahwe
macht die Wiiste zum bewohnbaren Land (41, 17 20). Er allein kann
Zukiinttiges vorhersagen, und er wird einen von Osten kommen lassen,
der ihn anruft (41, 21 29). Jahwe wird seinen Knecht senden
(42, i 9). Jahwe wird sich vor den Volkern verherrlichen (42, 10 17).
Der Knecht Jahwes, sein Volk, ist schwer heimgesucht worden
(42, 1 8 25). Jahwe verheifit seinem Volke die Heimkehr nach Nieder-
werfung der Volker (43, i 13), besonders Babels (43, 14 f.). Er bahnt
einen Weg in der Wiiste fur sein Volk trotz dessen Slinden, fur die er
es strafen mufite (43, 16 28). Der Knecht Jahwes Jakob wird
gesegnet werden (44, i 5). Aufier Jahwe gibt es keinen Gott (44, 6
bis 20), er wird Israel durch Kyros wiederherstellen lassen (44, 21 28).
Jahwe beruft den Kyros als sein Werkzeug (45, i 17). Jahwe allein
1 Vgl. G. Gotzel, Hizkia und Sanherib (BZ 6, 133154); G. Nagel, Der
Zug des Sanherib gegen Jerusalem. Nach den Quellen dargestellt, Lp. 1902.
2 Vgl. P. A. Miiller S. J., Bibel und Gnomonik. Eine apologetische Studie
iiber die Sonnenuhr des Konigs Achaz (Natur und Offenbarung 48 [1902]^
257273 340355 405419)-
3 Vgl. Talmud, b. Berachot f. 57 b .
4 *L. Diirr, Ursprung und Ausbau der israelitisch-jiidischen Heilands-
erwartung. Ein Beitrag zur Theologie des AT, B. 1925, 125 ff. *F. Feldmann,
Der Knecht Gottes in Is 40 55, Frb. i. Br. 1907. J. Fischer, Wer ist der
Ebed in den Perikopen 1542, i 7; 49, i 9 a ; 50, 49; 52, 1353, I2 ? Eine
exegetische Studie (AtAbh 8, 5), Mstr. i. W. 1922. S. Mowinckel, Der Knecht
Jahwahs, Giefien 1921. A. van Hoonacker, L'Ebed Jahve et la composition
litteraire des chapitres XL ss d'Isa'ie (Rb N. S. 6, 497528; vgl. ebd. 7, 557
bis 572; 8, 107 114 279 285).
288 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 437
vermag zu retten (45, 18 25). Babylons Gotter gehen unter (46, i f.).
Jahwe allein kann und wird Israel bald retten (46, 3 13). Babel wird
von Jahwe vernichtet, well es die Strafe Jahwes an seineni Volke grausam
vollzogen hat (47, i 15). Das Volk Jahwes wird, wie vorhergesagt,
gerettet, indem ein Berufener gegen Babel Erfolg hat (48, i 22). Lied
des Knechtes Jahwes auf seinen hohen Beruf (49, i 7). Jahwe
verkiindet, dafi er Befreiung bringen werde (49, 8 12). Die zerstorte
Stadt und das bedriickte Land des Volkes wird Jahwe durch Heim-
suchung der Bedriicker in herrlicher Weise wiederherstellen (49, 13 26).
Jahwe kann das gestrafte Volk retten (50, i 3). Lied eines Heim-
gesuchten(=Knecht Jahwes), der auf Jahwe vertraut(5o, 4 9). Jahwe
kiindigt dem zerstorten Sion Heil und Erlosung durch Strafe an den
Bedriickern an (50, 10 51, 23). Befreiung Sions (52, i 12). Lied vom
leidenden Knecht Jahwes (52, 13 53, iz) 1 . Israel wird nach
der kurzen Heimsuchung ewiges Gliick verheifien (54, i 55, 5). Mah-
nung zur Umkehr; denn Jahwe wird sein Wort, das Volk zu begliicken,
sicher erfiillen (55, 6 13). Die Gerechten verspricht Jahwe zu be-
gnadigen (56, i 9). Tadel gegen die Fiihrer (56, 10 12), gegen das
Volk und seine Siinden (57, i 58, 7). Bei gutem Verhalten wird
Gnade walten und Riickkehr gewahrt (58, 8 14). Die Siinden ver-
hindern die Rettung (59, i 8). Siindenbekenntnis (59, 9 15). Jahwe
erwehrt sich seiner Widersacher und sendet fur Sion einen Erloser
(59, 16 21). Herrliches Gliick wird Israel zuteil werden, die Heiden-
volker werden ihm huldigen (60, i 22). Ein Gesalbter kiindigt Israel
Wiederherstellung und Erhohung iiber alle Vo'lker an (61, i n). Das
Heil Sions 1st da (62, i 12). Der Keltertreter vernichtet die Vo'lker
zur Rettung Israels (63, i 6). Gebet um Rettung aus Heimsuchung
(63, 7 64, n). Die Siinde des Volkes wird getadelt und Strafe und
Lohn in Aussicht gestellt (65, i 16). Grofies Gliick in der Erneuerung
der Zukunft (65, 17 25). Strafe fiir Siinden (66, i 4). Heil fur Je-
rusalem (66, 5 14). Strafandrohung fiir die Frevler (66, 15 17). Ge-
rettete sollen Jahwe unter alien Volkern verkiinden (66, 18 24).
131. Entstehung und L/iterargeschichte des isaianischen
Weissagungsbuches.
437. Dafi Isaias in der Hauptsache selbst den einzelnen Weis-
sagungen die sprachliche Form gegeben hat, in der sie uns vor-
liegen, zeigt der eigenartige markige Stil. Er wird sie auch meist
selbst niedergeschrieben haben (vgl. 8, 16; 30, 8). Aber
das Buch , wie wir es jetzt besitzen , zeugt nicht nur von
Schicksalen, welche jedes auf so langem Wege uberlieferte
Werk naturgemafi erfahrt, es enthalt auch Bestandteile , die
1 E. Ziemer, Jesaias 53 in der neueren Theologie. Ein Uberblick, Cassel 1912.
Nr. 440 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. i. Isaias. 289
nicht von der Hand des Propheten und nicht aus seiner Zeit
stammen *.
438. Kap. 36 39 (mit Ausnahme von 38, 9 20) wurden aus 4 Rg 18, 13
bis 20, 19 (i 8, 14 1 6 fehlt in Is) ins Prophetenbuch heriibergenommen,
weil sie umfangreiche isaianische Weissagungen enthalten. Die ge-
schichtliche Umrahmung und das Datum 36, i (das 14. Jahr des Hizkijja
reiht sich nur 4 Rg 18, 13 an ein 4. Jahr des gleichen Konigs an) schliefien
es aus, diese Kapitel urspriinglich im Isaiasbuche zu suchen 2 . Dafi
sie an Is 35 angeschlossen wurden, erklart sich dann am besten, wenn
einmal damit eine Sammlung isaianischer Weissagungen endigte.
439. Dieser Einschnitt, welcher die Weissagungen Is i 35 von
Kap. 40 ff. scheidet , hat mit andern Eigentiimlichkeiten des
zweiten Teiles des Buches (Kap. 40 66) zur Ansicht ge-
fiihrt, dafi letzterer uberhaupt von einem andern Propheten, dem
sog. Deuterojesaja, stamme 3 .
440. Wahrend fur Isaias die Zeit des Exils in der Zukunft liegt und
liegen mufi, kniipfen die Weissagungen des zweiten Teiles an einen
Zustand der Heimsuchung an. Jerusalem und die Stadte Judas liegen in
Ruinen(44, 26; 51,3; 52, 9; 58,12; 61,4; 62, 4; 63, 18; 64,911). Das
Volk ist Fremden unterworfen, in Gefangenschaft (42, 22 24 f. ; 52, 2 f. 5),
und zwar schon einige Zeit (42, 14; 58, 12; 63, 19). Wahrend im ersten
Teil der Name Assur die Hauptrolle spielt 4 , tritt nunmehr Babel (das
neubabylonische Reich [625 538]) in den Vordergrund, die Bedriicker
des Volkes heifien Chaldaer (43, 14; 47, i 5; 48, 14 2o) 5 , und bereits
ist die Axt an den Stamm dieses Weltreiches gelegt: Kyros, der Perser,
1 2, 2 4 = Mich 4, i 3 wird Isaias in seine prophetische Verkiindigung
aufgenommen haben, wie auch 15, i 16, 12 und vielleicht noch 21, n 17
von einer vorisaianischen Weissagung ausgehen (so Konig [s. o. S. 2 2 ] 312 f.).
2 So meint Orelli (s. o. S. 283) 3 i29; Pelt-Rousselle (s. o. S. 9') 460.
3 v. Gall (Masoretische Schrullen [ZatW3i, 74f.]) deutet schon das grofie
Nun als Zeichen, dafi die 9Qft mit Is 40, I ein neues Buch beginnen lasse.
Zuerst wurde diese Ansicht vertreten von J. C. Doederlein, Esaias. Ex re-
censione textus hebraei ad fidem codd. quorundam mss. et versionum anti-
quarum latine vertit notasque varii argument! subiecit, Altdorf 1775 (S. 168*:
... populum seu antequam ducatur in captivitatem seu ubi captivus detine-
retur, consolatur), 3 Altdorf 1789; J. B. Knoppe, R. Lowth's Jesaias neu iiber-
setzt nebst einer Einleitung. . . . [Aus dem Englischen.] Mit Zusatzen und
Anmerkungen, Lp. 1779/81. Literatur iiber Is 40 66 vgl. bei J. Nikel,
Die neuere Literatur iiber Jes 40 66, insbesondere iiber die Weissagungen
vom Gottesknechte (ThR I, 7377 105111).
4 Er kommt ungefahr vierzigmal vor; im zweiten Teil nur 52, 4 gemein-
sam mit Agypten.
5 Babel wird auch im ersten Teil neunmal genannt.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 19
2oo I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 441
mit Namen genannt (44, 28; 45, i), pocht an die Tore Babels, nachdem
er das Mederreich gestiirzt hat (549 v. Chr. ; vgl. 41, 25) 1 . Dement-
sprechend ist auch das, was vom zukiinftigen 2 Geschick des Volkes
geweissagt wird, nicht das babylonische Exil 3 , sondern Rettung aus der
gedriickten Lage (52, 2f.) durch Eroberung Babels (43, 14; 48, 14), die
von einer bestimmten Persb'nlichkeit ausgeht (41, 2 f. 25; 46, n; 48, 14),
und ihr Name ist Kyros (44, 28; 45, i) 4 . Der Eroberung von Babel
folgt Heimkehr aus der Fremde durch die Wiiste (43, 19 if.), Wieder-
aulbau von Stadt und Tempel (44, 26 28; 49, 8; 51, 3; 58, 12; 60, 10;
61,4), ein neuer Wohlstand des Volkes (40, 9 1 1541,27; 46, 1 3 ; 66, 2 2 ff.),
dessen Darstellung sich vielfach zu messianischen Zukunftsbildern er-
weitert. Scheint der zeitliche Standpunkt des sog. Deuterojesaja auf
einen Verfasser aus der Exilszeit (ca. 550 530 v. Chr.) hinzuweisen,
so sind andere Anzeichen nicht so sicher und eindeutig. Dafi gegen-
iiber Kap. i 40 neue Gedanken auftauchen, ist nicht zu leugnen. Aber
vielfach werden auch Ideen des sog. Protojesaja im Deuterojesaja weiter-
entwickelt 5 . Wenn Sprache und Stil im zweiten Teil ihre Eigenheiten
haben c , so weist man anderseits mit Recht darauf hin, dafi Deutero-
jesaja sich auch in diesem Punkte an den ersten Teil merkbar anlehnt 7 .
441. Dafiir, dafi auch Kap. 40 66 von Isaias stammen, lafit sich
manches anfuhren ; so, dafi auch diese Sammlung von Weissagungen nur
1 Der Standort des Verfassers, ob Palastina (so W. H. Cobb, Where was
Isaiah XL LXVI written ? [JbL 27, 4864) oder Babel (so E. Konig, Der
Standort des Redners von Jes4off. [NkZ 19, 989 1002]), verrat sich nicht
klar genug.
" Die voraus erwahnten Angaben lassen nicht erkennen, dafi etwa auch
damit erst zukiinftige Zustande gemeint seien, die der Prophet als Vergangen-
heit und Gegenwart darstelle (so Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, 2 2 , 349 f.). Die EBK
vom 29. Juni 1908 Nr. Ill (s. u. S. 293 J ) verlangt, dafi die Moglichkeit eines
solchen Verfahrens bei den Propheten nicht geleugnet werde. F. Herzog (Zum
Verstandnis des Propheten Jesaja [Kath. Kirchenztg. (Schweiz) 1915, Nr. 16
u. 1 8]) erkennt an, dafi die erwahnten Zustande nicht als Zukunft, sondern
als Gegenwart erscheinen, und dafi der Prophet ein Volk seiner Zeit anrede
(vgl. 40, 21 2yf.; 43, 10; 48, 8; 50, iof.; 51, 6 I2f.; 58, 3 u. 6.); Isaias wende
sich an eine Diaspora, welche sich schon zu seiner Zeit in Babel befand.
3 Eine typische Form solcher Exilsweissagung s. 39, 5 7.
4 Herzog (s. o. Anm. 2) meint, Schwachglaubige konnten den Namen als
Glosse erklaren. Die textkritischen Anhaltspunkte reichen aber hierfur
nicht aus.
5 Vgl. P. Kleinert, Die Propheten Israels in sozialer Hinsicht, Lp. 1905,
120; Sellin (s. o. S. 280) Si 1 .
6 Vgl. Driver (s. o. S. 9) 258 f. Auch Anzeichen einer spateren Sprach-
periode kann man finden; so wird inrr: n, 6f. in 65, 25 durch irissi ersetzt
(vgl. 2 Chr 5, 13; Ezr 2, 64; 3, 9; 6, 20; Koh n, 6 = aram. ;5B); zu =-350
41, 25 vgl. Jer, Ez, Ezr.
7 v gl- J- J- Lias, The unity of Isaiah (Bs 72, 560591).
Nr. 443 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. i. Isaias. 391
als Bestandteil des Is-Buches bekannt 1st, dafi der beste Erklartmgs-
grund fur die Zusammenfugung beider Teile die Herkunft von einem
Verfasser ist l , und dafi das alteste Zeugnis iiber den zweiten Teil ihn
dem Isaias zuteilt (Sir 48, 22 25 [23 25 28]) 2 . Zitate von deuterojesaja-
nischen Stellen in vorexilischen oder exilischen Schritten 3 konnten nur
als Stiitze anderer, fur sich entscheidender Griinde verwertet werden,
da die Frage, ob wirklich eine Abhangigkeit vorliegt, und wo sie zu
suchen ist, in der Regel nur schwer gelost werden kann. Die Ano-
nymitat des sog. Deuterojesaja ist immer noch ein nicht iiberwundener
Anstofi fur seine Vertreter.
442. Die kritische Schule ist im Verfolge der literarischen Unter-
suchungen des Is zu einem Tritojesaja (Kap. 56 66) gekommen 4 .
Die gleiche Entwicklungslinie fiihrte weiterhin zur Frage, ob die sog.
Ebed-Jahwe-Lieder (s. o. S. 287 f.) einen urspriinglichen Bestandteil
des Deuterojesaja darstellen oder als fertig vorliegend von ihm in
seine Weissagungen verwoben worden sind 5 .
443. Bei den Exegeten der kritischen Schule, die den zweiten Teil
Isaias absprechen, kommt aufier den erwahnten Griinden auch noch
in Betracht, dafi sie eigentliche Vorhersagungen nicht anerkennen, ge-
schweige denn dafi ein Prophet des 8. Jahrhunderts Ereignisse und
Personen des 6. Jahrhunderts vorherverkiinden konnte. Unmittelbar
vor den Ereignissen konnten auch menschliche Erkenntniskraft und
1 So Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 345 f. Kuenen (s. o. S. 10) 2, 98 halt die
Griinde fur die Zusammenfugung fur unbekannt. Vermutungen vgl. bei Blau
(s. o. S. 140 3 ) 53 (um einen normalen Rollenumfang zu erreichen), Sellin (s. o.
S. 280) 8 1 (der Verfasser wollte seinen Weissagungen den Anschein hohen
Alters geben).
2 Wenn es bei der Weissagung, die 2 Chr 36, 22 f. (= Ezr i, if.) erwahnt
ist, auf die Nennung des Namens Kyros ankommen sollte, so ware hier
Jeremias als Verfasser von Is 40 ff. genannt (so Kautzsch [s. o. S. 11] i 4 , 654*).
Jeremias hat iibrigens Ahnliches geweissagt, freilich ohne den Namen des
Befreiers zu nennen. Das Edikt des Kyros (Ezr 1,2 = 2 Chr 36, 23) setzt
wohl eine Kenntnis der Weissagungen von Is4off. voraus, nennt aber den
Verfasser nicht; es wird in seiner gegenwartigen Form von jiidischen Ge-
dankengangen nicht unbeeinflufit geblieben sein. Josephus (Ant. n, i, i 2)
erzahlt, daC man Kyros auf die Weissagungen hinwies, die Isaias iiber ihn
und seine Aufgabe ergehen lieC. Ob Josephus hierin Glauben verdient oder
nicht, jedenfalls stammt dieses Zeugnis erst aus dem i. Jahrh. n. Chr.
3 Das Material hierzu vgl. bei Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 350 5 .
4 Vgl. A. Zillessen, Tritojesaja und Deuterojesaja. Eine literarische Unter-
suchung zu Jes. 56 66 (ZatW 26, 231 276). Noch viel weiter in der Text-
zersplitterung geht R. Abramowski, Zum literarischen Problem des Trito-
jesaja (StKr 1925, 90143).
5 J. Fischer, Isaias 40 55 und die Perikopen vom .Gottesknecht. Eine
kritisch-exegetische Studie (AtAbh 6, 4/5), Mstr. i. W. 1916.
19*
292 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 444
Ahnungsvermogen den Schleier der Zukunft in einem gewissen Umfange
liiften. Eine solche Voraussetzung durfte bei katholischen Exe-
geten keine Rolle spielen; aber die erwahnten literarischen Griinde
fur sich diinkten nicht wenigen so stark, dafi sie die Ergebnisse der
kritischen Schule in der Frage eines Deiiterojesaja im wesentlichen als
richtig anerkennen zu miissen glaubten 1 .
444. Dafi ein Deuterojesaja, wie ihn die kritisch-rationalistischen
Exegeten auffassen, von katholischen Exegeten vertreten
werde, dem scheint 2 zunachst die EBK vom 29. Juni
1908 entgegenzustehen. Doch ist es nicht ausgeschlossen,
dafi sich neue Losungsmoglichkeiten eroffnen, wenn ein tieferer
Einblick in die Schicksale des AT iiberhaupt und der prophe-
tischen Schriften im besondern erreicht wird.
Die EBK lehnt nicht blofi die rationalistischen Voraussetzungen ab,
dafi die Weissagungen deslsaias keine eigentlichen Weissagungen seien 3 ,
dafi blofi die Ereignisse einer naheliegenden Zukunft vorhergesagt
wiirden 4 , sondern sie weist auch den Hauptgrund fiir einen Deutero-
1 Schon P. Schegg (Der Prophet Isaias iibersetzt und erklart, Miinchen
1850, 2, 39 f.) nahm an, ein Schiller des Isaias, selbst Prophet, habe Kap. 40
bis 66 aus Reden des Isaias hergestellt. G. Meignan (Les prophetes d'Israel et
le Messie depuis Salomon jusqu'k Daniel, P. 1893, 259) meinte, es sei keine
Glaubenswahrheit, dafi der Sohn des Amos der Autor des zweiten Teiles
von Is sei (vgl. Pelt-Rousselle [s. o. S. 9 J ] 459). Feldmann (s. o. S. 287 4 ) be-
kannte sich zu einem Deuterojesaja (anders im Komm. [s. o. S. 283] 2, 2 ff.).
Gondamin (s. o. S. 283) neigt sogar dazu, einen Tritojesaja anzuerkennen.
Auch Knabenbauer hat gegen Ende seines Lebens die Einheit des Verfassers
nicht mehr aufrecht erhalten (vgl. Hopfl [s. o. S. 9] 2 2 , 260 Anm.). Fiir die
Einheit des Verfassers vgl. v. Himpel, Zeit der Abfassung von Isaias Kap. 40
bis 66 (ThQ 60, 294334 463- 524); H. Pope O. P., The integrity of the book
of Isaias (IthQ i, 447 457) u. a.
2 J. Lippl (Prophetische Weissagung und literarische Einheit des Jesaja-
buches [ThprM 19, 123 126]) sieht die Sachlage giinstiger an. Vgl. auch
J. Touzard, L'ame juive au temps des Perses (Rb N. S. 13, 299 341;
14, 54137 451488; 15, 336402; 16 [1919], 588; 29 [1920], 542; 32, 59
bis 79 35, 174205 359381 ; 36, 524 161191) 14, 102 ff.).
3 I. Utrum doceri possit, vaticinia quae leguntur in libro Isaiae et
passim in Scripturis non esse veri nominis vaticinia, sed vel narrationes
post eventum confictas, vel, si ante eventum praenuntiatum quidpiam agnosci
opus sit, id prophetam non ex supernatural! Dei futurorum praescii revelatione,
sed ex his quae iam contigerunt, felici quadam sagacitate et naturalis in-
genii acumine, coniciendo praenuntiasse? Resp.: Negative (D. n 2ii5).
4 II. Utrum sententia, quae tenet, Isaiam ceterosque prophetas vaticinia
non edidisse nisi de his quae in continenti vel post non grande temporis
spatium eventura erant, conciliari possit cum vaticiniis, imprimis messianicis
Nr. 446 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. i. Isaias. 293
jesaja ab: dafi der Prophet das Volk im Exil als gegenwartig anrede 1 ,
urn so mehr das etwas weniger sichere philologische Argument 2 , und
so kommt sie zu dem Schluft, dafi nach dem gegenwartigen Stand der
Forschung ein Deutero- und Tritojesaja nicht anzuerkennen sei 3 .
445. Auch im sog. protojesajanischen Teile werden manche Kapitel
dem Isaias abgesprochen. So Weissagungen gegen Babel (13, i
bis 14, 23; 21, i io) 4 , Kap. 24 27, wo einer nicht genannten stolzen
Stadt der Untergang, Israel Befreiung und Gliick geweissagt wird 5 ,
Stiicke, von denen das gleiche gelten wird, was iiber Deuterojesaja
zu urteilen 1st. Auch fur Is 34 35 finden manche den Ausgangspunkt
in der Freude der Edomiter iiber Jerusalems Fall (586 v. Chr.).
446. Wenn man auch die Weissagungen des Buches im wesent-
lichen dem Isaias zuschreiben kann, ist ihm jedenfalls deren Zu-
sammenstellung 6 abzusprechen. Schon die einzelnen Gruppen
et eschatologicis, ab eisdem prophetis de longinquo certo editis, necnon cum
communi SS. Patrum sententia concorditer asserentium, prophetas ea quo-
que praedixisse, quae post multa saecula essent implenda? Resp.: Negative
(D. u 2116).
1 III. Utrum admitti possit, prophetas non modo tamquam correctores
pravitatis humanae divinique verbi in profectum audientium praecones,
verum etiam tamquam praenuntios eventuum futurorum, constanter alloqui
debuisse audi tores non quidem futuros, sed praesentes et sibi aequales, ita
ut ab ipsis plane intelligi potuerint; proindeque secundam partem libri Isaiae
(cap. XL LXVI), in qua vates non ludaeos Isaiae aequales, at ludaeos in
exilio babylonico lugentes veluti inter ipsos vivens alloquitur et solatur, non
posse ipsum Isaiam iamdiu emortuum auctorem habere, sed oportere earn
ignoto cuidam vati inter exules viventi assignare? Resp.: Negative (D. 11 2 117).
2 IV. Utrum, ad impugnandam identitatem auctoris libri Isaiae, argu-
mentum philologicum, ex lingua stiloque desumptum, tale sit censendum, ut
virum gravem, criticae artis et hebraicae linguae peritum, cogat in eodem
libro pluralitatem auctorum agnoscere? Resp.: Negative (D. 11 2ii8).
3 V. Utrum solida prostent argiimenta, etiam cumulative sumpta, ad evin-
cendum Isaiae librum non ipsi soli Isaiae, sed duobus, immo pluribus auc-
toribus esse tribuendum? Resp.: Negative (D. u 2119).
4 H. Grimme (Ein iibersehenes Orakel gegen Assur [Isaias 13] [ThQ 85,
i iij) streicht Babel und Chaldaer aus metrischen Griinden und lafit
die Weissagung gegen Assur gerichtet sein. Zur verschiedenen Datierung
von Is 14, 421 vgl. Sellin (s. o. S. io)* 87.
5 J. van Gilse (Jesaja XXIV XXVII [NthT 3, 167188]) setzt die Kapitel
erst um 119 n. Chr. an. Uber weitere Zerstiickelung der Kapitel vgl.
P. Lohmann, Die selbstandigen lyrischen Abschnitte in Jes 24 27, hrsg. von
O. Eififeldt (ZatW 37, 158).
6 Einen Versuch, die jetzige Aufeinanderfolge zu erklaren, macht C. H.
Cornill, Die Komposition des Buches Jesaja (ZatW 4, 83105). Kaulen-
294 * Teil - Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 447
von Prophetenreden (i 5; 6 12 [dutch die Berufungsvision ge-
schieden]; '13 23 [gegen fremde Volkerj; 28 33 [Juda und
Assur]; 34 35 [gegen Edom]; 3639 [=4Rg 1820]; 4066)
verraten in ihrer Anordnung eine fremde Hand. Kap. 36 39
sind zudem nicht vor der Mitte des 6. Jahrhunderts geschrieben
(s. o. S. 155), so dafi unser Buch nicht viel vor 500 v. Chr. seine
jetzige Gestalt angenommen haben wird.
2. Jeremias und sein Weissagungsbuch.
132. Name. Literatur.
447. IFlW? (JW1? 27, i), 5 lepe|uia<;, Prophetia leremiae (Jer).
448. A. Con dam in S. J., Le livre de Jere"mie. Traduction et commen-
taire (Etudes bibliques), P. 1920. C. H. Cornill, Das Buch Jeremia erklart,
Lp. 1905. B. Duhm, Das Buch Jeremia erklart (KHK 11), Tub. 1901.
F. Giesebrecht, Das Buch Jeremia iibersetzt und erklart (GHK 3, 2, i),
Gott. 1893, 2 I9O7. C. F. Keil, Kommentar iiber den Propheten Jeremias und
die Klagelieder (BC 3, 2), Lp. 1872. J. Knabenbauer S. J., Commentarius in
leremiam prophetam (CSs), P. 1889. C. v. Orelli (s. o. S. 283); Ders., Der Pro-
phet Jeremia ausgelegt (KK A 4, 2) 3 , Miinchen 1905. A. S. Peake, Jeremiah
and Lamentations (CB), Ld. 1910/12. *G. Ricciotti, II libro di Geremia.
Versione critica dal testo ebraico con introduzione e commento, Turin 1923.
L. A. Schneedorfer O. Cist., Das Buch Jeremias, des Propheten Klage-
lieder und das Buch Baruch erklart (KwC 3, 2), Wien 1903. *A. Scholz,
Commentar zum Buche des Propheten Jeremias, Wurzburg 1880. P. Volz,
Der Prophet Jeremia iibersetzt und erklart (KAT 10), Lp. 1922.
133. Leben und Wirken des Propheten Jeremias x .
449. Jeremias war der Sohn des Hilkijjahu (Helcias) 2 , Priesters
in Anatot 3 im Stamme Benjamin. Schon ehe er ihn im Mutter-
Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 2i6f. meint, dafi Isaias selbst das Buch zusammen-
gestellt habe. Vgl. J. Knabenbauer S. J., Plan und Gedankengang des Isaias
(ZkTh 2, 650672; 3, 1852 449472).
1 *F. C. Jean, Jdremie, sa politique, sa theologie, P. 1913; P. Riefiler,
Der Prophet Jeremia (BZF 7, 5), 'Mstr. i. W. 1914; Touzard (s. o. S. 292 2 )
13, 302 ff.; 14, 45 iff.
2 Zu unterscheiden von dem Hilkijjahu von 4 Rg 22 f.
. 3 Manche vermuten, dafi der Priester Abjatar, den Salomo nach Anatot
verbannte (3 Rg 2, 26), ein Vorfahr seiner Familie war.
Nr. 450 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. 2. Jeremias. 295
schofie bildete, heiligte ihnjahwe zum Propheten (i, 5) 1 . Dem-
zufolge ging sein ganzes Leben in seinem Prophetenberufe auf.
Im 1 3. Jahre des Konigs Josias (640 609) erging an ihn, als er
noch nicht viel iiber zwanzig Jahre zahlte (i, 6) 2 , der Ruf Jahwes
(i, 2; 25, 3), und seines Amtes waltete er zunachst bis zum Jahre,
in welchem Jerusalem zerstort wurde (586) 3 . Als die Juden den
Statthalter des babylonischen Konigs ermordet batten, nahm ihn
eine Gruppe seiner Landsleute bei ihrer Flucht mit nach Agypten.
Von nun ab lassen uns sichere Nachrichten im Stiche. Nach den
einen ist er von den eigenen Volksgenossen in Daphne in Unter-
agypten gesteinigt worden 4 . Nach andern, besonders rabbi-
nischen Nachrichten 5 , hat ihn Nebukadnessar bei der Eroberung
Agyptens (568) zugleich mit seinem Schiiler und Freunde Baruch
nach Babylonien mitgenommen 6 .
450. Die Zeiten, in denen Jeremias wirkte, waren schwer. Den un-
heilvollen Einflufi, den der gottlose Manasses in einer langen Regierungs-
zeit (698 643) ausgeiibt hatte, sollte der fromme Josias (640 609)
wieder ausmerzen. Als das Gesetzbuch des Herrn im Tempel gefunden
wurde (623; s. o. S. 81 if.), war Jeremias schon aufgetreten, ohne dafi
sein Prophetenbuch irgend einen Einflufi des wichtigen Fundes er-
kennen liefie 7 . Um so lebhafter spiegeln sich darin die politischen
Umwalzungen wider. Beim Vordrangen des Pharao gegen die neu-
babylonische Weltmacht 8 hatte Josias bei Megiddo (heute Tell el-Mute-
1 D. i. Jahwe bestimmte ihn vorher; vgl. A. Condamin S. J., Jeremie fut-il
sanctifie avant sa naissance? (RchScr 3, 446 f.); anders B. Haensler O. Cist.,
Zu Jer i, 5 (BZ 16, 4553)-
2 "w ; also wird er um 650 geboren sein.
3 Nach 2 Makk 2, iff. hatte Jeremias bei dieser Gelegenheit das heilige
Feuer zu bewahren gesucht und das Zelt mit Bundeslade und Raucheraltar
auf dem Berge Nebo fur kommende Zeiten verborgen.
4 Ps.-Epiphanius, De vitis prophetarum 8 (M g 43, 400).
5 Seder Olam rabba Kap. 26 (srsio a*:is iici 3t tbiy 118 sive Chronicon
Hebraeorum maius et minus. Latine vertit ... J. Meyer , Amsterdam
1699, 77); vgl. auch die Uberschriften zu Ps 65 (64) und 137 (136) nach 33.
Dort soil er Rg verfafit haben (s. o. S. 156 f.), so dafi er 560 noch ge-
lebt hatte.
7 Daher kommt es, daC Puukko (s. o. S. 88 2 ) den Propheten als einen
Gegner, Holscher (s. o. S. 280) 279 als Freund der josianischen Reform
erklaren zu diirfen glaubt.
8 Schon 612 (nicht erst 606/07) wurde Ninive von Nabopolassar mit Hilfe
der Meder erobert. Vgl. C. J. Gadd, The fall of Niniveh. The newly dis-
covered Babylonian chronicle Nr. 21901 in the British Museum. Ed. with
296 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. , Nr. 451
sellim, in der Ebene Jesreel) 609 Schlacht und Leben verloren. Sein
Sohn Jojakim (608 597) glaubte infolgedessen mehr nach Agypten
hinneigen zu miissen. Trotzdem nach der Schlacht bei Karkemis
(605) die Oberherrschaft iiber Palastina an den Osten iiberging, emporte
sich Jojakim gegen Babel. Sein Sohn Jojakin (bei Jer: Jekonja
[24, i ; 29, 2], 33 Jechonias) mufite deshalb nach nur hunderttagiger Re-
gierung mit einem grofien Teil seines Volkes nach Babylonien in die
Verbannung gehen (597; vgl. 4 Rg 24, 8ff.; Ez 19, 5 if.). Als auch der
von Nebukadnessar eingesetzte Sidkijja (33 Sedecias; 597 586) sich
wiederum Agypten anschlofi, wurde Jerusalem belagert, erobert und
die Bevolkerung mit dem geblendeten Konig an der Spit'ze endgiiltig
in das babylonische Exil geschleppt (586).
451. Auf diesem geschichtlichen Hintergrund entfaltete Jeremias seine
rege Tatigkeit. Infolge gottlichen Antriebes mufite er gegen die Vor-
liebe fur Agypten bei Konig und Volk ankampfen und hatte deshalb
besonders unter dem frivolen Jojakim viel zu leiden. Nach der Er-
oberung Jerusalems dankten ihm die Babylonier seine Stellungnahme
und liefien ihn in seiner Heimat zuriick.
452. Nach der Uberlieferung, die von manchen fur zuverlassig ge-
halten wird, hat Jeremias aufier seinen Weissagungen noch einiges
andere verfafit. 3 und 4 Rg wird ihm auch heute noch von manchen
zugeschrieben (s. o. S. 156!".). Ps 65 (64) tragt nach 33 (auch in -Hss)
und 137 (136) nach 33 seinen Namen als Verfasser an der Spitze.
Nach 2 Chr 35, 25 hat er ein Klagelied oder mehrere (l^P?) auf den
Tod des Ko'nigs Josias gesungen, die verloren gegangen sind, von manchen
aber noch in den Klgl (besonders Thr 3 und 4 ; s. u. S. 303) gefunden
werden. Letztere gelten seit alter Zeit bis heute vorziiglich als sein Werk.
Die Klgl (s. u. S. 302 ff.), die sog. Epistola leremiae (= 35 Bar 6
s. u. S. 310 f.) und vor allern das umfangreiche Buch der Weis-
sagungen, das seinen Namen tragt, kommen ernstlich in Frage,
wenn die schriftstellerische Arbeit des Propheten umgrenzt wer-
den soil 1 .
134. Inhalt des jeremianischen Weissagungsbuches 2 .
453. Die reichsten Aufschliisse iiber des Propheten Leben und
Wirken verdanken wir dem Buch der Weissagungen, das zu un-
gefahr einem Drittel aus erzahlenden Abschnitten besteht. Der
transliteration j translation, notes etc., Ld. 1923; J. Linder S. J., Das Ende
des assyrischen Reiches (ZkTh 48, 453456).
1 Zu 2 Chr 36, 21 und 36, 22 f. vgl. Duhm (s. o. S. 294) IX. Siehe auch
o. S. 291 2 .
* Vgl. *B. Neteler, Die Gliederung des Buches Jeremias, Mstr. i. W. 1870.
Nr. 454 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. .2. Jeremias. 297
iibrige Teil des Buches enthalt die Weissagungen, viele in dichte-
rischer Form 1 . Sie sind in kleinere Gruppen zusammengefafit,
im ganzen aber weder genau chronologisch 2 angelegt, noch lassen
sie eine durchlaufende klare sachliche Anordnung ersehen. In
Stil und Sprache steht Jeremias den isaianischen Weissagungen
nach.
454. Erster Teil (i, i 36, 32): Reden des Jeremias unter
Josias,allum(=Joahaz[s.22, i.off.]),Jojakim(Jojakin = Konjahu
22, 24ff.) und Sidkijja bis zur Fortfiihrung des letzteren in
die Gefangenschaft nach Babel (i, i 3). Seine Berufung
(i, 4 10). Er mufi den Untergang Jerusalems ankundigen unter dem
Schutz Jahwes (i, n 19). Wegen Undankbarkeit, Gotzendienst und
anderer Siinden wird Juda gestraft (2, i 3, 5). Weissagung unter
Josias gegen Juda, das wegen Gotzendienstes und anderer Su'nden durch
ein Volk aus dem Norden heimgesucht und verwiistet werden soil
(3, 6 6, 30). Weissagung der Verbannung Judas trotz seines Ver-
trauens auf seinen Kult Jahwes, weil es Gotzendienst und andere Siinden
geiibt hat (7, i 10, 25) 3 . Weissagung gegen Juda und Jerusalem wegen
Bundesbruches und Gotzendienstes, gegen die Feinde des Propheten in
Anatot, symbolisch-prophetische Ankiindigung der Verbannung (Ver-
grabung des Gurtels) (n, i 13, 27). Weissagung einer Diirre; trotz
Fiirbitte des Propheten keine Scheming (14, i 15, 9). Verheifiung
(15, 10 12), Drohweissagung (15, 13 f.). Bitte des Propheten um Schutz
und Zusage Jahwes (15, 15 21). Der Prophet mufi durch sein Verhalten
und durch Verkiindigung verschiedene Heimsuchungen und die Verban-
nung vorhersagen(i 6, i 13). Ruckkehrwirdverheifien(i6, 14 f.). DieVer-
schuldungwirdnichtvergessen(i6, 16 18). NichtigkeitderG6tzen(i6, 19
bis 21). Verbannung wird angedroht fur Judas Gotzendienst (17, i n).
Gebet des Propheten um Schutz (17, 12 18). Mahnung zur Sabbatruhe
(17, 19 27). Der Prophet weissagt bei einem Topler und bittet um Schutz
gegen Bedrohung (18, i 23). Er zerbricht einen Krug zum Zeichen
des Unterganges (19, i 15); als er von Pashur in Eisen gelegt wird,
weissagt er ihm und dem Volke Verbannung nach Babel (20, i 6)
Klage des Propheten iiber das schwere Prophetenamt (20, 7 18). Auf
Anfrage des Sidkijja weissagt Jeremias die Eroberung Jerusalems durch
Nebukadnessar (21, i 10). Mahn- und Drohweiss v agungen wider den
Konig von Juda (21, n 22, 9), wider den Konig Sallum (22, io 17),
1 C. H. Cornill, Die metrischen Stiicke des Buches Jeremia reconstruiert,
Lp. 1901. F. Giesebrecht, Jeremia's Metrik am Texte dargestellt, Gott. 1905.
2 Zeitangaben: 3,6; 21, i; 24, i; 25, i; 26, i; 27, i; 28, i; 29,2; 32, i; 33, i;
34, i; 35. i; 36, i; 37, i; 39, i; 4, i; 45, i: 46, 2; 49, 34; 52, 31.
Einen Versuch, die Weissagungen zeitlich einzureihen, vgl. bei Volz (s. o.
S. 294) xxv.
3 7, 21 23 soil kultusfeindlich sein (s. o. S. nof.).
2g8 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 455
wider jQJakim(22, 18 23), widerKonjahu(22, 24 30), wider die Hirten
des Volkes (23, i 4), an deren Stelle ein Sprofi Davids kiinftig das
wiederhergestellte Volk regieren wird (23, 5 8), wider die Propheten
(23, 9 40). Gesicht des Propheten nach Fortfiihrung Jekonjas (= Konja,
Jojakin), das Gutes den Verbannten, Schlimmes dem Sidkijja ankiindigt
(24, i 10). Weissagung vom 4. Jahre des Jojakim und vom i. Jahre
des Nebukadnessar (25, i): Juda soil durch Nebukadnessar in siebzig-
jahrige Gefangenschaft gefiihrt, Babel dann selbst gestraft werden
(25, 2 14). Der Prophet mufi alien Volkern den Stralbecher reichen
(25, 15 38). Weissagung vom Anfang.der Regierung Jojakims (26, i
bis 6); der Prophet entgeht einem Angriff auf sein Leben (26, 7 24).
Weissagung aus dem Anfang der Regierung des Sidikjja (27, i), welche
in symbolischer Handlung und in Worten Unterwerfung der umliegenden
Volker und Judas unter Nebukadnessar verlangt und Jerusalem und
dem Tempel Pliinderung androht (27, 2 22). Gegeniiber dem Pseudo-
propheten Hananja bleibt Jeremias auf seiner Weissagung bestehen,
und dem Hananja wird Strafe zuteil (28, i 17). Jeremias schreibt an
die gefangenen Juden in Babel, dafi die Gefangenschaft lange dauern,
nach 70 Jahren aber endigen werde (29, i 20); den Propheten in
Babel, welche das Gegenteil verkiindigen, droht er Strafe an (29, 21
bis 32). Auftrag an Jeremias, alle Ofifenbarungen aufzuschreiben (30, i
bis 3). Weissagungen an Israel und Juda, welche die Wiederherstellung
verheifien (30, 4 31, 40) 1 . Weissagung Jeremias' im 10. Jahre des
Sidkijja = 18. Jahr des Nebukadnessar bei der Belagerung Jerusalems,
wahrend er gefangen war (32, i 5). Durch Kauf eines Ackers mufi
er ankiindigen, dafi das Volk aus der Verbannung wieder zu Handel
und Wandel zuriickkehren werde (32, 6 44). Weissagung aus der
gleichen Zeit iiber Wiederherstellung des Volkes, iiber einen Davids-
sprofi und die Leviten der Zukunft (33, i 25). Weissagung iiber das
Geschick des Sidkijja, wahrend Nebukadnessar vor Jerusalem lag (34, i
bis 7). Der Prophet droht Gefangenschaft durch die abgezogenen und
wiederkehrenden Babylonier an, weil das Volk ein Freijahr ausgerufen
und nicht gehalten hat (34, 8 22). In den Tagen Jojakims fiihrt Je-
remias die Rekabiten Juda als Muster der Gesetzestreue vor Augen
(35; 1
455. Zweiter Teil (36, i 45, 5): Im 4. Jahre des Jojakim lafit Je-
remias alle Weissagungen iiber Israel und Juda und die Volker durch
Baruch aufschreiben und im 5. Jahr vor dem ganzen Volke vorlesen,
dann vor dem Konig, der die Buchrolle verbrennt (36, i 26). Der
Prophet lafit das Buch neuerdings schreiben und um eine Weissagung
gegen Jojakim und andere Reden erweitern (36, 27 32). Jeremias rat
zum Mifitrauen gegen den Abzug der Babylonier und wird ins Ge-
1 A. Condamin S. J., Le texte de Jdremie XXXI, 22 est-il messianique?
(Rb 6, 396 404). Der Ausdruck der neue Bund (s. o. S. i) stammt aus
Jer 31, 31 34; vgl. C. Bruston, Le prophete Jere"mie et la prediction de la
Nouvelle Alliance (RThQr 23, I 31).
Nr. 458 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. 2. Jeremias. 299
fangnis geworfen (37, i 16). Sidkijja mildert seine Haft (37, 1721).
Ein Totungsversuch wird verhindert (38, i 13). Im geheimen weissagt
Jeremias dem Sidkijja (38, 14 28). Bericht uber die Eroberung Jeru-
salems (39, i 10); Jeremias wird von den Babyloniern geschont (39, n
bis 14). Eine nachgetragene Weissagung aus seiner Haftzeit (39, 15
bis 18). Jeremias wird von den Babyloniern freigelassen und bleibt im
Lande (40, i 6). Gedalja wird Statthalter (40, 7 12). Ermordung
des Gedalja (40, 13 41, 10). Die Ubriggebliebenen fliehen nach Agypten
gegen die Mahnung und Drohung des Propheten (41, n 43, 7).
Fur Agypten weissagt Jeremias einen Einfall des Nebukadnessar mit
Untergang der Juden. (43, 8 13). Weissagung des Unterganges der
Juden in Agypten mit dem Pharao wegen des agyptischen Gotzen-
dienstes (44, i 30). Weissagung fur Baruch aus dem 4. Jahre Jojakims
(45, iS)-
456. Dritter Teil: Weissagungen gegen die Heidenvolker
(46, i 51, 64). Wider Agypten (46, 2 12), das Nebukadnessar be-
kampfen wird (46, 13 26); Israel wird wiederkehren (46, 27 f.). Wider
die Philister (47, i 7). Wider Moab (48, i 47). Wider die Ammo-
niter (49, i 6), Edom (49, 7 22), Damaskus (49, 23 27), Kedar und
Hasor (49, 28 33), Elam am Anfang der Regierung des Sidkijja (49, 34
bis 39). Wider Babel, wobei Israel befreit wird; Medien ist Jahwes
Werkzeug (50, i 51, 58). Die Weissagungen gegen Babel werden in
ein Buch geschrieben, das Baruch in Babel vorlesen und mit dem er
Babels Untergang symbolisch darstellen soil (51, 59 64*). Schlufi der
Jeremiasreden (51, 64 b ).
457. Anhang: Bericht uber die Eroberung Jerusalems, Gefangen-
nahme des Sidkijja, Pliinderung der Stadt und des Tempels und Fort-
fuhrung der Einwohner (52, i 34 = 4 Rg 24, 18 25, 30 [4 Rg 25, 22
bis 26 fehlt]).
135. Entstehung des Jeremiasbuches.
458. Im 4. Jahre des Jojakim (605) liefi Jeremias seine Weissagung,
die er seit 628 verkiindet hatte, durch Baruch aufzeichnen und
dem Volke und dem Konig vorlesen. Als letzterer die Rolle
v'erbrannte, HeC Jeremias das Buch neuerdings herstellen, wobei
noch verschiedene Reden ahnlicher Art hinzugefugt wurden
(Kap. 36). Wie in dieser Sammlung von Weissagungen Friiheres
und Spateres zu scheiden ist, kann man nicht mehr sicher fest-
stellen *. Was der Prophet in seinem spateren Wirken verkundete,
wurde ebenfalls aufgezeichnet und an-, zum Teil wohl auch-ein-
1 Versuch in HDB 2, 575" (Davidson). Nach Orelli (s. o. S. 294) 2 225
ware die Erweiterung nicht gerade 605, sondern nach und nach erfolgt.
300 1- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 459
gefiigt. Manche Weissagungen, in denen vom Propheten in der
dritten Person die Rede ist, wird Baruch nicht bloB als Diktat
entgegengenommen, sondern selbst in ihre abgeschlossene Form
gebracht haben (vgl. Jer 7, i; n, i).
459. Lange Zeit hielt sich die kritische Zersetzungsarbeit dem Buch
des Jeremias fern. Seiner ganzen Anlage nach macht es den Eindruck der
Echtheit. In neuerer Zeit hat die kritische Schule aber auch bei Jer eine
literarische Entwicklung angenommen 1 . Es handelt sich dabei haupt-
sachlich um 10, i 16; 17, 1927; 2729; 30 f.; 33; 39, i 10; 50, i
bis 51, 58; 52. Jer 52 ist sicher aus 4 Rg 24, 18 25, 30 nachtraglich
an das schon abgeschlossene Buch angelugt worden (vgl. die SchluC-
formel 51, 64) 2 . Wenn auch die Sammlung der jeremianischen Weis-
sagungen im wesentlichen schon vor dem Ende des babylonischen
Exils abgeschlossen war, so zeigt die verschiedene Aufeinanderfolge,
die 921 und bei manchen Stiicken des Schlufiteiles einhalten (s. den
folg. ), dafi die literarische Umschichtung der einzelnen Bestandteile
noch in ziemlich spater Zeit nicht zur Ruhe gelangt war.
136. Die Texte des Jeremiasbuches.
460. In der Reihenfolge, im Umfange und in der Auffassung
der einzelnen Stellen weichen 9H und bei keinem atl Buche
so weit voneinander ab wie bei Jer 3 .
461. Die Weissagungen gegen die fremden Volker (30ft 46 51)
stehen in zwischen 25, 13 und 25, 15 (25, I4>@) des 9H
und der 33 und sind in anderer Reihenfolge eingeordnet: 25, 13
+ 49, 34 a ( 25, 14} + 49, 3539 ( 25, is 19) + 49, 34*
( 26, i) + 46, 2 (46, i > ) 28 ( 26, 2 28} + 50, i bis
51, 64 ( 27, 128, 64) + 47, 17 ( 2p, 17} + 49, 722
1 Vgl. G. Jacoby, Zur Komposition des Buches Jeremja (StKr 1906, i 30);
O. Kieser, Das Jeremiabuch im Lichte der neuesten Kritik (StKr 1905, 479
bis 520); S. Mowinckel, Zur Komposition des Buches Jeremia (Schriften, hrsg.
von d. GdW in Christiania 1913, 2, philos.-hist. Kl. Nr. 5). Am weitesten gehen
hierin wohl Duhm (s. o. S. 294) xvi, der von 1350 Versen 850 fur unecht
erklart, und Holscher (s. o. S. 280) 379405. Vgl. A. Condamin S. J.,
Jeremie et la critique radicale en Allemagne (RchScr 6 [1916], 167 184).
z Fur die Echtheit der Klagegedichte tritt W. Baumgartner ein (Die
Klagegedichte des Jeremia [32. Beih. z. ZatW], Giefien 1917).
3 Vgl. Origenes, Ep. ad Afr. 4 (M g n, 56); L. Kohler, Beobachtungen am
hebraischen und griechischen Text von Jeremia I 9 (ZatW 29, i 39);
*A. Scholz, Der masorethische Text und die LXX-Ubersetzung des Buches
Jeremias, Regensburg 1875; P. Volz, Studien zum Text des Jeremia (B WAT
25), Lp; 1920.
Nr. 462 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. 2. Jeremias. 301
( 29, 823) 4 49, 15 ( jo, 15; 49, 6 >.) 4- 49, 28 bis
33 ( J> 611} 4 49, 2327 ( 30, 1216} 4 48, 144 (
J-r, i44; 48, 4547 > ) [ 2 5, 1538 = j*, r **/ 26, i44, 30
= 33, i 5i>3<>; 45, i5 = 5i. 3135] 4 52, 1 ff.
Daft die Reihenfolge in 331 urspriinglicher sei l , konnte man dadurch
stiitzen, dafi sich eine nachtragliche Umstellung in leicht erklart:
2 5> J 3 b 2 5> 14 ist von Weissagungen gegen die Volker die Rede,
die sich erfullen sollen; derartige Weissagungen vermiftte man im 331 an
dieser Stelle und versetzte die Sammlung solcher vom Schlusse hierher; da-
durch konnten zugleich diese Weissagungen in der Nahe der Aufzahlung
der betroffenen Volker untergebracht werden (25,1 5 26) 2 . Fiir die innere
Umordnung der einzelnen Volker lafit sich ein Grund nicht mehr er-
kennen. Der 3It bietet im allgemeinen Kap. 46 51 die gleiche Reihen-
folge der Volker wie 25/15 26 (= 32, iff.) 3 .
462. Im Umfang ist ungefahr um ein Achtel kurzer als 931*.
Nach einer Gruppe von Erklarern ist eine Kiirzung yon 3It 5 ;
andere halten den -Text fur ursprunglich G . Allein es wird eine dritte
Moglichkeit in Frage kommen: wahrend die Sammlung der jeremia-
nischen Weissagungen in Palastina noch Erweiterungen erfuhr, sind
die Abschriften, welche nach Agypten mitgenommen wurden, ohne
Nachtrage und Erweiterungen geblieben; die agyptische Form scheint
in erhalten zu sein 7 . So ist im Umfang alter, wenn auch das
Plus des 3Qft ebenfalls aus echten Weissagungen besteht.
1 So Konig (s. o. S. 2 2 ) 335; Kuenen (s. o. S. 10) 2, 217 f.; Orelli (s. o.
S. 294) 2 226, 3 i4f.
2 Dafi das seltsame Ratselwort -1^5 25, 26 und 51, 41 (nach dem System
der Buchstabenvertauschung Atbas ; also = Vaa; so auch Volz [s. o. S. 300 3 ];
anders A. Sarsowsky, H? 5 ? und ^^1 [ZatW 34, 64 68], der darin einen wirk-
lichen Volksnamen sieht) im 30ft weit auseinander zu stehen kommt, kann
freilich gegen die Urspriinglichkeit seiner Anordnung geltend gemacht
werden. In fehlt das Wort, das nach der -Anordnung doch in grofierer
Nachbarschaft (28, 41 und 32, 12) steht.
3 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 369, Holscher (s. o. S. 280) 380, F. Schwally
(Die Reden des Buches Jeremia gegen die Heiden. xxv. XLVI LI [ZatW 8,
177 217]), Volz (s. o. S. 300 3 ) 200 f. u. a. halten die Anordnung in fur ur-
spriinglicher.
4 Bei Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 37o 3 und Steuernagel (s. o. S. 10) 533 ist
das Wesentliche . zusammengestellt. Grofiere Auslassungen finden sich 33, 14
bis 26; 39, 413; 52, 2830.
5 So Konig (s. o. S. 1 2 ) 336 f.; Orelli (s. o. S. 294) 2 226, 3 i4f.
6 So z. B. Holscher (s. o. S. 280) 387; Scholz (s. o. S. 76 10 ) 34.
7 Dazu stimmt, dafi 52, 28 30 wie in , so auch . in 9(31 4 Rg 25
fehlt; die Verse sind also offenbar spater eingefiigt worden. So urteilen
z. B. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 368; Davidson in HDB 2, 575; *F. C. Movers,
3O2 ! Teil. Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 463
463. Die sonstigen Unterschiede zwischen 9It und zeigen,
dafi in Jer unter den ungiinstigen Urnstanden, mit denen ein Uber-
setzer rechnen mufi, in verstarktem Mafie gelitten hat 1 .
3. Das Buch der Klagelieder 2 .
137. Name. Literatur.
464. rrirj? (Talmud [b. Baba batra f. 15"], 9H; nach dem An-
fangswort "D h tf wurde das Buch erst spater genannt) , Gpfjvot
(lepeuiou), Threni id est Lamentationes 3 leremiae prophetae, Klage-
lieder (Thr, Lam, Klgl). Sie gehoren nach der jiidischen Li-
turgie zu den fiinf Festrollen (Megillot ; >s. o. S. I33 1 ).
465. K. Budde, Die Klagelieder erklart (KHK 17 [s. o. S. 133] 70108).
Keil (s. o. S. 294). J. Knabenbauer S. J., Commentarius in Danielem pro-
phetam, Lamentationes et Baruch (CSs), P. 1891. M.Lohr, Die Klagelieder des
Jeremias iibersetzt und erklart (GHK 3, 2, 2) 2 , Gott. 1906. O e 1 1 1 i (s. o. S. 259).
G. Ricciotti, Le Lamentazioni di Geremia. Versione critica dal testo
ebraico con introduzione e commento, Turin 1924. Schneedorfer (s. o.
S. 294). J. K. Zenner S. J. , Beitrage zur Erklarung der Klagelieder,
Frb. i. Br. 1905.
138. Gestalt und Inhalt der Thr.
466. Fiinf einzelne Lieder, hauptsachlich 4 in sog. Kina-Versen
gedichtet 5 und alphabetisch angelegt (Thr i 4) 6 oder alpha-
betisierend (Thr 5), bilden das Buch.
467. i) Der Dichter klagt iiber die Verwiistung und Vereinsamung
der Stadt Jerusalem (i, i n a ). Klage der Stadt in eigener Person
(i, ii b 1 6). Ein Vers, vom Dichter gesprochen (i, 17), leitet zu einer
neuen Klage iiber (i, 18 22) 7 .
De utriusque recensionis vaticiniorum leremiae graecae alexandrinae et he-
braicae masorethicae indole et origine, Hamburg 1837; Touzard (s. o. S. 292 2 )
1 3, 3 2 3 f- 1 Vgl. Giesebrecht (s. o. S. 294)2 XXV XL.
2 Nur und 03 reihen Thr bei Jeremias ein.
3 Bei den Vatern Threni und Lamenta (so Hieronymus, Tract, in Lam.
[M 1 25, 827-832]).
4 Mit Ausnahme von Thr 5.
5 Siehe o. S. 212. E. Laur, Thr i 5 (BZ 3, 251 262; 4, 142 151 232
bis 246 380385).
6 Siehe o. S. 218 f. Thr 24 steht *> vor y; vgl. dazu o. S. 2i8 4 .
7 H. Wiesmann S. J., Der Zweck der Klgl des Jeremias (BC 7, 412 428).
Nr. 468 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Proph. 3. Das Buch d. Klgl. 303
2) Der Zorn Jahwes hat die Zerstorung der Stadt verhangt (2, i 9).
Elend herrscht darin (2, 10 17). Aufforderung, um Gnade zu flehen
(2, i8f.). Flehgebet der Stadt (2, 20 22)*.
3) Der Dichter beklagt seine Heimsuchung (3, i 20), hofft aber auf
die Gnade Jahwes (3, 21 38). Der Aufforderung zur Umkehr mit
Schuldbekenntnis folgt neue Klage iiber das Ungliick des Volkes und
die eigenen Verfolgungen ; gegen Feinde erbittet er Schutz (3, 39 66) 2 .
4) Der Dichter klagt, wie tief das Volk und die Stadt Sion gegen-
iiber der friiheren Herrlichkeit gesunken ist (4, i n) durch die Schuld
von Propheten und Priestern (4, 12 16). Von einem fremden Volke
keine Hilfe (4, 17), dagegen Verfolgung durch rasche Feinde (4, i8f.);
Gefangennahme des Gesalbten Jahwes (4, 20). Das schadenfrohe Edom
wird aber heimgesucht, Sion dagegen befreit werden (4, 2 if.).
5) 3 Der Dichter klagt Jahwe die Triibsal seines Volkes (5, i 18)
und bittet um Hilfe (5, 19 22) 4 .
139. Verfasser 5 und Entstehungszeit der Thr.
468. Schon Hieronymus sah in 2 Chr 35, 25 ein Zeugnis dafiir,
daC Jeremias die Thr des AT verfafit habe 6 .
Allein diese Klagen iiber den Untergang Jerusalems passen inhaltlich
nicht als Klage auf den Tod des Josias, auf welchen die 2 Chr 35, 25
genannten Lieder von Jeremias verfafit sind 7 . Das alteste Zeugnis fur
1 Gegen den Versuch von A. Condamin S. J. (Symmetrical repetitions in
Lamentations chapters I and II [JthSt 7, 1377140]), die beiden Lieder als
zusammengehorig zu erweisen, spricht die gesonderte Alphabetisierung und
vor allem der Unterschied in der Aufeinanderfolge von y und s (so Thr I ;
dagegen Thr 2 s vor y).
2 Zum Streit, ob individuell oder kollektiv zu deuten, vgl. M. Lohr, Thr III
und die jeremianische Autorscbaft des Buches der Klagelieder (ZatW 24, I
bis 16): das Schicksal des Propheten Jeremias e'rklare das Ineinanderspielen
seines personlichen Geschickes (V. 1 24 52 66) mit dem Geschick des
Volkes (V. 48-51).
3 Thr 5 fuhrt nach 33 den Sondertitel: Oratio leremiae prophetae.
* E. Dorer, Das Gebet des Propheten Jeremias (letztes Kapitel der Klage-
lieder). Bearbeitet nach dem metrischen System von Prof. H. Grimme (Frei-
burg i. S.)(Stud. u. Mitt. a. d. Benediktiner- u. Cisterc.-Ord. 27 [19061,72 83).
H. Wiesmann S. J., Die Textgestalt des 5. Kap. der Klgl (BC 8, 339347).
5 C. Flockner, Uber den Verfasser der Klgl (ThQ 59, 187280).
6 In Zach. 12, n (M 1 25, 1589): [Iosias] super quo lamentationes scripsit
leremias, quae leguntur in Ecclesia, et scripsisse eum Paralipomenon testa-
tur liber. Ebenso verstehen die Stelle 2 Chr 35, 25 Budde (s. o. S. 302) 72 f.
und Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 24O.
7 Budde (s. o. S. 302) 72 versteht 2 Chr 35, 25 von einem einzelnen Lied.
Allein weder Thr 4 (vgl. V. 20 ; so Cornill [s. o. S. 2 4 ] 7 240) noch Thr 3 (vgl.
304 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 469
die jeremianische Tradition ist die Uberschrift der , welche bereits in
ihrer Vorlage stand 1 , wenn sie auch, wie so viele Uberschriften der
Pss, nicht urspriinglich ist und deshalb im 9It fehlt. Davon wird auch
die jiidische 2 und christliche Tradition abhangen. Jedoch waren auch
in die Klagelieder von dem Buche der Weissagungen getrennt, well
sie einen andern Ubersetzer verraten 3 .
469. Der Inhalt der Klgl unterstutzt diese Tradition. Denn
er setzt die Zeit unmittelbar nach der Eroberung Jerusalems
voraus 4 .
Die Gedankengange widersprechen so wenig dem Jeremias 5 , dafi
auch Gegner der jeremianischen Herkunft annehmen zu sollen glaubten,
der Verfasser der Klgl, besonders von Thr 3, wolle sich als Jeremias
geben 6 . Am ehesten kann die sprachliche Gestalt gegen jeremia-
nische Herkunft geltend gemacht werden, weil eine Anzahl wichtiger
Worte von Thr in Jer vergeblich gesucht wird 7 , und weil nicht ohne
Grund eine Verwandtschaft mit Ez angenommen wurde 8 .
Allein solche innere Gegengriinde konnten gegeniiber der alten
Tradition kaum in die Wagschale fallen, wenn nicht Anzeichen
auf verschiedene Verfasser einzelner Lieder hinwiesen.
Schon durch ihren Gedankenreichtum und durch die Form heben
sich Thr 2 und 4 von den iibrigen Liedern ab. Grofieres Gewicht ist
noch auf die verschiedene Art der Alphabetisierung zu legen. Schwer-
lich wurde ein und derselbe Verfasser, nachdem er 4 Lieder nach der
alphabetischen Akrostichis, Thr 3 sogar dreifach, gedichtet hat, bei dem
5. Lied sich mit der blofien Angleichung der Verszahl an den Alphabet-
J. Royer, Ein verlorenes Lied des Propheten Jeremias [Pb 14, 405 412])
konnen inhaltlich hierfur in Frage kommen.
1 Die Form verrat die Ubersetzung, und 93 hat eine andere Lesart.
Zum Streit, ob diese Uberschrift kanonisch ist, vgl. Le Bachelet (s. o.
S. 275 2 ) 64 f.
2 Vgl. Josephus, Ant. 10, 5, i (anders deutet die Stelle Oettli [s. o. S. 259]
201), X, Talmud.
3 Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 406 glaubt, dafi Thr von Anfang an im Kanon
bei Jer stand ; allein die Zusammenziehung von Jer und Thr zu ein em Buche
ist jedenfalls sekundar.
4 Gegen den Versuch, makkabaische Anklange zu entdecken, vgl. Cornill
(s. o. S. 2 4 ) 7 243 und u. S. 305 5 .
5 2, 9 C ; 4, 17; 5, 7 u. a. St. sollen nicht in den Mund des Jeremias passen
(vgl. Cornill [s. o. S. 2 4 ] 7 242).
6 Vgl. Lohr (s. o. S. 303 2 ) 7 if.; Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 24i.
7 Vgl. M. Lohr, Der Sprachgebrauch des Buches der Klgl(ZatW 14,31 50).
8 Vgl. dazu Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 409. Budde (s. o. S. 302)75 be-
hauptet das fur Thr 2, Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 242 fur Thr 2 und 4.
Nr. 473 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheteh. 4. Baruch. 305
uinfang begnugen. Ausgeschlossen scheint es, dafi der gleiche Dichter
in Thr i eine andere Buchstabenfolge als sonst verwendet hatte 1. Die
Behauptung, dafi die Lieder im Aufbau eine Einheit darstellen 2 , lafit
sich keineswegs erweisen.
470. So wird man schwerlich alle Klagelieder einem
Verfasser, dem Jeremias, zuschreiben konneri, wie es
die alte Tradition festhielt 3 . Wenn auch inhaltlich alle Lieder
in seine Zeit und fur ihn passen wurden, so stammen am ehesten
Thr 2 4 von ihm; besonders Thr 3 paCt vorziiglich zu den Erleb-
nissen des Propheten 4 . Aber auch die iibrigen Lieder sind aus seiner
Zeit; jedenfalls ist keinesnach 516 (Wiederherstellung des Tempels)
verfafit 5 .
4. Baruch 6 .
140. Name. Literatur.
471. Bapoux (von SpHS der Gesegnete), Prophetia Baruch (Bar).
472. Fritzsche (s. o. S. 186). Knabenbauer (s. o. S. 302). W. Roth-
stein, Das Buch Baruch (Kautzsch [s. o. S. 12] i, 213 225). Schnee-
dorfer(s.o. 8.294). Schiirer (s.o. S. i63 3 )3 4 , 460 467. O. C. Whitehouse,
The book of Baruch or I Baruch 7 (Charles [s. o. S. 12] i, 569 595). Zockler
(KK A 9 [s. o. S. n], 239 249).
141 . Leben, Wirken und Schriften des Propheten Baruch.
.473. Baruch, Sohn des Nerijja, Sohnes des Mahseja (Jer 32, 12),
Bruder des Seraja, eines Hofbeamten des Sidkijja (Jer 51, 59),
1 Siehe o. S. 302 6 2i8 4 .
z H. Ewald (Die Dichter des Alten Bundes i, 2: Die Psalmen und die
Klagelieder erklart 3 , Gott. 1866, 323 ff.) u. a. nehmen einen Fortschritt in der
geschichtlichen Lage oder eine Gedankenentwicklung an ; Zenner (s. o. S. 302)
sieht in den funf Liedern eine kunstvoll aufgebaute Totenklage auf Jerusalem.
Vgl. H. Wiesmann S. J., Der planmafiige Aufbau der Klgl des Jeremias (BC
7, 146161).
3 Vgl. Gigot (s. o. S. 9) 2, 297 ff.; Touzard (s. o. S. 292 2 ) 13, 326 ff.
4 Lohr (s. o. S. 303 2 ) lafit Thr 3 Jeremias blofi in der> Mund gelegt sein.
5 Anders S. A. Fries,. Parallele zwischen Klgl 4 und 5 und der Makka-
baerzeit (ZatW 13, no 124); dagegen M. Lohr, Sind Thr 4 und 5 makka-
baisch ? Eine Pruning der von S. A. Fries zu Upsala aufgestellten Behaup-
tung (ZatW 14, 5159)-
6 ordnet in der Regel: Jer, Bar, Thr, Ep. ler.; 03: Jer, Thr, Bar (mit
Ep. ler.).
7 So genannt im Unterschied von 2 Bar (= syrische Apokalypse des
Baruch) und 3 Bar (= griech. Apokalypse des Baruch); vgl. u. 197, Nr. 676.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 2O
306 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 474
war lange Zeit der treue Gefahrte des Jeremias, schrieb die ersten
Weissagungen des Propheten nieder (Jer 36 *), kaufte, als Jeremias
im Gefangnis schmachtete, an seiner Statt einen Acker in Anatot zu
prophetischen Zwecken (Jer 32) und wurde nach dem Falle Jeru-
salems und der Ermordung des babylonischen Statthalters Ge-
dalja mit Jeremias nach Agypten verschleppt (Jer 43).
474. Nunmehr gehen die Uberlieferungen auseinander.
Nach Hieronymus (Comm. in Is. XXX 6, 7 [M 1 24, 353]) starben beide
zusammen in Agypten; nach Josephus (Ant. 10, 9, 7) nahm Nebukad-
nessar beide, als er Agypten eroberte (583), mit sich nach Babylonien;
nach einer dritten Uberlieferung zog Baruch nach dem Tode des Je-
remias in Agypten allein nach Babylonien und starb dort 12 Jahre
nach dem Falle Jerusalems (574) 2 - Unser Buch setzt voraus, daft
Baruch noch nach Babylonien gekommen ist. Hiergegen ist
ein beachtenswerter Einwand nicht zu erheben.
475. Von seiner Mitarbeit am ersten Teil des Jeremiasbuches
berichtet Jer 36; aber auch am zweiten Teil glaubt man seine
schriftstellerische Tatigkeit zu spiiren. Im kirchlichen Kanon tragt
ein eigenes Buchlein seinen Namen 3 .
142. Inhalt und Zusammensetzung des Buches Baruch.
476. Im 5. Jahre nach der Eroberung Jerusalems in Babel schrieb
Baruch dieses Buch (i, i 2), las es den Exulanten vor, und diese
sandten Geld, um fur Nabuchodonosor und seinen Sohn Baltasar Opfer
darzubringen und um fur die Exulanten zu beten; dieses Buch sollten
sie im Tempel lesen (i, 3 14). Und ihr sollt sagen. Und nun folgt
ein Bufigebet der Exulanten, worin sie ihre Siinden bekennen und die
Strafe dafiir in ihrem gegenwartigen Zustand der Gefangenschaft sehen;
sie bitten um Verzeihung (i, 15 3, 8). Israel ist in der Gefangen-
1 *>b Jer 36, 26 bedeutet hier nicht Schriftgelehrter, sondern Schreiber,
2 DaC Baruch Lehrer des Ezra (458 ff.) gewesen sei, ist nach der gewohn-
lich festgehaltenen Chronologie der Biicher Ezr-Neh unmoglich. Der Midras r.
zu Ct 5, 5 behauptet das, um die Liicke in der Traditionsreihe von den Pro-
pheten zu den n^|fc zu schliefien (vgl. HDB i, 249*).
3 Unter seinem Namen begegnen auch zwei apokryphe Apokalypsen (s. u.
197, Nr. 676). Nach der syrischen Apokalypse (77, 12 17 19) schrieb
Baruch zwei Briefe, einen an die neuneinhalb Stamme in der assyrischen
Gefangenschaft (= Kap. 78 86 ; veroifentlicht bei * G. Hoberg, Die alteste
lateinische Ubersetzung des Buches Baruch 2 , Frb. i. Br. 1902, 86 91), und
einen andern an die zweieinhalb Stamme des Siidreiches (letzteren sieht Charles
[s. o. S. 12] 2, 476, 8 in Bar i, 13 + 3, 94, 29).
Nr. 478 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. 4. Baruch. 307
schaft, well es die Quelle der Weisheit verlassen hat (3, 9 ff.), und damit
beginnt ein Loblied auf die Weisheit (3, 9 4, 4). Sion beklagt seine
gefangenen Kinder und mahnt sie zur Umkehr (4, 5 29). Der Prophet
trb'stet das verwaiste Jerusalem und verheiftt ihm Riickkehr der ge-
fangenen Kinder (4, 30 5, g) 1 .
477. Unter den drei Bestandteilen befindet sich einer, welcher
das dem Baruch zugeschriebene Buch bildet (vgl. I, i f.). Zu-
nachst kommt hierfur I, 15 3, 8 in Betracht, well sich der Ab-
schnitt unmittelbar an den geschichtlichen Bericht iiber dieses
Buch anschlieCt und 2, 22 24 am ehesten die Mahnung der Ein-
leitung, dem babylonischen Konig zu dienen, stiitzen' kann.
Der Abschnitt 3, 9 4, 4 verrat im Inhalt keine Beziehung zu dem,
was als Zweck des erwahnten Buches aus i, i 14 erschlossen werden
kann 2 . Der dritte Teil eignet sich vortrefflich fur die in Jerusalem
Zuruckgebliebenen, unterscheidet sich aber durch die dichterische Form
vom prosaischen ersten Teil. Auch der zweite Teil, Lob der Weisheit,
ist poetisch angelegt. Infolge der Selbstandigkeit der drei Teile dem
Inhalte nach ist es nicht ausgeschlossen, dafi sie je eine selbstandige
Entwicklung genommen haben. Jedenfalls scheint das Lied auf die
Weisheit nachtraglich zwischen den ersten und dritten Teil, die inhaltlich
verwandt sind, eingeschoben worden zu sein.
143. Die Ursprache von Bar.
478. Da die drei Bestandteile nicht aus einer Hand stammen miissen,
so kann auch ihre Ursprache verschieden sein. Die einen Exegeten
nehmen eine hebraische Ursprache fur das ganze Buch 3 , oder fur
i, i 4, 4 4 , oder wenigstens fur den ersten Teil i, i 3, 8 5 an; andere
halten Griechisch fur die Sprache, in der das ganze Buch geschrieben
wurde 6 . Die geschichtlichen Nachrichten scheinen zu Gunsten der
letzteren Ansicht zu sprechen 7 .
1 Bar 6 der 93 enthalt die Ep. ler. (s. u. S. 310).
2 Whitehouse (s. o. S. 305) 571 betrachtet 3, 9 ff. als Buch des Baruch und
I, 15 3, 8 als spateren Einschub; ebenso Steuernagel (s. o. S. 10) 791. Roth-
stein (s. o. S. 305) 213 lafit die Frage unentschieden.
3 So R. R. Harwell, The principal versions of Baruch, Diss. der Yale Univ.
(New Hawen) 1915; J.J. Kneucker, Das Buch Baruch. Geschichte und Kritik,
Ubersetzung und Erklarung, Lp. 1879; Rothstein (s. o. S. 305) 215.
* So Fritzsche (s. o. S. 186); Whitehouse (s. o. S. 305).
5 So Cornill (s. o. S. 2*) 3 ~ 4 273; Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3 4 , 461 f. und die
meisten Neueren.
6 So T. Noldeke (Atl Literatur in einer Reihe von Aufsatzen dargestellt,
Lp. 1868) und altere Exegeten.
7 Hieronymus, Praef. in ler. : . . . apud Hebraeos nee legitur nee habetur ;
Epiphanius, De mens. et pond. S 5 (M g 43, 245): ovi KeivTai ai
308 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 479
Doch lafit die griechische Sprachgestalt an zahlreichen Stellen
des ersten 1 und zweiten Teiles 2 , an einer Stelle auch im dritten
Teil 3 die semitische Vorlage erkennen. Infolgedessen darf He-
braisch als die Ursprache des ganzen Buches Bar betrachtet
werden 4 .
144. Entstehungszeit und Verfasser des Bar.
479. Die gleiche Ursprache. der drei Teile schliefit eine Verschieden-
heit der Verfasser nicht aus. Wenn man in i, i 3, 8 ein Griechisch
finden zu miissen glaubt, das von dem in 3, 9 5, 9 abweicht, so sind
deshalb noch nicht zwei verschiedene Ubersetzer anzunehmen 5 ; noch
mxp' 'Eppaioi?. Die gegenteiligen Angaben, auf die man sich berufen
wollte (vgl. Schiirer [s. o. S. i63 3 ] 3*, 464), sind nicht so sicher. So bedeutet
in der @ h (vgl. i, 17; 2, 3) der Verweis auf das Hebraische nicht ein he-
braisches Original von Bar (so noch Whitehouse [s. o. S. 305] 572), sondern
die Stelle Dt 28, 53 nach dem Hebraischen (vgl. E. Nestle, Septuaginta-
studien 4 [Wissensch. Beilage z. Programm Maulbronn], Stuttgart 1903, 12).
Dagegen konnte man aus der Art, wie Origenes seine kritischen Zeichen
verwendet, schliefien wollen, dafi er einen hebraischen Text des Bar gekannt
habe (vgl. Nestle a. a. O. und u. 219, Nr. 757 Anm.).
1 diLxapria = Siindopfer (inxan) i, 10; u&v fi|LidpTO|Li6v = die wir gesiindigt
haben (hJsart ia ; x) i, 17; \jjc, f\^pa axirn = rt|n ff*3 i2o; 2, 6 n 26; dpYcfe-
a0ai=dienen (ias). i, 22; 2, 21 22 24; oO . . . dKei = 3. . .^vx 2,413; 3,8;
SXeoi; = Bittgebet (nsrtpi) 2, 19; juavad (al. uavvoi) = ^M?*? i, 10; dTroaTo\r| =
^. (vgl. Jer 32 [ 39], 36) 2, 25 ; TcGvnKOTiuv = ^r (statt = Manner) 3, 4.
2 3, 94, 4 ist ebenfalls voll von Hebraismen; es ist Ubersetzungsgriechisch,
wenn es sich auch von i, i 3, 8 unterscheidet. Cornill (s. o. S. 2 4 ) 3 ~ 4 273,
Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3*, 461 u. a. halten 3, 9 5, 9 fur urspriingliches Griechisch.
3 (uterd &6nq ujc; 9p6vov pacnXeia? = mit einem Glanze wie der des Konigs-
thrones (5, 6). A lafit liiq aus, weil die Ausdrucksweise eine ungriechische Wen-
dung darstellt. Nach andern konnte beKonrXacnaffaTe duiaTpaqp^vTe^ Zx\-
Tfjffai aiirov == kehret zuriick und suchet ihn zehnmal mehr (4, 28) nicht
einer hebraischen Vorlage entstammen (vgl. Whitehouse [s. o. S. 305] 572).
Jedoch A. Condamin S. J. (Un poeme du livre de Baruch [IV, 5 V, 9] [Etrel
108, 55 63]) und Charles (bei Whitehouse [s. o. S. 305] 573 f.) nehmen auch
fur den dritten Teil eine hebraische Ursprache an.
4 und drei altlateinische Texte von Bar (aus Cod. Legionensis, 23 und
Sabatier) veroffentlichte Hoberg (s. o. S. 306 3 ; vgl. auch A. M. Amelli O. S. B.,
De libri Barueh vetustissima latina versione usque adhuc inedita in cele-
berrimo codice Cavensi, Monte Casino 1902 ; F. Stabile, II Liber Baruch
del Codex Cavensis inedito secondo una versione antichissima antegero-
lomitana (Rivista di Filol. 39 [1911], 361 384).
5 U.S. J. Thackeray (The Greek translators of Jeremiah [JthSt 4, 245266] ;
The Greek translators of Ezekiel [ebd. 398 411]; -The Greek translators
Nr, 480 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten.. 4. Baruch. 309
weniger 1st damit bewiesen, daft die drei Teile npch in der Zeit der
-Ubersetzung getrennt bestanden haben. Immerhin unterstiitzt der
Inhalt die Ansicht, dafi .unser Buch aus drei selbstandig ge-
dachten und durchgefiihrten Stiicken entstan'den ist 1 .
480. Die hebraische Sprache des ganzen Buches macht aber
auch die Uberlieferung, dafi Baruch, der Zeitgenosse und
Mitarbeiter des Jeremias, der Verfasser sei, durch-
aus moglich. Was wir vom Leben des Baruch sicher wissen
(s. o. S. 306), schliefit nicht aus, daC er von Agypten noch
nach Babylonien gekommen ist und dort unser Buch geschrieben
und dem in gelinder Gefangenschaft gehaltenen Jehojakin (35
Jechonias) vorgelesen hat.
Sollte freilich die Angabe, daft Baltasar (d. i. doch wohl der Belsassar
[ Baltasar, 25 Baltassar] von Dn 5) der Sohn des Nabuchodonosor sei
(i, 12], das Ergebnis einer zusammengezogenen Geschichte sein 2 , dann
konnte schwerlich der gleichzeitige Baruch als Schreiber dieser Stelle
gelten. Allein ob die Losung des Belsassar-Ratsels auf diesem Wege zu
suchen ist, bleibt noch eine offene Frage. Ware Bar i, 15 18 von Dn
9, 7 10, Bar i, 16 von Neh 9, 32, Bar 2, n von Neh 9, 10 sicher
abhangig 3 , so miifite Bar erst nach 300 v. Chr. geschrieben sein.
Aber auch hier ist die Frage der Abhangigkeit keineswegs sicher
zu lo'sen 4 .
Abgesehen von dem doch wohl eingeschobenen Weisheitslied
ist also eine Entstehung in der Zeit des Baruch (6. Jahrh. v. Chr.)
of the prophetical books [ebd. 578 585]) halt den Ubersetzer des zweiten
Teiles von Jer und des ersten Teiles von Bar fur gleich.
1 So z. B. Rothstein (s. o. S. 305) 2i4f.
2 Zwischen Nabuchodonosor und dem aus der Geschichte bekannten
Belsassar schieben sich Amilmarduk und Nabunaid ein. Manche halten
den Baltasar des Bar fur eine von dem Baltassar von Dn 5 verschiedene
Personlichkeit.
3 So u. a. Whitehouse (s. o. S. 305) 574. Umgekehrt Comely (s. o. S. 3 2 )
2, 2 2 , 424. Noch unsicherer ist eine Abhangigkeit von den Psalmen Sa-
lomos (i. Jahrh. v. Chr.); so u. a. Marshall in HDB i, 253. DaC mit den
Zeitangaben und Personennamen aus den Jahren des Nabuchodonosor Er-
eignisse aus der Makkabaerzeit (so Fritzsche [s. o. S. 186]), oder um 63 v. Chr.
(so Whitehouse [s. o. S. 305]; Steuernagel [s. o. S. 10] 790), oder sogar der
Untergang des jiidischen Volkes unter Vespasian und Titus dargestellt seien,
ist trotz des spaten ersten Zitates des Buches (Athenagoras [2. Jahrh. n. Chr.],
Legatio pro christ. c. 9 [M g 6, 905 f.] : 3, 35 [03 36]) in sich unwahrscheinlich.
4 Vgl. dazu * W. Stoderl, Zur Echtheitsfrage von Bar 13, 8, Mstr. i. W.
1922.
310 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 481
durchaus vertretbar. Auf keinen Fall darf man mit dem Ansatz
weit iiber 300 v. Chr. herabgehen, auch wenn man die Abhangig-
keit von Dn und Neh fur gegeben halt *.
5. Der Brief des Jeremias.
145. Name. Literatur.
481. 'Emo-TcXr] 'lepeuiou (=93 Bar6) 2 .
482. Die katholischen Erklarungen behandeln das Biichlein als Bar 6.
C.J.Ball, Epistle of Jeremy (Charles [s. o. S. 12] i, 596 611). W.Naumann,
Untersuchungen iiber den apokryphen Jeremiasbrief (25. Beih. z. ZatW),
Giefien 1913. W. Rothstein, Der Brief Jeremias (Kautzsch [s. o. S. 12] i, 226
bis 229). O. Zockler, Der Brief des Jeremia (KK A 9 [s. o. S. 11], 250254).
146. Inhalt, Ursprache und Entstehungszeit der Ep. ler.
483. In einem Brief warnt Jeremias die Juden, welche in die baby-
lonische Gefangenschaft abgefuhrt werden sollten 3 , um sie vom dortigen
Gotzendienst abzuhalten ([Bar 6], i 7 a) 4 . Im Gedankengang beriihrt
sich der Brief mit Jer 10, i 16 und 44, 8 19.
484. Als Ursprache wurde von den kritischen Exegeten bisher
fast allgemein das Griechische angesehen, in dem uns der Brief
erhalten ist. Allein V. 71 scheint in TT]S iropcpupas Kai rfjs uap-
)ndpou ein ungleiches BegrifFspaar zu enthalten; dieses wird so-
fort gleichheitlich, wenn man die hebraische Vorlage ttJlB annimmt,
die nicht blofi |mdpuapoq, sondern auch p > u<jo~oq iibertragen
werden kann. Infolgedessen liegt es auch ohne weitere An-
zeichen 5 nahe, hebraische Ursprache anzunehmen.
1 3, 38 scheint eine christliche Glosse zu sein.
2 In der 93 bildet die Ep. ler. das 6. Kapitel von Bar. Auch in einigen
griechischen Hss folgt das Biichlein ohne Zwischenraum auf Bar (vgl. Swete
[s. o. S. 13 1 2 ] 274). Zur Reihenfolge s. o. S. 305.
3 TTpoc; ToiX dx6n^o|uidvou<; ei? BapuXwva ([Bar 6], i). Nach @ p und
einigen -Hss waren die Adressaten bereits in Babel (vgl. HDB 2, 578 b ).
Jer 29, i ff. ist von einem solchen Brief die Rede ; er ist an die Juden ge-
richtet, welche 597 fortgefuhrt wurden.
4 Nach V. 2 (93 Bar 6, 2) soil das Exil sieben Generationen dauern.
5 Ball (s. o.) 597 f. fiihrt noch mehr Hebraismen an, die aber weniger
sicher sind. Das X zu Jer 10, n bezieht E. Nestle (Marginalien [s. o. S. 173 3 ]
42 f.) mit Unrecht auf unsern Brief und schliefit daraus, dafl das Biichlein
bei den Juden bekannt gewesen sei (vgl. Rothstein [s. o.] i, 226*).
Nr. 488 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. 6. Ezechiel. 311
485. Wahrend bei griechischer Ursprache 300 100 v. Chr. als
Abfassungszeit in Frage kame 1 , kann bei hebraischer Ab-
fassung in bedeutend fruhere Zeit, auch auf die Tage des Jere-
mias als Entstehungszeit zuriickgegangen und Jeremias selbst
entsprechend der Uberlieferung als tatsachlicher Verfasser aner-
kannt werden.
Dadurch wird verstandich, dafi der Verfasser sich als genauer Kenner
des babylonischen Gotzendienstes erweist 2 . z Makk 2, i 3 kennt den
Brief bereits und zitiert ihn 3 .
6. Ezechiel.
147. Name. Literatur.
486. bKgm 1 ;*, 'leZeiariX (=b*pttT); 'EZewfjA i Chr 24, 16), Pro-
phetia Ezechielis (Hesekiel in alter Zeit, bei Luther und vielen
protestantischen Exegeten) (Ez).
487. A. Bertholet, Das Buch Hesekiel erklart (KHK 12), Frb. i. Br.
1897. C. H. Cornill, Das Buch des Propheten Ezechiel hrsg., Lp. 1886.
P. Heinisch, Das Buch Ezechiel iibersetzt und erklart (H SAT 8, i), Bonn
1923. J. Herrmann, Ezechiel iibersetzt und erklart (KAT n), Lp. 1924.
G. Jahn, Das Buch Ezechiel auf Grund der Septuaginta hergestellt, iiber-
setzt und kritisch erklart, Lp. 1905. C. F. Keil, Biblischer Commentar iiber
den Propheten Ezechiel (BC 3, 3), Lp. 1868, 2 1882. J. Knabenbauer S. J.,
Commentarius in Ezechielem (CSs), P. 1890, Neudruck 1907. R. Kraetz-
schmar, Das Buch Ezechiel iibersetzt und erklart (GHK 3, 3, i), Gott. 1900.
W. F. Loft house, Ezekiel. Introduction, Revised Version with notes and
index (CB), Ld. 1907. C. v. Orelli, Das Buch Ezechiel ausgelegt (KK
A $, i), Nordlingen 1888, 2 Miinchen 1896. P. Schmalzl, Das Buch Ezechiel
erklart (KwC 3, 3, i), Wien 1901.
148. Leben und Wirken des Propheten Ezechiel 5 .
488. In das fiinfte Jahr der Gefangenschaft des Jehojakin (597), also ins
Jahr 592, fallt die alteste datierte Weissagung. Deshalb mag Ezechiel,
1 Hieronymus (Comm. in ler., Prol. [M 1 24, 706]) nennt das Biichlein yeub-
emfpacpov.
2 Naumann (s. o. S. 310) 31 meint sogar, daC diese Kenntnis aus Autopsie
stamme; vgl. auch Rb N. S. 16, 288. Naumann verlegt den Brief in die
Zeit Alexanders d. Gr., dessen Bemiihungen um Wiederbelebung des baby-
lonischen Gotzendienstes Kenntnisse dieser Art erklaren sollen.
3 Andere, wie Naumann (s. o. S. 310) 52 f., halten das fur unsicher oder
beziehen die Stelle, wie Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 i73, auf Jer 10, I 16.
4 3, 8 f. enthalt ein Wortspiei mit dem Namen des Propheten.
5 J. Lajciack, Ezechiel, sa personne et son enseignement, P. 1906.
312 -I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 489
der Sohn des Buzi, priesterlichem Geschlechte entstammend (i, 3), um
622 v. Chr. geboren sein 1 . Er befand sich unter den Vornehmen, die
mit dem Konig Jehojakin 597 in die babylonische Gefangenschaft wan-
derten (vgl. unsere Gefangenschaft* 33, 21; 40, i) 2 . Dort wirkte er in
der jiidischen Kolonie von Tell-Abib am Flusse Kebar (= bab. naru
Kabaru) (3, 15), wo er sich eines grofien Ansehens erfreute (vgl. 8, i).
Nach der an letzter Stelle des Buches stehenden Weissagung dauerte
seine Tatigkeit bis 572 (das 25. Jahr unserer Gefangenschaft 40, i).
29, 17 ist das 27. Jahr wohl von dem gleichen Ausgangspunkt zu be-
rechnen, die Weissagung also ins Jahr 570 zu verlegen. Ja i, i scheint
noch von einer Weissagung herzuriihren, die ins 30. Jahr der gleichen
Gefangenschaft fiel, so dafi Ezechiel voile 25 Jahre (592 567) seinem
Prophetenamte oblag 3 .
149. Inhalt und Eigenart der Weissagungen Ezechiels.
489. Wahrend Jeremias den Fall Jerusalems selbst miterlebte,
verfolgt Ezechiel von fern mit seinem Prophetenwort 4 das Schick-
sal der heiligen Stadt. Er kiindigt seinen Volksgenossen im Exil 5
den Fall Jerusalems an und schildert den Untergang auf Grund
prophetischer Fernsicht (Kap. i 24). Den umwohnenden Heiden-
volkern, welche sich schadenfroh iiber Israels und Judas Fall
lustigmachen konnten , weissagt er gottliche Heimsuchungen
(Kap. 25 32). Der SchluCteil (Kap. 33 48) enthalt Gesichte
iiber die Neugestaltung der jiidischen Gemeinde, unter denen
1 Das dreifiigste Jahr (i, i) kann kaum von seinem Lebensalter ver-
standen werden. Auch wer andere Ausgangspunkte, wie letztes Jobeljahr,
achtzehntes Jahr des Josias oder Begriindung der neubabylonischen Dynastic,
zu dieser unbenannten Jahreszahl erganzt, triift schwerlich das Richtige. Das
Datum i, i wird sich auf den sonstigen, manchmal angegebenen, manchmal
zu erganzenden Ausgangspunkt der ezechielischen Datierungen nach der
Gefangenschaft des Jehojakin beziehen und das hierher verschlagene Datum
der letzten, nicht mehr erhaltenen Weissagung Ezechiels sein (so Rutgers,
Merx; dagegen Kuenen [s. o. S. 10] 2, 257).
2 Josephus (Ant. 10, 6,. 3) gibt an, dafi er damals noch ein Knabe (ira!<;) war.
Das kann wohl nicht zutreffen.
3 Die Legende berichtet iiber seinen Martertod (vgl. Athanasius, Or. de
in earn. Verbi 37 [M g 25, 160]) durch Steinigung (vgl. Ps.-Chrysostomus, Op.
imperf. in Matth. horn. 16 [M g 56, 895]).
4 Kuenen (s. o. S. 10) 2, 295 nimmt an, dafi die allermeisten Prophetien
Ezechiels niemals ausgesprochen worden sind ; sie seien blofi schriftstellerische
Aufsatze.
5 Einige Weissagungen scheinen sich unmittelbar an die palastinischen
Juden zu wenden.
Nr. 491 C. Die Prophetem b) Die vier Groflen Propheten; .6. Ezechiel.
besonders die grofie Vision iiber ihr Heiligtum und dessen Ein-
richtuhgen hervorragt (Kap. 4048) *.
490. Im einzelnen leitet die Vision des Gotteswagens im 5. Jahre der
Gefangenschaft (i, 2 28) 2 dieBerufung des Propheten ein (2, i
bis 7). Dem gleichen Zwecke dient die Buchrolle, die Jahwe ihm zu
essen gibt (2, 8 3, 9). Der Prophet tritt an seine Aufgabe heran
(3, 10 15). Jahwe legt ihm eine schwere Verantwortung auf (3, 16 21).
491. Weissagungen bis zur Zerstorung Jerusalems (3, 22 bis
24, 27): Durch verschiedene symbolische Handlungen, wie Einschliefien
in ein Haus und Verstummen, Zeichnung der Stadt Jerusalem, be-
wegungsloses Liegen u. a., mufi er Jerusalems Schicksal vorherverkunden
(3, 22 5, 17); das gleiche in Wortweissagung (6, i 7, 27). Im 6. Jahre
wird der Prophet nach Jerusalem entruckt und schaut die Vorgange
im Tempel und vernimmt das Schicksal der Stadt (8, i 9, n). Die
Herrlichkeit Jahwes, die er dabei im Tempel erschaut, wird ahnlich
geschildert wie Kap. i (10, i 22) 3 . Eine Drohweissagung wird durch
eine trostliche Verheifiung gemildert (n, i 21). Die Herrlichkeit des
Herrn verlafit den Tempel, und der Prophet verkiindigt alles in der
Vision Erfahrene den Exulanten (u, 22 25). Der Prophet mufi die
Verbannung der Juden sinnbildlich darstellen (12, i 20). Bald wird
sich die Drohung Jahwes erfiillen (12, 21 28). Weissagung gegen die
falschen Propheten (13, i 16), gegen die falschen Prophetinnen (13, 17
bis 23). Warnung vor Qotzendienst (14, i n). Die Strafe ist durch
keine noch so gewichtigen Fursprecher aufzuhalten (14, 12 23). Zer-
storung Jerusalems wird angekiindigt (15, i 8). Jahwes Fiirsorge fur
sein Volk in der Vergangenheit, dessen wiederholter Abfall und Undank
und seine Strafe (16, i 63). Weissagung iiber Verbannung nach Babel
1 * B. Neteler, Die Gliederung des Buches Ezechiels als Grundlage der
Erklarung desselben, Mstr. i. W. 1870 (Grundidee: Entwicklung der Braut
des Hl).
2 Vgl. *L. Diirr, Ezechiels Vision von der Erscheinung Gottes (Ez i u. 10)
im Lichte der vorderasiatischen Altertumskunde, Mstr. i. W. 1917; O. Procksch,
Die Berufungsvision Hesekiels (34. Beih. z. ZatW, GieCen 1920, 141 149);
P.vanLuijk, De visionen van Ezechiel I en X(Studien op godesdienstig, weten-
schappelijk en letterkundig gebied 35.Jahrg.[i9O2], 59. Teil,443 478). Diese
Gotteserscheinung spielte in der spateren jiidischen Uberlieferung als Merkaba
(rtaa^tt; vgl. I Chr 28, 18) eine grofie Rolle; vgl. E. Bischoff, Die Kabbalah.
Einfiihrung in diejiidische Mystik und Geheimwissenschaft 2 , Lp. 1917, 35 ff.
Die Vorschrift, welche schon Hieronymus erwahnt: Primordia et finem
habet [Ezechiel] obscuritatibus involuta, ut apud Hebraeos istae partes cum
exordio Geneseos ante annos triginta non legantur (Ep. ad Paulinum), scheint
damit zusammenzuhangen.
3 Diese wiederholte Schilderung der Herrlichkeit Jahwes ist wohl durch
die Textiiberlieferung verdoppelt worden.
3 14 ! Teil. Die Bticher des AT im einzelnen. Nr. 492
mit Rettung eines Restes unter dem Bilde eines Adlers (17, i 24).
Nur Bekehrung vermag zu retten (18, i 32) 1 . Klagelied iiber die
Fiirsten Israels (19, i 14). Weissagung aus dem 7. Jahre: Oftmalige
Scheming des abtriinnigen Volkes, Strafe und Begnadigung (20, i 44).
Einzelne kleinere Weissagungen (21, i 12; 21, 13 22; 21, 23 37;
22, i 16; 22, 17 22; 22, 23 31). Weissagung gegen Israel und Juda
unter dem Bilde zweier Schwestern (23, i 49). Weissagung aus dem
9. Jahre: Mitteilung des Tages, an dem Jerusalem fiel (24, if.); pro-
phetische Handlung (24, 3 14); der Prophet versinnbildet in dem
Verlust seines Weibes Judas Geschick (24, 15 27).
492. Weissagungen gegen die fremden Volker (25, i 32, 32):
Weissagung gegen Animon (25, i 7), Moab (25, 8 n), Edom (25, 12
bis 14), diePhilister(25, 15 17), Tyrus(26, i 28, ig) 2 , Sidon(28, 20 26).
Weissagung vom 10. Jahre gegen Agypten (29, i 16). Weissagung vom
27. Jahre: Nebukadnessar erhalt Agypten (29, 17 21). Weissagung
gegen Agypten (30, i 19). Weissagung vom n. Jahre: gegen den
Pharao (30, 20 31). Weissagung vom 12. Jahre (vom i. des i2.Monats):
gegen den Pharao (32, i 16). Weissagung vom 12. Jahre (vom 15. des
12. Monats): gegen Agypten (32, 17 32) 3 .
493. Weissagungen nach der Zerstorung Jerusalems, haupt-
sachlich iiber die Wiederherstellung von Volk und Kult
(33, i 39, 29): Weissagung iiber die Verantwortung des Propheten bei
seiner Sendung (33, i 9). Gottliche Strafregel (33, 10 20). Weis-
sagung vom 12. Jahre (vom 5. des 10. Monats): Bevor die Nachricht
kam, dafi Jerusalem gefallen sei, wird der Mund des stummen Pro-
pheten (vgl. 3, 27) geoffnet: Die Juden werden heimgesucht und ge-
fangen fortgefiihrt (33, 21 29); Erfolglosigkeit der Weissagungen Eze-
chiels (33, 30 33). Weissagung gegen die Hirten Israels (34, i 10);
Jahwe selbst wird die zerstreute Herde sammeln und auf gesegnete
Weide fiihren (34, n 31). Weissagung gegen Se c ir (35, i 15), gegen
die iibrigen Feinde des Volkes und zu Gunsten der Wiederherstellung
Israels (36, i 15). Weissagung iiber die Wiederherstellung Israels um
Jahwes Ehre willen (36, 16 37). Jahwe zeigt dem Propheten ein Ge-
sicht, wie die Gebeine der Toten wieder belebt werden, damit er die
Wiederherstellung Israels weissage (37, i 14). Durch Vereinigung
zweier Holzer soil der Prophet die Wiederherstellung Israels und Judas
ankiindigen (37, 15 28). Weissagung gegen Gog, welches am Ende
der Tage gegen Israel heranzieht (38, i 39, 29)*.
1 Dariiber, dafi der Kultus mit seiner VerauBerlichung bei Ezechiel die
Ethik keineswegs iiberwuchert hat, vgl. P. Herzog O. F. M., Die ethischen
Anschauungen des Propheten Ezechiel (AtAbh 9, 2/3), Mstr. i. W. 1923.
2 * P. Cheminant, Les propheties d'Ezechiel centre Tyr (26 28), P. 1912.
3 *J. Plessis, Les propheties d'Ezechiel centre 1'Egypte (29 32), P. 1912.
4 J. Boehmer, Wer ist Gog von Magog? (ZwTh 40, 321 355).
Nr. 495 C. Die Propheten. b) Die vier GroCen Propheten. 6. Ezechiel. 315
494. Die Vision iiber den Tempel und seine Einrichtungen
(40, i 48, 35) *: Im 25. Jahre unserer Gefangenschaft wird Ezechiel
im Geiste nach Palastina und Jerusalem entriickt (40, i 4) und sieht,
welche Zustande kiinftig in Tempel, Stadt, Volk und Land herrschen
(40, 5 48, 35). Torbau nach Osten (40, 5 16), aufierer Vorhof (40, 17
bis 27), innerer Vorhof (40, 28 49), das Tempelgebaude selbst (41, i
bis 26), die Kammern im aufteren Vorhof und anderes (42, i 20).
Die Herrlichkeit Jahwes zieht in den Tempel ein (43, i 4). Auftrag
dutch den Propheten, das Haus des Herrn so zu bauen (43, 5 12).
Mafie des Altares (43, 13 17) und Vorschriften fur seine Weihe (43, 18
bis 37). Vorschriften iiber das Osttor (44, i 3). Ordnung des Dienstes
am Tempel (44, 4 31). Verteilung des Landes (45, i 8). Vorschriften
iiber Mafi und Gewicht (45, 9 12). Abgaben und Opfer an Festen
und sonstigen Tagen (45, 13 46, 15). Anordnung iiber das Besitztum
des Fiirsten (46, 16 18). Ort fur das Verzehren der Opferanteile der
Priester (46, 19 24). Die Tempel quelle und ihr Wasserreichtum (47, i
bis 12). Verteilung des Landes an die Stamme (47, 13 48, 29). Die
Ausgange der Stadt und ihr Name (48, 30 35) 2 .
495. 1st bei Ezechiel nicht die ungesuchte Grofie des Propheten
Isaias zu finden, so 1st doch auch seine Darstellung gewaltig 3 ,
und an eindrucksvollen Bildern steht er keinem andern Pro-
pheten nach 4 . Die symbolisch - prophetischen Zustande 5 und
1 Der Schlufiteil hebt sich so stark vom iibrigen Inhalt ab, dafi man An-
zeichen von Zweiteilung des Ezechielbuches findet (vgl. E. Nestle, ThLz n,
219; Peters [s. o. S. 273] xxx). Damit mag auch die Angabe bei Josephus,
Ant. 10, 5, i zusammenhangen, dafi Ezechiel zwei Biicher geschrieben habe
(vgl. dagegen C. Ap. i, 8 [s. u. Nr. 605]).
2 Zu Kap. 40 48 vgl. E. C. Baldwin, Ezekiel's holy state and Plato's
Republic (BW 41, 365 373); G. Richter, Der ezechielische Tempel. Eine
exegetische Studie iiber Ez 40 ff. (BFchrTh 16, 2), Giitersloh 1912; N. Schlogl
O.Cist., Der ezechielische Tempel (WZKM 33, 109124); H.Sulley, The temple
of Ezekiel's prophecy, Ld. 1888, 3 I925 (in zionistischer Tendenz umgearbeitet).
3 Hieronymus, Praef. in Ezechielem : Sermo eius nee satis dissertus (vgl. Praef.
in Is.) nee admodum rusticus (vgl. Praef. in ler.) est, sed ex utroque medio
temperatus. Vgl. o. S. 284 \
4 Vgl. D. Buzy, Les symboles de 1'AT, P. 1923, 157264; Ders., Les
symboles prophetiques d'Ezechiel (Rb 29, 203228 353358; 30, 4554
161 194). Einzelne Abschnitte tragen das Geprage apokalyptischer Dar-
stellung zur Schau (vgl. L. Diirr, Die Stellung des Propheten Ezechiel in
der israelitisch-jiidischen Apokalyptik [AtAbh 9, i], Mstr. i. W. 1923).
5 Seit A. Klostermann (Ezechiel. Ein Beitrag zur besseren Wiirdigung
seiner Person und seiner Schrift [StKr 1877, 391439]) hat man immer wieder
versucht, die eigenartigen Erscheinungen als krankhaft zu erklaren. Vgl. da-
gegen DieckhofF, Der Prophet Ezechiel (Zeitschr. f. Religionspsychologie i
[1907/8], 193 206); Touzard (s. o. S. 292 2 ) 14, 91 f.
316 I. Teil. Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 496
Handlungen finden sich bei ihm auCerordentlich haufig. Darin
blofi lebendige Darstellungsformen zu finden, nicht wirkliche Vor-
gange, wird der hochentwickelten Gebardensprache des Orien-
talen nicht gerecht und himmt den MaGstab fiir das Ungewohnliche
und solchen Tuns von dem Gebrauche unserer Zeit und unserer
Lander 1 .
150. Entstehung des Buches Ezechiel.
496. Das Buch Ezechiel ist von einer Reihe meist aufeinanderfolgender
Daten nach Jahren unserer Gefangenschaft durchzogen 2 . Doch ist
streckenweise auch eine Zusammenordnung nach sachlichen Gesichts-.
punkten festzustellen. So stehen die Weissagungen gegen die fremden
"Volker beisammen. Infolgedessen kann man die undatierten Weis-
sagungen nicht mit Sicherheit in die Zeit verlegen, die zwischen den
nachsten Daten voraus und hernach liegt.
497. Die traditionelle Anschauung, dafi die Weissagungen un-
seres Buches von Ezechiel stammen und von ihm selbst ge-
sammelt wurden, ist auch noch in Geltung geblieben, als andere
Biicher des AT schon lange einer literarkritischen Betrachtung
unterzogen wurden 3 . Neuere Versuche, das Buch Ez als End-
produkt einer literarkritischen Entwicklung zu verstehen 4 , haben
1 E. Konig, Zur Deutung der symbolischen Handlungen des Propheten
Ezechiel (NkZ 3, 650 659). Uber die Beziehung des Ezechiel zur Penta-
teuchquelle P vgl. o. S. log 5 .
2 AuCer der Reihe stehen die Daten von 29, 17 (weil gegen Agypten ge-
richtet, in die iibrigen Weissagungen gegen Agypten eingeschoben), 33,21
(schliefit sich an die Weissagungen gegen fremde Volker an, die zusammen-
gestellt werden soil ten) und I, i (leitet eine Weissagung ein, deren Inhalt
mit einem Ausdruck bezeichnet ist, wie er auch fiir Kap. i pafit).
3 Die altjiidische Uberlieferung, dafi die Manner der grofien Synagoge
das Buch Ezechiel geschrieben hatten (Talmud, b. Baba batra f. 15* [s. u.
Nr. 606]), wird als Hinweis darauf verstanden, dafi Ez iiberarbeitet worden
sei (vgl. Steuernagel [s. o. S. 10] 579). Die Zuweisung an diese palastinische
Korperschaft will aber wohl nur die Tatsache verbergen, dafi ein kanoni-
sches Buch aufierhalb Palastinas entstand (so Raschi z. St.). Spinoza sprach
das Buch dem Propheten aus rationalistischen Griinden ab. Neuere jiidische
Exegeten, welche Ez ins 5. 2. Jahrh. herabdriickten (L. Zunz, Bibelkriti-
sches. II. Ezechiel [ZdmG 27, 676 681]; Geiger, Wetzstein, Seinecke [s. o.
S. 85 l ] 2, i 20, Vernes vgl. Konig [s. o. S. 2 2 ] 358 f.), standen wohl unter
dem Banne des altjiidischen Mifitrauens gegen die kanonische Geltung un-
seres Propheten (s. u. 187).
4 Kraetzschmar (s. o. 8.311) nimmt zwei verschiedene Rezensionen an,
die nicht von Ezechiel stammen. Manche -Weissagungen scheinen tatsach-
Nr. 498 C. Die Propheten. b) Die vier Grofieri Propheten.* 6. Ezechiel.
bis jetzt noch nicht zu einem allgemein anerkannten Ergebnis
gefuhrt 1 . Viel ausgedehnter als literarkritische Eingriffe scheinen
Versuche, verschieden iiberlieferte Textfofmen ineinanderzu-
arbeiten, den schwierigen Zustand des Ezechieltextes verschuldet
zu haben. Vielleicht 1st item' auch zuzuschreiben, daC die chrono-
logische und sachliche Ahbrdnung der Weissagungen im jetzigen
Zustand des Buches ofter durchbrochen wird 2 .
151. Der Text des Buches Ezechiel 3 .
498. Der Text des Ez hat stark gelitten, weil er schwer ver-
standlich schien und seine Angaben zum Teil nach dem wirk-
lichen, nachezechielischen Tempel und dem mosaischen Gesetze
geandert wurden 4 . Erst wenn die Folgen der Textwandlungen
beseitigt sind, wird man versuchen konnen, festzustellen j ob
literarische Bearbeitungen stattgefunden haben. Ebenso hangt
die Erkenntnis der dichterischen Form von einer solchen Vor-
arbeit ab 5 .
lich in doppelter Form vorhanden zu sein. J. Herrmann (Ezechielstudien
[BWAT 2], Lp 1908) halt das Werk fur fast ganz ezechielisch, werin auch
nicht . fur einheitlich ; es sei aus verschiedenen kleineren Sammlungen ent-
standen. Holscher (s. o. S. 280) 406 f. will an der volligen Integritat nicht
mehr festhalten (vgl. seine Analyse ebd. 407 423). In seiner Schrift : Hese-
kiel. Der Dichter und das Buch (39. Beih. z. ZatW), Giefien 1924, erkennt
er ezechielisches Gut nur in geringem Umfange an.
1 Vgl. C. Kuhl, Die literarische Einheit des Buches Ezechiel, Diss.
Tub. 1917. -
s Vgl. Steuernagel (s. o. S. 10) 596 f.
3 Vgl. Cornill (s. o. S. 311); A. Merx, Der Wert der LXX fur die Text-
kritik des AT am Ezechiel aufgezeigt (Jahrb. f. prot. Theol. 9 [1883],
65-77).
4 Wegen seiner Unterschiede vom mosaischen Gesetz glaubten manche
ihn vom jiidischen Kanon ausschlieCen zu sollen (s. u. 187; Talmud,
b. Menachot f. 45 a ). Die Textbearbeitung b'ei Cornill (s. o. 8.311) ist
viel zu willkiirlich. Jahn (s. o. S. 311) hat sich zu ausschliefilich nach ge-
richtet. Zur Frage, ob mehrere Ubersetzer an der von Ez gearbeitet
haben, vgl. Thackeray (s. o. S. 308 5 ).
5 Uber die dichterische Form von Ez vgl, Miiller (s. o. S. 22 1 6 ); Ders.,
Ezechielstudien (Biblische Studien i), B. 1895, (Neudruck) Wien 1904; Schmalzl
(s.'o. S. 2l8 s ). ".' '
318 I. Teil. Die Bticher des AT im einzelnen. Nr. 499
7. Daniel.
152. Name. Literatur.
499. biW, Aavin\, Prophetia Danielis (Dn).
500. E. Bayer O. F. M., Danielstudien (AtAbh 3, 5), Mstr. i. W. 1912.
G. Behrmann, Das Buch Daniel ubersetzt und erklart(GHK3, 3, 2), Gott. 1894.
R. H.Charles, The book of Daniel (CB), Edinburgh 1913. J. Goettsberger,
Das Buch Daniel ubersetzt und erklart (HSAT 8, 2), Bonn 1928. G. Jahn, Das
Buch Daniel nach der Septuaginta hergestellt, ubersetzt und kritisch erklart. Mit
einem Anhang : Die Mesha'-Inschrift, aufs neue untersucht, Lp. 1904. C. F. K ei 1,
Biblischer Commentar iiber den Propheten Daniel (BC 3, 5), Lp. 1869.
K n a b e n b a u e r (s. o. S. 302). K. M a r t i , Das Buch Daniel erklart (KHK 18),
Tiib. 1901. J. Meinhold, Das Buch Daniel ausgelegt (KK A 8 [s. o. S. 133
unter Oettli], 255 339). J. A. Montgomery, A critical and exegetical com-
mentary on the book of Daniel (JcC), Edinburgh 1927. P. Rie filer, Das
Buch Daniel erklart (KwC 3, 3, 2), Wien 1902. *J. Zumbiehl, Das Buch
Daniel und die Geschichte, Strafiburg 1908 (Jahresber. d. bischofl. Gymnas.
in Zillisheim 1906/07).
Die sog. deuterokanonischen Zusatze sind in den protestantischen Kom-
mentarwerken bei den Apokryphen untergebracht : W. H. Bennett, The
Prayer of Azariah and the Song of the three Children (Charles [s. o. S. 12]
i, 625 637). T. W. Davies, Bel and the Dragon (Charles [s. o. S. 12] i, 652
bis 664). Fritzsche (s. o. S. 1 86). D. M. Kay, Susanna (Charles [s. o. S. 12]
i, 638651). W. Rothstein, Die Zusatze zu Dn (Kautzsch [s. o. S. 12]
i , 1 72 193). S c h ii r e r (s. o. S. 163 3 ) 3 4 , 452 458. Z 6 c k 1 e r (KK A 9 [s. o.
S. n], 214 221 (Die erzahlenden Zusatze zu Dn: Susanna; Bel und Drache)
230 235 (Das Gebet des Asarjas und der Gesang der drei Manner [poe-
tischer Zusatz zu Dn]).
153. Leben und Wirken des Propheten Daniel.
501. Der Prophet Daniel stammte aus einer vornehmen Familie des
Stammes Juda (i , 6) 1 und kam im 4. Jahre des Jehojakim (605 v. Chr.)
in die babylonische Gefangenschaft (i, i fF.; vgl. Jer 25, i; 46, 2).
Dort wurde er mit andern Jiinglingen ausgewahlt, mit dem baby-
lonischen Namen Beltesassar benannt und fur den Dienst am
koniglichen Hofe ausgebildet (i, 3 ff.). Er wirkte von Nebukad-
nessar (604 562) bis zum 3. Jahre des Kyros (538 529) 2 .
1 Josephus, Ant. 10, 10, i : IK TOO Zebeidou (al. Saxx^ ou ) T^ vou ?- Auch
nach Hieronymus, In Dan. i, 3 (M 1 25, 518) war er koniglichen Gebliites.
2 Die Losung der Frage, wer Darius der Meder war (s. u. S. 320 1 ), konnte
noch dariiber hinausfuhren. Die Uberlieferung kennt ein Danielgrab in Susa.
Nr. 503 C. Die Propheten. b) Die vier Groflen Propheten. 7. Daniel. 319
154. Inhalt des Buches 1 Daniel 2 .
502. Dieses Prophetenbuch besteht aus zwei Teilen, die sich aus
wunderbaren Geschehnissen an Daniel oder durch ihn (Kap. I 6)
und aus apokalyptischen Gesichten iiber die nahere und fernere
Zukunft (Kap. 7 12) zusammensetzen. Ahnliches wie Kap. I 6
berichten auch die letzten Kapitel (13 u. 14); sie sind aber in
den formellen Aufbau von Dn nicht einbezogen 3 .
503. Schon die Jugendgeschichte des Daniel verfolgt, wie die iibrigen
Episoden des ersten Teiles, die Absicht, die Erhabenheit und Macht
des Gottes Jahwe vor den Heiden und gegenuber ihren Gottern ins
Licht zu setzen. Daniel und seine Gefahrten, welche Jahwes Gesetz
treu beobachten, iiberragen an Weisheit, die ihnen Jahwe verliehen,
ihre Altersgenossen (i, i 21). Den Traum des Nebukadnessar von der
Bildsaule, die aus verschiedenem Material bestand und von einem Felsen
zerschmettert wurde, deutet Daniel auf die vier Weltreiche, welche im
messianischen Reiche aufgehen (2, i 49) 4 . Die drei Gefahrten des
Daniel verweigern die Anbetung der Bildsaule des Konigs und werden
in den Feuerofen geworfen (3, i 23). Gebet des Azarias^ (023 3,
24 45, > 5H). Die Jiinglinge werden vom Feuer verschont (093 3,
46 -50, ) SQfr). Lobgesang der drei Junglinge im -Feuerofen (0Q3 3,
51 90, > 9It). Nebukadnessar erkennt Jahwes Macht an (3, 24 30
[= 3, 91 97 033]). Nebukadnessar gibt in einem Dekret bekannt,
wie Daniel ihm einen Traum deutet : vom Tierwahnsinn befallen, wird
er infolge der Anerkennung Jahwes davon geheilt (3, 31 [3, 98 03S]
bis 4, 34) 6 . Beim Gastmahl des Belsassar, Konigs von Babel, bei dem
1 Josephus redet (Ant. 10, n, 7) von den Biichern Daniels*. Das wird
damit zusammenhangen, dafi die deuterokanonischen Bestandteile, die Ge-
schichte der Susanna und Dn 14, ziemlich locker mit dem sonst geschlos-
senen Buche verbunden sind.
2 Vgl. * B. Neteler, Die Gliederung des Buches Daniel, Mstr. i. W. 1870.
3 Die Stellung von Dn 13 an den Anfang des Dn-Buches (so u. a.) ist
nicht sachgema.fi ; die Susannaerzahlung miifite nach inhaltlichen Ruck-
sichten Dn i folgen.
4 Vgl. D. Buzy, Les symboles de Daniel (Rb N. S. 15, 403431); A. van
Hoonacker, The four empires of the book of Daniel (ExpT 13, 420 423).
Die Weltreiche sind: Nebukadnessar, Belsassar, das medo-persische Reich,
das griechisch-seleukidische Reich. Auch im zweiten Teil zielt die Prophetie
auf den Seleukiden Antiochus IV. ab, an den das messianische Reich
unmittelbar angefiigt wird.
5 Kursivdruck kennzeichnet die sog. deuterokanonischen Stiicke.
6 Vgl. P. Dhorme O. P., Cyrus le Grand (Rb N. S. 9, 2249) 37 f- ; F. Hommel,
Die Abfassungszeit des Buches Daniel und der Wahnsinn Nabunids (ThLbl
23, 145 150; dazu F. Buhl ebd. 204 f.); E. M. Merrins, The abasement of
Nebuchadnezzar (Bs 62, 601 625).
320 I. Teil. Die Bucher des AT im einzelnen. Nr. 504
die heiligen Gefafie des Tempels entweiht werden, erscheint eine ge-
heimnisvolle Schrift an der Wand, die Daniel deutet: Belsassar und
sein Reich gehen unter, die Herrschaft fallt an die Meder und Perser.
Darius der Meder folgt (5, i 6, i [5, 31 S3]) 1 . Daniel betet trotz
des Verbotes des Darius zu seinem Gott, wird in die Lowengrube ge-
worfen und wunderbar daraus befreit. Darius erkennt in einem Dekret
den Gott des Daniel an (6, 2 29 [6, i 28 033]).
504. Im ersten Jahre des Belsassar hatte Daniel ein Traumgesicht, das
er selbst erzahlt: Vier Meerungeheuer bedeuten die vier Weltreiche;
eine menschliche Gestalt (wie ein Menschensohn 7, 13 2 ) stellt ein
neues Weltreich dar, das die andern ablest. Die Erscheinungen werden
dem Propheten gedeutet (7, i 28). Gesicht des Daniel aus dem dritten
Jahre des Belsassar: Ein Widder wird von einem Ziegenbock iiber-
wunden. Gabriel deutet dem .Daniel das Gesicht auf das medo-persische
Reich, das vom griechischen Reiche iiberwunden wird; letzteres bringt
einen Verfolger des Judentums hervor (8, i 27). Im ersten Jahre des
Darius betet Daniel um Aufklarung, warum die Heimsuchung nach
70 Jahren noch nicht zu Ende sei, und wird von Gabriel belehrt,
dafi das Ende erst nach 70 Jahreswochen kommen werde (9, i 27) 3 .
Im dritten Jahre des Kyros hat Daniel ein Gesicht iiber die Ereignisse,
welche vom Untergang Persiens bis zur Verfolgung des VJolkes der Hei-
ligen und bis zum Untergang des Verfolgers vor sich gehen. (10, i : 12, 13).
505. Der junge Daniel rettet die falsch angeklagte Susanna vom Tode
(13, i 6435; in unter eigenem Titel 4 ). Daniel deckt unter Kyros
1 Vgl. J. Zumbiehl, Belsazar (Monatsbl. f. d. kath. Religionsunterricht 7
[1906], 182 188 248 252). Netie Urkunden iiber Belsassar behandeln:
W. Baumgartner, Neues keilschriftliches Material zum Buche Daniel ? (ZatW
N. F. 3, 3856); C. Boutflower, The historical value of Daniel V and VI (JthSt
17, 43 60); T. Pinches, Fresh light on the book of Daniel (ExpT 1915, Apr.).
Uber den Sinn der Schrift an der Wand vgl. G. . Hoffmann, Mene, mene tekel
upharsin (ZA 2, 45 48); D. Prince, Mene Mene, Tekel, Upharsin, Baltimore
1893. Uber Darius den Meder vgl. W. S. Auchincloss, Darius the Me-
dian (Bs 66, 536538); Boutflower (s. o.); Zumbiehl (s. o. S. 318) 79 ff.
2 Vgl. J. Derambure, Le fils de l'homme dans les Evangiles (Raug 14,
319340); E. Konig, Der Menschensohn im Danielbuch (NkZ 16, 904
bis. 92 8).
. 3 Vgl. * F. Fraidl, Die Exegese der 70 Wochen Daniels in der alten und
mittleren Zeit, Graz 1883; J. Hontheim S. J., Das Todesjahr Christi und die
Danielsche Wochenprophetie (Kath 3. F. 34, 12 36 96 128 176 188 254
bis 281); E. Konig, Die chronologisch-christologische Hauptstelle im Daniel-
buch (NkZ 15, 974 987); P. Szczygiel, Von den Perioden der Wochen-
prophetie (Dn 9, 2427) und den andern Zahlen bei Dn (ThG 1 5, 268 283) ;
J. van Bebber, Zur Berechnung der 70 Wochen Daniels (BZ 4, 119 141).
4 Zur Stellung dieses Kapitels vgl. o. S. 319 3 . . In der herakleensischen
Ubersetzung wird das Stuck Buch des kleinen Daniel genannt; vgl. TO
Nr. 507 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. 7. Daniel. 321
den Betrug der Priester des Bel auf. Er totet den gottlich verehrten
Drachen der Babylonier, wird in die Lowengrube geworfen, dort vom
Propheten Habakuk gespeist und dann gerettet (13, 65 14, 42 25; in
unter eigenem Titel [: ex Trpocpryreias 5 Anp*<XKofru uiou 'InffoO, IK
Aeui]) 1 .
155. Der Sprachenwechsel im hebraisch-aramaischen
Teil des Buches Daniel,
506. Das Stuck 2, 4 b 7, 28 ist in aramaischer Sprache ge-
schrieben. Es lafit sich kaum ein befriedigender Grund fmden>
warum der Verfasser selbst einen solchen Wechsel sollte ange-
wendet haben.
507. Manche 2 nahmen an, die aramaischen Stiicke seien zuerst in der
landesiiblichen Sprache der Chaldaer (twtos) niedergeschrieben, nach
dem Untergang des chaldaischen Reiches mit einer hebraisch n Ein-
leitung versehen und um die Visionen als Schlufiteil in hebraischer
Sprache vermehrt worden. Fiir diese Annahme fehlt nicht nur jeglicher
Anhaltspunkt, sondern sie erklart auch nicht den Beginn des Ara-
maischen mitten im Verse und scheitert an der Tatsache, dafi das erste
Kapitel der Visionen (Dn 7) noch aramaisch geschrieben ist. Andere 3
glaubten, Daniel habe die Chaldaer in ihrer eigenen Sprache redend
einfuhren wollen, und nachdem er einmal mit dieser Sprache begonnen,
sei er so fortgefahren, auch wo die Chaldaer nicht mehr das Wort fiihrten.
Doch die aramaische Sprache dieser Kapitel ist westaramaisch, konnte
also nicht als Sprache der 6'stlichen Chaldaer gelten 4 . Auch wird dadurch
eip ctYpUTrvos AavirjX im 0-Text des Cod. Chigi (s. u. S. 327 3 ) (eip ist durch
vo<; erklart, aber vielleicht von TST klein abzuleiten).
1 Vgl. Scholz (s. o. S. 76 10 ) 26 f. S. Landersdorfer O. S. B., Der Drache
von Babylon (BZ n, 14).
2 Vgl. Meinhold (s. o. S. 318) 262; ahnlich J. Bohmer, Reich Gottes und
Menschensohn im Buche Daniel. Ein Beitrag zum Verstandnis seines Grund-
gedankens, Lp. 1899 ( 2 i9O7), 1506".
3 So Behrmann (s. o. S. 318) n; S. R. Driver, The book of Daniel (The
Cambridge Bible), Cambridge 1900; A. Kamphausen, Das Buch Daniel
und die neuere Geschichtsforschung, Lp. 1893. Riefiler (s. o. S. 318) XIII
meint, der Redaktor habe Daniel diese Sprache erst gebrauchen lassen
wollen, als er in ihr unterrichtet war. Hieronymus hat wegen der gleichen
Meinung fur die aramaische Sprache den Namen chaldaisch eingefuhrt
(Praef. in Dan.) ; die Chaldaer beginnen 2, 4 in ihr zu sprechen.
4 Nach W. Baumgartner (Das Aramaische im Buche Daniel [ZatW N. F.
4, 8 1 133]) lafit sich die Frage, ob west- oder ostaramaisch, vom Stand-
punkt der Sprache aus nicht entscheiden. R. D. Wilson (The Aramaic of
Daniel [Biblical and theological studies, N. Y. 1912, 261 305]) sieht im
Aramaisch des Dn einen ostaramaischen Dialekt.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 21
322 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 508
nicht erklart, warum diese Sprache gerade bis 7, 28 reicht. Eine dritte
Ansicht betrachtet die zwei Stiicke als selbstandig und lafit sie ohne
Anderung der Sprache zusammengefiigt warden 1 . .Allein weder nach
vorn noch nach riickwarts hebt sich das aramaische Stiick inhaltlich
von der Umgebung ab. Die Auffassung, das urspriinglich aramaische
Buch sei am Anfang und Schlufi hebraisiert worden, um Aufnahme in
den hebraischen Kanon zu finden 2 , scheitert daran, dafi damit der
Beginn des Aramaischen gerade bei der Rede der Chaldaer nicht erklart
wird, und dafi gegeniiber einem hebraisierten ersten Kapitel als Anfang
kaum voile fiinf Kapitel als Schlufi hebraisiert worden waren 3 .
508. Am annehmbarsten klingt die Erklarung, dafi zwei selb-
standige Uberlieferungsformen des ganzen Buches vorhanden
waren, eine hebraische und eine aramaische, und dafi in dem ver-
stiimmelten hebraischen Text das fehlende Mittelstiick aus dem
aramaischen Daniel erganzt worden ist 4 . Nur mufi noch bei-
gefugt werden : die Erganzung in einer neuen Sprache setzte
gerade bei der Rede der Chaldaer ein in Riicksicht darauf, dafi
sie eine andere und eigene Sprache redeten. Zufall und berech-
nende Absicht zugleich miissen also zusammengewirkt haben,
um diesen eigenartigen Sprachwechsel hervorzubringen.
156. Die griechischen Zusatze zum Buche Daniel 5 .
509. Das Gebet des Azarias und der Hymnus der drei Jiing-
linge im Feuerofen mit einigen geschichtlichen Zwischenversen
(3, 24 90 033), die Geschichte der Susanna (13, I 64 25 6 ),
1 So F. Lenormant, Die Magie und Wahrsagekunst der Chaldaer, Jena
1875; A. A. Bevan (s. u. Anm. 4) (vgl. Behrmann [s. o. S. 318] I f.); J. Zumbiehl,
Die Sprache des Buches Daniel (ZkTh 29, 654677). 2 Marti (s. o. S. 318) X.
3 H. Preiswerk (Der Sprachenwechsel im Buche Daniel, Diss. Bern 1903)
nimmt neben der Ubersetzung des Anfangs ins Hebraische eine doppelte
Ursprache an: Kap. i 7 aramaisch, Kap. 8 12 hebraisch.
4 Vgl. A. A. Bevan, A short commentary on the book of Daniel, Cam-
bridge 1892; P. Haupt bei A. Kamphausen, The book of Daniel in Hebrew,
Lp. 1896, 16; J. D. Prince, A critical commentary on the book of Daniel,
designed especially for students of the English Bible, Lp. 1899. A. v. Gall
(Die Einheitlichkeit des Buches Dn, Giefien 1895) halt den aramaischen Teil
fur Ubersetzung des ver^ren gegangenen Originals, datiert aber das ganze
Buch in die Zeit der Makkabaer.
5 C. Julius, Die griechischen Danielzusatze und ihre kanonische Geltung
(BSt 6, 3/4), Frb. i. Br. 1901.
6 Dieses und die beiden .folgenden Stiicke sind in und in die Kapitel-
zahlung nicht einbezogen.
Nr. 512 C. Die Propheten. b) Die vier GroCen Propheten. 7. Daniel. 323
des Bel (13, 65 14, 21 35) und des Drachen (14, 22 42 23) sind
blofi in griechischer Sprache erhalten (sog. deuterokanonische
Stiicke [s. u. S. 368]).
510. Sowohl Gebet und Hymnus als auch die Erzahlungen passen zur
Darstellungsart und zu den Stiicken des hebraisch-aramaischen Buches.
Ihre Ursprache war semitisch 1 . Ja 3, 24 f. des aramaischen Textes setzt
3, 46 50 des blofi griechisch erhaltenen Zusatzes voraus. Trotzdem
verrat sich gerade dieses Stuck als spaterer Einsatz im gegenwartigen
Text dadurch, dafi der Ubergang vom aramaischen auf das griechische
Stiick nicht glatt verlauft. Zudem trennt das Gebet des Azarias den
Gesang der drei Jiinglinge von seinem einleitenden Verse, so dafi dieses
Stiick noch spater als der Hymnus dem Buche beigefugt erscheint.
Kapitel 13 und 14 passen der Art nach zu Dri i 6, verraten also
schon durch ihre Stellung, dafi sie der Sammlung Kap. i 12 nach-
traglich zugewachsen sind. Auch die Reihenfolge Astyages Kyros fiigt
sich nicht zum chronologischen Aufbau des protokanonischen Dn.
511. Dieser Sachlage wird die Ansicht gerecht, dafi die ur-
spriingliche Gestalt des Buches Daniel zwar die griechischen Zu-
satze von Anfang an nicht hatte 2 , dafi aber der gegenwartige
hebraisch-aramaische Text eine erweiterte Form des Buches vor-
aussetzt, welche wenigstens die historische Einleitung des Hymnus
(3, 46 50) enthielt, also doch wohl iiberhaupt im wesentlichen
den Umfang des hebraisch-aramaisch-griechischen Daniel besafi.
157. Die Entstehungszeit des Buches Daniel.
512. Schroff stehen sich in dieser Frage die Anschauungen der kon-
servativen Exegeten und der kritisch-rationalistischen Schule gegen-
1 So auch Bennett (s. o. S. 318); H. H. Howorth, Some unconventional
views on the text of the Bible. VII. Daniel and Chronicles (PSbA 29, 31
bis 38 6 1 69); Kay (s. o. S. 318). Die Wortspiele 13, 54 f. (faro o-fivov...
axiaai) und 13, 58 f. (Orro irpvvov... Ttpioai), welche ein griechisches Original
vermuten lassen (vgl. Origenes, Ep. ad Afric. [M g n, 47 85]; T. Wiederholt,
Die Geschichte der Susanna [ThQ 51, 287 321 377399]), konnen die son-
stigen Anzeichen semitischer Vorlage nicht aufwiegen. Dn 3, 24 ff. ; 13, 65
bis 14, 21 hat M. Caster in einer spaten aramaischen Ubersetzung gefunden
und veroffentlicht : The unknown Aramaic original of Theodotion's additions
to the book of Daniel (PSbA 16, 280290 312 317; 17, 75 94); die Uber-
setzung stammt aus (vgl. Schiirer [s. o. S. 163 3 ] 3*, 454). Das gleiche gilt
von dem aramaischen Text von Dn 14, der bei Neubauer (s. o. S. I7S 3 )
XCi f. 39 43 steht, und von der hebraischen Bearbeitung von Dn 13 bei
A. Jellinek, Bet ha-Midrasch 6, Lp. 1878, 126 128 (vgl. dazu Schiirer [s. o.]).
* Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 296 f. halt dies wenigstens bei Dn 13 f. fur moglich.
21*
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 513
iiber. Wahrend erstere einen moglichst friihen Ansatz vertreten,
1st es in der letzteren zur allgemeinen, nicht mehr umstrittenen
Uberzeugung geworden, dafi Dn ein Erzeugnis der beginnenden
Makkabaerkampfe sei. Beide Extreme werden den Anzeichen
nicht gerecht, welche die Entwicklungsgeschichte des Dn-Buches
erkennen lassen.
513. Die traditionelle Ansicht laCt den Propheten Daniel
selbst in seinem hohen Alter (vor 500 v. Chr.) das Buch ver-
fassen, jedenfalls es nicht viel spater entstanden sein 1 . Die
Griinde, welche hierfur geltend gemacht werden konnen, sind
nicht entscheidend.
Die Ich-Erzahlungen (7, 2 ff.; 8, i ff. ; 9, i ff. ; 10, 2 ff.) bilden nur einen
Teil des Buches, und aufierdem ist es nicht unter alien Umstanden aus-
geschlossen, die Ich-Form alsFiktion zuerklaren. Josephus (Ant. n, 8, 5)
berichtet zwar, dafi man bereits Alexander d. Gr. das Buch Dn bei seinem
Zuge nach Jerusalem gezeigt habe. Allein sein Zeugnis besitzt als das eines
Apologeten des Judentums nicht die Gewahr, unbeeinflufit zu sein.
Die aramaische Sprache des Buches ist nicht sicher die Ursprache
des Buches, jedenfalls aber nicht die Sprachform, welche im Osten
herrschte, das Ostaramaische 2 , sondern das Westaramaische. Die Be-
kanntschaft mit Babel spricht fur Richtigkeit des Uberlieferten, aber
nicht unmittelbar und notwendig dafiir, dafi Daniel der Verfasser und
das Buch in seiner Zeit verfafit worden sei.
514. Zudem weisen andere Anzeichen sicher in eine spat ere Zeit.
Wenn auch die Annahme, dafi das Aramaische die Ursprache des Dn
sei, und die persischen Lehnworte 3 die Abfassung durch Daniel keines-
wegs ausschliefien, so zwingen doch die zweifellosen Grazismen in Dn 3
(idOapic;, vyaXTripvov, auucpuuvia 4 , Krjpuacrevv), das Buch in die griechische
Zeit, also nach Alexander d. Gr. zu verlegen. Der grofiere zeitliche
Abstand von den Ereignissen macht auch die eigentiimliche Zusammen-
ziehung der Geschichte im Aufbau des Buches (Belsassar Sohn und
Nachfolger Nebukadnessars 5 ) verstandlich.
1 Vgl. Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 290 f.; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 255 f.
Die judische Uberlieferung (Talmud, b. Baba batra f. 15") schreibt das Buch
den Mannern der grofien Synagoge (s. u. S. 362) zu.
2 So Hommel (s. o. S. 3I9 6 ); Wilson (s. o. S. 32 1 4 ).
3 J. D. Davis, Persian words and the date of OT documents (OT and
Semitic studies I, Ld. 1908, 273 283).
4 P. Barry, Daniel 3, 5, Sumponyah (JbL 27, 99 127). Hommel (s. o.
S. 319 6 ) versuchte die Worte aus semitischen Wurzeln zu erklaren. RieCler (s. o.
S. 318) xii betrachtet die Grazismen als .nachtraglich eingedrungene Glossen.
5 Auf Nebukadnessar folgen nach der sonst bekannten Geschichte Evil-
merodach (561 560), Neriglissar (559 556), Nabunaid (555539), letzter
Nr. 515 C. Die Propheten. b) Die vier Grofien Propheten. 7. Daniel. 325
515. Die Exegeten der kritischen Schule (seit dem 17.
[Spinoza] und besonders dem 18. Jahrh.) gehen durchweg iiber
die Zeit um 300 v. Chr. noch weit herab und betrachten Dn
als pseudepigraphische Trostschrift fur die verfolgten Juden der
Makkabaerzeit. Der Verfasser aus dem 2. Jahrh. v. Chr. lege dem
Daniel der alten Zeit Weissagungen in den Mund, welche die
Bedriickungen des Judenvolkes durch Antiochus IV. Epiphanes
(175 164) lange vorher anzukiindigen scheinen und damit der
Hoffnung auf den ebenfalls vorhergesagten Untergang des Juden-
verfolgers und auf die Rettung der Juden eine feste Stiitze geben
sollen 1 . Die Griinde, welche die kritische Schule hierfur geltend
macht, sind nicht geeignet, diese Ansicht zu erweisen.
Die kritische Schule leugnet, dafi ein Daniel in der babylonisch-
persischen Zeit gelebt habe. Allein der Daniel von Ez 14, 14 20; 28, 3
ist doch kein anderer als der Zeitgenosse des Propheten, der, ebenso
wie bei Ez, auch in unserem Buche als weiser Mann erscheint und
keineswegs unbedingt mit den von Ez mit ihm genannten Mannern,
Job und Noah, ins hohe Altertum gesetzt werden mufi. Es ist also
ein Daniel in der babytanisch-persischen Epoche hinreichend bezeugt.
Dafi Daniel in der Aufzahlung der beruhmten Manner der Vorzeit in
Sir 44 ff. fehlt, ist nicht nur verstandlich, wenn Dn zur Zeit des Sirach
noch nicht bestanden hat 2 , sondern auch dann, wenn das Buch damals
noch nicht unbestrittenes kanonisches Ansehen besafi. Ebenso erklart
sich die Tatsache, dafi Dn nicht in den Prophetenkanon aufgenommen
Konig von Babel, dessen Sohn Belsassar nicht mehr zur Regierung kam.
Manche Exegeten sind nicht ohne Anhaltspunkte der Meinung, dafi das
Belsassarproblem sich vielleicht noch auf Grund von neuen Urkunden ohne
Annahme einer Zusammenziehung der Konige werde losen lassen (vgl. o.
S. 320 ).
1 Auch Hieronymus halt es fur zulassig, Dn II, 36 45 von Antiochus IV.
zu verstehen (M 1 25, 596 ff.), will aber damit den Charakter der Weissagung
keineswegs leugnen (anders Marti [s. o. S. 318] xx). Dagegen hatte nach ihm
(Commentariorum in Danielem prophetam liber unus, Prol. [M 1 25, 513]) Por-
phyrius ({ 303) in seinen Kara Xpumavaiv X6yot bereits vaticinia post even-
turn*, erdichtet in der Zeit Antiochus' IV., in Dn gefunden. E. Hertlein
(Der Daniel der Romerzeit. Ein kritischer Versuch zur Datierung einer
wichtigen Urkunde des Spatjudentums, Lp. 1908) datiert Dn 8 12 in die
Makkabaerzeit, Dn 17 in die Romerzeit. M. Pflanzl (Ein christliches
Schriftstiick im AT. Dn 7 [Internal, kirchl. Zeitschr. N. F. 6 (1916), 277 299])
stimmt dem fur Dn 7 bei. Dagegen vgl. M. Haller, Das Alter von Dn 7
(StKr 1921, 8387).
2 Vgl. J. Zumbiehl, Daniel in der atl Literatur (Kath 3. F. 34, 361
bis 390).
326 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 516
wurde 1 , nicht nur, wenn Dn moglichst spat entstanden 1st, sondern
auch dann, wenn der Prophetenkanon schon vor 300 v. Chr. zum Ab-
schluft kam, oder, falls er spater abgeschlossen wurde, Dn damals noch
kein kanonisches Ansehen besafi. Auch bestimmt die kritische Schule
den Zweck des Buches Daniel 2 unrichtig, wenn sie darin ein Trostbuch
fur die verfolgten Juden der Seleukidenzeit erblicken mochte. Der
erste Teil verfolgt klar die Absicht, zu zeigen, wie erhaben der Gott
der Juden iiber die Gotzen der Heiden ist, so daft sogar die Heiden
ihm Anerkennung zollen; der zweite Teil ist aber auf dem ersten Teil
aufgebaut, will nur einzelne seiner Weissagungen einlafilicher durch-
fiihren. Daft in Dn 1 1 die Weissagungen ungewohnlich genau die wirk-
lichen geschichtlichen Vorgange darstellen, ist allerdings auffallig, lafit
aber bei dem schwierigen und oft unklaren Text fur die Vermutung
Raum, daft hier nachtraglich eingefugte vaticinia post eventum vor-
liegen, d. h. daft die ehedem unbestimmter lautenden Vorhersagungen
nach erlebter Geschichte glossiert und erweitert wurden 3 .
516. So erfreut sich Dn in seiner gegenwartigen Form wohl
kaum der absoluten Authentic, als ob das Buch unmittelbar von
der Hand des Propheten stammte ; es ist aber auch kein Pseud-
epigraph der Makkabaerzeit, sondern wird mit seinem Abschlufi
in eine mittlere Zeit, um 300 v. Chr., herabreichen 4 . Dabei
deutet aber aufier der spateren Glossierung des Kap. 1 1 noch
einiges auf eine Vorgeschichte des abgeschlossenen Buches hin.
Die beiden Teile Kap. I 6 und 7 12 verraten sich als unab-
hangige, also vor dem Abschlufi unseres ganzen Buches be-
stehende Sammlungen durch die Eigenart des Inhalts und die
ineinander iibergreifende Chronologic. Aufierdem fehlen Anzeichen
nicht, daft die einzelnen Episoden schon eine bestimtnte litera-
rische Form erhalten hatten, ehe sie in die erwahnten Samm-
lungen aufgenommen wurden. Die griechischen Zusatze stellen
eine dritte und letzte Entwicklungsphase des Buches Dn dar 5 .
1 Vgl. R. D. Wilson, The book of Daniel and the canon (PrthR 13, 352
bis 408).
2 Vgl. J. Zumbiehl, Der Zweck des Buches Daniel (Kath 3. F. 34, 201
bis 224).
3 Vgl. Hopfl (s. o. S. 9) 2 2 , 294 f. ; J.-M. Lagrange, Les propheties messia-
niques de Daniel (Rb N. S. i, 494520); Riefiler (s. o. S. 318) XII.
* So auch Schenz (s. o. S. 58 7 ) 322 u. a.
5 Duckworth (The origin of the book of Daniel [Exp 7. S. 2, 224233])
laCt Dn im 4. Jahrh. niedergeschrieben und spater glossiert sein ; G. Holscher
(Die Entstehung des Buches Daniel [StKr 1919, 113138]) datiert wenigstens
den grofieren Teil von Dn in vormakkabaische Zeit. Bayer (s. o. S. 318)
nimmt die Metrik zu Hilfe, um die Einheitlichkeit des Buches zu erweisen.
Nr. 518 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 327
158. Die Texte des Buches Daniel 1 .
517. Der hebraische Teil des Dn aramaisiert stark, wahrend die ara-
maischen Stlicke im 3Qft fiihlbar von der hebraischen Umgebung be-
einflufit erscheinen. In die griechische Bibel des AT wurde Dn nach
der nachchristlichen Ubersetzung des aufgenommen, wahrend die *
Form wegen ihrer starken Verschiedenheiten vom 3It so sehr aufier
Gebrauch kam 2 , dafi sie nur in einer einzigen, erst 1772 wieder auf-
gefundenen spaten 3 Hs erhalten ist. Die deuterokanonischen Bestandteile,
von Dn sind von Hieronymtts ebenfalls aus dem 0-Text neu iibertragen
worden und fanden so Aufnahme in die 93. Mit G verwandte griechische
Dn-Zitate begegnen schon von Bar und dem NT ab 4 .
c) Das Zwolfprophetenbuch.
159. Name, Stellung und Anordnung. Liter atur.
518. Schon Sir 49, 10 (25 49, 12) werden ol bibbera TtpocpfiTai als eine
zusammengehorige Gruppe genannt; von Josephus (C. Ap. i, 8) ab
werden sie als einBuch gezahlt 5 und weiterhin in Hss und Kanon-
verzeichnissen mit dem Nam en TO bu)beKonrpocpr|T6v 6 , in der 30ft mit :
ito n*3# (aram. i? <1 ':ij>; Hieronymus, Prol. gal.: There asar), in der la-
teinischen Kirche als prophetae minores (vgl. Augustinus, De civ.
Dei 18, 29 [M 1 41, 585]), Kleine Propheten, bezeichnet.
1 Eine babylonische Grundschrift nimmt an P. Riefiler, Die Ursprache
des Buches Dn (BZ 3, 140145); dagegen M. Streck, Die Ursprache des
Buches Dn (BZ 4, 247 254). M. Lohr, Textkritische Vorarbeiten zu einer.
Erklarung des Buches Dn(ZatW 15, 75103 193225 ; 16, 1739); * p - Riefiler,
Das Buch Dn. Textkritische Untersuchung, Stuttgart 1899.
2 Hieronymus, Praef. in Dan. : Danielem prophetam iuxta septuaginta
interpretes Domini Salvatoris ecclesiae non legunt, utentes Theodotionis edi-
tione, et hoc cur acciderit, nescio. . . . Hoc unum affirmare possum, quod
multum a veritate discordet et recto iudicio repudiatus sit.
3 Ms. Rom., Bibl. Chigi (Nachschrift : tfpdqtr] ^KTUIV xeTpcnrXuiv g./ 1 1 . Jahrh.),
veroffentlicht neben dem 0-Texft bei Swete (s. o. S. I77 2 ) 3. Bd. ; vgl. A. Rahlfs,
Verzeichnis der griechischen Hss des AT, fur das Septuaginta-Unternehmen
aufgestellt (Mitt. d. Septuaginta - Unternehmens d. k. GdW zu Gott. 2,
B. 1914) 278 ff. ; A. Bludau, Die alexandrinische Ubersetzung des Buches
Dn und ihr Verhaltnis zum massorethischen Text (BSt 2, 2/3), Frb. i. Br.
1897. Alter sind h , welche nach iibertragen ist, und die altlateini-
schen Zitate nach (vgl. Bludau [s. o.] 17 20).
* Vgl. Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 47 f.; A. Bludau, Die Apokalypse und Theo-
dotions Danieliibersetzung (ThQ 79, I 26).
5 Siehe u. 186, Nr. 605. Vgl. z. B. Melito von Sardes bei Eusebius, Hist,
eccles. 4, 26, 14 (M B 20, 397) : TUJV bubbexa dv
6 Vgl. Swete (s. o. S. I3i 2 ) 123 204 ff.
328 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 519
519. Wenn sie nicht in die grofien Propheten eingeschoben oder mit
ihnen vermischt erscheinen, so finden sie bald vor ihnen (so AB und
die -Ausgabe Sixtus' V.), bald nachher (so 33) ihre Stelle (s. u.
201, Nr. 691).
520. Die Reihenfolge im einzelnen ist fur die erste Halfte der
Kleinen Propheten verschieden iiberliefert. Hieronymus hat fur 33
die jiidische tJberlieferung iibernommen. Soweit ein Grund fiir die
Anordnung vermutet werden kann, scheint im allgemeinen eine zeit-
liche Aufeinanderfolge angestrebt worden zu sein.
521. Bibliographia generalis bei Knabenbauer (s. u.) I 2 , 7 14.
B. Duhm, Die Zwolf Propheten. In den Versmafien der Urschrift iiber-
setzt, Tub. 1910; Ders. , Anmerkungen zu den Zwolf Propheten (ZatW
31, i 4381 110161 204; Sonderdruck: Giefien 1911). C. F. Keil, Bi-
blischer Commentar iiber die 12 kleinen Propheten (BC 3, 4), Lp. 1866, 3 i888.
J. Knabenbauer S. J., Commentarius in prophetas minores (CSs), P. 1886,
2 rec. M. Hagen S. J. 1924/23. Marti (s. o. S. 99 2 ). *B. Neteler, Glie-
derung des Buches der Zwolf Propheten, Mstr. i. W. 1871. Nowack (s. o.
S. 99 2 ). C. v. Orelli, Die zwolf kleinen Propheten ausgelegt (KK A 5, 2),
Nordtingen 1888, 2 Miinchen 1896, 3 (mit einem Anhang : Zur Metrik der he-
braischen Prophetenschriften) 1908. G. Richter, Erlauterungen zu dunklen
Stellenin den Kleinen Propheten (BFchrTh 18,3/4), Gutersloh 1914. *P.RieCler,
Die kleinen Propheten oder das Zwolfprophetenbuch. Nach dem Urtext
iibersetzt und erklart, Rottenburg 1911. E. Sellin, Das Zwolfpropheten-
buch iibersetzt und erklart (KAT 12), Lp. 1922. *Van Hoonacker (s. o.
S. I66 1 ). K. A. Vollers, Das Dodekapropheton der Alexandriner, I. Halfte,
B. 1880 (N ah, Hab, Soph, Agg, Zach, Mai); Ders., Das Dodekapropheton
der Alexandriner untersucht (ZatW 3, 219 272; 4, 120) (Am, Os, Mich,
Joel, Abd, Jon). J. Wellhausen, Die kleinen Propheten iibersetzt, mit
Noten (Skizzen und Vorarbeiten 5), B. 1892, 3 i898.
1. Osee (Oseas).
160. Name. L/iteratur.
522. y-lSitt, 'Qdrie, Prophetia Osee (Os).
Bibliographic vgl. bei Knabenbauer (s. o. i 2 , 24 28. J. Hale"vy,
Le livre d'Osee (Rse"m 10, 112 97133 289304). W. R. Harper, A
Critical and exegetical commentary on Amos and Hosea (IcC), Edinburgh
1905. W. Nowack, Der Prophet Hosea erklart, B. 1880. *N. Peters,
Osee und die Geschichte (Abh. verb, mit dem Vorlesungsverz. d. Akademie
In Paderborn 1924/25). *A. S c h o 1 z , Commentar zum Buche des Propheten
Hoseas, Wiirzburg 1882. A, Wiinsche, Der Prophet Hosea iibersetzt und
erklart mit Benutzung der Targumim und der jiidischen Ausleger Raschi,
Aben Ezra und David Kimchi, Lp. 1868 (zu Os 17).
Nr. 525 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. r. Osee. 329
161. Leben und Wirken des Propheten Osee.
Sein Buch.
523. Osee, Sohn des B e 'eri, stammte aus Israel 1 und weissagte
fur dasNordreich 2 zurZeit der judischenK6nige c Uzzijja(== c Azarja)
(779 74o). Jotam (740 736), Ahaz (736 728) und Hizkijja (727
bis 699) und unter dem israelitischen Konig Jeroboam II. (783
bis 743), so daG sein Wirken ungefahr zwischen 750 und
722 fallen wird 3 . Da er die assyrische Gefangenschaft ankiindigt,
geht seine Tatigkeit diesem Ereignis voraus 4 . Es ist nicht sicher,
dafi Amos ihm zeitlich voranzusetzen ist 5 .
524. Je ausgedehnter wir uns die Wirkenszeit des Osee denken 6 ,
desto weniger konnen die kurzen 14 Kapitel des Prophetenbuches
den ganzen Umfang seiner Weissagungen enthalten. Wir werden
darin ein Kompendium dessen sehen diirfen, was der Prophet
in vielen Jahren dem Zehnstammereich zu sagen hatte.
525. Die Wirksamkeit des Propheten beginnt mit einer Tatprophetie :
an seiner Ehe mufi er darstellen und im Anschlufl daran verkiinden
Siinde und Strafe, Bekehrung und Begnadigung des Volkes (i, i 2, 25).
Eine zweite Ehe verfolgt ahnliche Lehrzwecke (3, i 5) 7 . Die iibrigen
Kapitel (4, i 14, 10) enthalten Vorwtirfe wegen der religiosen, sittlichen
1 Er kennt die nordlichen Gegenden, nennt das Nordreich das Land,
den Konig von Israel unsern K6nig (7, 5), Jerusalem erwahnt er nicht.
Weitere unverbiirgte Nachrichten iiber ihn vgl. bei Comely (s. o. S. 3 2 ) 2,
2 2 , 523 525 x .
2 Judas, seiner Siinde und seiner Strafe wird nur nebenher gedacht.
8 Van Hoonacker (s. o. S. I66 1 ): 750 736; es finde sich namlich keine Spur
von dem Kriege Syriens und Israels gegen Juda (734/32). Dagegen bezieht
eine Stelle darauf A. Alt, Hosea 5, 8 6, 6. Ein Krieg und seine Folgen in
prophetischer Beleuchtung (NkZ 30, 537 568).
* Vgl. 9, 3; 10, 6; ii, 5. Die "Gefangenschaft in Agypten ist doch wohl
nur als Vergleich zu verstehen ; vgl. auch 9, 6.
5 Die Anordnung der Kleinen Propheten in der 25 setzt Os als altesten
Propheten an die Spitze.
6 Manche Exegeten messen ihm eine Zeit von 90 bis 50 Jahren zu ; vgl.
Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 , 525.
7 Nicht wenige Exegeten sehen in diesen Vorgangen etwas Anstofiiges
und betrachten die Erzahlung Os I 3 als nichtwirkliche Einkleidung. So
u. a. Hieronymus, Prol. in OseeCM 1 25, 855 ff.); Van Hoonacker(s. o. S. i66 1 )38 ff.
Fiir die Geschichtlichkeit entscheiden sich u. a. : A. Allwohn, Die Ehe des
Propheten Hosea in psychoanalytischer Beleuchtung (44. Beih. z. ZatW),
Giefien 1926; K. Budde, Der Abschnitt Hosea i 3 und seine grundlegende
religionsgeschichtliche Bedeutung (StKr 1925, l 89); D. Buzy, Les symboles
230 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 526
und sozialen Siinden des Volkes, Strafandrohungen, Verheifiungen in
hunter Folge und in reichen, wechselvollen Bildern, ohne dafi grofiere
zusammenhangende Abschnitte unterschieden werden konnten 1 .
526. Die Rede des Propheten bewegt sich in gedrungenen, abgerissenen
Satzen 2 und ist deswegen und wegen der seltenen Bilder, nicht minder
ob seines verdorbenen Textes 3 schwer zu verstehen. Die dichterische
Form wird sich im wesentlichen auf den Parallelismus membrorum
beschranken 4 .
527. Die Weissagungen unseres Buches gelten allgemein als echt 3 .
Kleinere Einschiibe sind dabei nicht ausgeschlossen 6 .
2. Joel.
162. Name. Literatur.
528. bail 7 , 'luur|X, Prophetia Joel (Joel).
529. Bibliographic vgl. bei KnabenbaUer (s. o. S. 328) 1 2 , 229232.
A. M erx, Die Prophetie des Joel und ihre Ausleger von den altesten Zeiten
d'Osee (Rb N. S. 14, 376 423) ; W. Caspari, Nachrichten iiber Heimat und
Hausstand des Propheten Hosea und ihre Verfasser (NkZ 26, 143 168);
P. Cruveilhier, De 1'interpretation historique des evenements de la vie fami-
liale du prophete Osee (I III) (Rb N. S. 13, 342362).
1 W. R. Harper, The structure of the text of the book of Hosea, Chi-
cago 1905.
2 Hieronymus, Praef. in XII Prophetas: Osee commaticus est et quasi
per sententias loquens.
3 Vgl. G. H. Patterson, The Septuagint text of Hosea compared with the
massoretic text (Hebraica 7 [1890/91], 190221).
4 Eine eigentliche Metrik sucht durchzufuhren E. Sievers, Atl Miszellen.
IV. Zu Maleachi. V. Zu Hosea (Ber. iiber d. Verhandl. d. k. sachs. GdW 57
[Lp. 1905], 144 251). Vgl. auch F. Praetorius, Die Gedichte des Hosea.
Metrische und textkritische Bemerkungen, Halle 1926.
5 E. Day (Is the book of Hosea exilic? [AmJsemL 26, 105132]) datiert
das Buch in die persische Zeit. Der Wechsel der Person (Kap. i dritte,
Kap. 3 erste Person) weist auf eine Entwicklung des Buches in seinem Ent-
stehen hin.
6 Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 187, Steuernagel (s. o. S. 10) 608, Wellhausen u. a.
halten die judaischen Stellen, Marti die Heilsweissagungen fur Interpolationen.
Sehr viel scheidet aus F. Peiser, Hosea. Philologische Studien zum AT,
Lp. 1914. Eine Komposition der Anfangskapitel sucht nachzuweisen C. H. Toy,
Note on Hosea 13 (JbL 32, 7579). Uber den Schlufi vgl. K. Budde,
Der Schlufi des Buches Hosea (Studies in the history of religions, N. Y. 1912,
205 21 1). Vgl. aufierdem Holscher (s. o. S. 280) 423 430; Riefiler (s. o. S. 328).
7 Der Name ist mit tr^s Mai 3, 23 gleich. Kuenen (s. o. S. 10) 2, 340
setzt beide Namen in Beziehung zueinander. Die Bildung des Namens
stimmt mit assyr. Ja-a'-ve-(Ja-ve-, Ja-u-um-)-ilu iiberein, welches Friedrich De-
Nr. 531 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 2. Joel. 331
bis zu den Reformatoren. Eine exegetisch-kritische und hermeneutisch-
dogmengeschichtliche Studie, Halle a. S. 1879. *L. Dennefeld, Les pro-
blemes du livre de Joel (Rev. de Science rel. 1924/25; gesondert: P. 1926).
J. Halevy, Recherches bibliques: Le livre de Joel (Rse"m 16, 274 284 395
bis 418). *J. Schmalohr, Das Buch des Propheten Joel iibersetzt und
erklart (AtAbh 7, 4), Mstr. i. W. 1922. *A. Scholz, Commentar zum Buche
des Propheten Joel, Wiirzburg 1885. J. M. P. Smith, W. H. Ward,
J. A. B e w e r , A critical and exegetical commentary on Micah, Zephaniah,
Nahum, Habakkuk, Obadiah and Joel (IcC), Edinburgh 1912.
163. Leben und Wirken des Propheten Joel. Sein Buch.
530. Joel, Sohn des P e tu'el (Phatuel I, i), scheint in Juda und
Jerusalem geweissagt zu haben. Er ist wohl aus Juda gebiirtig.
Die Zeit seiner Wirksamkeit ist nicht uberliefert und aus dem
Inhalt des Buches nicht sicher zu erschliefien.
Beginnend von der Trennung des Siid- und Nordreiches (93 2) l bis
herab zu Malachias 2 sucht man ihn unterzubringen. Viele sahen und
sehen in ihm den altesten Propheten und setzen ihn ins 9. 8. Jahrh. 3
Ein schwaches Anzeichen fiir die friiheste Zeit wollte man darin finden,
dafi die spateren Namen der Volkergeschichte : Assyrer, Aramaer und
Babylonier, bei ihm nicht genannt werden. Ebensowenig sicher wie
ein solcher Grund kann die Stellung im Kanon fiir die Datierung ver-
wertet werden. Weil er bei Amos steht, hielt man ihn fiir einen Zeit-
genossen dieses Propheten. Kap. 4 (23 3) legt es nahe, an die exilische
Zeit zu denken 4 .
531. Das Biichlein enthalt eine wohlabgerundete , einheitliche
Weissagung. Einige Ausdriicke haben dauernde Bedeutung fiir
die Theologie gewonnen.
Der Prophet kiindigt eine furchtbare Plage durch Heuschrecken 5
an und fordert zur Bufie auf (i, i 20). Unter dem Bilde eines kriege-
litzsch (Babel und Bibel, Lp. 1903, 47 74 ff.) schon 3006 v. Chr. bezeugt
finden wollte.
1 So Bunsen (vgl. Knabenbauer [s. o. S. 328] i 2 , 218 ff.); W. Gerber, Das
Zeitalter des Propheten Joel (ThQ 71, 355386).
2 So Holscher (s. o. S. 280) 354; Van Hoonacker (s. o. S. I66 1 ) 145 1540. a.
In die Zeit nach Malachias datiert das Buch Sellin (s. o. S. 10) 4 107 ;
ein alteres, nachexilisches Lied sei Ausgangspunkt und Grundlage gewesen.
3 So Comely (s. o. S. 3*) 2, 2 2 , 540; K. A. Credner, Der Prophet Joel iiber-
setzt und erklart, Halle 1831 ; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 2 5 , 267 u. a.
4 Vgl. auch H. Holzinger, Sprachcharakter und Abfassungszeit des Buches
Joel (ZatW 9, 89131).
5 Die greif bare, einlaCliche Schilderung lafit an eine wirkliche Heuschrecken-
plage denken, sei sie zukiinftig (so Van Hoonacker [s. o. S. I66 1 ] 154 u. a.)
oder eben erst eingetreten (so Knabenbauer [s. o. S. 328] i 2 , 233). Andere
332 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 532
rischen Uberfalles schildert er den Einbruch von Heuschrecken-
schwarmen und mahnt zu Bekehrung und Bufie (2, i 17). Jahwe ver-
spricht Wiedererstattung dessen, was durch die Heuschrecken zu Grunde
gegangen 1st (2, 18 27), Geistesausgieftung und Schonung Sions
am schrecklichen Tage des Herrn (3, i 5 [35 2, 28 32]) 1 . Bei der
Wiederherstellung seines Volkes wird Jahwe Gericht halten iiber die
umliegenden Volker, die Juda bedriickt haben, im Tale Josaphat
(4, i 8 [33 3, i 8]). Beim Strafgericht iiber die Heiden soil Sion be-
gnadigt und begliickt werden (4, 9 21 [93 3, 9 2i]) 2 .
3. Amos.
164. Name. L/iteratur.
532. fffiMP, 'Anujg, Prophetia Amos (Am).
533. Bibliographic vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) i 2 , 294 298.
E. Baumann, Der Auf bau der Amosreden (7. Beih. zur ZatW), Giefien 1903.
K. Budde, Zu Text und Auslegung des Buches Amos (JbL 43, 46 131;
44, 63 122). L. Desnoyers, Le prophete Amos (Rb N. S. 14, 218 246).
J. Halevy, Recherches bibliques: Le livre d'Amos (Rsem n, 131 97 121
193 209289 300; 12, i 18). Harper (s. o. 8.328). K. Hartung, Der
Prophet Amos nach dem Grundtexte erklart (BSt 3, 4), Frb. i. Br. 1898.
L. Kohler, Amos, der alteste Schriftprophet. Neu ubersetzt und kurz er-
klart, Zurich 1917. M. Lohr, Untersuchungen zum Buche Amos (4. Beih.
zur ZatW), Giefien 1901. *J. Touzard, Le livre d'Amos, Paris 1908.
165. Leben und Wirken des Propheten Amos.
Sein Buch.
534. Amos stammte aus T e k6 ac (i, i), einem Stadtchen in der Nahe
von Betlehem 3 ; er weidete dort seine Herden (i, i) und pflegte nebenher
wollen wegen der Grofiartigkeit der Bilder darunter ein Symbol verstehen (so
schon die Kirchenvaterzeit, in neuerer Zeit Holscher [s, o. S. 280] 430 f. 432 2 ).
Vielfach deutet man Joels Prophetie eschatologisch und betrachtet ihn als
Vorlaufer der Apokalyptik (vgl. Kuenen [s. o. S. 10] 2, 337 f.; Sellin [s. o.
S. 10] 113 f. : die alteste Apokalypse).
1 Zu 3, i (35 2, 28) vgl. Apg 2, 16. E. Nestle, Zur Kapiteleinteilung in
Joel (ZatW 24, 122127).
2 Eine Komposition des Biichleins nehmen an Rothstein bei Driver
(s. o. S. 9)333 x f. ; Sellin (s. o. S. 10)* 107 f.; vgl. auch Stocks, Der N6rd-
liche und die Komposition des Buches Joel (NkZ 19, 725 750). Zur
Metrik des Buches Joel vgl. E. Sievers, Atl Miszellen. VI. Zu Joel. VII. Zu
Obadja. VIII. Zu Zephania. IX. Zu Haggai. X. Zu Micha (Ber. iiber die
Verhandl. d. k. sachs. GdW zu Leipzig, phil.-hist. Kl. 59 [1907], 3 109).
3 K. Budde, Die Uberschrift des Buches Amos und des Propheten Heimat
(Semitic studies in memory of A. Kohut, B. 1897, 106 no). Es ist das heutige
Nr. 536 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 3. Amos. 333
eine Maulbeerfeigenpflanzung (7, 14). Obwohl aus Judaa gebiirtig,
wurde er an das Nordreich gesandt und trat im Heiligtum zu Betel
auf zur Zeit, als 'Uzzijja in Juda (779 740) und Jeroboam II. in Israel
(783 743) regierte (vgl. i, i; 7, iof.), zwei Jahre vor dem Erdbeben
(i, i) 1 . Vielleicht geschah es, als das Reich Israel die groftte Aus-
dehnung gewonnen hatte (6, 14), und dies wird wohl am ehesten gegen
Ende der Regierung des Jeroboam eingetreten sein (vgl. 4 Rg 14, 2$) 2 .
Seine prophetische Wirksamkeit dauerte etwa ein Jahr lang.
535. Wohlstand und Gliick herrschte in Israel, dazu vie! Un-
recht und Unmoral. Dabei glaubten die Israeliten gegen die
gottliche Strafe gesichert zu sein, da sie den aufieren religiosen
Verpflichtungen nachkamen. Doch der Prophet kundigt ihnen
die Strafe der Gefangenschaft an; er meint offenbar das assy-
rische Exil (722; iiber Damaskus hinaus 5, 27).
536. Im einzelnen enthalt sein Buch folgende Weissagungen : Wie die
umliegenden Volker (i, 3 2, 3) und Juda (2, 4f.), wird Jahwe die vielen
Siinden Israels strafen (2, 6 16) 3 . Sicher (3, i 10) tritt eine feindliche
Heimsuchung ein (3, n 15). Viele Strafen sind in der Vergangenheit
vergeblich gewesen (4, i 13). Ein Klagelied stimmt der Prophet iiber
Israel an (5, i 27)*; das Volk lebt in Saus und Braus (6, i 14).
7, i 8, 3 ergehen die Weissagungen des Propheten in der Form von
vier Gesichten, welche in die Unausbleiblichkeit der gottlichen Strafe
ausmiinden. Nach den drei ersten Gesichten, die mit der Ankiindigung
des Verderbens endigen(7, i 9), folgt ein Bericht iiber das Auftreten des
Propheten in Betel und iiber seinen Zusammenstofi mit dem Priester Amasja
von Betel, dem er den Untergang weissagt (7, 10 I'j) 6 . Nach einem
vierten Gesicht (8, i 3) folgt Tadel und Strafandrohung (8, 4 14),
Hirbet teku'a. H. Graetz (Geschichte der Juden I, 402 ; 2, 82), H. Oort (Het
vaderland van Amos [Theol. Tijdschr. 25 (1891), 121 126]), H. Schmidt (Die
Herkunft des Propheten Amos [34. Beih. z. ZatW, Giefien 1920, 158 171]) u. a.
bezweifeln dies ; vgl. dagegen K6nig(s. o. S. 2 2 ) 306 f. ; Kuenen (s. o. S. 10) 2, 341 f.
1 Hieronymus (In Am I, I [M 1 25, 1040]) versteht darunter das gleiche
Erdbeben, von dem Zach 14, 5 die Rede ist. Aus keiner der beiden Stellen
lafit sich eine genauere Datierung gewinnen. Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) 2, 2 2 ,
546 8 ; F. E. Peiser, fc^n >?& n-ns . Eine philologische Studie (ZatW 36, 2 1 8 224).
2 Van Hoonacker (s. o. S. I66 1 ) IX: 765755; Kautzsch (s. o. S. n)
2 4 , 30: 760.
3 O. Happel, Am 2, 6 16 in der Urgestalt (BZ 3, 355367).
4 Zu 5, 21 ff. vgl. o. S. no.
5 Vgl. W. Riedel, Miszellen zum AT (StKr 1903, 161170): Am 7, 14
(S. 163165). Zur Stellung dieses geschichtlichen Abschnittes vgl. K. Budde,
Zur d^schichte des Buches Amos (27. Beih. z. ZatW, Giefien 1914, 63 77);
dagegen Sellin (s. o. S. 10) 4 io9.
334 * Teil - Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 5.37
ein weiteres Gesicht (9, i 4) und zum Schlufi Drohweissagungen (9, 5
bis 10) mit der Ankiindigung der Wiederherstellung des Volkes (9, n
bis is) 1 .
537. Es lafit sich schwer entscheiden, ob Amos selbst oder ein
anderer 2 die einzelnen Prophetenspriiche gesammelt hat. Dafi
wir im wesentlichen den Wortlaut der prophetischen Verkiindi-
gungen vor uns haben, lafit die durchgearbeitete Form der Reden
erkennen 3 .
Daft Amos imperitus sermone gewesen, hat Hieronymus 4 wohl
nur aus dem Stande des Propheten geschlossen. Allein die scheme
und gewahlte Sprache und der Reichtum an Bildern, meist dem Land-
leben entnommen (vgl. i, 3; 2, 13; 3, 12; 4, i 2), erwecken eine hohe
Meinung von Amos' literarischer und dichterischer 5 Begabung.
Beachtet man, daft das Buch nicht systematisch angelegt ist, sondern
einzelne Reden und Redestiicke ohne feste Regel aneinandergereiht
enthalt 6 , so wird man, abgesehen von wenigen Einschiiben und Ver-
wirrung in der Aufeinanderfolge, das Buch im wesentlichen fur echt
halten und fur eine literarkritische Entwicklung wenig Anhaltspunkte
finden 7 .
1 Dagegen, dafi Amos der Schopfer des ethischen Monotheismus sei,
vgl. S. Oettli, Amos und Hosea, zwei Zeugen gegen die Anwendung der
Evolutionstheorie auf die Religion Israels (BFchrTh 5, 4), Giitersloh 1901 ;
Sellin(s. o. S. io) 4 io9-
2 So W. Caspari, Wer hat die Ausspriiche des Propheten Amos gesammelt?
(NkZ 25, 701715); vgl. Holscher (s. o. S. 280) 199. An den Stellen 7, i if.;
8, i ff. ; 9, i ff. redet der Prophet in der ersten Person.
3 Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 i92, Touzard (s. o. S. 332) XLII u. a. sehen in unserem
Buche blofi einen Auszug.
4 In Am., Prol. (M 1 25, 1038).
5 Baumann (s. o. S. 332). A. Condamin S. J., Les chants lyriques des
prophetes ; strophes et choeurs (Rb 10, 352 376). Lohr (s. o. S. 332). E. Sie-
vers, Studien zur hebraischen Metrik (s. o. S. 209) 472 479. E. Sievers
und H. Guthe (Amos. Metrisch bearbeitet [Abh. d. k. sachs. GdW, phil.-hist.
Kl. 23, 3], Lp. 1907) u. a. nehmen eine metrische Anlage des Buches an.
6 Vgl. Baumann (s. o. S. 332) ; Lohr (s. o. S. 332) ; Riedel (s. o. S. 93 J ) :
Bemerkungen zum Buche Amos (S. 19 36). i. Das literarische Problem des
Buches Amos ; A. Winter, Analyse des Buches Amos (StKr 1910, 323 374).
7 Vgl. E.Albert, Einige Bemerkungen zu Amos (ZatW 33, 265271);
Van Hoonacker (s. o. S. I66 1 ) 204 f. Zur Textkritik: A. Hirscht, Text-
kritische Untersuchungen iiber das Buch Amos (ZwTh 44, n 73); W. O. E.
Oesterley, Studies in the Greek and Latin versions of the book of Amos,
Cambridge 1902; F. Praetorius, Zum Texte des Amos (ZatW 34, 42 44);
Ders., Bemerkungen zu Amos (ZatW 35, 12 25); Ders., Textkritische Be-
merkungen zum Buche Amos (SB d. preufi. AdW 1918, 2, 1248 1262).
Nr..542 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 4. Abdias. 335
4. Abdias.
166. Name. Literatur.
538. m&, 'Opbeiou, 'Apbiou (= Vtnab), Prophetia Abdiae (Abd).
539. Bibliographie vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) i 2 , 418 420.
Bewer (s. o. S. 331 unter Smith). J. Hale"vy, Recherches bibliques: Le livre
d'Obadia (Rse"m 15, 165 183). * A. Johannes, Commentar zur Weissagung
des Propheten Obadja, Wiirzburg 1885. S. O. Isopescul, Historisch-kritische
Einleitung zur Weissagung des Abdias (WZKM 27, 141 162); Ders. , Uber-
setzung und Auslegung des Buches Abdiae (ebd. 28, 149 181). *N. Peters,
Die Prophetic Obadjah's untersucht und erklart, Pad. 1892. *J. Theis, Die
Weissagung des Abdias. Untersucht, erklart und gesichtet hrsg., Trier 1917.
167. Leben des Abdias. Sein Buch und dessen
Entstehungszeit.
540. Nach dem Inhalt seiner Weissagungen scheint der Prophet
Abdias aus Juda zu stammen. Die Zeit seines Wirkens ist nicht
angegeben l .
541. Das Biichlein des kleinsten der Kleinen Propheten enthalt
nur eine kurze Weissagung gegen Edom.
Edom soil, well es gegen Israel bei seiner Heimsuchung gesiindigt
hat, mit Krieg geziichtigt werden, Israel aber wird gedeihen und Edoms
Gebiet in Besitz nehmen (V. i 2i) 2 .
542. Weil der Inhalt keine bestimmte Zeit verra't, sind die verschieden-
sten Versuche gemacht worden, den Propheten und sein Buch zu d a-
tieren. Einige Exegeten verlegen das Buch in die vorexilische Zeit 3 ,
andere in die nachexilische Zeit, oder es wird der erste Teil (V. i 10
[n]) in die vorexilische Zeit verwiesen (Ur-Obadja), der Rest nach dem
Exil untergebracht.
Da V. 20 von der Gefangenschaft Israels und Jerusalems redet,
so muB das Jahr 586 v. Chr. schon vorbei sein, also die exi-
1 Der Hofmeister des Konigs Ahab von Israel (876 854) Obadjahu
(3 Rg 18) wird mit unserem Propheten nichts zu tun haben. Audi unter
Konig Josaphat von Juda (873 849) kommt der gleiche Name vor (2 Chr 17, 7).
2 Vers 20 wird -^ (33 Bosphorus) genannt. Das nachbiblische Judentum
verstand darunter Spanien; daher n^nni? = sephardische = spanische = ro-
manische Juden.
3 Theis (s. o.) lafit ihn wahrend der letzten Jahre des Joram von Juda
(849 842) weissagen.
236 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 543
lische oder nachexilische Zeit als Entstehungszeit angenommen
werden 1 .
543. V. i 5 deckt sich mit Jer49, 14 16 + 9. Da die Reihen-
folge in Abd richtiger scheint, glaubten manche wenigstens den ersten
Teil 2 , wenn nicht die ganze Weissagung 3 vor Jeremias unterbringen
zu mttssen. Allein wenn sich auch inhaltlich das Biichlein in zwei
Teile trennen lafit, so wird man schwerlich deswegen die Einheitlich-
keit aufgeben 4 . Das Stiick ist der Art der beiden Propheten keines-
wegs so verwandt, dafi sie dabei nicht aus einer fremden Quelle ge-
meinsam geschopft haben konnten 5 . Es lafit sich schwer glauben, dafi
diese 21 Verse eine eingreifendere literarische Entwicklung erfahren
haben 6 .
5. Jonas.
168. Name. Literatur.
544. r\yp, MUJVCIS, Prophetia lonae Qon).
545. Bibliographic vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) i 2 , 450 453.
* J. Dollar, Das Buch Jona nach dem Urtext iibersetzt und erklart, Wien
1 Auch andere Stellen des AT wissen davon, dafi die Edomiter bei der
Eroberung Jerusalems durch Babel treulos gehandelt haben (vgl. Ps 137
[136], 7; Thr4, 21 f.; 225, I2ff.; 35, i ff. mit Abd loff.). Halevy (3.0.8.335)
entscheidet sich fur die exilische Zeit. J. van Gilse (Tijdsbepaling der pro-
fetie van Obadja [NthT 2, 293 313]) denkt an die Eroberung Jerusalems
70 n. Chr. Van Hoonacker (s. o. S. I66 1 ) 297 nennt ungefahr 500 v. Chr. als
Abfassungszeit.
2 So Driver (s. o. S. 9) 341 f. ; Konig (s. o. S. 2 2 ) 362 ; Kuenen (s. o. S. 10)
2, 35 if-
3 So Isopescul (s. o. S. 335): 889881 ; Theis (s. o. S. 335) 6: unter Joram
habe nach 4 Rg 8, 20 f. ein Zusammenstofi zwischen Juda und Edom statt-
gefunden.
4 A. Condamin S. J. (L'unite d'Abdias [Rb 9, 261268]) will die Einheit-
lichkeit auf Grund der strophischen Gliederung erweisen. Vgl. auch Orelli
(s. o. S. 328) 2 87u. a.
5 So H. Bekel, Ein vorexilisches Orakel iiber Edom in der Klagelieder-
strophe die gemeinsame Quelle von Obadja I 9 und Jer 49, 7 22. Ein
Beitrag zur Losung des Verwandtschaftsproblems in beiden Texten (StKr
1907, 315 343). Van Hoonacker (s. o. S. I66 1 ) 291 nimmt an, dafi die
Stelle aus Abd erst nachtraglich in Jer 49 eingedrungen sei.
6 Holscher (s. o. S. 280) 437 verlegt Abd nicht lange nach 586 v. Chr., halt
aber Vers 8 9 16 20 fur sehr Jung. Eine verwickelte Literargeschichte
nimmt Sellin (s. o. S. 10) 4 1 1 1 f. an : Vers 2 1 1 unter Joram, Vers 1 1 14 nach
586 v. Chr., Vers 15 21 zur Zeit des Malachias. Zur Metrik von Abd
vgl. Sievers (s. o. S. 332 2 ).
Nr. 548 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 5. Jonas. 337
1912. J. Halevy, Recherches bibliques : Le livre de Jonas (Rsem 14, i 49).
*F. Kaulen, Librum lonae prophetae exposuit, Mainz 1862. H. G. Mitchell,
J. M. P. Smith and J. A. Bewer, Haggai, Zechariah, Malachi and Jonah
(IcC), Edinburgh 1912. *D. Velluti-Zati, II sacro libro di Giona. Studio
storico, esegetico, morale, Siena 1916.
169. Die Person des Propheten Jonas.
Inhalt und Entstehungszeit des Buches.
546. Unter Jeroboam II. (783 743) wird ein Prophet Jonas, Sohn des
Amittai, aus Gat ha-Hepher (bei Nazaret) gebiirtig (4 Rg 14, 25), genannt.
Wenn unser Prophet damit identisch 1st, dann riickt er der Zeit nach
an die Spitze aller Schriftpropheten 1 .
547. Das Buch unterscheidet sich von den Prophetenschriften,
unter denen es steht, dadurch, dafi es im wesentlichen blofi eine
Geschichte der Sendung des Jonas nach Ninive enthalt, ohne
dafi seine Weissagungen selbst berichtet werden. Es 1st ein
Erlebnis des Propheten bei seiner prophetischen Sendung, das
wegen seines lehrreichen Inhalts aufgezeich.net wurde 2 .
548. Jonas wird von Jahwe nach Ninive gesandt und schifft sich nach
Tarsis 3 ein, um sich dem Auftrag zu entziehen (i, i 3). Jahwe schickt
einen Sturm, und die Schiffsleute werfen den Jonas als Schuldigen ins
Meer (i, 4 16). Ein grofier Fisch 4 verschlingt den Jonas, der im
Bauche des Fisches zu Jahwe betet. Der Fisch speit ihn ans Land
(2, i n) 5 . Zum zweiten Mai gesandt, kiindigt der Prophet Ninive den
1 Nach Knabenbauer (s. o. S. 328) I 2 , 441 ware Jonas in diese Zeit zu ver-
legen. Die Legende machte ihn zum Sohne der Witwe von Sarepta, den
Elias von den Toten auferweckte (3 Rg 17, I7ff.) (Hieronymus, In Ion., Prol.
[M 1 25, 1172]).
2 Der Lehrzweck des Buches kann in verschiedener Richtung gesucht
werden ; vgl. Driver (s. o. S. 9) 345 ff. Der Tadel des Propheten wegen
kurzsichtiger Selbstsucht tritt stark in den Vordergrund.
3 G. Hiising (Tarsis und die Jona-Legende [Memnon i (1907), 7079]) sucht
diese Stadt nicht in Spanien, sondern in Elam und lafit Jonas in Asiongeber,
nicht in Joppe sich einschiffen.
4 P. Haupt, Der assyrische Name des Potwals (AmJsemL 23, 253263).
5 E. Seydl S. J., Das Jonalied (ZkTh 24, 187193). Das Wunderbare
der Erzahlung suchen katholische Exegeten abzuschwachen (vgl.
Van Hoonacker [s. o. S. I66 1 ] 314 ff.); andere betonen den Lehrzweck des
Buches (vgl. A. Brassac, Y a-t^il du nouveau au sujet du charactere historique du
livre de Jonas ? [Rev. prat, d'apologetique 28, 698 f.]) ; manche verlangen wegen
Mt 12, 39 f. ; Lk 1 1, ,30 genaue Geschichtlichkeit (vgl. Hopfl [s. o. S. 9] 2 2 , 309 f.).
Kritische Exegeten nehmen eine mythologische Grundlage an; vgl. H. Schmidt,
Goettsberger, Einleitung in das AT. 22
338 * Teil - Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 549
Untergang an. Ninive tut Bufte und wird deshalb nicht zerstort (3, i
bis 10). Jonas wiinscht aus Kummer dariiber zu sterben. Jahwe be-
lehrt den Propheten durch eine Erfahrung mit einer Staude (4, i n).
549. Die Einheitlichkeit des Buches ist bestritten worden J . Tat-
sachlich lassen sich einige wenige Stellen am besten als Doppelungen
verstehen (vgl. i, 10 13 16; 3, 5 10; 4, 5 9) 2 . Das Gebet des Jonas
(2, 3ff.), in welchem Jonas noch vom Bauche des Fisches aus bereits
fur die geschehene Rettung dankt, ist dem Verfasser des Buches schon
fertig vorgelegen. Sonst pafit es genau auf die Lage des Beters.
550. Daft das Buch erst entstand, als Ninive bereits der Ver-
gangenheit angehorte (zerstort 612 v. Chr. 3 ), konnte man mit Grund
aus 3, 3 erschliefien wollen. Auch aramaische Sprachformen (vgl.
^ttVttta i, 7 f . ; ^t?5l i, 12 u. a.) 4 weisen in die nachexilische
Zeit herab.
6. Michaas.
170. Name. Literatur.
551. roifc, Meixcticxs (von rWB B ), Prophetia Michaeae (Mich).
552. Bibliographie vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) i 2 , 497 500.
J. Halevy, Recherches bibliques: Le livre de Miche'e (Rsem 12, 97 117
193 216289 312; 13,1 22). P. Haupt, The book of Micah. A new
metrical translation with restoration of the Hebrew text and explanatory
and critical notes, Chicago 1911 (= AmJsemL 26, 201 252; 27, i 53).
Jona. Eine Untersuchung zur vergleichenden Religionsgeschichte (FRLAuNT
9. Heft), Gott. 1907; dazu P. Fiebig, Jona. Eine Untersuchung zur ver-
gleichenden Religionsgeschichte (PrM n, 426 435). Altere Versuche dieser
Art vgl. bei Kuenen (s. o. S. 10) 2, 425 f<
1 H. Schmidt, Die Komposition des Buches Jona (ZatW 25, 285 310).
A. Thoma, Entstehung des Biichleins Jona (StKr 1911, 479 502).
2 J. Doller (Versumstellungen im BUche Jona [Kath 3. F. 35, 313 317])
und H. Wiesmann S.J. (Einige Bemerkungen zum Buche Jonas [Kath 3. F. 38,
in 125]) wollen die Schwierigkeiten durch Umstellung und Textanderung
beseitigen.
3 Vgl. o. S. 295 8 ; P. Dhorme, La fin de 1'empire assyrien d'apres un nou-
veau document (Rb 33, 218234).
4 A. van Hoonacker (Un nom grec [qtbri?] dans le livre de Jonas [2, 7]
[Rb N. S. 2, 398 f.]) liest 2, 7 o^n statt n^n und betrachtet das Wort als
Grazismus. H. Schmidt (Absicht und Entstehungszeit des Buches Jona
[StKr 1906, 180199]) setzt Ninive = Jerusalem und verlegt das Buch des-
halb vor 586.
5 In dieser Form begegnet der Name bei Jer 26, 18 ( f s), wo Mich 3, 12
zitiert wird; vgl. ittr^ft 2 Chr 17, 7.
Nr. 555 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 6. Michaas. 339
*L;Reinke, Der Prophet Micha. Einleitung, Grundtext und Ubersetzung
(Beitr. z. Erkl. d. AT 9), Giefien 1874. J. M. P. Smith, A critical. and exe-
getical commentary on the books of Micah, Zephaniah and Nahum (s. o. S. 331).
171. Leben und Buch des Propheten Michaas.
553. Zum Unterschied von dem gleichnamigen Sohne des Jimlah,
einem Propheten zur Zeit des Elias und Elisaus (3 Rg 22, 56".; 2 Chr 18,
7 ff. [ ! i n ?5" l '?])> wird Michaas nach seinem Geburtsort der Moratite 1 ge-
nannt. Er stammte somit aus dem Siidreich und weissagte (i, i) unter den
judaischen Konigen Jotam (740 736), Ahaz (736 728) und Jehizkijja
(=.Hizkijja [Ezechias], 727 699); er ist also noch ein Zeitgenosse von
Amos und Osee, setzt aber etwas spater ein als sie. Auch Isaias wurde
schon vor ihm zum Propheten berufen.
554. Der Inhalt seiner Weissagungen deckt sich ungefahr
mit dem, was Amos und Osee zu verkiindigen hatten.
Der Untergang des Nordreiches durch die Assyrer wird vorhergesagt
(Kap. i u. 2). Als Siinde tadelt der Prophet vor allem Unrecht gegen
die Mitmenschen (Kap. 3). Auch dem Reiche Juda kiindigt er Unter-
gang (3, 12), Wiederherstellung, messianisches Gliick an (Kap. 4 u. 5).
Nach weiterem schweren Tadel gegen des Volkes Untreue (Kap. 6) schliefit
das Buch mit Aussicht auf Rettung fur den Rest des Volkes (Kap. 7) 2 .
Bei der zeitlich so ausgedehnten Tatigkeit des Propheten (un-
gefahr 740 699) kann man im Buche kaum mehr als einen Aus-
zug aus seinen Prophezeiungen sehen.
555. Die literarische Einheit und Echtheit der kraftvollen
und formschonen Prophezeiungen zu bezweifeln, kann wohl nur
bei einzelnen wenigen Versen Anlafi sein 3 . Metrische Versuche
1 JisJ^'n, erne Stadt zwischen Hebron und Gaza, beim heutigen Beitgibrin
gelegen.
2 Zu i, 5 7 vgl. L. Delporte, Miche"e i, 5 et 7 (BZ n, 235 248); Ders.,
Michee I, 6 (BZ 12, 142 146). Zu 2, 6 9 vgl. H. Donat, Mich 2, 69
(BZ 9, 350366). Zu 4, 13 vgl. Is 2, 24 (s. o. S. 289 J ). Zu 5, i (33 5, 2)
vgl. Mt 2, 6. Zu 5, 2 (33 5, 3) vgl. S. Protin, La vierge-mere chez Michde
(V. 2) (Raug 15, 589592).
3 Vgl. P. Haupt, Critical notes on Micah (AmJsemL 26, 201 252 [s. o.
S. 338]), der das Buch willkiirlich zerreifit ; V. Ryssel, Untersuchungen viber
die Textgestalt und die Echtheit des Buches Micha. Ein krit. Commentar zu
Micha, Lp. 1887 ; Van Hoonacker (s. o. S. I66 1 ) 344 ff. Gegen die iibertriebene
Literarkritik an Mich vgl. auch H. Gunkel, Der Micha-Schhifl. Zur Ein-
fuhrurig in die literaturgeschichtliche Arbeit am AT (ZSem 2, 145 178);
Sellin (s. o. S. io) 4 ii4ff.
22*
340 I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 556
sind auch am Text des Mich gemacht worden 1 . Der 9UI und
die weichen stark voneinander ab 2 .
7. Nahum.
172. Name. Literatur.
556. WH5, Naouju, Prophetia Nahum (Nah).
557. Bibliographie vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) 2 2 , n 13.
* M. Breiteneicher, Ninive und Nahum mit Beiziehung der Resultate
der neuesten Entdeckungen historisch-exegetisch bearbeitet, Miinchen 1861.
S. R. Driver, The minor prophets Nahum, Habakkuk, Zephaniah, Haggai,
Zechariah, Malachi (CB), Edinburgh 1906. J. Halevy, Recherches bibli-
ques: Le livre de Nahum (Rsem 13, 97 123). *O. Happel, Das Buch des
Propheten Nahum erklart, Wiirzburg 1902. P. Haupt, The book of Nahum
(JbL 26, I 53); Ders. , Eine atl Festliturgie auf den Nikanortag (ZdmG
61, 275297). Smith (s. o. S. 339). Touzard (s. o. S. 292 2 ) (Rb N. S. 14, 57
bis 61).
173. Leben und Buch des Propheten Nahum.
558. Nahum stammte aus Elkos (^TBpbxin i, i) in Siidpalastina bei
Beitgibrin 3 und weissagte gegen Ninive.
559. Jahwe straft diejenigen, welche fehlen, und ist barmherzig gegen
jene, welche auf ihn vertrauen (i, 2 n). Wiederherstellung Judas
(i, 12 2, s) 4 . Die daran anschliefiende feurige und farbenprachtige
1 Sievers (s. o. S. 332 2 ) ; J. M. P. Smith, The strophic structure of the book
of Micah (AmJsemL 24, 187 208).
2 Vgl. schon Hieronymus, In Mich i, 10 (M 1 25, 1215); Ryssel (s. o. S. 339 s );
J. Taylor, The massoretic text and the ancient versions of the book of Micah,
Ld. 1891.
3 So Epiphanius, Vitae prophetarum 17 (M s 43, 409): versus Begabar*
(s. E. Nestle, Wo ist der Geburtsort des Propheten Nahum zu suchen ?
[ZdPV i, 222225]). Vgl. U. Cassuto, Questioncelle bibliche: La patria del
profeta Nahum (Giorn. d. Soc. asiat. ital. 26 [1913/14], 291 302): er stellt es
mit Umm-Lakis gleich ; P. Kleinert, Nahum und der Fall Ninives (StKr
1910, 501 534). Hieronymus (Comm. in Naum proph., Prol. [M 1 25, 1292])
sucht es in Galilaa (= el-Koze zwischen Rumeis und Kana gelegen). Eine
tiberlieferung aus dem 16. Jahrh. versteht darunter Alkus in Mesopptamien
nordlich von Mossul, wo auch des Propheten Grab gezeigt wird. So Sellin (s. o.
S. 28o)s8 1 .
4 *G. Bickell (Die hebraische Metrik [ZdmG 34, 557563] 559 f.) hat
i, 2 10 als Bruchstiick eines alphabetischen Psalmes angesehen. H. Gunkel
(Nah i untersucht [ZatW 13, 223 244]) dehnte die Akrostichis auf I, 2. 2, 3 (2)
Nr. 562 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 8. Habakuk. 341
Weissagung gegen Ninive von isaianischer Wucht kann als Beispiel
fur das eingangs dargelegte gottliche Verfahren betrachtet warden
(2, 43, 19)-
560. Da 3, 8 10 auf die Eroberung von No Ammon (= Theben
in Agypten ; 664/62 v. Chr.) 1 Bezug nimmt, so kann Nahum nicht
unter Hizkijja geweissagt haben 2 . Die Erinnerung an diese Zer-
storung mufi noch lebendig gewesen sein, als Nahum wirkte.
Anderseits kann die Zerstorung von Ninive (612 v. Chr.) 3 , die
der Prophet weissagte, nach I, 13 nicht mehr allzu fern gewesen
sein. 650, 630 und Ansatze, die noch naher dem Untergange
der Stadt liegen, werden deshalb als genauere Daten fur das
Auftreten des Propheten genannt. Diese Datierung mufi nicht
notwendig auch Kap. I, den sog. Psalm Nahums, umfassen, der
anscheinend nicht vollstandig ins Prophetenbuch aufgenommen ist 4 .
8. Habakuk.
174. Name. Literatur.
561. plpon, 'AupctKouiLi 5 , Prophetia Habacuc (Hab).
562. Bibliographic vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) 2 2 , 73 78.
A.J. Baumgartner, Le prophete Habakuk. Introduction, critique et exegese
aus. Vgl. *G. Bickell, Beitrage zur hebraischen Metrik. I. Das alphabe-
tische Lied in Nahum i, 2 2, 3 (SB d. phil. hist. Kl. d. k. k. AdW zu Wien
I 3 l > S)> Wien 1894; Duhm (s. o. S. 328 [ZatW 31]) 100 107 ; *O. Happel, Der
Psalm Nahum (Nah i) kritisch untersucht, Wurzburg 1900; Lohr (s. o. S. 2I9 1 )
I74f. : Nah i, 28.
1 23: Alexandria populorum. Spiegelberg (s. o. S. 54 2 ) 34 bezieht den
Namen auf ein unteragyptisches No, dessen Zerstorung nicht datiert werden
kann. Wellhausen (s. o. S. 328) versteht darunter eine andere Eroberung.
2 So Josephus, Ant. 9, n, 3: 115 Jahre vor dem Untergange Ninives.
3 Siehe o. S. 295 8 . Happel (s. o. S. 340) fafit den Stadtnamen symbolisch
auf und setzt das Buch sehr spat an.
4 Der Alphabetismus ist nicht ganz durchgefuhrt. Vgl. W. R. Arnold,
The composition of Nahum i, I 2, 3 (ZatW 21, 225^ 265). Haupt (s. o.
S. 340) teilt Nah in vier Stiicke, von denen die ersten zwei vor der Er-
oberung Ninives, die letzten zwei in der Makkabaerzeit entstanden seien.
RieCler (s. o. S. 328) geht mit dem Ansatz in nachexilische, Happel (s. o. S. 340)
in makkabaische Zeit herab. Zur Textiiberlieferung vgL L. Reinke,
Zur Kritik der alteren Versionen des Propheten Nahum, Mstr. i. W. 1867.
5 Von popart oder p>ip?ij, wobei der Ausklang an die erste Silbe angepafit
wurde ; vgl. {JeeXZefJouX fur
342 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 563
avec examen special des commentaires rabbiniques, du Talmud et de la
tradition, Lp. 1885. B. Duhm, Das Buch Habakuk. Text, Ubersetzung und
Erklarung, Tiib. 1906. J. Halevy, Recherches bibliques: Le livre de Ha-
bacuc (Rsem 14, 97 108 193 212 289 303; 15, I 26). *O. Happel, Das
Buch des Propheten Habakuk erklart, Wiirzburg 1900. F. E. Peiser, Der
Prophet Habakuk. Eine Untersuchung zur Kritik des AT (MvaG 8, i),
B. 1903. *L. Reinke, Der Prophet Habakuk. Einleitung, Grundtext und
Ubersetzung nebst Commentar, Brixen 1870. W. H. Ward, A critical and
exegetical commentary on Habakkuk (s. o. S. 331 unter Smith).
175. Person, Buch und Zeit des Propheten Habakuk.
563. Von diesem Propheten haben wir keine Nachrichten als
das, was sein Buch verrat. i, I und 3, I wird er ausdriicklich
Prophet genannt. Aus 3, 19 wollen manche erschliefien, dafi
er Sanger am Tempel und darum Levit gewesen sei. Da Daniel
in der Zeit des Kyros in die Lowengrube geworfen wurde (Dn
14, i), kann unser Prophet schwerlich mit dem Dn 14, 32 ge-
nannten gleichnamigen Propheten zusammengestellt werden 1 , denn
der Inhalt von Hab verweist in eine friihere Zeit.
564. Habakuk kleidet seine Weissagung in die Form eines
Zwiegespraches mit Jahwe. Er droht kriegerische Heimsuchung
durch die Chaldaer an.
Der Prophet klagt iiber herrschende Rechtlosigkeit (i, 2 4); Jahwe
droht einen Einfall der Chaldaer an (i, 5 n). Der Prophet klagt
neuerdings iiber das gleiche (i, 12 17). Auf der Warte stehend, erha.lt
er von Jahwe die Antwort: der Gerechte lebt aus dem Glauben (2, i
bis 5) 2 . Ein Spottlied, das die Volker liber die Chaldaer anstimmen,
mit fiinffachem Wehe, schliefit sich an (2, 6 20). Hab 3, das Gebet
des Propheten Habakuk, ist ein schoner und erhabener Psalm (3, i
bis
565. Die selbstandige und eigenartige Form von Hab 3 ermoglicht es,
darin keihen urspriinglichen Bestandteil desProphetenbucb.es zu sehen.
1 Vgl. die Uberschrift der zu Dn 14, iff.: dx irpoqprvreiai; 'Au|5aKbu|u
mou MnaoO, ex rfj? 9u\f|? Aeui (s. o. S. 321); Hieronymus, Comm. in Hab.,
Prol. (M 1 25, 1336); Reinke (s. o.) u. a.
2 Zu 2, 4 vgl. Rom i, 17; Gal 3, n. .
3 Das Stuck hat eine Unterschrift nach Art der Pss-Uberschriften (s. o.
S. 235 ff.); auch r&B, sonst nur in den Pss, ist eingefiigt (s. o. S. 236 s ). Vgl.
F. C. Burkitt, TheVsalm of Habakkuk (JthSt 16, 6266); E. Nestle, Das Lied
Habakkuks und der Psalter (ZatW 20, 167 f.); H. S. J. Thackeray, Primitive
lectionary notes in the Psalm of Habakkuk (JthSt 12, 191213).
Nr. 569 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. cj. Sophonias. 343
Allein ein sicheres Anzeichen literarkritischer Entwicklung
ist damit nicht gegeben; ebensowenig bietet das Biichlein sonst be-
stimmte Anhaltspunkte hierfiir 1 .
566. DieZeit, in welcher der Prophet auftrat, ist dadurch be-
stimmt, dafi er einen Einfall der Chaldaer (625 538) 2 vorhersagt.
Wenn man aus dem Buche herausliest, dafi die Bedrohung durch
die Chaldaer als etwas Auffalliges erscheint, kann man mit dem Zeit-
ansatz uber Jeremias hinaufriicken, etwa bis zur Zeit des Konigs Manasses
(698 643). Nimmt man lieber zum Ausgangspunkt, dafi die Chaldaer-
herrschaft im Osten schon als gefestigt erscheint, so wird man den
Propheten nach der Eroberung Ninives (612 v. Chr.), also gegen
600 v. Chr. ansetzen 3 .
9. Sophonias.
176. Name. Literatur.
567. tSS, ^ 0( P ov i a< B> Prophetia Sophoniae (Soph).
568. Bibliographic vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) 2 2 , 167 169;
Lip pi (s. u.) ix xvi. C. H. Cornill, Die Prophetic Zephanjas (StKr
1916, 297 332) ; D e r s. , Zu Zephanja 3, 13. Ein Nachtrag zu S. 329 (ebd. 563).
J. Halevy, Recherches bibliques: Le prophete Sophonie (Rsem 13, 193
bis 198 289313). J. Lippl, Das Buch des Propheten Sophonias erklart
(BSt 15, 3), Frb. i. Br. 1910. *L.Reinke, Der Prophet Zephanja. Einleitung,
Grundtext und Ubersetzung nebst einem vollstandigen philologisch-kritischen
Commentar, Mstr. i. W. 1868. Smith (s. o. S. 331).
177. Person und Buch des Propheten Sophonias.
569. Die Genealogie des Propheten (i, i) hort bei dem Namen
Hizkijja auf, der auch ohne ausdriickliche Angabe als der Konig
von Juda betrachtet werden mufi ; denn sonst ist seine Nenmmg
als oberstes und letztes Glied der Genealogie schwer erklarbar.
1 F. Nicolardot (La composition du livre d'Habacuc, P. 1908) zerstiickelt
das kleine Biichlein und verteilt es auf die Jahre 700 500 v. Chr. als Ent-
stehungszeit.
2 K. Budde (Die Bucher Habakkuk und Sephanja [StKr 1893, 383399])
nimmt an, dafi die Assyrer die Feinde sind, welche dann durch die Chaldaer
bedroht werden; ebenso W. R. Betteridge, The interpretation of the pro-
phecy of Habakkuk (AmJTh 7, 647661). Duhm (s. o. S. 342) erklart die
Gegner als Mazedonier; ebenso Sellin (s. o. S. 10) 4 ii9. Dagegen W. Caspari,
Die Chaldaer bei Habakuk. Vgl. Keilinschr. Bibl. I. II. III. i. 2 (NkZ 18, 156
bis 175).
3 Happel (s. o. S. 342) verlegt das Buch in die Makkabaerzeit.
244 ! Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 570
Sophonias wirkte in den Tagen des Josias (640 609). Da er
gegen Gotzendienst ankampfen mufite, war die grofie Reform des
Konigs (623) noch nicht durchgefiihrt, wahrscheinlich noch nicht
eingeleitet. Die Schilderung der Feinde bezieht man gewohn-
lich auf den Skytheneinfall (um 626; vgl. Herodot I, 105) 1 .
570. Ein Tagjahwes wird hereinbrechen mit kriegerischen Schrecken,
well Juda den Gotzen der Heiden gedient hat (i, i 18) 2 . Den um-
liegenden Volkern, Philistern, Moab und Ammon, Kusch und Assur,
wird ein Gericht angekiindigt, damit sich Juda bekehre (2, i 15).
Jerusalem bekehrt sich nicht; darum droht dem Volke schwere Strafe
(3, i 8). Das Geschick des heimgesuchten Volkes wendet sich aber
schliefilich wieder zum Guten (3, 9 20).
571. Das Buch wird nicht lange nach dem Wirken des Propheten
geschrieben sein 3 . Zu literarkritischer Quellenscheidung bietet
der Text keinen zwingenden Anlafi 4 .
10. Aggaus.
178. Name. Literatur.
572. ^Sft 5 , 'AYYCUOS, Prophetia Aggaei (Agg).
573. Bibliographic vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) 2 2 , 226 f. J. Ha-
Idvy, Recherches bibliques: Le prophete Aggee (Haggai) (Rsem 15, 288
bis 309). Mitchell (s. o. S. 337). *L. Reinke, Der Prophet Haggai. Ein-
leitung, Grundtext und Ubersetzung usw. (s. o. S. 343), Mstr. i. W. 1868.
Sieve rs (s. o. S. 332 2 ).
179. Wirken und Buch des Propheten Aggaus.
574. Nach Ezr 5, i; 6, 14 ermutigte der Prophet (im 2. Jahre
des Darius I. [521 485]; vgl. Ezr 4, 24) die verzagten Juden
1 Anders Lippl (s. o. S. 343) 17.
2 Wegen i, 12 stellte das Mittelalter den Propheten mit einer Laterne
dar. r, 15 lieferte den Beginn des Dies irae.
3 3, 3 ff. wird schon Ez 22, 24 31 beniitzt.
4 Anders C. P. Fagnani, The structure of the text of the book of Ze-
phaniah (OT and Semitic studies [s. o. S. i64 2 ] 2, 260 277); Holscher (s. o.
S. 280) 444 446 ; F. Schwally, Das Buch Ssefanja, eine historisch-kritische
Untersuchung (ZatW 10, 165 240; II, 262), der auch die Textkritik be-
riicksichtigt. Zu letzterer vgl. J. Bachmann, Zur Textkritik des Propheten
Zephania (StKr 1894, 641 655). Zur Metrik vgl. Sievers (s. o. S. 332 2 ).
Zur Apokalypse des Sophonias vgl. u. 197, Nr. 674.
5 Eine Bildung wie "&T, ^n? (vgl. babyl. sab-bat-a-ai).
Nr. 576 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 10. Aggaus. 345
zum Tempelbau (516 vollendet) 1 . Die Weissagungen, die er zu
diesem Zwecke ergehen liefi, bilden, in die Form eines geschicht-
lichen Berichtes iiber Aggaus' Wirken gefafit, den Inhalt der vier
schlichten Reden des Propheten 2 .
575. Am i. Tag des 6. Monats im 2. Jahre unter Darius I. mahnt der
Prophet den Zerubbabel und den Jehosua', den Tempelbau aufzunehmen 3 ;
es geschah (i, i 15 [33 2, ij). Am 21. des 7. Monats ergeht eine Trost-
weissagung an den Propheten : die Herrlichkeit des unscheinbaren neuen
Tempels werde die des salomonischen noch tibertreffen (2, i 9 [23 2, 2
bis io]) 4 . Am 24. des 9. Monats im 2. Jahre unter Darius I. folgt eine
Verheifiung wegen des Tempelbaues (2, io 19 [23 2, n 20]). Am
gleichen Tage wird die Erhohung des Zerubbabel geweissagt (2, 20 23
[33 2, 2124]).
576. Dafi die Weissagungen des Aggaus nicht vollstandig er-
halten sind, konnte man aus manchen Anzeichen erschliefien 5 .
An der Echtheit des Erhaltenen zu zweifem 6 , ist ein AnlaB
nicht gegeben. Sollte Aggaus die Weissagungen nicht selbst
niedergeschrieben haben (es wird im Buche iiber seine Tatig-
keit berichtet), so liegen jedenfalls eigene Aufzeichnungen zu
Grunde.
1 Aus 2, 3 (23 2, 4) schlossen manche, dafi er den Tempel Salomos noch
mit eigenen Augen gesehen habe, also schon sehr alt gewesen sei.
2 Der Name des Propheten findet sich auch in Pss-Uberschriften (vgl.
o. S. 239 6 ).
3 Dafi der Tempelbau schon gleich nach der Riickkehr unter Kyros be-
gonnen worden sei, lafit sich damit schwer vereinbaren. Vgl. o. S. i66 4 ;
A.Fernandez S. J., El profeta Ageo 2, 15 18 y la fundacion del segundo
templo (Bb 2, 206 215).
4 Zu 2, 7, einem Vers, der in der 33 (2, 8) messianisch gedeutet wird, vgl.
Knabenbauer (s. o. S. 328) 2 2 , 248 253.
5 Vgl. G. A. Cooke in HDB 2, 28o b . J. W. Rothstein (Juden und Sama-
ritaner. Die grundlegende Scheidung von Judentum und Heidentum. Eine
kritische Studie zum Buche Haggai und zur jiidischen Geschichte im ersten
nachexilischen Jahrhundert [BWAT 3], Lp. 1908) halt das Biichlein fur einen
Ausschnitt aus einem Geschichtswerk, das vom Tempelbau handelte. A. van
der Flier, Het getuigenis van Zacharja en Haggai over Juda's herstel (ThSt
1906, i 66).
6 T. Andr (Le prophete Agee. Introduction critique et commentaire,
P. 1895) nimmt mehrere Verfasser an. Zur Textkritik vgl. K. Budde,
Zum Text der drei letzten kleinen Propheten (ZatW 26, 128). Uber die
M e t r i k vgl. Sievers (s. o. S. 332 2 ).
346 I. TeiL Die Biicher des AT im einzelnen.: . Nr. .577
11. Zacharias.
180. Name. Literatur. ,
577. tV^yt, Zaxapia?, Prophetia Zachariae (Zach).
578. Bibliographic vgl. bei Knabenbauer (s. o. S. 328) 2 2 , 283 285.
J. Hale"vy, Recherches bibliques: Le prophete Zacharie (Rse"m 15, 413 454;
16,134123167259273). Mitchell (s. o.S. 337). *L. Reinke, Die
Echtheit des Propheten Sacharja und der Charakter der alten unmittel-
baren Ubersetzungen nebst Grundtext, Ubersetzung und einem philologisch-
kritischen und historischen Commentar des nichtmessianischen Teils des-
selben (Beitr. z. Erklar. des AT 6), Mstr. i. W. 1864. J. W. Roth stein,
Die Nachtgesichte des Sacharja. Studien zur Sacharjaprophetie und zur
jiidischen Geschichte im ersten nachexilischen Jahrhundert (BWAT 8),
Lp. 1910. C. H. H.Wright, Zechariah and his prophecies considered in
relation to modern criticism with a critical and grammatical commentary
and a new translation, Ld. 1879. ' ' ,
181. Person, Wirken und Buch des Propheten
Zacharias.
579. Zacharias 1 war der Sohn des Berekjahu (35 Barachias), des
Sohnes des c lddo (33 Addo) (i, I 7) und ein etwas jiingerer Zeit;-
genosse des Aggaus. Wie dieser trieb er die Juden zum Tempel-
bau an (Ezr 5, i; 6, 14). Er weissagte vom 8. Moiiat des 2. Jahres
unter Darius I. (521 485) (i, i) bis zum 4. Monat des 4. Jahres
desselben Herrschers (7, i) 2 .
580. Seine Weissagungen gliedern sich in zwei Teile: Nacht-
gesichte (Kap. i 6) mit einer Weissagung: Antwort auf eirie
Anfrage (Kap. 7 f.), und prophetische Ansprachien (Kap. 9 14).
Im 8. Monat des 4. Jahres des Darius lafit Zacharias einen Ruf zur Be-
kehrung ergehen (i, i 6). Am 24. des n. Monats im gleichen Jahre
hatte er acht Nachtgesichte (i, 7 6, 8). Er sieht einen Reiter auf
.rotbraunem Rosse : Befreiung aus der Gefangenschaft und Wiederauf bau
,wird verheifien (i, 7 17); vier Homer und vier Schmiede: Rettung
Judas (2, i 4); einen Mann mit einer Mefischnur: Jerusalem und Juda
werden wiederhergestellt (2, 5 17); die Freisprechung des Hohenpriesterp
Jehosua c : Wiederherstellung Jerusalems (3, i^io); einen goldenen
Leuchter zwischen zwei Olbaumen : Zerubbabel wird den Tempel voll-
enden (4, i 10); eine fliegende Roller Fluch fiir Sunder (5, i 4); ein
. . l Vielleicht identisch mit dem Neh 12, .16 (vgl. V. 4) genannten Priester.
- Trotz des gleichen Namens wird die Angabe Mt 23,35; Lk II, 51 sich
auf den Tod des Zacharias, des Sohnes des Jojada c (2 Chr 24, 20 f.), beziehen.
Nr. 583 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 11. Zacharias. 347
Epha, Sinnbild der Bosheit (5, 5 n); vier Wagen, ausfahrend zur
Strafe der umliegenden Volker (6, i 8). Der Prophet mufi fur Jehosuai c
eine Krone herstellen : der Sproft (Zerubbabel) wird den Tempel bauen
(6, 10 is) 1 . Am 4. des 9. Monats im 4. Jahre unter Darius beantwortet
der Prophet eine An fr age iiber das Fasten wahrend der 70 Gefangeri-
schaftsjahre (7, i 7). Eine Mahnung zu Redlichkeit (7, 8 14). Jahwe
verspricht Wiederherstellung des Volkes beim Aufbau des Tempels
(8, i 17). Jahwe wird die Fasttage in Festtage verwandeln tind Je-
rusalem erhohen (8, 18 23).
581. Ein Ausspruch Jahwes (9, i u, 3): Jahwe wird die Volker
heimsuchen und Sion einen Konig geben (9, i io) 2 . Jahwe gibt Riick-
kehr und Sieg gegen Jawan (9, n i?) 3 . Jahwe allein spendet Segen
(io, if.), iiberwindet die Volker und fiihrt Sion heim (io, 3 n, 3).
W eissagung gegen schlechte Hirten des Volkes (i i, 4 17). Ausspruch
Jahwes (12, i 14, 21): Unter Heimsuchung der Volker wird Jerusalem
wiederhergestellt werden (12, i 13, 6) 4 . Gegen einen schlechten Hirten
(13, 7 g) 5 . Jerusalem wird gerettet und erhoht unter Heimsuchung
der Volker (14, i 21).
582. Die Dunkelheit des 3uches Zach, die schon Hieronymus
beklagte 6 , hat ihren Grund in der eigenartigen Bilderrede 7 , in
den apokalyptischen, zum Teil eschatologischen Gedanken und
in dem schwierigen Textzustand.
583. Ein fiihlbarer Unterschied besteht trotz verwandter Ge-
dankengange zwischen Kap. i 8 und Kap. 9 14. Hatte friiher
Mt 27, 9, wo Zach u, 12 f. dera Jeremias zugewiesen wird, AnlaB
geben konnen 8 , an einen andern Verfasser des zweiten Teiles zu
denken, so haben neuere Exegeten, meist der kritischen Schule
angehorend 9 , aus literarkritischen Griinden den Gedanken auf-
1 Vgl. P. Haupt, The coronation of Zerubbabel (JbL 37, 209 218).
2 Zu 9, 9 vgl. Mt 21, 4f.
3 P. Riefiler, Die Griechen im AT (ThQ 94, 329358).
4 A. Condamin S. J., Le sens messianique de Zacharie 12, io (RchScr i,
52 56). S. Kraufl, Eine alte Erklarung zu Zach 12, io (VB i, 31 34).
5 Zu 13, 7 vgl. Mt 26, 31.
6 In Zach., Prol. : obscurissimus liber Zachariae prophetae (M 1 25, 1486),
7 Vgl. D. Buzy, Les symboles de Zacharie (Rb N. S. 15, 136 191); Ders.
(s. o. S. 315*) 323 405. :
8 So seit J. Mede, Dissertationum ecclesiasticarum triga. Quibus accedunt
fragmenta sacra ad Mt 27, 9, Ld. 1653 (vgl. Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, 2 2 , 606 J ).
9 Vgl. [G. B. Flugge], Die Weissagungen, welche bei den Schriften des
Propheten Zacharias beygebogen sind, iibersetzt und kritisch erlautert, Ham-
burg 1784; B. Stade, Deuterozacharja. Eine kritische Studie (ZatW i, i 96;
248 I- Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 584
gegriffen und einen Deuterozakarja angenommen, ja wie
bei Isaias auch beim zweiten Teil mehrere Hande unterscheiden
zu konnen geglaubt 1 . Aber bei Zacharias sprechen die inneren
Griinde viel weniger eindeutig als bei Isaias, so dafi die kritischen
Exegeten in der Datierung des zweiten Teiles zu widersprechen-
den Ansatzen kommen mufiten.
584. Die einen schreiben den ganzen zweiten Teil einem vorexilischen
Verfasser 2 , die andern einem Schriftsteller der griechischen Zeit 3 zu,
wahrend eine dritte Grtippe 4 diesen zweiten Teil von Zach wieder
aufteilt undKap. 9 n von (meist zwei) vorexilischen 5 undKap. 12 14
von nachexilischen Schriftstellern herleitet. Bei so unsicher deutbaren
Anzeichen verschiedenen Ursprungs wird es sich nicht empfehlen, die
iiberlieferte Zuweisung an den Propheten des 6. Jahrhunderts fallen zu
lassen, wenn auch die Verschiedenheiten 6 eine Erklarung verlangen 7
und die Tatsache auffallen mufi, daft Mai i, i ebenso eingeleitet wird
wie Zach 91; 1 2, i 8 .
2, 151 172 275309); aber auch M.-J. Lagrange O. P., Notes sur les pro-
phe"ties messianiques des derniers prophetes (Rb N. S. 3, 67 83).
1 Nowack (s. o. S. 99 2 ) 2 377 ff. denkt sogar an vier, N. J. Rubinkam (The
second part of the book of Zechariah with special reference to the time
of its origin, Basel 1892) an acht verschiedene Hande.
2 So altere Exegeten; vgl. Kuenen (s. o. S. 10) 2, 386 f.
3 So Marti (s. o. S. 99 2 ) 396 : 160 v. Chr.
4 So Steuernagel (s. o. S. 10) 645. W. Erbt (Die Urgestalt des Sacharja-
buches [OrLz 22, 49 56 97 104]) nimmt die Zeit des Ezechias fur die
Urgestalt von Zach 9 14 an, die dann in der Zeit des Darius iiberarbeitet
wurde.
5 So Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 I23 2 .
a Vgl. R. Eckardt, Der Sprachgebrauch von Zach 9 14 (ZatW 13, 76 109);
Ders., Der religiose Gehalt von Sacharja 9 14 (ZThK 3, 311 331). Aufler-
dem scheinen manche Angaben fur die Zeit vor dem babylonischen und
assyrischen Exil zu sprechen, andere wiederum das griechische Weltreich
vorauszusetzen.
7 Sellin (s. o. S. io) 4 i24 halt den Verfasser von Zach 9 14 fur einen
Apokalyptiker des 3. Jahrhunderts, der aber unter der Maske eines vor-
exilischen Propheten schrieb. A. van Hoonacker (Les chapitres IX XIV
du livre de Zacharie [Rb n, 161 183 347 378]; vgl. auch Ders. [s. o. S. I66 1 ]
657662) erklart die Verschiedenheiten damit, dafl die beiden Teile auf
einer verschiedenen literarischen Fiktion aufgebaut seien.
8 Kuenen (s. o. S. 10) 2, 408 f., Driver (s. o. S. 9) 380 f. u. a. meinen, Zach
sei gemeinsam mit dem Zwolfprophetenbuch vom gleichen Bearbeiter zu-
sammengestellt.
Nr. 588 C. Die Propheten. c) Das Zwolfprophetenbuch. 12. Malachias. 349
12. Malachias.
182. Name. Literatur.
585. "'SS^E (i, I ; vgl. 3, i), MaXaxiac; (aus der erganzten Namens-
form fija&tt), Prophetia Malachiae 1 (Mai).
586. Bibliographic vgl. bei Isopescul (s. u.) 17 26; Knabenbauer
(s. o. S. 328) 2 2 , 502 504. J. Hale"vy, Recherches bibliques: Le prophete
Malachie (Rsem 17, i 44). O. Isopescul, Der Prophet Malachias. Ein-
leitung, Ubersetzung und Auslegung, Czernowitz 1908. *L. Reinke, Der
Prophet Malachi. Einleitung, Grundtext und Ubersetzung usw. (s. o. S. 343),
Giefien 1856. Smith (s. o. 337).
183. Person und Buch des Propheten Malachias.
587. Malachias 1st nach Aggaus und Zacharias anzusetzen, well
der Tempel schon wieder aufgebaut ist (2, n; 3, i 10). Da der
Prophet am Volke bereits eine Erschlaffung des anfanglichen
Eifers tadelt, so muC die Wiederherstellung des jiidischen Ge-
meinwesens schon geraume Zeit voriiber sein. Seine Prophetic
setzt ungefahr die gleiche Lage voraus, mit welcher Ezra und
Nehemias sich zu befassen hatten 2 ; deshalb wird 450 v. Chr. der
mittlere Ansatz fur die Wirkenszeit des Propheten sein.
Handle glauben noch Naheres aus der Weissagung selbst erschliefien
zu konnen und lassen den Propheten der Tatigkeit des Ezra den Boden
bereiten (also vor 458 v. Chr.) oder die durchgefiihrte Reform unter-
stiitzen und erganzen (also nach 444 v. Chr.) 3 .
588. Die kurze Weissagung ist in Dialogform gehalten.
Jahwe hat das Volk geliebt und gegen Feinde geschiitzt (i, i 5).
Trotzdem verunehren ihn die Priester durch ungeeignete Opfer, statt
1 Der Name ist doch wohl nicht aus Mai 3, I gebildet (so Holscher [s. o.
S. 280] 452 u. a.), wiewohl er sonst im AT nicht vorkommt. Es sind ahn-
liche Bildungen nicht selten (vgl. ^as 4 Rg 18, 2 = nas : 2 Chr 29, i). Auch
hat diesen Namen in der Uberschrift des Buches, wiewohl sie ihn mit
v x ei pi &YY^ OU a()ToO iibersetzt. Zur Form Malachiel vgl. P. Schepens,
Le prophete Malachiel (RchScr n, 362 f.).
2 Die jiidische Uberlieferung und mit ihr einige Kirchenvater sehen
deshalb in unserem Propheten den Ezra selbst. Vgl. X zu Mai i, i ; Hiero-
nymus, In Mai., Prol. (M 1 25, 1617 1646). H. H. Spoer (Some new considera-
tions towards the dating of the book of Malachi [JqR 20, 167 186]) verlegt
Mai nicht weit von der Makkabaerzeit.
3 Vgl. die Zusammenstellung bei Knabenbauer (s. o. S. 328) 2 2 , 496 f.
I. Teil. Die Biicher des AT im einzelnen. Nr. 589
deren ein reines Speiseopfer auf der ganzen Welt dargebracht
werden soil (i, 6 14) 1 . Weitere Vorwiirfe gegen die Priester (2, i 17).
Jahwe wird seinen Engel senden, um die Sunder zu richten (3, i 6).
Abgaben sollen gegeben werden, um Segen zu ernten (3, 7 12). Jahwe
wird die Gerechten und die Gottlosen verschieden behandeln (3, 1321
[25 4, 3]). Vor dem Tage Jahwes wird der Prophet Elias 2 gesandt
werden (3, 22 24 [35 4, 4 6]).
589. Malachias gilt als der l.etzte der Propheten
D^^Ssn, sigillum prophetarum), da nach ihm bis zur Zeit des
Messias keiner mehr auftrat 3 .
1 Mai i, II versteht vom heiligen Mefiopfer das Concilium Tridentinum,
sess. 22, De sacrificio missae, cap. i (D u 939). Vgl. A. Rembold S. J., Die
eucharistische Weissagung des Propheten Malachias (ThG 16, 58 70).
2 Mt II, 14; 17, 12; Lk i, 17. L. Reinke, Historisch-kritische Abhand-
lung iiber Malachi 3, 23 24 (4, 5 6) (ThQ 37, 529591).
3 Zur Beziehung von Mai und Zach 9 14 vgl. o. S. 348 8 . Zur Metrik
vgl. Sievers (s. o. S. 330*).
II. Teil. Geschichte des atl Kanons.
1. Allgemeines.
184. Literatur. Kanon.
590. K. Budde, Der Kanon des AT. Ein Abrifi, Giefien 1900. F. Buhl,
Kanon und Text des AT, Lp. 1891. *A. Loisy, Histoire du canon de
1'AT. Legons d'Ecriture Sainte, P. 1890. *B. Neteler, Beitrag zur Unter-
suchung der Geschichte des atl Kanons, Mstr. i. W. 1900. H. E. Ryle,
The canon of the OT. An essay on the gradual growth and formation of the
Hebrew canon of Scripture, Ld. 1892, 2 i895 ( 3 i9O4). J. P. van Kasteren S.J.,
De joodsche Canon omtrent het begin onzer jaartelling (Studien [s. o. S. 313 2
unter Van Lujk] 45 [1895], 4 1 S~4%4)- Der s., Le canon juif vers le commence-
ment de notre ere (Rb 5, 408 415 575 594). B. Welte, Bemerkungen iiber
die Entstehung des atl Canons (ThQ 37, 5895). G. Wildeboer, De la
formation du canon de 1'AT. Etude historico-critique (hollandisch : Gro-
ningen 1889, 2 1891, 3 1900). Traduit par L. Perriraz, Lausanne [1901] ( 4 i9o8.
Deutsch : Die Entstehung des atl Kanons. Aus dem Hollandischen von
F. Risch, Gotha 1891).
591. Das Wort Kanon (Kavdbv; vgl. "13) 1 , zuerst = Rohr,
wegen seiner Geradheit in der Baukunst verwendet, wurde auch
als Mafistab in iibertragenem Sinne gebraucht 2 . In der religios-
kirchlichen Sprache nennt man Kanon einerseits etwas, was
als bestimmende Norm und Regel gilt 3 , anderseits auch solches,
1 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) I 2 , 24 ff.; K. A. Credner, Zur Geschichte des
Kanons, Halle 1847; T. Zahn, Grundrifi der Geschichte des ntl Kanons 2 ,
Lp. 1904, i 10.
2 Die Regeln der Grammatik hiefien KOVOVEI;. Ein vorbildlicher Schrift-
steller konnte xavibv genannt werden ; vgl. Cicero, Ep. ad Familiares, Lib. 16,
Ep. 17: Tu, qui xavijjv esse soles scrip torum meorum (Scripta quae man-
serunt omnia 9 [Lp. 1925]).
3 4 Makk 7, 21 f.: Wer sollte nicht gemaC dem ganzen Kanon der Philo-
sophic (upd? 8\ov TOV TH? (piXoootpia? xavova) . . . wegen der Frommigkeit iiber
die Leidenschaften herrschen?
352 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 592
das passivisch an einem andern gemessen, normiert wird 1 . Eine
in diesem doppelten Sinne gebrauchbare Bezeichnung kirch-
licher Kanon (KOVUJV eKKAnmcKTTiKos) konnte auf Verschiedenes
angewendet werden (Taufsymbol, jede einzelne kirchliche Lehre
oder Satzung, Inbegriff der kirchlichen Glaubenslehren). Besonders
gilt dies von der Heiligen Schrift: sie ist normiert an der kirch-
lichen Lehre 2 , normiert aber ihrerseits wiederum Glauben und
Leben der Kirche 3 . Von dem friiheren Sprachgebrauch im Sinne
eines Kanons kirchlich normierter oder das Glaubensleben nor-
mierender Schriften aus vollzog sich um die Mitte des 4. Jahr-
hunderts der Ubergang zur Bedeutung Verzeichnis dieser
Schriften 4 .
185. Kanongeschichte.
592. Die Geschichte des atl Kanons legt dar, wie die einzelnen
Biicher des AT allmahlich zum jetzigen Umfang des AT zu-
sammengefugt worden sind. Soil die Bildung des Kanons von
den ersten Anfangen an verfolgt werden, so ist geschichtlich
festzustellen , daC eine dazu berufene Autoritat auf Grund
eines hierfur geeigneten Merkmales irgend ein Buch durch
einen bestimmten Akt als kanonisch erklart hat.
593. Die Autoritat, welche den jetzt giiltigen Kanon des AT
aufgestellt hat, ist die katholische Kirche. So bestimmt kann
man fur jiidische geistliche Obrigkeiten nicht die Ermachtigung
nachweisen, in Kanonfragen maCgebende Entscheidungen zu
treffen; doch die Geltung eines Kanons setzt im Alten Bunde
und im Judentum eine solche Autoritat voraus.
1 Klemens Rom., i Cor. 7, 2 : Lafit uns nun zu unserem vielgeriihmten
und ehrwiirdigen Kanon der Uberlieferung (im r6v &K\ef} Kai aeuvov
irapaboaecu? fiuuiv Kavova) kommen.
2 Z. B. Athanasius, Ep. fest. 39 : rd K<xvovi6ueva xai irapaboedvra
re Geia etvai ^ipXia (M s 26, 1176).
3 Z. B. Irenaus, C. haer. 4, 35 (M g 7, 1089); Isidorus Pelusiota, Ep. 4, 114:
Tov xav6va Tf|? &\ri66ia?, TO.C, Geia? fpatpd^, KaTO-irTeuamnev (M B 78, 1185).
Van Kasteren (s. o. S. 351) Rb 5, 408 ff. meint, es habe sich tatsachlich der
passivische Sinn durchgesetzt.
4 Hieronymus, Prol. gal. : Sapientia . . . non sunt in canone. Zahn
(s. o. S. 351 l ] 6 setzt die Bedeutung Verzeichnis, Liste an den Anfang
der EntWicklung ; der Gedanke an eine normierende Regel sei erst spater
eingedruhgen.
Nr. 595 , i. Allgemeines. 353
In spatjiidischer Zeit mag der Einflufi, den die Versammlung der
Weisen in der religiosen Leitung des Volkes ausiibte, wie auf sonstige
theologische Fragen, so auch auf biblische Dinge sich erstreckt haben.
Der grofie Gerichtshof (r? n-a), der nach dem Untergang des Synedriums
zu Jerusalem (70 n. Chr.) die Leitung des Judentums tibernahm und
zuerst in Jabne l , spater in Tiberias am See Genesaret tagte, hat wohl
auch Kanonfragen vor sein Forum gezogen. Dementsprechend wird
dieselbe Befugnis auch dem Synedrium in Jerusalem geeignet haben.
Fiir noch friihere Zeit ist bezeugt, daft man in Zweifelsfallen gewohnt
war, sich an einen Propheten zu wenden 2 . Die Manner des Hizkijja
(n;i?jr! ">ws [727 699] Prv 25, i; vgl. 2 Chr 29, 30 und o. S. 248) sind
wohl kein voriibergehendes Gebilde gewesen, sondern eine dauernde Ein-
richtung ; sie hatten Spriiche Salomos, einen Bestandteil eines Buches, das
zum jiidischen Kanon gehorte, zu sammeln. Man kann daraus entnehmen,
dafi sie auch in weiterem Umfange eine Aufgabe in biblischen Dingen
hatten. Recht und Beruf des atl Priestertums wird sich ebenfalls nicht
blofi auf die Dt 27; 31, 9 erwahnten Obliegenheiten beschraukt haben;
Kanonfragen wiirden sich unschwer daran angliedern lassen. Dafi
auch die Volksstimme, wenn jemand, und dann unter seinem Einflufi
immer mehrere, einem Buch kanonische Geltung zubilligte, als Werkzeug
der gottlichen Vorsehung wirken konnte, ist infolge Fehlens anderer
bestimmter Autoritaten fur moglich zu halten 3 .
594. Als Kennzeichen, das ein kanonisches Bu ch von einem profa-
nen unterscheidet, gilt in der katholischen Dogmatik die Inspiration.
Da sich der Inspirationsbegriff erst im Laufe der Entwicklung immer
mehr klarte, so ist anzunehmen, dafi im Alten Bunde noch nicht die
gleiche bestimmte Vorstellung von der Inspiration wie heute als Merk-
mal kanonischer Biicher gait. Aber eine gleichwertige Eigenschaft mufite
schon damals an kanonischen Schriften festgestellt werden, um sie von
rein weltlicher Literatur zu unterscheiden 4 .
595. In welcher Art sich die dritte Voraussetzung fur die Kanon-
bildung verwirklicht hat, die formelle Anerkennung des
Kennzeichens der Inspiration, wissen wir nicht 5 .
1 Um 100 n. Chr. (vgl. Schiirer [s. o. S. 163 3 ] 2 3 , 366 ff.). Zur Lage vgl.
Taf. I , Bild 1 , 4 d. Dort wurde an einem bestimmten Tage iiber die kano-
nische Geltung von Ct und Koh entschieden (Jad. Ill S [s. u. 187, Nr. 608];
vgl. Budde [s. o. S. 351] 58 ff.).
2 i Makk 4, 46; 14, 41 ; Josephus, C. Ap. i, 8 (s. u. Nr. 605). Vgl. W. Fell,
Der Bibelkanon des Flavius Josephus (BZ 7, I 16 113122 235 244) 1148".
3 Dagegen Eusebius, Praep. evangel. 12, 23 (M g 21, 991 f.).
4 Fur uns ist meist nicht mehr der Glaube nachweisbar, dafi eine Schrift
aus der Hand Gottes herriihrt, sondern blofi die Tatsache, dafi eine Schrift
als verpflichtende Norm fur Glauben und Leben gait.
5 Inspiriert sein und kanonisch sein unterscheiden sich logisch ebenso
wie sein und erkannt sein und auch sachlich, weil sich inspirierte
Ooettsberger, Einleitung in das AT. 23
354 I*- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 596
Moglich 1st, dafi eine solche Anerkennung sich in einem einmaligen,
mehr oder minder feierlichen Akt aussprach oder sich durch wieder-
holte Akte der Verwendung eines Buches, also im Volksgebrauch durch-
setzte. Fur die Kanongeschichte im atl Judentum ist meist nur die
Folge solcher Anerkennungsakte, namlich die kanonische Geltung, fur
den Beweis erreichbar. Die so erweisbare kanonische Geltung bezieht
sich entweder auf einzelne Biicher * oder auf Sammlungen 2 von Schriften ;{ .
2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des
Judentums.
186. Zeugnisse fiir die allmahliche Bildung des
Kanons.
596. i) 4 Rg 22 L, der Bericht iiber den Fund des mosaischen Gesetz-
buches unter Josias (623; s. o. S. 81 ff.) und iiber die Anerkennung
seiner Verbindlichkeit, kann nur dann als erstes Zeugnis des atl Kanons
angesehen werden, wenn man darunter den ganzen Pentateuch versteht 4 .
In diesem Falle ist es ein Zeugnis, dafi mindestens ein Menschenalter
friiher, also nicht nach der Zeit des Hizkijja der Pentateuch als kano-
nisch anerkannt wurde.
597. 2) Sicher ist Neh 8 10, der Bericht iiber die Verpflichtung
des judischen Volkes auf das Gesetzbuch des Moses, das Ezra vor-
las (444 v. Chr.), ein Zeugnis dafiir, dafi der Pentateuch 5 seit
geraumer Zeit in kanonischer Geltung stand.
Biicher denken lassen, die nicht kanonisch geworden oder nicht mehr
kanonisch geblieben sind. Unrichtig ist infolgedessen, was Budde (s. o.
S- 350 17 meint : Der Kanon wuchs wie eine Pflanze ; er war mit dem ersten
inspirierten Buche vorhanden und im Augenblick der Vollendung des letzten
abgeschlossen.
1 Wildeboer (s. o. S. 351) 16 19 meinte, dafi ein einzelnes Buch keinen
Kanon bilden konne. Das ware nur unter der Voraussetzung richtig, dafi
Kanon Verzeichnis bedeute. Naturgemafi aber konnen nur abgeschlossene
Biicher fur die Bildung des Kanons in Frage kommen, nicht literarische
Stiicke, die blofi Vorstufen zum fertigen Literaturwerk darstellen, mogen sie
auch in ahnlicher Geltung gestanden haben wie das spatere vollendete Buch.
2 Eine Sammlung von Biichern als solche kann nur dann ohne weiteres
als Zeugnis der kanonischen Anerkennung gelten, wenn die Biicher dieser
Sammlung wenigstens spater als Bestandteil des Kanons begegnen.
3 liber die Moglichkeit, dafi inspirierte Biicher verloren gingen und des-
halb keine kanonische Geltung erlangten, vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 246 ff.
4 Siehe o. S. 82 f.
5 Siehe o. S. 88 ff.
Nr. 600 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 355
598. 3) AuCerderri bietet die Literatur des AT eine Reihe von
Stellen, wo Vorschriften mit verbindlichem Charakter aus einem
Gesetzbuch zitiert werden.
Soweit als erwiesen angenommen werden darf, daft damals 1 bereits
der ganze Pentateuch existierte, nicht blofie Teilsammlungen der mo-
saischen Gesetze, sind auch diese Stellen Belege daiiir, daft dem Penta-
teuch kanonische Geltung eignete.
599. 4) Nach Dn 9, 2 existierte zur Zeit des Daniel (Mitte des
6. Jahrh.), mindestens zur Zeit, als Dn verfafit wurde (ca. 300 v. Chr. ;
s. o. S. 326 ff.), eine Sammlung von mehreren Schriften, worunter
sich das Buch des Propheten Jeremias (vgl. 25, n; 29, 10) be-
fand, und diese Sammlung erfreute sich einer Schatzung, welche
am richtigsten mit der spateren kanonischen Geltung gleich-
gesetzt wird.
Daft damals der Prophetenkanon abgeschlossen gewesen sei, kann
aber daraus nicht mit Sicherheit entnommen werden, wenn es auch am,
nachsten liegt, an eine Sammlung prophetischer Schriften zu denken.
600. 5) Nach 2 Makk 2, 13 f. sammelte Nehemias im 5. Jahrh.
eine Bibliothek, die unzweifelhaft kanonische Biicher enthielt,
darum als Sammlung mit kanonischer Geltung betrachtet werden
darf 2 .
Mit T& irepi Ttl)v paaiXeuuv xai irpoqpnTiuv (hpXia konnten die Geschichts-
biicher (Jos 4 Rg) 3 und die prophetischen Bticher (ohne bestimmten
Umfang) 4 gemeint sein. Tot TOU Aourib bezeichnet zunachst ausdriick-
lich nur die davidischen Psalmen 5 , kann aber, wie im spateren
Sprachgebrauch ublich, im wesentlichen das ganze Psalterium meinen 6 .
1 Wird das giinstigste Ergebnis der Pentateuchkritik fur richtig gehalten,
so wiirden fast alle Stellen bis auf Moses zuriick solche mittelbare Zeug-
nisse sein. Vgl. o. S. 47 ff.
2 DaG diese Nachricht geschichtlich sei, wird von Budde (s. o. S. 351) 33 f.
ohne hinreichenden Grand bezweifelt; vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) 443 ; Loisy (s.-o.
S. 351) 45. Eine profane Biichersammlung sehen darin Budde (s. o. S. 351)
34 und Loisy (s. o. S. 351)45.
3 Der Pentateuch brauchte nicht eigens genannt zu werden, da er seit
langem in hochster Schatzung stand. Comely (s. o. S. 3 2 ) I 2 , 52 und Fell
(s. o. S. 3 2 ) 36 finden ihn im iti<juv<rreiv vorausgesetzt ; allein das Kompo-
situm bedeutet trotz des auv nichts weiter als sammeln.
4 Nach Loisy (s. o. S. 351) 53 u. a. hatte Nehemias den Prophetenkanon
abgeschlossen. 5 So Wildeboer (s. o. S. 351) 29.
6 Schwerlich wird jedoch dieser Titel den ganzen Umfang der Hagio-
graphen in sich befassen konnen; so Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 52; dagegen
Loisy (s. o. S. 351) 45.
23*
356 II- TeiL Geschichte des atl Kanons. Nr. 60 1
Die emaToXai fJamXeujv irepi dvaOeuaTUJV = Briefe der Konige iiber
die Weihegeschenke konnen kaum als Benennung fur Ezr-Neh gelten \
wiewohl sich ahnliche Briefe darin finden (Ezr 6, 2 12; 7, n 26;
Neh 2 , 7ff.) 2 .
601. 6) Ein ziemlich umfangreiches Verzeichnis von Schriften,
die damals vorhanden waren, laCt Sir 44 49 erschliefien 3 , ein
Lobhymnus auf die beriihmten Manner der Vorzeit (oVl? itntf miB,
irciTepujv UJLAVOC;), die ofFenbar im Anschlufi an die heiligen Schriften
aufgezahlt werden:
Henoch, Noe, Abraham, Isaak, Jakob, Moses, Aaron, Eleazar, Phinees
(Sir 44, 16 45, 26 [35 31]; vgl. noch 49, 14 [33 i6]ff.) aus dem Penta-
teuch, Josue (46, i ff.), die Richter (46, n [35 13] if.); Samuel (46, 13
nach dem hebraischen Text und &}, David (47, i ff.), seine Psalmen
(47, 8 [35 9] ff.), Salomo u. a. (47, 12 [35 14] ff.) nach Sm und Rg,
Prv, Ct(?), Koh(?) (47/17 [33 18]), Isaias einschliefilich des sog. Deu-
terojesaja (48, 22 [33 25] ff. s. o. S. 291), Jeremias (49, 6 [33 8] ff.)
mit Lam 4 , Ezechiel (49, 8 [33 10]), Job (49, 9 [35 n]) 5 , die zwolf
Kleinen Propheten (49, 10 [35 12]), Nehemias (49, uf.). Die Schriften
des AT, welche erwartet werden konnten und nicht genannt sind, mogen
iibergangen worden sein, weil die vorkommenden Vater schon aus
andern Schriften entnommen waren (Chr, vielleicht Koh, Ct), oder weil
sie noch nicht als kanonisch anerkannt waren (vielleicht Dn, Est) oder
erst spater entstanden sind 7 . Da die beriihmten Vorfahren genannt
werden wollten, so fehlt uns der Name des Ezra; dafiir braucht man
sich aber kaum darauf zu berufen, dafi Ezr-Neh mit Chr ein Buch
bildeten 8 . Die Art, wie die Biicher hier verwertet werden, setzt eine
religiose Wertschatzung voraus, also ein Aquivalent fur den spateren
Begriff kanonisch. Das bestatigt die Tatsache, dafi die gleichen
Biicher uns in spateren, bestimmteren Zeugnissen fur den Kanon
wieder begegnen. Das Zeugnis von Sir 44 ff. ist um 180 v. Chr. an-
zusetzen (s. o. S. 276).
1 So Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 52.
2 Budde (s. o. S. 351) 34, Konig (s. o. S. 2 2 ) 442 und Loisy (s. o. S. 351) 45
sehen darin eine profane Sammlung, aus welcher der Verfasser von Ezr-Neh
die Briefe entnehmen konnte.
3 A. Eberharter, Der Kanon des AT zur Zeit des Ben Sira auf Grund
der Beziehungen des Sirachbuches zu den Schriften des AT dargestellt
(AtAbh 3, 3), Mstr. i. W. 1911. 4 Vgl. Loisy (s. o. S. 351) 43.
5 In dem TUJV dxQpifiv der (= =:s) steckt der Name a 1 " 1 *? (so der he-
braische Text).
6 Der hebraische Text und & bestatigen es (vgl. Budde [s. o. S. 351] 44 2 ).
7 Das nimmt die kritische Schule besonders bei Dn an (s. o. S. 325).
8 Zorobabel aus dem Buche Ezr wird aber genannt. Dafi Ezra fehlt,
kommt viel weniger fur den Kanon in Betracht als dann, wenn die Ezra-
Nehemiasfrage zu klaren ist.
Nr. 604 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 357
602. 7) Der Zeit nach reiht sich die Biichersammlung des Judas
des Makkabaers an (2 Makk 2, 14) : wie ehedem Nehemias sam-
melte er alle Biicher, welche wahrend des Krieges zerstreut
worden waren.
Nach der ganzen Richtung, in der sich die Wiederherstellungs-
arbeiten in der Makkabaerzeit bewegten, kann an der religiosen Ein-
schatzung dieser Bibliothek nicht gezweifelt werden. Was sie umfafite,
lafit sich nicht feststellenj nicht einmal das lafit sich behaupten, dafi
sie mit der Bibliothek des Nehemias sich wesentlich gedeckt hatte.
603. 8) Das Kanonzeugnis, welches wir dem Prolog zur griechi-
schen Ubersetzung des Sir entnehmen (ungefahr 130 v. Chr. [s. o.
S. 275]), 1st im einzelnen nicht so bestimmt wie Sir 44 ff., fiigt aber
einen neuen Punkt hinzu, der fur die Kanongeschichte von Wert
ist. Der Ubersetzer des Sir nennt drei Teile des Kanons : 6 vojuog
mi ot irpoqpfJTai (ai TrpoqpnieTai) Kcti rd dXXa rd KO.T' auTouc, rjKO-
XouGnKOTa (id dXXa mxTpia phpXia, Td Xorrrd TUJV pipXiouv).
Gesetz und Propheten sind bestimmt abgegrenzte Gruppen von
Biichern 1 / wenn auch ihr Umfang nicht festgestellt werden kann. Auch
der dritte Teil lafit an eine abgegrenzte Gruppe 2 denken, die aber wegen
der Vielgestaltigkeit der Schriften wie auch heute noch keine zusammen-
fassende Bezeichmmg erhielt. Die Dreiteilung der Biichersammlung 3
ist gegeniiber der abweichenden Anordnung in 4 urspriinglich und
wird am besten verstandlich, wenn man sie als Niederschlag aufeinander-
folgender Sammlungen von heiligen Schriften betrachtet 5 . Damit ist
nur eine relative zeitliche Einordnung der drei Gruppen bezeugt, be-
sonders, dafi die Propheten vor dem dritten Teil des Kanons gesammelt
wurden.
604. 9) Vielleicht weist auch 4 Ezr 14, 44 48 auf unsere kano-
nische Biichersammlung hin, so unsicher die Uberlieferung der
Zahl auch sein mag.
1 Dabei ist immer noch die Moglichkeit ofifen zu lassen, dafi einzelne
Biicher nachtraglich hineinkamen.
2 Dafi der Verfasser des Prologs auch Sir zur dritten Gruppe rechne, ist
durch den einleitenden Satz ausgeschlossen. Es miissen nicht einmal alle
Schriften enthalten sein, die der spatere jiidische Kanon unter den n^a^i
Schriften zusammenfaCt So mit Recht Ryle (s. o. S. 351) 155.
3 Vgl. auch Philo, De vita contemplativa 3, 25; Lk 24, 44.
4 Vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) 454 2 .
5 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) I 5 , 27; Ryle (s. o. S. 351). Sachliche
Griinde fur die Dreiteilung (z. B. verschiedene Grade der Inspiration; so das
nachbiblische Judentum seit Philo, besonders Moses Maimonides, IEC
358 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 605
Als Ezra die heiligen Schriften wiederherstellte, da unterschied er
zwischen den alien, zuganglichen und den siebzig geheimzuhaltenden
Biichern. 1st die Gesamtzahl der Biicher 94 (so (5, 2lf&, 2lcab, 2lrm) *,
dann waren die allgemein zuganglichen Biicher 24, und diese Zahl
stimmt iiberein mit der Zahl der Biicher im jiidischen Kanon; das
ist Grund genug, in 4 Ezr 14, 44 ff. ein Zeugnis fur die 24 Biicher des
jiidischen Kanons zu sehen (ca. i. Jahrh. n. Chr.).
605. 10) Die Gesamtzahl 22 und die Zahl der einzelnen Gruppen
von Biichern 2 bezeugt Flavius Josephus, C. Ap. I, 8 3 :
Ou uupidbec; fhpXiuuv eiai irap' f)uiv dauu9ubvujv KOU uaxouevtuv
buo be uova irpog TOIC; eiKOffi pifSXia TOO TTOIVTOC; exovia xpovou Tr]v
dvaypacpfiv td biKcduuc; [6e!a] ireincTTeuueva. Kai TOUTUUV irevie uev eaTi
rot Muuucreuuq, a Touq re vououc; ueptexei. 3 Am> be Trig Muuuaeuuc;
TeXeuTfj? uexpi if\c, 'ApiaSepHou TOU ueTa Eepr|V TTepaouv pacrtXeujg [dpxng]
oi ueTct Mu)U(Tf)v TrpocpfiTai Ta KO.I' auTou? TtpaxOevia auveYpaij/av ev
rpiai KCU beKa pipXioig- al be Xoimxi Teaaape? uuvoug eiq TOV 6eov xai ToTq
dvGpdjiToi? uiTO0riKag TOU piou Trepiexoumv. 'Airo be 'ApTCtSepSou uexpv
TOU KaG' fijuaq XP VOU TeTpaitTai uev eKaaTa- mdTemg b' oux ouoiag
riSiuuTai TO;? upo auTUJV bid TO uf) YeveaGai Tfjv TIUV irpocpnTOuv dxpipn
biaboxnv TocrouTou ydp aiaivog r\br\ irapqjxnKOTog ouTe irpoaGeivai
tic, oubev ouTe dcpeXeiv auTtliv ouTe ueTCcGeTvcu TCToXjuriKev.
Selbst wenn das 0eTa als spaterer Zusatz ausgeschieden wird 4 , verrat
der ganze Zusammenhang, der Hinweis auf die Autoritat der Propheten
und die sorgfaltige Uberlieferung, dafi wir in den aufgezahlten Biichern
kanonische Biicher sehen diirfen. Will man den Umfang dieses Kanons
genauer feststellen, so ist die Zahl 22 als spater gebildete Zusammen-
ziehung der Zahl 24 zu betrachten 5 , also die Summe der Biicher iden-
tisch mit dem endgiiltigen Kanon des Judentums. Da Josephus griechisch
und fur Griechen schreibt, wird er die griechische Anordnung und
Zahlung der Biicher zu Grunde gelegt, also Rut und Lam zu Jdc und
Jer gestellt und damit zusammengenommen haben. Die 13 geschichtlich-
prophetischen Biicher werden demnach sein: Jos, Jdc-Rut, Sm, Rg,
Chr, Ezr-Neh, Est 6 , Job, Is, Jer-Lam, Ez, Dn, die zwolf Klein en
Propheten. Unter den Hymnen und Lebensregeln des dritten Teiles
i-.a 2, 45 [vgl. Moses ben Maimon, Fiihrer des Unschliissigen. Ins
Deutsche iibertragen und mit erklarenden Anmerkungen versehen von A. Weifi
(Philos. Bibliothek 184), Lp. 1923, 184 b , S. 284 ff.]; ebenso Thomas Aq., S. th.
2, 2, q. 174, a. 2, ad 3; anders G. F. Ohler, Theologie des AT 3 , Stuttgart
1891, 749 f., u. a.) lassen sich nicht einwandfrei durchfuhren.
1 93 204; andere lateinische Hss: 974, 904, 84 (vgl. Budde [s. o. S. 351] 15).
Auch die Aufeinanderfolge ist fur Josephus fest bestimmt.
Vgl. Fell (s. o. S. 353 2 ). 4 So auch Fell (s. o. S. 353 2 ).
Vgl. u. 199', Nr. 683.
Est ist von Josephus sicher mitgerechnet worden, weil das Datum des
zuletzt zugelassenen Buches das der Estererzahlung ist.
Nr. 606 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 359
verstand er wahrscheinlich Pss, Ct, Prv, Koh. Sicher sind diese An-
nahmen in jeglicher Einzelheit nicht, well wir iiber die Art der Zahlung
nicht authentisch unterrichtet sind. Josephus kann die eine und andere
von den Schriften, die in spaterer Zeit noch in jiidischen Kreisen be-
stritten wurden, wie Ez, Ct, Koh (s. u. 187), iibergangen und dafiir
Rut und Lam als selbstandige Biicher mitgezahlt haben.
606. 1 1) Allen Zweifel behebt das Kanonverzeichnis des Talmud,
b. Baba batra f. I4 b und 15" (2. Jahrh. n. Chr.) 1 , welches die
Biicher des jiidischen Kanons nach ihrer Reihenfolge und mit den
Verfassern im einzelnen aufzahlt 2 :
-sy =P!I trw ^Nprrm trw a-oVai ^Nias D^BBIWI yaw* a-iraa ''vs p-o -pai iar
rfoai ^s-ai Pia-pi aii^stt IT rtrtj? " antci n^nn isai mi a*airs ^B -,110 ....
nsa ar<3 yavr aT'si n:a PWBI lisa ana rraa -jaws ^ai . . . o^a-r? "nati SITS iros
may 'p "w D^inn i0 aro in riii n-iasisi USD ars Vsnas niinar -j-pics
iiEO ans n^Mii -tip ^33 rroya i-n ^y\ (f. 15) qc 111
biun rsss ^aas nVttpi a^i^an i^ffl ^a fi"r"> lains i
n ia rt-'ana rrpos isai . . . ^ ia n^a^n 1131 '? arm USD sns ita> iros rtsai ^s^ai
Die Rabbanan lehren: Die Ordnung der Propheten 3 ist: Jos und Jdc,
Sm und Rg, Jer und Ez, Is und die Zwolf. .... Die Ordnung der
, Schriften' ist: Rut und Buch der Pss und Job und Prv, Koh, Ct und Lam,
Dn und Rolle Est, Ezr und Chr Und wer schrieb sie? Moses schrieb
sein Buch und die Parasche iiber Bil c am 4 und Job. Josue schrieb sein
Buch und acht Verse in der Tora 5 . Samuel schrieb sein Buch und
Jdc und Rut. David schrieb das Buch der Pss durch zehn Alteste,
durch den ersten Menschen, durch Melchisedech und durch Abraham
und durch Moses und durch Heman und durch Jedutun und durch
Asaph (f. 15*) und durch die drei Sohne des Korah. Jeremias schrieb
sein Buch und das Buch Rg und Lam. Hizkijja und seine Ver-
sammlung schrieben Is, Prv, Ct und Koh. Die Manner der grofien
Synagoge schrieben Ez und die Zwolf, Dn und die Rolle Est. Ezra
schrieb sein Buch und das Geschlechtsregister der Chr bis auf sich. . . .
Und wer fiihrte es weiter? Nehemias, der Sohn des Hakalja.
1 Es ist eine sr^s, eine aufierhalb der offiziellen Sammlung des R. Je-
huda ha-Nasf (136 217 n. Chr.) gebliebene Misna-Uberlieferung.
- Vgl. G. A. Marx, Traditio rabbinorum veterrima de librorum Veteris
Testamenti ordine atque origine, Diss. Lp. 1884, neue Ausgabe (unter dem
Namen G. Dalman, Habilit.-Schrift) 1891, 1319; Ryle (s. o. S. 351) 284
bis 291.
3 Innerhalb des Pentateuchs gab es keine verschiedene Reihenfolge (vgl.
u. S 20 1, Nr. 690).
4 Nm 23 f. Dieser gehort eigentlich nicht in den Pentateuch* (L. Gold-
schmidt, Der babylonische Talmud 6, Lp. 1906, 976 588 ).
5 Dt 34, wo iiber den Tod des Moses berichtet wird (s. o. S. 62).
360 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 667
607. Wie man auch diese Talmudstelle im einzelnen deuten mag l ,
fur die Kanongeschichte steht fest, dafi um 200 n. Chr. die
erwahnten 24 Biicher im Judentum als kanonisch angesehen
wurden. Da die Zahl 22 im Kanon des Flavins Josephus aus
der Zahl 24 entstanden ist 2 , so diirfen wir die gleichen Biicher
im Kanon des Judentums ein Jahrhundert vorher (ca. 100 n. Chr.)
suchen. Da 4 Ezr ungefahr in der gleichen Zeit entstand, ist
es durchaus moglich, dafi von seinem Verfasser die kanonischen
24 Biicher unter den allgemein zuganglich gemachten verstanden
wurden (vgl. o. S. 357 f.).
187. Streit iiber kanonische Geltung einzelner Biicher
bei den Juden.
608. Im nachbiblischen Judentum tauchten, zum Teil zu gleicher
Zeit mit dem talmudischen Kanon 3 , Zweifel auf, ob einzelne
Biicher kanonisch seien.
1) Ct: Jadaim III 5 w<s tktvp iais *w 'i . . . D-H-SI MS -psteBS snprr "ow ^3
rip&na twvn irsi DITTI rs saisa = alle heiligen Schriften beflecken die
Hande 4 ... R. Jose sagt: Koh beflecke die Hande nicht und Ct ist
strittig (vgl. auch b. Meg. 7 a ).
2) Koh: b. Sabb. f. 3o b m r^ nt -ppis TIB-TO *>3tte rtnp ise m> trasn vrpu
= es suchten die Weisen das Buch Koh zu verbergen 5 , weil seine
Worte einander widersprechen (vgl. Jad. Ill 5 [s. o.] ; Hieronymus zu
12, 14 [M 1 23, 1172]).
3) Est: b. Sanh. f. ioo a M-istsa ^3 N^ in&s rt;a = die Esterrolle bedarf
keiner Umhiillung (vgl. b. Meg. 7 a ) 6 .
1 Vgl. o. S. 359 a . 2 S. u. 199, Nr. 683.
3 Vgl. G. Aicher, Das AT in der Mischna (BSt n, 4), Frb. i. Br. 1906;
Buhl (s. o. S. 351) 276".; Van Kasteren (s. o. S. 351) 587.
4 Dafi dieser Ausdruck sachlich gleichwertig der kanonischen Geltung
war, ergibt der Zusammenhang. Wie er zu dieser Bedeutung kam, wird
verschieden erklart (vgl. Budde [s. o. S. 351] 31".). Der einleuchtendste Grund
fur diese Aussage ist wohl der, dafi man nach Beriihrung der heiligen
Schriften ebenso, wie wenn man Unreines beriihrt, also die Hande befleckt
hatte, die Hande waschen mufite (vgl. Podechard [s. o. S. 250] gf.).
5 ns = der Genizza uberantworten, wo u. a. auch unbrauchbar gewordene
Bibel-Hss untergebracht wurden, wird abwechselnd mit dem oben genahnten
Ausdruck gebraucht und hat deshalb die gleiche Bedeutung : fur nicht kano-
nisch erklaren (nicht blofi : vom offentlichen Gebrauche ausschliefien ; so
Konig [s. o. S. 2 2 ] 452 ; vgl. Aicher [s. o. Anm. 3] 27 ff.).
6 Melito von Sardes und Athanasius lassen Est in ihren Kanonverzeichnissen
weg, was auf diesen jiidischen Zweifel zuriickgehen kann (vgl. u. 194, Nr. 640
und 642).
Nr. 610 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 361
4) Prv: b. Sabb. f. 3o b m r
= und auch das Buch Prv wollte man verbergen, well seine Worte
sich widersprechen.
5) Ez: b. Sabb. f. i3 b tt">in '"an pris nian True ^spw ^ss 53 = das
Buch Ez wollte man verbergen, well seine Worte den Worten der
Tora widerstreiten (vgl. b. Chag. f. i3 a ; b. Menach. f. 45").
6) Rut: b. Meg. f. 7 al .
609. Da auch Biicher bestritten wurden, die sicher schon zur Zeit
des Sirach als kanonisch galten (Prv, Ez), und zu gleicher Zeit so
sichere Kanonverzeichnisse umliefen, wie sie Josephus und der Talmud
bieten, so wird es sich um nachtraglich auflebende Bedenken 2
gegen schon kanonisierte Biicher handeln, nicht um Anzeichen
eines erst werdenden Kanons 3 .
188. Ezra, die grofle Synagoge und der sog.
Canon Esdrinus.
610. Den jiidischen Kanon von 24 Biichern nennt man auch
Canon Esdrinus. Diese Bezeichnung fuCt auf der Ansicht,
dafi Ezra den Kanon zum Abschlufi gebracfit habe 4 . Das 1st
aber schon deshalb ausgeschlossen, weil einige der in ihm auf-
genommenen Biicher erst nach Ezra entstanden sind.
Die Ansicht erklart sich als legendenhafte Ausschmiickung dessen,
was tatsachlich die Kanongeschichte dem Ezra und seiner Zeit zu-
schreibt: Vorlesung der Tora (444 v. Chr.; vgl. Neh 8 10 [s. o. S. 88 ff.]),
die Biichersammlung seines Zeitgenossen Nehemias (2 Makk 2, 13 f. [s. o.
S. 355]), dafi Ezra unter Artaxerxes I. (465 425) 5 mit der Tora nach
Palastina kam, und dafi Artaxerxes von Josephus als Endpunkt fur die
Aufnahme kanonischer Biicher in das AT angegeben wird (C. Ap. i, 8).
1 Nach einigen soil auch Jon bestritten worden sein. Allein Nm r. 18
kommt das keineswegs klar zum Ausdruck (vgl. Buhl [s. o. S. 351] 31).
3 Bei der Art der talmudischen Diskussion kann das nicht wundernehmen.
Die Bestreiter der kanonischen Giiltigkeit stiitzten sich hauptsachlich auf
Widerspriiche in den Schriften selbst oder mit der Tora.
3 So Budde (s. o. S. 351) 62; Konig (s. o. S. 2 2 ) 451. Wildeboer (s. o.
S. 351) io6f. meint, dafl damals der Kanon in der offentlichen Meinung an-
genommen war, aber noch nicht in der Schule. Da die Sicherung von Ct
und Koh mit der Synode von Jabne (Jamnia; vgl. o. S. 353) in Beziehung ge-
setzt wird, redet Buhl (s. o. S. 351) 27 f. von einer Revision des Kanons in
Jamnia.
4 Vgl. Fell (s. o. S. 3 2 ) 37; Ryle (s. o. S. 351) 250261.
5 Ware Xerxes I. (485 465) gemeint, wie manche glauben (z. B. Fell
[s. o. S. 353 2 ] us 1 ; Ryle [s. o. S. 351] 252 *), dann hatte Josephus nicht an
den Abschlufi des Kanons unter Ezra gedacht, sondern nur den Konig ge-
nannt, unter dem die letzte Episode der atl Kanongeschichte (Est) spielte.
362 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 611
Klar kommt diese legendenhafte Erweiterung und Ausschmiickung,
welche Ezras Bedeutung fiir das AT erfahren hat, zu Tage in 4 Ezr 14,
1 8 47 : wahrend des Exils seien die heiligen Biicher zu Grunde ge-
gangen; mit Hilfe des von Gott gesandten heiligen Geistes habe Ezra
sie wieder niedergeschrieben und abgesehen von 70 geheimzuhaltenden
Biichern dem offentlichen Gebrauche iibergeben. Die Kirchenvater
wiederholten diese, Legende und sind dabei ohne Zweifel von 4 Ezr
abhangig 1 .
611. Den Mannern der grofien Synagoge warden in
der jiidischen Uberlieferung verschiedene Aufgaben in Bezug auf
das AT zugeschrieben.
Nach dem Talmud (b. Baba batra f. 15"-) schrieben sie die Biicher
Ez, die zwolf Propheten, Dn und Est, woran sich Ezra, der Verfasser
von Ezr-Neh und Chr, anschliefit 2 . Der aufierkanonische Traktat Abot
des R. Natan im baby.lonischen Talmud sagt von ihnen, sie hatten Ct
und Koh erklart und es moglich gemacht, dafi die beiden Biicher
offentlich vorgelesen wurden (Kap. i [im Anhang zu den Talmud-
ausgaben]).
Es muB sich aber diese Uberlieferung erweitert haben, so dafi
Elias Levita (-j* I549) 3 in nachmittelalterlicher Zeit daraus ent-
nehmen konnte, Ezra und seine Gefahrten, die Manner der groBen
Synagoge, hatten den richtigen Konsonantentext hergestellt, die
heiligen Schriften gesammelt und den Kanon gebildet 4 . Durch
J. Buxtorf 5 gewann die Meinung, daB Ezra mit den Mannern der
groBen Synagoge den Kanon gebildet habe, die weiteste Ver-
breitung 6 .
612. Auch wenn die Manner der grofien Synagoge wirklich die Liicke
in der jiidischen Traditionskette zwischen Ezra und den sog. fiinf
Paaren (2. Jahrh. v. Chr.) ausgefullt hatten 7 , wurden die positiven An-
1 Dagegen sieht Comely (s. o. S. 3-') i 2 , 53 f. in den Angaben der Kirchen-
vater von 4 Ezr unabhangige Zeugnisse. 2 Siehe o. S. 359 f.
3 Sepher massoret ha-massoret, Venedig 1 536, deutsch : Ubersetzung des
Buches Massoreth Hammassoreth. Unter Aufsicht und mit Anmerkungen
J. S. Semlers, Halle a. S. 1772. C. D. Ginsburg, The massoreth hamassoreth
of Elias Levita with an English translation and critical and explanatory notes,
Ld. 1867.
4 Manche meinen, Elias Levita habe diese Ansicht rein erfunden ; dagegen
Strack in PRE 9 3 , 744.
5 Tiberias sive Commentarius massorethicus triplex, Basel 1665, 22 ff.
(i Vgl. dazu Strack in PRE 9 3 , 744-
7 Nach dem Misna-Traktat Pirke abot, Kap! i, erscheinen als Trager der
Tradition: Moses, Josue, die Altesten, die Propheten, die Manner der grofien
Nr. 614 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 363
haltspunkte schwerlich geniigen, ihnen eine so bedeutsame Aufgabe
in der Kanongeschichte zuzuschreiben. Jedoch es scheint das Gebilde
der grofien Synagoge dadurch entstanden zu sein, dafi die grofte Ver-
sammlung von Neh 8 10 aus einer horenden zu einer gesetzgebenden
Versammlung umgeschaffen wurde. Weil die nachexilische Geschichte
im Judentum viel zu sehr zusammengezogen wurde, konnte es kommen,
dafi alles, was die nachexilischen Jahrhunderte an beriihmten Namen
hervorbrachten, in sie eingereiht wurde, und so mufite die fur kurze
Zeit zusammengerufene Versammlung des Ezra, als man eine bessere
Einsicht in die nachexilische Geschichte und das verschiedene Zeit-
alter ihrer angeblichen Mitglieder gewann, in der jiidischen Vorstellung
zu einer dauernden Institution werden 1 .
613. Von einem Canon Esdrinus kann infolgedessen auch nicht
in dem abgeschwachten Sinne die Rede sein, dafi Ezra mit den
Mannern der groCen Synagoge den jiidischen atl Kanon end-
giiltig festgestellt hatte.
189. Das Judentum und der atl Kanon der
christlichen Kirche.
614. Das Judentum 1st eine von Gott gewollte und geordnete
Form einer Religion, die auf positiver OfFenbarung beruht, und
sollte im grofien und ganzen ein Vorlaufer zur Einrichtung der
christlichen Kirche sein. Die Formen der religiosen Betatigung
im Judentum sind zum Teil voriibergehender Art, so daC sie mit
ihm Recht und Geltung verloren; zum Teil aber sollten sie als
Erbe in die christliche Kirche iibergeleitet werden. Ob der atl Kanon
des Judentums zur zweiten Gruppe gehorte, ist umstritten. Die-
jenigen Exegeten, welche den Kanon des Judentums als solchen
fur verbindlich in der christlichen Kirche erklaren, konnen dies
Synagoge, die fiinf Paare, die Tannaim mit Hillel und Sammai an der
Spitze (zur Zeit Christi).
1 Vgl. A. Kuenen, Over de Mannen der Groote Synagoge, Amsterdam
1876 (ins Deutsche ubersetzt von K. Budde; vgl. Gesammelte Abhandlungen
zur biblischen Wissenschaft von A. Kuenen, Frb. i. Br. 1 894, 125 1 60) ; Ryle (s. o.
S. 351) 261283. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) i 5 , 28 stimmt Kuenens Stellung-
nahme gegen eine groCe Synagoge zu. Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 49 6 sieht in ihr
Gehilfen des Ezra, welche mit ihm die nachexilische Gemeinde einrichteten.
Fur die grofie Synagoge tritt ein H. Englander, The men of the Great Syn-
agogue (in Hebrew Union College Jubilee Volume [1875 1925], Cincinnati 1925
[vgl. JSoR 1926, Okt.]), der sie als Fiihrer der jiidischen Gemeinde von der
persischen Herrschaft bis Simon den Gerechten (3. Jahrh. v. Chr.) betrachtet.
Vgl. auch Institutiones (s. o. S. 10) i, i7 3 .
364 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 615
nur unter der Voraussetzung, da8 die oben dargelegte Geschichte
des atl Kanons noch im Judentum eine Erganzung erfuhr. Da
die christliche Kirche zu den 24 Biichern des jiidischen Kanons
hinzu, abgesehen von Zusatzen zu Est und Dn, auch noch
7 weitere Schriften (Tob, Jdt, Sap, Sir, Bar, I und 2 Makk) in
ihrem Kanon zahlt, so mufi sie nach der Ansicht dieser Exegeten
einen solchen erweiterten Kanon vora Gesamtjudentum einer
friiheren Zeit oder wenigstens von einer Richtung innerhalb des
Juden turns iibernommen haben.
615. I. DaC das ganze Judentum ehedem einen Kanon
von 31 Biichern besaC wie die christliche Kirche, ihn aber,
nachdem die christliche Kirche seinen alteren und umfang-
reicheren Kanon iibernommen hatte, verringerte, haben viele ka-
tholische 1 und einige akatholische 2 Exegeten behauptet. Allein
die Beweise, welche hierfiir geltend gemacht werden, vermogen
die Tatsache nicht aufzuwiegen, dafi es seit Josephus, vielleicht
schon seit Sir einen bestimmten Kanon gibt, der die genannten
7 Biicher nicht aufwies.
Man glaubte sich auf eine Reihe von Anzeichen hier-
fiir berufen zu konnen, die aber bei einer genaueren Priifung
sich als nicht stichhaltig erweisen.
616. a) Josephus behatiptet, seine Geschichte ex TUJV Trap' f)uTv lepdiv
{hpXiiuv geschrieben zu haben (C. Ap. i, i). Wenn man das mit den
Vertretern der eben genannten Anschauung auf alle beniitzten Quellen
bezoge, gehorten nicht blofi die erwahnten 7 Schriften, die er tat-
sachlich beniitzte 3 , zu den heiligen Schriften, sondern nicht minder
seine zahlreichen profanen Quellen. Gerade Josephus zeigt aber keine
Spur von Unsicherheit in Bezug auf die Zahl von 22 kanonischen
Biichern.
617. b) Alle heiligen Schriften darf man (am Sabbat) aus einem
Brande retten, ob man in denselben [am Sabbat] liest oder ob man in
1 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) i 5 , 28; *B. Portner, Die Autoritat der deu-
terokanonischen Schriften des AT nachgewiesen aus den Anschauungen des
palastinischen und hellenistischen Judentums, Diss. Mstr. i. W. 1893 (er meint,
daC die genannten 7 Schriften bei den palastinischen Juden den iibrigen ka-
nonischen nicht gleich gehalten wurden, wie es bei den Alexandrinern der
Fall war); Scholz (s. o. S. 76 10 ) 34 f.; Van Kasteren (s. o. S. 351) Rb 5, 411 f.;
VDB 2, 141.
2 Z. B. P. de Lagarde, Bespr. von E. Havet, Etudes d'histoire religieuse usw.
(GgA 1891, 2, 497520) 500.
3 Vgl. Fell (s. o. S. 353 2 ) loff. 236 ff.
Nr. 618 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 365
denselben nicht liest (Sabb. XVI i). Geiger (Einleitung [s. o. S. 9] 13)
wollte unter den Schriften, aus denen man nicht liest, solche verstehen,
welche aufierhalb der 24 kanonischen Biicher stehen, also aus der Stelle ein
erweitertes Verzeichnis heiliger Schriften erschliefien. Allein auch unter
den 24 kanonischen Biichern gab es solche, welche nicht vorgelesen
wurden 1 .
618. c) Zweifellos wurden die 7 Schriften aufierhalb der 24 Biicher
in jiidischen Kreisen gekannt und geschatzt. Aber diese Schatzung
ging (vielleicht mit Ausnahme von Sir) nicht so weit, dafi daraus auf
einen erweiterten Kanon geschlossen werden konnte.
Bar: Fiir Dn 9, 7 f. 15 soil Bar als Vorlage in Betracht kommen. Es
konnte aber auch das umgekehrte Verhaltnis obwalten (s. o. S. 309).
Weiterhin soil dem Ubersetzer von Jer ins Griechische Bar mit Jer
vereinigt vorgelegen haben. Der Verfasser des u. salomonischen Psalmes
soil Bar 5, 46. verwertet und damit als autoritativ anerkannt haben. Const.
Ap. 5, 20 steht (vgl. M. e i, 896, nicht nach der syrischen Uberlieferung),
dafi Bar in den Synagogen vorgelesen wurde 2 . Gegen den bestimmten
Kanon der damaligen Zeit, der Bar nicht kennt, konnen solche Anhalts-
punkte und Schlufifolgerungen nicht aufkommen. Einzig die Tatsache
konnte ins Gewicht fallen, dafi Bar im Kanon von Kirchenvatern steht,
welche doch wohl vom jiidischen Kanon mafigebend beeinflufit sind 3 ;
allein Bar konnte sehr leicht zufallig hineingeraten, weil er eng mit
Jeremias verbunden war 4 .
Tob: Die aramaischen und hebraischen Texte 5 zeugen dafiir, dafi
Tob den Juden bekannt und in ihren Kreisen geschatzt war. Kano-
nische Geltung ist damit nicht bezeugt ; vielmehr erfuhr das Buch von
jiidischer Seite Widerspruch 6 .
Jdt : Davon gibt es ebenfalls semitische Texte 7 . Wenn als Inspirator
fur Jdt wie fur Tob nicht der Heilige Geist, sondern die Tochter der
Stimme O 5 ' 1 ? ^?) betrachtet wird 8 , so ist das Buch damit ausdriicklich
von den kanonischen Schriften unterschieden.
i Makk: Talmud, b. Joma f. 29* berichtet, das Tempelweihfest ("|?5)
sei gegeben worden, um es zu schreiben (airs^X Das bezieht sich
wohl zunachst auf i Makk (vgl. Kap. 4), das dem Origenes und Hiero-
nymus noch hebraisch vorlag 9 . Auch Josephus hat das Buch be-
niitzt. Danach nimmt es in der liturgischen Verwendung einen
hoheren Rang ein als diejenigen Schritten (z. B. Est), welche blofi
1 Vgl. Schurer (s. o. S. i6s 3 ) 2 3 , 310".
* Vgl. dagegen Schurer (s. o. S. i63 3 ) 3*, 464.
8 Stellen vgl. bei Schurer (s. o. S. 163 3 ) 3 4 , 465 und u. 194, Nr. 642.
4 Auch aus den hexaplarischen Zeichen zum griechischen Text von Bar
konnte man hochstens schliefien, dafi Origenes den hebraischen Text noch
gekannt habe, nicht aber, dafi er bei den Juden als kanonisch gegolten habe
(vgl. Comely [s. o. S. 3 2 ] 2, 2 2 , 421).
6 Vgl. o. S. 175 f. 6 So Origenes, De oratione 14 (M e 11, 461 f.).
7 Vgl. o. S. 183. 8 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) i\ 61. 9 Vgl. o. S. 200 f.
366 H- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 619
miindlich venvertet werden durften. Eine klare Einschatzung als ka-
nonisch ist das trotzdem nicht 1 .
2 Makk : Talmud, b. Joma f. 29" konnte sich auch auf dieses Buch
beziehen (vgl. Kap. 2 und 10). Aber daraus liefie sich fur 2 Makk eben-
sowenig eine kanonische Geltung erschliefien.
Sap: Das Buch war nach Epiphanius im 4. Jahrh. bei den Juden
wenigstens strittig 2 . Urn dieselbe Zeit fiihrt Eustathius Sap 18, i4ff.
so an, als ob es im jiidischen Kanon stiinde 3 .
Sir : Lange Zeit in hebraischer Sprachform erhalten, ist Sir vielfach
so verwertet worden, als ob das Buch kanonisch ware 4 . Daraus
schlieften manche Exegeten mit Recht, daft das Buch in bestimmten
Kreisen zum Kanon gerechnet wurde 5 .
Est- und Dn-Zusatze: Auch von ihnen sind semitische Texte be-
kannt oder anzunehmen 6 , ohne daft ihre kanonische Geltung sicher
festgestellt werden konnte.
619. Die erwahnten einzelnen Belege beweisen nur, dafi bei den
Juden auch auCerkanonische Schriften hochgeschatzt wurden, ins-
besondere die genannten 7 Biicher. Findet die Hochschatzung
ab und zu in Formen Ausdruck, die auf kanonische Wer-
tung hinweisen konnten, so wird das nur in nicht mafigeben-
den Kreisen geschehen sein (so bei Sir), oder es wird sich
1 Das jiidische Werk tr'nts?? nV; oder -wite?!? r^a "|S, das nach Van Ka-
steren ([s. o. S. 351] Rb 5, 580) das ausgeschiedene i Makk im Kanon ersetzt
haben konnte, kommt erst im 8. Jahrh. vor (vgl. G. Dalman, Grammatik des
jiidisch-palastinischen Aramaisch. Nach den Idiomen des palastinischen
Talmud, des Onkelostargum und Prophetentargum und der jerusalemischen
Targume, Lp. 1894, 2 i9c-5, 6 f.).
2 Adv. haer. i : Eiai be KCU &X\ai buo pi(5\ov irap' auTOi? (sc. TOIC; Moubaioiq)
ev djacpiXeKTU), f^ aocpia TOU Zipax Kal r\ TOU ZaXoia.a)VTO<; (M g 41, 213).
3 Ei b TI? xrjv MoubaiKrjv ctppuuaTiuv dpXetpiav rot? e6aYT e ^ VK ? ^ai 06 irpocrieTai
<puuvcig, eiraKTeov OIITUJ rd xoO Za\o|uu)VTo? diro(p0^f|aaTa Kai pr^Teov Jibe TCUU<;
(M B 18, 652).
4 Z. B. Talmud, b. Erubin f. 65 a (iss>, Sir 6, 32); b. Baba kama f. 92 b
(o^rsa ^HSa., Sir 13, 15); hier wird also Sir zum dritten Teil des Kanons
gerechnet). Vgl. Zunz, Die gottesdienstlichen Vortrage bei den Juden hi-
storisch entwickelt. Ein Beitrag zur Altertumskunde und biblischen Kritik,
zur Literatur- und Religionsgeschichte 2 , Frankfurt a. M. 1892, io6ff.
5 Z. B. Portner (s. o. S. 364 x ) 4850; Van Kasteren (s. o. S. 351) Rb 5, 580.
Ryle (s. o. S. 351) 194 f. will nicht so weit gehen, weil anderwarts das oflfent-
liche Vorlesen ausdriicklich verboten wird (z. B. Talmud, b. Sanhedrin f. ioo b ).
6 Vgl. o. S. 190 u. 322 f. Nach Julius (s. o. S. 322 5 ) i8f. waren die Zusatze
von Dn Bestandteile des sog. alexandrinischen Kanons (s. u. Nr. 622 f.) ge-
wesen.
Nr. 622 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 367
dabei nicht um einen bestimmten Kanon mit festumschriebenen
Grenzen handeln 1 .
620. Indirekte Zeugnisse und Schlufifolgerungen aus Vor-
aussetzungen konnen ebensowenig gegen den bestimmt abgegrenzten
jiidischen Kanon ins Gewicht fallen. Sie fuften meistens auf der An-
nahme, dafi wenigstens in einem Teil des Judentums, in der alexan-
drinischen Diaspora, ein erweiterter Kanon erweisbar sei, und daft
vermoge der engen Verbindung zwischen dem palastinischen und alexan-
drinischen Judentum ersteres von einer solchen Kanonerweiterung nicht
unbeeinfluftt geblieben sein konne. Die enge Verbindung zwischen
den beiden jiidischen Gemeinschaften entspricht sicher den Tatsachen.
Ein gegenseitiger Austausch legt sich nahe. Aber von vornherein wird
angenommen werden miissen, daft viel mehr und viel haufiger das
palastinische Judentum fur die Diaspora mafigebend war als umgekehrt.
Gerade in Bezug auf die heiligen Schriften sind tatsachlich die Alexan-
driner die Empfangenden gewesen. Das ergibt sich aus 2 Makk 2, 14 f.,
wie auch die Est-Ubersetzung von Jerusalem nach Agypten kam 2 . Mit
Ausnahme von Sap (s. o. S. 268 f.) und vielleicht 2 Makk (s. jedoch o.
S. 205) sind zudem diese Schriften eines angeblichen alexandrini-
schen Kanons in Palastina entstanden und von da aus nach Agypten
gekommen. Selbst wenn also die Alexandriner einen eigenen Kanon
sich geschaffen hatten (dariiber vgl. das Folgende), so ware es ein un-
gewohnlicher Vorgang, daft er ohne Schwierigkeiten nach Palastina
iibergegriffen hatte.
621. Wie keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen, einen
erweiterten Kanon im ganzen Judentum anzunehmen, so fehlt
auch jede Stiitze fiir die Annahme, dafi im Judentum jemals
der Kanonumfang verringert worden sei.
622. II. Eine zweite Anschauung erkennt in dem Kanon von
24 Biichern den palastinischen Kanon (irpujTO? KCXVUJV) ; die Alex-
andriner hatten einen eigenen und umfangreicheren alexandri-
nischen, zweiten Kanon (beurepos KaviJuv) 3 besessen. Diese
1 So erklart sich die Tatsache, dafi diese Biicher und besonders die Zusatze
in engster Verbindung mit den kanonischen Biichern in der Aufnahme
finden konnten; vgl. Julius (s. o. S. 322 5 ) i8f.
2 Vgl. Est 10, ii (23 ii, i).
3 Sixtus von Siena (1520 1569) hat diese Bezeichnungsweise zum ersten
Male verwendet, wenn sie bei ihm auch etwas anders begriindet ist (vgl.
Bibliotheca Sancta i, Neapel 1742, 2: Canonici secundi ordinis [qui olim
Ecclesiastici vocabantur et nunc a nobis Deuterocanonici dicuntur] . . . ; er be-
zieht die Benennung auf einen spateren, d. i. zweiten Kanon in der christ-
lichen Kirche). Der Ausdruck hat bereits bei den Kirchenvatern eine Vor-
lage (TO b Xomd travra [^Huu] KeiaGu) iv beurepiu, Cyrillus v. Jer., Cat. 4, 36
368 H- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 623
Unterscheidung eines doppelten judischen Kanons hat den ge-
nannten 7 Schriften mit den Est- und Dn-Zusatzen den Namen
deuterokanonisch gegeniiber den 24 protokanonischen Biichern
verschafft.
623. Ein direktes Zeugnis fur einen derartigen alexandrinischen
Kanon fehlt *. Die indirekten Zeugnisse, welche hierfiir ins Feld
gefiihrt werden, sind keineswegs derart, daft sie diesen Mangel
ersetzen konnten.
Der ausgedehntere christliche Kanon wiirde nur dann auf eine gleich
timfangreiche jiidische Vorlage schliefien lassen 2 , wenn eine Abhangig-
keit der Kirche hierin geschichtlich nachweisbar oder dogmatisch ge-
fordert ware. Beides ist nicht der Fall. Was man als geschichtliche
Anhaltspunkte fur einen alexandrinischen Kanon geltend macht, halt
einer kritischen Priifung nicht stand. Die Juden fafiten sicher im
Laufe der Zeit einen Haft gegen die (s. u. 2i6) 3 . Aber dieser gait
keineswegs einem abweichenden Kanonumfang 4 , sondern dem Dienste,
den die wegen mancher messianisch gefafiten Stellen den Christen
im Kampfe gegen das Judentum leistete. Da die nur allmahlich,
Buch fiir Buch gesondert, iibertragen wurde und die einzelnen Biicher
erst nachtraglich sich zu einem Ganzen zusammenfiigten, kann man von
einem Septuagintakanon im eigentlichen Sinne nicht reden. Der sog.
Septuagintakanon ist nur der Kanonumfang von -Hss, die alle aus christ-
lichen Handen stammen, also keineswegs Zeugnisse eines Kanons aus
[M S 33, 500]). Vertreten wird diese Ansicht u. a. von Comely (s. o. S. 3 2 )
I 2 , 57 ff.; Fell(s. o. S. 3 2 ) 47ff.; E. Konig, Kanon und Apokryphen. Eine ge-
schichtliche Darstellung (BFchrTh 21, 6), Giitersloh 1917; Loisy (s. o. 8.351)
60 ff.; Van Kasteren (s. o. S. 351) Rb 5, 412; Wildeboer (s. o. S. 351) 25 f.
(letzterer erkennt aber den Kanon der Alexandriner nicht als abgeschlossen an).
1 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 59. Hier sind auch die iiblichen Beweis-
versuche fiir einen solchen Kanon zusammengestellt.
2 So VDB 2, 141 f.
3 Wahrend die Juden friiher den Tag der -Ubersetzung alljahrlich auf
der Insel Pharus (s. Taf. I, Bild i, 4a/b) durch ein grofies Fest begingen
(Philo, De vita Mosis 2, 7) und sie fiir inspiriert hielten, wandten sie sich all-
mahlich von ihr ab (Justinus, Dial. c. Tryph. c. 68 [M e 6, 635]) und machten
schliefilich den gleichen Tag (8. Tebet) zum Fast- und Bufitag (so Meg.
Ta'anit [gegen Ende; vgl. A. Neubauer, Mediaeval Jewish chronicles and
chronical notes, ed. from printed books and Mss 2 (Anecdota Oxoniensia,
Oxford 1895, Sem. Ser. i, 6, 3 25), 24]; Trakt. Sopherim I, 7, im Anhang zu
den Talmudausgaben). Nach B. Maier, Das Judentum in seinen Gebeten,
Gebrauchen, Gesetzen und Ceremonien dargestellt, Regensburg 1843, 5 2 6
betrafe die Trauer blofi die Tatsache, daC Juden einer Ubersetzung bedurften,
um die Heilige Schrift gebrauchen zu konnen.
4 So VDB 2, 141 f.
Nr. 623 2. Geschichte des atl Kanons innerhalb des Judentums. 369
jiidischen Kreisen sein konnen *. Der alexandrinische Jude Philo zitiert
keine einzige deuterokanonische Schrift und bedeutet viel eher eine
Schwierigkeit als eine Stiitze eines alexandrinischen Kanons 2 . Dafi er
in seinen Bibelzitaten die verwertete, lafit nicht auf einen alexan-
drinischen Kanon schliefien; zudem hat er sie nur teilweise beniitzt 3 . Hat
ja auch Josephus die beniitzt und doch ausdriicklich den Kanon von 22
(bzw. 24)Biichern angefiihrt 4 . Wenn man geltend machen wollte, dafi bei
der Schriftlesung in hellenistischen Synagogen die griechische Sprache zu-
lassig war 5 , so miifite noch festgestellt werden, dafi auch deuterokano-
nische Schriften wirklich vorgelesen wurden ; denn die -Form der hei-
ligen Schriften gebrauchen, bedeutet noch nicht einen bestimmteii Kanon-
umfang anerkennen, weil es einen Septuagintakanon nicht gab. Aus
dem gleichen Grunde konnen auch die Kirchenvater, welche die
anerkennen und gebrauchen, nicht als Zeugen fur den alexandrinischen
1 Anders Buhl (s. o. S. 351) 44ff.; Konig (s. o. S. 2 2 ) 44I 1 . Die Unzial-
Hss der erweitern den jiidischen Kanon nicht gleichmafiig und haben
meist auch apokryphe Schriften aufgenommen (s. u. S. 376, Nr. 636).
2 Vgl. Fell (s. o. S. 3 2 ) 50.
3 A. Schroder (De Philonis Alexandrini Vetere Testamento, Diss. Greifs-
wald 1907) glaubt feststellen zu konnen, dafi Philo neben der eine alteste,
von ihr verschiedene griechische Ubersetzung gebrauchte.
* Fell (s. o. S. 3 S3 2 ) 240 f. meint, Josephus verschleiere die Differenz be-
ziiglich des Kanonumfangs. Richtiger ausgedriickt: er kennt einen Unter-
schied nicht. Weitere Zeugnisse aus hellenistischen Schriftstellern, welche
die verwerten, vgl. bei Swete (s. o. S. 13 i 2 ) 369 if.
5 Hellenistische Synagogen befanden sich zu Damaskus, Salamis, Antio-
chien in Pisidien, Thessalonike , Athen, Ephesus, Jerusalem (vgl. Apg).
Justinus (Coh. ad gentes 13 [M e 6, 268]; Apol. i, 31 [M B 6, 376]; Dial. c. Tryph.
72 [M g 6, 645]) behauptet, dafi man in den Synagogen der Juden Hss der
finde. Tertullian (Apol. 18 [M 1 i, 437]) berichtet, dafl die bei den Juden
allsabbatlich vorgelesen werde. Zu Casarea in Palastina las man ebenfalls
die in den Synagogen (Talmud, j. Sota VII i; vgl. M. Schwab, Le Talmud
de Jerusalem. Traduit pour la premiere fois, 7, P. 1883, 297); Auch sonst
nahm man auf Anderssprachige gerne Riicksicht (Talmud, j. Meg. IV 3 ; vgl.
Schwab [s. o.] 6, 248). Vgl. Justinians Nov. 146 (Corpus iuris civilis, ed.
stereot. 4., Bd. 3, B. 1912, 715 : 0eairi2o|iiev rotvuv ctbeuxv elvcu roiq pouXojtidvoig
Kard rd? auvaYU)Y&? TCI? aoTtfiv KCt6 J 8v 'E^paioi rdtrov effft bid T?J<;
qpuuvfi? rd? iepdq pipXou? dvayiviuaKeiv TOiq auvioOaiv . . .) ; Comely (s. o.
S. 3 2 ) i, 3 So 2 ; Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3*, 141 f. Man darf sich aber Palastina
keineswegs ganz hellenisiert denken (vgl. A. Thumb, Die griechische Sprache
im Zeitalter des Hellenismus. Beitrage zur Geschichte und Beurteilung der
KOIVI*!, Strafiburg 1901, 105). E. Bohl (Forschungen nach einer Volksbibel
zur Zeit Jesu und deren Zusammenstellung mit der Septuaginta- Ubersetzung,
Wien 1873 [vgl. Ders., Die atl Citate im NT, Wien 1878]) glaubt, dafi die ,
ins Aramaische ubersetzt, allgemein im Gebrauch stand. Dagegen Konig
(s. o. S. 2 2 ) 118*.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 24
37O H- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 624
Kanon angefuhrt werden. Die XJbersetzungen des Aquilas, Symmachus
und Theodotion, die aus jiidischen Kreisen stammen (s. u. 217),
zeugen ebensowenig fur einen umfangreicheren Kanon ; sie richten sich
im wesentlichen nach dem Kanon von 24 Biichern *.
624. III. Als Ergebnis der vorausgehenden Erorterungen bleibt
nur iibrig, dafi das Judentum im ausdriicklich aner-
kannten Kanon zu keiner Zeit, weder in Palastina
noch in Alexandrian, mehr als die 24 Biicher des
Talmud zahlte. Doch waren im Judentum Ansatze zu einer
Erweiterung des Kanons insofern gegeben, als unter den dar-
iiber hinaus geschatzten und verwendeten Biichern voran die
7 sog. deuterokanonischen Biicher sich befanden, welche die
christliche Kirche dem jiidischen atl Kanon als gleichwertig bei-
gesellte. Jedenfalls war im Judentum, selbst wenn einzelne dieser
Schriften da und dort fur kanonisch gehalten worden sein sollten,
dieses Urteil nicht mafigebend geworden fur diejenigen Kreise,
welche amtlich und verbindlich den giiltigen Kanon aufzustellen
hatten.
3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche -.
190. Allgemeines.
625. Auch wenn die christliche Kirche einfach den Kanon im Um-
fang des jiidischen angenommen hatte, konnte er fiir ihre Bekenner
nur verbindlich werden kraft der Geltung, die sie
ihm verlieh 3 . Da sie den Kanon des Judentums erweitert hat,
1 Theodotion (s. u. 217, Nr. 749) umfafite auch die Dn-Zusatze; vgl.
Julius (s. o. S. 322 5 ) 25ff. liber die Zeichen 'A Z in der Susannageschichte
(Dn 13) vgl. ebd.
* Vgl. E. Preuschen, Analecta. Kiirzere Texte zur Geschichte der alten
Kirche und des Kanons 2 . II. Zur Kanongeschichte (Samml. ausgew. kirchen-
und dogmengesch. Quellenschriften I. R. 8, 2), Tub. 1910.
3 Die Darstellung, wie der atl Kanon sich in der christlichen Kirche ent-
wickelt hat, wird von manchen aus der Einleitung in das AT ausgeschlossen
(so Cornill [s. o. S. 2 4 ] 7 283) oder blofi als Anhang untergebracht (so Buhl
[s. o. S. 351] if.). Das ist vom Standpunkt der Juden aus erklarlich. Unter
den christlichen Konfessionen konnte eine solche Auffassung nur fur jene
gelten, die auf ein eigenes Recht in Kanonsachen durchweg verzichten. Auch
wer uberhaupt keinen verbindlichen Kanon anerkennt, darf die Kanon-
geschichte in der christlichen Kirche nicht unberiicksichtigt lassen, wenn er
die Entwicklung der Kanonfrage vollstandig behandeln will.
Nr. 628 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 371
istsiefiirdie7sog. deuterokanonischenSchriftenmit
den Zusatzen zu Est und Dn die einzige und end-
giiltige Autoritat, welche den Kanonumfang bestimmt.
626. Der Kanon der christlichen Kirche setzte sich, wie ihre
meisten Grundlehren, schon sehr bald durch. Da das NT noch
hauptsachlich der Zeit angehorte, wo das Christentum um die
Seele des Judenvolkes warb, wird man es verstehen, dafi dies
zunachst unter Voraussetzung des jiidischen Kanons geschah.
Mit dem Fortschritt der Kirchenvaterzeit aber mehrten sich die
Zeugnisse fiir die Geltung der deuterokanonischen Schriften und
Zusatze. Auf den afrikanischen Konzilien des 4. Jahrhunderts
war bereits jede Unsicherheit in Fragen des atl Kanons iiber-
wunden.
191. Das NT und der atl Kanon.
627. Der gottlicheHeiland 1 nennt die Schriften (fpacpai,
J 5> 39)> Moses und die Propheten (Lk 24, 27), Moses, die
Propheten und Psalmen 2 (Lk 24, 44), anerkennt vielleicht das
ganze jiidische AT in der auch sonst bezeugten Reihenfolge,
welche die Gn als erstes und die Chr als letztes Buch des Kanons
zahlt (Mt 23, 35) 3 . Aus dieser Sammlung nennt er einzeln
den Pentateuch (z. B. Jo 5, 46; s. o. S. 50 f.), Is (z. B. Lk 4, 17 ff.),
Os (z. B. Mtp, 13), Jon (Mt 12,40), Zach (Mt26, 31), Mai (Mt u, 10),
die Pss (z. B. Mt2i, 16). Auch dieApostel kennen eine Samm-
lung von Schriften (z. B. Apg 17, 2); sie berufen sich ebenfalls
auf Biichergruppen und einzelne Biicher ( Propheten Apg 7, 42 ;
Pss Apg i, 20 usw.).
628. Insgesamt kommen 270 350 Zitate aus dem AT im NT vor 4 .
Es fehlen darunter von den protokanonischen Schriften Rut, Ezr-Neh,
l. J. Hanel, Der Schriftbegriff Jesu. Studie zur Kanongeschichte und
religiosen Beurteilung des AT (BFchrTh 24, 5/6), Giitersloh 1919.
2 Vielleicht identisch mit den drei Teilen des jiidischen Kanons, welche
schon der Prolog zu Sir nennt (vgl. o. S. 357).
3 Gegeniiber dem ersten Prophetenmord an Abel (Gn 4) ist der Mord an
Zacharias (2 Chr 24, 20 f.) der letzte, wenn die Aufzahlung nach einer Biicher-
anordnung sich richtet, in der die Chr am Schlusse steht. So Konig (s. o. S. 2 2 )
443; Ryle (s. o. S. 35 1 ) I S I - ~ Dagegen Buhl (s. o. S. 351) 17.
4 Die Zahlung schwankt, weil die Grenze zwischen Zitat und Anspielung
(Hanel [s. o. Anm. i] 35 fif. unterscheidet auch noch Reminiszenzen) fliefiend
24*
II- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 629
Est J , Abd, Nah, Koh 2 und Ct 3 . Von den sog. deuterokanonischen Schriften
befindet sich keine darunter. Es mufi wohl ein Zufall daran schuld sein,
dafi die erwahnten protokanonischen Schriften nicht ausdrticklich zitiert
werden ; denn Bedenken gegen kanonische Geltung konnten nur alien-
falls bei Ct, Koh und Est in Betracht kommen, weil tatsachlich iiber
sie im Judentum Streit herrschte 4 . Jedenfalls ist die Sachlage so, dafi
niemand auf Grund dessen die kanonische Geltung dieser Biicher in
der atl Zeit zu bezweifeln wagte. Will man die deuterokanonischen
Schriften nicht mit einem andern MaCe messen, so darf man dem
argumentum ex silentio im NT aueh beziiglich ihrer keine Folge geben; sie
also nicht fur ausgeschlossen aus dem atl Kanon des NT halten 5 . Auf ein
positives Zeugnis fur die Deuterocanonica im NT miissen wir folgerichtig
ebenfalls verzichten, wenn es sich um vollwertige Zeugnisse fur kano-
nische Geltung, d. i. formelle Zitate in der Art heiliger Schriften,
handelt. Die weniger sicheren Anspielungen erstrecken sich auch auf
die fehlenden protokanonischen und die deuterokanonischen Schriften 6 .
629. Wer aus Anspielungen an Stellen deuterokanonischer
Schriften einen Beweis fur einen erweiterten Kanon im NT ent-
nimmt, muC auch noch untersuchen, ob sich solche nicht auch
zu nichtkanonischen, apokryphen Schriften finden.
630. Ein Zitat im engeren Sinn lafit sich mit Sicherheit nicht fest-
stellen. Mt 27, 9 bezog man schon seit der Zeit der Kirchenvater 7
auf ein apocryphum Ieremiae (s. u. 197, Nr. 675); allein es wird
eine Vermischung von Jer 19 mit Zach n hierfiir in Frage kommen 8 .
In Lk ii, 49 scheint sapientia Dei dixit kein Zitat aus einem Buche
zu sein, sondern der Heiland sich selbst als die atl gottliche Weisheit
ist. Vgl. die Zusammenstellung bei Bohl, Die atl Citate (s. o. S. 369*), W. Ditt-
mar, Vetus Testamentum in Novo. Die atl Parallelen des NT im Wortlaut
der Urtexte und der Septuaginta zusammengestellt, Gott. 1903.
1 Apk n, 10 kommt wohl nicht als Zitat aus Est in Frage.
2 Bohl (Die atl Citate [s. o. S. 369^ 162) fand in Rom 3, 10 ein Zitat aus
Koh 7, 20.
3 Hanel (s. o. S. 371 *) 13 f. bezieht Jo 7, 38 auf Ct 4, 15.
4 Vgl. o. 8.360 f.
5 Diese Inkonsequenz finden wir bei Buhl (s. o. S. 35i) 49; Strack, PRE 9 3 ,
750 u. a.
6 Vgl. Portner (s. o. S. 364 l ) 3 1 ff.; Charles, The Apocrypha (s. o. S. 12), derbei
jedem deuterokanonischen Buch die Anspielungen und Zitate auch im NT
.anfiihrt.
. 7 Vgl. Origenes, In Matth. Comm. 117 (M ff 13, 1769); Hieronymus, In
Matth. 27, 9 (M 1 26, 213). Budde (s. o. S. 351) 73 ; Wildeboer (s. o. S. 351) 38f.
8 Vgl. o. S. 347; G. Holscher, Kanonisch und Apokryph. Ein Kapitel aus
der Geschichte des atl Kanons, Lp. 1905, 67 3 . Bohl (Die atl Citate [s. o.
S. 369 5 ] 70 ff.) glaubt, dafi die Stelle so in einer aramaischen Volksbibel stand.
Nr. 630 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 373
zu bezeichnen (vgl. Mt 23, 34 if.) 1 . Fur Jo 7, 38 ist eine aufierkano
nische Quelle nicht nachgewiesen. Manche nehmen ein Zitat an, das
aus mehreren atl Stellen zusammengestellt ist 2 . i Kor 2, .9 lafit sich
als freie Wiedergabe von Is 64, 4 verstehen 3 . Das Zitat Eph 5, 14
kann kaum aus Is 60, i + 26, 19 abgeleitet werden 4 ; aber die alten
Nachrichten wissen auch von keinem bestimmten Apokryphon, das als
Quelle in Betracht kommen konnte 5 . Gal 5, 6; 6, 15 6 , 2 Tim 3, 8 7 ,
Hebr n, 37 8 kennzeichnen, selbst wenn Quellen beniitzt sind, sie nicht
als heilige Schrift. Eine unbekannte Quelle liegt Jak 4, 5 zu Grunde 9 .
Jud 9 ware in der Ascensio Mosis (s. u. 197, Nr. 669) zu erwarten 10 ,
1 Vgl. Goettsberger (s. o. S. 247 J ) 76. Budde (s. o. S. 351) 73 nimmt eine
aufierkanonische Quelle an. Andere erklaren, dafi das Heilandswort aus
mehreren Stellen des AT zusammengesetzt sei (so VDB 2, 144).
2 So Ryle (s. o. S. 351) 166. Strack (PRE g s , 751) verweist auf Is 58, n
und andere Prophetenstellen. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) i 5 , 33 bezieht das
KctOdbq evrrev irj fpa.cpr\ blofi auf das lebendige Wasser (Zach 14, 8).
3 So auch VDB 2, 144; T. Zahn, Geschichte des ntl Kanons 2, Erlangen
1890, 801 810. Ryle (s. o. S. 351) 166 leitet das Zitat aus mehreren Stellen
ab. Origenes (In Matth. Comm. 117 [M B 13, 1769]) nennt die Secreta Eliae
(s. u. 197, Nr. 672) als Quelle. Zu Hieronymus' Zeiten dachten spanische Er-
klarer an die Ascensio Isaiae (s. u. 197, Nr. 673) und die Apocalypsis
Eliae (In Is. 64, 4 [M 1 24, 646]). I. Levy (Sur I Cor. II, 9 et 1'Apocalypse
d'Elie [REj 82, 161 163]) lafit letztere aus i Kor entlehnen und i Kor 2, 9 aus
Is 64, 3 ; 65, 16 und Dt 29, 4 gebildet sein. Apokryphen Ursprung nehmen
auch. Budde (s. o. S. 351) 73 2 und Holscher (s. o. S. 372 8 ) 66 an. Strack
(PRE 9 3 , 751) denkt an einen Gedachtnisfehler des Apostels.
4 So Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) r 5 , 33.
5 Epiphanius (Adv. haer. 42 [M g 41, 807]) nennt Elias (s. u. 197, Nr. 672)
als Quelle, Cod. G mrg (Boernerianus, Dresden) ein Secretum Henoch (s. u.
197, Nr. 665), Syncellus (vgl. Konig [s. o. S. 2 2 ] 499 3 ) ein Apocryphum lere-
miae (s. u. 197, Nr. 675), M. R. James (The biblical antiquities of Philo,
Ld. 1917, 157) die pseudo-philonische Schrift: Philonis ludaei biblicarum anti-
quitatum liber (Basel 1527). Ryle (s. o. S. 351) 166 denkt an eine altchristliche
liturgische Quelle.
6 Einige jiingere Schriftsteller, wie Photius (Ad Amphilochium quaest. 151
[M B 101, 813]) und Gregorius Syncellus (Chron., ed. Bonn, 48; vgl. Comely
[s. o. S. 3 2 ] i 2 , 224 13 ), suchten diese Stellen in der Apocalypsis Mosis {s. u.
197, Nr. 669).
7 Schon Origenes (Ad Matth. 23, 37 [M 8 13, 1637]) verwies auf das apo-
kryphe Buch iiber die agyptischen Zauberer Jannes et Jambres liber (s. u.
197, Nr. 669). :
8 Das secti sunt konnte auf die Ascensio Isaiae (s. u. 197, Nr. 673)
zuriickgehen, wonach der Prophet zersagt worden ist (s. o. S. 284 5 ).
9 Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 1 5 , 33 und VDB 2, 144 wollen in dem inaniter
Scriptura dicit keine Zitierformel sehen.
10 So Origenes, De princ. 3, 2 (M e u, 303) u. a.
374 II- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 631
ist aber in den bisher bekannten Fragmenten nicht nachgewiesen. Als
ausdriickliches Schriftzitat kann die Anfiihrung hier ebensowenig gelten
wie Jud 14, wo eine im apokryphen Henoch erwahnte Tatsache be-
richtet wird 1 , ohne dafi ein Schriftzitat beabsichtigt erscheint.
Nur die letzte der erwahnten Stellen kommt als A n-
spielung auf ein apokryphes Buch ziemlich sicher in
Frage. Ein ausdriickliches Zitat, in welchem ein apokryphes
Buch als kanonisch verwertet ware, kommt demnach im NT
nicht vor 2 .
631. Diejenigen Exegeten, welche einen Septuagintakanon von
31 Biichern annehmen 3 , versuchen auf mittelbarem Wege zu
einem bestimmten Kanon des NT zu gelangen 4 . Tatsachlich folgt
das NT fast stets der 5 . Allein ein Septuagintakanon ist,
wie oben (S. 368 f.) angegeben, nicht nachzuweisen.
192. Der atl Kanon in der Zeit der Kirchenvater.
632. Je mehr das junge Christentum sich vom Judentum los-
loste und seine Hauptkraft der Bekehrung der Heiden zuwandte,
um so starker trat die Riicksicht auf den Kanon der Juden zu-
riick und der christliche Kanon von 31 Biichern zu Tage.
Dafi die Kirchenvater die beniitzten, war natiirlich, da sie unter
dem Banne der griechischen Kultur lebten und schrieben. Zum Teil
entlehnten sie sogar der jiidischen Uberlieferung die Legende, dafi die
inspiriert gewesen sei. Aber dafi sie mit ihr einen bestimmten Kanon
tibernommen hatten 6 , ist deshalb nicht moglich, weil es damals wohl
1 Tertullian (Decultu fern, i, 3 [M 1 I, 1422]), Augustinus (De civ. Dei 15, 23
[M 1 41, 470]), Hieronymus (Ad Tit. i, 12 [M 1 26, 608]) u. a. nehmen das an;
ebenso neuere Erklarer, wie Budde (s. o. S. 351) 73 2 , Buhl (s. o. S. 351) 50.
Andere zweifeln, auf welcher Seite die Entlehnung stattgefunden hat.
2 So Strack, PRE 9 3 , 751; dagegen Holscher (s. o. S. 372 8 ) 67*.
3 Vgl. o. S. 368 f. 4 So Fell (s. o. S. 3 2 ) 56 f.
5 Unter 350 Zitaten (vgl. o. S. 371) stimmen 300 augenscheinlich mit
iiberein. Mk, Lk, Petr, Jak, Hebr folgen immer der , Paulus fast immer
(Rom ii, 35; i Kor 3, 19 scheinen dem Job [41, 3; 5, 13] des 3Qft entnommen
[vgl. dagegen E. F. Kautzsch, De Veteris Testamenti locis a Paulo Apostolo alle-
gatis, Diss. Lp. 1869, 67 ff.]; 35 Stellen lauten genau wie ; 48 Stellen scheinen
aus dem Gedachtnis nach geformt), Mt, Jo beriicksichtigen in der Mehr-
zahl der Zitate die . Vgl. Dittmar (s. o. S. 371*); W. C. Allen, The
OT quotations in St. Matthiew and St. Mark (ExpT 12, 187189 281285);
Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 381 405.
So Fell (s. o. S. 3 2 ) 58 f. u. a.
Nr. 634 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 375
einzelne Bucher in -Text, aber keine geschlossene -Ubersetzung des
ganzen AT gab. Viel eher ist umgekehrt fur die alteste Periode ihren
Zeugnissen zu entnehmen, welche Biicher zu ihrer Zeit in -Uber-
tragung vorhanden waren 1 .
633. Das Zeugnis der Monumentaltheologie, d. i. der
Denkmaler, welche theologische Lehren bekunden, besitzt nicht
die bestimmten Ausdrucksformen wie die Buchliteratur, ist aber
sehr alt und bestatigt mit hinreichender Klarheit die religiose
Wertschatzung von atl Schriften, wenn sie ihnen Szenen und
Bilder zum Schmuck religioser Statten entnimmt. Mit Ausnahme
von Sap und Sir, deren Inhalt kaum die Moglichkeit zu bild-
licher Verkorperung bot, lassen sich Darstellungen ausDn (3, 24 ft.;
13; 14), Tob, Jdt, Bar, Makk nachweisen, wahrend die apokryphen
Schriften in der altesten Zeit dafiir nicht in Betracht kamen 2 .
Mit Grund sieht man darin eine Einschatzung der Deuterocano-
nica, die mit der anderwarts und spater ausdriicklich bezeugten
kanonischen Wertung zusammenzustellen ist.
634. Mehr fallen die literarischenZeugnisseins Gewicht,
welche die ersten christlichen Jahrhunderte seit der Zeit der
apostolischen Vater in zunehmender Haufigkeit und mit wach-
sender Bestimmtheit zu Gunsten der Deuterocanonica liefern 3 .
Z. B. Tob: Polykarp (f um 155), Ep. ad Phil. 10, 2. (=4, 10); Kle-
mens Alexandrinus (-f- 215), Strom. 2, 23 (M g 8, 1089; =4, 16); Ori-
genes (185 254), Ep. ad Afr. 13 (M? n, 79 ; = i, 12 if.). y*#: Klemens
Rom. (um 120), i Cor. 55, 4 (= Jdt 8 ff.); Klemens Alex., Strom. 2, 7
(M? 8, 969 f. ; = 8, 27). Sap: Irenaus (f 202), C. haer. 4, 38, 3 (M s 7, 1 108 ;
= 6, 19 f.). Sir: Doctr. Apost. (um 120) 4, 5 (= 4, 31 [36]); Ps.-Klemens,
De virginitate n, 5 (= 5, 14 [dicit sc. Scriptura]). Bar: Irenaus,
C. haer. 4, 20, 4 (M g 7, 1034; = 3, 38 [unter den Propheten]) ; Klemens
Alex., Paedag. 2, 3 (M s 8, 433 f. ; = 3, 1 6 [6eia Tpacpn]). Ep. ler. (23 Bar 6) :
Tertullian (160 240), Scorpiace 8 (M 1 2, 160; = 6, 3ff.). i Makk:
Tertullian, Adv. lud. 4 (M 1 2, 645 ; = 2, 41 ff.) ; Hippolytus, Comm. in
Dan. 4, 3 (ed. N. Bonwetsch, 1897, 194 [vgl. Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3*, 196];
= 1,5 9). 2^#>/:PastorHerrnae(umi4o i55),Mand. i, i(= 7,28);
1 Vgl. u. 214, Nr. 738.
2 L. Fonck S. ]., Bibel und altchristliche Kunst (Stimmen aus Maria-:
Laach 49 [1895], 55 74 133 151); vgl. besonders S. 69 74. VDB 2, I55f.,
wo die Abbildungen zu finden sind.
3 J. Cramer, De Kanon der H. S. in de eerste vier eeuwen der Christelijke
Kerk, Amsterdam 1883; J. P. van Kasteren S. J., De Canon des Ouden Ver-
bonds in de eerste eeuwen der Kerk (Studien. Tijdschrift voor Godsdienst,
Wetenschap en Letteren 60 [1903], 209 252).
376 II- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 635
Origenes, De princ. 2, i, 5 (M g n, 186 ; = 7, 28). Estio,4 16, 24 (33):
Klemens Rom., i Cor. 55, 6 (= 15, 5). Dn (3, 24$.; 13; 14): Justinus
Martyr (um 167), Apol. i, 46 (M g 6, 398; = 3, 24 [Form der NamenJ);
Irenaus, C. haer. 4, 5, 2 (M g 7, 984; = 14, 3f.); Origenes, Ep. ad Afric.
(M e ii, 4886; verteidigt Dn
635. Wo die Schriftstellen aus den ersten christlichen Jahr-
hunderten sich nicht schon durch die Form der Einfuhrung als
eigentliche Schriftzitate erkennen lassen, erganzt die spatere Ent-
wicklung, die dieselben Schriften als kanonische erweist, diese Un-
sicherheit. Die spatere Kanonentwicklung hat auch vereinzelte
Fremdlinge unter den heiligen Schriften ausgeschieden, wenn
in dieser Zeit noch ab und zu ein apokryphes Buch gebraucht
und zum Teil in der Art der heiligen Schriften eingefiihrt wird.
636. Z. B. Henoch: Ep. Barnabae 16, 5 (= 89, 56 66f.). Eldad und
Modad, Propheten Israels in der Wiiste (vgl. Nm n): deren verloren
gegangene Prophetenworte fiihrt Pastor Hermae, Vis. 2, 3, 4 an unter
sicut scriptum est. Assiimptio Mosis: Klemens Rom., i Cor. 17, 6.
Ps 151: Ps.-Athanasius, Synopsis S. Scripturae (M g 28, 286; vgl. ebd. 337).
Oratio Manassis: Const. Apost. 2, 22 (M g i, 647 f.). Ascensio Isaiae:
Justinus M., Dial. c. Tryph. 120 (M g 6, 755 f.; hier wird den Juden vor-
geworfen, daft sie diese Schrift beseitigten) 2 . 3 Ezr 4, 59 f. : Origenes,
Horn, in los. 9, 10 (M g 12, 879; sicut in Esdra scriptum est) 3 . 4 Ezr:
Ep. Barnabae 12, i (= 4, 33; 5, 5); Klemens Alex., Strom, i, 21 (M g 8, 853;
= 14, 39). 3 4 Makk: Ps.-Athanasius, Synopsis S. Scripturae (M B
28, 432 ; als bestritten bezeich.net). Auch die altesten -Hss enthalten
neben den kanonischen Biichern einige Apokryphen (so s 4 Makk;
A Ps 151, Pss Sal., 3 4 Makk) 4 .
193. Der atl Kanon in den kirchlichen Entscheidungen.
637. Augustinus (i* 430) bietet bereits einen liickenlosen Kanon
mit den protokanonischen und deuterokanonischen Schriften und
1 Eine chronologische Zusammenstellung vgl. in VDB 2, i6iff.: Tableau
des citations des deuterocanoniques de 1'AT dans les anciens ecrivains eccl^-
siastiques. Die Zitate aus den Apostolischen Vatern s. bei F. X. Funk,
Opera Patrum Apostolicorum. Textum recensuit etc. i 2 , Tubingen 1887; 2,
ebd. 1881.
2 Die Secreta leremiae scriptura des Origenes (In Matth. comm. 117
[vgl. M g 13, 1769]) scheint nach der Benennung schon als apokryph an-
gesehen worden zu sein.
3 3 und 4 Ezr stehen jetzt noch in den offiziellen 25-Ausgaben als Anhang,
eine Folge dieser hohen Einschatzung in der Kirchenvaterzeit.
4 Eine Zusammenstellung von Kanonverzeichnissen vgl. bei Swete (s. o.
S. 131 2 ) 201 ff.
Nr. 638 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 377
ohne apokryphe Zutaten (De doctr. christ. 2, 8 [M 1 34, 41]). In seinem
Bereich und unter seinem Einflufi erfolgten auch die ersten 1 kirch-
lichen Entscheidungen iiber den geltenden Kanon des AT, wenn
sie zunachst auch nur partikularkirchlichen Rechtes waren. Das
Konzil von Hippo stellte 393 einen Kanon der heiligen Schriften
auf, den die Konzilien von Karthago (397 und 419) bestatigten:
Can. 36 (bzw. 47, 29): [Item placuit], ut praeter scripturas canoni-
cas nihil in ecclesia legatur sub nomine divinarum scripturarurn.
Sunt autem canonicae scripturae : Gn, Ex, Lv, Nm, Dt, Jos, Jdc,
Rut, Rg 4, Chr 2, Job, Pss, Salomonis libri quinque, duodecim
libri Prophetarum, Is, Jer 2 , Dn, Ez, Tob, Jdt, Est, Ezr 3 , Makk 2 4 . . . .
Dabei dachte man an den Kanon der ganzen Kirche. Das ergibt
sich aus der Sachlage und auch daraus, daC man den Kanon
der italienischen Kirche ubermitteln zu sollen glaubte 5 . Papst
Innozenz I. (401 417) zahlt in seinem Brief an Exuperius
von Toulouse (20. Febr. 405) den gleichen Kanon auf 6 ; ebenso
das sog. Decretum Gelasii de recipiendis et non recipiendis
libris (495) 7 .
638. Diese Entscheidungen der Sonderkirchen sind doch vermoge
der Einheit der Kirche Zeugnisse dessen, was in der Gesamt-
kirchie vom atl Kanon gait, und sie blieben mafigebend, bis im
1 5 . Jahrhundert ein AnlaB zu neuem Entscheid gegeben war.
1 Aus Hieronymus, Praef. in libr. ludith (hunc librum synodus Nicaena
in numero sanctarum Scripturarum legitur computasse) wollen manche auf
einen Kanon schliefien, den schon die Synode von Nicaa (325) aufgestellt
habe (so Comely [s. o. S. f] i* 89 ff.; vgl. VDB 2, 151). Vgl. A. Vaccari S. J.,
La Sacra Scrittura al Concilio di Nicea (Analecta Sacra Tarraconensia. Anuari
de la Bibliotheca Balmes 2 [1926], 349 356).
2 Darunter werden Lam und Bar mitverstanden sein.
3 Manche verstehen darunter 3 Ezr und Ezr-Neh; so Charles (s. o. S. n)
i, ix ; Howorth (s. o. S. I&5 1 ).
4 D. 11 92. Einen Unterschied zwischen proto- und deuterokanonischen
Schriften kann man in diesen Kanon nicht hineintragen (so versuchte es
Konig [s.o. S. 2 2 ] 473).
5 De confirmando isto canone transmarina ecclesia consulatur (D. u 92).
6 Vgl. D. 11 96; M 1 20, 626.
7 Vgl. E. v. Dobschiitz, Das Decretum Gelasianum de libris recipiendis
et non recipiendis in kritischem Text hrsg. u. untersucht (TU 3. R. 8, 4),
Lp. 1912; D. 11 162 84. Es stammt aus den Akten einer romisch en Synode
unter Damasus (382). Vgl. auch die Kanonverzeichnisse bei Swete (s. o.
S. 131 2 ) 203 ff.
378 H- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 639
Das Decretura pro Iacobitis (1441) rechnet die deuterokano-
nischen Biicher so gut wie die protokanonischen zum Umfang
des AT 1 . Das Konzil von Trient (1545 1563, sess. 4 [8. April
1 546]) zahlt neben den protokanonischen Schriften auch Tob, Jdt,
Sap, Eccli, Bar, I und 2 Makk auf und schliefit die deuterokano-
nischen Bestandteile von Dn und Est wenigstens mittelbar ein
(cum omnibus suis partibus, prout in ecclesia catholica legi
consueverunt et in veteri vulgata latina editione habentur [D. 11
784]). Zum letzten Male nahm das Konzil vom Vatikan (1869,
sess. 3, cap. 3, can. 2, 4 [D. 11 1809]) Anlafi, auf die Festsetzung
des atl Kanons durch das Trienter Konzil neuerdings zu verweisen.
194. Nachwirkungen des jiidischen Kanons in der
christlichen Kirche.
639. Wenn neben diesen mafigebenden Zeugnissen Versuche
begegnen, den atl Kanon anders zu bestimmen und be-
sonders die deuterokanonischen Schriften geringer einzuschatzen
oder ganz aus dem Kanon auszuschliefien, so konnen sie in den
ersten Zeiten der Kirche ebensowenig wie in den letzten Jahr-
hunderten den sonst amtlich geltenden Kanonumfang unsicher
machen. Es sind nachtraglich auftauchende Schwierigkeiten, die
auf besondere Einniisse zuriickgehen.
640. Schon Melito, Bischof von Sardes ft vor 195 n. Chr.), zahlt in
seinem Briefe an Onesimus 2 die protokanonischen Biicher auf 3 , ohne
auch nur eine der deuterokanonischen Schriften zu erwahnen. Dafi
er den jiidischen Kanon 4 , nicht den Kanon der christlichen Kirche
anfiihren wollte, lafit der Zusammenhang keineswegs ersehen 5 .
1 D. n 706, wo fur die Aufzahlung der Biicher auf das Tridentinum ver-
wiesen wird. Die ausdriickliche Aufzahlung des Dekretes vgl. bei Comely
(s.o. S. 3 2 )i 2 , 139 f.
2 Vgl. Eusebius, Hist, eccles. 4, 26, 12 14 (M g 20, 396).
3 Neh und Est fehlen. Neh kann mit Ezr zusammengefafit sein. Est ist
auch sonst in kirchlichen Zeugnissen bezweifelt oder ausgeschlossen, eine
Unsicherheit, fur welche der Anlafi wohl schon im Judentum zu suchen ist
(vgl. o. S. 360).
4 So Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 83 f.; Fell (s. o. S. 3 2 ) 44; VDB 2, 149.
Anders ist es bei Justinus, der bei seiner Polemik mit den Juden kein deutero-
kanonisches Buch verwenden konnte und wollte (vgl. Dial. c. Tryph. 71 120
[M e 6, 644 756]); vgl. aber o. S. 376.
5 Die Schrift Clavis s. Scripturae, welche deuterokanonische Schriften
verwertet, gehort nicht dem Melito an (s. O. Bardenhewer, Geschichte der
altkirchlichen Literatur i 2 , Frb. i. Br. 1913, 463).
Nr. 642 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 379
641. Origenes (f 254) beruft sich fiir seinen Kanon des AT 1 zwar
ausdriicklich auf die Juden (Ka9' c Eppaiou?; we, 'EppaToi irapabiboacriv),-
trotzdem 1st es nicht ausgeschlossen, dafi ihm der jtidische Kanon von
22 Biichern 2 auch fiir seine christlich-alexandrinische Kirche als mafi-
gebend gait 3 . In den Kommentaren, Homilien und Scholien zum AT
beriicksichtigt er die deuterokanonischen Schriften nicht. Dagegen
zitiert er sie, verteidigt die deuterokanonischen Schriften energisch
gegen Julius Africanus und lehnt ausdriicklich die Geltung des jiidischen
Kanons ab 4 . Seine hexaplarischen Arbeiten umfafiten auch Sap und
Sir 5 . Die kirchliche Uberlieferung drangte also Origenes eine Praxis
auf, die mit seiner Kanontheorie in Widerspruch stand] 6 .
642. Das gleiche gilt vom hi. Athanasius (295 373) "'. In seiner
Epistola festalis 39 (365; M. s 26, 1176 1436) kennt er 22 Biicher 8 ,
welche zur Begriindung der Lehre dienen (ev TOUTOIC; uovoic; TO ti\c,
eiKTepeiaq bibaamXeiov euafY^i&Tat); dazu kommen Sap, Sir, Est, Jdt,
Tob, Didache, Pastor Hermae als nicht kanonisch (oO KCtvovi6|ueva),
aber als Lesebiicher (dvaYrfVUJffKOueva), und die Apokryphen. In seiner
Praxis verwendet er auch die deuterokanonischen Schriften, denen er
in derTheorie voile kanonische Geltung abspricht 9 . Cyrillusvonje-
rusalem (315 386) kennt sichere Biicher (uera -irapibncTiac; dvaYtYVuV
cTKOjuev), d. i. die protokanonischen Biicher mit Bar und Ep. ler. 10 ; von
den ungewissen Biichern sagt er: rot be XOITTCC (euj) xeiaOuu ev beirrepip 11 .
I In Ps i (M e 12, 1084; Eusebius, Hist, eccles. 6, 25, i 2 [M 8 20, 580]).
' J Die zvvolf Kleinen Propheten fehlen wohl nur zufallig (sie sind vorhanden
in der Ubersetzung des Eusebius von Rufinus [Hist, eccles., ed. minor von
E. Schwartz, Lp. 1908, 245] und bei Hilarius, Prol. in Psalmos [M 1 9, 241]).
Ep. ler. (= 33 Bar 6) nennt er. 3 Ezr wird er in Ezr a und {? mjtrechnen. Ta
MaKKapaiica stehen nach ihm aufierhalb dieser.
3 L. Dennefeld (Der atl Kanon der antiochenischen Schule [BSt 14, 4],
Frb. i. Br. 1909, 6 1 ), J. P. van Kasteren S. J. (Het Oude Testament van Origenes
[Studien (s. o. S. 375 s ) 60, 60 81]) u. a. sehen darin den jiidischen Kanon.
Anders J. Ruwet S. J., Duo textus Origenis de canone antiqui Testamenti
(Bb 2, 57 60); vgl. auch A. Merk S. J., Origenes und der Kanon des AT
(BC 6, 200205). * Ep. ad Afric. 4 (M e II, 57).
5 Vgl. die & nach der Hs der Ambrosiana in Mailand (vgl. u. S 231).
6 Vgl. J. P. van Kasteren, L'AT d'Origene (Rb 10, 413423).
7 T. Zahn, Athanasius und der Bibelkanon, Lp. 1901.
8 Bar und Ep. ler. sind dabei.
9 Vgl. Zahn (s. o. Anm. 7). Nach Cornely (s. o. S. 3 s ) I 2 , 101 hatte Atha-
nasius auch den Lesebiichern voile kanonische Geltung zugebilligt.
10 Catech. 4, 3336 (M s 33, 4960".).
II iv beuTepiu heifit hier so viel wie nicht kanonisch . Anders Cor-
nely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , IO3 12 ; Fell (s. o. S. 3 2 ) 68. Wenn Sixtus von Siena sein
deuterokanonisch aus dieser Quelle schopft, so hat er dem Worte einen
andern Sinn gegeben, als der bei Cyrillus 1st (s. o. S. 367 3 ).
380 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 643
Audi seine Praxis ist hierin nach Anzeichen besser als seine Theorie.
In die gleiche Linie scheint der hi. Epiphanius (315 403) mit seinem
Kanon in Theorie und Praxis zu gehoren 1 . Gregor von Nazianz
(329 390) will ausdriicklich den sichersten Kanon (diyeubecrraTOc; Kavubv
[M g 37, 1598]) angeben, nennt jedoch blofi 22 Biicher 2 . Tatsachlich
verwendet er aber in der Praxis auch deuterokanonische Biicher. Mag
Gan. 60 des Konzils von Laodicea (zwischen 343 und 381) unecht
sein 3 , so stellt er doch eine Meinung dar, die in der damaligen griechi-
schen Kirche nicht alleinstand, wenn er im AT blofi die protokanoni-
schen Biicher (mit Einschlufi von Bar und Ep. ler.) aufzahlt 4 .
643. Das Abendland bezog seine theologische Bildung zum grofien
Teil aus dem Osten. Damit kam auch die Theorie von einem
beschrankten Kanonumfang zur lateinischen Kirche.
644. Hilarius von Poitiers (-J- 366) zahlt nach der Zahl der he-
braischen Buchstaben 22 Biicher (mit Ep. ler.) auf und fiigt nach dem
Beispiele einiger (quibusdam autem visum) auch noch Tob und Jdt
dazu, um die Zahl 24 zu erreichen (Prol. in Pss 15 [M 1 9, 241]). Er ist
von Origenes abhangig. Rufinus () 410) unterscheidet 22 kano-
nische Biicher, welche zum Glaubensbeweise dienen, libri ecclesiastici 5 ,
welche dazu nicht dienlich sind, wohl aber in der Kirche vorgelesen
werden : Sap, Sir, Tob, Jdt, Makk, und apokryphe Schriften (Commen-
tarius in symb. Apost. 36 ff. [M 1 21, 37 3 f.]). Seine Einteilung gleicht
der des Athanasius, ist aber doch zum Teil selbstandig. Er und Hi-
larius verwenden aber in der Praxis auch die Deuterocanonica.
1 De pond, et mens. 4 und 22 f. (M s 43, 243 277) kennt er 22 oder 27 Biicher,
dazu Bar und Ep. ler. (ei not! oti xewxai al dmaroXai trap' c E{Jpaunc;); Sap
und Sir sind nutzlich zu lesen, aber dc, dpi6|m6v TUIV pnxuiv ot!)K dvaq>dpovTai,
oder sie sind iv djuUpiXeicTiu (Haer. 8, 6 [M e 41, 213). Nach Fell (s. o. S. 3 2 )
68 69 1 und Zahn (s. o. S. 373 3 ) 2, 333 wollte Epiphanius den jiidischen Kanon
angeben.
2 Carmen i, 12: De genuinis libris inspiratae Scripturae (M s 37, 472).
Im Carmen ad Seleucum (M e 37, 1595 f.), das heute aber meist dem Amphi-
lochius von Iconium ({ nach 394) zugeschrieben wird, kommt Est dazu
und werden kanonische , medii (^nnecroi) und unechte und gefahrliche
Biicher unterschieden. 3 So Fell (s. o. S. 3 2 ) 69.
4 Vgl. J. D. Mansi O. S. B., Sacr. conciliorum nova et amplissima collectio 2,
Florenz 1759, 573 f. ; J. B. Pitra, luris ecclesiastici Graecorum historia i, Rom
1864, 506. Der 85. der Canones Apostolorum folgt einem sonst nicht
bezeugten Kanon (protokanonische Biicher, 13 Makk, Sir? [M g 137, 212]).
In der antiochenischen Kirche findet sich kein eigentliches Kanonverzeichnis ;
wohl aber lassen deren Vater erkennen, was ihnen in der Praxis als kanonisch
gait (vgl. Dennefeld [s. o. S. 379 3 ]).
5 Van Kasteren (s. o. S. 379 3 ) 78 3 versteht den Ausdruck von nichtjiidi-
schen Biichern.
Nr. 645 3- Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 381
645. DaC Hieronymus, dem die hebraica veritas iiber alles
ging, in dieser Reihe von Verfechtern eines Kanonumfanges gleich
dem jiidischen zu finden ist, wird niemand wundernehmen. Er hat
noch bestimmter als seine Vorganger und Zeitgenossen die deutero-
kanonischen Schriften an Wert den protokanonischen nachgesetzt.
Wahrend er in der Epistola ad Paulinum nach Aufzahlung der
protokanonischen Biicher von den deuterokanonischen schweigt 1 , fiigt
er im Prologus galeatus ausdriicklich bei: Quidquid extra hos est,
inter apocrypha ponendum, und von Sap, Sir, Jdt, Tob sagt er eben-
dort: non sunt in canone. Anderwarts nennt er Jdt, Tob, Makk,
Sir, Sap Lesebiicher (legit ecclesia) 2 . Er wird sie wohl auch mit
meinen, wenn er Laetas Tochter warnen lafit: Caveat omnia apocrypha
. . . multa his admixta vitiosa. 3 Trotzdem verrat er ab und zu un-
willkiirlich, dafi seine Abneigung gegen die Deuterocanonica von andern
nicht geteilt wird 4 , ja dafi gerade die mafigebenden Kreise der Kirche
seiner Vorliebe fur den jiidischen Kanon entgegen waren 5 . Auch seine
1 M 1 22, 545. Vgl. die 33-Ausgabe von Hetzenauer (vgl. u. 226, Nr. 785),
wo auch der Prologus galeatus und die Praefationes zu den einzelnen
biblischen Biichern aufgenommen sind.
2 Praef. in libros Salomonis. Deshalb iibergeht er Bar bei der Uber-
setzung (Praef. in ler.), spricht den Zusatzen zu Dn die dogmatische Beweis-
kraft ab (In Dan. Prol. [M 1 25, 515]) und rechnet Jdt inter apocrypha" (Praef.
in ludith; die ed. Clementina der 23 [s. u. 226, Nr. 784] liest <nnter hagio-
grapha, was dem Zusammenhang nicht entspricht).
3 Ep. 107 (Ad Laetam), 12 (M 1 22, 807). Auch der Ausdruck fabulae
fur Dn 14 erscheint im Zusammenhalt damit nicht so harmlos wie E. Kalt
(Der Ausdruck fabula bei Hieronymus [Kath 4. F. 8, 271 287]) glauben
machen mochte. Es gilt deshalb auch nicht fur alle Aussagen des Hiero-
nymus, wenn L. Sanders O. S. B. (Etudes sur saint Je'rome. La doctrine touchant
1'inspiration des livres saints et leur veracite, 1'autorite des livres deutero-
canoniques usw., P. 1903) meint, Hieronymus habe die Deuterocanonica nicht
bekampft. Vgl. auch P. Gaucher, Saint Jerome et 1'inspiration des livres
deute"rocanoniques(La Science catholique i8[i9O4], 193 210334 359 539 555
703 726); L. Schade, Die Inspirationslehre des hi. Hieronymus (BSt 15, 4/5),
Frb. i. Br. 1910.
4 Er erwartet Tadel, weil er Bar nicht iibersetzt hat (pro his omnibus
maledicta ab aemulis praestolantes [Praef. in ler.]). Si cui tamen placet
volumen (Jdt) recipere (Ad Fur. ep. 54, 16 [M 1 22, 559]). Tob iibersetzt er:
feci satis desiderio vestro, non tamen meo studio (Praef. in Tob.); quia
licet non habeatur in canone, tamen usurpatur ab ecclesiasticis viris (In
Ion. [M 1 25, 1172]). Von Sir, Koh (bei diesem Buche spielen die Bedenken
in jiidischen Kreisen herein [vgl. o. S. 360 f.]), Sap sagt er: Ne forte huic vo-
lumini contradiceretur (C.. Pelag. I, 33 [M^ 23, 527]).
5 In der Praef. in Tob. begriindet er seine Ubersetzung: ffMelius esse
iudicans Pharisaeorum displicere iudicio et episcoporum iussionibus deservire.
382 II- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 646
Praxis steht unter diesem Zwiespalt. Das eine Mai schliefit er die
Deuterocanonica beim Beweisgang gegen die Pelagianer aus 1 , das
andere Mai zitiert er sie, wenn auch nicht so haufig wie die proto-
kanonischen Biicher 2 , um sie schliefilich sogar mit der Formel dicente
Scriptura sancta auszuzeichnen 3 . Des Hieronymus ziemlich einheit-
liche Theorie, aber zwiespaltige Praxis gegeniiber den Deuterocanonica
erklart am besten das bose Wort seiner Zeitgenossen, er habe neuer-
dings den Herrn einem Barrabas (sein jiidischer Lehrer hiefi Baranina) 4
nachgesetzt, d. h. Hieronymus habe die christliche Uberlieferung vom
Kanon des AT zu Gunsten der jiidischen Anschauung preisgegeben 5 .
646. In der altesten Vaterzeit stand man unter dem Eindruck
des unmittelbaren Glaubenslebens, und man bekannte sich ohne
weitere Reflexion zum erweiterten kirchlichen Kanon 6 . Als man
sich fragte, warum denn der alte jiidische Kanon erweitert warden
sollte, besann man sich darauf, dafi die Kirche auf der Synagoge
auf baute ; aufierdem kam die Tatsache, dafi die altesten Christen
Judenchristen waren, zur Geltung, und dazu tat die Notwendigkeit,
lange Zeit den Glauben gegen das Judentum verteidigen zu miissen,
ein ubriges. Weiterhin machte das Auftauchen vieler Apokryphen
besondere Vorsicht und Strenge im Ausscheiden von unechten
heiligen Schriften zur Pflicht. So kam es, dafi die Kanontheorie
bei den fuhrenden Geistern von Origenes bis Hieronymus in
Zwiespalt geriet mit der fur uns latenten kirchlichen Tradition
und mit ihrer eigenen Praxis. Wiewohl Zeitgenosse des Hiero-
nymus, legte Augustinus, nicht minder gelehrt, aber dazu
besonnener als er, vom iiberlieferungsmafiigen Kanon Zeugnis
ab 7 , und die afrikanischen Konzilien sprachen nur aus, was im
Bewufitsein der Kirche nie ausgeloscht war.
647. Die spater noch an den Deuterocanonica zweifelten, waren an Zahl
und Gewicht so gering, dafi die Lehre vom atl Kanon kaum noch
verdunkelt werden konnte. Ohne alle Beziehung zur friiheren Zeit ist
der Kanon des Theodor vonMopsuestia (350 428), der Job, Ct,
(Prv, Koh), Chr, Ezr-Neh, Est fur nicht kanonisch hielt 8 . Von ihm ist
1 C. Pelag. I, 34 (M 1 23, 55 iff.).
2 Vgl. Sanders (s. o. S. 38i 3 ) (nach Rb N. S. i, 157).
3 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , njf.; Schade (s. o. S. 38i 3 ) 200 f.
4 Ep. 84, ad Pammachium (M 1 22, 745).
5 Vgl. H. H. Howorth, The influence of St. Jerome on the canon of the
western church (JthSt 10, 481 496; 11,321347; 13, i 18).
6 Vgl. Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 224.
' Vgl. o. S. 376 f. 8 VgL Dennefeld (s. o. S. 379 3 ) 4461.
Nr. 648 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 383
Junilius Africanus (um 551) abhangig, der Chr, Job, Tob, Ezr-Neh,
Jdt, Est, Makk, Sap, Ct aus dem Kanon streicht, Sir aber fur kanonisch
halt 1 . Leontius von Byzanz (}- 543) zahlt zu den kanonischen
Schriften Est und die Deuterocanonica nicht, wiewohl er letztere ge-
braucht 2 . Gregor d. Gr. (540 604) scheint in den Spuren des Hier-
onymus zu wandeln, wenn er i Makk als blofies Erbauungsbuch, nicht
wie kanonisch verwertet 3 . Johannes Damascenus (T 754) ist von
Epiphanius, Nikephorus von Konstantinopel (*j- 829) von der
pseudo-athanasianischen Synopsis S. Scripturae beeinflufit 4 . Wala-
fried Strabo (-J- 849) unterscheidet kanonische und Erbauungsschriften,
kommentiert aber auch letztere 5 . NotkerBalbulus (-1-912) hat
einen Kanon ahnlich dem des Junilius Africanus 6 . HugovonSt. Vik-
tor^ ii4i) 7 , Radulphus Flaviacensis (-J* us?) 8 , Johannes von
Salesbury (T n8o) 9 , Petrus von Clugny (-J- ii56) 10 billigen den
deuterokanonischen Schriften eine mindere Autoritat zu. PetrusCom-
estor (-j- 1179), Rupert von Deutz (1070 1135) u. a. driicken sich
mit geringerer Genauigkeit aus 11 . Hugo a S. Car o (*f- 1263) 12 , Niko-
laus von Lyra (-J* 1340), AlphonsusTostatus^ 1455) 13 , Antoninus
von Florenz^ 1459) u richten sich nach Hieronymus ; Cajetanus
H* J 534J meint sogar: Ad Hieronymi limam reducenda sunt tarn verba
conciliorum quam doctorum. 15
648. Solche Abwege einzelner Gelehrter in der Frage der Deutero-
canonica batten wohl kaum fur sich eine nochmalige kirchliche
Entscheidung erfordert. Aber da die Reformatoren des
1 6. Jahrhunderts diese Richtung in der Kanonfrage auf-
nahmen, mufite das Konzil von Trient in seiner Auseinander-
setzung mit den Neuerern die Gleichwertigkeit der Deutero-
canonica mit den protokanonischen Biichern noch einmal fest-
stellen. Ebenso wollte das Konzil vom Vatikan (1869) die ganz
sparlichen Versuche nicht unbeachtet lassen, welche auch
1 Vgl. Dennefeld (s. o. S. 379 3 ) 57.
2 De sectis, act. 2, 14 (M e 86, laooff.).
3 Moralia in Job 29, 14 (M 1 76, 119). Dagegen Comely (s. o. S. 3 2 ) i-,
126 f.; VDB 2, i's9f. * Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) I 2 , i29ff.
5 Vgl. ebd. 127 f. 6 Vgl. ebd. 136. 7 Vgl. ebd. 135.
8 Vgl. ebd. 9 Vgl. ebd. 136 f. 10 Vgl. ebd. 134 f.; KHL 2, 1435.
11 Vgl VDB 2, 161 f.
12 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 140 f. Thomas vonAquin scheint selbst
solche Anschauungen nicht gehabt zu haben, wenn er auch auf sie Riicksicht
nimmt (vgl. Comely a. a. O. 137 f.; P. Synave O. P., Le canon scripturaire de
Saint Thomas d'Aquin [Rb 33, 522533]).
13 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) I 2 , 142. u Vgl. ebd. 142 f.
15 Vgl. ebd. 144.
384 IJ ' Teil - Geschichte des atl Kanons. . Nr. 649
nach dem Konzil von Trient die hieronymianische Linie weiter-
verfolgten 1 ; es verwies blofi auf das Tridentinum 2 .
195. Der atl Kanon bei den iibrigen christlichen
Richtungen.
649. I. Die griechische Kirche 3 teilt vor ihrer Trennung die an-
fangliche Unsicherheit mit der lateinischen (s. o. S. 378ff.). Das Ver-
zeichnis der 60 kanonischen Biicher, welches die deuterokanonischen
Schriften als euj row % stehend bezeichnet (Sap, Sir, i 4 Makk, Est,
Jdt, Tob) und von ihnen noch die Apokryphen unterscheidet, wurde
seit dem 6. Jahrhundert verbreitet. Jedoch nahm die Synode vom Trullon-
saale (692) den Kanon der romischen Kirche vollstandig an. Damit
schien zunachst die Unklarheit in der griechischen Kirche iiberwunden
zu sein. Als der Patriarch Cyrillus Lukaris (-J* 1638) auf den Kanon
von Laodicea (s. o. S. 380) zuriickgreifen wollte, bekannten sich die
Synoden von Konstantinopel (1638), Jassy (1642), Jerusalem (1672) zu
den Deuterocanonica. Erst seit dem 18. Jahrhundert begann man, unter
dem Einflufi russischer Schriften und einzelner Theologen, die deutero-
kanonischen Biicher zu verwerfen 4 . In der russischen Kirche
machte sich seit dem 18. Jahrhundert der Einflufi der Reformatoren
geltend, so dafi die Deuterocanonica von russischen Theologen bekampft
und von Katechismen ausgeschlossen zu werden begannen, wiewohl
bis heute eine offizielle Entscheidung in diesem Sinne noch aussteht 5 .
1 L. E. Du-Pin (-j- 1719), Dissertation preliminaire ou prolegomenes sur la
Bible, P. 1701 (vgl. S. i6ff.). J. Jahn (f 1817), Einleitung in die gottlichen
Biicher des Alten Bundes, Wien 1793, i, 141 f. B. Lamy ({ 1714), Apparatus
biblicus*, Venedig 1756 (s. S. 369). J. N. Sepp, Kirchliche Reformentwiirfe be-
ginnend mit der Revision des Bibelkanons. Ehrerbietige Vorlage an das
Vatikanische Concil 2 , Miinchen 1870. Sixtus Senensis (f 1596) (s. o. S. 367 3 ).
2 Vgl. o. S. 378. Loisy (s. o. S. 351) 215 glaubt, dafi das Tridentinum
wie das Vatikanum eine geringere Einschatzung der Deuterocanonica gegen-
iiber den Protocanonica innerhalb der gemeinsamen kanonischen Geltung
nicht ausgeschlossen habe. In der Zeit des sog. Reformkatholizismus wollte
man die Frage neuerdings fur ein kiinftiges Konzil aufwerfen.
3 M. Jugie, Histoire du canon de 1'AT dans 1'eglise grecque et 1'eglise
russe (Etudes de the"ologie orientale i), P. 1909, zuerst erschienen als Artikel
in Echos d'Orient (s. u. Anm. 4).
4 M. Jugie, Les deuterocanoniques de 1'AT dans 1'eglise orthodoxe au XVI e
et XVII 6 siecle (Echos d'Orient 10 [1907, Juli], 193 199); Ders., Les deute"ro-
canoniques dans 1'eglise grecque depuis le XVIII 6 siecle (ebd. 10 [1907, Nov.],
344-357)-
5 A. Dombrovski, La doctrine de l'e"glise russe et le canon de 1'AT (Rb 10,
267 277). A. Jasck, Doctrina Russorum de canone Veteris Testament! (Sla-
vorum litterae theologicae 2 [1906], 123 138; 3, 264 273). .
Nr. 651 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 385
650. II. Der Kanon der syrischen Kirche 1 1st fur die friiheste
Zeit schwer sicher festzustellen. Die <5 P des AT stammt aus jiidischen
oder judenchristlichen Kreisen (i. Jahrh. v. Chr. bis 2. Jahrh. n. Chr.;
vgl. u. 229, Nr. 789). Es ware deshalb nicht auffallig, wenn sie blofi
die protokanonischen Biicher enthalten hatte 2 . Da auch Chr, Ezr-Neh
und Est anfanglich fehlten, die Deuterocanonica sich in der Art der
tibertragung nicht vom ubrigen AT unterscheiden, so ist fur das Fehlen
der deuterokanonischen Schriften nicht mit Sicherheit der Ausschlufi
aus dem Kanon der einzig mogliche Grund 3 . Von den syrischen
Kir chenvatern gebraucht Aphraates (Mitte des 4. Jahrh.) Jdt, Bar, Zusatze
zu Dn, vielleicht auch Sap; Ephram (-f 373) kommentiert zwar die
Deuterocanonica nicht, verwendet sie aber ebenso wie die protokano-
nischen Schriften 4 . Ein Katalog des AT aus der Zeit von 350 bis 400
lafit von den protokanonischen Btichern Ct und Koh, von den deutero-
kanonischen Tob und Bar aus 5 . Es ist deshalb nicht begriindet, zu
behaupten, die alte syrische Kirche habe die Deuterocanonica nicht
anerkannt 6 .
651. Auch in der spateren Zeit kennt die syrische Kirche die Deutero-
canonica, wenn auch die Bestimmtheit einer autoritativen Entscheidung
fehlt. Der Codex Ambrosianus der <5 P (6. Jahrh.; s. 229, Nr. 793) enthalt
Jdt, Sap, Sir, Bar, Apokalypse des Bar, Ep. ler., 4 Ezr, i 5 Makk 7 ; es fehlt
Tob. In denmassoretischen Hss (s. u. 229, Nr. 792 Anm.) fehlt gewohnlich
Ezr-Neh. Die <5 h des Paulus von Telia (618) erstreckte sich auch auf
die Deuterocanonica. Die Ausziige aus dem verloren gegangenen Codex
Masii (vgl. u. 231, Nr. 796) schliefien auch Jdt und einen Teil von Tob ein.
In der getrennten syrischen Kirche besaflen die Jakobiten ein Buch
der Frauen, in dem aufier Rut und Est auch Jdt und Susanna auf-
genommen waren. Jakobus von Edessa (-f- 708) fertigte Anmerkungen
zu Wortern aus Bar, Sap, Est, Jdt, Sir. Der fruchtbarste jakobitische
Schriftsteller, Barhebraus (-J* 1286), kommentierte Sir, Sap, Dn 3, 24ff.;
1 J. P. van Kasteren S. J., De Canon des Ouden Verbonds bij de Syrische
Christenen (Studien [s. o. S. 375 3 ] 70 [1908], 385 403 520 538).
2 So *A. Baumstark, Geschichte der syrischen Literatur mit Ausschlufi
der christlich-palastinischen Texte, Bonn 1922, 18 23 f.
3 So Van Kasteren (s. o. Anm. i).
4 Wenn die Stelle iiber die 22 Biicher in S. Ephraemi Opera omnia, quae
exstant Graece, Syriace, Latine 2, Rom 1740, 317 echt ist, dann hat er sie
aus der Uberlieferung aufgenommen, ohne daraus fur die eigene Kanon-
auffassung etwas zu fblgern.
5 A. S. Lewis, Catalogue of the Syriac Mss in the Convent of S. Catherine
on Mount Sinai compiled (Studia Sinaitica i, Ld. 1894, n 14).
6 So Strack, PRE 9 3 , 761 ; G. Wildeboer in Versl. en Meded. d. k. Ak. van
Wet., Afd. Letterkunde, 4. R. 5 (1902), 145 147 (nach Van Kasteren [s. o.
Anm. i] 388).
7 5 Makk = 6. Buch des Bellum Iudaicum des Josephus (vgl. u. 197,
Nr. 679).
Goettsberger, Einleitung in das AT. 25
386 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. .. Nr. 652
i3f., zitiert Makk, erwahnt Bar. Dagegen scheint ihm Chr nicht als
inspiriert zu gelten, wiewohl er das Buch bei sejnen Erklarungen ge-
braucht; auch Ezr-Neh und Est fehlen. Letzteres mag wohl auf die
unsichere Stellung zuriickgehen, welche die syrische Kirche von Anfang
diesen Biichern gegeniiber einnahm 1 . Auch die Nestorianer sonderten
Chr, Ezr-Neh und Est von den iibrigen protokanonischen Biichern
(vgl. Cod. Sachau 30 2 ; die Erklarung syrischer Worter in den Opuscula
Nestoriana, hrsg. von G. Hoffmann 3 , wo Chr, Ezr-Neh und Est iiber-
gangen werden ; den Brief des nestorianischen Patriarchen Timotheus I.
[j- 823], der sagt: Das AT schrieb ich vollstandig ab nebst dem Buch
der Chr, Ezr undEst 4 ). Jesudad, Bischof von Hadet (ca. 852), kennt
einen atl Kan on von 22 Biichern 5 . Der nestorianische Rivale des
Barhebraus, Ebedjesu (*j- 1318), hat in seinem Kanonverzeichnis Sir,
Sap, Jdt, Est, Dn minor (vgl. o. S. 320 4 ), Brief von Bar, die jiidische
Misna, Josephus mit i 4 Makk, Apocr. Asiathae und Tob 6 . Der Bibel-
kanon des Ibn Chaldun (-f- 1406) 7 nennt i 5 Mos, Jos, Jdc, Rut, Jdt,
i 4Rg, Chr, i 3 Makk, Ezr, Est, Pss, i 5 Salomo, Kleine und Grofie
Propheten, Sir.
052. Wohl fur die meisten Deuterocanonica konnen demnach die Zeug-
nisse der syrischen Kirche von Anfang an zum Beweise kanonischer
Verwendung angerufen werden. Die Einschrankung des Kanons in
einem Teil der griechischen Kirche hat bei den Syrern jedenfalls keine
mafigebende Rolle gespielt. Aufterdem sprechen auch einzelne Be-
sonderheiten fur die selbstandige Entwicklung des Kanons bei den
Syrern.
653. III. Die Athiopier 8 haben das Christentum von Syrien her
erhalten. Ihr atl Kanon enthalt die Deuterocanonica Tob, Jdt, Sap,
1 J. Goettsberger, Barhebraus und seine Scholien zur Heiligen Schrift
(BSt 5, 4/5), Frb. i. Br. 1900, 80 f.
2 Vgl. Dennefeld (s. o. S. 379 3 ) 51. 3 Kiel 1880.
4 O. Braun, Ein Brief des Katholikos Timotheos I. iiber biblische Studien
des 9. Jahrh. (Ochr i, 299313); vgl. Dennefeld (s. p. S. 379 3 ) 51.
5 Vgl. G. Diettrich, Iso'dadh's Stellung in der Auslegungsgeschichte des
AT an seinen Commentaren zu Hosea, Joel, Jona, Sacharja 9 14 und einigen
angehangten Psalmen veranschaulicht (6. Beih. z. ZatW), Giefien 1902, xv;
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Biicher bei den babylonischen Ne-
storianern im 9-/io. Jahrh. (ZdmG 58, 634 663). Der Kanon bei Rothstein
ist aber verdachtig, weil er 24 Biicher aufzahlt mit Chr, Ezr und Est; vgl.
Van Kasteren (s. o. S. 385 x ) 527 ff.
6 J. S. Assemani, Bibliotheca orientalis 3, 2, Rom 1728, 236 (vgl. Comely
[s. o. S. 3 2 ]i, ii3f.). Zu Apocr. Asiathae vgl. u. 197, Nr. 668.
7 A. Baumstark, Der Bibelkanon bei Ibn Chaldun (Ochr 4, 393 398);
vgl. Van Kasteren (s. o. S. 385 ') 533 ff. . .
8 A. Baumstark, Der athiopische Bibelkanon. Ein Exemplar desselben
mit einleitenden Bemerkungen vorgelegt (Ochr 5, 162 173). M. Chaine,
Le canon des livres saints dans 1'eglise ethiopienne (RchScr 5, 22 39). .
Nr. 656 3. Der atl Kanon in der christlichen Kirche. 387
Sir, Bar, als Anhang i und 2 Makk l . Apokryphen kennen die Athiopier
in grofier Anzahl, die sie in wechselndem Umfang auch in den Kanon
aufhahmen (Henoch, 4 Ezr, 3 Makk usw.).
654. IV. Der Geschichtschreiber der armenischen Kirche, Moses
von Chorene, redet in seinem wohl untergeschobenen, um 1000 n. Chr.
entstandenen Werk von 22 Biichern, welche die Ubersetzung der Ar-
menier umfasse 2 . Das waren die protokanonischen Biicher, auf welche
die Armenier, unter jiidischem Einflufi stehend oder den mafigebenden
griechischen Vatern nacheifernd, ihren Kanon beschrankt hatten. Tat-
sachlich gebrauchten die fiihrenden armenischen Schriftsteller des
5. Jahrhunderts, Johannes Manderkuni, Eznik, Lazar von Pharp, Elische,
auch die deuterokanonischen Schriften 3 .
655. V. Auch die koptische Kirche besafi im wesentlichen den
Kanon der katholischen Kirche und hielt ihn trotz der Nachbar-
schaft der athiopischen Christen auch rein von apokryphen Erweite-
rungen 4 .
656. VI. Die Reformatoren des 16. Jahrhunderts verwarfen
die Uberlieferung der katholischen Kirche, wie bei andern Glaubens-
lehren, so auch in der Bestimmung des Kanons. Ihre zwei Grundsatze,
einerseits die geschichtliche Uberlieferung zu befragen, anderseits auf
das innere Zeugnis des Heiligen Geistes zu horen, liefien sich nicht
immer einfach ausgleichen 5 . Zunachst griffen sie auf Hieronymus
zuriick. So schon Karlstadt 6 , der die Deuterocanonica vom Kanon
ausschlofi, aber Sap, Sir, Jdt, Tob, i und 2 Makk als apocryphi i. e.
extra canonem hebraeorum, tamen agiographi beibehielt; Bar, Dn
3, 24 if.; 13; 14 und die Zusatze zu Est betrachtete er als vollstandig
apokryph wie 3 und 4 Ezr und Or. Man. Die Zuricher Bibel von 1529
verwies die Deuterocanonica in den Anhang. Luthers erste deutsche
Ubersetzung von 1534 ^iiberschrieb diesen Anhang mit Apocrypha 7 .
1 Nach A. Rahlfs, Uber das Fehlen der Makkabaerbiicher in der athio-
pischen Bibeliibersetzung (ZatW 28, 63 f.) ware darin der EinfluG des hi. Atha-
nasius zu spiiren, der I und 2 Makk ebenfalls auslasse (s. o. S. 379). Der
athiopische Kanon ist aber im iibrigen selbstandig.
2 *M. Laur, Des Moses von Chorene Geschichte Grofi-Armeniens. Aus
dem Armenischen iibersetzt, Regensburg 1869, 3, 53 (S. 214). Vgl. Fell(s. o.
S. 3 2 ) 282 3 , der die Angabe auf die erste nach der & gefertigte Ubersetzung
(s. u. 237, Nr. 811) bezieht.
3 Vgl. S. Weber, Zur Geltung der Heiligen Schrift bei den alten Armeniern
(ThQ 78, 463489).
4 I. Guidi, II canone biblico della chiesa copta (Rb 10, 161 174).
5 Vgl. R. H. Griitzmacher, Die Haltbarkeit des Kanonbegriffes (Theol.
Studien, T. Zahn dargebracht, Lp. 1908, 4768).
6 De canonicis scripturis libellus, Wittenberg 1520.
7 Doch fiigte er hinzu, es. seien die Deuterocanonica niitzlich zu lesen,
und er selbst hatte friiher schon deuterokanonische Schriften iibersetzt.
25*
388 H- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 657
In seinen sonstigen Schriften urteilt Luther scharf iiber sie, halt aber freilich
mit ablehnenden Bemerkungen auch gegeniiber protokanonischen Biichern
nichtzuriick. Wahrend die Confessio Gallica(i559; ...utiles, nontamen
sunt eiusmodi, ut ex iis constitui possit articulus fidei), die Confessio
Anglica, die Confessio II Helveta (1564) duldsam gegen die Deuterocano-
nica blieben, gingen die Reformierten seit der Synode von Dordrecht
(1618) scharfer gegen sie vor und betonten stark ihren bloft menschlichen
Ursprung (Westminster-Synode 1643/53). Dann gehorten sie folgerichtig
nicht zur Heiligen Schrift und mufiten bei der Bibelverbreitung aus-
geschaltet werden. Diese Folgerung zogen die Puritaner in Schottland;
sie forderten, dafi in den Bibeln die deuterokanonischen Schriften nicht
mehr gedruckt wiirden (Apokryphenstreit 1825 1827, 1850 1853) *.
Die britischen Bibelgesellschaften unterdriickten sie deshalb in ihren
Bibeln, wahrend die Lutheraner bei der freieren Praxis blieben und
Bibeln mit den Apokryphen druckten und verbreiteten 2 . In neuerer
Zeit wurde die Uberlieferung der Reformatoren hie und da angefochten 3 .
Weite Kreise der kritischen Theologen wollen einen Kanon nur als ge-
schichtliche Erscheinung ohne Verbindlichkeit fur die Jetztzeit kennen 4 .
Anhang.
Apokrypha und Agrapha des AT.
196. Apokryph 5 .
657. Geheime Schriften , d. h. Biicher, welche nur in bestimmten
engeren Kreisen bekannt waren und deshalb sich eines besonderen
1 F. Bleek, Uber die Stellung der Apokryphen des AT im christlichen
Kanon (StKr 1853, 267 354).
2 Vgl. W. H. Daubney, The use of the Apokrypha in the Christian church,
Ld. 1900. Die franzosische Bibelgesellschaft in Paris druckte zweierlei
Bibeln, solche mit und solche ohne Apokryphen. Vgl. VDB i, 1788.
3 Vgl. H. H. Howorth, The origin and authority of the biblical canon
in the Anglican church (JthSt 8, I 40); Ders., The origin and the autho-
rity of the biblical canon according to the continental reformers (ebd. 321
bis 365 ; 9, 1 88 230); Ders., The canon of the Bible among the later re-
formers (ebd. 10, 183 232); H. Pentin, The inspiration of the Apocrypha
(The Interpreter 5, 310 315). Ersterer sieht die Kanonentwicklung der
anglikanisch-prqtestantischen Kirche fur geschichtlich unhaltbar an, letzterer
mochte gegeniiber der unrichtigen Lehre des Hieronymus die Inspiration
der Deuterocanonica beibehalten.
4 E. v. Dobschiitz, The abandonment of the canonical idea (AmJTh 19,
416429).
5 Gieseler, Was heifit apocryphisch ? (StKr 1829, 141 146). Holscher
(s.o. 8.372 8 ).
Nr. 658 Anhang. Apokrypha und Agrapha des AT. 389
Ansehens erfreuten, gab es bei den Heiden 1 und bei den Juden 2 .
In der christlichen Kirche wurde das Wort von Anfang an in
ablehnendem Sinne, gleich pseudokanonisch, akanonisch, ge-
braucht 3 und in diesem Sinne in der Kanongeschichte beibehalten 4 .
658. Da apokryph in gutem Sinne in der christlichen Kirche nicht
gebraucht wurde, la'ftt sich nicht annehmen, daft die ablehnende Ver-
wendung erst daraus entstanden sei 5 . Vielfach beriefen sich die Hare-
tiker in ihrem Kampfe gegen das katholische Dogma auf geheime
Schriften ; deshalb glaubten manche, dafi der spateren ablehnenden Be-
deutung die von geheim im guten Sinne vorausging 6 . Da aber der
christliche Kanonbegriff aus dem Judentum stammt, dieses auch eine Be-
zeichnung fur apokryph besafi 7 , so werden wir die Vorlage fur unser
apokryph wohl beim Judentum suchen mtissen. In diroKpucpoq diirfen wir
eine Ubertragung des tfua der Juden sehen, welches nicht nur verborgen
bedeutet, sondern in gleichem Sinne wie das drakpucpoc; der christlichen
1 Td OOIVIKUJV ditdxpixpa fh{i\ia erwahnt Suidas (s. v. 0epeKubr|q) ; apo-
kryphe Schriften Zoroasters kannten die Prodikianer nach Klemens Alex.,
Strom, i, 15, 69 (M B 8, 773 f.). Vgl. Holscher (s. o. 372 8 ) 47.
2 Vgl. Dn 8, 26; 12, 4; Henoch 68, i; Ascensio Mosis I, 16 18; 4 Ezr 14, 6
4447. Vielleicht ist auch das 8. Buch Mosis (vgl. Holscher [s. o. S. 372 8 ] 50;
der Pentateuch wurde zu 7 Biichern gerechnet) jiidischen Ursprungs. Das
6. und das 7. Buch Mosis (s. J. Scheible, Biblioth. d. Zauber-Biicher 6, Stutt-
gart 1849) sind jiinger.
3 Irenaeus (t 202), C. haer. 2, 20, 2 (M & 7, 655); Klemens Alex. (-J- 215),
Strom. 3, 4 (M. s 8, 1133); Tertullian (f vor 197), De anima 2 (M 1 2, 690); Ori-
genes (-J- 254), Prol. in Ct (M g 13, 83): (Scripturae), quae appellantur apo-
cryphae, eo quod [multa in eis corrupta et contra fidem veram inveniuntur
a maioribus tradita] non placuit eis dari locum nee admitti ad auctoritatem.
Der Satz zwischen den [ ] wird von Holscher (s. o. 372 8 ) 52 2 u. a. ausgemerzt,
es mufi aber etwas Ahnliches dagestanden haben.
4 Hieronymus (Ad Laetam ep. 107, 12 [M 1 22, 877]: "[Apocrypha] eorum
non esse, quorum tituli praenotentur) versteht darunter Pseudepigrapha ;
Augustinus (De civ. Dei 15, 23 [M 1 41, 470]: Earum (sc. scripturarum) occulta
origo non claruit patribus ; vgl. C. Faustum u, 2 [M 1 42, 245]) betont die un-
bekannte Herkunft.
5 Holscher (s. o. S. 372 8 ) 68 ff. nimmt fiir das 3. christliche Jahrhundert
einen solchen Umschlag in der Bedeutung an.
6 So Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 211 f.; Gieseler (s. o. S. 388*) 142 f.; Kaulen-
Hoberg (s. o. S. 2 3 ) i 5 , 58. Vgl. Decretum Gelasianum: Cetera, quae ab
haereticis sive schismaticis conscripta vel praedicata sunt, nullatenus recipit
catholica et apostolica Romana ecclesia (D. 11 165).
7 Vgl. Talmud, j. Sanhedrin X I (fol. 27 a X wonach schon R. Akiba (Anfang
des 2. Jahrh. n. Chr.) den Ausdruck D-^^nti tr^wn = aufienstehende Biicher
gebrauchte. Hieronymus, Praef. in Tob. : quem Hebraei de catalogo di-
vinarum scripturarum secantes (fs'-'r! ist dabei von ysn abschneiden ab-
geleitet) his, quae apocrypha memorant, manciparunt.
390 II- Teil. Geschichte des atl: Kanons, '> Nr. 659
Literatur angewendet wird, namlich : der liturgischen Verwendung ent-
zogen, bei der Heiligen Schrift: der kanonischen Geltung bar. Dafi
die tatsachlich vorhandenen Belege fur diese Bezeichnung in der jiidischen
Literatur jiinger sind als die fiir dftOKpucpo? in der christlichen Kirche,
schlieftt ein hoheres Alter der jiidiscliien Bezeichnung nicht aus, und
damit ist die Moglichkeit gegeben, daft der jiidische Terminus Vorlaufer
und Vorlage des christlichen ist 1 .
197. Die Apokryphen des AT 2 .
659. Solange der Kanon noch nicht sicher und einheitlich fest-
gestellt war, konnte auch der Umfang der Apokryphen
wechseln. Hieronymus hat die sog. deuterokanonischen Schriften
als nicht kanonisch betrachtet und unter die Apokryphen ge-
rechnet. Dieser Sprachgebrauch ist von den Reformatoren wieder
aufgenommen worden. Deshalb decken sich im wesentlichen die
Apokryphen der Protestanten mit den deuterokanonischen Schriften
der katholischen Kirche 3 , wahrend die katholischen Apokryphen
bei ihnen den Namen Pseudepigrapha bekommen haben.
660. Naturgemafi kann diese Bezeichnung fur Biicher nur angewendet
werden, wenn sie in der Z e i t auftauchen, in welcher die Kanonbildung
und Erkenntnis des Kanons noch nicht vollstandig und iiberall ab :
geschlossen war 4 .
1 Vgl. o. S. 360 5 . fa? verbergen verstehen als aus dem Kanon aus-
schliefien Budde (s. o. S. 351) 64 ff.; Holscher (s. o. S. 372 8 ) 61, Van Kasteren
(s. o. S. 351), Rb 5, 582 u. a. ; dagegen Buhl (s. o. S. 351) 7 f. ; Wildeboer (s. o.
S. 351) 66 u. a. Der jiidischen Ausdrucksweise verwandt und wohl durch
sie veranlafit sind Angaben wie Epiphanius, De : mens. et pond. 4 (M g 43,
244) : (Sap, Sir) dv TUJ 'Aapiijv (= V^s-j) GverdSriffav TOUT' dffTiv dv Tf| Tf)<;
biaGqKri? KipuuTil); Tertullian, De cultu fern, i, 3 (M 1 r, 1421): Enoch . . . nee
in armarium iudaicum admittitur. '
2 Textausgaben : Fritzsche (s. o. S. i86 3 ; enthalt aufier den Deutero-
canonica 3 4 Makk, Pss SaL, 3 5 Ezr, Apok. Baruch, Assumptio Mosis);
in der -Ausgabe von Swete (s. o. S. I77 2 ) sind verofFentlicht 3 Ezr, 3 4 Makk,
Pss Sal., Or. Manassis, in den 33-Ausgaben Or. Manassis^ 3 4 Ezr. Be-
arbeitungen: Charles (s. o. S. 12); Kautzsch (s. o. S. 12); *S. Szekely, Biblio-
theca Apocrypha. Introductio historico-critica in libros apocryphos utriusque
Testament! cum explicatione argumenti et doctrinae. I. Introductio generalis,
Sibyllae et Apocrypha Vet. Test, antiqua, Frb. i. Bn 1913; Z6ckler(s. o. S. 173).
Vgl. VDB, Suppl. (s. o. S. 12) I, 354 460: Les Apocryphes de 1'AT.
3 Die Oratio Manassis, 3 und 4 Ezr und 3, z. T. auch. 4 Makk werden
von Katholiken und Protestanten zu den Apokryphen gerechnet. Die prote-
stantische Praxis ist in der Bezeichnung nicht ganz einheitlich.
4 Die Zeit von 200 v. Chr. bis 120 n. Chr., welche Charles (s. o. S. 12) i, VH
hierfur bestimmt, diirfte zu kurz bemessen sein. " \
Nr. 664 Anhang. Apokrypha und Agrapha des AT. 391
661. Aufier den vollstandig erhaltenen Apokryphen gibt es auch
viele, die nur zum Teil auf uns gekomraen oder auch blofi dem
Titel nach bekannt sind 1 .
662. i) o-^ayrt, T<V 3 luj(5nA.ata (Narr n-rs^, f| \e7rrn Tevemg), das Buch
der Jubilaen, eine erweiterte Darstellung der Geschichte von Gn i
bis Ex 12, in Zeitabschnitte von je 49 Jahren abgeteilt. Gegen Ende
des i. Jahrhunderts v. Chr. hebraisch geschrieben, ins Griechische und
dann ins Athiopische iibertragen, ist das Buch, abgesehen von wenigen
griechischen Fragmenten, nur in athiopischer und in lateinischer Sprache
erhalten 2 .
663. Die AiroKd\uv|/i Muuuaeuuc; des Syncellus und die AiaGriKTi Muwffeuuc;
des Nikephorus sind mit dem Buch der Jubilaen identisch. Ob die
Titel Btoc; 'Aodjj. und Liber de filiabus Adam zu den Jubilaen ge-
hb'ren oder unabhangige Werke waren, laftt sich nicht entscheiden.
664. 2) Die Adamsbiicher, eine Gruppe von Biichern mit ver-
schiedenem Umfang und wechselnden Titeln ( 3 Abdu, Bioq 'Abdu, 'ATTO-
KdXuxjn? Muuudeujc;, Vita Adae et Evae, Bufie Adams und Evas, Testa-
ment Adams, AiaGriKr) TOJV TrpujToirXdaTUJV, Apocalypsis Adae u. a.), mit
jiidischer Grundlage, aber christlich und gnostisch iiberarbeitet, sind
hauptsachlich in griechischer 3 , lateinischer 4 und slavischer 5 Sprache
1 Verzeichnisse von Apokryphen sind erhalten in den Constitutiones
Apostolorum (um 400 n. Chr.) 6, 16 (M. e i, 949 ff.), im Decretum Gelasii de reci-
piendis et non recipiendis libris (495/96 n. Chr. ; vgl. M 1 59, 162 ff.; v. Dobschiitz
[s. o. S. 377 7 ]), in der "Synopsis Scripturae sacrae (6./g. Jahrh. ; s. o. S. 4), in
dem "Index stichometricus Nicephori* (6./9. Jahrh. ; vgl. M. e 100, 1055 1061;
Preuschen [s. o. S. 370 2 ] 2 62ff.), im Index LX librorum (um 600 n. Chr.;
vgl. Preuschen [s. o. S. 370 -] 2 68 ff.). Vgl. M. R. James, The lost Apocrypha
of the OT, their titles and fragments collected, translated and discussed (Trans-
lations of early documents i, 14), Ld. 1920; Szekely (s. o. S. 39O 2 ) noff.;
Zahn (s. o. S. 373 3 ) 2, 295 ff.
2 R. H. Charles, The Ethiopic version of the Hebrew book of Jubilees
otherwise known among the Greeks as r\ \e.Ttrr\ f^vem?. Edited from 4 Mss
and critically revised through a continuous comparison of the Massoretic
and Samaritan texts and the Greek, Syriac, Vulgate and Ethiopic versions
of the Pentateuch and further emended and restored in accordance with the
Hebrew, Syriac, Greek and Latin fragments of this book which are here publish-
ed in full (Anecd. Oxon., Sem. ser. 8), Oxf. 1895. F. Martin, Le livre des Jubiles.
But et precedes de 1'auteur. Ses doctrines (Rb N. S.8, 321344 502533).
3 A. M. Ceriani, Monumenta sacra et profana ex codicibus praesertim biblio-
thecae Ambrosianae V, Mailand 1868/71, 19 24; C. Tischendorf, Apocalypses
apocryphae, Lp. 1866, i 23 (Apocalypsis Mosis graece).
4 W. Meyer, Vita Adae et Evae. Hrsg. und erlautert (Abh. d. k. bayr. AdW,
philos.-philol. Kl. 14, 3, Munchen 1878, 185 250).
5 V. Jagic, Slavische Beitrage zu den biblischen Apokryphen. I. Die alt-
kirchenslavischen Texte des Adambuches (Denkschr. d. kais. AdW, phil.-
392 II- Teil. Geschichte des all Kanons. Nr. 665
iiberliefert. Der Streit Adams und Evas mit dem Satan-
1st davon verschieden, aber doch grofienteils von den Adamsbiichern
abhangig.
665. 3) Das Buch Henoch ('Eviiix), hebraisch (Kap. i 5; 37 104)
und aramaisch (Kap. 6 36) im 2. und i . Jahrhundert v. Chr. geschrieben,
griechisch zum Teil, athiopisch ganz erhalten 1 , setzt sich aus ver-
schiedenen Bestandteilen zusammen: Rede Henochs iiber das Gericht
(i 5), Reise des Henoch durch Welt und Unterwelt (6 36), die Pa-
rabeln des Henoch (37 71)2, das Buch von den Gestirnen (72 82),
die Visionen Henochs (83 90), Mahnreden Henochs (91 105), Schlufi
(106 1 08). Bis ins 3. Jahrhundert n. Chr. herab wurde das Buch von
einzelnen als inspiriert angesehen. Das slavisch erhaltene
Henochbuch stammt aus dem Griechischen und ist ein selbstandiges
Werk, wenn auch von dem voraus genannten Henochbuch abhangig 3 .
Adjuex, genannt im Index LX librorum.
Ein Noachbuch; vgl. Szekely (s. o. S. 39o 2 ) i, 482.
Liber de Ogia; vgl. Decretum Gelasii.
BxpXiov diroKpucpov T(JUV rpiujv TTatpiapxtiiv ; vgl. Constit. Apost.
(M 5 i, 956) und u. Nr. 667.
666. 4) Die Apokalypse Abrahams* (= 'Appadu) 4 , die In-
quisitio Abrahae 5 und das Testament Abrahams* 6 sind von-
einander verschieden.
hist. Kl. 42, i), Wien 1893. Auch die syrische Schatzhohle gehort in den
Kreis dieser Schriften (vgl. C. Bezold, Die Schatzhohle, syrisch und deutsch,
Lp. 1883/88).
1 J. Flemming, Das Buch Henoch. Athiopischer Text hrsg. (TU N. F. 7, i),
Lp. 1902. Das Buch Henoch, hrsg. von J. Flemming und L. Radermacher
(Die griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrh. 5), Lp. 1901 (S. 18
bis 60 113 steht der griechische Text, von L. Radermacher beigegeben).
*F. Martin, Le livre d'Henoch traduit sur le texte dthiopien, avec intro-
duction et commentaires, P. 1906.
2 *L. Gry, Les paraboles d'Henoch et leur messianisme, P. 1910.
3 N. Bonwetsch, Das slavische Henochbuch (Abh. d. Gottinger GdW,
philol.-hist. Kl. N. F. i, 3), B. 1896; Ders., Die Biicher der Geheimnisse He-
nochs. Das sog. slavische Henochbuch (TU 44 [3. R. 14], 2), Lp. 1922.
4 N. Bonwetsch, Die Apokalypse Abrahams. Das Testament der vierzig
Martyrer hrsg. (Stud. z. Gesch. d. Theol. u. Kirche I, i), Lp. 1897.
5 Vgl. Schiirer (s. o. S. 163 3 ) 3*, 337.
6 M. R. James, The Testament of Abraham. The Greek text now first
edited with an introduction and notes. With an appendix containing ex-
tracts from the Arabic version of the Testaments of Abraham, Isaac and
Jacob by W. E. Barnes (Texts and Studies, contributions to biblical and
patristic literature, ed. by J. A. Robinson, 2, 2), Cambridge 1892. P. Riefiler,
Das Testament Abrahams. Ein jiidisches Apokryphon (ThQ 106, 322)
(eine Ubersetzung). Vgl. auch Schiirer (s. o. S. l63 3 ) 3*, 338.
Nr. 669 Anhang. Apokrypha und Agrapha des AT. 393
Testamentum Iacob (Job); vgl. Decretum Gelasii und u. Anm. 3.
Leiter Jakobs; vgl. Schtirer (s. o. S. i63 3 ) 3 4 , 370.
667. 5) Die Ai<x0f\Kai TUJV bujbeica TTaTpiapxtov -rOuv uiiuv
'I a K u>{3, gegen das i. Jahrhundert v. Chr. hebraisch verfafit, vielleicht
mit Ausnahme des apy "]$ ^rea nsiis * in christlich iiberarbeiteter grie-
chischer Ubersetzung erhalten 2 , bieten eine Lebensbeschreibung der
zwolf Sohne Jakobs, Mahmmgen und Weissagungen iiber die Zukunft
der zwolf Stamme mit messianischem Einschlag 3 .
'Imaficp irpocreuxn, nur dem Titel nach und aus Zitaten (Origenes)
bekannt; vgl. Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3 4 , 359 f.
668. 6) Joseph und Asenet, griechisch und in lateinischem
Auszug und in andern Sprachen erhalten, wird auf einer jiidischen
Grundlage beruhen 4 .
669. 7) Der Titel AiroKdXuijnc; Munjo~euu wird fur das Buch der
Jubilaen und die Adamsbucher gebraucht (s. o. S. 391), weil deren
Inhalt als dem Moses geoffenbart erscheint. Die AiaGrjKY] Mujuaeuuq
ist dasselbe, was gewohnlich 5 AvdXr|i|Mc; MvjvGiwq, Assumptio
oder Ascensio Mosis heifit. Inhalt: in einer Ansprache an seinen
Amtsnachfolger Josue weissagt Moses die Geschicke des Volkes Israel.
Das Buch ist von 3 bis 70 n. Chr. entstanden, vielleicht hebraisch ge-
schrieben 5 , ins Griechische und von da ins Lateinische iibertragen.
In griechischer Sprache sind einzelne Zitate 6 , von der lateinischen Uber-
setzung ist ungefahr die Halfte erhalten 7 .
Dem Titel nach bekannt sind die eigentliche 'AvdXriM/i? oder 'Avdpaai?
Mujuffeuuc,, ein AiroKpucpov Mouuaeu)? (vgl. Gal 6, 15 [s. o. S. 373]), ein
BifJXoc; Xotuuv UUCTTIKIUV Muuuffeuuq, lavvfi? Kai Mauppn?, auch Poenitentia
lamnis et Mambre genannt (vgl. 2 Tim 3, 8 [s. o. S. 373]), 'EXbdb KCXI
Miubdb (vgl. Nm n, 26 29 [s. o. S. 376]).
1 M. Gaster, The Hebrew text of one of the Testaments of the twelve
patriarchs (PSbA 16, 33 49 109 117). Gegen die Urspriinglichkeit vgl.
Schiirer (s. o. S. l63 3 )3 4 , 350. Fragmente des Testamentes Judas
hat Charles (s. folg. Anm.) in seine Ausgabe aufgenommen.
2 R. H. Charles, The Greek versions of the Testaments of the twelve
patriarchs edited from 9 Mss together with the variants of the Armenian
and Slavonic versions and some Hebrew fragments, Oxford 1908.
3 Uber eine AxaGrjKri TOO dn^uTou Kai troXudOXou KOI ^aKapiou Mubp vgl.
Mercati in ThR 11, 157; Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 i79-
4 Vgl. Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3*, 399 f.; P. Riefiler, Joseph und Asenath. Eine
altjiidische Erzahlung (ThQ 103, i 22 145 183).
5 Vgl. G. Holscher, Uber die Entstehungszeit der Himmelfahrt Moses
(ZntW 17, 108127 149158).
6 Jud 9 (s. o. S. 373 f.). Vgl. Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3 4 , 303.
7 R. H. Charles, The Assumption of Moses translated from the Latin
sixth century Ms, the unemended text of which is published herewith to-
gether with the text in its restored and critically emended form, Ld. 1897.
394 -II- Te ^- Geschichte des atl Kanons. Nr. 670
670. 8) Der apokryphe Psalm 151 steht in der Synopsis Scripturae
sacrae unter den kanonischen Schriften 1 .
Ein EhpXiov diroKpuqpov AafJib nennen die Constit. Apost. (M B .i, 956).
671. 9) Die i8aX|uo\oXouujvTOc; (oder YaX-rripiov ZoXouujvroc;)
sind im i. Jahrhundert v. Chr. hebraisch verfafit und griechisch er-
halten 2 . In einem syrischen Text wurden sie 1909 verbunden mit 42
Oden Salomos (YaXuoi Ka\ qjbcti XoXouuwroc; bei Nikephorus) ge-
funden. Letztere waren vorher aus Lactantius und aus der Pistis Sophia
bekannt. Sie stammen wahrscheinlich aus christlichen Kreisen und werden
im i. Jahrhundert n. Chr. entstanden sein 3 .
672. 10) Die AiaGriKTi XoXouOuviog ist im i. Jahrhundert n. Chr.
auf jiidischer Grundlage von einem griechischen Christen verfafit 4 .
Contradictio (Interdictio) Solomonis; vgl. Decretum Gelasii.
'HXiou diroKdXuv|;ic; ist aufier in Zitaten (i Kor 2, 9 [s. o. S. 373]) auch
in einem lateinischen Fragment erhalten 5 .
673. n) Die Ascensio Isaiae ('AvapcmKOV 'Haatou) besteht aus
zwei selbstandigen Werken, einem Martyrium des Isaias, welches viel-
leicht hebraisch geschrieben wurde ('AiroKpucpov c Ho~a'i'ou), und einer
Apokalypse des Isaias ( c Hcra'iou opamc;) christlichen Ursprungs. Sie ist
athiopisch erhalten, griechisch nur noch in einem Fragment vorhanden 6 .
1 Aufgenommen bei Swete (s. o. S. I77 2 ) 2 2 , 415 ; vgl. H. H. Spoer, Psalm 151
(ZatW 28, 65 68). Dazu und iiber weitere apokryphe Psalmen s. o. S. 233 1 .
2 Veroffentlicht bei Ecker (s. o. S. 208) 18681931; Swete (s. o. S. I77 2 )
3 2 > 765 787; *J. Viteau, Les Psaumes de Salomon. Introduction, texte grec
et traduction. Avec les principales variantes de la version syriaque (Docu-
ments pour 1'etude de la Bible, Apocryphes de 1'AT), P. 1911.
3 R. Harris and A. Mingana, The Odes and Psalms of Solomon. I. The
text with facsimile reproductions. II. The translation with introduction and
notes, Manchester 1916/20. *J. Labourt et P. Batiffol, Les Odes de Salomon.
Une ceuvre chretienne des environs de 1'an 100 120. Traduction frangaise et
introduction historique, P. 191 1 (vgl. Rb N. S. 7 8). A. Ungnad und W. Staerk,
Die Oden Salomos. Aus dem Syrischen iibersetzt, mit Anmerkungen (Kleine
Texte f. theol. u. philos. Vorles. u. Ub., hrsg. von H. Lietzmann, 64), Bonn 1910.
4 C. C. McCown, The Testament of Solomon edited from Mss at Mount
Athos, Bologna, Holkham Hall, Jerusalem, London, Milan, Paris and Vienna.
With introduction (Untersuch. z. NT, hrsg. von H. Windisch, Heft 9), Lp. 1922.
5 D. de Bruyne O. S. B., Nouveaux fragments des Actes de Pierre, de
Paul, de Jean, d'Andre"e et de 1' Apocalypse d'Elie (Rben 25, 149 160).
C.Schmidt, Apokalypse des Elias (ThLz 38, 764 f.); Ders., Der Kolophon
des Ms. or. 7594 des Brit. Mus. Eine Untersuchung zur Elias-Apokalypse
(SB d. preufi. AdW zu Berlin 1925, phil.-hist. Kl. 312321). Vgl. Schiirer
(s. o. S. 163 3 ) 3 4 . 361 ff. Uber eine junge hebraische und koptische Apo-
kalypse des Elias vgl. Szekely (s. o. S. 390 2 ) i, 489 ff. ,
6 R. H. Charles, The Ascension of Isaiah translated from the Ethiopic
version which together with the new Greek fragment, the Latin versions
Nr. 676 Anhang. Apokrypha und Agrapha des AT. 395
674. 12) Die TTpocreuxn Mavafftfrj (35 Oratio Manassis), ein
Siindenbekenntnis und Bufigebet des Konigs Manasses (698 643) und
eine Erweiterung zu 2 Chr 33, i2f., ist wohl ein griechisch verfafites
jiidisches Werk, welches nach der -Ubersetzung von Rg und Chr und
vor dem 3. Jahrhundert n. Chr. geschrieben sein wird l .
Die Zoqpoviou <x7roi<(iXuv|n ist aufier aus den Apokryphenverzeichnissen
noch durch ein Zitat bei Klemens Alex. (67:6 Xocpovia, Strom. 5, n, 77
[M e 9, 1 1 6]) und wohl auch aus koptischen Fragrnenten bekannt 2 .
Ein YeuoeTriYpacpov 'AufJaKouu nennen die Synopsis Scripturae sacrae
und der Index stichometricus Nicephori.
675. 13) Tot Ttapa\enr6uev<x 'lepeuiou TOU irpocpr|Tou (ander-
warts steht der Name des Baruch statt des Jeremias), eine Geschichte
der Erlebnisse des Jeremias, in griechischer und andern Sprachen er-
halten. Das Buch ist jiidischen Ursprungs, aber von einer christlichen
Hand iiberarbeitet 3 .
Ein Apocryphum Ieremiae kennen Euthalius und Hieronymus 4 .
676. 14) Neben dem deuterokanonischen Bar (= i Bar) und dem
eben erwahnten, auch nach Baruch genannten Apokryphon des Jere-
mias (bei Charles [s. o. S. 12] 2, 528 ' = 4 Bar; bei Kautzsch [s. o. S. 12]
2, 402 = 3 Bar) gibt es noch zwei Apokalypsen, welche nach diesem
Propheten benannt sind: Die syrische Baruchapokalypse(= 2 Bar)
erzahlt Geschicke des Propheten und Offenbarungen an ihn in der
Zeit der Zerstorung Jerusalems (586); sie entstand nach der Zer-
storung Jerusalems und wohl vor 4 Ezr, ist ursprunglich hebraisch ge-
schrieben und in einer aus dem Griechischen stammenden syrischen
and the Latin translation of the Slavonic is here published in full, Ld. 1900.
A. Dillmann, Ascensio Isaiae, aethiopice et latine cum prolegomenis, ad-
notationibus criticis et exegeticis, additis versionum latinarum reliquiis edita,
Lp. 1877. *E. Tisserant, Ascension d'Isaie. Traduction de la version ethio-
pienne avec les principales variantes des versions grecque, latines et slave,
introduction et notes (Documents [s. o. S. 394 2 ]), P. 1909.
1 Das Stuck ist in die -Ausgaben (bei Swete [s. o. S. I77 2 ] 3 2 , 802 ff.) und
in die 23-Ausgaben (nicht in die sixtinische [s. u. Nr. 783]) aufgenommen.
2 U. Bouriant in Memoires publics par les membres de la Mission archeo-
logique francaise au Caire, i, P. 1889, 2, 243 304: Les papyrus d'Akhmim
(Fragments de manuscrits en dialectes bachmourique et thebain. E. Frag-
ments de 1' Apocalypse de Sophonie en dialecte bachmourique. F. Fragments
du meme livre en thebain [260 279]). Andere sehen darin eine Elias-
Apokalypse; vgl. Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3*, 367 ff.
3 R. Harris, The rest of the words of Baruch, a Christian apocalypse of
the year 136 A. D. The text revised with an introduction, Ld. 1889. Vgl.
Schiirer (s. o. S. 163") 3 4 , 393 ff.
4 Siehe o. S. 373 5 ; M g 85, 721 ; A. Vaccari S. J., Una giunta apocrifa (Bb
3, 420422); Ders., Ancora I' Apocryphum Ieremiae (Bb 4, 312 314).
Uber ein koptisches Fragment vgl. Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3*, 369 104 .
396 II. Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 677
Ubersetzung erhalten 1 . Die griechische Baruchapokalypse
(bei Charles [s. o. S. 12] 2, 527 = 3 Bar; bei Kautzsch [s. o. S. 12]
2, 402 = 4 Bar), seit 1897 bekannt, erzahlt von Offenbarungen, die
dem Baruch in 5 (7) Himmeln zuteil wurden; sie ist im 2. Jahrhundert
n. Chr. verfafit und ausziiglich in griechischer 2 und slavischer Sprache
erhalten.
Zitate der Kirchenvater wissen noch von weiteren Baruchapokalypsen 3 .
YeubemYpacpa 3 leeKtri\ KCU Aavir|\ nennen die Synopsis Scripturae
sacrae 4 und der Index stichometricus Nicephori.
Eine Zaxapiou dirOKdXuijnc; oder ein Zaxapiou irarpos Muidvvou duo-
Kpucpov steht in den Verzeichnissen unter den atl Apokryphen; dann
konnte es sich nur um den Propheten Zacharias handeln 5 .
15) 3 Ezr oder Ezr a, s. o. S. 172 f.
677. 1 6) 4 Ezr (altester Name vielleicht "Etfopac; 6 TtpoqpriTn? oder
"Ecrbpa diroKaXuijnc;) setzt sich aus drei verschiedenen Bestandteilen zu-
sammen, die in den Hss noch getrennt sind: Kap. i 2, Kap. 3 14,
Kap. 15 16 6 . Der mittlere Hauptteil . besteht aus Gesichten, welche
Ezra schaute, Offenbarungen iiber die Zukunft und Endzeit, zum Teil
in geheimnisvollen Bildern, die von Engeln gedeutet werden. Der
Urtext war hebraisch. Die vorhandenen Texte, der lateinische 7 und
die iibrigen, gehen auf eine griechische Vorlage zuriick, von der Kap. 3
bis 14 noch erhalten sind 8 . DieseKapitel mogen im i. christlichen Jahr-
1 Ceriani (s. o. S. 391 3 ) V 1 13180. Die Kap. 7887 (= Brief des Baruch)
sind auch in der Londoner Polyglotte (s. u. 243, Nr. 822) und bei De La-
garde (s. o. S. 278) 88 93 veroffentlicht. Ein griechisches Fragment
(12, i 13, 2; 13, 1114, 3) bei B. P. Grenfell and A. S. Hunt, The Oxy-
rhynchus Papyri 3, Ld. 1903, Nr. 403.
2 Veroffentlicht von M. R. James in Texts and Studies (s. o. S. 392) 5, I :
Apocrypha anecdota 3, Cambridge 1897, 84 94.
3 Vgl. Charles (s. o. S. 12) 2, 471 ; Violet (s. u. Anm. 8).
4 K. Holl, Das Apokryphon Ezechiel (Aus Schrift und Geschichte, Theol.
Abh., A. Schlatter dargebr., Stuttgart 1922, 8598). Sze"kely (s. o. S. 390*)
i, H3f.
5 So Bardenhewer (s. o. S. 378 5 ) i 2 , 621 f.
6 Die Zahlung der Ezr-Biicher im ganzen ist in alter Zeit sehr verschieden
(vgl. Szekely [s. o. S. 390 2 ] i, 284 f.) und auch jetzt noch nicht einheitlich
(Charles [s. o. S. 12] 2, 542 f. zahlt Kap. i 2 = 2 Ezr, Kap. 3 14 = 4 Ezr,
Kap. 15 1 6 = 5 Ezr; vgl. J. Labourt, Le cinquieme livre d'Esdras [RbN. S. 6,
412434]).
7 4 Ezr ist in den Anhang der 33-Ausgaben aufgenommen, well sich das Buch
in kirchlichen Kreisen hohen, zum Teil kanonischen Ansehens erfreute (s. o.
S. 376).
8 D. de Bruyne O. S. B., Quelques nouveaux documents pour la critique
textuelle de 1'Apocalypse d'Esdras (Rbe"n 32, 43 47); Ders. , Fragments
d'une apocalypse perdue (Rben 33, 97 109). B. Violet, Die Apokalypsen des
Nr. 680 Anhang. Apocrypha und Agrapha des AT. 397
hundert entstanden und nachtraglich am Anfang und am Schlufi er-
weitert worden sein 1 .
678. 17) 3 Makk berichtet von der wunderbaren Rettung der Juden
in Alexandrian, welche Ptolemaus IV. Philopator (221 204 v. Chr.) nach
217 v. Chr. aus Rache fur eine gottliche Strafe auf verschiedene Weise
vernichten wollte. Das Buch wird, weil eine gewisse Ahnlichkeit des
Inhalts dies nahelegte, nachtraglich an 2 Makk angereiht und dement-
sprechend genannt worden sein (s. o. S. 194). Es ist griechisch verfafit
und erhalten 2 . Die Entstehungszeit fallt zwischen das i. Jahrhundert
v. Chr. und das i . Jahrhundert n. Chr.
679. 18) 4 Makk, auch TTepi auTOKpatopog XoYitfuoO, De imperio
rationis u. a. betitelt, eine Rede an die Juden, urn sie zu belehren, es
sei leicht, fromm zu leben, wenn man der frommen Vernunft folge.
Das Buch zeigt dies besonders an dem Martyrium des Eleazar und
der sieben makkabaischen Briider. Es wird vielfach dem Josephus zu-
geschrieben und ist zwischen 63 v. Chr. und der Mitte des i. Jahr-
hunderts n. Chr. von einem griechisch schreibenden Juden verfafit 3 .
Als 5 Makk zahlt die <5 p -Hs der Ambrosiana in Mailand das 6. Buch
des Bellum Iudaicum von Josephus 4 .
Auch mit TTToXeuaiKot in der Synopsis Scripturae sacrae scheint eines
der Makk-Biicher gemeint zu sein 5 .
680. Bei der Unsicherheit, welche der Begriffsbestimmung eines Apo-
kryphons naturgemafi anhaftet, haben die alten Verzeichnisse noch
andere Schriftentitel aufgenommen. Unter den neueren Be-
arbeitungen nimmt Szekely (s. o. S. 390 2 ) die Sibyllinen und die Briefe
Salomos an Hiram von Tyrus, Kautzsch (s. o. S. 12) den Aristeasbrief
und die Sibyllinen, Charles (s. o. S. 12) den Aristeasbrief, die Sibyllinen,
die Spriiche der Vater, die Ahikarerzahlung (s. o. S. i8of.) und die
Fragmente des Sadokidischen Werkes, das S. Schechter 6 veroffentlicht
hat, in die Zahl der atl Pseudepigraphen auf.
Esra und des Baruch in deutscher Gestalt. Mit Textvorschlagen zu Esra
und Baruch von H. GreCmann (Die griech. christl. Schriftsteller der ersten
drei Jahrhunderte 18 u. 32, 1/2), Lp. 1910 u. 1922/24.
1 J. Keulers, Die eschatologische Lehre des vierten Esrabuches (BSt 20, 2/3),
Frb. i. Br. 1922.
2 Der Text ist bei Swete (s. o. S. I77 2 ) 3 2 , 709728 veroffentlicht. Vgl.
H. Willrich, Der historische Kern des III. Makkabaerbuches (Hermes 39
[1904], 244258).
3 Der Text ist bei Swete (s.o.S. I77 2 )3 2 , 729762 veroffentlicht.
4 Veroffentlicht bei A. M. Ceriani, Codex Ambrosianus. Translatio Syra
Pescitto (s. u. 229). Vgl. Schurer (s. o. S. i63 3 ) 1 3 , 98.
5 Siehe Schurer (s. o. S. i63 3 ) 3* 492.
6 Fragments of a Zadokite work edited from Hebrew Mss in the Cairo
Genizah collection, now in the possession of the University library, Cambridge,
398 II- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 68 1
198. Agrapha 1 .
681. Darunter versteht man Texte, welche als inspiriertes Bibel-
wort zitiert werden, sich aber in dem uns bekannten Umfang der
Heiligen Schrift nicht finden 2 . Die atl Agrapha sind zuletzt 3 von
A. Resch 4 gesammelt und von U. Holzmeister 5 erganzt worden.
4. Zahl, Einteilung und Reihenfolge der Biicher
im atl Kanon.
199. Die Zahl der Biicher im atl Kanon.
682. Die Anschauung, was im AT als eigenes Buch zu rechnen
sei, war nicht immer dieselbe ; auch wurden einheitliche Biicher im
Laufe der Zeit geteilt. Die jetzt iibliche Zahlung ergibt fur den
atl Kanon 46 Biicher 6 . Seitdem die Juden in Zahlung und
Teilung der Biicher sich nach der 35 richten, ohne die 7 deutero-
kanonischen Biicher in ihre Ausgaben aufzunehmen, zahlt ihr AT
39 Biicher. Da die friiheste . Zeit bei Sm, Rg, Ezr-Neh, Chr
keine Teilung kannte, aufierdem schon spatestens seit Sir 49, 10
die zwolf Kleinen Propheten als Zwolfprophetenbuch zusammen-
genommen wurden, zahlte man in jiidischen Kreisen und bei
and provided with an English translation, introduction and notes, Cambridge
1910. W. Staerk, Die jiidische Gemeinde des Neuen Bundes in Damaskus.
Ubersetzung der von Schechter veroffentlichten Geniza-Texte mit Noten
(BFchrTh 27, 3), Giitersloh 1922.
1 U. Holzmeister S. J., Unbeachtete patristische Agrapha. Eine exegetisch-
patristischeUntersuchung(ZkTh38, 1 13 143; 39,98 118 801803). C.A.Knel-
ler S. J., Agraphon zu Sap 7, 27 (ZkTh 49, 479 f.). A. Resch, Agrapha. Aufier-
kanonische Schriftfragmente. Gesammelt , untersucht und hrsg. 2 (TU 30
[N. F. 15], 3/4), Lp. 1906. L. Vaganay, Agrapha (VDB, Suppl. i, 159198).
Vgi. auch E. Nestle, Nicht nachgewiesene Bibelzitate (ZatW 27, 299 301).
' 2 Zur Begrififsbestimmung vgl. Holzmeister (s. o. Anm. i) 38, 113 ff.
3 Altere Literatur s. bei Holzmeister (s. o. Anm. 1)38, 123; 39, 104 ff.
4 Agrapha (s. o. Anm. i) 295 335, wo 62 Nummern gezahlt werden.
5 Siehe ZkTh 38, 135 137, mit 3 Nummern (vgl. auch 39, 101 noff. 801 ff.).
6 Innozenz I. fafit bei den 16 Propheten auch Lam und Bar mit Jer zu-
sammen und nennt deshalb 44 Biicher (D. 11 96); ebenso Augustinus, De
doctr. christ. 2, 8 (M 1 34, 41). Das Cone. Trid. (sess. 4 [D. 11 784]) zahlt
45 Biicher auf (Lam ist unter Jer mitverstanden, Bar eigens gezahlt). Wenn
man Ep. ler., wie es in alter Zeit geschah und wegen der Selbstandigkeit
des Buches geschehen sollte, eigens rechnet, kommt man auf die Gesamt-
zahl von 47 Biichern (so Institutiones biblicae [s. o. S. 10] I, 2).
Nr. 68$ 4- Zahl, Einteilung u. Reihenfolge d. Biicher im atl Kanon. 399
denjenigen Christen, die den jiidischen Kanon erwahnten oder
ihn als mafigebend betrachteten, blofi 24 Biicher (4 Ezr 14,
44 ff. [s. o. S. 357 f.]; Talmud, b. Baba batra f. I4 b f.; Viktorin von
Pettau [gegen Ende des 3. Jahrh.] zu Apk 4, yff. JM 1 5, 324];
Hieronymus, Prol. gal.), spat mit YD bezeichnet.
683. Die Zahl 22, die sich in jiidischen Kreisen gleichzeitig (Jo-
sephus, C. Ap. i, 8), aber weniger haufig findet und von den christ-
lichen Schriftstellern gewohnlich angegeben wird (Origenes, In Psalm, i
[M e 12, 1084]; Hieronymus, Prol. gal.) 1 , ergab sich dadurch, dafi man
Rut mit Jdc und Thr mit Jer zu je einem Buche vereinigte. Da diese
Vereinigung keineswegs sich nahelegt, zudem die Zahl 22 vermuten
lafit, dafi sie mit Riicksicht auf die Zahl der Buchstaben des hebraischen
Alphabets gewahlt worden sei 2 , und aufierdem die Zahl 24 im Judentum
besser bezeugt ist, wird letztere Zahlung mit grofterer Wahrscheinlich-
keit fur urspriinglich zu halten sein 3 .
200. Einteilung der Biicher des AT 4 .
684. Schon im Prolog von Sir ist die Dreiteilung des jiidi-
schen Kanons bezeugt, spater als tll"fi, D^M, D^SlFQ (Merk-
wort *T3i) bezeichnet (vgl. Lk 24, 44). Die Zweiteilung (fTTW und
sngti, rnin und nb3j3 u. a.) ist spater 5 .
685. Die Gruppe derPropheten umfafite die Geschichtsbiicher 6
aufier der Tora und die eigentlichen Propheten aufier Dn ; beide Unter-
1 Nicht immer stimmen die aufgezahlten Biicher mit denen des jiidischen
Kanons iiberein ; s. o. S. 378 ff.
2 So schon Origenes, Hieronymus (s. o.). Manche finden in der
Zahl 24 eine Riicksichtnahme auf das griechische Alphabet. Erst spat hat
man in jiidischen Kreisen die Zahl 24 mit dem um 2 Buchstaben kiinstlich
vermehrten hebraischen Alphabet (die 2 Jod in ^ n = Abkiirzung fur nirp)
in Verbindung gebracht.
3 Die Zahl 27 (unter Teilung von Sm, Rg, Ezr-Neh, Chr und gesonderter
Zahlung von Rut oder Thr) kommt selten vor (Hieronymus, Prol. gal.;
Epiphanius, Adv. haer. 8, 6 [M g 41, 213]) und wird mit Riicksicht auf die
doppelte Form der funf Finalbuchstaben gebildet sein. Andere Zahlungen
vgl. bei Swete (s. o. S. I3i 2 ) 220 ff.
4 W. Riedel, Namen und Einteilung des atl Kanons (Atl Untersuchungen
[s. o. S. 93 2 ] i, go 103). *O. Schmid, Uber verschiedene Einteilungen der
Heiligen Schrift, insbesoiidere iiber die Kapitel-Einteilung Stephan Langtons
im XIII. Jahrh., Graz 1892.
5 Dagegen Blau (s. o. S. 140 3 ) 63. Lk 24, 27 ist zu vereinzelt, um als Zeug-
nis fur die Zweiteilung gelten zu konnen.
6 Ihre Verfasser gaben vielleicht Anlafi zur Benennung Propheten. Vgl.
Josephus, C. Ap. i, 8; Buhl (s. o. S. 351) n f.; Riedel (s. o. S. 93 2 ) 91.
4OO II- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 686
gruppen wurden spater 1 als B^V-MO B^ioa; (= vordere Propheten) und
BTT;*? 'a (= hintere Propheten) unterschieden.
686. Die dritte Gruppe hatte im Anfang keinen bestimmten Namen
(vgl. Prol. von Sir [s. o. S. 357]). Doch findet sich die Bezeichnung
B"3iir>|> = die Schriften schon im Talmud (b. Baba batra f. i4 b ), was
die christlichen Schriftsteller zu T& dyioypaqpa weiterbildeten 2 . Als
Untergruppen erscheinen die B^ian B^P?) (Pss, Prv, Job) und B^^rts '5
(Dn, Ezr-Neh, Chr). Zwischen beiden standen die fiinf Rollen, wn
^1> (Ct, Rut, Thr, Koh, Est), welche meist als eigene Abteilung hervor-
treten 3 . Job, Prv, Pss (Merkwort P) heben sich durch das sog. poe-
tische Akzentuationssystem von den iibrigen Biichern ab (s. o. S. 222),
weshalb sie auch B^SPB genannt werden.
687. Im Kanon der christlichen Kirche wurden die ge-
schichtlich gewordenen Gruppen zerrissen, um sie hauptsachlich
nach inhaltlicher Zusammengehorigkeit abzuteilen.
So erweiterte man hie und da den Pentateuch um anschliefiende
geschichtliche Biicher zum Heptateuch 4 oder Oktateuch 5 . Durchweg
wurden die geschichtlichen Biicher von den eigentlichen Propheten
getrennt und um die geschichtlichen Schriften aus dem dritten Teil
des jiidischen Kanons vermehrt. Dn kam ebenfalls aus letzerem zu
den Propheten. Den Rest der Hagiographa stellte man als poetische
Schriften (o"Tixr|pd) meist vor die Propheten, wohl hauptsachlich, um
mit letzteren zu den Evangelien, der Erfiillung der Prophetic, iiber-
zuleiten 6 . Die salomonischen Schriften bildeten als irapaiveriKd gern
eine selbstandige Untergruppe unter den atiXTlpd 7 , und die Pss konnen
auch unter den Propheten eingereiht gefunden werden.
1 Nach Riedel (s. o. S. 93 2 ) 91 schon Zach i, 3 f., nach Budde (s. o. S. 351) 7
seit der Zeit der Massoreten, richtiger wohl erst seit den ersten gedruckten
Bibeln (s. M. Lambert, Les premiers et les derniers prophetes [REj 66, 136
bis 138]). Die Benennung bezieht sich demnach auf die Stellung in den
Ausgaben. Anders Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 i84 u. a.
2 Vgl. Hieronymus, Prol. gal. Die hebraische Vorlage hierfiir, tcn^n "ore,
wird fur das ganze AT gebraucht; vgl. Blau (s. o. S. 140 3 ) 63 88 4 U2 5 .
t)ber den Namen ^rv v gl- J- Furst, Der Kanon des AT nach den Uber-
lieferungen in Talmud und Midrasch, Lp. 1869, 55-
3 Vgl. Wildeboer (s. o. S. 351) 109. Vereinzelt ist die Unterscheidung
von B-y.-;a 's (Pss, Prv, Job) und B-atafj x a (Ct, Koh, Thr) (vgl. Talmud, b. Be-
rachot f. 57 b ). Zu sonstigen Gruppierungen vgl. Swete (s. o. S. I3i 2 )2i8
(Epiphanius) und Guidi (s. o. S. 387*) 170.
4 Vgl. Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 227 1 .
5 Ps.-Chrysostomus (vgl. Swete [s. o. S. I3i 2 ] 219).
6 @ 8A stellen die Propheten voran; vgl. Swete (s. o. S. I3I 2 ) 219.
7 E. Nestle, Fiinf Biicher Salomos (ZatW 27, 294 297).
Nr. 690 4. Zahl, Einteilung u. Reihenfolge d. Biicher im atl Kanon. 401
688. Diese altkirchliche Gruppierung der atl Biicher 1st iiber die
23 in das Abendland gekommen und im Laufe der Zeit zu unserer
eingebiirgerten Dreiteilung des AT nach der Art des Inhalts ge-
worden: Geschichtsbiicher (mit Einschlufi des Penta-
teuchs), Lehrbiicher und prophetische Biicher 1 .
Mit Ausnahme der Lam, die zu den Lehrbiichern bzw. zu den Lehr- und
poetischen Schriften gehoren, und Jon, wo ausschlieftlich die Erzahlungs-
form herrscht (s. o. S. 337), ist diese Gruppierung auch vom Standpunkt
der Literaturgeschichte aus zutreffend.
201. Reihenfolge der Biicher des AT.
689. Aufier der erwahnten wechselnden Anordnung der drei
grofien Gruppen haben sich im Laufe der Jahrhunderte die ver-
schiedenartigsten Reihenfolgen der einzelnen Biicher innerhalb
der Gruppen gebildet. Die friiher vorherrschende Praxis, die
einzelnen Biicher je auf gesonderte Rollen zu schreiben 2 , war
einer bestimmten Reihenfolge der Biicher nicht giinstig. Seit
dem 4. Jahrhundert n. Chr. brachte die Kodexform des Buches
(s-. .u. 206, Nr. 704) mehr und mehr eine feste Anordnung in
die Aufeinanderfolge der Biicher des AT.
690. Weil der Zusammenhang eine Umstellung ausschloft, war die
Reihenfolge bei den fiinf Biichern Mosis am festesten 3 . Aber
sofort nach dem Pentateuch beginnen die Verschiedenheiten. & und
Hieronymus in der Ep. ad Paulinum setzen Job nach dem Pentateuch
ein, wohl deshalb, weil in manchen Kreisen Moses als sein Verfasser
gait 4 . In sicW gleich bleibender Ordnung folgen allenthalben Jos,
1 E. Nestle, Geschichtsbiicher, Lehrbucher, Prophetische Biicher (Kirchl.
Anzeiger f. Wiirttemberg, Lit. Beil. 5. Jahrg. [1908], Nr. 4, 16).
2 Vgl. Blau (s. o. S. 140 3 ); Buhl (s. o. S. 351); Marx (s. o. S. 359 2 ); Ryle
(s. o. S. 35 1)235 ff.
3 Die Anordnung Nm-Lv des Melito von Sardes (vgl. ZatW 24, 319;
Swete [s. o. S. 13 1 2 ] 226) diirfte einem Zufall zuzuschreiben sein, wenn sie
auch im Kanon Mommsens und bei Leontius von Byzanz wiederkehrt
(vgl. Swete [s. o. S. I3i 2 ] 212 207; E. Nestle, Deuteronomos und Numeri,
Leviticus* [ZatW 24, 318 f.]), wie auch die Anordnung einer englischen Prokla-
mation von 1536/38: Gn, Lv, Nm, Ex (s. ZatW 24, 318) auf einem Fehler
beruht.
4 Bei hebraischen Hss und Drucken mit der Folge: Pentateuch, fiinf
Rollen, ist der liturgische Gebrauch mafigebend gewesen. Vgl. Ginsburg
(s. o. S. 136 2 ) 3.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 26
402 H- Teil. Geschichte des atl Kanons. Nr. 691
Jdc, Sm, Rg, die sich auch im Inhalt unmittelbar aneinander an-
schliefien; nur stellen und 33 Rut zu Jdc 1 .
691. Die Grofien Propheten schlieften sich nach dem jiidischen
Kanon an Rg an, aber in alien moglichen Anordnungen 2 , fur die man
schwerlich die Griinde auffinden kann 3 . Die Reihenfolge Is, Jer, Ez
ist durch die 311 und die spanischen Hss in unsere Ausgaben ge-
kommen 4 und wird auch von und 23 beibehalten. Letztere beide
nehmen von der Gruppe der Hagiographa aufier Thr und Bar (+ Ep. ler.)
als vierten Grofien Propheten Dn dazu 5 . Die Kleinen Propheten
folgten und folgen immer nach den Grofien Propheten im jiidischen
Kanon 6 ; in der griechischen Literatur kehrt sich die Stellung auch
um, oder es werden die Kleinen Propheten als Ganzes (so Melito von
Sardes) oder auch einzeln(so Junilius, Ebedjesu) mit den Grofien Propheten
vermischt 7 . Die 23 folgt hierin dem hebraischen Kanon 8 . Die Kleinen
Propheten untereinander ordnet die hebraische Bibel und mit ihr die
23 so : Os, Joel, Am, Abd, Jon, Mich, Nah, Hab, Soph, Agg, Zach, Mai,
wahrend die - griechische Anordnung der ersten sechs Propheten mit
wenigen Ausnahmen die ist: Os, Am, Mich, Joel, Abd, Jon (Nah usw.),
wodurch eine bessere Annaherung an die Chronologie erstrebt wurde 9 .
692. Am meisten zersplittert in den drei Biichergruppen und wechselnd
in der Aufeinanderfolge sind die sog. Hagiographa des jiidischen
Kanons. Nicht weniger als acht verschiedene Ordnungen verzeichnet
Ginsburg fur die hebraische Uberlieferung, wobei auf die Gruppe der
Fiinf Rollen allein fiinf Variationen fallen 10 . Die in die Druckausgaben
aufgenommene Reihenfolge : Pss, Prv, Job, Ct, Rut, Thr, Koh, Est, Dn,
Ezr-Neh, Chr, ist die der deutschen Hss. In der griechischen Uberlieferung
ist Rut bei Jdc, Thr und Dn sind bei den Propheten eingereiht worden.
Aufierdem rechnete man ausnahmsweise Pss und auch Job zu den
Propheten. Trotz aller Verschiedenheiten stehen die poetischen Biicher
Job, Pss, Prv und die sog. salomonischen Schriften (einschliefilich Sir)
gerne beisammen. Die geschichtlichen Biicher sind mit Vorliebe an
die grofien geschichtlichen Biicher angereiht, Chr meist unmittelbar
1 Hieronymus (Prol. gal.) setzt auch eine derartige jiidische Uberlieferung
voraus; vgl. dazu Ryle (s. o. S. 351) 230 f. Selten kommt Chr, die iiber
Rg zuriickreicht, auch vor i 4 Rg zu stehen (vgl. Swete [s. o. S. 13 1 2 ] 227).
2 Vgl. Ginsburg (s. o. S. I36 2 ) 6: Jer, Ez, Is Jer, Is, Ez Is, Jer, Ez, wozu
Ez, Is, Jer einiger Hss zu fiigen ist.
3 Vgl. Blau (s. o. S. 140 3 ) 52.
* Riedel (s. o. S. 93 2 ) 94 halt sie fur urspriinglich.
5 Haufiger nach Ez als vorher; vgl. Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 228.
6 Vgl. Ginsburg (s. o. S. 136 2 ) 6. 7 <5 P : Is, Kl. Propheten, Jer, Ez.
8 Swete (s. o. S. I3i 2 ) 227.
9 Vgl. Swete (s. o. S. I3i 2 ) 227. Riedel (s. o. S. 93 2 ) 95 f. macht einen
Versuch, die Reihenfolge der Kleinen Propheten in ihren Griinden zu erklaren.
10 Introduction (s. o. S. I36 2 ) 7; vgl. 4.
Nr. 693 4. Zahl, Einteilung u. Reihenfolge d. Biicher im atl Kanon. 403
nach Rg; darauf folgt Ezr-Neh, Tob, Jdt, Est. Dagegen finden die
beiden Makkabaerbticher vorwiegend ihre Stelle am Schlufi des AT.
In der lateinischen Bibel 1st die Ordnung ebenso verschieden wie bei
den Griechen 1 . Seit dem 13. Jahrhundert (wahrscheinlich durch Stephan
Langton) biirgerte sich die Reihenfolge ein, welche die offizielle 25-
Ausgabe aufgenommen hat 2 : Chr, Ezr-Neh, Tob, Jdt, Est, Job, Pss, Prv,
Koh, Ct, Sap, Sir, (Propheten), Makk. Sie nahert sich der der B : Rg,
Chr, Ezr-Neh, Pss, Prv, Koh, Ct, Job, Sap, Sir, Est, Jdt Tob, (Propheten).
Die geschichtlichen Biicher sind dabei bis auf Makk zusammenge-
nommen (vgl. s , der Makk auch noch dazu nimmt und die Propheten
unmittelbar folgen lafit), Job unter den drei Biichern mit eigener mas-
soretischer Akzentuation voran (so Epiphanius, Adv. haer. i, i, 5 [M? 41,
2i3f.] u. a.) zu den geschichtlichen Biichern geriickt, Prv aber an den
Schlufi dieser gesetzt und damit zugleich an die Spitze der salomonischen
Biicher gebracht 3 . .
693. Am nachsten steht der Reihenfolge des ganzen AT in der
offiziellen 23-Ausgabe (Gn, Ex, Lv, Nm, Dt Jos, Jdc, Rut,
i bis 4 Rg, iu.2 Chr, Ezr-Neh, Tob, Jdt, Est Job, Pss, Prv, Koh, Ct,
Sap, Sir Is, Jer, Lam, Bar, [Ep. ler.], Ez, Dn, Os, Joel, Am, Abd,
Jon, Mich, Nah, Hab, Soph, Agg, Zach, Mai i u. 2 Makk) der
Kanon des Konzils von Karthago 397 (D. 11 92), wo aber die
Kleinen Propheten den GroCen vorausgehen und TOD, Jdt, Est
und Ezr-Neh zwischen Dn und Makk eingeschoben sind 4 .
1 S. Berger (Histoire de la Vulgate pendant les premiers siecles du moyen
age, P. 1893, 306) kennt 212 verschiedene Aufzahlungen der lateinischen
Bibel; vgl. ebd. 331339.
2 Berger (s. o. Anm. 1)304.
3 Uber die mutmafilichen Motive und die Vorlaufer dieser Einreihung in
der 93 vgl. Berger (s. o. Anm. i) 301 f.
4 Gleich nahe scheint zu stehen Ms. Bibl. Nat. Paris Nr. 173, wo nur Ezr
von Tob, Jdt, Est eingereiht ist. Vgl. Berger (s. o. Anm. i) 334, Nr. 77. Die
Anordnung der libri sapientiales untereinander ist freilich weder aus deni
Konzilsdekret noch aus den Angaben bei Berger zu ersehen. ;
26*
III. TeiL Der Text des AT.
a) Von den Sprachen des AT.
202. Allgemeines.
694. Der Inhalt des AT, wie er in den Biichern des atl Kanons vor-
liegt, 1st in uns nicht sofort verstandlichen Sprachen abgefaftt worden
und im Lauf der Jahrhunderte durch verschiedene frerade Idiome hin-
durchgegangen. Dabei hat er eine Reihe von Veranderungen erlitten.
Deshalb mufi die Einleitung in das AT sich auch noch in gewissem
Umfang mit Fragen beschaftigen, welche den Text des AT betreffen.
Von den vielen Sprachen, in denen das AT vorliegt, kommen fur
die atl Einleitung vorziiglich die Grundsprachen und aufierdem von den
Sprachen, in denen Ubersetzungen des AT vorhanden sind, jene in Be-
tracht, welche fur die Feststellung des Urtextes und die Textgeschichte
von Wert sind.
203. Die Grundsprachen des AT J .
695. Die Mehrzahl der Biicher des AT ist in hebraischer 2
Sprache abgefafit, einem semitischen 3 Dialekt, der mit dem Pho-
1 S. Ronzevalle, Langues et Ventures en Israel (RchScr 7, 353 417).
'* H. Bauer und P. Leander, Historische Grammatik der hebraischen
Sprache des AT I, Halle a. S. 1922. Gesenius-Kautzsch (s. o. S. 55 l ; 29 He-
braische Grammatik, mit Benutzung der von E. Kautzsch bearbeiteten 28. Auf-
lage von Wilhelm Gesenius' hebraischer Grammatik verfaCt von G. Berg-
strafier, i. u. 2. Lief., Lp. 1918/26). C. Steuernagel, Hebraische Grammatik
mit Paradigmen, Literatur, Ubungsstiicken und Worterverzeichnis (Porta
linguar. or. i) 7 , B. 1926. H. L. Strack, Hebraische Grammatik mit Ubungsbuch
(Clavis linguar. sem. i) 13 , Miinchen 1917. V. Zapletal O. P., Grammatica
linguae hebraicae cum exercitiis et glossario studiis academicis accommodata 3 ,
Paderborn 1921. W. Gesenius' hebraisches und aramaisches Handworter-
buch iiber das AT, bearbeitet von F. Buhl 17 , Lp. 1921. Konig (s. o. S. 239 5 ).
3 Seit dem Ende des 18. Jahrh. so genannt, weil hauptsachlich von Volkern
gesprochen , die nach Gn 10 von dem Patriarchen Sem abstammen.
Vgl. T. Noldeke, Die semitischen Sprachen. Eine Skizze 2 , Lp. 1899.
Nr. 697 a) Von den Sprachen des AT. 405
nizischen und Moabitischen den kanaanaischen Zweig der nord-
westsemitischen Sprachgruppe bildet 1 .
Gemeinsam mit dem Aramaischen kann diese Sprachgruppe mit dem
Siidwestsemitischen, in Arabisch und Abessinisch zerfallend, zur grofieren
westsemitischen Gruppe zusammengenommen werden und steht dem
Ostsemitischen, gewohnlich Assyrisch-Babylonisch, neuerdings mit Vor-
liebe Akkadisch genannt, gegeniiber 2 .
696. Wenige Bestandteile atl Biicher sind aramaisch geschrieben:
Gn 31, 47 (2 Worte); Ezr 4, 7 6, 18; 7, 12 26; Jer 10, 1 1 ; Dn 2, 4
bis 7, 28 3 , und zwar in einem westaramaischen Dialekt, der wegen
seiner Besonderheit das Biblisch-Aramaische (Chaldaische) 4 ge-
nannt wird 5 .
697. Das Griechische ist fur 2 Makk (s. o. S. 204) und wohl
auch fur Sap (s. o. S. 268 f.), vielleicht auch fur einen Teil von
Bar (s. o. S. 307 f.) Grundsprache, fur Tob, Jdt, I Makk, Sap, einen
Teil von Sir, Bar und fur die sog. deuterokanonischen Stucke von
1 Der Volksname B^?? kommt schon Gn 14, 13, als ^abiri in den Tell
el-Amarna-Briefen (s. o. S. 118) vor; als Name einer Sprache verwendet das
Wort Sir (Prol. {5pai<JTi, von aram. s^a?). Die Bezeichnung wird gewohnlich
von ">a = Jenseitsgebiet abgeleitet (anders W. Spiegelberg, Der Name der
Hebraer [OrLz 10, 618 620]). Manche Exegeten lassen den Volksnarnen
Hebraer nur zum Teil mit den Israeliten zusammenfallen (vgl. Jirku [s. o.
S- 57 6 ]). ~ Dieselbe Sprache heifit Is 19, 18 u. 6. l??3 r>sto oder n-ntti: (4 Rg 18,
26 u. 6.).
- C. Brockelmann, Grundrifi der vergleichenden Grammatik der semitischen
Sprachen, 2 Bde., B. 1913 ; Ders., Semitische Sprachwissenschaft (Samml.
Goschen 291) 2 , B. 1916. H. Zimmern, Vergleichende Grammatik der se-
mitischen Sprachen. Elemente der Laut- und Formenlehre, B. 1898.
8 Ehedem mag auch das eine oder andere jetzt in anderer Sprache er-
haltene Buch aramaisch geschrieben gewesen sein (z. B. Tob [s. o. S. 175],
Jdt [s. o. S. 183]).
4 Vom Land- und Volksnamen a^s. C^S, **i*1$ <ipafiaTo?). Vgl. S. Schiffer,
Die Aramaer. Historisch-geographische Untersuchungen, Lp. 1911. Der
Name chaldaisch ist durch Hieronymus entstanden, der aus Dn 2, 4 schlofi,
dafi die dort genannten DTos = Chaldaei sich dieser Sprache bedienten
(s. 0.8.32 1 3 ).
5 H. Bauer und P. Leander, Grammatik des Biblisch-Aramaischen, Halle a. S.
1927. E. Kautzsch, Grammatik des Biblisch-Aramaischen, Lp. 1884. K. Marti,
Kurzgefafite Grammatik der biblisch-aramaischen Sprache (Porta linguar.
or. i8) 3 , B. 1925. H. L. Strack, Grammatik des Biblisch-Aramaischen samt
Texten und Worterbuch (Clavis linguar. or. 4), Miinchen 1921.
406 HI- Teil. Dier Text des AT. Nr. 698
Est und Dn die Sprachform, in der diese Biicher und Abschnitte
nach Verlust des Urtextes erhalten sind 1 .
204. Sprachen der atl Ubersetzungen.
698. Infolge der Tatigkeit der christlichen Missionare wird es kauni
mehr eine menschliche Sprache geben, in welche die Bibel nicht iiber-
setzt worden ware (s. u. Nr. 699 unter Darlow). Als Mittel, den urspriing-
lichen Text des AT wiederherzustellen, kommen nur die alteren Uber-
setzungen und mit. ihnen nur eine beschrankte Anzahl von
Ubersetzungssprachen in Frage : Griechisch, Lateinisch, Syrisch,
Aramaisch, Koptisch, Athiopisch, Armenisch, Georgisch, Gotisch,
Arabisch.
b). Der hebraisch-aramaische Text.
205. Literatur. Vorhebraischer Urtext?
699. T. H. Darlow and H. F. Moule, Historical catalogue of the printed
editions of Holy Scripture in the library of the British and foreign Bible
society, 2 Bde., Ld. 1903/12. A. Geiger, Urschrift und Ubersetzungen der
Bibel in ihrer Abhangigkeit von der inneren Entwicklung des Judentums,
Breslau 1857. Ginsburg (s. o. S. is6 2 ). F. G. Kenyon, Our Bible and
the ancient Mss. A history of the text and its translations , Ld. 1879,
3 1898 (4. Ausg. 1911). J. Le Long, Bibliotheca sacra, P. 1723 (Mss, Bibel-
ausgabeh ; Kommentare mit Grammatiken und Lexika) ; emendata, sup-
pleta, continuata ab A. G. Masch, Halle a. d. S. 1778/90 (De editionibus
textus originalis ; de versionibiis librorum sacrorum [or., griech., lat.]) (vgl.
Strack [s. o. S. 3 2 ] 6 199). A. Loisy, Histoire critique du texte et des versions
de la Bible. I. Histoire du texte hebreu de 1'AT, Amiens 1893. Peters (s. o.
S. H5 1 ). Urtext und Ubersetzungen der Bibel in ubersichtlicher Darstellung.
Sonderabdruck der Artikel Bibeltext und Bibeliibersetzungen aus der
PRE 3 , Lp. 1897 (= UtUb). T. H. Weir, A short history of the Hebrew text
of the OT, Ld. 1899.
700. Die gegenwartige Form des hebraisch-aramaischen
Textes verrat an vielen Stellen, dafi er uns nicht mehr in der
Gestalt vorliegt, in der er aus der Hand der Verfasser der ein-
zelnen Biicher hervorging. Sie ist das Ergebnis einer langen,
wechselvollen Geschichte, deren Kenntnis vielfach den
Weg zeigt, auf dem man am besten wieder dem Urtext nahe-
kommt.
1 Uber die besondere Gestalt des Griechischen, welche diese Bestandteile
des AT aufweisen, s. u.
Nr. 702 b) Der hebraisch-aramaische Text. 407
701. Trotz mancher Versuche ist es noch nicht gelungen, fur irgend
ein Buch des AT iiberzeugend nachzuweisen, dafi es in Keilschritt ge-
schrieben und in babylonischer Sprache verfafit sei 1 . Die semitische
Buchstabenschrift reicht in so friihe Zeit zuriick, dafi sie schon fiir
die altesten Biicher des AT zu Gebote stand 2 . Infolgedessen darf das
hebraisch-aramaische Sprachgewand mit der althebraischen Schrift als
fester Ausgangspunkt der atl Textgeschichte gelten.
206. Technische Voraussetzungen der Niederschrift
und Uberlieferung des Textes.
702. Die Geschichte des atl Textes beginnt genau genommen schon
vor der ersten Niederschrift, besonders wenn der Verfasser seine
Gedanken durch Worte an den Schreiber weitergeben mufite. Das
fremde Medium, durch das die Mitteilungen des Schriftstellers hindurch-
gehen mufiten, konnte in verschiedenem Umfange auf ihren Inhalt ab-
farben (vgl. Jeremias und Baruch [s. o. S. 299 f.]). Auch fur spater ist die
Weiterleitung des Inhalts der atl Biicher durch Diktat fast ebenso
wichtig wie die Abschrift von vorliegenden Texten. Ja selbst bei letz-
terer ist das Gehor an den Vorgangen beteiligt und durchaus nicht ohne
mitbestimmenden Einflufi 3 . Sollte einmal die psychologische Forschung
die Hohe und Genauigkeit der naturwissenschaftlichen und technischen
Methoden erreichen, so konnte auch manche blofie Vermutung iiber
die Vorgange bei der Niederschrift und Uberlieferung des Textes zur
sicheren Erkenntnis werden.
1 C. R. Conder, The first Bible, Ld. 1903. E. Naville, Archaeology of the
OT. Was the OT written in Hebrew? Ld. 1913 (nach ihm ware noch eine
aramaische Zwischenform anzunehmen, aus der erst das AT um die Zeit
Christi ins Hebraische ubertragen worden sei). P. Riefiler, Die Ursprache
des Buches Daniel (BZ 3, 140 145); Ders., Der Urtext der Biicher Esdras
und Nehemias (BZ 4, 113 118); Ders., Das AT und die babylonische Keil-
schrift (ThQ 93, 493 504). H. Winckler, Altorientalische Forschungen, 3. R.,
Lp. 1902, I, 165 174. Dagegen J. A. Kelso, Were the early books of
the OT written in cuneiform? (Festschr. f. E. Sachau, 6.1915, 113124).
E. Konig, Das AT und die babylonische Sprache und Schrift (NkZ 24, 87
bis 118; vgl. ZdmG 64, 715732).
2 Die noch umstrittenen Inschriften vom Sinai, welche seit den Forschungen
von W. M. Flinders Petrie (Researches in Sinai, Ld. 1906, 129) bekannt ge-
worden sind (s. Taf. 2, Bild i), scheinen ein im wesentlichen semitisches
Buchstabenalphabet schon fur die Zeit vor 1500 v. Chr. vorauszusetzen.
Vgl. Eisler (s. o. S. 56 5 ). Anders A. H. Gardiner, Der agyptische Ur-
sprung des semitischen Alphabets (ZdmG N. F. 2 [77], 92 120).
3 Vgl. Blau (s. o. S. I40 3 ) 185 f. Eine Ubermittlung mehrfacher Art
nimmt an H. A. Redpath, The present position of the study of the Septua-
gint (AmJTh 7, i 19).
408 ni - Teil. Der Text des AT. Nr. 703
703. Vielleicht liefien sich auch aus dem Stoffe, mit dem man die
Schriftziige sinnfallig machte (Tinte), aus den Instrumenten, mit denen
man schrieb, aus dem Material, auf welches man schrieb, noch aus-
giebigere Erkenntnisse iiber die Geschichte des Bibeltextes gewinnen 1 .
Vom Schreibmaterial, das Natur und Kunst dem Schreibenden
darbot, kommt das meiste 2 auch fur die Bibel in Betracht: Steintafeln
(Ex 24, 12 u. 6.), Holz- oder Metalltafeln (Is 8, i) werden gelegentlich
erwahnt; Tontafeln, gebrannt und ungebrannt, waren in dem Lander-
gebiet, in dem das AT entstand, so verbreitet, dafi man zur Annahme ver-
sucht werden konnte, es seien biblische Biicher anfanglich auf solchen
geschrieben gewesen 3 . Als beachtlich fur die Textkritik ist die Frage
betrachtet worden, ob die biblischen Texte von Anfang an auf dem
dauerhaften Pergament standen und selten den Gefahren einer Um-
und Abschrift unterworfen waren, oder ob das leicht vergangliche und
rasch abgeniitzte Schreibmaterial aus Papyrus haufige Erneuerung er-
forderte. Doch ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob die Juden
auf Tierhaute und Pergament schrieben 4 . Beim Stammwort von "f5
Buch ist die Bedeutung abschaben zu spat bezeugt,"um als ur-
semitisch zu gelten. Abwaschbar (vgl. Nm 5, 23) war auch Papier 5 ,
wie auch die Rolle als Buchform nicht auf Pergament beschrankt war.
Papyrus als Schreibmaterial reicht in die friiheste Zeit der agyptischen
Geschichte zuriick 6 , und von dort her erhielt das Volk Israel die ersten
Kultureinfliisse, weshalb andere sich fur Papier als altestes Schreib-
material fur die Biicher des AT entscheiden 7 .
704. Die Rolle als Buchform 8 , welche alter ist als die zusammen-
gefalteten Lagen (etwa seit dem 475. Jahrh. n. Chr.) 9 , fiihrte infolge ihrer
bestimmten Ausdehnung nicht blofi zu Zusammenfassung und Teilung
1 Blau (s. o. S. 140 3 ) 9 ff. L. Low, Beitrage zur jiidischen Altertums-
kunde. i. Graphische Requisiten und Erzeugnisse bei den Juden, Lp. 1870.
E. A. Steglich, Skizzen iiber Schrift- und Biicherwesen der Hebraer zur Zeit
des Alten Bundes, Lp. 1876.
2 Abgesehen vom gewachsenen Felsen (vgl. jedoch Job 19, 24) und vom
menschlichen Korper.
3 Siehe o. S. 407. Vgl. den Kauf brief Jer 32, n und Taf. i, Bild 2.
* So Kenyon (s. o. S. 406) 3 2i ; Konig (s. o. S. 2 2 ) 15*.
5 A. Erman, Agypten und agyptisches Leben im Altertum, Tub. [1886], 93 f.;
2 von H. Ranke, B. 1923, 535.
6 Vgl. L. Mitteis und U. Wilcken, Grundziige und Chrestomathie der
Papyruskunde I, Lp. 1912, xxvm I.
7 So Riehm (s. o. S. 12) 2 i436 a ; Weir (s. o. S. 406) 22. Schon im 5. Jahr-
hundert v. Chr. haben die Juden in Elephantine auf Papyrus geschrieben
(s. o. S. i8i 3 u. Taf. 2, Bild 3).
8 Siehe Taf. 3, Bild 3.
9 Vgl. T. Birt, Das antike Buchwesen in seinem Verhaltnis zur Literatur,
B. 1882; U. Wilcken, Zur Geschichte des Codex (Hermes 44 [1909], I5of.).
Nr. 706 b) Der hebraisch-aramaische Text. 409
der biblischen Biicher, wie manche glauben 1 , sondern konnte bei um-
fangreichen Biichern auch zu verhaltnismafiig kleiner Schrift zwingen 2 .
207. Die Schriftform und der atl Text.
705. Viel wichtiger als die sonstigen Aufierlichkeiten des alt-
orientalischen Buchwesens 1st das Schriftbild der atl Biicher
fur die Geschichte des Textes. Auch wenn das AT von Anfang
an in der semitischen Buchstabenschrift 3 niedergeschrieben worden
ist, sind noch verschiedene Schriftformen moglich und ist besonders
die Entwicklung der Schriftziige in den Jahrhund.erten zu beachten,
in denen Niederschrift und Abschrift der atl Biicher erfolgten.
706. Abgesehen von kleineren landschaftlichen und zeitlichen Unter-
schieden kommen zwei wichtigere Schriftformen in Frage: die
phonizische oder althebraische Schrift ("T?? aw>, [T2>~?] T?3 '=,
nwiaV 'a)*, deren fruheste Denkmaler die Siloah-Ihschrift (8. Jahrh. v. Chr.) 5 ,
der sog. MesY-Stein (9. Jahrh. v. Chr.) 6 , die in Zengirli 1902 gefundene
Kalumu-Inschrift (9. Jahrh. v. Chr.) 7 und vielleicht noch viel altere
Inschriften 8 darstellen, und die sich nach der Uberlieferung zur sama-
1 Vgl. o. S. 140 4 . So Blau (s. o. S. I4o 3 ) 47 f. ; H. S. J. Thackeray, The
bisection of books in primitive Septuagint Mss (JthSt 9, 88 98) u. a.
2 Vgl. Hieronymus, Comm. in Ez 20, 43 f. (M 1 25, 209).
3 Das semitische Buchstabenalphabet wird teils von der babylonischen
Bilderschrift, teils von Hieroglyphen, teils von der Bilderschrift beider Kultur-
kreise, wohl auch von den Kretern oder auch von geometrischen Figuren
abgeleitet. Vgl. M.-J. Lagrange, Ou en est la question de 1'alphabet?
(RScphth I, 281294).
4 Siehe Taf. 2, Bild 2. Vgl. M. Lidzbarski, Handbuch der nordsemiti-
schen Epigraphik nebst ausgewahlten Inschriften, Weimar 1898, iSg 3 .
Vielleicht ist schon in alter Zeit ein phonizischer und hebraischer Zweig
zu unterscheiden (s. ebd. 175 ff. 183 ff.).
5 Viel spater datiert sie W. Caspar!, Die Siloainschrift ein Werk der nach-
exilischen Renaissance (NkZ 22, 873 905 907 934).
6 Siehe Taf. 2, Bild 2 (4. und 9. Kol.). Vgl. Lidzbarski (s. o. Anm. 4)
41 5 f. und Tafelband Nr. I. Die Echtheit wurde ofter bestritten, zuletzt
durch Storr (s. o. S. 56*).
7 Zengirli s. Taf. i, Bild i, i e. Vgl. J. Hehn, Die Inschrift des Konigs
Kalumu (BZ 10, 113124).
8 Die Ausgrabungen im phonizischen Byblos (1919 ff. ; s. Taf. I, Bild i, 2 d)
haben eine Sarkophaginschrift zu Tage gefordert, welche aus dem 13. Jahr-
hundert stammen soil (s. Taf. 2, Bild 2 [2. und 7. Kol.]). L.-H. Vincent O. P.
(Les fouilles de Byblos [Rb 34, 161 193] 192) datiert deshalb den Anfang
der semitischen Buchstabenschrift in den Anfang des 18. Jahrh. v. Chr. Vgl.
H. Grefimann, Byblos (ZatW N. F. 2, 225242) 239. Ahnlich Eisler (s. o.
S. 5 6 S ).
HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 707
ritanischen Schrift 1 weiterentwickelte, und die aramaische Schrift
wsitiK 's), welche sich spater zum Zuge der sog. Quadratschrift
'a, Ruckiibersetzung des Namens ins Hebraische?) umgestaltete 2 .
707. Welche Rolle diese verschiedenen Schriftformen in
der Uberlieferung des hebraischen AT spielten und welche Be-
deutung sie fur die Wiederherstellung des urspriinglichen Textes
haben, dariiber herrschen verschiedene Meinungen.
i) Eleazar von Modin (-j- 135) erkannte keinen Wechsel in der Schrift
an 3 . Im wesentlichen kommt auf das gleiche die Ansicht derjenigen
hinaus, welche eine geradlinige Entwicklung der althebraischen Schrift
zur Quadratschrift annehmen und sie ohne fuhlbaren Bruch aus inneren
Bildungsgesetzen erklaren 4 .
2} Nach der jiidischen Tradition wurde das Gesetz dem jiidischen
Volke urspriinglich in hebraischer Schrift (^32 7 3) gegeben, in
den Tagen des Ezra aufs neue in assyrischer Schrift ("n^Ki r D) 5 .
Mit Ausnahme der Zeitbestimmung ist die Mehrzahl der Exegeten
gleichfalls der Meinung, daft einmal die geradlinige Entwicklung
der Schriftformen des westlichen Alphabets unterbrochen wurde
durch Einfuhrung der ostlichen aramaischen Schriftform, oder
dafi wenigstens die hebraische Schrift ihre letzte Gestalt unter
maBgebendem EinfluC des ostlichen Alphabets gewonnen habe.
Diese Annahme macht die Uberlieferung, die von ein.em Schrift-
wechsel im AT weifi, ihrem wesentlichen Kern nach verstandlich,
wird gestiitzt durch die Ahnlichkeit des spateren Schriftzuges
mit der ostlichen Alphabetform und entspricht der geschichtlichen
Lage, welche einen iiberwiegenden Einflufi des Ostens auf den
Westen nach dem babylonischen Exil einleitete.
1 Siehe Taf. 3, Bild 3 (auf der aufieren Umhiillung der Rolle treten die
samaritanischen Buchstabenformen klar hervor).
2 Zur Entwicklung der Schrift vgl. aufier Taf. 2, Bild 2 noch Taf. 2,
Bild 3; Taf. i, Bild 3; Taf. 3, Bild i; Taf. 4, Bild i; Taf. 3, Bild 2.
Unterformen der Quadratschrift sind der etwas eckige Schriftzug der deut-
schen und polnischen Juden (nin 'a) und die mehr abgerundete Form der
spanischen und orientalischen Juden (sj'w.i ':: = welsche Schrift). Raschi-Schrift
nennt man eine weiterentwickelte Kursivform der Quadratschrift, die beim
Druck der Raschi-Kommentare neben dem Bibeltext gebraucht wurde. Vgl.
Buhl (s. o. S. 351) 207.
3 Talmud, b. Sanh. f. 22 a . Vgl. Ginsburg (s. o. S. 136*) 289.
4 So H. L. Strack, Schreibkunst und Schrift bei den Hebraern (PRE I7 3
[1906], 766775).
5 Talmud, b. Sanh. f. 2i b .
Nr, 708 b) Der hebraisch-aramaische Text. 411
3) Fur einen doppelten Schriftwechsel vom althebraischen Zug zum
samaritanischen unter ostlicherri Einflufi und dann wiederum zum ein-
greifenderen Wandel in den aramaischen Schriftzug nach dem Exil, wie
ihn R. Kittel ehedem vertrat 1 , konnen keine hinreichend gewichtigen
Griinde angefuhrt werden 2 .
708. Als Zeit, in der sich dieser Schriftwechsel voll-
zog, hat die jiidische Uberlieferung kaum richtig die des Ezra
festgehalten.
Die friihesten Belege fur den Bestand der Quadratschrift (Mt 5, 18,
Inschrift der "wi *sa am Jakobusgrab in Jerusalem [i. Jahrh. v. Chr.], In-
schrift von Arak el-Emir im Ostjordanland [176 v. Chr.]) reichen hierfur
nicht weit genug zuriick. Die spatesten urkundlichen Zeugnisse dafiir,
dafi der Gebrauch der althebraischen Schrift noch fortdauerte (Miinzen
der Makkabaerzeit, aus der Zeit des Bar Kochba [urn 130 n. Chr.], Form
von wni in den Abschriften griechischer Ubersetzungen), reichen doch,
obwohl bei ihnen eine gesuchte Altertiimelei nicht ganz ausgeschlossen
scheint, viel zu weit herab, um den Schriftwechsel schon ins 5. Jahr-
hundert v. Chr. zu verlegen. Wenn wir ihn dem 3. bis i. Jahrhundert
v. Chr. zuschreiben 3 , so ware nur bei den jungsten Biichern des AT
der Einflufi der althebraischen Schrift weniger zu vermuten, und die
-Ubersetzung miifite nach der herkommlichen Datierung (s. u. 214)
Anzeichen des Schriftwechsels in wachsendem Mafie aufweisen. Die
Ubersetzungsfehler, welche tatsachlich auf verwechselbare Buchstaben
und damit auf das Alphabet der hebraischen Vorlage schliefien lassen,
sprechen weder eindeutig fiir die Quadratschrift 4 , noch erweisen sie
durchweg althebraische Buchstabenformen 5 ; ebensowenig lassen sich
1 Uber die Notwendigkeit und Moglichkeit einer neuen Ausgabe der
hebraischen Bibel, Lp. 1902, 14 ff.; vgl. auch Peters (s. o. S. us 1 ) 3 ig.
R. Jehuda (} 210 n. Chr.) lehrte einen Wechsel von der heiligen Quadratschrift
zur fy? '^ (= samaritanische Schrift) wegen der Sunden des Volkes, dann
nach geiibter Bufie wieder Riickkehr zur Quadratschrift (Talmud, b. Sanh.
f. 22 a ). Vgl. Ginsburg (s. o. S. is6 2 ) 290.
2 Die Tatsachen, auf die sich Kittel dabei stiitzt, sind hinreichend er-
klart, wenn man in den Schriftformen der verschiedenen Stufen keine starren,
unveranderlichen Zeichen erblickt. Der archaistische Gottesname STIST in den
griechischen Ubersetzungen (aufier bei 'A auch bei I. und in -Hss fest-
gestellt ; das TTITTI, womit Origenes und Hieronymus die archaistische Form
des Namens ffvr vergleichen, scheint einer reinen Quadratschriftform des
Gottesnamens zu entstammen) kann als zuverlassiger Ausgangspunkt deshalb
nicht betrachtet werden. weil die vermeintlichen archaistischen Buchstaben
durch verschiedene Abschreiberhande beeinfluGt sein konnen.
3 Wutz (Die Psalmen [s. o. S. I94 2 ] xxiv) lafit die aramaische Schrift ins
6., ja 7. Jahrh. v. Chr. zuriickreichen.
4 So Buhl (s. o. S. 351) 203 ff. 5 So Ginsburg (s. o. S. 136 2 ) 291 ff.
412 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 709
die einzelnen Biicher des AT auf die beiden Schriftformen verteilen *,
sondern die sicheren Anhaltspunkte gestatten hochstens die Vermutung,
dafi die -Ubersetzung in letzter Linie auf ein Ubergangsalphabet mit
Merkmalen beider Schriftformen zuriickgeht 2 .
208. Andere Auflerlichkeiten im Schriftbild und
Text des AT.
709. Schon in alter Zeit bestand die Moglichkeit, durch Zeichen die
einzelnen Worte voneinander zu trennen 3 . Trotzdem wird die
jiidische Uberlieferung, daft Moses das Gesetz wie ein Wort 4 , also
in scriptio continua aufgezeichnet habe, durch manche Anzeichen ge-
stiitzt. Dadurch erklaren sich die abweichenden Wortabteilungen in
der Uberlieferung des 9It 5 , bei der Ubersetzung ins Griechische 6 und
auch noch bei der Ubertragung ins Lateinische 7 . Vielleicht ging der
friih bezeugte Gebrauch der Worttrennung wieder verloren oder wurde
von Anfang an nicht andauernd und klar genug durchgefuhrt. Die
sog. Finalbuchstaben ("57?) 8 kommen erst ziemlich spat als Worttrenner
1 So Konig (s. o. S. 2 2 ) 105 *.
2 So Driver (s. o. S. 144 3 ) 2 LXivff.; J. Fischer, Das Alphabet der LXX-Vor-
lage im Pentateuch. Eine textkritische Studie (AtAbh 10, 2), Mstr. i. W. 1924 ;
Kittel (s. o. S. 41 1 1 ) 20 ff.; Swete (s. o. S. I3I 2 ) 320 f. Mit beachtenswerter
Bestimmtheit behauptet Wutz (Die Psalmen [s. o. S. 194 2 ] xxill), dafl die ein-
wandfreie Beibringung eines Beispiels althebraischen Schriftwechsels seine
Schwierigkeit haben wird ; die schwierigsten Lesarten konnten mit ara-
maischen Schriftformen wiederhergestellt werden.
3 Bereits in den Briefen aus Tell el-Amarna (s. o. S. 118) findet man
rote oder schwarzrote Punkte, um die einzelnen Worte abzugrenzen (vgl.
Miketta [s. o. S. 118] 9). Ebenso kennen Mesa'-Stein und Siloah-Inschrift (vgl.
Lidzbarski [s. o. S. 409*] 415) sowie die samaritanische Schrift eine Wort-
trennung.
4 J. Morinus, r^iatt r^iss. Exercitationes biblicae de Hebraei Graecique
textus sinceritate usw., P. 1633, 196 f. Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 262 f.
5 Die 9JC weifl von zwei oder vier Listen, welche verschiedene Wort-
trennungen enthalten (vgl. Ginsburg [s. o. S. 1 36 2 ] 1 58 f. 296 f.). Aufierdem fordert
der Sinn an zahlreichen Stellen eine andere Wortabteilung, als sie iiberliefert
ist (vgl. S. Klein, Mitteilung [iiber Heriiberziehung des Schlufibuchstabens
zum folgenden Worte] [MGWJ 60, 159 f.]; M. Giidemann, Die Liebe. die Grund-
lage des hebraischen Gebetes [ebd. 59, 145 155] 148 f.; M. Brann, Mitteilung
[ebd. 60, 1 60]).
6 Z. B. Nm 23, 10 Kal TI? dpiGjtiria'eTcu *>s& "ft* (31? "'I? 1 '? 5 !). Weitere Bei-
spiele bei Delitzsch (s. u. S. 423 2 ) 2 ff. ; Kittel (s. o. S. 41 1 1 ) 27; Swete (s. o.
S. 13 1 2 ) 322.
7 Z. B. Prv 18, 3 in profundum, assta (); 3WAZ0: a:> jsa= r|\6e KOI.
8 E. Nestle, Zu den hebraischen Finalbuchstaben (ZatW 27, 1 19 f.) ; vgl.
ebd. 278284.
Nr. 712 b) Der hebraisch-aramaische Text. 413
in Betracht l und zeigen die gleiche Unsicherheit wie die Worttrennung
iiberhaupt 2 .
710. Die iiberaus zahlreichen Abkiirzungen in der nachbiblischen
jiidischen Literatur lassen schliefien, dafi sie auch bei der Uberlieferung
des Bibeltextes eine grofie Rolle spielten. Tatsachlich enthalten der
921 und die Ubersetzungen ( und 35) viele Anzeichen hierfur 3 .
711. Obwohl schon die MesY-Inschrift den seiikrechten Strich, die
Elephantine-Papyri (s. o. S. 84 2 ) ein anderes Zeichen alsSatztrenner
aufweisen, deutet die verschiedene Versabteilung der 9It und der dar-
auf hin, dafi es ehedem keine oder keine unzweideutig erkennbaren Satz-
zeichen gab 4 .
712. Zu einer gleichmafiigen Lange der Zeilen in der Weiter-
iiberlieferung des Textes hatte manches Anlafi geben konnen: dichte-
rischer Bau des Textes, die Notwendigkeit, Verweise zu ermoglichen,
Berechnung des Schreibersoldes und des Verkaufspreises. Doch ist
man im Forschen nach einer textkritisch merkbaren Stichometrie 5 iiber
blofie Annahmen 6 und Versuche 7 nicht hinausgekommen. Auf festerem
Boden steht man, wenn man die stichische Schreibung dichte-
rischer Stiicke feststellen will. Die alphabetischen Gedichte (s. o.
S. 2i8f.) setzten von Anfang an die Ubung voraus, die poetischen Ein-
heiten (Stichen oder Verse) je in eigene Zeilen zu setzen. Fiir Ex 15,
Dt 32, Jdc 5, 2 Sm 22 war diese Schreibart eigens gefordert 8 ; in den
Bibelausgaben begegnen noch andere stichisch geschriebene Gedichte.
1 Wohl erst seit dem I./2. Jahrh. n. Chr. (vgl. Ginsburg [s. o. S. 136 2 ] 297 if.).
Hieronymus (Prol. gal.) und der Talmud (z. B. b. Sabb. f. 104") kennen sie.
2 Die 9It kennt auch hierfur zwei Listen von Verschiedenheiten (vgl.
Ginsburg [s. o. S. I36 2 ] 163), und die folgt darin einer eigenen Uberlieferung
(vgl. Fell [s. o. S. 3 2 ] ioi 2 ).
3 Vgl. C. D. Ginsburg, The text of the Hebrew Bible in abbreviations
(Journ. of Philol. 28 [1903], 254 270); F. Perles, Analekten zur Textkritik
des AT, Miinchen 1895, 4 35 ; Ders., Zu den Abbreviaturen im Hebraischen
(Archiv f. Stenographic 59, 186); N. Peters, Die jiidische Gemeinde von Ele-
phantine-Syene und ihr Tempel im 5. Jahrh. v. Christi Geburt, Frb. i. Br.
1910, io 3 .
4 Das Satzzeichen des pics syio zu setzen, war fur die Synagogenrollen ver-
boten; vgl. Buhl (s. o. S. 351) 213.
5 Vgl. C. Graux, Nouvelles recherches sur la Stichometrie (Revue de philo-
logie 2 [1878], 97 143); W. Liidtke, Die Stichometrie der Bibel nach Ananias
von Sirak (Zentralbl. f. Bibliothekswesen 30 [1913], 216220); F. Ritschl,
Opuscula philological, Lp. 1866, 74 112 170 196828 834.
6 Vgl. Kittel (s. o. S. 41 1 *) 76.
7 Vgl. Peiser (s. o. S. 342) ; N. Peters, Vertikale Doppelschreibung als Fehler-
quelle im Buche Job (ThG 14, 106 I io).
8 Traktat Sopherim 12 (s. o. S. 222 *).
414 III. Teil. Der Text des AT. Nr. 713
Hieronymus kannte Prbpheten, Psalmen, salomonische Schriften ver-
sibus descriptos, welche eine dichterische Form vortauschen konnten l .
713. Mit der Frage nach der Zeilenlange beriihrt sich nahe die Ko-
lumnenschreibung, welche die Rollenform des Buches in der alten
Zeit notwendig machte (vgl. Jer 36, 23) 2 . Daft der Umfang einer Ko-
lumne an manchen Stellen Lesarten erklart, ist durch Beispiele sicher-
gestellt 3 . Zur Annahme einer Normalkolumne 4 in alter Zeit reichen die.
Beweise nicht hin.
714. Da die dichterischen Zeilen sich zu zwei oder mehreren zu einem
Satz mit abgeschlossenem Sinne zusammenfiigten, konnte sich dadurch
leicht ein weiterer grofierer Textbestandteil, der Vers, bilden und auch
auf die Prosastiicke des AT iibertragen werden 5 . Tatsachlich kannte
schon die Misna Verse (o^p.iep) 6 , welche aber nicht iiberall gleich
gezahlt wurden 7 . Die Verse werden an einem Zeichen aufierlich
kenntlich gewesen sein 8 .
715. Die nachstgrofiere Abteilung des Textes bilden die kleinen
Par a sen, welche einige dem Sinne nach zusammengehorige Verse
umfassen und als geschlossene (rtwp? nurs, wenn ein Zwischenraum inner-
halb der Zeile eingefugt war) und als offene (fi^ 5 "? ' B , wenn der Zwischen-
raum auf Ende und Anfang der Zeile fiel) unterschieden wurden 9 . Fur
1 Praef. in Is (in der 23-Ausgabe von Hetzenauer [s. u. Nr. 785]). Vgl.
dazu Kittel (s. o. S. 411 J ) 74 f. Fiir griechische Hss vgl. Swete (s. o. S. I3i 2 )
344 f. 2 Vgl. Blau (s. o. S. 140 3 ) 116 ff.
3 Gn 3, 16 und 4, 7 b will G. H. Box (Genesis IV. 7 and III. 16. A sug-
gestion [ExpT 10, 425 f.]) so erklaren. Zu Ps i, 6 vgl. Zapletal (s. o. S. 142*)
133 ; zu Ps 132 vgl. Zenner (s. o. S. 212 *) iv; zu Ps 93 (94), 14 und 94 (95), 4
vgl. Wutz (s. o. S. 244 5 ) LVI; vgl. BZ 3, 122127; 4. n8.
. 4 So Blau (s. o. S. I4o 3 ) 122 ff.
5 So Buhl (s. o. S. 351) 223 ; Kittel (s. o. S. 411 J ) 76. Letzterer halt es auch
fur moglich, dafi die Verse in der Poesie und Prosa sich gleichzeitig und
selbstandig gebildet hatten. Weir (s. d. S. 406) 93 leitet diese Textabteilung
davon her, daB man in der synagogalen Praxis kleine Abschnitte brauchte,
da der Meturgeman, welcher den vom Vorleser vorgetragenen Text zu ver-
dolmetschen hatte, sie in die aramaische Volkssprache iibertragen muCte.
6 Vgl. M. Friedmann, Die Verseinteilung in der Tora nach dem Talmud
und Midras (hebr.) (Hakedem. Vierteljahrsschrift fur die Kunde des alten
Or. und die Wiss. des Judent. i [1907], 1 16 123 149 155) ; L. Blau, Neue maso-
retische StudienQqR 16, 357372)364 372; s. ebd. 9, 122 144; 10, 471 490.
7 Vgl. Talmud, b. Kiddusim f. 30" ; Friedmann (s. Anm. 6) ; Ginsburg (s. o.
S:i36 2 )68ff.
8 Vielleicht durch Zwischenraume (J?T?B), spater durch Punkt (vgl. Traktat
Sopherim 3, 7 [s. o. S. 222 4 ]). .
9 Vgl. Ginsburg (s. o. S. I36 2 ) gff. Spater unterschied man sie durch
eingesetztes D und 3. Bei Propheten und Hagiographen wurde diese Text-
abteilung auf sehr mannigfache Weise durchgefuhrt.
Nr. 717 b) Der hebraisch-aramaische Text. 415
die Sabbatlesungen zerfiel der Pentateuch in 54 grofte Par a sen, die
auf verschiedene Art kenntlich gemacht wurden *. Die entsprechenden
Abschnitte aus dem iibrigen AT hiefien Haphtaren
716. Die als Ordnungen (a^e) bezeichneten Abschnitte, 154 167
im Pentateuch, 452 im ganzen AT 3 , fallen entweder mit dera drei-
jahrigen Zyklus der Gesetzeslesungen bei den Palastinensern zusammen 4 ,
oder sie dienten als Anhaltspunkte, um beim Erklaren des Bibeltextes
auf sie hinweisen zu konnen 5 . Die Kapiteleinteilung, wie sie
jetzt auch in den hebraischen Bibelausgaben angewendet wird, ist von
R. Selomo ben Ismael (i33o) 6 aus der 55 7 entlehnt worden. Die Vers-
einteilung der 33 8 fand erst in den hebraischen Drucken Eingang 9 .
209. Die sog. Punktation des atl Textes.
717. Mit dem Ursprung des semitischen Alphabets wird es zusanimen-
hangen, dafi anfanglich nur Konsonanten ohne die Vokale geschrieben
werden konnten 10 . Die Notwendigkeit, Ersatzzeichen fiir die Vokale
zu suchen, stellte sich so friih ein, daft uns keine atl Schriftdenkmaler
1 U. a. auch durch 3 und BCD ; so die Ausgabe des 3It von Baer-De-
litzsch (s. u. 211, Nr. 730). Bei einem dreijahrigen Turnus wurden 153
oder 175 grofie Parasen unterschieden ; vgl. A. Biichler, The reading of the
law and prophets in a triennal cycle (JqR 5, 420 468; 6, i 73).
2 Von "IEE entlassen, also Entlassung, weil diese Lesung am SchluC
des Gottesdienstes stattfand. Sie wurden auf verschiedene Weise gekenn-
zeichnet. Nach L. Venetianer (Ursprung und Bedeutung der Propheten-
lektionen [ZdmG 63, 103 170]) soil die Haphtarenlesung erst durch juden-
christliche Kreise im Synagogalgottesdienst Eingang gefunden haben.
3 Vgl. Ginsburg (s. o. S. 136 2 ) 32 ff.
* So Buhl (s. o. S. 351) 228; Ginsburg (s. o. S. i^6 2 ~) 32; Weir (s. o. S. 406) 96.
5 Vgl. Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) 1 5 , 107.
6 Vgl. Ginsburg (s. o. S. I36 2 ) 25 (nicht erst in der Konkordanz von Isaak
Natan [15. JahrhJ). In den hebraischen Bibeldrucken erscheint die Ka-
piteleinteilung nicht vor 1517.
7 Nach einzelnen vorausgegangenen Versuchen von Stephan Langton 1206
durchgefuhrt ; vgl. Schmid (s. o. S. 399* und u. Nr. 784).
8 Die Siebenteilung der Kapitel(a g) stammt von Hugo a S. Caro(f 1263);
sie findet sich in einem Inkunabeldruck der 23, Basel 1495 (Mitteilung von
Herrn Kollegen B, Walde, Dillingen a. D.) und ist erst in der neuesten Zeit
aus Missale und Brevier verschwunden.
9 1556 in der Pss- Ausgabe von Sabionetta, 1571 im ganzen AT durch die
Antwerpener Bibelausgabe des Arias Montanus (vgl. Ginsburg [s, o. S. .I36 2 ]
107 f.).
10 H. Schafer, Die Vokallosigkeit des phonizischen Alphabets. Gedanken
zur Geschichte des Alphabets (Zeitschr. f. agypt. Sprache u. Altertumskunde 52
[I9I5195-98]).
416 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 718
ohne solche Zeichen erhalten sind. Durch allmahliche Entwicklung der
Sprache kam es im Laufe der Zeit, dafi einige wenige Konsonanten (8m*) als
Lesemutter (matres lectionis, fi8" v :i53 &&, litterae quiescentes) auch die
Vokalzeichen ersetzen mufiten *. Die Verwendung solcher Konsonanten
als Vokalzeichen, auch Vokalbuchstaben genannt, wurde, je mehr man
sich an sie gewohnte, urn so ausgedehnter fur notwendig gehalten, so
dafi sie im 921 zahlreicher als in der Vorlage der anzutreffen sind
und im nachbiblischen jiidischen Schrifttum ungemein haufig vorkommen.
718. Als die jtidischen Gelehrten mit der griechischen Sprache eine
Schrift mit eigenen Zeichen fur die Vokale kennen lernten, suchten
sie durch griechische Transkriptionen des hebraischen Textes
die Vokallesung zu sichern 2 . Solche Transkriptionen machen es auch
begreiflich, dafi nicht selten die vokalische Aussprache festgelegt er-
scheint, noch ehe tatsachlich die gebrauchlichen Vokalzeichen in die
hebraische Schrift eingefiihrt wurden. , Hieronymus 3 und der Talmud 4
kennen die Vokalisation der hebraischen Schrift, aber keine Vokalzeichen.
Dagegen begegnet in der altesten hebraischen Bibelhandschrift (10. Jahrh.)
bereits die vollkommen ausgebildete Punktation, welche die zu sprechen-
den Vokale genau angibt und aufierdem noch eine Reihe von Zeichen
setzt, die man als Akzente erklart 5 .
719. Die Ausstattung der Konsonantenschrift mit Vokalzeichen, die
sog. Punktation, entwickelte sich zu mehreren Systemen, von denen
das der Schule von Tiberias e am langsten bekannt ist und offiziell auf-
genommen wurde, auch die infralineare Punktation genannt 7 . Dem
1 A. Rahlfs, Zur Setzung der Lesemiitter im AT (Nachr. d. k. GdW zu
Gott., philol.-hist. Kl. 1916, 3, 315347).
2 *F. Wutz, Die Transkriptionen von der Septuaginta bis zu Hieronymus,
Lief, i (Texte und Untersuch. zur vormasoretischen Grammatik des Hebraischen,
hrsg. von P. Kahle, II [BWAT N. F. 9]), Stuttgart 1925, 36 if. Nach ihm
(S. 144) fanden sie seit etwa 350 v. Chr. in mehreren Schichten Eingang.
3 Vgl. Ginsburg (s. o. S. I36 2 ) 445 ff.
4 Vgl. b. Baba batra f. 2i b ; b. Sopherim 4, 9 (s. o. S. 222*). Dazu J. Neu-
bauer, Zwei miCverstandene Stellen zur Frage der hebraischen Punktation
(OrLz 19, 7680), der die Tatsache anders erklart.
5 Ginsburg (s. o. S. 136 2 ) 452 verlegt die Entstehung der Punktation in die
Zeit von 650 680.
6 Fur einige Zeit Sitz des -p? ^ (s. o. S. 353; Taf. i, Bild i, 3d).
7 K. Budde, Zur Gesch. der tiberiensischen Vokalisation (Orientalische Stu-
dien, Th. Noldeke zum 70. Geburtstag gewidmet, Giefien 1906, 2, 651657).
P. Kahle, Masoreten des Westens (Texte u. Untersuch. [s. o. Anm. 2]) I [BWAT
N. F. 8]), Stuttgart 1927. Letzterer glaubt, dafi eine palastinische Punktation
mit mannigfachen Versuchen vorausging. Deren Aussprache schlofi sich an die
der 2. Kolumne der Hexapla (s. u. Nr. 755) an. In noch friihere Zeit fiihren
die Transkriptionen zuriick, die Wutz (s. o. Anm. 2) bearbeitet hat. Vgl. dazu
schon den Versuch einer Grammatik der Onomastiker (F. Wutz, Onoma-
Nr. 720 b) Der hebraisch-aramaische Text. 417
trat (etwa seit 1840 bekannt) das zuerst babylonisch, dann jemenisch
oder (nach der iiberwiegenden Stellung der Zeichen) supralinear ge-
nannte System zur Seite 1 . Im Laufe der Jahre stellte man noch weitere
Punktationssysteme fest 2 . Da es schon friih Mittel gab, die vokalische
Aussprache der Worte zu bestimmen und weiter zu iiberliefern 3 , so
werden die Punktationssysteme im wesentlichen die richtige Aussprache 4
bieten, wenn auch der Wechsel im Laufe der Jahrhunderte dabei in
Betracht zu ziehen ist 5 .
210. Der massoretische Text des AT.
720. Die Arbeit der Punktatoren (Dp.S) zwischen dem 7. und
9. Jahrhundert n. Chr. war die letzte umfangreichere Tatigkeit am
AT, und eine ungefa'hr tausendjahrige Textgeschichte war damit
zum Abschlufi gekommen. Nach der Uberlieferung arbeiteten
am hebraisch-aramaischen Text des AT die Sopherim vielleicht
schon seit dem Ende des babylonischen Exils bis zur Synode
von Jabne (urn 100 n. Chr.) 6 , die Tannaim (= Lehrer der Misna)
bis ins 3., die Talmudisten (Amoraer) bis ins 5 . Jahrhundert
n. Chr., und dann die Massoreten (SrhiSBJl ^?3), die Sammler
stica sacra. Untersuchungen zum Liber interpretationis nominum hebrai-
corum des hi. Hieronymus [TU 40 f. (3. R., iof.)], Lp. 1914/15, 578 672).
1 Siehe Taf. 3, Bild 2.
2 P. Kahle, Beitrage zur Geschichte der hebraischen Punktation (ZatW 21,
273 317); Ders., Der masoretische Text des AT nach der Uberlieferung der
babylonischen Juden, Lp. 1902; Ders., Masoreten des Ostens. Die altesten
punktierten Hss des AT und der Targume (BWAT 15), Lp. 1913; Ders.,
Die masoretische Uberlieferung des hebraischen Bibeltextes (in Bauer-Leander
[s. o. S. 404 2 ], 6-9, S. 71162).
3 Vgl. Uttib (s. o. S. 406) 8 und o. S. 415 f. t Nr. 717 f.
4 Woher die Vokalisation stammt, ist noch nicht einwandfrei festgestellt.
Jedenfalls ist manche echte alte Uberlieferung darunter.
5 A. Rahlfs, Uber Beeinflussung der atl Vokalisation durch jiingere
Sprachpraxis (Festschr. f. F. C. Andreas, Lp. 1916, 129 136). Kunstliche
Bildungen, Einfliisse exegetischer Anschauungen u. a. sind wohl ebenfalls zu
erwarten (vgl. P. Kahle, Die iiberlieferte Aussprache des Hebraischen und
die Punktation der Masoreten [ZatW 39, 230 239] ; Ders., Die Punktation
der Masoreten [41. Beih. z. ZatW, Giefien 1925, 167172]). Es liegt nahe,
auch an die Einwirkung der alien Transkriptionen zu denken (z. B. beim sog.
Patah furtivum [eine Transkription vonGutturalen?], bei der Verlegung derVer-
dopplung vom Schlufi der Form in das Innere des Wortes [sog. aramaische
Bildung der Verba yV]; vgl. E. Kautzsch, Die sog. aramaisierenden For-
men der Verba ^ im Hebraischen [Oriental. Studien (s. o. S. 416 *) 2, 771780]).
6 Siehe o. S. 353.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 27
418 III. Teil. Der Text des AT. Nr. 721
der tiberlieferung (rrifel [auch PrhDEn]) \ bis urn 700 n. Chr.,
welche die textkritischen Ergebnisse der Vergangenheit zusammen-
stellten, ordneten und fortfuhrten 2 .
721. Das Material der Uberlieferung, welches aus den verschiedenen
Zeiten stammte, fugten die Massoreten teils den einzelnen Bibel-Hss
bei dann stand es an deren oberem und unterem Rande in voller
Ausdehnung (massora marginalis magna) oder neben dem Text und
zwischen den Kolumnen gekiirzt und im Auszug (massora marginalis
parva); teils wurde es von den Bibel-Hss getrennt in selbstandigen
Werken aufgespeichert 3 .
722. Nach dem, was der heutige Zustand des Textes noch er-
kennen lafit, muB eine Zeit ziemlich ungebundener Textiiber-
lieferung vorausgegangen sein, der dann allerdings eine sorg-
faltige Bearbeitung des Textes aus alien erreichbaren
Zeugen 4 und nach einer durchdachten Methode folgte 5 . Die
Textanderungen, welche wegen inhaltlicher Bedenken, oder um
bestimmten Tendenzen zu dienen 6 , vorgenommen wurden, konnen
vor diese Kompilation fallen, waren aber auch noch in einer Zeit
denkbar, in welcher der Text im wesentlichen nach seiner kritischen
Seite hin als abgeschlossen und unveranderlich gait. Die Un-
veranderlichkeit des amtlich festgestellten Textes wurde im Laufe
der Zeit immer strenger gehandhabt, so dafi man schliefilich
1 G. Wildeboer, ica (ZatW 29, 73 f. ; vgl. ebd. 218220).
2 Ginsburg (s. o. S. I36 2 ) 287 468: The Massorah, its rise and develop-
ment (er lafit auf die Sopherim sofort die Massoreten folgen). H. Hyvernat,
Petite introduction a 1'etude de la massore (Rb n, 551 563; 12, 529 549);
Ders., Le langage de la massore. B. Lexique massoretique (Rb N. S. i,
521 546; 2, 203 234 515 542). Nach Kahle (s. o. S. 4i6 7 ) 20 dauerte die
Arbeit der Massoreten noch bis ins 13. Jahrh. fort.
3 Gewohnlich stand an der Spitze ein Verzeichnis von Wortern, die im
AT mit und ohne i vorkommen, beginnend mit <"&53 F&SK ; vgl. S. Frens-
dorff, Ochla We-ochlah, Hannover 1864. Ginsburg (s. o. S. I36 2 ) 464 verweist
auf hsl vorhandene Exemplare. Der Traktat niajran T? tojpn (iiber die Akzente)
ist bei Ginsburg (s. o. S. I36 2 ) 983 ff. neu herausgegeben.
4 Darunter scheint neben den griechischen Transskriptionen (vgl. Wutz
[s. o. S. 416 2 ] 112 117: Griechisches Material im hebr. Konsonantentext ?)
auch die selbst gewesen zu sein (vgl. J. Goettsberger, Eine Transskription
aus in 9IIX [zu Gn 4, 22] [BZ 17, 50]).
5 Wutz (s. o. S. I94 2 ) XI verlegt die Kompilation des 9H noch vor das
i. Jahrh. v. Chr.
6 Vgl. Peters (s. o. S. us 1 ) 3 25 ff.
Nr. 724 b) Der hebraisch-aramaische Text. 419
die fur notwendig befundenen Textveranderungen nur mehr am
Rande (als "nft [ f< p] das zu Lesende) anzubringen wagte,
wahrend der iiberlieferte Text selbst (^fte [ f 3\ = das Geschrie-
bene) unangetastet blieb.
723. Mit der Unveranderlichkeit des uberlieferten Textes war die ge-
naueste registrierende und sichernde Tatigkeit der Massoreten an ihm
moglich geworden. Die Verse und Buchstaben des ganzen. AT und
der einzelnen Biicher wurden gezahlt *, der Vers, das Wort, der Buch-
stabe errechnet, der in der Mitte der Biicher stand, Plene- und Defective-
Schreibung aufgezeichnet , leicht yerwechselbare Stellen zusammen-
geordnet, ja schlieftlich auch reine Aufierlichkeiten und Zufalligkeiten
einer Vorlage, wie Grofie und Stellung eines Buchstabens, festgestellt.
Man warf sich auf diese Dinge mit um so grofierer Geschaftigkeit, je
geringfiigiger unter der nivellierenden Bearbeitung des Textes die
Angaben wurden, die als verschiedene Lesarten gelten konnen.
So begegnen Lesarten von einigen besonderen Hss und Autoritaten:
solche des Ben Aser (Schule von Tiberias, in unsere Druckausgaben
aufgenommen) und des Ben Nephtali (in Babel so Elias Levita
[s. o. S. 362]; dagegen P. Kahle in der OrLz 28, 155 2 ), der westlichen
( n ?7??, in unsern Druckausgaben) und ostlicnen (' l v?^'r) Textrichtung,
letztere wiederum in die Schulen von Sura und Nehardea zerfallend 3 .
724. Entsprechend dieser wechselvollen Geschichte, welche der
Text des AT bis heute erlebt hat, schwankt auch der text-
kritische Wert der Materialien, welche im sog. mas-
soretischenText (= 9It) aufgespeichert sind 4 . Es sind zweifel-
los die wertvollsten Anhaltspunkte darin enthalten, aus denen
man den Urtext wiedergewinnen kann. Daneben stehen aber
in Menge fur uns unverstandlich gewordene Aufzeichnungen, die
man mit der Einschatzung als massoretische Schrulleri abzutun
versucht ist 5 .
. 1 L. Blau, Neue masoretische Studien (JqR 16, 357372).
2 Ebenso in: Masoreten des Ostens (s. o. S. 41 7 2 ) xil. Vgl. auch Kahles
Vortrag auf dem Deutschen Orientalistentag in Hamburg 8. Sept. bis 2. Okt.
1926 : Der massoretische textus receptus bei Ben Chajjim und der Text
der Ben Ascher (vgl. in ZdmG N. F. 6, XXXII xcvn) ; ersterer entstand
nach Kahle erst im 13. Jahrh. und ist nicht der der Ben Aser.
3 Vgl. Buhl (s. o. S. 351) 90 ff.; Ginsburg (s. o. S. 136 2 ) 241 ff.; Kahle (s. o.
S.4I7 2 )-
4 Vgl. J. Schonfelder, Verlassigkeit des biblischen Urtextes, Rektoratsrede,
Miinchen 1887.
5 K. Albrecht, Die sog. Sonderbarkeiten des masoretischen Textes (ZatW 39,
160 169). E. Ehrentreu, Untersuchungen iiber die Massora, ihre geschicht-
liche Entwicklung und ihren Geist (Beitr. z. sem. Philol. u. Religion, hrsg.
27*
42O HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 725
211. Methode, Aufgaben und Hilfsmittel der Textkritik
am hebraisch-aramaischen AT.
725. Aus der kurzen Geschichte des hebraisch-aramaischen Textes
des AT lafit sich ermessen, wie weit der 9It vom Urtext entfernt
ist, und ob und auf welchen Wegen man noch zur Urform des
AT gelangen kann. Ausgangspunkt ist der gegenwartige, in
den Ausgaben fast ganz einheitliche massoretische
Text, der nach seinem Konsonantenbestand seit dem i. Jahr-
hundert n. Chr. im wesentlichen unverandert iiberliefert worden
ist, und dessen Vokalisation, erst um 700 n. Chr. aufgezeichnet,
in eine nicht mehr naher bestimmbare altere Zeit zuriickreicht.
726. Da sich im jiidischen Gebrauch ein Text durchgesetzt hat,
der fast vollstandig vereinheitlicht worden ist 1 , so bietet eine
Ausbeutung der massoretischen Bibel-Hss, so zahlreich
sie sind, wenig Lesarten, die zudem nur eine ganz geringe sach-
von G. BergstraBer, 6), Hannover 1926. Gall (s. o. S. 289 s ). Kahle (s. o. S. 41 7 5 ).
E. Nestle, Massoretisches (ZatW 33, 73 75). T. Noldeke, Inkonsequenzen
der hebraischen Punktation (ZA 26, i 15). Vgl. auch Kahles neuestes
Werk (s. o. S. 416 *) 43 ff. Die Gesetze, .denen die Massoreten folgten, werden
vielleicht verstandlicher, wenn ihr System einmal im Zusammenhang mit
der syrischen Punktation, den griechischen Transkriptionen und wohl auch
der alexandrinischen Philologie gewiirdigt werden kann. Ausfiihrliche
systematische Zusammenstellungen des massoretischen Materials im engeren
Sinne enthalt Ginsburg (s. o. I36 2 ; vgl. auch Ders., The Massorah compiled
from Mss alphabetically and lexically arranged, 4 Bde., Ld. 1880 1905).
Umfassend verwertet ist es in den sog. rabbinischen Bibeln (so in
der des Jakob ben Chajjim, Venedig 1524/25 [vgl. C. D. Ginsburg, Jacob ben
Chajjim ibn Adonijah's introduction to the rabbinic Bible, Hebrew and
English, with explanatory notes, Ld. 1865, 2 i867J, dessen ausgleichende Bear-
beitung des 3Qft zum textus receptus wurde, und in der des Joh. Buxtorf d. A.,
Basel 1618/19), ausziiglich in abnehmendem Umfange in den Bibelausgaben
von Ginsburg und Baer-Delitzsch (s. u. Nr. 730) und in bescheidener Auswahl in
den gebrauchlichen Handausgaben des hebraischen AT (z. B. von D. Bom-
berg, Venedig 1517 [ofter gedruckt], von J. Leusden, Amsterdam 1667, Athias ;
nach letzterer, jedoch mit neuen Materialien, D. E. Jablonski, B. 1699 ; E. van
der Hooght, Amsterdam 1705 ; nach dieser die Stereotypausgaben von A. Hahn,
Lp. 1831 ff.; C. G. G. Theile, Lp. 1849; M. Letteris, Wien 1852 [vgl. Strack
(s. o. S. 3 2 ) 6 200 f.]).
1 Diese Vereinheitlichung des Textes bis in zufallige Eigentiimlichkeiten
hinein wird am besten verstandlich, wenn man alle Hss auf einen Archetyp
zuriickfiihrt, der mit Ausmerzung aller abweichenden Textformen vorgeschrieben
wurde. So P. de Lagarde, Materialien zur Kritik und Geschichte des Penta-
Nr. 726 b) Der hebraisch-aramaische Text. 421
liche Bedeutung haben 1 . AuCerhalb des 3JI steht nur fur die
Biicher Mosis ein unabhangiger Zeuge zur Verfiigung, der sog.
samaritanische Pentateuch, welcher die Tora in hebraischer
Sprache und in althebraischer Schrift und zugleich in einer un-
abhangigen Textform bietet 2 , ferner die wenigen Worte des sog.
teuchs I, Lp. 1867, der (S. xil) auf eine positive Uberlieferung mit einer solchen
Angabe aufmerksam macht (vgl. Steuernagel [s. o. S. 10] 20 f.); Kahle, Ma-
soreten des Ostens (s. o. S. 417 2 ) xvm 1 ; Peters (s. o. S. 115*) 3 47 und die
Mehrzahl der Exegeten. Gegen die Archetyp-Hypothese wenden sich
V. Aptowitzer (Das Schriftwort in der rabbinischen Literatur [SB der kais.
AdW, phil.-hist. Kl. 153, 6], Wien 1906) und W. Bacher (Deutsche Literaturztg.
1907, Nr. 2, 80 f.). Auch Strack (s. o. S. 3 2 ) 6 196 meint, dafi die Sonderbar-
keiten des Textes aus verschiedenen Quellen zusammengetragen seien.
1 Die alteste datierte Hs ist der Petersburger Prophetenkodex mit baby-
lonischer Punktation (916; in lithographischer Form hrsg. von H. L. Strack
[Prophetarum posteriorum codex Babylonicus Petropolitanus, Petersburg 1876];
s. Taf. 3, Bild 2). Friihere Datierungen von Hss sind unsicher (vgl. Ginsburg [s. o.
S. 1 36 2 ] 469 f . ; J. Weerts, Uber die babylonisch punktierte Hs Nr. r 546 der 1 1 . Fir-
kowitschschen Sammlung [Codex Tschufutkale Nr. 3] [ZatW 26, 49 84]).
Das alteste datierte Bibel-Ms iiberhaupt scheint ein syrisches Isaiasfragment
aus 459/60 n. Chr. zu sein (vgl. E. Tisserant, Le plus ancien Ms biblique
date" [Rb N. S. 8, 85 95]). Zu den massoretischen Hss vgl. J. H. Michaelis,
Biblia hebraica ex aliquot manuscriptis et pluribus impressis codicibus, item
massora tam edita quam manuscripta aliisque Hebraeorum criticis diligenter
recensita, Halle 1720 (mit den Varianten von 5 Erfurter Hss [jetzt in Berlin]);
B. Kennicott, Vetus Testamentum Hebraicum cum variis lectionibus, Oxford
1776 !788(verarbeitete65oHss, 52 Ausgaben und den Talmud); De Rossi (s. o.
S. 33 3 ); Ders., Scholia critica in V. T. libros, Parma 1798 (fiigte noch 731 weitere
Hss, 300 andere Ausgaben samt den alten Ubersetzungen dazu [vgl. UtUb 1 5]) ;
A. Harkavy und H. L. Strack, Catalog der hebraischen Bibel-Hss der Kais.
off. Bibliothek in St. Petersburg, Lp. 1875 ; A. Harkavy, Neuaufgefundene he-
braische Bibel-Hss, Lp. 1884. Uber weitere Hss sind die Hss-Kataloge (vgl. Strack
[s. o. S. 3 2 ] 6 198) und Einzelveroffentlichungen zu vergleichen (z. B. A. R. S. Ken-
nedy, Codex Edinburgensis. A hitherto unknown Ms of the OT [ExpT 22, 391
bis 394 436 439 543 546]; eingehende Beschreibung einzelner Hss vgl. auch
bei Ginsburg [s. o. S. 136 2 ] 469 778 und in: A series of XVIII facsimiles
of the Hebrew Bible with- a description, Ld. 1898; A. Neubauer, Catalogue
of the Hebrew Mss in the Bodleian library, Oxford 1886 [mit 40 Tafeln]).
Die hebraische Bibelausgabe von Ginsburg (s. u. S. 424) enthalt gleichfalls
Material aus selbstandig durchforschten Hss.
2 Zuerst in den Polyglotten (s. u. 243) von Paris und London veroffentlicht.
Neueste kritische Ausgabe : A. v. Gall, Der hebraische Pentateuch der Sama-
ritaner, Giefien 1918. Uber ein angebliches Buch Jos der Samaritaner vgl.
M. Caster, Das Buch Josua in hebraisch-samaritanischer Rezension. Ent-
deckt und zum ersten Male hrsg. (ZdmG 62. 209 279 494 549) (dagegen
422 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 727
Papyrus Nash (etwa 2. Jahrh. n. Chr.) 1 und manche Zitate im
Talmud 2 und bei den christlichen 3 und jiidischen Schriftstellern 4 .
727. Viel reicheres Material zum hebraischen Text aufierhalb und
vor seiner massoretischen Umgestaltung liefern die altenUber-
setzungen.
Wahrend die 35 des hi. Hieronymus, die Targume und auch die
nachchristlichen griechischen Ubersetzungen ( 3 A, 51, 0, Quinta, Sexta
und Septima des Origenes [s. u. 2i7ff.]) im wesentlichen doch schon
den 9H voraussetzen, enthalt die @ p (i. Jahrh. v. Chr. ; s. u. 229, Nr. 789)
und noch viel mehr die eine Textform, welche yon der massoretischen
bedeutend abweicht und vielfach die unverfalschte Uberlieferung darstellt 5 .
728. Am giinstigsten ist natiirlich die Lage bei denjenigen Texten,
welche schon innerhalb des AT, sei es in verschiedenen Biichern 6 ,
sei es in den gleichen Biichern 7 , wiederholt vorkommen.
729. Die erwahnten textkritischen Hilfsmittel lassen erschlieCen,
wie zu einer bestimmten Zeit und in bestimmten Kreisen der
Text des AT gelesen wurde 8 . Ob dies der Urtext war, und
P. Kahle [ebd. 550 f.]; Dalman, Zum samaritanischen Buche Josue [ThLz
33> 553 665]); iiber ein angebliches Psalterium der Samaritaner vgl. S. Landers-
dorfer O. S. B., Ein samaritanisches Psalterium (ThG 16, 39 46); F. Zorell S. J.,
De quodam Psalterio samaritano nuper invento (Bb 5, 73 76). Fur ziemlich
jung halt den samaritanischen Text F. X. Wutz, Die Bedeutung der Trans-
skriptionen in der Septuaginta (BZ 16, 193 213) 210.
1 S. A, Cook, A pre-massoretic biblical papyrus (PSbA 25, 34 56). * N. Peters,
Die alteste Abschrift der Zehn Gebote, der Papyrus Nash, untersucht,
Frb. i. Br. 1905. Weitere Literatur s. BZ I, 312; 2, 93.
2 Aptowitzer (s. o. S. 420 x ); 2. Heft (SB der kais. AdW, phil.-hist. Kl.
1 60, 7), Wien 1908; 3. und 4. Heft, Wien 1911; 5. Heft: 22. Jahresber. d.
israel.-theol. Lehranst. in Wien 1914/15.
3 Vgl. Wutz (s. o. S. 416 2 ). Diese Transkriptionen stellen Uberreste des
hebraischen Urtextes dar; vgl. Ders., Ist der hebraische Urtext wieder er-
reichbar? (ZatW N. F. 2, 115119).
4 Z. B. Flavius Josephus, Philo.
5 Es ist kaum zu viel behauptet, wenn man sagt, der DH in seiner
gegenwartigen Gestalt sei von einer jiingeren Uberarbeitung der beeinflufit.
6 Mosiman (s. o. S. 1 58 x ). F. Vodel, Die konsonantischen Varianten in
den doppelt iiberlieferten poetischen Stiicken des massoretischen Textes, Diss.
Lp. 1905.
7 So in den Pss und besonders in Ez.
8 T. Noldeke (Rez. iiber J. Wellhausen, Der Text der Bucher Samuels
untersucht [ZwTh 16, 117 122] 118) und Lohr (im Kommentar zu Sm [s. o.
S. I44 3 ]xcf.) glaubten, dafi man iiber einen korrekten massoretischen Text
Nr. 729 b) Der hebraisch-aramaische Text. 423
wenn nicht, wie der Urtext gelautet hat, kann man weiterhin
nur durch Schlufifolgerung festzustellen versuchen. Fur die Mehr-
zahl der Stellen, welche uns. nicht mehr in der urspriinglichen
Fassung vorliegen, 1st der Textkritiker ausschlieClich auf diese
Methode der Textbearbeitung angewiesen, auf die sog. Konjek-
turalkritik.
Die Konjekturalkritik arbeitet ihrem Wesen entsprechend mit ver-
minderter Sicherheit, wenn sie die positiven Tatsachen der Text-
iiberlieferung deutet. Die Gefahr einer willkiirlichen Textbehandlung
vervielfacht sich, wenn uberdies der Ausgangspunkt fur ihre Schlufi-
folgerungen subjektiver Meinung und Schatzung unterliegt. Das ist
der Fall, wenn irgend eines der noch nicht sicher beweisbaren me-
trischen Systeme iiber den. parallelismus membrorum hinaus
dabei in Rechnung gestellt wird J oder vermeintliche liter arkritische
Ergebnisse und ahnliche Hypothesen als Voraussetzung eine aus-
schlaggebende Rolle spielen. Am ertragreichsten ist eine Konjektural-
kritik, welche ihren Schlufifolgerungen den einwandfrei ermittelten
Inhalt zu Grunde legt. Aber auch hier ist der Fall oft so gelagert,
dafi auf diesem Wege allein keine geniigende Sicherheit gewonnen
werden kann. Dagegen darf ein Ergebnis der Konjekturalkritik um
so eher als zuverlassig angesehen werden, je mehr andere, fur sich
selbst noch unzureichende positive Tatsachen es unterstiitzen, oder
wenn eine in ihren Griinden erkannte oder auch nur statistisch fest-
gestellte Gesetzmaftigkeit vom erschlossenen Urtext zu den spateren
Uberlieferungsformen fiihrt. Eine solche Gesetzmafiigkeit 2 , die
nicht hinausstreben sollte. Vgl. dazu Kittel (s. o. S. 4ii J )46f. Letzterer
stellte als Ideal den einheitlichen Text einer bestimm ten Zeit, etwa den zur
Zeit der -Ubersetzung, bin. Man wird aber faktisch jede verdorbene Stelle
soweit moglich auf den Urtext zuriickfuhren oder die alteste bezeugte Form
in den korrigierten Text aufnehmen, wenn auch dabei eine gewisse Bunt-
scheckigkeit des Textes nicht vermieden werden kann,
1 Vgl. Peters (s. o. S. iis 1 ) 3 52; Wutz (s. o. S. I94 2 ) xxxivf.
2 Bisher festgestellte Gesetze der Textwandlungen sind meist in den exe-
getischen Werken, besonders in den Kommentaren zerstreut. Ausgewahlte
Beispiele im AnscbluC an die Textgeschichte gibt Peters (s. o. S. H5 1 ) 3 I4ff-
Eine bestimmte Gruppe von Textveranderungen behandelt Friedrich Delitzsch,
Die Lese- und Schreibfehler im AT nebst den dem Schrifttexte einverleibten
Randnoten klassifiziert. Ein Hilfsbuch fur Lexikon und Grammatik, Exegese
und Lektiire, B. 1920. Einzelne ausgeivahlte Stellen bearbeitet in ahnlichem
Sinne Perles, Analekten usw. (s. o. S. 413 3 ); Dass., Neue Folge, Lp. 1922.
Die textkritischen Funde anlafilich der Herstellung einer niederlandischen
Bibeliibersetzung stellt zusammen H. Oort, Textus hebraici emendationes,
quibus in Vetere Testamento Neerlandice vertendo usi sunt A. Kuenen,
J. Hooykaas, W. H. Kosters, H. Oort, Leiden 1900. Das ganze AT geht
424
Teil - Der Text des AT - Nr -
viel ofter auf psychologischen und psychischen als mechanischen
Griinden beruht, immer mehr zu erkennen, mufi das Ziel einer richtigen
Textkritik sein.
730. Was die Textkritik an mehr oder minder sicheren Erkennt-
nissen gewonnen hat, wurde zur Herstelhmg von kritisch ge-
lauterten und berichtigten Ausgaben des hebraisch-ara-
maischen AT verwendet.
Die Ausgabe von S. Baer und Franz Delitzsch, die alle Biicher des AT
mit Ausnahme von Ex, Lv, Nm, Dt inEinzelausgaben umfafit (Lp. 1869/92),
beschrankt sich auf den DIt. C. D. Ginsburg hat seiner Ausgabe des 9It
Varianten aus verschiedenen Ubersetzungen beigegeben, ohne eine Be-
arbeitung des Textes zu versuchen (i. Aufl. .Ld. 1894, 21909/2 6). Kittel
(s. o. S. 96 2 ) hat den 9QH herausgegeben, aber in den Anmerkungen auch
Verbesserungsvorschlage zu den einzelnen Stellen gemacht. Die Regen-
bogenbibel (The polychrome Bible, so genannt, weil in ihr durch
wechselnden Farbeniiberdruck auch der literarische Aufbau dargestellt
wird): The sacred books of the OT. A critical edition of the Hebrew
text printed in colours with notes by P. Haupt (Lp. 189311.) hat auch
den veroffentlichten Text selbst bearbeitet (bis jetzt erschienen: Gn
von C. J. Ball, 1896; Lv von S. R. Driver, 1894; Nm von J. A. Pater-
son, 1900; Dt von G. A. Simth, 1906; Jos von W. H. Bennett, 1895;
Jdc [s. o. S. 131 3 ]; Sm [s. o. S. i44 3 ]; Rg von B. Stade, 1904; Is von
T. K. Cheyne, 1899; Jer von C. H. Cornill, 1895; Ez von C. H. Toy,
1899; Pss von J. Wellhausen, 1895; Prv [s. o. S. 245 3 j; Job von C. Sieg-
fried, 1893; Dn [s. o. S. 322 4 j; Ezr-Neh von H. Guthe, 1901; Chr von
R. Kittel, 1895). Ebenso bietet einen bearbeiteten Text die Ausgabe
von N. Schlogl O. Cist., Libri Veteris Testamenti ope artis criticae et
metricae quantum fieri potuit in formam originalem redacti (Ct, Wien
1902, Sm 1905; sonst ist nichts mehr erschienen) 1 .
systematise!* textkritisch durch A. B. Ehrlich, Randglossen zur hebraischen
Bibel. Textkritisches, Sprachliches und Sachliches, 7 Bde., Lp. 1908/14.
Ganz neue Moglichkeiten eroffnet die gliickliche Kombinationsgabe von
F. Wutz, die er bisher in Aufsatzen und Werken bekundet hat: Die ur-
sprungliche Septuaginta. Grundsatzliches zur Septuaginta-Forschung (ThBl
2, in 116); Die Bedeutung usw. (s. o. S. 421 2 ); Alte hebraische Stamme
im Psalmentext der Septuaginta (BZ 17, i 28); Die Psalmen (s. o. S. 194 2 );
Die Transkriptionen (s. o. S. 416 2 ). Dagegen wenden sich: P. Riefiler, Eine
neue Entdeckung (Rottenburger Monatschr. f. prakt. Theol. 8 [1924/25],
2, 33 39); F. Schmidtke, Die neue Septuagintatheorie (ThG 17, 628 639), u. a.
Vgl. weitere Literatur von Zustimmenden und Gegnern in BZ 18, 149 if. 214 ff.
1 Uber weitere Plane und Versuche vgl. Peters (s. o. S. 1 1 5 J ) 3 53 f. Als
textkritisches Hilfsmittel sei noch angefugt: S. Mandelkern, ttnj?!3 ^?"t! ^go.
Concordantiae hebraicae atque chaldaicae etc., Lp. 1896 (mit einer editio
minor), 2 1925.
Nr. 733 c) Das AT in griech. Sprache. I . Die Septuaginta-U bersetzung. 42 5
c) Das AT in griecbischer Sprache.
1. Die Septuaginta-tJbersetzung.
212. Die jiidische Diaspora in Agypten.
731. Teils infolge von Kriegen, teils durch den eigenen Wandertrieb
wurden die Juden iiber Palastina hinaus zu Niederlassungen bei fremden
Volkern gefiihrt (Diaspora). Seit dem Kriegszug des agyptischen Pharao
Sisak (ag. Sosenk) nachjuda (3 Rg 14, 25f.), und besonders als die Juden
nach dem babylonischen Exil aus Jerusalem nach dem Pharaonenlande
flohen (Jer 43, 46".), entfaltete sich auch eine agyptische Diaspora.
Schon am Ausgang des 6. Jahrhunderts ist durch die Papyri von Assuan
und Elephantine (s. o. S. I68 1 ) eine jiidische Militarkolonie an der Siid-
grenze des Pharaonenreiches bezeugt.
732. In Agypten trat das Judentum im Laufe der Zeit in aus-
gedehntem Mafie mit griechischer Sprache und Kultur in
Beziehung, welche sich schon friih iiber die Inseln des Mittel-
meeres nach den siidlichen Kiisten des ostlichen Mittelmeerbeckens
vorgeschoben hatte und seit dem Eroberungszuge Alexanders d. Gr.
in breitem Strome Unteragypten iiberflutete. Mit der Erweiterung
des kulturellen und politischen Gesichtskreises hatten sich die streng
geschiedenen landschaftlichen Dialekte der griechischen Sprache mehr
und mehr aus- und angeglichen, und auf der Grundlage der attischen
Volkssprache war unter vorwiegendem Einflufi des lonischen und in
geringerem Mafie der iibrigen Dialekte in der gesamten griechisch-
orientalischen Welt und fur den Zeitraum von Alexander d. Gr. bis zur
byzantinischen Epoche (um 324 n. Chr. beginnend) eine gemeinsame
griechische Sprache herrschend geworden, die ohne eigentliche dialek-
tische Unterschiede als KOivr] bidXeKtog, nur in eine Volkssprache
und eine literarische Abart sich gliedernd, die Sprache der Volker des
vorderen Orients wurde 1 .
213. Hellenisierung der Juden und ihres AT.
733. Von der Hellenisierung Agyptens wurde auch die dortige jiidische
Diaspora betroffen, so dafi auch die agyptischen Juden an Stelle ihrer
heimatlichen Sprache sich im Verkehr und in der Literatur der grie-
chischen Weltsprache in der herrschenden Form bedienten 2 .
1 Einen alexandrinischen Dialekt gab es weder als ortliche Mundart
noch als Sprache der alexandrinischen Gelehrtenschulen oder Kanzleien.
Vgl. Thumb (s. o. S. 369=) 172.
2 Hellenistisch (so seit Scaliger, 16. Jahrh.) kann die griechische Sprache
der Juden nicht in dem Sinne genannt werden, als ob darunter ein eigener
426 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 734
734. Diesem EinfluC der griechischen Umwelt konnte sich der
Text des AT um so weniger entziehen, je bedeutsamer die Rolle
war, welche die Religion und das heilige Buch im Leben des
Juden spielte.
Selbst wenn man sich der eigenen hebraischen Schrift nicht so rasch
entfremdete, bot doch das griechische Alphabet ein viel eindeutigeres und
sichereres Mittel dar, die Aussprache des vokallosen hebraischen Kon-
sonantentextes festzuhalten und fortzupflanzen. Umschriften des
hebraischen Bibeltextes in griechische Buchstaben
gingen daher der altesten bekannten Ubersetzung ins Griechische voraus
und erhielten sich in verschiedenen Uberresten weit in die christliche
Zeit herein 1 .
735. Schon der Propagandatrieb in der Religion des jiidi-
schen Volkes muCte in kurzem dazu fiihren, daC man das AT
in die Sprache des griechischen Kulturbereicb.es iibertrug. Um
so mehr wurde das zur Notwendigkeit, nachdem einmal das
Griechische die Muttersprache einer jiingeren jiidischen
Generation geworden war 2 .
Dialekt zu verstehen ware (vgl. Swete [s. o. S. 13 i 2 ] 294). Ebensowenig darf
man von einem Judengriechisch oder einer biblischen Grazitat reden
und damit Sonderformen der Koivrj bidXeKTcx; meinen (vgl. F. M. Abel, Coup
d'ceil sur la Koivrj [Rb 35, 526]; H. S. J. Thackeray, A grammar of the
OT in Greek according to the Septuagint I, Cambridge 1909, 16 26). He-
braismen wird man im Gegensatz zu den sog. Puristen (vgl. Thumb
[s. o. S. 369 5 ] 120) bei tibersetzungen aus dem Hebraischen und bei
hebraisch sprechenden und denkenden Verfassern erwarten (vgl. Thackeray
a. a. O. 25 ff.).
1 Vgl. Wutz (s. o. S. 416 2 ). Die Transkriptionspraxis findet auch anders-
wo belegt J. Halevy, La massore juddo-alexandrine et la massore greco-
babylonienne (Rsem 15, 351 353); vgl. auch Kahle (s. o. S. 4I6 7 ) 44 1 .
2 Aristobulos fiihrt Platos Kenntnisse vom jiidischen Gesetz auf eine
Ubersetzung von Ex, Dt, Jos vor der Herrschaft Alexanders und der Parser
zurvick (vgl. Klemens Alex., Strom, r, 22 [M g 8, 893]; Eusebius, Praep. ev.
13, 12 [M ? 21, 1097]) und stiitzt damit die Annahme, dafi schon vor 400 v. Chr.,
also vor , eine griechische Ubersetzung bestanden habe. Vgl. P. Kahle,
Untersuchungen zur Geschichte des Pentateuchtextes (StKr 1915, 399 439);
H. M. Wiener, Samaritan Septuagint Massoretic text (Exp 8. S. 2, 200 219);
Wutz, Die urspriingliche Septuaginta (s. o. S. 423 2 ). Auch eine Stelle im
Aristeasbrief (s. u. Nr. 736) wird ahnlich verstanden (vgl. Swete [s. o. S. i3i 2 ] 2 ;
Kahle a. a. CO.
Nr. 737 c) Das AT in griech. Sprache. i . Die Septuaginta- Ubersetzung. 42 7
214. Entstehung der Septuaginta.
736. Fur die Herstellung des griechischen Pentateuchs fand man
bisher genaue Angaben iiber Zeit, Anlafi und Art der Uber-
setzung im sog. Aristeasbrief *.
Danach wurde der Briefschreiber Aristeas, ein agyptischer Hof-
beamter, unter Ptolemaus II. Philadelphus (285 246) mit vielen, von
dessen Vater deportierten, nunmehr freigelassenen Juden nach Jerusalem
geschickt, um vom Hohenpriester Eleazar das Gesetzbuch der Juden fur
den Vorsteher der alexandrinischen Bibliothek, Demetrius Phalereus,
zu erwerben. Mit dem Gesetzbuch kamen zugleich 7 2 kundige Manner,
welche es auf der Insel Pharus ins Griechische iibertrugen 2 . Auf
diesem Briefe beruhen die Angaben, welche wir bei jiidischen 3 und
christlichen Schriftstellern finden 4 , und erst seit L. de Vives (1522)
wurde seine Glaubwiirdigkeit so stark erschiittert, dafi er jetzt allgemein
fur unecht gehalten wird 5 .
737. Um 200 v. Chr. 6 scheint der Brief schon vorhanden gewesen
zu sein, und abgesehen von einigen legendenhaften Erweiterungen 7
diirfte als geschichtliche Grundlage gelten, dafi zur Zeit des
Ptolemaus II. Philadelphus (285 246) der Pentateuch
von jiidischen Gelehrten ins Griechische iibertragen
1 Im Anhang zu Swete (s. o. S. 13 1 2 ) veroffentlichte Thackeray cine kri-
tische Textausgabe. Eine deutsche Ubersetzung vgl. bei Kautzsch (s. o.
S. 12) 2, i ff.
2 Der Auftrag lautete : ou ^ovov ^era^pd\\>ai, dtXXd KOI btep(ir|veOorat. Herzog
(Aristeasbrief und Septuaginta [bei Wutz (s. o. S. 416 2 ) 128 132]) glaubte
lueTcrfpdxpai als umschreiben deuten zu diirfen. Die sonst gebrauchliche
Deutung Abschrift halten dagegen auf Grund des Zusammenhanges auf-
recht Fischer (s. o. S. 416 2 ) xf. und Schmidtke (s. o. S. 412 2 ) 632 f. Das
biepjunveGcrai wird von Wutz (s. o. S. 423 2 ) 1 10 als Revision einer ungeniigen-
den alten Ubersetzung nach einem hebraischen Konsonantentext verstanden.
3 Zu den jiidischen Nachrichten vgl. V. Aptowitzer, Die rabbinischen Be-
richte iiber die Entstehung der Septuaginta (Hakedem 2, n 27 102 122;
3, 417).
4 Nach Comely (s. o. S. 3 2 ) i 2 , 340 f. stellen manche Nachrichten dieser
Art eine selbstandige, vom Aristeasbrief unabhangige Uberlieferung dar.
5 Vgl. Vives' Kommentar zu Augustinus, De civ. Dei, Basel 1522.
6 So Schiirer (s. o. S. i63 3 ) 3 4 , 611. H. S. J. Thackeray (Translation of
the Letter of Aristeas [JqR 15, 337 391]) datiert ihn nicht vor die Mitte des
2. Jahrh. v. Chr.
7 Schon Hieronymus lehnte die 72 Arbeitszellen fur die Ubersetzer ab
(Praef. in Pentateuchum [M 1 28, 181]). Vgl. iiber die Geschichtlichkeit der
einzelnen Angaben Herzog (s. o. Anm. 2).
428 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 738
bzw. auf Grund einer alteren Vorlage neu bearbeitet wurde 1 .
Ob die Bibliophilie der Ptolemaer oder das innerjiidische Ver-
langen nach einem griechisch geschriebenen Gesetz den AnstoB
gab, wird nicht zu entscheiden sein.
738. Wegen der iiberlieferten Zahl der Bearbeiter erhielt diese
Ubersetzung den Namen Septuaginta (Kara TOU$ e[Jbour|-
Kovra, Kara roug o' ; = ). Schon Hieronymus stellt die Ansicht
richtig, als ob der Name von Anfang an fur andere Biicher als
den Pentateuch bestimmt gewesen ware (In Ez 5, 13 [M 1 25, 57]
u. 6.). Tatsachlich hat sich aber der Name fur das ganze AT ein-
gebiirgert, soweit es in vorchristlicher Zeit ins Griechische
iibertragen worden ist, mogen auch die einzelnen Biicher aus ver-
schiedenen Zeiten und von verschiedenen Handen stammen.
Wenn auch nicht fur alle Biicher des AT irn einzelnen durch vor-
christliche Zeugnisse eine griechische Sprachform erwiesen werden
kann 2 , so mufi doch um 130 v. Chr. nach dem Prolog von Sir (s. o. S. 357)
im wesentlichen das ganze AT mit seinen drei Teilen in griechischer
Sprache vorhanden gewesen sein, so daft der Abschluft kaum bis zum
Beginn der christlichen Zeitrechnung oder noch dariiber herabgesetzt
werden darf 3 . In die -Hss sind jedoch auch einzelne Biicher in nach-
christlicher griechischer Ubersetzung aufgenommen 4 .
1 Manche halten noch viel mehr fur zuverlassige Uberlieferung ; vgl. Apto-
witzer (s. o. S. 427 3 ). Thackeray (s. o. S. 308 f.) halt auch die Doppelzellen
des Epiphanius (De pond, et mens. 3 [M g 43, 241]) fur Tatsache, well er bei
Ez und andern Biichern zwei Ubersetzerhande nachweisen zu konnen glaubt.
Vgl. dazu noch JthSt 4, 245 266 578 585 ; Ders., The Greek translators
of the four books of Kings (ebd. 8, 262 278); The bisection of books in
primitive Septuagint Mss (ebd. 9, 88 98); G. B. Gray, The Greek version
of Isaiah is it the work of a single translator? (ebd. 12, 286 293) und
J. Schafers in ThG i, 289 291. J. Herrmann undF. Baumgartel (Beitrage zur
Entstehungsgeschichte der Septuaginta [BWAT N. F. 5], B. 1923) schreiben
Ez drei, Is zwei Ubersetzern zu.
z Zeugnisse fur Gn, Chr, Est, Job, Pss vgl. bei Swete (s. o. S. I3i 2 ) 17 ff.
3 J. B. Johnston (The date of the Septuagint [ExpT 13, 382 f.]) lafit
schon im 3. Jahrh. v. Chr. zum Abschlufi kommen. Thackeray (s. o. S. 425 2 )
vill f. kommt mit den Ansatzen fur einzelne Biicher bis ins 2. Jahrh. n. Chr.
herab. Vgl. noch H. A. Redpath, A contribution towards settling the
dates of the translation of the various books of the Septuagint (JthSt 7, 606
bis 615).
4 So Dn aus (schon seit Irenaus [} 202]), Koh aus 'A (vgl. Thackeray
[s. o. S. 425 2 ] 30 f., wo die Koh-Ubersetzung als -Ubersetzung aus nach-
christlicher Zeit erklart wird); iiber Ezr-Neh und Chr vgl. Howorth (s. o.
N r. 739 c) Das AT in griech. Sprache. i . Die Septuaginta-Ubersetzung. 429
215. Eigenart, Bedeutung und textkritischer Wert
der Septuaginta.
739. Entsprechend der JGeschichte der altgriechischen Uber-
setzung ist das, was als Septuaginta bezeichnet und in den Septua-
ginta-Ausgaben geboten wird, keine einheitliche Grofie.
Schon dafi es in alter Zeit Gesamtrollen des AT nicht gab, mufite
naturgemaft zu j e selbstandiger Ubertragung der einzelnen
Biicher fiihren. Wie wir fur den Pentateuch genau Zeit und Umstande
der Ubersetzung kennen, so ist uns das gleiche auch von Sir (Prolog
[s. o. S. 274 f.]) und Est (Nachschrift [s. o. S. 191]) iiberliefert 1 . Wiirde
sich Thackerays Datierungsversuch (s. o. S. 425 2 ; vgl. S. vinf. 6ff.) als
durchfiihrbar erweisen, so wiirden auch die verschiedenen Sprach-
perioden, mit denen die griechische Form einzelner Biicher parallel
lauft, auf verschiedene Ubersetzerhande fiihren. Die Abstufung in
der Art und Giite der Ubertragung bestatigt dasselbe. Im all-
gemeinen darf der Pentateuch als am besten iibertragen gelten. Daran
reihen sich die prophetae priores, bei denen allerdings die Einfachheit
des Textes die Aufgabe der Ubersetzer erleichterte 2 . Die Schwierigkeit
der prophetae posteriores hat auch der Giite ihrer Septuagintaform
Eintrag getan 3 . Am wenigsten gut werden die Hagiographen ein-
geschatzt 4 . Besonders verraten sich verschiedene Ubersetzerhande bei
S. 163 * 165 2 ); iiber Jdc vgl. Moore (s. o. S. 131 3 ) XLVI ; zu Sap und i Makk s.
die folg. Anm. Vgl. auch R. M. Gwynn, Notes on the authorship of some
books of the Greek OT (Hermathena. A series of papers of literature, science
and philosophy Nr. 44, Dublin 1926, 52 61).
1 i Makk (und Sap, soweit eine hebraische Vorlage angenommen werden
will ; vgl. o. S. 268 f.) wurde wohl in der Ursprache erst niedergeschrieben,
als ein grofier Teil des AT schon griechisch vorlag, also zeitlich weit von
der iibrigen getrennt.
2 Doch diirfen zahlreiche Fehler in Sm nicht aufier Ansatz gelassen
werden (vgl. Schlogl [s. o. S. 136] xvn f.).
3 Vgl. O. Procksch, Studien zur Geschichte der Septuaginta: Die Pro-
pheten (BWAT 7), Lp. 1910, 127 ff. Wie Procksch, so hebt auch Swete
(s. o. S. I3i 2 ) 316 hervor, dafi besonders Is nicht gut iibersetzt sei. Dn ist
schon in alter Zeit wegen der midrasartigen Ubertragung die Richtigkeit
der herrschenden Einstufung der Dn-Texte vorausgesetzt ; vgl. aber o. S. 326
und Goettsberger (s. o. S. 318) n durch die 0-Ubersetzung verdrangt worden
(s. o. S. 327).
4 Wahrend die Pss moglichst wortlich sich an die Vorlage anschliefien, gilt
Est als willkiirlich iibertragen. Bei Job nimmt man vielfach an, dafi der Uber-
setzer wegen der Schwierigkeit der Vorlage vieles weggelassen habe (vgl.
Swete [s. o. S. J3i 2 ] 255318; Thackeray [s. o. S. 425 2 J 3 f. 10 ; letzterer gruppiert
iibrigens die atl Biicher der nach der Giite etwas anders [vgl. ebd. 9 f.
12 if.]). Diese Wertabfolge kann sich natiirlich wesentlich andern, wenn
430 III. Teil. Der Text des AT. Nr. 740
Stiicken, welche im AT ofter vorkommen (2 Sm 22, iff. Ps 18 [17], iff.;
4 Rg 18, 1320, 19 = Is 36, 139, 8; Mich 4, 13 = Is 2, 24)!.
740. Obwohl die -Ubersetzung von verschiedenen Handen
stammt und ihre Entstehung sich iiber raehr als ein Jahrhundert
ausdehnte, zeigt sie doch neben aller Sonderart im einzelnen einige
gemeinsame Eigentiimlichkeiten, die in der gleichen Periode, in
demselben Ubersetzerkreis und in gegenseitiger Nachahmung be-
griindet sein werden.
Dem Wandel der Muttersprache konnten sich Ubersetzer einer spateren
Zeit trotz aller Kenntnis des Althebraischen nicht immer entziehen;
deshalb wird man nicht selten Spuren des neuhebraischen Sprach-
geistes und der herrschend gewordenen aramaischen Volkssprache ent-
decken. Das Bestreben, Schwerverstandliches verstandlicher zu machen,
Dunkelheiten aufzuklaren, Unebenheiten des Stiles zu beseitigen, sprach-
liche Schwierigkeiten zu glatten, lafit sich bei vielen Biichern der
beobachten. Zahlreich sind die Abanderungen der Vorlage, die als
ungeziemend empfundene Aussagen von Gott abwehren wollen 2 . Schon
in alter Zeit wurde die von den Christen bevorzugt und von den
Juden abgelehnt, weil sie messianische Stellen noch klarer als solche
erkennbar machen wollte 3 . Auch die jiidische Zeitexegese der Halacha
und Haggada macht sich in der naturgemafi geltend 4 .
741. Als personliche wissenschaftliche Leistung ist
das Werk der -Ubersetzer schwer richtig einzuschatzen.
Einerseits war ihnen die hebraische Sprache vertraut und standen
sie den Menschen und Dingen der atl Zeit noch naher. Anderseits
Wutz' Feststellung, dafi Umschriften die Vorlage der waren (s. o. S. 416 2 X
sich in ihrer vollen Tragweite ausgewirkt hat, und wenn die oben S. 418* ge-
aufierte Vermutung sich bewahrheitet, dafi der 9It nicht bloC unter dem
Einflufi der Transkriptionen, sondern auch der -Ubersetzung selbst kom-
piliert worden sei, er also nicht in alleweg als Mafistab fur die Giite der
Ubersetzung gelten konnte.
1 Beispiele fur wechselnden Wortgebrauch vgl. bei Swete (s. o. S. I3i 2 )
31 7 f. Dariiber, dafi man aus verschiedenem Wortgebrauch innerhalb
einzelner Biicher auf verschiedene Verfasserhande geschlossen hat, vgl. o.
S. 428 1 .
2 Vgl. A. Deifimann, Die Hellenisierung des semitischen Monotheismus
(Neue Jahrb. f. d. klass. Altert. u, 161 177).
8 Vgl. Procksch (s. o. S. 429 3 ) nof. E. Liebmann glaubte aus dem
Text von Is 24 27 schliefien zu diirfen, dafi eine christlich uberarbeitete
umlief (ZatW 22, 55).
4 Vgl. V. Aptowitzer, Rabbinische Parallelen und Aufschliisse zu Septua-
ginta und Vulgata (ZatW 29, 241 252): Zu Sm.
Nr. 743 c) Das AT in griech. Sprache. i. Die Septuaginta-Ubersetzung. 431
mufite der Mangel der sprachlichen und formalen Hilfsmittel ihre
Arbeit bedeutend erschweren, und wenn man die anders gewordene
Zeit und Kultur in Rechnung stellt, mufi sich die Anerkennung er-
hohen, welche der Genauigkeit und Richtigkeit der Wiedergabe zu
zollen 1st 1 .
742. Die Nachwirkung dessen, was die -Ubersetzer fur ihre
Zeit und ihre nachsten Volksgenossen schaffen wollten, steigerte
sich von Jahrhundert zu Jahrhundert.
Dem agyptischen Judentum schlossen sich die hellenisierten Synagogen
in Palastina und weiterhin im Osten und Westen an (s. o. S. 369 5 ),
um durch die griechische Sprachform zu den Glaubensschatzen des
AT zu gelangen. Den hellenisierten heidnischen Kreisen gegeniiber
erleichterte die der christlichen Propaganda ihre Aufgabe, da sie, auf
das griechische AT gestiitzt, die atl Ideen in die griechisch sprechende und
denkende Welt einfuhren konnte. Was die fur die altchristliche Litera-
tur bedeutete, wird nur iiberboten durch den Einflufi des griechischen NT.
Volker, denen das AT im hebraischen Gewande ein Buch mit sieben
Siegeln geblieben ware, wurden mit ihm vertraut, als armenische, athio-
pische, koptische, gotische, georgische, lateinische, slavische Ubersetzer
aus der schopfen konnten 2 .
743. Aber die hat eine viel grofiere Bedeutung gewonnen,
als sie darin liegt, dafi sie die Weiterverbreitung des AT er-
leichterte. Die Geschichte des Urtextes, die einer treuen Uber-
lieferung nicht giinstig war 3 , einerseits und besonders gliickliche
Umstande, die bei Entstehung der wirksam waren, anderseits
haben schon lange viele Exegeten zur Anschauung gefiihrt, dafi
im griechischen AT im Vergleich zum SOU ein gleich-
wertiger, ja vielfach ein urspriinglicherer Zeuge dafiir
zu uns spreche, was die Verfasser der atl Schriften ehedem nieder-
geschrieben haben.
Lange bevor der hebraische Text seine spatere starre Form erhielt,
1st er durch griechische Transkriptionen gesichert worden 4 . Die -
Ubersetzer konnten solche Umschriften ihrer Ubertragung zu Grunde
legen 5 ; Teile da von, wenn sie ihnen nicht mehr verstandlich waren
1 Vgl. Swete (s. o. S. I3i 2 ) 318 f.
2 Auch dem hebraischen AT sprachverwandte Volker, wie die Syrer und
Araber, fanden teilweise den Zugang zum AT iiber die bequemer und leichter.
Vgl. u. 230 232 und 240. 3 Siehe o. S. 407 ff.
4 Die ganze hebraische Bibel mit Ausnahme von Koh und etwa Est hat
nach Wutz (s. o. S. 416 2 ) 39 ehedem nachweisbar in transkribierter Form
in Agypten existiert.
5 Fur einen Grofiteil des AT lag nur ein Text in griechischer Trans-
432 HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 744
qder fehlerhafte Veranderungen erlitten hatten, haben sie auch ohne
Ubertragung in ihren Text aufgenommen \ So bietet uns die Text-
bestandteile des hebraischen AT entweder unverandert oder leicht
wiederherstellbar in griechischer Transkription aus dem 4. 3. Jahr-
hundert v. Chr. 2 , im iibrigen aber die Ubersetzung einer Textgestalt,
die in den friihest iibertragenen Stiicken vielleicht noch ins 4. Jahr-
hundert v. Chr. zuriickreicht. Selbst wenn man (vom hebraischen Text
selbst abgesehen) alle nach der Sachlage moglichen Fehlerquellen 3 :
Herstellung der Transkriptionen und ihre Uberlieferung, Fertigung
der Ubersetzung mit alien Zufalligkeiten 4 , die dabei hereinspielen
konnen, und deren Uberlieferung, beriicksichtigt, kann der Wert der
fur die Wiedergewinnung des Urtextes nicht hoch genug veranschlagt
werden.
744. Vor dem Versuch, das Wertverhaltnis zwischen DIt und
in eine einfache Formal zu fassen, warnt die Beachtung der Ge-
schichte, welche beide Textformen, wie sie uns heute vorliegen,
hinter sich haben.
Weder kann man den 3H als geradlinige Uberlieferung des Urtextes
grundsatzlich iiber die stellen, noch darf man einseitig den Urtext
in der Linie der suchen 5 ; auch eine mechanische Gleichstellung
beider als verschiedener Rezensionen der einen Vorlage, vielleicht beim
Pentateuch mit Beiziehung des Samaritanus als dritter Form, wird nicht
zum Ziele fiihren. Jede einzelne Stelle ist fur sich zu behandeln und
kann bei der unendlichen Zahl von moglichen Kombinationen 6 eine
Individuality darstellen, welche sich gegen eine Einzwangung in ein
Schema straubt.
skription, kein hebraisch geschriebener Text vor (vgl. Wutz [s. o. S. 4i6 2 ] 102 ;
iiber den Pentateuch vgl. ebd. 108 ff.).
1 Vgl. Wutz (s. o. S. 416 2 ) 42 ff.
2 Vgl. F. Wutz, Ist der hebraische Urtext wieder erreichbar? (ZatW N. F. 2,
115119).
3 Vgl. o. S. 423-
4 Nach Redpath (s. o. S. 407 3 ) sollen Mifiverstandnisse verraten, dafi drei
zusammenarbeiteten : einer, der den hebraischen Text las, ein Zweisprachiger,
der danach das griechische Wort diktierte, und schliefilich ein dritter, der
es niederschrieb.
5 Nach dem Talmud (b. Meg. f. 9 a ) und nach Kirchenvatern (z. B. Augustinus,
De civ. Dei 15, 14, 2 [M 1 41, 455]) ware auch die unter gottlicher In-
spiration entstanden (s. u. S. 433 4 ). Vgl. Jahn (s. o. S. 311 318).
6 Wenig beachtet, aber durchaus naheliegend ist der Einflufi der ver-
schiedenen Richtung der Schrift; vgl. Gn 6, 14 TeTpaydMuv fur igia (yiai ; so
C. J. Ball, The book of Genesis in Hebrew, Lp. 1896, 52). Vgl. J. Goetts-
berger, Eigenartige textkritische Entwicklungen (Oriens i [1926], 14 16).
Nr. 747 c) Das AT in griech. Sprache. 2. Die spat, griech. Ubers. d.AT. 433
2. Die spateren griechischen XJbersetzungen
des AT.
216. Wandlung in der Wertschatzung der Septuaginta
bei den Juden.
745. Die Schicksale, welche die im Laufe der Zeit hatte,
machen ihre Verwendung in der Textkritik zu einem schwierigen und
verwickelten Problem. Aus jiidischen Kreisen hervorgegangen und fiir
sie bestimmt, erfreute sich die zunachst besonders bei den Juden
eines grofienAnsehens 3 , so dafi sie auch in den hellenistischen
Synagogen verwendet wurde 2 . Wenigstens bis ins 2. Jahrhundert n. Chr.
dauerte die unbestrittene Geltung der 3 . In der christlichen Kirche,
der Erbin der Synagoge, konnte es nicht anders sein. Die alexandrinische
Schule nicht minder als die antiochenische, die Kirchenvater des Ostens
und des Westens, die Orthodoxen wie die Arianer arbeiteten, erklarten,
kampften, siegten auf Grund der 4 .
746. Aber gerade das Ansehen, welches die in der christlichen
Kirche gewann, mufite ihre Stellung bei den Juden untergraben, be-
sonders als sie in der Polemik gegen das Judentum die messianischen
Stellen dessen Gegnern viel besser darbot als der hebraische Text. Die
Juden besannen sich bei einem Vergleiche beider wieder auf den Urtext;
sie bestritten die Zuverlassigkeit der 5 , ja die Abneigung entwickelte
sich zu einem Hafi, so dafi der Tag der -Ubersetzung, noch zur Zeit
Philos festlich begangen, zu einem Bufi- und Trauertag wurde 6 .
747. War schon um 300 v. Chr. fur die hellenisierren Juden eine
griechische Ubersetzung notwendig, so muCte um so mehr die
1 Philo (} 40 n. Chr.) in Alexandrian und Flavius Josephus in Palastina
arbeiteten gleicherweise mit ihr (s. o. S. 369).
2 Justinus, Dial. c. Tryph. 72 (M e 6, 645). Tertullian, Apol. 18 (M 1 1, 437).
Die Annahme, dafi sie dabei blofi zur Erklarung des hebraisch verlesenen
Textes diente, wird den angefiihrten Aussagen kaum gerecht ; vgl. Fell (s. o.
S. 3 2 ) I33 1 -
3 Noch imj. 553 bestimmte Justinian in der Novelle 146: Ii, qui graeca
lingua recitant, Septuaginta interpretum utantur translatione (s. o. S. 369 5 ).
4 Wie im Judentum, so begegnet auch bei den Kirchenvatern die An-
sicht, dafi die inspiriert sei (s. o. S. 432 5 ). Sogar Hieronymus pflichtet
ihr eine Zeitlang bei (Praef. in librum Paral., und zwar die an zweiter
Stelle stehende; vgl. Hetzenauer [s. u. 226, Nr. 785] xxv), ehe er sie be-
stimmt zu Gunsten der hebraica veritas ablehnt (Praef. in Pent.).
5 Vgl. o. S. 368 3 . Schon Justinus (Dial. c. Tryph. 68 [M B 6, 635 f.]) berichtet:
ToXuOucnv Xdyew TTJV dSrjYTjatv . . . urj eivai aXr|6fi (zu Is 7, 14). Der Talmud
erwahnt 13 Stellen, an denen 921 und voneinander abweichen (b. Megilla
f - 9 a ); vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) 106 f. 6 Siehe oben S. 368 s .
G-oettsberger, Einleitung in das AT. 28
434 ni - Teil - Der Text des AT - Nr -
Ablehnung der in der fortgeschrittenen Entwicklungsperiode
zu Ersatzversuchen 1 fiihren, und so 2 entstanden die nach-
christlichen griechischen Ubersetzungen des AT.
217. Aquilas, Theodotion, Symmachus.
748. Aquilas ('AiajXcK; ; = 5 A) aus Sinope im Pontus fertigte,
nach wechselvollen Schicksalen zum Judentum iibergetreten 3 , um
Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. eine griechische Ubersetzung,
an der zu groCe Wortlichkeit 4 und judaistische Textfalschungen 5
seit alter Zeit getadelt wurden.
Die Ubersetzung des Aquilas wird sich auf das ganze AT erstreckt
haben mit Ausnahme der Deuterocanonica 6 ". Hieronymus bezeugt 6'fter
eine secunda editio, quam Hebraei mf aKpifJetav nominant, von
der nur Spuren vorhanden sind 7 . Die Hauptiibersetzung des Aquilas
gewann bei den Juden grofies Ansehen und weite Verbreitung 8 . Zum
letzten Male wird sie als vorhanden vorausgesetzt von der Novelle 146
des Kaisers Justinian (s. o. S. ^6^ 5 }. Origenes nahm sie in seine Hexapla
auf, und mit dieser ist sie, abgesehen vielleicht von Koh in den -Hss
(s. o. S. 258), nur in Bruchstiicken erhalten 9 .
1 Justinus, Dial. c. Tryph. 71 (M g 6, 641): atjroi
2 H. H. Howorth (Some unconventional views on the text of the Bible.
III. The Hexapla and Tetrapla of Origen and the light they throw on the
book of Esdras A and B [PSbA 24, 147172] 152) meinte, Aquilas sei von
der Absicht geleitet worden, den auf der Synode von Jabne (s. o. S. 353) fest-
gestellten Text den hellenistischen Juden zuganglich zu machen.
3 Vgl. Irenaus, C. haer. 3, 21 (M g 7, 946). Siehe auch u. S. 469 2 .
4 Origenes, Ep. ad Afric. 2 (M. e n, 52): bouXeuuuv T^ feppaiK^i X^Hei. Am
auffalligsten wurde empfunden, dafl er die nota accus. durch cruv iibertrug
(vgl. Hieronymus, Ep. 57 ad Pammachium de optimo genere interpretandi n
[M'22, 5 77f.]).
5 Eusebius sagt, er (und Symmachus) batten ioubcuioijTepov iibertragen (In
Ps 90, 9 [M g 23, 1149]). Vgl. dazu Field (o. S. 153 x ) i, xix.
6 Vgl. Field (s. o. S. 153 J ) I, xxxix. Auch zu den deuterokanonischen
Zusatzen von Dn findet sich kein Zitat (vgl. Julius [s. o. S. 322 5 ] 25).
7 In Ez 3, 15 (M 1 25, 40) u. 6. Die 27 Stellen des Hieronymus vgl. bei
Podechard (s. o. S. 250) 203 1 .
8 Augustinus, De civ. Dei 15, 23 (M 1 41, 470): . . . Aquila, quern inter-
pretem ludaei ceteris anteponunt.
9 Zu den bei Field (s. o. S. I53 1 ) aufgenommenen Fragmenten kommen:
die Aquilaskolumne der Hexaplabruchstiicke zu den Pss, welche Mercati 1896
auffand (vgl. Rahlfs [s. o. S. 327 3 ] 130 f. und unten S. 440 4 ); F. C. Burkitt, Frag-
ments of the books of Kings according to the translation of Aquila, Cam-
bridge 1897; Taylor (s. u. S. 440*, zu Ps 23 und 91 f. ; vgl. dariiber Swete
[s. o. S. I3i 2 ] 34 ff.); Gn i, i 5 in der Papyrussammlung von Lord Amherst
Nr. 750 c) Das AT in griech. Sprache. 2. Die spat, griech. Ubers. d. AT. 43 5
749. Urn die gleiche Zeit * entstand die griechische Ubersetzung
des Theodotion (=0), eines jiidischen Proselyten aus Ephesus.
Seine Arbeit scheint fast eine Revision der zu sein, wenn auch selbstan-
dige Wiedergaben durchaus nicht fehlen 2 . Aufier Dn (einschliefilich der
deuterokanonischen Zusatze) in den -Hss (s. o. S. 327) sind tins nur Frag-
mente erhalten, die ebenfalls aus der Hexapla des Origenes stammen 3 .
750. Spater als AquilasundTheodotioniibertrugSymmachus 4 , ein
Ebionit, den Irenaus noch nicht kennt, das AT ins Griechische (= T.).
Er war dabei bestrebt, dem griechischen Sprachgeist gerecht zu
werden 5 . Unter den fragmentarischen Uberresten 6 finden sich Spuren
einer zweiten Ubersetzung oder Ausgabe.
(P. Grenfell and A. S. Hunt, The Amherst Papyri I, Ld. 1900; vgl. ThLz
25, 603); L. Liitkemann und A. Rahlfs, Hexaplarische Randnoten zu Is i 16
aus einer Sinai-Handschrift hrsg. (Mitt. d. Septuaginta-Unternehmens d. k.
GdW zu Gott. 6), B. 1915. Uber die Schreibung des Gottesnamens
bei Aquilas und in andern Texten vgl. o. S. 41 1 2 und A. Merk, Bibelfrag-
mente aus den Oxyrhynchus-Papyri (ZkTh 36, 167 180) 168 ff. Vgl. J. Reider,
Prolegomena to a Greek-Hebrew and Hebrew-Greek index to Aquila, Phila-
delphia 1916.
1 Irenaus, C. haer. 3, 21 (M g 7, 946). Nach Epiphanius fiele Theodotion
in die Zeit des Kommodus (180 193); so Swete (s. o. S. I3i 2 )42.
2 Manche Zitate beim Pastor Hermae (um 1 50 n. Chr.) und im NT stimmen
auffallend mit iiberein ; vgl. Procksch (s. o. S. 429 3 ) 95 ; A. Rahlfs, Uber
Theodotion-Lesarten im NT und Aquila-Lesarten bei Justin (ZntW 20, 182
bis 199); Swete (s. o. S. I31 2 )395-
3 Zu dem von Field (s. o. S. 1 53 *) Veroffentlichten kommen noch die
Fragmente zu Is i 16 bei Liitkemann-Rahlfs (s. oben, und unten Anm. 6).
Howorth (Some unconventional views [s. o. S. 434 *]. I. The apocryphal book
Esdras A and the Septuagint [PSbA 23, 147 159; vgl. ebd. 305 330 (dazu
R. B. Girdlestone, Notes on the comparative value of the two recensions of
Ezra, ebd. 24, 14 20); 24, 147 172 332 340; 25, 15 22 90 98]) vertrat vor-
iibergehend die Ansicht, daC Chr-Ezr-Neh in den -Hss zu gehorten. P. Vetter
glaubte in einer armenischen Ubersetzung der Chr (1899 veroffentlicht) einen
0-Text vermuten zu diirfen (vgl. Lit. Rundschau (1900, Nr. 2, 41 if.).
4 T. Zahn, Herkunft und Lehrrichtung des Bibeliibersetzers Symmachus
(NkZ 34, 197 209). Auch der Talmud kennt einen Symmachus ben
Joseph (vgl. UtUb 83).
5 Hieronymus, In Am 3, n (M 1 25, 1068): Non solet verborum KctKoZr]-
Xiav, sed intelligentiae ordinem sequi. Mit dem bedeutend alteren Ju-
stinus hat I manche Lesarten gemeinsam. Hieronymus hat sich in seiner
Ubersetzung von ihm stark beeinflussen lassen (vgl. W. W. Cannon, Jerome
and Symmachus. Some points in the Vulgate translation of Koheleth [ZatW
45 (N. F. 4), 191199], und u. S 224, Nr. 776).
6 Zur Zusammenstellung Fields (s. o. S. 1 53 *) kommen die Fragmente zu
Is i 1 6 bei Liitkemann-Rahlfs (s. oben) und Pss-Texte bei C. Wessely,
28*
436 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 751
218. Die Quinta, Sexta, Septima und Spuren anderer
griechischer Ubersetzungen.
751. 1st schon bei Symmachus von der polemischen Absicht,
welche die vorhergehenden nachchristlichen griechischen Uber-
setzer geleitet hat, nichts feststellbar, so konnten die noch zu
erwahnenden drei namenlosen Ubersetzungen ebensogut christ-
lichen wie jiidischen Kreisen entstammen.
Von der Quinta, so genannt nach der Reihenfolge in der Hexapla
des Origenes (s. u. 219), der sie selbst in Nikopolis bei Aktium fand 1 ,
sind Lesarten zum Pentateuch, zu 4 Rg, Job, Pss, Prv, Ct, Kl. Propheten
vorhanden; zu den Pss scheint eine zweite Ausgabe existiert zu haben.
Die Sexta, bei Jericho in einem Fafi unter andern hebraischen und
griechischen Hss unter Antoninus, Sohn des Severus (d. i. Caracalla
211 217) entdeckt, zu Ex(?), 3 Rg, Job, Pss, Ct, Am, Hab in ein-
zelnen Lesarten uberliefert, verrat christlichen Ursprung in Hab 3, 13
(6ia 'Inaouv TOV XpioTov) und scheint auf der zu fufien 2 . Trotz
mancher Unsicherheit 3 , die bis in die Kirchenvaterzeit zuruckreicht 4 ,
scheint auch einmal eine Septima existiert zu haben, da Hieronymus 5
und Eusebius 6 sie erwahnen.
752. Auch mit 6 'EjipaToc; (TO c E(3pouKOv), 6 Xupog, TO Xauapeimov,
6 'EXXriviKOc; ( c E\Xnviori) werden in der altchristlichen Literatur manche
Un nouveau fragment de la version grecque du VT par Aquilas (Melanges
offerts k E. Chatelain, P. 1910, 224 229; dafi die Stiicke zu I. gehoren, erweist
G. Mercati, Frammenti d'Aquila o di Simmaco ? [Rb N. S. 8, 266 272]).
Nach Howorth (Some unconventional views [s. o. S. 434 2 ]. VII. Daniel and
Chronicles [PSbA 29, 3138 6169]) soil der griechische Text von Chr-Ezr-
Neh in den -Hss aus I. entnommen sein (friiher anders; s. o. S. 43 5 3 ).
1 Vgl. F. C. Burkitt, The so-called Quinta of 4 Kings (PSbA 24, 216219);
*G. Mercati, Note di letteratura biblica e cristiana antica (Studi e testi 5),
Rom 1901 : D' alcuni frammenti esaplari sulla V a e VP edizione greca della
Bibbia (S. 28 46) ; dazu E. Nestle, Zu dem Bericht des Origenes iiber seine
5. und 6. Bibeliibersetzung (ZatW 26, 168); Schwartz (s. u. Anm. 6).
2 Ps 78 (77), 31 : TO irXfjGoi; umgebildet aus irXeiom, welches fehlerhafte
Uberlieferung von TTIOOT. Cj^tca) ist.
3 Field (s. o. S. I53 1 ) I, XLVI u. a. bezweifeln die Existenz einer Septima,
Howorth (PSbA 24, 148 f. ; s. o. S. 435 3 ) leugnet sie bestimmt.
4 Ps.-Athanasius stellt sie mit der Rezension des Lukian zusammen; vgl.
u. S. 442 2 .
5 In Tit 3, 9 (M 1 26, 630) : zu den libri, qui apud Hebraeos versu com-
positi sunt, d. i. Job, Pss, Thr, Gt. Zu Ps 21, 30; 49, 21 ; 50, i ; 49, 3 werden
Lesarten erwahnt.
6 Hist, eccles. 6, 16, 3 (M g 2.0, 556). Diesen Bericht behandelt eingehend
E. Schwartz, Zur Geschichte der Hexapla (Nachr. d. k. GdW zu Gott., philol.-
hist. Kl. 1903, 693 700).
Nr. 7 5 5 c) Das AT in griech. Sprache. 3. Das griech. AT seit Origenes. 43 7
Zitate eingeleitet. Darunter durchweg griechische Ubersetzungen zu
verstehen, wird man um so eher geneigt sein, als jetzt vom ZauxxpemKov
anscheinend umfangreichere griechische Fragmente vorliegen 1 .
753. Spatere griechische Ubersetzungen kommen fur die Textgeschichte
des AT nicht mehr in Betracht 2 .
3. Das griechische AT seit Origenes.
219. Die Hexapla des Origenes.
754. Der stete Gebrauch der , Nachlassigkeit oder Unfahigkeit der
Abschreiber oder sonstige Einfliisse bei Vervielfaltigung, das Streben, die
Ubersetzungssprache der Sprachform des gewohnlichen Lebens, altertiim-
liche Worte der Gegenwart anzugleichen, Anpassung an den hebraischen
Text und an die nebenherlaufenden andern griechischen Ubersetzungen 3
mufiten im Laufe derZeit zu Textverschiedenheiten fiihren 4 . Schon
Origenes (185 254) verzeichnet die Klage: TroAXri Y^T^vev f) T&V dvTtfpd-
qpurv biacpopd 5 . Das rief in kritischen Geistern ein Gefiihl der Unsicher-
heit hervor, das zu beseitigen aufier der Wiirde des heiligen Buches vor
allem die Auseinandersetzung mit dem Judentum, welche der da-
maligen Zeit als besondere Aufgabe oblag, dringend erheischte.
755. Origenes, der Vorstand der alexandrinischen Katecheten-
schule, in friiher Jugend in die hebraische Sprache eingefuhrt,
schuf ein weitausschauendes grofies kritisches Bibelwerk, welches
bis heute unter dem Namen Hexapla eine Fundgrube fur
1 P. Glaue und A. Rahlfs, Fragmente einer griechischen Ubersetzung des
samaritanischen Pentateuchs (Mitt, des Septuaginta-Unternehmens d. k. GdW
zu Gott., 2), B. 1911.
2 Gn Dt, Rut, Prv, Ct, Koh, Lam, Dn entha.lt der sog. Graecus Venetus
(vgl. G. Mercati, Chi sia 1' autore della nuova versione dall' ebraico del codice
veneto greco VII [Rb N. S. 13, 510526]). Zu Vat. gr. 343 (Pss) vgl. Swete
(s. o. S. I3I 1 ) 58. Zu Codex 86 bei Holmes-Parsons (s. o. S. 176 12 ) (Hab 3)
vgl. M. L. Margolis, The character of the anonymous Greek version of Ha-
bakkuk ch. 3 (AmJsemL 24, 76 85). Weiteres s. bei Swete a. a. O.
3 Dafi die Juden den Text verfalscht hatten, wird in alter Zeit oft be-
klagt, ist aber keineswegs sicher zu erweisen ; vgl. * A. Bludau, Die Schrift-
falschungen der Haretiker. Ein Beitrag zur Textkritik der Bibel (Ntl Ab-
handl. n, 5), Mstr. i. W. 1925; Swete (s. o. S. I3i 2 )479f.
4 Bereits Philo (-j- 40 n. Chr.) kann als Beispiel hierfiir angefiihrt werden ;
vgl. Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 478 f.
5 Comm. in Matth. 15, 14 (M e 13, 1293) u. 6. R. Helbing (Grammatik
der Septuaginta. Laut- und Wortlehre, Gott. 1907, l) versteht darunter schon
verschiedene Rezensionen.
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Nr. 756 c) Das AT in griech. Sprache. 3. Das griech. AT seit Origenes. 439
textkritisches Material aus dem Altertum geblieben 1st. Der Sach-
lage entsprechend und um dem Zeitbediirfnis entgegenzukommen,
setzte er sich zum Ziel, den umlaufenden griechischen Text des
AT in seinem Verhaltnis zum hebraischen Text darzustellen l ,
und vereinigte deshalb in sechs Kolumnen den Text in hebraischer
Schrift, den gleichen Text in griechischer Umschrift 2 , die Uber-
setzung des Aquilas, des Symmachus, der , des Theodotion,
bei einzelnen Biichern noch die Quinta, Sexta und Septima 3 .
Neben diesem egarrXa (sc. pi^Xia) 4 genannten Riesenwerke verfaCte
er die Te trap la, welche blofi Aquilas, Symmachus, und
Theodotion enthielt. Beide Werke sind untergegangen. Die
Hexapla hat, wenn sie nicht schon fruher verschwand 5 , jedenfalls
die Zeit des Arabereinfalles 6 nicht iiberdauert. Sie ist nur noch
in Bruchstiicken auf uns gekommen (s. S. 438). Die Tetrapla
kennen wir gleichfalls nur aus Scholien zu griechischen Hss 7 .
756. Infolgedessen ist es, da geschichtliche Angaben dariiber fehlen 8 ,
noch nicht gelungen, sicher festzustellen, ob die Tetrapla eine Vorarbeit 9
zur Hexapla oder ein Auszug 10 aus ihr ist. Auch die Frage ist noch
1 Ep. ad Afric. 5 (M s 11, 60).
2 J. Halevys Meinung, dafl Origenes eine schon existierende Umschrift
aufgenommen habe(s. o. S. 426 *), ist durch Wutz' Forschungen (s. o. S. 4i6 2 )
bestatigt worden. 3 Siehe o. S. 436 56 .
4 Die <S h (s. u. 231) kennt (zu 4 Rg 16, 2) auch den Namen Heptapla;
Epiphanius (De mens. et pond. 19 [M g 43, 268]) und Hss (vgl. Swete [s. o.
S. 13 1 2 ] 66) reden von einer Oktapla.
5 Hieronymus hat sie nach seinen Commentarioli in Psalmos (vgl. G. Morin
in Anecdota Maredsolana 3, I [1895], I2 ) gesehen und beniitzt, wohl auch
nach dem sonst als unecht betrachteten Breviarium in Psalmos zu 4, 8
(vgl. Wutz [s. o. S. 244 5 ] XXIII 1 ). Vgl. dazu auch A. Allgeier (ThG 18, 671
bis 687; Bb 8, 450 463) und Vaccari (Bb 8, 463 468). Beachtenswert
erscheint aber, dafi Paul von Telia (s. u. 231) bereits 616/17 ai * Casarea
vorbei nach Agypten reiste, um in Alexandrien eine Kopie des hexaplari-
schen Textes zu vergleichen (vgl. Howorth [PSbA 24, 160; s. o. S. 435 3 ]).
6 638 wurde Casarea in Palastina zerstort, und dort in der Bibliothek
des Pamphilus standen die 50 Bande der Hexapla.
7 Vgl. den Versuch, tetraplarische Texte nachzuweisen, bei Pretzl (s. o.
S. 131*) 359-
8 Die Hexapla war wohl um 244 n. Chr. vollendet (vgl. Bardenhewer
[S. O. S. 378 5 ] 2 [1903], 8 3 ).
g Das erschlofi schon Montfaucon, und Schwartz (s. o. S. 436 6 ) 694 halt
es bestimmt aufrecht.
10 So schon Valois in seinem Kommentar zu Eusebius (vgl. Schwartz [s. o.
S. 436]) und neuerdings Bardenhewer (s. o. Anm. 7).
44O HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 757
nicht ausgetragen, wo der spater umlaufende, auf Grund der Hexapla
bearbeitete und deshalb hexaplarisch genannte Text stand, ob ihn
die Tetrapla oder die Hexapla in der Septuagintakolumne enthielt,
oder ob er in einer eigenen Ausgabe hergestellt wurde 1 .
757. Bei der Bearbeitung des -Textes 2 in oder auf
Grund der Hexapla wurde die hebraische Aufeinanderfolge des
Textes hergestellt, vermeintliche oder wirkliche Fehler nach Hss,
andern Ubersetzungen und nach dem hebraischen Texte verbessert,
neben unrichtig scheinende Lesarten die fur richtig gehaltenen aus
andern Ubersetzungen eingefugt, hauptsachlich aber das Plus und
Minus des hebraischen Textes gegeniiber der kenntlich ge-
macht.
Zu den beiden letzteren Zwecken stand die ausgebildete kritische
Technik der alexandrinischen Philologen zu Gebote, deren
Zeichen fApiorapxeia arjuaTa, 3. Jahrh. v. Chr.): Asteriskus (>&, -t\r,
fur Zusatze entsprechend dem Urtext), Obelus ( , -* [lemniskos], -r- [hypo-
lemniskos], T, fiir solche Worte und Satze, welche, weil im Urtext
fehlend, auszuscheiden waren) 3 und Metobelus (:, / , / , X, am Schlufi
der mit Asteriskus oder Obelus eingeleiteten Textbestandteile) in hexa-
plarischen Hss wieder begegnen.
758. Ob das funfzigbandige Werk des Origenes jemals in seinem ganzen
Umfang vervielfaltigt worden ist, mag bezweifelt werden. Zu den
Psalmen haben sich Fragmente von der 2. bis 6. Kolumne mit Varianten
gefunden 4 . Aber die Bibelgelehrten der alten Zeit haben die Bibliothek
zu Casarea viel beniitzt, und so hat es sich gliicklich gefiigt, dafi in
den Schriften der Kirchenvater, in Hss und am Rande von Hss eine
Menge zerstreuten Materials der Hexapla erhalten ist, das uns ein Bild
1 Letztere Ansicht vertreten Howorth (PSbA 24, I57ff. ; s. o. S. 435 8 ) und
M. L. Margolis (Hexapla and Hexaplaric [AmJsemL 32, 126 140]).
2 Vgl. Swete (s. o. S. I3i 2 )68f.
3 Wie die verschiedenen Zeichen friiher verstanden wurden, berichtet
Epiphanius, De mens. et pond. 2 u. 3 (M g 43, 237 ff.); vgl. dazu D. Serruys,
Anastasiana (Melanges d'arch. et d'hist. 22 [1902], 189 193). Uber hexa-
plarische Zeichen in Sir und Bar, die der Hexapla nicht angehorten, vgl.
Charles (s. o. S. 12) I, 290.
4 Siehe 8.438. G. Mercati, D' un palimpsesto Ambrosiano continente i Salmi
esaplari (Atti d. r. Ace. d. Scienze di Torino 31 [1896, 10. Apr.], 654 663), mit
Ps 30 (29) und 46 (45). Vgl. E. Klostermann, Die Mailander Fragmente der Hexa-
pla (ZatW 16, 334 f.). Bei Wutz, Die Psalmen (s. o. S. 194 2 ) ist die Transkrip-
tion der 2. Kolumne vollstandig aufgenommen. C. Taylor, Hebrew-Greek
Cairo Genizah palimpsests from the Taylor-Schechter collection, including
a fragment of Psalm XXII according to Origenes' Hexapla, Ld. 1901.
Nr. 760 c) Das AT in griech. Sprache. 3. Das griech. AT seit Origenes. 441
von der Arbeit des Origenes zu geben und wertvolle Beitrage zur Text-
kritik zu liefern vermag 1 .
220. Der hexaplarische -Text und andere
-Rezensionen.
759. Das, was eigentliches Ziel der Hexapla war und womit
der damaligen Zeit besonders gedient warden sollte, 1st in der
zu erblicken, wie sie in der 5. Kolumne der Hexapla schon be-
arbeitet war oder wie sie auf Grund der hexaplarischen Zusammen-
stellung nachtraglich hergestellt wurde. Diesen Text gesondert
zu verbreiten, unternahmen Eusebius von Casarea (f 340) und
Pamphilus (f 309), und so fanden sich an der Bibliothek dortselbst
zahlreiche Abschreiber ein, welche den bearbeiteten Text der
5. Hexaplakolumne vervielfaltigten und wohl vielfach auch eine
Auswahl von Lesarten aus den andern Kolumnen beigaben 2 . Diese
bearbeitete wurde TO {hpXiov roO Euo'epMou ToO TTauqpiXou, TO
Eutfepiou, TO TTaXaicmvaTov genannt oder mit 'Qpjrfevris] bezeichnet
und heifit jetzt hexaplarische Rezension der , wahrend
die nicht bearbeitete von diesem Text als Kown (sc. eicboo"i<;)
unterschieden wurde 3 .
760. Die hexaplarische Bearbeitung der konnte freilich eine wei-
tere Textentwicklung keineswegs hemmen. Abgesehen davon,
dafi die Art, wie sie entstand, einen kritisch einwandfreien Text nicht
erwarten liefi 4 , vervielfachte sie vielmehr die Moglichkeit der Text-
verschlechterung, da jetzt auch die kritischen Zeichen verwechselt, weg-
1 Nach den Sammlungen von Drusius (1581; vgl. E. Nestle, Drusius als
erster Sammler von Hexaplafragmenten [ZatW 26, 164 167]) und Mont-
faucon (1713) veroffentlichte F. Field eine verbesserte und bis zu seiner Zeit
(1874) abschliefiende Zusammenstellung (s. o. S. 153 a ). Was seit 1874 ans Tages-
licht getreten ist, findet sich in vielen Veroffentlichungen zerstreut. Schriften
mit umfangreicheren Texten sind oben 217 und 218 und S. 440* genannt.
Aufierdem vgl. M. L. Margolis, Additions to Field from the Lyon's codex of the
Old Latin (Jos) (Journ. of the Am. or. Soc. 33 [1903], 254258); G. Mercati,
I frammenti esaplari del Chronicon paschale(Rb N. S. 4,81 84); P. Thomsen,
Ein Fragment einer Minuskel-Hs mit hexaplarischen Notizen (ZatW 31, 308 f.).
2 Vgl. Beischriften zu einzelnen Hss bei Swete (s. o. S. I3i 2 ) 77; z. B. L
vor Ez : Efla^toq ifti) T< i 0X^ ia irapdOnxcr TTci|ui.qn\oc; K<X! EOadpiog biopQii)-
aavTO. Es ist aber damit keine Pamphilusrezension gemeint. Vgl. Barden-
hewer (s. o. S. 378 5 ) 2 (1903), 247 2 . Uber die & s. u. 231.
3 Hieronymus, Ep. (106) ad Sunn, et Fret. 2 (M 1 22, 838).
4 Vgl. Hieronymus, De viris ill. 75 (M 1 23, 722); ihm gait gerade umgekehrt
die hexaplarische Rezension der als incorrupta et immaculata, die Koivr)
dagegen als corrupta editio (Ep. 106, 2 [M 1 22, 838]).
442 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 761
gelassen, falsch gesetzt werden und noch dazu die Randlesarten den
Text beeinflussen konnten. Infolgedessen war auch in der Folgezeit
Anlafi genug zu Versuchen gegeben, einen besseren -Text herzustellen.
Die Geschichte des -Textes kennt zwei derartige, fast gleichzeitige
Bearbeitungen: die eine von Lukian und eine zweite von Hesychius.
761. Der Martyrer Lukian (^ 310/12), Griinder der antioche-
nischen Katechetenschule, tantum in Scripturarum studio ela-
boravit, ut usque nunc quaedam exemplaria Scripturarum Lucianea
nuncupentur 1 .
Lukian lieferte keine eigene Ubersetzung 2 , sondern iiberarbeitete
einen schon vorhandenen Text, und zwar die KOivrj eKbotftc; 3 , wobei er
auch den hebraischen Text beigezogen haben soil 4 . Lesarten aus dieser
lukianischen Rezension darf man wohl in den wenigen Stellen der (5 h
(s. u. 231) sehen, wo Varianten unter dem Zeichen \& beigegeben
sind 5 , und in manchen Zitaten bei den Antiochenern Chrysostomus
und Theodoret finden 6 . Durch Ceriani, Field 7 und besonders P. de
Lagarde 8 wurde eine bestimmte Gruppe von Hss 9 fiir lukianisch
1 Hieronymus, De vir. ill. 77 (M 1 23, 723 f.).
2 In der Synopsis sacrae Scripturae 77 (M g 28, 436) wird Lukians Text fiir
^pbo|nrj dpiLinveia gehalten; ebenso von Theodoret u. a. (vgl. Field [s. o. S. I53 1 ]
i, LXXXVI).
3 Hieronymus, Ep. 106 ad Sunn, et Fret. 2 (M l 22, 838): KOivr)v . . . quae
a plerisque nunc AOUKUXVOC; dicitur. Dazu stimmt die Verwandtschaft mit
Josephus, dem NT, auch mit @ p (anders J. Hanel, Die aufiermasorethischenUber-
einstimmungen zwischen der Septuaginta und der Peschittha in der Genesis
[20. Beih. z. ZatW], Giefien 1911). Field (s. o. S. I53 1 ) i, LXXXIX nimmt an,
dafl der hexaplarische Text die Vorlage gewesen sei; ebenso Pretzl (s. o.
S. 131*) 382. Weitere Literatur vgl. bei Fell (s. o. S. 3*) 149 3 .
4 Symeon Metaphrastes (g./io. Jahrh.) zum 7. Jan. : auro? cntdcra? [rat; p{px.ou?]
dva\a{Ju)v IK rf|<; 'Eppai&o? dveveubaaTO Y^wcraflc; (M e 114, 401); ebenso Sui-
das (10. Jahrh.; M g 117, 1289). Als eigene Rezension erkennt F. C. Burkitt
(The Lucianic text of i Kings VIII 53 b [JthSt 10, 439 446]) Lukians he-
braische Vorlage nicht an. Vgl. noch T. Stockmaier, Hat Lucian zu seiner
Septuagintarevision die Peschittho benutzt? (ZatW 12, 208 223).
5 Vgl. Field (s. o. S. 153 *) i, LXXXIV f.
6 E. Grofie-Brauckmann, Der Psaltertext bei Theodoret (Mitt, des Septua-
ginta-Untern. d. k. GdW zu Gott. 3, B. 1911, 71 100).
7 Origenis (s. o. S. I53 1 ) i, LXXXVI.
8 Librorum V. T. canonicorum pars prior graece, Gott. 1883 (enthalt
Gn Est). Die Komplutenser Polyglotte (s. u. 243 , Nr. 819) hat ihren
-Text aus Hs 108 (s. u. Anm. 9) und gilt gleichfalls als lukianisch (die Ant-
werpener, Pariser und Bielefelder Polyglotten [s. u. 243] sind von ihr ab-
hangig; vgl. Hopfl [s. o. S. 9] i, 215).
9 Es handelt sich hauptsachlich um die Hss 19, 82, 93, 108 (nach Holmes-
Parsons [s. o. S. I76 12 ]). E. Tisserant (Codex Zuqninensis rescriptus Veteris
Nr. 763 c) Das AT in griech. Sprache. 2. Das griech. AT seit Origenes. 443
erklart, wogegen andere ernste Bedenken erhoben l . Aufierdem glaubt
man feststellen zu konnen, dafi die Philoxeniana (s. u. 230), die alt-
athiopische (s. u. 236), die gotische (s. u. 239) und die altslavische
Ubersetzung (s. u. 241) die in der lukianischen Rezension als Vor-
lage gewahlt haben.
762. Von Hesychius (vielleicht der agyptische Bischof, der
311 gemartert wurde 2 ) wufite das Altertum, dafi er sich, wie mit
dem NT, so auch mit dem AT befafite, und dafi eine Rezension
der Septuaginta von ihm stammte 3 .
Fiir diese hesychianische Rezension hat man verschiedene Anhalts-
punkte finden wollen. Unter den unsicheren Vermutungen ist noch
die am ehesten begriindet, welche sie in Hss und Lesarten agyptischer
Herkunft sucht 4 .
221. Textkritische Aufgaben an der Septuaginta.
763. Die vierFormen der : die KOivrj eKbodi^ (Hieronymus:
communis et vulgata editio) oder vorhexaplarische Rezension, die
hexaplarische, die lukianische und die hesychianische Bearbeitung,
Testament!. Texte grec des Mss Vatican syr. 162 et Mus. Brit. add. 14 665
[Studi e testi 23], Rom 1911) halt den Codex Zuqninensis fur lukianisch.
Vgl. noch A. Rahlfs, Lucians Rezension der Konigsbiicher (Septuaginta-
Studien 3), Gott. 1911.
1 J. Dahse, Zum Luciantext der Genesis (ZatWso, 281 287). E. Hautsch,
Der Lukiantext des Oktateuch (Mitt, des Septuaginta- Untern. d. k. GdW zu
Gott. i), B. 1910. G. F. Moore, The Antiochian recension of the Septuagint
(AmJsemL 29, 3762). L. Pirot, Note sur la recension de Lucien d'Antioche
dans Esdras-Nehemie (Bb 2, 356 360). E. Tisserant, Notes sur la recen-
sion lucianique d'Ezechiel (Rb N. S. 8, 384 390).
2 Eusebius, Hist, eccles. 8, 13, 7. Vgl. Bardenhewer (s. o. S. 378 5 ) 2, 212 if.
3 Hieronymus, In Evangelistas ad Damasum praefatio : Praetermitto eos
codices, quos a Luciano et Hesychio nuncupates paucorum hominum asserit
perversa contentio, quibus utique nee in toto Vetere instrumento post Sep-
tuaginta interpretes emendare quid licuit nee in Novo profuit emendasse.
Auch das Decretum Gelasianum (vgl. Szekely [s. o. S. 390 2 ] i, in, Nr. 39 f.)
lehnt die Evv der beiden als gefalscht ab..
4 So hat man friiher B zu Jdc fur hesychianisch gehalten (vgl. Swete
[s. o. S. I3i 2 ] 488), spater die athiopische Ubersetzung (s. u. 236). Vgl. aufier-
dem G. Bardy, Notes sur les recensions hesychienne et hexaplaire du livre
de Neh (II Ezr) (Rb N. S. 15, 192 199), S. Euringer, Une lec.on probable-
ment hesychienne [Ct I, 12] (Rb 7, 183192); A. Rahlfs, Alter und Heimat
der vaticanischen Bibelhandschrift (Nachr. d. k. GdW zu Gott., philol.-hist.
Kl. 1899, 72 79); Ders. (s. o. S. 243*; der unteragyptische Text sei he-
sychianisch).
444
L Teil - Der Text des AT - Nr -
in bestimmten Gebieten verbreitet \ vielfach ineinander ge-
mischt und mit den iibrigen Kolumnen der Hexapla sich kreuzend,
wobei noch die Einwirkungen der Transkriptionstexte und des
hebraischen Textes nicht iibersehen werden diirfen, treten in den
zahlreichen Hss 2 zu Tage, ohne daC es moglich ware, sie reinlich
auszuscheiden und in einer einheitlichen Gruppe wiederzufinden.
Nicht blofi in den verschiedenen Hss laufen die wechselnden Formen
des griechischen Textes durcheinander. Da es Hss der Vollbibel wohl erst
seit dem 3./4- Jahrhundert n. Chr. gab 3 , ist immer mit der Moglichkeit
zu rechnen, dafi die einzelnen Biicher und Biichergruppen selbst der
gleichen Hs verschiedenen Rezensionen angehoren. Versuche, die Hss
der zu gruppieren, sind bei verschiedenen Biichern gemacht worden 4 .
Ihre Ergebnisse tragen aber stark den Charakter des Provisoriums an sich.
764. Die Herausgabe einzelner Hss 5 , Herstellung von -Aus-
gaben auf Grund von Hss mit kleinerer oder umfangreicherer
1 Hieronymus, Praef. in Paralip.: Alexandria et Aegyptus in Septua-
ginta suis Hesychiuni laudet auctorem. Constantinopolis usque Antio-
chiam Luciani martyris exemplaria probat. Mediae inter has provinciae
Palaestinos codices legunt, quos ab Origene elaborates Eusebius et Pam-
philus vulgaverunt, totusque orbis hac inter se trifaria varietate compugnat.
2 Rahlfs (s. o. S. 327 3 ). Eine Zusammenstellung bietet auch Swete (s. o. S. 13 1 2 )
122 170. Die Veroffentlichungen von Papyri bringen immer wieder neue
Fragmente der (vgl. G. Bardy, Les papyrus des Septante [Rev. de philol.,
de litterature et d'histoire anciennes 33 [1909, Okt.], 255 264]).
3 Vgl. Blau (s. o. S. I4o 3 ) 61 f.; Buhl (s. o. S. 251) 40.
4 Vgl. J. Dahse, Die Rezensionen der griechischen Genesis auf Grund
der Varianten zu Cap. 42 (ZatW 28, 1121 161 173); L. Dieu, Les Mss
grecs des livres de Samuel. Essai de classement (Museon 34, 17 60);
A. Jacob, Septuagintastudien zu Ezra, Diss. Breslau 1912; M. L. Margolis,
The grooping of the codices in the Greek Joshua. A preliminary notice
(JqR N. S. I, 259263); Pretzl (s. o. S. 131*); Procksch (s. o. S. 429 3 ).
5 Die Hss-Bezeichnung von Holmes-Parsons (s. o. S. I76 12 ) ist auch bei den
neuen Systemen von Brooke-McLean (s. u. S. 447) und Rahlfs (s. o. S. 327 3 )
mit beriicksichtigt worden. Die altesten Unzial-Hss : Codex Vaticanus
(B, 4. Jahrh.), Codex Sinaiticus (s, 4. Jahrh.) und Codex Alexandrinus (A, 5. Jahrh.)
sind faksimiliert herausgegeben worden : Bibliorum ss. graecorum Codex
Vaticanus gr. 1209 (Cod. B). Pars I. VT (Codices e Vaticanis select! phototypice
expressi 4), Mailand 1905 ; Codex Sinaiticus. The OT new produced in fac-
simile from photographs by Helen and Kirsopp Lake, Oxford 1922 ; The
Codex Alexandrinus (Royal MS. i D V VIII) in reduced photographic fac-
simile. OT. I. Gn Ruth, Ld. 1909. Vgl. auCerdem W. O. E. Oesterley,
Codex Taurinensis .(Y) transcribed and collated, Oxford 1908 (lukianisch) ;
H. A. Sanders, The OT Mss in the Freer Collection. I. The Washington Ms
Nr. 765 c) Das AT in griech. Sprache. 3. Das griech. AT seit Origenes. 445
Auswahl von Lesarten aus den Textzeugen (s. u. S. 446 f.), Be-
arbeitung einzelner Hss und Hss-Gruppen, Herstellung von Kon-
kordanzen 1 , textkritische, grammatische und stilistische Unter-
suchungen 2 dienen dem nachsten Ziel 3 , die gegenwartige
Gestalt der moglichst auf ihre alteste Form zuriick-
zufiihren, d. i. im wesentlichen die vorhexaplarische (die KOivfj
2K6oo~t<;) zu gewinnen 4 , um damit dem letzten Ziel, der Wieder-
herstellung des Urtextes, naherzukommen.
Aufter den Hss der und den Resten der iibrigen griechischen
Ubersetzungen kommen auch die Ubersetzungen aus dem Grie-
chischen in Betracht, besonders jene, welche dievorhexaplarische
zurVorlagehatten (altlateinische, koptisch-sahidische Ubersetzung,
s. u. 223 u. 235), ferner die zerstreuten Zitate in der jiidischen und
der altchristlichen Literatur, besonders diejenigen, welche in die Zeit
vor Origenes fallen oder welche als Vertreter eines ortlich bestimmten
Textes gelten konnen.
765. Bei der verwickelten Geschichte des Textes und den zahl-
losen moglichen Kombinationen 5 laCt sich weder fur Hss-Gruppen
noch fur einzelne Zeugen eine schematische Methode fur ihre
Verwertung aufstellen. Vielfach werden die einzelnen Stellen
of Deuteronomy and Joshua, N. Y. 1910; H. A. Sanders and C. Schmidt,
The Minor Prophets in the Freer Collection and the Berlin Fragment of
Genesis (Univ. Michigan Studies, Humanistic Ser. 21), N. Y. 1927 (das
Gn-Fragment der Berliner Staatsbibliothek wird um das Ende des 3. Jahrh.
datiert; vgl. Rahlfs, Genesis [s. u. S. 447] 20); Tisserant (s. o. S. 442 9 ). Wie
weit die Bearbeitung und Verwertung der einzelnen Hss gediehen ist,
kann man aus Rahlfs (s. o. S. 327 3 ) und Swete (s. o. S. 13 1 2 ) 122 170 ersehen.
1 Vgl. KL 2 2 : Bibelconcordanzen. E. Hatch and H. A. Redpath,
A concordance of the Septuagint and the other Greek versions of the OT,
Oxford 1897 (Supplement 1906); Abr. Trommii Concordantiae Graecae ver-
sionis vulgo dictae LXX interpretum, Amsterdam 1718 (noch brauchbar).
2 Vgl. Swete (s. o. S. i3i 2 ) 262264 285288; UtUb (s. o. S. 406; bis 1897).
Neuere Literatur in den Bibliographien des Theologischen Jahresberichtes
(l [1881] 33 [1913]), der BZ (seit 1902). der Bb (seit 1920).
8 Dabei spielt die Feststellung der Rezensionen eine wichtige Rolle.
* Vgl. E. Tieche, Spuren eines vororigenistischen Septuagintatextes in
der Vulgarparaphrase des Constantinos Manasses (BzZ 19, 338 382).
5 Es scheint nicht unmoglich, daC z. B. der 931 nicht als eine Grofie vor der
@ und neben ihr in Betracht zu ziehen ist, sondern dafi er sich als abhangig
von ihr erweist (s. o. S. 418*). Macht den 931 die bisher angenommene Un-
beriihrtheit von letzterer gegeniiber gewissermaflen zu einem ruhenden
Punkt, so miissen alle bisherigen Thesen iiber den -Text neu iiberpriift
werden, wenn sich diese Voraussetzung als unrichtig herausstellt.
446 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 766
eine individuelle Entwicklung genommen haben und deshalb auch
je ein besonderes Verfahren erfordern, um mit ihrer Hilfe dem
Ziel der -Forschung naherzukommen. Auch hier sind neben
den inneren Entwicklungsgesetzen Einfliisse von auCen (Trans-
skriptionen, hebraischer Text u. a.) von Bedeutung, und zwar
sowohl bei der Aufgabe, den vorhexaplarischen Text zu ge-
winnen *, wie auch, wenn es gilt, iiber ihn zuriick zur urspriing-
lichen zu gelangen. Wo eine Stelle der auf ihre urspriing-
liche Form, zuriickgefuhrt ist, haben wir einen Zeugen fur den
Urtext, welcher der Zeit und dem Gewichte nach mit jedem
andern, besonders auch dem 9It, in Wettbewerb treten kann.
766. Die -Ausgaben 2 , welche im Laufe der Jahrhunderte
bearbeitet worden sind, unterscheiden sich hauptsachlich in der
Textgrundlage und dem Variantenapparat.
Der -Text der Komplutenser Polyglotte (1517; s. u. 243,
Nr. 819) wurde in spateren Ausgaben oft wiederholt (vgl. Swete [s. o.
S. i3i 2 ] 173). Das gleiche gilt von der Aldina (TTdvTOt Td mr" eSoxrrv
KOtXoujneva pipXia Geiaq 6r]Xabfi YpaqpfigTraXaiag re Kai veac;, Venedig 1518,
Aldus; vgl. Swete [s. o. S. 13 1 2 ] 173; j. Dahse, Zur Herkunft des atl Textes
der Aldina [ZatW 29, 177 185; 30, 68]; G. Mercati, II testo dell'Aldina
[BZ 8, 337 f.]) und von der editio Sixtina ( C H iraXcud bia6r|Kr| Kara
TOUC; c EpbouriKOVTa. Vetus Testamentum iuxta Septuaginta, Rom 1586 [Ab-
druck des Cod. B mit Erganzung der Liicken und mit Textverbesserungen
aus andern Hss; vgl. F. Amann, Die romische Septuagintarevision im
1 6. Jahrhundert (BZ 12, 116 124); C. A. Kneller S. J., Sixtus V. und die
romische Septuaginta- Ausgabe (ZkTh 46, 325 330); M. L. Margolis, The
Aldina as a source of the Sixtina (JbL 38, 5 if.); A. Rahlfs, Die Ab-
hangigkeit der sixtinischen Septuaginta-Ausgabe von der aldinischen
(ZatW 33, 30 46); Swete (s. o. S. i3i 2 ) i74ff.; auchL. van Ess druckte
die Sixtina ab, Lp. 1824; seitdem wieder viele Neudrucke, u. a. 1887
zum 3oojahrigen Jubilaum, von E. Nestle, zuletzt Lp. 1922]). J. E.
Grabes Ausgabe (Oxford 1707 1720) legte den Cod. Alexandrinus
zu Grunde. Eine jetzt noch nicht entbehrlich gewordene Varianten-
sammlung enthalt Holmes-Parsons (s. o. S. i76 12 ; vgl. Church
quarterly Review 1899, Apr.). Die 1887 erschienene siebte Ausgabe
der von A. F. C. v. Tischendorf (Vetus Testamentum graece iuxta
1 Wenn man beachtet, was auf dem Gebiete der nachorigenianischen
noch zu tun ist, wird man kaum zu hoffen wagen, schon fur die vorhexa-
plarische Rezensionen nachweisen zu konnen (vgl. E. Lindl, Die Okta-
teuchcatene des Prokop von Gaza und die Septuagintaforschung, Miinchen
1902, I56ff.).
2 Vgl. Swete (s. o. S. isi 2 ) 171194.
Nr. 768 d) Die lateinischen Ubersetzungen des AT. 447
LXX interpretes, Lp. 1850 u. 6.), von E. Nestle uberarbeitet und mit einem
Supplementum editionum quae Sixtinam sequuntur omnium in primis
Tischendorfianarum versehen, bietet einen ausgewahlten und sorgfaltig
nachgeprtiften Apparat vonLesarten. *V. Loch's Vetus Testamentum
graece iuxta LXX interpretes (Regensburg 1866, 2 i886) enthalt den Text
des Cod. Vaticanus, erganzt vor allem aus dem Cod. Alexandrinus und
den Polyglottenbibeln (s. u. 243). Swete (s. o. S. 17 7 2 ) legte den
Cod. Vaticanus zu Grunde, erganzte aus dem Cod. Alexandrinus und
fiigte die Varianten der hauptsachlichsten Majuskeln bei. Diese
Handausgabe diente als Vorlaufer der grofien Cambridger Aus-
gab e, von welcher bis jetzt der Oktateuch (Gn Rut) und Sm mit reich-
haltigem Variantenapparat vorliegen: A. E. Brooke, N. McLean and
H. S. J. Thackeray, The OT in Greek according to the text of Cod. Vati-
canus supplemented from other uncial manuscripts, with a critical appa-
ratus containing the variants of the chief ancient authorities for the text
of the Septuagint.- 1: The Octateuch; II, i : i and 2 Samuel, Cambridge
1906/27. tiber den Fortschritt derArbeiten des Septuaginta-
Unternehmens der k. GdW zu Gottingen unter Leitung
von A. Rahlfs (der auch noch gesondert Septuaginta-Studien in Heften
herausgibt) sind 1908 1920 12 Berichte erstattet worden; in 2 Banden
und 2 Heften eines 3. Bandes Mitteilungen (beides in den Nachrichten
der k. GdW zu Gottingen, philol.-hist. Kl.) sind einzelne besondere, vor-
bereitende Forschungen veroffentlicht worden (1910 1926); aufierdem
ist eine Probe zu einer vorlaufigen Handausgabe (A. Rahlfs, Das Buch
Ruth griechisch als Probe einer kritischen Handausgabe der Septua-
ginta, Stuttgart 1922; dazu Ders., Studie liber den griechischen Text
des Buches Ruth [Mitt. d. Septuag.-Untern. 3, 2], B. 1922) und der erste
Teil nunmehr erschienen : Septuaginta. Societatis Scientiarum Gottingen-
sis auctoritate edidit Alfred Rahlfs. I. Genesis, Stuttgart 1926.
767. Die Textteilung in Kapitel (zuerst in der Komplutenser Poly-
glotte [s. u. 243] und in der Aldina [s. o. S. 446]) und Verse (die Vers-
bezeichnung im Frankfurter Abdruck der letzteren) stammt aus der 25 (s. o.
S. 41 5 und u. Nr. 784). Vor dem 16. Jahrhundert bestand ein eigenes System
der Textgliederung in atixoi, KtBXa oder Komnara (d. i. Kapitel) und Ab-
schnitte fur liturgische Lesungen (vgl. Swete [s. o. S. 13 i 2 ] 342 366).
d) Die lateinischen Ubersetzungen des AT.
222. Allgemeines.
768. An Zahl stehen die lateinischen Ubersetzungen des AT den
griechischen und syrischen nach, in ihrer wechselvollen Geschichte
gleichen sie ihnen, an nachhaltiger Bedeutung und ausgedehnter
Geltung iiberragen sie die iibrigen Ubersetzungen. Auf die Itala-
tibersetzungen folgt die hieronymianische Vulgata. Die Geschichte
448 III. Teil. Der Text des AT. Nr. 769
der letzteren kommt mit der offiziellen Ausgabe von 1 590/92 fur
Jahrhunderte zum AbschluB, um in der Gegenwart neuerdings
in den Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses zu treten.
223. Das lateinische AT vor Hieronymus.
769. Die Itala-Ubersetzungen \ auch altlateinische (Vetus Latina, = 2),
vorhieronymianische oder Praevulgata genannt 2 , sind wohl schon im
2. Jahrhundert n. Chr. bezeugt 3 . Die Kirchenvater berichten von
mehreren, ja vielen Ubersetzern, wobei man wohl an Ubertragungen
einzelner Biicher, jedenfalls nicht immer an die ganze Bibel oder das
ganze AT denken darf. Wer nur eine solche Ubersetzung annimmt 4 ,
mufi von dieser verschiedene Textformen, rnindestens eine afrikanische
und eine italische, anerkennen. Lateinische Ubersetzungen werden sich
zuerst in Afrika als notwendig erwiesen haben 5 und erst spater in Italien,
als allmahlich der Gebrauch der griechischen Sprache vom lateinischen
Volksidiom zuriickgedrangt wurde.
770. Eine unter vielen, in Italien (= Norditalien) ent-
standene oder doch dort gebrauchte lateinische
Ubersetzung meinte Augustinus, wenn er (De doctr.
christ. 2, 15 [M 1 34, 46]) rat: In ipsis autem interpretationibus
Itala ceteris praeferatur; nam est verborum tenacior cum per-
spicuitate sententiae. 6 Der Name Itala wird jetzt von alien
1 P. Corssen, Bericht iiber die lateinischen Bibeliibersetzungen (Jahresber.
ii. d. Fortschr. d. class. Altertumswiss. 27 [1899], Bd. 101, I 83). Hopfl (s. o.
S. 9) i, 248 312; Kaulen-Hoberg (s. o. S. 2 3 ) I 5 , 190 221. Kaulen (s. o.
S. 269 5 ).
2 * H. Poggel, Die vorhieronymianischen Bibeliibersetzungen (Abh. z. Vor-
lesungsverz. der bischofl. philos.-theol. Lehranstalt W.-S. 1900/01, Pad. 1901.
L. Ziegler, Die lateinischen Bibeliibersetzungen vor Hieronymus und die
Itala des Augustinus. Ein Beitrag zur Geschichte der Heiligen Schrift,
Miinchen 1879.
3 Vgl. Comely, Compendium (s. o. S. 9) 9 164 f. ; Corssen (s. o. Anm. i) 9 f. ;
Institutiones biblicae (s. o. S. 10) i, 190 f.
4 Vertreter dieser Ansicht vgl. bei Hopfl (s. o. S. 9) i, 252.
5 Wenn man an der Einheit der altlateinischen Ubersetzung festhalten
will, so spricht manches dafur, dafi Africa proconsularis ihre alteste Heirnat
war. Dahin weisen die ersten Verwerter der fi, die Afrikaner Tertullian
und Cyprian; auch glaubt man eine afrikanische Dialektfarbung an der
Italasprache feststellen zu konnen. Vgl. Capelle (s. o. S. 243 5 ). Fur das NT
erhofft A. Vaccari S. J. (Bb 2, 248 f.) den Nachweis, dafi der europaische Text
eine Rezension des afrikanischen sei. Zur africitas der vgl. Corssen
(s. o. Anm. i) 81 83 und u. S. 449 ^
6 Zur Deutung der Stelle vgl. A. Vaccari S. J., Alle origini della Volgata
(Sonderdruck aus Civ. catt. Jahrg. 1915, Bd. 4 und Jahrg. 1916, Bd. i), Rom
Nr. 771 d) Die lateinischen Ubersetzungen des AT. 449
Uberresten der lateinischen Bibel vor Hieroymus gebraucht. Die
Sprache der ist die lateinische Volkssprache (lingua rustica) *,
die sich von der klassischen Latinitat orthographisch, grammati-
kalisch und im Wortschatz unterscheidet 2 . Die Vorlage, welche
moglichst wortlich wiedergegeben wurde, war griechisch, daher
im AT die 3 . Letztere kann aus der 2 wegen ihres hohen
Alters noch in der Form der KOivr) ^Kboffi? (s. o. S. 441) gewonnen
werden 4 .
771. Uberreste der Itala-Ubersetzungen sind uns vom AT erhalten
in denjenigen Biichern und Bestandteilen der 23-Ausgaben, welche blofi
griechisch vorhanden sind und die Hieronymus wegen seiner ablehnenden
Stellung zu den sog. Deuterocanonica unverandert gelassen hat (Sap,
Sir, Bar, i und 2 Makk 5 ), und im Psalmenbuch der 23, das Hieronymus
aber nach der hexaplarischen -Rezension iiberarbeitete. Aufierdem
1916, i if. (er glaubt, dafi Aquilas darunter verstanden werden konnte;
ebenso H. Quentin, La pretendue Itala de Saint Augustin [Rb 36, 216 225]).
F. C. Burkitt (The Old Latin and the Itala [Texts and Studies 4, 3], Cam-
bridge 1896) u. a. sehen darin die Ubersetzung des hi. Hieronymus; dagegen
J. Denk, Burkitts These: Itala Augustini = Vulgata Hieronymi, eine text-
kritische Unmoglichkeit (BZ 6, 225 244); dazu F. C. Burkitt, Saint Augustine's
Bible and the Itala (JthSt 1 1, 258 268). Aufierdem vgl. D. de Bruyne, L'ltala de
Saint Augustin (Rben 30, 294 314).
1 Die Vertreter einer einzigen Ubersetzung finden meist, dafi die Sprache
von Afrikanismen durchsetzt sei; vgl. Fell (s. o. S. 3 2 ) i8o 3 und oben
S. 448 5 .
2 Vgl. H. Ronsch, Itala und Vulgata. Das Sprachidiom der urchristlichen
Itala und der katholischen Vulgata unter Beriicksichtigung der romischen
Volkssprache durch Beispiele erlautert, Marburg 1869, 2 1875.
3 Deshalb wurde sie zum Unterschied von der Septuaginta in graeco
in spatmittelalterlicher Zeit auch Septuaginta in latino genannt (vgl. KL
12 2 , 1131).
4 Von einer nachtraglichen Uberarbeitung nach Lukian handelt L. Dieu,
Retouches lucianiques sur quelques textes de la vieille version latine
(I et II Samuel) (Rb N. S. 16, 372403). D. S. Blondheim, Les par-
lers judeo-romans et la Vetus Latina. Etude sur les rapports entre les
traductions bibliques en langue romane des Juifs au moyen age et
les anciennes versions, P. 1925; dagegen F. Stummer in ThG 19, 184
bis 199.
5 Tob und Jdt hat Hieronymus aus dem Aramaischen ubersetzt; die deutero-
kanonischen Zusatze von Dn sind von Hieronymus aus 0, woher in den
sonstigen altlateinischen Texten der ganze Dn stammt, die Zusatze zu Est
aus der iibertragen bzw. iiberarbeitet worden.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 29
450 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 772
sind solche Uberreste zu finden in Hss \ in Zitaten der Kirchenvater
und Kirchenschriftsteller und in liturgischen Texten 2 .
224. Hieronymus und das lateinische AT.
772. Die Arbeiten des hi. Hieronymus (f 420) haben fur die
lateinische Bibel eine ahnliche Bedeutung gewonnen wie die des
Origenes fur die griechische. Die Unbeholfenheit der Sprache
in den damaligen lateinischen Bibeltexten, die Verschiedenheit
der Ubersetzungen und die schlechte Uberlieferung der Texte
veranlafiten Papst Damasus I. (366 384), diesem Ubelstande ab-
1 Vgl. UtUb 88 90 (reicht bis 1897). Was bis 1900 gefunden war, ver-
zeichnet Swete (s. o. S. 131?) 93 97; bis 1922 erstrecken sich die Angaben bei
Hopfl (s. o. S. 9) I, 260 263. Dazu kommen: D. de Bruyne, Les anciennes ver-
sions latines du Cantique des Cantiques (Rben 38, 97 122); A. Bold O. S. B.,
Konstanzer altlateinische Propheten- und Evangelien-Bruchstiicke mit Glossen
nebst zugehorigen Prophetentexten aus Zurich und St. Gallen (Texte und
Arbeiten, hrsg. durch die Erzabtei Beuron, i, 7 9), Lp. 1923 ; A. Bold O. S. B.
und B. Capelle, Beux psautiers gaulois dans le cod. Aug. CCLIII (Rben
37, 181 223). Nicht zur eigentlichen Q gehort wohl der fruhmittelalter-
liche Psalter, der von Amelli (s. o. S. 243 5 ; vgl. dazu E. Nestle in ThLz
37, 678 f.) veroffentlicht wurde. Vgl. auch J. Goettsberger, Bie Freisinger
Itala (Wiss. Festgabe zum zwolfhundertjahrigen Jubilaum des hi. Korbinian,
hrsg. von J. Schlecht, Miinchen 1924, 103125).
3 Vgl. auch J. Gensichen, Be Scripturae sacrae vestigiis in inscriptionibus
latinis christianis, Biss. Greifswald 1910. Nachdem Flaminius Nobilius(i588)
es zuerst versucht hatte, wurde das Material neuerdings gesammelt und ver-
offentlicht von P. Sabatier O. S. B., Bibliorum Sacrorum latinae versiones
antiquae sive vetus Itala et ceterae quaecunque in codicibus manuscriptis
et antiquorum libris reperiri potuerunt, Reims 1739/43, 2 P. 1751. Spatere
Ausgaben sind verzeichnet in UtUb 88 91, bei Swete (s. o. S. I3i 2 ) 93 97,
Hopfl (s. o. S. 9) i, 260 263 und Corssen (s. o. S. 488 1 ). Eine neue Sammlung
der vorhandenen Fragmente hatte in Angriff genommen J. Benk (f 1927):
Wie ich mir einen neuen Sabatier vorstelle (BZ 6, 337 344); Bers., Ber
neue Sabatier und sein wissenschaftliches Programm, Lp. 1914; Bers., Sa-
batier redivivus. Bie altlateinische Bibel in ihrem Gesamtbestande vom
i. 9. Jahrh., Lp. 1914 (mit einer Probe von 85 Versen aus Rut). Benks
Material, in Zettelkasten aufgespeichert, ist in den Besitz des Klosters Beuron
iibergegangen. Uber einen friiheren Plan einer Neuherausgabe vgl.
P. Thielmann, Bericht iiber das gesammelte hsl Material zu einer kritischen
Ausgabe der lateinischen Ubersetzungen bibl. Biicher des AT (SB d. bayr. AdW
in Miinchen, Philos.-philol. u. hist. Kl. 1899, 2, 205 243): Zu Sap, Sir, Est,
Tob, Jdt, Makk, Bar, 3 Ezr, Ct. Vgl. neuestens A. Allgeier, Bie altlatei-
nischen Psalterien. Prolegomena zu einer Textgeschichte der hieronymia-
nischen Psalmeniibersetzungen, Frb. i. Br. 1928.
Nr. 773 d) Die lateinischen Ubersetzungen des AT. 45 1
zuhelfen. In seinem Auftrag begann Hieronymus 1 383 eine Revi-
sion derltala nach dem griechischen Text. Nach dem
NT verbesserte er noch im gleichen Jahre, licet cursim, magna
tamen ex parte 2 , die Pss. Weil dieses Psalterium sofort in den
liturgischen Gebrauch der romischen Kirche iiberging 3 , wurde und
wird es im Unterschied vom nicht revidierten Psalterium vetus
Psalterium Romanum genannt 4 .
773. Als Hieronymus nach dem Tode des Damasus, um den
Angriffen seiner Gegner auszuweichen, nach dem Orient verzog,
konnte er in die Hexapla des Origenes zu Casarea in
Palastina (s. o. S. 439 6 ) Einsicht nehmen 5 und verbesserte
danach unter Beriicksichtigung des Hebraischen neuerdings
(zwischen 384 und 392) das Psalterium, wobei er auch die kritischen
Zeichen des Origenes iibernahm 6 , und so schuf er das Psal-
terium Gallicanum, das sich zunachst in Gallien einbiirgerte 7 .
Ebenso bearbeitete er Job 8 und wenigstens noch Chr, Est 9 und die
1 L. H. Cottineau O. S. B., Chronologic des versions bibliques de Saint
Je"r6me (Miscellanea Geronimiana, Rom 1920, 4368). Institutiones biblicae
(s. o. S. 10) i, 199. 2 Praef. in Ps. (M 1 29, 121 f.).
3 Es wurde bis Pius V. (1566) in Italien verwendet, bis 1808 in der Dogen-
kapelle in Venedig, bis Pius X. (1911) in der ambrosianischen Liturgie in
Mailand und wird jetzt nur noch gebraucht in der Peterskirche in Rom (vgl. In-
stitutiones biblicae [s. o. S. 10] i, 201). Aus ihm stammen noch Pss-Texte des
Missale, der Antiphonen und Responsorien des Breviers, Ps 95 (94) im In-
vitatorium (nicht dagegen in der 3. Nokturn an Epiphanie).
4 Uber Ausgaben des Psalterium vetus. und Romanum vgl. o. S. 244 ln - 2 .
5 A. Allgeier (Die Hexapla in den Pss-Ubersetzungen des hi. Hieronymus
[Bb 8, 450463]) bezweifelt, ob Hieronymus in Casarea war. Vgl. dazu A. Vac-
cari S. J., Esaple ed Esaplare in S. Girolamo (ebd. 463 468).
6 Vgl. Praef. in Ps. (in der 23-Ausgabe von Hetzenauer [s. u. S. 458] xxvn).
7 Nach manchen ist dies den Bemiihungen Gregors von Tours (f 593) zuzu-
schreiben. Es ist in die 33-Ausgaben iibergegangen und meist auch dann
in der Liturgie gebraucht, wenn ganze Psalmen in Frage kommen, nicht blofi
ausgewahlte Verse.
8 M 1 29, 61 118. Das Buch ist auch erhalten in Augustins Annotationum
in lob liber unus (M 1 34, 825 886) und in verschiedenen Hss (vgl. Corssen
[s. o. S.448 1 ] 44). G. Beer, Textkritische Studien zum Buche Job I (ZatW 16,
2 973i4)- C. P- Caspari, Das Buch Hiob(i, 138, 16) in Hieronymus's Uber-
setzung aus der alexandrinischen Version nach einer St. Gallener Hs saec. VIII
(Vidensk. Sels. Forhandl. 1893, 4), Christiania 1893.
9 D. de Bruyne, Une nouvelle preface de la traduction hexaplaire de saint
Jerome (Rben 31, 229 236). Vaccari (s. o. S. 448 6 ) 33 ff. (Anche la recen-
29*
452 III. Teil. Der Text des AT. Nr. 774
salomonischen Schriften (Prv, Koh, Ct) 1 , wie die erhaltenen Vor-
reden zu diesen Buchern bezeugen 2 . AuCer den Pss und Job 1st alles
Ubrige 3 noch zu Lebzeiten des Hieronymus verloren gegangen 4 .
774. Da auch zu Hieronymus' Zeiten die Auseinandersetzung mit
dem Judentum fortdauerte, beniitzte Hieronymus seinen Aufenthalt
in Palastina, um seine hebraischen Sprachkenntnisse zu vervoll-
kommnen und dann das AT noch einmal aus dem Ur-
text zu iibersetzen. Damit schuf er die wichtigste Uber-
setzung des Abendlandes und der lateinischen Kirche, die Vul-
gata(=93).
775. Mit Sm und Rg begann er 390 5 ; Pss (391) 6 und Propheten (392)
schlossen sich an, weiterMn Job (393), Ezr-Neh (395), Chr (396), die
drei salomonischen Schriften (397). Erst 405 kam er mit dem Oktateuch
und den iibrigen Buchern zum Abschlufi 7 . Die Reihenfolge war durch
die Wiinsche seiner Freunde bestimmt. Sap, Sir, Bar und Makk iiber-
setzte er nicht neu wegen seiner ablehnenden Stellung zu ihrer kano-
nischen Geltung 8 . Tob (390/91?) und Jdt (nach 405) aus aramaischer
Vorlage zu iibertragen, veranlafite ihn das Drangen von Bekannten 9 .
776. Die Ubersetzung des Hieronymus aus dem hebraisch-ara-
maischen AT hatte einen Text zur Grundlage, der im wesentlichen
sione esaplare di Ester,? ; in den Institutiones biblicae [s. o. S. 10] i, 200 f.
erwahnt Vaccari Est nicht).
1 Davon sind wenige Bruchstiicke vorhanden ; vgl. S. Berger, Notice sur
quelques textes latins ine"dits de. 1'AT (Notices et extraits des Mss de la
Bibliotheque nationale et autres bibliotheques 34 [1893], 119 152); Vaccari
(s. o. S. 448 6 ) 29 ff. ; Ders., Un testo dommatico e una versione biblica (Civ.
catt. 64 [1913], 4, 190 205 ; glaubt ein Zitat aus der hexaplarischen tfber-
setzung des Hieronymus zu Prv nachweisen zu konnen).
2 Vgl. die Praefationes bei Hetzenauer (s. u. S. 458) xxivf. xxvi xxvui.
3 Hieronymus redet so, als ob er die ganze bearbeitet hatte; nur Sir
und Sap hat er nach eigener Angabe nicht einbezogen.
4 Ep. 134 ad Augustinum (M 1 22, 1162): Pleraque enim prioris laboris
(sc. editionis Septuaginta, quae asteriscis verubusque distincta est) fraude
cuiusdam amisimus.
5 Die Vorrede hierzu nennt er selbst galeatum principium, daher pro-
logus galeatus* ; vgl. Hetzenauer (s. u. S. 458) xvn f. ; M 1 28, 593 ff.
6 A. Allgeier, 1st das Psalterium iuxta Hebraeos die letzte (3.) Psalmen-
iibersetzung des hi. Hieronymus ? (ThG 18, 671 687).
7 Vgl. Institutiones biblicae (s, o. S. 10) i, 199.
8 Vgl. Praef. zu den salomonischen Schriften und zu Jer (bei Hetzenauer
[s. u. S. 458] xxvn f.). Zu den deuterokanonischen Zusatzen zu Est und Dn
s. o. S. 449 5 . .
9 Vgl. Praef, zu Tob und Jdt (bei Hetzenauer [s. u. S. 458] xxvi).
Nr. 777 d) Die lateinischen Ubersetzungeh des AT. 453
dem 9Ht gleicht, und schliefit sich ihm, soweit nicht der lateinische
Sprachgeist der lingua fustica 1 cine grofiere Freiheit forderte,
zieralich genau an*. Dabei behielt Hieronymus vieles von deni
-Text, der sich schon eingelebt hatte, bei, beniitzte alle Hilfs-
mittel , die sich ihm in der , der 'A-, I- und 0-Ubersetzung
darboten 3 , und nahm infolge seines Verkehrs mit jiidischen
Lehrern manches auf, was der rabbinischen Exegese eigentiimlich
war 4 . Je mehr sich die exegetische Forschung mit der Uber-
setzung des Hieronymus ohne Voreingenommenheit beschaftigte;
desto hoher wurde der Wert dessen, was er geleistet, eingeschatzt;
225. Geschichte der Vulgata bis zum Konzil
von Trient.
777. Nachdem das Werk des Hieronymus abgeschlossen war,
begann der erste Abschnitt der Geschichte der 35 5 , der
Kampf um die allgemeine Anerkennung und ihre Textgeschichte.
1 * F. Kaulen, Sprachliches Handbuch zur biblischen Vulgata. Eine syste-
matische Darstellungihres lateinischen Spracheharakters, Mainz 1 870, 2 Frb. i. Br.
1904. W. E. Plater and H. J. White, A grammar of the .Vulgate being an
introduction to the study of the Latinity of the Vulgate Bible, Oxford 1926.
Ronsch (s. o. S. 449 2 ). A. Hartl, Sprachliche Eigentumlichkeiten der Vul 1
gata, Gymnasialprogr. Ried 1895.
2 Cornill (s. o. S. 2 4 ) 7 3i$. * G. Hoberg, De S. Hieronymi ratione inter-
pretandi, Bonn 1886. W. Nowack, Die Bedeutung des Hieronymus fur die
atl Textkritik, Gott. 1875.
3 Praef. z. Comm. in Eccles. (M 1 23, 1062): De Hebraeo transferens magis
me Septuaginta interpretum consuetudini coaptavi, in his dumtaxat, quae non
multum ab Hebraicis discrepabant. Interdum Aquilae quoque et Symmachi
et Theodotionis recordatus sum, ut nee novitate nimia lectoris studium de-
terrerem, nee rursum contra conscientiam meam fonte veritatis omisso opi-
nionum rivulos consectarer. Vgl. Cannon (s. o. S. 43 5 5 ).
4 Aptowitzer (s. o. S. 430*). A. Condamin S. J., L'influence de la tradition
juive dans la version de saint Je"r6me (RchScr 5, i 21). M.-J. Lagrange O. P.,
Saint Jerome et la tradition juive dans la Genese (Rb 7, 563 566). M. Rahmer,
Die hebraischen Traditionen in den Werken des Hieronymus. Durch Ver-
gleichung mit den jiidischen Quellen und altesten Versionen beleuchtet, i , Bres-
lau 1861 (Die Quaestiones in Genesim); Ders., Die hebr. Traditionen uswi
Die Commentarii zu den 12 kleinen Propheten, i, B. 1902.
5 Der Name stammt vom griechischen KOIVT^, wurde von der auf die Q
iibertragen und wohl erst im 16. Jahrh. auf die Bibel des Hieronymus
angewendet (vgl. O. Rottmanner O. S. B., Zur Geschichte der Vulgata [Hist-
polit. Blatt. 114 (1894), 31 38 101 108); andere nehmen das 12. Jahrh. an
(vgl. dagegen C. R. Gregory, Textkritik des NT 2, Lp. 1902, 615).
454 IIL Teil - Der Text des AT - ' Nr - 778
Von den Anhangern des Ubersetzers freudig begrufit, von Gegnern
scharf bekampft, bot die 25 jedenfalls etwas weit Besseres, als man
bisher besafi, und kirchliche Kreise konnten sich auf die Dauer mit
dem bisherigen Zustand nicht zufrieden geben. Schon im 6. Jahrhundert
gewann die neue Ubersetzung das Ubergewicht iiber die 2 1 , im 7. Jahr-
hundert gebrauchten sie das Konzil vom Lateran (649) und die zahl-
reichen spanischen Synoden. Um 800 hatte sie im grofien und ganzen
sich zur Alleingeltung durchgerungen 2 . Nur ein Buch der Ubersetzung
aus dem Hebraischen setzte sich nicht dutch, das Psalterium 3 , welches
sich in der Form des Psalterium Gallicanum bereits zu fest im kirchlichen
Gebrauch eingelebt hatte.
778. Was zurBibel der abendlandischen Kirche wurde 4 ,
besteht detnnach im AT hauptsachlich aus der Ubersetzung des Hier-
onymus nach dem hebraisch-aramaischen Text, bei Tob und Jdt
aus der Ubertragung nach verloren gegangenen aramaischen Vor-
lagen, bei den deuterokanonischen Zusatzen zu Est und Dn aus
der Ubersetzung bzw. Uberarbeitung des Hieronymus nach dem
Griechischen ; beim Psalterium wurde seine hexaplarische Revision
aufgenommen, und dazu kommen aus der noch Sap, Sir, Bar
mit der Ep. ler., Makk, (3 und 4 Ezr).
779. Waren die Textverschlechterungen der alten Bibel
der hauptsachlichste Anlafi fur die Ubersetzungsarbeit des Hier-
onymus, so drohten die gleichen Gefahren auch dem neuen Text ;
ja hier kam noch dazu, daB zwischen dem alten und dem neuen
Text von Anfang an keine scharfe Trennung aufrecht erhalten
werden konnte, beide vielmehr von selbst standig miteinander
sich vermischten.
780. Seit Kassiodorus (*f* 570) begann man einen richtigen Text an-
zustreben, und so hoben sich allmahlich bestimmte Familien von
Hss voneinander ab 5 , je nach der Gegend, wo sie verbreitet waren
1 Gregor d. Gr. (-J- 604) berichtet noch in der Epistola zu Moralia (M 1 75,516):
Sedes Apostolica, cui auctore Deo praesideo, utraque utitur.
2 Doch schrieb man noch im 13. Jahrh. einzelne Biicher (so z. B. Tob
und Jdt im Cod. Paris. 161) und die Vollbibel (so z. B. im Cod. Gigas zu
Stockholm) in der S-Form ab. Auch Zwitterhandschriften mit oft wunder-
licher Zusammenstellung (vgl. Goettsberger [s. o. S. 450 : ] 106 1 16 f.) entstanden.
3 Siehe o. S. 244 und 45 1 6 .
4 Wohl kaum schon von Hieronymus selbst zusammengestellt ; vgl. dazu
Corssen (s. o. S. 448 x ) 56.
5 H. Quentin O. S. B. (Mdmoire sur 1'etablissement du texte de la Vul-
gate, i. Octateuque [Collectanea biblica latina 6], Rom 1922) verteilt die Hss
Nr. 780 d) Die lateinischen Ubersetzungen des AT. 45 5
(Spanien t , England, Frankreich, Italien 2 ), und je nach der Ordensgemein-
schaft, die eine Textrichtung bevorzugte und pflegte. Um 800 setzten die
systematischen Versuche ein, den umlaufenden 55-Text zu verbessern 3 .
Die Bemiihungen Karls d. Gr. fiihrten zur Textrezension Alkuins (Biblia
Alcuini, Codices Carolini) 4 . Schon in der Mitte des 9. Jahrhunderts
griff man iiber die lateinischen Hss hinaus und verbesserte nach dem
Hebraischen und Griechischen 5 , schuf damit aber zunachst eine neue
Quelle der Verwirrung. Die weiteren Textbearbeitungen schlossen sich
an das Exemplar Parisiense 6 an und boten Zusammenstellungen von
Lesarten mit oder ohne den Pariser Text. Die Bibelkorrektorien 7 ,
welche Sammlungen von Varianten enthielten und im 13. Jahrhundert
entstanden, haben manche alte Lesart auf bewahrt, aber zur wirklichen
Textverbesserung wenig gedient. Der neue Eifer, den die Erfindung
des Buchdruckes fur den Bibeltext wachrief, vermehrte und beschleunigte
anfangs die Verschlechterung des Bibeltextes, fiihrte aber doch im Laufe
der Zeit auf den richtigen Weg, durch sorgfaltiges Vergleichen von
vom 6./7. bis zum 14. Jahrhundert auf die herkommlichen drei Familien:
spanische, alkuinische und theodulfianische (s. u. Anm. 3), die am getreuesten
erhalten sind im Codex Toletanus (einem Teil des Pentateuchs von Tours
[s. u. Anm. i]), im Codex Amiatinus (s. u. Anm. 2) und im Codex Otto-
bonianus (8. Jahrh., Bibl. Vat.). Die Untergruppen stellen nur Mischungen
der drei Haupttypen dar, die selbst wieder iiber einen Archetyp auf das
hieronymianische Original zuriickgehen.
1 Z. B. Cod. Toletanus (8. Jahrh., Madrid), Cod. Cavensis (8./9- Jahrh.,
mit altlateinischem Einschlag).
2 Z. B. Cod. Amiatinus (8. Jahrh., aus der Abtei Amiati in Etrurien, jetzt in
Florenz). Vgl. J. Chapman, The codex Amiatinus and Cassiodorus (Rben
38, 139 150; 39, 12 32); T. Heyse und C. v. Tischendorf, Biblia sacra la-
tina Veteris Testamenti Hieronymo interprete ex antiquissima auctoritate in
stichos descripta, Lp. 1873; A. Mercati, Per la storia del Codice Amiatino
(Bb 3, 324 328); J. Schmid, Zur Geschichte des Codex Amiatinus (ThQ
89, 577584).
3 Solches unternahm z. B. Theodulf, Bischof von Orleans (f 821); vgl.
Berger (s. o. S. 403 J ) 145184.
4 Dazu zahlt der Cod. Vallicellianus (9. Jahrh., Rom). Der Textrezension
Alkuins gehort auch das "Exemplar Parisiense an, welches die Pa-
riser Universitat ziemlich willkiirlich am Anfang des 13. Jahrh. als Normal-
form aufstellte. Seitdem textus receptus geworden, ist diese 03-Form auch
noch Grundlage der offiziellen 33-Ausgabe geblieben (s. u. S. 459 3 ).
5 Vgl. Corssen (s. o. S. 448 *) 61 ; E. Power S. J., Corrections from the Hebrew
in the Theodulfian Mss. of the Vulgate (Bb 5, 233258) (belegt solche Kor-
rekturen fur das 9. Jahrh.).
6 Siehe o. Anm. 4.
7 H. Denifle O. P., Die Hss der Bibel-Correctorien des 13. Jahrhunderts
(Arch. f. Lit.- und Kirchengesch. des Mittelalters 4 [1888], 263311 471
bis 601).
456 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 781
Hss einen moglichst guten 33-Text herzustellen. Wahrend die Pflege
orientalischer Studien seit dem Konzil von Vienne (1311) und die Be-
geisterung des Humanismus fur die Ursprachen wieder rnehr zum Urtext
greifen liefien und neue lateinische Ubersetzungen aus dem Urtext in
Menge hervorriefen 1 , schufen andere Gelehrte einen lateinischen Bibeltext
auf dem Wege der Hss-Vergleichung 2 . Unter ihnen erwarben sich ein
besonderes Verdienst Robert Stephanus mit seiner gereiftesten Bibel-
ausgabe 1538/40 und Johannes Benedictus 1541.
781. In dieses Entwicklungsstadium der 35-Geschichte griff ent-
scheidend das Decretum de editione et usu sacrorum
librorum des Trienter Konzils, in der 4. Sitzung am
8. April 1546 erlassen, ein und erklarte zuerst die vetus et vul-
gata 3 editio, quae longo tot saeculorum usu in ipsa ecclesia
probata est, fur authentisch (pro authentica habeatur) 4 ; es
ordnete auCerdem die Vervielfaltigung der Bibel im Druck an
und schrieb besonders vor: quam emendatissime imprimatur .
226. Die sixto-klementinische Vulgata-Ausgabe.
782. Angeregt durch das tridentinische 33-Dekret 5 , brachte die theo-
logische Fakultat zu Lowen eine 23-Ausgabe auf den Markt, welche
den Text aus Stephanus' Ausgabe (1540) in der Rezension von Johannes
Henten (1547, neu erschienen i574 6 ) nahm und ihn mit zahlreichen
Randlesarten, von Lukas Brugensis aus nicht sehr alten Hss (auch
solchen mit -Text) gesammelt, versehen liefi (Antwerpen 1574, Lowen
1583).
1 Vgl. Kaulen (s. o. S. 269 5 )336ff.; UtUb 109117.
2 Vgl. Kaulen (s. o. S. 269 5 ) 357 ff.
3 Die Bezeichnung vulgata durch das Konzil trug viel dazu bei, den
Namen Vulgata endgiiltig einzubiirgern (s. o. S. 453 5 ).
4 Uber die Reichweite dieser Authentic vgl. W. Koch, Der authentische
Charakter der Vulgata im Lichte der Trienter Konzilsverhandlungen (ThQ
96, 401422 542572; 97, 225249 529549; 98, 3I3354),' *A. Maichle,
Das Dekret De editione et usu sacrorum librorum. Seine Entstehung und
Erklarung (Freiburger theol. Stud. 15), Frb. i. Br. 1914. Zunachst wurde
hierdurch die 93 mit Ausschlufi der iibrigen lateinischen Ubersetzungen
rechtlich anerkannt; zugleich bringt die Bestimmung die Gewa.hr mit sich,
dafi die Bibel auch in der Form der 93 fur die Zwecke geeignet ist, denen
sie im kirchlichen Glauben und Leben dienen soil.
5 Die Vorverhandlungen zu diesem Dekret lassen ersehen, dafi schon das
Konzil eine nicht blofi private Revision ins Auge fafite.
6 Biblia ad vetustissima exemplaria recens castigata. Wie bei den
sonstigen gedruckten Bibeln ist auch das Quellenmaterial dieser Bibel noch
Nr. 784 d) Die lateinisehen Ubersetzungeri des AT. 457
783. Die Kirche selbst hatte auf dem Konzil von Trient noch nicht
Hand ans Werk gelegt, obwohl das33-Dekret einen zuverlassigen Text er-
warten liefi. Unter Pius IV. (1559 1565) begann nun die Arbeit am
33-Text 1 , die erst Sixtus V. (1585 1590) mit Hilfe einer Kommission
rasch zum Ziele zu fiihren strebte 2 . Diese sixtinische 35-Kommission
wollte auf Grund der besten Hss 3 den echten Hieronymustext gegen-
iiber dem textus receptus aus der Pariser Bibel (s. o. S. 45 5 4 ) wieder-
herstellen. Mit dem Ergebnis war Sixtus V. unzufrieden, weil der Text
sich zu sehr vom gewohnten Wortlaut entfernte. Da er es fur eine Auf-
gabe seines hohen Amtes hielt, hier fur das Richtige zu sorgen, stellte er
meist den Lowener Text wieder her, ohne eigenmachtige Anderungen
ganz zu vermeiden. Wenige Monate vor seinem Tode 1590 gab er
die sixtinische Bibel mit derviel erorterten Einfuhrungsbulle Aeternus
ille (i. Marz 1590)* hinaus.
784. Auf Bellarmins Rat wurde die sixtinische Bibel mit der Bulle
zuriickgezogen und durch eine neue Kommission Gregors XIV.
(1590 1591) der Bibeltext noch einmal bearbeitet, so daC der
neue Text ungefahr die Mitte einhalt zwischen der Vulgata
Sixtus' V. und den Vorschlagen der sixtinischen Kommission 5 .
Unter Klemens VIII. (1592 1605) kam die klementinische
Vulgata, mit einer von Bellarmin verfaBten Vorrede 6 , heraus
(mit einer Ausnahme) erhalten, so dafi die Druckausgaben nur geschicht-
Hchen Wert haben (vgl. Quentin [s. o. S. 454 5 ] 518).
1 C. A. Kneller S. J., Einepapstlich approbierte Vulgata vor 1 590? (ZkTh 47, 328).
2 *F. Amann, Die Vulgata Sixtina von 1590. Eine quellenmaflige Dar-
stellung ihrer Geschichte mit neuem Quellenmaterial aus dem venezianischen
Staatsarchiv (Freiburger theol. Stud. 10), Frb. i. Br. 1912.
3 Sie bevorzugte den wertvollen Codex Amiatinus u. a. (vgl. Amann a. a. O.
32 ff.).
4 Die Bulle ist nach P. M. Baumgarten (Die Veroffentlichung der Bulle
Eternus ille celestium vom i. Marz 1590 [BZ 5, 189 191]; vgl. Ders., Das
Original der Konstitution Eternus ille celestium vom i. Marz 1590 [BZ
5.337 35i]; Ders., Die Vulgata Sixtina von 1590 und ihre Einfiihrungs-
bulle [AtAbh 3, 2], Mstr. i. W. 1911) regelrecht veroffentlicht worden; dagegen
J. B. Nisius S. J., Zur Geschichte der Vulgata Sixtina (ZkTh 36, i 47 210
bis 251); Ders., Schlufiergebnisse der Forschung und Kontroverse iiber die
Vulgata Sixtina (ZkTh 38, 183266); C. A. Kneller S. J., Zur Vulgata Sixtus' V.
(ZkTh 46, 317325 468479.' 47, 154159 601611; 48, 133150. Vgl.
auch H. Hopfl O. S. B., Beitrage zur Geschichte der sixto-klementinischen
Vulgata (BSt 18, 1/3), Frb. i. Br. 1913 ; F. Amann, Methodisches und Sach-
liches zur Beurteilung der Praefatio Clementina (BZ 13, 193 199).
5 Vgl. C. A. Kneller S. J., Zur Geschichte der klementinischen Vulgata-
Ausgaben (ZkTh 43, 391438).
6 Zum Streit iiber diese Praefatio vgl. Amann (s. o. Anm. 4) 121 ff. Auch
sie enthalt wie die Sixtina das Verbot, Varianten an den Rand des Textes
458 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 785
(1592), zunachst noch unter dem Namen Sixtus' V. 1 ; 1593 er-
schien eine korrektere Ausgabe von ihr, der 1598 eine dritte
mit neuer Textrezension folgte. Die drei Ausgaben im
Verein mit ihrem Index corrigendorum und mit der
zuerst in der Stephanschen 25-Ausgabe Genf 1557
iibernommenen Verseinteilung 2 bilden bis heute den
offiziellen Text der 95 in der katholischen Kirche,
der den gebrauchlichen Ausgaben mit nur geringen Verschieden-
heiten zu Grunde liegt.
785. Die 42-zeilige, um 1452 aus der Gutenbergschen Druckerei zu
Mainz hervorgegangene sog. Mazarinbibel ist die erste gedruckte
35-Ausgabe. Neuere Ausgaben: C. Vercellone, Biblia sacra Vul-
gatae editionis Sixti V. et Clementis VIII. P.P. M.M. iussu recognita
atque edita, Rom 1861 ; Biblia sacra Vulgatae editionis iuxta exemplaria
ex typographia apostolica Vaticana Romae 1592 et 1593 inter se collata
et ad normam correctionum Romanarum exacta auctoritate Pontif.
PiilX., ed. V. Loch, Regensburg 1849, 10 ~ u i9ii; Biblia sacra Vulga-
tae editionis. Ex ipsis exemplaribus Vaticanis inter se atque cum indice
errorum corrigendorum collatis critice edidit M. Hetzenauer O. C.,
Innsbruck 1906 (mit den Varianten der sixtinischen und der drei klemen-
tinischen Ausgaben; eine Handausgabe davon erschien in i Band
Regensburg 1914; in 5 Bandchen [Biblia sacra secundum Vulgatam
Clementinam] Regensburg 1922); Bibliorum sacrorum iuxta Vulgatam
Clementinam nova editio breviario perpetuo et concordantiis aucta,
adnotatis etiam locis, qui in monumentis fidei sollemnioribus et in
liturgia Romana usurpari consueverunt. Curavit A. Grammatica,
Mailand 1914 u. 1922 ; Biblia sacra iuxta Vulgatae exemplaria et cor-
rectoria Romana. Denuo edidit A. C. Fillion, P. 1887, 8 i922; Biblia
sacra iuxta Vulgatam Clementinam divisionibus, summariis et concor-
dantiis ornata. Denuo ediderunt complures Scripturae s. professores
facultatis theol. Parisiensis et Seminarii S. Sulpicii, Rom-Paris 1927 3 .
zu setzen. Eine EBK vom 17. Nov. 1921 beschrankt das Verbot auf den
Seitenrand (vgl. Acta Apost. Sedis 14, 27).
1 Erst 1604 erschien die erste Ausgabe, welche auch Klemens VIII. im
Titel nannte.
2 Die Kapiteleinteilung in der Bibel wurde um 1206 von Stephan Langton
(f 1228) eingefiihrt und ist noch im wesentlichen in unsern Bibelausgaben
erhalten. Schon 1555 nahm R. Stephanus in einer griechisch-lateinischen Aus-
gabe des NT eine Verseinteilung auf. Auch bei den deuterokanonischen
Schriften des AT geht die Verszahlung auf ihn zuriick, wahrend er fur die
protokanonischen Biicher die von Sanctes Pagninus (s. o. S. 5) iibernahm.
Vgl. Schmid (s. o. S. 399*) und VDB 5, 2403 f.; 2, 563 f.
3 Vgl. noch Peultier-Etienne-Gantois S. J. , Concordantiarum universae
Nr. 786 d) Die lateinischen Ubersetzungen des AT. 459
227. Neue Bearbeitung der Vulgata.
786. Uber die klementinische Ausgabe hinaus begann C. Vercellone
den Vulgatatext zu fordern durch eine reiche Variantensammlung, die
in ihren zwei Banden jedoch iiber Rg nicht hinausgelangte x . Mit viel
besserer Aussicht auf Erfolg wurde Vercellones Versuch vom Bene-
diktinerorden aufgenommen 2 , der durch Schreiben des Kardinals Ram-
polla (30. April 1907) mit der Revision der Vulgata beauftragt wurde 3 ,
eine Aufgabe, die dann das Schreiben Pius' X. vom 3. Dez. 1907 bestatigte
und als restitutio primiformis textus Hieronymianae bibliorum versionis,
consequentium saeculorum vitio non paulum depravati umschrieb 4 .
Aufier zwei Berichten iiber die Fortschritte dieser 3S-Revision 5 ist eine
Denkschrift iiber den Oktateuchtext der 33 in den alten Hss und Aus-
gaben 6 und die Genesis mit einem ausfiihrlichen Variantenapparat 7
erschienen.
Scripturae sacrae thesaurus (CSs 3, 5), P. 1897; E. Nestle, Eine Frage nach
der besten Vulgatakonkordanz (BZ 9, 229).
1 Variae lectiones Vulgatae latinae Bibliorum editionis, Rom 1860/64.
2 Vgl. M.-J. Lagrange, La revision de la Vulgate (Rb N. S. 5, 102
bis 113).
3 Mit den Worten : fintanto que giunga 1'ora propizia per cosi impor-
tante revisione che ponga in grado di dare una edizione emendatissima della
Volgata , stellt Rampolla fest, dafi das Verlangen des Trienter Konzils (s. o.
S. 456) mit der heutigen offiziellen QS-Ausgabe noch nicht erfiillt sei. Es ist
doch im wesentlichen die Pariser Bibel (s. o. S. 455*) die Grundlage geblieben,
iiber welche auch die papstlichen Bibelkommissionen nicht hinwegkamen
(vgl. Denifle [s. o. S. 455 7 ] 4, 284).
4 Acta Apost. Sedis 40, 721.
5 Bericht iiber die Aufgabe und den gegenwartigen Stand der Vulgata-
Revision, Rom 1909; 2. Bericht, Rom 1911. Fiir die Sammlung der
Varianten berechnete der I. Bericht eine Dauer von 8 lojahren.
6 Quentin (s. o. S. 454 5 ); Ders., Essais de critique textuelle, P. 1926.
Die Collectanea biblica latina (bis jetzt 7 Bde., Rom I9i2-ff.) dienen der
Vulgatakommission als Organ fur Veroffentlichungen.
7 Biblia sacra iuxta latinam Vulgatam versionem ad codicum fidem iussu
Pii PP. XI, cura et studio monachorum Sancti Benedicti, Commissionis Ponti-
ficiae a Pio PP. X institutae sodalium praeside Aidano Gasquet S. R. E.
Cardinale edita. Librum Genesis ex interpretatione Sancti Hieronymi cum
prologis variisque capitulorum seriebus adiectis prolegomenis recensuit D. Hen-
ricus Quentin, Rom 1926. Grundsatzliche Einwande gegen die Methode
Quentins und der Vulgatakommission erhebt und zu andern Ergebnissen ge-
langt J. Chapman, The families of Vulgate mss. in the Pentateuch (Rben 37,
546365403); vgl. aufierdem Power (s. o. S. 455 5 ) ; E. K. Rand, Dom
Quentin's memoir on the text of the Vulgate (Harvard theol. Review
17 [1924], 197 264). Weitere Aufierungen s. BZ 18, 145 f.
460 III. Teil. Der Text des AT. Nr. 787
e) Die syrischen Ubersetzungen des AT 1 .
228. Allgemeines.
787. In der Vielgestaltigkeit, in der wechselvollen Geschichte,
an Alter und Bedeutsamkeit stehen die Ubersetzungen, welche
sich die Syrer im Laufe der Zeit schufen, den griechischen am
nachsten. Auch sie haben, wenn auch in geringerem Mafie, auf
andere Ubersetzungen (athiopische, armenische, arabische, vielleicht
auch lateinische) eingewirkt.
788. Fur das syrische Sprachgebiet sind, dem Werte nach in ab-
steigender Reihenfolge angeordnet, die Pesitto (= @ p ), die Syrohexapla
(= @ h ), die Philoxeniana, der christlich-palastinische Bibeltext nebst
einer Bearbeitung des AT durch Jakob von Edessa in der Zeit vom
i. Jahrhundert v. Chr. bis zum Anfang des 8. Jahrhunderts n. Chr. ge-
schaifen worden.
229. Die Pesitto 2 .
789. Die alteste und bedeutendste syrische Ubersetzung ist die
Pesitto (mappakto p e sitto [so die jakobitische Aussprache; nesto-
rianisch: p e sitta] = einfache Ubersetzung ) 3 , welche unmittelbar
aus dem hebraischen Text gefertigt ist.
Daruber, wie und wann sie entstanden ist, fehlen uns, wenn wir von
unglaubwiirdigen Uberlieferungen absehen, sichere Anhaltspunkte 4 .
1 *A. Ceriani, Le edizioni e i manoscritti delle version! siriache del VT
(Memorie del r. istit. Lomb., Classe di lettere e scienze morali e polit. n,
Mailand 1870, T 28). C. Brockelmann, Syrische Grammatik mit Para-
digmen, Literatur, Chrestomathie und Glossar (Porta linguar. or. 5), 4 B. 1925;
Ders., Lexicon syriacum, B. 1895, 2 Halle 19241?.
2 L. Haefeli, Die Peschitta des AT mit Riicksicht auf ihre textkritische
Bearbeitung und Herausgabe (AtAbh n, r), Mstr. i. W. 1927. C. Heller,
Untersuchungen iiber die PeschittS. zur gesamten hebraischen Bibel. Zugleich
ein Beitrag zur Erkenntnis der alten Bibeliibersetzungen i, B. 1911.
3 So wird in syr. massoretischen Hss des 9-/io. Jahrh. das NT genannt,
das AT zuerst bei Moses bar Kepha Of 903). Friiher hiefi sie die alt-
syrische Ubersetzung*, das syrische Exemplar* , der Syrer (vgl. UtUb 229).
Das Beiwort einfach wird ihr wohl gegeben im Gegensatz zu den
paraphrasierenden Targumen (s. u. 233 f.). Andere suchen darin den
Gegensatz zur Hexapla (s. o. S. 437; so Baumstark [s. o. S. 385 2 ] 18) oder
deuten den Namen als Vulgata (so Haefeli [s. o. Anm. 2] 5) oder blofi als
<(Ubersetzung.
4 Vgl. J. Bloch, The authorship of the Peshitta (AmJsemL 35, 215222);
R. Duval, La litterature svriaque, P. 1899; Corrections et additions a la
Nr. 791 e) Die syrischen Ubersetzungen des AT. 461
Doch scheint sie schon von Bardesanes (154 222) 1 verwendet worden
zu sein; sicher ist das bei Aphraates und dem ungefahr gleichzeitigen
Ephram dem Syrer (f 373). Da die & aber in manchen Teilen ein
stark jiidisches Geprage an sich tragt 2 , halten viele mit gutem Grunde
rein jiidischenUrsprung der Ubersetzung fest 3 . Es ist durchaus
naheliegend, dafi sich die judische Diaspora in Mesopotamien, deren
Mittelpunkt Edessa (s. Taf. i, Bild i, if) war, schon in vorchristlicher
Zeit, ahnlich wie die alexandrinischen Juden, eine Ubersetzung ins
Syrische geschaffen hat.
790. Dann miissen wenigstens die deuterokanonischen Schriften aus
anderer Hand stammen als die protokanonischen Biicher. Das gleiche
diirfte fur Chr, Ezr-Neh und Est gelten (s. o. S. 385 f.). Aber auch die
Art, wie die tibrigen Biicher iibertragen sind, zeugt dafiir, dafi die
atl <5 P nicht einheitlichen Ursprungs ist.
791. An Giite der Ubersetzung 4 erreicht die (3 P nicht die Hohe
der , sinkt aber auch in keinem Teil so tief herab wie manche
Biicher der 5 . Bedeutsam ist, dafi die hebraische Vor-
i jre ed. 1900, 3 P. 1907, 31 ff. ; UtUb 229. Am nachsten kommt der Wahr-
heit die Legende, dafi Konig Abgar von Edessa durch Addai die Bibel
habe ins Syrische iibertragen lassen; denn um 150 n. Chr. bestand bereits
die syrische Kirche.
1 Duval (s. o. S. 460*) 28. M. Merx, Bardesanes von Edessa, Halle 1863, 19.
Uber 6 Zvipoc;, der schon bei Melito von Sardes (vor 195 n. Chr.") begegnet,
vgl. o. S. 436. Von manchen wird er als Ubersetzung aus <5 P erklart.
2 Zum Pentateuch vgl. J. Perles, Meletemata Peschittoniana, Breslau 1859;
J. Pinkerton, The origin and the early history of the Syriac Pentateuch (JthSt
15, 14 41); J. Schonfelder, Onkelos und Peschittho. Studien iiber das Alter
des Onkelosschen Targums, Miinchen 1869. Zu Jos vgl. H. Mager, Die
Peschittho zum Buche Josua, Frb. i. Br. 1916. Zu Chr vgl. S. Frankel, Die
syrische Ubersetzung zu den Biichern der Chronik (Jahrb. f. prot. Theol. 5
[1879], 58 536 720 759). Zu Prv vgl. H. Pinkuss, Die syrische Uber-
setzung der Prv textkritisch und in ihrem Verhaltnis zu dem masoretischen
Text, den LXX und dem Targum untersucht (ZatW 14, 65 141 161 222).
Zu Jer vgl. Volz (s. o. S. 300 3 ) xxi. Zu Ez vgl. Cornill (s. o. S. 311) 154 f.
J. Prager (De Veteris Testamenti versione Syriaca, quam Peschitto vocant,
quaestiones criticae, Gott. 1875) halt die @ p fur ein jiidisches Targum, welches
die syrischen Christen revidiert hatten.
3 Duval (s. o. S. 460 4 ) 3 31 halt wegen des merkbaren christlichen Ein-
flusses einen Judenchristen fur den Verfasser. Vgl. auch A. Mingana, Syriac
versions of the OT (JqR N. S. 6, 385398); Pinkerton (s. o. Anm. 2).
4 Als Beispiel behandelt Mingana (s. o. Anm. 3) 392 394 Gn 113.
5 Bei Sir scheint eine mangelhafte Vorlage angenommen werden zu mussen ;
vgl. Buhl(s. o. S. 351) 192; Duval (s. o. S. 460*) 3 34. Bei Chr ist ein judisches
Targum beniitzt (s. o. Anm. 2). .
462 HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 792
lage der & im allgemeinen alter und besser zu sein scheint
als der 3R 1 .
Eine solche altere und bessere hebraische Vorlage mufi in Rechnung
gestellt warden, wenn man die vielfach beobachtete Ubereinstimmung
der & mit der auf ihren Grund untersucht 2 . Die Beriih-
rungen zwischen der @ p und der , welche in der ntl Text-
kritik eine bedeutsame Rolle spielen 3 , finden sich gelegentlich auch
im AT 4 .
792. Das Material, aus dem der urspriingliche Text der
(5 P zu gewinnen ist, liegt in zahlreichen Hss der europaischen
Bibliotheken 5 zerstreut und wurde in Sonderbearbeitungen zu
1 Vgl. Wutz, Die Psalmen (s. o. S. 194 2 ) xxxvm f., der die &- Vorlage
nach , aber sicher noch ins 2. Jahrh. v. Chr. setzt.
2 W. E. Barnes, On the influence of the Septuagint on the Peshitta (JthSt
2, 186 197 ; nimmt eine allmahlich vollzogene Revision nach an). J. F. Berg,
The influence of the Septuagint upon the Peshitta Psalter, N. Y. 1895.
J. Bloch, The influence of the Greek Bible on the Peshitta (AmJsemL 36, 161
bis 166). Hanel (s. o. S. 442 3 ) lafit bereits den Ubersetzer in die Einsicht
nehmen, erkennt aber zugleich eine altere hebraische Vorlage an. Mingana
(s. o. S. 461 3 ) 389 u. a. glauben an eine nachtragliche einmalige Revision nach
der . Bei Koh 12, 5 ergibt sich jedenfalls eine nachtragliche Beeinflussung
durch die ; vgl. J. Goettsberger in BZ 8, 7 u. A. S. Kamenetzky (Die
P'sita textkritisch und in ihrem Verhaltnis zu dem 911, der und den
andern alten griechischen Versionen untersucht [ZatW 24, 181 239]) nimmt
beides an. tJber andere Versuche, nachtragliche Uberarbeitungen an der
& festzustellen, vgl. Buhl (s. o. S. 351) 190 f. (von Aphraates nach dem Ur-
text iiberarbeitet, der Psalter nach den Scholien des Barhebraus [*f- 1286];
zu letzterer Hypothese vgl. noch A. Rahlfs, Beitrage zur Textkritik der Pe-
schita [ZatW 9, 161 210]).
3 Vgl. *J. Sickenberger, Kurzgefafite Einleitung in das NT 3-4, Frb. i. Br.
1925, 29 f.
4 Dabei kommen - und 25-Texte in Frage. Baumstark (s. o. S. 385 2 )
18 nimmt eine gemeinsame hebraische Vorlage fur & und 25 an; ebenso
Holtzmann (s. o. S. 268 3 ). * H. J. Vogels (Die Harmonistik im Evangelien-
text des Cod. Cantabrigiensis. Ein Beitrag zur ntl Textkritik [TU 3. R. 6, I a ],
Lp. 1910, 5) lafit die Ubereinstimmung im NT durch das Diatessaron ver-
mittelt sein. Zu Sap vgl. noch Charles (s. o. S. 12) i, 520; Margoliouth
(s. o. S. 268 6 ) 279.
5 Vgl. die Hss-Kataloge ; weiterhin Baumstark (s. o. S. 385 2 ) ; Ceriani (s. o.
S. 460 x ); Duval (s. o. S. 460*); J. Herrmann, Neues Material zur Peslta
(ZatW 34, 235); W. Wright, A short history of Syriac literature, Ld. 1894.
Auch die Lektionarien der syrischen Kirche und die atl Zitate der syrischen
Schriftsteller sind zu beachten. Ahnlich der hebraischen 9It gibt es auch
eine syrische Massora (vgl. besonders die sog. versio Karkaphensis
Nr. 793 e) Die syrischen Ubersetzungen des AT. 463
einzelnen Buchern des AT auswahlweise und meist unzulanglich
verwertet 1 .
793. Die bisher erschienenen Ausgaben 2 der & des AT stiitzen
sich meist auf wenige, ortlich bequem erreichbare Vorlagen. Der Text
der Pariser Polyglotte (s. u. 243 ; ohne Est und Deuterocanonica) be-
ruht auf jungen Hss 3 . Die "Londoner Polyglotte (s. u. 243) druckt
den gleichen Text ab, erganzt die fehlenden Biicher (einschliefilich
3 Ezr und 3 Makk) und gibt im Anhang Varianten aus drei Hss bei 4 .
S. Lee legte seiner Ausgabe 5 den Londoner Polyglottentext zu Grunde
und zog junge Hss und Schriftstellerzitate (Ephram, Barhebraus) heran.
Wahrend diese drei Ausgaben als Vertreter der jakobitischen Text-
richtung gelten 6 , bietet die syrische Bibel von Urmia 7 z. T. den
Text alter nestorianischer Hss. Die deuterokanonischen Schriften,
welche nichts anderes als cine massoretische Arbeit ist); sie enthalt neben
sprachgeschichtlichem auch textkritisches Material; vgl. G. Diettrich, Die
Massora der ostlichen und westlichen Syrer in ihren Angaben zum Buche
Ruth nach 5 Hss (ZatW 22, 193 201); Ders., Die Massora der ostlichen
und westlichen Syrer in ihren Angaben zum Propheten Jesaja, Ld. 1899;
Duval (s. o. S. 460 4 ) 3 55 61.
1 Eine Gruppierung der Hss versucht Rahlfs (s. o. S. 462 2 ), der jedoch
die friiher behauptete scharfe Trennung zwischen den ost- und westsyrischen
Hss auf Grund der Untersuchungen von W. E. Barnes (The Peshitta Psalter
according to the West Syrian text. Ed. with an apparatus criticus, Cambridge
1904) nicht mehr aufrecht erhalt (vgl. ThLz 30 [1905], Nr. 7, 196 f. ; s. auch
W. E. Barnes, The Peshitta version of 2 Kings [JthSt 6, 220232; n, 533
bis 542]). Die Einzelbearbeitungen sind zusammengestellt : bis 1888 bei
E. Nestle, Litteratura syriaca, Beigabe zur syrischen Grammatik 2 , B. 1888;
bis 1897 in HDB 4, 651 f. und UtUb 227 ff. ; bis 1906 bei Fell (s. o. S. 3 2 )
215 f. (wo nachzutragen ist: A. Lazarus, Zur syrischen Ubersetzung des Buches
der Richter, Erlangen 1901); bis 1907 bei Duval (s. o. S. 460 4 ) 3 35; bis
!9ioimKH2, Miinchen 1912, 2280; von 1903 ab bis jetzt in den bibliogra-
phischen Notizen der BZ; vgl. auch Baumstark (s. o. S. 385 2 ) i8ff. ; Haefeli
(s. 0.8.460 2)23 ff. 70 ff.
2 Vgl. J. Bloch, The printed text of the Peshitta OT (AmJsemL 37, 136
bis 144) ; Ceriani (s. o. S. 460 x ) ; Rahlfs (s. o. S. 462 2 ).
3 Vgl. Goettsberger (s. o. S. 386*) 103 ff. ; Haefeli (s. o. S. 46o 2 ) 61 ff. ; Rahlfs
(s. o. S. 462 2 ).
4 Vgl. G. Diettrich, Ein apparatus criticus zur Peschittho zum Propheten
Jesaja (8. Beih. z. ZatW), Giefien 1905, Xiv; Haefeli (s. o. S. 460 2 ) 63 ff.
5 Die Schrift des Alien Bundes, welche nur die Schriften enthalt, die sich
in hebraischen Hss finden, verbessert nach einigen alten syrischen Hss,
Ld. 1823 (mit Ps 151), 1824 (ohne Ps 151). Vgl. Haefeli (s. o. S. 46o 2 ) 65 f.
6 Vgl. Diettrich (s. o. S. 462 5 ).
7 Das AT syrisch und neusyrisch, Urmia 1852. Vgl. Haefeli (s. o.
S. 46o 2 )66ff.
464 In - Teil - Der Text des AT - Nr - 794
welche in Lee's AT und der Urmiaer Ausgabe fehlen, hat P. de Lagarde
nach einem iiberarbeiteten Polyglottentext herausgegeben und dabei das
bisher bekannte Material und sechs neue Hss verglichen 1 . Blofi eine Hs,
die aber durch Alter und Giite sehr wertvoll ist, hat A. M. Ceriani
zuganglich gemacht 2 . Die fur Missionszwecke veranstaltete Ausgabe
von Mosul ist fur die Textkritik ohne Wert 3 . Eine textkritisch ge-
niigende Ausgabe des AT der Pesitto ist erst noch zu schaffen 4 , wie-
wohl wegen der im allgemeinen nicht groften Textverschiedenheiten
auch die bisher erreichbaren besseren Ausgaben zur Feststellung des
Urtextes dienlich sind.
230. Die Philoxeniana.
794. Das Ansehen und die weite Verbreitung der veranlafiten
die Syrer, sich um eine syrische Ubersetzung aus dem
Griechischen zu bemiihen, zumal da der Verkehr mit den
hellenistischen Gemeinden immer enger wurde. Moses von Aggel
(um 550 S/o) 5 bezeugt, dafi Philoxenos, Bischof von Mabug
(f nach 522), durch seinen Chorbischof Polykarp eine Ubersetzung
des NT und des Psalters fertigen lieC 6 .
Diese Ubersetzung, die Philoxeniana , scheint sich auch auf andere
Teile des AT erstreckt zu haben 7 . Zwei Halbverse von Is 9, 6 f. werden
1 Siehe o. S. 278 6 . Vgl. Haefeli (s. o. S. 460 2 ) 73 f.
2 TransIatio syra Pescitto Veteris Testamenti ex codice Ambrosiano
sec. fere VI, photolithographice edita ( Mailand 1876/83. Vgl. Haefeli
(s. o. S. 460 2 ) 75 f. Der syrische Text in Nestles Psalterium tetraglottum
(s. o. S. 243 2 ) stammt aus dieser Hs.
3 * Biblia sacra iuxta versionem simplicem, quae dicitur Peschitta, Mosul
1887/91. Vgl. S. Euringer, Die Bedeutung der Peschitto fur die Text-
kritik des Hohenliedes (BSt 6, 1/2, 115 128) 122 ff. ; Haefeli (s. o. S. 460 2 ) 68 if.
4 Uber eine Pentateuchausgabe vgl. W. E. Barnes, A new edition of the
Pentateuch in Syriac (JthSt 15, 41 44). Zur Absicht des papstlichen
Bibelinstituts in Rom, die Pesitto herauszugeben, vgl. L. Haefeli, Ein Unter-
nehmen des papstlichen Bibelinstituts in Rom (Kath. Kirchenztg [Schweiz]
1915, Nr. 19 21 22); Ders., Die Peschitta (s. o. S. 460 2 ) 113 ff.
5 Vgl. Baumstark (s. o. S. 385 2 ) 160 f.
6 Vgl. die Stelle syrisch und deutsch in ZA 12, 349 l . Nach Unter-
schriften von Hss ist die Ubersetzung 507/8 entstanden; Mingana (s. o.
S. 461 3 ) 394 tritt fur 500 ein; vgl. Ders., New documents on Philoxenus of
Hierapolis and on the Philoxenian version of the Bible (Exp 8. S. 19, 149
bis 160).
7 Dagegen behauptet J. Lebon (La version philoxenienne de la Bible [Rev.
d'hist. eccles. 12 (1911), 413 436]), dafi die Philoxeniana auf das AT sich
iiberhaupt nicht ausgedehnt habe.
Nr. 795 e) Die syrischen tJbersetzungen des AT. 465
in der Syrohexapla (s. u. 231) des Codex Ambrosianus zitiert. A. M.
Ceriani glaubte Fragmente aus Is (28, 3 17 ; 42, 17 49, 18; 66, n 23)
auch in der Hs iBrit. Mus. Add. 17106 feststellen zu konnen 1 . Der
Ubersetzer beniitzte den lukianischen Text und zog auch & bei 2 .
231. Die Syrohexapla.
795. Zeitlich reiht sich an die Philoxeniana die Syrohexapla
(= &) an 3 . Bot die Nachbarschaft von Antiochien dem Philo-
xenos ungesucht die lukianische Rezension als griechische Vor-
lage dar, so mufite der Ruhm der origenianischen Textbear-
beitung auch zu weiten Reisen ermutigen, um diese Rezension
zu gewinnen. Bischof Paul von Telia (bei Edessa) kam 616/17
mit seinem Patriarchen von Antiochien und mehreren Begleitern
nach Alexandrien und fertigte dort eine Ubersetzung des
hexaplarischen -Textes von 4Rg mit den kriti-
schen Zeichen des Origenes und einer Auswahl von
Randlesarten aus den andern Kolumnen der Hexapla, die
sich wohl durch Zusammenwirken mehreref Mitarbeiter 4 zu einer
Ubersetzung des ganzen AT erweiterte. Sie erfreute sich in lite-
rarischen Kreisen und in der Liturgie grofien Ansehens 5 . Wegen
ihrer Wortlichkeit, wegen der Ubernahme der kritischen Zeichen
des Origenes und der Randnoten ist sie textkritisch von beson-
derem Wert 6 .
1 Vgl. Le edizioni (s. o. S. 460*) 18. In den Monumenta sacra et pro-
fana (s. o. S. 39i 3 ) 5, i 40 veroffentlichte Ceriani Esaiae fragmenta syriaca
versionis anonymae et recensionis lacobi Edesseni.
2 Vgl. Baumstark (s. o. S. 385 2 ) 144; Ceriani (s. o. S. 460 x ) 19.
3 Von der Ubersetzung des Mar Abba (f 552), die Barhebraus
und Ebedjesu bezeugen, glaubt A. Baumstark (Griechische und hebraische
Bibelzitate in der Pentateucherklarung Iso'dabs von Merw [Ochr 2, 457 ; N. S.
i, i 19; vgl. Ders. (s. o. S. 385 2 ) 119]) einige Zitate gefunden zu haben. Nach
*O. Braun (Das Buch der Synhados. Nach einer Hs des Museo Borgiano
iibersetzt und erlautert, Stuttgart 1900, 96) hatte Mar Abba lediglich Kom-
mentare geschrieben. Einige Fragmente einer syrischen Ubersetzung, die
A. S. Lewis veroffentlichte (Studia sinaitica n, Ld. 1902 [S. 116 121 des sy-
rischen Teiles: Is 31, 6 32, 13; 34, i 13; 60, 2 7; Ex 14, 24 f.]), datiert
Mingana (s. o. S. 461 3 ) zwischen die Philoxeniana und Syrohexapla.
4 Vgl. Baumstark (s. o. S. 385 2 ) 1 86.
5 Vgl. Braun (s. o. S. 386*).
6 Den Text selbst halt A. Rahlfs (Septuaginta-Studien [s. o. S. 447 und
2 43 4 ] 2, Gott. 1907, 122) bei den Pss nicht fur hexaplarisch.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 30
466 HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 796
796. Vorhanden 1st die & in dem noch erhaltenen zweiten Band
eiiier ehedem vollstandigen Hs dieser Ubersetzung *. Der erste Band
ist seit Andreas Masius (-f 1573) bis auf einige von ihm yerzeichnete
Lesarten verloren 2 . Fragmente aus dem ganzen AT sind in verschiedenen
Hss zerstreut 3 . Randlesungen der @ h finden sich aufierdem noch bei
verschiedenen syrischen Kirchenschriftstellern 4 . Auch ist noch eine
arabische Ubersetzung der <5 h zu Pentateuch, Sap und wohl auch zu Job
vorhanden 5 .
232. Die christlich-palastinische und andere
syrische Ubersetzungen.
797. Die Melchiten, die einen syrisch-palastinischen , auch christlich-
palastinisch genannten Dialekt 6 sprachen, schufen sich, wohl weil
sie sich infolge der christologischen Streitigkeiten von den iibrigen
Syrern trennen muCten, votn 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr. 7 eine
1 A. M. Ceriani, Codex syrohexaplaris Ambrosianus photolithographice editus
(Monumenta [s. o. S. 391 3 ] 7), Mailand 1874 (Pss, Job, Prv, Koh, Ct, Sap,
Sir, Kl. Proph., Jer, Bar, Thr, Ep. ler., Dn, Sus, Bel et Draco, Ez, Is). P. de
Lagarde, Veteris Testament! Graeci in sermonem syriacum versi fragtnenta
octo (Bibliothecae syriacae, quae ad philologiam sacram pertinent, Gott.
1892, i- 256). tiber friihere Teilveroffentlichungen vgl. Baumstark (s. o.
5.385*) 187 2 .
2 Vgl. Masius (s. o. S. 65 O- Er enthielt den ersten Teil des AT von
Dt 15, 7 ab mit Ezr, Est, Jdt, Tob I, i 7, n. Die noch vorhandenen
Fragmente vgl. bei De Lagarde (s. o. Anm. i).
3 Zusammengestellt bei Baumstark (s. o. S. 385 2 ) 186 12 ; Ceriani (s. o.
S. 460 *) 24 if. ; dazu C. C. Torrey, Portions of first Esdras and Nehemiah in
the Syrohexaplar version (AmJsemL 23, 65 74) ; Remnants of the later Syriac
versions of the Bible 2 : OT extracts from the Syrohexaplar version of the
seventh century after the Greek of the Septuagint : Genesis, Leviticus, i and
2 Chronicles, Nehemiah, edited with introductions, notes and reconstructed
Greek text by J. Gwynn, Ld. 1909 (vgl. BZ 8, 289). Aufierdem steht Ps 151
in der Pariser und Londoner Polyglotte (s. u. 243, Nr. 822) und bei Lee
(s. o. S. 463), Tob i, i 7, ii in der Londoner Polyglotte.
4 Sie sind bei Field (s. o. S. 1 53 J ), soweit damals bekannt, gesammelt.
AuCerdem vgl. G. Kerber, Syrohexaplarische Fragmente zu Lv und Dt aus
Barhebraus gesammelt (ZatW 16, 249264); Mercati (s. o. 441 x ). Bei Bar-
hebraus (vgl. Goettsberger [s. o. S. 386 x ] 120 139) u. a. ist noch manches
Material hierzu zu finden.
5 Vgl. Baumstark (s. o. S. 385 2 ) 187 ; Rahlfs, Genesis (s. o. S. 447) 23 f.
6 F. Schulthess, Grammatik des christlich-palastinischen Aramaisch,
hrsg. von E. Littmann, mit Nachtragen, Tub. 1924 ; Ders., Lexicon Syro-
palaestinum, B. 1903.
7 T. Zahn (Forschungen zur Geschichte des ntl Kanons i, Erlangen 1881,
348) meint, die Evv seien schon im 2. Jahrh. entstanden.
Nr. 799 e) Die syrischen Ubersetzungen des AT. 467,
eigene Literatur 1 , die auch atl Stiicke in sich schlofi; 2 . Die Ubei>
setzung des AT aus der hexaplarischen ist utiter EirifluJB von
Lukian und <5 P gefertigt. Der Wert "fur die atl Textkritik ist
gering.
798. Eine Bearbeitung des syrischen AT unternahm 705 Jakob von
Edessa (f 708), wobei er Pesitto, Hexapla und griechische Hss beizog 3 .
Dieser Mischtext ist nie recht popular geworden und darum nur in
wenigen Hss erhalten 4 . Auch bei syrischen Schriftstellern haben sich
einige Zitate vorgefunden 5 .
799. Tob 7, 12 ff. in den Polyglotten (s. u. 243) gehort einer eigenen,
sehr spaten Ubersetzung an 6 . Eine zweite Ubersetzung des Dn-
1 F. C. Burkitt, Christian Palestinian literature (JthSt 2, 174185).
2 H. Duensing, Christlich-palastinisch-aramaische Texte und Fragmente
nebst einer Abhandlung iiber den Wert der palastinischen Septuaginta,
Gott. 1906. G. H. Gwilliam, The Palestinian version of the Holy Scrip- 1
tures, five more fragments (Anecdota Oxoniensia, Sem. Ser. i, 5), Ox-
ford 1893 (mit Teilen von Nm). G. H. Gwilliam, F. C. Burkitt, J. F. Sten-
ning, Biblical and patristic relics of the Palestinian Syriac literature (Anec-
dota Oxoniensia, Sem. Ser. I, 9), Oxford 1896 (mit Resten von Ex und Sap).
J. P. N. Land, Anecdota syriaca 4, Leiden 1875, IO 3 22 4 ( m rt Stiicken aus
Dt, Is, Pss, Prv, Job). A. S. Lewis, A Palestinian Syriac lectionary containing
lessons from the Pentateuch, Job, Proverbs, Prophets, Acts and Epistles.
(Anecdota Oxoniensia, Sem. Ser. i, 6), Ld. 1897; Dies., Supplement to a
Palestinian Syriac lectionary, Cambridge 1907 ; Dies., Codex Climaci re-
scriptus. Fragments of sixth century. Palestinian Syriac texts of the Gospels,
of the Acts of Apostles and of St. Paul's Epistles. Also fragments of an
early Palestinian lectionary of the OT usw. (Horae semiticae 8), Cambridge
1909 (enthalt S. XVII XX eine Bibliographic iiber die Jahre 1758 1910).
A. S. Lewis and M. D. Gibson , Palestinian Syriac texts from palim-
psest fragments in Taylor Schechter collection, Ld. 1900 (mit Stellen aus
dem Pentateuch). G. Margoliouth, The liturgy of the Nile (Journ. of the
roy. as. Soc. N. S. 28 [1896, Okt.], 677727) (S. 698701 : Gn 2, 419; 4 Rg
2, 1922; Am 9, 5 I4 a ); Ders., The Palestinian Syriac version of the Holy
Scriptures (PSbA 19, 3960) (aus Pss). F. Schulthess, Christlich-Palastinische
Fragmente aus der Omajjadenmoschee zu Damaskus (Abh. d. k. GdW z. Gott.
N. F. 8, 3), B. 1905. Auch die Oden Salomos (s. o. S. 394) gehoren hierher.
3 Buhl (s. o. S. 351) 146 nennt die Arbeit eine Ubertragung, Duval (s. o.
S. 460 4 ) 3 57 reiht sie bei der syrischen Massora (s. o. S. 462 5 ) ein.
4 Vgl. Baumstark (s. o. S. 385 2 )25i 2 , wo auch die Ausgaben verzeichnet
sind; Ceriani (s. o. S. 460 J ) 27 f. Ceriani (s. o. S. 465 *). M. Ugolini, II Ms
Vat. Sir. 5 e la recensione del VT di Giacomo d'Edessa. Comunicazione
(Ochr 2, 409 420). .
5 Vgl. Goettsberger (s. o. S. 386 ) 92 f.
6 Vgl. Baumstark (s. o. S. 385 2 ) 24.
30*
468 HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 800
Kapitels von Susanna, wie sie in der Londoner Polyglotte (s. u. 243)
und bei De Lagarde (s. o. S. 278 6 ) aufgenommen wurde, kennt auch
Barhebraus \ Is i und 2 sind in der Londoner Polyglotte (s. u. 243)
aus einem unbekannten Ms erganzt 2 .
f) Die Targume oder die aramaischen 3
Ubersetzungen.
233. Allgemeines.
800. Seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. breitete sich die aramaische
Volkerwelle mit eigenem semitischen Dialekt in Vorderasien aus. Als
im babylonischen Exil das jiidische Volk in besonders enge Beriihrung
mit dem Osten kam, griff die aramaische Sprache in raschem Zuge
auch auf Palastina \iber. Nachdem die Aramaisierung der jiidischen
Volkssprache sich durchgesetzt hatte, muftte beim liturgischen Gebrauch
der Bibel darauf Riicksicht genommen werden, und das fuhrte zu den
Targumen (o^n Ubersetzung, = ) 4 . Der miindlichen Ubertragung
in die aramaische Volkssprache, welche anfanglich bei der gottesdienst-
lichen Schriftlesung nach einzelnen Versen oder Versgruppen stattfand 5 ,
trat wohl bald eine schriftliche Aufzeichnung zur Seite 6 , die, zuerst
auf den aufieramtlichen Gebrauch beschrSnkt, doch im Laufe der Zeit
im Synagogendienst gebraucht werden durfte.
801. Aus der Zeit Gamaliels, des Lehrers des hi. Paulus,
wird zum erstenMale ein schriftliches Targum (zu Job)
erwahnt 7 . Die vorhandenen Texte der Targume datieren in ihrer
1 Vgl. Goettsberger (s. o. S. 386 x ) 104 5 .
2 Vgl. Ceriani (s. o. S. 460 x ) 28 und o. S. 465 3 .
3 Auch <rchaldaisch (s. o. S. 405*) genannt. Dalman (s. o. S. 366 J );
Ders., Aramaisch-neuhebraisches Worterbuch zu Targum, Talmud und Mi-
drasch. Mit Lexikon der Abbreviaturen, Frankf. a. M. 1901, 2 i922.
4 Vgl. assyr. targumanu, Dolmetsch; na^n^ (Ezr 4, 7) verdolmetscht.
5 Meg. 4, 4. Das nfea Neh 8, 8 wird bereits von einer solchen Uber-
tragung verstanden (so die jiidische Tradition; vgl. R. H. Melamed, The
Targum to Canticles according to six Yemen Mss compared with the textus
receptus [ed. De Lagarde] QqR N. S. 10, 377410; n, 120; 12, 57117;
auch Sonderabdruck, Philadelphia 1921] 377 ^; allein dagegen spricht,
dafi noch nachher eine hebraische Literatur entstand.
6 Talmud, j. Meg. 4, i verbietet den Gebrauch solcher in den Synagogen;
vgl. Konig (s. o. S. 2 2 ) 99. Uber das angebliche Verbot des Schreibens
vgl. H. L. Strack, Einleitung in Talmud undMidras 5 , Miinchen 1921, 916.
7 Talmud, b. Sabb. f. 115* u. a. St. (vgl. Melamed [s. o. Anm. 5] 377 2 ; letz-
terer erschliefit auch aus Jad. 4, 5 ein geschriebenes Targum). Der Zusatz
Nr. 802 f) Die Targume oder die aramaischen Ubersetzungen. 469
gegenwartigen Form nicht iiber das 3. nachchristliche Jahrhundert
hinauf, wenn darin auch altere Bestandteile verarbeitet sein
mogen. Sie unterscheiden sich im Dialekt 1 und besonders in
der mehr oder minder paraphrasierenden Art, mit der sie
die Vorlage wiedergeben. Fast zu alien Buchern des AT sind
Targume vorhanden.
234. Die einzelnen Targume.
802. Zum Pentateuch: a) Das Targum des Onkelos 2 , kaum
vor dem 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden, in palastinischem Dialekt
mit babylonischem Einschlag geschrieben, halt sich gegenuber den
andern aramaischen Ubersetzungen noch ziemlich an die Vorlage, wenn
es auch eine freie Wiedergabe nicht durchweg vermeidet 3 . b) Das
Targum jerusalmi I, auch Targum des Ps.-Jonatan genannt 4 , mit
gemischtem Sprachtypus, ist nicht vor dem 7. Jahrhundert n. Chr. in
seine gegenwartige Gestalt gebracht worden 5 und behandelt die Vorlage
viel freier als Onkelos 6 . c) Das Fragmententargum, auch Tar-
in der des Buches Job (42, 17 ff. ; s. o. S. 231) konnte aus diesem Job- (&c
XupiciKfte pipAou) iibersetzt sein. Manche Zitate des NT (Mt 27, 46 = Mk 1 5, 34;
Eph 4, 8) versuchte man auf ein X zuriickzufiihren ; vgl. Cornely (s. o. S. 3 2 )
1 Vgl. Dalman, Grammatik (s. o. S. 366 *) 2 6 ff. Ausgewahlte Stticke
sind kritisch herausgegeben worden von Merx (s. o. S. 190 5 ).
2 Der Name stammt daher, dafi man (so Raschi [f 1105]) unter
der im Talmud, b. Meg. f. 3 a angefuhrten Aquilasiibersetzung : Va? aisiri
tan OI^JPSIK niin, unser Pentateuch targum verstand; vgl. Buhl (s. o. S. 351)
173. Die jiidische Tradition verteidigt M. Friedmann, Onkelos und Aquilas,
Wien 1896.
3 E. Brederek, Bemerkungen iiber die Art der Ubersetzung im Targum
Onkelos (StKr 1901, 351377). Der Text ist in den rabbinischen Bibeln
(s. o. S. 419 5 ), in der Komplutenser, Antwerpener, Pariser und Londoner Poly-
glotte (s. u. 243) und in neuerer Zeit von A. Berliner (Targum Onkelos
hrsg. u. erl., B. 1884) veroffentlicht, von den jemenischen Juden in The Thora,
Jerusalem 18941901 (vgl. Melamed [s. o. S. 468 5 ] 385"). E. Brederek,
Konkordanz zum Targum Onkelos (9. Beih. z. ZatW), Giefien 1906. S. Lan-
dauer, Die Mas6rah zum Onkelos auf Grund neuer Quellen lexikalisch
geordnet und kritisch beleuchtet, Amsterdam 1896.
4 Die Abkiirzung ^ 'n wurde seit dem 14. Jahrh. falschlich als frff 'n auf-
gelost; vgl. Melamed (s..o. S. 468 5 ) 378 7 .
5 Melamed (s. o. S. 468 5 ) 379 nimmt aber vorchristliche Bestandteile an.
6 Zu den Textausgaben in der Venediger rabbinischen Bibel (s. o. S. 419 5 )
und der Londoner Polyglotte (s. u. 243) kommt noch: M. Ginsburger,
4/O III. Teil. Der Text des AT. Nr. 803
gum jerusalmi II genannt, ebenfalls mit gemischtem Sprachtypus, ist
ijilter und wohl nie vollstandig vorhanden gewesen, sondern darf viel-
leicht blofi als Rezension zu Ps.-Jonatan betrachtet werden *. Ebenso
kommt ein Targum jerusalmi III nur in Randglossen zu einzelnen
Hss vor 2 . d) Die Samaritaner besaften aufier dem samaritanischen
Pentateuch (s. o. S. 421) auch noch den Pentateuch im westaramaischen
samaritanischen Dialekt, das samaritanische Targum. Nach der
samaritanischen Uberlieferung wurde es von Natanael (-J- 20 v. Chr.)
verfafit; jedenfalls bestand es schon vor Origenes, der griechische Zitate
aus ihm als TO XauctpeiTiKOV (s. o. S. 436 f.) verwertete, wenn auch die
Hss aus sehr spater Zeit stammen. Es schaltet auch nicht so frei mit
seiner Vorlage, dem samaritanischen Pentateuch, wie die spateren
jiidischen Targume 3 .
803. Zu den Propheten (= Geschichts- und Prophetenbiicher) 4 hat
Jonatan ben Uzziel, Schiller des R. Hillel (nicht = Theodotion) zu
Beginn der christlichen Zeitrechnung ein Targum, das Targum Jo-
natan, in jiidischem Dialekt geschrieben, das sich der Art nach zu
Qnkelqs stellen lafit und, obwohl sich in seiner gegenwartigen Form
Pseudo-Jonathan (Thargum Jonathan ben Usie'l zum Pentateuch). Nach der
Londoner Hs (Brit. Mus. Add. 27031) hrsg., B. 1903; vgl. S. Landauer, Ein
interessantes Fragment des Pseudo-Jonathan (in Festschrift z. Ehren A. Har-
kavy's, St. Petersburg 1908).
1 So Zunz (s. o. S. 366 4 ) 2 73 u. a. Ausgaben: in der Venediger rabbini-
schen Bibel (s. o. S. 419 5 ); in der Londoner Polyglotte (s. u. 243, Nr. 822);
M. Ginsburger, Das Fragmententargum (Targum jeruschalmi zum Penta-
teuch), B. 1899; Ders., Die Fragmente des Targum jeruschalmi zum Penta-
teuch (ZdmG 57, 6780; 58, 374378). Vgl. auch J. BaCfreund, Das Frag-
menten-Targum zum Pentateuch, sein Ursprung und Charakter und sein
Verhaltnis zu den anderen pentateuchischen Targumim (MGWJ 40, 114
49 67 97 109 145 163 241 252 352 365 396 405 ; gesondert hrsg. Bres-
lau 1896).
2 Zusammengestellt bei BaCfreund (s. o. Anm. i) Sonderausgabe 40 44;
Ginsburger (s. o. Anm. i) 7174; vgl. auch Melamed (s. o. S. 468 5 ) 379 12 .
3 Die sog. Barberinische Triglotte (Rom, i. J. 1227 geschrieben) enthalt
den samaritanischen Pentateuch, eine arabische tJbersetzung desselben von
Abu Said (n.Jahrh. ; s. u. 240) und das samaritanische Targum. Aus-
gaben: Pariser, Londoner Polyglotte (s. u. 243); H. Petermann, Pentateuchus
Samaritanus ad fidem librorum mss. apud Nablusios repertorum, ed. et
varias lectiones adscripsit (Heft 35 von C. Vollers), B. 1872 1891 (vgl.
P. Kahle, Zu den in Nablus befindlichen Hss des samaritanischen Penta-
teuchtargums[ZdmG6i,9o9 912]); P. Kahle, Fragmente des samaritanischen
Pentateuch targums hrsg. u. erlautert (ZA 16, 79 101 ; 17, I 22).
4 Auch die jerusalemischen Targume erstreckten sich zum Teil iiber den
Pentateuch hinaus auf die Propheten und Hagiographen (vgl. Dalman, Gram-
matik [s. o. S. 366 l ] z 29 f.).
Nr. 804 f) Die Targume oder die aramaischen Ubersetzungen. 47 1
Spuren bis zum 4. Jahrhundert herab feststellen lassen 1 , doch alte
Materialien enthalt 2 . ;
804. Fast zu alien 3 Hagiographen sind Targume von verschiedenen
Verfassern und von je eigener Art, indem sie die Vorlage teils buch-
stablich wiedergeben (Prv, Pss, Job), teils sich zum ausgedehnten Midras
erweitern (Rut, Lam 4 , Koh, Est, Ct), aus altem und jungem Material
zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert hergestellt worden. Wahrend das
Targum zu Prv moslimischen Einflufi verrat, scheint das zu den Pss im
5. Jahrhundert entstanden zu sein. Sehr spat ist das paraphrasierende Tar-
gum zu den fiinfFestrollenniedergeschrieben. ZuEst, dem amPurimfest
gebrauchten Buche, kennt man drei Targume 5 . Das Targum zur Chr
gehort seinem Grundstocke nach dem 4. Jahrhundert an, wurde aber
nicht vor dem 9. Jahrhundert abgeschlossen 6 .
1 Nach Dalman, Grammatik (s. o. S. 366 1 ) 2 15 und Melamed (s. o. S. 468 5 )
380 ist es im 5. Jahrh. in Babylonien endgiiltig zusammengestellt worden.
Nach A. Sperber (Zur Textgestalt des Prophetentargums [ZatW N. F. 3, 175 f.])
ist das X zu den vorderen Propheten gewaltsam der hebraischen Vorlage
angepafit worden.
2 Ausgaben: Bomberg-, Buxtorf-Bibel (s. o. S. 419 5 ); Antwerpener, Pariser,
Londoner Polyglotte (s. u. 243) ; P. de Lagarde, Prophetae chaldaice e fide
codicis Reuchliniani ed., Lp. 1872. Einzelausgaben : M. Adler, A spe-
cimen of a commentary and collated text of the Targum to the Prophets
(Nahum) (JqR 7, 630657); F. Praetorius, Das Targum zu Josua in je-
menischer Uberlieferung, B. 1899; Ders., Targum zum Buch der Richter in
jemenischer Uberlieferung, B. 1900; S. Silbermann, Das Targum zu Ezechiel
nach einer siidarabischen Hs(Kap. i 10), Diss. Strafiburg 1902; L. Wolfsohn,
Targum zum Propheten Jeremia in jemenischer Uberlieferung (K. I 12),
Diss. Halle 1902. Weitere Literatur vgl. bei Dalman, Grammatik (s. o.
S. 366 1 ) 2 1 6.
3 Zu Dn und Ezr-Neh, deren aramaische Abschnitte selbst Targume
genannt werden (Jad. 4, 5), gibt es kein Targum.
4 M. Kahn, Untersuchungen zum Targum Echa (Festschrift f. D. Kroner,
Stuttgart 1917, 1126).
5 Vgl. Melamed (s. o. S. 468 5 ) 381"; A. Sulzbach, Targum scheni zum
Buche Esther iibersetzt und mit Anmerkungen versehen, Frankfurt a. M.
1920.
6 Melamed (s. o. S. 468 5 ) 381 18 . Ausgaben : Venediger Bibel (s. o. S. 419 5 ),
Antwerpener, Pariser, Londoner Polyglotte (s. u. 243 ; Chr fehlt, weil das X
dazu erst im 17. Jahrh. gefunden wurde); P. de Lagarde, Hagiographa chal-
daice, Lp. 1873 (mit Chr). Einzelausgaben: M. David, Das Targum scheni
zum Buche Esther nach Hss hrsg. und mit einer Einl. versehen, Diss. Er-
langen 1898 ; A. Levy, Das Targum zu Koh nach siidarabischen Hss, Breslau
1905; Melamed (s. o. S. 468 5 ); S. Posner, Das Targum Rischon zu dem
biblischen Buche Esther, Diss. Zurich 1896; Sulzbach (s. o. Anm. 5); L. Techen,
Das Targum zu den Pss, Wismar 1890, Lp. 1907.
472 II I. Teil. Der Text des AT. Nr. 805
805. Der Wert der Targume fur die Textkritik stuft
sich verschieden ab und vermindert sich mit der abnehmenden
Genauigkeit, mit der sie die Vorlage wiedergeben. Weil sie
ziemlich spat erst aufgezeichnet worden sind, ergeben sie fur
Wiederherstellung des Urtextes nicht viel. Meist zeugen sie fur
den 9Jt als Vorlage.
g) Die iibrigen alten Ubersetzungen des AT.
235. Die koptischen Bibelubersetzungen 1 .
806. Seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. hat sich in Agypten aus dem
Neuagyptischen, einer Entwicklungsstufe des Altagyptischen, die k o p-
tische Sprache gebildet, die mit griechischen Buchstaben ge-
schrieben wurde; jetzt ist sie nur noch als Kirchensprache in Gebrauch 2 .
807. Die koptischen Ubersetzungen des AT haben ge-
meinsam die zur Vorlage, unterscheiden sich aber nach den
o *
Dialekten.
Umfangreichere Stiicke sind im bohairischen Dialekt (von einer Provinz
in Unteragypten, seelandisch, friiher memphitisch genannt) 3 und im
sahidischen Dialekt (= hochlandisch, oberagyptisch, friiher theba-
1 W. E. Crum, Catalogue of the Coptic Mss in the collection of the J. Ry-
land's library, Manchester 1909. H. Hyvernat, Etude sur les versions coptes
de la Bible (Rb 5, 427 433 540 569; 6, 4874); Ders,, A check list of
Coptic Mss in the Pierpont Morgan library, N. Y. 1919. H. Munier, Me-
langes de litterature copte. III. Mss coptes sa'idiques d' Assouan (Annales
du service des ant. de 1'Egypte 23 [1923], 210228; S. 210 f . : Ps 137, 3
bis 138, 23; S. 212 215 : Henoch[?]). A. Vaschalde, Ce qui a etc public des
versions coptes de la Bible (Rb N. S. 16, 220 243 513 531 ; 29 [der ganzen
Reihe], 91106 241 258; 30, 237246; 31, 81 88 234258).
2 G. Steindorff, Koptische Grammatik mit Chrestomathie, Worterverzeich-
nis und Literatur (Porta linguar. or. 14), 2 B. 1904.
3 Vgl. Steindorff (s. o. Anm. 2) 238 f. ; UtUb 145 f. D. P. Buckle, Bohairic
lections of Wisdom from Ryland's library Ms (JthSt 17, 7898). P. Ketter,
Ein koptischer Text von Joel i, 515 (Ochr N. S. 5, i 9). A. Mallon S. J.,
Un manuscrit du Psautier copto-bohairique (Rb N. S. 4, 557 559). E. Porcher,
Le livre de Job. Version copte boha'irique publie'e et traduite (Patrologia
or, 1 8, 2), P. 1924. Psalterii versio memphitica e recognitione Pauli de La-
garde. Rendition avec le texte copte en caracteres coptes par O. H. Bur-
mester et E. Devaud, Lowen 1925. K. Wessely, Die griechischen Lehn-
worter der sahidischen und bohairischen . Psalmenversion (Denkschr. d. kais.
AdW 54, 3), Wien 1910.
Nr. 809 g) Die iibrigen alteri Ubersetziingen des AT. 473
nisch genannt) 1 erhalten. Von der fajjumischen.(rtach der sudwestlich
von Unteragypten gelegenen Oase Fajjum genannt) 2 und achmimischen
Ubersetzung (nach. einer oberagyptischen Stadt genannt) 3 liegen einige
Fragmente vor.
808. Weil die koptischen Ubersetzungen schon in die Zeit
vorOrigenes zuriickreichen, sind sie von Wert zur Feststellung
der Koivfi IKOOOX (s. o. S. 441 u. 443).
Doch haben sich die koptischen Texte von der Einwirkung der
hexaplarischen -Rezension ebensowenig rein erhalten konnen wie die
-Hss. Eine zuverlassige Eingliederung in die Textgeschichte wird
erst moglich, wenn die Textgeschichte der klar erkannt ist 4 .
236. Die athiopische Bibeliibersetzung 5 .
809. Fiir die Christen des axumitischen Reiches (Hauptstadt
Axum) in Abessinien (biblisches tiftS) wurde eine Bibeliibersetzung
in der Sprache des Ge'ez (seit dem 16. Jahrh. athiopisch ge-
nannt), eines dem Siidarabischen benachbarten und nachstver-
wandten semitischen Dialektes 6 , wohl nicht vor dem 4-/5- Jahr-
1 Vgl. Steindorff (s. o. S. 472 2 ) 233 ff.; UtUb 146 f.; Vaschalde (s. o. S. 472 1 ).
* A. Ciasca, Sacrorum bibliorum fragmenta copto-sahidica musei Borgiani,
Rom 1885/89. Die sehr zerstreuten Veroffentlichungen bis 1916 vgl. bei
Vaschalde (s. o. S. 472 J ) (Rb N. S. 16, 222 228) ; dazu : H. Thompson, New
biblical papyrus: a Sahidic version of Dt, Jon and Acts from Ms. or. 7599
of the Brit..Mus., Ld..i9i4; Wessely (s. o. S. 472 3 ); W. H. Worrell, The Coptic
Manuscripts in the Freer collection, N. Y. 1923. Vgl. Peters (s. o. S. 278 7 ).
2 Vgl. Steindorff (s. o. S. 472 2 ) 238 ; UtUb 147.
3 Vgl. Steindorff (s. o. S. 472 2 ) 237 f.; UtUb 147. K. Wessely, Duodecim
prophetarum minorum versionis Achmimicae codex Rainerianus, Lp. 1915.
4 Verschiedene Literatur dazu und Ansichten dariiber stellt Swete (s. o.
S. 131 2 ). 107 f. zusammen. Nach A. Schulte, Die koptische Ubersetzung
der vier groCen Propheten untersucht (Mstr. i. W. 1892), soil der Ubersetzer
des bohairischen Ez die vor sich gehabt haben (vgl. Fell [s. o. S. 3*] 225 2 ).
5 J. M. Harden, An introduction to Ethiopic Christian literature, Ld. 1926.
A. Heider, Die athiopische Bibeliibersetzung, ihre Herkunft, Art, Geschichte
und ihr Wert fur die alt- und neutestamentliche Wissenschaft.. Mit Jer
i 3 als Textprobe. dem athiopischen Pseudepigraph : Die Prophetic des
Jeremias an Pashur, und einem Generalkatalog der abessinischen Hss. (Als
Prolegomena zu einer kritischen Ausgabe der athiopischen Bibel.) i. Heft:
Bibelkritische Abhandlung. Die Prophetie des Jeremias an Pashur. Mit
deutscher Ubersetzung, Lp. 1902 (mehr ist nicht erschienen). *J. Schafers,
Die athiopische Ubersetzung des Propheten Jeremias, Frb. i. Br. 1912.
6 F. Praetorius, Athiopische Grammatik mit Paradigmen, Literatur, Chresto-
mathie und Glossar (Porta linguar. or. 7), Lp. 1886.
474
III. Teil. Der Text des AT. Nr. 810
hundert * hergestellt. Gegeniiber der friiheren Annahme, dafi die
Vorlage das Arabische gewesen sei 2 , legt schon die Beziehung
zu den agyptischen Christen Ubertragung aus der nahe, was
die Textuntersuchungen durchaus bestatigen.
Weniger sicher lafit sich die Rezension bestimmen, nach welcher
die athiopische Ubersetzung urspriinglich gefertigt wurde. Die Nachbar-
schaft mit Agypten liefie hesychianische Hss als Grundlage vermuten 3 .
Die alte Uberlieferung, dafi syrische Missionare das Christentum nach
Abessinien brachten, veranlafite andere, die lukianische Rezension als
Vorlage anzunehmen 4 . Erst eine genaue Untersuchung der einzelnen
Biicher kann sichere Ergebnisse zeitigen.
810. Die athiopische Ubersetzung des AT stammt nicht aus einer
Hand, sondern ist erst allmahlich entstanden. Der Text ist uns
nur in sehr spaten Hss (13. Jahrh.) erhalten 5 und hat zudem
im Laufe der Zeit verschiedene Uberarbeitungen erfahren 6 .
1 Heider (s. o. S. 473 5 ) nimmt 330 an; Schafers (s. o. S. 473 5 ) 182 setzt sie
nach 500, jedoch noch vor dem 7. Jahrh. an.
2 Uber den angeblichen Bibeliibersetzer Aba Salama vgl. Schafers (s. o.
S.473 5 ) 179 &
3 Rahlfs (s. o. S. 387 *) meint, die altathiopische Ubersetzung sei mit B
nachstverwandt ; Schafers (s. o. S. 473 5 ) I54ff. glaubt fur Jer eine enge Be-
ziehung zu zu erkennen; beide Hss gelten als hesychianisch. Uber
das Fehlen von Makk vgl. Rahlfs (s. o. S. 387 1 ).
4 So Heider (s. o. S. 473 5 ).
5 A. Rahlfs, Uber einige atl Hss des Abessinierklosters S. Stefano zu Rom
(Mitt. d. Septuaginta-Untern. d. k. GdW zu Gott. 3, i), B. 1918, 8 38. N. Roupp,
Die alteste athiopische Hs der vier Biicher der Konige (ZA 16, 296 343).
6 Vgl. C. Conti-Rossini, Sulla versione e sulla revisione delle sacre scrit-
ture in Etiopico (ZA 10 [1895], 236241). Schafers (s. o. S. 473 5 ) 27 ff. unter-
scheidet einen altathiopischen Text, eine Neubearbeitung nach einem syro-
arabischen Typus einer arabischen Bibel, eine akademische Rezension, durch
Gelehrte nach griechischen Hss und besonders nach dem Hebraischen her-
gestellt. Ausgaben : Altere vgl. bei Praetorius (s. o. S. 473 6 ) 23 f. Dazu
Franciscus a Bassano, VT cum antiquis codicibus necnon cum versionibus
syriaca, graeca et arabica comparatum. i. Oktateuch; 2. Rg, Par, Ezr,
Asmara 1923/24 (emendierter athiopischer Text ohne Variantenapparat [vgl.
Bb 8, 1 1 *]) ; J. Bachmann , Der Prophet Jesaja nach der athiopischen Uber-
setzung i (Text), B. 1893; Ders., Die Klagelieder Jeremia in der athiopischen
Ubersetzung, Halle 1893; Ders., Dodekapropheton Aethiopicum. i.Obadja;
2. Maleachi, Halle 1892/93; J. O. Boyd, The text of the Ethiopic version of
the Octateuch, with special reference to the age and value of the Haver-
ford Ms (Bibliotheca abessinica. Studies concerning the languages, litera-
ture and history of Abyssinia 2), Leiden 1905 ; Ders., The Octateuch in
Ethiopic according to the text of the Paris codex, with the variants of five
Nr. 812 g) Die ubrigen alien Ubersetzungen des AT. 475
237. Die armenische Bibeliibersetzung \
811. Die alteste armenische Ubersetzung des AT ware nach Moses
von Chorene (430 482; s. o. S. 3872) aus der <3 P ubersetzt, da das
Christentum uber Syrien nach Armenien kam. Vielleicht gehen die
Beriihrungen der erhalten gebliebenen Ubersetzung mit @ p auf diese
verloren gegangene alteste armenische Bibel zuriick 2 .
812. Mesrop (f 441), der Erfinder des armenischen Alphabets, soil
atich die Ubertragung der Bibel ins Armenische nach griechischen Hss
aus verschiedenen Gegenden veranlafit haben 3 . Trotz mancher Eigenart
ist im wesentlichen der hexaplarische Text die Grundlage gewesen 4 .
Das Buch Dn gibt den 0-Text wieder. Bei deni regen Verkehr zwischen
Syrien und Armenien ist ein Einflufi der & nicht: unwahrscheinlich 5 ,
Eine Ubertragung nach der 23 lafit sich nicht erweisen; wohl aber
other Mss. i. Genesis; 2. Exodus and Leviticus (ebd. 3/4), Leiden 1909/11;
A. Dillmann, Veteris Testament! Aethiopici torn. I (Oktateuch), Lp. 1853;
torn. II (Rg, Chr, Ezr, Est davon nur Heft I u. 2 mit i 4 Rg erschienen),
Lp. 1861/71 ; torn. V (Bar, Ep. ler., Tob, Jdt, Sir, Sap, 4 Ezr, 3 Ezr), B. 1894;
F. O. Kramer, Die athiopische Ubersetzung des Zacharias. Text zum ersten
Male hrsg., Prolegomena und Commentar. Eine Vorstudie zur Geschichte und
Kritik des Septuagintatextes. I. Heft, Lp. 1898; Merx (s. o. S. 330 f.) 449
bis 450 (athiop. Text von A. Dillmann) ; F. M. E. Pereira, Le livre de Job.
Version e"thiopienne, publie"e et traduite (Patrol, or. 2, 5), P. 1907 ; Ders., Le
livre d'Esther. Version ethiopienne, publiee et traduite en frangais (ebd. 9, i),
P. 1911; Ders., Le troisieme livre d'Esdras (Esdras et Nehe'mie canoniques).
Version ethiopienne, editee et traduite (ebd. 13, 5), P. 1919.
1 Abeghian, Artasches, Vorfragen zur Entstehungsgeschichte der alt-
armenischen Bibeliibersetzungen, Diss. Marburg 1906. A. Baumstark, Der
armenische Psaltertext, sein Verhaltnis zum syrischen der Pesitta und seine
Bedeutung fur die LXX-Forschung (Ochr N. F. 12/14, 180213; 3. S. i,
158 169 319 333). V. Ermoni, Etude critique sur la version armenienne
de la Bible (Compte rendu [s. o. S. 76 6 ] 317351).
2 So H. Hiibschmann, Armenische Grammatik I, Lp. 1895/97, 284 f.; Fell
(s. o. S. 3 2 )227f. '
3 Marr meint, die armenische Bibeliibersetzung sei nicht vor das 8. Jahrh.
zu datieren (vgl. BZ 12, 284).
4 Einige Hss hatten die kritischen Zeichen der Hexapla. Eine neue
Vergleichung fiir die Cambridger -Ausgabe (s. o. S. 447) bestatigte diese
Annahme (vgl. Swete [s. o. S. 13 1 2 ] H9 3 ). F. Herklotz (Kleinigkeiten zur
georgischen und armenischen Bibeliibersetzung [BZ 14, 289 292]) nimmt
einen Mischtext an.
5 Zur Zeit des Barhebraus ({- I286)herrschte diese Anschauung; vgl. J. Goetts-
berger, :Die syro-armenischen und syro-koptischen Bibelzitate aus den Scho-
lien des Barhebraus (ZatW 21, 101141) lo6 8 .
476 HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 813
mogen seit der engeren Verbindung mit der romischen Kirche (12. Jahrh.)
gelegentlich manche Einwirkungen von der 25 ausgegangen sein 1 .
238. Die georgische Bibeliibersetzung 2 .
813. Zu den Georgiern oder Grusiniern kam das Christentum im
4. Jahrhundert von den Griechen fiber Armenien 3 . Dementsprechend
teilt die georgische Bibel den griechisch-syrischen Charakter der ar-
menischen Bibel 4 . Sie wird im 5. (durch Mesrop) oder 6. Jahrhundert
entstanden sein. Ihr Text ist noch nicht genauer erforscht, da es
in den leichter erreichbaren Bibliotheken wenig Hss gibt 5 . Vielleicht
1 Vgl. Fell (s. o. S. 3 2 ) 228 2 . Dem Herausgeber Oskan (Amsterdam 1665
bis 1668) wird vielfach der Vorwurf gemacht, dafi er die Lesarten der Hss
nach der 23 geandert habe; vgl. dazu Fell (s. o. S. 3 2 ) 229 1 . Sir (und 4 Ezr) HeG
er aus der 95 neu iibersetzen, weil ihm hierfiir Hss fehlten. Erst 1833 wurde
eine alte Ubersetzung des Sir veroffentlicht. Die Venediger Ausgabe von
1860 nahm sie auf, wahrend die Ausgabe von 1805 eine davon verschiedene
alte Ubersetzung enthalt. Vgl. P. Ferhat, Vorlaufiger Bericht tiber die ar-
menischen Ubersetzungen des Buches Jesus Sirach (ThG 5, 66 1 663).
Ausgaben: Vgl. UtUb 156. Ausgabe von J. Zohrab (Venedig 1805 auf
Grund von 20 Hss mit verstiimmeltem alten Sir-Text; neu hrsg. 1860 mit
anderem alten Sir -Text [s. o.]). Eine weitere Ausgabe (Konstantinopel
1892 ff.) gibt die Abweichungen des hebraischen und griechischen Textes
an (vgl. Fell [s. o. S. 3 2 ] 229). Vgl. S. Euringer, Ein unkanonischer Text
des Hohenliedes (Ct 8,. 15 20) in der armenischen Bibel (ZatW 33, 272
bis 274).
2 R. P. Blake, Ancient Georgian versions of the OT (Harvard theol Rev.
19, 271297).
3 T. Kluge (Studien auf dem Gebiete des georgischen Bibeltextes [Ochr
N. S. 4, 120 122]) glaubt, dafi der christliche EinfluC von Syrien iiber Nord-
persien gekommen sei. Nach ihm gab es im Georgischen anfanglich nur
Psalter und Pentateuch. Die grofie Athos-Hs mit dem ganzen AT sei viel
jiinger und eine Ubersetzung aus dem Armenischen ; vgl. Ders., Die Schriften
des AT und ihre georgischen Ubersetzungen (ZatW 31, 304 307). Euringer
(s. u. Anm. 4) stellt fur Ct armenischen, aber keinen syrischen EinfluB fest.
4 Vgl. S. Euringer, Bemerkungen zur georgischen Ubersetzung des
Hohenliedes (BZ 14, 97 116); H. Goussen, Die georgische Bibeliibersetzung
(Ochr 6, 300318); A. Palmieri, Le versioni Georgiane della Bibbia (Bessa-
rione 2. S. 5 [1903], 259267 322 328 ; 6, 72 77 189 194). Nach Marr,
Bemerkungen iiber Texte der HI. Schrift in den alten Ubersetzungen der
Armenier und Georgier (Khristianskoje Vostok 2, 163 174) gab es mehrere
altere georgische Bibeliibersetzungen (vgl. Ochr N. S. 4, 375 ; Palmieri in
Bessarione 2. S. 6, 195 197 282285).
5 A. v. Harnack, Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen
und armenischen Literatur (SB d. k. preufi. AdW 1903, 2, 831 840): Hand-
schriftenfunde im Kloster auf dem Sinai und in Jerusalem von altarmeni-
Nr. 815 g) Die iibrigen alten Ubersetzungen des AT. 477
ist sie schorl von Anfang an unter dem Einflufi der altslavischen Bibel
gestanden. Die Ausgabe von Moskau (1743; wiederholt Tiflis 1884)
ist nach der slavischen Ubersetzung geandert und erganzt 1 .
239. Die gotische Bibeliibersetzung.
814. Der Bischof der Westgoten, Ulfila (f 381), stellte die gotische
Bibeliibersetzung um 350 her 2 , das AT auf Grund der lukianischen
-Rezension 3 . Davon sind nur wenige Bruchstiicke erhalten (einige
Worte aus Gn 5, 330; Ps 52, 2 3 4 ; Neh 5, 1316; 6, 147, 35 T, I0
bis 45) 5 .
240. Die arabischen Bibelubersetzungen.
815. Arabische Ubersetzungen gab es, obwohl das Christentum im
3./4. Jahrhundert nach Arabien kam, anscheinend vor Mohammed
schen und grusinischen Bibelubersetzungen. Auch auf dem Berge Athos
und in Armenien sind noch Hss. Die alteste Hs im Sinaikloster (Pss)
stammt aus dem 7-/8. Jahrh.
1 Vgl. Euringer (s. o. S. 476 4 ) 97 fif. Sir und Makk sind aus dem Russi-
schen neu iibersetzt. Zur Ausgabe des Ct von A. Zagarelli (Nachrichten
iiber die Denkmaler des grusinischen Schrifttums [russ.], i. Heft, Petersburg
1886) vgl. Euringer (s. o. S. 476*). Herklotz (s. o. S. 475 4 ) kennt noch
einige Psalterausgaben.
2 Uber Zweifel, ob Ulfila Verfasser des AT sei, vgl. Fell (s. o. S. 3 2 ) 231 l .
3 F. Kauffmann, Beitrage zur Quellenkritik der gotischen Bibeliibersetzung
(Zeitschr. f. deutsche Philol. 29 [1896], 306337: Vorbemerkungen und I. Die
atl Bruchstiicke) ; Ders., Zur Textgeschichte der gotischen Bibel (ebd. 43
[1911], 118 132). H. Stolzenburg, Die Ubersetzungstechnik des Wulfila
untersucht auf Grund der Bibelfragmente des codex argenteus (ebd. 37,
145193 352~392).
4 J. Miihlau, Zur Frage nach der gotischen Psalmeniibersetzung, Diss.
Kiel 1904.
5 E. Langner, Die gotischen Nehemia-Fragmente. Unter Beriicksichti-
gung der neueren Forschungen iiber ihr Verhaltnis zur Quelle erklart und
iibersetzt, Progr. Sprottau 1903. Nach Philostorgios (f nach 424; Kirchen-
geschichte* 2, 5 [M s 65, 469]) soil Ulfila Rg nicht iibersetzt haben, um nicht
den kriegerischen Geist im Gotenvolke zu nahren. Ausgaben : E. Bernhardt,
Vulfila oder die gotische Bibel, mit dem entsprechenden griechischen Text
und erklarendem Kommentar . . ., Halle 1875, daneben ein Textbuch mit hsl
Lesarten und Glossar (Sammlung germanist. Hilfsmittel3), Halle 1884; W- Streit-
berg, Die gotische Bibel. I. Teil: Der gotische Text und seine griechische
Vorlage. Mit Einleitung, Lesarten und Quellennachweisen sowie den kleinen
Denkmalern als Anhang (German. Bibl. 2. Abt. : Untersuchungen und Texte
3, i), 2 Heidelberg 1919.
478 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 815
nicht 1 . Die zahlreichen und vielgestaltigen arabischen Ubersetzungen
der spateren Zeit haben aber fur die Textkritik des AT wenig Wert 2 .
Aus dem Hebraischen stammen die Ubersetzung des Sa c adja Gaon aus
dem Fajjum (-j* 942) 3 , der sog. Arabs Erpenii (Pentateuch aus dem
13. Jahrh.) u. a. 4 , aus dem samaritanischen Pentateuch die Ubersetzung
des Abu Sa'id (urn loyo) 5 , andere aus der @ P6 , der 7 , der <5 h8 , aus
koptischen Hss und schliefilich aus der OS 9 . Entsprechend den Volks-
sprachen, auf welche die arabische Invasion traf, wechselte die Vorlage
der Bibeliibersetzung.
1 Vgl. *G. Graf, Die christlich-arabische Literatur bis zur frankischen
Zeit (Ende des n. Jahrh.). Eine literarhistorische Skizze (Strafiburger theol.
Stud. 7, i), Frb. i. Br. 1905. Uber einige altere nur erwahnte Ubersetzungen
vgl. UtUb 151.
2 Vgl. H. S. Gehman, The Arabic Bible in Spain (Speculum. A Journal
of mediaeval studies i [1926], 219221); P. Kahle, Die arabischen Bibel-
iibersetzungen. Texte mit Glossar und Literaturiibersicht , Lp. 1904;
J. F. Rhode O. F. M., The Arabic versions of the Pentateuch in the church
of Egypt. A study from manuscript sources, St. Louis Mo. 1921; UtUb isoff. ;
A. Vaccari S. J., Le versioni arabe dei profeti (Bb i, 266 268; 2, 401 423 ;
3, 401423).
3 J. Derenbourg, Oeuvres completes de R. Saadia ben Josef al-Fajjoumi,
P. 1893/97. * W. Engelkemper, De Saadiae Gaonis vita, bibliorum versione,
hermeneutica, Mstr. i. W. 1897. J. Mieses, Textkritische Bemerkungen zu
R. Saadja Gaons arabischer Pentateuchiibersetzung, ed. Derenbourg, Paris
1893 (MGWJ 63, 269 290). Andere Ausgaben vgl. bei Fell (s. o. S. 3 2 )
238 2 .
4 Vgl. UtUb I52f.
5 J. Bloch, Die samaritanisch-arabische Pentateuch-Ubersetzung (Dt I XI),
B. 1901. Kahle (s. o. Anm. 2) x ff. ; vgl. o. S. 470 3 .
6 Teile davon in der Pariser und Londoner Polyglotte (s. u. 243 ; vgl.
UtUb 154). G. Graf, Die arabische Pentateuchiibersetzung in cod. Monac.
arab. 234 (BZ 15, 97115 193 212 291300).
7 B. Violet, Ein zweisprachiges Psalmenfragment aus Damaskus. Berich-
tigter Sonderabdr. aus OrLz 1901, B. ; vgl. OrLz 4, 384 403 425 441 475
bis 488 : Aus Ps 78 (77) (griech.-arab.). H. S. Gehman, The Polyglott Arabic
text of Daniel and its affinities (JbL 44, 327 352).
8 Uber den Umfang vgl. o. S. 466 ; Baumstark (s. o. S. 385^ 187 ; Fell (s. o.
S. 3 2 ) 237 ; UtUb 1 54. Uber eine solche Ubersetzung zu Ezr vgl. Howorth
(s. o. S. 434 2 ), PSbA2 4 , 169.
9 Vgl. W. Baudissin, Translationis antiquae arabicae libri Job quae super-
sunt, Lp. 1870; A. Heisz, Eine anonyme arabische Ubersetzung und Er-
klarung des Propheten Zephania, Haggai und Zecharja, hrsg. u. mit Anm.
vers., B. 1902 ; Kahle (s. o. Anm. 2) in ff.; UtUb 153 f.
Nr. 817 g) Die iibrigen alten tJbersetzungeh des AT. 479
241. Die slavischen Bibeluberseteungen.
816. Dafi die slavischen Ubersetzungen * fur die atl Textkritik noch
irgend eine Bedeutung haben, kann man bezweifeln. Immernin verdient
die alteste unter ihnen, die altkirchenslavische, genannt zu werden,
welche schon im 9. Jahrhundert, als Cyrillus und Methodius in Mahren
das Christentum verbreiteten, gefertigt wurde. Fur kirchlich-liturgische
Zwecke entstand als Lektionar eine Ubersetzung des AT in dem heimat-
lichen Dialekt der beiden Slavenapostel (aus Thessalonich, daher altbul-
garisch; mit der cyrillischen, aus der griechischen Minuskel gebildeten
Schrift geschrieben, glagolitisch genannt; die russische Schrift stammt
aus einer griechischen Majuskel). Sie wird wohl kaum vor 1500 das
ganze AT umfafit haben. Als Erzbischof Gennadius von Nowgorod
gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine vollstandige Bibel in kirchen-
slavischer Sprache zusammenstellen wollte, mufite er, da damals schon,
wie auch heute noch, nicht fur alle atl Biicher Hss vorhanden waren,
Chr, i 3 Ezr, Tob, Jdt, Sap, i 2 Makk, Est n 16 aus der 35 neu
iibersetzen lassen (Est i 10 ist unmittelbar aus dem Hebraischen iiber-
tragen). Das iibrige beruht auf dem -Text, und zwar im allgemeinen
auf der lukianischen Rezension 2 .
817. Bei den katholischen Kroaten hat sich diese altkirchenslavische
Ubersetzung in den liturgischen BiLchern bis heute erhalten 3 . Die
Gennadiusbibel ist unter mehr oder weniger tiefgreifenden Revisionen
die russisch-kirchenslavische Bibel geblieben und auch von den Bul-
garen und Serben ubernommen worden. Daneben entstanden neue Uber-
setzungen auf verschiedener Grundlage in den Volkssprachen der
1 I. E. Evseev, Skizzen zur Geschichte der slavischen Bibeliibersetzung
[russ.](KhristianskojeCtenie92[i9i2], 1261 1285 13421374:93, 192 213 350
bis 373 469493 13291340). Nikel (s. o. S. 10) 375 ff. UtUb 211227.
2 F. Eleonskij, Woher stammt die altslavische Ubersetzung einzelner
Stellen des AT, gefertigt nach dem Hebraischen oder mittelst anderer Uber-
setzungen als der LXX? [russ.] (Khristianskoje Ctenie 1905, Okt. Nov.; vgl.
ebd. 1905, Jan.).
3 Gesammelt aus Hss und Drucken vor dem 16. Jahrh. von I. Bercic,
Bruchstiicke der HI. Schrift [tschech.j, Prag 18641871. Vgl. UtUb2i7;
J. Vajs, Bis zu welchem MaCe bestatigen die kroatisch-glagolitischen Bre-
viere die Annahme einer vollstandigen Ubersetzung der HI. Schrift durch
den hi. Methodius? (Arch. f. slav. Philol. 35 [1914], 1244); Ders., Propheta
Habacuc. Ex breviario c. r. bibl. aulicae Vindobonen. r. academiae Za-
grabiensis transscripsit, notis variisque aliorum codicum lectionibus instruxit
(Glagolitica. Publicationes academiae palaeoslavicae Veglensis: Analecta
S. Scripturae ex antiquissimis codd. Glagoliticis, Prophetae minores), Veglae
1912; Ders., Psalterium palaeoslovenicum croatico-glagoliticum. Textum glago-
liticum e codicibus Pragensi et Parisiensi litteris cyrillicis exscriptum ed.
I. Textus, annotationes, tabulae (Glagolitica [s. o.]), Prag 1916.
480 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 818
Russen, Bulgaren und Serben sowie der nichtorthodoxen slavischen
Zweige, soweit sie der romisch-katholischen Kirche oder dem Prote-
stantismus angehorten 1 .
h) Polyglottenbibeln.
242. Allgemeines 2 .
818. Zwei- und dreisprachige Hss gab es schon sehr friihe. Zusammen-
stellungen einer Reihe von verschiedensprachigen Bibeltexten finden sich
besonders seit dem 16. und 17. Jahrhundert in den sog. Polyglottenbibeln,
die dem gelehrten Bibelstudium dienen wollten. Bis in die neueste
Zeit herein versprach man sich fur die biblische Textkritik davon
Nutzen.
243. Die Polyglotten im einzelnen.
819. Die Komplutenser Polyglotte, in AlcaU (de Henares|
(= Burg, lateinisch Complutum) von Kardinal Ximenes (-f- 1517)
unternommen, erschien i52o 3 und enthalt in 4 Foliobanden mit 6 Teilen
(3 6 AT) 4 den 3JI, das des Onkelos (mit lateinischer Ubersetzung),
die (nach den Hss Vat. gr. 330 5 u. 346 u. a., mit lateinischer Inter-
lineariibersetzung) , die 33 (iiberwiegend nach den Grundtexten ver-
1 Vgl. T. P. Haluscynskyj, De ucrainis S. Scripturae versionibus (Boho-
slavia 1925, 218 223 309 319); V. Jagic, Die serbokroatischen Ubersetztmgen
im Ganzen oder einzelne Teile derselben (Arch. f. slav. Philol. 34, 497 532 ;
dazu F. Francev, Nachtrag zur vorausgehenden bibliographischen Ubersicht
[ebd. 532 540]); A. Snoj, Die neue slovenische Ubersetzung der HI. Schrift
[slav.] (Bogoslovni Vestnik 1924, 3./4- Heft); J. Vrastil S. J., Quomodo Sacri Co-
dicis bohemici iubilaeum quingentorum annorum digne celebrandum sit.
Conspectus recentiorum de antiqua bibliorum versione bohemica litterarum
et consilia (Act. Acad. Velehradensis 1913, 31 44); S. Zwolski, De bibliis
polonicis quae usque ad initium saeculi XVII. in lucem edita sunt. Com-
mentatio biblica critica, Posen 1904.
2 Vgl. Comely (s. o. S. 3 2 ) I 2 , 527532; KL io 2 , 143 ff. (F. Kaulen); KHL
2, I533f. (F. Schiihlein); PRE I5 3 , Lp. 1904, 528535 (E. Nestle).
3 1517 vollendet. Jubilaumsschrift von M. R. Rico, La Polfglota de Al-
cald. Estudio historico-crftico , Madrid 1917; vgl. auch Franz Delitzsch,
Studien zur Entstehungsgeschichte der -Polyglottenbibel des Kard. Ximenes,
Lp. 1871/86; E. Mangenot, La Polyglotte d'Alcala (RClfr 101, 102114 180
bis 194 254272).
4 Gezahlt nach der Reihenfolge im Druck. Gedruckt wurde zuerst das
NT mit dem Lexikon und andern Traktaten (i. u. 2. Teil; in der Gesamt-
ausgabe gewohnlich als 5. und 6. Bd. gezahlt, wahrend Bd. 14 das AT
enthalten).
5 = 108 nach Holmes-Parsons (s. o. S. I76 12 ); vgl. o. S. 442.
Nr. 822 h) Polyglottenbibeln. 481
bessert), das griechische NT, ein hebraisch-chaldaisches Lexikon mit
Grammatik u. a.
820. Die Antwerpener Polyglotte (bei Plantin in Antwerpen 1569
bis 1572 erschienen) oder Biblia regia (auf Kosten Konig Philipps II.
gedruckt), in 8 Folianten (14 AT, 5 NT, 8 [7] AT u. NT), bietet in den
ersten 4 Banden das, was die Komplutenser Polyglotte enthalt (die 33
verbessert), dazu die Targume (mit lateinischer Ubersetzung) auch zu
den iibrigen Biichern (mit Ausnahme vonDn, Ezr-Neh [s. o. S. 47 1 3 ] und
Chr), im 5. Band das NT griechisch und lateinisch mit & (nicht zu 2 Petr,
2 u. 3 Jo, Jud, Apk; mit hebraischer Umschrift und lateinischer Uber-
setzung); Bd. 6 und 7 (bzw. 8) enthalten Lexika undArchaologisch.es, der
8. (bzw. 7.) Bd. den hebraischen und griechischen Text (ohne Deutero-
canonica) mit lateinischer Interlinearversion (die im AT auf die Uber-
setzung des Sanctes Pagninus [f 1541] aus dem Urtext, iiberarbeitet von
Arias Montanus, zuriickgeht, im NT nach der 33 hergestellt ist) 1 .
821. Die Pariser Polyglotte (1629 1645) druckt in den 4
ersten ihrer 10 Bande das AT der Antwerpener Bibel ab, in den 2 fol-
genden das NT aus der gleichen Vorlage (auch die 33-Texte sind noch
nicht der sixtinisch-klementinischen Ausgabe entnommen), fiigt aber
die fehlenden Biicher der & und eine arabische Version (mit lateini-
scher Ubersetzung) dazu. Die iibrigen Bande enthalten den samari-
tanischen Pentateuch mit dem samaritanischen Z, die & zu den proto-
kanonischen Biichern, zu Bar mit Ep. ler. und zu Makk, aufierdem eine
arabische Ubersetzung des AT, jeweils mit lateinischer Ubersetzung.
822. Am bedeutendsten und verbreitetsten ist die Londoner Poly-
glotte von Brian Walton, die 1657 vollendet wurde und an sorgfaltiger
Arbeit ihre Vorgangerinnen weit iiberbot. Band i 4 der 6 Folianten
enthalten das AT in neun verschiedenen Sprachen: 33t mit der Ant-
werpener Interlinearversion, den samaritanischen Pentateuch, die
nach der Ausgabe von Rom 1586 (s. o. S. 446) mit Varianten des Codex
Alexandrinus, die 35 nach der klementinischen Ausgabe mit den Ver-
besserungen von Lukas von Brugge (s. o. S. 456 f.), die <5 P um einige
Deuterocanonica (Tob, Jdt, Sap, Sir) vermehrt, die arabische Uber-
setzung, die Targume, wie sie in der Buxtorfschen Ausgabe (s. o. S. 41 9 5 )
stehen, das samaritanische Targum, zu den Pss und zu Ct noch die
athiopische Ubersetzung. Im 4. Band stehen aufierdem zum Penta-
teuch: Ps.-Jonatan, das Fragmententargum und eine persische Uber-
setzung (im 16. Jahrhundert aus dem 30ft gefertigt). Der griechische und
die orientalischen Texte sind mit lateinischen Ubersetzungen versehen.
Der 5. Band bietet das NT in ahnlich reicher Ausstattung. Im 6. Band
steht der wertvolle Apparatus criticus von Brian Walton mit der 2,
soweit sie von Flaminius Nobilius damals schon gesammelt war (s. o.
1 Vgl. M. Rooses, Christophe Plantin, imprimeur Anversois 2 , Antwerpen
1897, 113148.
Goettsberger, Einleitung in das AT. 31
482 HI- Teil. Der Text des AT. Nr. 823
S. 45o 2 ), Abhandlungen iiber Bibeltext und Ubersetzungen und kritisches
Material zu den abgedruckten Texten von verschiedenen Handen. Das
Lexicon heptaglotton (hebr., chald., syr., sam., ath., arab., pers.) von
E. Castellus (1669) brachte mit seinen 2 Banden das verdienstvolle und
zum Teil jetzt noch verwertbare Werk zum Abschluft.
823. Die spateren Polyglotten erreichten das Ausmaft dieser Unter-
nehmungen bei weitem nicht mehr. Viel verbreitet war u. a. die Biele-
feldsche Polyglotte (Polyglottenbibel zum praktischen Handgebrauch.
Die Heilige Schrift des alten und neuen Testaments in iibersichtlicher
Nebeneinanderstellung des Urtextes, der Septuaginta, Vulgata und Luther-
Ubersetzung sowie der wichtigsten Varianten der vornehmsten deutschen
Ubersetzungen, bearbeitet von R. Stier und K. G. W. Theile, Bielefeld
1847/56; ^iSgo). Die zuletzt erschienene ist die Polyglotte von
*F. Vigouroux (Sainte Bible polyglotte, P. 1898 1909, mit hebr. und
griech. Text und der 33, zugleich mit der franzosischen Ubersetzung von
Glaire [s. u. Nr. 830]) J . Die neuen Bearbeiter des Cursus Scripturae
Sacrae (Paris, Lethielleux; s. o. S. n), in dessen Programm urspriing-
lich auch von einer Polyglotte die Rede war, scheinen nach neuesten
Ankiindigungen des Werkes eine solche nicht mehr ins Auge zu fassen.
An hang.
Von den Bibelubersetzungen in den neueren
Sprachen.
244. Die deutschen Bibelubersetzungen 2 .
824. An die gotische Bibel (s. o. S. 477) schliefit sich der Zeit nach
die altdeutsche Bibel 3 an. Der alteste bekannte Ubersetzer des
AT ist Notker Labeo von St. Gallen (-j- 1022), dessen Jobtext verloren
ging, atis dessen Kommentar zu den Pss und den Cantica man aber
eine Ubersetzung fast vollstandig herausschalen kann. Aufierdem sind
bis 1300 bloft noch das HI von Abt Williram von Ebersberg (-J- 1085; in
Munchen [Cgm 10]) und Interlinearversionen des Psalters (besonders der
Windberger Psalter von 1187) zu nennen. Von dieser Zeit ab konnten
bis Ende des Mittelalters unter 202 Hss etwa 26 mit dem AT festgestellt
werden, wahrend unter den vorlutherischen Drucken igmal das AT
1 Vgl. ZkTh 22, 553559; 23, 174180. 2 UtUb 119144.
3 * F. Falk, Die Bibel am Ausgange des Mittelalters, ihre Kenntnis und
ihre Verbreitung (2. Vereinsschr. d. Gorres-Ges., 1905), Koln 1905. J. Kehrein,
Zur Geschichte der deutschen Bibeliibersetzung vor Luther, Stuttgart 1883.
V. Kehrein, Beitrage zur Geschichte der deutschen Bibeliibersetzung vor
Luther (Kath 4. F. 22, 267 274). W. Walther, Die deutsche Bibeliibersetzung
des Mittelalters dargestellt, Braunschweig 1892.
Nr. 826 Anhang. Von den Bibeliibersetzungen in den neueren Sprachen. 483
zu finden 1st, darunter cine auffallend grofie Anzahl voneinander durch-
aus unabhangiger Ubersetzungen 1 . Alle hatten die 23 zur Grundlage
mit Ausnahme eines Psalters, der nach dem 9Tt oder nach dem Psal-
terium iuxta Hebraeos von Hieronymus (s. o. S. 244) iibertragen war *.
825. Bei den Reformatoren gewann die Bibeliibersetzung Martin
Luther s ein unbestrittenes und bis heute dauerndes Ansehen 3 . 1522
bis 1534 bearbeitete er das AT nach dem hebraischen Text, wobei
auch die , die 33 4 und andere Hilfsmittel mit Einschlufi der alteren
deutschen Ubersetzungen beigezogen wurden. Nach verschiedenen Revi-
sionen biirgerte sich die Ausgabe von 1545, die zehnte und letzte
Originalausgabe, als amtlicher Luthertext ein, der noch durch die Eisen-
acher Kirchenkonferenz (1861 1890; Probebibel Halle 1884, endgiiltige
Ausgabe 1892) und zuletzt durch den deutschen evangelischen Kirchen-
ausschuft festgestellt wurde 5 .
826. Bei den Katholiken besafi die Bibel in der Volkssprache nicht
dieselbe Bedeutung wie bei den Protestanten. Schon deswegen konnte
sich keine ihrer spateren zahlreichen Ubersetzungen ein ahnliches An-
sehen erwerben wie die Lutherbibel e . Seit mehr als einem Jahrhundert
erhielt sich bis jetzt die von H. Braun O. S. B. (^ 1792) begonnene
Bibeliibersetzung (1788 1797 ; das AT nicht von ihm vollendet), die, in
zweiter Auflage von M. Feder verbessert, in dritter Auflage von J. F.
Allioli umgearbeitet (1830/32), als erste Auflage unter Alliolis Namen
gezahlt, die Approbation des Apostolischen Stuhles erhielt und in der
1 Vgl. Walther (s. o. S. 482') 709 ff. 2 Vgl. ebd. 745.
3 Vgl. W. Walther, Luthers deutsche Bibel. Festschrift, B. 1917 ; Ders.,
Die ersten Konkurrenten des Bibeliibersetzers Luther, Lp. 1917. In der
Weimarer kritischen Gesamtausgabe von D. Martin Luthers Werken ist
die deutsche Bibel 1923 bis zum 5. Bd. erschieneii.
4 Die Apokryphen (= Deuterocanonica ; s. o. S. 390) iibertrug er zum
Teil nach der 95 (UtUb 133).
5 Die Bibel nach der deutschen Ubersetzung D. Martin Luthers, neu
durchgesehen nach dem vom deutschen evangelischen Kirchenausschufi
genehmigten Texte, B. 1913. H. L. Strack, Die neuesten Drucke der Luther-
bibel (Studierstube 12 [1914], 241 247). Die sog. Ziiricher Bibel ist z. T.
ein Nachdruck der Lutherbibel ; die Propheten und Apokryphen sind von
schweizerischen Pradikanten neu iibersetzt (1530). Sie hat ihre eigene Ge-
schichte (vgl. J. C. Gasser, Vierhundert Jahre Zwingli-Bibel 1524 1924,
Zurich 1924; UtUb 137 f.) und wirkt noch nach in der sog. Miniaturbibel
(nach dem Urtext und den besten Ubersetzungen von F. E. Schlachter, Biel
1905, "Stuttgart 1923).
6 Gegeniiber der Ubersetzung von J. Eck (1537) vermochte sich die von
J. Dietenberger (1534, wenigstens hundert Ausgaben), iiberarbeitet von
C. Ulenberg (1630) und von Mainzer Theologen (1662), als Catholische
oder Mainzer Bibel* grofiere Verbreitung zu erringen. Zu den Ubersetzungen
des 16., 17. und 18. Jahrh. vgl. KHL i, 634 1117; UtUb 139 141.
484 IIL Teil - Der Text des AT - Nr -
10. Auflage von A. Arndt S. J. bearbeitet wurde (1899 1901; letzte
Ausgabe Regensburg 1920, deutsch-lateinisch und deutsch). Von V. Loch
(AT) und W. K. Reischl (NT) wurde 1851/67 die Bibel neuerdings nach
der 33 unter steter Vergleichung des Grundtextes iibersetzt ( 3 Regens-
burg 1885; neu hrsg. 1914/15).
827. Neben diesen Ubersetzungen, die sich auf die 33 stiitzten, machten
katholische Theologen wiederholt den Versuch, auf den Urtext
zuriickzugehen. Den Pentateuch von D. v. Brentano (1798) erganzte
T. A. Dereser zum ganzen AT (mit dem NT 1810 abgeschlossen), das
dann von J. M. A. Scholz iiberarbeitet wurde (Frankfurt a. M. 1883;
grb'fitenteils noch in 2. Auflage erschienen). Das AT von L. van Eft
{Sulzbach 1822/36) wurde in einer spateren Ausgabe in doppelter Uber-
setzung, nach dem hebraischen Text und nach der 33, geboten (Sulzbach
1 83 8/40) l . Neuestens erschienen die Ubersetzungen des AT nach dem
Urtext von N. Schlogl O. Cist, (bisher die geschichtlichen Biicher in
2 Banden, Wien 1922) und von P. Riefiler (2 Bande, Mainz 1924). Auch
die katholischen Kommentarwerke von B. Schafer, J. Nikel und Feld-
mann-Herkenne (s. o. S. n) enthalten neue selbstandige Ubersetzungen
zu den bisher bearbeiteten Biichern des AT 2 .
828. Die Protestanten schufen sich neben der Lutherbibel in
neuerer Zeit auch wissenschaftliche Ubersetzungen des
ganzen AT in dem Bibelwerk von E. Reufi (Braunschweig 1892/94)
und in der zuerst ohne Anmerkungen erschienenen Ubersetzung des
AT von E. Kautzsch (Frb. i. Br. 1890, 2 i894, 4 mit Einleitungen und
Anmerkungen von A. Bertholet hrsg., Tub. 1922/23 [s. o. S. n]). Auch
die grofien Kommentare zum AT von Strack-Zockler, W. Nowack,
E. Sellin (s. o. S. 1 1 f.) geben Ubersetzungen zu den einzelnen erklarten
Biichern 3 .
245. Die Bibelubersetzungen in andern Kultursprachen
der neueren Zeit.
829. Die jetzt gebrauchlichen Ubersetzungen in den Kultursprachen, in
welchen eine bedeutsame exegetische Literatur erscheint, sind folgende:
1 A. Schniitgen, Zur Vorgeschichte der Indizierung Leanders van EC im
Jahre 1821 (ThG 5, 627633).
2 Vgl. J. Nikel, Neuere deutsche Ausgaben des AT oder einzelner Teile
(Schles. Pastoralbl. 1919, Nr. 3 5).
3 In Martis Handkommentar (s. o. S. u), der zuerst ohne Ubersetzung
erschien, hat Duhms Psalmenkommentar (s. o. S. 2i9 9 ) in der 2. Auflage
eine zusammenhangende Ubersetzung. Vgl. noch W. Staerk und A. Leitz-
mann, Die j iidisch-deutschen Bibelubersetzungen von den An-
fangen bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts nach Hss und alten Drucken
dargestellt. Mit einem Glossar von F. Braun (Schriften, hrsg. von der Ges.
z. Ford. d. Wiss. d. Judent.), Frankf. a. M. 1923.
Nr. 830 Anhang. Von den Bibeliibersetzungen in den neueren Sprachen. 485
i) Bei den Anglikanern und den protestantischen Rich-
tungen im englischen Sprachgebiet 1 wird die revidierte
Bibel (The revised version) gebraucht. Sie entstand (1881 1895) aus
der autorisierten Bibel (i6n) 2 durch Zusammenarbeit der Gelehrten
und religiosen Gemeinschaften von England und Amerika. Das AT
erschien 1885, die Apokryphen 1895 3 . Die Bibel von 1611 (The
authorized version , The royal version ) war eine Revision der Bi-
shops-Bible* von 1568, welche ihrerseits im AT eine Uberarbeitung der
von W. Tindale begonnenen (Pentateuch 1530), von M. Coverdale (1535)
vollendeten Ubersetzung darstellte (Grofie Bibel oder, weil T. Cranmer
das Vorwort zur 2. Auflage [1540] schrieb, Cranmer 's Bible ge-
nannt). Die englischen Katholiken gebrauchen die Ubersetzung
von Douai nach der revidierten 23 (i6o9) 4 , die durch R. Challoner
(Ld. 1750) und F. P. Kenrick (1851) iiberarbeitet, in Dublin 1857 neu
herausgegeben und auch in Irland und Amerika anerkannt wurde 5 .
830. 2) In den katholischen Kreisen Frankreichs wird noch
die jansenistisch gefarbte Ubersetzung von I. L. Le Maitre de Sacy (1672,
von andern volleridet) 6 gebraucht, deren von Calmet u. a. verbesserter
Text in der Bible de Vence (1748 1750) fortlebte (genannt nach
A. Godeau, Bischof von Vence, Mitte des 17. Jahrh.). Zur weitverbreiteten
Bibel von J. B. Glaire (1871 1873; papstlich approbiert) 7 kommt jetzt
die aus dem Urtext gearbeitete Ubersetzung von A. Crampon, der nur
den Pentateuch vollendete (1894). Jesuiten brachten das Werk zum
1 Vgl. Kenyon (s. o. S. 406) 4 189245.
2 A. W. Pollard, Records of the English Bible. The documents relating
to the translation and publication of the Bible in English, 1525 1611, Ox-
ford 1911.
3 In Nordamerika fand die Revision 1900/1901 statt
4 H. Pope O. P., The origin of the Douay Bible (The Dublin Review 147
[1910], 97iiS).
5 Die englischen Katholiken haben eine neue Ubersetzung in Angriff
genommen: The Westminster version of the Sacred Scriptures. Newly
translated from the original text with introduction, critical and explanatory
notes, appendices and map. General editors C. Lattey S. J. and J. Kea-
ting S. J. Vgl. J. Keating S. J., The Westminster version of the Sacred
Scriptures (The Cath. World 98, 5466) ; E. J. K[issane], Biblical congress
and the catholic Bible (IthQ 16, 277 279). Bisher sind davon nur ntl Biicher
herausgekommen.
6 A. Brassac, Que faut-il penser de la traduction de la Bible par le
Maistre de Sacy au point de vue de 1'exactitude et de 1'orthodoxie? (Rev.
prat, d'apolog. 29, 445 f.).
7 Glaire et Vigouroux, La Sainte Bible. Traduction. Nouv. 6d. Avec
introduction, notes compl., appendices, index archeol., concordance et va-
riantes. Nombreuses illustrations archeol. T. 14: AT, P. 1917.
4 86 HI. Teil. Der Text des AT. Nr. 831
Abschlufi; eine kleine Ausgabe erscheint seit igo^. 1 . Die in der
reformierten Kirche Frankreichs verbreitete Bibel von J. F. Oster-
vald (1744) ist eine Revision der Genfer Bibel (1588), die ihrerseits
wiederum eine tiefgreifende Umarbeitung der Bibeliibersetzung von
Peter Robert (Olivetanus, 1530) darstellt. Neuere Ubersetzungen stammen
von L. Segond (Genf 1874) und A. Lods (1916 fF.) 2 .
831. 3) Die italienischen Katholiken gebrauchen heute noch
die von A. Martini, Erzbischof von Florenz, nach der 33 bearbeitete
Ubersetzung (1776), welche von Pius VI. approbiert und empfohlen
wurde 3 . Eine neue Ubersetzung nach den Urtexten ist vom Papstlichen
Bibelinstitut unter Leitung von A. Vaccari S. J. in Angriff genommen
worden (II Pentateuco, Mailand 1923; I libri poetici, Rom 1925)*.
Die Protestanten in Italien gebrauchten und gebrauchen die Uber-
setzung des calvinischen Predigers G. Diodati in Genf (1607), die im
Laufe der Zeit 6'fters iiberarbeitet wurde 5 .
832. 4) In Spanien 6 dient die Ubersetzung von F. Scio de San Miguel,
Erzbischof von Segovia (Valencia 1790), den Katholiken und Protestanten.
Fur erstere iibertrug spater noch ( 18246.) F. Torres y Amat, Bischof
von Astorga, die Bibel mit Berticksichtigung der Urtexte. In Por-
tugal iibersetzten fur die Katholiken A. Pereira de Figueiredo (Lissabon
1778 1790) und fur die Protestanten J. Ferreira d' Almeida (AT: Tran-
quebar 1719 1732).
833. 5) In den Niederlanden 7 gewann bei den Katholiken die Moeren-
torf-Bibel (seit 1548) nach der 25 ein dauerndes Ansehen. Die Biblia
sacra usw. (s. o. S. 124 unter Sloet), zuletzt durch A. Jansen und
A. W. H. Sloet fortgesetzt, bietet neben der 33 eine neue Ubersetzung
des AT nach der 25 unter Beriicksichtigung des Urtextes mit Anmer-
1 A. Crampon, La Sainte Bible. Traduction d'apres les textes originaux,
P. 1894 1904; nouv. ed. 1923.
2 La Sainte Bible. Traduction nouvelle d'apres les meilleurs textes avec
introductions et notes, P. 1916/18; vgl. La Bible du centenaire (Rev. chret.
1913, Marz, 286 292).
3 C. Confalonieri, Mons. Martini e la sua versione della S. Scrittura,
Florenz 1911.
4 A. Vaccari S. J., Per una bibbia italiana moderna (Vita e pensiero 13
[1922], 193203).
5 M. Betts, Life of Giovanni Diodati, Genevese theologian, translator of
the Italian Bible 1607, Ld. 1905. G. Luzzi, La versione Diodatina della
Bibbia e suoi ritocchi (Bilychnis 7 [1916 I], 310 316).
6 M. Revilla, Notas para la historia de las antiguas versiones castellanas
de la Biblia (La Ciudad de Dios 1926, 20. Febr., 276 289).
7 P. G. Groenen, Hollandsche Bijbelvertalingen (Nederl. kath. Stemmen
10 [1910]). H. van Druten, Geschiedenis der Nederlandsche Bijbelvertaling,
Rotterdam 1899 1905.
Nr. 834 Anhang. Von den Bibeliibersetzungen in den neueren Sprachen. 487
kungen ('sHertogenbosch 1894 1910). Im Protestantismus der ver-
schiedenen Richtungen einigte man sich seit 1637 auf die Staaten-
bibel, die von Beauftragten der Synode von Dordrecht (1618/19)
nach den Grundtexten iibersetzt war und im Laufe der Zeit ofter revi-
diert wurde 1 . Die Reformierten Hollands haben eine neue Ubersetzung
des AT in Angriff genommen (1897 1900, hauptsachlich von H. Oort
und W. H. Kosters bearbeitet), die auf dem kritisch gesicherten Urtext
beruht (s. o. S. 423 2 ) 2 .
834. 6) In den nordischen Landern besitzen die norwegischen
Katholiken vom AT eine neue Psalmeniibersetzung (Christiania 1906).
Bei den Protestanten Danemarks und Norwegens wurde die Lutherbibel
(1550) durch eine nach den Urtexten gefertigte (1607), von Bischof
H. Svane u. a. 1647 revidierte sog. Svaningsbibel ersetzt. In Schweden
kam im wesentlichen Luthers Bibeliibersetzung zur Geltung 3 . In
Ungarn bekamen die Katholiken durch G. Kaldi S. J. 1625 eine
magyarische Ubersetzung der 23, die durch Bela Tdrkanyi unter An-
lehnung an Allioli (s. o. S. 483) umgearbeitet wurde (1862/65; 3 1915/18).
Die Protestanten beniitzen die Bibel von K. Karolyi (1590), die seitdem
ofters verbessert worden ist.
tiber die neueren Bibeliibersetzungen bei den slavischen Volkern
vgl. o. S. 47 9 f.
1 H. E. Dosker, The Dutch Staten-Bybel of 1637 (PrthR 10, 86109).
- Vgl. noch A. van Veldhuizen en C. Veltenaar, En nieuwe Bijbelverta-
ling (Pro en Contra 10, 7), Baarn 1919.
3 Vgl. Gamla Testamentet. Revidered profofversattning, utgiften af Bibel-
kommissionen, Stockholm 1903. H. Nielsson, De islandske Bibelover-
sattelser (in Studier tilegnede Prof. F. Buhl, Kopenhagen 1925, 181 198).
Nachtr^ge und Berichtigungen.
S. 10 Z. 3 v. u. : Tub. 1912 statt 1918.
Nr. 10 Z. 4 v. u. nach Kg einfiigen : Job.
Nr. ii Z. II nach Sm einfiigen: Chr [s. u. Nr. 211].
Nr. ii Z. 2 v. u. : Tub. 1890, 2 i894.
S. 12 Z. 2: KK A 9.
Nr. 12 hinzufiigen: Enchiridion biblicum. Documenta ecclesiastica S. Sqrip-
turam spectantia auctoritate Pontificiae Commissionis de re biblica edita,
Rom 1927.
S. 21 Z. 17 v. u. : Sin statt Zin.
S. 35 Anm. Z. 5 : S. 33 1 .
S. 56* : R. (statt E.) Storr.
S. 66, Nr. 87, Z. 2 v. u.: Dt 31, 9; 32.
S. 69 5 : W. V. Everts, Homer and the higher critics (Bs 65, 531 556) (iiber
Zusammenhang zwischen Homer- und Pentateuchkritik).
S. 74 Z. 17: Becher statt Becker.
S. 78 3 : 21. (statt n.) April.
S. 79 2 Z. 2: Adonai statt Elohim.
S. 84 1 : Hohen statt Hohe.
S. 86 5 Z. 2: Staerk statt Strack.
S. I02 1 : Vetter (s. o. S. 44") . . . Kugler (s. o. S. 93 2 ).
S. I22 2 hinzufiigen: S. Holmes, Joshua. The Hebrew and Greek texts,
Cambridge 1914.
S. I22 4 Z. 2 v. u. : J. B. (statt J. R.) Pitra.
S. 138 Z. 5 v. u. : (25, i b 44).
S. I45 2 Z. 2: S. I3 1 15 statt I3 1 15.
S. 148 Z. 4: 'Omri (Amri).
S. 150 Z. 10 v. u. : Z e karja (Zacharias).
Nr. 202 Z. 7 : La * statt L .
Nr. 209 Z. 2 : La statt L .
S. 167 Z. 7 : (520) statt (420).
Nr. 229 letzte Z. : [23 73] statt [23 7 3 ].
Nr. 261 Z. 3: La * statt L .
S. 188 zur tiberschrift von 71 als Fufinote 3: B. R. Motzo, La storia del
testo d'Ester (Rr 3, 205208).
Nr. 277 einfiigen: W. Kolbe, Beitrage zur syrischen und jiidischen Ge-
schichte. Beitrage zur Seleukidenliste und zu den beiden Makkabaer-
biichern (BWAT N. F. 10), Stuttgart 1926.
Nr. 325 einfiigen: N. Peters, Das Buch Job. Ubersetzt und erklart (EH 21),
Mstr. i. W. 1928.
490 Nachtrage und Berichtigungen.
S. 23 1 3 hinzufiigen: G. Richter, Textstudien zum Buche Job (BWAT 3. F. 7",
Stuttgart 1927.
S. 238 2 : 122 @), 124 ).
S. 239 6 Z. 4: 112 (in) statt m (112).
Nr. 366 Z. 4 : Aramaismus statt Aramaismas.
S. 258 2 Z. 2f. : Hermathena statt Hermathene.
S. 263* Z. 3 : Herbst (s. o. S. 8 *) ... Comely [s. o. S. 3 2 ].
S. 270 1 Z. 2 : I VI statt I IV.
S. 271 5 Z. 2/3 : H. S. J. Thackeray statt H. Thackeray S. J.
Nr. 423 einfugen: * H. Junker, Prophet und Seher in Israel. Eine Unter-
suchung iiber die altesten Erscheinungen des israelitischen Propheten-
tums, insbesondere der Prophetenvereine, Trier 1928.
S. 283 Anm. Z. 2 nach Bar einfugen : Nah.
S. 295 5 Z. i : KSI statt xan und KBIT statt tttJ-.o.
S. 298 Z. 12: Sidkijja statt Sidikjja.
S. 3oi 5 : Konig (s. o. S. 2 2 ).
Nr. 466 Z. 3 : Buch 7 (dafur in Nr. 467 Z. 4 die Notenziffer 7 zu tilgenj.
S. 302 7 : Bb statt BC.
S. 303* Z. 4: Bb statt BC.
S. 305 2 Z. 5: Bb statt BC.
Nr. 474 Z. 4^ (568) statt (583).
S. 311 5 : Lajciak statt Lajciack.
S. 334 B Z. i : Riedel (s. o. S. 93 2 ).
S. 373 6 Z. 2: Georgius statt Gregorius.
S. 376 1 Z. 3: *F. X. Funk.
S. 379 3 Z. 6: Bb statt BC.
S. 384 5 Z. 2: Jasek statt Jasck.
S. 387 2 : M. Lauer statt Laur.
S. 39o 2 hinzufiigen: *P. Riefiler, Altjiidisches Schrifttum aufierhalb der Bibel,
Augsburg 1928.
Nr. 706 Z. 5 : Zengirli statt Zengirli.
S. 424 Z. 21 : Smith statt Simth.
S. 427 2 Z. 5 f. : Fischer (s. o. S. 412 2 ) . . . Schmidtke (s. o. S. 423 2 ) . . . Wutz
(s. o. S. 416 2 ).
S. 428 1 Z. 2 : Thackeray (s. o. S. 308 5 ).
S. 428 3 Z. 4: A. H. (statt H. A.) Redpath.
S. 46i 2 Z. 4: *H. Mager.
S. 468 2 : 465! statt 46s 3 .
S. 473* Z. 2 : * A. Schulte.
Verzeichnis der Schriftsteller
(mit Einschlufi alter Schriftwerke ohne Verfassernamen).
(Zahlen ohne hochstehende Ziffern verweisen auf N u m m e r n , Zahlen m i t
hochstehenden Ziffern auf S e i t e n und FuCnoten. Zahlen ohne Klammern
bedeuten bei neuzeitlichen Verfassernamen bis auf wenige Falle, wo bloG der
Name ohne Verweis vorkommt, dafi an den betrefFenden Stellen der voile
Titel eines Werkes oder Aufsatzes sich findet. Stern [*] bedeutet, daC an
derselben Stelle mehrere Arbeiten des Verfassers angegeben sind.)
Aalders 49 5 423.
Abeghian 475 *.
Abel 42 5 2 .
Abot des R. Natan
611.
Abramowski 291*.
Abulfaragius s. Grego-
rius.
Abu Sa'id 470 3 815.
Addai 460*.
Adler 47 i 2 .
Adrianus 44* 309.
Aicher 360 3 ~.
Akiba, Rabbi 389 7 .
Albert 334 7 .
Albrecht 4ig 5 .
Alkuin 780 45 5 4 .
Allen 374 5 .
Allgeier 27 1 (29 2 ) 243 5
369 (258 450 2 45 1 5
(439 5 ) 452 6 (439 5 ).
Allioli 826.
Allwohn 329 7 .
Alphandery 68 *.
Alt 329 s .
Amann 766 457* 3 4 6 .
Ambrosius 122* 236 1 .
Amelli 243 5 308*.
Amphilochius von Ico-
nium 38o 2 .
Andre 345 6 .
Antoninus von Florenz
647.
Aphraates 650 789 462 2 .
Aptowitzer 420 l (422 2 )
422 2 427 3 (428 1 )43o 4
(453 4 )-
Arias Montanus 41 5 9
820.
Aristaas 228 7 .
Aristeas (Brief) 680 426 2
736 ff.
Aristobulus 27o 6 426 2 .
Arnauld de Port-Royal
89.
Arndt 826.
Arnold 34 1 4 .
Asmussen 164 \
Assemani 386.
Astruc 7 8 36 37 2 90 ff.
68 4 99.
Athanasius 4 85 2 3I2 3
352 2 360 642 (Ep.
fest. 39) 644 387 \
Vgl. Ps.-Athanasius.
Athenagoras 309 3 .
Auchincloss 32O 1 .
Augustinus 4 4 4 36 34 5 .
6 1 247 309 317 218 1
222 6 234 4 237* 265
27o 6 274 5 518 374 1
637 646 389 4 398 6
427 5 432 5 434 8 770
(De doctr. chr. 2, 15)
45 1 8 .
Bachelet s. Le Bachelet.
Bacher 157** 2I9 10 42O 1 .
Bachmann 344 4 474 6 *.
Bacon 87.
Bacuez 9 1 (9).
Bahr 232 2 .
Baldwin 31 5 2 .
Ball 482 (3io 5 ) 730432.
Balla 233 3 .
Baentsch 16 log 5 282 1 .
Baer 730 (41 5 x 419 5 ).
Bardenhewer 378 5 (396 5
439 810 44i 2 443 2 )-
Bardesanes 789.
Bardy 443 4 444 2 .
Barhebraus 65 1 462 8
793 46s 3 466 4 799475 s .
Barnabas 636.
Barnes 392 6 462 2 463 1
4 6 4 4 .
Barry 324 4 .
Earth 245 2 .
Barton 369 (258 3 ).
Baruch ibn Baruch 2 53 3 .
Basedow go 2 .
Basilius 260 5 .
Bafifreund 470 1 2 .
Baethgen 12 219" 341
237 4 243 -.
Batiffol 394 3 .
Batten 225.
Baucquier 285 4 .
Baudissin 9 (50 97 92 4
250 1 ) 94 io8 4
Bauer G. L. 7 2 .
492
Verzeichnis der Schriftsteller.
22 1
533
(34
Baumann
(334 56 )-
Baumgartel 33
428 J .
Baumgarten 457 4 *.
Baumgartner A. J. 249 3
562.
W. 126 1 279 1 3OO 2
320 1 321 4 .
Baumstark 38 5 2 (460 3
u. 6.) 386 78 465 3 475 x .
Bayer I73 2 3 500 (326 5 ).
Bea 74 3 .
Becher 97.
Beer 96 2 45 1 8 .
Behrmann 500 (32 1 3
322 *).
Bekel 336 5 .
Bellarmin 85 i88 2 275 2
784.
Bellermann 2I4 8 .
Ben Chajjim s. Jakob.
Benedictus (Benoit) 780.
Benkner 209 3 .
Bennett 500 (323 J ) 730.
Ben Zeeb 277 2 .
Benzinger 197(1 5 5 4 1 56)
155 1 211 (i62 3 i63 8 ).
Bercic 479 3 .
Berg 462 2 .
Berger P. 209 l .
-S. 4 o3 1 - 4 (455 3 )452 1 .
Bergstrafier 404 2 4I9 5 .
Berkowicz 22 1 6 .
Berliner 469 3 .
Bernhardt 477 5 .
Bernus 67 2 .
Bertholet 1 1 (828) 16* go 6
go 7 (91 1 2 3 225) io6 3
174 258 3 487.
Betteridge 343 2 .
Betts 486 5 .
Beuter 6.
Bevan 322 * 4 .
Bevenot I77 5 .
Beveridge 228 6 .
Beweri33 2 *(i34 2 i 35 3 )
225 529 (539) 545.
Bezold 39 1 5 .
Bickell I75 3 (I76 1 I79 1 )
311 319 2I9 7 9 23i 5
254 J * 4 277 2 * (279 2 )
340 4 .
Biolek i85 5 .
Birt 408.
Bischoff 3i3 2 .
Bissel 68 s .
Blake 476 2 .
Blafi 2-7 1 5 .
Blau 140 34 (i53 2 u. 6.)
4I4 6 4I9 1 -
Bleek 93 388 l .
Bloch 460" 462 2 463 2
478 5 .
Blondheim 449 4 .
Bludau 327 3 4 437 3 .
Bohlen 93 95.
Bohmer 194*.
- E. 94.
J. 2i8 4 3I4 4 32i 2 .
Bomberg 419 5 .
Bonaventura 253 2 .
Bonfrere 85 (122*) 27o 2 .
Bonkamp I52 1 .
Bonwetsch 634 392 3 * 4 .
Bossuet 75 67 2 89 260 2
202 4 .
Botticher 8i 4 .
Bouriant 395 2 .
Boutflower 320 1 .
Box 409 (274 2 275 *)
4I4 3 .
Boyd 109 5 474 6 *.
Bragin 63 4 .
Brandt 87 4 .
Brann 41 2 5 .
Brassac9 1 (9)337 5 48s 6 .
Braun F. 484 3 .
H. 826.
- O. 3 86 4 ( 4 6 5 5 )465 3 .
Breasted 257 *.
Bredenkamp io3 1 (io6 2
no 2 ).
Brederek 469 3 .
Breiteneicher 557.
Breme I52 1 .
Brentano 827.
Briggs C. A. 76 4 2I4 9
2i8 2 341.
E. G. 341.
Brockelmann 2i3 1
460 1 .
Broegelmann I54 3 .
Brooke 766 (444 5 ).
Bruch 272 2 .
Brucker 43 2 (54 so 1 56 1
59 18 ) 99 *.
Brugsch 54 2 2io 5 .
Bruston 97 260 3 6 298 1 .
Bruyne s. De Bruyne.
Buber 242 2 .
Biichler 277 2 .
Buckle 472 3 .
Budde 165 (i32 3 ) 181
143 1 I44 3 (730) I6: 1
2I0 3 307 (220 6 ) 2I7 2
220 6 325 (227 J 7 231 5 )
3 8l (26 1 2 ) 465 (303 7
304 8 ) 329 7 533 332 3
333 5 343 2 590 (353 15
u. 6.) 363 1 416'.
Budge 245 2 .
Biidinger 119*.
Buhl 96 2 319 590(360*
u. 6. 469 2 ) 404 2 .
Bunsen 33 1 1 .
Burkitt 258 J 342 3 434 9
436 1 442 4 448 6 *467 12 .
Burmester 472 3 .
Burney 2i8 2 .
Buxtorf 611 4I9 5 (822).
Buzy 3 i 5 4 * (S47 7 ) 3I9 4
7 347 7 .
Cajetan 253 2 647.
Calmet 7 170 I5& 7 228 7
(229 3 ) 262 4 267 4 272 4
830.
Campe 240 2 .
Cannon 260 6 435 5 (453 3 ).
Canones Apostolorum
380*.
Capelle 243 5 (448 5 ).
Capellus 6.
Carpzov 7 89.
Casanowitz 2i8 3 .
Casar 77.
Caspar! C. P. 45 1 8 .
W. 33 3 (143 J ) in 1
Cassuto 340 3 .
Castellus 822.
Cawen 50 2 .
Celsus 80.
Ceriani 391 3 (396 J ) 761
460 : (462 5 u. 6. 468 2 )
793 (397 4 ) 46S "(467*
468 2 ) 466 *.
Verzeichnis der Schriftsteller.
Chaine 386 8 .
Challoner 829.
Chambers 68 3 .
Chapman 45 5 2 459 7 .
Charles 1 1 (239 u. 6.462*)
Cheminant 3I4 2 .
Cheyne 66 12 311 253 7
(256 5 ) 429 730.
Chotzner 2I3 3 .
Chronicon paschalei7o 4 .
Chrysostomus 36 34 2
81 85 2 1 53*761. Vgl.
Ps.-Chrysostomus.
Chwolson 283.
Ciasca 473 1 .
Cicero 209 3 35 1 2 .
Clarke 99.
Claviss. Scripturae378 5 .
Clericus 89.
Cobb 290 *.
Cohn 62 2 .
Colenso 95 88 2 .
Condamin 116* 21 1 4
(220 2 221 5 ) 222 x 252 1
(253 7 u. 6. 271 2 ) 281 3
429 (292 1 ) 448 295 1
298* 300 l 303 1 308 3
334 5 336* 347 4 453 4 -
Conder 407 *.
Confalonieri 486 3 .
Constantinos Manasses
445 4 -
Constitutiones Aposto-
lorum 618 636 391 1
665 670.
Conti-Rossini 474 6 .
Conybeare i8o 5 .
Cook 141 2 422 1 .
Cooke 345 5 .
Cornelius a Lapide 59 7
85 8s 2 ipl 3 253 2 .
Comely 3 2 (9 u. 6. 480 2 )
9 (448 3 ) 393-
Cornill 2 4 (7 1 u. 6.453 s )
86 5 I28 2 232 2 423
293 6 448 297 1 487
(317 3 4 461 2 ) 568* 730.
Corssen 201 7 448* (204 4
u. 6. 45 5 5 ).
Cosquin 1 79* * ( 1 8 1 4 ) 1 92 1 .
Cottineau 45 i V
Coverdale 829.
Cowley 257 (183 35 185 2 )
276* (279 2 ).
Cox 33 \
Cramer 375 3 .
Crampon 830 486 *.
Cranmer 829.
Credner 33 1 3 351 1 .
Crum 243 4 472 l .
Cruveilhier 56 7 * 329 7 .
Cullen 106.
Curtis E. L. 211.
Curtiss S. J. 6i 3 I94 1 .
Cyprian 272 4 274 4 448 5 .
Cyrillus (Slavenapostel)
816.
Lukaris 649.
vgl. Kyrillos.
Da Fonseca s. Fonseca.
Dahne 274*.
Dahse 29 2 (33 * 34 4 98)
33 3 (40 2 98) 98 443 '
444 4 766.
Dalman 96 2 359 2 366 1
(468 3 u. 6. 471 2 ) 421 2
468 3 .
Danby 262 *.
Darlow 699 (698).
Daubney 388 2 .
David M. 471.
Davidson 64 1 299 * 301 7 .
Davies 500.
Davis 324 s .
Day 330 5 .
De Bruyne 200 2 (204 4 )
394 5 396 8 * 448 6 450 1
451.
Decretum Gelasianum
637 389 6 39i x 665 f.
672 443 3 -
D'Eichthal 106 (gi 4 ).
Deimel 145 l .
Deifimann 430 2 .
De Lacombe 67 2 .
De Lagarde 4 1 13 1 2 219"
236 l 249 3 278 (396 1
793 799) 364 2 420 l
76i(i9o 4 )466 12 47i 26
472 3 .
De la Peyrere 85.
Delitzsch Franz 2 1 n
16 68 3 93 94 87"
220 l 325 (229 3 ) 341
493
(241 3 ) 358 369 (25 1 4
u. 6. 262 4 ) 429 730
(4I9 5 ) 480 3 .
Delitzsch Friedrich 325
224 3 (282 3 ) 330 7 423 2
(4I2 6 ).
Delporte 339 2 *.
Denifle 45 5 7 (459 3 ).
Denk 448 6 450 2 *.
Dennefeld 529 379 3 (380*
382 8 383! 386 24 ).
Derambure 320 2 .
Derenbourg 478 3 .
Dereser 827.
De Rossi 33 3 (42 1 *) 42 r l .
Desnoyers 533.
Destinon 285.
Devaud 472 3 .
De Vives 736.
De Wette 7 92 (93) 1 10 *.
Dhorme i6 3 153 181
229 1 8
338 3 .
Didache 634 642.
Dieckhoff 31 5 5 .
Dier 16.
Diestel 429.
Dietenberger 483.
Dieterich 2ig 8 .
Diettrich 247 4 386 5 462 5 *
( 4 6 3 6 ) 463 4 -
Dieu 444 4 449 4 .
Dieulafoy I92 1 .
Dillmann A. 16 * (97 1 53)
S.
Dillon 254 1 .
Diodati 831 (486 5 ).
Diodor (Siculus) i8s 2 .
von Tarsus I53 1 .
Dittmar 371 4 (374 5 ).
Dobschiitz 377 7 (39 1 1 )
3 88 4 .
Doctrina Apostolorum
s. Didache.
Doederlein 289 3 .
Dold 450 J *.
Dollar I2o 6 197 207 * 3
30O (2I2 6 2I7 3 222 2 )
545 338 2 .
Dombrovski 384 5 .
Donat 339 2 .
494
Verzeichnis der Schriftsteller.
Dorer 303 4 .
Dornstetter 16*.
Dosker 487 1 .
Driver 9 (23 1 u. 6. 348)
16(95 2 )96 2 i44 3 (4i2 2 )
325 321 3 557 73.
Drusius 441 *.
Duckworth 326 5 .
Duhm 311 325 (229 5 )
2i 9 9 (240 s 5 484 s )
429 448 (296 1 300 *)
52 1 * (340 4 ) 562 (343 2 ).
Duensing 467 2 .
Du-Pin 384 *.
Duval 460* (461 1 u. 6.
467 3 ).
Ebedjesu 651 691.
Ebeling 12 257 1 261 3 .
Eberharter 232 2 409
(276 *) 278 5 281 1 356 3 .
Eck 483 6 .
Eckardt 348 6 *.
Ecker 300 (2I4 7 341
243 2 394 2 ) 214 7 244*.
Eerdmans 98 * 92 2 log 3
(in 3 ).
Ehrentreu 41 9 5 .
Ehrlich 423 2 .
Eichhorn 7 91* 70* 267 6 .
Eichrodt 75 * H3 1 .
Eichthal s. D'Eichthal.
Eisenstadt 62 6 (63*).
Eisler 56 5 * (4072 409 8 ).
Eiflfeldt 75 1 (79 3 113*
I20 1 ) III 6 I29 3 245 1
293 5 .
Eleonskij 479 2 .
Elias Levita 611 (362*)
723-
Elhorst 277.
Elische 654.
Ellicott 50 2 .
Engelkemper 100 93 1S
478 3 .
Engert 233 3 .
Englander 363 *.
Ephram der Syrer 2I8 1
650 385* 789 793.
Epiphanius 4 15 62 8
307 7 618 373 5 642
647 390 * 400 3 692
428 1 43 5 * 439* 440 3 .
Vgl. Ps.-Epiphanius.
Erasmus 2.
Erbt So 2 (8i 2 )86 5 i67 2
263 3 348*.
Erman 245 2 25 7 * 282 3
408 5 .
Ermoni 78 l (il7 2 )475 1 .
Etienne458 3 . Vgl. Ste-
phanus.
Eucherius 4*.
Eupolemos 220.
Euringer 15* (i6 2 ) 8i 4
87 x 300 (209 2 u. 6.
220 G ) 236 3 258 1 443 4
4 6 4 3 476 134 (477 1 ).
Eusebius von Casarea
4 15 133 3 224 275
276 202 1 309 228 7
244 6 353 3 378 2 379 12
426 2 434 5 751 439 10
759 443 2 -
Eustathius 618.
Euthalius 675.
Evseev 479 1 .
Ewald 93 305 2 .
Eznik 654.
Faber 270 \
Fagius 245 246.
Fagnani 344 4 .
Falk 482 3 .
Fascher 279 3 .
Faulhaber 22 1 2 .
Feder 826.
Feldmann 10 (827) 393
267 3 268 2 3 429(292*)
287 4 (292 J ).
Fell 3 2 (9 u. 6. 478 3 )
353* (3S8 8 u. 6.369 4 ).
Ferhat 476 J .
Fernandez 78 2 141 2
258 1 345 3 -
Ferreira d'Almeida 832.
Fiebig 337 5 .
Field I53 1 (434 5 u. 6.
466 4 ).
Fillion 785.
Fischer Joh. 287 4 291 5
4i2 2 ( 4 27 2 ).
Jos.i66 124 (i67 1 i73 3 ).
Flacius (Illyricus) 302.
Flemming 392 J .
Fleury 69 1 .
Flockner 303 5 .
Fliigge 347 9 .
Focke 268 1 6 .
Fonck 74 2 us 34 375 2 .
Fonseca i 1 .
Fotheringham I32 4
(151 3 ).
Fragmentum Murato-
rianum 270 7 .
Fraidl 320 3 .
Francev 480'.
Franciscus a Bassano
474 6 -
Frankel 277 2 46 1 2 .
Frankenberg 358.
Frensdorff 4i8 3 .
Freudenthal 268.
Frick i.
Friedlander 245 2 .
Friedmann 8^ 3 4I4 6 7
469 2 -
Fries C. i8o 2 23O 4 7 .
S. A. 8i 13 (83^.6.
io8 2 ) 305 5 .
Fritzsche n (239 I77 2 )
257 (i83 4 ) 266 (472
307 4 309 3 500) i86 3
(390 2 ) 409 (274 2 ).
Fruhstorfer 231 *.
Fuchs 277 1 .
Funk 376 1 .
Fiirst 9 400 2 .
Gadd 295 8 .
Gall289 3 (4i9 5 )322 4 42i 2 .
Gampert I32 3 .
Gantois 458 3 .
Gardiner 407 2 .
Gartner E. 268 .
H. 328 (2 2 6 4 230 3 ).
Gasser 483 5 .
Gaster 45' 245 (i74 2
243) 260 323 x 393 1
42 1 2 .
Gaucher 38 1 3 .
Geddes 92 (i22 4 ).
Gehman 478 2 7 .
Geiger 9 (617 3i6 3 ) 699.
Gelasius s. Decretum.
Gennadius von Now-
gorod 8 1 6.
Gensichen J. 450 2 .
Verzeichnis der Schriftsteller.
495
Gensichen O. F. 26o 6 .
George 71 2 95.
Georgius s. Syncellus.
Gerber 331 *.
Gerson 256 5 .
Gesenius 5 5 * (404 2 ) 404 2 .
Gfrorer 274 1 .
Gibson 46 7 2 .
Giesebrecht 448 (302 *)
297 1 -
Gieseler 388 5 (389 6 ).
Gietmann 311 369 (254 3
381 262 3 ).
Gigot9* (99 305 3 ) 88 4
229 4 .
Ginsburg I36 2 (4oi 4 u.6.
421 *) 362 3 4I3 3 4I9 5 *
730 (419 5 42 1 1 ).
Ginsburger 469 6 470 1 * 2 .
Ginzberg iSi 1 .
Girdlestone i66 2 (167 J )
435 s -
Glaire 830 (823).
Glatigny 77 2 (i43 5 )-
Glaue 437 *.
Godeau 830.
Goldschmidt 359*.
Gomar 310.
Goossens 219" (240*).
Coding 4 2 .
Gottheil 62 (63* 64 2 ).
Goettsberger 77 3 I42 2
i66 4 247 1 (267 1 373 x )
500 (429 8 ) 386 1 (463 3
466* 467 5 468 J ) 41 8 4
432 6 45o 1 (454 2 ).462 2
475 5 -
Gotzel 287 *.
Goussen 476 4 .
Grabe 766.
Graf G. 478 6 .
- K. H. 95.
Grafe 27o 5 .
Graffin 54 s .
Grammatica 785.
Grandvaux 22 7 5 .
Graetz 33 3 104 (i84 3
267 7 332 3 ) 178 1 251 3
(256 5 258 3 ) 258* (26o 7
265 5 ).
Graux 41 3 5 .
Gray 16 i62 4 300 2I9 2
325 429 428 *.
Green 50 2 97.
Gregg 266.
Gregorius Abulfaragius
s. Barhebraus.
Gregorius M. 64 6 144*
229 2 253 1 647 454 \
von Nazianz 642.
von Nyssa 253 1 .
Thaumaturgus 253 l ,
von Tours 45 1 7 .
Gregory 453 5 .
Grenfell 396 1 434 9 .
Grefimann 12 (230 7 245 2
282 3 ) 87 4 i8o 2 245 2
(2 4 8 2 ) 4 o 9 8 .
Grimm K. J. 2i8 7 .
W. II 277 393 (267*
268 4 6 270 3 ) 268 6 .
Grimme2 12 25 (3 13220)
3I3(2l8 25 220 9 242 1 )
2I6 1 315 2i8 2 (2I8 1 )
235 s 245 2 256 2 * 259 3
2 93 4 303 4 -
Groenen 486 7 .
Grootaert 256 5 .
Grofie - Brauckmann
442 6 .
Grotius s. Hugo Gro-
tius.
Griitzmacher 387 5 .
Gry 392 2 .
Gudemann 41 2 5 .
Guidi 387 4 (400 3 ).
Gunkeln i6i35 6 i9i 5 *
(273 193 46 ) 341* 423
339 3 340 4 .
Gutberlet239(i75 3 )277*
393 (271 *)
Guthe 12 285 4 334 5 730.
Gwilliam 467 2 *.
Gwynn J. 466 3 .
R. M. 258 2 428 4 .
Haefeli46o 23 (463 13457
464 1 2 3 4 ) 464*.
Hagen 12 341.
Hahn 4I9 5 .
Haitzmann 235 1 .
Halevy 97 276 1 522 529
533 539 (336 x ) 545
552 557 562 568 573
578 586 426 J (439 2 ).
Haller 325 \
Halusynskcyj 480 \
Haneberg8 1 (228 7 270 2 ).
Haenel2ii 371 14 (372 s )
442 s (462 *).
Haensler 295 x .
Happel 333 3 557 (34i 84 )
340 4 562 (343 3 ).
Harden 244* 473 5 .
Hare 311.
Harkavy 42 1 1 *.
Harnack 62 9 476 5 .
Harper A. 265 4 .
W.R. 522(533)330'.
Harris i8o 5 394 s 395 3 .
Hart 274 6 278 2 .
Hartl 453 .
Hartmann 2I3 1 .
E. v. 251 5 .
R. I26 3 .
Hartung 533.
Harwell 307 3 .
Hasse 267.
Hastings 12.
Hatch 445 1 .
Haupt 266 (189 l ) 193 4
o/^i\ i o c o "^ o co i ^yf'i'y i
322 4 337 4 552 339 s
557* (34i 4 ) 347 '730.
Haeuser 203 4 .
Hautsch 443 *.
Haevernick 7 50 2 .
Havet 364 2 .
Hazelton 228 8 .
Hehn 409 7 .
Heidenreich 267 6 .
Heider 473 5 (474 14 )-
Heidet i82 3 .
Heine 25 1 5 .
Heinemann 272 2 .
Heinisch 256* (27 1 2 )
393 (269 3 27o 3 ) 267 1
272 2 487.
Heisz 478 9 .
Helbing 437 5 .
Heller 460 2 .
Hempel 8s 4 .
Hengstenberg 7.
Henke 70 5 .
Hennen 237 l .
Henten 782.
Herbst 8 1 (263 4 ).
Herder 7 2io 4
(262 2 ).
496
Verzeichnis der Schriftsteller.
Herkenne 10 196* (204 3 )
278 3 .
Herklotz 47 5 4 (477 1 ).
Herodot 273 569.
Herrmann 86 6 487 316*
428 1 462 5 .
Hertlein 325 1 .
Hertzberg 28 1 3 .
Herz 228 3 (230 7 ).
Herzog 42 7 2 7 .
F. A. 145 * 29o 24 .
- P. 3I4 1 -
Hetzenauer 12 16 785
. (381 1 u. 6. 452 9 ).
Heyes 54 2 .
Heyse 45 5 a .
Hieronymus 1415 (Prol.
gal.) 81 85 176 135 8
I4o 2 196 210 224 165 *
242 246 259 260 I87 1
(Praef. in 1. Est) 276
282 202 * 203 4 (In ler.
28, 10) 290 309 213 3
2ig 3 228 7 8 231* 240 1
242 2 356 (Pss) 244 24
(Pss) 357 368 253 l
26 1 5 264 2 399 400
269 5 7 270 7 272 3 274 5
417 419 284 2 302 3
468 474 307 7 3H 1
3I3 2 3I5 3 32i 3 325*
333 l 537 337 l 34O 23
342 * 582 349 2 352*
608 618 372 7 373 3
374 1 377 * 645 646 647
648 656 388 3 389 47
675 682 683 399 2 4oo 2
690 402 1 409 2 41 3 *
434 4 435
439
44i 34 442 13 443 3 763
444 x 771 449 5 772 ff.
454*.
Hilarius von Poitiers
379 2 644-
Himpel 2 1 I22 3 292 1
Hippolyt I94 5 242 2 634.
Hir s. Le Hir.
Hirscht 334 7 .
Hitzig ii 252 1 .
Hiwi 82.
Hobbes 86 89.
Hoberg 2 3 16 23 (33 3
u. 6. H2 1 ) 42* H5 1
168 1 341 306 3 453'-
Hochfeld 205 4 (206 5 ).
Hoffmann D. 16* 97.
G. i8i 2 320 1 651.
Holemann 97.
Holl 396 4 .
Hollenberg 122'.
Holmes R. I76 12 (261
u. 6. 480 5 ).
S. 489.
Holscher 87 4 423 (295 7
u. 6. 349 x ) 3i6 4 326 5
372 8 (373 s u-6. 390
393 5 -
Holtzmann H. 2 : .
J. 268 3 (462 4 ).
O. 229 7 .
Holzammer 12.
Holzhey 9 1 (9 u. 6. 261 2 )
I54 1 169 2 .
Holzinger 16* (6s 2 ) 23
(3o 2 u. 6. in 1 ) 86 5
153 (122 2 ) 331 4 .
Holzmeister398 123 (68i).
Hommel 69 2 97* 3I9 6
(324 24 X
Honorius von Autun
262".
Hontheim33 1 (34 4 )i32 2
I45 1 I68 1 207 4 2I2 7
313 221 2 325 (226 2
228 5 230 J ) 224 1 381
(259 2 264 4 ) 320 3 .
Hooykaas 423 2 .
Hopfl 9 (44 2 u. 6. 450 2 )
23(34 5 u.6. io8 5 )457 4 .
Horst F. 87 4 .
L. 106 109 5 .
Hoschander 192 1 .
Houbigant 169 267 4
(268 15 ).
Houtin8 2 (69 1 7o 2 75 3 ).
Howorth 163 1 (i64 2 167 1
i6 9 4 428 4 )i65 1 ( 3 77 3 )
i6s 2 (i72 4 I73 1 428 4 )
I70 1 I73 2 237 iSg 1
(190 G ) 231 5 323 1 382 5
3 88 3 * 43 4 2 435 36 (436 3
439 5 440 *).
Hiibschmann 475 2 .
Hudal 9 (34 5 u. 6. 264 4 )
224 x * 247 2 .
Huetius 75 67 1 I56 7
r88 2 .
Hug 263 4 .
Hugel 99*.
Hugo L. 25 1 1 .
Hugo a S. Caro 83 170
647 41 5 8 .
Grotius 375 255 5
260 2 267 7 .
von Trimberg i.
a S. Victore 5 647.
Hiihn 9 1 9 281 2 .
Huizinga 246 2 .
Hummelauer 10 16* (40
u. 6. I58 3 ) is 2 5i 2 *
(64 i64 3 207 6 ) 100
(iiS 1 ) 153 (122 1 2
123 J ) 165 (174) 181
(144 2 ) 211.
Hunt I77 2 396 l 434.
Hupfeld 2 1 94.
Hurter 3 2 .
Hiising I93 3 337 3 .
Huvelin 27 r * 28 1 78 l
(ii 7 2 203 4 ).
Hyvernat 418 2 * 472 l .
Ibach 52 l .
Ibn Chaldun 651.
Ibn Ezra 82 87 302 236 3
Ilgen 91 92 94.
I lias 2I3 3 .
Index LX librorum 649
stichometricus Nice-
phori 391 x 674 676.
Innozenz I. 274 5 637
398 6 .
Irenaus 352 3 634 389 3
428 4 434 3 43 5 l 75-
Isaak ben Jasos 82.
ben Salomon 82.
Natan 41 5 6 .
Isidor von Pelusium
352 3 .
von Sevilla(Hispalen-
sis) 4 5 17 309-
Iso'dad von Merw 465 3 .
Isopescul 539* (336 3 )
586.
Verzeichnis der Schriftsteller.
497
Jablonski 419 5 .
Jacob A. 444*.
B. 97 i86 3 (191 2 )
243 s .
G. 2I3 1 261 3 .
Jacoby 300 \
Jagic 39 1 5 480 l .
Jahn G. 225 266 487
(3 1 7 4 432 5 ) 500 (432 5 ).
J- 384 *.
Jakob ben Chajjim 419 5 .
Jakobus vonEdessa 651
788 798.
James 373 5 391 1 392 6
396 2 .
Jampel I66 1 189* (192*)
192 * (193 4 X
Jansen 174 181 211 257
182* i84 5 409 833.
Jasek 384 5 .
Jastrow 230 8 .
Jean 294 1 .
Jehuda ha-Nasi' 359 1 .
Jellinek i83 6 323 1 .
Jensen 192* I93 3 .
Jeremias A. 12.
Jerusalem J. F. W. 69 *.
Jesudad 651. Vgl. Iso c -
dad.
Jirku 12 40 3 57 6 (405*).
Johannes A. 266 l 539.
Johannes Damascenus
647.
Manderkuni 654.
von Salesbury 647.
Johnston 428 3 .
Jones 310.
Josephus, Flavius 55 45 3
57 79 224 i87 4 190*
272 I92 3 I94 2 282
309 270 6 416 291 2
3042 474 312 2 31 5 l
318* 3I9 1 513 518
3 4 i 2 353 2 6o 5 (C.Ap.
I, 8)609 610 615 616
618 623 38s 7 65 1 679
683 399 6 422 4 433 l
442 3 .
Jouon 174 (135 3 ) 177 3
201 2 229 8 25o 3 255 1
(381 260 x 2 264 3 265*).
Jugie 384 34 *.
Julius Africanus 641.
Julius C. 322 5 (366 8
367 1 370 1 434 6 ).
Junilius Africanus. 44*
647* 691.
Justinian 369 5 (Nov. 146 ;
433 3 748).
Justinus 284 5 368 3 369 s
634 636 378 4 433 25
434 1 435 5 -
Kahle
420 1 )
416'
723
Kahn 471*.
Kaiser 263*.
Kaldi 834.
Kalt 12 I27 1 * 381 3 .
Kamenetzky 25O 3 253*
462 2 .
Kamphausen 277 (205 *)
333 32 1 3 322 4 (730).
Karge 1 1 .
Karlstadt 84 656.
Karolyi 834.
Kassiodorus 4 5 780.
Kauffmann 477 3 *.
Kaulen 2 3 (2 x u. 6. 448 J )
26 9 5 (448* 456 1 2 )
545 453 1 48o 2 .
Kautzsch E. n* (43 3
u. 6. 828) 55 x (404 2 )
162 5 (227 6 ) 277 (202 4 )
208 l 245 s (730) 26 1 2
374 5 405 5 41 7 5 .
K. 226 4 (229').
Kay 500 (323 x ).
Kayser 95.
Keating 485 5 *.
Keel 254 3 .
Kegel 8i 4 (75 2 82 5
86 13 ) 88 7 (75 2 ) 93 *
U3 3 .
Kehrein J. 482 3 .
V. 482. 3 .
Keilii 153(165 174)181
197 211 (225 266) 448
(465) 487 5o 521.
Kelso 407 l .
Kennedy 16 42 1 1 .
Kennikott 42 1 1 .
Kenrick 829.
Kenyon 699 (408 4 485 1 ).
Kerber 466*.
KeCler 341 (242 3 ) 235 3
(236 12 ).
Ketter 472 3 .
Keulers 397*.
Kieser 300 l .
Kihn 4 3 (229 7 ).
Kimhi D. 302 258 5 522.
King 241 2 .
Kissane 48 5 5 .
Kitteli2(96)9496 2 (73o)
197 211 (i63 8 ) 341
429 707 (412 26 413 6
414 15 422 8 ) 730.
Klaehn 143 *.
Kleber 145 *.
Klein 41 2 5 .
Kleinert 87 4 251 29O 5
34Q 3 .
Klemens Alex, i 3 4
274 3 278 l 634 636
389 1 3 674 426 s .
Rom. 262 244 6 352 1
634 636. Vgl. Ps.-Kle-
mens.
Kley 23 (29 2 u. 6. 94 x ).
Klostermann A. 33 3 97 *
181 (141 * I44 3 197
I53 12 ).
E. 202 1 258 24 260 6
440 4 .
Kluge 476 3 *.
Knabenbauer 10 52 l
277 (203 4 ) 203 4 2i6 6
(358 247 s ) 325 341
409 429* 292 1 293 6
448 465 (472 500) 487
521 (522 u. 6. 349 3 ).
Kneller 275 2 398 l 766
457 145 -
Kneucker 307 3 .
Knieschke 103 1 (109 2 3 ).
Knobel 16* (153) 429.
Knoppe 289 3 .
Knudtzon 153.
Koberle 33 3 .
Koch 456 4 .
Kohler 300 3 533.
Kolbe s. S. 489.
K6nig2 2 (3 2 u. 6.468 s )
12 16* (96) 23 30 s
(35 5 55 2 ) i9 5 II0 *
300 2I2 6 7 (2I3 2 2I9 1 )
Goettsberger, Einleitung in das AT.
3?
498
Verzeichnis der Schriftsteller.
2i6 3 222 4 341
235239404277
280 1 281 2 3 429 290 1
3i6 1 32o 2 3 367 s 407*.
Koppel 226 *.
Kosmas Indikopleustes
1 4
4 309-
Koster 320.
Kostersgo 2 I6632O5
(206 5 ) 423 2 833.
Kramer 474.
Kraetzschmar 487 (3 1 6 *).
Kraufi 347*.
Krautlein 30 2 .
Kroner I4O 1 .
Kropat 163*.
Kiibel 50 2 .
Kugler 12 93 2 (95 3 u. 6.
207 4 ) i63 5 .
Kuhl 3I7 1 .
Kuenen 9 (35 1 u. 6.
348 8 ) 95 363 1 * 423 2 -
Kyrillos vonAlexandrien
309-
von Jerusalem I4o 2
367 3 642 379 .
Labourt 394 3 396 6 .
Lacombe s. De La-
combe.
Lactantius 671.
Lagarde s. De Lagarde.
Lagrangeio38 2 99* 165
(128 * u. 6. 132 4 ) 128 1
178" 233 2 (263 2 ) 234 6
271 14 (272*) 326 3
347 9 409 3 453 4 459 2 .
Lajciak 31 1 5 .
Lamb 34 5 .
Lambert 218 6 400*.
Lamy 384 *.
Land 467 2 .
Landauer 469 3 6 .
Landersdorfer 38 3 197
23o 8 (231 2 ) 244 5 321 1
421*.
Langdon 245 2 .
Lange 262 4 .
H. 0.245 2 .
Langen i86 3 igo 4 6 .
Langner 477 5 .
Langton 399 4 692 415'.
Lapide s. Cornelius.
Laqueur 277.
Lattey 485*.
Laue 253 5 .
Lauer 387 2 .
Laur 222 6 (226 4 ) 279 s
302 5 .
Lazar von Pharp 654.
Lazarus A. 463 1 .
Leander 404 2 (4I7 2 )
405 5 .
Le Bachelet 275 2 (304 *).
Lebon 464 7 .
Lee 793 (466 3 ).
Le Hir 227 5 .
Leimdorfer 253 s .
Leitner 280 3 .
Leitzmann 484 3 .
Le Long 699.
Le Maitre de Sacy 830.
Lengerke 93.
Lenormant 99* 322 1 .
Leontius von Byzanz
647 401 3 .
Lepsius 98.
Lessius 297.
Letteris 41 9 5 .
Leusden 419 5 .
Levi I. 175 5 277 2 .
Levy A. 47 1 6 .
L. 251 6 .
Levy I. 373 3 .
Lewis i8o 5 385 5 465 3
4 6 7 2 *.
Ley 312 f.
Lias 290 7 .
Liber genealogus i.
Lidzbarski 409 4 G (41 2 3 ).
Liebmann 430 s .
Lietzmann 62 9 394 3 .
Linder 341 29 5 8 .
Lindl 446 1 .
Lippl 292 2 568 (344 1 ).
Littmann 466 6 .
Livius 164.
Loch 766 785 826.
Lods 68 4 69 2 830.
Lofthouse 487.
Lohmann 293 5 .
Lohmeyer i 1 .
Lohr 8i 4 '"-^ ^ 2
II3 1 H4
(i77 5 181
257 (183 1 5 ) 219
3 (422 8 ) 239
' i8 4 4 ) I77 3
15
(340 4 ) 465 303 2 (304 6
305 4 ) 304 7 305 5 327 a
533 (334 6 )-
Loisy99*59o (355 2 u. 6.
384 2 ) 699-
Long s. Le Long.
Lotz 125 l .
Low 408 l .
Lowth 302 (2O9 3 303 307)
289 3 .
Luckenbill 148 1 .
Liidtke 21 1 3 413 5 .
Lukas Brugensis 782
822.
Luther 84 229 3 270 7
656 825 f.
Liitkemann 434 9 (43 5 3 6 ).
Lutterbeck 270.
Luzzi 486 5 .
Maas 2io 2 .
McCown 394 4 .
Macklenburg 234.
McLean 766 (444 5 ).
McNeile 16 258 3 .
Madsen 211.
Mager 461 2 .
Mahler 13 1 (132 1 145 J ).
Maichle 456 4 .
Maier B. 368 s .
Maimonides s. Moses.
Mallon 472 3 .
Mandelkern 424 1 .
Mangenot 42 2 3 (44 2 u. 6.
H7 2 ) 480 3 .
Mansi 228 7 380 4 .
Margival 67 2 .
Margoliouth D. S. 95 z
257 3 258 268 6 (462 4 )
277 2 278 8 .
G. 274 7 467 2 *.
Margolis 437 2 440 1 441 *
444 4 766.
Maries 27 1 5 .
Marr 475 3 476 4 .
Marshall I75 1 309 3 .
Marti n (484 3 )43 3 99*
(521 348 3 ) 429 500
(322 2 325 1 330 6 ) 405 5 .
Martianay i.
Martin C. 235 *.
F. 391 2 392 *.
Martineau 265 5 .
Verzeichnis der Schriftsteller.
499
Martini 831 486 3 .
Marx 359 2 (401 2 ).
Masch 699.
Masius 59 7 85 (121 8
796) 170.
Matthes 66 3 ii8 2 233 3
253* 256 6 *.
Max, Prinz von Sach-
sen 341.
Mechineau 234 (236 5 ).
Mede 347 8 .
Megillat Ta'anit I92 3
368 3 .
Meier E. 2I4 8 .
Meignan 423 292 1 .
Meinhold i6 3 93 1 (94 2
96 3 ) 500 (32 1 2 ).
Meifiner i8i 3 .
Melamed 468 5 (469 4 5
470 2 47i 156 )-
Melito von Sardes 4 176
224 327 5 360 640
401 3 691 461 \
Menochius 85 2 270 2 .
Menzel 257 6 .
Mercati A. 45 5 2 .
G. 204* 393 3 435 6
43 6 1 437 2 440 4 (434 9 )
441 1 (466 4 ) 766.
Merguet 273 1 .
Merkg I77 1 379 3 434 9 -
Merrins 3I9 6 .
Merx A. igo 5 (469*)
311 228 4 3I2 1 3I7 3
529 (474 6 X
M. 461 .
Mesrop 812 f.
Methodius 816 479 3 .
Metzger 34 5 .
Meyer C. 184*.
- E. 54 1 8 9 2 (92 3 )-
J- 295 5 -
W. 391*.
Mezzacasa 249 3 .
Michaelis J. D. 69* 91.
J. H. 421 .
Midras 244 242 2 306 2
361 l . Vgl. Tanchuma.
Mieses 478 3 .
Miketta 17 l 153 (412 3 ).
Miller 381 (262*).
Mingana 394 3 461 3 4
Minocchi 236 J (238 5 )
262 4 429.
Misna (bzw. Traktate
der M.) 57 418 353 1
359 1 608* 362 7 617
65 1 680 7 14 468 "47 1 3 .
Mitchell 545 (573 578).
Mitteis 408 6 .
Moffatt 277 (205 l 4
206 2 5 ).
Moller 34 5 (97).
Molsdorf 204 4 .
Montfaucon 439 441 l .
Montgomery 500.
Moore 165 (131 5 ) 131 3 5
(730 428 4 ) 443 l .
Morin 439 5 .
Morinus 6 41 2 4 .
Moses von Aggel 794.
von Chorene 654 81 1.
bar Kepha 460 3 .
Maimonides 357 5 .
Mosiman I58 1 (422).
Moule 699.
Moulton J. H. i8o 2 .
R. G. 274 7 .
W.J. 173 3 .
Movers 301 7 .
Mowinckel I66 1 2 (167*
169 l ) 287 4 300 \
Miihlau 477 4 .
Muhling I58 2 .
Mtiller A. 245 3 (730).
C. T. 9.
D. H. 2I7 3 220 6
(22 1 4 ) 221 6 * (222 3
3 i7 5 ) 3I7 5 .
- H. 275 3 -
I So 1 3 ) 222 4 .
P. A. 287 2 .
W. M. 153.
Munier 472 l .
Munro 44 5 SS 1 s -
Miinster 245 (i76 3 ).
Munz 262* (264 2 ).
Muratori s.Fragmentum.
Murillo 1 6.
Mufi-Arnolt 192 4 .
Muufi 84 2 .
Nagel 287 1 .
Naumann 482 (31 1 83 ).
Naville 33 1 S3 3 86 6 *
407 1 .
Nestle i 1 55 1 128 5 140*
173 s
201 5 2I9 10 222 243
( 4 6 4 2 ) 2 7 4 5 7 278*
307 7 315 l 332 1 340 3
342 3 398 1 4oo 7 401 1 3
4I2 8 436 1 441 1 766*
450 x 463 l 480 2 .
Neteler 2 4 16 165 181
197 211 225* (266)
185 5 2i4 9 429 2g6 2
3 I 3 1 3!9 2 5 21 59-
Neubauer A. I75 3 (244
323 1 243) 276 4 (279 2 )
368 3 42 1 1 .
- J-
Neuschotz de Jassy 263 3 .
Nicephorus s. Nikepho-
rus.
Nichols 227".
Nicolardot 343 l .
Niebuhr 135 4 .
Nielsson 487 3 .
Niese 277 (206 1 5 ).
Nikel 9 (65 2 u. 6. 479 J )
10 (827) 12 15 3 23
(44 1 u. 6. U2 2 ) 89*
(9i 2 i66 124 i67 1 i69 3 )
289 3 484 2 .
Nikephorus647 671 39 1 1 .
Vgl. Index,
Nikolaus von Lyra 253 2
27o 7 647.
Nisius 457 4 *.
Nobilius, Flaminius 450 2
822.
Noldeke 94 96 132*
190 1 201 5 307 6 404 a
4I9 5 422 8 .
Noordtzij 232 2 .
Notker Balbulus 647.
Labeo 824.
Nowack il (828) 96*
99 2 (521 348 ') 165
(174) 181 2I7 1 248*
522 453 2 .
Ohler 357 5 .
Olivetanus s. Robert P.
Olmstead I57 3 *.
Olympiodorus 253 l .
32*
5
Verzeichnis der Schriftsteller.
Oncken 97 229 .
Oort 332 s 423 2 833.
Oppert I93 2 .
Orelli 2I9 6 429 (289 2
448 299 1 301 15 ) 487
521 (336 4 ).
Origenes i 3 4 15 80
176 I4o 2 224 175 2
I83 1 275 276 194 5
282 2O9 2 315 231*
242 2 357 258 3 26o 5
261 5 264 2 300 3 307 7
323 1 36s 46 618 372 7
37 10
644 646 389 3 667 683
399 2 434* 748 749
751 754 ff. 764 772
795 802 808.
Orr 62 7 .
Oskan 476*.
Oesterley 277 (200 4 ) 409
334 7 444 5 -
Ostervald 830.
Oestreicher 8i 4 .
Oettli 16 (153 165) 97
174 (266 192*) 211
(i58 3 ) 225 325 381
(260 3 262 465 304 2 )
334 1 -
Pagninus, Sanctes 6
820.
Palladius 84.
Palm 369.
Palmieri 476**.
Pamphilus 439 6 759.
Parisot 236 3 .
Parsons 176 12 .
Pastor Hermae 634 636
642 435 2 .
Paterson 730.
Paton 266 i86 2 .
Patrizi 23 7 5 .
Patterson 330 3 .
Paulus von Telia 651
439 5 795-
Peake 429 448.
Peiser 330 6 333 1 562
Pelt 9 1 (289 2 292 *).
Pentin 388 3 .
Pereira B. 59 7 85.
F. M. E. 474 6 *.
Pereira de Figueiredo A.
832.
Perger 264 2 .
PerlesF. I94 1 220 5 4I3 3 *
(423 2 ) 423 2 .
-J. 461 2 .
Perriraz 590.
Pesikta rabba 2I9 10 .
Petermann 470 3 .
Peters is 2 115* (699
u. 6. 424 1 ) 141 2 (144 3 )
3 5 8256 56 (257 7 2 7 i 2 )
268 6 (27 1 5 ) 409 (275 1
522 539 413 3 7 422 x ,
S. 489.
Petrie I32 2 407 2 (73).
Petrus von Clugny 647.
Comestor 647.
Peultier 458 3 .
Peyrere s. De la Pey-
rere.
Pflanzl 32 5 x .
Pfleiderer 257 6 .
Philo d. A. 270 6 .
Judaeus 15 36 57 79
124 2 293 309 357 3 5
368 3 623 422* 433 1
437*. Vgl. Ps.-Philo.
Philostorgios 47 7 5 .
Photius 373 6 .
Pinches 320 *.
Pineda 25 1 2 .
Pinkerton 46 1 2 3 .
Pinkuss 46 1 2 .
Pirot 12 246 3 443 1 .
Pistis Sophia 671.
Pitra I22 4 380*.
Plantin 481 1 .
Plater 453 *.
Plato 426 2 .
Plessis 3i4 3 .
Plumptre 253 3 270 3 .
Podechard 160 l 2 1 1 2 4
369 (25 1 1 u. 6. 434 7 )
251' 253 4 .
Poggel 448 2 .
Pollard 4852.
Polykarp 248 634.
Pope6o 2 8i 4 165 l 292 l
485 4 .
Popper 95.
Porcher 472 3 .
Porphyrius 325 *.
Porter 272 2 .
Portner 364 1 (366 5 372 6 ).
Posner 47 1 6 .
Posselt 227 2 '.
Possidius 234 4 .
Pouget i.
Power 45 5 5 (459 7 ).
Prager 46 1 2 .
Praetorius 234 3 330 4
334 7 *47I 2 *473 6 (474 6 ).
Preiswerk 322 3 .
Pretzl 13 1 4 (439 7 442 3
444 *)
Preuschen 370 2 (391 *).
Priero 239.
Prince 193 3 320* 322*.
Procksch 16 207 2 2
O / O A
Prokopius von Gaza 85 2
119* 446 1 .
Protin 339 2 .
Ps.-Athanasius 121 7 636
647 436 4 . Vgl. Synop-
sis Scripturae S.
Ps.-Chrysostomus 3 1 2 3
400 5 .
Ps. - Epiphanius 295 4
340 3 .
Ps.-Klemens 80 634.
Ps.-Philo 373 5 .
Ptolemaus (Gnostiker)
15 80.
Puukko 85 4 88 2 (295 7 ).
Quentin 448 6 454 5 (456 6
459 6 ) 459 6 7 -
Rabanus Maurus 5.
Radermacher 392 1 .
Radulphus Flaviacensis
647.
Raftl 341.
Rahlfs I57 2 243 4 (443 4
4 6 5 6 ) 3 27 3 (434 9 444 25 )
387 l (474 3 ) 416 x 41 7 5
434 9 (435 36 )435 2 437 1
442 9 443 4 766* (444 5
466 5 ) 462 2 (463 123 )
474 5 -
Rahmer 453 4 *.
Rand 459 7 .
Ranke 12 257 1 408 5 .
Verzeichnis der Schriftsteller.
Raschi 3i6 3 522 4io 2
4 6 9 2 .
Raska I47 1 .
Redpath4o 407 3 (432*)
428 s 445 *.
Ree 23 5 3 .
Reider 434 9 .
Reinke 234 552 341*
562 (342 x ) 568 573
578 586 35 o 2 .
Reischl 826.
Rembold 3 So 1 .
Renan 54 x 25 1 5 .
Resch 398 J (681).
Reusch 8 1 176" I78 2
266 3 .
Reufi 95 260 7 263*828.
Revilla 486 6 .
Rhode 478 2 .
Rhodokanakis 12.
Ricciotti 448 465.
Richter I58 2 231 3 3I5 2
521, S. 490.
Rico 480 3 .
Riedel 93 2 (399 400 l
402 49 )234 3 241 1 259 1
(263 4 ) 333 5 399 4 .
Riehm 12 (408 ^94 87 4 .
Riefiler 125 x 145 1 162*
(I66 1 2 167 12 173 2S )
173 3 i85 1 2o8 4 (26o 6 )
294 l 500 (321 3 324*
326 3 ) 327 l 521 (330 6
341 4 ) 347 3 392 6 393 4
407 1 * 423 2 827, 8.490.
Risberg 277 393.
Risch 590.
Ritschl 41 3 5 .
Ritter 261*.
Robert C. 99.
P. (Olivetanus) 830.
Robinson 392 6 .
Roiron igo 6 .
Ronsch 449 2 (453 ').
Ronzevalle 404 1 .
Rooses 481 l .
Rosenmiiller 264 1 .
Rossi s. De Rossi.
Roth 203 s .
Rothstein.G. 386 5 .
J. W. 9 96 2 211 300*
(315 2I7 1 ) 26o 3 261 3
263 '472 (307 23 309')
482 (3io 5 ) 500 345 5
578 386 5 .
Rottmanner 453 5 .
Roupp 474 5 .
Rousselle 9 1 289 2 .
Royer 229 303 7 .
Rubinkam 348 1 .
Rubinstein 45 *.
Rufinus 2 15 260 5 272*
379 ' 644.
Rupert von Deutz 647.
Rupprecht 50 2 97*.
Rutgers 3I2 1 .
Ruwet 379 3 .
Ryle 590 (357 2 u. 6.
402 ').
Ryssel 16 96 2 266
2532
Sa'adja (Ga c on)64 1 413
815.
Saalschiitz 2I4 8 (320).
Sabatier 450 2 (244 1 ).
Sachau I68 1 i8i 3 .
Sachs I94 4 .
Sachsse 282 2 .
Salvatorelli 9 1 .
Sanda 23 (37 3 u. 6. 1 1 1 2 )
197 (145 * 151 x I54 1 ).
Sanders H. A. 444 5 *.
- L. 38 1 3 (382 2 ).
Sarsowsky 301 2 .
Sawicki 25 1 5 .
Sayce 52 1 205 2 .
Scaliger 42 5 2 .
Schade 381 3 (382 3 ).
Schafer B. 10 (827) 254 3
264 2 .
H. 4I5 10 .
Schafers 142 1 428 l 473 5
(474 1236 ).
Schanz 3 3 .
Schechter 240 (277 J )
272 s 276 4 680.
Scheftelowitz 266.
Schegg 260 6 292 1 .
Scheible 389 2 .
Scheil 230.
Schenz 58' (59 2 I2o 6
27 1 1 326 4 ) 153.
Schepens 349 x .
Schermann 423.
Schets 197.
501
Schiffer 405 4 .
Schlachter 483 5 .
Schlatter 220 8 (278 91 )
278 2 .
Schlecht 450 1 .
Schlegel 2io 5 .
Schleiermacher 3 1 .
I 73 4 ) 181 ( 4 2 9 2 ) I44 3
197 (211) 300 (212 5
2I3 3 313 2i8 2 ) 2I6 1
2I7 1 * (341) 325 260
(264 2 ) 279 2 429 315 2
730 827.
Schmalohr 529.
Schmalzl 2i8 2 (3I7 5 )
341 487.
Schmid J. 455 2 .
J. A. 268 6 (269 8 ).
- O. 399-M4I5 7 )-
Schmidt 201 5 .
- C. 394 5 * 444 5 -
H. 332 3 337 5 338 14 .
- J. E. Chr. 253 7 .
N. 4o 3 261 3 .
W. 207 1 .
Schmidtke 423 2 (427 2 ).
Schneedorfer 448 (465
472).
Schneider i8o 2 .
Schnutgen 484 \
Schollmeyer i8i 3 .
Scholz A. 100 (i 1 5 1 u. 6.
321 x ) 239 (i79 4 ) 257*
(185*) 266 (189 1 193 5 )
274 369 (252 2 253 4
2 54 3 2 5 6 5 ) 3 8l (26 4 2 )
448 3oo 3 522 529.
J. M. A. 8 1 827.
Schonfelder 419* 461 2 .
Schopfer 9 (101 x ).
Schrader 12 (167 x u. 6.
2io 5 ) 94.
Schroder 369 3 .
Schiihlein 480 2 .
Schulte 239
177) I76 3 I77 4 I94 4
28 1 8 473 4 .
Schulthess 466 6 * 467*.
Schulz 10 27 x 153 121 6
165 (174) 181 (135 7
143 3 144 3 ) I54 3 I79 4
226 2 234 3 .
5 8 10
502
Verzeichnis der Schriftsteller.
Schiirer l63 3 (l75 5 u. 6.
427 6 ).
Schuster 12.
Schwab 369 5 .
Schwally 301 3 344*.
Schwartz 379 2 436 16
(439 "o).
Schweizer 201 5 .
Scio de San Miguel 832.
Seder Olam rabba 295 5 .
Segal 141 2 .
Segond 830.
Seinecke 8s 1 (3i6 3 ).
Seiple 26s 5 .
Seisenberger 34 5 225
(266).
Selbst 12.
Seligmann 273 3 .
Sellin 9 (74 l u. 6. 348^
ii (828) i6 3 g6 135
nS 1 227 1 (334 228 5 )
245 2 423 (29o 5 291 1
v 34Q 3 ) 521-
Selomo ben Ismael 716.
Semler 7* 362 s .
Sepp 384 '.
Serruys 440 3 .
Seydl 337 5 .
Sheppard I34 2 .
Sickenberger 462 3 .
Sieger 180*.
Siegfried 66 3 225 (266)
. 369 (2 S3 5 38 1)393 730.
Siemens 69 5 .
Sievers I44 3 300 (2io l
u. 6. 254 2 ) 2I6 1 316
u. 0.345 6 ) 334 5 .
Sigwalt 26 1 4 .
Silbermann 47 i 2 .
Simon, Richard 6 7 58 7
88 89 68 1 90 170.
Simpson 239 (i76 8 I77 5
I78 3 iSo 1 ) I77 3 .
Simrock 254.
Sixtus Senensis 6 85
268 4 367 3 (384 *) 379 "-
Skinner 16 33 ** (34 J ).
Sloet 165 257 381 (262*)
833.
Sluys 277.
Smend 75 l 409 276 2
(277 ').
Smith G. A. 730.
H. P. 181.
J. M. P. 529 (568) 545
(586) 552 (557) 340 l .
Snoj 480 l .
Sommer 2i8 2 220 *.
Sopherim (Talmudtrak-
tat) 222 4 368 3 413 8
4I4 8 416*.
Spak 45 l .
Speer 224 1 .
Speiser 268.
Sperber 47 1 1 .
Spiegelberg 54 2 (341*)
87*405*.
Spinoza 7 7 l 82 66 3 87
(i22 4 ) 88 89 3i6 3 .
Spliedt 52 1 .
Spoer 259 2 349 2 394 *.
Stabile 308 4 .
Stade 8i l 86 5 9o 6 8
(91 3 ) 229 7 347 9 .
Stahn I27 l .
Staerk 9 86 5 113 1 214*
222 2 234 2 236 6 24O 5
394 3 397 6 484 3 -
Steglich 408 l .
Stein 25 1 6 .
Steindorff472 23 (473 123 ).
Steinmetzer I85 1 23 5 1 .
Steinschneider 279 2 .
Stenning 467 2 .
Stephan 341.
StephanusR.78o782 784.
Steuernagel 9 (40 l u. 6.
420 *) 1 6 (54 *) 23(40'
u. 6. go 3 ) 153 (i22 2 )
404 2 .
Stickel 260 4 .
Stieb 236 3 .
Stier 823.
Stockmaier 442 4 .
Stocks 332 2 .
Stoderl 309 4 .
Stolzenburg 47 7 3 .
Storr 56 4 (409 6 ) 277 2 .
Stosch 423.
Strack 3 2 (9 u. 6. 420*)
n (828) 1 6 (37 2 ) so 3
358 277 1 362 46 372 5
373 23 374 2 385 6 404 2
405 5 4io 4 421 1 * 468 6
483 5 -
Streck 327 1 .
Streitberg 477 5 .
Stummer 58 7 (6i 3
67 23 ) I8i 3 232
Suidas 389 1 442*.
Sulley 315 2 .
Sulzbach 471 5 6 .
Svane 834.
Swedenborg 90.
Swete 131 2 (i57 3 u. 6.
475 4 ) I77 2 (239 6 u. 6.
766).
Symeon Metaphrastes
442 4 .
Synave 281 3 383 12 .
Syncellus (Georgius)
373 56 6 63-
Synopsis Scripturae S.
4 274 6 636 647 391 1
670 674 676 679 442 2 .
Vgl. Ps.-Athanasius.
Synopsis V 15 et N 1 T 1 4.
Szczygiel 22 1 8 320 3 .
Szekely 390 2 (391 l u. 6.
443 3 ).
Talmud 82 417 304 2
609 718 726 435 4 . Vgl.
Abot d. R. Natan, Me-
gillat Ta'anit, Misna,
Sopherim, Tosephta.
babylonischer : *
Baba batra 57 62 5
I2o 5 170 135 x I4o 2
I44 1 156 210 i63 24
224 228 8 237 4 464
3i6 3 324 1 606 (fol.
14 f.) 611 682 686
4i6 4 .
Baba kama 366 4 .
Berachot 287 3 400 3 .
Chagiga 284 l 608.
Erubin 366 4 .
Jebamot 284 5 .
Joma 6 1 8.
Kiddusim 414 7 .
Megilla 284 s 608
432 5 433 5 .
Menachot 62* 317*
608.
Sabbat 60841 3 1 468 7 .
Sanhedrin 1 5 608
366* 410 3 5 .
Verzeichnis der Schriftsteller.
Talmudjerusalemischer
369 5 :
Megilla 369* 468 6 .
Sabbat 233 *.
Sanhedrin 389 7 .
Sola 369 5 .
Tanchuma (Midras)
144 \
Tappehorn 16 (34 s ).
Tarkanyi 834.
Taylor C. 240 279 ~ 44O 4
(434 9 ).
- J- 340 2 .
Tech en 471 6 .
Tertullian 2 15 36 34 5
369 5 374 1 634 389 3
390 l 433 2 448 5 .
Thackeray 271 3 5 308 5 *
(317* 428 *) 342 3 409 l
42 5 2 (428 34 739 429 4 )
427 16 428 ** 766.
Thalhofer 341.
Theile C. G. G. 419 5 .
K. G. W. 823.
Theis I66 1 (173 2 ) 245 2
539 (335 3 336 3 ).
Thenius I44 3 .
Theodor von Mopsuestia
4 3 229 7 237 4 246 3
262 26 647.
Theodoret 12 1 7 I53 1
157* 263 4 442 2 761.
Theodulf von Orleans
455 3 -
Theokrit 391.
Thielmann i83 2 8 269 6 *
278 3 450 2 .
Thilo 226 * 25 1 6 262 \
Thirtle 23 5 34 .
Thoma 338 *.
Thomas von Aquin 253 2
357 5 383 12 -
Thomas W. H. G. 97.
Thompson 473 *.
Thomsen 9 441 *.
Thumb 369 5 (425 1 2 ).
Ticonius 4 4 .
Tieche 445 4 .
Tiefenthal 234.
Tiktin I44 3 .
Timotheus I. (nestor.
Patriarch) 651.
Tindale 829.
Tischendorf 39 1 3 766
455 2 -
Tisserant 394 42 1 1
442 9 (444 5 ) 443 *
Toffteen I32 2 .
Torczyner 228 5 .
Torres y Amat 832.
Torrey 163 7 i64 2 I66 1
(167* 173 s ) 173 * 196*
20 1 5 466 3 .
Tosephta 262 *.
Tostatus 59 7 83 12 1 8
647.
Touzard 55 * 100 (ii7 x )
I66 1 (i7o 2 I7i 5 )277 2
292 2 (294 * u. 6. 557)
533 (334 3 X
Toy 358 330 6 730.
Tregelles 270 7 .
Troelstra 37 2 4 .
Troeltsch 282 2 .
Trommius 445 1 .
Trumper 228 6 .
Trutz I52 1 .
Tuch 93.
Tzschirner 267 6 .
Ugolini 467*.
Ulenberg 483 6 .
Ulfila 814.
Ungnad 12 394 3 .
Urquhart 52 1 .
439
452 *)
Vaccari377 1
448 56 (45 1
451 59 452 1 478 2 831
486 4 .
Vaganay 398 1 .
Vajs 479 3 *.
Valeton 43 3 .
Valois 439 10 .
Van Bebber 320 3 .
Van Dale 89.
Van den Biesen 99 (95 2 ).
Van den Oudenrijn 279 3
423.
Van der Flier 345 5 .
Van der Heeren 28 1 .
Van der Hooght 419 5 .
Van Druten 486'.
Van Ess 766 827.
Van Gilse 236 3 293*
336 *.
503
Van Hoonacker 99 (93 3
I04 2 io8 3 )8 4 2 93 3 (94 3 )
I03 3 (io8 3 log 3 in 5 )
I66 1 (521 u. 6. 348 7 )
i66 124 (i67 1 )33o(227 5
334) 285 4 287* 319*
338* 348 7 .
Van Kasteren 590* (352 "
u. 6.390 *) 375 3 379
385
1 3 6
( 3 8o 5 )
(386 5T ).
Van Luijk 313 2 .
Van Mirlo jr. n8 2 .
Van Oers 266.
Van Veldhuizen 487 2 .
Van Zinnig-Bergmann
257.
Vaschalde 472 x (473 1 ).
Vater 92.
Vatke 71 2 95 84 3 .
Velluti-Zati 545.
Veltenaar 48 7 2 .
Venetianer 41 5 2 .
Vercellone 785 786.
Vernes 106 (91 4 ) 3i6 3 .
Vetter 33 1 (34 1 u. 6.
41 ') 44 2 (48 2 u. 5.
no 3 ) loo 83 l (no
164 3 ) I78 3 (i8i 2 )2oi 5
2I2 6 (2l8 2 230 1 ) 265 4
435 3 -
Vidal 224 1 .
Vigouroux g 1 (9 120
igo 2 271 a ) 12 36 1 (so 1
u.6. ioi 3 ) 52^23 485 7 .
Viktorin von Pettau 682.
Vincent 409 8 .
Violet 396 38 478 7 .
Viteau 394 2 .
Vitringa 90.
Vives s. De Vives.
Vodel 42 2 6 .
Vogels 462 4 .
Volck 325 (22 5 a 227 l
369).
Volkmar i84 3 .
Vollers 521 470 3 .
Volney 71 1 .
Volter 54 2 *.
Volz 448 (297 2 ) 300 3
(301 2S 461 2 ).
Vrastil 480 \
Vulliaud 259 1 .
504
Verzeichnis der Schriftsteller.
Wachter 260 5 .
Walafrid Strabo 647.
Walde 173 23 4158.
Walter F. 28 1 1 .
Walther M. 5 1 .
-W. 4 82 3 ( 4 8 3 12 )48 3 3 *.
Walton, Brian 6 822.
Ward 529 562.
Watzinger nS 1 .
Weber O. 209 1 (219 u
220 7 ).
- s. 387 3 .
-T. 9 .
W. 266 4 (268 1 )268 1
272 2 .
Weerts 421 l .
Weinhart 8 1 .
Weir 699 (408 7 41 4 5
415*), Taf. 3, 2.
Weifi A. 357 5 .
H. 126 l 277.
- J. 16.
Wellhausen 95* (log 3
IIO 1 I22 2 I32 3 ) Si 1
132 103 1 io6 2 I44 3
(422 8 ) 1 58 2 277 (206 13 )
220 * 238 5 521 (341 *)
33 6 730.
Wels 62 7 .
Welte 8 1 59 1 590.
Wendland 62 2 .
Wessely 435 6 472 3 (473 l )
473 3 .
Westphal 30 2 (61 3 ).
Wette s. De Wette.
Wetzstein 261 ** 316 3 .
White 453 1 .
Whitehouse 472 (307 2 4 7
308 3 309 3 ).
Wiederholt 323 1 .
Wiener 29 2 33 1S (98)
6o 3 98* 426 2 .
Wiesmann 141 2 142 13
221 3 (242 3 ) 341 235 2
358* 245 2 271 5 302 7
303 4 305 2 338 2 -
Wilcken275 3 282 3 4o8 69 .
Wildeboer6i 3 266(i92 4
I93 1 ) 358 369 (256 3 )
590 (354 1 u. 6. 400 3 )
38s 6 418 *.
Wilke 28 1 1 28 5 2 .
Williram, Abt 824.
Willrich 277 (206 5 )
397 2 -
Wilson 162 4 * 32 1 4 (324 2 )
326 x .
Winckler 12 (167 *) 153
135 6 253 4 407 *
Windisch i 1 394 4 .
Winter 334 6 .
Witsius 75.
Witter 69 2 .
Witzel 259 1 .
Wolfenson I34 2 (135 *)
I35 2 .
Wolfsohn 47 1 2 .
Wolter 341.
Worrell 473 1 .
Wright C. H. H. 256 6
578.
W. 233 - 462 5 .
Wiinsche 242 2 522.
Wutz I94 2 (341 u. 6.
462 : ) 341 244 5 (439 5 )
4i6 27 (4i8 4 u.6.432 1 )
42 1 2 (423 2 ) 422 3 423 2 *
(426 2 ) 432 2 .
Xenophon 77.
Ximenes 819.
Zagarelli 477 1 .
Zahn A. 68 3 (97) 270 7 .
T. 35 1 1 (352 4 ) 373 3
466 7 .
Zapletal 15 2 165 125 1
I26 1 I27 1 I42 4 (236 3
4I4 3 ) 300 (313 2i8 35
222 ^ 369 (252 1 U. 6.
258 4 ) 257 2 381 (259 2
261 3 ).
Zenner2i2 a (220 1 2 222 3
4I4 3 ) 219 " 341 (235 1
236 1 239 2 242*) 358
27 1 5 277 3 465 (305 2 ).
Zerbe 56 2 .
Ziegler 448 2 .
Ziemer 288 *.
Zillessen 29 1 4 .
Zimmern I2(i8s 5 2io 5 )
219" (220 7 ) 232 2 405 2 .
Zockler II (828) 239
(i77 5 u. 6. 39o 2 ) 257
266 (202 25 267 5 270 7 )
262 4 409 (276 1 472)
482 500.
Zohrab 476 x .
Zorell 300 (315 2i8 2 )
2i6 6 2i8 2 222 2 393
429 42 1 2 .
Zschokke I2o 6 .
Zumbiehl 500 (320 x ) 32O 1
322 1 325 2 326 2 .
Zunz 3i6 3 366 4
Zwolski 480 \
Sachregister
(zur Erganzung des Inhaltsverzeichnisses).
(Zahlen o h n e hochgestellte Ziffern verweisen auf N u m m e r n , Zahlen m i t
hochgestellten Ziffern auf S e i t e n und Fufinoten.)
Aaron, Untergang seiner Familie 132.
Abdias (Abd) 538 ff. ; literarische Ent-
wicklung 543 ; und Jer 543 ; Metrik
336 6 ; Strophik 336*; Ur-Obadja
542.
Abjatar 132 294 3 .
Abijja 200.
Abkiirzungen im Bibeltext 710.
Abraham i6 l ; Prophet 28o 2 ; und
Ps 89 (88) 237 7 .
Achior in Jdt 258 i83 3 .
Aggaus (Agg) 227 572 ff. ; literarische
Entwicklung576; dichterischeForm
345 6 ; Text 345 6 .
Agrapha des AT 68 1.
Agypten und das AT 69 245 2 257 1
282 3 .
Ahab 200.
Ahaz 98 3 200.
Ahazjahu (Ahazja, Ochozias) von Is-
rael 200, von Juda 200.
Ahikar 255 680.
Akrostichis I94 1 319 219" 321 221 1 7
365421 469340*341*.
Akzente des Dlt 718; poetische 323
686; prosaische 323.
Alcald (Complutum) 6 819.
Aldina s. Septuaginta.
Alexander Balas 280.
der Grofie 732; und Dn 513.
Alkuin und 33 780 455*.
Alphabet s. Semitisches A.
Alphabetisierung 306 319 421 466
303* 469 34o 4 341 4 712; s, vor y
2i8 4 302 6 303 *.
Amasja 200 284 3 .
Amen-em-ope, Lehren des 245 2 .
Amil-Marduk s. Evil Merodach.
15.
Amon 20 1.
Amos(Am)532 ff.; literarische Entwick-
lung 537; dichterische Form 537;
Metrik 334 5 ; und Monotheismus
334 1 ; und Opfergesetzgebung 143;
Stil 537; Text 334 7 .
Amri s. 'Omri.
Anadiplosis 321.
Anagramm 319.
Anspielungen im NT an atl Biicher
628 f., an atl Apokryphen 629 f.
Antiochus III. 207 3 .
IV. 278 f. 296 319* 515.
V. 279.
VI. 280.
VII. 281.
Apokalyptik 315* 502 331 5 582 348 7 .
Apokryph 657 f.
Apokryphen (im allgemeinen) 369 *
633 635 642 645 f. 649 653 657 ff.;
bei Heiden, Juden u. a. 657; bei
den Protestanten i8; 2 656 483*;
wechselnder Umfang 659 ; Verzeich-
nissesgi 1 ; Zeit 660. Vgl. Anspie-
lungen, Zitate.
(einzelne) in geschichtlicher Reihen-
folge 662 ff. ; Apocryphon Asiathae
651 668; Eldad und Modad 636
669; Henoch 630 636 653 665;
Jannes et Jambres 373 7 669 ; Oratio
Manassis 636 390 3 674; syrische
Schatzhohle 391 5 ; Testamente
Jakobs (Jobs) 666 393 3 , Judas 393 1 ,
der 12 Patriarchen 667, der 3
Patriarchen 665 392 6 .
Apokryphenstreit 656.
Apollos und Sap 270 3 .
Aquilas 748; Ubersetzung des A.
623 434 2 748 448 6 ; erste und
5o6
Sachregister.
zweite Ausgabe 2$8 3 748; Frag-
mente 434 9 ; A. und Koh 379 748,
und 3H 727 434 2 -
Ara: jiidische Weltara 13 l ; A. der
Seleukiden 195 2 .
Arabs Erpenii 815.
Arak el-Emir 708, Taf. i, i, 3d.
Aramaer 800.
Aramaismen im AT 178 235 227 6
238 3 365! 255 6 265 2 418 550.
Arphaxad von Medien 258.
Artaxerxes I. 227 191 5 610 u. 6.
II. i67 12 I68 1 191 5 .
III. 1842 i85 2 .
Asa 200.
Asaph und Pss 348 24o 5 352.
Asmodaus 240 f. 248 25 5 2 .
Assuan 731, Taf. i, i, 70.
Assuerus in Tob 250.
Assurbanipal 185 l 219".
Assyrian und Is 433440; assyrische
Gefangenschaft 201 I5i 3 433.
Astyages 510.
'Atalja 200.
Atbas (Alphabetumstellung) 301 2 .
Auszug aus Agypten I7 1 .
Azarias, Gebet des 509 f.
'Azarja ('Uzzijja, Ozias) 200.
Babylonien und das AT 12 209* 338
232 2 257 *.
Baltassar 476 480. Vgl. Belsassar.
Baruch(Bar)449 458; Briefe des B. 3o6 3
396 1 ; Biicher des B. 305' 306 3
675 f. ; das deuterokanonische Buch
B. 47 iff.; Einreihung 305 6 691;
dichterische Form 477 ; Schatzung
bei den Juden 618; B. und Dn
480 618, und Ezr 3o6 2 , und Jer 618
398 6 , und Kanon 634 642 379 8
380 1 381 24 650 ff., und Neh 480,
und Pss Sal. 309 3 618.
Ba'sa (Baasa) 200.
Beflecken der Hande 360*.
Behemot 334.
Bel und der Drache 509.
Belsassar bei Dn 503 514 324 5 ; die
Schrift an der Wand 320 1 .
Beltesassar (Baltassar) 501.
Ben Aser 723 41 9 2 .
Ben Chajjim 4i9 2 5 .
Ben Nephtali 723.
Betel 97 *.
Betulia 258.
Bibel i ; B. Alkuins 780 ; alt-
deutsche B. 824; Bibel von Douai
829 ; Bible de Vence 830 ; Bishop's
Bible 829 ; Cranmer's Bible 829 ;
Gennadiusbibel 816 f. ; Lutherbibel
656 825 f. 834; Mainzer B. 483*;
Mazarinbibel 785 ; Moerentorfbibel
833; rabbinische Bibeln 4i9 5 469 36
470 x 47 1 2 6 ; Regenbogenbibel 730 ;
sixtinische B. 783 ; Staatenbibel833 ;
Svaningsbibel 834 ; Ziiricher B. 656.
Bibelgesellschaften 656.
Bibelkommission 1 1 5 3 4 ; Entschei-
dungen iiber Gn (i 3) 1 5 3 , iiber Ge-
schichte und Legende 179*, iiber Is
2go 2 444, iiber den Pentateuch 46 5 63
100 149 ff., iiber Pss 232 J 234 16
236 5 237 26 238 7 240 "' 243 3 , iiber
reservatio implicita i64 3 , iiber Va-
rianten zu 25-Ausgaben 45 7 6 .
Bibelkorrektorien zur 93 780.
Biblia, Bibliotheca, Namen fur
Bibel i.
Buch der Frauen 651.
Buch des Gerechten 159 190 I54 2
208 2 .
Buch der Kriege des Herrn 74.
Biicher des AT : Reihenfolge 603 358 2
606 371 3 689 ff. ; Teilung einzelner B.
I36 2 187 196 224 682 399 3 704;
Zahl 176 604 f. 607 616 f. 641 f.
380 1 644 651 654 682 f.
Buchform 689 704.
Buddhismus und Koh 257 *.
Bund 2 ; der Alte B. 2; B. von Moab
29 43 2 57 2 94 109 ; der Neue B. 298 l ;
B. vom Sinai 29 43 2 109.
Bundesbuch 19 29 53 109 84 3 in
127 129.
Bundeslade 125 97 J 126 129 133 i$6 3
295 3 .
Bundeszelt s. Zelt.
Canticum s. Hoheslied.
Caracalla 751.
Chaldaer 507 566.
chaldaisch 32 1 3 .
Chorlieder 299 233 3 .
Chronik(Chr), Biicher der 2ioff.; Chr
in -Hss 428* 435 6 , in @ p 790 461 5 .
Chronologie 14 13 x 17 145 x 147 1 ;
in Dn 514; in Ezr-Neh 55 163*
Sachregister.
507
226 ff. 231 f. 236; in Jdc 172; in
Makk 278 ff. 200 *; in Rg 198 ff.;
des neubabylonischen Reiches324 5 ;
in Sm 182.
Codex (Codices): Ambrosianus (<5 P )
651 679 793, (@ h ) 379 5 794 796;
Amiatinus 357 454 5 455 2 457 3 !
Carolini 780; Cavensis 308* 455 1 ;
Chigi 320 4 517; Gigas 454 2 ; Grae-
cus Venetus 437 2 ; Legionensis 308* ;
Masii (@ h ) 651 796; Ottobonianus
454 5 ; Petersburger Prophetenkodex
42 1 1 ; Cod. Sachau 65 1 ; Teplensis 2 ;
Toletanus 454 5 455 * ; von Tschufut-
kale(3)42 1 l ; Vallicellianus45 5* ; Vati-
canus (gr. 1209) 444 5 , (gr.343) 437 2 ;
Cod. 86 () (nach Holmes) 437 2 ;
Cod. 19, 82, 83, 108 () (nach
Holmes) 442" 819; Cod. 248 ()
(nach Holmes) 277 3 . Vgl. Septua-
ginta (Hss).
Complutum (Alcala) 819.
Concatenatio 321.
Concilium s. Konzilien.
Confessio Anglica, Gallica, Helvetall
und die Deuterocanonica 656.
D(Deuteronomist)9495 100; D 1 2a 2b
101 ; auCerhalb des Dt 147 I3o 3 .
Vgl. Deuteronomium.
Damasus I. und 33 772.
Daniel (Dn): und Alexander d. Gr.
513; und 'A-Ubersetzung 434 6 ; Apo-
kryphon 676; der kleine Daniel*
320* 651; Einreihung 691 f. ; lite-
rarische Entwicklung 516; von
Dn 517 429 3 ; Grazismen 514; und
Habakuk 563 ; die 70 Jahrwochen
504; und Kanon 515 685; der
Menschensohn 504; Metrik 326 5 ;
Parsismen 514; und Sir 515 601 ;
0-Ubersetzung 517 370* 428* 749;
Weltreiche 503 ; deuterokanonische
Zusatze 3I9 1 509 ff. 517 618 634
638 38 1 2 650 f.
Darius I. 220 i66 2 * 227 i67 2 236
574 579-
II. 167 1 171 *.
III. 233.
Darius der Meder 318 2 320 1 .
David 133 199; und Pss 347 354;
und Rut 177 I34 2 .
Deboralied i66f. I3O 3 .
Decretum pro lacobitis 638.
Deismus und Bibel 7, und Penta-
teuch 86.
Demetrius I. 279 f.
II. 280 f.
Deuterocanonica 625 f. 633 ff. 648
384 2 649 ff.; und 'A-Ubersetzung
748 ; und -Ubersetzung 367 l ; und
' Hieronymus 645 771 ; und diejuden
6i8f. 624; und Monumental theolo-
gie 633; und NT 628; und Refor-
matoren 656 659; und <3 P 790.
Deuterojesaja s. Isaias.
deuterokanonisch 622 379 ll .
Deuteronomium (Dt): und Ezra 117;
Auffindung 105 ff. ; Entstehungszeit
112 130; Dt und Hizkijja 8i 3 , und
Jer 112 450, und Josias 92 100
no 127; Name 22; Schichtung
no 130 H5 2 ; Ur-Deuteronomium
no. Vgl. D, Parallelen, Penta-
teuch.
Deuterozakarja s. Zacharias.
bia0r|Kr} 2.
Dialekte der griechischen Sprache
732 ; alexandrinischer D. 425 * ; hel-
lenistischer D. 42 5 2 .
Dialoge, platonische, und Job 229 7 .
Diaspora: alexandrinische und jii-
dische 620 731 ; in Mesopotamien
789.
Dichtkunst s. Poesie.
Dittographie I73 4 .
bu)beK<xupo9r|T6v 427 518.
Doppelungen im Pentateuch 27 ff.
30 100, in der Gn 27, in Ex-Nm
27.
Drama und AT 299 336 384.
Dreschschlitten 385.
E (Elohist) 91 94 f. 100 101 ; E 1 2 3
101 ; auCerhalb des Hexateuchs 94
I29 3 I43 2 iss 1 . Vgl. Elohist.
c Eppaioq, 6 752.
Ecole large* 8.
Edessa 789, Taf. i, I, if.
Edomiter 541 336 1 .
Einkleidung, literarische 112 248 1
375 513 348 7 .
Einleitung : allgemeine 3 ; atl und
ntl 6 4 ; historisch-kritische 7 2 ; Me-
thode 3 7 ; Name 3 6 7 2 ; spezielle
3 ; Standpunkt 3 ; Umfang 3.
5o8
Sachregister.
282 5 .
Ekklesiastes s. Kohelet.
Ekklesiastikus (Ekkli): Name 272*.
Vgl. Sirach.
Ela (Konig von Israel) 200.
Eleazar: Sohn Aarons 132; der
Makkabaer 275 679; von Modin
707.
Elephantine 84 2 , Taf. i, i, 70; Pa-
pyri von E. 94 73 1 84 2 168* 170*
255 408 7 711 731. Vgl. Tempel.
'Eli s. Heli.
Eliakim (Hoherpriester) in Jdt 258.
Elias 126 133 200 204 424; Apoka-
lypse des E. 373 3 672 395 2 ; E.
und Jonas 337 *; Secreta Eliae
373
35
Elisa' (Elisaus) 200 204 424.
c E\Xr|viK6<;, 6 752.
Elohim 36 44 47 352.
Elohist 42 46 40 1 47 90 f. 93 f. Vgl. E.
El saddai 43.
Engellehre in Job 229 7 , in Tob 248.
Enzyklika Aeternus ille 783, Pas-
cendi Dominici gregis (gegen den
Modernismus) 164 3 , Spiritus Para-
clitus (iiber Hieronymus) i64 3 2o3 4 .
Enzyklopadisten 7.
im bei Regierungsjahren 415.
Epikureismus und Koh 378.
Epistola leremiae 452 48 iff.; Ein-
reihung 305 6 691 ; und Kanon 634
379 28 642 380 1 644 651 398 6 .
diriffuvdTeiv 35 5 3 .
Erstlinge, Gesetze iiber die 145.
Eschatologie 33 1 5 582.
Essener und Koh 257 7 .
Ester (Est) : und Allegoric 274 ; Edikte
in Est 270 I9o 5 ; und Ezra 272;
von Est 429*; Unterschrift von
zu Est 270 272 620; Est und Jo-
sephus 605 361 5 , und diejuden igo 5
191 3 608, und Kanon I9i 3 378 3 38o 2
6476505. 386 5 ; 9ItvonEst 188 1 270 ;
Fehlen des Gottesnamens in 9Jt 270;
und Mythologie274; Namen in Est
274 ; Est als messianische Prophetic
274; die Rolle 265; Est in & 790;
EstundSir 272; Textanordnungnach
und 33 267 187 3 , nach 187 x ;
Ubersetzung des Hieronymus nach
der Hexapla 773 ; Zusatze zu Est
267 269 ff., ihre kanonische Geltung
618 634 638, Hebraismen 270, Ur-
sprache 270.
Etan und Pss 348.
Evangeliar der Abtei von Schuttern i.
Evil Merodach (Amil-Marduk) 201.
Exegese : fortschrittliche 8 223 297 ;
kritische, rationalistische 386 284*
512 515 337 5 583 356 7 6s6; tradi-
tionelle 5i2f.
Exodus (Ex) 19. Vgl. Parallelen, Pen-
tateuch.
Ezechias s. Hizkijja.
Ezechiel(Ez): Apokryphon676; Daten
in Ez 496 ; Einreihung 402 5 ; dich-
terische Form 498; von Ez 428 1 ;
und Isaias 495 ; und die Juden
3I3 2 3i6 3 317*; und Kanon 608 f. ;
und Kultuszentralisation 126 f. ;
Name 486; und P (P h ) 109 5 ; Re-
formprogramm bei Ez 131 136;
Text 498 422 7 . Vgl. Heiligkeits-
gesetz.
Ezra (Ezr) : Apokalypse 677 ; und Ba-
ruch 306 2 ; Biicher des E. 396;
3 und 4 Ezr 3 go 3 , in den 93-Aus-
gaben 376 3 396 7 ; 3 Ezr 165 J 235
1 72 4 6 236 f. 636 377 3 379 2 676 ; 4 Ezr
636 651 653 677 ; E. u. Chr 220 163*
235, und Est 272 ; -Ubersetzung
172* 237 428*; Gesetzbuch des E.
103 1 13 ff. 230 ; E. und Kanon 650 f.
386 5 , und Mai 349 2 , und Nehe-
mias i68 2 , und Pentateuch 100 597
610, und Pss 354, und Rut 135 3 ,
und Schriftwechsel im AT 707 f.,
und Sir 601. Vgl. Chronok>gie.
Ezr-Neh 224 ff. 600 ; und ihre Uberar-
beitung I55 2 ; in -Hss 435 6 ; in
& 790.
Fabula bei Hieronymus 38 1 3 .
Fajjum 807, Taf. i, i, 5b.
Festgesetze 145.
Fiktion, literarische, s. Einkleidung.
Finalbuchstaben des hebraischen Al-
phabets 399 3 709. Vgl. Septuaginta.
G s. Grundschrift.
s. Septuaginta.
Gamaliel 80 1.
Gedaljahu (Godolias) 201.
Genesis (Gn), Name 18. Vgl. Penta-
teuch.
Sachregister.
509
Genizza 418 36o 5 .
Gerichtshof, der grofie 593.
Geschichte des AT 14; Zusammen-
ziehung der nachexilischen G. 480
514 612.
Geschichtsbucher 13 ; = Propheten
685.
Gesetzbuch s. Ezra, Josias.
Gesetze: Entwicklung 119 ff. 145;
nachmosaische 104 145.
Gesetzgebung vor Moses 73.
Gesprach als literarische Gattung 327
336 ; Gesprach eines Lebensmiiden
mit seiner Seele 338 257 \
Gib'oniten im Tempeldienst 133 155
159.
Gid'on 133 166 f.
glagolitisch 816.
Godolias s. Gedaljahu.
Gottesnamen : Wechsel im Pentateuch
36 ff.; G. in Est 270, in I Makk
287, in den Pss 38 352. Vgl. Elohim,
Jahwe.
Gotteswagen bei Ez 490.
Grammatik, hebraische 695 ; und Me-
trik 314 316; und Onomastika 4i6 7 .
Grazismen im AT 376 265 4 514 338*.
Grazitat, biblische 42 5 2 .
Gregor XIV. und 33 784.
Grundschrift (G) im Pentateuch 93
95 101.
Gruppierung der atl Schriften 13 684 ff.
Habakuk (Hab): Apokryphon 674;
bei Dn 505 563 ; Buch Hab 561 ff.
Habiri 153; und Hebraer 153 405 1 .
Haggada in 740, bei Hierony-
mus 776.
Hagiographa 686.
Halacha in 740, bei Hieronymus
776.
Hallel 241 2 .
Hammurabi, Gesetz des 49 1 73.
Handschriften s. Codex.
Haphtaren 715.
Hasmonaer, Buch der 366 1 ; Name
I94 2 . Vgl. Makkabaer.
Hebraer und Israeliten 405 1 .
Hebraismen in 42 5 2 .
Heiligkeitsgesetz 101 ; und Ez log 5 .
Heli CEli) 132 183 188.
Heman und Pss 348.
Heptapla 439 4 .
Heptateuch 687.
Herakleitos und Koh 378.
Hermeneutik 4 6.
Herodes d. Gr. 256 5 ; seine Dynastic
275.
Hesychius 762. Vgl. Septuaginta (Re-
zensionen).
Hexapla 356 4i6 7 748 ff. 751 754 ff.
460 3 ; und Hieronymus 773; und
Kanon 641 ; hexaplarische Zeichen
365 * 757 475*.
Hexateuch 13 3 147 161 163 I29 3 .
Hilkijja(hu) 105 449.
Hillel (Misnalehrer) 362 7 .
Hiob 22 2 5 .
Hizkijja (Ezechias) 201 553 569; und
Kanon 596; und Kultuszentrali-
sation 112 126 130; und Pss 354.
Vgl. Manner des Hizkijja*.
Hohenkult 109 126 I53 3 ; fur Jahwe
109 126 99 5 lor 1 .
Hohenpriester 109 126 io8 2 .
Hoherpriester: vorexilisch 145; in Jdt
262; Genealogie der H. in Ezr-Neh
233-
Hoheslied (Ct) 380 ff. ; und Kanon 208 2
388 353 1 608 361 3 611 650; Lese-
verbot bei den Juden 261 5 ; und
Liturgie 264 2 ; und Mythologie 263 3 ;
Parallelen 385 261 3 ; ob urspriing-
lich profan 208 2 388; und Theo-
krit 391.
Hons (agyptische Gottheit) und Tob
'
Hosea' 200.
Humanismus und Bibeltext 780, und
Einleitung 5 , und Pentateuch-
kritik 84.
Hymnus der drei Jiinglinge 509.
Idutun und Pss 348.
Inclusio 321.
Inschriften : von Arak .el-Emir 708 ;
der ben6 Hezir 708 ; von Byblos
409 8 ; von Rosetta 275 3 ; vom Si-
loahkanal 706 412 3 ; (alt)sinaitische
73 407 2 , Taf. 2, i; von Zengirli
706. Vgl. Mesa'-Stein.
Inspiration 8 28 1 84 252 185 3 288 f. 297
373 38 1 3 388 3 ; Verlust inspirierter
Biicher 3 54 3 ; I . der 368 3 632 432 5
433 4 ; und Kanon 594 f.; inspiratio
subsequens 297 233 2 263 2 .
5io
Sachregister.
instrumentum als Name der HI.
Schrift 2.
Isaias (Is) 428 ff. ; Apokryphen 673 ;
Ascensio Isaiae 373 3 8 636 673;
Deuterojesaja 439 ff. ; Ebed-Jahwe-
Lieder 442; -Ubersetzung 428 l
429 3 ; Is und Jer 29 1 2 , und Kyros
291 2 , und Sir 441 601 ; Tritojesaja
292 *.
Israel, Trennung von Juda I47 1 .
Itala () 764 769 ff.; africitas 448 5
449 * ; wo entstanden 769 ; Hss 450 * ;
in Bar 308*; in Job 231*; in Jdc 171 ;
in Jdt 259; in Makk 283 291; in
Pss 239 6 356 45o 2 ; in Sap 400;
in Sir 419; in Tob 243 ff. 176 8
255; Revision durch Hieronymus
772 f.; und 93 448 6 776 f. 454 2
778.
Itamar, Sohn des Aaron 132.
J (Jahwist) 48 100 f. ; J 1 2 101 ; aufler-
halb des Pentateuchs I29 3 I55 1 .
Vgl. Jahwist.
Jabne (Jamnia) 593 361 3 720 434 2 ,
Taf. i, i, 4d.
Jaddua' (Hoherpriester) 233.
Jahu (Gottesname) 43.
Jahwe 36 38 2 ; seine Aussprache ver-
mieden 40 ; in Babel 330 7 ; in Eigen-
namen vor Moses 43 ; in Job 229 1 ;
Schreibung in griechischen Hss
41 1 2 434 9 -
Jahwe-Elohim 40 3 .
Jahwist 42 40 * 47 90 93 f. Vgl. J.
Jakobssegen 132.
Jakobus von Edessa 651 798.
Jamnia s. Jabne.
Jarob'am (Jeroboam) I. 200.
II. 200.
Jason von Kyrene 278 292.
JE 101 127. Vgl. Jehowist.
Jechonias s. Jehojakin.
JED 101 163.
JEDP 101 163.
Jehoahaz s. Joahaz.
Jehoas s. Joas.
Jehojakim (Joakim, Jojakim) 201 450
501.'
Jehojakin (Jechonias, Joachin, Jojakin,
Jekonja) 201 206 450 480 488.
Jehoram s. Joram.
Jehosaphat (Josaphat) 200.
Jehowist 93 101. Vgl. JE.
Jehu 200; Tribut an Salmanassar II.
Jekonja s. Jehojakin.
Jemen Taf. i, I, 7 f; jemenisch
719.
Jeremias (Jer) 447 ff. ; Apokryphen
630 373 5 376 2 675; Aufeinander-
folge des Textes 459 461 ; in Babel
208 449 474; und Baruch 458 474
702; sein Buch 447 ff. 599; dich-
terische Form 453 ; -Ubersetzung
460 ff. 308 5 ; Gebet des J. 303 3 ;
J. und Gesetzbuch des Josias 450 ;
Heiligung des J. 449 ; J. und Lam
302 2 468 ff. 605, und Pss 239 24o 2
295 5 452, und Rg 208 295 e ; Werke
des J. 452; seine Zeit 450; Zeit-
angaben in Jer 297 2 .
Jericho, Ausgrabungen in nS 1 .
Jeroboam s. Jarob'am.
Jerusalem in den Tell el-Amarna-
Briefen I2I 2 .
Jiphtah opfert seine Tochter 166;
Jiphtaherzahlung und Literarkritik
I28 2 . "
Joachin s. Jehojakin.
Joahaz von Israel (Jehoahaz) 200, von
Juda 20 1.
Joakim s. Jehojakim.
Joas (Jehoas) von Israel 200, von
Juda 200.
Job 324 ff. ; Aramaismen 227 6 ; Ein-
reihung 690 692 ; Elihu-Reden 226 3
333 ; dichterische Form 308 323
336; von Job 22 2 6 429*; und
Jeremias 335 ; auflerbiblische Paral-
lelen 338 2S7 1 ; und Sir 229 8 601.
Joel 528 ff. ; literarische Entwicklung
332 2 ; Metrik 332 2 .
Johanan, Hoherpriester 170*.
Johannes Hyrkanus I. 281 284.
Jojakim s. Jehojakim.
Jonas (Jon) 14 427 544 ff. 688; lite-
rarische Entwicklung 549; und Ka-
non 361 1 ; und Mythologie 337 5 ;
das Wunderbare in Jon 337*.
Jonatan der Makkabaer 280 284 202 1 .
Jonatan ben Uzziel 469 6 803. Vgl. Tar-
gume.
Joram (Jehoram) von Israel 200, von
Juda 200.
Josaphat s. Jehosaphat.
Sachregister.
Josias (Josijjahu) 201 312 x ; Gesetz-
buch des J. 105 ff. 85 1 126 f. 450;
Klagelied auf J. 452 468 ; J. und Pss
354; Reform des J. 105 ff. 126 f. 450
569.
Josue (Jos) 133; sein Buch I52ff.
bei den Samaritanern I23 3 42 1 2
FliichtlingevorJ. H9 1 ; Name II7 3
Sonnenstillstandswunder 155.
Jotam 200.
Judas der Makkabaer 279; und der
Kanon 602.
Judengriechisch 42 5 2 .
Judit (Jdt) 256ff; von Jdt 261.;
Hebraismen 260; bei den Juden
618; und Kanon 1752 634 381 24
650 f. ; und Konzil von Nicaa 377 1 ;
8 von Jdt :83 8 ; Mythologisierung
185 5 .
Kanon 4 6; Abschlufi 350; alexandri-
nischer 267 364* 366 6 620 622 f. ;
christlicher 614 625 ff. ; tcavcuv beu-
Tepo? 622 ; Dreiteilung 603 371 2
684 688; Canon Esdrinus 6ioff.;
K. und 623 631; Geschichte
des K. 3 6 590 ff. ; K. und Hiero-
nymus 267 645 f. 775; K. bei
den Juden 605 ff. 608 f. 6146". 621
623 ff. 628, bei den Kirchenvatern
632 ff.; K. Mommsens 401 3 ; K.
und Prolog des Sir 275 2 ; K. und
Reformatoren 648 f. 656 ; K. und
Reformkatholizismus 384 2 ; K. und
Sir 618 f. 634 ; K. und Uberschrift zu
Thr 304 1 \ Verzeichnisse 376* 377 7
380*; Zweiteilung 684.
Kapiteleinteilung in 3H 716, in
und 23 767.
Karkar, Schlacht von 147* 148 1 .
Karl d. Gr. und 33 780.
Karnak Taf. i, i, 70; Listen von
K. 153.
Kehrvers 321.
Kinastrophe, Kinavers s. Klagelied-
strophe, Klageliedvers.
Klagefrauen 307.
Klagelieder (Thr) 452 464 ff. ; und Ez
469 ; und Jeremias 468 ff. 605 398 6
683; Stellung im Kanon 304 3 30 5 6
688 69 if.; ob makkabaisch 304*
305 5 ; Uberschrift und kanonische
Geltung 304 \
Klageliedstrophe 2I2 2 220 7 .
Klageliedvers 307 466.
Klemens VIII. und 93 784.
Knecht Jahwes 284 2 436 442.
Kohelet (Koh) 368 ff. ; und Buddhis-
mus 257 *; in -Hss 428*; und
Kanon 353 a 608 361 3 611 381*
650; Metrik 254 2 ; Parallelen 257 1 ;
und Salomo 25o 3 375 f. ; und Sap
und Sir 377 404.
Koine (xoivrj &KX\KTOC) 270 732.
Koivrj (sc. eKbotfi?) 759 761 764 770
453 5 808.
Kolumnenschreibung 713.
Kommodus 43 5 l .
Konjekturalkritik 729; und Metrik
316 729.
K6nig von Persien 220 233.
Konige, Biicher der 180 I96ff.; Tei-
lung I36 2 196.
Konigtum: Einfuhrung 184 191, und
Jdc 167 I36 3 i88f.
Konkordanzen 41 5 6 424 1 764 458 3 .
Konzil (Konzilien): afrikanische 626
637 646 693; das 5. allgemeine und
Theodor von Mopsuestia 262 6 ; K.
von Jassy 649, von Jerusalem 649,
von Konstantinopel 649, von Lao-
dicea 642 649 ; K. von Nicaa und
Kanon 377 1 ; K. von Rom 377 7 ,
von Trient 63 3 so 1 638 384 2 398 6
781 f., vom Trullonsaal 649, vom
Vatikan 207 5 638 648 384".
Korahiten und Pss 348 240 5 352.
Kritik: historische 7 92; hohere 91;
literarische 7 92 ; religionsgeschicht-
liche 7. Vgl. Literarkritik, Text-
kritik.
Kult und Propheten 143 f. 23 5 2 , und
Pss 23 5 2 .
Kult des Himmelsheeres 109 112
88 J .
Kultusort I2off. 129; in der Ge-
schichte 126 129; nach den Ge-
setzen 127 f. Vgl. Zentralisation
des Kultus.
Kultusreform des Hizkijja 104 126,
des Josias 109 ff. 126 f.
Kyros 227 ff. ; sein ErlaC iiber die
Riickkehr 227 I7i 5 29i 2 ; und Dn
501 510; und Is 440 f.; und Jdt
185 1 ; Riickkehr unter ihm i66 3 ;
K. und Tempelbau 166* 345 s .
512
Sachregister.
C s. Itala.
Laien zu priesterlichen Diensten be-
rechtigt 131.
Latinismen in Koh 255 7 .
Laubhiittenfest 116.
Legalismus 366.
Lehrschriften 13 298 ff. 688.
Lesemtitter s. Vokalbuchstaben.
Levi: der Stamm 13 if.; Gliederung
141 ; zu priesterlichen Diensten be-
rechtigt 131 135. Vgl. Leviten.
Leviratsehe : Auf hebung 248 ; in Rut
177 179.
Leviten 109 131 ff. IO4 1 ; -und kulti-
sche Dienste 135 ; und Laien 133
135 ; von den Priestern unterschie-
den 139 ff. 142.
Leviticus (Lv), Name 20. Vgl. Paral-
lelen, Pentateuch.
Libri ecclesiastic!" 272* 367 3 644,
sapientiales 403*.
Literarische Einkleidung, Fiktion, s.
Einkleidung.
Literarkritik 7 f . 30 f. 497; und Me-
trik 313 316; ihre Sch.wa.chen 147;
L. u. Textkritik 147 729. Vgl. Kritik.
Literaturgeschichte, atl 3 6.
Logoslehre und Sap 267 * 403.
Loser 175 I33 2 I34 2 .
Lukian 761. Vgl. Septuaginta (Re-
zensionen).
9H s. Massora und Text (massoreti-
scher).
Makkabaer 275 200 1 ; die makkabai-
schen Briider 275 278 679.
Makkabaerbiicher (Makk) 275 ff. ; I
bis 5 Makk 651; i u. 2 Makk
275 ff, und Inspiration 288 f. 297,
bei den Juden 618, und Kanon 634
379 2 647 651 653 387 x 474 3 , und
athiopische Ubersetzung 387 1 474 3 ,
Ursprache 282 f. 290 ; i Makk :
Hebraismen 201 2 3 , Name 276 282,
hebraischer Text 283; 2 Makk:
die Briefe 290 294 ; 3 u. 4 Makk
636 390 2 3 ; 3 Makk 678; 4 Makk
679; 5 Makk 38s 7 679.
Malachias (Mai) 585 ff. ; und Metrik
35o 3 ; sigillum prophetarum 589;
und Zacharias 584 35o 3 .
Manasses: Oratio Manassis 636
390 2 3 674 395 1 . Vgl. Menasse.
Manner des Hizkijja 100 364 248*
606 ; und Kanon 593 ; und Prv 364
593; und Pss 354.
Massora, hebraische 720; magna,
marginalis, pa.rva.72i; und Metrik
313 315; und Textkritik 720 ff. ;
syrische 460 3 462 5 467 3 ; zu X
469 3 . Vgl. Ochla we-Ochla.
Megiddo 450.
Megilla (Rolle) 265 ; die fiinf Megil-
lot 15 174464686 40 1 4 . Vgl. Ester.
Melchisedech i6 3 .
Melchiten 797.
Menahem 200.
Menasse (Manasses) inf. 126 201
i84 2 284 5 674. Vgl. Manasses.
Menschensohn bei Dn 504.
Mesa', Konig von Moab 200.
Mesa' -Stein 73 706 41 2 3 711.
Metrik 309 ff. 406 420 326 5 332 2
334 5 555 34 4 344* 345 6 35 3 :
und Konjekturalkritik 316 729 ; und
Literarkritik und Textkritik 3131".
316 ; und Massora 313 ; und Samm-
lung der Pss 242 * ; Systeme 309 ff.
Meturgeman 414 5 .
Michaas (Mich) 551 ff; und Metrik555.
Midras 161 1 . Vgl. Verzeichnis der
Schriftsteller u. d. W.
mislu (akkadisch) 245 3 .
Misna s. Verzeichnis der Schriftsteller
u. d. W.
Molochdienst 109.
Mommsen s. Kanon.
Monotheismus,ethischer, u. Amos334 1 .
Monumentaltheologie und Kanon 633.
Mora, Morentheorie 313.
Moses : Apokalypse 373 6 663 f. 669 ;
Assumptio 669 ; 6., 7. und 8. Buch
Mosis389 2 ; M. und Job 228 8 690,
und Pentateuch 51 ff. 90 f., und Pss
2 37 7 348; seine Zeit 17.
Nabopolassar 295 8 .
Nabuchodonosor 476. Vgl. Nebukad-
nessar.
Nadab 200.
Nahum (Nah) 556ff. ; dichterische
Form 340*; literarische Entwick-
lung 341 4 ; Psalm Nahums 560;
Text 341 4 .
Nash s. Papyrus.
Nazaraer und Pentateuch 80.
Sachregister.
513
Nebukadnessar (N abuchodonosor) 449
480; und'bn 501 ff.; und Jdt 258
263; und Tob 250.
Nehemias 1 13 ff. 226 ff. 229 f. ; zweite
Anwesenheit in Palastina 230;
seine Bibliothek 350 600 610. Vgl.
Ezra und Ezr-Neh.
Nestorianer und Kanon 651.
Neues Testament s. Anspielungen,
Deuterocanonica, Einleitung , Sep-
tuaginta, Text (massoretischer), Zi-
tate.
Ninive, seine Zerstorung 248 250
2 95 8 55 56o 566.
No Ammon 560; = Theben Taf. i,
i, 7c.
Numeri (Nm), Name 21. Vgl. Paral-
lelen, Pentateuch.
Obadja s. Abdias.
Obededom 133.
Ochla we-Ochla 418 8 .
Ochozias s. Ahazjahu.
Oden Salomos 350 671 467 2 .
Oktapla 439*.
Oktateuch 122* 687.
c Omri (Amri) 200.
Onkelos, Name 469 2 . Vgl. Targume.
Opferkult und Propheten 143 f. Vgl.
Kult.
Ordnungen im 9Jt 716.
Osee, Oseas (Os) 522 ff. ; dichterische
Form 526; literarische Entwick-
lung 527 ; und Pentateuch 59.
Ozias s. 'Azarja.
P (Priesterkodex) 56 91 93 76 7 loo
H3f. 127 131 f. 143 in 1 163; P B
P h P s 101; und D 95 97; und Ez
132 136 142 109 5 ; und Ezra 95
113 ff. Vgl. Priesterkodex.
Paare, die sog. fiinf 612.
itduito?, 6 416.
Papyrus 275 3 703; Papyri von As-
suan 731, der 246 444 2 ; P. Nash
726. Vgl. Elephantine.
TTctpcuveTiKd 687.
TTapa\enr6|uieva 210. Vgl. Chronik.
Parallelen zwischen Ex-Lv-Nm und
Dt 22 53.
Parallelismus membrorum 301 ff.
317 336 359 398 406 420 526;
aufierhalb der Bibel 304.
Goettsberger, Eiuleitung in das AT.
Parasen im 3It 715.
Parsismen in Ct 26s 3 , in Dn 514,
in Job 229 7 , in Tob 248.
Paschafeier 109; Paschalamm und
Opfer 133.
Pasek und Strophik 321.
Paulus, der hi., und Sap 402.
PC 93.
Pekah (Phacee) 200.
Pekahja (Phaceia) 200.
Pentateuch r 5 ff. ; Anachronismen
74 f. 86 88 100; allmahlicher Auf-
bau iiQ.ff.; Pentateuch frage 25 ff.
146 ff.; der samaritanische P. 55 f.
726 744 802 47o 3 815.
Pentateuchhypothesen 90 ff. ; ihre
Fehler 147 ; bei Katholiken 99 f.
H3 2 ; bei Protestanten 95 ff.; Er-
ganzungshypothese 93 97 f. ; Frag-
mentenhypothese 92 98 ; Graf-Well-
hausensche Hypothese 95 ff. 146,
Schema derselben tor; Interpo-
lationshypothese 75 100; Kristalli-
sationshypothese 93 97 ; Urkunden-
hypothese: altere 90 f. 94, neuere
94.
Pentateuchkritik : Geschichte 78 ff.;
bei den Katholiken 99 f.
Pergament 703.
Pesitto 789 ff. ; und Ct 264 1 ; und Ep.
ler. 3io 3 ; Hss 792; und Job 228 8
690 ; und Kanon 650 f. 402 7 ; und
Lukian 442 3 ; und 9It 727 791;
und Prv 247 5 ; und Pss 235 5
239 * 2 3 6 349 ; und Sir 419 601 356 6 ;
und Tob 246 ; und Ubersetzungen :
arabische 815, armenische 811 f.,
christlich-palastinische 797, C 791,
33 462*. Vgl. Codex Ambrosianus.
Phacee s. Pekah.
Phaceia s. Pekahja.
Pharisaismus und Koh 257 7 .
Pharus (Insel) 368 s 736, Taf. i, i,
4a/b.
Philo und Sap 403.
Philologie, alexandrinische 757.
Philosophie, griechische, im AT 245 2
247 x 378 412.
Philoxeniana 761 794.
Philoxenus von Mabug 794.
Phul s. Tiglat-Pileser.
Pius IV. und 53 783.
X. und 93 786.
33
514
Sachregister.
Poesie im AT 298 ff. ; dramatische,
epische 336; lyrische 299; und
orientalische 301 ; religiose, welt-
liche 299; Systeme 308 ff.; syrische
3".
Polyglotten 799 818 ff. ; Antwerpener
6 469 3 471 26 820; Bielefeldsche
442 8 823; Komplutenser 6 442 8
766 f. 469 3 819 ; Londoner 6 176* 6
396 * 42 1 2 793 466 3 799 469 36
47o 13 47i 26 478 6 822; Pariser642i 2
793 466 3 469 3 470 3 471 26 478 6
82 1 ; von Stier und Teile (Biele-
feldsche), von Vigouroux 823. Vgl.
Triglotte.
Polykarp (Chorbischof) 794.
Praadamiten 85.
Praefationes Hieronymi 381 J 452 2 .
Pravulgata = Itala.
Priester 131 ff. 246 1 ; degradierte 131
I36ff.; Einkiinfte 145 ; Gliederung
141 ; und Kanon 593; und Leviten
141; Sohne Davids 105 2 ; Sadoks-
sohne 132 I4of.
Priesterkodex 46 91 93. Vgl. P.
Prologus galeatus des Hieronymus
15 381* 645 452 5 .
Propheten 13 246 * 422 ff. ; symboli-
sche Handlungen 425 431 495 ; Pr.
und Kanon 282 4 355* 599 603 605
685; Reihenfolge 427 687 691;
vordere und hintere 685; wahre
und falsche 282 2 . Vgl. Zwolfpro-
phetenbuch.
irpocpr|Tr|c; 422.
Proverbia s. Spriiche, Buch der.
Psalmen (Pss) 323 340 ff. ; apokryphe
2 33 l 636 670 394 1 463 5 466 3 ; Pss
und Asaph 348 240 5 352 ; aufier-
biblische Pss 342 ; Bufipsalmen
344 ; Pss und David 347 ; Elohim-
psalmen 38 352; Fluchpsalmen 344;
< der Pss 429*; Gradualpsalmen
344 352 ; Hallelpsalmen 241 2 ;
Jawhepsalmen 38 352; Konigs-
psalmen 344 352; Pss und Korah
34824o 5 352354;kultusfeindlichePss
235 2 ; Pss und Liturgie 343 ; mak-
kabaische Pss 350 243 l ; messiani-
sche Pss 344; Pss und Metrik
242 J ; Pss und Propheten 687 692 ;
Text der Pss 356 422 7 ; Uber-
schriften der Pss 345 f. 352 295 5 ;
Unschuldspsalmen 344; verwaiste
(D-wr*) Pss 23 5 5 .
Psalmen Salomos 350 355 636 671 ;
und Bar 309 3 618.
Psalter, Windberger 824.
Psalterium: Gallicanum 356 773 777;
iuxta Hebraeos 356 775 824; von
Monte Casino 450 r ; Romanum 356
772 45 1 3 ; Ps. der Samaritaner 42 1 2 ;
Ps. vetus 356 772.
Pseudepigraphen und AT 44 4 375
3H 1 515 f. 389 4 , und Protestanten
659 680.
Ps.-Jonatan s. Targume.
Ps.-Smerdis I6; 1 .
Ptolemaer 195 2 .
TTToXejaaiKd 679.
Ptolemaus II. Philadelphus 736 f.
IV. Philopator 275 271 * 678.
VI. 280 27o 6 .
VII. (Euergetes II. Physkon) 271 l
415.
VIII. 191 2 .
Punktation des 911 57 7i7ff. ; Sy-
steme 719.
Punktatoren 323 720.
Purimfest 272 192 2 273 f.
Quellenscheidung 35 38 34* 41 48.
Vgl. Literarkritik.
Rages (Stadt) in Tob 250.
Rampolla, Kardinal, und 53-Revision
786.
Reformation und Geschichte der Ex-
egese 6, und Pentateuch 84.
Reformkatholizismus s. Kanon.
Rehab' am (Rehabeam) 200.
Reihenfolge der atl Biicher 13 176
228 8 305 6 689 ff.
reservatio implicita 223 297.
Responsion 321.
Richter, Buch der 164 ff; -Uber-
setzung 171 428*; und Sm
188 f.
Rolle als Buchform 373 703 f. ; Ge-
samtrollen und Rollen fur einzelne
Biicher 689 739 ; R. und Kolumnen
713 ; Synagogenrollen und Soph
pasuk 413 *; Umfang 140*. Vgl.
Megilla.
Rut 173 ff. ; und Jdc 176 605 683 690;
und Kanon 176 608 690 692.
Sachregister.
515
Sadokssohne 132 140 f. ; Sadokidisches
I Werk 680. Vgl. Priester. '
Sallum 200.
Salmanassar II. I49 1 .
IV. 200; in Tob 240 250.
Salomo 112 132 f. 199; Briefe an
Hiram 680; und Pss 348; salo-
monische Schriften 687 692 773.
Vgl. Oden , Psalmen Salo-
mos.
XaupeiTiK6v 752 802.
Samaria erobert 200.
Samaritaner 55 I23 3 42 1 2 . Vgl. Jo-
sue, Pentateuch, Psalmen.
Samgar I28 5 .
Sammai (Misnalehrer) 362 7 .
Samson s. bimson.
Samuel 133 ; die Biicher Samuel (Sm)
iSoff. ; Sm und Dt 193, und -
Ubersetzung 429 2 , und Jdc i88f.,
und Propheten 424, und Rg 202 f.
Sanaballat (Sanballat) 229.
Sanherib (Sennacherib) 201 205 240
433 435 : und T b 240 250.
Sapientia (Sap) 392 ff. ; dichterische
Form 406 ; christliche Glossen 396
402 ; Sap und die Juden 618, und
Kanon 634 380 * 38 1 4 650 f., und Koh
404 , und Paulus 402 , und Penta-
teuch 267 3 , und Salomo 265 398
401 , und Sir 270 404; Texte 400
452 3 ; Ursprache 268 1 398 f. 402
428* 429 1 .
Sargon 250. v
Sassabasar s. Sesbassar.
Satztrennung 711.
Schaltvers 321.
Schreibmaterial und Textkritik 703.
Schrift 705 ff. ; althebraische 55 701
706 ff.; aramaische 706 f. ; babylo-
nische(Keilschrift)7oi ; Buchstaben-
schrift 73 701 705 409 8 410 2 ; kleine
704 ; phonizische 73 706 ; Quadrat-
schrift 706 708 411 1 ; Raschischrift
410 2 samaritanische 706 41 1 1
41 2 3 slavische 816; Ursprung
409 3 Wechsel der Schrift 707 f.
Schrift, Schriften, HI. r.
scriptio continua 235* 709.
Sedecias s. Sidkijja.
Seleukiden 195*.
Seleukos I. 250.
IV. 278.
Semitisches Alphabet 4O9 3 717 ; Vokal-
losigkeit 717.
Sennacherib s. Sanherib.
Septuaginta () 3 50 73 1 ff.; und Abkiir-
zungen 710; Aldina 766 f.; An-
ordnung der Biicher 305 603
691 f. ; Ausgaben 764 766 ; und Bar
308 45 618; und Chr-Ezr-Neh 435;
und Dn 505 322 6 517 342 1 ; und Ep.
2 3 1
ler. 3io
jiidische
und Est 267
Exegese 740;
und
und Ez
317*; Fehlerquellen 743; und
Finalbuchstaben 413 2 ; Hss der
623 369 15 636 414 1 738 764
444 5 ; alexandrinische Hs (A) 171
209 I72 5 I74 3 245 f. 250 255 519
636 400 6 444 5 766; sinaitische Hs
(s) i74 3 i76 2 5 246 f. 636 400 6 692
444 5 474 3 ; vatikanische Hs (B) 171
I42 3 209 171 6 I74 3 I76 2 245 f. 250
519 444 s 766474 s ; L 44i 2 ; und
Jer 460 ff. 618, und Job 339, und Ju-
den 623' 740 745 ff., und Jdc 171,
und Jdt 181 6 259 261, und Kirchen-
vater 632, und Koh 379; La * 202
209 261 ; S. in latino 449 3 ; und 9Qft
418* 727 743 f. 445 5 765, und
i Makk 282, und Mai 349 1 , und
messianische Stellen 623 740 746,
und NT 631, und Oratio Manas-
sis 39 5 S un d Parallelen im AT
739, und Philo 623, und Prv 247 5
248 5 249 1 367, und Pss 236 1 346
238 2 239 1 3 6 355 f., und Rg 209;
Rezensionen 437 5 759 ff. 763 445 3
446 1 , hesychianische 762 809, hexa-
plarische 756 f. 759 795 797 808
812, lukianische igo 4 436* 761
442 4 449 4 794 797 809 814 816,
vorhexaplarische 763 446 J ; und
Sap 399 f., und Satztrennung 711,
und Schriftwechsel 708, und Sir
273 2 413 415 419 356 5 ; Sixtina
519 766; und Synagogenlesung
623 369 5 745, und Teilung von
Biichern 187, und Textabteilung
767, und Thr 468; Ubersetzung
ins Aramaische 369 5 372 8 ; und
Urtext 743, und Vokalbuchstaben
717, und Vokale 718, und Wort-
trennung 709. Vgl. Inspiration,
Kanon, Transkriptionen.
Serabit el-Hadem 73, Taf. I, i, 5c/d.
33*
516
Sachregister.
Sesbassar (Sassabasar) und Zerub-
babel i66 2 .
Sibyllinen 680.
Sidkijja (Sidkijjahu, Sedecias) 201
' 45- .
Simon in Sir 413 416.
Simon der Gerechte 363 1 .
der Makkabaer 281.
Simson (Samson) i66f.
Sirach (Sir) 408 ff. ; Alphabet des S.
279 2 ; Sir und die Juden 412 618 f.,
und Jdt i84 5 , und Kanon 275 2
601 615 618 634 sSo 1 381* 651,
und griechische Philosophic 412;
Prolog 413 2748415 275 2 603 684
686 738; Sir und Prv 410, und
Pss 350 355, und & 461 5 , und
Salomo 413, und Sap 27o 6 404,
und armenische Obersetzung 476 1 .
Sisak (Pharao) 731.
Sixtus V. und Bulle Aeternus ille
783, und 519 766, und 93 783 f.
Sopherim 306 2 720 418 2 ."
Zoqria = Prv 244.
Sophonias (Soph) 567 ff. ; Apokalypse
des S. 344 4 674.
Soph pasuk 321 413 4 .
Sprachen 694 ff. ; abessinische, akka-
dische, arabische 695 ; aramaische
231 (Ezr) 242 506 ff. (Dn) 321*
513 695 f. 405 3 * 801 ff. ; athiopische
809; babylonische und AT 701, und
Dn 327 \ und Ezr-Neh 407 *; chal-
daische 242 32 1 3 696 4O5 4 468 3 ; christ-
lich-palastinische 797 467 2 ; grie-
chische 697 732 ; hebraische 5 f.
35 2 35 35 6 95 4Q5 1 ; koptische
806 f. ; lateinische 770 776 ; moabi-
tische 134 3 695 ; orientalische 5 780.
Sprachwechsel im Pentateuch 32 ff.
Sprichworter = Prv 357.
Spriiche, das Buch der (Prv) 323
357ff. ; dichterische Form 35,9; und
Kanon 608 f. ; agyptische Parallelen
245 2 248 2 .
Spriiche der Vater 362 7 680.
Spruchliteratur 245 2 360; im Orient
359-
Stichensymmetrie 306.
OTixripci 687.
Stichometrie 211 3 712.
Stichos 306; und Akrostichis 319;
stichische Schreibung 712.
Stoizismus und Koh 378.
Strophik in der atl Poesie 320 ff.
233 3 ; und Abd 336 4 ; und Sir 420.
Vgl. Pasek.
Susanna (Dn 13) 509 651 ; bei 'A und
Symmachus 750 ; S.-Ubersetzung 623
750, und Chr-Ezr-Neh 435 6 , und
9H 727.
Synagoge, Manner der groCen 3i6 s
324 l 606 611 ff.
Synagogen, hellenistische 36g 5 742 745.
Synedrium 593.
Synode von Dordrecht 656 833, von
Westminster 656. Vgl. Konzilien.
Syrohexapla (@ h ) 307 7 327 3 379 5 651
439 4 761 794 795 f. 815; und Pss
465 6 . Vgl. Codex Ambrosianus (@ h ).
Z0po<g, 6 752 461 *.
Talmud, s. Verzeichnis der Schrift-
steller u. d. W.
Talmudisten 720.
Tannaim 362 7 720.
Targume (X) 237 7 3O4 2 3io 5 349 2
46o 3 800 ff.; und 9IC 727 805 ; Nie-
derschrift verboten 468 6 ; und Text-
kritik 805.
Tarsis 548.
T e k6 ac 534.
Tell el-Amarna Taf. I, i, 6b; Briefe
von 73 153 12 1 2 405 l 412 3 .
Tempel: von Elephantine 84 2 126;
des Ezechiel 494 498 ; des Onias
126; des Salomo 129 199 204; in
Silo 125; des Zerubbabel 227 I7o 4
401 574 f. 345 3 579 f.
Testament, Altes 2.
testamentum 2.
Tetrapla 755.
Text der Hll. Schriften 3 694 ff ; Fal-
schungen 748 437 3 ; MiCgeschick
100 147 163 168 189 192 195 205
155 2 219 232 235 294 497.
massoretischer (DIt) 6 611 720 ff.;
und Abkiirzungen 710; Alter 725;
Anordnung der Biicher 691 ; ara-
maische Bestandteile 231 506696;
Ausgaben 691 41 5 l 730; 9It und
Dn 517, und Est 267 I88 1 270
190 6 , und Finalbuchstaben 41.3 2 ,
und 4i8 4 422 5 429 4 ; Hss 726
42I 1 , alteste 7I8 1 42I 1 , deutsche 692,
Sachregister.
517
Erfurter 421 1 , spanische 691, vor-
massoretische 726; 30ft und Jer
460 fF. , und Job 339, und Is 289 3 ,
und Koh 379; Lesarten 723; 331
und Mich 555, und NT 374 5 , und
Prv 363 367, und Pss 349 356, und
Rg 209, und Satztrennung 711, und
Schriftgeschichte 707 f. ; Textabtei-
Iung7i4ff.; textus receptus 419 5 ;
331 und Thr 468 ; Unveranderlich-
keit 722 f.; 331 und Urtext 164 2
725; Vereinheitlichung 725; 331
undVokalbuchstaben 717, und Wort-
trennung 709. Vgl. Massora.
Textkritik: und Agg 345 6 ; und Am
334 7 ; Fehler 96 2 702 722 423 2 754
779 ; der 763 ff. ; und Kolumnen-
schreibung 713; und Literarkritik
147 729; am 931 725 fF. 422 8 ; und
Metrik 313 316; und Polyglotten
818; der <3 P 792; und Schrift-
wechsel 708 412 2 ; und Soph 344*;
und biblische Sprachen 694; und
Targume 805 ; und Ubersetzungen
727;T.derathiopischenUbersetzung
474 6 , der slavischen Ubersetzungen
8 1 6, der 03 779 f. ; Ziel der T. 422 8 .
Theodotion 749; seine Ubersetzung
(0) 623 749 43 5 2 ; und Chr-Ezr-
Neh 237 435 3 , und Dn 505 320*
322 6 323 1 517 749, und 749, und
Job 23 1 4 , und 331 727.
Theokrit und Ct 391.
Tiberias 593, Taf. i, i, 3d; tiberien-
sische Punktation 719; Schule von
T. 719 723.
Tiglat-Pileser III. (Phul) I3O 1 200 250.
Tirsa 391.
Tobias (Tob) 238 fF. ; und Ahikar 255 ;
und Erzahlung vom dankbaren
Toten 254; Hebraismen 242; Tob
und Hons i8o 2 , und die Juden
618, und Kanon I75 2 634 381* 5
650 f., und <5 246 799 ; Texte 240 fF.
175 I76 3 ; hebraische Texte 245
618; Tob und 33 243.
Totenbegrabung in Tob 248 254.
Traditionsreihe, jiidische 3o6 2 612.
Trajan und Jdt i84 3 .
Transkriptionen 718 41 6 7 4I7 5 734
426 1 427 2 429* 743 755 440* 763
765 ; und SQTt 418* ; und Urtext 422 3 .
Triglotte, Barberinische 470 3 .
Ubersetzungen des AT 3 6 731 fF.; alt-
lateinisches. Itala; arabische4i9 796
809 474 2 815 ; aramaische 369 5 372*
(vgl. Targume); armenische 246
43 5 3 81 if.; athiopische 246 761
443 4 809 f.; georgische 813; goti-
sche 814 477 5 ; griechische 369 3
731 ff. 426 2 745 ff. 751 ff - 442 2 (vgl.
Aquilas, Septuaginta, Symmachus,
Theodotion); herakleensische 320*;
jiidisch-deutsche 484 3 ; koptische
231* 278 7 806 fF. 473* 815; latei-
nische 768 ff. 780 (vgl. Itala, Vul-
gata); persische 277 2 822; slavi-
sche 761 813 8i6f. ; syrische 787 ff.
465 3 (vgl. Pesitto, Philoxeniana,
Syrohexapla) ; vorhieronymianische
s. Itala.
urcuntscap 2.
Urkunden im Pentateuch 24 34. Vgl.
Pentateuch.
Urtext des AT 700 422 3 729; babyloni-
scher 701.
Utilitarismus und Prv 361 ; in Sir 41 1.
'Uzzijja s. 'Azarja; und sein Opfer 133
135-
Vasti in Est 268 274.
Vers 306 714; und Akrostichis 319;
und 767; und 33 767 784.
Versio Karkaphensis 462 5 .
Version, the Authorized, the Revi-
sed" 829; the Westminster V.
4 8 5 5 .
Versohnungstag und Neh 116.
V.etus Latina s. Itala.
Vokalbuchstaben (Lesemiitter) 162
717.
Vokale des 93t und Quantitat 310;
Uberlieferung 719. Vgl. Punktation.
Vollbibel, Hss der 763.
Vulgata (33) 341 1 345 * 772 ff. ; und 'A
776;undAbkurzungenin9It7io;An-
ordnung der Biicher 305 6 519 329 5
691 f.; Ausgaben 172 39o 2 456 6 785
459 7 , und Aufnahme von Varianten
457 6 , "Clementina* 381 2 , Lowener
Ausgabe782f. , Exemplar Parisiense
780 455 4 783 459 3 , Sixtina 783,
sixto-klementinische 782 ff. ; 33
und Dn 505 509 517 449 5 , und
Ep. ler. 3io 2 , und Est 449 5 ; Ge-
schichte 774 ff.; Hss 454 2 780; 33
5 I8
Sachregister.
und Jdt i8i 6 258 f. 261 449 5 , und
Itala 448 6 771. 776 454 2 778 782,
und jiidische Uberlieferungen 430*
776; Kapiteleinteilung 716; 93-Kom-
missionen 783 f. 786 ; 93 und 3H
727 776; Name 453 5 456 3 ; 93 und
Oratio Manassis 395 l , und Prv
248 5 367, und Pss 235 5 238 26
239 6 356 244 5 771 451 6 777; Re-
vision der 93 786; 93 und Z 776,
und Sap 400 269 5 , und Sir 277 3
419, und 776 ; textus receptus
45 5 4 783: 23 undThr304 1 ; Vers-
einteilung 716; 93 und Worttren-
nung des 911 709; Zusammen-
setzung 778.
Wasf (arab.) und Ct 385.
Weise in Israel 360; Versammlung
der W. 593.
Weisheit, die gottl. personliche 267 1
411 630 ; Buch der W. vgl. Sapientia.
Weisheitsliteratur 394.
Weltara, jiidische, s. Ara.
Xerxes I. 227 250 268 36 r 5 .
Zacharias (Zach) 577 ff. ; Apokalypse
676 ; Deuterozakarja 583 f. ; Zach
und Mai 584 350 3 , und Pss 239 6 .
Vgl. Z e karja.
Zambri s. Zimri.
Zehnt, Gesetze iiber.den 145.
Zeichen, hexaplarische, s. Hexapla.
Zeilenlange 712.
Zeitrechnung s. Chronologie.
Z e karja (Zacharias) 200.
Zelt, hi. (Bundeszelt) 121 124 f. 97*
126 128 f. IO2 2 133; Geschichtlich-
keit 125 ; = Zelt der Zusamrrien-
kunft 122.
Zengirli 706, Taf. I, i, i e.
. Zentralisation des Kultus 104 109 f.
112 122 ff. 99 3 127 ff.; und Ez
I26f. ; und Geschichte 129; und
Propheten 126; und Tempel von
Elephantine 84 2 . Vgl. Hizkijja.
Zerubbabel (Zorobabel) v 227 229 236
401 575 580; und Sesbassar 227
i66 2 . Vgl. Tempel.
Zimri (Zambri) 200.
Zitate von Apokryphen im NT 630;
Z. aus dem AT im NT 628 371*
374 5 -
Zorobabel s. Zerubbabel.
Zwolfprophetenbuch 14 5i8ff. 682;
Anordnung 520 691 ; und Kanon
379 2 . Vgl.
Verzeichnis hebraischer Worte und Termini.
(Zahlen ohne hochstehende Ziffern verweisen auf Nummern,
Zahlen mit hochstehenden Ziffern auf Seiteh und Fufinoten.)
385.
's,
220.
J" 1 ^. (Merkwort) 323 686.
075 405 4 .
*isa 43 3 .
pn m^a 593.
*a 10912599
Vip pa 618.
Vsa 175.
n f$ 169.
T55 360 5 658 390 1 .
""js/wjjn 41 8 3 .
sin gen. comm. 71.
"i 572.
nth 422.
I'ISTJ 389 7 .
ns?n fur AT 400 2 .
S ay^ 302.
n? 79 2 , in griech. Hss
41 1 2 708.
= nirr 399
682.
IO9 1 141.
u^a (Merkwort) 709.
^n^s 507 405 *.
es an| 706 f.
) y?t 's 706 41 1 J .
an '5 4io 2 .
y s 706.
''sr? 400
686.
pa 722.
auctoris 345.
nsa^ 236 14 .
TS 340.
^iDtt 72O.
?&S 275.
B'ipte (Gpttesname)
?^?r 345-
^*9 303 357 245 *
^>a;a 362.
MS Hitpa. 424 280 2 .
Jfaa 422 28o 2 .
4 279*-
tj33 236*.
a^-jo 716.
^0321 236 s 342 3 .
a isa 366 1 .
^19335'
405 '-
a s 76.
268 273.
686.
1^415*.
i?t?e 414*.
OF 368.
tss,
422.
.ti 167 I3o 3 .
a* 67.
ri' 164.
301 2 .
:? 340-
ttrjpi 67.
nan i3o 3 .
?f39 (Merkwort) 684.
^B 800.
Verzeichnis wichtigerer Schriftstellen.
(Zahlen [nach dem Doppelpunkt] ohne hochstehende ZifFern verweisen auf
N u m m e r n , Zahlen m i t hochstehenden ZifFern auf S e i t e n und FuCnoten.)
Gn i, i 2, 3: is 2 .
13: is 3 .
3, i6u. 4, 7.-4I4 3 -
4, 26: 47.
5 :i5 4 -
6, 14: 432 6 .
13. 7: 57 3 -
14: i6 3 .
37: 29* 2 .
49, 57: 132-
Ex 2, 24: 31.
3, 14 ff.: 42 ff.
4, 16: 422.
6, 3 ff. : 42 ff.
7, i : 422.
17, H: 53 f-
20, 24: 121 95 1 124
127 129.
2123: 109.
22, 28: 133.
24,4: 53 f.
24, 5: 133-
24, 7: 109.
30, ii 16: 116.
34:83 2 1 10.
34,27: 53 f. 43 8 .
3540: iS 1 .
Lv 17: 109 122 ff. 99 5
127 128 129.
18, 25 ff: 74.
Nm 5, 23: 703.
8, 16: 133-
1 1 : 424 669.
23 f. : 606.
23, 10: 412.
33, 2: 5344 3 -
A. Altes Testament.
Dti, 5:53.
3, 1 1 : 74.
12: 109 123 f. 127 128
129.
17, 8 13: 112.
17, 14 20: 112.
17, 16: 69 112.
31,924: 53.
33, 8 ii : 132.
34, 6 ff. : 74 79 f. 606.
Jos 5, 10 : 84 4 .
8, 32:49 '
10, 1214: 155.
22: 102 2
Jdc 3, 31: 128 3 .
4: 128'.
5: 166 169 130 3 .
5, i: I28 4 .
16,31: I28 3 .
17 ff: I36 3 .
18, 30: 169.
19: 125.
19, 18 ff: 125.
21 : 125.
21,25: I27 2 I29 1 I36 3
188.
Rut 3, 13: 1342.
i Sm i 7: 189.
1,9: 125.
2, i 10: 191.
2, 22: 96 4 .
2, 2736: 132 135.
3, 11 14: 132.
7, 9 f-: 133-
9,9: 191 I43 3 422.
10, 25:48*74.
14, 32 ff: 128.
27, 6: 193.
2 Sm T, i: 171 6 .
6, ii : 133.
7 ,6: 9 6 3 .
8, 18: 105 2 .
22: 222* 243 3 .
23, i : 347-
3 Rg2, 26: 132.
3,4: 125-
6, i: 172.
8,4: 109*.
8, 53: I54 2 -
15, 14: 126.
19, 14: 126.
22, 44: 126.
4Rg i, i: I7i 6 .
18: 104 126.
1 8 20: 438.
21, 3 5: 112.
22 f.: 105 ff. 130 596.
23, 22: 84 4 .
25, 7: I56 1 .
r Chr 3, 1924: 220.
6,713 1823: 104-
n, 13: i6i 3 .
15, 18 24: I05 1 .
16, 39: 125.
18, 17: los 2 .
24, i ff: 132.
2 Chr 16, 36: 353 355.
20, 33:98 2 .
Verzeichnis wichtigerer Schriftstellen.
521
33, I2f.: 674.
34: 107.
40, 15 41, 25: 334-
42, I7ff. (): 468 7 .
35 : I0 9-
35, 1 8: 84*.
35,25:452468.
Ps i, 6: 4I4 3 .
2: 238*.
36, 21 ff: 296 1 .
2, 14: 319.
7, i : 346.
(i) Ezr 2: 231.
3,1 ff.: 126 227.
9f.:3i9238 1 .
18: 243 3 .
4,7:468*.
4,623: 167 1 234.
I9-343-
22: 2i8 6 .
5,2: 166*.
25: 319.
7, i ff: 113 231.
7, 6: 224 234.
25, 22: 219".
33:319-
34: 3*9.
(2 Ezr) Neh 2, 22 : 233.
7: 231.
34, i : 346.
34, 23: 2i8 7 .
8 ff.: iisff. 9o 5 597
610 612.
37 : 3*9-
42 f.: 343.
8, i ff: 113.
45:2o8 a 233 2 .
8, 8:468 5 .
8, 9: 114 116 118.
8, 13: 114 8g 3 .
9, i ff: 116.
50: 239 2 .
52,2:346.
60, i : 346.
68, 32: 194 2 .
9, 33 f.: 118.
72: 346 239 l .
jf 1 n*/*J
10, i ff. : 115.
10, 30 ff: 113.
10, 33 35: 116.
72, 20: 352.
78, 31: 436 2 .
79, 2 f.: 350355-
* J*J *J .*
13, 1523 3i: "6.
92: 3i9-
94 f-: 414 3 -
Tob2, 15(25): 229 6 .
3, 7ff: I75 5 .
95 .-45 1 3 .
96: 238*.
*j'i J
8, 8: I74 4 .
ii, 9: I74 35 -
103:319.
105: 238*.
106,48:353.
Jdt 3, 9: 260.
4,3(255,23): 182 2 .
no, 14:319.
inf.: 2i8 5 .
8, 16: 183*.
II9: 319 221 * 7 .
9, iff: 258.
127: 239 .
1 6, 3: 260.
132: 4I4 3 -
* j
144: 346.
Est i, 20: 319.
Prv 8f.: 361.
- f- n
10, i 22, 16: 2l8 9
4, 14 16: iSg 3 .
9, 6ff: 192 2 .
9, 29: i88 2 .
363.
18, 3:412 7 .
22, 17: 248 s .
Job 3, 3 10: 335.
22, 17 23, II : 245 2 .
30, i ff. : 365.
12, 14 25: 229 8 .
19, 25 27: 224 * 408 2 .
28: 327 332.
31, i (24, 69): 249 '.
31, 1031:319365.
38, 142,6:334.
Koh 3, 21 : 251 1 .
39, 1318: 334.
8,2:2 5 5 3 .
12, 5: 462 2 .
12, 9ff.: 374.
Ct6, 4: 391.
7, i : 383-
Sap 2, 2 ff. : 404.
2, 6: 269 1 .
2, 6-9: 377.
2, 12: 269 3 .
2, 1220: 266 3 .
6 ff. : 395 267 1 .
8, 2ff.:389.
9, 15 f.: 272 2 .
ii, 17(95 18): 272 2 .
18, 15: 269 l .
Sir Prol.: 603.
6, 22 (25 23): 276".
14, 23: 264 *.
17, 2 (25 3): 276 7 .
17, 12 (25 10): 276 7 .
19, ii : 276 7 .
20, 9: 276 5 .
25, 15 (25 12): 276 5 .
30, 25(2533, 16): 414.
43, 4: 276 5 .
43, 7: 276 6 .
44, i ff.: 410 601.
46, i: I2o 5 .
46, 13: 601.
49,9(25 n): 601.
49, 10 (25 12): 601.
50, 27(2529): 413.
51, 1330: 319421.
Is 2, 2 4: 289 l .
7, 14: 284*434.
13 f.: 445.
15, i 16, 12: 289 1 .
21, ii 17: 289 1 .
2427: 445.
36 39 .-284 6 438.
38, 48: 435.
40 ff: 439 ff.
40, i: 289 3 .
53: 284 2 436.
56 ff: 442.
Jer 7, 2 iff: 144297'.
18, 18: 246 l .
20: 335.
29, i ff: 3io 3 .
31, 22: 298 *.
522
Verzeichnis wichtigerer Schriftstellen.
31,31: 2 298 l .
36, 23:713.
36, 26: 306 *.
49, 14 ff.: 543.
52: 457459-
52, ii : 1 56*.
Thr 1:319.
2: 319 304 8 .
3: 319 221 * 452 303 27
469 f.
4: 319 452 303 7 304 8 .
5: 319 33 3 -
Bar i, 10 172021 22; 2, 4
6 ii 13 19 22 24 25
26:3, 4 8:308 \
3, 38: 3I0 1 .
4, 28: 308 3 .
5, 6: 308 3 .
6 (93): 307*48 iff
6, i: 3io 3 .
6, 2: 310*.
6, 71 : 484-
Ez i, i: 3I2 1 488.
3, 8f.: 3 ii 4 .
10:491.
14, 1420:335 515.
22, 24 ff.: 344 3 .
Mt 5, 1 8: 708.
11, 14: 35 2 -
12, 39 f.: 337 5 .
17, 12: 350 *.
23, 34 ff.: 630.
23, 35: I63 a
26, 31: 347 5 .
27, 9: 583 630.
27, 46: 468 7 .
Mk 15, 34:4681
Lk i, 17: 35o 2 .
ii,3o:337 5 -
ii, 49: 630.
Hen. 5, 7: 271 3 .
Asc. Is. 5, i 2: 284 5 .
4048: 140494.
44, 6ff.: 133 137
Dn 2, 4: 405 4 -
3: 514.
3, 24-f.: 510.
5:480.
9, 2: 599.
9, 7f. 15:618.
9, 27 : 201 4 .
Ii: 5 i 5 f.
13: 3I9
13,
Os 13: 525.
9, 5f.; 12, 10:
12: 59.
Joel i: 531.
3, 1(932,28): 531.
Am i, i: 534.
5, 21 ff.: 143.
5, 26: 96 5 .
7, 9: 99 2 -
7, 14: 424 536.
| 8,5:116.
I
i Mich i, 5: 99 1 .
! 3,12:338*.
i 4, i ff.: 2852 289 3 .
B. Neues Testament.
ii, 51: 346 2 .
24, 27: 399 5 .
24,44:627684.
Jo 5, i: 192 3 .
5.4547:6i.
7, 38: 372 s 630.
Apg4, 25: 238 4 .
ii, 10: 372 '.
I3>33: 233 * 238*.
Rom 3, 10 : 372 2 .
i Kor 2, 9: 630 672.
Nah i, 28: 2I9 1 .
Hab 2, 4: 564.
Apokrypha.
3 Ezr 3, 1 5,6: 236.
4Ezr 14, 1847: 81 610.
Soph i, 12 15: 344 2 .
3, 3ff.:344 3 .
Agg i, 2: 166*.
2, 7: 345 4 -
Zach i, 3f.: 400 1 .
9-14: 583.
9, 9: 347 2 -
11, 12 f.: 583.
12, 10 : 347 4 .
13, 7 ; 347 s -
Mai i, ii : 588.
3, 23: 330 7 588.
1 Makk 7, 17: 355.
7,28: I97 1 .
7,49: 191 4 .
2 Makk 2, i ff.: 295 3 .
2, 13:485-
2, 13 f.: 350 600 f. 610
620.
12,4345: 198 l .
15, 36: 272 f.
Gal 5, 6; 6, 15: 630
669.
Eph4, 8: 468 7 .
5, 14: 630.
2 Tim 3, 8: 630669.
Hebr ii, 35: 293.
ii, 37: 284 5 63o.
Jak 4, 5 : 630.
Judg: 630 393 6 .
14: 630.
4Ezri4,44ff.: 604607 682.
4 Makk 7, 21 f.; 351 3 .
Tafeln
a b c d e f
Bild i. Ubersichtskarte von Agypten, Sinai, Palastina uncl Syrien.
Goettsbcrger, Einleitung in das AT.
Bild 2. Tell el - Amarna -Tafeln im Museum vpji Kairo.
(Aufnahme vom Jahre igog.)
Bild 3. Nabataische Inschrift aus dem W. Nasb im Sinaigebiet.
(Aufnahme vom Jahre igog.)
Tafel II
34B
348
34-T
349
35O
351
352
353
343
Bild i. Altsinaitische Inschriften vom W. Moghara und Serabit el-Hadem
im Sinaigebiet. (Aus Eisler [s. o. S."s6 5 ].)
Mesa
ALt
Sjbloi
T
n
1
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Bild 25Zur Entwicklung des phonizischen Alphabets.
(Aus ZatW 1925, 240/41.)
Bild 3. Aramaischer Papyrus aus Elephantine, 5-Jahrh.v. Chf.
(Siehe o. S. I68 1 .)
Tafel III
Bild i. Papyrus Nash
aus der Universitats-
bibliothek von Cam-
bridge, 2. Jahrh. n. Chr.
(Ex 20, i ff. ; Dt 6, I if.).
(Siehe o. S. 421 f.)
Bild 2. Aus dem
Prophetenkodex mit ba-
bylonischer Punktation,
916 n. Chr. (Joel i, i f.).
(Siehe o. S. 421 x .)
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Iiilcl 3. Aramiiischc-i I';i])yrus aus Klcphanlinc. 5. Jahrli. v. C'hr.
Tafel III
ISild i. 1'apvrus Xash
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Die samaritanische Pentatcuchrollc s. o. S. 421 f. .
' Xucl\ \\Vir s. o. S. 406 . 1
TafellV
Bild i. Sirach-IIandschrift, i r. Jahrh. n. Chr. Sir 48, 24- -49,10.
Aus Ki'iiynn, Our l!il>le is. n. S. 406; i
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F>ild 3. Miinchcncr .iVnuucuchpalimpse.st Clm. 6225 f. 104''.
Jiinx'ere Schrift 8. 9. Jalirh. : Kst 2. 17 23 i.' -f i. i 4 33 :
i-L' Schrift 6. Jahrh. : Kx <;, I 5 ft". t> .
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